PRIMS Full-text transcription (HTML)
Anatol.
Berlin,1893. Verlag des Bibliographiſchen Bureaus. Alexanderſtraße 2.

Inhalt.

  • Seite
  • Einleitung. Von Loris1
  • Die Frage an das Schickſal7
  • Weihnachtseinkäufe27
  • Epiſode43
  • Denkſteine65
  • Abſchiedsſouper75
  • Agonie97
  • Anatols Hochzeitsmorgen113
[1]

Einleitung.

Arthur Schnitzler, Anatol. 1[2][3]

Hohe Gitter, Taxushecken, Wappen nimmermehr vergoldet Sphinxe, durch das Dickicht ſchimmernd Knarrend öffnen ſich die Thore. Mit verſchlafenen Cascaden Und verſchlafenen Tritonen, Rococco, verſtaubt und lieblich Seht das Wien des Canaletto, Wien von Siebzehnhundertſechzig Grüne, braune, ſtille Teiche, Glatt und marmorweiß umrandet, In dem Spiegelbild der Nixen Spielen Gold - und Silberfiſche Auf dem glattgeſchor’nen Raſen Liegen zierlich gleiche Schatten Schlanker Oleanderſtämme;1*4Zweige wölben ſich zur Kuppel, Zweige neigen ſich zur Niſche Für die ſteifen Liebespaare Heroinen und Heroen Drei Delphine gießen murmelnd Fluthen in ein Muſchelbecken Duftige Kaſtanienblüten Gleiten, ſchwirren leuchtend nieder Und ertrinken in dem Becken Hinter einer Taxusmauer Tönen Geigen, Clarinetten , Und ſie ſcheinen den graziöſen Amoretten zu entſtrömen, Die rings auf der Rampe ſitzen Fiedelnd oder Blumen windend, Selbſt von Blumen bunt umgeben Die aus Marmorvaſen ſtrömen: Goldlack und Jasmin und Flieder .. Auf der Rampe, zwiſchen ihnen Sitzen auch coquette Frauen, Violette Monſignori Und im Gras, zu ihren Füßen Und auf Polſtern, auf den Stufen: Cavaliere und Abbati And’re heben and’re Frauen Aus den parfümirten Sänften 5 Durch die Zweige brechen Lichter, Flimmernd auf den blonden Köpfchen; Scheinen auf den bunten Polſtern, Gleiten über Kies und Raſen Gleiten über das Gerüſte, Das wir flüchtig aufgeſchlagen. Wein und Winde klettert aufwärts Und umhüllt die lichten Balken. Und dazwiſchen, farbenüppig Flattert Teppich und Tapete, Schäferſcenen, keck gewoben Zierlich von Watteau entworfen Eine Laube ſtatt der Bühne, Sommerſonne ſtatt der Lampen, Alſo ſpielen wir Theater, Spielen unſ’re eig’nen Stücke, Frühgereift und zart und traurig, Die Komödie unſ’rer Seele, Unſ’res Fühlen’s Heut und Geſtern, Böſer Dinge hübſche Formel, Glatte Worte, bunte Bilder Halbes, heimliches Empfinden, Agonien, Epiſoden Manche hören zu, nicht Alle Manche träumen, manche lachen, Manche eſſen Eis und manche6 Sprechen ſehr galante Dinge Nelken wiegen ſich im Winde, Hochgeſtielte, weiße Nelken Wie ein Schwarm von weißen Faltern Und ein Bologneſerhündchen Bellt verwundert einen Pfau an

Herbſt 1892.

Loris.

[7]

Die Frage an das Schickſal.

[8]

Perſonen:

  • Anatol.
  • Max.
  • Cora.
[9]
Anatols Zimmer.
Max.

Wahrhaftig, Anatol, ich beneide Dich

Anatol
(lächelt).
Max.

Nun, ich muß Dir ſagen, ich war erſtarrt. Ich habe ja doch bisher das Ganze für ein Märchen gehalten. Wie ich das nun aber ſah, wie ſie vor meinen Augen einſchlief wie ſie tanzte, als Du ihr ſagteſt, ſie ſei eine Ballerine, und wie ſie weinte, als Du ihr ſagteſt, ihr Ge - liebter ſei geſtorben, und wie ſie einen Verbrecher begnadigte, als Du ſie zur Königin machteſt

Anatol.

Ja, ja.

Max.

Ich ſehe, es ſteckt ein Zauberer in Dir!

Anatol.

In uns allen!

Max.

Unheimlich!

Anatol.

Das kann ich nicht finden Nicht unheim - licher als das Leben ſelbſt. Nicht unheimlicher, als Vieles, auf das man erſt im Laufe der Jahrhunderte gekommen. Wie, glaubſt Du wohl, war unſeren Voreltern zu Muthe, als ſie10 plötzlich hörten, die Erde drehe ſich? Sie müſſen Alle ſchwindlig geworden ſein:

Max.

Ja aber es bezog ſich auf Alle!

Anatol.

Und wenn man den Frühling neu entdeckte! Man würde auch an ihn nicht glauben! Trotz der grünen Bäume, trotz der blühenden Blumen und trotz der Liebe.

Max.

Du verirrſt Dich; all das iſt Gefaſel. Mit dem Magnetismus

Anatol.

Hypnotismus

Max.

Nein, mit dem iſt’s ein ander Ding. Nie und nimmer würde ich mich hypnotiſiren laſſen.

Anatol.

Kindiſch! Was iſt daran, wenn ich Dich ein - ſchlafen heiße, und Du legſt Dich ruhig hin.

Max.

Ja, und dann ſagſt Du mir: Sie ſind ein Rauchfangkehrer , und ich ſteige in den Kamin und werde rußig!

Anatol.

Nun, das ſind ja Scherze Das Große an der Sache iſt die wiſſenſchaftliche Verwerthung. Aber ach, allzuweit ſind wir ja doch nicht.

Max.

Wieſo ?

Anatol.

Nun, ich, der jenes Mädchen heute in hundert andere Welten verſetzen konnte, wie bring ich mich ſelbſt in eine andere?

Max.

Iſt das nicht möglich?

Anatol.

Ich hab es ſchon verſucht, um die Wahrheit zu ſagen. Ich habe dieſen Brillantring minutenlang angeſtarrt und habe mir ſelbſt die Idee eingegeben: Anatol! ſchlafe ein! Wenn Du aufwachſt, wird der Gedanke an ach an jenes11 Weib, das Dich wahnſinnig macht, aus Deinem Herzen ge - ſchwunden ſein.

Max.

Nun, als Du aufwachteſt?

Anatol.

Oh, ich ſchlief gar nicht ein.

Max.

Jenes Weib jenes Weib? Alſo noch immer!

Anatol.

Ja, mein Freund! noch immer! Ich bin unglücklich, bin toll.

Max.

Noch immer alſo im Zweifel?

Anatol.

Nein nicht im Zweifel. Ich weiß, daß ſie mich betrügt! Während ſie an meinen Lippen hängt, während ſie mir die Haare ſtreichelt während wir ſelig ſind weiß ich, daß ſie mich betrügt.

Max.

Wahn!

Anatol.

Nein!

Max.

Und Deine Beweiſe

Anatol.

Ich ahne es ich fühle es darum weiß ich es!

Max.

Sonderbare Logik!

Anatol.

Immer ſind dieſe Frauenzimmer uns untreu. Es iſt ihnen ganz natürlich ſie wiſſen es gar nicht So wie ich zwei oder drei Bücher zugleich leſen muß, müſſen dieſe Weiber zwei oder drei Liebſchaften haben.

Max.

Sie liebt Dich doch?

Anatol.

Unendlich Aber das iſt gleichgiltig. Sie iſt mir untreu.

Max.

Und mit wem?

Anatol.

Weiß ich’s? Vielleicht mit einem Fürſten, der12 ihr auf der Straße nachgegangen, vielleicht mit einem Poëten aus einem Vorſtadthauſe, der ihr vom Fenſter aus zugelächelt hat, als ſie in der Früh vorbei ging!

Max.

Du biſt ein Narr!

Anatol.

Und was für einen Grund hätte ſie, mir nicht untreu zu ſein? Sie iſt wie jede, liebt das Leben, und denkt nicht nach. Wenn ich ſie frage: Liebſt Du mich? ſo ſagt ſie ja und ſpricht die Wahrheit; und wenn ich ſie frage, biſt Du mir treu, ſo ſagt ſie wieder ja und wieder ſpricht ſie die Wahrheit, weil ſie ſich gar nicht an die Andern erinnert in dem Augenblick wenigſtens. Und dann, hat Dir je Eine geantwortet: Mein lieber Freund, ich bin Dir untreu? Woher ſoll man alſo die Gewißheit nehmen? Und wenn ſie mir treu iſt

Max.

Alſo doch!

Anatol.

So iſt es der reine Zufall Keineswegs denkt ſie: Oh ich muß ihm die Treue halten, meinem lieben Anatol keineswegs

Max.

Aber wenn ſie Dich liebt?

Anatol.

O, mein naiver Freund! wenn das ein Grund wäre!

Max.

Nun?

Anatol.

Warum bin ich ihr nicht treu? ich liebe ſie doch gewiß!

Max.

Nun ja! ein Mann!

Anatol.

Die alte dumme Phraſe! Immer wollen wir uns einreden, die Weiber ſeien darin anders als wir! Ja, manche die, welche die Mutter einſperrt, oder die, welche13 kein Temperament haben Ganz gleich ſind wir. Wenn ich Einer ſage: Ich liebe Dich, nur Dich, ſo fühle ich nicht, daß ich ſie belüge, auch wenn ich in der Nacht vorher am Buſen einer Andern geruht.

Max.

Ja Du!

Anatol.

Ich ja! Und Du vielleicht nicht? Und ſie, meine angebetete Cora, vielleicht nicht? Oh! Und es bringt mich zur Raſerei. Wenn ich auf den Knien vor ihr läge, und ihr ſagte: Mein Schatz, mein Kind Alles iſt Dir im Vorhin verziehen aber ſag mir die Wahrheit was hälfe es mir? Sie würde lügen, wie vorher und ich wäre ſoweit wie vorher. Hat mich noch Keine an - gefleht: Um Himmelswillen! Sag mir biſt Du mir wirklich treu? Kein Wort des Vorwurfs, wenn Du’s nicht biſt; aber die Wahrheit! ich muß ſie wiſſen Was hab ich drauf gethan? Gelogen ruhig, mit einem ſeligen Lächeln mit dem reinſten Gewiſſen. Warum ſoll ich Dich betrüben, hab ich mir gedacht? Und ich ſagte: Ja, mein Engel! Treu bis in den Tod. Und ſie glaubte mir und war glücklich!

Max.

Nun alſo!

Anatol.

Aber ich glaube nicht und bin nicht glücklich! Ich wär es, wenn es irgend ein untrügliches Mittel gäbe, dieſe dummen, ſüßen, haſſenswerthen Geſchöpfe zum Sprechen zu bringen oder auf irgend eine andere Weiſe die Wahrheit zu erfahren Aber es giebt keines, außer dem Zufall.

Max.

Und die Hypnoſe?

Anatol.

Wie?

14
Max.

Nun die Hypnoſe Ich meine das ſo: Du ſchläferſt ſie ein und ſprichſt: Du mußt mir die Wahrheit ſagen.

Anatol.

Hm

Max.

Du mußt Hörſt Du

Anatol.

Sonderbar!

Max.

Es müßte doch gehen Und nun frägſt Du ſie weiter Liebſt Du mich? Einen Andern? Woher kommſt Du? Wohin gehſt Du? Wie heißt jener Andere? Und ſo weiter.

Anatol.

Max! Max!

Max.

Nun

Anatol.

Du haſt Recht! man könnte ein Zauberer ſein! Man könnte ſich ein wahres Wort aus einem Weiber - mund hervorhexen

Max.

Nun alſo? Ich ſehe Dich gerettet! Cora iſt ja gewiß ein geeignetes Medium heute Abend noch kannſt Du wiſſen, ob Du ein Betrogener biſt oder ein

Anatol.

Oder ein Gott! Max! Ich um - arme Dich! Ich fühle mich wie befreit ich bin ein ganz Anderer. Ich habe ſie in meiner Macht

Max.

Ich bin wahrhaftig neugierig

Anatol.

Wieſo? Zweifelſt Du etwa?

Max.

Ach ſo, die Andern dürfen nicht zweifeln, nur Du

Anatol.

Gewiß! Wenn ein Ehemann aus dem Hauſe tritt, wo er eben ſeine Frau mit ihrem Liebhaber15 entdeckt hat und ein Freund tritt ihm entgegen mit den Worten: Ich glaube, Deine Gattin betrügt Dich, ſo wird er nicht antworten: Ich habe ſoeben die Ueberzeugung ge - wonnen ſondern: Du biſt ein Schurke

Max.

Ja, ich hatte faſt vergeſſen, daß es die erſte Freundes - pflicht iſt dem Freund ſeine Illuſionen zu laſſen.

Anatol.

Still doch

Max.

Was iſt’s?

Anatol.

Hörſt Du ſie nicht? Ich kenne die Schritte, auch wenn ſie noch in der Hausflur hallen.

Max.

Ich höre nichts.

Anatol.

Wie nahe ſchon! Auf dem Gange

(öffnet die Thür.)

Cora!

Cora.
(Draußen.)

Guten Abend! O Du biſt nicht allein

Anatol.

Freund Max!

Cora
(hereintretend).

Guten Abend! Ei, im Dunklen?

Anatol.

Ach, es dämmert ja noch. Du weißt, das liebe ich.

Cora
(ihm die Haare ſtreichelnd).

Mein kleiner Dichter!

Anatol.

Meine liebſte Cora!

Cora.

Aber ich werde immerhin Licht machen Du erlaubſt.

(Sie zündet die Kerzen in den Leuchtern an)
Anatol
(zu Max).

Iſt ſie nicht reizend?

Max.

Oh!

Cora.

Nun wie geht’s? Dir, Anatol Ihnen, Max? Plaudert Ihr ſchon lange?

Anatol.

Eine halbe Stunde.

16
Cora.

So.

( Sie legt Hut und Mantel ab.)

Und worüber?

Anatol.

Ueber dies und Jenes.

Max

Ueber die Hypnoſe.

Cora.

O ſchon wieder die Hypnoſe! man wird ja ſchon ganz dumm davon.

Anatol.

Nun

Cora.

Du, Anatol, ich möchte, daß Du einmal mich hypnotiſirſt.

Anatol.

Ich Dich ?

Cora.

Ja, ich ſtelle mir das ſehr hübſch vor. Das heißt, von Dir.

Anatol.

Danke.

Cora.

Von einem Fremden nein, nein, das wollt ich nicht.

Anatol.

Nun, mein Schatz wenn Du willſt, hypnotiſire ich Dich.

Cora.

Wann?

Anatol.

Jetzt! Sofort, auf der Stelle.

Cora.

Ja! Gut! Was muß ich thun?

Anatol.

Nichts Anderes, mein Kind, als ruhig auf dem Fauteuil ſitzen bleiben und den guten Willen haben, einzuſchlafen.

Cora.

O ich habe den guten Willen!

Anatol.

Ich ſtelle mich vor Dich hin, Du ſiehſt mich an nun ſieh mich doch an ich ſtreiche Dir über Stirne und Augen. So

Cora.

Nun ja, und was dann

Anatol.

Nichts Du mußt nur einſchlafen wollen.

17
Cora.

Du, wenn Du mir ſo über die Augen ſtreichſt, wird mir ganz ſonderbar

Anatol.

Ruhig nicht reden Schlafen. Du biſt ſchon recht müde.

Cora.

Nein.

Anatol.

Ja! ein wenig müde.

Cora.

Ein wenig, ja

Anatol

Deine Augenlider werden Dir ſchwer ſehr ſchwer, Deine Hände kannſt Du kaum mehr erheben

Cora
(leiſe).

Wirklich.

Anatol
(ihr weiter über Stirne und Augen ſtreichend, eintönig).

Müd ganz müd biſt Du nun ſchlafe ein, mein Kind Schlafe.

(Er wendet ſich zu Max, der bewundernd zuſieht, macht eine ſieges - bewußte Miene.)

Schlafen Nun ſind die Augen feſt ge - ſchloſſen Du kannſt ſie nicht mehr öffnen

Cora
(will die Augen öffnen).
Anatol.

Es geht nicht Du ſchläfſt Nur ruhig weiter ſchlafen So

Max
(will etwas fragen).

Du

Anatol.

Ruhig

(zu Cora)

Schlafen feſt, tief ſchlafen.

(Er ſteht eine Weile vor Cora, die ruhig athmet und ſchläft).

So nun kannſt Du fragen.

Max.

Ich wollte nur fragen, ob ſie wirklich ſchläft.

Anatol.

Du ſiehſt doch Nun wollen wir ein paar Augenblicke warten.

(Er ſteht vor ihr, ſieht ſie ruhig an. Große Pauſe.)

Cora! Du wirſt mir nun antworten Ant - worten. Wie heißt Du?

Cora.

Cora.

Arthur Schnitzler, Anatol. 218
Anatol.

Cora, wir ſind im Wald.

Cora.

O im Wald wie ſchön! Die grünen Bäume und die Nachtigallen.

Anatol.

Cora Du wirſt mir nun in Allem die Wahrheit ſagen Was wirſt Du thun, Cora?

Cora.

Ich werde die Wahrheit ſagen.

Anatol[.]

Du wirſt mir alle Fragen wahrheitsgetreu be - antworten, und wenn Du aufwachſt, wirſt Du wieder Alles vergeſſen haben! Haſt Du mich verſtanden?

Cora.

Ja.

Anatol.

Nun ſchlafe ruhig ſchlafen

(zu Max).

Jetzt alſo werde ich ſie fragen

Max.

Du, wie alt iſt ſie denn?

Anatol.

Neunzehn Cora, wie alt biſt Du?

Cora.

Einundzwanzig Jahre.

Max.

Haha.

Anatol.

Pſt das iſt ja außerordentlich Du ſiehſt daraus

Max.

O, wenn ſie gewußt hätte, daß ſie ein ſo gutes Medium iſt!

Anatol.

Die Suggeſtion hat gewirkt. Ich werde ſie weiter fragen. Cora, liebſt Du mich ? Cora, liebſt Du mich?

Cora.

Ja!

Anatol[.]
(triumphirend).

Hörſt Du’s?

Max.

Nun alſo, die Hauptfrage, ob ſie treu iſt.

Anatol.

Cora!

(ſich umwendend.)

Die Frage iſt dumm.

Max.

Warum?

19
Anatol.

So kann man nicht fragen!

Max

?

Anatol.

Ich muß die Frage anders faſſen.

Max.

Ich denke doch, ſie iſt präcis genug.

Anatol.

Nein, das iſt eben der Fehler, ſie iſt nicht präcis genug!

Max.

Wieſo?

Anatol.

Wenn ich ſie frage: biſt Du treu, ſo meint ſie dies vielleicht im allerweiteſten Sinne.

Max.

Nun?

Anatol.

Sie umfaßt vielleicht die ganze Ver - gangenheit Sie denkt möglicherweiſe an eine Zeit, wo ſie einen Andern liebte und wird antworten: Nein.

Max.

Das wäre ja auch ganz intereſſant.

Anatol.

Ich danke Ich weiß, Cora iſt Andern begegnet vor mir Sie hat mir ſelbſt einmal geſagt: Ja, wenn ich gewußt hätte, daß ich Dich einmal treffe dann

Max.

Aber ſie hat es nicht gewußt.

Anatol.

Nein

Max.

Und was Deine Frage anbelangt

Anatol.

Ja Dieſe Frage Ich finde ſie plump, in der Faſſung wenigſtens.

Max.

Nun ſo ſtelle ſie etwa ſo: Cora, warſt Du mir treu, ſeit Du mich kennſt?

Anatol.

Hm Das wäre etwas.

( Vor Cora)

Cora! warſt Du .. Auch das iſt ein Unſinn!

Max.

Ein Unſinn!?

2*20
Anatol.

Ich bitte man muß ſich nur vorſtellen, wie wir uns kennen lernten. Wir ahnten ja ſelbſt nicht, daß wir uns einmal ſo wahnſinnig lieben würden. Die erſten Tage betrachteten wir Beide die ganze Geſchichte als etwas Vorübergehendes. Wer weiß

Max.

Wer weiß ?

Anatol.

Wer weiß, ob ſie nicht mich erſt zu lieben an - fing, als ſie einen Andern zu lieben aufhörte. Was er - lebte dieſes Mädchen einen Tag, bevor ich ſie traf, bevor wir das erſte Wort mit einander ſprachen? War es möglich, ſich da ſo ohne Weiteres los zu reißen? Hat ſie nicht vielleicht Tage und Wochen lang noch eine alte Kette nachſchleppen müſſen, müſſen ſag ich.

Max.

Hm.

Anatol.

Ich will ſogar noch weiter gehen Die erſte Zeit war es ja nur eine Laune von ihr wie von mir. Wir haben es Beide nicht anders angeſehen, wir haben nichts Anderes von einander verlangt, als ein flüchtiges ſüßes Glück. Wenn ſie zu jener Zeit ein Unrecht begangen hat, was kann ich ihr vorwerfen? Nichts gar nichts.

Max.

Du biſt eigenthümlich mild.

Anatol.

Nein, durchaus nicht, ich finde es nur un - edel, die Vortheile einer augenblicklichen Situation in dieſer Weiſe auszunützen.

Max.

Nun, das iſt ſicher vornehm gedacht. Aber ich will Dir aus der Verlegenheit helfen.

Anatol.

?

21
Max.

Du fragſt ſie, wie folgt: Cora, ſeit Du mich liebſt biſt Du mir treu?

Anatol.

Das klingt zwar ſehr klar.

Max

Nun?

Anatol.

Iſt es aber durchaus nicht.

Max.

Oh!

Anatol.

Treu! Wie heißt das eigentlich: treu? Denke Dir ſie iſt geſtern in einem Eiſenbahnwaggon gefahren, und ein gegenüberſitzender Herr berührte mit ſeinem Fuße die Spitze des ihren. Jetzt mit dieſem eigenthümlichen, durch den Schlafzuſtand in’s Unendliche geſteigerten Auffaſſungsvermögen, in dieſer verfeinerten Empfindungsfähigkeit, wie ſie ein Me - dium zweifellos in der Hypnoſe beſitzt, iſt es gar nicht aus - geſchloſſen, daß ſie auch das ſchon als einen Treubruch an - ſieht.

Max.

Na höre!

Anatol.

Um ſo mehr, als ſie in unſeren Geſprächen über dieſes Thema, wie wir ſie manchmal zu führen pflegten, meine vielleicht etwas übertriebenen Anſichten kennen lernte. Ich ſelbſt habe ihr geſagt: Cora, auch wenn Du einen andern Mann einfach anſchauſt, iſt es ſchon eine Untreue gegen mich!

Max.

Und ſie?

Anatol.

Und ſie, ſie lachte mich aus und ſagte, wie ich nur glauben könne, daß ſie einen Andern anſchaue.

Max.

Und doch glaubſt Du ?

Anatol.

Es giebt Zufälle denke Dir, ein Zudring - licher geht ihr Abends nach und drückt ihr einen Kuß auf den Hals.

22
Max.

Nun das

Anatol.

Nun das iſt doch nicht ganz unmöglich!

Max.

Alſo Du willſt ſie nicht fragen.

Anatol.

Oh doch aber

Max.

Alles, was Du vorgebracht haſt, iſt ein Unſinn. Glaube mir, die Weiber mißverſtehen uns nicht, wenn wir ſie um ihre Treue fragen. Wenn Du ihr jetzt zuflüſterſt mit zärtlicher verliebter Stimme: Biſt Du mir treu ſo wird ſie an keines Herrn Fußſpitzen und keines Zudringlichen Kuß auf den Nacken denken ſondern nur an das, was wir gemeiniglich unter Untreue verſtehen, wobei Du noch immer den Vortheil haſt, bei ungenügenden Antworten weitere Fragen ſtellen zu können, die Alles aufklären müſſen.

Anatol.

Alſo Du willſt durchaus, daß ich ſie fragen ſoll

Max.

Ich? Du wollteſt doch!

Anatol.

Mir iſt nämlich ſoeben noch etwas eingefallen.

Max.

Und zwar ?

Anatol.

Das Unbewußte!

Max.

Das Unbewußte?

Anatol.

Ich glaube nämlich an unbewußte Zuſtände.

Max.

So.

Anatol.

Solche Zuſtände können aus ſich ſelbſt heraus entſtehen, ſie können aber auch erzeugt werden, künſtlich, durch betäubende, durch berauſchende Mittel.

Max.

Willſt Du Dich nicht näher erklären ?

Anatol.

Vergegenwärtige Dir ein dämmeriges, ſtimmungs - volles Zimmer.

23
Max.

Dämmerig ſtimmungsvoll ich vergegen - wärtige mir.

Anatol.

In dieſem Zimmer ſie und irgend ein Anderer.

Max.

Ja, wie ſollte ſie da hinein gekommen ſein?

Anatol.

Ich will das vorläufig offen laſſen. Es giebt ja Vorwände Genug! So etwas kann vorkommen. Nun ein Paar Gläſer Rheinwein eine eigenthümlich ſchwüle Luft, die über dem Ganzen laſtet, ein Duft von Ci - garetten, parfumirten Tapeten, ein Lichtſchein von einem matten Glasluſter und rothe Vorhänge Einſamkeit Stille nur Flüſtern von ſüßen Worten

Max

!

Anatol.

Auch Andere ſind da ſchon erlegen! Beſſere, ruhigere als ſie!

Max.

Nun ja, nur kann ich es mit dem Begriffe der Treue noch immer nicht vereinbar finden, daß man ſich mit einem Andern in ſolch ein Gemach begiebt.

Anatol.

Es giebt ſo räthſelhafte Dinge

Max.

Nun, mein Freund, Du haſt die Löſung eines jener Räthſel, über das ſich die geiſtreichſten Männer den Kopf zerbrochen, vor Dir; Du brauchſt nur zu ſprechen, und Du weißt Alles, was Du wiſſen willſt. Eine Frage und Du erfährſt, ob Du Einer von den Wenigen biſt, die allein geliebt werden, kannſt erfahren, wo Dein Nebenbuhler iſt, erfahren, wodurch ihm der Sieg über Dich gelungen, und Du ſprichſt dieſes Wort nicht aus! Du haſt eine Frage frei an das Schickſal! Du ſtellſt ſie nicht! Tage und Nächte24 lang quälſt Du Dich, Dein halbes Leben gäbſt Du hin für die Wahrheit, nun liegt ſie vor Dir, Du bückſt Dich nicht, um ſie aufzuheben! Und warum? Weil es ſich viel - leicht fügen kann, daß eine Frau, die Du liebſt, wirklich ſo iſt, wie ſie ja alle Deiner Idee nach ſein ſollen und weil Dir Deine Illuſion doch tauſendmal lieber iſt, als die Wahrheit. Genug alſo des Spiels, wecke dieſes Mädchen auf und laſſe Dir an dem ſtolzen Bewußtſein genügen, daß Du ein Wunder hätteſt vollbringen können.

Anatol.

Max!

Max.

Nun, habe ich vielleicht Unrecht? Weißt Du nicht ſelbſt, daß Alles, was Du mir früher ſagteſt, Ausflüchte waren, leere Phraſen, mit denen Du weder mich noch Dich täuſchen konnteſt?

Anatol
(raſch).

Max Laß Dir nur ſagen, ich will; ja ich will ſie fragen!

Max.

Ah!

Anatol.

Aber ſei mir nicht böſe nicht vor Dir!

Max.

Nicht vor mir?

Anatol.

Wenn ich es hören muß, das Furchtbare, wenn ſie mir antwortet: Nein, ich war Dir nicht treu ſo ſoll ich allein es ſein, der es hört. Unglücklich ſein iſt erſt das halbe Unglück, bedauert werden: das iſt das ganze! Das will ich nicht. Du biſt ja mein beſter Freund, aber gerade darum will ich nicht, daß Deine Augen mit jenem Ausdruck von Mitleid auf mir ruhen, der dem Unglücklichen erſt ſagt, wie elend er iſt. Vielleicht iſt’s auch noch etwas Anderes vielleicht ſchäme ich mich vor Dir. Die Wahr -25 heit wirſt Du ja doch erfahren, Du haſt dieſes Mädchen heute zum letzten Mal bei mir geſehen, wenn ſie mich betrogen hat! Aber Du ſollſt es nicht mit mir zugleich hören; das iſt’s, was ich nicht ertragen könnte. Begreifſt Du das ?

Max.

Ja, mein Freund,

(drückt ihm die Hand)

und ich laſſe Dich auch mit ihr allein.

Anatol.

Mein Freund!

( Ihn zur Thüre begleitend.)

In weniger als einer Minute ruf ich Dich herein!

(Max ab.)
Anatol.
(Steht vor Cora ſieht ſie lange an.)

Cora !

(Schüttelt den Kopf, geht herum.)

Cora!

(Vor Cora auf den Knien.)

Cora! Meine ſüße Cora! Cora!

(Steht auf.) (Entſchloſſen.)

Wach auf und küſſe mich!

Cora
(ſteht auf, reibt ſich die Augen, fällt Anatol um den Hals).

Ana - tol! Hab ich lang geſchlafen? Wo iſt denn Max?

Anatol.

Max!

Max
(kommt aus dem Nebenzimmer).

Da bin ich!

Anatol.

Ja ziemlich lang haſt Du geſchlafen Du haſt auch im Schlafe geſprochen.

Cora.

Um Gotteswillen! Doch nichts Unrechtes?

Max.

Sie haben nur auf ſeine Fragen geantwortet!

Cora.

Was hat er denn gefragt?

Anatol.

Tauſenderlei!

Cora.

Und ich habe immer geantwortet? Immer?

Anatol.

Immer.

Cora.

Und was Du gefragt haſt, das darf man nicht wiſſen?

Anatol.

Nein, das darf man nicht! Und morgen hyp - notiſire ich Dich wieder!

26
Cora.

O nein! Nie wieder! Das iſt ja Hexerei. Da wird man gefragt und weiß nach dem Erwachen nichts da - von. Gewiß hab ich lauter Unſinn geplauſcht.

Anatol.

Ja zum Beiſpiel, daß, Du mich liebſt

Cora.

Wirklich!

Max.

Sie glaubt es nicht! Das iſt ſehr gut!

Cora.

Aber ſchau das hätte ich Dir ja auch im Wachen ſagen können!

Anatol.

Mein Engel!

( Umarmung.)
Max.

Meine Herrſchaften adieu!

Anatol.

Du gehſt ſchon?

Max.

Ich muß.

Anatol.

Sei nicht böſe, wenn ich Dich nicht begleite.

Cora.

Auf Wiederſehen!

Max.

Durchaus nicht.

( Bei der Thür.)

Eines iſt mir klar: Daß die Weiber auch in der Hypnoſe lügen Aber ſie ſind glücklich und das iſt die Hauptſache. Adieu, Kinder.

(Sie hören ihn nicht, da ſie ſich in einer leidenſchaftlichen Umarmung umſchlungen halten.)
[27]

Weihnachtseinkäufe.

[28]

Perſonen:

  • Anatol.
  • Gabriele.
[29]
(Weihnachtsabend 6 Uhr. Leichter Schneefall. In den Straßen Wiens.)
Anatol.

Gnädige Frau, gnädige Frau !

Gabriele.

Wie? Ah, Sie ſind’s!

Anatol.

Ja! Ich verfolge Sie! Ich kann das nicht mit anſehen, wie Sie all dieſe Dinge ſchleppen! Geben Sie mir doch Ihre Packete!

Gabriele.

Nein, nein, ich danke! Ich trage das ſchon ſelber!

Anatol.

Aber ich bitte Sie, gnädige Frau, machen Sie mir’s doch nicht gar ſo ſchwer, wenn ich einmal galant ſein will

Gabriele.

Na das eine da

Anatol.

Aber das iſt ja gar nichts Geben Sie nur So dies und dies

Gabriele.

Genug, genug Sie ſind zu liebenswürdig!

Anatol.

Wenn man’s nur einmal ſein darf das thut ja ſo wohl!

30
Gabriele.

Das beweiſen Sie aber nur auf der Straße und wenn’s ſchneit.

Anatol

und wenn es ſpät Abends und wenn es zufällig Weihnachten iſt wie?

Gabriele.

Es iſt ja das reine Wunder, daß man Sie einmal zu Geſicht bekommt!

Anatol.

Ja, ja Sie meinen, daß ich heuer noch nicht einmal meinen Beſuch bei Ihnen gemacht habe

Gabriele.

Ja, ſo etwas Aehnliches meine ich!

Anatol.

Gnädige Frau ich mache heuer gar keine Beſuche gar keine! Und wie geht’s denn dem Herrn Gemahl? Und was machen die lieben Kleinen ?

Gabriele.

Dieſe Frage können Sie ſich ſchenken! Ich weiß ja, daß Sie das Alles ſehr wenig intereſſirt!

Anatol.

Es iſt unheimlich, wenn man auf ſo eine Menſchenkennerin trifft!

Gabriele.

Sie kenne ich!

Anatol.

Nicht ſo gut, als ich es wünſchte!

Gabriele.

Laſſen Sie Ihre Bemerkungen! Ja ?

Anatol.

Gnädige Frau das kann ich nicht!

Gabriele.

Geben Sie mir meine Päckchen wieder!

Anatol.

Nicht bös ſein nicht bös ſein!! Ich bin ſchon wieder brav

(Sie gehen ſchweigend neben einander her.)
Gabriele.

Irgend etwas dürfen Sie ſchon reden!

Anatol.

Irgend etwas ja aber Ihre Cenſur iſt ſo ſtrenge

Gabriele.

Erzählen Sie mir doch was. Wir haben31 uns ja ſchon ſo lange nicht geſehen Was machen Sie denn eigentlich?

Anatol.

Ich mache nichts, wie gewöhnlich!

Gabriele.

Nichts?

Anatol.

Gar nichts!

Gabriele.

Es iſt wirklich ſchad um Sie!

Anatol.

Na Ihnen iſt das ſehr gleichgiltig!

Gabriele.

Wie können Sie das behaupten ?

Anatol.

Warum verbummle ich mein Leben? Wer iſt Schuld? Wer?!

Gabriele.

Geben Sie mir die Packete!

Anatol.

Ich habe ja Niemandem die Schuld gegeben Ich fragte nur ſo in’s Blaue

Gabriele.

Sie gehen wohl immerfort ſpazieren !

Anatol.

Spazieren! Da legen Sie ſo einen verächt - lichen Ton hinein! Als wenn es was Schöneres gäbe! Es liegt ſo was herrlich Planloſes in dem Wort! Heut paßt es übrigens gar nicht auf mich heut bin ich be - ſchäftigt, gnädige Frau genau ſo wie Sie!

Gabriele.

Wieſo?!

Anatol.

Ich mache auch Weihnachtseinkäufe!

Gabriele.

Sie!?

Anatol.

Ich finde nur nichts Rechtes! Dabei ſtehe ich ſeit Wochen jeden Abend vor allen Auslagefenſtern in allen Straßen! Aber die Kaufleute haben keinen Geſchmack und keinen Erfindungsgeiſt.

Gabriele.

Den muß eben der Käufer haben! Wenn man ſo wenig zu thun hat wie Sie, da denkt man nach,32 erfindet ſelbſt und beſtellt ſeine Geſchenke ſchon im Herbſt.

Anatol.

Ach, dazu bin ich nicht der Menſch! Weiß man denn überhaupt im Herbſt, wem man zu Weihnachten etwas ſchenken wird? Und jetzt iſt’s wieder einmal zwei Stunden vor Chriſtbaum und ich habe noch keine Ahnung, keine Ahnung !

Gabriele.

Soll ich Ihnen helfen?

Anatol.

Gnädige Frau Sie ſind ein Engel aber nehmen Sie mir die Päckchen nicht weg

Gabriele.

Nein, nein

Anatol.

Alſo Engel! darf man ſagen. Das iſt ſchön Engel!

Gabriele.

Wollen Sie gefälligſt ſchweigen?

Anatol.

Ich bin ſchon wieder ganz ruhig!

Gabriele.

Alſo geben Sie mir irgend einen An - haltspunkt Für wen ſoll Ihr Geſchenk gehören?

Anatol

Das iſt eigentlich ſchwer zu ſagen

Gabriele.

Für eine Dame natürlich?!

Anatol

Na, ja daß Sie eine Menſchenkennerin ſind hab ich Ihnen heut ſchon einmal geſagt!

Gabriele.

Aber was für eine Dame? Eine wirkliche Dame?!

Anatol

Da müſſen wir uns erſt über den Begriff einigen! Wenn Sie meinen, eine Dame der großen Welt, da ſtimmt es nicht vollkommen

Gabriele.

Alſo der kleinen Welt?

Anatol.

Gut ſagen wir der kleinen Welt

33
Gabriele.

Das hätt ich mir eigentlich denken können !

Anatol.

Nur nicht ſarkaſtiſch werden!

Gabriele.

Ich kenne ja Ihren Geſchmack Wird wohl wieder irgend was vor der Linie ſein dünn und blond!

Anatol.

Blond gebe ich zu !

Gabriele

Ja, ja blond es iſt merk - würdig, daß Sie immer mit ſolchen Vorſtadtdamen zu thun haben aber immer!

Anatol.

Gnädige Frau meine Schuld iſt es nicht.

Gabriele.

Laſſen Sie das mein Herr! Oh, es iſt auch ganz gut, daß Sie bei Ihrem Genre bleiben es wäre ein großes Unrecht, wenn Sie die Stätte Ihrer Triumphe verließen

Anatol.

Aber was ſoll ich denn thun man liebt mich nur da draußen

Gabriele.

Verſteht man Sie denn da draußen?

Anatol.

Keine Idee! Aber, ſehen Sie in der kleinen Welt werd ich nur geliebt; in der großen nur verſtanden Sie wiſſen ja

Gabriele.

Ich weiß gar nichts und will weiter nichts wiſſen! Kommen Sie hier iſt gerade das richtige Geſchäft da wollen wir Ihrer Kleinen was kaufen

Anatol.

Gnädige Frau!

Gabriele.

Nun ja ſehen Sie einmal da ſo eine kleine Schatulle mit drei verſchiedenen Parfüms oder dieſe hier mit den ſechs Seifen .... Patchouli Arthur Schnitzler, Anatol. 334Chypre Jockey-Club das müßte doch was ſein nicht?!

Anatol.

Gnädige Frau ſchön iſt das nicht von Ihnen!

Gabriele.

Oder warten Sie, hier ! Sehen Sie doch Dieſe kleine Broche mit ſechs falſchen Brillanten denken Sie ſechs! Wie das nur glitzert! Oder dieſes reizende, kleine Armband mit den himmliſchen Breloques ach, eins ſtellt gar einen veritablen Mohrenkopf vor! Das muß doch rieſig wirken in der Vorſtadt!

Anatol.

Gnädige Frau Sie irren ſich! Sie kennen dieſe Mädchen nicht die ſind anders, als Sie ſich vor - ſtellen ..

Gabriele.

Und da ach, wie reizend Kommen Sie doch näher nun was ſagen Sie zu dem Hut!? Die Form war vor zwei Jahren höchſt modern! Und die Federn wie die wallen nicht?! Das müßte ein koloſſales Aufſehen machen in Hernals?!

Anatol.

Gnädige Frau von Hernals war nie die Rede und übrigens unterſchätzen Sie wahrſcheinlich auch den Hernalſer Geſchmack

Gabriele.

Ja es iſt wirklich ſchwer mit Ihnen ſo kommen Sie mir doch zu Hilfe geben Sie mir eine Andeutung

Anatol.

Wie ſoll ich das ?! Sie würden ja doch überlegen lächeln jedenfalls!

Gabriele.

Oh nein, oh nein! Belehren Sie mich35 nur ! Iſt ſie eitel oder beſcheiden? Iſt ſie groß oder klein? Schwärmt ſie für bunte Farben ?

Anatol.

Ich hätte Ihre Freundlichkeit nicht annehmen ſollen! Sie ſpotten nur!

Gabriele.

Oh nein, ich höre ſchon zu! Erzählen Sie mir doch was von ihr!

Anatol.

Ich wage es nicht

Gabriele.

Wagen Sie’s nur! Seit wann ?

Anatol.

Laſſen wir das!

Gabriele.

Ich beſtehe darauf! Seit wann kennen Sie ſie?

Anatol.

Seit längerer Zeit!

Gabriele.

Laſſen Sie ſich doch nicht in dieſer Weiſe ausfragen ! Erzählen Sie mir einmal die ganze Ge - ſchichte !

Anatol.

Es iſt gar keine Geſchichte!

Gabriele.

Aber, wo Sie ſie kennen gelernt haben, und wie und wann, und was das überhaupt für eine Perſon iſt das möcht ich wiſſen!

Anatol.

Gut aber es iſt langweilig ich mache Sie darauf aufmerkſam!

Gabriele.

Mich wird es ſchon intereſſiren. Ich möchte wirklich einmal was aus dieſer Welt erfahren! Was iſt das überhaupt für eine Welt? Ich kenne ſie ja gar nicht!

Anatol.

Sie würden ſie auch gar nicht verſtehn!

Gabriele.

Oh, mein Herr!

Anatol.

Sie haben eine ſo ſummariſche Verachtung für Alles, was nicht Ihr Kreis iſt! Sehr mit Unrecht.

3*36
Gabriele.

Aber ich bin ja ſo gelehrig! Man erzählt mir ja nichts aus dieſer Welt! Wie ſoll ich ſie kennen?

Anatol.

Aber Sie haben ſo eine unklare Em - pfindung, daß man Ihnen dort etwas wegnimmt. Stille Feindſchaft!

Gabriele.

Ich bitte mir nimmt man nichts weg wenn ich etwas behalten will.

Anatol.

Ja aber, wenn Sie ſelber irgend was nicht wollen, es ärgert Sie doch, wenn’s ein Anderer kriegt?

Gabriele.

Oh !

Anatol.

Gnädige Frau Das iſt nur echt weiblich! Und da es echt weiblich iſt iſt es ja wahrſcheinlich auch höchſt vornehm und ſchön und tief !

Gabriele.

Wo Sie nur die Ironie herhaben!!

Anatol.

Wo ich ſie herhabe? Ich will es Ihnen ſagen. Auch ich war einmal gut und voll Vertrauen und es gab keinen Hohn in meinen Worten Und ich habe manche Wunde ſtill ertragen

Gabriele.

Nur nicht romantiſch werden!

Anatol.

Die ehrlichen Wunden ja! Ein Nein zur rechten Zeit, ſelbſt von den geliebteſten Lippen ich konnte es verwinden. Aber ein Nein , wenn die Augen hundert Mal Vielleicht! geſagt wenn die Lippen hundert Mal Mag ſein! gelächelt, wenn der Ton der Stimme hundert Mal nach Gewiß! geklungen ſo ein Nein macht einen

Gabriele.

Wir wollten ja was kaufen!

37
Anatol.

So ein Nein macht einem zum Narren oder zum Spötter!

Gabriele

Sie wollten mir ja erzählen

Anatol.

Gut wenn Sie durchaus etwas erzählt haben wollen

Gabriele.

Gewiß will ich es! Wie lernten Sie ſie kennen ?

Anatol.

Gott wie man eben Jemand kennen lernt! Auf der Straße beim Tanz in einem Omnibus unter einem Regenſchirm

Gabriele.

Aber Sie wiſſen ja der ſpecielle Fall intereſſirt mich. Wir wollen ja dem ſpeciellen Fall etwas kaufen!

Anatol.

Dort, in der kleinen Welt giebt’s ja keine ſpeciellen Fälle eigentlich auch in der großen nicht Ihr ſeid ja Alle ſo typiſch!

Gabriele.

Mein Herr! Nun fangen Sie an

Anatol.

Es iſt ja nichts Beleidigendes durchaus nicht! Ich bin ja auch ein Typus!

Gabriele.

Und was für einer denn?

Anatol

Leichtſinniger Melancholiker!

Gabriele

Und und ich?

Anatol.

Sie? ganz einfach: Mondaine!

Gabriele.

So ! Und ſie!?

Anatol.

Sie ? Sie , das ſüße Mädl!

Gabriele.

Süß! Gleich ſüß ? Und ich die Mondaine ſchlechtweg

Anatol.

Böſe Mondaine wenn Sie durchaus wollen

38
Gabriele.

Alſo erzählen Sie mir endlich von dem ſüßen Mädl!

Anatol.

Sie iſt nicht fascinirend ſchön ſie iſt nicht beſonders elegant und ſie iſt durchaus nicht geiſtreich

Gabriele.

Ich will ja nicht wiſſen, was ſie nicht iſt

Anatol.

Aber ſie hat die weiche Anmuth eines Früh - lingsabends und die Grazie einer verzauberten Prin - zeſſin und den Geiſt eines Mädchens, das zu lieben weiß!

Gabriele.

Dieſe Art von Geiſt ſoll ja ſo ſehr verbreitet ſein in Ihrer kleinen Welt!

Anatol.

Sie können ſich da nicht hinein denken! Man hat Ihnen zu viel verſchwiegen, als Sie junges Mädchen waren und hat Ihnen zu viel geſagt, ſeit Sie junge Frau ſind! darunter leidet die Naivetät Ihrer Betrachtungen

Gabriele.

Aber Sie hören doch ich will mich be - lehren laſſen Ich glaube Ihnen ja auch ſchon die ver - zauberte Prinzeſſin ! Erzählen Sie mir nur, wie der Zaubergarten ausſchaut, in dem ſie ruht

Anatol.

Da dürfen Sie ſich freilich nicht einen glän - zenden Salon vorſtellen, wo die ſchweren Portièren nieder - fallen mit Makartbouquets in den Ecken, Bibelôts, Leucht - thürmen, mattem Sammt und dem affectirten Halb - dunkel eines ſterbenden Nachmittags

Gabriele.

Ich will ja nicht wiſſen, was ich mir nicht vorſtellen ſoll

Anatol.

Alſo denken Sie ſich ein kleines, dämmeriges Zimmer ſo klein mit gemalten Wänden 39 und noch dazu etwas zu licht ein paar alte, ſchlechte Kupferſtiche mit verblaßten Aufſchriften hängen da und dort. Eine Hängelampe mit einem Schirm. Vom Fenſter aus, wenn es Abend wird, die Ausſicht auf die im Dunkel verſinkenden Dächer und Rauchfänge! Und wenn der Frühling kommt, da wird der Garten gegenüber blüh’n und duften

Gabriele.

Wie glücklich müſſen Sie ſein, daß Sie ſchon zu Weihnachten an den Mai denken!

Anatol.

Ja dort bin ich auch zuweilen glück - lich!

Gabriele.

Genug, genug! Es wird ſpät wir wollten ihr was kaufen! Vielleicht etwas für das Zimmer mit den gemalten Wänden

Anatol.

Es fehlt nichts darin!

Gabriele.

Ja ihr! das glaub ich wohl! Aber ich möchte Ihnen ja Ihnen! das Zimmer ſo recht nach Ihrer Weiſe ſchmücken!

Anatol.

Mir?

Gabriele.

Mit perſiſchen Teppichen

Anatol.

Aber ich bitte Sie da hinaus!

Gabriele.

Mit einer Ampel von gebrochenem, roth - grünem Glas ?

Anatol.

Hm!

Gabriele.

Ein paar Vaſen mit friſchen Blumen?

Anatol.

Ja aber ich will ja ihr was bringen

Gabriele.

Ach ja es iſt wahr wir müſſen uns entſcheiden ſie wartet wohl ſchon auf Sie?

40
Anatol.

Gewiß!

Gabriele.

Sie wartet?! Sagen Sie wie em - pfängt ſie Sie denn?

Anatol.

Ach wie man eben empfängt.

Gabriele.

Sie hört Ihre Schritte ſchon auf der Treppe nicht wahr?

Anatol.

Ja zuweilen

Gabriele.

Und ſteht bei der Thüre?

Anatol.

Ja!

Gabriele.

Und fällt Ihnen um den Hals und küßt Sie und ſagt Was ſagt ſie denn ?

Anatol.

Was man eben in ſolchen Fällen ſagt

Gabriele.

Nun zum Beiſpiel!

Anatol.

Ich weiß kein Beiſpiel!

Gabriele.

Was ſagte ſie geſtern?

Anatol.

Ach nichts Beſonderes das klingt ſo einfältig, wenn man nicht den Ton der Stimme dazu hört !

Gabriele.

Ich will mir ihn ſchon dazu denken: Nun was ſagte ſie?

Anatol

Ich bin ſo froh, daß ich Dich wieder hab!

Gabriele.

Ich bin ſo froh wie?!

Anatol

daß ich Dich wieder hab !

Gabriele

das iſt eigentlich hübſch ſehr hübſch!

Anatol.

Ja es iſt herzlich und wahr!

Gabriele.

Und ſie iſt immer allein? Ihr könnt Euch ſo ungeſtört ſehen!?

Anatol.

Nun ja ſie lebt ſo für ſich ſie ſteht41 ganz allein keinen Vater, keine Mutter nicht einmal eine Tante!

Gabriele.

Und Sie ſind ihr Alles ?

Anatol

Möglich! Heute

(Schweigen.)
Gabriele

Es wird ſo ſpät ſehen Sie, wie leer es ſchon in den Straßen iſt

Anatol.

Oh ich hielt Sie auf! Sie müſſen ja nach Hauſe.

Gabriele.

Freilich freilich! Man wird mich ſchon erwarten! Wie machen wir das nur mit dem Geſchenk ?

Anatol.

Oh ich finde ſchon noch irgend eine Kleinigkeit !

Gabriele.

Wer weiß, wer weiß! Und ich habe mir ſchon einmal in den Kopf geſetzt, daß ich Ihrer daß ich dem Mädel was ausſuchen will !

Anatol.

Aber, ich bitte Sie, gnädige Frau!

Gabriele

.. Ich möchte am Liebſten dabei ſein, wenn Sie ihr das Weihnachtsgeſchenk bringen! Ich habe eine ſolche Luſt bekommen, das kleine Zimmer und das ſüße Mädl zu ſehen! Die weiß ja gar nicht, wie gut ſie’s hat!

Anatol

!

Gabriele.

Nun aber, geben Sie mir die Päckchen! Es wird ſo ſpät

Anatol.

Ja, ja! Hier ſind ſie aber

Gabriele.

Bitte winken Sie dem Wagen dort, der uns entgegen kommt

Anatol.

Dieſe Eile mit einem Mal?!

Gabriele.

Bitte, bitte!

(Er winkt)
42
Gabriele.

Ich danke Ihnen ! Aber was machen wir nun mit dem Geſchenk ?

(Der Wagen hat gehalten; er und ſie ſind ſtehen geblieben, er will die Wagenthüre öffnen)
Gabriele.

Warten Sie! Ich möchte ihr ſelbſt was ſchicken!

Anatol.

Sie ?! Gnädige Frau, Sie ſelbſt

Gabriele.

Was nur?! Hier nehmen Sie dieſe Blumen ganz einfach, dieſe Blumen ! Es ſoll nichts Anderes ſein, als ein Gruß, gar nichts weiter Aber Sie müſſen ihr was dazu ausrichten.

Anatol.

Gnädige Frau Sie ſind ſo lieb

Gabriele.

Verſprechen Sie mit, ihr’s zu beſtellen und mit den Worten, die ich Ihnen mitgeben will

Anatol.

Gewiß!

Gabriele.

Verſprechen Sie’s mir?

Anatol.

Ja mit Vergnügen! Warum denn nicht!

Gabriele
(hat die Wagenthüre geöffnet).

So ſagen Sie ihr

Anatol.

Nun ?

Gabriele.

Sagen Sie ihr: Dieſe Blumen, mein ſüßes Mädl, ſchickt Dir eine Frau, die vielleicht ebenſo lieben kann wie Du und die den Muth dazu nicht hatte

Anatol.

Gnädige Frau!?

(Sie iſt in den Wagen geſtiegen Der Wagen rollt fort, die Straßen ſind faſt menſchenleer geworden.)

(Er ſchaut dem Wagen lange nach, bis er um eine Ecke gebogen iſt Er bleibt noch eine Weile ſtehn: dann ſieht er auf die Uhr und eilt raſch fort.)
[43]

Epiſode.

[44]

Perſonen:

  • Anatol.
  • Max.
  • Bianca.
[45]
Maxens Zimmer, im Ganzen dunkel gehalten, dunkelrothe Tapeten, dunkelrothe Portièren. Im Hintergrunde, Mitte, eine Thür. Eine zweite links vom Zu - ſchauer. In der Mitte des Zimmers ein großer Schreibtiſch; eine Lampe mit einem Schirm ſteht darauf; Bücher und Schriften liegen auf demſelben. Rechts vorn ein hohes Fenſter. Im Winkel rechts ein Kamin, in welchem ein Feuer lodert. Davor zwei niedere Lehnſeſſel. Zwanglos daneben gerückt ein dunkel - rother Ofenſchirm.
Max
(ſitzt vor dem Schreibtiſch und lieſt, ſeine Cigarre rauchend, einen Brief).

Mein lieber Max! Ich bin wieder da. Unſere Ge - ſellſchaft bleibt drei Monate hier, wie Sie wohl in der Zeitung geleſen haben. Der Abend gehört der Freundſchaft. Heute Abends bin ich bei Ihnen. Bibi Bibi alſo Bianca Nun, ich werde ſie erwarten.

(Es klopft)

Sollte ſie es ſchon ſein ? Herein!

Anatol
(tritt ein, ein großes Packet unter dem Arm tragend, düſter).

Guten Abend!

Max.

Ah Du! Was bringſt Du?

Anatol.

Ich ſuche ein Aſyl für meine Vergangenheit.

Max.

Wie ſoll ich das verſtehen?

Anatol
(hält ihm das Packet entgegen).
Max.

Nun?

46
Anatol.

Hier bringe ich Dir meine Vergangenheit, mein ganzes Jugendleben: nimm es bei Dir auf.

Max.

Mit Vergnügen. Aber Du wirſt Dich doch näher erklären?

Anatol.

Darf ich mich ſetzen?

Max.

Gewiß. Warum biſt Du übrigens ſo feierlich?

Anatol
(hat ſich niedergeſetzt).

Darf ich mir eine Cigarre anzünden?

Max.

Da! Nimm, ſie ſind von der heurigen Ernte.

Anatol
(zündet ſich eine der angebotenen Cigarren an).

Ah ausgezeichnet!

Max
(auf das Packet deutend, welches Anatol auf den Schreibtiſch gelegt hat).

Und ?

Anatol.

Dieſes Jugendleben hat in meinem Haufe kein Quartier mehr! Ich verlaſſe die Stadt.

Max.

Ah!

Anatol.

Ich beginne ein neues Leben auf unbeſtimmte Zeit. Dazu muß ich frei und allein ſein, und darum löſe ich mich von der Vergangenheit los.

Max.

Du haſt alſo eine neue Geliebte.

Anatol.

Nein ich habe nur vorläufig die alte nicht mehr

(raſch abbrechend und auf das Packet deutend)

bei Dir, mein lieber Freund, darf ich all dieſen Tand ruhen laſſen.

Max.

Tand, ſagſt Du ! Warum verbrennſt Du ihn nicht?

Anatol.

Ich kann nicht.

Max.

Das iſt kindiſch.

Anatol.

Oh nein: das iſt ſo meine Art von Treue. 47Keine von Allen, die ich liebte, kann ich vergeſſen. Wenn ich ſo in dieſen Blättern, Blumen, Locken wühle Du mußt mir geſtatten, manchmal zu Dir zu kommen, nur um zu wühlen dann bin ich wieder bei ihnen, dann leben ſie wieder, und ich bete ſie auf’s Neue an.

Max.

Du willſt Dir alſo in meiner Behauſung ein Stelldichein mit alten Geliebten geben ?

Anatol
(kaum auf ihn hörend).

Ich habe manchmal ſo eine Idee Wenn es irgend ein Machtwort gäbe, daß Alle wieder erſcheinen müßten! Wenn ich ſie hervorzaubern könnte aus dem Nichts!

Max.

Dieſes Nichts wäre etwas verſchiedenartig.

Anatol.

Ja, ja denke Dir, ich ſpräche es aus, dieſes Wort

Max.

Vielleicht findeſt Du ein wirkſames zum Beiſpiel: Einzig Geliebte!

Anatol.

Ich rufe alſo: Einzig Geliebte ! Und nun kommen ſie; die Eine aus irgend einem kleinen Häuschen in der Vorſtadt, die Andere aus dem prunkenden Salon ihres Herrn Gemahls Eine aus der Garderobe ihres Theaters

Max.

Mehrere!

Anatol.

Mehrere gut Eine aus dem Mo - diſtengeſchäft

Max.

Eine aus den Armen eines neuen Geliebten

Anatol.

Eine aus dem Grabe Eine von da Eine von dort und nun ſind ſie Alle da

Max.

Sprich das Wort lieber nicht aus. Dieſe Ver - ſammlung könnte ungemüthlich werden. Denn ſie haben48 vielleicht Alle aufgehört, Dich zu lieben aber Keine, eifer - ſüchtig zu ſein.

Anatol.

Sehr weiſe .. Ruhet alſo in Frieden.

Max.

Nun heißt es aber einen Platz für dieſes ſtatt - liche Päckchen zu finden.

Anatol.

Du wirſt es vertheilen müſſen.

( Reißt das Packet auf; es liegen zierliche, durch Bänder zuſammengehaltene Päckchen zu Tage.)
Max.

Ah!

Anatol.

Es iſt Alles hübſch geordnet.

Max.

Nach Namen?

Anatol.

O nein. Jedes Päckchen trägt irgend eine Aufſchrift: einen Vers, ein Wort, eine Bemerkung, die mir das ganze Erlebniß in die Erinnerung zurückrufen. Niemands Namen denn Marie oder Anna könnte ſchließlich Jede heißen.

Max.

Laß ſehen.

Anatol.

Werde ich Euch Alle wieder kennen? Manches liegt jahrelang da, ohne daß ich es wieder angeſehen habe.

Max
(eines der Päckchen in die Hand nehmend, die Aufſchrift leſend):
Du reizend Schöne, Holde, Wilde,
Laß mich umſchlingen Deinen Leib;
Ich küſſe Deinen Hals, Mathilde,
Du wunderſames ſüßes Weib!

Das iſt ja doch ein Name ? Mathilde!

Anatol.

Ja, Mathilde. Sie hieß aber anders. Immerhin habe ich ihren Hals geküßt.

Max.

Wer war ſie?

Anatol.

Frage das nicht. Sie iſt in meinen Armen gelegen, das genügt.

49
Max.

Alſo fort mit der Mathilde. Uebrigens ein recht ſchmales Päckchen.

Anatol.

Ja, es iſt nur eine Locke darin.

Max.

Gar keine Briefe?

Anatol

Oh von Der! Das hätte ihr die rieſigſte Mühe gemacht. Wo kämen wir aber hin, wenn uns alle Weiber Briefe ſchrieben! Alſo weg mit der Mathilde.

Max
(wie oben).

In einer Beziehung ſind alle Weiber gleich: ſie werden impertinent, wenn man ſie auf einer Lüge ertappt.

Anatol.

Ja, das iſt wahr!

Max.

Wer war Die? Ein gewichtiges Päckchen!

Anatol.

Lauter acht Seiten lange Lügen! Weg damit.

Max.

Und impertinent war ſie auch?

Anatol.

Als ich ihr d’rauf kam. Weg mit ihr.

Max.

Weg mit der impertinenten Lügnerin.

Anatol.

Keine Beſchimpfungen. Sie lag in meinen Armen; ſie iſt heilig.

Max.

Das iſt wenigſtens ein guter Grund. Alſo weiter.

(Wie oben:)
Um mir die böſe Laune wegzufächeln,
Denk ich an Deinen Bräutigam, mein Kind.
Ja dann, mein ſüßer Schatz, dann muß ich lächeln,
Weil’s Dinge giebt, die gar zu luſtig ſind.
Anatol
(lächelnd).

Ach ja, das war ſie.

Max.

Ah, was iſt denn da drin?

Anatol.

Eine Photographie. Sie mit dem Bräutigam.

Max.

Kannteſt Du ihn?

Arthur Schnitzler, Anatol. 450
Anatol.

Natürlich, ſonſt hätte ich ja nicht lächeln können. Er war ein Dummkopf.

Max
(ernſt).

Er iſt in ihren Armen gelegen; er iſt heilig.

Anatol.

Genug.

Max.

Weg mit dem luſtigen ſüßen Kind ſammt lächer - lichem Bräutigam.

(Ein neues Päckchen nehmend).

Was iſt das? Nur ein Wort?

Anatol.

Welches denn?

Max.

Ohrfeige.

Anatol.

Oh, ich erinnere mich ſchon.

Max.

Das war wohl der Schluß?

Anatol.

Oh nein, der Anfang.

Max.

Ach ſo! Und hier Es iſt leichter, die Richtung einer Flamme zu verändern, als ſie zu entzünden. Was bedeutet das?

Anatol.

Nun, ich habe eben die Richtung der Flamme verändert: entzündet hat ſie ein Anderer.

Max.

Fort mit der Flamme Immer hat ſie ihr Brenneiſen mit.

(Sieht Anatol fragend an.)
Anatol.

Nun ja; ſie hatte eben immer ihr Brenneiſen mit für alle Fälle. Aber ſie war ſehr hübſch. Uebrigens hab ich nur ein Stück Schleier von ihr.

Max.

Ja, es fühlt ſich ſo an

(Weiter leſend:)

Wie hab ich Dich verloren? Nun, wie haſt Du ſie verloren?

Anatol.

Das weiß ich eben nicht. Sie war fort, plötzlich fort aus meinem Leben. Ich verſichere Dich, das kommt manchmal vor. Es iſt, wie wenn man irgendwo einen51 Regenſchirm ſtehen läßt und ſich erſt viele Tage ſpäter er - innert Man weiß dann nicht mehr, wann und wo.

Max.

Ade, verlorene.

( Wie oben.)

Warſt ein ſüßes, liebes Ding

Anatol
(träumeriſch fortfahrend).

Mädel mit den zerſtochenen Fingern.

Max.

Das war Cora nicht?

Anatol.

Ja Du haſt ſie ja gekannt.

Max.

Weißt Du, was aus ihr geworden iſt?

Anatol.

Ich habe ſie ſpäter wieder getroffen als Gattin eines Tiſchlermeiſters.

Max.

Wahrhaftig!

Anatol.

Ja, ſo enden dieſe Mädel mit den zerſtochenen Fingern. In der Stadt werden ſie geliebt und in der Vor - ſtadt geheiratet ’s war ein Schatz!

Max.

Fahr wohl ! Und was iſt das? Epi - ſode da iſt ja nichts darin? Staub!

Anatol
(das Couvert in die Hand nehmend).

Staub ? Das war einmal eine Blume!

Max.

Was bedeutet das: Epiſode?

Anatol.

Ach nichts; ſo ein zufälliger Gedanke. Es war nur eine Epiſode, ein Roman von zwei Stunden nichts! Ja, Staub! Daß von ſo viel Süßigkeit nichts Anderes zurückbleibt, iſt eigentlich traurig. Nicht?

Max.

Ja, gewiß iſt das traurig Aber wie kamſt Du zu dem Worte? Du hätteſt es doch überall hinſchreiben können?

Anatol.

Jawohl; aber niemals kam es mir zu Be -4*52wußtſein, wie damals. Häufig, wenn ich mit Der oder Jener zuſammen war, beſonders in früherer Zeit, wo ich noch ſehr Großes von mir dachte, da lag es mir auf den Lippen: Du armes Kind Du armes Kind !

Max.

Wieſo?

[Anatol].

Nun, ich kam mir ſo vor, wie einer von den Gewaltigen des Geiſtes. Dieſe Mädchen und Frauen ich zermalmte ſie unter meinen ehernen Schritten, mit denen ich über die Erde wandelte. Weltgeſetz, dachte ich, ich muß über Euch hinweg.

Max.

Du warſt der Sturmwind, der die Blüthen weg - fegte nicht?

Anatol.

Ja! So brauſte ich dahin. Darum dachte ich eben: Du armes, armes Kind. Ich habe mich eigentlich ge - täuſcht. Ich weiß heute, daß ich nicht zu den Großen gehöre, und, was gerade ſo traurig iſt, ich habe mich darein ge - funden. Aber damals!

Max.

Nun, und die Epiſode?

Anatol.

Ja, das war eben auch ſo Das war ſo ein Weſen, das ich auf meinem Wege fand.

Max.

Und zermalmte.

Anatol.

Du, wenn ich mir’s überlege, ſo ſcheint mir: Die habe ich wirklich zermalmt.

Max.

Ah!

Anatol.

Ja, höre nur. Es iſt eigentlich das Schönſte von Allem, was ich erlebt habe Ich kann es Dir gar nicht erzählen.

Max.

Warum?

53
Anatol.

Weil die Geſchichte ſo gewöhnlich iſt, als nur möglich Es iſt nichts. Du kannſt das Schöne gar nicht herausempfinden. Das Geheimniß der ganzen Sache iſt, daß ich’s erlebt habe.

Max.

Nun ?

Anatol.

Alſo da ſitze ich vor meinem Clavier In dem kleinen Zimmer war es, das ich damals bewohnte Abend Ich kenne ſie ſeit zwei Stunden Meine grün-rothe Ampel brennt ich erwähne die grün-rothe Ampel; ſie gehört auch dazu.

Max.

Nun?

Anatol.

Nun! Alſo ich am Clavier. Sie zu meinen Füßen, ſo daß ich das Pedal nicht greifen konnte. Ihr Kopf liegt in meinem Schooß, und ihre verwirrten Haare funkeln grün und roth von der Ampel. Ich phantaſire auf dem Flügel, aber nur mit der linken Hand; meine rechte hat ſie an ihre Lippen gedrückt

Max.

Nun?

Anatol.

Immer mit Deinem erwartungsvollen Nun Es iſt eigentlich nichts weiter Ich kenne ſie alſo ſeit zwei Stunden, ich weiß auch, daß ich ſie nach dem heutigen Abend wahrſcheinlich niemals wieder ſehen werde das hat ſie mir geſagt und dabei fühle ich, daß ich in dieſem Augenblick wahnſinnig geliebt werde. Das hüllt mich ſo ganz ein die ganze Luft war trunken und duftete von dieſer Liebe Verſtehſt Du mich?

(Max nickt.)

Und ich hatte wieder dieſen thörichten göttlichen Gedanken: Du armes, armes Kind! Das Epiſodenhafte der Geſchichte kam mir ſo54 deutlich zu Bewußtſein. Während ich den warmen Hauch ihres Mundes auf meiner Hand fühlte, erlebte ich das Ganze ſchon in der Erinnerung. Es war eigentlich ſchon vorüber. Sie war wieder Eine von Denen geweſen, über die ich hin - wegmußte. Das Wort ſelbſt fiel mir ein, das dürre Wort: Epiſode. Und dabei war ich ſelber irgend etwas Ewiges Ich wußte auch, daß das arme Kind nimmer dieſe Stunde aus ihrem Sinn ſchaffen könnte gerade bei Der wußt ich’s. Oft fühlt man es ja: Morgen Früh bin ich vergeſſen. Aber da war es etwas Anderes. Für Dieſe, die da zu meinen Füßen lag, bedeutete ich eine Welt; ich fühlte es, mit welch einer heiligen, unvergänglichen Liebe ſie mich in dieſem Momente umgab. Das empfindet man nämlich; ich laſſe es mir nicht nehmen. Gewiß konnte ſie in dieſem Augen - blick nicht Anderes denken, als mich nur mich. Sie aber war für mich jetzt ſchon das Geweſene, Flüchtige, die Epiſode.

Max.

Was war ſie denn eigentlich?

Anatol.

Was ſie war ? Nun, Du kannteſt ſie. Wir haben ſie eines Abends in einer luſtigen Geſellſchaft kennen gelernt, Du kannteſt ſie ſogar ſchon von früher her, wie Du mir damals ſagteſt.

Max.

Nun, wer war ſie denn? Ich kenne ſehr Viele von früher her. Du ſchilderſt ſie ja in Deinem Ampellicht wie eine Märchengeſtalt.

Anatol.

Ja im Leben war ſie das nicht. Weißt Du, was ſie war ? Ich zerſtöre jetzt eigentlich den ganzen Nimbus.

Max.

Sie war alſo ?

55
Anatol
(lächelnd).

Sie war vom

Max.

Vom Theater ?

Anatol.

Nein vom Circus.

Max.

Iſt’s möglich!

Anatol.

Ja Bianca war es. Ich hab es Dir bis heute nicht erzählt, daß ich ſie wieder traf nach jenem Abend, an dem ich mich um ſie gar nicht gekümmert hatte.

Max.

Und Du glaubſt wirklich, daß Dich Bibi ge - liebt hat ?

Anatol.

Ja, gerade Die! Acht oder zehn Tage nach jenem Feſte begegneten wir uns auf der Straße Am Morgen darauf mußte ſie mit der ganzen Geſellſchaft nach Rußland.

Max.

Es war alſo die höchſte Zeit.

Anatol.

Ich wußt es ja; nun iſt für Dich das Ganze zerſtört. Du biſt eben noch nicht auf das wahre Geheimniß der Liebe gekommen.

Max.

Und worin löſt ſich für Dich das Räthſel der Frau?

Anatol.

In der Stimmung.

Max.

Ah Du brauchſt das Halbdunkel, Deine grün - rothe Ampel Dein Clavierſpiel.

Anatol.

Ja, das iſt’s. Und das macht mir das Leben ſo vielfältig und wandlungsreich, daß mir eine Farbe die ganze Welt verändert. Was wäre für Dich, für tauſend Andere dieſes Mädchen geweſen mit den funkelnden Haaren; was für Euch dieſe Ampel, über die Du ſpotteſt! Eine Circus - reiterin und ein roth-grünes Glas mit einem Licht dahinter! 56Dann iſt freilich der Zauber weg; dann kann man wohl leben, aber man wird nimmer was erleben. Ihr tappt hinein in irgend ein Abenteuer, brutal, mit offenen Augen, aber mit verſchloſſenem Sinn, und es bleibt farblos für Euch! Aus meiner Seele aber, ja, aus mir heraus blitzen tauſend Lichter und Farben d’rüber hin, und ich kann empfinden, wo Ihr nur genießt!

Max.

Ein wahrer Zauberborn, Deine Stimmung , Alle, die Du liebſt, tauchen darin unter und bringen Dir nun einen ſonderbaren Duft von Abenteuern und Seltſamkeit mit, an dem Du Dich berauſcheſt.

Anatol.

Nimm es ſo, wenn Du willſt.

Max.

Was nun aber Deine Circusreiterin anbelangt, ſo wirſt Du mir ſchwerlich erklären können, daß ſie unter der grün-rothen Ampel daſſelbe empfinden mußte, wie Du.

Anatol.

Aber ich mußte empfinden, was ſie in meinen Armen fühlte!

Max.

Nun, ich habe ſie ja auch gekannt, Deine Bianca, und beſſer als Du.

Anatol.

Beſſer?

Max.

Beſſer; weil wir einander nicht liebten. Für mich iſt ſie nicht die Märchengeſtalt; für mich iſt ſie eine von den tauſend Gefallenen, denen die Phantaſie eines Träumers neue Jungfräulichkeit borgt. Für mich iſt ſie nichts Beſſeres, als hundert Andere, die durch Reifen ſpringen oder kurzgeſchürzt in der letzten Quadrille ſtehen.

Anatol.

So ſo

Max.

Und ſie war nichts Anderes. Nicht ich habe57 etwas überſehen, was an ihr war; ſondern Du ſahſt, was nicht an ihr war. Aus dem reichen und ſchönen Leben Deiner Seele haſt Du Deine phantaſtiſche Jugend und Gluth in ihr nichtiges Herz hineinempfunden, und was Dir ent - gegenglänzte, war Licht von Deinem Lichte.

Anatol.

Nein. Auch das iſt mir ja zuweilen geſchehen. Aber damals nicht. Ich will ſie ja nicht beſſer machen, als ſie war. Ich war weder der Erſte, noch der Letzte ich war

Max.

Nun, was warſt Du? Einer von Vielen. Daſſelbe war ſie in Deinen Armen, wie in denen der An - deren. Das Weib in ſeinem höchſten Augenblick!

Anatol.

Warum hab ich Dich eingeweiht? Du haſt mich nicht verſtanden.

Max.

O nein Du haſt mich mißverſtanden. Ich wollte nur ſagen, Du magſt den ſüßeſten Zauber empfunden haben, während es ihr daſſelbe bedeutete, wie viele Male zuvor. Hatte denn für ſie die Welt tauſend Farben?

Anatol.

Du kannteſt ſie ſehr gut?

Max.

Ja; wir begegneten uns häufig in der luſtigen Geſellſchaft, in welche Du einmal mit mir kamſt.

Anatol.

Das war Alles?

Max.

Alles. Aber wir waren gute Freunde. Sie hatte Witz; wir plauderten gern mit einander.

Anatol.

Das war Alles?

Max.

Alles

Anatol

Und dennoch ſie hat mich geliebt

Max.

Wollen wir nicht weiter leſen

(ein Päckchen in58 die Hand nehmend:)

Wüßt ich doch, was Dein Lächeln bedeutet, Du grünäugige

Anatol

Weißt Du übrigens, daß die ganze Ge - ſellſchaft wieder hier eingetroffen iſt?

Max.

Gewiß. Sie auch.

Anatol.

Jedenfalls.

Max.

Ganz beſtimmt. Und ich werde ſie ſogar heute Abend wiederſehen.

Anatol.

Wie? Du? Weißt Du, wo ſie wohnt?

Max.

Nein. Sie hat mir geſchrieben; ſie kommt zu mir.

Anatol
(vom Seſſel auffahrend).

Wie? Und das ſagſt Du mir erſt jetzt?

Max.

Was geht es Dich an? Du willſt ja frei und allein ſein!

Anatol.

Ach was!

Max.

Und dann iſt nichts trauriger, als ein aufge - wärmter Zauber.

[Anatol].

Du meinſt ?

Max.

Ich meine, daß Du Dich in Acht nehmen ſollſt, ſie wieder zu ſehen.

Anatol.

Weil ſie mir von Neuem gefährlich werden könnte?

Max.

Nein; weil es damals zu ſchön war. Geh nach Hauſe mit Deiner ſüßen Erinnerung. Man ſoll nichts wiedererleben wollen.

Anatol.

Du kannſt nicht im Ernſt glauben, daß ich auf ein Wiederſehen verzichten ſoll, das mir ſo leicht gemacht wird.

59
Max.

Sie iſt klüger als Du. Sie hat Dir nicht ge - ſchrieben Vielleicht übrigens nur, weil ſie Dich ver - geſſen hat.

Anatol.

Unſinn.

Max.

Du hältſt es für unmöglich?

Anatol.

Ich lache darüber.

Max.

Nicht bei Allen trinkt die Erinnerung von dem Lebenselixir Stimmung, das der Deinen ihre ewige Friſche verleiht.

Anatol.

Oh jene Stunde damals!

Max.

Nun?

Anatol.

Es war eine von den unſterblichen Stunden.

Max.

Ich höre Schritte im Vorzimmer.

Anatol.

Sie iſt es am Ende.

Max.

Gehe, entferne Dich durch mein Schlafzimmer.

Anatol.

Daß ich ein Narr wäre.

Max.

Geh was willſt Du Dir den Zauber zer - ſtören laſſen.

Anatol.

Ich bleibe.

( Es klopft.)
Max.

Geh! Gehe raſch!

Anatol
(ſchüttelt den Kopf).
Max.

So ſtelle Dich hierher, daß ſie Dich wenigſtens nicht gleich ſieht hieher

(Er ſchiebt ihn zum Camin hin, ſo daß er theilweiſe durch den Schirm gedeckt iſt.)
Anatol
(ſich an den Caminſims lehnend).

Meinetwegen.

( Es klopft.)
Max.

Herein!

Bianca
(eintretend, lebhaft).

Guten Abend, lieber Freund; da bin ich wieder.

60
Max
(ihr die Hände entgegenſtreckend).

Guten Abend, liebe Bianca, das iſt ſchön von Ihnen, wirklich ſchön!

Bianca.

Meinen Brief haben Sie doch erhalten? Sie ſind der Allererſte der Einzige überhaupt.

Max.

Und Sie können ſich denken, wie ſtolz ich bin.

Bianca.

Und was machen die Anderen? Unſere Sacher - Geſellſchaft? Exiſtirt ſie noch? Werden wir wieder jeden Abend nach der Vorſtellung beiſammen ſein?

Max
(iſt ihr beim Ablegen behilflich).

Es gab aber Abende, wo Sie nicht zu finden waren.

Bianca.

Nach der Vorſtellung?

Max.

Ja, wo Sie gleich nach der Vorſtellung ver - ſchwanden.

Bianca
(lächelnd).

Ach ja natürlich Wie ſchön das iſt, wenn Einem das ſo geſagt wird ohne die ge - ringſte Eiferſucht! Man muß auch ſolche Freunde haben wie Sie

Max.

Ja, ja, das muß man.

Bianca.

Die Einen lieben, ohne Einen zu quälen!

Max.

Das ward Ihnen ſelten!

Bianca
(den Schatten Anatol’s gewahrend).

Sie ſind ja nicht allein.

Anatol
(tritt hervor, verbeugt ſich).
Max.

Ein alter Bekannter.

Bianca
(das Lorgnon zum Auge führend).

Ah

Anatol
(näher tretend).

Fräulein

Max.

Was ſagen Sie zu der Ueberraſchung, Bibi?

61
Bianca
(etwas verlegen, ſucht augenſcheinlich in ihren Erinnerungen).

Ah, wahrhaftig, wir kennen uns ja

Anatol.

Gewiß Bianca.

Bianca.

Natürlich wir kennen uns ſehr gut

Anatol
(erregt mit beiden Händen ihre Rechte faſſend).

Bianca

Bianca.

Wo war es nur, daß wir uns trafen wo nur ach ja!

Max.

Erinnern Sie ſich

Bianca

Freilich Nicht wahr es war in St. Petersburg ?

Anatol
(raſch ihre Hand fahren laſſend).

Es war nicht in Petersburg, mein Fräulein

(Wendet ſich zum Gehen).
Bianca
(ängſtlich zu Max).

Was hat er denn? Hab ich ihn beleidigt?

Max.

Da ſchleicht er davon

(Anatol iſt durch die Thür im Hintergrunde verſchwunden.)
Bianca.

Ja, was bedeutet denn das?

Max.

Ja, haben Sie ihn denn nicht erkannt?

Bianca.

Erkannt ja, ja. Aber ich weiß nicht recht, wo und wann?

Max.

Aber, Bibi, es war Anatol!

Bianca.

Anatol ? Anatol ?

Max.

Anatol Clavier Ampel ſo eine rot - grüne hier in der Stadt vor drei Jahren

Bianca
(ſich an die Stirn greifend).

Wo hatte ich denn meine Augen? Anatol!

(Zur Thür hin.)

Ich muß ihn zurückrufen

(Die Thür öffnend).

Anatol!

( Hinauslaufend, hinter der Scene, im Stiegen - haus.)

Anatol! Anatol!

62
Max
(ſteht lächelnd da, iſt ihr bis zur Thür nachgegangen).

Nun?

Bianca
(eintretend).

Er muß ſchon auf der Straße ſein. Erlauben Sie!

(Raſch das Fenſter öffnend).

Da unten geht er.

Max
(hinter ihr).

Ja, das iſt er.

Bianca
(ruft).

Anatol!

Max.

Er hört Sie nicht mehr.

Bianca
(leicht auf den Boden ſtampfend).

Wie ſchade Sie müſſen mich bei ihm entſchuldigen. Ich habe ihn verletzt, den guten, lieben Menſchen.

Max.

Alſo Sie erinnern ſich doch ſeiner?

Bianca

Nun, gewiß. Aber er ſieht irgend Je - mandem in Petersburg zum Verwechſeln ähnlich.

Max
(beruhigend).

Ich werde es ihm ſagen.

Bianca.

Und dann: wenn man drei Jahre lang an Jemanden nicht denkt, und er ſteht plötzlich da man kann ſich doch nicht an Alles erinnern.

Max.

Ich werde das Fenſter ſchließen. Eine kalte Luft kommt herein.

(Schließt das Fenſter.)
Bianca.

Ich werde ihn doch noch ſehen, während ich hier bin?

Max.

Vielleicht. Aber etwas will ich Ihnen zeigen.

(Nimmt das Couvert vom Schreibtiſch und hält es ihr hin.)
Bianca.

Was iſt das?

Max.

Das iſt die Blume, die Sie an jenem Abend an jenem Abend trugen.

Bianca.

Er hat ſie aufbewahrt?

Max.

Wie Sie ſehen.

Bianca.

Er hat mich alſo geliebt?

63
Max.

Heiß, unermeßlich, ewig wie alle dieſe.

(Deutet auf die Päckchen)
Bianca.

Wie alle dieſe! Was heißt das? Sind das lauter Blumen?

Max.

Blumen, Briefe, Locken, Photographien. Wir waren eben daran, ſie zu ordnen.

Bianca
(in gereiztem Tone).

In verſchiedene Rubriken.

Max.

Ja, offenbar.

Bianca.

Und in welche komme ich?

Max.

Ich glaube in dieſe!

( Wirft das Couvert in den Camin.)
Bianca.

Oh!

Max
(für ſich).

Ich räche Dich, ſo gut ich kann, Freund Anatol

(Laut.)

So, und nun ſeien Sie nicht böſe Setzen Sie ſich zu mir her und erzählen Sie mir etwas aus den letzten drei Jahren.

Bianca.

Jetzt bin ich gerade aufgelegt! Wenn man ſo empfangen wird!

Max.

Ich bin doch Ihr Freund Kommen Sie, Bianca Erzählen Sie mir was!

Bianca
(läßt ſich auf den Fauteuil neben dem Camin niederziehen).

Was denn?

Max
(ſich gegenüber von ihr niederlaſſend).

Zum Beiſpiel von dem Aehnlichen in Petersburg.

Bianca.

Unausſtehlich ſind Sie!

Max.

Alſo

Bianca
(ärgerlich).

Aber was ſoll ich denn erzählen?

Max.

Beginnen Sie nur Es war einmal nun Es war einmal eine große, große Stadt

64
Bianca
(verdrießlich).

Da ſtand ein großer, großer Circus.

Max.

Und da war ferner eine kleine, kleine Künſtlerin.

Bianca.

Die ſprang durch einen großen, großen Reif

(Lacht leiſe.)
Max.

Sehen Sie Es geht ſchon!

( Der Vorhang be - ginnt ſich ſehr langſam zu ſenken.)

In einer Loge nun in einer Loge ſaß jeden Abend

Bianca.

In einer Loge ſaß jeden Abend ein ſchöner, ſchöner Ach!

Max.

Nun Und ?

(Der Vorhang iſt gefallen.)
[65]

Denkſteine.

Arthur Schnitzler, Anatol. 5[66]

Perſonen:

  • Anatol.
  • Emilie.
[67]
Emilien’s Zimmer, mit maßvoller Eleganz ausgeſtattet. Abenddämmerung. Das Fenſter iſt offen, Ausſicht auf einen Park; der Gipfel eines Baumes, kaum noch belaubt, ragt in die Fenſteröffnung.
Emilie

Ah hier find ich Dich ! Und vor meinem Schreibtiſch ? Ja, was machſt Du denn? Du ſtöberſt meine Laden durch? Anatol!

Anatol.

Es war mein gutes Recht und ich hatte Recht, wie ſich ſoeben zeigt.

Emilie.

Nun was haſt Du gefunden ? Deine eigenen Briefe !

Anatol.

Wie? Und das hier ?

Emilie.

Dies hier ?

Anatol.

Dieſe zwei kleinen Steine ? der eine ein Rubin, und dieſer andere, dunkle? Ich kenne ſie Beide nicht, ſie ſtammen nicht von mir !

Emilie

Nein ich hatte vergeſſen

Anatol.

Vergeſſen? So wohl verwahrt waren ſie; da in dem Winkel dieſer unterſten Lade. Geſteh es doch lieber gleich, ſtatt zu lügen, wie Alle So Du ſchweigſt? Oh, über die wohlfeile Entrüſtung 5*68Es iſt ſo leicht, zu ſchweigen, wenn man ſchuldig und ver - nichtet iſt! Nun aber will ich weiter ſuchen. Wo haſt Du Deinen anderen Schmuck verborgen?

Emilie.

Ich habe keinen anderen.

Anatol.

Nun

(er beginnt die Laden aufzureißen)
Emilie.

Such nicht ich ſchwöre Dir, daß ich nichts habe.

Anatol.

Und dieſes hier warum dieſes hier?

Emilie.

Ich hatte Unrecht vielleicht !

Anatol.

Vielleicht! Emilie! wir ſind an dem Vorabend des Tages, wo ich Dich zu meinem Weibe machen wollte. Ich glaubte wahrhaftig alles Vergangene getilgt Alles Alles! Mit Dir zuſammen hab ich die Briefe, die Fächer, die tauſend Nichtigkeiten, die mich an die Zeit erinnerten, in der wir uns noch nicht kannten mit Dir zuſammen habe ich all das in das Feuer des Camin’s geworfen Die Armbänder, die Ringe, die Ohrgehänge wir haben ſie verſchenkt, verſchleudert, ſie ſind über die Brücke in den Fluß, durch’s Fenſter auf die Straße geflogen Hier lagſt Du vor mir und ſchwurſt mir Alles, Alles iſt vorbei und in Deinen Armen erſt hab ich empfunden, was Liebe iſt Ich natürlich habe Dir geglaubt weil wir Alles glauben, was uns die Weiber ſagen, von der erſten Lüge an, die uns beſeligt

Emilie.

Soll ich Dir von Neuem ſchwören?

Anatol.

Was hilft es? Ich bin fertig fertig mit Dir Oh, wie gut Du das geſpielt haſt! Fieberiſch, als ob Du jeden Flecken abwaſchen wollteſt von69 Deiner Vergangenheit, biſt Du hier vor den Flammen ge - ſtanden, als die Blätter und Bänder und Nippes ver - glühten Und wie Du in meinen Armen ſchluchzteſt, damals, als wir am Ufer des Fluſſes luſtwandelten und wir jenes koſtbare Armband in das graue Waſſer hinabwarfen, wo es alsbald verſank wie Du da weinteſt, Thränen der Läuterung, der Reue Dumme Comödie! Siehſt Du, daß Alles vergebens war? Daß ich Dir dennoch mißtraute? Und daß ich mit Recht da herumwühlte? Warum ſprichſt Du nicht? warum vertheidigſt Du Dich nicht?

Emilie.

Da Du mich doch verlaſſen willſt

Anatol.

Aber wiſſen will ich, was dieſe zwei Steine bedeuten warum Du gerade dieſe aufbewahrt haſt?

Emilie.

Du liebſt mich nicht mehr ?

Anatol.

Die Wahrheit, Emilie die Wahrheit will ich wiſſen!

Emilie.

Wozu, wenn Du mich nicht mehr liebſt.

Anatol.

Vielleicht ſteckt in der Wahrheit irgend etwas

Emilie.

Nun, was?

Anatol.

Was mich die Sache begreifen macht Hörſt Du, Emilie, ich habe keine Luft, Dich für eine Elende zu halten!

Emilie.

Du verzeihſt mir?

Anatol.

Du ſollſt mir ſagen, was dieſe Steine be - deuten!

Emilie.

Und dann wirſt Du mir verzeihen ?

Anatol.

Dieſer Rubin, was er bedeutet, warum Du ihn aufbewahrt

70
Emilie.

Und wirſt mich ruhig anhören?

Anatol

Ja! Aber ſprich endlich

Emilie

Dieſer Rubin er ſtammt aus einem Medaillon er iſt herausgefallen

Anatol.

Von wem war dieſes Medaillon ?

Emilie.

Daran liegt es nicht Ich hatte es nur an einem beſtimmten Tage um an einer einfachen Kette um den Hals.

Anatol.

Von wem Du es hatteſt ?

Emilie.

Das iſt gleichgültig ich glaube, von meiner Mutter Siehſt Du, wenn ich nun ſo elend wäre, als Du glaubſt, ſo könnte ich Dir ſagen: darum, weil es von meiner Mutter ſtammt, hab ich es aufbewahrt und Du würdeſt mir glauben Ich habe aber dieſen Rubin auf - bewahrt, weil er an einem Tage aus meinem Medaillon fiel, deſſen Erinnerung mir theuer iſt

Anatol

Weiter!

Emilie.

Ach, es wird mir ſo leicht, wenn ich Dir’s erzählen darf. Sag, würdeſt Du mich nicht auslachen, wenn ich eiferſüchtig wäre auf Deine erſte Liebe?

Anatol.

Was ſoll das?

Emilie.

Und doch, die Erinnerung daran iſt etwas Süßes, einer von den Schmerzen, die uns zu liebkoſen ſcheinen Und dann für mich iſt der Tag von Bedeutung, an welchem ich das Gefühl kennen lernte, welches mich Dir verbindet. Oh, man muß lieben gelernt haben, um zu lieben, wie ich Dich liebe! Hätten wir uns Beide zu einer Zeit gefunden, wo uns die Liebe etwas71 Neues war, wer weiß, ob wir an einander nicht achtlos vor - übergegangen wären? Oh, ſchüttle den Kopf nicht, Ana - tol; es iſt ſo, und Du ſelbſt haſt es einmal geſagt

Anatol.

Ich ſelbſt ?

Emilie.

Vielleicht iſt es gut ſo, ſo ſprachſt Du, und wir mußten Beide erſt reif werden für dieſe Höhe der Leidenſchaft!

Anatol.

Ja, wir haben immer irgend einen Troſt ſolcher Art bereit, wenn wir eine Gefallene lieben.

Emilie.

Dieſer Rubin, ich bin ganz offen mit Dir, be - deutet die Erinnerung an den Tag

Anatol

So ſag’s, ſag’s

Emilie.

Du weißt es ſchon ja Anatol die Erinnerung an jenen Tag Ach, ich war ein dummes Ding ſechzehn Jahre!

Anatol.

Und er zwanzig und groß und ſchwarz!

Emilie.
(unſchuldig).

Ich weiß es nicht mehr, mein Ge - liebter Nur an den Wald erinnere ich mich, der uns umrauſchte, an den Frühlingstag, der über den Bäumen lachte ach, an einen Sonnenſtrahl erinnere ich mich, der zwiſchen dem Geſträuche hervorkam und über einen Haufen gelber Blumen glitzerte

Anatol.

Und Du verfluchſt dieſen Tag nicht, der Dich mir nahm, bevor ich dich kannte?

Emilie.

Vielleicht gab er mich Dir !

Nein, Anatol wie immer es ſei, ich fluche jenem Tage nicht, und verſchmähe auch. Dir vorzulügen, daß ich es jemals that Anatol, daß ich Dich liebe, wie keinen je und ſo wie Du nie geliebt worden Du weißt es ja 72 aber, wenn auch jede Stunde, die ich je erlebte, durch Deinen erſten Kuß bedeutungslos geworden, jeder Mann, dem ich begegnete, aus meinem Gedächtnis ſchwand, kann ich deß - wegen die Minute vergeſſen, die mich zum Weibe machte ?

Anatol.

Und Du giebſt vor, mich zu lieben ?

Emilie.

Ich kann mich der Geſichtszüge jenes Mannes kaum erinnern; ich weiß nicht mehr, wie ſeine Augen blickten

Anatol.

Aber daß Du in ſeinen Armen die erſten Seufzer der Liebe gelacht haſt daß von ſeinem Herzen zuerſt jene Wärme in das Deine überſtrömte, die das ahnungsvolle Mädchen zum wiſſenden Weibe machte, das kannſt Du ihm nicht vergeſſen, dankbare Seele! Und Du ſiehſt nicht ein, daß mich dies Geſtändniß toll machen muß, daß Du mit einem Male dieſe ganze ſchlummernde Vergangenheit wieder aufgeſtört haſt! Ja, nun weiß ich’s wieder, daß Du noch von anderen Küſſen träumen kannſt, als von den meinen, und wenn Du Deine Augen in meinen Armen ſchließeſt, ſteht vielleicht ein anderes Bild vor ihnen als das meine!

Emilie.

Wie falſch Du mich verſtehſt! Da haſt Du freilich recht, wenn Du meinſt, wir ſollten auseinandergehen

Anatol

Nun wie denn ſoll ich Dich verſtehen ?

Emilie.

Wie gut haben es doch die Frauen, die lügen können. Nein ihr vertragt ſie nicht, die Wahrheit ! Sag mir nur Eines noch: warum haſt Du mich immer darum angefleht? Alles würde ich Dir verzeihen, nur eine Lüge nicht ! noch hör ich es, wie Du’s mir ſagteſt Und ich ich, die Dir Alles geſtand, die ſich vor Dir ſo niedrig, ſo elend machte, die es Dir in’s Angeſicht ſchrie:73 Anatol, ich bin eine Verlorene, aber ich liebe Dich ! Keine von den dummen Ausflüchten, die die Andern im Munde führen, kam über meine Lippen Nein, ich ſprach es aus: Anatol, ich habe das Wohlleben geliebt, Anatol, ich war lüſtern, heißblütig ich habe mich verkauft, verſchenkt ich bin Deiner Liebe nicht werth Erinnerſt Du Dich auch, daß ich Dir das ſagte, bevor Du mir das erſte Mal die Hand küßteſt? Ja, ich wollte Dich fliehen, weil ich Dich liebte, und Du verfolgteſt mich Du haſt um meine Liebe ge - bettelt und ich wollte Dich nicht, weil ich mich den Mann nicht zu beflecken getraute, den ich mehr, den ich anders, ach, den erſten Mann, den ich liebte ! Und da haſt Du mich genommen und ich war Dein! Wie hab ich ge - ſchauert gebebt geweint Und Du haſt mich ſo hoch gehoben, haſt mir Alles wieder zurückgegeben, Stück für Stück, was ſie mir genommen hatten ich ward in Deinen wilden Armen, was ich nie geweſen: rein und glücklich Du warſt ſo groß, Du konnteſt verzeihen Und jetzt

Anatol.

Und jetzt ?

Emilie.

Und jetzt jagſt Du mich eben wieder davon, weil ich doch nur bin wie die Andern

Anatol.

Nein, nein, das biſt Du nicht.

Emilie.
(mild):

Was willſt Du alſo ? Soll ich ihn wegwerfen den Rubin ..?

Anatol.

Ich bin nicht groß, ach nein. ſehr, ſehr kleinlich wirf ihn weg dieſen Rubin

(er betrachtet ihn)

Er iſt aus dem Medaillon gefallen er lag im Graſe 74 unter den gelben Blumen ein Sonnenſtrahl fiel darauf da glitzerte er hervor

(langes Schweigen)

Komm Emilie, es dunkelt draußen, wir wollen im Park ſpazieren gehen

Emilie.

Wird es nicht zu kalt ſein ?

Anatol.

Ach nein, es duftet ſchon vom erwachenden Frühling

Emilie.

Wie Du willſt, mein Geliebter!

Anatol.

Ja und dieſes Steinchen

Emilie.

Ach dies

Anatol.

Ja, dieſes ſchwarze da was iſt’s mit dem was iſt’s ?

Emilie.

Weißt Du, was das für ein Stein iſt. ?

Anatol.

Nun

Emilie.
(mit einem ſtolzen begehrlichen Blick)

Ein ſchwarzer Diamant!

Anatol.
(erhebt ſich)

Ah!

Emilie
(immer den Blick auf den Stein geheftet)

Selten!

Anatol.
(mit unterdrückter Wuth)

Warum hm, warum haſt Du den aufbewahrt?

Emilie.
(nur immer den Stein anſehend)

Den der iſt eine Viertel Million werth!

Anatol.
(ſchreit auf)

Ah!

(Er wirſt den Stein in den Kamin.)
Emilie.
(ſchreit)

Was thuſt Du!!

(Sie bückt ſich und nimmt die Feuerzange, mit der ſie in der Glut herumfährt, um den Stein hervor - zuſuchen)
Anatol.
(ſieht ſie, während ſie mit glühenden Wangen vor dem Kamin - feuer kniet, ein paar Secunden an. Dann, ruhig)

Dirne!

( Er geht.)
[75]

Abſchiedsſouper.

[76]

Perſonen:

  • Anatol.
  • Max.
  • Annie.
  • Ein Kellner.
[77]
(Ein Cabinet particulier bei Sacher. Anatol, bei der Thüre ſtehend, ertheilt eben dem Kellner Befehle. Max lehnt in einem Fauteuil.)
Max.

Na biſt Du nicht bald fertig ?

Anatol

Gleich, gleich! Alſo alles ver - ſtanden?

(Kellner ab.)
Max
(wie Anatol in die Mitte des Zimmers zurückkommt).

Und wenn ſie gar nicht kommt!?

Anatol.

Warum denn gar nicht! Jetzt jetzt iſt’s zehn Uhr! Sie kann ja überhaupt noch gar nicht da ſein!

Max.

Das Ballet iſt ſchon lange aus!

Anatol.

Ich bitte Dich bis ſie ſich abſchminkt und umkleidet! Ich will übrigens hinüber ſie er - warten!

Max.

Verwöhne ſie nicht!

Anatol.

Verwöhnen!? Wenn Du wüßteſt

Max.

Ich weiß, ich weiß. Du behandelſt ſie bru - tal Als wenn das nicht auch eine Art von Verwöhnen wäre!

78
Anatol.

Ich wollte was ganz anderes ſagen! Ja wenn Du wüßteſt

Max.

So ſag’s endlich einmal

Anatol.

Mir iſt ſehr feierlich zu Muthe!

Max.

Du willſt Dich am Ende mit ihr verloben ?

Anatol.

Oh nein viel feierlicher!

Max.

Du heiratheſt ſie morgen?

Anatol.

Nein, wie Du äußerlich biſt! Als wenn es keine Feierlichkeiten der Seele gäbe, die mit all dieſem Tand, der uns von dem Draußen kommt, gar nichts zu thun haben

Max.

Alſo Du haſt einen bisher ungekannten Winkel Deiner Gefühlswelt entdeckt wie? Als wenn ſie davon etwas verſtände!

Anatol.

Du räthſt ungeſchickt Ich feiere ganz einfach das Ende!

Max.

Ah!

Anatol.

Abſchiedsſouper!

Max.

Na und was ſoll da ich dabei ?

Anatol.

Du ſollſt unſerer Liebe die Augen zudrücken!

Max.

Ich bitte Dich, mach keine geſchmackloſen Ver - gleiche!

Anatol.

Ich verſchiebe dieſes Souper ſchon ſeit acht Tagen

Max.

Da wirſt Du heute wenigſtens guten Appetit haben

Anatol

Das heißt wir ſoupirten jeden Abend mit einander in dieſen acht Tagen aber ich fand79 das Wort nicht, das rechte! Ich wagte es nicht Du haſt keine Ahnung, wie nervös das macht!

Max.

Wozu brauchſt Du mich eigentlich?! Soll ich Dir das Wort ſouffliren ?

Anatol.

Du ſollſt für alle Fälle da ſein Du ſollſt mir beiſtehen, wenn es nothwendig iſt Du ſollſt mildern, beruhigen begreiflich machen.

Max.

Möchteſt Du mir nicht zuerſt mittheilen, warum das alles geſchehen ſoll ?

Anatol.

Mit Vergnügen! Weil ſie mich langweilt!

Max.

So amuſirt Dich alſo eine Andere ?

Anatol.

Ja !

Max.

So ſo !

Anatol.

Und was für eine Andere!

Max.

Typus ?!

Anatol.

Gar keiner! Etwas neues etwas einziges!

Max.

Nun ja Auf den Typus kommt man immer erſt gegen Schluß

Anatol.

Stelle Dir ein Mädchen vor wie ſoll ich nur ſagen dreiviertel Tact

Max.

Scheinſt doch noch unter dem Einfluß des Ballets zu ſtehen!

Anatol.

Ja ich kann Dir nun einmal nicht helfen ſie erinnert mich ſo an einen getragenen Wiener Walzer ſentimentale Heiterkeit lächelnde, ſchalkhafte Wehmuth das iſt ſo ihr Weſen Ein kleines, ſüßes, blondes Köpferl, weißt Du ſo na, es iſt ſchwer zu ſchildern! 80 Es wird einem warm und zufrieden bei ihr Wenn ich ihr ein Veilchenbouquet bringe, ſteht ihr eine Thräne im Augenwinkel

Max.

Verſuchs einmal mit einem Braçelet!

Anatol.

Oh, mein Lieber das geht in dem Fall nicht Du irrſt Dich glaub mir Mit der möcht ich auch hier nicht ſoupiren Für die iſt das Vorſtadtbeiſel, das gemütliche mit den geſchmackloſen Tapeten und den kleinen Beamten am Nebentiſch! Ich war die letzten Abende immer in ſolchen Localen mit ihr!

Max.

Wie? Du ſagteſt doch eben, daß Du mit Annie

Anatol.

Ja ſo iſt’s auch. Ich mußte die letzte Woche jeden Abend zweimal ſoupiren: mit der einen, die ich gewinnen und mit der Andern, die ich loswerden wollte Es iſt mir leider noch keines von Beiden ge - lungen

Max.

Weißt Du was? Führe einmal die Annie in ſo ein Vorſtadtbeiſel und die Neue mit dem blonden Köpferl zum Sacher dann wird’s vielleicht gehen!

Anatol.

Dein Verſtändniß für die Sache leidet darunter, daß Du die Neue noch nicht kennſt. Die iſt die Anſpruchs - loſigkeit ſelbſt! Oh, ich ſage Dir ein Mädel Du ſollteſt ſehen, wenn ich eine etwas beſſere Sorte Wein beſtellen will, was die treibt!

Max.

Thräne im Augenwinkel wie?

Anatol.

Sie giebt es nicht zu unter gar keiner Bedingung; unter gar keiner Bedingung!

81
Max.

Alſo Du trinkſt Markersdorfer in der letzten Zeit ?

Anatol.

Ja vor Zehn dann natürlich Cham - pagner So iſt das Leben!

Max.

Na entſchuldige das Leben iſt nicht ſo!

Anatol.

Denke Dir nur, der Contraſt! Ich hab ihn aber jetzt zur Genüge ausgekoſtet! das iſt wieder einer jener Fälle, wo ich fühle, daß ich im Grunde eine enorm ehrliche Natur bin

Max.

So! Ah!

Anatol

Ich kann dieſes Doppelſpiel nicht länger durch - führen Ich verliere alle Selbſtachtung !

Max.

Du! ich bin’s, ich, ich mir mußt Du ja keine Comödie vorſpielen!

Anatol.

Warum nachdem Du eben da biſt Aber im Ernſt ich kann nicht Liebe heucheln, wo ich nichts mehr empfinde!

Max.

Du heuchelſt nur dort, wo Du noch etwas em - pfindeſt

Anatol.

Ich habe es Annie aufrichtig geſagt, gleich gleich, ganz im Anfang wie wir uns ewige Liebe ſchwuren: Weißt Du, liebe Annie wer von uns eines ſchönen Tages ſpürt, daß es zu Ende geht ſagt es dem Andern rund heraus

Max.

Ach, das habt Ihr in dem Augenblick ausgemacht, wo Ihr Euch ewige Liebe ſchwurt ſehr gut!

Anatol.

Ich habe ihr das öfter wiederholt: Wir haben nicht die geringſten Verpflichtungen gegen einander,Arthur Schnitzler, Anatol. 682wir ſind frei! Wir gehen ruhig aus einander, wenn unſere Zeit um iſt nur keinen Betrug das verabſcheue ich!

Max.

Na, da wird’s ja eigentlich ſehr leicht gehen heute!

Anatol.

Leicht! Jetzt, wo ich es ſagen ſoll, trau ich mich nicht Es wird ihr ja doch weh thun Ich kann das Weinen nicht vertragen. Ich verliebe mich am Ende von Neuem in ſie, wenn ſie weint und da betrüg ich dann wieder die Andere!

Max.

Nein, nein, nur keinen Betrug das ver - abſcheue ich!

Anatol.

Wenn Du da biſt, wird ſich das Alles viel ungezwungener machen! Von Dir geht ein Hauch von kalter, geſunder Heiterkeit aus, in der die Sentimentalität des Abſchieds erſtarren muß! Vor Dir weint man nicht!

Max.

Na, ich bin da für jeden Fall das iſt aber Alles, was ich für Dich thun kann Ihr zureden? nein, nein das nicht es wäre gegen meine Ueber - zeugung Du biſt ein zu lieber Menſch

Anatol.

Schau, lieber Max bis zu einem gewiſſen Grade könnteſt Du das doch vielleicht auch Du könnteſt ihr ſagen, daß ſie an mir doch nicht ſo beſonders viel ver - liert

Max.

Na das ginge noch

Anatol.

Daß ſie hundert Andere findet die ſchöner reicher

Max.

Klüger

83
Anatol.

Nein, nein, bitte keine Uebertreibungen

(Der Kellner öffnet die Thüre. Annie tritt ein, im Regenmantel, den ſie umge - worfen hat, weißer Boa: die gelben Handſchuhe trägt ſie in der Hand, breiten auffallenden Hut nachläſſig aufgeſtülpt.)
Annie.

Oh guten Abend!

Anatol.

Guten Abend, Annie! Entſchuldige

Annie.

Auf Dich kann man ſich verlaſſen!

( Sie wirft den Regenmantel ab.)

Ich ſchaue mich nach allen Seiten um rechts links Niemand da

Anatol.

Du haſt ja glücklicher Weiſe nicht weit herüber!

Annie.

Man hält ſein Wort! Guten Abend, Max!

(Zu Anatol.)

Na auftragen laſſen hätteſt Du unterdeſſen ſchon können

Anatol
(umarmt ſie).

[Du haſt kein Mieder?

Annie.

Na ſoll ich vielleicht grande toilette machen für Dich? Entſchuldige

Anatol.

Mir kann’s ja recht ſein Du mußt Max um Entſchuldigung bitten!

Annie.

Warum denn? den genirt’s ſicher nicht der iſt nicht eiferſüchtig! ] Alſo alſo eſſen

(Der Kellner klopft.)

Herein! Heut klopft er Sonſt fällt ihm das nicht ein!

(Der Kellner tritt ein.)
Anatol.

Serviren Sie!

(Kellner ab.)
Annie.

Du warſt heut nicht drin ?

Anatol.

Nein ich mußte

Annie.

Du haſt nicht viel verſäumt! Es war heut Alles ſo ſchläfrig

Max.

Was war denn für eine Oper vorher?

* 684
Annie.

Ich weiß nicht

(Man ſetzt ſich zu Tiſche)

Ich kam in meine Garderobe dann auf die Bühne gekümmert hab ich mich um nichts um nichts! Im Uebrigen hab ich Dir was zu ſagen, Anatol!

Anatol.

So, mein liebes Kind? Was ſehr Wich - tiges ?

Annie.

Ja, ziemlich! Es wird Dich vielleicht über - raſchen

(Der Kellner trägt auf)

Anatol.

Da bin ich wirklich ſehr neugierig! Auch ich

Annie.

Na warte nur für den da iſt das nichts

Anatol
(zum Kellner).

Gehen Sie wir werden klingeln!

(Kellner ab)

Na, alſo!

Annie.

Ja mein lieber Anatol es wird Dich überraſchen Warum übrigens! Es wird Dich gar nicht überraſchen es darf Dich nicht einmal überraſchen

Max.

Gageerhöhung?

Anatol.

Unterbrich ſie doch nicht !

Annie.

Nicht wahr lieber Anatol Du ſag, ſind dies Oſtender oder Whiteſtable?

Anatol.

Jetzt redet ſie wieder von den Auſtern! Oſtender ſind es!

Annie.

Ich dachte es Ach, ich ſchwärme für Auſtern Das iſt doch eigentlich das Einzige, was man täglich eſſen kann!

Max.

Kann?! Sollte! Muß!!

Annie.

Nicht wahr! Ich ſag’s ja!

85
Anatol.

Du willſt mir ja was ſehr Wichtiges mit - theilen ?

Annie.

Ja wichtig iſt es allerdings ſogar ſehr! Erinnerſt Du Dich an eine gewiſſe Bemerlung?

Anatol.

Welche welche? Ich kann doch nicht wiſſen, welche Bemerkung Du meinſt!

Max.

Da hat er recht!

Annie.

Nun, ich meine die folgende Warte wie war ſie nur Annie, ſagteſt Du wir wollen uns nie betrügen

Anatol.

Ja ja nun!

Annie.

Nie betrügen! Lieber gleich die ganze Wahrheit ſagen

Anatol.

Ja ich meinte

Annie.

Wenn es aber zu ſpät iſt?

Anatol.

Was ſagſt Du?

Annie.

Oh es iſt nicht zu ſpät! Ich ſag’s Dir zur rechten Zeit knapp zur rechten Zeit Morgen wäre es vielleicht ſchon zu ſpät!

Anatol.

Biſt Du toll, Annie?!

Max.

Wie?

Annie.

Anatol, Du mußt Deine Auſtern weiter eſſen ſonſt red ich nichts gar nichts!

Anatol.

Was heißt das? Du mußt !

Annie.

Eſſen!!

Anatol.

Du ſollſt reden ich vertrage dieſe Art von Späßen nicht!

Annie.

Nun es war ja abgemacht, daß wir’s uns86 ganz ruhig ſagen ſollten, wenn es einmal dazu kommt Und nun kömmt es eben dazu

Anatol.

Das heißt?

Annie.

Das heißt: daß ich heut leider das letzte Mal mit Dir ſoupire!

Anatol.

Du wirſt wohl die Güte haben, Dich näher zu erklären!

Annie.

Es iſt aus zwiſchen uns es muß aus ſein

Anatol.

Ja ſag

Max.

Das iſt ausgezeichnet!

Annie.

Was finden Sie daran ausgezeichnet? Aus - gezeichnet oder nicht es iſt nun einmal ſo!

Anatol.

Mein liebes Kind ich hab noch immer nicht recht verſtanden Du haſt wohl einen Heirathsan - trag erhalten ?

Annie.

Ach wenn’s das wäre! das wäre ja kein Grund, Dir den Abſchied zu geben.

Anatol.

Abſchied zu geben!?

Annie.

Na, es muß ja heraus. Ich bin verliebt Anatol raſend verliebt!

Anatol.

Und darf man fragen, in wen?

Annie

Sagen Sie, Max was lachen Sie denn eigentlich?

Max.

Es iſt zu luſtig!

Anatol.

Laß ihn nur Wir Zwei haben mit ein - ander zu ſprechen, Annie! Eine Erklärung biſt Du mir wohl ſchuldig

Annie.

Nun ich gebe ſie Dir ja Ich habe87 mich in einen Andern verliebt und ſage es Dir rund heraus, weil das zwiſchen uns ſo abgemacht war

Anatol.

Ja, aber, zum Teufel in wen?!

Annie.

Ja, liebes Kind grob darfſt Du nicht werden!

Max.

Da hat ſie Recht grob darfſt Du nicht werden

Anatol.

Ich verlange ich verlange ganz ent - ſchieden

Annie.

Bitte, Max klingeln Sie ich bin ſo hungrig!

Anatol.

Das auch noch! Appetit!! Appetit wäh - rend einer ſolchen Unterredung!

Max
(zu Anatol).

Sie ſoupirt ja heute zum erſten Mal!

(Kellner, tritt ein).
Anatol.

Was wollen Sie?

Kellner.

Es wurde geklingelt!

Max.

Serviren Sie weiter!

( Während der Kellner abräumt.)
Annie.

Ja die Catalini geht nach Deutſchland das iſt abgemacht

Max.

So und man läßt ſie ſo ohne Weiteres gehen?

Annie.

Na ohne Weiteres das kann man eigentlich nicht ſagen?

Anatol
(ſteht auf und geht im Zimmer hin und her).

Wo iſt denn der Wein?! Sie! Jean!! Sie ſchlafen heute, wie es ſcheint!

Kellner.

Ich bitte ſehr der Wein

88
Anatol.

Ich meine nicht den, der auf dem Tiſche ſteht das können Sie ſich wohl denken! Den Cham - pagner meine ich! Sie wiſſen, daß ich ihn gleich zu An - fang der Tafel haben will!

(Kellner ab.)
Anatol

Ich bitte endlich um Aufklärung!

Annie.

Man ſoll Euch Männern doch nichts glauben, gar nichts rein gar nichts! Wenn ich denke, wie ſchön Du mir das aus einander ſetzteſt: Wenn wir fühlen, daß es zu Ende geht ſo ſagen wir es uns und ſcheiden in Frieden

Anatol.

Jetzt wirſt Du mir endlich einmal

Annie.

Das iſt nun ſein Frieden!

Anatol.

Aber, liebes Kind Du wirſt doch begreifen, daß es mich intereſſirt wer

Annie
(ſchlürft langſam den Wein).

Ah

Anatol.

Trink aus trink aus!

Annie.

Na, Du wirſt wohl noch ſo lange

Anatol.

Du trinkſt ſonſt in einem Zug

Annie.

Aber, lieber Anatol ich nehme nun auch von dem Bordeaux Abſchied wer weiß, auf wie lange!

Anatol.

Zum Kuckuck noch einmal! Was erzählſt Du da für Geſchichten!

Annie.

Nun wird’s wohl keinen Bordeaux geben und keine Auſtern Und keinen Champagner!

(Der Kellner kommt mit dem nächſten Gang.)

Und keine Filets aux truffes! Das iſt nun Alles vorbei

Max.

Herrgott haben Sie einen ſentimentalen Magen!

(da der Kellner ſervirt)

darf ich Ihnen herausgeben?

89
Annie.

Ich danke Ihnen ſehr! So

Anatol
(zündet ſich eine Cigarette an).

Max.

Ißt Du nicht mehr?

Anatol.

Vorläufig nicht!

( Kellner ab.)

Alſo, jetzt möcht ich einmal wiſſen, wer der Glückliche iſt!

Annie.

Und wenn ich Dir ſchon den Namen ſage Du weißt ja dann nicht mehr

Anatol.

Nun was für eine Sorte Menſch iſt er? Wie haſt Du ihn kennen gelernt? Wie ſieht er aus ?

Annie.

Hübſch bildhübſch! Das iſt freilich Alles

Anatol.

Nun es ſcheint Dir ja genug zu ſein

Annie.

Ja da wird’s keine Auſtern mehr geben

Anatol.

Das wiſſen wir ſchon

Annie

.. Und keinen Champagner!

Anatol.

Aber, Donnerwetter er wird doch noch andere Eigenſchaften haben, als daß er Dir keine Auſtern und keinen Champagner zahlen kann

Max.

Da hat er recht das iſt ja doch eigentlich kein Beruf

Annie.

Nun, was thut’s wenn ich ihn liebe? Ich verzichte auf Alles es iſt etwas Neues etwas, was ich noch nie erlebt habe.

Max.

Aber, ſehen Sie ein ſchlechtes Eſſen hätte Ihnen Anatol zur Noth auch noch bieten können!

Anatol.

Was iſt er? Ein Commis? Ein Rauch - fangkehrer ? Ein Reiſender in Petroleum ?

Annie.

Ja, Kind beleidigen laß ich ihn nicht!

90
Max.

So ſagen Sie doch endlich, was er iſt!

Annie.

Ein Künſtler!

Anatol.

Was für Einer? Wahrſcheinlich Trapez? Das iſt ja was für Euch Aus dem Circus wie? Kunſtreiter?

Annie.

Hör auf, zu ſchimpfen! Es iſt ein College von mir

Anatol.

Alſo eine alte Bekanntſchaft? Einer, mit dem Du ſeit Jahren täglich zuſammen biſt und mit dem Du mich auch wahrſcheinlich ſchon längere Zeit be - trügſt!

Annie.

Da hätt ich Dir nichts geſagt! Ich habe mich auf Dein Wort verlaſſen d’rum geſteh ich Dir ja Alles, bevor es zu ſpät iſt!

Anatol.

Aber verliebt biſt Du ſchon in ihn weiß Gott, wie lange? Und im Geiſte haſt Du mich längſt betrogen!

Annie.

Das läßt ſich nicht verbieten!

Anatol.

Du biſt eine

Max.

Anatol!!

Anatol

Kenne ich ihn?

Annie.

Na aufgefallen wird er Dir wohl nicht ſein er tanzt nur im Chor mit Aber er wird avanciren

Anatol.

Seit wann gefällt er Dir ?

Annie.

Seit heute Abend!

Anatol.

Lüge nicht!

91
Annie.

Es iſt die Wahrheit! Heut hab ich gefühlt, daß es meine Beſtimmung iſt

Anatol.

Ihre Beſtimmung! Hörſt Du, Max ihre Beſtimmung!!

Annie.

Ja, ſo was iſt auch Beſtimmung!

Anatol.

Hörſt Du ich will aber Alles wiſſen ich habe ein Recht darauf! In dieſem Augenblicke biſt Du noch meine Geliebte! Ich will wiſſen, ſeit wann dieſe Dinge ſchon vorgehen wie es begonnen wann er es gewagt

Max.

Ja das ſollten Sie uns wirklich erzählen

Annie.

Das hat man nun von der Ehrlichkeit! Wahrhaftig ich hätte es machen ſollen, wie die Fritzel mit ihrem Baron der weiß heut noch nichts und dabei hat ſie ſchon ſeit drei Monaten die Bandlerei mit dem Lieutenant von den Fünferhuſaren!

Anatol.

Wird auch ſchon d’rauf kommen, der Baron!

Annie.

Schon möglich! Du aber wärſt mir nie darauf gekommen, nie! dazu bin ich viel zu geſcheidt und Du viel zu dumm!

(ſchenkt ſich ein Glas Wein ein)
Anatol.

Wirſt Du aufhören, zu trinken!

Annie.

Heut nicht! Einen Schwips will ich kriegen! Es iſt ſo wie ſo der letzte

Max.

Auf acht Tage!

Annie.

Auf ewig! denn beim Karl werd ich bleiben, weil ich ihn wirklich gern hab weil er luſtig iſt wenn er auch kein Geld hat weil er mich nicht ſekiren wird weil er ein ſüßer, ſüßer, lieber Kerl iſt!

92
Anatol.

Du haſt Dein Wort nicht gehalten! Schon längſt biſt Du in ihn verliebt! Das iſt eine dumme Lüge, das von heute Abend!

Annie.

So glaub’s mir meinethalben nicht!

Max.

Na, Annie erzählen Sie uns doch die Ge - ſchichte Wiſſen Sie ganz oder gar nicht! Wenn Sie ſchon im Frieden auseinandergehen wollen ſo müſſen Sie ihm das doch noch zu Liebe thun, dem Anatol ..

Anatol.

Ich erzähle Dir dann auch was

Annie.

Na angefangen hat’s halt ſo

(Kellner tritt ein )
Anatol.

Erzähle nur erzähle nur

(ſetzt ſich zu ihr)
Annie.

Das ſind vielleicht jetzt vierzehn Tage .. oder länger, da hat er mir ein paar Roſen gegeben beim Ausgangsthürl Ich hab lachen müſſen! Ganz ſchüchtern hat er dabei ausgeſchaut

Anatol.

Warum haſt Du mir nichts davon erzählt

Annie.

Davon? Na, da hätt ich viel zu erzählen gehabt!

Anatol.

Alſo weiter weiter!

Annie.

Dann iſt er bei den Proben immer ſo merkwürdig um mich herum geſchlichen na und das hab ich bemerkt und Anfangs hat’s mich geärgert und dann hat’s mich g’freut

Anatol.

Höchſt einfach

Annie.

Na und dann haben wir geſprochen und da hat mir Alles ſo gut an ihm gefallen

Anatol.

Worüber habt Ihr denn geſprochen?

93
Annie.

Alles Mögliche wie’s ihm aus der Schul hinausg’worfen haben und wie er dann in eine Lehr hätte kommen ſollen na und wie das Theaterblut in ihm zum wurl’n ang’fangen hat

Anatol.

So und von alledem hab ich nie etwas gehört

Annie.

Na und dann is heraus ’kommen, daß wir zwei, wie wir Kinder waren, zwei Häuſer weit von ein - ander g’wohnt haben, Nachbarsleut waren wir

Anatol.

Ah!! Nachbarsleute! das iſt rührend, rührend!

Annie.

Ja ja

(trinkt)
Anatol.

Weiter!

Annie.

Was ſoll’s denn weiter ſein? Ich hab Dir ja ſchon Alles geſagt! Es iſt meine Beſtimmung und gegen meine Beſtimmung kann ich nichts thun und gegen meine Beſtimmung kann ich nichts thun

Anatol.

Vom heutigen Abend will ich was wiſſen

Annie.

Na was denn

(ihr Kopf ſinkt herab)
Max.

Sie ſchläft ja ein

Anatol.

Weck ſie auf! Stelle den Wein aus ihrer Nähe! Ich muß wiſſen, was es heute Abend gegeben hat Annie Annie!

Annie.

Heut Abend hat er mir g’ſagt daß er mich gern hat!

Anatol.

Und Du

Annie.

Ich hab g’ſagt daß es mich freut und weil ich ihn nicht betrügen will ſo ſag ich Dir: Adieu

Anatol.

Weil Du ihn nicht betrügen willſt!! Alſo nicht meinetwegen ? Seinetwegen!?

94
Annie.

Na, was denn! Dich hab ich ja nimmer gern!

Anatol.

Na, gut! Glücklicher Weiſe genirt mich das Alles nicht mehr !

Annie.

So!?

Anatol.

Auch ich bin in der angenehmen Lage auf Deine fernere Liebenswürdigkeit verzichten zu können!

Annie.

So ſo!

Anatol.

Ja ja! Schon längſt liebe ich Dich nicht mehr! Ich liebe eine Andere!

Annie.

Haha haha

Anatol.

Längſt nicht mehr! Frag nur den Max! Bevor Du gekommen biſt hab ich’s ihm erzählt!

Annie

So ſo

Anatol.

Längſt nicht mehr! ! Und dieſe Andere iſt tauſendmal beſſer und ſchöner

Annie.

So ſo

Anatol.

Das iſt ein Mädel, für das ich tauſend Weiber, wie Dich, mit Vergnügen hergebe verſtehſt Du ?

Annie.
(lacht)

Anatol.

Lache nicht! Frage den Max

Annie.

Es iſt doch zu komiſch! Mir das jetzt ein - reden zu wollen

Anatol.

Es iſt wahr, ſag ich Dir ich ſchwöre Dir, daß es wahr iſt! Längſt hab ich Dich nicht mehr lieb! Ich hab nicht einmal an Dich gedacht, während ich mit Dir zuſammen war und, wenn ich Dich geküßt habe, ſo meinte ich die Andere! die Andere! die Andere!

Annie.

Na ſo ſind wir quitt!

95
Anatol.

So! Du glaubſt?

Annie.

Ja quitt! Das iſt ja ganz ſchön!

Anatol.

So? Quitt ſind wir nicht oh nein durchaus nicht! Das iſt nämlich nicht ein und dasſelbe was Du erlebt haſt und ich! Meine Geſchichte iſt etwas weniger unſchuldig

Annie.

Wie?

(ernſter werdend).
Anatol.

Ja meine Geſchichte hört ſich ein wenig anders an

Annie.

Wieſo iſt Deine Geſchichte anders ?

Anatol.

Nun ich ich habe Dich betrogen

Annie.
(ſteht auf:)

Wie? Wie?!

Anatol.

Betrogen hab ich Dich wie Du’s verdienſt Tag für Tag Nacht für Nacht Ich kam von ihr, wenn ich Dich traf ich ging zu ihr, wenn ich Dich verließ

Annie.

Infam! das iſt infam!!

(geht zum Kleiderſtänder, wirft Regenmantel und Boa um)

Anatol.

Man kann ſich bei Euresgleichen nicht genug eilen ſonſt kommt Ihr einem zuvor! Na, zum Glück hab ich keine Illuſionen

Annie.

Da ſieht man es wieder! Ja!!

Anatol.

Ja ſieht man es, nicht wahr? Jetzt ſieht man es!

Annic.

Daß ſo ein Mann hundertmal rückſichtsloſer iſt als ein Frauenzimmer

Anatol.

Ja man ſiehts! So rückſichtslos war ich ja!

96
Annie.
(hat nun die Boa um den Hals geſchlungen und nimmt Hut und Handſchuhe in die Hand, ſtellt ſich vor Anatol hin:)

Ja rückſichtslos! Das hab ich Dir doch nicht geſagt!

(will gehen!)
Anatol.

Wie?!

(Ihr nach)
Max.

So laß ſie! Du wirſt ſie doch nicht am Ende aufhalten!

Anatol.

Das! haſt Du mir nicht geſagt? Was!? Daß Du ? daß Du daß

Annie.
(bei der Thüre:)

Nie hätte ich es Dir geſagt nie! So rückſichtslos kann nur ein Mann ſein

Kellner.
(kommt mit einer Crême:)

Oh

Anatol.

Geh’n Sie zum Teufel mit Ihrer Crême!

Annie.

Wie?! Vanillencrême!! So!

Anatol.

Du wagſt es noch!

Max.

Laß ſie doch! Sie muß ja von der Crême Abſchied nehmen für ewig !

Annie.

Ja mit Freuden! Vom Bordeaux, vom Champagner von den Auſtern und ganz beſonders von Dir, Anatol !

(Plötzlich, von der Thüre weg, mit einem ordinären Lächeln geht ſie zur Cigarettenſchachtel, die auf dem Trümeau ſteht und ſtopft ſich eine Handvoll Cigaretten in die Taſche:)

Nicht für mich! Die bring ich ihm!

(Ab.)
Anatol
(ihr nach, bleibt bei der Thüre ſtehen)

Max
(ruhig).

Na ſiehſt Du es iſt ganz leicht gegangen!

(Der Vorhang fällt.)
[97]

Agonie.

Arthur Schnitzler, Anatol.[98]

Perſonen:

  • Anatol.
  • Max.
  • Elſe.
[99]
(Anatols Zimmer. Beginn der Abenddämmerung. Das Zimmer iſt eine Weile leer, dann treten Anatol und Max ein).
Max.

So nun bin ich richtig noch mit Dir da heraufgegangen!

Anatol.

Bleib noch ein wenig.

Max.

Ich denke doch, daß ich Dich ſtöre?

Anatol.

Ich bitte Dich, bleibe! Ich habe gar keine Luſt, allein zu ſein und wer weiß, ob ſie überhaupt kommt!

Max.

Ah!

Anatol.

Sieben Mal unter zehn warte ich vergebens!

Max.

Das hielte ich nicht aus!

Anatol.

Und manchmal muß man die Ausreden glauben ach, ſie ſind ſogar wahr.

Max.

Alle ſiebenmal?

Anatol.

Was weiß ich denn! Ich ſage Dir! es gibt nichts Entſetzlicheres, als der Liebhaber einer ver - heirateten Frau zu ſein!

Max.

Oh doch ihr Gatte wär ich z. B. noch weniger gern!

7*100
Anatol.

Nun dauert das ſchon wie lange nur ? Zwei Jahre ach was! mehr! Im Faſching waren es ſchon ſo viel und das iſt nun der dritte Frühling unſerer Liebe

Max.

Was haſt Du denn!

Anatol
(hat ſich noch mit Ueberzieher und Stock in einen Fauteuil geworfen, der am Fenſter ſteht).

Ach, ich bin müde, ich bin nervös, ich weiß nicht, was ich will

Max.

Reiſe ab!

Anatol.

Warum?

Max.

Um das Ende abzukürzen!

Anatol.

Was heißt das das Ende!?

Max.

Ich habe Dich ſchon manchmal ſo geſehen das letzte Mal, weißt Du noch, wie Du Dich ſo lange nicht entſchließen konnteſt, einem gewiſſen dummen Ding den Abſchied zu geben, das deine Schmerzen wahrhaftig nicht werth war.

Anatol.

Du meinſt, ich liebe ſie nicht mehr ?

Max.

Oh! das wäre ja vortrefflich in dem Stadium leidet man nicht mehr! Jetzt machſt Du was viel Aergeres durch, als den Tod, das Tödtliche.

Anatol.

Du haſt ſo eine Manier, einem angenehme Dinge zu ſagen! Aber Du haſt recht es iſt die Agonie!

Max.

Sich darüber ausſprechen, hat gewiß etwas Tröſt - liches. Und wir brauchen nicht einmal Philoſophie dazu! Wir brauchen gar nicht in’s große Allgemeine zu gehen; es genügt ſchon, das Beſondere ſehr tief bis in ſeine ver - borgenſten Keime zu begreifen !

101
Anatol.

Ein recht mäßiges Vergnügen, das Du mir da vorſchlägſt.

Max.

Ich meine nur ſo Aber ich habe Dir’s ja den ganzen Nachmittag angeſehen, ſchon im Prater unten, wo Du blaß und langweilig warſt wie die Möglichkeit

Anatol.

Sie wollte heute hinunterfahren.

Max.

Du warſt aber froh, daß uns ihr Wagen nicht begegnete, weil Du gewiß jenes Lächeln nicht mehr zur Ver - fügung haſt, mit dem Du ſie vor zwei Jahren begrüßteſt.

Anatol.
(ſteht auf).

Wie kommt das nur! Sag mir, wie kommt das nur ? Alſo ſteht mir das wieder einmal bevor dieſes allmählige, langſame, unſagbar traurige Ver - glimmen? Du ahnſt nicht, wie ich davor ſchaudere !

Max.

D’rum ſage ich ja: Reiſe ab! Oder habe den Muth, ihr die ganze Wahrheit zu ſagen.

Anatol.

Was denn? Und wie?

Max.

Nun, ganz einfach: daß es aus iſt.

Anatol.

Auf dieſe Arten von Wahrheit brauchen wir uns nicht viel zu Gute zu thun; das es iſt ja doch nur die brutale Aufrichtigkeit ermüdeter Lügner.

Max.

Natürlich! Lieber verbergt Ihr es mit tauſend Liſten vor einander, das Ihr Euch nicht mehr dieſelben ſeid, die Ihr war’t, als mit einem raſchen Entſchluß auseinander zu gehen. Warum denn nur?

Anatol.

Weil wir es ja ſelbſt nicht glauben. Weil es mitten in dieſer unendlichen Oedigkeit der Agonie ſonderbare täuſchende, blühende Augenblicke gibt, in denen Alles ſchöner iſt, als je zuvor ! Nie haben wir eine102 größere Sehnſucht nach Glück, als in dieſen letzten Tagen einer Liebe und, wenn da irgend eine Laune, irgend ein Rauſch, irgend ein Nichts kommt, das ſich als Glück verkleidet, ſo wollen wir nicht hinter die Maske ſehen Da kommen dann die Augenblicke, in denen man ſich ſchämt, daß man alle die Süßigkeit geendet glaubte da bittet man einander ſo vieles ab, ohne es in Worten zu ſagen Man iſt ſo ermattet von der Angſt des Sterbens und nun iſt plötzlich das Leben wieder da heißer, glühender, als je und trügeriſcher als je!

Max.

Vergiß nur eines nicht: Dieſes Ende beginnt oft früher, als wir ahnen! Es gibt manches Glück, das mit dem erſten Kuß zu ſterben begann. Weißt Du nichts von den ſchwer Kranken, die ſich für geſund halten bis zum letzten Augenblick ?

Anatol.

Zu dieſen Glücklichen gehöre ich nicht! Das ſteht feſt! Ich bin ſtets ein Hypochonder der Liebe ge - weſen Vielleicht waren meine Gefühle nicht einmal ſo krank, als ich ſie glaubte um ſo ärger! Mir iſt manch - mal, als werde die Sage vom böſen Blick an mir wahr Nur iſt der meine nach innen gewandt und meine beſten Empfindungen ſiechen vor ihm hin.

Max.

Dann muß man eben den Stolz ſeines böſen Blickes haben.

Anatol.

Ach nein, ich beneide ja doch die Andern! Weißt Du die Glücklichen, für die jedes Stück Leben ein neuer Sieg iſt! Ich muß mir immer vornehmen, mit etwas fertig zu werden; ich mache Halteſtellen, ich103 überlege, ich raſte, ich ſchleppe mit ; jene andern über - winden ſpielend, im Erleben ſelbſt; es iſt für ſie ein und dasſelbe.

Max.

Beneide ſie nicht, Anatol ſie überwinden nicht, ſie gehen nur vorbei!

Anatol.

Iſt nicht auch das ein Glück ? Sie haben wenigſtens nicht dieſes ſeltſame Gefühl der Schuld, welches ja das Geheimniß unſerer Trennungsſchmerzen iſt.

Max.

Welcher Schuld denn?

Anatol.

Hatten wir nicht die Verpflichtung, die Ewigkeit, die wir ihnen verſprachen, in die paar Jahre oder Stunden hineinzulegen, in denen wir ſie liebten? Und wir konnten es nie! nie! Mit dieſem Schuldbewußtſein ſcheiden wir von Jeder und unſere Melancholie bedeutet nichts als ein ſtilles Eingeſtändniß. Das iſt eben unſre letzte Ehrlichkeit!

Max.

Zuweilen auch unſre erſte

Anatol.

Und das thut alles ſo weh.

Max.

Mein Lieber, für Dich ſind dieſe lang dauernden Verhältniſſe überhaupt nicht gut Du haſt eine zu feine Naſe

Anatol.

Wie ſoll ich das verſtehen?

Max.

Deine Gegenwart ſchleppt immer eine ganze ſchwere Laſt von unverarbeiteter Vergangenheit mit ſich Und nun fangen die erſten Jahre Deiner Liebe wieder einmal zu ver - modern an, ohne daß Deine Seele die wunderbare Kraft hätte, ſie völlig auszuſtoßen Was iſt nun die natürliche Folge ? Daß auch um die geſundeſten und blühendſten104 Stunden Deines Jetzt ein Duft dieſes Moders fließt und die Atmosphäre Deiner Gegenwart unrettbar vergiftet iſt.

Anatol.

Das mag wohl ſein.

Max.

Und darum iſt ja ewig dieſer Wirrwarr von Einſt und Jetzt und Später in Dir; es ſind ſtete, unklare Uebergänge! Das Geweſene wird für Dich keine einfache ſtarre, Thatſache, indem es ſich von den Stimmungen loslöſt, in denen Du es erfahren nein, die Stimmungen bleiben ſchwer darüber liegen, ſie werden nur bläſſer und welker und ſterben ab.

Anatol.

Nun ja. Und aus dieſem Dunſtkreis kommen die ſchmerzlichen Düfte, die ſo oft über meine beſten Augen - blicke ziehen Vor denen möchte ich mich retten.

Max.

Ich bemerke zu meinem größten Erſtaunen, daß keiner davor ſicher iſt, einmal etwas Erſtgradiges ſagen zu müſſen! So hab ich jetzt etwas auf der Zunge: Sei ſtark, Anatol werde geſund!

Anatol.

Du lachſt ja ſelbſt, während Du’s ausſprichſt! Es iſt ja möglich, daß ich die Fähigkeit dazu hätte; mir fehlt aber das weit Wichtigere das Bedürfniß! Ich fühle, wie viel mir verloren ginge, wenn ich mich eines ſchönen Tages ſtark fände! Es giebt ſo viele Krankheiten und nur eine Geſundheit ! Man muß immer genau ſo geſund wie die andern man kann aber ganz anders krank ſein wie jeder Andere!

Max.

Iſt das nur Eitelkeit?

Anatol

Und wenn? Du weißt ſchon wieder ganz genau, daß Eitelkeit ein Fehler iſt, nicht ?

105
Max.

Ich entnehme aus alledem einfach, daß Du nicht abreiſen willſt.

Anatol.

Vielleicht werde ich abreiſen ja, gut! Aber ich muß mich damit überraſchen es darf kein Vorſatz dabei ſein, der Vorſatz verdirbt Alles! Das iſt ja das Ent - ſetzliche bei dieſen Dingen, daß man den Koffer packen, einen Wagen holen laſſen ihm ſagen muß zum Bahnhof!

Max.

Das beſorge ich Dir Alles!

(da Anatol raſch zum Fenſter gegangen und hinausgeſehen hat)

Was haſt Du denn?

Anatol.

Nichts

Max.

Ach ja ich vergaß ganz Ich gehe ſchon.

Anatol.

Siehſt Du in dieſem Momente iſt mir wieder

Max.

?

Anatol.

Als betete ich ſie an!

Max.

Dafür gibt es eine ſehr einfache Erklärung, die nämlich: daß Du ſie wirklich anbeteſt in dieſem Augenblick!

Anatol.

Leb wohl, alſo den Wagen beſtelle noch nicht!

Max.

Sei nicht gar ſo übermüthig! Der Trieſter Schnellzug geht erſt in 4 Stunden ab und das Gepäck läßt ſich nachſchicken

Anatol.

Danke beſtens!

Max
(an der Thüre).

Ich kann unmöglich ohne ein Aphorisma abgehen!

Anatol.

Bitte?

Max.

Das Weib iſt ein Räthſel!

Anatol.

Oh!!!

106
Max.

Aber ausreden laſſen! Das Weib iſt ein Räthſel: ſo ſagt man! Was für ein Räthſel wären wir erſt für das Weib, wenn es vernünftig genug wäre, über uns nachzu - denken?

Anatol.

Bravo, bravo!

Max
(verbeugt ſich und geht ab).

Anatol
(eine Weile allein; geht im Zimmer hin und her, dann ſetzt er ſich wieder zum Fenſter, raucht eine Cigarrette. Die Töne einer Geige klingen aus dem oberen Stockwerke herab Pauſe dann hört man Schritte im Corridor Anatol wird aufmerkſam, ſteht auf, legt die Cigarette in einen Aſchenbecher und geht der eben hereintretenden, tief verſchleierten Elſe raſch entgegen).
Anatol.

Endlich!

Elſe.

Es iſt ſchon ſpät ja, ja!

(ſie legt Hut und Schleier ab)

Ich konnte nicht früher Unmöglich!

Anatol.

Hätteſt Du mich nicht verſtändigen können? Das Warten macht mich ſo nervös! Aber Du bleibſt ?

Elſe.

Nicht lange, Engel mein Mann

Anatol
(wendet ſich verdroſſen ab).
Elſe.

Schau wie Du wieder biſt! Ich kann doch nichts dafür!

Anatol.

Nun ja Du haſt ja Recht! Es iſt ſchon einmal ſo und man muß ſich fügen Komm, mein Schatz hierher!

(ſie treten zum Fenſter)

Elſe.

Man könnte mich ſehen!

Anatol.

Es iſt ja dunkel und der Vorhang hier verbirgt uns! Es iſt ſo ärgerlich, daß Du nicht lange bleiben kannſt! Ich hab Dich ſchon zwei Tage nicht geſehen! Und auch das letzte Mal waren es nur ein paar Minuten!

Elſe.

Liebſt Du mich denn ?

107
Anatol.

Ach, Du weißt es ja Du biſt Alles, Alles für mich! Immer immer mit Dir zu ſein

Elſe.

Ach ich bin auch ſo gerne bei Dir!

Anatol.

Komm

(zieht ſie nebe ſich auf den Fauteuil)

Deine Hand!

(führt ſie an die Lippen )

Hörſt Du den Alten da oben ſpielen? Schön nicht wahr ?

Elſe.

Mein Schatz!

Anatol.

Ach ja ſo mit Dir am Comoſee oder in Venedig

Elſe.

Da war ich auf meiner Hochzeitsreiſe

Anatol
(mit verbiſſenem Aerger).

Mußteſt Du das jetzt ſagen?

Elſe.

Aber ich liebe ja nur Dich! habe nur Dich geliebt! nie einen Andern und gar meinen Mann!

Anatol
(die Hände faltend).

Ich bitte Dich! Kannſt Du Dich denn nicht, wenigſtens Secunden lang unverheiratet denken? Schlürfe doch den Reiz dieſer Minute denke doch, wir zwei ſind allein auf der Welt

(Glockenſchläge)
Elſe.

Wie ſpät ?

Anatol.

Elſe, Elſe frage nicht! Vergiß, daß es Andere gibt Du biſt ja bei mir!

Elſe
(zärtlich).

Hab ich nicht genug für Dich vergeſſen?

Anatol.

Mein Schatz

(ihr die Hand küſſend)

Elſe.

Mein lieber Anatol

Anatol
(weich).

Was denn ſchon wieder, Elſe ?

Elſe
(deutet durch eine Handbewegung und lächelnd an, daß ſie gehen muß).
Anatol.

Du meinſt?

Elſe.

Ich muß fort!

Anatol.

Du mußt?

108
Elſe.

Ja.

Anatol.

Mußt ? Jetzt jetzt ? So geh!

([entfernt] ſich von ihr)
Elſe.

Man kann mit Dir nicht reden

Anatol.

Man kann mit mir nicht reden!

(im Zimmer hin hin und her)

Und Du begreifft nicht, daß mich dieſes Leben raſend machen muß?

Elſe.

Das iſt mein Dank!

Anatol.

Dank, Dank! Wofür Dank? Hab ich Dir nicht ebenſo viel geſchenkt, wie Du mir? Lieb ich Dich weniger als Du mich? Mache ich Dich weniger glücklich als Du mich? Liebe Wahnſinn Schmerz ! aber Dankbarkeit? Wie kommt das dumme Wort her?

Elſe.

Alſo gar keinen, kein Bischen Dank verdiene ich von Dir? Ich, die Dir Alles geopfert?

Anatol.

Geopfert? Ich will kein Opfer und war es eines, ſo haſt Du mich nie geliebt.

Elſe.

Auch das noch? Ich liebe ihn nicht ich, die den Mann für ihn verräth ich, ich ich liebe ihn nicht!

Anatol.

Das hab ich doch nicht geſagt!

Elſe.

Oh, was hab ich gethan!

Anatol
(vor ihr ſtehen bleibend).

Oh, was hab ich gethan! Dieſe herrliche Bemerkung hat eben noch gefehlt! Was Du gethan haſt? Ich will es Dir ſagen Du warſt ein dummer Backfiſch vor ſieben Jahren dann haſt Du einen Mann geheirathet, weil man ja heirathen muß. Du haſt Deine Hochzeitsreiſe gemacht Du warſt glück - lich in Venedig

109
Elſe.

Niemals!

Anatol.

Glücklich in Venedig am Comoſee es war ja doch auch Liebe in gewiſſen Momenten wenigſtens.

Elſe.

Niemals!

Anatol.

Wie? Hat er Dich nicht geküßt nicht umarmt? Warſt Du nicht ſein Weib? Dann kamt Ihr zurück und es wurde Dir langweilig ſelbſtver - ſtändlich denn Du biſt ſchön elegant und eine Frau ! und er iſt ganz einfach ein Dummkopf! Nun kamen die Jahre der Koketterie ich nehme an, der Ko - ketterie allein! Geliebt haſt Du noch keinen vor mir, ſagſt Du. Nun, beweiſen läßt ſich das nicht aber ich nehme es an; weil mir das Gegentheil unangenehm wäre.

Elſe.

Anatol! Koketterie! Ich!

Anatol.

Ja Koketterie! Und was das heißt, kokett ſein? Lüſtern und verlogen zugleich!

Elſe.

Das war ich?

Anatol.

Ja Du! Dann kamen die Jahre des Kampfes Du ſchwankteſt! Soll ich niemals meinen Roman erleben? Du wurdeſt immer ſchöner Dein Mann immer langweiliger, dümmer und häßlicher ! Schließlich mußte es kommen und Du nahmſt Dir einen Liebhaber. Dieſer Liebhaber bin zufällig ich!

Elſe.

Zufällig Du!

Anatol.

Ja, zufällig ich denn, wäre ich nicht ſo wäre eben ein Anderer da geweſen! Du haſt Dich in Deiner Ehe unglücklich gefühlt oder nicht glücklich genug und wollteſt geliebt ſein. Du haſt ein110 Bischen mit mir geflirtet, haſt von der grande passion ge - faſelt und eines ſchönen Tages, als Du eine Deiner Freundinnen betrachteteſt, die im Wagen an Dir vorbeifuhr, oder vielleicht eine Kokotte, die in einer Loge neben euch ſaß, da haſt Du Dir eben gedacht: Warum ſoll ich nicht auch mein Vergnügen haben! Und ſo biſt Du meine Geliebte ge - worden! Das haſt Du gethan! Das iſt Alles und ich ſehe nicht ein, warum Du große Phraſen brauchſt für dieſes kleine Abenteuer

Elſe.

Anatol Anatol! Abenteuer!?

Anatol.

Ja!

Elſe.

Nimm zurück, was Du geſagt ich beſchwöre dich!

Anatol.

Was hab ich denn da zurückzunehmen was iſt’s denn anderes für Dich ?

Elſe.

Du glaubſt das wirklich!

Anatol.

Ja!

Elſe.

Nun ſo muß ich gehn!

Anatol.

Geh ich halte Dich nicht!

( Pauſe.)
Elſe.

Du ſchickſt mich weg?

Anatol.

Ich ſchicke Dich weg Vor zwei Minu - ten ſagteſt Du ja Ich muß fort!

Elſe.

Anatol ich muß es ja ! Siehſt Du’s denn nicht ein

Anatol
(entſchloſſen)

Elſe!

Elſe.

Was denn?

Anatol.

Elſe Du liebſt mich ? ſo ſagſt Du

Elſe.

Ich ſage es Um Himmelswillen was für Beweiſe verlangſt Du denn eigentlich von mir ?

111
Anatol.

Willſt Du es wiſſen ? Gut! Vielleicht werde ich Dir glauben können, daß Du mich liebſt

Elſe.

Vielleicht? Das ſagſt Du heute!

Anatol.

Du liebſt mich ?

Elſe.

Ich bete Dich an

Anatol.

So bleibe bei mir!

Elſe.

Wie?

Anatol.

Fliehe mit mir Ja? Mit mir in eine andere Stadt in eine andere Welt ich will mit Dir allein ſein!

Elſe.

Was fällt Dir denn ein ?

Anatol.

Was mir einfällt ? Das einzig Natür - liche ja! Wie kann ich Dich denn nur fortgehen laſſen zu ihm wie habe ich es nur jemals können? Ja wie bringſt Du es denn eigentlich über Dich Du! die mich anbetet ! Wie? Aus meinen Armen weg, von meinen Küſſen verſengt, kommſt Du in jenes Haus zurück, das Dir ja fremd geworden, ſeit Du mir ge - hörſt? Nein nein wir haben uns ſo dareingefun - den wir haben nicht daran gedacht, wie ungeheuerlich es iſt! Es iſt ja unmöglich, daß wir ſo weiter leben können Elſe, Elſe, Du kommſt mit mir! Nun Du ſchweigſt Elſe! Nach Sicilien wohin Du willſt über’s Meer meinetwegen Elſe!

Elſe.

Was redeſt Du nur?

Anatol.

Niemand mehr zwiſchen Dir und mir über’s Meer, Elſe! und wir werden allein ſein

Elſe.

Ueber’s Meer ?

112
Anatol.

Wohin Du willſt!

Elſe.

Mein liebes, theures Kind

Anatol.

Zögerſt Du ?

Elſe.

Schau, Liebſter wozu brauchen wir denn das eigentlich ?

Anatol.

Was?

Elſe.

Das wegreiſen Es iſt ja gar nicht nöthig Wir können uns doch auch in Wien beinahe ſo oft ſehen, als wir wollen

Anatol.

Beinahe ſo oft als wir wollen Ja ja wir haben’s gar nicht nöthig

Elſe.

Da ſind Phantaſtereien

Anatol.

Du haſt Recht

(Pauſe).
Elſe.

Bös ?

( Glockenſchläge.)
Anatol.

Du mußt gehen!

Elſe.

Um Himmelswillen So ſpät iſt es geworden !

Anatol.

Nun ſo geh doch

Elſe.

Auf morgen ich werde ſchon um ſechs Uhr bei Dir ſein!

Anatol.

Wie Du willſt!

Elſe.

Du küßeſt mich nicht ?

Anatol.

Oh ja

Elſe.

Ich werde Dich ſchon wieder gut machen morgen!

Anatol
(begleitet ſie zur Thüre):

Adieu!

Elſe
bei der Thüre):

Noch einen Kuß!

Anatol.

Warum nicht da!

( Er küßt ſie; ſie geht).
Anatol.
(wieder zurück in’s Zimmer).

Nun habe ich ſie mit dieſem Kuß zu dem gemacht, was ſie zu ſein verdient zu Einer mehr!

(Er ſchüttelt ſich)

Dumm, dumm !

[113]

Anatols Hochzeitsmorgen.

Arthur Schnitzler, Anatol. 8[114]

Perſonen:

  • Anatol.
  • Max.
  • Ilona.
  • Franz, Diener.
[115]
Geſchmackvoll eingerichtetes Junggeſellenzimmer: die Thüre rechts führt ins Vor - zimmer; die Thüre links, zu deren Seiten Vorbänge herabfallen, ins Schlafgemach.
Anatol
(kommt im Morgenanzug auf den Zehenſpitzen aus dem Zimmer links und macht die Thüre leiſe zu. Er ſetzt ſich auf eine Chaiſelongue und drückt auf einen Knopf; es klingelte).
Franz
(erſcheint von rechts und geht, ohne Anatol zu bemerken, zur Thür links.)
Anatol
(merkt es anfangs nicht, läuft ihm dann nach und hält ihn davon zurück, die Thüre zu öffnen).

Was ſchleichſt du denn ſo? Ich habe Dich gar nicht gehört!

Franz.

Was befehlen Euer Gnaden?

Anatol.

Den Samowar!

Franz.

Jawohl.

( Ab.)
Anatol.

Leiſe, Du Dummkopf! Kannſt Du nicht leiſer auftreten?

(Geht auf den Fußſpitzen zur Thüre links, öffnet ſie ein wenig.)

Sie ſchläft! Noch immer ſchläft ſie!

(Schließt die Thüre.)
Franz
(kommt mit dem Samowar).

Zwei Taſſen, gnädiger Herr?

Anatol.

Jawohl!

(es läutet.)

Sieh hinaus! Wer kommt denn da in aller Frühe?

(Franz ab.)
Anatol.

Ich bin heute entſchieden nicht in der Stimmung zum Heirathen. Ich möchte abſagen.

8*116
Franz
(öffnet die Thüre rechts, durch die Max hereintritt).
Max
(herzlich).

Mein lieber Freund!

Anatol.

Pſt. Stille! Noch eine Taſſe, Franz!

Max.

Es ſtehen ja ſchon zwei Taſſen da!

Anatol.

Noch eine Taſſe, Franz und hinaus

(Franz ab).

So und jetzt, mein Lieber, was führt Dich um acht Uhr Morgens zu mir her?

Max.

Es iſt zehn!

Anatol.

Alſo was führt Dich um zehn Uhr Morgens zu mir her?

Max.

Meine Vergeßlichkeit.

Anatol.

Leiſer…

Max.

Ja warum denn eigentlich? Biſt Du nervös?

Anatol.

Ja, ſehr!

Max.

Du ſollteſt aber heute nicht nervös ſein.

Anatol.

Was willſt Du alſo?

Max.

Du weißt, ich bin heute Zeuge bei Deiner Hochzeit; Deine reizende Couſine Alma iſt meine Dame!

Anatol
(tonlos).

Zur Sache.

Max.

Nun ich habe vergeſſen das Bouquet zu be - ſtellen, und weiß in dieſem Augenblicke nicht, was für eine Toilette Fräulein Alma tragen wird. Wird ſie weiß, roſa, blau oder grün erſcheinen?

Anatol
(ärgerlich).

Keinesfalls grün!

Max.

Warum leinesfalls grün?

Anatol.

Meine Couſine trägt nie grün.

Max
(pikirt.)

Das kann ich doch nicht wiſſen!

117
Anatol
(w. o.).

Schrei nicht ſo! Das läßt ſich Alles in Ruhe abmachen

Max.

Alſo Du weißt gar nicht, was für eine Farbe ſie heute tragen wird?

Anatol.

Roſa oder blau!

Max.

Das ſind aber ganz verſchiedene Dinge.

Anatol.

Ach, roſa oder blau, das iſt ganz gleichgültig!

Max.

Aber für mein Bouquet iſt das durchaus nicht gleichgültig!

Anatol.

Beſtelle zwei; das eine kannſt Du Dir dann ins Knopfloch ſtecken.

Max.

Ich bin nicht hergekommen, um Deine ſchlechten Witze anzuhören.

Anatol.

Ich werde heute um zwei Uhr einen noch ſchlechtern machen!

Max.

Du biſt recht gut aufgelegt an Deinem Hochzeits - morgen.

Anatol.

Ich bin nervös!

Max.

Du verſchweigſt mir etwas.

Anatol.

Nichts!

Ilonas Stimme
(aus dem Schlafzimmer).

Anatol!

Max
(ſieht Anatol überraſcht an).
Anatol.

Entſchuldige mich einen Augenblick.

( Geht zur Thüre des Schlafzimmers und verſchwindet einen Moment in demſelben; Max ſieht ihm mit weit offenen Augen nach; Anatol küßt Ilona bei der Thüre, ohne daß es Max ſehen kann, ſchließt die Thüre und tritt wieder zu Max.)
Max
(entrüſtet).

So was thut man nicht!

Anatol.

Höre, lieber Max und dann urtheile.

118
Max.

Ich höre eine weibliche Stimme und urtheile: Du fängſt früh an, Deine Frau zu betrügen!

Anatol.

Setze Dich nieder und höre mich an, Du wirſt gleich anders reden.

Max.

Niemals. Ich bin gewiß kein Tugendſpiegel; aber ſo was ..!

Anatol.

Du willſt mich nicht anhören?

Max.

Erzähle! Aber raſch; ich bin zu Deiner Trauung eingeladen.

(Beide ſitzen).
Anatol
(traurig).

Ach ja!

Max
(ungeduldig).

Alſo.

Anatol.

Alſo Alſo geſtern war Polterabend bei meinen zukünftigen Schwiegereltern.

Max.

Weiß ich; war dort!

Anatol.

Ja richtig, Du warſt dort. Es waren über - haupt eine Menge Leute dort! Man war ſehr aufgeräumt, trank Champagner, ſprach Toaſte…

Max.

Ich auch .. auf Dein Glück!

Anatol.

Ja, Du auch .. auf mein Glück!

( Drückt ihm die Hand).

Ich danke Dir.

Max.

Thateſt Du bereits geſtern.

Anatol

Man war alſo ſehr luſtig bis Mitternacht…

Max.

Iſt mir bekannt.

Anatol.

Einen Augenblick kam es mir vor, als wäre ich glücklich.

Max

Nach dem vierten Glas Champagner.

Anatol
(traurig).

Nein erſt nach dem ſechſten .. es iſt traurig, und ich kann es kaum begreifen.

119
Max.

Wir haben oft genug davon geſprochen.

Anatol.

Auch jener junge Menſch war dort, von dem ich ſicher weiß, daß er die Jugendliebe meiner Braut war.

Max.

Ach, der junge Ralmen.

Anatol.

Ja ſo eine Art Dichter glaub ich. Einer von denen, die dazu beſtimmt ſcheinen, zwar die erſte Liebe von ſo Mancher, doch von Keiner die letzte zu bedeuten.

Max.

Ich zöge vor, Du kämeſt zur Sache.

Anatol.

Er war mir eigentlich ganz gleichgiltig; im Grunde lächelte ich über ihn… Um Mitternacht ging die Geſellſchaft auseinander. Ich nahm von meiner Braut mit einem Kuſſe Abſchied. Auch ſie küßte mich .. kalt .. Wäh - rend ich die Stiege hinunterſchritt, fröſtelte mich.

Max.

Aha ..

Anatol.

Beim Thore gratulirte mir noch der und jener. Onkel Eduard war betrunken und umarmte mich. Ein Doctor der Rechte ſang ein Studentenlied. Die Jugendliebe, der Dichter mein ich, verſchwand mit aufgeſteck - tem Kragen in einer Seitengaſſe. Einer neckte mich! ich würde nun gewiß vor den Fenſtern der Geliebten den Reſt der Nacht ſpazieren wandeln. Ich lächelte höhniſch… Es hatte zu ſchneien begonnen. Die Leute zerſtreuten ſich all - mählich ich ſtand allein…

Max
(bedauernd).

Hm…

Anatol
(wärmer).

Ja; ſtand allein auf der Straße in der kalten Winternacht, während der Schnee in großen Flocken um mich wirbelte. Es war gewiſſermaßen ſchauerlich.

120
Max.

Ich bitte Dich ſage endlich, wohin Du gingſt?

Anatol
(groß).

Ich mußte hin gehen auf die Redoute!

Max.

Ah!

Anatol.

Du ſtaunſt, wie ?

Max.

Nun kann ich mir das Folgende denken.

Anatol.

Doch nicht, mein Freund Als ich ſo daſtand in der kalten Winternacht

Max.

Fröſtelnd ..!

Anatol.

Frierend! Da kam es wie ein gewaltiger Schmerz über mich, daß ich von nun an kein freier Mann mehr ſei, daß ich meinem ſüßen tollen Junggeſellenleben Ade ſagen ſollte für immerdar! Die letzte Nacht, ſagte ich mir, in der Du nach Hauſe kommen kannſt, ohne gefragt zu wer - den: Wo warſt Du ..? Die letzte Nacht der Freiheit, des Abenteuerns .. vielleicht der Liebe!

Max.

Oh!

Anatol.

Und ſo ſtand ich mitten im Gewühl. Um mich herum kniſterten Seiden - und Atlaskleider, glühten Au - gen, nickten Masken, dufteten die weißen glänzenden Schultern athmete und tollte der ganze Carneval. Ich ſtürzte mich in dieſes Treiben, ließ es um meine Seele brauſen. Ich mußte es einſaugen, mußte mich darin baden! ..

Max.

Zur Sache .. Wir haben keine Zeit.

Anatol.

Ich werde ſo durch die Menge hindurch ge - ſchoben, und nachdem ich früher meinen Kopf berauſcht, be - rauſche ich nun meinen Athem mit all den Parfums, die121 um mich wallen. Es ſtrömte auf mich ein, wie nie zuvor. Mir, ja mir ganz perſönlich gab der Faſching ein Abſchiedsfeſt.

Max.

Ich warte auf den dritten Rauſch. ..

Anatol.

Er kam .. der Rauſch des Herzens ..!

Max.

Der Sinne!

Anatol.

Des Herzens ..! Nun ja, der Sinne: .. Erinnerſt Du Dich an Katharine ..?

Max
(laut).

Oh, an Katharine. ..

Anatol.

Pſt. ..

Max.
(Auf die Schlafzimmerthür deutend).

Ach .. iſt ſie es?

Anatol.

Nein ſie iſt es eben nicht. Aber ſie war auch dort und dann eine reizende brünette Frau, deren Name ich nicht nenne und dann die kleine blonde Lizzie vom Theodor aber der Theodor war nicht dort und ſo weiter. Ich erkannte ſie alle trotz ihrer Masken an der Stimme, am Gang, an irgend einer Bewegung. Aber ſonderbar .. Gerade eine erkannte ich nicht gleich. Ich ver - folgte ſie. Oder ſie mich. Ihre Geſtalt war mir ſo bekannt. Jedenfalls trafen wir immerfort zuſammen. Beim Spring - brunnen, beim Büffet, neben der Proſceniumloge, .. immer - fort! Endlich hatte ſie meinen Arm, und ich wußte, wer ſie war!

(Auf die Schlafzimmerthüre deutend).

Sie.

Max.

Eine alte Bekannte?

Anatol.

Aber Menſch, ahnſt Du es denn nicht? Du weißt doch, was ich ihr vor ſechs Wochen erzählt habe, als ich mich verlobte das alte Märchen: Ich reiſe ab, bald komme ich wieder, ich werde Dich ewig lieben.

Max.

Ilona ..?!

122
Anatol.

Pſt ..

Max.

Nicht Ilona ..?

Anatol.

Ja aber eben darum ſtill! Du biſt alſo wieder da, flüſtert ſie mir ins Ohr. Ja, erwidere ich ſchlag - fertig. Wann gekommen? Heute Abend. Warum nicht früher geſchrieben, warum überhaupt nicht geſchrieben? Keine Poſtverbindung. Wo denn? Unwirtliches Dorf. Aber jetzt ..? Glücklich, wieder da, treu geweſen. Ich auch Ich auch Seligkeit, Champagner und wieder Seligkeit.

Max.

Und wieder Champagner!

Anatol.

Nein kein Champagner mehr. Ach, wie wir dann im Wagen nach Hauſe fuhren .. wie früher. Sie lehnte ſich an meine Bruſt. Nun wollen wir uns nie wieder trennen ſagte ſie .. niemals ...

Max
(ſteht auf).

Wach auf, mein Freund, und ſieh, daß Du zu Ende kommſt.

Anatol.

Niemals trennen

(Aufſtehend).

Und heute um zwei Uhr heirathe ich!

Max.

Eine Andere.

Anatol.

Nun ja; man heirathet immer eine Andere.

Max
(auf die Uhr ſchauend).

Ich glaube, es iſt die höchſte Zeit.

(Bezeichnende Bewegung, Anatol möge Ilona entfernen)
Anatol.

Ja ja, ich will ſehen, ob ſie bereit iſt.

( Zur Thüre, bleibt davor ſtehen, wendet ſich zu Max).

Iſt es nicht eigentlich traurig?

Max.

Es iſt unmoraliſch.

Anatol.

Ja; aber auch traurig.

Max.

Geh endlich.

123
Anatol.
(Zur Thüre des Nebenzimmers).
Ilona
(ſteckt den Kopf heraus, tritt, in einen eleganten Domino gehüllt, heraus).

Es iſt ja nur Max!

Max
(ſich verbeugend).

Nur Max.

Ilona
(zu Anatol).

Und Du ſagſt mir gar nichts. Ich dachte, es ſei ein Fremder, ſonſt wäre ich ſchon längſt bei Euch geweſen. Wie geht es Ihnen, Max? Was ſagen Sie zu dieſem Schlingel?

Max.

Ja, das iſt er.

Ilona.

Sechs Wochen weine ich um ihn Er war wo warſt Du nur?

Anatol
(mit einer großen H[a]ndbewegung).

Dort wo

Ilona.

Hat er Ihnen auch nicht geſchrieben? Aber jetzt hab ich ihn wieder.

(Seinen Arm nehmend)

jetzt giebt es keine Abreiſe mehr keine Trennung. Gieb mir einen Kuß!

Anatol.

Aber

Ilona.

Ach, Max gilt nichts

(küßt Anatol).

Aber Du machſt ja ein Geſicht! Nun werde ich Euch den Thee einſchenken und mir auch, wenn’s erlaubt iſt.

Anatol.

Bitte

Max.

Liebe Ilona, ich kann leider die Einladung, mit Ihnen zu frühſtücken, nicht annehmen und ich begreife auch nicht

Ilona
(macht ſich mit dem Samowar zu ſchaffen).

Was begreifen Sie nicht?

Max.

Anatol ſollte eigentlich auch

Ilona.

Was ſollte Anatol ?

124
Max
(zu Anatol).

Du ſollteſt eigentlich ſchon

Ilona.

Was ſollte er?

Max.

Du ſollteſt ſchon in Toilette ſein!

Ilona.

Ach, ſeien Sie doch nicht lächerlich, Max; wir bleiben heute zu Hauſe; wir rühren uns nicht fort

Anatol.

Liebes Kind, das wird leider nicht möglich ſein

Ilona.

Oh, das wird ſchön möglich ſein.

Anatol.

Ich bin eingeladen

Ilona
(den Thee einſchenkend).

Sage ab.

Max.

Er kann nicht abſagen.

Anatol.

Ich bin zu einer Hochzeit geladen.

Max
(macht ihm ermunternde Zeichen).
Ilona.

Ach, das iſt ganz gleichgültig.

Anatol.

Das iſt nicht ganz gleichgültig denn ich bin ſo zu ſagen Kranzelherr.

Ilona.

Liebt Dich Deine Dame?

Max.

Das iſt doch eigentlich Nebenſache.

Ilona.

Aber ich liebe ihn und das iſt die Hauptſache Reden Sie nicht immer drein!

Anatol.

Kind ich muß fort.

Max.

Ja er muß fort glauben Sie ihm er muß fort.

Anatol.

Auf ein paar Stunden mußt Du mir Urlaub geben.

Ilona.

Jetzt ſetzt Euch gefälligſt Wie viel Stück Zucker, Max?

Max.

Drei.

125
Ilona
(zu Anatol).

Du ?

Anatol.

Es iſt wirklich die höchſte Zeit.

Ilona.

Wie viel Stück?

Anatol.

Du weißt ja immer zwei Stück

Ilona.

Obers, Rum?

Anatol.

Rum das weißt Du ja auch!

Ilona.

Rum und zwei Stück Zucker

(zu Max),

Der hat Principien!

Max.

Ich muß gehen!

Anatol
((leiſe).

Du läſſeſt mich allein?

Ilona.

Sie werden Ihren Thee austrinken, Max!

Anatol.

Kind, ich muß mich jetzt umkleiden !

Ilona.

Um Gottes Willen wann iſt denn dieſe un - glückſelige Hochzeit?

Max.

In zwei Stunden.

Ilona.

Sie ſind wohl auch geladen?

Max.

Ja!

Ilona.

Auch Kranzelherr?

Anatol.

Ja er auch.

Ilona.

Wer heirathet denn eigentlich?

Anatol.

Du kennſt ihn nicht

Ilona.

Wie heißt er denn? Es wird doch kein Ge - heimniß ſein.

Anatol.

Es iſt ein Geheimniß.

Ilona.

Wie?

Anatol.

Die Trauung findet im Geheimen ſtatt!

Ilona.

Mit Kranzelherren und Kranzeldamen? Das iſt ja ein Unſinn!

126
Max.

Nur die Eltern dürfen nichts wiſſen.

Ilona
(ihren Thee ſchlürfend, ruhig).

Kinder, Ihr lügt mich an.

Max.

Oh ich bitte.

Ilona.

Weiß Gott, wo Ihr heute geladen ſeid! Aber daraus wird nichts Sie können natürlich hingehen, wohin Sie wollen, lieber Max der da aber bleibt.

Anatol.

Unmöglich, unmöglich. Ich kann bei der Hoch - zeit meines beſten Freundes nicht fehlen.

Ilona
(zu Max).

Soll ich ihm den Urlaub geben?

Max.

Beſte, beſte Ilona Sie müſſen

Ilona.

In welcher Kirche findet denn dieſe Trauung ſtatt?

Anatol
(unruhig).

Warum fragſt Du?

Ilona.

Ich will mir die Geſchichte wenigſtens anſehen

Max.

Das geht aber nicht

Ilona.

Warum denn?

Anatol.

Weil dieſe Trauung in einer ganz in einer ganz unterirdiſchen Kapelle ſtattfindet.

Ilona.

Es führt doch ein Weg hin?

Anatol.

Nein das heißt ein Weg führt natür - lich hin.

Ilona.

Ich möchte Deine Dame ſehen, Anatol. Ich bin nämlich eiferſüchtig auf dieſe Dame. Man kennt Ge - ſchichten von Kranzelherrn, die ihre Damen nachher geheirathet haben. Und, verſtehſt Du, Anatol ich will nicht, daß Du heiratheſt.

Max.

Was würden Sie denn thun, wenn er heirathete?

127
Ilona
(ganz ruhig).

Ich würde die Trauung ſtören.

Anatol.

So ?

Max.

Und wie denn das?

Ilona.

Ich ſchwanke noch. Wahrſcheinlich großer Scandal vor der Kirchenthüre.

Max.

Das iſt trivial.

Ilona.

Oh ich würde ſchon eine neue Nuance finden.

Max.

Zum Beiſpiel?

Ilona.

Ich käme gleichfalls als Braut angefahren mit einem Myrthenkranz das wäre doch originell?

Max.

Aeußerſt

(ſteht auf).

Ich muß jetzt gehen Adieu, Anatol!

Anatol
(ſteht auf, entſchloſſen).

Entſchuldige liebe Ilona; aber ich muß mich jetzt umkleiden es iſt die höchſte Zeit.

Franz
(tritt ein mit einem Boquet).

Die Blumen, gnädiger Herr.

Ilona.

Was für Blumen?

Franz
(ſieht Ilona mit einem erſtaunten und etwas vertraulichem Geſichte an).

Die Blumen, gnädiger Herr.

Ilona.

Du haſt noch immer den Franz?

( Franz ab).

Du wollteſt ihn doch hinauswerfen?

Max.

Das iſt manchmal ſo ſchwer.

Anatol
(hat das in Seidenpopier eingewickelte Bouquet in der Hand).
Ilona.

Laß ſehen, was Du für Geſchmack haſt!

Max.

Das Bouquet für Deine Dame?

Ilona
(ſchlägt das Seidenpapier zurück).

Das iſt ja ein Braut - bouquet!

Anatol.

Mein Gott, jetzt hat man mir das unrichtige Bouquet geſchickt Franz, Franz!

(Raſch ab mit dem Bouquet)
128
Max.

Der arme Bräutigam wird ſeines erhalten.

Anatol
(wieder eintretend).

Er läuft ſchon, der Franz.

Max.

Und jetzt müſſen Sie mich entſchuldigen ich muß gehen.

Anatol
(ihn zur Thüre begleitend).

Was ſoll ich thun?

Max.

Geſtehen.

Anatol.

Unmöglich.

Max.

Nun, jedenfalls komme ich wieder zurück, ſobald ich kann

Anatol.

Bitte Dich ja!

Max.

Und meine Farbe ?

Anatol.

Blau oder roth ich habe ſo eine Ah - nung Leb wohl

Max.

Adieu, Ilona!

(Leiſe).

In einer Stunde bin ich wieder da!

Anatol
(ins Zimmer zurück).
Ilona
(ſtürzt in ſeine Arme).

Endlich! Oh wie glücklich ich bin.

Anatol
(mechaniſch).

Mein Engel!

Ilona.

Wie kalt Du biſt.

Anatol.

Ich ſagte doch ſoeben: Mein Engel.

Ilona.

Aber mußt Du denn wirklich fort zu dieſer dummen Hochzeit?

Anatol.

In allem Ernſt, Schatz, ich muß.

Ilona.

Weißt Du, ich kann Dich ja in Deinem Wagen bis zur Wohnung Deiner Dame begleiten

Anatol.

Aber was fällt Dir ein. Wir wollen uns Abend treffen; Du mußt doch heute in’s Theater.

129
Ilona.

Ich ſage ab.

Anatol.

Nein, nein, ich werde Dich abholen. Jetzt muß ich den Frack anziehen

(ſieht auf die Uhr).

Wie die Zeit vergeht. Franz, Franz!

Ilona.

Was willſt Du denn?

Anatol
(zu dem eintretenden Franz).

Haben Sie in meinem Zimmer alles vorbereitet?

Franz.

Der gnädige Herr meinen den Frack, die weiße Cravatte.

Anatol.

Nun ja.

Franz.

Ich werde ſofort

(ins Schlafzimmer).
Anatol
(geht hin und her).

Du Ilona alſo heute Abend nach dem Theater nicht ?

Ilona.

Ich möchte ſo gerne heute mit Dir zuſammen bleiben.

Anatol.

Sei doch nicht kindiſch Ich habe doch auch Verpflichtungen Du ſiehſt es ja ein!

Ilona.

Ich liebe Dich; weiter ſehe ich nichts ein.

Anatol.

Das iſt aber durchaus nothwendig.

Franz
(aus dem Schlafzimmer kommend).

Es iſt alles vorbereitet, gnädiger Herr.

(Ab).
Anatol.

Gut.

( Geht ins Schlafzimmer, ſpricht hinter der Thüre weiter, während Ilona auf der Scene bleibt).

Ich meine, es iſt durchaus noth - wendig, daß Du das einſiehſt.

Ilona.

Du kleideſt Dich alſo wirklich um?

Anatol.

Ich kann doch nicht ſo zu einer Hochzeit gehen.

Ilona.

Warum gehſt Du nur?

Arthur Schnitzler, Anatol. 9130
Anatol.

Fängſt Du ſchon wieder an? Ich muß.

Ilona.

Alſo heute Abend.

Anatol.

Ja. Ich werde Dich an der Bühnenthüre er - warten.

Ilona.

Verſpäte Dich nur nicht!

Anatol.

Nein warum ſollte ich mich denn verſpäten?

Ilona.

Oh erinnere Dich nur; einmal wartete ich eine ganze Stunde nach dem Theater.

Anatol.

So? ich erinnere mich nicht.

( Pauſe).
Ilona
(geht im Zimmer umher, ſchaut die Decke, die Wände an).

Du Anatol, Du haſt ja da ein neues Bild.

Anatol.

Ja, gefällt es Dir?

Ilona.

Ich verſtehe ja nichts von Bildern.

Anatol.

Es iſt ein ſehr ſchönes Bild.

Ilona.

Haſt Du das mitgebracht.

Anatol

Wieſo? Woher?

Ilona.

Nun, von Deiner Reiſe.

Anatol.

Ja richtig, von meiner Reiſe. Nein übrigens, es iſt ein Geſchenk.

(Pauſe).
Ilona.

Du, Anatol.

Anatol
(nervös).

Was denn?

Ilona.

Wo warſt Du eigentlich?

Anatol

Ich habe Dir’s doch ſchon geſagt.

Ilona.

Nein, kein Wort.

Anatol.

Geſtern Abend habe ich Dir’s geſagt.

Ilona.

So hab ich es wieder vergeſſen!

Anatol.

In der Nähe von Böhmen war ich.

Ilona.

Was haſt Du denn in Böhmen zu thun gehabt?

131
Anatol.

Ich war nicht in Böhmen, nur in der Nähe

Ilona.

Ach ſo, Du warſt wohl zur Jagd geladen.

Anatol.

Ja, Haſen habe ich geſchoſſen.

Ilona.

Sechs Wochen lang?

Anatol.

Ja, ununterbrochen.

Ilona.

Warum haſt Du mir nicht Adieu geſagt?

Anatol.

Ich wollte Dich nicht betrüben.

Ilona.

Du, Anatol, Du wollteſt mich ſitzen laſſen.

Anatol.

Lächerlich.

Ilona.

Nun; einmal haſt Du es ja ſchon verſucht.

Anatol.

Verſucht ja; aber es iſt mir nicht gelungen.

Ilona.

Wie? Was ſagſt Du?

Anatol.

Nun ja; ich wollte mich von Dir losreißen; Du weißt es ja doch.

Ilona.

Was für ein Unſinn: Du kannſt Dich ja gar nicht von mir losreißen.

Anatol.

Ha ha!

Ilona.

Was ſagſt Du?

Anatol.

Ha ha, habe ich geſagt.

Ilona.

Lache nur nicht mein Schatz; Du biſt mir auch damals wieder zurückgekehrt.

Anatol.

Nun ja damals!

Ilona.

Und diesmal auch Du liebſt mich eben.

Anatol.

Leider.

Ilona.

Wie ?

Anatol
(ſchreiend).

Leider!

9*132
Ilona.

Du, Du biſt ſehr couragiert, wenn Du in einem andern Zimmer biſt. In’s Geſicht ſagſt Du mir das nicht.

Anatol
(öffnet die Thüre, ſteckt den Kopf heraus).

Leider.

Ilona
(zur Thüre hin).

Was heißt das, Anatol!

Anatol
(wieder hinter der Thüre).

Das heißt, daß das doch nicht ewig ſo weiter gehen kann!

Ilona.

Wie?

Anatol.

Es kann nicht ſo weiter gehen, ſage ich; es kann nicht ewig währen.

Ilona.

Jetzt lache ich: Ha ha.

Anatol.

Wie?

Ilona
(reißt die Thüre auf).

Ha ha!

Anatol.

Zumachen!

( Die Thüre wieder geſchloſſen).
Ilona.

Nein mein Schatz, Du liebſt mich und kannſt mich nicht verlaſſen.

Anatol.

Glaubſt Du?

Ilona.

Ich weiß es.

Anatol.

Du weißt es?

Ilona.

Ich fühle es.

Anatol.

Du meinſt alſo, daß ich in alle Ewigkeit Dir zu Füßen liegen werde.

Ilona.

Du wirſt nicht heiraten das weiß ich.

Anatol

Du biſt wohl toll, mein Kind. Ich liebe Dich das iſt ja recht ſchön aber für die Ewigkeit ſind wir nicht verbunden.

Ilona.

Glaubſt Du, ich gebe Dich überhaupt her?

Anatol.

Du wirſt es doch einmal thun müſſen.

Ilona.

Müſſen? Wann denn?

133
Anatol.

Wenn ich heirate.

Ilona
(an die Thür trommelnd).

Und wann wird denn das ſein, mein Schatz?

Anatol
(höhniſch).

Oh bald, mein Schatz!

Ilona
(erregter).

Wann denn?

Anatol.

Höre auf zu trommeln. In einem Jahre bin ich längſt verheiratet.

Ilona.

Du Narr!

Anatol.

Ich könnte übrigens auch in zwei Monaten heiraten.

Ilona.

Es wartet wohl ſchon eine!

Anatol.

Ja jetzt in dieſem Augenblicke wartet eine.

Ilona.

Alſo in zwei Monaten?

Anatol.

Mir ſcheint, Du zweifelſt

Ilona
(lacht)
Anatol.

Lache nicht ich heirathe in acht Tagen!

Ilona
(lacht noch heller auf).
Anatol.

Lache nicht, Ilona!

Ilona
(ſinkt lachend auf den Divan).
Anatol
(bei der Thüre, im Fracke beraustretend).

Lache nicht!

Ilona
(lachend).

Wann heiratheſt Du?

Anatol.

Heute.

Ilona
(ihn anſehend).

Wann ?

Anatol.

Heute mein Schatz.

Ilona
(ſteht auf).

Anatol, hör auf zu ſpaßen!

Anatol.

Es iſt Ernſt, mein Kind, ich heirathe heute.

Ilona.

Du biſt verrückt, nicht?

Anatol.

Franz!

134
Franz
(kommt).

Gnädiger Herr ?

Anatol.

Mein Bouquet!

( Franz ab).
Ilona
(ſteht drohend vor Anatol).

Anatol !

Franz
(bringt das Bouquet).
Ilona
(ſich umwendend, ſtürzt mit einem Schrei auf das Bouquet zu, Anatol nimmt es Franz raſch aus der Hand; Franz geht, lächelnd, langſam, ab).
Ilona.

Ah!! Alſo wirklich.

Anatol.

Wie Du ſiehſt!

Ilona
(will ihm das Bouquet aus der Hand reißen).
Anatol.

Was treibſt Du denn!

( Er muß ſich vor ihr flüchten; ſie läuft ihm rings durch das Zimmer nach).
Ilona.

Elender, Elender!

Max
(tritt ein, mit einem Roſa-Bouquet in der Hand, bleibt betroffen bei der Thüre ſtehen).
Anatol
(hat ſich auf einen Seſſel geflüchtet, hält ſein Bouquet hoch in der Luſt).

Hilf mir Max!

Max
(eilt auf Ilona zu, ſie zurückhaltend; ſie wendet ſich zu ihm, windet ihm das Bouquet aus der Hand, wirft es zu Boden, zertritt es).
Max.

Ilona, Sie ſind ja toll. Mein Bouquet! Was ſoll ich denn thun!

Ilona
(in heftiges Weinen ausbrechend, ſinkt auf einen Stuhl).
Anatol
(verlegen, ſuchend, auf dem Seſſel).

Sie hat mich ge - reizt Ja Ilona jetzt weinſt Du natürlich Warum haſt Du mich ausgelacht Sie höhnte mich verſtehſt Du, Max, Sie ſagte, ich getraue mich nicht zu heirathen nun heirathe ich begreiflicherweiſe aus Oppoſition.

(Will vom Seſſel herunterſteigen).
Ilona.

Du Heuchler, Du Betrüger.

(Anatol ſteht wieder auf dem Seſſel).
135
Max
(hat ſein Bouquet aufgehoben).

Mein Bouquet!

Ilona.

Ich habe das ſeine gemeint. Sie verdienen es aber auch nicht beſſer. Sie ſind mitſchuldig.

Anatol
(immer auf den Seſſel).

Jetzt ſei vernünftig.

Ilona.

Ja das ſagt Ihr immer, wenn Ihr eine toll gemacht habt! Aber nun werdet Ihr was ſehen! Das wird eine nette Hochzeit werden! Wartet nur

(Steht auf).

Adieu unterdeſſen!

Anatol
(vom Seſſel herunterſpringend).

Wohin ?

Ilona.

Wirſt es ſchon ſehen.

Anatol. Max.

Wohin?

Ilona.

Laßt mich nur!

Anatol und Max
(ihr den Ausgang verſtellend).

Ilona was wollen Sie Ilona was willſt Du ?

Ilona.

Laßt mich! Laßt mich gehen.

Anatol.

Sei geſcheidt beruhige Dich !

Ilona.

Ihr laßt mich nicht hinaus. Wie

(Rennt im Zimmer herum, wirſt das Theegeſchirr in Wuth vom Tiſch herunter).
Anatol und Max
(rathlos).
Anatol.

Nun frage ich Dich hat man es notwendig zu heirathen, wenn man ſo ſehr geliebt wird!

Ilona
(ſinkt gebrochen auf den Divan; ſie weint). (Pauſe.)
Anatol.

Nun beruhigt ſie ſich.

Max.

Wir müſſen gehen und ich ohne Bou - quet .

Franz
(kommt).

Der Wagen, gnädiger Herr

(ab).
136
Anatol.

Der Wagen Der Wagen was mach ich nur.

(Zu Ilona, hinter ſie tretend, ſie auf das Haar küſſend.)

Ilona!

Max
(von der anderen Seite).

Ilona

(Sie weint ſtill, mit dem Schnupftuche vor dem Geſicht, weiter).

Geh Du jetzt nur und ver - laſſe Dich auf mich.

Anatol.

Ich muß wirklich gehen aber wie kann ich

Max.

Geh

Anatol.

Wirſt Du ſie entfernen können?

Max.

Ich werde Dir während der Trauung zuraunen Alles in Ordnung .

Anatol.

Ich habe eine Angſt !

Max.

Geh jetzt nur.

Anatol.

Ach

(Er wendet ſich zum Gehen, auf den Zehenſpitzen wieder zurück, drückt einen leiſen Kuß auf das Haar Ilonas, geht raſch).
Max
(ſetzt ſich gegenüber von Ilona, die noch immer das Taſchentuch vor dem Geſicht haltend, weint. Sieht auf die Uhr).

Hm, Hm.

Ilona
(um ſich ſchauend, wie aus einem Traum erwachend).

Wo iſt er

Max
(nimmt ſie bei den Händen).

Ilona

Ilona
(auſſtehend).

Wo iſt er

Max
(ihre Hände nicht loslaſſend).

Sie würden ihn nicht mehr ſinden.

Ilona.

Ich will aber.

Max.

Sie ſind doch vernünftig, Ilona, Sie wollen ja keinen Scandal

Ilona.

Laſſen Sie mich

Max.

Ilona!

Ilona.

Wo findet die Trauung ſtatt?

Max.

Das iſt nebenſächlich.

137
Ilona.

Ich will hin; ich muß hin!

Max.

Sie werden es nicht thun Was fällt Ihnen denn ein!

Ilona.

Oh dieſer Hohn! Dieſer Betrug!

Max.

Es iſt nicht das eine und nicht das andere es iſt eben das Leben!

Ilona.

Schweigen Sie Sie mit Ihren Phraſen.

Max.

Sie ſind kindiſch, Ilona, ſonſt würden Sie ein - ſehen, daß alles vergeblich iſt.

Ilona.

Vergeblich !?

Max.

Es iſt ein Unſinn !

Ilona.

Unſinn! ?

Max.

Sie würden ſich lächerlich machen, das iſt alles.

Ilona.

Wie, auch noch Beleidigungen!

Max.

Sie werden ſich tröſten!

Ilona.

Oh wie ſchlecht Sie mich kennen!

Max.

Ja, wenn er nach Amerika ginge.

Ilona.

Was heißt da?

Max.

Wenn er Ihnen wirklich verloren wäre!

Ilona.

Was bedeutet das?

Max.

Die Hauptſache iſt daß nicht Sie die Betrogene ſind!

Ilona.

?

Max.

Zu Ihnen kann man zurückkehren, jene kann man verlaſſen!

Ilona.

Oh wenn das

(mit einem wilden freudigen Ausdrucke in der Miene).
138
Max.

Sie ſind edel

(ihr die Hand drückend).
Ilona.

Rächen will ich mich darum freue ich mich über das, was Sie ſagten.

Max.

Sie ſind eine von denen, welche beißen, wenn ſie lieben .

Ilona.

Ja, ich bin eine von denen.

Max.

Nun kommen Sie mir ganz großartig vor. Wie eine, die ihr ganzes Geſchlecht an uns rächen möchte.

Ilona.

Ja das will ich

Max
(aufſtehend).

Ich habe eben noch Zeit, Sie in Ihre Wohnung zu führen,

(ſ ſ.).

Sonſt geſchieht doch noch ein Unglück.

(Ihr den Arm reichend).

Nun nehmen Sie Abſchied von dieſen Räumen!

Ilona.

Nein, mein lieber Freund nicht Abſchied. Ich werde wiederkehren!

Max.

Nun glauben Sie ſich einen Dämon und ſind eigentlich doch nur ein Weib!

(auf eine mißmuthige Bewegung Ilonas).

Das iſt aber auch gerade genug

(Ihr die Thüre öffnend).

Darf ich bitten, mein Fräulein?

Ilona
(ſich noch einmal vor dem Hinausgehen umwendend; mit affectirter Großartigkeit).

Auf Wiederſehen!

(Ab mit Max).

Druck von G. Pätz in Naumburg a. S.

About this transcription

TextAnatol
Author Arthur Schnitzler
Extent151 images; 22230 tokens; 3999 types; 151227 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationAnatol Arthur Schnitzler. . 138 S. Verlag des Bibliographischen BureausBerlin1893.

Identification

Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz SBB-PK, Ys 27701<a> Rhttp://stabikat.de/DB=1/SET=12/TTL=1/CMD?ACT=SRCHA&IKT=1016&SRT=YOP&TRM=597444137

Physical description

Fraktur

LanguageGerman
ClassificationBelletristik; Drama; Belletristik; Drama; core; ready; china

Editorial statement

Editorial principles

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.

Publication information

Publisher
  • dta@bbaw.de
  • Deutsches Textarchiv
  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
  • Jägerstr. 22/23, 10117 BerlinGermany
ImprintBerlin 2019-12-09T17:34:40Z
Identifiers
Availability

Distributed under the Creative Commons Attribution-NonCommercial 3.0 Unported License.

Holding LibraryStaatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz
ShelfmarkSBB-PK, Ys 27701<a> R
Bibliographic Record Catalogue link
Terms of use Images served by Deutsches Textarchiv. Access to digitized documents is granted strictly for non-commercial, educational, research, and private purposes only. Please contact the holding library for reproduction requests and other copy-specific information.