Druck von H. Laupp jr. in Tübingen.
Nicht ohne Zögern habe ich mich an ein Werk gewagt, bei deſſen Entwurf ich mir ſchon geſtehen mußte, daß über einen in ſo vielen Lehr - und Handbüchern längſt durcharbeiteten Stoff ſonderlich Neues zu ſagen, wenigſtens unſer in mineralogiſcher Hinſicht ſo karge Ausbeute lieferndes Schwabenland nicht der Ort ſei. Dennoch bin ich als öffentlicher Lehrer der Mineralogie alljährlich berufen, mit der Entwickelung der Wiſſenſchaft Schritt zu halten, und einer Anzahl zum Theil eifriger Zuhörer den Weg zur Sache zu zeigen, was bekanntlich gerade in der Geſteinskunde ſeine eigenthümliche Schwierigkeit hat, wenn man nicht ganz auf der Oberfläche bleiben will, wie leider heutiges Tages eine Reihe von Büchern es ſich förmlich zur Aufgabe machen. Dazu kommt die übergroße Verſchiedenheit der Methoden: ſo daß ich mich vergeblich nach einem Buche umſah, welches ich meinen Vorleſungen hätte zu Grunde legen können.
Ich ſelbſt habe das Glück gehabt, den erſten mineralogiſchen Unter - richt aus der lauterſten Quelle zu ſchöpfen. Allein dieſe Quelle war nur den Zuhörern zugänglich, da es der Lehrer, wie einſt Werner, ſtets ab - lehnte, etwas Zuſammenhängendes über das ganze Gebiet durch den Druck zu veröffentlichen. Dieſer Umſtand hat weſentlich mit beigetragen, daß die ſcheinbar leichtere Methode von Mohs ſo ſchnellen Eingang fand: aber laſſe ich auch gern der Concinnität des Ausdrucks, der Schärfe der Be - ſtimmung und der Eleganz der Figuren alles Lob widerfahren, naturgemäß iſt die Darſtellung ſchon deshalb nicht, weil ſie auf Umwegen ſchwieriger Symbole ohne alle Deduction an die Sache tritt, welche durch die Weiß - ſche Methode ſo unmittelbar einleuchtet. Nun hat zwar Naumann gleich nach Mohs vieles Kryſtallographiſche zu verbeſſern und zu erleichtern ge - ſucht, es bleibt aber hier auch immer noch verſteckt, was unmittelbarer heraus gekehrt ſein ſollte.
VIVorrede.Wir müſſen daher einfach zu den Axenausdrücken, zur Zonenlehre und ihrer Deduction zurückkehren. Letztere zu überſehen, iſt eine Projection nöthig, die öfter beigefügt wird, und woraus meiſt der Axenausdruck un - mittelbar folgt. Dieſe Projectionslehre iſt pag. 33 vollſtändig dargeſtellt. Wer mehr darüber will, muß meine „ Methode der Kryſtallographie “leſen, welche 1840 bei Oſiander herausgekommen iſt. Auch die Art mit der Projection zu rechnen wird pag. 50 auseinander geſetzt. Eine akademiſche Broſchüre vom Jahr 1848 handelt darüber etwas weitläufiger, aber ſie iſt nicht in den Buchhandel gekommen. Doch ſtehen Freunden des Faches bei mir noch einige Exemplare zu Gebote. Neumann’s Projectionsmethode iſt am Ende pag. 662 kurz auseinander geſetzt. Uebrigens halte ich es auch für verfehlt, wenn Miller in England darauf abermals eine Bezeichnungs - weiſe gründete. Das gibt immer nur wieder neue Schwierigkeiten.
In dieſem Kampfe der Anſichten iſt mir der Muth gewachſen, mit Nachfolgendem hervorzutreten. Das Ziel, was ich mir in chemiſcher, phy - ſikaliſcher und mathematiſcher Rückſicht ſtellte, war folgendes:
1) Jedes Mineral muß mit dem geringſten Aufwande chemiſcher Verſuche und zwar ſchnell, erkannt werden.
Wenn die Mineralogie überhaupt eine wiſſenſchaftliche Diſciplin ſein ſoll, ſo darf ſie ſich nicht ganz in das Schlepptau der Chemie nehmen laſſen. Sie muß möglichſt ſelbſtſtändig ihren Weg verfolgen. Auch darf das nackte Wiſſen um den Stoff nicht ihr höchſtes Ziel ſein, wenn gleich - wohl es bei allen irdiſchen Dingen das letzte iſt. Der Mineraloge hat daher nicht nur den Reichthum der Stoffe in der Natur ſchlechthin auf - zuweiſen, ſondern vor Allem die Art der Anhäufung ins Auge zu faſſen, und durch kurze chemiſche Diagnoſen zu beſtimmen: welche letztern im Verein mit den übrigen Kennzeichen meiſt ebenſo wenig irre leiten, als die ſtrengſte chemiſche Analyſe. Die Ausführung der Analyſe ſelbſt gehört nicht in das mineralogiſche Gebiet. Doch iſt es umgekehrt ungründlich, wenn man zu ihr ſchreitet ohne die mineralogiſchen Hilfsmittel erſchöpft zu haben. Das macht ſo viele Analyſen gänzlich unbrauchbar.
2) Die phyſikaliſchen Kennzeichen ſollen von geſchärften Sinnen aufgenommen, höchſtens durch kleine Experimente unterſtützt, ſogleich zur naturhiſtoriſchen Erkennung führen.
Wir dürfen es zwar nicht verſchmähen, die genaueſten Beſtimmungen über Härte, Gewicht, optiſche, magnetiſche, elektriſche ꝛc. Eigenſchaften, die der Phyſiker vom Fach oft mit dem größten Aufwand von Apparaten mühſam herausbrachte, aufzunehmen, aber immer doch nur zu dem Zweck,VIIVorrede.um die Sinne dadurch zu ſchärfen, ein möglichſt treues naturhiſtoriſches Bild ſelbſtſtändig auffaſſen zu lernen. Erſt dadurch wird die Mineralogie zur beſten Lehrmeiſterin für die Beobachtungskunſt überhaupt. Sie iſt die nothwendige Schule, in welcher ſämmtliche anorganiſche Körper zum weiteren Experiment geiſtig vorbereitet werden, ja man ſieht es ſelbſt den tüchtigſten chemiſchen und phyſikaliſchen Verſuchen nicht ſelten zu ihrem Nachtheil gar zu deutlich an, wenn dieſe Vorſchule nicht durchgemacht iſt. Dabei kommt es nicht auf ein minutiöſes Mehr oder Weniger in dem Abwägen der Eigenſchaften an, ſondern vielmehr auf die ganze Art des Totaleindrucks. Die Eindrücke berühren uns aber nicht, wenn wir ihren Werth nicht vorher tüchtig würdigen gelernt haben: ſo kann der Schimmer an irgend einem Punkte des Kryſtalls, das Dunkel - oder Hellwerden bei der Wendung einer Fläche ꝛc. augenblicklich auf die richtige Spur leiten, während alle andern Hilfsmittel, wenn auch die Exactität ihrer Aus - führung noch ſo glänzend erſcheint, höchſtens auf Umwegen dahin führen. Es iſt wahrlich kein geringer Vortheil, ſogleich beim bloßen Anſchauen eines Körpers, um die Möglichkeiten den engſten Kreis ziehen zu können. Aber das iſt die Aufgabe der Mineralogie, die ſie bereits mit vielem Glück gelöst hat.
3) Die kryſtallographiſchen Hilfsmittel dürfen gerade keine tieferen mathematiſchen Kenntniſſe erfordern, die Zonenlehre und ein ſchnelles Winkelmeſſen mit dem Handgoniometer müſſen in den meiſten Fällen ausreichen.
Die Kryſtallographie könnte man eine verkörperte Mathematik nennen. Aber ſie iſt ohne Leben, wenn ſie nicht über die verknöcherten Symbole hinausgeht, und zur Zonenlehre fortſchreitet. Die Zonenlehre an der Hand der Projection gibt uns allein das tiefere Verſtändniß. Das iſt eine ſo einfache Wahrheit, daß es verwundert, warum ſie ſo lange um ihre allgemeine Anerkennung ringen muß. Es bedarf dabei nicht jener übermäßigen Genauigkeit im Winkelmeſſen, die vielen Arbeiten den Schein von Gründlichkeit gibt, ſondern Augenmaß und Anſchauung reichen hin, aber nur dann, wenn der Beobachter die für Manchen allerdings harte Uebungsſchule einer gründlichen Projektionslehre durchgemacht hat. Die dadurch erworbene Fertigkeit im Erkennen der Kryſtalle iſt der Segen, welcher die darauf verwendete Mühe reichlich lohnt. Und wenn überhaupt das Bewußtſein, eine Wiſſenſchaft ergründet zu haben, den Geiſt erhebt und veredelt, ſo läuft hier noch ein practiſches Intereſſe neben her. Denn es wird mit jedem Jahre klarer, daß nicht blos der chemiſche Gehalt,VIIIVorrede.ſondern auch die kryſtallographiſche Form bei der Analyſe der Stoffe eine weſentliche Rolle ſpielt.
Wie weit der Verfaſſer dieſem Ziele nahe gekommen iſt, hängt nicht blos vom Urtheil der Sachkenner, ſondern auch der Anfänger ab, welche dem Buche ſich zuwenden, um dadurch in das weitläufige mit vielen Schwierigkeiten durchwobene Gebiet eingeführt zu werden. Gar Manches wird als Ferment wirken, was endlich zu der Einſicht führen dürfte, wie Noth es thue, daß wir uns über eine gemeinſame Sprache einigen, die auch dem ferner ſtehenden Naturforſcher die Formenlehre genießbar mache. An Figuren, die öfter Copien bekannter Werke ſind, iſt nicht geſpart. Doch fehlt es auch nicht an neuen, wobei mir einer meiner jüngern Freunde, Hr. Dr. Oppel, behilflich war, deſſen Talente im Wiedergeben von Formen ich ſchätzen gelernt habe. Bei der Darſtellung wurde ſtets auf das Nütz - liche hingewieſen, und eine Form gewählt, die es dem Leſer ermöglicht, wenigſtens viele Capitel in laufender Rede zu genießen. Freilich kommen auch Punkte vor, die nicht ohne tieferes und wiederholtes Nachdenken ſelbſt Kopfbrechen überwunden werden dürften: der Geübte wird ſie hochſchätzen, und dem Ungeübten bringen ſie wenigſtens keine Nachtheile, da zwiſchen - hinein das Leichtere immer wieder ein Ganzes bildet.
Tübingen im November 1854.
Quenſtedt.
haben ſich zwar dem Auge der Gelehrten des Alterthums nicht ganz ent - zogen, allein ihr Verſtändniß iſt uns erſt in heutiger Zeit geworden. Ariſtoteles (384 — 322 v. Chr.) wußte noch wenig davon. In ſeiner Metereologica III. 7 theilt er ſie in „ ὀρυκτά und μεταλλευτά (Steine und Erze), jene durch Dunſt, dieſe durch Rauch entſtanden. “ Das Wort ὀρυκτά gab ſeit Werner den geläufigen Ausdruck für die Wiſſenſchaft: Oryctognoſie. Aber gleich nach Ariſtoteles ſchrieb ſein Schüler Theo - phraſt (310 — 225 v. Chr.) ein beſonderes kleines Buch περὶ τῶν λίϑων, worin man viele Namen aus der Beſchreibung wieder erkennt, wie Gyps, Obſidian, Sapphir (Laſurſtein) ꝛc. Von beſonderem Intereſſe iſt die Frage, wann man zuerſt auf Kryſtalle merkte. Dr. Marx (Geſchichte der Kryſtallkunde. Karlsruhe 1825) zeigt, daß das Wort κρυστάλλος, bei Homer (Il. 22. 151, Od. 14. 477 ) Eis bedeutend, erſt im Zeitalter des Plato auch für unſern Bergkryſtall gebraucht wurde. Ohne Zweifel war die Waſſerklarheit dieſes Quarzes daran Schuld. Denn ſchon um Chriſti Geburt behauptet Diodorus Siculus (II, 52. pag. 163. Weſſ. ) von den Kryſtallen Arabiens, ſie beſtänden aus reinem Waſſer, das nicht durch Kälte, ſondern durch die Kraft eines göttlichen Feuers feſt geworden ſei. Seneca (Quaest. nat. 3. 25) ſagt uns, daß der Kryſtall aus Eis entſtehe. Wenn nämlich das himmliſche Waſſer, frei von allen erdigen Theilen, erhärte, ſo werde es durch die Hartnäckigkeit längerer Kälte immer dichter, bis es endlich nach Ausſchluß aller Luft gänzlich in ſich zuſammengepreßt, und was vorher Feuchtigkeit war, in Stein verwandelt ſei. Plinius der ältere († 79 n. Chr.) wiederholt dieß in ſeiner Historia naturalis lib. 33 — 37, hebt ſogar einzelne Kryſtallformen etwas ſchärfer hervor. Doch ſind ſeine Mineralbeſchreibungen ſo unvollkommen, daß wir nur wenige mit Sicherheit deuten können. Der Namen aber ſind uns viele überliefert und in unſern Compendien aufs Neue verwendet.
Nun trat eine große Lücke ein; zwar theilte der Araber Avicenna (980 — 1036 n. Chr.) die Minerale in 4 Klaſſen: Steine, brennliche Foſſilien, Salze und Metalle. Allein er war Gelehrter und wurzelte nicht im Boden der Erfahrung. Dieſe mußte auf mühſamere Weiſe ge - wonnen werden. Der deutſche Bergbau brach dazu die Bahn.
Nach Keferſtein (Geſchichte und Litteratur der Geognoſie. Halle 1840) beginnt ſchon im 6ten Jahrhundert ein reger Bergbau der Slaven und Wenden in Böhmen und Mähren, 920 wurde bereits der Kupferſchiefer bei Frankenberg in Heſſen, 935 der Erzſtock des Rammelsberges bei Goslar entdeckt, im 12ten Jahrhundert das Erzgebirge von Sachſen inQuenſtedt, Mineralogie. 12Geſchichte: Agricola, Bartholin, Steno.Angriff genommen. Ohne mineralogiſche Kenntniß konnte ein ſolcher aus - gedehnter Bergbau gar nicht ſtattfinden, allein die Bergleute ſchrieben nichts nieder, ſie waren „ Männer vom Leder, und nicht von der Feder “. Wenn auch einiges den Gelehrten zu Ohren und Augen kam, wie dem Schwaben Albertus Magnus (1193 — 1280), der 5 Bücher de mineralibus et rebus metallicis ſchrieb, ſo ſahen ſie es doch immer im Spiegel alter Autoren.
Das Bergbüchlein, die erſte deutſch geſchriebene Mineralogie, ſchöpfte zuerſt aus der reinen Quelle praktiſcher Erfahrung. Baſilius Valentin, den man weiter nicht kennt, ſoll der Verfaſſer ſein, aber wahrſcheinlich haben mehrere daran gearbeitet. Doch waren es jedenfalls nicht claſſiſch gebildete Bergleute, die etwa um das Jahr 1500 nieder - ſchrieben, was bis dahin die Erfahrung gelehrt hatte, denn ſonſt hätten ſie nicht deutſch geſchrieben! Neue, dem Alterthum unbekannte Namen, wie Quarz, Spath, Schiefer, Kies ꝛc. treten uns hier zum erſten Male entgegen, die wir dann wieder bei Agricola (1494 — 1555) de natura fossilium 1546 beſchrieben finden. Dieſer war Arzt zu Joachimsthal in Böhmen, wo er von Bergwerken rings umgeben reiche Kenntniſſe ſammeln konnte, die ihn beim Deuten alter Autoren leiteten. Werner nennt ihn den „ Vater aller metallurgiſchen Wiſſenſchaften “und allerdings beſchäf - tigten ihn ſchon die Geſtalt, Blättrigkeit, Härte, Schwere, Farbe, Glanz ꝛc. der Minerale in einer Weiſe, wie vor ihm keinen. Johann Kenntmann zu Torgau (1518 — 1568) heißt der erſte Sammler in Deutſchland, wozu ihn wahrſcheinlich die Eislebiſchen Bergwerke veranlaßten und Conrad Gesner de rerum fossilium figuris Zürich 1565 liefert uns die erſten Abbildungen. Im 17ten Jahrhundert geſchah zwar nicht ſonderlich viel, doch verlor ſich der erwachte Sinn für das Fach nicht wieder. Boetius de Boot ſchreibt eine Gemmarum et Lapidum historia 1609, leitet die Form der Kryſtalle von beigemiſchten Salzen ab, und ſucht ſchon auf geometriſchem Wege die Sechseckigkeit des Quarzes zu erklären. Beſon - deres Aufſehen erregte der Doppelſpath, welchen der Däne Erasmus Bartholin (Experimenta Crystalli Islandici. 1669) auf Island entdeckte, durch ſeine doppelten Bilder. Bartholin beſtimmte die ebenen Winkel der Rhomboeder-Flächen durch Meſſung zu 101° und 79°, und fand die Kante durch Rechnung 103° 40′. Schon früher hatte er eine Abhandlung de figura nivis 1661 geſchrieben, worin er die Meinung des Carteſius vertheidigt: die Schneeſterne entſtänden dadurch, daß ſechs Waſſerbläschen genau ein ſiebentes central gelagertes umgäben. Die Formen wurden von nun an Gegenſtand gründlichern Nachdenkens. Der berühmte Huygens († 1695) maß die Doppelſpathkante ſchon ſehr genau auf 105°, und ſuchte den blättrigen Bruch zu erklären. Boyle († 1691) weist den blättrigen Bruch noch bei vielen andern Kryſtallen nach. Der Däne Steno, welcher in Italien lebte, hat durch ſein Werk de solido intra solidum naturaliter contento 1669 Epoche gemacht. Er ſpricht beim Bergkryſtall nicht blos von 6ſeitigen Säulen und 6ſeitigen Pyramiden an den Enden, ſondern behauptet auch, daß trotz der Verziehung der einzelnen Theile eine Con - ſtanz der Winkel ſtattfinde (non mutatis angulis). Er zeigt weiter, daß man durch Abſtumpfen eines Würfels ſämmtliche Flächen des Eiſenglanzes ableiten könnte, und weist die dreifache Streifung der Würfelflächen des3Geſchichte: Henkel, Linné, Lisle, Hauy.Schwefelkieſes nach. So eilen einzelne Männer ihrer Zeit voraus! In der erſten Hälfte des 18ten Jahrhunderts machte beſonders Henkels Pyrito - logia oder Kieß-Hiſtorie 1725 Aufſehen. Vielfache Erfahrungen hatten den praktiſchen Bergmann gelehrt, daß die Steine aus Waſſer kryſtalli - ſirten, die Metalle aber, und darunter beſonders der Kieß („ Hans in allen Gaſſen “pag. 733), aus erzführenden Dünſten entſtünden. Allein es fehlt dem Werke noch weſentlich an ſyſtematiſcher Ordnung, ein Mangel, der auch bei Schröter (Vollſtändige Einleitung in die Kenntniß und Ge - ſchichte der Steine und Verſteinerungen 1774) noch zu rügen iſt, obgleich hierin vieles, was die Vorgänger über Steine wußten, in einer anziehen - den Weiſe zuſammengeſtellt wurde.
In der Mitte des vorigen Jahrhunderts ſind bereits die Keime der - jenigen drei Richtungen zu finden, die noch heute neben einander fortlaufen. Die kryſtallographiſche iſt unter ihnen die älteſte und naturgemäßeſte. Zwar muß man ihre Anfänge in das 17te Jahrhundert ſetzen, doch war der berühmte Linné (1707 — 1778) der erſte, welcher die Kryſtalle zum Eintheilungsgrunde nahm, das iſt für jene Zeit kein geringer Ruhm, Systema naturae sive tria regna 1735. Imper. fol. Befangen in der alten Vorſtellung, daß die Salze die Kryſtallbildner ſeien, nannte er ſie geradezu die Väter, welche in den Gebirgsarten (Müttern) die Kryſtalle erzeugten. Er wählte nun unter den künſtlichen Salzen einige Haupt - formen heraus: Muria, das Kochſalz zeigte ihm den Würfel, deshalb ſetzte er die Würfel des Flußſpathes dahin; Alumen, der Alaun das Oktaeder, daher war der Diamant ein Alumen adamas, aber auch der oktaedriſche Flußſpath war ihm ein Alumen! Nitrum, der Salpeter zeigte eine ſechsſeitige Säule, und nun wurden die Säulen des Quarzes, Kalk - ſpathes ꝛc. dazu geſellt. Uebrigens unterſcheidet er ſehr gut drei Klaſſen: Petrae (Felſen), Minerae und Fossilia (Verſteinerungen). Jedenfalls wurde Romé de Lisle (Essai de Cristallographie 1772, pag. XII) durch dieſe originelle Betrachtungsweiſe auf die Wichtigkeit der Kryſtalle geleitet. Dieſer anſpruchsloſe Mann brachte ſich bald in den Beſitz der reichſten Kryſtallſammlung, welche damals exiſtirte. Er erkannte die Beſtändigkeit der Winkel, unterſchied ſchon Grundformen von den abgeleiteten, und ließ ſogar die Figuren in Thon und Holz modelliren, alſo Kryſtallmodelle machen. Ein Künſtler Carangeot führte das aus, und kam dabei auf die Idee des Anlegegoniometer, weil ohne Winkelmaß die Modelle nicht richtig wurden. Die gewaltigen Fortſchritte, welche de Lisle machte, zeigt ſeine Cristallographie ou déscription de formes propres à tous les corps du règne minéral. 1783. Aber um dieſe Zeit kam
René Juſt Hauy, geb. 1743 zu St. Juſt in der Picardie, † 1. Juni 1822 zu Paris, einer der größten Naturforſcher ſeiner Zeit, der alle Minera - logen neben ſich verdunkelte. Sein Essai d’une théorie sur la structure des cristaux erſchien 1784. Schon der ſchwediſche Chemiker Torbern Bergmann († 1784) hatte gefunden (Act. Upsal. 1773), daß man aus allen Kalkſpath - kryſtallen eine Primitivform (forma primitiva) herausſchälen könne, und lei - tete durch Aufſchichtung dann die andern Flächen ab. Ohne davon zu wiſſen, kam Hauy auf die gleiche Idee: Théorie de la structure des cristaux 1784. Als er eines Tages bei Defrance eine Kalkſpathdruſe beſichtigte, brach eine reguläre ſechsſeitige Säule mit Gradendfläche ab. Dieſe zeigte in1*4Geſchichte: Cronſtedt, Werner.einer Endkante einen Blätterbruch, und Hauy brachte durch Verſuche zu Hauſe glücklich ein Rhomboeder heraus. Jetzt lag der Gedanke nahe, daß durch Aufſchichtung kleiner Rhomboederchen auf die Flächen der Kerngeſtalt andere Formen abgeleitet werden könnten. So verfiel er auf das Geſetz der Decrescenzen und alle die glänzenden Entdeckungen, welche ſeinen Namen verewigt haben. Nun konnten die Winkel nicht blos mit dem Anlegegoniometer gemeſſen, ſondern auch berechnet werden, und dieſe Rechnungen führte er ſo ſcharfſinnig durch, daß in ſeinem Traité de mi - neralogie 1801 die Kryſtallographie ihrem Inhalte nach als eine feſt ab - geſchloſſene Wiſſenſchaft daſteht, wenn auch ihre Form in Deutſchland ſpäter ein ganz anderes Gewand bekam. Freilich waren nur talentvolle mathematiſche Köpfe befähigt, ſie zu leſen, aber dieſe legen noch heute das Buch nicht ohne Verwunderung aus den Händen. (Die 2te Auf - lage 1822 blieb ſchon gegen ihre Zeit zurück.) Daraus läßt ſich allein erklären, warum die Franzoſen bis heute die Methode nicht ganz ver - laſſen haben.
Die chemiſche Richtung ging ebenfalls von Schweden aus. Schon Wallerius (Mineral-Riket. 1747) ſtellt die Stoffe an die Spitze, vor allem aber brach Axel von Cronſtedt (1722 — 1765) Berghauptmann in Stockholm die Bahn. Sein „ Försök till Mineralogie “erſchien 1758. Hier wurde das Löthrohr zuerſt angewendet, aber nicht genannt, doch beſchreibt es Engſtröm 1765 in der engliſchen Ueberſetzung. Von da an kam es dann durch Bergmann und Jahn in den weiteſten Gebrauch. Cronſtedt ſtellt jeder Klaſſe und Ordnung die chemiſchen Kennzeichen voran, überhaupt zeichnet ſich ſein Büchelchen ſo vortheilhaft durch Kürze und Schärfe aus, daß er ſich „ weit über ſein Zeitalter erhob. “ Nachdem nun durch Vauquelin und Klaproth (Beiträge zur chemiſchen Kenntniß der Mineralkörper. 6. Bd. 1795 — 1815) eine Menge trefflicher Analyſen ge - wonnen waren, trat die Wichtigkeit der Chemie für Mineralogie immer in ein helleres Licht.
Den naturhiſtoriſchen Weg, gegen deſſen Popularität die beiden genannten weit zurückblieben, eröffnete Abraham Gottlob Werner, 25. September 1750 zu Wehrau in der Oberlauſitz geboren, 30. Juni 1817 zu Dresden geſtorben (Lebensbeſchreibung A. G. Werner’s von Dr. Friſch 1825). Gleich ſeine erſte kleine Schrift „ von den äußer - lichen Kennzeichen der Foſſilien “1774 zeigt die Größe des aufgehenden Sternes. Welche Klarheit und Beſtimmtheit im Ausdruck, und welch feiner Sinn für Auffaſſung der Kennzeichen, verbunden mit logiſcher Ordnung! Die Kennzeichen ſelbſt werden in vier Abtheilungen gebracht: äußere, innere, phyſikaliſche und empiriſche, darunter ſpielen aber die äußern, welche „ zu ihrer Aufſuchung nur allein unſere Sinne nöthig haben “, die Hauptrolle. Denn ein Meſſer, Feuerſtahl und Feile zur Prüfung der Härte, ein Magnet, ein Vergrößerungsglas und ein Fläſch - chen mit Scheidewaſſer bildeten ſein mineralogiſches Beſteck. „ Will man dazu noch ein Löthröhrgen thun, um damit in der Geſchwindigkeit einige kleine Feuerverſuche mit Foſſilien anſtellen zu können, ſo iſt man zum Ueberfluß verſehen. “ Die Farbe iſt das erſte, was in die Sinne fällt. 2) Der Zuſammenhang (cohaesio): hier wird dann auch der regelmäßigen Geſtalten oder Criſtalliſationen gedacht, ſie werden treulich5Geſchichte: Weiß.und oft ſehr naturgemäß beſchrieben, doch war Werner nicht Mathematiker und konnte daher auch zur tiefern Kenntniß nichts beitragen, dagegen wird der Glanz, Bruch, Strich, Härte, Klang ꝛc. in der beſten Weiſe hervorgehoben. Auch das Anfühlen, die Kälte, die Schwere, ſelbſt der Geruch und der Geſchmack müſſen zur Vervollſtändigung des Bildes bei - tragen. Oſtern 1775 bekam er ſchon einen Ruf als Lehrer der Minera - logie und Bergbaukunſt an die Bergakademie von Freiberg, wo er 42 Jahre mit einem Erfolg wirkte, wie ſich nur Wenige rühmen können. Anfangs wurden Mineralogie und Bergbaukunſt bei den Vorträgen vereinigt ge - laſſen, doch ſchon im nächſten Jahre trat das Bedürfniß der Trennung ein. Etwa um 1779 ſchied er auch die Gebirgslehre, welche er in einer erweiterten Form zum erſten Male 1785 unter dem Namen Geognoſie las, während ſchon 1780 die Mineralogie in ihrer Abgränzung gegen die Gebirgslehre vorgetragen wurde. Leider hat Werner wenig geſchrieben, bei ſeinen Vorleſungen legte er Cronſtedt’s Försök till Mineralogie zu Grunde, von der er 1780 den erſten Theil überſetzt und vermehrt herausgab. Sein vollſtändiges Syſtem ſchrieb zuerſt Emmerling (Lehrbuch der Mineralogie 1793), aber gegen ſeinen Willen, ſpäter mit ſeinem Willen Hoffmann (Handbuch der Mineralogie 1811 — 13), fortgeſetzt von Breithaupt 1815 — 17). Am Ende des 4ten Bandes findet ſich „ Werner’s letztes Mineralſyſtem “1817, das ſich nach ſeinem Tode unter ſeinen Schriften fand. Es enthält 317 meiſt wohl begründete Arten. Auf den Schultern dieſes berühmten Lehrers erhoben ſich die Mineralogen unſeres Jahrhunderts. Sein „ vorzüglichſter Schüler “war
Chriſtian Samuel Weiß, geboren 26. Febr. 1780 zu Leipzig, alſo in demſelben Jahre, wo zum erſten Mal auf einem deutſchen Lehr - ſtuhle die Mineralogie in ihrem ſelbſtändigen Inhalte vorgetragen wurde. Er ging bald über Werner hinaus und Hauy zog ihn an, den er in Paris aufſuchte, und deſſen Lehrbuch er überſetzte (1804 — 1810) und mit einzelnen Anmerkungen verſah. Eine merkwürdige Abhandlung über die „ dynamiſche Anſicht der Kryſtalliſation “finden wir I. pag. 365. Weiß polemiſirt hier gegen die atomiſtiſche Lehre Hauy’s, und weist nach, daß nicht blos den Flächen der Kerngeſtalt Blätterbrüche parallel gehen, ſondern daß auch den ſekundären ein verſteckter Durchgang der Blätter entſpreche, daß mit einem Worte die Blätterbrüche das ganze Innere des Kryſtalks beherrſchen. Die Blätterbrüche ſelbſt hiengen von gewiſſen „ Kryſtalliſa - tionsrichtungen “ab, welche im Innern des Kryſtalls wirken. Der Feld - ſpath (Hauy Mineral. II, 711) wurde bereits 1804 in ſeiner richtigen Stellung erkannt, und der Zuſammenhang ſeiner Flächen nach Zonen gruppirt! Ja bei dem ſchon damals richtig gedeuteten Epidot (III, 141) ſteht klar ausgeſprochen, daß durch das Fallen einer Fläche in zwei Zonen ihre Lage geometriſch beſtimmt ſei (1806). Hierin liegen offenbar die Keime für die ſpätere Deductionslehre. 1808 zum ordentlichen Profeſſor der Phyſik nach Leipzig berufen, wird bereits in einer lateiniſchen Diſſer - tation, de indagando formarum crystallinarum charactere geometrico principali 1809, die neue Anordnung der Kryſtalle auseinander geſetzt. Wir finden nicht nur die Bedeutung der Axen hervorgehoben: axis vero linea est omnis figurae dominatrix, circa quam omnia aequabiliter sunt disposita. Eam omnia spectant, eaque quasi communi vinculo et com -6Geſchichte: Neumann, Berzelius, Mitſcherlich.muni inter se contactu tenentur, ſondern das ganze Syſtem in ſeinen Grundzügen angedeutet; die Hauy’ſchen Primitivformen werden auf das reguläre Oktaeder, Rhomboeder und Diheraeder, Quadrat - und Oblong - oktaeder zurückgeführt, nur Feldſpath, Epidot, Gyps ꝛc. nicht untergebracht, ſondern auf eine ſpätere Behandlung verwieſen, als zu den genannten vier Syſtemen nicht gehörig. Endlich erſchien die „ überſichtliche Darſtellung der verſchiedenen natürlichen Abtheilungen der Kryſtallſyſteme “in den Ab - handlungen der Berliner Akademie der Wiſſenſchaften 1815: 1) reguläres, 2) viergliedriges, 3) zwei und zweigliedriges, 4) zwei und eingliedriges, 5) ein und eingliedriges, 6) ſechsgliedriges nebſt drei und dreigliedrigem Syſtem werden unterſchieden, und beim regulären das Tetraedriſche und Penta - gondodekaedriſche hervorgehoben. Damit war der wundervolle Bau der Kryſtalle in ſeinen Grundgeſetzen erkannt. Eine Reihe monographiſcher Abhandlungen, welche nun alljährlich in jenen akad. Schriften folgten, haben uns mit den tiefern Verhältniſſen bekannt gemacht. Prof. Neumann in Königsberg (Beiträge zur Kryſtallonomie 1823) trat in die Fußtapfen ſeines Lehrers, und zeigte, wie man die Zonen und Richtungen in einem Bilde durch eine beſondere Art von Projektion deutlich machen könne. Wie großen Werth der Lehrer ſelbſt auf ſolche Art der Darſtellung legte, dieß zeigen ſeine Arbeiten ſeit dem Jahre 1834, wo durch eine Projektions - figur der Darſtellung ſtets ihre letzte Vollendung gegeben wird. Es iſt dieß der einzige wahre Weg zur Erkenntniß der Sache. Das wird man um ſo mehr erkennen, je mehr wahre mineralogiſche Bildung überhaupt Wurzel ſchlägt.
Während ſo die mathematiſche Richtung, ich möchte ſagen, zum Ab - ſchluß kam, waren die Chemiker überaus thätig, auch ihrerſeits das Nöthige beizutragen. Genaue Unterſuchungen lehrten, daß die Stoffe nach beſtimmten Aequivalentzahlen ſich untereinander verbinden, Berzelius führte daher geradezu für jedes Element ein Symbol ein. So konnte dann die Zuſammenſetzung eines Minerals durch eine chemiſche Formel ausgedrückt werden. Dieſe Formeln werden freilich vielfach mißbraucht, daß aber im Ganzen die Sache dadurch gefördert wurde und wird, wer wollte das läugnen. Berzelius (Journ. Chem. et Phys. Bd. XV) ſelbſt ſtellte ſchon im Jahre 1815 ein vollſtändiges chemiſches Mineralſyſtem nach ſeinem electro-chemiſchen Princip auf, freilich auf Koſten aller natur - hiſtoriſchen Verwandtſchaften. Dem Chemiker, der die Minerale blos der Kenntniß der Stoffe wegen ſtudirt, mag eine ſolche Zuſammenſtellung willkommen ſein, der Mineralog ſehnt ſich aber immer wieder nach einem naturhiſtoriſchen Bande. Auch ſind die Chemiker trotz ihres feſten Princips unter ſich ebenſowenig einig geworden als die andern. Eines der letzten ſtammt von Guſtav Roſe (das cryſtallo-chemiſche Mineralſyſtem 1852), der ſich immer mit Vorliebe der chemiſchen Richtung zuwendet, worin er ſo viel geleiſtet hat. Die chemiſchen Formeln gewannen ſehr an Einfach - heit, ſeit Prof. Fuchs darauf aufmerkſam machte (Schweigger’s Journ. für Chem. 1815. XV, 382), daß gewiſſe Stoffe andere vertreten könnten. Daraus entſtand dann der Iſomorphismus von Prof. Mitſcherlich (Abh. der Berliner Akad. 1818. 428). Nimmt man dazu noch die Fortſchritte, welche „ durch die Anwendung des Löthrohrs in der Chemie und Minera - logie (1ſte Aufl. 1821, vierte 1844) “von Berzelius gemacht ſind, ſo7Geſchichte: Mohs, Haidinger, Hausmann.kann man ſich nicht wundern, daß über die Mineralanalyſen allein umfang - reiche Werke erſcheinen, wie das Handwörterbuch des chemiſchen Theils der Mineralogie von Rammelsberg. 1841, mit 5 Nachträgen. Demunge - achtet darf der Mineraloge vom Fach, wenn er ſeinen Blick nicht trüben will, die Chemie nur als Helferin betrachten, die ihm beiſpringt, wenn ſeine andern Mittel nicht mehr ausreichen. Endlich iſt auch
die naturhiſtoriſche Richtung ſchärfer ausgebildet, inſonders von ſolchen, die weder mit chemiſchen noch mathematiſchen Kenntniſſen ausgerüſtet den populärſten Mittelweg ſuchten. Vor allem war es Mohs, deſſen Talent in dieſer Beziehung Bahn brach, der aber leider auch auf Nebendinge ein ungebührliches Gewicht legte. Schüler und Nachfolger Werner’s lieferte er ſchon 1804 „ van der Null’s Mineralienkabinet, ge - ordnet und beſchrieben “in 3 Bänden, hält ſich darin aber durchaus auf dem Werner’ſchen Standpunkte. Wichtiger „ die Charakteriſtik des natur - hiſtoriſchen Mineralſyſtems. Dresden 1820 (2te Aufl. 1821) “und be - ſonders der „ Grundriß der Mineralogie. 2 Bde. 1822 — 24, ins Engliſche überſetzt (Treatise on Mineralogie 1825) von Haidinger, woran die Kry - ſtallzeichnungen auch namentliches Verdienſt haben. Mohs vernachläßigt das Chemiſche und hält ſich mehr an äußere Kennzeichen, ſtellt unter andern eine Härteſkala auf, und bei den Kryſtallen faßt er Grundformen auf, legt ein Hauptgewicht auf die Reihen der ſtumpfern und ſchärfern Körper, die in ſeiner Bezeichnung eine Hauptrolle ſpielen. Doch iſt ſein Kryſtallſyſtem ganz dem von Weiß entnommen (Edinb. phil. Journ. 1823. VIII, pag. 103 u. 275), nur ſchloß er ſich den ſchärfern Meſſungen an, welche ſeit der Erfindung des Reflexionsgoniometer durch Malus 1809 möglich geworden waren. Bei den Meſſungen war ihm beſonders Hai - dinger behülflich, und es ſtellte ſich heraus, daß die zwei und eingliedrigen und ein und eingliedrigen Syſteme ſchiefwinklige Axen haben müßten, die Mohs zuerſt in ſeinem Grundriß (2ter Band pag. VI) anführt. Allein ſchon Kupfer (Pogg. Ann. 1826. Band 8. pag. 75) zeigte, daß man die „ Abweichung “vom rechten Winkel öfter meiden könne, und jedenfalls verdienen wenigſtens die Axen, welche ſich den rechten möglichſt nähern, vor den willkührlich ſchief angenommenen den Vorzug. Denn die Einfachheit der Axenausdrücke kann in ſolchen Fällen doch nicht allein entſcheiden, ſonſt könnte man unter Umſtänden den allerſchiefſten Stel - lungen den Vorzug geben wollen, wie die Zonenlehre beweist. Haidinger, der berühmteſte Schüler von Mohs, wandte ſich mit Vorliebe und großem Glück auch dem phyſikaliſchen Theile zu, wie ſeine vielfachen intereſſanten Arbeiten über Dichroismus ꝛc. beweiſen (Poggendorf’s Annalen 65. 1 ; 68. 305 ; 71. 321). In ſeinem Handbuche der beſtimmenden Mineralogie, Wien 1845, iſt der allgemeine Theil ausführlich behandelt, der ſpecielle kommt aber zu mager weg, die übermäßige Concinnität führte Mohs und ſeine Schüler zu ſolchen Unbequemlichkeiten. Der Veteran unter den heutigen Mineralogen, Hausmann in Göttingen, hat den Reichthum ſeiner vieljährigen Erfahrungen in ſeinem Handbuch der Mineralogie, Göttingen 1828 u. 1847, auf eine intereſſante Weiſe niedergelegt, be - ſonders belehrend ſind die litterariſchen Ausweiſe, leider führt er aber auch wieder eine beſondere kryſtallographiſche Sprache. Reich an Litteratur iſt auch Leonhardt’s Handbuch der Oryktognoſie. Heidelberg 1826.
8Geſchichte: Naumann.C. F. Naumann in Leipzig erwarb ſich durch ſein gediegenes Lehr - buch der Mineralogie, Berlin 1828, das freilich in Mohs eine weſent - liche Stütze fand, und durch ſein Lehrbuch der reinen und angewandten Kryſtallographie, Leipzig 1830, einen ſolchen mineralogiſchen Ruf, daß nicht blos ſeine Elemente der Mineralogie, Leipzig 1846, jetzt ſchon die dritte Auflage erlebten, ſondern auch die meiſten deutſchen Mineralogen ſich ſeiner Methode zuwenden. Leider iſt ſie zu abſtrakt mathematiſch, aber könnte man einiges unnöthige Beiwerk abſtreifen, ſo würde ſie der Methode des Meiſters in der Kryſtallographie ziemlich nahe treten. Daß dieſes baldigſt geſchehe, dazu möge Nachfolgendes mit beitragen helfen, denn Eines thut vor allem Noth: eine gemeinſame kryſtallo - graphiſche Sprache! Um dieſen Preis würde ich mich auch zu ver - beſſerten Symbolen verſtehen, aber nur zu ſolchen, die in den Axen unmittelbar ihren Grund finden.
Das Mineralindividuum, wie es Pflanzen und Thieren gegenüber - ſteht, iſt der Kryſtall. Derſelbe wird nicht blos von Ebenen begränzt, ſondern den äußern Ebenen gehen immer mehr oder weniger deutliche Blätterdurchgänge (Blätterbrüche1Später hat man dieſe Eigenſchaft auch Theilbarkeit genannt, allein theil - bar iſt alle Materie und nicht blos der Stein; ebenſowenig paßt Spaltbarkeit, denn ſpalten kann man auch Holz. Wozu dieſe Verſchlechterung des Ausdrucks, wenn ſeit Jahrhunderten der beſſere ſchon gäng und gebe war.) parallel, welche das ganze Individuum beherrſchen. Die deutlichen Blätterbrüche geben ſich beim Schlage durch einen ſpiegelglatten Sprung kund, der für die Beſtimmung der Subſtanz von größter Wichtigkeit iſt, und zugleich das weſentlichſte Unterſcheidungs - merkmal von der organiſchen Schöpfung liefert. Mit ihrer Betrachtung muß umſomehr begonnen werden, als ſie uns in ein Gebiet führt, das der Anſchauung den reichſten Stoff bietet und das vernachläßigt bei vielen Zweigen der Naturwiſſenſchaften ſich bitter ſtraft.
Nimmt man ein Stück Glimmer oder Talk, ſo kann man durch ſchnelles Zerbrechen davon ſo dünne Scheiben ablöſen, daß ſie im reflectirten Lichte rothe, ſelbſt blaue Regenbogenfarben zurückwerfen, wie die feinſten Glasblaſen. Schon Hauy berechnete die Dicke dieſer Blättchen auf we - niger als $$\frac{1}{600000}$$ Zoll. Trotz der Leichtigkeit, mit welcher man die Blätter von einander trennt, bilden ſie doch zuſammen eine compakte ungeſonderte Maſſe, die Sonderung tritt erſt mit dem Schlage oder Drucke ein. Der Glimmer wird in dieſer Hinſicht von keinem andern Mineral an Deut - lichkeit übertroffen; man kann etwa folgende Stufen unterſcheiden:
a) Glimmerbruch, Maximum von Perlmutterglanz. Blätter - zeolith, Gyps nähern ſich ihm.
b) Topasbruch läßt ſich ſelbſt an dieſem harten Edelſtein noch leicht darſtellen, ſteht aber dem Gyps ſchon entſchieden nach. Kalkſpath, der erſte Feldſpathbruch zeigt gleiche Deutlichkeit.
c) Apatitbruch läßt ſich noch gut darſtellen und leicht durch ſeinen Glanz erkennen. Der Flußſpath, der 2te Feldſpathbruch, der Schwerſpath und andere ſind meiſt noch etwas deutlicher, ſtehen aber dem Topasbruch entſchieden nach.
d) Beryllbruch liegt ſchon recht verſteckt, er kann daher nicht mehr als wichtiges Merkmal genommen werden, obgleich man ihn zumal beim Kerzenlicht nicht überſehen kann.
10Structurlehre: zwei Blätterbrüche.e) Quarzbruch iſt noch verſteckter, und kaum wahrzunehmen, durch Erhitzen und plötzliches Abkühlen läßt er ſich aber noch darſtellen. Von praktiſchem Nutzen iſt dieſe Eigenſchaft jedoch nicht mehr. Und wie wir ſchon angeführt haben, ſo geht wahrſcheinlich jeder Fläche eines Kryſtalls irgend ein Grad von Blätterdurchgang parallel.
Mathematiſch haben wir an ſolchen blättrigen Platten, wie Glim - mer, Gyps, Topas ꝛc. nichts feſtzuhalten, als daß rings um die Platte der Raum noch nicht geſchloſſen und nur nach einer Richtung eine der Dicke nach ſehr variable Gränze ſtattfindet. Ob dick oder dünn, der Parallelraum (Kryſtallraum) zwiſchen den beiden Spiegeln iſt für uns immer der gleiche. Dieſes veränderliche Element macht dem Anfänger viel zu ſchaffen, es muß gleich von vorn herein durch die Art der Dar - ſtellung beſiegt werden.
Sie bilden ſtets eine vierſeitige Säule (Prisma) mit vier Flächen und vier Kanten. Die Kanten ſind alle untereinander parallel (bilden eine Zone), die Flächen zu je zwei liegen einander gegenüber. Auch von den Kanten ſtehen die abwechſelnden gleichen ſich gegenüber. Durch Ver - rücken der Blätterbrüche (wenn ſie dicker oder dünner werden) wird keine der Parallelitäten geſtört, auch die Neigung der Flächen in den Kanten (Kantenwinkel) nicht. Parallelität und Winkel bleiben alſo conſtant, nur die Flächenbreite variirt. Flächen und Kanten nennt man die Glieder der Säule. Die Säule iſt bereits nach zwei Dimenſionen geſchloſſen, aber variabel dick, nur nach einer noch offen. Die gegenüber liegenden Winkel (aa und bb) ſind einander gleich, und da a+b = 2R, ſo iſt die Säule durch einen gemeſſenen Winkel beſtimmt, die Meſſung muß aber bekannt - lich in einer Ebene ſtattfinden, die auf einer (und folglich auf allen vier) Kanten ſenkrecht ſteht (Querſchnitt).
Die Eintheilung kann nur nach dem Princip der Gleichheit und Un - gleichheit gemacht werden: Flächen ſind aber gleich, wenn ſie gleiche phyſikaliſche Beſchaffenheit haben: Blätterdurchgang, Glanz, Streifung, Härte, Elaſticität ꝛc. muß die gleiche ſein; Kanten ſind gleich, wenn ſie bei gleicher Zahl von Graden durch gleiche Flächen (und zwar in der - ſelben Ordnung) erzeugt werden. Nach dieſen Principen kann es nur viererlei vierſeitige Säulen geben:
a) Flächen und Kanten gleich: Quadratiſche Säule.
Wenn man ſie in Holz ſchneidet, ſo macht man die Seiten congruent, dann iſt der Querſchnitt ein Quadrat, folg - lich ſind die Kanten ſämmtlich rechte Winkel. Es gibt unter den deutlich blättrigen Brüchen keine recht guten Beiſpiele: Rutil, Zirkon, Skapolith ꝛc. In der Natur iſt freilich die Säule auch meiſt verzogen.
b) Flächen gleich und Kanten ungleich: Rhombiſche
Säule. Man ſchneidet die Flächen gewöhnlich con - gruent, dann iſt der Querſchnitt ein Rhombus mit zwei ſtumpfen und zwei ſcharfen Winkeln. Hornblende. Schwerſpath.
11Handgoniometer.c) Flächen ungleich und Kanten gleich. Oblonge Säule. Die eine Fläche dehnt ſich mehr in die Breite als die andere, und da die Winkel rechte ſein müſſen, ſo iſt der Querſchnitt ein Oblongum: Feldſpath und Euklas liefern im 2+1gliedrigen, Strahl - zeolith und Olivin im 2+2gliedrigen Syſteme gute Beiſpiele.
d) Flächen und Kanten ungleich: Rhom - boidiſche Säule. Hier iſt alles ungleich, folglich der Querſchnitt ein Rhomboid: Cyanit, Epidot, der mu - ſchelige und faſerige Bruch des Gyps liefern gute Bei - ſpiele. Uebrigens kommt dieſe Säule immer vor, wenn ſich zwei ungleiche Flächen irgendwo ſchneiden.
Man macht ſich die Sache leicht an den beiſtehenden Querſchnitten klar: die quadratiſche Säule hat rechtwinklige und gleiche Axen (Dia - gonalen), die rhombiſche rechtwinklige und ungleiche Axen; die oblonge ſchiefwinklige und gleiche, doch kann man durch den Mittelpunkt auch rechtwinklige ungleiche ziehen; die rhomboidiſche ſchiefwinklige und ungleiche, auch ſind gar keine rechtwinkligen Axen möglich. In der Natur beobachtet man meiſt nur eine Kante der Säule: ſind in dieſer Kante die Flächen gleich und rechtwinklig, ſo iſt ſie quadratiſch; gleich und ſchiefwinklig, rhombiſch; ungleich und rechtwinklig, oblong; ungleich und ſchiefwinklig, rhomboidiſch.
Der Säulenwinkel kann auf zweierlei Weiſe gemeſſen werden: mit - telſt des Anlegegoniometer, hierbei kann man jedoch um mehrere Grade irren, dagegen nähert man ſich mittelſt des Reflexionsgoniometer der Wahrheit bis auf wenige Minuten.
Das Anlegegoniometer (Handgoniometer) fand der Künſtler Carangeot, welcher Modelle machte. Hauy hat es dann noch etwas verbeſſert. Das - ſelbe beſteht aus einem gra - dirten Halbkreiſe (Rapporteur), in deſſen Centrum C ſich zwei Alhidaden befinden. Die eine df iſt um C beweglich, die an - dere aF ſteht feſt. Will man nun einen Kantenwinkel meſ - ſen, ſo legt man die Kanten - linie ſenkrecht gegen die Ebene des gradirten Halbkreiſes, und
liest nun den Winkel an der Linie fg der beweglichen Alhidade ab. Denn da die Linie fg über g hinaus verlängert genau in das Centrum C trifft, und da ao dem Durchmeſſer von Null nach 180° und do dem Radius fg parallel gehen, ſo muß der Kantenwinkel aod in unſerm Falle 46° haben, was die Alhidade zeigt. Der Nullpunkt liegt im Mittelpunkte der Schraube F, er iſt nicht angezeigt, da wegen der Breite der Alhidaden - arme überhaupt nur Winkel bis auf 15° Größe gemeſſen werden können. 12Reflexionsgoniometer.Um kleinen Kryſtallen leichter beizukommen, ſind beide Alhidaden in den Schrauben C und F verſchiebbar, auch hat der Halbkreis bei 90° ein Charnier, mittelſt welchem man die linke Hälfte von 90° — 180° zurück - ſchlagen kann, um ſo in die Kryſtalldruſen hineinzulangen. Zur Be - feſtigung dieſer beweglichen Hälfte dient daher noch ein Arm Cr. Wenn es nöthig iſt, ſchnell an Kryſtallen ſich durch die Größe der Winkel zu orientiren, ſo liefert das Carangeot’ſche Goniometer ein ſehr gutes Hilfs - mittel, wofern die Winkel von einander wenigſtens einige Grade Unter - ſchied haben. Jedenfalls iſt es zur Verfertigung der Holzmodelle ſehr wichtig.
Das Reflexionsgoniometer erfand Wollaſton (Phil. Trans.
1809. pag. 253). Es gehört einige Uebung dazu, ſich ſeiner zu bedienen, liefert dann aber auch viel ſchärfere Reſultate. Wir unterſcheiden viererlei:
1) Das Geſtell g iſt un - beweglich, kann bei complicirten auch wohl durch eine Schraube nivellirt werden. Oben vorn iſt daran ein Nonius n befeſtigt, welcher mit ſeinem Nullpunkt die Grade anzeigt.
2) Der getheilte Kreis c iſt am Geſtell vertikal befeſtigt und kann mittelſt der Scheibe d um ſeine Axe mit allem was daran hängt gedreht werden. Aber nur nach einer Richtung (nach vorn) hin, indem unten bei x eine Feder einſchnappt, den Kreis einſeitig arretirt und auf Null ſtellt.
3) Der Kryſtallträger krbamp durchbohrt mit ſeiner Axe kr die Axe des Theilkreiſes c, und iſt in ihr mittelſt der Scheibe k ſo leicht drehbar, daß dadurch die Ruhe des getheilten Kreiſes ſelbſt nicht geſtört werden kann. Links iſt an der Axe der erſte Bogen rb feſt, der zweite Bogen ab bewegt ſich dagegen bei b um eine Axe, die ſenkrecht auf Axe kr ſteht. Mittelſt dieſer Drehung nach zwei Zonen kann ich zwar der Kante eines Kryſtalls ſchon jede beliebige Richtung im Raume geben, dennoch iſt nochmals der Stift bei a in einem kurzen Gelenk parallel dem Charnier bei b, alſo auch ſenkrecht auf die Axe kr, beweglich. Senkrecht auf der Drehungsaxe von a iſt eine Hülſe befeſtigt, worin ein Stift m läuft, an deſſen Ende eine kleine Platte p haftet, die ſenkrecht gegen die Axe des Stiftes m ſteht, und worauf der Kryſtall mit Wachs geklebt wird. Daneben liegt ein kleiner Spiegel s, der Platte p parallel. Da dieſer ganze Apparat krbamps eine ſelbſtändige Bewegung hat, ſo kann ich den Kryſtall in jede Lage bringen.
4) Der Sextantenſpiegel qy (Degen, Pogg. Annal. 27. 687), am Hinterfuße des Geſtells befeſtigt, läßt ſich um eine Axe A parallel13Meſſen mit dem Reflexionsgoniometer.der des Theilkreiſes drehen; q iſt der ſchwarze Spiegel, in welchem man einen horizontalen Fenſterrahmen oder eine noch fernere Horizontallinie mit dem Auge fixirt, y die ſenkrecht neben dem Spiegel ſich erhebende Blendung, die das Auffinden der im Spiegel fixirten Linie auf der Fläche des Kryſtalls erleichtert.
Wer einmal mit dieſem vortrefflichen Inſtrumente gemeſſen hat, wird alle andern in den verſchiedenen Lehrbüchern beſchriebenen unpraktiſcher finden.
Das Meſſen. Die größte Schwierigkeit bildet das Einſtellen des Kryſtalles. Gewöhnlich geſchieht das durch Hin - und Herprobiren. Allein ſobald an unſerm Inſtrument der Spiegel s genau ſenkrecht gegen den Stift m ſteht, ſo darf ich nur den Kryſtall mit einer ſeiner Flächen parallel demſelben aufkleben, was bei herausgenommenem Stift durch Einſpiegeln mit s ſehr leicht bewerkſtelligt werden kann. Fixire ich jetzt den Fenſterrahmen auf der Kryſtallfläche, ſo wird er mit dem Bilde des Spiegels q im Allgemeinen nicht parallel gehen, dieſe Parallelität iſt aber ſogleich durch Bewegung des kurzen Charnieres a hergeſtellt, wovon man ſich durch Drehung an der Scheibe k überzeugt, indem man die Rahmen zum Decken bringt. Dieſes Einſpielen iſt der Beweis, daß Spiegel und Kryſtallfläche der Drehungsaxe kr parallel gehen. Da nun aber der Stift m bei dieſer Stellung ſenkrecht gegen die Kryſtallfläche ſteht, ſo muß er auch ſenkrecht gegen kr ſtehen, und wenn man jetzt den Kryſtall um die Axe des Stiftes m dreht, ſo wird die Parallelität der Fenſterrahmen nicht geſtört, was zu gleicher Zeit wieder ein Beweis iſt, daß der Spiegel s ſenkrecht gegen den Stift ſteht. Iſt dieß geſchehen, ſo drehe ich mit der Drehſcheibe k die zweite Fläche dem Auge zu, ſie wird das Bild des Rahmen nicht mit dem Spiegelbilde parallel ſtehen laſſen, allein durch die Drehung des Stiftes m iſt die Parallelität ſo - gleich hergeſtellt. Da nun durch dieſe Drehung die erſte Fläche nicht aus ihrer Parallelität mit der Axe kr der Drehſcheibe herauskommen kann, ſo iſt der Kryſtall mit mathematiſcher Sicherheit eingeſtellt. Ich darf jetzt nur das Inſtrument auf Null einſtellen, das Rahmenbild des Sextanten - ſpiegels mit dem einer Fläche des Kryſtalls zuſammenfallen laſſen, ſo - dann bei d drehen und auf der zweiten Kryſtallfläche wieder zuſammen - fallen laſſen, und auf dem Theilkreiſe die Grade ableſen.
Ueber verſchiedene Abänderungen von Mitſcherlich, Mohs, Babinet ꝛc. ſiehe Dufrenoy (Traité Minér. I, 192).
Für feinere Unterſuchungen, beſonders auch um die Brechungs - coefficienten der Lichtſtrahlen zu meſſen, bedient man ſich des Goniometer von Charles (Ann. chim. phys. 1850. 3 Ser. XXVIII, 177), oder eines Theodolithen mit excentriſchem Fernrohr, in deſſen Centrum das Prisma oder der Kryſtall aufrecht geſtellt wird. Heuſſer (Pogg. Annal. 87. 455) arbeitete mit einem ſolchen, deſſen horizontaler Kreis direkt bis 10 Minuten getheilt war, durch Nonien konnten 10 Sekunden noch abgeleſen, 5 mit ziemlicher Sicherheit geſchätzt werden. Da ferner mit dieſem Inſtrumente der doppelte Winkel gemeſſen wird, ſo wird dadurch der etwa gemachte Meſſungsfehler halbirt, und die Schärfe möglicher Weiſe auf $$\frac{5}{2}$$ ″ = 2 $$\frac{1}{2}$$ Sek. geführt.
Hat man ſich nun durch Meſſung überzeugt, ob die Kante 90° oder nicht habe, ſo weiß ich erſt, ob die Säule gleichwinklig (quadratiſch oder14Symmetriegeſetze.oblong) oder ungleichwinklig (rhombiſch oder rhomboidiſch) war. Die weitere Beſtimmung folgt lediglich aus der phyſikaliſchen Beſchaffenheit der Flächen, die man entweder mit bloßem Auge beurtheilt, oder wozu man ſich folgender drei Sätze bedient:
Erſter Grundſatz. Tritt zu einer Säule eine dritte Fläche, ſo muß dieſe die gleichen Glieder in gleicher, und die ungleichen in ungleicher Weiſe treffen. Man kann den Satz auch umkehren, aber der rechte Winkel erleidet Ausnahmen. Habe
ich z. B. eine quadratiſche Säule f / f, ſo muß die dritte hinzu - kommende Fläche s jede der f unter gleichen Winkeln treffen. Wäre die Säule eine oblonge f g, ſo muß nun die s die Fläche g unter anderer Neigung ſchneiden als die f, eben weil beide verſchieden ſind. Oft iſt der Unterſchied nur ſehr un -
bedeutend, aber er ſcheint nach ſcharfen Meſſungen da zu ſein. So ſtumpft beim Feldſpath n die rechtwinklige Kante der Oblongſäule P / M zwar faſt unter gleichen Winkeln ab, doch haben genaue Meſſungen einen kleinen Unterſchied er - geben, beim glaſigen Feldſpath beträgt P / n 135° 16′ und M / n 134° 44′. Hauy legte ein großes Gewicht darauf, daß beim Kalkſpath der blättrige Bruch P die Endkante a1 / e2 der regulären ſechsſeitigen Säule unter gleichen Winkeln (gerade) abſtumpfe, obgleich die Gradendfläche a1 ſich weſentlich von e2 unterſcheidet. Allein er berechnete unter dieſer Annahme den Endkantenwinkel des Rhomboeders zu 104° 28′, während ſpäter ſchärfere Meſſungen entſchieden 105° 5′, alſo reichlich ½° mehr fanden, und auch Meſſungen den Winkel P / a1 135° 23′ und P / e2 134° 36′ ergaben. Der rechte Winkel macht eine Ausnahme. Beim Gyps ſchneidet der erſte Blätterbruch die einander ungleichen muſcheligen und faſerigen unter rechten Winkeln.
Zweiter Grundſatz. Wird ein Glied beſchnitten, ſo muß jedes ihm gleiche Glied in gleicher Weiſe beſchnitten werden, wenn keine hemiedriſchen Verhältniſſe obwalten. Iſt alſo bei der quadratiſchen und oblongen Säule ein k geſchnitten, ſo muß noth - wendig auch das andere ebenſo geſchnitten ſein. Wird dagegen bei der rhombiſchen und rhomboidiſchen die ſcharfe getroffen, ſo nicht nothwendig auch die ſtumpfe.
Dritter Corollarſatz. Trifft daher eine Fläche gleiche Glieder in verſchiedener Weiſe, ſo erfordert ſie noth - wendig eine Gegenfläche, welche dieſe Ungleichheit wieder hebt (Symmetriegeſetz). Wäre z. B. f / f1 die ſcharfe Kante einer rhom -
biſchen Säule, und würde dieſe von einer Fläche s unter ungleichen Winkeln getroffen, ſo muß nothwendig eine Gegenfläche s1 kommen, welche ſie unter entgegengeſetzter Ungleichheit trifft, ſo daß s / f = s1 / f1, und s1 / f = s / f1 iſt. Dadurch iſt die Symmetrie vollſtändig hergeſtellt. Man ſagt, s und s1 ſchärfen die Kante k zu, obgleich die dadurch entſtandene neue Kante s / s1 ſtumpfer iſt, als die alte weggenommene k. Man hätte ebenſo gut zuſtumpfen ſagen können.
Hier gibt es nothwendig zwei Fälle:
a) Die drei Flächen ſchneiden ſich in einer Säule, die - ſelbe iſt ſechsſeitig (ſechsſeitige Säule) und hat ſechs parallele Kanten. Man kann ſie als eine vierſeitige Säule mit abgeſtumpfter Kante betrachten. Abgeſtumpft heißt alſo eine Kante T / r, wenn die dritte hinzutretende Fläche M dieſelbe ſo ſchneidet, daß die neu entſtehenden Kanten M / r und M / T einander parallel gehen. Die Säule hat im all - gemeinen dreierlei Winkel, ſind zwei davon gemeſſen, ſo läßt ſich der dritte durch Rechnung finden. Denn die Winkel im Querſchnitt liegen in einem Sechseck, deſſen Winkel (2 · 6 — 4) R = 8R betragen. Da nun Winkel w = w1, k = k1 und g = g1 ſein muß, ſo iſt w+k+g = 4R. Die qua - dratiſche und oblonge Säule ſind Einer Abſtumpfung nicht fähig (pag. 10), folglich kann es nur dreierlei ſechsſeitige Säulen geben:
1) Die unſymmetriſche oder rhomboidiſche Säule M / T mit ſchiefer Abſtumpfung, ſchief heißt ſie, weil Winkel r / M von Winkel r / T verſchieden iſt und ſein muß, da Flächen T und M ungleiche Glieder ſind. Der Epidot liefert ein gutes Beiſpiel: M / T macht 115° 41′, r / T da -
gegen 129° 39′, folglich M / r = 360° — 245° 20′ = 114° 40′
2) Die ſymmetriſche oder rhombiſche Säule M / M mit gerader Abſtumpfung s der ſcharfen Kante, gerade, weil die Winkel k und k gleich ſein müſſen. Ich brauche daher nur einen Winkel zu meſſen. Der Schwerſpath liefert ein
gutes Beiſpiel, M / M bilden einen Winkel von 101° 42′, folglich iſt k+k = 360° — 101° 42′ = 258 · 18, alſo k = 129° 9′.
3) Die reguläre ſechsſeitige Säule. Dieß iſt der intereſſante Fall, wo alle Flächen und folglich alle Kanten einander gleich werden, alſo 3w = 360°, w = 120°. Beim drei - und ſechsgliedrigen Syſteme ſehr häufig.
Bei den vier - und ſechsſeitigen Säulen kommen wir blos auf die Gliederzahlen 1, 2 und 3, ſie ſind daher zur Syſtematik noch nicht geeignet. Das wird nun aber anders im Falle
b) Die drei Flächen ſchneiden ſich in drei Säulen, dann bekommen wir ein Parallelopiped (Hexaid) mit dreierlei Flächen (Parallelo - grammen), ſechserlei Kanten, und viererlei Ecken. Man verſchafft ſich dieſen Körper leicht, wenn man an die vierſeitigen Säulen ſich Endflächen ſchneidet.
Wir ſind hiermit bei den Hauy’ſchen Primitivformen angekommen, und können nichts Beſſeres thun, als dem alten Meiſter folgen. Greifen wir daher die ſechs folgenden heraus. Hauy bezeichnet die Flächen mit P M T (PriMiTivform), der Reihe nach die Ecken mit den Vokalen, und die Kanten mit den Konſonanten. Wie die Glieder nun einander gleich werden, ſo bezeichnete er ſie mit gleichen Buchſtaben. Man kann die Sache nicht klarer darſtellen.
16Mögliche Hexaide.1) Würfel im Gleichgewicht hat drei congruente Flächen P (Qua -
drate), ſechs rechtwinkliche Kanten B, und vier dreikantige Ecken A, alſo bezeichnen die Grundzahlen 3, 4 und 6 gleiche Glieder, daher gleichgliedriges oder regu - läres Syſtem Weiss. Auch ſphäroedriſches, weil man eine Kugel darum ſchreiben kann.
2) Quadratiſche Säule M / M mit Gradendfläche P. Im Gleich -
gewicht iſt P ein Quadrat, MM ſind Rechtecke, doch bleibt die Länge GG unbeſtimmt. Die drei Flächen zerlegen ſich alſo in 2+1 Flächen; die rechtwinkligen Kanten werden 4B+2G, und die Ecken bleiben 4A. Es herrſcht die 4 vor, daher viergliedriges Syſtem Weiss. Weil man die Flächen MM ins Gleichgewicht bringen d. h. con - gruent machen kann, ſo iſt der Name quadratiſches Syſtem auch nicht unpaſſend.
3) Oblonge Säule M / T mit Gradendfläche P. Alle drei ſind ver -
ſchiedene Rechtecke, das Gleichgewicht bleibt unbeſtimmt; die rechtwinkligen Kanten zerlegen ſich in 2B+2C+2G, die Ecken bleiben noch 4A. Es herrſcht die 2 vor, daher zwei und zweigliedriges Syſtem Weiss, oder kurzweg zweigliedriges Syſtem. Gewöhnlich ſchiebt man M und T ſo weit, daß ſie eine paſſende ungleiche Aus - dehnung haben, daher iſt ihr Querſchnitt ein Oblongum AAAA.
4) Rhomboeder im Gleichgewicht hat 3 congruente Flächen P
(Rhomben), die ſchiefwinklichen Kanten zerlegen ſich in 3B+3D, und die Ecken in 3E+1A. In der Ecke A (Endung) laufen drei gleiche Kanten (dreikantige Ecke), und in den E (Seitenecken) 2D+B Kanten (2+1kantige Ecken) zuſammen. Es herrſcht die 3 vor, daher drei - gliedriges Syſtem Weiss.
5) Hendyoeder Weiss, d. h. rhombiſche Säule M / M mit Schiefend -
fläche P, welche gerade auf die Säulenkante H aufgeſetzt, weil D = D, aber ſchief angeſetzt iſt, weil D keine rechten Winkel ſind. Die Kanten zerlegen ſich in 2D+2B+H+G, alſo in 2+2+1+1 Linien, und die Ecken in 2E+O+A, der Kryſtall iſt daher links wie rechts, aber vorn anders als hinten. Da weder 2 noch 1 herrſcht, heißt es zwei und eingliedriges Syſtem Weiss. Es iſt dieſes eines der intereſſanteſten. Feldſpath.
6) Henhenoeder d. h. rhomboidiſche Säule M / T mit doppelt ſchiefer
Endfläche P, da Kante D von F verſchieden iſt: P iſt auf die Säulenkante H ſchief an - und aufgeſetzt. Kein Glied dem andern mehr gleich, daher ein und ein - gliedriges Syſtem Weiss, oder kurzweg eingliedriges Syſtem. Es kommt nicht häufig vor, und eine Gruppe darunter, die des Albits, lehnt ſich durch ihre ſcheinbare Symmetrie noch ganz an die des Feldſpaths an.
17Mögliche Hexaide.Stellen wir in nachfolgender Rubrik die Zahlen überſichtlich zuſammen:
Syſtem | Flächen | Kanten | Ecken |
1) Gleichgliedriges | 3 | 6 | 4 |
2) Viergliedriges | 1+2 | 2+4 | 4 |
3) Zweigliedriges | 1+1+1 | 2+2+2 | 4 |
4) Dreigliedriges | 3 | 3+3 | 1+3 |
5) Zwei und eingliedriges | 2+1 | 2+2+1+1 | 2+1+1 |
6) Eingliedriges | 1+1+1 | 1+1+1+1+1+1 | 1+1+1+1 |
Außer 5 ſind alle Zahlen von 1 — 6 möglich. Es gibt jedoch noch mehrere andere Hexaide, ich habe nur dieſe 6 gewählt, weil zwei und drei mit dem Würfel in einem ähnlichen Zuſammenhange ſtehen, als 5 und 6 mit dem Rhomboeder, denn 2 iſt ein nach einer Richtung lang gezogener Würfel, wie 5 ein ebenſo lang gezogenes Rhomboeder; 3 da - gegen ein nach zwei Dimenſionen verzogener Würfel, wie 6 ein ebenſo verzogenes Rhomboeder. Nur mit dem Unterſchiede, daß man bei 5 und 6 die Kantenwinkel nicht gleich denken darf.
Ueberſchauen wir jetzt einmal die Möglichkeiten der Hexaide. Zu dem Ende müſſen wir auf die vier möglichen vierſeitigen Säulen zurück - gehen, eine dritte Fläche daran legen, dürfen dabei aber unſere oben aufgeſtellten drei Sätze pag. 14 nicht verletzen.
An die quadratiſche Säule kann man eine Gradendfläche legen, denn ſie trifft alle Säulenflächen in gleicher Weiſe, und dies gibt uns das gleich - und viergliedrige Syſtem (Nr. 1 und 2). Schief kann ich nicht mit einer Fläche ſchneiden.
An die oblonge Säule dürfen wir eine Gradend - fläche legen, weil der rechte Winkel eine Ausnahme macht, das gibt das zweigliedrige Syſtem Nr. 3. Da M und T verſchieden ſind, ſo kann ich ferner P gegen M rechtwinklig laſſen, aber P gegen T ſchiefwinklig denken, das gibt uns die Zahlen des 2+1gliedrigen Syſtemes Nr. 8, folglich nichts Neues. Endlich kann ſogar P gegen M und T verſchieden ſchief ſein. In dieſem Falle wird alles zu 1,
alſo das Hexaid eingliedrig Nr. 6. Zwar kann es den Anſchein bekom - men, als wären die rechten Winkel G und G noch kryſtallographiſch gleich. Allein die Doppeltſchiefendfläche P iſt ein Rhomboid, welches in O einen andern Winkel haben muß, als in E, deshalb können auch die Kanten G und G unter den verſchiedenen Winkeln nicht mehr als gleichartig betrachtet werden. Der rechte Winkel zeigt ſich auch hier wieder als Ausnahme.
An die rhombiſche Säule kann ich eine Schiefendfläche legen, aber dieſe muß immer gerade auf die Säulenkante aufgeſetzt ſein, gleichviel ob auf die ſtumpfe oder ſcharfe, dadurch entſteht Nr. 4 und 5. Man kann ſich aber auch eine Gradendfläche denken, welche alle Säulenkanten und Säulenflächen unter rechten Winkeln ſchneidet Nr. 7. Hier haben wir dann 2+1 Fläche = 2M+P, ferner 4+1+1
Kante, denn Kante P / M iſt viermal da, die Ecken werden 2+2. Aber 4+2+2+2+1+1+1 iſt zweigliedriges Syſtem.
Quenſtedt, Mineralogie. 218Stellung der Hexaide gegen einander.An die rhomboidiſche Säule kann ich außer der doppeltſchiefen (Nr. 6) auch noch eine Gradendfläche ſetzen, das gibt aber wieder Nr. 8.
Die neun möglichen Hexaide bezeichnen alſo nicht mehr als ſechs Syſteme, und zwar gehört dem gleich -, vier - und dreigliedrigen je eins zu, dem zwei -, zwei und ein - und eingliedrigen dagegen je zwei. Wir wollen ſehen, wie dieſe je zwei zuſammenhängen.
Das zweigliedrige Syſtem hat das rechtwinklige Hexaid PMT Nr. 3 und die rhombiſche Säule mit Gradendfläche (gerade rhombiſche Säule) MMP Nr. 7 in ſich. Setzen wir ihre Zahlen hin: PMT hat: Flächen 1+1+1; Kanten 2+2+2; Ecken 4 MMP hat: Flächen 2+1; Kanten 4+1+1; Ecken 2+2 Da nun beide Hexaide in dem gleichen Syſteme ſtecken, ſo muß dieſes ſeine 1, 2 und 4 eben dahin legen, wo jenes die ſeinen hat, denn ſonſt gäbe es keine Symmetrie. Hüllen wir daher das eine in das andere, ſo mögen ſie z. B. die Gradendfläche P gemein haben, dann müſſen ſich aber die Säulen ſo gegen einander legen, daß die 1+1Kante der rhombiſchen in die 1+1Fläche der oblongen, die 2+2Ecken und 2Flächen jenes wie die 2+2+2Kanten von dieſem liegen, und die 4 Kanten ſich den 4 Ecken gegenüberſtellen, kurz es müſſen die Flächen der oblongen Säule die Kanten der rhombiſchen abſtumpfen. Der Schwer - ſpath liefert ein gutes Beiſpiel.
Das zwei und eingliedrige Syſtem hat die rhombiſche Säule mit Schiefendfläche (ſchiefe rhombiſche Säule) Nr. 5, und die oblonge mit Schiefendfläche Nr. 8 in ſich. Da wir hier nur 2+1 haben, ſo ſind verſchiedene Einſchachtelungen denkbar. Einen Fall ſieht man leicht ein, nämlich den: läßt man die Schiefendfläche P in beiden zuſammenfallen, ſo müſſen die Flächen der oblongen wie die Kanten der rhombiſchen liegen. So viel 1 wir aber auch haben, ſo liegt nur eine einzige links und rechts, nämlich G in Nr. 5 und M in Nr. 8, alle andern liegen in der Vertikal - zone von vorn nach hinten, alſo entweder vorn, oben oder hinten. Wenn nun beide zuſammentreten ſollen, ſo muß die ſeitliche 1 in beiden unter jeder Bedingung zuſammenfallen, die 1 in der Vertikalzone können ſich aber mehrfach gruppiren.
Beiſpiel. Der Feldſpath hat ein Hendyoeder MM, nur wenig blättrig, dagegen iſt die Schiefendfläche P außerordentlich blättrig. Die Ecke o könnte das Auge leicht für einen Rhomboeder A nehmen, denn D = 112° 16′ und H = 118° 48′, dieſen Unterſchied von reichlich 6° be - merkt das Auge kaum, allein wegen des ausgezeichneten Blätterbruchs P muß die Ecke O nicht blos 2+1flächig, ſondern auch 2+1kantig ſein, alſo 2+1gliedrig. Wäre dieſe Strukturdifferenz nicht da, ſo könnte man ſich leicht im Syſteme irren. Der Eiſenvitriol bildet eine rhombiſche Säule H = 82° 21′, die Schiefendfläche P iſt auch blättrig, macht hinten einen Winkel B = 80° 37′. Da die Differenz nur 1° 44′ beträgt, ſo ſcheint die hintere Ecke A einem ſcharfen Rhomboeder anzugehören. Daher beſchreiben Hauy und Mitſcherlich ihn rhomboedriſch, erſt ſcharfe Meſſungen von Mohs zeigten die 2+1kantige Ecke und mithin das 2+1gliedrige Syſtem.
Der Gyps bricht außerordentlich leicht in rhomboidiſchen Platten19Berechnung der Hexaide.(113° 46′) mit muſcheligem und faſerigem Bruch, gegen welche der Haupt - blätterbruch ſenkrecht ſteht. Die Glieder treten nur zu 2+1 auf. Neh - men wir in Nr. 8 M als den Hauptblätterbruch, T als den muſcheligen, und P als den faſerigen, ſo liegen alle 1 in der Vertikalzone P / T, näm - lich P, T, C, D, nur eine einzige M liegt links und rechts, wenn man die T oder irgend eine andere 1 der Vertikalzone vor ſich nimmt. Unter jeder Bedingung muß alſo der Hauptblätterbruch aufrecht links und rechts ſich erheben, er ſtumpft die ſcharfe Säulenkante des Hendyoeder des Feld - ſpaths ab, läßt man nun T die ſtumpfe wegnehmen, ſo kann die faſerige P noch auf der hintern oder vordern Seite eine Schiefendfläche bilden.
Das eingliedrige Syſtem hat die rhomboidiſche Säule mit doppeltſchiefer Endfläche Nr. 6, zuweilen ſogar eine oblonge mit doppelt ſchiefer Endfläche. Axinit und Kupfervitriol liefern für das Henhenoeder gute Beiſpiele. Profeſſor Mitſcherlich (Pogg. Annalen 8. 427) hat bei der unterſchwefligſauren Kalkerde ĊaS̶̈+6Ḣ̶ eine oblonge Säule mit dop - pelt-ſchiefer Endfläche nachgewieſen. Man hat daraus fälſchlich ein 7tes Kryſtallſyſtem gemacht, das jedoch keine Exiſtenz hat, da auch nicht ein - mal die rechtwinkligen Kanten der oblongen Säule wegen der doppelt - ſchiefen Endfläche darauf gleich ſein können.
Für den würflichen Blätterbruch bieten Steinſalz und Bleiglanz aus - gezeichnete Beiſpiele, für das Rhomboeder der Kalkſpath, man muß hier die 3kantigen und 2+1kantigen Ecken wohl von einander unterſcheiden. Die ſcheinbar würfligen Brüche des Anhydrits ſind alle drei phyſikaliſch verſchieden, und daher zweigliedrig. Ueberhaupt laufen alle Unterſuchungen der Hexaide auf die einer einzigen ihrer Ecken, eines körperlichen Dreiecks, hinaus, da den drei Flächen PMT und den drei Kanten dieſer Ecke alle andern Glieder parallel laufen.
Nennen wir in einem körperlichen Dreieck die Winkel in den Kanten α β γ, und die Winkel in den Ebenen (ſchlechthin Seiten) beziehungsweiſe a b c, ſo wird in der ſphäriſchen Trigonometrie bewieſen, daß wenn von dieſen 6 Stücken α β γ a b c drei beliebige bekannt ſind, ſich die übrigen drei durch Rechnung finden laſſen. Der Aſtronom kann die ebenen Winkel (Seiten) genauer meſſen als die in den Kanten, bei dem Kryſtallographen iſt es umgekehrt.
Um die körperliche Ecke zu kennen, müſſen wir alſo drei Kanten - winkel α β γ gemeſſen haben, dann findet das Verhältniß ſtatt: 〈…〉 ferner iſt 〈…〉 2*20Formeln für Hexaide.oder beſſer für Logarithmen, wenn man ½ (α+β+γ) = S ſetzt:
1) 〈…〉 , bekannt α β γ.
Die übrigen zur Auflöſung einer körperlichen Ecke (ſphäriſchen Drei - ecks) nöthigen Formeln ſind:
2) 〈…〉 , bekannt a b c
〈…〉 geſetzt.
3) 〈…〉 〈…〉 , bekannt a β γ.
4) 〈…〉 〈…〉 , bekannt α b c.
5) 〈…〉 , bekannt α γ c.
6) 〈…〉 , bekannt als a c γ.
Die Formeln ſind vollkommen ſymmetriſch, können daher leicht um - geſtellt werden.
Iſt α = β = γ = R, ſo iſt cos a = cos b = cos c = 0, alſo a = b = c = 90°. Iſt β = γ = R, ſo iſt cos b = cos c = 0, alſo b = c = 90°; dagegen cos a = cos α.
Iſt γ = R, ſo iſt cos γ = 0, sin γ = 1, alſo
ſo iſt damit die Rechnung der bei γ rechtwinkligen körperlichen Ecke beendet.
Iſt α = β = γ, wie beim Rhomboeder, ſo iſt 〈…〉
Hier ſind drei Fälle möglich:
a) Die vier Ebenen liegen in einer Säule. Das gibt eine achtſeitige Säule. ff1 pag. 14 iſt der Querſchnitt einer geſchobenen Säule, ſtumpfen nun ſ und ſ1 die ſcharfe Kante k ab, ſo entſteht zwiſchen ſ / ſ1 eine neue Kante. Man ſagt, die Kante k iſt durch ſſ1 zugeſchärft, und die entſtandene Säule ff1 ſſ1 iſt 8ſeitig. So kann man 5, 6 … n Blätterbrüche verbinden, das gibt dann 2nſeitige Säulen.
b) Die vier Ebenen ſchneiden ſich in vier Zonen, d. h. die vierte hinzukommende ſtumpft eine Kante des Hexaides ab. Dadurch entſteht eine ſechsſeitige Säule mit Endfläche, oder ein Vierzonenkörper. Eine Zone abc iſt ſechsſeitig, und die drei Zonen ad, bd und cd ſind vierſeitige. Da wir nun dreierlei ſechsſeitige Säulen haben pag. 15, ſo richten ſich darnach auch die Vierzonenkörper:
Die reguläre ſechsſeitige Säule kann nur mit Gradend - fläche gedacht werden, da a = b = c ſein und d alle in gleicher Weiſe ſchneiden muß; d iſt ins Gleichgewicht gebracht ein reguläres Sechseck.
Die rhombiſche Säule mit gerader Abſtumpfung kann eine Grad - und eine Schiefendfläche haben, erſtere entſteht aus der geraden rhombiſchen Säule Nr. 7 pag. 17, letztere aus dem Hendyoeder Nr. 5 pag. 16.
Endlich die rhomboidiſche Säule mit ſchiefer Abſtumpfung kann auch eine gerade oder eine doppelt ſchiefe Endfläche haben. Erſtere gehört dem 2+1gliedrigen Syſteme an, wie man leicht ſieht.
Die Vierzonenkörper kommen alſo im drei -, zwei -, zwei und ein - und eingliedrigen Syſteme vor, und ergeben ſich aus den Hexaiden unmittelbar.
c) Die vier Ebenen ſchneiden ſich in 6 Zonen, und bilden folglich
Nimmt man eine Rübe oder Kartoffel, und macht vier beliebige Schnitte, von denen keiner dem andern parallel geht, ſo bekommt man ein Tetraid, jenen merkwürdigen Körper, der allein unter allen Kryſtallen ſich immer im Gleichgewicht befindet. Das Tetraid wird von 4 Dreiecken begränzt, hat 6 Kanten, von denen
keine der andern parallel geht. Durch die Halbirungspunkte der Kanten laſſen ſich drei Linien ziehen, welche je zwei gegenüberliegende Kanten verbindend ſich in der Mitte des Körpers in einem Punkte halbiren (den Beweis unten). Wir haben alſo auch hier wieder die Grundzahlen 3, 6 und 4. Außerdem noch 4 Ecken, in welchen je drei Kanten und Flächen zuſammenlaufen.
Man kann in jedes Hexaid ein Tetraid einſchreiben. Seine Kanten bilden die Hälften der 12 Flächendiagonalen, in jeder Hexaidfläche liegt eine Tetraidkante; ſeine Flächen liegen wie die abwechſelnden Ecken, ſtumpfen alſo, wenn ſie zuſammen auftreten, dieſe ab. Da alles hälftig getheilt iſt, ſo folgt von
22Oktaide.ſelbſt, daß es ein Gegentetraid gibt, deſſen Kanten mit der übrigen Hälfte der Diagonalen zuſammenfallen. Denkt man ſich jetzt das Hexaid weg, ſo hat man zwei durchwachſene (einander umgekehrt gleiche) Tetraide, deren Kanten ſich gerade ſo ſchneiden müſſen als die Hexaiddiagonalen. Das beiden gemeinſchaftliche Stück liefert das geſuchte Oktaid. Hieraus leuchtet unmittelbar der Zuſammenhang der Hexaide mit den Oktaiden hervor.
Oder einfacher: Haben wir ein beliebiges Tetraid geſchnitten und legen wir es auf eine ſeiner Flächen, ſo bildet es eine dreiſeitige Pyramide mit dreieckiger Baſis. Halbiren wir die drei Endkanten der Pyramide, legen durch die drei Halbirungspunkte eine Ebene, ſo geht dieſe der Baſis parallel, bildet alſo mit ihr den einen Kryſtallraum. Schneiden wir nun die Ecke über der Parallelfläche weg, und behandeln alle vier Ecken in gleicher Weiſe, ſo haben wir das Tetraid in ſein zu - gehöriges Oktaid verwandelt. Kurz wir halbiren ſämmtliche Kanten und verbinden die Halbirungspunkte, nehmen die Ecken weg, ſo iſt das Oktaid da, und immer im Gleichgewicht. Die Flächen des Oktaides und Tetraides ſind einander der Reihe nach ähnlich, nur iſt die Oktaidfläche viermal kleiner als die des Tetraides, weil ſie in dieſe eingeſchrieben iſt.
Das Oktaid hat 4 parallele Paare von Dreiecken abc, von denen
je eines mit der Tetraidfläche zuſammenfällt; 6 (reſpective 3) vierkantige Ecken abc, die in den Mittelpunkten der Tetraidkanten liegen; und 6 parallele Paare Kanten ac, welche die eingeſchriebenen Dreiecke der Tetraide bilden, alſo vier, ſechs und drei Glieder. Die 12 Kanten gruppiren ſich zu drei Parallelo - grammen (Baſalſchnitten), die Diagonalen dieſer Parallelogramme müſſen ſich halbiren; alſo im Baſalſchnitte aba1b1 halbiren ſich aa1 und bb1, im Baſalſchnitte aca1c1, aa1 und cc1, folglich müſſen die Axen aa1, bb1 und cc1 ſämmtlich ſich im Mittelpunkte halbiren. Da die Punkte abc a1b1c1 in den Mittelpunkten der Kanten des zugehörigen Tetraides liegen, ſo müſſen auch für dieſes dieſelben Axen Statt haben, was oben nicht bewieſen war.
Die Axen, auf welche Hr. Prof. Weiß ſchon im Jahre 1809 auf - merkſam machte, liefern die naturgemäßſte Bezeichnungsweiſe. Wir rechnen ihre Längen vom Mittelpunkte an, kennen wir dieſe, und wiſſen wir, unter welchen Winkeln ſie ſich ſchneiden, ſo drückt das Zeichen einer Fläche a: b: c das weſentliche Verhältniß aus, die Fläche läßt ſich ihrer Lage nach im Raume beſtimmen.
Die Eintheilung der Oktaide hebt die Syſteme ſchärfer hervor, als die der Hexaide. In der „ Methode der Kryſtallographie “habe ich ſie nach mehreren abſtrakten Principien eingetheilt. Hier bleiben wir jedoch nur bei den concreten Fällen ſtehen, welche uns der bisherige Gang der Unterſuchung an die Hand gibt. Darnach haben wir neunerlei auszu - zeichnen mit denſelben Zahlenverhältniſſen, als die 9 Hexaide.
23Oktaeder: regulär, viergliedrig, zweigliedrig.1) Das reguläre Oktaeder hat drei gleiche rechtwinklige Axen a: a: a, folglich Quadrate zu Ba - ſalſchnitten; 4 gleichſeitige einander congruente Drei - ecke; 6 gleiche Kanten 109° 28′ 16″, und 3 vierkantige Ecken. Schreiben wir auf eine Fläche 0, und auf die drei anliegenden 1 ꝛc., ſo fallen auf 4 Flächen 0, auf die vier abwechſelnden 1. Läßt man z. B. die Eins wachſen, ſo bekommt man ein Tetraeder, und läßt
man die Nullen, ein Gegentetraeder. Beide ſind congruent und regulär, ſie haben 4 gleichſeitige Dreiecke, 4 dreikantige Ecken, und 6 Kanten 70° 31′ 44″, das Supplement zum Oktaederwinkel. Schreiben wir in den Würfel ſein Tetraeder ein, ſo entſteht ein reguläres, weil alle Diagonalen der Würfelflächen einander gleich ſind,
daraus folgt, daß das Oktaeder die Würfelecken ſo abſtumpfen muß, daß die Oktaederfläche o ein gleichſeitiges Dreieck bildet, und umgekehrt muß die Würfelfläche P die Oktaederecke ſo abſtumpfen, daß beim Oktaeder im Gleichgewicht ein Quadrat P entſteht.
2) Das viergliedrige Oktaeder hat 2+1 rechtwinklige Axen a: a: c, folglich zwei einander con - gruente Rhomben acac, und ein Quadrat aaaa (daher Quadratoktaeder) zum Baſalſchnitt, 4 gleichſchenk - liche einander congruente Dreiecke, 4+2 Kanten, von denen 4 den rhombiſchen Baſalſchnitten (Endkanten) und 2 den quadratiſchen (Seitenkanten) angehören. 2+1 Ecke: die 1 iſt die aufrecht gedachte 4kantige Ecke, durch welche die Hauptaxe c geht; die 2 ſind die 2+2kantigen Seitenecken.
Das viergliedrige Tetraeder machen wir aus dem vierglie - drigen Hexaide Nr. 2, pag. 16, indem wir das zugehörige Tetraid ein - ſchreiben, es hat 4+2 Kanten, folglich 2+1 kantige Ecken. Die Mittel - punkte der 2 Kanten werden durch die Axe c verbunden. Daraus geht hervor, daß das zugehörige Oktaeder die Ecken des viergliedrigen Hexaides ſo abſtumpft, daß ein gleichſeitiges Dreieck o entſteht, welches den Flächen des Oktaeders ähnlich iſt. Stumpft das Hexaid die Ecken des Oktaeders ab, ſo entſtehen Schnitte, die den Baſalſchnitten ähnlich ſind, alſo
an den Ecken ein Quadrat, an den Seitenecken zwei congruente Rhomben
3) Von den zweigliedrigen Oktaedern hat das Rhombenoktaeder 1+1+1 rechtwinklige Axen a: b: c, folglich drei einander nicht congruente Rhomben abab, acac, bcbc zu Baſalſchnitten; 4 un - gleichſeitige einander congruente Dreiecke abc; 2+2+2 Kanten, und 1+1+1 Ecken, in welchen 2+2 Kanten zuſammenlaufen.
Das zugehörige zweigliedrige Te - traeder machen wir aus dem 2gliedrigen Hexaide Nr. 3, pag. 16. Es iſt 2+2+2 - kantig, mit ungleichkantigen Ecken und muß die Hexaidecken ſo abſtumpfen, daß ein un -
24Oblonges, dreigliedriges Oktaeder. Rhomboeder.gleichſeitiges Dreieck o entſteht, während die Hexaidflächen PMT an den Oktaederecken Rhomben bilden.
Vorſtehende drei Oktaeder und Tetraeder ſind die einzigen mit con - gruenten Flächen und rechtwinkligen Axen. Das gleichaxige a: a: a hat keine Hauptſtellung, man kann es nach jeder Axe a aufrecht ſtellen. Wird nun aber eine Axe a länger oder kürzer zu c gemacht, ſo entſtehen vier - gliedrige Oktaeder, mit einer Hauptſtellung, in dem c wegen der Symmetrie immer aufrecht genommen werden muß. Iſt c länger als a, ſo iſt der Seitenkantenwinkel größer als der Endkantenwinkel, und das Oktaeder ſchärfer als das reguläre; iſt dagegen c kürzer als a, ſo iſt der Seitenkantenwinkel kleiner als der Endkantenwinkel, und das Oktaeder ſtumpfer als das reguläre. Stellte man das viergliedrige Oktaeder nach einer Axe a aufrecht, ſo wären die Endkanten 2+2, und könnten dann für zweigliedrig gehalten werden. Sind endlich alle drei Axen verſchieden lang, ſo iſt die Stellung wieder dreideutig, weil ſich keine Axe vor der andern auszeichnet.
Das Oblongoktaeder hat 2+2 gleichſchenklige Dreiecke, daher
muß ein Baſalſchnitt, auf welchem ſich die Baſen der Dreiecke erheben, ein Oblongum mit gleichen aber ſchiefwinkligen Axen xx ſein, die beiden übrigen Baſal - ſchnitte ſind congruente Rhomben, deren Diagonalen ſich rechtwinklig ſchneiden, daher ſteht die dritte Axe b auf den beiden ſchiefen ſenkrecht. Die Kanten ſind 4+1+1, und die Ecken 2+1, alſo zweigliedrig. Das zugehörige Tetraeder entſteht aus der geraden rhombiſchen Säule Nr. 7, pag. 17, es iſt gleichfalls 2+2flächig, 4+1+1 kantig, und 2+2eckig. Da man die ſchiefen Axen gerne meidet, ſo darf man im oblongen Baſalſchnitt nur die Seiten halbiren, und die Halbirungs - punkte durch aa und cc verbinden, die auf einander ſenkrecht ſtehen, bb nach den Spitzen der Dreiecke gezogen ſteht ohnehin ſenkrecht. Dadurch bekommen die Flächen nicht mehr den Ausdruck x: x: b, ſondern die zweierlei a: b: ∞ c und b: c: ∞ a, es ſind 2 rhombiſche Säulen, die man auch aus dem Rhombenoktaeder (und umgekehrt) ableiten kann, wie wir ſpäter ſehen werden.
4) Das dreigliedrige Oktaeder iſt 3+1flächig, die eine
Fläche iſt gleichſeitig, und die drei Flächen ſind gleich - ſchenklig. Man macht es ſich leicht, indem man an irgend einem Rhomboeder im Gleichgewicht durch je 3 Seitenecken Flächen legt, welche die Endecke gerade abſtumpfen. Es muß dann dieſe neue Fläche ein gleichſeitiges Dreieck bilden, während die Rhom - boederflächen zu gleichſchenkligen werden. Die drei Baſalſchnitte ſind drei congruente Oblongen, daher haben wir 3+3 Kanten, und drei gleiche Axen a: a: a, die ſich aber unter gleichen ſchiefen Winkeln ſchneiden. Die drei gleichen Ecken ſind 2+2kantig und 2+1+1 flächig.
Wollen wir zu einem Rhomboeder das zugehörige Oktaeder ſuchen, ſo ſchreiben wir das dreigliedrige Tetraeder ein, daſſelbe iſt 3+3kantig,25Dihexaeder.denn es hat ein gleichſeitiges Dreieck zur Baſis, auf welchem ſich drei gleichſchenklige Dreiecke als Pyramide erheben, und aus dieſem ſchneidet man dann das Oktaeder. Wir verfolgen die Sache nicht, weil ſie zur Darſtellung des Syſtems nicht nothwendig iſt. Denn da das Rhom - boeder vermöge der Congruenz der Flächen ins Gleichgewicht gebracht werden kann, ſo reicht es zur Beſtimmung der drei gleichen und ſchiefen Axen a: a: a, welche von Mittelpunkt zu Mittelpunkt der Flächen gehen, wie die Axen der Würfel. Da aber durch dieſe Stellung die Symmetrie des Bildes geſtört wird, und da ferner im Rhomboeder eine einzige 1 ſteht, welche die Ecken A (Nr. 4, pag. 16) verbindet, ſo ſtellt man den Kryſtall nach dieſer Linie AA aufrecht, und nimmt dieſelbe als Hauptaxe cc, gegen welche die drei Flächen P und drei Endkanten B eine gleiche Neigung haben, die Seitenkanten mit den Seitenecken liegen dann im Zickzack. Durch die Mitte der Zickzackkanten kann man ein reguläres Sechseck legen, denn jede Seite aa deſſelben geht der Diagonale EE parallel, iſt alſo halb ſo groß, und da die drei hori - zontalen Diagonalen EE ein gleichſeitiges Drei - eck bilden, ſo muß das Sechseck regulär ſein. Die Diagonalen dieſes regulären Sechseckes aa ſind untereinander gleich, halbiren und ſchnei - den ſich im Mittelpunkt unter 60°. Die Rhom - boederfläche geht alſo von a: a: ∞ a: c. Die Axe c ſteht ſenkrecht gegen die Axenebene der a. Die Hauptaxe c iſt von a verſchieden, wenn jedoch das Rhomboeder einen Endkanten - winkel von 98° 12′ 48″ hätte, ſo müßte c = a ſein, ein nicht undenkbarer Fall.
Macht man ſich ein Axengeſtell dieſes 3+1axigen Syſtems, ſo treten die Rhomboederflächen nur in den abwechſelnden Sextanten auf, die andere Hälfte bleibt leer, legt man darin ebenfalls noch Flächen, ſo kommt das
Dihexaeder mit 6 parallelen Paaren gleich - ſchenkliger Dreiecke, deren Baſen a: a in der Ebene der Axe a liegen; 6 Endkanten gehen von a: c, ſo daß die Hauptecke in der Axe c 6flächig und 6kantig iſt, die 6 Seitenecken ſind 2+2kantig.
Man kann daher das Rhomboeder als den Halbflächner des Dihexaeder anſehen, und deshalb iſt das dihexaedriſche Syſtem auch wohl dirhom - boedriſches genannt, da Prof. Weiß auf dieſe Eigenſchaft ſchon 1809 aufmerkſam machte. Schreibt man demnach auf eine Fläche 0, auf die anliegenden 1 ꝛc., ſo geben die wachſenden Nullen und Eins je
ein Rhomboeder, beide unterſcheidet man in den Zeichen a: a: ∞ a: c und a1: a1: ∞ a: c. Da man den Würfel als ein Rhomboeder anſehen kann, deſſen Endkanten den Seitenkanten gleich geworden ſind, ſo darf man ihn nur nach einer Ecke cc aufrecht ſtellen, die Zickzackkanten in a halbiren, ſo ſind ca die Endkanten und aa die Seitenkanten des ein - geſchriebenen Dihexaeders. Dieſe gefällige Dihexaederform hat Endkante262+1gliedriges Oktaeder.131° 48′ 37″ (Winkel der gebrochenen Oktaederkante des Leucitoeder
a: a: ½a) Seitenkante 109° 28′ 16″ (Winkel des regu - lären Oktaeder). Der Name Dihexaeder (Doppel - würfel) kann daher auch auf dieſen Urſprung anſpie - len, und jedenfalls iſt das die leichteſte Weiſe, ſich den Körper zu ſchneiden. Nach unſerm Gange der Entwicklung, den ich auch in der Methode der Kry - ſtallographie eingeſchlagen habe, ſollte man das Di - hexaeder als ein Dirhomboeder anſehen. Doch kom - men andererſeits beim Pyramidenwürfel a: ½a: ∞ a und bei mehreren 48flächnern dihexaedriſche Ecken vor, die ſelbſtſtändig auftreten. Auch ſind beim Quarz und andern die Flächen ſo gleichartig, daß Weiß den Namen Quarzoeder (Abh. Berl. Ak. 1814, pag. 324) für den Körper vorſchlug. Später iſt jedoch durch die Haidinger’ſchen Quarzzwillinge die Anſicht wieder ſo er - ſchüttert, daß G. Roſe (Abh. Berl. Ak. 1844) den Quarz entſchieden auf ein Dirhomboeder zurückführen zu können meint. Auch miſcht ſich anderer - ſeits das Rhomboeder ſo auffallend mit dem Dihexaeder (Eiſenglanz, Korund), daß zwiſchen dreigliedrigem und ſechsgliedrigem Syſteme keine ſcharfe Gränze gezogen werden kann.
5) Die zwei und eingliedrigen Oktaeder ſind auch wieder zweierlei Art, 2+2flächig oder 2+1+1flächig. Das 2+1+1 flächige (ſchiefes Oblongoktaeder) hat noch einen oblongen Baſalſchnitt, aber die Dreiecke darüber ſind dreierlei, die 1+1 ſind gleichſchenklig, ſie haben gleiche Baſen, aber die Schenkel des einen ſind länger als die des andern, die zwei dagegen ſind ungleichſeitig und congruent. Stellt man das Ob - longoktaeder nach ſeiner 4kantigen Ecke (a) aufrecht, und bewegt die Axe a in der Axenebene ac aus ihrer ſenkrechten Stellung ein wenig heraus, ſo kommt das verlangte Oktaeder. Wenn es ſich blos um die Exiſtenz und nicht um die Entwickelung deſſelben handelt, ſo darf man nur an der ſchiefen rhombiſchen Säule (Nr. 5) die hintere Ecke A durch x ſo ab -
ſtumpfen, daß x / M = x / M, beide aber verſchieden von P / M = D ſind. Wir haben dann einen oblongen Baſal - ſchnitt EEee, in welchem ſich die Axen bb und cc recht - winklig ſchneiden, dagegen bilden die beiden andern Baſal - ſchnitte congruente Rhomboide. Daraus folgt die Sym - metrie des Kryſtalles von links und rechts, und eine Ebene aca1c muß ſenkrecht auf dem oblongen Baſalſchnitt ſtehen, folglich auch b auf die Axen a und c. Dagegen zeigt die Rechnung, daß a und c ſich unter ſchiefen Winkeln ſchneiden. Wir haben alſo drei verſchiedene Axen abc, von denen je zwei ab und bc auf einander rechtwinklig, ac dagegen ſchiefwinklig ſtehen. Den ſtumpfen Winkel kehrt man gewöhnlich auf die Vorderſeite a, und den ſcharfen auf die hintere a1. (In der Figur iſt Axe cc etwas aus der Lage gerückt, weil ſie ſonſt nicht ſichtbar würde, wenn man ſie parallel Ee zeichnete, wie ſie in der Natur geht).
Das 2+2flächige Oktaeder pag. 22 leitet man aus der recht - winkligen Säule mit Schiefendfläche Nr. 8, pag. 17 ab: da die vordern Ecken EE andere ſind als hintere AA, ſo können die vier Flächen nicht mehr congruent ſein, wie man leicht aus dem zugehörigen Tetraide ſieht. Jedes271gliedriges Oktaeder, Tetraide. Axen.Paar Ecken gibt ein Paar Flächen abc und a1bc (Augitartiges von Weiß, Diëder der l’Isle), und ſämmtliche Dreiecke ſind ungleichſeitig, weil die drei Kanten des Hexaides ungleich lang ſind. Die von Ecke zu Ecke gehenden Oktaederaxen ſind den Kanten des zugehörigen Hexaides parallel, ſchneiden ſich alſo wie dieſe unter zwei rechten und einem ſchiefen Winkel. Die Baſalſchnitte ſelbſt ſind zwei verſchiedene Rhomben aba1b und bcbc1, und ein Rhomboid aca1c1. Auch dieſes Oktaeder bleibt noch nach links und rechts ſymmetriſch, wird nur vorn anders als hinten, und jede zwei Augitpaare müſſen ein ſolches geben, wofern ſie nicht in einer Zone liegen.
6) Das eingliedrige Oktaeder hat weder zwei gleiche Flächen, noch zwei gleiche Kanten, alles tritt nur einzig auf, verſteht ſich immer, daß man das Parallele nicht mitzählt. Zwar läßt ſich aus der Oblong - ſäule mit doppeltſchiefer Endfläche noch ein Oktaeder ableiten, an dem die zwei der oblongen Säule entſprechenden Axenebenen ſenkrecht ſtehen, allein einen Einfluß kann das auf die Zahl nicht üben.
Betrachten wir die Tetraide für ſich, ſo zerfallen ſie in zwei merk - würdige Gruppen, in ſymmetriſche und unſymmetriſche. Zu den ſym - metriſchen gehören das reguläre, viergliedrige, dreigliedrige, und von den zwei - und zwei und eingliedrigen die aus dem geraden und ſchiefen Oblongoktaeder. Hier ſind beide das Tetraid und Gegentetraid einander congruent. Anders iſt es dagegen bei den unſymmetriſchen. Schneidet man ſich aus der Oblongſäule mit Gradendfläche (Nr. 3) beide Tetraide, ſo ſind ſie zwar von gleichen Flächen und Kanten begränzt, man kann ſie aber nicht parallel neben einander ſtellen, ſondern wenn man ſie auf eine Fläche neben einander legt, ſo ſchaut das eine mit ſeiner Spitze nach links, das andere nach rechts: das eine iſt alſo um - gekehrt dem andern gleich und congruent. Aehnliche Unſymmetrie findet ſich bei dem Tetraide der Oblong - ſäule mit Schiefendfläche (Nr. 8), es iſt 2+2flächig. Endlich auch bei den 1+1+1+1flächigen. Naumann
nennt die nicht regulären Sphenoide, Haidinger das unſymmetriſch zweigliedrige Tartaroid, weil es beim Weinſtein (Tartarus) ſelbſt - ſtändig vorkommt.
Nachdem wir uns überzeugt haben, daß aus je vier beliebigen ſich in 6 Zonen ſchneidenden Flächen ein Oktaid entſteht, in welchem drei Linien (Axen) ſich im Mittelpunkte halbiren, ſo können wir nun von dieſen Linien ſprechen. Die Axen gehen entweder alle drei von Ecke zu Ecke, oder nur eine von Ecke zu Ecke, die andern beiden den Seiten eines Baſalſchnittes parallel. Wie alles am Kryſtall beweg - lich gedacht werden muß, ſo auch dieſe Linien: es ſind Richtungen, die in jedem Punkte des Kryſtalls wirken. Von ihrer Kenntniß, die wir lediglich dem Herrn Prof. Weiß verdanken, datirt eine ganz neue Epoche der Kryſtallographie. Alles, was Spätere daran gemodelt haben, hat den Kern der Sache nur wieder verhüllt. Die Axenrichtungen allein ſind die wirkenden Kräfte, als deren Reſultanten die Flächen gedacht werden müſſen, namentlich darf man auch nicht Axenebenen an ihre Stelle ſetzen.
28Axen: rechtwinklige, ſchiefwinklige.I. Alle drei Axen wirken auf einander rechtwinklig (orthometriſch):
1) Die gleichen Axen a: a: a beſtimmen uns das reguläre
Oktaeder: man darf ſich nur zwei gleiche Linien aa und aa, die ſich in o halbiren, auf das Blatt zeichnen, und dann eine dritte gleich lange Linie oa in o ſenkrecht gegen das Blatt erheben, ſo hat man die einfachſte Anſchauung vom regulären Oktaeder. Das Zeichen a: a: a iſt ſo ein - fach, daß es weiter keiner Symbole bedarf, auch liegt darin von ſelbſt, wegen der vier gleichen Quadranten, die Vierdeutigkeit des Zeichens: Teſſulariſches S. Mohs, Iſometriſches S. Hausmann, Teſſeral-S. Naumann.
2) 2 + 1 Axe a: a: c beſtimmen uns das viergliedrige Oktae - der: man darf ſich nur die aufrechte Axe c (Hauptaxe) größer oder kleiner als a denken, ſo haben wir die Anſchauung. Das Zeichen deutet gleich an, daß die Seitenkanten a: a von den Endkanten a: c verſchieden ſeien, und daß die Dreiecke congruent und gleichſchenklig ſein müſſen. Pyra - midal-S. Mohs, monodimetriſches Hausmann, Tetragonal-S. Naumann.
3) 1 + 1 + 1 Axe a: b: c beſtimmen uns das zweigliedrige
Oktaeder: die aufrechte Hauptaxe nennt Weiß immer c, die nach vorn gehende a und die ſeitliche b. Wir erſehen daraus, daß die dreierlei Kanten a: b (Seitenkante), a: c (vordere Endkante) und b: c (ſeitliche Endkante) von einander verſchieden, und folglich die vier Flächen ungleichſeitige congruente Dreiecke ſein müſſen. Orthotypes S. Mohs, rhom - biſches S. Naumann.
Anmerkung. Leider herrſcht in der Benennung der Axen bei den Kryſtallographen keine Uebereinſtimmung. Mohs und Naumann nennen die aufrechte Axe a (unſer c), dagegen ſtimmt b Naumann mit b Weiß, aber mit c Mohs, und c Naumann mit a Weiß und b Mohs. Der Mathematiker wird übrigens leichter die aufrechte Axe als c merken, weil ſie in der Coordinaten-Theorie der Axe der Z entſpricht. Abgeſehen da - von, daß beim viergliedrigen Syſtem die Symmetrie mit dem regulären verlangt, die beiden gleichen Axen noch a: a zu nennen und die aufrechte c. Und warum denn von der Bezeichnung des Begründers der Axen ab - weichen?
II. Nicht alle drei Axen wirken auf einander rechtwink - lig (klinometriſch). Die Frage, ob die unbedeutende Schiefe ein - zelner Axen auf einander, welche nach ſcharfen Meſſungen anzunehmen man öfter gezwungen iſt, nur von Störungen in der Ausbildung her - rühren oder im tiefern Innern des Kryſtalls ihren Grund haben, iſt noch nicht entſchieden. Jedenfalls erwächst mit ſchiefen Axen eine größere Mühe des Rechnens, wo man daher rechtwinklige Axen nehmen kann, verdienen ſie unbedingt den Vorzug. Wo man dagegen ſchiefe Winkel nehmen muß, da wähle man die Axen wenigſtens ſo, daß ſie den recht - winkligen möglichſt nahe kommen. So macht es Herr Prof. Weiß. Mohs und Naumann dagegen ſagen, da nun einmal ſchiefwinklige Axen29Axen: ſchiefwinklige. 3+1 Axe.gefunden werden, ſo nehmen wir ſie auch recht ſchief. Dadurch erleiden die Flächen eine ſehr verſchiedene Bezeichnung, was das Leſen verſchie - dener Lehrbücher außerordentlich erſchwert.
Von den ungleichen Axen a: b: c weicht die c in der Axenebene ac nur um Weniges vom rechten Winkel ab, zwei und eingliedriges Oktaeder. Man ſtellt das Oktaeder gern ſo, daß der ſtumpfe Winkel coa nach vorn ſchaut, dann liegt der ſcharfe coa1 hinten. Natürlich iſt nun Kante a: c vorn von a1: c hinten verſchieden, während die beiden ſeitlichen
Endkanten b: c und die beiden Seitenkanten a: b links und rechts je einander noch gleich bleiben. Die Oktaederflächen theilen ſich daher in 2+2 ungleichſeitige Dreiecke, das Syſtem kann es nicht mehr zu vier gleichen Gliedern bringen. Da die Axe b ſenkrecht auf die Axenebene ac bleibt, ſo müſſen boc und boa noch rechte Winkel ſein. Behufs der Rechnung ziehe man eine Linie AA1 ſenkrecht gegen cc und Aa parallel cc, ſo kann man mit der rechtwinkligen Axe oA rechnen, in dem man das kleine Perpendikel aA = k als Correktion in die Formel einführt. Der Winkel aoA zeigt die Abweichung vom rechten an. Mohs fällt dagegen ein Per - pendikel cp auf aa1, und nennt den Winkel pco (= Aoa) die Abweichung. Hemiorthotypes S. Mohs, monoklinometriſches Naumann.
Man könnte ſich bei dieſem monoklinometriſchen Syſtem zwei Axen, ja ſelbſt alle drei einander gleich denken, und doch könnte es wegen der ſchiefen Axen zu keiner größern Gleichheit der Glieder als 2 kommen.
5) Von den ungleichen Axen a: b: c können je zwei ac und bc oder ſogar alle auf einander ſchief ſtehen, eingliedriges Oktaeder. Hier können nicht zwei Glieder mehr gleich ſein. Zwar könnte man meinen, wenn noch ein Axenpaar ab auf einander ſenkrecht ſtünde, müßten beide Kanten ab links und rechts einander noch gleich bleiben. Allein man ſieht ſogleich, daß ſie gegen die aufrechte c, welche auf Ebene a wind - ſchief ſteht, nicht mehr ſymmetriſch liegen, folglich auch nicht mehr gleich ſein können. Anorthotypes S. Mohs, triklinometriſches Naumann.
Naumann unterſcheidet noch ein diklinometriſches Syſtem, ſchiebt ſtatt der linearen Dimenſionen die Axenebenen unter: es muß dabei noch ein Paar Axenebenen z. B. Ebene ab auf bc ſenkrecht ſtehen. Auf die Symmetrie des Kryſtalls hat das gar keinen Einfluß, und merkwürdiger Weiſe kann bei dieſem Naumannſchen Syſtem von den drei Lineardimen - ſionen a: b: c keine auf der andern ſenkrecht ſtehen. Man macht ſich dieſes leicht an einer oblongen Säule mit doppelt ſchiefer Endfläche klar, an welcher keine der Kanten auf einander ſenkrecht ſtehen kann. Und umgekehrt, wenn ein Paar der Kanten auf einander rechtwinklig ſteht, ſo kann kein Paar der Axenebenen einen rechten Winkel bilden. Das iſt ein merkwürdiger Widerſpruch! Method. Kryſt. pag. 129.
III. Drei und einaxige Syſteme. Die eine Hauptaxe c ſteht aufrecht und ſenkrecht gegen die drei gleichen Nebenaxen aaa, welche ſich unter 60° ſchneiden.
6. a) Sechsgliedriges Syſtem. Denkt man ſich die[Axe] c auf - recht, ſo kann man durch c: a: a: ∞ a eine Fläche legen, die ſechsmal30Verfertigung der Oktaide.wiederkehrt, alſo ein Dihexaeder bilden muß. Die Seitenkanten a: a ſind von den Endkanten a: c verſchieden.
6. b) Dreigliedriges Syſtem. Denkt man ſich dagegen nur die
abwechſelnden Sextanten ausgefüllt, ſo entſteht in c eine rhomboedriſche Ecke. Man ſieht leicht ein, daß die Ausfüllung der andern Hälfte ein Gegenrhomboeder rrr geben muß, das ſich nur durch ſeine Stellung vom erſten unter - ſcheidet. — Bezeichnet man das eine mit ½ (c: a: a: ∞ a), ſo ſchreibt man das andere ½ (c: a1: a1: ∞ a). Die Sache wird klar, wenn man das vergleicht, was oben pag. 24 beim Rhomboeder geſagt wurde.
Da ſich in jedes Hexaid ein Tetraid einſchreiben läßt, aus dieſem aber das Oktaid folgt, ſo könnte man auf dieſe Weiſe ſich leicht alle Oktaide verſchaffen, wenn man dazu nicht zu viel Holz brauchte, abgeſehen davon, daß die Schnitte der Hexaide wieder alle genommen werden. Am beſten iſt es daher, man verfertigt ſie alle aus der Säule.
Das reguläre Oktaeder entſteht aus der geraden rhombiſchen
Säule von 〈…〉 (1: 〈…〉 ), da dieß der Oktaederwinkel iſt. Zu dem Ende trage man die kurze Diagonale AA nach AH, mache EG = AH, halbire dieſe in C, ziehe von C nach den vier Punkten AAHH, ſo entſteht das Oktaeder CAAHHC. Der Beweis iſt leicht zu führen.
Die viergliedrigen Oktaeder entſtehen aus geraden rhombiſchen Säulen von einem Winkel, der den Seitenkanten des verlangten Oktaeders entſpricht. Man verfährt bei der Bereitung ganz wie vorhin. Legt man die kurze Diagonale AA nach AH, ſo entſteht ein ſcharfes, legt man dagegen die lange Diagonale EE nach EG, ſo entſteht ein ſtumpfes Oktaeder.
Würde man AH länger oder kürzer als AA machen, und EG = AH in C halbiren, ſo entſtünde ein Oblongoktaeder.
Die dreigliedrigen Oktaeder macht man aus dem Rhom -
boeder. Das Rhomboeder aber am beſten aus der geraden rhombiſchen Säule: zu dem Ende trägt man EE nach EH, errichtet im Halbirungspunkt p ein Per - pendikel op, ſo iſt oEEH die Endecke eines Rhomboeders von dem Endkantenwinkel der Kante H. Da die Rhom - boederfläche oEE erſt durch den Mittelpunkt der Grad - endfläche AEAE geht, ſo kann man ſie leicht durch das hintere A legen, man macht nur vorn Ao = or = Eq, ſo geht die Rhomboederfläche durch Aqrq. Mache ich dann ferner Hs = Ao, und ziehe durch ſ Parallelen, ſo iſt stqrqtA das verlangte Rhomboeder.
31Zeichnung der Oktaide.Das zweigliedrige Oktaeder macht man aus rhombiſchen Säulen mit Schiefendfläche. Wäre AEAE eine ſolche, ſo trüge man wieder AA nach AH, machte EG = AH, halbirte in C, und zöge das Oktaeder CAAHHC.
Ein zwei und eingliedriges käme, ſobald man AH größer oder kleiner als AA machte; das eingliedrige auf die gleiche Weiſe, nur muß ſtatt der ſchiefen eine doppelt ſchiefe Endfläche genommen werden.
iſt gewöhnlich eine geometriſche d. h. eine orthographiſche Projektion: man fälle von den Ecken der Oktaide ſenkrechte auf die Zeichnungsebene, ver - binde die Orte durch die erforderlichen 12 Kanten, ſo iſt das Bild fertig. Denkt man das Auge im Unendlichen und ſo gegen Kryſtall - und Zeich - nungsebene geſtellt, daß ein Geſichtsſtrahl durch den Mittelpunkt des Kryſtalls ſenkrecht gegen die Zeichnungsebene ſteht, ſo ſieht man den Kryſtall in unſerm geometriſchen Bilde. Daſſelbe erſcheint zwar etwas verzogen, aber alle parallelen Kanten bleiben ſich parallel. Da die Ecken der Oktaide den Endpunkten der drei Axen entſprechen, ſo fällt die Aufgabe mit der Projektion der drei Axen abc zuſammen. Wir wollen den einfachſten Fall annehmen, wo dieſelben auf einander rechtwinklig ſtehen und gleich ſind. Die Zeichnungsebene denkt man ſich gewöhnlich durch den Mittelpunkt gelegt, ſie muß dann den Kryſtall hal - biren, die Kanten der vordern Hälfte zeichne man mit dickern, die der hintern Hälfte mit dünnern Linien, wodurch das Bild durchſichtig wird. Liegt die Zeichnungsebene in den Seitenaxen ab, ſo gibt das die Hori - zontalprojektion: in dieſem Falle erſcheint c als Mittelpunkt, weil alle Geſichtsſtrahlen (Perpendikel) der Axe c parallel gehen, und a und b erſcheinen in ihrer natürlichen Größe. Aehnlich die Bilder in den Axenebenen ac und bc (Vertikalprojektionen). Nicht ſo leicht bekommt man
die ſchiefe Projektion. Zu dem Ende lege Hauptaxe c in die Zeichnungsebene ZE, die in der Ebene des Papiers ge - dacht iſt, und drehe die Seiten - axen ab ſo lange um die Haupt - axe c, bis die Projektion von b um rmal länger iſt als die von a. Nennen wir den Drehungswinkel, welchen b dann mit der Zeich - nungsebene ZE macht, δ, ſo iſt die Projektion von a = oA = sin δ, von b = oB = cos δ, folglich r • sin δ = cos δ, r = cotg δ. Jetzt drehen wir das ganze Axen - ſyſtem um die Linie ZE ſo lange,
bis der Projektionspunkt der Axe a (α) von ZE um $$\frac{1}{s}$$ Länge der erſten Projektion (alſo $$\frac{1}{s}$$ OA = Aα) von ZE abſteht. Der Winkel, welchen die Axenebene ab mit der Zeichnungsebene macht, heiße dann e. Nennen32Zeichnung der Oktaide.
wir den Ort von b mit β, ſo haben wir zwei ähnliche Dreiecke aAα und bBβ mit dem Winkel e. Da weiter die Axe c ſich um 90° — e aus der Zeichnungsebene erhebt, ſo iſt ihre Projektion oγ = sin e, und das Dreieck ocγ ebenfalls den erſten beiden ähnlich. Es iſt aber aA = cos δ, bB = sin δ = 〈…〉 , ferner wurde Aα = 〈…〉 angenommen, da nun Aa: Aα = Bb: Bβ, ſo iſt cos δ: 〈…〉 : Bβ, Bβ = 〈…〉 . Ferner co: cγ = Aa: Aα, oder 1: cγ = cos δ: 〈…〉 , cγ = 〈…〉 , tg δ = 〈…〉 , alſo 〈…〉 〈…〉 .
Conſtruction: ſetzen wir r = s = 3, dann iſt δ = 18° 26′,
e = 83° 37′. Ziehe eine beliebige Linie zB = 2 cos δ, theile ſie in 6 Theile, und errichte das Perpendikel ZP = ⅙ ZB = sin δ, ziehe von P nach dem Mittelpunkte o, ſo iſt oα = ⅓ oP die Axe a, weil αA = ⅓ sin δ. Mache ferner zβ = ⅓ Aα = $$\frac{1}{9}$$ sin δ1)Wir dürfen nur Aα auf zP von z oder P aus auftragen, und von dem neuen Punkte zum Mittelpunkte o ziehen, ſo ſchneidet dieſe von Aα ein Drittheil ab., ſo iſt oβ die zweite Seiten - axe. Da (oP) 2 = (oz) 2 + (zP) 2 = cos2 δ + sin2 δ = 1, die dritte Axe c = oγ = 〈…〉 iſt, ſo darf ich über oP nur einen Halbkreis beſchreiben, und Px = zβ = $$\frac{1}{9}$$ sin δ hineintragen, ſo iſt im rechtwinklichen Dreiecke oPx, (ox) 2 = (oP) 2 — (Px) 2, ox = 〈…〉 , mache ich dann ox = oγ ſenkrecht auf zB, ſo ſind αβγ die verlangten Projektionslinien. Da ox immer nur $$\frac{1}{81}$$ von oP abweicht, ſo kann ich auch oP = oγ machen, ohne einen weſentlichen Fehler zu begehen. Wenn r = s = 2 wäre, ſo wäre ox = 〈…〉 ſchon viel weſentlicher unterſchieden.
Wir haben a = b = c angenommen. Wenn die Axen nun aber ungleich ſind, ſo ſetzen wir die Hauptaxe c = 1, und ſuchen für a und b die Proportionalen. Beim Schwefel z. B. iſt a: b = 0,427: 0,527, nehme ich alſo etwa a = 0,4α und b = 0,5β, ſo kommen die Axen des ver - langten Rhombenoktaeders.
33Projectionslehre.Das Dihexaeder ſieht man als ein Rhom - benoktaeder a: b: c nebſt einem Paar c: ½ b: ∞ a an, b = a 〈…〉 . Man konſtruire erſt das Rhomben - oktaeder a: b: c, halbire dann die Kante ab in a', ſo ſind die Verbindungslinien a'a 'die geſuch - ten beiden andern Nebenaxen. Es iſt für dieſe
Stellung nicht unvortheilhaft, wenn man r = 3 und s = 2 nimmt, dann iſt Winkel ε = 80° 25′.
Wer von Kryſtallen ſchnell ein klares Bild bekommen will, muß ſich vor allem mit der Projektion vertraut machen. Ich habe ſie in meiner „ Methode der Kryſtallographie 1840″ weitläufig auseinander geſetzt. Sie beſteht darin, daß ich alle Flächen durch einen Punkt (Scheitel - punkt) lege, und dieſelben dann eine beliebige Ebene (Projektionsebene) ſchneiden laſſe. Wenn ich nun alle Flächen durch einen Punkt lege, ſo müſſen nothwendig die Parallelen zuſammenfallen. Jeder zwiſchen zwei Parallelebenen liegende Raum (Kryſtallraum, Parallelraum) wird alſo durch eine Ebene (Reduktionsebene) vertreten. Jede Reduktionsebene muß die Projektionsebene in einer geraden Linie (Sektionslinie) ſchneiden, nur die eine nicht, welche der Projektionsebene parallel geht. Alle Flächen, welche in einer Zone liegen, müſſen dann in einer gemeinſamen Linie (Zonenaxe) ſich ſchneiden. Die Zonenaxen ſelbſt ſtrahlen alle vom Scheitel - punkte aus, treffen die Projektionsebene unter Punkten (Zonenpunkten), in welchen ſich ſämmtliche Sektionslinien der zugehörigen Zone ſchneiden.
Beiſpiel. Legen wir durch die Baſis des Quadratoktaeders eine Ebene aaaa, und verlängern dann die Seiten des Quadrats ins Beliebige, ſo liefern die vier ſich kreuzenden Linien das Pro - jektionsbild auf der zugehörigen Hexaidfläche. Der Endpunkt c wird in der Mitte über der Projektions - ebene gedacht, von hier ſtra