SÄMTLICHE RECHTE VORBEHALTEN
K. U. K. HOFBUCHDRUCKER FR. WINIKER & SCHICKARDT, BRÜNN
Komm, mein schöner Engel.
Willst du nicht mit mir kommen?
Ah, ich bin der schöne Engel?
Freilich, wer denn? Geh’, komm’ zu mir. Ich wohn’ gleich in der Näh’.
Ich hab’ keine Zeit. Ich muß in die Kasern’!
In die Kasern’ kommst immer noch zurecht. Bei mir is besser.
Das ist schon möglich.
Pst. Jeden Moment kann ein Wachmann kommen.
Lächerlich! Wachmann! Ich hab’ auch mein Seiteng’wehr!
Geh’, komm’ mit.
Laß mich in Ruh’. Geld hab’ ich eh kein’s.
Ich brauch’ kein Geld.
Du brauchst kein Geld? Wer bist denn du nachher?
Zahlen tun mir die Zivilisten. So einer wie du, kann’s immer umsonst bei mir haben.
Du bist am End’ die, von der mir der Huber erzählt hat. —
Ich kenn’ kein’ Huber nicht.
Du wirst schon die sein. Weißt — in dem Kaffeehaus in der Schiffgassen — von dort ist er mit dir z’ Haus gangen.
Von dem Kaffeehaus bin ich schon mit gar vielen z’ Haus gangen … oh! oh! —
Also geh’n wir, geh’n wir.
Was, jetzt hast’s eilig?
Na, worauf soll’n wir noch warten? Und um Zehn muß ich in der Kasern’ sein.
Wie lang dienst denn schon?
Was geht denn das dich an? Wohnst weit?
Zehn Minuten zum geh’n.
Das ist mir zu weit. Gib mir ein Pussel.
Das ist mir eh das liebste, wenn ich einen gern’ hab’!
Mir nicht. Nein, ich geh’ nicht mit dir, es ist mir zu weit.
Weißt was, komm’ morgen am Nachmittag.
Gut is. Gib mir deine Adresse.
Aber du kommst am End’ nicht.
Wenn ich dir’s sag’!
Du, weißt was — wenn’s dir zu weit ist heut’ Abend zu mir — da … da …
Was ist das?
Da ist auch schön ruhig … jetzt kommt kein Mensch.
Ah, das ist nicht das rechte.
Bei mir is immer das rechte. Geh’, bleib’10 jetzt bei mir. Wer weiß, ob wir morgen noch ’s Leben haben.
So komm’ — aber g’schwind!
Gib obacht, da ist so dunkel. Wennst aus - rutsch’st, liegst in der Donau.
Wär’ eh das Beste.
Pst, so wart’ nur ein bissel. Gleich kommen wir zu einer Bank.
Kennst dich da gut aus.
So einen wie dich möcht’ ich zum Geliebten.
Ich tät’ dir zu viel eifern.
Das möcht’ ich dir schon abgewöhnen.
Ha —
Nicht so laut. Manchmal is doch, daß sich ein Wachter her verirrt. Sollt man glauben, daß wir da mitten in der Wienerstadt sind?
Daher komm’, daher.
Aber was fällt dir denn ein, wenn wir da ausrutschen, liegen wir im Wasser unten.
Ah, du —
Halt dich nur fest an.
Hab kein’ Angst ....
— — — — — — — — — — — — —
Auf der Bank wär’s schon besser gewesen.
Da oder da .... Na, krall’ aufi.
Was laufst denn so —
Ich muß in die Kasern’, ich komm’ eh schon zu spät.
Geh’, du, wie heißt denn?
Was interessiert dich denn das, wie ich heiß?
Ich heiß Leocadia.
Ha! — So an’ Namen hab’ ich auch noch nie gehört.
Du!
Na, was willst denn?
Geh, ein Sechserl für’n Hausmeister gib mir wenigstens! —
Ha! … Glaubst, ich bin deine Wurzen … Servus! Leocadia …
Strizzi! Fallott! —
Jetzt sagen S’ mir aber, warum S’ durchaus schon haben fortgehen müssen.
Es ist doch so schön gewesen. Ich tanz’ so gern’.
Jetzt tanzen wir ja nimmer. Warum halten S’ mich so fest?
Wie heißen S’? Kathi?
Ihnen ist immer eine Kathi im Kopf.
Ich weiß, ich weiß schon .... Marie.
Sie, da ist aber dunkel. Ich krieg’ so eine Angst.
Wenn ich bei Ihnen bin, brauchen S’ Ihnen nicht zu fürchten. Gott sei Dank, mir sein mir!
Aber wohin kommen wir denn da? Da ist ja kein Mensch mehr. Kommen S’, gehn wir zurück! — Und so dunkel!
’s wird schon lichter! Haha! O, du Schatzerl!
Ah, was machen S’ denn? Wenn ich das gewußt hätt’!
Also der Teufel soll mich holen, wenn eine heut’ beim Swoboda mollerter gewesen ist als Sie, Fräul’n Marie.
Haben S’ denn bei allen so probiert?
Was man so merkt, beim Tanzen. Da merkt man gar viel! Ha!
Aber mit der blonden mit dem schiefen Gesicht haben S’ doch mehr ’tanzt als mit mir.
Das ist eine alte Bekannte von einem meinigen Freund.
Von dem Korporal mit dem auf’drehten Schnurrbart?
Ah nein, das ist der Zivilist gewesen, wissen S’, der im Anfang am Tisch mit mir g’sessen ist, der so heis’rig red’t.
Ah, ich weiß schon. Das ist ein kecker Mensch.
Hat er Ihnen was ’tan? Dem möcht’ ich’s zeigen! Was hat er Ihnen ’tan?
Oh nichts — ich hab nur geseh’n, wie er mit die andern ist.
Sagen S’, Fräulein Marie ....
Sie werden mich verbrennen mit Ihrer Zigarrn.
Pahdon! — Fräul’n Marie. Sagen wir uns Du.
Wir sein noch nicht so gute Bekannte. —
Es können sich gar viele nicht leiden und sagen doch Du zueinander.
’s nächstemal, wenn wir … Aber, Herr Franz —
Sie haben sich meinen Namen g’merkt?
Aber, Herr Franz ....
Sagen S’ Franz, Fräulein Marie.
So sein S’ nicht so keck — aber pst, wenn wer kommen tät!
Und wenn schon einer kommen tät, man sieht ja nicht zwei Schritt weit.
Aber um Gotteswillen, wohin kommen wir denn da?
Sehn S’, da sind zwei g’rad wie mir.
Wo denn? Ich seh’ gar nichts.
Da … vor uns.
Warum sagen S’ denn: zwei wie mir? —
Na, ich mein’ halt, die haben sich auch gern’.
Aber geben S’ doch acht, was ist denn da, jetzt wär’ ich beinah’ g’fallen.
Ah, das ist das Gatter von der Wiesen.
Stoßen S’ doch nicht so, ich fall’ ja um.
Pst, nicht so laut.
Sie, jetzt schrei ich aber wirklich. — Aber was machen S’ denn … aber —
Da ist jetzt weit und breit keine Seel’.
So gehn wir zurück, wo Leut sein.
Wir brauchen keine Leut, was, Marie, wir brauchen .... dazu .... haha.
Aber, Herr Franz, bitt’ Sie, um Gotteswillen,24 schaun S’, wenn ich das .... gewußt .... oh .... oh .... komm! ....
— — — — — — — — — — — — — —
Herrgott noch einmal .... ah ....
.... Ich kann dein G’sicht gar nicht sehn.
A was — G’sicht .....
— — — — — — — — — — — — — —
Ja, Sie, Fräul’n Marie, da im Gras können S’ nicht liegen bleiben.
Geh’, Franz, hilf mir.
Na, komm zugi.
Oh Gott, Franz.
Na ja, was ist denn mit dem Franz?
Du bist ein schlechter Mensch, Franz.
Ja, ja. Geh’, wart’ ein bissel.
Was laßt mich denn aus?
Na, die Virginier werd’ ich mir doch an - zünden dürfen.
Es ist so dunkel.
Morgen früh ist schon wieder licht.
Sag’ wenigstens, hast mich gern’?
Na, das mußt doch g’spürt haben, Fräul’n Marie, ha!
Wohin geh’n wir denn?
Na, zurück.
Geh’, bitt’ dich, nicht so schnell!
Na, was ist denn? Ich geh’ nicht gern’ in der finstern.
Sag’, Franz, hast mich gern’?
Aber grad’ hab’ ich’s g’sagt, daß ich dich gern’ hab’!
Geh’, willst mir nicht ein Pussel geben?
Da .... Hörst, — jetzt kann man schon wieder die Musik hören.
Du möcht’st am End’ gar wieder tanzen geh’n?
Na freilich, was denn?
Ja, Franz, schau, ich muß zu Haus geh’n. Sie werden eh schon schimpfen, mei’ Frau ist so eine .... die möcht’ am liebsten, man ging gar nicht fort.
Na ja, geh’ halt zu Haus.
Ich hab’ halt ’dacht, Herr Franz, Sie werden mich z’hausführen.
Z’hausführen? Ah!
Geh’n S’, es ist so traurig, allein z’haus geh’n.
Wo wohnen S’ denn?
Es ist gar nicht so weit — in der Porzellan - gasse.
So? Ja, da haben wir ja einen Weg .... aber jetzt ist’s mir zu früh … jetzt wird noch ’draht, heut hab’ ich über Zeit ..... vor zwölf brauch’ ich nicht in der Kasern’ zu sein. I’ geh’ noch tanzen.
Freilich, ich weiß schon, jetzt kommt die Blonde mit dem schiefen Gesicht d’ran!
Ha! — Der ihr G’sicht ist gar nicht so schief.
Oh Gott, sein die Männer schlecht. Was, Sie machen’s sicher mit einer jeden so.
Das wär’ z’viel! —
Franz, bitt’ schön, heut’ nimmer, — heut’ bleiben S’ mit mir, schaun S’ —
Ja, ja, ist schon gut. Aber tanzen werd’ ich doch noch dürfen.
Ich tanz’ heut’ mit kein’ mehr!
Da ist er ja schon ..
Wer denn?
Der Swoboda! Wie schnell wir wieder da30 sein. Noch immer spielen s’ das … tadarada tadarada
.... Also wannst auf mich warten willst, so führ’ ich dich z’haus .... wenn nicht … Servas —
Ja, ich werd’ warten.
Wissen S’, Fräul’n Marie, ein Glas Bier lassen’s Ihnen geben
Mein Fräulein, darf ich bitten? —
Bitt’ schön, junger Herr?
Ah ja, Marie, ah ja, ich hab’ geläutet, ja … was hab’ ich nur … ja richtig, die Rouletten lassen S’ herunter, Marie … Es ist kühler, wenn die Rouletten unten sind .... ja ....
Was machen S’ denn, Marie? Ah ja. Jetzt sieht man aber gar nichts zum Lesen.
Der junge Herr ist halt immer so fleißig.
So, ist gut.
Sie, Marie .... ja, was ich habe sagen wollen .... ja .... ist vielleicht ein Cognac zu Haus?
Ja, der wird eingesperrt sein.
Na, wer hat denn die Schlüssel?
Die Schlüssel hat die Lini.
Wer ist die Lini?
Die Köchin, Herr Alfred.
Na, so sagen S’ es halt der Lini.
Ja, die Lini hat heut Ausgang.
So .....
Soll ich dem jungen Herrn vielleicht aus dem Kaffeehaus ....
Ah nein .... es ist so heiß genug. Ich brauch keinen Cognac. Wissen S’, Marie, bringen Sie mir ein Glas Wasser. Pst, Marie — aber laufen lassen, daß es recht kalt ist. —
So, danke. — Na, was ist denn? — Geben Sie acht; stellen Sie das Glas wieder auf die Tasse ....
Wie spät ist’s denn? —
Fünf Uhr, junger Herr.
So, fünf Uhr. — Ist gut. —
Sie, Marie, was ich Sie hab’ fragen wollen. War heut’ Vormittag nicht der Doktor Schüller da?
Nein, heut Vormittag war niemand da.
So, das ist merkwürdig. Also der Doktor Schüller war nicht da? Kennen Sie über - haupt den Doktor Schüller?
Freilich. Das ist der große Herr mit dem schwarzen Vollbart.
Ja. War er vielleicht doch da?
Nein, es war niemand da, junger Herr.
Kommen Sie her, Marie.
Bitt’ schön.
Näher .... so .... ah .... ich hab’ nur geglaubt .....
Was haben der junge Herr?
Geglaubt .... geglaubt hab’ ich — Nur wegen Ihrer Blusen .... Was ist das für eine .... Na, kommen S’ nur näher. Ich beiß Sie ja nicht.
Was ist mit meiner Blusen? G’fallt sie dem jungen Herrn nicht?
Blau? Das ist ganz ein schönes Blau.
Sie sind sehr nett angezogen, Marie.
Aber junger Herr ....
Na, was ist denn? ....
Sie haben eine schöne weiße Haut, Marie.
Der junge Herr tut mir schmeicheln.
Das kann doch nicht weh’ tun.
O nein.
Weil Sie so seufzen! Warum seufzen Sie denn?
Oh, Herr Alfred ....
Und was Sie für nette Pantoffeln haben ....
.... Aber .... junger Herr .... wenn’s draußen läut’ —
Wer wird denn jetzt läuten?
Aber junger Herr .... schaun S’ .... es ist so licht ....
Vor mir brauchen Sie sich nicht zu genieren. Sie brauchen sich überhaupt vor nieman - dem .... wenn man so hübsch ist. Ja, meiner Seel’; Marie, Sie sind .... Wissen Sie, Ihre Haare riechen sogar angenehm.
Herr Alfred ....
Machen Sie keine solchen Geschichten, Marie .... ich hab’ Sie schon anders auch geseh’n. Wie ich neulich in der Nacht nach Haus gekommen bin, und mir Wasser ge - holt hab’; da ist die Tür zu Ihrem Zimmer offen gewesen .... na ....
Oh Gott, aber das hab ich gar nicht ge - wußt, daß der Herr Alfred so schlimm sein kann.
Da hab’ ich sehr viel gesehen .... das … und das .... und das .... und —
Aber, Herr Alfred!
Komm, komm .... daher .... so, ja so …
Aber wenn jetzt wer läutet —
Jetzt hören Sie schon einmal auf .... macht man höchstens nicht auf ....
— — — — — — — — — — — — — —
Donnerwetter .... Und was der Kerl für einen Lärm macht. — Am End’ hat der schon früher geläutet und wir haben’s nicht gemerkt.
Oh, ich hab’ alleweil aufgepaßt.
Na, so schaun S’ endlich nach — durchs Guckerl. —
Herr Alfred .... Sie sind aber .... nein .... so schlimm.
Bitt’ Sie, schaun S’ jetzt nach ....
Der ist jedenfalls schon wieder weggangen. Jetzt ist niemand mehr da. Vielleicht ist es der Doktor Schüller gewesen.
Es ist gut.
— Sie, Marie, — ich geh’ jetzt ins Kaffeehaus.
Schon .... Herr Alfred.
Ich geh’ jetzt ins Kaffeehaus. Wenn der Doktor Schüller kommen sollte —
Der kommt heut’ nimmer.
Wenn der Doktor Schüller kommen sollte, ich, ich .... ich bin — im Kaffeehaus. —
Ich danke Ihnen.
Alfred — Alfred!
Kommen Sie, gnädige Frau .... Kommen Sie, Frau Emma ....
Lassen Sie mich noch eine Weile — bitte .... oh bitte sehr, Alfred!
Wo bin ich denn eigentlich?
Bei mir.
Dieses Haus ist schrecklich, Alfred.
Warum denn? Es ist ein sehr vornehmes Haus.
Ich bin zwei Herren auf der Stiege begegnet.
Bekannte?
Ich weiß nicht. Es ist möglich.
Pardon, gnädige Frau — aber Sie kennen doch Ihre Bekannten.
Ich habe ja gar nichts gesehen.
Aber wenn es selbst Ihre besten Freunde waren, — sie können ja Sie nicht erkannt haben. Ich selbst … wenn ich nicht wüßte, daß Sie es sind .... dieser Schleier —.
Es sind zwei.
Wollen Sie nicht ein bischen näher? .... Und Ihren Hut legen Sie doch wenigstens ab!
Was fällt Ihnen ein, Alfred? Ich habe Ihnen gesagt: Fünf Minuten .... Nein, länger nicht .... ich schwöre Ihnen —
Also den Schleier —
Es sind zwei.
Nun ja, beide Schleier — ich werde Sie doch wenigstens sehen dürfen.
Haben Sie mich denn lieb, Alfred?
Emma — Sie fragen mich ....
Es ist hier so heiß.
Aber Sie haben ja Ihre Pelzmantille an — Sie werden sich wahrhaftig verkühlen.
Ich bin totmüd’.
Erlauben Sie:
Was haben Sie?
So schön waren Sie noch nie.
Wieso?
Allein .... allein mit Ihnen — Emma —
Und jetzt .... lassen Sie mich wieder gehen. Was Sie von mir verlangt haben, hab’ ich getan.
Sie haben mir versprochen, brav zu sein.
Ja.
Man erstickt in diesem Zimmer.
Noch haben Sie Ihre Mantille an.
Legen Sie sie zu meinem Hut.
Und jetzt — adieu —
Emma —! — Emma! —
Die fünf Minuten sind längst vorbei.
Noch nicht eine! —
Alfred, sagen Sie mir einmal ganz genau, wie spät es ist.
Es ist punkt viertel sieben.
Jetzt sollte ich längst bei meiner Schwester sein.
Ihre Schwester können Sie oft sehen ....
Oh Gott, Alfred, warum haben Sie mich dazu verleitet.
Weil ich Sie .... anbete, Emma.
Wie vielen haben Sie das schon gesagt?
Seit ich Sie gesehen, niemandem.
Was bin ich für eine leichtsinnige Person! Wer mir das vorausgesagt hätte… noch vor acht Tagen… noch gestern…
Und vorgestern haben Sie mir ja schon ver - sprochen…
Sie haben mich so gequält. Aber ich habe es nicht tun wollen. Gott ist mein Zeuge — ich habe es nicht tun wollen… Gestern war ich fest entschlossen… Wissen Sie, daß ich Ihnen gestern Abends sogar einen langen Brief geschrieben habe?
Ich habe keinen bekommen.
Ich habe ihn wieder zerrissen. Oh, ich hätte Ihnen lieber diesen Brief schicken sollen.
Es ist doch besser so.
Oh nein, es ist schändlich… von mir. Ich begreife mich selber nicht. Adieu, Alfred, lassen Sie mich.
So… halten Sie Ihr Wort…
Noch einen Kuß — noch einen.
Den letzten.
Soll ich Ihnen etwas sagen, Emma? Ich weiß jetzt erst, was Glück ist.
.... oder vielmehr ich weiß jetzt erst, was Glück sein könnte.
Alfred, Alfred, was machen Sie aus mir!
Nicht wahr — es ist hier gar nicht so un - gemütlich… Und wir sind ja hier so sicher! Es ist doch tausendmal schöner als diese Rendezvous im Freien…
Oh, erinnern Sie mich nur nicht daran.
Ich werde auch daran immer mit tausend Freuden denken. Für mich ist jede Minute, die ich an Ihrer Seite verbringen durfte, eine süße Erinnerung.
Erinnern Sie sich noch an den Industriellen - ball?
Ob ich mich daran erinnere…? Da bin ich ja während des Soupers neben Ihnen gesessen, ganz nahe neben Ihnen. Ihr Mann hat Champagner…
Ich wollte nur vom Champagner reden. Sagen Sie, Emma, wollen Sie nicht ein Glas Cognac trinken?
Einen Tropfen, aber geben Sie mir vorher ein Glas Wasser.
Ja… Wo ist denn nur — ach ja…
Wo waren Sie denn?
Im… Nebenzimmer.
Jetzt werde ich Sie etwas fragen, Alfred — und schwören Sie mir, daß Sie mir die Wahrheit sagen werden.
Ich schwöre. —
War in diesen Räumen schon jemals eine andere Frau?
Aber Emma — dieses Haus steht schon zwanzig Jahre! —
Sie wissen, was ich meine, Alfred… Mit Ihnen! Bei Ihnen!
Mit mir — hier — Emma! — Es ist nicht schön, daß Sie an so etwas denken können.
Also Sie haben .... wie soll ich .... Aber nein, ich will Sie lieber nicht fragen. Es ist besser, wenn ich nicht frage. Ich bin ja selbst schuld. Alles rächt sich.
Ja, was haben Sie denn? Was ist Ihnen denn? Was rächt sich?
Nein, nein, nein, ich darf nicht zum Bewußt - sein kommen… Sonst müßte ich vor Scham in die Erde sinken.
Emma, wenn Sie ahnen könnten, wie weh’ Sie mir tun.
Ich will Ihnen etwas sagen, Emma. Wenn Sie sich schämen, hier zu sein — wenn ich Ihnen also gleichgiltig bin — wenn Sie nicht fühlen, daß Sie für mich alle Selig - keit der Welt bedeuten — — so geh’n Sie lieber. —
Ja, das werd’ ich auch tun.
Wenn Sie aber ahnen, daß ich ohne Sie nicht leben kann, daß ein Kuß auf Ihre Hand für mich mehr bedeutet, als alle Zärtlichkeiten, die alle Frauen auf der ganzen Welt .... Emma, ich bin nicht wie die anderen jungen Leute, die den Hof machen können — ich bin vielleicht zu naiv .... ich ....
Wenn Sie aber doch sind wie die anderen jungen Leute?
Dann wären Sie heute nicht da — denn Sie sind nicht wie die anderen Frauen.
Woher wissen Sie das?
Ich habe viel über Sie nachgedacht. Ich weiß, Sie sind unglücklich.
Ja.
Das Leben ist so leer, so nichtig — und dann, — so kurz — so entsetzlich kurz! Es gibt nur ein Glück .... einen Menschen finden, von dem man geliebt wird —
Mir die Hälfte!
Was tun Sie denn, Alfred .... Ist das Ihr Versprechen.
Das Leben ist so kurz.
Aber das ist ja kein Grund —
Oh ja.
Schauen Sie Alfred, und Sie haben doch versprochen, brav .... Und es ist so hell ....
Komm’, komm’, du einzige, einzige ....
Was machen Sie denn?
Da d’rin ist es gar nicht hell.
Ist denn da noch ein Zimmer?
Ein schönes .... und ganz dunkel.
Bleiben wir doch lieber hier.
Sie sind so .... oh Gott, was machen Sie aus mir! — Alfred!
Ich bete dich an, Emma!
So wart’ doch, wart’ doch wenigstens ....
Geh’ .... ich ruf’ dich dann.
Laß mir dich — laß dir mich
.... laß .... mich — dir — helfen.
Du zerreißt mir ja alles.
Du hast kein Mieder an?
Ich trag’ nie ein Mieder. Die Odilon trägt auch keines. Aber die Schuh’ kannst du mir aufknöpfeln.
Oh mir ist kalt.
Gleich wird’s warm werden.
Glaubst du?
Das hätte sie nicht sagen sollen.
Komm, komm, komm!
Gleich — —
Es riecht hier so nach Veilchen.
Das bist du selbst .... Ja
du selbst.
Alfred .... Alfred!!!!
Emma ....
— — — — — — — — — — — — — —
Ich habe dich offenbar zu lieb .... ja .... ich bin wie von Sinnen.
......
Die ganzen Tage über bin ich schon wie verrückt. Ich hab es geahnt.
Mach’ dir nichts draus.
Oh gewiß nicht. Es ist ja geradezu selbst - verständlich, wenn man ....
Nicht .... nicht .... Du bist nervös. Be - ruhige dich nur ....
Kennst du Stendhal?
Stendhal?
Die psychologie de l’amour.
Nein, warum fragst du mich?
Da kommt eine Geschichte drin vor, die sehr bezeichnend ist.
Was ist das für eine Geschichte?
Das ist eine ganze Gesellschaft von Kavallerieoffizieren zusammen —
So.
Und die erzählen von ihren Liebesabenteuern. Und jeder berichtet, daß ihm bei der Frau, die er am meisten, weißt du, am leiden - schaftlichsten geliebt hat .... daß ihn die, daß er die — also kurz und gut, daß es jedem bei dieser Frau so gegangen ist, wie jetzt mir.
Ja.
Das ist sehr charakteristisch.
Ja.
Es ist noch nicht aus. Ein einziger be - hauptet .... es sei ihm in seinem ganzen Leben noch nicht passiert, aber, setzt Stend - hal hinzu — das war ein berüchtigter Bramarbas.
So. —
Und doch verstimmt es einen, das ist das Dumme, so gleichgiltig es eigentlich ist.
Freilich. Überhaupt weißt du .... du hast mir ja versprochen, brav zu sein.
Geh’, nicht lachen, das bessert die Sache nicht.
Aber nein, ich lache ja nicht. Das von Stendhal ist wirklich interessant. Ich habe immer gedacht, daß nur bei älteren .... oder bei sehr .... weißt du, bei Leuten, die viel gelebt haben ....
Was fällt dir ein. Das hat damit gar nichts zu tun. Ich habe übrigens die hübscheste Geschichte aus dem Stendhal ganz ver - gessen. Da ist einer von den Kavallerie - offizieren, der erzählt sogar, daß er drei Nächte oder gar sechs .... ich weiß nicht mehr, mit der Frau zusammen war, die er durch Wochen hindurch verlangt hat — desirée — verstehst du — und die haben alle diese Nächte hindurch nichts getan als vor Glück geweint .... beide ....
Beide?
Ja. Wundert dich das? Ich find’ das so begreiflich — gerade wenn man sich liebt.
Aber es gibt gewiß viele, die nicht weinen.
Gewiß .... das ist ja auch ein exceptio - neller Fall.
Ah — ich dachte, Stendhal sagte, alle Kavallerieoffiziere weinen bei dieser Ge - legenheit.
Siehst du, jetzt machst du dich doch lustig.
Aber was fällt dir ein! Sei doch nicht kindisch, Alfred!
Es macht nun einmal nervös .... Dabei habe ich die Empfindung, daß du ununter -72 brochen daran denkst. Das geniert mich erst recht.
Ich denke absolut nicht daran.
Oh ja. Wenn ich nur überzeugt wäre, daß du mich liebst.
Verlangst du noch mehr Beweise?
Siehst du … immer machst du dich lustig.
Wieso denn? Komm’, gib mir dein süßes Kopferl.
Ach, das tut wohl.
Hast du mich lieb?
Oh, ich bin ja so glücklich.
Aber du brauchst nicht auch noch zu weinen.
Wieder, wieder. Ich hab dich ja so ge - beten ....
Wenn ich dir sage, daß du nicht weinen sollst…
Du hast gesagt: Auch noch zu weinen.
Du bist nervös, mein Schatz.
Das weiß ich.
Aber du sollst es nicht sein. Es ist mir74 sogar lieb, daß es .... daß wir sozusagen als gute Kameraden…
Schon wieder fangst du an.
Erinnerst du dich denn nicht! Das war eines unserer ersten Gespräche. Gute Kame - raden haben wir sein wollen; nichts weiter. Oh, das war schön ..... das war bei meiner Schwester, im Jänner auf dem großen Ball, während der Quadrille .... Um Gottes - willen, ich sollte ja längst fort sein .... meine Schwester erwartet mich ja — was werd’ ich ihr denn sagen ....... Adieu, Alfred —
Emma —! so willst du mich verlassen!
Ja — so! —
Noch fünf Minuten ....
Gut. Noch fünf Minuten. Aber du mußt mir versprechen .... dich nicht zu rühren? … Ja? … Ich will dir noch einen Kuß zum Abschied geben ..... Pst .... ruhig .... nicht rühren, hab ich gesagt, sonst steh ich gleich auf, du mein süßer … süßer …
Emma .... meine ange ........
— — — — — — — — — — — — — —
Mein Alfred —
Ah, bei dir ist der Himmel.
Aber jetzt muß ich wirklich fort.
Ach, laß deine Schwester warten.
Nach Haus muß ich. Für meine Schwester76 ist’s längst zu spät. Wie viel Uhr ist es denn eigentlich?
Ja, wie soll ich das eruieren?
Du musst eben auf die Uhr sehen.
Meine Uhr ist in meinem Gilet.
So hol’ sie.
Acht.
Um Gotteswillen .... Rasch, Alfred, gib mir meine Strümpfe. Was soll ich denn nur sagen? Zu Hause wird man sicher schon auf mich warten … acht Uhr ....
Wann seh’ ich dich denn wieder?
Nie.
Emma! Hast du mich denn nicht mehr lieb?
Eben darum. Gib mir meine Schuhe.
Niemals wieder? Hier sind die Schuhe.
In meinem Sack ist ein Schuhknöpfler. Ich bitt’ dich, rasch ....
Hier ist der Knöpfler.
Alfred, das kann uns beide den Hals kosten.
Wieso?
Ja, was soll ich denn sagen, wenn er mich fragt: Woher kommst du?
Von der Schwester.
Ja, wenn ich lügen könnte.
Na, du mußt es eben tun.
Alles für so einen Menschen. Ach, komm her .... laß dich noch einmal küssen.
— Und jetzt — — laß mich allein, geh’ ins andere Zimmer. Ich kann mich nicht anziehen, wenn du dabei bist.
Alfred!
Mein Schatz.
Es ist doch besser, daß wir nicht geweint haben.
Wie kann man so frivol reden? —
Wie wird das jetzt nur sein — wenn wir uns zufällig wieder einmal in Gesellschaft begegnen?
Zufällig — einmal .... Du bist ja morgen sicher auch bei Lobheimers?
Ja Du auch?
Freilich. Darf ich dich um den Kotillion bitten?
Oh, ich werde nicht hinkommen. Was glaubst du denn? — Ich würde ja …
in die Erde sinken.
Also morgen bei Lobheimer, das ist schön.
Nein, nein .... ich sage ab; bestimmt —
Also übermorgen .... hier.
Was fällt dir ein?
Um sechs ....
Hier an der Ecke stehen Wagen, nicht wahr? —
Ja, so viel du willst. Also übermorgen hier81 um sechs. So sag’ doch ja, mein geliebter Schatz.
.... Das besprechen wir morgen beim Ko - tillion.
Mein Engel.
Nicht wieder meine Frisur ruinieren.
Also morgen bei Lobheimers und über - morgen in meinen Armen.
Leb wohl ....
Und was wirst du — ihm heut sagen? —
Frag’ nicht .... frag’ nicht .... es ist zu schrecklich. — Warum hab’ ich dich soReigen. 682lieb! — Adieu. — Wenn ich wieder Men - schen auf der Stiege begegne, trifft mich der Schlag. — Pah! —
Also jetzt hab’ ich ein Verhältnis mit einer anständigen Frau.
Du arbeitest nicht mehr?
Nein. Ich bin zu müde. Und außerdem …
Nun? —
Ich hab’ mich an meinem Schreibtisch plötz - lich so einsam gefühlt. Ich habe Sehnsucht nach dir bekommen.
Wirklich?
Lies heute nicht mehr. Du wirst dir die Augen verderben.
Was hast du denn?
Nichts, mein Kind. Verliebt bin ich in dich! Das weißt du ja!
Man könnte es manchmal fast vergessen.
Man muß es sogar manchmal vergessen.
Warum?
Weil die Ehe sonst etwas unvollkommenes wäre. Sie würde .... wie soll ich nur sagen .... sie würde ihre Heiligkeit ver - lieren.
Oh ....
Glaube mir — es ist so .... Hätten wir in den fünf Jahren, die wir jetzt miteinan - der verheiratet sind, nicht manchmal ver - gessen, daß wir ineinander verliebt sind — wir wären es wohl gar nicht mehr.
Das ist mir zu hoch.
Die Sache ist einfach die: wir haben viel - leicht schon zehn oder zwölf Liebschaften miteinander gehabt ..... Kommt es dir nicht auch so vor?
Ich hab’ nicht gezählt! —
Hätten wir gleich die erste bis zum Ende durchgekostet, hätte ich mich von Anfang an meiner Leidenschaft für dich willenlos88 hingegeben, es wäre uns gegangen wie den Millionen von anderen Liebespaaren. Wir wären fertig miteinander.
Ah .... so meinst du das?
Glaube mir — Emma — in den ersten Tagen unserer Ehe hatte ich Angst, daß es so kommen würde.
Ich auch.
Siehst du? Hab’ ich nicht recht gehabt? Darum ist es gut, immer wieder für einige Zeit nur in guter Freundschaft miteinander hinzuleben.
Ach so.
Und so kommt es, daß wir immer wieder89 neue Flitterwochen miteinander durchleben können, da ich es nie drauf ankommen lasse, die Flitterwochen ....
Zu Monaten auszudehnen.
Richtig.
Und jetzt ...... scheint also wieder eine Freundschaftsperiode abgelaufen zu sein —?
Es dürfte so sein.
Wenn es aber .... bei mir anders wäre.
Es ist bei dir nicht anders. Du bist ja das klügste und entzückendste Wesen, das es gibt. Ich bin sehr glücklich, daß ich dich gefunden habe.
Das ist aber nett, wie du den Hof machen kannst — von Zeit zu Zeit.
Für einen Mann, der sich ein bischen in der Welt umgesehen hat — geh’, leg den Kopf an meine Schulter — der sich in der Welt umgesehen hat, bedeutet die Ehe eigentlich etwas viel geheimnisvolleres als für euch junge Mädchen aus guter Fami - lie. Ihr tretet uns rein und .... wenigstens bis zu einem gewissen Grad unwissend ent - gegen, und darum habt ihr eigentlich einen viel klareren Blick für das Wesen der Liebe als wir.
Oh!
Gewiß. Denn wir sind ganz verwirrt und unsicher geworden durch die vielfachen Erlebnisse, die wir notgedrungen vor der Ehe durchzumachen haben. Ihr hört ja91 viel und wißt zu viel und lest ja wohl eigentlich auch zu viel, aber einen rechten Begriff von dem, was wir Männer in der Tat erleben, habt ihr ja doch nicht. Uns wird das, was man so gemeinhin die Liebe nennt, recht gründlich widerwärtig gemacht; denn was sind das schließlich für Geschöpfe, auf die wir angewiesen sind!
Ja, was sind das für Geschöpfe?
Sei froh, mein Kind, daß du nie einen Einblick in diese Verhältnisse erhalten hast. Es sind übrigens meist recht bedauernswerte Wesen — werfen wir keinen Stein auf sie.
Bitt’ dich — dieses Mitleid — Das kommt mir da gar nicht recht angebracht vor.
Sie verdienen es. Ihr, die ihr junge Mädchen aus guter Familie wart, die ruhig unter Obhut euerer Eltern auf den Ehrenmann warten92 konntet, der euch zur Ehe begehrt; — ihr kennt ja das Elend nicht, das die meisten von diesen armen Geschöpfen der Sünde in die Arme treibt.
So verkaufen sich denn alle?
Das möchte ich nicht sagen. Ich mein’ ja auch nicht nur das materielle Elend. Aber es gibt auch — ich möchte sagen — ein sittliches Elend; eine mangelhafte Auf - fassung für das, was erlaubt, und insbe - sondere für das, was edel ist.
Aber warum sind die zu bedauern? —. Denen geht’s ja ganz gut?
Du hast sonderbare Ansichten, mein Kind. Du darfst nicht vergessen, daß solche Wesen von Natur aus bestimmt sind, immer tiefer und tiefer zu fallen. Da gibt es kein Auf - halten.
Offenbar fällt es sich ganz angenehm.
Wie kannst du so reden, Emma. Ich denke doch, daß es gerade für euch, anständige Frauen, nichts Widerwärtigeres geben kann, als alle diejenigen, die es nicht sind.
Freilich, Karl, freilich. Ich hab’s ja auch nur so gesagt. Geh’, erzähl’ weiter. Es ist so nett, wenn du so red’st. Erzähl’ mir ’was.
Was denn? —
Nun, — von diesen Geschöpfen.
Was fällt dir denn ein?
Schau, ich hab’ dich schon früher, weißt du, ganz im Anfang hab’ ich dich immer94 gebeten, du sollst mir aus deiner Jugend ’was erzählen.
Warum interessiert dich denn das?
Bist du denn nicht mein Mann? Und ist das nicht geradezu eine Ungerechtigkeit, daß ich von deiner Vergangenheit eigentlich gar nichts weiß? —
Du wirst mich doch nicht für so ge - schmacklos halten, daß ich — Genug, Emma ...... das ist ja wie eine Ent - weihung.
Und doch hast du .... wer weiß wie viel andere Frauen gerade so in den Armen gehalten, wie jetzt mich.
Sag’ doch nicht » Frauen «. Frau bist du.
Aber eine Frage mußt du mir beantworten … sonst .... sonst .... ist’s nichts mit den Flitterwochen.
Du hast eine Art, zu reden .... denk’ doch, daß du Mutter bist .... daß unser Mäderl da drin liegt…
Aber ich möcht’ auch einen Buben.
Emma!
Geh’, sei nicht so … freilich bin ich deine Frau .... aber ich möchte auch ein bissel .... deine Geliebte sein.
Möchtest du? ....
Also — zuerst meine Frage.
Nun?
War .... eine verheiratete Frau — unter ihnen?
Wieso? — wie meinst du das?
Du weißt schon.
Wie kommst du auf diese Frage?
Ich möchte wissen, ob es .... das heißt — es gibt solche Frauen .... das weiß ich. Aber ob du …
Kennst du eine solche Frau?
Ja, ich weiß das selber nicht.
Ist unter deinen Freundinen vielleicht eine solche Frau?
Ja wie kann ich das mit Bestimmtheit behaupten — oder verneinen?
Hat dir vielleicht einmal eine deiner Freundinen .... Man spricht über gar manches, wenn man so — die Frauen unter sich — hat dir eine gestanden —?
Nein.
Hast du bei irgend einer deiner Freundinen den Verdacht, daß sie ....
Verdacht ..... oh ..... Verdacht.
Es scheint.
Gewiß nicht Karl, sicher nicht. Wenn ich mir’s so überlege — ich trau’ es doch keiner zu.
Keiner?
Von meinen Freundinen keiner.
Versprich mir etwas, Emma.
Nun.
Daß du nie mit einer Frau verkehren wirst, bei der du auch den leisesten Verdacht hast, daß sie ...... kein ganz tadelloses Leben führt.
Das muß ich dir erst versprechen?
Ich weiß ja, daß du den Verkehr mit solchen Frauen nicht suchen wirst. Aber der Zufall könnte es fügen, daß du ..... Ja, es ist sogar sehr häufig, daß gerade solche Frauen, deren Ruf nicht der beste ist, die Gesell - schaft von anständigen Frauen suchen, teils um sich ein Relief zu geben, teils aus einem gewissen .... wie soll ich sagen ..... aus einem gewissen Heimweh nach der Tugend.
So.
Ja. Ich glaube, daß das sehr richtig ist, was ich da gesagt habe. Heimweh nach der Tugend. Denn, daß diese Frauen alle eigentlich sehr unglücklich sind, das kannst du mir glauben.
Warum?
Du fragst, Emma? — Wie kannst du denn7*100nur fragen? — Stell’ dir doch vor, was diese Frauen für eine Existenz führen! Voll Lüge, Tücke, Gemeinheit und voll Gefahren.
Ja freilich. Da hast du schon Recht.
Wahrhaftig — sie bezahlen das bischen Glück ..... das bischen .....
Vergnügen.
Warum Vergnügen? Wie kommst du darauf, das Vergnügen zu nennen?
Nun, — etwas muß es doch sein —! Sonst täten sie’s ja nicht.
Nichts ist es ..... ein Rausch.
Ein Rausch.
Nein, es ist nicht einmal ein Rausch. Wie immer — teuer bezahlt, das ist gewiß!
Also ..... du hast das einmal mitgemacht — nicht wahr?
Ja, Emma. — Es ist meine traurigste Er - innerung.
Wer ist’s? Sag’! Kenn’ ich sie?
Was fällt dir denn ein?
Ist’s lange her? War es sehr lang, bevor du mich geheiratet hast?
Frag’ nicht. Ich bitt’ dich, frag’ nicht.
Aber Karl!
Sie ist tot.
Im Ernst?
Ja ..... es klingt fast lächerlich, aber ich habe die Empfindung, daß alle diese Frauen jung sterben.
Hast du sie sehr geliebt?
Lügnerinnen liebt man nicht.
Also warum ....
Ein Rausch ....
Also doch?
Sprich nicht mehr davon ich bitt’ dich. Alles das ist lang vorbei. Geliebt hab’ ich nur eine — das bist du. Man liebt nur, wo Reinheit und Wahrheit ist.
Karl!
Oh, wie sicher, wie wohl fühlt man sich in solchen Armen. Warum hab’ ich dich nicht schon als Kind gekannt? Ich glaube, dann hätt’ ich andere Frauen überhaupt nicht angesehen.
Karl!
Und schön bist du! .... schön! .... Oh komm’ ....
— — — — — — — — — — — — —
Weißt du, woran ich heute denken muß?
Woran, mein Schatz?
An .... an .... an Venedig.
Die erste Nacht ....
Ja .... so ....
Was denn —? So sag’s doch!
So lieb hast du mich heut’.
Ja, so lieb.
Ah .... Wenn du immer ....
Wie?
Mein Karl!
Was meintest du? Wenn ich immer ....
Nun ja.
Nun, was wär’ denn, wenn ich immer …?
Dann wüßt’ ich eben immer, daß du mich lieb hast.
Ja. Du mußt es aber auch so wissen. Man ist nicht immer der liebende Mann, man muß auch zuweilen hinaus ins feindliche Leben, muß kämpfen und streben! Das vergiß nie, mein Kind! Alles hat seine Zeit in der Ehe — das ist eben das Schöne. Es gibt106 nicht viele, die sich noch nach fünf Jahren an — ihr Venedig erinnern.
Freilich!
Und jetzt .... gute Nacht, mein Kind.
Gute Nacht!
Schmeckt’s?
Oh!
Willst du noch eins?
Nein, ich hab’ so schon zu viel gegessen.
Du hast keinen Wein mehr.
Nein .... aber schaun’ S’, ich laß ihn ja eh stehen.
Schon wieder sagst du Sie.
So? — Ja wissen S’, man gewöhnt sich halt so schwer.
Weißt du.
Was denn?
Weißt du, sollst du sagen; nicht wissen S’. — Komm setz’ dich zu mir.
Gleich .... bin noch nicht fertig.
Na, was ist denn?
Einen Kuß möcht’ ich haben.
Sie sind .... oh pardon, du bist ein kecker Mensch.
Jetzt fällt dir das ein?
Ah nein, eingefallen ist es mir schon früher .... schon auf der Gassen. — Sie müssen —
Du mußt.
Du mußt dir eigentlich was schönes von mir denken.
Warum denn?
Daß ich gleich so mit Ihnen ins chambre separée gegangen bin.
Na, gleich kann man doch nicht sagen.
Aber Sie können halt so schön bitten.
Findest du?
Und schließlich, was ist denn dabei?
Freilich.
Ob man spazieren geht oder —
Zum spazieren gehen ist es auch viel zu kalt.
Natürlich ist zu kalt gewesen.
Aber da ist es angenehm warm; was?
Na.
Jetzt sag’ einmal .... Du hast mich schon früher bemerkt gehabt, was?
Natürlich. Schon in der Singerstraßen.
Nicht heut, mein’ ich. Auch vorgestern undReigen. 8114vorvorgestern, wie ich dir nachgegangen bin.
Mir geh’n gar viele nach.
Das kann ich mir denken. Aber ob du mich bemerkt hast.
Wissen S’ .... ah .... weißt, was mir neulich passiert ist? Da ist mir der Mann von meiner Cousine nachg’stiegen in der Dunkeln und hat mich nicht ’kennt.
Hat er dich angesprochen?
Aber was glaubst denn? Meinst, es ist jeder so keck wie du?
Aber es kommt doch vor.
Natürlich kommt’s vor.
Na, was machst du da?
Na, nichts — Keine Antwort geb’ ich halt.
Hm .... mir hast du aber eine Antwort gegeben.
Na sind S’ vielleicht bös’?
Deine Lippen schmecken nach dem Obers - schaum.
Oh, die sind von Natur aus süß.
Das haben dir schon viele gesagt?
Viele!! Was du dir wieder einbildest!
Na, sei einmal ehrlich. Wie viele haben den Mund da schon geküßt?
Was fragst mich denn? Du möcht’st mir’s ja doch nicht glauben, wenn ich dir’s sag’!
Warum denn nicht?
Rat’ einmal.
Na, sagen wir, — aber du darfst nicht bös’ sein?
Warum sollt’ ich denn bös’ sein?
Also ich schätze .... zwanzig.
Na — warum nicht gleich hundert?
Ja, ich hab’ eben geraten.
Da hast du aber nicht gut geraten.
Also zehn.
Freilich. Eine, die sich auf der Gassen anreden läßt und gleich mitgeht ins chambre separée!
Sei doch nicht so kindisch. Ob man auf der Straßen herumläuft oder in einem Zimmer sitzt .... Wir sind doch da in einem Gast - haus. Jeden Moment kann der Kellner her - einkommen — da ist doch wirklich gar nichts dran ....
Das hab’ ich mir eben auch gedacht.
Warst du schon einmal in einem chambre separée?
Also, wenn ich die Wahrheit sagen soll: ja.
Siehst du, das g’fallt mir, daß du doch wenigstens aufrichtig bist.
Aber nicht so — wie du dir’s wieder denkst. Mit einer Freundin und ihrem Bräutigam bin ich im chambre separée gewesen, heuer im Fasching einmal.
Es wär’ ja auch kein Malheur, wenn du ein - mal — mit deinem Geliebten —
Natürlich wär’s kein Malheur. Aber ich hab’ kein’ Geliebten.
Na geh’.
Meiner Seel’, ich hab’ keinen.
Aber du wirst mir doch nicht einreden wollen, daß ich ....
Was denn? .... Ich hab’ halt keinen — schon seit mehr als einem halben Jahr.
Ah so .... Aber vorher? Wer war’s denn?
Was sind S’ denn gar so neugierig?
Ich bin neugierig, weil ich dich lieb hab’.
Is wahr?
Freilich. Das mußt du doch merken. Erzähl’ mir also.
Was soll ich dir denn erzählen?
So laß dich doch nicht so lang bitten. Wer’s gewesen ist, möcht ich wissen.
Na ein Mann halt.
Also — also — wer war’s?
Ein bissel ähnlich hat er dir gesehen.
So.
Wenn du ihm nicht so ähnlich schauen tät’st —
Was wär’ dann?
Na also frag’ nicht, wennst schon siehst, daß ....
Also darum hast du dich von mir anreden lassen.
Na also ja.
Jetzt weiß ich wirklich nicht, soll ich mich freuen oder soll ich mich ärgern.
Na, ich an deiner Stell’ tät’ mich freuen.
Na ja.
Und auch im Reden erinnerst du mich so an ihn .... und wie du einen anschaust ....
Was ist er denn gewesen?
Nein, die Augen —
Wie hat er denn geheißen?
Nein, schau mich nicht so an, ich bitt’ dich.
Warum gehst du fort von mir?
Es wird Zeit zum Z’haus’geh’n.
Später.
Nein, ich muß wirklich schon zuhaus’ gehen. Was glaubst denn, was die Mutter sagen wird.
Du wohnst bei deiner Mutter?
Natürlich wohn’ ich bei meiner Mutter. Was hast denn geglaubt?
So — bei der Mutter. Wohnst du allein mit ihr?
Ja freilich allein! Fünf sind wir! Zwei Buben und noch zwei Mädeln.
So setz’ dich doch nicht so weit fort von mir. Bist du die älteste?
Nein, ich bin die zweite. Zuerst kommt die Kathi; die ist im G’schäft, in einer Blumen - handlung, dann komm’ ich.
Wo bist du?
Na ich bin z’haus’.
Immer?
Es muß doch eine z’haus’ sein.
Freilich. Ja, — und was sagst du denn eigentlich deiner Mutter, wenn du — so spät nach Haus’ kommst?
Das ist ja so eine Seltenheit.
Also heut’ zum Beispiel. Deine Mutter fragt dich doch?
Natürlich fragt s’ mich. Da kann ich Obacht geben so viel ich will — wenn ich nach Haus’ komm’, wacht s’ auf.
Also was sagst du ihr da?
Na, im Theater werd’ ich halt gewesen sein.
Und glaubt sie das?
Na, warum soll s’ mir denn nicht glauben? Ich geh’ ja oft ins Theater. Erst am Sonn - tag war ich in der Oper mit meiner Freundin und ihrem Bräutigam und mein’ älter’n Bruder.
Woher habt ihr denn da die Karten?
Aber, mein Bruder ist ja Friseur:
Ja, die Friseure ...... ah, wahrscheinlich Theaterfriseur.
Was fragst mich denn so aus?
Es interessiert mich halt. Und was ist denn der andere Bruder?
Der geht noch in die Schul’. Der will ein Lehrer werden. Nein .... so ’was!
Und dann hast du noch eine kleine Schwester?
Ja, die ist noch ein Fratz, aber auf die muß man schon heut’ so aufpassen. Hast du denn eine Idee, wie die Mädeln in der Schule verdorben werden! Was glaubst! Neulich hab’ ich sie bei einem Rendezvous erwischt.
Was?
Ja! mit einem Buben von der Schul vis-à-vis ist sie Abends um halber acht in der Strozzi - gasse spazieren gegangen. So ein Fratz!
Und, was hast du da gemacht?
Na, Schläg’ hat s’ kriegt!
So streng bist du?
Na, wer soll’s denn sein? Die ältere ist im G’schäft, die Mutter tut nichts als raunzen; — kommt immer alles auf mich.
Herrgott, bist du lieb!
Du erinnerst mich auch an wen.
So — an wen denn?
An keine bestimmte .... an die Zeit .... na, halt an meine Jugend. Geh, trink’, mein Kind!
Ja, wie alt bist du denn? .... Du .... ja … ich weiß ja nicht einmal, wie du heißt.
Karl.
Ist’s möglich! Karl heißt du?
Er hat auch Karl geheißen?
Nein, das ist aber schon das reine Wunder … das ist ja — nein die Augen .... Das G’schau ....
Und wer er war — hast du mir noch immer nicht gesagt.
Ein schlechter Mensch ist er gewesen — das ist g’wiß, sonst hätt’ er mich nicht sitzen lassen,
Hast ihn sehr gern g’habt?
Freilich hab’ ich ihn gern g’habt?
Ich weiß, was er war, Lieutenant.
Nein, bei Militär war er nicht. Sie haben ihn nicht genommen. Sein Vater hat ein Haus in der .... aber was brauchst du das zu wissen?
Du hast eigentlich graue Augen, anfangs hab’ ich gemeint sie sind schwarz.
Na sind s’ dir vielleicht nicht schön genug?
Nein nein — das vertrag’ ich schon garReigen. 9130nicht .... oh bitt’ dich — oh Gott .... nein, laß mich aufsteh’n .... nur für einen Moment — bitt’ dich.
Oh nein.
Aber ich bitt’ dich, Karl ....
Wie alt bist du? — achtzehn, was?
Neunzehn vorbei.
Neunzehn .... und ich —
Du bist dreißig ....
Und einige drüber. — Reden wir nicht davon.
Er war auch schon zweiundreißig, wie ich ihn kennen gelernt hab’.
Wie lang ist das her?
Ich weiß nimmer .... Du, in dem Wein muß ’was d’rin gewesen sein.
Ja, warum denn?
Ich bin ganz .... weißt — mir dreht sich alles.
So halt’ dich fest an mich. So ....
Ich werd’ dir ’was sagen, mein Schatz, wir könnten jetzt wirklich geh’n.
Ja .... nach Haus.
Nicht g’rad’ nach Haus .....
Was meinst denn? … Oh nein, oh nein … ich geh’ nirgends hin, was fallt dir denn ein —
Also hör’ mich nur an, mein Kind, das nächste Mal, wenn wir uns treffen, weißt du, da richten wir uns das so ein, daß …
Das ist angenehm, oh, das ist an - genehm.
Was machst denn?
....
Du in dem Wein muß ’was drin gewesen sein — so schläfrig .... du, was g’schieht denn, wenn ich nimmer aufsteh’n kann? Aber, aber, schau, aber Karl .... und wenn wer hereinkommt .... ich bitt’ dich .... der Kellner.
Da .... kommt sein Lebtag .... kein Kellner .... herein ....
— — — — — — — — — — — —
Wer weiß, was das eigentlich für eine Person ist — Donnerwetter .... So schnell .... War nicht sehr vorsichtig von mir .... Hm ....
In dem Wein muß ’was d’rin gewesen sein.
Ja warum denn?
Sonst ....
Warum schiebst du denn alles auf den Wein? ....
Wo bist denn? Warum bist denn so weit? Komm’ doch zu mir.
Jetzt sag’ mir, ob du mich wirklich gern hast.
Das weißt du doch ....
Freilich.
Weißt .... es ist doch .... Geh,[] sag’ mir die Wahrheit, was war in dem Wein?
Ja, glaubst du ich bin ein .... ich bin ein Giftmischer?
Ja, schau, ich versteh’s halt nicht. Ich bin doch nicht so .... Wir kennen uns doch erst seit .... Du, ich bin nicht so ....135 meiner Seel’ und Gott, — wenn du das von mir glauben tät’st —
Ja — was machst du dir denn da für Sorgen. Ich glaub’ gar nichts schlechtes von dir. Ich glaub’ halt, daß du mich lieb hast.
Ja ....
Schließlich, wenn zwei junge Leut’ allein in einem Zimmer sind, und nachtmahlen und trinken Wein .... es braucht gar nichts d’rin zu sein in dem Wein.
Ich hab’s ja auch nur so g’sagt.
Ja warum denn?
Ich hab’ mich halt g’schämt.
Das ist lächerlich. Dazu liegt gar kein Grund vor. Umsomehr als ich dich an deinen ersten Geliebten erinnere.
Ja.
An den ersten.
Na ja ....
Jetzt möcht’ es mich interessieren, wer die anderen waren.
Niemand.
Das ist ja nicht wahr, das kann ja nicht wahr sein.
Geh’ bitt’ dich, sekier’ mich nicht. —
Willst eine Zigarette?
Nein, ich dank’ schön.
Weißt du, wie spät es ist?
Na?
Halb zwölf.
So!
Na .... und die Mutter? Die ist es gewöhnt, was?
Willst mich wirklich schon z’haus schicken?
Ja, du hast doch früher selbst —
Geh’, du bist aber wie ausgewechselt. Was hab’ ich dir denn getan?
Aber Kind, was hast du denn, was fällt dir denn ein?
Und es ist nur dein G’schau gewesen, meiner Seel’, sonst hätt’st du lang .... haben mich schon viele gebeten, ich soll mit ihnen ins chambre separée gehen.
Na, willst du .... bald wieder mit mir hieher .... oder auch wo anders —
Weiß nicht.
Was heißt das wieder: Du weißt nicht.
Na, wenn du mich erst fragst?
Also wann? Ich möcht’ dich nur vor allem aufklären, daß ich nicht in Wien lebe. Ich komm’ nur von Zeit zu Zeit auf ein paar Tage her.
Ah geh’, du bist kein Wiener?
Wiener bin ich schon. Aber ich lebe jetzt in der Nähe ....
Wo denn?
Ach Gott, das ist ja egal.
Na, fürcht’ dich nicht, ich komm’ nicht hin.
Oh Gott, wenn es dir Spaß macht, kannst du auch hinkommen. Ich lebe in Graz.
Im Ernst?
Na ja, was wundert dich denn daran?
Du bist verheiratet, wie?
Ja, wie kommst du darauf?
Mir ist halt so vorgekommen.
Und das würde dich gar nicht genieren?
Na, lieber ist mir schon, du bist ledig. — Aber du bist ja doch verheiratet! —
Ja, sag’ mir nur, wie kommst du denn da darauf?
Wenn einer sagt, er lebt nicht in Wien und hat nicht immer Zeit —
Das ist doch nicht so unwahrscheinlich.
Ich glaub’s nicht.
Und da möchtest du dir gar kein Gewissen machen, daß du einen Ehemann zur Untreue verführst?
Ah was, deine Frau macht’s sicher nicht anders als du.
Du, das verbiet’ ich mir. Solche Bemer - kungen —
Du hast ja keine Frau, hab’ ich geglaubt.
Ob ich eine hab’ oder nicht — man macht keine solche Bemerkungen.
Karl, na Karl, was ist denn? Bist bös’? Schau, ich hab’s ja wirklich nicht gewußt, daß du verheiratet bist. Ich hab’ ja nur so g’redt. Geh’ komm’ und sei wieder gut.
Ihr seid wirklich sonderbare Geschöpfe, ihr .... Weiber.
Geh’ ..... nicht ..... es ist auch schon so spät. —
Also jetzt hör’ mir einmal zu. Reden wir143 einmal im Ernst miteinander. Ich möcht’ dich wieder sehen, öfter wiedersehen.
Is wahr?
Aber dazu ist notwendig .... also verlassen muß ich mich auf dich können. Aufpassen kann ich nicht auf Dich.
Ah, ich pass’ schon selber auf mich auf.
Du bist .... na also, unerfahren kann man ja nicht sagen — aber jung bist du — und — die Männer sind im allgemeinen ein gewissenloses Volk.
Oh jeh!
Ich mein’ das nicht nur in moralischer Hinsicht. — Na, du verstehst mich sicher. —
Ja, sag’ mir, was glaubst du denn eigentlich von mir?
Also — wenn du mich lieb haben willst — nur mich — so können wir’s uns schon ein - richten — wenn ich auch für gewöhnlich in Graz wohne. Da wo jeden Moment wer hereinkommen kann, ist es ja doch nicht das rechte.
Das nächste Mal … werden wir wo anders zusammen sein, ja?
Ja.
Wo wir ganz ungestört sind.
Ja.
Das andere besprechen wir im Nachhaus - fahren.
Kellner .... die Rechnung!
So, mein Schatz
Ah! Da ist aber schön! Nur sehen tut man nichts!
Deine Augen müssen sich an das Halb - dunkel gewöhnen. — Diese süßen Augen
Dazu werden die süßen Augen aber nicht Zeit genug haben.
Warum denn?
Weil ich nur eine Minuten dableib’.
Den Hut leg’ ab, ja?
Wegen der einen Minuten?
Und die Mantille —
Was willst denn? — Ich muß ja gleich wieder fortgehen.
Aber du mußt dich doch ausruh’n! Wir sind ja drei Stunden gegangen.
Wir sind gefahren.
Ja nach Haus — aber in Weidling am Bach sind wir doch drei volle Stunden herumge - laufen. Also setz’ dich nur schön nieder, mein Kind .... wohin du willst; — hier an den Schreibtisch; — aber nein, das ist nicht bequem. Setz’ dich auf den Divan. — So.
Bist du sehr müd’, so kannst du dich auch hinlegen. So.
Da das Kopferl auf den Polster.
Aber ich bin ja gar nicht müd’!
Das glaubst du nur. So — und wenn du schläfrig bist, kannst du auch schlafen. Ich werde ganz still sein. Übrigens kann ich dir ein Schlummerlied vorspielen ..... von<