Dem Durchlauchtigſten Fuͤrſten und HERRN, HERRN Chriſtian Friederich Carl Alexander, Marggrafen zu Brandenburg in Preußen, zu Schleſien, Magdeburg, Cleve, Juͤlich, Berg, Stettin, Pommern, der Caſſuben und Wenden, zu Mecklenburg und zu Croßen Herzoge; Burggra - fen zu Nuͤrnberg, ober - und unterhalb Gebuͤrgs; Fuͤrſten zu Halberſtadt, Minden, Camin, Wenden, Schwerin, Ratzeburg und Moͤrs; Grafen zu Glatz, Hohenzollern, der Mark, Ravensberg und Schwe - rin; Herrn zu Ravenſtein, der Lande Roſtock und Stargard; Grafen zu Sayn und Wittgenſtein; Herrn zu Limburg ꝛc. ꝛc. Des loͤblichen Fraͤnki - ſchen Craißes Craiß. Oberſten und General Feld - Marſchall; Ihro Roͤmiſch Kaiſerl. Koͤnigl. Majeſtaͤt General-Major; Ihro Koͤnigl. Preußiſchen Maje - ſtaͤt General-Lieutenant und Obriſten uͤber drey Cavallerie Regimenter Meinem gnaͤdigſten Fuͤrſten und Herrn.
Unter die vielen preißwuͤrdigen Veranſtal - tungen, durch die Euer Hochfuͤrſtlich Durchlaucht Hoͤchſt Dero Lande zu be - gluͤcken eifrigſt und Landesvaͤterlich bemuͤhet ſind; iſt mit allem Recht auch die Einfuͤhrung der Wetterableiter zu zaͤhlen.
Euer Hochfuͤrſtlich Durchlaucht haben um Hoͤchſt Dero Unterthanen hierinnen mit guten Beyſpiel vorzuleuchten, an Hoͤchſt Dero eigenen Schloͤſſern den Anfang machen laſſen. Noch nicht allzuviele Laͤnder Deutſch - lands genießen dieſe Wohlthat. Um ſo ruhm - wuͤrdiger iſt es, und ein unwiderſprechlicher Be - weis von Euer Hochfuͤrſtlich Durch -lauchtlaucht gruͤndlichen Einſichten in die Natur - lehre, daß Hoͤchſt Dieſelben Sich nicht durch die Widerſpruͤche der Unwiſſenheit, und des Aberglaubens, von dieſem guten Werk ha - ben abhalten laſſen.
Da das Beyſpiel eines von ſeinen Unter - thanen verehrten und geliebten Regentens, je - desmahl bey Unterthanen mehr wuͤrkt, als die uͤberzeugenſten Lehren oder geſchaͤrfteſten Be - fehle; ſo machen Sich Euer Hochfuͤrſt - lich Durchlaucht hierdurch zugleich um Hoͤchſt Dero Lande ruͤhmlichſt verdient. Denn ſchon beeifern ſich hie und da verſchiedene wuͤrdige Maͤnner, nach Hoͤchſt Dero Bey -ſpielſpiel Wetterableiter anrichten zu laſſen; und bald hoffe ich, wird dieſes Geſchaͤft allgemein werden.
Doch! wie es mit einer jeden neuen Sa - che gehet! Sie ſeye noch ſo gut; es wird ihr von Leuten die ſie nicht verſtehen oder beurthei - len koͤnnen widerſprochen: Und dieſes Schickſaal haben auch die Wetterableiter. Da aber dieſes der allgemeinen Einfuͤhrung derſelben die groͤſte Hindernuß machet; ſo habe in gegenwaͤrtiger Schrift einen Verſuch gewagt, ob nicht die in Anſehung des Blitzes und der Wetterableiter, bey einem groſen Haufen der Menſchen herr - ſchende Vorurtheile großentheils ausgerottet werden koͤnnten.
IchIch erkenne zwar wohl: Es iſt in gewiſſer Betrachtung ein gefaͤhrliches Unternehmen ſich dem Geſchrey welches von der Unwiſſenheit und dem Aberglauben wider die Wetterableiter erho - ben wird, zu widerſetzen, und ich wuͤrde es daher auch nie gewagt haben, dieſe Abhandlung, mit welcher ich ſchon geraume Zeit in meinen Ge - danken umgieng, dem Publicum zu uͤbergeben: wenn nicht der guͤnſtige Zeitpunkt erſchienen waͤre; da ich hoffen kann, daß ſie ſich des gnaͤ - digſten Schutzes Euer Hochfuͤrſtlichen Durchlaucht werde zu erfreuen haben in - dem ſie ſich mit Hoͤchſt Dero eigenen Sache beſchaͤftiget.
DaDa nun von demjenigen Gegenſtand, wel - chen dieſe Abhandlung enthaͤlt, Euer Hoch - fuͤrſtlich Durchlaucht der preißwuͤrdige Stifter in unſerem Vaterland ſind; — Da ich ferner mich nie erkuͤhnet haͤtte, dieſe Sa - che, welcher von dem großen Haufen, als einer ſchaͤdlichen und ſuͤndlichen widerſprochen wird, zu empfehlen, wenn nicht Hoͤchſt Dieſelbe ſie unternommen haͤtten und unterſtuͤtzten: ſo halte es fuͤr ſchuldige Pflicht, Euer Hoch - fuͤrſtlich Durchlaucht Hoͤchſten Nah - men dieſer Schrift vorzuſetzen, zugleich aber mich Hoͤchſt Dero Huld[und] Gnade unter -thaͤ -thaͤnigſt zu empfehlen, und unter unaufhoͤrlich bruͤnſtigſtem Gebet zu Gott um Verlaͤngerung und Begluͤckung Hoͤchſt Dero theuerſten Le - bens, mit tiefſter Ehrfurcht zu erſterben
Es iſt erſt dreyſig Jahre, daß ſelbſt die Gelehr - ten richtigere Begriffe vom Blitz und Donner bekommen haben. Zuvor dachte man beym Blitz und Donner, immer an eine loßgebrannte Canone. Man glaubte in der Luft ſeyen viele ſchweflichte und ſalpetrich - te Duͤnſte, dieſe wuͤrden durch einen Zufall, den man ſich ſelbſt nicht erklaͤren konnte, entzuͤndet; und dieſe verurſachten die Blitzen und Donnern. Der gemeine Mann, der ſich noch weniger als der Gelehrte vorſtel - len konnte, daß durch ein bloſes Feuer, Gebaͤude und Baͤume zerſchmettert, und Menſchen ſollten erſchlagen werden koͤnnen, nahm ſeine Zuflucht zu feurigen Ku - geln und Donnerkeilen, die ſich in der Geſellſchaft der Blizen befinden muͤßten.
Seit 1752. oder vielmehr, ſeit 1746. hat man angefangen andere Begriffe vom Donner und Blitz zu bekommen.
Man hatte ſchon lange zuvor einen phyſicaliſchen Verſuch von dem man nicht wuſte was man daraus ma - chen ſollte. Wenn man nehmlich bey Nacht, einer Ka - ze uͤber dem Ruͤcken mit der Hand etliche mahl hinweg faͤhrt, ſo entſtehen feurige Funken. Die Alten wu - ſten ſchon, daß wenn man ein Stuͤck Bernſtein an einem wollenen Tuch, oder an der Hand rieb, dann aberA 2gegen4gegen einen andern Koͤrper hinhielt, er leichte Koͤrper an ſich zog, kniſterte und in der Dunkelheit, kleine Fuͤnkchen ſehen ließ. Weil der Bernſtein, electrum heiſt, ſo nannte man dieſes Feuer, electriſches Feuer. Man bemerkte hernach auch, daß Glas, Pech, Schwe - fel, Siegellac*)Gilbert ein Engellaͤnder im 16. Jahrhundert, zeigte dieſes zu erſt in ſeinem Tractat vom Magnat. u. d. g. das nehmliche Feuer von ſich geben, wenn man ſie entweder mit der Hand, oder mit einem ledernen Kuͤſſen reibt.
Daher machte man Maſchienen in welche man Ku - geln von Glas, oder Schwefel**)Otto von Guerike ein Burgermeiſter in Magdeburg im vorigen Jahrhundert, erfand die Kugeln von Schwefel zu electriſchen Gebrauch. einſezte, und durch ein Rad herum trieb; an die Kugel aber ein Kuͤſſen anhielt. Um aber das Feuer, welches man durch das Reiben dieſer Glas und Schwefelkugeln erhielt, zu ſammeln, machte man folgende Einrichtung. Man bemerkte daß dieſes Feuer von einer geriebenen Glas - kugel, gerne auf alle Arten von Metallen loß gehet und daran fort lauft. Daß aber das Glas, Pech, Sigellac, alle Arten von Harzen, und die Seide, dieſes Feuer nicht weiter laufen laſſen. ***)Man nennet daher die Metalle, das Waſſer den thieri - ſchen und menſchlichen Koͤrper u. d. g. leitende Koͤrper des electriſchen Feuers. Hingegen Glas, Pech, alle Harzen, Schwefel, Sigellac, Seide, gedoͤrrt Holz u. d. g. nicht leitende Koͤrper des electriſchen Feuers.Daher ſtell - te man eine blecherne Roͤhre entweder auf einen Fuß von Glas oder Pech; oder hieng ſie an ſeidenen Schnuͤ - ren auf, und richtete ſie gegen eine Glaskugel, die in der erſt bemelden Maſchiene, die man Electriſirmaſchie -ne5ne nannte, gerieben wurde. Das Feuer nun welches an der geriebenen Glaskugel entſtund, lief an die ble - cherne Roͤhre. Weil aber dieſe auf glaͤſernen Fuͤſen ſtund, ſo konnte das Feuer nicht weiter gehen, und muſte an dem Metall bleiben. Beruͤhrte man dieſe metallerne Roͤhre, ſo ſprang ein kleiner Feuerfunke her - aus, der in den Koͤrper einige Empfindungen verurſa - chet ohne jedoch Heiß zu ſeyn, oder zu brennen.
Mit dieſen Maſchienen trieb man Anfangs gleich - ſam nur ein gelehrtes Spielwerk. Denn man wuſte da - mahls noch nicht dieſes Feuer zu benuzen; und man konnte nichts thun als nur dieſe Wuͤrkung der Natur zu bewundern.
Van Muͤſchenbroͤck ein Profeſſor zu Leiden in Hol - land machte darauf an dieſem electriſchen Feuer eine andere Entdeckung. Er fuͤllte eine glaͤſerne Flaſche halb mit Waſſer an, ſtellte ſie in ein metallenes Gefaͤß mit Waſſer, damit das Waſſer auſſer der Flaſche ſo hoch ſtund, als das Waſſer in der Flaſche; und ließ von der blechernen Roͤhre der Electriſirmaſchiene einen Drath gehen, um zu ſehen ob auch das Waſſer, daß electri - ſche Feuer annehmen wuͤrde. Als er darauf den Drath der in das Waſſer gieng mit der einen Hand beruͤhrte, und mit der andern Hand das mit Waſſer angefuͤllte metallene Gefaͤß hielt, in welchem die Glasflaſche ſtund; ſo bekam er eine ſehr heftige Erſchuͤtterung, die jener aͤhnlich iſt, welche ein Menſch der vom Donner geruͤhrt wird empfinden kan.
Winkler ein ſehr geſchickter Profeſſor der Natur - lehre zu Leipzig, kam durch dieſen Verſuch zu erſt auf den Gedanken; das electriſche Feuer ſeye das nehm - liche welches ſich beym Blitz befindet.
A 3Der6Der beruͤhmte Franklin, dem die americaniſchen Staaten groſentheils die Erlangung ihrer Freyheit zu verdanken haben, verfiel etliche Jahre darauf auf die nehmliche Meynung. Um ſich aber zu uͤberzeugen ob ſeine Vermuthung gegruͤndet ſeye oder nicht, erdachte er ein ſehr ſonderbahres Mittel.
Es iſt bekannt daß die Knaben an manchen Orten, zu ihrem Spiel einen ſogenannten Drachen in die Luft ſteigen laſſen. Dieſer iſt nichts anders als ein oval geformter Reif den ſie mit Papier uͤberziehen, in deſſen Mitte aber eine lange Schnur beveſtigen. Wenn man bey einigem Wind dieſen Drachen mit Vortheil ſchwin - get, ſo wird er von der Luft in die Hoͤhe gefuͤhrt. Mit der an ihm befindlichen Schnur aber kan man ihn nach - Wohlgefallen regieren.
Einen ſolchen Drachen nahm Franklin, flochte aber in die Schnur, mit dem er ihn in die Wolken ſteigen ließ, einen feinen metallenen Drath die ganze Laͤnge hindurch, ein; An das untere Ende der Schnur, knuͤpfte er eine ſeidene Schnur, und ließ ihn alſo zur Zeit eines herannahenden Donnerwetters in die Hoͤhe ſteigen. Franklin ſchloß: wenn das Feuer des Bli - tzes eben dasjenige Feuer ſeyn wuͤrde, welches man von der electriſchen Maſchiene erhaͤlt; ſo muͤſte es aus den Wolken, in den Drath der in die Schnur einge - flochten war, und an dieſem die ganze Laͤnge herab, biß auf die Erde gehen. Weil aber an das untere Ende der Schnur, ein Stuͤck ſeidener Schnur ange - bracht war, ſo muͤſſe das Feuer dadurch aufgehalten werden, und an der metallenen Schnur bleiben.
Es geſchahe auch was Franklin vermuthete. Denn als er die metallene Schnur mit dem Finger beruͤhrte, ſo fuhren Funken heraus, die jenen Funcken vollkommenaͤhn -7lich waren die man durch die Electriſirmaſchiene be - kommt. Je naͤher aber die Wetterwolken heran ruͤck - ten deſto heftiger wurden die Funken; Endlich ver - ſtaͤrkten ſie ſich ſo ſehr, daß man ſie ohne Lebensgefahr nicht mehr aushalten konnte.
Kaum war Franklin uͤberzeugt, daß das Feuer des Blitzes und das ſogenannte electriſche Feuer einer - ley ſeye; ſo dachte er daran, wie man der Gewalt die - ſes Himmelsfeuers Einhalt thun, und von den Gebaͤu - den moͤgte ableiten koͤnnen. Die electriſir Maſchiene muſte nun hierinnen den beſten Unterricht geben. Die - ſe belehrte ihn, daß das electriſche Feuer dem Metall nachgehe; Daß es ferner ſeinen Gang im ſtillen fort - ſetze, wenn das Metall auf dem es fortwandert, zu - ſammenhaͤngend iſt; und endlich, daß das electriſche Feuer ſich in der Erde, beſonders im Waſſer verliere.
Die Erfahrung die man zuvor ſchon bey unzaͤhli - gen Wetterſchlaͤgen hatte, beſtaͤttigte dieſes alles. Man weiß zur Genuͤge, daß wenn der Blitz in ein Ge - baͤude einſchlaͤgt, er von einem Metall auf das an - dere gehet; ferner daß er keinen Schaden oder Verwuͤ - ſtung anſtellet, ſo lange er unabgeſetzt, an einem Me - tall Z. B. an einen Drath fortlaufen kan, und end - lich das ein jeder Blitz den Erdboden ſuchet, in wel - chem er ſeine Gewalt endiget und ſich verliert.
Franklin machte aus dieſem den Schluß daß wenn man von dem oberſten Gipfel eines Gebaͤudes, einen dicken Drath ununterbrochen biß in den Erdboden fuͤh - ren wuͤrde; der Blitz, wenn er auf das Gebaͤude ſchla - gen ſollte, an dem Drath biß in die Erde laufen muͤ - ße, ohne an dem Gebaͤude Schaden anzurichten. Die - ſes war der erſte Entwurf zu den Wetterableitern.
A 4Er8Er fand aber bald noch einen andern guͤnſtigen Um - ſtand hiezu. Er entdeckte nehmlich daß wenn er an eine geladene electriſche Maſchiene, ſchon in einer wei - ten Entfernung, eine metallene Spitze brachte, die Spitze bey Nachtzeiten feurig erſchien: ferner, daß dieſe in der Entfernung ſchon feurige Spize, das Feuer aus der geladenen Maſchiene ſtillſchweigend abfuͤhrte, ſo daß wenn man mit der Spitze langſam immer naͤher gegen die Maſchiene ruͤckte, ihr ſchon alles Feuer ge - raubt wurde, ehe die Spitze der Maſchiene ſo nahe kam, daß noch ein Funke darauf ſchlagen koͤnnte. Dann auch: daß wenn man gleich ſehr ſchnell mit der Spitze an die geladene Maſchiene fuhr, der Funke den man durch ſie auslockte, ſehr ſchwach wurde, weil ſich ſchon, auch waͤhrend dem ſchnellen hinfahren an die Maſchie - ne, ſehr viel Feuer ſtillſchweigend durch die Spitze hinweggezogen hatte, und folglich dadurch der Schlag geſchwaͤchet werden muſte. Und endlich, daß die Spi - tze weit naͤher an eine geladene Maſchiene kommen muͤ - ße, als eine Kugel, wenn ein Schlag oder Funke er - folgen ſollte.
Durch dieſe Erfahrungen bewogen, ſchlug Frank - lin vor, auf die Gebaͤude ſpitzige Stangen zu ſetzen, und von dieſen einen Drath biß in die Erde zu fuͤhren. Denn er ſchloß mit Recht aus obigen Verſuchen. Erſtlich, daß eine Spitze eine annaͤherende Wetter - wolke ſchon in der Entfernung und zwar ſtillſchweigend anfange auszuladen. Anderns, wenn gleich eine Wetterwolke ſehr ſchnell gegen das Gebaͤude getrieben werden ſollte, ſo daß die Spitze in der Geſchwindig - keit nicht alles Feuer der Wolcke ſollte abfuͤhren koͤn - nen; der Schlag doch wenigſtens ſehr gemindert wer - de, indem durch die Spitze, vor der Erfolgung desSchlags,9Schlags, wenigſtens ein ſehr groſer Theil des Feuers abgeleitet werde. Endlich, daß wenn ein Schlag auf den ſpitzigen Ableiter erfolgen ſollte, die Wolke dem Gebaͤude naͤher kommen muͤße, als ſie um in ein Gebaͤude ohne ſpitzigen Wetterableiter einſchlagen zu koͤnnen, noͤthig gehabt haͤtte; daß daher alle jene Wol - ken die ſchon in einer weitern Entfernung von einem Gebaͤude ohne Ableiter, in daſſelbe wuͤrden eingeſchla - gen haben, nun nicht mehr einſchlagen koͤnnen wenn das Gebaͤude mit einem ſpitzigen Wetterableiter ver - ſehen iſt.
Voll Vertrauens auf dieſe Grundſaͤtze uͤberredete Franklin die Einwohner von Philadelphia, an ihre Haͤuſer Wetterableiter nach ſeinen Grundſaͤtzen anzule - gen. Was er vielleicht in keiner Stadt Europens wuͤr - de haben ins Werk richten koͤnnen, bewuͤrkte er bey die - ſen ſeinen Landesleuten. In kurzer Zeit war die ganze Stadt mit Wetterableitern verſehen. Die regelmaͤſi - ge Anlage der Stadt, erleichterte dieſes Geſchaͤft. Denn oͤffters konnte durch einen oder zwey Ableiter, die ganze eine Helfte einer Straße, geſichert werden. Der Erfolg hievon war auch erwuͤnſcht, und der Nu - tzen augenſcheinlich. Philadelphia war ſonſten dem Ein - ſchlagen des Blitzes auſſerordentlich ausgeſezt. Kein Jahr vergieng wo nicht der Blitz in dieſer Stadt etli - che zwanzigmahl Zerſtoͤrung anrichtete. Seit dem ſie aber mit Wetterableitern verſehen iſt, ſoll, wie verſi - chert wird, der Bliz nicht ein einzigesmahl mehr ein - geſchlagen haben. Ohnmoͤglich kan ich zwar dieſes mir alſo erklaͤren, als ob gar kein Blitz mehr auf die Stadt geſchlagen haͤtte, ſondern ich glaube es habe nur dieſen Verſtand; daß das Wetter theils lange nicht mehr ſo oft eingeſchlagen habe, theils daß wenn esA 5geſche -10geſchehen, die Schlaͤge durch die Wetterableiter gluͤck - lich von den Gebaͤuden ab und in die Erde geleitet wor - den ſeyen.
In Europa fieng man zwar auch bald an, dieſe herrliche Frankliniſche Erfindung zu benutzen. Aber das Werk wollte doch in dieſem Lande, ob es gleich das Land der Wiſſenſchaften genannt zu werden verdient, keinen rechten Fortgang bekommen. Nicht nur der Poͤbel, ſondern auch Halbgelehrte widerſetzten ſich ei - nem ſo heilſamen Unternehmen, und ſahen es entweder als eine gefaͤhrliche Sache, oder als einen Eingrif in die goͤttliche Vorſehung und Strafgerechtigkeit an. Haͤt - ten nicht Koͤnige und Fuͤrſten den Anfang mit Anle - gung der Wetterableiter gemacht, und durch ihr Anſehen und Gewalt dieſes gute Werk befoͤrdert; ſo wuͤrden wir ohne Zweifel in Europa noch keinen oͤffentlich auf - gerichteten Wetterableiter aufweiſen koͤnnen. Es wuͤr - de fuͤr ein Staatsverbrechen und fuͤr eine Verſuchung Gottes angeſehen worden ſeyn, wenn eine Privatperſon den Anfang mit Anlegung eines Wetterableiters haͤtte machen wollen. Die Nachbarn wuͤrden ſchwere Klagen erhoben, und der Poͤbel mit Tumult gedrohet haben. Die Gerichte, in denen nicht allezeit Naturforſcher praͤſidiren, wuͤrden entweder aus Unwiſſenheit ein der - gleichen Unternehmen als gefaͤhrlich verdammt und un - terdruͤckt haben; oder ſie wuͤrden wenigſtens der Raſe - rey eines aufgebrachten blinden Poͤbels haben nachge - ben muͤſſen.
Ich erdichte hier nichts zur Schande unſers Va - terlandes. Es ſind That Sachen und es waͤre mir ein leichtes, dergleichen wuͤrkliche Auftritte anzufuͤhren. Bloß die Bewegungen, die in der Chur-Pfalz und in Chur-Baiern uͤber die Anlegung der Wetterableiter entſtanden ſind, darf ich hier oͤffentlich melden, da ſiein11in den Ephemeridibus ſocietatis Meteorologicae palatinae 1781. umſtaͤndlich erzaͤhlet werden. Maxi - milian Theodor, der Pfaͤlzer und Baiern Churfuͤrſt, ein eben ſo groſer und gruͤndlich gelehrter Naturfor - ſcher, als weiſer und guter Regent beſchloß zuerſt unter den Fuͤrſten Deutſchlands die Wetterableiter in ſeinen Landen einzufuͤhren. Auf ſeinem Luſtſchloß Schwet - zingen ließ er den erſten Wetterableiter anlegen. Kaum war es geſchehen, ſo wurde er mit Bitten ſeiner Unter - thanen uͤberhaͤuft, es entweder zu unterlaſſen, oder wenigſtens ſich nicht an einem ſo gefaͤhrlichen Ort auf - zuhalten. Allein er mußte, um die Vorurtheile zu widerlegen, dieſe Bitte ſeiner Unterthanen verſagen. Er wohnte dem naͤchſten Sommer auf ſeinem mit Wetterableitern verſehenen Luſtſchloß ruhig, waͤhrend dem ſein Volk bey jedem Wetter aͤngſtlich um ſein Le - ben beſorgt war. Das folgende Jahr ließ er auch an ſeinem Schloß zu Mannheim einen Wetterableiter an - richten; zwar nicht ganz ohne Beaͤngſtigung, aber ſchon mit mehrerer Beruhigung der Einwohner; da ſie wuſten, daß ihr Churfuͤrſt bereits einen Sommer un - ter einem Wetterableiter ſicher zugebracht hatte. Im dritten Jahr fiengen ſchon viele Privatperſonen an, die Wetterſtangen aufrichten zu laſſen, und bald wur - den ſie allgemein.
Nun fiel dieſem groſem Reichsfuͤrſten auch Chur - Baiern durch Erbſchaft zu. Daher dachte er gleich darauf, auch ſein Muͤncher Schloß und das Sommer - Schloß zu Nymphenburg, durch Wetterableiter vor dem Blitz zu verwahren. Aber hier geſchahe, was man kaum denken ſollte. Der Poͤbel wurde von der Geiſtlichkeit an - geſtiftet, ſich dieſem Unternehmen zu widerſetzen. Es entſtund alſo ein Tumult, und die Wetterableiter mu - ſten unter dem Schutz der Waffen aufgerichtet werden. Kaum12Kaum aber hatte ſich die erſte Furcht etwas verlohren, ſo waren die Geiſtlichen, die ſich am meiſten wider die Wetterableiter ſetzten, die erſten, die ſie an ihren Cloͤ - ſtern aufrichteten.
Durch die weiſe Vorſorge unſers Durchlauchtig - ſten Herrn Marggrafens iſt es dahin kommen, daß jetzt auch in unſerm Lande Wetterableiter angelegt werden. Da dieſes Werk unter Landesherrſchaftlicher Autoritaͤt geſchiehet, ſo wagt es zwar niemand, ſich darwieder zu ſetzen. Allein die Welt iſt ſich doch uͤberall gleich. Es fehlt daher auch hier nicht an Leuten, die unver - ſtaͤndig genug ſind um theils in der Stille, theils oͤffent - lich wider ein ſo gutes Werk zu murren, und es theils als ein ſuͤndliches, theils ſchaͤdliches Unternehmen zu verlaͤſtern. Da ich aber uͤberzeugt bin, daß derglei - chen Leuten, ſo bald ſie von der Sache gruͤndlich unter - richtet ſind, nicht nur der Mund geſtopfet werden kan, ſondern daß ſie dann vielleicht die erſten ſeyn werden, welche ſich, die Ihrigen, und ihre Guͤtter, vor den ſchaͤdlichen Wuͤrkungen des Blitzes durch Ableiter ver - wahren werden; ſo habe ich mich entſchloſſen, dieſer Claſſe Menſchen zu gut, gegenwaͤrtige kleine Abhand - lung drucken zu laſſen.
Ich finde daß wider die Wetterableiter ſonderlich zwey Einwuͤrfe gemacht werden. Der erſte iſt; Es ſeye eine gefaͤhrliche Sache in einem Hauße oder auch ſogar nur neben einem Hauße zu wohnen, welches mit Wetterableitern verſehen iſt. Der andere aber; es ſey ein Eingriff in die[goͤttliche] Regierung und Vorſe - hung, wenn man ſich und die Seinigen wider Don - ner und Blitzen, welche Gort zu Werkzeugen erſchaffen, um ſeine Rache und Straffen damit uͤber die Welt auszuuͤben, verwahren wollte. Ich gehe nun an die Widerlegung dieſer zwey Einwuͤrfe.
Man haͤlt demnach die Wetterableiter fuͤr gefaͤhr - lich, und zwar aus dem Grunde; weil ſelbige die Wettermaterie oder das Blitzfeuer an ſich ziehen, und man folglich bey jedem Wetter in Gefahr ſtehe, daß ein Blitz nach dem andern, der ſonſten lange nicht an das Gebaͤude wuͤrde gekommen ſeyn, an dem Ab - leiter hinfahre, das Haus erſchuͤttere, die Einwohner erſchroͤcke, oder wohl bey dem geringſten Zufall, oder bey dem geringſten Fehler den der Ableiter haben oder bekommen koͤnnte, oder auch bey einer, durch einen heftigen Schlag erfolgten Zerreiſung des Ableiters, in das Hauß fahren, und ſeine gewoͤhnlichen ſchroͤckli - chen Verwuͤſtungen anrichten koͤnnte.
Wenn der Einwurf alſo lautete: die Wetterableiter ſeyen nicht im Stande zu verhindern, daß nicht doch auf ſie ein Bliz losſchlagen koͤnnte; oder auch: ſie ſtel - leten ein Gebaͤude nicht ganz ſicher, ſo muͤßte man ihn zugeben. Es iſt nur allzu gewiß, daß auch auf einen Ableiter der Blitz noch ſchlagen kan. Zwar geſchiehet dieſes ſehr ſelten, und man kann nur wenige Beyſpie - le hievon anfuͤhren. Allein es geſchiehet doch. Zu Nierſtein, 9 Stunden von Mannheim wurde erſt kuͤrz - lich an den Thurm, in welchen das Wetter ſchon oft einſchlug, ein Ableiter angebracht. Etliche Wochen darauf ſchlug das Wetter auf den Ableiter, der Blitz fuhr aber nicht mehr in den Thurm, ſondern an dem Ableiter in die Erde. Das nehmliche geſchahe den 30 Junii an dem graͤfl. Arkoiſchen Schloß Ober-Koͤllen - bach zu Au in Baiern an einer Wetterſtange, die 39. Spizen hatte. Ferner zu Duͤſſeldorf den 27. Juni aneiner14einer Wetterſtange des Pulvermagazins. An dem St. Marcusthurm zu Venedig den 10. Jul. und den 18. Aug. 1783. zu Nymphenburg wo der Blitz die Wetter - ſtange krum gebogen. Man denke alſo von den Wetterab - leitern nicht, als ob ſie den Blitz ganz abwendeten. Wenn eine Wolke von einem heftigen Sturm ſo ſchnell gegen den Ableiter hingetrieben wird, daß ſie ihn erreicht, ehe die Spitze des Ableiters im Stande war, alle electriſche Materie aus der Wolke zu rauben, und in die Erde zu fuͤhren; ſo kan des Ableiters ohngeachtet ein Schlag er - folgen. Der Schlag trift aber nur den Ableiter, und lauft ohne Schaden des Gebaͤudes, an der Kette ruhig in die Erde.
Anderns. Wenn ein Gebaͤude oder Thurm ſo hoch ſtuͤnde, daß eine gegen ihn anziehende Wetterwol - ke, tiefer gehen ſollte als die Spize des Ableiters iſt; ſo koͤnnte der Blitz entweder auf den untern Theil des Ableiters, oder wenn die Wolke vor und der Ableiter hinter dem Gebaͤude ſtehen ſollte, ſelbſt in das Ge - baͤude einſchlagen. Allein ein ſolcher Fall laͤßt ſich bey - nahe gar nicht gedenken. Bloß ein Thurm von jener Hoͤhe, wie der St. Stephans Thurm in Wien iſt, deſſen Hoͤhe nemlich 434½ Wiener Schuhe betraͤgt, koͤnnte vielleicht das erſt bemeldete Schickſaal haben.
Drittens. Man hat ſchon verſchiedentlich und mit hinlaͤnglicher Gewißheit wahrgenommen, daß man - che Blitze aus dem Erdboden entſtehen und in die hoͤhe fahren. Sollte nun der Bliz in einem Gebaͤude ſelbſt entſtehen und von der Erde in die Wolken fah - ren, ſo koͤnnte es freylich geſchehen, daß da der Ablei - ter auſer dem Gebaͤude iſt, er zur Ableitung des Blitzes nichts nuͤzte, und der Blitz auch in einem, mit einemAblei -15Ableiter verſehenen Gebaͤude Verheerung anſtellete. Aber zum Gluͤck iſt auch dieſer Fall der allerſeltenſte.
Viertens. Wenn ein Gebaͤude alſo eingerichtet waͤre, daß von ſeiner oberſten Spitze biß auf den Erd - boden, in demſelben eine fortgeſezte und beynahe zu - ſammenhaͤngende Reihe von Metallen gienge; Z. E. wenn die Ecken des Dachs anſtatt der gewoͤhnlichen hohl Ziegel mit Blech bedeckt waͤren! Wenn ferner rings um das Dach eine kupferne Rinne gienge; Wenn end - lich von dem unterſten Stockwerk an, biß zu oberſt unter das Dach und zwar ſehr nahe an die Dachrinne hin, Draͤthe liefen mit welchen die gewoͤhnlichen Hauß - glocken gezogen werden; ſo koͤnnte, wenn eine von einem heftigen Sturm getriebene Wolke, ſchnell auf den Ableiter ſchlagen ſollte, der Blitz eben ſowohl ſeinen Gang an den Metallen, durch das Gebaͤude, als auſſer demſelben an der Ableitungskette in den Erdbo - den nehmen. Allein dieſer Umſtand, ob er gleich aus Unachtſamkeit uͤberſehen werden koͤnnte, kan doch von einem klugen Bauverſtaͤndigen bey Anlegung eines Ab - leiters, groͤſtentheils vermieden werden. Auch muß ich noch bemerken daß ſowohl in dieſem als in dem an - gefuͤhrten zweyten Fall, der Schlag kaum um ein zehn - theil ſo ſtark ſeyn koͤnnte als er ſeyn wuͤrde, wenn kein Ableiter an dem Gebaͤude waͤre; da die Atmos - phaͤre der Wetterwolken ſich ſehr weit erſtrecket, und daher der Ableiter im Stande iſt, vor dem erfolgten Schlag den groͤſten Theil des Feuers ſtillſchweigend abzuleiten.
Aus allemdem bisher angefuͤhrten erhellet zur Genuͤge, daß man von den Wetterableitern keineswegs behaup - ten koͤnne, als ob ſie das Loßſchlagen des Blitzes auf den Ableiter gaͤnzlich verhinderten; ingleichen auchnicht16nicht; daß ſie das Einſchlagen des Blitzes in das Ge - baͤude ſelbſt ganz unmoͤglich machten. Beydes kan ge - ſchehen, und iſt auch ſchon geſchehen.
Alles was ſich zum Vortheil der Wetter Ableiter ſagen laͤßt, kan daher in folgende Saͤtze gebracht wer - den. 1. Die Wetterableiter laden ſchon von Ferne die Wetterwolken ſtillſchweigend aus, und verhindern vielfaͤltig und meiſtentheils den wuͤrklichen Ausbruch des Blitzes oder deſſen Loßſchlagen. Aus dieſem Grund waͤren ſie ſchon ſchaͤtzbar. 2. Wenn ein wuͤrklicher Schlag erfolgen ſollte ſo iſt er wenigſtens geſchwaͤcht, weil die Spitze des Ableiters, ſchon vor Ausbruch des Schlags, einen groſen Theil des Feuers abgefuͤhrt hat. 3. Wenn ein wuͤrklicher Schlag geſchehen ſollte, ſo gehet der Blitz gewoͤhnlich an der Ableitungskette biß in den Erdboden, ohne dem Gebaͤude Schaden zu thun. 4. Nur in den aller ſeltenſten Faͤllen, die ſich aber kaum gedenken laſſen, koͤnnte des Ableiters ohn - geachtet der Blitz in das Gebaͤude ſchlagen. Unter dieſe ſeltene Faͤlle iſt zu rechnen, wenn ein Blitz im Ge - baͤude ſelbſt entſtehet und von der Erde in die Wolken ſchlaͤgt. Oder wenn die Wolken tiefer gehen ſollten als der Ableiter ſtehet. Oder wenn ein Gebaͤude vom Dach an biß auf den Erdboden, eine fortgehende Reihe Metalle Z. B. Draͤthe, Rinnen, Stangen u. d. g. in ſich enthalten ſollte. [Oder] endlich auch wenn der Ableiter ſelbſt ſehr fehlerhaft angelegt waͤre.
Es iſt demnach ein Wetterableiter wenigſtens beſ - ſer und ſicherer fuͤr ein Gebaͤude, als wenn es keinen hat, da der Ableiter viele Blitze die auf das Ge - baͤude ſchlagen wuͤrden, ſtillſchweigend ableitet, und nicht ausbrechen laͤßt; andre aber die unvermeidlich ſind, an der Ableitungskette, ohne Schaden des Ge -baͤudes,17baͤudes, in die Erde leitet. Sollten die Ableiter auch nicht im Stande ſeyn, in den erſt angefuͤhrten auſſer - ordentlichen Faͤllen, alle Schlaͤge von den Gebaͤuden abzuhalten, ſo iſt es doch gewiß kluͤger, geſetzt auch man ſollte nicht alle abwenden koͤnnen, wenn man die Gebaͤude wenigſtens von dem groͤſten Theil der Blitze verwahrt, als wenn man ſie ganz ohne Schutz laſſen wollte; zumahl da der Ableiter doch wenigſtens auch in dem ungluͤcklichſten Fall, die Heftigkeit des Schlags mindert, indem er vor dem erfolgten Schlag, den groͤ - ſten Theil des Feuers ſtillſchweigend abgefuͤhret hat. Der Kluge waͤhlt ſchon unter zwey Ubeln das geringſte; und in zweifelhaften Faͤllen gehet er wenigſtens denje - nigen Weg, auf welchem er nach aller Wahrſchein - lichkeit, die meiſte Sicherheit findet.
Ich komme nun der Aufloͤſung des oben angefuͤhrten erſten Einwurfs naͤher, und beweiſe aus Gruͤnden und Erfahrungen die mit der Electriſirmaſchine gemacht werden koͤnnen; daß die Wetterableiter wuͤrklich das elec - triſche Feuer aus den Wetterwolken abfuͤhren, dabey aber keineswegs die Wetterwolken herfuͤhren, oder ein haͤufigeres Schlagen des Blitzes auf den Ableiter verur - ſachen[.]Ich habe oft ſchon bemerkt, daß auch Leute die einige, aber nicht vollkommene Erkentnuͤß von der Electricitaͤt haben, in dem Wahn ſtehen, als ob die Wetterableiter die Wetterwolken, Blitze und Schlaͤ - ge, die ſonſt nie an das Gebaͤude wuͤrden gekommen ſeyn, erſt herfuͤhren. Es kommt dieſer Gedanke, ohne Zweifel von dem Ausdruck, Wetterableiter her; und man ſchließt daraus; weil die Wetterableiter die Blitze in die Erde leiten; ſo muͤſſen alle Blitze eines ganzen Wetters auf dieſelben zugehen. Ich geſtehe, daß vie - leicht ſelbſt einige Gelehrte, die allzu vortheilhaft vonBWetter -18Wetterableitern gedacht, und geglaubt haben, man wuͤrde durch viele Wetterableiter, ein ganzes[ Wetter-] ableiten und entkraͤften koͤnnen, nicht wenig zu dieſer Meynung beygetragen haben. Allein die Wetterab - leiter, leiten nur aus denjenigen Wetterwolken, die nahe ober ihnen vorbey ziehen, die electriſche Materie ab. Sie ziehen aber keine Wolken an ſich, und wenn eine Wolke nicht ohnehin ober dem Wetterableiter weg - ziehen wuͤrde, ſo wuͤrde der Wetterableiter keineswegs im Stande ſeyn ſie erſt herzufuͤhren. Ja! der Wet - terableiter iſt ſogar hinderlich, das die Wetterwolke nicht ſo tief auf die Erde ſincken kan, als ſie ohne Ab - leiter thun wuͤrde.
Es liegt mir nun ob dieſes zu beweiſen. Da ich aber bereits gezeiget habe, daß man durch die Electriſir - maſchine das nehmliche Feuer hervorbringen koͤnne, welches beym Blitz iſt; und da man mit der Maſchine alle die Erſcheinung die man beym Blitz wahrnimmt, im kleinen nach machen kan; ſo laͤßt ſich die Eigen - ſchafft des Blitzfeuers, durch die Electricitaͤt ſehr gut[und] uͤberzeugend erkennen.
Ich bitte nur meine Leſer, die mit der Electricitaͤt noch nicht bekannt ſeyn ſollten, meine nun folgende Er - klaͤrung mit Aufmerkſamkeit zu durchleſen, und die auf der Kupfertafel angebrachte Zeichnungen dabey zu Rath zu ziehen.
1. Erfahrung. Das electriſche Feuer entſtehet an der Maſchine, wenn man die Glaskugel drehet, und ein Kuͤſſen von Leder daran anhaͤlt. Folglich iſt das Reiben dieſer zwey Koͤrper Urſache daß das electri - ſche Feuer hervorkommt. Ich entſcheide nicht ob das in der Luft befindliche Feuer durch das Reiben erſt ent - zuͤndet wird, oder ſich nur aus der Luft an den gerie -benen19benen Koͤrper hinziehet. Das leztere ſcheint mir wahr - ſcheinlicher.
Fragt man, wie kommt das electriſche Feuer in die Wolken? ſo kann mans aus obigem erklaͤren Die Luft gehoͤrt zu denjenigen Koͤrpern, welche das electri - ſche Feuer an ſich nicht fortlaufen laſſen, an denen aber, wenn ſie mit einem anderen Koͤrper gerieben werden, das electriſche Feuer zum Vorſchein kommt. Wenn daher die Luft von einem andern Koͤrper gerie - ben wird; ſo entſtehet dadurch ſogut als durch das Rei - ben einer Glaskugel, das electriſche Feuer. Nun reibt ſich die Luft durch ihre beſtaͤndige Bewegung nicht nur an ſich ſelbſt, ſondern auch an den verſchiedenen Duͤn - ſten, die in der Luft ſchweben. Daher kan durch das Reiben der Luft, das electriſche Feuer in der Atmos - phaͤre entſtehen.
Vielleicht hat man um das Entſtehen des electri - ſchen Feuers in den Wetterwolken zu erklaͤren, nicht einmahl noͤthig zu dem Reiben der Luft, ſeine Zu - flucht zu nehmen. Das electriſche Feuer befindet ſich beſtaͤndig im Erdboden, und auf deſſen Oberflaͤche; weil man es zu allen Zeiten und an allen Orten der Welt, durch die Electriſirmaſchine hervorbringen kan. Ohnezweifel iſt dieſes Feuer, welches allenthalben aus - gebreitet iſt, ſchon von derjenigen Eigenſchaft, wie man es durch die electriſche Maſchine bekommt, und im Blitz ſiehet, das heiſt: Es wird nicht erſt durch das Reiben der Glaskugel von einer andern Beſchaffenheit, als es von Natur iſt, nehmlich nicht erſt entzuͤn - det, ſondern durch dieſes Verfahren nur an einem gewiſſen Koͤrper, dahin man es leitet, angehaͤuft, und nach ſeiner Anſammlung, wenn es in Geſtalt ei - nes Funkens aus dem Koͤrper wieder ſpringet, ſicht -B 2bahr.20bahr. Da nun das electriſche Feuer nicht nur den Metallen, ſondern auch dem Waſſer nachgehet; ſo kan es mit den Duͤnſten, die von der Erde in die Hoͤhe ſteigen gleichfals in die Hoͤhe gehen. Sammeln ſich dieſe Duͤn - ſte in Wolken, ſo wird auch zugleich das electriſche Feuer in der Wolke angehaͤuft. Zur Beſtaͤttigung dieſer Hypo - theſe fuͤhre ich eine Erfahrung des Hr. Geiſtlichen Rath Hemmers im Mannheim an. *)Siehe Ephemerides ſocietatis meteorologicae Palatinae 1781.Dieſer Gelehrte hat von dem Thurm des Churfuͤrſtlichen Schloßes, einem Wet - terobleiter alſo herabgefuͤhrt, daß alles electriſche Feuer, am Ende an einer duͤnnen Stange, durch das Zimmer laufen muß, ehe es in den Erdboden gehet. Die Stange aber kan unterbrochen werden, und hat allda groſe metallene Kugeln. Stellet man dieſe in einiger Entfernung von einander; ſo ſiehet man bey Herannaͤ - herung eines Wetters, von einer Kugel auf die ande - re, ſtarke Funken ſpringen. Weil aber dieſes bey wuͤrk - lich angekommenen Wetter gefaͤhrlich werden koͤnnte; ſo ruͤckt man alsdenn die Kugeln beynahe zuſammen, damit Hoͤchſtens nur ganz kleine Funken ſpringen koͤn - nen. Man leitet aber das vom Wetterableiter herab - laufende Feuer zugleich noch durch eine Maſchine, die aus zwey von einander abſtehenden metallenen Platten beſtehet. An eine jede Platte iſt eine metallene Spitze angebracht, die gegen die andere Platte hinſiehet. Die metallenen Spitzen nun ſtroͤmen in Geſtalt feuri - ger Ruthen das electriſche Feuer von ſich, wenn es aus ihnen heraus gehet, ſehen aber nur als feurige Punkte oder Sternchen aus, wenn ſie das Feuer von einem andern electriſchen Koͤrper annehmen oder in ſich ziehen. Durch Huͤlfe dieſer Spitzen hat HerrHem -21Hemmer nun gefunden daß waͤhrend eines Donnerwet - lers das electriſche Feuer, an dem Ableiter, von den Wolken bald auf die Erde laufe, bald aber von der Erde an dem Ableiter wieder in die Hoͤhe gehe.
Lauft nun das electriſche Feuer an dem Ableiter von der Erde in die Wolken, ſo kan und wird es auch an den Duͤnſten, und vielleicht auch Regentropfen das nehmliche thun.
2te Erfahrung. Fig. 1. iſt a ein groſer Cylin - der. Man kan ihn von weiſem Blech machen laſſen, ingleichen auch von Holz oder Pappendeckel, in wel - chem Fall aber man ihn mit Stanniol oder Spiegelfo - lie uͤberziehet. Er iſt mit ſeidenen Schnuͤren b b. an die Decke eines Zimmers aufgehaͤngt. An dieſen Cylin - der leitet man das electriſche Feuer von der Electriſier - maſchine, und ladet ihn damit. Es giebt hiebey fol - gende Erſcheinungen.
Erſtlich, naͤhert man ihm einen andern Koͤrper Z. B. eine metallene Kugel c. die von einem Menſchen gehal - ten wird, oder von welcher eine Kette biß auf den Erd - boden gehet; ſo ſpringt alles im Cylinder enthaltene Feuer auf einmahl in Geſtalt eines Feuerfunkens auf die Kugel e. und zwar ehe noch die Kugel den Cylinder ganz beruͤhrt.
Zweytens. Bringt man gegen den Cylinder a. ei - nen andern gleich groſen Cylinder, der auch an ſeide - nen Schnuͤren aufgehaͤngt iſt; ſo bekommt der zweyte Cylinder nur die Haͤlfte von dem Feuer das im Cylin - der a. war, und die andere Haͤlfte bleibt in dem er - ſtern Cylinder. In dieſem Fall iſt der Funke auch nur halb ſo groß.
B 3Drit -22Drittens. Je groͤſer der Cylinder a. iſt, deſto groͤſer und ſtaͤrker wird der Funke der an die gegen ihn gehaltene Kugel e. ſpringt.
Viertens. Je groͤſer der Cylinder a. und folglich auch ſein Funke iſt, einen deſto weitern Sprung macht der Funke, wenn man eine Kugel e. an den Cylinder a. haͤlt. Herr Nairne in Engelland hat einen Cylin - der, der 10. Schuh lang und 1. Schuh dick war, mit electriſchen Feuer geladen, und dadurch. Funken be - kommen, die 17. Zoll weite Spruͤnge machten.
3te Erfahrung. Der Sprung den ein electri - ſcher Funke, aus dem Cylinder a. Fig. 1. gegen einen andern Koͤrper Z. B. gegen die Kugel e. macht, kan nach Verſchiedenheit der Umſtaͤnde bald laͤnger bald kuͤr - zer werden.
Erſtlich. Wenn man an den Cylinder a. ein Stuͤck Metall c. welches ſich in einen ſtumpfen Kegel, oder ſtumpfen Spitze endiget anbringt, und mit der Hand die Kugel e. dagegen haͤlt; ſo macht der Funke einen ſehr groſen Sprung. Ich habe durch einen Cylinder welcher 6 biß 7. Quadratfuß Oberflaͤche hat, durch dieſes Mittel Funken bekommen, die 2½ Zoll weit ſpran - gen. Sie machen hiebey einen vollkommen ſo geſchlaͤn - gelten Gang, wie man an dem Blitz wahrnimmt.
Zweytens. Setzt man auf den Kegel c. eine Me - tallene Kugel d. und haͤlt die Kugel e. dagegen; ſo wird der Funke mehr als um die Haͤlfte biß zwey drit - theil kuͤrzer.
Drittens. Haͤlt man gegen die Kugel d. einen ſtumpfen metallenen Kegel, wie etwan der Kegel e. iſt, ſo ſpringt der Funke wiederum nicht ſo weit, als wenn man die Kugel e. angehalten haͤtte.
Vier -23Viertens. Lockt man, anſtatt der Kugel e. ſich zu bedienen, den Funken mit einer metallenen Spitze aus; ſo bekommt man wenn man mit der Spitze lang - ſam gegen den geladenen Cylinder faͤhrt, gar keinen Funken, und man hoͤrt nur ein Ziſchen. Stoͤſt man aber die Spitze ſehr ſchnell gegen den Cylinder; ſo erfolgt zwar ein Funcke, aber er iſt ſo ſchwach daß man ihn kaum merkt, und ſein Sprung iſt ſo kurz, daß man mit der Spitze beynahe ganz an den Cylinder kommen muß.
4te Erfahrung. Fig. 2. iſt ein Staͤbchen tro - ckenes Holz. Oben daran befeſtigt man eine metallene Kugel a. Auf das Staͤbchen aber leimt man die gan - ze Laͤnge herab, ein Striefchen Stanniol b. c. Den Stanniol aber unterbricht man an verſchiedenen Orten d d d d d indem man kleine Stuͤckchen davon heraus ſchneidet. Nimmt man nun das Staͤbchen bey c. in die Hand, und beruͤhrt mit der Kugel a. den gelade - nen Cylinder Fig. 1. ſo ſiehet man in der Dunkelheit bey d d d d d. Funken. Es erhellet daraus daß der electriſche Funke wenn er aus dem Cylinder in die Er - de ſpringt, ſo lange er an einem Metall ununterbro - chen fortlaufen kan, unſichtbahrbleibt; daß er aber wenn die Metalle unterbrochen ſind, Spruͤnge macht, und dann ſichtbahr wird. Dabey aber iſt noch zu merken: daß alle dieſe Spruͤnge zuſammen genommen, in Anſe - hung der Laͤnge zwar etwas, aber nur etwas weniges mehr betragen, als wenn der Funke vom Cylinder a. Fig. 1. an die Kugel e. nur einen einzigen Sprung ge - macht haͤtte. Z. B. der Funke waͤre wenn er nur ein einzigesmahl ſpringen darf 1½ Zoll lang; ſo kan er wenn er an ſtatt des einzigen groſen Sprungs, meh - rere kleine macht, zuſammen genommen etwan einenB 4Sprung24Sprung von 2. Zollen machen. Wollte man daher mit dem Staab Fig. 2. den Funken auslocken; ſo duͤrfen die leeren Zwiſchenraͤume d d d d d. wo das Metall unterbrochen iſt, (es moͤgen deren viele oder wenige gemacht werden,) zuſammen genommen nicht viel mehr als ohngefaͤhr 1 Zoll betragen; weil fuͤr den Sprung, den der Funke vom Cylinder auf den Knopf a. macht, auch ohngefehr 1 Zoll gerechnet werden muß. Sind die leeren Zwiſchenraͤume d d d d d. ent - weder zu weit, oder deren zu viel, ſo kan gar kein Fun - ken aus dem Cylinder gezogen werden.
5te Erfahrung. Fig. 3. iſt bey a. eine metalle - ne Kugel, an welche eine metallene Kette, die bey b. durch ein Gelenk zuſammen gehaͤngt worden, befeſtigt iſt. Laͤſſet man nun an die Kugel a. einen ſtarken elec - triſchen Funken, Z. B. von einer geladenen Leidner Flaſche ſpringen; ſo lauft der Funke unſichtbahr bis an das Gelenk b. Hier aber gehet er nicht mehr dem Me - tall nach, neben um die Biegung herum, ſondern er erwaͤhlt den graden und kuͤrzſten Weg, und macht von c. biß d. zwey Spruͤnge.
Man ſiehet hieraus, daß der electriſche Funke, einen kuͤrzern Weg in die Erde, einem weitern vorzie - het, wenn er gleich im erſten Fall einen kleinen Sprung machen muͤſte, und im zweyten Fall, ohne Sprung fortlaufen koͤnnte.
6te Erfahrung. Fig. 4. iſt a. eine Kugel vom Metall, an welche zwey metallene Draͤthe c. d. befe - ſtiget ſind. Der Drath c. gehet ununterbrochen bis in den Erdboden, der Drath d. aber beruͤhrt zwar den Erdboden, iſt aber bey b. unterbrochen, und des - wegen nur mit einem ſeidenen Faden zuſammen ge - haͤngt. Nimmt man den Drath e. weg, und laͤſt aufdie25die Kugel a. von einer Leidner Flaſche einen Funken ſchlagen; ſo ſiehet man ihm auch bey b. einen Sprung machen. Sind aber die zwey Draͤthe c. und d. mit der aͤuſern Seite der Flaſche verbunden, ſo lauft der Funke dem Drath c. nach, und vermeidet den Sprung bey b. an dem Drath d.
Hieraus fließt nun ein Erfahrungsſaz, daß nehm - lich der electriſche Funke, in dem Fall wenn ſein Weg zur Erde an zwey Draͤthen von gleicher Laͤnge ſeyn koͤnnte; er den Weg an einem ununterbrochen fortlau - fenden Drath, einem Sprung den er an einem abge - ſezten Drath machen muͤſte, vorziehe.
7te Erfahrung. Ein Cylinder der ſtark geladen iſt, hat um ſich einen Dunſtkreiß oder Atmosphaͤre. Das heiſt, ſein Feuer ſtroͤmt unſichtbar um ihm herum. Je groͤſer der Cylinder und je ſtaͤrker er geladen, deſto weiter erſtreckt ſich ſein Dunſtkreiß. Man darf um ſich von dieſer Atmosphaͤre eines mit electriſchen Feuer ge - ladenen Coͤrpers zu uͤberzeugen, nur ſein Geſicht auf 8 — 10. Zolle ihme naͤhern, ſo wird man einen Wind fuͤhlen, oder vielmehr etwas, welches dem aͤhnlich iſt, wenn uns Spinnengewebe in das Geſicht kommen. Die Haare des Hauptes werden gegen den electriſchen Coͤrper angezogen. Eine Nadelſpitze die man dagegen haͤlt, wird in einer Entfernung von 1 biß 1½ Schuh auch noch weiter, feurig. Streuet man Goldblaͤttchen auf einen metallenen Teller, und haͤlt ſie in einiger Entfernung unter dem electriſchen Koͤrper, ſo fliegen ſie in die Hoͤhe. Kleine ausgeſchnittene Figuren fan - gen an zu tanzen, und der Streuſand ſteigt im Geſtalt einer ſtuͤrmiſchen Staubwolke in die Hoͤhe.
Auch von Wetterwolken ſtroͤmt eine electriſche At - mosphaͤre aus; und weil Wetterwolken die groͤſten,B 5mit26mit electriſcher Materie geladene Koͤrper ſind; ſo kan man ſich leicht gedenken, daß ihre Atmosphaͤre ſehr weit reichen muͤſſe. Herr Hemmer hat an ſeinem oben angefuͤhrten Wetterableiter gefunden, daß er ſchon Feuer zeigte, wenn eine Wetterwolke auch noch gegen 2000. Schritte entfernet war. Daß Herr Hemmer dieſe Entfernung mit moͤglichſter geometriſcher Genauig - keit werde angegeben haben, laͤßt ſich nicht zweifeln. Daß ſich die Atmosphaͤre einer Wetterwolke biß auf den Erdboden erſtrecke, kan auch ohne dieſes bewieſen werden. Es iſt nehmlich bekannt genug daß zuweilen der Staub von der Erde, in Geſtalt groſer Wolken, biß an die Wolken gezogen wird. Der gemeine Mann nennet dieſe Erſcheinung Windsbraut. Dieſes ge - ſchiehet ſowohl wenn ein ganzes groſes Wetter heran ziehet; als auch wenn oͤfters nur eine einzige Wolke uͤber der aufſteigenden Staubwolke ſtehet. Das dieſe Erſcheinung aber von nichts anders, als von der At - mosphaͤre der Wetterwolken herkomme, iſt daraus ſicht - bahr; weil dieſe Erſcheinung niemahls, wenigſtens nicht mit genugſamer Staͤrke entſtehet, als wenn Wet - terwolken am Himmel ſind; ferner weil ſie oͤfters ſchon bey vollkommener Windſtille ſich ereignet, und kein anderer Wind ſich gezeiget hat, als nur derjenige der die Staubwolke in die Hoͤhe hob; und endlich weil man ſchon oͤfters bemerkte, daß wenn dieſe aufſteigen - de Staubwolke ſehr hoch und nahe an die uͤber ihr ſte - hende Wetterwolke gekommen war, ein Blitz entſtan - den iſt.
Dieſes alles beweißt nun daß eine Wetterwolke ſehr weit ausſtroͤme, oder eine groſe Atmospaͤhre habe. Ich komme jetzt auf die
Ver -27Den electriſchen Thurm welcher Fig. 5. abgebildet worden, habe ich aus Pappendeckel zuſammen ge - ſezt. Seine Laterne aber und Kuppel beſtehet aus Dre - her Arbeit. Von ſeiner Spitze a. an, gehet außen ein Drath herab, welcher einen Wetterableiter vor - ſtellet. Auch inwendig habe ich vom ganzen Thurm herab, Draͤthe gefuͤhrt. Sie haͤngen aber nicht ganz zuſam - men, ſondern ſind hie und da ein wenig unterbrochen. c. iſt ein hoͤlzerner Staab, welcher der Laͤnge nach durchbohrt worden. d. iſt ein andres Stuͤck Holz wel - ches in dem Staab c. auf und abgeſchoben, und mit der Schraube i. feſt geſtellt werden kan. In das Holz d. iſt eine Glasroͤhre e. eingekuͤttet, und in dieſe iſt ein Meßinger ſtumpfer Stift befeſtigt. Auf dieſem Stift f. dreher ſich ein dicker meßinger 3 biß 4. Schuh langer Drath g. l. in einer Pfanne k. herum, und vertritt die Stelle eines Wagbalkens. Bey g. und l. ſind glaͤſerne Kugeln angebracht, damit der Waagbal - ken, wenn er mit electriſchem Feuer geladen iſt, nicht ausſtroͤme, und man ihn auch im erforderlichen Fall anfaſſen koͤnne, ohne ihm ſein Feuer zu rauben. Die Kugel g. iſt etwas groß und ſchwer, damit ſie das noͤ - thige Gleichgewicht gebe. h. iſt eine metallene Kugel, die an einen Drath geloͤthet worden, und an den Wag - balken gehaͤnget wird. Dieſe Kugel h. ſoll eine Gewit - terwolke vorſtellen. Wenn man ſie aber ſo groß ma - chen wollte, daß man aus ihr einen betraͤchtlichen Fun - ken ſollte locken koͤnnen, ſo wuͤrde ſie ſchwer und die Wage dadurch ſehr unempfindlich werden. Ich machte ſie demnach nur klein, verband aber mit dem Stift f. durch Haͤlfte des Draths m. einen groſen metallenenCylin -28Cylindet Fig. 1. Iſt dieſer mit electriſchem Feuer angefuͤllt; ſo iſt es eben ſo viel, als ob die Wolke h. von der Groͤſe des Cylinders waͤre, da das electriſche Feuer, wegen der Verbindung mit dem Draͤthen, an der Wolke h. eben ſo ſtark und kraͤftig iſt, als am Cylinder Fig. 1.
Es iſt dieſes eine Erfindung des Herrn Franklin,*)Siehe deſſen Briefe. nur daß dieſer anſtatt meines Waagbalkens den ich vom Langenbucher**)Siehe deſſen Beſchreibung einer Electriſirmaſchine Sei - te 138. entlehnt habe, einen gewoͤhnli - chen Waagbalken gebrauchte. Ich weiß daher nicht, warum dieſe Anrichtung erſt neuerlich, als eine neue Erfindung des Herrn Kirchhofs ausgegeben wurde.
8te Erfahrung. Ich nahm den Ableiter b. ab; ſteckte auf die Thurmſpitze a. eine metallene Kugel, und fieng an den Cylinder Fig. 1. zu electriſiren. Die Wolke h. zog ſich augenblicklich herab, und gab einen Funken auf die Kugel die ich auf die Thurmſpitze ge - ſteckt hatte.
Wenn ich anſtatt des Cylinders Fig. 1. eine groſe Leidner Flaſche nahm, und dem Wagbalken etwas tiefer ſtellte, ſo zog ſich die Wolke, ſo bald die Flaſche voll - kommen geladen war, auch auf den Thurm herab, ſchlug ein, zuͤndete, oder ſchlug einen Laden heraus, oder zerſplitterte Holz je nachdem ich die Einrichtung machte. Der Electricitaͤtkundige weiß wie dieſe Ein - richtungen gemacht werden, ingleichen auch, daß der Boden des Thurms mit der aͤuſern Seite der Flaſche in Verbindung ſtehen muͤſſe.
9te Erfahrung. Ich machte den vorigen Ver - ſuch, nur blos mit der Abaͤnderung daß ich die Ablei -tungs29tungskette b b b b b. an den Thurm anbrachte. Die Wolke zog ſich wieder herab und der Schlag er - folgte, gieng aber nicht mehr in den Thurm, ſondern verfolgte die Ableitungskette.
10te Erfahrung. Von der Spitze a. nahm ich die metallene Kugel wieder ab, und fieng abermahl an zu electriſiren. Die Ableitungskette war angebracht. Die Wolke h. ſchwebte zwar uͤber der Spitze a. beſtaͤn - dig herum, zog ſich aber nicht herab. Ich ſtellte die Wolke h. ganz niedrig, und nur ein paar Zolle uͤber die Spitze a. Deſſen ohngeachtet erfolgte kein Funke oder Schlag, und die Wolke leerte ſich an der Spitze ſtill - ſchweigend aus. Man bemerkt dieſes an dem beſtaͤn - digen Ziſchen, und bey Nacht ſiehet die Spitze feurig aus.
11te Erfahrung. Nachdem alles blieb wie zu - vor, ſtieß ich die glaͤſerne Kugel g. in die Hoͤhe, da - mit die Wolke h. mit groſer Geſchwindigkeit an die Thurmſpitze fahren moͤgte. Es erfolgte nunmehr zwar ein Funke, aber dieſer war ſo ſchwach, daß er kaum den Zehntentheil von der Staͤrke desjenigen Fun - kens hatte, der bey der 8ten und 9ten Erfahrung er - folgte.
12ter Verſuch. Ich richtete neben dem Thurm eine Stange auf; pflanzte allernaͤchſt neben der Thurm - ſpitze, und zwar in gleicher Hoͤhe mit ihr, eine metal - lene Kugel hin, und ließ von ihr eine Kette auf den Boden gehen. Ich gedenke mir hierunter ein neben einem Blitzableiter ſtehendes Gebaͤude. Die Wolke ſtellte ich ſo hoch als ſie beym 8ten und 9ten Verſuch war, als wobey ſie ſich auf die Kugel herab gezogen und einen Funken gegeben hatte. Ich fieng an zu electriſiren, konnte es aber nicht dahin bringen, daß ſichdie30die Kugel herab zog. Die Spitze des Thurms raubte alles Feuer aus der Wolke, und verwahrte dadurch auch die neben ihr ſtehende metallene Kugel, unter der man ſich ein benachtbahrtes Gebaͤude gedenken kan, vor dem electriſchen Funken.
13ter[Verſuch]. Ich ſtieß hierauf die Glaskugel g. in die Hoͤhe, damit die Wolke h. in groͤſter Ge - ſchwindigkeit auf die Thurmſpitze und auf die neben ihr ſtehende metallene Kugel fahren moͤgte. Es erfolgte dadurch ein Funke und Schlag, nicht auf die Spitze, ſondern auf die neben ihr ſtehende metallene Kugel. Al - lein der Schlag war geſchwaͤcht, und kaum den vierten Theil ſo ſtark, als er wuͤrde geweſen ſeyn, wenn keine Spitze neben der Kugel geſtanden haͤtte.
14ter Verſuch. Ich ließ die vorige Einrichtung, ſtellte aber die Wolke ſo tief, daß ſie nur um ein paar Zoll uͤber der Thurmſpitze und der daneben ſtehenden Kugel ſtund. Sobald ich anfieng zu electriſiren ſtellte ſich die Wolke zwiſchendie Thurmſpitze und die metal - lene Kugel, und ließ ganz ſchwache Funken auf die me - tallene Kugel ſpringen, die Spitze aber blieb verſchont.
Dieſe Erfahrungen und Verſuche werde ich nun - mehr auf den Blitz und die Wetterableiter anwenden.
Erſtlich fragt ſich, wie entſtehet und entzuͤndet ſich der Blitz in den Wolken die doch mit Waſſer gefuͤllt ſind?
Seit dem man die oben angefuͤhrten merkwuͤrdigen Entdeckungen in der Electricitaͤt gemacht hat, iſt die Aufloͤſung dieſer Frage keiner Schwuͤrigkeit mehr un - terworfen. Man weiß nehmlich nach der erſten Er - fahrung die ich angefuͤhrt; daß ſich das electriſche Feuerim31im Waſſer ſowohl als an den Metallen anhaͤufet. Daß es aber nach der zweyten Erfahrung auf einmahl gaͤnz - lich in ſichtbahrer Geſtalt als ein Funke, aus dem Koͤr - per an dem es ſich angeſetzet hatte herausfuͤhrt, ſobald ein anderer nicht electriſcher Koͤrper in einiger Entfer - nung ihm nahe kommt. Geſezt nun eine mit electri - ſchem Feuer angefuͤllte Wolke gehe ſo tief, daß das in ihr befindliche Feuer wenn es herausſpringt die Erde mit ſeinem Sprung erreichen kan; ſo ſchlaͤgt es in die Erde. Es braucht alſo keiner beſondern Entzuͤndung.
Anderns, fragt man: Wie kan das Feuer das aus einer Wolke auf die Erde ſpringt, einen ſo groſen Sprung machen, daß es die Erde er - reichet, da der Sprung eines electriſchen Funkens an der beſten Maſchine, kaum einige Zolle be - traͤgt?
Ich habe bey der zweyten Erfahrung angefuͤhrt, daß der Funke der aus einem geladenen groſen Cylinder ausgelocket wird, weiter ſpringt als der Funke aus ei - nem kleinen Cylinder. Nun bedenke man, daß man - che Wetterwolke einen Raum von mehrern tauſend qua - drat Ruthen enthaͤlt. Kan nun ein Cylinder des Herrn Nairne von ohngefehr 30. quadrat Schuhen Flaͤche, ſchon einen Funken von 1½ Schuh Laͤnge geben; welch einen Sprung muß erſt ein Funken machen koͤnnen, der aus einer mit electriſchen Feuer geladenen viele tauſend quadrat Ruthen groſen Wolke kommt! *)Gelehrte, fuͤr welche ich dieſe Anmerkung beyſetze, wer - den ohne daß ich es ſage, aus obigem, meine Gedanken uͤber die Eigenſchaft des electriſchen Blitz Funkens erken - nen. Es iſt nur unmoͤglich ihn mit dem Funcken einer Leidnerflaſche zu vergleichen, ſo ſehr ſich auch die Gelehr -ten
Fer -32Ferner habe ich bey der dritten Erfahrung gezeigt daß ein Funke mehr als noch ſo lang werde, wenn er aus einer ſtumpfen Spitze ſpringt. Nun ſind aber dieWol -*)ten bemuͤhet haben, von Hrn. Franklin an, biß zum Hrn. Cavallo, auf eine ſinnliche Art, die Aehulichkeit des Blitz - funkens mit dem electriſchen Funken einer Leidnerflaſche, darzuthun. Man vergliche die geladene Wolke mit dem in - nern Beleg der Flaſche. Eine andere nicht geladene Wolke oder die Erde, mußte die Stelle des aͤuſern Belegs der Fla - ſche vorſtellen. Und endlich die zwiſchen den zwey Wolken, oder der geladenen Woicke und der Erde befindliche Luft, mußte die Stelle des Glaſes bey der Leidnerflaſche erſetzen. Um nun durch einen electriſchen Verſuch zu beweiſen, daß die Sache auf dieſe Art angehe, hieng man eine groſe hoͤlzerne mit Zinnfolie uͤberzogene Scheibe, an ſeidenen Schnuͤren auf. In einiger Entfernung unter ihr ſtellte man eine gleich groſe aͤhnliche Scheibe, die mit dem Erd - boden Communication hatte. Dieſe zwey Scheiben ſahe man als das aͤuſere und innere Beleg einer Leidnerflaſche, und die dazwiſchen befindliche Luft, als das Glas der Flaſche an. Man electriſirte nun die obere Scheibe und lockte durch einen Drath, der an die untere Scheibe befeſtigt war, aus der obern einen Funken, der mit dem Funken einer Leid - nerflaſche alle Aehnlichkeit hatte nur daß er nicht ſo ſtark war. Siehe Cavallo theoretiſche und practiſche Electri - citaͤt Seite 183. Ich habe wieder dieſen Verſuch zwar nichts einzuwenden. Ob er aber das beweiſt was er beweiſen ſoll, iſt noch ſehr ungewiß. Man weiß daß der Funke der aus einer Leid - nerflaſche ſpringt, ſehr kurz iſt; und daß dieſer immer kuͤr - zer wird, oder weniger weit ſpringt, je groͤſer die Fla - ſche iſt, oder je mehrere Flaſchen zuſammen geſtellet ſind. Daher iſt der groͤſte Funke, den man durch Leidner - Flaſchen erhalten kan, kaum ¾ Zoll lang. Nun macht aberder33Wolcken keine runde glatte Koͤrper, wie eine metallene Kugel; ſondern, der Funke mag aus ihr ſpringen von welchem Ort er will, ſo iſt die Wolke zu betrachtenals*)der Funke der aus einer Wolke ſpringt, und den man fuͤr den groͤſtmoͤglichſten anſehen kan, einen Sprung von vie - len Ruthen. Wie ſchickt ſich dieſes zum Funken einer Leid - nerflaſche? Nimmt man hingegen an: der Funke des Blitzes ſeye einem electriſchen Funken aͤhnlich den man durch die einfache Elec - tricitaͤt, aus einem bloſen Leiter bekommt; ſo iſt alles leicht zu erklaͤren. Denn je groͤſer der Leiter iſt, deſto groͤſer wird der Funke. Und je groͤſer der Funke, deſto weiter ſpringt er. Eine Wolke iſt der groͤſte Leiter den man ſich denken kan. Daher kan ſie auch, bloß nach der einfachen Electricitaͤt behandelt, einen Funken abgeben, der alle die Wuͤrkung, die man beym Blitz antrift, hervorbringen kan. Dieſer groſe Funke iſt dann im Stande den groſen Sprung zu bewuͤrken, den man am Blitz ſiehet. Man hat bey dieſer Erklaͤrung nicht noͤthig, ſeine Zuflucht zu der bekannten Frankliniſchen Hypotheſe, von der poſi - tiven und negativen Seite der Leidnerflaſche zu nehmen, welche ob wir gleich noch keine beſſere Theorie von der Electricitaͤt haben, doch immer Hypotheſe bleibt. — Das heiſt — die immer noch nicht unlaͤugbar erwieſen, die vielmehr mit genug Zweifeln und Schwuͤrigkeiten ver - knuͤpft iſt. Ich glaube Herr Nairne in Engelland und die Herren der Koͤniglichen Geſellſchaft der Wiſſenſchaften, denken vom Blitzfunken auch nicht anderſt als ich. Denn als erſterer durch electriſche Verſuche entſcheiden wollte, ob die ſtum - pfen oder ſpitzigen Wetterableiter vorzuͤglicher ſeyen; ſo bediente er ſich nicht der Leidnerflaſchen, ſondern eines ſehr groſſen Cylinders, und die Gelehrten der Grosbrit - tanniſchen Societaͤt waren damit zufrieden.34als ein Koͤrper der aus unzaͤhligen ſtumpfen Spitzen beſtehet. Daher kan der aus ihr ſpringende Funke, einen mehr als noch ſo weiten Sprung machen, als er wuͤrde gemacht haben, wenn er von einer glatten me - tallenen Kugel abgeſprungen waͤre.
Drittens fragt man. Warum trift der Blitz gemeiniglich die hoͤchſten Gebaͤude, oder Baͤume, ingleichen Menſchen und Thiere.
Hiebey iſt zu merken daß dieſes nicht allgemein richtig ſeye, als ob der Blitz nur in die hoͤchſten Ge - baͤude einſchlage. Man hat Beyſpiele auch vom Ge - gentheil. Die Sache verhaͤlt ſich alſo. Wenn eine Wetterwolke gegen mehrere Gebaͤude oder einen Wald anziehet, und die Wolke gehet ſo tief daß der Funke der aus ihr ſpringet, mit ſeinem Sprung die Erde erreichen kan, ſo ſchlaͤgt die Wolke loß, oͤfters ſogar in die Erde, oͤfters aber auch an den ihr am naͤchſten ſtehenden Gegen - ſtand, wenn gleich hinter demſelben hoͤhere ſtehen ſollten. Denn da die Wolke der Erde nahe genug iſt, daß ſie in die Erde ſchlagen kan, ohne daß durch das Auf - ſpringen auf einen Gegenſtand ihr Funke erſt einer Ver - laͤngerung noͤthig haͤtte; ſo braucht ſie nicht erſt weiter fortzuziehen, und ein hoͤheres Gebaͤude oder Baum zu ſuchen. Sollte aber unter mehreren zu aͤußerſt ge - gen eine tief heranziehende Wetterwolke ſtehenden Baͤumen oder Gebaͤuden, ein beſonders hohes ſeyn; ſo gehet der Blitz auf dieſes vorzuͤglich zu, weil er durch daſſelbige am leichteſten ſeinen Weg in den Erdboden nehmen kann.
Sollte die Wetterwolke noch nicht ſo tief gehen, daß ihr Funke den ſie abgeben kan, lang genug waͤre, um durch ein niedriges Gebaͤude oder Baum in die Er - de ſchlagen zu koͤnnen; ſo ziehet ſie uͤber die niedrigenGe -35Gebaͤude weg, und ſchlaͤgt erſt ein, wenn ſie an ein hoͤheres ſtoͤßt.
Ueberhaupt erwaͤhlt der Blitz unter mehreren Ge - baͤuden dasjenige zum Einſchlagen, worinnen die Me - talle von oben biß unten, am beſten zuſammen haͤn - gen; damit er nicht noͤthig habe viele Springe zu machen.
Daß aber der Blitz lieber durch Gebaͤude und Baͤu - me einen Weg in den Erdboden ſuchet, als daß er gerade zu in den Erdboden ſchlaͤge, kommt daher; weil nach der oben angefuͤhrten dritten Erfahrung, der electriſche Funke einen etwas weitern Sprung machen kan, wenn er zuvor ehe er die Erde erreicht, erſt noch auf einen andern Gegenſtand ſpringen kan.
Was die Menſchen und Thiere betrift, als welche ebenfals ſehr gerne vom Blitz getroffen werden; ſo muß man bemerken.
Erſtlich. Den Grund oder die Urſache warum dieſes geſchiehet. Man weiß aus electriſchen Verſu - chen, daß das electriſche Feuer beynahe eben ſo gerne auf den menſchlichen und thieriſchen Koͤrper, als auf die Metalle loß gehe. Warum dieſes geſchehe laͤßt ſich wohl zum Theil, aber nicht ganz erklaͤren. Der menſch - liche und thieriſche Koͤrper beſtehet nehmlich meiſten - theils aus waͤſſerichten Theilen. Nun iſt aber das Waßer ein Leiter der electriſchen Materie. Allein der thieriſche Koͤrper iſt ein beſſerer Leiter als das Waſ - ſer: daher muß in dem thieriſchen Koͤrper noch etwas anderes ſeyn, welches das electriſche Feuer gerne an - nimmt. Dieſes Etwas befindet ſich aber nur in dem lebendigen, nicht aber toden thieriſchen Coͤrper Ein Funke von einer Leidnerflaſthe der z. E. durch den Kopf einer lebendigen Mauß ſpringt und ſie toͤdet, gehetC 2wenn36wenn das Thier tod iſt: nicht mehr durch den Kopf, ſondern macht uͤber demſelben einen Sprung. Ich vermuthe mit vieler Wahrſcheinlichkeit, daß die natuͤr - liche Waͤrme des thieriſchen Leibs, die Urſache hievon ſeye. Man weiß ja daß Koͤrper, die gar keine leiten - de Koͤrper der electriſchen Materie ſind, z. B. Glas und Pech, das electriſche Feuer an ſich fortlaufen laſ - ſen, ſobald man ſie ſtark erwaͤrmet. Man weiß fer - ner, daß ein Licht, welches man nahe an eine Elec - triſirmaſchine ſtellet, alles Feuer aus der Maſchine raubt, und verhindert daß man einen Cylinder oder Flaſche nicht laden kan. Dieſes denke ich, beweiſe zur Genuͤge, daß die natuͤrliche Leibes Waͤrme eine Haupturſache ſeye, warum der Blitz und uͤberhaupt das electriſche Feuer, ſo gerne auf den thieriſchen Koͤr - per loß gehe. In einem weit hoͤhern Grad muß die - ſes noch geſchehen wenn der Leib ſehr erhizt iſt, und ſtark ausduͤnſtet. Ich habe auch wuͤrklich ſchon oft be - merkt, daß ein ſehr ſtark erhizter oder von Natur feue - riger Menſch aus einem geladenen Cylinder allezeit ſtaͤr - kere Funken loken konnte, als ein anderer ſchwaͤchlicher phlegmatiſcher, oder ſtark abgekuͤhlter Menſch.
Anderns muß man auch die Art und Weiſe, oder die Umſtaͤnde erwaͤgen, unter welchen Thiere und Men - ſchen, vom Blitz getroffen werden.
Wenn der Blitz in ein Gebaͤude ſchlaͤgt, ſo nimmt er ſeinen Weg durch alle die Metalle, die vom obern Theil des Gebaͤudes biß auf den Erdboden, am beſten zuſammen haͤngen, damit er nicht noͤthig habe allzu viele oder allzugroſe Spruͤnge zu machen. Kommt nun ein Menſch in dieſe Richtung, oder macht er durch ſeine Stellung die Kette von Metallen, an welchen der Blitz gehen kan, erſt noch vollſtaͤndiger; ſo muß ernoth -37nothwendig vom Blitz getroffen werden; da hingegen ein anderer der gleichwohl nicht weit davon entfernet iſt, aber auſſer dieſen Verbindungskreiß oder Kette von Metallen ſtehet, verſchonet bleibt.
Befindet ſich ein Menſch oder Thier auf dem freyen Feld, und es kommt eine Wetterwolke die ſo niedrig geht, daß ſie in den Erdboden ſchlagen kan; ſo faͤhra[t]der Blitz auf den Menſchen oder das Thier; weil der thieriſche Koͤrper die electriſche Materie am leichteſten annimmt, und durch ſich am leichteſten weiter in die Erde fuͤhrt. Wenn das Thier oder der Menſch ſtehet, ſo iſt er noch uͤberdiß der hoͤchſte Gegenſtand, und kan daher der Blitz am leichteſten auf ihn fahren.
Schlaͤgt ein Blitz in einem Baum, und es befin - den ſich unter demſelben Menſchen oder Thiere, ſo muͤſſen dieſe nothwendig getroffen werden. Denn der thieriſche Koͤrper iſt ein beſſerer Leiter der electriſchen Materie als ein Baum. Es ſpringt daher der Blitz vom Baum ab, und gehet auf die Thiere oder Men - ſchen, weil dieſe ihn lieber annehmen, und weil er von dieſen leichter gar in den Erdboden gehen kan. Ein Baum der vielleicht vom Blitz verſchont geblieben waͤ - re, wird getroffen, wenn ſich, Menſchen oder Thiere unter ihm befinden; weil nun mehr auf dieſe der Blitz lieber zugeht, und von dieſen leichter als durch den blo - ſen Baum in den Erdboden geleitet werden kan.
Sollten ſich an einem Ort wo ein Blitz einſchlaͤgt, mehrere Thiere oder Menſchen in Geſellſchaft beyſammen befinden, es ſeye in einem Gebaͤude oder unter freyen Him - mel, oder unter einem Baum; ſo koͤnnen nach Beſchaf - fenheit der Umſtaͤnde entweder alle, oder nur einige ge - troffen werden. Z. E. Es ſtuͤnden unter einem Baum Menſchen oder Thiere in einer fortlaufenden Linie naheC 3an38an einander, die Linie mag gerade oder krum ſeyn. Ei - ner oder der andere aber waͤre auſſer dieſer Linie; den andern zur Seite, ſo werden, wenn der Blitz auf den Baum faͤhrt, alle diejenigen die in der Linie ſtehen ge - troffen, die andern aber entweder gaͤnzlich verſchont, oder wenigſtens nur erſchuͤttert.
Sollten unter einem Baum, in welchen der Blitz trift, viele Menſchen oder Thiere, ſehr nahe beyſam - men ſtehen oder liegen, wie etwan eine Heerde Schafe; ſo koͤnnten ſie alle getroffen, und wenn der Blitz ſehr ſtark iſt, auch alle getoͤdet werden. Die Urſache hie - von iſt, weil der Blitz, nachdem er in Geſtallt eines Funkens aus einer Wolke geſprungen iſt, ſich wieder an einem andern Ort, es ſeye ein Waſſer oder Erde, oder thieriſche Koͤrper oder Steine, auszubreiten trach - tet. Er lauft an dieſen Koͤrpern fort, biß er nach und nach immer mehr von ſeiner Maße verliert, und end - lich gaͤnzlich zertheilet wird. Diejenigen Koͤrper aber die gute Leiter der electriſchen Materie ſind, nehmen natuͤrlicher Weiſe mehr electriſches Feuer von dem Funken des Blitzes in ſich, als ſchlechte Leiter. Es verliert ſich daher der Blitz leichter in den Metallen, als in den thieriſchen Koͤrpern: In dieſen leichter als im Waſſer und marmor Steinen. In harten Stei - nen leichter als in weichen. In Steinen uͤberhaupt leich - ter als im Erdboden, und in einem feuchten Erdboden leichter als in einem trockenen. Wenn daher der Blitz unter einen Haufen nahe an einander ſtehender Menſchen oder Thiere kommt; ſo ſucht er ſich in dieſen, die beſ - ſere Leiter ſind, als die Erde, lieber auszubreiten und zu verlieren, als im Erdboden, und trift entweder ei - nen großen Theil oder alle dieſelben. Doch verliert eram39am Ende immer mehr von ſeiner Kraft; und die letz - ten empfinden ihn am ſchwaͤchſten.
Viertens. Begehrt man zu wiſſen, warum der Blitz wenn er in ein Gebaͤude ſchlaͤgt, hier und da herum ſpringet; ſo wird man bey genauer Unterſuchung allezeit finden, daß er die Metalle auf - ſuche; daß er ruhig fortlaufe ſo lange er auf einem un - unterbrochen fortgehenden Metall z. E. an Draͤthen, gehen kan; daß er aber einen Sprung mache, wenn ſich das Metall endigt, und er wieder ein anderes auf - ſuchen muß. Alles dieſes wird durch die Eigenſchaft des electriſchen Funkens, welcher ebenfalls dem Metall nachgehet, nach der 4ten Erfahrung deutlich und er - klaͤrbar.
Fuͤnftens. Man fragt, warum der Blitz, wenn er in einen Baum ſchlaͤgt, ihn gemeiniglich ſpalte.
Es iſt offenbahr, daß wenn der Blitz einen Baum ſpaltet, er nicht an ihm ruhig fortlaufen koͤnne, ſon - dern daß er von den obern Theil des Baums wo er aufgeſprungen iſt, einen neuen Sprung gar biß in den Erdboden muͤſſe gemacht haben. Man hat Beyſpiele, daß der Blitz, Baͤume nicht geſpaltet, ſondern nur ihren Stamm herab, an der Rinde eine ganz kleine Spur ſeines Gangs zuruͤck gelaſſen hat. Vermuthlich waren dieſes nur ſchwache Schlaͤge, die nicht mehr im Stande waren, einen zweyten Sprung vorzu - nehmen, und die ſich begnuͤgen mußten, an den Baum, als einen ſchlechten leidenden Koͤrper des electriſchen Feuers, nur ſtillſchweigend gar in die Erde zu kommen. Man bemerkt etwas aͤhnliches bey derC 4oben40oben angefuͤhrten 4ten Erfahrung. Iſt nehmlich der Funke, den man auf die Kugel a Fig. 2. ſpringen laͤßt, nicht ſtark und raſch genug, ſo erfolgt zwar ein Fun - ke an der Kugel: In den Zwiſchenraͤumen d d d d d aber, wo der Funke noch mahl ſpringen ſollte; ſiehet man nur ein leuchtendes Feuer, welches beweiſt; daß weil der Funke zu ſchwach war, das electriſche Feuer keinen Funken mehr habe formiren koͤnnen, ſondern daß es an dem Holz, ſo ein ſchlechter Leiter es auch iſt, ſtillſchweigend abgelaufen ſey.
Iſt aber der electriſche Schlag, der auf einen Baum gehet, ſtark, ſo macht der Funke nochmahl einen Sprung Waͤre der Baum Metall ſo wuͤrde der Fun - ke ohne Sprung an ihm biß zur Erde gegangen ſeyn. Weil aber das Holz, wenn es gleich naß iſt, das ele - ctriſche Feuer doch nicht ſo gut, als das Metall weiter leitet, ſo ziehet der Blitz einen Sprung vor. Allein weil ein naſſes Holz die electriſche Materie doch einiger - maſſen ableitet, ſo nimmt der Blitz ſeinen Sprung durch den Baum ſelbſt, und zerreißt ihn dadurch.
Sechtens. Warum ſchlaͤgt es nicht bey je - dem Blitz und Donner in die Erde?
Der Blitz ſchlaͤgt nicht jedesmahl auf die Erde, ſondern meiſtentheils nur von einer Wolke in die ande - re. Wo er Raum findet ſich auszubreiten da gehet er hin; es ſey Erde oder Waſſer. Stoͤßt nun eine leere, oder nicht mit electriſchem Feuer geladene Wolke, an eine geladene, ſo erfolgt ein Blitz und Donner. Das Feuer ſpringt aus der geladenen in die nicht geladene hinuͤber, weil ſich das Feuer in dem Waſſer der nicht geladenen Wolke ausbreiten kan. Iſt aber die Wolkein41in welche das Feuer hinuͤber ſpringt, nicht weit groͤſer als diejenige, aus welcher es ſprang; ſo kan kein allzu ſtarker Funke entſtehen. Man lade einen Cylinder Fig. 1. und halte einen gleich großen, ebenfalls an ſei - denen Schnuͤren aufgehaͤngten Cylinder dagegen. Das Feuer wird zwar aus dem geladenen in den nicht geladenen Cylinder hinuͤberſpringen; der Funke aber wird nicht ſo ſtark ſeyn, als wenn man mit einer Kugel, die man in der Hand hielt, den Funken ausgelocket haͤtte. Die Urſache hievon iſt, weil im letztern Fall alles im Cylinder befindliche Feuer heraus, und durch den Menſchen in die Erde gehen kan; im erſtern Fall aber, in dem frey haͤngenden (iſolirten) Cylin - der bleiben muß. Daher findet man, nachdem der Funke erfolgt, in beyden Cylindern gleich viel Feu - er. Die Helfte blieb in dem geladenen, und die an - dere Helfte gieng in den leeren uͤber. Es gruͤndet ſich dieſes auf das Geſetz des Gleichgewichtes, und wird durch die Erfahrung beſtaͤttiget. Daher konnte der Funke nur halb ſo ſtark ſeyn. Eben ſo gehet es, wenn der Blitz von einer Wolke in die andere ſchlaͤgt. Haͤngt die Wolke in welche der Blitz ſchlaͤgt, frey in der Luft, und regnet ſie noch nicht, daß durch den Regen das Feuer auf die Erde ausfließen kann; ſo laͤßt die Luft als ein nicht leitender Koͤrper, das Feuer nicht weiter gehen. Das Feuer theilt ſich daher in zwey Wolken, und dadurch wird der Schlag nur halb ſo ſtark.
Diejenigen Wolken alſo, die ſo hoch gehen, daß der Funke, der aus ihnen faͤhrt, die Erde nicht errei - chen kan, ſchlagen nur in andere leere Wolken. Der Schlag der dabey entſtehet, iſt allezeit ſchwaͤcher, als wenn der Blitz in die Erde gehet. Deſſen ohnge -C 5achtet42achtet hoͤret man ein heftiges Rollen des Donners in den Wolken. Allein die weite Entfernung vermehret den Schall. Ich habe ſchon von verſchiedenen Per - ſonen, die in einem Zimmer waren, wo der Blitz ein - ſchlug, verſichern hoͤren; daß der Knall, den ſie da - bey gehoͤrt, gar nichts bedeutet habe, und hoͤchſtens bloß dem Knallen etlicher angezuͤndeter Schwaͤrmer gleich gekommen ſey; da man doch außer dem Hauſe nur in einiger Entfernung von dieſem Blitz, ein entſetz - liches Knallen und Raſſeln hoͤrte.
Begegnen ſich zwey gleich ſtark geladene Wetter - wolken, ſo erfolgt gar kein Slag. *)Man weiß daß zwey gleich ſtark geladene Cylinder einan - der wegſtoſen und gar keinen Funken geben.Sie ſtoßen einan - der von ſich, wenn ſie alle beyde, entweder mit poſiti - ven oder negativen Feuer geladen ſind; hingegen verei - nigen ſie ſich ſtillſchweigend, wenn die eine Wolke mit poſitiven und die andere mit negativen Feuer geladen iſt. Nach der Bereinigung bekommt die Wolke jene Art von Electricitaͤt, welche in der groͤſten und am ſtaͤrkſten geladenen Wolke geweſen war. Waren aber beyde Wolken gleich ſtark, die eine mit negativen, die andere mit poſitiven Feuer geladen; ſo werden ſie nach ihrer Vereinigung ihrer Electricitaͤt gaͤnzlich beraubt. Zur Beſtaͤttigung dieſes Satzes berufe ich mich auf viele Erfahrungen in der Electricitaͤt. Man weiß nehmlich, daß das poſitive Feuer das negative, und das negative das poſitive verſchlucket. Man lade z. B. eine Leidnerflaſche mit poſitiven Feuer ſo ſtark, daß das Quadranten Electrameter auf 90. und mehrere Gra - de zeige. Man ſtelle darauf die geladene Flaſche an eine Maſchine mit der man das negative Feuer hervor -brin -43bringen kan, und fange an zu electriſiren. Der Fa - den an dem Electrameter wird augenblicklich ſinken, und die Flaſche wird gar bald ausgeladen ſeyn. Nach - her erſt, wird ſie wieder anfangen, ſich mit negativen Feuer zu laden. Eben dieſes geſchiehet, wenn man eine Flaſche mit negativen Feuer anfuͤllet; ſie dann an eine Maſchine, die poſitives Feuer gibt ſtellet, und zu electriſiren anfaͤngt.
Ich machte den Verſuch noch auf eine andere Art. Ich nahm zwey Flaſchen von gleicher Groͤſe und fuͤllte jede gleich ſtark, die eine mit poſitiven, die andere mit negativen Feuer; dann beruͤhrte ich die eine Fla - ſche mit den Knopf der andern. Es erfolgte nur ein kleines ziſchen, und alle beyde waren beynahe gaͤnz - lich ausgeladen. Hierauf fuͤllte ich die eine Flaſche mit negativen Feuer halb, und die andere aber mit poſi - tiven, ſehr ſtark an; und beruͤhrte die eine Flaſche mit dem Knopf der andern. Es entſtund ein kleiner bey - nahe unmerklicher Funke. Nachher unterſuchte ich die Electricitaͤt die in beyden Flaſchen war, und fand ſie in allen beyden poſitiv.
Dieſe Verſuche ſind freylich nur denjenigen ver - ſtaͤndlich, die in der Electricitaͤt wohl erfahren ſind. Ich konnte ſie aber doch aus dieſer Abhandlung, die Hauptſaͤchlich fuͤr Ungelehrte beſtimmt iſt, nicht weg - laſſen, damit es nicht das Anſehen haben moͤgte als ob ich etwas ſezte, welches ich nicht beweiſen koͤnnte.
Siebendes. Warum blitzt und donnert es nicht bey jedem Regen der im Sommer oͤfters nach groſer Hitze entſtehet, und an deſſen ſtattman44man ſich ein ſchweres Gewitter vermuthet haͤtte?
Wann ein Blitz entſtehen ſoll, ſo muͤſſen die Wol - ken nicht nur zertrennt, oder von einander abgeſon - dert, ſondern auch gleichſam ſchoͤn rund geformet und abgeſchnitten ſeyn. Daß die Wetterwolken alſo geſtal - tet ſind, kan man mit Augen ſehen. Sie flieſen an ihrem aͤuſern Ende nicht wie etwan ein Rauch oder Nebel auseinander ſondern ſind gleichſam ſcharf abgeſchniten. Sie haͤngen nicht zuſammen; Es folgt vielmehr eine auf die andere, und ſtehet immer eine hoͤher als die an - dere.
Dieſes iſt auch noͤthig wenn ein Blitz entſtehen ſoll. Denn ein Blitz entſtehet, wenn das Feuer der einen Wolke ſchnell in eine andere, oder auf die Erde faͤhrt. Waͤren nun die Wolken nicht ſchoͤn abgerundet, ſon - dern auseinander flieſend und zerzerret, ſo waͤren ſie zu betrachten als ein Koͤrper, der viele Millionen Spi - tzen haͤtte. Nun weiß man aber daß das electriſche Feuer durch die Spitzen gegen andere Koͤrper, die noch ſehr weit von ihnen entfernet ſind, ſtillſchweigend ausſtroͤme, und keinen Funken gebe. Man weiß, daß alsdann nur ein Funke entſtehe, wenn das Feuer ſchnell von einem runden und glatten Koͤrper abſpringt. Da - her kan eine Wolke die nicht wohl abgerundet, ſondern auseinander gefloſſen iſt, keinen Blitz geben.
Haͤngt gar alles Gewoͤlke ſo zuſammen, daß es gleich - ſam nur eine einzige Wolke auszumachen ſcheint, ſo iſt es gar nicht moͤglich daß ein Blitz erfolge; da keiner entſtehen kan, wenn nicht zwey von einander abgeſon - derte Wolken, ſchnell an einander ſtoſen, und das Feuer der einen, ploͤtzlich in die andere faͤhrt.
Da45Da es ſich nun oͤfters ereignet, daß auch nach gro - ſer Sommerhitze, Wolken aufziehen, die entweder ſehr auseinander flieſen oder wohl gar zuſammen haͤn - gen; ſo kan man ſich leicht erklaͤren, warum es in die - ſen Faͤllen nicht blitze und donnere.
Achtens. Warum ſind die Schlaͤge nicht mehr ſo gefaͤhrlich, wenn es ſtark regnet, als wenn es nicht regnet?
Das Waſſer iſt ein Leiter des electriſchen Feuers. Regnet es nun, ſo lauft das electriſche Feuer an den Waſſertropfen ſtillſchweigend auf die Erde; Hr. Tibe - rius Cavallo beſchreibt in ſeiner Abhandlung der theore - tiſchen und practiſchen Electricitaͤt Seite 255. ein Werk - zeug, mit dem er das waͤhrend einem ſtarken Platzre - gen gefallene Waſſer, dergeſtalt auffangen kan; daß er das im Regenwaſſer befindliche electriſche Feuer zu - gleich damit an einem Drath anſammelt. Nach meh - reren Verſuchen fand er, daß bey ſtarken Gewitterre - gen ſehr viel electriſches Feuer auf die Erde falle. Weil nun durch den Regen das Feuer ſtillſchweigend auf die Erde koͤmmt, ſo iſt leicht zu begreifen, war - um die Schlaͤge nicht mehr ſo gefaͤhrlich und ſtark ſind, wenn es regnet, als wenn es nicht regnet. Der Re - gen iſt nehmlich ein natuͤrlicher Wetterableiter. Ja dleſes iſt der gewoͤhnliche Weg, auf welchen das electri - ſche Feuer ohne Schaden aus den Wolken auf die Er - de kommt. Wenn der Blitz aus einer Wolke in die andere faͤhrt, ſo denke man nicht, daß dieſes Feuer nunmehr verzehrt ſeye, wie ſich etwann das Schieß - pulver nach erfolgter Entzuͤndung verzehret, und nicht mehr iſt. Beym Blitz iſt es ganz anders. Er kan von einer Wolke in die andere, und von dieſer wieder in eine andere, ja zehn und zwanzig mahl von einerWol -46Wolke in die andere ſchlagen ohne das etwas von ihm verzehrt wird. Man kan dieſes durch die electri - ſche Maſchine beweiſen, wo man einen Funken zehn und mehr mahl kan ſchlagen laſſen, ohne daß er ſich verzehrt. *)Anmerk. der Verſuch wird alſo angeſtellet. Man ſtellet eine Leidnerflaſche, von dem erſten Leiter einer Electriſier - maſchine ſo weit entfernet, daß ein Funke ſpringen muß. Dieſer Funke iſt nicht verlohren oder gleichſam ausge - brant; ſondern mit mehreren ſolcher Funken kan man die ganze Flaſche laden. Nachdem dieſes geſchehen hoͤre man auf zu electriſiren, halte den Knopf der geladenen Flaſche an den erſten Leiter, entferne die Flaſche wiederum, und fahre mit einem ſtumpfen Koͤrper an den Leiter; ſo wird man einen Funken bekommen. Man halte die Flaſche wie - derum an den Letter, und verfahre weiter wie das erſte - mahl; ſo bekommt man abermahl einen Funken. Durch Fortſetzung dieſes Verfahrens kan man wenn die Flaſche groß iſt, Hundert und mehrere Funken auf den Leiter wie - der zuruͤck bringen. Dieſes deweißt zur Genuͤge, daß ein electriſcher Funke nicht verzehret werde, oder gleichſam ausbrenne.Was hier im kleinen geſchiehet, ereignet ſich an den Weterwolken im großen.
Wo ſoll aber endlich dieſes Feuer hinkommen? Es ſchlaͤgt ſo lange von einer Wolke in die andere, biß ſich die Wolken endlich durch die Wuͤrkung des Win - des vereinigen, und es dann entweder gleichſam aus einer gemeinſchaftlichen Wolke, oder aus jeder einzel - nen Wolke, durch den Regen ſtillſchweigend auf und in die Erde geleitet wird.
Der Regen iſt aber auch noch in einem andern Verſtand ein Ableiter des electriſchen Feuers. Es gibt ſehr viele Gebaͤude die mit vielen metallenen Spitzen verſehen ſind. Ich rechne hierunter hauptſaͤchlich diemit47mit vielen Spitzen verſehene Sterne der Dach und Thurmfahnen. Dieſe nehmen von ferne ſchon das Feuer aus den Wetterwolken auf, koͤnnen es aber nur ſehr ſchlecht durch das Gebaͤude abfuͤhren, ſo lange es nicht regnet, und dadurch das Dach nebſt dem Gebaͤude naß wird. In dieſem Fall aber gehet das Ableiten des electri - ſchen Feuers nach Wunſch von ſtatten; und wird da - durch manches Gebaͤude ein natuͤrlicher Wetterablei - ter, aber freylich nur in dem Fall, wenn das ganze Gebaͤude naß iſt.
Neuntens. Warum pflegt es oͤfters zu bli - tzen oder Wetter zu leuchten ohne daß es donnert. Der gemeine Mann ſagt in dieſen Fall der Himmel kuͤhlt ſich ab.
Oefters ſiehet man bey Nacht auf dem Horizont Blitzen, ohne Donner zu hoͤren. Dieſes Blitzen kommt gemeiniglich von entfernten Donnerwettern, von denen man zwar die Blitzen ſehen, den Donner aber nicht hoͤren kan.
Allein es blitzet oͤfters auch bey einen wuͤrklich ge - genwaͤrtigen Wetter, ohne daß man donnern hoͤrt. Ich habe bemerkt daß dieſes ſonderlich bey ſehr ſtarken Hagel geſchiehet; wobey der Erdbaden gleichſam mit einem Feuerregen bedeckt zu ſeyn ſcheint, ohne daß man einen ordentlichen Schlangenfoͤrmigen Blitz ſiehet, oder einen merklichen Donner hoͤrt. Zwar brauſet es un - aufhoͤrlich fuͤrchterlich in der Luft, als wenn man un - unterbrochen fort, viele Donner hoͤrte. Allein es iſt dieſes nur eine Wuͤrkung des Hagels.
Bemeldes Blitzen ohne Donner kan keinen andern Grund haben, als daß die Wolken nicht genug abge - ſchnitten und rund geformet, ſondern zerzert und etwas auseinander flieſend ſind. Denn hiedurch entſtehet, daß das Feuer nicht auf einmahl und durch einen ra -ſchen48ſchen Funken, ſondern nur ſtark ausſtroͤmend, von einer Wolke in die andere gehet; wobey man dann frey - lich ein fortdaurendes Blitzen ſehen, aber keinen Don - ner hoͤren kan.
Zehntens. Warum macht der Blitz einen Schlangenfoͤrmigen Gung?
Ehe man im Stande war durch Huͤlfe groſer Cylin - der und guter Electriſirmaſchinen, ſtarke und weit ſprin - gende[Electriſchefunken] hervorzubringen; verfiel man wegen dem Schlangenfoͤrmigen Gang des Blitzes auf al - lerley Gedanken. Man glaubte der Blitz fahre jedes mahl durch mehrere Wolken zugleich; und weil dieſe nicht in gleicher Linie ſtuͤnden; ſo zeige ſich der Blitz in Geſtalt eines Ziczacks. Man ſuchte auch durch die Kunſt die Geſtalt des Blitzes nach zu machen. Man leimte nemlich auf ein Holz, Glas, oder Pappendeckel, ein Striefchen Stanniol im Geſtalt eines Ziczacks oder einer Schlange, durchſchnitte es hier und da, wie etwan Fig. 2. bey d d d d geſchehen, und ließ dann auf die Kugel a einen ſtarken Funken ſpringen. Weil der Funke nun an jedem Ort wo der Stanniol durch - ſchnitten war, einen neuen Sprung machte und ſicht - bar wurde, ſo zeigte er ſich bald in Geſtalt eines Zic - zacks oder einer Schlange, je nachdem die Einrichtung gemacht war.
Daß man aber dadurch den rechten Punkt nicht ge - troffen habe, iſt offenbar. Jeder Blitz zeigt ſichin ei - ner Schlangenfoͤrmigen Geſtalt. Es iſt aber unmoͤglich, daß jeder Blitz allezeit zugleich durch mehrere Wolken ſchlage. Ueber dieß; wenn der Blitz auf die Erde in ei - nen Baum oder Gebaͤude ſchlaͤgt, wo er offenbar nicht erſt durch mehrere Wolken gehet; ſo zeigt er ſich auch da biß auf den Erdboden herab, in ſeiner Schlangen -foͤr -49formigen Geſtallt. Es bringt es daher die Natur des electriſchen Funkens mit ſich, daß er keinen graden, ſondern einen geſchlaͤngelten Gang oder Sprung mache. Ladet man nun einen großen blechernen Cylinder Fig. 1. mit einer guten Maſchine, und laͤßt aus dem ſtumpfen Kegel c gegen die Kugel e Funken ſpringen, ſo wer - den ſie alle, wenn ſie auch nur zwey Zoll lang ſeyn ſoll - ten, einen geſchlaͤngelten Gang machen. Folglich liegt dieſer geſchlaͤngelte Gang des electriſchen Fun - kens ſchon in ſeiner Natur.
Eilftens. Warum zuͤnden nicht alle Blitz die in ein Gebaͤude einſchlagen?
Dieſe Frage habe ich mir ſelbſt noch nicht mit gaͤnzlicher Zufriedenheit beantworten koͤnnen. Als den 28 Junius dieſes Jahrs der Blitz in den hieſigen Kir - chenthurm ſchlug, ſchmelzte er den Drath, der von dem Hammer der Glocke in die Uhr gehet. Als die - ſer ein Ende war, zerſchmetterte er eine 6½ Schuhe lange tannene Stange, indem er ſie der Laͤnge nach in kleine Stuͤcke ſpaltete. Man bemerkte aber nicht die ge - ringſte Spur, daß er das Helz nur ein wenig ge - ſchwaͤrzet haͤtte. Hingegen in der Kirche zu Weiden - bach, in welche der Blitz vergangenen Dec. eingeſchla - gen, und im Dach gezuͤndet hatte, bemerkte ich, daß alle die Orte, wo er ſprang, geſengt waren. Das Holz war ſchwarz, und die weiſe Mauer rothbraun ge - faͤrbt.
Der gemeine Mann nennet einen Blitz, der nicht angezuͤndet, einen kalten oder auch Waſſerſtrahl. Oef - ters bildet er ſich ein; es folge auf den erſten feurigen Strahl erſt ein zweyter oder Waſſer Strahl. Allein dieſe Meinung iſt gaͤnzlich ungegruͤndet.
DIch50Ich laͤugne nicht, daß mit manchem Blitz ein Stromwaſſer auf die Erde geriſſen werden koͤnne; da man Erfahrungen genug hat, daß eine Wolke gemei - niglich zu regnen anfaͤngt, ſo bald ein ſtarker Blitz und Donner in ihr entſtehet. Die Bewegung die durch den Blitz in der Wolke verurſachet wird, macht; daß die Duͤnſte zuſammen ſtoſen, ſchwerer werden und in Regentropfen herabfallen. Ein Freund erzaͤhlte mir auch, daß er nicht mehr als etliche 20. [Schritte] von ihm entfernet, einen Blitz in einen Fluß habe ſchlagen ſehen, welcher das voͤllige Anſehen gehabt, als ob er in einer dicken Waſſerſaͤule herabgefahren ſey. Doch dieſes ſey wie ihm wolle. Auf gegenwaͤrtigen Fall laͤßt ſichs nicht anwenden. Ein Blitz der durch eine ſo enge Oefnung, die man oͤfters kaum bemerken kan, in ein Gebaͤude ſchlaͤgt, und darinnen kreuz und queer herumfaͤhrt; kan ohnmoͤglich einen Waſſerſtrom an alle die Orte wo er hingehet, mit ſich fuͤhren. Beym hieſigen Wetterſchlag regnete es nicht einmahl. Daß es ein kalter Schlag geweſen ſeye, wird auch niemand der geſunde Sinnen hat, glauben koͤnnen; da der geſchmolzene Drath das Gegentheil zur Genuͤge be - weißt.
Einige Erlaͤuterungen hieruͤber koͤnnen bloß electri - ſche Verſuche geben. Dieſe lehren, daß jeder electri - ſche Funke, wenn er ſtark genug iſt, und die Neben - umſtaͤnde, die zum Anzuͤnden eines Koͤrpers erfordert werden, guͤnſtig ſind, wirklich zuͤnde, oder wenig - ſtens ſenge. Wenn man etwas Vaumwolle an das Ende eines dicken Draths wickelt, die Baumwolle mit zerſtoßenen Geigenharz beſtreuet, und einen Funken ans einer Leidnerflaſche darauf ſpringen laͤßt, ſo wird die Baumwolle entzuͤndet. Bloße Baumwolle ohneGei -51Geigenharz entzuͤndet ſich nicht. Es muß daher eine Materie, die durch den Blitz angezuͤndet werden ſoll, ſo beſchaffen ſeyn; daß ſie ſich ſehr leicht entzuͤn - det. Ein Koͤrper, der nicht allzuleicht brennet, erfor - bert einen ſehr ſtarken electriſchen Schlag, wenn er nur geſenget werden ſoll. Die brennbare Luft hinge - gen kann durch den allergeringſten electriſchen Funken in Brand geſetzt werden. Ferner wenn man zwiſchen zwey duͤnnen Brettchen Holz, ein Streifchen von einem Goldblaͤttchen legte, es an etlichen Orten unterbricht, die Brettchen dann feſt zuſammenbindet, und einen ſtarken electriſchen Funken aus einer Leidenerflaſche durch dieſelbe ſchlagen laͤßt, ſo werden die Goldblaͤtt - chen geſchmolzen, die Brettchen aber, wenn das Gold ſehr feſt auf ihnen lag, geſprengt. Hingegen bleibt das Holz ohne Flecken, wenn das Gold nur gelind auf ihnen lag. Aus dieſen Erfahrungen laͤßt ſich, wie ich glaube, einiger maſſen deutlich machen, warum der Blitz oͤfters zuͤndet, und oͤfters nicht zuͤndet.
Er zuͤndet leichter, wenn es ein ſtarker, als wenn es ein ſchwacher Schlag iſt. Es ſind aber nicht alle Blitze von gleicher Staͤrke. Eine groſſe Wolke giebt natuͤrlich einen groͤßern Funken als eine kleine.
Er zuͤndet ferner; wenn er Materien antrift, die ſich leicht entzuͤnden. Daher gerathen gewoͤhnlich die Scheunen in Brand, wenn ein Blitz in ſie faͤhrt. Denn Stroh und Heu brennen leicht Ueberdieß be - findet ſich in Scheunen, in welche neues Getraid, Heu oder Grummet eingelegt iſt, viel brennbare Luft. Die Vegatabilien, ſonderlich wenn ſie etwas feucht zuſammen kommen, fangen an zu gaͤhren, und geben Duͤnſte, die man, weil ſie ſich leicht, und ſonderlich durch die Electricitaͤt entzuͤnden, brennbare Luft nennet,D 2Kommt52Kommt nun ein Blitz an einen ſolchen Ort; ſo ſtehet alles in einem Augenblick im vollen Brand.
Endlich zuͤnden die Blitze, wenn ſie auf ein ſchwa - ches Metall fahren, und dieſes entweder ſchmelzen oder wenigſtens gluͤend machen. Denn wenn das Me - tall mit einem Holz verbunden iſt; ſo wird das Holz durch das gluͤende Metall angezuͤndet. Ein Blitz der nicht im Stande iſt ein Holz anzubrennen, kan es ent - weder anzuͤnden oder wenigſtens ſengen, wenn er ein Metall, welches mit dem Holz verbunden iſt, ſchmel - zet oder gluͤend macht.
Zwoͤlftens. Iſt ein Brand der durch den Blitz entſtehet ſchwerer zu loͤſchen als ein ande - rer?
Dieſes iſt ein altes eingewurzeltes Vorurtheil, als ob ein Feuer welches durch den Blitz entzuͤndet wor - den ſehr ſchwer, und nicht anders als mit Milch zu loͤſchen ſey. Ich weiß aber zuverlaͤßig, daß es ſchon ſehr oft, mit etlichen Maaſen Waſſer geloͤſchet worden. Schwer aber iſt es allerdings zu loͤſchen, wenn der Blitz, wie es oͤfters geſchiehet, in einem Gebaͤude an zehn und mehr Orten zugleich zuͤndet, und dadurch das ganze Gebaͤude in kurzer Zeit in volle Flammen ſezet.
Dreyzehntens. Was iſt der Donner bey dem Blitz?
Nichts anders als was der Knall bey einer Kano - ne iſt, nehmlich eine bloſe Erſchuͤtterung der Luft. Der Donner ſchadet daher ſo wenig als der Knall von einer Kanone. Wer den Blitz noch ſehen kan, ohne von ihm getroffen zu ſeyn, der hat ſich vor dem darauf folgenden Donner nicht mehr zu fuͤrchten. Wo der Blitz einſchlaͤgt, iſt Blitz und Schlag beyſammen.
Weil53Weil der Schall ſich in der Luft nach und nach fort - pflanzet, und nach genauer Berechnung der Gelehrten, in einer Secunde (oder dem ſechzigſten Theil einer Mi - nute,) 1137. rheiniſche Schuhe; folglich da man 20000. Schuhe auf eine deutſche Meile rechnet, in ohngefehr 17. Secunden eine Meile fortgehet; ſo kan man leicht berechnen, wie weit der Blitz von uns ent - fernet war, wenn man bemerkt, wie viele Secunden zwiſchen dem Blitz und dem darauf folgenden Don - ner, verflieſen. Kan man 2. Secunden zaͤhlen, ehe auf dem Blitz der Donner folgt, ſo iſt der Schlag in einer Entfernung von ¼ Stund geſchehen. *)Man rechnet oͤfters einen Pulsſchlag fuͤr eine Secunde. Ob nun gleich der Puls in einer Minute nicht 60. ſon - dern 70. biß 80mal ſchlaͤgt, folglich ein Pulsſchlag weni - ger als eine Secunde iſt; ſo koͤnnte man doch zuerſt be - melder Abſicht ſich des Pulsſchlags bedienen, wenn man nur anſtatt 5. Pulsſchlaͤge 4. Secunden rechnen will.
Vierzehntens. Bey Erklaͤrung der Eigenſchaft des Blitzes, kan ich noch zwey Eigenſchaften deſſelben nicht unberuͤhrt laſſen.
Die erſte iſt der ſtarke Geruch den man jedesmahl bemerkt, wenn ein Blitz in ein Gebaͤude einſchlaͤgt. Er hat viele Aehnlichkeit mit einem angezuͤndeten Schwe - fel; noch mehr aber mit dem Phosphorus. Dieſer Geruch mag ohne Zweifel die Alten in ihrer Meynung, daß der Blitz aus ſchweflichten Duͤnſten beſtehe, be - ſtaͤrkt haben.
Man findet aber dieſen nehmlichen Geruch auch bey dem electriſchen Feuer, das man durch die Maſchine hervorbringt. Man befeſtige an den Cylinder Fig. 1. eine ſtumpfe Spitze, laſſe den Cylinder electriſiren,D 3und54und halte in einer Entfernung von ohngefehr 2. Zollen, die Naſe gegen die ſtumpfe Spitze; ſo wird das Feuer in Geſtalt einer feurigen Ruthe gegen die Naſe ſtroͤ - men, und einen Geruch geben, welcher jenem aͤhnlich iſt, den man beym Blitz bemerkt. Nur iſt letzterer, wie ſichs leicht gedencken laͤßt, ſtaͤrker, und erſterer iſt feiner.
Noch auf eine andere Art kan man einen mit dem Blitz Geruch vollkommen aͤhnlichen hervorbringen, wenn man einen ſtarken Funken von einer Leidnerflaſche, durch etliche Kartenblaͤtter ſchlagen laͤßt. Man legt 8. bis 10. Kartenblaͤtter aufeinander, und haͤlt ſie mit der linken Hand an dem einen Ende zuſammen. Mit der rechten Hand legt man eine kleine metallene Kugel, an welche ein Drath befeſtigt iſt, und der mit dem aͤu - ſern Beleg der geladenen Leidnerflaſche, in Verbindung ſtehet, an das andere Ende der Karten an. In dieſer Anrichtung faͤhrt man mit den Karten, und dem hinter ihnen befindlichen metallenen Knopf, ſchnell an den Knopf der Leidnerflaſche ſo faͤhrt der Funke durch die Kartenblaͤtter. Wenn man darauf geſchwind an die Kar - ten Blaͤtter riecht; ſo wird man vollkommen den nehmli - chen Geruch finden, den man beym Blitz wahrnimmt. Dieſer Verſuch erklaͤrt aber noch
Eine andere Eigenſchaft des Blitzes. Die Kar - ten, durch welche auf erſt beſchriebene Weiſe, der electriſche Funke gefahren, ſind durchloͤchert. Das Loch iſt aber, obgleich der Funke ſehr groß ſcheint, nur ſehr klein. Oefters ſind mehrere kleine Loͤcher ne - ben einander. Sind die Kartenblaͤtter zuvor naß ge - macht worden, ſo wird das Loch etwas groͤſer. Ein Funke von mehrern Flaſchen oder von einer Batterie, macht auch ein etwas groͤſeres Loch. Herr Cavallo be -zeugt,55zeugt, daß man mit einer ſtarken Batterie, ſogar durch ein duͤnnes Blech ſchlagen, oder vielmehr es durchſchmel - zen koͤnne. Allezeit aber iſt, nach Verhaͤltniß des ſchein - bahren Funkens, das Loch ſehr klein. Z. B. das Loch, welches der Funke von einer einzigen, obwohl groſen Leidnerflaſche, durch die Kartenblaͤtter ſchlaͤgt; iſt nicht groͤſer als wenn es mit einer kleinen Nadel ge - macht worden waͤre.
Hieraus laͤſt ſich nun erklaͤren; warum der Blitz, der doch von zimmlicher Dicke, wenigſtens Arms dick zu ſeyn ſcheint; durch Mauern und oͤfters auch duͤnne Metalle, z. B. in die metallenen Thurmknoͤpfe, nur gar kleine Loͤcher macht. In der hieſigen Kirche ſprang er an die Sanduhr, die auf der Canzel ſteht. Das Eiſenblech war kaum von der Dicke eines ſchwachen Meſſerruckens. Er konnte es aber doch nicht mehr durchſchlagen, ſondern ſchmelzte nur ein flaches klei - nes Luͤckchen, in der Groͤſe eines ſchwachen Stecknadel - knopfs ein. In die Mauer machte er ein Loͤchgen, in welches man kaum eine Stricknadel bringen konnte. Hingegen machte er in die Mauer der Weidenbacher Kirche, Loͤcher, von der Dicke eines Federkiels. An dieſem letztern Ort ſengte er aber auch hier und da; allein in hieſiger Kirche nicht. Dieſes, glaube ich, beſtaͤrtiget meine Vermuthung die ich Seite 51. von dem Anzuͤnden der Koͤrper durch den Blitz ge - geben, daß nehmlich ein ſehr ſtarker Blitz erfordert werde wenn Holz angezuͤndet werden ſoll.
Erſtlich. Was iſt ein Wetterableiter?
Dieienigen, die noch keine Erkenntniß von Wetter - ableitern haben, pflegen ſich wunderliche Ge - danken davon zu machen. Sie glauben ſie ſeyen von beſonderer Materie, und irgend ein geheimes unerlaub - tes Kunſtſtuͤck darunter verborgen. Aus dieſem Grun - de ſchon halten ſie ſelbtge fuͤr unerlaubt. Sagt man ihnen nun: ihr wiſſet ja, daß wenn der Blitz in ein Gebaͤude ſchlaͤgt, er von einem Metall auf das andere ſpringt, daß er an Draͤthen ruhig fortlauft, und end - lich in die Erde faͤhrt. Sagt man ferner: weil der Blitz dem Metall nachgehet; und man nicht gerne ſie - het, wenn er durch das Gebaͤude ſelbſt gehen ſollte, ſo macht man ihm lieber einen Weg in die Erde, auſ - ſer dem Gebaͤude, und laͤſt von dem oberſten Gipfel eines Gebaͤudes oder eines Thurms, biß in die Erde, außen eine eiſerne Stange herabgehen. Sagt man endlich. Weil das electriſche und das Blitzfeuer einer - ley iſt und man gefunden hat, daß man eine ganze mit electriſchen Feuer geladene Flaſche, in der Entfernung ſchon und zwar ſtillſchweigend ohne daß ein Funken ſpringt, ausladen kan, wenn man eine Spitze dagegen haͤlt; ſo ſezt man zu oberſt auf das Gebaͤude eine ſpi - tzige ſenkrecht ſtehende Stange damit eine heranziehen - de Wetterwolke ſich auslade ehe ſie noch an das Gebaͤude kommt, und man daher den Ausbruch des Blitzes viel - faͤltig gar abwende. „ Sagt man dieſes auch den Un - verſtaͤndigſten; “ſo bekommt man gemeiniglich die Antwort: Wenn der Wetterableiter nichts iſt als die - ſes, ſo laſſe ichs mir gefallen.
Ob57Ob ich nun gleich dieſe Abhandlung nicht fuͤr Kunſterfahrne, ſondern nur fuͤr ſolche ſchreibe, die entweder noch gar keine oder wenigſtes erſt noch weni - ge Erkenntniß von der Sache haben; ſo muß ich doch von Anlegung der Wetterableiter das noͤthigſte anfuͤh - ren, damit auch Laien in der Kunſt, die Guͤre oder Fehler eines Ableiters beurtheilen koͤnnen. Ich gebe daher gegenwaͤrtig eine kurze Beſchreibung hievon.
Die Spitze des Ableiters (Siehe Fig. 5. a) beſte - het aus einer eiſernen, unten wenigſtens 1 biß 1½ Zoll dicken ſenkrecht ſtehenden Stange. Aufwaͤrts muß ſie duͤnner zu laufen, damit ſie nicht allzuſchwer wird. Die Spitze ſelbſt muß von Kupfer ſeyn, welches man an die eiſerne Stange anſchrauben oder anloͤthen laͤſt. Die Spitze macht man drey oder viereckigt, und ſo fein als man kan. Weil viele Spitzen mehr Feuer aufnehmen als nur eine einzige; ſo koͤnnte man auch einen Stern*)Es iſt gut wenn man dieſen Stern alſo einrichtet, daß er an und abgeſchraubt werden kan, damit wenn die Spitzen Noth leiden ſollten, ſie leichtlicher wieder hergeſtellet wer - den koͤnnen. mit vielen Spitzen aufſetzen, oder Kreuzſtaͤbe, die forne ſpitzig ſind durch die Stange gehen laſſen. Iſt das Gebaͤude groß; ſo muß man an beyden Enden deſſelben, eine dergleichen Stan - ge aufrichten. Sie werden aber auf die Spitze zweyer zuſammenſtoſender Dachſparren geſetzt. Um ſie gut zu befeſtigen, werden die eiſernen Stangen unten ge - ſpalten daß man ſie bequem auf die Spitze der zuſam - menſtoſenden Sparren ſetzen kan. Am Ende werden ſie mit Schrauben die durch die Sparren gehen, befeſtiget. Alles dieſes iſt Fig. 6. deutlich abgebil - det.
D 5Die58Die Ableitung b b b b b Fig. 5. beſtehet aus eiſernen duͤnnen Stangen. Man nahm zwar biswei - len nur einen dicken Drath. Weil aber ein Drath zerriſſen werden konnte, wenn ein ſtarker Blitz darauf fahren ſollte; ſo iſts ſicherer, wenn man halb Zoll, wenigſtens ⅓ Zoll dicke runde oder Viereckigte eiſerne Stangen nimmt. Damit ſie nicht ſo leicht roſten, beſtreicht man ſie, wenn ſie heiß ſind, mit Pech.
An einem kleinen Gebaͤude iſt eine einzige derglei - chen Ableitung genug. An ein groſes Gebaͤude aber kan man zwey machen. Man fuͤhret ſie entweder an einem Giebel, oder auch auf dem Dach, und an der Mauer des Haußes herab.
Die Zuſammenſetzung der Ableitungsketten oder vielmehr Stangen, muß alſo geſchehen, daß man glaubte die Stange mache nur eine einzige aus. Man darf da - her keine Gelenken machen, wie bey Ketten gewoͤhnlich ſind, oder wie man Fig. 3. b ſehen kann; weil bey dieſer Einrichtung der Blitz an jedem Gelenke einen Sprung macht. Man ſehe die ſechſte Erfahrung Sei - te 24. Die Stangen muͤſſen daher uͤber einander ge - legt und mit Schrauben, wie man Fig. 7. ſiehet, zu - ſammen geſetzt werden.
Muͤſſen dieſe Stangen um Ecke herumgefuͤhret werden; ſo muß man wenigſtens alle ſcharfe Winkel vermeiden, und vielmehr die Stangen in einen etwas weiten Bogen kruͤmmen laſſen. Wenn Schloͤte in der Mitte des Gebaͤudes herausgehen, und man uͤber den Gipfel oder den ſogenannten Firſt des Daches eine Ab - leitungsſtange wegzufuͤhren hat, ſo darf man dieſe nicht uͤber dem Schlot gehen laſſen, wie Fig. 8. durch a c b angezeigt iſt, ſondern man muß in den Schlot zwey einander gegenuͤberſtehende Loͤcher machen, unddurch59durch dieſe die Stange gerade fortlaufen laſſen. Denn der electriſche Funke macht lieber einen kleinen Sprung, als daß er einen Umweg nehmen, und an dem Ecke eines Winkels herumlaufen ſollte. Siehe die ange - fuͤhrte ſechſte Erfahrung.
Die Verbindung der Ableitungsſtangen darf auch nicht vergeßen werden. Wenn nehmlich mehrere Ge - baͤude neben einander ſtehen, ſo muß die Ableitung von einem Gebaͤude auf das andere gehen. Man fuͤhrt ſie ſonderlich auf dem Firſt der Daͤcher fort, und ver - hindet ſie mit den ſenkrechten Stangen Bey einer Kir - che muß man nicht nur vom Thurm herab die Ablei - tungsſtangen fuͤhren, ſondern auch an die beyden En - den des Kirchendachs Stangen mit Spitzen aufrich - ten, von einer Stange zur andern eine Ableitungs - ſtange laufen laſſen, und dieſe mit der Ableitungsſtange des Thurms in Verdindung bringen.
Die Befeſtigung der Ableitungsſtangen geſchie - het durch eiſerne Klammern, wie Fig. 9 eine abgebil - det iſt und man Fig. 5. bey b b b b b ſiehet. Es iſt genug, wenn die Ableitungsſtange ohngefehr 6 Zoll vom Gebaͤude abſtehet. Einige Naturforſcher haben vorgeſchlagen, anſtatt dieſer eiſernen Klammern hoͤlzerne Arme zu machen, damit der Blitz um ſo weniger in das Gebaͤude fahren koͤnne. Allein; auſſer dem, daß die hoͤlzernen Arme ſchwer zu befeſtigen und von keiner guten Dauer ſind; ſo ſchaden auch die eiſernen Klam - mern nichts. Wenn der Blitz zwey Wege in die Er - de hat, und auf dem einen Spruͤnge machen muß, auf den andern aber an einem ununterbrochen fortlau - fenden Metall fort gehen kann, ſo nimmt er den letztern Weg. (Siehe die 6te Erfahrung S. 24. 25.) Da nun der Blitz wenn er von einer Ableitungsſtange in ein Gebaͤude ſchlagen wollte, hie und da Spruͤnge ma -chen60chen mußte; ſo gehet er lieber an der Ableitungsſtange fort. Doch iſt es ſehr zu rathen, an einem Gebaͤude, woran ein Ableiter angelegt wird, ſich wohl umzuſe - hen; ob nicht an dem Ort, wo eine Ableitungsſtange herabgehet, auch innen im Gebaͤude eine ununterbro - chen-fortgehende Reihe von Metallen ſich befinde. In dieſem Fall koͤnnte freylich der Blitz ſich theilen, und zum Theil innen durchs Gebaͤude in die Erde gehen.
Die Klammern dienen nur dazu, daß die Ablei - tungsſtangen nicht von dem Gebaͤude wegfallen. Denn tragen koͤnnen ſie die ſchweren Ableitungsſtangen nicht; es ſey denn, wo dieſelben Horizontal laufen. Die ſenkrecht herabgehende Stangen aber werden, da ſie feſt zuſammengeſchraubt ſind, und gleichſam nur eine ein - zige ausmachen, von dem Erdboden getragen. Allein damit ſie ſich nicht durch ihre Schwere in den Erd - boden eindruͤcken, ſo ſetzt man ſie auf einen Stein, der mit dem Erboden in gleicher Hoͤhe liegt.
Will man hie oder da, wo die Ableitungsſtangen ſchraͤge laufen, z. B. beym Ende eines Thurmsdachs, den Ableiter auf einen eiſernen Traͤger aufruhen laſ - ſen; ſo muß der Traͤger erſtlich ſehr ſtark und wohl be - feſtigt ſeyn: anderns muß er ein weites Loch haben, damit die Stange nicht darinnen gepreßt ſeye, und bey einem erfolgten Schlag keine allzugroße Erſchuͤtterung des Traͤgers entſtehe; daher muß drittens die Ableitungs - ſtange einen an der Seite herausgehenden Stift be - kommen, mit welchem ſie