ERSTES CAPITEL. RECHT DES KRIEGS.
§. 231. Verletzung der Rechte eines Staates.
Feindliche Verhältnisse unter Staaten, ent - stehen durch Rechtsverletzungen, wirkliche oder drohende a). Die Rechte der Staaten werden verletzt auf dieselbe Art, wie die Rechte ein - zelner Menschen. Verletzt werden sie entweder unmittelbar, oder mittelbar; jenes, wenn die Beleidigung der Gesammtheit des Staates, die - ses, wenn sie einzelnen Mitgliedern desselben zugefügt wird, von der Gesammtheit des andern Staates, oder von einzelnen Mitgliedern dessel - ben, so fern hieran der gegenseitige Staat auf irgend eine Art Theil nimmt b). In Absicht auf feindliche Verhältnisse, ist die Aufgabe: zu be - stimmen das Recht der Staaten, zu dem Krieg, in dem Krieg, nach dem Krieg c).
a)Von Ansprüchen (Prätensionen) s. v. Ompteda’s Lit. II. 605. Neyron principes du droit des gens, §. 298. sqq., und oben §. 25, Note b.
a)Klüber’s Europ. Völkerr. II. 25378b)Z. B. durch Ermächtigung oder Anreizung zu der Rechts - verletzung, durch widerrechtliche Verzögerung oder Verwei - gerung der geforderten Genugthuung, insbesondere wenn seine Mitglieder Räubereien getrieben, wenn seine Caper oder FreiCorps Excesse gegen ein nicht feindliches Volk be - gangen haben, wenn sein Regent als Privatperson den an - dern Staat beleidigt hat. Schrodt syst. juris gent. p. 49. sqq. Jo. Pet. de Ludewig diss. de juris gentium laesione. Hal. 1741. 4. Obss. select. Halens. T. VII. obs. 6. 7.
b)c)Kant’s metaphysische Anfangsgründe der Rechtslehre, S. 216.
c)§. 232. Befugniſs dagegen.
Wie jeder einzelne Mensch in dem Natur - stand, so ist auch jeder Staat im Nothfall be - fugt zu verhältniſsmäsiger Gewaltthätigkeit, ge - gen drohende oder wirkliche Rechtsverletzungen, nicht nur zu Erhaltung und Vertheidigung sei - ner Rechte, sondern auch zu Genugthuung we - gen widerrechtlich erlittenen Schadens (§. 43). Die Gewaltthätigkeit findet statt, gegen die Ge - sammtheit des beleidigenden Staates unmittelbar, aber auch wider einzelne, wenn gleich an der Rechtsverletzung persönlich unschuldige, Mit - glieder desselben, weil sie Theile der Gesammt - heit sind, und ihr Vermögen in dem Verhält - niſs zu andern Staaten als Bestandtheil des Ver - mögens ihres Staates zu betrachten ist a). Da über Staaten kein Richter gebietet, so ist jeder von ihnen befugt, selbst Gewalt zu gebrauchen gegen Beleidigungen, also zu Selbsthülfe b).
a)Grotius, lib. III. c. 2. — Man s. jedoch unten, §. 246, 251 f., u. 256.
a)379b)Moser’s Versuch, VIII. 480 ff. — Zu Selbsthülfe gegen auswärtige Staaten oder deren Mitglieder, sind einzelne Mit - glieder des Staates für sich nicht befugt. Ihr Recht zu Pri - vatgewalt jeder Art, haben sie ihrem Staat übertragen; die - ser ist daher befugt und verpflichtet, sie auch gegen aus - wärtige Feinde zu vertreten.
b)§. 233. Bedingungen der Selbsthülfe.
Immer setzt der rechtmäsige Gebrauch der Selbsthülfe voraus, nicht nur das Daseyn einer wahren Rechtsverletzung, gleichviel ob Ver - letzung eines erworbenen oder eines natürlichen Rechtes a), sondern auch den Mangel eines ge - lindern Mittels zur Genugthuung b), z. B. nach fruchtlos versuchter Beweisführung, gütlicher Vorstellung, und Drohung. — Maas und Grenze der Selbsthülfe, werden jedesmal bestimmt durch ihren Zweck. Nach erlangter Genugthuung, muſs sie aufhören. Zum Vortheil und auf Anrufen eines dritten Staates, kann, in dem oben ange - zeigten Fall, völkerrechtliche Selbsthülfe c) nur dann statt finden, wenn man sich vollständig überzeugt hat, daſs die Rechte dieses Staates verletzt seyen d): aber eine vollkommene Ver - bindlichkeit, diese Hülfe zu leisten, tritt nur ein, wenn ein Vertrag dazu verpflichtet (§. 279).
a)Z. B. Nichterfüllung eines Vertrags, Wegnehmung der Schiffe ohne vorhergegangene Läsion oder Kriegserklärung. Vergl. Nouvelles extraordinaires, 1778, n° 27.
a)b)Lud. Mart. Kahle diss. de justis repressaliarum limitibus (Coett. 1746. 4. ), §. 17.
b)380c)Unterschieden von der privatrechtlichen Rechtshülfe, dem so genannten Arrestum juris, auf Vermögen eines auswärtigen Schuldners, nach dem Gesuch eines Gläubigers.
c)d)Man vergl. oben §. 42, u. unten §. 268 ff. Jo. G. Marckart diss. de jure atque obligatione succurrendi injuria oppressis. Harderov. 1748. 4. Joach. Ge. Daries de justo bello pro aliis suscipiendo; in s. Observatt. juris nat., socialis et gent. Vol. II. p. 338. Ejusd. diss. de causis belli pro aliis susci - piendi. Francof. ad Viadr. 1769. 4. Dawider s. Schott’s unparth. Critik, Bd. I, S. 822. und Vattel, liv. II, ch. 18, §. 348. — Alle Cantone der Eidgenossenschaft haben sich gegenseitig verpflichtet, Repressalien zum Vortheil eines jeden ihrer MitCantone gegen fremde Staaten auszuüben.
d)§. 234. Arten der Selbsthülfe.
Bewirkt wird die Selbsthülfe: 1) durch Ar - restschlag auf Forderungen des andern Staates oder seiner Unterthanen, und durch Beschlag - nahme jenem oder diesen gehöriger Sachen a), z. B. Embargo auf Schiffe; 2) durch eigenmäch - tige Zurücknehmung des widerrechtlich entzo - genen Eigenthums oder Rechtes; 3) durch eigen - mächtige Nehmung angemessener Genugthuung, mittelst gewaltsamer Zueignung eines Aequiva - lentes, oder Ausübung einer gewaltthätigen Hand - lung derselben Art b) (Erwiederung der Läsion, retorsio facti); 4) durch Repressalien im engern Sinn, d. h. gewaltthätige Handlungen, wodurch ein beleidigter Staat dem Beleidiger an - oder zugehörige Personen (androlepsia), Rechte, oder Sachen (Repressalien im engsten Sinn) zurück - hält, um diesen Staat zu Anerkennung seines381Rechtes und zu Genugthuung zu nöthigen c); 5) im äussersten Fall, durch Krieg. — Re - torsion eines Rechtes (retorsio juris vel legis), dient nicht als Selbsthülfe gegen Rechtsverletzung, obwohl sie gegründet ist in der völkerrechtlichen Gleichheit und Selbstständigkeit unabhängiger Staaten d). Wiedervergeltung (Talion) liegt aus - ser dem Gebiet des Völkerrechtes e); und Zwei - kampf, zwischen Völkern oder ihren Regenten, ist nicht mehr üblich f).
a)Mercure hist. et polit. 1753, T. I, p. 217. J. J. Moser’s Versuch des neuesten europ. Völkerr., Th. VI, S. 441 ff. v. Martens Erzählungen, Th. I, S. 240 ff. J. G. Büsch u. C. D. Ebeling’s HandlungsBibliothek, Bd. IV (1801), S. 442 ff. v. Kamptz neue Lit., S. 286 f., Num. 17 — 24.
a)b)Z. B. Nichthaltung einer KriegsCapitulation, weil der Feind eine solche nicht gehalten hat. Vattel, liv. III, ch. 10, §. 176. Lamberty mémoires, V. 163. 164. VI. 238 — 240. — Einige nennen diese Art der Selbsthülfe jus talionis. An - dere benennen so die eigenmächtige Zueignung eines Aequi - valentes. Noch Andere verstehen beides darunter.
b)c)Schriften in v. Ompteda’s Lit. II. 609 — 613. u. in v. Kamptz neuer Lit., §. 270. Bynrershoek quaest. jur. publ. lib. I. c. 24. in s. Operib. omn. II. 235. Moser’s Versuch, VIII. 491. 498. v. Martens Erzählungen, Th. I, Num. 16. v. Kamptz Beiträge zum Staats - u. Völkerrecht, Bd. I, S. 204 — 206. — Repressalien im weitern Sinn, heiſst jede Gewaltthätigkeit zur Genugthuung wegen erlittenen Unrechtes, den förmlichen Krieg ausgenommen. — Die Repressalien sind negativ, wenn die Erfüllung einer Zwangpflicht verweigert wird, z. B. die Bezahlung einer schuldigen Geldsumme, die Entrichtung schuldiger Renten, die Herausgabe jenseitigen Eigenthums; sie sind positiv, wenn sie bestehen in Bemächtigung und Zurückhaltung dem andern Staat an - oder zugehöriger Per - sonen, Sachen oder Rechte, z. B. Pfändung, Beschlagneh - mung seines TransitoGuts, Matrosenpressen auf seinen Schif -382fen. — Je weiter die Repressalien getrieben werden, desto mehr nähern sie sich dem eigentlichen Krieg. Vattel, liv. II, ch. 18, §. 345. Burlamaqui principes du droit politique, P. IV, ch. 3, §. 31 — 43, p. 336 et suiv.
c)d)Retorsion ist erwiedernde Entziehung unvollkommener Rech - te; also ohne Voraussetzung einer von der andern Seite er - folgten Verletzung eines Zwangrechtes, einer Beleidigung. Sie wird begründet durch eine unbillige oder beschwerliche Ungleichheit des positiven Rechtes, nach welchem ein an - derer Staat die Auswärtigen im Verhältniſs zu den Einhei - mischen behandelt. Miſsbraucht würde sie, bei blosser Ver - schiedenheit der Privatgesetze des einheimischen und eines auswärtigen Staates. Jo. Godofr. Bauer diss. de vero fun - damento quo inter civitates nititur retorsio juris. Lips. 1740. 4. u. in s. Opusc. T. I. n. 9. Vinc. Oldenburger diss. de retorsione jurium. Goett. 1780. 4. Klüber’s Vorrede zu der Abh. über Erbschaftsteuer. Erl. 1790. 8. Schröder elem. juris nat. et gent. §. 1117. Moser’s Versuch, VIII. 485. v. Ompteda’s Lit., §. 287. v. Kamptz neue Lit., §. 269.
d)e)Denn moralische Vergeltung ist physisch unmöglich, und gehört in das Gebiet der Sittlichkeit: eine so genannte recht - liche Wiedervergeltung hingegen, ist entweder anders nichts als eine moralische, oder ein Ideal, ohne practische Brauch - barkeit. Vergl. Henr. Cocceji diss. de sacrosancto talionis jure. Francof. 1705. 4. u. in s. Exercit. curios. Vol. II. n. 37. Jo. Ad. de Ickstadt pr. de arctis juris talionis li - mitibus in statu hominum gentiumque naturali. Wirceb. 1733. 4. et in Ejus Opusc. T. I. n. 2. p. 152. Joach. Ge. Daries diss. de eo q. j. e. circa legem talionis, tam in foro externo quam in foro poli. Jen. 1737. 4. Jo. Pet. Bucher diss. I. de jure talionis. Harderov. 1763. Diss. II. Steinf. 1764. 4. E. C. Wieland über die natürliche Gleichheit der Menschen, sammt Anhang vom Wiedervergeltungsrecht. Leipz. 1782. 8. Montesquieu esprit des lois, T. I, liv. 6, ch. 19, p. 104.
e)f)Grotius lib. II, c. 23. §. 10. Dissertationen „ de duellis principum “, von Jo. Joach. Zentgrav, Viteb. 1668; Jo. Jac. Müller, Jen. 1702; J. G. Scherz, Argent. 1707; J. C. Ditt - mar, Francof. ad Viadr. 1719, u. in s. Dissert. et Exerc. p. 239. sqq. Jäger’s Gedanken vom Zweikampf der Völker383u. ihrer Souveraine; in Schott’s jurist. Wochenblatt, 1772, Num. 30.
f)§. 235. Krieg. Arten desselben.
Wird der Gewalt, von einem Staat irgend eine Gewalt entgegengesetzt, so befinden sich beide Theile in einem Zustand gegenseitiger Gewaltthätigkeit, in Krieg im weitern Sinn. Wird, in diesem Zustand, der Gebrauch kei - ner Art von Gewaltthätigkeit ausgeschlossen, so ist Krieg im engern Sinn a), und zwar Völ - kerkrieg (bellum inter gentes), wenn beide krieg - führende Theile Staaten sind. — Auf Seite des - jenigen kriegführenden Theils, dessen Zweck die Vertheidigung eigener Rechte ist, um Sicherheit oder Genugthuung zu erlangen, heiſst der Krieg Vertheidigungskrieg (bellum defensivum, guerre défensive): auf Seite desjenigen hingegen, dessen Zweck die Verletzung fremder Rechte ist, heiſst er Angriff - oder Anfallkrieg (bellum offensi - vum, guerre offensive). In beiden Fällen, ist es in Absicht auf die Benennung gleichviel, von welchem Theil der Anfang mit Gewaltthätigkei - ten gemacht worden ist. Denn so fern eine Aus - übung des PräventionsRechtes zum Grunde liegt, ist der Krieg auch auf Seite des zuerst angrei - fenden Theils ein Vertheidigungskrieg, weil die Prävention zu dem Vertheidigungsrecht gehört b), und es kann auch von der andern Seite eine stillschweigende Kriegserklärung vorausgegangen384seyn. — Wird der Krieg bloſs auf dem festen Lande geführt, so heiſst er Landkrieg: See - krieg, wenn er nur auf dem Meer geführt wird; Land - und Seekrieg, wenn auf beiden c).
a)Bynkershoek definitio belli ejusque explicatio; in s. Quaest. juris publ. lib. I. c. 1. — Schriften von dem Krieg, in v. Ompteda’s Lit. II. 615 ff. C. O. Graebe orat. de jure belli et pacis, praesertim imperii. Rintelii 1795. 8. J. G. Fichte über den Begriff des wahren Kriegs. 1813. 8. J. N. Tetens considérations sur les droits réciproques des puissances bel - ligérantes et des puissances neutres sur mer, avec les prin - cipes de guerre en général. à Copenhague 1805. 8. — Krieg im engern Sinn kann vorkommen, unter einzelnen Menschen (PrivatKrieg; in Staatsgebieten unerlaubt), und unter Staaten (öffentlicher oder Völkerkrieg, bellum inter gentes); aber auch zwischen einem Staat und einzelnen Menschen (ver - mischter Krieg). Vom Privatkrieg der Souveraine, oben §. 50 b. — Der inländische Krieg (bellum intestinum), ist Privatkrieg, wenn er unter Parteien oder Factionen der Mitbürger eines Staates geführt wird, und während dessel - ben die Staatsverbindung suspendirt ist (Bürgerkrieg, bellum civile); vermischter Krieg hingegen, wenn er zwischen der Regierung des Staates und einem Theil seiner Bürger ge - führt wird, es sey nun daſs diese Empörer oder Rebellen sind, und also das Recht auf Seite der Regierung sich be - findet (ExecutionsKrieg), oder umgekehrt. — Schriften vom Krieg überhaupt, in v. Ompteda’s Lit. §. 290 f. u. in v. Kamptz neuer Lit, §. 271 f.
a)b)In diesem Sinn, wird der Eintheilungsgrund hergenommen von der Rechtmäsigkeit oder Unrechtmäsigkeit des Kriegs. — Andere gebrauchen beide Ausdrücke von dem gerechten Krieg. DefensivKrieg sey der, wodurch ein Staat gegen Beleidigun - gen eines andern Widerstand leiste: OffensivKrieg der, wo - durch ein Staat sich zu demjenigen zu verhelfen trachte, was er von dem ungerechten Inhaber nicht erlangen könne, oder wodurch er sich Sicherheit wider drohende Gefahr zu ver - schaffen suche. C. L. Scheid diss. de ratione belli, §. 19. Burlamaqui principes du droit politique, P. IV, ch. 3, §. 1 et suiv., p. 322. — Dagegen schreibt man, in dem gemei -385nen Leben, meist den Anfallkrieg bloſs demjenigen zu, der den Krieg zuerst erklärt, oder den ersten Angriff mit Waffen unternommen hat, Vertheidigungskrieg demjenigen, wider wel - chen dieser Angriff gerichtet war. Burlamaqui, a. a. O., §. 5. — Gemeiniglich will keiner der kriegführenden Theile für den angreifenden im rechtlichen Sinn (Aggressor) gelten. Moser’s Beyträge zu dem neuesten europ. [Völkerrecht] in Kriegszeiten, Th. I, S. 3 ff. — Vergl. übrigens Joach. Ge. Daries de bello ejusque generibus, §. 19. sqq. in s. Obser - vationibus juris nat., socialis et gentium, Vol. II. p. 303. Idem de bello defensivo, ib. p. 305. Vattel, liv. III, ch. 1, §. 5. Von dem Unterschied der Offensiv - und DefensivKrie - ge. 1756. 4., und in der Teutschen KriegsCanzley, Bd. I, S. 773 ff. v. Ompteda’s Lit. II. 631. v. Kamptz neue Lit., §. 278. b)c)Joh. Jul. Surland’s Grundsätze des europ. Seerechts. Han - nov. 1750. 8. J. G. F. Koch’s europ. Land - und Seekriegsrecht. Frankf. 1778. 8.
c)§. 236. Recht Krieg zu führen, ein Majestätsrecht.
Das Recht eines Staates, mit Auswärtigen Krieg zu führen, ist ein Hoheits - oder Maje - stätsrecht, und zwar ein äusseres a). Es kann daher nur von dem Stellvertreter des Staates gegen Auswärtige, in Uebereinstimmung mit den Vorschriften der Staatsgrundgesetze, ausgeübt werden. Unterthanen sind dazu weder ganz noch zum Theil befugt (§. 232, Note b). Doch kann nicht nur Statthaltern des Regenten, zu - mal in entlegenen Provinzen oder Colonien, das Recht Krieg zu führen unter gewissen Umstän - den übertragen b), sondern auch einzelnen Un - terthanen das Recht zu Ausübung bestimmter Gewaltthätigkeiten, während eines Völkerkriegs, besonders verliehen werden c).
386a)Schriften in v. Kamptz neuer Lit., §. 273 f.
a)b)So zuweilen den Gouverneuren der octroirten ostindischen Handelsgesellschaften. C. F. Pauli diss. de jure belli societa - tum mercatoriarum majorum. Hal. 1751. 4.
b)c)So den mit Markbriefen (litteris marcae, lettres de marque) versehenen Capern.
c)§. 237. Rechtmäsigkeit des Kriegs.
Um rechtmäsig zu seyn, muſs jeder Krieg seinen Entstehungsgrund haben in Befolgung eines Grundsatzes, welcher abgeleitet ist aus der Nothwendigkeit der Erhaltung äusserer Rechte, für den Fall einer Rechtsverletzung. Gerecht ist daher der Krieg auf Seite desjenigen Staates, welcher ihn zu führen genöthigt ist zu dem Schutz seiner Rechte a). Dieser Schutz kann sich beziehen, nicht nur auf schon bestehende Rechtsverletzung, sondern auch, vermöge des PräventionsRechtes, auf bevorstehende b). Der Zweck eines gerechten Kriegs muſs demnach be - stehen, entweder in Genugthuung, oder in Ver - theidigung, oder in Sicherheit, so fern diese auf andere Art nicht zu erlangen sind c). Ungerecht ist der Krieg auf Seite desjenigen Staates, wel - chem Rechtsverletzungen der angezeigten Art zur Last fallen, oder welcher ihn nur aus Eigen - nutz, aus bloſs anrathenden Beweggründen (caus - sis suasoriis, simples motiſs) unternimmt d). Zu diesen falschen Beweggründen gehören: Er - oberungslust, Raubgier, Verhinderung des ge -387rechten Anwachsens der Macht eines andern Staa - tes (§. 41), Austreten aus dem so genannten po - litischen Gleichgewicht (§. 6 u. 42), sittliche oder religiöse Rohheit des andern Volkes e), wahre oder vermeinte Unsittlichkeit desselben.
a)In concreto ist oft schwer, ein richtiges Urtheil zu fällen über die Rechtmäsigkeit eines Kriegs. „ Justum est bellum quibus necessarium, et pia arma quibus nulla nisi in armis relinquitur spes “. Livius. — In verschiedener Beziehung, kann derselbe sogar auf beiden Seiten gerecht seyn. Auch behauptet in der Regel jeder Theil, das Recht auf seiner Seite zu haben, und selbst der ungerechte Feind kann in bona fide seyn. Die Rechtsvermuthung streitet, wie über - haupt für das Rechtverhalten, also auch für die Rechtmäsig - keit des Kriegs. Vergl. Grotius, lib. II. c. 23. §. 13. Alber. Gentilis de jure belli, lib. I. c. 6. Vattel, liv. III, ch. 12, §. 188 — 192. Burlamaqui principes du droit politique, P. IV, ch. 2, p. 296 et suiv. Im Zweifel muſs daher, so lang der Krieg dauert, die Rechtmäsigkeit desselben als zweifelhaft angesehen, mithin angenommen werden, daſs keine der krieg - führenden Mächte ein entschiedenes Recht für sich habe. — Vattel (liv. III, ch. 13, §. 195) behauptet, daſs nach den Be - stimmungen des so genannten freiwilligen Völkerrechtes (oben §. 1, Note c), jeder förmliche (d. h. ausdrücklich angekün - digte) Krieg, so viel dessen Wirkungen betrifft, als von bei - den Seiten gerecht zu betrachten, und daſs Niemand berech - tigt sey, eine Nation wegen des Uebermaases ihrer Ansprü - che, oder wegen desjenigen zu richten, was sie zu ihrer Sicherheit für nöthig erachtet. Inzwischen giebt derselbe Schriftsteller zu, daſs es Kriege geben könne, die nicht nur ungerecht seyen, sondern denen es sogar an Vorwand fehle.
a)b)Guil. Schooten diss. de jure hostem imminentem praevenien - di; in s. Speciminibus jurid. (Lugd. Bat.), num. I.
b)c)Vattel, liv. 3, ch. 3. Schriften in v. Ompteda’s Lit. II. 626, u. in v. Kamptz neuer Lit., §. 274.
c)d)Immer müssen die Rechtfertigungsgründe des Kriegs un - terschieden werden von den blossen Beweggründen (causae388justificae a suasoriis), insonderheit von Beweggründen des In - teresse und der Convenienz, so wie von blossem Vorwand. De Felice leçons du droit des gens, P. II. T. II. p. 140. sqq.
d)e)Also kein Krieg, bloſs wegen Atheismus, Abgötterei, Heiden - thums, Aenderung der bisherigen Religion, oder der Staats - Grundverfassung, Unsittlichkeit, Barbarei, u. d., kein Moral - oder Religionskrieg (Schriften in v. Ompteda’s Lit., §. 298, u. in v. Kamptz neuer Lit., §. 280), kein so genannter Strafkrieg (bellum punitivum), da unter unabhängigen Staaten ein Straf - recht nicht statt hat. A. F. Reinhard von dem Strafkrieg, in s. Samml. jurist., philos. u. krit. Aufsätze, Bd. I, S. 281 — 289. Bignon du congrès de Troppau (Paris 1821), ch. IV et V. v. Ompteda’s Lit. II. 632 f. u. v. Kamptz n. Lit., §. 299. Vergl. Günther’s Völkerrecht, II. 9 f. — Ge - heime Ursache des Kriegs, welchen Frankreich 1688 anfieng. Büsch Welthändel, S. 233. Es giebt Fälle, wo Krieg ge - führt ward, weil man eine moralische Invasion, eine intel - lectuelle Seuche, eine politische Epidemie fürchtete, oder zu fürchten vorgab, und weil man ein gewisses Land für einen pestilenzialischen Feuerheerd hielt, dessen Glut zu löschen sey. Eine StaatsRevolution, selbst Aufruhr, wenn sie bloſs national, wenn sie nicht begleitet sind von Anzeigen einer directen Gefahr für andere Staaten, würden eine Einmischung dieser Staaten nicht rechtfertigen. — Von Einmischungs - kriegen, betr. die innern Angelegenheiten eines fremden Staates (§. 51 u. f.), oder dessen Verhältnisse zu einem drit - ten Staat, s. man die CircularNote des brittischen Cabinets v. 19. Jan. 1821, und die englischen ParlamentsDebatten vom 19. u. 21. Febr., vom 2. u. 20. März 1821, bei Gelegenheit der neapolitanischen ConstitutionsSache, in dem londner Tagblatt the Courier vom 2., 20. u. 22. Febr., vom 3. u. 21. März, und in dem pariser Moniteur universel v. 6. Febr. 1821. Auch Bignon a. a. O.
e)§. 238. Kriegsankündigung.
Zu der Rechtmäsigkeit eines Kriegs, bedarf es nicht einer Ankündigung desselben (indictio s. denunciatio belli, déclaration de guerre), das389heiſst, einer Erklärung, durch welche der sich für beleidigt haltende Staat dem andern kund thut, daſs er sein Recht gegen ihn mit Waffen - gewalt verfolgen wolle a); es sey augenblicklich (pure), oder für einen bestimmten Fall (even - tualiter). Eine Ausnahme ist nur dann vorhan - den, wenn solche durch Vertrag bedungen, oder von ihr noch gütliche Beilegung des Streites mit Wahrscheinlichkeit zu hoffen wäre, da Krieg nur im äussersten Fall zulässig ist. Auch ist die in ältern Zeiten von europäischen Staaten für nothwendig gehaltene b), und daher meist üblich gewesene Kriegsankündigung, seit der Mitte des siebenzehnten Jahrhunderts fast ganz ausser Gebrauch c).
a)Bynkershoek quaest. jur. publ. lib. I. c. 2. G. S. Treuer diss. de decoro gentium circa belli initia (Helmst. 1727. 4. ), §. 23. sqq. Glafey’s Völkerr. S. 506. P. E. a Feilitzsch tr. de indictione belli et clarigatione (Jen. 1754. 8. ), c. 1. §. 14. sqq. p. 21. Moser’s Beyträge, I. 369 ff. — Anders Grotius lib. III. c. 3. §. 6. et 11. Barbeyrac in not. ad Pu - fendorf de J. N. et G. lib. 8. c. 6. §. 9. et 15. Vattel, liv. III, ch. 4, §. 51. Der letzte nennt guerre en forme denjenigen Krieg, welcher dem Feind durch eine ausdrück - liche Erklärung angekündigt war. — Schriften in v. Ompte - da’s Lit. II. 629 f. u. in v. Kamptz neuer Lit., §. 275. — Eine Kriegserklärung kann ganz einfach und kurz gesche - hen; sie kann aber auch verbunden seyn mit einer recht - fertigenden Ausführung der Thatsachen, welche dieselbe ver - anlassen. Die letzte heiſst Clarigatio. Die verschiedenen Bedeutungen dieses Wortes, s. bei Feilitzsch l. c. cap. 1. §. 6. p. 13. — Ein Krieg ohne vorhergegangene Ankün - digung, ist darum noch kein Raubkrieg.
a)b)Cicero de offic. lib. II. c. 2. J. Gottl. Gonne, warum die Kriegsankündigung unter freien Völkern für nothwendig ge -390halten worden (in den Erlang. gel. Anzeigen v. 1743, Num. 4, u. in Siebenkees jurist. Magazin, Bd. I, S. 21 ff. ), §. 2 ff. — Die feierliche Kriegsankündigung geschah in dem Mittelalter, und noch 1635 zu Brüssel, durch Waffenherolde. Klüber’s Anmerkungen zu Sainte-Palaye von dem Ritterwesen, I. 283.
b)c)Wie, unter vielen andern, die von Feilitzsch l. c. cap. 2. §. 29. sqq. p. 67. sqq. angeführten Beispiele beweisen.
c)§. 239. Kriegsverkündigung.
Desto wichtiger, wiewohl ebenfalls nicht nothwendig, ist die Verkündigung des Kriegs (publicatio belli); eine an die eigenen Unter - thanen, auch wohl an andere Staaten, mittelst eines Manifestes, gerichtete Bekanntmachung, daſs und warum die Staatsregierung genöthigt sey, mit einem andern Staat sich in Krieg einzulassen. Wichtig ist dieses für die ei - genen Unterthanen, weil durch den Krieg der ganze Staat, mithin auch alle ihm angehörigen Personen und Sachen, in feindliches Verhältniſs zu dem andern kriegführenden Staat und die demselben angehörigen Personen und Sachen treten. Wichtig kann es auch seyn in Ansehung dritter Staaten, theils um bei ihnen eine günstige Meinung für sich zu erregen, theils wegen des Verkehrs, worin sie und ihre Angehörigen mit den kriegführenden Mächten sich befinden kön - nen. Obgleich auch sie nicht immer entschei - det, über den wahren Anfangspunct der Feind - seligkeiten, so hat sie doch manche rechtlicheWir -391Wirkung in Absicht auf den Privatverkehr a). Aus diesen Gründen, ist jene Verkündigung jetzt in Europa Völkersitte, und nur selten un - terbleibt sie. Auf das Manifest des einen Theils, folgt zuweilen von dem andern ein GegenMa - nifest b).
a)G. H. Ayrer oratio de jure solemni circa declarandum bel - lum inter gentes moratiores accepto, et nuper etiam — — usurpato. Goett. 1757. 4. Emérigon traité des assurances, I. 559. Moser’s Beyträge, I. 273 ff. 389 ff. Kluit hist. feder. II. 474.
a)b)Moser’s Beyträge, I. 405 ff.
b)§. 240. Dehortatorien, Inhibitorien, Avocatorien.
Kriegführende Mächte pflegen, durch eigene Edicte oder Decrete, das Verhalten ihrer Un - terthanen und Vassallen gegen den Feind, des - sen Land und Angehörige, zu bestimmen a). Sie warnen ihre Unterthanen allgemein, und mit Androhung bestimmter Strafen, daſs diesel - ben mit dem Feind sich in keinen, ihm in Ab - sicht auf den Krieg irgend nützlichen Verkehr einlassen (Dehortatorien). Sie verbieten ihnen zuweilen sogar allen Verkehr mit dem feindlichen Land und dessen Unterthanen, namentlich Brief - wechsel, Assecuranz für feindliche Rechnung b), WaarenAusfuhr in des Feindes Land, oder Ein - fuhr daher c), es sey denn mit besonderer Er - laubniſs oder Licenz (Inhibitorien). Sie rufen diejenigen ihrer Unterthanen zurück, welche in Kriegs - oder anderem Staatsdienst des Feindes,Klüber’s Europ. Völkerr. II. 26392auch wohl dritter Mächte, sich befinden, oder aus andern Ursachen in dem Ausland sich auf - halten, um ihre Dienste dem Vaterlande zu widmen, mit Androhung der VermögensCon - fiscation und anderer Strafen d) (Avocatorien, Excitatorien, Auxiliatorien). Das StaatsInteresse veranlaſst jedoch nicht selten, durch Connivenz, Verordnungen, oder besondere Concession, wohl gar durch eigene Verträge, einen eingeschränk - ten Verkehr mit dem feindlichen Lande zu ge - statten, z. B. unschädlichen Briefwechsel, die Ein - oder Ausfuhr bestimmter Waaren in be - nannten Orten oder Häfen, unter Beobachtung vorgeschriebener Förmlichkeiten e). Zuweilen enthalten die Staatsgesetze eigene Bestimmungen dieser Art für jeden Krieg.
a)Jo. Frid. Boerelmann de jure revocandi domum. Heidelb. 4. J. C. W. v. Steck von Abrufung der in auswärtigen Kriegs - diensten stehenden Reichsglieder und Vassallen; in s. Ab - handlungen (Halle 1757. 8. ), S. 31 — 54. Dessen Verthei - digung dieser Grundsätze, ebendas. im Anhang, S. 1 — 55. Franz Thereser’s Versuch von Avocatorien und Inhibitorien. Wien 1793. 8. Moser’s Versuch, IX. 1. 42 ff. 60 ff. Eben - ders. von teutschen Reichstagsgeschäften, S. 760 — 791. Eben - dess. Beyträge, I. 352. 463 ff. — Eine Reihe von Avoca - torien, von 1548 bis 1703, findet man in dem kursächsischen Codex Augusteus, I. 2310 — 2367.
a)b)J. C. W. v. Steck von Versicherung feindlicher Schiffe und Güter; in s. Ausführungen (Berlin 1776. 8. ), S. 176 — 179. Ebendess. Ausführungen (Halle 1784. 8. ), S. 16 ff. 23 ff. Moser’s Versuch, IX. 1. 75 ff. — Posteulauf und Fischerei in offener See, werden zuweilen suspendirt.
b)c)Büsch Welthändel, S. 585. (4. Ausg.)
c)d)Schriften in v. Kamptz neuer Lit., S. 324, §. 277.
d)393e)Moser’s Versuch, IX. 1. 46. ff. 60 ff. 72 ff. Ebendess. Bey[-]träge, I. 482. 485. H. Hanker’s Rechte und Freiheiten des Handels (Hamb. 1782. 8. ), S. 70 ff. Bouchaud théorie des traités de commerce, p. 250. sqq.
e)§. 241. Rechte des gerechten Feindes; in Absicht auf 1) ihren Umfang überhaupt.
Wie unter einzelnen Menschen im Natur - stand, so ist auch unter Staaten in dem Krieg, das Recht des gerechten Feindes gegen den un - gerechten, im Allgemeinen (in thesi), von un - begrenztem Umfang (jus infinitum). Nur aus den Umständen des concreten Falles (in hypo - thesi) können, nach dem Zweck des Kriegs, nä - here Bestimmungen desselben statt finden. Der gerechte Feind ist daher befugt zu jeder Art von Gewaltthätigkeit, welche nach seinem gewis - senhaften Ermessen nöthig ist zu dem Schutz seiner Rechte, für die Gegenwart und Zukunft, und zu Erlangung vollständiger Genugthuung für das Vergangene a), so weit dadurch das Recht eines Dritten nicht verletzt wird. Ver - möge der natürlichen Freiheit, worin unabhän - gige Staaten sich wechselseitig befinden, und wel - che, ohne übereinstimmende Einwilligung beider Theile, jeden Richterspruch eines Dritten aus - schlieſst, bleibt die Wahl der Mittel zum Zweck, insbesondere der anzuwendenden Gewaltthaten, nach Qualität und Quantität, seiner Selbstbe - stimmung überlassen. Da auch für das Recht -394verhalten eines Staates, ganz vorzüglich für das - jenige eines gerechten Feindes, die Vermuthung streitet, so muſs jede von dem gerechten Feind angewandte Gewaltthätigkeit, als Mittel zum Zweck, im Zweifel für rechtmäsig gehalten werden.
a)Vattel, liv. 3, ch. 11 et 9. v. Kamptz neue Lit., §. 331. — Selbst ein Vertilgungskrieg (bellum internecinum, guerre d’extermination ou à mort) kann, nach den Umständen, nicht ungerecht seyn. So ist das Sprichwort, Mars exlex, zu ver - stehen. C. G. Heyne progr. de bellis internecinis eorumque caussis et eventis. Goett. 1794. Fol. — Das Recht des ge - rechten Feindes ist zu beurtheilen, nicht bloſs nach dem Anfang des Kriegs, sondern auch nach den Folgen dessel - ben. „ Jus nostrum non ex solo belli principio spectandum, sed et ex caussis subnascentibus “. Grotius, lib. III. c. 1. §. 3. Zu beiden gehört, ausser dem Ersatz des vor und nach dem Ausbruch des Kriegs zugefügten Schadens, auch der Kriegskosten, vollständige Sicherung gegen jede künftige Beleidigung von Seite des ungerechten Feindes. Sicherheit dieser Art kann, nach den ganz allein der vernunftmäsigen Beurtheilung des gerechten Feindes unterliegenden Umstän - den, in einem gegebenen Fall anders nicht statt finden, als dadurch, daſs der ungerechte Feind für die Zukunft un - schädlich, das heiſst, unfähig zu ungerechter Gewaltthätig - keit gegen ihn gemacht werde.
a)§. 242. 2 ) Zeit und Raum.
Die Befugniſs des gerechten Feindes zu dem Krieg, nach dem ganzen Umfang seines Rechtes, dauert fort, bis sein rechtmäsiger Zweck erreicht ist. Er kann also den Krieg fortsetzen, bis sein Feind angemessene Friedensbedingungen anbie - tet, oder annimmt; in Ermangelung dessen, bis solche demselben durch Sieg gewaltsam sind ab -395genöthigt worden. Diese Befugniſs zu Gewalt - thätigkeiten, schränkt sich nicht ein auf das Land - und Seegebiet des Feindes. Auch ausser - halb desselben, namentlich auf offener See, kön - nen die demselben zugehörigen Rechte, Sachen und Personen verfolgt werden, so fern nur die Rechte eines jeden Dritten dabei unverletzt bleiben.
§. 243. 3 ) Mittel, dem Feind zu schaden. a) Nach Kriegsmanier und KriegsRaison überhaupt.
Die Mittel, dem Feind zu schaden, sind von sehr verschiedener Art, in Hinsicht auf feind - liche Personen, Rechte, und Sachen. Es giebt Arten feindlicher Gewaltthätigkeit, welche zwar auf Seite des gerechten Feindes an sich nicht widerrechtlich, aber doch in hohem Grad un - moralisch sind a). In Hinsicht auf manche der - selben, werden unter den civilisirten Staaten von Europa, bei Ausübung des Kriegsrechtes, selbst ohne ausdrückliche Abrede oder Ueber - einkunft, gewisse Einschränkungen beobachtet, welche auf Verhütung allzugrosser, wohl gar zweckloser b), Grausamkeit abzwecken. Der Inbegriff dieser Einschränkungen heiſst Kriegs - manier, oder Kriegsgebrauch c) (loi de guerre). Ausnahmen von dieser Kriegsmanier, werden nach dem Zweck des Kriegs für zulässig ge - halten, nur in dem Weg der Erwiederung, oder unter andern ausserordentlichen Umständen. 396Man begreift diese subsidiarischen Ausnahmen unter dem Namen der KriegsRaison d) (ratio belli, raison de guerre). Das natürliche Völker - recht billigt dieselben, so weit sie dem Zweck des Kriegs angemessen sind, nur von dem gerechten Feind gebraucht werden, und nicht mit Verletzung der Rechte eines Dritten verbunden sind e).
a)Schon nach dem allgemeinen Völkerrecht halten für un - erlaubt: die Vergiftung der Quellen, Wolf jur. gent. §. 879; die Vergiftung der Waffen und den Meuchelmord, Vattel, liv. III, ch. 8, §. 156 (dawider s. Titius ad Pufendorf. de officio hominis et civis, obs. 701. p. 469); die Anreizung der Unterthanen des Feindes zum Aufruhr, G. H. Ayrer diss. an hosti liceat cives ad rebellionem vel seditionem sol - licitare? Goett. 1748. 4. Scheid l. infra c. p. 30. J. C. G. de Steck observ. subsec. obs. 14. v. Kamptz neue Lit., §. 104, und unten §. 244 (dawider s. Pufendorf de J. N. et G. lib. VIII. c. 6. §. 18.).
a)b)Zwecklos, wenn die Kraft des Feindes dadurch nicht ge - schwächt, und sein Widerstand nicht entkräftet wird. Solche zwecklose Gewaltthätigkeit wäre übertriebene Grausamkeit (crudelitas bellica). Sie würde das wechselseitige Zutrauen im künftigen Frieden unmöglich machen. Kant zum ewigen Frieden, Abschn. I, §. 6.
b)c)Grotius lib. III. c. 1. §. 19. c. 18. §. 4. Pufendorf de J. N. et G. lib. II. c. 3. §. 23. Bynkershoek quaest. juris publ. lib. I. c. 3. — 7. Moser’s Versuch, IX. 1. 111 — 129. Ebendess. Beyträge, II 1 — 264. Fred. Henr. Strube dis - sertation sur la raison de guerre et le droit de bienséance; als Anhang bei dessen Recherche nouvelle de l’origine et des fondemens du droit de la nature. à St. Petersb. 1740. 8. Gründl. Nachricht vom KriegsCeremoniel und der Kriegs - manier. 1745. 4. v. Ompteda’s Lit. II. 634 — 636. v. Kamptz neue Lit., §. 282 f.
c)d)Von Grotius auch jus s. titulus necessitatis benannt. Byn - rershoer quaest. juris publ. lib. I. c. 3. C. L. Scheid diss. de ratione belli (Hafniae 1744. 4. rec. ib. 1747. 4. ), §. 20. 39721. 43. sq. Ulr. Obrecht diss. de ratione belli et sponso - ribus pacis. Argent. 1697. 4. und in s. Dissertatt. acad. n. 8. F. H. Strube a. a. O. F. G. Pestel diss. de eo quod inter jus et rationem belli interest. Lemgoviae 1758. 4. Reflexio - nen über die Verschiedenheit des Begriffs der Raison de guerre bei deutschen Reichskriegen. Regensb. 1796. 8. v. Om - pteda II. 634 — 637. — Ein Decret des französischen Na - tionalConventes versagte 1794 allen spanischen Soldaten Par - don, weil Spanien die Capitulation von Collioure nicht als gültig anerkannt hatte. Polit. Journal. 1794, Dec., S. 1320.
d)e)Scheid l. c. §. 38. 40. 45.
e)§. 244. Fortsetzung.
Namentlich verwirft die Kriegsmanier a): den Gebrauch vergifteter Waffen, die Vergiftung der Brunnen, der für den feindlichen Souverain, seine Befehlhaber und übrigen Kriegsleute be - stimmten Eſs - und Trinkwaaren, die Sendung mit Pest oder andern ansteckenden Krankheiten behafteter Personen, Thiere, oder Sachen, den Gebrauch der Kettenkugeln (boulets à chaîne), der Stangenkugeln (boulets à bras), das Schies - sen mit Stücken von Eisen, Glas, Nägeln u. d. (tirer à la mitraille, im engern Sinn). Der Gebrauch der Kartätschen, und selbst, im Noth - fall, nicht ganz abgerundeter Bleistücke, begrif - fen unter mitraille im weitern Sinn, wird für unerlaubt nicht gehalten. Auch sind gegen die Kriegsmanier: das Laden der Musquete mit zwei Kugeln, oder mit zwei halben, oder mit zackigen Kugeln, mit Kugeln die mit Glas oder Kalk vermischt sind, Miſshandlung der Verwun -398deten, Kranken, Invaliden, und anderer Wehr - losen, Meuchelmord, Versagung des Pardons, Ermordung oder Miſshandlung ruhiger Gefan - genen, muthwillige Entweihung der Gottesver - ehrung gewidmeter Gebäude oder Oerter, Er - öffnung der Gräber, Nothzucht, u. d. So auch: Bestechung der Kriegsbefehlhaber und Räthe des feindlichen Staates b), Verleitung feindlicher Un - terthanen zu Verrätherei c) und Aufruhr d), und die Setzung eines Preises auf den Kopf eines feindlichen Regenten oder Befehlhabers e).
a)Vergl. Moser’s Versuch, IX. 2. 472 ff. — Auch an aus - drücklichen Verträgen fehlt es nicht ganz. Vertrag von 1675, wegen Nichtgebrauchs vergifteter Waffen; J. E. v. Beust Kriegsanmerkungen, Th. V, S. 236. In verschiedenen See - kriegen ward durch Verträge ausgeschlossen, der Gebrauch der Pechkränze (cercles poissés), der Stangen - und Ketten - kugeln, der (bei der Belagerung von Danzig 1574 erfun - denen) glühenden Kugeln, u. d. m. — Schriften über die verschiedenen Waffenarten, in v. Ompteda’s Lit., §. 301, u. in v. Kamptz neuer Lit., §. 289.
a)b)Scheid diss. cit. p. 30. §. 33. Schol. 1.
b)c)Vattel, liv. III, ch. 10, §. 180. sqq. Moser’s Versuch, IX. 2. 467 ff.
c)d)Moser’s Versuch, IX. 1. 317 ff. Vergl. oben §. 52 u. 243, Note a. — Ausnahmen, wo Wiederherstellung der recht - mäsigen Verfassung, Besiegung der Empörer oder Usurpa - toren, u. s. w., Zweck des Kriegs ist.
d)e)Moser’s Versuch, IX. 2. 257 f. — Nachricht von einem feindlichen Complot gegen Friedrich II. 1741, ebendas. IX. 1. 131 ff. — Von der Machine infernale, einem Brandschiff (brûlot), erfunden von dem Ingenieur Jénibelli um das J. 1585, s. Dictionnaire de Trevoux, T. III, p. 1630.
e)399§. 245. Insonderheit b) in Beziehung auf feindliche Personen; nament - lich den Regenten, dessen Familie und Gesandte.
Das allgemeine Völkerrecht befreit die Per - son des feindlichen Regenten, und die Mitglie - der seiner Familie, nicht von den Gewaltthätig - keiten des Kriegs, am wenigsten dann, wenn sie selbst die Waffen tragen. Milder ist die europäische Völkersitte a). Die Souveraine der gegenseitig in Krieg begriffenen Staaten, be - trachten einander und die Mitglieder ihrer Fa - milie, wenigstens im Aeussern, nicht als persön - liche Feinde. Sie hören daher selbst während des Kriegs selten auf, einander Beweise äusserer Achtung und Freundschaft zu geben, z. B. bei angenehmen und widrigen persönlichen oder Fa - milienEreignissen, Thronbesteigung, Einschlies - sung in einer Festung oder an einem andern Ort. Gewaltthätigkeit gegen ihre Person wis - sentlich auszuüben, namentlich das grobe oder kleine Geschütz absichtlich auf sie zu richten, ist gegen die Kriegsmanier. Gerathen sie in Ge - fangenschaft, so werden sie entweder sofort frei gelassen, oder mit auszeichnender Achtung be - handelt b). Auch die bei Ausbruch des Kriegs anwesenden Gesandten des feindlichen Staates, erhalten, nebst ihrem Gefolge, freien und sichern Abzug (§. 228 f.).
a)Moser’s Versuch, IX. 1. 129 ff. Ebendess. Beyträge, II. 265 ff. Vattel, liv. III, ch. 8, §. 159.
a)400b)Moser’s Versuch, IX. 1. 141. 146. v. Ompteda’s Lit. II. 646. — Kriegsgefangenschaft des Königs von Sachsen, nach der Schlacht von Leipzig 1813. Klüber’s Acten des wiener Con - gresses, Bd. VII, S. 245 ff. — Von den, während seiner Gefangenschaft, von einem Souverain mit dem Feind ge - schlossenen Verträgen, oben, §. 142.
b)§. 246. Und Andere, die nicht zu dem Wehrstand gehören.
Wenn gleich, nach dem allgemeinen Völ - kerrecht, Gewaltthätigkeiten gegen alle einzelnen Mitglieder des feindlichen Staates und deren Vermögen nicht unerlaubt sind (§. 232.), so mildert doch der europäische Kriegsgebrauch dieses in Ansehung derjenigen Mitglieder des feindlichen Staates, welche für ihre Person we - der als willkührliche Beleidiger, noch als un - mittelbare Theilnehmer an den Feindseligkeiten anzusehen sind. Man beschränkt sich daher, in der Regel, bei ihnen auf solche Gewaltthätig - keiten, welche zu zweckmäsiger Führung des Kriegs unvermeidlich sind, theils um ihre un - mittelbare Theilnahme an den Feindseligkeiten zu verhüten, theils um mit Beihülfe aus ihrem Vermögen die eigenen Streitkräfte zu mehren, die feindlichen zu mindern a).
a)Moser’s Versuch, IX. 1. 201 — 424. Ebendess. Beyträge, III. 1 — 471. Jo. Mar. Lampredi de licentia in hostem, contra Coccejum. Florent. 1761. 8. Schriften in v. Kamptz neuer Lit., §. 283.
a)§. 247. Fortsetzung.
Dem zufolge wird den bei Ausbruch des401Kriegs im eigenen Gebiet befindlichen Unter - thanen des feindlichen Staates, freie und sichere Rückkehr binnen gesetzter Frist gestattet; nicht selten wird ihnen sogar ruhige Fortsetzung ih - res Aufenthaltes erlaubt, es sey nun vermöge ei - nes Staatsvertrags (§. 152) oder aus Gnade a). Den im eroberten Gebiete des Feindes befind - lichen Unterthanen desselben, wird, bei ruhigem Verhalten und williger Leistung der ihnen auf - erlegten Dienste und Lieserungen, nicht nur sicheres Bleiben in ihren Wohnsitzen, sondern auch Fortsetzung ihres Verkehrs im Innern und mit Neutralen gestattet b). Zur Sicherheit ih - res ruhigen Verhaltens und der ihnen auferleg - ten Leistungen, werden zuweilen Geissel genom - men (§. 156). Sogar die bei dem feindlichen Kriegsheer befindlichen, zum Wehrstand nicht gehörigen Personen, die Nichtstreitenden (Un - wehren, non-combattans), werden wider ihren Willen der Kriegsgefangenschaft nicht unterwor - fen c). Dagegen können auf Nachsicht solcher Art alle diejenigen keinen Anspruch machen, welche feindliche Handlungen begangen haben, oder dazu bewaffnet gefunden werden.
a)Moser’s Versuch, IX. 1. 45 ff. Ebendess. Beyträge, I. 471. Französisch-englischer Handelsvertrag v. 1786, Art. 2. De Mar - tens recueil, II. 681. Man vergl. die dänische Verord - nung vom 7. Sept. 1813, welche im Anfang des Kriegs mit Schweden erlassen ward, in der Gazette de Francfort, 1813, n° 275.
a)b)Vattel, liv. III, ch. 8, §. 145 — 147. — Den meisten An -402spruch auf Schonung haben die Wehrlosen, z. B. Alte, Kran - ke, Kinder, Weiber. Vattel, §. 145. — Versetzung in an - dere Länder (Transplantation) wird den feindlichen Unter - thanen in der Regel nicht zugemuthet. Moser’s Versuch, IX. 1. 299.
b)c)Parömie: wer sich nicht wehrt, den man nicht ehrt. — Feldgeistliche, CivilBeamte, Aerzte, Wundärzte, Lieferanten, Marketender (vivandiers), Dienstleute, u. d. Nach Kriegs - gebrauch, werden auch die Quartiermeister dahin gerech - net; desgleichen Schiffe, Tamboure, Pfeiffer, Trompeter, so fern Schonung derselben möglich ist, und sie dem Feinde das gewöhnliche Zeichen geben, daſs sie sich ihm als Send - boten oder Parlementäre nähern.
c)§. 248. Oder solche, die zu dem Wehrstand gehören.
Ein unmittelbarer Gegenstand feindlicher Gewaltthätigkeit sind diejenigen Personen, wel - che zu dem Wehrstande des Feindes gehören, diejenigen Kriegsleute aller Art, deren Amtspflicht sie zu Ausübung der Feindseligkeiten bestimmt a). Bei eigenem Verhalten nach Kriegsgebrauch b), haben sie Anspruch auf Behandlung nach Kriegs - manier. Von Seite der Kriegstruppen des Fein - des, haben wider sie statt: Angriff und Verfol - gung, in dem Fall eines Widerstandes oder der Flucht sogar Verwundung und Tödtung, aus - serdem c) Gefangennehmung und Ausplünderung, worauf entweder Loslassung, meist gegen das Versprechen in diesem Krieg oder auf bestimmte Zeit nicht wieder als Krieger zu dienen, oder Abführung in die Gefangenschaft folgt.
a)Vattel, liv. 3, ch. 15. — Blosse PolizeiSoldaten gehören dahin nicht. Auch nicht Invaliden und Veteranen. Wohl403aber die, welche zur Landwehr und zum Landsturm ge - hören, und im Seekrieg die Caper. Vergl. §. 267.
a)b)Dieses ist unter anderem nicht der Fall, wenn gemeine Sol - daten ohne Befehl oder Erlaubniſs ihrer Obern, oder ausser dem Fall der Selbstvertheidigung, Feindseligkeiten ausüben. Auch nicht bei Ueberläufern, welche in dem feindlichen Kriegsheer Dienste genommen haben. Vattel, liv. III, ch. 8, §. 144.
b)c)Die Kriegsmanier fordert, dem Feind, der durch Verwun - dung wehrlos geworden ist, oder unbewaffnet um Pardon bittet, Quartier zu geben. Moser’s Versuch, IX. 2. 251 f.
c)§. 249. Namentlich Kriegsgefangene.
Ausser dem Fall einer groben Frevelthat, z. B. Empörung, Entfliehung (SelbstRanzioni - rung) u. d., oder einer von dem Feind abge - nöthigten Erwiederung, ist es gegen den Kriegs - gebrauch, Kriegsgefangene a) zu miſshandeln, zu verwunden, zu tödten, zu eigenen Kriegs - diensten zu nöthigen, oder in Sclaverei zu füh - ren b). Wohl aber ist erlaubt, sie zweckmäsig zu verwahren, oder in entlegene Provinzen ab - zuführen. Bei Ermangelung eigener Mittel, muſs ihnen nothdürftiger Unterhalt, wenigstens vor - schuſsweise, gegeben werden c). Dagegen sind sie zu angemessenen Dienstleistungen verpflichtet. Ihre Kriegsgefangenschaft hört auf, so bald sie freiwillig in Kriegs - oder CivilDienste des sie gefangen haltenden Staates treten, oder sich auf andere Art seiner Oberherrschaft unterwerfen d), oder von demselben freiwillig losgelassen wer - den, mit oder ohne die Bedingung, gegen ihn404innerhalb gesetzter Frist, oder in diesem Krieg nicht wieder zu dienen, oder auf Verlangen an einem bestimmten Ort sich wieder zu stellen e), oder wenn sie durch Lösegeld f), Auswechs - lung g), gewaltsame Wegnahme, Entfliehung, oder durch den Friedensschluſs frei werden. Officiere werden bisweilen auf ihr Ehrenwort losgelassen h). Ist dem Gefangenen die Flucht gelungen, und er wird nachher als rechtmäsiger Krieger abermal gefangen, so pflegt seine Flucht bei dem Gemeinen nicht, bei dem Officier mit Gefängniſs bestraft zu werden.
a)Schriften von Kriegsgefangenen, deren Auswechslung und Auslösung, in v. Ompteda’s Lit. II. 644 f. u. in v. Kamptz neuer Lit., §. 305. — Man sehe auch Vattel, liv. III, ch. 8, §. 148 — 154. ch. 14. §. 217 — 221. Moser’s Versuch, IX. 2. 250 ff. Jo. Ad. Thanner diss. de captivis in bello. Argent. 1685. rec. ib. 1714. et Francof. et Lips. 1742. 4. Theod. Schmalz Annalen der Politik (Berlin 1809), Heft I, Num. 6.
a)b)Moser’s Versuch, IX. 276. 311. 312. 314. 318. Rousseau contrat social, liv. I. ch. 4. Bynkershoer quaest. juris publ. lib. I. c. 3. in s. Operib. omn. II. 195. Vorzüglich der preussisch ‒ nordamerikanische Vertrag v. 1785, Art. 24. Hertzberg recueil de déductions, I. 483. — Die Tödtung ist selbst dann gegen den Kriegsgebrauch, wenn man die Ge - fangenen nicht ernähren, oder bewachen kann. Vattel, a. a. O. §. 180. Der französische NationalConvent decretirte 1794, die den Engländern, Hannoveranern und Spaniern abgenommenen Gefangenen sofort zu tödten. De Martens recueil, VI. 750. 751. Dagegen befahl der Herzog von York, die gefangenen Franzosen menschlich zu behandeln, da man nicht glauben könne, daſs jenes unmenschliche Decret werde befolgt werden; wie auch geschah. Polit. Journal 1794, Junius, S. 655. Auch wurden jene Decrete vom Convent zurückgenommen, am 50. Dec. 1794. De Martens recueil, VI. 751. — Abführung in die Sclaverei, ist noch Sitte405der afrikanischen Staaten, gegen welche sie erwiedert wird. Bynrershoek l. c. p. 196. — Von Kriegsgefangenen bei wilden Nationen; in J. Th. Roth’s Archiv für d. Völker - recht, Heft I, S. 33 ff. Fischer’s Geschichte des teutschen Handels, Th. I, S. 38.
b)c)Moser’s Versuch, IX. 2. 272.
c)d)Moser a. a. O. S. 311.
d)e)F. C. v. Moser’s kleine Schriften, X. 67. Moser’s Versuch, IX. 2. 382. — Besonderer Fall v. 1756, ebendas. S. 321 ff.
e)f)Jo. Nic. Hertius diss. de lytro. Giess. 1686. 4. u. in s. Opusc. T. I. diss. 4. A. A. Hochstetter diss. de pretio re - demtionis. Tuh. 1704. 4. Barth. Tilesius de redemtione militum captivorum. Regiom. 1706. 4. Thanner l. c. cap. 4. C. G. Biener pr. de statu et postliminio captivorum in bel - lo, §. 7.
f)g)Jo. Friedem. Schneider diss. de permutatione captivorum. Hal. 1713. 4. Moser’s Versuch, IX. 2. 388 ff. Vattel, a. a. O. §. 153. Thanner l. c. cap. 3. §. 5.
g)h)Moser’s Versuch, IX. 2. 369. R. F. Stockmeyer von der Loslassung eines Gefangenen auf sein Ehrenwort. Tübingen 1761. 8. — Von ihrer Auslösung u. Auswechslung s. unten §. 274.
h)§. 250. c) In Ansehung feindlicher Rechte und Sachen. Vertragrechte.
Zu den rechtmäsigen Mitteln, dem unge - rechten Feind zu schaden, gehört auch die Be - fugniſs, der feindlichen Rechte und Sachen, na - mentlich des feindlichen Gebietes, so weit der Kriegszweck es fordert, sich zu bemächtigen, dieselben zu vernichten, zu verderben, zu ge - niessen, in seiner Gewalt zu behalten a) (occu - patio bellica). Von früheren Verträgen mit dem Feind, verlieren diejenigen, über deren Fortdauer während eines Kriegs beide Theile im Voraus übereingekommen sind, ihre Gültigkeit406durch den Krieg nicht (§. 152 u. 165). Wohl aber diejenigen, bei welchen die Fortdauer fried - licher Verhältnisse ausdrücklich oder stillschwei - gend vorausgesetzt ward. Verträge, die zu kei - ner dieser beiden Classen gehören, ist der ge - rechte Feind befugt, seinem Kriegszweck gemäſs aufzukündigen, oder deren Erfüllung einstweilen zu verweigern, auch das, was er ihnen zufolge schon geleistet hat, zurückzunehmen, so weit dieses möglich ist b).
a)Vattel, liv. III, ch. 9. C. H. K. A. v. Kamptz Beiträge zum Staats - u. Völkerrecht, Bd. I (Berlin 1813. 8. ), S. 181.
a)b)Von diesem streitigen Gegenstand, vergl. man oben §. 165, Note a.
b)§. 251. Fouragirung, Kriegsfuhren, Requisitionen, Lieferungen, Con - tribution, Brandschatzung.
Die oben (§. 250) angezeigte Befugniſs gilt namentlich von Fouragirung a), Kriegsfuhren, Requisitionen b) und Lieferungen oder Beiträgen zu Unterhaltung des Kriegsheers, und andern Kriegskosten, von KriegsContributionen (tributa bellica), insbesondere zu Abwendung angedroh - ter oder zu besorgender Plünderung und Brand - stiftung, des so genannten Sengens und Bren - nens c) (Brandschatzung); überhaupt, der Strenge nach, von Bemächtigung alles beweglichen und unbeweglichen Eigenthums, welches dem feind - lichen Staat oder dessen Angehörigen zusteht (§. 232 u. 256).
a) Mich.407a)Mich. Grassus diss. de eo quod justum est circa pabula - torias militum excursiones. Tubing. 1698. 4. Moser’s Ver - such, IX. 1. 383. Ebendess. Beyträge, III. 339.
a)b)Requisitionen in diesem Sinn, sind bittweise gemachte Forde - rung namentlich genannter Kriegsbedürfnisse, die in dem Noth - fall mit Gewalt durchgesetzt wird. Washington, in dem nord - amerikanischen Krieg, war Erfinder des Wortes und der Sache. Hierauf machten vorzüglich die französischen Kriegs - heere häufig Gebrauch davon. ConversationsLexicon, v. Re - quisitionen, Schmalz europ. Völkerrecht, S. 240 f. v. Kamptz neue Lit., §. 294.
b)c)Conr. Vogel diss. de lytro incendiario. Kilon. 1703. 4. F. E. Vogt diss. de eod. arg. Lips. 1719. 4. Vattel, liv. III, ch. 9, §. 165. Moser’s Versuch, IX. 1. 383. Ebendess. Bey - träge, III. 256. v. Ompteda’s Lit. §. 305. v. Kamptz neue Lit., §. 294. Verträge zwischen Frankreich und Preussen, über Bezahlung einer KriegsContribution von 140 Millionen Franken, vom 8. Nov. 1808, in v. Martens recueil, Sup - plém. V. 102. Vertrag Frankreichs mit Oestreich, Groſs - britannien, Preussen und Ruſsland, geschlossen zu Paris am 20. Nov. 1815, worin (Art. 4) Frankreich eine Contribution von 700 Millionen Franken zu bezahlen versprach; ebendas. VI. 692.
c)§. 252. Mildere Grundsätze, namentlich in Ansehung des Embargo auf Schiffe und Waaren, der Handelsgüter, GeldCapitale, Renten - und Zinsenzahlungen.
Doch mildert der europäische Kriegsge - brauch auch diese Strenge, in verschiedener Hin - sicht. So wird für Schiffe und Waaren, welche feindliche Unterthanen, im Vertrauen auf den Schutz des Völkerrechtes, bei dem Ausbruch des Kriegs in dem Land - und Seegebiet des Feindes ihres Staates hatten, oder nachher, des Kriegs ohne ihre Schuld unwissend, dahin gebracht hatten, nach Vorschrift vieler HandelsverträgeKlüber’s Europ. Völkerr. II. 27408(§. 152) und Gesetze a), entweder geradezu freier Abzug oder Verkauf binnen einer be - stimmten Frist gestattet, oder sie werden nur vorläufig in Beschlag genommen b) (mit Em - bargo belegt), bis man gewiſs ist, daſs der Feind es mit diesseitigen Schiffen und Waaren auf glei - che Art halte. In dem entgegengesetzten Fall, wird Confiscation und Veräusserung verfügt. Han - delsgüter der Unterthanen des feindlichen Staa - tes, welche auf Frachtwagen, oder in Schiffen auf Flüssen und Landseen, transportirt werden, passiren meist frei von Kriegsgewalt. Nicht so, wenn sie auf dem Meer, zumal in feindlichen Schiffen, ergriffen werden (§. 253 u. 260). Auch die Confiscation der Geldcapitale, welche der Staat und dessen Unterthanen dem Feind oder seinen Unterthanen schuldig sind, und sogar die Hemmung der den feindlichen Unterthanen ge - bührenden Renten - und Zinsenzahlungen, wird von dem Feind nicht immer verfügt c).
a)v. Martens Einleit. in das Völkerrecht, §. 263, Note a u. b.
a)b)Moser’s Versuch, IX. 1. 51 ff. Vattel, liv. III, ch. 5, §. 73. 74. ch. 9. §. 163. Encyclopédie méthodique; Diploma - tique, T. II. p. 258. sqq. voc. Embargo. De Martens re - cueil, Supplément, II. 373. II. 452.
b)c)Bynrershoek quaest. juris publ. lib. I. c. 7. Emérigon traité des assurances, T. I. p. 567. sqq. Moser’s Versuch, IX. 1. 300 ff. 351. Schmalz a. a. O., S. 241 f. Vergl. unten §. 258, Note a.
c)§. 253. Beute.
Den feindlichen Kriegsheeren, Kriegsschiffen409und Capern, auch den einzelnen Kriegsleuten, kann von den Kriegstruppen, Kriegsschiffen und Capern, durch öffentliche und heimliche Gewalt, alle ihnen und zu ihnen gehörige fahrende Habe (Mobilien und Moventien) als Beute (praeda, butin) abgenommen werden a). Diese gehört, nach dem allgemeinen Völkerrecht, dem krieg - führenden Staat; aber heut zu Tage wird sie gemeiniglich, ganz oder zum Theil, den er - obernden Truppen überlassen b). Oeffentliche Denkmäler, wissenschaftliche und Kunstschätze des Staates, und das in Schlössern, Gebäuden und Gärten des feindlichen Souverains oder seiner Familie befindliche Geräthe, und zur Gottesvereh - rung dienende Sachen, werden heut zu Tage in der Regel weder zerstört noch hinweggenommen c).
a)Bynkershoek quaest. juris publ. lib. I. c. 4. Jo. Tob. Richter diss. de mobilibus privatorum inter arma captis aut alienatis. Lips. 1746. 4. v. Ompteda’s Lit. II. 642. v. Kamptz neue Lit., §. 308.
a)b)Vattel, liv. III, ch. 9, §. 164. Jo. Jac. Bose diss. de jure hostium in bello capiendi (Lugd. Batav. 1766. 4. ) c. 4. §. 14. sqq. Einen Unterschied macht Grotius lib. III. c. 6. §. 8. sqq.
b)c)Im J. 1815, wurden die von französischen Kriegsheeren weggenommenen Gegenstände dieser Art, ihren Eigenthümern zurückgegeben. L. Völkel über die Wegnahme der Kunst - werke aus den eroberten Ländern. Leipz. 1798. 4. — Schrif - ten von den zur Gottesverehrung dienenden Sachen, s. in v. Kamptz neuer Lit., §. 309.
c)§. 254. Fortsetzung.
Nach dem europäischen Völkergebrauch,410erwirbt der Feind in Landkriegen das Eigenthum der Beute (der eroberten beweglichen Sachen) durch einen Besitz von vier und zwanzig Stun - den a), so daſs nach Ablauf dieses Zeitraums jeder Dritter dieselben gültig, ohne Besorgniſs einer rechtlichen Zurückforderung oder einer Aus - übung des juris postliminii durch ihren vorigen Eigenthümer, von ihm erwerben kann b). Das - selbe wird jetzt, von den meisten Staaten, auch bei der in Seekriegen von Kriegsschiffen oder Ca - pern gemachten Beute (Prise) anerkannt c); doch sprechen einige hier noch das Eigenthum der Beute dem vorigen Eigenthümer erst dann ab, wenn der Eroberer sie in Sicherheit (in ei - genes oder neutrales Land, in einen Hafen, oder unter eine Kriegsflotte) gebracht hat d). Von einem unrechtmäsigen Feind, z. B. von einem Maraudeur oder Seeräuber, gemachte Beute, ge - nieſst diese Vorzüge nicht. Das MobiliarEigen - thum derjenigen Privatpersonen, welchen eigene Ausübung der Feindseligkeiten fremd ist, schlieſst der Kriegsgebrauch von der Erbeutung aus; nur mit Ausnahme der feindlichen Handelsschiffe und ihrer Ladung, deren Erbeutung den Kriegsschiffen und Capern gestattet wird e). Nach diesen Grundsätzen, ist das jus postliminii des vorigen Eigenthümers erbeuteter beweglicher Sachen zu beurtheilen f).
a)Strube’s rechtl. Bedenken, Bd. II, Num. 20. J. Bilmark, s. resp. Guil. Ackermann, diss. de dominio rerum in bello captarum. Aboae 1795. 4.
a)411b)Das jus postliminii findet dann nicht statt. Grotius lib. III. c. 6. §. 3. Vattel, liv. III, ch. 13, §. 196. ch. 14, §. 209. Vergl. Bose diss. cit. §. 22. G. C. Krauss diss. de postliminio, praesertim rerum mobilium. Viteb. 1763. 4. — Dasselbe gilt von Gütern der Neutralen, welche ein kriegführender Theil confiscirt hatte, wenn der andere kriegführende Theil sie demselben wieder abgenommen hat. Schmidlin diss. de jurib. et obligationibus gentium mediarum in bello, §. 46.
b)c)De Steck essais sur divers sujets relatifs à la navigation et au commerce pendant la guerre, p. 73. De Martens essai concernant les armateurs, ch. 3, sect. 2.
c)d)So schon das römische Recht (§. 17. Inst. de rer. divis. L. 5. §. 1. D. de capt. et postlim. ) und das Consolato del mare, c. 287. Vergl. de Martens essai concernant les ar - mateurs, ch. 3. Vattel, liv. III, ch. 14, §. 208. Von den Prisen der Caper, unten §. 261.
d)e)Eine rühmliche Ausnahme in dem preussisch-nordamerika - nischen Tractat von 1785, Art. 23. De Martens recueil, II. 566.
e)f)Bynkershoek quaest. juris publ. lib. I. c. 5. Krauss diss. cit. v. Martens Einleit. in das Völkerrecht, §. 278.
f)§. 255. Eroberung.
Auch die unbeweglichen Güter des Feindes, und die Souverainetät über die ihm unterwor - fenen Provinzen, können feindlich in Besitz ge - nommen werden; welches Eroberung a) (oc - cupatio bellica, conquête) genannt wird. In den eroberten Provinzen, tritt der Eroberer an die Stelle der bisherigen Staatsregierung, so viel die Ausübung der StaatshoheitsRechte und den Ge - nuſs des Eigenthums seines Feindes betrifft b). Doch giebt nicht schon die blosse Thatsache der Eroberung ihm ein Recht, das Eigenthum der412eroberten Sachen oder die Souverainetät über das Land sich zuzueignen c). Ein solches Recht gebührt, nach dem natürlichen Völkerrecht, nur dem gerechten Feind, und weiter nicht als der Zweck des Kriegs es fordert. Nur ein Mittel ist hier die Eroberung, durch welches das Recht des Gerechten wider den Ungerechten in Wirk - samkeit kommt. Was ein Richterspruch jenem zusprechen würde, wenn ein Richter zwischen beiden stünde, das tritt durch die Eroberung in Kraft, für den der wider das Unrecht kämpfte; nur ein solcher hat ein Recht zur Eroberung. Dieser mag sich seines Rechtes bedienen, und keine Protestation, sie komme von dem feind - lichen Souverain, oder von einem Mitglied sei - ner Familie, oder von seinen Gönnern, Bundes - genossen oder Unterthanen, könnte zu irgend einer Zeit einen schwächenden oder entkräften - den Einfluſs von Rechtswegen darauf haben. Weigert sich der ungerechte Feind beharrlich, durch einen Friedensschluſs die von dem recht - mäsigen Eroberer verlangte Abtretung der er - oberten Gegenstände anzuerkennen, so ist, seines Widerspruchs ungeachtet, das Recht des Erobe - rers, sich solche zuzueignen, vollkommen be - gründet; denn von seiner, des Ungerechten, Willenserklärung kann des Gerechten Befugniſs, sich Genugthuung für das Vergangene und Si - cherheit für die Zukunft in vollem Maas zu ver - schaffen, auf keine Weise abhängen. Die un -413zweifelhafte Rechtmäsigkeit des Zwanges, ersetz den Mangel der ausdrücklichen Einwilligung des Gegners, der solche rechtlos verweigert. — Die Thatsache der Eroberung, selbst verbunden mit dem Rechte dazu, findet ihre natürliche Grenze in der wirklich erfolgten feindlichen Besitzergrei - fung. Für erobert ist daher nicht zu halten, bewegliches und unbewegliches Staatseigenthum des Feindes, welches in neutralem, oder in nicht erobertem feindlichem Staatsgebiet sich befindet; desgleichen, daselbst ausstehende ActivSchulden des vertriebenen Souverains, wovon dieser die Schuldbriefe in Besitz hat d).
a)Bynkershoek quaest. jur. publ. lib. I. c. 6. Vattel, liv. III, ch. 13, §. 197. sqq. Moser’s Versuch, IX. 1. 296. J. F. Meermann von dem Rechte der Eroberung. Erfurt 1774. 8. Rechtliche Bemerkungen über das Recht der Eroberung und Erwerbung im Kriege. 1814. 8. v. Ompteda’s Lit. II. 641 f. v. Kamptz neue Lit., §. 306 f.
a)b)Vattel, l. c. §. 197. 198. 199. 201. 202. Grotius lib. III. c. 8. §. 3. Schmalz europ. Völkerrecht, S. 239. — Die Staatsverbindung, und mit ihr die Staatsregierung, darf in keinem Augenblick als aufhörend oder unterbrochen gedacht werden. Im Nothfall wird sie mit dem Eroberer fortgesetzt, in dessen Macht es ruht, dieselbe aufrecht zu erhalten; eine Macht, an welcher es für den Augenblick dem vertriebenen Regenten gebricht. Vergl. §. 258.
b)c)Wesentlich verschieden sind daher, die Eroberung als blosse Thatsache betrachtet, und das Recht zur Eroberung; ein Unterschied, der bei Anwendung der Grundsätze des Er oberungsrechtes nicht immer gehörig beachtet wird. — Jo. Zach. Hartmann orat. de occupatione bellica, adquirendi do - minium non modo. Kilon. 1730. 4. C. G. Strecker s. resp. C. C. Thilo diss. de modis adquirendi per occupationem bellicam; deque eo quod circa eam justum est. Erf. 1762. 4. 414Auch in C. F. J. Schorch’s opusc. varii arg. (Erf. 1791), num. II. — Einige behaupten, schon durch die Besitznahme erlange der Eroberer das Eigenthumsrecht. v. Kamptz Bei - träge zum Staats - und Völkerrecht, Bd. I, S. 181 f., u. Vat - tel, liv. III, ch. 13, §. 195. Der letzte nimmt an, daſs nach dem freiwilligen Völkerrecht (man s. §. 1, Note c), jeder förmliche (§. 237, Note a) Krieg seiner Wirkung nach als auf beiden Seiten gerecht zu betrachten, daſs folglich jede in einem solchen Krieg gemachte Eroberung rechtsgültig sey, daſs eine solche Eroberung stets als ein Rechtstitel be - trachtet, und daſs dieser nur dann bestritten worden sey, wenn er aus einem Krieg herrühre, der nicht bloſs un - gerecht gewesen, sondern wozu es selbst an Vorwand ge - fehlt habe.
c)d)Man vergl. §. 258, Note a, und 259, Num. 4.
d)§. 256. Fortsetzung.
Nach den heut zu Tage in Europa an - genommenen Grundsätzen, kann der durch das Schicksal der Waffen entstandene Verlust des Be - sitzes, die Eigenthumsrechte nicht vernichten. Daher kann der Eroberer, obgleich er die Staats - hoheitsRechte seines Feindes ausübt und den Ge - nuſs der feindlichen Besitzungen hat, weder die - selben sich eigenthümlich zueignen, noch dar - über zum Vortheil eines Dritten verfügen; so fern er nicht durch einen Friedensschluſs hiezu ermächtigt worden ist. Der Friede entscheidet demnach, wenn bis dahin Provinzen oder Im - mobilien des Feindes in der Gewalt des Erobe - rers geblieben sind, ob und unter welchen Be - dingungen ihm solche zugehören sollen a). Auch erwartet man darin Bestimmungen, über den415Rechtsbestand der bis dahin von dem Eroberer geschehenen Veräusserungen eroberter Gegen - stände b). — Ohne Einfluſs ist die Eroberung, nach heutigem Kriegsgebrauch, auf die Rechts - und Besitzverhältnisse des Grundeigenthums der - jenigen Unterthanen, welche den Kriegsgesetzen nicht zuwider gehandelt haben c).
a)Pufendorf de J. N. et G. lib. VIII. c. 6. §. 17. Vattel, liv. III, ch. 13, §. 197. sq. et 212. Bynkershoek l. c. Bur - lamaqui principes du droit politique, P. IV, ch. 7, §. 20. p. 389. (edit. 1784. 8.) Jo. Jac. Bose diss. cit. c. 5. §. 20. sqq. D. E. de Soria diss. de bonorum finito bello restitutione. Viennae 1747. 4. v. Ompteda’s Lit. II. 641 f.
a)b)Moser’s Versuch, IX. 2. 25. Vattel, liv. III, ch. 13, §. 198. Vergl. oben, §. 232, 246, 251 u. 252, u. unten §. 258 f.
b)c)Vattel, l. c. §. 200. Grotius lib. III. c. 6. §. 1.
c)§. 257. Wiedereroberung. Jus postliminii.
Das Recht des Eroberers an den eroberten unbeweglichen Sachen aller Art, hört auf, nicht nur durch Verlassung oder durch Herausgabe der - selben im Frieden, sondern auch durch Wieder - eroberung (jus recuperationis, droit de recousse) von Seite des Feindes oder seines Bundesgenos - sen a). In diesen Fällen kommen, in der Re - gel, alle wiedereroberten Besitzungen, auf Ver - langen der Interessenten, in den vorigen Rechts - und Besitzstand b) (jus postliminii), da der durch Feindesgewalt erfolgte Verlust des blossen Besitzes, das Eigenthumsrecht nicht vernichten konnte. Eine Ausnahme hievon begründet, we -416der die Zeit der Wiedereroberung, auch nicht eine zweite Wiedereroberung, noch die Recht - mäsigkeit oder Unrechtmäsigkeit des Kriegs auf Seite des Wiedereroberers, noch die blosse Kriegsgefangenschaft des Privateigenthümers c). Wohl aber kann wahre Treulosigkeit des Ei - genthümers gegen den Staat, eine Ausnahme rechtfertigen d), und das Postliminium auch suspendirt werden durch die Ungewiſsheit, ob dasselbe in einem bestimmten Fall eintrete e). In Absicht auf Staatshoheit, und Staatsverfas - sung, so auch in Ansehung der Privilegien, tre - ten die vorigen Rechtsverhältnisse wieder ein.
a)Bynkershoek quaest. jur. publ., lib. I. c. 4. De Steck es - sais sur plusieurs matières (1790), n° 7. Jo. Nelander diss. de jure recuperationis. Lugd. Goth. 1742. 4. v. Kamptz neue Lit., §. 312.
a)b)Von dem jure postliminii, oben §. 254, u. unten §. 270 u. 328. Bynkershoek quaest. jur. publ. lib. I. c. 16. Vattel, liv. III, ch. 14. Leyser medit. ad Pandect., Spec. 659. v. Om - pteda’s Lit. II. 671 f. v. Kamptz neue Lit., §. 313. — Von dem Sachbegriff, s. Paulus in L. 9. D. de captivis et jure postliminii. Majansius disp. de postliminio, §. 14. sqq. Me - nagius amoenit juris civ. c. 39. — Der in dem römischen Recht angenommenen Fiction, als ob die aus des Feindes Gewalt befreiten Sachen oder Personen nie darin gewesen seyen, bedarf es nach dem Völkerrecht nicht (§. 3). — Von der Frage, ob man (wieder eingenommene) Länder, die von ihrem rechtmäsigen Souverain nicht waren abgetreten wor - den, als wider Napoleon erobert betrachten könne? s. man Klüber’s Acten des wiener Congresses, Bd. V, S. 10, 24, 29 u. 30.
b)c)C. G. Biener pr. de statu et postliminio captivorum in bello solemni imperii cum gente extranea. Lips. 1795. 4. Vattel, §. 210. 211. 217 ff.
c)417d)Vattel, §. 210.
d)e)Biener, l. c. §. 5.
e)§. 258. Gültigkeit der Regierungshandlungen des Zwischenherrschers in einem eroberten Land, wenn in diesem die Oberherrschaft seines vorigen Regenten wieder eingetreten ist.
War nach feindlicher Eroberung des Lan - des, bis zu der Rückkehr des rechtmäsigen Re - genten, eine von diesem völkerrechtlich nicht anerkannte, noch (weil die blosse Thatsache der Eroberung einen Rechtstitel zu geben nicht ver - mag) anzuerkennende Zwischenregierung des Er - oberers oder seines Nachfolgers eingetreten; so sind die StaatsregierungsHandlungen des Zwi - schenherrschers von dem zurückgekehrten recht - mäsigen Regenten, oder von seinem Nachfolger, nur so weit anzuerkennen, als ihre Gültigkeit auf Rechtsgründen beruht, deren Verpflichtungs - kraft, ihrer Natur nach, sich bei jedem Nach - folger in der Staatsregierung findet a). So weit aber darum, weil während der feindlichen In - habung des Landes, in solchem weder der Staats - verein und die Staatsregierung, noch die Herr - schaft des Privatrechtes aufgehört hatte. Bei der unvermeidlichen Trennung von ihrem rechtmä - sigen Regenten, war die Gesammtheit der Staats - bürger in die Nothwendigkeit gesetzt, den Staats - verein mit dem Eroberer oder seinem Nachfol - ger fortzusetzen b), unbeschadet der gegen beide fortdauernden Ansprüche jenes Regenten auf den418Rücktritt in die Ausübung seiner Staatsbefugnis - se. Wegen dieser (sede plena impedita) noth - wendigen und wirklichen Fortdauer des Staats - vereins, ist der an der Staatsregierung verhin - dert gewesene Regent, in Hinsicht auf Regie - rungshandlungen der Zwischenzeit, als Nachfol - ger der in dieser Zeit bestandenen Zwischen - herrschaft oder ausserordentlichen Staatsregierung zu betrachten c).
a)Diese schwierige Rechtsfrage ist, nach ihrem ganzen Umfang betrachtet, vermischter Natur. Es kommen völkerrechtliche, staatsrechtliche, und privatrechtliche Verhältnisse in Erwä - gung (§. 2 u. 141 c). — In Betracht kommende Fälle sind: Veräusserung des Staatsgebietes, ganz oder zum Theil; Ver - äusserung des Staatsvermögens oder Staatsgutes im eigent - lichen Sinn (§. 124), namentlich der Domänen, des Staats - schatzes, der Staatskleinode, desgleichen der StaatsActivschul - den (wovon Quinctiliani instit. orat. lib. V. c. 6. Pufendorf de J. N. et G. lib. VIII. c. 6. §. 25. Westphälischer Friede, J. P. O. art. IV. §. 47. C. G. K. A. v. Kamptz Beiträge zum Staats - und Völkerrecht, Bd. I, Num. 9, §. 4 — 8, und oben §. 252), auch der Staatsberechtigungen und Ansprüche; Einziehung der StaatsActivschulden von — theils inländischen, theils ausländischen (§. 255), wohl gar souverainen — Schuld - nern, vor oder nach der Verfallzeit, auch dann, wenn die Schuldbriefe fortwährend in den Händen des vertriebenen rechtmäsigen Regenten waren (H. L. C. Euler über die Zu - lässigkeit der AusträgalInstanz, in Absicht auf Forderungen des Kurf. von Hessen an mehrere groſsherzogliche u. s. w. Häuser aus Anleihen. Frankf. 1818. 4.); CautionsCapitale, die während der Zwischenregierung von Staatsdienern wegen des ihnen übertragenen Amtes bei der Staatscasse angelegt worden; Verpachtung der StaatsDomainen und FinanzRega - lien; Erzwingung unterthanschaftlichen Gehorsams zu Ueber - nehmung öffentlicher Lasten, z. B. zu Leistung ordentlicher oder ausserordentlicher Staatsdienste und Abgaben, zu Theil - nahme an Zwanganleihen mit oder ohne Verwendung zum419Besten des Staates (versio in rem); Abschaffung der Leib - eigenschaft und des Feudalwesens; Anstellung im Staats - dienst, und Belohnung der Staatsdiener, mit oder ohne Rücksicht auf Grundverfassung und Verwaltungsordnung des Staates.
a)b)Ist die Regierungsgewalt des legitimen Regenten aus dem Staatsgebiet verdrängt, so bleibt nach Vernunft und Religion, nach Klugheit und Sittenlehre, den Staatsbürgern anders nichts übrig, als, zu Verhütung einer Anarchie und zu Er - haltung der innern Ruhe, wie des eigenen Rechts - und Be - sitzstandes, wohl auch unwiderstehlicher Gewalt nachgebend, activ und passiv die Regierungsgewalt desjenigen anzuerken - nen, der thatsächlich (de facto) im Besitz derselben sich befin - det, während die Regierungsgewalt des rechtmäsigen Regenten ruht. Man vergl. §. 175, Note a, am Ende, u. §. 255, Note b.
b)c)Sehr verschieden sind die Meinungen der Gelehrten über diesen Gegenstand. Man vergleiche: Cicero de officiis, lib. II. c. 23. Sam. de Cocceji diss. de regimine usurpatoris, rege ejecto. Francof. ad Viadr. 1702. 4. Klüber’s Acten des wiener Congresses, Bd. IV, S. 149 ff., 156 ff., 167 ff., 187 ff. Ansichten, ob die Regierungen der dem Königreich West - phalen ohne Abtretung einverleibt gewesenen Länder, die zwischen der westphälischen Regierung und einzelnen Privat - personen entstandenen Rechtsverhältnisse anzuerkennen ver - pflichtet sind? Braunschw. 1815. 8. C. S. Zachariä über die Verpflichtung zur Aufrechthaltung der Handlungen der Regierung des Königreichs Westphalen, u. s. w. Heidelb. 1816. 8. H. T. Reichard commentatio, principes germanici collapso Westphaliae regno terris suis redditi, quatenus do - mania durante occupatione hostili alienata revocare possint. Gerae 1817. 8. Aufruf der westphälischen Domainenkäufer in Kurhessen, an die verbündeten Mächte u. die Fürsten des teutschen Bundes. Germanien 1817. Erörterung der Fragen: hat der Kurf. von Hessen — — — Anspruch an eine völlige Wiedereinsetzung in den vorigen Stand? welches würden die Folgen seyn, wenn ihm selbige eingeräumt wür - de? Altona 1817. 4. H. W. Schulz über die Nothwendig - keit der Aufrechthaltung der westphäl. Domainenkäufe in Kurhessen. Frankf. 1818. 8. Ebenders. über die Unrecht - mäsigkeit der von Kurhessen gemachten Ansprüche auf völlige Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. (sine loco) 1818, 8. 420B. W. Pfeiffer, in wie fern sind Regierungshandlungen eines Zwischenherrschers für den rechtmäsigen Regenten nach seiner Rückkehr verbindlich? 1818. 8. Ueber die Auf - rechthaltung der Verfügungen des Jérôme Bonaparte in Kur - hessen, oder Versuch einer wissenschaftlichen Prüfung der Gründe des von dem kurhess. O. Appell. Gericht am 27. Jun. 1818 ergangenen Ausspruchs. 1819. 8. Berichtigung des Ver - suchs einer wissenschaftl. Prüfung u. s. w. 1818. 8. Noch Etwas über die Aufrechthaltung u. s. w. 1820. 8. L. Schau - mann, die rechtl. Verhältnisse des legitimen Fürsten, des Usurpators, u. des unterjochten Volks. Cassel 1820. 8. W. J. Behr’s Erörterung, in wie fern ist der Regent eines Staats an die Handlungen seines Regierungsvorfahrers gebunden, u. s. w. (Bamb. 1818. 8. ), S. 52 — 144. Allgemeiner Anzeiger der Teutschen, 1816, Num. 285 et 333; 1817, Num. 81 et 86. Westphalus Eremita, in der zu Hamburg erschienenen Zeitschrift: Teutscher Beobachter, vom 22. Sept. 1818. (v. Ga - gern) Ueber Teutschlands Zustand, u. s. w. (Stuttg. 1818. 8. ), S. 83 — 91. v. Kamptz a. a. O. Schmalz europ. Völkerrecht, S. 267.
c)§. 259. Fortsetzung.
Rechtsgültig, auch für den zurückgekehrten rechtmäsigen Regenten oder seinen Nachfolger, ist daher eine Regierungshandlung des Zwischen - herrschers,
1) wenn jener die Zwischenregierung, durch einen vorausgegangenen, oder späteren Friedens - schluſs, anerkannt hat, oder einer bestimmten Handlung desselben beigetreten ist, es sey durch blosse, ausdrückliche oder stillschweigende, Wil - lenserklärung, oder durch einen mit dem Zwi - schenherrscher oder einer dritten Macht geschlos - senen Vertrag;
2) wenn die Regierungshandlung den Grund -421sätzen der gleichzeitig bestandenen Staatsverfas - sung und Staatsverwaltung gemäſs, oder
3) ohne durch diese Grundsätze bestimmt zu seyn, und ohne die Grenzen der Staatsgewalt zu überschreiten, nothwendig, oder in hohem Grad nützlich war;
4) wenn der Zwischenherrscher der in die - ser Eigenschaft ihm zustehenden Gewalt sich bedient hat, um ein Individuum, gleichviel ob Unterthan desselben Staates oder nicht, zu Be - zahlung einer dem Staat gehörigen Schuldfor - derung, oder zu irgend einer andern Leistung, namentlich zu Uebernehmung einer Vertrag - pflicht, zu nöthigen a). In solchem Fall ist anzunehmen, daſs die Leistung dem Staat zum Vortheil gereicht habe. In solcher Hinsicht ein - gegangene Stipulationen, ist der zurückgekehrte rechtmäsige Souverain nur nach erfolgter Ent - schädigung des Contrahenten oder dessen Rechts - nachfolgers aufzuheben befugt, indem er z. B. den Gegenstand bei demselben vollständig und gänzlich einlöset, weſshalb ihm jedoch der Re - greſs wider den Usurpator vorbehalten bleibt. Auch
5) wenn der dem Zwischenherrscher ge - gebene Werth oder Tauschgegenstand zum Vor - theil des Staates verwendet worden ist (versio in rem) b).
Hat der Erwerber auf wahre Verbesserung der von ihm zurückzugebenden Sachen Ko -422sten gewendet, so kann er dafür Vergütung fordern.
a)Ohne Zwang der angezeigten Art erfolgte Leistungen oder eingegangene Rechtsgeschäfte, sind unter dem hier aufge - stellten Grundsatz nicht begriffen.
a)b)In der neuesten Zeit wurden diese Fragen vielfältig er - örtert, bei Gelegenheit der Staatsveränderungen, welche Na - poleon’s Eroberungen und sein Fall zur Folge hatten; in den Königreichen Frankreich, Spanien, Sardinien, und Neapel, in dem Kirchenstaat, in den hannöverischen und kurhessi - schen Staaten, in den Herzogthümern Braunschweig und Ol - denburg, u. a. — Man sehe, insbesondere über die von dem gewesenen König von Westphalen veräusserten Domai - nen und die von ihm contrahirten Schulden, Klüber’s Acten des wiener Congresses, Bd. IV, S. 148, 156, 167, Bd. V, S. 10 f., 24, 29 u. 30, und die Protocolle der teutschen Bundesversammlung, vom 6. Febr., 13. u. 17. März, 14. (§. 347 f.) u. 17. Jul. 1817, 30. Jul., 13. Aug., 10. Sept. u. 12. Oct. 1818, 12. Aug. 1819, 12. Apr. 1821. Kurhessische Verordn. v. 14. Jan. 1814, u. authentische Interpretation dieser Verordn., in Hinsicht auf die Staatscapitale, v. 31. Jul. 1818. B. W. Pfeiffer in der angef. Abhandlung. — Herzoglich-braun - schweigische Erklärung, betr. die Domainenkäufe und Päch - te, in dem Protocoll der t. Bundesversamml. v. 30. Jul. 1818. Zwei Urtheile des AppellationsGerichtes zu Wolfenbüttel von 1817, in v. Bülow’s Abhandlungen über einzelne Materien des bürgerl. Rechtes, Bd. I, S. 1 ff. — Königl. hannöve - rische Bestimmung wegen der Domainenkäufe, v. J. 1819. Urtheil der hannöver. JustizCanzlei zu Hildesheim v. 15. Dec. 1819, abgefaſst von der JuristenFacultät zu Giessen; als An - hang zu dem (hamburger) Polit. Journal, Jun. 1820. — Erklärungen des k. preussischen Justizministeriums vom .. Oct. u. 27. Dec. 1817, und Schriften in v. Kamptz neuer Lit. des VR., S. 346 ff. — Ueber den Verkauf der Do - mainen des Fürstenthums Fulda und der Grafschaft Hanau, enthält die wiener CongreſsActe, Art. 41 u. 103, eine Be - stimmung. Klüber’s angef. Acten, Bd. VI, S. 49 u. 86. — Ein königl. spanisches Handschreiben vom Jun. 1817, erklärt diejenigen Zahlungen, welche für unter K. Carl IV. verkauftegeist -423geistliche Güter an die usurpatorische Regierung des Königs Joseph geleistet worden, für nichtig, wofern die Käufer nicht beweisen, daſs sie mit Gewalt zu der Zahlung seyen gezwungen worden. — Der Papst verordnete, daſs die unter französischer Herrschaft veräusserten, so genannten Na - tionalGüter ihren Besitzern bleiben sollten. Man s. dessen Edict vom 5. Jul. 1815, das Motu proprio vom 16. Jul. 1816, und die Bekanntmachung des CardmalStaatsSecretärs v. 15. Nov. 1817. — Dasselbe verordnete der König von Sardinien in Piemont und Savoyen, so fern eine Veräusserung nicht mit einem Mangel behaftet sey, der vermöge der gleichzei - tigen Gesetze ihre Nichtigkeit nach sich ziehe.
b)§. 260. Caper, Kreuzer, und Seeräuber.
Zu den rechtmäsigen Mitteln dem Feind zu schaden, gehört auch die Caperei a). Caper (praedatores maritimi, armateurs) sind Privat - personen, welche von einem kriegführenden Staat durch Patente oder Markbriefe b) (litterae marcae, lettres de marque), mit gewissen Ein - schränkungen und Privilegien, ermächtigt sind, für eigene Rechnung bewaffnete Schiffe (eben - falls Caper, naves praedatoriae, genannt) auszu - rüsten, um feindliches Staats - und PrivatEigen - thum zu nehmen. Sie gehören zu der bewaffneten Macht, wider den Feind. Sie unterscheiden sich nicht nur von Kreuzern oder Kreuzfahrern (croi - seurs), welche ein kriegführender Staat unmit - telbar ausrüstet, hauptsächlich um durch sie feindliche Häfen und Schiffe beobachten zu las - sen, sondern auch von Seeräubern oder Cor - saren (piratae, praedones maritimi, corsaires), welche ohne Autorisation einer kriegführendenKlüber’s Europ. Völkerr. II. 28424Macht fremdes Eigenthum auf der See zu neh - men trachten, folglich Räuber und strafbar sind c).
a)Bynkershoek quaest. jur. publ. lib. I. c. 4. 5. 17. — 20. Vattel, liv. III, ch. 15, §. 229. Surland’s europ. Seerecht, S. 82 f. Mo - ser’s Versuch, IX. 2. 51 — 63. Ebendess. Beyträge, I. 486 ff. Kluit hist. federum Belgii fed. II. 437. Bose diss. cit. §. 17. sq. S. F. Wil - lenberg tr. de eo q. j. e. circa excursiones maritimas, vom Recht der Caperey. Gedani 1711. 4. und sehr vermehrt ib. 1726. 8. auch 1736. 8. G. F. de Martens essai concernant les ar - mateurs, les prises, et surtout les reprises. à Goett. 1795. 8. Auch teutsch unter dem Titel: Versuch über Caper, feind - liche Nehmungen u. Wiedernehmungen, nach d. Gesetzen, Ver - trägen u. Gebräuchen der europ. Seemächte. Gött. 1795. 8. Eben - dess. Grundr. d. Handelsrechts (2. Aufl. 1805. 3. Aufl. 1820. 8. ), §. 223 — 237. Azuni, droit maritime, T. II. ch. 2, art. 4.
a)b)Formular eines französischen Markbriefes von 1793, in de Martens recueil, VI. 754; eines preussischen von 1756, in Behmer’s nov. jus controvers. T. I. p. 16. Formular ei - ner Instruction für einen preuſs. Caper, ebendas. S. 17. Instruction für einen englischen, in de Martens recueil, V. 264. 269. 272. — Führt ein Caper Markbriefe von beiden kriegführenden Theilen, und bedient er sich ihrer gegen beide und ihre Unterthanen, so ist er als Seeräuber zu be - trachten.
b)c)Bynkershoek l. c. c. 17. Moser’s Versuch, IX. 2. 73 ff. Corn. Moll diss. de jure piratarum. Traj. ad Rhen. 1737. 4. F. Herrmann über die Seeräuber im Mittelmeer und ihre Vertilgung. Lübeck 1814. 8. Dänische Verordn. die Cor - saren betr., v. 27. Aug. 1813. Mémoire de Sir Sidney Smith contre les pirateries des états Barbaresques, présenté au con - grès de Vienne, in Klüber’s Acten des wiener Congresses, Bd. V, S. 528 ff. Vergl. auch Klüber’s Uebersicht der di - plomat. Verhandlungen des wiener Congr., S. 56 f. C. Kreys - sing über den zu Hamburg errichteten antipiratischen Verein. Hamb. 1819. 8. F. W. Wittich über die Seeräubereien der Bar - baresken. Düsseld. 1819. 8. Protocoll der t. Bundesversamml. v. 16. Jun. u. 3. Jul. 1817, u. 6. Jul. 1820, §. 58 u. f. v. Kamptz neue Lit. des VR., §. 288. — Das Wort Corsaire wird zu -425weilen als gleichbedeutend mit Armateur oder Caper ge - braucht, z. B. in dem kaiserl. französischen Decret aus Mai - land v. 17. Dec. 1807, gegen den englischen Handel, Art. 3.
c)§. 261. Fortsetzung.
Die Caper stehen unter den Befehlen der Admirale ihres Souverains; sie dürfen daher keine Schiffe nehmen, welche von diesen mit Freipässen versehen sind. Sie müssen sich dem Kriegsgebrauch und den erhaltenen Instructionen gemäſs betragen. Sie sind rechtmäsige Feinde in demselben Sinn, wie in dem Landkrieg der Soldat, wenn er zu Nehmung feindlichen Ei - genthums autorisirt ist. Sie dürfen in dem See - gebiet neutraler Mächte keine Feindseligkeiten ausüben. Die von ihnen dem Feind abgenom - menen Schiffe und Güter, sind erst dann für erbeutet anzusehen, wenn der Caper sie in einen Hafen des eigenen, eines alliirten, oder eines neutralen Staates gebracht hat, und solche, nach gehöriger Untersuchung, durch rechtskräftiges Urtheil eines Admiralität -, See - oder Prisen - Gerichtes seines Staates für gute Prise erklärt worden sind a). Eigene CaperVerordnungen be - stimmen, ob und wieviel in solchem Fall dem Caper als Prämie von seinem Staat zu bezahlen ist, ob und welcher Antheil dem Staat von der Beute gehört, wie diese zwischen dem Caper und dem Capitain zu vertheilen sey, wie ein Caper Caution wegen möglicher Miſsbräuche zu426leisten habe, u. d. m. Eigenmächtige Freilas - sung der genommenen Schiffe und Waaren, wird, selbst gegen Empfang eines Lösegeldes, dem Caper entweder gar nicht, oder nur in seltenen Fällen erlaubt b). Eine Prise kann dem Feind durch Kriegs - oder PrivatSchiffe wieder genom - men werden (reprise). Vergebens ist von ver - schiedenen Mächten der Vorschlag geschehen, die Caperei aufzuheben c), und den Handelsgütern feindlicher Unterthanen auf der See dieselbe Frei - heit von Kriegsgewalt einzuräumen, welche sie meist auf dem festen Lande geniessen.
a)Traité sur les prises maritimes, et sur les moyens qui doivent concourir pour rendre ces prises légitimes; par M. le chev. d’Abreu. à Paris 1758. 8. (Ist eine Uebersetzung aus dem Spanischen; wovon Hübner in der Vorrede zu s. Buch de la saisie des bâtimens neutres. à la Haye 1759. 8.) Moser’s Versuch, IX. 2. 59. Réglement du roi de Danemarck con - cernant l’armement en course, et la manière de traiter les prises, du 28 mars 1810; in v. Martens recueil, Supplém. V. 429. Ein Supplement zu diesem Reglement, ebendas. S. 505. — Wem die von einem, auf Caperei nicht ausgesen - deten Schiff gemachte Beute gehöre? Bynkershoek l. c. lib. I. c. 20. Bose l. c. §. 18.
a)b)De Martens essai etc., ch. 2, §. 23. De Steck essais sur divers sujets relatifs à la navigation et au commerce pendant la guerre, p. 50.
b)c)Preussen und die Vereinigten Staaten von NordAmerika haben, durch Vertrag v. 1785, sich gegenseitig verpflichtet, im Fall ei - nes Kriegs unter ihnen, keine Caperei statt finden zu lassen.
c)§. 262. Verheerung.
Obgleich Verheerung des feindlichen Gebie -427tes, und Plünderung der feindlichen Einwohner desselben, nach dem allgemeinen Völkerrecht dem gerechten Feind, so weit der Kriegszweck es erfordert, nicht versagt sind, so ist doch bei - des, in der Regel, gegen den europäischen Kriegs - gebrauch. Nur ausnahmweise wird Verheerung für zulässig gehalten, bei solchen Bezirken, Ge - bäuden und Anstalten, deren Zerstörung der Zweck der KriegsOperationen dringend fordert. Dieses kann der Fall seyn, bei Festungen, Be - festigungen, und ihrer Umgebung, bei Brücken, Magazinen, Gewehr - und PulverFabriken, Stück - giessereien a); auch in Absicht auf Städte, Dör - fer und andere Wohnplätze, auf Gärten, Wein - berge, Felder, Wiesen und Wälder, bei einer gefahrvollen Verfolgung von Seite des Feindes, oder bei nöthiger Verdrängung oder Hervor - lockung desselben aus einem bestimmten Ort, bei Aufschlagung eines Feldlagers, bei Anlegung von Befestigungen und Verschanzungen, bei un - mittelbarer Theilnehmung der Einwohner an den Feindseligkeiten, oder von ihnen bezeigtem bösen Willen, namentlich in Entrichtung der auferlegten KriegsContribution b), und aus dem Grund einer Erwiederung (retorsio facti).
a)Vattel, liv. III, ch. 9, §. 166 — 173. — Von Sengen und Brennen, ebendas. §. 167. — Von Schleifung der Festun - gen, ebendas. §. 170.
a)b)Man vergl. die von Groſsbritannien, in seinem ersten Krieg mit den Vereinigten Staaten von Nordamerika, für Kriegs428gesetze erklärten Puncte, in de Martens précis du droit des gens (edit. 2.), §. 280, note f.
b)§. 263. Plünderung.
Plünderung friedlicher Einwohner, so auch des feindlichen Souverains in Ansehung seines beweglichen Privatvermögens und seiner Schlös - ser a), wird für erlaubt angesehen, nur im Nothfall, als Erwiederung, wenn der Feind die Kriegsgesetze verletzt hat, bei widerspenstigem oder feindseligem Betragen der Einwohner, bei Einnahme einer Festung mit Sturm b). Wenn Maraudeure c) und Schnapphähne (partis ‒ bleus, chenepans), sich Plünderungen erlauben, findet nicht nur Strafe, sondern auch verhältniſsmä - siger Widerstand der Einwohner statt. So auch bei Excessen oder disciplinwidrigem Benehmen regulirter Truppen d), der Parteigänger e) und FreiCorps.
a)Moser’s Versuch, IX. 1. 159 ff. Ebendess. Beyträge, II. 319 ff.
a)b)Moser’s Versuch, IX. 2. 143. Ebendess. Beyträge, II. 70 ff. 83 ff.
b)c)Moser’s Versuch, IX. 2. 63 — 73.
c)d)Moser’s Beyträge, II. 82 — 118.
d)e)Moser’s Versuch, IX. 2. 49 ff. Ebendess. Grundsätze des europ. Völkerrechts in Kriegszeiten (Tüb. 1752. 8. ), Anhang, von Parteigängern, S. 344 ff. — Es wird practisch nicht unwichtig seyn, hier anzumerken, daſs von wirklichen Ex - cessen, unerwiesene Beschuldigung derselben zu unterschei - den sey.
e)429§. 264. d) KriegsOperationen.
Der Zweck des Kriegs fordert ganz vor - züglich eigentlich so genannte KriegsOperationen. Dahin gehören, 1) alle Arten von Gefechten, z. B. Plänkeleien, Scharmützel, Treffen, Land - und Seeschlachten, mit wahrem oder zweifelhaf - tem Sieg und Niederlage a). Darf der Ueber - winder, nach Kriegsgebrauch, den Ueberwundenen ausser Stand setzen, ihm Schaden zuzufügen, so ist er dagegen verpflichtet, wenn solches ge - schehen ist, und dieser sich in sein Schicksal ruhig ergeben hat, demselben ausser der nö - thigen Verwahrung weiter kein Leid zuzufügen, für seinen nöthigen Unterhalt, und, im Fall ei - ner Krankheit oder Verwundung, für seine Hei - lung Sorge zu tragen. Zuweilen wird sogar ein kurzer particulärer Waffenstillstand geschlossen, um beiderseits die Blessirten zu verbinden und wegzubringen, und die Todten zu begraben. 2) Eben so verhält es sich mit dem so genann - ten kleinen Krieg b) (petite guerre), der durch kleine Abtheilungen regulirter Truppen, durch Parteigänger (§. 263), FreiCompagnien und FreiCorps, auf der See durch einzelne zum Kreuzen bestimmte Kriegsschiffe und Fregatten, und durch Caper geführt wird. Eine Partie muſs mit einer schriftlichen Ordre des gehörigen Befehlhabers versehen seyn, aus der gehörigen430Anzahl Mannschaft bestehen, wenn hierüber eine gültige Bestimmung vorhanden ist, und sich dem Kriegsgebrauch gemäſs betragen. Im entgegen - gesetzten Fall, werden Parteigänger wie Marau - deure und unrechtmäsige Feinde, von beiden Theilen behandelt c).
a)v. Ompteda’s Lit. II. 641. v. Kamptz neue Lit., §. 297. Moser’s Versuch, IX. 2. 78 ff.
a)b)Traité de la petite guerre; par M. la Croix. 1752. 8. Joh. Ewald’s Abhandl. über den kleinen Krieg. Cassel 1785. 8.
b)c)Moser’s Versuch, IX. 2. 49 ff.
c)§. 265. Fortsetzung.
Zu den militärischen Unternehmungen im Krieg, gehören, 3) Landung an den feindlichen Küsten, Besetzung des feindlichen Gebietes, of - fener Orte, Inseln und Bezirke, Ueberrumpelung (coup de main) und Bestürmung besetzter oder befestigter Plätze, Berennung, Bloquade (blocus), und Belagerung (siège) fester Plätze a), zu Wasser und zu Lande, Einnahme derselben, durch Capitulation, Ergebung auf Discretion, oder Sturm, Besetzung und Schleifung (Rasi - rung) derselben b). Während der Belagerung einer Festung können, nach den Umständen, vorkommen: Abbrennung der Vorstädte, durch die Belagerer oder Belagerten, Entwaffnung oder Ausschaffung der Einwohner, Beschiessung der Festung aus dem groben Geschütz (Bombarde - ment), welcher wenigstens einmalige Aufforde -431rung zur Uebergabe vorausgehen muſs c), und nach deren Anfang in der Festung gewöhnlich alle Glocken und Uhren still stehen, Waffen - stillstand zu Begrabung der Todten und Weg - schaffung der Verwundeten, auch zu Unterhand - lung wegen einer Capitulation, Aufforderung zur Uebergabe, doch nicht unter Bedrohung des Commandanten mit der Todesstrafe d), Entsatz, Durchschlagung der Garnison, u. d. m. Bei einer Eroberung mit Sturm, wird nicht selten Plünderung nachgesehen, oder auf bestimmte Zeit ausdrücklich erlaubt; nicht so Feueranlegen, und Miſshandlung oder Tödtung der friedlichen Einwohner e).
a)Moser’s Versuch, IX. 2. 85 ff. v. Kamptz neue Lit., §. 296.
a)b)Vattel, liv. III, ch. 9, §. 170. Moser a. a. O. S. 87.
b)c)Moser’s Versuch, IX. 2. 136 ff. Es wird für billig ge - halten, öffentliche und PrivatGebäude möglichst zu schonen, und in der Regel nur gegen die Festungswerke und Ma - gazine das Geschütz zu richten. Vattel, liv. III, ch. 9, §. 169.
c)d)Vattel, liv. III, ch. 8, §. 143.
d)e)Moser’s Versuch, IX. 2. 143 ff.
e)§. 266. Kriegslist. Spione. Ueberläufer. Deserteure.
Zu dem Zweck der KriegsOperationen die - nen, ausser den materiellen Hülfmitteln, unter andern, Kriegslist und Spione, vorzüglich aber bewaffnete Mannschaft oder Kriegstruppen. Täu - schung des ungerechten Feindes durch Kriegs -432list a) (stratagema, heurema bellicum) ist er - laubt, so fern man ihm nicht Wahrhaftigkeit besonders zugesagt hat, oder die Kriegsmanier solche fordert b). Durch heimliche Kundschaf - ter oder Spione (exploratores, espions) von den Verhältnissen und Absichten des Feindes Nach - richt einzuziehen, ist so wenig gegen das all - gemeine Völkerrecht, als wider den Kriegsge - brauch c), aber sie werden, wenn sie dem Feind in die Hände fallen, mit grosser Strenge be - handelt. Auch Ueberläufer und Ausreisser (trans - fuges et déserteurs) aus dem feindlichen Kriegs - heer, darf man in den Kriegsdienst aufnehmen, aber sie geniessen darum, wenn sie nachher dem Feind in die Hände fallen, nicht die Rechte der Kriegsgefangenen d).
a)Treuer ad Pufendorf. de officio hominis et civis, lib. II. c. 16. §. 5. Vattel, liv. III, ch. 10, §. 178. Moser’s Versuch, IX. 2. 464 ff. Kluit hist. federum, II. 480. Jac. Aug. Frankenstein diss. de dolo in bellis licito. Lips. 1721. 4. Joly de Mezeroy tr. des stratagèmes permis à la guerre. Metz 1765. 8. v. Om - pteda’s Lit., §. 303. v. Kamptz neue Lit., §. 291.
a)b)Z. B. daſs ein Kriegsschiff seine wahre Flagge aufstecke, ehe es ein Gefecht beginnt.
b)c)W. H. Bruckner diss. de explorationibus et exploratoribus. Jen. 1700. rec. 1744. 4. Laur. Lund, Hafniensis, diss. de speculatore. Jo. Henr. Moller diss. de speculatoribus (Traj. ad Rhen. 1771. 4. ), cap. 2. §. 3. Hannöv. gel. Anzeigen, 1751, S. 383 ff. Vattel, liv. III, ch. 10, §. 179. De Felice leçons du droit des gens, P. II, T. II, p. 199. Moser’s Ver - such, IX. 2. 466 f. VI. 45. Encyelopédie méthodique; Di - plomatique, T. III. p. 333 — 335. Strube’s rechtl. Bedenken, Th. III, Num. 33. v. Martens Erzählungen, Th. I, Num. 15. v. Kamptz Beyträge zum Staats - u. Völkerrecht, Bd. I (Berlin4331815), S. 63 — 94. Schmalz europ. Völkerrecht, S. 135 ff. — Zuweilen giebt es Spione, die beiden Theilen dienen (espions doubles).
c)d)Vattel, liv. III, ch. 8, §. 144. Moser’s Versuch, IX. 2. 441 — 452.
d)§. 267. Rechtmäsige Krieger.
Als Streitende (combattans) dürfen an den KriegsOperationen Theil nehmen, und werden bei gehörigem Verhalten nach Kriegsmanier be - handelt a): nicht nur alle regulirten Truppen, eigene und Hülftruppen, und Kriegsschiffe, son - dern auch alle autorisirten FreiCorps und Ca - per, die zu der Landwehr oder NationalMiliz gehörigen Krieger b), alle vermöge eines allge - meinen Aufgebotes oder Landsturms c) zur Lan - desvertheidigung bewaffneten Krieger d), die zur Heerfolge aufgebotenen Vassallen und Jäger e), die Freiwilligen f) (volontaires), diejenigen Un - terthanen, welche, aus wirklichem oder vermu - thetem Auftrag ihrer Staatsregierung, bloſs die Vertheidigung eines Ortes übernehmen g), z. B. die Einwohner einer Stadt oder Festung, ohne aus den Schranken dieser Vertheidigung zu schrei - ten, endlich, wer nur im Nothfall zu seiner per - sönlichen Vertheidigung die Waffen ergreift. Wer anders gegen den Feind zu den Waffen gegriffen hat, kann von diesem, wenn er er - griffen wird, als unrechtmäsiger Feind, mithin anders als nach Kriegsmanier, behandelt werden.
434a)Vergl. Vattel, liv. III, ch. 15. Pufendorf de J. N. et G. lib. VIII. c. 6. §. 21. C. L. Scheid diss. de ratione belli, §. 46. Vergl. oben §. 245 — 249.
a)b)Moser’s Beyträge, III. 6. ff. Ebendess. Versuch, IX. 1. 267. — J. J. Moser von Partheygängern; in s. Nachträgen zu den Grundsätzen des Völkerrechts in Kriegszeiten. 1750. 8.
b)c)In dem Mittelalter Landschreye, Landhude, Landwehre, cri d’armes benannt. Klüeer’s Anmerkungen zu Sainte - Palaye vom Ritterwesen des Mittelalters, Th. II, S. 150 ff. — Ueber stehende Heere und Landesbewaffnungen; in v. Ar - chenholz Minerva, 1807, Sept., S. 385 ff.
c)d)Beispiele von Volksbewaffnung. Moser’s Versuch, IX. 1. 206 ff. Ebendess. Beyträge, III. 6. 9 ff. De Martens re - cueil, VI. 749. — Beispiele in Teutschland, von 1794, 1795, 1797, 1799, 1800 u. 1809, in Ruſsland 1812.
d)e)Moser’s Beyträge, III. 9.
e)f)Moser’s Versuch, IX. 2. 434 — 441.
f)g)Vattel, liv. III, ch. 15, §. 228.
g)§. 268. e) Kriegshülfe von dritten Staaten.
Zu den Mitteln dem Feind zu schaden, gehört auch die Kriegshülfe, welche dritte Staa - ten einer kriegführenden Macht leisten a). Dazu ist nach dem allgemeinen Völkerrecht jeder dritte Staat befugt, so weit er ohne richterliche Un - tersuchung, die ihm hier nicht zustehen kann, das Unrecht erkennt, welches jener Macht wi - derfährt b). Daher ist die Bedingung, daſs der Krieg gerecht sey, in jedem Vertrag, worin Kriegs - hülfe versprochen wird (§. 149), wenigstens als stillschweigende Clausel enthalten, gleichviel ob der Vertrag vor oder während dem Krieg ge - schlossen war.
435a)Moser’s Versuch, X. 1. 1 ff. v. Ompteda’s Lit. II. 585 ff. v. Kamptz neue Lit., §. 287.
a)b)Vergl. oben §. 233, und Vattel, liv. III, ch. 6, §. 83. sqq.
b)§. 269. Fortsetzung.
Die Verbindlichkeit, die vertragmäsige Kriegs - hülfe zu leisten, hängt in dem concreten Fall ab von der Vorfrage, ob der Bundesfall (casus foederis, le cas d’alliance) vorhanden sey a). Nie ist er es bei einem ungerechten Krieg. Aber oft fehlen hinlängliche Data, über die Recht - mäsigkeit des Kriegs mit voller Sachkunde zu urtheilen. In solchem Fall gilt die Vermuthung des Rechtverhaltens, auch unter unabhängigen Staaten (§. 237). Es ist also der Bundesstaat zu der vertragmäsigen Hülfe dann befugt und verpflichtet, und er befindet sich bei deren Lei - stung in gutem Glauben, wenn er, nach den ihm bekannten Merkmalen, den Krieg, auf Seite der mit ihm verbündeten kriegführenden Macht, nicht für ungerecht erkennt. — Durch Kriegs - hülfe nimmt diejenige Macht, welche solche lei - stet, wesentlichen Theil an den Feindseligkeiten der einen kriegführenden Macht. Sie wird also hiedurch Feind der andern b). Aber der eu - ropäische Völkergebrauch erkennt sie dafür, im vollen Sinn, nur bei allgemeiner Kriegshülfe; bei particulärer hingegen nur dann, wenn diese erst während des Kriegs war versprochen worden c).
436a)Dabei kommt es an, nicht bloſs auf das was in dem Bun - desvertrag ausdrücklich festgesetzt ist, sondern auch was da - bei stillschweigend vorausgesetzt werden muſste, z. B. mit Vorbehalt älterer Vertragrechte eines Dritten, des eigenen Bedürfnisses, u. d. Kein Wunder, wenn bei so verwickel - ten Verhältnissen oft Beschwerde geführt wird, über verwei - gerte, verzögerte, oder unvollständig geleistete Kriegshülfe. Vergl. Moser’s Versuch, X. 1. 43 — 55. Kluit hist. federum Belgii fed. II. 402. 489. I. 270. 305. 310. 185. 214. 217.
a)b)Galliani’s Recht der Neutralität, S. 144 ff. — Andere un - terscheiden, ob die Kriegshülfe vor, oder während dem Krieg war versprochen worden. Schröder elem. juris nat., socialis et gent. §. 1131. Höpfner’s Naturrecht, §. 234, Note 5.
b)c)Moser’s Versuch, X. 1. 144. G. F. de Beulwitz diss. de auxiliis hosti praestitis more gentium hodierno hostem non efficientibus. Hal. 1747. 4. Gutachten des kursächsischen GeheimenrathsCollegii v. 1747, in Moser’s Versuch, VIII. 181. Des Gr. v. Hertzberg recueil, I. 8. v. Martens Er - zählungen, Th. I, Num. 17. — Wie aber, wenn die Kriegs - hülfe zwar vor dem Krieg versprochen war, das Gebiet der sie leistenden Macht aber nachher der Schauplatz des Kriegs wird? Kann dann nicht, von dem Feind ihres Alliirten, die Zurückziehung oder Suspension der Hülfe verlangt werden? — Beispiel Preussens in dem französisch ‒ russischen Krieg, 1812 u. im Anfang des J. 1813. — Die Geschichte lehrt, daſs in den meisten Fällen die Politik entscheidet, ob und wie weit eine kriegführende Macht einer gegen sie Hülfe leistenden Macht Neutralität bewilligen, oder sie als krieg - führenden Haupttheil behandeln will, wozu dann auch aus dem PräventionsRecht ein Rechtfertigungsgrund genommen zu werden pflegt. Neuere Beispiele, in Moser’s Versuch, X. 1. 144 ff. De Martens recueil, III. 151. IV. 529.
c)§. 270. Allgemeine Kriegshülfe, durch gleichmäsige Kriegführung. SeparatFriede.
Kriegshülfe kann geleistet werden, allgemein, durch gleichmäsige Führung eines Kriegs gegen437den Feind des Bundesgenossen, oder nur par - ticulär, durch Sendung einer bestimmten An - zahl von Hülftruppen oder Kriegsschiffen, oder von Subsidien an Geld und andern Kriegsbe - dürfnissen. Das erste kann geschehen a), mit - telst abgesonderter oder gemeinschaftlicher Füh - rung des Kriegs, die letzte etwa unter einem gemeinschaftlichen Oberbefehlhaber (Generalis - simus); desgleichen mit oder ohne Festsetzung eines gemeinschaftlichen OperationsPlans. Bei gemeinschaftlichen KriegsOperationen sind Er - oberungen und Beute, in der Regel, nach Ver - hältniſs gemeinschaftlich b). Bei Wiedererobe - rungen, welche einer von beiden Bundesgenos - sen macht, gebührt dem andern und seinen Un - terthanen das jus postliminii c). Kein Theil ist, den Fall der dringendsten Noth ausgenommen, ohne Einwilligung des andern, befugt zu Schlies - sung eines allgemeinen Waffenstillstandes oder SeparatFriedens d), so lang noch möglich ist, den Zweck des Kriegsbündnisses zu erreichen e).
a)Moser’s Versuch, X. 1. 70. 77.
a)b)Bei einem SocietätsKrieg auf gleichen oder verhältniſsmä - sigen Gewinn und Verlust, können Bundesgenossen ange - messene Vertheilung der Eroberungen und des Verlustes ge - genseitig fordern. Vergl. den französisch ‒ spanischen Fa - milienVertrag v. 1761, Art. 18, in de Martens recueil, I. 7. Ebendess. essai concernant les armateurs, §. 50.
b)c)Vattel, liv. III, ch. 14, §. 207. De Steck sur le droit de postliminie ou de recousse; in s. Essais sur plusieurs ma - tières intéressantes (Halle 1790. 8. ), n° 8. Vergl. oben, §. 254 u. 257.
c)438d)Wächter diss. de modis tollendi pacta inter gentes (Stuttg. 1779. 4. ), §. 81. sqq. Eine Reihe von Schriften, über den preussischen SeparatFrieden zu Basel 1795. Ein, wiewohl unvollständiges, Verzeichniſs derselben, in der Neuen all - gemeinen deutschen Bibliothek, Bd. XXV, St. 2, Heft 6, S. 344 — 347. Vergl. auch den AllianzVertrag zwischen Frank - reich und den Vereinigten Staaten von Nordamerika, v. 1778. De Martens recueil, I. 701.
d)e)Schmalz europ. Völkerrecht, S. 277 f. — Es fehlt nicht an Beispielen, daſs ein Bundesgenoſs, mitten im Krieg, nicht bloſs zu einer vollständigen Neutralität, sondern sogar zu einem Kriegsbündniſs, auch zu wirklichem Krieg, gegen sei - nen bisherigen Bundesgenossen eigenmächtig übergegangen ist; noch in der neuesten Zeit. De Martens recueil, III. 151 sqq. IV. 529 sqq. VI. 620; und Supplément, V. 564, 588 note *, 610, 643, 649, 660.
e)§. 271. Particuläre Kriegshülfe, durch Hülftruppen, Kriegsschiffe, SubsidienGelder, u. s. w.
Oft wird nur particuläre Kriegshülfe tractat - mäsig a) geleistet, eingeschränkt auf bestimmte Quantität und Qualität. Wird eine bestimmte Anzahl Hülftruppen (copiae auxiliares, troupes auxiliaires) oder Kriegsschiffe, von bestimmter Art, gesendet, so kann, je nachdem das Kriegs - bündniſs oder der SubsidienTractat es vor - schreibt b), solches bloſs für eigene Rechnung der hülfeleistenden Macht (puissance auxiliaire) geschehen, oder es ist der nöthige Unterhalt und Sold, oder eine bestimmte Summe Sub - sidienGelder, von dem kriegführenden Bundes - genossen zu liefern. In dem letzten Fall heis - sen die Hülftruppen, Subsidien Truppen c) (mi - lites stipendiarii cessi). Die Hülftruppen könnenunter439unter dem Befehl der kriegführenden Macht, ausser - dem unter eigenem, oder unter gemeinschaftlichem Commando stehen, müssen aber in jedem Fall dem Kriegszweck gemäſs handeln, sind in completem Zustand zu erhalten, dürfen nur auf bestimmte Art gebraucht werden, z. B. nur auf dem festen Land, nur in einem gewissen Bezirk, nur zu Vertheidigung des Gebietes des Bundesgenossen, sie erhalten verhältniſsmäsigen Antheil an der Beute, u. d. m.
a)Diese Art der Kriegshülfe wird versprochen in eigenen SubsidienTractaten, in Offensiv - und DefensivAllianzen, in GarantieVerträgen, auch zuweilen in Friedensschlüssen, Fa - milienTractaten, Handelsverträgen, u. d. Viele solcher Sub - sidien - und AllianzTractate, besonders teutscher Fürsten und schweizer Cantone, stehen in den Sammlungen von Du Mont, Schmauss, Wenck, v. Martens, u. a. Auch in Moser’s Ver - such, X. 106 ff. — Vergl. Posselt’s europ. Annalen 1800. IX. 231. Eisenhart’s kleine Schriften, II. 1 — 88. Reuss teutsche Staatskanzley, XI. 460. Klüber über das europäische StaatsMilitärSystem; in den Europ. Annalen, 1805, V. 170 ff.
a)b)Sehr bestimmte Vorschriften enthält der östreichisch-rus - sische AllianzTractat von 1746, in Moser’s Versuch, VIII. 164. Vergl. ebendas. X. 137 ff. 144 ff.
b)c)J. F. Schmidlin diss. de juribus et obligationibus gentium mediarum in bello, §. 15. et 16.
c)§. 272. Fortsetzung.
Zuweilen besteht die Kriegshülfe in Einräu - mung einer Festung, eines Hafens, des Durch - marsches (§. 88 u. 136), der Werbung a), in Sendung einer bestimmten Summe Subsidien - Gelder b) (§. 149), oder in Lieferung andererKlüber’s europ. Völkerr. II. 29440Kriegsbedürfnisse c). Jene werden wohl gar in Friedenszeiten gezahlt, gegen das Verspre - chen, eine bestimmte Anzahl SubsidienTruppen für den Fall eines Kriegs in Bereitschaft zu halten. Eine Macht, welche nur particuläre Kriegshülfe leistet, wird der Regel nach nicht als kriegführender Theil betrachtet. Sie hat daher keinen Anspruch auf einen Theil der Er - oberungen, und wird in dem Friedensschluſs we - nigstens nicht als HauptContrahent aufgeführt d), sondern höchstens in denselben miteingeschlos - sen (§. 161 u. f.). Als Kriegshülfe kann nicht angesehen werden, wenn eine Macht gestattet, daſs Einzelne von ihren Unterthanen, als Frei - willige ohne Dienst und Sold, oder auch mit solchem, den Feldzügen fremder Heere als Krie - ger beiwohnen; desgleichen, daſs ein anderer Staat in ihrem Gebiet, etwa vermöge einer in Friedenszeit geschlossenen Uebereinkunft, ei - ner MilitärConvention, Freiwillige für seinen Kriegsdienst anwerbe e), so fern sie, in Kriegs - zeiten, bereit ist dieselbe Werbung auch der andern kriegführenden Macht zu gestatten.
a)Schmidlin diss. cit. §. 17. 21. — 24.
a)b)Schmidlin diss. cit. §. 19. — Zuweilen ist die Kriegshülfe alternativ bestimmt, auf Mannschaft oder verhältniſsmäsige Leistung durch Geld, z. B. in der preussisch-holländischen DefensivAllianz v. 1788, Art. 3 u. 4. De Martens recueil, III. 134. J. J. Moser von der üblichen Proportion zwischen der Hülfe an Mannschaft, Schiffen oder Geld; in dessen Vermischten Abhandlungen (1750. 8. ), Th. I, S. 84.
b)441c)Schmidlin diss. cit. §. 25. — 27.
c)d)Vergl. den angef. östreichisch-russischen AllianzTractat v. 1746, Art. 12, und den englisch-russischen AllianzTractat v. 1798, Art. 5 u. 6, in de Martens recueil, VII. 321.
d)e)Bynkershoek quaest. jur. publ. lib. I. p. 158. v. Kamptz neue Lit. des VR., §. 112. — Von dem Gerichtstande der Werber, s. v. Steck’s Ausführungen polit. u. rechtl. Materien, S. 164 ff. Rechtsgutachten des SpruchCollegii zu Heidelberg, Bd. I (1808. 8. ), Num. 4.
e)§. 273. 4 ) Kriegsverträge.
In dem Lauf des Kriegs werden nicht sel - ten Kriegsverträge a) (pacta bellica, arrange - mens militaires) geschlossen, wodurch die krieg - führenden Mächte, ohne noch den Krieg zu endigen, über einzelne Gegenstände desselben, Rechte vertragmäsig festsetzen. Auch der offen - bar gerechte Feind ist sie zu halten verpflich - tet, da er durch Schliessung derselben, für den Gegenstand des Vertrags, nicht nur auf sein Recht stillschweigend verzichtet, sondern auch selbst, seinem Gegner ein AcceptationsRecht ein - räumt, zu dessen Ausübung sogar ein unge - rechter Feind nicht unfähig ist. Wie die Mit - tel dem Feind zu schaden, dienen auch die Kriegsverträge zu dem Zweck eines gerechten Kriegs, und derselbe Grundsatz, aus welchem ihre Unverbindlichkeit für den gerechten Feind herzuleiten wäre, würde in Ansehung seiner auch für die Unverbindlichkeit eines künftigen Friedensschlusses streiten, folglich dem Zweck442des gerechten Kriegs widerstreiten b). Zur Sicherheit des gegebenen Wortes, auch wohl schon der Unterhandlung, werden zuweilen Geissel (§. 156) gegeben, auch manche andere Maasregeln getroffen. Eine Verletzung des Ver - trags, würde zu Erwiederung c) und anderer Gegengewalt berechtigen. Die Kriegsverträge en - digen, unter anderem, mit dem Ablauf der be - stimmten Zeit, auf jeden Fall mit dem Frieden.
a)E. C. Wieland diss. de pactis bellicis inter gentes. Fran - cof. ad Viadr. 1776. 4. u. in s. Opusc. acad. Fasc. III. (Lips. 1790. 8. ), n. I. F. L. Waldner de Freundstein diss. de firmamentis conventionum publicarum, cap. 1. §. 10. — 12. Vattel, liv. III, ch. 16. Dresch über die Dauer der Völ - kerverträge, §. 92 ff. v. Ompteda’s Lit., §. 302 u. 314. v. Kamptz neue Lit., §. 290 u. 298. — Bei den Römern hiessen sie belli commercia. Tacitus annal. XIV. Virgilius, aen. X. 532.
a)b)Vattel, liv. III, ch. 10., §. 74. sqq. Abhandl. von der Un - verletzlichkeit der Waffen - und Kriegsverträge. Frankf. und Leipz. 1760. 4. Corn. Pet. Chastelein diss. de fide inter hostes. Lugd. Bat. 1769. 4. v. Ompteda’s Lit. II. 637. — Streit über die Verbindlichkeit der Convention von Kloster Zeven v. 1757. (Moser’s Versuch, X. 1. 185 ff. Staats - schriften des Grafen R. F. zu Lynar, Th. II, Hamb. 1797, 8., S. 71 — 810), und der liliensteiner Capitulation v. 1756, ebendas. IX. 2. 162 ff. 321.
b)c)Vattel, liv. III, ch. 10, §. 176.
c)§. 274. Insbesondere Salvegarden, Verträge über Neutralität, über Aus - lösung und Auswechslung der Gefangenen.
Die Kriegsverträge sind von mancherlei Art. Durch den Schutz - oder SalvegardenVertrag (sauvegarde, salva guardia) wird feindlichen443Personen oder Sachen Befreiung von feindseliger Behandlung zugesagt a). Ihm zufolge wird bald eine Schutzwache, bald ein Schirm - oder Schutz - brief, wohin auch die Pässe b) (litterae liberi commeatus s. salvi passus aut conductus, passe - port, sauf-conduit) gehören, bald ein Symbol z. B. das Staatswappen, zur Legitimation er - theilt. Hienach unterscheidet man lebendige und todte, und bei der letzten schriftliche und symbolische Sauvegarde. — Durch particuläre NeutralitätsVerträge, wird ein Theil des feind - lichen Gebietes oder Gewerbes für neutral er - klärt c). — Nicht selten sind, Verträge oder Cartele über Auslösung (Ranzionirung, pactum de redimendis captivis cum pacto de lytro) und Auswechslung (pactum de permutandis captivis) der Kriegsgefangenen d).
a)Ge. Engelbrecht diss. de salva guardia. Jen. 1743. 4. J. Mader’s reichsritterschaftl. Magazin, Th. VIII, S. 666. v. Om - pteda’s Lit., §. 317. Vattel, liv. III, ch. 9, §. 171. Mo - ser’s Versuch, IX. 2. 452 ff.
a)b)Grotius lib. III. c. 21. §. 14. sqq. v. Ompteda’s Lit. II. 649. v. Kamptz neue Lit., §. 118.
b)c)Moser’s Versuch, X. 1. 154 ff. NeutralitätsErklärung für die französischen und englischen unbewaffneten Fischerboote. De Martens recueil, VII. 295. sq.
c)d)Vattel, liv. III, ch. 17, §. 278. sqq. Moser’s Versuch, IX. 2. 388 — 434. De Martens recueil, IV. 276. VII. 288.
d)§. 275. ContributionsVerträge und Cartele.
Durch ContributionsVerträge (pacta de tri -444buto bellico et lytro incendiario) suchen ein - zelne Ortschaften oder Bezirke sich von an - gedrohter oder zu besorgender Plünderung und Brandstiftung, dem so genannten Sengen und Brennen, mittelst gewisser Leistungen, Kriegs - Contribution oder Brandschatzung, loszukaufen (§. 251). — Die kriegführenden Mächte kom - men zuweilen überein, in Absicht auf eine be - stimmte Verfahrungsweise während des Kriegs, durch Cartele, z. B. über die Art gegenseitiger schriftlicher oder mündlicher Mittheilung, na - mentlich durch PacketBoote, Couriere, Trom - peter a), Tamboure, Parlementäre b), über Er - theilung der Pässe und des sichern Geleites c), der Signale d), über das Benehmen gegen Ge - fangene, gegen den Handel und die Gewerbe, über KriegsContributionen, über erlaubte und nicht erlaubte Waffen e), über gewisse Arten von Feindseligkeiten, über Postangelegenheiten, über Behandlung der Sauvegarden und der Ma - raudeure, und über verschiedene andere Ge - genstände und Mittel des Kriegs.
a)Moser’s Versuch, IX. 1. 95. Chr. Wildvogel diss. de buc - cinatoribus eorumque jure (Jen. 1711. 4. rec. Hal. 1753. et in Ejus Collect. Disp. n. 3.), §. 41. Abhandl. von den Trom - petern u. ihren besondern Rechten; in der prüfenden Ge - sellschaft fortgesetzten zur Gelehrsamkeit gehörigen Bemü - hungen (Halle 1741. 8. ), Th. IV, Num. 2. Auch in den Schriften dieser Gesellschaft, Th. I, S. 409 ff. De Bielfeld institutions politiques, II. 177, §. 25. — Von PacketBooten s. Moser’s Versuch, IX. 1. 48.
a)b)Hiezu bediente man sich in dem Mittelalter der Waffen -445Herolde (hérauts-d’armes). De Bielfeld a. a. O. II. 176. §. 24. Vergl. oben §. 238, Note b.
b)c)Vattel, liv. III, ch. 17, §. 265. sqq. v. Ompteda’s Lit. II. 649 f.
c)d)Moser’s Versuch, IX. 1. 95. 145. — Bei Kriegsschiffen ist das Abnehmen der KriegsFlagge, und das Aufstecken einer weissen Flagge, ein Zeichen daſs man sich ergeben wolle.
d)e)Eine Convention von 1692, in Du Mont’s corps diploma - tique, VII. 310.
e)§. 276. Capitulationen.
Zu den wichtigsten Kriegsverträgen gehören die Capitulationen (pacta deditionis), wodurch ein kriegführender Theil verspricht, dem an - dern gewisse Personen zur Verwahrung, oder gewisse Sachen, insonderheit befestigte Plätze, zum Besitz zu übergeben a). Meist werden sie abgefaſst in der Form von Artikeln, welche der eine Theil vorschlägt, und von Genehmigung, Einschränkung, Abänderung oder Verweigerung, welche der andere Theil daneben oder darunter setzt b). Sie sind verbindlich, auch ohne be - sondere Einwilligung oder nachfolgende Geneh - migung der beiderseitigen Souveraine, wenn die Befehlhaber, welche sie schlossen, in gutem Glauben und ohne Ueberschreitung ihrer Amts - gewalt oder Vollmacht handelten.
a)Vattel, liv. III, ch. 16, §. 261. sqq. Moser’s Versuch, IX. 2. 155 ff. Jac. Frid. Ludovici diss. de capitulationibus. Hal. 1707. 8. Cornel. Vollenhoven (praes. H. C. Cras) diss. de vi et natura pactionis, quae dicitur Capitulatio. Amstelod. 1797. 4. v. Ompteda’s Lit., §. 315. v. Kamptz neue Lit., §. 300.
a)446b)Beispiele: die liliensteiner Capitulation von 1756, wodurch die eingeschlossene sächsische Armee dem König Friedrich II. sich ergab, in Moser’s Versuch, IX. 2. 162 ff. Capitulation der französischen Armee in Egypten 1801, in de Martens recueil, Supplément, II. 509. Capitulationen ganzer Länder, Landesbezirke oder Inseln, in Moser’s Versuch, IX. 1. 157. IX. 2. 176 — 226. De Martens recueil, VI. 450. VII. 299. 335. 380. 466., Supplément, II. 468. 470. 502. 509. Capitulationen einzelner Festungen oder Städte, ebendas. VII. 416., Supplément, II. 500. Capitulation v. Paris, v. 31. März 1814, ebendas. Supplém. V. 693.
b)§. 277. WaffenstillstandVerträge.
Durch WaffenstillstandVerträge (pacta in - duciarum, traités d’armistice) werden Feind - seligkeiten auf bestimmte Zeit suspendirt a). Sie sind entweder allgemeine oder partiale b). Jene werden zwischen den kriegführenden Staaten überhaupt, und in Hinsicht auf alle Arten von Feindseligkeiten geschlossen (trêves im engern Sinn). Diese werden errichtet in Absicht auf einen Theil der Feindseligkeiten (armistices im engern Sinn), zuweilen nur für einen bestimm - ten Bezirk; es sey nun zwischen den beider - seitigen Souverainen, oder ihren Heerführern in Ansehung des ihnen untergebenen Theils der Kriegsmacht, und mit Einschränkung auf die Grenzen ihrer Amtsgewalt oder Vollmacht c). Die Zeitbestimmung ist, so viel den Anfang be - trifft, jedesmal genau; nicht so in Hinsicht auf das Ende, welches zuweilen auf einseitige Auf - kündigung und den Ablauf eines hierauf folgen - den Zeitraums gesetzt ist.
447a)Jo. Strauch dissertationes V de induciis bellicis cum aliis. Viteb. 1688. 4. u. in s. Dissert. acad., n. 5. Vattel, liv. III, ch. 16, §. 233. sqq. Moser’s Versuch, X. 2. 1 ff. v. Om - pteda’s Lit. II. 648 f. v. Kamptz neue Lit., §. 301.
a)b)Beispiele von beiden Arten, in Moser’s Versuch, X. 2. 9 ff. 21 ff. 475, u. in de Martens recueil, IV. 571. VII. 141. 172. 174. 177. 390. 396. 401. 410. 414. 425. 528. 532. 536. u. in dem Supplém. V. 582 sq. 703. 716. — Von stillschweigend geschlossenen WaffenstillstandVerträgen, s. de Steck obss. subsec. n. 39.
b)c)Ob und wie fern Ratification des Souverains, oder des Ober - befehlhabers, nöthig ist? Moser’s Versuch, X. 2. 5 f. Vattel a. a. O. §. 237. De Martens recueil, IV. 571.
c)§. 278. Fortsetzung.
Nach einer Schlacht und bei Belagerungen, wird zuweilen nur auf wenige Stunden Waffen - stillstand gemacht a) (suspension ou cessation d’armes). Wird der Waffenstillstand auf eine Reihe von Jahren geschlossen b), so unterschei - det sich die dadurch bewirkte Waffenruhe von dem eigentlichen Friedensstand nur darin, daſs nach dessen Ablauf jeder Theil, aus der vorigen Kriegsursache, die Feindseligkeiten sofort erneuern kann. Während der vertragmäsigen Waffenruhe, müssen nicht nur die bestimmten Feindseligkei - ten unterbleiben, sondern es darf auch diese nicht zu Unternehmungen benutzt werden, wel - che dem Zweck des Waffenstillstandes zuwider - laufen c). Ausserdem ist der andere Theil berechtigt zu augenblicklicher Erneuerung der Feindseligkeiten. In einem allgemeinen Waffen -448stillstand, sind auch die Alliirten der kriegfüh - renden Mächte begriffen d).
a)Moser’s Versuch, X. 2. 3 ff. IX. 2. 82. 140. De Martens recueil, VII. 396.
a)b)Der spanisch-niederländische von 1609 auf zwölf, der öst - reichisch-französisch-spanische von 1684 auf zwanzig Jahre. — Die osmanische Pforte glaubte ehehin, nach Grundsätzen des Islamismus, mit christlichen Mächten nur Waffenstill - stand schliessen zu dürfen. So der belgrader mit Oestreich, von 1739, auf sieben und zwanzig Jahre. Aber in der neuern Zeit schlieſst sie Frieden auch für beständig, wie die Friedensschlüsse zu Belgrad mit Ruſsland 1739, von Kai - nardschi 1774, Szistowe 1791, Jassy 1792, Bucharest 1812. Moser’s Versuch, X. 2. 39 ff. v. Steck von den Friedens - schlüssen der osmanischen Pforte; in dessen Versuchen (von 1772), Num. 9.
b)c)Vattel a. a. O. §. 245. sqq.
c)d)De Steck essais sur divers sujets de politique et de juris - prudence, n° 3.
d)II. CAPITEL. RECHT DER NEUTRALITÄT.
§. 279. Neutralität. Ihr Begriff und Umfang.
Neutral (medius in bello, neutre) heiſst, wer keinem der kriegführenden Theile in dem Krieg Beistand leistet. Der, in dem Verhältniſs zu diesen, hieraus für ihn entspringende Zu - stand, wird Neutralität genannt a). Vermöge seiner natürlichen Freiheit, kann jeder Staat, bei Kriegen anderer Staaten, selbst dann wenn449er von einer der kriegführenden Mächte eine Rechtsverletzung erlitten hätte b), das Recht der Neutralität behaupten c), so fern er nicht durch Vertrag zu Theilnahme an dem Krieg verpflich - tet ist, wie in dem Fall eines Kriegsbündnisses, oder als Mitglied eines StaatenSystems d), oder eines zusammengesetzten Staates e). Aber auch hier ist die Verpflichtung zur Theilnahme zu verstehen nur von gerechten Kriegen, oder von solchen, welche man im Zweifel dafür halten muſs (§. 237 u. 268 f.).
a)Abhandl. von der Neutralität u. Hülfeleistung in Kriegszeiten, 1758. 4. Jo. Bartoldi diss. de jure et officiis corum qui neutras partes in bello tenent. Traj. ad Rhen. 1764. 4. Henr. Hoeufft diss. de jure et officio quiescendi in bello. Lugd. Bat. 1768. 4., auch in Gerh. Oelrichs collect. diss. juris nat. et gent. n. 3. p. 167. sqq. J. Cph. Muhrbeck diss. de jure neutralium in bello Gryhisw. 1771. 4. Jo. Frid. Schmidlin diss. de juribus e obligationibus gentium mediarum in bello. Stuttg. 1779. 4. (Galiani) De’ doveri de’ principi neutrali verso i principi guerregianti, e di questi verso i neutrali. Libri due. Na - poli 1782. 4. Teutsch unter dem Titel: Das Recht der Neu - tralität; aus dem Italiänischen, mit Anmerk. v. C. A. Cäsar. Leipz. 1790. Th. I. II. 8. A. Hennings Abh. über die Neu - tralität und ihre Rechte, insonderheit bei einem Seekriege. Altona 1784. 8., und in dessen Sammlung der Staatsschrif - ten, die während des Seekriegs 1776 — 1783 bekannt ge - macht worden, Bd. I (Altona 1784. 8.). J. A. Stalpf über einige Rechte und Verbindlichkeiten neutraler Nationen in Zeiten des Kriegs. Wirzb. 1791. 8. Bynkershoek quaest. jur. publ. lib. I. c. 8. — 15. Moser’s Versuch, X. 1. 147 ff. Encyclopédie méthodique; Diplomatique, II. 423. v. Om - pteda’s Lit. II. 651 ff. v. Kamptz neue Lit., §. 315.
a)b)Hoeufft diss. cit. §. 7. et 13.
b)c)Hoeufft diss. cit. §. 5. sqq. 13. et 67. sqq. Stalpf a. a. O. §. 3 ff. Schmalz europ. Völkerrecht, S. 278 ff.
c)450e)(Fabricius) Ueber die Neutralität der teutschen Reichsstände in Reichskriegen. 1793. 8. Hoeufft diss. cit. §. 15. sqq.
e)§. 280. Natürliche und vertragmäsige, freiwillige und obligatorische Neutralität.
Das Recht eines Staates zu Neutralität, ist zwar, vermöge seiner politischen Selbstständig - keit, schon in seinen natürlichen Verhältnissen zu andern Staaten gegründet (natürliche Neutra - lität, neutralité naturelle ou simple). Es kann aber auch noch ausserdem durch Verträge (§. 149), einseitig oder gegenseitig, vor und in dem Krieg, bedungen seyn a), entweder zwi - schen dritten nichtkriegführenden Mächten, oder zwischen einer oder mehreren kriegführenden, und einer oder mehreren nichtkriegführenden Mächten (vertragmäsige Neutralität, neutralité conventionnelle). Es kann eine Macht bei ei - nem Krieg unter andern Mächten freiwillig neu - tral bleiben (freiwillige Neutralität, neutralité volontaire); es kann aber auch dieselbe, nach eigener Willkühr b), gegen einen oder beide kriegführende Theile, oder auch gegen eine dritte Macht, sich vertragmäsig verpflichtet haben zu Beobachtung der Neutralität (obligatorische Neu - tralität, neutralité obligatoire). In allen diesen Fällen, ergehen oft nicht nur eigene Erklärun - gen an andere Mächte, sondern auch Verord - nungen an die Unterthanen, über die neutrale Schiffahrt und Handlung während des Kriegs c).
451a)Beispiele von eigenen NeutralitätsConventionen, in Moser’s Versuch, X, 1. 157 — 209. De Martens recueil, Supplé - ment, I. 216. Schmidlin l. c. §. 62. — Die Stadt Cracau ward für frei, unabhängig, und streng neutral erklärt, in dem von Oestreich, Ruſsland und Preussen zu Wien am 3. Mai (21. Apr.) 1815 geschlossenen AdditionalVertrag; in Klüber’s Acten des wiener Congresses, Bd. V, S. 138 ff., Bd. VI, S. 22. — Eben so ward auf dem wiener Congreſs eine immerwährende Neutralität der Schweiz festgesetzt und garantirt. Klüber’s angef. Acten, Bd. V, S. 318, u. Bd. VI, S. 181. Vergl. den Acte final du congrès de Vienne, art. 84 et 92; ebendas. Bd. VI, S. 76 u. 78; und die Acte, wodurch diese Neutralität der Schweiz von den verbündeten Mächten anerkannt ward, datirt Paris den 20. Nov. 1815, in v. Mar - tens recueil, Supplém. VI. 740. VIII. 186. 189.
a)b)Galiani a. a. O., B. I, Cap. 4, §. 4. Moser a. a. O. S. 154 f. Hoeufft diss. cit. §. 71.
b)c)Beispiele von NeutralitätsVerordnungen in de Martens re - cueil, IV. 204. 216. 240. V. 234. 278. VII. 140. Schmidlin l. c. §. 63 — 65. Oestreichische von 1803, in d. Politischen Journal, 1803, S. 879.
c)§. 281. Vollständige und unvollständige, allgemeine und partiale.
Die Neutralität, sowohl die freiwillige als auch die obligatorische, kann vollständig a) seyn, oder unvollständig (plena vel minus ple - na). Bei der ersten beobachtet der neutrale Staat gegen die kriegführenden Theile, in Hin - sicht auf die Kriegsverhältnisse, ein durchgängig gleiches Benehmen. In solchem Fall ist er be - rechtigt, von jedem derselben gleiche, volle Achtung und Anerkennung seiner Neutralität zu fordern; eine beschränkte nur, bei unvollstän - diger Neutralität. Das letzte ist der Fall, wenn452er durch frühere Verträge (§. 268 f.) einer der beiden kriegführenden Mächte zu Leistung be - stimmter partialer Kriegshülfe verpflichtet ist, z. B. zu Sendung eines HülfCorps, zu Stellung einer Anzahl SubsidienTruppen oder Schiffe, zu Bezahlung von SubsidienGeldern, zu Einräumung eines festen Platzes, oder eines Hafens, des Durchmarsches, der Werbung, Lieferung von Kriegsbedürfnissen, u. d. b). — Allgemein ist die Neutralität, wenn sie auf alle Theile des Staatsgebietes, auch auf die ganze offene See, sich erstreckt; partial, wenn sie nur auf einen Theil des Staatsgebietes, oder des Weltmeeres, oder bloſs auf die offene See und nicht auf das Land - und Seegebiet, oder umgekehrt, sich ein - schränkt.
a)Man s. z. B. die NeutralitätsManifeste der schweizerischen Eidgenossenschaft, vom 18. u. 20. Nov. 1813; in der Gazette de Francfort, 1813, n° 332.
a)b)Schmidlin diss. cit. §. 9. 10. 11. sqq.
b)c)NeutralitätsConvention v. 1733, wegen der östreichischen Niederlande. Büsch Welthändel, S. 308 (4. Ausg.). De Mar - tens recueil, Supplément, I. 216. NeutralitätsConvention von 1756, wegen der Festung Königstein, in Moser’s Ver - such, X. 1. 181. Eine solche von 1763, wegen Neutralität der östreichischen Niederlande und der preussischen Staaten in Westphalen, ebendas. S. 199. Noch andere Beispiele, in dem ReichsDeputationsHauptschluſs zu Regensburg v. 1803, §. 25 u. 27. Convention sur l’octroi de navigation du Rhin, du 15 août 1804, art. 131. Klüber’s öffentl. Recht des teut - schen Bundes, §. 481. Partial ist auch die Neutralität, wel - che bisweilen den Fischerbooten der kriegführenden Staaten eingeräumt wird. De Martens recueil, VII. 295. — Vergl. auch Schmidlin l. c. §. 61. Stalff §. 5.
c)453§. 282. Bewaffnete und unbewaffnete, zu Land und zur See.
Jeder Staat ist befugt, nach eigener Will - kühr eine bewaffnete oder unbewaffnete Neu - tralität zu wählen, und in Beziehung auf die erste sogar eigene Bündnisse mit andern Staa - ten, Allianzen der bewaffneten Neutralität, zu schliessen. Bewaffnet ist die Neutralität, wenn der neutrale Staat eine bewaffnete Macht mit dem erklärten Vorsatz aufstellt, daſs er sich derselben, wenn es nöthig, zu Vertheidigung seiner NeutralitätsRechte bedienen wolle. Prac - tisch wichtig ist auch, vorzüglich in der neuern Zeit, die Eintheilung in Neutralität zu Land und zur See a).
a)Von andern Eintheilungen vergl. Moser’s Versuch, X. 1. 150 ff. 157. Jo. Pet. Banniza diss. de neutralitate (Wirceb. 1752. 4. ), §. 3. — 6.
a)§. 283. Pflicht der kriegführenden Mächte gegen die neutralen.
Kriegführende Mächte sind verpflichtet, ei - nen neutralen Staat in dem Genuſs seiner Neu - tralität auf keine Weise zu stören. Sie müssen daher sich aller Feindseligkeiten nicht nur ge - gen denselben, sondern auch in dessen Gebiet (in territorio pacato, h. e. gentis mediae) gegen einander, gänzlich enthalten. Eine Ausnahme hievon, begründet weder die persönliche Freund - schaft oder Verwandschaft des neutralen Sou -454verains mit einem der kriegführenden Souverai - ne a), noch der Zufall, daſs der neutrale selbst - ständige Staat mit einem der kriegführenden Staaten dieselbe physische Person zum Regenten hat, mithin in einer Art von persönlicher Ver - bindung (unio civitatum personalis) mit demsel - ben steht b).
a)Stalpf a. a. O. §. 6.
a)b)Moser’s Versuch, X. 1. 154 f. Büsch Welthändel, S. 308. E. F. Hagemeister de l’intérêt qu’a la Pomeranie suédoise d’être une partie de l’Empire d’Allemagne lorsqu’il survient une guerre entre la Suède et une puissance étrangêre. (à Leipsig 1790. 8. ), ch. 1. Klüber’s kl. jurist. Bibliothek, St. XVII, S. 41. — Von der realen Verbindung zweier Staaten, s. Galiani a. a. O. B. I. Cap. 4.
b)§. 284. Pflicht der neutralen Staaten gegen die kriegführenden.
Ein neutraler Staat, ist weder Richter noch Partei. Verpflichtet ist er, nicht nur sich und seinen Unterthanen keine Handlung zu erlau - ben, deren Zweck Begünstigung oder Unter - stützung einer der kriegführenden Mächte in ihren Kriegsunternehmungen wäre a), sondern auch von keiner der kriegführenden Mächte eine Verletzung der Neutralität zu leiden. Verletzung der vollständigen (§. 281) Neutralität, von sei - ner Seite, wäre demnach nicht nur jede Art von Kriegshülfe b) (§. 268 — 272), oder Gestat - tung derselben für seine Unterthanen, nament - lich daſs diese einer kriegführenden Macht alsCaper455Caper dienen c), sondern auch jede willkühr - liche d) Zulassung, daſs einer e) der krieg - führenden Theile zu dem Zweck der Feind - seligkeiten unmittelbaren Gebrauch von seinem Land - und Seegebiet mache f). In dem Fall einer solchen Verletzung der Neutralität, wäre der andere kriegführende Theil berechtigt, so - wohl zu Selbsthülfe gegen den neutralen Staat, als auch zu Verfolgung des in dem neutralen Gebiet Schutz und Unterstützung findenden Fein - des. Bei unvollständiger Neutralität (§. 281), darf der neutrale Staat die vor dem Krieg einer der kriegführenden Mächte versprochene Kriegs - hülfe nicht über die vertragmäsigen Grenzen er - strecken. Ausserdem macht er sich des Rech - tes der beschränkten Anerkennung seiner Neu - tralität verlustig g).
a)Schmidlin diss. cit. §. 7. 8. 29. 30. Moser’s Versuch, X. 1. 213 ff. — Worte der Weisheit, in der dänischen Antwort an Groſsbritannien, v. 1793, in de Martens recueil, V. 246 f.
a)b)Schmidlin diss. cit. §. 15. — 27.
b)c)Welches in den NeutralitätsGesetzen meist ausdrücklich ver - boten wird. Vergl. §. 280, Note b.
c)d)Dieses ist nicht der Fall, bei einer unvollständigen Neu - tralität, welche auf frühere Verträge mit einem der krieg - führenden Staaten sich gründet (§. 281). Auch nicht, wenn einer der kriegführenden Theile, durch Ausübung des Noth - rechtes, Gebrauch gemacht hätte von dem neutralen Ge - biet.
d)e)Anders, wenn der neutrale Staat beiden kriegführenden Thei - len gleichen Gebrauch von seinem Gebiet gestattet, z. B. den Durchmarsch. Galiani a. a. O. B. I. Cap. 8. §. 4 — 6.
e)Klüber’s Europ. Völkerr. II. 30456f)Z. B. zu TruppenSammlung, Werbung, Rüstung, Durch - marsch, Zuflucht. J. L. E. Püttmann diss. de jure recipiendi hostes alienos. Lips. 1778. 4. u. in s. Sylloge varior. opuscu - lor. Lips. 1786. 8. Schmidlin l. c. §. 28. 60. Stalpf §. 13.
f)g)Schmidlin diss. cit. §. 11.
g)§. 285. Rechte neutraler Staaten gegen die kriegführenden: 1) in neutralem Gebiet.
Bei vollständiger Neutralität, ist ein neu - traler Staat berechtigt, von den kriegführenden Mächten, im nöthigen Fall sogar mit Gewalt, zu fordern, daſs jede derselben sich von allem Gebrauch des neutralen Gebietes zu dem Kriegs - zweck enthalte; daſs sie Waffen, Munition, Le - bensmittel, und andere unmittelbare Kriegsbe - dürfnisse, für ihre Kriegsmacht aus demselben nicht beziehe; daſs sie darin keine Art von Kriegsrüstung, durch Werbung, TruppenSamm - lung, bewaffneten oder unbewaffneten Durch - marsch a) u. d. vornehme; daſs sie darin keine Art von Gewaltthätigkeit gegen die Person oder Güter der Unterthanen des feindlichen Staates ausübe b); daſs sie dasselbe weder ganz noch zum Theil mit Truppen besetze c), oder zum Schauplatz des Kriegs mache; daſs sie in dem Fall eines eigenmächtigen Nothgebrauchs dessel - ben, vollständige Genugthuung leiste d). Der Verkauf rechtmäsiger Beute in neutralem Ge - biet, wird für unerlaubt nicht gehalten e); es ist aber solcher durch NeutralitätsVerträge oder457Verordnungen zuweilen untersagt, oder einge - schränkt f). — Hat der neutrale Staat, bei unvollständiger Neutralität (§. 281), einer krieg - führenden Macht ein HülfCorps gesendet, so kann dieses auch in das neutrale Gebiet seines Souverains von den Truppen der andern krieg - führenden Macht verfolgt werden g).
a)Moser’s Versuch, X. 1. 218. 238 — 311. Stalpf §. 10 f. Preussische Note vom 14. Oct. 1805, in Beziehung auf den Durchmarsch des französischen bernadottischen Corps durch das Fürstenthum Ansbach. Politisches Journal, Oct. 1805, S. 1058.
a)b)Oft ausdrücklich festgesetzt, nicht nur in eigenen Neutra - litätsVerordnungen der neutralen Staaten, sondern auch in Verträgen. Bynkershoek l. c. lib. I. c. 8. D’Abreu traité sur les prises maritimes P. I. ch. 5. §. 10. — 14. Hubner de la saisie des bâtimens neutres, II. 160. Bouchaud des traités de commerce, p. 283. et suiv. Schmidlin diss. cit. §. 55. — 58. — In jenen Verordnungen und Verträgen, selbst mit den Barbaresquen, ist oft festgesetzt, daſs ein Kriegs - fahrzeug, welches in neutralem Seegebiet vor Anker liegt, z. B. vor dem Hafendamm oder auf der Rhede (au môle ou dans la rade), und ein Signal wegen Ankunft eines Schif - fes machen sieht, die Anker nicht lichten dürfe, um demsel - ben entgegen zu fahren, daſs wenn daselbst Kriegsfahrzeuge oder Handelsschiffe zweier kriegführenden Mächte vor Anker liegen, und ein Schiff der einen unter Segel gegangen ist, ein Schiff der andern eher nicht, als nach einem bestimmten Zeitraum, meist 24 Stunden, absegeln dürfe. Beispiele von Verordnungen, in Moser’s Versuch, X. 1. 159 f. 311. De Mar - tens recueil, IV. 204. 216. 233. 240. 244. 254. V. 234. 278. Verträge in Wenck’s cod. jur. gent. II. 573. 583.
b)c)Moser’s Beyträge zu dem europ. Völkerrecht in Kriegszei - ten, II. 48 — 58. Stalpf §. 12.
c)d)Schmidlin diss. cit. §. 47. — 52. Vattel, liv. III, ch. 7, §. 22. — Beurtheilung des brittischen Angriffs auf Copen - hagen, vom 7. Sept. 1807, in dem Polit. Journal 1809, März, S. 245 ff.
d)458e)Bynkershoek l. c. lib. I. c. 15.
e)f)De Martens recueil, IV. 295. VII. 140. Moniteur univer - sel, 1793. n. 265.
f)g)Moser’s Grundsätze des europ. Völkerr. in Kriegszeiten, Buch III, Cap. 3, §. 8 — 12. Schmidlin diss. cit. §. 11. n. 3.
g)§. 286. 2) in feindlichem Gebiet.
In feindlichem Gebiet, darf ein kriegfüh - render Staat die Unterthanen des neutralen Staa - tes, in Absicht auf ihre Personen und beweg - lichen Güter, nicht feindlich behandeln a), so fern sie nicht zugleich daselbst als beständige Unterthanen des feindlichen Staates zu betrach - ten sind, oder an dessen Feindseligkeiten Theil nehmen. Namentlich gilt dieses von ihren da - selbst befindlichen Schiffen. Auf diese darf dort, ohne dringende Noth, weder der Feind noch der einheimische Staat b) Beschlag (Embargo) legen, noch sie, wäre es auch gegen Vergütung, zu eigenem Gebrauch verwenden. In dem Fall eines eigenmächtigen Nothgebrauchs der Person oder beweglichen Güter der Unterthanen neu - traler Staaten, von Seite einer kriegführenden Macht, muſs vollständige Genugthuung geleistet werden c). Unbewegliche Besitzungen der Un - terthanen des neutralen Staates in dem Gebiet eines kriegführenden Staates, sind als Bestand - theile desselben der Kriegslast unterworfen d). Diese Grundsätze gelten auch von beweglichen und unbeweglichen unmittelbaren Besitzungen459des neutralen Staates, in dem Gebiet einer krieg - führenden Macht.
a)Vattel, liv. III, ch. 5, §. 75. Schmidlin diss. cit. §. 29. sqq Stalpf §. 14.
a)b)In Absicht auf diesen, ist in vielen neuern Handelsverträgen der angeführte Grundsatz ausdrücklich enthalten. Verträge der Vereinigten Niederlande mit Spanien, von 1714, §. 21, u. mit dem Königr. beider Sicilien v. 1753, §. 18; desgl. Preussens Vertr. mit den Verein. Staaten v. NordAmerika v. 1785, §. 16. Schmidlin diss. cit. §. 53. De Martens recueil, III. 14. Ausserdem ist sehr gewöhnlich, bei Aus - bruch eines Kriegs neutrale Handelsschiffe in Beschlag, und gegen Bezahlung in eigenen Dienst zu nehmen. De Steck essais sur divers sujets (1794), n. 1 — 3. Galiani, Bd. I, Cap. 10. De Real, science du gouvernement, V. 536. Hubner l. c. II. 142.
b)c)Schmidlin l. c. §. 53.
c)d)Vattel l. c. §. 76. Schmidlin l. c. §. 31.
d)§. 287. 3) in Ansehung des Handels. Nach natürlichem Völkerrecht.
Ein höchst wichtiger Gegenstand ist der Handel neutraler Staaten während eines Kriegs überhaupt, mit kriegführenden Staaten insbeson - dere a). Eine kriegführende Macht ist berech - tigt, ihren Unterthanen und den Einwohnern des in ihrer Gewalt befindlichen feindlichen Gebietes den Handel zu untersagen, nicht nur mit dem feindlichen Staat, sondern auch mit neutralen Staaten. Aber nicht befugt ist sie, in der Regel, von einem neutralen Staat mit Zwang zu for - dern, daſs derselbe sich des Handels mit ihrem460Feind enthalte; denn durch das gegenseitige feind - liche Verhältniſs zweier Staaten, werden Rechte eines Dritten, also auch das dem neutralen Staat zustehende Recht des freien Handelsverkehrs, nicht vernichtet. Das natürliche Völkerrecht begreift unter dieser Regel auch die Zufuhr unmittel - barer Kriegsbedürfnisse für den Feind, so fern dabei nicht die Absicht ist, dessen Feindselig - keiten wider seinen Gegner zu unterstützen und zu begünstigen.
a)Jo. Jul. Surland diss. de jure commerciorum in bello. Goett. 1748. 4. Ploos van Amstel diss. de jure commer - cii, quod gentibus in bello mediis competit. Lugd. Bat. 1759. 4. H. Hanker’s Rechte und Freyheiten des Han - dels der Völker unter einander (Hamb. 1782. 8. ), §. 22 — 29, S. 67 — 95. Jo. Mar. Lampredi del commercio dei popoli neutrali in tempo di guerra. Firenze 1788. T. I. II. 8. Teutsch: J. M. Lampredi über den Handel neutraler Völker in Kriegszeiten. Leipz. Th. I. 1790. 8. Französisch: Du commerce des neutres du tems de guerre, par M. Lampre - di, traduit de l’Italien par Peuchet. à Paris 1802. 8. Es - sais sur divers sujets relatifs à la navigation et au commerce pendant la guerre; par M. de Steck. à Berlin 1794. 8. Canut Henr. L. B. de Bonde (Sueci) specimen de libero commercio nationum belli haud sociarum. Lips. 1802. v. Om - pteda’s Lit. II. 598. — Von Handelsverträgen oben, §. 152.
a)§. 288. Nach dem europäischen Völkerrecht. KriegsContrebande.
Der europäische Völkergebrauch, gestattet den Handel neutraler Staaten mit kriegführen - den. Nur in Ansehung unmittelbarer Kriegs - bedürfnisse und bloquirter Orte, setzt er dem - selben gewisse Schranken a). Er untersagt nicht461den Verkauf unmittelbarer Kriegsbedürfnisse an eine feindliche Macht oder deren Unterthanen, wenn diese in neutralem Gebiet den Einkauf und die Ausfuhr vornehmen b). Hingegen be - trachtet derselbe die Zufuhr jener Bedürfnisse, von Seite eines neutralen Staates oder dessen Unterthanen, an eine kriegführende Macht, als eine Verletzung der Neutralität. Er belegt da - her die unmittelbaren Kriegsbedürfnisse, so fern sie von neutralen Mächten oder deren Unter - thanen einer kriegführenden Macht zugeführt werden, mit dem Namen KriegsContrebande (contrebande de guerre). Hierunter versteht man, im Allgemeinen, Waffen, Harnische, und KriegsMunition (les armes, les harnais, et les munitions de guerre), doch mit Ausschluſs der SchiffMunition oder SchiffbauMaterialien c) (mu - nitions navales). Die nähere Bestimmung der einzelnen dahin gehörigen Waaren, ist in zwei - felhaften Fällen aus den hierüber vorhandenen Verträgen d) zu nehmen. In deren Erman - gelung, streitet die Rechtsvermuthung für die Anwendbarkeit des natürlichen Völkerrechtes, für die natürliche Freiheit des Handels, also dafür, daſs die Waare als KriegsContrebande nicht zu betrachten sey e).
a)Schmidlin diss. cit. §. 43. sqq. Stalpf §. 15 ff.
a)b)Lampredi I. 53. Anders Galiani Cap. 9. §. 4. — Schon das römische und canonische Recht, päpstliche Verordnungen (bei Strafe des Kirchenbannes), das Consolato del mare, die462Seegesetze von Oleron und Wisby (§. 292), und der Hanse - städte, verboten die Zufuhr der Waffen an feindliche Mäch - te. v. Martens Einl. in d. europ. Völkerrecht, §. 313, Note b.
b)c)Auch diese will Groſsbritannien im Zweifel zu der Kriegs - Contrebande gerechnet wissen. Es begreift darunter Alles, was zu Erbauung und Ausrüstung der Schiffe dient. Mé - moire sur les principes et les lois de la neutralité maritime (Paris 1812. 8. ), p. 7. In dem Handelsvertrag zwischen England u. Nordamerika v. 19. Nov. 1794, Art. 18, wur - den die SchiffbauMaterialien ausdrücklich zu der KriegsCon - trebande gerechnet. Dasselbe geschieht in dem englisch - dänischen Vertrag v. 4. Jul. 1780. De Martens recueil, II. 102.
c)d)Verzeichnisse der als KriegsContrebande zu betrachtenden Waaren, in dem französisch-nordamerikanischen Handels - vertrag v. 1778, Art. 24, in dem französisch-englischen Handelsvertrag v. 1786, Art. 22 f., in dem russisch-tür - kischen Handelsvertrag v. 1783, Art. 40, in dem russisch - englischen von 1766, in dem russisch-portugiesischen von 1798, in dem russisch-dänischen Vertrag von 1800 über die bewaffnete Neutralität, in dem preussisch-dänischen Han - delsvertrag v. 1818, Art. 21, und in andern Verträgen, in de Martens recueil, I. 141. VI. 369. sq. VII. 267, Supplément, II. 392. 401. 408. 477. in v. Steck’s angef. Essais, p. 127. sqq. Moser’s Versuch, VII. 588. Kluit hist. federum Belgii federati, I. 47. 243. 247. 257. 259. 260. 304. 306. 312. 315. II. 372. 423. 426 — 429. Flassan hist. de la diplomatie franç. III. 423. Schmauss corp. juris gent. II. 1618. 2307. In dieser letzten Stelle, wer - den auch „ pecunia et commeatus “zu der KriegsContrebande gerechnet. Schweden wollte 1788 auch gemünztes Geld da - hin rechnen, stand aber davon ab. De Martens recueil, VI. 235. sq. Preussens Beschwerden von 1788, gegen rus - sische Schiffe, in d. Niederelb. Magazin, Th. IV. S. 1307. Lampredi, I. 96. — Von Handelsverträgen überhaupt, oben §. 150 ff.
d)e)Einseitige Willenserklärungen kriegführender Mächte, wohl gar verbunden mit Androhung der Confiscation, oder der Wegnahme bestimmter Waaren gegen Vergütung, wären keine gültige Handlungsvorschrift für neutrale Mächte, son -463dern Eingriffe in die Rechte der Neutralität. Ausserdem müſste für KriegsContrebande Alles gelten, was zu nehmen der Mühe lohnt. Man s. aber die groſsbritannische Ver - ordnung vom 8. Jun. 1793, daſs keine Zufuhr von Mund - Provisionen in französische Häfen statt haben solle, in de Martens recueil, V. 264, verglichen mit V. 238, 251. 254. 259. VI. 371. Von diesem AushungerungsSystem, s. auch Büsch Welthändel (4. Aufl. ), S. 582 f. — Es fehlt nicht an Beispielen, daſs kriegführende Mächte, besonders Seemächte, die Neutralen von allem Handel mit ihrem Feind auszuschliessen versucht haben, wie die Vereinigten Nieder - lande zu Anfang des 17. Jahrhunderts, England und Holland 1689, Groſsbritannien und Ruſsland 1793. De Martens re - cueil, V. 238 — 262. Ebendess. Einleit. in d. europ. Völ - kerrecht, §. 316, Note a. Nau’s VölkerSeerecht, §. 158 f. Jacobsen’s practisches Seerecht der Engländer und Franzo - sen, Bd. II, S. 1 ff. Auch Frankreich stellte einst ähnliche Grundsätze auf. Jacorsen, II. 80 ff. In der neuern Zeit haben hauptsächlich die nordischen Mächte sich solchen Be - hauptungen widersetzt. Mehr aus der neuern Zeit, kommt unten vor, bei dem Seehandel.
e)§. 289. Rechte der einen kriegführenden Macht, in Absicht auf die der andern von Neutralen zugeführten Waaren.
Die Verfahrungsweise, wozu in Europa eine kriegführende Macht in Ansehung der von Neutralen ihrem Feind zugeführten Waaren be - rechtigt ist, oder sich für berechtigt hält, rich - tet sich, in der Regel, nach folgenden Grund - sätzen. 1) Zu vermuthen ist jederzeit, daſs von Neutralen den kriegführenden Mächten kei - ne KriegsContrebande zugeführt werde. Deſs - wegen, und wegen der politischen Unabhän - gigkeit neutraler Staaten, ist eine kriegführende Macht ohne Verträge nicht berechtigt, Durch -464suchung (Visitation) neutraler TransportWagen oder Fahrzeuge zu begehren. Sie muſs sich begnügen mit dem Beweis, daſs der Transport von Neutralen geschehe a). 2) Für KriegsCon - trebande nicht geachtete Waaren, welche von Neutralen der einen kriegführenden Macht, nach nicht bloquirten, berennten, oder belagerten Orten, zu Wasser oder zu Lande zugeführt werden, muſs die andere ungehindert passiren lassen b). Nur bei eigener dringender Noth, kann sie dieselben, gegen vollständige Bezah - lung, sich zueignen c). 3) Kommt KriegsCon - trebande, welche ein neutraler Staat oder des - sen Unterthanen der einen kriegführenden Macht zuführen wollen, in die Gewalt der andern, so ist diese im Zweifel bloſs berechtigt, solche ent - weder gegen Bezahlung sich zuzueignen d), oder zurückzuweisen, gegen Sicherheitleistung, daſs weder sie noch andere KriegsContrebande dem Feind solle zugeführt werden. Unstatthaft ist daher, in der Regel, die Confiscation der KriegsContrebande, noch mehr aber die Con - fiscation der dabei befindlichen erlaubten Waa - ren, und der TransportMittel e), z. B. der Pferde und Wagen, des Fahrzeugs, u. d.
a)Anerkannt ist dieser Grundsatz in dem preussisch-nord - amerikanischen HandelsTractat v. 1785, Art. 14 u. 15, in de Martens recueil, II. 572. 573.
a)b)De Martens recueil, Supplément, II. 477. art. 3. n. 2. Schmidlin diss. cit. §. 33. — 43.
b)c)Grotius lib. III. c. 17. §. 1. sq. Schmidlin diss. cit. §. 47. sq.
c)465d)Gleichfalls anerkannt in dem angef. preussisch-nordamerika - nischen Handelsvertrag, Art. 13.
d)e)J. G. Heineccius diss. de navibus ob vecturam vetitarum mercium commissis (Hal. 1721. 4. u. in s. Sylloge opuscu - lor. n. 8.), cap. 2. §. 3. sqq.
e)§. 290. Fortsetzung.
4) Doch ist jetzt in den meisten Handels - verträgen bedungen a), daſs die KriegsContre - bande confiscirt werden dürfe, nicht aber die übrige Ladung b), auch nicht Wagen und Zug - vieh, oder Fahrzeug. Nur in manchen Ver - trägen ist festgesetzt, daſs in gewissen Fällen auch die übrige Ladung c), wohl gar nebst dem TransportMittel, confiscirt werden dürfe. 5) Ausser dem Fall solcher Verträge, fehlt es noch an einem gleichförmigen Gebrauch der eu - ropäischen Mächte. Politik und Uebermacht walten häufig vor. KriegsContrebande wird oft confiscirt, andere Waare aber gegen Bezahlung weggenommen.
a)Vergl. überhaupt davon, Bouchaud théorie des traités de commerce, ch. 12, die angef. Essais von Steck, und An Essay on Contraband, by Robert Ward Esq. Lond. 1801. 8. Englisch-nordamerikanischer Handelsvertrag v. 1794, Art. 17.
a)b)Verschiedene Verordnungen französischer Könige, z. B. von 1543, 1569, 1584, unterwarfen der Confiscation auch die übrige Ladung, nach dem Sprichwort: la robe de l’ennemi confisque celle de l’ami (das italiänische Wort Roba bedeutet Waare, Eigenthum, u. d.). Du Mont corps diplomatique, T. VI, P. 2, p. 103. Lamberty mémoires, T. III. p. 676. Schmauss C. J. G. p. 1619. Heineccius diss. cit. c. 2. §. 7. — Manche haben behauptet, die übrige Ladung sey dann466zu confisciren, wenn der grössere Theil der Ladung Kriegs - Contrebande sey. Man s. aber Bouchaud, p. 352.
b)c)Zu Gefangenen können gemacht werden, die in wirklichem Kriegsdienst befindlichen Kriegsleute der feindlichen Macht, nach dem preussisch-nordamerikanischen Handelsvertrag v. 1785, Art. 12; auch Recruten, nach dem französisch-hol - ländischen Vertrag v. 1646, und dem französisch-englischen v. 1655. Lampredi, I. 104. not. l.
c)§. 291. Seehandel der Neutralen.
In Hinsicht auf den Seehandel der Neutra - len mit kriegführenden Mächten, stellen sich nach den Verträgen, Gebräuchen, und Behaup - tungen der europäischen Staaten, verschiedene Eigenheiten dar. Schon oft haben diese Anlaſs gegeben zu diplomatischen und gelehrten Er - örterungen a). Die Seemächte selbst sind in ihren Grundsätzen sich nicht immer gleich ge - blieben, namentlich in Absicht auf den Handel der Neutralen mit ihren Colonien in Kriegszei - ten b).
a)Schriften von dem Recht des Seehandels der Neutralen, ausser den oben §. 279 und 287 angeführten, von Surland, Galiani, Lampredi, Bouchaud, v. Steck, Bonde, Hennings, und dem §. 261 angeführten Abreu: Sam. Colliander de jure principum belligerantium merces et navigia neutralium vel pacatarum gentium intercipiendi. Upsal. Sect. I. 1787. Sect. II. 1791. 4. Mart. Hubner de la saisie des bâtimens neutres. à la Haye 1759. T. I et II. 8. Teutsch 1789. C. G. Schmidt (vielmehr J. G. Sammet) diss. de neutralium obligatione et captura navium neutralium. Lips. 1764. 4. und in Sammet’s Opusc. p. 269; auch teutsch, in der Samm - lung jurist. Abhandlungen, das teutsche Staatsr. betr., Num. I. Frid. Behmer observations du droit de la nature et des gens467touchant la capture et la détention des vaisseaux et effets neutres en tems de guerre. Hamb. 1771. 8. und lateinisch in dessen Nov. jus controversum, T. I. obs. 1. p. 1. — 130. Indication des ouvrages et pièces de législation, relativement à la saisie des bâtimens neutres, par Mr. Groult. à Paris 1780. 8. La liberté de la navigation et du commerce des nations neutres pendant la guerre, considérée selon le droit des gens universel, celui de l’Europe, et des traités. à Londres et Amsterd. (à Giessen) 1780. 8. Auch teutsch: Die Freiheit der Schiffahrt und Handlung neutraler Völker im Kriege. Leipz. 1780. 8. Frid. Franc. Lud. Pestel diss. selecta capita juris gentium maritimi. Lugd Bat. 1786. 4. rec. ibid. 1789. 8. Le droit des gens maritime, par J. G. Büsch. à Hambourg et à Paris 1796. 8. Auch teutsch: J. G. Büsch VölkerSeerecht. Hamb. und Altona 1801. 8. Arnould systême maritime et politique des Européens pendant le 18me siècle, fondé sur leurs traités de paix, de commerce, et de navigation. Paris, an V (1797). 8. Uebersetzt in das Teut - sche, von Dominicus, zu Erfurt 1798. 8., und in das Spa - nische, 1798. Cornel. Vollenhoven diss. de juribus atque officiis gentium in bello mediarum circa navigationem et mercaturam. Amstelod. 1798. 4. Berryere’s Darstellung der Rechte der Neutralität, in besonderer Beziehung auf die dänische Schiffahrt; eine Vertheidigung gegen die Eingriffe und Behauptungen der französischen Caper. Aus dem Fran - zösischen. Altona 1798. 8. J. Mumsen diss. de navibus populorum belli tempore mediorum non capiendis. Lips. 1799. 4. J. G. Büsch über das Bestreben der Völker neuerer Zeit, einander in ihrem Seehandel recht wehe zu thun[.]Hamb. 1800. 8. (Ist eine umgearbeitete Auflage seines Buchs: Ueber die Zerrüttung des Seehandels. Hamb. 1793. 8.) A Treatise on the relative rights and duties of belligerant and neutral powers in maritime affairs, in which the principles of armed neutralities and the opinions of Hübner and Schle - gel are fully discuted. By Robert Ward Esq. Lond. 1801. 8. J. N. Tetens considérations sur les droits réciproques des puissances belligérantes et des puissances neutres sur mer, avec les principes du droit de guerre en général. à Co - penhague 1805. 8. Erschien früher teutsch unter dem Titel: Betrachtungen über die gegenseitigen Befugnisse der krieg - führenden Mächte und der Neutralen auf der See. Kiel4681802. 8. C. F. v. Schmidt’s Versuch einer Darstellung des dänischen NeutralitätsSystems während des letzten Seekriegs, mit authentischen Belegen und Actenstücken. Kopenhagen 1802 — 1804. Heft I — IV. 8. B. S. Nau’s Grundsätze des VölkerSeerechts. Hamb. 1802. 8. Lud. Holst Versuch einer kritischen Uebersicht der VölkerSeerechte. Hamb. 1802. Bd. I u. II. 8. (Der zweite Band ist noch nicht erschienen.) F. J. Jacobsen’s Handbuch über das practische Seerecht der Engländer und Franzosen, in Hinsicht auf das von ihnen in Kriegszeiten angehaltene neutrale Eigenthum. Hamb. Bd. I. 1803. Bd. II. 1805. 8. D. A. Azuni Sistema universale dei Principii del diritto maritimo dell’ Europa. Firenze T. I. II. 1795. 8. Edit. 2. Trieste, T. I. 1796. T. II. 1797. 8. u. fran - zösisch von J. M. Digeon. Paris im J. VI. 2 Bände in 8. Auch ins Französische übersetzt u. grossentheils umgearbei - tet von dem Verfasser, unter dem Titel: Droit maritime de l’Europe. Paris 1798. T. I. II. 8.) Auch in das Spanische übersetzt von Don Rafael del Rodas. Madrid 1808. 2 Bände in 8. Le droit des gens maritime universel, par Mr. Jouffroy. à Berlin 1806. 8. De la liberté des mers, par Mr. Gérard de Rayneval. à Paris 1811. 8. Auch in das Englische über - setzt 1812, in England und in NordAmerika. Ueber Con - tinentalSystem, VölkerSeerecht, Neutralität zur See, Blokade zur See, Contrebande etc. Leipz. u. Altenb. 1812. 8. Mé - moire sur les principes et les lois de la neutralité maritime, accompagné de pièces officielles justificatives. à Paris 1812. 8. (Aus der kaiserl. Druckerei zu Paris. Das Mémoire füllt die ersten 29 Seiten, und ist wahrscheinlich officiel. Die Beilagen stehen S. 30 — 160. Ein Auszug daraus in d. Jour - nal: der rheinische Bund, Heft LIX, S. 165 ff.) F. J. Ja - cobsen’s Seerecht des Friedens und des Kriegs in Bezug auf die KauffahrteiSchiffahrt. Altona 1815. 8. Ueber Frank - reichs und Englands Betragen gegen die Neutralen; in v. Archenholz Minerva von 1810 und 1811. Kluit hist. federum Belgii federati, II. 430. sqq. F. Saalfeld’s Grundriſs eines Systems des europ. Völkerrechts, §. 185 — 281. v. Om - pteda’s Lit. II. 599. v. Kamptz neue Lit. S. 284 ff. 307. Sammlungen von officiellen Erklärungen, Staatsschriften und Rechtsprüchen der Seegerichte: A. Hennings Sammlung von Staatsschriften, die während des Seekriegs von 1776 bis 1783, sowohl von den kriegführenden, als auch von den469neutralen Mächten öffentlich bekannt gemacht worden sind, in so weit solche die Freiheit des Handels und der Schif - fahrt betreffen. Hamb. 1784. 1785. Bd. I. II. 8. Merkwür - dige Entscheidungen der londner und pariser PrisenGerichte über neutrale, in den letzten Jahren dieses Kriegs aufge - brachte Schiffe. Altona 1802. 8. Acles et mémoires con - cernant les négociations qui ont eu lieu entre la France et les Etats-Unis de l’Amérique depuis 1793 jusqu’à la con - clusion de la convention du 30 sept. 1800 (par A. G. Geb - hardt). a Londres 1807. T. I — III. 8. Auch unter dem Titel: State-Papers relating to the diplomatick transactions etc. Lond. 1816. Das oben angef. ContinentalSystem etc. enthält auf 125 S. die diplomatischen Artikel und Urkunden, seit 1806, nebst Bemerkungen. Das oben angeführte pariser Mémoire sur les principes etc. von 1812, S. 30 — 160, ent - hält ActenStücke von 1654 bis 1807. De Martens recueil, an verschiedenen Orten, z. B. V. 238 ff., und in dem Sup - plément, III. 528 — 557. V. 433 — 549. Ebendess. Erzäh - lungen merkwürdiger Fälle des neuern europ. Völkerrechts. Bd. I u. II. Gött. 1800 u. 1802. 8. Officielle ActenStücke, die CommercialVerhältnisse Frankreichs mit England und den Vereinigten Staaten Amerika’s betr. ; in v. Fahnenberg’s Ma - gazin für die Handlung, Bd. 1, Heft 3 (1810. 8. ), S. 261 — 275, nebst Fortsetzung in den folgenden Bänden.
a)b)Hievon oben, §. 70, Note b.
b)§. 292. Entscheidungsquellen.
Die mehrfachen Streitigkeiten welche über diesen höchstwichtigen Gegenstand noch vorwal - ten, und die vielen widrigen Folgen welche sie nach sich ziehen, erregen den lebhaftesten Wunsch, daſs ein allgemeines SeeGesetzbuch, errichtet durch allseitige Uebereinkunft, Europa beglücken möge a). Weder die Seegesetze der Rhodier, noch die von Oleron und Wisby, noch470das berühmte Consolato del mare b), wurden je allgemein befolgt. Doch galt das letzte an den Küsten des mittelländischen Meeres, in Spa - nien, Italien, und selbst auf den Inseln des Archipels, bis Carl V., Philipp II., Ludwig XIV. und andere europäische Mächte besondere Ge - setze gaben. Besonders seit der Mitte des XVII. Jahrhunderts, haben einzelne Mächte Gesetze und Verordnungen über diesen Gegenstand er - richtet c). Nur in wenigen Verträgen der neuern Zeit, ist völlig freie Handelsschiffahrt der Neu - tralen nach feindlichen Häfen, die bloquirten ausgenommen, festgesetzt d).
a)Einen Entwurf dazu, enthält der Essai sur un Code ma - ritime général européen, pour la conservation de la liberté de la navigation et du commerce des nations neutres en tems de guerre. à Leipsic 1782. 8. u. teutsch: Versuch über ein allgemeines europäisches Seerecht, zu Erhaltung des Seehandels neutraler Völker in Kriegszeiten. Leipz. 1782. 8. (Ist zu betrachten als Fortsetzung und gleichsam als zweiter Theil des bei vorigem §. angef. Werks. La liberté de la navigation etc.)
a)b)Diese Seegesetze findet man beisammen, in der Biblioteca di Gius nautico. Firenze, T. I. II. 1785. 4., und in teut - scher Uebersetzung, in J. A. Engelbrecht’s Corpus juris nautici. Lübeck 1790. 4. — Von dem Consolato del mare, fast in alle europäische Sprachen übersetzt, ist am meisten verbreitet die italiänische Uebersetzung unter dem Titel: II Consolato del mare, colla spiegazione di G. M. Casaregj. Venezia 1734. 4. Neue Ausg. ebendas. 1802. 4. Auch zu Flo - renz, Lucca u. Livorno .... erschienen Abdrücke von dieser. Französische Uebersetzungen haben geliefert, Clairac zu Bour - deaux 1661, und P. B. Boucher 1808 zu Paris, 2 Bände in 8. Zum erstenmal gedruckt, in catalanischer Sprache, erschien es 1494. — Von der Geschichte dieser Seerechte handeln: The history of the Law of Shipping and Navigation, by J. Reewes. Lond. 1792. 8. Origine471Origine et progrès du droit et de législation maritime, par Mr. Azuni. à Paris 1810. 8. — Schriften darüber, u. über die Seegesetze der europäischen Mächte, in v. Kamptz neuer Lit., §. 155 ff.
b)c)G. F. v. Martens Gesetze u. Verordnungen der einzelnen europ. Mächte, über Handel, Schiffahrt u. Assecuranzen. Gött. Th. I. 1802. Th. II. 1804. 8. Auch unter d. Titel: Loix et ordonnances etc.
c)d)Visitationsfreie Schiffahrt dieser Art, ward bedungen in dem französisch-dänischen Handelsvertrag v. 1742, Art. 20. Wenck cod. jur. gent. I. 612.
d)§. 293. Visitation neutraler Handelsschiffe.
Begegnet ein neutrales Handelsschiff dem Kriegsschiff oder Caper einer kriegführenden Macht, in ihrem oder ihres Alliirten Seegebiet, oder auf offener See, so muſs, nach europäi - schem Völkergebrauch, das Handelsschiff, auf ein erhaltenes Signal (semonce oder coup d’as - surance), sich einer Beglaubigung unterwerfen, daſs das Schiff nebst Schiffer und Equipage zu einem neutralen Staat gehöre, und daſs es der andern kriegführenden Macht keine KriegsCon - trebande zuführe a). Diese Beglaubigung be - steht, wenn das Schiff unter Convoi (unter dem Schutz eines oder mehrerer Kriegsfahrzeuge sei - nes Staates) fährt, in der durch sein Ehrenwort bestätigten Versicherung des die Convoi com - mandirenden Offiziers, daſs das Schiff nebst Schiffer und Equipage seinem Staat angehöre, und daſs keine, der Confiscation unterworfene Waare auf dem Schiff vorhanden sey b).
Klüber’s Europ. Völkerr. II. 31472a)Ueber die Rechtmäsigkeit dieser Visitation, ohne Verträge, wird sehr gestritten. Sur la visite des vaisseaux neutres sous convoi, ou examen impartial du jugement prononcé par le tribunal de l’amirauté anglaise, le 11 juin 1790, dans l’affaire du convoi suédois; par Mr. J. F. W. Schlegel. Traduit du danois, par M. de Juge. à Copenhague 1800. 8. Auch teutsch: Ueber die Visitation der neutralen Schiffe, von J. F. W. Schlegel. Copenh. 1800. 8. Remarks on Mr. Schlegel’s work upon de Visitation of neutral vessels under convoy, by Alex. Croke. 1801. 8. A treatise of the relative rights and duties of belligerant and neutral powers in ma - ritime affairs, in which the opinions of Hubner and Schlegel are fully discussed. Lond. 1801. 8. A. W. B. v. Uechtritz von Durchsuchung der Schiffe neutraler Völkerschaften. Ro - thenburg a. d. Fulda 1801. 8., auch in Siebenkees jurist. Magazin, Bd. II, Num. 2, S. 32 — 50. M. H. Bornemann über die gebräuchliche Visitation der neutralen Schiffe, und über die Convoi. Aus dem Dänischen, von C. E. Primon. Copenhagen 1801. 8. (Der Titel des zu Copenhagen 1801 erschienenen Originals ist: Over den brugelige Visitation af neutrale Skibe og Convojen. Af M. H. Bornemann.) Ori - ginale Actenstücke über die letzte Irrung zwischen Dänemark und England, und die neueste nordische Convention. Mit Einleitung herausgegeben von C. U. D. v. Eggers. Copen - hagen 1801. 8. v. Martens Erzählungen merkwürdiger Fälle des neueren europäischen Völkerrechts, Bd. I, S. 299, Bd. II, S. 8 — 58. Moser’s Versuch, X. 1. 360. Schmidlin diss. cit. §. 66. sqq.
a)b)Ob das Kriegsschiff oder der Caper bei dieser Versicherung des SchiffCapitains sich beruhigen müsse? darüber ist in der neuern Zeit sehr gestritten worden. Man s. die so eben angeführten Schriften, und de Martens précis du droit des gens (edit. 2), §. 326, note n. Streit zwischen England und Schweden 1799, in Ebendess. Erzählungen merkw. Fälle, I. 299. Englisch-dänischer Streit v. 1800, wegen der dänischen Fregatte Freya. Polit. Journal v. Aug. 1800, S. 781. 860. 863. — In manchen Verträgen seit 1780, ist die Frage be - jahend entschieden. Preussisch-nordamerikanischer Handels - vertrag v. 1785, Art. 14; in de Martens recueil, II. 572. Preussisch-dänischer Handelsvertrag von 1818, Art. 19. Ver - träge Ruſslands mit Schweden, Dänemark und Preussen, von4731800 und 1801, wegen der zweiten bewaffneten Neutralität. De Martens recueil, Supplément, II. 393. 402. 409. Eben - dess essai concernant les armateurs, ch. 2, §. 20. Vergl. auch Moser’s Versuch, X. 1. 358. — Aber Manche fordern ausser der Versicherung des Capitains, wenigstens noch Vor - zeigung eines urkundlichen Beweises, daſs das Schiff zu ei - nem neutralen Staat gehöre. Auch die Vereinigten Nieder - lande liessen 1762 sich diese gefallen. In der russisch-eng - lischen SeeConvention vom 17. Jun. 1801, Art. 4, welcher auch Dänemark und Schweden beitraten, ward eine modi - ficirte Visitation auch der unter Convoi segelnden Handels - schiffe, doch nur den Kriegsschiffen, eingeräumt. De Mar - tens recueil, Supplément, II. 478. — Auch kann streitig seyn, ob ein Schiff unter KriegsFlagge, wirklich ein Kriegs - schiff sey? Dänemark und Spanien stritten hierüber 1782, in Beziehung auf die Corvette St. Jean.
b)§. 294. Fortsetzung.
Fährt das Schiff ohne Convoi, so erfolgt die Beglaubigung durch Vorzeigung und Prüfung der Seebriefe oder Schiffpapiere a) (papiers de mer et livres ou pièces de bord). Eigenthum und Be - stimmung der Ladung werden beglaubigt durch die CertePartie, die Conossemente, und das obrigkeitliche Certificat über die geleistete eid - liche Verklarung; das neutrale Eigenthum des Schiffes wird erwiesen, entweder durch Byl - oder Bielbriefe, oder durch gerichtliche Urkun - den, woraus der Rechtstitel des Eigenthümers zu ersehen ist; die Neutralität des Schiffers und der Equipage, wird dargethan durch Pässe und Muster - oder EquipageRolle, auch durch Ur - kunden über das Staats - oder OrtsBürgerrecht474derselben. Zeigt sich ein gegründeter Verdacht gegen die Aechtheit der Seebriefe, so kann eine Durchsuchung des Schiffs auf gehörige Art b) erfolgen.
a)Lampredi I. 161. 187. Schmidlin §. 67. sq. Jacobsen II. 250 — 453. — Nach manchen Verträgen und Verordnungen wird erfordert, daſs das Schiff nicht von dem Feind erbaut, oder während des Kriegs in dessen Besitz gewesen sey, aus - genommen wenn es ihm durch Eroberung abgenommen, und dem Verkäufer als gute Prise zuerkannt worden ist; ferner, daſs alle Angestellten auf demselben, und von den Matrosen wenigstens ⅔ oder ¾ Unterthanen des neutralen Staates seyen. Schmidlin diss. cit. §. 59. n. 1. et 2. Der preussisch-dä - nische Handelsvertrag von 1818, Art. 17, fordert, daſs der Capitain und die Hälfte des Schiffvolks aus dem Lande, wo - hin das Schiff gehört, gebürtig seyn müssen.
a)b)Hievon de Martens in dem angef. essai, ch. 2, §. 18. sqq. Nau’s VölkerSeerecht, §. 164 ff. Azuni a. a. O. II. 260 ff. Schmidlin diss. cit. §. 69. Vertr. v. 1663, in Flassan’s hist. de la dipl. franç. III. 5. — Mehrere Verträge setzen fest, daſs das Kriegsschiff welches ein Kauffartheischiff visitiren will, sich ausser CanonenSchuſsweite halten muſs, eine ein - zige Chaloupe, und nur zwei oder drei Mann an Bord sen - den darf, um daselbst die Seebriefe sich vorzeigen zu las - sen. Englisch-französischer Fr. zu Utrecht 1713, Art. 24. Englisch - niederländischer Fr. zu Utrecht 1713, Art. 24. Handelsvertrag zwischen Frankreich u. den Vereinigten Staa - ten von Nordamerika v. 1778, Art. 27. Französisch-eng - lischer Handelsvertrag v. 1786, Art. 26. Russisch-östrei - chischer Handelsvertrag v. 1784, in den beiderseitigen Edic - ten v. 1785, Art. 13 u. 15 (de Martens recueil, II. 625. 637). Preussisch-nordamerikanischer Handelsvertrag 1785, Art. 15. Schwedisch-nordamerikanischer Handelsvertrag v. 1783, Art. 25. Preussisch-dänischer Handelsvertrag v. 1818, Art. 19.
b)§. 295. Gerichtliche Erörterung und Entscheidung der PrisenFälle.
Ergiebt sich bei der Legitimation oder Vi -475sitation, daſs das Schiff der Nehmung ganz un - terworfen seyn möchte, so kann das Kriegs - oder Çaperschiff dasselbe aufbringen. Es muſs sich aber aller eigenmächtigen Zueignung und Thät - lichkeit enthalten a), das Schiff, wo möglich, nach einem Hafen seines Souverains abführen, oder durch einen seiner Offiziere (conducteur de la prise) abführen lassen, und über die Rechtmäsigkeit oder Unrechtmäsigkeit der Prise von dem gehörigen See - oder PrisenGericht (Pri - zecourt) entscheiden lassen. Meist hat hier ein förmlicher ReclameProceſs, oft in mehreren In - stanzen, statt b). Wird nur auf einen Theil der Ladung Anspruch gemacht, und wird dieser willig abgetreten, so darf das Schiff an Fort - setzung seiner Reise nicht gehindert werden c); es geschieht dieses aber dennoch nicht selten, welches meist Beschwerde veranlaſst. Wird der in Anspruch genommene Theil der Ladung gut - willig nicht ausgeliefert, so kann das Schiff auf - gebracht werden, und der Streit ist von dem ge - hörigen Seegericht zu entscheiden. Bei einem Rechtsstreit dieser Art, wird der Beweis nicht dem Nehmer, als dem Kläger, aufgelegt, son - dern dem Beklagten d). Entscheidungsquelle sind die Staatsverträge, in deren Ermangelung das natürliche Völkerrecht e); nicht das Land - recht, den KostenPunct ausgenommen. Das PrisenGericht ist als eine SpecialCommission der Staatsregierung zu betrachten f).
476a)Auch die Ranzionirung ist den Kriegsschiffen und Capern meist untersagt.
a)b)De Martens essai concernant les armateurs, ch. 2, §. 25. sqq. Ebendess. Grundsätze des Handelsrechts, §. 229 ff. — Schrif - ten über das Recht der Prisen: Laws, Ordinances et In - stitutiones of the Admirality of Great-Britain, Civil and Military. Lond. 1746. 2 vol. 8. Traité des prises, etc. T. I et II. Rochelle et Paris 1763. Code des prises, ou recueil des édits, déclarations, décisions etc., depuis 1400 jusqu’à présent. P. I et II. Paris 1784. 4. The Spirit of Marine Law. By John Irwing Maxwell. Lond. 1800. 8. Reports of Cases argued et determined in the high Court of Admi - ralty, commencing with the Judgements of the right Hono - rable Sir William Scott. By Chr. Robinson. Lond. 1800 et suiv. Vol. I — IV. 8. Decisions in the high Court of Ad - miralty during the time of Sir George Hay and of Sir James Marriot, late Judges of that Court. Lond. 1801. 8. Col - lectanea Maritima being a Collection of publick instruments tending to illustrate the history and practice of Prizelaws. By Robinson, Lond. 1801. 8. A Treatise on the civil Laws and on the Laws of the Admiralty. By Arthur Brown. Lond. 1802. Vol. I. II. 8. Formulare instrumentorum, or a Formulary of authentic Instruments, writs and standing orders used in the high Court of Admiralty of Great-Britain. Perused and approved as correct by Sir James Marriot. Lond. 1802. Lebeau nouveau code des prises, ou recueil des édits etc. depuis 1400 jusqu’à 1789. Paris an IX. T. I — IV. 8. ibid. 1803. 3 vol. 4. Code des prises et du commerce de terre et de mer; par F. N. Dufriche-Foulaines. Paris an XIII — 1804 et 1805. T. I. II. 4. KaperGrausamkeit gegen die Neutralen. Aus dem Engl. 1801. 8. Merkwürdige Entscheidungen der londoner und pariser PrisenGerichte über neutrale, in den letzten Jahren dieses Kriegs aufgebrachte Schiffe. Altona 1802. 8. Traité sur les prises maritimes. à Paris 1802. 2 vol. in 12. Abreu, citirt oben §. 261. Schmidlin l. c. §. 72. sq.
b)c)Groſsbritannisch-nordamerikanischer Handels - und Schif - fahrtvertrag v. 1795, Art. 17. De Martens recueil, VI. 369. Preussisch-dänischer Handelsvertrag v. 1818, Art. 20.
c)d)De Steck in dem angef. essai, p. 68.
d)e)Groſsbritannische Erklärung vom 28. Febr. 1780, in de Mar -477tens recueil, IV. 345. Französisch-englischer Handelsvertrag v. 1786, Art. 28 ff.
e)f)Es ist nicht Bestandtheil der Gerichtsverfassung; es ist eine politisch-gerichtliche Anstalt, eine abgesonderte Behörde, eine Ausnahme in dem Gerichtwesen. Seine Bestimmung ist, zwischen Einheimischen und Fremden, auf administrative Art, über Gül - tigkeit oder Ungültigkeit der Prisen zu entscheiden. Daher ist es nicht gebunden an die Förmlichkeiten der ordentlichen Gerichte. Azuni, droit maritime de l’Europe, T. II, ch. 2, art. 4. — In England entscheidet über PrisenFälle, der high Court of Admirality, in seiner Eigenschaft eines Prizecourt. Ja - cobsen, I. 19 ff. In Frankreich ward ein Conseil des prises errichtet, durch ein Decret der Consuln vom 6. Germinal Jahr VIII. Lebeau, T. IV. p. 460. Jacobsen, I. 23 ff. Code de la compétence des autorités constituées de l’Empire fran - çais, par Y. C. Jourdain (à Paris 1811. 8. ), T. III, p. 356 — 360.
f)§. 296. Richterliche Competenz in PrisenSachen.
Da die offene See frei ist von aller Ober - herrschaft (§. 132), so sind die Handelsschiffe eines neutralen Staates daselbst der Oberherr - schaft einer kriegführenden Macht nicht unter - worfen. Sie verhalten sich also auf offener See zu den Schiffen dieser Macht, wie der neutrale Staat zu der kriegführenden Macht. Beide er - kennen aber, vermöge ihrer politischen Unab - hängigkeit, keinen gemeinschaftlichen Richter, am wenigsten erkennt der eine die andere für den seinigen. Daher ist in PrisenStreitigkeiten, nach natürlichem Völkerrecht, kein Gerichtshof eines der beiden Staaten competent a). Durch Verträge ward jedoch die Erörterung und Ent -478scheidung ehehin oft dem Seegericht des neu - tralen Staates übertragen b). In der neuern Zeit wird meist die Gerichtbarkeit des andern Staates für gegründet gehalten c), entweder weil der Eigenthümer der Prise, als eigentlicher Klä - ger, dem Nehmer, als Beklagten, dahin folgen müsse, oder weil daselbst der Gerichtstand durch den Arrest begründet sey (forum arresti). In - deſs paſst weder der eine noch der andere Grund auf den Fall, wenn die Prise in den Hafen einer dritten Macht von dem Nehmer geführt worden ist, wie im Nothfall zu geschehen pflegt. Daher findet auch hier jener Gerichtstand mehr Wider - spruch, selbst von Seite der dritten Macht d).
a)Hubner de la saisie des bâtimens neutres, T. II. P. 1. ch. 2. Doch streiten auch hier Manche für den Gerichtstand des einen, oder des andern Staates. Vergl. Galiani B. I. Cap. 9. §. 8. Lampredi T. I. §. 14. Nau’s VölkerSeerecht, §. 216.
a)b)Nau a. a. O. §. 214. Von PrisenGerichten s. §. 295.
b)c)De Steck essais etc., p. 82 sqq.
c)d)De Martens essai concernant les armateurs, ch. 2, §. 36 et 37.
d)§. 297. Handelsverkehr mit bloquirten Orten.
Bloquirt heiſst ein Ort, er sey Hafen, oder Festung, Stadt, Lager, Küste u. d., wenn und so weit er von einer feindlichen bewaffneten Macht dergestalt umgeben ist, daſs, ohne deren Einwilligung, Verkehr mit demselben von Aus - sen entweder gar nicht, oder nicht ohne augen -479scheinliche Gefahr statt haben kann a). Ein solcher Ort ist, so weit er bloquirt ist, z. B. ein Hafen von der Seeseite, in Ansehung dritter Staaten so anzusehen, als ob er in der Gewalt der bloquirenden kriegführenden Macht sich be - finde. Es ist also dieselbe in so weit befugt, dritte Mächte und deren Unterthanen von je - dem Verkehr, mithin auch von jeder Schiffahrt und Handlung mit dem bloquirten Ort nach Willkühr auszuschliessen. Der Zeitpunct des wirklichen Anfangs der Bloquade folgt, im All - gemeinen, aus obigem Sachbegriff. Aber für einzelne Schiffe und Andere, welche mit dem bloquirten Ort verkehren wollen, ist eine wirk - liche Bloquade für angefangen erst dann zu achten, wenn ihnen solche hinlänglich bekannt geworden ist b). Gewiſs ist, daſs eine wahre Bloquade durch bloſs wörtliche Erklärung einer kriegführenden Macht (blocus sur papier), mit völkerrechtlicher Wirkung nicht verfügt werden kann c).
a)Vergl. Schmidlin l. c. cap. 44. Die russisch-groſsbritan - nische SeeConvention v. 17. Jun. 1801, Art. 3, Num. 4, fordert, daſs durch stationirte, oder hinreichend nahe Schiffe einer kriegführenden Macht, offenbare Gefahr bei dem Ein - laufen in den Hafen drohe. De Martens recueil, Supplé - ment, II. 478. Vergl. auch die Conventionen Ruſslands, we - gen bewaffneter Neutralität, mit Schweden und Dänemark v. 16. Dec. 1800, und mit Preussen v. 18. Dec. 1800, eben - das. II. 393. 402. 409 ; und die russische Erklärung von 1780, an die Höfe von London, Versailles u. Madrid, in de Mar - tens recueil, II. 75. — Der französisch-dänische Handels -480vertrag von 1742, Art. 20, fordert, daſs der Eingang des Hafens wenigstens durch zwei Schiffe, oder durch eine mit Canonen besetzte Batterie gesperrt sey. Wenck cod. jur. gent. I. 613. Eine Sperrung auf der Seeseite, durch wenig - stens sechs Kriegsschiffe, in einer Entfernung von etwas mehr als CanonenschuſsWeite von dem Hafen oder der Stadt, oder auf der Landseite durch solche Batterien und andere Wer - ke, daſs man anders nicht als unter den Canonen der Be - lagerer dahin gelangen kann, verlangt der holländisch-si - cilianische Handelsvertrag v. 1753, Art. 22. Moser’s Ver - such, VII. 588. Eine Sperrung von zwanzig Schiffen, fordert der preussisch-dänische Handelsvertrag von 1818, Art. 18.
a)b)Eine, besonders in facto, sehr bestrittene Materie. Vergl. F. F. L. Pestel diss. selecta capita juris gentium maritimi, §. 11. Die (Note a) angeführten Verträge Ruſslands mit Schweden, Dänemark und Preussen, fordern ausdrücklich, daſs ein nach einem bloquirten Hafen fahrendes neutrales Schiff, von dem Commandanten der Bloquade benachrich - tigt seyn müsse von dem BloquadeZustand des Hafens, und daſs es erst dann als Uebertreter des Vertrags anzusehen sey, wenn es hierauf durch Gewalt oder List in den Hafen einzulaufen trachte.
b)c)Vorzüglich seit 1792, haben etliche kriegführende Mächte ein sehr ausgedehntes BloquadeSystem aufgestellt, nach wel - chem ganze Länder und Küsten in BloquadeStand erklärt werden. Schon seit 1775, als Frankreich Theil genommen hatte an dem nordamerikanischen Krieg gegen Groſsbritan - nien, stellte der brittische AdmiralitätsHof den Grundsatz auf: que les ports de France étaient, par leur position, te - nus naturellement en état de blocus par les ports d’Angle - terre. Dawider s. man das oben §. 291 angef. pariser Mé - moire von 1812, p. 11. sq. — Dem englischen Bloquade - System (Jacobsen a. a. O. I. 556 — 665.), ward seit 1806 das französische ContinentalSystem von Napoleon entgegengesetzt (§. 311 ff.).
c)§. 298. Nachtheilige Wirkung desselben.
Der bloquirenden Macht ist Selbsthülfe er - laubt, gegen diejenigen Neutralen, welche, ih -481rem erklärten Willen zuwider, die Bloquade dadurch brechen, daſs sie vorsätzlich Handel mit diesem Ort treiben, oder zu treiben ver - suchen. Gewöhnlich wird Confiscation des Schiffs und der Ladung verfügt, aber auch zuweilen persönliches Uebel gegen die, welche die Blo - quade brechen. Doch wird die Ladung dann meist frei gegeben, wenn erwiesen wird, daſs der Eigenthümer, oder dessen neutraler Com - missionär, die Ordre zu dem Verschiffen der Waaren gegeben habe, ehe die Bloquade be - kannt war, und daſs er dieselbe vor Ablauf der zu dem Verschiffen festgesetzten Zeit nicht habe widerrufen können a).
a)Jacobsen a. a. O. I. 560 f. Nau a. a. O. §. 208.
a)§. 299. Feindliche Güter auf neutralen, neutrale Güter auf feind - lichen Schiffen.
In offener See, ist jedes Schiff exterritorial, in Beziehung auf jeden andern Staat als den seinigen (§. 132 u. 296). Ein Handelsschiff ist anzusehen wie eine schwimmende Colonie sei - nes Staates. Daher sollte, auf offener See, we - der Visitation eines neutralen Schiffes, noch Wegnehmung feindlicher Güter aus demselben, am wenigsten aber Confiscation des Schiffes we - gen darin befindlicher feindlicher Güter, einer kriegführenden Macht erlaubt seyn, nach dem Rechtssprichwort „ freies Schiff, freies Gut “,482oder „ die neutrale Flagge deckt die Waare “a) (le pavillon neutre couvre la cargaison), das heiſst, daſs die Ladung neutraler Schiffe eben - mäsig als neutral anzusehen sey. Auch sollte eine kriegführende Macht Güter der Neutralen, wenn sie auf feindlichen Schiffen sich befinden, eben so wenig confisciren dürfen, als wenn sol - che von ihr in dem Landgebiet des Feindes an - getroffen werden (§. 286), nach dem Sprichwort „ verfallenes Schiff, nicht verfallenes Gut “b).
a)Hubner de la saisie des bâtimens neutres, I. 198. sqq. 211. J. F. W. Schlegel über die Visitation der neutralen Schiffe, S. 53. — Die Gründe für und wider wurden entwickelt, bei dem Streit zwischen England und Preussen 1752, in Behmer’s jus nov. controv. T. I. obs. 1., und in v. Martens Erzählungen merkw. Fälle des europ. VR. I. 236 — 284. — Für unverletzbar erklärt das Eigenthum eines in Krieg be - griffenen Volkes am Bord neutraler Schiffe, den einzigen Fall ausgenommen, wenn neutrale Schiffe in dem einen Ha - fen des kriegführenden Volkes Waaren, gleichviel von wel - cher Beschaffenheit, geladen hätten, um sie nach einem an - dern Hafen dieses Volkes, es sey des Mutterlandes oder der Colonien, oder nach dem Hafen eines seiner Alliirten zu bringen, welcher in demselben Krieg gemeinschaftliche Sache mit ihm gemacht hat, Jouffroy in d. angef. droit des gens maritime universel, und teutsch in den Europ. Annalen, 1807, St. X, S. 60 ff. 69 ff. Vergl. auch Abhandl., macht ein neutrales Schiff die Ladung allemal frei? von M. P ..., in der berliner Monatschrift v. 1802, Nov., S. 338 — 353. — Daſs nach natürlichem Völkerrecht unbedingt erlaubt sey, feindliche Güter aus neutralen Schiffen wegzunehmen, be - haupten, Grotius lib. III. c. 6. §. 6. et 26. n. 2. Loccenius de jure maritimo, lib. II. c. 4. §. 12. Voetius de jure mi - litari, c. 3. §. 21. Heineccius diss. cit. c. 2. §. 9. Byn - kershoek quaest. jur. publ. lib. I. c. 14. Azuni, T. II. p. 179. Lampredi, T. I. §. 10. sq. Charles Jenkinson in s. Discourse483on the conduct of the government of Great-Britain in re - spect to neutral nations, in dem Supplement to the collection of treaties (Lond. 1781. 8. ) p. 101. sq., auch vor der neuen Ausgabe der Collection of treaties, welche 1785 in drei Oc - tavBänden zu London erschien.
a)b)Grotius lib. III. c. 6. §. 5. Heineccius l. c. Bynkershoek l. c. lib. I. c. 13. Man s. oben, §. 286.
b)§. 300. Positive Bestimmungen darüber.
Nicht immer sind vorstehende Grundsätze des natürlichen Völkerrechtes, in Europa befolgt worden. Das Consolato del mare (cap. 273.) stellte, um die Mitte des XIII. Jahrhunderts (§. 292 b), den Grundsatz von der unbedingten Freiheit des neutralen Eigenthums auf, das heiſst, daſs feindliches Eigenthum in neutralen Schiffen verfallen, neutrales in feindlichen Schiffen frei sey, nach der Parömie: frei Schiff, unfrei Gut; unfrei Schiff, frei Gut. Bis in die erste Hälfte des XVII. Jahrhunderts, herrschte dieser Grundsatz fast in allen Verträgen und Seegerich - ten a).
a)Lampredi I. 122. Jenkinson, p. 110. Nau, §. 175. 190〈…〉〈…〉 Azuni, II. 198. sq. Vertr. Frankreichs mit den Hansestädten v. 1655, in Du Mont, VI. Flassan l. c. III. 194. Das Ge - gentheil findet sich in dem französisch-engl. Vertr. von dems. Jahr; ebendas. III. 200. Vergl. ebendas. S. 141, 273, 424. 451. IV. 415. VII. 183.
a)§. 301. Fortsetzung.
Dagegen wurden von jenem Zeitpunct an, bis zu Entstehung des Systems der bewaffneten Neutralität in dem Jahr 1780, in einer groſsen Mehrzahl von Verträgen a), folgende zwei ent -484gegengesetzte Grundsätze angenommen b): frei Schiff, frei Gut; unfrei Schiff, unfrei Gut (ver - fallenes Schiff, verfallenes Gut), oder mit an - dern Worten: das Schiff oder die Flagge deckt die Ladung oder Waare, und das Schiff macht die Ladung confiscabel (le pavillon ou le na - vire couvre la cargaison ou la marchandise, oder auch, pavillon ami sauve marchandise en - nemie, und, le navire confisque la cargaison), das heiſst, ein neutrales Schiff kann feindliches Eigenthum (KriegsContrebande ausgenommen) frei transportiren, hingegen neutrales Eigenthum auf einem feindlichen Schiff, wird mit diesem confiscirt.
a)Eine Aufzählung und Vergleichung der die beiden entgegen - gesetzten Grundsätze enthaltenden Verträge, haben geliefert, Büsch über die durch den jetzigen Krieg veranlaſste Zer - rüttung des Seehandels. Hamb. 1793. 8. Ebenders. in d. Bestreben der Völker, sich im Seehandel recht wehe zu thun (Hamb. 1800. 8. ), Cap. 2; Kluit hist. federum Belgii federati, II. 430 — 434. u. im Register, v. merx. Flassan l. c. III. 200. und Schlegel über die Visitation der neutralen Schiffe, S. 55 ff. — Von 1642 bis 1780 sprechen 36 Verträge für den Grundsatz: frei Schiff, frei Gut, und 15 dawider — Vergl. auch Hubner a. a. O. T. II. P. 2. ch. 4. Lampredi, I. 125. La liberté de la navigation, §. 97. 100. sqq. Galiani, B. I. Cap. 10. Schmidlin diss. cit. §. 59.
a)b)Zuerst in einem Vertrag Englands mit den spanischen Han - delsstädten von 1351. Du Mont corps dipl. T. I. P. 2. p. 265. Dann von Frankreich, in einer Capitulation mit der osma - nischen Pforte v. 1604, wiederholt 1740, Art. 4 — 6. Wenck cod. juris gent. I. 595. Nachher abermal von Groſsbritan - nien in Verträgen mit Portugal 1654, Art. 23 (bei Du Mont T. VI. P. 2. p. 84.); mit Frankreich 1655, Art. 15 (bei Léonard, T. V. p. 53) 1667, Art. 8, zu Utrecht 1713, Art. 17 ff. 485u. 27 (bei Schmauss II. 1344. Flassan IV. 347. 354. ), 1763, Art. 2, 1783, Art. 2, und 1786, Art. 20 u. 29; mit Ruſsland 1766, Art. 10; mit Spanien 1667, Art. 21 f.; mit den Verein. Niederlanden 1668, Art. 10, 1674, Art. 8. Ferner, in d. französisch-nordamerikan. Handelsvertrag v. 1778, Art. 23. Auch in dem schwedisch-nordamerikan. Handelsvertrag v. 1783, Art. 7, von Preussen, in dem Handelsvertrag mit den vereinigten Staaten von Nordamerika v. 1785, Art. 12 f. und in der französisch-holländischen DefensivAllianz v. 1785, Art. 8, wo jedoch, so wie in dem angef. utrechter Frieden, die wichtige Frage unbestimmt gelassen ist, ob neutrales Eigenthum auf einem feindlichen Schiff, mit diesem zu con - fisciren sey? Eben so in dem preussisch-dänischen Handels - vertrag v. 1818, Art. 17. De Martens recueil, II. 571. Schreiben des nordamerikan. StaatsSecretärs Jefferson v. 16. Aug. 1793, in (v. Liechtenstern’s) Allgem. Anzeiger des kos - mograph. Büreau, (Wien 1814. 8. ), S. 168 — 170. — Man vergl. die pariser Noten zu der groſsbritannischen Erklärung vom 21. April 1812; in dem Moniteur du 8 mai 1812, und in der Gazette de Francfort 1812, n° 134, note 11.
b)§. 302. Schluſs.
Doch behielten auch manche Verträge die ältern Grundsätze bei, nur so, daſs zugleich die Zufuhr der KriegsContrebande, und die Schif - fahrt und Handlung nach bloquirten Orten un - tersagt ward a). In wenigen andern ward der kriegführenden Macht, auf neutralen Schiffen, die Confiscation sowohl des feindlichen Eigen - thums, als auch der für den Feind bestimmten KriegsContrebande, gestattet b). Etliche Ver - träge enthalten keine feste, vollständige Bestim - mung über diesen Gegenstand c); und zwischen mehreren Staaten fehlt es ganz an einer vertrag -486mäsigen Bestimmung über solchen d). Frank - reich hatte 1681 e) gesetzlich verordnet, daſs feindliche Waare am Bord neutraler Schiffe, so - gar Schiff und Ladung confiscabel mache. Aber in der neuesten Zeit hat sich dieser Staat öffent - lich zu dem Grundsatz bekannt, que le pavillon couvre la marchandise f): Groſsbritannien für das Gegentheil (§. 310 f.).
a)Verträge Groſsbritanniens mit Schweden 1661, Art. 11 u. 12, mit Dänemark 1670, Art. 16 u. 20. Schmauss corp. jur. gent. I. 757. II. 2307. I. 957. Englisch-schwedische Convention v. 25. Jul. 1803, zu Erläuterung des Art. 11 des HandlungsTractats v. 21. Oct. 1661. Polit. Journal, 1803, Sept. S. 924 f. Englisch-dänische Convention v. 1780 zu Erläuterung des Vertrags von 1670. De Martens recueil, II. 102.
a)b)Vertrag zwischen Frankreich und den Hansestädten v. 1716, Art. 13. Schmauss C. J. G. II. 1617 f. (Anders in einem früheren Vertrag von 1655.) Handelsvertrag zwischen Groſs - britannien und den Vereinigten Staaten von Nordamerika v. 1795, Art. 17. De Martens recueil, VI. 369. In einem Handelsvertrag Frankreichs mit den Hansestädten v. 1. April 1769, Art. 13, ward festgesetzt, daſs Frankreich als krieg - führende Macht nicht nur alle auf hanseatischen Schiffen befindliche feindliche Waaren, sondern auch die hanseati - schen Handelsgüter auf feindlichen Schiffen confisciren dürfe. Moser’s Versuch, VII. 492 f.
b)c)So die russisch-groſsbritannischen Handelsverträge v. 1734. 1766, 1793 u. 1797, in de Martens recueil, I. 141. V. 108. VI. 722.
c)d)v. Martens Erzählungen merkw. Fälle des neuern europ. Völkerr., I. 236 ff.
d)e)Ordonnance de la marine v. 1681, liv. III. tit. 9. art. 7. Vergl. oben §. 290, Note b. Auch hat Frankreich diesen Grundsatz oft in Anwendung gebracht, und noch ein Gesetz vom 18. Jan. 1798 enthielt ihn (de Martens recueil, VI. 774.), nach welchem eine ziemliche Anzahl neutraler Schiffecon -487confiscirt ward. Aber dieses Gesetz ward abgeschafft, durch ein arrêté des Consuls v. 29. Frimaire an 8 (20. Dec. 1798), welches das Reglement v. 26. Jul. 1778 wieder herstellt. De Martens, IV. 198. VII. 376.
e)f)Ordonnance v. 1778, betr. die Schiffahrt der Neutralen, bei Flassan l. c. VII. 183. Vollständige Entwickelung des franz. Sy - stems, in e. Bericht des auswärt. Ministers, vorgelesen in der Sitzung des Senats v. 10. März 1812. Moniteur du 16 mars 1812. Gazette de Francfort 1812, n. 81. Ebendess. Schrei - ben an den nordamerikan. Gesandten zu Paris, v. 22. Aug. 1809, in der Gazette de Mannheim 1809, n. 213, und in einem Schreiben an denselben v. Febr. 1810, ebendas. n. 62. 63. Auch in d. oben §. 291 angef. pariser Mémoire v. 1812.
f)§. 303. Schutz der neutralen Flagge, durch bewaffnete Neutralität. 1) Seit dem J. 1780.
Selbst die vertragmäsigen Rechte der neu - tralen Flagge, wurden von kriegführenden Mäch - ten nicht immer gehörig geachtet; besonders seit - dem Frankreich und Spanien (1778, 1779) an dem englisch-nordamerikanischen Krieg Theil genommen hatten a). Auch ward von jenen Mächten der Begriff der KriegsContrebande und eines bloquirten Hafens, über Gebühr erweitert. Ruſsland nahm von diesen, für den Handel der Neutralen höchstnachtheiligen Bedrückungen An - laſs, in dem Jahr 1780, für die Schiffahrt und Handlung der Neutralen ein System von Grund - sätzen aufzustellen, zu dessen Anerkennung die kriegführenden Mächte, durch eine bewaffnete Seemacht neutraler Staaten, in dem nöthigen Fall sollten gezwungen werden. Der InbegriffKlüber’s Europ. Völkerr. II. 32488dieser Grundsätze, erhielt davon den Namen System bewaffneter Neutralität b).
a)Büsch in d. angef. Bestreben u. s. w., Cap. 5, S. 209 — 252.
a)b)v. Ompteda Lit. §. 321. v. Kampiz neue Lit. S. 303. Büsch Welthändel (4. Ausg. ), S. 441 ff. The history of England from the accession of King George the third to the con - clusion of peace in the year 1783 (Lond. 1802. 8. ), vol. III, p. 350 — 354. Koch abrégé de l’histoire des traités, T. II, p. 201 — 207. Politisches Journal v. 1801, April, S. 329 ff. (Des Grafen Eustach von Görtz) The secret history of the armed neutrality together with memoirs, official letters and state-papers, illustrative of that celebrated confederacy: never before published. Written originally in French, by a German Nobleman. Translated by A ***** H **** (Horne). London (Regensburg) 1792. 8. Das Original er - schien später, unter diesem Titel: Mémoire ou précis histo - rique sur la neutralité armée et son origine, suivi de pièces justificatives. (à Ratisbonne) 1795. 8. Auch à Basle 1801. 8. und zwar auf dem Titel mit diesem Zusatz: par Mr. le comte de Görtz, ministre d’état de S. M. Prussienne, et son mi - nistre à la diète de l’Empire (in dem J. 1780 preussischer Gesandter zu St. Petersburg). G. F. C. Jungwirth diss. de jure sociorum neutralitatis armatae contra Anglos. Viteb. 1797. 4. Nouveau mémoire ou précis historique sur l’as - sociation des puissances neutres, connue sous le nom de Neutralité armée, avec des pièces justificatives; in dem Re - cueil des mémoires et autres pièces authentiques, relatives aux affaires de l’Europe, et particulièrement celles du Nord, pendant la dernière partie du 18me siècle; par le baron Al - bedyhl, T. I. (à Stockholm 1798. 8. ) num. I. A Treatise etc. by Robert Ward. Lond. 1801. 8. (Man s. oben, §. 291, Note a). Letters of Sulpicius (lord Grenville), on the northern confederacy. With an appendix, containing the treaty of armed neutrality, together with other documents relative to the subject. Lond. 1801. 8. Mart. Adph Kopetz kurze Darstellung des durch Ruſsland im J. 1780 gegrün - deten Systems der bewaffneten Neutralität. Prag 1801. 8. Ebendess. Vergleichung des Systems der bewaffneten Neu - tralität mit der nordischen Convention vom J. 1800 und der489petersburger Convention vom J. 1801. Prag 1804. 8. — Geheime Geschichte der Entstehung der bewaffneten Neu - tralität, in der Vie de Cathérine II. (par J. Castéra), T. II (à Paris 1797. 8. ), liv. 9, p. 231 — 240. J. C. Petri’s neuestes Gemälde von Lief - und Esthland, Bd. II (Leipz. 1809. 8.). Urkunden und Staatsschriften: A Collection of public acts and papers relating to the principles of armed Neutra lity. Lond. 1801. C. W. Dohm’s Materialien für die Sta - tistik und neuere Staatengeschichte, IV. Lieferung, S. 175 — 296 (liefert ActenStücke bis zu dem Dec. 1781). Aug. Hennings Sammlung von Staatsschriften, die während des Seekriegs von 1776 bis 1783 bekannt gemacht worden sind, Bd. II (1785. 8.). De Martens recueil, II. 74. sqq. IV. 345. sqq. Auch die Beilagen zu den angef. Mémoires des Gr. v. Görtz und des Baron Albedyhl, und bei den angef. Letters of Sulpicius.
b)§. 304. Grundsätze der bewaffneten Neutralität.
Dieses System der bewaffneten Neutralität begreift folgende Grundsätze a), betreffend das Verhältniſs der Neutralen zu kriegführenden Mächten, in Hinsicht auf Schiffahrt und Hand - lung der ersten nach den Häfen und Küsten der letzten. 1) Neutralen Schiffen gebührt freie Schiffahrt von Hafen zu Hafen, und an den Kü - sten der Länder kriegführender Mächte. 2) Frei ist, am Bord neutraler Schiffe, das Eigenthum der Unterthanen kriegführender Mächte, nur mit Ausnahme der KriegsContrebande. 3) Für Kriegs - Contrebande sind nur diejenigen Waaren zu achten, welche in Verträgen, wo dergleichen vorhanden, dafür erklärt werden b). 4) Für490bloquirt ist ein Hafen nur dann zu achten, wenn das Einlaufen in denselben mit offenbarer Gefahr verbunden ist, nach der Verfügung der - jenigen Macht, welche ihn mit stationirten und hinlänglich nahen Schiffen umgiebt. 5) Diese Grundsätze sollen als Vorschrift dienen, bei dem Verfahren und Richterspruch über die Rechtmäsigkeit der Prisen.
a)So die russische Erklärung an die kriegführenden Mächte, vom 28. Febr. 1780, in de Martens recueil, II. 75. Diese Grundsätze wurden wörtlich angenommen, nicht nur in den bald nachher erfolgten Beitrittsurkunden anderer neutralen Mächte (man s. den folg. §. ), sondern auch zwanzig Jahre später, nur mit etlichen Zusätzen, wiederholt in den Ver - trägen Ruſslands mit Schweden, Dänemark, und Preussen, über die zweite bewaffnete Neutralität. De Martens re - cueil, Supplément, II. 393. 403. 409.
a)b)Ruſsland hielt sich deſshalb an den 10. und 11. Artikel seines Handelsvertrags mit Groſsbritannien von 1766, und erstreckte diese Verpflichtung auf alle damaligen kriegfüh - renden Mächte, also auch auf Frankreich und Spanien. Der Vertrag von 1766, steht in den Loisirs du chevalier d’Éon, T. V. p. 341. sqq. De Martens recueil, I. 145. — Dänemark berufte sich auf seinen Handelsvertrag mit Groſs - britannien von 1670, nebst dem Nachtrag von 1780, und auf den Vertrag mit Frankreich von 1662, welchen es auch auf Spanien erstreckte. — Schweden bezog sich auf seinen Handelsvertrag mit Groſsbritannien (zu welchem nachher eine Convention v. 25. Jul. 1803 hinzukam), und auf den Vertrag mit Frankreich von 1741, den es auch auf Spanien angewandt wissen wollte. — Die Vereinigten Niederlande hielten sich an ihre Verträge mit Frankreich von 1739, und mit Spanien von 1674. — Oestreich, Preussen, Portugal, Sicilien, welche über diesen Gegenstand keine Verträge mit den kriegführenden Mächten hatten, erklärten, daſs sie sich an die Bestimmungen des russisch-englischen Vertrags von 1766, Art. 10 u. 11, halten würden.
b)491§. 305. Schicksal dieser bewaffneten Neutralität.
Den kriegführenden Mächten ward dieses System von Ruſsland förmlich angekündigt a), und die neutralen wurden zu dem Beitritt ein - geladen. Dieser erfolgte förmlich von Däne - mark, Schweden, den Vereinigten Niederlanden, Preussen, Oestreich, Portugal, Neapel b). Die meisten dieser Mächte, notificirten solches nicht nur den kriegführenden Mächten c), sondern ertheilten auch einander von ihrem Beitritt förmliche Nachricht, welches zum Theil durch Uebersendung feierlicher AcceptationsUrkunden erwiedert ward d); so daſs unter dem Namen der bewaffneten Neutralität, zwischen diesen Mächten eine gegenseitige vertragmäsige Ver - pflichtung, ein wahres Schutzbündniſs, entstand, um die Rechte der Neutralen auf der See zu sichern. Selbst von zwei kriegführenden Mäch - ten, von Frankreich und Spanien, ward die Ankündigung dieses Systems mit Beifall auf - genommen e). Aber die dritte, England, er - klärte, daſs sie sich an das Völkerrecht halte, und an die Bestimmungen ihrer Handelsverträ - ge f). Indeſs war England durch sein eigenes Interesse genöthigt, sich weiterer Bedrückung der neutralen Schiffahrt und Handlung wenig - stens gröſstentheils zu enthalten g), um so mehr, da diese nicht nur oft durch Convois, sondern492auch durch Kriegsflotten und einzelne Kriegs - schiffe und Fregatten von den neutralen Mäch - ten unterstützt wurden, und diese Mächte den erklärten Vorsatz hatten, so oft es nöthig, mit vereinigter Kraft Genugthuung zu nehmen.
a)Russische Erklärung an die (kriegführenden) Höfe von London, Versailles und Madrid, vom 28. Febr. 1780; in de Martens recueil, II. 74. Brittische Gegenerklärung, eben - das. IV. 345.
a)b)Diese Mächte schlossen deſshalb eigene Conventionen mit Ruſsland. Dänemark 9. Jul. 1780. De Martens recueil, II. 103. Schweden 1. Aug. 1780, ebendas. 110. Die Ver - einigten Niederlande 5. Jan. 1781, ebendas. 117. Preussen 8. Mai 1780, ebendas. 130. Oestreich 9. Oct. 1781, eben - das. 171. IV. 404. Portugal 13. Jul. 1782, ebendas. II. 208. Sicilien 10. Febr. 1783, ebend. III. 274. Kluit index chro - nologicus etc. p. 294. sqq. — Die nordischen Mächte stell - ten überdieſs den Grundsatz auf, daſs auf dem baltischen Meer, als einem geschlossenen, keine Art von Feindselig - keiten statt haben dürfe. De Martens II. 84. 135 f. V. 276. Dawider erklärte sich England, in s. Declaration gegen Ruſsland, v. 18. Dec. 1807. Polit. Journal v. Jan. 1808, S. 88.
b)c)De Martens recueil, IV. 360. 365. 372. 381.
c)d)De Martens recueil, IV. 369. 371. 379.
d)e)Von Frankreich, s. de Martens recueil, IV. 346. 363. 366. 373. Von Spanien, ebendas. 348.
e)f)De Martens recueil, IV. 345. 368. VI. 203.
f)g)Daher, daſs die Neutralen manche Nachsicht genossen, und daſs den englischen Kreuzern und Capern ein schonenderes Betragen gegen sie eingeschärft ward. Hennings angef. Samm - lung, II. 65. Sogar ward ihnen Einführung von Waaren aus der Levante und dem mittelländischen Meer, und Han - del mit den englischen Antillen gestattet. Büsch Bestreben u. s. w., S. 274 f.
g)493§. 306. Fortsetzung.
Da auch diesem System zugleich die Be - stimmung war gegeben worden, daſs es zu Bil - dung der Grundlage eines allgemeinen SeeCodex dienen solle a), so wurden dessen Grundsätze bald in mehrere Handelsverträge vollständig auf - genommen b). Wenn Ruſsland und Preussen, während ihres Kriegs gegen das revolutionäre Frankreich (1793), sich genöthigt glaubten, von den Grundsätzen dieses Systems abzuwei - chen c), so war solches vorübergehend, und Schweden und Dänemark nahmen davon Anlaſs, sich von neuem an dasselbe anzuschliessen d).
a)„ Servant à former la base d’un code maritime universel “. Art. sép. 3. zu der angef. russisch-preuſs. Convention v. 8. Mai 1781. De Martens, II. 136. So auch das russische Mémoire an die neutralen Mächte, vom April 1790, in Dohm’s Materialien, IV. Lieferung, S. 180. — Fast gleichzeitig waren dieselben Grundsätze für einen allgemeinen SeeCodex in Vorschlag gebracht worden, von dem Verf. des 1780 er - schienenen (oben §. 291, Note a, angeführten) Werkes, La liberté de la navigation et du commerce.
a)b)Russisch-französischer Handelsvertrag v. 11. Jan. 1787, Art. 27. Russisch-sicilianischer Handelsvertrag v. 17. Jan. 1787, Art. 18. De Martens recueil, III. 15. 44. — Von den Folgen der bewaffneten Neutralität, für die Handlung jener Zeit, s. Büsch Welthändel (4. Ausg. ), S. 448 ff.
b)c)Russisch-englische Convention v. 25. März 1793, Art. 4. Preussisch-englische Convention v. 14. Jul. 1793, Art. 4. De Martens recueil, V. 117. 169. Russische Erklärung an Dänemark, v. 10. Aug. 1793, ebendas. V. 259.
c)d)Schwedisch-dänische Convention v. 27. März 1794. De Mar - tens recueil, V. 274.
d)494§. 307. 2 ) Seit dem J. 1800.
Die anhaltenden Kriegsverhältnisse zwischen Groſsbritannien und Frankreich - und dessen Bun - desgenossen, liessen die nordischen Mächte von neuem das Bedürfniſs fühlen, die Rechte der neutralen Flagge durch Schutzbündnisse zu sichern a). So entstand, in dem Jahr 1800, die zweite bewaffnete Neutralität. Ruſsland schloſs deſswegen verschiedene Verträge; am 16. Dec. 1800 mit Schweden und Dänemark b), etliche Tage nachher (18. Dec. 1800) auch mit Preus - sen c). Darin wurden die Grundsätze der er - sten bewaffneten Neutralität wiederholt, und verschiedene Zusätze und nähere Bestimmungen hinzugefügt. Diese betreffen, unter anderem, den Begriff der KriegsContrebande (§. 288); die Frage, in welchem Fall ein Schiff, das in einen bloquirten Hafen einzulaufen trachtet, als vertragwidrig handelnd zu betrachten sey (§. 297, Note b); daſs die Versicherung des die Convoi commandirenden Offiziers jede Vi - sitation ausschliesse (§. 293); die Verfahrungs - weise gegen neutrale Schiffe, in streitigen Prisen - Sachen.
a)Polit. Journal, 1801, April, S. 332 ff. Büsch Welthändel, S. 885 ff. Die §. 303, Note b, angeführten Letters of Sulpicius.
a)b)De Martens recueil, Supplément, II. 389. 399. Polit. Jour - nal, a. a. O. S. 333 ff.
b)c)De Martens a. a. O. II. 406.
c)495§. 308. Verdrängt durch neuere Verträge.
Dieser zweiten bewaffneten Neutralität, tra - ten nicht so viel Mächte bei, als der ersten, und sie war von noch kürzerer Dauer als diese. Sechs Monate später (17. Jun. 1801) gelang es England, durch eine SeefahrtConvention a) Ruſsland mit sich zu verbinden; eine Conven - tion, welcher auch Dänemark (im Oct. 1801) und Schweden (30. März 1802) beizutreten sich genöthigt sahen b). Darin ward zwar den Neu - tralen freie Fahrt nach den Häfen und Küsten kriegführender Mächte gestattet, nur mit Aus - nahme des Transports von KriegsContrebande und feindlichem Eigenthum: dagegen ward den Kriegsschiffen (nicht auch den Capern) krieg - führender Mächte das Recht eingeräumt, bei entstandenem Verdacht, auch die unter Convoi segelnden Kauffahrteischiffe der Neutralen zu visitiren.
a)De Martens recueil, Supplément, II. 476. Büsch Welt - händel, S. 891.
a)b)De Martens recueil, Supplément, III. 193. 196. Büsch, S. 889.
b)§. 309. Von Ruſsland wieder angenommen, und abermal aufgegeben, so wie auch von Schweden.
Inzwischen erklärte Ruſsland gegen Eng - land, am 16. Oct. (7. Nov.) 1807, die See -496fahrtConvention von 1801 auf immer für auf - gehoben; es bestätigte zugleich die Basis der bewaffneten Neutralität, und verpflichtete sich, „ nie von diesem System abzuweichen a) “. Um dieselbe Zeit erklärte auch Dänemark, und 1809 (13. März) Schweden, seinen Bruch mit England. Nachher ward zwischen Ruſsland und England, in dem Frieden von Oerebro (18. Jul. 1812), weder die SchiffahrtConvention von 1801 wieder hergestellt, noch das System der bewaffneten Neutralität angenommen. Man kam bloſs überein, daſs die Handelsverhält - nisse zwischen beiden Mächten wieder herge - stellt seyn sollten, nach Grundlagen, wie sie unter Nationen üblich seyen, die einander die gröſsten Vortheile zugestehen wollten, worüber noch nähere Bestimmungen gemacht werden sollten b). Schweden hingegen setzte in dem Frieden, den es an demselben Ort und Tag mit England schloſs, seine Handelsverhältnisse mit diesem Staat auf den Fuſs vom 1. Jan. 1791, nach den an diesem Tage gültig gewe - senen Verträgen, welche wiederholt und bestätigt wurden c).
a)Polit. Journal v. Dec. 1807, S. 1175. Journal politique de Mannheim, 1807, n. 338. Englische GegenDeclaration v. 18. Dec. 1807, in dem Polit. Journal v. Jan. 1808, S. 83. 90. Schoell pièces officielles, T. IX. p. 84. 88.
a)b)De Martens recueil, Supplém. T. VII. p. 227 et suiv.
b)c)De Martens l. c. T. V. p. 432.
c)497§. 310. Neue Beschränkungen der Schiffahrt und des Seehandels: a) durch Englands Betragen gegen die Neutralen.
In dem eben so hartnäckigen als lang - wierigen Kampf zwischen Frankreich und Eng - land, welcher sich vierzehn Monate nach dem Frieden von Amiens erneuerte (Mai 1803), ward nicht bloſs der Seehandel der Neutralen, son - dern jeder Seehandel, ja jeder Verkehr zur See, und hiemit zugleich der Landhandel in ganz Europa, in eine Lage gebracht, wie die Welt sie noch nie gesehen hatte. Die Nothwendigkeit eines allgemeinen SeeCodex ward dadurch nur fühlbarer. Groſsbritannien trachtete a), haupt - sächlich seit 1806, in dem Gefühl seiner See - Uebermacht, den von ihm schon früher in et - lichen Verträgen (§. 302, Note b, und §. 307), namentlich mit den Vereinigten Staaten von Nord - amerika und den Hansestädten, aufgestellten Grundsatz, daſs die Flagge die Waare nicht decke, gegen die Neutralen allgemein geltend zu machen. Es verband damit den Anspruch, daſs selbst die unter Convoi segelnden Schiffe sich der Visitation seiner Kriegsschiffe und Caper unterwerfen müſsten. Es nahm an, daſs ganze Küsten und Länder, in der weitesten Ausdeh - nung, in BloquadeStand gesetzt werden könnten, und dieses sogar durch bloſs wörtliche Erklärung498(blocus fictif ou sur papier); daſs hiezu jede beliebige öffentliche Bekanntmachung (blocus per notificationem), oder auch ein Kreuzen mit Kriegsschiffen (blocus de facto) hinlänglich sey; und daſs jedes nach solchen Küsten oder Häfen bestimmte neutrale Schiff so anzusehen sey, als habe es die Bloquade gebrochen, so bald nur wahrscheinlich sey, daſs ihm die Erklärung der Bloquade vor oder während seiner Fahrt schon bekannt gewesen sey b).
a)Vergl. Jacobsen’s pract. Seerecht, I. 556 — 665. Das oben §. 291 angef. pariser Mémoire von 1812, p. 16 sqq. Neueste Epoche des Welthandels zu Anfange des 19. Jahrhunderts; in v. Fahnenberg’s Magazin für die Handlung, 1812, Heft 2, S. 137 ff. — Solche Erweiterung des BloquadeBegriffs, ist England nicht allein eigen. Büsch in dem angef. Bestreben, S. 316. — Für England sind: Lord Liverpool’s discourse on the conduct of the Government of Great-Britain in re - spect to neutral nations. (Erschien nach dem siebenjährigen Krieg, und revidirt zu London 1801. 8.) Stephens war in disguise. (Erschien in dem siebenjährigen Krieg.) Jenkin - son’s discourse (angeführt oben §. 299). — Wider England sind: Morris answer to war in disguise. Eines Ungenann - ten Examination of the British doctrine, etc. Mémoire sur la conduite de la France et de l’Angleterre, à l’égard des neutres. à Paris 1810. 8. Das oben zu §. 291 angeführte Mémoire sur les principes etc., welches 1812 aus der kai - serlichen Druckerei zu Paris erschien. Die oben, §. 292, angeführten Schriften. Auch Galiani u. v. Steck a. a. O. — Ueber die Streitigkeiten zwischen England und Nordamerika, erschien zu Boston ein Werk, wovon Auszüge in dem Mo - niteur von 1810 oder 1811 stehen.
a)b)Wo das Gegentheil wahrscheinlich ist, pflegt der erste eng - lische Kreuzer, welchem ein solches Schiff begegnet, die BloquadeErklärung auf dessen Seepapiere zu notiren, um fer - nerhin mit Unwissenheit sich nicht entschuldigen zu können.
b)499§. 311. b) Durch das französische Continental - und brittische Blo - quadeSystem.
Diesen Behauptungen Englands, setzte Na - poleon, in den Jahren 1806 und 1807, durch Decrete von Berlin und Mailand datirt, sein ContinentalSystem als Repressalien entgegen; ein Verbot nicht nur alles Handels, sondern auch jedes andern Verkehrs mit England, na - mentlich des Handels mit englischen Fabrikaten und ColonialWaaren, für die Staaten Frank - reichs und der mit ihm verbündeten europäischen ContinentalMächte, so fern nicht besondere Er - laubniſs dazu (Licenz) von ihm ertheilt sey. — Diesem System begegnete Groſsbritannien, seit 1807, durch ein noch ausgedehnteres Bloquade - System, als sein voriges war (§. 310), festge - setzt durch eigene GeheimerathsOrdres a), nach welchen alle Häfen, Plätze und Küsten Frank - reichs und seiner Bundesgenossen, und alle an - dern, von welchen die brittische Flagge ausge - schlossen ist, in Absicht auf Handlung und Schiffahrt, als bloquirt anzusehen sind, und je - der Handel mit Producten und Fabrikaten der Länder und Colonien jener Staaten verboten ist. — Preussen, Dänemark, und Ruſsland traten 1807, Oestreich 1809, Schweden 1810, dem französischen ContinentalSystem bei b). — Die Vereinigten Staaten von Nordamerika er -500liessen, durch die Non-intercourse-Acte vom 1. Mai 1810, an ihre Unterthanen ein Verbot alles Handels nach den Staaten der kriegführen - den Mächte England und Frankreich c). — Ruſsland und Schweden verliessen das franzö - sische ContinentalSystem wieder im J. 1812 (§. 309), Preussen im J. 1813. Napoleon’s Fall, im J. 1814, machte diesem System auch auf Seite Frankreichs ein Ende. — Beide Systeme sind hier, nach ihren Grundsätzen und Quellen, bestimmter zu entwickeln d).
a)Orders of council. In teutschen Staats - und andern Schrif - ten oft unrichtig übersetzt, durch Cabinetsbefehle oder Ca - binetsOrdres. Sie werden aus dem Geheimenrath des (un - verantwortlichen) Königs von Groſsbritannien, nach der Stimmenmehrheit der (verantwortlichen) Geheimenräthe, er - lassen. Vergl. ConversationsLexicon (5. Ausg. Leipz. 1818 ff. 8.), voc. GeheimerathsBefehl, Th. III, S. 352 ff.
a)b)Büsch Welthändel, S. 1000, 1013 ff. u. 1080. Das angef. pariser Mémoire v. 1812, S. 24 — 29. Bericht an Napoleon von seinem Minister der auswärt. Angelegenheiten, v. 10. März 1812, in v. Martens recueil, Suppl. V. 530. Fran - zösisch-preussischer Fr. zu Tilsit v. 9. Jul. 1807, Art. 27. Preussische Erklärungen wider England, v. 1. Dec. 1807 u. 20. März 1812. Dänisches Patent v. 30. Oct. 1807, in dem Journal de Francfort, 1807, n° 332. Russische Erklärung v. 16. Oct. (7. Nov.) 1807, in dem Polit. Journal v. 1807, S. 1169, u. in Schoell’s pièces officielles, T. IX. p. 84. Russischer Ukas, in dem Journal de Francfort, 1807, n° 332. Oestreichisch-französischer Fr. zu Wien v. 14. Oct. 1809, Art. 16. Russisch-schwedischer Fr. zu Friedrichshamm v. 17. Sept. 1809, in v. Martens recueil, Suppl. V. 22. 30. Französisch-schwedischer Fr. zu Paris v. 6. Jan. 1810, eben - das. V. 233. Vertrag zwischen Holland u. Frankreich, vom 16. März 1810, ebendas. V. 327.
b)c)Dieses Verbot ward in Hinsicht auf Frankreich wieder auf -501gehoben, schon in dem J. 1810, in Hinsicht auf England hingegen bestätigt, in dem J. 1811, welches Anlaſs gab zu Krieg mit diesem. Vergl. unten §. 316, Note d.
c)d)Man s. auch: Manuel diplomatique sur le dernier état de la controverse concernant les droits des neutres sur mer. Leipsic 1814. 8. Auch unter folgendem Titel: Le Traité d’Utrecht réclamé par la France, ou coup d’œil sur le sys - tème maritime de Napoléon.
d)§. 312. Französisches ContinentalSystem. Nach Decreten, aus Berlin 1806.
Napoleon’s ContinentalSystem, für alle sei - ne eigenen und conföderirten („ directen und in - directen “) oder unter seinem Einfluſs stehen - den Staaten, ward festgesetzt durch ein Decret aus seinem Heerlager zu Berlin vom 21. Nov. 1806 a). Die Hauptbestimmungen sind folgen - de. Die brittischen Inseln sind in Bloquade - Stand erklärt. Jeder Handel, jeder Briefwechsel mit ihnen, ist verboten. Briefe und Packete, nach England, oder an einen Engländer adres - sirt, oder in englischer Sprache geschrieben, sollen auf den Posten nicht befördert, sondern weggenommen werden. Jeder englische Unter - than, welchen französische oder alliirte Trup - pen finden, soll Kriegsgefangener seyn. Jedes englische Magazin, Waare, oder Eigenthum, soll confiscirt werden. Der Handel mit englischen Waaren, ist verboten. Jede Waare, die England gehört, oder aus seinen Fabriken und Colonien502kommt, ist zu confisciren b). In keinem Hafen darf ein Schiff aufgenommen werden, welches direct aus England oder seinen Colonien kommt, oder seit diesem Decret daselbst gewesen ist. Jedes Schiff, welches durch falsche Declaration dieser Verfügung zuwider handelt, wird, gleich englischem Eigenthum, sammt seiner Ladung confiscirt.
a)Moniteur 1806, n. 339. Auch in dem angef. pariser Mé - moire sur les principes et les lois de la neutralité armée (1812. 8. ), p. 145, in dem Journal de Francfort 1810, n° 274, in dem angeführten ContinentalSystem (Leipz. 1812. 8. ), in dem Polit. Journal vom Nov. 1806, S. 1179, u. in dem Recueil de pièces officielles etc. par Fred. Schoell, T. IX. p. 344. — Die merkwürdige Botschaft vom 21. Nov. 1806, womit dieses Decret dem Senat zu Paris zugefertigt ward, steht in dem Polit. Journal, Dec. 1806, S. 1227.
a)b)Eine ähnliche Verordnung findet sich schon in den Régle - mens de la France pour les armateurs de 1704, art. 3 et 4, bei Lamberty T. XIII, p. 435, et de 1744, art. 3 et 4, bei Real, science du gouvernement, T. V, ch. 2, sect. 6. — Beurtheilung solcher Vorschriften, bei Schmidlin diss. cit. §. 45.
b)§. 313. Und aus Mailand 1807.
Weiter noch gieng Napoleon’s Decret aus Mailand vom 17. Dec. 1807 a). Durch dieses wird jedes Schiff, von welcher Nation es sey, so bald es eine Visitation von einem englischen Schiff geduldet, oder sich einer Reise nach Eng - land unterworfen, oder der brittischen Regie - rung irgend eine Abgabe entrichtet hat, für ent - nationalisirt (dénationalisé) erklärt b); es sollals503als englisches Eigenthum angesehen, und, wenn es ergriffen wird, für gute Prise erklärt werden. Jedes Schiff, von welcher Nation es sey, und woraus immer seine Ladung bestehe, wenn es aus einem Hafen Englands, oder aus englischen, oder von England occupirten Colonien kommt, oder wenn es nach England, oder in englische Colonien, oder in Länder bestimmt ist, die von englischen Truppen besetzt sind, soll ge - nommen, und dem Nehmer als gute Prise zu - erkannt werden. Diese Verfügungen, eine blosse Erwiederung des von England angenommenen Systems, verlieren ihre Kraft, so bald England zu den Grundsätzen des Völkerrechtes zurück - gekehrt seyn wird.
a)Moniteur v. 26. Dec. 1807. Auch in dem angef. pariser Mémoire, p. 158. Journal de Francfort, 1807, n° 365, u. 1810, n. 274. Polit. Journal v. J. 1808, S. 99. u. in dem angef. Recueil von Schoell, T. IX. p. 360. — Wie - derholt wurden diese Grundsätze, in einer französischen Note an den nordamerikanischen Gesandten zu Paris, im Febr. 1810, in den mannheimer Nouvelles littéraires et po - litiques, 1810, n. 62. 63. — Ausserdem erlieſs Napoleon am 11. Jan. 1808 zu Paris ein SupplementDecret, wegen Entdeckung oder Verheimlichung einer Uebertretung der berliner und mailänder Decrete. Polit. Journal v. Jan. 1808, S. 101. — Späterhin ward theils die Verbrennung aller vorgefundenen englischen Fabrikwaaren, theils, unter gewissen Bedingungen und Abgaben, die Einfuhr englischer ColonialWaaren auf französische Erlaubniſsscheine oder Frei - briefe (Licenzen), so wie nichtenglischer Colonial - u. Fa - brikwaaren gegen Ursprungscheine (certificats d’origine), ver - fügt. — Auch belegte Napoleon alle, erlaubterweise ein - geführten ColonialWaaren mit starkem Impost, durch ein Decret aus Trianon v. 5. Aug. 1810, (Journal de Francfort,Klüber’s Europ. Völkerr. II. 335041810, n° 225 et 274, u. in v. Martens recueil, Suppl. V. 515.) und durch ein zweites, vom 12. Sept. 1810.
a)b)Das heiſst, der Rechte der neutralen Flagge verlustig werden.
b)§. 314. Englisches geschärftes BloquadeSystem.
Die durch Frankreich, im März 1806, veranlaſste Sperre des englischen Handels in den Häfen des nördlichen Teutschlandes, bewog Groſsbritannien zu einer GegenMaasregel. Durch eine GeheimerathsOrdre (order of council, ordre de conseil) vom 16. Mai 1806 a) wurden alle Küsten, Flüsse, und Häfen, von der Elbe bis zu dem Hafen von Brest, diesen miteingeschlos - sen, in BloquadeStand erklärt; doch so, daſs neutrale Schiffe, mit Waaren beladen, die weder feindliches Eigenthum noch KriegsContrebande wären, frei an den gedachten Küsten landen, oder in die genannten Flüsse und Häfen ein - laufen, oder von dort absegeln dürften, nur mit Ausnahme der Küsten, Flüsse und Häfen von Ostende bis zur Seine, und daſs jene Schiffe ihre Ladung nicht in einem den Feinden Groſs - britanniens gehörigem, oder in deren Besitz befindlichem Hafen eingenommen hätten, oder, wenn sie aus einem der oben gedachten Flüsse oder Häfen kämen, nicht für einen der letzt - gedachten Häfen bestimmt seyen, und daſs sie früher nicht die Bloquade gebrochen hätten. — Eine zweite brittische GeheimerathsOrdre vom5057. Jan. 1807 b), welche dem berliner Decret Napoleon’s entgegengesetzt ward, verordnet: „ daſs keinem Schiff erlaubt sey, von einem Hafen zu dem andern Handlung zu treiben, wenn diese beiden Häfen Frankreich oder dessen Alliirten gehörten, oder in deren Besitz seyen, oder so sehr unter deren Controle stünden, daſs brit - tische Schiffe nicht frei dahin handeln könnten. Jedes neutrale Schiff, welches auf erhaltene War - nung oder Nachricht von dieser Ordre, dersel - ben zuwider handelt, solle genommen, auf - gebracht, und nebst der Ladung als gesetzmäsige Prise (lawful prize) verurtheilt werden “.
a)London Gazette v. 20. Mai 1806. Polit. Journal v. Jun. 1806, S. 632. Recueil de pièces officielles, publié par F. Schoell, T. IX, p. 350. De Martens recueil, Suppl. V. 436. Das angef. pariser Mémoire von 1812, S. 144.
a)b)London Gazette v. 11. Jan. 1807. Polit. Journal v. Jan. 1807, S. 81. Schoell’s angef. recueil, T. IX. p. 350. Mar - tens l. c. V. 444. Das angef. pariser Mémoire, p. 149.
b)§. 315. Fortsetzung.
Da auch Napoleon, durch das berliner Decret, die brittischen Inseln in BloquadeStand erklärt hatte, so verfügte eine dritte brittische GeheimerathsOrdre, vom 11. Nov. 1807 a): „ daſs alle Häfen Frankreichs und seiner Alliirten, oder irgend eines andern Landes, das mit Groſsbri - tannien in Krieg sey, oder solcher Länder, von welchen die brittische Flotte ausgeschlossen sey,506wenn gleich sie mit Groſsbritannien nicht in Krieg wären, und alle andern Häfen und Plätze in den Colonien, die den Feinden Groſsbritan - niens gehörten, in Absicht auf Handel und Schiffahrt denselben Einschränkungen b) unter - worfen seyn sollten, als wenn sie durch brit - tische Seemacht aufs strengste bloquirt wären; daſs aller Handel mit Waaren, welche Producte oder Manufacturen der genannten Länder sind, als ungesetzmäsig (unlawful) solle betrachtet werden; daſs jedes Schiff, welches von oder nach gedachten Ländern oder Colonien handle, mit allen Gütern an Bord solle genommen, und als Prise dem Nehmer zuerkannt werden; daſs jedes Schiff, welches über seine Ladung einen Ursprungschein (certificat d’origine) bei sich führe, worin bescheinigt sey, daſs die Artikel der Ladung keine Producte oder Manufacturen brittischer Besitzungen seyen, als rechtmäsige Prise dem Nehmer zugleich mit denjenigen darin verladenen Gütern zuerkannt werden solle, wel - che der Person oder denen Personen gehörten, durch die oder zu deren Behuf ein solches Do - cument an Bord gekommen sey c) “.
a)Supplement zu der London Gazette v. 14. Nov. 1807. Polit. Journal v. Dec. 1807, S. 1229. Das angef. pariser Mé - moire, p. 151. Journal de Francfort, 1807, n° 347 sq. Schöll’s angef. Recueil, T. IX. p. 353. Martens l. c. Suppl. V. 446.
a)b)Hievon wurden in derselben GeheimerathsOrdre verschie - dene Ausnahmen gemacht, und noch andere in 3 Geheime - rathsOrdres, vom 25. Nov. u. 18. Dec. 1807, und v. 30. März5071808. Sie zweckten zum Theil darauf ab, daſs diejenigen neutralen Schiffe, welche in andere als englische Häfen ein - laufen wollten, vorher in England vor Anker gehen, da - selbst Licenzen nehmen, und gewisse Abgaben entrichten sollten. — Auch ertheilte England, so wie Frankreich, CommerzialLicenzen an viele Schiffe; einst in einem Jahr bis auf 16000, in dem J. 1811 ungefähr 8000. Erinnerun - gen dagegen, in der ParlamentsSitzung vom 28. Febr. 1812. Gazette de Francfort, 1812, n° 79. — Dieses Licenzen - System ward vorzüglich von England und Frankreich, be - sonders seit 1808, in Ausübung gebracht. Sehr nachtheilig wirkte dasselbe auf die Moralität in der Handelswelt. Aus - führlich wird davon gehandelt in dem ConversationsLexicon (2. Ausg. Leipz. 1812 ff. 8.), v. Licenzen, Th. III, S. 128 — 142, u. Anhang, S. CIII — CX. Georgius Versuch einer Darstellung der LicenzenGeschichte. Nürnb. 1814. 8. v. Fah - nenberg’s Magazin für Handlung, Heft 1, S. 73.
b)c)Noch zwei andere GeheimerathsOrdres, gleichfalls vom 11. Nov. 1807, enthalten besondere Bestimmungen, die eine über einzelne Schiffahrtfälle, die andere über den Verkauf von Schiffen von Kriegführenden an Neutrale, welcher für ungesetzmäsig, und in Ansehung des übertragenen Besitzes für ungültig erklärt wird. Journal de Francfort 1807, n° 356. Polit. Journal v. Dec. 1807, S. 1234. — Vergl. übrigens von diesem BloquadeSystem: Effets du blocus continental sur le commerce, les finances, le crédit, et la prospérité des îles britanniques; par François d’Ivernois. Londres 1810. 8.
c)§. 316. Widerruf der brittischen GeheimerathsOrdres. Ende des ContinentalSystems.
Die GeheimerathsOrdre vom 11. Nov. 1807, ward in einer folgenden vom 26. April 1809 a) dergestalt widerrufen und annullirt, daſs sie ausnahmweise nur noch gelten sollte von allen holländischen Häfen bis zu und mit Einschluſs der Ems, von allen französischen Häfen, von508den Häfen derjenigen Colonien, Etablissements und Besitzungen, welche von Frankreich und Holland abhiengen, und von den Häfen des nördlichen Theils von Italien, von Pesaro bis und mit Orbitello. Dieser Widerruf bezog sich also auf das nördliche Europa und das mittägliche Italien b). — Da in der Folge durch ein französisches Decret vom 28. April 1811 c), die berliner und mailänder Decrete in Ansehung der nordamerikanischen Schiffe waren aufgehoben worden, so erfolgte durch eine brittische Ge - heimerathsOrdre vom 23. Jun. 1812 d) ein Widerruf der GeheimerathsOrdres vom 7. Jan. 1807 und 26. April 1809, so viel die nord - amerikanischen Schiffe und Ladungen betrifft, so weit solche amerikanisches Eigenthum seyen. — Mit Napoleon (1814), fiel sein ganzes Continental - System.
a)Journal de Francfort 1809, n° 141. Schöll’s angef. Re - cueil, T. IX. p. 363. v. Martens recueil, Suppl. V. 483. v. Fahnenberg’s Magazin für die Handlung, 1811, Heft I, S. 50.
a)b)So ward er ausdrücklich erklärt von einem englischen Par - lamentsRedner, in der Sitzung vom 28. Febr. 1812. Ga - zette de Francfort, 1812, n° 79.
b)c)Auf dieses Decret wird sich bezogen in der brittischen Ge - heimerathsOrdre vom 23. Jun. 1812, und in der franzö - sischen Note 5 zu der brittischen Erklärung v. 21. April 1812. Gazette de Francfort 1812, n° 134. v. Martens a. a. O., Suppl. V. 542.
c)d)Gazette de Francfort 1812, n° 212. Schöll’s angef. Re - cueil, T. IX. p. 370. — Officielle Erklärungen Frankreichs, in der Sitzung des Senats v. 10. März 1812. Moniteur v. 16. März 1812. Gazette de Francfort, 1812, n° 81. Schöll’s509angef. Recueil, T. IX. p. 370. v. Fahnenberg’s angef. Ma - gazin, 1812, Heft II, S. 111 ff. — Brittische Gegenerklä - rung v. 21. April 1812, ebendas. n° 133. 134. 135. in Schöll’s angef. Recueil, T. IX. p. 379. und in v. Fahnenberg’s Ma - gazin, 1812, Heft V, S. 373 ff. — Man vergl. ebendas., Heft VI, S. 469 ff. 548 ff., Jahrg. 1813, Heft I, S. 1 ff. Botschaft des Präsidenten der Vereinigten Staaten von Ame - rika, datirt Washington den 12. Jul. 1813, in dem Moniteur universel von 1813, n° 287, u. in der Gazette de Francfort, 1813, n° 297 — 300. — Nordamerikanische und brittische Erklärungen, bei Martens l. c. Suppl. V. 455. 459. 475. 487. 508. 538. 540. u. in der Gazette de Francfort, 1811, n° 118. 119. 121. 122. 124. und von 1812, n° 63. 66. 79. 80. 88. Botschaft des Präsidenten der Vereinigten Staaten von Nord - amerika an den Congreſs, v. 4. Nov. 1812, ebendas. Jahr - gang 1813, Num. 26 ff. Brittische Gegenerklärung v. 9. Jan. 1813, ebendas. 1813, Num. 27, 28, 35 — 37. — Ueber die Zurücknahme der englischen CabinetsOrdres; in der Minerva vom Sept. 1812, S. 448 — 471.
d)III. CAPITEL. RECHT DES FRIEDENS.
§. 317. Beendigung streitiger Verhältnisse. Beweisführung. Weg der Gewalt.
Die Beendigung streitiger Verhältnisse unter Staaten a), hat auf verschiedene Art statt b). Bei einem Streit über zweifelhafte Thatsachen, sind, zu Vermeidung der Selbsthülfe, zuvörderst beide Theile gegenseitig verpflichtet zu dem Ver - such einer Beweisführung c). So fern nachher, oder bei dem Streit über einen Rechtspunct, jeder das Recht auf seiner Seite zu haben glaubt,510steht es einzig in dem Willen beider Theile, auf welchem Weg sie ihren Streit beendigen wollen. Wählen sie den Weg der Gewalt, so treten die verschiedenen Arten der Selbsthülfe ein, welche oben (§. 234) angezeigt sind.
a)B. C. Struv jurisprud. heroica, T. I. c. 1. p. 6. — 95. A. G. S. Haldimand diss. de modo componendi controver - sias inter aequales, et potissimum arbitris compromissariis. Lugd. Bat. 1738. 4. J. G. Daries de modis in statu na - turali componendi controversias, in specie de bello judicia - li; in Ejus obss. jur. nat., soc. et gent., Vol. II. (Jen. 1754. 4. ) obs. 68. p. 344. sqq. Moser’s Versuch, VIII. 391 ff. 449 ff. v. Ompteda’s Lit. II. 604.
a)b)Schriften von Ansprüchen (Prätensionen) oben §. 25, Note b, und in v. Ompteda’s Lit. II. 605 ff.
b)c)Daries l. c. §. 6. sqq.
c)§. 318. Weg des Rechtes.
Beide Theile sind, vermöge ihrer politi - schen Unabhängigkeit, nicht schuldig, einen Richter anzuerkennen. Eben so wenig ist einer von beiden, ohne Einwilligung des andern, be - rechtigt, das Richteramt in eigener Sache zu verwalten. Rechtliche Entscheidung ist daher nur zulässig, wenn beide Theile einwilligen. Diese Einwilligung erfolgt vertragmäsig durch Compromiſs; es sey nun, welches nicht leicht der Fall seyn wird, auf einen der streitenden Theile selbst, oder auf einen oder mehrere Dritte, als Schiedsrichter a) (arbiter). Nicht nur Mitglieder des einen, oder beider streiten - den Staaten, sondern auch dritte Staaten oder511deren Mitglieder, können zu dem Amt des Schieds - richters erwählt werden. Nimmt der Erwählte den Antrag an, so ist er berechtigt und ver - pflichtet, nach hinlänglicher Erörterung und Prü - fung der Streitsache, den Grundsätzen des Völ - kerrechtes gemäſs, das streitige Recht durch ei - nen Rechtspruch (laudum) richterlich festzusetzen. Ob und wie weit suspensive oder devolutive Rechtsmittel, etwa durch Berufung auf einen erwählten höheren Schiedsrichter oder Obmann (superarbiter) statt finde, und diesem oder dem ersten Schiedsrichter ein Recht zu Vollziehung des Richterspruchs zustehe? hängt ab von dem Inhalt des Compromisses.
a)Vergl. oben, §. 163. Haldimand diss. cit. De Bielfeld institutions politiques, II. 152. Bynkershoek de foro lega - torum, c. 23. Kluit hist. federum Belgii federati, II. 500. sq. Beispiele von 1674 u. 1678, in Du Mont corps dipl. T. VII, P. 1, p. 253, §. 8 et 9, T. VII, P. 1, p. 365; von 1263, 1491, u. 1697, in Flassan’s hist. de la dipl. franç. I. 124. 257. IV. 159. — Dieses Mittel ist seit etlichen Jahrhunderten sehr vernachlässigt worden. Nach den Manifesten zu urtheilen, war nie ein Souverain, der nicht ungern Krieg führte, und der nicht mit Freude Alles gethan hätte, ihn zu vermeiden. Warum wird denn kein Streit unter Staaten mehr, wie ehehin, durch Schiedsrichter geschlichtet? Höchstens nimmt man Vermitt - lung an, aber meist ohne Erfolg. So ist denn Krieg jetzt fast das einzige Mittel, Rechte gegen Verletzung aufrecht zu erhalten. — Es giebt Beispiele, daſs Mächte die Ent - scheidung ihrer Streitigkeiten durch einen Schiedsrichter - Spruch, einem Gerichtshof oder rechtsgelehrten Commis - sarien überlassen haben. Du Mont corps dipl. T. VI, P. 3, p. 41 (1665); Westphal’s teutsches Staatsrecht, S. 444; Rys - wiker Fr. zw. Oestreich u. Frankr., 1697, Art. 8 u. Separat - Artikel, das laudum v. 1701 u. der obmannschaftliche Spruch512des Papstes v. 1702, bei Du Mont, T. VIII, P. 1, p. 6 et 98 (oben §. 50 b); Acte final du congres de Vienne, art. 69, u. Klüber’s Acten des wiener Congresses, VI. 470. Teutsche BundesActe v. 1815, Art. 11. Man s. auch Flassan l. c. I. 256. 261. III. 200. Wenn jedoch grosse Mächte auf Schiedsrichter compromittirten, so geschah es fast immer nur bei Gegenständen von minderer Bedeutung.
a)§. 319. Weg der Güte. Friede.
Beilegung des Streites in dem Weg der Güte, findet nur statt nach Uebereinkunft bei - der Theile. Widerrechtlich ist es nicht, hiezu das Loos (sors) zu wählen a); wiewohl in der neuern Zeit man sich dessen höchst selten be - dient hat, und noch weniger des in der Vor - zeit zuweilen vorgekommenen Zweikampfes durch beiderseitige Stellvertreter b). Weit gewöhn - licher ist Vergleich oder gütliche Ueberein - kunft c) (Sühnevertrag, amica litis compositio). Er kann zu Stande kommen, durch unentgelt - liches Nachgeben von Seite des einen Theils (re - missio gratuita), aber auch durch Vergleich in dem engern Sinn, Ausgleichung mittelst Vergel - tung, welche erfolgt durch Gebung, Verspre - chen, oder Zurückbehaltung einer Sache oder eines Rechtes (transactio). Beide Rechtsgeschäfte heissen, wenn dadurch ein Krieg beendigt wird, Friede d) (pax, la paix).
a)Grotius lib. II. c. 23. §. 9. F. C. v. Moser von dem Ge - brauch des Looses in Staatssachen; in den wöchentl. frankf. Abhandlungen 1755, St. 8 u. 11, und in Schott’s jurist. Wochenblatt, III. Jahrgang, S. 615 — 652. Gonne, in Sie - benkees jurist. Magazin, I. 26 ff. 34. J. F. Ludovici diss. de judicio fortunae. Hal. 1702. Chr. Wildvogel pr. de513eod. arg. Jen. 1708. 4. F. A. Junius de sorte remedio subsidiario causas dubias dirimendi. Lips. 1746. 4.
a)b)Vergl. oben §. 234.
b)c)Moser’s Versuch, VIII. 406.
c)d)Schriften in v. Ompteda’s Lit. II. 662 — 666. u. in v. Kamptz neuer Lit., §. 321. — Vattel liv. IV. Ueber Friedens - verträge, von Gerard von Rayneval; in der Zeitschrift Mi - nerva, Dec. 1814, S. 353 ‒ 374. — In der neuern Zeit endigt ein Krieg nicht leicht ohne förmlichen Friedensvertrag; wie der Krieg zwischen Frankreich und Spanien, im J. 1720, Flassan l. c. IV. 484.
d)§. 320. Vorbereitungen des Friedens. Unterhandlungen, gute Dienste und Vermittlung.
Dem Friedensschluſs gehen meist gewisse Vorbereitungen voraus. Kriegsglück oder Un - glück, und Politik, veranlassen Friedensvorschlä - ge. Diese erfolgen, entweder von einem der kriegführenden Theile, bald unmittelbar, bald mittelbar, oder von dritten Mächten, welche aus eigener Bewegung, oder auf Ersuchen, ihre guten Dienste (bona officia, bons offices) an - wenden a) (§. 160). Werden die Vorschläge angenommen, welches zuweilen nur bedingungs - weise geschieht, z. B. gegen Abschliessung ei - ner PräliminärConvention b), so kommt es, mit oder ohne Waffenstillstand, zu Unterhandlungen (FriedensTractaten, négociations de paix). Diese haben statt, ohne, oder unter Vermittlung (mé - diation) dritter Mächte c).
a)Moser’s Versuch, X. 2. 203 — 223.
a)b)Wie am 8. Oct. 1711 u. 19. Aug. 1712, vor dem Congreſs zu Utrecht. Büsch Welthändel, S. 266. 269.
b)c)Hievon oben §. 160.
c)514§. 321. Art und Ort der Unterhandlungen.
Die Unterhandlungen wegen des Friedens, können auf zweifache Art statt haben; in Con - ferenzen, wo die Unterhändler sich in förm - lichen Sitzungen versammeln, und in schrift - lichen Verhandlungen. Nicht leicht geschehen sie unmittelbar zwischen den beiderseitigen Sou - verainen. Auch eine blosse ministerielle Cor - respondenz a), von Hof zu Hof, führt selten zum Ziel. Es werden daher jetzt in der Regel Bevollmächtigte gesendet b), welche die Vor - rechte der Gesandten, wie in Friedenszeiten, geniessen (Friedensgesandte). Diese unterhan - deln mit einander, entweder unmittelbar, oder mittelbar, durch Vermittler. Wenn in dem er - sten Fall Conferenzen statt haben, so sind darin zuweilen Gesandte vermittelnder Mächte (§. 160) gegenwärtig, welchen dann die ersten Plätze und andere Ehrenvorzüge eingeräumt werden. Wird schriftlich unterhandelt, durch einen oder mehrere Vermittler, wie auf dem Congreſs zu Teschen, so sendet jeder von beiden Theilen seine Anträge und Entwürfe, mittelst diploma - tischer Noten, an den Bevollmächtigten der ver - mittelnden Macht; dieser theilt solche dem Geg - ner mit, und empfängt und übersendet hierauf, in derselben Art, die Antwort und Gegenent - würfe. — Die Wahl des CongreſsOrtes c), die515Fragen, ob Gesandte von dritten Mächten, und von welchen, daselbst zuzulassen seyen d), mit welchem Ceremoniel, und in welchem Locale die Conferenzen gehalten, und wie die Ge - schäfte darin behandelt werden sollen e), die Neutralität des CongreſsOrtes, wenn während des Congresses kein allgemeiner Waffenstillstand statt hat, die persönliche Sicherheit der anwe - senden, und der ab - und zureisenden gesand - schaftlichen Personen und Couriere, u. d., sind bisweilen Gegenstand einer eigenen Präliminär - Convention.
a)Damit fiengen 1761 die Unterhandlungen zwischen Frank - reich und Groſsbritannien an, aber man überzeugte sich bald von der Nothwendigkeit Gesandte zu schicken. Mo - ser’s Versuch, X. 2. 195 ff.
a)b)Bald an den Hof des feindlichen Souverains, bald an einen dritten Ort. Moser’s Versuch, X. 2. 198. 202. Friedens - unterhandlungen zu Versailles 1783, zu London 1801, zu Paris 1810 (mit Schweden), und in den Jahren 1814 und 1815; andere, zu CampoFormio 1797, zu Presburg 1805, zu Tilsit 1807.
b)c)De Real, science du gouvernement, T. V, p. 616 et suiv. Moser’s Grundsätze des europ. VR. in Friedenszeiten, S. 527 — 571. A. E. Rossmann von den Ausflüchten im Völker - recht, §. 14; in Siebenkees jurist. Magazin, Bd. I, S. 50. — Von FriedensCongressen s. Bielfeld institutions politiques, II. 150. sq. Moser’s Versuch, X. 2. 233 — 309. Ueber po - litische Congresse; in der Minerva, Jun. 1813, S. 395 — 422. Von dem wiener Congreſs, s. man Klüber’s Uebersicht der diplomat. Verhandlungen des wiener Congresses. Frankf. 1816. 8. — Schriften von Congressen, in v. Kamptz neuer Lit., §. 145, 299 u. 323.
c)d)Schwierigkeiten deſshalb wurden mehrmal gemacht, z. B. auf dem westphälischen FriedensCongreſs, auf dem zu Breda5161747, auf dem rastatter 1797, wegen Zulassung russischer und schwedischer Gesandten. Auf den Congressen zu Lü - néville 1801, und zu Amiens 1801 und 1802, wurden Ge - sandte dritter Mächte nicht zugelassen.
d)e)J. Bernard sur les diverses cérémonies qu’ont employées les différentes nations dans les traités de paix et d’alliance; in s. Recueil des traités de paix etc., auch in Du Mont’s corps diplomatique. Christ. Weber diss. de paciscendi modo Lips. 1649. 4.
e)§. 322. Friedensschluſs.
Sind die Versuche den Frieden herzustel - len fruchtlos, und will oder erwartet man kei - nen günstigen Erfolg von weitern Friedenshand - lungen, so werden diese abgebrochen, und die Feindseligkeiten erneuert a). Glücken aber die Versuche, so kommt ein Friedensschluſs zu Stande, ein Vertrag, wodurch der Krieg be - endigt wird. Von einem Waffenstillstand un - terscheidet er sich wesentlich dadurch, daſs er für immer errichtet wird, und in diesem Sinn heiſst er ein ewiger Vertrag b) (pactum aeter - num). In der Regel, wird irgend eine Haupt - bestimmung zur Grundlage (Basis), wie der Unterhandlungen also auch des Friedensschlus - ses, genommen. Man wählt hiezu, bald den Besitzstand, wie er war bei dem Ausbruch des Kriegs (Status quo strict, Status quo ante bel - lum), oder zu der Zeit des Friedensschlusses (das Uti possidetis), oder in einem andern Zeit - punct (dies, mensis, vel annus decretorius,517normalis, criticus); bald geht man aus von ge - wissen Compensationen, von einseitigen oder wechselseitigen Abtretungen, ohne Rücksicht auf Rechts - und Besitzstand.
a)Vergl. Moser’s Versuch, X. 2. 223 — 232. Dav. Stavinsky diss. de pacis rejectione. Regiom. 1717. 4.
a)b)„ Ut pax pia aeterna sit “, war die altrömische Formel. Brissonius de formulis populi rom., lib. IV. c. 49.
b)§. 323. Präliminär - und DefinitivFriede. SeparatFriede.
In der Regel, wird ein DefinitivFriede ge - schlossen a). So fern aber vorläufig bloſs ge - wisse Hauptpuncte vertragmäsig festgesetzt, und die Festsetzung anderer Puncte noch ausgesetzt bleibt, um mit jenen in der Folge in ein Haupt - Instrument zusammengefaſst zu werden, heiſst der Vertrag, welcher jene enthält, Präliminär - Friede oder FriedensPräliminarien b). Die Form des letzten c), ist zuweilen minder feierlich als bei einem DefinitivFrieden: aber er ist darum nicht minder verbindend, wenn nicht seine ver - bindende Kraft von Abschliessung des Definitiv - Friedens abhängig gemacht worden ist. In der Regel wird der Friede zu gleicher Zeit von al - len, in denselben Krieg verwickelt gewesenen Mächten geschlossen. Ohne Einwilligung ihres Alliirten, ist, im Zweifel, keine derselben berech - tigt, wegen des Friedens zu unterhandeln, oder einen SeparatFrieden zu schliessen (§. 270).
518a)Davon s. Vattel, liv. IV, ch. 2. Moser’s Versuch, X. 2. 360 ff.
a)b)Moser’s Versuch, X. 2. 356 ff. Kluit hist. federum Belgi federati, II. 501. Schriften in v. Ompteda’s Lit., §. 324. u. v. Kamptz neuer Lit., §. 324. — Beispiele aus dem 18. u. 19. Jahrhundert, sind die FriedensPräliminarien zu Wien 1735, Breslau 1742, Åbo 1743, Füssen 1745, Aachen 1748, Fontainebleau 1762, Paris 1783, Jassy, 1791, Leoben 1797, Paris 1800 (nicht ratificirt), London 1801.
b)c)Von Unterzeichnung desselben, s. Moser’s Versuch, X. 2. 377 ff.
c)§. 324. Amnestie.
Wesentlich bei jedem Friedensschluſs, und daher im Zweifel stillschweigend darin begriffen, ist die Amnestie a) (lex oblivionis), eine ver - tragmäsige Erklärung beider Theile, daſs das bisherige feindselige Verhältniſs als gänzlich be - seitigt anzusehen sey, mithin nicht wieder als Ursache eines Kriegs dienen dürfe. Was nicht Ursache oder Gegenstand des Kriegs war, ist unter der Amnestie nicht begriffen b).
a)Vattel, liv. IV, ch. 2, §. 20. sqq. De Steck obss. sub - seciv. n. 13. Westphal’s teutsches Staatsrecht, S. 25 ff. Moser’s Versuch, X. 2. 522. Waldner de Freundstein diss. de firmamentis conventionum publicarum, c. 1. §. 14. v. Om - pteda’s Lit. II. 669. v. Kamptz neue Lit., §. 329. — Daſs die Amnestie ausdrücklich müsse bedungen werden, behaup - tet Henr. Cocceji diss. de postliminio in pace et amnestia (Francof. ad Viadr. 1691, u. in s. Exereit. curios. Vol. I. n. 78.), §. 8. Man s. aber Westphal a. a. O. S. 25 ff. u. Schröder elem. juris nat., soc. et gent. §. 1148.
a)b)Vattel a. a. O. §. 22. Schröder l. c. §. 1149. Westphal a. a. O. S. 27 ff. — Hierauf bezieht sich die Regel: was nicht Ursache zum Krieg gewesen, müsse auch nicht Ur -sache519sache des Friedens seyn. A. E. Rossmann von den Aus - flüchten im Völkerrecht, §. 11, in Siebenkees jurist. Magazin, Bd. I, S. 48. 61.
b)§. 325. Verbindlichkeit des Friedensschlusses.
Wäre zu der Rechtsgültigkeit eines Frie - densschlusses nothwendig, daſs die darin ent - haltenen Bestimmungen, in Ansehung der Kriegs - ursache und der beiderseitigen Kriegshandlungen, den Forderungen der Gerechtigkeit durchaus ge - mäſs seyen, so würden die Unterhandlungen unter kriegführenden Mächten, welche keinen Richter anerkennen, nie, oder doch höchst sel - ten, zu einem Frieden führen. Zu Erlangung des Friedens ist daher in der Regel kein an - deres Mittel übrig, als die Rechtmäsigkeit oder Unrechtmäsigkeit jener Ursachen und Handlun - gen auf sich beruhen zu lassen, und die Streit - puncte durch Uebereinkunft so zu bestimmen, daſs nur diese die Stelle des Rechtes unter den Parteien vertrete. Da nun jedem Theil frei steht, seinem Recht zu entsagen, und diese Ent - sagung, wenn sie von dem andern angenommen ist, die Kraft eines Vertrags hat, Verträge aber auch unter Staaten heilig gehalten werden müs - sen (§. 145), so ist ein Friedensschluſs selbst für denjenigen Theil verbindend, welcher darin wohlgegründete Rechte dem Frieden zum Opfer bringt. Verpflichtend ist er sogar für den, wel -Klüber’s europ. Völkerr. II. 34520chem die schuldige Genugthuung durch Zwang abgenöthigt worden ist a); denn auch ein durch rechtmäsigen Zwang abgenöthigter Vertrag ist gültig (§. 143).
a)Vergl. die Schriften in v. Ompteda’s Lit., §. 307, u. in v. Kamptz neuer Lit., §. 303.
a)§. 226. FriedensInstrument.
Ohne förmlichen Vertrag in einem schrift - lichen Aufsatz (FriedensInstrument), wird in der neuern Zeit nicht leicht Friede geschlossen a), wie kurz und einfach auch der Friedensvertrag seyn mag b). Die einzelnen Stipulationen wer - den in Artikel eingekleidet; in allgemeine und vorläufige oder PräliminärArtikel, und in be - sondere, sowohl HauptArtikel als auch Neben -, Zusatz - (Additional -) und SeparatArtikel, bis - weilen auch in offene und geheime. Sonach theilt sich das Ganze oft in zwei Haupttheile, in den Hauptvertrag und den Neben - oder Zu - satzvertrag c) (convention additionnelle). Ge - wöhnlich wird am Schluſs die Clausel der Ra - tification hinzugefügt; ein Vorbehalt, daſs die Genehmigung der contrahirenden Souveraine in - nerhalb einer bestimmten Frist beigebracht, und an einem bestimmten Ort ausgewechselt werden solle d). Die Ausfertigung geschieht in feier - licher Form, in der gehörigen Anzahl von Exem -521plaren. Die Unterzeichnung und Besieglung er - folgt, wie die Auswechslung der Ratificationen, mit mehr oder weniger Feierlichkeit e).
a)Der Friede von 1729, zwischen Schweden und Polen, ward durch blosse wechselseitige Erklärung in zwei Schreiben der beiderseitigen Souveraine geschlossen. Aber den Feindselig - keiten war schon zehn Jahre früher (1719) Einhalt ge - schehen, durch Waffenstillstand und FriedensPräliminarien, und der Friedensschluſs war blosse Förmlichkeit. De Steck essais sur divers sujets (1779. 8. ), n. 2, p. 13. sqq.
a)b)Z. B. der Friede v. 1800, zwischen der Republik Frank - reich und dem Grafen von Erbach. De Martens recueil, VII. 513.
b)c)Hievon oben §. 147. Moser’s Versuch, X. 2. 362 ff.
c)d)Moser’s Versuch, X. 2. 381 f.
d)e)Moser’s Versuch, X. 2. 374 ff. Für diese feierlichen Hand - lungen, erhalten zuweilen die bevollmächtigten Minister von ihren Souverainen den Charakter eines Botschafters. — Von Auskunftmitteln, bei streitigem Rang und Ceremoniel, oben §. 104 f.
e)§. 327. Theilnahme, Beitritt, Einschliessung, Garantie, Protestation, Publication.
Haben mehr als zwei Mächte gegen ein - ander Krieg geführt, und schliessen alle, als HauptContrahenten, zu gleicher Zeit Frieden, so kann für Alle ein gemeinschaftliches Instru - ment, oder je für Einzelne ein besonderes aus - gefertigt werden, doch in beiden Fällen die ge - hörige Anzahl gleichlautender Exemplare. Selbst eine kriegführende Macht, kann dem von an - dern geschlossenen Frieden als HauptContrahent512[522]bloſs beitreten. Ein Beitritt erfolgt zuweilen auch, als von NebenContrahenten, von solchen Mächten, welche einer kriegführenden Macht particuläre Kriegshülfe (§. 268 ff. ) geleistet, oder irgend ein anderes Interesse bei dem Friedens - schluſs haben (§. 162). Nicht selten werden aber auch solche und andere Mächte, ohne ih - ren ausdrücklichen Beitritt, in den Frieden mit - eingeschlossen (§. 162). Verstärkung des Frie - densvertrags, kann auf verschiedene Art erfol - gen, insbesondere durch Garantie von Seite dritter Mächte (§. 157 — 159). Zuweilen wird derselbe, durch Widerspruch oder Protestation, von dritten Mächten angefochten (§. 162). Pu - blication des geschlossenen Friedens veranstaltet jeder Theil, nach Belieben, in seinem Gebiet und bei seinem Kriegsheer a).
a)Moser’s Versuch, X. 2. 382 ff. Vattel, liv. IV, ch. 3, §. 25.
a)§. 328. Vollziehung und Auslegung des Friedens. Jus postliminii. Friedensbruch.
Auf die Genehmigung des Friedensschlus - ses, muſs dessen Vollziehung, so weit eine sol - che nöthig, der Uebereinkunft gemäſs folgen a). Dieselbe giebt bisweilen Anlaſs zu eigenen Con - gressen und ExecutionsRecessen b), zu Zweifeln und Streitigkeiten über den Sinn der Stipula - tionen, zu Auslegungen (§. 163), und zu Er -523läuterungen derselben, etwa in eigenen Er - läuterungs - oder NachRecessen c) (conventions supplétives ou explicatives). — Nach eingetre - tenem Friedensstand, tritt das Jus postliminii in Wirksamkeit, so weit es gegründet ist (§. 254, 257 u. 270). — Ein Friedensbruch, durch Verletzung aller oder einzelner Stipulationen, entbindet den andern Contrahenten der Pflicht, denselben von seiner Seite zu erfüllen, oder be - rechtigt ihn, wegen der Verletzung Entschädi - gung und Genugthuung, so wie Sicherheit we - gen gehöriger Erfüllung, zu fordern d).
a)Vattel, liv. IV, ch. 3. Moser’s Versuch, X. 2. 451 — 521.
a)b)Moser’s Versuch, X. 2. 456. Berühmt sind die Executions - Handlungen, welche auf den westphälischen Frieden folg - ten, besonders der nürnberger ExecutionsCongreſs mit den beiden ExecutionsRecessen von 1649 u. 1650. Joh. Gottfr. v. Meiern’s Acta pacis executionis publica. Hannover 1736 1737. Th. I. II. Fol.
b)c)Vattel, liv. IV, ch. 3, §. 32. Moser’s Versuch, X. 2. 521.
c)d)Vattel, liv. IV, ch. 4. Moser’s Versuch, X. 2. 534 ff. Burlamaqui principes du droit politique, P. IV, ch. 14, §. 8, p. 466.
d)§. 329. Ewiger Friede. VölkerTribunal.
Ewiger Friede, den die Vernunft gebietet, scheint hienieden unerreichbar. Aber viel wäre ohne Zweifel gewonnen, wenn, wo nicht alle, doch die meisten, und unter ihnen die mäch - tigsten, Staaten von Europa, mit Verzichtleistung524auf alle Selbsthülfe, in einen Staatenbund so vereinigt wären, daſs innerhalb desselben ein wohleingerichtetes VölkerTribunal bestünde, auf dessen Richtersprüche in ihren wechselseitigen Streitigkeiten alle Genossen des Bundes com - promittirt hätten, und welchem gegen das Un - recht jedes einzelnen Staates, die bewaffnete Macht aller übrigen zu Gebot stünde a). Nicht bloſs für den innern Frieden des Bundes und seiner Glieder, auch für ihre äussere Sicherheit, müſste diese Einrichtung wohlthätig wirken. Sie würde der Schluſsstein seyn für das Gewölbe der hei - ligen Allianz (§. 2, Note e, u. 146), in wel - cher die Verbündeten einander geloben, daſs „ sie bei ihrer Handlungsweise nur allein die Vor - schriften des Christenthums, der Gerechtigkeit, der Liebe, und des Friedens, zur Richtschnur nehmen wollen, sowohl in der Verwaltung ihrer Staaten, als auch in ihren politischen Verhält - nissen mit jedem andern Staat “; eine Verpflich - tung, welche feierlich erneuert und bestätigt ward, in derjenigen Erklärung welche die im Jahr 1818 zu Aachen versammelten bevollmäch - tigten Minister von Oestreich, Frankreich, Groſs - britannien, Preussen, und Ruſsland, öffentlich bekannt machten, und zur Kenntniſs aller eu - ropäischen Höfe brachten b).
a)J. Th. Roth’s Archiv für das Völkerrecht, Heft I (1794. 8. ), S. 38 — 43. 108. v. Kamptz neue Lit. des VR., S. 103 ff. — De Bielfeld institutions politiques, II. 95. Günther’s Völ -525kerrecht, I. 187 — 195. Sendschreiben des alten Weltbür - gers Syrach an Frankreichs NationalConvent (v. C. G. G. Glave, auch v. Kobjelski genannt, 1795. 8. ), S. 114 ff. Kant’s metaphysische Anfangsgründe der Rechtslehre (1797. 8. ), S. 217. 227. 233. Fichte’s Grundlage des Naturrechts, II. 261. Schelling’s System des transcendentalen Idealismus, S. 411 ff. J. H. Bergk’s Untersuchungen aus dem Natur -, Staats - u. Völkerrecht (Leipz. 1796. 8. ), Num. 22. Abrégé du projet de paix perpétuelle, par M. l’abbé de Saint-Pierre; in dem ersten Band seiner Oeuvres de politique. à Rotter - dam 1729 — 1737. T. I. II. 8. Extrait du projet d’une paix perpétuelle de l’abbé de St. Pierre, par J. J. Rousseau. à Amsterd. 1761. 8. Projet d’un nouveau systême de l’Eu - rope. 1745. Die allgemeine christliche Republik in Europa, nach den Entwürfen Heinrich’s IV., des Abts von St. Pierre u. anderer (v. E. Toze). Gött. 1752. 8. (Nach Vittorio Siri, memorie recondite, vol. I, u. Flassan, hist. de la diplomatie franç. II. 291, hat man den Plan, Europa in eine gewisse Anzahl von Staaten zu theilen, Heinrich IV. mit Unrecht zugeschrieben. ) (v. Lilienflls) Neues Staatsgebäude. Leipz. 1767. 4. Nouvel essai du projet sur la paix perpétuelle. à Lausanne 1789. 8. Imman. Kant zum ewigen Frieden. Königsberg 1795. 8. verm. ebend. 1796. 8. Auch franzö - sisch, 1796. 8. Just. Sincerus Veridicus von der europäi - schen Republik. Plan zu einem ewigen Frieden. Altona 1796. 8. Du droit public et du droit des gens, ou Prin - cipes etc., suivis d’un projet de paix générale et per - pétuelle; par J. J. B. Gondon d’Assoni. Paris 1808. T. I — III. 8. Friedr. Gutehr, was ist das Wichtigste für die Menschheit? Kosmopolis 1796. 8. De jure generis humani vel divisi in gentes etc. Stuttgard. 1811. 8. Perfection - nement du projet de l’abbé de Saint-Pierre; dans le re - tour du siècle d’or, par N. J. Sarrazin (à Metz 1816. 8.) Sect. III, p. 1 — 10. Projet d’une organisation politique pour l’Europe, ayant pour objet de procurer aux souve - rains et aux peuples une paix générale et perpétuelle, et un bonheur inaltérable; par le comte de Paoli-Chagni. Paris 1818. 8. G. Euchel til evig Fred. Kiöbenhavn 1815. 8. H. G. Demme von einem allgemeinen Friedens - bund u. Friedensgericht der christlichen Fürsten u. Völ - ker; in dem Allgemeinen Anzeiger der Deutschen, 1817,526Num. 26. — Dawider s. Oeuvres posthumes de Frédéric II, T. VI, p. 197. (Embser’s) Abgötterey unsers philosophischen Jahrhunderts. Erster Abgott: ewiger Friede. Mannheim 1779. 8.
a)b)Protocoll und Declaration, beide unterzeichnet von den genannten Ministern, zu Aachen am 15. Nov. 1818; in v. Martens recueil, Supplêm. VIII. 554. 560.
b)