PRIMS Full-text transcription (HTML)
[I]
Ein Lehrgedicht
[II][III]
Die Weisheit des Brahmanen,
ein Lehrgedicht in Bruchſtücken.
Sechstes Bändchen.
Leipzig,Weidmann'ſche Buchhandlung.1839.
[IV]
[1]

XVI.

Ruͤckert, Lehrgedicht VI. 1[2][3]

(I.)

1.

Die Poeſie iſt Gold; ein weniges vom holden
Metall, mit Kunſt gedehnt, reicht Welten zu vergolden.

2.

Wer unberedet wuͤnſcht zu bleiben, der muß ſchweigen,
Und wer ſchief angeſehn nicht ſeyn will, ſich nicht zeigen.

3.

Im Voraus freuen mag ſich ſchon der guten That,
Wer nur dazu gefaßt den feſten Vorſatz hat.
1*4

4.

Ein Knabe lernt nur von geliebten Lehrern gerne;
Du aber ſei ein Mann, auch von verhaßten lerne!

5.

Der Mann, der erſt ein Schelm geworden, wird nie bieder;
Aus Wein wird Eſſig leicht, nie Wein aus Eſſig wieder.

6.

Der Adler fliegt allein, der Rabe ſchaarenweiſe;
Geſellſchaft braucht der Thor, und Einſamkeit der Weiſe.

7.

Wenn du vom Freunde ſeinen Stand nicht abzuziehn
Vermagſt, ſo iſt kein Freund dir auf der Welt verliehn.

8.

Erhabnes, findet es erhabne Stimmung nicht,
Erſcheinet laͤcherlich im Leben, im Gedicht.
5

9.

Wer edel lebt und ſtirbt, der iſt mir auserkoren
Zum Edlen, ob er auch unedel ſei geboren.

10.

Beſcheiden wollt 'ich ſeyn, ſaͤh' ich mich vollgeehrt;
Stolz muß ich ſeyn ſolang ihr leugnet meinen Werth.

11.

Der Ruhm hat einen Grund; wenn dieſer Grund erſt liegt,
Macht er, daß manches ſchwer, was an ſich leicht iſt, wiegt.

12.

Wer fremde Fehler ruͤgt, glaubt ſich der eignen quitt;
Und wer entſchuldigt jen ', entſchuldigt ſich damit.

13.

Geh weg, o Sonne, denn der Mond will auch nun ſcheinen;
Ich habe gnug gelacht, und moͤcht 'einmal auch weinen.
6

14.

Schon zu beneiden iſt, wen Taͤuſchung nur begluͤckt,
Noch mehr ein Gluͤcklicher, der nicht ſich ſelbſt beruͤckt.

15.

An den im Garten bunt gewordenen Aurickeln
Sieht man, wie durch Kultur ſich Gegenſaͤtz 'entwickeln.

16.

Der Hunger guckt dem Fleiß zuweilen wol ins Haus,
Allein die Thaͤtigkeit wirft ihn zur Thuͤr hinaus.

17.

Die Tempelratte hat nicht Scheue vor dem Gott;
Religion iſt des Religioſen Spott.

18.

Ein Wunder laͤßt ſich durch ein andres nur erklaͤren;
Ruͤhr 'es nicht an! es wird dir Muͤhſal nur gebaͤren.
7

19.

Der Siegelring wird nicht in harten Stein ſich druͤcken;
Herz, werde weiches Wachs, ſoll Gottes Bild dich ſchmuͤcken.

20.

Wer etwas ſcheinen will, der ſuch 'es auch zu ſeyn;
Denn ohne Seyn iſt ſelbſt der Schein ein leerer Schein.

21.

Der Wetzſtein ſchneidet nicht, doch macht er ſcharf das Meſſer;
Durch einen ſchlechten Mann wird oft ein guter beſſer.

22.

Vom Uebermaß der Luſt wird Leid hervorgebracht;
Das Auge ſelber weint, ſobald man heftig lacht.

23.

Wer nicht ſein eigner Freund, dein Freund kann der nicht ſeyn;
Auch der nicht, wer nur iſt ſein eigner Freund allein.
8

24.

Gunſt eignet der Perſon, und erbt nicht fort geſchwind,
Nicht auf des Goͤnners Sohn, noch auf des Guͤnſtlings Kind.

25.

O ſorg 'um Nahrung nicht! Gott weiſt dir an dein Looß;
Die Mutterbruſt fließt, wo ſich aufthat Mutterſchooß.

26.

Der weiß die Schwanen macht und gruͤn die Papagein,
Und bunt die Pfauen, wird auch dir dein Kleid verleihn.

27.

Wo es drei Heller thun, da wende vier nicht an,
Und nicht zwei Worte, wo's mit einem iſt gethan.

28.

Ueber das Ziel ein Schritt, zuviel iſt ſtets vom Uebel,
Sei's uͤbern Durſt ein Glas, ſei's uͤbers Faß ein Kuͤbel.
9

29.

Wer zwingen will die Zeit, den wird ſie ſelber zwingen;
Wer ſie gewaͤhren laͤßt, dem wird ſie Roſen bringen.

30.

Nur wer Anſpruͤche macht, fuͤhlt ſich zuruͤckgeſetzt;
Wer nebenaus tritt, iſt zuerſt nicht noch zuletzt.

31.

Den Raͤuber ſchilt der Dieb, weil weg am Tage nahm
Der Raͤuber, was der Dieb Nachts wegzunehmen kam.

32.

Durch Widerſpruch wirſt du den Duͤnkel nie bekehren;
Du widerſprich ihm doch, der Wahrheit nur zu Ehren!

33.

Zaͤh war ich, weich hat mich der Liebe Hauch gemacht,
Doch fuͤr die feine Welt bin ich ſtets ungeſchlacht.
10

34.

Wenn du den Muth nicht haſt, die Guten ſelbſt zu tadeln,
Ein Mittel ſag 'ich dir: du mußt die Schlechten adeln.

35.

Ich fuͤhl 'es leider nun, im Leben glaubt' ichs nie:
Die Welt iſt mir nichts mehr, als Stoff der Poeſie.

36.

Wenn er beim alten hat Einſprecher und Abnehmer,
Waͤhlt kein neu Aushaͤngſchild der Gaſtwirt oder Kraͤmer.

37.

Ob es ſtets anders nur, nie beſſer werd 'auf Erden,
Doch du, ſtets anders, mußt auch immer beſſer werden.

38.

Die Zeit laͤßt fallen eins, um andres zu entfalten;
Doch dich umbildend, mußt du ſtets dich ſelbſt behalten.
11

39.

Du mußt auf Freundes Lieb 'alswie auf Gottes trauen,
Sie fuͤhlen innerlich, wo ſie nicht iſt zu ſchauen.

40.

Am beſten machſt du gleich dein Ding im Anfang recht;
Nachbeſſerung macht oft Halbgutes voͤllig ſchlecht.

41.

Des Mannes Zunge, dem Verſtand und Witz gebrechen,
Kann zur Verraͤtherin nur dienen ſeiner Schwaͤchen.

42.

Was dir am Mann gefaͤllt, der ſtillſchweigt, wird im Nu,
Wo er den Mund aufthut, abnehmen oder zu.

43.

Ein Thor klagt andre an, und ein Halbweiſer ſich;
Sei ganz weiſ 'und du klagſt nicht andre an, noch dich!
12

44.

Das Wahre miſche mit dem Falſchen, wer den Schwachen
Verdaͤchtig Wahres will und Falſches glaubhaft machen.

45.

Laß keinen, was er nicht kann halten, dir verſprechen!
Was nuͤtzt es dir, wenn du ihn zwingſt den Eid zu brechen?

46.

Was hilft die Kundſchaft, die du ein von andern ziehſt?
Das Ding ſieht anders aus, ſobald du's ſelbſt beſiehſt.

47.

Gar vieles lernt man, um es wieder zu vergeſſen;
Um an dem Ziel zu ſtehn, muß man die Bahn durchmeſſen.

48.

Ein Irrthum weggeraͤumt gibt einen wahren Satz;
So durch Irrthuͤmer ſelbſt waͤchſt ſtets der Wahrheit Schatz.
13

49.

Man kann nicht immer was man will; der iſt mein Mann,
Der ſich beſcheidet das zu wollen was er kann.

50.

Den Degen ſoll ein Mann nicht ohne Urſach ziehn,
Und ohne Ehre dann auch nicht einſtecken ihn.

51.

Gott hilft uns, liebes Kind, nur nicht den Muth verloren!
Sanft laͤßt er wehn den Wind, wenn man das Schaf geſchoren.

52.

In einer guten Eh 'iſt wol das Haupt der Mann,
Jedoch das Herz das Weib, das er nicht miſſen kann.

53.

Von keinem Troſt wird ein Betruͤbter mehr erquickt,
Als wenn er einen noch Betruͤbteren erblickt.
14

54.

In einer Stunde ſtreckt man einen Baum zur Erden,
Der hundert Jahre hat gebraucht um groß zu werden.

55.

Die Nuͤſſe gibt dir Gott, dazu die Zaͤhn 'im Backen;
Die Nuͤſſe knackt er dir nicht auf, du mußt ſie knacken.

56.

Dich freut ein Name, den dem Nachbar Spoͤtter gaben,
Und weißt nicht, welchen ſie dir ſelbſt gegeben haben.

57.

Die Nachtigall iſt nicht zum Sehn, iſt nur zum Hoͤren;
Den Dichter kennen, wird nur im Gedicht dich ſtoͤren.

58.

Stets lebt ein Dichter im Vertheilen von Geſchenken;
Nichts hat er ohne gleich der Welt es zuzudenken.
15

59.

Die ſchoͤnſte Gegend iſt nicht ſchoͤn von allen Seiten,
Noch ſchoͤn zu allen Tags - und allen Jahreszeiten.

60.

In dieſer tiefen Furt will durchzuwaten hoffen
Der Eſel, wo vor ihm iſt das Kamel erſoffen.

61.

Ihr freut am falſchen Glanz ſo gut euch, als am aͤchten;
Wie ſollt 'ich eure Freud' aus Schadenfreud 'anfechten?

62.

Umſonſt iſt jedes Werk, das du hervorgebracht,
Wenn du dich ſelber nicht zum Kunſtwerk haſt gemacht.

63.

Mach 'immer nur Entwuͤrf'! ob du ſie nicht ausfuͤhreſt,
Doch haſt du den Genuß, daß du dich Schoͤpfer ſpuͤreſt.
16

64.

Als Roſ 'iſt nie ſo ſchoͤn geworden, wie zu werden
Als Knoſpe mir verſprach ein Wunſch, ein Gluͤck auf Erden.

65.

Unſeliger iſt nichts, als wenn dirs immer iſt,
Du ſeieſt nicht zu Haus, wo du zu Hauſe biſt.

66.

Was iſt und was iſt nicht poetiſch? Alles, wie
Die angemeßne Form es fand, iſt Poeſie.

67.

Der Wille ſuͤndigt, und der Will 'entſuͤndigt wieder;
Wie Waſſer Schmutz erregt, und waͤſcht beſchmutzte Glieder.

68.

Schlecht iſt das Schlechte nicht, denn das verkennt man ſelten;
Das Mittelmaͤß'ge iſts, das leicht fuͤr gut kann gelten.
17

69.

Zu kommen zwingſt du dich? Komm, oder nicht! du biſt
Willkommen, wenn du kommſt, ausbleibend, unvermißt.

70.

Zu denken iſt wol ſchoͤn, noch ſchoͤner iſt zu dichten,
Am ſchoͤnſten beides mit einander zu verrichten.

71.

Ob du von mir dis haſt, ob ich von dir, wer weiß?
Wer beſſer, nicht wer eh'r es machte, traͤgt den Preis.

72.

Ein boͤſes Buch iſt, das durchaus dir nicht gefaͤllt,
Und gleichwol etwas hat, womit es feſt dich haͤlt.

73.

Du haſt es oft erprobt; laß dieſes Volk nicht ein!
Belehrt nicht, nur belobt, bewundert will es ſeyn.
18

74.

Euch zu gefallen geb 'ich Hoffnung auf und Luſt;
Denn alles, was euch recht gefaͤllt, mißfaͤllt mir juſt.

75.

Die Freunde bitte fein, zuſehr nicht dich zu ehren!
Sonſt werden Feinde dir dafuͤr den Krieg erklaͤren.

76.

Wenn dich der Poͤbel ehrt, befuͤrchte, was dir droht!
Zuerſt bewirft er dich mit Lorbern, dann mit Koth.

77.

Wer ſeinen Sohn verſaͤumt zum Freunde zu erziehn,
Hat, wo er aufhoͤrt Kind zu ſeyn, verloren ihn.

78.

Oft mit den Tugenden verwachſen iſt ein Fehler,
Und dulden mußt du ihn, ſonſt machſt du jene ſchmaͤler.
19

79.

Weh thuts, wenn man dich ſchilt, am wehſten, armer Knecht,
Wenn du dir ſagen mußt, daß man dich ſchilt mit Recht.

80.

Die Sittlichkeit allein erſetzt den Glauben nicht;
Doch weh dem Glauben, dem die Sittlichkeit gebricht.

81.

Am Ende deiner Bahn iſt gut Zufriedenheit;
Doch wer am Anfang iſt zufrieden, kommt nicht weit.

82.

Du hatteſt nicht die Kraft, dein gutes Gluͤck zu tragen;
Darum iſt es ſo ſchnell in boͤſes umgeſchlagen.

83.

Bild 'auf den eignen Werth dir nur zuviel nicht ein!
So wird ein maͤß'ges Lob ſchon groß genug dir ſeyn.
20

84.

Der Ehrgeiz iſt gekraͤnkt vom kleinſten, das mislingt,
Und nicht befriedigts ihn, wo er das groͤſt 'erringt.

85.

O weh dem Durſte, der nach jedem Troͤpfchen geizt,
Und den ein Strom, ein Meer nur, ſtatt zu ſtillen, reizt!

86.

Glaub 'immer! nur beweis mirs nicht! ſonſt werd' ich ſtraͤubig.
Es iſt ein Widerſpruch: ſcharfſichtig und blindglaͤubig.

87.

Vom Heiligen bewegt, ſei dein Gemuͤt im Takt!
Mach 'ein Syſtem daraus, ſo wird es abgeſchmackt.

88.

Begluͤckt, von wem nicht eh'r die Welt, daß er gelebt,
Erfaͤhrt, als durchs Gelaͤut, bei dem man ihn begraͤbt!
21

89.

Klag nicht, wenn das Geſchick dir etwas ſchwer gemacht!
Die Freud 'iſt doppelt groß, wenn du's haſt doch vollbracht.

90.

Wer einen Fehler flieht, der huͤte ſich vor allen,
Vor dieſem auf der Flucht, in jenen nicht zu fallen.

91.

Die Krankheit iſt dein Heil, wenn ſie dich leiblich mahnt,
Daß Heilsbeduͤrftigkeit die kranke Seele ahnt.

92.

Viel Gutes wird bewirkt auf dieſer Welt vom Boͤſen;
Bewogen ward dadurch Gott ſelbſt, uns zu erloͤſen.

93.

Warum vor Ungeduld dein Buͤchlein ich zuſchlug?
Es forderte zuviel, und gab mir nicht genug.
22

94.

Nicht Achtung kanſt du dem, der dich nicht achtet, ſchenken,
Oder du mußt ſogleich von dir geringer denken.

95.

Soviel du von der Gnad 'Unedler wirſt geſpeiſt,
Das nimmſt du zu am Leib, und buͤßeſts ein am Geiſt.

96.

Am Inhalt liegt mir viel, und wenig am Gefaͤße;
Warum? ich habe ſelbſt Form jedem Stoff gemaͤße.

97.

Ein Streben mag mit Luſt den Strebenden betruͤgen,
Doch das Erſtrebte kann dem Geiſte nie genuͤgen.

98.

Ein neugekauftes Buch, ein ſelbſtgebautes Haus,
Bringt, wers verkaufen will, ums halbe Geld nicht aus.
23

99.

Was einer tragen kann an Leid und auch an Luſt,
Das wird erſt einem Mann, wann ers erfuhr, bewußt.

100.

Nicht allen alles, wenn nur einem eins gefaͤllt,
Und anderm anderes, ſo iſt es gut beſtellt.
[24]

(II.)

1.

Die Dichtung geht der Zeit voran und hinterdrein,
In der Vergangenheit zeigt ſie der Zukunft Schein.

2.

Ein gut Wort, gut geſagt, und auch gut aufgenommen,
Dazu gut angewandt, mag uns zu Gute kommen.

3.

Wer beide Haͤnde voll hat und noch mehr will faſſen,
Wird das auch, was er hat in Haͤnden, fallen laſſen.
25

4.

Die fremde Weisheit wird in deinem Kopf zum Thoren;
Dir nuͤtzt die Weisheit nur, die in dir wird geboren.

5.

Den Weiſen kannſt du an der Wahl der Zweck 'entdecken,
Den Klugen an der Wahl der Mittel zu den Zwecken.

6.

Zu faſſen den Entſchluß, muß Gottes Geiſt dich ruͤhren;
Du uͤberlegeſt nur, wie er ſei auszufuͤhren.

7.

Die Ueberlegung zeigt das Beſſere von zwein;
Zum an ſich Guten treibt ein innrer Trieb allein.

8.

Das Gute thuſt du nicht, um zu empfinden Luſt;
Die Luſt empfindeſt du, weil du das Gute thuſt.
Ruͤckert, Lehrgedicht VI. 226

9.

Das Gute thun iſt leicht, ſelbſt Schwachen eine Luſt,
Das Boͤſe meiden ſchwer, Kampf einer Heldenbruſt.

10.

Das Wuͤnſchen thut es nicht, Anſtrengung muß es machen;
Dem ſchlafenden Loͤwen laͤuft das Wild nicht in den Rachen.

11.

Die heiße Kohle brennt, die kalte ſchwaͤrzt die Hand;
Wer um mit Boͤſen geht, hat immer uͤbeln Stand.

12.

Sei's in drei Monaten, drei Jahren oder Tagen,
Einmal wird ſeine Frucht ſo Gut als Boͤſes tragen.

13.

Aus einem Feinde wird niemals ein Freund ein treuer;
Das Waſſer, auch gewaͤrmt vom Feuer, loͤſcht das Feuer.
27

14.

Erliegen kann ein Mann, nicht ſich unmaͤnnlich halten,
Erloͤſchen kann ein Feur, doch nie kann es erkalten.

15.

Am Walde haͤtte nicht die Axt ſo leichtes Spiel,
Haͤtt 'ihr der Wald nicht ſelbſt geliefert ihren Stiel.

16.

Wenn ſich der Juͤngere zum boͤſen Wege neigt,
Trifft Schuld den Aeltern, der es ſieht und dazu ſchweigt.

17.

Ein treuer Spiegel iſt nicht jedem angenehm,
Ein Menſchenkenner oft den Menſchen unbequem.

18.

Der Fuͤrſten Ungluͤck iſt, daß jeder thun und ſagen
Nur immer das will, was er ihnen ſieht behagen.
2*28

19.

Zwei Loͤwen einen Hirſch die Theilung wird mißrathen;
Sie kaͤmpfen; wer gewinnt, verzehrt allein den Braten.

20.

Ein Koͤnig, dem das Reich ein andrer abgewonnen,
Das beſte fuͤr ihn iſt, er faͤllt in einen Bronnen.

21.

Der Baum legt niemals ſelbſt die Axt an ſeinen Fuß;
Du biſt der Thor, den ſolch ein Sinnbild warnen muß.

22.

Der Rabe hat den Gang des Rephuns nachgeahmt,
Den eignen buͤßt 'er ein, und der geborgte lahmt.

23.

Der alte Wolf vermag den Regen ſchon zu leiden,
Der einen Wolfspelz traͤgt, kein Maͤntelchen von Seiden.
29

24.

Thun was ſchon iſt gethan, dergleichen thun die Thoren;
An einer Perle kan man nicht zwei Loͤcher bohren.

25.

Laß dichs nicht aͤrgern, daß dir ein Stuͤck Wild entgangen;
Wenn du heut alles fiengſt, was willſt du morgen fangen?

26.

Ein Kraͤmer liebt im Kram, was abgeht und gefaͤllt;
Mit Ladenhuͤtern iſt der Laden ſchlecht beſtellt.

27.

Wenn du fuͤr kleinre Gab 'undankbar biſt erſchienen,
Womit denn hoffeſt du die groͤßre zu verdienen?

28.

Bitt 'um Verzeihung nur den der ſich glaubt gekraͤnkt;
Und kraͤnkteſt du ihn nicht, genug daß er es denkt.
30

29.

Sonſt mocht 'ein Einzelmann in ſeinem Volk verſchwinden,
Jetzt in der Menſchheit ſoll der Einzle ſich empfinden.

30.

Wenn man das Boͤſe thut, ſieht man fuͤr klein es an;
Man ſieht, wie groß es iſt, erſt wenn es iſt gethan.

31.

Das Gute wiſſen, weit iſt noch das thun davon;
Das Boͤſe kennen iſt des Boͤſen Anfang ſchon.

32.

Der kann wol leiden, daß man ſeine Fehler ruͤgt,
Wer große Tugenden zu kleinen Fehlern fuͤgt.

33.

Ein Weiſer uͤberhebt ſich nicht, wenn Thoren fallen,
Von ihrem Beiſpiel lernt er nur bedaͤcht'ger wallen.
31

34.

Wer Gutes thut ſoviel er kann, und keinen Lohn
Dafuͤr erwartet, hat den allerſchoͤnſten ſchon.

35.

Wer immer reicher nur will werden, iſt nie reich;
Wer beſſer werden will, iſt und wird es zugleich.

36.

Des Weiſen ſtille Thraͤn 'iſt mehr wol als des Thoren
Lautes Gelaͤchter werth, doch beides iſt verloren.

37.

Der Menſch, der ſinkt zum Thier, wird unters Thier verſinken;
Es ſchwimmt in der Natur, er wird darin ertrinken.

38.

Betruͤbt dichs wol, wie ſich an Thorheit Thoren laben?
Nein, freue dich, daß ſie auch ihre Freude haben.
32

39.

Lern Gutes ums zu thun, und Boͤſes ums zu meiden;
Wenn du nicht beides kennſt, wie kannſt du's unterſcheiden?

40.

Dem ſind am wenigſten die Maͤngel zu verzeihn,
Der, wenn er wollte nur, vollkommen koͤnnte ſeyn.

41.

Gluͤck iſt dein Schatten, der entfliehet, wo du ihn
Willſt haſchen, und dir folgt, wo du ihm willſt entfliehn.

42.

Nicht viel ſind tauſend Freund ', ein einz'ger Feind iſt viel;
Denn dieſem iſt es Ernſt, und jenen nur ein Spiel.

43.

Man ſagt: der beſte Freund des Diebes, der zum Schaf
Ihm, das er ſucht, verhilft, das iſt des Hirten Schlaf.
33

44.

Laß dich auf dieſem Markt von falſchem Schein nicht reizen;
Mancher hat Gerſt 'im Sack und zeigt zur Probe Weizen.

45.

Wenn die unreife Frucht du ſchuͤtteln willſt vom Aſt,
Verraͤthſt du, daß du ſelbſt nicht deine Reife haſt.

46.

Die Feige herb und hart, weich kanſt du allenfals
Sie druͤcken; ſie nur, ſo kratzt ſie dich im Hals.

47.

Wer Doͤrner auf den Weg legt, wo er gehen muß,
Der klage nicht, wenn ſie ihn ſtechen in den Fuß.

48.

Gern wird der Nachbar heut friſchbacknes Brot dir borgen,
Wenn du mit Sauerteig ihm kannſt aushelfen morgen.
34

49.

Die Menſchen ſind zu klug, um irgendwen zu loben,
Eh von was Gutem ſie an ihm geſehn die Proben.

50.

Von dem ich keinen Schutz verlang 'und keinen Lohn,
Wenn ich ihn ehre, fuͤhl' er ſich geehrt davon!

51.

Iſt kein Arbeiter doch um ſeinen Lohn betrogen;
Der Lehrer lernt und der Erzieher wird erzogen.

52.

Du ſchiltſt dich ſelbſt, wenn du dein Kind ſchiltſt ungezogen;
Denn zogeſt du's zuvor, ſo waͤr 'es nun gezogen.

53.

Die Schuͤler koͤnnteſt du, und ſie den Lehrer miſſen,
Wenn du die lehren ſollſt, die alles beſſer wiſſen.
35

54.

Schlimm, einem nicht vertraun, den man nicht kann entbehren;
Wie mancher ſchimpft den Arzt, und laͤßt ihn doch gewaͤhren.

55.

Die Uebels thun, womit ſie wollen Gutes ſtiften,
Sind Aerzte, die, um uns zu retten, uns vergiften.

56.

Wer hat nicht Eitelkeit! die Klugen wie die Gecken;
Doch dieſe zeigen ſie, weil jene ſie verſtecken.

57.

Vergnuͤgen will man ſich in der Geſellſchaft nicht,
Vergnuͤgt zu ſcheinen nur haͤlt man fuͤr ſeine Pflicht.

58.

Das Gute liebt die Still ', es liebt nicht das Getoͤſe;
Verbirgs, wo du es thuſt, wie man verbirgt das Boͤſe.
36

59.

Gott gibt zu rechter Zeit ſtets, was du brauchſt zum Leben,
Wenn du nur immer recht gebrauchſt, was er gegeben.

60.

Wer ſich begnuͤgt zu thun das Gute niedrer Stufen,
Thut uͤbel dran, wenn Gott zu hoͤhern ihn berufen.

61.

Der Wahrheit Feierkleid, bekam es Luͤgenſtreifen,
Nie waͤſcheſt du es rein mit Laugen und mit Seifen.

62.

Du klagſt, daß mancher dir gelohnt mit Undank hab ';
Und biſt du dankbar Gott fuͤr alles was er gab?

63.

Viel lieber iſt mir doch ein Thuer als ein Sager,
Ein Antwortgeber auch als ein vorlauter Frager.
37

64.

Ich lobe mir den Mann, der das, was er nicht kann,
Nicht unternimmt, und das vollbringt, was er begann.

65.

Ein Bild, ein Gleichniß macht der Sache Dunkles klar,
Die Wahrheit glaͤnzender, doch nie das Falſche wahr.

66.

Die Fluͤgel wachſen nur der Ameiſ 'um zu ſterben,
Dem Niedrigen gereicht der Hochmuth zum Verderben.

67.

Wenn du's nicht brauchen kannſt, wozu haſt du's gewonnen?
Im Hofe fehlet dir der Eimer an dem Bronnen.

68.

Des Wolfs Heißhunger macht die Rechnung ohne Wirt,
Der nur die Herde ſieht, und nicht auch Hund und Hirt.
38

69.

Die Saite, wenn man ſie zu hoch will ſpannen, reißt;
Nur weiſe Maͤßigung iſt was Erfolg verheißt.

70.

Dem Manne ſteht, o Sohn, Mannhaftigkeit wohl an,
Dem Menſchen Menſchlichkeit; du werd 'ein Menſch und Mann!

71.

Wenn außen Waͤrme treibt und Sauerteig von innen,
Wie ſollte das Gebaͤck nicht Luſt zu gehn gewinnen!

72.

Zuſammen iſt das Glas mit einem Stein getroffen,
Es brach, und wundert ſich, was konnt 'es andres hoffen?

73.

Was hilfts den Zweig, an dem kein Apfel iſt, zu ſchuͤtteln?
Man weckt den Schlafenden, am Todten hilft kein Ruͤtteln.
39

74.

Wer an Unwuͤrdige verſchwendet Ehrenzeichen,
Wie kann er Wuͤrdigen ſie noch mit Ehren reichen?

75.

Lobt ihr das Schwert, wenn ihrs nennt ſchaͤrfer als den Stecken?
Ihr ſetzt den Mann herab, den ihr vergleicht mit Gecken.

76.

Standunterſchied erſcheint vor Fuͤrſtenthron geringer;
Im Schach gilt ziemlich gleich ein Laͤufer einem Springer.

77.

Wenn Alten ſchlecht anſteht, was ſchoͤn an Jungen gilt,
Wie noch viel ſchlechter, was man ſelbſt an Jungen ſchilt.

78.

Wo du nicht der Gefahr kannſt aus den Wegen gehn,
Da bleibt dir nichts als ihr mit Muth entgegen gehn.
40

79.

Was hab 'ich nun erkaͤmpft, daß ſtumpf ſind meine Waffen?
Ich habe viel geſchafft, und habe nichts geſchaffen.

80.

Sohn, fuͤrchte Gott, damit dein Innres furchtlos ſei,
Denn Gottesfurcht nur macht von Menſchenfurcht dich frei.

81.

Hart wird zuletzt die Haut, die viele Streich 'empfangen,
Und hart der Sinn, wem es hart in der Welt gegangen.

82.

Ein Odem warm und kalt iſt in des Windes Naſen;
Das Feuer mag er an -, und aus - die Kerze blaſen.

83.

Durch Wechſelbeiſtand kann auch Noth die Noth vertreiben,
Alswie einander warm zwei kalte Haͤnde reiben.
41

84.

Wer ſeinem Freunde nicht ins Auge ſehen kann,
Kanns auch dem Feinde nicht, und iſt ein ſchlechter Mann.

85.

Wenn Gutes dir entweicht, ſo ſuch 'es zu erreichen;
Wenn Boͤſes dich erreicht, ſo ſuch' ihm zu entweichen.

86.

Wenn dich Gluͤckwechſel trifft, denk ', um dich nicht zu graͤmen:
Abnehmen muß der Mond, um wieder zuzunehmen.

87.

Gib, was du geben willſt, eh man darum dich bat;
Es iſt nur halb geſchenkt, was man erbeten hat.

88.

Nie Unrecht hab 'am Freund, doch eine deiner Gaben
Sei dieſe, Unrecht gern, wo Recht du haſt, zu haben.
42

89.

Sei auch beſcheiden gnug, ein aufmerkſames Ohr
Zu leihen manchem was du beſſer weißt zuvor.

90.

Des Freunds entbehren kann das Herz nicht, um zu leben;
Gibs einem ſchlechten, kannſt du's keinem guten geben.

91.

Ein Strohſeil zieht ſogut wie eins aus Hanf geſponnen,
Bis es verfault, dann faͤllt der Eimer in den Bronnen.

92.

Wo's theuren Guͤtern gilt, wehr dich, und ſei kein Haſe!
Der Stier mit ſeinem Horn vertheidigt ſeine Naſe.

93.

An Sittenſpruͤchen hat der Arge ſein Vergnuͤgen,
Nicht um danach zu thun, doch um damit zu truͤgen.
43

94.

Thu Gutes, wenn es auch vielleicht nicht rettet dich,
Doch wenn du Boͤſes thuſt, verdirbt dichs ſicherlich.

95.

Der Freund iſt naͤher dir als du dir ſelber biſt;
O wie biſt du ſo fern ihm der ſo nah dir iſt!

96.

Die Klugheit dieſer Welt iſt ſchlecht von Menſchen denken;
Wer aber Gott vertraut, kann allen Zutraun ſchenken.

97.

Der Thaler iſt nichts werth, ſolang er bleibt zu Haus;
Doch geht er auf den Markt, ſo holt er dir den Schmaus.

98.

Wenn ich vermoͤchte von den Schlacken zu befrein
Mein Gold, es waͤre werth die Luſt der Welt zu ſeyn.
44

99.

Was er geworden iſt, genuͤget nie dem Mann;
O wohl ihm wenn er ſtets nur werden will und kann.

100.

Beſtaͤndig iſt kein Gluͤck im Unbeſtand des Lebens,
Als nach Beſtaͤndigem Beſtaͤndigkeit des Strebens.
[45]

(III.)

1.

Mein Geischen! Winterlang iſt es uns ſchlecht ergangen;
Stirb nicht! der Fruͤhling kommt, da gruͤnen alle Rangen.

2.

Was liegt am ird'ſchen Gut? wirſt du voll Großmut ſagen,
Wenns deinem Nachbar ward, nicht dir, davongetragen.

3.

Schir Schah und Selim Schah der Streit iſt lang genug,
Wer von den beiden einſt den Bart am laͤngſten trug.
46

4.

Zur Zeit der Noth nennt man wol ſeinen Eſel Bruder,
Und iſt die Noth vorbei, ſo heißt er faules Luder.

5.

Wie du im Kaͤfich auch ihn hegſt und pflegeſt fleißig,
Laß offen, und weg iſt dein undankbarer Zeißig.

6.

Sie nahm den ſchlechten Mann, das war nicht recht bedacht,
Und lief ihm dann davon, das war erſt ſchlecht gemacht.

7.

So gehts in unſerm Haus. Der Zucker iſt geſtohlen,
Nun haben wir gelegt ein Siegel auf die Kohlen.

8.

Der Weber ſprach, als ich das Tuch nicht wollte loben:
Wie du's geſponnen haſt, ſo hab 'ich es gewoben.
47

9.

Wenn du der Sonne wagſt ins Angeſicht zu grinzen,
Gib Acht, ob eh'r dein Aug ', ob ihres eh'r wird blinzen!

10.

Willſt du an Feindes Thor heut mit dem Finger pochen,
So klopft er mit der Fauſt an deins in naͤchſter Wochen.

11.

Du ſchlaͤfſt mit Speer und Schild geruͤſtet, und im Schrecken
Wirfſt du es beides weg, wenn dich die Feinde wecken.

12.

Man glaubt die Wahrheit nicht, wenn ſie ein Armer ſpricht,
Und ſelbſt die Luͤge glaubt man einem reichen Wicht.

13.

Du ſelbſt heirateſt nicht, Heiraten willſt du ſtiften,
Handelſt mit Gift, doch magſt dich ſelber nicht vergiften.
48

14.

Wir ſcheiden uns nur nicht zu Aergernis-Vermeidung,
Und leben lieber in beſtaͤnd'ger Eheſcheidung.

15.

Wenn Freund zu Freunde kommt, ſtirbt des Verlaͤumders Macht,
Und alle Reden hat ein Blick zunicht gemacht.

16.

Zwei Fehle ſchenk 'ich dir, den dritten Uebertritt
Bezahlſt du dreifach mir, und alſo ſind wir quitt.

17.

Von unten ſcharfer Zahn, und ſcharfer Zahn von oben;
O weh dem Biſſen, der dazwiſchen wird geſchoben!

18.

Laß gute Nachbarſchaft uns mit der Hexe halten,
So laͤßt ſie ihre Kraft drei Haͤuſer weiter walten.
49

19.

Das kleine Pfefferkorn ſieh fuͤr gering nicht an,
Verſuch 'es nur, und ſieh, wie ſcharf es beißen kann.

20.

Pflanz 'einen Mangobaum, pflanz' eine Tamarinde,
Und die ſuͤße Frucht, und die bittre Rinde.

21.

Der Teufel hat die Welt verlaſſen, weil er weiß,
Die Menſchen machen ſelbſt die Hoͤll 'einander heiß.

22.

Die Katze, wenn ſie ſich der Schonung will befleißen,
So werden ſie alsbald ins Ohr die Maͤuſe beißen.

23.

Wenn du den Bettelſack einmal haſt umgehangen,
So ſtreck die Hand auch aus, die Gabe zu empfangen.
Ruͤckert, Lehrgedicht VI. 350

24.

Fuͤr beide Theile iſt der Handel wohl gerathen;
Wo weder iſt verbrannt der Bratſpieß noch der Braten.

25.

Die Karawane klagt, daß man ihr Alles nahm,
Und auch der Raͤuber klagt, daß er nicht mehr bekam.

26.

Den Armen pluͤndert man, nur um die Luſt zu ſtillen,
Wie man den Reiher ſchießt nur um der Feder willen.

27.

Wenn Gott dich ſchlagen will, ſo braucht er nicht die Hand;
Er nimmt dir, daß du ſelbſt dich ſchlageſt, den Verſtand.

28.

Wer keine Rettung weiß, waͤhlt einen Zauberſpruch;
Wer ſich nicht helfen kann, hilft ſich mit einem Fluch.
51

29.

Das kraͤnkt dich nicht ſoſehr, was Leides dir geſchehn,
Als daß du mußt erfuͤllt den Wunſch des Feindes ſehn.

30.

Entweder wird das Schwert in meiner Hand mir weich,
Oder der harte Kopf des Feindes fuͤhlt den Streich.

31.

Der ganze Vogel iſt oft keinen Heller werth,
Fuͤr den als Rupferlohn ein Groſchen wird begehrt.

32.

Bei Unvertraͤglichkeit gedeiht kein Feur im Haus,
Der eine blaͤſt es an, der andre blaͤſt es aus.

33.

Ob die Melone fiel aufs Meſſer, ob das Meſſer
Auf die Melon ', es geht in keinem Fall ihr beſſer.
3*52

34.

Sei dem gefaͤllig, der an dir Gefallen traͤgt,
Und frage dem nicht nach, der ſelbſt nach dir nicht fraͤgt.

35.

Man ſieht das Geld nicht an, das Leben nur zu ſparen,
Und ſetzt das Leben dran, die Ehre zu bewahren.

36.

Ein Gotteskaſten iſt des Armen leerer Bauch,
Und wer ihn fuͤllt, erfuͤllt den Willen Gottes auch.

37.

Roth faͤrbet mit der Schmink 'ein Weib ſich das Geſicht,
Und mit dem Ruhm ein Mann, der wider Feinde ficht.

38.

Du fuͤtterſt ihn umſonſt mit Pomeranzenkernen,
Dein alter Papagei wird nicht mehr ſprechen lernen.
53

39.

Wenn eine Jagd anſtellt der Loͤw ', iſts eine Freude
Dem Schakal, und ein Weh den Rehen auf der Haide.

40.

Dem einen geht es hin, den andern gibt man frei;
Wenn es der dritte thut, zahlt er fuͤr alle drei.

41.

Auf Kuͤnft'ges rechne nicht, und zaͤhl nicht auf Verſprochnes;
Klag 'um Verlornes nicht, und denk nicht an Zerbrochnes.

42.

Wozu ſo lang der Schweif dem Pferde wuchs, dem edeln?
Damit die Fliegen es ſich ſelber koͤnne wedeln.

43.

Das Bethaus ſteht noch nicht gebaut mit ſeinen Pfoſten,
Und ſchon zum Betteln nahm ein Lahmer dort den Poſten.
54

44.

Ein halbes Koͤrnchen und ein ganzes hat der Tropf,
Und jedes kochet er in einem eignen Topf.

45.

Der Mangel mag dem Fleiß einmal ins Fenſter ſchaun,
Doch zu der Thuͤr hinein darf er ſich nicht getraun.

46.

Ein ſchlechter Kreuzer wird vielleicht einmal zum guten,
Und gut ein ſchlechter Mann, doch iſts nicht zu vermuthen.

47.

Wenn nicht das Kindlein ſchreit, die Mutter es nicht ſtillt;
Du mußt dich melden, wenn du etwas haben willt.

48.

Neun Tage dauert Neu's, und iſt nicht neu mehr ſchon,
Das Alte hundert Jahr, nur aͤlter wirds davon.
55

49.

Wer friſche Brunnen will an jedem Tage graben,
Wird immer friſchen Trank und friſche Arbeit haben.

50.

O brich den Faden nicht der Freundſchaft raſch entzwei!
Wird er auch neu geknuͤpft, ein Knoten bleibt dabei.

51.

Mach 'in den Napf kein Loch, aus dem du haſt gegeſſen;
Und deſſen Gaſt du warſt, gedenk' in Ehren deſſen.

52.

Wenn das nicht Ungluͤck iſt, was ſoll denn Ungluͤck heißen?
Ich ſitz 'auf hohem Pferd, doch muß der Hund mich beißen!

53.

O Gnade nun, Frau Katz ', und freſſet mich nicht ganz!
Das Maͤtzchen iſt gerupft, doch lebts auch ohne Schwanz.
56

54.

Wenn du zum Spiel ablegſt dein Horn, der Kaͤlber halb,
Ein Stumpfhorn wirſt du wohl, o Stier, doch nie ein Kalb.

55.

Fuͤr einen Muͤckenſtich weißt du kein Mittel noch,
Und ſteckeſt deine Hand ſchon in ein Weſpenloch!

56.

Ein grauer Bart am Hals, und noch die Kinderflecken!
Nichts laͤcherlicher als die Thorheit alter Gecken.

57.

Das iſt gewis! die Magd, wo ſie wird Frau im Haus,
Die ſchicket ihre Maͤgd 'im aͤrgſten Regen aus.

58.

Verbrannt iſt dir dein Haus. Verbrannt iſt nur das Holz.
Was haſt du Stolzer draus gerettet? Meinen Stolz.
57

59.

Mein Beſtes bot ich auf, und ſchlecht iſt es gerathen,
Die Geiß geſchlachtet, und dem Gaſt ſchmeckt nicht der Braten.

60.

Wenn ihr euch helfen wollt, muͤßt ihr einander helfen;
Zuſammen nur geſtellt, wird Eins und Eins zu Elfen.

61.

Zur Traͤnke draͤnget ſich am Dorfteich Rind und Lamm;
Die erſten finden Flut, die letzten finden Schlamm.

62.

Geladen waren drei, und dreizehn ſind gekommen;
Gieß Waſſer an die Supp ', und heiß ſie all willkommen.

63.

Ein Wunſch in deiner Bruſt, in deinem Haus ein Gaſt,
Drei Tage eine Luſt, am vierten eine Laſt.
58

64.

Der wird der Frau zu Haus ins Haar am erſten fahren,
Der draußen ſelber ſich laͤßt rupfen an den Haaren.

65.

Das widerſpenſtige Kamel wird doch beladen,
Und hat mit ſeinem Trotz verſcherzt des Treibers Gnaden.

66.

Nicht lauter Leben iſt dis Durcheinanderlaufen,
Auch immer Trauer gibts in dem Ameiſenhaufen.

67.

Ich hatte Zaͤhne ſonſt, da hatt 'ich Brocken nicht;
Den Brocken hab' ich nun, da mir der Zahn gebricht.

68.

Das Fleckchen an der Wang 'iſt eine Zier, das ſchwarze;
Doch wenn zu groß es wird, ſo iſt es eine Warze.
59

69.

Von einer Milchkuh nimmt man einen Stoß nicht uͤbel,
Wenn nur daruͤber aus der Hand nicht faͤllt der Kuͤbel.

70.

Von hundert Schlaͤgen, die der Goldſchmidt thut, trifft keiner
Ein Hunderttheil ſo ſtark, als von dem Grobſchmied einer.

71.

Geh nur zum Brunnen hin, daß er den Durſt dir nehme!
Ein Wunder waͤr 'es, wenn zu dir der Brunnen kaͤme.

72.

Kind! Mutter-Zaͤrtlichkeit iſt eigenes Gewaͤchſe;
Wer zaͤrtlicher als ſie dir thut, iſt eine Hexe.

73.

Des dunkeln Hauſes Lamp 'ein wohlgerathner Sohn,
Der Vater altersblind wird ſehend neu davon.
60

74.

Von weitem kennt ein Mann am Dach ſein eignes Haus,
Fuͤr andre nimmt es ſich wie jedes andre aus.

75.

Die Augen halte zu, und deinen Beutel offen;
Ein ſolcher Kund 'iſt es, auf den die Kraͤmer hoffen.

76.

Der Kraͤmer, der nichts hat zu thun im Kramgemach,
Raͤumt aus dem einen aus, und ein ins andre Fach.

77.

Laß trinken, frommer Mann, die Durſt'gen, eh ſie flehten;
Milch iſt es, wenn geſchenkt, und Waſſer, wenn erbeten.

78.

Zerbrochen oder nicht, das Toͤpfchen hoͤrt 'ich krachen;
Du biſt in ſchlimmem Ruf, der ſchwer iſt gut zu machen.
61

79.

Das Sperlingsweibchen traͤgt zu Neſt, das arme Schelmchen!
Sieh, auseinander ſcharrt das Maͤnnchen ihm die Haͤlmchen.

80.

Ein Feind ſchlaͤft ſelber nicht, und laͤßt uns auch nicht ſchlafen;
Der Wolf iſt wach, drum wacht der Schaͤfer bei den Schafen.

81.

Du zwiſchen Feinden, wie die Zunge zwiſchen Zaͤhnen,
Sei unverſehrt, wie ſie von dieſen, du von jenen!

82.

Gelehrſamkeit ſteckt an. In unſres Kadhi Haus
Lebt, ohne rechtsgelehrt zu werden, keine Maus.

83.

Von meinen Zaͤhnen hab 'ich einige zum Kauen,
Und einige fuͤr euch, die geb' ich euch zu ſchauen.
62

84.

Die Peitſche hab 'ich ſchon, die Sporen auch, und werde,
Hab' ich den Sattel erſt, auch kommen zu dem Pferde.

85.

Profeten meinen oft, ſie machen, was ſie ſagen.
Ja, kraͤhte nicht der Hahn, ſo wuͤrd 'es auch nicht tagen.

86.

Das Bethaus iſt in Schutt gefallen, aber hoch
Steht noch der Hochaltar, und betet fuͤr uns noch.

87.

Wer kann die Linien in ſeiner Hand verwiſchen?
Die gottgeſchriebne Schrift wird immer ſich erfriſchen.

88.

Weh dieſer Welt! ſie gibt fuͤr heut uns Nahrungſorgen,
Und des Gerichtes Furcht gibt ſie uns mit fuͤr morgen.
63

89.

Ich ſpreche Feuer, und es brennt mich nicht im Mund;
Ich ſage Waſſer, und es wird nicht feucht mein Schlund.

90.

Du haſt am hellen Tag die Wachskerz 'angefacht,
Nun fehlet dir das Oel fuͤrs Laͤmpchen in der Nacht.

91.

Zum Spielplatz laͤuft das Kind, man brauchts nicht hinzutreiben;
Zur Schule fuͤhrt man es, moͤcht 'es zu Hauſe bleiben.

92.

Nicht zaͤhle, was im Brand des Hauſes dir verbronnen;
Zaͤhl, was gerettet iſt, und rechn 'es fuͤr gewonnen.

93.

Wer hinten ſchneidet ab, um vorn es anzuſtoßen,
Deckt ſeine Bloͤße hier, und iſt nun dort im Bloßen.
64

94.

Soll der bedrohte Baum nicht drein mit Freude ſchauen,
Holzhauer, wenn du ſelbſt dich in den Fuß gehauen!

95.

Der Raͤuber im Gebirg iſt auch ein freier Fuͤrſt,
O Fuͤrſt, ſo frei wie du, bis du ihn fangen wirſt.

96.

Stets haſt du Recht, wenn du beim Richter biſt allein;
Doch warte nur, es kommt dein Gegner hinterdrein.

97.

Geh du in die Moſkee, ich geh 'in die Pagode;
Laß du mir meinen Brauch, dir laſſ' ich deine Mode.

98.

Durch Weihgeſchenk 'erwirbt der Reiche Himmelsgnaden;
Was kann der Bettler thun? im heil'gen Strome baden.
65

99.

Nicht viel zu leben, und nur leben in Benares!
Was leben? nur den Geiſt aufgeben in Benares!

100.

Ob du nach Mekka magſt, ob nach Benares wallen,
Die beſte Pilgerſchaft iſt Gottes Wohlgefallen.
[66]

(IV.)

1.

Es waͤſcht die eine Hand die andre, wie man ſpricht,
Und beide waſchen dann zuſammen das Geſicht.

2.

Der leere Eimer faͤllt von ſelbſt im Bronnen nieder,
Doch nicht der volle ſteigt von ſelbſt zur Hoͤhe wieder.

3.

Der Arbeit Buͤrd 'iſt leicht, und ſchwer des Dankes Laſt;
Arbeite, daß du nur dir ſelbſt zu danken haſt.
67

4.

Beſſer ein altes Kleid mit eignem Drate flicken,
Als mit geborgtem Gold ein neues laſſen ſticken.

5.

Das Wort des Mannes iſt von ſeiner Seel 'ein Theil;
Sowenig iſt ſein Wort als ſeine Seele feil.

6.

Der ferne, der mich gruͤßt, iſt nah im Herzen mir;
Der nahe, der mich nicht beſucht, iſt weit von hier.

7.

Das iſt kein Gluͤck, was ich mit Herzblut muß erkaufen;
Gluͤck iſt, was zu mir kommt, und laͤßt nach ſich nicht laufen.

8.

Und wenn Gott jeden Wunſch den Menſchen laͤßt erwerben,
So bleibt zuletzt ihm nichts zu wuͤnſchen als zu ſterben.
68

9.

Das Hehlen iſt ſo ſchlimm und ſchlimmer als das Stehlen;
Denn ſtehlen wuͤrde nicht, wers hoffte nicht zu hehlen.

10.

Noch reden wird die Kuh in ihres Raͤubers Bauch;
Der Pfau im Haus des Diebs verraͤth ihn ſelber auch.

11.

Der Juwelier, wenn er den Edelſtein will faſſen,
Darf ſich vom Glanze nicht die Augen blenden laſſen.

12.

Kind, wer dich lobt, will nur dein Loͤbliches verderben,
Und wer dich tadelt, ſpornt dich an nach Lob zu werben.

13.

Wer Gutthat ſendet aus, wielang ſie auf den Wegen
Mag bleiben, endlich kehrt ſie heim zu ihm mit Segen.
69

14.

Die Vorſicht geht zu ſacht, die Zuverſicht zu keck;
Vorſicht, mit Zuverſicht vereint, gelangt zum Zweck.

15.

Sei fleißig Tag und Nacht, und ſammle Gut ins Haus!
In vielen Stunden kommts, und geht in einer aus.

16.

Geld fuͤr Beleidigung iſt niederer Gewinn,
Sich raͤchen edler Mut, Verzeihen hoher Sinn.

17.

Des Thoren Herz und Geld ſind nie recht einverſtaͤndig,
Du machſt einander ſie mit leichter Kunſt abwendig.

18.

Im letzten Haus, dem Sarg, haſt du nicht mehr Hausſorgen;
Nur wer in dieſer Burg ſich barg, der iſt geborgen.
70

19.

Wer von des Schickſals Hand noch keinen Streich empfand,
Glaubt gar nicht, welche Streich 'austheilen kann die Hand.

20.

Etwas liegt an der Art, die Gott dem Keim verliehn,
Und etwas auch an der, wie du ihn wirſt erziehn.

21.

Das hoͤchſte iſt die Gunſt, womit der Himmel ſchaltet,
Das naͤchſte iſt die Kunſt, womit der Gaͤrtner waltet.

22.

Aus bittern Meeren zieht die Sonne ſuͤßes Waſſer,
So zieh 'auch Liebe du aus Herzen deiner Haſſer.

23.

Des Feuers Leben iſt, daß es ſich ſelbſt verzehrt;
Der toͤdtet es, wer ihm ſich zu verzehren wehrt.
71

24.

Das Leben iſt ein Feur, die Luft muß es erquicken;
Sobald die Luft ihm fehlt, wird es in ſich erſticken.

25.

In jedem Athemzug gibt Leben auf ſein Leben,
Wie unſichtbare Duͤft 'aus Blumenkelchen ſchweben.

26.

Wer taͤglich ſammeln muß mit Sorgen ſeine Nahrung,
Der ſammelt nie den Geiſt, doch ſammelt er Erfahrung.

27.

Nichts elender, als halb geſchlafen, halb gewacht;
Du haſt nicht ausgeruht, und haſt kein Werk vollbracht.

28.

Der Ruhm des Mannes iſt des Weibes hoͤchſter Reiz,
Die Ehre ſeines Weibs des Mannes hoͤchſter Geiz.
72

29.

Geziemend iſt der Schmuck an Weibes Leib allein,
Und die geſchmuͤckte ſoll der Schmuck des Mannes ſeyn.

30.

Ein reizendes Geſicht iſt kranker Augen Balſam,
Das fein gefaͤllig iſt und nicht zuſehr gefallſam.

31.

Anfang und Ende ſind wol unter ſich verwandt,
Doch iſt der Anfang blind, das Ende hats erkannt.

32.

Laß dich auf das nicht ein, wo dir die Sinne ſchwinden;
Im dunkeln Hauſe ſind die ſehnden gleich den blinden.

33.

Leicht kommt hinein der Dieb ins unbewachte Thor
Des Bettlers, doch beſchaͤmt kommt er daraus hervor.
73

34.

Ein Stadtthor kanſt du wol verſchließen mit dem Riegel,
Doch legen kanſt du nicht auf Feindes Mund ein Siegel.

35.

Das Rephun ißt ein Korn, dazu ein Koͤrnlein Sand,
Es frißt dir nicht die Ernt ', und nicht dein Ackerland.

36.

Der Schwanz der Nachbarmaus iſt lang, die kannſt du fangen,
Kurz deiner Ratte Schwanz, die iſt dir ſtets entgangen.

37.

Mein Sohn, du wirſt das Gut von deinem Vater erben;
Erbſt du nicht auch den Fleiß, ſo wirſt du drauf verderben.

38.

Darf ich vom Feſt der Stadt mir nur erzaͤhlen laſſen,
So hab 'ichs mitgemacht, und nicht mein Dorf verlaſſen.
Ruͤckert, Lehrgedicht VI. 474

39.

Im Haus der Großmuth gehn ſoviele aus und ein,
Daß ſeine Schwelle bald wird abgetreten ſeyn.

40.

Der Jogi iſt zu Haus ein armer Bettler nur,
Und wird zum Heiligen auf einer fremden Flur.

41.

Mauleſel ward gefragt: Wer iſt dein Vater, ſprich!
Mein Oheim, ſprach er, iſt Herr Hengſt, was fragt ihr mich?

42.

Wer weiß, ob eh'r das Glas zerbricht, ob eh'r der Krug?
Beide, das iſt gewis, zerbrechen bald genug.

43.

Wer nennet eine Laſt das was ihm dient zur Wehr?
Die eignen Hoͤrner ſind dem Buͤffel nicht zu ſchwer.
75

44.

Den Eſel hungern ließ der Treiber, wo's war eben;
Da's an den Bergſteig geht, will er ihm Gerſte geben.

45.

Es geht ein krummes Schwert in eine krumme Scheide;
Ihr ſeid einander werth, und fuͤr einander beide.

46.

Des reichen Mannes Herz, das keine Großmuth faſſet,
Iſt ein verroſtet Schloß, darein kein Schluͤſſel paſſet.

47.

Oft weiß nicht, wer von fern ſich weidet am Gefunkel,
Wie wahr das Sprichwort ſagt: Am Fuß der Lamp 'iſts dunkel.

48.

Dein Feur iſt jemand ſchon geworden warm davon?
Von deinem Rauche blind ward manches Auge ſchon.
4*76

49.

Wer in die Wuͤſte flieht, den Boͤſen zu entwallen,
Wird dort in die Gewalt der boͤſen Geiſter fallen.

50.

Von weitem ſieht ein Fuchs den Fuchs auf ſeinem Gange,
Zuſammen kommen ſie beim Kuͤrſchner auf der Stange.

51.

Wenn uͤbers Haupt einmal mir ſollen gehn die Wellen,
Gilt es mir voͤllig gleich, ob ein 'ob hundert Ellen.

52.

Das iſt ein Unfall zwar, doch der mir muß gefallen:
Mein Stuͤckchen trocknes Brot iſt in das Mus gefallen.

53.

Ein jedes Thier der Trift hat ſeine Nahrungsweiſe;
Was fuͤr das eine Gift, iſt fuͤr das andre Speiſe.
77

54.

Du triumfireſt, daß der Wolf iſt hingeſtreckt,
Doch weißt du, im Gebuͤſch was fuͤr ein Tiger ſteckt?

55.

Ich habe meinen Sinn, das Gluͤck hat ſeinen Kopf,
Und wer ihn durchſetzt, ſchilt den andern einen Tropf.

56.

Der Feige, der gezeigt den Ruͤcken in der Schlacht,
Kann nie ſein Angeſicht mehr zeigen unverlacht.

57.

Der Schaͤfer ließ ſein Schaf die beſten Kraͤuter eſſen,
Zum Dank hat es das Brot ihm aus dem Sack gefreſſen.

58.

Man muß den Todten doch, wie lieb er ſei, begraben;
Das Leben kann den Tod bei ſich im Haus nicht haben.
78

59.

Der Kruͤger ſelber trinkt aus einem alten Krug;
Denn jeden neuen, den er macht, verkauft er klug.

60.

Wer ſich an heißer Milch einmal verbrannt die Naſen,
Wird auch die Buttermilch, eh 'er ſie trinket, blaſen.

61.

Du ſahſt die Schlang 'einmal, und dein beſorgter Blick
Sieht nun die Schlang' am Weg in jedem alten Strick.

62.

Man kann, was man geſtand, nicht leugnen hinterher;
Die Nuß iſt aus der Schal ', und geht hinein nicht mehr.

63.

Das Kaͤtzchen buckelt ſich, und will Kamelchen ſeyn;
Wenn mans beladen will, zieht es den Buckel ein.
79

64.

Herr Strauß, wenn ein Kamel du biſt, ſo trage mir!
Ich bin ein Vogel. Flieg! Ich bin ein Trampelthier.

65.

Ich muß dem Luͤgenden in ſeinem Hauſe glauben,
Doch draußen muß er ſchon den Zweifel mir erlauben.

66.

Wirfſt du nach einem Hund, der hungrig iſt, den Stein,
So ſpringt er darauf zu, und denkt es ſei ein Bein.

67.

Ein ſchlechter Jagdhund iſt, der vorlaut bellend ſcheucht
Das Wild, und athemlos dann hinterdrein ihm keucht.

68.

Du haſt die Spreu umſonſt durchwuͤhlt, wenn du nicht achteſt
Das einz'ge Korn, das du davon als Beute brachteſt.
80

69.

Nimm die Gelegenheit vorn bei dem kurzen Haar,
Sonſt beut ſie hinten dir den kahlen Nacken dar.

70.

Zu einem ſtarken Pfeil gehoͤrt ein ſtarker Bogen,
Und ohne ſtarken Arm wird dieſer nicht gezogen.

71.

Der Pfeil iſt gutgeſchnitzt, allein nicht zugeſpitzt;
Mach 'erſt die Spitze dran, und ſag' ein Pfeil iſts itzt.

72.

Die Schlange wendet ſich und windet ſich mit Drehn;
Laß ihr den Schlangengang, ſie kann nicht grade gehn.

73.

Der ſchlechte laͤßt ſich nicht von ſeiner Schlechtheit treiben;
Verſprich, o guter Mann, nur ſelber gut zu bleiben.
81

74.

Thu's, willſt du Gutes thun, und frage kein Orakel;
Des edlen Mannes Herz iſt Gottes Tabernakel.

75.

Der Eſel ſtolpert gleich, wenn er geht unbeladen;
Darum belad 'ihn nur, daß er nicht nehme Schaden!

76.

Der Bettler hat zu Nacht im Haus kein beßres Licht
Als Mondſchein beßres hat doch auch der Reiche nicht.

77.

Verachte nicht den Staub, der dir den Weg verdeckt;
Weißt du, in dieſem Staub was fuͤr ein Reuter ſteckt!

78.

Wenn uͤberm Raube ſich entzwein der Diebe Schaaren,
Dann kommt der Ehrliche zu den geſtohlnen Waaren.
82

79.

Die Schlange, wann der Tod fuͤr ſie geſchrieben ſteht,
Kommt auf den Weg heraus, wo Roß und Maulthier geht.

80.

Des Schneiders Nadel, weiß ſie nicht wo'naus vor Witz,
Steckt ſie ſich umgekehrt in ihres Meiſters Sitz.

81.

Zwar fromme Stiftung mag dir frommen; doch ein Licht,
Das du bedarfſt im Haus, das ſtift 'ins Bethaus nicht.

82.

Du kannſt die Lampe nur im Licht der Lampe ſehn,
Du kannſt die heil'ge Schrift nur aus ihr ſelbſt verſtehn.

83.

Ein leeres Haus, worin die Menſchen nicht mehr wohnen,
Wird in Beſitz alsbald genommen von Daͤmonen.
83

84.

Kein Reuter hat ein Schild vor des Geſchickes Pfeilen;
Dem du enteilen willſt, das wirſt du nur ereilen.

85.

Wenn dir des Schickſals Hand will fallen in die Zuͤgel,
Wird dein arab'ſcher Hengſt ein Eſel unterm Buͤgel.

86.

Das iſt des Habichts Amt, und der Beruf der Eule,
Daß er am Tage kraͤchz ', und in der Nacht ſie heule.

87.

In dieſem Garten hatt 'ich auch einmal mein Neſt;
Ich bin beim Faſten nun, die andern ſind beim Feſt.

88.

Die Buhlin, wenn ſie nun hat von den Buhlen Muße,
Und nichts mehr auf der Welt zu thun weiß, thut ſie Buße.
84

89.

Des Schickſals Griffel wollt 'einmal ein Gluͤck mir ſchreiben,
Da brach die Spitz' ihm ab, ich ſoll beim Ungluͤck bleiben.

90.

Ich hab 'es ſelbſt geſaͤt, ich muß es ſelbſt auch ernten,
Mir helfen nicht dazu die nahen noch entfernten.

91.

Der Koͤnig Aar fliegt hoch, Zaunkoͤnig hoͤher noch,
Der jenem, als er ſtieg, unter die Fluͤgel kroch.

92.

Was ſoll ein Vater thun, wenn ihm ein Sohn misrathen?
Der Thaͤter bleibt ihm lieb, wie leid ihm ſind die Thaten.

93.

Solang die Thoren nicht aus dieſer Welt verſchwinden,
Wird unter ihnen ſtets ſein Brot ein kluger finden.
85

94.

Von ferne haͤlt die Hand ein kluger Mann ans Feuer,
Ein Thor ſteckt ſie darein, und kauft die Waͤrme theuer.

95.

Ein gutes Jahr geht fruͤh mit gutem Fruͤhjahr an;
Wer nichts als Knabe taugt, taugt ſchwerlich viel als Mann.

96.

Ein Reicher in der Fremd 'iſt uͤberall zu Haus,
Und fremd ein armer Mann in ſeinem eignen Haus.

97.

Im Blick des Bettlers iſt die Bitte vorgetragen;
Verſtehſt du nicht den Blick, was ſoll der Mund dir ſagen?

98.

Der milde Mann, wie Gott, zu ſpenden ſeine Gaben
Will keinen Grund, er will nur einen Anlaß haben.
86

99.

Die herbe Traube thut, als ſei ſie ſchon Roſine;
Wie uͤbel, junges Blut, ſteht dir die alte Miene!

100.

Die Hand des Milden juckt, beſtaͤndig auszuſpenden,
Wie die des Diebes zuckt, ſtets etwas zu entwenden.

101.

Der Tapfre braucht ſein Schwert, der Feige ſeine Zunge,
Die alte Schoͤn 'ihr Geld, und ihr Geſicht die junge.

102.

Wer eine Schlinge legt und keine Beere drein,
Und Voͤgel fangen will, muß ſelbſt ein Gimpel ſeyn.
[87]

(V.)

1.

Was iſt ein Sinngedicht? Wie Mann und Weib verbunden,
Ein Zeilenpaar, das ſich vereint im Reim empfunden.

2.

Gewohntes wuͤnſch 'ich mir, doch mach' ich zum Bedinge,
Daß aus Gewohnheit nie Gleichguͤltigkeit entſpringe.

3.

Ich moͤchte mir die Gunſt der Lilie gern erwerben,
Doch ohne mit der Roſ 'es darum zu verderben.
88

4.

Mach dich der Wuͤnſche leer, und andre wunſchesvoll,
O Herz, ſo gibſt du Gott und auch der Welt den Zoll.

5.

Die Sinne luͤgen nicht, darauf mußt du vertraun;
Doch ſie ſind ſchwach, auf ſie mußt du zuviel nicht baun.

6.

Zur ew'gen Seligkeit kannſt du dich vorbereiten
Nur wenn du ſteigerſt ſtets der Seele Thaͤtigkeiten.

7.

Gemuͤt iſt mehr als Geiſt, denn das Gemuͤt beſteht
Als Wurzel, wenn der Geiſt wie Bluͤtenduft vergeht.

8.

Zum Hauſe Gottes kommt man nicht uneingeladen,
Er ſchickt dir halben Wegs entgegen ſeine Gnaden.
89

9.

Des Schneiders Nadel, bald auf Seide, bald auf Zwillig
Sie geht, wenn nicht gleichleicht, auf beiden doch gleichwillig.

10.

Der Wagen auf dem Schiff, das Schiff dann auf dem Wagen,
Sie moͤgen uͤber Flut und Land ſich wechſelnd tragen.

11.

Ich zog, um obendrauf zu thun den letzten Stein,
Den unterſten hervor, da fiel der Plunder ein.

12.

Ich brauche gute Waar ', es iſt mir einerlei,
Aus welcher Bude ſie, von welchem Kraͤmer ſei.

13.

Die Roſe lacht im Thau, und denkt nicht an die Zaͤhren
Des Roſenwaſſers, die ſie wird in Glut gebaͤren.
90

14.

Dem armen Herzen bringt das kleinſte Gluͤck Beklemmung,
Wie dem Ameiſenhaus ein Thautropf 'Ueberſchwemmung.

15.

Der Weihrauch duftet nur, wo ihn die Glut verzehrt;
Leid 'in Geduld, o Herz, ſo biſt du Gottes werth.

16.

Herz, wundre dich nur nicht, wenn dir dein Haus ein Stein
Zerbricht; warum haſt du's gebaut aus Glas allein.

17.

Der Andacht Thraͤne ſoll man nicht vom Auge wiſchen,
Denn nichts ſoſehr wie ſie kann deſſen Glanz erfriſchen.

18.

Du mußt den erſten Platz dem letzten nie einraͤumen,
Um Angenehmes nie Nothwendiges verſaͤumen.
91

19.

Nichts wie die Schmeichelei iſt ſo gefaͤhrlich dir;
Du weißt es daß ſie luͤgt, und dennoch glaubſt du ihr.

20.

Der Vogel fuͤhlt ſich frei, im Kaͤfich aufgehangen,
Wenn an das Netz er denkt, worin er lag gefangen.

21.

Ich ſah vom Mond herab, da kamen alle Baͤume
Von gleicher Hoͤh mir vor, und eben alle Raͤume.

22.

Selbſt die fuͤnf Finger ſind nicht gleich an einer Hand,
Verſchieden iſt ihr Dienſt, ihr Anſehn, Groͤß 'und Stand.

23.

Dem Muͤßiggaͤnger fehlt es ſtets an Zeit zum Thun,
Und nie an einem Grund, warum ers laſſe ruhn.
92

24.

Wenn die Gewaͤhrung du nicht ſiehſt im Angeſicht
Des, den du bitten willſt, ſo thu die Bitte nicht.

25.

Ein Schatten im Gemuͤt von einem deiner Gaͤſte
Verſtoͤrt die Heiterkeit vom ganzen Hochzeitfeſte.

26.

Mit unverdientem Lob kannſt du vielleicht beſchaͤmen,
Wen du nicht konnteſt mit verdientem Tadel zaͤhmen.

27.

Die rechte Freundſchaft iſt von hinten wie von vorne,
Nicht Roſ 'ins Angeſicht, und hinterm Ruͤcken Dorne.

28.

Was Heil uns bringet, iſt ein Unheil nicht zu nennen,
Und jedes Unheil bringt uns Heil, wenn wirs erkennen.
93

29.

Sieh, was die Weiſen thun, ſieh, wie's die Thoren treiben;
Und thu das eine nach, und laß das andre bleiben.

30.

Mußt du verpflichtet ſeyn, ſo ſei's dem Ehrenmann;
Denn ſchwer iſt danken dem, den man nicht ehren kann.

31.

Der Beeren hangen viel an einem Traubenſtiele;
Haͤltſt du den einen Stiel, ſo haͤltſt du alle viele.

32.

Des Zahnwehs Heilung iſt, den Zahn dir auszureißen,
Den Diener, welcher ſchlecht dir dienet, gehn zu heißen.

33.

Man lebt nicht zweimal, und wie groß iſt deren Zahl,
Die leben auf der Welt auch einmal nicht einmal!
94

34.

Wenn du mir nahe biſt, und ich nichts ſeh von dir,
Wollt 'ich, du waͤreſt fern, und ſchickteſt Gruͤße mir!

35.

Der Freund, der lang 'uns ließ auf ſeine Ankunft hoffen,
Darf nicht gleich wieder gehn, wenn er erſt eingetroffen.

36.

Der Freund hat einen Strick gelegt um mein Genick,
Fuͤhrt mich wohin er will in jedem Augenblick.

37.

Scheu du nicht ein Geſchaͤft, das dir kann Ruh erringen,
Und ſcheu 'auch eines nicht, das ſie kann andern bringen.

38.

Gebet fuͤhrt halben Wegs zum Paradies, die Staͤrke
Des Glaubens klopft ans Thor, das aufthun Liebeswerke.
95

39.

Sei du der Kerze gleich, die ſich in Demut putzt,
Und um ſo heller brennt, wenn man die Schnaup 'ihr ſtutzt.

40.

Verzage nicht, mein Herz! das Ei kann Federn kriegen,
Und aus der engen Schaal 'empor zum Himmel fliegen.

41.

Wir hofften ſchon jahrein, nun laßt jahraus uns hoffen;
Am Ende trifft es ein, was noch nicht eingetroffen.

42.

Ich glaubte mich gelobt, dir danken wollt 'ich ſchon;
Nun lobſt du jeden Wicht, beſchaͤmt ſchleich' ich davon.

43.

Gruͤn wird vor Luſt ein Blatt vom andern Blatt am Baume,
Und eine Pflaum 'aus Scham roth von der andern Pflaume.
96

44.

Was du zur Grotte rufſt, das ruft dir aus der Grotte,
Und dein Orakel biſt du ſelbſt bei deinem Gotte.

45.

Zum Weinen muß das Herz ſich auch mit Luſt aufſchließen;
Solangs der Schmerz verſchließt, kann nicht die Thraͤne fließen.

46.

Dir ſelbſt und Gott getreu, und allen Menſchen gut,
Dann trage, wie du magſt, Turban, Kapp 'oder Hut.

47.

Das Leben iſt ein Raub, das Leben eine Beute;
Wer weiß, wers morgen nimmt? wers hat, genieß 'es heute.

48.

Wenn morgen kommt, will ich das Werk von morgen thun,
Gethan iſt das von heut, nun laßt mich heute ruhn.
97

49.

Das Gold, ſobald es hat erkannt den Edelſtein,
Ehrt deſſen hoͤhern Glanz, und faßt ihn dienſtbar ein.

50.

Der Traube Suͤßigkeit gib denen, die nicht lieben,
Damit nicht bitter ganz ihr Gaumen ſei geblieben.

51.

Von Freunden, dachten wir, ſei Freundſchaft zu erwarten;
Nun ſehn wir, dieſes Kraut waͤchſt nicht in dieſem Garten.

52.

Dein eignes Leben ſelbſt iſt laͤnger nicht dein eigen,
Sobald dein Herz du fuͤhlſt zu einem andern neigen.

53.

Gib nicht zu ſchnell dein Wort, ſo brauchſt du's nicht zu brechen;
Viel beſſer iſt es, mehr zu halten als verſprechen.
Ruͤckert, Lehrgedicht VI. 598

54.

Wenn es das Gluͤck nicht iſt, ſo iſt es doch ſein Schein;
Ein Bettler ſteckt wol auch den falſchen Groſchen ein.

55.

Das Gluͤck und das Verdienſt ſind von ungleicher Macht:
Wer das Verdienſt hat, weint, und wer das Gluͤck hat, lacht.

56.

Trifft dich des Schickſals Schlag, ſo mach 'es wie der Ball:
Je ſtaͤrker man ihn ſchlaͤgt, je hoͤher fliegt er all.

57.

Schlaͤgt dir die Hoffnung fehl, nie fehle dir das Hoffen!
Ein Thor iſt zugethan, doch tauſend ſind noch offen.

58.

Die Lamp 'an einer Seit', die Kerz 'iſt ringsum licht;
Sei du die Lampe nur, biſt du die Kerze nicht.
99

59.

Wer Gluͤck im Hauſe hat, hat außerm Hauſe Luſt;
Wohl iſt dirs in der Welt, wenn wohl in deiner Bruſt.

60.

Wo unter einem Dach beiſammen zwei entgegen
Geſetzte Winde ſind, wird nie der Sturm ſich legen.

61.

Warum thun Buße nicht, die Buße predigen?
Weil ſie ſich ihrer Pflicht durchs Wort entledigen.

62.

Haſt du die irdiſchen Geſchaͤfte ſchon gethan,
Daß du der himmliſchen dich nimmſt ſo eifrig an?

63.

Gewinnen muß, wer nicht verloren gibt das Spiel;
Verzage nicht! es trifft der letzte Pfeil das Ziel.
5*100

64.

Sei nur, wo's irgendwas zu lernen gibt, gelehrig;
Oft findet ſich, was man im Schranke ſucht, im Kehricht.

65.

Ein Wammes, deſſen Schnitt nicht deiner Wamme paßt,
Gebettelt haſt du's, wo du's nicht geſtohlen haſt.

66.

Ein Grashalm waͤchſt nicht leicht dem Palmbaum uͤbern Kopf;
Mißt ſich ein Tropf mit dir, miß dich nicht mit dem Tropf.

67.

Spricht Unvernunft, was hilfts daß da Vernunft ſich zeige?
Wer unvernuͤnftig nicht mitſprechen will, der ſchweige.

68.

Verdiene dein Geſchick, ſei dankbar und beſcheiden,
Und fuͤrchte nicht den Blick von denen die's beneiden.
101

69.

Wen das Verhaͤngnis will in Schmach und Schande ſtuͤrzen,
Den treibt es Ehr 'und Ruhm der Edlen zu verkuͤrzen.

70.

Zu nah am Feuer brennt, zu fern vom Feuer friert;
Zu nah nicht noch zu fern lieb 'ich den, der regiert.

71.

Nur dem iſt Reichthum gut, der ihn mit gutem Fleiß
Erworben hat, und ihn gut anzuwenden weiß.

72.

Der Weisheit Lehren kann nur der Verſtaͤnd'ge deuten,
Der Unverſtaͤndige wird Irrthum draus erbeuten.

73.

Wenn du willſt deinen Feind demuͤth'gen, ſei befliſſen
Demuͤthiger zu ſeyn als er, und mehr zu wiſſen.
102

74.

Oft durch Nachſetzung wird ein Vorzug ſelbſt erbeutet,
Wie Mirſa Schreiber vorn, und hinten Prinz bedeutet.

75.

Die Perle ſelber wird durchs Alter doch geringer,
Und fuͤr den Edelſtein allein iſt kein Bezwinger.

76.

Allein iſt beſſer als mit Schlechten im Verein,
Mit Guten im Verein iſt beſſer als allein.

77.

Luͤg 'einfach, und ich glaubs; doch wenn hinzu du fuͤgſt
Soviel Betheurungen, ſo merk' ich daß du luͤgſt.

78.

Zur Unzeit rede nicht; denn jenem Hahne drehte
Man darum ab den Hals, weil er zur Unzeit kraͤhte.
103

79.

Laß deine Zunge gleich der Zunge ſeyn der Wage;
Kind, wo ſie ſtille ſteht, iſt ihre beſte Lage.

80.

Der Taube ſchreit alsob taub jeder Hoͤrer ſei;
Von ſeiner Thorheit macht der Thor ein groß Geſchrei.

81.

Laß du der Kleriſei den geiſtlich ſcharfen Geifer!
Dir ziemt der Glauben, Lai, und ihr der Glaubenseifer.

82.

Kopfhaͤnger, geh mir weg! wie kann den Weg mir ſagen
Zum Licht, wer frei zum Licht nicht darf den Blick aufſchlagen?

83.

Die beſte Heilart iſt, vor Krankheit zu bewahren
Den Leib, und Arzenein durch Maͤßigkeit zu ſparen.
104

84.

Zum Schutze gegen Gift reicht nicht geſunde Nahrung,
Im Gegengift allein iſt Rettung und Verwahrung.

85.

Dem Hungerleider gib ein Feld, daß er ſich naͤhre;
Zum Danke gibt er dir vom Feld nicht eine Aehre.

86.

Wo irgend Herr und Hund einander kamen fern;
Eh'r als der Herr den Hund, ſpuͤrt aus der Hund den Herrn.

87.

Der Vogel Leben iſt durchs Fenſter mir entſchluͤpft,
Und keine Ausſicht daß herein er wieder huͤpft.

88.

Wenn eines wirken ſoll, ſo laß das andre ruhn;
Ein Schuͤtz, der treffen will, muß zu ein Auge thun.
105

89.

Des Manns Erfahrung ſieht ſoviel in einer Ziegel,
Als Unerfahrenheit des Kinds in einem Spiegel.

90.

Ob Gold und Silber gleich nicht iſt in jedem Schacht,
Wird Gold und Silber doch nur aus dem Schacht gebracht.

91.

Gepraͤgtes Silber zwar dient auf dem Markt zu Preiſen,
Doch es zu praͤgen dient ein Praͤgeſtock von Eiſen.

92.

Du fragſt, wie auf den Baum der Apfel ſei gekommen?
Ein andrer hat indeß ihn ſchweigend abgenommen.

93.

Verſchieb nicht, was du heut beſorgen ſollſt, auf morgen,
Denn morgen findet ſich was neues zu beſorgen.
106

94.

Oft hat das beſte Herz zum aͤrgſten ſich verirrt,
Wie aus dem ſuͤſten Wein der ſchaͤrfſte Eſſig wird.

95.

Gehilfen ſuch 'ich, die ſich auch zu helfen wiſſen;
Gehilfen, denen ich ſoll helfen, kann ich miſſen.

96.

Der Eſel iſſet wie der Diſtelfinke Diſtel,
Deswegen ſingt er doch ſo fein nicht durch die Fiſtel.

97.

Wie Wind im Kaͤfige, wie Waſſer in dem Siebe,
Iſt guter Rath im Ohr der Thorheit und der Liebe.

98.

Selbſt um ein Wort hervor zu bringen, muß die Zunge
Sich regen; willſt du was vollbringen, reg dich, Junge!
107

99.

So moͤcht 'ich leben, daß ich haͤtte, wenn ich ſcheide,
Gelebet mir zur Luſt, und andern nicht zu Leide.

100.

Lern 'auf die Augen thun, wenn nichts dir ſoll misgluͤcken;
Und wenn dir was misfaͤllt, lern' eines zuzudruͤcken.
[108][109]

XVII.

[110][111]

1.

Wer unter Weiſen iſt nicht von den Ueberweiſen,
Nur unterweiſen will er dich, nicht uͤberweiſen.
Von dem, was uͤber dem Bereich der Sinne liegt,
Wohin der kuͤhne Geiſt auf ſeinen Schluͤſſen fliegt,
Sagt er nur was er meint, ſagt er nur was ihm ſcheint,
Wenn er entſchieden auch bejahet und verneint.
Sagt er auch nicht dazu: ſo mein 'ich und ſo ſcheint es;
Von ſelbſt verſteht es ſich: es ſcheint ihm und er meint es.
Nimm davon an, was ſich mag deinem Sinn vereinen,
Und hab 'im Uebrigen dein Scheinen ſelbſt und Meinen.
112

2.

Aus der Vollkommenheit der Welt willſt du beweiſen
Das Daſeyn Eines, der ſie haͤlt in ihren Kreiſen.
Und die Vollkommenheit der Welt in jeder Spur
Beweiſeſt du woraus? aus Jenes Daſeyn nur.
Nicht ſchelt 'ich den Beweis, daß er ſich dreht im Kreis;
Vielmehr des Denkens Kreis dreht ſich um den Beweis.
Wie ſchoͤn, daß ſo voraus ſich dieſe beiden ſetzen,
Und du der dritte biſt, daran dich zu ergetzen.

3.

Warum die Allmacht nicht ohn 'Uebel ſchuf die Welt?
Weil ein vollkommnes Bild nicht lauter Licht enthaͤlt.
Der beſte Maler kanns nicht ohne Schatten malen,
Die ſtets nothwendig ſind, damit die Lichter ſtralen.
113

4.

Sowahr du hier die Welt nur kannſt im Zwielicht ſehn,
Sowahr wird ſie dir dort im vollen Glanze ſtehn.
Was alſo biſt du aufs Unmoͤgliche befliſſen,
Umſonſt zu forſchen, was du einſt von ſelbſt wirſt wiſſen?
Weil Trieb nach Wahrheit nur die Buͤrgſchaft iſt des Wahren.
Nur was du ſuchteſt hier, das wirſt du dort erfahren.

5.

Erſt zu erwerben dir ein Wiſſen, ſei befliſſen,
Dann mitzutheilen auch den anderen dein Wiſſen.
Daß ſie nur wiſſen, daß du weißt, iſt Ehre ſchon;
Doch dis, daß du weißt, daß ſie wiſſen, ſei dein Lohn.
114

6.

Wir haben uns geirrt, und werden mehr noch irren,
Uns hier entwirren nur um dort uns zu verwirren.
Ungluͤcklich waͤren wir, wenn eine Taͤuſchung ſchwaͤnde
Von Gluͤck und Luſt, und nicht gleich eine neu 'entſtaͤnde.

7.

Die eine Hoffnung haſt du kaum zu Grab getragen,
Und andre Knoſp 'am Strauch beginnt ſchon auszuſchlagen.
Oh doppelt theuer iſt die alſo neugeborne,
In der du zwei nun haſt, ſie ſelbſt und die verlorne.
115

8.

In dieſem Arme, wo ein Sterbendes mir lag,
Wieg 'ich mit Luſt ein Neugebornes manchen Tag.
Doch kann ich keinen Blick auf das Geborne ſenken,
Ohn 'ans Geſtorbene, das vor ihm war, zu denken.
O Herz, nie mehr von Weh wird deine Wonne frei,
Wenn du beim Leben nur fuͤhlſt daß es ſterblich ſei.

9.

Die Hoffnung halte feſt: Gott wird dich nicht verlaſſen;
Das Aergſte das dir droht, er wird es dir erlaſſen.
Und traf das Aergſte dich, ſo bleib 'in Zuverſicht:
Die Hoffnung ſchlug dir fehl, doch Gott verließ dich nicht.
Ja, daß dich Gott nicht hat verlaſſen, mußt du ſagen,
Da er die Kraft dir gibt das Aergſte zu ertragen.
116

10.

Wie kannſt du ungethan ein Fehlgethanes machen?
Das iſt die wichtigſte und ſchwierigſte der Sachen.
Wenn du dir ſagen darfſt, daß, wenn du's wieder nun
Thun koͤnnteſt, du gewiß es anders wuͤrdeſt thun;
Wenn ſo des Willens Kraft du haſt daran gemeſſen,
Dann ſei es abgethan, und, wenn du kannſt, vergeſſen.

11.

Des Menſchen Schuldbuch iſt ſein eigenes Gewiſſen,
Darin durchſtrichen wird kein Blatt, noch ausgeriſſen.
Der Schuldner kann darin nicht tilgen ſeine Schuld,
Nur danken kann er, wenn ſie tilgt des Schuldherrn Huld.
In deinem Schuldbuch kannſt du tilgen, was dir iſt
Ein andrer ſchuldig, nicht was du ihm ſchuldig biſt.
117

12.

Verderblich iſt es, mit unrechtem Gut zu prunken;
Mit Recht heißt unrecht Gut im Kleiderſchrank ein Funken.
Durch Unrecht wird ein Schatz nicht groͤßer, ſondern ſchmaler;
Der Pfennig ungerecht frißt den gerechten Thaler.

13.

Lob oder Schmaͤhung tritt nur durch das Wort ins Leben,
Doch Segen oder Fluch kann dir ein Stummer geben.

14.

Das Recht ſteht huͤben und das Unrecht ſtehet druͤben,
Beſtimmt geſchieden und entſchieden auszuuͤben.
Doch unentſchieden ſteht dazwiſchen manches Dritte,
Unſicher ſchwankend in des Rechts und Unrechts Mitte.
Wie dieſes wird genannt, erklaͤrt und angewandt,
Daran vor allem wird der beſſre Menſch erkannt.
118

15.

Arbeiter dingt der Herr fuͤr ſeinen Arbeitstag,
Und Abends jedem gibt er ſeines Lohns Betrag.
Nur einem einz'gen gibt er einen Ueberſchuß;
Das ſehn die anderen Arbeiter mit Verdruß,
Und ſprechen: Haben wir nicht gleich wie er und eben
Soviel geſchafft? warum haſt du ihm mehr gegeben?
Da ſprach er: Habet ihr zuwenig denn empfangen,
Und brach ich einem ab vom Lohn, den wir bedangen?
Sie ſprachen: Nein! Er ſprach: So nehmt und ſchweiget ſtill;
Den Ueberſchuß der Gnad 'ertheil' ich, wem ich will.

16.

Verſaͤume kein Gebet, doch das der Morgenroͤthe
Verſaͤume nie, weil keins dir gleichen Segen boͤte.
Die Engel von der Nacht, die Engel von dem Tag,
Umſchweben dis Gebet mit gleichem Fluͤgelſchlag.
119

17.

Du kannſt in deinem Haus, dem naͤchſten Tempel, beten,
Und brauchſt zum fernſten nicht die Wandrung anzutreten.
Doch zeugt dein Tempelgang, noch mehr die Pilgerſchaft,
Daß deiner Andacht Drang iſt von beſondrer Kraft.

18.

In der natuͤrlichen Religion geboren
Wird jeder Menſch, und nie geht ſie ihm ganz verloren.
Ihm angezogen wird ein aͤußres Glaubenthum,
Das nimmt im Leben er wie einen Mantel um.
Er trag 'es, weil er lebt; im Tode legt ers ab,
Da bleibt der Glauben ihm, den Gott ihm ſelber gab.

19.

Wer ſagt: Ich bin Gott nah! der iſt ihm fern geblieben;
Wer ſagt: Ich bin Gott fern! der iſt ihm nah durch Lieben.
120

20.

Nicht gnug iſts, ſelber nicht zu haſſen noch zu neiden;
Du mußt den Neid, den Haß von andern auch vermeiden.
Des Haſſes Blick iſt Froſt, des Neides Blick iſt Glut;
O Liebespflanze, dir iſt Glut und Froſt nicht gut.
Gott geb 'ein Plaͤtzchen dir, wo rein du koͤnnteſt ſproſſen,
Von Liebesſtral beſonnt, von Freundſchaftsthau begoſſen;
Wo dich kein Blick erreicht, wo dich kein Hauch beruͤhrt,
Von dem nicht Geiſt geweckt, und Andacht wird geſchuͤrt.

21.

Der Weiſe ward befragt: Was wuͤnſcheſt du fuͤr Gaben?
Er ſprach: Nichts wuͤnſch 'ich als zu wuͤnſchen nichts zu haben.
Und noch einmal befragt: Was alſo wuͤnſcheſt du?
Sprach er: Mein einz'ger Wunſch iſt meiner Wuͤnſche Ruh.
121

22.

Die Ameiſ 'unterm Fuß der Leute wird zertreten,
Und in dem Angeſicht die Flieg' iſt unerbeten.
Die Ameiſ 'unterm Fuß der Leute biſt du nicht,
Noch auch die Fliege, die ſie ſticht ins Angeſicht.
O dank 'es deinem Gluͤck, daß ſo iſt deine Lage,
Wo dir die Welt nicht wird, noch du wirſt ihr zur Plage.

23.

Froh bin ich, durch zu ſeyn durch das Gedraͤng 'im Leben,
Und moͤchte nicht hinein mich noch einmal begeben.
Noch minder moͤcht 'ich, nicht darin geweſen ſeyn,
Noch einen hindern, der auch einmal will hinein.
Geh nur hinein, mein Sohn, hilf durch dir, wie du kannſt;
Und wenn du kommſt heraus, laß ſehn, was du gewannſt.
Ruͤckert, Lehrgedicht VI. 6122

24.

Wenn du ein Ungluͤck ob dem Naͤchſten ſiehſt verhangen,
Hoffſt du, weil ihn es traf, ſei dirs vorbei gegangen.
Und fuͤhlſt du menſchlicher, ſo dauert dich der Mann;
Warum? weil was ihn traf, auch dich betreffen kann.
Was traͤgt es aus, ob warm du's aufnimmſt oder kuͤhl?
So eigenſuͤchtig iſt Gefuͤhl wie Ungefuͤhl.

25.

O Vaͤter, Muͤtter, o Erzieher, habet Acht
Des wichtigen Berufs, wie groß iſt eure Macht.
Der Menſchheit Aufgab 'iſt die Menſchheit zu erziehn;
Bedenkt, daß euch daran ein Antheil iſt verliehn.
O wirkt gewiſſenhaft dazu an euerm Theil,
Damit der Menſchheit komm 'ihr Heiland oder Heil.
123
Betrachtet jedes Kind mit Ehrfurcht, denn geheim
Kann ſeyn in jedem ja des neuen Heiles Keim.
Das Heil, ob es Geſtalt des Einzlen angenommen,
Ob es als Ganzes komm ', es wird das Heil uns kommen.

26.

Mit Unrecht ruͤhmſt du dich, in freiem Haus zu walten,
Wenn du die drinnen mußt mit Zwang zuruͤck behalten.
Den, der freiwillig nicht will bleiben, laß ihn ziehn;
Sonſt wird dein freies Haus zum Zwangſtall nur fuͤr ihn.
Du ſprichſt: Er uͤbernahm in dieſem Hauſe Pflichten,
Und eh 'er abziehn darf, muß er die erſt verrichten.
Nein! Pflichten hat er nur, ſolang er bleibt im Haus;
Sobald er ausziehn will, iſt die Verpflichtung aus.
6*124

27.

Das Land der Kindheit ließ ich hinterm Ruͤcken liegen,
Und vorwaͤrts wie der Schritt begann der Blick zu fliegen.
Ich hatte Muth und Trieb allein, bergan zu gehn,
Und keine Luſt noch Zeit, einmal zuruͤck zu ſehn.
Dann als ich umſchaun wollt 'auf halber Hoͤhe droben,
Da hatt' ein Huͤgelland dazwiſchen ſich geſchoben.
Doch als ich angelangt nun auf dem Gipfel war,
Da lag das ſchoͤne Thal in Fernen daͤmmerklar.
Was mir im Reiſedrang verſchwunden war, vergeſſen,
Mit ſanfter Wehmuth nun erinnr 'ich all mich deſſen.
Die Sehnſucht truͤge gern zum ſtillen Thal mich wieder,
Allein mein Weg geht dort den andern Abhang nieder.
125

28.

Ein langentfernter Freund, ein weitgetrennter, kam
So lebhaft mir im Traum, als ich ihn nie vernahm.
Wie freute ſich mein Herz, da es ihn wieder fand,
Den es verloren hatt ', und ihn ſo nah empfand.
Doch nach derſelben Nacht, da ich den Freund erworben,
In kurzen Tagen kam die Kund ', er ſei geſtorben.
Und mußt 'er eben da er neu mir lebte ſterben,
Und mußt' ich nur um zu verlieren ihn erwerben?
Ja, ſterben, daß ſich mir ſein Leben neu gebaͤre,
Er nicht, von Zeit und Raum geſchieden, todt mir waͤre.
126

29.

Sich ſelbſt genuͤgen und von andern nichts verlangen,
Iſt Weisheit froſtige, die zeitig mir zergangen.
Nie gnuͤgeſt du dir ſelbſt, wenn du nicht andre liebſt,
Von denen du empfaͤngſt, und ihnen wieder giebſt.
Drum ſtelle ſo den Spruch, dann magſt du dich ihm fuͤgen:
Gib was du kannſt, und laß was du empfaͤngſt dir gnuͤgen.

30.

Den durſt'gen Gaumen labt ein Trunk, und nicht den ſatten;
Doch gruͤnem kommt der Thau, nicht duͤrrem Holz zu Statten.
Ohn 'Unzulaͤnglichkeit wirſt du kein Heil verlangen,
Doch ohn' Empfaͤnglichkeit kannſt du's auch nicht empfangen.
127

31.

Du moͤchteſt ſeyn wie der und jener, doch dabei
Auch bleiben, der du biſt, alsob das moͤglich ſei.
So moͤchteſt du im Herbſt des Fruͤhlings Bluͤten haben,
Doch drum der Fruͤchte nicht entbehren, die dich laben.
Dazu ſind eben Wuͤnſch 'und Traͤume dir verliehn,
Um alles, was dir fehlt, in deinen Kreis zu ziehn.

32.

Wenn du ſaͤhſt andern nach, was du dir ſelbſt nachſieheſt,
Und was du ihnen nicht verzeihſt, dir nie verzieheſt;
Zufrieden wuͤrden dann die Andern nicht allein
Mit dir, du wuͤrdeſts auch mit dir und ihnen ſeyn.
128

33.

So gluͤcklich war ich, und ſo ſorglich es zu bleiben,
So wuͤnſchend nur mich im gewohnten Gleis zu treiben;
Daß ich nicht wagt 'im Schritt zu eilen noch zu ſaͤumen,
Noch irgend ein Geraͤth von ſeinem Platz zu raͤumen;
Aus Furcht, es moͤcht 'im Takt das Gluͤck die Stoͤrung