PRIMS Full-text transcription (HTML)
[I][II]
VORLESUNGEN ÜBER DIE ALGEBRA DER LOGIK
(EXAKTE LOGIK)
DRITTER BAND. ALGEBRA UND LOGIK DER RELATIVE.
[figure]
LEIPZIG,DRUCK UND VERLAG VON B. G. TEUBNER.1895.
[III]
ALGEBRA UND LOGIK DER RELATIVE, DER VORLESUNGEN ÜBER DIE ALGEBRA DER LOGIK
DRITTER BAND.
ERSTE ABTEILUNG. MIT VIEL FIGUREN IM TEXTE.
Du gleichst dem Geist, den du begreifst, Nicht mir! (Goethe (Geist). )
An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen. (Matthäus. )
[figure]
LEIPZIG,DRUCK UND VERLAG VONB. G. TEUBNER. 1895.
[IV][V]

Inhalt von Bd. 3, I.

  • Erste Vorlesung.
  • Zur Einführung.
  • Seite
  • § 1. Plan. Der Operationskreis der Algebra der binären Relative1
  • § 2. Die Denkbereiche der verschiednen Ordnungen und ihre Individuen4
  • Zweite Vorlesung. Die formalen Grundlagen, insbesondre zur Algebra der binären Relative. § 3. Die 29 zu 31 fundamentalen Festsetzungen. Summendarstellung der Relative. Aussagenschemata17
  • § 4. Die Matrix eines Relativs und deren Augen. Beispiele. Geometrische Repräsentation. Die dreifachen Evidenzen42
  • § 5. Haushalt mit Klammern68
  • Dritte Vorlesung. Die Sätze von allgemeinster Natur in der Algebra der binären Relative. § 6. Gesetze der Spezies, soweit nur allgemeine Relative in deren Ausdruck eingehen. Dualismus und Konjugation76
  • § 7. Beweis jener Grundgesetze. Nebst einigen Hülfsschemata des Aus - sagenkalkuls101
  • Vierte Vorlesung. Einfachste Sätze von speziellerem Charakter in der Algebra der binären Relative. Modulknüpfungen. § 8. Noch einige weitre Grundformeln. Die reduziblen primären Modul - knüpfungen. Der Abacus vervollständigt. Produktdarstellung der Relative117
  • § 9. Die 12 irreduziblen primären Modulknüpfungen und die 64 Diagonal - abwandlungen eines allgemeinen Relativs130
  • § 10. Erste 6 ausgezeichnete Relative146
  • Fünfte Vorlesung. Das Auflösungsproblem in der Algebra der binären Relative. § 11. Gesamtaussage der Data eines Problems und allgemeinste Aufgabe150
  • § 12. Allgemeine und rigorose Lösungen161
  • § 13. Fortsetzung. Iterationen. Grenzwerte und Konvergenz. Potenz178
  • § 14. Beispiele einfachster Art. 192
  • Sechste Vorlesung. Die Parallelreihentransformationen und - Probleme. § 15. Die 256 Zeilenabwandlungen eines allgemeinen Relativs. Ebensoviele Kolonnenabwandlungen. Einschlägige Sätze201
  • § 16. Die inversen Zeilen - oder Kolonnenprobleme223
  • VI
  • Siebente Vorlesung.
  • Seite
  • Die elementaren Inversionsprobleme. § 17. Erste 4 Inversionsprobleme und - Theoreme241
  • § 18. Die 4 zweiten Inversionsprobleme nebst zugehörigen Theoremen247
  • § 19. Die 4 dritten Inversionsprobleme256
  • § 20. Vorübergehend Transoperationen genannte Knüpfungen und deren Inversionsprobleme. Quaderrelative278
  • Achte Vorlesung. Die einfachsten Auflösungsprobleme der Theorie. § 21. Probleme, welche in zwei Buchstaben möglich sind. Erste Stufe der Probleme in drei Buchstaben. Das allgemeinste Problem von univer - saler Natur auf dieser Stufe. Solvirender Faktor293
  • § 22. Zweite Stufe der Auflösungsprobleme in drei Buchstaben. Ketten - problem, Transitivität und anderes321
  • Neunte Vorlesung. Die Theorie der Ketten. § 23. Dedekind’s Kettentheorie und der Schluss der vollständigen Induk - tion. Vereinfachung jener346
  • § 24. Nebenstudien zur Kettentheorie387
  • Zehnte Vorlesung. Individuen im ersten und zweiten Denkbereich. Die Theorie der uni - nären Relative. § 25. Das Element als Einzeiler und der Einkolonner. Charakteristik und Knüpfungsgesetze beider405
  • § 26. Das Einauge, dessen Charakteristik und Knüpfungen424
  • § 27. Sätze über Knüpfung mit den absoluten Moduln. Systeme, Klassen oder absolute Terme als binäre und als uninäre Relative443
  • Elfte Vorlesung. Studien über Elimination, Produktir - und Summiraufgaben. § 28. Eine Studie gemäss Peirce über Elimination468
  • § 29. Über von Peirce so genannte Entwickelungsformeln : Summationen und Produktevaluationen. Zum Inversionsproblem491
  • Zwölfte Vorlesung. Theorie der Abbildung. Ihre 15 Arten. Eindeutigkeit bei Zuord - nungen und Gleichmächtigkeit von Systemen. § 30. Direkt sowie umgekehrt nie undeutige und nie mehrdeutige Zuord - nung. Funktion, Argument und Substitution (Permutation) als Relative553
  • § 31. Dedekind’s ähnliche Abbildung eines Systems in ein anderes. Ähn - liche oder gleichmächtige Systeme596
[VII]

Berichtigungen zu Bd. 3, I.

  • Seite 25, Zeile 5 v. u. ist zu sagen: identischen oder absoluten Moduln.
  • Seite 39 ist Z. 15 und 16 v. o. sowie Z. 10 und 9 v. u. zu tilgen: [die nicht chiff - rirten beiden Schemata über ζ) und ϑ) sind falsch und durch κ) auf S. 40 vertreten zu denken.]
  • Seite 61 ist Fig. 14 und 15 vertauscht.
  • Seite 64, Zeile 16 v. o. wäre zuzufügen, dass statt excepting einfacher auch except und eventuell exclusive of gesagt werden kann.
  • Seite 67, Zeile 17 v. o. wäre hinter Konventionen im ersten Satz des dritten Absatzes streng genommen einzuschalten: und den wenigen sog. Prin - zipien der allgemeinen Logik, welche sich aber (wesentlich, wenn auch nicht förmlich) als in jenen Konventionen schon mit enthalten ansehn lassen.
  • Seite 91, Zeile 12 v. u. sollte unter Hinzufügung der kursiv gedruckten Worte gesagt sein: Im letzten Falle, der jedoch bei Formeln mit lauter all - gemeinen Relativen nicht vorzukommen scheint. . Kommen auch Moduln vor, so ist der Fall möglich, wie das Beispiel von S. 125 zeigt: 〈…〉 . Wir haben dann also in Wahrheit dreierlei Arten von Zweigespannen zu unterscheiden: duale, sowie konjugirte, und solche, die wie 7) S. 91 beides zugleich sind.
  • Seite 127, Z. 6 v. o. statt des zweiten b lies b̄̆.
  • Seite 131, Z. 8 v. o. st. Selbstrelativen l. individuellen Selbstrelativen.
  • Seite 133, Z. 16 v. o. st. least lies greatest. [Man könnte auch highest im Gegensatz zu lowest sagen.]
  • Seite 137, Z. 8 v. u. ebenso wie Seite 131, Z. 8 v. o.
  • Seite 149, Z. 8 v. o. wäre hinzuzufügen, dass die Frage nur eine solche der Form ist, indem mein Relativ 0 ɟ 0 '; (a ɟ 0), gleich 0 ɟ 0' (0 ɟ ); 1 nach einem späteren Satze 10) S. 444, mithin in ein Peirce’sches transformir - bar ist. Im Hinblick auf den Satz am Schluss von S. 148 könnte man sagen, dass es blos eine Art von ausgezeichneten Relativen gebe, indem sich ja alle schon als 1; c; 1 darstellen lassen.
  • Seite 173, dritter Absatz (Z. 11 bis 13 v. o.) sollte der Funktionsbuchstabe F durchweg als ein neuer, F, gesetzt sein.
  • Seite 214, Z. 19 v. o. steht vor dem letzten γ eine 0 zu viel.
  • Seite 227, Z. 12 v. u. bei 7) fehlt} hinter der letzten 1.
  • Seite 255 unten sind die Formeln 26) falsch. Zur Richtigstellung der ersten wäre das a rechts durch a (1; b) zu ersetzen, und entsprechend sind die übrigen zu modifiziren, wonach die 26) aber nur als Umformungen von 8) gemäss spätern Satzes 9) S. 444 erscheinen. Zudem ist in den zwei letzten Formeln ein Negationsstrich deplacirt, sollten mithin die in 26) rechts gleich x gesetzten Ausdrücke heissen: 〈…〉 .
VIIIBerichtigungen zu Bd. 3, I.
  • Seite 274, Z. 18 v. u. streiche den Zusatz: worin ersetzbar.
  • Seite 281, Z. 9 v. o. st. b l. c.
  • Seite 306 untere Figur links statt g lies .
  • Seite 321, Z. 16 v. o. st. Pluszeichen l. Piuzeichen.
  • Seite 330, Z. 3 v. o. verbessere man von denjenigen u, die kein übergesetztes Zeichen tragen, das zweite, fünfte und sechste in ū̆, zudem das letzte ū̆ in u.
  • ibid., Z. 5 v. o. verbessere das fünfte u in ū̆.
  • Seite 338, Z. 7 v. o. st. Russel l. Russell.
  • Seite 344, Z. 6 v. o. lies: x als Aliorelativ resp. Aliorelativnegat.
  • Seite 366, Z. 18 v. u. st. welche l. die.
  • Seite 383, Z. 7 v. o. füge hinzu: cf. S. 366.
  • Seite 389, Z. 8 v. u. st. Augabe l. Aufgabe.
  • Seite 406, Z. 11 v. o. st. 0 l. 0 '.
  • Seite 418 empfiehlt sich zu 23) eine Vorverweisung auf 25) S. 502.
  • Seite 438, Z. 2 v. o. sollte ein Gedankenstrich nebst Durchschuss folgen.
  • Seite 440 könnten die Aussagensubsumtionen 30) auch als Äquivalenzen angesetzt werden.
  • Seite 449, Z. 4 v. o. st. 5 l. 5.
  • Seite 452 [Z. 12 v. u. st. sofern l. weil ja, und streiche Z. 11 v. u., besser:] ist Z. 13 bis 11 v. u. zu ersetzen durch: Ein Element von einem Element ist immer das erstere Element selbst cf. S. 412.
  • Seite 470, Z. 12 v. u. st. 10) l. 100).
  • Seite 502, Z. 5 v. u. st. u l. a.
  • Seite 509 sq. ist zu Aufg. 11 zu bemerken, dass wegen u = 1 u; 1 'ihre Lösung sich schnellstens aus 6) S. 496 als Sonderfall ergibt.
  • Seite 520, Z. 9 v. o. st. des Faktors i lies .
  • Seite 526, Z. 1 v. u. st. 1'l lies 1'k l.
  • Seite 529, Z. 10 v. o. st. ci l. c (i).
  • Seite 552, Z. 4 v. o. hinter Wurzeln schalte ein: (Radikale).
  • Seite 554, Z. 14 v. o. st. h i l. h .
  • ibidem, Z. 1 v. u. st. des letzten = lies .
  • Seite 594, Z. 7 v. u. statt des zweiten A2 l. A3.
  • Seite 620, Z. 20 v. u. st. mehrzig l. mehrig .
[1]

Erste Vorlesung. Zur Einführung.

§ 1. Plan. Der Operationskreis der Algebra der binären Relative.

α) Es ist eine grossartige Disziplin, reich an Ausdrucksmitteln und mächtigen Schlussmethoden, fast überreich an Sätzen, wenn auch von unvergleichlichem Ebenmaasse, in welche ich versuchen will den Leser hiermit einzuführen.

Dürften auch ihre ersten Anfänge mit Augustus De Morgan kaum über die Mitte dieses Jahrhunderts zurückreichen, so ist die Literatur dieser Disziplin doch schon eine ziemlich umfangreiche, zudem ihre Kenntnissnahme eigentümlich erschwert nicht nur durch ihr Zer - streutsein in verschiedenen nicht leicht zugänglichen Schriftwerken, sondern auch durch die Verschiedenartigkeit der ich kann nur sagen: Hieroglyphen systeme, deren sich die Urheber der Disziplin bedienten und welche sogar bei ihrem Hauptförderer Charles S. Peirce zu - weilen fast unvermittelt gewechselt haben. Ausser diesen beiden Hauptschöpfern der Theorie dürfte dieselbe mittelbar den Arbeiten von Herrn R. Dedekind am meisten Förderung verdanken, und liegt es dem Verfasser ob, nun die Gesamtheit der bisherigen Leistungen zu dem gegenwärtigen Stande der Disziplin gleichsam aufzurunden.

Bei der fast unermesslichen Mannigfaltigkeit der Richtungen, nach welchen sich die Disziplin entwickelungsfähig zeigt, der Fülle ihrer Anwendungsmöglichkeiten auf die verschiedensten Gebiete zu denen die Begriffe von Endlichkeit , Anzahl , Funktion und Substitution ebensowol gehören als wie z. B. die menschlichen Verwandtschafts - verhältnisse , bei ihrer Doppelnatur als einer Algebra einerseits und einer Entwickelungsform der Logik andrerseits, nämlich ihrer Aus - gestaltung zur Logik der Beziehungen (und Beziehungsbegriffe, Relative ) überhaupt, scheint es unerlässlich soll nicht die Übersicht leiden und der Eindruck der Schönheit und Konsequenz des Ganzen verlorenSchröder, Algebra der Relative. 12Erste Vorlesung.gehen dass wir die verschiedenen Gesichtspunkte, unter welchen unsre Theorie zu betrachten sein wird, thunlichst scharf von einander getrennt halten.

Ich werde deshalb zunächst eine Seite der Theorie fast ausschliess - lich bevorzugen, und zwar dieselbe lediglich als eine Algebra, einen Kalkul aufbauen, der seine Gesetze aus einer geringen Anzahl bestimmt formulirter fundamentaler Festsetzungen denknotwendig ableitet. Erst wenn auf diesem Wege ein gewisser Grundstock geschaffen und ein schon recht ansehnliches Kapital von absolut feststehenden Wahrheiten Thatsachen der Deduktion gesichert ist, gedenke ich in sehr viel spätern Vorlesungen auf die Fundamente der Disziplin zurück - zukommen, um deren zuerst nur einfach hingestellte Festsetzungen dann auch heuristisch zu motiviren und aus allgemein logischen Ge - sichtspunkten reflektirend zu erörtern, insbesondre sie als den Zwecken ebendieser Wissenschaft, der Logik, dienstbare nachzuweisen. Bis dahin mögen logische Interpretationen von Ausdrücken oder Formeln des Kalkuls höchstens nebenher in Form von Seitenblicken erfolgen, bestimmt, das Interesse des Lesers zu wecken und denselben zu der später systematisch zu erwerbenden Deutungskunst allmälig heran - zuziehen.

Ebenso wird es zur Vereinfachung des Ganzen beitragen, wenn wir dasjenige, was zur Sicherung des Anteils der andern Forscher an den Errungenschaften der Theorie gesagt werden muss, und was zumeist von literarhistorisch-kritischen Erörterungen unzertrennlich sein wird, erst nachträglich in eignem Paragraphen zusammenstellen die Theorie selber thunlichst von allem Beiwerk entlastend.

Meine Bezeichnungsweisen schliessen sich sehr nahe an die von Peirce in einer 9c seiner Abhandlungen gebrauchten an, und werden die Abweichungen späterhin gekennzeichnet und gerechtfertigt. Den zahlreich zu verwendenden Suffixen zuliebe und um zugleich den Platz frei zu halten für die Exponenten von Potenzen , deren Begriff auch in unsre Disziplin Eingang findet, musste vom vertikalen zu dem hori - zontal übergesetzten Negationsstriche übergegangen werden. Zudem wird sich Veranlassung ergeben, die beiden wenn auch nicht bei Aus - sagen so doch bei binären Relativen (sowie solchen von noch höhrer Ordnung) unterscheidend zu verwenden ein Punkt auf den wir noch zurückkommen.

Nach dem Gesagten gehe ich sogleich zu dem Versuche über:

β) Vorweg über den Operationskreis der relativen Logik einen kurzen Überblick zu geben den Operationskreis der arithmetischen Algebra3§ 1. Operationskreis der Algebra der Relative.zur Vergleichung heranziehend. Ich fasse dabei ausschliesslich den weitaus wichtigsten Teil der ersteren: die Algebra der binären Relative (bei Peirce dual relatives genannt) in’s Auge, welche den natur - gemässen Ausgangspunkt der ganzen Theorie bildet. Ebendiese ist bis jetzt allein auch einigen Ausbaues teilhaftig geworden und wird auf sie die Wissenschaft, um damit für ihre vornehmsten Probleme auszukommen, vielleicht sogar sich wesentlich beschränken dürfen.

Im identischen (Gebiete - oder Klassen -) Kalkul hatten wir uns mit drei Rechnungsarten, Spezies vertraut zu machen: mit der identischen Multiplikation, der identischen Addition und der Negation. Von diesen waren die beiden erstgenannten knüpfende Operationen, die zu ihrer Ausführung mindestens zwei Operanden (Terme) als gegeben voraus - setzten; die letztgenannte eine nicht-knüpfende Operation, welche schon an einem Operanden (Term) vollziehbar. Die knüpfenden Ope - rationen waren hier assoziative sowol als kommutative.

Denselben drei identischen Spezies begegnen wir auch in der Logik der Relative wieder, woselbst sie in der That die erste Hauptstufe der elementaren Operationen ausmachen. Zu diesen treten aber als zweite Hauptstufe hier noch drei weitere Spezies hinzu: die drei relativen Elementaroperationen, als da sind: die relative Multiplikation (oder Komposition), die relative Addition und die Konversion; jene beiden knüpfende und zwar assoziative aber (im allgemeinen) nicht kommu - tative Operationen, diese eine nicht knüpfende Operation, die bereits an einem Operanden vollziehbar.

Mit ihren sechs Spezies ist mithin die Logik der Relative, gegenüber der allgemeinen Arithmetik mit ihren sieben algebraischen Operationen, immer noch im Vorteil. Zugunsten der letztern kann allerdings geltend gemacht werden, dass durch die bekannte Erweiterung des Zahlengebietes zum Gebiet der gemeinen komplexen Zahlen es sich habe ermöglichen lassen, die 7 Spezies der Algebra auf viere zu reduziren, nämlich auf Addition, Multiplikation, Potenzirung und Logarithmirung indem die Subtraktion als eine Addition der entgegengesetzten Zahl, die Division als eine Multi - plikation und die Radizirung als eine Potenzirung mit der reziproken Zahl in Wegfall gekommen, drei von den vier inversen Operationen mithin in den direkten aufgegangen seien.

Demgegenüber ist aber zu betonen, dass auch die 6 Spezies der relativen Logik wesentlich sich auf viere (und zwar schon von vornherein) reduziren, indem vermittelst der Negation die beiden Additionen zurück - führbar sind auf die entsprechenden Multiplikationen (oder umgekehrt), mithin, bei Verzicht auf die Symmetrie, diese auch durch jene könnten ent -1*4Erste Vorlesung.behrlich gemacht werden. In der definitiven Anzahl der unentbehrlichen Grundoperationen stehen somit beide Disziplinen auf gleicher Linie.

In ihrer durchgängigen Symmetrie aber besitzt die Algebra der Relative einen ästhetischen Vorzug vor der Algebra der Zahlen. Ver - fügt sie doch über zwei Prinzipien zur Vervielfältigung, Verdoppelung ihrer Theoreme und tritt ein jeder ihrer allgemeinen Sätze mit drei zumeist andern gekoppelt als eine Tetrade, ein Quadrupel, ein Gespann von Sätzen (oder Formeln) auf, indem er mittelst Kontraposition, beiderseitigem Negiren, einen ihm dual entsprechenden Satz, das Paar aber mittelst beiderseitigen Konvertirens, ein zweites dazu konjugirtes Sätzepaar liefert, dessen Geltung von ihm mitbedingt und garan - tirt wird.

γ) Wenn demnach der identische Kalkul als ein blosser Teil der elementarste der relativen Logik erscheinen wird, die letztre also als eine Erweiterung (spezielle Anwendungsweise und Fortsetzung) des erstern sich darstellt, so bieten sich anscheinend zwei Möglich - keiten dar, die Algebra der Relative zu begründen.

Die eine: im Anschluss an den bisherigen Lehrgang, bei welchem wir vom Begriff der Subsumtion ausgegangen waren um gegen Ende zu einer wissenschaftlichen Definition des Individuums zu gelangen. Die andre: als die Möglichkeit einer selbständigen Begründung, als ein Aufbau der ganzen Disziplin sozusagen auf einer tabula rasa.

Eine solche Begründung, die von der Betrachtung von Elementen (oder Individuen) ihren Ausgang nimmt, hat Peirce gegeben, und kann der Vergleich der damit geschaffenen ganz eigenartigen Grund - lage der gesamten Logik mit ihren anderweitigen Fundirungen nur lehrreich sein. Wir schliessen uns darum diesem letztern Lehrgange an, zumal von da der erwähnte Anschluss sehr leicht und rasch zu gewinnen sein wird.

§ 2. Die Denkbereiche der verschiednen Ordnungen und ihre Individuen.

Als gegeben, irgendwie begrifflich bestimmt, denken wir uns die Elemente oder Individuen 1) A, B, C, D, E, einer gewöhnlichen Mannigfaltigkeit (vergl. Bd. 1, S. 342). Dieselben sollen durchweg von einander und vom Nichts (von 0) verschieden geachtet werden. Sie müssen unter sich verträglich (konsistent) sein, sodass nicht etwa die Setzung eines von ihnen der Denkbarkeit eines andern5§ 2. Denkbereich der ersten Ordnung.vorbeugt, und sie müssen einander gegenseitig ausschliessen (unter sich disjunkt sein), sodass auch keines der Elemente als eine Klasse gedeutet werden dürfte, die ein andres von ihnen unter sich begreift.

Ich bemerke dieses, und noch einiges andre mehr, zum voraus, um die Erwartung des Lesers angemessen zu dirigiren, nicht aber aus dem Grunde, weil etwa schon auf diese letzteren Bemerkungen wesentliche Schlüsse zu bauen wären. Auch wer diese Bemerkungen für ganz un - genügend fundirt erachten wollte, der könnte sich doch nicht ablehnend verhalten gegenüber der formalen Denknotwendigkeit, kraft welcher mit den fundamentalen Festsetzungen des nächsten Paragraphen als deren Kon - sequenz auch das ganze Gebäude unsrer Theorie gesichert sein wird.

Die Gesamtheit der gedachten Elemente stellen wir, indem wir deren Namen mittelst Pluszeichen verbinden, als eine identische Summe (logical aggregate) dar und nennen sie den ursprünglichen oder Denkbereich der ersten Ordnung: 11 (gelesen Eins hoch eins), sodass uns: 2) 〈…〉 gilt.

Der Denkbereich 11 soll mehr als ein Element enthalten. Diese Voraussetzung ist zur Geltung fast aller Sätze der Theorie erforderlich. Den Fall, wo der Denkbereich blos ein Element enthielte, wollen wir den Ausnahmefall nennen.

Bei manchen Formeln wird sogar, damit sie Geltung beanspruchen können, es unerlässlich sein vorauszusetzen, dass der Denkbereich mehr als zwei Elemente umfasse. Solche Formeln sollen durch einen ihrer Chiffre beigesetzten Stern * gekennzeichnet werden.

Im übrigen kann die Menge der Elemente, welche unser Denk - bereich zusammenfasst, eine endliche (oder begrenzte) sein, indem der Denkbereich besteht aus einer beliebig zu wählenden Anzahl von Elementen. Oder aber das System der Elemente ist ein unendliches (unbegrenztes), wo dann von ihrer Anzahl nicht gesprochen werden kann. Im letzteren Falle mögen die Elemente entweder diskrete sein, etwa ein sogenanntes einfach unendliches System bildend, oder auch nicht, d. h. sie dürfen ebensogut auch als konkrete gedacht werden, welche z. B. ein Kontinuum ausfüllen, wie die Punkte einer Linie, einer Fläche, eines Körpers, insbesondre einer Geraden, einer Ebene oder des Raumes.

Auch diese Bemerkungen sind vorgreifende. Ist es doch eine der vor - nehmsten Aufgaben der Theorie selbst, den Begriff der Endlichkeit eines Systems von Elementen erst aufzustellen, was eine Vorbedingung für die Gewinnung des so hochwichtigen Anzahl - Begriffes bildet, desgleichen sodann, die verschiedenen Arten von Unendlichkeit unterscheidend zu6Erste Vorlesung.definiren! Um nicht in Fehlschlüsse zu verfallen wird der Leser aber gut thun, die Möglichkeit auch der letzterwähnten Annahmen nicht aus dem Auge zu verlieren.

Wir mögen nun zwar zur Illustration einen Denkbereich bevor - zugen , der aus den sämtlichen Punkten einer Geraden (nämlich beider - seits unbegrenzten geraden Linie) besteht (denen bekanntlich die reellen Zahlen der Arithmetik ein-eindeutig entsprechen) oder auch blos aus einem Teile dieses Punktgebietes, wie etwa seiner Hälfte: dem Strahle, welchem sich das Gebiet der positiven Realzahlen ein - deutig zuordnen lässt vielleicht auch blos aus der Reihe der den ganzen Zahlen entsprechenden äquidistanten Punkte unsrer Geraden oder deren positiver Hälfte. Immer aber wird dies unwesentlich bleiben müssen.

Es darf von vornherein in der Theorie nicht vorausgesetzt werden, dass die Elemente in einer bestimmten Reihenfolge sich befinden oder überhaupt in eine solche sich bringen liessen.

Nie wird a priori von benachbarten Elementen, von den Vorgängern oder Nachfolgern eines Elementes gesprochen werden dürfen wie es denn schon zu einem Punkte auf der geraden Linie (wenn sie auch etwa von links nach rechts durchlaufen wird) keinen unmittelbar vorhergehenden und keinen unmittelbar folgenden Punkt, keine unmittelbar benachbarten Punkte gibt. Wie man Urteile fällen kann über alle Punkte, resp. über jeden Punkt einer Fläche (z. B.) um aus diesen Urteilen andre Urteile logisch abzuleiten ohne doch diesen Punkten damit irgendeine Reihenfolge zu - zuschreiben, ebenso muss in der Theorie inbezug auf die Elemente unsres Denkbereiches schliessend vorgegangen werden.

Die Elemente brauchen auch nicht etwa gleichzeitig zu existiren; sie dürften uns z. B. Ereignisse aus Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft repräsentiren (koexistirende oder simultane, wie successive); es genügt, dass sie zusammen gedacht werden können.

Zu Zwecken der Exemplifikation auf logischem Gebiete empfiehlt sich oft die Deutung der Elemente als Personen der menschlichen Gesellschaft, Menschheit überhaupt.

Neben den grossen lateinischen Buchstaben, die uns bestimmte Ele - mente vorzustellen haben, falls wir einzelne von diesen hervorzuheben beabsichtigen, bedürfen wir auch noch einer Kategorie von Zeichen zur Darstellung von oder als Namen für unbestimmte oder allgemeine Elemente.

Dieses Bedürfniss tritt bereits zutage, macht sich geltend schon bei dem ersten und einfachsten Akte zu welchem wir jetzt schreiten wollen dem Akte: irgend zwei Elemente in eine Beziehung zu einander zu setzen oder unter dem Gesichtspunkte einer solchen zu7§ 2. Elemente, = Individuen des ersten Denkbereichs.betrachten. Die Elemente, zwischen denen dergestalt sagen wir: ein Verhältniss konstatirt werden soll, können nämlich entweder ver - schiedene, oder sie können auch die nämlichen, können einerlei sein.

Der Gesichtspunkt, das fundamentum relationis sei z. B. die Zu - neigung, Liebe einer Person zu einer Person.

Wenn die Person A die Person B liebt, so wird unter diesem Gesichtspunkt das Elementepaar A: B in Betracht kommen. Wenn etwa zugleich die Person B die Person A nicht liebt, so wird das Elementepaar B: A (welches demnach vom vorigen zu unterscheiden ist) nicht in Betracht kommen.

Wenn die Person A sich selbst liebt, so wird als Elementepaar auch A: A in Betracht zu ziehen sein.

Schon diese beiden Fälle, der erste mit dem letzten, lassen sich bei Beschränkung auf den bisherigen Zeichenvorrat nicht gemeinsam erledigen oder abhandeln, und zwar aus dem Grunde, weil die An - nahme: B = A, welche den letzten Fall unter den ersten subsumiren würde, sich in Widerspruch befindet mit der eingeführten und unver - brüchlich festzuhaltenden Voraussetzung A B. Zudem wird man so doch immer nur am Beispiele kleben bleiben.

Wir bedürfen neuer Zeichen und diese wählen wir vorderhand ausschliesslich aus der Reihe der folgenden: 3) i, j, h, k, l, m, n, p, q um irgend eines der Elemente A, B, C, D, unsres Denk - bereiches 11 vorzustellen.

Heben wir jetzt ein Elementepaar i: j hervor, etwa wieder um damit zu konstatiren, dass eine Person i eine Person j liebt, so wird ebensogut die Annahme j = i als die Annahme j i zulässig bleiben, und lassen sich alle Vorteile der Allgemeinheit für unsre Betrachtungen sichern, in Verbindung mit den Vorteilen, welche die Einführung knappster Zeichenschrift gewährt.

Also: während zwei verschiedene von den Buchstaben A, B, C, immer zwei verschiedene Elemente vorzustellen haben, sind zwei ver - schiedene Buchstaben aus der Reihe i, j, h, einer solchen Be - schränkung nicht unterworfen. Dieser Gegensatz ist darin begründet, dass während A, B, C, uns als bestimmte sozusagen spezifizirte Elemente gelten, die Symbole i, j, vielmehr zu verwenden sein werden als Repräsentanten, Stellvertreter von irgend welchen, von un - bestimmt gelassenen oder allgemeinen Elementen . Jenen entsprechen in der Arithmetik die numerischen, diesen die literalen oder Buch -8Erste Vorlesung.staben-Zahlen. Und wie die letztern sind sie gleichermassen unent - behrlich und ermöglichen uns die Realisirung analoger Vorteile.

Die allgemeinen Elementsymbole i, j, h, k, lassen insbesondre auch als Indizes , laufende Zeiger , Summations - und Produktations - variable , sich verwenden, und werden zunächst sogar vorwiegend als solche in Betracht kommen.

In der That können wir mit ihrer Beihülfe die Gleichung, welche uns den Denkbereich 11 darstellte, jetzt konziser schreiben, wie folgt: 4) 〈…〉 , wobei zur korrekten Auslegung, zur Auswertung oder Evaluation der Summe rechterhand nur erforderlich ist, dass man der Summations - variablen i auferlege, jedes der Elemente A, B, C, als seine Be - deutung anzunehmen, oder wie man sich ausdrückt die Gesamt - heit der Individuen des Denkbereiches 11 zu durchlaufen .

Dieser Prozess, der in unsrer Theorie mit jedem Ausdruck von der Form Σi oder Σj, Σh, von einem f (i, j, h, ) in Gedanken zu voll - ziehen sein wird, ist wohl zu unterscheiden von dem Auslegungsverfahren bei solchen Ausdrücken wie 〈…〉 , wie sie im ersten und zweiten Bande häufig vorkamen (und auch hier in modifizirter Bedeutung bald eine Rolle spielen werden), wo nämlich die Summationsvariable u zu durchlaufen hatte nicht blos alle Elemente, sondern alle erdenklichen Gebiete oder Klassen, das ist alle Elementesummen aus dem vorliegenden Denkbereiche.

Also: jedem auf ein Symbol der Reihe 3) bezüglichen Summen - zeichen wird (woferne nicht ausdrücklich anderes stipulirt ist) die vorhin beschriebene Erstreckung zuzuschreiben sein.

Der Denkbereich 11 bildet eine Mannigfaltigkeit, auf welche ohne weitres der gesamte identische Kalkul anwendbar sein würde. Doch soll von dieser Thatsache bis zur Neubegründung des letztern hier kein Gebrauch gemacht werden.

Jede (identische) Summe von Elementen dieses Denkbereiches 11 wird späterhin als ein absoluter Term , als ein System (Gebiet) oder auch eine Klasse (class-term) schlechtweg zu bezeichnen sein.

Nunmehr können wir auch das oben am Beispiel Ausgeführte allgemein statuiren:

Werden aus unserm Denkbereiche 11 irgend zwei Elemente i und j in bestimmter Reihenfolge hervorgehoben und in dieser gleichviel aus welchem Beweggrunde, einerlei unter welchem Gesichtspunkte zu einem Paare zusammengehalten, so mag das Ergebniss der Zu -9§ 2. Elementepaare, = Individuen des zweiten Denkbereichs.sammenstellung vermittelst eines Doppelpunktes dargestellt werden in Gestalt von 5) 〈…〉 gesprochen: i zu j.

Dies ist zunächst unverfänglich, weil der Doppelpunkt zwar in § 23 des Bd. 1 provisorisch zur Darstellung der identischen Division verwendet, daselbst aber als definitiv entbehrlich nachgewiesen und dadurch zu andern Zwecken verfügbar geworden ist.

Wenn unter dem Gesichtspunkte einer bestimmten von i zu j be - stehenden Beziehung ein Elementepaar hervorgehoben und mit i: j in der - selben Weise dargestellt wird, wie man in der Arithmetik ein (geometrisches) Verhältniss darzustellen pflegt, so empfiehlt sich dies schon darum nicht übel, weil in der Sprache des gemeinen Lebens die Worte Beziehung und Verhältniss ohnehin beinahe als synonyme gelten dürften. Zudem werden mit der arithmetischen Gleichung (i: h) × (h: j) = i: j bei der Lehre von der Zusammensetzung der Relative Analogieen zutage treten, die unser dem Peirce’schen sich anschliessendes Vorgehen noch weiter rechtfertigen.

An sich betrachtet hat zwar der Doppelpunkt schon als Divisions - zeichen, gleichwie auch das Minuszeichen den Fehler, eine unsymmetrische Knüpfung durch ein symmetrisches, nach rechts und links gleich aus - schauendes Zeichen darzustellen. Dafür tröstet der Umstand, dass man (demungeachtet) von der Arithmetik her doch schon gewöhnt ist, die Knüpfung nicht als eine kommutative anzusehen.

Übrigens sei bemerkt, dass auch hier die Bezeichnung später entbehr - lich gemacht werden kann, sobald mit ihrer Hülfe die Algebra der Relative eine bestimmte Stufe der Entwickelung erreicht hat.

Wir nennen i: j ein Elementepaar , und zwar i den Antezedenten (das Vorderglied) oder das Relat, j den Konsequenten (das Hinterglied) oder das Korrelat desselben.

Nach dem Gesagten wird uns j: i als ein andres Elementepaar wie i: j zu gelten haben, sobald j von i verschieden ist. Oder wir mögen hinstellen: 6) 〈…〉 als gültig für alle i und j.

In diesen beiden Aussagenäquivalenzen sind vier Aussagensubsumtionen enthalten, von welchen diese beiden: 〈…〉 als selbstverständlich, beziehungsweise durch unsre soeben getroffenen Ab - machungen gegeben, anzusehen sind.

Aus ihnen ergeben sich die beiden andern, die umgekehrten Aussagen - subsumtionen (kreuz - oder) wechselweise vermittelst Kontraposition.

10Erste Vorlesung.

Übrigens sei betont, dass auch diese Bemerkung nur zur vorläu - figen Orientirung ausgesprochen ist, indem sich 6) als Theorem aus den fundamentalen Festsetzungen des nächsten Paragraphen späterhin beweisen lassen wird.

Dasselbe gilt von dem Ansatze: 7) 〈…〉 durch welchen wir zum Ausdruck bringen, dass uns jedes Elemente - paar als von dem Nichts verschieden zu gelten habe.

Das Elementepaar j: i heisst das konverse von dem Elemente - paar i: j. Bei der Allgemeingültigkeit dieser Festsetzung wird es auch gestattet sein in ihr die Namen i und j auszutauschen und muss also auch das Elementepaar i: j das konverse sein von j: i. Die Be - ziehung zwischen konversen Elementepaaren ist eine gegenseitige.

Es können nun alle erdenklichen Elementepaare, zu deren Bildung unser Denkbereich 11 die Elemente liefert, zu einer Tafel, in ein Ta - bleau zusammengestellt, geordnet werden (may be arrayed oder arranged in a block ): 8) 〈…〉 und sei bemerkt, dass wir diese spezifizirten oder speziellen Ele - mentepaare auch als individuelle binäre Relative hinzustellen oder zu bezeichnen haben werden, deren irgend eines durch i: j allgemein repräsentirt werden kann.

Die Gesamtheit dieser individuellen binären Relative oder Elemente - paare bildet einen neuen, einen eignen Denkbereich, den wir als den Denkbereich der zweiten Ordnung mittelst 12 (gesprochen: eins hoch zwei) darstellen, sodass wir haben: 9) 〈…〉 wo die Klammern um die Elementepaare auch weggelassen werden könnten oder in der durch das Summenzeichen ermöglichten Abkürzung: 10) 〈…〉 .

11§ 2. Der Denkbereich der zweiten Ordnung.

Der Denkbereich 12 ist hiernach gebildet aus den sämtlichen Varia - tionen zur zweiten Klasse mit Wiederholungen von den Elementen des Denkbereiches 11 wie der Mathematiker sich ausdrücken würde; er ist die zweite Klasse der genannten Variationen. Er enthält die Elemente von 11 zu Paaren vereinigt in allen erdenklichen Verbindungen (Kombi - nationen) und Anordnungen (Permutationen).

Als selbstverständlich erscheint es wieder (soll indess nicht we - sentlich benutzt werden), dass auch dieser Denkbereich eine Mannig - faltigkeit vorstellt, auf welche der identische Kalkul anwendbar ist. In diesem Denkbereiche werden sich die Untersuchungen der Theorie im vorliegenden Bande vornehmlich, ja fast ausschliesslich bewegen, weshalb wir den Exponenten 2 zumeist und namentlich in allen Formeln (seltner im Texte) weglassend denselben kürzer mit 1 selber bezeichnen werden.

In einfachster Schreibung seien demnach die Gleichungen 9) und 10) zusammenfassend wiederholt als: 11) 〈…〉

Ein individuelles binäres Relativ i: j steht in dieser Tafel allemal in der durch i markirten Zeile und in der durch j markirten Kolonne (oder Spalte) wären die Elemente i, j die natürlichen Zahlen, so könnten wir kürzer sagen: in der iten Zeile und in der jten Kolonne.

Obwohl, wie bereits erklärt, die Voraussetzung einer bestimmten Reihenfolge oder Anordnung schon bei den Elementen des ersten, nicht minder also auch bei den Elementepaaren des zweiten Denk - bereichs den Schlüssen der Theorie nicht zugrunde gelegt werden darf, wollen wir doch der Übersicht und der Bequemlichkeit der Ausdrucks - weise zuliebe die vorstehenden Redensarten acceptiren:

Soll von solchen individuellen Relativen i: j, i: h, i: k, ge - sprochen werden, welche im Relate übereinstimmen, so werden wir häufig sagen, dass sie aus derselben Horizontalreihe oder Zeile stammen, und die zu i gehörige Zeile der Tafel 12 selbst wird uns dann eben einfach bedeuten: die Gesamtheit (identische Summe) aller der Elemente - paare unsres zweiten Denkbereichs, welche i zum Relate haben. Ebenso werden alle Elementepaare i: j, h: j, k: j, , die im Korre - late übereinstimmen, von uns der nämlichen Vertikalreihe oder Kolonne zugewiesen. Und wir unterscheiden demgemäss in unsrer Tafel 1212Erste Vorlesung. Reihen von Elementepaaren als parallele oder zu einander normale, sowie als horizontale oder vertikale.

Fasst man die individuellen Elementepaare unsres Denkbereiches 12 in’s Auge, so wahrnimmt man solche von zweierlei Art, je nachdem in i: j das i = j oder aber i j ist.

Im ersten Falle haben wir ein Elementepaar von der Form i: i. Ein solches soll ein individuelles (binäres) Selbstrelativ genannt werden.

Falls dagegen i j ist, so heisse i: j ein individuelles (binäres) Aliorelativ .

Ich übersetze hiemit einfach die von Peirce gegebnen Namen self - relative und aliorelative .

Es kann anstössig gefunden werden, dass self - oder Selbst - nicht, wie die andern zur Zusammensetzung dieser Namen benutzten Wörter, aus dem Lateinischen stammt. Wenn man nicht Ipsirelativ sagen will, so könnte man auch Idemrelativ für unser Selbstrelativ nehmen. Andre Möglichkeiten wären die, zu sagen: Autorelativ und Heterorelativ, oder Idio (Homo -?) relativ Allorelativ zur ersten Hälfte aus dem Griechischen, zur zweiten aus dem Lateinischen genommen, desgleichen zur ersten Hälfte dem Deutschen entstammend: Selbstrelativ und Anderrelativ Eigenrelativ Fremdrelativ. Auch schlug mir ein Kollege vor, für Relativ Beziehnis (s) zu sagen.

Ich habe mich nach sorgfältiger Erwägung keinem dieser Vorschläge anzubequemen vermocht. Dem letzten nicht, weil für die Wissenschaft zur Deckung ihres Neubedarfs an Wörtern internationale Ausdrücke aus toten, den klassischen Sprachen weitaus den Vorzug verdienen. Der Aus - druck Anderrelativ gibt zu unangenehmen Anklängen Veranlassung, wenn neben den Anderrelativen von andern Relativen oder gar von andern Anderrelativen gesprochen werden muss. Die übrigen Ausdrücke erscheinen weniger zutreffend, decken wol den Begriff minder genau.

Obwol nun also Selbstrelativ den erwähnten internationalen Rück - sichten nicht ganz gerecht wird, will ich es beibehalten, den romanischen Kulturvölkern es überlassend, sich ein Wort nach ihrem Geschmacke dafür zu bilden; jenes erscheint mir als das beste und bezeichnendste wenigstens für die germanische Sprachengruppe mit Einschluss der englischen Sprache.

In unsrer Tafel 12 stehen die individuellen Selbstrelative A: A, B: B, etc. alle auf einer geraden Linie, welche von links oben nach rechts unten diese Tafel mitten durchschneidet, und gemäss einer in der Lehre von den Determinanten und den Matrices geläufigen Übung als die Hauptdiagonale der Tafel bezeichnet wird. Unter der Haupt - diagonale von 12 verstehen wir also analytisch gefasst, wenn man es unabhängig von geometrischen Veranschaulichungen, die eine bestimmte13§ 2. Binäre Relative.Anordnung der Elementepaare auf einer Fläche vorauszusetzen scheinen, aussprechen will weiter nichts als: die Gesamtheit (identische Summe) aller individuellen Selbstrelative aus unserm zweiten Denkbereiche.

Die individuellen Aliorelative liegen ausserhalb, stehen seitlich von, oberhalb und unterhalb der Hauptdiagonale.

Jedes individuelle Selbstrelativ ist das konverse von sich selber. Zu einander konverse individuelle Aliorelative stehen dagegen symmetrisch zur Hauptdiagonale, sodass, wenn man diese letztere als spiegelnde Linie ansieht, irgend eines der beiden das Spiegelbild sein müsste vom andern.

Wenn wir sonach über die individuellen binären Relative nun - mehr Bescheid wissen, so drängt sich die Frage auf: was ist zu ver - stehen unter einem binären Relativ überhaupt?

Obwol dies systematisch erst im nächsten Paragraphen festgesetzt werden soll, wollen wir die Antwort hier schon vorgreifend geben. Darunter wird zu verstehen sein: eine identische Summe (ein Inbegriff) von irgendwelchen individuellen binären Relativen.

Aus unserm Denkbereiche 12 können wir irgendwelche Elemente - paare herausgreifen und sie sei es kollektiv zu einem Systeme von Elementepaaren , sei es generell zu einer Klasse von Elemente - paaren mittelst identischer Addition vereinigen. Das Ergebniss wird ein binäres Relativ (schlechtweg) zu nennen sein.

Der Gesichtspunkt, unter welchem wir solche Aushebung von Elementepaaren vornehmlich vollziehen, wird allerdings der sein, dass wir zu einer Klasse oder identischen Summe von Elementepaaren alle diejenigen individuellen Relative i: j jeweils vereinigen, bei welchen das Relat i zum Korrelat j in einer Beziehung von bestimmter Art steht, einer Beziehung, charakterisirt durch ein gewisses fundamentum relationis , auf welches sich gerade das Interesse konzentrirt.

Gleichwie jedoch in der (weiteren) Umfangslogik der Klassen - bildung keinerlei Schranken gesetzt waren, und die Individuen einer Klasse nicht etwa, der Forderung der (engeren) Inhaltslogik entspre - chend, dadurch zusammengehalten werden mussten, dass sie einen regelrechten Begriff konstituiren, so sollen auch hier die Aushebungs - möglichkeiten für die zu einem binären Relativ zu vereinigenden Elementepaare durch keinerlei Schranke eingeengt sein, und mag ein Gesichtspunkt, wie der erwähnte, zumeist zwar maassgebend sein als Beweggrund für deren Aushebung aus dem Denkbereiche 12, ohne dass jedoch sein Vorhandensein eine unerlässliche Bedingung für diese14Erste Vorlesung.Aushebungen bildete, welche vielmehr (von vornherein) auch ganz nach Willkür vollzogen werden können (um von da ab festgehalten zu werden).

Eine Zusammenstellung von irgend drei Elementen i, j und h aus unserm ursprünglichen Denkbereich 11, wenn dieselben in dieser bestimmten Reihenfolge geschrieben werden, mag nun weiter ein Elementetripel oder individuelles ternäres Relativ genannt und mit 12) 〈…〉 dargestellt werden.

Die Gesamtheit, identische Summe aller erdenklichen Elemente - tripel bildet einen neuen Denkbereich, den wir als den Denkbereich der dritten Ordnung mit 13 bezeichnen, sodass uns gilt: 13) 〈…〉 .

Spezifizirt könnten die Elementetripel übersichtlich nur in Gestalt eines Blockes etwa ein Buch füllend angegeben werden, auf dessen erster Seite die Elementepaare von 12 in 11) mit dahinter - gesetztem : A stünden, dessen zweite Seite (besser: Vorderseite des zweiten Blattes) dieselben Elementepaare mit dahintergesetztem : B enthielte, die dritte Seite (resp. drittes Blatt auf seiner Vorderseite) ebenjene mit dahinter gesetztem : C und so weiter, weshalb wir auf deren spezifizirte Angabe hier verzichten.

Mathematisch gesprochen besteht der Denkbereich 13 aus der dritten Klasse der Variationen (oder permutirten Kombinationen) mit Wiederholungen von den Elementen des ursprünglichen Denk - bereiches 11.

Jenachdem in i: j: h alle drei Elemente einander gleich (d. h. identisch, einerlei) sind, oder was auf drei Arten möglich nur zweie derselben, oder endlich keines von ihnen mit einem andern zu - sammenfällt, d. h. alle drei verschieden sind, hätten wir fünferlei individuelle ternäre Relative zu unterscheiden, für welche bezüglich die Beispiele: 14) 〈…〉 vorbildlich sind.

Eine identische Summe aus Elementetripeln, irgendwie hervor - gehoben aus dem Denkbereiche 13, wird nun ein ternäres Relativ zu nennen sein.

Indem alle individuellen ternären Relative als unter sich und vom Nichts verschieden zu gelten haben, wird auch auf den Denkbereich15§ 2. Denkbereiche von höherer Ordnung.13 und die in ihm denkbaren ternären Relative mindestens zunächst der identische Kalkul (als Gebiete - sowol wie als Klassenkalkul) an - wendbar sein.

Und so weiter.

Es ist klar, wie man in dieser Weise fortfahren kann, auch alle erdenklichen Quadrupel, Quintupel, Sextupel, von Elementen des Denkbereiches 11 zu einem Denkbereiche 14, 15, 16, der vierten, fünften, sechsten, Ordnung vereinigend und in ihm den Begriff des quaternären, quinären, senären, Relativs aufstellend.

Zum Schlusse sei noch bemerkt, dass auch die absoluten Terme , (Gebiete oder) Systeme , Klassen schlechtweg, das ist wie ge - sagt die Summen, welche aus Elementen des ursprünglichen Denk - bereiches 11 gebildet gedacht werden können, sich werden ansehen, darstellen und bezeichnen lassen als uninäre*)Ich habe schon anderwärts diese Neubildung gewagt, da mir der Aus - druck semelär , welcher eigentlich der Reihe semel, bis, ter, , der Stamm - wörter unsrer Nomenklatur zu entnehmen wäre, zu befremdlich vorkommt. Das der Reihe singuli, bini, terni, angehörige Wort singulär ist bereits mit allzu viel Nebenbedeutungen im Gebrauche. Obwohl in binär etc. die Endung - arius, und nicht - narius, verwendet ist, und demnach unär, multär vielleicht korrekter als wie uninär, multinär gebildet erschiene, glaube ich doch als Neubildungen diesen letztern den Vorzug geben zu sollen. Relatice (bei Peirce simple relatives ) wie denn in der That von vornherein nichts im Wege steht, die Elemente i des Denkbereiches 11 auch individuelle uninäre Relative zu nennen.

Als obersten Einteilungsgrund für die Klassifikation aller erdenk - lichen Relative haben wir dann also: die Ordnung derselben. Wir haben Relative der ersten, zweiten, dritten etc. Ordnung zu unter - scheiden. Und es ist ein Relativ von bestimmter Ordnung weiter nichts als die (identische) Summe von irgendwelchen individuellen Relativen ebendieser Ordnung, während unter den individuellen Re - lativen einer bestimmten Ordnung zu verstehen sind: die Variationen (mit Wiederholungen) zur gleichen Klasse aus den Elementen des ersten Denkbereiches. Letztere werden bei den höheren Ordnungen (die Variationen zur ersten Klasse sind bekanntlich die Elemente selbst) symbolisch dargestellt, indem man die in bestimmter Reihen - folge in sie eingehenden Elemente mittelst Doppelpunkten verknüpft.

Endlich aber soll im voraus darauf hingewiesen werden, dass die Theorie der Relative die Möglichkeit schaffen und ein Verfahren auf - stellen wird, um Ausdrücke, sowol als Relationen, Formeln oder Sätze,16Erste Vorlesung.von Relativen einer bestimmten Ordnung aus diesem ihrem gemein - samen Denkbereiche umzudeuten in einen Denkbereich von andrer Ord - nung. Nämlich, je nach Wunsch, entweder: sie vorzudeuten in einen Denkbereich von höherer Ordnung, indem alle den Ausdruck zusammen - setzenden, resp. in die Relation oder Formel eingehenden, Relative der gegebenen Ordnung gültig umgeschrieben (transformirt) werden in lauter solche von dieser verlangten höheren Ordnung. Oder (sofern der Denkbereich, dem die gegebenen Relative angehören, nicht schon von der niedersten also ersten Ordnung ist) auch: sie zurückzudeuten in einen Denkbereieh von niedrerer Ordnung.

Bei der Zurückdeutung jedoch gehen gewisse Momente (Elemente) unsrer Kenntniss über die Konstitution der betreffenden Relative ver - loren, resp. sie werden ignorirt, es wird von ihnen abstrahirt, m. a. W. es werden gewisse Teile unsres Wissens fallen gelassen, preisgegeben, welche hernach bei einer etwa darauf folgenden Wieder-Vordeutung nicht wieder gewonnen werden, sich nicht mehr restituiren, sodass der durch eine Zurückdeutung herbeigeführte Verlust an Erkenntniss - kapital ein dauernder bleibt natürlich unbeschadet der Zulässigkeit und Berechtigung des ganzen Prozesses.

Im richtigen Erfassen dieser Prozesse, in der angemessenen Inter - pretation und Verwertung der für einen Denkbereich aufgestellten Formeln für einen andern unsrer Denkbereiche, liegen wol die Haupt - schwierigkeiten, denen das Verständniss unsrer Theorie begegnen mag und welche behufs Erzielung solchen Verständnisses überkommen werden müssen. Die Umdeutung aus dem zweiten in den ersten Denk - bereich sowie umgekehrt wird hiefür vorbildlich sein.

Wir wollen deshalb an die Frage erst wieder herantreten, nach - dem wir uns in diesen beiden Denkbereichen gründlich orientirt haben werden, und gehn darum jetzt zur eingehenden Betrachtung des zweiten Denkbereiches, 12, über, dem wir unsre Aufmerksamkeit auf lange Zeit fast ausschliesslich zuwenden, d. h. wir beschränken unsre Betrachtungen auf die Algebra und Logik, die Theorie der binären Relative.

[17]

Zweite Vorlesung. Die formalen Grundlagen, insbesondre zur Algebra der binären Relative.

§ 3. Die 29 zu 31 fundamentalen Festsetzungen. Summendarstellung der Relative. Aussagenschemata.

Wesentlich wenn wir absehen von den Abkürzungen, die noch durch Einführung der Summen - und Produktzeichen Σ, Π angestrebt worden sind, sowie von den Übereinkünften behufs Klammern-Erspar - niss und dergleichen Äusserlichkeiten oder Nebendingen mehr be - ruht die ganze Algebra der binären (und der uninären) Relative ja wenn man will: die gesamte Logik auf nur 29 konventionellen Fest - setzungen, die sich (ohne die allerdings dazu wünschenswerten Erläu - terungen) bequem auf einer halben Druckseite übersichtlich würden zusammenstellen lassen.

Gleichwie in den beiden früheren Bänden sehen wir auch hier die durch das Zeichen auszudrückende Beziehung der Einordnung, Subsumtion als die fundamentale an, mittelst welcher (oder deren Ver - neinung ) alle übrigen Beziehungen erst ihre Erklärung finden müssen. Und wir stellen darum an die Spitze als eine für alle Sym - bole a, b unsrer Theorie maassgebende die Definition der Gleichheit (das ist hier immer: Einerleiheit, Identität), welche wir in der sogleich nachher von neuem zu rechtfertigenden Schreibweise des Aus - sagenkalkuls wie früher formuliren als: (1) 〈…〉 .

Die folgenden 14 (es geht schnell!) fundamentalen Festsetzungen lauten: (2) 〈…〉 〈…〉 (4)

= 0, = 1.
Schröder, Algebra der Relative. 218Zweite Vorlesung.

Nachdem wir hiermit schon über die Hälfte der formalen Grundlagen unsrer Theorie statuirt haben, wollen wir in deren Aufzählung eine Pause eintreten lassen um uns das Bisherige etwas näher anzusehen.

Für einen Wertbereich der aus nur zwei Symbolen 0 (identische Null) und 1 (identische Eins) besteht, sind mit dem Vorstehenden voll - ständig obzwar in nuce festgelegt: die Gesetze der Einordnung und Nichteinordnung, der Gleichheit und der Ungleichheit, zudem eines Kalkuls, der zu Grundrechnungsarten die drei identischen Spezies : Multiplikation, Addition und Negation hat.

Die 4 Konventionen (2) setzen fest, welche von den in jenem Wertbereich überhaupt denkbaren Subsumtionen gelten und welche nicht gelten sollen. Dreien wird Geltung zugeschrieben, der vierten abgesprochen.

Im Hinblick auf (1) wird sich daraus auch ableiten lassen, dass von den 4 ebenda denkbaren Gleichungen diese beiden: 0 = 0 und 1 = 1, von den 4 denkbaren Ungleichungen diese: 1 0 und 0 1 zu gelten haben.

Die 8 Konventionen (3) stellen den Abacus , das Einmaleins und das Einspluseins für jenen auf die Symbole 0 und 1 restringirten Wertbereich vor. Für diesen Wertbereich definiren sie vollständig das Produkt a · b oder ab und die Summe a + b zweier Werte a und b wie immer letztere allgemeinen Werte auch bestimmt, angenom - men oder gedacht werden mögen innerhalb jenes Wertbereiches.

Das Einmaleins stimmt vollständig mit dem numerischen überein, wie es etwa für das dyadische Zahlensystem lauten würde und als ein Teil des weltläufigen dekadischen Einmaleinses ohnehin jedermann geläufig ist.

Das Einspluseins zeigt nur die eine Abweichung von dem nume - rischen Einspluseinse, dass hier 1 + 1 = 1 festgesetzt ist. Zur Mo - tivirung dieser Abweichung wird vielleicht der Hinweis nicht über - flüssig sein, dass, weil in unsrer Disziplin für gleich nur gelten soll, was identisch, einerlei ist, ein wiederholtes Setzen von Gleichem nicht anders denkbar sein wird, denn in Form einer tautologischen und darum belanglosen Wiederholung vergleichbar der Bethätigung jenes Kindes, welches seinem Freunde einunddasselbe, das nämliche Objekt zu wiederholten malen schenkt. Gerade dieser Abweichung aber wird unsre Disziplin ihre wundervolle Symmetrie hauptsächlich verdanken.

Die 2 Konventionen (4) definiren allgemein die Negation ( a strich oder nicht-a ) für jeden Wert a jenes Bereiches.

Was die Anzahl unsrer Konventionen betrifft, so ist ja unverkennbar, dass in unsrer Art, sie zu zählen etwas Willkürliches liegt. Man könnte19§ 3. Formale Grundlagen. Abacus.mittelst Anwendung von Buchstaben als allgemeiner Wertzeichen die Menge der als selbständige hinzustellenden fundamentalen Konventionen noch weiter verringern oder reduziren. So würden sich die erste und die dritte Konvention (2) in die Formel a a unser früheres Prinzip I zu - sammenfassen lassen, und würden die 6 Festsetzungen der ersten Zeile von (3) schon durch die viere a · 0 = 0 = 0 · a, a + 1 = 1 = 1 + a ersetz - bar sein.

Ebensogut lassen aber auch die drei ersten Konventionen (2) in die beiden sich zusammenziehen 0 a 1, die uns als Def. (2) von Bd. 1 her wohlbekannt sind, und noch besser fassen sich schon alle 8 Kon - ventionen (3) zu den 4 wohlbekannten Gesetzen zusammen: a · 0 = 0, a + 1 = 1, a · 1 = a = a + 0.

Am wirksamsten dürfte aber zur Reduktion unsres Konventionen - systems sofern man solche überhaupt noch begehren mag ein Ver - fahren sich erweisen, welches darauf hinausliefe, die Begründungsweise des identischen Kalkuls wie sie in Bd. 1 für eine viel umfassendere Mannig - faltigkeit bereits gegeben worden, hier, für unsern so beschränkten Wert - bereich 0, 1, im wesentlichen zu wiederholen. Insbesondre wären dabei die 8 Konventionen (3) durch die Definitionen (3) in Bd. 1 S. 196 sq. von Produkt und Summe, statuirt in allgemeinen Wertzeichen a, b, c zu ersetzen, und aus diesen der Abacus so wie Bd. 1 S. 271 sq. die Theoreme 21) und 22) zu beweisen.

Unstreitig liesse sich also hinbringen, dass man für das Bisherige auf eine geringere Zahl von selbständigen Festsetzungen blos sich zu be - rufen brauchte.

Man könnte deren aber auch eine grössere Anzahl herausbringen [statt 15 bis jetzt im Maximum 26]. Denn: auch darin lag etwas Will - kürliches, dass wir Subsumtionen wie Gleichungen unterschiedlos als Fest - setzungen zählten, während doch kraft (1) jede Gleichung ein Paar von Subsumtionen in sich schliesst.

Über die genaue Anzahl der als selbständige Konventionen ganz un - umgänglichen Festsetzungen, welche die formale Grundlage für unsre ge - samte Theorie zu bilden hätten, will ich daher mit niemand rechten.

Mit ihrer Aufzählung bezwecke ich blos, einen praktisch vorzüglich brauchbaren Ausgangspunkt zu schaffen und eine vollkommene Übersicht anzubahnen. Da bilden denn in der That die bisherigen 15 Daten jeden - falls den Kern und spezifizirten Inhalt dessen, was ein damit äquivalentes System von Konventionen allgemeinerer Form aussagen (in sich begreifen, involviren) würde, welches etwa diese Data noch konziser zusammenzufassen strebte wie immer auch solches formulirt sein möge. Dieser Kern erscheint hier in kunstloser Enumeration in’s Einzelne ( detaillirt ) aus - einander-gesetzt.

Von vornherein leuchtet ein, was auch die Folge bekräftigen wird, dass unser Konventionensystem ein widerspruchsfreies ist, wie denn überhaupt dieselben von vornherein als von einander unabhängige erscheinen. Beide Überzeugungen sind aus der Wahrnehmung zu schöpfen, dass jede einzelne von diesen Festsetzungen (1) bis (4) sozu -2*20Zweite Vorlesung.sagen ein neues Symbol definirt, welches in den vorhergehenden noch niemals erwähnt war, sodass durch diese darüber auch nicht präjudi - zirt sein konnte.

So um mit dem Ende anzufangen: wenn erst ausgemacht worden, was unter zu verstehen sei, so ist damit noch offen gelassen, was wir unter verstehen wollen, und wie immer wir letzteres ausmachen wollen (weil eben noch nichts darüber ausgemacht ist, sind wir auch zu nichts verpflichtet), so wird die Abmachung weder in der oder den vorhergehenden enthalten sein, noch mit ihnen in Widerspruch treten können.

Beim Abacus (3) in dessen erster Zeile die Produkte resp. Summen nicht sowohl einander als vielmehr dem letzten Symbole 0 resp. 1 jeweils gleichgesetzt zu lesen sind enthält jede der (so geschieden zu denkenden) Gleichungen auch eine neue sonst überhaupt nicht vorkommende Knüpfung zwischen 0 und 1. Und dass z. B. die Gleichung 1 + 1 = 1 nicht aus den andern folgen kann, lässt schon die Exemplifikation auf das nume - rische Einmaleins erkennen, wo zwar die andern Gleichungen ebenfalls gelten, sie (allein) gleichwol nicht gilt. Dass sie auch nicht in Wider - spruch mit den übrigen stehen kann, erscheint darum als selbstverständlich, weil sie des bislang noch unerklärten Ausdrucks 1 + 1 erstmals und aus - schliesslich Erwähnung thut, sodass über die demselben beizumessende Be - deutung Entgegenstehendes unmöglich schon ausgemacht sein kann.

Die Konventionen (2) endlich enthalten unabhängig von einander die Festsetzungen über die 0 resp. 1 als Subjekt (oder als Prädikat) zur 0 oder 1.

Hätten wir die 14 letzten Konventionen konziser, d. h. in eine gerin - gere Zahl von sonach allgemeineren formalen Festsetzungen (unter Gebrauch von Buchstaben) zusammengefasst, so würde diese Überzeugung von der Unabhängigkeit und Widerspruchslosigkeit der fundamentalen Kon - ventionen minder bequem und leicht zu gewinnen gewesen sein was uns nicht zum wenigsten veranlasste, der obigen Form ihrer Statuirung den Vorzug zu geben.

Wie schon angedeutet bilden nun die bisherigen 15 Festsetzungen die Basis, ausreichende Grundlage einer Buchstabenrechnung, eines Kalkuls , in welchem von jedem allgemeinen Wertsymbole oder Buchstaben wie a, b, c zu unterstellen ist, dass er irgend einen der beiden Werte 0 und 1 repräsentire.

Die formalen Gesetze, Sätze und Formeln dieser Buchstabenrech - nung sind keine andern als die des Aussagenkalkuls , jenes (noch formelreicheren) Unterfalles des identischen Kalkuls , den wir in Bd. 1 und 2 näher kennen gelernt haben.

Was wir dem Leser nunmehr zumuten müssen ist: dass er sich hiervon gründlich überzeuge, d. h. zum wenigsten, nachsehe, dass die l. c. zur Grundlage jener Kalkuln genommenen Definitionen und Prin -21§ 3. Zu den fundamentalen Festsetzungen.zipien sich auch aus unsern 15 Festsetzungen ergeben, womit dann auch deren sämtliche Konsequenzen durch ebensie verbürgt sein werden.

Dies mag ganz kunstlos geschehen in der Form einer blossen Verifikation jener Grundlagen aus dem Abacus, aus unsern Fest - setzungen.

Da für jeden Buchstaben nur die beiden Fälle zu unterscheiden sind, wo er 0 und wo er 1 bedeutet, so werden bei einer Formel, in der blos 1, 2 oder 3 Buchstaben vorkommen, auch nur 2, 22 = 4 resp. 23 = 8 Einsetzungen (von Wertsystemen 0 oder 1 für die Buchstaben) zu vollziehen sein, um dieselbe für alle erdenklichen Fälle zu bewahrheiten.

Beispielsweise können so das Prinzip II des Bd. 1: (a b) (b c) (a c), die Definitionen (3) daselbst: (c a) (c b) = (c ab), etc., das Assoziationsgesetz, und das volle Distributionsgesetz a (b + c) = ab + ac mit Leichtigkeit als kraft unsrer 15 Festsetzungen gültige nachgewiesen werden.

Mehr wie drei Buchstaben kamen in den zur formalen Grundlage des Aussagenkalkuls seinerzeit genommenen Definitionen und Prinzipien überhaupt nicht vor.

In gleicher Weise könnte man sich aber natürlich auch jedes kom - plizirtere Theorem, jeden Folgesatz des Aussagenkalkuls, den wir aus jenen formalen Grundlagen in der Theorie desselben deduzirten, unmittelbar verifizirt denken und aufgrund unsrer 15 Festsetzungen ihn nötigenfalls verifiziren.

Wir dürfen hienach nun mit einem Schlage die volle Vertrautheit mit dem gesamten Formalismus des Aussagenkalkuls (implicite damit zugleich also auch des identischen Kalkuls) beim Leser voraussetzen.

Und es erscheint mit dem Vorstehenden die wichtige Thatsache gesichert: dass es uns jederzeit freistehen wird, die 1 als eine wahre , die 0 als eine falsche Aussage zu interpretiren wo dann alle wahren Aussagen als einander gleich ( äquivalent ) zu gelten haben werden, und ebenso alle falschen Aussagen wofern wir zugleich die Subsumtion zwischen Aussagen, sowie die Aussagennegation, das Aussagenprodukt und die Aussagensumme, in der üblichen Weise deuten.

Mit dieser Bemerkung ist den Verwendungen, die wir mit den - selben Wertsymbolen 0 und 1 im Wertbereich der Relative noch be - absichtigen, in keiner Weise vorgegriffen.

Der Studirende aber bleibe sich bewusst und halte fortgesetzt sein Augenmerk darauf gerichtet, dass wenn nunmehr aus den ferner hinzutretenden Festsetzungen werden Schlüsse, Folgerungen gezogen werden, dieses Folgern stets nach den Gesetzen ebenjenes Aussagen - kalkuls vor sich geht, dessen Grundlage die bisherigen Festsetzungen22Zweite Vorlesung.bilden, und welche keine andern sind als die der allgemeinen Logik auch der traditionellen, jedoch in ihrer knappsten und strengsten Fassung.

Die vierte Konvention (2) formulirt zwar für Aussagen den Gegen - satz von wahr und falsch , bringt ihn als einen solchen auf die knappste Weise zum Ausdruck. Bei Relativen jedoch wird dieselbe erst dann eine wesentliche Rolle spielen, wenn partikulare Urteile in Betracht gezogen werden, und kann man zuvor derselben längere Zeit entraten.

Eine fernere Gruppe von 7 fundamentalen Festsetzungen ist dazu bestimmt, das allgemeine binäre Relativ und gewisse spezielle Relative eben dieser (der zweiten) Ordnung zu definiren.

Mit diesen Konventionen treten wir eigentlich erst in die Algebra der Relative ein, sintemal die vorhergehenden noch den elementareren Zweigen unsrer Disziplin der exakten Logik angehörten.

Die auch verbal zu gebenden Definitionen wollen wir alsbald mittelst Ansatzes von Gleichungen formuliren. Die Gleichung involvirt zwei Sub - sumtionen und setzt nach dem bei Konvention (1) aufgestellten Ideale zum vollen Verständniss ihrer Tragweite eigentlich voraus, dass man schon wisse, was eine Subsumtion zwischen zwei binären Relativen bedeute. Das hinwiederum lässt sich nicht (gut) sagen, bevor man weiss, was unter einem binären Relativ selbst zu verstehen ist. Wir wollen oder müssen demnach die Frage nach dem Sinn einer Subsumtion zwischen Relativen a und b vorläufig (bis an’s Ende der Aufzählung) zurückstellen und den Begriff der Gleichheit, Identität so, wie es überhaupt beim Definiren üblich hiernächst als den ursprünglichern gelten lassen. Ich möchte sagen: aus didaktischen Gründen doch mag man worauf wenig Ge - wicht zu legen sein dürfte über das Zutreffende dieser Bezeichnung verschiedener Meinung sein.

Binäres Relativ nennen wir eine Summe von Elementepaaren, hervorgehoben aus dem Denkbereich 12 und zwar von keinen, von irgendwelchen, oder auch von allen.

Als die allgemeine Form irgendeines binären Relativs a lässt sich demnach hinstellen der Ausdruck: (5) 〈…〉 wo in der Summe Σi j die Indizes i und j unabhängig von einander alle Elemente aus dem Denkbereiche 11 (als ihre Bedeutung oder Werte ) zu durchlaufen haben sofern man nur die Koeffizienten ai j (gesprochen: a tief ij), mit welchen die Elementepaare i: j (als die zugehörigen Konstituenten ) behaftet oder multiplizirt erscheinen,23§ 3. Summendarstellung der Relative.auf den Bereich der beiden Werte 1 und 0 beschränkt, was die Formel ausdrücken würde: (5α) 〈…〉 und erstern Koeffizientenwert mittelst der Festsetzung (5β) 〈…〉 das Vorhandensein von i: j als Glied der Summe garantiren, letzteren Koeffizientenwert mittelst der[ Festsetzung] (5γ) 〈…〉 den Ausfall des Elementepaares i: j als eines Gliedes der Summe be - wirken lässt.

Die Relativkoeffizienten , kenntlich an dem Suffixe, mit welchem sie stets (in der Regel in Form eines doppelten Index) behaftet sind, werden demnach den Gesetzen des reinen Aussagenkalkuls unterliegen.

Die Operationen und Knüpfungen welche an, mit oder zwischen ihnen zu vollziehen sein werden, sind mit unsern ersten 15 Fest - setzungen bereits vollständig erklärt und nach ihren Gesetzen geregelt. Andre als die drei identischen Spezies (können und) werden nicht be - züglich ihrer in Betracht kommen.

Mit einfachen Buchstaben des kleinen lateinischen Alphabets, d. h. mit solchen ohne Suffix, werden wir im Gegensatz hierzu fortan immer binäre Relative darstellen; sogar mit jenen, die wir bereits für die Darstellung der Indizes uns reservirt haben, und unbeschadet dieser ihrer Verwendung, was allerdings noch näherer Erläuterung bedarf, die später (nach und nach) wird gegeben werden.

Der Gleichung (5) für sich allein würde, wegen der ursprünglichen Unerklärtheit der Koeffizienten ai j und von deren Wirkung, die Ver - ständlichkeit noch abgehen, woferne man sie nicht in Verbindung mit ihren verbalen Zusätzen oder Zusatzformeln nähme, welche cf. (5α) jeden dieser Koeffizienten auf einen der beiden Werte 0 und 1 ver - weisen, und die Wirkung solchen Faktors 1 oder 0 auf einen Kon - stituenten mittelst (5β) und (5γ) erläutern. Rationeller Weise kann man deshalb die vier Ansätze (5), (5α), (5β) und (5γ) doch nur als eine Festsetzung hinstellen, und zwar jene (5) nicht blos als Formel betrachtet, sondern in Verbindung mit dem Worttexte genommen.

Namentlich ist hierbei unsre [nur der Übersicht zuliebe ebenfalls in Formeln gesetzte] Erläuterung (5γ) eigentlich in der verbalen Fassung der Theorie zugrunde gelegt zu denken, wonach für den Fall, wo ein Koeffi - zient den Wert 0 besitzt, einfach der Ausfall des zugehörigen Konstitu -24Zweite Vorlesung.enten i: j als eines Gliedes der a zu nennenden Summe gefordert wird ansonst wir streng genommen genötigt sein würden auch noch den Satz a + 0 = a für Relative a von vornherein zu postuliren, und zu dem kleinen (übrigens in der That nicht sehr bedenklichen) Zirkel kämen, dass dieses vorweg als eine Konvention stipulirte Postulat sich später doch aus den noch hinzutretenden Konventionen beweisen lassen würde.

Einmal gesagt muss auch noch sein, dass bei mehrfachen Indizes, wie ij, ijh, , sei es im Suffixe von Σ oder Π Zeichen, sei es im Suffixe eines Relativ-Symbols, wie a, , a + b, etc., die Elementbuchstaben eigentlich durch Kommata getrennt zu denken sind was wir ausdrück - lich zu thun blos der Druck - und Raumersparniss halber unterlassen: im Suffixe ist i j stets als Repräsentant von i, j und nicht etwa als Produkt von i und j (welches ja allerdings korrekt mit i j darzustellen wäre) auf - zufassen!

Da die Bezeichnung der Summationsvariabeln von vornherein gleichgültig ist, nämlich dazu uns jeder nicht schon anderweitig ver - gebene Name zur Verfügung steht, so konnten wir natürlich (5) auch schreiben: 〈…〉 , und zu solcher Abänderung der Indizesbenennung müssten wir behufs Anwendung des Schema’s (5) jedenfalls schreiten in solchen Fällen, wo etwa einer der Namen i und j (vielleicht zur Darstellung eines be - stimmten Elementes) bereits anderweitig vergeben, nicht mehr dispo - nibel wäre.

Für a kann aber auch b oder c, und so weiter, in (5) durchweg gesetzt werden, kurzum ein jedes Symbol, sei es einfach oder zusammen - gesetzt, welches uns ein binäres Relativ vorzustellen bestimmt ist oder das wir unter die binären Relative aufnehmen. Die Konvention (5) sollte als eine allgemeine hingestellt sein und das Schema für alle binären Relative abgeben.

Soferne also in den nachstehenden Gleichungen die Symbole linker - hand uns als binäre Relative zu gelten haben werden, ist implicite mit (5) zugleich schon folgendes festgesetzt: 〈…〉 was zur Erleichterung des Verständnisses von allem Nachfolgenden hiermit ausdrücklich statuirt sei.

25§ 3. Moduln, Element und Elementepaar als binäre Relative.

Weiss man für einen bestimmten Denkbereich zu jedem erdenk - lichen Suffix ij, welcher Wert dem Koeffizienten ai j eines binären Relatives a zukommt, nämlich ob derselbe = 0 oder ob er = 1 (für ebendies gedachte Suffix ij) ist, so weiss man auch, welche Elemente - paare in die Summe a ausschliesslich eingehen, man kennt die Art, wie das binäre Relativ a sich aus individuellen binären Relativen des Denkbereiches 12 zusammensetzt, m. a. W. man kennt das binäre Relativ a selbst.

Ein Relativ kann durch die Angabe seiner sämtlichen Koeffizienten, nämlich der Werte, die diesen zukommen, bestimmt , ausreichend be - schrieben, bekannt gegeben werden. Zur Determination, völligen Be - stimmung eines binären Relativs, m. a. W. zur Definition eines spe - ziellen binären Relativs genügt es und ist es im Hinblick auf (5) nur mehr erforderlich, festzusetzen welche Werte seine Koeffizienten haben sollen. Die Beschreibung, Spezifikation des Relativs reduzirt sich fortan auf die Angabe, Spezifizirung seiner Koeffizienten.

Hienach ist klar, dass durch die folgenden 6 Festsetzungen (6)

1i j = 10i j = 0

(7)

1'i j = (i = j)0'i j = (i j)

oder, besser auseinandergelegt (7) 〈…〉 und (8) 〈…〉 (9) 〈…〉 welche für jedes Suffix i, j, beziehungsweise bei (8) und (9) h, k getroffen zu denken sind die Symbole 1, 0, 1 ', 0' und i sowie i: j (auch) als binäre Relative ihre Erklärung gefunden haben werden.

Diese Festsetzungen bilden mit (5) zusammen die zweite Gruppe der fundamentalen Konventionen, und sehen wir uns dieselben zunächst etwas näher an.

Die Symbole 1 und 0 sollen, wenn als Relative gedeutet, die beiden identischen Moduln genannt werden.

Durch die erste Konvention (6) ist der identische Modul 1 (Eins) zu einem binären Relativ gestempelt, welches mit dem Denkbereiche 12 zusammenfällt.

Er ist das Universum, die Vollsumme, das Totum oder Ganze des26Zweite Vorlesung.Denkbereichs, die Summe von allen seinen Individuen oder Elemente - paaren.

Die zweite Konvention (6) stempelt den identischen Modul 0 (Null) zu einem völlig leeren Relative, zu einem solchen nämlich, welches gar kein Elementepaar unsres Denkbereiches 12 (und auch sonst nichts) enthält.

Wir haben kraft (6) mit Rücksicht auf (5), (5β) und (5γ):

1 = Σi ji: j0 =

wo die letzte Gleichung, obwohl als rechte Seite derselben nichts zu sehen ist, dennoch als eine vollständige Gleichung anzusehen wäre. Rechte Seite ist hier eine Summe, deren sämtliche Glieder ausfallen , d. h. in der That buchstäblich: Nichts . Um die Verwechselung mit einer unfertigen Gleichung, deren rechte Seite erst noch herzustellen wäre, zu vermeiden, muss in solchen Fällen, wo alle Glieder auf einer Seite ausfallen, inskünftige stets das Symbol 0 eintreten.

Die identischen Moduln repräsentiren die äussersten oder Grenz - fälle, die beiden Extreme unter den denkbaren binären Relativen. Kein Relativ (innerhalb 12) kann mehr individuelle binäre Relative oder Elementepaare enthalten als der Modul 1, keines kann deren weniger enthalten als der Modul 0, und man könnte darum auch 1 als das Maximalrelativ , 0 als das Minimalrelativ hinstellen. Auf die Zu - lässigkeit dieser Grenzfälle musste schon bei der allgemeinen Definition eines binären Relativs hingewiesen werden

Ausser diesen beiden identischen Moduln treten aber noch zwei spezielle (binäre) Relative in der Theorie hervor, die sich durch die beiden Konventionen (7) definirt finden, nämlich die beiden relativen Moduln 1 'und 0' gesprochen etwa: Einsap und Nullap (als Ab - kürzung von Eins-Apostroph etc.).

Wir haben für sie kraft (5) die Darstellungen:

1 '= Σi j (i = j) (i: j) = Σi (i: i)0 '= Σi j (i j) (i: j).

Ist nämlich links vom Mittelstriche j i, so ist der Aussagen - faktor (i = j) gleich 0 und fällt allemal das Glied i: j in der Summe aus. Ist dagegen j = i, so hat der Aussagenfaktor (i = j) den Wert 1, und ist das Glied i: j in der Summe vertreten. Dann aber dürfen wir für das j, welches einerlei mit i, auch den Namen i verwenden, wonach die vorhan - denen Glieder sich in der Form i: i darstellen werden, und diese sind nun einfach für jedes i gebildet zu denken.

Das heisst nun: 1 'ist die Summe das Universum, der Bereich aller individuellen Selbstrelative des Denkbereichs 12, 0' ist die Summe27§ 3. Relativkoeffizienten.aller individuellen Aliorelative jenes Denkbereiches, bildet das Univer - sum der Aliorelative (vergl. § 9).

Unsre Theorie der binären Relative kennt sonach vier Moduln , 1, 0, 1 ', 0', deren Benennung als solche sich bald noch genauer moti - viren lassen wird.

Bevor wir in die Besprechung der Konvention (8) eintreten, sei vorgreifend und als für die Algebra der Relative unwesentlich, dagegen für die Logik der Relative, für ihre Interpretation und Anwendung fundamental somit hauptsächlich im Interesse der Anwendungen, die wir zur Illustration schon in die Algebra einzuflechten beabsich - tigen das folgende bemerkt.

Die Relativkoeffizienten, welche wie betont dem Aussagenkalkul unterliegen, werden sich jederzeit auch als Aussagen deuten, inter - pretiren lassen, und zwar wird man lesen können: 〈…〉 . Der Name a des binären Relativs gibt sich hienach als ein relativer Name zu erkennen (vergl. Bd. 1, S. 76 sq.) äquivalent mit: ein a von - , wie ein Liebender von -, Bild von -, Wirkung von -, Vater von - etc., als ein Name, der zu seiner Vervollständigung noch der Anfügung eines Korrelates bedarf. Dieselben Namen können aber auch als absolute gebraucht werden, indem man sprechen kann von Lieben - den, Bildern, Wirkungen, Vätern etc. ohne Anfügung von Korrelaten.

Die wesentlich von Peirce aufgestellte Festsetzung (8) der ich nur diese ihre konziseste Fassung dortselbst gegeben bildet nun die Grundlage für den Übergang von jener Verwendungsweise der Namen als relativer zu dieser, ihrer Verwendungsweise als absoluter Namen, und umgekehrt.

Sie lehrt nämlich zunächst: irgendein Individuum oder Element i des Denkbereichs 11 als ein binäres Relativ zu betrachten und darzu - stellen. Und darnach wird sich denn späterhin von selbst ergeben, auf welche Weise überhaupt ein absoluter Term nämlich ein System oder eine Klasse als die identische Summe von Elementen, Individuen i des Denkbereichs 11 jederzeit darzustellen ist als ein binäres Relativ; sowie umgekehrt: wie binäre Relative zu interpretiren sind im ursprünglichen Denkbereiche, m. a. W. wie sie aus 12 in 11 zurückzudeuten sein werden.

Ich stehe nicht an, die Aufstellung dieser Konvention (8), so un - scheinbar sie ist, für die höchste und belangreichste Leistung in der ganzen Theorie zu erklären. Doch wird der Studirende in das volle28Zweite Vorlesung.Verständniss ihrer Tragweite, in ihre angemessene Handhabung und Verwertung nur allmälig hereinzuwachsen in der Lage sein.

Für die Darstellung von i werden wir kraft (8) und (5) haben: 〈…〉 , das heisst: i ist hingestellt als die Summe aller der Elementepaare, welche i zum Relate haben; es umfasst das Relativ i gerade die Glieder, welche in der Tafel 12 in der mit dem Element i markirten Zeile stehen.

Die Algebra der binären Relative kann aber schon auf eine hohe Stufe der Entwickelung gebracht werden, ohne dass jemals von der Konvention (8) Gebrauch zu machen wäre. Es mag deshalb für den Leser der Rat am Platze sein, für den ersten und allgemeinsten Teil der Theorie diese Konvention vorderhand zu ignoriren; andernfalles würden ihm wol Schwierigkeiten des Verständnisses in den Weg treten Einwürfe, die ihn irre machen, können sich aufdrängen, die er dann selbständig und ohne Führer zu überkommen resp. zu entkräften hätte, während wir im Systeme unsrer Theorie erst später daran kommen, sie doch mit Leichtigkeit weil systematisch zu beseitigen. In der vollständigen Aufzählung der formalen Grundlagen musste diese Konvention (8) gleichwol ihre Stelle finden.

Die Konvention (9) läuft, nach den vorhergehenden: (7) links, (5), und (3) links, wesentlich hinaus auf die Anerkennung der Gleichung 〈…〉 . Sie lässt nämlich erkennen, dass der allgemeine Koeffizient 〈…〉 eines mit i: j zu bezeichnenden binären Relativs nur dann nicht ver - schwindet, wenn die beiden Gleichungen h = i und k = j gleichzeitig den Wahrheitswert 1 haben wonach denn in der sechsten Doppel - summe unsres Korollars zu (5) nur das Elementepaar h: k nicht ausfallen, stehen bleiben wird, bei welchem h = i und k = j bedeutet.

Mit andern Worten garantirt uns die Konvention (9) die Zulässig - keit des Elementepaares i: j selbst als einer ( eingliedrigen, mono - mischen ) Summe von Elementepaaren; sie reiht die Elementepaare förmlich ein unter die binären Relative und gibt uns nachträglich und ausdrücklich Indemnität dafür, dass wir uns vorweg die Freiheit genommen, diese Elementepaare auch als individuelle binäre Relative hinzustellen oder zu bezeichnen.

Gemäss einer bei Summen, Polynomen, Aggregaten der arithmetischen Analysis längst eingebürgerten Gepflogenheit mochte wol die Erklärung des29§ 3. Die fundamentalen Festsetzungen über die 6 Spezies.binären Relativs, wie sie verbal unter (5) gegeben ist, von vornherein einer so weiten Auffassung begegnen, dass man sich bei (9) ähnlich wie auch schon bei (6) geneigt fühlen wird zu behaupten, diese Konventionen seien als ausdrückliche gar nicht mehr erforderlich, vielmehr als Selbst - verständlichkeiten bereits mit dem Übrigen gegeben. Ich will darüber mit niemand rechten. Der deutlichen und bequemen Bezugnahme halber em - pfiehlt es sich jedenfalls, beim Chiffriren der fundamentalen Konventionen liberal, freigebig zuwerke zu gehn und lieber eine zuviel als eine zuwenig aufzuführen.

Auch von der Konvention (9) wird die Theorie imstande sein lange Zeit keinen wesentlichen Gebrauch zu machen.

Eine dritte Gruppe von 6 fundamentalen Festsetzungen definirt diejenigen binären Relative, welche aus gegebenen vermittelst der in § 1 erwähnten sechs Spezies oder Grundrechnungsarten ableitbar sind; sie erklärt die Resultate dieser 6 Operationen (an oder mit binären Relativen) als wiederum binäre Relative.

Dieselben lauten: (10)

(ab) i j = ai jbi j(a + b) i j = ai j + bi j

(11) 〈…〉 (12)

(a; b) i j = Σhai hbh j(a ɟ b) i j = Πh (ai h + bh j)

(13) 〈…〉 , und sollen als allgemein, für jedes Suffix ij getroffene Vereinbarungen verstanden werden, was aussagenrechnerisch bei jeder von diesen Kon - ventionen ähnlich wie schon bei denen (6) (9) der vorigen Gruppe eigentlich auszudrücken wäre durch ein Zeichen Πi j, vorangeschrieben der alsdann in Klammern {} zu setzenden Aussage, durch welche vor - stehend die Konvention statuirt erscheint bei der letzten z. B. mittelst: Πi j{i j = aj i}.

Im Hinblick auf das unter (5) Gesagte definiren die drei ersten (10) und (11) von obigen Festsetzungen das identische Produkt a · b oder ab, ferner die identische Summe a + b zweier Relative a und b, sowie endlich das Negat ( die Negation ) (gelesen: a strich) eines Relativs a.

Weil nach bekannten Sätzen des Aussagenkalkuls vergleiche auch den Abacus (3) obiges (ab) i j nur gleich 1 sein kann, wenn ai j und bi j zugleich den Wert 1 haben, wogegen (a + b) i j allemal schon gleich 1 sein wird, wenn ai j oder bi j den Wert 1 besitzt, so sieht man, dass das identische Produkt ab dasjenige Relativ sein wird, welches30Zweite Vorlesung.die den Faktor-Relativen a und b gemeinsamen Elementepaare aus - schliesslich enthält, wogegen die identische Summe a + b alle die Ele - mentepaare, und diese allein, umfasst, welche entweder dem a oder dem b, oder auch diesen beiden Summanden, angehören.

Das Negat oder nicht-a von - eines binären Relativs a aber wird kraft Konvention (4) gerade diejenigen Elementepaare des Denkbereichs 12 in sich vereinigen, welche in dem Neganden a unvertreten sind.

Die ersten 25 Festsetzungen (1) bis (11) zusammen mit der noch ausstehenden Festsetzung (14), welche den Abschluss unsrer Aufzäh - lung zu bilden hat, indem sie schliesslich die Einordnung zwischen binären Relativen definirt diese 26 Konventionen werden sich als die ausreichende formale Grundlage dafür erkennen lassen, dass die binären Relative dem identischen Kalkul unterworfen sind, wogegen die spezifischen Gesetze des Aussagenkalkuls keineswegs für sie zu gelten brauchen.

Im Hinblick auf das unter (5) Gesagte definiren nun ferner die drei letzten (12) und (13) von obigen Festsetzungen

das relative Produktdie relative Summe
a; b gesprochen: a von b a ɟ b ich spreche: a piu b

zweier binären Relative a, b, und endlich: das Konverse ( die Konversion ) gesprochen: a konvers eines binären Relativs a.

Die relative Multiplikation , welche aus zwei binären Relativen a und b ein drittes binäres Relativ a; b ableitet, darf auch deren Zusammensetzung oder Komposition genannt werden; wenn man indessen auch die relativen Faktoren a und b als die Komponenten bezeichnen mag, so würde doch der Name Kompos (i) t oder Kompot für relatives Produkt fataler Anklänge halber nicht annehmbar er - scheinen wogegen im englischen compound angeht.

Die Festsetzungen (12) und (13) werden später sich aus den Bedürfnissen des verbalen Denkens auch motiviren lassen. Was z. B. die erste von diesen Festsetzungen betrifft, so pflegt schon das verbale Denken auf Schritt und Tritt aus gegebenen Relativen wie Liebender von - und Wohlthäter von - neue Relative, wie Liebender von einem Wohlthäter von - zusammenzusetzen.

Übrigens muss noch bemerkt werden, dass wegen der Nicht - kommutativität der relativen Knüpfungen die beiden relativen Fak - toren in ganz verschiedener Weise in den Begriff des relativen Pro - duktes eingehen und darum wohl zu unterscheiden sind als erster relativer Faktor , relativer Vorfaktor oder Multiplikand und zweiter31§ 3. Die relativen Operationen.relativer Faktor , relativer Nachfaktor oder Multiplikator . Wenn a; b gebildet wird, werden wir zu sagen haben, dass man b mit a relativ vormultiplizire , oder a mit b relativ nachmultiplizire . Ebenso wird bei der Bildung einer relativen Summe a ɟ b der erste (relative) Summand , das erste relative Glied a zum zweiten b voraddirt , dieses zu jenem nachaddirt . Wenn von relativem Addiren oder Sum - miren (resp. Multipliziren) gegebener Terme schlechtweg gesprochen wird, so muss man sich allemal die Reihenfolge derselben beibehalten denken, in der sie angegeben wurden: man verknüpfe dann die Terme in der Ordnung, in welcher sie Erwähnung gefunden haben.

Während das Konverse eines Relativs a leicht mit Worten zu beschreiben ist: als dasjenige binäre Relativ, welches ausschliesslich in sich vereinigt alle die individuellen binären Relative oder Elemente - paare, die zu den in a enthaltenen konvers sind (vergl. S. 10) ist die Bildungsweise von a; b und a ɟ b eine verwickeltere, und behalten wir uns vor, dieselbe an andrer Stelle noch eingehender zu betrachten. Hiernächst sei nur hervorgehoben, dass diese beiden mittelst relativer Knüpfung aus zwei gegebenen a, b zich zusammensetzenden Relative in (12) definirt erscheinen durch die Art, wie ihre Koeffizienten aus denen der beiden Terme a und b jeweils abzuleiten sind. Zu dem Ende müssen diese letztern Koeffizienten auf jede erdenkliche Weise aus den Zeilen von a und aus den Kolonnen von b entnommen und nach Vorschrift der Formeln (11) miteinander verknüpft werden*)In einer Weise, die den Mathematiker an die (zeilenkolonnenweise) Multi - plikation der Determinanten erinnern wird. und zwar vermittelst identischer Multiplikation resp. Addition, mithin durch Rechnungsarten, die dem Operationskreise des Aussagenkalkuls angehören. Auch zur Erklärung und zum Verständniss der beiden relativen Knüpfungen ist lediglich die Kenntniss des Aussagenkalkuls vonnöten.

Kraft des Abacus (3) nebst (4) sind die Operationen dieser letztern Disziplin unbedingt ausführbare und liefern in jedem Falle ihrer Anwendung ein eindeutig oder unzweifelhaft bestimmtes Ergeb - niss. Identisches Produkt und identische Summe irgend zweier Werte aus dem Wertbereich 0, 1 ist in jedem Falle wieder ein ganz be - stimmter Wert aus ebendiesem Wertbereiche nicht minder wie das Negat eines solchen. Die Ausdrücke sind vollkommen eindeutige , d. h. nie undeutig und nie mehrdeutig .

Und diese Eigenschaft überträgt sich offenbar auf unsre sechs32Zweite Vorlesung.Spezies, für die Ermittelung der Koeffizienten von deren Erzeugnisse ein stets gangbarer Weg vorgezeichnet ist, nämlich ein bestimmtes Verfahren vorgeschrieben erscheint, welches sich lediglich aus Pro - zessen der vorerwähnten Art zusammensetzt mit Ausnahme (wenn man will) der Konversion, bei der an jener Statt eine blosse Ver - tauschung der beiden Indizes einzutreten hat, die bewirkt, dass an die Stelle eines Koeffizienten des Operanden a ein gewisser andrer von dessen Koeffizienten tritt. Kurz, wir können jedenfalls sagen:

Die sechs Spezies unsrer Disziplin die identischen gleichwie die relativen Grundrechnungsarten sind vollkommen eindeutige Opera - tionen. Sie sind in unserm Denkbereiche stets unbedingt ausführbar; wenn a, b gegebene binäre Relative bedeuten, so sind die Symbole 〈…〉 welche die Resultate dieser Spezies als solche kennzeichnen, niemals sinnlose oder undeutige Zeichen, auch niemals mehrdeutige Namen, d. h. es kommt ihnen im Gebiete der binären Relative stets ein und nur ein Wert in völliger Bestimmtheit zu.

So schätzbar dieser Fingerzeig in didaktischer Hinsicht für den in die Theorie Eintretenden sein mag, soll derselbe hier doch nur als ein all - gemeinphilosophischer Gesichtspunkt zur richtigen Erfassung der Theorie betont sein. Als eine ihrer vornehmsten Aufgaben wird es dieser Theorie ja zufallen, das Wesen der Eindeutigkeit , eindeutigen Zuordnung erst zu ergründen, deren Begriff exakt zu formuliren und deren Gesetze zu dedu - ziren. Zuvor dürfen auf einen Begriff von so abstrakt philosophischem Klange, solang er noch von einem Nimbus phrasenhafter Unbestimmtheit umflossen, hier nicht Schlüsse gegründet werden.

Als letzte unsrer fundamentalen Festsetzungen, welche wir hiermit noch deren dritter Gruppe angliedern, ist hinzustellen: die Definition der Einordnung, Subsumtion zwischen binären Relativen. Dieselbe lautet: (14) 〈…〉 und führt den fraglichen Begriff zurück auf den bereits bekannten, weil durch die Festsetzungen (2) erklärten, Begriff der Einordnung zwischen den gleichstelligen Koeffizicnten ebendieser Relative. Von zwei binären Relativen a und b ist a eingeordnet b, a b dann und nur dann zu nennen, wenn für jedes Suffix ij ist ai j bi j. Darnach wird also a b besagen, dass alle Elementepaare von a sich unter denen von b vorfinden. Wir sagen dann auch: a ist Teil (echter Teil oder auch das Ganze) von b, ist in b enthalten.

Kraft (1) muss nun auch, wie leicht zu sehen, sein:33§ 3. Einordnung und Gleichheit zwischen Relativen.Korollar zu (14) (a = b) = Πi j (ai j = bi j) wonach denn zwei Relative dann und nur dann einander gleich zu nennen sein werden, wenn sie in den gleichstelligen Koeffizienten über - einstimmen, d. h. identisch die nämlichen Elementepaare ausschliesslich umfassen.

Damit findet auch unsre oben noch verbal geführte Überlegung, dass ein binäres Relativ durch seine Koeffizienten bestimmt sei, ihre rechnerische Bestätigung, und es wird den bereits in Gleichungenform gegebenen Festsetzungen (5) bis (13) durch (14) und (1) ihr voller Inhalt gesichert.

Wenn gelegentlich auch von Beziehungen der Unterordnung wie a b (wo a echter Teil von b zu nennen), vielleicht der Sekanz a b, etc. wird gesprochen werden, so können wir diese gleichwie die Beziehungen a b (a ungleich b), a b (a nicht eingeordnet b), gemäss Bd. 2 nun auch als auf der Grundlage von (14) definirt erachten.

Zum Schlusse noch ein Wort der Rechtfertigung über die Ab - weichungen meines Bezeichnungssystems von den Peirce’schen, resp. dem uns am nächsten kommenden von diesen:

Wegen des nicht kommutativen Charakters der relativen Addition habe ich das Piu-Zeichen unsymmetrisch gestaltet, während Peirce 9c sich noch mit dem steifen bei Todesanzeigen üblichen Kreuze behalf. Aus ähnlichem Grunde ist für die relative Multiplikation der Strichpunkt, das Semikolon, als ein unsymmetrisches Knüpfungszeichen von mir gewählt, während ich die identische Multiplikation als eine kommutative Knüpfung auch sym - metrisch ausdrücke, sei es vermittelst des Punktes als Malzeichens, sei es wie zumeist durch einfaches Nebeneinanderstellen der Faktoren (ohne ausdrückliches Verbindungszeichen). In letztrer Hinsicht weiche ich wesent - lich von Peirce ab.

Peirce bezeichnet das identische Produkt mit a, b . Ganz abgesehen davon, dass dieses Komma als Malzeichen für eine kommutative Knüpfung wegen seiner Unsymmetrie hinsichtlich rechts und links als weniger geeignet erscheint, muss ich solche Verwendung eines so häufig als Interpunktions - zeichen gebrauchten Trennungszeichens nach wie vor für gänzlich unan - nehmbar erklären wegen der Verwirrung die sie anzurichten nicht verfehlen kann sowohl und vor allem im Texte, als auch in den Formeln, wo Funk - tionen von mehreren Argumenten in Betracht kommen, die ja auch durch Kommata zu trennen wären. Vergl. Bd. 1, S. 193 sq.

Die relative Multiplikation sodann drückt Peirce sozusagen symme - trisch mittelst einfachen Nebeneinanderstellens der Faktoren aus. Hiezu konnte ich mich schon darum, weil letztres Verfahren anderweitig vergeben war, nicht mehr bequemen.

Allerdings lassen sich zwei Umstände zugunsten dieses Peirce’schen Verfahrens anführen. Der eine ist geringfügiger Art: wird ein Relativ aSchröder, Algebra der Relative. 334Zweite Vorlesung.interpretirt als ein a von - und zugleich, wie ich es vorschlage, das Semikolon als von gelesen, so scheint dann a; b als ein a von von b gelesen werden zu müssen, wobei ich die tautologische Wiederholung des von begreiflich ablehne. Ich begegne dem Einwand, indem ich sage: a kann sowohl als absoluter Term, wie als Relativ gedeutet werden; im letztern Falle interpretirt man nicht sowohl a, als vielmehr eigentlich a; , d. h. a von - scilicet (von) irgend einem dahinter gesetzt zu denkenden Korrelate.

Der zweite mehr in die Wagschale fallende Umstand ist dieser. Unter den Begriff des binären Relativs fällt auch wie wir sehen werden der Begriff der mathematischen Substitution, nicht minder wie derjenige der Funktion. Man schreibt nun allerdings nicht f; x für eine Funktion von x, f (x) , jedoch auch ebensowenig fx . Und ferner wird die relative Multiplikation der Substitutionen keine andre als deren eigentliche Multi - plikation sein, welche die Substitutionentheorie ohne Knüpfungszeichen durch das blosse Nebeneinanderstellen der Faktor-Symbole schon längst aus - zudrücken pflegt. Der Vorteile einer so einfachen Bezeichnungsweise will nun auch ich die Substitutionentheorie solange sie (wie bisher) immer nur mit der einen Operation des gewöhnlichen (also relativen ) Multipli - zirens der Substitutionen zu schaffen hat, keineswegs berauben. Verein - fachende Abweichungen von der systematischen Bezeichnungsweise zugunsten eines spezielleren Forschungsgebietes sind in einem solchen jederzeit zu - lässig, aber auch dessen Gepflogenheiten für eine so sehr viel allgemeinere Disziplin nicht maassgebend.

Gegen Peirce spricht hierbei ferner noch der Umstand, dass mittelst einfachen Nebeneinanderstellens der Terme bei ihm doch (gleichwie bei mir) das Produkt von Koeffizienten sowie Aussagen dargestellt wird, sodass also bei ihm, je nachdem a und b Relative oder Aussagen bedeuten, die Knüpfungen ab nicht durchaus denselben Gesetzen unterliegen, Verwechse - lungen näher gelegt erscheinen. Die Koeffizienten werden sich zudem, obwol sie Aussagen sind, auch als (binäre, sogenannte ausgezeichnete ) Relative darstellen lassen! (Siehe Ende des § 25).

Der relative Modul 1 ' der in der That sich deckt mit der iden - tischen Substitution 1 der Substitutionentheorie wird von Peirce auch mit 1 selbst (ohne meinen Apostroph) bezeichnet was nur darum bei ihm angängig, weil Peirce auch meinen identischen oder absoluten Modul 1 durch das Symbol (unendlich) ersetzt nicht ohne aber für die Koeffizienten und Aussagen wieder meine (d. i. die Boole’sche) 1 bei - zubehalten! Gegen diese Verwendung des glaube ich mich in Bd. 1, S. 274 sq. hinreichend ausführlich geäussert zu haben, wozu noch kommt, dass wir hier des auch noch zu ganz andern Zwecken mehr im mathematischen Sinne bedürfen werden, und dass die schönen Analogieen zwischen den absoluten und den relativen Moduln in Peirce’s Bezeich - nungssystem verschleiert, im meinigen besser zutage treten. Den relativen Modul 0' stellt Peirce dar durch ein gothisches n (wonicht das latei - nische n) als dem Anfangsbuchstaben von naught oder nought (nichts).

35§ 3. Letzte zwei Festsetzungen über Σ, Π.

Den fundamentalen Festsetzungen könnten (was anfangs unter - blieb) endlich noch diejenigen zugezählt werden, welche die Verwen - dungsweise des Produkt - und Summenzeichens Π und Σ erklären und regeln.

Unter dem laufenden Zeiger (d. i. der Produktations - resp. Sum - mations-Variabeln ) u stellen wir uns ein Relativsymbol vor, welchem alle Werte aus einem bestimmten (als irgendwie gegeben zu denkenden) Wertbereiche beigelegt werden sollen. Dieser Wertbereich heisst die Erstreckung des nach u genommenen Produktes Π , resp. der Summe Σ , und wird im allgemeinsten Falle eine wohldefinirte Klasse von (binären) Relativen sein.

Unter dem allgemeinen Term (Faktor resp. Summand) des Pro - duktes 〈…〉 resp. der Summe 〈…〉 welcher immer hinter diesem Zeichen zu erblicken ist stellen wir uns irgend eine Funktion von u , f (u) vor, d. h. einen Ausdruck, welcher in irgendwie gegebner Weise ver - mittelst lauter Operationen aus der Gruppe der sechs Spezies unsrer Disziplin aufgebaut ist aus u selber und irgendwelchen andern Rela - tiven a, b, c, , x, y, , deren Bedeutungen (Werte) aber, auch wenn die Bedeutung von u (innerhalb jener Erstreckung) wechselt, stets konstant festgehalten werden müssen. Diese letzteren Relative heissen im Gegensatz zum Argument u die Parameter der Funktion f (u), und können sowol als allgemeine Relative aufgefasst werden, wie auch spezielle Werte haben, insbesondre können sie oder einzelne von ihnen auch durch Moduln vertreten sein.

Alsdann wird die Funktion f (u) selbst ein binäres Relativ sein, dessen Wert für jeden angenommenen Wert von u und fixirte Werte der allgemeinen Buchstabenparameter ein völlig bestimmter sein muss aus dem Grunde, weil auch die Ergebnisse der den Ausdruck f (u) zu - sammensetzenden, in ihm vorgeschrieben erscheinenden Operationen oder Spezies durch unsre Festsetzungen als binäre Relative jeweils eindeutig erklärt worden. In der That wird sich auch der allgemeine Koeffizient zum Suffix ij dieses Relativs f (u) vermittelst kombinirter Anwendung unsrer 6 Schemata (10) bis (13) durch die allgemeinen Koeffizienten des Argumentes u und sämtlicher Parameter nach einem vollkommen bestimmt vorgeschriebnen Verfahren als eine Aussagenfunktion der - selben unschwer darstellen lassen. Mit f (u) zugleich kennen wir also für jedes ij auch dessen Relativkoeffizienten {f (u) }i j.

Es handelt sich nun darum auch die Symbole:3*36Zweite Vorlesung. 〈…〉 als binäre Relative zu erklären. Diese Erklärung hat, wie immer, zu erfolgen vermittelst allgemeiner Angabe ihrer Koeffizienten. Und letz - tere leisten im vorliegenden Falle die beiden Festsetzungen: (15)

welche für jedes Suffix ij hiermit ausgemacht sein sollen.

Diesen Festsetzungen werden wir im § 6 auch die einfachere Fassung zu geben vermögen: (15)

. Rechnet man dieselben hinzu, so werden wir im Ganzen 29 + 2 = 31 funda - mentale Festsetzungen zu zählen gehabt haben.

In der That kann über den Sinn und Wert der Koeffizienten - (id est Aussagen) produkte oder Summen rechterhand, durch welchen unser Koeffizient zur linken eben explizirt werden soll, in keinem Falle mehr ein Zweifel bestehen.

Im Hinblick auf die in unsrer neunten Vorlesung (§ 23 und 24) ver - folgten Ziele ist es jedoch wichtig, letzteres noch eingehender zu erörtern und namentlich die Überzeugung zu gewinnen, dass es zur Evaluation solcher Aussagen-Π und Σ keineswegs erforderlich ist, den Begriff von Aussagenprodukt Π (resp. - summe Σ) etwa dadurch etablirt zu denken, dass man denselben so, wie es in Anhang 3 des Bd. 1 gesehah aufgrund der mittelst Schlusses von n auf n + 1 von dreien auf beliebig (auch unbegrenzt) viele Terme ausgedehnten Assoziationsgesetze der Aussagen - multiplikation und Addition fundirt, nämlich induktorisch gewinnt. Vielmehr genügt es, zur Aufstellung dieses Begriffes und zur Begründung der vornehmsten auf ihn bezüglichen Sätze, schon: auch nur das Recht in Anspruch zu nehmen, eine Überlegung allgemein zu führen, nämlich in uni - versalen und Existenzialurteilen überhaupt zu denken.

Wir gehen darum auf die Rolle der Π und Σ im Aussagenkalkul hiernächst noch etwas näher ein.

Die Begriffe beider sollen hier als selbständig (independent, nicht rekurrirend oder induktorisch) aufgestellte zugrund gelegt sein, wie folgt. Stellt Au irgend eine auf ein Gedankending u bezügliche Aus - sage, eine Aussage über u vor, so hat uns von den beiden Symbolen 〈…〉 erstreckt über einen irgendwie gegebnen Bereich von Werten als den dem Symbole u unterzulegenden Bedeutungen von diesen beiden hat uns das erstre vorzustellen: die Aussage, dass Au für jedes dieser Objekte u (innerhalb der Erstreckung ) zutrifft, das letztre aber: die37§ 3. Aussagenschemata.Aussage, dass Au für gewisse u (innerhalb dieser Erstreckung) zutrifft, mithin dass es mindestens ein u im Erstreckungsbereiche gibt, für welches Au zutrifft.

Hienach wird der Aussage 〈…〉 der Wahrheitswert 1 immer dann und nur dann zukommen, wenn, für jedes der gedachten u, Au = 1 ist, der Wahrheitswert 0 dagegen, falls es unter jenen mindestens ein u gibt, für welches Au nicht zutrifft, wo also Au = 0 ist.

Der Aussage 〈…〉 wird der Wahrheitswert 1 schon zukommen, wenn es im Erstreckungsbereiche nur überhaupt ein u gibt, für welches Au = 1 ist, dagegen wird ihr der Wahrheitswert 0 dann und nur dann zukommen, wenn es daselbst kein solches u gibt, d. h. wenn für jedes u des Erstreckungsbereiches Au nicht zutrifft, Au = 0 ist.

Stellt demnach v einen Wert vor, beliebig hervorgehoben aus dem Erstreckungsbereiche für u, so müssen wir haben: 〈…〉 oder kürzer: α) 〈…〉 womit auch gegeben ist: β)

. Letzteres zeigt, dass für jeden Wert (v oder u) aus dem Erstreckungs - bereiche der sogenannte allgemeine Faktor Au des Aussagen-Π auch angesehen und hingestellt werden kann als ein wirklicher ( eigent - licher ) Faktor des ohne Π-zeichen als ein binäres (zweifaktoriges) bereits anderweitig erklärten Aussagen - Produktes im engsten Sinne; und ebenso, dass das sog. allgemeine Glied einer Aussagen-Σ auch wirklicher (oder eigentlicher ) Summand ist einer binomischen Aus - sagensumme, d. h. einer Aussagensumme im engsten Sinne, als welche sich eben unsre Aussagen-Σ jederzeit muss hinstellen lassen.

Ferner erkennt man im Hinblick auf das oben Gesagte als un - mittelbar einleuchtend, dass die Negation an unsern Aussagen-Π und Σ nach folgenden Schemata auszuführen ist: γ)

.

Und in dem hier bethätigten dictum de omni et de nullo , durch welches wir die sämtlichen vorstehenden Formeln gewinnen (