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Berichtigungen zu Bd. 3, I.
α) Es ist eine grossartige Disziplin, reich an Ausdrucksmitteln und mächtigen Schlussmethoden, fast überreich an Sätzen, wenn auch von unvergleichlichem Ebenmaasse, in welche ich versuchen will den Leser hiermit einzuführen.
Dürften auch ihre ersten Anfänge — mit Augustus De Morgan — kaum über die Mitte dieses Jahrhunderts zurückreichen, so ist die Literatur dieser Disziplin doch schon eine ziemlich umfangreiche, zudem ihre Kenntnissnahme eigentümlich erschwert nicht nur durch ihr Zer - streutsein in verschiedenen nicht leicht zugänglichen Schriftwerken, sondern auch durch die Verschiedenartigkeit der — ich kann nur sagen: „ Hieroglyphen “systeme, deren sich die Urheber der Disziplin bedienten und welche sogar bei ihrem Hauptförderer Charles S. Peirce zu - weilen fast unvermittelt gewechselt haben. Ausser diesen beiden Hauptschöpfern der Theorie dürfte dieselbe mittelbar den Arbeiten von Herrn R. Dedekind am meisten Förderung verdanken, und liegt es dem Verfasser ob, nun die Gesamtheit der bisherigen Leistungen zu dem gegenwärtigen Stande der Disziplin gleichsam aufzurunden.
Bei der fast unermesslichen Mannigfaltigkeit der Richtungen, nach welchen sich die Disziplin entwickelungsfähig zeigt, der Fülle ihrer Anwendungsmöglichkeiten auf die verschiedensten Gebiete — zu denen die Begriffe von „ Endlichkeit “, „ Anzahl “, „ Funktion “und „ Substitution “ebensowol gehören als wie z. B. die „ menschlichen Verwandtschafts - verhältnisse “—, bei ihrer Doppelnatur als einer Algebra einerseits und einer Entwickelungsform der Logik andrerseits, nämlich ihrer Aus - gestaltung zur Logik der Beziehungen (und Beziehungsbegriffe, „ Relative “) überhaupt, scheint es unerlässlich — soll nicht die Übersicht leiden und der Eindruck der Schönheit und Konsequenz des Ganzen verlorenSchröder, Algebra der Relative. 12Erste Vorlesung.gehen — dass wir die verschiedenen Gesichtspunkte, unter welchen unsre Theorie zu betrachten sein wird, thunlichst scharf von einander getrennt halten.
Ich werde deshalb zunächst eine Seite der Theorie fast ausschliess - lich bevorzugen, und zwar dieselbe lediglich als eine Algebra, einen Kalkul aufbauen, der seine Gesetze aus einer geringen Anzahl bestimmt formulirter fundamentaler Festsetzungen denknotwendig ableitet. Erst wenn auf diesem Wege ein gewisser Grundstock geschaffen und ein schon recht ansehnliches Kapital von absolut feststehenden Wahrheiten — Thatsachen der Deduktion — gesichert ist, gedenke ich in sehr viel spätern Vorlesungen auf die Fundamente der Disziplin zurück - zukommen, um deren zuerst nur einfach hingestellte Festsetzungen dann auch heuristisch zu motiviren und aus allgemein logischen Ge - sichtspunkten reflektirend zu erörtern, insbesondre sie als den Zwecken ebendieser Wissenschaft, der Logik, dienstbare nachzuweisen. Bis dahin mögen logische Interpretationen von Ausdrücken oder Formeln des Kalkuls höchstens nebenher in Form von Seitenblicken erfolgen, bestimmt, das Interesse des Lesers zu wecken und denselben zu der später systematisch zu erwerbenden Deutungskunst allmälig heran - zuziehen.
Ebenso wird es zur Vereinfachung des Ganzen beitragen, wenn wir dasjenige, was zur Sicherung des Anteils der andern Forscher an den Errungenschaften der Theorie gesagt werden muss, und was zumeist von literarhistorisch-kritischen Erörterungen unzertrennlich sein wird, erst nachträglich in eignem Paragraphen zusammenstellen — die Theorie selber thunlichst von allem Beiwerk entlastend.
Meine Bezeichnungsweisen schliessen sich sehr nahe an die von Peirce in einer 9c seiner Abhandlungen gebrauchten an, und werden die Abweichungen späterhin gekennzeichnet und gerechtfertigt. Den zahlreich zu verwendenden Suffixen zuliebe und um zugleich den Platz frei zu halten für die „ Exponenten “von „ Potenzen “, deren Begriff auch in unsre Disziplin Eingang findet, musste vom vertikalen zu dem hori - zontal übergesetzten Negationsstriche übergegangen werden. Zudem wird sich Veranlassung ergeben, die beiden — wenn auch nicht bei Aus - sagen — so doch bei binären Relativen (sowie solchen von noch höhrer Ordnung) unterscheidend zu verwenden — ein Punkt auf den wir noch zurückkommen.
Nach dem Gesagten gehe ich sogleich zu dem Versuche über:
β) Vorweg über den Operationskreis der relativen Logik einen kurzen Überblick zu geben — den Operationskreis der arithmetischen Algebra3§ 1. Operationskreis der Algebra der Relative.zur Vergleichung heranziehend. Ich fasse dabei ausschliesslich den weitaus wichtigsten Teil der ersteren: die Algebra der binären Relative (bei Peirce „ dual relatives “genannt) in’s Auge, welche den natur - gemässen Ausgangspunkt der ganzen Theorie bildet. Ebendiese ist bis jetzt allein auch einigen Ausbaues teilhaftig geworden und wird auf sie die Wissenschaft, um damit für ihre vornehmsten Probleme auszukommen, vielleicht sogar sich wesentlich beschränken dürfen.
Im identischen (Gebiete - oder Klassen -) Kalkul hatten wir uns mit drei Rechnungsarten, „ Spezies “vertraut zu machen: mit der identischen Multiplikation, der identischen Addition und der Negation. Von diesen waren die beiden erstgenannten „ knüpfende “Operationen, die zu ihrer Ausführung mindestens zwei Operanden (Terme) als gegeben voraus - setzten; die letztgenannte eine „ nicht-knüpfende “Operation, welche schon an einem Operanden (Term) vollziehbar. Die knüpfenden Ope - rationen waren hier assoziative sowol als kommutative.
Denselben drei identischen Spezies begegnen wir auch in der Logik der Relative wieder, woselbst sie in der That die erste Hauptstufe der elementaren Operationen ausmachen. Zu diesen treten aber als zweite Hauptstufe hier noch drei weitere Spezies hinzu: die drei „ relativen “Elementaroperationen, als da sind: die relative Multiplikation (oder Komposition), die relative Addition und die Konversion; jene beiden knüpfende und zwar assoziative aber (im allgemeinen) nicht kommu - tative Operationen, diese eine nicht knüpfende Operation, die bereits an einem Operanden vollziehbar.
Mit ihren sechs Spezies ist mithin die Logik der Relative, gegenüber der allgemeinen Arithmetik mit ihren sieben algebraischen Operationen, immer noch im Vorteil. Zugunsten der letztern kann allerdings geltend gemacht werden, dass durch die bekannte Erweiterung des Zahlengebietes zum Gebiet der gemeinen komplexen Zahlen es sich habe ermöglichen lassen, die 7 Spezies der Algebra auf viere zu reduziren, nämlich auf Addition, Multiplikation, Potenzirung und Logarithmirung — indem die Subtraktion als eine Addition der entgegengesetzten Zahl, die Division als eine Multi - plikation und die Radizirung als eine Potenzirung mit der reziproken Zahl in Wegfall gekommen, drei von den vier inversen Operationen mithin in den direkten aufgegangen seien.
Demgegenüber ist aber zu betonen, dass auch die 6 Spezies der relativen Logik wesentlich sich auf viere (und zwar schon von vornherein) reduziren, indem vermittelst der Negation die beiden Additionen zurück - führbar sind auf die entsprechenden Multiplikationen (oder umgekehrt), mithin, bei Verzicht auf die Symmetrie, diese auch durch jene könnten ent -1*4Erste Vorlesung.behrlich gemacht werden. In der definitiven Anzahl der unentbehrlichen Grundoperationen stehen somit beide Disziplinen auf gleicher Linie.
In ihrer durchgängigen Symmetrie aber besitzt die Algebra der Relative einen ästhetischen Vorzug vor der Algebra der Zahlen. Ver - fügt sie doch über zwei Prinzipien zur Vervielfältigung, Verdoppelung ihrer Theoreme und tritt ein jeder ihrer allgemeinen Sätze mit drei zumeist andern gekoppelt als eine Tetrade, ein Quadrupel, ein Gespann von Sätzen (oder Formeln) auf, indem er mittelst Kontraposition, beiderseitigem Negiren, einen ihm „ dual entsprechenden “Satz, das Paar aber mittelst beiderseitigen Konvertirens, ein zweites dazu „ konjugirtes “Sätzepaar liefert, dessen Geltung von ihm mitbedingt und garan - tirt wird.
γ) Wenn demnach der identische Kalkul als ein blosser Teil — der elementarste — der relativen Logik erscheinen wird, die letztre also als eine Erweiterung (spezielle Anwendungsweise und Fortsetzung) des erstern sich darstellt, so bieten sich anscheinend zwei Möglich - keiten dar, die Algebra der Relative zu begründen.
Die eine: im Anschluss an den bisherigen Lehrgang, bei welchem wir vom Begriff der Subsumtion ausgegangen waren um gegen Ende zu einer wissenschaftlichen Definition des Individuums zu gelangen. Die andre: als die Möglichkeit einer selbständigen Begründung, als ein Aufbau der ganzen Disziplin sozusagen auf einer tabula rasa.
Eine solche Begründung, die von der Betrachtung von „ Elementen “(oder Individuen) ihren Ausgang nimmt, hat Peirce gegeben, und kann der Vergleich der damit geschaffenen ganz eigenartigen Grund - lage der gesamten Logik mit ihren anderweitigen Fundirungen nur lehrreich sein. Wir schliessen uns darum diesem letztern Lehrgange an, zumal von da der erwähnte „ Anschluss “sehr leicht und rasch zu gewinnen sein wird.
Als gegeben, irgendwie begrifflich bestimmt, denken wir uns die „ Elemente “oder Individuen 1) A, B, C, D, E, … einer „ gewöhnlichen “Mannigfaltigkeit (vergl. Bd. 1, S. 342). Dieselben sollen durchweg von einander und vom Nichts (von 0) verschieden geachtet werden. Sie müssen unter sich verträglich (konsistent) sein, sodass nicht etwa die Setzung eines von ihnen der Denkbarkeit eines andern5§ 2. Denkbereich der ersten Ordnung.vorbeugt, und sie müssen einander gegenseitig ausschliessen (unter sich disjunkt sein), sodass auch keines der Elemente als eine Klasse gedeutet werden dürfte, die ein andres von ihnen unter sich begreift.
Ich bemerke dieses, und noch einiges andre mehr, zum voraus, um die Erwartung des Lesers angemessen zu dirigiren, nicht aber aus dem Grunde, weil etwa schon auf diese letzteren Bemerkungen wesentliche Schlüsse zu bauen wären. Auch wer diese Bemerkungen für ganz un - genügend fundirt erachten wollte, der könnte sich doch nicht ablehnend verhalten gegenüber der formalen Denknotwendigkeit, kraft welcher mit den fundamentalen Festsetzungen des nächsten Paragraphen als deren Kon - sequenz auch das ganze Gebäude unsrer Theorie gesichert sein wird.
Die Gesamtheit der gedachten Elemente stellen wir, indem wir deren Namen mittelst Pluszeichen verbinden, als eine „ identische Summe “(logical aggregate) dar und nennen sie den ursprünglichen oder Denkbereich der ersten Ordnung: 11 (gelesen Eins hoch eins), sodass uns: 2) 〈…〉 gilt.
Der Denkbereich 11 soll mehr als ein Element enthalten. Diese Voraussetzung ist zur Geltung fast aller Sätze der Theorie erforderlich. Den Fall, wo der Denkbereich blos ein Element enthielte, wollen wir „ den Ausnahmefall “nennen.
Bei manchen Formeln wird sogar, damit sie Geltung beanspruchen können, es unerlässlich sein vorauszusetzen, dass der Denkbereich mehr als zwei Elemente umfasse. Solche Formeln sollen durch einen ihrer Chiffre beigesetzten Stern * gekennzeichnet werden.
Im übrigen kann die Menge der Elemente, welche unser Denk - bereich zusammenfasst, eine „ endliche “(oder begrenzte) sein, indem der Denkbereich besteht aus einer beliebig zu wählenden „ Anzahl “von Elementen. Oder aber das System der Elemente ist ein „ unendliches “(unbegrenztes), wo dann von ihrer „ Anzahl “nicht gesprochen werden kann. Im letzteren Falle mögen die Elemente entweder „ diskrete “sein, etwa ein sogenanntes „ einfach unendliches “System bildend, oder auch nicht, d. h. sie dürfen ebensogut auch als „ konkrete “gedacht werden, welche z. B. ein „ Kontinuum “ausfüllen, wie die Punkte einer Linie, einer Fläche, eines Körpers, insbesondre einer Geraden, einer Ebene oder des Raumes.
Auch diese Bemerkungen sind vorgreifende. Ist es doch eine der vor - nehmsten Aufgaben der Theorie selbst, den Begriff der „ Endlichkeit “eines Systems von Elementen erst aufzustellen, was eine Vorbedingung für die Gewinnung des so hochwichtigen „ Anzahl “- Begriffes bildet, desgleichen sodann, die verschiedenen Arten von „ Unendlichkeit “unterscheidend zu6Erste Vorlesung.definiren! Um nicht in Fehlschlüsse zu verfallen wird der Leser aber gut thun, die Möglichkeit auch der letzterwähnten Annahmen nicht aus dem Auge zu verlieren.
Wir mögen nun zwar zur Illustration einen Denkbereich „ bevor - zugen “, der aus den sämtlichen Punkten einer Geraden (nämlich beider - seits unbegrenzten geraden Linie) besteht (denen bekanntlich die reellen Zahlen der Arithmetik ein-eindeutig entsprechen) — oder auch blos aus einem Teile dieses Punktgebietes, wie etwa seiner Hälfte: dem Strahle, welchem sich das Gebiet der positiven Realzahlen ein - deutig zuordnen lässt — vielleicht auch blos aus der Reihe der den ganzen Zahlen entsprechenden äquidistanten Punkte unsrer Geraden oder deren positiver Hälfte. Immer aber wird dies unwesentlich bleiben müssen.
Es darf von vornherein in der Theorie nicht vorausgesetzt werden, dass die Elemente in einer bestimmten Reihenfolge sich befinden oder überhaupt in eine solche sich bringen liessen.
Nie wird a priori von „ benachbarten “Elementen, von den Vorgängern oder Nachfolgern eines Elementes gesprochen werden dürfen — wie es denn schon zu einem Punkte auf der geraden Linie (wenn sie auch etwa von links nach rechts durchlaufen wird) keinen unmittelbar vorhergehenden und keinen unmittelbar folgenden Punkt, keine unmittelbar benachbarten Punkte gibt. Wie man Urteile fällen kann über alle Punkte, resp. über jeden Punkt einer Fläche (z. B.) — um aus diesen Urteilen andre Urteile logisch abzuleiten — ohne doch diesen Punkten damit irgendeine Reihenfolge zu - zuschreiben, ebenso muss in der Theorie inbezug auf die Elemente unsres Denkbereiches schliessend vorgegangen werden.
Die „ Elemente “brauchen auch nicht etwa gleichzeitig zu existiren; sie dürften uns z. B. „ Ereignisse “aus Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft repräsentiren (koexistirende oder simultane, wie successive); es genügt, dass sie zusammen gedacht werden können.
Zu Zwecken der Exemplifikation auf logischem Gebiete empfiehlt sich oft die Deutung der Elemente als „ Personen “der menschlichen Gesellschaft, Menschheit überhaupt.
Neben den grossen lateinischen Buchstaben, die uns bestimmte Ele - mente vorzustellen haben, falls wir einzelne von diesen hervorzuheben beabsichtigen, bedürfen wir auch noch einer Kategorie von Zeichen zur Darstellung von oder als Namen für unbestimmte oder allgemeine Elemente.
Dieses Bedürfniss tritt bereits zutage, macht sich geltend schon bei dem ersten und einfachsten Akte — zu welchem wir jetzt schreiten wollen — dem Akte: irgend zwei Elemente in eine Beziehung zu einander zu setzen oder unter dem Gesichtspunkte einer solchen zu7§ 2. Elemente, = Individuen des ersten Denkbereichs.betrachten. Die Elemente, zwischen denen dergestalt — sagen wir: — „ ein Verhältniss “konstatirt werden soll, können nämlich entweder ver - schiedene, oder sie können auch die nämlichen, können „ einerlei “sein.
Der Gesichtspunkt, das „ fundamentum relationis “sei z. B. die Zu - neigung, Liebe einer Person zu einer Person.
Wenn die Person A die Person B liebt, so wird unter diesem Gesichtspunkt das Elementepaar „ A: B “in Betracht kommen. Wenn etwa zugleich die Person B die Person A nicht liebt, so wird das Elementepaar „ B: A “(welches demnach vom vorigen zu unterscheiden ist) nicht in Betracht kommen.
Wenn die Person A sich selbst liebt, so wird als „ Elementepaar “auch „ A: A “in Betracht zu ziehen sein.
Schon diese beiden Fälle, der erste mit dem letzten, lassen sich — bei Beschränkung auf den bisherigen Zeichenvorrat — nicht gemeinsam erledigen oder abhandeln, und zwar aus dem Grunde, weil die An - nahme: B = A, welche den letzten Fall unter den ersten subsumiren würde, sich in Widerspruch befindet mit der eingeführten und unver - brüchlich festzuhaltenden Voraussetzung A ≠ B. Zudem wird man so doch immer nur am Beispiele kleben bleiben.
Wir bedürfen neuer Zeichen — und diese wählen wir vorderhand ausschliesslich aus der Reihe der folgenden: 3) i, j, h, k, l, m, n, p, q — um irgend eines der Elemente A, B, C, D, … unsres Denk - bereiches 11 vorzustellen.
Heben wir jetzt ein Elementepaar i: j hervor, etwa wieder um damit zu konstatiren, dass eine Person i eine Person j liebt, so wird ebensogut die Annahme j = i als die Annahme j ≠ i zulässig bleiben, und lassen sich alle Vorteile der Allgemeinheit für unsre Betrachtungen sichern, in Verbindung mit den Vorteilen, welche die Einführung knappster Zeichenschrift gewährt.
Also: während zwei verschiedene von den Buchstaben A, B, C, … immer zwei verschiedene Elemente vorzustellen haben, sind zwei ver - schiedene Buchstaben aus der Reihe i, j, h, … einer solchen Be - schränkung nicht unterworfen. Dieser Gegensatz ist darin begründet, dass während A, B, C, … uns als bestimmte sozusagen „ spezifizirte “Elemente gelten, die Symbole i, j, … vielmehr zu verwenden sein werden als Repräsentanten, Stellvertreter von irgend welchen, von un - bestimmt gelassenen oder „ allgemeinen Elementen “. Jenen entsprechen in der Arithmetik die numerischen, diesen die literalen oder Buch -8Erste Vorlesung.staben-Zahlen. Und wie die letztern sind sie gleichermassen unent - behrlich und ermöglichen uns die Realisirung analoger Vorteile.
Die allgemeinen Elementsymbole i, j, h, k, … lassen insbesondre auch als „ Indizes “, „ laufende Zeiger “, „ Summations - “und „ Produktations - variable “, sich verwenden, und werden zunächst sogar vorwiegend als solche in Betracht kommen.
In der That können wir mit ihrer Beihülfe die Gleichung, welche uns den Denkbereich 11 darstellte, jetzt konziser schreiben, wie folgt: 4) 〈…〉 , wobei zur korrekten Auslegung, zur „ Auswertung “oder „ Evaluation “der Summe rechterhand nur erforderlich ist, dass man der Summations - variablen i auferlege, jedes der Elemente A, B, C, … als seine Be - deutung anzunehmen, oder — wie man sich ausdrückt — die Gesamt - heit der Individuen des Denkbereiches 11 „ zu durchlaufen “.
Dieser Prozess, der in unsrer Theorie mit jedem Ausdruck von der Form Σi oder Σj, Σh, … von einem f (i, j, h, …) in Gedanken zu voll - ziehen sein wird, ist wohl zu unterscheiden von dem Auslegungsverfahren bei solchen Ausdrücken wie 〈…〉 , wie sie im ersten und zweiten Bande häufig vorkamen (und auch hier in modifizirter Bedeutung bald eine Rolle spielen werden), wo nämlich die Summationsvariable u zu durchlaufen hatte nicht blos alle Elemente, sondern alle erdenklichen Gebiete oder Klassen, das ist alle Elementesummen aus dem vorliegenden Denkbereiche.
Also: jedem auf ein Symbol der Reihe 3) bezüglichen Summen - zeichen wird (woferne nicht ausdrücklich anderes stipulirt ist) die vorhin beschriebene „ Erstreckung “zuzuschreiben sein.
Der Denkbereich 11 bildet eine Mannigfaltigkeit, auf welche ohne weitres der gesamte „ identische Kalkul “anwendbar sein würde. Doch soll von dieser Thatsache bis zur Neubegründung des letztern hier kein Gebrauch gemacht werden.
Jede (identische) Summe von Elementen dieses Denkbereiches 11 wird späterhin als ein „ absoluter Term “, als ein „ System “(Gebiet) oder auch eine „ Klasse “(class-term) schlechtweg zu bezeichnen sein.
Nunmehr können wir auch das oben am Beispiel Ausgeführte allgemein statuiren:
Werden aus unserm Denkbereiche 11 irgend zwei Elemente i und j in bestimmter Reihenfolge hervorgehoben und in dieser — gleichviel aus welchem Beweggrunde, einerlei unter welchem Gesichtspunkte — zu einem „ Paare “zusammengehalten, so mag das Ergebniss der Zu -9§ 2. Elementepaare, = Individuen des zweiten Denkbereichs.sammenstellung vermittelst eines Doppelpunktes dargestellt werden in Gestalt von 5) 〈…〉 — gesprochen: i zu j.
Dies ist zunächst unverfänglich, weil der Doppelpunkt zwar in § 23 des Bd. 1 provisorisch zur Darstellung der identischen Division verwendet, daselbst aber als definitiv entbehrlich nachgewiesen und dadurch zu andern Zwecken verfügbar geworden ist.
Wenn unter dem Gesichtspunkte einer bestimmten von i zu j be - stehenden Beziehung ein Elementepaar hervorgehoben und mit i: j in der - selben Weise dargestellt wird, wie man in der Arithmetik ein (geometrisches) Verhältniss darzustellen pflegt, so empfiehlt sich dies schon darum nicht übel, weil in der Sprache des gemeinen Lebens die Worte „ Beziehung “und „ Verhältniss “ohnehin beinahe als synonyme gelten dürften. Zudem werden mit der arithmetischen Gleichung (i: h) × (h: j) = i: j bei der Lehre von der Zusammensetzung der Relative Analogieen zutage treten, die unser dem Peirce’schen sich anschliessendes Vorgehen noch weiter rechtfertigen.
An sich betrachtet hat zwar der Doppelpunkt — schon als Divisions - zeichen, gleichwie auch das Minuszeichen — den Fehler, eine unsymmetrische Knüpfung durch ein symmetrisches, nach rechts und links gleich aus - schauendes Zeichen darzustellen. Dafür tröstet der Umstand, dass man (demungeachtet) von der Arithmetik her doch schon gewöhnt ist, die Knüpfung nicht als eine kommutative anzusehen.
Übrigens sei bemerkt, dass auch hier die Bezeichnung später entbehr - lich gemacht werden kann, sobald mit ihrer Hülfe die Algebra der Relative eine bestimmte Stufe der Entwickelung erreicht hat.
Wir nennen i: j ein „ Elementepaar “, und zwar i den Antezedenten (das Vorderglied) oder das Relat, j den Konsequenten (das Hinterglied) oder das Korrelat desselben.
Nach dem Gesagten wird uns j: i als ein andres Elementepaar wie i: j zu gelten haben, sobald j von i verschieden ist. Oder wir mögen hinstellen: 6) 〈…〉 als gültig für alle i und j.
In diesen beiden Aussagenäquivalenzen sind vier Aussagensubsumtionen enthalten, von welchen diese beiden: 〈…〉 als selbstverständlich, beziehungsweise durch unsre soeben getroffenen Ab - machungen gegeben, anzusehen sind.
Aus ihnen ergeben sich die beiden andern, die umgekehrten Aussagen - subsumtionen (kreuz - oder) wechselweise vermittelst Kontraposition.
10Erste Vorlesung.Übrigens sei betont, dass auch diese Bemerkung nur zur vorläu - figen Orientirung ausgesprochen ist, indem sich 6) als Theorem aus den fundamentalen Festsetzungen des nächsten Paragraphen späterhin beweisen lassen wird.
Dasselbe gilt von dem Ansatze: 7) 〈…〉 durch welchen wir zum Ausdruck bringen, dass uns jedes Elemente - paar als von dem Nichts verschieden zu gelten habe.
Das Elementepaar j: i heisst „ das konverse “von dem Elemente - paar i: j. Bei der Allgemeingültigkeit dieser Festsetzung wird es auch gestattet sein in ihr die Namen i und j auszutauschen und muss also auch das Elementepaar i: j das konverse sein von j: i. Die Be - ziehung zwischen konversen Elementepaaren ist eine gegenseitige.
Es können nun alle erdenklichen Elementepaare, zu deren Bildung unser Denkbereich 11 die Elemente liefert, zu einer Tafel, in ein Ta - bleau zusammengestellt, geordnet werden (may be arrayed oder arranged in a „ block “): 8) 〈…〉 und sei bemerkt, dass wir diese „ spezifizirten “oder speziellen Ele - mentepaare auch als „ individuelle binäre Relative “hinzustellen oder zu bezeichnen haben werden, deren irgend eines durch i: j allgemein repräsentirt werden kann.
Die Gesamtheit dieser individuellen binären Relative oder Elemente - paare bildet einen neuen, einen eignen Denkbereich, den wir als den „ Denkbereich der zweiten Ordnung “mittelst 12 (gesprochen: eins hoch zwei) darstellen, sodass wir haben: 9) 〈…〉 — wo die Klammern um die Elementepaare auch weggelassen werden könnten — oder in der durch das Summenzeichen ermöglichten Abkürzung: 10) 〈…〉 .
11§ 2. Der Denkbereich der zweiten Ordnung.Der Denkbereich 12 ist hiernach gebildet aus den sämtlichen „ Varia - tionen zur zweiten Klasse mit Wiederholungen “von den Elementen des Denkbereiches 11 — wie der Mathematiker sich ausdrücken würde; er ist die zweite Klasse der genannten Variationen. Er enthält die Elemente von 11 zu Paaren vereinigt in allen erdenklichen Verbindungen (Kombi - nationen) und Anordnungen (Permutationen).
Als selbstverständlich erscheint es wieder (soll indess nicht we - sentlich benutzt werden), dass auch dieser Denkbereich eine Mannig - faltigkeit vorstellt, auf welche der identische Kalkul anwendbar ist. In diesem Denkbereiche werden sich die Untersuchungen der Theorie im vorliegenden Bande vornehmlich, ja fast ausschliesslich bewegen, weshalb wir — den Exponenten 2 zumeist und namentlich in allen Formeln (seltner im Texte) weglassend — denselben kürzer mit 1 selber bezeichnen werden.
In einfachster Schreibung seien demnach die Gleichungen 9) und 10) zusammenfassend wiederholt als: 11) 〈…〉
Ein individuelles binäres Relativ i: j steht in dieser Tafel allemal in der durch i markirten Zeile und in der durch j markirten Kolonne (oder Spalte) — wären die Elemente i, j die natürlichen Zahlen, so könnten wir kürzer sagen: in der iten Zeile und in der jten Kolonne.
Obwohl, wie bereits erklärt, die Voraussetzung einer bestimmten Reihenfolge oder Anordnung schon bei den Elementen des ersten, nicht minder also auch bei den Elementepaaren des zweiten Denk - bereichs den Schlüssen der Theorie nicht zugrunde gelegt werden darf, wollen wir doch der Übersicht und der Bequemlichkeit der Ausdrucks - weise zuliebe die vorstehenden Redensarten acceptiren:
Soll von solchen individuellen Relativen i: j, i: h, i: k, … ge - sprochen werden, welche im Relate übereinstimmen, so werden wir häufig sagen, dass sie aus derselben Horizontalreihe oder Zeile stammen, und „ die zu i gehörige Zeile “der Tafel 12 selbst wird uns dann eben einfach bedeuten: die Gesamtheit (identische Summe) aller der Elemente - paare unsres zweiten Denkbereichs, welche i zum Relate haben. Ebenso werden alle Elementepaare i: j, h: j, k: j, …, die im Korre - late übereinstimmen, von uns der nämlichen Vertikalreihe oder Kolonne zugewiesen. Und wir unterscheiden demgemäss in unsrer Tafel 1212Erste Vorlesung.„ Reihen “von Elementepaaren als parallele oder zu einander normale, sowie als horizontale oder vertikale.
Fasst man die individuellen Elementepaare unsres Denkbereiches 12 in’s Auge, so wahrnimmt man solche von zweierlei Art, je nachdem in i: j das i = j oder aber i ≠ j ist.
Im ersten Falle haben wir ein Elementepaar von der Form i: i. Ein solches soll ein individuelles (binäres) „ Selbstrelativ “genannt werden.
Falls dagegen i ≠ j ist, so heisse i: j ein individuelles (binäres) „ Aliorelativ “.
Ich übersetze hiemit einfach die von Peirce gegebnen Namen „ self - relative “und „ aliorelative “.
Es kann anstössig gefunden werden, dass „ self - “oder „ Selbst - “nicht, wie die andern zur Zusammensetzung dieser Namen benutzten Wörter, aus dem Lateinischen stammt. Wenn man nicht „ Ipsirelativ “sagen will, so könnte man auch „ Idemrelativ “für unser „ Selbstrelativ “nehmen. Andre Möglichkeiten wären die, zu sagen: Autorelativ und Heterorelativ, oder Idio (Homo -?) relativ „ Allorelativ zur ersten Hälfte aus dem Griechischen, zur zweiten aus dem Lateinischen genommen, desgleichen zur ersten Hälfte dem Deutschen entstammend: Selbstrelativ und Anderrelativ Eigenrelativ „ Fremdrelativ. Auch schlug mir ein Kollege vor, für Relativ „ Beziehnis (s) “zu sagen.
Ich habe mich nach sorgfältiger Erwägung keinem dieser Vorschläge anzubequemen vermocht. Dem letzten nicht, weil für die Wissenschaft zur Deckung ihres Neubedarfs an Wörtern internationale Ausdrücke aus toten, den klassischen Sprachen weitaus den Vorzug verdienen. Der Aus - druck „ Anderrelativ “gibt zu unangenehmen Anklängen Veranlassung, wenn neben den Anderrelativen von andern Relativen oder gar von andern Anderrelativen gesprochen werden muss. Die übrigen Ausdrücke erscheinen weniger zutreffend, decken wol den Begriff minder genau.
Obwol nun also „ Selbstrelativ “den erwähnten internationalen Rück - sichten nicht ganz gerecht wird, will ich es beibehalten, den romanischen Kulturvölkern es überlassend, sich ein Wort nach ihrem Geschmacke dafür zu bilden; jenes erscheint mir als das beste und bezeichnendste wenigstens für die germanische Sprachengruppe mit Einschluss der englischen Sprache.
In unsrer Tafel 12 stehen die individuellen Selbstrelative A: A, B: B, etc. alle auf einer geraden Linie, welche von links oben nach rechts unten diese Tafel mitten durchschneidet, und — gemäss einer in der Lehre von den Determinanten und den Matrices geläufigen Übung — als die „ Hauptdiagonale “der Tafel bezeichnet wird. Unter der Haupt - diagonale von 12 verstehen wir also — analytisch gefasst, wenn man es unabhängig von geometrischen Veranschaulichungen, die eine bestimmte13§ 2. Binäre Relative.Anordnung der Elementepaare auf einer Fläche vorauszusetzen scheinen, aussprechen will — weiter nichts als: die Gesamtheit (identische Summe) aller individuellen Selbstrelative aus unserm zweiten Denkbereiche.
Die individuellen Aliorelative liegen ausserhalb, stehen seitlich von, oberhalb und unterhalb der Hauptdiagonale.
Jedes individuelle Selbstrelativ ist das konverse von sich selber. Zu einander konverse individuelle Aliorelative stehen dagegen „ symmetrisch “zur Hauptdiagonale, sodass, wenn man diese letztere als spiegelnde Linie ansieht, irgend eines der beiden das Spiegelbild sein müsste vom andern.
Wenn wir sonach über die „ individuellen binären Relative “nun - mehr Bescheid wissen, so drängt sich die Frage auf: was ist zu ver - stehen unter einem „ binären Relativ “überhaupt?
Obwol dies systematisch erst im nächsten Paragraphen festgesetzt werden soll, wollen wir die Antwort hier schon vorgreifend geben. Darunter wird zu verstehen sein: eine identische Summe (ein Inbegriff) von irgendwelchen individuellen binären Relativen.
Aus unserm Denkbereiche 12 können wir irgendwelche Elemente - paare herausgreifen und sie — sei es kollektiv zu einem „ Systeme von Elementepaaren “, sei es generell zu einer „ Klasse von Elemente - paaren “— mittelst identischer Addition vereinigen. Das Ergebniss wird ein binäres Relativ (schlechtweg) zu nennen sein.
Der Gesichtspunkt, unter welchem wir solche Aushebung von Elementepaaren vornehmlich vollziehen, wird allerdings der sein, dass wir zu einer Klasse oder identischen Summe von Elementepaaren alle diejenigen individuellen Relative i: j jeweils vereinigen, bei welchen das Relat i zum Korrelat j in einer „ Beziehung “von bestimmter Art steht, einer Beziehung, charakterisirt durch ein gewisses „ fundamentum relationis “, auf welches sich gerade das Interesse konzentrirt.
Gleichwie jedoch in der (weiteren) Umfangslogik der Klassen - bildung keinerlei Schranken gesetzt waren, und die Individuen einer Klasse nicht etwa, der Forderung der (engeren) Inhaltslogik entspre - chend, dadurch zusammengehalten werden mussten, dass sie einen regelrechten „ Begriff “konstituiren, so sollen auch hier die Aushebungs - möglichkeiten für die zu einem binären Relativ zu vereinigenden Elementepaare durch keinerlei Schranke eingeengt sein, und mag ein Gesichtspunkt, wie der erwähnte, zumeist zwar maassgebend sein als Beweggrund für deren Aushebung aus dem Denkbereiche 12, ohne dass jedoch sein Vorhandensein eine unerlässliche Bedingung für diese14Erste Vorlesung.Aushebungen bildete, welche vielmehr (von vornherein) auch ganz nach Willkür vollzogen werden können (um von da ab festgehalten zu werden).
Eine Zusammenstellung von irgend drei Elementen i, j und h aus unserm ursprünglichen Denkbereich 11, wenn dieselben in dieser bestimmten Reihenfolge geschrieben werden, mag nun weiter ein „ Elementetripel “oder „ individuelles ternäres Relativ “genannt und mit 12) 〈…〉 dargestellt werden.
Die Gesamtheit, identische Summe aller erdenklichen Elemente - tripel bildet einen neuen Denkbereich, den wir als den „ Denkbereich der dritten Ordnung “mit 13 bezeichnen, sodass uns gilt: 13) 〈…〉 .
Spezifizirt könnten die Elementetripel übersichtlich nur in Gestalt eines Blockes — etwa ein Buch füllend — angegeben werden, auf dessen erster Seite die Elementepaare von 12 in 11) mit dahinter - gesetztem „: A “stünden, dessen zweite Seite (besser: Vorderseite des zweiten Blattes) dieselben Elementepaare mit dahintergesetztem „: B “enthielte, die dritte Seite (resp. drittes Blatt auf seiner Vorderseite) ebenjene mit dahinter gesetztem „: C “und so weiter, weshalb wir auf deren spezifizirte Angabe hier verzichten.
Mathematisch gesprochen besteht der Denkbereich 13 aus der „ dritten Klasse der Variationen (oder permutirten Kombinationen) mit Wiederholungen “von den Elementen des ursprünglichen Denk - bereiches 11.
Jenachdem in i: j: h alle drei Elemente einander gleich (d. h. identisch, einerlei) sind, oder — was auf drei Arten möglich — nur zweie derselben, oder endlich keines von ihnen mit einem andern zu - sammenfällt, d. h. alle drei verschieden sind, hätten wir fünferlei individuelle ternäre Relative zu unterscheiden, für welche bezüglich die Beispiele: 14) 〈…〉 vorbildlich sind.
Eine identische Summe aus Elementetripeln, irgendwie hervor - gehoben aus dem Denkbereiche 13, wird nun ein „ ternäres Relativ “zu nennen sein.
Indem alle individuellen ternären Relative als unter sich und vom Nichts verschieden zu gelten haben, wird auch auf den Denkbereich15§ 2. Denkbereiche von höherer Ordnung.13 und die in ihm denkbaren ternären Relative mindestens zunächst der identische Kalkul (als Gebiete - sowol wie als Klassenkalkul) an - wendbar sein.
Und so weiter.
Es ist klar, wie man in dieser Weise fortfahren kann, auch alle erdenklichen Quadrupel, Quintupel, Sextupel, … von Elementen des Denkbereiches 11 zu einem Denkbereiche 14, 15, 16, … der vierten, fünften, sechsten, … Ordnung vereinigend und in ihm den Begriff des quaternären, quinären, senären, … Relativs aufstellend.
Zum Schlusse sei noch bemerkt, dass auch die „ absoluten Terme “, „ (Gebiete oder) Systeme “, „ Klassen “schlechtweg, das ist — wie ge - sagt — die Summen, welche aus Elementen des ursprünglichen Denk - bereiches 11 gebildet gedacht werden können, sich werden ansehen, darstellen und bezeichnen lassen als „ uninäre*)Ich habe schon anderwärts diese Neubildung gewagt, da mir der Aus - druck „ semelär “, welcher eigentlich der Reihe semel, bis, ter, ‥, der Stamm - wörter unsrer Nomenklatur zu entnehmen wäre, zu befremdlich vorkommt. Das der Reihe singuli, bini, terni, … angehörige Wort „ singulär “ist bereits mit allzu viel Nebenbedeutungen im Gebrauche. Obwohl in „ binär “etc. die Endung - arius, und nicht - narius, verwendet ist, und demnach „ unär, multär “vielleicht korrekter als wie „ uninär, multinär “gebildet erschiene, glaube ich doch als Neubildungen diesen letztern den Vorzug geben zu sollen. Relatice “(bei Peirce „ simple relatives “) — wie denn in der That von vornherein nichts im Wege steht, die Elemente i des Denkbereiches 11 auch „ individuelle uninäre Relative “zu nennen.
Als obersten Einteilungsgrund für die Klassifikation aller erdenk - lichen Relative haben wir dann also: die „ Ordnung “derselben. Wir haben Relative der ersten, zweiten, dritten etc. Ordnung zu unter - scheiden. Und es ist ein Relativ von bestimmter Ordnung weiter nichts als die (identische) Summe von irgendwelchen „ individuellen “Relativen ebendieser Ordnung, während unter den „ individuellen Re - lativen “einer bestimmten Ordnung zu verstehen sind: die „ Variationen (mit Wiederholungen) zur gleichen Klasse “aus den Elementen des ersten Denkbereiches. Letztere werden — bei den höheren Ordnungen (die „ Variationen zur ersten Klasse “sind bekanntlich die Elemente selbst) — symbolisch dargestellt, indem man die in bestimmter Reihen - folge in sie eingehenden Elemente mittelst Doppelpunkten verknüpft.
Endlich aber soll im voraus darauf hingewiesen werden, dass die Theorie der Relative die Möglichkeit schaffen und ein Verfahren auf - stellen wird, um Ausdrücke, sowol als Relationen, Formeln oder Sätze,16Erste Vorlesung.von Relativen einer bestimmten Ordnung aus diesem ihrem gemein - samen Denkbereiche umzudeuten in einen Denkbereich von andrer Ord - nung. Nämlich, je nach Wunsch, entweder: sie „ vorzudeuten “in einen Denkbereich von höherer Ordnung, indem alle den Ausdruck zusammen - setzenden, resp. in die Relation oder Formel eingehenden, Relative der gegebenen Ordnung gültig umgeschrieben (transformirt) werden in lauter solche von dieser verlangten höheren Ordnung. Oder (sofern der Denkbereich, dem die gegebenen Relative angehören, nicht schon von der niedersten also ersten Ordnung ist) auch: sie „ zurückzudeuten “in einen Denkbereieh von niedrerer Ordnung.
Bei der Zurückdeutung jedoch gehen gewisse Momente (Elemente) unsrer Kenntniss über die Konstitution der betreffenden Relative ver - loren, resp. sie werden ignorirt, es wird von ihnen abstrahirt, m. a. W. es werden gewisse Teile unsres Wissens fallen gelassen, preisgegeben, welche hernach bei einer etwa darauf folgenden Wieder-Vordeutung nicht wieder gewonnen werden, sich nicht mehr restituiren, sodass der durch eine Zurückdeutung herbeigeführte Verlust an Erkenntniss - kapital ein dauernder bleibt — natürlich unbeschadet der Zulässigkeit und Berechtigung des ganzen Prozesses.
Im richtigen Erfassen dieser Prozesse, in der angemessenen Inter - pretation und Verwertung der für einen Denkbereich aufgestellten Formeln für einen andern unsrer Denkbereiche, liegen wol die Haupt - schwierigkeiten, denen das Verständniss unsrer Theorie begegnen mag und welche behufs Erzielung solchen Verständnisses überkommen werden müssen. Die Umdeutung aus dem zweiten in den ersten Denk - bereich — sowie umgekehrt — wird hiefür vorbildlich sein.
Wir wollen deshalb an die Frage erst wieder herantreten, nach - dem wir uns in diesen beiden Denkbereichen gründlich orientirt haben werden, und gehn darum jetzt zur eingehenden Betrachtung des zweiten Denkbereiches, 12, über, dem wir unsre Aufmerksamkeit auf lange Zeit fast ausschliesslich zuwenden, d. h. wir beschränken unsre Betrachtungen auf die Algebra und Logik, die Theorie der binären Relative.
Wesentlich — wenn wir absehen von den Abkürzungen, die noch durch Einführung der Summen - und Produktzeichen Σ, Π angestrebt worden sind, sowie von den Übereinkünften behufs Klammern-Erspar - niss und dergleichen Äusserlichkeiten oder Nebendingen mehr — be - ruht die ganze Algebra der binären (und der uninären) Relative — ja wenn man will: die gesamte Logik — auf nur 29 konventionellen Fest - setzungen, die sich (ohne die allerdings dazu wünschenswerten Erläu - terungen) bequem auf einer halben Druckseite übersichtlich würden zusammenstellen lassen.
Gleichwie in den beiden früheren Bänden sehen wir auch hier die durch das Zeichen ⋹ auszudrückende Beziehung der Einordnung, Subsumtion als die fundamentale an, mittelst welcher (oder deren Ver - neinung ⋹) alle übrigen Beziehungen erst ihre Erklärung finden müssen. Und wir stellen darum an die Spitze als eine für alle Sym - bole a, b unsrer Theorie maassgebende die Definition der Gleichheit (das ist hier immer: Einerleiheit, Identität), welche wir in der — sogleich nachher von neuem zu rechtfertigenden — Schreibweise des „ Aus - sagenkalkuls “wie früher formuliren als: (1) 〈…〉 .
Die folgenden 14 (es geht schnell!) fundamentalen Festsetzungen lauten: (2) 〈…〉 〈…〉 (4)
1̅ = 0, | 0̅ = 1. |
Nachdem wir hiermit schon über die Hälfte der formalen Grundlagen unsrer Theorie statuirt haben, wollen wir in deren Aufzählung eine Pause eintreten lassen um uns das Bisherige etwas näher anzusehen.
Für einen Wertbereich der aus nur zwei Symbolen 0 (identische Null) und 1 (identische Eins) besteht, sind mit dem Vorstehenden voll - ständig — obzwar in nuce — festgelegt: die Gesetze der Einordnung und Nichteinordnung, der Gleichheit und der Ungleichheit, zudem eines Kalkuls, der zu Grundrechnungsarten die „ drei identischen Spezies “: Multiplikation, Addition und Negation hat.
Die 4 Konventionen (2) setzen fest, welche von den in jenem Wertbereich überhaupt denkbaren Subsumtionen gelten und welche nicht gelten sollen. Dreien wird Geltung zugeschrieben, der vierten abgesprochen.
Im Hinblick auf (1) wird sich daraus auch ableiten lassen, dass von den 4 ebenda denkbaren Gleichungen diese beiden: 0 = 0 und 1 = 1, von den 4 denkbaren Ungleichungen diese: 1 ≠ 0 und 0 ≠ 1 zu gelten haben.
Die 8 Konventionen (3) stellen den „ Abacus “, das Einmaleins und das Einspluseins für jenen auf die Symbole 0 und 1 restringirten Wertbereich vor. Für diesen Wertbereich definiren sie vollständig das Produkt a · b oder ab und die Summe a + b zweier Werte a und b — wie immer letztere „ allgemeinen “Werte auch bestimmt, angenom - men oder gedacht werden mögen innerhalb jenes Wertbereiches.
Das Einmaleins stimmt vollständig mit dem numerischen überein, wie es etwa für das dyadische Zahlensystem lauten würde und als ein Teil des weltläufigen dekadischen Einmaleinses ohnehin jedermann geläufig ist.
Das Einspluseins zeigt nur die eine Abweichung von dem nume - rischen Einspluseinse, dass hier 1 + 1 = 1 festgesetzt ist. Zur Mo - tivirung dieser Abweichung wird vielleicht der Hinweis nicht über - flüssig sein, dass, weil in unsrer Disziplin für „ gleich “nur gelten soll, was identisch, einerlei ist, ein wiederholtes Setzen von „ Gleichem “nicht anders denkbar sein wird, denn in Form einer tautologischen und darum belanglosen Wiederholung — vergleichbar der Bethätigung jenes Kindes, welches seinem Freunde einunddasselbe, „ das nämliche “Objekt zu wiederholten malen schenkt. Gerade dieser Abweichung aber wird unsre Disziplin ihre wundervolle Symmetrie hauptsächlich verdanken.
Die 2 Konventionen (4) definiren allgemein die Negation ā („ a strich “oder „ nicht-a “) für jeden Wert a jenes Bereiches.
Was die Anzahl unsrer Konventionen betrifft, so ist ja unverkennbar, dass in unsrer Art, sie zu zählen etwas Willkürliches liegt. Man könnte19§ 3. Formale Grundlagen. Abacus.mittelst Anwendung von Buchstaben als allgemeiner Wertzeichen die Menge der als selbständige hinzustellenden fundamentalen Konventionen noch weiter verringern oder reduziren. So würden sich die erste und die dritte Konvention (2) in die Formel a ⋹ a — unser früheres Prinzip I — zu - sammenfassen lassen, und würden die 6 Festsetzungen der ersten Zeile von (3) schon durch die viere a · 0 = 0 = 0 · a, a + 1 = 1 = 1 + a ersetz - bar sein.
Ebensogut lassen aber auch die drei ersten Konventionen (2) in die beiden sich zusammenziehen 0 ⋹ a ⋹ 1, die uns als „ Def. (2) “von Bd. 1 her wohlbekannt sind, und — noch besser — fassen sich schon alle 8 Kon - ventionen (3) zu den 4 wohlbekannten Gesetzen zusammen: a · 0 = 0, a + 1 = 1, a · 1 = a = a + 0.
Am wirksamsten dürfte aber zur Reduktion unsres Konventionen - systems — sofern man solche überhaupt noch begehren mag — ein Ver - fahren sich erweisen, welches darauf hinausliefe, die Begründungsweise des identischen Kalkuls wie sie in Bd. 1 für eine viel umfassendere Mannig - faltigkeit bereits gegeben worden, hier, für unsern so beschränkten Wert - bereich 0, 1, im wesentlichen zu wiederholen. Insbesondre wären dabei die 8 Konventionen (3) durch die „ Definitionen (3) “in Bd. 1 S. 196 sq. von Produkt und Summe, — statuirt in allgemeinen Wertzeichen a, b, c — zu ersetzen, und aus diesen der Abacus — so wie Bd. 1 S. 271 sq. die „ Theoreme 21) und 22) “— zu beweisen.
Unstreitig liesse sich also hinbringen, dass man für das Bisherige auf eine geringere Zahl von selbständigen Festsetzungen blos sich zu be - rufen brauchte.
Man könnte deren aber auch eine grössere Anzahl herausbringen [statt 15 bis jetzt im Maximum 26]. Denn: auch darin lag etwas Will - kürliches, dass wir Subsumtionen wie Gleichungen unterschiedlos als „ Fest - setzungen “zählten, während doch kraft (1) jede Gleichung ein Paar von Subsumtionen in sich schliesst.
Über die genaue Anzahl der als selbständige Konventionen ganz un - umgänglichen Festsetzungen, welche die formale Grundlage für unsre ge - samte Theorie zu bilden hätten, will ich daher mit niemand rechten.
Mit ihrer Aufzählung bezwecke ich blos, einen praktisch vorzüglich brauchbaren Ausgangspunkt zu schaffen und eine vollkommene Übersicht anzubahnen. Da bilden denn in der That die bisherigen 15 Daten jeden - falls den Kern und spezifizirten Inhalt dessen, was ein damit äquivalentes System von Konventionen allgemeinerer Form aussagen (in sich begreifen, involviren) würde, welches etwa diese Data noch konziser zusammenzufassen strebte — wie immer auch solches formulirt sein möge. Dieser Kern erscheint hier in kunstloser Enumeration in’s Einzelne („ detaillirt “) aus - einander-gesetzt.
Von vornherein leuchtet ein, was auch die Folge bekräftigen wird, dass unser Konventionensystem ein widerspruchsfreies ist, wie denn überhaupt dieselben von vornherein als von einander unabhängige erscheinen. Beide Überzeugungen sind aus der Wahrnehmung zu schöpfen, dass jede einzelne von diesen Festsetzungen (1) bis (4) sozu -2*20Zweite Vorlesung.sagen „ ein neues Symbol “definirt, welches in den vorhergehenden noch niemals erwähnt war, sodass durch diese darüber auch nicht präjudi - zirt sein konnte.
So — um mit dem Ende anzufangen: wenn erst ausgemacht worden, was unter 1̅ zu verstehen sei, so ist damit noch offen gelassen, was wir unter 0̅ verstehen wollen, und wie immer wir letzteres ausmachen wollen (weil eben noch nichts darüber ausgemacht ist, sind wir auch zu nichts verpflichtet), so wird die Abmachung weder in der oder den vorhergehenden enthalten sein, noch mit ihnen in Widerspruch treten können.
Beim Abacus (3) — in dessen erster Zeile die Produkte resp. Summen nicht sowohl einander als vielmehr dem letzten Symbole 0 resp. 1 jeweils gleichgesetzt zu lesen sind — enthält jede der (so geschieden zu denkenden) Gleichungen auch eine neue sonst überhaupt nicht vorkommende Knüpfung zwischen 0 und 1. Und dass z. B. die Gleichung 1 + 1 = 1 nicht aus den andern folgen kann, lässt schon die Exemplifikation auf das nume - rische Einmaleins erkennen, wo zwar die andern Gleichungen ebenfalls gelten, sie (allein) gleichwol nicht gilt. Dass sie auch nicht in Wider - spruch mit den übrigen stehen kann, erscheint darum als selbstverständlich, weil sie des bislang noch unerklärten Ausdrucks 1 + 1 erstmals und aus - schliesslich Erwähnung thut, sodass über die demselben beizumessende Be - deutung Entgegenstehendes unmöglich schon ausgemacht sein kann.
Die Konventionen (2) endlich enthalten unabhängig von einander die Festsetzungen über die 0 resp. 1 als Subjekt (oder als Prädikat) zur 0 oder 1.
Hätten wir die 14 letzten Konventionen konziser, d. h. in eine gerin - gere Zahl von — sonach allgemeineren — formalen Festsetzungen (unter Gebrauch von Buchstaben) zusammengefasst, so würde diese Überzeugung von der Unabhängigkeit und Widerspruchslosigkeit der fundamentalen Kon - ventionen minder bequem und leicht zu gewinnen gewesen sein — was uns nicht zum wenigsten veranlasste, der obigen Form ihrer Statuirung den Vorzug zu geben.
Wie schon angedeutet bilden nun die bisherigen 15 Festsetzungen die Basis, ausreichende Grundlage einer Buchstabenrechnung, eines „ Kalkuls “, in welchem von jedem „ allgemeinen Wertsymbole “oder Buchstaben — wie a, b, c … — zu unterstellen ist, dass er irgend einen der beiden Werte 0 und 1 repräsentire.
Die formalen Gesetze, Sätze und Formeln dieser Buchstabenrech - nung sind keine andern als die des „ Aussagenkalkuls “, jenes (noch formelreicheren) Unterfalles des „ identischen Kalkuls “, den wir in Bd. 1 und 2 näher kennen gelernt haben.
Was wir dem Leser nunmehr zumuten müssen ist: dass er sich hiervon gründlich überzeuge, d. h. zum wenigsten, nachsehe, dass die l. c. zur Grundlage jener Kalkuln genommenen Definitionen und Prin -21§ 3. Zu den fundamentalen Festsetzungen.zipien sich auch aus unsern 15 Festsetzungen ergeben, womit dann auch deren sämtliche Konsequenzen durch ebensie verbürgt sein werden.
Dies mag ganz kunstlos geschehen in der Form einer blossen Verifikation jener Grundlagen aus dem Abacus, aus unsern Fest - setzungen.
Da für jeden Buchstaben nur die beiden Fälle zu unterscheiden sind, wo er 0 und wo er 1 bedeutet, so werden bei einer Formel, in der blos 1, 2 oder 3 Buchstaben vorkommen, auch nur 2, 22 = 4 resp. 23 = 8 Einsetzungen (von Wertsystemen 0 oder 1 für die Buchstaben) zu vollziehen sein, um dieselbe für alle erdenklichen Fälle zu bewahrheiten.
Beispielsweise können so das „ Prinzip II “des Bd. 1: (a ⋹ b) (b ⋹ c) ⋹ (a ⋹ c), die Definitionen (3) daselbst: (c ⋹ a) (c ⋹ b) = (c ⋹ ab), etc., das Assoziationsgesetz, und das volle Distributionsgesetz a (b + c) = ab + ac mit Leichtigkeit als kraft unsrer 15 Festsetzungen gültige nachgewiesen werden.
Mehr wie drei Buchstaben kamen in den zur formalen Grundlage des Aussagenkalkuls seinerzeit genommenen „ Definitionen “und „ Prinzipien “überhaupt nicht vor.
In gleicher Weise könnte man sich aber natürlich auch jedes kom - plizirtere Theorem, jeden Folgesatz des Aussagenkalkuls, den wir aus jenen formalen Grundlagen in der Theorie desselben deduzirten, unmittelbar verifizirt denken und aufgrund unsrer 15 Festsetzungen ihn nötigenfalls verifiziren.
Wir dürfen hienach nun mit einem Schlage die volle Vertrautheit mit dem gesamten Formalismus des Aussagenkalkuls (implicite damit zugleich also auch des identischen Kalkuls) beim Leser voraussetzen.
Und es erscheint mit dem Vorstehenden die wichtige Thatsache gesichert: dass es uns jederzeit freistehen wird, die 1 als eine „ wahre “, die 0 als eine „ falsche “Aussage zu interpretiren — wo dann alle wahren Aussagen als einander gleich („ äquivalent “) zu gelten haben werden, und ebenso alle falschen Aussagen — wofern wir zugleich die Subsumtion zwischen Aussagen, sowie die Aussagennegation, das Aussagenprodukt und die Aussagensumme, in der üblichen Weise deuten.
Mit dieser Bemerkung ist den Verwendungen, die wir mit den - selben Wertsymbolen 0 und 1 im Wertbereich der Relative noch be - absichtigen, in keiner Weise vorgegriffen.
Der Studirende aber bleibe sich bewusst und halte fortgesetzt sein Augenmerk darauf gerichtet, dass wenn nunmehr aus den ferner hinzutretenden Festsetzungen werden Schlüsse, Folgerungen gezogen werden, dieses Folgern stets nach den Gesetzen ebenjenes Aussagen - kalkuls vor sich geht, dessen Grundlage die bisherigen Festsetzungen22Zweite Vorlesung.bilden, und welche keine andern sind als die der allgemeinen Logik — auch der traditionellen, jedoch in ihrer knappsten und strengsten Fassung.
Die vierte Konvention (2) formulirt zwar für Aussagen den Gegen - satz von „ wahr “und „ falsch “, bringt ihn als einen solchen auf die knappste Weise zum Ausdruck. Bei Relativen jedoch wird dieselbe erst dann eine wesentliche Rolle spielen, wenn partikulare Urteile in Betracht gezogen werden, und kann man zuvor derselben längere Zeit entraten.
Eine fernere Gruppe von — 7 — fundamentalen Festsetzungen ist dazu bestimmt, das allgemeine „ binäre Relativ “und gewisse spezielle Relative eben dieser (der zweiten) Ordnung zu definiren.
Mit diesen Konventionen treten wir eigentlich erst in die Algebra „ der Relative “ein, sintemal die vorhergehenden noch den elementareren Zweigen unsrer Disziplin der exakten Logik angehörten.
Die auch verbal zu gebenden Definitionen wollen wir alsbald mittelst Ansatzes von Gleichungen formuliren. Die Gleichung involvirt zwei Sub - sumtionen und setzt nach dem bei Konvention (1) aufgestellten Ideale zum vollen Verständniss ihrer Tragweite eigentlich voraus, dass man schon wisse, was eine Subsumtion zwischen zwei binären Relativen bedeute. Das hinwiederum lässt sich nicht (gut) sagen, bevor man weiss, was unter einem binären Relativ selbst zu verstehen ist. Wir wollen oder müssen demnach die Frage nach dem Sinn einer Subsumtion zwischen Relativen a und b vorläufig (bis an’s Ende der Aufzählung) zurückstellen und den Begriff der Gleichheit, Identität — so, wie es überhaupt beim „ Definiren “üblich — hiernächst als den ursprünglichern gelten lassen. Ich möchte sagen: „ aus didaktischen Gründen “doch mag man — worauf wenig Ge - wicht zu legen sein dürfte — über das Zutreffende dieser Bezeichnung verschiedener Meinung sein.
„ Binäres Relativ “nennen wir eine Summe von Elementepaaren, hervorgehoben aus dem Denkbereich 12 — und zwar von keinen, von irgendwelchen, oder auch von allen.
Als die allgemeine Form irgendeines binären Relativs a lässt sich demnach hinstellen der Ausdruck: (5) 〈…〉 — wo in der Summe Σi j die Indizes i und j unabhängig von einander alle Elemente aus dem Denkbereiche 11 (als ihre Bedeutung oder „ Werte “) zu durchlaufen haben — sofern man nur die „ Koeffizienten “ai j (gesprochen: a tief ij), mit welchen die Elementepaare i: j (als die zugehörigen „ Konstituenten “) behaftet oder „ multiplizirt “erscheinen,23§ 3. Summendarstellung der Relative.auf den Bereich der beiden Werte 1 und 0 beschränkt, was die Formel ausdrücken würde: (5α) 〈…〉 und erstern Koeffizientenwert mittelst der Festsetzung (5β) 〈…〉 das Vorhandensein von i: j als Glied der Summe garantiren, letzteren Koeffizientenwert mittelst der[ Festsetzung] (5γ) 〈…〉 den Ausfall des Elementepaares i: j als eines Gliedes der Summe be - wirken lässt.
Die „ Relativkoeffizienten “, kenntlich an dem Suffixe, mit welchem sie stets (in der Regel in Form eines doppelten Index) behaftet sind, werden demnach den Gesetzen des reinen Aussagenkalkuls unterliegen.
Die Operationen und Knüpfungen welche an, mit oder zwischen ihnen zu vollziehen sein werden, sind mit unsern ersten 15 Fest - setzungen bereits vollständig erklärt und nach ihren Gesetzen geregelt. Andre als die drei identischen Spezies (können und) werden nicht be - züglich ihrer in Betracht kommen.
Mit einfachen Buchstaben des kleinen lateinischen Alphabets, d. h. mit solchen ohne Suffix, werden wir — im Gegensatz hierzu — fortan immer binäre Relative darstellen; sogar mit jenen, die wir bereits für die Darstellung der Indizes uns reservirt haben, und unbeschadet dieser ihrer Verwendung, was allerdings noch näherer Erläuterung bedarf, die später (nach und nach) wird gegeben werden.
Der Gleichung (5) für sich allein würde, wegen der ursprünglichen Unerklärtheit der Koeffizienten ai j und von deren Wirkung, die Ver - ständlichkeit noch abgehen, woferne man sie nicht in Verbindung mit ihren verbalen Zusätzen oder Zusatzformeln nähme, welche — cf. (5α) — jeden dieser Koeffizienten auf einen der beiden Werte 0 und 1 ver - weisen, und die Wirkung solchen Faktors 1 oder 0 auf einen Kon - stituenten mittelst (5β) und (5γ) erläutern. Rationeller Weise kann man deshalb die vier Ansätze (5), (5α), (5β) und (5γ) doch nur als „ eine Festsetzung “hinstellen, und zwar jene (5) nicht blos als Formel betrachtet, sondern in Verbindung mit dem Worttexte genommen.
Namentlich ist hierbei unsre [nur der Übersicht zuliebe ebenfalls in Formeln gesetzte] Erläuterung (5γ) eigentlich in der verbalen Fassung der Theorie zugrunde gelegt zu denken, wonach für den Fall, wo ein Koeffi - zient den Wert 0 besitzt, einfach der Ausfall des zugehörigen Konstitu -24Zweite Vorlesung.enten i: j als eines Gliedes der a zu nennenden Summe gefordert wird — ansonst wir streng genommen genötigt sein würden auch noch den Satz a + 0 = a für Relative a von vornherein zu postuliren, und zu dem kleinen (übrigens in der That nicht sehr bedenklichen) Zirkel kämen, dass dieses vorweg als eine Konvention stipulirte Postulat sich später doch aus den noch hinzutretenden Konventionen beweisen lassen würde.
Einmal gesagt muss auch noch sein, dass bei mehrfachen Indizes, wie ij, ijh, …, sei es im Suffixe von Σ oder Π Zeichen, sei es im Suffixe eines Relativ-Symbols, wie a, ā, a + b, etc., die Elementbuchstaben eigentlich durch Kommata getrennt zu denken sind — was wir ausdrück - lich zu thun blos der Druck - und Raumersparniss halber unterlassen: im Suffixe ist i j stets als Repräsentant von i, j und nicht etwa als „ Produkt “von i und j (welches ja allerdings korrekt mit i j darzustellen wäre) auf - zufassen!
Da die Bezeichnung der Summationsvariabeln von vornherein gleichgültig ist, nämlich dazu uns jeder nicht schon anderweitig ver - gebene Name zur Verfügung steht, so konnten wir natürlich (5) auch schreiben: 〈…〉 , und zu solcher Abänderung der Indizesbenennung müssten wir behufs Anwendung des Schema’s (5) jedenfalls schreiten in solchen Fällen, wo etwa einer der Namen i und j (vielleicht zur Darstellung eines be - stimmten Elementes) bereits anderweitig vergeben, nicht mehr dispo - nibel wäre.
Für a kann aber auch b oder c, und so weiter, in (5) durchweg gesetzt werden, kurzum ein jedes Symbol, sei es einfach oder zusammen - gesetzt, welches uns ein binäres Relativ vorzustellen bestimmt ist oder das wir unter die binären Relative aufnehmen. Die Konvention (5) sollte als eine allgemeine hingestellt sein und das „ Schema “für alle binären Relative abgeben.
Soferne also in den nachstehenden Gleichungen die Symbole linker - hand uns als binäre Relative zu gelten haben werden, ist implicite mit (5) zugleich schon folgendes festgesetzt: 〈…〉 — was zur Erleichterung des Verständnisses von allem Nachfolgenden hiermit ausdrücklich statuirt sei. —
25§ 3. Moduln, Element und Elementepaar als binäre Relative.Weiss man für einen bestimmten Denkbereich zu jedem erdenk - lichen Suffix ij, welcher Wert dem Koeffizienten ai j eines binären Relatives a zukommt, nämlich ob derselbe = 0 oder ob er = 1 (für ebendies gedachte Suffix ij) ist, so weiss man auch, welche Elemente - paare in die Summe a ausschliesslich eingehen, man kennt die Art, wie das binäre Relativ a sich aus individuellen binären Relativen des Denkbereiches 12 zusammensetzt, m. a. W. man kennt das binäre Relativ a selbst.
Ein Relativ kann durch die Angabe seiner sämtlichen Koeffizienten, nämlich der Werte, die diesen zukommen, „ bestimmt “, ausreichend be - schrieben, bekannt gegeben werden. Zur Determination, völligen Be - stimmung eines binären Relativs, m. a. W. zur „ Definition “eines spe - ziellen binären Relativs genügt es und ist es im Hinblick auf (5) nur mehr erforderlich, festzusetzen welche Werte seine Koeffizienten haben sollen. Die Beschreibung, Spezifikation des Relativs reduzirt sich fortan auf die Angabe, Spezifizirung seiner Koeffizienten.
Hienach ist klar, dass durch die folgenden 6 Festsetzungen (6)
1i j = 1 | 0i j = 0 |
(7)
1'i j = (i = j) | 0'i j = (i ≠ j) |
— oder, besser auseinandergelegt (7) 〈…〉 und (8) 〈…〉 (9) 〈…〉 — welche für jedes Suffix i, j, beziehungsweise — bei (8) und (9) — h, k getroffen zu denken sind — die Symbole 1, 0, 1 ', 0' und i sowie i: j (auch) als „ binäre Relative “ihre Erklärung gefunden haben werden.
Diese Festsetzungen bilden mit (5) zusammen die „ zweite “Gruppe der fundamentalen Konventionen, und sehen wir uns dieselben zunächst etwas näher an.
Die Symbole 1 und 0 sollen, wenn als Relative gedeutet, die beiden identischen Moduln genannt werden.
Durch die erste Konvention (6) ist der identische Modul 1 (Eins) zu einem binären Relativ gestempelt, welches mit dem Denkbereiche 12 zusammenfällt.
Er ist das Universum, die Vollsumme, das Totum oder Ganze des26Zweite Vorlesung.Denkbereichs, die Summe von allen seinen Individuen oder Elemente - paaren.
Die zweite Konvention (6) stempelt den identischen Modul 0 (Null) zu einem völlig leeren Relative, zu einem solchen nämlich, welches gar kein Elementepaar unsres Denkbereiches 12 (und auch sonst nichts) enthält.
Wir haben kraft (6) mit Rücksicht auf (5), (5β) und (5γ):
1 = Σi ji: j | 0 = |
wo die letzte Gleichung, obwohl als rechte Seite derselben nichts zu sehen ist, dennoch als eine vollständige Gleichung anzusehen wäre. Rechte Seite ist hier eine Summe, deren sämtliche Glieder „ ausfallen “, d. h. in der That buchstäblich: „ Nichts “. Um die Verwechselung mit einer unfertigen Gleichung, deren rechte Seite erst noch herzustellen wäre, zu vermeiden, muss in solchen Fällen, wo alle Glieder auf einer Seite ausfallen, inskünftige stets das Symbol 0 eintreten.
Die identischen Moduln repräsentiren die äussersten oder Grenz - fälle, die beiden Extreme unter den denkbaren binären Relativen. Kein Relativ (innerhalb 12) kann mehr individuelle binäre Relative oder Elementepaare enthalten als der Modul 1, keines kann deren weniger enthalten als der Modul 0, und man könnte darum auch 1 als das „ Maximalrelativ “, 0 als das „ Minimalrelativ “hinstellen. Auf die Zu - lässigkeit dieser Grenzfälle musste schon bei der allgemeinen Definition eines binären Relativs hingewiesen werden
Ausser diesen beiden „ identischen “Moduln treten aber noch zwei spezielle (binäre) Relative in der Theorie hervor, die sich durch die beiden Konventionen (7) definirt finden, nämlich die beiden „ relativen Moduln “1 'und 0' — gesprochen etwa: Einsap und Nullap (als Ab - kürzung von „ Eins-Apostroph “etc.).
Wir haben für sie kraft (5) die Darstellungen:
1 '= Σi j (i = j) (i: j) = Σi (i: i) | 0 '= Σi j (i ≠ j) (i: j). |
Ist nämlich — links vom Mittelstriche — j ≠ i, so ist der Aussagen - faktor (i = j) gleich 0 und fällt allemal das Glied i: j in der Summe aus. Ist dagegen j = i, so hat der Aussagenfaktor (i = j) den Wert 1, und ist das Glied i: j in der Summe vertreten. Dann aber dürfen wir für das j, welches einerlei mit i, auch den Namen i verwenden, wonach die vorhan - denen Glieder sich in der Form i: i darstellen werden, und diese sind nun einfach für jedes i gebildet zu denken.
Das heisst nun: 1 'ist die Summe „ das Universum, der Bereich “aller individuellen Selbstrelative des Denkbereichs 12, 0' ist die Summe27§ 3. Relativkoeffizienten.aller individuellen Aliorelative jenes Denkbereiches, bildet „ das Univer - sum der Aliorelative “(vergl. § 9).
Unsre Theorie der binären Relative kennt sonach vier „ Moduln “, 1, 0, 1 ', 0', deren Benennung als solche sich bald noch genauer moti - viren lassen wird. —
Bevor wir in die Besprechung der Konvention (8) eintreten, sei vorgreifend und als für die Algebra der Relative unwesentlich, dagegen für die Logik der Relative, für ihre Interpretation und Anwendung fundamental — somit hauptsächlich im Interesse der Anwendungen, die wir zur Illustration schon in die Algebra einzuflechten beabsich - tigen — das folgende bemerkt.
Die Relativkoeffizienten, welche wie betont dem Aussagenkalkul unterliegen, werden sich jederzeit auch als Aussagen deuten, inter - pretiren lassen, und zwar wird man lesen können: 〈…〉 . Der Name a des binären Relativs gibt sich hienach als ein „ relativer Name “zu erkennen (vergl. Bd. 1, S. 76 sq.) äquivalent mit: „ ein a von - “, wie „ ein Liebender von -, Bild von -, Wirkung von -, Vater von - “etc., als ein Name, der zu seiner Vervollständigung noch der Anfügung eines Korrelates bedarf. Dieselben Namen können aber auch als „ absolute “gebraucht werden, indem man sprechen kann von „ Lieben - den, Bildern, Wirkungen, Vätern “etc. — ohne Anfügung von Korrelaten.
Die wesentlich von Peirce aufgestellte Festsetzung (8) — der ich nur diese ihre konziseste Fassung dortselbst gegeben — bildet nun die Grundlage für den Übergang von jener Verwendungsweise der Namen als relativer zu dieser, ihrer Verwendungsweise als absoluter Namen, und umgekehrt.
Sie lehrt nämlich zunächst: irgendein Individuum oder Element i des Denkbereichs 11 als ein binäres Relativ zu betrachten und darzu - stellen. Und darnach wird sich denn späterhin von selbst ergeben, auf welche Weise überhaupt ein „ absoluter Term “— nämlich ein „ System “oder eine „ Klasse “als die identische Summe von Elementen, Individuen i des Denkbereichs 11 — jederzeit darzustellen ist als ein binäres Relativ; sowie umgekehrt: wie binäre Relative zu interpretiren sind im ursprünglichen Denkbereiche, m. a. W. wie sie aus 12 in 11 zurückzudeuten sein werden.
Ich stehe nicht an, die Aufstellung dieser Konvention (8), so un - scheinbar sie ist, für die höchste und belangreichste Leistung in der ganzen Theorie zu erklären. Doch wird der Studirende in das volle28Zweite Vorlesung.Verständniss ihrer Tragweite, in ihre angemessene Handhabung und Verwertung nur allmälig hereinzuwachsen in der Lage sein.
Für die Darstellung von i werden wir kraft (8) und (5) haben: 〈…〉 , das heisst: i ist hingestellt als die Summe aller der Elementepaare, welche i zum Relate haben; es umfasst das Relativ i gerade die Glieder, welche in der Tafel 12 in der mit dem Element i markirten Zeile stehen.
Die Algebra der binären Relative kann aber schon auf eine hohe Stufe der Entwickelung gebracht werden, ohne dass jemals von der Konvention (8) Gebrauch zu machen wäre. Es mag deshalb für den Leser der Rat am Platze sein, für den ersten und allgemeinsten Teil der Theorie diese Konvention vorderhand zu ignoriren; andernfalles würden ihm wol Schwierigkeiten des Verständnisses in den Weg treten — Einwürfe, die ihn irre machen, können sich aufdrängen, die er dann selbständig und ohne Führer zu überkommen resp. zu entkräften hätte, während wir im Systeme unsrer Theorie erst später daran kommen, sie doch mit Leichtigkeit — weil systematisch — zu beseitigen. In der vollständigen Aufzählung der formalen Grundlagen musste diese Konvention (8) gleichwol ihre Stelle finden.
Die Konvention (9) läuft, nach den vorhergehenden: (7) links, (5), und (3) links, wesentlich hinaus auf die Anerkennung der Gleichung 〈…〉 . Sie lässt nämlich erkennen, dass der allgemeine Koeffizient 〈…〉 eines mit i: j zu bezeichnenden binären Relativs nur dann nicht ver - schwindet, wenn die beiden Gleichungen h = i und k = j gleichzeitig den Wahrheitswert 1 haben — wonach denn in der sechsten Doppel - summe unsres „ Korollars zu (5) “nur das Elementepaar h: k nicht ausfallen, stehen bleiben wird, bei welchem h = i und k = j bedeutet.
Mit andern Worten garantirt uns die Konvention (9) die Zulässig - keit des Elementepaares i: j selbst als einer („ eingliedrigen, mono - mischen “) Summe von Elementepaaren; sie reiht die Elementepaare förmlich ein unter die „ binären Relative “und gibt uns nachträglich und ausdrücklich Indemnität dafür, dass wir uns vorweg die Freiheit genommen, diese Elementepaare auch als „ individuelle binäre Relative “hinzustellen oder zu bezeichnen.
Gemäss einer bei Summen, Polynomen, Aggregaten der arithmetischen Analysis längst eingebürgerten Gepflogenheit mochte wol die Erklärung des29§ 3. Die fundamentalen Festsetzungen über die 6 Spezies.binären Relativs, wie sie verbal unter (5) gegeben ist, von vornherein einer so weiten Auffassung begegnen, dass man sich bei (9) — ähnlich wie auch schon bei (6) — geneigt fühlen wird zu behaupten, diese Konventionen seien als ausdrückliche gar nicht mehr erforderlich, vielmehr als Selbst - verständlichkeiten bereits mit dem Übrigen gegeben. Ich will darüber mit niemand rechten. Der deutlichen und bequemen Bezugnahme halber em - pfiehlt es sich jedenfalls, beim Chiffriren der fundamentalen Konventionen liberal, freigebig zuwerke zu gehn und lieber eine zuviel als eine zuwenig aufzuführen.
Auch von der Konvention (9) wird die Theorie imstande sein lange Zeit keinen wesentlichen Gebrauch zu machen.
Eine dritte Gruppe von — 6 — fundamentalen Festsetzungen definirt diejenigen binären Relative, welche aus gegebenen vermittelst der in § 1 erwähnten sechs Spezies oder Grundrechnungsarten ableitbar sind; sie erklärt die Resultate dieser 6 Operationen (an oder mit binären Relativen) als wiederum binäre Relative.
Dieselben lauten: (10)
(ab) i j = ai jbi j | (a + b) i j = ai j + bi j |
(11) 〈…〉 (12)
(a; b) i j = Σhai hbh j | (a ɟ b) i j = Πh (ai h + bh j) |
(13) 〈…〉 , und sollen als allgemein, für jedes Suffix ij getroffene Vereinbarungen verstanden werden, was aussagenrechnerisch bei jeder von diesen Kon - ventionen — ähnlich wie schon bei denen (6) ‥ (9) der vorigen Gruppe — eigentlich auszudrücken wäre durch ein Zeichen Πi j, vorangeschrieben der alsdann in Klammern {} zu setzenden Aussage, durch welche vor - stehend die Konvention statuirt erscheint — bei der letzten z. B. mittelst: Πi j{ăi j = aj i}.
Im Hinblick auf das unter (5) Gesagte definiren die drei ersten (10) und (11) von obigen Festsetzungen das identische Produkt a · b oder ab, ferner die identische Summe a + b zweier Relative a und b, sowie endlich das Negat („ die Negation “) ā (gelesen: a strich) eines Relativs a.
Weil nach bekannten Sätzen des Aussagenkalkuls — vergleiche auch den Abacus (3) — obiges (ab) i j nur gleich 1 sein kann, wenn ai j und bi j zugleich den Wert 1 haben, wogegen (a + b) i j allemal schon gleich 1 sein wird, wenn ai j oder bi j den Wert 1 besitzt, so sieht man, dass das identische Produkt ab dasjenige Relativ sein wird, welches30Zweite Vorlesung.die den Faktor-Relativen a und b gemeinsamen Elementepaare aus - schliesslich enthält, wogegen die identische Summe a + b alle die Ele - mentepaare, und diese allein, umfasst, welche entweder dem a oder dem b, oder auch diesen beiden Summanden, angehören.
Das Negat ā oder „ nicht-a von - “eines binären Relativs a aber wird kraft Konvention (4) gerade diejenigen Elementepaare des Denkbereichs 12 in sich vereinigen, welche in dem Neganden a unvertreten sind.
Die ersten 25 Festsetzungen (1) bis (11) zusammen mit der noch ausstehenden Festsetzung (14), welche den Abschluss unsrer Aufzäh - lung zu bilden hat, indem sie schliesslich die „ Einordnung “zwischen binären Relativen definirt — diese 26 Konventionen werden sich als die ausreichende formale Grundlage dafür erkennen lassen, dass die binären Relative dem „ identischen Kalkul “unterworfen sind, wogegen die „ spezifischen “Gesetze des Aussagenkalkuls keineswegs für sie zu gelten brauchen.
Im Hinblick auf das unter (5) Gesagte definiren nun ferner die drei letzten (12) und (13) von obigen Festsetzungen
das relative Produkt | die relative Summe |
a; b — gesprochen: a von b — | a ɟ b — ich spreche: a piu b — |
zweier binären Relative a, b, und endlich: das Konverse („ die Konversion “) ă — gesprochen: a konvers — eines binären Relativs a.
Die „ relative Multiplikation “, welche aus zwei binären Relativen a und b ein drittes binäres Relativ „ a; b “ableitet, darf auch deren Zusammensetzung oder Komposition genannt werden; wenn man indessen auch die „ relativen Faktoren “a und b als die „ Komponenten “bezeichnen mag, so würde doch der Name „ Kompos (i) t “oder „ Kompot “für „ relatives Produkt “fataler Anklänge halber nicht annehmbar er - scheinen — wogegen im englischen „ compound “angeht.
Die Festsetzungen (12) und (13) werden — später — sich aus den Bedürfnissen des verbalen Denkens auch motiviren lassen. Was z. B. die erste von diesen Festsetzungen betrifft, so pflegt schon das verbale Denken auf Schritt und Tritt aus gegebenen Relativen wie „ Liebender von - “und „ Wohlthäter von - “neue Relative, wie „ Liebender von einem Wohlthäter von - “zusammenzusetzen.
Übrigens muss noch bemerkt werden, dass — wegen der Nicht - kommutativität der relativen Knüpfungen — die beiden relativen Fak - toren in ganz verschiedener Weise in den Begriff des relativen Pro - duktes eingehen und darum wohl zu unterscheiden sind als „ erster relativer Faktor “, „ relativer Vorfaktor “oder „ Multiplikand “und „ zweiter31§ 3. Die relativen Operationen.relativer Faktor “, „ relativer Nachfaktor “oder „ Multiplikator “. Wenn a; b gebildet wird, werden wir zu sagen haben, dass man b mit a „ relativ vormultiplizire “, oder a mit b „ relativ nachmultiplizire “. Ebenso wird bei der Bildung einer relativen Summe a ɟ b der „ erste (relative) Summand “, das „ erste relative Glied “a zum „ zweiten “b „ voraddirt “, dieses zu jenem „ nachaddirt “. Wenn von relativem Addiren oder „ Sum - miren “(resp. Multipliziren) gegebener Terme schlechtweg gesprochen wird, so muss man sich allemal die Reihenfolge derselben beibehalten denken, in der sie angegeben wurden: man verknüpfe dann die Terme in der Ordnung, in welcher sie Erwähnung gefunden haben.
Während das Konverse ă eines Relativs a leicht mit Worten zu beschreiben ist: als dasjenige binäre Relativ, welches ausschliesslich in sich vereinigt alle die individuellen binären Relative oder Elemente - paare, die zu den in a enthaltenen „ konvers “sind (vergl. S. 10) — ist die Bildungsweise von a; b und a ɟ b eine verwickeltere, und behalten wir uns vor, dieselbe an andrer Stelle noch eingehender zu betrachten. Hiernächst sei nur hervorgehoben, dass diese beiden mittelst relativer Knüpfung aus zwei gegebenen a, b zich zusammensetzenden Relative in (12) definirt erscheinen durch die Art, wie ihre Koeffizienten aus denen der beiden Terme a und b jeweils abzuleiten sind. Zu dem Ende müssen diese letztern Koeffizienten auf jede erdenkliche Weise aus den Zeilen von a und aus den Kolonnen von b entnommen und nach Vorschrift der Formeln (11) miteinander verknüpft werden*)In einer Weise, die den Mathematiker an die (zeilenkolonnenweise) „ Multi - plikation der Determinanten “erinnern wird. und zwar vermittelst „ identischer “Multiplikation resp. Addition, mithin durch Rechnungsarten, die dem Operationskreise des Aussagenkalkuls angehören. Auch zur Erklärung und zum Verständniss der beiden relativen Knüpfungen ist lediglich die Kenntniss des Aussagenkalkuls vonnöten.
Kraft des Abacus (3) — nebst (4) — sind die Operationen dieser letztern Disziplin unbedingt ausführbare und liefern in jedem Falle ihrer Anwendung ein „ eindeutig “oder unzweifelhaft bestimmtes Ergeb - niss. Identisches Produkt und identische Summe irgend zweier Werte aus dem Wertbereich 0, 1 ist in jedem Falle wieder ein ganz be - stimmter Wert aus ebendiesem Wertbereiche — nicht minder wie das Negat eines solchen. Die Ausdrücke sind „ vollkommen eindeutige “, d. h. „ nie undeutig “und „ nie mehrdeutig “.
Und diese Eigenschaft überträgt sich offenbar auf unsre sechs32Zweite Vorlesung.Spezies, für die Ermittelung der Koeffizienten von deren Erzeugnisse ein stets gangbarer Weg vorgezeichnet ist, nämlich ein bestimmtes Verfahren vorgeschrieben erscheint, welches sich lediglich aus Pro - zessen der vorerwähnten Art zusammensetzt — mit Ausnahme (wenn man will) der Konversion, bei der an jener Statt eine blosse Ver - tauschung der beiden Indizes einzutreten hat, die bewirkt, dass an die Stelle eines Koeffizienten des Operanden a ein gewisser andrer von dessen Koeffizienten tritt. Kurz, wir können jedenfalls sagen:
Die sechs Spezies unsrer Disziplin — die identischen gleichwie die relativen Grundrechnungsarten — sind „ vollkommen eindeutige “Opera - tionen. Sie sind in unserm Denkbereiche stets unbedingt ausführbar; wenn a, b gegebene binäre Relative bedeuten, so sind die Symbole 〈…〉 welche die Resultate dieser Spezies als solche kennzeichnen, niemals sinnlose oder undeutige Zeichen, auch niemals mehrdeutige Namen, d. h. es kommt ihnen im Gebiete der binären Relative stets ein und nur ein Wert — in völliger Bestimmtheit — zu.
So schätzbar dieser Fingerzeig in didaktischer Hinsicht für den in die Theorie Eintretenden sein mag, soll derselbe hier doch nur als ein all - gemeinphilosophischer Gesichtspunkt zur richtigen Erfassung der Theorie betont sein. Als eine ihrer vornehmsten Aufgaben wird es dieser Theorie ja zufallen, das Wesen der „ Eindeutigkeit “, eindeutigen Zuordnung erst zu ergründen, deren Begriff exakt zu formuliren und deren Gesetze zu dedu - ziren. Zuvor dürfen auf einen Begriff von so abstrakt philosophischem Klange, solang er noch von einem Nimbus phrasenhafter Unbestimmtheit umflossen, hier nicht Schlüsse gegründet werden.
Als letzte unsrer fundamentalen Festsetzungen, welche wir hiermit noch deren dritter Gruppe angliedern, ist hinzustellen: die Definition der Einordnung, Subsumtion zwischen binären Relativen. Dieselbe lautet: (14) 〈…〉 und führt den fraglichen Begriff zurück auf den bereits bekannten, weil durch die Festsetzungen (2) erklärten, Begriff der Einordnung zwischen den gleichstelligen Koeffizicnten ebendieser Relative. Von zwei binären Relativen a und b ist a eingeordnet b, a ⋹ b dann und nur dann zu nennen, wenn für jedes Suffix ij ist ai j ⋹ bi j. Darnach wird also a ⋹ b besagen, dass alle Elementepaare von a sich unter denen von b vorfinden. Wir sagen dann auch: a ist Teil (echter Teil oder auch das Ganze) von b, ist in b enthalten.
Kraft (1) muss nun auch, wie leicht zu sehen, sein:33§ 3. Einordnung und Gleichheit zwischen Relativen.Korollar zu (14) (a = b) = Πi j (ai j = bi j) — wonach denn zwei Relative dann und nur dann einander gleich zu nennen sein werden, wenn sie in den gleichstelligen Koeffizienten über - einstimmen, d. h. identisch die nämlichen Elementepaare ausschliesslich umfassen.
Damit findet auch unsre oben noch verbal geführte Überlegung, dass ein binäres Relativ durch seine Koeffizienten bestimmt sei, ihre rechnerische Bestätigung, und es wird den bereits in Gleichungenform gegebenen Festsetzungen (5) bis (13) durch (14) und (1) ihr voller Inhalt gesichert.
Wenn gelegentlich auch von Beziehungen der Unterordnung wie a ⊂ b (wo a „ echter “Teil von b zu nennen), vielleicht der Sekanz a  b, etc. wird gesprochen werden, so können wir diese gleichwie die Beziehungen a ≠ b (a ungleich b), a ⋹ b (a nicht eingeordnet b), gemäss Bd. 2 nun auch als auf der Grundlage von (14) definirt erachten.
Zum Schlusse noch ein Wort der Rechtfertigung über die Ab - weichungen meines Bezeichnungssystems von den Peirce’schen, resp. dem uns am nächsten kommenden von diesen:
Wegen des nicht kommutativen Charakters der relativen Addition habe ich das Piu-Zeichen unsymmetrisch gestaltet, während Peirce 9c sich noch mit dem steifen bei Todesanzeigen üblichen Kreuze behalf. Aus ähnlichem Grunde ist für die relative Multiplikation der Strichpunkt, das Semikolon, als ein unsymmetrisches Knüpfungszeichen von mir gewählt, während ich die identische Multiplikation als eine kommutative Knüpfung auch sym - metrisch ausdrücke, sei es vermittelst des Punktes als Malzeichens, sei es — wie zumeist — durch einfaches Nebeneinanderstellen der Faktoren (ohne ausdrückliches Verbindungszeichen). In letztrer Hinsicht weiche ich wesent - lich von Peirce ab.
Peirce bezeichnet das identische Produkt mit „ a, b “. Ganz abgesehen davon, dass dieses Komma als Malzeichen für eine kommutative Knüpfung wegen seiner Unsymmetrie hinsichtlich rechts und links als weniger geeignet erscheint, muss ich solche Verwendung eines so häufig als Interpunktions - zeichen gebrauchten Trennungszeichens nach wie vor für gänzlich unan - nehmbar erklären wegen der Verwirrung die sie anzurichten nicht verfehlen kann sowohl und vor allem im Texte, als auch in den Formeln, wo Funk - tionen von mehreren Argumenten in Betracht kommen, die ja auch durch Kommata zu trennen wären. Vergl. Bd. 1, S. 193 sq.
Die relative Multiplikation sodann drückt Peirce sozusagen symme - trisch mittelst einfachen Nebeneinanderstellens der Faktoren aus. Hiezu konnte ich mich schon darum, weil letztres Verfahren anderweitig vergeben war, nicht mehr bequemen.
Allerdings lassen sich zwei Umstände zugunsten dieses Peirce’schen Verfahrens anführen. Der eine ist geringfügiger Art: wird ein Relativ aSchröder, Algebra der Relative. 334Zweite Vorlesung.interpretirt als „ ein a von - “und zugleich, wie ich es vorschlage, das Semikolon als „ von “gelesen, so scheint dann „ a; b “als „ ein a von von b “gelesen werden zu müssen, wobei ich die tautologische Wiederholung des „ von “begreiflich ablehne. Ich begegne dem Einwand, indem ich sage: a kann sowohl als absoluter Term, wie als Relativ gedeutet werden; im letztern Falle interpretirt man nicht sowohl a, als vielmehr eigentlich „ a; “, d. h. „ a von - “scilicet (von) irgend einem dahinter gesetzt zu denkenden Korrelate.
Der zweite mehr in die Wagschale fallende Umstand ist dieser. Unter den Begriff des binären Relativs fällt auch — wie wir sehen werden — der Begriff der mathematischen Substitution, nicht minder wie derjenige der Funktion. Man schreibt nun allerdings nicht „ f; x “für eine Funktion von x, „ f (x) “, jedoch auch ebensowenig „ fx “. Und ferner wird die relative Multiplikation der Substitutionen keine andre als deren eigentliche Multi - plikation sein, welche die Substitutionentheorie ohne Knüpfungszeichen durch das blosse Nebeneinanderstellen der Faktor-Symbole schon längst aus - zudrücken pflegt. Der Vorteile einer so einfachen Bezeichnungsweise will nun auch ich die Substitutionentheorie — solange sie (wie bisher) immer nur mit der einen Operation des gewöhnlichen (also „ relativen “) Multipli - zirens der Substitutionen zu schaffen hat, keineswegs berauben. Verein - fachende Abweichungen von der systematischen Bezeichnungsweise zugunsten eines spezielleren Forschungsgebietes sind in einem solchen jederzeit zu - lässig, aber auch dessen Gepflogenheiten für eine so sehr viel allgemeinere Disziplin nicht maassgebend.
Gegen Peirce spricht hierbei ferner noch der Umstand, dass mittelst einfachen Nebeneinanderstellens der Terme bei ihm doch (gleichwie bei mir) das Produkt von Koeffizienten sowie Aussagen dargestellt wird, sodass also bei ihm, je nachdem a und b Relative oder Aussagen bedeuten, die Knüpfungen ab nicht durchaus denselben Gesetzen unterliegen, Verwechse - lungen näher gelegt erscheinen. Die Koeffizienten werden sich zudem, obwol sie Aussagen sind, auch als (binäre, sogenannte „ ausgezeichnete “) Relative darstellen lassen! (Siehe Ende des § 25).
Der „ relative Modul “1 '— der in der That sich deckt mit der „ iden - tischen Substitution “1 der Substitutionentheorie — wird von Peirce auch mit 1 selbst (ohne meinen Apostroph) bezeichnet — was nur darum bei ihm angängig, weil Peirce auch meinen „ identischen “oder „ absoluten Modul “1 durch das Symbol ∞ (unendlich) ersetzt — nicht ohne aber für die Koeffizienten und Aussagen wieder meine (d. i. die Boole’sche) 1 bei - zubehalten! Gegen diese Verwendung des ∞ glaube ich mich in Bd. 1, S. 274 sq. hinreichend ausführlich geäussert zu haben, wozu noch kommt, dass wir hier des ∞ auch noch zu ganz andern Zwecken — mehr im mathematischen Sinne — bedürfen werden, und dass die schönen Analogieen zwischen den absoluten und den relativen Moduln in Peirce’s Bezeich - nungssystem verschleiert, im meinigen besser zutage treten. Den relativen Modul 0' stellt Peirce dar durch ein gothisches n (wonicht das latei - nische n) als dem Anfangsbuchstaben von „ naught “oder „ nought “(nichts).
35§ 3. Letzte zwei Festsetzungen — über Σ, Π.Den fundamentalen Festsetzungen könnten (was anfangs unter - blieb) endlich noch diejenigen zugezählt werden, welche die Verwen - dungsweise des Produkt - und Summenzeichens Π und Σ erklären und regeln.
Unter dem „ laufenden Zeiger “(d. i. der „ Produktations “- resp. „ Sum - mations-Variabeln “) u stellen wir uns ein Relativsymbol vor, welchem alle Werte aus einem bestimmten (als irgendwie gegeben zu denkenden) Wertbereiche beigelegt werden sollen. Dieser Wertbereich heisst die „ Erstreckung “des „ nach u genommenen “„ Produktes Π “, resp. der „ Summe Σ “, und wird im allgemeinsten Falle eine wohldefinirte „ Klasse “von (binären) Relativen sein.
Unter dem „ allgemeinen Term (Faktor resp. Summand) “des Pro - duktes 〈…〉 resp. der Summe 〈…〉 — welcher immer hinter diesem Zeichen zu erblicken ist — stellen wir uns irgend eine „ Funktion von u “, f (u) vor, d. h. einen Ausdruck, welcher in irgendwie gegebner Weise ver - mittelst lauter Operationen aus der Gruppe der sechs Spezies unsrer Disziplin aufgebaut ist aus u selber und irgendwelchen andern Rela - tiven a, b, c, …, x, y, …, deren Bedeutungen (Werte) aber, auch wenn die Bedeutung von u (innerhalb jener Erstreckung) wechselt, stets konstant festgehalten werden müssen. Diese letzteren Relative heissen — im Gegensatz zum „ Argument “u — die „ Parameter “der Funktion f (u), und können sowol als allgemeine Relative aufgefasst werden, wie auch spezielle Werte haben, insbesondre können sie oder einzelne von ihnen auch durch Moduln vertreten sein.
Alsdann wird die Funktion f (u) selbst ein binäres Relativ sein, dessen Wert für jeden angenommenen Wert von u und fixirte Werte der allgemeinen Buchstabenparameter ein völlig bestimmter sein muss — aus dem Grunde, weil auch die Ergebnisse der den Ausdruck f (u) zu - sammensetzenden, in ihm vorgeschrieben erscheinenden Operationen oder Spezies durch unsre Festsetzungen als binäre Relative jeweils eindeutig erklärt worden. In der That wird sich auch der allgemeine Koeffizient zum Suffix ij dieses Relativs f (u) vermittelst kombinirter Anwendung unsrer 6 Schemata (10) bis (13) durch die allgemeinen Koeffizienten des Argumentes u und sämtlicher Parameter nach einem vollkommen bestimmt vorgeschriebnen Verfahren als eine Aussagenfunktion der - selben unschwer darstellen lassen. Mit f (u) zugleich kennen wir also für jedes ij auch dessen Relativkoeffizienten {f (u) }i j.
Es handelt sich nun darum auch die Symbole:3*36Zweite Vorlesung. 〈…〉 als binäre Relative zu erklären. Diese Erklärung hat, wie immer, zu erfolgen vermittelst allgemeiner Angabe ihrer Koeffizienten. Und letz - tere leisten im vorliegenden Falle die beiden Festsetzungen: (15)
welche für jedes Suffix ij hiermit „ ausgemacht “sein sollen.
Diesen Festsetzungen werden wir im § 6 auch die einfachere Fassung zu geben vermögen: (15)
. Rechnet man dieselben hinzu, so werden wir im Ganzen 29 + 2 = 31 funda - mentale Festsetzungen zu zählen gehabt haben.
In der That kann über den Sinn und Wert der Koeffizienten - (id est Aussagen) produkte oder Summen rechterhand, durch welchen unser Koeffizient zur linken eben explizirt werden soll, in keinem Falle mehr ein Zweifel bestehen.
Im Hinblick auf die in unsrer neunten Vorlesung (§ 23 und 24) ver - folgten Ziele ist es jedoch wichtig, letzteres noch eingehender zu erörtern und namentlich die Überzeugung zu gewinnen, dass es zur Evaluation solcher Aussagen-Π und Σ keineswegs erforderlich ist, den Begriff von Aussagenprodukt Π (resp. - summe Σ) etwa dadurch etablirt zu denken, dass man denselben so, wie es in Anhang 3 des Bd. 1 gesehah — aufgrund der mittelst „ Schlusses von n auf n + 1 “von dreien auf beliebig (auch unbegrenzt) viele Terme ausgedehnten Assoziationsgesetze der Aussagen - multiplikation und Addition — fundirt, nämlich „ induktorisch “gewinnt. Vielmehr genügt es, zur Aufstellung dieses Begriffes und zur Begründung der vornehmsten auf ihn bezüglichen Sätze, schon: auch nur das Recht in Anspruch zu nehmen, eine Überlegung allgemein zu führen, nämlich in uni - versalen und Existenzialurteilen überhaupt zu denken.
Wir gehen darum auf die Rolle der Π und Σ im Aussagenkalkul hiernächst noch etwas näher ein.
Die Begriffe beider sollen hier als selbständig (independent, nicht rekurrirend oder induktorisch) aufgestellte zugrund gelegt sein, wie folgt. Stellt Au irgend eine auf ein Gedankending u bezügliche Aus - sage, eine „ Aussage über u “vor, so hat uns von den beiden Symbolen 〈…〉 — erstreckt über einen irgendwie gegebnen Bereich von „ Werten “als den dem Symbole u unterzulegenden Bedeutungen — von diesen beiden hat uns das erstre vorzustellen: die Aussage, dass Au für jedes dieser Objekte u (innerhalb der „ Erstreckung “) zutrifft, das letztre aber: die37§ 3. Aussagenschemata.Aussage, dass Au für gewisse u (innerhalb dieser Erstreckung) zutrifft, mithin dass es mindestens ein u im Erstreckungsbereiche gibt, für welches Au zutrifft.
Hienach wird der Aussage 〈…〉 der Wahrheitswert 1 immer dann und nur dann zukommen, wenn, für jedes der gedachten u, Au = 1 ist, der Wahrheitswert 0 dagegen, falls es unter jenen mindestens ein u gibt, für welches Au nicht zutrifft, wo also Au = 0 ist.
Der Aussage 〈…〉 wird der Wahrheitswert 1 schon zukommen, wenn es im Erstreckungsbereiche nur überhaupt ein u gibt, für welches Au = 1 ist, dagegen wird ihr der Wahrheitswert 0 dann und nur dann zukommen, wenn es daselbst kein solches u gibt, d. h. wenn für jedes u des Erstreckungsbereiches Au nicht zutrifft, Au = 0 ist.
Stellt demnach v einen Wert vor, beliebig hervorgehoben aus dem Erstreckungsbereiche für u, so müssen wir haben: 〈…〉 oder kürzer: α) 〈…〉 womit auch gegeben ist: β)
. Letzteres zeigt, dass für jeden Wert (v oder u) aus dem Erstreckungs - bereiche der sogenannte „ allgemeine Faktor “Au des Aussagen-Π auch angesehen und hingestellt werden kann als ein wirklicher („ eigent - licher “) „ Faktor “des ohne Π-zeichen als ein „ binäres “(zweifaktoriges) bereits anderweitig erklärten Aussagen - „ Produktes “im engsten Sinne; und ebenso, dass das sog. „ allgemeine Glied “einer Aussagen-Σ auch wirklicher (oder „ eigentlicher “) Summand ist einer binomischen Aus - sagensumme, d. h. einer Aussagensumme im engsten Sinne, als welche sich eben unsre Aussagen-Σ jederzeit muss hinstellen lassen.
Ferner erkennt man im Hinblick auf das oben Gesagte als un - mittelbar einleuchtend, dass die Negation an unsern Aussagen-Π und Σ nach folgenden Schemata „ auszuführen “ist: γ)
.
Und in dem hier bethätigten „ dictum de omni et de nullo “, durch welches wir die sämtlichen vorstehenden Formeln gewinnen (deren An - erkennung wir ja fordern müssen), ist nicht etwa ein wirkliches „ Axiom “zu erblicken; vielmehr hat das dictum nur den Charakter eines „ Prin -38Zweite Vorlesung.zips “(im Sinne des Bd. 1); es vertritt uns nämlich — und ist in der That weiter nichts, als: — die Erklärung der Begriffe:
— welche Erklärung anders „ förmlich “, als eine „ regelrechte Definition “, wol nicht gegeben zu werden vermöchte. Vergl. S. 67 sq.
Umfasst der Erstreckungsbereich von u blos ein Objekt v, so ist leicht zu sehn, dass die Bedeutung sowol des ΠA als des ΣA alsdann die auf dieses eine v bezügliche Aussage A selbst sein wird, nämlich dass 〈…〉 alsdann sein wird. Die Π und Σ bestehen hier nur aus einem Term, sind „ monomisch “.
Umfasst der Erstreckungsbereich von u gerade zwei Objekte v und w, so erkennt man ebensoleicht, dass dann die Bedeutung von 〈…〉 zusammenfällt mit derjenigen vom, durch den Abacus (3) bereits (ohne Π und Σ-zeichen) erklärten binären Produkte, resp. der binären (= binomischen) Summe der auf v und w bezüglichen beiden Einzelaussagen.
Umfasst — um es nur mehr für das Π auszusprechen — der Er - streckungsbereich genau drei Objekte, welche uns für den Augenblick die Buchstaben u, v, w repräsentiren mögen, so liesse sich ähnlich einsehn, dass die Bedeutung des ΠA zusammenfällt mit dem — aufgrund des Assoziationsgesetzes der Aussagenmultiplikation — als der übereinstim - mende Wert der beiden binären Aussagenprodukte Au (AvAw) und (AuAv) Aw erklärten ternären (dreifaktorigen) Produkte AuAvAw, und so weiter.
Für einen auf eine beliebige „ Anzahl “, eine „ endliche Menge “von Objekten u beschränkten, „ begrenzten “Erstreckungsbereich nun ähnlich darzuthun, dass das Aussagen-Π sich auch mittelst successiven immer nur binären Multiplizirens zwischen seinen Faktoraussagen aus diesen ableiten lässt, dies auch zu statuiren und davon wesentlich Gebrauch zu machen, können wir in unsrer Theorie sehr wohl unterlassen, uns dessen enthalten, wenigstens bis dahin, wo in der neunten Vorlesung der „ Schluss von n auf n + 1 “seine strenge Begründung gefunden haben wird. Sobald aber letztere erfolgt ist, wird auch die angeregte Sache als mit einem Schlage durch unsern Anhang 3 des Bd. 1 vorweg erledigt zu betrachten sein.
[Noch weniger aber brauchen wir zuvor auch davon noch Notiz zu nehmen, dass für einen aus einer „ unbegrenzten “und zwar „ einfach unend - lichen “Reihe von diskreten Objekten u bestehenden Erstreckungsbereich,39§ 3. Aussagenschemata.unser ΠA sich auch sozusagen als ein „ Grenzwert “mittelst unbegrenzt fortzusetzenden binären Multiplizirens aus den Faktoraussagen ableiten lassen würde!]
Ist Au unabhängig von, konstant bezüglich u, das heisst: ist in der Aussage, welche hier als allgemeiner Term figurirt, von u gar nicht die Rede, so mögen wir (auch in den Formeln) das Suffix u bei der Aussage Au als belanglos unterdrücken, dieselbe blos mit A selbst darstellen. Alsdann gilt wiederum selbstverständlicherweise: δ) 〈…〉 . Ist ebenso Bu eine auf u bezügliche und B eine bezüglich u konstante Aussage, so haben wir ferner die Schemata: ε)
welche beiden sich zu dem allgemeinern Schema zusammenfassen lassen: 〈…〉 oder auch zu dem noch allgemeinern: ζ) 〈…〉 , worin der Erstreckungsbereich für v ein beliebig andrer als der für u sein mag.
Analog zu vorstehenden Peirce’schen gelten aber auch die (meine) beiden Schemata: η)
die sich zu dem allgemeinern: 〈…〉 sowie zu dem noch allgemeinern: ϑ) 〈…〉 zusammenfassen lassen.
Spezialisirt man in ε) und η) A = 1 (indem man hernach A für das verbleibende B sagt) oder B = 0, so ergeben sich die Schemata: ι)
von welchen das erste und letzte im Hinblick auf das „ spezifizische Prinzip “des Aussagenkalkuls40Zweite Vorlesung.(A = 1) = A sich als nichtssagend darstellen, die beiden andern aber von der häu - figsten Anwendung sind.
Endlich ist, als von häufigstem Gebrauche, noch das Aussagen - schema anzuführen: κ) 〈…〉 worin von den beiden mittleren, den untereinander stehenden Subsum - tionen, sei es als Thesis (Behauptung, Folgerung) sei es als Hypothesis (Voraussetzung, Bedingung) blos die eine (oder die andre) genommen zu werden braucht. Dieselben gestatten namentlich das überschiebende Produktiren sowie Summiren von für den Erstreckungsbereich allge - gemein geltenden Subsumtionen, etc.
Hiermit haben wir wol die wichtigsten Schemata oder Sätze des Aussagenkalkuls soweit sie Aussagen-Π und Σ betreffen, rekapitu - lirt und zur Bequemlichkeit des Studirenden übersichtlichst zusammen - gestellt — solche jedenfalls, mit denen (und ein paar sogleich folgenden Beiträgen) sich wird auskommen lassen.
Sie sind ausdrücklich oder in nuce in Bd. 2 schon vorgekommen, wenngleich etwas zerstreut (ibid. S. 40, 180, 194, 258, 261, u. a.). Man erkennt in α) die Theoreme 6) des Bd. 1 und 2 wieder, in β) nah lie - gende Korollare dazu kraft R. Grassmann’s Theoremen 20), in γ) De Morgan’s Theoreme 36), in δ) die Tautologiegesetze 14), in ε) die Bd. 1 und 2 mit (3) chiffrirte (dort) „ Definition “von Peirce, in η) aber das von mir Bd. 2 S. 258 (als blos für Aussagen gültig) dazu gelieferte Gegenstück, in ι) das Th. 24) nebst einem Bd. 2, S. 261 dazu gelieferten (blos für Aussagen gültigen) Gegenstück, in κ) endlich Erweiterungen der Theoreme 17).
Nicht mitangeführt sind noch die Distributionsgesetze für die Aussagen Π und Σ: λ)
nebst ihren Erweiterungen zur Multiplikationsregel für (Aussagen -) Polynome und deren dualem Gegenstück: μ)
. Das Pendant zu λ): ν)
versteht sich aus δ) von selbst nach den Identitäten:41§ 3. Aussagenschemata.ξ)
deren jeweilig letzte jedoch nur gilt sofern u und v die nämliche Er - streckung haben.
Auch würden sich über mehrfache Summen und Produkte noch weitre Schemata anreihen lassen.
Als bemerkenswertester neuer schliesst sich diesen der von Herrn Peirce aufgestellte Satz an:
Stellt Au, v eine auf zwei Objekte u und v bezügliche Aussage vor, welche je in einem eignen Erstreckungsbereiche variabel gedacht wer - den sollen, so ist stets ο) 〈…〉 — worin natürlich das Symbol Au, v auch a priori durch das Av, u er - setzbar.
Gibt es nämlich mindestens ein u derart, dass für dieses u und jedes v die Aussage A gilt, so wird es auch für jedes v mindestens ein u geben (nämlich eben das genannte) derart, dass von beiden die Aussage A zutrifft. Der Schluss ist jedoch augenscheinlich nicht um - kehrbar.
Wir werden aber die gedachten Schemata vorwiegend, wenn nicht ausschliesslich, auf solche Objekte u, v, ‥ anzuwenden bekommen, welche nicht sowol allgemeine Relative, als vielmehr blos „ Elemente “i, j, ‥ sive „ Individuen des ersten Denkbereiches “sind. In solchem Falle hängen wir, anstatt sie unter das Σ oder Π zu schreiben, die laufenden Zeiger den Σ und Π (wie bisher schon) als Suffixum an.
Um nicht Überflüssiges zu leisten und uns zu sehr zu wiederholen, wollen wir deshalb die einschlägigen oder noch ausstehenden von den be - achtenswertern Schemata blos mit obiger Beschränkung und erst in § 7 in’s Auge fassen.
Schon bei dieser Beschränkung der laufenden Zeiger auf Elemente sei jedoch darauf hingewiesen und betont, dass der Erstreckungsbereich unsrer Aussagen-Π und Σ allemal auch ein „ Kontinuum “sein darf, wie es beispielsweise die reellen Zahlen, oder die Punkte einer Geraden ins - gesamt bilden. In solchen Fällen bleiben die Zeichen Π und Σ definitiv unentbehrlich und würde es nimmermehr thunlich sein, das mittelst des Π (z. B.) „ symbolisch “dargestellte Aussagenprodukt als ein „ aktuelles “Produkt mit allen seinen Faktoren explicite hinzuschreiben.
Stets werden es in unsrer Theorie — wenn nicht blosse Aus - sagen-Produkte resp. Summen — so doch „ identische “Produkte Π und Summen Σ sein, welche uns diese Zeichen darstellen helfen. M. a. W. die Zeichen Π, Σ werden als solche nur für die erste Hauptstufe von42Zweite Vorlesung.uns verwendet: um eine identische Multiplikation resp. Addition von (zumeist unbegrenzt vielen) Relativen anzudeuten.
Sollten jemals diese Symbole zur Abkürzung auch von relativen Produkten und Summen in Bedarf kommen, so werden wir sie uns zur Unterscheidung (ähnlich wie die Moduln) in Gestalt von Π ', Σ' mit einem Apostroph versehen. Begreiflich wird jedoch solche Ver - wendung noch eingehendere Vorbetrachtungen, eventuell gerichtet auf die Bestimmung des allgemeinen Koeffizienten, erheischen.
Die oben resumirten Aussagenschemata α) ‥ ο) muss der Studi - rende [so wie wir es unter ο) zur Illustration ausgeführt] sich gründlich überlegen und dieselben in succum et sanguinem aufzunehmen suchen.
Ein Übriges wird die Übung, die unsre Theorie gewährt, hin - zuthun.
Wir sahen: zur völligen Bestimmung, Determination oder un - zweifelhaften Beschreibung eines (binären) Relativs in gegebnem Denk - bereiche (12) genügt die Angabe seiner Koeffizienten. Die mit Bezug auf die Elementepaare der Tafel 12 in Reihen geordnet zusammen - gestellten, je als 0 oder aber 1 spezifizirten Werte der Koeffizienten: 1) 〈…〉 eines speziellen Relativs a bilden die sogenannte „ Matrix “desselben, und kann auch ohne jene Spezifizirung das vorstehende Schema wol als die Matrix eines allgemeinen binären Relativs a bezeichnet werden.
Man mag die Matrizen der Relative zwischen zwei vertikale, soge - nannte „ Kolonnenstriche “einschliessen, wonach sie gerade so aussehen werden, wie „ Determinanten “, deren sämtliche „ Elemente “nur „ Nullen oder Einser “wären. Wird Unterscheidung von Determinanten auch im Äusserlichen gewünscht, so kann man unten die Kolonnenstriche noch mit einem Horizontalstriche behufs Hufeisen - oder U-förmiger Umrahmung der Matrix verbinden — der obere Teil muss für den Negationsstrich und event. das Konversionshyphen frei bleiben.
Mit dem Relativ zugleich ist seine Matrix bekannt, und umgekehrt. 43§ 4. Matrix eines Relativs und deren Augen.Für viele Zwecke ist es aber bequemer, nur von dessen Matrix zu reden, blos diese zu schildern.
Beispielsweise wenn für einen Denkbereich von 4 Elementen A, B, C, D die Matrix eines Relativs a die folgende ist, so wird das Relativ den da - neben angegebnen Wert haben: 2) 〈…〉 und umgekehrt ist auch aus der rechts für a gemachten Angabe — selbst wenn die Glieder gänzlich zusammengerückt sein sollten — mit Leichtig - keit das Schema zur Linken als die Matrix von a zu entnehmen.
Man ermisst hier bereits, welche Druckersparniss durch die Angabe ihrer Matrizes an Stelle der Relative selbst erzielt zu werden vermag.
Der Vorgang besitzt ein bemerkenswertes Analogon und Präzedens in der Arithmetik bei der üblichen Darstellung der natürlichen Zahlen im dekadischen Zahlensysteme. Daselbst ist eine natürliche Zahl ja eigentlich ein Aggregat oder Polynom, welches nach fallenden Potenzen der Grund - zahl Zehn unsres Zahlensystems geordnet ist und als dessen Koeffizienten lauter „ Ziffern “auftreten, wie z. B. 〈…〉 , 〈…〉 .
Aus der Wahrnehmung nun, dass in dieser Weise dargestellt alle Zahlen in einem gewissen (nach links weit genug fortgesetzt zu denkenden) „ Gerippe “: … + ‥ × 103 + ‥ × 102 + ‥ × 101 + ‥ × 100 übereinstimmen, entspringt die Berechtigung ebendieses Gerippe als selbst - verständlich zu unterdrücken und die Zahlen mittelst einfachen Nebenein - anderstellens ihrer Ziffern (nämlich der Polynom-Koeffizienten) darzustellen — so, wie es links in den Klammern vorgreifend für sie angegeben ist — somit jene Schreibersparniss zu verwirklichen, die durch die Einführung der Ziffer 0 erst ermöglicht worden.
Ganz ähnlich in der That lassen wir hier beim Übergang von den Relativen zu ihrer Matrix weg: das Gerippe der Konstituenten oder Elementepaare (samt den sie verbindenden Pluszeichen) und be - halten als das, was eben das Unterscheidende ist für verschiedene Re - lative (im gegebenen Denkbereiche), blos das System ihrer Koeffi - zienten bei — wobei es ebenfalls zur unzweifelhaften Darstellung der Relative erforderlich ist oder wenigstens zur Deutlichkeit ihrer Be -44Zweite Vorlesung.schreibung beitragen wird, dass der Ausfall, das Fehlen gewisser Elementepaare oder Konstituenten durch Nullkoeffizienten markirt werde.
Man könnte nun die Koeffizienten eines Relativs auch als die „ Elemente “seiner Matrix bezeichnen; doch wollen wir um jeden Doppel - sinn zu vermeiden, hier blos von „ Stellen “der Matrix reden.
Eine mit 1 besetzte Stelle der Matrix soll schlechtweg eine besetzte Stelle, eine „ Vollstelle “oder auch ein „ Auge “derselben genannt werden; jede mit einer 0 besetzte Stelle derselben heisse eine unbesetzte Stelle oder „ Leerstelle “— eventuell „ Lücke “.
Wol weniger gut qualifiziren sich — weil auf der zu speziellen An - schauung von einer Lotterie beruhend — die Benennungen „ Treffer “und „ Niete “.
Auch die Bezeichnung als „ Stift “und „ Loch “oder „ Kontakt “und „ Unterbrechung “— bei denen an die Möglichkeit einer (sicherlich bevor - stehenden!) mechanischen oder maschinellen Ausführung der relativen Ope - rationen, eventuell unter Beihülfe der Elektrotechnik, zu denken wäre — dürften vorderhand als „ vorgreifende “beiseite zu lassen sein.
Zur Darstellung von binären Relativen vermittelst ihrer Matrix empfiehlt sich ungemein die Verwendung von „ karrirtem Papiere “. Man kann die Zeilen eines solchen Blattes mit den Namen A, B, C, … der Elemente des Denkbereiches 11 markiren und ebendiese Namen auch den vertikalen Linien zur Überschrift geben. Die Gitterpunkte markiren alsdann die „ Stellen “der Matrix.
In solchem Falle ist es nur erforderlich, ist es ausreichend, die als Vollstellen zu kennzeichnenden Gitterpunkte (in Druck oder Schrift) mit einem fetten oder schwarzen Punkte zu besetzen — vergleichbar den „ Augen “eines Dominosteines oder Würfels im Spiele; die unbe - setzt gelassenen Gitterpunkte geben sich dann von selbst als die Leer - stellen der Matrix zu erkennen.
Auf diese Weise würde beispielsweise die Matrix des obigen Relativs sich als die nebenstehende Figur präsentiren.
Die Vor - und Überschriften der Reihen kann man eventuell als selbstverständliche auch weglassen.
Dies vorausgeschickt wird nun der Leser praktisch am schnellsten von der Natur eines „ binären Relativs “sich einen richtigen Begriff verschaffen, wenn er sich ein wenig ver - tieft in den Anblick der beiden folgenden Figuren, durch welche ich für einen Denkbereich 11, bestehend aus den natürlichen Zahlen 0, 1, 2, 3, 4 … die Relative „ Teiler von - “und „ teilerfremd mit “(d. h. „ relativ prim zu - “) vermittelst ihrer Matrix dargestellt habe.
45§ 4. Beispiele von Relativen.Matrix des Relativs: „ Teiler von - “.
Wenn ich bei Exemplifikationen auf den Denkbereich der Zahlen die bekannten Zeichen für die Zahlen Null und Eins mit einem Tupfen ver - sehe, so geschieht dies natürlich blos ad hoc, zum Zwecke ihrer Unter - scheidung von den beiden Wahrheitswerten der Aussagen sowie auch von den absoluten Moduln unsrer Theorie. Und bei dem so spärlichen Vor - kommen dieser Symbole als Zahlzeichen in unserm Buche erwächst daraus auch wie figura zeigt keine nennenswerte Belästigung. Keineswegs jedoch soll damit etwa auf eine allgemeinere Annahme solcher Gepflogenheiten in der Arithmetik und anderwärts hingewirkt oder dafür plädirt werden. Im Gegenteil, ich müsste dringend davor warnen: der Studirende, welcher die Zahl Eins stets mit Tupfen schreibt, muss im schriftlichen Rechnen hinter Andern zurückbleiben.
Die Elemente i, j sind hier natürliche Zahlen. Um die Darstellung Fig. 2 des Relativs „ Teiler von - “zu gewinnen, hat man sich für jede Stelle, wo eine mit i markirt gedachte Zeile von der Kolonne zu einem j geschnitten wird, die Frage vorzulegen: Ist i ein Teiler von j? Im Be - jahungsfalle ist der Gitterpunkt mit einem Auge zu besetzen, im Ver - neinungsfalle unbesetzt zu lassen. Man erhält so ein Tableau, das an das „ Sieb des Eratosthenes “cribrum Eratosthenis (behufs Auffindung der Primzahlen) erinnert. Dasselbe veranschaulicht für das Gebiet der natür - lichen Zahlen den ganzen Umfang des (relativen) Begriffes „ Teiler von - “(einer Zahl).
Jede Zahl ist Teiler von sich selbst, weshalb denn die Hauptdiagonale voll mit Augen besetzt ist. Unser Relativ — t mag es für den Augen - blick heissen — enthält alle individuellen Selbstrelative unsres Denk - bereiches, begreift sie unter sich: es ist 1 '⋹ t. Unser t ist in Peirce’s Ausdrucksweise sowol Selbstrelativ als Negat eines Aliorelativs. Die Zahl Null (0̇) ist sonst — ausser von sich selbst — Teiler von keiner Zahl, darum die erste Horizontallinie sonst eine leere. Dagegen ist jede Zahl Teiler von Null, geht in der Null ohne Rest (und zwar nullmal) auf, darum die erste Vertikallinie eine vollbesetzte, eine „ Vollkolonne “. Die Zahl Eins (1̇) geht in jeder Zahl auf, daher die zweite Zeile überall mit Augen besetzt, eine „ Vollzeile “. Auch in jeder folgenden Zeile bilden die Augen eine Reihe von äquidistanten Punkten — mit immer grösserem Abstande. Ebenso erscheinen sie aber auch auf Strahlen gereiht, die vom Anfangs - punkt der Hauptdiagonale ihren Ausgang nehmen und sich asymptotisch der ersten Horizontale nähern. …
Das Relativ t ist ein hervorragendes Beispiel zu derjenigen Klasse von Relativen, die wir, weil t; t ⋹ t ist, „ transitive “zu nennen haben: ein „ Teiler von einem Teiler von “(einer Zahl) ist immer auch ein „ Teiler von “(ebendieser Zahl). Es ist hier sogar (weil auch das Umgekehrte gilt): t; t = t.
Um die Darstellung Fig. 3 des Relativs p = „ teilerfremd mit - “zu gewinnen, muss man sich ebenso für jeden Gitterpunkt die Frage vor - legen: Ist das Element i, welches die Zeile markirt, d. h. die Zahl i, teilerfremd (relativ prim) mit der Zahl j, welche die Kolonne markirt? — um im Bejahungsfalle ein Auge einzutragen. Dabei darf bekanntlich die Zahl Eins als ein allen Zahlen selbstverständlich „ gemeinsamer “Teiler als47§ 4. Beispiele von Relativen.solcher nicht berücksichtigt werden. Die Frage ist also: haben i und j noch (einen) gemeinsame (n) Teiler ausser der 1̇? Im Verneinungsfalle sind sie „ teilerfremd “zu nennen.
Gewöhnlich wird der Begriff aber nur auf die Zahlen von 2 an auf - wärts angewendet und haben wir nur für diese die Augen als fette in die Figur eingetragen.
Bei Einbeziehung, indessen, auch der Zahlen 0̇ und 1̇ würden als mit Augen zu besetzende auch noch diejenigen Gitterpunkte in Betracht kom - men, die sich in der Figur mit hohlen Ringeln (unfett) markirt finden.
Matrix des Relativs: „ teilerfremd mit - “.
Bei der ganz strengen Fassung des Begriffes, wie sie oben durch die ent - scheidende „ Frage “charakterisirt erscheint, muss in der That dann jede Zahl zur Eins, und auch diese zu sich selber, teilerfremd genannt werden, auf welch letzteren Umstand das (einzige) Ringelchen auf der Haupt - diagonale hinweist.
Für den engeren Denkbereich (der Zahlen von 2 an) gilt jedoch: dass48Zweite Vorlesung.keine Zahl teilerfremd mit sich selbst ist; bei dem Relativ mit fetten Augen bleibt die Hauptdiagonale eine unbesetzte oder leere und ist p ⋹ 0 ', unser p enthält nur individuelle Aliorelative und ist deshalb, in Peirce’s Terminologie, selbst ein „ Aliorelativ “zu nennen.
Das Relativ p exemplifizirt zudem jene Klasse von binären Relativen, welche eine „ gegenseitige “Beziehung zum fundamentum relationis haben, es ist p ein „ symmetrisches “(nach Einigen auch: „ umkehrbares “, „ konver - tibles “) Relativ — symmetrisch inbezug auf die Hauptdiagonale — indem p̆ = p ist.
Aus den bisherigen Betrachtungen erhellt, dass — äusserlich ge - nommen (m. a. W. in der suppositio nominalis, cf. Bd. 1, S. 44) — binäre Relative „ Namen “sind, welche, sei es mit bestimmtem, sei es mit offen gelassnem unbestimmten Korrelate, sowol als Subjekt, wie als Prädikat von kategorischen Urteilen figuriren können.
Als Prädikat finden sich solche schon mehrfach illustrirt. Der Satz: Ein Teiler von einer Zahl ist (weil Teiler auch von sich selber) immer zugleich Teiler von einem Teiler dieser Zahl — dieser Satz illustrirt auch als Subjekt unser Relativ „ Teiler von - “.
„ Relative “also sind nicht etwa Aussagen; vielmehr sind sie wirk - lich Namen von Dingen. Sie sind aber — nach Mill so zu nennende — „ mitbezeichnende “oder „ konnotative “Namen*)Inbezug auf das hierüber in Bd. 1, S. 62 von mir Gesagte ist eine Be - merkung nachzutragen, welche weiter unten folgt., d. h. Namen, welche eine Aussage involviren.
Das durch Angabe seiner Matrix Fig. 2 spezifizirte Relativ „ Teiler von “— z. B. — gibt erschöpfend die Antwort auf die „ Doppelfrage “: welche natürliche Zahlen Teiler sind von welchen natürlichen Zahlen.
Die durch das spezifizirte Relativ mitabgegebne Aussage ist eine völlig bestimmte, sobald das fundamentum relationis gegeben ist. Als - dann haben nämlich die Gleichungen, vermittelst deren wir die Koeffi - zienten als = 0 oder = 1 spezifiziren, auch einen bestimmten Sinn. Und das aus diesen Gleichungen gebildete Aussagenprodukt ist die von unserm Relativ involvirte Aussage.
So involvirt das als erstes Beispiel gebrachte und durch Fig. 1 dar - gestellte Relativ die Aussage: 3) (aA A = 0) (aA B = 1) (aA C = 0) (aA D = 1) .. (aB A = 1) (aB B = 1) (aB C = 0) (aB D = 0) .. (aC A = 1) (aC B = 1) (aC C = 1) (aC D = 0) .. (aD A = 0) (aD B = 1) (aD C = 0) (aD D = 0) und gibt, wenn etwa a = „ amans “= „ Liebender von - “bedeutet, die Ant - wort auf die Frage: welche von den Personen A, B, C, D unsres Denk -49§ 4. Beispiele. Konnotativität.bereiches welche Personen lieben? — und zwar dahingehend, dass A den B und den D liebt, B den A und sich selber, C den A, den B und sich selber, D den B, sonst aber (von den Genannten) niemand jemanden (aus ihrer Mitte) liebt.
Ich habe die vorstehenden Beispiele gebracht, um vorweg das Interesse des Lesers für die Relative zu erregen, deren richtige Auf - fassung wenigstens anzubahnen. Über die hierbei in Betracht kom - menden und zum Teil erst flüchtig gestreiften Dinge werden wir uns in dem spezifisch logischen Teil unsrer Disziplin noch eingehender zu verbreiten haben.
Zur Stelle muss ich nur über den „ konnotativen “Charakter der relativen Namen zur Berichtigung noch folgendes aussprechen.
Wenn ich mich in Bd. 1 gegen eine Einteilung der Namen in „ mitbezeichnende (konnotative) “und „ nichtkonnotative “ablehnend ver - halten habe, so geschah dies insofern mit Recht, als solche Einteilung — wie sich zeigen wird — zusammenfallen würde mit der Einteilung der Namen in absolute und relative, die wir ohnehin adoptirten.
Zu weit bin ich aber gegangen — und hat dies auch ein Kritiker (Herr Husserl1) beanstandet — indem ich durch die (wie ich fand und noch finde) unzutreffend gewählten Beispiele Mill’s mich verleiten liess, auch dem Begriffe der Konnotativität eines Namens die Berech - tigung abzusprechen (Bd. 1, S. 62). Auf dem durch die Bearbeitung der Theorie der Relative gewonnenen Standpunkte kann ich nicht um - hin, diesem Begriffe eine gewisse Bedeutung zuzuerkennen, welche wie mir scheint gerade durch die Logik der Relative erst in das rechte Licht gesetzt wird. (Darüber später noch Näheres!)
Als fernere Illustrationen von Relativen durch ihre Matrizes sollen die der vier Moduln (S. 50) hergesetzt werden — für den Fall der Verwendbarkeit von karrirtem Papiere.
Die Matrix des absoluten oder identischen Moduls 1 ist durchaus vollbesetzt, trägt an jedem Gitterpunkte ein Auge; die Matrix von 0 ist eine durchaus leere (enthält blos Leerstellen). Die Matrix des relativen Moduls 1 'hat die Hauptdiagonale mit Augen vollbesetzt, ausserhalb dieser Linie aber lauter Leerstellen; bei der Matrix von 0' ist es umgekehrt: da enthält die Hauptdiagonale lauter Leerstellen während der ganze Aussenraum derselben mit Augen voll besetzt ist.
Man sieht auch hier, dass die Angabe der Matrix einfacher ist, als wie die der Relative 1 ', 0' selbst (die 1 und 0 wurden bereits in extenso angegeben, S. 11 und 26):Schröder, Algebra der Relative. 450Zweite Vorlesung.4)
1 '= A: A + | 0 '= A: B + A: C + A: D + … |
+ B: B + | + B: A + B: C + B: D + … |
+ C: C + | + C: A + C: B + C: D + … |
+ D: D + | + D: A + D: B + D: C + … |
+ … | + .......... |
Ganz nebenher sei auch schon hier bemerkt, dass es freistehn wird, die absoluten Moduln 1 und 0 als „ etwas “(resp. „ etwas von “) — eine
Matrix von 1.
Matrix von 0.
Matrix von 1 '.
Matrix von 0 '.
Kategorie unter welche „ Alles “fällt — und „ nichts “(resp. „ nichts von “) zu deuten — übrigens sehr cum grano salis.
a; 1 könnte also mit Worten beschrieben werden als a, zusammen - gedacht mit (bei Peirce minder genau: „ coexistent with “) irgend etwas. Etc. Genaueres siehe im logischen Teile.
51§ 4. Matrix von Moduln, Element und Elementepaar.Der relative Modul 1 'aber kann als „ einerlei, identisch mit “, „ gleich “oder „ selbst “(identical with), der 0' als „ ein andres als “(other than), „ ungleich mit “, „ verschieden von “gedeutet werden.
Kraft Festsetzung (8) des § 3 haben wir ferner noch: 5) i = i: A + i: B + i: C + i: D + … und besteht hienach die Matrix des Elementes oder Individuums i des Denkbereiches 11, wenn dasselbe als binäres Relativ aufgefasst, im Denkbereiche 12 gedeutet wird, aus lauter leeren oder unbesetzten Zeilen mit Ausnahme der einen mit i markirten Zeile, in der nun alle Stellen mit Augen voll besetzt sein werden.
Die nebenstehende Figur stellt beispielsweise die Matrix des Elementes D vor. — Die Matrix des Elementepaars oder individuellen binären Rela - tivs i: j trägt kraft Festsetzung (9) blos an der einen Stelle, wo die ite Zeile sich mit der jten Kolonne schneidet, ein Auge, während sie überall sonst nur Leerstellen aufweist. Man könnte sie füglich als „ Einauge “(„ Punkt “) charakteri -
siren. Wir überlassen es dem Leser sie sich zu veranschaulichen.
Umfasst der Denkbereich 11 eine begrenzte Menge, eine „ Anzahl “von Individuen i, so besteht die Matrix jedes binären Relativs aus n × n = n2 Stellen, deren jede entweder mit 1 oder mit 0 besetzt zu denken ist, d. h. leer sein oder aber ein Auge tragen wird.
Die Mannigfaltigkeit der alsdann möglichen oder denkbaren binären Relative ist in solchem Falle ebenfalls eine endlich begrenzte, und zwar ist die AnzahI dieser Relative, wie leicht zu sehen, 〈…〉 mithin 16 bei n = 2, ferner 512 bei n = 3 und 65536 bei n = 4, etc.
Umfasst dagegen der Denkbereich 11 eine unbegrenzte Menge von Elementen i, so wird auch die Mannigfaltigkeit der möglichen binären Relative eine unendlich grosse.
Die Begriffe: „ endlich “, „ Anzahl “, „ unendlich “und insbesondre „ ein - fach unendlich “sowie „ mehrfach unendlich “werden ja systematisch erst später einzuführen und strenge zu definiren sein. Doch muss behufs Be - sprechung der geometrischen Veranschaulichung unsrer Relative vermittelst ihrer Matrizen hier vorgreifend von diesen Begriffen schon ein populärer Gebrauch gemacht werden.
Nur bei „ einfach unendlichem “Denkbereiche 11, d. h. populär ge - sprochen: falls die natürlichen (oder auch die ganzen) Zahlen zur Numerirung seiner Elemente ausreichen würden, genügen auch die4*52Zweite Vorlesung.Gitterpunkte (eines unbegrenzt zu denkenden Blattes) von karrirtem Papiere um die Matrixstellen aller binären Relative zu repräsentiren.
Das quadratische Schema der Matrix eines solchen Relativs, wie wir es bei endlichem Denkbereiche hatten, degenerirt alsdann, indem es mindestens nach rechts und unten unbegrenzt bleibt, in ein den Winkelraum eines Rechten oder Quadranten erfüllendes Schema von in Reihen geordneten Stellen, deren jede für sich entweder unbesetzt ist oder ein Auge trägt. (Es kann jedoch auch dieses Schema nach links und oben so fortgesetzt werden, dass es die ganze Ebene überdeckt.)
Bilden dagegen die Elemente des Denkbereiches 11 als eine mehr - fach unendliche Mannigfaltigkeit etwa ein „ Kontinuum “, so empfiehlt es sich zumeist, diese Elemente den Punkten einer (begrenzten oder unbegrenzten) geraden Linie eindeutig zugeordnet zu denken. Die Mög - lichkeit solcher Zuordnung zu den Punkten einer geraden Linie oder auch schon Strecke ist ja für jeden stetigen unendlichen wenn auch mehrdimensionalen Denkbereich in der Georg Cantor’schen „ Mannig - faltigkeitslehre “mathematisch bewiesen (so namentlich für alle Punkte des Raumes). Doch mögen wir — davon absehend — sie hiernächst einfach zur Voraussetzung erheben.
Ein hervorragendes Interesse wird somit jedenfalls die Supposition beanspruchen dürfen, wo als Elemente (oder Repräsentanten der Ele - mente) des Denkbereiches 11 die sämtlichen Punkte einer unbegrenzten — sagen wir horizontalen — Geraden angesehen werden können, sodass in dem ursprünglichen Denkbereiche das Element i irgend einen Punkt dieser Geraden markirt.
Wir können alsdann in bekannter Weise auch die reellen Zahlen zur Bestimmung unsrer Elemente i verwenden, die genannte Gerade als die x-Axe eines rechtwinkligen Koordinatensystems in der Ebene hin - stellen, deren positive Seite sich rechts von einem in ihr angenommenen Ursprunge (oder Nullpunkte) befindet, und können von da die positive y-Axe nach unten gehen lassen.
Für den Denkbereich der zweiten Ordnung, 12, wird alsdann jeder Punkt der Koordinatenebene eine Matrixstelle repräsentiren und als Träger zu dienen haben für den Koeffizienten eines ganz bestimmten Elementepaares. Und zwar des Elementepaares i: j, wenn in ihm die mit i (auf der y-Axe) markirte Horizontallinie oder Zeile zusammentrifft mit der mit j (auf der x-Axe) markirten Kolonne — kurz wenn i als Ordinate und j als Abszisse die rechtwinkligen Koordinaten des ge - dachten Punktes sind.
Eine den Koeffizienten 1 tragende Matrixstelle wird als ein „ Auge “53§ 4. Geometrische Repräsentation der Relative.fortan ein mittelst schwarzen Druckes hervorzuhebender Punkt sein, wogegen eine den Koeffizienten 0 tragende Matrixstelle weiss, unbedruckt zu bleiben hat. Die Augen der Matrix eines binären Relativs bilden somit irgend eine Figur in der Koordinatenebene und umgekehrt wird jede Figur in der Ebene — wie immer sie auch aus Punkten, Linien (Kurven) und eventuell auch Flächen zusammengesetzt sei — sich ansehen lassen als die Matrix eines (durch sie völlig bestimmten) binären Relatives.
Die Theorie der binären Relative gewinnt bei dieser Veranschau - lichungsweise den Reiz sich zu präsentiren als eine ganz eigentümliche Form von „ analytischer Geometrie der Ebene “. Wir werden sie kurz „ die geometrische Repräsentation “der Relative nennen.
Insbesondre wird nun die ganze schwarz bedruckte Ebene den Modul 1, dieselbe, weiss oder unbedruckt gelassen, den Modul 0 reprä - sentiren. Der Modul 1 'ist (schwarz ausgezogen gedacht) die den Koordinatenwinkel halbirende Gerade (deren Gleichung in der gewöhn - lichen Darstellung y = x wäre), das ist die (eine) „ Symmetriegerade “der beiden Koordinatenaxen, welche immer noch den Namen „ Hauptdiago - nale “weiter führen mag. Der Modul 0' ist die ganze Aussenfläche eben dieser Symmetriegeraden (d. h. sonst die ganze Ebene schwarz bedruckt gedacht und nur die Hauptdiagonale weiss gelassen).
Das „ Element “i als binäres Relativ gedeutet ist Funktionskurve einer konstanten Funktion, nämlich die im Abstand i zur x-Axe parallele Gerade, als deren Gleichung gemeinhin y = i anzusetzen wäre.
Ein einzelner Punkt aber in der Ebene (auch wenn er auf der x-Axe gelegen) repräsentirt — wenn schwarz bedruckt oder hervor - gehoben gedacht — allemal jetzt (d. h. für den Denkbereich 12) ein „ individuelles binäres Relativ “oder „ Elementepaar “i: j (und nicht mehr, wie oben sub 11, ein Element i selber).
Dieser geometrischen Repräsentation der binären Relative durch Punktsysteme („ Gebiete “) in der Ebene ordnen offenbar auch die vor - hergehenden Matrixdarstellungen (bei endlichem oder einfach unend - lichem Denkbereiche) sich ein, indem sie eben nur einen Teil der ver - fügbaren Koordinatenebene in Anspruch nehmen — sodass wir für alle Fälle werden von der geometrischen Repräsentation reden und Gebrauch machen können.
Interessant ist es z. B. sich zu vergegenwärtigen, welche Figur das S. 45 sq. betrachtete Relativ „ Teiler von - “für unser Kontinuum bilden wird. Der Begriff des Teilers ist ja in der That längst von den ganzen auch auf54Zweite Vorlesung.beliebige Zahlen ausgedehnt: a ist Teiler von b, sooft b / a eine ganze Zahl ist. Darnach sieht man leicht, dass die Figur ein Büschel wird von unend - lich vielen (voll ausgezogenen) diskreten Geraden (Doppelstrahlen), die vom Ursprunge ausgehen und sich der x-Axe asymptotisch nähern — und zwar symmetrisch zu beiden Seiten der y-Axe, welche selbst zu dem Büschel gehört, wogegen die x-Axe frei bleibt. Es wäre nicht schwer auch „ die Gleichung “dieser Geradenschar aufzustellen.
Im Anschluss an diese Betrachtungen müssen wir jetzt auch die Frage beantworten, als welche Figuren — wenn die geometrische Re - präsentation der binären Relative a und b bekannt ist — sich die Resultate der sechs Spezies: ā, ab, a + b, ă, a; b, a ɟ b nunmehr darstellen werden?
Es leuchtet sofort ein, dass die drei ersten von diesen Ausdrücken die aus dem identischen Kalkul bekannte Bedeutung haben.
Das Negat ā von a hat ausschliesslich die Leerstellen von a mit Augen besetzt; seine geometrische Repräsentation wird erhalten, indem man in der Figur von a sozusagen schwarz und weiss vertauscht; die Figur von ā ist die Aussenfigur derjenigen von a.
Das identische Produkt ab stellt sich geometrisch dar als der Schnitt (Dedekind’s „ Gemeinheit “) der Figuren a und b; es ist der Inbegriff, die Gesamtheit der den Relativen a und b gemeinsamen Punkte oder Augen. Man lasse also behufs Bildung von ab alle die Punkte (Augen) weg, die blos dem einen oder blos dem andern der beiden Relative a, b angehören. Die Matrix von ab enthält ausschliesslich diejenigen Augen, welche dem Relativ a und dem Relativ b zugleich angehören — in bekannter Analogie mit dem grössten gemeinschaftlichen Divisor zweier Zahlen, insofern ab das weiteste (umfassendste, ausgedehnteste, „ grösste “, augenreichste) Relativ sein wird, welches sowol in a als in b enthalten ist.
Die identische Summe a + b stellt sich geometrisch dar als die Figur, das Punktsystem, zu welchem die Figuren von a und von b einander gegenseitig ergänzen. Die Zeichnung zu dieser Figur wird erhalten, indem man beide Figuren — die von a und die von b — in die Ebene einträgt, die eine sozusagen über die andre hinweg druckend; die doppelt bedruckten Stellen werden dabei gleichwie die blos einfach bedruckten nur eben schlechtweg schwarz erscheinen. Die Matrix von a + b umfasst ausschliesslich diejenigen Augen, welche dem Relativ a oder dem Relativ b angehören.
55§ 4. Die Spezies in geometrischer Repräsentation.In Analogie zu dem kleinsten gemeinschaftlichen Vielfachen zweier Zahlen wird a + b das engste (mindestumfassende, „ kleinste “, augenärmste) Relativ sein, welches sowol a als b in sich enthält.
Besteht überhaupt zwischen zwei Relativen die Beziehung der Ein - ordnung, ist a ⋹ b, so wird die Matrix von a Teil sein (echter Teil oder das Ganze) von der Matrix von b. Die Figur von a liegt alsdann ganz in der Figur, dem Punktsysteme von b, d. h. wirklich innerhalb derselben, oder aber indem sie sich mit demselben deckt). M. a. W. Die Figur von b enthält, begreift in sich die Figur von a.
Die geometrische Repräsentation des Konversen ă zu einem ge - gebenen Relativ a wird ferner erhalten, indem man die Matrix, Figur von a umklappt um die Hauptdiagonale, sodass von den beiden positiven Axenrichtungen, der x - und der y-Axe, eine jede in diejenige Lage kommt, welche zuvor die andre inne hatte. Dem Analysten ist das Umklappen von Determinanten, dem Geometer die Vertauschung der Koordinatenaxen ein längst geläufiger Prozess.
Mehr neu und unsrer Disziplin eigentümlich sind die Prozesse der beiden relativen Knüpfungen, wenngleich auch sie in der Analysis schon ein Präzedenz besitzen in Gestalt der „ Zusammensetzung von Funk - tionen “— noch allgemeiner: in der Elimination einer Variabeln aus zwei Gleichungen oder Ungleichungen. Diese Operationen sind auch von verwickelterem Charakter wie die vorhergehenden. Um zu ent - scheiden, ob das relative Produkt c = a; b an einer bestimmten Stelle, die dem Elementepaar i: j entspricht (in der Sprache der analytischen Geometrie: an der Stelle x = j, y = i) ein Auge trägt oder nicht, hat man sich die Kolonne j des Relativs b so über die Zeile i des Relativs a umgelegt zu denken, dass das obere Ende, der Fusspunkt jener Kolonne in der x-Axe auf den linkseitigen Anfang oder Fusspunkt dieser Zeile auf der y-Axe zu liegen kommt. Fallen dann
irgendwo zwei Augen zusammen, kommt nämlich ein Auge von a zur Deckung mit einem Auge von b, indem eben beide in ihrer Reihe (Zeile resp. Kolonne) die gleiche (hte) Stelle einnehmen, so ist ci j = 1, d. h. c an der fraglichen Stelle mit einem Auge zu versehen, andern - falles behält c daselbst eine Leerstelle.
56Zweite Vorlesung.Bei dem gleichen Verfahren des Superponirens, Übereinanderlegens wird die relative Summe d = a ɟ b immer und nur dann an der Stelle ij ein Auge bekommen, wenn auf jede Stelle der iten Zeile ein Auge zu liegen kommt — sei es ein solches von a allein, sei es eines nur von b, sei es auch in Deckstellung ein Auge von a zusammen mit einem Auge von b.
Für gewöhnlich wird man sich die gegebnen Relative in verschiedene Blätter eintragen, weil bei Eintragung in das nämliche Blatt betreffs irgend eines Auges zweifelhaft erschiene, ob es als ein Auge von a oder als ein solches von b anzusehen ist. Bei Eintragung der Figuren von a und b in einunddasselbe Blatt würde die Deutlichkeit erfordern, dass man die Augen von a von denen von b etwa als Tupfen und Kreuze, am besten vielleicht (als Tupfen) durch verschiedene Färbung unterscheide — wobei aus rot und blau z. B. in Fällen der Deckung violett entstünde (sofern man nicht vorzieht, die linke Hälfte des Tupfens alsdann rot, die rechte blau zu zeichnen, oder auch die gefärbten Augentupfen des einen Relativs, die - jenigen des andern an Grösse übertreffen zu lassen).
Bei solcher Eintragung liesse sich die Ermittelung des ci j und di j dadurch gewinnen, dass man die Schenkel eines rechten Winkels h, h aus der Anfangslage des Axensystems in Parallelbewegung mit seinem Scheitel der Hauptdiagonale entlang (eventuell blos durch deren Gitterpunkte hin - durch) führte. Nur wenn mindestens einmal diese Schenkel gleichzeitig ein Auge treffen und zwar eines von a auf der iten Zeile, und eines von b auf der jten Kolonne, nur dann wird ci j mit einem Auge zu versehen sein — sobald dies jedoch für eine Lage unsres rechten Winkels erkannt ist, braucht dessen Gleitbewegung nicht weiter fortgesetzt zu werden; alsdann ist nämlich für das dieser Lage entsprechende h erkannt, dass ai hbh j = 1 ist und kann nach dem Abacus (3) das Hinzutreten noch weitrer Glieder 0 oder 1 in der Summe Σhai hbh j, als welche ci j = (a; b) i j definirt ist, an diesem Ergebniss nichts mehr ändern; die Summe muss = 1 sein, sobald auch nur ein Glied derselben = 1 ist.
Dagegen wird di j = (a ɟ b) i j = Πh (ai h + bh j) = 1 also mit einem Auge zu versehen sein, immer und nur dann, wenn für jede Lage des gleitenden rechten Winkels (eventuell nur an den durch die Gitterpunkte der Haupt - diagonale gebotenen Stationen) mindestens einer seiner beiden Schenkel ein Auge trifft und zwar der vertikale Schenkel ein Auge des Relativs a in dessen iter Zeile oder der horizontale Schenkel ein Auge von b in dessen jter Kolonne. Versagt dies Kennzeichen für eine Lage des rechten Winkels (nämlich auch nur für einen Gitterpunkt der Hauptdiagonale), indem beide Schenkel auf den zugehörigen Fluchten kein solches Auge treffen, so braucht diesmal wiederum die Gleitbewegung nicht weiter fortgesetzt zu werden; alsdann ist nämlich erkannt, dass der eine Faktor ai h + bh j = 0 ist, was das Verschwinden des ganzen Produktes bedingt, als welches di j definirt wurde.
Übrigens ist anzuraten, dass der Studirende sich an Beispielen für Denkbereiche von nur wenig Elementen darauf einübe, die relativen57§ 4. Relative Knüpfung, an den Matrizes vollzogen.Knüpfungen an durch ihre Matrizes gegebenen Relativen zu vollziehen. Den Schematismus oder die Technik des Verfahrens sich anzueignen ist in der That nicht schwer, und genügt es schon, dieselbe für einen Denkbereich 1 ⅓ aus drei Elementen zu erfassen: Bezeichnen wir in Gestalt von 〈…〉 die (Koeffizienten 1 vertretenden) Augen, sowie die (Nullkoeffizienten reprä - sentirenden) Leerstellen der Matrix für den Augenblick mit chiffrirten Buch - staben, so wird die Matrix des relativen Produktes nach folgendem Vor - bilde erhalten: 〈…〉 und ist die Matrix von a ɟ b dual entsprechend zu bilden, sodass z. B. (a1 + α1) (a2 + β1) (a3 + γ1) deren Anfangselement sein wird, u. s. w.
Darnach werden wir beispielsweise für 〈…〉 und mag man für letzteres die Probe machen, dass: 〈…〉 .
Allerdings wäre bei der Eintönigkeit des rein mechanischen Verfahrens eine maschinelle Auṡführung desselben sehr zu wünschen — und wird solche beim weitern Fortschreiten unsrer Disziplin auch sicherlich nicht ausbleiben.
Nach alledem ist, wenn a und b zwei Figuren in der Koordinatenebene bedeuten, auch die Figur vollkommen bestimmt, welche das Relativ a; b, desgleichen diejenige, welche das Relativ a ɟ b vorstellen wird.
Was ist nun z. B. eine Kreislinie „ von “einer Kreislinie, sowie eine Kreisfläche „ von “einer Kreislinie, oder wiederum „ von “einer Kreisfläche (etc.)?
Herr Gustav Mie hatte die Güte, sich mit diesen Fragen zu beschäf - tigen und veranschaulichen die Figuren 10 bis 17 für verschiedene nach Lage und Grösse charakteristische Annahmen der beiden gegebenen Kreise a, b die spezielleren Resultate seiner dankenswerten Untersuchung.
Bevor wir noch das zur nähern Erläuterung dieser Figuren Erforder - liche sagen, wollen wir auch die allgemeineren Ergebnisse dieser Unter - suchung — für den Mathematiker — statuiren.
Sind im rechtwinkligen Koordinatensystem der Ebene y = f (x) und y = φ (x) 58Zweite Vorlesung.die Gleichungen zweier Kurven, die wir mit den verwendeten Funktions - buchstaben f und φ selbst kurz bezeichnen wollen, so ist y = f{φ (x)}, mithin die Resultante der Elimination von h aus den beiden Gleichungen: y = f (h), h = φ (x), die Gleichung der Kurve, als welche sich uns das Relativ „ f; φ “, also „ f von φ “, darstellt.
Die zu einem relativen Produkte a; b sich „ zusammensetzenden “Fak - toren a = f, b = φ sind hier „ Funktionen im Sinne der Mathematik “und das relative Produkt a; b = f; φ ist „ die aus beiden zusammengesetzte Funk - tion “— das Wort „ Funktion “im gleichen Sinne genommen. Dieser Sinn ist, nebenbei gesagt, ein etwas weiterer als derjenige, in welchem das Wort „ Funktion “in unsrer Theorie späterhin zu gebrauchen sein wird, wo näm - lich gelegentliche Undeutigkeit sowie Mehrdeutigkeit (der Zuordnung der y-Werte zu den x-Werten) strengstens ausgeschlossen bleiben muss.
Sind — noch allgemeiner gesprochen — Φ (x, y) = 0 und Ψ (x, y) = 0 die Gleichungen zweier Kurven, welche selbst wieder mit den gleichnamigen Funktionsbuchstaben Φ und Ψ bezeichnet und unter den binären Relativen a und b demnächst verstanden werden mögen, so wird die Gleichung der als a; b = Φ; Ψ zu bezeichnenden Kurve einfach erhalten, indem man eine Variable h aus den beiden als zusammenbestehend gedachten Gleichungen Φ (h, y) = 0, Ψ (x, h) = 0 eliminirt.
Wird ferner für die eine oder für die andre der beiden Kurven (oder für beide) die von ihr begrenzte Fläche genommen, als welche bekanntlich — für die erstere sei es gesagt — diejenige gilt, deren Punkte x, y der Un - gleichung Φ (x, y) < 0 genügen, so braucht in dem vorstehend Gesagten nur das betreffende Gleichheitszeichen durch das Zeichen <, das Wort „ Gleichung, Kurve “eventuell durch „ Ungleichung, Fläche “ersetzt zu werden. Auch hat man das Zeichen ≦ (kleiner oder gleich) zu nehmen, falls das zusammensetzende Relativ etwa die Fläche der Kurve mitsamt ihrer Um - grenzung bedeuten soll.
Die Linie, welche man als „ die eine Kurve (a) von der andern Kurve (b) “erhält, wird im Allgemeinen mit beitragen zur Begrenzung der Fläche, welche sich bezüglich ergibt als die „ Kurve a von der Fläche b “resp. die „ Fläche a von der Kurve b “sowie die „ Fläche a von der Fläche b “.
Bei der Anwendung auf die zwei Kreise a) (x - α) 2 + (y - β) 2 - γ2 = 0, b) (x - δ) 2 + (y - ε) 2 - ζ2 = 0 ist jene Linie nun die Projektion auf die x, y-Ebene der Raumkurve vierter Ordnung, in welcher sich die beiden Kreiszylinder mit zu einander normalen Axen schneiden (das h als Applikate, z-Koordinate gedacht): (h - α) 2 + (y - β) 2 - γ2 = 0, (x - δ) 2 + (h - ε) 2 - ζ2 = 0.
59§ 5. Ein Kreis von einem Kreise.Wir haben nun in den Figuren die Kreisfläche a horizon - tal, die b vertikal schraffirt — jedoch nicht die ganzen Kreis - flächen, sondern nur dasjenige Segment der - selben, welches zu dem relativen Produkte a; b bei der Konstruktion desselben Punkte bei - steuert. Es zeigt sich nämlich, dass oft nicht alle Teile der Figuren a und b hierbei in Verwendung kommen, m. a. W. auf die Ge - staltung des „ a; b “von Einfluss sind, viel - mehr, ohne dass letz - teres irgend anders ausfällt, gewisse Seg - mente von jedem Kreise auch weggelassen wer - den könnten.
Die „ Kreislinie a von der Kreislinie b “ist nun die bei a; b aus - gezogen zu erblickende Kurve vierter Ord - nung, welche in Fig. 10 die Gestalt eines rund - lichen Vierecks hat, bei Fig. 11 und 12 ein, bei 13 zwei Paar einge - drückte Seiten zeigt, bei Figur 14 einen Doppelpunkt besitzt oder Schleifenform an - nimmt, sich bei Fig. 15 in zwei geschlossene Äste sondert, die in 16 (zusammenschrum - pfend) zu offenen (ob - zwar begrenzten) Hy - perbelästen geworden sind und bei Fig. 17
60Zweite Vorlesung.
in die Diagonalen des Quadrates (als Asymp - toten) degeneriren.
Die „ Kreisfläche a von der Kreislinie b “ist nun allemal der hori - zontal (oder mindestens auch horizontal) schraf - firte Teil der in der Figur mit a; b bezeich - neten Fläche.
Die „ Kreislinie a von der Kreisfläche b “ist der vertikal (oder min - destens auch vertikal) schraffirte Teil dieser Fläche.
Endlich „ die Kreis - fläche a von der Kreis - fläche b “ist der über - haupt (sei es horizontal, sei es vertikal, sei es doppelt) schraffirte Teil besagter Fläche — z. B. bei Fig. 13, 14, 15 das Rechteck mit nur ganz wenig abgerunde - ten Ecken, bei Fig. 16 das volle Rechteck.
Bei Fig. 10 fallen alle drei Flächen in eine zusammen, bei Fig. 11 und 12 fallen noch zwei von den drei Flächen in eine, nämlich die erste mit der dritten zu - sammen. Bei Fig. 17 haben wir nur die Schraf - fur für „ die Fläche a von der Linie b “ein - getragen. Der Kreis b (welcher voll in Betracht kommt) und die beiden leeren Zentridreiecke des mit a; b markirten Qua - drates müssten, sym - metrisch dazu, vertikal schraffirt werden, um61§ 4. Ein Kreis von einem Kreise.auch „ die Linie a von der Fläche b “zur Dar - stellung zu bringen, und das ganze Qua - drat wird hier „ die Fläche a von der Fläche b “repräsen - tiren.
Behufs Verdeut - lichung des Konstruk - tionsverfahrens und um den Studirenden in den Stand zu setzen, auch selbst Kontrole zu üben, haben wir fast zum Überfluss*)Der Leser ver - zeihe hier die kleine Wiederholung des we - sentlich bereits zu Fig. 9, obzwar mit ganz an - dern Worten, Gesagten. Das Wesentliche wird um so sicherer deutlich werden. noch mit Fig. 18 für zwei aufs Gerathewohl angenommene Kurven a und b die Konstruk - tion von irgend einem Punkte ihres relativen Produktes a; b veran - schaulicht, womit sich bei denselben Hülfs - linien noch drei weitre Punkte von letzterm — im Ganzen vier Punkte des a; b — zu - gleich ergaben.
Durch einen be - liebigen (im Abstand h von beiden Axen be - findlichen) Punkt der Hauptdiagonale 1 'sind (vertikal resp. hori - zontal) Parallelen zu den Axen gezogen,
62Zweite Vorlesung.
welche Punkte der Figuren a und (resp. ) b enthalten, mit letztern zum Schnitt kommen. Wo die Projizirenden dieser Schnittpunkte zusammentreffen, muss man Punkte des ge - suchten Relativs a; b haben.
Ist nämlich*)Vergl. Fussnote S. 61. y = i, x = h — gemeinhin (analytisch - geome - trisch) gesprochen — ein Punkt von a, so hat die Matrix dieses Re - lativs an der Schnitt - stelle der iten (ge - nauer: der mit i mar - kirten) Zeile und hten Kolonne ein Auge, wel - ches in unsrer Theorie als die Matrix des individuellen Relativs i: h zu bezeichnen wäre; letzteres Elementepaar gehört dem Relative a an, und es ist ai h = 1.
Ist ebenso y = h, x = j ein Punkt von b, so hat die Matrix von b an der Schnittstelle der hten Zeile mit der jten Kolonne ein Auge, ge - hört das individuelle Relativ oder Elemente - paar h: j dem Rela - tive b an und ist bh j = 1.
Dann ist aber auch ai hbh j = 1 und um so mehr ci j = (a; b) i j = = Σhai hbh j = 1, d. h. es trägt das Relativ c = a; b auch an der Schnittstelle der iten63§ 4. Ein Kreis von einem Kreise.Zeile mit der jten Kolonne ein Auge oder gehört der Punkt y = i, x = j der Figur a; b an.
Imgrunde ist, wie man sieht, nur die in der Geometrie übliche Be - zeichnung y = i, x = j eines Punktes der Koordinatenebene für unsre Zwecke durch die Bezeichnung i: j zu ersetzen! Hält man sich nur dieses gegenwärtig, so wird man darnach auch das Vorhergehende alles leicht zu verstehen und zu rechtfertigen imstande sein.
Die nämlichen Figuren werden — kraft einer in § 6 unter C) folgenden Bemerkung — auch geeignet erscheinen die Konstruktion und Beschaffen - heit einer relativen Summe a ɟ b zu illustriren, wofern man nur anstatt der Figuren a, b und a; b deren „ Aussen - figuren “oder Ergänzungen zur ganzen Ebene, Negate in’s Auge fasst.
Ich habe vorstehenden Sei - tenblick in die analytische Geo -
metrie gewagt, um auch bei dem Mathematiker um Interesse für unsre Disziplin zu werben.
Zugunsten etwaiger in die Algebra der Relative einzuflechtender Illustrationen und Exemplifikationen, sei — deren Logik vorgreifend — hier auch noch angeführt:
Die Subsumtion a ⋹ b zwischen binären Relativen wird sich in Worten wiedergeben lassen mit: „ alle a von - (scilicet etwas) sind auch b von - (sc. ebendiesem etwas) “, oder m. a. W. „ jedes a von - ist ein b von - “.
Es bedeute etwa a (= amans) Liebender von - (lover of) und b (= benefactor) Wohlthäter von -.
So stellt das Negat ā den relativen Begriff vor: „ Nicht-Liebender von - “, das Konverse ă den: „ Geliebter (Geliebte, Geliebtes) von - “.
Dass man im Deutschen nichts geschlechtlos, ohne ein bestimmtes genus sagen kann ist für unsre Disziplin sehr hinderlich und begründet einen grossen Vorzug des Englischen, wo einfach „ lover “eintritt für „ der, die oder das Liebende “. Auch können wir im Deutschen für b̆ (bene - fitted by -) nicht „ bewohlthatet von - “sagen sondern müssen zu der Um -64Zweite Vorlesung.schreibung „ Empfänger oder Empfängerin von Wohlthaten seitens - “unsre Zuflucht nehmen, u. s. w.
Um nicht zu übergrosser Weitläufigkeit gezwungen zu sein kann ich nur die Bitte an den Leser richten (sofern nicht ausdrücklich das Gegen - teil stipulirt wird) das Genus in welchem ein relativer Name eingeführt wird, allemal ignoriren zu wollen.
Ferner bedeutet nun das identische Produkt ab alles was zugleich Liebender und Wohlthäter ist von - (sc. jemand), die identische Summe a + b: was Liebender oder Wohlthäter (eventuell beides) ist von -.
Dagegen wird das relative Produkt a; b zu interpretiren sein als „ Liebender von einem Wohlthäter von - “, und die relative Summe a ɟ b als „ Liebender von allen ausser Wohlthätern von - “, womit indessen gänzlich offen gelassen (in keiner Weise präjudizirt) sein soll, ob er etwa auch solche Wohlthäter liebe, oder nicht. Wir werden in unsrer Disziplin fein unterscheiden müssen zwischen den Partikeln „ ausser “(englisch: but, save?, besides?) und „ ausgenommen “(englisch: excepting).
Sagen wir von den Personen, Menschen auf einem untergegangenen Schiffe: „ Alle wurden gerettet mit Ausnahme der Besatzung “, so wurden blos die Passagiere gerettet und die Mannschaft ist umgekommen, sagen wir dagegen: „ alle Personen ausser der Besatzung sind gerettet “, so steht zwar fest, dass die Passagiere gerettet sind; von der Besatzung aber will ganz und gar nichts ausgesagt sein; vielleicht ist sie untergegangen, viel - leicht schwebt sie noch in Lebensgefahr, wird teilweise oder ganz (eben - falls) noch gerettet.
Von grösster Wichtigkeit für das richtige Erfassen unsrer Theorie ist es nunmehr, dass der Leser, bevor er in dieselbe eintritt, folgendes beachte.
Alle Sätze der Algebra der Relative dürfen eine „ dreifache Evi - denz “beanspruchen.
In dreierlei Sinne — schon nach den bisherigen Ausführungen — mögen wir von „ einer Evidenz “derselben reden; auf drei grundver - schiednen Wegen können wir sie einleuchtend finden, je nachdem wir zum Ausgangspunkt nehmen: die in § 3 aufgestellten fundamentalen Festsetzungen, oder aber: die geometrische Repräsentation der Relative und der mit ihnen zu vollziehenden Operationen, wie wir sie oben an die Betrachtung der Matrix knüpften, oder endlich: die verbale Interpretation der Relativsymbole, ihre Wiedergabe durch relative Namen der Wortsprache zu Zwecken der angewandten Logik — wie wir sie zuletzt, soeben, und vorgreifend, angedeutet.
Kurz, wenn auch nicht vollkommen erschöpfend, will ich diese dreierlei Evidenzen als die analytische, die geometrische und die rheto -65§ 4. Dreifache, analytisch-geometrisch-rhetorische Evidenz.rische Evidenz bezeichnen. Die Reinheit der Methode wird jedenfalls erheischen, dass wir dieselben unvermengt lassen, ja dass wir eine von ihnen — bei der Algebra die erste — bevorzugen und sie allein alle wesentlichen Schlüsse beherrschen lassen.
Die erste, die „ analytische “Evidenz ist zu erzielen durch den streng deduktiven „ Beweis “der Formeln oder Sätze unsrer Theorie aus ihrer in § 3 gegebnen formalen Grundlage. Es wird von jeder Formel gezeigt, dass sie in jenen Konventionen bereits als eine Konsequenz derselben enthalten und durch sie denknotwendig mitgegeben ist. Und zwar ist solcher Nachweis rechnerisch zu führen, indem man bei jedem Schritte sich bewusst wird, nach welchem Schema des Aussagenkalkuls derselbe vor sich geht, das ist also: durch welche Gesetze der allgemeinen Logik dieser Schritt legitimirt wird. Für die Natur dieser Evidenz und die Art und Weise ihrer Erlangung werden die folgenden Vor - lesungen reichlichste Illustration liefern. Man könnte unzweideutig sie auch als die „ Koeffizienten-Evidenz “kennzeichnen, weil in den funda - mentalen Konventionen die Erzeugnisse der 6 Spezies je als ein Re - lativ doch nur erklärt erscheinen vermittelst Definition seines allge - meinen Koeffizienten — weshalb bei allen Beweisen unmittelbar oder mittelbar auf diese Koeffizienten muss zurückgegangen werden.
Diese analytische Evidenz also werden wir in der Theorie aus - schliesslich gelten lassen, und ein Satz der Algebra der Relative darf nicht als sichergestellt anerkannt werden, solange er nicht auf diesem Wege „ erwiesen “ist.
Man kann nun aber zweitens auch die Beziehungen und Knüpfungen zwischen Relativen — ingestalt etwa einer Vergleichung durch men - tales Superponiren, zum-Schnitt-Bringen, Zusammenfügen und Tren - nen ihrer Raumbilder sowie eventuell mittelst gesetzmässigen Ver - flechtens der Augenreihen ihrer Matrizes — mit der „ geometrischen “Anschauung bewerkstelligen resp. verfolgen und begleiten.
So sieht man z. B. im Hinblick auf die Figuren 4 bis 7 augenblick - lich, dass 1 '· 0' = 0 und 1 '+ 0' = 1 ist, die beiden relativen Moduln also disjunkt sind und einander zum ganzen Denkbereiche 12 ergänzen, dass sie m. a. W. Negate von einander sind.
Oder — um noch durch ein andres Beispiel die „ geometrische Evi - denz “zu illustriren — so wird es — nachdem bereits erkannt ist, dass das Relativ „ a; 1 “aus einem Relativ a immer erhalten wird, indem man des letzteren überhaupt mit (einem oder mehrern) Augen besetzte Zeilen in lauter vollbesetzte oder Vollzeilen verwandelt — geometrisch unmittel - bar einleuchten, dass: (a = 0) = (a; 1 = 0) und (a ≠ 0) = (a; 1 ≠ 0) Schröder, Algebra der Relative. 566Zweite Vorlesung.ist, d. h. dass Verschwinden oder Nichtverschwinden von a und von a; 1 einander gegenseitig bedingen.
Ebenso ist dann klar, dass a ⋹ a; 1 sein muss, und andres mehr — wie wir denn auch die Sätze des identischen Kalkuls für die Figuren oder Punktsysteme, die unsre Relative geometrisch repräsentiren, schon in Bd. 1 so als unmittelbar einleuchtende erkannten.
Wennschon sie (hier wie dort) beim Aufbau der Theorie nicht wesentlich soll benutzt werden dürfen, ist die geometrische Evidenz jedoch als ein bequemes und fruchtbares Mittel zur Entdeckung von Sätzen nicht zu verachten; auch liefert sie höchst schätzbare Kontrolen und erleichtert das Behalten mancher Sätze. Derselben wird darum ganz besondre Aufmerksamkeit in der Theorie zu widmen sein; ja die letztere wird eine Tendenz rechtfertigen, die Koeffizienten - evidenz nach und nach in analytisch wohlbegründeter Weise durch die geometrische Evidenz „ ablösen “zu lassen.
Die dritte Art von Evidenz, die rhetorische, ist die im gewöhn - lichen Denken wirksame. Wir empfinden sie, werden ihrer gewahr, sobald wir auf Relative von spezieller Natur, wie l = lover = Lie - bender (von -), b = benefactor = Wohlthäter (von -), s = servant = Dienender (von -) jene allgemeinen Relative, die als Buchstaben in unsern Formeln auftreten, — mit Peirce — exemplifiziren.
Jedermann wird z. B. unmittelbar einleuchtend den Satz finden: Der Liebende eines Wohlthäters (von -), der zugleich ein Dienender ist (von je - mand), ist Liebender eines Wohtthäters (von -) und zugleich auch Liebender eines Dienenden (von diesem jemand) — wie ihn [blos etwas kürzer und wenn man will auch allgemeiner] die Formel ausspricht: l; (bs) ⋹ (l; b) (l; s).
Niemand wird sich sträuben, den Satz von genannten Relativen spe - zieller Natur auch auf irgend welche andre sei es relative, sei es selbst absolute Terme auszudehnen und darin ein Prinzip anzuerkennen, welches unser gesamtes Denken als eine Selbstverständlichkeit beherrscht. Ist doch auch das Bild eines verstorbenen Freundes gewisslich Bild eines Verstor - benen und auch Bild eines Freundes, der Käufer eines teuern Pferdes zu - gleich Käufer von etwas Teuerm und Käufer eines Pferdes, u. s. w.
Auch allgemein wird: a; (bc) ⋹ (a; b) (a; c) sein müssen.
Sobald man sich ein wenig mit dem Übersetzen aus der Zeichen - sprache in die Wortsprache vertraut gemacht hat, lassen so in der That die einfachern Formeln unsrer Theorie einen hohen Grad von unmittelbarer Intuitivität nicht verkennen.
67§ 4. Über die axiomatischen Grundlagen.Die Logik, wenn sie — ebenso für relative wie für absolute Begriffe — die Methoden und Schemata des Folgerns und Schliessens entwickeln will, kann natürlich nicht umhin darnach zu streben, dass sie auch möglichst vollständig registrire und schematisire: die apriorischen, selbstverständlichen, identischen, analytischen oder nichtssagenden Urteile oder „ Wahrheiten “als diejenigen, auf welche bei jeglichem Schliessen jederzeit Berufung erfolgen kann.
Wer aber auf solche Evidenz beim Aufbau unsrer Theorie sich berufen wollte, der würde sich bald zur Anerkennung einer ganz über - grossen Menge von eigenartigen „ Prinzipien “genötigt sehen und die Klage des Herrn Venn 1p. 400 sq. gerechtfertigt erscheinen lassen: dass an Stelle des einen „ simple and uniform set of rules “, des so einfachen Systems von Grundsätzen der alten Logik, wir beim Eintritt in die Logik der Relative uns sogleich vor eine verblüffend grosse und verwirrende Mannigfaltigkeit von solchen gestellt sehen (are intro - duced into a most perplexing variety of them).
Neben oder ausser den in § 3 zusammengestellten fundamentalen Konventionen bedürfen wir in der That in der Theorie keines weiteren „ Prinzipes “. Und wenn die Frage aufgeworfen wird nach den axioma - tischen Grundlagen unsrer Disziplin der Algebra und Logik der Rela - tive, so kann ich Herrn Peirce beipflichten, der sich über diese Frage am Schlusse von 2 ausspricht. Die Grundlagen sind vom selben Range, sind keine andern, als wie die bekannten „ Prinzipien “der allgemeinen Logik. Im Gegensatz zur Geometrie bedürfen Logik und Arithmetik keiner eigentlichen „ Axiome “.
Um nicht missverstanden zu werden, muss ich einschalten: Freilich kann auch die Geometrie betrachtet werden lediglich unter dem formalen Gesichtspunkte der Folgerichtigkeit ihres Lehrgebäudes. Natürlich können deren sogenannte Axiome auch hingestellt werden als blosse Annahmen, vielleicht ganz willkürliche Assumtionen, um deren Erfülltsein, Gültigkeit, Wahrheit in irgend einem Denkbereiche man sich absolut nicht kümmert, man sich enthält, im Geringsten etwas zu behaupten. Die geometrischen Sätze werden alsdann blos relative Wahrheit beanspruchen dürfen, werden immer nur zuzugeben sein, soferne eben jene Voraussetzungen zutreffen. Gemeinhin, und meines Erachtens mit Recht geschieht aber dergleichen nicht. Die geometrischen Axiome werden vielmehr gelehrt, hingestellt und angenommen mit dem Anspruche auf reale Geltung, Wahrheit, sei es für unsre subjektive Raumanschauung sei es für das derselben objektiv zu - grunde liegend gedachte Wirkliche. Und diese Axiome sind keineswegs analytische oder nichtssagende Urteile; mögen sie auch zufolge der Be - schaffenheit, Natur unsres räumlichen Anschauungsvermögens „ psychologisch denknotwendig “genannt werden, so kommt ihnen doch keine Denknot - wendigkeit im logischen Sinne zu, und die Geometrie ist mehr als ein blosser Zweig der Logik; sie ist das elementarste Glied in der grossen Reihe der physikalischen Wissenschaften. Anders die Arithmetik.
5*68Zweite Vorlesung.Ich habe mich darum schon in Bd. 1 enthalten für die bei dem dortigen Lehrgange benötigten „ Prinzipien “den Namen „ Axiome “zu gebrauchen. Und jene „ Prinzipien “sind blos verkappte Definitionen — „ are mere substitutes for definitions of the universal logical rela - tions “. Soweit die allgemeinen logischen Beziehungen definirt zu werden vermögen — sagt Peirce mit Recht — kann man ohne irgend welche „ Prinzipien “in der Logik auskommen (all axioms may be dis - pensed with). Diese Auffassung wird denke ich in dem nachfolgenden Lehrgebäude noch weitre Bekräftigung finden.
Besonders wird die Thatsache der Führbarkeit des da geführten Be - weises für das volle Distributionsgesetz in dieser Hinsicht lehrreich sein.
Um nun also nochmals auf unsre drei Evidenzen zurückzukommen, so darf in der Theorie an die beiden letzten nicht wesentlich appellirt werden und sind dieselben höchstens zur Illustration der Sätze heran - zuziehen.
Während bei den einfachern Sätzen die zweite und dritte Evidenz leichtlich die erste überflügelt, ihr nur allzugerne vorauseilt, bleibt bei fast allen verwickelteren Untersuchungen namentlich die dritte Evidenz weit — nicht selten hoffnungslos — hinter der ersten zurück, sieht man sich schliesslich auf die Evidentmachung mittelst penibel deduktiven Beweises allein angewiesen oder erfordert wenigstens die Herbeiführung auch der beiden andern Evidenzen für den Ungeübten einen nicht geringen Aufwand von „ Kopfzerbrechen “.
Bevor wir in die so mannigfaltigen Sätze oder Formeln der Theorie eintreten, haben wir endlich noch Vereinbarungen zu treffen, die auf einen möglichst sparsamen Haushalt mit Klammern abzielen. Bei Ver - wirklichung solcher höchst begehrenswerten Ökonomie mit genanntem Element der Zeichensprache, mit den Parenthesen, wird eine gründ - liche Vertrautheit mit den darauf bezüglichen Vereinbarungen uner - lässlich sein zum richtigen Verständniss der Ausdrücke, welche in ver - wickelteren Formeln auftreten.
Bereits haben wir die sechs Spezies in zwei „ Hauptstufen “ein - geteilt, als deren erste die identische, als deren zweite die relative bezeichnet wurde. Daneben und unabhängig davon empfiehlt es sich aber, noch gewisse Rangordnungsverhältnisse oder „ Stufen “folgen zwi - schen diesen Spezies festzusetzen.
Was zunächst die vier knüpfenden von den sechs Spezies betrifft, so sollen die beiden Multiplikationen (in Analogie zur Arithmetik) für69§ 5. Haushalt mit Klammern.„ von höherer Stufe “gelten als wie die beiden Additionen. Von den „ gleich - namigen “Operationen aber, d. h. von den beiden Multiplikationen resp. von den beiden Additionen, soll immer die relative für von der höheren Stufe gelten (von höherer somit als wie die identische).
Darnach kommt der identischen Addition die erste, der relativen Addition die zweite, der identischen Multiplikation die dritte und der relativen Multiplikation die vierte „ Stufe “zu.
Das richtige Verstehen, die korrekte Deutung aller erdenklichen mittelst dieser Operationen aufzubauenden Ausdrücke wird alsdann garantirt sein durch durch die folgende (n beiden) aus der Arithmetik einfach herüberzunehmende (n) Konvention (en).
Erste Konvention. Kommen Operationen derselben Stufe auf der Zeile zusammen ohne dass durch Klammern die Reihenfolge von deren Ausführung ausdrücklich vorgeschrieben wäre, so hat man sich dieselben successive oder „ fortschreitend “ausgeführt zu denken in der Reihenfolge, in der man beim Lesen von links nach rechts auf deren Knüpfungs - zeichen stösst.
Diese Konvention war zwar noch in § 23 des Bd. 1 von Belang, indem sie z. B. den Ausdruck a - b + c, = (a - b) + c gebührend schied von dem nicht damit zu verwechselnden a - (b + c), bei welchem darnach die Klammer nicht unterdrückt werden durfte.
Hier jedoch, in unsrer Theorie der Relative, wird diese Konvention zu einer schliesslich belanglosen zufolge der erweislichen Assoziativität unsrer sämtlichen knüpfenden Spezies, derzufolge a + b + c = (a + b) + c von a + (b + c), abc = (ab) c von a (bc) a ɟ b ɟ c = (a ɟ b) ɟ c von a ɟ (b ɟ c), a; b; c = (a; b); c von a; (b; c) ohnehin nicht unterschieden zu werden braucht — vergleiche auch Bd. 1 Anhang 2. Wesentlich bleibt nur die
Zweite Konvention. Kommen Operationen verschiedener Stufe zusammen ohne dass durch Klammern die Reihenfolge von deren Aus - führung ausdrücklich vorgeschrieben wäre, so hat man sich allemal die Operation der höheren Stufe zuerst ausgeführt zu denken.
Hienach wird zum Unterschied von — im Kontrast mit — dem rechts entgegengestellten Ausdrucke, bei welchem die Klammer niemals weggelassen werden darf, bedeuten:
a + bc = a + (bc) entgegen (a + b) c | ab + c = (ab) + c entgegen a (b + c) |
a + b ɟ c = a + (b ɟ c) „ (a + b) ɟ c | a ɟ b + c = (a ɟ b) + c „ a ɟ (b + c) |
a + b; c = a + (b; c) „ (a + b); c | a; b + c = (a; b) + c „ a; (b + c) |
a ɟ bc = a ɟ (bc) „ (a ɟ b) c | ab ɟ c = (ab) ɟ c „ a (b ɟ c) |
a ɟ b; c = a ɟ (b; c) „ (a ɟ b); c | a; b ɟ c = (a; b) ɟ c „ a; (b ɟ c) |
a · b; c = a (b; c) „ (a · b); c | a; b · c = (a; b) c „ a; (b · c). |
Eine gewisse Härte zeigt die rigorose Durchführung dieses Prin - zips (nur) da, wo die beiden Multiplikationen konkurriren, sofern von diesen die identische (wie zumeist üblich) ohne Knüpfungszeichen ge - schrieben ist: In Fällen wie ab; c, a; bc, ab; cd wird man sich näm - lich versucht fühlen, die näher beisammen stehenden Buchstaben für zu - nächst zusammengehörig zu halten, was zu einem Widerspruch mit obiger Übereinkunft führen würde. Diesem Gefühle dürfte es ratsam sein auch Rechnung zu tragen, und wir thun dies zunächst, indem wir für den genannten Fall die Geltung der Konvention an die Bedingung knüpfen, dass für die identische Multiplikation der Punkt als Malzeichen ausdrücklich Verwendung gefunden habe.
Hiernach haben wir das vorstehende Tableau noch zu ergänzen durch den gleichsam eine „ Ausnahme “statuirenden Zusatz zu seiner letzten Zeile:
ab; c = (ab); c entgegen a (b; c) | a; bc = a; (bc) entgegen (a; b) c. |
Von der „ Ausnahme “aber wird man am besten die Konvention selbst entlasten, indem man sich etwa einprägt: Nur wo sie des Mal - zeichens entbehrt, stellt die identische Multiplikation sich über die relative, geht ihr voran.
Beispielsweise noch wird also bedeuten: 〈…〉 .
Ferner fügen wir als Interpretirübung an: 〈…〉 .
Bei einiger Übung wird man bald wahrnehmen, dass jeder Aus - druck nur eine sparsamste Schreibung zulässt und dass man nicht etwa unter verschiedenen gleich einfachen „ einfachsten “Schreibungen eines solchen jemals die Wahl haben kann. Durch unsre Konventionen er - weist sich die beste Darstellung eines Ausdrucks als eine in jedem Falle unzweifelhaft bestimmte.
In dieser Hinsicht ist namentlich hervorzuheben, dass, weil der Punkt doch ein einfacheres Zeichen ist, wie die Klammer, für einen Ausdruck71§ 5. Haushalt mit Klammern.von der Form a (b; c), wenn derselbe für sich steht, besser gesagt wird: a · b; c. Wenn dagegen dieser Ausdruck selber noch eingeklammert werden müsste, wie z. B. in (a · b; c); d, so würde besser wieder die vorige Schrei - bung für ihn eintreten, indem die Darstellung a (b; c); d sich als (um den Punkt) sparsamer erweist!
Unterdrückt darf hienach die Klammer welche einen Ausdruck einschliesst nur dann werden, wenn die „ innere “Operation, d. h. die - jenige aus welcher der eingeklammerte Ausdruck zuletzt hervorgegangen ist, nicht von niedrigerer Stufe ist wie die „ äussere “Operation, d. h. die Spezies durch welche der Ausdruck mit einem andern Term (oder andern Termen) verbunden erscheint. —
Die nicht knüpfenden von unsern 6 Grundoperationen — die Ne - gation nämlich beim Gebrauch des horizontal übergesetzten Negations - striches, sowie die Konversion — brauchen in die Vereinbarung nicht einbezogen zu werden, weil das als Strich oder Ringelchen übergesetzte Zeichen als vinculum schon eine Klammer ersetzt.
Beim Gebrauch des vertikalen Negationsstriches aber brauchte man nur die Negation als „ von der höchsten Stufe “hinzustellen um unsre zweite Konversion auch auf sie mit auszudehnen — wonach denn (in erster Zeile wie vordem) gelten würde:
a + b1 = a + (b1) entgegen (a + b) 1 | ab1 = a (b1) entgegen (ab) 1 |
a ɟ b1 = a ɟ (b1) „ (a ɟ b) 1 | a; b1 = a; (b1) „ (a; b) 1. |
Ähnliches wäre bezüglich der Suffixe 0, 00, 1, 11 zu sagen, durch deren Anhängung wir späterhin noch die Operation der „ Ketten - “, „ Bild - ketten - “etc. Bildung anzeigen. Diese letztern müssen den knüpfenden Operationen gegenüber als von der höheren Stufe gelten, sodass wir bei - spielsweise haben werden:
a + b0 = a + (b0) entgegen (a + b) 0 | ab00 = a (b00) entgegen (ab) 00 |
etc.
Ihnen dagegen sollen die mit horizontal übergesetztem Striche resp. Hyphen angedeuteten Operationen der Negation und Konversion ihrerseits vorgehen, sodass uns gelten wird: ā0 = (ā) 0 entgegen (a0͞), ă00 = (ă) 00 entgegen (a00) ͝, desgleichen ā̆0 = (ā̆) 0 entgegen (a0) ͞͝. Etc.
Dies motivirt sich später dadurch: weil man die Operationen „ strich “, „ konvers “oder „ strichkonvers “an der a-Kette resp. a-Bildkette etc. ohne - hin wird „ ausführen “können, sodass die hinter „ entgegen “angeführten unbequem zu druckenden Symbole gar nicht werden endgültig vorzukommen brauchen.
72Zweite Vorlesung.Endlich aber müssen wir uns noch über den Klammerngebrauch da, wo Π und Σ-zeichen mitspielen, verständigen.
Unmittelbar hinter jedem dieser Zeichen steht der „ allgemeine Term “(allgemeine Faktor resp. das allgemeine Glied), auf welchen das Zeichen Π resp. Σ sich beziehen, den es beherrschen, regiren soll.
Wo der Name dieses allgemeinen Terms anfängt, darüber kann hienach kein Zweifel bestehen, es frägt sich aber wo dieser Name je - weils aufhört, m. a. W. bis wie weit nach rechts hin die Herrschaft unsres Zeichens reichen, sich erstrecken soll?
Letzteres ist im Allgemeinen durch den Usus in der Mathematik (dem wir uns, wo er ausschlaggebend, anschliessen) bereits geregelt. Gleich - wohl müssen wir für unsre Disziplin (im Hinblick auf die ihr eigentüm - lichen Spezies und Schreibweisen) es nochmals und sorgfältiger resp. voll - ständiger statuiren.
Im allgemeinen Term selbst können — ebenso wie Relativ-Koeffi - zienten — hier auch Aussagen auftreten, welche z. B. als „ spezifizirte “eines Umfangsbeziehungszeichens, wie ⋹, =, ⊂, ≠, ∉, zu ihrer Dar - stellung benötigen und sich dessen bedienen. In solchem Falle muss dies Beziehungszeichen stets von einer Klammer mittelbar umschlossen sein, welche hinter dem Π resp. Σ anhebt und schliesst. Wir nennen solches Beziehungszeichen (hinsichtlich unsers Π oder Σ) ein „ gebun - denes “— im Gegensatz zum „ freien “Zeichen einer Umfangsbeziehung.
Als „ frei “(ev. inbezug auf unser Π resp. Σ) wird (solch) ein (Beziehungs -) Zeichen zu bezeichnen sein, wenn es entweder überhaupt nicht von einer Klammer (mittelbar) umschlossen ist, oder doch nur von solchen Klammern, welche unser Π resp. Σ-zeichen selber mitent - halten, in sich fassen, mittelbar umschliessen.
Beispielsweise ist in den Ausdrücken: Π (a ⋹ b) = c, {Σ (a ⋹ b) = c}d das Einordnungszeichen ein gebundenes, das Gleichheitszeichen ein freies hinsichtlich des Π oder Σ, das linkerhand ein freies schlechtweg.
Keinesfalls soll nun die Herrschaft eines Π oder Σ-zeichens über das ihm als nächstes folgende freie Umfangsbeziehungszeichen (Ver - gleichungszeichen) hinüberreichen.
Was die gebundenen betrifft, so gehören diese jeweils entweder einem als Faktor, oder als Summand — wenn nicht als Negand — auftretenden „ Aussagenterm “an, und werden solche Aussagenterme mit den übrigen Operationsgliedern auf einer Linie stehen, sodass wir uns bei den ferneren Konventionen um die etwaigen Umfangsbeziehungs - zeichen als solche nicht weiter zu kümmern brauchen, und nur mehr73§ 5. Haushalt mit Klammern.noch die Frage zu erledigen bleibt, welche Operationen der Herrschaft unsres Π oder Σ Halt gebieten.
Letzteres wird im Grossen und Ganzen durch den Hinweis darauf zu erledigen sein, dass unser Π stets eine identische Multiplikation, das Σ eine identische Addition vorzuschreiben hatte, wonach die Rang - ordnung oder Stufenfolge, wie sie im Vorangegangenen zwischen den vier knüpfenden Operationen festgesetzt wurde, implicite auch schon mitgeordnet erscheint für die mittelst Π und Σ anzudeutenden Ope - rationen.
Hienach muss in der That schon bedeuten: 〈…〉 .
Ein Zweifel kann nur noch obwalten und wird darum eine Über - einkunft erforderlich in folgenden Fällen:
Erstens, wenn identisches Produktiren mittelst Π zusammentrifft mit relativer Multiplikation, und zwar aus dem Grunde, weil es (im Hinblick auf die oben statuirte „ Ausnahme “) zunächst noch nicht aus - gemacht ist, ob man das Πa ebenso wie ein a · b nach der allgemeinen Vorschrift, oder ob man es wie ein ab unter dem Gesichtspunkt der Ausnahme behandeln wolle. Indem wir uns für ersteres entscheiden, so gilt uns: Πa; b = Π (a; b) entgegen (Πa); b.
Zweitens, wenn identisches Produktiren mit Π zusammentrifft mit identischem Multipliziren (ohne Π, also mit dem oder ohne das Mal - zeichen.). Hier gelte: Πa · b = Π (a · b), Πab = Π (ab) entgegen (Πa) · b = (Πa) b.
Drittens, wenn identisches Summiren mit Σ zusammentrifft mit identischem Addiren (ohne Σ, also mit +). Hier ist schon längst der Usus sanktionirt, zu verstehen: Σa + b = (Σa) + b entgegen Σ (a + b) in welch letzterm Ausdruck die Klammer allemal nicht unterdrückt werden darf. Es geht also die Summation jeweils der Addition vor.
Im Hinblick auf diesen Gebrauch erscheint es bequemer auch die oben in eckige Klammer gesetzte Konsequenz unsrer allgemeinen Fest -74Zweite Vorlesung.setzungen nicht zu adoptiren, sie vielmehr zu ersetzen durch die fol - gende Übereinkunft: Σa ɟ b = (Σa) ɟ b entgegen Σ (a ɟ b).
Wir können uns dann einfach merken:
Die Herrschaft der Π und Σ-zeichen reicht stets bis zum nächsten freien Plus - oder Piu-Zeichen.
Kommen Suffixe mit in Betracht, sei es einfache, wie i, wie 0 und 1, sei es doppelte wie hk, etc., so haben diese, sofern nicht durch Klammern das Gegenteil ausdrücklich vorgeschrieben ist, allemal den Vortritt vor allen übrigen Operationen. So gilt in der ganzen Welt schon längst: abi = a (bi) entgegen (ab) i, a + bh k = a + (bh k) „ (a + b) h k, und wäre auch von vornherein zu verstehen: Πai j = Π (ai j) entgegen (Πa) i j, Σai j = Σ (ai j) entgegen (Σa) i j unbeschadet dessen, dass hier beides definitionsweise mit (15) für äqui - valent erklärt worden.
Ein gleiches gilt ja auch für den Apostroph, sofern uns z. B. a1 '= a · 1' = a (1 ') bedeutet, wogegen (a1)' = a' für ein von 0 und 1 ver - schiedenes a in unsrer Disziplin jeden Sinnes baar sein würde, für a = 0 aber einen andern Sinn gäbe.
Ein gleiches ist endlich auch für (Potenz -) Exponenten (als schon anderweitig üblich) zu statuiren, wonach denn bedeutet: abn = a (bn) entgegen (ab) n, a; bn = a; (bn) entgegen (a; b) n, a + bn = a + (bn) „ (a + b) n, a ɟ bn = a ɟ (bn) „ (a ɟ b) n, Σan = Σ (an) entgegen (Σa) n, Πan = Π (an) „ (Πa) n.
Die beiden letzten Ausdrücke würden miteinander und mit Πa selbst übereinstimmen, und ähnlich müssten auch die darüber einander entgegen - gestellten beiden Ausdrücke jeweils zusammenfallen, wenn die „ Potenz “als ein identisches Produkt aus gleichen Faktoren aufgefasst würde. In unsrer Disziplin reserviren wir aber den Potenzbegriff für relative Produkte aus gleichen Faktoren — wo dann die entgegengestellten Ausdrücke verschie - denes bedeuten werden.
Da nun ani j als (ai j) n gedeutet auf ai j selbst hinauskommen müsste, so erklären wir ani j = (an) i j entgegen (ai j) n = ai j.
Weiter werden wir verstehen: a0n = (a0) n entgegen (an) 0 und a1n = (a1) n entgegen (an) 1.
75§ 5. Haushalt mit Klammern.Kommen — ein in unsrer Theorie ungemein häufiger Fall — mehrere Σ und Π-zeichen in bunter Folge unmittelbar nebeneinander zu stehen, so erstreckt sich die Wirkung eines jeden über alle fol - genden und den allgemeinen Term des letzten hinweg bis zu dessen Ende hin, und bedarf es keiner weitern Übereinkunft um den Sinn des ganzen Ausdrucks klar zu stellen. Man hat sich dann die Sum - mationen und Produktationen in der umgekehrten Folge vollzogen zu denken von derjenigen, in welcher ihre Zeichen der Zeile entlang von links nach rechts gelesen werden — weil dem Ausführen einer solchen Operation die Bildung, Herstellung ihres allgemeinen Terms notwendig vorausgehen muss. So bedeutet z. B.: ΣiΣjΠhΣkai j h k = Σi [Σj{Πh (Σkai j h k)}]. —
Die wichtigsten Gesetze der 6 Grundrechnungsarten sind von Peirce schon mit ziemlicher Vollständigkeit aufgestellt.
Es werden uns die kleinen lateinischen Buchstaben nunmehr stets allgemeine binäre Relative vorstellen, zudem die in 3) S. 7 angeführten „ Elemente “bedeuten.
Natürlich werden die Knüpfungsgesetze, die schon bei den einfachsten Knüpfungen zutage treten, auch bei den komplizirteren Knüpfungen eine Rolle spielen, sie werden den verwickelteren auf solche bezüglichen Sätzen voraussichtlich mit zugrunde liegen. Als einfachste Knüpfungen mag man diejenigen hinstellen, in welche nur 1, 2, 3 (oder höchstens 4) Buchstaben als Symbole für ebensoviele von vornherein unabhängig beliebige Relative eingehen. Auf diesem Wege lässt sich das Feld der für unsre Disziplin als fundamental zu bezeichnenden Folgesätze oder „ Gesetze “zunächst einmal roh umgrenzen. Um sodann heuristisch gedachte fundamentale Gesetze zu entdecken, brauchte man blos mit kombinatorischer Vollständigkeit alle erdenklichen Ausdrücke hinzuschreiben, welche sich mittelst unsrer Spezies aus so geringer Buchstabenzahl aufbauen lassen. Für jeden dieser Aus - drücke wäre gemäss den Festsetzungen (10) bis (13), S. 29, der allgemeine Koeffizient zu bilden — eine für Anfänger ohnehin empfehlenswerte Übung — und endlich wäre zuzusehen, welche Relationen (der Einordnung oder Gleichheit) sich zwischen diesen Koeffizienten aufgrund der Sätze des Aus - sagenkalkuls rechtfertigen lassen. Auf solche Weise würde sich auch die Überzeugung von der Vollständigkeit unsrer Zusammenstellung der Sätze wol gewinnen lassen oder wenigstens die Erkenntniss, dass in ihr nichts Belangreicheres übersehen sein dürfte.
Diesen immerhin etwas mühsamen und zeitraubenden Weg will ich aber mit dem Leser nicht gehen; ich will vielmehr die Grundgesetze sum - marisch darlegen. Dabei soll auf Erzielung einer guten Übersicht Bedacht genommen und zu dem Ende eine Einteilung der Gesetze in Gruppen herbeigeführt werden. Die Beweise liefern uir zumeist erst am Ende einer grössern Gruppe — für die chiffrirten Formeln dieses Paragraphen sogar erst im nächsten.
77§ 6. Über Sätze von allgemeinster Natur.Im gegenwärtigen haben wir vollauf damit zu thun, von den Formeln selbst Kenntniss zu nehmen, uns die Sätze, die sie darstellen, zum Bewusst - sein zu bringen, die Namen, welche sie etwa zu führen berechtigt wären, ihre Stellung, Anwendungsweise und Tragweite in unsrer Wissenschaft zu beurteilen, dasjenige darzulegen, was zu beachten ist, um sie sich gut ein - prägen zu können, u. s. w. Da müsste denn die sofortige Einfügung der Beweise die Übersicht zu schwer beeinträchtigen. Zu den Formeln pflege ich jedoch auch naheliegende Korollare — wie Ausdehnung auf noch mehr Operationsglieder, und anderes — immer sogleich mitanzuführen. Bei der zumeist ganz kurz abzuthuenden Begründung solcher Korollare ist natürlich der Leser gebeten, die chiffrirten Formeln selbst, zu denen sie gegeben werden, vorläufig als schon erwiesene zu betrachten.
Ein grosser Teil der Grundgesetze — diejenigen die den Vortritt haben umfassend — ist dem Leser aus dem identischen Kalkul ohnehin bereits bekannt.
Der Beweis ebendieser aus den fundamentalen Festsetzungen des § 3 ist wie sich zeigen wird durchgängig äusserst leicht zu führen. Es genügt dafür in § 7 ein paar Paradigmata anzuführen, unter denen das volle Distri - butionsgesetz nicht wird fehlen dürfen. Direkt: mittelst Zurückgehens auf die Koeffizienten, brauchten — woferne man nicht den Inhalt unsres Bd. 1 ignoriren will — ohnehin nur die wenigen „ Definitionen und Prinzipien “(nun als „ Theoreme “) aus § 3 „ bewiesen “zu werden, welche wir in Bd. 1 dem identischen Kalkul zugrunde gelegt hatten. Dieses wenigstens ge - schieht auch im § 7.
Doch wird die Methode der Beweisführung, also die Herbeiführung der „ Koeffizientenevidenz “, an den höhern, auf relative Operationen bezüg - lichen Sätzen so reichlich eingeübt und ist das Beweisverfahren ein so gleichmässiges, einheitliches, indem es durchweg auf demselben Grund - gedanken beruht, dass auch bei keinem noch dem identischen Kalkul an - gehörenden Satze der direkte Beweis dem Leser irgend eine Schwierigkeit zu bereiten vermöchte und dass man die Theorie der Relative auch als eine selbständig begründete sich wird aneignen und von Bd. 1 und 2 ganz emanzipiren können.
Wenn nun gegenüber dem Bd. 1 die Grundlagen, auf die wir uns berufen müssen, hier auch als neue zu bezeichnen sind, so wollen wir aber doch mit der detaillirten Beweisführung der schon bekannten Sätze den Leser nicht ermüden, auch über deren Benennung, verbale Fassung und Anwendungsweise, ihre Ausdehnung auf noch mehr Operationsglieder etc. weiter keine Worte verlieren, dieserhalb ein für allemal auf Bd. 1 verweisend.
Dass (a  b) = (b ⋹ a) bedeuten solle ist kein „ Satz “, sondern eine Zusatzkonvention, die wir aber unter den fundamentalen Festsetzungen nicht mit aufgeführt haben, weil sie immer nur nebensächlich zur Anwendung gelangt und man ganz gut mit immer nur im Sinne von links nach rechts angesetzten Subsumtionen in der Theorie auskommen könnte.
78Dritte Vorlesung.Die Sätze: 0) a ⋹ a, a = a, (a = b) = (b = a), (a ⋹ b) (b ⋹ c) ⋹ (a ⋹ c) drücken kein Gesetz unsrer Spezies aus, müssen aber als ganz unentbehr - liche und aus unsern Festsetzungen beweisbare Theoreme über Relative einmal Erwähnung gefunden haben.
Eine erste Gruppe von Gesetzen bezieht sich auf die knüpfenden Operationen.
Als ganz fundamental sei vorangestellt der Satz: 1) (a ⋹ b) (c ⋹ d) ⋹ (ac ⋹ bd) (a + c ⋹ b + d) (a; c ⋹ b; d) (a ɟ c ⋹ b ɟ d), der eigentlich, weil das Aussagenprodukt rechterhand einem jeden seiner Faktoren eingeordnet ist, also dessen Geltung nach sich zieht, die vier zumeist getrennt anzuwendenden Sätze in sich zusammenfasst:
(a ⋹ b) (c ⋹ d) ⋹ (a · c ⋹ b · d) | (a ⋹ b) (c ⋹ d) ⋹ (a + c ⋹ b + d) |
(a ⋹ b) (c ⋹ d) ⋹ (a; c ⋹ b; d) | (a ⋹ b) (c ⋹ d) ⋹ (a ɟ c ⋹ b ɟ d). |
Man merke hinzu: Gleichstimmige Subsumtionen dürfen auch durch relative Multiplikation oder Addition überschiebend verknüpft werden.
Die Konklusion, gefolgerte Subsumtion, ist aber hierbei eine ganz andre, wenn man die zweite Subsumtion hinter die erste schiebt, als wenn man das Umgekehrte thut. Und beides ist zulässig, liefert richtige Kon - klusionen: man hätte aus der Prämisse links auch schliessen können: c; a ⋹ d; b, sowie c ɟ a ⋹ d ɟ b — wie man denn relatives Vor - und Nach - multipliziren, resp. - addiren bei der Anwendung des Satzes noch zu unterscheiden hat.
Die Modifikationen zu formuliren, welche der Satz zulässt, wenn die eine oder die andre oder wenn beide Prämissensubsumtionen in Gleichungen ausarten — in Analogie zu den Theoremen 15) bis 19) des Bd. 1 (S. 263 ‥ 267 sowie Bd. 2, S. 31) — überlassen wir dem Leser: Es können, relativ nicht minder wie identisch, auch Subsumtionen mit Gleichungen sowie Gleichungen mit Gleichungen überschiebend verknüpft werden. Eine Subsumtion sowol wie eine Gleichung kann beiderseits mit Gleichem, mit einem beliebigen aber links und rechts demselben Relative, relativ (vor - resp. nach -) multiplizirt werden; ein solches kann beiderseits zu ihr relativ (vor - resp. nach -) addirt werden. Z. B. es ist (a ⋹ b) ⋹ (a; c ⋹ b; c). Dagegen wäre: links nach - und rechts vorzumultipliziren mit c, im Allgemeinen natürlich nicht gestattet. Gleiches, auf gleiche Art geknüpft, gibt auch in unsrer Disziplin stets Gleiches.
Diese Bemerkungen sind, im Hinblick auf die Def. (1) der Gleichheit, so nahe liegende Korollare zu unserm Theoreme 1), dass sie mit diesem zugleich als erwiesen anzusehn sein werden.
Demnächst reihen sich an: die schon bekannten Sätze der ersten Hauptstufe:79§ 6. Die Grund-Gesetze der Spezies.2) 〈…〉 von denen nur das erste Paar, das Kommutationsgesetz, kein Analogon auf der zweiten Hauptstufe finden wird.
Ausserdem sind aber noch als fundamentale Sätze des identischen Kalkuls, zu denen sich bei den relativen Operationen keine Analoga werden nachweisen lassen, erinnernd hervorzuheben diese: 3) 〈…〉
Als (mit) auf die relativen Operationen bezüglich kommen nun - mehr neu hinzu die hochwichtigen Sätze: 4) 〈…〉 5) 〈…〉 6) 〈…〉 7) 〈…〉 welche mit ihren höchst nahe liegenden Korollaren: A) 〈…〉 unsre erste Formelgruppe abschliessen.
Die Sätze 4) bis 7) und A) bilden augenscheinlich in gewissem Sinne Analoga — wonicht einen Kontrast — zu den Sätzen 2), in denen mehr als zwei Buchstaben vorkommen.
80Dritte Vorlesung.Man muss sich dieselben möglichst fest einprägen, und zwar die blos einseitig als Subsumtionen geltenden 5) und 7), etc., auch mit der zugehörigen Richtung des Subsumtionszeichens. Vor allem merke man zu 4): Auch die relative Multiplikation verhält sich distributiv zur iden - tischen Addition, ebenso die relative Addition zur identischen Multiplikation. Insbesondre kann man identische Summen auch relativ „ ausmultipli - ziren “und umgekehrt einen „ gemeinsamen “relativen (Vor - resp. Nach -) Faktor bei den Gliedern einer identischen Summe als ebensolchen „ ausscheiden “. Etc.
Das Theorem 4) wollen wir das Distributionsgesetz der relativen Knüpfungen oder der zweiten Hauptstufe nennen — wobei wir fort - fahren unter dem „ Distributionsgesetze “schlechtweg immer das bis - herige, in 2) mit angeführte der ersten Hauptstufe angehörige Gesetz gleichen Namens zu verstehen.
Höchst beachtenswert ist der Satz 6) als das „ Assoziationsgesetz “der beiden relativen Knüpfungen. Von den beiden Gleichheitszeichen einer jeden Doppelgleichung 6) soll nur das erste als „ ein Theorem statuirend “aufgefasst werden, das zweite dagegen als — konventionell — eine Zusatzdefinition zum Ausdruck bringend. Das Theorem lautet:
Auch die relative Multiplikation ist (gleichwie die identische) eine assoziative Operation, desgleichen die relative Addition.
Die Zusatzdefinition erklärt hernach den Begriff des relativen Pro - duktes von drei in bestimmter Ordnung gegebenen Faktoren mittelst Zurückführung dieses Begriffes auf den schon feststehenden eines rela - tiven Produktes von nur zwei Faktoren — analog den Begriff der Summe aus drei relativen Summanden. Die Zusatzkonvention setzt fest: Unter a; b; c soll der übereinstimmende Wert der beiden in 6) vorhergehenden relativen Produkte verstanden werden. Etc.
Begriff und Sätze sind von dreien alsbald auf beliebig viele Terme ausgedehnt zu denken so, wie wir es in Anhang 3 des Bd. 1 für irgend eine Knüpfung nachgewiesen haben, wofern sie nur dem einfachsten Falle des Assoziationsgesetzes (dem „ speziellen “Assoziationsgesetz für drei Terme) unterworfen ist. Dies empfiehlt sich wenigstens als praktisch für unsre Theorie im Allgemeinen, unbeschadet dessen, dass in der neunten Vorlesung zeitweilig davon abgesehen werden mag.
Auch bei der relativen Multiplikation von beliebig vielen Relativen (und eventuell noch relativen Produkten solcher) wird hienach die Klammer - stellung gleichgültig sein: die Klammern können sämtlich unterdrückt oder auch nach Belieben angebracht werden. Analog bei der relativen Addition von Relativen (selbst und eventuell noch relativen Summen).
Der Satz 5) — zunächst links vom Mittelstriche — lehrt: dass wenn man einen relativen Faktor als ebensolchen (nämlich Vor - resp. 81§ 6. Gesetze der knüpfenden Spezies.Nachfaktor) distributiv zugesellt den Faktoren eines identischen Produktes, man im Allgemeinen nicht das Gleiche, sondern Übergeordnetes er - halten wird. Am leichtesten wird man sich diese Sätze wol einprägen mittelst Beachtung ihrer „ rhetorischen Evidenz “, auf welche für den ersten derselben S. 66 schon hingewiesen wurde.
Die Achtsamkeit auf dieses Merkmal erleichtert überhaupt das Behalten der Sätze, namentlich derer links vom Mittelstriche.
Diejenigen rechts prägen sich hernach von selbst mit ein als solche, die den vorerwähnten dual entsprechen. Wofern man sich nur die Herrschaft über die „ Prinzipien des Dualismus und der Konjugation “erwirbt, die wir baldigst aufstellen und begründen werden, fällt es überhaupt nur nötig, von jedem Quadrupel zusammengehöriger oder „ verwandter “Sätze einen einzigen — den ersten z. B. — zu merken.
Ebenso ist für den zweiten einleuchtend: Ein Liebender und zugleich Wohlthäter von einem Dienenden ist Liebender eines Dienenden und auch Wohlthäter von einem Dienenden. Aber nicht umgekehrt! Wer Liebender ist von einem, und zugleich Wohlthäter ist von einem (vielleicht ganz andern) Dienenden, braucht nicht Liebender und zugleich Wohlthäter von einem (einem und demselben) Dienenden zu sein!
In der That: Satz 6) erscheint rhetorisch geradezu als selbstverständ - lich, indem z. B. der „ Liebende eines Wohlthäters “von einem Dienenden als dasselbe sich darstellt wie: der Liebende eines „ Wohlthäters von einem Die - nenden “. Ebenso auch 4): Der Liebende von einem Wohlthäter von - oder Dienenden von - (jemand) ist entweder Liebender eines Wohlthäters von - oder Liebender eines Dienenden von - (diesem jemand), und umgekehrt. Desgleichen: Wer Liebender oder Wohlthäter ist von einem Dienenden, der ist auch Liebender von einem Dienenden oder Wohlthäter von einem Die - nenden, und umgekehrt.
Diese Wahrnehmungen dürfen aber, wie bereits betont, beileibe nicht als ein „ Beweis “der Sätze angesehen werden, welchen letzteren wir viel - mehr noch schuldig sind. —
Von zwei Operationsgliedern (Faktoren, Summanden) der in ihnen vor - kommenden identischen Produkte oder Summen sind auch die Sätze 4) und 5) alsbald auf beliebig viele Terme ausgedehnt zu denken in einer höchst nahe liegenden Weise, die vom speziellen Distributionsgesetze her aus Bd. 1 wohlbekannt ist (S. 311). Ebenso ist namentlich die erste Formel A) fortan erweitert zu denken zu einer auf relative Multiplikation bezüglichen „ Multiplikationsregel für Polynome “(nämlich identische Summen).
Und somit wäre nun blos noch das Theorem 7) zu besprechen und zu merken. Dasselbe nimmt eine Sonderstellung insofern ein als es einen Gegensatz, Kontrast bildet zum Distributionsgesetze der ersten Hauptstufe.
Es lässt zunächst vermuten, dass zwischen a; (b ɟ c) und a; b ɟ a; c allgemein keine Beziehung der Einordnung oder Gleichheit (überhaupt derSchröder, Algebra der Relative. 682Dritte Vorlesung.Wertgemeinschaft) bestehn wird, indem es eine solche Beziehung vielmehr statuirt zwischen jenem ersten Ausdrucke und diesem: a; b ɟ c, der sich durch Unterdrückung der Klammer aus ihm ergibt — wenn man will auch: durch Abänderung der Klammerstellung, Verschiebung der Klammer, indem nach § 5 dieser letztre Ausdruck nichts andres wie (a; b) ɟ c bedeutet.
Dass in der That zwischen relativer Multiplikation und Addition ein distributiver Zusammenhang allgemein nicht besteht, würde sich mittelst Exemplifikation auf das Gegenteil unschwer beweisen lassen.
Wollten wir uns aber damit befassen von allen erdenklichen Sätzen, denen in unsrer Disziplin allgemeine Geltung nicht zukommt, auch dieses nachzuweisen, so würden wir allzusehr belastet und unser ohnehin volu - minöses Buch übermächtig anschwellen. Wir haben schon genug damit zu thun für alle in unsrer Theorie positiv hingestellten Behauptungen die erforderlichen Beweise zu erbringen. Und die Pflicht der Beweisfüh - rung, das onus probandi, bliebe auf seite Desjenigen, der einen hier nicht aufgenommenen Satz anwenden wollte. Die eingehende Beschäftigung mit der Disziplin von seiten des Herrn Peirce und von mir gibt eine gewisse Bürgschaft dafür, dass einfachre Sätze, falls sie allgemein Geltung hätten, hier schwerlich übersehen sein würden. Wer den auf - geführten Sätzen neue hinzufügen will, sei hiermit herausgefordert. Ge - lingt das, so wird eine Bereicherung der Theorie zu verzeichnen sein. (Bei den Umkehrproblemen liefre ich selbst noch Einiges hinzu).
Verbal interpretirt besagt der erste Satz 7) z. B.: der Liebende eines „ Wohlthäters von allen ausser Dienenden “ist immer „ Liebender eines Wohl - thäters “von allen ausser Dienenden, d. h. steht zu allen ausser Dienenden in der Beziehung des Liebenden eines Wohlthäters von ihnen.
Wenn man den Worttext (in seiner ersten Fassung) liest, so möchte man wohl meinen, dass der Satz auch umgekehrt gelten müsse, dass näm - lich die durch die Kopula „ ist “verbundnen beiden Kategorieen von Per - sonen in eine Kategorie zusammenfielen. Dieses ist, wie wir noch genauer sehen werden, nun keineswegs der Fall: unser Satz darf nicht umgekehrt werden. Und es ist sehr bemerkenswert, dass die „ rhetorische Evidenz “— im Grunde (nur) weil die Wortsprache des Hülfsmittels (oder zur exakten Behandlung so unentbehrlichen Bezeichnungskapitals) der Klammern ent - behrt — hier leichtlich irreführt, wonicht geradezu dazu verleitet einen Fehlschluss zu begehen.
Ähnlich besagt der zweite Satz 7): Wer zu irgend einem Dienenden in der Beziehung steht eines Liebenden von allen ausser dessen Wohl - thätern, der ist ein Liebender von allen ausser Wohlthätern von Dienenden.
Vor Fehlschlüssen gewährt hier jedenfalls der Kalkul Rettung, und so kann ich nur raten, dass der Leser sich die einfachen Formeln 7) so wie sie eben sind einpräge.
Was nun die Beweise der Formeln betrifft, so muss ich den Leser schon darum bitten, sich noch ein wenig zu gedulden bis zur Er -83§ 6. Gesetze von Negation und Konversion.ledigung der nächsten Formelgruppe, weil bei Berücksichtigung der in dieser zu statuirenden Prinzipien der Konjugation und des Dualismus unsre Arbeit sich sehr verringern wird.
Eine zweite Formelgruppe zieht auch die Spezies der Negation und Konversion mit in Betracht.
Als die allereinfachsten verdienen vorangestellt zu werden die drei Sätze: 8) ā̄ = a, ă̄ = ā̆, ă̆ = a.
Der erste von diesen ist der schon aus dem identischen Kalkul bekannte „ Satz der doppelten Verneinung (Negation) “.
Der zweite lehrt, dass die Reihenfolge, in welcher die beiden Ope - rationen der Negation und der Konversion hintereinander ausgeführt werden, für das Ergebniss gleichgültig ist.
Dieser Satz hat bislang keinen Namen; vielleicht ist es genehm, denselben als den „ Wechselsatz von Negation und Konversion “zu bezeichnen.
Der dritte mag analog der „ Satz der doppelten Konversion “heissen. Derselbe lehrt, dass — gleichwie durch doppelte Negation — so auch durch doppelte (zweimal hintereinander vollzogene) Konversion jedes Relativ ungeändert bleibt. Auch doppelte Konversion „ hebt sich auf “oder: das Konverse vom Konversen eines Relativs ist dieses ursprüng - liche Relativ selber.
In ihrer Gesamtheit legen unsre drei Sätze die Folgerung nahe, dass die vier Ausdrücke B) a, ā, ă, ā̆ in Hinsicht der beiden Operationen der Negation und Konversion eine „ Gruppe “bilden.
Dieselben sollen die vier mit a (oder irgend einem von ihnen) „ verwandten “Relative heissen.
In hinreichend vereinfachten (sog. reduzirten) Ausdrücken kann eine jede der beiden nichtknüpfenden Spezies niemals successive, in mehrfacher Wiederholung, auftreten, sondern es kann nur vorkommen: eine jede einzeln, oder gar nicht, oder beide in der Ordnung - ̆ (strich - konvers) je einmal hintereinander.
Insbesondre wird auch stets sein müssen: ā̆̄̆ = a.
Hiernächst treten zu De Morgan’s schon bekannten Formeln: 9)
a̅b̅ = ā + b̄ | a̅ +̅ b̅ = āb̄ |
6*84Dritte Vorlesung.als vollkommne Analoga auf der zweiten Hauptstufe hinzu: 10) 〈…〉 — zwei höchst bemerkenswerte Sätze, nach welchen auch für die rela - tiven Knüpfungen der Wortlaut der vorigen aufrecht erhalten werden kann: das Negat des Produktes ist die Summe der Negate der Faktoren, das Negat einer Summe ist das Produkt der Negate ihrer Glieder.
Setzt in 10) man ā, b̄ für a, b und wendet den — unter 8) mit registrirten — Satz der doppelten Verneinung an, so ergeben sich zu den aus Bd. 1 schon bekannten beiden ersten auch noch die beiden letzten von den folgenden vier Formeln: C) 〈…〉 welche (die schon S. 3 aufgestellte Behauptung rechtfertigend) er - kennen lassen: dass von den beiden knüpfenden Spezies einer jeden Hauptstufe die eine — gleichviel welche — zur Not auch durch die andre entbehrlich gemacht werden kann. Solches aber auf Kosten der Einfachheit, Symmetrie und Eleganz des ganzen Lehrgebäudes wirklich zu thun, wäre mindestens ebenso thöricht, als wenn man z. B. in der Mathematik zugunsten des sinus die Namen cosinus, (tg, sec, etc.) — oder umgekehrt — aus der Welt schaffen wollte.
Nach C) muss auch jeder mittelst knüpfender Spezies aus einfachen Relativsymbolen aufgebaute Ausdruck seinem Werte nach ungeändert bleiben, wenn man denselben folgendem Prozesse unterwirft, der sich aus drei Teil - operationen zusammensetzt, nämlich: wenn man erstens die sämtlichen ein - fachen Operationsglieder in ihre Negate verwandelt, zweitens die beiden knüpfenden Operationen einer jeden Hauptstufe, als da sind Multiplikation und Addition, miteinander vertauscht, drittens vom Ergebnisse die Negation nimmt.
Bei dem Austausch der Operationen dürfen jedoch die Konventionen über Erforderlichkeit oder Entbehrlichkeit von Klammern nicht ausser Acht gelassen werden. Exempel: a; (b + c) ɟ d = (ā ɟ b̄c̄); d̄. ͞
Diese Sätze 9), 10) — in Verbindung mit 8) — garantiren nun - mehr, dass die Operationen der Negation und Konversion, welche in irgend einem mittelst der 6 Spezies aufgebauten Ausdrucke vorkommen, d. i. vorgeschrieben sein mögen, samt und sonders sich so weit ausführen lassen, dass sie an keinem noch irgendwie zusammengesetzten Aus - druckteile mehr zu vollziehen sein werden. Vielmehr lässt durch „ Aus - führung “der nichtknüpfenden Spezies hinfort jeder Ausdruck sich so85§ 6. Gesetze der nicht-knüpfenden Spezies.weit reduziren, dass Negationsstrich sowie Konversionsringel oder auch das Zeichen Strichkonvers höchstens noch über den einfachsten Sym - bolen — wie Buchstaben — haften, aus welchen als aus seinen letzten Elementen der Ausdruck aufgebaut war. Der allgemeinste Ausdruck also, der in unsrer Theorie ein binäres Relativ vorzustellen vermag, wird — solchergestalt reduzirt — ausschliesslich mittelst der vier knüpfenden von den 6 Spezies zusammengesetzt erscheinen aus lauter durch Buchstaben dargestellten und eventuell noch den mit ihnen „ ver - wandten “Relativen von der Form B). Solche Symbole eben wollen wir hinfort „ einfache “nennen.
Die Buchstaben können auch durch Modul (name) n vertreten sein, und werden dann die durch die übergesetzten Zeichen -, ̆, - ̆ angedeuteten Operationen, wie bald zu sehen, sich an ihnen noch vollends „ ausführen “lassen, sodass mit jenen Zeichen behaftete Moduln auch nirgends vor - kommen werden.
Die Anwendung der Formeln 9), 10) im Sinne von links nach rechts nennen wir das „ Ausführen “der Negation an den unter dem Negationsstriche linkerhand stehenden Ausdrücken.
Analog — doch in gewissen Hinsichten damit kontrastirend — gelten für die „ Ausführung “der Konversion die folgenden ebenfalls ganz fundamentalen Sätze:
ab͝ = ăb̆ | a + b͝ = ă + b̆ |
oder auch im Hinblick auf das Kommutationsgesetz als hiermit äquivalent: 11)
ab͝ = b̆ă | a + b͝ = b̆ + ă |
und dazu: 12)
a; b͝ = b̆; ă | a ɟ b͝ = b̆ ɟ ă. |
Im Gegensatz zur Negation lässt hiernach die Konversion bei ihrer Ausführung die Natur der Ausdrücke unverändert; sie kehrt aber, indem sie sich distributiv von denselben auf deren Operationsglieder, Terme überträgt, die Reihenfolge der letzteren um — ein Zusatz der blos bei den identischen Knüpfungsergebnissen irrelevant, belanglos ist, bei den relativen dagegen nicht missachtet werden darf. Man merke:
Das Konverse eines identischen Produktes ist das identische Produkt der Konverse seiner Faktoren. | Das Konverse einer identischen Summe ist die identische Summe der Konverse ihrer Glieder. |
Das Konverse eines relativen Pro - duktes ist das relative Produkt der | Das Konverse einer relativen Summe ist die relative Summe der |
Konverse seiner Faktoren, diese je - doch in der entgegengesetzten Reihen - folge genommen. | Konverse ihrer Glieder, diese eben - falls in der umgekehrten Ordnung genommen. |
Sowie umgekehrt.
Die Sätze 9) bis 12) sind von zweien alsbald auch wieder auf be - liebig viele Terme ausgedehnt zu denken.
Ersetzt man in 11) und 12) a und b durch ă, b̆, und beachtet den Satz der doppelten Konversion aus 8), so ergeben sich noch die Dar - stellungen: D) 〈…〉 welche zeigen, dass man in irgend einem vermittelst knüpfender Spezies aufgebauten Ausdrucke die umgekehrte Ordnung seiner sämtlichen Operations - glieder oder Terme herstellen könnte dadurch, dass man die letztern durch ihre Konverse ersetzte und alsdann den ganzen Ausdruck konvertirte.
Es sind jedoch die Teiloperationen des unter D) gleichwie des unter C) im vorigen Kontext geschilderten Prozesses blos in ihrer Gesamtheit allgemein gestattet. Im allgemeinen wird dagegen bei einem für sich stehenden Ausdrucke es nicht zulässig sein, dass man die Teiloperationen der soeben genannten Prozesse einzeln an ihm vornehme, sintemal die letz - tern von Einfluss auf den Wert des Ausdrucks sich erweisen dürften. Ebensowenig darf man die Terme des Ausdrucks durch ihre Negate ersetzen oder (eventuell in Verbindung damit) die Negation vom ganzen Ausdruck nehmen.
Denn wenn der Wert, die Bedeutung eines Ausdruckes geändert, der - selbe in einen (nicht blos der Form nach) „ andern “Ausdruck verwandelt wird, so lässt sich, falls man vom ursprünglichen Ausdrucke irgend etwas wusste oder zu begründen vermochte, von dem geänderten Ausdrucke dies nicht mehr wissen oder behaupten. Jedenfalls lässt sich das über den Aus - druck vorhandene Erkenntnisskapital nicht ohne weiteres auf diejenigen Transformationen desselben, die seinen Wert beeinflussen, übertragen. Viel - mehr geht man dieses gesamten Erkenntnisskapitals verlustig, gibt dasselbe preis, sobald man den Ausdruck durch einen solchen ersetzt, der einen vielleicht ganz andern Wert besitzen mag.
Es geht damit ähnlich wie in der Arithmetik: Stellt ein numerischer oder auch Buchstaben-Ausdruck z. B. die Geldsumme vor, die eine Person A einer Person B schuldet, so wird A gegen alle Transformationen des die Schuldsumme repräsentirenden Ausdrucks Protest erheben, welche denselben in einen solchen von höherem Werte verwandeln, B mindestens dagegen Verwahrung einlegen, dass der Ausdruck in einen andern von niedrerem Betrage umgewandelt werde.
Aus Gründen der angedeuteten Art nennt man bekanntlich „ erlaubt “oder „ zulässig “nur solche Umformungen eines Ausdruckes, von welchen garantirt werden kann, dass sie den Wert desselben ungeändert lassen.
87§ 6. Gesetze von Negation und Konversion.Dies traf oben bei C) und D) für die Teiloperationen der Prozesse nur in ihrer angegebnen Verbindung miteinander zu.
Doch können (solche) Operationen — wie Negiren, Konvertiren, Er - setzen der Terme durch von ihnen verschiedene, z. B. ihre Negate oder ihre Konverse — welche am einzelnen Ausdrucke unzulässig sind, an Aus - drücken dennoch zulässig werden in einer hochwichtigen Kategorie von Fällen, nämlich wenn diese Ausdrücke in eine allgemeingültige Formel als deren beide Seiten eingehen, oder was auf dasselbe hinauskommt, wenn sie in allgemeinen Lehrsätzen figuriren.
Dass da die unbestimmten, durch Buchstaben als allgemeine Symbole repräsentirten Operationsglieder auch durch andre durchweg ersetzt werden dürfen ist a priori einleuchtend, liegt nämlich im Begriffe der Allgemein - gültigkeit der Formel oder des Lehrsatzes.
Unter welchen Bedingungen aber, oder mit welchen Kautelen, die Operation des Negirens sowie die des Konvertirens beiderseitig voll - zogen werden darf an einer Subsumtion oder Gleichung — dies lehren die nächstfolgenden Sätze: 13) (a ⋹ b) = (b̄ ⋹ ā) = (ă ⋹ b̆) = (b̄̆ ⋹ ā̆) mit den höchst nahe liegenden Korollaren: E) 〈…〉 — worin sämtliche Aussagen weniger einander als vielmehr der ersten von ihnen gleichgesetzt zu denken sind.
Die Verwandlung der ersten Subsumtion 13) in die zweite wird bekanntlich die Kontraposition von jener genannt; sie läuft hinaus auf beiderseitiges Negiren, welches jedoch nicht ohne gleichzeitige Umkehrung des Subsumtionszeichens gestattet ist (oder falls man letztres bei - behalten will, zu verbinden ist mit einer Vertauschung von Subjekt und Prädikat der Subsumtion).
Die Verwandlung der ersten Subsumtion 13) in die dritte möge das beiderseitige Konvertiren derselben heissen. Dasselbe ist hienach ohne weiteres gestattet, liefert wiederum eine mit der gegebenen äqui - valente Subsumtion.
Die „ Umkehrung der Subsumtion “a ⋹ b selbst dagegen würde die - selbe in b ⋹ a verwandeln, welche letztere mit ihr zugleich gar nicht zu gelten braucht; ihre (legitime) Verwandlung in b  a dagegen würde blos als ein „ Rückwärtslesen “der Subsumtion zu bezeichnen sein.
Ihre Verwandlung in die vierte mag konvertirende Kontraposition genannt werden.
Bei den Gleichungen muss alsdann kraft Def. oder Festsetzung (1) das beiderseitige Negiren (die Kontraposition) sowol als auch das88Dritte Vorlesung.beiderseitige Konvertiren, sowie endlich dieses in Verbindung mit jenem ohne weiteres gestattet sein.
Durch beiderseitiges Negiren (Kontraposition) der Aussagen - gleichungen (Äquivalenzen) in 13) und E) ergibt sich noch als ein weiteres Korollar dazu: dass es auch gestattet ist in ihnen die in den Klammern stehenden Zeichen ⋹ und = durch deren Negationen ⋹ und ≠ durchweg zu ersetzen. Wir haben also ganz ähnliche Sätze auch für die Unsubsumtion und Ungleichung, nämlich als Korollar zu 13) und E): 〈…〉 .
Aus den Sätzen 8) bis 13) lassen sich jetzt auch die hochwich - tigen „ Prinzipien des Dualismus und der Konjugation “rechtfertigen, die uns in den Stand setzen, zu jeder als allgemeingültig erkannten „ Formel “sogleich noch drei zumeist neue Formeln hinzuschreiben, deren Gültigkeit mit ihr zugleich verbürgt sein wird. Die in der Theorie zu leistende Beweisarbeit wird damit auf beinah ihren vierten Teil reduzirt! Es verlohnt deshalb, hierauf sogleich näher ein - zugehen, indem man die chiffrirten Formeln vorderhand als erwiesen ansieht.
Die Formel habe die Gestalt einer Subsumtion oder aber einer Gleichung, oder auch der Verneinung von dieser oder jener. Wie später zutage tritt, lässt sich dies bei jeder Formel hinbringen, sodass es unbeschadet der Allgemeinheit vorausgesetzt werden kann. Zu beiden Seiten der Formel seien auch die Operationen der Negation und Kon - version schon ausgeführt.
Alsdann dürfen (erster Prozess) sämtliche Buchstabenrelative durch ihre Konverse ersetzt werden, weil für diese letztern Relativwerte die Formel ebensogut Geltung beansprucht wie für jene ursprünglichen Relative. Und ferner dürfen (zweiter Prozess) die Ausdrücke beider - seits nach 13) und E) konvertirt werden, wodurch nach 8) die Kon - versionsringel über den Buchstaben wieder aufgehoben werden, aber die Reihenfolge sämtlicher Operationsglieder in der Formel sich in die entgegengesetzte verwandelt.
Es muss dann also auch diejenige Formel gelten, welche man (mit einem Schlage) aus der gegebnen Formel erhält, indem man die Aus - drücke zu beiden Seiten derselben genau so hinschreibt, wie man sie rück -89§ 6. Dualismus und Konjugation.wärts*)Buchstaben natürlich, mit Einschluss der Π, Σ, ebenso aber auch die Modulsymbole 0, 1, 0 ', 1' und endlich die Knüpfungszeichen; und ɟ dürfen hierbei nicht umgedreht werden. Und die Π, Σ müssen den Ausdrucksteilen, vor welchen sie standen, vorangestellt bleiben. liest — während man jedoch etwa vorkommende spezielle Rela - tive durch deren Konverse ersetzt.
Dies ist zunächst klar, soferne in der Formel keine speziellen Relative (Moduln) vorkamen, dieselbe vielmehr lediglich auf allgemeine oder Buch - stabenrelative Bezug nimmt. In solchem Falle muss zur Rechtfertigung des Gesagten nur noch folgende Überlegung beigebracht werden.
Kam ein a, ā, ă oder ā̆ in der Formel vor, so verwandelt der erste Prozess dasselbe bezüglich in: ă, ă̄ = ā̆, ă̆ = a, ă̄̆ = ā̆̆ = ā. Der zweite Prozess verwandelt dasselbe hernach in resp. : ă̆ = a, ā̆̆ = ā, ă, ā̆, das heisst: die beiden Prozesse hintereinander ausgeführt lassen, wie be - hauptet, die vier Symbole wirklich unverändert.
Auf spezielle Relative, nur, die etwa (neben allgemeinen) noch in der Formel vorkommen, ist der erste Prozess gar nicht anwendbar.
Gilt z. B. a + 1 = 1 als allgemeine Formel, so darf zwar a durch ā, ă, b, 0 und was man will ersetzt werden, nicht aber 1.
Bei solch speziellen Relativen hat daher der zweite Prozess die durch nichts kompensirte Wirkung, dieselben unter Umkehrung der Reihenfolge, in welcher sie mit andern Symbolen verknüpft sind, in ihre Konverse zu verwandeln.
Moduln allerdings — werden wir sehen — bleiben auch hierbei un - verändert, sodass die vorstehend kursiv gedruckte Methode schon ohne den letzten Zusatz anwendbar ist, soferne — neben Buchstaben — als spezielle Relative höchstens Moduln in der Formel vorkommen.
Diese zweite mit der ersten zugleich verbürgte Formel möge die zu ihr „ konjugirte “heissen. Aus ihr geht hinwiederum durch dieselben Prozesse auch ihrerseits die erste hervor, sodass die Beziehung zwischen konjugirten Formeln eine gegenseitige zu nennen ist. Das aus den genannten beiden Prozessen zusammengesetzte Verfahren mag „ Kon - jugiren “(Konjugation) genannt werden.
Bei Gleichungen — natürlich „ analytischen “, denn auf „ synthetische “Gleichungen, auf „ Relationen “ist das Konjugiren überhaupt nicht anwend - bar — bei Gleichungen, in welchen keine andern speziellen Relative als höchstens Moduln vorkommen, könnte das Verfahren geradezu als ein buch - stäbliches Rückwärtslesen derselben bezeichnet werden; bei Subsumtionen jedoch darum nicht, weil behufs Konjugirens Subjekt und Prädikat nicht vertauscht werden dürfen, vielmehr der Minor Minor bleiben muss. Hier90Dritte Vorlesung.wäre es allenfalls angängig „ beiderseitiges buchstäbliches Rückwärtslesen “für „ Konjugiren “zu sagen.
Jedoch ist der verbale Ausdruck „ Rückwärtslesen “schlechtweg bei einer Gleichung, oder Subsumtion, Ungleichung etc. bereits in einem ganz andern Sinne gebräuchlich: man pflegt darunter blos zu verstehen: die Verwandlung von a = b in b = a oder von a ⋹ b in b  a, etc., unter gewöhnlichem oder Vorwärtslesen der beiderseitigen (vielleicht sehr kom - plizirten) Ausdrücke, welche uns die Buchstaben a und b bei dieser Be - trachtung vertreten.
Ebendarum, sowie auch wegen der in der vorigen Fussnote hinsicht - lich etwa vorkommender Π, Σ statuirten Einschränkung, empfiehlt es sich am besten, den Ausdruck „ Konjugiren “zu gebrauchen.
Die Konjugation also liefert uns zur ersten Formel eine zweite, die mit ihr zugleich gelten muss. Es kann sein, dass diese zweite Formel doch nur den nämlichen Satz ausdrückt wie die erste — dass sie nämlich aus ihr auch hervorgeht durch blosse Buchstabenvertau - schung —, in Verbindung, nötigenfalls, auch mit wirklichem Rück - wärtslesen der ganzen Formel (sofern sie Gleichung oder Ungleichung gewesen).
Wie leicht zu sehen würde das z. B. bei irgend einem unsrer vier Assoziationsgesetze zutreffen.
In solchem Falle führen wir die zu einer aufgestellten konjugirte Formel nicht mit an. Dergleichen findet verhältnissmässig selten statt. In der grossen Mehrzahl der Fälle drückt die zu einer ersten konju - girte Formel einen ganz neuen Satz aus. Wir pflegen sie dann unter die erste zu schreiben, und verfügen bis jetzt über (im allgemeinen) zwei Formeln.
Die zu einer gegebnen konjugirte Formel wird jedoch oftmals nicht rein als solche, sondern mit noch obendrein vertauschten Buchstaben ange - geben, etwa damit diese wiederum alphabetische Ordnung aufweisen.
Zu jeder von diesen Formeln lässt sich nun ferner das duale Gegenstück derselben herstellen, sodass wir noch zwei eventuell aber - mals neue Formeln hinzu erhalten, die wir dann hinter einem „ Mittel - strich “gewöhnlich neben die vorigen stellen. Den beiden letzten werden ihrerseits auch wieder die beiden ersten Formeln „ dual entsprechen “. Das duale Entsprechen, der „ Dualismus “zwischen den nebeneinander stehenden Formeln wird ein gegenseitiges sein, und ferner: wie die untereinander stehenden Formeln links vom Mittelstriche einander kon - jugirt waren, so werden auch die beiden Formeln rechts vom Mittel - strich zueinander konjugirt sein müssen, sodass mit den vier Formeln deren „ Gruppe “abschliesst.
Für die Operation der Bildung des dualen Gegenstücks ist noch91§ 6. Gespanne von Formeln und Sätzen.kein Name in Gebrauch; es scheint dafür der Ausdruck „ Dualisiren “zur Verfügung zu stehen (minder gut, weil schon mit Nebendeutungen versehen, wol „ Opponiren, Opposition, Entgegensetzung “oder dergl.).
Also: durch Dualisiren gehen die nebeneinander, durch Konjugiren die untereinander stehenden von den vier Formeln in einander über, und weil jene beiden erlaubte Prozesse sein werden, so dürfen mit irgend einer von den vier Formeln zugleich alle viere Geltung bean - spruchen. Die vier Formeln, die sich nur auf zweie oder eine auch reduziren können, bilden eine Tetrade, ein Quadrupel, Viergespann von — wie wir sagen wollen — „ verwandten “Formeln oder Sätzen.
Beispiele dazu liefern schon die bisher aufgeführten Sätze.
Eine Reduktion der vier Formeln auf dreie, welche verschiedene Sätze zum Ausdruck brächten und dennoch in Hinsicht der Operationen des Konju - girens und Dualisirens eine (vollständige) Gruppe bildeten, ist unmöglich. Dies würde sich leicht im Anschluss an unsre Ausführungen apagogisch beweisen, theoretisch begründen lassen. Man mag sich jedoch auch an der aus der Praxis unsrer Disziplin zu schöpfenden Erfahrung genügen lassen, dass Triaden, Tripel, Dreigespanne von Formeln in dieser niemals auftreten.
In eine Dyade, ein Paar oder Zweigespann von Formeln kann das Viergespann auf zwei Arten ausarten. Entweder könnten hiebei die einander konjugirten, oder die zueinander dualen Formeln jeweils in eine zusammenfallen — abgesehen natürlich von der Wahl der Buch - staben, mit denen die in die Formel als Terme eingehenden allgemeinen Relative gerade benannt erscheinen und wofür ja der Grundsatz mass - gebend ist: „ der Name thut nichts zur Sache “. Im erstern Falle sind die verbleibenden das Zweigespann bildenden Formeln, als duale, durch einen Mittelstrich getrennt nebeneinander gesetzt (oder wenigstens auf einer Zeile stehend zu denken). Im letztern Falle — der jedoch nicht vorzukommen scheint — würden sie als konjugirte, untereinander stehen. Dagegen kommt es — wie beim Zweigespann: 7) 〈…〉 — vor, dass die dualen Formeln zugleich konjugirte sind, ohne dass doch diese oder jene unter sich zusammenfielen.
Dass die vier Formeln auch in eine zu einer „ Monade “, einem „ Eingespann “zusammenschrumpfen können, zeigt sich schon bei den Sätzen 0), 1) und 13).
Im Hinblick auf diese Möglichkeiten oder Degenerationsfälle wer - den wir allgemein am besten (ohne nähere Zahlbezeichnung) blos von einem „ Gespann “von Formeln oder Sätzen reden.
92Dritte Vorlesung.Der Ausdruck „ Gruppe “wird schon anderweitig und ohnehin in nur zu oft wechselndem Sinne gebraucht.
Ursprünglich setzt sich das „ Dualisiren “aus folgenden beiden Prozessen zusammen, mit deren Zulässigkeit das Verfahren auch ge - rechtfertigt erscheint. (Erster Prozess:) Man ersetze alle in der Formel vorkommenden Buchstaben, welche allgemeine Relative vorstellen, durch deren Negate für welche ja die Formel ebensogut gelten muss wie für die ursprünglichen Relative.
Hernach wende man (zweiter Prozess) das gemäss 13) und E) er - laubte Verfahren des beiderseitigen Negirens, der Kontraposition an, was nach den Schemata 13) bei einer Subsumtion oder Subsumtionsnega - tion die Umkehrung von deren Beziehungszeichen, wo nicht eine Ver - tauschung von Minor und Major involvirt, bei einer Gleichung solche Vertauschung ihrer beiden Seiten zwar nicht peremtorisch fordert aber wenigstens zulässt. Durch diesen zweiten Prozess wird nach den Sche - mata 9) und 10) die Reihenfolge der Operationsglieder oder Terme nicht alterirt.
Es werden ferner wegen 8) die vorhin über die Buchstaben ein - geführten Negationstriche wieder aufgehoben und bleibt als Nutzeffekt nur der: dass die knüpfenden Operationen einer nämlichen Hauptstufe sich durch einander ersetzen — während jedes in der Formel vorge - kommene spezielle Relativ sich in sein Negat verwandelt.
Um die Restitution, Wiederherstellung der ursprünglichen Buchstaben zufolge des Sich-Aufhebens der doppelten Verneinung genauer einzusehen, hat man noch zu überlegen:
Kam ein a, ā, ă, ā̆ in der Formel vor, so wird es durch den ersten Prozess in ā, ā̄ = a, ā̆, ā̄̆ = ă verwandelt, darnach aber durch den zweiten Prozess in ā̄ = a, ā, ā̆̄ = ā̄̆ = ă, ă̄ = ā̆, d. h. man erhält die alten Symbole wieder.
Nur bei Symbolen für spezielle Relative — wie Moduln z. B. —, auf welche der erste Prozess nicht angewandt werden durfte, ansonst die For - mel ihrer erwiesenen Gültigkeit verlustig ging, nur bei diesen tritt der zweite Prozess ungeschwächt in Wirksamkeit und verhilft ihnen zu einem Negationsstriche.
Bei Moduln — wird sich im § 8 zeigen — kann auch diese Nega - tion sogleich „ ausgeführt “werden indem sie blos Vertauschung von 0 und 1, sowie von 0 'und 1', mithin der beiden Moduln einer Hauptstufe, bewirkt.
Indem man also daneben blos die Zeichen · und + sowie; und ɟ event. auch Π und Σ vertauscht, wird sich die Operation des Dualisirens eines Ausdruckes auch mit einem Schlage ausführen lassen, soferne als spezielle93§ 6. Dualisiren und Konjugiren.Relative höchstens Moduln in dem Ausdrucke vorkommen — und dies ist praktisch weitaus der häufigste Fall.
Im Gegensatz aber zum Konjugiren, welches die Natur der Knüp - fungszeichen und die Klammerstellung nicht weiter berührte als in - dem sie deren Reihenfolge in die entgegengesetzte verwandelte, wird nun bei der Herstellung des dualen Gegenstücks zu einem Ausdrucke sorgfältigst Bedacht zu nehmen sein auf korrekten Ansatz der Klammern.
Das zu dem Ende einzuhaltende Verfahren wird man sehr leicht im Hinblick auf die Konventionen des § 5 sich aneignen und einüben, doch ist es nicht ganz einfach zu beschreiben.
Man muss sich eben in dem gegebnen Ausdrucke sämtliche Klammern — auch die Ersparniss halber daselbst unterdrückten — ausdrücklich ange - setzt denken, muss die fehlenden mental suppliren oder im Geiste herbei - schaffen. Blos innerhalb solcher Ausdruckteile, die wie a · b · c … (oder abc ‥), wie a + b + c ‥, a; b; c; ‥, a ɟ b ɟ c ɟ ‥ mittelst einer und derselben knüpfenden Spezies aufgebaut erscheinen, darf letztres — der Assoziationsgesetze halber — unterbleiben. Unerlässlich ist es aber überall da, wo verschiedene knüpfende Spezies konkurriren, verschiedne Knüpfungszeichen (durch Buchstaben oder Ausdruckteile ge - trennt) aufeinander folgen.
Nach vollzogener Umwandlung der Knüpfungszeichen muss man alsdann die sich nach § 5 als entbehrlich zu erkennen gebenden von all den Klam - mern wieder fort lassen.
Es werden entbehrlich gerade diejenigen Klammern, die im gegebnen Ausdrucke ausdrücklich angesetzt waren und dort nicht unterdrückt werden durften. Diese also wird man beim Dualisiren weglassen. Und umge - kehrt: diejenigen Klammern, die im gegebnen Ausdrucke fehlten, werden im allgemeinen in dessen dualem Gegenstücke ausdrücklich zu setzen sein — abgesehn nämlich von obenerwähnten Fällen der Assoziativität und noch einigen andern Fällen, wie a · b; c — wozu, auch wieder ohne Klam - mern, a + b ɟ c das duale Gegenstück sein wird — deren vollständige Auf - zählung indessen kaum verlohnen dürfte.
Es versteht sich, dass beim Dualisiren sowol als beim Konjugiren die Reihenfolge der beiden Teilprozesse auch als die umgekehrte hätte genom - men, der zweite Prozess als erster hätte angesetzt werden können.
Darin, dass beim Dualisiren die Reihenfolge der Terme ungeändert gelassen wird, und beim Konjugiren die Natur der Knüpfungszeichen, liegt die Rechtfertigung der obigen Angabe, dass die dualen zu zwei konjugirten Formeln (resp. Ausdrücken) ebenfalls einander konjugirt sein müssen, gleich - wie die konjugirten zu zwei einander dual entprechenden Formeln (resp. Ausdrücken) auch ihrerseits werden zu einander dual sein müssen. Die beiden Prozesse „ stören sich gegenseitig nicht “.
Es muss auch einerlei sein, in welcher Ordnung etwa diese beiden ein -94Dritte Vorlesung.ander niemals störenden Operationen oder Prozesse hintereinander ausgeführt werden, als da sind: Vertauschung gewisser Knüpfungszeichen, nämlich Ver - wandlung jedes Knüpfungszeichens in das andre von derselben Hauptstufe, und: Rückwärtslesen des Ausdrucks, oder Umkehrung der Reihenfolge von allen seinen Termen und den sie verbindenden Zeichen — worauf ja das Dualisiren und das Konjugiren wesentlich hinauslief.
Durch beide Operationen, gleichviel in welcher Folge sie ausgeführt werden, gelangt man — genau so wie in der Kinematik bei der Zu - sammensetzung, dem „ Parallelogramm der Bewegungen “— von irgend einer der vier Formeln unsres Quadrupels allemal zu der ihr diagonal gegenüberstehenden — das eine mal über die eine, das andre mal über die andre Ecke des Vierecks, d. h. eben vermittelst einer von den beiden Formeln, die mit ihr in derselben Flucht stehen (auf derselben Zeile oder aber in derselben Spalte).
So wichtig in praktischer Hinsicht diese Fingerzeige auch sein mögen indem sie uns beinah drei viertel aller Deduktionsarbeit er - sparen werden, bilden sie doch kein wesentliches Moment im deduktiven Aufbaue unsrer Theorie selbst: die durch sie gesparte Arbeit könnte ja in jedem Einzelfalle mit grösster Leichtigkeit geleistet werden! Es ist darum kein grosses Gewicht darauf zu legen, ob etwa die vor - stehend über Dualismus und Konjugation aufgestellten Behauptungen in ihrer ganzen Allgemeinheit durch die von mir dazu gegebnen Er - läuterungen schon vollkommen strenge — als aus unsern 28 fundamen - talen Festsetzungen formal folgende — begründet zu erachten seien.
Solche Begründung könnte pedantischer noch verlangt und beigebracht werden; bei wesentlichen Deduktionen werden wir ganz anders strenge — penibel formal — zuwerke gehen. Bei jenen Überlegungen aber ver - lohnte wol solches nicht; ich messe denselben fast nur die erziehliche Wir - kung bei, dass sie den Leser in den Stand setzen, sowol: die fehlenden drei viertel der Beweise, um deren Druckraum wir unser Buch entlasten müssen, gewünschtenfalles selbst beizubringen: als blosse Wiederholungen in der dualen oder konjugirten Umschreibung des Viertels der Beweise welches wir bringen, als auch: aus der von uns bewiesenen Formel eines jeden Quadrupels sich immer die drei andern direkt auf kürzestem Wege herzuleiten. Immerhin hoffe ich die beiden Prinzipien einleuchtend gemacht zu haben und kann versichern, dass sie bei längerer Praxis immer intui - tiver werden.
Das Prinzip des Dualismus — hier nur zufolge Hinzutretens der bei - den relativen Knüpfungen und Moduln unwesentlich in nahe liegender Weise, zu erweitern gewesen — ist dem Leser schon aus dem identischen Kalkul bekannt. Dass letzterm das Konjugationsprinzip fremd ist, liegt daran dass diese Disziplin keine nicht-kommutativen Spezies kennt. Im identischen Kalkul fallen konjugirte Formeln im Hinblick auf die Kommu - tationsgesetze jeweils in einen Satz zusammen, und sie würden auch in der Algebra der Relative in eine Formel zusammenfallen, wenn hier alle knüp -95§ 6. Grundgesetze der Spezies.fenden Spezies kommutative wären; verschieden können beide hier nur ausfallen, wenn relative Knüpfungen in ihnen vorkommen. Es drücken insbesondre bei den Distributionsgesetzen in 2) die vier Formeln blos zwei Theoreme aus; die untereinanderstehenden besagen das nämliche; getrennt wurden sie blos aufgeführt, damit ihre Analogie mit 4) etc. gut zutage trete.
Unschwer würde wol ein Bezeichnungssystem zur Darstellung der Operationen (sowie der Moduln) unsrer Disziplin sich aushecken lassen, welches die vier (eventuell auch nur zwei) Formeln eines jeden „ Gespan - nes “von Sätzen auf einen gemeinsamen Ausdruck zu bringen gestattete. Zu solch genereller Zusammenfassung der Sätze jeden Quadrupels scheint mir aber gar kein Bedürfniss vorhanden. Dem Anfänger ist die kleine Repetition der Beweisführung beim dual entsprechenden oder konjugirten eines einmal bewiesenen Satzes als eine heilsame Übung wohl zu gönnen, und angewendet werden die Sätze eines Gespannes, wenn nicht — wie in der Regel — blos einzeln, so doch zusammen immer nur in kollektiver Verbindung miteinander — als cuncti, nicht als omnes.
Um nunmehr mit unsrer zweiten Formelgruppe zu Ende zu kom - men, haben wir anzuführen, dass noch diese allgemeinen Sätze be - kannt sind: 14) 〈…〉 15) 〈…〉 welche letztern noch von Peirce gegebnen man auch mit der Anwen - dung auf den andern Term, die sie nach den Kommutationsgesetzen zulassen, vereinigen könnte zu: F) 〈…〉
Und ferner, dass die Peirce’schen Sätze identischen Kalkuls: 16)
(ab ⋹ c) = (a ⋹ c + b̄) = (b ⋹ ā + c) | (c ⋹ a + b) = (cb̄ ⋹ a) = (āc ⋹ b) |
welche ein gewisses Gegenstück zu denen der letzten Zeile unter 3) bilden, auch für unsre Relative gelten und für deren Theorie hoch - wichtig sind.
Diese (rechts und links vom Mittelstriche im Grunde den näm - lichen Satz darstellenden) Formeln 16) besitzen auf der zweiten Haupt - stufe merkwürdige Analoga, auf die wir in § 17 eingehen werden.
Zudem würden sich noch andre gar nicht sehr zahlreiche Sätze als unter die Überschrift des Paragraphen fallende anreihen lassen, die wir für eine spätere Fortsetzung aufzusparen vorziehen. Zu einer96Dritte Vorlesung.ersten Grundlegung kann das Bisherige genügen und wollen wir unsre Aufmerksamkeit demnächst dem Beweisverfahren für die aufgezählten Sätze zuwenden.
Diejenigen von den vorstehenden allgemeinen Sätzen, welche sich in der Form von Gleichungen präsentiren, sichern uns, falls die Glei - chungen primäre im Boole’schen Sinne sind, die Mittel zur Umfor - mung, Transformation von Ausdrücken: jeder nach dem Schema der einen Seite der Gleichung gestaltete Ausdruck kann durch einen nach dem Vorbild der andern Seite umgestalteten ersetzt werden. Von solchen Mitteln lässt sich, mit dem Erfolge dass man zu neuen Er - kenntnissen geführt wird, ein judiziöser Gebrauch machen.
Ebenso, wenn die Gleichungen sekundäre sind, verbürgen unsre Sätze uns die Erlaubniss zur äquivalenten Umformung von Behaup - tungen, Urteilen oder Aussagen, sobald solche nur die Form der einen Seite der Gleichung haben, gleichviel welcher von beiden Seiten.
Formeln, die wie z. B. 1) die Form von sekundären Subsumtionen haben, gestatten wenigstens das Ziehen von Schlüssen, als den Über - gang von einer Prämisse der Form des Minor zu einer Konklusion von der Form des Major der Aussagensubsumtion — ein Übergang, der bei der Aussagenäquivalenz sogar vor - und rückwärts statthaft.
Aber auch diejenigen Sätze oder Formeln, welche wie 5, 7, 14, 15) blos als primäre Subsumtionen sich darstellen, ermöglichen — im Hinblick besonders auf Prinzip II sowie Th. 2) und 3) des Bd. 1 — noch in mannigfaltiger Weise das Ziehen von Schlüssen.
Dem Anfänger scheinen solche wenn auch allgemeingültige Subsum - tionen vielleicht herzlich wenig Information zu liefern, nur wenig zu lehren, und erscheint der Rat am Platze sie, und ihresgleichen später, hin - sichtlich ihrer Bedeutung ja nicht zu unterschätzen.
Nicht nur ist ja, nach dem Theorem von R. Grassmann (a ⋹ b) = (a = ab) = (a + b = b) z. B., jede Subsumtion ohnehin äquivalent einer Gleichung, die dann freilich von minder einfachem Ausdrucke und dem - gemäss von beschränkterer Anwendungsfähigkeit erscheint, sondern es wird auch ein jeder, der sich selbstthätig an Untersuchungen oder Forschungen, an die Lösung von Aufgaben in unsrer Disziplin wagt, unfehlbar folgende Erfahrung machen.
So unliebsam gross die Menge der Sätze, die wir aufzustellen haben, so überwältigend die Fülle der Formeln auf den ersten Blick erschienen sein mochte, sie scheint in solchem Falle noch lange nicht gross genug zu sein; man ist froh um eine jede derselben, auf die man sich zu berufen vermöchte, mag sie auch blos den dürftigen Inhalt einer Subsumtion auf - weisen; man steht den gewichtigsten Problemen unsrer Disziplin oft noch beinahe ratlos gegenüber, und erkennt ihren wirklich grossen Reichtum an97§ 6. Die Π und Σ von Relativen.Ausdrucksformen als einen eben den Bedarf deckenden, das noch nicht so grosse Heer der Methoden aber, über die unsre Disziplin bislang ver - fügt, als ein zumeist noch recht unzulängliches.
So repräsentiren unsre Sätze zwar ein gewisses schon nicht zu ver - achtendes Kapital an Hülfsmitteln, oft machtvollen Instrumenten des Den - kens, dem aber eine Ausgestaltung zu immer noch grösserer Fülle, eine Entwickelung zu noch viel grösserer Machtentfaltung dringend zu wün - schen bleibt.
Schliesslich erübrigt es uns noch, die wichtigsten von den Sätzen oder Formeln zusammenzustellen welche für die (identischen) Pro - dukt (ation) e (n) Π und Summ (ation) en Σ von binären Relativen Geltung haben, sei es dass man diese Symbole als selbständig definirt ansieht in der Art, wie wir es am Schlusse des § 3, S. 36 geschildert haben und wie es beispielsweise bei „ kontinuirlichem “Erstreckungsbereiche der Π und Σ unumgänglich ist, sei es dass man dieselben blos als Ab - kürzungen verwendet für die Ergebnisse binärer identischer Knüpfungs - spezies zwischen irgendvielen Termen, welche nur unbequem sämtlich hinzuschreiben wären.
Dass für beide Deutungsweisen unsre Formeln die nämlichen sein müssen (indem eben die zweite Interpretation sich der ersten einordnet) wird streng genommen erst mit der neunten Vorlesung als gesichert anzu - sehen sein.
Überhaupt ist zu bemerken, dass die einschlägigen Sätze erst spät, in schon ziemlich vorgerückten Partieen unsrer Theorie zur Anwendung kommen werden, weshalb sie der Studirende auch bis dahin überschla - gen mag.
Grösstenteils sind die Sätze schon im identischen Kalkul gültig und bekannt. Sie bilden alsdann Gegenstücke, Pendants, eventuell aber auch stark modifizirte (nämlich abgeschwächte oder defekte) Analoga zu den Schemata des Aussagenkalkuls, welche wir unter α) bis ξ) am Schlusse des § 3 bereits zusammengestellt haben — und zwar Ana - loga, weil, mit Rücksicht auf Festsetzung (14), im Grunde Konse - quenzen derselben! Die Analogie ist aber keine durchgängige, viel - mehr werden einzelne von jenen Aussagenschemata sogar ganz ohne Gegenstück (bei Relativen) bleiben, und wird sich dem formelreichern Aussagenkalkul gegenüber auch von unsern neufundirten Grundlagen aus der identische Kalkul wiederum als der weniger Schlüsse gestat - tende erweisen — wofür der letzte Grund in dem Umstande zu er - blicken ist, dass zu der mit Πi j konstruirten fundamentalen Festsetzung (14) ein mit Σi j konstruirtes „ aussagenduales “Gegenstück fehlt, und daselbst (vgl. Bd. 2, S. 43 sqq.) auch definitiv unzulässig bleibt. —
Schröder, Algebra der Relative. 798Dritte Vorlesung.Um die Formeln nicht mit Zeichen zu überladen, wollen wir da, wo nur ein allgemeines Relativ und Σ oder Π-zeichen in Betracht kommt, den laufenden Zeiger unerwähnt lassen.
Ist a konstant, so haben wir das Tautologiegesetz 17) Πa = a = Σa wie immer die Erstreckung des Π oder Σ auch gegeben sein möge — vgl. δ) des § 3, S. 39.
Ist a variabel, so haben wir doch: 18) Πa ⋹ a ⋹ Σa wenn das in der Mitte stehende (von Π und Σ) freie a nur irgend einen, einen beliebigen von den wechselnden Termen (a) vorstellt, über welche das Π und Σ sich übereinstimmend erstrecken soll — vergl. α) des § 3.
Ein solches Πa, = 〈…〉 , soll uns eigentlich einen in formaler Hin - sicht als allgemeiner oder noch umfassender erscheinenden Ausdruck vertreten: 〈…〉 .
Dieser Ausdruck umfasst zunächst in der That den vorigen, indem es uns, solange φ (a) von unbestimmter Allgemeinheit ist, jederzeit freistehn wird, dieses φ (a) = a selbst zu spezialisiren.
Anstatt jedoch als Erstreckung des Π den Bereich der Werte an - zugeben, welche dem Argument a des allgemeinen Terms φ (a) in Ge - danken beizulegen sind, m. a. W. welche a selbst „ zu durchlaufen “hat, und durch welche sich die zugehörigen Werte von φ (a) jeweils eindeutig bestimmt erweisen, kann man sich auch sogleich den Bereich der letzteren Werte angegeben denken. Dieser bildet einen neuen, von dem des a im allgemeinen verschiedenen Erstreckungsbereich, und wenn wir ihn an Stelle des vorigen zugrunde legen, so wird unser Ausdruck 〈…〉 durch den 〈…〉 nunmehr zu ersetzen sein. Förmlich einander gleich dürfen trotz ihrer Identität die beiden Ausdrücke aber nicht gesetzt werden, weil in solcher Gleichung wegen der Verschiedenheit der beiderseitigen Er - streckungsbereiche das Zeichen Π als ein „ doppelsinniges “gebraucht erschiene [das φ (a) hat ja nicht die Werte des a anzunehmen oder zu durchlaufen!] — also: weil mit dem Übergang über das Gleich - heitszeichen ein Wechsel in den Bezeichnungsprinzipien, in der Ter - minologie oder Nomenklatur eingetreten wäre, was unerlaubt.
99§ 6. Gesetze der Π und Σ von Relativen.Jetzt steht aber nichts im Wege, für den umständlichern Namen φ (a) einen Buchstaben c als kürzern Namen einzuführen, φ (a) = c zu setzen, und so gelangen wir zu dem Ausdrucke: 〈…〉 welcher von derselben Form ist wie der frühere 〈…〉 , in welchem nur der Erstreckungsbereich jetzt als ein anderer zu denken ist, nämlich statt aus den Werten von a aus denen von φ (a) bestehen wird.
Von vornherein, nämlich sofern es sich um eine neue oder selb - ständig in voller Allgemeinheit zu führende Untersuchung handelt, mögen wir aber auch statt des Buchstabens c den Namen a selbst verwenden, und gelangen so zu unserm frühern Ausdruck zurück als einem nur scheinbar weniger allgemeinen:
Durch geeignete Wahl, Abänderung des Erstreckungsbereiches lässt sich jeder Ausdruck von der Form 〈…〉 in einen einfacheren von der Form 〈…〉 umwandeln.
Ähnliches ist inbezug auf die Ausdrücke 〈…〉 , 〈…〉 , 〈…〉 gesagt zu denken, die wir durch die einfacheren 〈…〉 , 〈…〉 , 〈…〉 a priori ersetzen können, wie dann auch das Umgekehrte zulässig bleibt.
Jenes aber zu thun empfiehlt sich wegen der dadurch bewirkten Entlastung, des erzielten Gewinnes an Übersichtlichkeit der Formeln.
Dies vorausgesetzt werden wir haben, als Gegenstück zu γ) des § 3: 19)
Π̅a̅ = Σā | Σ̅a̅ = Πā |
woneben sogleich gestellt sein möge: 20) 〈…〉 ferner als Gegenstück zu ε), ζ) des § 3: 21) 〈…〉 — was auch hinreichend ausdrucksvoll, nicht missverständlich, schon durch Π (a ⋹ b) = (Σa ⋹ Πb) dargestellt werden kann.
Die Schemata η), ϑ) des § 3 entbehren eines genauen Analogons in unsrer Theorie, ziehen keine Formel vom selben Schema für unsre Relative nach sich es sei denn die abgeschwächte: 22) Σ (a ⋹ b) ⋹ (Πa ⋹ Σb).
7*100Dritte Vorlesung.Den Schemata ι) ibid. entspricht: 23)
Π (a = 1) = (Πa = 1) | Π (a = 0) = (Σa = 0) |
24)
Σ (a = 0) ⋹ (Πa = 0) | Σ (a = 1) ⋹ (Σa = 1) |
wobei die Formeln der zweiten Zeile gegen die dortigen Schemata abgeschwächt erscheinen.
Dem κ) des § 3 entspricht in seinem ersten Teile: 25) 〈…〉 wobei der letzte Teil oder das Ende jenes Schemas ohne Gegenstück bleibt.
Als Gegenstück zu λ), μ) des § 3 haben wir die Distributions - gesetze: 26)
als solches zu ν) und ξ) des § 3 die Sätze: 27)
, — wo bei letzterem, falls die Erstreckung beider Π resp. Σ die näm - liche sein sollte, das Doppelprodukt (resp. die Doppelsumme) auch in ein einfaches (eine einfache) zusammenziehbar [vergl. 5) des § 7]:
— endlich haben wir als Gegenstück zu ο) des § 3 den Satz: 28) ΣΠa ⋹ ΠΣa.
Für die relativen Knüpfungen treten nun hiezu blos noch die fol - genden Erweiterungen der Sätze 5) und 6) des gegenwärtigen Para - graphen: 29)
30)
.
101§ 7. Die Beweise zu den Gesetzen.Hierbei können stets die Zeichen 31)
— nach Belieben — gelesen werden.
Die beiderseits oder „ voll “eingeklammerten Chiffren verweisen jeweils auf die „ fundamentalen Festsetzungen “des § 3, die blos einseitig, rechts mit einem Klammerhaken versehenen Chiffren aber auf die Formeln des laufenden — wonicht eines eigens citirten — Paragraphen.
Die linke Seite einer zu beweisenden Formel werden wir häufig mit L, die rechte mit R bezeichnen um die sonst oft nötig fallende Wiederholung der umständlichen Ausdrücke zu ersparen, welche hüben und drüben stehn mögen.
Wir haben zunächst nur mit dem Beweise von Formeln zu thun, welche die Form einer Subsumtion oder aber einer Gleichung haben, während Ungleichungen und Unsubsumtionen vorerst nicht in Betracht kommen.
Die Formeln sind entweder „ primäre “, d. h. solche Propositionen L ⋹ R resp. L = R, deren beide Seiten (binäre) Relative vorstellen, oder sie sind „ sekundäre “(in Boole’scher Terminologie), indem ihre beiden Seiten L und R sich als Aussagen darstellen. Letztre sind alsdann aus primären Propositionen der vorhin beschriebenen Art ver - mittelst der 3 Spezies des Aussagenkalkuls aufgebaut.
Der Beweis einer primären Formel und Proposition genannter Art (also einer Subsumtion oder Gleichung nicht aber einer Ungleichung etc.) wird im Hinblick auf die Festsetzungen (14) nebst Korollar und (1) zu leisten sein, indem man allgemein — für jedes ij — zeigt, dass zwischen Li j und Ri j ebendie Beziehung der Einordnung resp. Gleich - heit besteht, welche der zu beweisende Satz, die Formel zwischen L und R behauptet.
Da Li j und Ri j als Relativkoeffizienten Aussagen repräsentiren, so können bei diesem Nachweise und den dazu erforderlichen Schlüssen die Gesetze und Schemata des Aussagenkalkuls frei oder nach Herzens - lust angewendet werden, weil diese durch unsre Festsetzungen bereits gesichert worden.
Auf solchem Wege lässt jede primäre und mittelbar auch die Thesis jeder sekundären Formel (aus dem angedeuteten Propositionen - kreise) sich, wie wir sagen wollen „ direkt “„ unmittelbar “(immediately) oder „ aus der Koeffizientenevidenz “beweisen. Und falls man die un -102Dritte Vorlesung.mittelbaren Beweise vorzieht, ist die Reihenfolge, in der man die Beweise durchnimmt, gleichgültig.
Falls jedoch eine Formel sich ohne Zurückgehen auf die Relativ - koeffizienten aus andern auf diesem Wege schon bewiesenen Formeln und Sätzen ableiten lässt, so werden wir solch „ mittelbaren “(mediate) Beweis*)„ Indirekt “darf aus bekannten Gründen hier nicht gesagt werden. fast immer vorziehen — uns bestrebend, die Technik der Algebra der Relative selbst zur Entwickelung zu bringen und zur Gel - tung, zu ihrem Rechte kommen zu lassen. In solchen Fällen ver - bleibt die Führung des „ unmittelbaren “Beweises dem Leser als eine jederzeit empfehlenswerte Übungsaufgabe.
Beweis von 1) des § 6. Prämisse, Hypothesis (der sekundären Formel) ist L = (a ⋹ b) (c ⋹ d). Nach (14) haben wir: (a ⋹ b) = Πi j (ai j ⋹ bi j) ⋹ (ai j ⋹ bi j), ebenso (c ⋹ d) ⋹ (ci j ⋹ di j), woraus nach bekannten Schemata des Aussagenkalkuls (für jedes ij) folgt: ai jci j ⋹ bi jdi j und ai j + ci j ⋹ bi j + di j, oder wegen (10): (ac) i j ⋹ (bd) i j und (a + c) i j ⋹ (b + d) i j.
Denkt man sich vor diese in Klammer {} zu stellenden Konklu - sionen das Zeichen Πi j gesetzt und wendet das Schema (14) rückwärts an, so erscheinen die beiden ersten Teil-Behauptungen: ac ⋹ bd und a + c ⋹ b + d der Behauptung, Thesis R von 1) erwiesen.
Ganz ebenso haben wir aber**)Weil es in unser Belieben gestellt, gleichgültig ist, welchen Namen wir für den laufenden Zeiger (die Summations - oder Produktationsvariable) wählen. Mit andern Worten: es dürfen die vorhin für jedes Suffix ij gezognen Folge - rungen ai j ⋹ bi j, ci j ⋹ di j auch für Suffixe in Anspruch genommen werden, die man etwa ih und hj zu nennen beliebt, die man irgendwie anders zu nennen vorzieht. nach (14) auch: (a ⋹ b) = Πi h (ai h ⋹ bi h) ⋹ (ai h ⋹ bi h) und (c ⋹ d) = Πh j (ch j ⋹ dh j) ⋹ (ch j ⋹ dh j), woraus im Vereine zu schliessen ist: ai hch j ⋹ bi hdh j nebst ai h + ch j ⋹ bi h + dh j nicht nur, sondern auch: Σhai hch j ⋹ Σhbi hdh j nebst Πh (ai h + ch j) ⋹ Πh (bi h + dh j), das heisst wegen (12): (a; c) i j ⋹ (b; d) i j, (a ɟ c) i j ⋹ (b ɟ d) i j.
103§ 7. Beweis des Distributionsgesetzes.Diese Folgerungen sind wiederum allgemein, für irgend ein Suffix ij gezogen. Man kann sie auch für jedes Suffix ij in Anspruch nehmen, was durch Voranschreiben des Zeichens Πi j vor diese alsdann in {} zu setzenden Konklusionen anzudeuten wäre. Alsdann ist im Hinblick auf (14) gerechtfertigt, dass a; c ⋹ b; d, a ɟ c ⋹ b ɟ d ist, und haben wir somit die Behauptung von 1): R = (ac ⋹ bd) (a + c ⋹ b + d) (a; c ⋹ b; d) (a ɟ c ⋹ b ɟ d) mit allen ihren Teil-Behauptungen erwiesen, q. e. d.
Von den Beweisen der schon dem identischen Kalkul angehörigen Sätze wollen wir als vornehmstes Paradigma jetzt den
Beweis des Distributionsgesetzes a (b + c) = ab + ac — siehe unter 2) des § 6 — geben. Nach den beiden Festsetzungen (10) ist einerseits {a (b + c) }i j = ai j (b + c) i j = ai j (bi j + ci j) und andrerseits: (ab + ac) i j = (ab) i j + (ac) i j = ai jbi j + ai jci j.
Für Relativkoeffizienten, die — wie Aussagen — nur der beiden Werte 1 und 0 fähig sind, steht aber die Gültigkeit des Distributions - gesetzes kraft des Abacus längst fest, d. h. wir haben: ai j (bi j + ci j) = ai jbi j + ai jci j, und somit ist auch erkannt dass: {a (b + c) }i j = (ab + ac) i j für ein beliebiges Suffix ij ist. Da diese Konklusion für jedes Suffix ij in Anspruch genommen werden darf, was auch durch Umhüllen, Hineinsetzen ihrer Aussage zwischen die Zeichen Πi j [, und], aus - gedrückt werden könnte, so folgt nunmehr nach dem Korollar zu (14), dass a (b + c) = ab + ac sein muss, was zu beweisen gewesen.
Wenn hiernach nicht blos die erste Subsumtion desselben, sondern sogleich das volle Distributionsgesetz sich hat beweisen lassen, so wird der einsichtsvolle Leser doch sofort erkennen, dass dies unserm früher (Bd. 1) vermittelst des „ Gruppenkalkuls “geführten „ Beweise seiner Unbeweisbar - keit “keinen Eintrag thut. Die formalen Grundlagen, aus welchen der Beweis zu führen war, sind eben hier und dort (ganz) andere gewesen.
Was die formalen Grundlagen des Bd. 1 betrifft, denen nur unsre Festsetzung (1) auch als Def. (1) der Gleichheit angehörte, so mussten104Dritte Vorlesung.wir dort neben zwei „ Prinzipien “I und II auch noch zu einem „ Prinzip “III unsre Zuflucht nehmen, welches als ein partikularer Fall in dem vollen Distributionsgesetze enthalten war. Von diesem letzteren Prinzip ist zunächst zu betonen, dass es mit Vorstehendem nun ebenfalls aus den Festsetzungen des § 3 „ bewiesen “ist.
Nimmt man jetzt noch die nach dem Abacus identisch geltenden For - meln oder Schemata des Aussagenkalkuls: 〈…〉 ,
0i j ⋹ ai j | ai j ⋹ 1i j, |
(ci j ⋹ ai jbi j) = (ci j ⋹ ai j) (ci j ⋹ bi j) | (ai j + bi j ⋹ ci j) = (ai j ⋹ ci j) (bi j ⋹ ci j) |
1i j ⋹ ai j + āi j | ai jāi j ⋹ 0i j |
— bei deren zweitem und letztem Paare noch Festsetzung (6) mit anzu - rufen war — für jedes Suffix ij in Anspruch, indem man bei den drei sekundären von ihnen aussagenrechnerisch die verschiedenen Individuali - sirungen in denen sich die Formel für alle Suffixe verkörpert, überschiebend multiplizirt, so erhält man kraft Festsetzung (14) dieselben Schemata oder Formeln als für die binären Relative a, b, c selbst gültige — wir brauchen sie so nicht herzusetzen, weil sie sich aus den vorstehenden Schemata leicht ablesen lassen, indem man die Suffixe durchgängig weglässt.
Damit sind dann auch die „ Prinzipien “I und II des Bd. 1 nebst den dortigen Definitionen (2), (3) und (6) — kurz: die gesamten formalen Grund - lagen, aus welchen wir seinerzeit den identischen Kalkul entwickelten, streng deduktiv ableiteten, nunmehr aus unsern Festsetzungen des § 3 „ bewiesen “. Fortan dürfen wir also auch den identischen Kalkul selbst, mit einem jeden seiner Sätze, für unsre binären Relative legitim in Anspruch nehmen.
Ohne mich der geringsten Lücke schuldig zu machen, kann ich darum den Beweis jedes einzelnen Satzes, den wir aus dem identischen Kalkul hier benötigen werden, getrost dem Leser überlassen. Nur darauf muss ich hervorhebend hinweisen, dass für jeden Satz in der That auch solch ein selbständiger unmittelbarer Beweis leicht zu führen ist, welcher indessen ganz anders aussieht, sich so sehr verschieden gestaltet von den in Bd. 1 für denselben Satz gelieferten Beweisen. Die letzteren werden hier als „ mittelbare “zu bezeichnen sein.
Nachdem wir so den „ Anschluss “unsrer Theorie an die der vorher - gehenden Bände gewonnen haben, wenden wir uns blos noch dem Beweise derjenigen Formeln zu, die auf die relativen Spezies mit Bezug haben oder der zweiten Hauptstufe angehören.
Zu dem Quadrupel der Formeln 4) des § 6 gebe ich erstmals alle vier verwandten Beweise. Sie lauten: {a; (b + c) }i j = Σhai h (b + c) h j = Σhai h (bh j + ch j) = Σh (ai hbh j + ai hch j) = = Σhai hbh j + Σhai hch j = (a; b) i j + (a; c) i j = (a; b + a; c) i j und zwar — den vorstehenden Gleichheitszeichen der Reihe nach ent - sprechend — nach (12), (10), dem Distributionsgesetz für Koeffizienten, wegen der distributiven Kraft des Summenzeichens (die aus der Umstell -105§ 7. Beweis der Grundgesetze.barkeit der Glieder einer Aussagensumme bei kolonnenweisem Summiren der in Zeilen gesetzten Glieder hervorgeht) und wiederum nach (12) und (10) in rückwärtiger Anwendung dieser (oben vorwärts angewendeten) Fest - setzungen, q. e. d.
Analog hat man: {(a + b); c}i j = Σh (a + b) i hch j = Σh (ai h + bi h) ch j = Σh (ai hch j + bi hch j), (a; c + b; c) i j = (a; c) i j + (b; c) i j = Σhai hch j + Σhbi hch j; aber die rechten Seiten sind gleich, und folglich auch die linken, q. e. d. Ferner: (a ɟ bc) i j = Πh{ai h + (bc) h j} = Πh (ai h + bh jch j) = Πh (ai h + bh j) (ai h + ch j), {(a ɟ b) (a ɟ c) }i j = (a ɟ b) i j (a ɟ c) i j = Πh (ai h + bh j) · Πh (ai h + ch j), wo wieder die beiden Ausdrücke rechts und folglich auch die links über - einstimmen, q. e. d. Endlich: (ab ɟ c) i j = Πh{ (ab) i h + ch j} = Πh (ai hbi h + ch j) = Πh (ai h + ch j) (bi h + ch j) = = Πh (ai h + ch j) · Πh (bi h + ch j) = (a ɟ c) i j (b ɟ c) i j = {(a ɟ c) (b ɟ c) }i j, q. e. d.
Beweis zu 5) des § 6. Erste Formel.
Es ist Li j = (a; bc) i j = Σhai h (bc) h j = Σhai hbh jch j = Σhai hbh j · ai hch j, Ri j = (a; b · a; c) i j = (a; b) i j (a; c) i j = Σhai hbh j · Σkai kck j.
Offenbar ist nun Li j ⋹ Ri j, weil unter den Gliedern des expandirten Produktes der beiden letzten Summen die Glieder der darüberstehenden Summe sämtlich enthalten sind — nämlich als die Partialprodukte aus deren gleichstelligen Gliedern, jedoch neben noch vielen andern Gliedern, womit die Subsumtion erwiesen ist — q. e. d.
Zur zweiten Formel hätten wir: Li j = (a ɟ b + a ɟ c) i j = (a ɟ b) i j + (a ɟ c) i j = Πh (ai h + bh j) + Πk (ai k + ck j) = = Πh k (ai h + bh j + ai k + ck j), letztres nach dem dualen Gegenstück des Distributionsgesetzes. Dazu: Ri j = {a ɟ (b + c) }i j = Πh{ai h + (b + c) h j} = Πh (ai h + bh j + ch j) = = Πh (ai h + bh j + ai h + ch j) unter Anwendung des Tautologiegesetzes. Die Vergleichung beider Ergeb - nisse zeigt, dass alle Faktoren von Ri j sich unter denen von Li j vorfinden, wo sie bei k = h zutage treten. Nach dem Aussagenschema ab ⋹ a ist nun das faktorenreichere Produkt im andern enthalten, d. h. Li j ⋹ Ri j, q. e. d.
Übrigens bedarf man zum Beweise dieses Satzes der Berufung auf die Koeffizientenevidenz gar nicht. Wegen bc ⋹ b hat man vielmehr nach 1) des § 6: a; bc ⋹ a; b, und wegen bc ⋹ c ähnlich: a; bc ⋹ a; c,106Dritte Vorlesung.welche beiden Ergebnisse zusammengefasst unsern Satz a; bc ⋹ a; b · a; c liefern. Etc. q. e. d.
Beweis zu 6) des § 6. Erste Formel. Es ist: Li j = {a; (b; c) }i j = Σhai h (b; c) h j = Σhai hΣkbh kck j = Σh kai hbh kck j, Ri j = {(a; b); c}i j = Σk (a; b) i kck j = Σk (Σhai hbh k) ck j = Σk hai hbh kck j.
Weil nun Σh k = Σk h, so ist also Li j = Ri j, q. e. d.
Zweite Formel: Li j = {a ɟ (b ɟ c) }i j = Πh{ai h + (b ɟ c) h j} = Πh{ai h + Πk (bh k + ck j)} = = Πh k (ai h + bh k + ck j), Ri j = {(a ɟ b) ɟ c}i j = Πk{ (a ɟ b) i kck j} = Πk{Πh (ai h + bh k) + ck j} = = Πk h (ai h + bh k + ck j). Weil aber Πk h = Πh k, so ist also Li j = Ri j, q. e. d.
Beweis zu 7) des § 6. Erste Formel. Es ist: Li j = {a; (b ɟ c) }i j = Σhai h (b ɟ c) h j = Σhai hΠk (bh k + ck j) = ΣhΠkai h (bh k + ck j), Ri j = (a; b ɟ c) i j = Πk{ (a; b) i k + ck j} = Πk{Σhai hbh k + ck j} = ΠkΣh (ai hbh k + ck j). Dass man im zweitletzten Ausdrucke der oberen Zeile das Zeichen Πk vor den bezüglich dessen Zeigers konstanten Faktor ai h schieben konnte, ebenso dass im zweitletzten Ausdruck der unteren Zeile das Zeichen Σh erstreckt werden konnte über alles folgende mit Einschluss des bezüg - lich h konstanten Termes ck j, beruht auf den Tautologiegesetzen (des Aussagenkalkuls).
Bei Li j und Ri j stimmen nun die allgemeinen Terme hinter den Σ - und Π-zeichen nicht überein, und ausserdem ist die Ordnung der Σ, Π in beiden Ergebnissen die entgegengesetzte.
Von dem allgemeinen Term bei L ist aber leicht zu zeigen, dass er eingeordnet ist demjenigen bei R, indem: ai h (bh k + ck j) = ai hbh k + ai hck j ⋹ ai hbh k + ck j wegen ai hck j ⋹ ck j sein muss. Es muss hienach jedenfalls sein: Li j ⋹ ΣhΠk (ai hbh k + ck j), wo nun rechts der allgemeine Term mit demjenigen bei Ri j sich deckt und der Unterschied nur noch in der Reihenfolge der Σ, Π besteht.
Nach jenem (minder geläufigen) Schema: ΣhΠk ⋹ ΠkΣh des Aus - sagenkalkuls, welches wir weiter unten S. 112 gesondert rechtfertigen, wird nun a fortiori erkannt sein, dass Li j ⋹ Ri j, q. e. d.
107§ 7. Die Beweise zu den Gesetzen.Ebenso haben wir zur zweiten Formel 7): Li j = {(a ɟ b); c}i j = ΣkΠh (ai h + bh k) ck j ⋹ ΣkΠh (ai h + bh kck j), Ri j = (a ɟ b; c) i j = ΠhΣk (ai h + bh kck j), also nach demselben Schema Li j ⋹ Ri j, q. e. d.
Behufs Beweises der drei Formeln 8) des § 6 S. 83 müssen wir uns auf die Festsetzungen (11) und (13) S. 29 berufen. Erste Formel.
Macht man der Deutlichkeit zuliebe ausgiebigen Gebrauch von Klammern, so bedeutet: ā̄ = (ā) ͞, somit ā̄i j = (ā̄) i j = [(ā) ͞] i j. Dies ist aber nach (11): 〈…〉 .
Dass nun bei Koeffizienten oder Aussagen die doppelte Verneinung sich aufhebt, darauf dürfen wir uns schon längst berufen; es ist also (ai j) ͞͞ = ai j und damit ist auch gezeigt, dass ā̄i j = ai j, das heisst ā̄ = a ist, in Anbetracht dass die Gleichheit der Relative auf die Übereinstimmung ihres allgemeinen Koeffizienten hinausläuft — q. e. d.
Bei der zweiten Formel 8) bedeutet: ă̄ = (ă) ͞ und ā̆ = (ā) ͝ Nach (11) und (13) wird aber: ă̄i j = [(ă) ͞] i j = {(ă) i j }͞ = {aj i}͞ = (ā) j i = āj i und ā̆i j = [(ā) ͝] i j = (ā) j i = āj i (wo der letzte Ausdruck nur eine Namensabkürzung des vorletzten ist), somit allgemein ă̄i j = ā̆i j und damit auch ă̄ = ā̆, wie zu beweisen war.
Die dritte Formel 8) betreffend ist zu bedenken, dass ă̆ = (ă) ͝ bedeutet, somit: ă̆i j = [(ă) ͝] i j = (ă) j i = ai j nach (13) sein muss, indem sich durch die zweimal hintereinander voll - zogene Vertauschung der beiden Indizes im Suffixe deren ursprüngliche Ordnung wiederherstellt — q. e. d.
Wer das Bedürfniss empfindet, sich das Verständniss noch mehr zu erleichtern, der möge hier einfachere Namen, wie b für ā und c für ă, ad hoc — für den Augenblick — einführen.
108Dritte Vorlesung.Beweise von 9) des § 6: 〈…〉 , 〈…〉 nach den Festsetzungen und De Morgan’s für Aussagen und Koeffizienten bereits sicher gestellten Theoremen.
Beweise der Formeln 10) des § 6 — ebenso: 〈…〉 , 〈…〉 .
Beweise von 11) des § 6 — S. 85: (ab͝) i j = (ab) j i = aj ibj i = bj iaj i = b̆i jăi j = (b̆ă) i j, (a + b͝) i j = (a + b) j i = aj i + bj i = bj i + aj i = b̆i j + ăi j = (b̆ + ă) i j.
Beweise von 12) des § 6: (a; b͝) i j = (a; b) j i = Σhaj hbh i = Σhbh iaj h = Σhb̆i hăh j = (b̆; ă) i j, (a ɟ b͝) i j = (a ɟ b) j i = Πh (aj h + bh i) = Πh (bh i + aj h) = Πh (b̆i h + ăh j) = (b̆ ɟ ă) i j.
Behufs Beweises der Formeln 13) des § 6 — S. 87 — ist un - mittelbar nur zu zeigen dass: (a ⋹ b) = (b̄ ⋹ ā) sowie (a ⋹ b) = (ă ⋹ b̆) ist. Ersteres folgt, weil wir die Kontraposition mit Aussagen - oder Koeffizientensubsumtionen vorzunehmen bereits berechtigt sind, im Hin - blick auf (14) leicht so: (a ⋹ b) = Πi j (ai j ⋹ bi j) = Πi j [(bi j) ͞ ⋹ (ai j) ͞] = Πi j (b̄i j ⋹ āi j) = (b̄ ⋹ ā). Letzteres, weil Vertauschung der Produktzeiger gestattet ist, so: (a ⋹ b) = Πi j (ai j ⋹ bi j) = Πj i (ai j ⋹ bi j) = Πi j (aj i ⋹ bj i) = = Πi j (ăi j ⋹ b̆i j) = (ă ⋹ b̆). Aus den beiden hiermit bewiesenen Sätzen folgt nun die letzte oder dritte Formel 13): (a ⋹ b) = (b̄̆ ⋹ ā̆) bequemer mittelbar durch deren „ kombinirte “Anwendung — das soll hier heissen: durch deren successive Anwendung in irgend einer Folge.
Nachdem mit diesen Sätzen nunmehr die Prinzipien des Dualismus und der Konjugation, die wir im vorigen Paragraphen auseinander - gesetzt haben, vollends erhärtet sind, werden wir künftig von jedem Quadrupel „ verwandter “Formeln nur mehr eine einzige — zumeist die109§ 7. Ausgerechnete Koeffizienten von Relativfunktionen.erste — beweisen (auf deren linke und rechte Seite dann also die Symbole L und R bezugnehmen sollen) — es sei denn, dass bei dem Beweise ganz neue Schemata des Aussagenkalkuls in Betracht kämen, die wir insgesamt sichtbar zu machen wünschen. Ebenso werden wir auch bei verwickelteren Untersuchungen von jeder Tetrade von „ ver - wandten Problemen “immer nur eines wirklich zu lösen brauchen, das wir den Repräsentanten des Quadrupels oder „ Gespannes “nennen mögen.
Zur Sicherung einer Priorität der Entdeckung eines Sätzequadrupels würde auch schon die Mitteilung eines einzigen von den vier Sätzen ge - nügen und die Aufführung der übrigen als ein Luxus, eine Raumverschwen - dung erscheinen. Die Drucklegung aller viere, wie sie hier meistens doch verwirklicht wird, rechtfertigt sich aber aus den Bedürfnissen der Anwen - dung der Sätze, des Nachschlagens, bei den Verweisungen auf dieselben, etc. In Fällen des Zweifels, ob Anwendung aller schon hier erfolgen wird, thun wir auch lieber etwas zu viel als wie zu wenig.
Und ferner werden wir fortan den allgemeinen Koeffizienten eines (wenn auch noch so verwickelten) vermittelst der 6 Spezies aus lauter Relativen zusammengesetzten Ausdruckes zumeist fertig „ entwickelt “oder „ ausgerechnet “hinsetzen ohne so, wie es im Vorstehenden noch vor - bildlich geschah, die Schritte einzeln darzulegen, welche zu dessen Her - stellung gemäss den Vorschriften (10) bis (13) auszuführen waren.
Der allgemeine Koeffizient eines Ausdrucks wäre zur Not schon ausgerechnet zu nennen, wenn er als eine „ Aussagenfunktion “(„ Funktion “im Sinne des Aussagenkalkuls) dargestellt ist von den Koeffizienten der „ einfachen “Symbole (cf. S. 85) die (als Elemente oder Kompo - nenten im weiteren Sinne, als Argumente, Operationsglieder, Terme) in den Ausdruck eingehen, das heisst also: wenn er aus letzteren nur durch die drei identischen Spezies aufgebaut ist — während im Aus - drucke selbst ja alle 6 Spezies zur Verwendung kommen mochten. Da aber die beiden nicht knüpfenden Spezies schon im Ausdrucke selbst sich stets „ ausführen “liessen, so werden wir an den „ ausgerech - neten “Koeffizienten die fernere Anforderung stellen dürfen, dass er blos mittelst identischer Knüpfungen (der Multiplikation und Addition) aus den Koeffizienten seiner „ einfachen “Terme sich zusammensetze. Und wo Moduln in Betracht kommen werden, behalten wir uns vor, diese Anforderungen noch weiter zu steigern.
Die Kunst, den allgemeinen Koeffizienten eines zusammengesetzten Relativs „ auszurechnen “muss der Studirende sich aneignen. Man ge - langt bei einiger Übung bald dahin, denselben schon mit dem ersten Ansatze fertig hinzustellen, indem man zugleich — wozu noch nähere Anleitung zu geben sein wird — die sämtlichen Σ und Π-zeichen mit110Dritte Vorlesung.den zugehörigen Zeigern in der gehörigen Reihenfolge nach links vor den verbleibenden (von allen Σ und Π befreiten) Koeffizientenaus - druck schiebt.
Die entgegengesetzte Kunst, die umgekehrte Aufgabe: eine Aussagen - funktion von Koeffizienten „ einfacher “Relativsymbole als den allgemeinen Koeffizienten eines aus letztern Relativen zusammengesetzten Ausdruckes oder Relativs darzustellen, ist — sofern lösbar — im Allgemeinen etwas schwieriger zu lösen resp. zu erlernen.
Um nun auch noch von 14) des § 6 die erste Formel zu bewei - sen, bemerke man, dass: Li j = (ab) i j = ai jbi j, Ri j = (a; c + b; c̄) i j = Σh (ai hch j + bi hc̄h j).
Letztre Summe enthält den beim Werte h = j des Zeigers sich ergebenden Term: ai jcj j + bi jc̄j j und dass Li j schon diesem eingeordnet ist, um so mehr also der ganzen Summe Ri j, lässt sich nachweisen aus der dem identischen Kalkul an - gehörigen (somit nicht blos für Aussagen, sondern sogar für Klassen gültigen) Formel: ab ⋹ ab + ac + bc̄ = (a + ab) c + (b + ab) c̄ = ac + bc̄ wenn man darin dem a und b durchweg das Suffix ij, dem c und c̄ das Suffix jj zuteilt, q. e. d.
Beweis von 15) des § 6, erste Formel. Es ist Li j = {a; b · (ā ɟ c) }i j = ΣhΠkai hbh j (āi k + ck j), Ri j = (a; bc) i j = Σhai hbh jch j.
Das Produkt Πk in Li j enthält den bei k = h sich ergebenden Faktor: ai hbh j (āi h + ch j) = ai hbh jch j.
Dasselbe ist demnach, weil zu letzterm noch mehr Faktoren hin - zutreten — nach dem Schema ab ⋹ a des Aussagenkalkuls — ein - geordnet diesem Faktor, womit erkannt ist, dass das allgemeine Glied der Σh welche Li j vorstellt, eingeordnet ist dem allgemeinen Gliede der Σh welche Ri j vorstellt. Diese Beziehung überträgt sich von den allgemeinen Gliedern auf die Summen derselben, d. h. es ist Li j ⋹ Ri j, q. e. d.
Da wir fortan äusserst viel werden zu thun haben mit Summen und Produkten, in symbolischer Abkürzung dargestellt vermittest der Σ und Π-zeichen, wobei der allgemeine Term ein Aussagensymbol ist, das einen doppelten Index führt, so verlohnt es, auf die wichtigsten111§ 7. Zu den Hülfsschemata des Aussagenkalkuls.Gesichtspunkte nochmals zurückzukommen, nach denen hiebei mit den Zeichen Σ, Π zu operiren ist, obwol sich das meiste schon im § 3, aus Bd. 2 rekapitulirt und durch weitre Hülfssätze ergänzt, findet.
Hierbei wollen wir (was nicht unumgänglich und vergl. S. 38 streng genommen zu vermeiden wäre) — aus didaktischen Gründen — auch auf die gewöhnliche Schreibung des Π und Σ als eines „ expli - ziten “vieltermigen Produkts oder Aggregates (ohne Π und Σ-zeichen), vorwiegend Rücksicht nehmen.
Nennen wir ah k gedachten allgemeinen Term! Lässt man in ihm die laufenden Zeiger (Summations - oder Produktationsvariablen) h und k je eine aparte Reihe, eventuell Sequenz, von Werten durchlaufen und schreibt die Werte des gedachten Terms geordnet hin, so erhält man ein jetzt nicht notwendig quadratisches, vielmehr mit Sicherheit nur rechteckiges Schema, eine Matrix, und zwar: a11, a12, a13, a14, … a21, a22, a23, a24, … a31, a32, a33, a34, … ........ falls wir etwa hier jene Wertreihen durch Ziffern repräsentiren.
Dass nun hierbei sowohl Summenzeichen unter sich als auch Pro - duktzeichen unter sich beliebig umgestellt werden dürfen, und dass ihrer mehrere in ein einziges derselben Art zusammengezogen, resp. aus letzterem (wieder) abgesondert werden mögen, dies sprechen für den einfachsten Fall (den wo nur zwei Zeichen in Betracht kommen) die Schemata aus: 1)
.
Das ist aber in der That durch den kommutativen und assozia - tiven Charakter der identischen Multiplikation resp. Addition garantirt.
Für die selbständig definirten Aussagen Π und Σ folgt es ohne weitres nach dem „ dictum de omni, et “— möchten wir hinzufügen — „ de aliquo “oder „ ullo “.
Was von jedem Paare h, k gilt, das gilt bei jedem h für jedes k und gilt auch bei jedem k für jedes h — und umgekehrt. Desgleichen:
Was für ein gewisses Paar h, k gilt, das gilt auch bei einem ge - wissen h für ein gewisses k, und bei einem gewissen k für ein ge - wissen h, sowie umgekehrt. [Nämlich: was bei einem gewissen h für gewisses k gilt, das gilt auch für ein gewisses Paar h, k. Etc.]
Lassen wir z. B. h die Werte von 1 bis n, k die von 1 bis m durch -112Dritte Vorlesung.laufen, so stellt das erste der drei vorstehenden „ Doppel “- Produkte vor: das Ergebniss einer multiplikativen Verknüpfung, bei welcher zuerst die Elemente einer jeden Zeile unsrer Matrix (bis zum mten einschliesslich) zu einem Teilprodukte vereinigt, hernach diese Produkte aus den n ersten Zeilen miteinander multiplizirt werden, wogegen das zweite Doppelprodukt bedeutet: das Knüpfungsergebniss, wenn zuerst die Elemente einer jeden Kolonne (bis inclusive zum nten) zu einem Teilprodukte vereinigt, sodann diese Produkte aus den m ersten Kolonnen miteinander multiplizirt werden. Das erste Doppelprodukt also fordert „ zeilenweises “, das zweite „ kolonnen - weises “Multipliziren.
Dass dies so und nicht umgekehrt der Fall ist, liegt daran, dass die Π oder Σ-zeichen jeweils in der entgegengesetzten Ordnung „ evaluirt “, aus - gewertet (in die ausführliche Schreibung umgedeutet) werden müssen, als die ist, in der sie dem von links nach rechts lesenden Auge sich dar - bieten. Das zweite oder innere Zeichen muss allemal zuerst interpretirt werden; denn der mit ihm gebildete Ausdruck bildet den allgemeinen Term zu dem vorhergehenden, ersten oder äusseren Zeichen, und (nach dem Grundsatze: Die Nürnberger hängen keinen, sie hätten ihn denn zuvor) muss man diesen Term erst haben, bevor man ihn produktiren oder sum - miren kann.
So ist in der That: 〈…〉 Etc. Die Umstellung der beiden Π-zeichen bewirkt also weiter nichts als eine Vertauschung von Zeilen und Kolonnen (Horizontal - und Vertikal - reihen) in unsrer Matrix.
In dem dritten Produkte 1), welches wegen der unter das Π geschrie - benen beiden laufenden Buchstaben h, k erst recht ein Doppelprodukt zu nennen ist (obwol man nur ein Π-zeichen in ihm erblickt) darf man diesen Buchstaben die ihnen bezüglich zukommenden Werte in beliebiger Zusammenstellung und Reihenfolge beigelegt denken, so jedoch, dass aus - schliesslich jeder von den vorgeschriebenen Werten des h mit jedem von den gegebenen Werten des k (mindestens) einmal kombinirt wird (Wieder - holungen sind als überflüssig im allgemeinen zu vermeiden, schaden jedoch der Tautologiegesetze halber — im identischen Kalkul wenigstens — nichts); es hat also — kann man sagen — das Indizespaar h, k ein bestimmtes System von Wertepaaren zu durchlaufen.
Von den Summen gilt mutatis mutandis dasselbe, was wir soeben bei den Produkten zur Sprache brachten.
Was nun aber die Verbindung von Summen - mit Produktenzeichen betrifft, so ist höchst bemerkenswert, dass hier nur die beiden im Grunde auf einen hinauslaufenden Sätze gelten: 2) 〈…〉 — vergl. ο) des § 3 — deren zweiter aus dem ersten hervorgeht, indem man die Namen der beiden Variabeln h und k mit einander113§ 7. Zu den Hülfsschemata des Aussagenkalkuls.vertauscht, nachdem man den Namen ah k durch den ak h ersetzt hatte. (Peirce8 p. 197.)
Es genügt demnach, die erste von diesen Formeln zu beweisen. (Dieselbe gilt schon im identischen Kalkul, was auch immer für Klassen die Symbole ah k vorstellen mögen.)
Interpretirt man beide Seiten dieser Subsumtion, so stellt sich dieselbe dar als: a11a12a13a14 ‥ + a21a22a23a24 ‥ + a31a32a33a34 ‥ + … ⋹ ⋹ (a11 + a21 + a31 ‥) (a12 + a22 + a32 ‥) (a13 + a23 + a33 ‥) (a14 + a24 + a34 ‥) … und versteht sich nach Th. 6+) des Bd. 1 daraus von selbst: weil die Glieder des Subjektes links sämtlich unter denen der ausmultiplizirten Summen rechterhand im Prädikate vorkommen werden, und zwar als die Partialprodukte aus deren gleichstelligen Gliedern — allerdings aber neben noch sehr viel anderweiten Gliedern, weshalb im Allgemeinen Unterordnung und nicht Gleichheit stattfinden wird.
Noch etwas einfacher, vielleicht, kann man den Satz so darstellen: aa'a '' ‥ + bb'b '' ‥ + … ⋹ (a + b + …) (a' + b' + …) (a' '+ b'' + …) ‥
Derselbe mit  statt ⋹ würde auch für positive Zahlen bezüglich arithmetischer Produkte und Summen gelten.
Man merkt sich den Satz am besten durch den Kontrast: während für sich Π ⋹ Σ ist, gilt sozusagen verkehrt: ΣΠ ⋹ ΠΣ. —
Zwei besonders wichtige Fälle verdienen aber noch Hervorhebung, in welchen die Subsumtionen in unserm Satze in Gleichungen über - gehen, und auf deren einen schon Peirce aufmerksam gemacht. Es sind das die Fälle, in welchen der allgemeine Term ah k (additiv oder multiplikativ) zerfällt in zwei Terme, welche die Indizes h und k ein - zeln — somit getrennt, voneinander isolirt — tragen; die Fälle ah k = ahbk und ah k = ah + bk.
Hier gelten die Sätze: 3) 〈…〉 das ist ausführlich hingeschrieben: a1b1a1b2a1b3 ‥ + a2b1a2b2a2b3 ‥ + … = = (a1b1 + a2b1 + a3b1 + …) (a1b2 + a2b2 + a3b2 + …) ‥ = = (a1 + a2 + …) b1b2b3 …,Schröder, Algebra der Relative. 8114Dritte Vorlesung.(a1 + b1) (a1 + b2) (a1 + b3) ‥ + (a2 + b1) (a2 + b2) (a2 + b3) ‥ + … = = (a1 + b1 + a2 + b1 + …) (a1 + b2 + a2 + b2 + …) (a1 + b3 + a2 + b3 + …) ‥ = = a1 + a2 + … + b1b2b3 ‥, wie ersichtlich.
Der Beweis kann aber auch ganz in Summen - und Produktzeichen geführt werden auf Grund der Tautologiegesetze und des Distributions - gesetzes nebst dualem Gegenstück, wie folgt: Wir haben: 〈…〉 weil sich konstante Faktoren vorschieben lassen. Ebenso: 〈…〉 , q. e d. Das andre dual entsprechend.
Hier bietet sich als ein interessantes Problem die Frage dar: welches ist die allgemeinste Funktion identischen Kalkuls: ah k = f (ah, bk) derart, dass die Subsumtionen 2) als Gleichungen bestehen? Dieselbe muss Produkt und Summe unter sich begreifen.
Unter denselben Annahmen bezüglich ah k verdient auch noch Beachtung, dass die vorhergehenden Formeln 1) der Zusätze fähig sind: 4) 〈…〉 die sich der Leser leicht aus den Tautologiegesetzen (erster und vierter) resp. aus der Multiplikationsregel für Polynome (zweiter) und deren dualem Gegenstück (dritter) beweisen wird.
Von diesen Formeln gestattet aber die erste und die letzte noch eine weitere Vereinfachung sobald h und k die nämliche Erstreckung haben: dann lässt sich auch der eine der beiden Zeigerbuchstaben — gleichviel welcher — mitsamt dem zugehörigen Σ oder Π-zeichen noch obendrein ersparen, indem wir haben: 5)
— in der That z. B. rechts vom Striche: 〈…〉 .
Unter derselben Voraussetzung gilt dagegen zu 3) blos als Ein - ordnung:115§ 7. Elementare Sätze über Π, Σ von Relativen bewiesen.6)
nämlich in extenso z. B.: a1a2a3 … (b1 + b2 + b3 + …) ⋹ a1b1 + a2b2 + a3b3 + … (a1 + b1) (a2 + b2) (a3 + b3) … ⋹ a1 + a2 + a3 + … + b1b2b3 … wie unschwer zu sehen (Peirce9c p. 202). —
Ebenso müssten die Schemata 1) bis 6) sämtlich ihre Gültigkeit behalten, wenn unter dem allgemeinen Terme ah k statt eines Relativ - koeffizienten oder einer Aussage, vielmehr ein System (Gebiet) oder eine Klasse, ja selbst ein Relativ verstanden würde.
Mit dem in dieser Vorlesung gesicherten Erkenntnisskapital von Sätzen lässt sich, wie wir sehen werden, schon ziemlich viel in der Theorie erreichen. —
Sollten die Variabeln h, k anstatt der Ziffern 1, 2, 3, … irgend welche Buchstabenwerte A, B, C, … zu durchlaufen haben, so ändert das nichts an der Gültigkeit der Sätze und der Triftigkeit der für sie gegebenen Beweise.
Was schliesslich den Beweis für die noch eine Weile entbehr - lichen Sätze 17) bis 31) des § 6 betrifft, welche von den Π und Σ binärer Relative handeln, so wollen wir nur ein paar Paradigmata als Vorbilder bringen, wonach der vorgerücktere Leser, wenn die Sätze endlich zur Verwendung kommen, sich deren etwa noch ausständige Beweise leicht selbst konstruiren wird.
Zunächst ist zu erinnern, dass wie immer der Erstreckungsbereich gegeben sein mag, nach Festsetzung (15) die Ausdrücke Πa und Σa als binäre Relative definirt zu denken sind durch die für jedes ij ihre Koeffizienten erklärenden Ansätze: (15)
(Πa) i j = Πai j | (Σa) i j = Σai j. |
Da nun nach dem Aussagenschema α) des § 3: Πai j ⋹ ai j ist, so folgt auch allgemein (Πa) i j ⋹ ai j und haben wir im Hinblick auf (14) damit den Beweis von 18) Πa ⋹ a.
Ebenso geben die Überlegungen: 〈…〉 , 〈…〉 8*116Dritte Vorlesung.— unter Berufung auf (11) vorwärts, (15) links, γ) des § 3, (11) rück - wärts und (15) rechts, resp. auf (13) vorwärts, (15) links, (13) rück - wärts und (15) links — den Beweis zu 19) und 20) des § 6 (links vom Mittelstriche).
Beweis zu 21). Nach (14), 1) des § 7, ζ) des § 3, 1) des § 7, δ) des § 3, (15) und (14) ist: 〈…〉 .
Beweis zu 29) erste Formel: 〈…〉 , nach (12), (15), λ) des § 3, 1) des § 7, (12) und (15).
Beweis zu 30) erste Formel: 〈…〉 nach (12), (15), ν) des § 3, ο) des § 3, (12) und (15).
Diese Beispiele von Beweisführung werden ohne Zweifel mehr als ausreichend sein.
Als spezielle Relative traten in unsrer Algebra die vier Moduln 1, 0, 1 ', 0' in erster Linie hervor.
An Formeln und Sätzen, in welche neben allgemeinen binären Relativen auch Relative von spezieller Natur — wie Moduln — ein - gehen, ist unsre Disziplin ganz unvergleichlich viel reicher, wie an nur Buchstaben führenden Gesetzen.
Man kann kaum irgend eine Untersuchung anstellen ohne jener eine Menge zu entdecken, und es hält schwer auch nur die wichtigsten der - selben in der Theorie einigermassen unterzubringen. Bei Versuchen, die schwierigen Aufgaben zur Lösung zu bringen, welche die Theorie stellen wird, ist man jedoch (wie bereits erwähnt) gelegentlich froh um eine jede Formel die es gelungen ist sicher zu stellen. Trotz ihrer ungeheuren Fülle müssen wir darum eine gewisse Vollständigkeit der Formelaufstellungen zu erreichen wenigstens bestrebt sein.
Vorangestellt seien die schon dem identischen Kalkul angehörigen Sätze: 1)
1 ⋹ a + ā | aā ⋹ 0 |
mit welchen zugleich auch gegeben ist:
1 ⋹ ă + ā̆ | ăā̆ ⋹ 0 |
— was jedoch keinen neuen Satz vorstellt, sondern weiter nichts als die Anwendung des vorigen auf das Relativ ă (statt a) ist.
Zu diesen altbekannten Sätzen treten nun für die relativen Moduln — in entfernter Analogie — noch auf der ersten Hauptstufe diese beiden hinzu: 2)
1 '⋹ a + ā̆ | aā̆ ⋹ 0 ' |
118Vierte Vorlesung.womit begreiflich auch
1 '⋹ ā + ă | āă ⋹ 0 ' |
gegeben ist.
Die beiden untereinanderstehenden Formen des Satzes 2) lassen nebenbei sich auch zusammenfassen zu:
1 '⋹ (a + ā̆) (ā + ă) | aā̆ + āă ⋹ 0 ', |
oder: Korollar zu 2):
1 '⋹ aă + āā̆ | (a + ă) (ā + ā̆) ⋹ 0 '. |
Merkwürdiger Weise aber besitzen die Sätze 1) auf der zweiten Hauptstufe auch folgende strikte Analoga, welche schon Peirce entdeckte: 3)
1 '⋹ a ɟ ā̆ | a; ā̆ ⋹ 0 ' |
— womit zugleich auch gegeben ist:
1 '⋹ ā̆ ɟ a | ā̆; a ⋹ 0 ' |
1 '⋹ ā ɟ ă | ā; ă ⋹ 0 ' |
1 '⋹ ă ɟ ā | ă; ā ⋹ 0 ' |
wie man durch Vertauschung von a mit einem seiner drei verwandten Relative, welche der Allgemeingültigkeit von 3) halber gestattet sein muss, unschwer erkennt.
Bei Beachtung aller erwähnten nähern und fernern Analogien werden die Formeln insgesamt leicht zu behalten sein.
Natürlich kann man auch die verschiednen Formen des Satzes 3) zusammenfassen zu dem Theorme:
Korollar zu 3):
1 '⋹ (a ɟ ā̆) (ā̆ ɟ a) (ā ɟ ă) (ă ɟ ā) | a; ā̆ + ā̆; a + ā; ă + ă; ā ⋹ 0 ' |
worin von den Termen (Faktoren, Summanden) irgendwelche unter - drückbar. Auch wäre hievon mit den beiden Formen von Satz 2) noch weitere Zusammenfassung thunlich.
Behufs Beweises von 2) ist blos die Gültigkeit der Koeffizienten - subsumtionen:
1'i j ⋹ ai j + āj i | ai jāj i ⋹ 0'i j |
allgemein — für jedes Suffix ij darzuthun.
Ist nun i ≠ j, so ist in der ersten Subsumtion das Subjekt = 0, in der zweiten das Prädikat = 1, mithin dieselbe allemal ohnehin erfüllt.
Ist dagegen i = j, so kommen unsre Behauptungen auf diese hinaus:
1'i i = 1 ⋹ ai i + āi i | ai iāi i ⋹ 0 = 0'i i, |
119§ 8. Noch einige Grundformeln.welche nach den den Sätzen 1) entsprechenden Schemata des Aus - sagenkalkuls gelten müssen, q. e. d.
Behufs Beweises von 3) ist blos erforderlich, dass man sich von der Gültigkeit der Koeffizientensubsumtionen:
1'i j ⋹ Πh (ai h + āj h) | Σhai hāj h ⋹ 0'i j |
für jedes Suffix ij überzeuge. Hierbei sind wieder die Fälle i = j und i ≠ j zu unterscheiden.
Im ersten Falle ist 1'i j = 1'i i = 1 und 0'i j = 0'i i = 0 und haben wir in der That:
1 = Πh (ai h + āi h) | Σhai hāi h = 0, |
weil jeder Faktor des Produkts = 1 und jedes Glied der Summe = 0 ist.
Im zweiten Falle ist 1'i j = 0 und 0'i j = 1 und müssen die Sub - sumtionen als solche die das Subjekt 0 oder das Prädikat 1 haben, ohnehin gelten — q. e. d.
Wegen des Dualismus zwischen den beiden Formeln 2), 3) war eigent - lich nur je die eine derselben zu beweisen nötig.
Während nun aber mit Rücksicht auf die Schemata identischen Kalkuls: 4)
(1 ⋹ a) = (1 = a) | (a ⋹ 0) = (a = 0) |
die beiden Subsumtionen 1) auch als Gleichungen angesetzt werden dürfen, wird zu merken sein, dass bei den Subsumtionen 2) und 3) solches nicht der Fall ist — weil eben die Schemata 4) kein Analogon auf der zweiten Hauptstufe besitzen.
Ebensowenig gibt es auch zu diesen Sätzen des identischen Kalkuls: 5)
(1 = ab) = (1 = a) (1 = b) | (a + b = 0) = (a = 0) (b = 0) |
ein Analogon bei den relativen Operationen, wogegen wir zu den hoch - wichtigen und schon bekannten Sätzen: 6) (1 ⋹ ā + b) = (a ⋹ b) = (ab̄ ⋹ 0) entsprechende auf der höhern Hauptstufe noch am Schlusse dieses Paragraphen kennen lernen werden. Endlich zu diesen Formeln: 7) 〈…〉 dürfte es Analoga auf der höhern Stufe schwerlich geben.
Die aufgeworfene Frage nach etwaigen Analogieen der Sätze erster Hauptstufe auf der zweiten mag eventuell als Anregung zu weitern For - schungen dienen. Es war uns dabei weniger um deren endgültige Beant - wortung zu thun als vielmehr darum, die Sätze 1) bis 7), die noch zu120Vierte Vorlesung.den Grundformeln der Theorie zu zählen sind, an gegenwärtiger Stelle, wo sie hingehören, wenigstens einmal aufgezählt zu haben, sodann das Behalten neu hinzukommender Sätze zu erleichtern.
Wer die Sätze, soweit sie der ersten Hauptstufe, dem identischen Kalkul angehören, in Zusammenhang mit der früheren Gestaltung von dessen Theorie gebracht sehen will, wird keine Schwierigkeit finden, die vor - maligen Chiffren dieser Sätze aus unsrer in Bd. 2, S. 28 ‥ 34 gegebnen Übersicht derselben beizubringen.
Ungemein wichtig sind nun noch die Sätze, welche die Ergebnisse der Verknüpfung eines allgemeinen Relativs a mit Moduln vermittelst der vier knüpfenden unter den sechs Spezies betreffen. Ich will solche kurz als „ Modulknüpfungen “bezeichnen.
Ein Relativ a kann successive mit eventuell verschiedenen Moduln verknüpft werden, und je nach der Zahl der Knüpfungen unterscheiden wir primäre, sekundäre, tertiäre, quartäre, quintäre etc. Modulknüpfungen von a.
Durch eine von den 4 knüpfenden Spezies mit einem von den 4 Moduln in einer der beiden möglichen Reihenfolgen a verknüpfend erhalten wir 4 × 4 × 2 = 32 primäre Modulknüpfungen von a, und zwar 16 identische und 16 relative je nachdem die knüpfende Spezies der ersten oder der zweiten Hauptstufe angehört.
Ein Teil — gerade die Hälfte — von diesen 32 primären Modul - knüpfungen ist „ reduzibel “, vereinfacht sich nämlich sei es zu a selbst, sei es zu einem Modulwerte.
Die übrigen von den Modulknüpfungen des a sind „ irreduzibel “zu nennen und stellen eigenartige Relative vor, die zu a in gewissen Be - ziehungen stehen oder aus a in bestimmt gesetzmässiger Weise sich ableiten.
Über jene, die 16 reduzibeln primären Modulknüpfungen, geben die Formeln Aufschluss und Übersicht — für die erste Hauptstufe: 8)
0 · a = 0 = a · 0 | 1 + a = 1 = a + 1 |
9)
a · 1 = a = 1 · a | a + 0 = a = 0 + a |
und analog für die zweite Hauptstufe: 10)
0; a = 0 = a; 0 | 1 ɟ a = 1 = a ɟ 1 |
11)
a; 1 '= a = 1'; a | a ɟ 0 '= a = 0' ɟ a. |
Den irreduziblen werden wir einen besondern Abschnitt widmen.
Von vorstehenden Formeln, deren acht erste 8), 9) schon aus dem identischen Kalkul bekannt sind, rechtfertigen es die 9) und 11), zu nennen:121§ 8. Die reduziblen primären Modulknüpfungen.
1 den Modul der identischen Multi - plikation | 0 den Modul der identischen Ad - dition |
1 'den Modul der relativen Multi - plikation | 0 'den Modul der relativen Ad - dition |
insofern in jedem Falle die angeführte Operation mit dem zugehörigen Modul nichts ändert. Dies ist gewiss leicht zu merken und man muss es sich fest einprägen.
Wenn man sich jetzt noch hinzu merkt, dass auch ein relatives Produkt verschwindet, sobald ein Faktor desselben 0 ist, und auch eine relative Summe gleich 1 wird, sobald ein Term diesen Wert annimmt, so wird man — was unerlässlich — die vorstehenden Sätze bald fest inne haben.
Der Zusammenziehung zuliebe haben wir in 8) bis 11) die konjugirten Gleichungen neben statt untereinander geschrieben.
An Beweisen ist zu liefern zu 10): (0; a) i j = Σh0i hah j = Σh0 ah j = Σh0 = 0 = 0i j. Zu 11): (a; 1 ') i j = Σhai h1'h j = ah j, (a ɟ 0') i j = Πh (ai h + 0'h j) = ai j, (1 '; a) i j = Σh1'i hah j = ai j, (0' ɟ a) i j = Πh (0'i h + ah j) = ai j.
Der letzte Beweis legt uns eine sehr wichtige allgemeine Bemer - kung nahe.
Man merke, dass eine Summe 12×) Σh1'h kf (h) = f (k) = Σhf (h) 1'k h in deren allgemeinem Gliede ein Koeffizient des Moduls 1 'als (veränder - licher) Faktor auftritt, sich immer nach dem vorstehenden Schema reduzirt zu einem einzigen ihrer Glieder nämlich demjenigen, welches man erhält, indem man im allgemeinen Gliede die Summationsvariable ersetzt durch den Ko-Index, andern Zeiger, welcher mit ihr zusammen das Suffix von 1' ausmacht.
Dualentsprechend reduzirt sich auch ein Produkt, in dessen allgemeinem Faktor ein Koeffizient von 0 'als variabler Summand enthalten ist, nach dem Schema: 12+) Πh{0'h k + f (h)} = f (k) = Πh{f (h) + 0'k h} zu einem einzigen und zwar demjenigen seiner Faktoren, in welchem die Produktationsvariable ihren Mitzeiger im Suffix von 0' zum Werte hat.
Der Beweis dieser Bemerkungen liegt darin, dass nach (7): 〈…〉 122Vierte Vorlesung.ist. Es verschwinden mithin alle Glieder unsrer Summe ausser dem - jenigen in welchem h = k ist. Ebenso werden alle Faktoren unsres Produktes gleich 1, kommen mithin nicht zur Geltung oder sind zu unterdrücken, ausser demjenigen, wo h den Wert k annimmt. Solche Faktoren eines Produktes, welche notwendig den Wert 1 haben, werden wir häufig nichtssagende, belanglose, unwirksame oder ineffektive nennen im Gegensatz zu den andern als den wirksamen oder effektiven Faktoren.
Es ist hier der Ort, die einfachsten Formeln der Algebra der Re - lative anzureihen — welche die Ergebnisse der 6 Spezies an Moduln betreffen.
Inbezug auf diese Operationen bilden die vier Moduln 1, 0, 1 ', 0' eine „ Gruppe “.
Zunächst ist 13) 〈…〉 Es lassen hiernach die beiden nichtknüpfenden Spezies der Negation und Konversion an jedem Modul sich sofort „ ausführen “; sie müssen in jedem hinreichend reduzirten Ausdrucke, sofern sie sich auf Moduln miterstrecken, an diesen ausgeführt sein und bleiben fürderhin ausser Betracht.
Man merke besonders: dass die Konversion jeden Modul ungeändert lässt, die Negation einen Modul in sein duales Gegenstück verwandelt.
Was die vier knüpfenden Spezies anbelangt, so haben wir zu unterscheiden: identische und relative Knüpfungen zwischen den ab - soluten desgleichen zwischen den relativen Moduln unter sich und wechselseitig (miteinander) — wir erhalten also ziemlich viele Formeln.
Zunächst überträgt sich der „ Abacus “wie er mit Festsetzung (3) in § 3 für Relativ-Koeffizienten oder - Aussagen 1, 0 ausgemacht wurde als genau der gleiche auch auf die Relative oder absoluten Moduln 1, 0 in deren identischen Knüpfungen: 14) 〈…〉
Ebendarum, überhaupt wegen Fortbestehens von (2), (3), (4), ist es unverfänglich als Namen für die absoluten Moduln die „ Wahrheits - werte “der Aussagen zu verwenden. Und diesen Formeln wiederum entspricht bei den relativen Knüpfungen aber absoluten Moduln genau:123§ 8. Der Abacus vervollständigt.15) 〈…〉
Beide Formelgruppen sind als partikulare Fälle schon in 8), 9), 10) enthalten und mit diesen Sätzen zugleich zu behalten.
Die identischen Knüpfungen zwischen absoluten und relativen Moduln erledigen sich durch die ganz bekannten und geläufigen Ansätze: 16) 〈…〉 welche ebenso mit 8), 9) schon gegeben sind.
Die identischen Knüpfungen zwischen den relativen Moduln durch: 17) 〈…〉 wovon die Formeln der ersten Zeile aus den Tautologiegesetzen sich verstehen, die der zweiten Zeile aus den in 13) mitenthaltenen Sätzen zu merken sein werden, wonach: gleichwie die beiden absoluten, so auch die beiden relativen Moduln Negate von einander sind, mithin disjunkt sein und einander zur Gesamtheit, dem Totum 1 ergänzen müssen.
Weiter die relativen Knüpfungen zwischen absoluten und relativen Moduln erledigen sich durch: 18) 〈…〉 von welchen Formeln die der ersten Zeile schon mit 9) und 10) ge - geben und damit zu merken sind. Die der zweiten Zeile, hälftig aus 11), werden sich mit einer spätern Bemerkung über die Bedeutung der Modulknüpfungen 1; a, a; 1, 0 ɟ a, a ɟ 0 von selbst einprägen, wofern man nur beachtet, dass die beiden relativen Moduln 1 'und 0' lauter be - setzte Zeilen aber keine Vollzeilen — und analog Kolonnen — haben.
Es bleiben hienach nur noch die relativen Knüpfungen zwischen den relativen Moduln zu studiren. Für diese gelten die Formeln: 19) 〈…〉 wovon sich die der beiden letzten Zeilen aus 11) verstehen, die der ersten Zeile aber besonders zu merken sind mit dem Zusatze — auf welchen cf. S. 5 der Stern hinweisen soll — dass zu ihrer Geltung erforderlich ist, dass der Denkbereich 11 mehr als zwei Elemente enthalte.
124Vierte Vorlesung.Das System der Formeln 13) bis 19) nennen wir den „ Abacus “der binären Relative. Derselbe erscheint zugleich als eine Erweiterung, die Vervollständigung, des schon in § 3 für die Koeffizientenwerte 1 und 0 aufgestellten „ Abacus “.
An Beweisen ist für die Sätze des Abacus nur mehr ganz weniges beizubringen.
Zu 13) hat man blos zu bemerken, dass wegen der allgemein für jedes Suffix ij getroffenen Festsetzungen (6) und (7) des § 3 — S. 25 — auch gelten muss 1j i = 1 = 1i j, 0j i = 0 = 0i j, 1'j i = (j = i) = (i = j) = 1'i j, 0'j i = (j ≠ i) = (i ≠ j) = 0'i j, wonach denn in der That die Konverse der Moduln diese selbst sind.
Dass die Negation des einen relativen Moduls der andre ist, wird aus (7) unmittelbar ersichtlich, und haben wir auch zur zweiten Zeile von 17):
0'i j 1'i j = (i ≠ j) (i = j) = 0 = 0i j | 1'i j + 0'i j = (i = j) + (i ≠ j) = 1 = 1i j. |
Die zweite Zeile von 18) beweist sich mit: (1; 0 ') i j = Σh1i h 0'h j = Σh0'h j = 1, (1'; 1) i j = Σh1'i h 1h j = Σh1'i h = 1'i i = 1 — also = 1i j — wo zu ersterm zu bemerken ist, dass, weil der Denk - bereich 11 mindestens zwei Elemente enthält, in der Σh der Zeiger h auch mindestens einen von j verschiedenen Wert durchlaufen wird, für welchen somit 0'h j = 1 sein muss.
Endlich haben wir behufs Beweises der ersten Zeile von 19) den Ansatz:
(0 '; 0') i j = Σh0'i h 0'h j = 1 = 1i j | (1 'ɟ 1') i j = Πh (1'i h + 1'h j) = 0 = 0i j |
zu dessen Rechtfertigung bemerkt werden muss:
(Links). Ist i ≠ j und gibt es ein von i und j verschiedenes h, so wird für jedes solche 0'i h 0'h j = 1 · 1 = 1 sein. Diese Voraussetzung trifft aber nur dann sicher zu, wenn der Denkbereich 11 mindestens drei Ele - mente enthält. Bei i = j würde schon die Annahme h ≠ i genügen um den Term 0'i h 0'h i = 1 werden zu lassen.
Ebenso (rechts) wird bei der gleichen Annahme mindestens ein Faktor 1'i h + 1'h j des Produktes = 0 und verschwindet auch dieses.
Unter jener Voraussetzung, auf welche der Stern hinweisen soll, haben wir also — mag i gleich oder ungleich j sein — für beide Fälle (0 '; 0') i j = 1, etc. und sind die obersten Formeln 19) bewiesen.
Enthält dagegen der Denkbereich 11 blos zwei Elemente, so ist zwar noch — wie vorhin bemerkt — (0 '; 0') i i = 1, dagegen für i ≠ j (0 '; 0') i j = 0, weil in 0'i h 0'h j der Zeiger h nur die beiden Werte i und j durchlaufen kann, für deren jeden einer der beiden Faktoren verschwindet. Hier wird dann (0 '; 0') i j = 1'i j. Mithin gälte: 0 '; 0' = 1 ', 1' ɟ 1 '= 0' beim Denkbereich aus gerade zwei Elementen.
125§ 8. Verschiedenheit der Moduln.Im „ Ausnahmefall “endlich, wo der Denkbereich auf ein einziges Ele - ment zusammenschrumpfte, hätten wir ohnehin keine Möglichkeit, relative Moduln von den absoluten zu unterscheiden; hier wäre überhaupt: 1 '= 1, 0' = 0 also auch: 0 '; 0' = 0 und 1 'ɟ 1' = 1 — gerade umgekehrt wie in 19).
Bei völlig leerem Denkbereiche hätten wir auch noch 1 = 0 und wäre „ alles egal “; buchstäblich gälte: „ es ist alles nichts “.
Dass sobald der Denkbereich mehr als ein Element umfasst, die vier Moduln von einander verschieden sein müssen, erhellt bereits aus dem Anblick ihrer Matrizes. Dasselbe kann natürlich auch leicht ganz strenge — formal aus den Festsetzungen — bewiesen werden. Denn aus dem Korollar zu Festsetzung (14) folgt durch Kontraposition: (a ≠ b) = Σi j (ai j ≠ bi j), wonach es behufs Nachweises der Ungleichheit zweier Relative erforder - lich und hinreichend ist, ihre Nichtübereinstimmung an einer einzigen Matrixstelle darzuthun, d. h. für ein einziges Suffix ij zu zeigen, dass der Koeffizient des einen Relativs gleich 1 während der des andern gleich 0 ist. Dies aber gelingt sofort für irgend zweie von den vier Moduln unter der angegebnen Voraussetzung.
Kraft des Abacus können wir nun sagen, dass in dem „ (hin - reichend) reduzirten “Ausdrucke eines Relativs Moduln nicht mehr mit - einander verknüpft vorkommen können.
Käme z. B. irgendwo der Ausdruck a; 1; 0 'vor, so müsste derselbe sofort zu a; (1; 0') = a; 1 reduzirt werden.
Moduln können zwar immer noch äusserlich als successive Terme in Ausdrücken auftreten — aber nur, wenn sie durch eine Klammer getrennt oder getrennt zu denken sind.
So würde sich a; 0 'ɟ 0 nicht reduziren lassen, weil es = (a; 0') ɟ 0 nach unsern Konventionen über Klammern bedeutet.
Dagegen dürfte a; (1 ɟ 0 ') nicht vorkommen, sondern müsste zu a; 1 reduzirt sein. Ebenso a; (0' ɟ 0) zu a; 0, das ist vollends zu 0. Etc.
Nach dem längst bekannten Theoreme 6) lässt sich im identischen Kalkul jede Subsumtion a ⋹ b nach Belieben bringen auf den absoluten Modul 1 als Subjekt, oder auf den 0 als Prädikat. Peirce9 p. 194 hat sich nun die Frage vorgelegt, ob Ähnliches auch bezüglich der rela - tiven Moduln 1 'resp. 0' zutrifft, und erkannt, dass dieselbe merkwür - diger Weise zu bejahen ist. Mit der Angabe und dem Beweise der hierauf bezüglichen Sätze wollen wir den gegenwärtigen Paragraph zum Ende führen.
126Vierte Vorlesung.Es gelten auch die folgenden Aussagenäquivalenzen: 20) 〈…〉 aufgrund deren, wie man sieht, die Mannigfaltigkeit der verfügbaren Schreibweisen oder Darstellungsmöglichkeiten einer Subsumtion, die schon im identischen Kalkul eine grosse gewesen, für unsre Disziplin noch ausserordentlich viel grösser wird, ja fast in’s Ungeheuerliche anwächst.
Beweis von 20). Gilt a ⋹ b, so können wir nach Satz 1) des § 6 — zum Beispiel: beiderseits ā̆ relativ voraddiren und erhalten: ā̆ ɟ a ⋹ ā̆ ɟ b.
Nach 3) ist aber 1 '⋹ ā̆ ɟ a und somit folgt a fortiori: 1' ⋹ ā̆ ɟ b, d. h. es ist der Satz erwiesen: (a ⋹ b) ⋹ (1 '⋹ ā̆ ɟ b).
Um auch die umgekehrte Subsumtion zu erweisen, erheben wir die rechte Seite zur Voraussetzung und multipliziren beiderseits mit a relativ vor; dadurch entsteht: a; 1 '⋹ a; (ā̆ ɟ b), wo die linke Seite sich nach 11) zu a reduzirt. Die rechte Seite ist aber nach Satz 7) des § 6: a; (ā̆ ɟ b) ⋹ a; ā̆ ɟ b ⋹ 0' ɟ b = b wegen 3), sowie 1) des § 6, und 11); mithin ist a ⋹ b erwiesen, q. e. d.
Die Formeln des Gespannes: 21) 〈…〉 deren erste wir mit der letzten Beweiszeile erwiesen haben, sind auch an sich bemerkenswert und würden sich den Sätzen des § 6 anreihen.
Nachdem nun die erste von den Äquivalenzen 20) bewiesen ist, er - geben sich die drei übrigen Formen der Aussage links von der Zeilenmitte leicht, indem man den in jener enthaltenen Satz anwendet auf die drei andern Subsumtionen, mit denen nach 13) des § 6, S. 87 die vorgelegte a ⋹ b äquivalent ist — wonach denn in der That auch: (b̄ ⋹ ā) = (1 '⋹ b̆ ɟ ā), (ă ⋹ b̆) = (1' ⋹ ā ɟ b̆), (b̄̆ ⋹ ā̆) = (1 '⋹ b ɟ ā̆) wird sein müssen.
Aus den linksseitigen vier Formen der als äquivalent mit a ⋹ b hin - gestellten acht Subsumtionen (20) fliessen endlich die vier rechtseitigen (als die jenen dual entsprechenden) durch Kontraposition, sodass sie nun - mehr alle bewiesen sind.
Nimmt man b = a in 20) an, indem man demgemäss b durch a er - setzt, so kommt man, weil a ⋹ a selbstverständlich gilt, auf die Sätze 3) 127§ 8. Einfachste Sätze von speziellerem Charakter.zurück, von welchen also gesagt werden kann, dass sie in denen 20) als besondre Fälle mit enthalten seien.
Umgekehrt werden wir die Sätze 20) als partikulare Anwendungen eines noch allgemeinern Satzes, des von mir sogenannten ersten Inversions - theoremes, in § 16 erkennen.
Vertauscht man in 20) a mit ā̆, oder b mit b unter Berücksich - tigung auch von 13) des § 6, sowie von 6), so ergeben sich noch folgende Formen der bisherigen, Äquivalenz von Subsumtionen statui - renden Sätze: 22) 〈…〉 , in welchen sie zur Anwendung, nämlich als Schemata für die Um - formung von Subsumtionen bequem hergerichtet erscheinen. Peirce l. c.:
Ist hienach das Prädikat zum Subjekte 1 'eine relative Summe, so werden wir (deren) beide Terme sowol umstellen als auch zusammen konvertiren dürfen, mithin unter vier Schreibweisen zum Ausdruck jener Thatsache die Wahl haben. Ebenso, wenn zum Prädikate 0' das Sub - jekt ein relatives Produkt ist.
Liegt dagegen der umgekehrte Fall vor (d. h. ist zum Subjekte 1 'das Prädikat ein relatives Produkt, etc.), so sind wir blos berechtigt, den Ausdruck zu konvertiren — nicht aber, auch die Terme umzu - stellen — und verfügen wir blos über zwei Schreibweisen, indem:
(1 '⋹ a; b) = (1' ⋹ b̆; ă) | (a ɟ b ⋹ 0 ') = (b̆ ɟ ă ⋹ 0'). |
Nachdem im gegenwärtigen Paragraphen mit 13) die Operationen der Negation und Konversion auch an den Moduln zu vollziehen gelehrt worden, haben die in § 6 über die Prozesse des Dualisirens und Kon - jugirens gemachten Angaben ihre Ergänzung dahin gefunden, dass man diese Prozesse praktisch nun auch an solchen Formeln, die neben all - gemeinen Buchstabenrelativen auch Moduln führen, vollständig aus - führen kann.
Wenn nun mit jeder allgemeinen Formel zugleich auch deren kon - jugirte, sowie deren duale nebst der konjugirtdualen, mithin ein Vier -128Vierte Vorlesung.gespann von Formeln, Geltung beansprucht, so wird die Frage unab - weislich, welche andern Formeln denn vor allem die fundamentalen Festsetzungen des § 3 so noch nach sich ziehen? M. a. W. es drängt sich der Gedanke auf, die Prinzipien des Dualismus und der Kon - jugation (nachdem sie eben ihre volle Gebrauchsfähigkeit erlangten) zunächst auf jene fundamentalen Formeln anzuwenden, und damit sozu - sagen noch eine Fortsetzung, Ergänzung zum § 3 zu gewinnen.
Lassen wir zu dem Ende jene Festsetzungen Revue passiren, so wird das Ergebniss sein: dass die Konjugation nichts Neues liefert, wohl aber — bei den Festsetzungen (5) bis (13) — das Prinzip des Dualismus.
Wegen 0̆ = 0, 1̆ = 1 lässt die Konversion zugleich mit deren Wahrheitswerte auch jede Aussage ungeändert.
Darnach kann der Abacus (2) bis (4) durch Konjugation nur in sich selbst übergehen, desgleichen die (im Boole’schen Sinne) sekundären Aus - sagenformeln (1) und (14). Die letzteren sind ausserdem zu sich selbst („ gebiets “-) dual und der Abacus trägt bereits den Dualismus in sich zur Schau.
Es können daher nur mehr die Festsetzungen (5) bis (13) in Betracht kommen, für welche (5) das Prototyp bildet.
Diese Formel (5) a = Σi jai j (i: j) ginge nun durch beiderseitiges Kon - vertiren über in: ă = Σi jai j (j: i), indem nach dem Gesagten das Konverse von ai j nicht aj i sondern ai j selbst ist. Ersetzte man in dem Ergebnisse dann a durch ă, so entstünde a = Σi jaj i (j: i) = Σj iaj i (j: i). D. h. man erhält durch Konjugation die ursprüngliche Formel wieder, mit dem ein - zigen Unterschiede, dass die beiden laufenden Zeiger blos ihre Namen aus - getauscht haben.
[Streng genommen war hiezu eine Bemerkung vonnöten: Wir sind zwar verbal schon in § 2 übereingekommen j: i das „ zu i: j konverse “Elemente - paar zu nennen; dass aber dieser Begriff aufgrund der später gegebnen Definition der „ Konversion “zusammenfällt mit deren Ergebnisse i: j͝ musste erst bewiesen werden. Der Beweis, durch den erst jene verbale Ausdrucks - weise ihre Rechtfertigung nachträglich findet, ist äusserst leicht zu er - bringen und sei — da die ganze Betrachtung einen nebensächlichen Cha - rakter hat — hier dem Leser überlassen. Wir werden systematisch den - selben erst in § 24 liefern.]
Konjugation also lieferte uns nichts Neues. Anders das Dualisiren.
Kontraposition, beiderseitiges Negiren der Formel ā = Σi jāi j (i: j) gibt als das duale Gegenstück zu 5) die für jedes Relativ a gültige Darstellung: 23) a = Πi j (ai j + i: j͞).
Um zunächst den Schluss ganz überzeugend zu finden, mag man be - denken, dass in der vorhergehenden, der für ā in Anspruch genommenen129§ 8. Produktdarstellung der Relative.Formel (5) alle Koeffizienten āi j den Wahrheitswert 0 oder 1 haben. Wegen völligen Zusammenfallens der Knüpfungsgesetze muss es aber erlaubt sein, diese Wahrheitswerte 0 und 1 auch als Relative, nämlich als die absoluten Moduln anzusehen. Bei dieser letztern Auffassung wird die Gleichung in der That absolut das nämliche besagen und dieselbe Determination für ā geben, wie bei der vorhergehenden Koeffizientendeutung. Dann aber haben wir rechts eine Summe Σi j von identischen Produkten aus binären Rela - tiven: āi j (= Modul 0 oder aber 1) das eine, und i: j das andre. Und dieses Aggregat von Relativen kann nach den (selben) Regeln negirt werden, welche für solche bereits gesichert sind — wodurch nun eben 23) entsteht.
Sehen wir uns jetzt die Darstellung näher an.
Sooft (d. h. für jedes ij wofür) ai j = 1 ist, wird auch der zu - gehörige Faktor des Πi j gleich 1 mithin belanglos, unterdrückbar, un - wirksam.
Sooft dagegen ai j = 0 ist, erscheint (weiter nichts wie) i: j͞ selbst als Faktor unsres Produktes angesetzt.
Gleichwie das binäre Relativ a die identische Summe ist der in ihm enthaltenen, vorhandenen Elementepaare, so ist es also auch das identische Produkt der Negate von sämtlichen Elementepaaren die in ihm fehlen oder unvertreten sind!
Dergleichen Negate von individuellen (binären) Relativen nennt Peirce (bekanntlich) „ simples “.
Das Relativ ist die Summe seiner „ Individuen (im Denkbereiche 12) “und das Produkt der Negate seiner „ Nichtindividuen “(seiner Simpla).
Jene, die Elementepaare, mit Peirce die „ Aggreganten “von a zu nennen ist angängig, diese, die Simpla, dagegen als die „ Komponenten “von a zu bezeichnen schafft einen Doppelsinn im Hinblick auf die „ Kompo - sition “als relative Multiplikation der Relative. Ich würde — wie dort den Ausdruck „ Konstituenten “— so hier den „ Produzenten “(Poretzki’s) vorziehn.
Dual ergänzt hätte also unsre Festsetzung (5) zu lauten: 24) Σi jai j (i: j) = a = Πi j (ai j + i: j͞), indessen kann doch nur die eine Hälfte dieser Formel als „ Festsetzung “gelten; die andre ist dann eine Konsequenz — aus den wirklichen Fest - setzungen.
Wegen des Korollars zu Festsetzung (14) ist die („ additive “) Dar - stellung eines binären Relativs als Summe von Elementepaaren nur auf eine Weise möglich, und ebendies muss auch von seiner („ multiplika - tiven “) Darstellung als Produkt von Simplen gelten — die ja durch Kontraposition aus jener folgte.
Wenn nun so der einen Darstellung der Relative, die wir als dieSchröder, Algebra der Relative. 9130Vierte Vorlesung.fundamentale zugrunde gelegt, noch eine zweite völlig gleichberechtigt gegenübersteht, so wollen wir uns doch mit dieser theoretischen Ein - sicht begnügen und von der letztern thunlichst keinen Gebrauch machen. Wir werden auch sehr wohl imstande sein, alle Schlüsse nur auf die erstere zu bauen. Und unsre Disziplin ist ohnehin schon vielförmig genug.
Ich will darum auch hier darauf verzichten, unter dem Gesichts - punkt dieser zweiten Darstellungsweise auch die mit Festsetzung (6) bis (9) definirten speziellern Relative, sowie die mit (10) bis (13) er - klärten Erzeugnisse unsrer 6 Spezies noch weiter zu verfolgen. —
Nicht vertreten in den Formeln 8) bis 11) des vorigen Paragraphen sind folgende 16 Modulknüpfungen: 1) 〈…〉 2) 〈…〉 von denen wir wieder die konjugirten neben - statt untereinander geschrieben haben. Diese sind die irreduziblen unter den primären Knüpfungen. Im Allgemeinen fallen sie weder mit einem der Moduln noch mit dem Relativ a selber oder einem von dessen Verwandten zusammen*)Dagegen bestehen zwischen ihnen und a, sowie auch unter sich, gewisse Beziehungen der Einordnung, Subsumtionen, mit denen wir noch zu thun haben werden..
Die ersten 8 derselben, welche auf nur vier im Allgemeinen ver - schiedene hinauskommen, sind identische Knüpfungen, gehören der ersten Hauptstufe an — doch gehn in sie nur relative Moduln ein. Die letzten 8 sind relative Knüpfungen. Den Gruppen 1) und 2) entspre - chend haben wir also nur 4 + 8 = 12 sage zwölf verschiedene Rela - tive als irreduzible primäre Modulknüpfungen eines gegebnen Rela - tivs a zu studiren. Vertrautheit mit diesen ist für unsre Disziplin fundamental.
Wir betrachten zuerst die vier Knüpfungen 1).
Das Relativ 1'a hebt aus dem Relativ a dessen individuelle Selbst -131§ 9. Die irreduziblen primären Modulknüpfungen.relative sämtlich hervor, schneidet sie gleichsam aus ihm heraus, und vereinigt ausschliesslich sie zu einem neuen Relative.
Das duale Gegenstück hiezu, 0 '+ a, vereinigt die individuellen Selbst - relative von a mit allen erdenklichen individuellen Aliorelativen.
Das Relativ 0'a vereinigt in sich alle individuellen Aliorelative von a und nur diese.
Das duale Gegenstück hiezu 1 '+ a fasst diese individuellen Alio - relative von a mit allen erdenklichen Selbstrelativen zusammen (zu einem neuen Relative).
Die Subsumtionen, welche über diese Relative ausgesagt werden können, sind die aus dem identischen Kalkul selbstverständlichen. Es ist natürlich. 1'a ⋹ a ⋹ 0 '+ a und auch 1'a ⋹ 1', 0 '⋹ 0' + a, und so weiter.
Der allgemeine Koeffizient ist für ein jedes dieser Relative 1) leicht anzugeben. Es wird z. B. nach den einschlägigen Festsetzungen (7) und (10) des § 3: (1'a) i j = 0 für i ≠ j, dagegen (1'a) i i = ai i, (0'a) i j = ai j für i ≠ j, und (0'a) i i = 0.
Die Formel: 3) a = 1'a + 0'a gibt die Zerfällung jedes Relativs in seine individuellen Selbst - und Aliorelative.
Dieselbe folgt mit Leichtigkeit aus der in 16) des Abacus enthal - tenen Gleichung 1 '+ 0' = 1.
In seiner älteren Schrift2 hebt Peirce hervor die Analogie von 1'a mit dem „ Skalar - “, und von 0'a mit dem „ Vektor “- Teil von Quaternionen, dieselben — worauf er nicht mehr zurückkommt — mit Sa und Va zu bezeichnen vorschlagend.
Auf das Vorhandensein oder Fehlen in a der einen oder andern Art von individuellen Relativen oder Elementepaaren kann man eine Einteilung der Relative gründen, welche auch dazu führt, den Begriff des „ Selbst “- und „ Aliorelativs “von den individuellen auf beliebige oder allgemeine binäre Relative auszudehnen. Überhaupt drängen sich hier vier begriffliche Unterscheidungen auf.
Ich will zunächst die Peirce’sche Nomenklatur, der ich mich anschliesse, übersichtlich einführen.
Wir definiren: 〈…〉 9*132Vierte Vorlesung. 〈…〉
Missachtet man die Anforderungen des Dualismus, so könnte man, nachdem die Definition der ersten Zeile adoptirt ist, sich versucht fühlen, die Benennungen für „ Selbstrelativ “und „ Konkurrent “auszutauschen. Ich habe mich erst nach Überwindung dieses Befremdlichen mit Peirce’s Terminologie zu befreunden vermocht, dieselbe jedoch bald als die zweck - mässigste und eleganteste erkennen müssen.
Von diesen vier Paaren von Ansätzen sind nur die des ersten und dritten Paares selbständige Festsetzungen, die beiden andern Paare dann durch Kontraposition von selbst gegeben.
Die untereinander stehenden Begriffe jeden Paares schliessen sich gegenseitig aus und teilen alle binären Relative zwischen sich.
Es wird also „ Aliorelativ “ein Relativ zu nennen sein, welches kein Elementepaar der Form i: i enthält, dagegen „ Selbstrelativ “ein solches, dem Elementepaare von dieser Form i: i (daneben vielleicht auch noch andre der Form i: j, wo j ≠ i) angehören.
Ein Relativ, dem kein Elementepaar der Form i: j (wo j ≠ i) angehört, heisst ein „ Konkurrent “; ein solcher besteht also höchstens aus Elementepaaren der Form i: i (sofern er nämlich nicht 0 ist), und ein Relativ, dem Elementepaare der Form i: j (wo j ≠ i) angehören, heisst „ Opponent “.
[Die beiden Formen hätten wir auch kürzer als die von A: A und A: B bezeichnen können].
„ Konkurrenten “— bemerkt Peirce 2 p. 52 — drücken eine blosse Übereinstimmung zwischen Objekten aus (a mere agreement among things), wie z. B. „ Mensch, welcher … ist “(„ man, that is - “); demnach also drücken „ Opponenten “einen Gegensatz (opposition) aus (set one thing over against another, ἀντιϰεῖσϑαι).
Dass ein Elementepaar der Form A: A nun wirklich als ein Selbst - relativ, eines der Form A: B als Aliorelativ anzuerkennen ist, ist ersicht - lich. Jenes ist zugleich auch Konkurrent, dieses auch Opponent. —
Was die Moduln betrifft, so ist:
133§ 9. Selbst - und Aliorelative, Konkurrenten, Opponenten.und zwar gibt es allemal nur ein einziges Relativ (nämlich der angegebne Modul), welches die beiden Charaktere in sich vereinigt — wie leicht zu zeigen.
Im übrigen — bei Ausschluss je eines gewissen von den beiden Mo - duln 0 und 1 — bestehn zwischen den 8 verschiedenen Klassen folgende Beziehungen:
Jedes Aliorelativ sowie jedes Konkurrentennegat ist zugleich Opponent und Selbstrelativnegat.
Jeder Konkurrent sowie jedes Aliorelativnegat ist zugleich Selbst - relativ und Negat eines Opponenten.
Dies beruht auf den folgenden Aussagensubsumtionen: (a ⋹ 0 ') (a ≠ 0) + (0' ⋹ a) (a ≠ 1) ⋹ (a ⋹ 1 ') (1' ⋹ a) (a ⋹ 1 ') (a ≠ 0) + (1' ⋹ a) (a ≠ 1) ⋹ (a ⋹ 0 ') (0' ⋹ a) die mit ihren Teilvoraussetzungen und Teilbehauptungen der Leser sich zur Übung leicht selber beweisen wird.
Nebenbei bemerke man: 1 'ist die „ Gemeinheit “(Π, der least common part) aller Aliorelativnegate und das Universum (Σ) aller Konkurrenten, 0' ist das Universum aller Aliorelative und die Gemeinheit aller Kon - kurrentnegate.
Ebenso wie a selbst kann man aber auch dessen Verwandte ā, ă, ā̆ mit den Moduln verknüpfen. Um dem Studirenden eine Ahnung von dem ungeheuren Reichtum unsrer Disziplin zu verschaffen, will ich hier überhaupt — im Anschluss an die Besprechung von 1) — die Frage erledigen, wievielerlei und welche Relative sich aus einem ge - gebnen Relativ a nebst dem Modul 1 'ableiten lassen durch die Opera - tionen der Negation und Konversion in Verbindung mit den beiden identischen Knüpfungen. Wir wollen also die genannten zwei Relative in Hinsicht der genannten vier Spezies zu einer „ Gruppe “ergänzen.
Der Ausschluss der beiden relativen Knüpfungen motivirt sich aus der Erwägung, dass bei deren Zulassung die Menge der fraglichen Relative — wie schon aus der Reihe a; a, a; a; a, a; a; a; a, … zu ersehen ist — eine unbegrenzte werden müsste.
Mit 1 'wird als dessen Negation auch 0' zugelassen sein, und brauchte also neben 1 'nicht extra gegeben zu werden. Ebensowenig die beiden absoluten Moduln, sintemal 1 = a + ā, 0 = aā ohnehin aus a ableit - bar sind.
Dagegen ist es nicht möglich mittelst genannter 4 Spezies einen re - lativen Modul aus a abzuleiten, zu dessen Bestimmung ja seine Stellung als Subjekt resp. Prädikat in 2) des § 8 jedenfalls nicht ausreichend wäre.
Zunächst liefern die vier verwandten Relative 4) a, ā, ă, ā̆, durch identische Multiplikation und Addition verknüpft, uns die 8 redu - zibeln Knüpfungen:134Vierte Vorlesung.aā = āa = ăā̆ = ā̆ă = 0, a + ā = ā + a = ă + ā̆ = ā̆ + ă = 1, dazu 16 nämlich achterlei irreduzible Ausdrücke.
Die 8 kraft der Tautologiegesetze reduzibeln Knüpfungen aa = a, āā = ā, etc. a + a = a, etc. haben wir nicht mitgerechnet, ansonst wir auch 16 reduzible und zusammen 2 × 4 × 4 = 32 Knüpfungen hätten. Mit Rück - sicht auf jene aber sieht man leicht auch a priori, dass die Zahl der Er - gebnisse einmaliger Knüpfung zwischen den 4 Verwandten 2 × 4 × 3 = 24 sein muss. Man könnte auch hiervon nur die Hälfte rechnen, wenn man ebenso (wie die Tautologie -) auch die Kommutationsgesetze berücksich - tigen wollte.
Jene achterlei irreduziblen Knüpfungen sind: 5) 〈…〉 6) 〈…〉
Aus ihnen sind noch die beiden irreduziblen Ausdrücke ableitbar: 7)
1 '⋹ aă + āā̆ = (a + ā̆) (ā + ă) | aā̆ + āă = (a + ă) (ā + ā̆) ⋹ 0 ' |
und überzeugt man sich unschwer, dass zusammen mit den 2 Moduln 0, 1 die 4 verwandten Relative 4) nebst den 8 abgeleiteten 5), 6) und den 2 letzten 7) eine „ Gruppe “in Hinsicht unsrer vier Spezies bilden — eine Gruppe, die also 16 im Allgemeinen unter sich verschiedene Relative umfasst.
Werden alle diese jetzt auch noch mit den beiden relativen Moduln 1 ', 0' nach dem Vorbild von 1) identisch verknüpft, so treten als eventuell neue Relative erstlich hinzu die 12erlei Ausdrücke: 8) 〈…〉 9) 〈…〉 welche die verschiednen irreduziblen primären identischen Modulknüpfungen des Verwandtenquadrupels 4) von a vorstellen, sodann die 14erlei Aus - drücke aus den Modulknüpfungen der zusammengesetzten Relative 5) bis 7):10) 〈…〉 11) 〈…〉 135§ 9. Gruppe identischer Modulknüpfungen des Verwandtenquadrupels.12) 〈…〉 13) 〈…〉 endlich die 20erlei Ausdrücke, welche noch durch identische Knüpfungen zwischen den bisherigen erhältlich sind:14) 〈…〉 15) 〈…〉 16) 〈…〉 17) 〈…〉
Nehmen wir hierzu noch die 2 Moduln 1 'und 0' selbst, so ist mit den aufgezählten (2 + 14) + 12 + 14 + 20 + 2 = 64 Relativen die gesuchte Gruppe abgeschlossen.
Rechnet man zum selben „ Typus “immer diejenigen Ausdrücke welche durch blosse Buchstabenvertauschung — also hier: durch Vertauschungen zwischen den vier verwandten Relativen 4) — in einander übergeführt werden können, so müsste man allerdings die vier Moduln auch zu vier verschiedenen Typen rechnen und ebenso im Allgemeinen die vier resp. zwei Ausdrücke, welche jeweils (nach den Prinzipien des Dualismus und der Konjugation) eine Tetrade resp. Dyade, ein Gespann ausmachen. Es interessirt uns aber weniger die Typenzahl der Ausdrücke selber als viel - mehr vorwiegend die Typenzahl ihrer Gespanne. Da zerfallen denn die beiden Modulnpaare auch nur in zwei Typen — den beiden Hauptstufen entsprechend.
Im übrigen sind die Typen der Ausdrucksgespanne durch unsre Chiff - rirung kenntlich gemacht, sodass wir insgesamt 2 + 14 = 16 Gespann-Typen unsrer 64 Relative vorfinden und zu unterscheiden haben.
Dass die 64 Relative sämtlich von einander verschieden sein können, lässt sich schon durch das einfache Beispiel nachweisen:
.
Wir empfehlen dem Studirenden als eine leichte und erspriessliche Übung in vorstehender Weise auch noch die 60 (oder von den Moduln abgesehen 56) übrigen Relative durch ihre Matrix mittelst Augen und Leerstellen sich darzustellen und sich zu überzeugen, dass wirklich keine zwei von allen 64 einander gleich ausfallen. Verfügt man über karrirtes Papier, so brauchen blos die Augen eingetragen, die Leerstellen nicht mar - kirt zu werden.
Dass freilich die Gruppe unsrer 64 Relative vollständig, ist nicht so bequem erweisbar und müssen wir, nachdem die Methoden zu solchem Nach -136Vierte Vorlesung.weise in Anhang 6 des Bd. 1 auseinandergesetzt sind, denselben zu führen dem Leser überlassen.
Was die Sätze betrifft, die im Vorstehenden mitenthalten sind, so erscheinen die in 6) nebenher mit angeführten Subsumtionen als einerlei mit den Sätzen 2) des § 8. Aus ihnen ergibt sich durch überschiebendes Multipliziren derer rechts vom Mittelstriche alsbald die Subsumtion links in 7) und dual entsprechend die rechts — vergleiche auch das Korollar zu 2) des § 8.
Ausserdem dürfte der in 8) mitenthaltene Satz am bemerkenswer - testen sein:
1'a = 1'ă | 0 '+ a = 0' + ă |
dessen Beweis gegeben ist durch die Bemerkung, dass die Gleichung 1'i jai j = 1'i jaj i für i ≠ j auf 0 = 0, für i = j aber auf ai i = ai i hinausläuft.
Im übrigen erheischt es schon einiges analytische Geschick in der Handhabung des identischen Kalkuls, unter Verwertung der Sätze 2) des § 8 und ihrer Korollare in 7) des gegenwärtigen, nachzuweisen, dass irgend ein durch die genannten 4 Spezies aus den Verwandten von a und Moduln gebildeter Ausdruck notwendig auf eines der 64 Relative der Gruppe hinausläuft — und damit den Ausdruck jeweils auf seine typische oder einfachste Form zu bringen. Auf den ersten Blick nämlich scheinen sich noch viel mehr als die angeführten 64 Ausdrücke bilden zu lassen.
Beispielsweise wird man leicht erkennen, dass die folgenden Ausdrücke mit Fug und Recht in unsrer Zusammenstellung ausgelassen sind (unge - achtet ihres anscheinend analogen Baues mit andern darin angeführten), weil sie sich eben reduziren:
1'aā̆ = 0, 1 '(a + ā̆) = 1' | 0 '+ a + ā̆ = 1, 0' + aā̆ = 0 ' |
1'āă = 0, 1 '(ā + ă) = 1' | 0 '+ ā + ă = 1, 0' + āă = 0 ' |
1 '(aă + āā̆) = 1' | 0 '+ aā̆ + āă = 0' |
1 '(aā̆ + āă) = 1' | 0 '+ aă + āā̆ = 1 |
und so weiter. Hätte man beispielsweise den Ausdruck 1 '(ā + ā̆) + aā̆ + āă, so wäre, indem man den Faktor von 1' in ā + aā̆ umformt, die Unter - drückbarkeit des Termes 1'ā̆ in unserm Ausdruck nachzuweisen und dürfte solche nicht übersehen werden. Dergleichen Vereinfachungen sind beim Nachweis der Vollständigkeit der Gruppe in grosser Menge auszuführen.
Quintessenz der vorstehenden Untersuchung ist also: dass sich schon bei Ausschluss der beiden relativen Knüpfungen aus einem ge - gebnen binären Relativ a nicht weniger als — es selbst und die vier Moduln eingerechnet — sechzig vier Relative ableiten lassen.
Die Entstehungsweise eines jeden dieser Relative aus dem ursprüng - lichen a wird — eine empfehlenswerte Übung — der Leser sich un - schwer mit Worten beschreiben. Es müssen in jedem Falle von den137§ 9. Cyklus zweiter Ordnung.Elementepaaren — oder besser Matrix-Augen — des a gewisse her - vorgehoben (ausgeschnitten oder beibehalten), andre vielleicht unter - drückt werden, es müssen eventuell sei es auf, sei es ausserhalb der Hauptdiagonale die fehlenden ergänzt, oder auch die Konversen zu den daselbst fehlenden oder vorhandenen Augen hinzugefügt oder aber aus - gemerzt werden.
Die Beschreibung wird in vielen Fällen erleichtert und verein - facht, wenn man sich des folgenden Ausdrucks bedient, den wir, mit einem modifizirenden Epitheton versehen, aus der mathematischen „ Substitutionentheorie “herübernehmen müssen und hiermit einführen.
Ein Relativ von der Form: i: j + j: i wo i ≠ j soll eine nackte Transposition (oder ein „ Cyklus zweiter Ordnung “) heissen.
Die Matrix desselben besteht also aus gerade zwei Augen, welche symmetrisch zur Hauptdiagonale und seitlich von derselben stehen. Ein solches Relativ entsteht, indem man zu irgend einem individuellen Aliorelativ das konverse desselben hinzufügt.
Von der „ Transposition “schlechtweg (im Sinne der Substitutionen - theorie), muss wie wir sehn werden, die „ nackte Transposition “wohl unter - schieden werden. Jene hat — beiläufig bemerkt — viel mehr Augen, trägt nämlich Augen auch noch an all den Stellen der Hauptdiagonale, welche nicht in der Flucht von i oder j liegen.
Darnach wird man beispielsweise sagen können:
Das Relativ aă besteht aus den individuellen Selbstrelativen von a in Verbindung mit allen nackten Transpositionen, welche a enthält.
Das Relativ a + ă dagegen aus den vorgenannten Elementepaaren nebst all den nackten Transpositionen, zu welchen sich die „ nur ein - seitig vorhandenen “individuellen Aliorelative von a ergänzen lassen.
Ein Elementepaar, Auge, ist in a „ nur einseitig vorhanden “zu nennen, wenn (es zwar vorhanden ist aber) das zu ihm konverse fehlt. Weil ein Selbstrelativ das konverse von sich selber ist, kann solcher Fall nur bei individuellen Aliorelativen eintreten.
Es ist doch wohl wünschenswert, und das Bedürfniss wird mit dem Fortschreiten unsrer Disziplin immer stärker hervortreten, dass zur Behandlung der einschlägigen Materie und zur Beschreibung der dabei in Frage kommenden Verhältnisse eine geeignete präzise und knappe Terminologie ausgebildet werde und allgemein in Übung komme. Die vorstehenden Vorschläge scheinen noch nicht allen Anforderungen138Vierte Vorlesung.zu genügen. Ich will mir daher gestatten, noch einige weitere Aus - drucksmöglichkeiten der Erwägung des Lesers zu unterbreiten.
Wie von Symmetrie (inbezug auf die Hauptdiagonale) kann man auch von Spiegelung, Spiegelbildern reden, wobei immer zu unterstellen sein wird, dass die Hauptdiagonale als spiegelnde Linie gedacht wird.
Die Operationen der oben betrachteten Gruppe gestatten, aus einem irgendwie gegebnen Relativ a abzuleiten 64 eventuell andre Relative, und diese wollen wir insgesamt — im Gegensatz zu später zu studirenden Zeilen - oder Kolonnenabwandlungen — als die „ diagonal flektirten “Relative zu a bezeichnen, jene Operationen auch die „ diago - nalen “(oder „ spiegelnden “) Abwandlungen (Flexionen) des Relativs a nennen.
Zwei Stellen der Matrix eines Relativs a, die in der Tafel 12 von zu einander konversen Elementepaaren, genauer individuellen Alio - relativen i: j und j: i, eingenommen, okkupirt werden, sollen symme - trisch gelegene Stellen heissen; sie bilden ein „ symmetrisches Stellen - paar “, bestehend aus einer Stelle und ihrem Spiegelbilde.
Sind sie bei a alle beide mit Augen besetzt, so mögen wir, einem Vorgang der Botanik folgend, diese Augen „ parige “nennen; dieselben bilden dann ein „ symmetrisches Augenpaar “, bestehend aus einem Auge und seinem Spiegelbilde.
Ebenso, wenn ein symmetrisches Stellenpaar in a unbesetzt ist, nennen wir die Leerstellen desselben parige.
Wenn dagegen in einem symmetrischen Stellenpaar blos die eine Stelle bei a ein Auge trägt, während die andre unbesetzt ist, so soll dies Auge ein „ unpariges “heissen; mit demselben Rechte ist dann also auch die Leerstelle eine unparige zu nennen.
Die Operationen der diagonalen Gruppe gestatten uns nun bei einem Relativ a ganz unabhängig von einander die folgenden 12 = 2 × 6 Prozesse einzeln auszuführen (oder zu unterlassen):
Die auf der Diagonale stehenden Augen, desgleichen Leerstellen, die (seitlich derselben stehenden) parigen Augen, desgleichen Leer - stellen, sowie die unparigen Augen, desgleichen Leerstellen aus a hervorzuheben oder aber zu tilgen — wobei das „ Tilgen von Leer - stellen “als ein Besetzen derselben mit je einem Auge zu verstehen ist.
Im folgenden Schema ist zur Anschauung gebracht, in welcher Weise bei a eine Stelle auf der Hauptdiagonale, sowie ein symmetri - sches Stellenpaar überhaupt besetzt (oder unbesetzt) sein kann, und wie alsdann bei den mit a verwandten Relativen ebendiese Stellen be - setzt sein müssen.
139§ 9. Diagonalabwandlungen irgend eines Relativs.Es kommen bei a sechs Möglichkeiten in Betracht, von denen die zwei mittleren der Art nach nicht verschieden sind, und zwar zeigt 0) ein Auge, 4) eine Leerstelle auf der Diagonale, 1) zeigt parige
Augen also ein symmetrisches Augenpaar, 3) parige Leerstellen, 2) zeigt mit den zwei Besetzungsmöglichkeiten ein unpariges Auge.
Wir erhalten hierzu leicht die folgenden sechs Schemata:
und kann man darnach z. B. sagen:
Das Relativ aă hebt aus a dessen parige nebst den auf der Dia - gonale stehenden Augen hervor; das aā̆ blos dessen unparige Augen.
Das Relativ aā̆ + āă gibt die unparig besetzten Stellenpaare von a als vollbesetzte, indem es die übrigen Augen von a abwirft.
Und dergleichen mehr. a + ă dagegen ergänzt die unparigen Augen von a zu parigen, indem es alle übrigen Augen von a ungeändert beibehält. Und so weiter. Man wird nunmehr keine Schwierigkeit finden, irgend eine von den 64 diagonalen Abwandlungen nach ihrer Wirkung kurz und treffend zu beschreiben. —
140Vierte Vorlesung.Von noch fundamentalerer Wichtigkeit — wo möglich — als wie die identischen 1) sind die relativen irreduziblen Modulknüpfungen 2) zu deren Betrachtung wir uns jetzt wenden.
In diejenigen der ersten Zeile von 2) gehn die absoluten, in die der zweiten Zeile die relativen Moduln ein. Wir stellen zuerst für jene den allgemeinen Koeffizienten auf. Es wird nach den einschlä - gigen Festsetzungen: 18) 〈…〉 .
Hiernach ist für ein bestimmt festgehaltenes i das (a; 1) i j gleich 1 für jedes j, wenn es auch nur für einen einzigen Werth von j gleich 1 ist — andernfalles gleich 0; das heisst das Relativ a; 1 kann nur aus ganz voll besetzten und gänzlich leeren Zeilen bestehen, ebenso das a ɟ 0.
Dagegen können die Relative 1; a und 0 ɟ a nur bestehen aus vollen und leeren Kolonnen; denn ist bei bestimmt festgehaltenem j das (1; a) i j gleich 1 (resp. 0) für irgend ein i, so ist es auch gleich 1 (resp. 0) für jedes i, d. h. an allen den Stellen, die in der durch j be - stimmten Vertikalflucht liegen.
Eine Reihe (der Matrix), deren jede Stelle mit einem Auge besetzt ist, nennen wir eine Vollreihe.
Trägt dagegen keine Stelle der Reihe ein Auge, enthält die Reihe lauter Leerstellen, so nennen wir sie eine Leerreihe.
Eine Reihe, von der mindestens eine Stelle mit einem Auge besetzt ist, welche also überhaupt Auge (n) trägt — einerlei ob eines, mehrere oder auch lauter Augen — heisse eine besetzte*)Im gewöhnlichen Leben wird „ besetzt “oft synonym mit „ voll besetzt “gebraucht. Wir nehmen es hier blos als Gegensatz zu „ unbesetzt “— im Sinne von „ irgendwie besetzt “. Reihe.
Eine Reihe dagegen, von der mindestens eine Stelle unbesetzt ist, heisse eine lückenhafte, lückige oder Lückreihe.
Dies ist der Anfang einer Terminologie, welche wir, um in unsrer Theorie eine präzise und knappe Ausdrucksweise zu ermöglichen, noch weiter auszubilden haben werden. Es müssen hienach einerseits: Vollreihe und Lückreihe andrerseits: Leerreihe und besetzte Reihe141§ 9. Irreduzible relative Knüpfungen mit absoluten Moduln.kontradiktorische Gegensätze sein. Dagegen sind Vollreihe und Leer - reihe blos konträre Gegensätze. Die Vollreihe gehört zu den besetzten Reihen, und die Leerreihe ordnet sich den Lückreihen ein, ist auch eine „ Lückreihe “zu nennen, obwol bei ihr der Begriff der Lücke aus - artet in etwas die ganze Breite einnehmendes, dem das Substrat, wel - ches die „ Lücke “einfassen sollte, fehlt.
Es war also erkannt: dass die Relative a; 1 und a ɟ 0 blos aus Voll - und Leerzeilen, die 1; a und 0 ɟ a blos aus Voll - und Leer - kolonnen bestehen können.
Welche Zeilen — müssen wir nun weiter fragen — werden aber Vollzeilen und welche Leerzeilen von a; 1 sein?
Die Antwort ergibt sich aus der Diskussion des Ausdruckes Σhai h = ai A + ai B + ai C + … welcher den allgemeinen Koeffizienten (a; 1) i j darstellt.
Diese Summe wird nur dann verschwinden, wenn alle Glieder derselben = 0 sind. Sobald dagegen auch nur eines der Glieder gleich 1 ist, m. a. W. sobald mindestens eines der ai h die sich bei festgehaltnem i und seine Bedeutung wechselndem h ergeben, nicht = 0 (mithin = 1) ist, wird auch unsre Summe den Wert 1 erhalten.
Es muss also a; 1 eine Vollzeile überall da (für alle jene i) auf - weisen, wo a eine (irgendwie) besetzte Zeile besitzt, und eine Leerzeile nur da, wo auch a eine Leerzeile hat.
Andrerseits wird Πhai h = ai Aai Bai C … gleich 1 nur dann sein können, wenn sämtliche ai h gleich 1 sind, da - gegen verschwinden, sobald auch nur einer der Faktoren ai h ver - schwindet. Diese Faktoren sind die Koeffizienten der mit i markirten Zeile („ iten Zeile “) von a.
Sonach ist (a ɟ 0) i j = 1, hat das Relativ a ɟ 0 eine Vollzeile nur da, wo auch a eine Vollzeile besitzt, und jeder Lückzeile von a ent - spricht eine Leerzeile von a ɟ 0.
Führt man ebenso die Diskussion für die beiden andern Relative, so gelangt man zu folgenden fundamentalen Sätzen (welche leicht zu merken):
Das Relativ a; 1 wird erhalten, indem man alle (irgendwie) besetzten Zeilen von a in Vollzeilen verwandelt und die Leerzeilen von a als eben - solche beibehält.
Um das Relativ a ɟ 0 zu bilden, behalte man die Vollzeilen von a142Vierte Vorlesung.ausschliesslich bei — indem man alle übrigen Zeilen von a „ abwirft “, d. h. alle Lückzeilen von a in Leerzeilen verwandelt.
Bei solcher „ Verwandlung “in Leerzeilen bleiben natürlich die etwa schon vorhandenen Leerzeilen ungeändert; auch heisst „ Leerzeilen “(mit - nebst noch andern) „ abwerfen “dasselbe wie: „ sie beibehalten “.
Um das Relativ 1; a zu bilden, verwandle man alle besetzten Ko - lonnen von a in Vollkolonnen und behalte dessen Leerkolonnen bei.
Das Relativ 0 ɟ a wird erhalten, indem man die Vollkolonnen von a ausschliesslich beibehält, die übrigen Kolonnen abwirft, d. h. dessen Lück - kolonnen in Leerkolonnen verwandelt
Für die Relative der zweiten Zeile von 2) sind die allgemeinen Koeffizienten: 19) 〈…〉
Lässt man in der That — im letzten Produkt z. B. — den laufenden Zeiger (die Produktationsvariable) h den Wert i annehmen, so erweist sich der zugehörige Produktfaktor 1'i i + ai j = 1 + ai j = 1 als belanglos, ineffektiv, wogegen in jedem Falle h ≠ i derselbe sich zu 1'i h + ah j = 0 + ah j = ah j zusammenzieht. Etc.
Bei der Diskussion der Möglichkeiten, unter denen diese Koeffi - zienten = 1 oder = 0 werden, ergibt sich nun die Nötigung, noch weitre Unterscheidungen hinsichtlich der Reihen eines Relativs zu machen, entsprechend den arithmetischen Unterscheidungen zwischen Einzahl und Mehrzahl, den sprachlichen zwischen Singular und Plural:
Trägt eine Reihe, die sonst lauter Leerstellen hat, gerade nur ein Auge, so soll sie eine einbesetzte Reihe heissen; trägt sie mehr als ein Auge, so heisse sie eine mehrbesetzte Reihe.
Hiernach zerfallen also die besetzten Reihen in einbesetzte und mehrbesetzte, und die Vollreihen gehören zu den letztern.
Ich hatte zuerst die Audsrücke „ einfach besetzte “und „ mehrfach be - setzte Reihe “bei meinen Vorträgen im Mathematischen Kränzchen Karls - ruhe’s gebraucht, wurde jedoch von Kollegen auf deren Missverständlichkeit aufmerksam gemacht. Obwohl ich diese letztern Ausdrücke noch jetzt für die buchstäblich zutreffendsten halte, weil es sich hier wirklich um Be - setzung von einem oder mehrern „ Fächern “(Stellen) handelt — wogegen, wenn von einem „ mehrfachen Punkte “einer „ mehrfachen Wurzel “einer Gleichung und dergleichen gesprochen wird, das Wort „ mehrfach “bereits metaphorisch — im übertragenen Sinne — steht für das genauere „ mehr -143§ 9. Irreduzible relative Knüpfungen mit relativen Moduln.wiegend, mehrwichtig “, und trotzdem auch eine derartige Deutung in unsrer Theorie kaum zulässig erscheinen dürfte, weil eine Stelle doch immer nur als besetzt (und dann als „ einfach besetzt “) oder als unbesetzt gedacht werden kann — trotzalledem bequeme ich mich gerne dem Verbesserungs - vorschlage an, nicht nur weil die erwähnte übertragene Bedeutung des „ mehrfach “so wichtig für die Mathematik geworden und so verbreitet ist, dass sie die buchstäbliche Bedeutung fast verdrängt zu haben scheint, sondern vor allem auch wegen der grössern Kürze der dafür adoptirten Benennungen.
Eine Reihe, die gerade eine Leerstelle hat, sonst aber lauter Augen trägt, soll ebenso eine einlückige oder Einlück-Reihe genannt werden. Weist eine Reihe mehr als eine Leerstelle auf, so heisse sie eine Mehrlückreihe. Es zerfallen also auch die Lückreihen in einlückige und mehrlückige, und die Leerreihen gehören zu den letztern.
Eine Reihe kann auch mehrbesetzt und mehrlückig zugleich sein. Sobald der Denkbereich mehr wie zwei Elemente umfasst, werden aber die Einlückreihen zu den mehrbesetzten zählen und die einbesetzten Reihen auch mehrlückige sein müssen.
Unter Benützung dieser Terminologie können wir nun die Ergeb - nisse der Koeffizientendiskussion kurz dahin statuiren:
Das Relativ a; 0 'wird aus a erhalten, indem man alle mehrbesetzten Zeilen von a in Vollzeilen verwandelt, alle einbesetzten Zeilen von a in deren Negation (somit in Einlückzeilen) verkehrt und dessen Leerzeilen beibehält.
Um das Relativ 0 '; a aus a abzuleiten, verwandle man alle mehr - besetzten Kolonnen von a in Vollkolonnen, die einbesetzten Kolonnen in deren Negation (mithin in Einlückkolonnen) und behalte die Leerkolonnen von a unverändert bei.
Es bleiben bei dem Prozesse auch hier die Vollkolonnen, oben die Vollzeilen von a unverändert.
Um a ɟ 1 'zu bilden, behalte man die Vollzeilen von a unverändert bei, verwandle dessen Einlückzeilen in ihre Negation (also in einbesetzte Zeilen) und werfe die Mehrlückzeilen ab.
Das Relativ 1 'ɟ a wird erhalten, indem man die Vollkolonnen von a beibehält, dessen Einlückkolonnen in ihre Negation (also in einbesetzte Kolonnen) verkehrt und alle Mehrlückkolonnen von a abwirft.
Hierbei werden auch die Leerkolonnen von a — gleichwie vorhin dessen Leerzeilen — ungeändert bleiben.
Auch diese Resultate sind zu merken, und werden wir zur Erleich - terung dessen in § 15 noch weitre Unterstützung beibringen.
Um sich aufgrund von 19) von der Richtigkeit vorstehender hoch - wichtigen Angaben zu überzeugen, hat man — ich will es blos für144Vierte Vorlesung.die erste und für die letzte (vierte) Angabe durchsprechen — folgendes zu bedenken.
Es war (a; 0 ') i j = ai A + ai B + ai C + … (ohne ai j).
Für ein bestimmtes i, d. h. in einer bestimmten Zeile, ist dies gleich 1 bei jedem j, sobald mindestens zwei von den ai h gleich 1 sind. Denn ist dann auch ai j vielleicht eines von diesen beiden, so wird wenigstens noch das andre als Glied der Summe rechts (ausserhalb und vor der letzten Klammer) auftreten.
a; 0 'muss also eine Vollzeile haben überall da, wo a eine mehr - besetzte Zeile hat.
Ist dagegen die ite Zeile von a eine einbesetzte, gibt es also gerade ein j (= k), für welches ai j gleich 1 wird, sodass wir haben ai k = 1, während alle übrigen ai h gleich 0 sind, so wird unsre Summe den Term ai k der 1 ist aufweisen, somit selbst = 1 sein, für jedes von k verschiedene j. Und nur für j = k, wo das in der Klammer erwähnte, in der Summe fehlende ai j das einzige nicht verschwindende ai h ist, werden alle Glieder unsrer Summe und diese selbst = 0 sein.
Der einbesetzten Zeile von a entspricht hienach eine Einlückzeile des a; 0 ', welche erhalten wird, indem man das einzige Auge der Zeile von a in eine Leerstelle, alle Leerstellen dieser Zeile aber in Augen verwandelt.
Ist die mit i markirte Zeile von a eine Leerzeile, so sind alle ai h gleich 0, und — einerlei welches von diesen in unsrer Summe fehlt — wird die Summe stets = 0 sein; dann hat also auch a; 0 'eine Leerzeile.
Ähnlich war (1 'ɟ a) i j = aA jaB jaC j … (ohne ai j).
Dies Produkt ist bei bestimmtem j gleich 0 für jedes i, sobald min - destens zweie der ah j gleich 0 sind, d. h. also: wenn a eine Mehrlück - kolonne bei j aufweist, erhält 1 'ɟ a eine Leerkolonne.
Das Produkt ist gleich 1 bei jedem i, falls alle ah j gleich 1 sind, d. h. also: wenn die jte Kolonne von a eine Vollkolonne war, erhält auch 1 'ɟ a eine solche.
Blos wenn a bei j eine Einlückkolonne besitzt, mithin blos ein be - stimmtes (es heisse ak j) von allen ah j verschwindet, während alle übrigen ah j gleich 1 sind, kommt es darauf an, ob jenes allein verschwindende ak j eben das als Faktor in unserm Produkte einzig fehlende ai j ist oder nicht. Im letztern Falle ist das Produkt = 1, in allen andern Fällen = 0. D. h. der Einlückkolonne von a entspricht bei 1 'ɟ a eine einbesetzte Kolonne, die gerade nur an der Stelle der einen Lücke von jener ein Auge trägt, sonst völlig leer ist, und die wir daher als die Negation jener Einlückkolonne am bequemsten charakterisiren. —
145§ 9. Irreduzible primäre Modulknüpfungen.Ebenso wie a selbst können auch die mit a verwandten Relative ā, ă, ā̆ nach den Schemata 2) mit den Moduln relativ verknüpft werden. Die Knüpfungsergebnisse sind im Allgemeinen sowol unter sich als von den bisherigen durchweg verschieden. Und es ist eine namentlich bei dem Negat ā verlohnende Übung für den Anfänger, sich die Entstehungsweise von dessen irreduzibeln Modulknüpfungen aus a selber zum Bewusstsein zu bringen und mit Worten zu formuliren.
Dass übrigens die aus den Verwandtenknüpfungen hinzutretenden Relative nichts andres sein werden als Negate, Konverse und Strich - konverse von den bisher besprochenen Modulknüpfungen, geht aus der Anwendung der Sätze 9) bis 12) des § 6 auf die Fälle wo a oder aber b einen Modul vorstellt, in Verbindung mit 13) des Abacus in § 8 hervor — wonach wir haben: 20) 〈…〉 21) 〈…〉
Hiermit ist nun auch Dasjenige erhärtet, was wir inbezug auf das Dualisiren und Konvertiren für den Fall des Auftretens von Moduln als Termen in § 6 vorgreifend angemerkt haben (S. 89 u. 92).
Von den zahlreichen Sätzen über unsre irreduzibeln Modul - knüpfungen seien hiernächst nur diese noch angeführt: 22) 〈…〉 wo die der zweiten Zeile durch Kontraposition aus denen der ersten folgen. Ersetzte man auf der einen Seite vom Mittelstrich das a durch ā, so könnte auch der Mittelstrich in ein Gleichheitszeichen ver - wandelt werden.
Beweis. Ist jedes ai j = 0, so ist auch Σhai h = 0 und jedes (a; 1) i j = 0, also (a = 0) ⋹ (a; 1 = 0).
Ist umgekehrt jedes (a; 1) i j = 0, so muss nach 5) des § 8 zugleich mit der Summe Σhai h auch jeder Term ai h verschwinden, d. h. es muss auch jedes ai j gleich 0 sein, womit erkannt ist, dass auch (a; 1 = 0) ⋹ (a = 0), q. e. d.
Ebendies leuchtet aus der geometrischen Evidenz ohne weitres ein: soll ein Relativ a ≠ 0 sein, so wird seine Matrix mindestens ein Auge haben; dann hat aber a auch wenigstens eine besetzte Zeile sowol als Kolonne, und a; 1 mindestens eine Vollzeile, 1; a eine Vollkolonne, etc.
Soll das aus den Vollzeilen von a gebildete Relativ a ɟ 0 gleich 1Schröder, Algebra der Relative. 10146Vierte Vorlesung.sein, so kann a nur lauter Vollzeilen haben und muss selber gleich 1 sein. Etc.
Mit Rücksicht auf diese ihre Selbstverständlichkeit werden die Sätze 22) auch leicht zu merken sein.
Sekundäre und höhere Modulknüpfungen eines allgemeinen Relativs a werden wir noch systematisch in’s Auge fassen. Von jenen, den sekun - dären und zwar relativen Knüpfungen, nehmen wir hier aber eine kleine schon von Peirce entdeckte Gruppe voraus, weil dieselbe sich von bestim - mendem Einfluss erweist auf die Gestaltung der beiden Hauptprobleme (der Elimination und Auflösung) in unsrer Algebra, von der es ratsam ist mög - lichst bald Kenntniss zu erlangen.
„ Ausgezeichnet “nenne ich solche Modulknüpfungen eines allge - meinen binären Relativs a, welche sich zwar nicht reduziren, vielmehr jederzeit von der Natur oder Annahme, Wahl, Bestimmung des a ab - hängig erweisen, welche indessen die merkwürdige Eigenschaft besitzen lediglich die beiden Werte 1 und 0 annehmen zu können — geradeso als ob sie selber Aussagen wären! nur mit dem Unterschiede natürlich, dass 1 und 0 hier nicht als Aussagen, sondern als binäre Relative (die absoluten Moduln) zu deuten sein werden.
Von solcher Art sind von den sekundären Modulknüpfungen (nur) folgende sechse, die zwei Gespanne bilden, ein dyadisches und ein tetradisches: 1)
1; a; 1 | 0 ɟ a ɟ 0 |
2) 〈…〉
Der allgemeine Koeffizient zum Suffix ij ist hiefür nach den Fest - setzungen: 3)
(1; a; 1) i j = Σh kah k | (0 ɟ a ɟ 0) i j = Πh kah k |
4) 〈…〉 augenscheinlich unabhängig sowol von i als von j. Der Wert 1 oder 0, welcher einem solchen Koeffizienten für ein Wertepaar ij zukommt, wird demselben sonach für jedes Suffixum zukommen, und ist das zu - gehörige Relativ im ersten Falle gleich 1, im zweiten gleich 0, d. h. das Relativ ist, wie behauptet, ein „ ausgezeichnetes “.
Die an den Koeffizientenausdruck zu knüpfende Diskussion nun, wann das Relativ den einen und wann den andern Wert annimmt, liefert leicht die folgenden höchst merkwürdigen Ergebnisse, deren147§ 10. Die ersten 6 ausgezeichneten Relative.Übersicht wir auch sogleich diejenigen einverleiben, die sich durch Kontraposition daraus ergeben und die ausgezeichneten Modulknüpfungen des Negates ā betreffen: 5)
(1; a; 1 = 1) = (a ≠ 0) = (0 ɟ ā ɟ 0 = 0) | (0 ɟ a ɟ 0 = 0) = (a ≠ 1) = (1; ā; 1 = 1) |
(1; a; 1 = 0) = (a = 0) = (0 ɟ ā ɟ 0 = 1) | (0 ɟ a ɟ 0 = 1) = (a = 1) = (1; ā; 1 = 0) |
6) 〈…〉 .
Zu 5) haben wir die schon am Schlusse des vorigen Paragraphen unter 22) aufgeführten äquivalenten Formen der Aussagen nicht wieder hinzugefügt.
Stellt für den Augenblick r irgend ein „ ausgezeichnetes “Relativ vor, so ist nach dem Begriffe desselben: (r = 1) + (r = 0) = 1, (r = 1) (r = 0) = 0, somit 7) (r = 1) = (r ≠ 0), (r = 0) = (r ≠ 1).
Bedenkt man dies, so kann der Beweis der Sätze 5), 6) schon ohne Zuhülfenahme der Koeffizientenevidenz aus 22) des § 9 mittelbar geführt werden wie folgt.
Es ist (1; a; 1 = 1) = (1; a; 1 ≠ 0) = (a; 1 ≠ 0) = (a ≠ 0), {1; (a ɟ 0) = 1} = {1; (a ɟ 0) ≠ 0} = (a ɟ 0 ≠ 0), was unmittelbar besagt, dass a Vollzeilen habe, indem die Gesamtheit der letztern eben das Relativ a ɟ 0 ausmacht — q. e. d.
Sehr zu empfehlen ist aber, dass der Studirende die gleichen Über - zeugungen auch aus der Diskussion der Koeffizientenausdrücke 3), 4) schöpfe und dieselben mit der geometrischen Evidenz kontrolire. Z. B.
Es stellt (1; a; 1) i j die Summe der sämtlichen Koeffizienten des Rela - tivs a vor. Diese ist dann und nur dann = 0, wenn alle Koeffizienten von a gleich 0 sind, d. h. wenn a = 0 ist. Sobald dagegen auch nur einer von diesen Koeffizienten von 0 verschieden, = 1 ist, wird auch unsre Summe = 1 werden; geometrisch: sobald a auch nur ein Auge besitzt,10*148Vierte Vorlesung.verwandelt die Operation 1; a die Kolonne in welcher gedachtes Auge sich befindet, in eine Vollkolonne; dadurch sind im Relative 1; a sämtliche Zeilen zu besetzten Zeilen geworden, indem eine jede von ihnen mindestens in der vorerwähnten Kolonne ein Auge aufweist. Die Operation (1; a); 1 verwandelt nunmehr die besetzten Zeilen des Relativs 1; a — mithin sämt - liche Zeilen — in Vollzeilen, wodurch notwendig 1 herauskommt.
Den Rest überlassen wir dem Leser.
Die 6 ausgezeichneten Modulknüpfungen von ā erscheinen in 5) und 6) bereits untergebracht.
Da die Operation der Negation, auf die Werte 1 und 0 angewendet, nur ebendiese vertauscht, die Konversion sie ungeändert lässt, so muss auch Negat und Konverses von einem ausgezeichneten Relative wiederum ein ausgezeichnetes Relativ sein — und zwar ist gemäss 13) des § 8: 8) r = r̆.
In der That folgt aus 7) noch weiter hinzu: (r̄ = 0) = (r̄ ≠ 1), (r̄ = 1) = (r̄ ≠ 0) (r̆ = 1) = (r̆ ≠ 0), (r̆ = 0) = (r̆ ≠ 1).
Durch die genannten beiden Operationen gewinnt man die aus - gezeichneten Modulknüpfungen der Verwandten von a hinzu. Diese können aber in ihrer Gesamtheit nur mit denen von a selber zusammen - fallen — wie wir bezüglich des ā bereits gesehen haben. Bezüglich des ă statuiren es die Formeln: 9)
1; a; 1 = 1; ă; 1 | 0 ɟ ă ɟ 0 = 0 ɟ a ɟ 0 |
10) 〈…〉 die sich mit Rücksicht auf 8) leicht aus 21) des § 9 ergeben.
Für später ist auch noch diese Bemerkung von Nutzen. Für a = 0 nehmen alle sechs ausgezeichneten Relative 1), 2) nach dem Abacus den Wert 0, für a = 1 nehmen sie den Wert 1 an. Ersetzt man also in irgend einem der 6 Relative 1), 2) das a durch ein ausgezeich - netes Relativ, z. B. durch eines von diesen 6 Relativen selber, so erhält man unfehlbar dieses wieder, oder: Jedes der sechs ausgezeichneten Rela - tive, genommen von einem ausgezeichneten Relative, erzeugt nur das letz - tere wieder, lässt ebendieses unverändert. Z. B. es reduzirt sich: 1; 1; a; 1; 1 = 1; a; 1, 0 ɟ 0 ɟ a ɟ 0 ɟ 0 = 0 ɟ a ɟ 0, 0 ɟ 1; a; 1 ɟ 0 = 1; a; 1, 1; (0 ɟ a ɟ 0); 1 = 0 ɟ a ɟ 0, 0 ɟ 1; (0 ɟ a ɟ 0) = 0 ɟ a ɟ 0, 0 ɟ (1; a ɟ 0); 1 = 1; a ɟ 0, etc.
Es liegt die Frage nahe, ob alle „ ausgezeichneten “Relative aus Modul - knüpfungen von der Form eines der sechs Peirce’schen sein müssen? Obwol149§ 10. Über ausgezeichnete Relative.dies für deren grosse Mehrzahl zutrifft, werden doch unsre Forschungen über höhere Modulknüpfungen (in einer späteren Vorlesung) diese Frage verneinend entscheiden, und will ich vorgreifend erwähnen, dass auch diese vier tertiären Modulknüpfungen:
0 ɟ 0 '; (a ɟ 0) | 1; (1 'ɟ a; 1) |
(0 ɟ a); 0 'ɟ 0 | (1; a ɟ 1 '); 1 |
sich als „ ausgezeichnete “Relative erweisen, welche ich demnach berechtigt bin als die meinigen zu bezeichnen.
Ein ausgezeichnetes Relativ r muss nach Festsetzung (6) des § 3 mit jedem seiner Koeffizienten übereinstimmen, sonach gilt also auch: Ein ausgezeichnetes Relativ ist gleich seinem allgemeinen Koeffizienten: 11) rh k = r.
Umgekehrt steht auch nichts im Wege die Koeffizienten ai j eines beliebigen Relativs a so anzusehen und bei allen Rechnungen geradeso zu behandeln als ob sie ebenfalls binäre Relative, nämlich unbestimmte ausgezeichnete Relative wären. Bei solcher Auffassung bewegen wir uns dann mit unsern Überlegungen durchaus im Denkbereiche 12, zu dem die beiden Wahrheitswerte 1 und 0 selbst als die absoluten Moduln gehören. Und dabei hätte uns einfach: 12) (ai j) h k = ai j zu gelten. Nur inbezug auf die Konversion dürfte ein Umstand, der zur Vorsicht mahnt, nicht übersehen werden. Während mit Fest - setzung (13) des § 3 das Symbol ăi j, als gleichbedeutend mit (ă) i j, gleich aj i erklärt ist, kann die Operation der Konversion an dem [als binäres (ausgezeichnetes) Relativ betrachteten] Koeffizienten (r =) ai j nach 8) nichts ändern, d. h. es ist: 13) (ai j) ͝ = ai j — weil eben 1̆ = 1 und 0̆ = 0 zu gelten hat. Sonach muss (ai j) ͝ von (ă) i j im Allgemeinen unterschieden werden. Diese Auffassungen werden am Schlusse des § 25 noch weiter entwickelt und gefestigt.
Das Bemerkenswerteste unter den Ergebnissen des vorigen Para - graphen dürfte die in den Formeln 5) desselben sich offenbarende Thatsache sein, dass in unsrer Algebra jede Ungleichung mit der rechten Seite 0 oder 1 sich umformen lässt in eine Gleichung (von ähnlichem Charakter).
Die Schemata hiefür wollen wir nochmals hersetzen, aber nicht die dual entsprechenden nebeneinander, sondern diejenigen obenan, die man befolgen muss, wenn man die rechte Seite 0 bevorzugt; darunter setzen wir die Schemata, die zu befolgen sind, falls man vorziehen sollte mit Gleichungen der rechten (besser eigentlich linken) Seite 1 zu operiren: 1) 〈…〉
Diese Thatsache ist von grosser Tragweite und begründet einen Vorzug der Algebra der Relative vor dem identischen Kalkul, in wel - chem, wie wir früher gesehen haben (Bd. 2, S. 91 sq. und 180 sq.), Un - gleichungen niemals in die Form von Gleichungen umgesetzt werden können und die Scheidung der Urteilsformen in „ partikulare “und „ universale “eine endgültige ist.
Wie wir Bd. 2 in § 40 nachgewiesen haben, ist die allgemeinste Aussage als eine im Boole’schen Sinne „ sekundäre “aussagenrechne - risch aus lauter „ primären “Propositionen aufgebaut.
Eine primäre Proposition hat entweder die Form einer Subsumtion oder einer Gleichung — was auf dasselbe hinauskommt, indem die eine Form stets in die andre umgesetzt werden kann — oder aber der Negation einer solchen, das ist einer Unsubsumtion oder einer Unglei - chung — welche wiederum in einander umsetzbar.
151§ 11. Alle Data in eine Gleichung zusammenziehbar.Im identischen Kalkul waren die Gleichungen resp. Ungleichungen anzusehen als statuirt zwischen Klassen oder Gebieten (Systemen) — hier: in unsrer Algebra, sind sie statuirt zu denken zwischen (binären) Relativen.
Gleichwie jede Gleichung (und Subsumtion), kann nun aber — schon im identischen Kalkul — auch jede Ungleichung (und Unsub - sumtion) einerseits auf 0 oder 1 gebracht werden, und da letztere Propositionen nach solcher Vorbereitung gemäss 1) ebenfalls in Glei - chungen umschreibbar sind, so ist klar dass in unsrer Algebra ohne jede Einschränkung Ungleichungen und Unsubsumtionen überhaupt in Gleichungen umgesetzt werden können.
Unbeschadet der Allgemeinheit können wir hier hinfort annehmen, dass die Gesamtaussage der Data eines Problems sich aussagenrech - nerisch aus lauter (primären) Gleichungen aufbaue.
Nachdem die Negationen, die in einer Aussagenfunktion vor - geschrieben sein mögen, „ ausgeführt “(und die etwa dadurch einge - führten Ungleichungen auch ihrerseits in Gleichungen umgesetzt) sind, können nur noch (identische) Produkte und Summen solcher Gleichungen in Betracht kommen.
Im identischen Kalkul konnten zwar jene zu einer einzigen Gleichung vereinigt, diese aber nicht weiter zusammengezogen werden (ausgenommen natürlich da, wo alle vorkommenden Buchstaben „ Aussagen “vorstellten, also auf den Wertbereich 0, 1 beschränkt waren).
Einen weitern Vorzug unsrer Algebra begründet nun der Um - stand: dass hier nicht blos Produkte, sondern auch Summen also Alter - nativen von Gleichungen sich jeweils in eine einzige Gleichung zusammen - ziehen lassen — ebenso nicht blos Summen, sondern auch Produkte von Ungleichungen (auch dann, wenn ihre Polynome oder beiden Seiten beliebige Relative vorstellen). Dies beruht nächst den vorstehenden oder überhaupt den Formeln 5) des § 10 und den längst bekannten: 2) 〈…〉 noch auf folgenden Sätzen: 3)
0 ɟ a ɟ 0 + 0 ɟ b ɟ 0 = 0 ɟ a ɟ 0 ɟ b ɟ 0 | 1; a; 1 · 1; b; 1 = 1; a; 1; b; 1 |
4)
(0 ɟ a ɟ 0) (0 ɟ b ɟ 0) = 0 ɟ ab ɟ 0 | 1; a; 1 + 1; b; 1 = 1; (a + b); 1 |
welche insgesamt von zweien leicht auf beliebig viele Terme auszu - dehnen und sofort dergestalt ausgedehnt zu denken sind.
Nach 3) müssen wegen der Kommutativität identischer Knüpfungen die zwischen lauter relative Summanden 0 sowie die zwischen lauter rela - tive Faktoren 1 eingestreuten Terme jeweils permutabel, muss deren Reihen - folge belanglos sein.
152Fünfte Vorlesung.Was zunächst den Beweis dieser Sätze betrifft, so sind die Formeln 3) weiter nichts als die Anwendung eines allgemeinern Satzes, welcher lautet: 5)
a; 1 · 1; b = a; 1; b | a ɟ 0 + 0 ɟ b = a ɟ 0 ɟ b. |
Beweis der erstern Formel direkt: Li j = (a; 1) i j (1; b) i j = Σhai h · Σkbk j = Σh kai hbk j = Ri j, q. e. d. Wegen der Assoziativität der relativen Knüpfungen ist nunmehr 1; a; 1 · 1; b; 1 = (1; a); 1 · 1; (b; 1) = (1; a); 1; (b; 1) = 1; a; 1; b; 1 und damit auch 3) gewonnen, q. e. d.
Die Sätze 4), bereits von Peirce gegeben, sind am bequemsten mittelbar aus 4) des § 6 zu beweisen, z. B. der rechts vom Mittel - striche wie folgt: L = (1; a); 1 + (1; b); 1 = (1; a + 1; b); 1 = {1; (a + b)}; 1 = R.
Nach diesen Sätzen 1) bis 4) erhalten wir nun zu obigem Zwecke der Zusammenziehung von Gleichungen (desgleichen Ungleichungen) unschwer die folgenden Schemata. 6) 〈…〉 7) 〈…〉 8) 〈…〉 9) 〈…〉 .
153§ 11. Gesamtaussage der Data jedweden Problems.Zur Begründung dieser Schemata ist bei 6) und 7) — welch letz - teres durch Kontraposition aus 6) hervorgeht — keine weitre Bemerkung vonnöten.
Das Schema 8) wird man am bequemsten durch Kontraposition aus 9) ableiten, und um letzteres zu rechtfertigen, hat man z. B. links vom Mittelstriche: L = (0 ɟ ā ɟ 0 = 0) (0 ɟ b̄ ɟ 0 = 0) ‥ = (0 ɟ ā ɟ 0 + 0 ɟ b̄ ɟ 0 + ‥ = 0) = R nach 1), 6) und 3), q. e. d.
Wenn nun also in der Aussagenfunktion, welche die Gesamtaus - sage der Data eines Problemes vorstellt, gemäss dem Schema 8) alle Alternativen oder Summen von Gleichungen — mittelst Zusammen - ziehung in eine einzige Gleichung — sich beseitigen liessen, so können wir schliesslich nur mehr ein Produkt, das ist ein „ System “von koexi - stirenden oder simultanen Gleichungen vor uns haben.
Ein solches aber zieht sich nach längst bekannten Boole’schen Sätzen — vgl. 6) — vollends zusammen in, ist ersetzbar durch eine einzige Gleichung, die wir die vereinigte Gleichung des Systems genannt haben.
Damit ist der wichtige Satz gewonnen: In der Algebra der bi - nären Relative lässt jeder Komplex von Aussagen — so namentlich also auch die Gesamtheit der Data irgend eines Problems — sich zusam - menziehn in eine einzige Gleichung, in welcher neben oder ausser ihrem einen Gleichheitszeichen andre Zeichen von „ Umfangsbeziehungen “(wie =, ⋹, ≠ etc.) nicht mehr vorkommen. Auch die „ sekundären “Aussagen (im Boole’schen Sinne) sind hier reduzirbar auf eine „ primäre “.
Die Gleichung kann nach Belieben mit der rechten Seite 0 oder 1 angesetzt werden, und wird ihr „ Polynom “alsdann sein: eine „ Funk - tion im Sinne unsrer Algebra der Relative “von all den Relativen, auf die sich die Teilaussagen bezogen, das heisst: ein Ausdruck, welcher aus ebendiesen Relativen und eventuell auch noch den Moduln unsrer Theorie lediglich vermittelst der sechs Spezies derselben aufgebaut erscheint.
Ist die Gleichung nicht auf 0 oder 1 gebracht, so gilt das nämliche von ihren beiden Seiten: jede von diesen muss eine „ Funktion “sein im genannten Sinne von den vorkommenden Argumenten.
Gedachte „ Funktion “ist selbst ein binäres Relativ und mag für den Augenblick f genannt werden. Dann stellt sich also eine Glei - chung von der Form f = 0 dar als die Einkleidung der Data des allgemeinsten in unsrer Theorie erdenklichen Problemes.
Ich werde diese als die „ vereinigte Gleichung “oder „ Gesamtaus -154Fünfte Vorlesung.sage der Data “auch hier bezeichnen und wie in Bd. 1 bei den allge - meinen Betrachtungen, zu denen wir nachher überzugehen haben, den Ansatz mit der rechten Seite 0 bevorzugen. Wenn man will, kann die Gleichung jeden Augenblick auch als eine Subsumtion mit dem Prädikate 0: f ⋹ 0 hingestellt werden.
Des dem Gesagten dual Entsprechenden, dass man mit f̄ = 1 oder 1 ⋹ f̄ alles auch auf das Subjekt 1 hinausspielen könne, thun wir künftighin als einer selbstverständlich mitgegebnen Sache zumeist nicht mehr Erwähnung.
Das Polynom f unsrer vereinigten Gleichung kann aus lauter be - reits (anderweitig) völlig bestimmten, etwa spezifizirt von vornherein gegebenen oder kurzweg „ bekannten “Relativen — zu derengleichen auch die vier Moduln unsrer Theorie zu zählen sind — aufgebaut sein, oder es kann auch unbestimmte (oder Buchstaben -) Relative als Terme (Operationsglieder, Argumente) enthalten.
Im ersten Falle ist die Gleichung f = 0 einfach entweder wahr (richtig) oder unwahr (falsch). Dann kann man nämlich das Relativ f — wegen der eindeutigen Ausführbarkeit sämtlicher in seinem Aus - druck vorgeschriebenen Operationen — wirklich „ ausrechnen “(indem man alle seine Koeffizienten, womöglich mit einem Schlage seinen allgemeinen Koeffizienten, ermittelt).
Stellt sich als Wert von f (mithin von jedem seiner Koeffizienten) in der That 0 heraus, dann war die Gleichung f = 0 richtig indem sie auf 0 = 0 hinausläuft; dieselbe vorauszusetzen oder zu behaupten bleibt dann zulässig, wenn auch die Voraussetzung eine inhaltsleere oder nichts - sagende (selbstverständliche) genannt werden mag (ihre Selbstverständ - lichkeit oder Gültigkeit nachzuweisen kann indess recht mühsam sein).
Erweist sich dagegen der Wert von f als von 0 verschieden (in - dem sich mindestens ein Koeffizient von f als = 1 herausstellt), so war die Gleichung f = 0 falsch und bleibt sie als Annahme wie als Behauptung unzulässig. Als Annahme oder Voraussetzung kann sie höchstens provisorisch zugelassen werden zu dem Zwecke, um durch etwa aus ihr zu ziehende absurde Folgerungen „ apagogisch “gerade ihre endgültige Verwerflichkeit nachzuweisen.
Wir mögen die Gleichung f = 0 dann auch selbst eine „ absurde “155§ 11. Allgemeinste Aufgabe.oder widersinnige nennen, und als das Urbild, ja den Repräsentanten aller absurden Gleichungen das aus dem identischen Kalkul bekannte Schema 1 = 0 auch für unsre umfassendere Disziplin (der Theorie der Relative) bei - behalten.
Letzteres trifft in der That in einem dreifachen Sinne zu. Mit der Behauptung f = 0 ist erstlich 1 = 0 gefordert für die erwähnten von 0 verschiedenen Koeffizienten des f. Zweitens indem sich bei der „ Ausrech - nung “f ≠ 0 herausstellte, ist die Geltung von (f ≠ 0) = 1 und damit die von (f = 0) = 0 gesichert. Die Behauptung f = 0, d. h. also (f = 0) = 1 müsste somit zu dem Widerspruche 1 = 0 (als Aussagenäquivalenz ver - standen) führen.
Endlich aber drittens kann, falls f ≠ 0 ist, aus der Gleichung f = 0 sofort auch die Gleichung 1 = 0, gedeutet als solche zwischen binären Re - lativen, nämlich als Gleichsetzung der absoluten Moduln 1 und 0, mit Leichtigkeit abgeleitet werden und zwar indem man beiderseits mit 1 re - lativ vor - und nachmultiplizirt, also aus f = 0 auf 1; f; 1 = 1; 0; 1 — das gibt nach 1) dann eben: 1 = 0 — schliesst.
Um z. B. sei es aus der Behauptung 1 '= 0, sei es aus der 0' = 0 auf die Form 1 = 0 zu kommen, genügt es schon, mit 1 beiderseits re - lativ nachzumultipliziren. Es kann somit 1 '= 0 oder 0' = 0 in 1 = 0 transformirt werden, gleichwie auch umgekehrt wegen 1 = 1 '+ 0' mit 1 = 0 auch 1 '= 0 und 0' = 0 gegeben wäre. Die Gleichungen 1 '= 0 (z. B.) und 1 = 0 sind damit als äquivalent erwiesen und wird jene ebenso wie diese „ absurd “zu nennen sein.
Ein Problem (sei es der Auflösung, sei es der Elimination) kann uns in dem bis jetzt betrachteten „ ersten “Falle nicht erwachsen.
Anders im „ zweiten “Falle, dem, wo unbestimmte Relative in dem Ausdrucke des Polynoms f der Gleichung f = 0 vorkommen.
Durch den blossen Ansatz der Gleichung, indem man ebendiese „ f = 0 “auch nur ausspricht oder hinstellt, sei es als eine (bedingte oder unbedingte) Behauptung, sei es um sie zur Voraussetzung einer Untersuchung zu erheben, mutet man dem Leser zu und verpflichtet sich selbst: unter den Buchstaben, welche als Namen von unbestimmten Relativen in der Gleichung vorkommen, sich ein solches System von Werten zu denken oder vorzustellen, für welches die Gleichung wahr ist. Jedes System von spezifizirten Relativen, welches für jene unbe - stimmten Relativsymbole in die Gleichung eingesetzt derselben „ ge - nügt “, sie „ erfüllt “, d. h. eben wahr macht, heisst bekanntlich ein System von „ Wurzeln “der Gleichung, und sofern es sich um die Ent - deckung eines Systems von Wurzeln handelt, werden jene unbestimmten156Fünfte Vorlesung.Relative auch „ Unbekannte “genannt, als „ die Unbekannten “bezeichnet. Die Ermittelung eines Systems von Wurzeln heisst „ eine Auflösung “der Gleichung, und die Ermittelung (zuweilen auch blos die Angabe) aller möglichen Systeme von Wurzeln derselben wird die allgemeine (oder vollständige Auf -) Lösung der Gleichung zu nennen sein.
Also: mit der Gleichung ist von selbst schon die Anforderung aufgestellt und die Verpflichtung erwachsen, dieselbe nach den in ihr vorkommenden unbestimmten Relativen als „ Unbekannten “„ aufzulösen “; die Gleichung involvirt, statuirt uns ein Problem.
Hierbei können zwei extreme oder Grenz-Fälle vorkommen:
Einerseits der Fall, wo es gar kein System von Wurzeln gibt. In diesem Falle ist durch die Gleichung eine Anforderung gestellt, welche unmöglich zu erfüllen ist, die Aufgabe bleibt unlösbar und die Glei - chung unzulässig (ihre „ Wurzeln “— falls man noch von solchen sprechen will hier, wo es gar keine gibt, während sie allerdings doch bereits in Gestalt von x, ‥ Namen besitzen, sozusagen voreilig erhalten haben — wären im Gebiet der Relative „ undeutig “, d. i. eben deu - tungsunfähig, zu nennen). Wir sagen in solchem Falle: „ die Resul - tante der Elimination “sämtlicher Unbekannten aus der Gleichung, oder auch irgendwelcher von ihnen, sei die „ absurde “0, nämlich die Gleichung 1 = 0, und wir dürfen auch die Gleichung f = 0 selber „ absurd “nennen, desgleichen sie als eine „ Inkonsistenz “(im weiteren Sinne des Worts) bezeichnen.
Andrerseits kann der Fall vorkommen, wo jedes System von (ebensoviel) Relativen (als wieviel Unbekannte vorhanden sind) auch ein System von Wurzeln ist, nämlich die Gleichung f = 0 erfüllt. In diesem Falle nennen wir die Gleichung eine „ allgemeingültige “, „ ana - lytische “, „ selbstverständliche “, auch eine „ Identität “, oder eine Formel [— in jedem andern Fall dagegen eine „ synthetische “], ihre Wurzeln bleiben unbestimmt, resp. willkürlich, beliebig, arbiträr. Auch sagen wir: die „ Resultante “der Elimination sämtlicher Unbekannten (oder auch irgend welcher von ihnen) aus der Gleichung sei 1, sive 0 = 0, oder auch: die Gleichung f = 0 liefere „ keine Resultante “. Und von der Gleichung f = 0 selber sagen wir, sie sei „ nichtssagend “, laufe auf ebendiese Behauptung 0 = 0 hinaus; sie liefert dann in der That keine Bestimmung, gewährt keinerlei Information über die in ihr vorkom - menden unbestimmten Relative.
Für die beiden hiernach auf die Resultante 1 = 0 resp. 0 = 0 führenden Grenzfälle kann man sagen, dass bei jeder Elimination sämt - liche Unbekannte „ aus der Gleichung f = 0 herausfielen “.
157§ 11. Das Auflösungsproblem in der Theorie der Relative.Auch in diesen beiden Grenzfällen, welche es (ungeachtet des Epi - thetons der Selbstverständlichkeit beim einen) oft gar nicht leicht ist als solche zu erkennen und nachzuweisen, liegt noch kein wirkliches Auflösungsproblem vor.
Dagegen tritt ein solches in jedem andern Falle in Kraft, und mit seinesgleichen wollen wir uns nunmehr eingehend beschäftigen.
Darnach ist den fernern Betrachtungen jetzt die Voraussetzung zugrunde zu legen: es gebe im Bereich der binären Relative zwar min - destens ein System (eventuell auch viele Systeme) von Werten, welche unter den in der Gleichung vorkommenden „ Unbekannten “x, y, z, ‥, a, b, … bezüglich verstanden, die Gleichung wahr machen, aber die Werte dieser Buchstaben dürfen, wofern die Gleichung erfüllt sein soll, doch auch nicht allesamt ganz nach Belieben angenommen werden — m. a. W. die Gleichung sei weder absurd, noch eine Formel, indem sie vielmehr eine wirkliche Beziehung, „ Relation “, zwischen den sämtlichen Unbekannten statuirt resp. zu erfüllen fordert.
„ Relation zwischen - “hier im weitesten Sinne verstanden. Die Re - lation kann auch „ zerfallen “in zumeist wol einfachere und schliesslich nicht mehr zerfallende Relationen (Relationen im engeren Sinne) zwischen denjenigen Unbekannten blos, welche dann noch in sie eingehen. Geht aber in eine solche „ Relation “nur mehr eine Unbekannte ein — wie z. B. wenn sich x ⋹ 0 'ergeben hätte —, so erscheint allerdings der Ausdruck „ Relation zwischen x, y, z, ‥ “deplacirt und wäre durch den Ausdruck „ Relation für x “ersetzt zu denken. Die damit statuirte Beziehung wäre dann eben eine uninäre. Es wäre aber wol zu umständlich, wollten wir allgemein immerfort von „ Relationen zwischen den und eventuell für die Unbekannten “reden. Obendrein erscheint die Distinktion für unsre Theorie unwesentlich, weil sich in ihr gerade mittelst der Gesamtaussage die Aus - artungsfälle wenigstens äusserlich dem allgemeinen Falle einordnen, näm - lich auch die Systeme und Alternativen von „ zerfallenden “Relationen sich formal als eine Relation zwischen sämtlichen Unbekannten darstellen lassen.
Heben wir alsdann unter den Unbekannten irgend eine — x möge sie heissen — hervor, so kann in Hinsicht der übrigen Unbekannten y, z, ‥ a, b, … nur einer von diesen zwei Fällen vorliegen:
Entweder diese letzteren können samt und sonders nach Belieben angenommen werden, indem es zu jedem System von Werten, welches denselben beigelegt werden mag, einen Wert oder Werte von x gibt, welche mit ihm zusammen ein „ System von Wurzeln “der Gleichung f = 0 bilden. Oder solches trifft nicht zu.
Im ersten (Unter -) Falle sagen wir, die Elimination der Unbekannten x aus der Gleichung f = 0 liefere „ keine “Resultante, oder „ die Resul - tante dieser Elimination “sei die Gleichung 0 = 0, aus der Gleichung158Fünfte Vorlesung.seien mit x zugleich die sämtlichen Unbekannten „ herausgefallen “und zwischen jenen übrigen Unbekannten bestehe keinerlei Relation, die - selben seien unbeschränkt allgemeine Relative („ Parameter “). In der That mögen wir dann diesen letztern ein willkürliches Wertsystem beilegen und wird es nur noch darauf ankommen die zugehörigen Werte von x zu ermitteln, welche mit ihm zusammen ein System von Wurzeln bilden, m. a. W. die Unbekannte x durch die übrigen Un - bekannten auszudrücken. Soferne solcher Fall sich als zutreffend hat nachweisen lassen liegt alsdann ein „ reines “Auflösungsproblem vor, und zwar dasjenige der Auflösung der Gleichung f = 0 nach der einen Unbekannten x; dann ist diese Gleichung als eine „ unbedingt auflös - bare “erkannt und mögen wir alsbald zu ihrer Auflösung schreiten.
Im zweiten (Unter -) Falle gibt es gewisse Wertsysteme (mindestens eines), welche den Unbekannten y, z, ‥, a, b, … nicht beigelegt werden dürfen weil es zu denselben keinen Wert von x gibt, mit dem zusammen sie ein System von Wurzeln vorstellen würden. Jede Aus - sage, die wahrheitsgemäss ein Wertsystem von y, z, ‥, a, b, … als unzulässig hinstellt, „ ausschliesst “, lässt sich alsdann als eine „ Relation “zwischen diesen übrigen Unbekannten ansehen, wenn man will auch wieder in Form einer Gleichung darstellen, und darf dieselbe, weil sie durch die Gleichung f = 0 bedingt wird (zur Erfüllung ebendieser unerlässlich ist), in ihr aber der Name der Unbekannten x nicht vor - kommt, als „ eine Resultante der Elimination von x aus der Gleichung f = 0 “bezeichnet werden.
Die vereinigte Gleichung, Gesamtaussage aller Resultanten (der Elimination von x aus f = 0) aber muss nicht nur eine notwendige sondern auch hinreichende Bedingung sein für die Auflösbarkeit der Gleichung f = 0 nach der Unbekannten x; wir nennen sie „ die “voll - ständige oder „ volle Resultante “gedachter Elimination. Dieselbe schliesst alle unzulässigen Wertsysteme der übrigen Unbekannten y, z, ‥, a, b, … aus. Jedes ihr genügende Wertsystem dieser Un - bekannten ist ein „ zulässiges “, welches mit gewissen Werten von x zusammen ein System von Wurzeln der Gleichung f = 0 liefert, und sie kann auch charakterisirt werden als eine solche Relation zwischen den Unbekannten ohne x, welche von der Gleichung f = 0 bedingt wird und deren Erfülltsein die Auflösbarkeit „ nach x “der Gleichung f = 0 garantirt, d. h. uns die Existenz von mindestens einem dieser Gleichung genügenden Wurzelwerte x verbürgt; sie statuirt die „ Valenz - bedingung “für x.
Da wir uns die Auflösung der Gleichung f = 0 nach der Un -159§ 11. Jedes Auflösungs - mit einem Eliminationsproblem verquickt.bekannten x natürlich blos vornehmen können für solche Fälle, wo die Gleichung auflösbar ist, wo es Werte von x geben kann, die ihr ge - nügen, so muss ihrer Auflösung nach x diesmal voraufgehen: die Er - mittelung und die Erfüllung ihrer (vollen) Resultante (der Elimination von x).
Jene ist als ein Eliminationsproblem zu bezeichnen.
Diese, die Aufgabe erst einmal unsre Resultante zu erfüllen, stellt sich wiederum als ein Auflösungsproblem dar, bei welchem es sich aber um (allermindestens) eine Unbekannte (x) weniger handelt. Es hat sich unser ursprüngliches Auflösungsproblem verschoben und ist an seine Stelle zunächst ein einfacheres getreten. Für letzteres treten die - selben Grundsätze in Kraft, die wir für das ursprüngliche Problem aufgestellt haben und noch aufstellen werden.
Man wird der Resultante etwa durch geeignete Bestimmung irgend einer von den noch in ihr verbliebenen (bei der Elimination des x aus f = 0 nicht mit x zugleich herausgefallenen) Unbekannten zu genügen suchen, indem man strebt, sie als Funktion der andern darzustellen. Dabei kann sich jedoch abermals eine Resultante ihrer Elimination ergeben, welche dann erst ebenso weiter zu behandeln sein wird. Etc.
Das Ergebniss, zu welchem wir in dem betrachteten zweiten Unterfalle gelangt sind, lässt sich nun folgendermassen formuliren und zugleich auch auf den ersten Unterfall sowie auf die beiden vorher betrachteten Grenzfälle mitausdehnen, mithin als ein ganz allgemein zutreffendes hinstellen:
In der Algebra der Relative ist (gleichwie schon im identischen Kalkul) jedes Auflösungsproblem untrennbar verbunden mit einem Eli - minationsprobleme; die Auflösung einer Gleichung nach einer (oder auch einem System von) Unbekannten kann vernünftigerweise nicht in An - griff genommen werden bevor die volle Resultante der Elimination ebendieser Unbekannten ermittelt und ihrerseits nach allen übrigen (resp. den noch in ihr vorkommenden) Unbekannten aufgelöst ist; sie erheischt zunächst den Vollzug jener Elimination als eine vorgängige oder präliminare Aufgabe.
Unter diese letztere subsumiren sich in der That auch unsre Ergeb - nisse bei den übrigen Fällen, insofern der Nachweis für das Fehlen einer Resultante sich auch hinstellen liess und von uns hingestellt wurde als die Herleitung einer Resultante 0 = 0 (d. h. die Erbringung des Beweises, dass „ die Resultante “blos auf 0 = 0 hinausläuft), und ferner der Nachweis für die Unmöglichkeit der Auflösung, oder die Absurdität der Gleichung f = 0, auch angesehen werden mochte als ein Nachweis, dass die Resultante auf 1 = 0 hinausläuft.
160Fünfte Vorlesung.Auch die vorerwähnten schon als zuweilen schwierige gekennzeichneten Probleme werden sich demnach unter dem Titel des Eliminationsproblemes mit zu erledigen haben.
Setzen wir vorderhand die Menge der in der Gleichung f = 0 vor - kommenden unbestimmten Relative oder „ Unbekannten “als eine be - grenzte (ihre Anzahl als eine „ endliche “) voraus, so verbleiben uns diese beiden Hauptaufgaben:
Erstens aus einer Gleichung eine Unbekannte zu eliminiren.
Zweitens sofern „ die “Resultante ihrer Elimination erfüllt ist, eine Unbekannte aus der Gleichung „ zu berechnen “, d. h. die Gleichung all - gemein nach ihr aufzulösen.
Gesetzt diese beiden Probleme der Elimination von einer und der Auflösung nach einer Unbekannten vermöchten wir in jedem Falle zu bewältigen, so werden wir auch jeder Forderung f = 0, die nicht absurd ist, allgemein zu genügen imstande sein:
Man eliminire in beliebiger Folge eine Unbekannte nach der andern bis sie alle „ herausgefallen “sind und man zur Resultante 0 = 0 gelangt ist. Dies wird spätestens bei der Elimination der letzten Un - bekannten eintreten.
Mit der Elimination von einer bestimmten Unbekannten können näm - lich auch noch verschiedene andre Unbekannte (die man vielleicht gar nicht zu eliminiren beabsichtigte) zugleich herausfallen — wie wir es bereits in den beiden „ Grenzfällen “wahrnehmen konnten, wo sie ja sämtlich heraus - fielen. „ Die “Resultante der Elimination eines x „ führt “, „ enthält “als Term, Operationsglied oder Argument, zuverlässig diesen Eliminanden nicht; es können aber auch noch irgend welche andre von den Unbekannten in ihr unvertreten sein oder fehlen, welche in der zum Ausgangspunkt der Elimination genommenen Gleichung vertreten waren.
Man erhält dadurch eine Reihe von Resultanten, deren jede sicher eine oder vielleicht mehrere Unbekannte weniger als ihre Vorgängerin enthält. Die ursprüngliche Gleichung f = 0 selber mag dabei als „ nullte Resultante “bezeichnet werden, während wie gesagt die Identität 0 = 0 als deren „ letzte “hinzustellen ist.
Das Erfülltsein irgend einer R 'von diesen Resultanten ist not - wendige und hinreichende Bedingung dafür, dass ihre unmittelbare Vorgängerin R auflösbar sei nach irgend einer von den Unbekannten, die bei der Elimination aus ihr herausgefallen sind, welche also in R' nicht mehr, wohl aber noch in R vorkommen. Während die übrigen von diesen „ überschüssigen “Unbekannten beliebig angenommen werden können, braucht man behufs Erfüllung von R, sobald R 'erfüllt ist, immer nur nach einer von jenen die R aufzulösen, m. a. W. eine von diesen überschüssigen Unbekannten durch die andern (und die bereits161§ 12. Zum allgemeinsten Auflösungsprobleme.aus R 'bestimmten) Unbekannten auszudrücken, welche erstern ihrer - seits dann unbestimmt bleiben werden.
Daraus ergibt sich die Vorschrift, den Resultanten fortschreitend zu genügen in der umgekehrten Reihenfolge von derjenigen in welcher sie durch die successiven Eliminationen gewonnen worden sind.
Man genüge also zuerst der vorletzten Resultante mittelst Auf - lösung derselben nach irgend einer von den in ihr verbliebenen Un - bekannten, indem man wie gesagt die übrigen von diesen, und die etwa sonst noch aus ihrer Vorgängerin herausgefallenen Unbekannten unbestimmt lässt; sie muss unbedingt auflösbar sein, weil die letzte Resultante 0 = 0 ja sicher erfüllt ist. Man setze das so gewonnene System von Wurzelwerten für die in Betracht gekommenen Unbekannten in alle vorhergehenden Resultanten (mithin bis einschliesslich zur Gleichung f = 0) ein, um alsdann ebenso mit der nächstvorhergehenden Resultante zu verfahren und so weiter, bis man die Gleichung f = 0 selber nach der zuerst eliminirten Unbekannten aufgelöst hat. —
Durch die vorstehenden Betrachtungen erscheint es gerechtfertigt, dass wir uns im folgenden immer nur mit den anscheinend so sehr viel spezielleren Problemen der Elimination und Auflösung beschäf - tigen bei denen sich alles nur um ein Relativ als Eliminanden oder Unbekannte dreht.
Zum Schlusse noch ein paar Bemerkungen.
Beispiele wird die Theorie genugsam bringen.
Es möge entschuldigt werden, dass wir vorstehend einige Betrachtungen dem Wesen nach wiederholten, die wir analog schon in Bd. 1, § 22 für den identischen Kalkul mit seiner soviel geringeren Tragweite angestellt resp. nur gestreift haben.
Man sieht, dass zwischen den als allgemeine „ gegeben “zu denkenden und den gesuchten Relativen kein prinzipieller Unterschied besteht. Auch jene, die „ Parameter “(z. B. Polynomkoeffizienten a, b, c …, etc.) des Problems, sofern sie nicht etwa „ spezifizirt “(d. h. als spezielle Relative) gegeben sind, müssen von vornherein als „ Unbekannte “betrachtet und ganz ebenso wie diese x, y, … behandelt werden.
Woran es liegt, dass in dieser Hinsicht unsre Disziplin in einem Gegen - satz zur arithmetischen Analysis steht, wird sich der denkende Leser leicht klar zu machen vermögen.
Es möge 1) F (x) = 0 eine nach einer Unbekannten x aufzulösende Gleichung sein, welche „ auf lösbar “ist, d. h. also mindestens eine Wurzel x besitzt.
Schröder, Algebra der Relative. 11162Fünfte Vorlesung.Kommen ausser x noch andre unbestimmte Relative in der Gleichung vor, und involvirt die Gleichung eine Relation zwischen den letztern (welche als „ die Resultante “der Elimination von x aus ihr zu bezeichnen wäre), so stellen wir uns etwa vor, dass diese Relation durch geeignete Bestim - mung jener übrigen Buchstabenrelative erfüllt worden sei und ebendadurch unsre Gleichung zu einer auflösbaren gemacht ist. Die Gleichung 1) soll also als eine unbedingt auflösbare gedacht werden; ihre Auflösbarkeit nach x darf nicht mehr an die Bedingung des Erfülltseins einer (von x freien) Resultante geknüpft sein, oder: die Elimination von x aus ihr darf keine Resultante mehr liefern.
Unter der „ vollständigen “Auflösung nach x der Gleichung 1) ver - stehen wir (S. 156) die Angabe aller Relative, welche, für x eingesetzt, die Gleichung kraft der Gesetze der relativen Algebra erfüllen, geson - dert von allen Relativen, die sie nicht erfüllen.
Jene Relative — das sind die „ Wurzeln “der Gleichung — kann man theoretisch sowol als praktisch stets in einen einheitlichen Aus - druck zusammenfassen, welcher sie alle und nur sie unter sich begreift und darum „ die allgemeine Wurzel (oder Lösung) “der Gleichung zu nennen sein wird.
Über diese letztere beabsichtigen wir nunmehr, ein paar funda - mentale Sätze aufzustellen und zu begründen, welche unsrer ganzen Disziplin zum einen Teile ihren eigentümlichen Charakter aufprägen.
Ich behaupte erstens: Die allgemeine Wurzel der Gleichung 1) lässt sich stets in der Form angeben: 2) x = f (u), worin u ein unbestimmtes Relativ vorstellt, welches als willkürlich oder arbiträr zu bezeichnen ist soferne über die Unbekannte x keine andern Bestimmungen vorliegen als die, dass sie die Gleichung 1) zu erfüllen habe, worin ferner f eine gewisse „ Funktion im Sinne der Algebra der binären Relative “bedeutet.
Diese Funktion f ist — sei es gleich von vornherein gesagt — durch die gegebene F, welche das Polynom der aufzulösenden Gleichung bildet, mehr oder weniger bestimmt, genauer gesagt: im Allgemeinen „ nicht völlig “oder „ nur unvollkommen “bestimmt, so zwar, dass man bei unbegrenztem Denkbereiche in der Regel noch unter unendlich vielen Funktionen f die Wahl hat, welche nicht etwa blos „ formell “nach der äusserlichen Gestal - tung ihres Ausdrucks verschieden erscheinen, sondern „ wesentlich “ver - schieden sind insoferne sie oft für den gleichen Wert von u ganz verschie - dene Wurzeln x der Gleichung 1) „ liefern “, d. h. mit ihrem Funktionswerte darstellen. Man wird also noch in vielerlei Sinne von einem Ausdrucke für die allgemeine Wurzel — oder von „ der “allgemeinen Lösung — der Gleichung 1) sprechen können, und erst die Gesamtheit aller Bedeutungen von f (u), diese Funktion gebildet, berechnet gedacht für alle erdenklichen163§ 12. Allgemeine Form der allgemeinen Lösung.Werte von u, wird in allen diesen Fällen die nämliche sein, sich nämlich decken mit der Klasse aller, dem Inbegriff sämtlicher Wurzeln x, welehe die Gleichung 1) zulässt.
Ich behaupte zweitens: dass jede allgemeine Lösung f (u) der Glei - chung 1) ausreichend charakterisirt ist durch die Aussagenäquivalenz: 3) 〈…〉 , worin die Summe rechts sich zu erstrecken hat über alle erdenklichen Relative u innerhalb 12.
Und drittens behaupte ich: dass man einer Funktion f, welche gemäss 3) [und zum Überfluss auch 2)] „ eine allgemeine Lösung “— d. h. ausschliesslich sämtliche Wurzeln — der Gleichung 1) darzustellen fähig und bestimmt ist, auch noch gewisse andre Anforderungen auferlegen kann, die ich als „ adventive “bezeichnen werde, weil sie keineswegs schon im Begriffe der allgemeinen Lösung liegen. Namentlich aber: dass man theoretisch sowol als praktisch die allgemeine Lösung f stets in einer solchen Form aufstellen könne, dass sie die nachstehende „ (erste) Adventivforderung “erfüllt: 4) {F (x) = 0} = {f (x) = x}, die sich in praktischer Hinsicht vorzugsweise empfiehlt, ja als eine eminent zweckmässige aufdrängt.
Die Begründung dieser Behauptungen wollen wir damit beginnen zu zeigen, dass die Äquivalenz 3) den Begriff von f (u) als der allge - meinen Wurzel der Gleichung 1) ausdrückt.
Soll ein Ausdruck 2) diese allgemeine Wurzel darstellen, so muss er in der That zwei Eigenschaften besitzen.
Erstens muss er für jeden Wert von u eine richtige Wurzel x unsrer Gleichung F (x) = 0 liefern, sodass also identisch: 5) F{f (u)} = 0 ist, m. a. W. diese Gleichung für ein beliebig gelassenes Relativ u als eine allgemeine Formel gilt. Das heisst auch: unser Ausdruck 2) darf nur Wurzeln unsrer Gleichung 1) liefern.
Den Nachweis, dass solches bei einer bestimmten Funktion f (u) zutrifft, nennen wir „ die Probe 1 “dafür, dass ebendiese Funktion die allgemeine Lösung der Gleichung 1) darstelle.
Vollständiger als durch 5) wird diese Forderung regelrecht durch den Ansatz auszudrücken sein 6) 〈…〉 ,11*164Fünfte Vorlesung.was in der That besagt: für jedes u muss, wenn der Wert von f (u) mit x bezeichnet wird, F (x) = 0 sein.
Wird in 6) für x durchweg der Name f (u) gebraucht, den die Vor - aussetzung, Hypothesis, der Bedingungssatz der in [] stehenden Aussagen - subsumtion dafür einführt, so erfüllt sich jene als eine Identität, erhält mithin den Aussagenwert {f (u) = f (u)} = 1. Nach dem „ spezifischen Prinzip “des Aussagenkalkuls (1 ⋹ A) = A, wie wir es in Bd. 2 genannt haben, wird damit die Behauptung, Thesis, der Folgesatz ebendieser Aussagen - subsumtion zu einer schlechthin gültigen, d. h. die Formel 6) zieht sich zusammen in: 7) 〈…〉 , was nichts andres ist als die ausdrucksvoller geschriebene Formel 3) — diese nämlich in Verbindung mit dem ihr oben beigefügten verbalen Zu - satze zum Ausdruck gebracht.
Umgekehrt folgt aus 7), indem man für f (u) den Namen x einführt, auch wiederum 6), sodass diese beiden Aussagen 6) und 7) [d. h. auch 5) als allgemeingültige Formel verstanden] als äquivalent und äquipollent zu erachten sind.
Weil nun aber in 6) das Prädikat der Aussagensubsumtion in der eckigen Klammer [] unabhängig von, konstant in Hinsicht der Produktationsvariabeln u ist, so lässt sich nach bekanntem Satze [näm - lich gemäss Th. 3+) des Bd. 1] diese 6) äquipollent umschreiben in: 8) 〈…〉 .
Ist diese Forderung allein erfüllt, ohne die sogleich zu erwähnende folgende, so werden wir sagen: x = f (u) stelle eine „ partikulare “Lösung der Gleichung F (x) = 0 vor, auch dann, wenn diese Lösung noch von grosser Allgemeinheit ist und vielleicht unendlich viel verschiedene Wur - zeln liefert.
Zweitens aber muss unser Ausdruck f (u) auch imstande sein, jede Wurzel x unsrer Gleichung 1) zu liefern, d. h. wenn x irgendwie ein gegebenes Relativ vorstellt, derart jedoch, dass es die Gleichung F (x) = 0 erfüllt, so muss es auch ein Relativ u geben, für welches unser f (u) gerade gleich diesem x wird.
Diese Forderung drückt regelrecht der Ansatz aus: 9) 〈…〉 .
Den Nachweis bei einer bestimmten Funktion f (u), dass sie diese Forderung 9) erfülle, nennen wir „ die Probe 2 “dafür, dass dieses f (u) die allgemeine Lösung der Gleichung 1) vorstelle.
Die beiden Forderungen 8) und 9) besagend, dass der Ausdruck f (u) nur Wurzeln aber auch jede Wurzel der Gleichung 1) „ liefere “165§ 12. Beweis für’s Auftreten des unbestimmten Parameters.oder unter sich begreife, sind nun aber notwendige und hinreichende Bedingung dafür, dass man f (u) die allgemeine Lösung der Gleichung 1) zu nennen berechtigt sei, sie charakterisiren ein f (u) als „ die all - gemeine Wurzel “von 1).
Diese beiden Aussagensubsumtionen 8), 9) ziehen sich jedoch als vor - und rückwärtige äquipollent zusammen zu der Aussagengleichung 3), welche hienach, wie (unter „ zweitens “) behauptet worden, weiter nichts als wie den Begriff von 2) als der „ allgemeinen Lösung “von 1) for - mulirt, q. e. d.
Um in der Begründung unsrer Behauptungen fortzufahren, so be - steht deren Hauptstück nunmehr in folgendem:
Wir setzten die Gleichung 1) als auflösbar voraus; demnach hat sie mindestens eine Wurzel. Eine solche sei das Relativ a, so wird also — nicht blos als eine erst noch zu erfüllende Vorschrift, sondern von vornherein wirklich — 10) F (a) = 0 sein — wogegen für ein auf’s Gerathewohl angenommenes x im All - gemeinen F (x) ≠ 0 sein wird, und die Gleichung F (x) = 0 nicht als erfüllt, sondern als „ eine Vorschrift “anzusehen ist, welche erst durch geeignete Bestimmung des x erfüllt werden müsste.
Bildet man nun den Ausdruck 11) f (u) = a · 1; F (u); 1 + u · {0 ɟ F̅ (u) ̅ ɟ 0}, so muss in der That: x = f (u) eine der Anforderung 3) genügende Form der allgemeinen Lösung von 1) sein.
Beweis. In Anbetracht, dass nach 1) des § 11 das Relativ 〈…〉 und dass umgekehrt das Relativ 〈…〉 , sieht man sofort, dass f (u) = a · 1 + u · 0 = a wird, sobald u keine Wurzel der Gleichung F (x) = 0 ist, dass dagegen f (u) = a · 0 + u · 1 = u selbst wird, sobald u der Gleichung F (u) = 0 genügt, mithin als eine Wurzel x derselben angenommen wird.
166Fünfte Vorlesung.Insbesondre für die Annahme u = a decken sich beide Ergebnisse.
Nimmt man das Relativ u aufs Gerathewohl an, so ist es ent - weder keine Wurzel der Gleichung 1) oder es ist eine solche: u = x. In beiden Fällen — haben wir soeben gesehen — liefert f (u) eine Wurzel, und zwar im erstern immer die schon bekannte, laut Voraus - setzung existirende Wurzel a, im letztern aber die glücklich erratene Wurzel x. Jedenfalls also liefert der obige Ausdruck f (u) blos Wur - zeln der Gleichung F (x) = 0, und er liefert alle Wurzeln dieser Gleichung, weil er irgend eine gewünschte x von diesen Wurzeln schon bei der Annahme u = x reproduzirt.
Unser f (u) genügt mithin nicht nur den Anforderungen, die im Begriff der allgemeinen Wurzel von 1) liegen, sondern obendrein auch noch der ersten Adventivforderung 4) — vergl. S. 171.
Drücken wir — behufs Erleichterung des Druckes — die Negation von F (u), bequemer wie durch F̅ (u) ̅, durch F̄ (u) aus, so haben wir nach alledem das Theorem: 12) 〈…〉 — welchem noch, als einem für jedes a gültigen, das Symbol 〈…〉 voran - gestellt werden dürfte.
Zur Erläuterung diene: Ist a keine Wurzel, mithin {F (a) = 0} = 0, so ist 12) als eine Aussagensubsumtion von der Form 0 ⋹ R selbstver - ständlich gültig, wennschon nichtssagend. Die Voraussetzung, dass die Gleichung F (x) = 0 auflösbar sei, kann aber in der Form ausgedrückt werden: 〈…〉 und garantirt uns, dass es gewisse a gebe, für welche die Prämisse unsres Theorems {F (a) = 0} erfüllt, = 1 ist. Für jedes solche a muss dann auch wegen (1 ⋹ R) = (R = 1) = R die rechte Seite R des Theorems 12) Geltung haben, und diese drückt gemäss dem Schema 3) regelrecht aus, dass der oben für f (u) angegebene Ausdruck 11) die allgemeine Wurzel sei, was ja vorhin nachgewiesen worden.
Anmerkungsweise sei noch gesagt, dass die mit 11) gefundene und in 12) angegebene allgemeine Lösung x = f (u) nach den Prinzipien des Dualismus (aus Kontraposition) sich selbst entspricht.
Der dual entsprechend gebildete Ausdruck zu unserm x = f (u) aus 11) wäre nämlich: x = (a + 0 ɟ F̄ ɟ 0) (u + 1; F; 1), was durch Ausmultipliziren auf x = au + f (u) hinausläuft, und wo nun, weil f (u) entweder = a oder = u ist, der Term au allemal absorbirt wird, sich also nur x = f (u) wiedererzeugt.
167§ 12. Rigorose Lösungen.Jene Lösung ist demnach — nachdem a unter den bekannten Wurzeln oder partikularen Lösungen von 1) einmal ausgewählt ist — auch der Form nach eine vollkommen bestimmte. Nur von der Wahl des a bleibt ihr Ausdruck abhängig.
Wir nennen sie aus bald zutage tretenden Gründen die (zur Wurzel a gehörige) „ rigorose Lösung “der Gleichung F (x) = 0.
Die „ rigorose “ist eine von den Formen der „ allgemeinen “Lösung.
Durch den mit ihrer Aufstellung geleisteten Nachweis ihrer Existenz haben wir jetzt auch die noch ausständig gewesene Begründung dessen geliefert, was wir unter „ erstens “und „ drittens “behauptet haben — wenigstens soweit prätendirt worden: dass es „ theoretisch “möglich sei, die allgemeine Wurzel x von 1) stets in der Form 2) darzustellen in welcher u arbiträr ist und f auch die Adventivforderung 4) erfüllt.
Aber noch mehr als das. Nicht nur theoretisch dürfen wir von der Existenz einer allgemeinen Lösung solchen Charakters überzeugt sein, sondern wir vermögen auch praktisch — als eine „ rigorose “Lösung wenigstens — sie immer aufzustellen. Das Problem der voll - ständigen Auflösung einer auflösbaren Gleichung 1) nach einer Un - bekannten ist nämlich durch das bisherige zurückgeführt auf die Ent - deckung einer einzigen Partikularlösung, oder ganz speziellen Wurzel a, ebendieser Gleichung.
Und eine solche wird sich immer entdecken lassen — so nament - lich bei allen Problemen mit denen sich unsre Theorie zu beschäftigen hat. Den Nachweis für diese auf das „ Praktische “bezügliche Behaup - tung allgemein zu erbringen, darauf muss ich freilich hier verzichten. Doch mögen wenigstens einige Fingerzeige darüber im Kontext folgen.
Nicht selten genügt es schon, die vier Moduln als problematische Lösungen oder fragliche Wurzeln für x probeweise in F (x) einzusetzen, um einen oder mehrere derselben als wirkliche Lösung, Wurzel zu erkennen. Wenn es sich z. B. um die Auflösung nach x der Gleichung x; x = x han - delte, so verfügten wir augenblicklich über 0, 1 und 1 'als von vornherein bekannte Partikularlösungen.
Ebenso ist 1 'a priori bekannt als Wurzel derjenigen Gleichung, welche ein Relativ x als eine gegenseitig eindeutige Abbildung zu definiren haben wird.
In andern Fällen bieten sich vorkommende Parameterwerte oder ge - wisse einfach gestaltete Funktionsausdrücke aus solchen gebildet leicht als Partikularlösungen dar. So, wenn wir die Gleichung a; x = x; a aufzulösen hätten, verfügten wir sofort ausser 0 und 1 'auch über die Partikular - lösung x = a.
Die zumeist, vorgängig der Auflösung nach x, von den übrigen Un - bekannten allgemein zu erfüllende Resultante (der Elimination des x) ver - schafft diesen Bemerkungen eine noch grössere Tragweite.
168Fünfte Vorlesung.Handelt es sich z. B. um die Auflösung der Gleichung x; b = a, so wird (siehe übernächste Vorlesung) die Resultante fordern, dass a selber von der Form c; b sei und damit wird von vornherein eine Partikular - lösung x = c (= a ɟ b̄̆) bekannt sein. Und dergleichen mehr.
So sehr wir demnach über unsre Errungenschaft der so allgemein ermittelten allgemeinen Lösung 12) erfreut sein könnten, so wird doch die Freude sehr herabgestimmt, ja wir werden kleinlaut, wenn wir uns diese Errungenschaft näher ansehen, indem wir uns über die Natur solch „ rigoroser “Lösung genauer unterrichten.
Dieselbe gewährt nicht etwa für eine Reihe von auf’s Gerathewohl angenommenen Werten ihres unbestimmten Argumentes u uns alsbald eine Fülle von erwünschten Partikularlösungen oder Wurzeln, sondern, sofern wir nicht geradezu das Glück haben, als angenommenen Wert von u eine Wurzel der Gleichung 1) selbst zu treffen, verweist sie uns nur immer wieder auf die schon längst bekannte und darum un - interessante — um nicht zu sagen „ langweilige “— Wurzel a. Mit Hülfe des Ausdruckes 11) der rigorosen Lösung die sämtlichen Wur - zeln der Gleichung 1) entdecken zu wollen das liefe geradezu darauf hinaus, bei allen erdenklichen Relativen u durchzuprobiren, ob sie diese Gleichung wol erfüllen!
Die „ rigorose Lösung “ist demnach noch keine befriedigende Form der allgemeinen Lösung; sie löst die Aufgabe nur zur Not — à la rigueur — und ist dies der Grund, weshalb ich ihr den angeführten Namen beigelegt habe, in Anbetracht, dass es nötig fiel, sie von andern vorteilhafteren Formen der allgemeinen Lösung unterscheidend zu benennen.
Immerhin gab ihre Aufstellung einen Fingerzeig, in welcher Form überhaupt wir auf die allgemeine Lösung einer Gleichung zu fahnden haben werden, lehrte sie uns vor allem, dass die vollständige Lösung der Gleichung 1) F (x) = 0 existirt in der Form 2) x = f (u). Und sie bleibt eine letzte Zuflucht auf die man zurückgreifen kann so oft es nicht gelingt, eine „ bessere “Form der allgemeinen Wurzel für eine gegebene Gleichung zu finden, in allen den Fällen, wo man dennoch eines Ausdruckes für diese Wurzel zur Fortsetzung der Untersuchungen benötigt.
Der Begriff dessen, was nun aber „ eine befriedigende “und was eventuell „ die beste “Form der allgemeinen Lösung zu nennen wäre, dürfte nicht leicht festzustellen sein und wird sich voraussichtlich erst allmälig aus der Praxis unsrer Wissenschaft selbst heraus entwickeln.
Immerhin können wir wenigstens die stets an die allgemeine169§ 12. Hinzutretende Anforderungen an eine allgemeine Lösung.Lösung zu stellende „ erste Adventivanforderung “jetzt schon und all - gemein rechtfertigen oder motiviren.
In Analogie zu einer schon in der arithmetischen Analysis vor - handenen Übung kann das „ unbestimmte Argument “u der allgemeinen Lösung f (u) in 2) wol auch deren (unabhängiger) „ Parameter “ge - nannt werden.
Damit scheint allerdings ein gewisser Doppelsinn geschaffen und ist der Begriff und Ausdruck nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen in dem S. 158 erläuterten Sinne, in welchem wir von den „ Parametern “der Gleichung 1) F (x) = 0 oder des Polynoms F (x) derselben sprachen. Als gemeinsames Merkmal beider Arten von Parametern kann — zur Recht - fertigung — allerdings deren durch nichts eingeschränkte Willkürlichkeit hingestellt werden.
Betont wurde bereits, dass u als arbiträres Relativ nur anzusehen ist sofern die Unbekannte x lediglich durch die Forderung bestimmt ist, dass sie die Gleichung F (x) = 0 erfülle, dass aber natürlich, sollten über x noch anderweite Angaben vorliegen oder sollte x gar völlig bestimmt, ge - geben sein, die vorhin noch vollkommene Unbestimmtheit des Parameters u alsbald gewissen Einschränkungen unterliegen wird und derselbe sich sogar als vollkommen bestimmt im Einzelfalle erweisen kann, es z. B. vorkommen mag, dass u = 0 genommen werden muss, um eine Wurzel x = 0 zu liefern — wie dies schon unsre Erfahrungen im identischen Kalkul lehrten und manchfache Beispiele zeigen. Da wir uns jedoch mit der Auflösung einer Gleichung nach einer Unbekannten zu beschäftigen haben und nicht nach einer Bekannten, so verschlägt es nichts, wenn wir den Parameter u im Allgemeinen und ungeachtet der zuletzt angedeuteten Möglichkeit als einen unbestimmten Parameter, und ebensowenig, wenn wir ihn als einen willkür - lichen — als „ den arbiträren Parameter “der Lösung — hinstellen.
Obzwar die theoretischen Anforderungen an f (u), die im Begriff der Allgemeinen Lösung liegen, mit 3) erschöpft sind, so ist nun aber inbezug auf diesen Parameter u noch eine Anforderung — 4) — an die allgemeine Lösung zu stellen praktisch geboten.
Wie sollen wir nämlich dasjenige u oder ein solches u erfahren, welches uns eine bestimmte, etwa schon bekannte, eine gegebene oder gewünschte Wurzel x liefert?
Systematisch wäre ein solches u ja durch Auflösung der Gleichung 2): f (u) = x nach der Unbekannten u zu gewinnen. Indessen dürfte dieses Auf - lösungsproblem sich nicht selten als ein noch viel schwierigeres dar - stellen, als dasjenige 1) gewesen, dessen Lösung uns die Gleichung 2) ausdrückte.
Es ist ein berechtigtes Desideratum, zu jedem vorbekannten x, das die Gleichung F (x) = 0 erfüllt, sogleich ein u — zum wenigsten —170Fünfte Vorlesung.zu wissen, welches in f (u) eingesetzt gerade jenes x liefert. Und diesem Verlangen kann nicht einfacher und besser — auch mnemo - nischer — allgemein genügt werden, als wenn die allgemeine Lösung so eingerichtet wird, dass sie für u = x selber jenes x liefert!
Diese Anforderung an die allgemeine Lösung zu stellen recht - fertigt sich noch unter einem zweiten und einem dritten Gesichtspunkte.
Ein zweiter ist der der Kontrole oder Probe für die Richtigkeit einer gefundenen Lösung (oder auch nur Wurzel) der Gleichung 1). Die „ allgemeine Lösung “soll diese Kontrole auch für jeden speziellen oder Partikularwert der allgemeinen Wurzel selbst übernehmen; sie soll die Probe der Einsetzung des als x = f (u) gefundenen x in das Polynom F (x) der aufzulösenden Gleichung ersparen, gewisse Garantieen für dessen Richtigkeit schon in sich selbst bieten und zur Schau tragen:
Um verschiedene oder gar alle Wurzeln von 1) zu gewinnen, haben wir in dem Ausdruck f (u) andre und andre, prinzipiell alle erdenk - lichen Relative für den unbestimmten Parameter u einzusetzen resp. eingesetzt zu denken. Ohne dem Begriff 3) der allgemeinen Lösung von 1) zu widersprechen kann nun f (u) so beschaffen sein, dass wenn man für u eine Wurzel x1 selbst einsetzt, irgend eine andre Wurzel x2 = f (x1) herauskommt, und falls man x2 einsetzt wieder eine andre Wurzel x3 = f (x2) und so weiter. Ob ein für u genommener Wert nicht vielleicht selbst eine Wurzel der Gleichung F (x) = 0 schon ist, kann man bei solcher Sachlage nicht merken ohne mit ihm direkt die Probe zu machen: seiner Einsetzung in das Polynom F (x) unsrer Gleichung 1) behufs Nachsehens, ob dasselbe für ihn verschwinde. Ein Hauptzweck der allgemeinen Lösung, uns diese Probe einfürallemal zu ersparen, wird damit hinfällig. Dann könnten wir beinah ebensogut auf die allgemeine Lösung verzichten und uns begnügen, die Relative blos empirisch in zwei Klassen zu sondern, indem wir sie sämtlich einzeln durchgehen: in solche u für welche F (u) ≠ 0 sich erweist, und in solche u, die dann x zu nennen, für welche sich F (u) = 0 herausstellt.
Ein Gleichniss macht die Sache am deutlichsten. Wenig würde die Beförderung auf der Eisenbahn uns frommen, wenn der Zug die wünschenswerten Aussteigestellen ohne anzuhalten durchführe, oder wenn auf der Fahrt die Stationen sich durch nichts uns verrieten.
Haben wir eine Wurzel x, die vielleicht von besonderem Interesse für uns ist, richtig vermutet oder erraten, sie vielleicht durch Über - legungen von noch zweifelhafter Bündigkeit gewonnen, so muss die allgemeine Lösung uns kund geben, dass dies eine richtige Wurzel ist;171§ 12. Die (erste) Adventivforderung motivirt.wir sind alsdann bei der gewünschten Endstation angelangt, und dass wir uns schon da befinden, muss uns kund werden; der Zug darf nicht weiter fahren zu einer andern Wurzel.
Zu den in ihrem Begriff liegenden primären oder Minimal-Anforde - rungen der allgemeinen Lösung tritt also als eine sekundäre oder Adventiv-Anforderung aus den erwähnten beiden Gründen noch die hinzu, dass die allgemeine Lösung uns jede glücklich vermutete Wurzel als solche dadurch verrate, dass ihr Ausdruck bei deren Einsetzung für das u in f (u) uns diese Wurzel selbst wiedergibt, sie reproduzirt.
Das heisst: f (u) muss so beschaffen sein, wenn anders es eine befriedigende allgemeine Lösung soll heissen dürfen, dass 13) {F (x) = 0} ⋹ {f (x) = x}. Und da die umgekehrte Aussagensubsumtion — nach 3) für u = x in Anspruch genommen — schon ohnehin gilt, so mögen wir dieser Sub - sumtion auch die Form geben der Gleichung 4).
Diese zusätzliche oder adventive Anforderung 4) an die allgemeine Lösung genügt ihrerseits, wenn für eine gewisse Funktion f erfüllt, noch nicht, um diese Funktion als zur Darstellung der allgemeinen Lösung von 1) geeignet zu legitimiren; vielmehr garantirt sie blos, dass die Funktion f (u) alle Wurzeln x umfasse, es offen lassend, ob sie nicht auch noch andre als wie Wurzelwerte anzunehmen oder zu liefern fähig wäre; sie verbürgt uns blos, dass „ die Probe 2 “stimmen muss.
Andrerseits sahen wir auch, dass 4) keineswegs logische Folge von 3) ist — wie zum. Überfluss weiter unten streng bewiesen wird.
Zur Charakterisirung einer „ nicht vorweg unbefriedigenden “all - gemeinen Lösung müssten wir also eigentlich das Produkt der Aus - sagen 3) und 4) oder auch deren Vereinigung zur Doppelgleichung 14) 〈…〉 jeweils hinschreiben.
Bei allen Lösungen von speziellen Problemen, die wir künftig auf - stellen, werden wir Sorge tragen, dass jene Adventivforderung mit - erfüllt ist, und unsre Angaben von Lösungen werden allemal (wonicht anders bemerkt) deren Erfüllung thatsächlich leisten und sie zu erfüllen beanspruchen. Es wäre aber zu umständlich, diesem Umstande mittelst ausdrücklicher Beifügung des Ansatzes f (x) = x — zumal, wo f (u) einen verwickelten Ausdruck besitzt — jeweils Rechnung zu tragen, und so werden wir uns mit der Angabe der Lösungen in Gestalt von 3) begnügen. Man merkt sich leicht hinzu: dass u = x immer einen zu - lässigen Wert des u bildet, fähig die Wurzel x zu liefern.
172Fünfte Vorlesung.Dem Anfänger erscheint es vielleicht als befremdend, dass ungeachtet der Äquivalenz der beiden Aussagen 〈…〉 und f (x) = x, wie sie 14) konstatirt, die erste zur Charakterisirung des f (u) als der allgemeinen Wurzel von 1) hinreicht, die letztere nicht. Für das gedachte f, welches der Forderung 3) mitsamt der adventiven 4) genügt, treffen in der That beide Aussagen immer gleichzeitig zu, sobald x eine Wurzel der Glei - chung 1) ist, und sie treffen alle beide nicht zu falls x ein andres Re - lativ (keine Wurzel) vorstellt. Sie sind äquivalent. Darum sind sie aber noch nicht äquipollent. Die Sätze, dass 2 × 2 = 4 ist und dass Materie unzerstörbar sei, sind ebenfalls äquivalent. Darum kann aber der erstere doch nicht zur Charakterisirung, Definition der Materie mitverwendet werden, obwol vielleicht der zweite.
Dass der adventiven Forderung 4) neben 3) immer genügt werden kann durch Aufstellung einer geeigneten Funktion f (u) haben wir an der „ rigorosen “Lösung gesehen.
Es wird aber der Forderung 3) — ja beiden Forderungen zu - gleich — sich noch in unbegrenzt mannigfaltiger Weise genügen lassen. Und dieser Umstand lässt als einen dritten Gesichtspunkt, welcher die Zuziehung der adventiven Forderung motivirt, den hervortreten: dass wir darauf ausgehen müssen unser Problem zu einem bestimm - teren zu gestalten, den Begriff „ einer “allgemeinen Lösung so zu prä - zisiren, dass für ein bestimmtes Problem gesprochen werden könne von „ der “allgemeinen Lösung desselben, von „ seiner “Lösung schlechtweg in einem feststehenden Sinne.
Schon im identischen Kalkul sind Funktionen angebbar, die aller Werte fähig sind. Z. B. cu + c̄ū ist eine solche, irgendwie gelegen zwischen cc̄ = 0 und c + c̄ = 1 — vergl. Bd. 1, S. 427. Und lassen wir c unbestimmt, so haben wir deren eine unbegrenzte Menge.
Umsomehr wird zuzugeben sein, dass es auch in der Algebra der Relative Funktionen gebe, die, wenn mit φ (u) bezeichnet, je nach dem Werte den man u beilegt fähig sind, den Wert jedes gewünschten Relativs zwischen 0 und 1 (inclusive) anzunehmen. Funktionen φ (u) von dieser Eigenschaft gibt es in der That in unendlicher Fülle: φ (u) = ū oder ŭ oder ū̆ sind weitere (die einfachsten) Beispiele von solchen …
Ist φ (u) dergestalt aller Werte fähig („ unbeschränkt variabel “) und zwar x = f (u) eine allgemeine Lösung von 1) im früheren, zu - nächst noch „ weiteren “, blos durch 3) limitirten Sinne, so wird offen - bar auch 15) x = f{φ (u)} wieder „ eine allgemeine Lösung “in diesem weitern Sinne sein.
173§ 12. Unbestimmtheit der Form allgemeiner Lösungen.Denn wenn ein bestimmter Wert v von u eine bestimmte Wurzel x mit x = f (u) lieferte, so wird f{φ (u)} ebendiese Wurzel x liefern, sobald man u so annimmt, dass φ (u) = v ist — was eben nach der über φ ge - machten Voraussetzung allemal möglich ist; und dass jedes u mit 15) eine richtige Wurzel liefere versteht sich daraus von selbst, weil jedes w mit f (w) solches thut. —
So gut wie f (u) selbst stellen also beispielsweise auch f (bu + b̄ū), f (ū), f (ŭ), f (ū̆), f (cu + c̄ū), f (dŭ + d̄ū̆), und so weiter richtig die allgemeine Wurzel von 1) dar. —
Genügte etwa f (u) obendrein der Adventivbedingung 4), so wird f (ū), wenn mit F (u) bezeichnet, derselben aber nicht genügen, vielmehr nicht F (x) = x sondern sicher nur F (x̄) = x sein — analog blos F (x̆) = x falls wir F (u) als f (ŭ) deuteten, etc. Dergleichen Überlegungen, wenn vollends exemplifizirt durch spezielle Funktionen f, verhelfen leicht zu dem (oben angekündigten) strengen Beweise, dass 4) nicht aus 3) folgen könne, indem wir darnach imstande sind Funktionen f anzugeben, die die For - derung 3) ohne 4) erfüllen. —
Schon aus dem ersten der obigen Beispiele, nämlich mit dem Aus - drucke f (bu + b̄ū), erhält man bei unbegrenztem Denkbereiche mittelst Variirens von b unendlich viele Funktionen f (u) als richtige, dem Be - griffe 3) entsprechende allgemeine Wurzeln von 1).
Hiemit ist nachgewiesen, dass es im Allgemeinen unbegrenzt viele Funktionen f (u) gibt, welche gemäss 3) die allgemeine Wurzel x von 1) darstellen können.
Dieser Unbestimmtheit des Begriffes der allgemeinen Lösung von 1) wird durch die Adventivforderung 4) schon einigermassen gesteuert — durch welche in der That die oben als Beispiele angeführten Lösungen, im Allgemeinen wenigstens, sämtlich ausgeschlossen werden. Jene bleiben zwar richtige, sind aber unpraktische wonicht fast unbrauchbare Formen einer allgemeinen Lösung, und demgemäss zu verwerfen.
Dass auch diese Forderung 4), wenn der im Begriffe liegenden 3) adjungirt, noch nicht hinreicht um eine Funktion f (u) als die allge - meine Wurzel von 1) vollkommen zu bestimmen, dass es vielmehr noch viele die Bedingungen 3) und 4) zugleich erfüllende und doch wesentlich verschiedene Funktionen f (u) geben kann, dies wird sich in der Theorie an speziellen Auflösungsproblemen zur Genüge offen - baren. —
Für die Anwendungen der Formel 12) behufs Aufstellung der rigorosen Lösungen zu speziellen Problemen ist es nützlich einfür - allemal zu beachten, dass deren Ausdruck sich ungemein vereinfacht in den Fällen wo etwa a = 0 oder a = 1 eine Wurzel der aufzu - lösenden Gleichung F (x) = 0 sein sollte.
174Fünfte Vorlesung.Wir erhalten leicht die beiden Unterfälle des dortigen allgemeinen Satzes: 16) 〈…〉 17) 〈…〉 .
Soviel über das Auflösungsproblem im Allgemeinen.
Das mit jedem solchen unweigerlich verbundene Eliminationspro - blem gipfelte in der Forderung aus jeder Gleichung 1) oder Subsumtion F (x) ⋹ 0 ein Relativ x zu eliminiren. Kann man irgendein, jedes gewünschte Relativ eliminiren, so vermag man auch deren mehrere in irgend welcher Folge und damit auch irgend ein System von Rela - tiven — dem Effekt nach simultan — zu eliminiren (so wenigstens gewiss bei endlich begrenzter Anzahl von Eliminanden).
Ändern wir die Bezeichnungen ein wenig ab, so kommt es also darauf an: aus irgend einer Gleichung f (u) = 0 ein Relativ u eliminiren zu lernen.
Zweckmässig mag es erscheinen, dies Problem in der blos formell etwas allgemeineren Fassung in Angriff zu nehmen, dass man sogleich die Resultante der Elimination eines u zu bilden fordert aus einer Gleichung von der Form f (u) = x.
Denn wie sich einerseits die letztere ja leicht auf das Prädikat 0 bringen liesse, so ist andrerseits klar, dass sobald wir bei ihr (für ein irgendwie gegeben gedachtes x) die Resultante der Elimination von u in Gestalt einer Subsumtion F (x) ⋹ 0 ermittelt haben, dann auch in Gestalt von F (0) ⋹ 0 die Resultante des vorhergehenden (der Form nach etwas spezielleren) Eliminationsproblems gefunden sein wird.
In dieser weiteren Fassung erscheint aber unser Eliminations - problem als die unmittelbare Umkehrung, Inversion eines reinen Auf - lösungsproblems, und erlangen wir durch sie den Vorteil, zu sehen, dass mit jedem reinen Auflösungsprobleme zugleich auch ein gewisses Eliminationsproblem seine Lösung findet, und vice versa.
Bei jenem kam es darauf an, von der Gleichung F (x) = 0 zu175§ 12. Eliminationsproblem als Umkehrung des Auflösungsproblems.ihrer allgemeinen Lösung x = f (u) fortzuschreiten; bei diesem aber wird nun verlangt den umgekehrten Weg zurückzulegen.
Ist mit 3) die Lösung von 1) gefunden, so stellt uns auch die — aus 8) a fortiori folgende — Subsumtion: 18) {f (u) = x} ⋹ {F (x) = 0} die Lösung vor des Problemes der Elimination von u aus der link - seitigen Gleichung, nämlich aus 2); und zwar ist die rechte Seite, d. i. die Gleichung 1) — wegen 9) — auch die volle Resultante.
Dass beim Auflösungsprobleme — wie bereits erhärtet — so viele wesentlich verschiedene Formen der allgemeinen Wurzel existiren, wird uns nun nicht mehr Wunder nehmen, denn dieser Umstand stellt sich jetzt dar als ein Ausfluss der von vornherein plausibeln Thatsache, dass sehr verschiedene Ausgangsgleichungen doch die nämliche Resul - tante liefern können, wie bekanntlich zuweilen ganz verschiedene Prä - missen doch dieselbe Konklusion liefern.
Die letztere zu gewinnen ist das Ziel des Eliminationsproblemes. Und umgekehrt könnte man die Ermittelung aller allgemeinen Lösungen zu einer gegebenen Gleichung 1) [als der Gesamtaussage eines Propositionen - systems] hinstellen als die Beantwortung der Frage: welche Prämissen eine gegebene Konklusion liefern („ what premises yield a given conclusion “)?
Dass die Beantwortung dieser letztern Frage kaum minder wichtig sei als die Lösung der erstern Aufgabe, also die Beantwortung der Frage, welche Konklusion aus gegebnen Prämissen folgt, dies hat schon Peirce8 p. 196 betont — ohne indessen dem Auflösungsprobleme als solchem irgend eine Behandlung zuteil werden zu lassen. —
Wir hatten bei den Betrachtungen dieses Paragraphen eingangs vorausgesetzt (was theoretisch immer hinzubringen gewesen), dass die aufzulösende Gleichung F (x) = 0, wenn überhaupt, so bedingungslos auflösbar sei, mithin durch Elimination von x keine „ Resultante “lie - fere. Praktisch liegt zumeist der gegenteilige Fall vor. Und wenn wir nun für jenen Fall das allgemeine Schema gefunden haben, nach welchem die Lösung immer anzusetzen ist, so müssen wir doch auch diesen Fall noch erledigen. Wir müssen die Aufmerksamkeit des Lesers noch für die Frage in Anspruch nehmen: wie unser Schema dann zu modifiziren sein wird, wenn die aufzulösende Gleichung 1) eine (von x freie) Resultante R = 0 liefert?
Unter R haben wir uns dabei irgend eine Funktion φ (b, c, …, y, z, …) von als gegeben zu denkenden Parametern, wie Polynomkoeffizienten z. B., eventuell auch von noch andern Unbekannten, vorzustellen.
176Fünfte Vorlesung.Die Antwort auf die Frage ist einfach dahin zu geben: dass als - dann die Resultante als ein Aussagenfaktor der 〈…〉 rechterhand beizu - fügen oder vorzusetzen ist, sodass das allgemeine Schema für die Auf - lösung lautet: 19) 〈…〉 .
In der That ist die Resultante von den in 1) noch ausser x vor - kommenden unbestimmten Relativen entweder nicht erfüllt, oder sie ist erfüllt.
Im ersten Falle haben wir (R = 0) = 0, und die rechte Seite unsres Schema’s wird den Wahrheitswert 0 haben. Alsdann ist aber auch die Gleichung links nicht auflösbar, ist {F (x) = 0} = 0, oder die Gleichung F (x) = 0 für jede Bedeutung, die man dem x beilegen mag, absurd. Unser Schema bewährt sich alsdann als die Aussagen - äquivalenz 0 = 0.
Im zweiten Falle haben wir (R = 0) = 1. Dann ist die Voraus - setzung erfüllt, unter welcher wir das Schema 3) gerechtfertigt haben, dass nämlich die Gleichung 1) schlechthin auflösbar sei. In ebendieses Schema 3) geht alsdann aber auch unser Schema 19) über. Somit bewahrheitet es sich für alle Fälle.
Nennt man zur Abkürzung: 〈…〉 so steht nach dem Frühern bereits fest, dass: Α ⋹ Β und Β ⋹ (Α = Γ), und ist es aussagenrechnerisch ein Leichtes, als mit diesem Subsumtionen - paar äquivalent die Gleichung nachzuweisen: Α = ΒΓ.
Zum Schlusse noch ein Wort über die Methoden zur Lösung beider Probleme.
Diese Probleme die an die Gleichung 1) sich anknüpfen vermögen wir ja als die analogen Probleme für die Koeffizienten der Unbekannten resp. des Eliminanden x darzustellen, indem wir in der für jedes Suffix ij zu erfüllenden Forderung: 20) {F (x) }i j = 0 die linke Seite regelrecht gemäss den Festsetzungen des § 3 ausrech - nen, expandiren oder entwickeln. Zunächst kommt es dann nur darauf an, den allgemeinen Koeffizienten xh k — besser gesagt: die sämt - lichen xh k — als Unbekannte aus der Gleichung zu berechnen, resp. 177§ 12. Über Methoden zur Lösung.sie zu eliminiren, und stellt das Problem sich dar als ein solches des reinen Aussagenkalkuls. Schon im identischen, um so mehr für diesen Kalkul wurden die Methoden der Auflösung und der Elimination zu einer gewissen Stufe der Vollkommenheit gebracht; sie wurden in ex - tenso entwickelt und zu befriedigend zu handhabenden ausgebildet.
Es wäre gleichwohl eine Täuschung daraufhin zu wähnen, dass man nun also in unsrer Disziplin jedes Problem zu lösen vermöchte — und zwar aus dem Grunde weil … bislang immer nur bestimmte und begrenzte Mengen von Unbekannten resp. Eliminanden in’s Auge gefasst worden und weil in der That nur zur Berechnung sowie Eli - mination einer solchen jene Methoden zureichend oder leidlich aus - gebildet erscheinen!
Bei dem in der Regel als unbegrenzt vorauszusetzenden Denk - bereiche aber werden wir es hier fast immer mit unendlichen oder wenigstens unbestimmten Mengen von Unbekannten und Eliminanden zu thun haben, und selbst wenn der Denkbereich 11 nur aus wenigen — sagen wir einmal: drei oder mehr — Elementen als Individuen besteht, erweisen sich die nach jenen bekannten Methoden auszufüh - renden Rechnungen bei der im Quadrate vergrösserten Zahl der Un - bekannten als praktisch kaum mehr durchführbare.
Endlich aber, selbst wenn für die Koeffizienten die Aufgabe ge - löst sein sollte, ist der Rückschluss von da auf die Relative selbst, nach denen resp. deren Relation gefragt worden, kein so ganz einfach zu vollziehender.
So leicht es ist, sich die Herrschaft über die Grundlagen unsrer Disziplin anzueignen, müssen doch ihre beiden Fundamentalprobleme als schwierige bezeichnet werden. Es fehlt bislang an einer Methode, dieselben allgemein zu lösen.
Für eine Gruppe von 512 Problemen geben wir solche in der näch - sten Vorlesung. Elimination betreffend liegt (§ 28) blos eine Studie von Peirce vor in der sich etwas wie eine „ Methode “von noch einiger All - gemeinheit der Anwendung kund gibt, und Auflösung betreffend thut eine Ausdehnung meines Verfahrens bei den „ symmetrisch allgemeinen Lösungen “(Bd. 1, S. 498, 503 und Bd. 2, § 51) bei gewissen Klassen von Aufgaben gute Dienste — wie sogleich zu sehen sein wird.
Im übrigen sind wir bei den zahlreichen Problemen unsrer Theorie auf die Vertiefung in deren spezielle Natur, besondre Kunstgriffe und Glückeszufälle angewiesen. Bei andern kann die Lösung vielleicht erst von der vereinten Arbeit vieler Forscher für eine fernere Zukunft erhofft werden.
Unter solchen Umständen erscheint es von Wert, gewisse noch sehr umfassende Klassen von Problemen zu kennen, in welchen sich die Auf -Schröder, Algebra der Relative. 12178Fünfte Vorlesung.lösung nach einheitlichem Schema bewerkstelligen lässt, und will ich darum ein Paar von solchen noch namhaft machen.
Von ziemlicher Allgemeinheit sind die beiden Klassen von Auf - lösungsproblemen, wo die nach x aufzulösende Proposition sich äqui - valent darstellen lässt in der einen oder andern der beiden Formen: x ⋹ φ (x), ψ (x) ⋹ x.
Es sind die Fälle, wo das Polynom F (x) unsrer Gleichung F (x) ⋹ 0 den Faktor x, oder x̄, aufweist — dessen Kofaktor, resp. der selber, als - dann negirt auf die andre Seite geworfen werden kann (als Addend zur 0).
Eine „ befriedigende “allgemeine Lösung des Problems lässt in diesen beiden Fällen sich immer angeben in Gestalt der unbegrenzt oft iterirten Funktion eines arbiträren Relativs u, nämlich als x = f ∞ (u), wo f (u) einen gewissen Ausdruck vorstellt. Und zwar gelten die beiden Theoreme: 1)
bedeutet.
Die Erläuterung und Begründung dieser beiden Sätze veranlasst uns noch zu mehrern wichtigen Bemerkungen.
Zuvörderst werden für eine irgendwie gegebene Funktion f (u) (Relativfunktion oder „ Funktion “im bisherigen Sinne der Algebra der binären Relative verstanden) die „ Iterationen “fr (u) zu definiren sein — zunächst für alle „ Exponenten “r, die (endliche) natürliche Zahlen sind.
Diese Definition hat in der üblichen Weise „ durch Induktion “zu erfolgen, indem man nämlich ausmacht, dass: 2) 〈…〉 bedeuten solle — wozu nur zu bemerken ist, dass die als „ Exponenten “0, 1, 2, ‥ r, r + 1, … auftretenden Symbole in unsrer Theorie niemals als Relative, sondern immer nur als natürliche Zahlen aufgefasst wer - den müssen.
Nun ist ja allerdings einer der vornehmsten Zwecke unsrer Theorie der: die logische Grundlage der Zahlenlehre zu liefern, sozusagen dem Anzahlbegriffe auf den Grund zu kommen, namentlich auch die sogenannte „ Definition durch Induktion “als eine Definition zu rechtfertigen, ihre Wirk -179§ 13. Iteration von Funktionen.samkeit als eine das zu definirende Objekt wirklich bestimmende darzuthun, desgleichen den Schluss der vollständigen Induktion als einen berechtigten zu beweisen, und dergleichen mehr. Beim unmittelbaren Verfolgen dieser Ziele werden wir darum von alledem nichts voraussetzen dürfen und dessen auch in den besondern Abschnitten unsres Buches, die genannten Zielen gewidmet sind, eingedenk sein.
Dies hindert aber nicht, dass wir einstweilen, in andern von jenen Zielen entlegenen Kapiteln desselben — wenn man will: etwas vorgrei - fend — ganz ungenirt vom Zahlbegriffe sowol, als von den genannten induktorischen Definitions - und Schlussarten Gebrauch machen — in glei - cher Weise, wie es auch in den vorhergehenden Bänden schon öfters ge - legentlich geschah und auch sonst in der ganzen mathematischen und wissenschaftlichen Welt längst üblich ist. Um so mehr werden wir so zuwerke gehn dürfen, als ja die Berechtigung dazu gerade in unserm Buche geeigneten Ortes sich nachgewiesen findet in einer Weise, genügend den strengsten Anforderungen, die vom logischen Standpunkte aus zu stellen.
Freilich dokumentirt sich in solchem Vorgreifen eine gewisse Unvoll - kommenheit unsres Lehrgangs, der das Euklid’sche Ideal eines absolut streng stufenmässigen Aufbaues noch nicht verwirklicht — wie es klassisch z. B. Herrn Dedekind’s Schrift in ihrer Art thut.
Allein die eigentümliche — ich möchte sagen: harte — Schönheit solchen streng stufenmässigen Aufbaues wird bekanntlich auch durch ge - wisse Nachteile erkauft die namentlich auf dem didaktischen oder pädago - gischen Felde zutage treten; sie scheint nur auf Kosten der Übersicht des Ganzen und des gebührenden Hervortretens von allgemeineren Gesichts - punkten zu verwirklichen. Ich glaube demnach einen gewissen Mittelweg einhalten zu sollen, und mir einen Leser vorstellen zu dürfen, der einiger - massen eklektisch, mit Auswahl (und gelegentlichem Überschlagen), zu lesen versteht (um auf Einzelnes später wieder zurückzukommen), einen Leser, der es auch über sich vermag, bei Untersuchungen die zu gewissen fundamentalen Erkenntnisszwecken geführt werden, wieder einige Stufen herabzusteigen und von dem vielleicht anderwärts schon gewonnenen Er - kenntnisskapital zeitweilig ein Bestimmtes ungenutzt zu lassen, ja zu ignoriren.
Und so wollen wir denn hier „ kurzen Prozess machen “, und die Itera - tionen der Funktion f (u) für alle Iterationsexponenten anerkennen als „ definirt “durch die „ Rekursion “in 2), welche Sinn und Bedeutung von fr + 1 (u) festlegt, sobald dieselben für fr (u) feststehn — nachdem mit 2) auch f1 (u), als f (u), oder wenn man will schon f0 (u), als u, seine Er - klärung gefunden hat.
Desgleichen wollen wir hier — worauf an anderm Orte ebenfalls zu - rückzukommen sein wird — als evidentermaassen aus der Definition folgend die Sätze gelten lassen: 3) fr + 1 (u) = fr{f (u)} sowie überhaupt: 4) fm{fn (u)} = fm + n (u) = fn{fm (u)} 12*180Fünfte Vorlesung.— und wenn man will noch obendrein: 5) (fm) n (u) = fm × n (u) = (fn) m (u) — wie sie in der That Demjenigen, der den Zahlbegriff schon hat, auch unmittelbar einleuchten werden, indem z. B. bei 4) die drei als gleich hingestellten Ausdrücke übereinstimmend weiter nichts bedeuten, als die von u m + n mal hintereinander genommene Funktion f — u. s. w.
Dies vorausgesetzt ist ferner „ die unbegrenzte Iteration “f ∞ (u) zu definiren, sofern der Name fähig ist einer Erklärung, die auf den Be - griff von fλ (u) sich gründet und aus dem Verhalten dieses Relativs für alle und namentlich für unbegrenzt wachsende Iterationsexponenten λ motivirbar ist. Die Bedingung für letzteres wird die Konvergenz - bedingung für fλ (u), scilicet bei unbegrenzt wachsendem λ, zu nennen sein.
Ist überhaupt für die unbegrenzte Reihe von natürlichen Zahlen λ = 0, 1, 2, 3, … der Wert eines Relativs uλ bestimmt, z. B. für be - liebig viele Relative der „ Reihe “u0, u1, u2, u3, … aktuell gegeben, für den Rest durch ein Gesetz oder Prinzip begrifflich festgesetzt, so werden wir bei (als natürliche Zahl) unbegrenzt wach - sendem Zeiger λ zwar im Allgemeinen zu sagen haben, uλ „ divergire “und das Symbol u ∞ habe keinen Sinn, doch wird es auch eine Klasse von Fällen geben, wo man sagen kann, das allgemeine Glied uλ unsrer Reihe „ konvergire “, indem es einem bestimmten, festen, alsdann mit u ∞ zu bezeichnenden Relativ als „ Grenze “„ zustrebt “.
Letzteres ist der Fall, dann und nur dann, wenn für jede durch ein Suffix ij markirte Stelle der Tafel 12 — oder m. a. W. der Matrix von uλ — ein Zahlwert n angebbar ist oder existirt derart, dass in uλ die Stelle entweder für jedes λ > n ein Auge trägt, besetzt ist, oder aber für jedes λ > n leer, unbesetzt bleibt.
Eine Stelle ij der Matrix des mit λ veränderlichen Relativs uλ soll eine endgültig, „ definitiv “besetzte Stelle dieses variabeln Relativs heissen, wenn es solchen Wert n von λ gibt, dass für alle λ welche > n sind die Stelle in uλ sich als besetzt erweist; sie soll eine end - gültig unbesetzte oder definitive Leerstelle heissen, falls es eine solche Zahl n gibt, dass für alle λ > n die Stelle in uλ unbesetzt bleibt.
Unter Benutzung dieser Ausdrucksweisen können wir kürzer sagen:
uλ soll bei wachsendem λ konvergent genannt werden, wenn für jede Stelle seiner Matrix entschieden oder entscheidbar ist, ob sie de - finitiv zur besetzten oder definitiv zur Leer-Stelle werde.
Unter dem Grenzwert (limes) von uλ (für lim. λ = ∞) verstehen181§ 13. Grenzwerte und Konvergenz.wir alsdann dasjenige Relativ, welches an den „ definitiv besetzten “Stellen von uλ Augen trägt, die „ definitiv unbesetzten “Stellen von uλ aber zu Leerstellen hat. Und diesen Grenzwert werden wir kurz mit u ∞ bezeichnen.
Im Allgemeinen wird es aber Stellen ij geben, die weder zu den definitiv besetzten noch zu den definitiv unbesetzten Stellen des von λ abhängigen uλ gehören, bei welchen es vielmehr zu jedem noch so grossen Zeiger n stets Zahlwerte m > n gibt derart, dass wenn in un die Stelle besetzt war, sie in um wieder unbesetzt erscheint, und um - gekehrt.
Solche in uλ bei wachsendem λ schwankend (wenn auch nicht not - wendig in regelmässigem Wechsel) bald besetzte, bald auch einmal wieder unbesetzte Stellen mögen „ oszillatorisch besetzte “(und ebenso unbesetzte) oder (endgültig) oszillatorische*)Nicht: „ oszillirende “; die Stelle selbst schwankt nicht, nur ihre Be - setzung, das Auge, schwankt (blinkt, szintillirt) zwischen Vorhandensein und Nichtsein. Stellen von uλ heissen.
Ist auch nur eine solche Stelle oder sind ihrer gar mehrere vor - handen, so lässt sich mit dem Zeichen u ∞ kein bestimmter Begriff (als eines Relativs) verbinden, weil hier jeglicher Beweggrund fehlt der dafür den Ausschlag zu geben vermöchte, ob solche Stelle darin als besetzte oder als unbesetzte figuriren solle.
Das Symbol u ∞ bleibt alsdann sinnlos, und uλ divergirt. Diver - genz kann in unsrer Disziplin immer nur „ oszillatorisch “stattfinden.
Ungeachtet solcher Sinnlosigkeit dieses Symbols kann man doch — worauf ich indessen zur Zeit kein grosses Gewicht lege — mit Subsum - tionen, in welchen dasselbe als Subjekt oder als Prädikat auftritt, einen ganz bestimmten Sinn verbinden. Man mag nämlich schreiben: a ⋹ u ∞ ⋹ b um damit auszudrücken, dass
a Augen hat nur oder höchstens an solchen Stellen, die zu den de - finitiv besetzten irgend eines uλ von hinreichend grossem Zeiger λ gehören, wogegen also a alle die bei den uλ immerfort oszillatorisch besetzten und die definitiv unbesetzten Stellen zu Leerstellen haben muss,
desgleichen, dass b Leerstellen hat nur oder höchstens an solchen Stellen, die zu den definitiv unbesetzten eines hinreichend hohen uλ ge - hören, wogegen also b alle die bei den uλ definitiv besetzten, sowie auch die immerfort oszillatorisch besetzten Stellen der uλ, zum mindesten, mit Augen besetzt zeigen muss.
In solchem Falle wird es auch einen umfassendsten oder Maximal - wert des a, der noch der Forderung a ⋹ u ∞ genügt (eventuell freilich = 0 sein mag) geben, den man als die „ untere Grenze “(limes inferior) dieses182Fünfte Vorlesung.nicht völlig bestimmbaren Relativsymbols u ∞ bezeichnen kann; desgleichen einen mindest umfassenden oder Minimalwert des b, welcher noch der Forderung u ∞ ⋹ b genügt (der eventuell freilich = 1 sein kann) und demnach die „ obere Grenze “(limes superior) für u ∞ heisse.
Und man wird nicht selten sagen können, dass uλ von einem hin - reichend grossen λ ab beständig zwischen diesen beiden Grenzen schwanke, nur „ Zwischenwerte “zwischen denselben durchlaufend oder annehmend.
[Mit dem letztern Zusatze indessen, obwohl er häufig zutreffen wird — insbesondre stets bei endlicher Elementezahl des Denkbereiches mithin auch endlicher Stellenzahl der Matrix — dürfte für manche Fälle doch zuviel gesagt sein.
Gibt es z. B. für jede „ definitiv besetzte “Stelle ij eine Zahl n, nach deren Überschreitung durch λ die Stelle nicht mehr als eine Leerstelle in uλ auftreten wird, so gibt es allerdings auch für jede endliche Menge von solchen Stellen ij eine Zahl — in Gestalt des grössten der den Stellen der Menge einzeln zugeordneten Werten — von der Eigenschaft, dass, nachdem λ sie überschritten hat, alle genannten Stellen ihre endgültige Besetzung gefunden haben müssen und nie mehr in uλ zu Leerstellen werden können. Allein wenn die Menge der in Betracht zu ziehenden Stellen unbegrenzt zunimmt, bleibt es fraglich und künftigen subtilern Untersuchungen vorbehalten zu entscheiden, ob nicht dieser grösste unter allen (kleinsten) Werten n (die zu jeder Stelle gehören) dann in der Zahlenreihe immer weiter hinausrückt und die Reihe der Werte n, als eine selbst unbegrenzt wachsende, keinen Wert als grössten einschliesst. Dann würde zwar für jede einzelne Stelle eine Zahl λ = n angebbar, von der ab die Stelle in uλ ihre endgültige Besetzung gefunden hat, für die Gesamt - heit aller definitiv zu besetzenden Stellen aber gleichwohl nicht. Etc.]
Von der Frage der Konvergenz oder Divergenz des allgemeinen Gliedes (Terms) uλ unsrer Reihe ist wohl zu unterscheiden die Frage nach Konvergenz oder Divergenz der Reihe selber, wenn deren Terme durch eine knüpfende Operation (z. B. Spezies) verbunden gedacht werden. Werden die Terme der Reihe durch eine identische Spezies mit einander verknüpft, so erhalten wir ein „ unendliches Produkt “oder eine „ unendliche Summe “schlechtweg (oder „ Reihe “im engern Sinne). Dann ist das Knüpfungsergebniss aus den λ + 1 ersten 6)
Uλ = u0u1u2 … uλ | Uλ = u0 + u1 + u2 + … + uλ |
d. i. „ der produktatorische Faktor “resp. das sogenannte „ summatorische Glied “der Reihe derjenige allgemeine Term, um dessen Konvergenz es sich im letztern Falle handelt.
Hier gilt der bemerkenswerte Doppelsatz: Jedes identische unend - liche Produkt und jede identische unendliche Summe ist konvergent. Und zwar selbst dann, wenn auch der allgemeine Term uλ divergiren sollte: wir haben in unsrer Disziplin konvergente Produkte aus divergenten183§ 13. Unendliche Summen und Produkte.Faktoren und konvergente Summen (Reihen) mit divergenten Gliedern — dergleichen in der arithmetischen Analysis für Paradoxieen zu er - klären wären! Allemal hat 7)
U ∞ = u0u1u2u3 … | U ∞ = u0 + u1 + u2 + u3 + … (in infinitum) |
unbedingt einen Sinn und völlig bestimmten Wert im Gebiet der binären Relative.
Dies ist verhältnissmässig leicht hier einzusehen. Es beruht darauf, dass in dem Uλ links jede Leerstelle definitiv eine solche bleibt, wie viele Faktoren uλ bei wachsendem λ auch noch zum Produkt der bisherigen hinzutreten mögen, bei dem Uλ rechts aber jede besetzte Stelle ihr Auge permanent, untilgbar beibehalten muss, wie viele Glieder uλ zur Summe der bereits vereinigten auch noch hinzutreten mögen. Genauer gesagt: weil 〈…〉 definirt ist — für jede Auswahl, z. B. Reihe, von Werten u als Erstreckung des Π, der Σ — so wird es für eine bestimmte Stelle ij nur zwei Mög - lichkeiten geben und zwar:
Links: entweder gibt es eine Zahl n für welche uλ bei ij eine Leer - stelle hat, (un) i j = 0 ist, oder nicht. Im erstern Falle hat auch Uλ für jedes λ > n bei ij eine Leerstelle und wird diese zur definitiv unbesetzten. Im letztern Falle muss nach λ jedes (uλ) i j gleich 1 sein und bleibt die Stelle eine definitiv besetzte.
Rechts: entweder gibt es ein n für welches uλ bei ij ein Auge trägt, (un) i j = 1 ist, oder solches trifft nicht zu. Im erstern Falle hat auch Uλ für jedes λ > n an der Stelle ij ein Auge und diese wird zur definitiv besetzten. Im letztern Falle sind nach λ alle (uλ) i j gleich 0 und bleibt die Stelle endgültig leer.
Zu links wie rechts (vom Mittelstriche) erweisen also sämtliche Stellen der Matrix von Uλ sich als entweder definitiv besetzte oder definitiv un - besetzte und kann es ein Drittes, kann es oszillatorische Stellen überhaupt nicht geben — q. e. d.
Dass bei vorstehender Überlegung das numerische Moment der Zahlen - zeiger nur eine nebensächliche Rolle spielt, wird der einsichtsvolle Leser sogleich übersehen.
Die Überlegungen bleiben auch stichhaltig, falls etwa in Πλuλ der Zeiger λ ein „ Kontinuum “von Zahlenwerten zu durchlaufen hätte.
Satz und Beweis gelten wesentlich auch für 〈…〉 und 〈…〉 , wie immer der Erstreckungsbereich beschaffen sein möge.
Denn was z. B. das Πu betrifft, so muss es zu irgend einem Suffix ij im Erstreckungsbereiche entweder ein u geben, für welches ui j = 0 ist, oder nicht. Im erstern Falle hat Πu bei ij definitiv eine Leerstelle, im letztern, wo also „ nach u alle “ui j = 1 sind, wird Πu bei ij eine definitiv besetzte Stelle haben, und ein Drittes (eine oszillatorisch besetzte Stelle) bleibt undenkbar.
Etc. (d. h. analog für 〈…〉 ).
184Fünfte Vorlesung.Für relative unendliche Produkte und Summen gilt ein ähnlicher Satz in gleicher Allgemeinheit nicht. Man thut dies leicht durch Bei - spiele dar, z. B. beim relativen Produkt schon für den Fall durchweg gleicher Faktoren.
Ein relatives Produkt von lauter gleichen Faktoren nennen wir „ Potenz “.
Wir definiren, wenn λ eine natürliche Zahl vorstellt, die Potenz (u;) λ sive (; u) λ, einfacher: uλ (u hoch λ), entweder „ durch Induktion “(„ rekurri - rend “) mittelst der Festsetzung: 8) u1 = u, u2 = u; u, …, uλ + 1 = uλ; u, oder auch „ independent “als: 9) 〈…〉 .
Es folgen die bekannten Sätze wie für die Potenzen der Arithmetik: 10) uλ + 1 = u; uλ, uϰ; uλ = uϰ + λ = uλ; uϰ, (uϰ) λ = uϰ × λ = (uλ) ϰ.
Durch ein zugefügtes Adjektiv die „ Potenz “als eine „ relative “zu charakterisiren ist überflüssig, weil durch das Tautologiegesetz uu = u jeder Möglichkeit vorgebeugt, es vorweg ausgeschlossen, präkludirt ist, die „ Potenz “als ein identisches Produkt (aus gleichen Faktoren) misszuverstehen.
Auch hier spielen mit den Exponenten wieder Zahlen vorzeitig eine Rolle. Wen das genirt der möge uλ nur wie einen „ stenographischen Schlüssel “, ein konventionelles Zeichen zur Vereinfachung der Schrift, be - quemlichkeitshalber dulden.
Das duale Gegenstück zur Potenz ist die relative Summe aus lauter gleichen Summanden: 11) 〈…〉 .
Ich will sie „ iterirte “oder „ iterative Summe “gelegentlich nennen. Wollte man die Analogie mit den arithmetischen Gebilden in der Be - zeichnung noch weiter treiben, so hätte an Stelle der vorstehend dafür eingeführten Abkürzung — die mit der Schreibung (u;) λ für uλ parallel geht — eine andre gewählt werden müssen, bei der der Iterations - exponent λ wie ein „ Multiplikator “hinter das u zu treten hätte. Wir würden dann aber dreierlei — und die arithmetische eingerechnet — viererlei Multiplikationen und ebensoviele Malzeichen zu unterscheiden bekommen, was entschieden zu viel ist (“Aller guten Dinge sind drei “).
Die dualen Gegenstücke zu den obigen Potenzgesetzen mag der Leser nun selbst sich zu Papier oder zum Bewusstsein bringen.
Also es ist behauptet: schon die Potenz uλ divergirt im Allgemeinen.
Dies zeigt schon ein so einfaches Beispiel, wie beim Denkbereich 1 ⅓ von nur drei Elementen die Annahme:185§ 13. Potenzen. 〈…〉 gehört und nun u; u, = u2 = ū, u2; u, = u3 = u sich herausstellt; es oszil - lirt, schwankt daher hier regelmässig uλ ohne Ende fort vom einen zum andern der beiden Werte u und ū, indem u2ϰ = ū, u2ϰ + 1 = u ist, und uλ ist divergent, das Symbol u ∞ hier sinnlos.
Man könnte freilich diesem sinnlosen Namen einen ganz beliebig zu wählenden Sinn willkürlich unterlegen. Wie man diese Wahl aber auch treffen möge, für die sich rationelle Beweggründe nicht auffinden lassen, so wird die Einführung solchen Namens nicht nur keinen Vorteil gewähren sondern geradezu schaden; dieser Name wird in kein rationelles Bezeich - nungsystem passen, insbesondre nicht in das in diesem Buche geschaffene, ja er wird die Gesetzmässigkeiten jedes solchen stören, wonicht über den Haufen werfen, wird künstlich Hindernisse bereiten und zur Quelle von Verlegenheiten werden, indem er zu lästiger Berücksichtigung von allerhand Ausnahmen nötigen wird, die ohne ihn gar nicht erwachsen konnten, gar nicht vorhanden waren. Sinnlose Namen, die eine Disziplin hervorbringt, sind gleichsam Neben - oder Abfallprodukte einer bestimmten (Bezeichnungs -) Industrie. Zuweilen stellen diese ein wertvolles Rohmaterial vor, das es in einer andern Industrie zu verarbeiten gelingt und das damit im gesamten Haushalt der Wissenschaft eine unschätzbare Verwendung findet — so die im Gebiet der natürlichen Zahlen sinnlosen Namen der negativen Zahlen, so der als Maasszahl unbrauchbare (im reellen Zahlengebiet sinnlose) Name 〈…〉 , etc. auf dem erweiterten Zahlengebiete.
Nicht immer aber liegen die Umstände so günstig, vielmehr muss manches Abwasser auch einfach fortgeschüttet werden.
Nunmehr ist etwa 〈…〉 eine nahe liegende Exemplifikation für eine konvergente Reihe mit diver - gentem Allgemeingliede. Dieselbe hat für unser obiges u die Summe u + ū = 1.
Für die Konvergenz der Potenz uλ eines Relativs u — bei ohne Ende wachsendem Exponenten λ — sind die notwendigen und hinreichenden Be - dingungen noch nicht bekannt. Doch lassen sich einige Umstände als dazu hinreichende Bedingungen nachweisen.
So muss xλ mit λ = ∞ konvergiren sowol wenn x die Eigenschaft hat, dass x; x ⋹ x ist, als auch wenn es der Eigenschaft x ⋹ x; x teilhaftig ist. Im ersteren Falle ist leicht zu folgern, dass xλ + 1 ⋹ xλ, im letzteren, dass xλ ⋹ xλ + 1 für jedes (noch so grosse) λ sein muss. In jenem werden sich also bei fortgesetztem relativen Multipliziren mit x die Leerstellen als endgültige konserviren, indem, wo xλ eine Leerstelle hat, auch xλ + ϰ eine solche aufweisen muss; die Potenz konvergirt alsdann „ abnehmend “gegen186Fünfte Vorlesung.eine feste Grenze. In diesem gilt ein gleiches für die Augen und konver - girt die Potenz „ zunehmend “gegen eine Grenze.
Ist insbesondre x von der Form 1 '+ a, so ist x; x = 1' + a + a; a, mithin in der That x ⋹ x; x und folglich hat das Symbol (1 '+ a) ∞ für jede Bedeutung von a einen Sinn.
Ebenso, wenn die Basis x einer Potenz xλ von der Form a; ă (mithin, ă für a gesagt, zugleich auch von der Form ă; a) ist, muss diese Potenz konvergiren — und zwar aufgrund des Satzes:
a; ă ⋹ a; ă; a; ă | a ɟ ă ɟ a ɟ ă ⋹ a ɟ ă |
den wir später als speziellen Fall (für b = ă) eines allgemeineren Satzes — 21) des § 18 — erkennen werden, und einstweilen durch die Koeffizienten - evidenz mittelst des Hinweises darauf beweisen mögen, dass die Glieder von Li j = Σhai haj h sich unter denen von Ri j = Σh k lai hak hak laj l bei k = i, l = h sämtlich vorfinden.
Nach diesen Zwischenbetrachtungen kehren wir zur Iteration der Funktionen und damit zu unserm Theorem 1) zurück.
Es gibt Fälle, wo „ die rfache (rte) Iteration einer Funktion f (u) “, nämlich fr (u) für lim r = ∞ konvergirt, und zwar „ allgemein “für jedes Argument u.
Dies vermag schon ein Beispiel aus dem identischen Kalkul zu er - härten, wie etwa die Annahme f (u) = au + b, wofür f2 (u) = a (au + b) + b = au + b, also f2 (u) = f (u), und folglich auch f3 (u) = f{f2 (u)} = f{f (u)} = f2 (u) = f (u), allgemein: fr (u) = f (u) und somit f ∞ (u) = f (u) wird.
Eine Funktion f von der Eigenschaft, dass allgemein, für jedes Argument, schon ihre zweite Iteration der ersten (oder der Funktion selber) gleich ist, mag „ invariant “genannt werden. Alle Iterationen einer solchen Funktion, von der nullten ab, sind dann, wie leicht zu sehn, ihr selber gleich: jede invariante Funktion bleibt beim Iteriren un - geändert, und auch die unbegrenzt oft iterirte Funktion ist dann keine andre als sie selber.
u selbst ist ebenfalls eine invariante Funktion von u.
Im Allgemeinen aber, bei einer irgendwie gegebnen Funktion f (u), muss man darauf gefasst sein, dass die rte Iteration derselben mit wachsendem r divergire.
Auch dieses vermag bereits der identische Kalkul zu erhärten. Die allgemeinste Funktion von u welche mit den Spezies dieser Diszplin gebildet werden kann ist bekanntlich: f (u) = au + bū. Dafür wird f{f (u)} = a (au + bū) + b (āu + b̄ū) also f2 (u) = (a + b) u + abū = (a + b) u + ab.
187§ 13. Invarianz einer Funktion.Dies ist im Allgemeinen von f (u) verschieden — wie leicht z. B. die Annahme b = ā zeigt, wo für f (u) = au + āū nun f2 (u) = u = f0 (u) wird, etc.
Dagegen wird im obigen allgemeinen Falle wieder: f3 (u) = f (u), f4 (u) = f2 (u), etc., allgemein: f2ϰ + 1 (u) = f (u), f2ϰ + 2 (u) = f2 (u), mithin ist fr (u) divergent und f ∞ (u) sinnlos, ausgenommen in dem oben angeführten Sonderfalle, wo schon f2 (u) = f (u) und diese Funk - tion invariant ist.
Gibt es ein Zahlenpaar m, n derart, dass bei einer bestimmten Funktion f (u) für jedes u ist: fm + n (u) = fm (u), so nennen wir die Funktion eine „ periodisch (oder oszillirend) iterirende mit einer Iterationsperiode n “, oder schlechtweg „ mit der Iterations - periode n “, falls n zugleich die kleinste Zahl von der genannten Eigen - schaft sein sollte (die in ein solches Zahlenpaar m, n eingeht).
Darnach subsumirt sich der Begriff einer invarianten Funktion unter denjenigen einer periodisch iterirenden Funktion von der Periode 1.
Während die Iterationen einer solchen konvergent sind, wird da - gegen jede periodisch iterirende Funktion, deren Periode n > 1 ist, eine divergent iterirende sein müssen.
Kürzehalber mag dies nur ein Beispiel erläutern. Sei etwa allgemein — wenn wir das stets hinzuzudenkende Argument (u) unterdrücken — f8 = f5, so wird auch f9 = f6, f10 = f7, f11 = f5, f12 = f6, f13 = f7, f14 = f5, u. s. w. Die Iterationen von f, deren Periode gleich 3 ist, werden also ewig fort von einem der drei (als verschieden vorauszusetzen gewesenen) Werte f5, f6, f7 zum andern im Ring herum (vom letzten wieder zum ersten) oszilliren und f ∞ ist keiner bestimmten Deutung fähig.
Solches gilt auch, wenn etwa m = 0, also fn (u) = u selbst sein sollte; hier wiederholen sich dann beim unbegrenzt fortgesetzten Iteriren in ste - tiger Folge die Werte f0, f, f2, f3, …, fn — 1, [f0 (oder u), f, etc.].
Für die allgemeine Funktion im identischen Kalkul hat sich oben gezeigt, dass sie, sofern sie nicht invariant ist, eine periodisch iterirende mit der Periode 2 sein muss.
Dass auch die relativen Operationen zur Bildung von Funktionen mit divergenten Iterationen führen können (und im Allgemeinen führen werden) zeigt schon das Beispiel f (u) = a; u, in welchem fr (u) = ar; u, gleichwie die Potenz ar selbst, im Allgemeinen oszilliren wird.
Für die beiden in unserm Theorem 1) angegebnen Bedeutungen von f (u) haben wir nun: 12)
fr + 1 (u) = fr (u) φ{fr (u)} | fr + 1 (u) = fr (u) + ψ{fr (u)}. |
Beim successiven Berechnen der Iterationen von f tritt also zu dem schon vorhandnen Ausdrucke von fr (u) immer nur ein Faktor: „ φ von allem Bisherigen “, resp. ein Summand: „ ψ von allem Bisherigen “hinzu und ist das Bildungsgesetz der iterirten Funktionen leicht zu über - schauen, wennschon die Ausdrücke für dieselben bei wachsendem Ex - ponenten rasch immer verwickelter werden. Wir haben z. B. links: f (u) = uφ (u), f2 (u) = uφ (u) φ{uφ (u)}, f3 (u) = uφ (u) φ{uφ (u) }φ [uφ (u) φ{uφ (u)}], … und rechts: f (u) = u + ψ (u), f2 (u) = u + ψ (u) + ψ{u + ψ (u)}, f3 (u) = u + ψ (u) + ψ{u + ψ (u)} + ψ [u + ψ (u) + ψ{u + ψ (u)}] ….
Obschon die Namen für „ das Bisherige “immer länger werden, steigern sich indessen keineswegs auch die Berechnungsschwierigkeiten oder Mühen. Die Bildung von fr + 1 (u) zu schon gewonnenem fr (u) bleibt ebensoleicht und erfordert wesentlich nicht mehr Arbeit, wie die Berechnung der Funktion φ resp. ψ selbst für ein irgendwie gegebnes Argument.
Die unbegrenzt fortgesetzten Iterationen der Funktion f (u) präsen - tiren sich also hier in der Form eines identischen unendlichen Pro - duktes, resp. einer identischen unendlichen Summenreihe, und folglich sind sie (nach oben bewiesenem allgemeinern Satze) konvergent; es hat f ∞ (u) einen ganz bestimmten Wert.
Die „ Probe 1 “für unser Th. 1) verlangt zu zeigen, dass dieses eine Wurzel der aufzulösenden Subsumtion angibt, wie immer der Wert des arbiträren Parameters u auch gewählt sein mochte.
Die „ Probe 2 “verlangt zu zeigen, dass wenn von vornherein
x ⋹ φ (x) | ψ (x) ⋹ x |
ist, dann auch f ∞ (x) = x selbst sein müsse.
Letzteres ist leicht, in Anbetracht, dass die Voraussetzungen sich auch äquivalent umschreiben lassen in:
x = xφ (x) | x + ψ (x) = x |
mithin in: f (x) = x.
[Diese Wahrnehmung hat auch zur Entdeckung des iterirt die Lösung liefernden f (u) naheliegend geführt.]
Ist aber für irgend eine Funktion f (u) und einen bestimmten Argu - mentwert x von u wie vorstehend f (x) = x, so muss auch sein f2 (x) = f{f (x)} = f (x) = x, etc.,189§ 13. Konvergente Iterationen.allgemein: fr (x) = x und f ∞ (x) = x. Es hat nämlich wegen {fr (x) }i j = xi j nicht nur von einem bestimmten Werte des r an, sondern überhaupt, der linkseitige Koeffizient den Wert des rechtseitigen, somit trägt fr (x) die Augen des x als definitive Besetzung seiner Matrixstellen und hat die Leer - stellen des x zu definitiv unbesetzten Stellen. Hiedurch eben war aber das Relativ f ∞ (x) zu bestimmen, sodass von letzterem das nämliche gilt.
Mithin stimmt die Probe 2 und erscheint es sichergestellt, dass unsre Lösung 1) sämtliche Wurzeln des betreffenden Problemes liefert.
Nicht ganz so einfach ist jedoch Ersteres, nämlich die „ Probe 1 “oder der Nachweis zu leisten, dass unsre Lösung 1) auch (für jedes u) immer nur Wurzeln des Problemes liefere.
Gibt man freilich den jedem Mathematiker schon geläufigen Satz zu, dass wenn f ∞ (u) einen Sinn hat, nämlich fr (u) bei unbegrenzt wach - sendem r konvergirt, dann f ∞ + 1 (u), aufgefasst als f{f ∞ (u)}, = f ∞ (u) selbst sein müsse, so ist der Beweis leicht zu führen, indem wir haben: f ∞ (u) = f{f ∞ (u)} = f ∞ (u) φ{f ∞ (u)} ⋹ φ{f ∞ (u)}, somit f ∞ (u) ⋹ φ{f ∞ (u)} | | ψ{f ∞ (u)} ⋹ f ∞ (u) + ψ{f ∞ (u)} = f{f ∞ (u)} = f ∞ (u), somit ψ{f ∞ (u)} ⋹ f ∞ (u), womit also für x = f ∞ (u) in der That die Probe 1 stimmt, nämlich für jedes u sich x ⋹ φ (x) resp. ψ (x) ⋹ x erweist.
Allein jener „ Satz “selbst ist für unsre Disziplin nicht so ganz einfach zu erhärten. Bevor ich ihn in seiner Allgemeinheit bespreche, will ich auf den vorliegenden Anwendungsfall mich beschränkend — z. B. links vom Mittelstriche — sagen:
Nach linkseitigem Schema 12), für unbegrenzt wachsende Itera - tionsexponenten r in Anspruch genommen, hat f ∞ (u) zum Faktor: φ{fr (u)} für jedes noch so grosse r gebildet, mithin hat es auch φ{f ∞ (u)} selbst zum Faktor und muss diesem eingeordnet sein. M. a. W. bei der Bildung des unbegrenzten Produktes, als welches wir f ∞ (u) zu gewinnen hatten, tritt zu der Folge der schon angesetzten Faktoren ohne Ende fort immer φ von allem Bisherigen als weitrer Faktor hinzu; unter „ allem Bisherigen “figurirt („ schliesslich “?) auch das Ganze f ∞ (u) selbst — q. e. d. (?).
Diese Überlegung ist jedenfalls unanfechtbar, sobald unser Denk - bereich ein endlich begrenzter sein sollte. Denn alsdann ist auch die Menge der überhaupt denkbaren Relative eine endlich begrenzte; es können die Faktoren unsrer Faktorenfolge nicht ohne Ende fort ver - schieden ausfallen und muss schliesslich das Produkt konstant werden, nämlich sich beim Hinzutritt der weitern Faktoren tautologisch wieder - erzeugen. In diesem f ∞ (u) kommt dann φ{f ∞ (u)} als Faktor wirk - lich vor.
190Fünfte Vorlesung.Das Schema 1) nach welchem wir befriedigende allgemeine Lösungen für zahlreiche Einzelprobleme konstruiren werden, ist demnach als korrektes Schema der Auflösung allermindestens für jeden endlichen Denkbereich gerechtfertigt — und damit ist schon viel gewonnen!
Ich erhalte dasselbe jedoch ganz allgemein aufrecht — auch für die unbegrenzten Denkbereiche, obwohl ich gestehen muss, dass mich Dasjenige was ich an dieser Stelle zur Begründung dafür vorbringen kann, noch nicht vollkommen befriedigt. Wer das Bedenken teilt, braucht den speziellern auf das Schema späterhin gegründeten Problem - lösungen bis auf weiteres blos mit der angegebenen Beschränkung Vertrauen zu schenken.
Doch will ich nicht versäumen, schon hier den Kernpunkt der Frage thunlichst klar zu legen, und zu dem Ende dem Leser die Be - trachtungen des folgenden Kontextes nahe legen.
Es liess sich u ∞ als 〈…〉 ur überhaupt nur erklären, falls für jedes Suffix ij ein Zahlwert n angebbar ist oder existirt, derart, dass (ur) i j von r = n an mit wachsendem r konstant bleibt, mithin den Wert (un) i j = 0 oder aber 1 „ endgültig “beibehält für jedes r > n.
Darnach ist evident, dass 13) 〈…〉 sein muss, indem das oben Gesagte, was bei ur von r = n an zutrifft, bei ur + 1 von r = n - 1 an zutreffen wird und umgekehrt.
Zweifellos gilt darum auch: 14) 〈…〉 .
Nach dem Prinzipe, gemäss welchem, wie eingangs gesagt, für einen allfällig existirenden Grenzwert von ur der Name u ∞ eingeführt worden, nach demselben Prinzipe hätten wir nun auch als Namen für den zweiten Ausdruck der vorstehenden Zeile 14) diesen: f{f ∞ (u)}, und darnach schiene unser Satz erwiesen. Als Gleichheitsbehauptung zwischen f ∞ (u) und f ∞ + 1 (u) ist dies auch thatsächlich der Fall, wobei das letztre Symbol durch den ersten oder zweiten Ausdruck 14) erklärt zu denken ist. Dagegen ist zu sagen, dass auf letztern Ausdruck jenes Prinzip unsrer Namengebung nicht anwendbar ist, indem es durch Einführung eines Doppelsinnes hier verfäng - lich wird. Nachdem f ∞ (u) nämlich als existirend erkannt und erklärt worden, steht auch die Bedeutung von f{f ∞ (u)} als die des Wertes von f (x) für x = f ∞ (u) schon fest, ist dieser Name bereits vergeben und nicht mehr verfügbar um andrerseits auch den 〈…〉 f{fr (u)} ohne weitres damit zu taufen.
Vielmehr würde durch die Identifizirung beider implicite von einem ausdrücklich zu statuirenden und erst zu erweisenden Satze Gebrauch gemacht:191§ 13. Unbegrenzte Iterationen.15) 〈…〉 , der nebenbei sich als Sonderfall eines allgemeineren Satzes darstellt: 16) 〈…〉 .
An der Gültigkeit dieses Satzes 16) zu zweifeln ist schon durch das Präzedenz der arithmetischen Analysis nahe gelegt, wo derselbe dann wenn die Funktion f (x) bei x = u ∞ „ unstetig “ist, bekanntlich nicht gilt, viel - mehr der „ Grenzwert “der Funktion von ihrem „ Endwert “(oder „ Wert “schlechtweg) verschieden ist.
Um sogleich den Satz 16) — als den allgemeineren — für unsre Disziplin mit ihrer Beschränkung des Begriffs von f (u) auf einen durch die sechs Spezies aus u und andern (von u unabhängigen) Relativen abgelei - teten Ausdruck zu beweisen kann man versuchen, die Gültigkeit desselben zunächst für jene Elementaroperationen mittelst deren f (u) sich aufbaut, darzuthun in Gestalt der Sätze: 17)
18)
worin auch 〈…〉 als existirend, vr gleichwie ur als konvergent voraus - zusetzen ist, und falls z. B. vr = a eine Konstante bezüglich r vorstellen sollte, auch v ∞ = a zu denken wäre.
Von diesen Sätzen gelingt es sehr leicht die vier ersten zu beweisen. Z. B. diese Überlegung beweist den ersten von ihnen: Ist für irgend ein ij und jedes r > n der Koeffizient (ur) i j endgültig = 0 oder 1, so ist auch ebendafür (ur̅) i j endgültig = 1 oder 0. Ebenso leuchten auch bei endlichem Denkbereiche die beiden letzten Sätze ein; dann wird es nämlich ein r geben — das grösste unter den n, die den (ur) i h und (vr) h j einzeln ent - sprechen — von welchem an, in der Σh des Produktes beider, diese Terme ihre endgültigen von r unabhängigen Werte erlangt haben, und dann wird das gleiche auch mit der Summe, d. h. mit (ur; vr) i j, der Fall sein. Und ebenso wie die endgültigen Werte der (ur; vr) i j sich aus den Koeffizienten (ur) i h und (vr) h j zusammensetzen, ebenso muss sich auch (u ∞; v ∞) i j aus den Koeffizienten von u ∞ und v ∞ zusammensetzen, weil diese eben als jene er - klärt worden.
Dagegen stösst bei unbegrenztem Denkbereiche der Beweisversuch [sofern Satz 18) dann überhaupt noch gilt!] auf Schwierigkeiten, die wir im Kontext der S. 182 in der eckigen Klammer schon angedeutet haben.
Hievon abgesehn würde von den Teilsätzen 17), 18) über die beim Aufbau von f (u) verwendeten Operationen die Behauptung sich offenbar leicht auf den aus ihnen aufgebauten Ausdruck f (u) selbst übertragen und wäre damit auch unser Satz 18) erwiesen.
Zur Illustration der allgemeinen Ergebnisse des vorvorigen Para - graphen wollen wir nun einmal die sämtlichen Propositionen auflösen, welche aus den Forderungen x ≠ 1 und x ≠ 0 nebst deren Verneinungen aufgebaut werden können.
Die letzteren x = 1 und x = 0 stellen schon ihre eignen Lösungen vor.
In Anbetracht, dass Inkonsistenzen sind: (x = 1) (x ≠ 1) = (x = 0) (x ≠ 0) = (x = 1) (x = 0) = 0, dass ferner als allgemeine Formel gilt: (x = 1) + (x ≠ 1) = (x = 0) + (x ≠ 0) = 1, endlich dass sich reduzirt:
(x = 1) (x ≠ 0) = (x = 1) | (x = 1) + (x ≠ 0) = (x ≠ 0) |
(x ≠ 1) (x = 0) = (x = 0) | (x ≠ 1) + (x = 0) = (x ≠ 1), |
sieht man leicht, dass nur die folgenden vier Probleme in Betracht kommen können: den Forderungen x ≠ 1, x ≠ 0, (x ≠ 1) (x ≠ 0), (x = 1) + (x = 0) je für sich zu genügen.
Aufgabe 1 und 2. Die Ungleichung aufzulösen:
x ≠ 1 | x ≠ 0, |
d. h. vermittelst eines arbiträren Relativs u das allgemeinste Relativ x zu konstruiren, welches nicht = 1 resp. nicht = 0 ist.
Auflösung. Unsre Ungleichung ist bekanntlich äquivalent der Gleichung:
0 ɟ x ɟ 0 = 0 | 1; x; 1 = 1. |
Für die Koeffizienten des gesuchten x muss also nach 3) des § 10 gelten:
Πh kxh k = 0 | Σh kxh k = 1. |
Diese Gleichung vermögen wir aber — links nach Bd. 1, S. 501 sowie Bd. 2, § 51, Aufg. 16 — symmetrisch allgemein zu lösen und zwar vermöge des Ansatzes:
xi j = ui jΣh kūh k | xi j = ui j + Πh kūh k. |
Darnach ist gefunden:
x = u · 1; ū; 1 | x = u + 0 ɟ ū ɟ 0 |
und drückt unser Ergebniss der Satz aus: 1)
.
In der That ist: 〈…〉
193§ 14. Beispiele einfachster Art.Aufgabe 3. Die Proposition aufzulösen: 2) (x ≠ 1) (x ≠ 0), d. h. den Ausdruck für das allgemeinste Relativ zu finden, welches eo ipso weder null noch eins ist (ausserdem aber jedes Wertes fähig).
Auflösung. Auf 0 oder 1 rechterhand gebracht stellt sich unsre Proposition bezüglich dar als die vereinigte Gleichung:
0 ɟ x̄ ɟ 0 + 0 ɟ x ɟ 0 = 0 | 1; x̄; 1 · 1; x; 1 = 1 |
und fordert für die Koeffizienten, dass 3)
Πh kxh k + Πh kx̄h k = 0 | Σh kxh k · Σh kx̄h k = 1 |
gemacht werde.
[Nebenbei gesagt könnte die vereinigte Gleichung auch in die ein - fachere Gestalt zusammengezogen werden:
0 ɟ x̄ ɟ 0 ɟ x ɟ 0 = 0 | 1; x̄; 1; x; 1 = 1 |
oder auch x und x̄ vertauscht. Denn letztere Relation gibt für die Koeffi - zienten die Forderung:
Πh k l m (x̄h k + xl m) = Πh kx̄h k + Πl mxl m = 0 | Σh k l mx̄h kxl m = Σh kx̄h k · Σl mxl m = 1, |
in deren Übereinstimmung mit der obigen der „ Beweis ad hoc “für die behauptete Vereinfachungsmöglichkeit zu erblicken ist. Man könnte dafür auch das allgemeinere Schema 5) des § 11 anziehen.]
Die Forderung — links z. B. — zerfällt nun in die beiden: Πi jxi j = 0 und Πi jx̄i j = 0, deren jede für sich allein wir nach den Schemata in der vorigen Aufgabe symmetrisch allgemein aufzulösen vermögen. Versucht man jedoch die arbiträren Parameter uh k der einen Lösung so zu bestimmen, dass sie auch der andern Forderung genügen, so gelangt man allemal für diese Unbekannten uh k zu Gleichungen von genau derselben Form wie die von den xh k zu erfüllen gewesenen Gleichungen 3); man bewegt sich also in einem Zirkel.
Die Lösung des zusammengesetzten Problemes zeigt sich hier durch die vorgängige Lösung seiner (beiden) Teilprobleme in keiner Weise ge - fördert — eine Wahrnehmung, die in unsrer Disziplin sehr häufig (obzwar nicht immer) zu machen ist! Jene dürfte dann am besten a priori, ganz unabhängig von den Teilproblemen, in Angriff genommen werden.
Es kommt wesentlich darauf an, die Gleichung links in 3) nach den unbekannten Koeffizienten xh k „ symmetrisch allgemein “aufzulösen. Die Forderung der Symmetrie ist darin begründet oder läuft darauf hinaus, dass eben ein einheitlicher Ausdruck für jedes unbekannte xi j gefunden werden muss, der sich dann allgemein als Koeffizient des unbekannten Re - lativs x darstellen lasse; m. a. W. es muss der allgemeine Wurzelwert für xi j aus dem für xh k durch Vertauschung von h mit i und k mit j hervorgehn.
Für Klassen xi j war zwar schon die symmetrisch allgemeine Lösung der Gleichung x1x2x3 + x̄1x̄2x̄3 = 0Schröder, Algebra der Relative. 13194Fünfte Vorlesung.nach Bd. 1, S. 699 unmöglich (in ebensoviel Parametern, wie Unbekannten, zum mindesten, wenn nicht überhaupt).
Für auf den Wertbereich 0, 1 beschränkte Koeffizienten (resp. Aus - sagen) xi j kann sie gleichwol möglich sein und ist sie möglich wenigstens für jede Quadratzahl von Unbekannten. Denn sie wird für solche durch die nachher gegebene allgemeine Lösung unsrer Aufgabe 2 implizite ge - leistet.
Die Lösung gelingt, wenn wir auch noch die beiden relativen Moduln 0 'und 1' herbeiziehen, welche beide ja ≠ 0 und ≠ 1 sind.
Beachtet man nun, dass das Relativ
, so sieht man dass der Ausdruck
sein muss, und konstruirt man leicht in Gestalt von 4) 〈…〉 das gesuchte allgemeinste Relativ, welches weder 0 noch 1 ist.
Wir haben nämlich in der That f (1) = 1 '≠ 0 und 1, desgleichen f (0) = 0' ≠ 0 und 1, in jedem andern Falle aber, d. h. in jedem Falle wo u ungleich 0 und 1 ist, f (u) = u selbst. Der Ausdruck f (u) umfasst also von vornherein jedes irgendwie von 0 und 1 verschieden gegebene Relativ, und nur solche Relative, q. e. d.
Für f (u) könnte auch der dazu duale Ausdruck genommen werden. Schon die blosse Negation des obigen Ausdruckes 4) von f (u) würde (gleich x gesetzt) zwar dem Begriff der allgemeinen Lösung von 2) ent - sprechen, aber nicht die Adventivforderung erfüllen. Ausserdem leuchtet im Hinblick auf die Begründung ein, dass die Faktoren 1 'und 0' in 4) auch durch irgendwelche spezifizirte, nur eben von 0 und 1 verschieden gewählte Relative ersetzt werden dürften; insbesondre kann man dieselben auch vertauschen, oder auch: diese beiden relativen Moduln durch blos einen von ihnen vertreten lassen — z. B. 0 'durch 1' ersetzen — immer wird man so zwar wesentlich verschiedene aber gleichberechtigte und gleichermassen brauchbare Formen der allgemeinen Lösung erhalten, deren Vielgestaltigkeit ersichtlich ist.
195§ 14. Einfachste Beispiele von Lösungen.Aufgabe 4. Die Proposition aufzulösen: 5) (x = 1) + (x = 0), d. h. das allgemeinste Relativ aufzustellen, welches entweder = 1 oder = 0 ist.
Auflösung. Die vereinigte Gleichung, rechts auf 0 oder 1 gebracht, ist bezüglich:
1; x̄; 1; x; 1 = 0 | 0 ɟ x̄ ɟ 0 ɟ x ɟ 0 = 1 |
— gerade umgekehrt, wie über 3).
Als allgemeine Wurzel vermögen wir sofort anzugeben: x = f (u), wo f (u) irgend ein „ ausgezeichnetes “Relativ in u vorstellt. Solcher gibt es wol unendlich viele. Indem wir aber die uns zunächst bekannten sechs Peirce’schen benutzen, mit denen sich obendrein die Adventivforderung als erfüllt erweist, mögen wir den Satz notiren: 6) 〈…〉 .
In jedem der sechs Fälle erhalten wir für u = 1 auch x = 1 und für u = 0 auch x = 0; dagegen für (u ≠ 1) (u ≠ 0) wird x zwar ebenfalls entweder = 1 oder = 0, jedoch unter ganz andern Bedingungen bei einem jeden der sechs Ausdrücke — wie solche in § 10 nachgesehen werden können.
Auch die Annahmen x = f (u) = 1; u; 1; ū; 1 resp. 0 ɟ u ɟ 0 ɟ ū ɟ 0 z. B. würden zwar dem Begriffe der allgemeinen Wurzel von 5) noch ent - sprechen, aber nicht mehr der Adventivanforderung genügen, indem der erstere Ausdruck nicht nur für u = 0 sondern auch für u = 1 gleich 0 wird, der letztere in beiden Fällen gleich 1, sonach mit ihm die Wurzel 0 sich nicht reproduzirt. Für u ≠ 0 und 1 wird dann umgekehrt der erstere = 1, der letztere = 0.
Zur Vergleichung wollen wir für die vier hiermit eigenartig ge - lösten Aufgaben auch noch „ rigorose “Lösungen in’s Auge fassen.
Zu dem Ende haben wir die Schemata 12), 16) und 17) des § 12 — S. 166, 174 — anzuwenden, wobei die dem F (u) jeweils beizulegende Be - deutung aus der von uns angegebnen vereinigten Nullgleichung der Auf - gabe ersichtlich ist.
Die rigorose Lösung wird hienach völlig bestimmt sein durch den Hinweis auf eine partikulare Lösung a des Problemes, welche, als a priori erkannt, ihr zugrunde zu legen wäre. Als solche bietet sich eventuell 0 oder 1, eventuell ein relativer Modul als die zweckmässigste dar, um einen möglichst einfachen Ausdruck der allgemeinen Lösung zu erzielen.
Für die linkseitige Aufgabe 1, also die Ungleichung x ≠ 1 ist x = a = 0 die zweckmässigste Partikularlösung. Wir erhalten dann nach dem Schema 16) 13*196Fünfte Vorlesung.des § 12 die rigorose Lösung zunächst in der Form: x = u{0 ɟ 1; ū; 1 ɟ 0}, was sich aber nach der Bemerkung am Schlusse des § 10 zu x = u · 1; ū; 1, d. h. zu 1) selber vereinfacht. Also:
Für die beiden Aufgaben 1, 2 ist die gefundene Lösung 1) zugleich rigorose Lösung. Hier liegt ein Grenzfall vor, wo die rigorose Lösung ausnahmsweise auch das Epitheton einer befriedigenden allgemeinen Lösung verdient und es keinen Sinn hätte nach einer andern zu fahnden — wie man leicht sieht aus dem Grunde, weil es hier eben nur ein Relativ (1 resp. 0) gibt, welches der Forderung der Aufgabe nicht genügt.
Zu Aufgabe 3, wo (x ≠ 1) (x ≠ 0) sein soll, können wir a nach Belieben = 1 'oder = 0' nehmen. Wir erhalten, indem wir das F (u) dem F (x) links vom Mittelstriche nachgebildet nehmen, als rigorose Lösung gemäss Schema 12) des § 12 nach leichtester Reduktion: 7) 〈…〉 , worin sich auch 0 'für 1' setzen lässt.
Auch mit dieser Form 7) der rigorosen Lösung kommt die — formell nur etwas allgemeinere — Lösungsform 4) zur Deckung, falls man in letztrer, 1 'beibehaltend, auch 0' durch 1 'ersetzt. Mit Rücksicht auf 3) des § 11 kann man nämlich bemerken, dass sich wegen u · 1; u; 1 = u auch in 7) der letzte Term noch in u · 1; ū; 1 vereinfachen lässt, sodass wir als wol konzisesten Ausdruck unsrer Lösung haben: 8) 〈…〉 .
Zu Aufgabe 4, (x = 0) + (x = 1), haben wir x = a = 0 als die eine, und x = a = 1 als die andre verfügbare Partikularlösung, und erhalten demnach gemäss Schema 16) resp. 17) des § 12 die beiden ebenbürtigen Formen der rigorosen Lösung: 9) 〈…〉 , welche ebensogute Dienste als wie die Lösungen 6) zu leisten ver - mögen und als die Lösungen „ katexochen “der Aufgabe zu bezeichnen wären.
Auch in diesen Fällen tritt das „ Unbefriedigende “, welches sonst den rigorosen Lösungen anhaftet, noch nicht zutage.
Als eine interessante Gruppe von 12 Aufgaben schliesst sich den vorhin gelösten das Problem an: das allgemeinste Relativ x zu be - stimmen, für welches ein gegebenes von den sechs ausgezeichneten Relativen verschwindet, resp. den Wert 1 annimmt.
197§ 14. Beispiele zum Auflösungsprobleme.Die Lösungen für diese zwölf Aufgaben sind in folgender Zusammen - stellung angegeben: 10)
(0 ɟ x ɟ 0 = 1) = (x = 1) | (1; x; 1 = 0) = (x = 0) |
11)
12)
13)
.
Hievon ist 10) bereits mit 5) des § 10 gegeben, und 12) fällt mit der Lösung 1) unsrer obigen Aufgabe 1 zusammen.
Die Lösungen 11) werden systematisch von uns erst abgeleitet in § 16 unter 14) als „ Aufg. 9 “und 21) als „ Aufg. 17 “, und sind hier vorgreifend angeführt; doch bietet ihre schon hier unschwer zu bewältigende Verifikation vermittelst beider Proben eine gute Übung für Anfänger.
Diese Lösungen 11) sind wesentlich verschieden von den „ rigorosen “Lösungen derselben Aufgaben, wie sie sich im Hinblick auf die partikulare Lösung x = 1 resp. 0 nach den Schemata 16) und 17) des § 12 mit Leichtig - tigkeit ergeben, und sie sind weit befriedigender als diese letztern. Für das Problem rechts oben in 11) würde man z. B. als die rigorose Lösung x = u (0 ɟ ū; 1) — anstatt ū; 1 · u — erhalten. Etc.
Dagegen gewinnt man die Lösungen 13) am bequemsten aufgrund der ersichtlichen Partikularlösung oder speziellen Wurzel x = 0 resp. 1 gerade als die rigorose Lösung der betreffenden Aufgabe — nach soeben genannten Schemata. Man scheint sich hier wohl oder übel mit der rigorosen Lösung zufrieden geben zu müssen.
Während 11) uns in den Stand setzt, das allgemeinste Relativ anzugeben, welches lauter besetzte Zeile (n) (d. i. keine Leerzeile) resp. keine Vollzeile hat, vermögen wir nach 13) auch das allgemeinste Re - lativ anzugeben, welches unbesetzte (oder Leer -) Zeile (n) hat, resp. welches Vollzeile (n) besitzt — und ähnlich für Kolonnen.
Jenes erste erhalten wir aus u, indem wir die etwaigen Leerzeilen des u, in Vollzeilen verwandelt, ihm zufügen. Um dagegen dieses (dritt - genannte) Relativ aus einem u von lauter besetzten Zeilen zu erhalten, müsste man deren irgendwelche abwerfen, und da kein Grund erfindlich ist, der allgemein den Ausschlag dafür geben könnte, welche Zeilen in dieser Hinsicht vor den andern zu bevorzugen wären, so verlangt es die Formel alsdann gleichmässig für alle Zeilen und verweist so auf die völlig be -198Fünfte Vorlesung.stimmte Partikularlösung 0 zurück — womit sich der oben bemerkte auf - fallende Gegensatz wohl einigermassen erklärt.
In methodologischer Hinsicht verdient es vielleicht Beachtung, dass die Lösungen 13) sich aufgrund derer 11) auch systematisch finden lassen ohne dass man in einen Zirkel gerät.
Um dies zu zeigen, muss ich freilich noch weiter vorgreifen.
Soll etwa 1; x ɟ 0 = 0 oder y ɟ 0 = 0 sein, so muss man nach dem Schema von 11) oben rechts haben: y, das ist 1; x = v̄; 1 · v.
Der Adventivforderung gemäss wird dabei v dem y als wesentlicher Parameter zugeordnet sein, und da y = 1; x bedeuten sollte, so wird