PRIMS Full-text transcription (HTML)
[I]
Reiſe durch einen Theil von Europa, Afrikaund Aſien, hauptſaͤchlich in Japan, in den Jahren 1770 bis 1779.
Mit Kupfern.
Zweyter Band.
Berlinbey Haude und Spener,1794.
[II][III]

Vorrede des Verfaſſers.

Dieſer zweyte Band meiner Reiſebeſchreibung enthaͤlt die Reiſe von Batavianach Japan, den Aufenthalt auf der Inſel Dezima, die Reiſe nach Jedo, der Hauptſtadt von Japan, den Auf - enthalt daſelbſt, die Ruͤckreiſe nach Dezima, mannichfaltige Nachrichten von dieſem Lande und deſſen Einwohnern; Ferner meine Ruͤckreiſe nach Batavia, Nachrichten von Java, die Reiſe nach Ceylon, einige Reiſen laͤngs den Kuͤſten dieſer Inſel, Nachrichten von Ceylon, und meine Zuruͤckreiſe uͤber Capdurch Holland, England Deutſchlandnach Schweden.

Auch dieſem Bande habe ich einige Abbil - dungen, und zwar von verſchiednen japaniſchen Gegenſtaͤnden, beygefuͤgt.

a 2IVVorrede des Verfaſſers.

Japan, von welchem in dieſem Bande vorzuͤglich die Rede iſt, iſt, in Vergleichung mit andern euro - paͤiſchen Laͤndern, in vielen Ruͤckſichten ein ganz be - ſonderes Land! Die Regierungsverfaſſung iſt dort ſeit ſehr langer Zeit unveraͤndert dieſelbe; die Geſetze ſind ſtrenge und unwandelbar; die Polizey in Staͤdten, Doͤrfern und auf den Landſtraßen iſt unverbeſſerlich; die Kleider - tracht, Putz und Art das Haar zu tragen iſt durchaus gleichfoͤrmig und, ſo wie die Sitten, Gewohnheiten und Gebraͤuche, ſeit Jahrhunder - ten unveraͤndert; eine unzaͤhlige Menge von Ein - wohnern lebt dort ohne Partheyen, ohne Zwie - ſpalt und Uneinigkeit, ohne Misvergnuͤgen, Elend und Auswanderung; der Ackerbau iſt im bluͤhend - ſten Zuſtande; die Erde gebauet und benutzt wie in keinem andern Lande der Welt; alle Beduͤrfniſſe ſind, im Lande ſelbſt, in ſolchem Ueberfluß vorhan - den daß kein auswaͤrtiger Handel noͤthig iſt; doch faſt moͤchte ich ſagen: wer kann die Vorzuͤge und Vortheile dieſes gluͤcklichen Landes alle zaͤhlen? Weder bey dem Monarchen, noch bey ſeinen Unter - regenten findet man Thron, Scepter, Krone, noch irgend ſonſt etwas von dem Prunk, der bey uns die Augen des Haufens blendet; nicht Hof - ſtaat, nicht Hofjunker, nicht Hofdamen; keineVVorrede des Verfaſſers. große, praͤchtige Marſtaͤlle, keine Menge von Pfer - den, Elephanten und Stallmeiſtern. Man kennt keine Equipagen und Wagen; keine Reu - terey; keinen Krieg; keine Geſandten, keine Be - amte oder oͤffentliche Staatsdiener, die zu ihrem Amt und Geſchaͤft nicht taugen oder es nicht kennen; keine Gilden, keine Monopolien; keine Zoͤlle; keine Spiel - und Kaffeehaͤuſer; keine Weinkeller, Bier - und Brantweinkruͤge; keine privilegirte, von oͤffentlichen Laſten und Abga - ben ausgenommne Landguͤther und andre liegende Gruͤnde; kein ungebauetes Land, keine Wieſen und Aenger; keine National - oder Staatsſchuld, kein Papiergeld, weder Wechſel noch Wechſel - cours. Man trinkt nicht Wein, nicht Biſchof, nicht Punſch, nicht Brantwein, nicht Kaffee, nicht Chokolade. Und Land und Einwohner ſind gluͤcklicher, als wo man dies alles hat und thut:

Javaund Ceylon, von denen dieſer Band gleichfalls handelt, gehoͤren zwar in Anſehung ihrer Lage in einem warmen Erdſtriche, der vor - zuͤglichen Fruchtbarkeit des Bodens, und der gehoͤrigen, ſich jaͤhrlich gleichen, Menge Regen zu den gluͤcklichern Inſeln; aber die Regierung in dieſen Laͤndern iſt doch wenn gleich von mehr alsa 3VIVorrede des Verfaſſers. einer Art, durchgaͤngig despotiſch und die Reli - gion meiſtens mahomedaniſch. Daher iſt und bleibt das Volk dumm und aberglaͤubig, kriechend und aufruͤhriſch, arm und faul, frey - lich das alles nicht uͤberall in gleichem Grade aber doch ohne Ausnahme mitleidswuͤrdig. Dies Elend iſt um ſo viel druͤckender fuͤr ſie geworden, da die handelnden Europaͤer, in den letzten Jahrhun - derten von der Aufklaͤrung, von der Religion und der Menſchlichkeit, deren ſie ſich ruͤhmen, keinen Gebrauch gemacht haben, um den Zuſtand dieſer Leute zu verbeſſern und ihre Ketten ihnen leichter zu machen; ſondern da ſie im Gegentheil durch ihre Habſucht und unerſaͤttliche Geldbegier ihr Joch vervielfaͤltiget, und nicht nur die Menge ſondern auch die Arten ihrer Laſten vermehrt haben. Wie ſollten auch wohl die Leute in einem Lande gluͤcklich ſeyn koͤnnen, wo es keine Geſetze, ſondern nur Gutduͤnken und Willkuͤhr giebt; wo der Menſchen Leben dem Leben der Thiere gleich ge - achtet wird; wo keine Sicherheit, kein Eigen - thumsrecht, kaum irgend ein Begriff von Frey - heit und edlen Handlungen Statt hat?

Von der Anwendung und dem Nutzen ſo mancher Naturproducte jener fernen Laͤnder iſtVIIVorrede des Verfaſſers. auch in dieſem Bande getreulich Auskunft mitge - theilt. Um jedoch dem Leſer eine unnoͤthige Wieder - holung zu erſparen, will ich davon hier nichts im Vor - aus erwaͤhnen, ſondern auf die eigne Leſung die - ſer Bogen verweiſen. Zum Schluß ſey es mir erlaubt, von mir und meinen Schriften hier noch einiges hinzuzufuͤgen, das fuͤr die Litterargeſchichte brauchbar ſeyn kann.

In den neun Jahren, die ich in fremden Laͤn - dern zubrachte, habe ich mannichfaltige Gelegen - heit gehabt, neue, vorher unbekannte Schaͤtze der Natur zu entdecken und zu ſammeln. Was ich davon bisher habe naͤher beſtimmen, in Ord - nung bringen und beſchreiben koͤnnen, macht eine nicht unbetraͤchtliche Summe. Die neuen Thiere belaufen ſich auf vierhundert, die neuen Geſchlechte von Pflanzen auf fuͤnf und ſiebenzig, die beſondern Arten oder Gattungen aber auf funfzehnhundert; alles das nicht mitgerechnet, was ich bisher noch nicht genau habe unterſuchen koͤnnen.

Als ich im April 1779 nach Stockholmkam, hatte ich die Ehre zuerſt beym Lever, hernach in einer beſondern Audienz, unſerm großen und guten Koͤnige von meinen Reiſen, von den merkwuͤrdig -a 4VIIIVorrede des Verfaſſers. ſten Sachen und Vorfaͤllen, beſonders dem ſo wenig bekannten Japan, von meinen eignen Schick - ſalen, und von meinen etwanigen Entdeckungen Bericht abzuſtatten.

Waͤhrend meiner Abweſenheit war ich im Jahr 1777 vom Kanzler der Univerſitaͤt Upſala, Reichs - rath Rudenſchoͤld, zum Demonſtrator der Bota - nik daſelbſt ernannt; bey meiner Ruͤckkunft empfieng ich aus der Hand meines Goͤnners, Archiater Baͤck, die Beſtallung dazu. Als Profeſſor Linnee1781 eine Reiſe außerhalb Landes antrat, wurde ich zum Aufſeher des daſigen botaniſchen Gartens be - ſtellt; auch wurden mir die mit dieſem Amte ver - bundenen oͤffentlichen Vorleſungen aufgetragen. In eben demſelben Jahre ward ich zum außeror - dentlichen Profeſſor mit Vermehrung meines Ge - halts ernannt. 1784 wurde ich als ordentlicher Profeſſor der Medicin und Botanik angeſetzt. 1784 erwies man mir die Ehre, mich zum Praͤſes der Akademie der Wiſſenſchaften zu Stockholmzu er - waͤhlen. 1785 wurde ich zum Rector der Univer - ſitaͤt gewaͤhlt, und bald darauf vom Koͤnige zum Ritter des Waſaordens ernannt.

Auch haben verſchiedne auswaͤrtige Societaͤ - ten der Wiſſenſchaften mir die Ehre erzeigt, michIXVorrede des Verfaſſers. zu ihrem Mitgliede zu ernennen, nemlich: 1771 die kaiſerliche Naturae curioſorum; 1772 die Nor - wegiſche; 1773 die phyſiographiſche zu Lund; 1777 die Upſalaſche; 1780 die Stockholmſche; 1781 die Haarlemmer und die Amſterdammer; 1782 die vaterlaͤndiſche oͤkonomiſche zu Stockholm; 1784 die zu Montpellier; 1785 die Pariſer Geſellſchaft des Ackerbaues; die Zeelaͤndſche zu Vlißin - genund die Berliniſche Geſellſchaft naturforſchen - der Freunde; 1786 die Societas naturae ſtudio - ſorum und die mediciniſche zu Edimburg; 1787 die Florentiniſche, die Akademie der Wiſſenſchaften zu Paris, und die halliſche Geſellſchaft der Na - turforſcher; 1788 die Societaͤt der Wiſſenſchaften und die Societas Linnaeana zu London; 1789 die mediciniſche eben daſelbſt, und die Societaͤt der Wiſſenſchaften zu Batavia; 1791 die Pariſer Geſellſchaft der Naturgeſchichte und die Akademie der Wiſſenſchaften zu Philadelphia; und 1791 die naturhiſtoriſche zu Koppenhagen.

Die von mir nach meiner Zuruͤckkunft her - ausgegebenen Schriften ſind folgende:

Die Beſchreibung meiner Reiſe in 4 Theilen, Upſala1788 bis 1793, wovon nicht nur die deut - ſche, ſondern auch zu Londoneine engliſche und zua 5XVorrede des Verfaſſers. Pariseine franzoͤſiſche Ueberſetzung erſcheint. Des Sprengelſchen Auszuges aus den erſten drey Theilen in deutſcher Sprache nicht zu gedenken. Ferner:

Tal vid praeſidii nedläggande Stockholmſ - ka Vetenſkaps Academien, om Japanſka Na - tionen, (Rede bey Niederlegung des Praͤſidiums in der Akademie der Wiſſenſchaften zu Stockholm, Nachrichten von der japaniſchen Nation enthaltend, den 3. November 1784, ins deutſche uͤberſetzt von Stridsberg, Frankfurt1785.

Åminnelſe-Tal öfver Aſſeſſoren och Pro - vincial-Medicus Doctor Montin, (Gedaͤchtniß - rede auf den Aſſeſſor und Provinzialmedicus Doctor Montin), Stockholm1791, 8.

Flora Japonica, Lipſiae, 1784, 8., mit 39 Kupfertafeln.

An akademiſchen Disputationen habe ich geſchrieben.

  • 1. De venis reſorbentibus, Praeſ. C. v. Linné, 1767.
  • 2. De Iſchiade, Praeſ. J. Lidrén, 1770.
  • 3. De Gardenia, Reſp. Djupedius, 1780. 2 Tabb. (recen - ſirt in den Zeitungen der gelehrten Societaͤt zu Upſala1781 Nr. 49.)
  • 4. De Protea, Reſp. Gevalin, 1781. 5 Tabb.
  • 5. Oxalis, Reſp. Haft, 1781. 2 Tabb.
  • 6. Nova plantarum genera, P. 1. Reſp. C. Hornſtedt1781. 1 Tab.
  • 7 Novae inſectorum ſpecies, P. 1. Reſp. Caßſtröm1781. 1 Tabb.
XIVorrede des Verfaſſers.
  • 8. Nova plantarum genera, P. H. Reſp. Sahlberg1782. 1 Tab.
  • 9. Iris, Reſp. Ekman1782. 2 Tabb.
  • 10. Novae Inſectorum ſpecies, P. II. Reſp. Ekelund1783. 1 Tab.
  • 11. Nova plantarum genera, P. III. Reſp. Lodin1783. 1 Tabb.
  • 12. Ixia Reſp. Rung, 1783. 2 Tabb.
  • 13. Novae Inſectorum Species, P. III. Reſp. Lundahl, 1784. 1 Tab.
  • 14. Novae Inſectorum Species, P. IV. Reſp. Engeſtröm, 1784. 1 Tabb.
  • 15. Gladiolus Reſp. Ajmelaeus, 1784. 2 Tabb.
  • 16. Nova genera[plantarum], P. IV. Reſp. Berg1784.
  • 17. Nova Genera plantarum, P. V. Reſp. Blumenberg1784. 1 Tabb.
  • 18. Inſecta Svecica, P I. Reſp. Borgſtröm1784. 1 Tabb.
  • 19. Alöe Reſp. Heſſelius1785.
  • 20. Medicina Africanorum Reſp. Berg. 1785.
  • 21. Erica Reſp. Struve, 1785. 6 Tabb.
  • 22. Ficus Reſp. Gedner, 1786. 1 Tab.
  • 23. Muſeum naturale academiae Upſalienſis, P. I. Reſp. Radloff1787.
  • 24. P. II. Reſp. Holmer1787.
  • 25. P. III. Reſp. Ekeberg1787.
  • 26. P. IV. Reſp. Bjerken1787. 1 Tabb.
  • 27. P. V. Reſp. Gallén1787.
  • 28. Moraea Reſp. Zach. Colliander, 1787. 2 Tabb.
  • 29. Muſeum naturale academiae Upſalienſis[i], P. VI. Reſp. Schalén1788. 1 Tab.
  • 30. Reſtio Reſp. Petr. Lundmark, 1788. 1 Tab.
  • 31. Arbor toxicaria Macaſſarienſis Reſp. Ajmelaeus1788.
  • 32. Moxae atque ignis in medicina rationali uſus, Reſp. Hallman1788.
  • 33. Myriſtica Reſp. Radlof1788.
  • 34. Cariophylli aromataci Reſp. Haſt.
XIIVorrede des Verfaſſers.
  • 35. Muſeum naturale academiae Upſalienſis, P. VII. Reſp. Branzell1789.
  • 36. Characteres generum inſectorum, Reſp. Törner1789.
  • 37. Muſeum naturale academiae Upſalienſis, P. VIII. Reſp. Rademine1789.
  • 38. Novae Inſectorum ſpecies, P. V. Reſp. Noraeus, 1789 1 Tab.
  • 39. Muraena et Ophichtus Reſp. Ahl. 1789. 2 Tabb.
  • 40. Remedia non nulla indigena, Reſp. Holmer1790.
  • 41. Muſeum naturale academiae Upſalienſis, Append. I. Reſp. Lundelius1791.
  • 42. App. II. Reſp. Yman1791.
  • 43. P. IX. Reſp. Ekelund1791.
  • 44. Novae inſectorum ſpecies, P. VI. Reſp. Lagus1791.
  • 45. Muſeum naturale academiae Upſalienſis, P X. Reſp. Kugelberg1791.
  • 46. Flora Stregneſenſis Reſp. Carlſon1791.
  • 47. Inſecta Svecica, P. II. Reſp. Bechlin1791. 1 Tab.
  • 48. P. III. Reſp. Åckermann1792.
  • 49. P. IV. Reſp. Sebaldt1792. 1. Tab.
  • 50. Genera nova plantarum, P. VI. Reſp. Ström1792.
  • 51. P. VII. Trafvenfeldt1792.
  • 52. Muſeum naturale academiae Upſalienſis, P. XI. Reſp. Sjöberg1792.
  • 53. P. XII. Reſp. Lindbladh1792.
  • 54. P. XIII. Reſp. Feretius1792.

An Societaͤten der Wiſſenſchaften habe ich folgende Abhandlungen, uͤber verſchiedne Gegen - ſtaͤnde, eingeſandt:

An die Akademie der Wiſſenſchaften zu Stockholm.

  • 1. Händelſe, aſ Blyhvit af förſeende blifvit brukadt i mat (Vorfall, da Bleyweiß durch ein Verſehen ans Eſſen ge - braucht worden), 1773. 1 Quartal, S. 29.
XIIIVorrede des Verfaſſers.
  • 2. Beſkrifning en beſynnertig och obekant Svamp, Hydnora Africana. (Beſchreibung eines beſondern und unbekannten Schwamms, Hydnora Africana), 1775. 1 Qu. S. 69. 1 Kupfertafel.
  • 3. Beſkrifning et nitt Genus i bland Jnſecterne, Pneu - mora. (Beſchreibung eines neuen Geſchlechts von Inſecten, Pneumore), 1775. 3 Qu. S. 254. 1 K. T.
  • 4. Rothmannia, et nytt Örte-Genus. (Die Rothmannie, ein neues Pflanzengeſchlecht 1776), 1 Qu. S. 65. 1 K. T.
  • 5. Beſkrifning et nytt Örte-Genus kalladt Raderma - chia. (Beſchreibung eines neuen Pflanzengeſchlechts, Ra - dermachie genannt), 1776. 3 Qu. S. 250.
  • 6. Anmärkningar vid Hydnora africana. (Anmerkungen zur afrikaniſchen Hydnore), 1777. 2 Qu. S. 144. 1 K. T.
  • 7. Beſkrifning en Bezoar Equinum. (Beſchreibung ei - nes Pferdebezoarſteins), 1778. 1 Qu. S. 27.
  • 8. Et nytt och Til Sitt ſlägte för obekant Grüs, kalladt Ehrhardta. (Eine neue und in Anſehung ihres Geſchlechts bisher unbekannte Grasart, Ehrhardte genannt), 1779. 3 Qu. S. 216. 1 K. T.
  • 9. Anmärkningar vid Canelen, gjorde Ceilon. (Be - merkungen uͤber den Kaneel, auf Ceilongemacht.) 1770 1 Qu. S. 55. uͤberſetzt und in die Abhandlungen der vli - ßingſchen Societaͤt der Wiſſenſchaften, 12 Th. 1 Adth. S. 296., eingeruͤckt von Doctor Houtuyn.
  • 10. Beſkrifning Weigelia Japonica, en ſälſynt örl fran Japan. (Beſchreibung der japanſchen Weigelie, eines ſel - tenen Gewaͤchſes aus Japan) 1780. 2 Qu. S. 137.
  • 11. Beſkrifning nagra varme Bäden i Africaoch Aſien(Beſchreibung einiger warmen Baͤder in Afrikaund Aſien.) 1781. 1 Qu. S. 72.
  • 12. Beſkrifning tvänne nya Jnſecter. (Beſchreibung zweyer neuer Inſecten), 1781. 2 Qu. S. 168.
  • 13. Noctua Serici, enny Silkes-malk. (Die Seideneule, Noc - tua Serici, ein neuer Seidenwurm), 1781. 3 Qu. S. 240. 1 K. T
XIVVorrede des Verfaſſers.
  • 14. Beſkrifning tvänne Species äkta Muſkot ifrån Öen Banda. Beſchreibung zweyer Arten aͤchten Muſkats von der Inſel Banda), 1785. 1. Qu. S. 46. 1 K. T.
  • 15. Några anmärkningar vid Ornithologion. (Einige or - nithologiſche Bemerkungen), 1782. 2 Qu. S. 118.
  • 16. Beſkrifning et nytt Örte-Genus Fagraea Ceilanica. (Beſchreibung eines neuen Pflanzengeſchlechts, die ceilon - ſche Fagraͤe), 1782. 2 Qu. S. 132. 1 K. T.
  • 17. Om Cajoputi Oljan och deß nytta Medicinen. (Vom Kajoputioͤl, und deſſen Nutzen in der Medicin), 1782. 3 Qu. S. 223.
  • 18. Nipa, et nytt Genus ibland Palmträden. (Nipa, ein neues Geſchlecht der Palmbaͤume), 1782. 3 Qu. S. 231.
  • 19. Om Palmträden i almänhet och i ſynnerhet om Li - cuala Palmen. (Von den Palbaͤumen uͤberhaupt, und der Likualapalme insbeſondre), 1782 4 Qu. S. 284.
  • 20. Beſkrifning Houtuyiana cordata, et Japanſk Örte-Genus. (Beſchreibung der herzfoͤrmigen Houtuyiane, eines japanſchen Pflanzengeſchlechts), 1783. 2. Qu. S. 149. 1 K. T.
  • 21. Ytterligare Anmärkningar om Aſterier. (Weitere Be - merkungen, die Sternblume betreffend), 1783. 3. Qu. S. 224.
  • 22. Beſkrifning Ön CeilonsMineralier och ädla Ste - nar. (Beſchreibung der Mineralien und Edelſteine auf der Inſel Ceilon), 1784. 1 Qu. S. 70.
  • 23. Anmärkningar om Foglar af Loxiae-Slägtet Go - da-Hopps-Udden. (Bemerkungen, betreffend einige Voͤ - gel aus dem Geſchlechte der Kernbeißer am Vorgebirge der guten Hoffnung), 1784. 4. Qu. S. 206.
  • 24. Anmärkningar och Beſkrifning Albucae örte - ſlägte. (Anmerkungen, das Pflanzengeſchlecht der Stift - blume betreffend und Beſchreibung deſſelben), 1786. 1. Q. S. 57.
  • 25. Anmärkningar vid de växter, ſom kallas Orchides. XVVorrede des Verfaſſers. (Anmerkungen uͤber diejenigen Gewaͤchſe, welche Ragwurz heißen), 1786. 4. Qu. S. 254.
  • 26. Beſkrifning några ſälſynta och okanda Ödlor (Beſchreibung einiger ſeltnen und unbekannten Eidechſen), S. 1787. 2. Qu. S. 123.
  • 27. Beſkrifning trenne Sköldpaddor. (Beſchreibung dreyer Schildkroͤten), 1787. 3. Qu. S. 178.
  • 28. Beſkrifning Wildenovia, et ſynnertigt och nytt Gräs-ſlag. (Beſchreibung der Wildenowie, einer beſon - dern und neuen Grasart), 1790. 1. Qu. S. 26. 1 K. T
  • 29. Beſkrifning tvänne Fiſkar ifrån Japan. (Beſchrei - bung zweyer Fiſche aus Japan), 1790. 2. Qu S. 106. 1 K. T.
  • 30. Wahlbomia indica beſkrefven. (Die oſtindiſche Wahl - bomie beſchrieben), 1790. 3. Qu. S. 215. 1 K. T.
  • 31. Tvänne utländſka Fiſkar, Gobius patella och Silu - rus lineatus. (Zwey auslaͤndiſche Fiſche, der flache Gruͤn - del, und der ſchmalgeſtreifte Wels), 1791. 3. Qu. S. 190. 6 K. T.
  • 32. Tvänne japanſke Fiſkar, Callionymus japonicus, och Silurus lineatus. (Zwey japanſche Fiſche, der ja - panſche Schellfiſchteufel und der ſchmalgeſtreifte Wels, 1792. 1. Qu. S. 29. 1 K. T.
  • 33. Beſkrifning okände Fiſkar perca ſex-lineata och picta. (Beſchreibung unbekannter Fiſche, des ſechslinirten und des bunten Baͤrſchlings), 1792. 2. Qu. S. 141. 5 K. T.

An die gelehrte Geſellſchaft zu Upſala.

  • 1. Cycas Caffra. 1775. c. fig. Vol. II.
  • 2. Kaempferus illuſtratus. P. 1. 1780. Vol. III.
  • 3. Cuſſoniae genus 1780. c. figg. Vol. III.
  • 4. Novae Species inſectorum Sveciae. 1783. c. figg. Vol. IV.
  • 5. Kaempferus illuſtratus. P. II. 1783. Vol. IV.
  • 6. Curculio Cycadis. 1783. Vol. IV.
  • 7. Deſcriptiones inſectorum Svecicorum. 1792. Vol. V. pag. 85.
XVIVorrede des Verfaſſers.
  • 8. Obſervationes in linguam Japonicam. 1792. Vol. V. pag. 258.

An die phiſiographiſche Geſellſchaft zu Lund.

  • 1. Retzia capenſis. 1776. c. figg.
  • 2. Montinia et Papiria.
  • 3. Aloe-kådans libredning i Africa(Zubereitung des Aloegummi in Africa.
  • 4. Aitonia capenſis.
  • 5. Falkia repens.
  • 6. Syngnathi nova Species.

An die norwegiſche Geſellſchaft zu Drontheim.

  • 1. Hypoxis.
  • 2. Cliffortiae genus.

An die Societaͤt der Wiſſenſchaften zu Harlem.

  • 1. Obſervationes thermometricae in Japonia habitae.
  • 2. Cryptogamarnm fructificatio in Cycade et Zamia.

An die Societaͤt der Wiſſenſchaften zu London.

  • 1. Nachrichten von meiner Reiſe nach Japan.
  • 2. Oekonomiſcher Nutzen und Zubereitung des Citodium, oder der ſogenannten Brodfrucht.

An die kaiſerliche Societaͤt naturae curioſorum.

  • 1. Craſſulae novae ſpecies 28.
  • 2. Meſembryanthemi ſpecies novae 21.

An die

Dilatris genus.

An die Societas hiſtoriae naturalis zu Paris.

  • 1. Ein neues Pflanzengeſchlecht, Boſcia undùlata.
  • 2. Beſchreibung von dreyzehn japanſchen und vier und drei - ßig capſchen, bisher unbekannten Pflanzengeſchlechten.

Upſala, den 4. Maͤrz 1793.

Carl Peter Thunberg.

Inhalt.

Karl Peter ThunbergsReiſen. Zweyten Bandes erſter Theil, welcher des Verfaſſers Reiſe von Batavianach Japan, ſeine Reiſe in dieſem Lande als Hollaͤndiſcher Geſandtſchafts-Medicus an den Hof des Kaiſers zu Jedo, ſeinen Aufenthalt daſelbſt, ſo wie in Japanuͤberhaupt enthaͤlt.

Inhalt.

Erſte Abtheilung. Reiſe von Batavianach Japan, und Aufenthalt im Hafen von Nangaſakiund auf der Inſel Dezima.

Abreiſe von Batavia. Nachricht von den beyden dahin ge - henden Schiffen. Amt und Beſtimmung des Verfaſſers. Schiffs - Officiere. Sklaven zu ihrer Bedienung, und freye Bekoͤſtigung. Straet Banca. Pulo Sapato. Chineſiſche Kuͤſte. Sturm. Ungluͤck des andern Schiffs. Einige Muſchelarten und derglei - chen. Fieber unter den Matroſen. Phosphoriſcher Schein auf Krebſen und Blackfiſchen. Chineſiſche Fiſcherboͤte. Formoſa. Ehemahlige Herrſchaft der Hollaͤnder uͤber dieſe Inſel. Aber - mahlige Stuͤrme. Auf der Reiſe nach Japanverungluͤckte Schiffe. Inſel Meaxima. Seite 1 bis 8.

Hafen von Nangaſaki. Japaniſche Vorpoſten. Einpacken der Bibeln und Geſangbuͤcher. Muſterrolle des Schiffsvolks. Bette zum Sitzen fuͤr die Japaniſchen Beamten. Ankunft ei - nes Boots von Dezima. Großer weiter Rock des Capitains. Fahrt bis zum Ankerplatze. Seite 8 bis 10.

Beſuch am Bord. Verboth des weiten Rocks. Gebrauch deſſelben zum Behuf des Schleichhandels. Ankunft Japaniſcher Beamten und andrer. Deren Geſchaͤfft auf dem Schiffe, und Bewirthung. Ueberlieferung der Buͤcher, des Gewehrs und der Ammunition an die Japaner. Muſterung. Wachſchiffe. Inhalt. Mitgebrachtes Schlachtvieh der Hollaͤnder, und deſſen Fuͤtte - rung. Ausladung des Schiffs. Strenge Viſitirung der Perſo - nen und Sachen Japaniſcher Arbeiter und Ruderer. Anfang der neuen Ladung. Schwierigkeit, an oder vom Bord zu kom - men. Beſuch von den Gouverneuren. Tod und Beerdigung eines Matroſen. Seite 10 bis 18.

Freyheit von Zollabgaben. Strenge Aufſicht auf alles, was an Land kommt; ſcharfe Viſitirung. Urſache davon. Kunſt -[g]riffe der Hollaͤnder beym Schleichhandel. Haß der Japaner gegen ſie. Privat-Handel. Strafe des Schleichhandels. Pack - haͤuſer. Japaniſche Dolmetſcher. Deren Verrichtungen und Beſchaͤfftigung mit der Arzneykunſt. Des Verfaſſers Bekannt - ſchaft mit ihnen. Deſſen Anſuchen um Freyheit zu botaniſiren, und endliche Bewilligung derſelben. Japaniſches Woͤrterbuch. Seite 18 bis 26.

Beſchreibung des Hafens. Japaniſche und Chineſiſche Fahr - zeuge. Einziger Einlaufsort fuͤr fremde Schiffe. Beſchreibung[d]er Stadt Nangaſaki. Gouverneur und Stadt-Regierung. [I]nſel Dezima. Factorey und Aufenthalt der Hollaͤnder auf der - elben. Uebrige Haͤuſer. Aufſicht und Wache. Gegend um die Stadt. Begraͤbnißplaͤtze. Aufſammeln des Miſts. Gaͤr - ten. Europaͤiſche Gartengewaͤchſe. Des Verfaſſers Beſchaͤffti - gung in der Zwiſchenzeit; Unterweiſung der Dolmetſcher in der Medicin. Herrſchende Diarrhoͤe. Entlaufung und ſcharfe Auf - ſuchung eines Sklaven. Seite 27 bis 33.

Ruͤckreiſe des Schiffs. Abfahrt nach Papenberg. Wieder - e[m]pfang der bey der Ankunft abgegebenen Sachen. Vollendung[de]r Ladung. Spatzierfahrten nach den kleinen Inſeln umher. Beſchreibung der Inſeln. Merkwuͤrdige Gewaͤchſe: Chinawur -[zel], Pfefferſtrauch und andre. Abgang des Verfaſſers vom Schif -[fe]zuruͤck nach Dezima. Seite 34 bis 38.

Inhalt.

Ruͤckkunft einiger Japaner aus Chinaund Batavia. Neu - jahrsfeyer der Hollaͤnder. Gluͤckwuͤnſchungs-Beſuche der Ja - paniſchen Beamten bey ihnen. Feyerliche Bewirthung derſelben, Japaniſche Luſtmaͤdchen dabey. Leichtigkeit, das Japaniſche Frauenzimmer zu ſehen. Allgemeine Geldauszahlung an die Hollaͤnder. Botaniſche Wanderungen des Verfaſſers. Gefun - dene Gewaͤchſe: unter andern Erdaͤpfel, Kartoffeln, Bohnen, Erbſen, Buchweitzen, Ingber, Spaniſcher Pfeffer, Tobak, Kalmuswurzel, Bamborohr u. a. Lebensart der Hollaͤnder auf Dezima: Einſamkeit und Eingeſchraͤnktheit; Zeitvertreibe; Ja - paniſche Bedienung; Speiſen; Fiſchgerichte; (von einem gif - tigen Fiſche); Wohnung; Tiſch und Ausgaben; Gebrauch und Unterhaltung Japaniſcher Luſtmaͤdchen aus der Stadt. Von Europaͤern erzeugte Kinder. Kaͤlte und Einheitzungsart, Seite 38 bis 47.

Japaniſcher Handel der Hollaͤnder. Kurze Geſchichte deſ - ſelben. Ehemahlige Ausdehnung, Freyheit und Eintraͤglichkeit. Allmaͤhlige und jetzige Einſchraͤnkung, und geringer Ertrag. Abgaben an die Stadt. Verluſt am Gelde. Handel der Par - ticuliers. Waaren, welche die Hollaͤnder von Japanausfuͤh - ren: beſonders Kupfer, Kampher, Porcellain. Sachen, deren Ausfuhr verbothen iſt. Waaren, welche die Hollaͤnder hierher bringen. Oeffentlicher Verkauf der mitgebrachten Waaren. Dies - jaͤhriger Preis des Einhorns und der Ninſiwurzel. Art der Bezahlung des Verkauften. Tauſchhandel. Chef der Hollaͤn - diſchen Handlung. Seite 48 bis 56.

Japaniſcher Handel der Chineſer. Ehemahlige Freyheit und jetzige Einſchraͤnkung, und geringer Ertrag deſſelben. Ver - ſchiedenheit der Japaner und Chineſer an Sprache, Sitten u. ſ. w. Gegenſtaͤnde ihres Handels. Oeffentlicher Verkauf ihrer Waaren. Abgaben. Art der Bezahlung. Chineſiſche. Fahrzeuge. Seite 56 bis 59

Inhalt.

Zweyte Abtheilung. Reiſe von Dezimanach Jedo.

Zuruͤſtung. Mitgenommene Geſchenke. Abſendung des Gepaͤckes zu Waſſer. Abſchied vom Gouverneur. Viſitirung. Abreiſe. Reiſegeſellſchaft. Anfuͤhrer. Art der Reiſe. Be - ſchreibung der Norimon oder Portchaiſen. Transport der Ba - gage. Was wir zur Bequemlichkeit und Erfriſchung mit uns fuͤhrten. Auf - und Anzug unſrer Japaner. Ehrenvolles und Angenehmes der Reiſe. Seite 61 bis 65.

Aufnahme im erſten Logis. Vorſchuß der kleinen Reiſeko - ſten. Reiſe bis Sinongi; andrer Weg dahin zu KaͤmpfersZeit. Warmes Bad zu Oriſſino. Fabriken fuͤr große irdene Kruken zu Swota. Provinz Fiſen; ihre Beſchaffenheit und Einwohner. Vortreffliches Procellain. Stadt Sanga; Taiſero. Provinz Tſikudſen. Hoͤflichkeit der Japaner uͤberhaupt, und der Pro - vinzial-Fuͤrſten insbeſondere, gegen die Hollaͤnder. Stadt Koku - ra. Zimmer und Schlafſtelle fuͤr die Hollaͤnder in den Herber - gen. Merkwuͤrdige Kraͤuter und Gewaͤchſe. Reiſe zu Waſſer nach Simonoſeki; Aufenthalt daſelbſt; Beſchreibung der Stadt. Gebrauch einer Art Tang. Seite 66 bis 73.

Anfang der großen Waſſerreiſe. Dreywoͤchentlicher Auf - enthalt zu Kaminoſeki. Gebirgige Gegend. Einiges von der Stadt. Fernere Waſſerreiſe bis Fiogo. Menge kleiner Inſeln. Wilde Enten. Hafen bey Fiogo. Aufnahme zu Oſaka. Koſten der Seereiſe. Beſchreibung der Stadt Oſaka. Reiſe bis Mia - ko. Loͤffelgaͤnſe. Seite 74 bis 81.

Aufenthalt zu Miako. Beſchreibung der Stadt. Audienz bey den Befehlshabern. See bey Oits. Lachſe. Große Bruͤ - cken bey Tſetta. Provinz Omi. Angekommene Kranke. Pro -Inhalt. vinz Iſt. Unreinlichkeiten an den Landſtraßen. Reiſe an der Kuͤſte von Jokaitsan. Bettelnonnen. Provinz Owari. Stadt Kwana. Waſſerreiſe bis Mia. Beſchreibung der Stadt. Pro - vinz Mikawa. Stadt Okaſaki. Sehr große Bruͤcke. Stadt Array. Scharfe Viſitirung daſelbſt. Gefaͤhrlicher Weg durch den Fluß Ojingawa. Bergige Gegend. Fluß Fuſikowa. Ho - her Berg Fuſi. Bettelknaben. Reiſe uͤber den Berg Fakonie. See Fakonie. Thujabaum. Japaniſche Cedern. Ahornbaͤu - me. Merkwuͤrdige Kraͤuter, Stauden und Straͤuche. Gedoͤrr - te Eidechſen. Abermahlige Viſitirung. Beyde letzte Tagerei - ſen. Staͤdte Banningawaund Totſka. Benutzung einiger See - gewaͤchſe. Vorſtaͤdte von Jedo. Hafen. Neugierige Zuſchauer. Ankunft zu Jedo. Logis der Hollaͤnder daſelbſt. Gluͤcklich voll - endete Reiſe. Durchreiſete Provinzen. KaͤmpfersReiſe. Jaͤhr - lich nach Hofe reiſende Fuͤrſten; Beſchreibung ſolcher Reiſen. Verboth der Beſuche bey den Fuͤrſten. Beſuch eines Fuͤrſten bey den Hollaͤndern. Witterung waͤhrend der Reiſe. Seite 81 bis 103.

Dritte Abtheilung. Aufenthalt zu Jedo.

Beſuche der Vornehmen und Gelehrten bey den Hollaͤndern. Beſuche zweyer Aſtronomen. Beſuche verſchiedner Aerzte; Un - terredungen mit ihnen; naͤhere Nachrichten von ihnen; vom Verfaſſer ihnen ertheilter Unterricht; ihre Buͤcher. Audienz beym Kaiſer, dem Kronprinzen und den Großen. Zug dahin. Beſchreibung der Kaiſerlichen Reſidenz. Anweſenheit des Kai - ſers in einem der Vorzimmer. Audienz-Zimmer. Cerimonie der Audienz. Audienz beym Kronprinzen, den Reichsraͤthen und andern Großen. Ausſicht uͤber die ganze Stadt. Abſchieds - Audienz. Geſchenke des Hofes an die Hollaͤnder. Witterung. Seite 104 bis 113.

Inhalt.

Beſchreibung der Stadt. Haͤuſer. Regierung. Feuer - anſtalten. Nachtwache. Seite 113 bis 114.

Ein Wolf. Frauen mit geſchornem Kopfe. Fortſchritte der Schuͤler des Verfaſſers. Der Verfaſſer bekommt eine Kaiſerli - che Prinzeſſin zur Patientin. Vom Verfaſſer ſeinen Schuͤlern ertheiltes Teſtimonium. Merkwuͤrdige Baͤume und Pflanzen. Nahmen des Kaiſers und des Kronprinzen. Seite 115 bis 119.

Vierte Abtheilung. Ruͤckreiſe von Jedonach Dezima.

Abreiſe. Anſtalten zu einer großen Reiſe des Kaiſers. Conchylien zu Kauf. Ein merkwuͤrdiger Fichtenbaum. Reiſe uͤber den Berg Fakonie. Eine merkwuͤrdige Vanille. Berg Fuſi. Botaniſche Merkwuͤrdigkeiten. Von Rohr geflochtne Sachen. Schutz gegen die Muͤcken des Nachts. Gebrechliche Leute. Seite 120 bis 125.

Aufenthalt zu Miako. Merkwuͤrdige Gewaͤchſe. Stink - kaͤfer. Beſuch beym Oberrichter und den Gouverneuren. Ge - ſchenke von ihnen. Beſuch des Leibarztes des Dairi beym Ver - faſſer. Tempel zu Miako. Beſchreibung des Tempels und der ungeheuern Statuͤe des Daibud. Tempel des Quanwon und Menge der daſigen Gottesbilder. Seite 125 bis 128.

Aufenthalt zu Oſaka. Comoͤdien und Ballette daſelbſt. Vo - gelſammlungen. Botaniſcher Garten. Kupfer-Schmelzhuͤtte, und Verfahren beym Gießen des Kupfers in Staͤbe. Medici - niſcher Gebrauch der Moxa. Einige botaniſche Bemerkungen. Seite 129 bis 134.

Seereiſe. Leuchtende Kaͤfer. Ankunft zu Nangaſakiund Dezima. Vorſicht bey Mitbringung von Muͤnzen und Land - karten. Seite 135 bis 136.

Inhalt.

Fuͤnfte Abtheilung. Allgemeine Bemerkungen und Nachrichten, Japanund die Japaner betreffend.

Erſter Abſchnitt. Von der natuͤrlichen Beſchaffenheit des Landes.

Lage. Entdeckung durch die Portugieſen. Gebirgige Be - ſchaffenheit. Berge. Boden und Fruchtbarkeit. Erdbeben. Hitze und Kaͤlte. Witterung. Stand des Thermometers. Me - teorologiſche Beobachtungen. Nachleſe merkwuͤrdiger Natu - ralien. Seite 137 bis 154.

Zweyter Abſchnitt. Beſchaffenheit und Character der Japaner.

Leibesbeſchaffenheit und Bildung. Character im allgemei - nen Verſtande. Freyheitsliebe. Hoͤflichkeit und Unterthaͤnig - keit. Neugier und Wißbegierde. Natuͤrliche Geſchicklichkeit und Induͤſtrie. Sparſamkeit und Frugalitaͤt. Reinlichkeit. Gute Gemuͤthsart. Gerechtigkeitsliebe und Entfernung von Eroberungsſucht. Ehrlichkeit. Neigung zum Argwohn. Aber - glaube. Stolz und hohe Meinung von ſich. Tapferkeit und kriegeriſcher Muth; verſchiedne Anekdoten davon. Unverſoͤhn - lichkeit und kaltbluͤtige Rachſucht. Unzucht. Seite 154 bis 166.

Dritter Abſchnitt. Haͤuſer und Hausgeraͤth.

Beſondre Bauart der Haͤuſer, und ganz eigne innere Ein - richtung derſelben. Abtheilung der Zimmer durch papierneInhalt. Rahmwaͤnde. Ziegel - und Schindeldaͤcher. Hervor ſtehende Daͤcher. Seitenbedeckung der Haͤuſer. Papierne Fenſter. Fuß - boden-Matten. Tapeten. Stockwerke und Hoͤhe der Haͤuſer. Gebrauch der vordern und der hintern Zimmer. Hofplatz. Ein - richtung zum Baden. Kuͤche; Herd; Abtritt. Feuerfreyes Nebengebaͤude. Mangelhaftigkeit der Japaniſchen Haͤuſer. Bauart der oͤffentlichen Gebaͤude. Bauart, Groͤße und Unter - ſchied der Staͤdte und Doͤrfer. Haͤuſer in den Doͤrfern, um den Urin und dergleichen zu ſammeln. Art des Heitzens der Zimmer. Seite 166 bis 173.

Mangel an Meubeln in den Zimmern. Art zu ſchlafen, zu ſitzen und zu eſſen, und was die Stelle der Betten, Stuͤhle und Eßtiſche vertritt. Kleine Toilett-Schraͤnke. Metallne Spiegel. Schirme. Seite 173 bis 175.

Vierter Abſchnitt. Kleidung und Putz.

Eigenthuͤmlichkeit der Kleidertracht. Lange weite Talare, und Art ſie zu tragen. Tracht der geringen Leute bey der Ar - beit. Kurzes Obergewand und Beinkleider der Vornehmen. Feſtliches Oberkleid. Arten der Zeuge: ſeidne, baumwollne Zeuge; Hanf - und Neſſel-Leinwand; Zeug aus einer Art Maul - beerbaum-Rinde. Vorzuͤge und Unbequemlichkeiten der Japa - niſchen Tracht. Kamaſchen. Socken. Stroherne und hoͤlzerne Schuhe. Oberſchuhe. Schuhe der Hollaͤnder. Art das Haar zu tragen und zu ſchmuͤcken. Reiſehuͤte. Weibermuͤtzen. Son - nen - und Regenſchirme. Reiſemaͤntel. Wapen auf den Klei - dern. Schnupftuͤcher. Faͤcher. Frauenzimmer-Schminke. Schwarze Zaͤhne und ausgeriſſene Haare der Augenbraunen bey den Frauen. Seite 175 bis 187.

Inhalt.

Fuͤnfter Abſchnitt. Muͤnzen und Gewicht.

Gewicht. Art das Geld zu rechnen. Nur klingende Muͤnze. Waͤgen des Geldes. Gangbare Muͤnzſorten. Goldne. Silber - ne. Kupferne, meſſingne und eiſerne. Seltne Muͤnzen. Goldne. Silberne. Seite 188 bis 191.

Sechster Abſchnitt. Zeitrechnung und Feſte.

Monathe. Aere. Zwoͤlf himmliſche Zeichen. Mondenjahr. Auszug aus dem Japaniſchen Kalender. Ruhetage. Art die Stunden zu zaͤhlen. Luntenuhren. Pulveruhren. Oeffent - liche Anzeige der Stunden. Art das Alter der Kinder zu rech - nen. Allgemeine Abrechnungs - und Zahlungs-Termine. Neu - jahr. Neujahrs-Gratulation. Cerimonie, da Crucifix und Marienbild mit Fuͤßen getreten werden. Jaͤhrliche Feſte. Jahr - maͤrkte. Seite 192 bis 197.

Siebenter Abſchnitt. Uebrige Sitten, Gewohnheiten und Einrichtungen der Japaner.

Familien-Nahmen und Vornahmen. Titel. Ordnung der taͤglichen Mahlzeiten. Miſo-Suppe. Die Japaner ſchlachten auf der See kein Thier. Eingemachte Fruͤchte. Nudeln. Reiß - kuchen. Gebrauch des Zuckertangs zum Eſſen und bey den Geſchenken. Bohnenmehl ſtatt Seife. Lichte von Firnißbaum - Oehl. Leuchter. Lampen. Oehl zum Brennen. Große Lichte fuͤr den Hof zu Jedo. Feuerzeug. Zunder. Verſiegeln mit Papier. Seile und Taue von Neſſel. Oehlpreſſen. Schnupf -Inhalt. tobak. Wapen auf den Meubeln und andern Sachen. Kar - tenſpiele. Gaͤnſeſpiel. Art Zither oder Davids-Harfe. Ge - ſchenke bey den Beſuchen, und ſonſt. Zinſen. Behandlung der Frauen. Oeffentliche Maͤdchenhaͤuſer; deren Menge, Einrich - tung und Urſprung. Erziehung der Kinder; Schulen. Oef - fentliche Baͤder. Warme Baͤder. Landſtraßen. Schuhe der Pferde. Art zu reiſen. Einrichtung der Tragſaͤnften, und Art ſie zu tragen. Raͤder-Fuhrwerk. Seite 197 bis 214.

Achter Abſchnitt. Von der Japaniſchen Sprache.

Vergleichung der Japaniſchen Sprache mit der Chineſiſchen. Schwierigkeit fuͤr Fremde, ſie zu lernen. Mangel an Woͤrter - buͤchern. Einige allgemeine Anmerkungen uͤber die Japaniſche Sprache. Probe eines nach dem Alphabete, und zugleich nach Abſtammung und Verwandtſchaft der Woͤrter geordneten Japa - niſchen Woͤrterbuchs. Seite 214 bis 242.

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Erſte Abtheilung. Reiſe von Batavianach Japan, und Aufenthalt im Hafen von Nangaſaki, und auf der Inſel Dezima.

Der 20. Junius 1775 war es, als ich Bataviaver - ließ, und mich an Bord des Schiffes begab, das mich nach Japanbringen ſollte. Dies Schiff war einer von den nach dieſem Lande beſtimmten Dreydeckern, und fuͤhr - te den Nahmen Staveniſſe. Die Hollaͤndiſche Oſtin - diſche Compagnie hat ſchon ſeit langer Zeit jaͤhrlich nur zwey Schiffe nach Japangeſchickt. Die Regierung zu Bataviaſucht dieſe Schiffe aus. Gewoͤhnlich ſind bey - de, wenigſtens aber eins, große Dreydecker, und zwar von denen, welche der Provinz Seelandzugehoͤren, weil man die Fahrt von Javanach Japanfuͤr eine der aller - gefaͤhrlichſten in ganz Oſtindienhaͤlt. Waͤhrend dieſer Reiſe war ich auf dem Schiffe als erſter Chirurgus an - geſtellt. Nach gluͤcklicher Ankunft in Japan, war mei - ne Beſtimmung, ein Jahr da zu bleiben, und in der Eigenſchaft eines Legations-Medicus den Hollaͤndiſchen Ambaſſadeur an den Kaiſerlichen Hof nach der Haupt - ſtadt Jedozu begleiten. Dies war meine Station im Dienſte der Compagnie. Außerdem aber hatte ich mich zu Amſterdamanheiſchig gemacht, fuͤr den daſigen me -Thunbergs Reiſe. 2. Bandes 1. Theil. A2Erſte Abtheilung. diciniſchen Garten und einige vornehme Privat-Perſo - nen in dieſem Lande, ſo weit ich Freyheit und Gelegen - heit dazu haben wuͤrde, lebendige Gewaͤchſe und Sa - men, beſonders von Straͤuchen und Baͤumen zu ſam - meln, und mit zuruͤck gehenden Schiffen nach Europazu ſchicken, wo man ſie pflanzen wollte. Das Schiff wurde vom Capitain van gefuͤhrt. Als alles zur Ab - reiſe fertig war, kam Herr Feithan Bord, der jetzt zum vierten Mahl die Stelle eines Chefs des Japaniſchen Han - dels und eines Abgeſandten an den Kaiſerlichen Hof an - trat, und den Supercargeur Haringa, nebſt vier Aſſi - ſtenten, als Gehuͤlfen beym Handel, bey ſich hatte. Das andre Schiff, das fertig war, uns Geſellſchaft zu leiſten, war etwas kleiner, und ein Supercargeur und ein Aſſiſtent befanden ſich darauf. Alle Schiffs-Offi - ciere*)Officiere heißen auf dieſen Schiffen der Capitain, die Supercar - geure, die Aſſiſtenten, der Secretair und der Arzt oder Doctor. Es iſt ihre gewöhnliche Benennung. Dies iſt wegen des Gebrauchs des Worts Officiere im Folgenden, zu merken. hatten einen oder mehrere Sklaven mit ſich am Bord, zu ihrer Bedienung, ſo wohl auf der Reiſe, als waͤhrend ihres Aufenthalts in Japan, wo ſie ein Jahr bleiben ſollten. Dies haben die Japaner vor mehr als hundert Jahren erlaubt, obgleich die Sklaven nicht au - ßerhalb der Factorey, oder der dabey belegenen Stadt Nangaſakikommen duͤrfen.

Am folgenden Tage lichteten wir die Anker, loͤſeten die Kanonen, und giengen von Bataviaunter Segel, legten uns aber hernach nicht weit von dieſem Orte wie - der vor Anker, um alles zu der bevor ſtehenden Reiſe in Ordnung zu bringen. Den Officieren machte indeſſen ihre Verproviantirung nicht viel zu ſchaffen, weil der Chef jetzt ſo wohl als waͤhrend der ganzen Reiſe, theils auf3Reiſe von Batavianach Japanu. ſ. w. ſeine, theils auf der Compagnie Koſten, ihnen allen freyen Tiſch gab, und ſie mit Liqueuren, Bier und Wein verſorgte.

Erſt nach ſechs Tagen ſegelten wir weiter. Wir kamen theils mit wenig Wind, theils mit der Fluth in die Meerenge Banca( Straet Banca), die beynahe ſo breit iſt, als der Kanal zwiſchen Frankreichund England. Zur Linken ſahen wir Sumatra, das einen ebenen und flachen Strand hat, zur Rechten Java: beyde prangen mit haͤufigen Waldungen. Uebrigens lagen wir hier ei - nen Tag ſtill, um das andre Schiff zu erwarten, das langſamer ſegelte und zuruͤck geblieben war.

Am 30. kamen wir aus dem Sunde gluͤcklich in die offne See. Beyde Schiffe begruͤßten einander mit Kanonenſchuͤſſen, und man wuͤnſchte ſich Gluͤck zur Reiſe. Den 3. Julius paſſirten wir die Linie. Nach acht Tagen ſahen wir die Klippe Pulo Sapato, die an - fangs in der Ferne wie ein Schiff, hernach in der Naͤhe wie ein quer abgeſchnittener Schuh ausſieht; der Nah - me bedeutet auch Schuhinſel. Pulo heißt in der Malayi - ſchen Sprache Inſel und Sapato Schuh.

Den 10. zeigte ſich das Chineſiſche Land. Der Anblick erweckt auf dieſer Reiſe allezeit Freude, weil man dann ganz ſicher weiß, wie weit man gekommen iſt. Auf dieſer Hoͤhe hat man faſt immer Sturm. Uns gieng es auch ſo. Unſer Capitain, ein ſehr kluger und vorſichtiger Mann, machte deswegen ſo gleich Anſtalt, daß die Segel groͤßtentheils feſt gebunden, die Spitzen der Maſten geſtrichen, und die Raaen herunter genom - men wurden. Dieſer Vorſicht bediente man ſich her - nach allezeit, ſo bald ſich boͤſes Wetter und Sturm ein - ſtellten, und der Erfolg lehrte, daß ſie ſehr nuͤtzlich war. Dagegen ſahen wir, daß das andre Schiff, welches et -A 24Erſte Abtheilung. was zuruͤck geblieben war, noch vor vollen Segeln ging, bis die Spitzen der Maſten vom Winde herab gewor - fen wurden, bey Fortdauer des Sturms der eine Maſt nach dem andern verlohren ging, und das Schiff vom Hin - und Herwerfen ſo beſchaͤdigt und zugleich ſo leck wurde, daß es im Hafen von Macaomit Muͤhe vom Sinken gerettet wurde. Von Macaobrachte man es hernach nach Canton, wo es ausgebeſſert wurde. Die Reiſe nach Japankonnte es nicht fortſetzen. Die La - dung, welche meiſt aus Puder-Zucker beſtand, war faſt ganz verdorben. Nach einigen Tagen hatten wir wie - der ſchrecklichen Sturm, dem gewaltige Orkane folgten, die zwey Tage und Naͤchte, zwar mit vielem Regen, aber doch ohne Gewitter, anhielten. Als der Sturm ſich gelegt hatte, ſahen wir ein umgeworfenes Chineſi - ſches Fiſcherboot in die See treiben. Die Fiſcher wa - ren umgekommen.

Den 22. bekamen wir das Chineſiſche Land aber - mahls zu Geſicht. Vier Fiſcherboͤte kamen mit Fiſchen mehrerer Gattungen zu uns. Ich fand darunter die ſchoͤne und durchſichtige Muſchelart (Oſtrea pleuro - nectes), deren eine Schale weiß, die andre roth iſt, da - her die Hollaͤnder ihr den Nahmen Mondmuſchel (Maan - Moſſel) gegeben haben. Auch waren Blackfiſche (Se - pia), einige Taſchenkrebſe, und der Schwanenkrebs (Cancer Mantis), darunter. Man verkaufte uns die ganze Ladung, durch Tauſch gegen Reiß und Arrak: Waaren, welche die Fiſcher ungemein gerne nahmen.

Seit unſrer Reiſe von Bataviahatten kalte Fie - ber unter den Matroſen ſehr ſtark geherrſcht, aber ſo bald mit dem ſtarken Winde die Kaͤlte zunahm, hoͤrten ſie auf. Bontiusſagt, zu ſeiner Zeit ſeyen die kalten Fie - ber in Oſtindienſehr rar geweſen; jetzt ſind ſie von allen5Reiſe von Batavianach Japanu. ſ. w. Arten ſehr allgemein. Der Unterſchied des Grades der Waͤrme war indeſſen bey ſchoͤnem Wetter nicht von Erheblichkeit. Zu Bataviaſtand das Thermometer von 80 bis 86, und auf der noͤrdlichen Hoͤhe, die wir jetzt hatten, 78 bis 79 Grad nach Fahrenheit.

Auf den letzten Sturm folgte ſtarker Regen, die - ſer war uns nicht weniger beſchwerlich, als die Orkane. Denn alles, was wir zur Hand hatten, war naß, und mußte heraus gelegt, und getrocknet werden; manches war ganz verdorben.

Die Krebſe und Blackfiſche, die ich mir ausge - ſucht hatte, um ſie zu trocknen und aufzubewahren, ga - ben mir gegen Abend, ſo bald es dunkel wurde, den ſchoͤn - ſten Anblick, indem jene ſtellenweiſe, dieſe beynahe ganz und gar, meine kleine Kajuͤte mit einem blaͤulichen phos - phoriſchen Lichte erhelleten. Dieſer Schein hatte das Sonderbare, daß er, beſonders an den Krebſen, nur hie und da zu ſehen war, aber keinen Theil des Koͤrpers ganz bedeckte, ſo daß auf der einen Seite des Schwan - zes ein Fleck leuchtete, auf der andern nicht. Der Schein blieb zwey Tage lang, wenn aber das Thier am Tage aufs Verdeck genommen wurde, war nichts von Schein zu ſehen. Mit bloßen Augen konnte ich weder See-Ungeziefer oder ſonſt etwas, das die Urſache des Scheins ſeyn konnte, entdecken. Wenn ich eine leuch - tende Stelle mit dem Nagel rieb, blieb der Schein, oh - ne ſich zu vermindern.

Die Chineſiſchen Fiſcherboͤte ſind ſehr groß und lang, aber von duͤnnen Planken gebauet, haben ein Verdeck, und ſind an beyden Enden abgeſtutzt. Der Hintertheil iſt viel breiter, als der Vordertheil, und beym Steuer offen. Sie haben einen Maſtbaum, aber nur ein einziges Segel. Mit ſolchen Boͤten gehen vier bis6Erſte Abtheilung. fuͤnf Mann Tag und Nacht weit in die See, um zu fiſchen. Unſre Officiere, die verſchiedne Mahl hier vor - bey geſegelt waren, erzaͤhlten mir, daß dieſe Fiſcherboͤ - te bey gutem Wetter bisweilen in ſolcher Menge bey ein - ander gefunden werden, daß ſie den Horizont beynahe verdunkeln.

Nachdem wir die Inſel, welcher die Hollaͤnder den Nahmen Met zyn Gat(mit ihrem Loche) zu geben pfle - gen, paſſirt waren, kamen wir in der Meerenge bey Formoſaan. Den 29. erblickten wir die Inſel Formo - ſa, die vor dieſem der Hollaͤndiſchen Compagnie gehoͤrt hat. Sie iſt lang, groß und ſehr fruchtbar. In vori - gen Zeiten legten die nach Japangehenden Schiffe hier an. Dies machte die Reiſe bequemer und ſicherer, da - gegen ſie jetzt, ſelbſt bey Stuͤrmen, keinen Hafen zum Einlaufen haben. Der damahlige Gouverneur Coyetuͤbergab die daſige Citadelle Zeeland im Jahr 1662 nach einer neunmonathlichen Belagerung dem aufruͤhreriſchen und von den Tataren aus Chinavertriebenen Chineſen Coxinja. (Die Geſchichte hievon findet man in Het Verwaarloozd Formoſa, door C. E. S.(das verwahr - loſete Formoſa.) Amſterdam, 1675. 4.). Jetzt ſteht die Inſel wieder unter Chineſiſcher Botmaͤßigkeit.

Auch in dieſen Tagen hatten wir verſchiedne Stuͤr - me mit Regen auszuſtehen, die aber doch bald voruͤber gingen. Nur einer hielt volle drey Tage an, er war ſehr heftig, und mit vielem Regen begleitet. Die See ging ſehr hoch und war in ſolcher Empoͤrung, daß das Waſſer auf das Schiff herab fiel, als wenn es beſtaͤndig regnete. Officiere und Schiffsvolk behielten zuletzt kaum trockne Kleider, um ſich umzuziehen, und man hatte viel Muͤhe, das Schiff gegen Wind und Wellen auf - recht zu halten. Mir ging es auch ſehr uͤbel. Bey7Reiſe von Batavianach Japanu. ſ. w. den heftigen Stoͤßen und ſtetem Hin - und Herſchwanken des Schiffs hielt ich mich meiſtens auf dem Verdecke in freyer Luft auf. Zum Schutz gegen das heran ſtuͤrmen - de Waſſer hatte man an einer Seite ein Segeltuch auf - geſpannt, das auch wirklich etwas ſchuͤtzte. Dagegen erfuhr ich ſehr bald eine andre große Unbequemlichkeit da - von. Bey einem heftigen Stoße wurde ich von dieſer Seite uͤber das rund erhabne ſchluͤpfrige Verdeck nach der andern Seite geworfen, und das mit ſolcher Gewalt, daß ich Gefahr lief, uͤber Bord zu fallen: zum Gluͤck war die Bruſtlehne, wie auf allen Oſtindiſchen Schiffen, ſehr hoch. Beynahe haͤtte ich aber doch das rechte Bein ge - brochen, weil der Stoß gegen den Bord ſo heftig war; nun kam ich noch mit einer großen Beule davon. Nach Verlauf einiger Tage uͤberfiel uns zum fuͤnften Mahl Sturm und Regenwetter, das vier und zwanzig Stun - den dauerte.

Hieraus kann man ſehen, wie beſchwerlich und ge - fahrvoll die Reiſe nach Japan, und wie unruhig und ſtuͤrmiſch das Meer auf beyden Seiten von Formoſaiſt, und zwar ſelbſt in der beſten Jahrszeit, der einzigen, da Schiffe drey bis vier Monathe in einem Japaniſchen Hafen mit Sicherheit liegen koͤnnen. Eine umſtaͤndliche und ausfuͤhrliche Beſchreibung der Stuͤrme in dieſen Fahrwaſſern findet man beym Kaͤmpfer. Die Com - pagnie rechnet von fuͤnf hieher gehenden Schiffen, eins fuͤr verlohren. Daß dies mit einer mehr als hundertjaͤh - rigen Erfahrung uͤberein ſtimmt, kann man aus dem vor - handnen Verzeichniſſe der verungluͤckten Schiffe ſehen, von denen man zum Theil gar nicht weiß, wo ſie geblie - ben ſind. In folgenden Jahren naͤmlich ſind, in je - dem ein Schiff verlohren gegangen: 1651, 1652, 1653, 1658, 1659, 1664, 1668, 1670, 1671,8Erſte Abtheilung. 1697, 1708, 1714, 1722, 1724, 1731, 1748, 1758, 1768, 1770, 1772, 1775. Im Jahr 1642 und 1669 ſind zwey und 1719 gar drey verun - gluͤckt. Dazu kommt eins, das 1770 nach Chinage - hen mußte, ohne ſeine Reiſe fortſetzen zu koͤnnen, weil es leck geworden war, und eins, das 1660 in einem Gefechte mit den Chineſern in die Luft flog. Das letzte war das mit uns abgegangene zweyte Schiff, das ſo ſchadhaft geworden war, daß es in einen Chineſiſchen Hafen einlaufen mußte, wo es ausgebeſſert wurde, und von da es nach Bataviazuruͤck ſegelte.

Den 13. Auguſt fruͤh zeigte ſich die Inſel Meaxi - mamit ihren hohen und ſpitzen Bergen. Am Nachmit - tage ſahen wir ſchon Japaniſches Land. Abends um neun Uhr gingen wir beym Eingange in den Hafen von Nangaſakivor Anker. Hier bilden die hohen Berge einen runden Binnenhafen, der wie ein halber Mond geſtal - tet iſt.

Auf den Bergen umher ſahen wir verſchiedne Vor - poſten ſtehen. Dieſe werden auf Befehl der Japani - ſchen Regierung dahin geſtellt, und mit Fernroͤhren ver - ſehen, damit ſie die Schiffe von weitem entdecken und dem Statthalter zu Nangaſakiſo gleich von ihrer Ankunft Nachricht geben koͤnnen. Jetzt zuͤndeten dieſe Schild - wachen mehrere Feuer an.

Auf unſerm Schiffe waren wir heute auch ſehr ge - ſchaͤfftig. Die Matroſen mußten ihre Bibeln und Ge - ſangbuͤcher hergeben; dieſe wurden in einen Kaſten ge - packt, und der Kaſten zugenagelt. Dieſer wird her - nach den Japanern in Verwahrung gegeben, die ihn bis zur Abreiſe behalten, da denn jeder ſein Buch wieder bekommt. Die Abſicht iſt, zu verhuͤten, daß keine chriſtlichen oder katholiſchen Buͤcher ins Land kommen. 9Reiſe von Batavianach Japan, u. ſ. w. Auf dem Verdecke ſchlug man ein Bett mit einem Him - mel, aber ohne Gardinen, auf. Dies war fuͤr die an - kommenden Japaniſchen Beamten beſtimmt, darauf zu ſitzen. Auch verfertigte man eine Muſterrolle von der ganzen Beſatzung, die ungefaͤhr hundert und zehn Mann und vier und dreyßig Sklaven ausmachte. Eines jeden Alter wird in einer ſolchen Rolle angegeben, aber nicht das Vaterland, weil alle fuͤr Hollaͤnder angeſehen werden; diesmahl waren verſchiedne aus Schweden, Daͤnnemark, Deutſchland, Portugalund Spaniendarunter. Sie wird hernach den Japanern eingehaͤndigt, die unmittel - bar nach ihrer Ankunft, und in der Folge jeden Mor - gen und Abend an den Tagen, da das Schiff geloͤſchet oder geladen wird, und die Fahrt zwiſchen dem Schiffe und der Factorey offen iſt, die ganze Beſatzung nach Inhalt derſelben muſtern. Hierdurch wiſſen ſie gewiß, daß oh - ne ihr Vorwiſſen oder Erlaubniß niemand heimlich ent - kommen, oder aus der Factorey zuruͤck bleiben kann.

Am folgenden Tage gingen wir wieder unter Segel. Kaum hatten wir die Anker gelichtet, als wir ein Boot vom Lande uns entgegen kommen ſahen. Unſer Capitain zog deswegen einen blauen, mit Silber beſetzten, ſeidnen Rock an, der ſehr groß und weit ausgeſtopft, und vorn vor dem Bauche mit einem großen Kiſſen verſehen war. Dieſer Rock war ehedem ſeit langer Zeit dazu gebraucht, Contrebande heimlich einzubringen, und auszufuͤhren, weil der Chef und der Capitain die einzigen waren, die nicht viſitirt wurden. Der letztere machte in dieſem ganz voll gepfropften Rocke jeden Tag gewoͤhnlich dreymahl den Weg vom Schiffe nach der Factorey, und zwar manch - mahl mit Waaren ſo bepackt, daß ihn unter jedem Ar - me ein Matroſe unterſtuͤtzen mußte, wenn er ans Land ſtieg. Dies brachte ihm jaͤhrlich anſehnliche Summen,10Erſte Abtheilung. bisweilen mehrere Tauſend Thaler ein, nicht nur durch das, was er fuͤr eigne, ſondern auch fuͤr Rechnung der Officiere mitnahm. In dem gedachten Boote kamen von der Factorey, im Nahmen des daſigen Chefs, ein Supercargeur und drey Aſſiſtenten an, um uns zu unſ - rer Ankunft Gluͤck zu wuͤnſchen, und ſich nach den Schiffen, der Ladung, Neuigkeiten von Bataviaund dergleichen zu erkundigen.

Mittlerweile waren auf dem Schiffe mancherley Arten Flaggen und Wimpel aufgezogen, um unſre Ein - fahrt in den Hafen glaͤnzend zu machen. So bald wir uns den beyden an jeder Seite des Hafens befindlichen Kaiſerlichen Wachen, deren eine des Kaiſers, und die andre der Kaiſerin Wache heißt, naͤherten, feuerten wir die Kanonen ab, um ſie zu ſalutiren. Waͤhrend dieſer ganzen Fahrt in einem langen und krumm her - um gehenden Hafen hatten wir die ſchoͤnſte Ausſicht von der Welt: rund umher ſahen wir Berge und Huͤgel, die bis in die Spitze angebauet waren: ein Anblick der in andern Laͤndern ſelten iſt.

Endlich kamen wir beym Ankerplatze ſelbſt an. Hier ließen wir froh die Anker nieder, und blieben einen Buͤchſenſchuß weit von der Stadt Nangaſakiund der da - bey liegenden kleinen Inſel Dezima, auf welcher die Hollaͤndiſche Factorey iſt, liegen.

Nachdem die von der Factorey an uns abgeſchick - ten Perſonen ſich wieder an Land begeben, und die Brie - fe der Compagnie ſo wohl als andre, mitgenommen hat - ten, kam bald nachher der dies Jahr in Japanzuruͤck gebliebene Chef an Bord. Er hielt ſich nur kurze Zeit auf, und nahm den neu angekommenen Chef, den Ca - pitain, den Supercargeur und die Aſſiſtenten mit nach der Factorey.

11Reiſe von Batavianach Japan, u. ſ. w.

Die Neuigkeit, welche er uns mitgebracht hatte, war uns ſehr unangenehm. Vom Hofe waren ſehr ſcharfe Befehle angekommen, um allen ferneren Schleich - handel zu hemmen. Der Chef ſo wohl als der Capitain ſollen von nun an, ohne Unterſchied wie jeder andre, viſitirt werden, welches bis dahin nie geſchehen war; der Capitain ſolle ſich in Zukunft wie andre kleiden, und den weiten Oberrock, der bisher zur Befoͤrderung des Schleichhandels gedient habe, ablegen, entweder beſtaͤn - dig an Bord bleiben, oder, wenn er an Land gehen wol - le, nicht die Erlaubniß haben, waͤhrend der ganzen Zeit ſeines Aufenthalts daſelbſt, mehr als zweymahl von da ſich auf das Schiff zu begeben. In Anſehung dieſes letzten Punctes gab man indeſſen ſehr nach. Der Capilain durfte ſchon am dritten Tage wieder an Bord gehen, um das Schiff vor zwey Anker zu legen. Die Erlaubniß hiezu gab der Gouverneur zu Nangaſaki, theils auf Bit - ten, theils durch die Drohung bewogen, daß, wenn das Schiff Schaden naͤhme, ſolches fuͤr des Kaiſers Rech - nung ſeyn, und, wenn dem Kaiſer das gleichguͤltig ſeyn ſollte, die Compagnie es gewiß raͤchen wuͤrde. Die Veranlaſſung zu dieſem ſtrengen Befehle hatte die im Jahr 1772 gemachte Entdeckung gegeben, da das von den Hollaͤndern verlaſſene Schiff an die Japaniſche Kuͤſte angetrieben kam, und man beym Ausladen fand, daß es viele, beſonders dem Chef und dem Capitain zugehoͤri - ge, verbothne Waaren, mit ſich fuͤhrte. Dies Schiff war auf der Reiſe hieher ſo leck geworden, daß man es verließ, und ſo gewiß glaubte, es muͤſſe binnen einigen Stunden untergehen, daß man es nicht in Brand ſteck - te, welches ſonſt in ſolchem Falle, dem Befehl der Com - pagnie gemaͤß, geſchehen muß. Deſſen ungeachtet war es verſchiedne Tage nach dem Lande hin umher getrieben,12Erſte Abtheilung. da denn die Japaner es entdeckt, und in den Hafen von Nangaſakibogſiert hatten. Da hatten dieſe nun alle Ecken und Winkel durchſucht, und eine Menge, den vor - nehmſten Officieren gehoͤrende, mit den am ſchaͤrfſten verbothnen Waaren angefuͤllte, und mit ihren Nahmen bezeichnete Kiſten entdeckt. Beſonders waren ſie uͤber eine dem Chef zugehoͤrige Kiſte aufgebracht worden, die mit falſchem Som, oder Ginſengwurzel, welche durch - aus nicht eingefuͤhrt werden darf, angefuͤllt war, und daher außerhalb des Waſſerthors der Factorey mit allem, was ſie enthielt, verbrannt wurde. Außerdem, daß es fuͤr den Chef ein Schimpf iſt, viſitirt zu werden, ver - lieren der Schiffs-Capitain und alle Officiere jaͤhrlich ei - nen betraͤchtlichen Gewinn auf ihre Waaren, und der erſtere auch noch eine anſehnliche Summe dafuͤr, daß er die Waaren der letzteren mitnahm. Vor dieſem hatte der Capitain nicht nur den weiten Oberrock, ſondern auch große weite Hoſen an, die ebenfalls mit Contreban - de angefuͤllt waren, aber dieſe waren verdaͤchtig gewor - den, und man hatte ſie ſchon vor mehreren Jahren able - gen muͤſſen; nun mußte man den Rock, dieſe letzte Zu - flucht, auch fahren laſſen. Uebrigens ſah es gar laͤcher - lich aus, wie die meiſten Japaner unſern, nunmehr an Dicke den gewoͤhnlichen Menſchen aͤhnlichen Capitain mit vieler Verwunderung anſahen, da ſie ſich vorher immer eingebildet hatten, alle unſre Schiffs-Capitaine waͤren ſo dick und fett, als ſie ſie zu ſehen gewohnt waren.

Kaum war das Schiff vor Anker gelegt, und Nan - gaſakivon unſern Kanonen begruͤßt, als zwey Japaniſche Oberbeamte (Banjoſen) und einige Unterbeamte (Un - terbanjoſen) nebſt Dolmetſchern und Bedienten an Bord kamen. Die Banjoſen nahmen ihren Platz auf der auf - geſchlagnen Bettſtelle ein, worauf eine dicke Japaniſche13Reiſe von Batavianach Japan, u. ſ. w. Matte von Stroh, und daruͤber eine cattunene Decke lag. Vor dem Bette ſtand ein Fußſchemel, damit man bequem hinauf kommen konnte. Das Ganze war gegen den Regen mit einem Zelte von Segeltuch bedeckt. Nachdem ſie die Schuhe ausgezogen hatten, ſtiegen ſie hinauf und ſetzten ſich, nach Landesſitte, auf die Ferſen, und die Fuͤße untergeſchlagen. Da ſie dieſer Art zu ſitzen gewohnt waren, konnten ſie es lange aushalten; daß es ihnen aber endlich unbequem wurde, konnte man daraus ſehen, daß ſie deſſen bisweilen uͤberdruͤßig wur - den, und ſich eine Weile auf Europaͤiſche Art ſetzten. Das Geſchaͤfft dieſer Banjoſen war, waͤhrend der ganzen Zeit, da das Schiff auf der Rhede lag, dahin zu ſehen, daß alle Perſonen und Guͤther, die an Land gebracht wur - den, oder aufs Schiff kamen, genau viſitirt wurden; die Befehle vom Gouverneur in der Stadt anzunehmen; alle Paͤſſe und Papiere, womit Leute verſehen werden mußten, zu unterſchreiben, und dergleichen. Ihr Zeit - vertreib waͤhrend ihres langen und ermuͤdenden Sitzens war, Tobak zu rauchen, bisweilen ein Paar Worte mit einander zu ſprechen, Thee zu trinken, und ein Glas Europaͤiſchen Branntwein zu nehmen. Zu dieſem En - de ließ der Schiffs-Capitain zwey kryſtallne Flaſchen mit verſchiednen Liqueuren, und zwey geſchliffne kryſtall - ne Glaͤſer, wie auch Confect auf einem Teller, auf - ſetzen, wiewohl ſie nicht viel Liqueur trinken, ſondern meiſt nur davon probiren.

Als alles Salutiren mit den Kanonen vorbey war, ſollte nach Gewohnheit das uͤbrige Pulver, nebſt den Kugeln, allem Gewehr, und der oben gedachten Buͤ - cherkiſte den Japanern in Verwahrung gegeben werden. Man uͤberlieferte ihnen eine gewiſſe Quantitaͤt Pulver, ſechs Kiſten mit Kugeln, ſechs Musketen, ſechs Piſto -14Erſte Abtheilung. len, ſechs Saͤbel und ſechs Bajonette, und bildete ih - nen ein, dies ſey unſer ganzer Vorrath von Ammunition. Es wurde in einem Packhauſe verwahrt, bis das Schiff bey ſeiner Ruͤckreiſe die Rhede verließ, da die Japaner es von ſelbſt zuruͤck gaben. Auch das Schiffs - boot und die Sch[a]lupen nahmen ſie in ſichere Verwah - rung, und weder Perſonen noch Sachen konnten anders als mit Japaniſchen Boͤten und Japaniſchen Seeleuten hin - und herkommen. Dieſe Maaßregeln befolgen die Japaner bey jedem Hollaͤndiſchen Schiffe. Vor dieſem nahmen ſie ſo gar auch das Steuerruder, die Segel und die Kanonen mit an Land ins Packhaus, welches ihnen aber unſaͤgliche Laſt machte; jetzt ſind ſie ſo vernuͤnftig, dieſe Sachen nicht anzuruͤhren. Wenn nun die Japa - ner uns voͤllig entwaffnet zu haben glauben, laſſen ſie die Muſterung auf dem Schiffe das erſte ſeyn, die ſie her - nach an den Tagen, da geloͤſcht oder geladen wird, Mor - gens und Abends wiederhohlen. Sie zaͤhlen dabey nur bis zehn, und fangen immer wieder mit Eins an, eben ſo zaͤhlen ſie bey Guͤthern und Sachen. Jedesmahl wird genau angeſchrieben, wie viel Mann an Land gegangen, wie viele krank, und wie viel auf dem Schiffe anwe - ſend ſind. An allen den Tagen, da etwas ein - oder aus - geſchiffet wird, ſind Oberbanjoſen, Unterbanjoſen, Dol - metſcher, Schreiber und Beſucher am Bord, bis gegen Abend, da ſie ſaͤmmtlich ans Land gehen, und den Eu - ropaͤern auf dem Schiffe Freyheit laſſen. Bey ſolchen Gelegenheiten laͤßt man allezeit die Flaggen auf dem Schiffe ſo wohl, als auf der Factorey, wehen. Wenn beyde Schiffe gluͤcklich angekommen ſind, wird auf jedem einen Tag um den andern gearbeitet.

Damit weder die Hollaͤnder ſelbſt vom Schiffe, noch die Japaner dahin kommen koͤnnen, um, beſonders15Reiſe von Batavianach Japan, u. ſ. w. des Nachts, unter Beguͤnſtigung der Dunkelheit, und da keine Japaniſchen Officiere am Bord ſind, heimlich Handel zu treiben, werden verſchiedne große Wachſchiffe in einiger Entfernung rund um das Schiff gelegt, und außerdem muͤſſen mehrere kleine Boͤte bey Nachtzeit alle Stunden ſehr nahe um das Schiff herum rudern.

Unter dem erſten, das an Land gebracht wurde, waren die von Bataviamitgebrachten Kaͤlber, Ochſen, Schweine, Ziegen, Schafe und Hirſche. Die Japa - ner haben gar keine Schafe, auch keine Schweine. Ochſen und Kuͤhe ſind auch etwas ſeltnes, und dazu un - gemein klein, werden auch nur bisweilen zum Ackerbau gebraucht; das Fleiſch iſſet der Japaner nicht, auch macht er ſich die Milch auf keine Art zu Nutze. Weil daher die Europaͤer hier dieſe Arten Vieh zum Schlach - ten nicht kaufen koͤnnen, ſehen ſie ſich genoͤthigt, ſo wohl zu friſcher Proviſion, auf der Factorey, als auch zum Behuf der Schiffe bey der Abreiſe, dergleichen mitzu - bringen. Dies Vieh ſteht beſtaͤndig auf der Inſel auf dem Stalle, der im Sommer offen, im Winter zuge - ſchloſſen iſt. Es wird mit Gras und Laub gefuttert, das taͤglich dreymahl von Japaniſchen Knechten rund um die Stadt geſammelt und hergebracht wird. Des Winters beſteht das meiſte Futter in etwas Reiß und in Zweigen von Baͤumen, auch Stroh von ausgedroſchnem Reiß. Ich pflegte dies Futter, jedesmahl ſo wie es gebracht wurde, zu durchſuchen, und die darunter befindlichen ſeltnen Gewaͤchſe heraus zu nehmen, die ich hernach trocknete und in Herbarien ſammelte; denn auf dem Felde durfte ich dergleichen ſelbſt nicht ſammeln.

In den folgenden Tagen wurden die Kleidungs - ſtuͤcke und Meublen der Officiere, nebſt ihrem Vorrath von Eßwaaren, Wein, Bier, und was ſonſt Privat -16Erſte Abtheilung. Perſonen gehoͤrt, und nicht verkauft werden ſoll, an Land gebracht. Dies muß allezeit beſonders geſchehen, ehe irgend etwas von Handelswaaren ausgeladen werden darf. Man pflegt es in den drey erſten Tagen zu thun.

Den 4. September wurde das Schiff von den Ja - panern viſitirt, nachdem alles, was nicht verkauft wer - den ſollte, ans Land geſchafft war. Alle von Privat - Perſonen zum Verkauf bereits angegebene Waaren, wur - den heute abgeſchickt; vergaß jemand in der Eile etwas, ſo durfte er es hernach nicht ans Land bringen, noch ver - kaufen. Die Viſitation geſchah allenthalben, und zwar ſehr genau, außer ganz unten und in der Pulverkam - mer. Der uͤbrige Theil dieſes Monaths wurde zum Loͤ - ſchen der Waaren der Compagnie angewandt.

Beym Ein - und Ausladen zu helfen, wie auch die Boͤte hin - und herzurudern, ſind eine Menge Arbeits - kerl (K[u]li) beſtellt, nebſt andern, die uͤber dieſe die Auf - ſicht haben. Dieſe Leute haben zur Gewohnheit, alle - zeit, wenn ſie etwas aufheben oder tragen ſollen, im - gleichen wenn ſie rudern, zu ſingen, und zwar jedes - mahl nach einem gewiſſen Tacte, in einem gewiſſen Tone und mit anpaſſenden aufmunternden Worten. In vo - rigen Zeiten nahmen die Hollaͤnder ſich die Freyheit, die - ſe Arbeitsleute, die von der geringern Volks Claſſe ſind, fuͤr begangne Fehler abzuſtrafen und zu ſchlagen; jetzt aber iſt dies, als etwas, das die Nation fuͤr ſchimpflich haͤlt, gaͤnzlich und bey ſchwerer Strafe von der Regie - rung verbothen. Wenn ein Europaͤer vom Schiffe ans Land geht, oder umgekehrt, er habe Sachen mit, oder nicht, ſo geht allezeit ein Bedienter mit, und er muß ei - nen Paß bey ſich haben, worauf ſein Nahme, ſeine Uhr und was er ſonſt bey ſich hat, aufgeſchrieben iſt.

So17Reiſe von Batavianach Japan, u. ſ. w.

So bald das Schiff zur Haͤlfte geloͤſchet war, fing man ſchon wieder an zu laden, und zwar Kupfer in Staͤ - ben, das in hoͤlzernen Kiſten lag. Dies Jahr, da nur ein Schiff hieher gekommen war, brachte man in daſſel - be anderthalb ſo genannte Laſten Kupfer, oder 6700 Ki - ſten, jede ein Pikel oder 125 Pfund ſchwer.

An den Tagen, da keine Ein - oder Ausſchiffung geſchieht, kommen weder Japaniſche Beamte noch andre Japaner an Bord. Auch die Hollaͤnder ſelbſt kommen an ſolchen Tagen weder nach dem Schiffe, noch davon. Das Waſſerthor der Stadt iſt alsdann auch verſchloſſen. Wenn eine wichtige Urſache es nothwendig macht, daß ein Officier, zum Beyſpiel der Capitain oder der Doctor, ſich nach dem Schiffe begeben muß, welches man vom Schiffe durch Aufziehen der Flagge zu erkennen giebt, ſo muß die Erlaubniß dazu vom Gouverneur in der Stadt geſucht werden. Wird ſie gegeben, ſo wird den - noch das Waſſerthor nicht geoͤffnet, ſondern man wird von Dolmetſchern und Beamten durch einen kleinen Theil der Stadt nach einer kleinen Bruͤcke begleitet, von wo man, nach vorgaͤngiger ſehr genauer Viſitation, in einem Boote nach dem Schiffe gebracht wird. Jene Leute ſteigen jedoch nicht ſelbſt mit aufs Schiff, ſondern warten in ihren Boͤten, bis man ſein Geſchaͤfft verrichtet hat. Alsdann wird man auf gleiche Art und auf dem naͤmlichen Wege wieder nach der Factorey gefuͤhrt. In der Stadt ſammelt ſich waͤhrend dieſes Aufzuges allezeit eine Menge Volk, den Europaͤer zu beſchauen, und ein zahlreicher Schwarm Kinder, die uͤber die großen run - den Augen deſſelben, durch ihr Geſchrey Hollanda O-Me ihre Verwunderung bezeigen.

Einmal bekamen wir auf dem Schiffe Beſuch von einigen Fuͤrſten und beyden Gouverneuren der Stadt. Thunbergs Reiſe. 2. Bandes 1. Theil. B18Erſte Abtheilung. Neubegierde trieb ſie zu uns, unſer Admiral-Schiff zu be - ſehen, das ein ſehr großer und zugleich ſehr ſchoͤner Drey - decker war, dergleichen ſeit vielen Jahren in Japannicht geweſen war. Einer der Dolmetſcher behauptete, waͤh - rend der dreyßig Jahre, die er auf der Factorey gedient, habe er nie ein ſo großes und praͤchtiges Hollaͤndiſches Schiff geſehen.

In dieſen Tagen geſchah es auch, daß wir einen unſrer Matroſen verlohren, der nebſt andern Kranken in das auf der Inſel befindliche Krankenhaus gebracht war. Man zeigte dem Gouverneur von Nangaſakiden Todes - fall an, und bekam Erlaubniß zur Beerdigung. Die Leiche wurde von dazu verordneten Japanern ſehr genau viſitirt, darauf in einen breternen Sarg gelegt, und von den Japanern ſelbſt auf die andre Seite des Hafens ge - bracht, und in die Erde gegraben. Einige wollten be - haupten, ſolche Todte wuͤrden von den Japanern wieder ausgegraben und verbrannt; ich habe hievon aber nichts gewiſſes erfahren koͤnnen.

Zoͤlle kennt man in Japannicht, weder im Lande, noch an den Kuͤſten; und Zollabgaben werden niemahls, weder von ein - noch ausgehenden Waaren, weder von Fremden noch Einheimiſchen gefordert. Ein ſehr wich - tiger Vorzug, den dies Land vor ſo vielen andern hat. Damit aber keine verbothne Waaren heimlich eingebracht werden moͤgen, wird die ſtrengſte Aufſicht gehalten, und Menſchen und Sachen ſo genau durchſucht, daß es alle Vorſtellung uͤbertrifft. Geht ein Europaͤer ans Land, ſo wird er zuerſt auf dem Schiffe, und hernach, ſo bald er ans Land kommt, viſitirt. Dieſe gedoppelte Viſitirung iſt ſehr ſcharf. Man befuͤhlt die Taſchen, und ſtreicht mit den Haͤnden an den Kleidern den Leib und die Lenden herab; nicht genug: bey geringen Leuten durchſucht man19Reiſe von Batavianach Japan, u. ſ. w. ſo gar die heimlichen Oerter, und bey den Sklaven die Haare auf dem Kopfe. Auf gleiche Weiſe werden auch alle Japaner, die an Bord kommen, viſitirt, und nie - mand iſt davon ausgenommen, als die Ober-Banjoſen. Alle Sachen, die ein - oder ausgeſchifft werden, ſind eben einer ſolchen zwiefachen Durchſuchung, am Bord naͤmlich und auf der Factorey, unterworfen, nur große Kiſten nicht; dieſe werden auf der Factorey ausgepackt, und ſo genau unterſucht, daß man ſo gar gegen die Breter ſchlaͤgt, ob ſie etwa hohl ſind. Die Betten werden nicht ſelten aufgeſchnitten und die Federn umgeruͤhrt; in die Buttergefaͤße und Confituͤr-Kruken werden duͤnne ei - ſerne Stangen geſteckt; oben in die Kaͤſe wird ein vier - eckiges Loch geſchnitten, und mit einem langen ſpitzigen Eiſen von da der ganze Kaͤſe nach allen Seiten durch - ſtochen. Ihr Argwohn ging diesmahl ſo weit, daß ſie von den Eyern, welche wir bey uns hatten, eins und das andre nahmen und entzwey ſchlugen. Eben dieſe Strenge wird beobachtet, wenn man von der Factorey nach dem Schiffe, oder aus der Stadt Nangaſakinach der Inſel Dezima, und umgekehrt, geht. Die Uhr muß man aus der Taſche ziehen und vorzeigen, und ſie wird jedesmahl angeſchrieben. Bisweilen wird auch der Hut viſitirt. Geld und Muͤnze darf von Particuliers gar nicht eingefuͤhrt werden, ſondern es wird meiſtens bis zur Abreiſe in Verwahrung genommen. Briefe duͤrfen nicht einmahl verſiegelt nach oder von dem Schif - fe geſchickt werden, ſondern man oͤffnet ſie, und die Dol - metſcher muͤſſen ſie ſo gar bisweilen leſen; das geſchieht auch wohl mit andern Papieren. Religions-Buͤcher, beſonders mit Kupferſtichen, einzubringen, iſt ſehr gefaͤhr - lich. Buͤcher andrer Art koͤnnen die Europaͤer zu ihrem eignen Gebrauche, ſo viel ſie wollen, einfuͤhren; in An -B 220Erſte Abtheilung. ſehung dieſer war das Viſitiren am wenigſten genau: ſie ſahen nur einige an. Lateiniſche, Franzoͤſiſche, Schwe - diſche und Deutſche Buͤcher gehen uͤberhaupt beſſer, als Hollaͤndiſche, durch, weil die Dolmetſcher ſie nicht ver - ſtehen. Waffen und Gewehr duͤrfen zwar nicht einge - bracht werden; man erlaubte uns aber doch noch, unſre Degen mitzunehmen. Uebrigens ſitzen am Waſſertho - re von Dezima, wenn etwas aus - oder eingeſchifft wird, eben ſo als auf dem Schiffe, allezeit Ober - und Unter - Banjoſen, und Ober - und Unter-Dolmetſcher, vor deren Augen alles durchſucht wird. Und damit die Europaͤer nicht im Stande ſeyn moͤgen mit den Beſuchern Bekannt - ſchaft zu machen, werden dieſe ſo oft umgewechſelt, daß dazu keine Gelegenheit iſt.

An dieſem uͤbertriebenen Viſitiren, deſſen Strenge bey verſchiednen Gelegenheiten ſo zugenommen hat, daß ſie nun zu ihrer groͤßten Hoͤhe geſtiegen iſt, ſind die Hol - laͤnder ſelbſt Schuld. Die weiten Hoſen und der unge - heure Rock des Capitains, und hundert andre Kunſt - griffe wurden angewandt, verbothne Sachen heimlich nach der Factorey zu bringen, und die Dolmetſcher, die vormahls gar nicht viſitirt wurden, brachten die Contre - bande-Waaren allmaͤhlig nach der Stadt, wo ſie fuͤr baares Geld verkauft wurden. Oft machte man dies ſo fein, daß man dergleichen Sachen vorn in die Hoſen und in die Haare ſteckte. Vor einigen Jahren fanden die Japaner bey einem Schiffs-Unterbedienten einen Pa - pagey in den Hoſen, wo er waͤhrend der Viſitirung an - fing zu ſprechen, und dadurch entdeckt wurde. Dies - mahl traf man bey einem Aſſiſtenten in den Unterhoſen verſchiedne Thaler und Dukaten verſteckt.

Hiezu kommt der Hochmuth, den einige unverſtaͤn - dige Officiere gegen die Japaner auf eine ſehr unvorſichti -21Reiſe von Batavianach Japan, u. ſ. w. ge Art blicken laſſen, indem ſie ihnen zur Unzeit wider - ſprechen, ſie uͤber die Achſel anſehen, ſie auslachen und ihnen veraͤchtlich begegnen. Dies erzeugt bey den Ja - panern Haß und Verachtung: dieſe Verachtung nimmt ſehr zu, wenn ſie ſehen, wie unfreundſchaftlich und un - hoͤflich die Europaͤer nicht ſelten mit einander ſelbſt um - gehen, und wie barbariſch ſie ihre Matroſen mit Fluchen, Pruͤgeln und andern Grauſamkeiten behandeln. Dies alles hat denn die Japaner von Jahr zu Jahr mehr ge - reitzt, die Handelsfreyheit der Hollaͤnder einzuſchraͤnken, und ſie ſo genau und ſcharf viſitiren zu laſſen, daß ſie mit den ausgedachteſten Kniffen kaum im Stande ſind, Leuten von einer ſo wachſamen Nation die Augen zu blenden.

Alle dieſe Anſtalten ſollen gleichwohl nur den eigent - lichen Schleichhandel, nicht aber den Privat-Handel hindern, ſondern jedermann kann alles, was verkauft wer - den darf, und wozu ſich Kaͤufer finden, ja ſo gar ſolche Sachen, die nicht verkauft werden duͤrfen, einbringen, wofern es nur nicht heimlich geſchieht. Nur mit Suma - traſchem Kampfer und mit Schildkroͤten-Schalen duͤrfen Privat-Perſonen nicht handeln, weil das ein ausſchließen - des Recht der Compagnie iſt. Die Urſache, warum Particuliers ſolche Waaren, deren Verkauf in oͤffentlicher Auction nicht verbothen iſt, ſo gern heimlich herein brin - gen, iſt die, daß ſie fuͤr das, was vermittelſt der Auction verkauft wird, kein baares Geld bekommen, ſondern an - dre Waaren zur Bezahlung nehmen muͤſſen. Dieſe be - ſtehen entweder in Porcellain, oder in lackirten Sachen, und ſind, weil dergleichen jaͤhrlich mitgebracht werden, zu Bataviaſo wohlfeil, daß man bisweilen weniger da - fuͤr bekommt, als man dafuͤr bezahlt hatte. Hingegen wenn die Sachen heimlich verkauft werden, ſo bekommt22Erſte Abtheilung. man oft noch einmahl ſo viel als ſonſt, und zwar in klin - gender Goldmuͤnze.

Vor einigen Jahren, da der Schleichhandel noch im Flor war, wurde zwar das meiſte durch die Dol - metſcher von der Factorey nach der Stadt gebracht; manchmahl warf man aber auch die Waaren uͤber die Mauer von Dezimaund nahm ſie in einem dazu beſtell - ten Japaniſchen Boote in Empfang. Verſchiedne Mahl ſind Dolmetſcher und andre Japaner hiebey ertappt und meiſtens am Leben geſtraft. Auch die Hollaͤnder haben von jeher, wenn man Schleichhandel entdeckt hat, an - ſehnliche Geldſtrafe bezahlen muͤſſen, die in neuern Zei - ten ſo erhoͤhet iſt, daß ein Europaͤer, wenn er betroffen wird, zwey hundert Katjes Kupfer erlegen muß, und auf immer Landes verwieſen wird. Ueberdem werden fuͤr Rechnung der Compagnie alsdann zehn tauſend Kat - jes Kupfer abgezogen, und wenn die Sache entdeckt wird, nachdem das Schiff ſchon die Rhede verlaſſen hat, muß ſo wohl der Chef als der Capitain zwey hundert Katjes Kupfer Strafe geben.

Die Waaren der Compagnie ſind keinem Viſitiren unterworfen, ſondern werden ſo gleich nach den Packhaͤuſern gebracht, welche von den Japanern verſiegelt werden, und wo ſie liegen bleiben, bis man ſie abhohlt, um ſie zu verkaufen.

Die Dolmetſcher ſind alle gebohrne Japaner und ſprechen mehr oder weniger fertig Hollaͤndiſch. Keinem Auslaͤnder erlaubt die Regierung, die Sprache zu ler - nen, damit niemand in den Stand geſetzt werde, irgend Kenntniß des Landes zu bekommen. Dagegen haͤlt ſie vierzig bis funfzig Dolmetſcher, die auf der Factorey beym Handel und andern Gelegenheiten die Hollaͤnder bedienen muͤſſen. Sie werden gemeiniglich in drey Claſ -23Reiſe von Batavianach Japan, u. ſ. w. ſen getheilt. Die aͤlteſten, welche das Hollaͤndiſche am be - ſten ſprechen, bekommen den Nahmen Ober-Dolmetſcher; die, welche es nicht ſo gut ſprechen, heißen Unter-Dolmet - ſcher; und diejenigen, welche es noch weiter lernen muͤſ - ſen, nennt man Lehrlinge. Vor dieſem unterrichteten die Hollaͤnder ſelbſt die Japaniſchen Lehrlinge; beſonders war dies das Geſchaͤfft des Arztes; jetzt aber bekommen ſie den Unterricht von den aͤltern Dolmetſchern. Die Lehrlinge hatten ehemahls auch die Freyheit, nach Belie - ben auf die Factorey und in die Zimmer der Hollaͤnder zu kommen; allein nunmehr duͤrfen ſie nicht eher und oͤfter hinkommen, als ſie wirklich gebraucht werden, und alsdann gehen allezeit ein oder zwey Ottona mit. Auch haben ſie allezeit etliche Schreiber mit ſich, die an - ſchreiben, was ein - und ausgeladen wird, und Paͤſſe und dergleichen ſchreiben muͤſſen. Die Dolmetſcher avan - ciren ſo wohl im Range als in Einkuͤnften nach der An - ciennitaͤt, ohne zu andern Bedienungen genommen zu werden. Ihre Amtspflicht iſt, daß, gewoͤhnlich einer, bisweilen zwey, von jeder Claſſe zugegen ſeyn muͤſſen, wenn die Japaner und Hollaͤnder, es betreffe den Handel, oder andre Gegenſtaͤnde, etwas mit einan - der abzumachen haben. Sie dolmetſchen entweder muͤndlich oder ſchriftlich, wenn beym Statthalter, bey den Beamten oder andern, etwas zu ſuchen, zu klagen, oder ſonſt anzubringen iſt. Auch muͤſſen ſie bey den Viſiti - rungen auf dem Schiffe ſo wohl, als auf der Factorey zu - gegen ſeyn, ingleichen auf der Reiſe nach Hofe mitge - hen. Von den aͤlteren unter ihnen ſprechen einige das Hollaͤndiſche, wenn von gewoͤhnlich vorkommenden Ge - genſtaͤnden die Rede iſt, ziemlich fertig und verſtaͤndlich. Weil aber die Japaniſche Sprache in Ausdruͤcken ſo wohl als in Wortfuͤgungen von den Europaͤiſchen ſo ſehr ab -24Erſte Abtheilung. weicht, ſo hoͤrt man gar oft von ihnen recht laͤcherliche Ausdruͤcke und ſonderbare Redensarten. Manche ler - nen es nie richtig ſprechen. Wenn ſie Hollaͤndiſch ſchrei - ben, gebrauchen ſie ſtatt der Feder ihren gewoͤhnlichen Pinſel, ihren Tuſch und ihr eignes Papier, ſchreiben aber doch nach Europaͤiſcher Art von der Linken zur Rech - ten, und zwar meiſtens ſehr anſehnliche und ſchoͤne Ita - liaͤniſche Buchſtaben.

Die Dolmetſcher ſind ſehr große Liebhaber von Eu - ropaiſchen Buͤchern und verſchaffen ſich deren jaͤhrlich eins oder mehrere von den ankommenden Kaufleuten. Sie beſitzen ſie nicht nur, ſondern leſen auch fleißig darin, und behalten ſehr gut, was ſie daraus gelernt haben. Ueberhaupt laſſen ſie es ſich ſehr angelegen ſeyn, von den Europaͤern etwas zu lernen, und nach allem, beſonders was ins mediciniſche, phyſikaliſche und naturhiſtoriſche Fach ſchlaͤgt, zu fragen: ſie fragen ſo unglaublich viel und ſo mancherley, daß man deſſen oft ſehr muͤde wird. Die meiſten legen ſich foͤrmlich auf die Arzneywiſſen - ſchaft; dieſe ſind auch die einzigen, welche ſie nach Eu - ropaͤiſcher Methode und mit Europaͤiſchen Arzneymitteln ausuͤben. Hiedurch bekommen ſie nicht nur Gelegenheit Geld zu verdienen, ſondern erwerben ſich auch etwas mehr Anſehen. Bisweilen nehmen ſie ſo gar Schuͤler in dieſer Wiſſenſchaft an. So wohl ihre Kenntniſſe als die Arzneyen bekommen ſie von den Hollaͤndiſchen Aerzten.

So bald ich ans Land geſtiegen war, ließ ich meine erſte Sorge ſeyn, mir die Bekanntſchaft der Dolmet - ſcher zu verſchaffen, und mich, ſo viel moͤglich war, bey den Beamten, welche ſich ſehr oft auf unſrer kleinen Handels-Inſel einfanden, in Gunſt zu ſetzen. Dies ge - lang mir auch. Denn mein Betragen gegen die Japa -25Reiſe von Batavianach Japan, u. ſ. w. ner war ſehr freundſchaftlich und aufrichtig. Als Arzt aber hatte ich beſonders verſchiedne erwuͤnſchte Gelegen - heiten dazu. Es traf ſich oft, daß ich ihnen oder ihren zu Hauſe gelaßnen Kranken, Angehoͤrigen und Freun - den mit nuͤtzlichem Rath und heilſamen Medicamenten an Hand gehen konnte. Den Nutzen meiner medicini - ſchen Kenntniſſe ſahen ſie noch mehr ein, als ich nach und nach unter den in ihrem eignen Lande wild wachſenden Gewaͤchſen verſchiedne ſehr wirkſame Arzneymittel ent - deckte. Und weil ich nicht zu der handelnden Claſſe ge - hoͤrte, war ich weniger verdaͤchtig als andre.

So wohl durch die Dolmetſcher als die auf der In - ſel oft befindlichen Beamten ſuchte ich mir eine Freyheit zu verſchaffen, die ſonſt keinem Europaͤer ertheilt wird, naͤmlich auf dem Felde um die Stadt zu botaniſiren. Anfangs ſchien meine Bemuͤhung ziemlich zu gluͤcken, und ich erhielt wirklich die Erlaubniß des Gouverneurs; in kurzem aber wurde ſie wieder aufgehoben. Die Urſa - che davon war ſehr laͤcherlich. Die Japaner ſind in Ruͤck - ſicht auf die Europaͤer ſehr argwoͤhniſch, und der Statt - halter ſcheuet ſich ungemein, ihnen etwas zu bewilligen, wovon man vorher noch kein Exempel hat. Wie ich nun um Verſtattung botaniſcher Excurſionen anſuchte, ſahe man in den Tagebuͤchern nach, ob ein Hollaͤnder ir - gend vorher dergleichen Freyheit gehabt habe. Man fand, daß vor langer Zeit, als viele Krankheiten graſſirt, und es an Arzneymitteln zu fehlen angefangen hatte, ein Chirurgus in der Gegend der Stadt umher gewandert war, um dergleichen zu ſuchen, und bewilligte mein Ge - ſuch ohne Bedenken. Hernach aber bey genauerer Un - terſuchung zeigte es ſich, daß jener nur Unter-Feldſcher geweſen ſey, mir alſo als Ober-Feldſcher dergleichen Er - laubniß nicht zu Theil werden koͤnne. Ein ſo kleiner Um -26Erſte Abtheilung. ſtand iſt oft ſehr bedeutend in den Augen der Japaner, die mit dem moͤglichſten Eifer ihre Pflichten zu erfuͤllen ſuchen, und den Geſetzen ihres Regenten blinden Gehor - ſam leiſten, ohne in ihren Sinn einzudringen, ſie gehoͤ - rig zu erklaͤren, und nach Beſchaffenheit der Umſtaͤnde zu aͤndern oder neue zu machen. Fuͤr mich war jener Umſtand auch von nicht geringer Erheblichkeit. Von allen mir bisher zugeſtoßnen Widerwaͤrtigkeiten hatte ich keine ſo ſehr gefuͤhlt, als dieſe. Ich ließ indeſſen noch nicht alle Hoffnung ſinken, ſo ſehr ich mich auch graͤmte, daß der Herbſt vielleicht ungenutzt vorbey gehen wuͤrde. Mittlerweile munterte ich die Dolmetſcher, welche ich taͤglich in der Medicin und Chirurgie unterwies, auf, aus der ganzen Gegend von allen Gewaͤchſen, Blaͤtter, Blu - men und Samen zu bringen. Auch ſuchte ich ſo wohl ſie, als die Beamten zu uͤberzeugen, daß zwiſchen einem Ober - und Unter-Feldſcher wenig oder gar kein Unterſchied ſey, daß ein Ober-Feldſcher vorher Unter-Feldſcher gewe - ſen ſeyn muͤſſe, und daß, ſo bald jener ſterbe, dieſer ſo gleich ſeinen Platz einnehme. Dies wirkte ſo viel, daß ich die Verguͤnſtigung des Gouverneurs wieder bekam, aber ſo ſpaͤt, daß ich nicht eher, als im Anfange des Fe - bruars Gebrauch davon machen konnte.

Waͤhrend dieſer Zeit ſuchte ich mir einige Kennt - niß der Japaniſchen Sprache zu erwerben, obgleich dies ſcharf verbothen iſt, und die Schwierigkeiten dabey ge - genwaͤrtig weit groͤßer, als je vorher waren. Ich erkun - digte mich daher bey den Dolmetſchern, ob keine gedruck - ten Woͤrterbuͤcher oder andre Huͤlfsmittel dazu vorhanden waͤren. Nach vielem vergeblichen Nachfragen trieb ich endlich ein altes Lateiniſch-Portugieſiſch-Japaniſches Dictionnaire auf, wobey die Portugieſiſchen Geiſtlichen Calepinsbekanntes Lexicon zum Grunde gelegt hatten. 27Reiſe von Batavianach Japan, u. ſ. w. Das Titelblatt fehlte ganz, und ich konnte die Jahrzahl des Drucks nicht ausfindig machen. Aus der Vorrede aber ſahe ich, daß die Societas fratrum Europaeorum ſimul et lapanicorum es in Japangemeinſchaftlich aus - gearbeitet hatte. Das Buch war in Quart, auf Ja - paniſches Papier gedruckt, und enthielt außer dem Titel - blatte, und dem letzten Blatte, worauf die Druckfehler ſtanden, 906 Seiten. Es ſah alt aus, und war auch an einer Ecke etwas verbrannt. Einer der aͤlteren Dol - metſcher beſaß es als ein Erbſtuͤck von ſeinen Vorfahren in der Familie. Es mußte wohl eine gar große Raritaͤt ſeyn, weil weder ich noch der Hollaͤndiſche Chef auf kei - ne Art und fuͤr keinen Preis es durch Tauſch oder Kauf an uns zu bringen im Stande waren.

Nun einige topographiſche Nachrichten. Der Ha - fen von Nangaſakiiſt ungefaͤhr eine Meile lang, und vier Buͤchſenſchuͤſſe breit, und kruͤmmt ſich an der einen Sei - te etwas ins Land hinein. Er erſtreckt ſich von Suͤden nach Norden, hat Modergrund, und iſt ſo tief, daß die Schiffe ſich in der Naͤhe eines Flintenſchuſſes gegen die Factorey legen koͤnnen. Ebbe und Fluth iſt im Ha - fen ſehr ſtark. Die Berge umher ſind ſehr ſteil, und der Strand iſt abſchuͤſſig. Im Hafen trifft man eine Menge großer und kleiner Japaniſcher Fahrzeuge an, manchmahl uͤber hundert, die große Anzahl aus den um - her liegenden Gegenden dahin kommender Fiſcherboͤte un - gerechnet. Bey unſrer Ankunft fanden wir auch eilf Chineſiſche Fahrzeuge (lonke), die ſo dicht am Lande la - gen, daß ſie zur Zeit der Ebbe nur den Schlammgrund unter ſich hatten. Einige bekamen bald hernach ihre La - dung und ſegelten ab; aber ſieben blieben den Winter uͤber liegen. Jedes dieſer Fahrzeuge iſt gewoͤhnlich von einer großen Menge Leute beſetzt, manchmahl von ſieb -28Erſte Abtheilung. zig bis achtzig. Daher kommts, daß des Winters hier jaͤhrlich ungefaͤhr ſechs hundert Mann zuruͤck bleiben, die ſich auf einer zur Seite der Hollaͤndiſchen Factorey außer - halb der Stadt liegenden Inſel aufhalten. Der Hafen bey Nangaſakiiſt der einzige im ganzen Reiche, wo fremde Schiffe vor Anker gehen duͤrfen. Wird ein frem - des Schiff durch Sturm oder Ungluͤcksfaͤlle an die Japani - ſche Kuͤſte getrieben, oder iſt es genoͤthigt, anderswo einzu - laufen, ſo wird davon ſo gleich Bericht an den Hof zu Je - doabgeſtattet, und das Schiff nach Nangaſakigewieſen.

Die Stadt Nangaſakiiſt eine von den fuͤnf ſo ge - nannten Reichsſtaͤdten, und durch ihren Handel mit Auslaͤndern eine der anſehnlichſten Handelsſtaͤdte im Rei - che. Sie gehoͤrt dem weltlichen Kaiſer allein, die Ein - kuͤnfte aus derſelben fließen in ſeine Schatzkammer, und ein Statthalter uͤbt in ſeinem Nahmen den Oberbefehl darin aus. In ehemahligen Zeiten reſidirten hier zwey Gouverneure; heutiges Tages ſind zwar auch allezeit zwey beſtellt, aber nur einer iſt am Regiment, und ſie loͤ - ſen einander jaͤhrlich im October ab. Der dienſtfreye rei - ſet jedesmahl nach Jedo, und bringt ſeine muͤßige Zeit da - ſelbſt bey ſeiner Familie zu, die waͤhrend ſeiner Anweſen - heit zu Nangaſaki, allezeit als Unterpfand ſeiner Treue, da bleiben muß. Die jaͤhrliche Beſoldung eines Statthalters betraͤgt ungefaͤhr zehn tauſend Thaler, wozu noch manche außerordentliche Einnahme kommt. Indeſſen kann er, theils wegen der Geſchenke, die er bey Hofe machen muß, und andrer Ausgaben, die er da hat, theils wegen der Men - ge hoher und niedriger Bedienten, die er auf eigne Koſten halten muß, nicht viel davon eruͤbrigen. Der Gouverneur hat den hoͤchſten Befehl nicht nur in der Stadt, ſondern auch uͤber die beyden, die Hollaͤndiſche und die Chineſiſche, Factoreyen. Die Stadt ſelbſt iſt auf allen Seiten land -29Reiſe von Batavianach Japan, u. ſ. w. waͤrts mit hohen, nach dem Hafen ſich herab ſenkenden Bergen umgeben, und von ganz anſehnlichem Umfange.

Die Stadt iſt offen, und hat weder Wall und Graben, noch eine Citadelle. Die Gaſſen ſind krumm. Durch die Stadt gehen einige Kanaͤle, die das Waſſer von den umliegenden Bergen ſammeln und ableiten, und ſich ganz bis zum Hafen herab erſtrecken. An jedem Ende der Straßen iſt ein hoͤlzernes Thor, das zugeſchloſſen und dadurch alle Gemeinſchaft mit andern Straßen abgeſchnit - ten werden kann. Des Nachts ſind dieſe Thore allezeit verſchloſſen. Die Straßen ſind ſelten laͤnger als dreyßig bis vierzig Laden, und enthalten auch eben ſo viel Haͤuſer. Ueber jede Straße iſt ein Beamter zur Aufſicht angeſetzt, ſo wie auch jede Straße ein Haus hat, worin ihre Ge - raͤthſchaften zum Loͤſchen des Feuers aufbewahret werden. Die Haͤuſer ſind ſelten zwey Stockwerke hoch; das zwey - te Stockwerk iſt auch gemeiniglich niedrig. Das Stadt - regiment fuͤhren vier Buͤrgermeiſter, die eine hinlaͤngliche Anzahl Stadtbedienten von verſchiednem Rang und An - ſehen (Ottonas) unter ſich haben, und wodurch Ordnung und Sicherheit in ſo hohem Grade, daß man es bewun - dern muß, erhalten wird. Ehe die Portugieſen hieher kamen, war Nangaſakinur ein kleines Dorf; hernach aber hat es ſich dadurch, daß um des Handels willen im - mer mehr Leute dahin gezogen ſind, zu ſeiner jetzigen Groͤ - ße allmaͤhlig ausgedehnt.

Die Inſel Dezimawird von der Stadt an die Hol - laͤndiſche Compagnie vermiethet, und nur wie eine zur Stadt gehoͤrige Straße angeſehen. Die Stadt laͤßt da - her alle Wohnhaͤuſer auf derſelben bauen, unterhaͤlt ſie auch, und beſſert ſie, wenn ſie baufaͤllig ſind. Indeſſen muß jeder Bewohner auf ſeine Koſten Fenſterrahmen ein - ſetzen, und das Haus weißen laſſen, auch das Dach und die30Erſte Abtheilung. Waͤnde mit Tapeten verſehen, und andre Einrichtungen zu ſeiner Bequemlichkeit ſelbſt machen laſſen. Die Inſel haͤngt mit der Stadt und dem feſten Lande zuſammen, und iſt bey niedrigem Waſſer bloß durch einen Graben da - von getrennt; nur bey hohem Waſſer iſt ſie eine Inſel. Gemeinſchaft mit der Stadt hat ſie vermittelſt einer Bruͤ - cke. Ihre Groͤße iſt unbetraͤchtlich; ſie hat etwa 600 Fuß in die Laͤnge und 240 in die Breite. Rund umher iſt ſie mit einer Planke eingeſchloſſen. Sie hat zwey Tho - re, eins nach der Stadt bey der Bruͤcke, das andre nach der See. Dies letztere wird nur an ſolchen Tagen geoͤff - net, da das Schiff geloͤſcht oder geladen wird; das erſte - re wird am Tage ſtets von einer Anzahl Japaner bewacht, und des Nachts zugeſchloſſen. Zugleich ſteht ein Wach - haus dabey, worin die Ein - und Ausgehenden viſitirt werden. Laͤngs am Strande ſind zu beyden Seiten ver - ſchiedne Packhaͤuſer und Krankenhaͤuſer fuͤr die Compa - gnie, und mehrere Haͤuſer zur Wohnung fuͤr ihre Bedien - ten angelegt. Dieſe ſind zwey Stockwerke hoch, wovon nur das obere bewohnt, das untre aber zu Buden, Staͤl - len und ſtatt andrer Nebengebaͤude gebraucht wird. Zwi - ſchen dieſen Haͤuſern laufen zwey Gaſſen hin, die ſich in der Mitte durchkreutzen. Außer den großen feuerfreyen Packhaͤuſern ſind die Gebaͤude alle von Fachwerk mit Lehm, mit Ziegeln gedeckt, und nach Landesſitte mit pa - piernen Fenſtern, und Strohmatten auf dem Fußboden verſehen. In neuern Zeiten haben einige von Bataviaentweder kleine Glasfenſter oder einzelne Fenſterſcheiben mitgebracht, um ihren Zimmern mehr Licht zu geben, und Ausſicht zu bekommen. In der Naͤhe des Waſſerthors ſtehen allerhand Geraͤthſchaften zum Feuerloͤſchen bereit. Am andern Ende iſt ein Luſt - und Kuͤchengarten, und ein, zwey Stockwerke hohes, anſehnliches Luſthaus befindlich. 31Reiſe von Batavianach Japan, u. ſ. w. Zur ſteten und genauen Aufſicht auf die Hollaͤnder ſind verſchiedne Beamte, Dolmetſcher und Leute zur Wache beſtellt. In drey Ecken ſtehen Wachhaͤuſer, worin roaͤh - rend der Zeit, da die Schiffe auf der Rhede liegen, Wa - che gehalten wird; nach ihrer Abreiſe wird bloß eins da - von gebraucht. Die Wache geht wie eine Nachtwache, nicht nur bey Nachtzeit, ſondern auch am Tage, ver - ſchiedne Mahl auf der Inſel herum. Die Dolmetſcher haben ein anſehnliches Haus, das ihr Collegium genannt wird, und wo die Handelszeit uͤber, eine betraͤchtliche An - zahl, aber wenn keine Schiffe da ſind, einer oder zwey, taͤglich ſich aufhalten, die alle vier und zwanzig Stunden von andern ordentlich abgeloͤſet werden, welches gemeinig - lich Nachmittags geſchieht, damit die Abgehenden vor Abend zu Hauſe kommen koͤnnen. Ein andres Haus iſt fuͤr die Ottona (der Nahme ſagt ungefaͤhr ſo viel als Rapportir-Buͤrgermeiſter), deren ſich, ſo lange die Han - delszeit waͤhrt, mehrere hier verſammeln, außerdem aber nur einer oder zwey da ſind. Sie werden, wie die Dol - metſcher, abgeloͤſet; ſie haben die Aufſicht auf alles, was auf der Inſel vorgeht, und muͤſſen dem Gouverneur Be - richt davon abſtatten. In dem kleinen Bezirke dieſer In - ſel muͤſſen uͤbrigens die Hollaͤnder ihre Zeit zubringen: ei - ne Einſchraͤnkung, die denen, welche das Jahr uͤber hier bleiben, nicht wenig laͤſtig iſt.

Um die Stadt her auf den Anhoͤhen und an den ſchoͤn - ſten Stellen ſtehen Tempel in großer Menge. Bey den Doͤrfern und Hoͤfen in der Nachbarſchaft der Stadt fin - det man meiſt auf den Anhoͤhen und am Wege eine große Menge in die Hoͤhe ſtehender Grabſteine von allerhand Ge - ſtalten. Man ſagte mir, jedem Verſtorbenen werde ein ſol - cher Leichenſtein errichtet. Vor dieſen Steinen fand ich oft ein oder zwey dicke Bamboroͤhre hingeſetzt, die mit Waſſer,32Erſte Abtheilung. laub oder Blumen angefuͤllt waren. Die Steine ſind zum Theil roh, ſehr haͤufig aber mit Kunſt gehauen, theils mit, theils ohne Inſchrift, dieſe letztern auf eini - gen vergoldet, auf andern nicht. Der vielen in die Hoͤhe ragenden Grabſteine wegen kann man dieſe Begraͤbniß - plaͤtze oft in ſehr weiter Entfernung ſehen. An den Wegen traf ich auch hie und da große ausgegrabene Loͤcher an, worin der Landmann den Urin und den Unrath des Viehes ſammelt. Dergleichen ſammelt man hier mit vie - ler Sorgfalt, um hernach den Acker damit zu duͤngen, verurſacht aber dadurch den Vorbeypaſſirenden einen haͤß - lichen und nicht ſelten unausſtehlichen Geſtank.

In den Gaͤrten in und vor der Stadt fand ich verſchiedne Europaͤiſche Kuͤchengewaͤchſe, die man hier bauet, und wovon ich bereits einen Theil an Bord des Hollaͤndiſchen Schiffes und nach der Factorey hatte brin - gen ſehen: rothe Ruͤben, die hier roͤther ſind, als ich ſie irgend ſonſt außer Europageſehen habe; Moͤhren oder gelbe Wurzeln; Fenchel, Dill, A[ni]s, Peterſilie; Spar - gel; verſchiedne Sorten Zwiebeln, als Porre, Zipollen; Ruͤben; Lactuc, Cichorien, Endivien, und mehrere andre.

Da Amtsgeſchaͤffte fuͤr mich ſehr ſelten vorfielen, brachte ich meine Zeit mit Sammlung, Unterſuchung und Aufbewahrung von Inſekten und Gewaͤchſen, in dem Umgange mit den Dolmetſchern, und, als ich erſt Er - laubniß dazu hatte, mit Botaniſiren zu. Die Dolmet - ſcher nahmen bey mir Unterricht in verſchiednen Wiſſen - ſchaften, beſonders in der Kraͤuterkunde und der Arzney - kunſt. Mir machte dieſe Beſchaͤfftigung Vergnuͤgen, und ſie bewieſen ſich als wißbegierige und gelehrige Schuͤler. Verſchiedne von ihnen hatten unter meiner Anfuͤhrung eine ausgebreitete und eintraͤgliche Praxis in der Stadt. Eini - ge brachten mir verſchiedne ſchoͤne, ſeltne, mir bis dahinganz33Reiſe von Batavianach Japan, u. ſ. w. ganz unbekannte, und dieſem Lande eigne Gewaͤchſe, die ſie theils ſelbſt geſammelt, theils durch ihre Freunde aus den inneren Provinzen bekommen hatten. Zugleich ver - ſchaffte ich mir durch ihre Huͤlfe allmaͤhlig zuverlaͤſſige Nachrichten, die Regierung, Religion, Sprache, Sit - ten, Haushaltung des Volks und dergleichen betreffend. Auch erhielt ich durch ſie unterſchiedliche Buͤcher und an - dre Seltenheiten.

Im October und November herrſchten ſo wohl auf dem Schiffe, als zu NangaſakiDiarrhoͤen mit ſtarkem Stuhlgangszwang (Teneſmus). Unter dem Schiffs - volke entſtand dieſe Krankheit von der ſtarken Tageshitze und naͤchtlichen Kaͤlte. In der Stadt kam noch eine Urſache hinzu, naͤmlich das haͤufige Eſſen der Perſimone oder Kaki (Diospyros Kaki), die um dieſe Jahrszeit reif iſt und verkauft wird, angenehm ſchmeckt und mit gelben Pflaumen Aehnlichkeit hat.

Nicht lange nach meiner Ankunft betraf mich ein unvermutheter Unfall, der anfangs von keiner Bedeu - tung zu ſeyn ſchien, aber doch viel Laͤrm, und mir viel Verdruß verurſachte. Da zu Bataviameine Umſtaͤnde mir nicht erlaubt hatten, mir einen eignen Sklaven zu kaufen, und nach Japanmitzunehmen, war einer von den Supercargeuren ſo gefaͤllig, mir einen von ſeinen Sklaven ſo lange zu leihen, bis er uͤbers Jahr wieder hie - her kommen wuͤrde. Dieſer Kerl, welcher zu Bataviaeine Frau zuruͤck gelaſſen, und ſich bis jetzt mit der Hoff - nung geſchmeichelt hatte, dies Jahr zu Hauſe zu reiſen, und die Seinigen zu ſehen, wurde hieruͤber ſehr mißver - gnuͤgt und zuletzt milzſuͤchtig. Endlich fiel ihm ein ſich zu verſtecken, und er verſchwand, ohne daß jemand wußte, wo er geblieben waͤre, oder was ihn dazu angetrieben ha - ben moͤchte. Anfangs ließen wir ihm durch die andernThunbergs Reiſe 2. Bandes 1. Theil. C34Erſte Abtheilung. Sklaven nachſuchen, aber wir konnten ihn nicht auffin - den. Am folgenden Tage ſpuͤrten die Dolmetſcher und die uͤbrigen auf der Inſel befindlichen Japaner ſelbſt ihm noch genauer nach, aber auch vergeblich. Am dritten Tage kam endlich auf Befehl des Gouverneurs aus der Stadt eine große Menge Dolmetſcher, Ober - und Un - ter-Banjoſen, nebſt vielen andern Leuten, um noch ge - nauere Nachſuchung anzuſtellen. Auch dieſe fanden ihn nicht eher, als gegen Abend, und zwar in einem alten Packhauſe. Haͤtte man ihn heute noch nicht angetroffen, ſo waͤre am folgenden Tage auf Befehl des Statthalters noch ſtrengere Viſitation uͤber die ganze Inſel und in allen Zimmern der Haͤuſer angeſtellt worden. Waͤre auch dies umſonſt geweſen, ſo wuͤrde uͤber das ganze Land der Be - fehl ergangen ſeyn, den Entlaufnen aufzuſuchen, und die Sache haͤtte nach Hofe muͤſſen berichtet werden. Von einem ſo geringen Vorfalle machen die Japaner gewalti - ges Aufheben, aus Furcht, es moͤchte ſich jemand ins Land einſchleichen, welches doch kaum auf irgend eine Art moͤglich iſt. Der Sklave wurde hernach mit Stockſchlaͤ - gen beſtraft und in Ketten geſchloſſen, und damit war der ganze große Laͤrm zu Ende.

Den 24. October wurde das Hollaͤndiſche Schiff von der Stadt nach dem ſo genannten Papenbergege - bracht. Hier ſollte es vor Anker liegen und den ruͤckſtaͤn - digen Theil der Ladung einnehmen. Meine Obliegenheit brachte es mit ſich, mitzugehen und an Bord zu bleiben, bis mein Vorgaͤnger, der hernach mit dieſem Schiffe nach Bataviagehen ſollte, mich abloͤſen wuͤrde. Es wird naͤmlich, einige Tage nachdem das Schiff bey ſeiner Ankunft im Hafen ſich vor Anker gelegt hat, vom Statt - halter der Tag feſt geſetzt, da es wieder abſegeln ſoll. Die - ſer Befehl muß ſchlechterdings befolgt werden, und wenn35Reiſe von Batavianach Japan, u. ſ. w. der Wind auch noch ſo ſtark, oder gar Sturm iſt, muß das Schiff dennoch ohne Einwendung hinaus. Wir hatten heute auch in der That widrigen Wind, der ſo heftig wehete, daß das Schiff mit mehr als hundert gro - ßen und kleinen Boͤten hinaus bogſirt werden mußte. Alle dieſe, in verſchiedne lange Reihen geſtellten, kleinen Fahr - zeuge, die ein ungeheuer großes Schiff durch Huͤlfe lan - ger Taue fortſchleppten, gaben einen gar ſonderbar auf - fallenden Anblick; luſtig war dabey das aufmunternde Freudengeſchrey der mehreren hundert Japaner, die jene Boͤte ruderten.

Ehe das Schiff die Rhede verlaͤßt, wird das zu An - fange ihm abgenommene Schießpulver, Gewehr und Buͤcherkaſten wieder ausgeliefert. Auch werden die Kran - ken aus dem Hoſpitale vorher aufs Schiff gebracht. Mitt - lerweile das Schiff ausſegelt, werden die Kanonen geloͤſet, um die Stadt und die Factorey, und hernach die beyden Kaiſerlichen Wachen zu ſalutiren.

Unter dem Papenbergeliegen auch die Chineſiſchen Fahrzeuge vor Anker, nachdem ſie einen Theil ihrer La - dung eingenommen haben, bis ſie mit gutem Winde ab - ſegeln koͤnnen.

Waͤhrend der Zeit nun, da das Schiff hier liegen blieb, wurde der uͤbrige Theil des Kupfers und des Kam - pfers, wie auch die den Privat-Perſonen gehoͤrigen Waa - ren und andere Sachen umgeladen. Dies geſchieht aber nur einen Tag um den andern. Alsdann muͤſſen ſo wohl die Japaniſchen Beamten als die Dolmerſcher dieſen, eine ganze Meile langen Weg zu Waſſer machen, um auf dem Schiffe zugegen zu ſeyn. Hier wird auch das, was das Schiff auf der Ruͤckreiſe gebraucht, beſonders Waſ - ſer in Menge, eingenommen. Wachſchiffe liegen auch hier, um auf die Hollaͤnder ein Auge zu haben; groͤßten -C 236Erſte Abtheilung. theils aber doch in ziemlicher Entfernung. Und da in dieſer Gegend verſchiedne große und kleine Inſeln liegen, ſo duͤrfen die Hollaͤnder, ohne von den Japanern daran gehindert zu werden, mit ihrer Schaluppe, die ſie nun - mehr auch wieder bekommen haben, ſich zu ihrem Ver - gnuͤgen mit[derſelben] hinrudern laſſen. Verweilen ſie aber lange daſelbſt, beſonders auf den großen unter dieſen Inſeln, die bewohnt ſind, ſo kommen Wachſchiffe nach, jedoch ohne daß die darauf befindlichen Beamten, die alsdann den Hollaͤndern nur Geſellſchaft leiſten, ſie im geringſten hindern, umher zu gehen. Kommt man auf ſolchen Spatziergaͤngen zu einem Dorfe, (die Doͤrfer ſind zum Theil ſehr groß), ſo ſtroͤmt eine unglaubliche Menge Leute und Kinder herbey, die mit großem Ge - ſchrey die in ihren Augen gar ſonderbaren Europaͤer be - ſchauen, und ſich vorzuͤglich uͤber ihre großen runden Augen luſtig machen, und daher allezeit Hollanda O-me rufen.

Papenbergiſt eine kleine Inſel, die ganz bis an den Strand hin von einem ſpitzigen Berge bedeckt wird, der auf zwey Seiten ſo allmaͤhlig herab geht, daß man ihn da beſteigen kann, welches gemeiniglich in Zeit einer Vier - telſtunde geſchieht. Auf den beyden andern Seiten iſt er ſehr ſteil. Die Inſel ſoll ihren Nahmen davon bekommen haben, daß die Japaner damahls, als ſie die Chriſten und Portugieſen verjagten, wie man erzaͤhlt, viele von den Portugieſiſchen Moͤnchen von dieſem Berge ins Meer geſtuͤrzt haben. Zur Seite von Papenbergliegt die Fi - ſcher-Inſel, welche nur aus einem, wiewohl etwas laͤng - lich rundem Berge beſteht, womit ſie bis an den Strand bedeckt iſt; ſie iſt wie jene ganz unbewohnt.

Ich ermangelte nicht, ſo lange ich mich auf dem Schiffe aufhalten mußte, alle Gelegenheit zu benutzen,37Reiſe von Batavianach Japan, u. ſ. w. auf dieſen Inſeln und Bergen zu botaniſiren. Auch ſam - melte ich wirklich dieſen Herbſt verſchiedne Samen von ſelt - nen Kraͤutern, Straͤuchen und Baͤumen, die ich mit dem abgehenden Schiffe nach Bataviaſchickte, von da ſie wei - ter nach Amſterdambefoͤrdert werden ſollten. Unter den Gewaͤchſen, die ich hier antraf, bemerke ich folgende: Die Chinawurzel (Smilax China) waͤchſt hier uͤberall in Menge. Deſſen ungeachtet kaufen die Japaner jaͤhrlich fuͤr anſehnliche Summen eine große Quantitaͤt von den Chi - neſern. Die Wurzel wird in Decoct als ein blutreinigen - des Mittel, und in vielen Krankheiten, ſehr haͤufig ge - braucht. Die Japaniſchen Dolmetſcher freueten ſich ſehr, von mir zu hoͤren, daß dieſes nuͤtzliche Gewaͤchs in ihrem eignen Lande waͤchſt, welches ſie bisher nicht gewußt hat - ten. An den Steinhaufen und Mauern ſah ich haͤufig ſo wohl zwerg - als hochſtaͤmmige Feigenbaͤume (Ficus pumila, erecta) ſtehen, die zwiſchen den Steinen ſich hindurch ſchlaͤngelten. Die Feigen werden gegeſſen, ſind aber ſo klein als Pflaumen. Die dreylappige Trichterwinde (Ipomoea triloba) waͤchſt ſo wohl wild als gebauet. Die Wurzeln ſind entweder weiß oder ſchwarz, die letztern werden als ein abfuͤhrendes Mittel gebraucht. Der Pfefferſtrauch (Fagara piperita) ſteht hier allenthalben. Die Beeren waren jetzt reif. So wohl die Blaͤtter als die Fruͤchte haben einen gewuͤrz - artigen Geſchmack, hitzen ſehr, und haben zugleich etwas unangenehmes. Die Huͤlſe der Frucht, oder die Kapſel, treibt die Blaͤhungen und iſt bisweilen wirkſam gegen die Kolik. Nicht nur dieſe, ſondern auch die Blaͤtter wer - den allgemein ſtatt Pfeffers in den Suppen gebraucht. Die Blaͤtter allein, und mit Reißmehl zu einem Brey geſtoßen, werden anſtatt Spaniſcher Fliegen auf Ge - ſchwuͤre und Stellen, wo man rheumatiſche Glieder -38Erſte Abtheilung. ſchmerzen fuͤhlt, gelegt. Die herzblaͤtterige Faͤrber - roͤthe (Rubia cordata), gebraucht der Landmann hier zum Faͤrben, eben wie die gemeine Faͤrberroͤthe (Rubia tinctorum). Auch waͤchſt hier eine Menge verſchied - ner Arten Neſſeln. Aus dem Samen der ſchneeweißen (Urtica nivea) preßt man Oehl.

Nachdem ich verſchiedne Monathe unter Papenbergmich am Bord aufhalten muͤſſen, wurde ich endlich im Anfange des Novembers von dem bisherigen hieſigen Arzte abgeloͤſet, der nunmehr nach Bataviazuruͤck gehen mußte, um mir, der ich die Abſicht hatte, wenigſtens ein Jahr hier zu bleiben, Platz zu machen.

Gegen Neujahr kamen zu Nangaſakizwey Kauf - fahrteyſchiffe (Jonke) von Chinaan, welche verſchiedne Japaner mitbrachten, die durch Sturm an die Chineſiſche Kuͤſte getrieben waren. Dieſe Japaner wurden ſo gleich nach ihrem Geburtsorte gebracht; denn kein Japaner darf ſich von ſeiner Heimath wegbegeben. Eben ſo hatte unſer Chef vor einigen Jahren einen Japaner von Bata - viahieher gebracht, der beym Fiſchen auf der See vom Winde verſchlagen war, und ſich verſchiedne Jahre außer ſeinem Vaterlande aufgehalten hatte. Endlich war er nach Bataviagekommen, ging wie ein Maleye gekleidet, und redete die Maleyiſche Sprache fertig.

Am erſten Januar 1776 feyerten wir unſern Neu - jahrstag, und viele von den Japanern trugen dazu bey, ihn feyerlich zu machen. (Die Kaͤlte war ſehr ſtark und empfindlich; Schnee lag gar nicht.) Gegen Mittag kamen nach Gewohnheit die meiſten von denjenigen Japa - nern, welche mit dem Hollaͤndiſchen Handel irgend etwas zu thun haben, als Ober - und Unter-Banjoſen, Ottonas, Ober - und Unter-Dolmetſcher, Aufſeher, Voͤgte und der - gleichen, nach der Factorey, um uns ein gluͤckliches Neu -39Reiſe von Batavianach Japan, u. ſ. w. jahr zu wuͤnſchen. Sie hatten ihre Feyerkleider an, leg - ten bey dem Chef einen feyerlichen Beſuch ab, und wur - den hernach von ihm zum Mittagseſſen gebethen. Das Eſſen war meiſtentheils auf Europaͤiſche Art zubereitet, daher waren der Gerichte wenige, wovon die Japaner koſteten. Indeſſen ging doch alles darauf. Von der Suppe aßen alle; von den andern Gerichten aber, als: gebratnen Ferkeln, Schinken, Salat, Kuchen, Tor - ten und anderm Backwerk, nahmen ſie wenig oder nichts. Statt deſſen wurde von jedem Gerichte ein Stuͤck auf ei - nen Teller gelegt, der, wenn er voll gepackt war, mit einem Blatte Papier, worauf der Nahme deſſen, dem er gehoͤrte, geſchrieben war, zugedeckt, und nach der Stadt geſchickt wurde. Dies geſchah mehreremahl nach einander. Geſalzenes Fleiſch und dergleichen, das die Japaner nicht eſſen, heben ſie auf und brauchen es als Medicin. Eben ſo machen ſie es mit geſalzner Butter, wovon ich ihnen oft auf ihr Bitten etwas mittheilte; ſie machen Pillen daraus, und geben davon den Schwindſuͤchtigen und andern Kranken taͤglich eine gewiſſe Anzahl. Nach der Mahlzeit wird mit warmen Sakki (dem bekannten von Reiß praͤparirten Getraͤnke) tractirt, das aus lackir - ten hoͤlzernen Taſſen getrunken wird. Bey dieſer frohen und feſtlichen Gelegenheit laͤßt der Chef auch verſchiedene galante Maͤdchen aus der Stadt nach der Inſel bitten, deren Beſtimmung iſt, theils den Sakki-Trank zu ſerviren, theils zu tanzen und den auf der Inſel bereits befindlichen Maͤdchen Geſellſchaft zu leiſten. Dieſe tractirten auch nach Mittage die Japaner mit verſchiednen Gerichten des Lan - des, die auf kleinen viereckigen Tiſchen ſtanden, welche ſie mit kuͤnſtlichen Fichtenbaͤumen geſchmuͤckt hatten, de - ren Blaͤtter von gruͤner Seide gemacht, und hie und da mit kleinen Zoͤpfen weißer Baumwolle, die Schnee vor -40Erſte Abtheilung. ſtellen ſollten, beſtreuet waren. Das Sakki bothen die Maͤdchen nie ſtehend, ſondern nach Landesſitte ſitzend, an. Abends tanzten ſie auf Japaniſche Art. Um fuͤnf Uhr nahmen die Gaͤſte ihren Abſchied.

Dies war jedoch nicht das einzige Mahl, daß ich von den Toͤchtern des Landes welche zu ſehen bekam. Denn da das weibliche Geſchlecht bey den Japanern nicht einge - ſchloſſen gehalten wird, war es mir ſehr leicht, auf den Straßen in der Stadt und ſelbſt in den Haͤuſern ſie in Augenſchein zu nehmen.

Den 20. Januar wurde Geld fuͤr Rechnung der Hollaͤnder ausgezahlt, und alle ihre Aſſignationen liqui - dirt, welches nur einmahl im ganzen Jahre geſchieht. Zu dieſem Ende fanden ſich auf der Rent-Kammer in der Stadt Dolmetſcher, Bediente, Kaufleute, Compradore und alle andre, die etwas zu fordern hatten, ein. Jeder, der Geld empfangen ſoll, muß ſelbſt zugegen ſeyn, ſonſt wird nichts fuͤr ihn aus - gezahlt.

Den 7. Februar wanderte ich zum erſten Mahl in der Gegend der Stadt umher, um zu botaniſiren, nach - dem ich endlich ſo gluͤcklich geweſen war, vom Gouver - neur dazu die Erlaubniß zu erhalten. Mich begleiteten verſchiedne Ober - und Unter-Dolmetſcher, Ober - und Un - ter-Banjoſen, Compradore, und eine große Menge Unter - bediente. Dies zahlreiche Gefolge hinderte mich zwar nicht, auf allen Bergen und Huͤgeln nach Herzensluſt umher zu ſtreifen; machte aber meine Excurſionen ſehr koſtbar. Denn meine Schuldigkeit war, ihnen gegen Abend, wenn ſie muͤde waren, in einem Wirthshauſe etwas vorſetzen zu laſſen, wovon die Koſten jedesmahl ſechszehn bis achtzehn Thaler betrugen. Deſſen ungeachtet bediente ich mich woͤchentlich ein - oder zweymahl der be -41Reiſe von Batavianach Japan, u. ſ. w. kommenen Freyheit, bis die Reiſe nach dem Hofe des Kaiſers den Anfang nahm.

Auf den Anhoͤhen vor der Stadt ſah ich bey allen Doͤrfern ganze Strecken mit Bataten oder Erdaͤpfeln (Convolvulus edulis) bepflanzt, die locker und ange - nehm von Geſchmack waren. Die Stauden lagen ſammt den Stengeln und Blaͤttern an der Erde, und hatten keine einzige Blume. Dieſe Erdfrucht iſt weit wohl - ſchmeckender und leichter zu verdauen, als die Kartoffeln, deren Bau man hier auch verſucht hat, die aber nicht gut arten wollen. Hin und wieder fand ich Wachholder (luniperus communis), der gewoͤhnlich im noͤrdlichen Europazu Hauſe iſt: indeſſen war er nur ſelten; mei - ſtens traf ich ihn nahe an den Tempeln. Die Kal - muswurzel (Acorus calamus) waͤchſt hier auch, und zwar an naſſen Stellen, wild. Wegen ihres ſtarken aromatiſchen Geſchmacks ſehen die Japaner ſie zwar als ein kraͤftiges Heilmittel an, kennen aber doch ihren rech - ten und eigentlichen Nutzen nicht. Ferner waͤchſt hier eine Art Ingber (Amomum Mioga), wiewohl nur an einigen wenigen Stellen, und ſehr ſparſam, wild. Die Wurzel iſt ziemlich heiß und ſcharf, und beynahe ſo gut, als der gewoͤhnliche Ingber, ſtatt deſſen er auch von den Einwohnern bisweilen gebraucht wird. Epheu ſtand an mehrern Orten im ſchoͤnſten Gruͤn. An - fangs ſchien er mir von dem gewoͤhnlichen Europaͤiſchen unterſchieden zu ſeyn, denn er hatte ſehr haͤufig ganze und ungetheilte Blaͤtter. Hernach aber ſah ich, daß er ſich in Anſehung der Geſtalt und Groͤße der Blaͤtter ſehr ver - aͤnderte. Buchsbaum (Buxus virens) iſt nicht ſelten. Man trifft ihn ſo wohl wild als gepflanzt an. Von ſei - nem feinen und ſchoͤnen Holze macht man Kaͤmme, die mit rothem Firniß uͤberzogen, und vom Frauenzimmer42Erſte Abtheilung. zum Schmuck in den Haaren getragen werden. Das Bamborohr (Arundo bambos), dieſe einzige Grasart, die zu der Hoͤhe eines Baums hinan waͤchſt, findet man an vielen Stellen, und von ſehr ungleicher Hoͤhe und Dicke. Die Wurzel davon wird hier, ſo wie auf an - dern Indiſchen Inſelnzu Atjargebraucht, das heißt mit Eſſig eingemacht. Die dicken Staͤmme gebraucht man Laſten zu tragen, und die einzelnen Zweige zu Pinſelſtielen, und zerſchnitten zu Faͤcherſtaͤben und mancherley anderm Behufe. In der Naͤhe einiger Hoͤfe und beſonders bey den Tempeln, fand ich einen ſonderbaren Buſch, drey bis vier Ellen hoch, vom Geſchlechte der Celaſter (Ce - laſtrus alatus), der laͤngs der Zweige hervor ſtehende, ab - gebrochne und zuſammen geballte Kanten hat, und jetzt voll reifender Fruͤchte ſtand. Man erzaͤhlte mir, die Freyer bedienten ſich der Zweige, um ſie vor der Thuͤr desjenigen Hauſes, wo ſie ſich eine Braut zu nehmen ge - daͤchten, zu befeſtigen. Den biſamartigen Gaͤnsfuß (Chonopodium ſcoparium) gebrauchen hier zu Lande einige als ein Arzneymittel. Die Roſenpappel (Al - cea roſea) und die Stockroſe (Malva mauritiana) hat man hier ihrer großen ſchoͤnen Blumen wegen ſehr haͤufig in den Gaͤrten. Die Pfeffermuͤnze (Mentha pipe - rita) waͤchſt an vielen Stellen wild. Die krauſe Baſilie (Ocymum criſpum), welche noch die Huͤgel ſchmuͤckte, gebraucht man zu einem Thee (Infuſum) gegen Erkaͤltungen und Fluͤſſe. Das Kraut giebt gekocht einen rothen Decoct, womit die Japaner die Rettiche und Ruͤben zu faͤrben pflegen. Von ſuͤßen Potatos (Dioſ corea) wachſen mehrere Arten wild. Ich bemerkte aber nicht, daß ſie zur Nahrung gebraucht werden, au - ßer eine Gattung, die im Syſteme die Japaniſche heißt, deren wohlſchmeckende Wurzeln man in Scheiben ſchnei -43Reiſe von Batavianach Japan, u. ſ. w. det und kocht. Hanf waͤchſt nicht nur wild, ſondern man bauet ihn auch. Von Spaniſchem Pfeffer traf ich zwey Arten, meiſtens gebauet, an. Die jaͤhrige Beißbeere (Capſicum annuum) iſt die gewoͤhnlichſte. Die Japaner ſelbſt machen wenig Gebrauch davon, ſon - dern verkaufen ſie gemeiniglich an die Sklaven auf der Factorey. Die andre iſt das Capſicum groſſum. Dieſe zieht man in Toͤpfen, hindert ſie mit Gewalt, groß, und zwingt ſie, ganz ungeſtalt zu werden: eine Gewohnheit, welche die Japaner, mehr als irgend ein andres Volk, bey vielen Gewaͤchſen lieben. Tabak ſah ich hie und da, aber nirgend große Pflanzungen davon. Dies Ge - waͤchs haben die Portugieſen zuerſt hieher gebracht, und es iſt faſt das einzige, was man von ihnen im Lande noch aufzuweiſen hat. Die Japaner haben keinen eignen Nah - men dafuͤr, ſondern nennen es auch Tabaco. Sie rau - chen den Tabak aus ſehr kleinen metallnen Pfeifen, und ſchneiden ihn ſo fein, als Haar. Ein Thalkraut oder Zauken (Convallaria Iaponica), ſah ich mit Frucht be - ſetzt. Die Knollen an den Wurzeln macht man mit Zu - cker ein, und ſo gebraucht, werden ſie ſo wohl von den Chineſen, als den Japanern als ein herrliches Mittel in Krankheiten geruͤhmt. Buchweitzen, ſo wohl den gemeinen (Fagopyrum), als den vielblumigen (multi - florum) trifft man in der Naͤhe der Hoͤfe und an hohen Stellen nicht ſelten an; den erſteren bauet man, der letztere waͤchſt wild. Aus jenem bereitet man Mehl, woraus kleine Kuchen gemacht werden, die man gewoͤhn - lich faͤrbt und an geringe Leute verkauft. Die Wurzel des letzteren ſoll herzſtaͤrkend ſeyn, und wird zu dem Ende ganz roh genoſſen; in Aſche gebraten ſchmeckt ſie barſch. Große Gartenbohnen (Vicia faba), Erbſen (Piſum fativum), nebſt einigen Arten Tuͤrkiſcher Bohnen, naͤm -44Erſte Abtheilung. lich die gemeine (Phaſeolus vulgaris) und die geſtrahlte (radiatus) traf ich bey den Bauern als allgemeine Gar - tengewaͤchſe an, welche ſie nicht nur nach der Stadt, ſondern auch nach der Hollaͤndiſchen Factorey zu Kauf brachten.

Das Leben, welches die Hollaͤnder auf ihrer Inſel fuͤhren, iſt hoͤchſt einſam, langweilig und eingeſchraͤnkt; nicht viel beſſer als buͤrgerlicher Arreſt. Man denke ſich vierzehn Europaͤer mit einigen Sklaven und Japanern, in den Bezirk der kleinen Inſel eingeſchloſſen und nicht nur von der ganzen Chriſtenheit, ſondern vielmehr von der ganzen uͤbrigen Welt abgeſondert! Iſt nicht der Euro - paͤer, welcher hier zuruͤck bleibt, und ein Jahr aushalten muß, wie in einem Winkel der Erde begraben? Man erfaͤhrt hier weder Neues noch Altes, weder Gutes noch Boͤſes; man bekommt weder Zeitungen noch Briefe. Die Seele kann nur eine ihrer Hauptkraͤfte gebrauchen: den Verſtand; der Wille iſt ganz unthaͤtig; denn fuͤr den Europaͤer giebt es keinen andern Willen, als den Willen der Japaner, der in allen Stuͤcken puͤnktlich be - folgt werden muß.

Uebrigens iſt die Lebensart der Europaͤer hier mei - ſtentheils dieſelbe, als an andern Orten in Oſtindien, uͤp - pig und unordentlich. Auch macht man hier, eben ſo als zu Batavia, jeden Abend Beſuche, am oͤfterſten beym Chef. Vorher pflegt man ein - oder zweymahl, die beyden Straßen auf und nieder, auf der Inſel umher zu ſpatzieren. Die Abendbeſuche waͤhren von ſechs bis eilf oder zwoͤlf Uhr in der Nacht, und geben einen erbaͤrm - lichen Zeitvertreib; nur wer in die Tobakspfeife ſein groͤß - tes Vergnuͤgen ſetzt, befindet ſich wohl dabey.

Zur Bedienung ihrer Perſon gebrauchen die Hol - laͤnder ihre mitgebrachten Sklaven. Zu allen andern45Reiſe von Batavianach Japan, u. ſ. w. Dienſten fuͤr ſie aber ſind Japaner beſtellt, als Compra - dore, oder Schaffer von verſchiedner Art, welche die Eßwaaren und was ſonſt in der Haushaltung gebraucht wird, herbey ſchaffen; Koͤche, die das Eſſen auf Hollaͤn - diſche Weiſe zurichten; und Bediente, die zwar gebohrne Japaner und dabey keine Dolmerſcher ſind, aber doch das Hollaͤndiſche ſprechen gelernt haben: von dieſen letzteren bekommt der Chef vier, der Secretair einen und der Doctor einen, welche zuſammen die Reiſe nach Hofe ma - chen. Hat man Handwerksleute aus der Stadt noͤthig, ſo bekommen dieſe vom Gouverneur Erlaubniß nach der Inſel zu kommen.

Die Hollaͤnder eſſen hier, ſo wie zu Batavia, viel Reiß, es wird aber doch zu ihrem Gebrauche in der Stadt Weitzenbrot gebacken, und taͤglich friſch nach der Inſel gebracht.

Fiſchſpeiſen eſſen die Hollaͤnder hier haͤufig. Einige von den Fiſchen, die auf unſern Tiſch kamen, ſchienen mir merkwuͤrdig, Unter andern: ein Fiſch aus dem Ge - ſchlechte der Umberfiſche (Sciaena), deſſen Bauchfloſſen aus einer dicken, mit vielen Graͤten verſehenen Zacke be - ſtehen, und deſſen Haut ſehr hart und knochenartig iſt; die Haut wird abgezogen, und der Fiſch gekocht: er hat feſtes und wohlſchmeckendes Fleiſch; wie auch huͤbſch ausſehende Barſche mit ſieben ſchmalen Strichen. Auch iſſet man hier eine ſehr große und dabey ſehr laͤng - liche Art Auſtern, die hier zu Lande fallende Auſtern heißen, weil ſie nicht wie andre an den Klippen feſt ſitzen. Sie ſchmecken gut; weil ſie aber ſo groß ſind, werden ſie meiſtens gekocht oder geſtobt, und mit etwas Bruͤhe gegeſſen. Ferner bereitet man hier etwas, das ſich mit Kaviar vergleichen laͤßt, auch, wie dieſer, roh gegeſ - ſen wird. Es ſieht wie ein Stuͤck Kaͤſe aus. Ich hielt46Erſte Abtheilung. es fuͤr Fiſchrogen, den man eingeſalzen, etwas gepreßt und hernach gedoͤrret hatte. Vor der Seeflaſche (Tetrodon hiſpidus) muß man ſich hier in Acht neh - men. Er iſt ſo giftig, daß er denen, welche davon eſſen, nicht ſelten den Tod zuzieht. Die Japaner haben ihm deswegen auch einen Nahmen gegeben, welcher ſo viel ſagt, als dieſer Fiſch mache Norden dem Menſchen zum Kopf - kiſſen, weil unter ihnen der Gebrauch allgemein iſt, daß, wenn jemand mit dem Tode ringt, der Kopf allezeit nach Norden gekehrt ſeyn muß.

Die Officiere, naͤmlich der Secretair, der Doctor und die Aſſiſtenten bewohnen jeder zwey oder drey ſchoͤne Zimmer, und zwar umſonſt, außer daß ſie Tapeten, Meublen und Hausgeraͤth ſelbſt anſchaffen muͤſſen. In den Packhaͤuſern haben ſie ihre Sachen liegen. Die Of - ficiere ſpeiſen auch Mittags und Abends unentgeldlich beym Chef am Tiſche der Compagnie. Ihre gewoͤhnlichen Ausgaben betragen daher wenig, wenn ſie nicht unter einander oft koſtbare Geſellſchaften halten und zu Abend tractiren, oder auch Geld an das ſchoͤne Geſchlecht wenden.

Hiezu hat man hier ſo viele und bequeme Gelegen - heit, als irgendwo in Europa. In den meiſten Japani - ſchen Staͤdten ſind in einer gewiſſen Straße mehrere Wei - berhaͤuſer eingerichtet. Nangaſakiiſt hievon nicht aus - genommen. Selbſt die Hollaͤnder und Chineſer koͤnnen Antheil an dieſen Anſtalten nehmen. Wuͤnſcht man ſich in ſeiner Einſamkeit weibliche Geſellſchaft, ſo giebt man es einem gewiſſen Manne zu erkennen, der zu dieſem Ende alle Tage auf die Inſel kommt. Gegen Abend ſchafft dieſer ein Maͤdchen her, die eine kleine Aufwaͤrterin bey ſich hat, welche Kabro heißt, und taͤglich aus der Stadt alles hohlt, was ihre Herrſchaft zum Eſſen und Trinken47Reiſe von Batavianach Japan, u. ſ. w. gebraucht, auch das Eſſen und das Theewaſſer fuͤr ſie kocht, alles rein haͤlt und Gewerbe beſtellt. Eine ſolche Geſellſchaft muß man wenigſtens drey Tage behalten; man kann ſie aber auch laͤnger behalten, ſo lange man will, waͤre es auch ein oder mehrere Jahre. Auch hat man Freyheit, uͤber kurz oder lang zu tauſchen. Allein jeden Tag muß das Maͤdchen, wenn ſie laͤnger als drey Tage bleibt, ſich am Stadtthore zeigen und den Banjo - ſen melden, ob ſie laͤnger bleibt, oder nicht. Fuͤr jeden Tag werden acht Mas an den Herrn des Maͤdchens be - zahlt; ſie ſelbſt aber muß nicht nur in allem frey gehalten werden, ſondern man muß ſie auch bisweilen mit ſeidnen Kleidern, Guͤrteln, Kopfputz und dergleichen beſchenken. Merkwuͤrdig iſt es, daß ſelten eins dieſer Maͤdchen von einem Europaͤer ein Kind bekommt. Geſchieht es, ſo wird, (wenn es anders wahr iſt, was man hier glaubt), zumahl wenn es ein Knabe iſt, ums Leben gebracht. Andre haben mich dagegen verſichern wollen, daß man ſolche Kinder genau bewache, bis ſie funfzehn Jahr alt ſind, und alsdann mit den Hollaͤndiſchen Schiffen nach Bataviaſchicke. Ich kann indeſſen nicht glauben, daß zu dem erſteren die Japaner unmenſchlich genug ſeyn ſollten; und von dem letzteren hat man kein Exempel.

In der Mitte des Octobers wurde es auf unſrer Inſel ſchon empfindlich kalt, beſonders ruͤhrte dies von den ſtarken Oſt - und Nord-Winden her, die jetzt weheten. Wir fingen daher nun auch ſchon an einzuheitzen. Dies hilft aber nicht ſehr viel, weil weder Thuͤren noch Fenſter recht dicht ſind. Das Einheitzen ſelbſt verrichteten wir mit Kohlen, die aus der Stadt gehohlt, und in einem großen kupfernen Topfe mit breitem Rande mitten ins Zimmer geſtellt wurden. Dies muß aber oft wiederhohlt48Erſte Abtheilung. werden, weil das Zimmer dadurch jedesmahl nur auf ei - nige Stunden warm wird.

Nun iſt noch uͤbrig, von dem hieſigen Handel der Hollaͤnder und Chineſer einige Nachricht zu geben. Die Hollaͤnder und Chineſer ſind bekanntlich die einzigen Voͤl - ker des Erdbodens, die Erlaubniß haben, mit ihren Schiffen hieher zu kommen, und hier Handlung zu treiben.

Die Portugieſen, welche die erſten Entdeckungen in Oſtindiengemacht haben, waren es auch, welche die Ja - paniſchen Inſelnentdeckten, und zwar durch einen Zufall, als ſie ums Jahr 1542 durch Sturm an die Kuͤſten ver - ſchlagen waren. Sie wurden wohl aufgenommen, und trieben hier beynahe hundert Jahr lang den eintraͤglichſten Handel. Als Portugalund Spanienhernach unter ei - nem Regenten vereinigt waren, nahmen die Spanier Theil daran. Auch die Englaͤnder handelten einige Zeit hieher. Endlich wurden die Hollaͤnder zufolge eines ſchrift - lichen Tractats mit dem Kaiſer im Jahr 1601 ausſchließ - lich die Beſitzer des ſo ſehr bereichernden Japaniſchen Han - dels, der anfangs noch ſehr ergiebig fuͤr ſie war, hernach aber von Zeit zu Zeit eingeſchraͤnkt und wenig eintraͤglich wurde. In den erſten Zeiten hatten ſie ungleich mehr Freyheit als jetzt. Sie durften mit ihren Schiffen in den Hafen Finandoseinlaufen, mehrere Schiffe, oft fuͤnf, bisweilen ſo gar ſieben, hieher ſchicken, und eine Menge Silber, Gold und andre Waaren ausfuͤhren, deren Aus - fuhr jetzt gaͤnzlich verbothen iſt. Auch war keine gewiſſe Summe feſt geſetzt, uͤber die ihr jaͤhrlicher Handel nicht hinaus gehn durfte, ſondern ſie hatten darin unbegraͤnzte Freyheit. Endlich wurde ihnen im Jahr 1641 befohlen, ihre Factorey auf der Inſel Dezima, bey der Stadt Nan - gaſakianzulegen; eine gewiſſe Summe wurde beſtimmt,uͤber49Reiſe von Batavianach Japan, u. ſ. w. uͤber welche der Belauf ihres jaͤhrlichen Handels nicht ſtei - gen ſollte; und nur drey Schiffen jedes Jahr ſollte ver - ſtattet ſeyn, hieher zu kommen. Im Anfange des jetzi - gen Jahrhunderts wurde dieſe Zahl gar auf drey herun - ter geſetzt. Ueberhaupt iſt ſeitdem die Freyheit der Hol - laͤnder und die Anzahl ihrer Handelswaaren allmaͤhlig mehr und mehr vermindert, ſo daß man jetzt nicht mehr als ein Paar Millionen Gulden in dem hieſigen Handel anwendet, da vorher gewoͤhnlich fuͤr mehrere Millionen umgeſetzt wurde. Im Jahr 1685 kam, nachdem die Flotte mit einer reichen Ladung im Hafen eingelaufen war, vom Hofe der ſtrengſte Kaiſerliche Befehl, daß die Hollaͤnder zwar, der ihnen gegebnen Erlaubniß zufol - ge, alle und jede Waaren, nach Belieben, und in ſo großer Menge als ſie wollten, nach der Factorey einbrin - gen duͤrften, daß aber von nun an jaͤhrlich fuͤr nicht mehr als drey hundert tauſend Thails oder Thaler verkauft, ſondern der Ueberreſt bis zum folgenden Jahre aufbe - wahrt werden ſollte. Dies war ein ſehr empfindlicher Stoß fuͤr ihren Handel. Außerdem aber erſann ein den Hollaͤndern eben nicht guͤnſtiger Gouverneur noch zwey andre Mittel, den Gewinn, welchen ſie von ihren Waa - ren haben konnten, noch mehr zu vermindern, einen Theil davon den Beamten der Stadt zufließen zu laſſen, und den Einwohnern ſelbſt auch einen ſehr anſehnlichen Vortheil zuzuwenden. Der eine Kunſtgriff beſtand dar - in, daß die Kaufleute, welche Hollaͤndiſche Waaren kauften, davon, ehe ſie ſie wieder verkauften, gewiſſe Prozente, funfzehn und daruͤber, als eine Abgabe an die Stadt entrichten ſollten. Dies Geld heißt Fannagin (Blumengeld) und wird unter die Magiſtrats-Perſonen und Buͤrger vertheilt. Weil nun dieſe Abgabe hernach auf die Waaren geſchlagen werden mußte, ſo war dieThunbergs Reiſe. 2. Bandes 1. Theil. D50Erſte Abtheilung. natuͤrliche Folge, daß die Japaniſchen Kaufleute nicht mehr ſo viel als ſonſt dafuͤr bezahlten, und die Hollaͤn - der einen betraͤchtlichen Verluſt erlitten. Der andre war der, daß der Werth des Geldes fuͤr die Hollaͤnder erhoͤhet wurde, ſo daß ein Kobang, der ſonſt im Lande allgemein 60 Mas gilt, ihnen zu 68 berechnet wurde. Dadurch verlohren ſie auf jeden Kobang 8 Mas, und dieſer Verluſt wurde ein bedeutender Gewinn fuͤr die Stadt, ihre Einwohner und einige ihrer Beamten. Wenn alſo die Compagnie das Recht hatte, fuͤr 300000 Thail von ihren Waaren zu verkaufen, ſo bekam ſie in der That nicht mehr als den Werth von 260000 Thail dafuͤr. Die fehlenden 40000 Thail wurden daher den Particuliers, welche bisher ebenfalls ihre Waaren in beliebiger Quantitaͤt und zu dem moͤglichſt hohen Prei - ſe hatten verkaufen duͤrfen, zugelegt; ſo daß dieſe Sum - me unter die Chefs, Kaufleute, Schiffs Capitaine, Aſſiſtenten und andre vertheilt wurde. Auch fuͤr die Particuliers war der Japaniſche Handel vor dieſem viel eintraͤglicher als nun. Er brachte ihnen ſo viel ein, daß man nur vorzuͤgliche Guͤnſtlinge als Chefs hieher ſchickte; und wenn ein Chef zwey Reiſen hieher gemacht hatte, hielt man ihn fuͤr ſo reich, daß er von ſeinen Kapitalien leben koͤnne, und einem andern Platz machen muͤſſe. Nunmehr kann ein Chef die Reiſe verſchiedne Mahl ma - chen; ſein Gluͤck iſt doch nicht mehr beneidenswerth, und ſeinen Gewinn ſchaͤtzt man ſehr geringe.

Jetzt ſchicken die Hollaͤnder jedes Jahr nicht mehr als zwey Schiffe hieher, die zu Bataviaim Junius aus - geruͤſtet werden, und gegen Ende des Jahrs dahin zu - ruͤck kommen. Kupfer und roher Kampfer ſind die vor - nehmſten Handelswaaren, welche die Compagnie hier auf - kauft und ausfuͤhrt. Das Kupfer betraͤgt den groͤßten51Reiſe von Batavianach Japan, u. ſ. w. Theil. Es wird fuͤr beſſer, goldhaltiger und feiner, als alles andre Kupfer gehalten. Die Hollaͤnder verkaufen es meiſtentheils auf der Kuͤſte Koromandel, und zwar mit gutem Vortheile. Es iſt allezeit in Stangen oder Staͤben, die einen halben Fuß lang und einen Finger dick, auf der einen Seite flach, auf der andern rund erhaben ſind, und eine ſchoͤne glaͤnzende Farbe haben. Jeder wiegt ungefaͤhr Pfund. Dieſe Staͤbe werden in bre - terne Kiſten, jede zu einem Pickel oder 125 Pfund, ge - packt, und jede Schiffsladung beſteht aus 6 bis 7000 ſolcher Kiſten. Naͤchſt Kupfer wird auch roher Kampfer in Menge ausgefuͤhrt; man packt ihn in hoͤlzerne Faͤſſer. Das uͤbrige beſteht in großen ſeidnen Schlafroͤcken, die mit ſeidnen Watten unterlegt ſind, etwas wenigem Por - cellan, Soja, eingemachten Fruͤchten und dergleichen. Das Kupfer wird aus entlegnen Gegenden des Landes hieher gebracht, und in einem beſondern Packhauſe ver - wahrt. So bald ein Theil der Ladung des Schiffes ge - loͤſchet iſt, wird mit Einſchiffung des Kupfers angefan - gen. Es wird alsdann in Gegenwart Japaniſcher Be - amter und Dolmetſcher, und Hollaͤndiſcher Supercar - geure und Aſſiſtenten gewogen, und in den oben beſchrieb - nen Kiſten von Japaniſchen Knechten (Kuli) nach der Bruͤcke getragen, von da es weiter an Bord geſchafft wird. Beym Tragen gehen allezeit einige Matroſen mit, die darnach ſehen muͤſſen, daß die Traͤger unterweges nichts ſtehlen; denn das thun ſie, wenn ſie koͤnnen, ſo viel lieber, da ſie das geſtohlne Kupfer an die Chineſer verkaufen koͤnnen, welche es beſſer, als die Hollaͤnder bezahlen. Das Porcellan wird in Stroh gepackt, und zwar ſo gut und feſt, daß auf der Reiſe ſelten etwas da - von beſchaͤdigt wird. Bekanntlich iſt dies Porcellan gar nicht ſchoͤn, ſondern plump und dick, und die MahlereyD 252Erſte Abtheilung. taugt vollends nicht. In dieſen Stuͤcken kommt es alſo mit dem Chineſiſchen, das von Cantongebracht wird, ſehr uͤberein, es hat aber doch den Vorzug vor dieſem, daß es von der Hitze, ſo gar von gluͤhenden Kohlen, nicht leicht ſpringt. Folgende Sachen duͤrfen, einem ſehr ſtrengen Verbothe gemaͤß, gar nicht, weder von Privat - Perſonen, noch von der Compagnie, ausgefuͤhrt werden: Japaniſches Geld, Japaniſche Landkarten und Riſſe von Staͤdten, und Japaniſche Buͤcher, beſonders ſolche, die Nachrichten vom Lande und deſſen Regierung enthalten; ferner alle Arten von Waffen und Gewehr, inſonderheit aber ihre vortrefflichen Saͤbel, die an Guͤte und Staͤrke, ſo wie an Werth, alle Saͤbel, die ſonſt irgendwo verfer - tigt werden, uͤbertreffen. Die Waaren, welche dies Jahr von Particuliers gekauft und mitgenommen wurden, beſtanden meiſtens in großen braunen irdenen Kruken, worin ſich das Waſſer gut haͤlt; Soja in ir - denen Gefaͤßen; Sakki; Faͤchern; Japaniſchen ſeidnen weiten oder Schlafroͤcken; lackirter Arbeit von verſchied - ner Art; grobem und feinem gemahlten und weißen Porcellan; ſchmalen ſeidnen Zeugen und Sowas-Arbeit; auch feinem, in papiernen Paketen pfundweis eingepack - tem, Reiß.

Unter den Waaren, welche die Officiere dies Jahr zum Verkauf nach Japanbrachten, war beſonders Kam - pfer, feines Rohr, Schildkroͤten-Schalen, Hoͤrner von Einhornfiſchen (Monodon monoceros) oder ſo genanntes Einhorn (Unicornu verum), Glaswerk, große und klei - ne Taſchenuhren, Chitze, Safran, Theriak, Lakritz, Ninſiwurzel, und Nuͤrnberger Arbeit, als Spiegel und dergleichen. Auch hatten ſie Hollaͤndiſche Buͤcher aus verſchiednen Wiſſenſchaften mitgebracht; dieſe wurden aber nicht ſo wohl in der gewoͤhnlichen Auction verkauft,53Reiſe von Batavianach Japan, u. ſ. w. als vielmehr mit anſehnlichem Gewinn an die Dolmet - ſcher gegen andre Sachen vertauſcht.

Wenn alle von den Hollaͤndern mitgebrachte, ſo wohl der Compagnie, als Privat-Perſonen gehoͤrige Waaren viſitirt, und nach den Packhaͤuſern gebracht ſind, und[den] Kaufleuten im Lande Nachricht davon ge - geben iſt, ſo wird mit dem Verkauf derſelben der Anfang gemacht. Vor dieſem wurden die Waaren in oͤffentli - cher Auction verkauft. Jetzt geſchieht es auf folgende Art: Die Kaufleute beſehen im Hauſe des Gouverneurs zu NangaſakiProben von allen Waaren, und thun dar - auf ihr Geboth, ſo wohl in Anſehung der Quantitaͤt, die ſie haben wollen, als des Preiſes. Hernach kommen ſie ſelbſt oder ihre Commiſſionaire nach der Inſel, um ſie mehrere Tage hindurch in den Packhaͤuſern noch genauer in Augenſchein zu nehmen. Darauf zeigen gewiſſe dazu ernannte Commiſſarien den Hollaͤndern ohne zu fragen, was ſie fuͤr ihre Waaren begehren, an, wie viel ſie fuͤr jede Sorte geben wollen. Das erſte Geboth pflegt ſehr geringe zu ſeyn: kann es nicht angenommen werden, ſo wird zum zweyten Mahl etwas mehr gebothen. Wird auch dieſes geweigert, ſo biethen ſie zum dritten Mahl. Iſt der Verkaͤufer hiemit noch nicht zufrieden, ſo wird gefragt, was er fuͤr ſeine Waare verlangt. Dieſer pflegt alsdann vorzuſchlagen, damit die Kaͤufer noch etwas ab - dingen koͤnnen. Iſt es nun den Japanern darum zu thun, ſo wird gemeiniglich von ihnen noch etwas zugelegt, und von jenem etwas abgelaſſen. Wenn nicht, ſo wird die Waare entweder bis zum folgenden Jahre aufbe - wahrt, oder nach Bataviazuruͤck genommen. Die Japaner biethen allezeit nach Mas und nicht nach Kat - je, zum Exempel fuͤr ein Mas Einhorn acht Mas Sil - ber, und dergleichen. Nach geſchloßnem Handel wer -54Erſte Abtheilung. den die Waaren gewogen und nach der Stadt gebracht, wo jene Aufkaͤufer ſie an die Kaufleute im Lande theuer wieder verkaufen. Dieſer oͤffentliche Verkauf heißt Kambang, welches ungefaͤhr ſo viel als bey uns Markt bedeutet.

Einhorn wurde dies Jahr auf dem Kambang ziem - lich theuer verkauft. Vor dieſem wurde es gewoͤhnlich heimlich herein gebracht, und mit unglaublichem Vortheil abgeſetzt. Die Japaner haben eine uͤbertriebne Mei - nung von dem mediciniſchen Nutzen deſſelben in Verlaͤn - gerung des Lebens, Staͤrkung der Lebensgeiſter und des Gedaͤchtniſſes, und Heilung aller Kraͤmpfe. Dieſer Handelszweig iſt den Hollaͤndern erſt vor einiger Zeit, und zwar durch einen Zufall bekannt geworden. Ein nach Europazuruͤck gegangner Chef des hieſigen Handels ſchick - te einem ſeiner Freunde unter den Dolmetſchern nebſt an - dern Seltenheiten ein großes und ſchoͤn gewundnes Groͤn - laͤndiſches Einhorn, und dieſer Mann wurde durch den Verkauf deſſelben ein ungemein reicher Mann. Seit dieſer Zeit haben die Hollaͤnder aus Europaalles nur aufzutreibende Einhorn verſchrieben, und in Japanſehr viel darauf gewonnen. Im Anfange wurde jedes Katje oder 5 / 4 Pfund fuͤr 100 Kobang oder 600 Thaler ver - kauft, hernach iſt der Preis allmaͤhlig bis 70, 50 und 30 Kobang gefallen. Da dies Jahr der weite Rock des Capitains abgelegt werden mußte, und nicht heimlich eingebracht werden konnte, ſah man ſich genoͤthigt, alles auf dem Kambang zu verkaufen, da jedes Katje zu 136 Thaler angebracht wurde, 1 Mas Japaniſches Sil - ber fuͤr 8 Mas und 5 Coederyn Einhorn gerechnet. Konn - te man auf dem Schiffe ein oder andres Einhorn heim - lich verkaufen, ſo wurde es mit 15 bis 16 Kobana be - zahlt. Die 37 Katje, 4 Thail und 6 Mas Einhorn, die55Reiſe von Batavianach Japanu. ſ. w. ich mitgebracht hatte, wurden mir daher mit 5071 Thail und 1 Mas gut bezahlt, und ich kam dadurch in Stand meine vorher gemachten Schulden zu bezahlen und zugleich auf meine Lieblingswiſſenſchaft hier 1200 Thaler zu verwenden.

Die Ninſiwurzel, welche bey den Japanern Niſii und bey den Chineſern Som heißt, wird hier nicht weni - ger theuer bezahlt. Die Chineſer ſind die einzigen, wel - che die aͤchte und unverfaͤlſchte Sorte davon hieher brin - gen. Sie waͤchſt im noͤrdlichen Theile von China, haupt - ſaͤchlich in Corea. Eine unaͤchte Gattung bringen die Hol - laͤnder nicht ſelten her. Dieſe wird gebraucht, die aͤch - te zu verfaͤlſchen und zu durchmengen. Man ſagt, daß die Franzoſen ſie aus Amerikanach Chinabringen, und vielleicht iſt es die Ginſengwurzel. Die aͤchte Ninſi wurde dies Jahr das Katje fuͤr 100 Kobang verkauft, wenn ſie groß und von alten Wurzeln war. Die kleine war wohlfeiler. Die unaͤchte, wovon die beſten Stuͤcke die zweygeſpaltnen und weißen ſind, iſt hier als Contreban - de ſcharf verbothen; ſie darf fuͤr keinen Preis verkauft, ſondern muß, um allem Unterſchleife und Betruge vor - zubeugen, ganz und gar verbrannt werden.

Das Kambang-Geld, oder die Summe, welche man fuͤr die gleichſam auf dem Markte verkauften Waa - ren zu gut hat, wird nie in baarer Muͤnze ausgezahlt, (denn Geld darf nicht aus dem Lande gebracht werden), ſondern man aſſignirt nur darauf, und zieht Wechſel auf alles, was man nicht nur das Jahr uͤber, ſondern auch hernach, auf dem Markte der Inſel kauft. Dies Kam - bang-Geld iſt, wie man es zu nennen pflegt, viel leichter, oder am Werth geringer, als baares Geld, ſo daß man mit dieſem Gelde, das man aſſignirt, alles beynahe doppelt bezahlen muß. Alle durch ſolche Aſſignationen56Erſte Abtheilung. gemachte Kambang-Rechnungen werden nicht eher, als wenn die Japaner Neujahr haben, bezahlt. Ehe die Schiffe abſegeln, wird jedes Rechnung aufgeſetzt, und im Collegium der Dolmetſcher vorgezeigt und acceptirt, worauf die Buͤcher abgeſchloſſen werden. Alles was man nach Neujahr noͤthig hat, nimmt man auf Credit fuͤr das ganze folgende Jahr.

Wenn die Hollaͤnder hier nicht fuͤr baares Geld kau - fen oder verkaufen, ſo iſt ihr Handel nicht viel anders als ein Waaren-Tauſch. Zu dieſem Ende wird vierzehn Ta - ge vor Muſterung des Schiffs und ſeiner Abreiſe nach Papenberggleichſam ein Markt gehalten, da gewiſſe Kaufleute mit Erlaubniß des Gouverneurs und gegen ei - ne gewiſſe Abgabe ihre Waaren dahin bringen und in aufgeſchlagnen Buden zu Kauf haben.

Der Chef der Hollaͤndiſchen Handlung wird jaͤhr - lich abgewechſelt, ſo daß jedes Jahr einer von Bataviaankommt, und einer dahin zuruͤck reiſet. Vor dieſem, da die Handlung noch eintraͤglicher war, machte ein Chef die Reiſe hieher ſelten mehr als zweymahl; jetzt kann er dieſe gefaͤhrliche Fahrt wohl drey - und mehrmahl machen, ohne dennoch ſo große Reichthuͤmer, als ehemahls, ſam - meln zu koͤnnen. Herr Feith, der dies Jahr hieher kam, machte jetzt als Chef ſeine vierte Reiſe; diesmahl war er Herrn ArmenaultsNachfolger. Außer dem Chef blei - ben nach Abgang der Schiffe zwoͤlf bis dreyzehn Euro - paͤer, die Sklaven nicht gerechnet, hier, und von die - ſen machen drey die Reiſe nach dem Hofe des Kaiſers zu Jedo.

Die Chineſer haben ſeit den aͤlteſten Zeiten nach JapanHandel getrieben, und ſind vielleicht das einzige Aſiatiſche Volk, das dies je gethan hat. Vor Zeiten lie - fen ſie mit ihren Fahrzeugen im Hafen Oſakkaein, ſo ge -57Reiſe von Batavianach Japanu. ſ. w. faͤhrlich er auch ſeiner Klippen und Sandbaͤnke wegen iſt. Die Portugieſen lehrten ſie zuerſt den Weg nach Nanga - ſaki, wo ſie nunmehr allezeit einlaufen muͤſſen. Anfangs ſtieg die Zahl ihrer Kauffahrtey-Schiffe auf hundert bis zwey hundert, davon jedes mit funfzig Mann und druͤ - ber bemannt war. Obgleich die Chineſer die naͤchſten Nachbaren der Japaner ſind, unterſcheiden ſie ſich doch in verſchiednen Stuͤcken von ihnen. Jene tragen Buſa - ronen, oder ein weites Wamms und weite lange Hoſen; dieſe gehen allezeit in weiten Roͤcken wie unſre Schlafroͤ - cke. Jene brauchen Stiefeln von Leinwand und Schuhe mit Oberleder; dieſe gehen mit bloßen Beinen, und haben nur Socken und Sohlen an. Ihrer beyder Sprache iſt eben ſo weſentlich verſchieden, als ihre Grund-Religion. Dagegen ſind ſie einander an Farbe und Bildung gleich; ſie ſchreiben auf Eine Art, und haben mehrere Reli - gions-Secten und Sitten gemein. Auch ſind von alten Zeiten her Auswanderungen von Chinanach Japange - ſchehen, beſonders nach den ſuͤdlichen Inſeln, die Liquejoheißen, und unter Japaniſcher Herrſchaft ſtehen, aber doch dem Kaiſer in Chinajaͤhrliche Geſchenke geben.

Die Freyheit, deren ſie hier ehemahls im Handel genoſſen, iſt ebenfalls jetzt ſehr eingeſchraͤnkt, ſeitdem man ſie im Verdacht hat, ſie moͤchten den katholiſchen Miſſionairen in Chinaergeben ſeyn, und ſeitdem ſie die Unvorſichtigkeit begangen haben, in Chinagedruckte, katholiſche Buͤcher nach Japanzu bringen. Heutiges Tages werden ſie eben ſo argwoͤhniſch und ſtrenge, und in einigen Ruͤckſichten noch ſtrenger, als die Hollaͤnder be - handelt. Man ſchließt ſie auf eine kleine Inſel ein, und viſitirt ſie genau, wenn ſie kommen und weggehen. In - deſſen haben ſie den Vorzug vor den Hollaͤndern, daß ſie in der Stadt zur Verrichtung ihres Gottesdienſtes ei -58Erſte Abtheilung. nen Tempel haben und beſuchen duͤrfen, auch zu taͤgli - chen Ausgaben Japaniſche Muͤnze haben, weswegen ſie auch am Thore das, was ſie zu ihrem Unterhalte gebrau - chen, ſelbſt kaufen koͤnnen. Wenn ein Fahrzeug von Chinahier angekommen, und im Hafen vor Anker ge - gangen iſt, werden alle Leute, die es an Bord hat, ans Land gebracht, und ſie duͤrfen ſich von der Zeit an mit dem Schiffe gar nicht eher wieder befaſſen, als bis alles zur Abreiſe fertig iſt. Die Japaner laden ſelbſt alles aus, und bringen hernach das Schiff naͤher ans Land, wo es waͤhrend der Ebbe ganz trocken auf dem Grunde liegt. Im folgenden Jahre laden ſie ihnen andre Waaren wie - der ein.

Den Chineſern wird nicht verſtattet, eine Reiſe an den Kaiſerlichen Hof zu machen. Hiedurch erſparen ſie anſehnliche Summen, welche die Hollaͤnder theils auf der Reiſe, theils zu Geſchenken an den Hof und die Vornehmern anwenden muͤſſen. Japaniſche Dolmet - ſcher haben ſie bey ihrer Handlung eben ſo noͤthig, als die Hollaͤnder, weil ihre Sprache von der Japaniſchen ſo ſehr abweicht, daß beyde Voͤlker einander nicht verſtehen.

Die Chineſer duͤrfen zwar eine doppelt ſo große Summe, als die Hollaͤnder, hier verhandeln; allein da ihre Reiſe hieher weder ſo weit noch ſo gefaͤhrlich iſt, ſo hat man ſie auch genoͤthigt, zum Vortheil der Stadt Nangaſakiviel mehr beyzutragen, als jene. Sie muͤſ - ſen an 60 Prozent Fannagin oder Blumengeld bezahlen. Zoll und andre Abgaben fordert man aber auch von ih - nen nicht.

Ihre Waaren, welche gemeiniglich auf ſiebzig Schiffen hieher gebracht werden, verkaufen ſie jaͤhr - lich zu drey verſchiednen Mahlen. Der erſte Markt iſt im Fruͤhlinge, da ſie die Ladung von zwanzig; der zwey -59Reiſe von Batavianach Japan, u. ſ. w. te im Sommer, da ſie die von dreyßig; und der letzte im Herbſte, da ſie die von den uͤbrigen zwanzig Schiffen verkaufen. Kommen in einem Jahre mehr, als ſo viele Schiffe, ſo muͤſſen die uͤberzaͤhligen zuruͤck ſegeln, ohne einmahl etwas ausladen zu duͤrfen. Der groͤßte Handel der Chineſer beſteht in roher Seide, und ver - ſchiednen Droguen, die zu Medicamenten eingebracht werden, als Ninſiwurzel, Terpenthin, Myrrhe, Ka - lumbakholz; ingleichen Zink nebſt einigen gedruckten Buͤchern, die aber erſt die Cenſur zweyer Gelehrten paſ - ſiren muͤſſen, ehe ſie verkauft werden.

Obgleich ihre Reiſen hieher weit weniger koſtbar ſind, als die der Hollaͤnder, und ſie auch nicht noͤthig haben, hier einen Directeur und andre Bedienten zum Behuf der Handlung zu halten, ſo iſt doch ihr Gewinn wegen der mehreren Prozente, die ihnen abgezogen wer - den, viel geringer, als der Gewinn der Hollaͤnder. Und da ſie nunmehr auch kein baares Geld mitnehmen duͤrfen, muͤſſen ſie ebenfalls Japaniſche Waaren auf - kaufen, um ſich bezahlt zu machen, als: Kupfer, lackir - te Arbeit und dergleichen.

Wenn ihre Fahrzeuge die voͤllige Ladung haben und zur Abreiſe fertig ſind, werden ſie von einer Menge Japaniſcher Wachſchiffe nicht nur aus dem Hafen, ſon - dern auch eine gute Strecke weit in die offne See beglei - tet, um zu hindern, daß ſie ja nichts von den Waaren, die ſie unverkauft wieder mitnehmen muͤſſen, an Schleich - haͤndler verkaufen koͤnnen.

Die Chineſiſchen Fahrzeuge ſind duͤnn und leicht gebauet, ſehr hoch und mit noch hoͤhern Gallerien verſe - hen, die an den Enden, beſonders am Vordertheile, ſehr in die Hoͤhe ragen. Nach hinten ſind ſie ſehr offen. Steuer und Segel ſind groß und unbehuͤlflich.

60Erſte Abtheilung. Reiſe von Bataviau. ſ. w.

Unter den Droguen, welche die Chineſer als Arzney - mittel hieher bringen, iſt auch etwas, wovon die Japa - ner glauben, es ſey des Sommers ein kriechender Wurm, des Winters aber ein Gewaͤchs. Selbſt die Dolmet - ſcher ſtehen in dieſem Wahn. Zuerſt verſchaffte ich mir eine Abbildung davon, und hernach die Drogue ſelbſt. Da ſah ich denn deutlich, daß es nichts anders war, als eine Schmetterlings-Larve, die gegen die Zeit ihrer Ver - wandlung in eine Puppe, in die Erde gekrochen war, und ſich da an die Wurzel eines Gewaͤchſes feſt ge - ſetzt hatte.

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Zweyte Abtheilung. Reiſe von Dezimanach der Kaiſer - lichen Reſidenz-Stadt Jedo.

Die Geſandtſchaft ſelbſt macht die Reiſe nach Jedozu Lande. Ein großer Theil Sachen aber wird zur See nach Simonoſeki, Fiogound andern Oertern ge - ſchickt. Wir luden daher in ein ziemlich großes Fahr - zeug verſchiedne Kiſten mit Wein auf Bouteillen, Li - queuren, Bier auf Bouteillen, allerley Hausgeraͤth und einige leere Kiſten zum Einpacken der im Lande zu kaufenden Handelswaaren. Dies Fahrzeug ſollte zu - erſt nach Simonoſekigehen, und nach unſrer Ankunft daſelbſt, auch unſre Perſonen nach Fiogouͤberfuͤhren. Hierauf beſorgten wir die mitzunehmenden Geſchenke, die in Tuch von verſchiedner Farbe und Feinheit, in Chit - ſen, ſeidnen Zeugen und dergleichen beſtanden. Dieſe Geſchenke waren fuͤr den regierenden weltlichen Kaiſer, den Kronprinzen, die Reichsraͤthe und andre vornehme Herren am Hofe beſtimmt. Wir packten ſie in große Kaſten; wagten es aber nicht ſie Wind und Wellen Preis zu geben, ſondern ſie mußten den ganzen Weg ei - ne Strecke von 320 Meilen getragen werden.

Den 25. Februar ging unſer Chef, von einigen Supercargeuren, Aſſiſtenten und Dolmetſchern begleitet, nach der Stadt, um vom Gouverneur Abſchied zu neh - men. Einige Tage darauf wurden unſrer aller, welche die Reiſe mitmachen ſollten, Kaſten und Koffer, die Medicin-Kiſte nicht ausgenommen, auf der Inſel viſi - tirt, und ſo gleich hernach von unſern Zimmern nach ei -62Zweyte Abtheilung. Reiſe von Dezimanem Packhauſe gebracht, wo ſie bis zum Tage der Abrei - ſe verſiegelt ſtehen blieben.

Den 4. Maͤrz 1776 begab ſich die Ambaſſade von der Inſel Dezimaauf den Weg. Der 15. oder 16. Tag im erſten Monathe des Japaniſchen Jahres, iſt zum Antritt dieſer Reiſe ein fuͤr allemahl feſt geſetzt. Hol - laͤnder, welche ſie machten, waren nur drey: der Am - baſſadeur als Chef der Handlung, Herr Feith; ich als Doctor oder Legations-Medicus; und ein Secretair, Nahmens Koͤhler. Der uͤbrige Theil unſrer anſehnli - chen beynahe aus zwey hundert Menſchen beſtehenden Geſellſchaft waren alle Japaner: Beamte, Dolmetſcher, Bediente, Aufwaͤrter.

Ein Banjos war abſeiten des Gouvernements zu NangaſakiAnfuͤhrer der ganzen Reiſe-Geſellſchaft, und hatte den Befehl in allen Stuͤcken. Er wurde in einem großen Norimon getragen, und vor ihm her trug man eine Pike zum Zeichen ſeiner Wuͤrde und Befehlshaber - ſchaft. Zur Ausfuͤhrung ſeiner Befehle waren verſchied - ne Unter-Banjoſen verordnet. Der oberſte Dolmetſcher (gemeiniglich iſt dies ein bejahrter Mann) wurde in ei - nem Kango getragen. Dieſer iſt auf der Reiſe Verwal - ter der Caſſe, beſorgt und veranſtaltet alles was zur Rei - ſe gehoͤrt, bezahlt im Nahmen der Hollaͤndiſchen Com - pagnie alle Koſten, und zwar meiſtentheils mit ſo ge - nauer Sparſamkeit und Vorſicht, daß er ſelbſt dabey an - ſehnlich gewinnt, und eine ſolche Reiſe allezeit fuͤr ſehr eintraͤglich gehalten wird. Um das Eſſen fuͤr den Am - baſſadeur und die an ſeiner Tafel eſſenden Hollaͤnder zu - zurichten, gehen zwey Japaniſche Koͤche von der Facto - rey mit. Ferner werden ſechs Japaniſche Bediente, die Hollaͤndiſch ſprechen, zur Aufwartung fuͤr die Hollaͤnder mitgenommen, außer denjenigen, welche der Gouver -63nach der Kaiſerl. Reſidenz-Stadt Jedo. neur zu ihrer Bedienung mitſchickt, die aber die Hollaͤn - diſche Sprache nicht verſtehen. Die Koͤche reiſeten alle - zeit eine Meile voraus, um das Eſſen fertig zu haben, wenn wir in der Herberge ankaͤmen. Sie nahmen zu - gleich den noͤthigen Proviant, einen Feldtiſch, drey Feld - ſtuͤhle, Tiſchtuch, Servietten und Tiſchgeraͤth mit, wel - ches alles wir in Ordnung fanden, ſo wohl wenn wir zu Mittage als zu Abend eintrafen. Mit den Koͤchen gin - gen außer den Kerlen, welche dieſe Sachen trugen, ei - nige Schreiber, um in unſerm Logis das Noͤthige fuͤr die ganze Suite zu beſorgen, und die Ausgaben anzu - ſchreiben.

Der Ambaſſadeur, der Arzt und der Secretair, reiſeten ſaͤmmtlich in großen, ſchoͤnen, lackirten Nori - mon. Zu KaͤmpfersZeiten mußten die beyden letzteren reiten, und Kaͤlte, Regen und Wind ſich gefallen laſ - ſen. Die Norimon oder Portchaiſen ſind aus duͤnnen Bretern und Bamborohr verfertigt, laͤnglich viereckig, und ſo wohl vorn als zu beyden Seiten mit Fenſtern verſehen. Die Seitenfenſter ſind in der Thuͤr befindlich, deren auf jeder Seite eine iſt. Ueber die Decke geht eine lange eckige Stange, womit dieſer Tragſeſſel von den Traͤgern auf der Schulter getragen wird. Er iſt ſo geraͤumig, daß man mit Bequemlichkeit darin nicht nur ſitzen, ſon - dern auch, wiewohl mit etwas zuſammen gezognen Fuͤ - ßen, liegen kann. Auswendig iſt er mit mancherley Zierrath geſchmuͤckt, und inwendig mit Sammet und ſeidnen Stoffen aufs koſtbarſte uͤberzogen. Auf dem Boden liegt eine, mit Sammet uͤberzogne Matratze. Hinten und auf beyden Seiten haͤngen laͤngliche eben - falls mit Sammet uͤberzogne Kiſſen. Auf dem Sitze liegt ein rundes, in der Mitte mit einem Loche ver - ſehenes Polſter. Auch findet man eine los liegende64Zweyte Abtheilung. Reiſe von Dezimaduͤnne Decke, gleichfalls von Sammet, oder anderm koſtbaren Zeuge, zu beliebigem Gebrauch. Vorn ſind ein oder zwey Breter, um Schreibkaſten, einige Buͤ - cher und andre Kleinigkeiten hinzuſetzen. Die Seiten - fenſter kann man niederlaſſen, wenn man friſche Luft ſchoͤpfen will; und will man nicht geſehen werden, ſo kann man ſie mit ſeidnen Gardinen und einem Rouleau von Bamborohr zumachen. In dieſer Saͤnfte reiſet man mit vieler Bequemlichkeit, und das lange Sitzen darin ermuͤdet ſelten. Die Zahl der Traͤger, welche ſie auf ihren Schultern tragen, richtet ſich nach Stand und Wuͤrde deſſen, der darin ſitzt: ihrer ſind von ſechs bis zwoͤlf, und daruͤber; ſind ihrer mehrere, ſo gehen ei - nige los zu beyden Seiten, um ſich von Zeit zu Zeit ab - zuloͤſen. Wenn mehrere zugleich tragen, ſo ſingen ſie oft dazu, um alle gleichen Schritt zu halten.

Diejenigen von unſern Sachen, die nicht zu Schiffe weggeſchickt waren, wurden theils von Pferden, theils von Leuten getragen, naͤmlich unſre kleinen Kleider - Koffer, Leuchten im Dunkeln zu gebrauchen, ein Vor - rath Wein zum taͤglichen Gebrauche, Bier und derglei - chen, nebſt einem Japaniſchen Geraͤthe zu Theewaſſer, worin man daſſelbe ſo gar waͤhrend des Marſches kocht, und immer ſo oft man davon gebrauchen will, zur Hand haben kann. Wir Europaͤer bedienten uns indeſſen ſel - ten dieſes den Magen erſchlaffenden Getraͤnks, und tran - ken lieber ein Glas rothen Wein oder Hollaͤndiſches Bier, von welchen beyden wir ſtets eine Bouteille bey uns fuͤhr - ten, die wir, nebſt einer laͤnglichen lackirten Buͤchſe, worin ein eben ſo laͤngliches doppeltes Butterbrot ſteckte, zu den Fuͤßen in unſern Norimon ſtehen hatten. Jeder wer hier im Lande reiſet, fuͤhrt allezeit ſein Bett mit ſich; dies mußten auch wir auf der ganzen Hin - und Herreiſethun.65nach der Kaiſerl. Reſidenz-Stadt Jedo. thun. Und da zur Behauptung des Anſehens der Hol - laͤndiſchen Compagnie, die Pracht in allem groß ſeyn muß, mußten auch unſre Bettdecken, Kiſſen und Ma - tratzen mit dem koſtbarſten durchbrochnen Sammet und ſeidnem Stoffe uͤberzogen ſeyn. Die Japaner, welche entweder zu Fuß gingen, oder den Weg zu Pferde mach - ten, waren mit einem kegelfoͤrmigen, unter dem Kinn feſt gebundnen Hute; einem Faͤcher, der zugleich zum Wegweiſer gemacht war; einem Sonnen - oder Re - genſchirme; und zum Theil mit einem Regenmantel ver - ſehen, der aus in Oehl getraͤnktem Papier verfertigt, ſehr weit, und wie eine Feder leicht war. Die, welche zu Fuß wandern mußten, als: Knechte, Aufwaͤrter und dergleichen, hatten ſich auch mit duͤnnen Kamaſchen und verſchiednen Paaren ſtroherner Schuhe verſorgt, und ihre weiten, unſern Schlafroͤcken aͤhnliche, Roͤcke auf - geſchuͤrzt.

Dieſe aus ſo ſehr vielen Menſchen beſtehende, und auf ſo ungleiche Art einher ziehende zahlreiche Caravane, gab in der That einen ſchoͤnen Anblick. Uns Europaͤern war die Reiſe gar angenehm und behaglich. Allenthalben begegnete man uns mit eben der Achtung und Ehrenbe - zeigung, wie den Großen des Landes ſelbſt. Dazu ſorgte man ſo fuͤr unſre Sicherheit in jeder Ruͤckſicht, daß uns unmoͤglich ein Unfall begegnen konnte, und man bediente uns ſo, daß wir uns um nichts mehr zu bekuͤm - mern hatten, als ein Kind, das an der Mutter Bruſt liegt. Unſre ganze Beſchaͤfftigung beſtand darin, zu eſſen, zu trinken, zu ſchlafen, uns aus - und anzuziehen, zu unſerm Vergnuͤgen zu leſen oder zu ſchreiben, und uns tragen zu laſſen.

Als wir bey der Bruͤcke, welche die Stadt Nanga - ſakimit der Factorey verbindet, an die Wache kamen,Thunbergs Reiſe. 2. Bandes 1. Theil. E66Zweyte Abtheilung. Reiſe von Dezimawurden wir ſehr genau viſitirt, unſre Koffer und andre Sachen aber, die vorher unterſucht und verſiegelt waren, gingen jetzt frey durch. Zugleich wurden wir von den auf der Factorey befindlichen Hollaͤndern, und denjenigen Japanern, welche daſelbſt im Dienſt ſtanden, oder et - was zu thun hatten, und eine große Anzahl ausmachten, durch die Stadt begleitet. Die letzteren gaben uns bis zu einem draußen vor der Stadt ſtehenden Tempel das Geleit, wo wir eine Weile ausruheten, und unſre muntre Geſellſchaft mit Sakki tractirten. Als wir hernach unſre Reiſe von hier weiter fortſetzten, hatten alle dieſe Japa - ner, welche ſich nun von uns trennen ſollten, ſich zu beyden Seiten des Weges, den wir zu nehmen hatten, mehr als eine halbe Meile in die Laͤnge, haufenweiſe, nach Stand, Rang und Wuͤrden, hingeſtellt, welches nicht nur ungemein ſchoͤn ausſah, ſondern von uns auch mit Recht als die groͤßte Ehre angeſehen wurde. Es waren die Ottona der Stadt und der Inſel, Ober - und Unter-Dolmetſcher, nebſt Dolmetſcher-Lehrlingen, Ober - und Unter-Compradore, Ober - und Unter-Banjoſen, Kuli und viele andre, die mit den Hollaͤndern in einiger Verbindung ſtanden.

Am erſten Tage reiſeten wir uͤber Fimiund Jagami, bis Iſafaga, wo wir das erſte Nachtlager bekamen. Dieſer Weg betrug ſieben Meilen*)Ohne Zweifel ſind hier Japaniſche Meilen gemeint, ob aber groͤßere, deren vierzig; oder kleinere, deren drey und dreyßig und ein Drittheil auf einen Grad des Aequators gehen, kann ich, in Ermangelung einer Charte von Japan, nicht beſtimmen, vermuthlich ſind es die kleinern, weil nach dieſen gewoͤhnlich gerechnet wird. A. d. Ueberſ..

Zu Jagami, wo wir zu Mittag aßen, wurden wir von unſerm Wirthe auf eine ſo hoͤfliche und dienſtfertige Art aufgenommen, als ich es bisher an keinem Orte der67nach der Kaiſerl. Reſidenz-Stadt Jedo. Welt erlebt hatte. Es iſt hier zu Lande allgemeine Sitte, daß der Wirth den Reiſenden eine Strecke entgegen kommt, ſie mit den tiefſten Ehrenbezeigungen willkom - men heißt, und darauf ſich geſchwind wieder nach Hauſe begiebt, um ſeine ihm nachkommenden Gaͤſte eben ſo ehr - erbiethig in Empfang zu nehmen. Als wir im Hauſe an - gekommen waren, brachte man uns auf einem kleinen nie - drigen viereckigen Tiſche ein unbedeutendes Geſchenk, dar - auf Thee, und Tobak und Pfeifen; die letztern gebrauch - ten wir nicht. Dann fuͤhrte man uns in die fuͤr uns zurecht gemachten Zimmer, wo wir unſern Tiſch gedeckt fanden, unſer Glas Branntwein nahmen, unſer Mit - tagseſſen und unſern Kaffee uns gut ſchmecken ließen, dann, ſo viel unſrer rauchten, unſre Pfeifen anſteckten, und uns wieder auf den Weg machten.

Hier bekamen wir auch auf Rechnung der Compagnie funfzig Japaniſche Thail, welche ungefaͤhr eben ſo viel Hol - laͤndiſche Thaler betragen, um damit die kleinen Ausgaben zu beſtreiten, die einem jeden von uns beſonders bey vor - kommenden Gelegenheiten unterweges zuſtoßen moͤchten, und ſo genau berechnet waren, daß davon nichts uͤbrig bleiben konnte. Dies war die erſte Japaniſche Muͤnze, die in unſre Haͤnde kam. Die erſte Ausgabe beſtand in Neujahrsgeſchenken an unſre Aufwaͤrter und Knechte auf Dezima, und auch an unſre Norimons-Traͤger, welche fuͤr meinen Theil uͤber zehn Thaler betrugen.

Am folgenden Tage gingen wir uͤber Omuranach Sinongi, wo wir uͤbernachteten. Heute waren wir acht Meilen gereiſet. Als Kaͤmpferim Jahr 1691 dieſe Reiſe machte, nahm die Geſandtſchaft einen andern Weg nach Sinongi, naͤmlich uͤber den Meerbuſen bey Omura. Um dieſem auszuweichen, nahmen wir jetzt den Umweg uͤber Iſafaja, jedoch ohne von da, wie Kaͤmpfer1692E 268Zweyte Abtheilung. Reiſe von Dezimabey ſeiner zweyten Reiſe, uͤber die große Bucht bey Si - mabarazu ſegeln.

Am Tage darauf kamen wir nach einem Wege von zehnthalb Meilen uͤber Oriſſino, Takkiwo, Swota, Oda, nach dem Orte unſers Nachtlagers Otſinſu.

Zu Oriſſinoiſt ein ſchwefelhaltiges warmes Bad. Wir beſahen es. Es iſt ſiedend heiß, umher eingeſchloſ - ſen, und mit einem ſchoͤnen und bequemen Hauſe fuͤr die Kranken, welche es gebrauchen, verſehen. Das heiße Waſſer wird nach verſchiednen Stellen abgeleitet und vertheilt, wo die Kranken ſitzen, und ſelbſt, ſo wohl heißes, als kaltes Waſſer, welches letztere durch Kunſt hieher getrieben wird, fuͤr ſich abzapfen koͤnnen. Außer - dem ſind verſchiedne Einrichtungen vorhanden, nicht nur nach dem Baden ſich niederzulegen und auszuruhen, ſon - dern auch ſpatzieren zu gehen. Alles iſt hier ſehr nett und reinlich.

Swotaiſt der ſehr großen Kruken wegen, die da verfertigt werden, (gewiß die allergroͤßten in der Welt), merkwuͤrdig. Sie ſind von braunem Thon, ſehr gut ge - brannt, und ſo groß, daß ſie mehrere Zuber enthalten. Die Hollaͤnder kaufen jaͤhrlich eine Menge davon, und neh - men ſie mit nach Batavia, wo ſie, ſo wohl als an andern Oertern in Oſtindien, mit Vortheil verkauft, und, Waſ - ſer darin ſtehen zu haben, gebraucht werden. Das zum taͤglichen Getraͤnk beſtimmte Waſſer haͤlt ſich darin kalt, und ſchlaͤgt alle Unreinigkeit voͤllig nieder; wird alſo durch den abgeſonderten Bodenſatz auch reiner und geſunder.

Unſer bisheriger Weg war ſehr gebirgig, ſteinig und beſchwerlich. Nun aber kamen wir in die Provinz Fiſen, und hier iſt das Land viel fruchtbarer, ſchoͤner, ſtaͤrker bewohnt und volkreicher. Die Doͤrfer liegen dich - ter bey einander, ſind ſehr groß und lang, und nicht ſel -69nach der Kaiſerl. Reſidenz-Stadt Jedo. ten ſind zwey, deren jedes eine Meile lang iſt, ſo nahe beyſammen, daß nur ein Fluß, eine Bruͤcke oder derglei - chen ſie trennt. Das Land iſt allenthalben vortrefflich angebauet, und man ſieht die ſchoͤnſten Reiß - und andre Felder. Die Leute, beſonders das weibliche Geſchlecht, ſind in dieſer Landſchaft kleiner, als in der vorigen. Die verheuratheten Frauen entſtellen ſich, da ſie ſonſt wohl - gebildet, und zum Theil ſchoͤn ſind, hier doch bis zu ei - nem hohen Grade von Haͤßlichkeit dadurch, daß ſie alle Haare aus den Augenbraunen geriſſen haben. Dies ſoll ein Zeichen des verheuratheten Standes ſeyn, ſo wie zu Nangaſakiſchwarze Zaͤhne es ſind. Uebrigens iſt dieſe Provinz ihres ſchoͤnen und koſtbaren Porcellans wegen ſehr bekannt. Verſchiednes davon hatte ich ſchon in der Marktzeit auf der Hollaͤndiſchen Factorey geſehen; jetzt hatte ich Gelegenheit, mich naͤher darnach zu erkundigen. Es wird aus einer ganz weißen Thonerde gemacht, die an ſich ſelbſt ſchon ſehr fein iſt, aber dennoch mit der groͤßten Muͤhe unbeſchreiblich gut bearbeitet wird, ſo daß die da - von verfertigten Sachen durchſichtig, ſchneeweiß und uͤber die Maße ſchoͤn werden.

Am folgenden Tage paſſirten wir den ziemlich großen Fluß Kaſſanga, und die Staͤdte: Sanga, die anderthalb Meilen lang iſt, Fioſabara, Kanſaki, Nakabaraund Todoriki, worauf wir nach einer Tagereiſe von neun Meilen zu Taiſeroeintrafen, wo wir das Nachtlager nahmen. Kaͤmpfererzaͤhlt: zu ſeiner Zeit habe man es fuͤr Ungluͤck bringend gehalten, und es ſey verbothen geweſen, in dieſer Stadt zu uͤbernachten, weil einmahl auf einer ſolchen Reiſe der Banjoſe und der Ober-Dol - metſcher hier in Streit gekommen, wobey jener die - ſen getoͤdtet, und dieſer hernach ſich ſelbſt auch entlei - bet habe.

70Zweyte Abtheilung. Reiſe von Dezima

Sangaiſt die Hauptſtadt dieſer Landſchaft. Sie hat ein Schloß, wo der Fuͤrſt derſelben reſidirt, Wall und Graben, und an den Thoren Wache. Sie iſt, wie die meiſten Staͤdte, ordentlich gebauet, und ihre Straßen ſind, wie auch faſt allenthalben, gerade und breit. Auch hat ſie verſchiedne Waſſerkanaͤle, die ganz durch ſie hingehen.

Den 8. Maͤrz reiſeten wir ungefaͤhr zehn Meilen bis zu der Stadt Itſka. Der Weg ging verſchiedne große und kleine Doͤrfer vorbey, und uͤber ſehr hohe Berge. Zuerſt kamen wir nach Farda, von da nach Jamayo, und uͤber einen hohen Berg nach Fiamits. Dies liegt in einer herrlichen Gegend. Wir raſteten hier auch eine Zeit lang, tractirten uns und die Japaniſchen Beamten mit Sakki, machten der Wirthin ein Geſchenk an Geld von ſieben Mas und fuͤnf Konderyn, welches an dieſem Orte ſo hergebracht iſt, und reiſeten weiter bis Utſini.

Waͤhrend wir heute unſre Reiſe in der Landſchaft Tſikudſenfortſetzten, wurden wir von einem Beamten be - gleitet, den der Fuͤrſt derſelben uns entgegen geſchickt hatte, um uns eine gluͤckliche Ankunft zu wuͤnſchen, und uns durch ſein Land das Geleit zu geben. So verachtet der Europaͤer auf ihrer Factorey, und ſo ſchlecht alle Aus - laͤnder in den Augen der Japaner ſind, mit ſo vorzuͤg - licher Hoͤflichkeit und Dienſtfertigkeit begegnet man auf der Reiſe nach Hofe und zuruͤck der Hollaͤndiſchen Am - baſſade. Man beweiſet ihr eben die Achtung und Ehrer - biethung, die den eignen Befehlshabern des Landes erzei - get wird, wenn ſie ihre jaͤhrliche Reiſe zum Kaiſer, und von da zuruͤck machen. Wenn wir an der Graͤnze einer Provinz ankamen, kam uns, wie diesmahl, allezeit ein von ſeinem Herrn abgeſchickter Beamte entgegen, der uns nicht nur in deſſen Nahmen allen erforderlichen Beyſtand an71nach der Kaiſerl. Reſidenz-Stadt Jedo. Leuten, Pferden, Fahrzeugen u. dgl. anboth, ſondern uns auch bis an die andre Graͤnze begleitete, wo er von uns Abſchied nahm, und von einem andern abgeloͤſet wurde. Die geringen Leute erzeigten uns eben die unterthaͤnigen Ehrfurchtserweiſungen, als dem Fuͤrſten, und buͤckten ſich mit der Stirn bis auf den Erdboden, kehrten uns auch wohl den Ruͤcken zu, um zu erkennen zu geben, ihre Niedrigkeit ſey nicht werth, uns anzuſehen.

Von Utſinireiſeten wir uͤber den Fluß Nagata, durch die Staͤdte Koijanoſſaund Kuroſakkinach Kokura, wo wir bis folgenden Nachmittag blieben, zuſammen zehnthalb Meilen.

Kokuraiſt eine große und reiche Handelsſtadt, wird auch zu den großen Staͤdten des Reichs gerechnet. Ihr Flor beruhet auf dem ſehr anſehnlichen Handel, der hier getrieben wird. Der Hafen iſt indeſſen jetzt ſo ſeicht, daß nur kleine Fahrzeuge und Boͤte an die Stadt kommen koͤnnen. Die Stadt iſt eine Japaniſche Meile lang, macht ein laͤngliches Viereck, und wird von einem durch die Straßen nach der See fließenden Fluſſe durchſchnitten. Die Thore haben militaͤriſche Wachen, die von Officieren commandirt werden. An dem einen Ende der Stadt, und zwar am Fluſſe, liegt das Schloß des Befehlshabers oder Fuͤrſten der Landſchaft Kokura, das ſehr ſchoͤn, und nach Landesart gut befeſtigt zu ſeyn ſcheint, mit Graͤben und Mauern umgeben iſt, und durch einen hohen Thurm beſchuͤtzt wird. Gern haͤtten wir die Stadt in naͤheren Augenſchein genommen, allein wir bekamen nicht die Er - laubniß, darin herum zu gehen.

Ehe wir an dieſem Orte ankamen, wurden wir im Nahmen des Fuͤrſten von zwey jungen Edelleuten, die er uns vom Schloſſe entgegen ſchickte, empfangen und nach unſerm Quartier begleitet. Wir logirten hier ſehr gut. So72Zweyte Abtheilung. Reiſe von Dezimawohl hier als auf der ganzen Reiſe wurden wir in die hin - tern Zimmer des Hauſes, welches hier zu Lande den ſchoͤn - ſten und vornehmſten Theil deſſelben ausmacht, quartiert. Eben ſo bemerke ich hier ein fuͤr allemahl, daß, da die Japaner in ihrem ganzen Hauſe gar keine Meublen, mit - hin auch keine Bettſtellen haben, unſre Matratzen und Betten auf den Fußboden, der allezeit mit dicken Stroh - matten bedeckt iſt, gelegt wurden. Die Japaner von unſerm Gefolge lagen des Nachts eben ſo auf dem Fuß - boden, hatten aber keine Kopfkiſſen, ſondern ſtatt deren ein laͤngliches Stuͤck lackirtes Holz, das ſie unter den Kopf legten. Einem alten Herkommen gemaͤß bekam hier der vom Statthalter zu Nangaſakizu unſerer Auf - wartung mitgegebene Diener ein Trinkgeld von ein Thail, fuͤnf Mas, oder ungefaͤhr ein und einen halben Thaler.

Unter andern in dieſen Gegenden haͤufig anzutref - fenden Baͤumen und Gewaͤchſen, als: der gemeinen Fichte (Pinus ſylveſtris), dem Indianiſchen Felſenkraute (Aza - lea Indica), der Indianiſchen Wucherblume (Chryſan - themum Indicum), fand ich hier auch einen Baum, der den Nahmen Aukuba fuͤhrt, und einen andern, den man Nandina nennt, und von welchen beyden man glaubt, daß ſie dem Hauſe Gluͤck bringen.

Gegen Abend fuhren wir mit einer Jacht drey Mei - len weit uͤber den Meerbuſen nach Simonoſeki, wo wir in einem Wirthshauſe uͤbernachteten.

Zwiſchen dieſem Orte und Kokuraliegt eine nie - drige laͤngliche Klippe, die bey flachem Waſſer und zur Zeit der Ebbe nur ein wenig uͤber das Waſſer hervor ſteht, von der Fluth aber ganz bedeckt wird. Man erzaͤhlt, an dieſer Klippe ſey ein Fahrzeug, das den Kaiſer Taikouͤberſetzen ſollen, geſcheitert und verungluͤckt; der Kaiſer ſey zwar gerettet worden, der Schiffer aber habe ſich73nach der Kaiſerl. Reſidenz-Stadt Jedo. nach Japaniſcher Sitte den Bauch aufgeſchnitten, um ſich ſelbſt zu ſtrafen. Zum Andenken dieſes Ungluͤcks habe man nachmahls auf der Klippe einen viereckigen gehaue - nen Stein, ungefaͤhr eine Elle hoch, aufgeſtellt.

Simonoſekiliegt an dem einen Ende von Nipon, der groͤßten von allen Inſeln dieſes Reichs, auf welcher beyde Hauptſtaͤdte deſſelben liegen. Die Stadt iſt zwar keine Fuͤrſtliche Reſidenz, auch keine der groͤßten im Lan - de, aber doch ſehr bluͤhend und anſehnlich. Dies hat ſie ihrer Lage zu danken. Sie hat einen ſehr beruͤhm - ten Hafen, der ungemein haͤufig beſucht wird: man ſieht oft zwey bis drey hundert Fahrzeuge von verſchied - ner Groͤße vor Anker liegen. Gewoͤhnlich laufen alle die, welche von den weſtlichen Kuͤſten des Reichs nach den oͤſtlichen, und umgekehrt, ſegeln, hier ein, entweder um Waaren abzuhohlen, oder bey widri - gem Winde und Sturme ſicher zu liegen. Wegen der faſt aus allen Oertern und Provinzen des ganzen Reichs hieher zuſammen ſtroͤmenden Menge Menſchen iſt Han - del und Verkehr hier ſehr groß. Man findet daher hier auch eine große Menge Waaren, die aus andern Land - ſchaften zum Verkauf hieher gebracht werden, und welche man in andern Staͤdten und Haͤfen nicht immer findet: denn jeder Handelsort handelt hauptſaͤchlich nur mit den Waaren und Producten, die er ſelbſt, und die Provinz, worin er liegt, hervorbringt und verfertigt. Wir be - ſtellten jetzt zu unſrer Ruͤckkunft, theils zu eignem Ge - brauch, theils zum Verkauf, außer andern Waaren, Reiß, der in dieſer Gegend ganz vorzuͤglich gut iſt, und Kohlen, die man zur Feuerung im Winter und zum Eſſenkochen gebraucht. Daß es an einem Orte wie dieſer, nicht an oͤffentlichen Maͤdchenhaͤuſern fehle, wird man leicht glauben. Wir Hollaͤnder hatten nicht die74Zweyte Abtheilung. Reiſe von DezimaErlaubniß ſie zu beſehen, ſondern wenn wir, nach er - haltner Freyheit, in der Stadt ſpatzieren gingen, wur - den die Thore zu den Straßen, wo ſie ſtehen, ſorgfaͤl - tig verſchloſſen.

Am Strande ſammelt man in dieſer Gegend eine Art Watt (Ulva), die hier Awa Stori heißt. Sie wird getrocknet, uͤber Feuer geroͤſtet, und zu einem ſehr feinen Pulver zerrieben, und mit gekochtem Reiß, bis - weilen in der Miſoſuppe gegeſſen.

Von Simonoſekigeht zwar zu Lande ein Weg nach Jedo; wir bedienten uns deſſen aber nicht, weil er ge - birgig und beſchwerlich iſt, ſondern zogen die Waſſerreiſe vor. Zu dieſem Ende begaben wir uns den 10. Maͤrz an Bord eines großen, 90 Fuß langen, Japaniſchen Fahrzeuges. Dies Schiff wird zur Ueberfahrt der Am - baſſade nach Fiogo, fuͤr Rechnung der Compagnie, jaͤhr - lich fuͤr 480 Thaler gemiethet, und zwar zu einer Reiſe von etwa 130 kleinen Seemeilen, die bey gutem Winde bisweilen in Zeit von acht Tagen zuruͤck gelegt werden. Ein aͤhnliches Fahrzeug fuͤhrte einen Theil der Bagage und des Gefolges. Wir logirten uns in die Kajuͤte. Unſer Banjos bekam ſein abgetheiltes Zimmer auf einer, und wir Hollaͤnder die andre groͤßre Seite. Dieſe war auch in zwey Gemaͤcher vertheilt: eine ganz kleine Schlaf - kammer fuͤr den Ambaſſadeur, und ein groͤßeres fuͤr mich und den Secretair, welches zugleich zum Speiſeſaale ge - braucht wurde. Die uͤbrigen Gemaͤcher im Schiffe nah - men die Dolmetſcher und andre ein.

Wir ſegelten ſechs und dreyßig Meilen bis Kamiro, von da wir weiter gingen, aber nach einer Fahrt von ſie - ben Meilen widrigen Wind bekamen, und uns deswe - gen bey Nakaſſimavor Anker legen mußten. Allein da dieſer Wind nicht nur anhielt, ſondern auch Sturm ent -75nach der Kaiſerl. Reſidenz-Stadt Jedo. ſtand, ſahen wir uns genoͤthigt unſere Anker wiederum zu lichten, und ganze vierzehn Meilen bis Kaminoſekizuruͤck zu ſegeln, um in den daſigen bequemern und ſiche - rern Hafen einzulaufen. Hier mußten wir gegen drey Wochen zubringen, ehe wir guͤnſtigen Wind bekamen, und die Reiſe fortſetzen konnten. Dieſe ganze Zeit wa - ren wir beſtaͤndig auf dem Schiffe, hatten aber doch ver - ſchiedne Mahl Gelegenheit, ans Land zu gehen, und uns in den Wirthshaͤuſern und Tempeln umzuſehen. Es war jetzt auf dem Schiffe ſo kalt, daß wir in den Zimmern ein - heitzen mußten, und doch Schnupfen und andre Erkaͤl - tungen davon trugen. Die Japaner vertrieben ſich die Zeit mit allerhand Spielen. Meine Freunde unter ihnen beſchaͤfftigte ich theils mit mediciniſchen Vorleſungen, theils mit Erkundigungen nach dem Lande, der Regierung, der Haushaltung, der Sprache und dergleichen. Die Sprache ſtudierte ich beſonders fleißig, und bereicherte jetzt ſehr mein ſchon angefangnes Woͤrterbuch.

Die Kuͤſten, welche wir bisher vorbey gefahren wa - ren, ſind uͤberall bergig, dennoch aber aufs hoͤchſte ange - bauet. Die Berge ſahen meiſtens wie ſchoͤne Gaͤrten aus.

Zu Kaminoſekiund zu Simonoſekibemerkte ich, daß die oͤffentlichen Beamten zum Theil zwey Saͤbel, zum Theil aber nicht mehr als einen tragen duͤrfen: jene heißen Samrai, dieſe Tjonen. In beyden Staͤdten ha - ben auch junge Leute aus der Buͤrgerſchaft, wirkliche Buͤrgerſoͤhne, bey dem Buͤrgermeiſter auf eine gewiſſe Zeit die Aufwartung. Sie werden Kodom genannt, ſind wohlgekleidet, und tragen, wie Perſonen in oͤffent - lichen Aemtern, lange Beinkleider. Nach Verlauf ei - ner gewiſſen Zeit werden ſie von andern abgeloͤſet.

Endlich nach langem Harren machte ſich ein guͤnſti - ger Wind auf, und wir konnten weiter unter Segel ge -76Zweyte Abtheilung. Reiſe von Dezimahen. Wir fuhren bis Dſino Kameru, wo wir wieder ſtill lagen. Allenthalben ſahen wir, ſo wie auf der bis - herigen Reiſe, uns von großen und kleinen Inſeln umge - ben, zwiſchen denen wir hinſchifften, und womit dieſe ganze Gegend beſaͤet iſt. In allen dieſen Fahrwaſſern trafen wir auch mehrere Arten wilde Enten, beſonders die Federkappe (Anas galericulata) an. Sie verſam - meln ſich bey ſchoͤnem Wetter in ſolcher Menge, daß man ſie in der Ferne fuͤr große Inſeln anſehen ſollte, und ſcheuen ſich weder vor Schiff noch vor Menſchen, ſo gar nicht einmahl, wenn man unter ſie ſchießt. Hier, und wo wir uns ſonſt vor Anker legten, unterließen unſre Japaner nicht, ſich ans Land ſetzen zu laſſen, und zu ba - den. Unſre Fahrt ging zwiſchen unzaͤhligen Inſeln, und durch einen engen Kanal zwiſchen zwey großen Landſchaf - ten, weiter bis Materai. Der Hafen daſelbſt iſt geraͤu - mig und ſicher, und liegt daher immer voll Schiffe in großer Menge. Man fiſchet hier eine Art Auſtern, Si - gaki genannt, die ſehr gut ſchmecken.

Nach einer beſchwerlichen und gefahrvollen Reiſe von ſechs und zwanzig Tagen langten wir endlich, da wir die letzte Zeit ſehr guten Wind hatten, zu Fiogoan. Dieſer Ort liegt ungefaͤhr zehn Meilen, oder dreyzehn Seemeilen von Oſaka, an demſelben Meerbuſen, und zwar ſchraͤge gegen uͤber. Er hat einen großen ins Land hinein gehenden Hafen, der gleichwohl auf der Suͤd-Seite offen und daher von Natur unſicher und gefaͤhrlich iſt. Er iſt dies aber nicht mehr, ſondern vielmehr ſehr ſicher und brauchbar, ſeitdem der Kaiſer Fekimit unglaublicher Muͤhe, Arbeit und Koſten, ſelbſt mit Verluſt einer Menge Leute, die dabey ums Leben gekommen ſind, dem Uebel abgeholfen hat. Dieſer Kaiſer ließ auf der Suͤd - Seite des Hafens einen hohen Damm anlegen, um den77nach der Kaiſerl. Reſidenz-Stadt Jedo. Anlauf der Wellen abzuhalten, der wie eine lange ſchmale Sandbank ausſieht, und eben nicht tief unter dem Waſ - ſer liegt. Mehrere hundert Schiffe hatten jetzt mit uns ihre Zuflucht hieher genommen. Dieſer Hafen iſt auch deſto wichtiger, da das Fahrwaſſer nach Oſakaſeicht iſt und von großen Fahrzeugen nicht befahren werden kann. Die Stadt liegt eben ſo als Nangaſaki, laͤngs am Strande des Hafens, und am Fuße der hinterwaͤrts empor ſteigenden Berge, und iſt ziemlich groß und ſchoͤn. Der Zuſammenfluß von Menſchen iſt anſehnlich.

Kaͤmpferreiſete mit ſeiner Caravane in kleinen Boͤten von Fiogonach Oſaka. Wir aber waͤhlten den Landweg uͤber Fiogonach Iſinomiaund Amagaſaki, eine befeſtigte Stadt an der Seekuͤſte, nach Kanſaki, einem Dorfe, das an der Muͤndung eines großen Fluſſes liegt. Dieſer Weg betrug drey Meilen. Von Kanſakiließen wir uns nach dem Ausfluſſe des großen Fluſſes, welcher durch die Stadt Oſakains Meer laͤuft, drey Meilen weit in Boͤten uͤberſetzen.

Unſer zukuͤnftiger Wirth kam uns in einem Boote entgegen, und begleitete uns den Strom hinauf durch die Vorſtaͤdte, die am Strande liegen, und die man vor den vielen hundert hier ſich aufhaltenden Fahrzeugen kaum ſehen kann. Wir paſſirten verſchiedne Bruͤcken, Thore und auf beyden Seiten liegende Wachhaͤuſer, und merk - ten nunmehr, daß wir in der Stadt ſelbſt waren. Hier fanden wir vortreffliches Logis und eben ſo erwuͤnſchte Auf - nahme. Unſer Wirth kam, in ſeinem feſtlichſten An - zuge, mit dem heiterſten Blicke und den ehrerbiethigſten Geberden, ſo gleich herein, um uns durch den Dol - metſcher zur Beendigung der langweiligen und laͤſtigen Seereiſe Gluͤck zu wuͤnſchen. Er hatte einen Bedienten bey ſich, der einen gewoͤhnlichen kleinen viereckigen Tiſch78Zweyte Abtheilung. Reiſe von Dezimahinſetzte, worauf ein, ebenfalls aufs ſchoͤnſte geſchmuͤck - tes, Geſchenk lag. Dies beſtand in einigen Apfelſinen, von gewoͤhnlicher Groͤße, aber ſehr dicker Schale, einigen Mikan oder kleinen Apfelſinen mit duͤnner Schale, und einigen gedoͤrrten Feigen oder Kaki. Oben auf lag ein zuſammen gelegtes, mit rothen, vergoldeten papiernen Faͤ - den umwundnes Papier, an deſſen Enden ein Streif von Tank (Fucus) feſt geklebt war. Umher lagen ei - nige, auch aus Tank geſchnittne kleine Wuͤrfel. Dies alles gehoͤrt zum Cerimoniell, und bezeichnet die groͤßte Achtung gegen die ankommenden Fremden. Zu Abend bekamen wir unter andern Gerichten eine Art Fiſch, die man hier Abrame nennet, und von ſehr gutem Ge - ſchmacke iſt.

Das erſte, was wir zu thun hatten, war: dem Schiffs-Capitain, welcher uns mit dem großen Fahr - zeuge gluͤcklich bis Fiogogebracht, und nebſt einigen von der Beſatzung hieher begleitet hatte, unſre Dankbarkeit zu beweiſen. Fuͤr mich mußte ich ihm ſechs Thail, und den Matroſen ſieben Mas, fuͤnf Konderyn bezahlen. Auch mußte, dem Gebrauche gemaͤß, hier jeder von uns den Leuten, welche unſre Norimon in Verwahrung gehabt hat - ten, ſechs Thail, und den vom Gouverneur uns mitge - gebenen Bedienten gleichfalls ſechs Thail bezahlen. Zu - ſammen belief ſich dies auf ſechzehn Thaler.

Zu Oſakahielten wir uns nur einen Tag und Nacht auf. In dieſer Zeit beſuchten uns verſchiedne Kaufleute, bey denen wir, nach Muſtern, die ſie bey ſich hatten, allerley Sachen beſtellten, die zu unſrer Wiederkunft fertig ſeyn ſollten, nahmentlich nachgemachte und uͤber - firnißte Inſecten von Kupfer und Holz, verſchiedne Ar - ten Faͤcher, Papier zum Schreiben und zu Tapeten, und dergleichen mehr.

79nach der Kaiſerl. Reſidenz-Stadt Jedo.

Oſakaiſt eine von den ſo genannten fuͤnf Reichs - ſtaͤdten, die dem weltlichen Kaiſer gehoͤren, im Nahmen deſſelben von zwey Statthaltern regiert werden, welche ein Jahr ums andre nach Hofe reiſen, und die dann wie - der ein Jahr ums andre die Regierung verwalten. Zu - gleich iſt ſie eine von den groͤßten Handelsſtaͤdten des Reichs, wozu ihre bequeme Lage an der Seekuͤſte und beynahe mitten im Lande viel beytraͤgt. Wegen der un - glaublich großen Zufuhr aller Sachen aus allen Gegen - den des Reichs ſind hier die Eßwaaren wohlfeil. Die reichſten Kaufleute und Kuͤnſtler haben ſich hier nieder - gelaſſen. Der Fluß Jedogawa, auf dem wir die Stadt hinein ſegelten, fließt durch die Straßen, und wird durch Graͤben in verſchiedne Arme vertheilt. Sie hat beynahe eine Meile im Umfange ins Gevierte, iſt nach hieſiger Art wohl befeſtigt, und hat eine ſtarke Citadelle, die ſeitwaͤrts neben der Stadt liegt. Ueber den Fluß gehen nicht nur koſtbare Bruͤcken von Japaniſchem Cedernholz, ſondern ihrer ſind auch ſehr viele, und einige von unge - meiner Laͤnge, funfzig bis ſechzig Faden lang. Faſt in allen Haͤuſern beſteht die Vorderſeite des unterſten Stock - werks entweder aus Werkſtaͤtten, die nach der Straße offen ſind, oder aus großen Kaufmannsbuden, wo aller - ley Waaren ausgehaͤngt ſind, und Kaͤufer anlocken. Viele Reiche laſſen ſich hier nieder, um hier ihr Geld zu verzehren, weil dieſe Stadt der angenehmſte Aufenthalts - ort im ganzen Lande iſt. Sie iſt in Japan, was Parisin Europaiſt. Man kann hier alles moͤgliche Vergnuͤ - gen haben. In der Feſtung haben die Stadt-Gouver - neure nichts zu befehlen. Sie hat zwey beſondre Gou - verneure oder Commandanten, die ſich auch abloͤſen, und zwar alle drey Jahr, in der Stadt aber auch nichts zu ſagen haben. Einer von ihnen haͤlt ſich allezeit bey80Zweyte Abtheilung. Reiſe von DezimaHofe auf, und, wenn er herunter reiſet, um ſeinen Vorgaͤnger abzuloͤſen, wird dabey der Umſtand gar ſorg - faͤltig beobachtet, daß ſie mit einander nicht ſprechen duͤr - fen; ſondern wenn der eine einzieht, muß der andre aus - ziehen, und ſich unverzuͤglich zum Kaiſer verfuͤgen, um von ſeiner Verwaltung Rede und Antwort zu geben.

Weil wir von Oſakanach Miakodreyzehn Meilen hatten, mußten wir uns den 9. April des Morgens ſehr fruͤh auf den Weg begeben. Wir wurden deswegen noch vor Tage in aller Eile geweckt, tranken eine Taſſe Kaffee, machten unſer Fruͤhſtuͤck-Butterbrot zurecht und ſetzten uns in unſre Saͤnften. Die Japaner gingen mit einer Menge brennender Fackeln und unter beſtaͤndigem Singen voran. Unterwegens hielten wir verſchiedne Mahl ſtill, um aus - zuruhen, und Erfriſchungen oder das Mittagseſſen zu uns zu nehmen; in den Doͤrfern Morikuts, Firakattaund Fuſimi, und in der Stadt Jodo. Dieſe Doͤrfer ſind von ungeheurer Groͤße; Fiſimiiſt drey Meilen lang, und erſtreckt ſich ganz bis an die Kaiſerliche Hauptſtadt Miako, wovon ſie wie eine Vorſtadt angeſehen werden konnte. Jodoiſt eine kleine, aber nette und an Waſſer ſehr reiche Stadt. Ihre Bruͤcke iſt eine der groͤßten im Reiche: ihre Laͤnge betraͤgt vier hundert Schritt. Sie wird durch ein an der Seite liegendes feſtes Schloß, wo zugleich ein Fuͤrſt reſidirt, beſchuͤtzt.

Außer in Hollandhabe ich keine ſo angenehme Reiſe als dieſe gemacht, ſo ſchoͤn, reitzend und bezaubernd iſt das Land. Die Menge ſeiner Einwohner und ſeine Cul - tur uͤbertrifft alle Beſchreibung. Das ganze Land iſt zu beyden Seiten, ſo weit das Auge reicht, nichts anders als ein einziges fortgehendes fruchtreiches Feld, und unſre ganze heutige Reiſe ging durch Doͤrfer, wovon das eine aufhoͤrt, wo das andre anfaͤngt, und die an der ganzen Landſtraße hin liegen.

Auf81nach der Kaiſerl. Reſidenz-Stadt Jedo.

Auf dem Fluſſe Miacohalten ſich Pelikane, die in den Fichten am Wege ihre Neſter haben, wie auch wilde Enten und andre Voͤgel in Menge auf, obgleich das Ufer ihnen keinen ruhigen Wohnplatz gewaͤhret, ſon - dern allenthalben bewohnt und angebauet iſt. In meiner Hoffnung aber, auf einer ſo weiten Reiſe, in einem Lande, wohin ſo ſelten Europaͤer kommen, eine Menge ſeltner und unbekannter Gewaͤchſe zu ſammeln, fand ich mich gar ſehr betrogen. Nirgends habe ich je weniger Gele - genheit dazu gehabt, als jetzt. Auf den meiſten Aeckern, die gegenwaͤrtig beſaͤet ſtanden, konnte ich nicht den klein - ſten Halm Unkraut entdecken, faſt auf keinem einzigen in der ganzen Provinz. So genau jaͤtet man alles Un - kraut aus.

Zu Miacowurden wir im obern Stockwerke des fuͤr uns beſtimmten Hauſes einquartiert, welches ſonſt in Japannicht zu geſchehen pflegt. Vier Tage lang mußten wir hier verweilen. Jetzt oͤffneten wir auch un - ſere großen Koffer, um weiße Waͤſche und andre Klei - dungsſtuͤcke, nebſt noͤthigem Proviant zu dem noch ruͤck - ſtaͤndigen Theile der Reiſe heraus zu nehmen. Der oberſte Dolmetſcher haͤndigte uns hier eine Summe Gel - des in neuen Kobang ein, um davon auf der Reiſe nach Belieben Gebrauch machen zu koͤnnen. Ich und der Se - tretair bekamen jeder drey hundert Thaler, die wir aber hernach zu Nangaſakivon unſerm Kambangs-Capitale er - ſetzen mußten. Bey den Kaufleuten, welche Erlaubniß hatten, uns zu beſuchen, beſtellten wir zu unſrer Zuruͤck - kunft allerley Handelswaaren, als Sowa-Arbeit, Faͤcher, lackirte Sachen und dergleichen.

Waͤhrend unſers hieſigen Aufenthalts hatten wir Audienz bey dem Oberrichter und den beyden Gouverneu - ren der Stadt, welche alle von der Hollaͤndiſchen Compa -Thunbergs Reiſe. 2. Bandes 1. Theil. F82Zweyte Abtheilung. Reiſe von Dezimagnie mit Geſchenken bedacht wurden. Wir wurden in unſern Norimon nach ihren Pallaͤſten getragen, und da - ſelbſt mit gruͤnem Thee, Tobak und Zucker-Backwerk regalirt.

Miacoiſt nicht allein die aͤlteſte Hauptſtadt des Reichs, und der Wohnſitz des Dairi, oder des geiſtli - chen Kaiſers, ſondern auch die groͤßte Handelsſtadt im ganzen Lande. Der Dairi hat ſein Reſidenz-Schloß und ſeinen Hof gleichſam in einem beſondern Quartier der Stadt, das an ſich ſelbſt ſchon eine anſehnliche Stadt ausmacht, und mit Waſſergraͤben und ſteinernen Mauern umgeben iſt. Wir hatten nicht das Gluͤck, ſie anders als von weitem zu beſehen. Die Lage der Stadt unge - faͤhr mitten im Lande verſchafft ihr den ungemein großen Vortheil der vorzuͤglichen Handlung. Sie erſtreckt ſich auf einer großen Ebene ungefaͤhr eine Deutſche Meile in der Laͤnge und eine halbe Meile in der Breite. Die mei - ſten und geſchickteſten Handwerker, Fabrikanten und Kuͤnſt - ler und die angeſehenſten Kaufleute haben ſich hier ſeß - haft niedergelaſſen. Alles was man will, kann man hier zu Kauf haben, beſonders lackirte Sachen, Sammete, ſeidne Zeuge, Gold - und Silberſtoffe, Arbeit von Gold, Silber und Kupfer; Sowa; Kleider und die vortreff - lichſten Waffen. Das an ſich ſchon vortreffliche Japa - niſche Kupfer wird hier gelaͤutert und veredelt, nachdem es bey den Gruben nur geroͤſtet und geſchmelzt worden iſt. Alles Geld wird hier gepraͤget. Und da nur am Hofe des Dairi, gleichſam als auf einer Reichs-Akademie, Litteratur und Gelehrſamkeit cultivirt werden, ſo werden hier auch alle Buͤcher gedruckt.

Den 14. April verließen wir Miacound kamen uͤber Keagi, Jako Tjaja, Faſiri, Iſibaoder Oits, Tſettaund Skinowanach Kuſats, wo wir das Nacht -83nach der Kaiſerl. Reſidenz-Stadt Jedo. Logis nahmen: eine Tagereiſe von etwas mehr als ſieben Meilen.

Oitsliegt an einem Landſee gleiches Nahmens, der gegen ſeine Laͤnge von vierzig Japaniſchen Meilen ſehr ſchmal iſt. Wenn man alten Erzaͤhlungen glauben kann, ſo iſt derſelbe in Einer Nacht durch ein Erdbeben, das dieſe ganze Strecke Landes einſtuͤrzen gemacht, entſtan - den. Er befoͤrdert gar ſehr den Transport der Waaren aus den umliegenden Gegenden nach Miaco. Auch iſt er deswegen merkwuͤrdig, daß Lachſe ſich darin aufhalten, welche Art Fiſche ſonſt in ganz Oſtindienſo außerordent - lich ſelten iſt. Diejenigen, welche wir hier davon aßen, waren vortrefflich. Die groͤßten wogen ungefaͤhr ein halbes Ließpfund. Auf unſrer ferneren Reiſe trafen wir noch an mehr Oertern Lachs; wir ließen daher verſchiedne raͤuchern, um ſie bey unſrer Zuruͤckkunft mitzunehmen; dieſe kamen aber weder an Groͤße und Fett, noch in An - ſehung der Art, wie ſie geraͤuchert waren, den Europaͤi - ſchen gleich.

Kuſatsiſt nur ein Dorf, aber von fuͤnf hundert Feuerſtellen. Bey Tſettakamen wir uͤber eine ſehr lan - ge Bruͤcke, die auf einer kleinen, nahe nach der einen Seite liegenden Inſel ruhet, etwa 350 Schritte lang, nach Japaniſcher Art ſchoͤn gebauet, und mit Gelender verſehen iſt.

Am folgenden Tage hatten wir eilf Meilen zu ma - chen, und zwar durch die große reiche und fruchtbare Pro - vinz Omi. Hier liegen die Staͤdte und Doͤrfer ganz dicht an einander. Die merkwuͤrdigſten, welche wir paſſirten, waren Menoki, Iſſibe, Naſumi, Iſami, Minakuts, Ono, Matſu, Fitsjoma, Inofana Sawaund Sakanoſta.

Minakutsiſt eine anſehnliche Stadt. So wohl hier als vorher an verſchiednen Orten, waren KrankeF 284Zweyte Abtheilung. Reiſe von Dezimaaus den umliegenden Gegenden angekommen, um ſich gegen ihre chroniſchen Krankheiten von dem Hollaͤndi - ſchen Arzte Rath und Medicin geben zu laſſen. Bey vielen beſtand das Uebel entweder in Verhaͤrtung der Druͤſen und offenen Krebsſchaͤden, oder in veneriſchen Symptomen, die zu ſehr uͤberhand genommen hatten.

Gegen Abend kamen wir in die Landſchaft Iſi, und zwar durch verſchiedne am Wege liegende, ſehr lange und faſt an einander ſtoßende Doͤrfer nach der zu unſrer Nacht-Herberge beſtimmten Stadt Seki. Die heutige Reiſe war nicht weniger angenehm, als die geſtrige. Denn auch dieſe Provinz iſt dicht bewohnt, fruchtbar und volkreich. Nur ſchlimm, daß wir hier, ſo wie uͤberall in den Doͤrfern, den Geruch des geſammelten Urins und Unraths auszuſtehen hatten, der alles Ver - gnuͤgen verbitterte, und uns zwang, die Fenſter in un - ſerm Norimon faſt immer zuzuhalten.

Den Tag darauf legten wir zehn Meilen zuruͤck. Nachdem wir durch Noſin, Kamirujammi, Moirino - ſta, Sono, Tjakuſi, Sutski, Ojiwaki, die anſehnli - che Stadt Jokaits, Tomidaund Matsderagekommen waren, trafen wir gegen Abend zu Kwanaein, wo wir in einem ſchoͤnen und bequemen Logis die Nacht zu - brachten. Bey Jokaitswaren wir wieder an der Kuͤſte, in deren Naͤhe wir hernach faſt ganz hin bis Jedoblie - ben. Auf dieſem Wege aber hatten wir viele große und gefaͤhrliche Fluͤſſe zu paſſiren, uͤber welche man wegen ih - res ſtarken Anſchwellens in den Regenzeiten keine Bruͤ - cken hat anlegen koͤnnen, durch welche daher Reiter, Laſtthiere, Traͤger und Fußgaͤnger hindurch muͤſſen.

Nicht weit von Jokaitsbekamen wir unterweges drey Bettelnonnen zu Geſellſchafterinnen. Bey jedem unſrer Norimon ging eine her, um von uns Hollaͤndern85nach der Kaiſerl. Reſidenz-Stadt Jedo. Geld zu bekommen. Sie begleiteten uns mehrere Stun - den lang, und bettelten unaufhoͤrlich, obſchon ſie ſo gleich zu Anfange eine artige Gabe in Silbermuͤnze em - pfangen hatten. Sie waren nett und reinlich gekleidet; aber mit ihrem ungeſtuͤmen und hartnaͤckigen Betteln fie - len ſie uns ſehr zur Laſt. Wir wechſelten daher ein Gold - ſtuͤck, um von der kleinen Kupfermuͤnze eine Partey zu be - kommen, die durch ein in der Mitte befindliches vierecki - ges Loch auf eine Schnur gereihet wird, und Seni heißt. Hievon theilten wir von Zeit zu Zeit ein Paar Stuͤcke aus, und nun konnten wirs aushalten. Die Maͤdchen waren von ſechzehn bis achtzehn Jahr alt, und ihr Be - tragen, das eigenſinnige Betteln ausgenommen, anſtaͤn - dig. Unſre Dolmetſcher beſchrieben ſie uns als Toͤchter von Bergprieſtern, einer Art Moͤnche, die den Nahmen Jammabo haben, und ſagten uns, ihr vornehmſter Er - werb ſey das Betteln, ſie ſeyen verbunden, von ihren Al - moſen eine jaͤhrliche gewiſſe Abgabe an den Tempel zu Iſizu erlegen, ihre Sittſamkeit und Keuſchheit ſey aber nicht ſo groß, als ſie uns vorkomme. Sie heißen Ko - mano Bikuni.

Kwanaiſt eine anſehnliche, große und ſtark be - feſtigte Stadt in der Landſchaft Owari, einer der reich - ſten und bedeutendſten unter den Fuͤrſtlichen Provinzen des Reichs. Sie hat zwey Citadellen, und iſt mit Mauern und Graͤben eingeſchloſſen. Die Citadellen ha - ben hohe Thuͤrme, die einen ſchoͤnen Anblick geben. So wohl in dieſen als in den Stadtmauern ſieht man allent - halben kleine laͤngliche Oeffnungen, die zu Schießſchar - ten dienen, um mit ihren Pfeilen, vor den feindlichen Schuͤſſen ſicher, hindurch zu ſchießen.

Am folgenden Morgen fuhren wir uͤber den Meer - buſen, ſieben Seemeilen weit, nach Mia. Dieſe See -86Zweyte Abtheilung. Reiſe von Dezimareiſe war eine der ſonderbarſten. Zu Kwanahatten wir uns mit unſerm Gefolge und Gepaͤcke in große Fahrzeu - ge eingeſchiffet. Als wir aber dem Hafen bey Mianahe kamen, fanden wir ihn ſo untief, daß wir uns in kleine Boͤte begeben mußten, um weiter zu kommen. So klein dieſe auch waren, konnten wir damit doch auf keine an - dere Art zur Stadt gelangen, als daß jedes Boot von zwey Kerlen auf dem wenigen Waſſer, das uͤber dem Moder ſtand, mit den Haͤnden fortgezogen werden mußte.

Miahat daher, ob es gleich an einer Bugt der See liegt, einen elenden, ſo wohl fuͤr kleine als große Fahrzeuge wenig brauchbaren Hafen, wiewohl deren deſſen ungeachtet eine ziemliche Menge vor Anker lag. Waͤlle oder andre Befeſtigungswerke hat die Stadt nicht. Sie iſt aber ſehr volkreich und hat großes Verkehr. Auch hat ſie das Beſondre, daß die mittelſte Straße außerhalb der Stadt ſelbſt, noch zwey Meilen weit an einem gro - ßen Fluſſe bis nach der Stadt Nangajahinlaͤuft. Die - ſe letztere iſt befeſtigt und die Hauptſtadt in der Provinz Owari.

Von Miaging unſre Reiſe durch Kaſſadera, Ma - rumi, Singound Imo Kawa, nach Tjiriu, und von da am folgenden Tage unter Uſida, Ofama, Jafagi, Okaſaki, Kaginoies, Fuſikowa, Motoſiku, Akaſaki, Goju, Djokaſenund Jootſianach Joſida: welches un - gefaͤhr eilf Meilen ausmacht.

Okaſakiliegt ſchon in der Provinz Mikawa, und iſt eine Feſtung. Ueber den bey der Stadt vorbey flie - ßenden Fluß geht eine ſehr merkwuͤrdige Bruͤcke, die fuͤr die laͤngſte im ganzen Reiche gehalten wird. Sie iſt 158 Klafter lang, von Holz gebauet, und ſoll 30000 Kobang oder 300000 Thaler gekoſtet haben. In der87nach der Kaiſerl. Reſidenz-Stadt Jedo. ſehr ſtarken, und mit hohen Thuͤrmen und Mauern pran - genden Citadelle reſidirt der Fuͤrſt dieſer Landſchaft.

In dieſer Gegend iſt das Land gebirgig. Die Ebenen und Thaͤler zwiſchen den Bergen ſind gleichwohl vortrefflich angebauet. Jetzt pflanzte man den Reiß um. Die See wirft an dieſen Kuͤſten Zuckertang (Fucus ſac - charinus; Japaniſch Komb oder Kobu) aus, der ſehr breit und lang iſt.

Den 19. April reiſeten wir, fuͤnf Meilen weit, durch Imuri, Ftagawa, Jetſuri jama mura, Siraſkaund Moto Siraſkaund Array.

Arrayiſt eine kleine offne Stadt, dicht an einem Buſen des Meers. Wenn der Grund deſſelben ſo gut als ſeine Geſtalt und Lage iſt, ſo muß er den beſten und ſicherſten Hafen abgeben, der ſich gedenken laͤßt; und wenn dieſer zugleich auf Europaͤiſche Art befeſtiget wuͤrde, muͤßte er ganz unuͤberwindlich werden. Uebrigens iſt die - ſer Ort deswegen merkwuͤrdig, weil hier die Waaren und andre Sachen aller Reiſenden, beſonders der Fuͤrſten der Provinzen, wenn ſie zum Kaiſer reiſen, viſitirt werden. Dies geſchieht von dazu beſtellten Kaiſerlichen Beamten, die beſonders genau dahin ſehen muͤſſen, daß keine Frauensperſonen, und keine Waffen durchpaſſiren, wo - durch Unruhe im Lande entſtehen koͤnnte. Unſer Gepaͤcke wurde jedoch nur ganz gelinde unterſucht, worauf wir je - nen Beamten unſern Beſuch machten.

Von hier nahmen wir unſern Weg, ungefaͤhr eine Meile weit, in flachen Boͤten, uͤber die Bugt, zu der gegen uͤber liegenden Stadt Maiſaki, darauf durch Si - nowara, Nimbutsdo, Tammamats, eine große und anſehnliche Stadt, Tinſjemmats, in Boͤten uͤber den Fluß Tindingawa, durch Ikeda, Daiſoinnach Mitſke, wo wir zu Nacht blieben; ferner uͤber Mikano, Fuku -88Zweyte Abtheilung. Reiſe von Dezimaroi, Nakuri, Firagowa, Kakegawa, eine große und befeſtigte Stadt, Jamma Fano, Niſſaka, Kikugawa, Komaja, und den Fluß Ojingawanach Simada, ei - nem ungefaͤhr eine Viertelmeile langen Dorfe, welches zuſammen gegen ſechzehn Meilen ausmachte.

Der Fluß Ojingawaiſt fuͤr Reiſende einer der ge - faͤhrlichſten. Er ſchwillt nicht nur waͤhrend der Regen - zeit, wie andre, ſehr hoch an, ſondern ſein Lauf nach der See hinab iſt auch unglaublich ſchnell, und der Boden alsdann oft mit großen Steinen bedeckt, die der reißende Strom von den Bergen herunter gewaͤlzt hat. Bey al - len denjenigen großen Fluͤſſen, uͤber die man keine Bruͤ - cken hat anlegen koͤnnen, hat die Regierung Anſtalt ge - troffen, daß Reiſende entweder in Boͤten uͤbergeſetzt, oder von dazu beſtellten Leuten hindurch getragen werden. Bey der gefaͤhrlichen Stelle, die wir jetzt zu paſſiren hat - ten, und wo weder Bruͤcke noch Boot gebraucht werden kann, iſt dieſe Vorſorge verdoppelt. Hier ſind Leute in Menge beſtellt, die nicht nur den Grund genau ken - nen, ſondern auch durch Uebung gelernt haben, die Rei - ſenden ſicher durchzutragen. Ihre Bezahlung ſteht mit der verſchiednen Hoͤhe des Waſſers, mithin auch der je - desmahligen Gefahr, im Verhaͤltniſſe. Sie muͤſſen aber auch mit ihrem Leben vor alles Ungluͤck ſtehen. Man bleibt in den Norimon ſitzen, und wird ſo durch - getragen. Fuͤr uns hatte dies etwas ganz ſchreckliches, obwohl das Waſſer jetzt eben nicht hoch war, ſondern den Traͤgern nur etwas uͤber die Knie ging. Mehrere Kerl trugen den Norimon auf beyden Seiten, und neben die - ſen gingen andre, um ſie zu unterſtuͤtzen, damit ſie von der Gewalt und dem reißenden Laufe des Stroms nicht fortgetrieben wuͤrden. Auf gleiche Art werden auch die Pferde durchgebracht, indem zu jeder Seite einige Mann89nach der Kaiſerl. Reſidenz-Stadt Jedo. neben ihnen hergehen. Die Bagage wird ebenfalls durchgetragen. Als wir gluͤcklich hindurch waren, theilte jeder von uns zwey Schnuͤre mit aufgereiheter Kupfer - muͤnze unter unſere Traͤger aus.

Zu Simadaverweilten wir zwey Tage und Naͤchte. Darauf kamen wir durch verſchiedne Doͤrfer, als: Cet - to, Fuſida, Awuni, Okabe, Utsnojaund Mariko, dann uͤber den Fluß Abikawadurch Futsjound Gurida - ma, nachdem wir an dieſen Tagen uͤber zehn Meilen ge - reiſet waren. Am folgenden Tage mußten wir uns ſehr fruͤh auf den Weg begeben, weil wir dreyzehn Meilen zuruͤck zu legen hatten. Wir reiſeten uͤber Jeſero no - kaits, Okits no fraſawa, Jui, Kambara, den großen Fluß Fuſikowain Boͤten, Moto itſibanoder Siro Sakki, Joſiwaro, Kaſiwabara, Ipomats, Farra, Nu - matſound Kiſigawanach Miſima.

Bisher waren wir an der Kuͤſte hingereiſet; bey Farraaber entfernten wir uns davon. Hier faͤngt eine ſehr gebirgige Gegend an, durch welche unſer Weg ging. Auch iſt das Land hier reicher an Fichten und andern Baumarten.

Der Fluß Fuſikowaiſt ungemein gefaͤhrlich, und man kann nur an einer Stelle uͤberkommen. Er iſt et - was tief; beſonders aber iſt er ſehr breit und von ſo ſchnellem Lauf, daß die Ruderer mit aller Macht das Boot kaum ſchraͤg uͤberbringen koͤnnen.

Bey Joſiwarawaren wir dem Berge Fuſiſo na - he, als wir ihm auf unſrer Reiſe kommen konnten. Sei - ne Gipfel hatten wir ſchon vor mehreren Tagen erblickt. Er iſt der hoͤchſte Berg im ganzen Lande, und faſt das ganze Jahr hindurch mit Schnee bedeckt, daher ſeine weiße Spitze weit uͤber die Wolken hervor ſcheint. Die Japaner ſchaͤtzen ſeine ganze Hoͤhe auf ſechs Meilen. 90Zweyte Abtheilung. Reiſe von DezimaSeine Geſtalt iſt wie ein Rhinoceroshorn oder wie ein Zuckerhut, indem der Fuß ſehr dick und breit, der uͤbrige Theil aber ſehr ſpitzig iſt. Die Landeseinwohner glau - ben, der Gott des Windes habe auf dieſem Berge ſeine Reſidenz. Wenn ſie ihn beſuchen, bringen ſie gewoͤhn - lich zwey Tage auf der Hinaufreiſe zu. Die Herunter - reiſe geſchieht gemeiniglich nicht ſo langſam, bisweilen ſo gar in Zeit von einigen Stunden, da ſie denn ſich ge - wiſſer dazu eingerichteter kleiner Schlitten bedienen, die aus Stroh gemacht ſind, und vor den Leib gebunden werden.

Auf dieſer Reiſe ſahen wir am Wege verſchiedne Knaben, die auf dem ſandigen Boden ein Rad ſchlugen, und uns auf dieſe Weiſe eine ganze Strecke begleiteten, um Geld von uns zu bekommen, das wir ihnen denn auch in kleiner kupferner Muͤnze hinwarfen.

Heute kamen wir nicht eher, als ſpaͤt am Abend in voller Dunkelheit, mit Leuchten und Fackeln in unſerm Nacht-Quartiere an. Am folgenden Tage ſtand uns eine beſchwerliche Reiſe uͤber die ſo genannten Fakonie - Bergebevor. Der ganze Vormittag wurde damit zuge - bracht, hinauf zu kommen. Oben ruheten wir aus, und den ganzen Nachmittag gebrauchten wir, auf der andern Seite wieder hinunter zu kommen. Der Weg ging durch Skawaro, Jamma Nakka, Kapto Jes.

Auf dieſer Reiſe ließ ich mich ſelten tragen, ſon - dern ſo oft es ſich thun ließ, ging ich die mit Buͤſchen und wilden Baͤumen reichlich bewachſenen Anhoͤhen zu Fuß hinauf: die einzigen, die ich außer denen um Nangaſaki, habe beſuchen und darauf botaniſiren koͤn - nen. Aber in eben demſelben Verhaͤltniſſe, als ich mei - nen Traͤgern die Laſt erleichterte, machte ich den Dol - metſchern, beſonders den Unterbedienten, die mir wech -91nach der Kaiſerl. Reſidenz-Stadt Jedo. ſelsweiſe auf dem Fuße nachgehen mußten, die Reiſe laͤſtig. Ich hatte zwar nicht die Erlaubniß, mich weit vom Wege zu entfernen, weil ich mich aber auf den Afrikaniſchen Gebirgen vorhin ſo gut geuͤbt hatte, die Klippen hinauf zu laufen, machte ich vor meinen, manch - mahl ziemlich aͤngſtlichen und keuchenden Begleitern, oft artigen Vorſprung, und gewann dadurch Zeit, eine ziemlich große Menge der ſeltenſten Gewaͤchſe, die in Bluͤthe gekommen waren, zu ſammeln und in mein Schnupftuch zu legen.

Auch in dieſer gebirgigen Gegend war das Land an vielen Stellen ſehr gut angebauet und bewohnt.

Von der Hoͤhe des Berges kamen wir zuerſt in das Dorf Fakonie. Hier aßen wir zu Mittag, beſtell - ten zu unſrer Zuruͤckkunft einige lackirte Sachen und andre Handelswaaren, und beſahen dieſe, ſo hoch auf einem weitlaͤuftigen Berge liegende ſchoͤne Stelle. Un - ter andern iſt hier ein ziemlich großer und fiſchreicher Landſee mit einer mitten darin belegenen Inſel; er hat ſuͤßes Waſſer und unter andern Fiſcharten auch Lachſe, von denen wir nicht nur aßen, ſondern auch eine Partey zum Raͤuchern beſtellten, die wir mitnehmen wollten, wenn wir wieder durchreiſeten. Stroͤmlinge, dieſe in der Oſt-See allenthalben, ſonſt ſehr ſelten, vorhandne He - ringsart, wovon Kaͤmpfererzaͤhlt, daß ſie auch hier be - findlich ſey, hatte ich nicht Gelegenheit zu ſehen. Das Dorf liegt am Ufer des Sees, welcher auf allen Seiten von Bergen umgeben iſt. Es beſteht aus wenigſtens hundert und funfzig Haͤuſern, ob es gleich ſo hoch hin - auf liegt, daß das Erdreich umher wenig gebauet werden kann. Der See ſoll eine Meile lang und eine Viertel - meile breit ſeyn; mir kam er an einigen Stellen hoͤch - ſtens zwey Buͤchſenſchuͤſſe breit vor. Er ſoll durch Erd -92Zweyte Abtheilung. Reiſe von Dezimabeben entſtanden ſeyn, dergleichen im ganzen Lande, be - ſonders im noͤrdlichen Theile, durchgaͤngig und oft ver - ſpuͤrt werden. Dies iſt um ſo viel glaublicher, da noch vom Boden des Sees durch Taͤucher große, ehemahls mit dem Lande ſelbſt niedergeſunkne Cedernbaͤume ſind herauf gehohlt worden.

Unter den ſchoͤnſten und groͤßten Baͤumen, die ich hier ſah, war der praͤchtige und unvergleichliche Lebens - baum (Thuja dolabrata), der allenthalben am Wege ge - pflanzt war. Ich halte ihn fuͤr den ſchoͤnſten von allen Nadelbaͤumen, nicht nur wegen ſeiner Hoͤhe und ſeines geraden Stamms, ſondern auch wegen ſeiner Nadeln oder Blaͤtter, die beſtaͤndig auf der obern Seite gruͤn, und auf der untern ſilberweiß ſind. Da ich ihn nicht in Bluͤthe, auch keine Zapfen davon mit Samen fand, gab ich mir alle Muͤhe, durch die Dolmetſcher und andere meiner Freunde mir etwas Samen und lebendige Pflanzen zu verſchaffen, die ich hernach nach Hollandgeſchickt habe.

Ich fand hier einen mir bisher ganz unbekannten Strauch, den ich Lindere (Lindera) nannte. Er hat weißes und weiches Holz, woraus die Japaner Zahnbuͤr - ſten machen, womit man die Zaͤhne ſcheuert und reini - get, ohne den Zaͤhnen ſelbſt oder dem Zahnfleiſche im ge - ringſten zu ſchaden, und welche eben ſo haͤufig, als Schwefelſticken verkauft werden. Die Berberis - oder Saurachſtaude (Berberis), ſo wohl die gewoͤhnliche (vul - garis), als die Cretiſche (Cretica) waͤchſt hier und ſtand jetzt in Bluͤthe. An der Oſyris[ (]Oſyris Iaponica) fand ich einen ſonderbaren Buſch. Sie hat verſchiedne kleine Blumen mitten auf den Blaͤttern; eine in der Natur ſonſt ſo ſeltne Erſcheinung. In den Gebuͤſchen trifft man haͤufig die rauhe Deuzie (Deozia ſcabra) an, einen Strauch, der ſo ſtarre Blaͤtter hat, daß die Tiſchler ihn all -93nach der Kaiſerl Reſidenz-Stadt Jedo. gemein wie Winter Kannenkraut gebrauchen, damit zu bohnen. Da in dieſem noͤrdlichen und gebirgigen Theile von Japandas Land betraͤchtlich kalt iſt, giebt es hier verſchiedne Arten Baͤume und Straͤuche, die ſonſt in Eu - ropazu Hauſe ſind, wiewohl mir die Gattungen groͤßten - theils neu waren. So fand ich hier verſchiedne Arten Ei - chen, einige Gattungen der Preuſelbeere (Vaccinium), Schwelken (Viburnum), Maßholdern (Acer), und eine wilde Art Birnen (Pyrus Iaponica).

In den Gaͤrten ſo wohl hier, als in verſchiednen andern Gegenden traf ich auch mancherley Gewaͤchſe an, die theils zu Hecken gebraucht, theils um ihrer ſchoͤnen Blumen willen gezogen wurden. Dahin rechne ich ver - ſchiedne neue Gattungen der Schwelken (Viburnum), ſo wohl mit gewoͤhnlichen als doppelten Blumen (Flores radiati), wovon einige voͤllig ſo ausſahen, als der Schwediſche ſo genannte Schneeballen-Strauch, oder der gemeine Schwelken (Opulus). Vom Spierkraute (Spi - rea) wird das chamanderblaͤttrichte (chamaedrifolia) und das gekerbte (crenata) zu Hecken gebraucht, wo es mit ſeinen ſchneeweißen Blumen ſehr zum Zierrath gereicht. Den dreyblaͤttrigen Citronbaum (Citrus trifoliata), wel - cher ganz ſteife und fingerlange Zacken hat, braucht man nicht ſo haͤufig zu dieſem Behuf. Er bluͤhete jetzt, ob - gleich die Zweige noch ganz kahl waren, und die Blaͤtter kaum angefangen hatten, ſich zu zeigen. Die Frucht ſoll laxiren. An Schoͤnheit uͤbertrifft nichts die praͤchti - gen, und dieſem Lande eignen Maßholdern oder Ahorn - baͤume (Acer disſectum, Iaponicum, palmatum, ſeptem - lobum, pictum und trifidum) die hier gezogen werden. Sie fingen nun erſt an ihre Blumen zu zeigen. Reifen Samen konnte ich nirgends bekommen. Ich mußte nur daher zu meiner Ruͤckreiſe kleine, in Toͤpfe geſetzte94Zweyte Abtheilung. Reiſe von DezimaPflanzen davon beſtellen, und dieſe hernach mit unglaub - licher Muͤhe und Behuthſamkeit, auch anſehnlichen Ko - ſten, nach Nangaſakimitnehmen. Die ſchoͤne blu - menprangende Gardenie (Gardenia florida), die ich hier ſo wohl mit doppelten als einfachen Blumen ſah, und welche man anderwaͤrts ſo ſelten antrifft, wird ebenfalls, wiewohl nur von ſehr vornehmen Leuten in ihren Pracht - gaͤrten zu Hecken benutzt. Die Samenkapſeln davon werden in den Krambuden verkauft, und zu gelber Far - be gebraucht.

In den Gaͤrten bauet man hin und wieder auch Drachenwurz (Arum dracontium), Schlangenkraut (Dracunculus) und Zehrwurzel (Dracontium polyhyllum), wie auch eßbaren Aron (Arum eſculentum). Die Wur - zeln von allen dieſen Gewaͤchſen ſind ſehr ſcharf. Die von der Zehrwurz wird von liederlichen Weibsperſonen ge - braucht, die Frucht abzutreiben; aber die von der eßba - ren iſt, wenn ſie von ihrer Schaͤrfe gereinigt, und in Stuͤcke geſchnitten wird, eine gute und nahrhafte Spei - ſe. Die Blumen der Zehrwurz ſind groß, und haben einen Leichengeruch.

Cypreſſen oder ſo genannte Cedern (Cupreſſus Ia - ponica) wachſen in dieſen Gegenden, und auch in den meiſten uͤbrigen Provinzen im Ueberfluß; nirgends aber finden ſie ſich, wie ich glaube, ſchoͤner und in groͤßerer Menge. Sie ſind ohne Zweifel die ſchlankſten, gerade - ſten und hoͤchſten von allen Nadelbaͤumen. Der Stamm geht in ganz gerader Linie in die Hoͤhe. Das Holz wi - derſteht lange der Faͤulniß, und wird nicht nur zu Schif - fen, Bruͤcken, und andern Waſſerbauen gebraucht, ſondern man macht auch allerhand große und kleine Tiſch - lerarbeit daraus, die lackirt durch den Lackfirniß noch alle Adern zeigen. Wenn es nun eine Zeit lang in die Erde95nach der Kaiſerl. Reſidenz-Stadt Jedo. gegraben und vom Waſſer ganz durchdrungen wird, ſo bekommt es eine blaͤuliche Farbe; wird es alsdann mit durſichtigem Lack uͤberzogen, ſo nimmt es ſich vorzuͤglich ſchoͤn aus. Es wird von hieraus in Menge in die uͤbri - gen Provinzen verfuͤhrt.

In den bergigen Gegenden um Fakonietraf ich eine Art langer ſchmaler Eidechſen (Lacerta Iaponica) ſehr haͤufig an. Die Dolmetſcher hielten ſie fuͤr einen Meerſtint (Stincus marinus), und die Japaner nennen ſie in ihrer Sprache Sansjo no iwo. Auch ſah ich ſie faſt in allen Kramladen zu Kauf hangen. Man trocknet ſie, ſteckt eine hoͤlzerne Pinne durch den Kopf, und reihet mehrere darauf. Sie werden zu Pulver geſtoßen und als ein ſtaͤrkendes Mittel, wie auch gegen die Lungenſucht, und bey Kindern gegen die Wuͤrmer gebraucht.

Endlich verließen wir dieſe ſchoͤne Stelle und reiſe - ten den Berg hinunter. Ich ermangelte nicht, Blumen und Samen von den am Wege ſtehenden Gewaͤchſen und Straͤuchen fleißig aufzuſuchen und zu ſammeln. Un - terwegs ſahen wir ſehr viele, von den Einwohnern zum Nutzen und zur Bequemlichkeit auf ihren Hoͤfen und Aeckern angelegte Waſſerfaͤlle und Waſſerleitungen aus dem See.

Ehe wir am Fuße des Berges anlangten, kamen wir bey einer Kaiſerlichen Wache an, die uns in Gegen - wart der dabey angeſtellten Kaiſerlichen Bevollmaͤchtig - ten, genau viſitirte. Dies iſt die zweyte Wache, wel - che Reiſende, die aus den weſtlichen Landſchaften nach Jedowollen, paſſiren muͤſſen. Die Lage und Beſchaf - fenheit des Landes in dieſer Gegend iſt von der Art, daß man gar keinen andern Weg als dieſen nehmen kann, ſondern durchaus uͤber den Berg Fakonieund durch die - ſen engen Paß, der nicht nur bewacht, ſondern auch mit96Zweyte Abtheilung. Reiſe von DezimaThoren verſchloſſen wird, reiſen muß. Die Obliegen - heit der Beamten iſt beſonders, genau dahin zu ſehen, daß keine Waffen durch dieſen Paß in den nord-oͤſtlichen Theil des Reichs, worin Jedoliegt, und keine Frauens - perſonen, beſonders ſolche nicht, die als Unterpfaͤnder der Redlichkeit ihrer Maͤnner in der Verwaltung ihrer Aemter, und ihrer Treue als Unterthanen des Kaiſers, zu Jedobeſtaͤndig in Verwahrung gehalten werden, aus dieſem in den andern Theil gebracht werden. Die - ſer Platz iſt daher gleichſam eine Vormauer des noͤrd - lichen Theils, und der Hauptſtadt. Die Reiſenden muͤſſen hier ihre Paͤſſe vorzeigen; haben ſie keine bey ſich, ſo werden ſie angehalten und nicht durchgelaſſen.

Nunmehr kamen wir durch die Doͤrfer, Fatta, Kawa batta, Jomotound Kaſamats. Zu Odowarablieben wir die Nacht, nachdem wir fuͤnf Stunden ge - reiſet waren. Nicht weit von Jomotoſoll, nach dem Berichte der Dolmetſcher, ein warmes Bad ſeyn. Her - nach kamen wir zu einem großen, ſchnell fließenden Fluſ - ſe, Nahmens Sakkawa, uͤber den wir in platten Boͤ - ten mit duͤnnen Boͤden, fuhren. Von da reiſeten wir durch Miſawa, Koſinkſif, Koiſo, Firaſka, uͤber den Fluß Banningawa, durch Nango, Kwada, die Stadt Fuſiſawa, die an dem Fluſſe gleiches Nahmens liegt, und Fukanoſikosnach der Stadt Totſka, in allem eilf Meilen. In Totſkauͤbernachteten wir. Bis Fuſiſawaging der Weg laͤngs der Kuͤſte hin.

Der Banningawaiſt einer von den groͤßern Fluͤſ - ſen. Er fließt ſehr ſtark und iſt gefaͤhrlich. Eine Bruͤ - cke hat man gar nicht anlegen koͤnnen. Man laͤßt ſich in eigentlich dazu eingerichteten flachen Boͤten uͤberſetzen. Hier endigen ſich die gebirgigen Gegenden; dagegen oͤff - nete ſich uns eine Ebene, die weiter reichte, als das Au -ge97nach der Kaiſerl. Reſidenz-Stadt Jedo. ge ſehen konnte. Totſkaliegt von der Seekuͤſte ent - fernt. Das Land bildet hier eine ins Meer hervor ſprin - gende ſehr bergige Ecke. Wir kamen aber bald wie - der an die Kuͤſte, in deren Naͤhe wir bis zur Haupt - ſtadt blieben.

Unſre letzte Tagereiſe machten wir den 27. April, da wir ungefaͤhr zehn Meilen bis Jedohatten. So wohl heute als geſtern ging der Weg durch ein ſehr volkrei - ches und cultivirtes Land, wo Staͤdte und Doͤrfer faſt durchgaͤngig in einer ununterbrochnen Reihe fortgehen, und wo große Schaaren Reiſende auf einander ſtießen. Wir paſſirten Sinamo, Odagaia, Kanagawa, Suru - mi, Kawaſakki, den Fluß Rokogawa, Omuri, Obo - toki, Okidound Sinagawa.

Die hieſige Kuͤſte hat hie und da Vorrath an Au - ſtern und eine große Menge mancher andrer Arten aus - geworfner Conchylien, wovon ich aber keine bekommen konnte. Auch ſammelt man hier ſo wohl gruͤne als braͤun - liche Seegewaͤchſe aus den Geſchlechtern des Tangs (Fu - cus) und des Watts (Ulva). Man gebraucht ſie zum Eſſen, ob ſie gleich an ſich ſehr zaͤh ſind. Man ſpuͤhlt ſie wohl ab, daß das Salzige, der Sand und andre Un - reinlichkeiten abgehen, ſchneidet ſie in kleine Stuͤcke, waͤſcht dieſe nochmahls, und handthiert ſie ſo lange, bis ſie in kleinen Kuchen zubereitet und gegeſſen werden koͤnnen.

Sinagawaund Takanawaſind zwey Vorſtaͤdte von Jedo. Die erſtere faͤngt ganze zwey Japaniſche Meilen von der Stadt ſelbſt an, und laͤuft an der See - kuͤſte hin. Wir raſteten hier eine gute Stunde, er - friſchten uns mit etwas Speiſe und Trank, und ergoͤtz - ten uns an der ſchoͤnen Ausſicht, welche die groͤßte Stadt des Reichs, die ohne Zweifel auch die weitlaͤuftigſte aufThunbergs Reiſe. 2. Bandes 1. Theil. G98Zweyte Abtheilung. Reiſe von Dezimadem ganzen Erdboden iſt, mit ihrem ſchoͤnen Hafen uns gewaͤhrte. Der Hafen iſt indeſſen außerordentlich un - tief und ſchlammig. Die groͤßten Fahrzeuge liegen bis - weilen volle fuͤnf Meilen von der Stadt vor Anker; die weniger großen zwey Meilen, und die kleinen, nebſt den Boͤten in verſchiednen Reihen neben einander zu vie - len Hunderten, je nachdem ſie groß und ſchwer ſind, naͤ - her oder weniger nahe. Dieſe Seichtheit des Hafens ſichert die Stadt zwar vor feindlichen Angriffen zur See, legt aber dem Transport der Waaren von andern Oer - tern unuͤberſteigliche Hinderniſſe in den Weg.

Mit eben ſo neugierigen Augen, als wir die Stadt, den Hafen und die umliegende Gegend anſahen, wurden wir von den Japanern betrachtet. Dieſe ſtroͤmten von allen Seiten herbey, und formirten um uns, die wir in den Norimon eingeſchloſſen waren, ein ganzes Lager. So gar befand ſich vornehmes Frauenzimmer darunter, das ſich in Norimon hatte hertragen laſſen, und recht ungeduldig zu ſeyn ſchien, wenn wir unſre Rouleaus bisweilen nie - derließen. Dieſe Saͤnften, ſo wie ſie rund um uns her auf der Erde ſtanden, ſchienen ein kleines Dorf fuͤr ſich auszumachen, deſſen kleine tragbare Haͤuſer nach einer kleinen Weile verſchwanden.

Als wir die aus einer einzigen Straße beſtehenden Vorſtaͤdte Sinagawaund Takanawazuruͤck gelegt hatten, merkte ich an der Wache, der groͤßeren Menge Men - ſchen in den Straßen, der Stille unſers Gefolges und dem ordentlicheren Gange unſrer Traͤger, daß wir in der Hauptſtadt ſelbſt angelangt waren. Nicht lange darauf kamen wir uͤber eine Bruͤcke, die Niponbasheißt, eini - ge und vierzig Klafter lang iſt, und von welcher die We - ge nach allen uͤbrigen Staͤdten im ganzen Reiche abgemeſ - ſen ſind. Nachdem wir vor den Wachhaͤuſern beym99nach der Kaiſerl. Reſidenz-Stadt Jedo. Eingange in die Stadt vorbey waren, ging der Weg ei - ne gute Stunde lang durch eine große und breite Straße, ehe wir in der gewoͤhnlichen Herberge der Hollaͤndiſchen Ambaſſade eintrafen. Hier wurden wir durch die Hin - terthuͤr hinein, und darauf durch einen ſchmalen Gang nach dem andern Ende des Hauſes getragen. Der er - ſte Eintritt ſchien uns nicht viel großes und ſchoͤnes zu verſprechen. Als wir aber die Treppe hinauf waren, fanden wir unſre Zimmer ziemlich nett, obgleich nicht ſo anſtaͤndig, als ich ſie in Ruͤckſicht auf eine foͤrmliche aus - waͤrtige Ambaſſade erwartet hatte. Ein großes Zimmer machte unſer Vorzimmer, unſern Audienz-Saal und un - ſern Speiſeſaal aus. Außer dieſem ſtand nur noch eine beſondre Kammer fuͤr den Ambaſſadeur, eine andre, die abgeſchauert werden konnte, fuͤr den Doctor und den Secretair, und ein kleines Gemach zum Baden, bereit. Dies war alles, was wir zu unſrer Bequemlichkeit hat - ten, und damit mußten wir uns die ganze Zeit uͤber be - gnuͤgen. Die Ausſicht ging nach einer kleinen Gaſſe, die ſelten leer von Jungen war, welche beſtaͤndig jauchzten, und ſchrien, ſo bald ſich nur einer von uns ſehen ließ, und bisweilen ſo gar an den Waͤnden der gegen uͤber ſte - henden Haͤuſer hoch hinauf kletterten, um uns zu ſehen.

So hatten wir denn mit Geſundheit und Vergnuͤ - gen unſre weite Reiſe vollendet, und waren wohlbehalten in der, ganz im oͤſtlichen Theile des Landes liegenden Hauptſtadt des ganzen Reichs angekommen. Niemand als der Secretair war krank geweſen; ihn hatte auf den Waſſerreiſen das Podagra geplagt. Die Provinzen, durch welche wir gereiſet waren, waren vierzehn. Omu - ra, Fiſen, Tſikungo, Tſikudſen, Budſen, Jammaſiwo, Omi, Iſi, Owari, Mikawa, Tootomi, Surunga, Sagamiund Muſafi. Außer dieſen waren wir zurG 2100Zweyte Abtheilung. Reiſe von DezimaSee an den Kuͤſten von acht andern hergefahren: Na - gatto, Suwo, Aki, Bingo, Bitſju, Bidſen, Fari - maund Sidſju.

Unſer Weg war an einigen Orten von demjenigen verſchieden, welchen die Geſandtſchaft zu KaͤmpfersZei - ten nahm. Auch wurde hie und da ein andrer Ort zum Ausruhen und zum Mittagseſſen gebraucht, als da - mahls. Die Waſſerreiſe, welche beynahe einen ganzen Monath dauerte, hielt uns ungewoͤhnlich lange auf, und machte, daß wir zu Jedoſpaͤter eintrafen, als je vorhin geſchehen ſeyn mag. Mir verſchaffte dieſer Umſtand aber den Vortheil, daß der Fruͤhling mehr zu Ende ging, und der Sommer naͤher heran ruͤckte, und daher mehr Baͤume und Gewaͤchſe in Bluͤthe ſtanden, als ich ſonſt Gelegenheit gehabt haben wuͤrde zu ſehen und zu ſam - meln, wenn die Reiſe um einen Monath kuͤrzer gewe - ſen, und wir alſo auch um einen Monath fruͤher nach Nangaſakizuruͤck gekommen waͤren.

Unterweges hatte ich verſchiedne von den Fuͤrſten oder Befehlshabern des Landes, ſo wohl von den groͤße - ren und reicheren, als kleineren, mit einem angemeßnen Gefolge auf ihrer jaͤhrlichen Reiſe nach der Hauptſtadt und dem Kaiſerlichen Hofe geſehen. Wenige zuruͤck kommende von ihnen begegneten uns; die meiſten reiſe - ten hin. Vor denen, welche von großem Anſehen wa - ren, mußten wir, indem ſie vorbey zogen, ſtill halten, wenn wir nicht vorher eine Herberge hatten erreichen koͤn - nen. Wenn dann ihre Suite ſehr groß war, hatten wir gewoͤhnlich auch den Verdruß, daß wir uns mit den ſchlechteren Logis behelfen mußten, beſonders, wenn es ſich traf, daß wir in ſolchen Gegenden zuſammen ſtie - ßen, wo nur kleine Doͤrfer vorhanden waren. Ja ſo gar trug es ſich einmahl zu, daß wir in einer Stadt das101nach der Kaiſerl. Reſidenz-Stadt Jedo. ſchon bezogne Quartier wieder raͤumen, und uns nach ei - nem vor der Stadt ſtehenden Tempel verfuͤgen, und da - ſelbſt zwey Tage ſtill liegen mußten, ehe wir genug Traͤ - ger, Pferde und andre Nothwendigkeiten zur Fortſetzung unſrer Reiſe bekommen konnten. Nicht ſelten beſteht die ganze Reiſegeſellſchaft eines ſolchen Fuͤrſten aus meh - reren hundert, ja wohl aus ein bis zwey tauſend Mann. Dies ganze Heer zieht in foͤrmlicher Ordnung einher. Sie haben eine Menge Gepaͤcke bey ſich, das theils von Menſchen, theils von Pferden getragen wird. Ihre Wapen und Fuͤrſtlichen Inſignien werden allezeit vor ih - nen hergetragen, einige in ziemlicher Entfernung, andre dicht vor ihren Norimon. Gemeiniglich werden auch ein oder zwey ſchoͤne Handpferde vor ihnen hergefuͤhrt. Einige hatten auch einen oder mehrere, zur Jagd abge - richtete Falken bey ſich, die an einer um den Fuß ge - bundnen Kette auf dem Arme getragen wurden. Fer - ner wurden in der Naͤhe ihrer Saͤnften verſchiedne große und kleine Kiſten, Betten, Theegeraͤth; ja ſo gar von beſondern Bedienten Sonnenſchirme, Faͤcher, Hut, Pantoffeln und dergleichen getragen, um alles ſo gleich bey der Hand zu haben. Wo ſie durchkamen, entſtand tiefe und allgemeine Stille: die Leute auf und an den Wegen legten ſich nieder, den Kopf gegen die Erde ge - neigt, um ihre Ehrfurcht zu erkennen zu geben. Die Norimon-Traͤger trugen die Livree ihres Herrn, und alles war mit dem Wapen deſſelben bezeichnet. Wenn ſie uns vorbey paſſirten, hatten ſie gemeiniglich die Gardinen nie - dergelaſſen. Nur hie und da einer hatte die Hoflichkeit, ſie aufzuziehen, und im Vorbeygehen uns zu gruͤßen. Ei - nige waren gar ſo artig, daß ſie jemanden von ihrem Hof - ſtaate zu uns ſchickten, und uns Gluͤck wuͤnſchen ließen. Waren wir aber vorher an einem Orte angekommen, ſo102Zweyte Abtheilung. Reiſe von Dezimahatten wir Gelegenheit, in einem fuͤr uns dazu beſtellten Hauſe an der Hauptſtraße den ganzen Zug vorbey kom - men zu ſehen. Die Gardinen waren alsdann gewoͤhn - lich aufgezogen, und wir ſahen den Fuͤrſten in ſeinem Norimon ſitzen, aber an Farbe und Anſehen allen an - dern Leuten voͤllig gleich, auch eben ſo gekleidet, und oh - ne ſeinen großen Hofſtaat und praͤchtigen Aufzug von andern nicht zu unterſcheiden.

So hoͤflich wir auch, wenn wir an der Grenze des Gebieths eines ſolchen Fuͤrſten ankamen, in ihrem Nahmen von beſonders dazu abgeſchickten Perſonen em - pfangen und complimentirt wurden, ſo hatten wir doch nirgends Erlaubniß, einen von ihnen zu beſuchen, wenn wir gleich durch ſeine Reſidenz-Stadt reiſeten. Eben ſo wenig bekamen wir von ihnen Beſuch. Jenes konnte deswegen nicht geſchehen, weil es uns anſehnliche Ge - ſchenke gekoſtet haben wuͤrde. Denn nach der Sitte des Landes muͤſſen allezeit koſtbare Geſchenke voraus ge - ſchickt werden, ehe der Beſuch abgeſtattet wird. Das letztere hat auch ſeine Urſachen. Einmahl iſt es verbo - then, um zu verhuͤthen, daß die Hollaͤnder mit den Fuͤr - ſten im Reiche keine Bekanntſchaft machen, die vielleicht in einer oder andrer Ruͤckſicht demſelben nachtheilig ſeyn koͤnnte. Dann laͤßt aber auch ihre eigne Hoheit es nicht zu; ſie wuͤrden ſich, wenn es geſchehen ſollte, in ihrer gan - zen Hofpracht zeigen muͤſſen. Deſſen ungeachtet wider - fuhr uns doch einmahl die eben ſo ſeltne als unvermuthe - te Ehre, daß wir an einem Abend in unſerm Logis von ei - nem dergleichen Landesfuͤrſten einen Beſuch erhielten. Er kam aber incognito, und hatte nur zwey ſeiner Hofleute bey ſich. Er blieb eine gute Weile, ſprach mit uns von allerhand Dingen, und ſchien eben ſo neugierig zu ſeyn, als er ein artiger und hoͤflicher Herr war. Alles was103nach der Kaiſerl. Reſidenz-Stadt Jedo. wir von Europaͤiſchen Sachen bey uns hatten, beſah er ſehr genau und mit vieler Aufmerkſamkeit, und er blieb mit ſeiner Unterredung nicht bey Japaniſchen Gegen - ſtaͤnden ſtehen, ſondern lenkte ſie auch auf Europaͤiſche Materien.

Auf der ganzen Reiſe hatten wir nur wenig Regen. Die Kaͤlte war auch ertraͤglich, ob wir gleich bisweilen in unſern Zimmern einheitzen mußten. Unſre Japaner hielten die Kaͤlte beſſer, als das regnige Wetter aus, weil ſie beſtaͤndig mit bloßem Kopfe und nackten Fuͤßen gingen. Wenn es ſtark regnete, machten ſie ſich ſehr ungern auf den Weg.

104Dritte Abtheilung.

[Dritte] Abtheilung. Aufenthalt in der Hauptſtadt Jedo.

Gleich anfangs nach unſrer Ankunft zu Jedobekamen wir taͤglich Beſuch von vielen Japanern. Wir ſelbſt hatten nicht anders Erlaubniß auszugehen, als zur Au - dienz. Aber auch uns zu beſuchen, hatte niemand die Freyheit als die, welche ſie von der Regierung ausdruͤck - lich erhalten hatten. Anfaͤnglich machten uns nur vorneh - me Herren und Gelehrte die Viſite; hernach fanden ſich auch Kaufleute und andre ein. Die allererſten waren fuͤnf Aerzte und zwey Aſtronomen, die nach empfangner Erlaubniß vom Reichsrathe, auf eine ſehr feyerliche Weiſe kamen, um ihre Freude uͤber unſre Ankunft zu be - zeugen. Der Ambaſſadeur, ich und der Secretair, nebſt unſern Dolmetſchern und den uͤbrigen Japaniſchen Ober - Bedienten von unſrer Geſellſchaft, nahmen ſie in unſerm Saale an, und unterredeten uns mit ihnen verſchied - ne Stunden lang. So bald die Complimente und das gewoͤhnliche allgemeine Geſpraͤch vorbey waren, wandten alle ſich mit ihren Fragen faſt ganz allein an mich. Sie hielten mich fuͤr bewandert in den Wiſſenſchaften, worin ſie uͤber manche Materien Erlaͤuterung wuͤnſchten. Die beyden Sternkundigen hießen Sakaki Bonſinund Su - bokawa Sulo, und waren ernſthafte, etwas bejahrte Maͤnner. Ihre Erkundigungen betrafen meiſt die Ver - finſterungen, welche ſie, wie ich merkte, nicht auf Mi - nuten, oft nicht einmahl auf Stunden ausrechnen konn -105Auſenthalt in der Hauptſtadt Jedo. ten. Da unſre Fragen und Antworten allezeit durch den Mund der Dolmetſcher gehen mußten, trat nicht ſelten der Fall ein, daß wir einander nicht deutlich verſtehen konnten. Dazu kam, daß ich ſelbſt nicht ſolche aſtrono - miſche Kenntniſſe beſaß, als ich wuͤnſchte, und daß we - der ſie noch ich Buͤcher zur Hand hatten, die uns haͤtten behuͤlflich ſeyn koͤnnen. Mit den Aerzten war die Un - terredung viel leichter. Zwey von ihnen verſtanden ſelbſt das Hollaͤndiſche etwas, und die Dolmetſcher ſind uͤber - all in der Arzneywiſſenſchaft nicht unerfahren. Die Aerzte will ich doch naͤher beſchreiben. Einer hieß Oka - da Jeoſin, ein Mann uͤber ſiebzig Jahr. Er fuͤhrte meiſt immer das Wort. Unter andern verlangte er vom Krebs, Beinbruch, Naſenbluten, Geſchwuͤren, Phi - moſis, Wunden im Halſe, Zahnſchmerzen und der goldnen Ader vieles zu hoͤren. Ihn begleitete gewoͤhnlich ein junger Mann, Kuriſuki Dofa. Zwey andre, Amano Reosjun, und Fokuſmoto Doſinverhielten ſich gemeiniglich nur als Zuhoͤrer. Dieſe vier wiederhohlten ihren Beſuch nicht oft, legten ihn auch in der Folge nicht feyerlich, ſondern privatim bey mir ab. Zwey andre aber kamen nicht nur alle Tage zu mir, ſondern blieben auch zum oͤftern ſpaͤt in der Nacht, um ſich von mir in der Phyſik, Oekonomie, beſonders aber in der Botanik, Chirurgie und Medicin, Wiſſenſchaften, die ſie ſehr liebten, un - terrichten zu laſſen. Einer von ihnen, Nahmens Kat - fragawa Fosju, war Leibarzt des Kaiſers, deſſen Wa - pen er auch auf ſeinen Kleidern trug, ein ganz junger lebhafter Mann, ein guter Kopf und dabey von gutem Gemuͤths-Charakter. In ſeiner Geſellſchaft war allezeit einer ſeiner Freunde, Nakagawa Sunnan, etwas aͤlter, und Leib-Medicus im Dienſte eines der vornehmſten Fuͤrſten des Landes. Beyde, inſonderheit der letztere, ſpra -106Dritte Abtheilung. chen das Hollaͤndiſche ziemlich gut, und beſaßen eini - ge Einſicht in die Mineralogie, Zoologie und Kraͤu - terkunde, und uͤberhaupt in die Naturgeſchichte, die ſie theils Chineſiſchen und Hollaͤndiſchen Buͤchern, theils den Hollaͤndiſchen Aerzten, die ehemahls hier geweſen waren, zu verdanken hatten. Sie waren beyde unbe - ſchreiblich freundſchaftlich, dienſtfertig und lernbegierig. Sie ſuchten mich um ſo viel mehr zu benutzen, da ſie bey mir Kenntniſſe, die ſie vorher bey andern vermißt hatten, zu finden glaubten, und da lange vor unſrer Ankunft durch die Dolmetſcher das Geruͤcht ſich hieher verbreitet hatte: dies Jahr wuͤrde ein Hollaͤndiſcher Doctor nach Jedokommen, der gelehrter waͤre, als die, freylich oft ſehr unwiſſenden, Feldſchere, die man hier zu ſehen ge - wohnt iſt. Dieſe bereits zum Voraus gefaßte gute Mei - nung von mir wurde durch die vortrefflichen chirurgiſchen Inſtrumente, welche ich von Parisund Amſterdammit - genommen hatte, noch mehr erhoͤhet. Manchmahl wur - de mir ihr unablaͤſſiges Fragen wirklich zur Laſt, dies abge - rechnet aber brachte ich in ihrer Geſellſchaft viele angeneh - me, unterhaltende, mit unter fuͤr mich ſo gar lehrreiche Stunden zu. Sie brachten oft, bald zum Geſchenk, bald zum Beſehen, kleine Sammlungen von Droguen, Mineralien und friſchen Kraͤutern, theils mit, theils ohne Bluͤthe mit. Die Kraͤuter trocknete und verwahrte ich. Sie lehrten mich ihre Japaniſchen Nahmen, und den Gebrauch, den man hier zu Lande davon macht; ich ſie da - gegen die Lateiniſchen und Hollaͤndiſchen Benennungen, und den zweckmaͤßigern Gebrauch, den die Europaͤer da - von machen. Ihre Hauptbuͤcher in der Botanik waren Jonſtonshiſtoria naturalis und Dodonaͤus Herbarium; in der Medicin, WoytsSchatzkammer, die ſie von den Hollaͤndern gekauft hatten. In der Wundarzneykunſt107Aufenthalt in der Hauptſtadt Jedo. gebrauchten ſie die Hollaͤndiſche Ueberſetzung vom Heiſter. Ich verkaufte ihnen außer andern Buͤchern auch eine ſehr ſchoͤne Ausgabe von MuntingsKraͤuterbuche. Die hie - ſigen Aerzte unterſchieden ſich uͤbrigens von andern Leuten dadurch, daß ſie entweder alles Haar auf dem ganzen Kopfe, oder ganz und gar nichts davon abgeſchoren hat - ten; bekanntlich ſcheren ſonſt die Japaner einen Theil des Haars ab.

Wir waren nicht lange zu Jedogeweſen, als wir unter die Leute von unſerm Gefolge anſehnliches Trink - geld austheilen mußten. Unſer Aufwaͤrter bekam vier Thaler, die Norimon-Traͤger drey, die Handlanger bey den Norimon auch drey, und zwey andre Bediente drey Thaler, 7 Mas, 5 Konderin.

Der 18. May war zu unſerm Audienz-Tage ange - ſetzt. Die Beſtimmung dieſes Tages geſchieht nie vor der Ankunft zu Jedo. Fruͤh Morgens waren wir ſchon fer - tig, in unſerm beſten Schmuck uns, nach reichlich ge - noßnem Fruͤhſtuͤck in unſre Norimon zu ſetzen, und uns nach dem Kaiſerlichen Pallaſte tragen zu laſſen. Wir hatten Europaͤiſche Kleidung an, aber von koſtbaren ſeid - nen Stoffen, und entweder mit Silber durchwirkt, oder mit goldnen Treſſen beſetzt. Auch gehoͤrt zur Feſtlichkeit des Tages, daß wir den Degen, und einen ſehr weiten, ſchwarzen ſeidnen Mantel, den gewoͤhnlichen Prediger - maͤnteln aͤhnlich, anlegten. Die ſaͤmmtlichen Geſchen - ke, ſo wohl fuͤr den Kaiſer, als den Kronprinzen, die Reichsraͤthe und uͤbrigen Beamten, waren bereits hinge - ſchickt, und in den Zimmern, wo wir Audienz haben ſollten, an den Seiten in Ordnung gelegt.

Eine ziemliche Weile wurden wir durch die Stadt getragen, ehe wir in denjenigen Theil derſelben komen, der die Reſidenz des Kaiſers enthaͤlt. Dieſer macht an108Dritte Abtheilung. ſich ſelbſt ſchon eine anſehnliche Stadt aus, und hat fuͤnf Meilen im Umkreiſe. Er enthaͤlt den Pallaſt des Kaiſers und den des Kronprinzen, welche durch breite Graͤben, Mauern, Thore und andre Befeſtigungswer - ke von einander abgeſondert ſind. In der aͤußern Cita - delle, welche die groͤßte von allen iſt, ſind große, ſchoͤne Straßen, mit huͤbſchen und großen Haͤuſern, welche den Fuͤrſten und Prinzen des Reichs, den Reichsraͤthen und andern hohen Staats - und Hofbeamten gehoͤren, und worin auch die zahlreichen Familien derſelben, die eben - falls das ganze Jahr uͤber ſich am Hofe aufhalten muͤſ - ſen, wohnen. Beym erſten Thore ſahen wir ſchon eine ſehr ſtarke Wache; die aber beym zweyten beſteht taͤglich aus tauſend Mann. Ehe wir in dieſes Thor kamen, ſtiegen wir aus. So bald wir hindurch waren, wurden wir in ein Zimmer gefuͤhrt, wo wir eine ganze Stunde warten mußten, ehe wir uns in den eigentlichen Pallaſt des Kaiſers begeben durften. Endlich bekamen wir denn Erlaubniß, uns demſelben zu naͤhern. Wir gingen durch eine lange Reihe bewaffneter und gut gekleideter Soldaten, die zu beyden Seiten bis an die Schloßthuͤre aufgeſtellt waren. Das eigentliche Kaiſerliche Schloß ſteht auf einer Anhoͤhe, hat zwar nur ein einziges Stock - werk, iſt aber doch viel hoͤher als andre Haͤuſer, und nimmt einen ſehr großen Platz ein. Man fuͤhrte uns ſo gleich in ein Vorgemach, wo wir abermahls eine gute Stunde warten mußten. Die Japaniſchen Ober-Be - dienten von unſerm Gefolge ſetzten ſich an der einen, und die Hollaͤnder nebſt den Dolmetſchern an der andern Sei - te. Wir Hollaͤnder mußten uns ebenfalls auf Japani - ſche Art ſetzen. Das war uns nun zwar aͤußerſt laͤſtig; als wir es aber nicht laͤnger aushalten konnten, warfen wir die Fuͤße auf die Seite, und bedeckten ſie mit unſern109Aufenthalt in der Hauptſtadt Jedo. großen Maͤnteln, die uns hiebey gar wohl zu Statten kamen. Die Zeit, da wir hier warten mußten, wurde uns gar nicht lang, weil immer eine ſehr große Menge Menſchen herein und heraus ſtroͤmte, um uns in Augen - ſchein zu nehmen, und mit uns zu ſprechen. So gar ei - nige von den Fuͤrſten des Reichs beſuchten uns. Zwar kamen dieſe incognito, wir konnten aber doch aus dem Ge - murmel, das in den innern Zimmern anfangs auf einige Augenblicke entſtand, und aus der Stille, die darauf folgte, allezeit merken, daß es ein Fuͤrſt war, der her - ein kam. Ihre Neubegierde in allen Dingen ging ſehr weit; am ſtaͤrkſten aber aͤußerte ſie ſich in Anſehung unſe - rer Art zu ſchreiben. Man bath uns daher, entweder auf ein Stuͤckchen Papier, oder auf ihre Faͤcher etwas zu ſchreiben. Einige zeigten uns auch Faͤcher, worauf Hollaͤnder vorher etwas geſchrieben, und die ſie als eine große Raritaͤt ſorgfaͤltig aufgehoben hatten.

Endlich kam der Augenblick, da der Ambaſſadeur Vortritt haben ſollte. Die Ceremonie hiebey war von derjenigen ganz verſchieden, die vor hundert Jahren zu KaͤmpfersZeit gebraͤuchlich war. Der Ambaſſadeur wurde in das Zimmer des Kaiſers gefuͤhrt. Wir Uebri - gen blieben auf unſern Plaͤtzen, bis er nach einer kleinen Weile zuruͤck kam. Nach ſeiner Zuruͤckkunft mußten wir wieder eine ziemliche Zeit im Vorgemache verweilen, um Beſuche und Fragen von verſchiednen Hofleuten an - zunehmen, bey deren Ankunft verſchiedne Mahl ein all - gemeines und tiefes Stillſchweigen entſtand. So gar der Kaiſer ſelbſt fand ſich auf dieſe Art incognito bey uns ein, um die Hollaͤnder und ihre Kleidertracht genauer zu beſehen. Unſre Dolmetſcher und Japaniſchen Ober-Be - dienten hatten ſich alle Muͤhe gegeben, durch ihre Freun - de von allem Nachricht einzuziehen, und durch ſie wuß -110Dritte Abtheilung. ten wir denn auch alles. Der Kaiſer iſt ein Mann von mittlerer Groͤße und ſtarker Leibes-Conſtitution, und ſchien ein Alter von einigen und vierzig Jahren zu haben. Als endlich alle Beſuche voruͤber waren, bekamen wir Erlaubniß, verſchiedne Zimmer im Pallaſte, und ſelbſt das Audienz Zimmer zu beſehen. Der Ambaſſadeur war aus dem Vorzimmer uͤber eine lange, mit Bretern be - legte Diehle hinein gefuͤhrt worden, worauf ſich eine große Schiebthuͤre geoͤffnet hatte. Das innere Zimmer beſteht gleichſam aus drey Zimmern, von denen das eine immer eine Stufe hoͤher, als das andre iſt. Jedes hat eine Laͤnge von ungefaͤhr zehn Schritten, ſo daß der Abſtand zwiſchen dem Kaiſer und unſerm Geſandten etwa drey - ßig Schritt betragen mochte. In dem innerſten naͤm - lich befindet ſich der Kaiſer bey der Audienz und zwar ſte - hend, nebſt dem Kronprinzen, der ihm zur Rechten ſteht. An der rechten Seite dieſes Zimmers iſt ein großer Saal, deſſen Fußboden mit hundert Matten bedeckt iſt, wovon er auch der Hundert-Mattenſaal heißt. Er hat drey hundert Ellen in der Laͤnge, und hundert und funfzig in der Breite, und iſt fuͤr die hoͤchſten Beamten, Raͤthe und Fuͤrſten des Reichs beſtimmt, die bey ſolchen feyer - lichen Gelegenheiten alle nach Rang und Wuͤrden ihre Plaͤtze in demſelben einnehmen. An der linken Seite im Audienz-Zimmer ſelbſt ſtanden die Geſchenke theils aufge - ſtellt, theils in Haufen gelegt. Die ganze Audienz be - ſteht uͤbrigens bloß darin, daß der Ambaſſadeur, ſo bald er ins Zimmer getreten iſt, auf die Knie niederfaͤllt, die Haͤnde auf die Matte legt, und den Kopf gegen die Erde beugt, alles auf gleiche Art, als die Japaner ſelbſt ihre Unterthaͤnigkeit und Ehrerbiethung bezeugen. Darauf ſteht er auf, und wird genau den vorigen Weg ins Vorge - mach zuruͤck gefuͤhrt. Die uͤbrigen Zimmer, welche wir111Aufenthalt in der Hauptſtadt Jedo. beſahen, hatten keine Meublen. Der Fußboden war mit großen und ſehr weißen Strohmatten belegt; die Lei - ſten und Thuͤren ſchoͤn lackirt und der Beſchlag ſehr ſtark vergoldet.

Wie wir uns allenthalben umgeſehen hatten, wur - den wir in den Pallaſt des Kronprinzen gefuͤhrt, der gleich neben dem Kaiſerlichen ſteht, und nur durch eine Bruͤcke davon getrennt wird. Hier wurden wir von Seiten des Kronprinzen, der jetzt nicht zu Hauſe, ſon - dern noch beym Kaiſer war, entgegen genommen und complimentirt, und darauf wieder zu unſern Norimon begleitet.

Der Tag war ſchon großentheils verſtrichen, und uns hungerte ſehr, weil wir ſeit dem Fruͤhſtuͤck nichts genoſ - ſen hatten. Nichts deſto weniger mußten wir heute noch bey allen Reichsraͤthen, ſo wohl den ſechs ordentlichen, als den ſechs außerordentlichen, und zwar in eines jeden eignem Hauſe, Beſuch ablegen. Da indeſſen dieſe Her - ren noch nicht vom Hofe zuruͤck gekommen waren, wur - den wir von ihren Bevollmaͤchtigten auf die artigſte und hoͤflichſte Weiſe empfangen, und auch von ihren Damen und Kindern in Augenſchein genommen. Jede Viſite waͤhrte eine halbe Stunde. Meiſtens wurden wir in einem großen Saale angenommen, und zwar auf einem ſolchen Platze, daß man uns durch duͤnne Gardinen von allen Seiten ſehen konnte, ohne daß wir jedoch das Gluͤck ha - ben konnten, die Schoͤnheiten des Hofes zu ſehen. Nur einmahl waren wir ſo gluͤcklich, daß die Damen ſich ſehen ließen, die Gardinen weggezogen, und wir ſo gar er - ſucht wurden, weiter ins Zimmer hervor zu treten. Ge - woͤhnlich wurden wir von zwey vornehmen Beamten em - pfangen, allenthalben aber mit gekochtem gruͤnen Thee, Tobak und Confect bewirthet, welches alles auf beſon -112Dritte Abtheilung. dern kleinen Tiſchen, und fuͤr jeden beſonders, vorgeſetzt wurde. Bisweilen tranken wir von dem Thee eine Taſ - ſe; den Tobak aber ruͤhrten wir nicht an, und den Con - fect nahmen unſre Dolmetſcher mit nach Hauſe.

So langweilig es war, ſich ſo von einem Hauſe zum andern tragen zu laſſen, ſo hatte ich doch unterwe - ges einen Anblick, der ſo groß und ſchoͤn war, daß er mir immer lebhaft vorſchweben wird. Von einer Anhoͤhe, wo wir ſtill hielten, uͤberſah ich die ganze unermeßliche Stadt, deren Umfang, nach Angabe der Japaner, ein und zwanzig Meilen, das iſt ungefaͤhr eben ſo viele Stun - den zu gehen betraͤgt.

Jetzt war es Abend, und wir kamen muͤde und hungrig in unſerm Quartiere wieder an.

Am folgenden Tage mußten wir die ſo genannten Tempelherren, die beyden Gouverneure der Stadt und die beyden Commiſſarien uͤber die Fremden, beſuchen.

Hierauf gingen nur wenige Tage hin, als wir beym Kaiſer und dem Kronprinzen ſchon unſre Abſchieds-Au - dienz bekamen. Sie ging den 23. May in groͤßter Ei - le, und zwar nur in Gegenwart ihrer dazu verordneten Raͤthe vor ſich.

Die folgenden Tage wandten wir dazu an, die Geſchenke entgegen zu nehmen, und uns zu der bevor ſtehenden Abreiſe anzuſchicken. Die weiten ſeidnen Roͤ - cke (die Hollaͤnder nennen ſie Schlafroͤcke), welche der Kaiſer und der Kronprinz ſchenken, werden bey der Ab - ſchieds-Audienz uͤbergeben; die Geſchenke der uͤbrigen Großen aber nach dem Logis der Hollaͤnder geſchickt. Je - der von den ordentlichen Reichsraͤthen ſchenkt am Tage nach der Abſchieds-Audienz zehn ſolche Japaniſche Tala - re, jeder von den außerordentlichen ſechs; jeder Tempel - herr fuͤnf, jeder Gouverneur fuͤnf, jeder Commiſſariusund113Aufenthalt in der Hauptſtadt Jedo. und der Statthalter von Nangaſakizwey. Sie ſind von dem feinſten Japaniſchen ſeidnen Zeuge gemacht, ſehr weit, reichen bis auf die Fuͤße, haben große weite Aermel nach Japaniſcher Art, und ſind theils mit ſeidnen, theils baumwollnen Watten ausgeſtopft. Unſer Banjos bekam deren zwey, ich und der Secretair jeder auch zwey, und der Geſandte behielt fuͤr ſich vier. Das Zeug iſt entweder ſchwarz, oder auf verſchiedne Art gebluͤmt. Die uͤbrigen blieben fuͤr die Oſtindiſche Compagnie, und wurden fuͤr jede in Europabefindliche Kammer derſelben eingepackt, und hernach von Batavianach Hollandgeſchickt.

Die Witterung war waͤhrend der ſechs und zwanzig Tage unſers Aufenthalts zu Jedonicht die beſte. Die meiſte Zeit hatten wir feuchtes, und am Tage truͤbes Wet - ter; manchmahl Staubregen, manchmahl ſtarken Re - gen, entweder Vormittags oder Nachmittags.

So ungeheuer groß und weitlaͤuftig die Stadt Jedoiſt, eben ſo volkreich iſt ſie auch. Beſonders ſtroͤmt hier eine unzaͤhlige Menge Fremder aus allen Theilen und Ge - genden des Reichs zuſammen. Jede Haushaltung hat zwar ihr eignes Haus, und die Haͤuſer ſind nur ein oder zwey Stockwerke hoch; indeſſen wohnen doch viele bey einander, und packen ſich in ein Haus zuſammen. Nach der Gaſſe ſind allezeit Werkſtaͤtten und Buden. Vor je - nen haͤngt gemeiniglich ein großes Laken, das ſie entwe - der ganz oder doch zum Theil verdeckt, damit man von der Straße nicht gut ſehen moͤge, was gearbeitet wird. In den Kaufmannslaͤden aber ſieht man Muſter und Proben beynahe von allem, die ſo gleich vorgezeigt wer - den. Die Straßen, wenigſtens die vornehmſten, ſind ſehr lang und breit; die Breite betraͤgt oft vierzig bis funfzig Ellen. Die Stadt wird, wie Nangaſaki, von zwey einander wechſelsweiſe abloͤſenden Gouverneuren,Thunbergs Reiſe. 2. Bandes 1. Theil. H114Dritte Abtheilung. einigen Buͤrgermeiſtern, und vielen Ottona, das iſt Aufſehern oder Vorgeſetzten, deren uͤber jede Straße ei - ner iſt, regiert. Die Haͤuſer ſind, wie in andern Staͤdten, mit Dachpfannen gedeckt; die obere Etage wird ſelten bewohnt.

Die Fuͤrſten und Prinzen des Landes haben nicht nur in der erſten Citadelle ihre gewoͤhnlichen Palais fuͤr ihre Familien, ſondern auch in der Stadt ſelbſt in ver - ſchiednen Gegenden eigne Haͤuſer, um bey Feuersgefahr allezeit eine gewiſſe Zuflucht zu haben.

In allen Japaniſchen Staͤdten ſind vortreffliche Feueranſtalten, und uͤberhaupt die beſten Anſtalten zur Verhuͤthung von Ungluͤcksfaͤllen. Allenthalben ſind ſichere, aufmerkſame und hinreichende Nachtwachen vorhanden, die ſchon fruͤh des Abends, ſo bald es nur dunkel wird, umher gehen, und ſich die Nacht hindurch vielfaͤltig hoͤren laſſen. Zu Jedoſind dieſe Wachen doppelt. Die eine zeigt nur an, was die Uhr iſt. Dies geſchieht vermit - telſt zweyer Stuͤcken Holz, die gegen einander geſchlagen werden, und dies Schlagen thun ſie faſt in einem fort, faſt bey jedem Hauſe; die beyden letzten Schlaͤge folgen dicht auf einander, zum Zeichen, daß man nicht mehr zu erwarten hat. Solcher Wachen ſind beynahe fuͤr jede Straße eine. Die andre iſt die eigentliche Brand - wache. Man kennt ſie daran, daß ſie einen geklobnen Bambo-Stock, oder eine, oben mit einem Ringe ver - ſehene eiſerne Stange auf der Straße hinter ſich her ſchleppt, welches einen eignen ſehr unangenehmen Laut giebt. Am Ende einer jeden Straße, da, wo ſie mit Thoren verſchloſſen werden kann, iſt allezeit eine hohe Leiter, wo die Wache hinauf ſteigen kann, um zu ſehen, ob irgendwo Feuer iſt. Oben auf jedem Hausdache iſt ein mit einem Gelaͤnder eingeſchloßner vierſeitiger Platz,115Aufenthalt in der Hauptſtadt Jedo. wo jederzeit ein Gefaͤß mit Waſſer ſteht, das bey entſte - hender Feuersbrunſt ſo gleich zur Hand iſt. An ſehr vielen Stellen ſind in der Naͤhe der Haͤuſer feuerfreye ſteinerne Packhaͤuſer aufgebauet, wo Waaren und Meu - blen ſicher hingebracht werden koͤnnen. An den Seiten derſelben ſind mehrere eiſerne Haken eingemauert, an de - nen man naſſe Matten aufhaͤngen kann, um die Ver - breitung des Feuers zu hindern. Da die Haͤuſer leicht Feuer fangen, traͤgt es ſich hier oft zu, daß eine Feuers - brunſt entſteht, und ganze Reihen von Haͤuſern und Straßen in die Aſche legt. Waͤhrend unſers hieſigen Aufenthalts kam einigemahl Feuer aus, das aber ge - ſchwind gedaͤmpft wurde. Unſer Ambaſſadeur erzaͤhlte aber von einem ſchrecklichen Brande, der ſich bey ſeiner Anweſenheit im Jahr 1772 zugetragen hatte. Das Feuer brach des Mittags aus, dauerte bis den andern Tag Abends um acht Uhr, und griff ſo weit um ſich, daß eine Strecke von ſechs Meilen in die Laͤnge und drey in die Breite verheert wurde. Bey dieſer Gelegenheit brannte das Haus, wo die Hollaͤndiſche Geſandtſchaft zu logiren pflegt, auch ab, und die Hollaͤnder mußten ſich in einer Nacht dreymahl nach einem andern Hauſe, und zuletzt nach einem Tempel begeben.

Unter andern Merkwuͤrdigkeiten, die man uns zu Jedozeigte, war auch ein junger Wolf, der in den noͤrdlichſten Gegenden gefangen, und als ein ſeltnes Thier hieher gebracht war. Die Leute in der Stadt kannten dies Thier gar nicht, und man machte uns eine ſo wun - derliche Beſchreibung davon, daß unſre Neugier, es zu ſehen, ſehr hoch geſpannt wurde. Wir gingen dahin, wo das ſonderbare Thier zu ſehen war, und ſiehe, es war ein kaum halb ausgewachſener Wolf. Luſtig war es zu ſehen, wie ſorgfaͤltig man das arme Thier, dem ſelbſtH 2116Dritte Abtheilung. weit mehr bange war, als daß es gefaͤhrlich ſeyn konnte, um den Leib und an den Fuͤßen feſt gebunden hatte. Als ich erzaͤhlte, ſolche Thiere liefen in meinem Vaterlande ſcharenweiſe umher, wuͤrden ſehr groß und thaͤten viel Schaden, wurde den Japanern gar Angſt.

Eines Tages kam eine von ihrem Manne verſtoßne Frau, nach dazu erhaltner Erlaubniß, zum Ambaſſa - deur, um zu betteln. Sie hatte ſich alle Haare ganz abſcheren laſſen, und ging mit voͤllig kahlem Kopfe, ohne ihn mit irgend etwas zu bedecken: ein gar ſeltſam auffal - lender Anblick. Man ſagte uns, dies geſchehe allezeit, wenn eine Frau aus einer oder der andern Urſache von ihrem Manne geſchieden worden iſt.

Die beyden Hof-Medici, meine lieben Schuͤler, die mich faſt taͤglich beſuchten, hatten durch meine unver - droßne Bemuͤhung ſo wohl, als durch eignen ununter - brochnen Fleiß in der Arzneykunſt, beſonders demjenigen Theile derſelben, der die Krankheiten kennen und beur - theilen lehrt, anſehnliche Fortſchritte gemacht. So gar hatten ſie durch Benutzung meines Raths angefangen, bey ihren Patienten ſolche Mittel, als wir Europaͤiſchen Aerzte gebrauchen, und wovon ſie ſich einen kleinen Vor - rath verſchafft hatten, anzuwenden, um dadurch gluͤck - liche Curen zu verrichten. Da es nun bekannt wurde, daß ich es ſehr oft war, der die zu gebrauchenden Mittel vorſchrieb, ſo wurde ich auch einmahl in Betreff eines ſehr vornehmen Patienten am Kaiſerlichen Hofe, um Rath gefragt. Als ich aber wuͤnſchte, von dem Geſchlechte, Alter und andern einem Arzte zu wiſſen noͤthigen Umſtaͤnden des Kranken benachrichtiget zu werden, benahm man ſich ſo geheimnißvoll, daß es mir unmoͤglich war, etwas zu ver - ordnen. Bekanntlich laſſen die Vornehmen ſich aͤußerſt ſelten vor den eignen Einwohnern ihres Landes ſehen,117Aufenthalt in der Hauptſtadt Jedo. noch viel weniger von Fremden, und die zur Kaiſerlichen Familie gehoͤrigen Perſonen ſind oft ſo unbekannt, daß ſehr wenige Leute im ganzen Reiche den Nahmen des re - gierenden Kaiſers eher, als nach ſeinem Tode, zu wiſſen bekommen. Ich konnte daher gar nicht erwarten, mei - nen hohen Patienten kennen zu lernen. Anfangs drang ich zwar darauf, mit dem Kranken ſelbſt zu ſprechen, und ihm die noͤthigen Fragen zu thun. Der Gefahr we - gen, worin derſelbe war, waͤre mir dies vielleicht auch gegluͤckt. Allein man haͤtte doch dabey die Vorſicht beob - achtet, mich nur im naͤchſten Zimmer bleiben zu laſſen, und dabey noch die Gardinen vorzuziehen. Ich haͤtte ihn alſo doch weder ſehen, noch nach dem Pulſe fuͤhlen koͤnnen. Da mir alſo jenes nichts geholfen haben wuͤrde, nahm ich den Ausweg, durch die Dolmetſcher und meine Schuͤler ganz von fern die Umſtaͤnde zu erforſchen, welche ich ſchlechterdings wiſſen mußte. Darauf konnte ich denn endlich dienſame Mittel verordnen, und der vor - nehme Patient, der, ſo viel ich aus allen Umſtaͤnden ſchließen konnte, eine von den Kaiſerlichen Prinzeſſinnen war, wurde ſehr bald wieder hergeſtellt.

Vor meiner Abreiſe erſuchten mich meine, in der Europaͤiſchen Praxis nun ziemlich unterwieſenen und ge - uͤbten Schuͤler, um ein ſchriftliches Zeugniß von dem genoßnen Unterrichte und ihren Progreſſen. Ich gab es ihnen, und zwar in Hollaͤndiſcher Sprache. Sie wurden ſo erfreuet, und zugleich ſo ſtolz darauf, daß ge - wiß weder ich, noch irgend ein andrer ſo eben creirter Doctor, uns auf unſern herrlichen Doctor-Hut und das gedruckte Diplom mehr zu gut gethan haben. Ich hatte das Gluͤck gehabt, mir ihre Liebe und Freundſchaft in ſo hohem Grade zu erwerben, daß ſie nicht nur gegen meine Kenntniſſe und das Wohlwollen, womit ich ſie unter -118Dritte Abtheilung. richtete, Hochachtung hegten, ſondern mir auch mit dem waͤrmſten Herzen zugethan waren, und uͤber meine Abreiſe betruͤbt wurden. Ich habe auch hernach ver - ſchiedne Jahre hindurch ſo wohl mit ihnen, als mit mei - nen Freunden unter den Dolmetſchern, nicht allein Brief - wechſel unterhalten, ſondern ihnen auch verſchiednes, was ihnen angenehm ſeyn konnte, zum Geſchenke geſchickt, und dagegen allerley Samen fuͤr den botaniſchen Garten zu Upſala, und verſchiedne merkwuͤrdige Sachen fuͤr die akademiſche Naturalien-Sammlung zuruͤck erhalten.

Unter den Gewaͤchſen und Baͤumen, die ich zu Jedoſah, und die ich anderwaͤrts im Lande nicht geſehen hatte, waren folgende: ſchwarze Wallnuͤſſe (luglans nigra); aͤchte Caſtanien (Fagus caſtanea), die ich doch hernach zu Miakoantraf; der wahre Alant (Inula helenium), deſſen aromatiſche Wurzel zur Staͤrkung des Magens gebraucht wird, und unſre gewoͤhnliche Tanne oder Rothtanne (Pinus abies), wovon ich auf dem Wege nach der Kaiſerlichen Burg verſchiedne Baͤu - me anſichtig wurde. Auch zeigten mir die Dolmetſcher eine Wurzel, vermuthlich von einer Art Farrenkraut (Filix), welche ſie Jaboki nannten, und die quer durchſchnitten eine ſternartige Figur zeigt, die von ihnen fuͤr etwas beſonderes gehalten wird.

Ehe ich mich von Jedotrennte, konnte ich nicht umhin, zu erfahren zu ſuchen, theils was wenige Japa - ner ſelbſt erfahren, den Nahmen des Monarchen, deſſen Hof zu beſuchen ich die ſeltne Ehre genoſſen hatte; theils die Nahmen der ſaͤmmtlichen, ſo wohl geiſtlichen als welt - lichen Regenten, welche ſeit KaͤmpfersZeit dies geſeg - nete Land, dies gluͤckliche Volk beherrſcht haben. Die Schwierigkeiten hiebey kannte ich, und an jedem andern Orte als hier, wo meine vertrauten Freunde mir dazu119Aufenthalt in der Hauptſtadt Jedo. behuͤlflich ſeyn konnten, waͤre es mir durchaus unmoͤglich geweſen, einige Kunde davon zu bekommen. Ich hielt mich daher fuͤr nicht wenig gluͤcklich, und bildete mir gar viel darauf ein, als ich einige Tage vorher, ehe wir die Hauptſtadt verließen, ein Verzeichniß erhielt, das fuͤr kein Geld zu bekommen iſt. Minamoto no Je Faru Kooiſt der Nahme des damahls regierenden weltlichen Kai - ſers oder Kubo, der zugleich vom Dairi, welchem es zu - kommt hoͤhere Titel zu ertheilen, folgende Beynahmen bekommen hat: Sjo ji tſi ji naij daijſin Sakonje no taij ſio Zeij ji taij Siogun. Minamotoiſt der Familien - Nahme, Je Farder perſoͤnliche Nahme, und Koo heißt Herr, wird aber nur hohen Perſonen beygelegt, unge - faͤhr wie das Franzoͤſiſche Seigneur. Sein Alter war damahls drey und vierzig Jahr. Der Kronprinz hieß Minamoto no Je Moto Koo, und mit dem vom Dairi ihm beygelegten Titel: Su nieji daijnagon; er war etwa zwoͤlf Jahr alt.

120Vierte Abtheilung.

Vierte Abtheilung. Ruͤckreiſe von Jedonach Dezima.

Unſre Abreiſe von Jedowar auf den 25. May an - geſetzt. An dieſem Tage mußten wir ſie auch unabaͤnder - lich antreten, weil der 13. Siguats, oder der 30. May, zur Reiſe des Kaiſers nach dem Tempel zu Nikobeſtimmt war. Dieſer Tempel iſt ſehr groß, liegt ſechs und drey - ßig Meilen von Jedooſtwaͤrts, und jetzt ſollte daſelbſt ein großes Feſt gefeyert werden. Schon vor drey Jah - ren hatte man dieſe Reiſe vorgenommen, es wurden auch bereits große Anſtalten dazu gemacht; ſie war aber von einem Jahre zum andern aufgeſchoben. Da ſo wohl der Monarch, als alle Fuͤrſten im Reiche, voͤllig eben ſo ge - kleidet ſind, und ihr Haar eben ſo tragen, als alle an - dre Einwohner des Landes, auch weder durch Thron, Juwelen, noch dergleichen etwas ſich auszeichnen, mithin von andern gar nicht unterſchieden werden koͤnnen, ſo ha - ben ſie ein anderes Mittel ausfindig gemacht, ſich zu un - terſcheiden. Dies beſteht darin, daß ſie nach Verhaͤlt - niß ihres Standes und ihrer Wuͤrde auf Reiſen und bey feyerlichen Gelegenheiten ſich von einem ungeheuer großen Gefolge von Beamten, Bedienten mancherley Art und andern Leuten, die um ſie herum wimmeln, ſehen laſſen. Kein Wunder daher, wenn zur Reiſe des oberſten Lan - des-Regenten ungewoͤhnlich große Zuruͤſtungen gemacht wurden. An den Landſtraßen ſollten neue Haͤuſer gebauet werden, um darin am Tage auszuruhen und des Nachts zu logiren. Alle nur erſinnliche Beduͤrfniſſe und Be - quemlichkeiten ſollten an Ort und Stelle vorher in voͤlliger121Ruͤckreiſe von Jedonach Dezima. Bereitſchaft ſeyn. Jeder ſollte ſo wohl vorher als waͤh - rend der Reiſe auf ſeinem Poſten aͤußerſt aufmerkſam ſeyn. Waͤhrend der Abweſenheit des Kubo ſollte die Kaiſerliche Citadelle dem Fuͤrſten der Landſchaft Mito, und die Regierung zugleich einigen Reichsraͤthen anver - trauet werden. Ueber das ganze Land war bereits der Befehl ergangen, allenthalben die genaueſte Sorge zu tragen, daß Feuersbrunſt, Aufruhr und andern Un - gluͤcksfaͤllen vorgebeugt wuͤrde. Die zur Beſtreitung der Koſten dieſer Reiſe angeſchlagne Summe belief ſich auf 280,000 Kobang, oder 1,680,000 Thaler. Ein Theil dieſes Geldes wurde unter die Reichsraͤthe, Land - des-Befehlshaber und andre, welche mitreiſen ſollten, vertheilt. Die Reiſe ſelbſt ſollte in drey Tagen zuruͤck gelegt werden; den erſten Tag nach der Ankunft Ruhetag ſeyn; am 17. Siguats oder den 3. Junius das Feſt ge - feyert werden, und Tages darauf die Ruͤckreiſe den An - fang nehmen. Bey unſrer Abreiſe von Jedoſahen wir bereits zahlreiche Vortruppen jenes Heers vorauf ziehen. Drey Tage vor des Kaiſers Abreiſe aber fangen ſolche Scharen an, in großer Menge nach einander abzuge - hen, und am letzten Tage vorher geſchieht es ſo haͤufig, daß jede halbe Stunde ein neuer Haufe abgeht, welches bis fuͤnf Uhr des andern Morgens waͤhrt, da der Kaiſer mit dem Kronprinzen ſelbſt ſich auf den Weg macht. Unter dieſer unzaͤhlbaren Menge Leute ſind auch verſchied - ne alte Maͤnner, Bettler und Buͤttel. Man nimmt ſo gar Saͤrge mit, damit es unterwegs auch hieran nicht fehlen moͤge.

Am 21. May 1776, Morgens fruͤh, traten wir alſo unſre Ruͤckreiſe nach Nangaſakian. Wir machten ſie meiſtens auf dieſelbe Art, und auf demſelben Wege, als die Hinreiſe. Gewoͤhnlich bedienten wir uns auch122Vierte Abtheilung. wieder der vorigen Herbergen, ſo wohl zum Mittagseſſen, als zum Nachtlager. Nur ſelten richteten wir es[an - ders] ein.

Zu Totſkakauften wir verſchiedne ſchoͤne, obwohl kleine, flache Kaſten mit Conchylien, die ſehr ſauber und zierlich auf gekratzte Baumwolle gelegt waren. Derglei - chen kaufen die Hollaͤnder hier zu Lande ſehr viele auf, entweder um ſie hernach mit Vortheil wieder zu verkau - fen, oder ſie als Seltenheiten aus einem ſo entfernten Reiche ihren Freunden und Verwandten in Europazu - zuſchicken. Die Conchylien waren alle mit Reißleim an die Baumwolle befeſtigt, damit ſie nicht abfallen ſollten. Ich pfluͤckte aber doch alle die darunter aus, die bisher in Europaunbekannt, oder ſehr ſelten waren, und die jetzt in der Sammlung der Univerſitaͤt zu Upſalaaufbe - wahrt werden.

Unterweges beſahen wir einen Fichtenbaum (Pi - nus ſylveſtris), deſſen Zweige ſich horizontal ausgebrei - tet hatten, und gleichſam ein Laubendach formirten, dar - unter man ſpatzieren gehen konnte. Aehnliche Fichten hatte ich zwar vorher ſchon an verſchiednen Oertern geſe - hen, aber keine von ſo großem Umfange, als dieſe, deren Zweige ſich uͤber zwanzig Schritt in die Laͤnge ausbreiteten, und von untergeſetzten Pfaͤhlen unter - ſtuͤtzt wurden.

Den 27. May reiſeten wir uͤber das hohe Gebirge Fakonie, wo es uns eben ſo, als auf der Hinreiſe erging. Zu Fakonieaßen wir zu Mittag, bekamen und bezahlten, was wir vorher da beſtellt hatten, und zogen darauf das Gebirge auf der andern Seite hinab.

Zu Miſimaſah ich eine Art Vanille (Epidendrum monile), ein paraſitiſches Gewaͤchs, das die Wurzeln nicht in die Erde treibt, in Buͤndel gebunden, und drau -123Ruͤckreiſe von Jedonach Dezima. ßen vor den Haͤuſern aufgehaͤngt. Auf dieſe Art dauert daſſelbe ohne Waſſer und irgend die mindeſte Nahrung nicht nur verſchiedne Jahre lang aus, ſondern waͤchſt und bluͤhet ſo gar noch. Auch zieht man hier vollbluͤhen - den Farrn (Acroſtichum baſtatum) zum Vergnuͤgen in Toͤpfen, ſo ſchwer ſich auch dieſe Gattung Gewaͤchs in Europaverpflanzen laͤßt.

Den hohen Berg Fuſibetrachteten wir, als wir vorbey kamen, noch genauer als das vorige Mahl. Sein Fuß ſcheint beſonders auf einer Seite ſehr allmaͤhlig her - ab zu gehen. Die Spitze erſchien jetzt ſehr hoch und ſchnee - weiß uͤber die Wolken erhaben.

Zu Niſſakamußten wir, wegen der Menge Leute, die mit den reiſenden Fuͤrſten eintrafen, ganze drey Tage verweilen.

In dieſen Gegenden wachſen Waſſernuͤſſe oder ſchwimmende Stachelnuͤſſe (Trapa natans) allenthal - ben auf den Reißfeldern. Die ſchwarzen Wurzeln der - ſelben werden, in Suppe gekocht, ſehr haͤufig gegeſſen, ob ſie gleich herbe und unangenehm ſchmecken. In den Krambuden ſah ich vielfaͤltig Zapfen von Erlenbaͤumen (Betula alnus) zu Kauf hangen. Auf meine Frage, wozu man ſie gebrauche, bekam ich zur Antwort, man bediene ſich ihrer, ſchwarz zu faͤrben. Zu Hecken braucht man hier durchgaͤngig eine eigne Art Bocksdorn (Licium Iaponicum), einen kleinen, ſchoͤn ins Auge fallenden Strauch. Faſt vor allen Haͤuſern ſah ich Indianiſches Felſenkraut (Azalea Indica) in der ſchoͤn - ſten Bluͤthe ſtehen; die Blumen haben verſchiedne Farben und ſehen uͤber die Maße ſchoͤn aus. Hin und wieder traf ich auch Zwergpalmen von der hohen Art (Chamae - rops excelſa) an. Sie haben mehr als Mannshoͤhe. Aus der, den Stamm umgebenden netzfoͤrmigen Rinde124Vierte Abtheilung. werden Beſen gemacht, die zum Verkauf umher getra - gen, und allgemein zum Fegen gebraucht werden. Die hieſigen Miſpeln (Meſpilus Iaponica) fingen nun an, reife Fruͤchte zu bekommen. Sie ſchmecken wie an - dre Miſpeln, und zerſchmelzen im Munde. An heißen Tagen loͤſchen ſie vortrefflich den Durſt. An vielen Orten ſah ich langaͤhrige Faſeln (Dolichos polyſtachyos), eine Art Erbſen, die wie große Tuͤrkiſche Bohnen an Stangen hinauf ranken, in Geſtalt von Lauben gezogen, wozu ſie ungemein brauchbar ſind. Die ſehr ſchoͤn ſich ausnehmenden Blumen, welche jetzt aufbrachen, haͤn - gen an langen Stielen herunter, und thun ſehr gute Wir - kung. Sehr haͤufig bauet man in dieſer Gegend morgenlaͤndiſchen Seſam (Seſamum Orientale). Aus dem Samen davon, ſo klein er auch iſt, ſchlaͤgt man Oehl, das ſo wohl hier, als in andern Oſtindiſchen Laͤn - dern, allgemein an Speiſen und zu anderm Behufe ge - braucht wird.

Zu Futjukauften wir verſchiedne große und kleine Koͤrbe, auch Schraͤnke mit Schubladen, alle aus Faͤden von Rohr aufs feinſte und ſchoͤnſte geflochten.

Bey der jetzigen regnigen Jahrszeit hatten wir von einer Art Muͤcken (Culex irritans) viel auszu - ſtehen, die uns beſonders des Nachts ſo beunruhigten, daß wir oft nicht ſchlafen konnten. Wir ſahen uns daher in der Nothwendigkeit, uns Gardinen von duͤn - nem gruͤnen Zeuge anzuſchaffen, die hier durchgaͤngig zum Schutz gegen das blutſaugende Ungeziefer ge - braucht werden. Dieſe Gardinen ſind ſehr weit, wer - den an der Decke des Zimmers feſt gebunden, und um das ganze Bette ſo ausgebreitet, daß an den Seiten gar keine Oeffnung bleibt. Sie ſind ſehr be - quem auf Reiſen mitzunehmen, und ſo duͤnne, daß ſie125Ruͤckreiſe von Jedonach Dezima. den freyen Durchgang der Luft im mindeſten nicht hindern.

Nachdem wir uns nunmehr hinlaͤnglich ausgeruhet hatten, begaben wir uns den 4. Junius wieder auf den Weg. Den 11. kamen wir zu Miakoan.

Zwiſchen Jedound Miakoſahen wir hie und da an den Landſtraßen Bettler, die, und zwar meiſtens an den Fuͤßen, gebrechlich waren. Dies war mir ein gar ungewohnter Anblick, da gebrechliche Leute in dieſem Lan - de ſehr ſelten ſind. Auch traf ich in dieſen Gegenden rothe und triefende Augen ſehr haͤufig an, beſonders bey armen Leuten, ſo wohl Alten, als kleinen Kindern. Dieſe Krankheit kommt hauptſaͤchlich von zwey Urſachen her: dem Kohlendampfe in den Haͤuſern, und dem Geſtanke, den die in allen Doͤrfern bey jedem Hauſe befindlichen Urintoͤpfe von ſich geben.

In der Gegend von Miakowaͤchſt eine eigne Gat - tung Corchorus (Corchorus Iaponicus), in der Landes - ſprache Jamma Buki, wild. Er hat doppelte, ſehr ſchoͤne Blumen. Getrocknet und zu Pulver gerieben, werden dieſe gegen Blutfluͤſſe gebraucht; um Naſenblu - ten zu ſtillen, wird das Pulver durch eine Federſpuhle in die Naſe geblaſen. Auch trifft man hier eine Art Gagelbaͤume (Myrica) an, welche die Einwohner Nagi nennen, und deren Holz ſehr weiß und fein iſt, und zu Kaͤmmen und dergleichen gebraucht wird. Ein andrer Baum, aus deſſen Holz auch Kaͤmme gemacht werden, nennen die Japaner Fjun no ki.

Unſre Dolmetſcher verſchafften ſich hier verſchiedne Stinkkaͤfer von der Gattung, die den Nahmen Feuergluth (Bupreſtis ignita) fuͤhrt, womit ſie mir ein Geſchenk machten. Die Japaner nennen ſie Tamma Muſi.

126Vierte Abtheilung.

Zu Miakohielten wir uns einen Tag und zwey Naͤchte auf: hier machten wir ſo wohl dem Kaiſerlichen Hofmarſchall, oder dem ſo genannten Oberrichter, als den beyden Gouverneuren der Stadt, die Aufwartung. Wir wurden von ihnen eben ſo, als von den Großen zu Jedoempfangen. Der Hofmarſchall erwiedert die Ge - ſchenke, welche er bekommt, mit fuͤnf großen Japani - ſchen Kleidern. Die Statthalter aber geben dem Am - baſſadeur ſtatt deſſen nur eine Summe Geldes in Silber - muͤnze, jeder die Summe von ein und zwanzig Thalern. Dies Geld iſt auf die hier zu Lande gebraͤuchliche beſondre Art in ein laͤngliches Stuͤck Papier gewickelt, das her - nach zuſammen geleimt, und wo bisweilen auf einer, bis - weilen auf beyden Seiten, aufgeſchrieben wird, wie viel darin iſt. Solche Geſchenke in Silbergeld ſind hier et - was gewoͤhnliches. Das Geld kommt oft unmittelbar aus der Muͤnze, und geht in dem Pakete erſt durch viele Haͤnde. Der Muͤnzmeiſter, welcher den Werth des Paͤckchens darauf ſchreibt, iſt fuͤr denſelben verantwortlich.

Nachmittags hatte ich einen Privat-Beſuch vom Leibarzte des Dairi oder geiſtlichen Kaiſers, einem Manne von mittleren Jahren. Er hieß Ogino Saffioge je no Sakon. Oginowar ſein Familien-Nahme, je no Sakonſein Vornahme, und Saffioge ein vom Dairi ihm bey - gelegter Ehren-Titel. Er hatte verſchiedne, meiſtentheils friſch gepfluͤckte Kraͤuter bey ſich, deren Nutzen er zu wiſ - ſen wuͤnſchte. Auch fragte er mich nach den Heilarten einiger Krankheiten. Unſer Geſpraͤch geſchah durch Dol - metſcher. Er erſtaunte aber nicht wenig, als ich ein - mahl die Nahmen der Gewaͤchſe, um ſie ihm deſto zuverlaͤſſiger anzugeben, mit Japaniſchen Buchſtaben aufſchrieb.

127Ruͤckreiſe von Jedonach Dezima.

Auf der Herreiſe von Jedowird den Hollaͤndern allezeit mehr Freyheit, als auf der Hinreiſe verſtattet. Wir bekamen auch die Erlaubniß, zu Miakoverſchiedne der groͤßten, praͤchtigſten und die ſchoͤnſte Lage habenden Tempel zu beſehen. Die Tempel liegen nirgends in den Staͤdten ſelbſt, ſondern am Abhange der Berge und auf den Anhoͤhen draußen vor der Stadt, und haben die reitzendſte Ausſicht. Bey den hieſigen Tempeln ſah ich durch Kunſt angelegte Teiche, worin die Moͤnche ver - ſchiedne lebendige ſchwarze Schildkroͤten zu ihrem Vergnuͤ - gen hielten. Der Tempel des Daibud iſt unter allen der groͤßte und merkwuͤrdigſte. Er ruhet auf ſechs und neun - zig Pfeilern und hat verſchiedne Eingaͤnge, die zwar ſehr hoch, aber dabey ſchmal ſind. Das Gebaͤude beſteht gleichſam aus zwey Stockwerken, die in einander laufen, und hat daher ein doppeltes Dach, wovon das obere durch unterſchiedliche, uͤber ein Klafter im Umfange ha - bende, angemahlte Pfeiler unterſtuͤtzt wird. Der Fuß - boden iſt, (welches mir vorher nirgends vorgekommen war), mit viereckigen Marmorſteinen belegt. Schade, denn weiter fehlte hier nichts daß die Japaner nicht ſo viel von der Baukunſt verſtehen, einem ſo großen und praͤchtigen Gebaͤude hinreichendes Licht zu verſchaffen. Das Bild des Gottes ſteht beynahe in der Mitte. Sein Anblick erregt zu gleicher Zeit Entſetzen und Ehrfurcht: Entſetzen durch ſeine Groͤße, die ſchwerlich in der ganzen Welt ihres gleichen hat; Ehrfurcht, in Anſehung der Betrachtungen, die man dabey anzuſtellen Gelegenheit bekommt. Die Figur iſt ſitzend, und zwar auf India - niſche Art, die Fuͤße kreutzweiſe nach vorn gelegt. Die Statuͤe ſteht ungefaͤhr ein Klafter hoch von der Erde, und iſt vergoldet. Die Ohren ſind lang, das Haar ge - kraͤuſelt, die Schultern nackt, der Leib mit einem Schleyer128Vierte Abtheilung. bedeckt, die rechte Hand aufgehoben, und die linke mit der Seite gegen den Unterleib anliegend. Die Moͤglich - keit der Groͤße kann man ſich nicht vorſtellen, ohne es zu ſehen. Auf der flachen Hand koͤnnen, wenn es wahr iſt, was die Dolmetſcher verſicherten, ſechs große Per - ſonen auf Japaniſche Art, die Ferſen unter das Geſaͤß geſteckt, geraͤumig ſitzen. Die Figur ſcheint indeſſen ziemlich proportionirt, ob ſie gleich ſo breit iſt, daß die Schultern von einem Pfeiler zum andern reichen, die dem Augenmaaße nach funfzehn bis ſechzehn Ellen von ein - ander abſtehen. Das Goͤtzenbild ſo wohl, als die es verehrende Secte leiten ihren Urſprung aus Indienher. Die Kenntniß deſſelben iſt vermuthlich zuerſt aus Siam, China, oder einem andern Oſtindiſchen Lande, in jenen Zeiten, da nicht nur Fremde in Japan, ſondern auch die Japaner mit eignen Schiffen in andern Laͤndern freyen Handel treiben durften, hieher gekommen.

Ich war von der Groͤße dieſes ungeheuern Bildes noch ganz betaͤubt, als wir in einen andern Tempel ge - fuͤhrt wurden, der beynahe eben ſo majeſtaͤtiſch und be - wundernswuͤrdig, als jener, iſt. Seine Hoͤhe und Breite iſt zwar nicht außerordentlich, aber die Laͤnge auf - fallend groß. Er iſt dem Quanwon heilig. Das Bild dieſes Gottes, nebſt den Bildern aller ſeiner Untergoͤtter und dienſtbaren Geiſter, ſtehen in unglaublicher Anzahl in dieſem Gebaͤude umher geſtellt. Mitten unter ihnen ſitzt der Quanwon, mit ſechs und dreyßig Haͤnden aus - geruͤſtet. Die naͤchſten Plaͤtze um ihn her nehmen, aber gleichſam in einem fuͤr ſie beſonders abgetheilten Raume, ſechzehn Helden ein, deren Statuͤen von uͤbermenſchlicher Groͤße, aber doch kleiner als die Statuͤe des Hauptgottes ſind. Zu beyden Seiten zunaͤchſt ſtehen in zwey Reihen vergoldete Goͤtterbilder, jedes mit zwanzig Haͤnden. Weiter -129Ruͤckreiſe von Jedonach Dezima. Weiterhin ſieht man auf beyden Seiten, ebenfalls in Reihen, Goͤtterfiguren von gewoͤhnlicher Menſchengroͤße, die ganz dicht bey einander ſtehen, und deren Menge ich haͤtte zaͤhlen muͤſſen, um ſie zu beſtimmen. Die nach vorn ſtehenden ſind kleiner, und die hintern werden von Reihe zu Reihe groͤßer, ſo daß man alle zwoͤlf Reihen ſehr gut ſehen kann. Auf den Haͤnden und Koͤpfen aller dieſer Statuͤen ſtehen wieder kleinere Goͤtterbilder. Die ganze Anzahl ſoll drey hundert drey und dreyßig tauſend drey hundert drey und dreyßig betragen.

Zu Fuſimiſetzten wir uns kurz vor Sonnen Unter - gang in kleine Boͤte, und fuhren den Fluß hinunter nach Oſaka, wo wir nach einer angenehmen Nachtreiſe am folgenden Morgen ankamen.

Zu Oſakahielten wir uns zwey Tage auf. Hier war es, wo wir auf der ganzen Reiſe das meiſte Vergnuͤ - gen genoſſen. Wir beſahen mehrmahls in unſern Nori - mon die Stadt, wohnten den Schauſpielen bey, ſahen den Balletten zu, und nahmen mancherley Merkwuͤrdig - keiten, woran dieſe Stadt einen Ueberfluß hat, in Au - genſchein. Welche ich fuͤr meine Perſon am meiſten ſchaͤtzte, waren Sammlungen von Japaniſchen Gewaͤch - ſen in einem wohl eingerichteten Garten, Sammlungen ſehr vieler einheimiſcher Voͤgel und das Schmelzen des Kupfers in Staͤbe.

Die Comoͤdien der Japaner ſind luſtig, aber ſo ſon - derbar, daß ich ſie beynahe ungereimt nennen moͤchte. Die Dolmetſcher mußten ſie mir ausdeuten. Die mei - ſten haben Liebeshaͤndel oder Heldenthaten zum Gegen - ſtande. Die Schauſpieler ſchienen in ihrer Art ihre Rollen gut zu ſpielen; die Buͤhne aber war ſehr klein und eng. Die Taͤnze werden meiſtens von Kindern beyderleyThunbergs Reiſe. 2. Bandes 1. Theil. J130Vierte Abtheilung. Geſchlechts aufgefuͤhrt, deren jedesmahl zwey, auch wohl mehrere zuſammen tanzen. Sie haben mit unſern Contre-Taͤnzen einige Aehnlichkeit, und ſtellen ungefaͤhr eben dergleichen vor, als die Comoͤdien. Die Tanzen - den beugen den Koͤrper auf hunderterley Art, und rich - ten ſich dabey allezeit nach der Muſik oder dem Geſange, womit der Tanz begleitet wird. Die praͤchtige und koſt - bare Art, wie ſie, beſonders die Maͤdchen, und zwar nach Gewohnheit des vornehmen Frauenzimmers, mit faſt unzaͤhligen, ſaͤmmtlich von dem feinſten und duͤnnſten ſeidnen Zeuge gemachten, weiten Gewaͤndern, die ſie eins uͤber das andre ziehen, gekleidet ſind, iſt das, was dabey am ſchoͤnſten ins Auge faͤllt. Weil aber dieſe Klei - der ſo außerordentlich duͤnn und leicht ſind, kann man ihre Menge, die oft zu zwanzig, dreyßig und daruͤber ſteigt, nicht bemerken. Waͤhrend des Tanzens ziehen ſie, theils weil ihnen warm wird, theils um ihre Klei - derpracht zu zeigen, ein Gewand nach dem andern ober - waͤrts aus, ſo daß ein ganzes Dutzend von dem Guͤrtel, womit ſie um den Leib feſt gebunden ſind, herab haͤngt, ohne ſie in ihren ſchnellen Wendungen zu hindern.

Die Vogelſammlungen ſind in der ſo genannten Vogelſtraße befindlich. Man hat hier eine große Menge Voͤgel aus allen Gegenden zuſammen gebracht. Sie werden theils fuͤr Geld gezeigt, theils zu Kauf gebothen.

Der botaniſche Garten liegt in der Stadt. Er iſt ziemlich gut eingerichtet, hat aber keine Orangerie. Es werden darin allerhand Gewaͤchſe, Baͤume, Straͤuche und Stauden, die man aus andern Provinzen hieher ge - bracht hat, aufbewahrt oder gezogen. Man verkauft auch davon. Ich ermangelte nicht, fuͤr ſo viel Geld, als ich darauf verwenden konnte, von den ſeltenſten Sachen,131Ruͤckreiſe von Jedonach Dezima. beſonders Baͤume und Straͤuche in Toͤpfe gepflanzt, aus - zuſuchen und zu kaufen. Dahin rechne ich die ſchoͤnſten Arten von den praͤchtigen Ahornbaͤumen, die in dieſem Lande wachſen, und zwey von der eben ſo raren, als aus - zufuͤhren ſcharf verbothnen, Sagupalme (Cycas re - voluta), einem Palmbaume, auf den die Japaner um ſeines Sagu aͤhnlichen und ſehr nahrhaften Marks willen, ſo großen und uͤbertriebnen Werth ſetzen, und nicht wiſ - ſen, daß er auch in Chinaanzutreffen iſt. Alle dieſe ließ ich in einen großen hoͤlzernen Kaſten pflanzen, uͤber welchen Bogen oder Spriegel geſtellt, und von Bindfa - den eine Bedeckung geflochten wurde, damit ſie auf keine Art Schaden nehmen konnten. Dieſen Kaſten ſchickte ich zu Waſſer nach Nangaſaki, von da er in Geſellſchaft eines andern Kaſtens, der auf der Factorey in Ordnung gebracht wurde, nach Batavia, und hernach weiter nach Amſterdam, als eine Lieferung fuͤr den daſigen medicini - ſchen Garten abging.

Das Schmelzen des Kupfers verrichtete man in dieſen Tagen lediglich um unſertwillen, damit wir es, auf mein inſtaͤndiges Bitten, das unſer Chef ſo wohl, als unſre Japaniſchen Anfuͤhrer unterſtuͤtzt hatten, moͤchten zu ſehen bekommen. Die Methode dabey iſt weit einfacher, als ich mir vorgeſtellt hatte. Die Schmelzhuͤtte iſt zehn bis zwoͤlf Ellen weit. An einer von den Waͤnden geht eine Mauer mit einem Schornſteine, wie eine Niſche in die Hoͤhe. Unten in dieſer Vertiefung, mit dem Fuß - boden gleich, iſt ein Herd, worauf das Erz mit Huͤlfe von Handblasbaͤlgen vor unſrer Ankunft geſchmelzt war. Gegen uͤber iſt im Fußboden, der da aber nicht belegt iſt, ein etwas laͤngliches, ungefaͤhr eine halbe Elle tiefes Loch gegraben. Ueber dieſes liegen der Laͤnge nach zehn vier -J 2132Vierte Abtheilung. ſeitige eiſerne Stangen, und zwar nur einen Finger breit von einander, und mit der Schaͤrfe einer Seite in die Hoͤhe ſtehend. Ueber die Stangen iſt ein Stuͤck Se - geltuch gezogen, das zwiſchen denſelben eingedruͤckt iſt. Ueber das Segeltuch wird Waſſer gegoſſen, das einen Zoll hoch ſteht. Darauf wird das geſchmolzne Erz mit eiſernen Kellen aus der Herdgrube genommen, und in die jetzt beſchriebene Form gegoſſen. Auf dieſe Art gießt man zehn bis zwoͤlf Stangen oder Staͤbe von der Laͤnge einer Viertelelle auf einmahl. So bald man dieſe heraus genommen hat, faͤhrt man mit dem Gießen fort. Zwi - ſchendurch gießt man von neuem kaltes Waſſer auf. Auf dieſe Art Kupfer in Waſſer zu gießen, ungefaͤhr ſo, als man bey uns in Schwedenuͤber zarte kranke Kinder Bley zu gießen pflegt, hat man bisher in Europanicht gewußt, eben ſo wenig, daß das Japaniſche Kupfer eben davon ſeine hohe und glaͤnzende Farbe hat. Ich war zugleich ſo gluͤcklich, durch Vorſchub meiner Freunde, der Dolmet - ſcher, einen Kaſten zum Geſchenk zu bekommen, worin ſo wohl auf jene Art gegoßnes reines Kupfer, als auch Stufen von jedem vorher damit genommenen Prozeſſe, als rohen Kupferkies mit ſeiner Erdart (Matrix), Pro - ben von Roſtbrennen oder Roͤſten, dem erſten und zwey - ten Schmelzen, und dergleichen, lagen. Dieſen Ka - ſten ſchickte ich in der Folge nach Schweden, als ein Ge - ſchenk fuͤr das Mineralien-Cabinett der Univerſitaͤt zu Up - ſala, und machte meinem ehemahligen verehrten und gelieb - ten Lehrer, Herrn Bergmann, dadurch eben ſo große Freude, als bey meiner Zuruͤckkunft durch die Nachricht vom Gießen des Kupfers in Waſſer. Hernach beſahen wir auch eine Menge gegoßnes Kupfer, nicht nur von dem, das auf die beſchriebne Art in Staͤbe gegoſſen, und133Ruͤckreiſe von Jedonach Dezima. in dieſer Form an die Hollaͤnder und Chineſer verkauft, ſondern auch ſolches, das in große und kleine, viereckige und runde, dicke und duͤnne Stuͤcke zu Keſſeln, Pfannen und anderm Hausgerath gegoſſen wird.

Wir beſahen auch die hieſigen Tempel, und hatten bey beyden Ober-Befehlshabern der Stadt Vortritt.

Unter andern kaufte ich hier eine Parthey Moxa, von verſchiedner Feinheit und Guͤte. Der allerfeinſte iſt weiß, und wird hier zu Lande allgemein als ein brennen - des Arzneymitel (Cauſticum) gebraucht, um Krankhei - ten zu heilen oder vorzubeugen. Der grobe iſt braun, und man braucht ihn ſtatt Zunder. Beyde Arten wer - den von gemeinem Beyfuß (Artemiſia vulgaris), naͤm - lich von dem Rauhen und Wolligen, womit die Blaͤtter beſetzt ſind, gemacht. Die Blaͤtter werden im Junius geſammelt, darauf getrocknet und bis zu weiterer Bear - beitung aufbewahret. Wenn man den Moxa bereiten will, werden ſie ſo lange geſtoßen, geklopft und gerieben, bis das Faſrige ſich abgeſondert hat, und man das Rau - he ganz rein bekommt. Es giebt verſchiedne Feldſcher, die ſich nur mit dieſem brennenden Mittel befaſſen, und ſorgfaͤltig ſtudiren, wenn, wie, an welchen Stellen des Koͤrpers, und gegen welche Krankheiten und Uebel daſ - ſelbe anzuwenden iſt. Es faͤngt ſehr leicht Feuer und brennt allmaͤhlig ab. Wenn daher ein kleiner Tuͤpfel davon irgendwo auf den Koͤrper gelegt, und angezuͤndet wird, brennt er eine ziemlich große und tiefe Wunde hin - ein, die einige Zeit hernach die dahin ziehenden Feuchtigkei - ten und Saͤfte heraus fließen laͤßt. Auf dem Ruͤcken wird dies ſo allgemein gebraͤuchliche Mittel am oͤfterſten appli - cirt, und ungeachtet es wenig Krankheiten giebt, gegen die man es nicht gebraucht, ſo thut es doch die beſte Wir -134Vierte Abtheilung. kung gegen Gicht und Erkaͤltungen. Kein Alter, kein Stand, kein Geſchlecht iſt von der Nothwendigkeit des Gebrauchs deſſelben ausgenommen.

Dieſer Theil unſrer Reiſe gab mir auch zu ver - ſchiednen in die Botanik einſchlagenden Bemerkungen Gelegenheit. Hier ſind einige davon. Die ſeeblumen - artige Zotenblume (Menyanthes nymphoides), das gan - ze Gewaͤchs mit Blaͤttern und Bluͤthe, macht man hier in Salzlake ein, und braucht es, wie eingemachte Gur - ken, als Salat. Aus Buchsbaum, der uͤberall im Lande waͤchſt, verfertigt man Kaͤmme, die lackirt und vom Frauenzimmer zum Zierrath im Haar getragen werden. Die Nelumbo-Pflanze (Nymphaea nelum - bo) waͤchſt an verſchiednen Oertern im Waſſer, und wird ihrer Schoͤnheit wegen als ein heiliges und den Goͤt - tern angenehmes Kraut angeſehen. Man ſieht auch wirklich die Goͤtter oft ſo abgebildet, daß ſie auf den gro - ßen Blaͤttern derſelben ſitzen. Das anisartige Illi - cium (Illicium aniſatum) wird hier durchgehends fuͤr ei - nen giftigen Baum ausgegeben. Man wollte ſich gar nicht uͤberzeugen, daß er denſelben aͤchten Sternanis (Aniſum ſtellatum) hervor bringe, den die Japaner jaͤhrlich von den Chineſern kaufen. Die Koͤrner werden indeſſen hier zu Lande nicht gut reif, haben auch keinen ſo ſtarken und angenehmen Gewuͤrzgeſchmack, als die, welche man gewoͤhnlich in unſern Apotheken findet. Den Baum ſelbſt ſchaͤtzt man hier uͤbrigens ſehr hoch, pflanzt ihn, beſonders bey den Tempeln, weil man glaubt, die Goͤtter lieben ihn ſehr, und Zweige davon ſtehen faſt alle - zeit mit andern Blumen in großen Blumentoͤpfen in den Tempeln. Aus der Frucht der gemeinen Melia oder Zederach (Melia azedarach) wird auf naͤmliche Art als135Ruͤckreiſe von Jedonach Dezima. aus dem Samen vom unaͤchten Firnißbaume (Rhus ſuc - cedanea) Oehl gepreßt, das wie Talg hart, und zu Licht gebraucht wird.

Den 15. Junius reiſeten wir weiter nach Fiogo. Hier ſchickten wir uns zu der bevor ſtehenden weiten See - reiſe an, und ſchifften uns auf das gewoͤhnliche große Fahrzeug ein, das uns nach Simonoſekibringen ſollte. Diesmahl ging die Fahrt gluͤcklich und geſchwind von ſtatten, und nach einigen Tagen kamen wir in dieſem Hafen wohlbehalten an.

Zu Fiogobekamen unſre Aufwaͤrter bey den Nori - mon fuͤr ihre Muͤhe von uns 1 Thaler 5 Mas, und zu FiamitsLoge die Wirthin, nach hergebrachter Ge - wohnheit, 7 Mas 5 Konderyn, nachdem ſie uns mit Sakki tractirt hatte.

An den jetzigen Sommerabenden genoſſen wir oft das Vergnuͤgen eines der ſchoͤnſten Anblicke in der ganzen Natur. Ich meine den hieſigen leuchtenden Kaͤfer (Lampyris Iaponica). Dies Inſect hat am Steiße zwey kleine Blaſen, die einen blaͤulichen, phosphoriſchen Schein, wie die Europaͤiſchen Scheinkaͤfer, von ſich ge - ben. Es unterſcheidet ſich aber von dem letzteren dadurch, daß es gefluͤgelt iſt und frey umher fliegt, dagegen dieſer keine Fluͤgel hat, und in den Wachholder-Straͤuchen ſtill liegt. Sie flogen zu Tauſenden herum, einige hoͤ - her, andre niedriger, und das Ganze ſtellte einen von unzaͤhligen funkelnden Sternen ſchimmernden Him - mel dar.

Ehe wir nach Nangaſakikamen, wurden unſre Koffer verſiegelt, damit ſie undurchſucht nach dem Pack - hauſe gebracht werden konnten. Wir ſelbſt aber, nebſt unſern Portchaiſen, und was wir ſonſt bey uns hatten,136Vierte Abtheilung. Ruͤckreiſe nach Dezima. wurde genau viſitirt. Ich hatte zwar eben nicht viel ver - bothne Sachen bey mir, wollte aber doch die ſeltnen Muͤnzen und Landkarten, die ich mir mit ſo vieler Muͤhe und Beſchwerden verſchafft hatte, ungern miſſen, auch nicht gern jemanden dadurch ungluͤcklich machen. Die Karten ſteckte ich daher unter andre Papiere, die dicken Muͤnzen beklebte ich rund umher mit Pflaſter, und die duͤnnen verwahrte ich in meinen Schuhen, und ſo kam ich gluͤcklich durch.

Den 30. Junius 1776 langten wir denn im be - ſten Wohlſeyn auf unſrer Factorey endlich wieder an. Wir ſchenkten jedem unſrer Aufwaͤrter 1 Thail 5 Mas, und wurden von unſern Freunden mit der lebhafteſten Freude empfangen. Die Reiſe hatte wider alle Ge - wohnheit ſehr lange gewaͤhrt, und man hatte uns zu De - zimaſchon eine geraume Zeit mit Sehnſucht erwartet.

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Fuͤnfte Abtheilung. Allgemeine Bemerkungen und Nach - richten, Japanund die Japaner betreffend.

Manches von dem, was ſich auf die natuͤrliche Be - ſchaffenheit dieſes Landes, auf Denkungsart, Lebens - weiſe, Sitten, Gewohnheiten und Einrichtungen der Einwohner, und auf die Japaniſche Sprache bezieht, iſt im Vorhergehenden bey Gelegenheit meiner Reiſe - bemerkungen bereits vorgekommen, worauf ich hier ver - weiſe. Das uͤbrige will ich jetzt nachhohlen, und um beſſerer Ordnung und Ueberſicht willen unter einige allge - meine Rubriken ordnen.

Erſter Abſchnitt. Von der natuͤrlichen Beſchaffenheit des Landes.

Japan liegt auf der Oſt-Seite von Aſien, iſt von dieſem Welttheile ganz und gar getrennt, und beſteht aus drey großen, und vielen kleinen Inſeln. Es erſtreckt ſich vom 30. bis zum 41. Grade noͤrdlicher Breite, und vom 143. bis zum 161. Grade der Laͤnge, nach dem Meridian von Teneriffagerechnet. Es liegt mithin ſo viel oͤſtlicher als Stockholm, daß man dort Sonnen Aufgang und Mittag acht Stunden fruͤher als hier hat.

138Fuͤnfte Abtheilung. Erſter Abſchnitt.

Die meiſten Europaͤer nennen dies Land Japanoder Japon. Die Einwohner ſelbſt nennen es Niponoder Nifon. Die Chineſer Sipponoder Jepuen.

Die Japaniſchen Inſelnſind in aͤltern Zeiten nicht ganz unbekannt geweſen. Man glaubt, Japanſey das Land, wovon Marcus Paulus Venetusvon den Chi - neſern unter dem Nahmen Zipangroreden hoͤrte. Un - ter den Europaͤiſchen Nationen ſind die Portugieſen die erſten, die es entdeckt und da gelandet haben. Anton de Mota, Franz Zeimotound Anton Peixotawurden auf einem großen Chineſiſchen Fahrzeuge, das von Siamnach Chinagehen ſollte, durch Sturm an die Kuͤſten dieſes Landes geworfen. Nach ihrer Zuruͤckkunft nach Chinaund erhaltner Nachricht von dieſem Vorfalle wur - den nachher andre Portugieſen, nebſt Miſſionarien dahin geſchickt. In welchem Jahre jene Entdeckung gemacht ſey, iſt nicht voͤllig ausgemacht. Einige behaupten, im Jahr 1535, andre 1542, andre 1548, andre noch ſpaͤter.

Das ganze Land beſteht faſt aus nichts anderm, als Bergen und Thaͤlern. Große Ebnen bekommt man ſelten zu ſehen. Die Kuͤſten ſind rund umher mit Ber - gen und Klippen, und einem unruhigen, ſtuͤrmiſchen Meere umgeben. Die meiſten Haͤfen ſind den Euro - paͤern ganz unbekannt, und die wenigen bekannten ent - weder mit einer Menge Klippen angefuͤllt, oder ſeicht und voll Sand, ſo daß die Einfahrt ſehr gefaͤhrlich iſt.

Die Berge ſind von ſehr verſchiedner Hoͤhe. Ei - nige hangen in Gebirgsreihen zuſammen, andre liegen einzeln und zerſtreut. Etliche ſind auch Vulkane. Ein großer Theil von ihnen iſt mit Wald bewachſen. Andre, die nicht eine allzu ſteile Lage haben, ſind in Abſaͤtzen, einem uͤber dem andern, nicht ſelten bis oben auf dem Gipfel angebaut. Der Fuſiiſt einer der hoͤchſten.

139Von der natuͤrl. Beſchaffenheit von Japan.

Das Erdreich iſt in Thaͤlern und ebnen Gegenden verſchieden. Meiſtens beſteht es aber aus Lehm oder Sand, oder einem Gemiſche von beyden. Im allge - meinen kann man zwar mit Recht behaupten, daß der Boden ſehr unfruchtbar iſt; allein durch Arbeit, Dung, Waͤrme und hinlaͤnglichen Regen wird er in hohem Gra - de fruchtbar gemacht.

Erdbeben verſpuͤrt man in Japannicht ſelten. Waͤhrend unſers Aufenthalts zu Jedozeigte ſich derglei - chen verſchiednemahl, wiewohl ſehr gelinde.

Die Hitze iſt im Sommer ſehr ſtark, und wuͤrde unertraͤglich ſeyn, wenn die Seewinde ſie nicht milder - ten. Eben ſo iſt auch die Kaͤlte des Winters ſehr ſtreng, wenn Nord-Wind und Nord-Oſt-Wind wehet. Man fuͤhlt ſie indeſſen allezeit ſtaͤrker, als ſie nach der Anzeige des Thermometers wirklich iſt; denn der heftige kalte Wind ſchneidet wie Pfeile von Eis durch den Koͤrper.

Die Witterung iſt das ganze Jahr hindurch ſehr unbeſtaͤndig. Regen faͤllt im Ueberfluſſe. Es regnet faſt das ganze Jahr, beſonders aber in den ſo genannten Regenmonathen (Satſuki), die mitten im Sommer einfal - len. Gerade dieſer Ueberfluß von Regen aber iſt die Ur - ſache der Fruchtbarkeit, und der davon herruͤhrenden ſtarken Volksmenge. Gewitter ſind nicht ſelten; Stuͤr - me und Orkane ſehr haͤufig.

Ich ſtellte waͤhrend meines Aufenthalts in Japanſorgfaͤltige thermometriſche Beobachtungen an. Da der - gleichen meines Wiſſens bisher niemand bekannt gemacht hat, und ſie das Klima dieſes Landes genau kennen leh - ren, glaube ich, die Mittheilung derſelben werde demjeni - gen Theile meiner Leſer, welchen es um eine genaue Kenntniß des Landes zu thun iſt, nicht unangenehm ſeyn. Sie ſind groͤßtentheils auf der Inſel Dezimabey Nanga -140Fuͤnfte Abtheilung. Erſter Abſchnitt. ſaki, welches die ſuͤdlichſte Stadt iſt; einige aber auch auf der Reiſe und zu Jedogemacht: ich werde dieſen Unter - ſchied in der Tabelle bemerken. Das dabey gebrauch - te Thermometer iſt ein in 112 Grade eingetheiltes und den Gefrier-Punct beym 32. Grade anzeigendes Fah - renheitiſches, mit doppeltem Glas und Queckſilber, das bey der geringſten Veraͤnderung ſeinen Stand veraͤndert. Ich hatte es allezeit draußen vor dem Fenſter meines Zimmers an der Mauer, und zwar auf der Nord-Seite, in freyer Luft haͤngen. Zu Nangaſakiwar die groͤßte Hitze im Auguſt 98, und die ſtaͤrkſte Kaͤlte im Januar des Abends 35 Grad. Die Kaͤlte trat, wie alle bezeugten, dies Jahr ſpaͤter, als andre Jahre, ein, und hielt auch kuͤrzere Zeit an. Wir heitzten daher auch unſre Zimmer ſpaͤter als gewoͤhnlich.

Ein Barometer hatte ich nicht, konnte alſo damit auch keine Obſervationen anſtellen. Im allgemeinen merkte ich aber doch folgendes an. Oſt -, Nord -, und Nord-Oſt-Wind, welche hier Landwinde ſind, ſind ſehr kalt. Suͤd -, Weſt -, und Suͤd-Weſt-Wind, die von der See herkommen, ſind allezeit waͤrmer, und ſo bald es regnet, iſt die Witterung milder. Im Sommer wehet zu Nangaſakifaſt jeden Nachmittag Suͤd-Wind, welcher erfriſchend iſt; des Nachts und Morgens hingegen Oſt - Wind. Wenn des Abends Nebel aufſteigt, und Wol - ken ſich ſammeln, ſo faͤllt die Nacht darauf gemeiniglich Regen; ſteigt aber der Nebel des Morgens auf, ſo wird am Tage ſchoͤnes Wetter. Wenn im Winter die Luft in Oſten und Suͤden truͤbe iſt, ſo folgt gewoͤhnlich Re - gen mit ſtarkem Wind und Sturm; aber wenn es in Weſten und Norden aufklaͤrt, wird ſchoͤnes Wetter. Im December und Januar zeigte ſich ein Paar Mahl in der Luft feiner Schnee, der auf Dezimaeher ſchmolz,141Von der natuͤrl. Beſchaffenheit von Japan. als er zur Erde kam. Sonſt faͤllt manchen Winter viel Schnee, der einige Zeit liegen bleibt. Blitz, Donner und Gewitterregen hat man bisweilen im Junius und Julius, meiſt aber im Auguſt und September, ſo wohl des Abends, als ganze Naͤchte hindurch.

Hier iſt die ganze Folge meiner Beobachtungen.

142Fuͤnfte Abtheilung. Erſter Abſchnitt.
143Von der natuͤrl. Beſchaffenheit von Japan.
144Fuͤnfte Abtheilung. Erſter Abſchnitt.
Tag.145Von der natuͤrl. Beſchaffenheit von Japan.
Thunbergs Reiſe. 2. Bandes 1. Theil. K146Fuͤnfte Abtheilung. Erſter Abſchnitt.
147Von der natuͤrl. Beſchaffenheit von Japan.
K 2148Fuͤnfte Abtheilung. Erſter Abſchnitt.
149Von der natuͤrl. Beſchaffenheit von Japan.
150Fuͤnfte Abtheilung. Erſter Abſchnitt.
151Von der natuͤrl. Beſchaffenheit von Japan.
152Fuͤnfte Abtheilung. Erſter Abſchnitt.

An merkwuͤrdigen Naturalien hat Japankeinen Mangel. Verſchiedner Baͤume, Kraͤuter und andrer Gewaͤchſe; einiger Fiſche und andrer Thiere, wie auch des Kupfers, habe ich oben in der Beſchreibung meiner Reiſe bey vorkommenden Gelegenheiten erwaͤhnt. Jetzt will ich, außer einigen andern Naturalien, die hauptſaͤch - lichſten Mineralien mit ihren Japaniſchen Nahmen an - fuͤhren. Dieſe und noch mehrere brachten mir die Japa - ner zu Jedo. Golderz von Simar, Japaniſch Kin nab. Asbeſt, eine unreife Art: Iſiwatta, Kupferkies von153von der natuͤrl. Beſchaffenheit von Japan. Simotſkeaus dem Berge Aſjo: Aſjo jamma. Aus Chi - nahieher gebrachtes Kupfererz: Simoo Seki; es ent - haͤlt Schwefel in Menge, und das daraus gebrannte Pulver wird gegen den Huſten gebraucht. Weiße, viel - leicht feuerfeſte, Porcellainerde: Fak Sekiſi. (Dieſe nebſt vielen andern Mineralien vom Cap, auch Bezoar, und verſchiedne Edelſteine, habe ich hernach Herrn Pro - feſſor Bergmanngeſchickt, und ſie werden im Cabinett der Univerſitaͤt zu Upſalaaufbewahrt). Weißer, wei - cher und feinfaſriger Asbeſt, Sekima, der geſponnen und woraus Zeug gewebt wird. Rother Arſenik, Owoo oder Kyquan Seki. Gelber Schneckenſand: Awa, Sna. Fleiſchfarbner, ſehr ſchoͤner Speckſtein: Saku - ſekis oder Iſuwatta. Bimsſtein: Karuiſi. Spathar - tiger Tropfſtein: Tſurara iſi. Pulveriſirter Zinnober: Sju. Runder Quarzſtein: Tſugaro iſi von Tſugara, woher er kommt, genannt. Weißer Marmor: Nikko iſi oder Nikkoroſik. Bleyglanz mit Kupferkies: Sei no Megin. Feines Bergoͤhl von Sinam: Keſoſo no Abra. Salpeter: Siro Jinſo. Aus der Erde beym warmen Bade zu Booſagekochtes Brunnenſalz (Sal fontanum). Verſteinerungen von Blaͤttern (Phytolithus lithophyl - lum) vom Berge Fakonie: Konofa iſi. Verſteinerun - gen von Roͤhrenkorallen (Tubiporus): Luukuv Sango - du. Verſteinerter Meerſchwamm (Spongia): Uniwatta. Aeſtige Hornkorallen (Gorgonia ramoſa): Umemats. Rothe Korallen (Corallia rubra) von Kamaku: San - godin; eben dergleichen von Sangami: Sangoſju. Ei - ne dicke rothe Punctkoralle (Millepora) von der Inſel Sjoſuſimain der Provinz Sannoki: Djukuts. Fol - gende Conchylien: die Falte (Anomia plicatella): Seki Jen; der Papiernautilus (Argonauta Argo): Tako ſu - ne aus Jotſijo; der Schlangenkopf (Cypraea Mauritani -154Fuͤnfte Abtheilung. Zweyter Abſchnitt. ca): Kino kui. Von Inſecten: ein eigene Art Sandlaͤu - fer (Cicindela Iaponica), von Oſi: Hammao; der Erdviel - fuß (Iulus terreſtris): Jaſude; der Kellerwurm (Oni - ſcus aſellus): Saori koſi, welches ſo viel heißt, als Hausungeziefer; die Seeaſſel (Oniſcus Oceanicus): Funa muſi, daß heißt Seeungeziefer: Ferner ein See - pferdchen (Hippocampus): Kaij ba. Der Achtfuß, eine Art Blackfiſch (Sepia octapodia); er wird haͤufig gefangen, getrocknet, und allgemein gegeſſen, er heißt Ika. Eine Gattung Fiſche, mit rothen Floßfedern, aus den Baͤchen im Gebirge Fakonie; man nennt ihn Ja - mamo; pulveriſirt ſoll er bey Bruſtkrankheiten des weib - lichen Geſchlechts gute Dienſte thun. Die Winterhalb - ente (Anas querquedula): Kama. Rogen von einem gewiſſen großen Fiſche, der geſalzen, platt gepreßt und getrocknet, zum Reißbrey gegeſſen wird: Karaſumo. Verſchiedne Gattungen Seitenſchwimmer oder Flundern (Pleuronectes): Kali, Makotje, Niga kotje und Iſaka kotje.

Zweyter Abſchnitt. Beſchaffenheit und Charakter der Japaner.

Die Japaner ſind gut gewachſen, geſchmeidig und be - hende, und haben ſtarke Gliedmaßen, wiewohl ſie den noͤrdlichen Einwohnern Europa’san Staͤrke nicht gleich kommen. Die Mannsperſonen ſind nicht ſehr groß, auch nicht ſehr klein, gewoͤhnlich auch nicht fett und dick; nur ſelten ſah ich einen, der etwas Fett hatte. Die Farbe der Japaner iſt durchgaͤngig gelblich, doch ſo, daß ſie bey einigen ins Braune, bey einigen ins Weiße faͤllt. 155Beſchaffenheit u. Charakter der Japaner. Geringe Leute, die des Sommers bey ihrer Arbeit mit dem obern Theile des Koͤrpers nackt gehen, werden von der Sonne gebrannt und dadurch braun. Das vorneh - me Frauenzimmer aber, welches ſelten in die freye Luft geht, ohne bedeckt zu ſeyn, iſt voͤllig weiß. Die Augen unterſcheiden dies Volk[,]eben ſo wie die Chineſer, von allen andern Voͤlkern, und man kann ſie ſo gleich daran kennen. Sie haben nicht die Ruͤnde, wie bey andern Nationen, ſondern ſind laͤnglich ſchmal, liegen tiefer und haben immer gleichſam etwas liebaͤugelndes, ſehen uͤbri - gens dunkelbraun oder vielmehr ſchwarz aus. Das Augen - lied bildet mit dem großen Augenwinkel eine tiefe Furche; dies giebt ihnen das Anſehen von Scharfſichtigkeit, und iſt hauptſaͤchlich das, was ſie, wie ich eben geſagt habe, auf eine ſo merkliche Art auszeichnet. Die Augen - braunen ſitzen auch etwas hoͤher, als bey andern Men - ſchen. Der Kopf iſt bey den meiſten groß; der Hals kurz; das Haar ſchwarz, dick und von Oehl glaͤnzend; die Naſe zwar nicht platt, aber doch etwas dick und kurz.

Die Schilderung des Charakters der Nation ent - haͤlt im allgemeinen folgende Zuͤge: verſtaͤndig und vor - ſichtig, frey, gehorſam und hoͤflich, neugierig, fleißig und in Handarbeit geſchickt, ſparſam und nuͤchtern, rein - lich, gut geſinnt und freundſchaftlich, aufrichtig und ge - recht, ehrlich und treu, argwoͤhniſch, aberglaͤubig, hoch - muͤthig und ſtolz, unverſoͤhnlich, tapfer und unuͤber - windlich.

Verſtand und geſetztes Weſen zeigen die Japaner bey allem, was ſie thun. In Kenntniſſen, Einſicht, Cultur und Aufklaͤrung haben ſie es ſo weit gebracht, als es ohne Gelehrſamkeit, Wiſſenſchaften und ſchoͤne Kuͤnſte, deren Strahlen freylich noch nicht bis zu dieſem Volke156Fuͤnfte Abtheilung. Zweyter Abſchnitt. hingedrungen ſind, moͤglich iſt. Zu den aufgeklaͤrteſten Nationen kann man ſie freylich nicht rechnen. Aber wenn man ſie den ſo genannten wilden Nationen beyzaͤh - len wollte, ſo wuͤrde man ihnen großes Unrecht thun. Vielmehr verdienen ſie unter den geſittetſten einen Platz. Ihre jetzige Regierungsform, die Einrichtung und Art ihres Handels mit den Auslaͤndern, ihre Kuͤnſte und Handwerke, ihr Ueberfluß an allem Nothwendigen, und ſo manches andre, ſind unwiderſprechliche Beweiſe ihres Verſtandes, ihrer Klugheit, und ihrer ernſthaften und reellen Denkungsart. Nie findet man unter ihnen eine Spur von der kindiſchen Eitelkeit und albernen Putzluſt, die man bey andern Aſiatiſchen und Afrikaniſchen Voͤl - kern ſo haͤufig antrifft, welche ſich mit Muſcheln, Glas - korallen, blanken Metallblaͤttchen, und dergleichen ſchmuͤcken. Eben ſo wenig aber kennen ſie den unnuͤtzen und nur glaͤnzenden Schmuck und Prunk der Europaͤer mit Gold, Silber, Juwelen und was mehr dahin ge - hoͤrt. Auch ahmen ſie in keinem Stuͤcke auslaͤndiſchen Luxus nach, ſondern machen aus einheimiſchen Produ - cten huͤbſche Kleider, wohlſchmeckende Gerichte und vor - treffliche Waffen.

Freyheit iſt das Leben der Japaner; keine ſolche, die in Ungebundenheit, Muthwillen und Eigengewalt uͤbergeht, ſondern die durch Geſetze auf die gehoͤrige Art eingeſchraͤnkt iſt. Viele glauben zwar, der gemeine Mann in Japanſey nichts anders, als Sklave einer de - ſpotiſchen Regierung, weil die Geſetze ſehr ſtreng ſind. Aber ein Knecht, der ſich auf ein Jahr bey einem Herrn vermiethet, iſt darum kein Sklave und ein Soldat, der auf gewiſſe, oft viele Jahre, gemiethet und viel ſchaͤrfer gehalten wird, iſt ebenfalls darum kein Sklave, ob er gleich den ſtrengſten Befehlen ſeiner Vorgeſetzten157Beſchaffenheit u. Charakter der Japaner. gehorchen muß. Die Japaner haſſen und verabſcheuen den unmenſchlichen Sklavenhandel der Hollaͤnder und die unbillige Behandlung ihrer Sklaven. Die Freyheit und Rechte nicht nur der Vornehmen, ſondern auch der Nie - dern werden durch die Geſetze geſchuͤtzt, und die außeror - dentliche Strenge und unfehlbare Ausuͤbung der Geſetze haͤlt jeden in den gebuͤhrenden Schranken. In Ruͤckſicht auf Auslaͤnder iſt keine Nation in ganz Indien, die ſo eiferſuͤchtig uͤber ihre Freyheit wacht, als dieſe. Auch iſt keine ſo frey von Beeintraͤchtigung, Betruͤgerey, Zwang und Gewaltthaͤtigkeit andrer Voͤlker. Die in dieſem Betracht genommenen Maaßregeln haben auf den Erd - boden nicht ihres gleichen. Denn ſeitdem allen Einwoh - nern ohne Unterſchied bey Lebensſtrafe verbothen iſt, aus dem Reiche zu gehen, iſt kein Japaner im Stande hinaus zu kommen. Eben ſo wenig iſt irgend einem Fremden er - laubt, ins Land herein zu kommen, außer einigen wenigen Hollaͤndern und Chineſern, die, wie die Leſer bereits wiſſen, gleichſam in einem Civil-Arreſt gehalten werden. Die Vornehmen und Reichen haben eine große und zahlreiche Bedienung. Sonſt hat faſt ein jeder jemanden zur Be - dienung und Aufwartung im Hauſe, der, wenn der Herr ausgeht, mitgehen, und Mantel, Schuhe, Regenſchirm, Laterne und dergleichen tragen muß.

An Hoͤflichkeit und Unterthaͤnigkeit haben die Ja - panerwenige ihres Gleichen. Gehorſam und Unterwuͤr - figkeit gegen Aeltern und Obrigkeit werden den Kindern ſchon in den erſten Jahren eingepraͤgt, und die Alten in jedem Stande gehen ihnen hierin mit dem beſten Beyſpie - le ſtets vor. Daher kommts auch, daß die Kinder hier ſelten geſcholten oder mit koͤrperlichen Zuͤchtigungen be - ſtraft werden. Die Geringeren erweiſen den Vorneh - meren und ihren Vorgeſetzten tiefe und feyerliche Verbeu -158Fuͤnfte Abtheilung. Zweyter Abſchnitt. gungen, und gehorchen blindlings und ohne Vorbehalt. Ihres gleichen gruͤßen ſie allezeit, ſo wohl wenn ſie ein - ander begegnen, als auch beym Weggehen, ſehr hoͤflich. Gewoͤhnlich buͤcken ſie ſich mit dem ganzen Koͤrper ſo, daß der Kopf ſich vorwaͤrts ſenkt, und legen die Haͤnde ent - weder gegen die Knie, oder unterhalb der Knie an den Beinen hinunter, ja wohl gar bis auf den Fuß hinab, je nachdem mehr oder weniger tiefe Ehrerbiethung bewieſen werden muß. Je tiefer dieſe ſeyn muß, deſto mehr wird auch der Kopf zur Erde gebogen. Wenn jemand ſie an - redet, oder ſie jemanden etwas hingeben oder uͤberreichen, geſchieht es allezeit mit einer ſolchen Verbeugung. Be - gegnet ein Geringerer einem Vornehmeren auf der Stra - ße, ſo bleibt er in jener Stellung ſo lange ſtehen, bis dieſer vorbey iſt. Begegnen zwey, die ſich gleich ſind, einander, ſo ſtehen beyde ſtill und machen ebenfalls das oben beſchriebne Compliment, und gehen darauf einan - der ein wenig in krummer Stellung vorbey. Wenn ſie in ein Haus kommen, ſo fallen ſie auf die Knie und buͤ - cken ſich, mehr oder weniger tief, mit dem Kopfe; und ehe ſie aufſtehen um wegzugehen, machen ſie wieder die - ſelbe Verbeugung. Bey aller ihrer Hoͤflichkeit ha - ben die Japaner aber doch die unartige Gewohnheit, in jedermanns Gegenwart ohne Zuruͤckhaltung, ſo oft es ih - nen ankommt, aus dem Magen aufzuſtoßen und zu ruͤlpſen; dies wird bey ihnen, die ſonſt in ihrem Betra - gen ſo geſittet, als irgend ein cultivirtes Volk, ſind, fuͤr gar nichts unanſtaͤndiges gehalten.

Die Neugier geht bey den Japanern ſehr weit. Was die Europaͤer mitbringen und bey ſich haben, beſe - hen ſie ſo genau, als moͤglich iſt. Sie erkundigen ſich nach allem, und werden durch ihre Fragen ſehr laͤſtig. Bey den Audienzen koͤnnen ſie ſich an den Hollaͤndern159Beſchaffenheit u. Charakter der Japaner. nicht ſatt ſehen: ſie beſehen ſie unablaͤſſig vom Kopf bis zu den Fuͤßen, und alles was ſie an ſich haben, Hut, Degen, Kleidung, Knoͤpfe, Treſſen, Uhr, Stock, Ringe und ſo weiter; ſie bitten ſie, in ihrer Gegenwart zu ſchreiben, weil ſie ihre Buchſtaben, und ihre ganze Art zu ſchreiben zu ſehen wuͤnſchen. Eben ſo wißbegie - rig ſind auch in Anſehung deſſen, was ſich auf die Wiſ - ſenſchaften bezieht, die Gelehrten unter ihnen. Und da ſehen ſie denn den Leibarzt der Geſandtſchaft als den ein - zigen Gelehrten unter den ſich hier aufhaltenden Hollaͤn - dern, und als das Orakel an, das ihnen uͤber alles, was ſie wiſſen wollen, Erlaͤuterung geben kann. Dieſer wird denn auch nicht nur auf der Inſel Dezima, ſondern auch auf der Hofreiſe und zu Jedo, von ihnen mit Fra - gen ſtets gequaͤlt. Hauptſaͤchlich betreffen ihre Fragen Gegenſtaͤnde aus der Matheſis, Geographie, Phyſik, Pharmacie, Zoologie, Botanik und Medicin.

Die Japaner haben viel natuͤrliche Geſchicklichkeit, alle Arten Handarbeit leicht zu lernen, und ſehr gut zu machen; auch ſind ſie darin ſehr erfinderiſch. An In - duͤſtrie, Fleiß und Arbeitſamkeit uͤbertreffen ſie die mei - ſten andern Voͤlker. Sie ſchraͤnken ſich aber auf das Noͤthige und Nuͤtzliche ein. Ihre Kupfer - und Metall - arbeit iſt ſchoͤn. Was ſie von Holz verfertigen, iſt ſau - ber und dauerhaft. Ihre vorzuͤglich gut gehaͤrteten Saͤ - belklingen, und ihre ſchoͤne lackirte Arbeit thun es allem zuvor, was man in andern Laͤndern von dergleichen bis - her hat zum Vorſchein bringen koͤnnen. Wie viel Sorg - falt, Muͤhe und Fleiß der Landmann und Bauer auf die moͤglichſte Cultur und Bearbeitung ſeines Feldes wen - det, wie erfinderiſch und unverdroſſen er in dieſen Stuͤ - cken iſt, kann ſchlechterdings niemand glauben oder ſich vorſtellen, als wer es ſelbſt ſieht.

160Fuͤnfte Abtheilung. Zweyter Abſchnitt.

Sparſamkeit und Haͤuslichkeit haben in dieſem Lande gleichſam ihren Wohnſitz. Sie iſt die allgemein geſchaͤtzte Tugend, nicht nur am Hofe und in den Pal - laͤſten der Großen, ſondern auch in der niedrigſten Huͤtte. Sie macht denn auch, daß der Aermere mit ſei - ner wenigen Habe zufrieden iſt, und der Reiche ſeinen Ueberfluß nicht in Unmaͤßigkeit und Wolluſt verſchwen - det. Sie macht aber auch eben dadurch, daß man, was in andern Laͤndern Theurung und Hungersnoth heißt, gar nicht kennt, und daß in dieſem ſo großen und volk - reichen Lande aͤußerſt ſelten ein Nothleidender oder ein Bettler angetroffen wird. Im allgemeinen ſind die Ja - panerweder geitzig noch habſuͤchtig. Vor Freſſen und Saufen haben ſie Abſcheu. So wie ſie das Land nicht zum Tobak und andern unnuͤtzen Gewaͤchſen verſchwenden, verbrauchen ſie auch ihr Getreide nicht durch ſo genannte Veredlung zu ſtarken Getraͤnken.

Reinlich und ſauber ſind die Japaner in hohem Grade. Sie beobachten dieſe Tugend nicht nur in Ruͤck - ſicht auf ihren Koͤrper, ſondern auch in ihren Haͤuſern, in ihrer Kleidung, in ihren Geraͤthen, im Eſſen und Trinken und allen uͤbrigen Stuͤcken. Sie waſchen und baden ſich nicht etwa einmahl in der Woche, ſondern je - den Tag; und zwar bedienen ſie ſich dazu warmer Baͤ - der, die taͤglich in jedem Hauſe, und auch fuͤr wenig Geld in allen Wirthshaͤuſern fuͤr die Reiſenden bereitet werden.

Von der guten Gemuͤths-Beſchaffenheit und der freundſchaftlichen Denkungsart der Japaner habe ich ſelbſt oft mit Bewunderung ſehr viele Beweiſe erfahren. Ich konnte dergleichen um ſo viel weniger erwarten, da ſie immer mehr Urſache haben, die hier handelnden Eu - ropaͤer, ihres ſchlechten Betragens und ihrer feinen Be -truͤ -161Beſchaffenheit u. Charakter der Japaner. truͤgereyen wegen, aufs moͤglichſte zu verachten, zu haſ - ſen, und gegen ſie vorſichtig zu ſeyn. Der Japaner iſt zwar ſtolz, aber gut; mit Sanftmuth und Freundlich - keit laͤßt er ſich lenken und bewegen; Drohungen aber und Trotz wirken auf ihn nicht.

Die Gerechtigkeit wird im ganzen Lande ſehr heilig gehalten. Der Monarch beeintraͤchtiget keinen ſeiner Nachbaren. Man hat in der ganzen Geſchichte weder aͤlterer noch neuerer Zeiten kein Beyſpiel, daß je ein Ja - paniſcher Regent ein fremdes Land angegriffen, oder Luſt ſein Reich zu erweitern gezeigt haͤtte. Zwar ſind die Jahr - buͤcher der Japaner voll von Heldenthaten, aber nur zur Vertheidigung des Vaterlandes gegen auswaͤrtige Gewalt, oder gegen Aufruhr in ſeinen eignen Grenzen. Daß Laͤnder erobern etwas Großes, und Thaten in Kriegen, die um zu erobern gefuͤhrt werden, etwas Ruͤhmliches ſeyen, davon haben ſie keinen Begriff. Sie bleiben in dieſem, ſo wie in allen andern Stuͤcken bey der Denkungsart ih - rer Vorfahren, und nehmen auch jene Sitte von andern Voͤlkern nicht an. Moͤchten doch die Beherrſcher unſers Europaſich von ihnen nicht laͤnger beſchaͤmen laſſen! Sie haben aber auch nie von ihrem Lande ſich etwas weg - nehmen laſſen, und wuͤrden es auch jetzt nicht thun. Eben ſo herrſcht Gerechtigkeit in allen ihren Gerichten. Alle Rechtsſachen werden ſehr bald, ohne Weitlaͤuftig - keit und ohne Intrigue abgemacht. Der Verbrecher fin - det nirgends Zuflucht. Die Perſon wird nicht angeſehen. Begnadigung zu hoffen wagt niemand. Aber auch ge - gen die Europaͤer beobachten ſie Gerechtigkeit. Ihre Tractaten, Vergleiche und Verbindungen mit ihnen, he - ben ſie nicht auf, gehen nicht ein Haar breit davon ab, aͤndern keinen Buchſtaben daran, wofern nicht die Euro - paͤer ſelbſt Anlaß und Urſache dazu geben.

Thunbergs Reiſe. 2. Bandes 1. Theil. L162Fuͤnfte Abtheilung. Zweyter Abſchnitt.

Eben ſo allgemein trifft man Redlichkeit und Treue an. So wenig als in dieſem Lande wird wohl in keinem andern Diebſtahl begangen; man hoͤrt kaum davon. Raͤuberey iſt vollends etwas ganz unbekanntes. Die Europaͤer ſind auf ihrer Reiſe durch das Land ſo ſicher, daß ſie auf die Sachen, welche ſie bey ſich haben, faſt gar nicht Acht geben. Indeſſen muß ich doch ſagen, daß die geringen Leute, wenigſtens auf der Factorey, es fuͤr keine Suͤnde halten, den Hollaͤndern Kleinigkeiten, be - ſonders an Zucker und Kupfer, indem dieſe Waaren von und nach der Schiffsbruͤcke gebracht werden, weg - zumauſen.

Argwoͤhniſch ſind die Japaner ſehr. Es iſt aber wahrſcheinlich, daß ſie es nicht zu allen Zeiten in ſolchem Grade geweſen ſind. Vermuthlich haben die vorigen in - nerlichen Unruhen und Kriege, noch mehr aber die Be - truͤgereyen der Europaͤer dieſe Unart, die jetzt, wenigſtens im Handel und Wandel mit den Hollaͤndern und Chi - neſern ohne Grenzen iſt, bey ihnen hervor gebracht und vergroͤßert.

Auch Aberglaube herrſcht unter dieſem Volke ſo all - gemein und in ſo hohem Grade, als vielleicht unter kei - nem andern. Dies ruͤhrt von ihrer Unwiſſenheit in den meiſten Wiſſenſchaften, und von den verkehrten und un - gereimten Begriffen und Grundſaͤtzen her, die ihre Reli - gion und ihre unwiſſenden Prieſter ihnen einpraͤgen. Be - weiſe des Aberglaubens geben ſie in reichem Maaße an ihren Feſten, bey ihrem Gottesdienſte, bey ihren Ge - luͤbden, beym Gebrauche ihrer Arzneymittel, bey der Wahl gluͤcklicher und der Vermeidung ungluͤcklicher Ta - ge, und dergleichen mehr.

Stolz und hoher Duͤnkel iſt ein Hauptfehler dieſer Nation. Sie glauben eben den heiligen Urſprung von163Beſchaffenheit u. Charakter der Japaner. den Goͤttern, Himmel, Sonne und Mond zu haben, den ſich mehrere Aſiatiſche Voͤlker zueignen. Kein Wunder, wenn ſie waͤhnen, etwas mehr als andre Menſchen zu ſeyn, und wenn ſie beſonders die Europaͤer ſehr geringe achten. Ertruͤge ein Japaner auch jede an - dere Beleidigung, ſo wuͤrde er doch Stolz an andern nicht ertragen koͤnnen. Stolz und Hochmuth waren es, wel - che die Portugieſen aus dem Lande verjagten, und ſie ſind es auch, welche dem Hollaͤndiſchen Handel hier mit der Zeit vielleicht ein Ende machen werden.

Daß das Japaniſche Volk nie, auch nicht ein - mahl in den aͤlteſten Zeiten, von irgend einer auswaͤrti - gen Macht beſiegt oder unterjocht geweſen iſt, weiß man. Aber in ihren Geſchichtbuͤchern lieſet man auch von ihrer Tapferkeit und ihrem unbeſiegbaren Muth ſolche Erzaͤh - lungen, die man weit eher fuͤr Fabeln, als fuͤr wirkli - che Thatſachen zu halten Urſache haͤtte, wenn man nicht in ſpaͤteren Jahrhunderten redende Beweiſe davon haͤtte. Als die Tataren zum erſten Mahl, im Jahr 799, mit einem unzaͤhlbaren Heere einen Theil von Japanuͤber - ſchwemmt hatten, und die Japaniſche Flotte durch einen heftigen Sturm verungluͤckt und in einer einzigen Nacht ganz ruinirt war, brach am folgenden Tage der Feldherr der Japaner auf, griff die zahlloſe und muthige Armee der Feinde an, und richtete ſie ſo ganz zu Grunde, daß auch nicht ein Mann am Leben blieb, der haͤtte zuruͤck gehen und von einer ſo unerhoͤrten Niederlage die Nach - richt uͤberbringen koͤnnen. Eben ſo groß und eben ſo eh - renvoll war der Sieg der Japaner im Jahr 1281, als ſie von den Tataren, die 240,000 Mann ſtark waren, zum andern Mahl angegriffen wurden. Die Vertreibung der Portugieſen und die zugleich geſchehene Ausrottung der chriſtlichen Religion im Anfange des ſiebzehnten JahrL 2164Fuͤnfte Abtheilung. Zweyter Abſchnitt. hunderts haben ſie ſo vollkommen bewerkſtelliget, daß man heutiges Tages kaum eine Spur ihres ehemahligen Daſeyns findet. Der Krieg mit ihnen, und die Verhee - rung wurden vierzig Jahr lang fortgeſetzt. Mehrere Millionen Menſchen wurden in dieſer Zeit aufgeopfert; allein bey der letzten Belagerung verlohren 37000 das Le - ben. Dieſe Siege ſind gleichwohl nicht die einzigen, welche der Japaner Muth und Tapferkeit verbuͤrgen. Folgendes Beyſpiel iſt noch auffallender. Im Jahr 1630 kam ein kleines Japaniſches Fahrzeug nach For - moſa, um da Handel zu treiben. Die Inſel gehoͤrte damahls der Hollaͤndiſchen Compagnie. Der Gouver - neur Peter Nuytzbehandelte die mit dem Schiffe ange - kommenen Japaniſchen Kaufleute ſehr uͤbel. Nach ihrer Zuhauſekunft beklagten dieſe ſich bey dem Fuͤrſten ihrer Landſchaft, uͤber die nicht nur ihnen, ſondern auch ihm ſelbſt, dadurch widerfahrne Beleidigung und Beſchim - pfung. Der Fuͤrſt wurde zwar hieruͤber deſto mehr auf - gebracht, da es verachtete Fremde waren, die derglei - chen ausgeuͤbt hatten, glaubte ſich aber nicht im Stande ſich zu raͤchen. Seine Leibwache redete ihn darauf alſo an: Wir halten uns nicht fuͤr wuͤrdig, deine Perſon laͤn - ger zu bewachen, wofern wir nicht Erlaubniß bekom - men, deine Ehre wieder herzuſtellen. Nichts als das Blut der Frevler kann dieſen Schandfleck wegwaſchen. Befiehl nur, und wir wollen dem Boͤſewicht den Kopf abhauen, oder ihn lebendig hieher bringen, damit er nach deinem Gutbefinden und ſeinem Verdienſte beſtraft wer - de. Unſrer ſieben ſind genug. Weder die Gefahr der See, noch die Staͤrke der Citadelle, noch die Anzahl ſeiner Wache ſoll ihn vor unſerm Zorne ſichern. Der Fuͤrſt willigte ein. Sie entwarfen einen klugen Plan, zogen ab und kamen auf Formoſaan. Hier bathen ſie165Beſchaffenheit u. Charakter der Japaner. um Vortritt beym Statthalter. Kaum waren ſie in ſei - nem Zimmer, als ſie alle zugleich die Saͤbel zogen, ihn gefangen nahmen und unverzuͤglich nach ihrem Schiffe brachten. Dies geſchah am hellen Tage, im Angeſicht der Wache und aller Leute im Pallaſte, ohne daß jemand es wagte ſich zu regen, um ſeinen Herrn zu befreyen. Der Gouverneur war keinen Augenblick am Bord gewe - ſen, als ſein Kopf mitten von einander geſpalten wur - de. Kaͤmpfererzaͤhlt dieſe Geſchichte auch.

Kennt man den Stolz, die Gerechtigkeitsliebe und den Muth der Japaner, ſo verwundert man ſich gewiß nicht, daß ſie, wenn ſie beleidigt worden ſind, ganz un - verſoͤhnlich gegen ihre Feinde ſind. Dies geht ſo weit, daß ſie jede Beleidigung dem andern beſtaͤndig, waͤre es auch noch ſo lange, nachtragen. Nichts kann ſie aus - ſoͤhnen. Aber ſie laſſen ihren Groll nicht in Hitze aus - brechen, ſondern wiſſen ihn unter einer unnachahmlichen Kaltbluͤtigkeit zu verbergen, und auf Gelegenheit, wo ſie ſich raͤchen koͤnnen, zu lauern. Nie habe ich unter irgend einem Volke Menſchen geſehen, die der Leiden - ſchaft des Zorns ſo wenig unterworfen ſind, als ſie. Man kann faſt ſagen, daß ſie nie hitzig werden. Man mag ſie ſchelten, ſchmaͤhen, ihre Ehre beleidigen, ſo ſehr man will: ſie antworten nicht ein einziges Wort, ſondern geben nur durch ein langſames gleichſam ihr großes Befremden zu erkennen. Aber ſo ſchweigend faſſen ſie ge - gen den andern den bitterſten Haß, der hernach weder durch Gutmachen der Beleidigung, durch Schadener - ſetzung, durch Wiederherſtellung der Ehre, noch durch die Laͤnge der Zeit, noch durch veraͤnderte Umſtaͤnde je - mahls ausgeloͤſcht werden kann. Sie pflegen daher ih - rem Feinde nicht leicht durch ein unhoͤfliches Wort oder eine unhoͤfliche Miene zu nahe zu kommen, ſondern viel -166Fuͤnfte Abtheilung. Dritter Abſchnitt. mehr durch verſtellte Freundſchaft ſo wohl ihn als andre zu taͤuſchen, bis fruͤh oder ſpaͤt ſich eine Gelegenheit zeigt, wo ſie ihm betraͤchtlichen Schaden oder großes Ungluͤck zufuͤgen koͤnnen.

Sonſt muß ich hier noch eine Untugend der Japa - ner ruͤgen, ich meine die Unzucht. Dieſe ſcheint unter ihnen allgemein zu herrſchen. Die Schamhaftigkeit ſteht in geringem Werth bey ihnen. Selbſt das weibli - che Geſchlecht uͤbt dieſe Tugend wenig aus. Selten be - kuͤmmern ſie ſich darum, ſich zu bedecken, wenn ſie ſich baden, ſelbſt dann nicht, wenn es auf offnen Plaͤtzen geſchieht. Auch nicht einmahl zu Nangaſakithun ſie es an ſolchen Stellen, wo ſie von den Hollaͤndern geſehen werden koͤnnen und wo dieſe vorbey kommen.

Dritter Abſchnitt. Haͤuſer und Hausgeraͤth.

Die Haͤuſer der Japaner ſind von Fachwerk und weiß uͤbertuͤncht, und ſehen daher von außen voͤllig wie ſtei - nerne Gebaͤude aus. Ihre Bauart iſt ganz beſonders. Das Holz hat nur ſenkrechte und horizontale Richtung; ſchraͤg, wie ſonſt bey Fachwerk zu geſchehen pflegt, iſt nichts davon angebracht; es beſteht daher bloß aus Solen, Balken, Riegeln und Stendern. Dieſe alle ſind viereckig und nicht dick. Die Faͤcher zwiſchen denſelben werden mit Bamborohr zugeflochten, und dieſes mit Moͤrtel, von Lehm, Sand und Kalk beworfen und verkleibt. Die Mauern oder Waͤnde werden daher eben nicht dick. Jedes Haus nimmt einen anſehnlichen Raum ein. Im Hauſe ſelbſt hat man gar keine Zwiſchenwaͤnde. Es wird bloß von den Stendern unterſtuͤtzt. Zwiſchen dieſen ſind an der Decke und dem Fußboden andre167Haͤuſer und Hausgeraͤth. Querhoͤlzer, mit eingehauenen Vertiefungen oder lan - gen ſchmalen Einſchnitten angebracht, die zur Abtheilung der Zimmer dienen. Anfangs macht alſo das ganze Haus ein einziges Zimmer aus, daß ſich vermittelſt die - ſer Querhoͤlzer durch uͤberzogene Rahmen, oder einzelne, kleine, leichte Waͤnde, die nach Belieben eingeſetzt, weggenommen oder hinter einander geſchoben werden koͤn - nen, in mehrere abtheilen laͤßt. Dieſe Rahmen beſte - hen aus lackirten hoͤlzernen Leiſten, die mit dickem, mit Farbe uͤberſtrichenem und daher undurchſichtigem Papiere uͤberzogen werden, und in jene Vertiefungen ſehr bequem und nett einpaſſen. Dergleichen Zimmer wurden fuͤr uns und unſer Gefolge auf der Reiſe oft abgetheilt, und wenn wir zum Speiſen oder andern Behufe ein groͤßeres Zimmer gebrauchten, wurden jene Rahmwaͤnde wegge - nommen, und hernach, wenn es noͤthig war, wieder eingeſetzt: eine Arbeit, die in einem Augenblick verrichtet iſt. Man kann zwar nicht ſehen, was in den angren - zenden Zimmern geſchieht; aber doch meiſtens ſehr gut hoͤren, was geſprochen wird. Die Decke der Zimmer iſt getaͤfelt, beſteht aus dicht in einander gefuͤgten Bre - tern, und faͤllt ziemlich gut ins Auge.

Die Haͤuſer werden mit Ziegeln und Dachpfannen gedeckt, die auf eine ganz eigne Art gemacht, ſehr dick und ſchwer ſind. Schlechte Haͤuſer deckt man aber ge - woͤhnlich nur mit Schindeln, die man gemeiniglich mit einer Menge Steine belegt, welche die Schindeln feſt halten und dem Dache die noͤthige Schwere geben. Das Dach ſteht allezeit weit uͤber dem Hauſe hervor, und wird oft mit einem beſondern kleinen Dache vermehrt, das uͤber einem ſchmalen ausgebaueten Gange oder einer Gallerie draußen vor den Fenſtern hingeht. Von dieſem kleinen Dache gehen nach inwendig und niederwaͤrts ei -168Fuͤnfte Abtheilung. Dritter Abſchnitt. nige vierſeitige hoͤlzerne Leiſten, zwiſchen welche man von Binſen gemachte Jalouſie-Matten haͤngt, die aufgezogen und niedergelaſſen werden koͤnnen, und verhindern ſollen, theils daß die Vorbeygehenden nicht ins Haus hinein ſe - hen, theils hauptſaͤchlich aber, daß der Regen nicht an die papiernen Fenſter kommen kann. In den Doͤrfern und kleinen Staͤdten ſind die Haͤuſer auf den Seiten, be - ſonders die Hinterſeite, ebenfalls mit Schindeln, und zwar von Borke, belegt, die durch darauf genagelte ganz ſchmale und duͤnne hoͤlzerne Leiſten zuſammen gehalten werden, und das Eindringen des Regens in der Wand verhuͤthen.

Fenſter ſind in jedem Zimmer zwey oder mehrere. Sie fangen beynahe unter der Decke an, und gehen bis auf eine Elle vom Fußboden hinab. Sie beſtehen aus leichten Rahmen, die man ausnehmen, einſetzen und in zwey, zu dieſem Ende in den Querhoͤlzern und Riegeln oben und unten angebrachten, Vertiefungen oder Ein - ſchnitten vor einander ſchieben kann. Dieſe Rahmen ſind durch Leiſten oder Sproſſen in kleine Parallelogram - me, deren bisweilen an vierzig ſind, eingetheilt. Auf der auswendigen Seite ſind dieſe kleinen Faͤcher, die gleichſam die einzelnen Fenſterſcheiben ausmachen, mit feinem weißen Papier uͤberzogen, das ſelten oder nie - mahls mit Oehl getraͤnkt wird, und zwar einen guten Theil des Tageslichts durchlaͤßt, aber alle Ausſicht be - nimmt, weil man nicht durchſehen kann. Glaͤſerne Fen - ſter werden nicht gebraucht, eben ſo wenig als man Per - lenmutter oder Glimmer dazu nimmt.

Der Fußboden iſt allezeit mit Matten bedeckt, die aus feinen Binſen (Iuncus) geflochten, mit Reißſtroh ausgefuͤllt, drey bis vier Zoll dick und im ganzen Lande von einerley Groͤße, naͤmlich ein Klafter lang und ein hal -169Haͤuſer und Hausgeraͤth. bes Klafter breit, und an den beyden laͤngern Seiten mit duͤnnem, blauem oder ſchwarzem Bande eingefaßt ſind. Nur im Kaiſerlichen Schloſſe zu Jedoſah ich Matten, die groͤßer als die gewoͤhnlichen waren. In den Haͤuſern der geringen Leute iſt der vordere oder aͤußere Theil des Zimmers nicht mit Matten belegt, ſondern dient zur Diele oder zum aͤußern Vorzimmer, wo man die Schuhe abſetzt; darauf folgt ein erhoͤheter Fußboden, der mit Matten bedeckt iſt, das Wohnzimmer ausmacht, und durch Rahmwaͤnde in mehrere abgetheilt werden kann.

Inwendig im Hauſe werden ſo wohl die Waͤnde als das Dach mit ſchoͤnem dicken Papier uͤberklebt, wor - auf mancherley Blumen gedruckt ſind. Dieſe Tapeten ſind gruͤn, gelb oder weiß; bisweilen iſt auch Silber und Gold darauf angebracht. Der Leim, welchen ſie dazu brauchen, beſteht aus einem duͤnnen Brey von Reiß. Da der Rauch des Winters die Tapeten ſehr verdirbt, ſo klebt man alle drey bis fuͤnf Jahr neue auf.

Die Haͤuſer ſind ſehr geraͤumig, allein niemahls mehr als zwey Stockwerke hoch, wovon aber gewoͤhnlich nur das untere bewohnt wird. Im oberen wohnt ſelten jemand, ſondern es wird als Boden, oder dergleichen ge - braucht, um allerhand Sachen hinzuſetzen oder zu ver - wahren. Es iſt auch gemeiniglich niedriger. Die Haͤu - ſer der Reichen und Vornehmen unterſcheiden ſich zwar durch Groͤße, Anſehen und Schoͤnheit, ſind aber doch nicht uͤber zwey Etagen oder zehn Ellen hoch.

In den Haͤuſern der Kaufleute und Handwerker macht der an der Straße liegende Vordertheil gewoͤhnlich die Bude oder Werkſtaͤtte aus. Darauf folgt die Kuͤche und die Stuben fuͤr die Dienſtbothen. Der nach dem Hofe gehende Theil iſt eigentlich der, welcher bewohnt wird. Die dicht an den Hof ſtoßenden Zimmer werden170Fuͤnfte Abtheilung. Dritter Abſchnitt. fuͤr die vornehmſten und bequemſten gehalten, weil ſie von dem Geraͤuſche und Laͤrmen auf der Straße am weitſten entfernt ſind; zugleich ſind ſie die ſchoͤnſten. Sie haben die Ausſicht und auch eine Thuͤr nach ei - nem mit verſchiednen Baͤumen, Buͤſchen, Gewaͤchſen und Blumentoͤpfen beſetzten Hofe oder leeren Platze, der nach Umſtaͤnden groß oder klein, auch wohl in der Mitte mit einem kleinen Berge geziert iſt. Aus die - ſen Urſachen werden die hinterſten Zimmer allemahl den Fremden eingeraͤumt. Sie waren es daher auch, wo wir auf der Reiſe und zu Jedologirt zu werden die Ehre hatten.

Selten findet man ein Haus, das nicht ein zum Baden eingerichtetes, und mit den dazu noͤthigen Wan - nen und Geraͤthſchaften verſehenes Zimmer hat. Es liegt gewoͤhnlich an der Seite des Hofes. In beſſern Haͤuſern, wo beſondre Zimmer fuͤr Fremde ſind, iſt dicht bey denſelben eine kleine Badeſtube fuͤr dieſe befind - lich, wo ſie ſich baden koͤnnen, wenn ſie Luſt haben.

In derjenigen Abtheilung des Hauſes, welche die Kuͤche vorſtellt, iſt kein andrer Herd, als ein großes viereckiges Loch,[das] im Fußboden, oft gerade in der Mitte angebracht, und mit einigen Steinen, in der naͤmlichen Flaͤche mit den umher liegenden Matten, belegt iſt. Der Kohlenrauch macht das Haus ſchwarz, weil es keinen andern Schornſtein, als nur ein Loch im Dache hat; und die Naͤhe der Fußboden-Matten verurſacht oft Schaden und Ungluͤck, wenn die Leute ſich mit dem Feuer nicht ſehr in Acht nehmen.

Bey jedem Hauſe iſt in einem kleinen abgeſonderten Gebaͤude ein Abtritt befindlich. Dieſer beſteht aber bloß aus einer im Fußboden angebrachten laͤnglichen Oeff - nung, auf welche die Japaner ſich ſetzen. An der171Haͤuſer und Hausgeraͤth. Wand iſt eine Art Lade oder Kaſten, der ſchraͤge herun - ter geht, unten ein Loch hat, und worin ſie ihr Waſſer abſchlagen. Nahe dabey findet man allezeit ein porzella - nenes Geſchirr mit Waſſer, womit ſie ſich, wenn ſie ihr Geſchaͤft verrichtet haben, jedesmahl die Haͤnde waſchen.

In verſchiednen Staͤdten, zum Beyſpiel zu Jedo, iſt bey jedem Hauſe auch ein ſteinernes Packhaus ange - legt, das feuerfrey iſt, und wo ſie bey Feuersgefahr ihre Sachen hinbringen.

Die Haͤuſer der Japaner haben, wie man ſchon aus dieſer Beſchreibung ſehen kann, nicht das Anſehen, auch nicht die Bequemlichkeit als die Haͤuſer der Europaͤer. Die Zimmer ſind nicht ſo hell und heiter, und im Win - ter nicht ſo warm. Auch ſind die Haͤuſer ſelbſt weder ſo ſicher vor Feuer, noch ſo dauerhaft. Daß ſie ſich ſo wohl von innen als von außen ſehr ſchlecht ausnehmen, daran ſind hauptſaͤchlich die nur halb durchſichtigen pa - piernen Fenſter Schuld.

Die oͤffentlichen Gebaͤude, als Tempel und Pallaͤ - ſte, ſind zwar groͤßer und anſehnlicher, aber alle von ei - nerley Bauart. Die mit verſchiednen, eine ganz eigne Geſtalt habenden, Thuͤrmen gezierten Daͤcher machen ih - re groͤßte Schoͤnheit aus.

Die Staͤdte ſind zum Theil ſehr groß, zum Theil auch mit Waͤllen und Graͤben umgeben, und mit einer Citadelle und Thuͤrmen verſehen, beſonders wenn ein Fuͤrſt darin ſeine Hofhaltung hat; alle aber haben Thore. Der Umfang der Hauptſtadt Jedo, welche an Groͤße der Stadt Pekingden Vorzug beynahe ſtreitig macht, wird zu ein und zwanzig Stunden Weges zu Fuß angegeben, welches ungefaͤhr eben ſo viel Franzoͤſiſche Meilen betraͤgt. Doch ich erinnere mich, hievon, und von anderm, was die Staͤdte dieſes Landes betrifft, in der Erzaͤhlung mei -172Fuͤnfte Abtheilung. Dritter Abſchnitt. ner Reiſe bereits Nachricht gegeben zu haben. Eben dies gilt von den Doͤrfern, von welchen ich hier alſo nur noch zwey Bemerkungen nachhohlen will. Sie unterſchei - den ſich von den Staͤdten lediglich dadurch, daß ſie of - fen ſind, und nur eine einzige Straße haben. Ihre Laͤnge iſt oft unglaublich. Die meiſten ſind eine Viertel - meile lang. Bey einigen gebraucht man gar mehrere Stunden Zeit, um zu Fuß hindurch zu kommen. Manchmahl liegen ſie auch ſo nahe bey einander, daß nur eine Bruͤcke, ein Fluß, oder der Nahme ſie un - terſcheidet.

In den Doͤrfern ſteht der zu jedem Hauſe gehoͤ - rige Abtritt allezeit an der Straße zur Seite des Wohn - hauſes. Er iſt unten offen, und unter demſelben iſt an der Straßenſeite ein großes irdenes Geſchirr in die Erde gegraben, wo jeder Vorbeygehende ſein Waſſer hin - ein laſſen kann. Der von dieſem geſammelten Urin, dem was ſonſt im Abtritte ſich ſammelt, und auch von dem was aus der Kuͤchengoſſe hinein fließt (dies alles ſammelt man hier zu Lande mit vieler Sorgfalt zum Duͤngen des Ackers), entſtehende Geſtank iſt des Sommers an heißen Tagen ſo ſtark und unausſtehlich, daß kein Zuſtopfen der Naſe und keine Wohlgeruͤche dagegen helfen. Die Ein - wohner haben ſich daran gewoͤhnt, aber er iſt auch den Augen hoͤchſt ſchaͤdlich. Daß ſo viele, beſonders alte Leute, mit rothen, wunden und triefenden Augen geplagt ſind, kommt hauptſaͤchlich von den ſcharfen Ausduͤnſtun - gen jener Sammlungen her. Das geſtehe ich inzwi - ſchen gern, daß dieſer Geſtank und die haushaͤlteriſche Muͤhe und Sorgfalt, welche man anwendet, das alles aufs genaueſte zuſammen zu ſammeln, durch den Ertrag des Ackers reichlich belohnt wird.

173Haͤuſer und Hausgeraͤth.

Camine und Stubenoͤfen kennt man im ganzen Lande nicht, obwohl die Kaͤlte ſtrenge iſt, und die Ein - wohner noͤthigt, vom October bis zum Ende des Maͤrzes die Zimmer zu heitzen. Dies Heitzen der Zimmer ge - ſchieht vermittelſt kupferner Toͤpfe, von unterſchiedlicher Groͤße, mit breitem uͤberſtehenden Rande, die unten mit Moͤrtel oder Aſche angefuͤllt werden, worauf man gut gebrannte Kohlen legt, die man alsdann anzuͤndet. Den Topf ſtellt man entweder mitten ins Zimmer, oder an eine Seite, und die Japaner ſetzen ſich um denſelben her. Weil die Waͤnde nicht dicht ſind, muͤſſen ſie mehrmahls des Tages auf dieſe Art einheitzen, oder auch das Kohlen - feuer den ganzen Tag uͤber unterhalten. Dieſe Art des Heitzens fuͤhrt aber mancherley Unbequemlichkeiten mit ſich. Oft dunſten die Kohlen. Von dem aufſteigen - den Kohlendampfe wird das Zimmer ſehr ſchwarz. Den Augen ſchadet der Rauch auch.

So einfach die Bauart der Japaner iſt, ſo einfach iſt auch ihr Ameublement, oder vielmehr, ſie haben gar kei - ne Meublen. Ihre Zimmer und Haͤuſer entbehren mithin auch des Anſehens und Schmucks, den huͤbſche Meublen geben. Aber auch die Leute ſelbſt entbehren dadurch manche Bequemlichkeit. Schraͤnke, Commoden, Bu - reaux, Sofa, Betten, Tiſche, Stuͤhle, Uhren, Spie - gel oder dergleichen findet man in keinem Zimmer. Die meiſten von dieſen Dingen ſind ihnen unbekannt. Die weichen Strohmatten auf dem Fußboden dienen ihnen ſtatt Betten und Stuͤhle. Eine weiche mit Baumwolle ausgeſtopfte Matratze wird uͤber die Matte ausgebreitet, wenn ſie ſchlafen gehen wollen. Unter den Kopf legen ſie ein laͤngliches Stuͤck lackirtes Holz. Anſtatt der De - cke gebrauchen ſie ihren weiten Talar. Bey dieſer Art zu ſchlafen kommt ihr Haar des Nachts nicht in Unordnung,174Fuͤnfte Abtheilung. Dritter Abſchnitt. und des Morgens ſind ſie in dem Augenblicke, da ſie aufſtehen, auch gekleidet; denn den weiten Rock koͤn - nen ſie in einem Hui anziehen und zubinden. Beym Si - tzen ſind ebenfalls die Matten und ihre Ferſen ihr Stuhl. Denn ſie ſetzen ſich auf die Matte nieder, und legen die Fuͤße unter das Geſaͤß. Hiedurch unterſcheiden ſie und die Chineſer ſich von den meiſten andern Oſtindiſchen Voͤlkern, die, wenn ſie ſitzen, die Beine und Fuͤße kreutz - weiſe vor ſich liegen haben. Beym Eſſen wird fuͤr jede Perſon ein kleiner viereckiger, eine halbe Elle langer und breiter, und vier Zoll hoher Tiſch hinein gebracht und hin - geſetzt, auf welchem ſtatt der Gabel ein kleines hoͤlzernes Stift, oder keins liegt, und worauf von jedem Gerichte eine Portion in lackirten hoͤlzernen Naͤpfen, die mit einem Deckel zugedeckt ſind, befindlich iſt. Was ſie von Schraͤnken, Kiſten, Laden, Koffern und dergleichen ha - ben und gebrauchen, ſteht alles im Packhauſe oder in be - ſondern Zimmern.

Bey ihrer Toilette brauchen ſie kleine Schraͤnke mit mehreren Schubladen. Ein ſolcher Schrank iſt eine halbe Elle lang und wenig uͤber eine Viertelelle hoch. Unſerm Ambaſſadeur wurde zu Jedoein dergleichen Schrank, und zwar von ſo genannter alter Lackirung (vieux Lacq) zu Kauf gebracht. Er war weit beſſer la - ckirt, als heut zu Tage geſchieht, und die Blumen dar - auf waren ſehr erhoben, welches ſich ungemein ſchoͤn ausnimmt. Dergleichen Arbeit bekommt man jetzt ſelten zu ſehen, noch ſeltner zu Kauf. Aber jenes Stuͤck er - ſtehen hieß ſo viel als es mit Gold aufwaͤgen. Man for - derte ſiebzig Kobang, das iſt vier hundert und zwanzig Thaler dafuͤr. So ſehr es alle neuere Arbeit dieſer Art hinter ſich zuruͤck ließ, duͤnkte mir doch der Unterſchied des Preiſes zu groß.

175Haͤuſer und Hausgeraͤth.

Spiegel paradiren zwar nicht in den Zimmern, aber beym Nachttiſche werden ſie allgemein gebraucht. Allein die Japaniſchen Spiegel ſind nicht von Glas, ſon - dern werden aus Metall, und zwar einer Compoſition von Kupfer und Zink, gegoſſen, und ſehr gut polirt. Man hat ſie von ſehr verſchiedner Groͤße. Ein ſolcher Spiegel wird auf einem ſchief herab gehenden hoͤlzernen Geſtelle befeſtigt, und das ſchoͤne Geſchlecht kann ſeine Reitze darin vollkommen ſo gut, als in einem Europaͤi - ſchen glaͤſernen Spiegel, beſchauen.

In den Haͤuſern braucht man vielfaͤltig Schirme, die vier Ellen hoch, und um der Bequemlichkeit willen ſo eingerichtet ſind, daß ſie mehrere Mahl zuſammen geklappt werden koͤnnen. Man ſetzt ſie vor die Schlafſtellen, wenn mehrere in einem Zimmer ſchlafen; verdeckt da - mit im Zimmer, was nicht in die Augen fallen ſoll; theilt die Zimmer damit ab; ſetzt ſie vor die Fenſter, um die Zugluft abzuhalten; ſtellt ſie des Winters um den Feuertopf, damit die Waͤrme mehr bey einander bleibe; und wozu man ſonſt Schirme gebraucht. Man hat ſie groß und klein. Manche ſind recht ſchoͤn angemahlt, oder mit bemahltem dickem Papier uͤberzogen. Meiſtens ſind ſie aus ſechs beſondern Rahmen zuſammen geſetzt, deren jeder eine Elle breit iſt.

Vierter Abſchnitt. Kleidung und Putz.

Die Japaniſche Kleidertracht verdient mehr, als die in irgend einem Lande, den Nahmen einer National-Klei - dung. Sie unterſcheidet ſich nicht allein von der Tracht aller uͤbrigen Voͤlker und Menſchen, ſondern iſt auch eine176Fuͤnfte Abtheilung. Vierter Abſchnitt. und dieſelbe bey allen Einwohnern, vom Monarchen bis zum geringſten Unterthan; gleich bey beyden Geſchlech - tern; und, welches faſt alle Glaubwuͤrdigkeit uͤberſteigt, ſeit dritthalb tauſend Jahren ganz unveraͤndert.

Der Hauptanzug iſt durchgaͤngig bey allen und je - den Japanern, von jeglichem Stand, Geſchlecht und Al - ter, ein langer und weiter Talar, der unſern Schlafroͤ - cken aͤhnlich iſt. (Die Hollaͤnder nennen ihn auch einen Schlafrock). Jeder hat deren einen oder mehrere. Die Vornehmen und Reichen tragen ihn vom feinſten ſeid - nen, die Armen und Geringen von baumwollnem Zeu - ge. Beym weiblichen Geſchlechte reicht er bis auf die Fuͤße, beym maͤnnlichen nur bis auf die Ferſen. Zu Fuß Reiſende, das Militair, und Arbeitsleute ſchuͤrzen ihn entweder auf, oder tragen ihn ſo kurz, daß er nicht weiter als an die Knie geht, um bequemer gehen, ih - ren Dienſt verrichten und arbeiten zu koͤnnen. Die Mannsperſonen nehmen gemeiniglich einfarbiges Zeug dazu, die Frauensperſonen gebluͤmtes, und nicht ſelten mit hinein gewirkten goldnen Blumen. Im Sommer traͤgt man dieſe Roͤcke entweder ungefuͤttert, oder bloß mit duͤnnem Unterfutter; des Winters, um der Kaͤlte wil - len, mit baumwollnen oder ſeidnen Watten ganz dicht ausgeſtopft. Die Mannsperſonen ziehen ſelten viele uͤber einander; die Frauensperſonen aber haben oft drey - ßig bis funfzig, ja wohl noch mehr zugleich an, immer einer uͤber den andern, jedoch alle ſo duͤnn, daß ſie zu - ſammen kaum vier bis fuͤnf Pfund wiegen. Das un - terſte dieſer Gewaͤnder vertritt die Stelle des Hemdes, und iſt deswegen entweder weiß oder blaͤulich, gewoͤhn - lich duͤnn und durchſichtig. Sie alle werden rund um den Leib, und zwar um die Weichen, mit einem Guͤrtel befeſtigt, der beym maͤnnlichen Geſchlechte ungefaͤhreine177Kleidung und Putz. eine Hand, beym weiblichen hingegen beynahe eine halbe Elle breit iſt, und ſolche Laͤnge hat, daß er wenigſtens zweymahl um den Leib geht, und in einen Knoten mit großen Schleifen bequem zuſammen geknuͤpft werden kann. Der Knoten mit der Schleife iſt, zumahl beym Frauenzimmer, von anſehnlicher Groͤße, und man kann zugleich daran ſehen, ob eine Frauensperſon verheira - thet oder unverheirathet iſt; denn bey dieſen ſitzt er hin - ten auf dem Ruͤcken, bey jenen aber vorn vor dem Leibe. In dieſen Guͤrtel ſtecken die Mannsperſonen den Saͤbel, den Faͤcher, die Tobakspfeife, den Tobaksbeutel und die Arzneydoſe. Am Halſe iſt der Habit allezeit rund aus - geſchnitten, ohne Kragen, und vorn offen, ſo daß der Hals bloß iſt, mit dem ſie auch beſtaͤndig bloß gehen, ohne je ein Halstuch oder dergleichen zu gebrauchen. Die Aermel ſind ſehr unfoͤrmlich und uͤber alle Maaße weit, die Weite betraͤgt eine halbe Elle. Vorn bey der Oeffnung ſind ſie zur Haͤlfte zuſammen genaͤhet, ſo daß ſie unterwaͤrts einen Beutel formiren, der ihnen ſtatt ei - ner Taſche dient, Papier und andre Sachen, die nicht ſchwer ſind, hinein zu ſtecken, und wo ſie auch bey kaltem Wetter die Haͤnde hinein ſtecken. Vorzuͤglich ſind ſie bey jungen Maͤdchen lang, bey denen ſie oft bis auf die Erde hangen.

So ohne Unterſchied allgemein dieſe Tracht im ganzen iſt, findet doch, in Ruͤckſicht auf Geſchlecht, Alter, Stand und Lebensart, einige, wiewohl nicht be - traͤchtliche, Verſchiedenheit dabey Statt. Geringe Leute, Arbeiter, Fiſcher, Matroſen und dergleichen ſieht man oft, wenn ſie ihre Arbeit verrichten, ganz oder halb nackt. Im erſteren Falle haben ſie weiter nichts als ei - nen Guͤrtel um den Leib, der die Geſchlechtstheile ein - ſchließt und bedeckt, von da zwiſchen den Beinen hin -Thunbergs Reiſe. 2. Bandes 1. Theil. M178Fuͤnfte Abtheilung. Vierter Abſchnitt. durch nach hinten geht, und auf dem Ruͤcken feſt ge - macht wird.

Die Mannsperſonen von beſſerm Stande tragen, wenn ſie ausgehen, außer dieſen langen Talaren, auch noch ein kurzes Obergewand und eine Art Beinkleider. Jenes ziehen ſie uͤber die langen Talare. Am Halſe und an den Armen iſt es eben ſo zugeſchnitten und gemacht, als dieſe. Es reicht aber bloß bis auf den Unterleib, und hier wird es nicht mit einem Guͤrtel, ſondern vorn und oberwaͤrts mit einem Bande zuſammen gebunden. Das Zeug dazu iſt ſo duͤnn, als Flor, und gewoͤhnlich von ſchwarzer, bisweilen von gruͤner Farbe. Wenn ſie zu Hauſe kommen, wie auch in ihren Amtszimmern, wenn keine Vorgeſetzte oder hoͤhere Beamte zugegen ſind, nehmen ſie dieſen Oberhabit ab, und legen ihn nett zu - ſammen.

Die Hoſen ſind von einer eignen Art Zeug, das weder von Seide noch Baumwolle, ſondern von einer Gattung Hanf gemacht wird, und zwar fein und duͤnn, aber zugleich ſehr dicht iſt. Sie haben mehr Aehnlichkeit mit einem Frauenzimmer-Rocke als mit Manns-Bein - kleidern. Unten bey den Fuͤßen an der inwendigen Seite ſind ſie zuſammen genaͤhet, aber an beyden Seiten, zwey Drittheil ihrer ganzen Laͤnge, offen gelaſſen. Sie reichen ganz bis an die Knoͤchel, und oben bis an die Weichen, wo ſie mit einem Bande, das ſo wohl von vorne als von hinten um den Leib gewickelt wird, befeſtigt wer - den. An dem Hintertheile dieſer ſo genannten Beinklei - der iſt ein dreyeckiges duͤnnes Bretchen, kaum eine Vier - telelle lang, und mit eben dem Zeuge uͤberzogen, einge - naͤhet, das uͤber dem gedachten Bande am Ruͤcken hin - auf ſteht. Sie ſind von Farbe entweder braun geſtreift oder gruͤn, bisweilen auch wohl ſchwarz. Einige ſah ich179Kleidung und Putz. auch von Sukkotas, einem Bengaliſchen Zeuge. Unter - hoſen unmittelbar am Koͤrper werden ſelten anders als auf Reiſen, und vom Militair gebraucht.

Auch haben die Japaner eine Art feſtlichen Kleides, daß ſie Compliment-Kleid nennen. Dies wird aber bloß bey ſolennen Gelegenheiten gebraucht, wenn die Subor - dinirten ihren hoͤhern Vorgeſetzten aufwarten, oder wenn man bey Hofe erſcheint. Es wird uͤber die gewoͤhnlichen weiten Talare angelegt, und beſteht aus zwey, von ei - nerley Art Zeug verfertigten Stuͤcken. Das untere Stuͤck ſind die eben beſchriebnen langen Hoſen, die aber alsdann gemeiniglich von blauem Zeuge mit gedruckten weißen Blumen ſind. Das obere, welches hauptſaͤchlich das Eigne dieſes Oberkleides ausmacht, iſt ein Wamms oder eine Jacke, die dem oben beſchriebnen kurzen Obergewande nicht ſehr unaͤhnlich iſt, und mit unſern Schifferwaͤmſen verglichen werden kann, aber hinten uͤber den Schultern zu beyden Seiten weit hervor ſteht, ſo daß der Japaner darin ein gar breitſchultriges Anſe - hen hat.

Alle dieſe Kleidungsſtuͤcke, die Beinkleider ausge - nommen, die von Hanfleinwand ſind, beſtehen theils aus ſeidnem, theils aus baumwollnem Zeuge, theils aus ei - ner Art Leinwand, die aus einigen Gattungen Neſſel verfertigt wird. Die Vornehmen tragen die feinſten ſeidnen Zeuge, die an Feinheit und Duͤnne alles uͤber - treffen, was Europaund das uͤbrige Indienaufzuwei - ſen haben. Die Hollaͤnder wuͤrden dieſe Stoffe ohne Zweifel auch kaufen und nach Europaſchicken, wenn ſie nicht ſo ſehr ſchmal, folglich zu Europaͤiſchen Kleidungsſtuͤ - cken unbrauchbar waͤren; nur wenige ſind eine halbe El - le breit. Die geringen Leute nehmen baumwollnes Zeug, das hier zu Lande in der groͤßten Menge verfertigt undM 2180Fuͤnfte Abtheilung. Vierter Abſchnitt. wohlfeil verkauft wird. Bisweilen, wiewohl nur als eine gar ungemeine Seltenheit, machen die Japaner eine Art Zeug aus der Rinde des Papier-Maulbeer - baums (Morus papyrifera), (der naͤmliche Baum, woraus ſie ihr Papier machen), das entweder auf dieſel - be Art als Papier verfertigt, oder auch geſponnen und gewebt wird. Dies letztere iſt ganz ſchneeweiß, ſehr fein, ſieht wie baumwollnes Zeug aus, und wird dann und wann von den Damen zur Kleidung gebraucht, aber nur zum Staat als etwas ſehr rares. Stark iſt es eben nicht; gewaſchen kann es zwar werden, aber das muß mit vieler Behuthſamkeit geſchehen. Das Garn dazu wird aus den Faͤden oder Faſern der Rinde geſponnen. Die erſtere Art iſt wirklich eine Art dicken Papiers, braͤunlich, und entweder mit einzelnen ſchmalen dunkeln Streifen, oder mit Blumen bedruckt. Es iſt auch ſelten. Mehrere Stuͤcke, etwas uͤber eine halbe Elle lang und breit, werden ſehr ſauber zuſammen geklebt und Talare daraus gemacht. Es wird aber nur von ſehr bejahrten Maͤnnern als eine Art Ehrenkleid getragen, und zwar bloß im Winter, da man nicht ſchwitzt, und auswendig uͤber einem oder zwey andern Talaren. Fuͤr juͤngere Per - ſonen iſt der Gebrauch verbothen. Stark iſt dieſe Gat - tung Zeug auch nicht.

Von dieſer Tracht der Japaner kann man uͤber - haupt ruͤhmen, daß ſie ſehr weit, und mit dem Unter - futter auch ſehr warm iſt; daß man ſie ſehr geſchwind aus: und anziehen kann: ſich auszukleiden, braucht es nichts weiter, als den Guͤrtel aufzuloͤſen und die Arme einzuziehen, da faͤllt der ganze Anzug von ſelbſt nie - der; daß ſie kein Gliedmaß, keinen Theil des Koͤrpers zwingt, ſpannt oder druͤckt; kurz, daß ſie unbeſchreiblich bequem iſt; daß jeder Anzug beynahe jedem paßt; daß181Kleidung und Putz. beym Machen faſt gar nichts vom Zeuge abfaͤllt und ver - lohren geht; daß die Verfertigung weder viel Kunſt noch viel Arbeit erfordert. Dagegen hat ſie aber auch das Unangenehme und Schlimme, daß ſie beym Gehen, auf Reiſen, wenn der Wind wehet, bey ſchlimmen Wetter, und bey den meiſten Arbeiten und Verrichtungen unbe - quem und hinderlich iſt.

Da die Kleider bis auf die Fuͤße reichen, folg - lich die Beine hinlaͤnglich warm halten, ſo gebrauchen die Japaner keine Struͤmpfe. Man findet dergleichen da - her auch im ganzen Lande nicht. Geringe Leute, wenn ſie zu Fuß weite Wege gehen oder reiſen, auch die Sol - daten, deren Kleidung nicht ſo lang iſt, tragen baumwoll - ne Stiefeletten oder Kamaſchen. Zu Nangaſakiund in den umliegenden Gegenden gehen verſchiedne Leute waͤhrend der groͤßten Winterkaͤlte mit Socken von Hanf mit Sohlen von baumwollnem Zeuge, um die Fuͤße vor Erfrierung zu ſchuͤtzen. Dieſe binden ſie um die Knoͤ - chel feſt. Fuͤr die große Zehe naͤhen ſie ein beſonderes Stuͤck ab, um die gewoͤhnlichen Schuhe uͤberziehen zu koͤnnen; jener ſteckt alsdann in ſeinem eignen, zur uͤbri - gen Socke gehoͤrigen Futterale.

Die Schuhe, oder richtiger Pantoffeln, ſind von dem ganzen Anzuge der Japaner das unanſehnlichſte und elendeſte, und doch werden ſie von jedermann, Armen und Reichen, Hohen und Niedrigen getragen. Ge - woͤhnlich ſind ſie von Reißſtroh, fuͤr die Vornehmen auch wohl von fein zerſplittertem duͤnnen Rohr, geflochten. Man kann ſich leicht vorſtellen, daß ſie gar nicht ſtark ſind. Sie beſtehen bloß aus einer Sohle, ohne Oberle - der und Hintertheil. Vorn geht ein Buͤgel quer uͤber - her, der mit Leinwand gefuttert, und einen Finger dick iſt. Von der Spitze des Schuhes bis zu dieſem Buͤgel182Fuͤnfte Abtheilung. Vierter Abſchnitt. geht ein rundes Band, das zwiſchen der großen und zweyten Zehe zu ſitzen kommt, und den Schuh am Fuße feſt haͤlt. Da die Schuhe ohne Hintertheile ſind, klappen ſie, wenn man geht, wie Pantoffeln. Auf Reiſen, oder wenn ſie ſonſt weite Wege zu gehen haben, machen ſie drey, von Stroh gewundne, Baͤnder daran, womit ſie ſie an den Fuͤßen und Beinen feſt binden, da - mit ſie nicht abfallen. Damit dieſe Baͤnder den Reſt oder Obertheil des Fußes nicht ſcheuern moͤgen, legen ſie auch wohl einen Lappen Leinwand darunter. Manche nehmen auf Reiſen ein oder mehrere Paar Schuhe mit, um neue anziehen zu koͤnnen, wenn die andern abgenutzt ſind. Sonſt findet man in allen Staͤdten und Doͤrfern Schuhe die Menge und fuͤr wohlfeilen Preis zu Kauf, beſonders unglaublich viele in ſolchen, ſelbſt den kleinſten, wo die Landſtraßen durchgehen. Man kauft das Paar fuͤr einige Kupferpfennige (Seni). Wenn es regnet oder der Weg kothig iſt, werden dieſe Schuhe nicht nur bald durchnaͤßt, und verurſachen naſſe Fuͤße, ſondern nutzen ſich auch ſehr geſchwind ab. Man ſieht daher am Wege eine Menge unbrauchbar gewordne und von Rei - ſenden abgelegte Schuhe liegen, beſonders an Baͤchen, wo ſie ſich beym Umziehen die Fuͤße waſchen konnten. Bey Regen und ſchmutzigem Wetter tragen die geringen Leute, um, ohne daß die Fuͤße unrein werden, gehen zu koͤnnen, ſtatt dieſer hoͤlzerne Schuhe oder Holſchen, die aus einem hohen Stuͤck Holz beſtehen, das unten in der Mitte ausgehoͤhlt, und oben mit einem Buͤgel und einem Bande fuͤr die großen Zehe verſehen iſt. Einige brauchen dieſe Holſchen auch wie Kaloſchen oder Ober - ſchuhe; ſie befeſtigen naͤmlich die gewoͤhnlichen ſtrohernen Schuhe in denſelben; und treten ſo hinein. Im Hauſe geht der Japaner nie mit Schuhen, ſondern allezeit bar -183Kleidung und Putz. fuß, um die huͤbſchen Fußboden-Matten nicht unrein zu machen. Wenn er ins Haus kommt, tritt er ſeine Schuhe aus, und ſetzt ſie auf die Diele, oder auf eine bey der Hausthuͤr ſtehende Bank, laͤßt ſie ſich auch wohl von einem Bedienten oder Maͤdchen abnehmen. Die Hollaͤnder tragen ebenfalls, ſo lange ſie in Japanſind, da ſie bisweilen bey Japanern Beſuch abzulegen haben, auch ihre eignen Zimmer auf der Factorey mit ſolchen Matten belegt ſind, keine Europaͤiſche Schuhe, ſondern an ihrer Stelle rothe, gruͤne oder ſchwarze Pantoffeln, die ſie beym Eintritte ins Haus ablegen koͤnnen. Struͤm - pfe tragen ſie aber doch, und uͤber dieſelben baumwollne Schuhe mit Schnallen, die in Japangemacht werden, und ſo oft es noͤthig iſt, gewaſchen werden koͤnnen. Um das Waſchen nicht noͤthig zu haben, laſſen einige ſie ſich von Atlas machen.

Die Art das Haar zu tragen iſt bey dieſem Volke eben ſo ſehr von der Sitte andrer Voͤlker unterſchieden, und zugleich bey allen faſt ohne Ausnahme gleich, als der Anzug. Die Mannsperſonen ſcheren den Kopf vorn von der Stirn bis hinten in den Nacken, doch ſo, daß ſie bey den Schlaͤfen und im Nacken etwas Haar ſitzen laſſen. Dieſe wenigen Haare ſchmieren ſie ſtark mit Oehl, ſtrei - chen ſie am Kopfe hinauf, und binden ſie oben auf dem Kopfe mit einem mehrmahls umgewundnen weißen pa - piernen Faden zuſammen. Oberhalb dieſes Gebindes oder Wulſtes laſſen ſie ſie einen Finger lang ſtehen; das uͤbrige ſchneiden ſie gerade ab, kleben es mit Oehl wohl zuſammen, und kruͤmmen es ſo, daß die Spitze dieſes kurzen Zopfs gegen die Scheitel zu ſtehen kommt, wo ſie es mit dem naͤmlichen Faden in dieſer Lage einmahl umbinden und befeſtigen. Dieſe Friſur nehmen ſie ſorg - faͤltig in Acht, und damit die wieder wachſenden Haar -184Fuͤnfte Abtheilung. Vierter Abſchnitt. ſtumpfen ihren kahlen Kopf nicht verunſtalten moͤgen, ſcheren ſie ſie alle zwey Tage von neuem ab. Prieſter und Aerzte, auch die Knaben, ehe ſie mannbar werden, ſind die einzigen, welche hierin eine Ausnahme machen. Die Aerzte und Prieſter ſcheren den ganzen Kopf und gehen ganz kahl, wodurch ſie denn freylich ſich von allen andern Staͤnden unterſcheiden. Die Knaben hingegen laſſen alles Haar wachſen, bis die Zeit kommt, da ſie ſich ſcheren muͤſſen, naͤmlich wenn der Bart anfaͤngt ſich zu zeigen. Das weibliche Geſchlecht behaͤlt das Haar ebenfalls, und zwar beſtaͤndig. Nur geſchiedne Frauen ſcheren es ab, die dann mit ihrem kahlen Kopfe gar haͤßlich ausſehen. Die Frauensperſonen ſtreichen das Haar, mit Oehl und ſchleimigen Sachen ſtark durchgeſchmiert und glatt gemacht, von allen Seiten dicht am Kopfe in die Hoͤhe, und zwar entweder ganz nett und einfach, oder auf den Seiten gleichſam wie Fluͤgel ausgezogen. Darauf binden ſie die Enden mitten auf dem Kopfe um einen Knoten feſt, beynahe eben ſo, als die Bauerdirnen in Schweden. Durch die Seiten - fluͤgel unterſcheiden ſich an machen Oertern die Unverhei - ratheten von den Verheiratheten. Vorn vor jenem Haar - wulſte ſtecken ſie einen breiten Kamm ein, der bey geringen Leuten von Holz, bey den Reichen von Schildkroͤtenſchale gemacht iſt. Die Reichen brauchen außerdem verſchiedne andre Zierrathen von Schildkroͤtenſchale, die ſie durch den Wulſt hindurch ſtecken, tragen auch einige wenige Blumen im Haare, und dies macht ihren ganzen Kopf - ſchmuck aus, ohne daß ſie Perlen und Juwelen gebrau - chen. Ihre[O]hren mit Ringen und anderm Gehaͤnge zu ſchmuͤcken, ſo eitel ſind ſie noch nicht.

Den Kopf bedecken die Japaner niemahls, weder mit Huͤten noch Muͤtzen, weder gegen die Kaͤlte, noch185Kleidung und Putz. gegen die Sonnenhitze. Nur auf Reiſen gebrauchen ſie einen Hut, der aus einer Art Gras oder Binſen kegel - foͤrmig geflochten iſt, und mit einem Bande unter dem Kinne feſt gebunden wird. Ein ſolcher Hut iſt ſehr duͤnn und leicht. Auch die Fiſcher brauchen dergleichen. Verſchiedne reiſende Frauensperſonen, die uns unterwe - ges begegneten, hatten Muͤtzen auf, die wie tiefe Sup - penſchalen ausſahen, von Zeug, das mit Gold durch - wirkt war, gemacht, und uͤber den Kopf geſtuͤlpt waren. An einigen Orten traͤgt das weibliche Geſchlecht im Win - ter gegen die Kaͤlte eine gar beſondre Art Muͤtzen, die den Kopf vorn bedecken, an beyden Seiten ausſtehen und unterm Kinne zugebunden werden. Sie werden von weißen ſeidnen Watten verfertigt, mit Kleiſter be - ſtrichen und ganz glatt gemacht. Ich habe aber nicht finden koͤnnen, wie ſie im Stande ſind zu waͤrmen.

Durchgaͤngig bedient man ſich eines Sonnen - und Regenſchirms, um den unbedeckten Kopf gegen die Son - nenſtrahlen und den Regen zu ſchuͤtzen.

Auf Reiſen, ſo wohl zu Fuß, als zu Pferde, ge - braucht man auch haͤufig einen Regenmantel. Dieſer iſt weit und kurz, von dickem, durch Oehl gezognem Pa - pier, und von derſelben Geſtalt, als der Talar. Derglei - chen Maͤntel tragen die Bedienten der Vornehmen, wenn ſie mit ihren Herren reiſen; und ich und meine Gefaͤhrten mußten auf unſrer Jedoer Reiſe unſern Aufwaͤrtern, als wir durch den Ort kamen, wo ſie verfertigt werden, mit ſolchen auch ein Geſchenk machen. Sie halten allen Re - gen ab, und ſind unglaublich leicht, werden auch nicht, wie die Europaͤiſchen Maͤntel und Oberroͤcke, vom Re - gen ſchwerer. Geringe Leute, die ſich einen ſolchen Mantel nicht anſchaffen koͤnnen, haͤngen eine ſtroherne Matte uͤber den Ruͤcken, die entweder glatt, oder aus186Fuͤnfte Abtheilung. Vierter Abſchnitt. wendig von den hervor ſtehenden und herunter hangenden Enden Stroh rauh ſind.

Auf ein oder mehrere Kleidungsſtuͤcke, beſonders auf das Obergewand, laͤßt der Japaner allezeit ſein Wa - pen ſetzen. Es wird entweder auf den Aermeln oder zwiſchen den Schultern angebracht. Die Abſicht hiebey iſt, damit niemand ſie ſtehlen oder umtauſchen moͤge, welches ſonſt ſehr leicht wuͤrde geſchehen koͤnnen, da die Kleidung an Zeug, Geſtalt und Groͤße ſich ſo gleich iſt. Auch kann jeder das Seinige ohne langes Suchen kennen und finden. Wenn man eine Menge Leute beyſammen ſieht, fallen dieſe Wapen auf den Kleidern gar ſonder - bar in die Augen.

Statt der Schnupftuͤcher brauchen die Japaner allezeit ein Stuͤck feines, weiches Schreibpapier, das ſie zu dem Ende immer bey ſich tragen. Dieſes Papiers bedienen ſie ſich auch, den Mund, die Finger, und den Schweiß, im Geſichte, unter den Armen und am Leibe, abzuwiſchen.

Faͤcher gebraucht man hier zu Lande allgemein. Jedermann hat beſtaͤndig einen Faͤcher bey ſich. Man ſteckt ihn auf der linken Seite in den Guͤrtel, und zwar hinter den Saͤbel, ſo daß das offne Ende oben heraus ſteht. Man kuͤhlt ſich damit, wenn man heiß wird; und wenn man im Sonnenſchein ausgeht, haͤlt man ihn vor die Sonne. Man zeichnet auch wohl dies oder je - nes auf dem Faͤcher, wie in einer Schreibtafel, an. Oft haben ſie, wenn ſie reiſen, ihre ganze Reiſe-Route darauf ſtehen.

Das unverheirathete Frauenzimmer ſchminkt ſich auch wohl. Vorzuͤglich thun es die Maͤdchen in den oͤf - fentlichen Haͤuſern zur Erhoͤhung ihrer Reitze. Sie ge - brauchen dazu eine rothe Farbe, die Bing heißt, und in187Kleidung und Putz. kleinen runden porzellanenen Schaͤlchen verwahrt wird. Sie ſchminken aber nicht, wie das ſchoͤne Geſchlecht in Europa, die Wangen, ſondern die Lippen. Iſt die Farbe ſehr duͤnn, ſo werden die Lippen roth; wird ſie aber dick aufgetragen, ſo werden ſie violett, und das wird hier fuͤr eine groͤßere Schoͤnheit gehalten. Ich unterſuchte die Schminke, und fand, daß ſie aus der ge - woͤhnlichen Saflorblume (Carthamus tinctorius) praͤpa - rirt wird.

Das verehlichte Frauenzimmer unterſcheidet ſich hauptſaͤchlich durch die ſchwarzen Zaͤhne. Sie wenden viel Muͤhe an, und halten manchmahl viel aus, um ſie ſchwarz zu faͤrben, und dieſe Schoͤnheit denn da - fuͤr gelten hier die ſchwarzen Zaͤhne, und zwar ſehr vor den unverheiratheten voraus zu haben. Ich geſtehe aber gern, daß mir ein weiter Mund mit ſchwarzen, glaͤn - zenden Zaͤhnen, gar haͤßlich und widrig erſchien. Die Schwaͤrze, welcher ſie ſich dazu bedienen, heißt Obagu - ro oder Kanni, und wird aus Urin, Eiſenfeilſpaͤnen und Sakki bereitet. Sie iſt ſtinkend und freſſend. Sie frißt ſich ſo ſtark in die Zaͤhne hinein, daß ſie in Zeit von mehreren Tagen nur mit Muͤhe abgeſchabt und abgewa - ſchen werden kann. Zahnfleiſch und Lippen muͤſſen waͤh - rend des Beſtreichens ſorgfaͤltig bedeckt werden, wo - fern ſie nicht ganz blau davon werden ſollen. Einige machen von dieſem Schmuck ſchon Gebrauch, ſo bald ſie Freyer bekommen oder Verlobung halten.

Noch ein anderes Unterſcheidungszeichen der Frauen, das ſie noch aͤrger entſtellt, als jenes, beſteht darin, daß ſie alle Haare aus den Augenbraunen ausge - zogen haben. Man kann nicht glauben, wie ſehr hie - durch ſelbſt das ſchoͤnſte Geſicht verliert.

188Fuͤnfte Abtheilung. Fuͤnfter Abſchnitt.

Fuͤnfter Abſchnitt. Muͤnzen und Gewicht.

Das Japaniſche Gewicht iſt ſo eingetheilt, daß ein Pikkel 125 Pfund, ein Katje 16 Thail, ein Thail 10 Mas, und ein Mas 10 Konderyn macht.

Das Geld wird im Handel und Wandel auf eben die Art gerechnet, ſo daß ein Thail, der ungefaͤhr einem Hollaͤndiſchen Thaler gleich kommt, 10 Mas, und ein Mas 10 Konderyn enthaͤlt. Man rechnet aber im ge - meinen Leben nicht nach Thail, ſondern nach Mas, und ſagt ſtatt 1 Thail, 10 Mas; ſtatt 10 Thail, 100 Mas; ſtatt 100 Thail, 1000 Mas, und ſo weiter. Dieſe Art, das Geld zu berechnen, iſt der Schwediſchen Rech - nung nach Thalern Silbermuͤnze und Thalern Kupfer - muͤnze; die andre nach Thail, unſrer Rechnung nach Reichsthalern und Scheidemuͤnze, aͤhnlich.

Repraͤſentirendes oder Papiergeld kennt man in Japangar nicht. Man hat nur baare klingende Muͤn - ze, welche die Regierung ſchlagen und den Werth dar - auf ſetzen laͤßt. Das Silbergeld iſt aber, wenn es zu gleichem Werth gepraͤget iſt, doch an Groͤße und Schwe - re nicht immer gleich. Die Kaufleute waͤgen es daher allezeit, ehe ſie es annehmen.

Die Muͤnzen ſind von Gold, Silber, Kupfer und Eiſen. Ich bediente mich nicht nur der Gelegenheit, von allen jetzt gangbaren und gewoͤhnlichen Muͤnzſorten eini - ge Stuͤcke mitzunehmen, ſondern es gelang mir auch, durch die Dolmetſcher und Aerzte mir alle alte und ſeltne Sorten zu verſchaffen.

Zu den gangbarſten Arten, und zwar den goldnen, gehoͤren zuvoͤrderſt die neuen Kobang. Dies ſind laͤngli - che, an beyden Enden geruͤndete und platt geſchlagne189Muͤnzen und Gewicht. Goldſtuͤcke, ungefaͤhr zwey Zoll lang, etwas uͤber einen Zoll breit, und nicht viel dicker als ein Schwediſcher oder Deutſcher Kupferpfennig. Von Farbe ſind ſie hellgelb. Auf der einen Seite ſind ſie mit eingepraͤgten abgebroche - nen Querſtrichen, und an beyden Enden mit der Figur der kleineren viereckigen Muͤnze, die den Nahmen Itjib fuͤhrt, und die ich ſo gleich beſchreiben werde, bezeichnet. Auf der andern Seite ſieht man in der Mitte einen zirkel - runden Stempel mit erhobenen Buchſtaben, und an dem einen Ende zwey dergleichen kleinere, die auf jedem Stuͤcke verſchieden ſind. Dieſe Muͤnze gilt 60 Mas oder 6 Thaler.

Die eben gedachte kleinere goldne Muͤnze, Itjib, nennen die Hollaͤnder Boontjes (Bohnen). Sie iſt von blaſſem Golde, laͤnglich viereckig und flach, etwas dicker als ein Kupferpfennig. Das Gepraͤge beſteht auf einer Seite aus vielen erhobenen Buchſtaben, und auf der andern aus zwey erhobenen Blumen und einer mondfoͤr - migen Figur. Ihr Werth iſt 5 Mas oder ¼ Kobang.

Unter den Silbermuͤnzen bemerke ich zuerſt den Nandio Gin. Er iſt ebenfalls laͤnglich viereckig, von der Dicke eines Species-Thalers einen Zoll lang und ei - nen Zoll breit, von feinem Silber. In den Rand ſelbſt ſind Sternchen eingedruckt, und um den Rand her - um geht eine Reihe erhobener Puncte. Die eine Seite iſt uͤberall mit erhobenen Buchſtaben bezeichnet, von der andern iſt die untere und zugleich groͤßere Haͤlfte mit er - hobenen Buchſtaben angefuͤllt: auch zeigt ſie eine doppelte mondfoͤrmige Figur. Dieſe Muͤnze iſt nur auf der In - ſel Nipon, beſonders in den Hauptſtaͤdten des Reichs, gaͤnge. Sie gilt 7 Mas, 5 Konderyn.

Die im Handel und Wandel allgemein gebraͤuchli - chen Sorten ſind die Itagame und Kodama. Dies ſind190Fuͤnfte Abtheilung. Fuͤnfter Abſchnitt. unfoͤrmliche Silberklumpen von ſehr verſchiedner Groͤße, Geſtalt und Werth. Die erſteren unterſcheiden ſich je - doch von den letzteren dadurch, daß jene laͤnglich, und dieſe ruͤndlich, gewoͤhnlich dick, ſelten flach, ſind. Sie werden allezeit zugewogen. Von Farbe ſehen ſie wie Bley aus. Sie ſind mit Buchſtaben, aber auf mancherley Art, be - zeichnet. Auf einigen ſieht man das Bild des Gottes des Reichthums, und dieſe heißen Daikokvs ganne. Dieſe nebſt den uͤbrigen Japaniſchen Muͤnzen habe ich in einer, in der Koͤniglichen Akademie der Wiſſenſchaften zu Stock - holm, im Jahr 1779 gehaltnen Rede ausfuͤhrlicher be - ſchrieben, wo auch Abbildungen davon beygefuͤgt ſind.

Seni nennen die Japaner ihre kupfernen, meſſing - nen und eiſernen Muͤnzen. Man kann ſie mit Europaͤi - ſchen Kupferpfennigen vergleichen. Sie ſind aber un - gleich an Groͤße, Werth und Anſehen. Darin kommen ſie jedoch uͤberein, daß ſie alle gegoſſen, in der Mitte mit einem viereckigen Loche, wodurch man ſie auf eine Schnur reihen kann, verſehen ſind, und einen breiten Rand ha - ben. Die Sjumon Seni gelten 10 gewoͤhnliche Seni, oder ½ Mas, fangen aber ſchon an ſelten zu werden. Die Simoni Seni gelten 4 gewoͤhnliche Seni, ſind von Meſſing, beynahe ſo groß als ein acht gute Groſchen-Stuͤck, aber duͤnn, und bloß auf der Inſel Nipongebe; ſie zeich - nen ſich durch ihre gelbe Farbe und die auf der untern Seite befindlichen erhobenen Bogen aus. Die gewoͤhnli - chen Seni ſind von der Groͤße eines Pfennigs, und von rothem Kupfer; 60 machen 1 Mas. Die Dooſa Se - ni ſind von Eiſen gegoſſen, ſo groß und von gleichem Werth, als die vorher gehenden, ſehen auch eben ſo aus, ſind aber ſo ſproͤde, daß ſie leicht zerbrechen oder entzwey fallen. Nahe bey der Stadt Nangaſakiiſt eine Muͤn - ze, wo dergleichen gegoſſen werden.

191Muͤnzen und Gewicht.

Jetzt komme ich zu den ehemahls gangbaren, heu - tiges Tages ſeltnen Arten. Die alten Kobang ſind von feinem Golde, brandgelb von Farbe, und etwas breiter als die neuen, uͤbrigens mit dieſen von einerley Gepraͤge. Sie gelten 10 Thail oder ungefaͤhr 10 Thaler.

Die alten Itjib ſind etwas laͤnger, breiter und di - cker als die jetzt gebraͤuchlichen, von blaſſem Golde, und gelten 22 Mas, 5 Konderyn. Es giebt auch kleinere, die ungemein rar ſind; dieſe ſind kuͤrzer, ſchmaͤler und duͤnner, als die gewoͤhnlichen, auch von hoͤherer Farbe, und ſind 11 Mas, 2 Konderyn, 2 Kasje werth.

Koſju kin, Koſju bang oder Koſju Itjib, Niſin und Sunak ſind Nahmen kleiner goldner, an Groͤße, Geſtalt und Werth ſehr ungleicher Muͤnzen. Sie ſol - len ehemahls in der Landſchaft Koſjugeſchlagen, und da - von benannt ſeyn. Sie ſind von ſehr hellgelbem Golde, platt, auf beyden Seiten mit Stempeln, auf der einen mit zweyen, auf der andern mit vieren, verſehen. Ich er - hielt davon vier runde und ein viereckiges Stuͤck, die alle das mit einander gemein haben, daß der obere Stempel auf der einen Seite, und die beyden zur Rechten auf der andern gleich ſind. Der untere Stempel auf der ei - nen, und die beyden zur Linken auf der andern Seite hingegen ſind verſchieden. Die runden ſind inwendig um den Rande mit erhobenen Puncten bezeichnet. Ihr Werth iſt von 2 bis 12 Mas.

Unter den ſilbernen bemerke ich die Gomome Gin. Dieſe ſind laͤnglich viereckig, beynahe zwey Zoll lang und halb ſo breit, von der Dicke eines Species-Thalers, von grobem Silber, und haben abgeſtumpfte Ecken. Auf dem Rande ſieht man verſchiedne Sternchen eingedruckt, inwendig um denſelben auf beyden Seiten eine ſchmale Vertiefung. Auf beyden Seiten befindet ſich in der un -192Fuͤnfte Abtheilung. Sechster Abſchnitt. tern groͤßern Haͤlfte eine Erhoͤhung, die ſo ausſieht, als wenn ein Nandiogin hinein gelegt waͤre, und worauf man einen großen Stempel mit erhobenen Buchſtaben erblickt. Die andere kleinere Haͤlfte iſt auf einer Seite ohne alles Gepraͤge; auf der andern zeigt ſie zwey Reihen Puncte, zwey gerade Querſtriche, und zwiſchen denſelben ein ge - ſchlungnes Band, alles erhoben. Dieſe Muͤnze wird auf 5 Mas geſchaͤtzt, und ſoll vor dieſem in den Haupt - ſtaͤdten gaͤnge geweſen ſeyn.

Sechster Abſchnitt. Zeitrechnung und Feſte.

Das Jahr theilen die Japaner nach dem Lauf des Mon - des ein. Einige Jahre beſtehen daher aus zwoͤlf, andre aus dreyzehn Monathen. Das neue Jahr faͤngt entwe - der im Februar oder im Maͤrz; ihre Zeitrechnung aber mit dem Jahr 660 vor Chriſti Geburt, an.

Die zwoͤlf himmliſchen Zeichen haben ſie auch, aber unter andern Nahmen, als die Europaͤer. Sie heißen bey ihnen, wie folget: 1. Ne, Ratze. 2. Us, Stier. 3. Torra, Tiger. 4. Ow, Haſe. 5. Tats, Drache. 6. Mi, Schlange. 7. Uma, Pferd. 8. Titſuſe, Widder. 9. Sar, Affe. 10. Torri, Hahn. 11. In, Hund. 12. J, Baͤr. Von dieſen himmliſchen Zeichen werden gewiſſe Jahre benannt. So war das Jahr 1774 das Pferdejahr, 1776 das Affenjahr.

Die Monathe kommen des ungleichen Mondeslaufs wegen, mit den unſrigen niemahls vollkommen uͤberein. Sie haben ihre eignen Nahmen, und zwar von ihrer Zahl. Da die Hollaͤnder waͤhrend ihres hieſigen Aufent - halts ſich ſo wohl nach dem Europaͤiſchen, als nach dem Ja - paniſchen Kalender zu richten genoͤthigt ſind, muͤſſen ſieſich193Zeitrechnung und Feſte. ſich jaͤhrlich einen aus beyden zuſammen geſetzten Kalen - der aufſetzen, der das Verhaͤltniß beyder Zeitrechnungen darſtellt. Hier iſt ein ganz kurzer Auszug aus einem ſol - chen Kalender, woraus man zugleich die Nahmen der Monathe ſehen kann. Das Jahr 1776, oder das Af - fenjahr, hat 355 Tage.

Die Monathe werden demnach ſo gezaͤhlt: der er - ſte, der zweyte, der dritte, und ſo weiter bis den zwoͤlf - ten, und die Jahre haben nicht gleich viele Tage. Das zweyte oder dritte Jahr iſt allezeit ein Schaltjahr, deren in neunzehn Jahren ſieben einfallen.

Wochen haben die Japaner nicht, ſondern der Er - ſte und Funfzehnte in jedem Monathe ſind Ruhetage. An dieſen Tagen arbeitet kein Handwerksmann; ſelbſtThunbergs Reiſe. 2. Bandes 1. Theil. N194Fuͤnfte Abtheilung. Sechster Abſchnitt. die oͤffentlichen Dirnen kaufen ſich an denſelben frey, und halten es fuͤr einen großen Schimpf, wenn ſie alsdann genoͤthigt werden, Mannsperſonen anzunehmen.

Tag und Nacht werden nur in zwoͤlf Stunden ab - getheilt. Hiebey richten ſie ſich das ganze Jahr hindurch nach dem Auf - und Untergange der Sonne. Wenn die Sonne aufgeht, zaͤhlen ſie ſechs Uhr, und wenn ſie un - tergeht, ebenfalls 6. Mitternacht und Mittag iſt alle - zeit 9 Uhr.

Die Zeit wird nicht mit Uhren oder Stundenglaͤ - ſern, ſondern mit brennenden Lunten abgemeſſen, die wie Stricke gedrehet, und in einem beſtimmten, durch - gaͤngig gleichen Abſtande, mit Knoten verſehen ſind. Die Zeit, da eine ſolche Lunte von einem Knoten zum andern wegbrennt, zeigt eine gewiſſe Zeit an. Iſt ſie nun bis zu einem Knoten weggebrannt, ſo wird es bey Tage mit gewiſſen Schlaͤgen an den Glocken auf den Thuͤrmen ihrer Tempel, des Nachts aber durch Zuſam - menſchlagen zweyer Hoͤlzer von den herum gehenden Nachtwaͤchtern, angezeigt. Man bedient ſich aber auch wohl noch einer andern, gar beſondern Methode. Man fuͤllt eine Lade, die eine halbe Elle lang, und ungefaͤhr halb ſo breit iſt, mit Aſche an; macht in die Aſche fei - ne Reifen, oder Kanaͤle, von einem Ende zum andern und ſo wieder zuruͤck in mehreren Windungen. In dieſe ganz durch fortlaufenden Furchen ſtreuet man feines Pulver von der Rinde des Skimmibaums (anisartiges Illicium, Illicium aniſatum), und macht Abtheilungen fuͤr die Stunden. Der Deckel wird feſt zugemacht, aber ein kleines Loch gelaſſen, wodurch die Luft einziehen kann, um das Feuer zu unterhalten. Darauf wird das Pulver angezuͤndet, das langſam und ſich immer gleich weg - brennt. So oft es bis zu einer Abtheilung weggebrannt195Zeitrechnung und Feſte. iſt, wird es auf die angefuͤhrte Art durch Glockenſchlaͤ - ge oder Zuſammenſchlagen zweyer Stuͤcken Holz zu erken - nen gegeben. Beſonders bedienen die Nachtwachen an vielen Orten ſich dieſer Pulver-Uhr.

Das Alter der Kinder wird ſo berechnet, daß das Jahr, worin ſie gebohren ſind, fuͤr voll gilt. Am En - de des Jahrs iſt alſo jedes in demſelben zur Welt gekom - mene Kind, und wenn es auch erſt in den letzten Tagen des letzten Monaths gebohren iſt, ein Jahr alt.

An den beyden mittelſten, und auch an den bey - den letzten Tagen des Jahrs, folglich alle halbe Jahr, muͤſſen alle Rechnungen abgeſchloſſen, und nebſt allen andern Schulden und Forderungen, bezahlt werden. Alsdann wird von neuem bis zum naͤchſten allgemeinen Abrechnungs - und Zahlungs-Termin, das iſt auf ein hal - bes Jahr, Credit gegeben. Wer im Termine ſeine Rech - nung, Forderung oder ausſtehende Schuld nicht bezahlt bekommen hat, hat hernach kein Recht, ſie weiter zu fordern. Gluͤcklich ein Volk, das beym Anfange jedes halben Jahrs ganz ſchuldenfrey iſt!

Am Neujahrstage wuͤnſcht jedermann, in ſeinem feſtlichen, blau und weiß geſtreiften Anzuge, dem an - dern Gluͤck. Man geht mit ſeiner Familie umher, und legt Gratulations-Beſuche ab. Gewoͤhnlich wird der ganze erſte Monath dazu angewandt; ſo viele Viſiten haben die Japaner bey dieſer Gelegenheit zu machen. Dieſe ganze Zeit iſt zugleich dem geſellſchaftlichen Ver - gnuͤgen gewidmet.

Einige Tage nach Neujahr wird die Ceremonie verrichtet, daß die Japaner das Crucifix und das Bild der Jungfrau Maria mit Fuͤßen treten. Beyde ſind von Kupfer gegoſſen, und etwas weniger, als eine halbe Elle lang. Die Abſicht bey dieſer Handlung iſt, Ab -N 2196Fuͤnfte Abtheilung. Sechster Abſchnitt. ſcheu und Haß gegen die chriſtliche Religion und gegen die Portugieſen, die ſie ehemahls in dieſem Lande predig - ten, und allgemein machen wollten, einzupraͤgen und zu unterhalten, wie auch zu erforſchen, ob etwa noch ein Ueberbleibſel von Anhaͤnglichkeit an dieſelben bey irgend jemand anzutreffen ſeyn moͤchte. Indeſſen geſchieht dies nur in denjenigen Gegenden, wo die Chriſten vor Zeiten ſich am meiſten aufhielten. Zu Nangaſakidauert dieſe Ceremonie vier Tage. Hernach werden die Bilder nach den umliegenden Oertern, wo ein gleiches damit ge - ſchieht, und zuletzt wieder nach Nangaſakigebracht, und da bis zum folgenden Jahre verwahrt. Jedermann, bloß den Gouverneur mit ſeiner Suite und Bedienung aus - genommen, ſo gar die kleinſten Kinder muͤſſen dabey zuge - gen ſeyn. Daß aber auch, wie einige behaupten wollen, den Hollaͤndern zugemuthet werde, Theil daran zu neh - men, und mit auf die Bilder zu treten, iſt nicht wahr. Gewiſſe Aufſeher ſind dabey verordnet, welche die Einwoh - ner nach ihren Bezirken von Haus zu Haus zuſammen ru - fen, wenn alle beyſammen ſind, in gehoͤriger Ordnung ihre Nahmen aufrufen, und bey der Handlung ſelbſt dahin ſe - hen, daß alles richtig zugehe. Die Erwachſenen treten von einer Seite zur andern uͤber die Bilder weg; die Kinder werden unter den Armen aufgehoben, und mit den Fuͤßen darauf geſtellt. Unter den Hollaͤndern ſind aͤußerſt we - nige, die dieſe Feyerlichkeit je geſehen haͤtten. Von den jetzt auf der Inſel befindlichen Officieren war nur ein ein - ziger, der einmahl Gelegenheit gehabt hatte, im Vorbey - gehen, als er vom Chef an den Gouverneur, um etwas, die Zuruͤſtung zur Jedoer Reiſe betreffend, zu beſtellen, nach der Stadt geſchickt war, etwas davon zu ſehen.

Die Feyer des ſiebenten Tages iſt in Japanunbe - kannt. Sie haben aber verſchiedne andre jaͤhrliche Feſte,197Zeitrechnung und Feſte. die zum Theil einen, zum Theil mehrere Tage nach ein - ander, waͤhren, und die ſie als gottesdienſtliche Tage feyern. Die merkwuͤrdigſten Feſttage, welche in der Zeit meines hieſigen Aufenthalts im Jahr 1776 einfielen, ſind folgende. Den 5. Goguats, oder 20. Junius, das Pelang - feſt. Den 7. Sitsguats, oder 20. Auguſt, das Sternen - feſt. Den 13., 14. und 15. deſſelben Monaths, oder den 26., 27. und 28. Auguſt, das große Leuchtenfeſt. Den 7., 8. und 9. Kuguats, oder den 18., 19. und 20. October das Feſt Matſuri.

Den 1. Fatsguats oder den 13. September fiel der Japaniſche Jahrmarkt (Faſſak) ein. Den 15. Kuguats nahm der Hollaͤndiſche Markt den Anfang.

Siebenter Abſchnitt. Uebrige Sitten, Gewohnheiten und Einrichtungen der Japaner.

In dieſem Kapitel liefere ich eine allgemeine Nachleſe von dem, was ich von den Einrichtungen, Sitten und Gebraͤuchen der Japaner, in Ruͤckſicht auf ihr haͤusliches und Privat-Leben bemerkt, aber im Vorhergehenden noch nicht angefuͤhrt habe. Der Leſer wird ſich erinnern, daß vieles hieher gehoͤrige bereits unter den vorher gehenden Rubriken, theils in meiner Reiſebeſchreibung ſelbſt, vor - gekommen iſt. Hierauf muß ich mich alſo jetzt beziehen und den Leſer verweiſen. Was ich von Regierung, Staatsverfaſſung, Ackerbau, Kuͤnſten, Gelehrſamkeit der Japaner noch nachzuhohlen habe, dem habe ich in beſondern, noch folgenden Kapiteln ſeinen Platz ange - wieſen.

198Fuͤnfte Abtheilung. Siebenter Abſchnitt.

Ich fange mit den eigenthuͤmlichen Nahmen der Japaner an. Jede Familie, und jede Perſon hat ih - ren eignen Nahmen. Dieſe werden aber ganz anders gebraucht, als in Europa. Der Familiennahme, oder was man bey uns den Zunahmen nennt, bleibt bey jeder Familie und allen ihren Nachkommen jederzeit unveraͤn - dert. Im gemeinen Leben und im Umgange aber wird er nie gebraucht, ſondern nur alsdann, wenn man etwas unterſchreibt, da man zugleich gewoͤhnlich ſein Siegel beyſetzt. Auch das iſt etwas beſonderes, daß der Zunah - me nicht zuletzt, ſondern allezeit voran, der Vornahme aber nach demſelben geſetzt wird. Der Vornahme iſt es, womit der Japaner allezeit angeredet, benannt und geru - fen wird, und dieſen veraͤndert er in ſeinem Leben ver - ſchiedne Mahl. Wenn ein Kind das Licht der Welt er - blickt, bekommt es von ſeinen Aeltern einen gewiſſen Nahmen. Iſt es ein Sohn, ſo behaͤlt er ihn, bis er mannbar wird; alsdann veraͤndert er ihn. Bekommt er ein Amt oder eine Bedienung, ſo wird abermahls eine Veraͤnderung damit vorgenommen. So oft er zu hoͤhe - ren Stellen hinauf ruͤckt, geſchieht wieder eine Vertau - ſchung. Einige, beſonders die Kaiſer und Fuͤrſten, be - kommen ſo gar nach dem Tode einen neuen Nahmen. Beym weiblichen Geſchlechte iſt der Vornahme nicht ſo vie - len Veraͤnderungen unterworfen. Den Maͤdchen geben die Aeltern oft den Nahmen von einer ſchoͤnen Blume.

Diejenigen, welche mit hohen Wuͤrden und Aem - tern bekleidet werden, bekommen beym Antritte derſel - ben vom Dairi, oder dem geiſtlichen Kaiſer, praͤchtig klin - gende Titel. Auch andern ſehr vornehmen Perſonen ertheilt derſelbe verſchiedene Ehren-Nahmen.

Wie die Japaner ſitzen, und wie ſie eſſen, habe ich oben ſchon erzaͤhlt. Ihre gewoͤhnliche Ordnung in199Uebrige Sitten u. ſ. w. der Japaner. Anſehung des Eſſens iſt die, daß ſie dreymahl des Tages eſſen. Eins ihrer gewoͤhnlichſten Gerichte iſt Miſoſuppe mit Fiſchen und Zwiebeln gekocht.

Wenn ſie auf der See ſind, ſchlachten ſie kein Thier: dies ruͤhrt von einem ſonderbaren Aberglauben bey ihnen her. Auf unſrer Seereiſe beſorgten die Japa - ner daher zwar, ſo oft ſie ans Land gingen, daß Gaͤnſe, Enten und Huͤhner fuͤr uns geſchlachtet, und fuͤr unſern Tiſch zugerichtet wurden. Wollten wir aber in der Zwi - ſchenzeit nicht ohne Braten von Gefluͤgel ſeyn, ſo mußte ich das Geſchaͤfft uͤbernehmen, daſſelbe zu ſchlachten.

Die Japaner trocknen viele von den, ihrem Lande eignen Fruͤchten; viele machen ſie aber, auf eine, ſo viel ich weiß, nur bey ihnen und den Chineſern gebraͤuch - liche Art, mit Gaͤſt oder Sakkihefen ein. Jene nennen ſie Mebos, dieſe Menaratſki. Me bedeutet Frucht, Obſt; Nara iſt der Nahme der Stadt, wo die Fruͤchte am haͤufigſten und beſten auf dieſe Art eingemacht wer - den; Suki heißt einmachen. Zum Einmachen nimmt man entweder ganze Fruͤchte, oder man ſchneidet ſie, wenn ſie groß ſind, in Scheiben. Man braucht dazu den Gaͤſt oder Barm, den der gegohrne Sakki oder Reiß - trank giebt, deſſen Saͤure die Frucht durchdringt, ihr ei - nen gewiſſen Geſchmack giebt, und ſie ein ganzes Jahr und noch laͤnger gut erhaͤlt. Beſonders macht man eine Art großer Gurken, die Konomon heißen, in großer Menge auf dieſe Weiſe ein, die hernach in kleinen Faͤſ - ſern verfuͤhrt, und wie bey uns die Gurken zum Braten und dergleichen gegeſſen werden: ſie ſchmecken auch bey - nahe eben ſo, als unſere eingemachten Gurken.

Die Japaner haben eine Art Nudeln, die ſie Laxa nennen. Sie beſtehen aus Faͤden, die ganzer zwey El - len lang ſind, zuſammen gerollt und faſt allenthalben im200Fuͤnfte Abtheilung. Siebenter Abſchnitt. Lande verkauft werden. Sie werden von Weitzen - oder Buchweitzen-Mehl gemacht, und nach dem Gewichte verkauft. Die letzteren haben den beſondern Nahmen Sabakiri. Man ſchneidet die Faͤden in Stuͤcken, und thut ſie zu einer Art Suppe, die davon einen angeneh - men Geſchmack bekommt, etwas zaͤhe oder ſchleimig wird, und ſehr nahrhaft iſt. Die Nudeln loͤſen ſich jedoch in der Suppe nicht ganz auf. Ißt man dies Gericht mit Zwiebeln und Frikadellen von Fiſchen, ſo heißt es Nio - men; thut man aber ſtatt deſſen Pfeffer und Soja hin - zu, ſo bekommt es den Nahmen Somen.

In allen Wirthshaͤuſern und Herbergen, ſo gar auf dem Lande, findet man eine Art Kuchen von Reiß - mehl, die bisweilen gruͤn gefaͤrbt ſind, zu Kauf. Die Reiſenden, beſonders die Norimon-Traͤger, pflegen ſie gern zu kaufen, und zum Thee zu eſſen. Thee trifft man auch allenthalben zum Dienſt der Reiſenden an.

Den Zuckertang (Fucus ſaccharinus), den die See ſo in Menge auswirft, brauchen die Japaner haͤu - fig zum Eſſen, ſo zaͤhe er auch zu ſeyn ſcheint. Er wird vorher getrocknet, und von Sand, Salz und andrer Unreinlichkeit geſaͤubert. Beſonders wird er bey ſolcher Gelegenheit gegeſſen, da man ſich beym Sakki lu - ſtig haͤlt. Man ſchneidet ihn in Stuͤcke, kocht ihn, wo - durch er viel dicker wird, und thut ihn zu andern Spei - ſen. Bisweilen wird er aber auch roh gegeſſen, nach - dem man das Aeußere abgeſchabt hat, da er dann ganz weiß ausſieht. In dieſem Falle ſchneidet man ihn ge - woͤhnlich in Streifen, die zwey Zoll lang und einen Fin - ger breit ſind, wickelt eine Parthey davon vierſeitig zu - ſammen, und bindet einen feineren Streif von eben dem Tang, eine Linie breit, und drey Zoll lang, herum. Dieſe Paͤckchen werden entweder mit oder ohne Sanſjo201Uebrige Sitten u. ſ. w. der Japaner. (Pfefferfagara, fagara piperita) gegeſſen. Die kleinen Tiſche, worauf die Geſchenke praͤſentirt werden, belegt man auch mit dergleichen kleinen Buͤndeln Tangſtreifen, die zu halben und ganzen Stiegen darauf umher liegen. Das den Geſchenken beyzufuͤgende ſo genannte Compli - ment-Papier wird auch an beyden Enden mit einem Strei - fe von dieſem Tang geziert, der einen Zoll breit und ei - ne Viertelelle lang iſt, und darauf feſt geklebt wird.

Zum Waſchen des leinenen und baumwollnen Zeu - ges braucht man hier keine Seife, ſondern Mehl von ei - ner Art Bohnen, die, wenn ſie ſehr fein gemahlen wer - den, einen ungemein weißen Puder geben.

Die Zimmer erleuchtet man theils mit Lichten, theils mit Lampen. Jener bedient man ſich aber doch nur ſelten; die letzteren ſind faſt durchgaͤngig gebraͤuch - lich. Die Lichte ſind klein, eine Viertelelle lang, oben einen Zoll dick, werden aber nach unten allmaͤhlig duͤn - ner, haben alſo gerade die umgekehrte Geſtalt, als unſre Talg - und Wachslichte. Der Tocht beſteht aus zuſam - men gewickeltem Papier, das auswendig mit anderm wei - ßeren und feineren Papier ſpiralfoͤrmig umwunden iſt. Unten iſt ein Loch, ſo groß, daß das Licht damit auf eine eiſerne Spitze geſteckt werden kann, die auf einem Leuch - ter befeſtigt iſt. Die Materie, wovon dieſe Lichte ge - macht werden, iſt ein Oehl, das aus dem Samen des Firnißbaums (Rhus vernix, ſuccedanea) gepreßt oder gekocht wird. Der Baum heißt Faſi noki, waͤchſt in verſchiednen Provinzen, und giebt eine Menge Samen. Kauft man dieſe Lichte friſch, ſo ſind ſie inwendig etwas weiß oder vielmehr gelblich, und mit einer weißen Rinde uͤberzogen. Das Oehl erſtarret durch die Kaͤlte der Luft, und bekommt eben die Conſiſtenz als Talg, iſt mithin ſo hart als Wachs. Wenn es alt wird, pflegt es bald202Fuͤnfte Abtheilung. Siebenter Abſchnitt. ranzig und zugleich gelblich zu werden. Dieſe Lichte brennen gut, rinnen und lecken aber wie Talglich - te. Wenn ſie verkauft werden, ſind ſie ſehr nett in Papier eingewickelt, das unten zuſammen gelegt, oben um den Tocht gewunden, von da an aber noch ein Paar Zoll hoch und offen iſt, und voͤllig wie eine lange Rakete ausſieht. In den Lampen brennt man Senfoͤhl und Oehl von der Dryandra cordata. Man hat ihrer eine oder auch wohl mehrere im Zimmer.

Unter den Geſchenken, welche der Fuͤrſt der Land - ſchaft Jetſigo, wo der Firnißbaum in ſehr großer Men - ge waͤchſt, und die faſt das ganze Land mit dem Oehl ver - ſorget, dem Kaiſer mitbringt, ſind hundert ſolche Lichte, einen Fuß lang, und ſo dick als ein Mannsarm, mit ver - haͤltnißmaͤßigem Tochte. Dieſe Ehren-Lichte werden nur zweymahl im Jahre an gewiſſen Feſttagen im Kaiſerli - cken Pallaſt gebrannt. So ſchwer es auch iſt, ein ſol - ches Licht zu bekommen, war ich doch ſo gluͤcklich, eins habhaft zu werden, das bey ſolcher Gelegenheit gebrannt hatte. Das Oehl deſſelben ſchien nicht nur weißer, ſon - dern auch feſter zu ſeyn, als in den gewoͤhnlichen Lichten, die man kauft, und die bald weich und braun werden.

Feuer ſchlaͤgt man hier mit Feuerſtahl, das gemei - niglich ſehr klein iſt, und einem ohne Kunſt gebrochnen Steine von gruͤnlichem Quarz. Zum Zunder dient das Rauhe von den Blaͤttern des Beyfußes (Artemiſia vulga - ris), woraus eine braͤunliche Wolle gemacht wird, die leichter als Moxa Feuer faͤngt. Uebrigens bedienen ſie ſich kurzer Schwefelſticken, die einen Finger lang, und verhaͤltnißmaͤßig ſehr breit, an den Enden quer abge - ſchnitten und in Schwefel getunkt ſind. Sie werden in Buͤndel zuſammen gebunden und in einen halben Cirkel gebogen.

203Uebrige Sitten u. ſ. w. der Japaner.

Das Heitzen der Zimmer habe ich oben beſchrieben.

Zum Verſiegeln gebrauchen die Japaner kein Lack, ſondern ſie drehen und winden etwas Papier um das, was verſiegelt werden ſoll, und knuͤpfen es ſo zu, daß ſie ſehr leicht merken koͤnnen, ob man es losgemacht hat. Auf dieſe Art werden ſelbſt die Packhaͤuſer auf Dezima, dicht beym Schloſſe verſiegelt, auf deſſen Verſchließung ſie ſich weit weniger verlaſſen, als auf ihr elendes, aber kuͤnſtliches, Papiergebinde.

Seile und Stricke, ſelbſt ſtarke Schiffstaue, ma - chen die Japaner nicht von Hanf, ſondern von Neſſeln, die in Menge, von anſehnlicher Groͤße, und von meh - rern Arten auf den Bergen ſtehen. Die Gattungen, welche die Seiler am meiſten brauchen, ſind die ſchnee - weiße (Urtica nivea), und eine, die ich nur hier gefun - den habe, (Iaponica). Der Baſt, gehoͤrig bearbeitet, giebt ſo feines Garn, daß auch Leinwand davon verfer - tigt werden kann.

Die Oehlpreſſen, welche man hier zu Lande ge - braucht, beſtehen aus zwey auf der Erde liegenden Bloͤ - cken, zwiſchen welchen die Koͤrner zerquetſcht und das Oehl heraus gepreßt wird. Der eine dieſer Bloͤcke iſt feſt und unbeweglich. Der andere wird mit ſtufenweiſe ſtumpferen Keilen, die mit einem ſehr langen hoͤlzernen Schlaͤgel niedergeſchlagen werden, gegen jenen getrieben. An der Seite laͤuft das Oehl heraus, und in ein darun - ter ſtehendes Gefaͤß.

Beym Schnupfen, den man wegen der haͤufigen Abwechſelung kalter und warmer Luft in dieſem Lande gar leicht bekommen kann, nehmen die Japaner ganz fei - nen Schnupftobak, der dem Spaniol aͤhnlich iſt. Sie bekommen ihn von den Chineſern, die ihn in kleinen durchſichtigen gruͤnen Flaſchen hieher bringen.

204Fuͤnfte Abtheilung. Siebenter Abſchnitt.

Auf ihre Meublen, Hausgeraͤth und andre Sa - chen ſetzen die Japaner ihr Wapen, wie ich dergleichen oben ſchon von ihren Kleidungsſtuͤcken erzaͤhlt habe. Je - der kennt daher das Seinige ſo gleich, und Diebe koͤnnen geſtohlne Sachen nicht gut verkaufen.

Alles Kartenſpiel iſt bey den Japanern ſcharf ver - bothen. Sie lieben dieſen Zeitvertreib auch nicht. Auf dem Schiffe wurde ich einige Mahl gewahr, daß ſie Ge - brauch davon machten. Auf dem Lande aber habe ich es niemahls geſehen. Ihre Karten ſind von dickem ſtei - fen Papier gemacht, zwey Zoll lang, und einen guten Zoll breit. Zu einem Spiele gehoͤren funfzig, die auf der Hauptſeite verſchieden bezeichnet, auf der unrechten Seite aber alle ſchwarz ſind. Sie legen die Karten in Haufen, mehrere auf einander; darauf kehren ſie die Karten um, und ſehen zu, welche gewonnen hat.

Ein anderes Japaniſches Spiel lernte ich auch auf der Seereiſe kennen, das mit unſerm Gaͤnſeſpiele Aehn - lichkeit hat. Sie legen einen Bogen ſtarkes Papier, wor - auf verſchiedne viereckige, mit allerley Figuren bezeichnete, Faͤcher abgetheilt ſind, vor ſich hin. Darauf werfen ſie der Reihe nach einen Wuͤrfel, und jeder Spieler hat ein Hoͤlzchen oder etwas anderes, womit er in den Faͤchern ſeinen Wurf bemerkt.

Die Japaner haben ein muſikaliſches Inſtrument, das in Anſehung des Klanges und der Einrichtung einer Zither oder einer Davids-Harfe aͤhnlich iſt. Sie nen - nen es Koto. Es iſt einen Fuß lang und hat dreyzehn Saiten.

Nach Orientaliſcher Sitte beſuchen die Japaner weder einander, noch die Hollaͤnder, ohne ein Geſchenk voran zu ſchicken. Dergleichen Geſchenke werden mehr gegeben, weil es Mode iſt, als um ihres Werths wil -205Uebrige Sitten u. ſ. w. der Japaner. len, der oft ſehr gering iſt. Nicht ſelten beſtehen ſie in Kleinigkeiten, zum Exempel einem friſchen Fiſche oder dergleichen. Allezeit aber werden ſie auf eine feyerliche Art geſchickt, auf einem beſonders dazu verfertigten Ti - ſche, mit Papier, das nach einer gewiſſen Form zuſam - men gelegt iſt, umwunden, und dergleichen. Als eini - ge Fuͤrſten, oder Ober-Landesbefehlshaber, im Hafen vor Nangaſakiunſer Schiff beſuchten, um es zu beſe - hen, ſchickte jeder von ihnen dem Capitain vorher ein Geſchenk zu, das in einem Faß Sakki und einigen ge - doͤrrten, gefleckten Blackfiſchen (Sepia), einer Art Fi - ſche, die von den Japanern und Chineſern haͤufig gegeſ - ſen werden, beſtand. Es giebt aber auch verſchiedne andre Gelegenheiten, da es nicht nur Gebrauch, ſondern ſo gar Pflicht iſt, dem andern dergleichen Geſchenke zu ſchicken. Es wird auch das ſo genannte Compliment - Papier beygelegt, das auf eine ganz eigne Art zuſammen gelegt und umwunden wird.

Die Zinſen von geliehenem Gelde ſind bey dieſer Nation, wie bey den Chineſern, hoch; oft betragen ſie achtzehn bis zwanzig vom Hundert.

In Japanweiß man von der Vielweiberey nichts. Jeder Mann hat nur Eine Frau. Dieſe haͤlt er aber auch nicht, wie die Chineſer thun, im Hauſe eingeſperrt, ſondern ſie hat die Freyheit, nicht nur in Geſellſchaft von Mannsperſonen zu ſeyn, ſondern auch allenthalben aus - zugehen.

Bey Beſchreibung meines Aufenthalts zu Nanga - ſakihabe ich bereits etwas von daſigen oͤffentlichen Maͤd - chenhaͤuſern geſagt. Dergleichen Haͤuſer hat man nicht nur in allen großen Staͤdten und in allen Handelsplaͤtzen, ſondern auch bey allen Seehaͤfen, waͤre es auch in den kleinſten Doͤrfern. Sie werden gar nicht als Wohn -206Fuͤnfte Abtheilung. Siebenter Abſchnitt. plaͤtze der Liederlichkeit, oder als unanſtaͤndige Oerter an - geſehen. Selbſt Leute von gutem Ruf beſuchen ſie, wenn ſie ihre Freunde mit Sakki tractiren wollen. Ue - berhaupt betrachten die Japaner die Unzucht nicht als ein Laſter, am wenigſten wenn ſie an Oertern getrieben wird, die unter dem Schutze der Geſetze und der Regierung ſte - hen. Gemeiniglich ſind dieſe Haͤuſer die ſchoͤnſten und praͤchtigſten, und nicht ſelten ſind ſie an die Tempel der Gottheiten gebauet. An einem ſo kleinen Orte, als Dſino Kameru, waren nicht weniger als funfzig oͤffent - liche Maͤdchen. Zu Kaminoſekiſind zwey ſolcher Haͤu - ſer, die dermahlen zuſammen mit achtzig Maͤdchen be - ſetzt waren. Zu Miteraitrifft man der Haͤuſer ſo gar vier, und zwar ſehr wohl conditionirte, an. Dieſe, jetzt uͤber das ganze Land ausgebreitete Einrichtung iſt aber nicht immer geweſen, ſondern erſt zur Zeit der ein - heimiſchen Kriege entſtanden, als der weltliche Kaiſer, damahls oberſter Befehlshaber der Kriegsmacht, dem Dairi die Kaiſerliche Gewalt und Autoritaͤt, diejenige ausgenommen, welche er in Religionsſachen noch hat, entriß und an ſich brachte. Der Dairi wurde damahls gezwungen, in ſehr zartem Alter mit ſeiner Pflegemut - ter und ſeinem Hofſtaate zu entfliehen. Sie nahmen den Weg nach Simonoſeki. Seine Bedienung beſtand, wie ſie noch jetzt thut, (denn er wird fuͤr ſo heilig gehal - ten, daß keine Mannsperſon ihm nahe kommen darf), lediglich aus Perſonen des andern Geſchlechts. Auf der Flucht uͤber die See ſprang die Pflegemutter, als die Feinde ihr nachſetzten, mit ihm ins Waſſer, und ertrank. Das Frauenzimmer von ſeiner Bedienung kam nach Si - monoſeki; weil dieſe Leute aber nicht zu leben hatten, ſa - hen ſie ſich genoͤthigt, auf eine unanſtaͤndige Art ihren Unterhalt zu erwerben. Dies iſt, wie viele, unter an -207Uebrige Sitten u. ſ. w. der Japaner. dern die Dolmetſcher, bey denen ich mich ausdruͤcklich darnach erkundigte, mich verſichert haben, der erſte Ur - ſprung ſolcher oͤffentlichen Haͤuſer, die ſich waͤhrend der vieljaͤhrigen Fortdauer der Unruhen und buͤrgerlichen Kriege allmaͤhlig weiter und weiter erſtreckt haben. Die in jenen Haͤuſern befindlichen Frauensperſonen haben aber nicht allenthalben gleiche Nahmen, auch nicht glei - che Achtung. Zu Simonoſekiheißen ſie noch jetzt Jo - ruſſi, welches der Nahme iſt, den die Beyſchlaͤferinnen des Dairi, deren, außer ſeiner rechten Gemahlin, zwoͤlf ſind, ehemahls fuͤhrten, und noch heutiges Tages fuͤh - ren. An andern Oertern kennt man ſie meiſtens unter der Benennung Keiſe oder Keſe, welches ſo viel heißt, als ein theils aufrecht, theils umgekehrt ſtehendes Schloß (chateau), und anzeigen ſoll, daß ſie von der Ehrbarkeit zur Unzucht uͤbergegangen ſind. Die von der niedrigern Gattung, welche jedermann fuͤr den geringen Preis von acht Konderyn zu Dienſt ſind, nennt man Faifats; eine Benennung, die von dem Worte Fai gin herkommt, das eine ehemahls gebraͤuchliche Muͤnze von ſehr ſchlechtem Silber, und dem Werthe eines Konderyn, bedeutet. Die allerſchlechtſte Art der fuͤr Geld feilen Perſonen heißt Ofiakv. Dieſe gehen umher und betteln, und zeigen ſich fuͤr eine unbedeutende Kleinigkeit. Sie ſollen ihren Nahmen von einer Weibsperſon bekommen haben, die unklug und zugleich ſehr liederlich geweſen. Wenn Aeltern mehr Toͤchter haben, als ſie ernaͤhren koͤnnen, verkaufen ſie ſie fruͤh, oft ſchon im fuͤnften Jahre, an den Inhaber eines oͤffentlichen Hauſes. Hier dienen ſie in den Jahren der Kindheit als Dienſtmaͤdchen und Auf - waͤrterinnen, beſonders als Aufwaͤrterinnen der eigent - lichen Maͤdchen des Hauſes, deren jede eins ſolcher jun - gen Maͤdchen zu ihrer eignen Aufwartung hat. Sind208Fuͤnfte Abtheilung. Siebenter Abſchnitt. ſie nun zwoͤlf bis ſechzehn Jahr alt, ſo werden ſie mit vieler Feyerlichkeit, oft auf Koſten derjenigen, welcher ſie bisher aufgewartet haben, fuͤr frey von Aufwartung und geringern Verrichtungen erklaͤrt, und zu foͤrmli - chen Damen des Hauſes eingeweihet. Das ſonderbarſte iſt, daß dieſe Maͤdchen, wenn ſie in dem Hauſe, wo - hin ſie in ihrer Kindheit verkauft worden, gewiſſe Jahre in beyden Eigenſchaften gedient haben, ihre voͤllige Frey - heit wieder bekommen, im geringſten nicht als entehrt angeſehen, ſondern ſo gar hernach oft auf eine ſehr ho - nette Art verheirathet werden. So allgemein dieſe Einrichtung und Sitte im ganzen Lande iſt, und ſo we - nig die Einwohner uͤberhaupt ſich etwas arges dabey den - ken, haben doch verſchiedne Maͤnner von Verſtand und Grundſaͤtzen mir geſtanden, daß ſie ſie fuͤr unanſtaͤndig und der Ehre der Nation nachtheilig hielten.

Kinder trifft man allenthalben, in Staͤdten und Doͤrfern, in Menge an. Durchgaͤngig habe ich be - merkt, daß die Aeltern ſie zwar fruͤh zu ſtrengem Gehor - ſam gewoͤhnen, aber uͤbrigens ſie faſt bloß mit guten Worten und Zureden regieren. Scheltworte oder harte Verweiſe habe ich ſelten gehoͤrt, und Stoͤße, Schlaͤge und Gebrauch der Ruthe faſt niemahls geſehen. In den Schulen leſen alle Kinder zugleich, und zwar ſehr laut; das giebt ein Geſchrey, daß man, wenn man hin - ein geht, in Gefahr iſt, das Gehoͤr zu verlieren.

Wie ſehr die Japaner auf Reinlichkeit ihres Koͤr - pers ſehen, habe ich ſchon einige Mahl erwaͤhnt. Kein Tag geht hin, da ſie ſich nicht baden und ganz rein wa - ſchen, ſie moͤgen zu Hauſe oder auf Reiſen ſeyn. Nicht nur in Privat-Haͤuſern, ſondern auch in allen Wirths - haͤuſern und Herbergen, in Staͤdten und auf dem Lande, ſind kleine Badſtuben angelegt. Jeder kann alſo, anjedem209Uebrige Sitten u. ſ. w. der Japaner. jedem Orte, auch wo er nicht zu Hauſe gehoͤrt, auch je - der, der keine eigne Badſtube hat, kann ſich, ſo oft er will, fuͤr Geld baden. Arme Leute bezahlen nur ein Paar Pfennige; allein da mehrere von ihnen daſſelbe Waſſer gebrauchen, ohne daß jeder friſches bekommt, ſtecken ſie einander gar oft mit Kraͤtze und andern anſte - ckenden Krankheiten an.

An warmen Baͤdern hat das Land Ueberfluß. Die Einwohner bedienen ſich ihrer auch haͤufig gegen veneri - ſche Krankheiten, Laͤhmung der Glieder, Kraͤtze, Rheu - matiſmen und dergleichen.

Die Landſtraßen ſind in allen Provinzen das ganze Jahr hindurch in gutem Stande; ſie ſind breit, und mit Graͤben verſehen, damit das Waſſer ablaufen kann. Beſonders aber gegen die Zeit, da die Ober-Landesbe - fehlshaber, wie auch die Hollaͤnder, ihre jaͤhrliche Reiſe nach Jedovornehmen muͤſſen, in vortrefflichen Stand geſetzt. Sie werden alsdann nicht nur mit Sand be - ſchuͤttet, ſondern auch kurz vor der angeſagten Ankunft ſol - cher hohen Reiſenden mit Beſen gefegt, aller Pferdemiſt, Koth und alles andere Unreine ſorgfaͤltig weggeſchafft, und bey heißem Wetter, wenn es ſtaͤubt, wird reichlich Waſſer geſprengt. Auch iſt die Ordnung gemacht, welche auch genau beobachtet wird, daß die, welche nach Jedo, oder die dahin fuͤhrenden Straßen, hinauf reiſen, ſich zur linken, und die, welche hinunter reiſen, zur rechten Seite halten muͤſſen, damit keiner dem andern begegne, ausweichen duͤrfe, oder Aufhalt, Ungelegenheit und Streitigkeit verurſache. Abermahls eine von den Japa - niſchen Polizey-Anſtalten, die man in Europaͤiſchen Laͤn - dern nachahmen ſollte. Da man gar kein Fuhrwerk mit Raͤdern gebraucht, halten ſich die Wege ſehr lange gut. Zum Vergnuͤgen der Reiſenden ſind ſie an vielen StellenThunbergs Reiſe. 2. Bandes 1. Theil. O210Fuͤnfte Abtheilung. Siebenter Abſchnitt. zu beyden Seiten mit Baͤumen und Geſtraͤuch bepflanzt, die zum Theil ſehr ſchoͤne Hecken geben. Ich habe der - gleichen Hecken ſo gar von Theeſtauden geſehen. Meilen - zeiger ſind jede Meile angebracht. Sie zeigen nicht nur, wie weit man gereiſet iſt, ſondern auch, wohin der Weg geht. Die Meilen im ganzen Lande werden alle ohne Un - terſchied von einem einzigen Puncte an gezaͤhlt, naͤmlich von Niponbas, oder der uͤber dem Fluß in der Haupt - ſtadt Jedoliegenden Bruͤcke. Bey Scheidewegen ſtehen aͤhnliche Pfaͤhle, die jeden Weg genau bezeichnen. Man reiſet bey dieſen Einrichtungen und Anſtalten im ganzen Lande ſehr bequem, und ohne Gefahr, zu verirren; nicht zu gedenken, daß man auch ſo ſicher, als vielleicht in kei - nem andern Lande reiſet.

Die Pferde beſchlaͤgt man in Japannicht mit Ei - ſen, ſondern ſtatt deſſen zieht man ihnen Pantoffeln oder kleine Schuhe von Stroh an. Dieſe werden um die Knoͤ - chel mit einem von Stroh geflochtenen Bande feſt gebun - den. Sie ſchuͤtzen den Fuß gegen die Steine, und ſichern ihn auch auf glattem und ſchluͤpfrigem Wege vor dem Ausgleiten.

Weder Poſtwagen, noch irgend eine andre Art Wagen oder Fuhrwerk mit Raͤdern, gebraucht man, wenn man reiſet. Wer Geld hat, reitet, oder laͤßt ſich in Saͤnften, die Kango oder Norimon heißen, tragen. Wer eins von beyden nicht bezahlen kann, muß zu Fuß gehen. Daher ſind denn auch die Landſtraßen immer mit einer Menge Fußgaͤnger angefuͤllt. Den Reiſe - anzug ſolcher Leute habe ich im Vorhergehenden ſchon be - ſchrieben. Hier fuͤge ich nur noch hinzu, was oben an - zumerken vergeſſen worden, daß ſie haͤufig lange Schif - ferhoſen, oder bis auf die Waden herab gehende leinene Beinkleider tragen, und daß die Kamaſchen auch wohl,211Uebrige Sitten u. ſ. w. der Japaner. wie bey uns, an den Seiten zugeknoͤpft werden, anſtatt daß andre ſie feſt binden; wie auch, daß die Soldaten auf dem Marſche die langen Hoſen um die Mitte der Lenden feſt binden. Die zu Pferde machen oft eine gar ſeltſame Figur. Manchmahl ſieht man mehrere Perſo - nen, oft eine ganze Familie, auf Einem Pferde. Der Mann ſitzt in der Mitte, aber ganz oben auf dem Sat - tel, ſo daß er die Beine am Halſe des Pferdes herunter hangen laͤßt; die Frau an einer Seite in einem am Sat - tel feſt gemachten Korbe; und ein oder mehrere Kinder auch in einem Korbe an der andern Seite; ein Menſch geht voran und leitet das Pferd am Zuͤgel. Die Port - chaiſen, worin Beguͤterte ſich tragen laſſen, ſind von verſchiedner Groͤße und Pracht, wie es eines jeden Rang mit ſich bringt. Sie koſten daher auch nicht alle gleich viel. Die ſchlechteſten ſind klein, ſo daß man mit den Fuͤßen unter dem Geſaͤß darin ſitzen muß, zu allen Sei - ten offen, mit einem kleinen Dache verſehen, und wer - den von zwey Kerlen getragen. Darauf folgen die Kan - go oder Kago, die ganz bedeckt und an den Seiten auch eingeſchloſſen, aber beynahe viereckig und nicht praͤchtig ſind. Die groͤßten und ſchoͤnſten heißen Norimon, ſind laͤnglich, werden von den vornehmen Beamten gebraucht, und von mehreren Perſonen getragen, die theils vorn, theils hinten, und zwar hinter einander, gehen. Das Tragen geſchieht vermittelſt einer an der Decke befeſtigten Stange, die ſie auf den Schultern liegen haben. In allen Staͤdten und Doͤrfern trifft man bey den Wirths - haͤuſern eine Menge Leute an, die ihre Dienſte zum Tra - gen anbiethen. Solche Traͤger koͤnnen das Tragen und Gehen lange aushalten. Gewoͤhnlich legen ſie in einer Stunde eine Japaniſche Meile, und an einem Tage de - ren zehn bis zwoͤlf zuruͤck. Auf gleiche Art werden auchO 2212Fuͤnfte Abtheilung. Siebenter Abſchnitt. die meiſten Sachen und Waaren hier zu Lande transpor - tirt; die Traͤger tragen ſie ebenfalls an einer Stange, die auf den Schultern liegt. Sie haben auch noch eine andre Art, die Norimon zu tragen, die aber nur in großen Staͤdten und bey feyerlichen Gelegenheiten uͤblich iſt, zum Exempel wenn zu Jedodie Fuͤrſten ſich nach dem Kaiſerlichen Pallaſte tragen laſſen. Die No - rimon werden alsdann nicht auf den Schultern, ſon - dern mit den Haͤnden, und zwar ſo hoch als nur irgend moͤglich, und von jedem der Traͤger nur mit Einer Hand, getragen. Die andre Hand ſtrecken ſie horizontal aus, und im Laufen werfen ſie die Ferſen hoch in die Hoͤhe. Sie laufen dabey naͤmlich ſo ſchnell als ſie koͤnnen; und ein ſolcher Norimon fliegt wie ein Pfeil vorbey.

Nur zu Miakound in der umliegenden Gegend, ſonſt aber nirgends, wird ein Fuhrwerk mit Raͤdern ge - braucht, das aus einer Art Karren beſteht. Ein ſolcher Karren iſt niedrig und klein, und hat drey Raͤder, zwey wie bey uns auf den Seiten, und eins vorn. Die Raͤ - der ſind aus einem ganzen, mit der Saͤge abgeſchnitt - nen, Stuͤck Holz gemacht, und rund umher liegt, ſtatt eines eiſernen Beſchlages, ein Tau oder dergleichen, da - mit ſie nicht abgenutzt werden. In der Stadt ſelbſt, und in den Doͤrfern nahe bey der Stadt, ſind dieſe Kar - ren groͤßer und plumper, bisweilen nur mit zwey Raͤ - dern, und werden von einem Ochſen gezogen. Einige ſind auch denen, die wir in Europahaben, aͤhnlich, und haben Raͤder mit Naben und Speichen, aber ohne Be - ſchlag, alſo ſehr zerbrechlich. Auf den Landſtraßen darf mit ſolchen Karren nur an Einer Seite gefahren wer - den, die daher auch ganz ausgefahren und verdorben iſt. Auch iſt die Ordnung gemacht, daß die, welche mit ihrem Karren zur Stadt wollen, des Vormittags, und die,213Uebrige Sitten u. ſ. w. der Japaner. welche zuruͤck fahren, des Nachmittags fahren muͤſſen, damit keiner dem andern begegne.

Bey dieſer Gelegenheit kann ich nicht umhin, mir eine allgemeine Anmerkung zu erlauben. Sie betrifft die mancherley vortrefflichen oͤffentlichen Anſtalten und Einrichtungen, woran dies Land, deſſen Einwohner wir gleichwohl auf einer niedrigen Stufe der Cultur unter uns betrachten zu muͤſſen glauben, ſo manches Europaͤi - ſche Land weit uͤbertrifft. Alles zeugt von Ueberlegung und Ordnung. Wie manches vermißt man in unſern Staaten, das hier ſchon ſeit Hunderten von Jahren an - zutreffen iſt? Man ſieht recht deutlich, daß alles auf einen nuͤtzlichen Zweck abzielt. Nichts geſchieht hier zum aͤußern Schein, nichts um zu glaͤnzen, nichts um zu prahlen und groß zu thun, nichts um Aufſehen zu machen, ſo gar nichts um ſeinen Nahmen bey der Nach - welt zu verewigen. Kein Regent, kein Miniſter, kein Befehlshaber, kein Beamter uͤberliefert das, was er Gutes ſtiftet, einrichtet, bauen oder machen laͤßt, durch Denkmaͤhler, mit ſeinem Nahmen und einer praͤchtigen Inſchrift verſehen, den Nachkommen als ſein Werk.

Folgendes hohle ich noch nach, ob es gleich hier nicht an ſeiner Stelle ſteht. Zu Jedoſchenkte mir einer meiner Freunde einen großen kalkartigen Stein, derglei - chen man, wie ſie ſagten, im Magen der Pferde, in daſiger Gegend, und zwar nur ſolchen, die auf dem Stalle gehalten werden, antrifft. Von ſeiner Entſte - hung oder Erzeugung wußte man mir aber keine Nach - richt zu geben. Hernach bekam ich auch aͤhnliche kleine Steine, die platt ſind, und keinen Kern (nucleus) in ſich ſchließen. Jener große beſteht aus Blaͤttchen (la - mellae), iſt ſehr dicht, und hat beynahe die Groͤße eines Kindskopfs. Ich vermuthe, daß das Waſſer um Jedo,214Fuͤnfte Abtheilung. Achter Abſchnitt. womit man die Pferde traͤnkt, Kalk enthaͤlt, und ihr Stillſtehen im Stalle zum Wachsthum der Steine bey - traͤgt. Die Hollaͤnder nennen ſolche Steine Paerdeſteen (Pferdeſtein).

Achter Abſchnitt. Von der Japaniſchen Sprache.

Die Japaniſche Sprache iſt wegen ihrer ſehr großen und mannigfaltigen Verſchiedenheit von allen Europaͤi - ſchen Sprachen ungemein ſchwer zu lernen. Sie wird zwar, wie die Chineſiſche, in auf - und niedergehenden Reihen geſchrieben; aber die Buchſtaben ſind von den Chineſiſchen weit unterſchieden. Auch beyde Sprachen dieſer ſo nahe bey einander wohnenden Voͤlker ſelbſt ſind ſo verſchieden, daß ſie einander ohne Dolmetſcher nicht verſtehen. Das Chineſiſche wird indeſſen in Japanhaͤu - fig geleſen und geſchrieben, und wie die gelehrte Sprache angeſehen, die ſie nebſt verſchiednen Wiſſenſchaften von den Chineſern angenommen haben.

Aller dieſer Schwierigkeit ungeachtet, gab ich mir, ſo lange ich mich in dieſem Lande aufhielt, viel Muͤhe, von meinen beſten Freunden unter den Dolmetſchern das Japaniſche verſtehen, etwas ſprechen, und auch ein we - nig ſchreiben zu lernen. Ich mußte dies aber ſehr heim - lich thun, ſo wohl um ihrer, als um meiner eignen Si - cherheit willen. Hauptſaͤchlich ließ ich dies Studium vor der Jedoer Reiſe mein Geſchaͤfft ſeyn, weil ich auch glaubte, auf der Reiſe und zu Jedoguten Nutzen davon haben zu koͤnnen. Unter andern Bemuͤhungen, meinen Zweck zu erreichen, ſchrieb ich die Worte, wenn ich ſie gelernt hatte, auf, und ſetzte mir durch Huͤlfe des oben215Von der Japaniſchen Sprache. angefuͤhrten Japaniſchen Woͤrterbuchs ein kleines Voca - beln-Buch auf. Anfangs bildete ich mir ein, die hieſigen Hollaͤnder wuͤrden mir hiebey ſehr zu Statten kommen koͤnnen, zumahl da verſchiedne von ihnen doch ſo viel ſprechen konnten, daß ſie im Stande waren, ſich von Dingen, die am meiſten vorkommen, verſtaͤndlich aus - zudruͤcken. Aber leider war keinem von ihnen je einge - fallen, ein Wort aufzuſchreiben, noch weniger, ſich eine Art Woͤrter-Verzeichniß zu machen, oder uͤber das Ei - genthuͤmliche der Sprache nachzudenken. Mir deucht, in einer Zeit von zwey hundert Jahren haͤtte wohl, waͤre es auch nicht zum Gebrauch der Sprachforſcher, ſondern bloß zum Nutzen derer, die ſich hier einige Jahre auf - halten muͤſſen, ein Japaniſches Woͤrterbuch geliefert wer - den koͤnnen, waͤren nicht Mangel an Geſchicklichkeit bey einigen, und Unthaͤtigkeit bey andern, das Hinderniß geweſen. Einige halten ſich hier nur eine kurze Zeit auf; andre denken nichts als Geld und Gewinn; den meiſten ſchmeckt die Tobakspfeife ſo ſchoͤn, daß ſie die edle Zeit, uͤber deren Langweiligkeit ſie doch ſo oft kla - gen, mit keiner beſſern Beſchaͤfftigung, als dem Rau - chen, auszufuͤllen wiſſen. Ich glaube manchem einen nicht unangenehmen Dienſt zu erweiſen, wenn ich hier einen Auszug aus meinem Vocabularium einruͤcke. Vor - her aber ein Paar allgemeine Anmerkungen, einige Be - ſonderheiten der Sprache betreffend.

Die in den Europaͤiſchen Sprachen vorkommenden Diphthongen, die Vocalen , , , die Buchſtaben L (wenigſtens lautet dieſer mit R faſt gleich), P und Sch haben die Japaner nicht. Mit Vocalen fangen wenige Woͤrter, mit E faͤngt kein Wort an. Viele Buchſtaben werden ſo ausgeſprochen, daß man ihren Laut mit den Buchſtaben der abendlaͤndiſchen Sprachen216Fuͤnfte Abtheilung. Achter Abſchnitt. nicht genau bezeichnen, ſondern einen und denſelben Buchſtaben auf mehr als eine Art ſchreiben kann, z. E. boſſu, foſſu, hoſſu; tuſi, tſuſi, tſjuſi; fiſa, fiſsja; ſuru, tſuru; ſoru, ſuru; dſi, dji, tſi; fa, ha; fara, warri; ge, ke; jovi, ſovi; joka, jukka; kame, ga - me; je, ji; odoſſu, oſoſſu; ſkui, tſikui; u. d. gl. Manches Wort hat mehr als Eine Form, wovon unten ſehr viele Beyſpiele vorkommen werden. Man ſehe z. E. fara, boͤſe. Der Infinitivus des Verbi endigt ſich gewoͤhnlich auf u, oder oru, nach einigen Conſo - nanten auch auf v oder f. Die Art, Nomen mit No - men, und Nomen mit Verbum zuſammen zu ſetzen, nebſt mehrern Eigenthuͤmlichkeiten der Sprache, laſſen ſich aus dem Woͤrter-Verzeichniſſe ſelbſt leicht abſtrahiren. Das hat uͤbrigens die Japaniſche Sprache mit andern gemein, daß nicht nur manche, gleich oder beynahe gleich lautende Woͤrter mehrere ganz verſchiedene Bedeutungen haben, ſondern daß auch fuͤr Einen Begriff oft mehrere ganz un - terſchiedne Woͤrter vorhanden ſind.

Hier folgt die Probe eines Japaniſchen Woͤrter - buchs, zwar in alphabetiſcher Ordnung, aber doch zu - gleich, ſo viel moͤglich, nach der Abſtammung und Ver - wandtſchaft der Woͤrter eingerichtet.

  • A.
  • Abramuſſi, Wandlaus.
  • Abunaka, Gefahr.
  • Abunaikoto, gefaͤhrlich.
  • Abumi, Steigbuͤgel.
  • Abura, Oehl.
  • Tomoſi abura, Lampe[n]oͤhl.
  • Abura ſimoru, Oehlpreſſe.
  • Abra no kawa, Thran.
  • Afiru, zahme Ente.
  • Afo, naͤrriſch.
  • Agaganni, akaganni, Kupfer.
  • Agaru, aufgehen.
  • Fi no agaru, die Sonne geht auf.
  • Agaruts, Schuh von Stroh.
  • Aguru, jaſjaguru, okuru, nedo, aſkuru, biethen, an - biethen.
  • Aguru, tokuru, kiuru, ſchmel - zen.
  • Agi iwa, gebratner Fiſch.
  • Aida, verſuchen, pruͤfen.
  • Aijoki, Angſt.
  • Aijubu, laufen.
  • Aijumi, Schritt, Tritt.
217Von der Japaniſchen Sprache.
  • Kanſjo aju, Sanjo aju, ab - rechnen.
  • Akfta, Schmutz.
  • Aki, Pferd.
  • Aki, leer.
  • Akwuru, leer machen.
  • Akibonu, jo no aki, es wird Tag.
  • Akſingu, nieſen.
  • Akuru, offen.
  • Akeru, oͤffnen.
  • Akubi, offner Mund
  • Akubu, den Mund aufſperren.
  • Amai, amaka, ſuͤß.
  • Amaru, muthig, tapfer.
  • Amar itame, ſehr ſchmerzhaft.
  • Ama ſakki, Hefen vom Sakki.
  • Ame, Regen.
  • Ame no fiuru, es regnet.
  • Andon, Lampe.
  • Ane, aͤltſte Schweſter.
  • Ani, aͤltſter Bruder.
  • Anna, ana, Loch.
  • Kagi ana, Schluͤſſelloch.
  • Anneſa, Wegweiſer.
  • Anſuru, bedenken.
  • Arai, areka, grob.
  • Arare, Hagel.
  • Araſſu, Meereswelle.
  • Aratamu, viſitiren.
  • Arau, waſchen, abwaſchen.
  • Arawaruru, zu erkennen geben.
  • Soſa arme, unmoͤglich.
  • Aru, alu, haben.
  • Aruka, der Laͤnge nach.
  • As, Schilf.
  • Aſa, Fleck.
  • Aſi, Schweiß.
  • Aſi ſuru, ſchwitzen.
  • Aſi, Geſchmack.
  • Aſiwu, ſchmecken.
  • Aſjiwau, Probe.
  • Aſſai, Aſſaka, ſeicht.
  • Aſſegaro, haſtig.
  • Aſſi, Fuß.
  • Aſſubi, Vergnuͤgen.
  • Aſſubia, aſſubiſo, Bordel.
  • Ataraſſi, neu, friſch, roh.
  • Ateru, beruͤhren.
  • Atſ ka, heiß, warm.
  • Atſururu, waͤrmen.
  • Atſumaru, verſammeln.
  • Kotoba atſume, Geſpraͤch.
  • Atſuru, rathen, errathen.
  • Atſuraju, beſtellen.
  • Atſuraje mono, beſtellte Sa - chen.
  • Atſuſa, atſumi, dick.
  • Attamanna, Kopfweh.
  • Au, paſſen.
  • Awa, Schaum.
  • Awa tatſuru, ſchaͤumen.
  • Awa toru, abſchaͤumen.
  • Awaſiru, zuſammen binden.
  • Awoſumi, Amidon (Stoͤcke).
  • B.
  • Babo, aͤltſter Bruder.
  • Babo, bakka, baka, Narr, naͤrriſch, unſinnig.
  • Baibai, kaufen und verkaufen, handeln.
  • Bakari, einſam, allein.
  • Bakkemono, Geſpenſt.
  • Bakkutji, bahkutſi, Karten, Wuͤrfel.
  • Bakkutji utſu, bakutſu, Kar - ten, Wuͤrfel ſpielen.
  • Bakkutſi utſi, Karten -, Wuͤr - fel-Spieler.
  • Bang, ban, Wache.
  • Ban ſuru, Wache halten.
  • Banſjo, Wachhaus.
  • O ban, Kaiſerliche Wache.
  • Jo bang, Nachtwache.
  • Bannin, Soldat.
  • Bas, fas, Bruͤcke.
  • Bas, fas, Rand.
218Fuͤnfte Abtheilung. Achter Abſchnitt.
  • Bas, fas, hoͤlzerner Stift ſtatt der Gabel beym Eſſen.
  • Bea, f〈…〉〈…〉 a, Kammer, Zimmer, Kajuͤte.
  • Beko, bekko, bakogame, Schildkroͤte, Schildkroͤten - ſchale.
  • Beooſo, Schirm.
  • Biakdan, Sandelbaum.
  • Biki, Krankheit.
  • Biki mono, krank.
  • Bioſa, ungeſund.
  • Birodo, Sammet.
  • Bo, nackt, bloß.
  • Bobo, weibliches Glied.
  • Bo, Block, Klotz.
  • Boos, Prieſter.
  • Boſi, Muͤtze.
  • Boſſi, Kopfkiſſen.
  • Boſſu, foſſu, hoſſu, trocken, trocknen.
  • Botan, Knopf.
  • Botan gane, Knopfloch.
  • Budo, Traube.
  • Buginſa, reich.
  • Bugu, Watten.
  • Bugukora, Zeughaus.
  • Bumawaſſu, Zirkel-Inſtru - ment.
  • Burei, bule, unbelebt, un - hoͤflich.
  • D.
  • Daiku, Zimmermann.
  • Daimio, Ober-Landesbefehls - haber, Reichsrath.
  • Dai nagon famma, Kronprinz.
  • Daiwo, Rhabarber.
  • Dakka, hoch.
  • Damaſſu, betruͤgen.
  • Damas koto, Betrug.
  • Damateoru, ſchweigen.
  • Damo, Stute.
  • Dare monai, keiner, niemand.
  • Debakotjo, Hackmeſſer.
  • Di, difjung, Gewinn.
  • Ding[ſ]uru, eiferſuͤchtig.
  • Djijokſ, heil.
  • Dobine, porcellainener Keſſel.
  • Doku, Gift.
  • Dooku, vergiften.
  • Domburi, Kumme.
  • Domenſe, feiner Reiß zu Sup - pen.
  • Donna, dumm.
  • Dons, Damaſt.
  • Don teng, nebliges Wetter.
  • Dote, Wall.
  • Dſi, tji, dji, Erde, Erdkugel.
  • Djſin, Erdbeben.
  • Dſima, Inſel.
  • Dutſai, Landes verwieſen.
  • Dutſo, Kopfſchmerzen.
  • F.
  • Fa, Blatt.
  • Tori no fa, Feder.
  • Toobu fanne, Fluͤgel.
  • Fa, ha, Zahn.
  • Fagis, hano itami, Zahnweh.
  • Hanigaki, Zahnpulver.
  • Fagune hagane, Stahl.
  • Fagiru, aufkochen.
  • Faguru, haguru, nackt.
  • Faguru, abſtreifen, ſchinden.
  • Fageta, abgenutzt.
  • Faifuki, Spuckbecken.
  • Faijo, faijaki, geſchwind.
  • Faijaku, Fortgang.
  • Faiſuru, anbethen.
  • Faiſura mono, Anbether.
  • Fajai, hajai, hajakv, ſajakv, ſchuͤtzen.
  • Faka, haha, Meſſer.
  • Orifaka, Taſchenmeſſer.
  • Fiſaſi, Sonnenſchirm.
  • Fakaro, Krieg.
  • Fako, hako, hago, Lade, Kaſten.
219Von der Japaniſchen Sprache.
  • Sokomots hako, Eßkoffer.
  • Fakka, f’ka, Begraͤbnißplatz.
  • Fakko, fuſſigo, Treppe.
  • Fam, bunt.
  • Fandai, Tiſch.
  • Fanku, druͤcken.
  • Fang, hang, Pettſchaft, Sie - gel.
  • Fanna, hanna, Blume.
  • Fanna ſako, bluͤhen.
  • Fanna iki, fanna tſuba, Blu - mentopf.
  • Hanna no mis, Roſenwaſſer.
  • Hannab hataki, Blumengar - ten.
  • Fannajomi, Braut.
  • Fannamoko, Braͤutigam.
  • Fanna, Ecke.
  • Fanna, fana, hanna, Naſe.
  • Fanna noſu, Nasloͤcher.
  • Fanna toru, die Naſe ſchneu - zen.
  • Fannagami, fannaganni, Schnupftuch.
  • Fanna tabako, Schnupftobak nehmen.
  • Fanna tabako ire, Schnupf - tobaksdoſe.
  • Fanna meganni, Brillen.
  • Fanuru, hinten ausſchlagen.
  • Fara obi, Nahelſchnur.
  • Farawatta, Eingeweide.
  • Farai, farau, bezahlen.
  • Fara, faradate, faratats, fari - ka, warri, warika, waru - ka, farakaki, warikakuſe, kuſe no warika, iſinowari, boͤſe, arg, ſchlecht, ſchlimm, zuwider.
  • Farikakatſuru, warukatatſu - ru, boͤſe, zornig werden.
  • Fandatſuru, boͤſe ſeyn.
  • Warukakotoſuru, Boͤſes thun.
  • Mone no warika, ekeln.
  • Faratate ſoſuru, zu Leide thun, aͤrgern.
  • Warika koto ju, Boͤſes von jemand reden.
  • Warri fiure, ſchlimmes Wetter.
  • Nako no warka, ſchlechter Freund.
  • Fari, bari, Nadel, Naͤhnadel.
  • Fiſifari, tomebari, tenefari, Stecknadel.
  • Fari ſaß, Nadelkiſſen.
  • Fari ire, Nadelbuͤchſe.
  • Fari no mimiſo, Nadeloͤhr.
  • Faruru, ſchwellen.
  • Farami, ſchwanger.
  • Faru, fallu, kleiſtern.
  • Fake, Pinſel zum Kleiſtern.
  • Simegi faſamii, leimen.
  • Faſa, kaſa, Mutter.
  • Faſjime, Anfang.
  • Faſogami, großes Papier zu den Geſchenken.
  • Faſſami, faſſaim, Schere.
  • Faſſami kiru, mit der Schere ſchneiden.
  • Faſſigo, Leiter.
  • Fakko faſſigo, Treppe.
  • Faſi, haſi, foſi, Scham.
  • Faſſiru, ſich ſchaͤmen.
  • Fatſkaſſiku, hasjaſſu, ſcham - haft, bloͤde.
  • Faſſimuru, rathen, ermahnen.
  • Faſſura, Pfahl.
  • Fataki, Acker.
  • Fato, Taube.
  • Je fato, zahme Taube.
  • Jamma fato, wilde Taube.
  • Fato, Verboth.
  • Fato ſuru, verbiethen.
  • Fats miets, Honig.
  • Fatsnar mono, milde.
  • Fattaoru, weben.
  • Fau, kriechen.
220Fuͤnfte Abtheilung. Achter Abſchnitt.
  • Febaſi, Zange, Feuerzange.
  • Feko, momoſiki, Unterhoſen.
  • Fakami, hakami, Hoſen.
  • Fento, fenli, Antwort.
  • Fento ſuru, antworten.
  • Fi, Sonne.
  • Fi no agaru, fi no de, die Sonne geht auf.
  • Fi no iri, die Sonne geht un - ter.
  • Fiſaſi, Sonnenſchirm.
  • Fitoke, Sonnenzeiger.
  • Fi, finoko, Feuer.
  • Fibatſi, großes Feuerbecken.
  • Finawa, Lunte.
  • Fitobuſu, fitomuſu, anzuͤnden.
  • Fitomoſi, fitoboſi, Lampe.
  • Koſokf miſits kuru, ein Licht anzuͤnden.
  • Fiakkuje, Gehirn.
  • Fias, Schimpf.
  • Fidda, Falte, Biegung.
  • Figaſi, Oſten.
  • Fige, Bart.
  • Kuſira no fige, Fiſchbein.
  • Figeſuri, hoͤlzerne Oberſchuhe.
  • Figi, partheyiſch.
  • Fii, Magen.
  • Fiko, ſalben.
  • Fiko, ziehen, ſpinnen, bog - ſiren.
  • Nomen fiko, Baumwolle ſpinnen.
  • Fiko fune, Bogſirboot.
  • Tſimba fiko, hinken.
  • Fiki duſſi, kleine Lade, Schreib - kaſten.
  • Fiku, reißen, abreißen.
  • Fikiaguru, in die Hoͤhe win - den.
  • Fikiſako, brechen.
  • Fiki kuri kaajaß maku, fiki - kurukajuſſu, wenden, keh - ren, umkehren.
  • Fikui, niedrig.
  • Fimma, Luſt.
  • Fimmo, Knoten.
  • Fimoſe, Hunger.
  • Fing, arm.
  • Finong, Bettler.
  • Fio, Koffer.
  • Fiogu, Pergament.
  • Fioko, Kuͤchlein.
  • Fioko no komuru, Junge ausbruͤten.
  • Ito fioma, Segelgarn, Bind - faden.
  • Fira, firattai, Platte, Flaͤche.
  • Firataka, eben, ſchlicht.
  • Firoſa, firoi, firoke, breit, Breite.
  • Habanna firoka, weit, geraͤu - mig.
  • Finoi, finoſi, Platteiſen.
  • Fino fiſuru, Zeug plaͤtten.
  • Firakuru, berſten, zerſpringen.
  • Fionaſſi, fionako mono, fau - ler Schlingel.
  • Fire, johofiri, Floßfeder.
  • Firio, Drache.
  • Firombo, fiombo, korombo, Sklave.
  • Firoſuru, anſchreiben.
  • Firu, trocken.
  • Suwo no firu, Ebbe.
  • Fiſa, fiſa no ſarra, Knie.
  • Fiſa tatſuru, knien.
  • Fiſaguru, zermalmen, zer - quetſchen.
  • Fiſi fari, Nadel.
  • Fiſa, fißja, Schreiber, Nota - rius, Secretair.
  • Fiſia ſu, nachzaͤhlen.
  • Fito no to kuru, hinein gehen.
  • Jukki fito, guter Mann.
  • Tonari fito, Nachbar.
  • Naguſami fito, es verdrießt mich.
221Von der Japaniſchen Sprache.
  • Fuſaiwai no fito, ungluͤcklich.
  • Sukugin ota fito, Schuldner, ſchuldig.
  • Kimono fitoka, muthig.
  • Me no fitome, Augapfel.
  • Fito firo, Klafter.
  • Fit ſoki, Mordbrenner.
  • Fituſi, fitſuſi, tſitſuſe, Schaf.
  • Fitſuſinoki, Lamm.
  • Otoko fitojuſi, Schafbock.
  • Fiuri, Wetter.
  • Jui fiuri, gutes Wetter.
  • Jukka fiuri, ſchoͤnes Wetter.
  • Warri fiuri, ſchlimmes Wetter.
  • Kitſi fiuri, Sturmwetter.
  • Ame no fiuro, es regnet.
  • Juki no fiuro, es ſchneyet.
  • Fiwa, frey.
  • Fjakſo, Bauer, Ackermann.
  • Fjutji, Zunder.
  • Fjutji bako, Zunderbuͤchſe.
  • Fo, Wange, Backen.
  • Fogeta, hogeta, Ohrfeige.
  • Fobari, hobarri, Regiſter.
  • Fodatſuru, durch einen Ver - ſchlag von Bretern abſon - dern.
  • Fodokoſſu, Almoſen.
  • Foi juru, ſchelten.
  • Soju, Scheltwort.
  • Foki, fuſi, Beſen, Quaſt.
  • Fomeru, ruͤhmen.
  • Fone, Bein.
  • Fono, Flamme.
  • Fono no tſuga, Sehne.
  • Fong, fung, fuſo, Dreck, Koth.
  • Kuſera no fung, Ambra, Am - bergries; buchſtaͤblich: Wall - fiſchkoth.
  • Fori, folu, Graben.
  • Foriu, graben.
  • Foka, Waſſergraben.
  • Foſi, Stern.
  • Foſſimi, Sternſeher, Aſtro - nom.
  • Foſi, Grenzſtein.
  • Foſſo, feſo, Nabel.
  • Foſo, Kinderpocken.
  • Foſſi, Buͤrgermeiſter.
  • Fotjo, Tiſchmeſſer.
  • Fta, Schloß an der Thuͤr und dergleichen.
  • Ftong, Decke, Bettdecke.
  • Ftoobai, Freund.
  • Fuda, Feder, Pinſel.
  • Fuiking, Schuͤſſeltuch.
  • Fuju, Winter.
  • Fukai, tief.
  • Fukf, fiohf, blaſen, wehen, anblaſen.
  • Fukoſe, Wind.
  • Fukoſe no fukf, der Wind macht ſich auf.
  • Fukokeß, ausblaſen.
  • Fujigo, Blasbalg.
  • Tjammera fuki, Trompete.
  • Fukitſiraſſu, wegfliegen.
  • Fukuro, fugure, Sack, Beu - tel.
  • Itamma fugure, Hodenſack.
  • Kameſukuro, Geldbeutel.
  • Fundo, Gewicht.
  • Funo, f’ne, Schiff.
  • Kara f’ne, lediges Schiff.
  • Funin jou, ſeekrank.
  • Funſon, Herberge, Wirths - haus.
  • Fureru, geben, uͤbergeben.
  • Furo, Kuͤben.
  • Furoganni, Eiſen.
  • Furou, fururu, zittern, beben.
  • Furuje, furuke, alt.
  • Furu, baden.
  • Furu, ſuru, laͤuten.
  • Surigannu, Glocke.
  • Furu, ſichten.
  • Fus, Glied.
222Fuͤnfte Abtheilung. Achter Abſchnitt.
  • Fuſaiwai, Ungluͤck.
  • Fuſai wai no fito, ungluͤcklich.
  • Fuſe, Lappen.
  • Fuſi ſuru, flicken.
  • Fuſe, Lied.
  • Uta no fuſi, ein Lied ſingen.
  • Fuſina, Begebenheit, Ge - ſchichte.
  • Fuſiuna, unbequem.
  • Fuſka, Wille.
  • Fuſoko, zu kurz kommen.
  • Futago, Zwillinge.
  • G.
  • Gajo, Majeſtaͤt.
  • Galeng, Vernunft, Verſtand.
  • Ganne, Krebs.
  • Gaſkoi, behende.
  • Gataiſen, unverheirathet.
  • Gatting ſuru, nicken.
  • Ge, ke, Ausſicht.
  • Jui ke, ſchoͤne Ausſicht.
  • Getta, hoͤlzerner Schuh.
  • Waka gimi, Prinz.
  • Waka gimi gatta, Prinzeſſin.
  • Gogo, Tochter.
  • Te no goi, Handtuch, Schnupf - tuch.
  • Goko, Strahl.
  • Sitſugets no goko, Sonnen - ſtrahl.
  • Gokurako, Aufenthalt der Se - ligen.
  • Gonokubo, Nacken.
  • Goſo, junger Kamerad.
  • Goſogumma, Karren.
  • Gotai, Leichnam.
  • Guaijakv, Pille.
  • Guanſits, Neujahrstag.
  • Gunſjo, blaue Staͤrke.
  • Guwa, Ochſengalle.
  • H.
  • Habanna firoka, weit, geraͤu - mig.
  • Hai, fai, ſinohai, Aſche.
  • Fegura ſum, Kienruß.
  • Hai, Fliege.
  • Hainoſo, Lunge.
  • Hakari, kleine Wage.
  • Hanaſſi, Geſchichte, Begeben - heit.
  • Ikſauno hannaſſibo, Geſchicht - buch von Heldenthaten.
  • Hakaru, kakaru, waͤgen.
  • Hanna koto, dauerhaft.
  • Harafoß, nuͤchtern.
  • Hari ſaimoko, Balken.
  • Haſſii, ſchlecht, elend.
  • Haſſika, Meſſing.
  • Haſſiru, ſegeln.
  • Hato, fato, Flagge.
  • Hatoſav, fatoſawo, Flaggen - ſtange.
  • Hawari, Mantel.
  • Hebi, Schlange.
  • Hei, Planke.
  • Hibiki, Laut, Schall.
  • Fibika, Wiederſchall.
  • Hobaſi, Maſtbaum.
  • Honni, honnio koto, dauer - haft.
  • Honoo, Bauch.
  • Honu, pflanzen.
  • Hoo, Segel.
  • Houguru, homaku, die Se - gel aufziehen.
  • Hogoruſſu, die Segel ſtreichen.
  • Horano hai, Schnecke.
  • Hungokf, Vaterland.
  • I.
  • Moi ibi, Flamme.
  • Ibibikako, ſchnarchen.
  • Ibiganni, Ring, goldner Ring.
  • Idoru, ſitzen (auf Matten, nach Japaniſcher Art.)
  • , je, Haus.
  • Ie fato, zahme Taube.
  • Iedoga, Herberge.
223Von der Japaniſchen Sprache.
  • Ienuſi, Hausmiethe.
  • Iens, Vogelneſt.
  • Meganne no ge, Brillenfutte - ral.
  • Mano je, kuru mono je, Spinnwebe.
  • Omoſiri ifito, zufrieden.
  • Igawa, Brunnen.
  • Ige, Stachel, Dorn.
  • Igoko, bewegen.
  • Ijou, zanken, ſtreiten.
  • Ikari, Anker.
  • Ikakaru, ankern.
  • Ikaru, boͤſe ſeyn.
  • Ike, Teich, Fiſchteich.
  • Ikedor, Anhang.
  • Iki, Athem.
  • Iki tſukv, Athem hohlen.
  • Iki no ſemekv, kurzer Athem.
  • Iktoru, lebendig.
  • Fanna iki, Blumentopf.
  • Ikkin, Elle.
  • Ikubakv, einig.
  • Ikuſa, Krieg.
  • Ikſauno, hanna ſibo, Geſchich - te von Kriegsthaten.
  • Inaſuma, inabikanni, Blitz.
  • Inno, itammu, kintamma, Hoden.
  • Inotji, leben.
  • Inu, in, Hund.
  • Inu, wild.
  • Ino ſis, wildes Schwein.
  • Iquang, tauſend.
  • Iremono, Doſe, Buͤchſe.
  • Fari ire, Nadelbuͤchſe.
  • Tabako ire, Tobaksdoſe.
  • Hanno tabako ire, Schnupf - tobaksdoſe.
  • Irie, Meeresbucht.
  • Irio, noͤthig.
  • Irio, Unkoſten.
  • Ire, Zinſen.
  • Iro, Farbe.
  • Irotſkuru, faͤrben.
  • Iro iro, verſchieden, manche.
  • Iro mono, eitel, kokett.
  • Iru, mit dem Bogen ſchießen.
  • Iru, braten.
  • Iro, ururu, untergehen.
  • Fi no iri, die Sonne geht unter.
  • Iſa, Arzt.
  • Iſi, iwa, Stein.
  • Iſnomi, Steinhauer.
  • Kade iſi, Kieſelſtein.
  • Iſi no wari, ſchlimm, boͤſe.
  • Iſſu, ſich raͤchen.
  • Iſjudbi, Gehaͤng.
  • Iſo, ewig.
  • Iſo, Strand.
  • Iſo ſuru, verkleiden, maskiren.
  • Iſſibia, Kanone.
  • Ogi iſu, Nachtigall.
  • Iſumi, Bad.
  • Ita, gehen, wandern.
  • Ita, Planke, Bret.
  • Itadakka, Gehirn.
  • Itamu, verderben.
  • Itami, Krankheit, Schmerz.
  • Itami mono, krank.
  • Itamoſe, ſchmerzhaft.
  • Amar itame, ſehr ſchmerzhaft.
  • Itama, Kopfweh.
  • Memi no itami, Ohrenſchmerz.
  • Itas, verrichtet, ausgerichtet.
  • Itaſuro, traͤg.
  • Itjimai, Bogen Papier.
  • Itjiri, Meile.
  • Ito, Garn, Zwirn, Faden, Schnur, Saite.
  • Ito fioma, Bindfaden.
  • Samſi no ito, Violinſaite.
  • Itoma, Abſchied.
  • Itomagoi, verabſchieden, ab - ſetzen.
  • Itſigo, Erdbeere.
  • Iwan, froh, luſtig.
224Fuͤnfte Abtheilung. Achter Abſchnitt.
  • Iwo, Fiſch.
  • Iwo tſuru, fiſchen.
  • Agi iwo, gebratner Fiſch.
  • Iwo, Schwefel.
  • J.
  • Ja, Pfeil.
  • Jatſuſu, Koͤcher.
  • Jaburu, jako, brechen.
  • Jagamu, ſchief.
  • Jagi, Bock.
  • Uke jai nikui, ſein Beſtes thun.
  • Jakima no ninjo, porcellane - ne Figuren.
  • Jakohaba, Breite.
  • Jakſaku, verſprechen.
  • Jakſokſta, Verſprechen.
  • Jako, dienen, verdienen.
  • Jakunin, Amt, Bedienung.
  • Jakurio, Lohn, Beſoldung.
  • Jakv, brennen, backen, braten.
  • Pan jakv, Brot backen.
  • Skui jakv, Kalk brennen.
  • Kwaſſi, Brand, Backwerk.
  • Jakwang, Keſſel.
  • Tetja kwang, kupferner Keſſel.
  • Jamai mono, krank.
  • Uffuri jamai, anſteckende Krantheit.
  • Jamaru, abrathen.
  • Jamma, Berg.
  • Jamma futo, wilde Taube.
  • Jammome, Wittwe.
  • Otokogammome, Wittwer.
  • Janne, Dach.
  • Jarite, Dienſtmagd.
  • Jarri, Pike.
  • Jaru, geben.
  • Jaſſinau, vermehren.
  • Jaſſita, mager.
  • Jaſſu, mager werden.
  • Jaſſume, Ruhe.
  • Jaſſumu, jaſſu de oru, ruhen, ausruhen.
  • Jaſſuru, Nagel (am Finger u. d. gl.)
  • Jaſuri, Feile.
  • Jaſuriſuru, jaſuri kakuru, feilen.
  • Jautſiri ſuru, ſich anders wohin begeben, wegziehen u. d. gl.
  • Jawara kana, ſanftmuͤthig.
  • Je, Bild, Gemaͤhlde, Portrait.
  • Jeſu, zeichnen, mahlen.
  • Jeſuru, jedoru, abmahlen.
  • Jekako, Portrait-Mahler.
  • Je, i, Baͤr.
  • Jeda, Zweig.
  • Jeikf, ſich betrunken ſtellen.
  • Jeikfſari, betrunken ſeyn, Trunkenbold.
  • Jenotſuki, gluͤcklich.
  • Jenſo, Schießpulver.
  • Jenſoja, Pulvermagazin.
  • Jeta, heilen, curiren.
  • Jetſki, itſ kuru, befehlen.
  • Jing, Spion.
  • Jino, Großvater.
  • Jitſofo, Schwiegervater.
  • Jitſubo, Anofaſa, Schwieger - mutter.
  • Jutjuſi, Schwiegerſohn.
  • Jo, ſjo, juka, Stuͤck Vieh.
  • Jobu, rufen.
  • Jogeru, weinen.
  • Jogore, ſchmutzig.
  • Jogara, beſchmutzen.
  • Jois, lebhaft, hurtig, witzig.
  • Jojajoru, langſam.
  • Jokabara, Ribbe.
  • Jokofiri, Floßfeder.
  • Jokita, jo oidena naſerrima - ſta, willkommen.
  • Jome, ſjome, Reitpferd.
  • Jomego, Ehefrau.
  • Jomu, leſen.
  • Jonaka, es taugt nicht.
  • Jongo, ſchief.
Joniro. 225Von der Japaniſchen Sprache.
  • Joniro, Secretair.
  • Jooſi, jaſſinaiko, angenomme - ner Sohn.
  • Jooſuru, beſſern.
  • Joiſo, Beſſerung.
  • Jori, ſori, ſorri, Schermeſſer.
  • Soru, joru, ſcheren, barbiren.
  • Joriſi, Buͤrgermeiſter.
  • Jorjuhf, fito no to kuru jukv, hinein gehen.
  • Joroſi, juſo, Hure.
  • Joruſſia, Hurenhaus.
  • Jos, Rohr, Schilf.
  • Joſari, joru, Nacht.
  • Jobang, jabang, Nachtwache.
  • Jodoſſi, uͤbernachten.
  • Joſi, ſeine Nothdurft verrich - ten, (wird auch von Thie - ren gebraucht).
  • Joſi, ſich waſchen.
  • Joſi, Waſchgefaͤß.
  • Joſuru, zuſammen fuͤgen.
  • Jotſaſſi, vierfuͤßig.
  • Funin jou, ſeekrank.
  • Jowai, jowaka, ſchwach.
  • Ju, ſagen, ſprechen.
  • Mono ju, jemand anreden.
  • Juaki, ju no aki, es wird Tag.
  • Jubi, Finger.
  • Jui, jukka, joka, gut, ſchoͤn.
  • Jukka, es iſt gut.
  • Jui fiuri, juſuka fiuri, jui teng, gutes, ſchoͤnes Wetter.
  • Jui ke, ſchoͤne Ausſicht.
  • Juku fito, guter Mann.
  • Naka no joka, naka joſi, gu - ter Freund.
  • Kami jui, Barbier und Friſeur.
  • Juka, Fußboden.
  • Juki, Schnee.
  • Juki no fiuru, ſchneyen.
  • Jukſuri, reich.
  • Jume, jumemiru, Traum.
  • Jumi, Bogen (zum Schießen).
  • Jumi, Trauer.
  • Nai jura, Laͤhmung.
  • Notji jura, gebrauchen.
  • Jurei, Geſpenſt.
  • Sukama juro, Anhang.
  • Juroſikku, angenehm.
  • Jurujojakv, Salbe.
  • Juru, jorijai, verſammeln.
  • Kaſu juru, erzaͤhlen.
  • Juruſi, erlauben.
  • Jurus, erlaubt.
  • Jiuruſſe, Erlaubniß, Verge - bung.
  • Juſſugu, ſpuͤhlen.
  • K.
  • Ka, Muͤcke.
  • Ka, Weitzen.
  • Mugi no ka, mugiko, Wei - tzenmehl.
  • Kabe, Mauer.
  • Kabi, Schimmel.
  • Kabi ſuru, ſchimmeln.
  • Kabiru, faulen, verrotten.
  • Kabuto, kabito, furi no ka - bito, Hahnenkamm, Feder - buſch.
  • Kadſura, rankendes Gewaͤchs.
  • Kagi, Schluͤſſel.
  • Kagi anu, Schluͤſſelloch.
  • Kagi, Schatten.
  • Kagi, Schnupftobak.
  • Kagu, Schnupftobak nehmen.
  • Kagume, Meewe.
  • Kai, Muſchel.
  • Horano kai, Schnecke.
  • Kainotamma, Perle.
  • Kaika, jucken.
  • Kaiki, Art ſeidenes Zeug.
  • Kairu, weggehen.
  • Kaja, katje, Bettumhang.
  • Taka, Bettſtelle.
  • Kajeru, kajuru, umwenden, tauſchen.
Thunbergs Reiſe. 2. Bandes 1. Theil. P226Fuͤnfte Abtheilung. Achter Abſchnitt.
  • Kajeſſu, caſſiren.
  • Kajir, Abſcheu.
  • Kajoſſu, zuruͤck geben.
  • Kajujuru, kaſujura, herrech - nen, herzaͤhlen, erzaͤhlen.
  • Kakaru, beruͤhren.
  • Kakaru, feſt haken.
  • Kakkiganne, Haken.
  • Kake, Gicht.
  • Kake ſura, wetten.
  • Kakifi, Waſſerleitung.
  • Kakſu, verſtecken.
  • Kakuru, ankleben.
  • Jaſuri kakuru, feilen.
  • Kakuru, welken, verwelken.
  • Kakv, ſchreiben.
  • Kakv, Horn.
  • Kakwa, Safran.
  • Kaman, ruͤhren.
  • Kambang, Aushaͤngeſchild, Marktſchild, Markt oͤffent - licher Verkauf, Auction.
  • Kame, Schildkroͤte.
  • Bekko game, Caret-Schild - kroͤte.
  • Kami, Gott.
  • Kami, Haar.
  • Kami jui, Barbier, Friſeur.
  • Kami, Schermeſſer.
  • Katſura, Peruk.
  • Kami, gami, Papier, Schreib - papier.
  • Mino kami, miſo gami, miſo katjigami, Fenſterpapier.
  • Kara kami, gemahltes Tape - tenpapier.
  • Kinkara kami, dergleichen ver - goldetes.
  • Faſogami, großes Papier zu den Geſchenken.
  • Fannagami, Papier zu Schnupftuͤchern.
  • Kaminari, Donner.
  • Kamku ſuru, leicht machen.
  • Kammadu, Kuͤche.
  • Kammaboku, Frikadellen.
  • Jawaro kana, ſanftmuͤthig.
  • Kanago, Beſchlag.
  • Kane, kame, Geld.
  • Kane fukuro, Geldbeutel.
  • Kang, kalt.
  • Kaſa fuko, fukaſi, kalt ma - chen, erkaͤlten.
  • Kano ſis, Hirſch.
  • Kanſ ju, rechnen.
  • Kanſjo aju, abrechnen.
  • Kanſo, Lackritzwurzel.
  • Kapto, Harniſch.
  • Kara f’ne, lediges Schiff.
  • Karaganne, Metall.
  • Kara kami, Tapetenpapier.
  • Mis no karakuri, Quell - waſſer.
  • Karas, Senf.
  • Karaſu, Kraͤhe.
  • Kataſſe no karaſſu, undankbar.
  • Kari, jagen.
  • Tamago no karra, Eyerſchale.
  • Kawara, trocken
  • Karruru, trocknen, vertrock - nen.
  • Karu, leihen.
  • Karidaſſu, ausleihen.
  • Karta, Karte.
  • Karta utſu, Karten ſpielen.
  • Kaſa, Hut.
  • Kaſannu, kaſannoru, verdop - peln.
  • Kaſannaru, doppelt.
  • Kaſe, Wind.
  • Mokao kaſe, widriger Wind.
  • Kaſia, Schmied.
  • Kanaſiki, Schmiede.
  • Kanaſutji, Hammer.
  • Kaſira, kuſera, Wallfiſch.
  • Kaſira no fige, Fiſchbein.
  • Abra no kawa, kaſira no ka - wa, Wallfiſchſpeck, Thran.
227Von der Japaniſchen Sprache.
  • Kuſera no fung, Ambra, ſ. fung.
  • Kaſſa, Ausſchlag, Kraͤtze.
  • Kaſſei, Huͤlfe.
  • Kaſſe ſuru, helfen.
  • Kata, katſu, gewinnen.
  • Kata, Schulter.
  • Katabon, Schulterblatt.
  • Katagoſakv, Pflaſter.
  • Kata ki, Feind.
  • Katamuru, ziehen.
  • Katanna, langer Saͤbel.
  • Kataſkenai, Dank.
  • Kataſike no goſarimaſu, dan - ken.
  • Karaſſu, undankbar.
  • Katats, Figur.
  • Katſu, uͤberwinden.
  • Katſujetoſi, Hungersnoth.
  • Kawa, Fluß.
  • Kawa, Haut.
  • Ki no kawa, Seil, Strick.
  • Kawarra, Dachpfanne.
  • Kawaru, abloͤſen (die Wache).
  • Kawatta, artig.
  • Kawatu, veraͤndern.
  • Kawonſo, Otter.
  • Kawu, kao, koto, kaufen.
  • Akibito, Kaufmann.
  • Aki waru, Handel treiben.
  • Kedamono, okami, Waare.
  • Kedamono, Thier.
  • Kega, Wunde.
  • Kekwairo, Wundarzt.
  • Kekejoroo, Burg.
  • Kemono, Zahn.
  • Kemono, Wolle.
  • Kemori, raͤuchern.
  • Kemura fura, raͤuchern (Fleiſch u. d. gl.).
  • Kemota, geraͤuchert.
  • Kemuru, Kienruß.
  • Ken, Degen.
  • Ken no ki, Bartzange.
  • Kerai, Diener, Bedienter.
  • Fuko keß, blaſen, wehen.
  • Koſe no fuko, der Wind wehet.
  • Keſeja, Bordel.
  • Keſuru, ſchaben, abſchaben.
  • Ketſu maſoko, ſtraucheln, ſtol - pern.
  • Ketta, Kapitel, Abſchnitt, Conto.
  • Ki, Zange.
  • Kugi no ki, Kneipzange.
  • Ki no kawa, Reif, Seil.
  • Ki, gi, treten.
  • Te ne ki, Handſchuh.
  • Kiaſſu, loͤſchen, ausloͤſchen.
  • Kibis, Ferſe
  • Kieku, lernen.
  • Kekv, Lehrling, Schuͤler.
  • Kiking, Hungersnoth.
  • Kikkona, ſchoͤn.
  • Kikv, hoͤren.
  • Kimeona, Wunder.
  • Kiſutſakuru, ſich verwundern.
  • Kimmo, Leber.
  • Kimono, Kleidung.
  • Kimono tjakv ſuru, ſich an - kleiden.
  • Kimono kiru, Kleidung an - haben.
  • Kimono fitika, herzhaft.
  • Kimuſme, komuſme, Jungfer, Maͤdchen.
  • Kin, Gold.
  • Kinſing, goldne Muͤnze.
  • Kin kinfuru, vergolden.
  • Kinfako, Vergoldung.
  • Kinkarakami, vergoldetes Ta - petenpapier.
  • So king, Tuch.
  • Fui king, Schuͤſſeltuch.
  • Kingo, lebe wohl.
  • Kinkiri uſi, Ochs.
  • Kinno, Seide.
  • Kinno, geſtern.
P 2228Fuͤnfte Abtheilung. Achter Abſchnitt.
  • Kinnodoko, betruͤbt.
  • Kinnu kwudas, das Rauhe, Zottige am Zeuge, Schabſel.
  • Kiodai, Bruder.
  • Kire, Lappen.
  • Kiru, kuru, hauen, ſchneiden, zerſchneiden.
  • Taſami kuru, mit der Schere ſchneiden.
  • Kubi kiru, den Kopf ab - hauen.
  • Kiru, hinten ausſchlagen.
  • Fito no to kiru jukv, hinein gehen.
  • Kireina, rein.
  • Kiſane, unrein.
  • Kiſannai, haͤßlich, garſtig.
  • Kiſeru, Pfeife, Tobakspfeife.
  • Kiſi, Faſan.
  • Kisju, confiſciren.
  • Kitjijai, kitſijai, unklug, ra - ſend.
  • Kitſi fiuri, Sturmwetter.
  • Kitſka, ſtark.
  • Kitſka, Muͤhe.
  • Kitane, Fuchs.
  • Kitta, Norden, Nord-Wind.
  • Kiwatta, Baumwolle.
  • Kjets, tji, dſi, Blut, guͤldne Ader.
  • Kjojomi komai, komaina, komokanna, Gabel.
  • Ko, komaka, klein, ſein.
  • Kogiru, abkuͤrzen.
  • Ko us, us no ko, Kalb.
  • Fio ko, Kuͤchlein.
  • Fitſunino ki, Lamm.
  • Ne ko, junge Katze.
  • Ko, Pulver.
  • Kodomo, Kind.
  • Koaka, kowai, kowarka, hart.
  • Kodo iſi, Kieſelſtein.
  • Koboſſu, koboruru, ſtuͤrzen.
  • Kogatanna, Federmeſſer.
  • Koguſuru, frieren.
  • Koori, Eis.
  • Koja, kooja, kago, Neſt, Krug, gemeines Wirths - haus.
  • Koje, Miſt, Dung.
  • Kojekari, kui no kari, kaka - ru, heiſer.
  • Kojuru, kojeru, fett.
  • Kojeſte oru, es iſt fett.
  • Tokura, Speck.
  • Koki, Moos.
  • Kokf, Land.
  • Koks ſi, Ober-Landesbefehls - haber.
  • Omini koki maſſi, das will ich zeigen.
  • Kokorubiru, berſten, ſpringen.
  • Kokſing, Stadtthor.
  • Kokſing banſjo, Wachhaus am Thore.
  • Kokurru, Herz.
  • Kokuru, probiren.
  • Kome, Reiß.
  • Skigome, gedroſchner Reiß.
  • Matjigome, weißer Reiß.
  • Tſuſi komo, laden (ein Schiff u. d. gl).
  • Komuggi, Weitzen.
  • Fioko no komuru, Eyer aus - bruͤten.
  • Koniſumi, Maus.
  • Konogano, ein ſolcher.
  • Konogotoko, begreifen.
  • Kono kuſa, bekanntes Kraut.
  • Konogoru, anweſend.
  • Konomu, wollen.
  • Konomu, Luſt.
  • Konoman, nicht Luſt habend.
  • Konoſeru, Hering.
  • Konotoi, Storch.
  • Konrei, Heirath.
  • Konreſuru, heirathen.
  • Konreiſi, Hochzeittag.
229Von der Japaniſchen Sprache.
  • Kooke, Schuͤſſel.
  • Kooruſſu, ſaͤugen.
  • Kori ſatto, Zucker, Candis - zucker.
  • Koroſſu, toͤdten, todt ſchlagen.
  • Toto koruſſu, morden.
  • Koſaku, katagaſako, Pflaſter.
  • Koſi, Motte.
  • Koſki, Bettler.
  • Koſſu, ausbreiten.
  • Koſſuto, koſjuto, Schwager.
  • Ko ſoſi, Unter Dolmetſcher.
  • Kotjo, Pfeffer.
  • Kotoba, gotoba, Wort, Rede.
  • Kotai, Antwort.
  • Kotai ſuru, antworten.
  • Tattoſe kotoba, Sprichwort.
  • Kotobe atſume, Unterredung.
  • Warika kotoju, Boͤſes reden.
  • Kotſkai, Bote.
  • Koto, Sache.
  • Damas koto, Betruͤgerey.
  • Hanna koto, dauerhaft.
  • Kowake, Bernſtein.
  • Kubi, Kopf.
  • Kubi kiru, koͤpfen.
  • Konokubo, Nacken.
  • Kubiru awaſuru, zuſammen binden.
  • Kubiru, Buͤndniß.
  • Kubujo, Orgelpfeife.
  • Kudamono, Wette.
  • Kudari, reiſen.
  • Kudaſſu, Purgir-Mittel.
  • Kudaſſu ſuru, purgiren.
  • Kugi no ki, Kneipzange.
  • Kuimono, kusmos, ſukomots, Speiſe, Koſt.
  • Sokomots kakv, Eßkoffer.
  • Kuiſakf, ſcharf ſeyn, ſchnei - den.
  • Kujamo, betruͤbt.
  • Kukuri, Kiſſen.
  • Kuma, Hengſt.
  • Kun[g]i kiri, Nagel, Nagel - bohrer.
  • Kuni, kuno, kiruni, Land, Reich.
  • Kura, kurura, Magazin, Packhaus.
  • Bugu kura, Zeughaus.
  • Kuru, kommen.
  • Kuruma, guruma, Rad, Wa - gen, Karren, Muͤhle.
  • Momen kuruma, Spinurad.
  • Kurubakas, Rolle.
  • Fiki kuri ajaſſu, umkehren.
  • Raſok mifits kuru, Licht an - zuͤnden.
  • Kuruſa, kuſa, kwuſa, Kraut.
  • Kuſagu, abkratzen.
  • Nogokuſu, Saͤgeſpaͤne.
  • Kuſai, Geſtank.
  • Kuſai, ſtinken.
  • Kuſwa no abra, Thran.
  • Kuſamu, riechen.
  • Kuſame ſuru, erkaͤlten.
  • Kuſe, kuſe no warika, boͤſe.
  • Kuſigi, Wunderwerk.
  • Kuſokf, Pfau.
  • Kuſuguruf, kitzeln.
  • Kuſſuurika, kitzlich.
  • Kuſu, Sieb.
  • Kuts, kwutjb, Mund.
  • Kwutji ſu, ama kutji, Kuß.
  • Kutji baſſi, Schnabel.
  • Kutji mava, Schlange.
  • Kuttona, artig.
  • Kuudas, Diarrhoͤe.
  • Kwanin, Andacht.
  • Kwang, Oehr, Henkel.
  • Kwanoſi, Kaſten, Sarg.
  • Tetja kwang, kupferner Keſſel.
  • Kwiamaſki, beklagen.
  • Kwubi, Hals.
  • Kinnu kwudas, Rauhes, Faͤ - ſeriges.
  • Kwumo, Spinne.
230Fuͤnfte Abtheilung. Achter Abſchnitt.
  • Kwumo no je, Spinnwebe.
  • Kwura, Sattel.
  • Kwura ſukuri, Sattler.
  • Kwuraſu, Zeitvertreib.
  • Kwuſari, Kette.
  • Kwuſſi, Kamm.
  • Kwaſke ſuru, kaͤmmen.
  • Kwuſuri, goſuri, Medica - ment.
  • Kwutſu, kuts, Schuh.
  • Kwutſu tſkuſuri, Schuſter.
  • M.
  • Ma watta, ſeidne Watten.
  • Madoſſu, caſſiren.
  • Maguru, krumm.
  • Maku, rollen, wickeln, zu - ſammen binden, umkehren.
  • Maku, Rolle.
  • Mani, rund.
  • Mawari, rund umher.
  • Mawaru, umher ſpatzieren.
  • Makido, Schiffswinde.
  • Maki mome, eng, compreß.
  • Maki mome, Binde.
  • Maru, Kreis, Zirkel.
  • Makura, Bettkiſſen.
  • Makie ſuru, lackiren.
  • Makie mono, lackirte Sachen.
  • Makoto, Wahrheit.
  • Makoto naramu, unſicher.
  • Makuru, verlieren, verſpielen.
  • Makuru, dingen, bedingen.
  • Makuts, Herd, Schmiedeeſſe.
  • Mame, Bohne.
  • Manaku, winken.
  • Mangets, Vollmond.
  • Manje tſumu, aufladen, be - laden.
  • Mannabu, uͤben.
  • Manriki, Krahn.
  • Mara, maͤnnliches Glied.
  • Omini koki maſſi, ich will zeigen.
  • Wataks kuſi utji okuri maſſo, ich will jemand aus der Thuͤr begleiten.
  • Maſuru, miſchen.
  • Matji, Straße.
  • Matji, ſotomatji, Stadt.
  • Matjijai, Fehler.
  • Matjijai, Unterſchied.
  • Matjijao, ruͤckwaͤrts.
  • Matji gome, weißer Reiß.
  • Matjiukuru, matte, warten, verweilen.
  • Matſejari, Harz.
  • Mawaru, mahlen.
  • Me, Auge.
  • Meagi, Augenbraune.
  • Metakaki, Augenblick.
  • Me no tamma, me no fitome, Augapfel.
  • Meganni, fanna meganni, Brillen.
  • Meganne no je, Brillenfutte - ral.
  • Moſi meganne, Microſcop.
  • To meganni, Fernglas.
  • Mekwura, memokf, blind.
  • Mei, all, alle.
  • Mei ſits, alle Tage.
  • Mei bang, alle Naͤchte.
  • Miu mente, Angefuͤhl.
  • Mes, gekochter Reiß.
  • Meſiraſi, artig.
  • Meſſudo, Moͤrder.
  • Metja, Charpie.
  • Metoru, Ehemann.
  • Mi, Schlange.
  • Mi, miko, Fleiſch.
  • Us no miko, Rindfleiſch.
  • Miage, Gabe.
  • Miako, Hof des Kaiſers.
  • Miako, Puls.
  • Miako lollu, nach dem Pulſe fuͤhlen.
231Von der Japaniſchen Sprache.
  • Midaſſu, mitaſſu, miſ kedaſ - ſu, mikkedaſſu, mioſ ku - ru, finden, erfahren.
  • Fats miets, Honig.
  • Nogoks mifits kuru, Licht anzuͤnden.
  • Migakf, ſcheuern.
  • Migi, rechte Seite.
  • Mikatſuki, Neumond.
  • Mikimi, Streife.
  • Mime, Beſuch.
  • Mime, dunkel.
  • Mimi, Ohr.
  • Mimi no itami, Ohrenſchmerz.
  • Fari no mimi ſo, Nadeloͤhr.
  • Mimotji, ſchwanger.
  • Minamo, Suͤden.
  • Minaſſigo, Waiſe.
  • Minato, Hafen, Bay.
  • Miu mente, Angeſicht.
  • Minoganni, moſokatjiganni, Fenſterpapier.
  • Mio, Katze.
  • Mioban, Alaun.
  • Miru, ſehen, nach etwas ſehen.
  • Miru, Geſicht.
  • Miru, aufweiſen.
  • Kokuru miru, probiren.
  • Suſi miru, wahrſagen.
  • Miawaſſuru, beſehen.
  • Midaſſu, ausſehen.
  • Mis, Waſſer.
  • Mis no karakuri, Quellwaſſer.
  • Siwo mis, Seewaſſer.
  • Hanna no mis, Roſenwaſſer.
  • Miſe, Bude, Laden.
  • Miſi maſſu, ich will zeigen.
  • Miſimai, geputzte Dame.
  • Miſiru, kennen.
  • Miſte oiha, bekannt.
  • Miſte urha, bekanntes Kraut.
  • Miskanne, lebhaft.
  • Miſtſuki, mitſuki, Pumpe, Spritze.
  • Miſtſuki ſuru, mitſuki ſuko - ſuru, pumpen, ſpritzen.
  • Mits, Weg.
  • Mitſaki mono, Einkuͤnfte.
  • Mitſkuri, einpacken.
  • Modor, Abſcheu.
  • Modoru, weggehen.
  • Modoſſu, zuruͤck geben.
  • Mogo, Stallknecht.
  • Mogo, pockennarbig.
  • Moi ibi, Flamme.
  • Moiſi, mouſi, Buchſtab.
  • Mojoſſu, mojuru, brennen.
  • Mojo, Fleck.
  • Mokao kaſe, widriger Wind.
  • Dare monai, niemand, keiner.
  • Mome, Maaß.
  • Monoſaſu, Maaßſtab.
  • Makimome, eng, dicht.
  • Momen fikv, Baumwolle ſpinnen.
  • Nibaſſi muru, Seide ſpinnen.
  • Momen kuruma, Spinnro - cken, Spinnrad.
  • Monsje, Spinnwebe.
  • Momo, Huͤfte.
  • Momo, ſotomomo, Lende.
  • Momo fiko, Unterhoſen.
  • Momu, befreyen.
  • Mone, Bruſt.
  • Mong, Hausthuͤr, Pforte.
  • Mono, Menſch, Perſon, Sa - che, Guͤter. (Dies Wort wird auch vielfaͤltig mit an - dern zuſammen geſetzt, und formirt alsdann mancherley Subſtantiva und Adjectiva, z. E. faiſura mono, Anbe - ther; makie mono, lackirte Sachen; itami mono, krank, u. d. gl.).
  • Mono ju, mooſuru, muſma - ſu, anreden.
  • Morau, betteln.
232Fuͤnfte Abtheilung. Achter Abſchnitt.
  • Niſu monoſſu, verfaͤlſchen.
  • Mone no warika, ekeln.
  • Mori, Wald.
  • Moru, leck.
  • Moru, lecken, auslaufen.
  • Moſaguru, klagen.
  • Moſi meganne, Mikroſcop.
  • Mootſi, Peitſche.
  • Motja, eilen.
  • Motji aguru, heben.
  • Motji jura, brauchen.
  • Tori motji wanna, Vogelleim.
  • Mootſu, ziehen.
  • Mootſu, motte, wegfuͤhren, wegbringen.
  • Tamago mootſu, Eyer legen.
  • Motameru, verhindern.
  • Motomuru, Krieg fuͤhren.
  • Muggi, mugi, omuggi, Ge - treide.
  • Mugiko, mugi no ka, Mehl, Weitzenmehl.
  • Muko, ſchaͤlen.
  • Mura, einzelnes Bauerhaus.
  • Muri, zwingen.
  • Muri, Unrecht, Ungerechtig - keit.
  • Muru, ſkui muru, tuͤnchen, weißen.
  • Muſme, Tochter, Schweſter.
  • N.
  • Na, Nahme.
  • Tſuna no na, Strick.
  • Naats, Fruͤhling.
  • Nabakv, Feld.
  • Naga, Meerbuſen.
  • Nagai, lang.
  • Nagaſan, Laͤnge.
  • Nagakv, ſchaben, ſchrapen.
  • Nagomotji, Koffer.
  • Nagari, Bach.
  • Nagiſa, Kuͤſte.
  • Nagoari, nagadaki, Hochzeit.
  • Nagoſuru, verlangen.
  • Naguſammu, Verdruß.
  • Naguſammu fikv, es verdrießt mich.
  • Naguſamu, ermahnen.
  • Nai juru, Gicht.
  • Jaſſi naiko, angenommener Sohn.
  • Naimono, Wette.
  • Naka, jemand.
  • Naka joſi, nojoka, guter Freund.
  • Naka no warka, ſchlechter Freund.
  • Naka no jukka, von gutem Herzen.
  • Nakka, warm.
  • Nakv, weinen.
  • Nama, lau.
  • Nama, roh.
  • Namari, Bley.
  • Nami, Strom.
  • Narau, lehren.
  • Makoto narau, unſicher.
  • Narruru, Gewohnheit.
  • Jo oidena naſerimaſſa, will - kommen.
  • Naſis, Lackirung mit Vergol - dung.
  • Naſo, Raͤthſel.
  • Naſuku, zahm.
  • Nawaſſu, bewahren.
  • Sino nawaſſu, umpacken.
  • Ne, Wurzel.
  • Nebaru, nemaru, ſchleimig.
  • Nebaa, ſeidne Watten.
  • Nibaſſi nuru, Seide ſpinnen.
  • Neburu, lecken, ſaugen.
  • Nedang, Unkoſten.
  • Nedo aſkuru, anbiethen.
  • Nedokuri, Bette.
  • Neiruru, aufwarten.
  • Ne, Maus, Ratze.
  • Neko, Katze.
233Von der Japaniſchen Sprache.
  • Neko, nakv, miauen.
  • Nemutaka, nemutakai, ſchlaͤfrig.
  • Nerau, treffen.
  • Nerawa, Thal.
  • Neriakv, Salbe.
  • Neſi, Schraube.
  • Neſiru, drechſeln.
  • Neſuku ſuru, einpacken.
  • Neſumi, kneipen.
  • Nets, Fieber.
  • Nettami, Neid.
  • Nettarami, netamo, neidiſch.
  • Niakv ſuru, beladen.
  • Niakv tſumu, in ein Schiff laden.
  • Niaſſu, kochen.
  • Nigir, ſtoͤrrig.
  • Nigiri, habſuͤchtig.
  • Nigai, nigaka, bitter.
  • Nigoſerru, lebe wohl.
  • Nikai, Boden im Hauſe.
  • Nikaai, Wohnung.
  • Nikke, Kaneel.
  • Uke ja nikui, ſein Beſtes thun.
  • Nikuſuk, Muskatnuß.
  • Nikwuni, Strafe.
  • Nikwumu, ſtrafen.
  • Nima, nimba, Packpferd.
  • Nimakv, weiter langer Rock der Japaner.
  • Ningjo, Bild, Puppe.
  • Jakima no ningjo, porzellane - ne Figur.
  • Nin jiri, nituru, zu Bett ge - hen, ſich ſchlafen legen.
  • Niobo, Frau.
  • Nioi, niowi. Geruch.
  • Nis, Weſten, Weſt-Wind.
  • Niſi, nite, falſch.
  • Niſamonuſſu, verfaͤlſchen.
  • Niſi, Regenbogen.
  • Niubai, Regenzeit.
  • Niskaka, kurz.
  • Niſumi, Maus.
  • Niſuru, nachahmen.
  • Nitji, Sonne.
  • Niwataſſu, abgeben, liefern.
  • No, ne, ein Verbindungs - wort, das meiſtens Subſtan - tiva mit einander verbindet, z. E. kwuna no je, Spinn - webe; Me no tamma, Aug - apfel; auch wohl Verba mit Subſtantiven, z. E. Otai no fuſe, ein Lied ſin - gen; Ame no fiuru, es reg - net.
  • No, noi, naͤhen, ſticken.
  • Noats, Sommer.
  • Nobori, hin -, hinauf reiſen.
  • Nodonokawaku, Durſt.
  • Nodor, Hals.
  • Nogai, zahm machen.
  • Nogou, abwiſchen.
  • Nogu, wegnehmen.
  • Nogori, Reſt.
  • Noguru, klettern.
  • Noko, Saͤge.
  • Nogokuſu, Saͤgſpaͤne.
  • Nokuriganni, Aufgeld.
  • Nomi, Floh.
  • Nomu, trinken.
  • Nomikomu, ſchlucken, nieder - ſchlucken.
  • Nomimono, Trank.
  • Nomojui, betrunken ſeyn.
  • Tabako nomu, Tobak rauchen.
  • Nommi, Hackmeſſer.
  • Nori, Brey, Kleiſter, Staͤrke.
  • Nori, Plaͤtteiſen.
  • Noro, Schlamm, Moder.
  • Nororu, naß.
  • Noraſſu, naß machen.
  • Noru, auf ein Pferd laden, reiten.
  • Tanna noſu, Nasloͤcher.
234Fuͤnfte Abtheilung. Achter Abſchnitt.
  • Noſumu, ſtehlen.
  • Noſibito, noſto, Dieb.
  • Nugu, ausziehen.
  • Nur, Schlaf.
  • Nuru, ſchlafen.
  • Nuru, Theer.
  • Tjan nuru, theeren.
  • Taſſu nuru, fragen.
  • O.
  • O, groß.
  • O bang, Kaiſerliche Wache.
  • O, Steiß.
  • Oari, Ende.
  • Obatera, Hollaͤndiſches Boot.
  • Obojuri, Gefuͤhl.
  • Obojuru, fuͤhlen.
  • Obuwatta, Darm.
  • Odori, Tanz.
  • Odoru, tanzen.
  • Odoſſu, oſoruru, oſiruru, er - ſchrecken, ſich fuͤrchten.
  • Oſiru, oturuſka, okuraſi, okanne, erſchrocken.
  • Otoruſſik, ſchrecklich.
  • Ogannu ſuru, bethen.
  • Ogannu ſuru mono, Bether.
  • Ogi, Faͤcher.
  • Ogitſkuri, Faͤchermacher.
  • Ogu iru, Nachtigall.
  • Oikjo, nikjo, Aniskoͤrner.
  • Oikjoſſi, Anis-Brandwein.
  • Oja jubi, ajubi, Daum.
  • Ojoru, ſkoru, ſteif.
  • Ojugu, ſchwimmen.
  • Okahara, Dyſenterie.
  • Okaſi, Thurm.
  • Okaſki, laͤcherlich.
  • Okatſa, Frau.
  • Okftabiri, Mode, Gebrauch.
  • Oki, Kuͤben.
  • Okittori, Quittung.
  • Oku, okv, ſetzen, ſtellen, legen.
  • Okiru, aufſtehen.
  • Okiteoru, wachen.
  • Okuſu, wecken.
  • Okuro, Geſchenk.
  • Okuru, begraben.
  • Okuru, aus der Thuͤr beglei - ten.
  • Wataks kuſi utji okuri maſſo, ich will jemand aus der Thuͤr begleiten.
  • Omaſſiroi, omoſte, luſtig, ver - gnuͤgt.
  • Omoſiri ifito, angenehm.
  • Omini koki waſſi, ich will zeigen.
  • Omoka, omotaka, ſchwer.
  • Omokaſi, Steuerbord.
  • Omotte, Angeſicht.
  • Omu, Papagoy.
  • Onago, Magd.
  • Onago no titi, Milchweib.
  • Onago, mein Lieber.
  • Onaſkamanu, vergleichen.
  • Onaſſijona, allgemein.
  • Oni, Teufel.
  • Orifaka, Taſchenmeſſer.
  • Oriru, vom Pferde ſteigen.
  • Ori, Fett.
  • Ori ſakki, ſakki no ori, Sakki-Hefen.
  • Kajete oru, es iſt fett.
  • Oros, los.
  • Ilog oruſſu, die Segel ſtreichen.
  • Oru, beugen.
  • Oſiennomits, Art und Weiſe.
  • Oſiru, oſijoru, unterweiſen.
  • Oſuſſi, Oberrichter.
  • Ota, anpaſſen.
  • Otakadaiſi, Kaiſerpapier.
  • Otjijaki, Auſter.
  • Otjiru, fallen.
  • Otoko, Mann.
  • Otoko janimome, otohejoki, Wittwer.
235Von der Japaniſchen Sprache.
  • Otoho fitsjuſi, Schafbock.
  • Otori, ondari, Hahn.
  • Ottona, Polizey-Beamter uͤber eine Straße, oder an - dern Theil einer Stadt.
  • Owamu, aufdecken.
  • R.
  • Rei, Glocke.
  • Reſuru, reigiſuru, gruͤßen, complimentiren.
  • Ri, itsjiri, Meile.
  • Rinſi, Gallerie.
  • Rinſjo, Samenfluß.
  • Rioſi, Fiſcher.
  • Riukinfuru, vergolden.
  • Ro, Wachs.
  • Roſoko, Wachslicht.
  • Roſoko ſtatti, Leuchter.
  • Ro, Ruder.
  • Rooſu, rudern.
  • Roja, Gefaͤngniß.
  • Roko, Ehre.
  • Rokuſeo, ſpangruͤn.
  • Roſin, Alter.
  • Rioſin, Aeltern.
  • Rui, Sorte.
  • Rui ſuru, ſortiren.
  • S.
  • Sabani nuru, bey jemand ſchlafen.
  • Sabir, Roſt.
  • Sabirru, roſten.
  • Sabita, roſtig.
  • Hari ſaimokf, Balken.
  • Saguri daſſu, ausfuͤhren.
  • Sairio, Aufwaͤrter.
  • Saiſi, Loͤffel.
  • Saiwai, gluͤcklich.
  • Saja, Scheide, Futteral.
  • Saji, Wuͤrfel.
  • Sajoru, duͤrr.
  • Tori ne ſajoru, Voͤgelgeſang.
  • Sakkai, Grenze.
  • Sakkai ſuru, angrenzen.
  • Sakkana, Fiſch.
  • Sakkara, Schatz.
  • Sakki, Getraͤnk von Reiß.
  • Ama ſakki, ori ſakki, ſakki no ori, Hefen von Sakki.
  • Sakuru, ſaruru, ſururu, ſo - ſuru, ſkuſarumu, verbrau - chen, abnutzen, verderben.
  • Fanna ſakv, bluͤhen.
  • Same, Haut vom Hayfiſche.
  • Samka, Beruf.
  • Samma, Herr.
  • Deinagou ſamma, Kronprinz.
  • Samma, Fenſter.
  • Sammifiku, allein.
  • Samu, ſamkeſuku, ſanſuru, gebaͤhren.
  • Soiſang tjoman, unzeitige Nie - derkunft.
  • San, Pulver.
  • Sanjo ſuru, ſanno ſuru, zaͤh - len, rechnen, ausrechnen.
  • Sanjo aju, abrechnen.
  • Sanjobea, Kaufmanns-Com - toir.
  • Sanne, Kern.
  • Sanſakagi, Guͤrtel.
  • Sanſi no ito, Violinſaite.
  • Saoka, ſigoi, ſtark.
  • Sikaria, Kraft, Staͤrke.
  • Sapi, Unkoſten.
  • Sara, Jungferſchaft.
  • Sara, Teller.
  • Saraſe, Cattun u. d. gl.
  • Seikf ſaru, betrunken ſeyn.
  • Saraſſuri, ſich betrunken ſtellen.
  • Fiſa no ſarra, Knie.
  • Sar, ſaru, ſalu, Affe, Meerkatze.
  • Saru, ſcheiden.
  • Saſiſu, aufbringen, anhetzen.
  • Saſſaferi, Treſſe, Galone.
  • Saſſigari, Paß.
236Fuͤnfte Abtheilung. Achter Abſchnitt.
  • Sato, einzelnes Bauerhaus.
  • Satto, Zucker.
  • Koriſatto, Candiszucker.
  • Siroſatto, Puderzucker.
  • Sattojaki, Confect.
  • Sawarri, monathliche Reini - gung.
  • Se, mit der Schere ſchneiden, abſchneiden.
  • Segio, Almoſen.
  • Seifits, Feinde.
  • Seiſi, Eid.
  • Sekfits, Bleyſtift.
  • Sekis, Schwelle.
  • Sekka, ſikka, Strafe.
  • Semai, ſemaka, ſebuka, eng, ſchmal.
  • Semekv, kurz.
  • Iſi no ſemekv, Engbruͤſtigkeit.
  • Senaka, Ruͤcken.
  • Sendo, Schiffer.
  • Seng, Kork, Pfropf.
  • Senki, Kolik.
  • Senkju, regnig.
  • Seri, ſeribetta, Pflug.
  • Seteng, klar.
  • Senjits, ſakkuſits, geſtern.
  • Setſujin, heimliches Gemach.
  • Siaio, Biſam.
  • Sibaja, Schauſpiel, Schau - ſpielhaus.
  • Sibaida, Schauſpieler.
  • Sibaru, ſiburu, ſimoru, dre - hen, druͤcken, preſſen, er - ſticken, quaͤlen.
  • Sibundoki, Mahlzeit.
  • Sibomu, melken.
  • Simoru, Oehlpreſſe.
  • Simaru, ſitſnaki, ſitonaka, aͤngſtlich.
  • Sigai, ſigajo, ſining, gleich.
  • Sigito, arbeiten.
  • Sikakv, viereckig.
  • Sime, ſimai, Ende.
  • Simai, ſmai, fertig, bereit.
  • Simau, erklaͤren.
  • Simals, ſwambo, geitzig.
  • Simegi, Leim.
  • Simegi ſuru, faſamu, leimen.
  • Sin, Gott.
  • Sing, ſignoſo, Herz.
  • Sine nawaſſu, unpartheyiſch.
  • Sinſjo, aufrichtig.
  • Sinko, Alhagiſtrauch.
  • Sinſu, Perlmutter.
  • Sino, Sieb.
  • Sino kai, Aſche.
  • Sinowalka, grob.
  • Sintju, Meſſing.
  • Sinu, ſiumoru, ſterben.
  • Sinda, ſining, todt, ein Todter.
  • Sinkiru, das Licht ſchneutzen.
  • Sinkiri, Lichtſchere.
  • Sinſok ſuru, die Fuͤße waſchen.
  • Sio, Vergnuͤgen.
  • Sioga, Ingwer.
  • Sioki, Geſetz.
  • Sioki, Buͤffel.
  • Sirami, ſubiſirami, Laus.
  • Sirai ſuru, angeben, anklagen.
  • Siru, wiſſen.
  • Sirus, Kennzeichen.
  • Miſiru, kennen.
  • Sirio, ſiriuro, Fleiß.
  • Oſiru, oſijoru, lehren, unter - richten.
  • Siſſo, Schulmeiſter.
  • Sirio, Seele.
  • Siro, ſo, Citadelle.
  • Sirobe, ſirobai, Kalk.
  • Siraſſumi, Lehm, Thon, Kreide.
  • Siro ſatto, Puderzucker.
  • Sirojinſo, Salpeter.
  • Sirome, Bleyweiß.
  • Sikui, ſkui, tſikui, Kalk.
  • Skui muru, tuͤnchen.
237Von der Japaniſchen Sprache.
  • Skui jakf, Kalk brennen.
  • Siwo, Salz.
  • Siwo ſuru, ſalzen.
  • Siwo mis, uſiwo, Salz - waſſer.
  • Sis, Loͤwe.
  • Sis, Schwein.
  • Ino ſis, wildes Schwein.
  • Kano ſis, Hirſch.
  • Siſukamai, langwierig.
  • Siſumu, ſinken.
  • Siti, Pfand.
  • Sitji iruru, zum Pfande ſetzen.
  • Sito, ſta, Laſt, Schwere.
  • Sitkuſumu, großes Schnupf - tuch.
  • Sitſugets no goko, Sonnen - ſtrahl.
  • Sitsſugjo, ausgehen.
  • Siwo, Strom, Fluß.
  • Suo no warika, gegen den Strom.
  • Siwamoki, Huſten.
  • Sjakf, ſjakv, Maaßſtab.
  • Sjakf torru ſjakf utſu, meſ - ſen, Maaß nehmen.
  • Sjakv taku, Stelle zum Ader laſſen.
  • Sjas, Atlas.
  • Sjo, Brief.
  • Sjomi, rein.
  • Sjoguats, neu.
  • Sju, zahm.
  • Sjugi, uͤber.
  • Sjumanſi, Kreutz.
  • Sjumonſi, Kreutzweg.
  • Sjur, Bruͤhe.
  • Skai, ſatt.
  • Skai ſuru, ſaͤttigen.
  • Skai, ſokki, Mutterbeſchwerde.
  • Skai, Nachricht.
  • Skaijuru, ſtaknaru, ſich naͤ - hevn.
  • Skamajoru, anfaſſen, angreifen.
  • Skaſſa, Buͤrger.
  • Skegami, tſukiganni, Pe - ruk.
  • Skegi, ſkedakiki, Schwefel - holz.
  • Snobimiru, lauern.
  • So, Elephant.
  • Soge, ſogi, Elfenbein.
  • So, ſjo, joots kuri, Schloß (an der Thuͤr u. d. gl.).
  • Sobai, Handel treiben.
  • Sonin, Kaufmann.
  • Sobe, ſetome, ſtomefito, Amt, Bedienung.
  • Sonin, ſobainin, ſokunin, Beamter, in oͤffentlichem Dienſt ſtehender.
  • Sobing, Harn
  • Sobin ſuru, harnen, ſein Waſ - ſer laſſen.
  • Sobo, Buchweitzen.
  • So tekaki, Beyſchlaͤferin.
  • So dan, baar.
  • Sojugu, tſigau, Mißbrauch.
  • Sokv, ſakv, Tocht.
  • Roſokv, Wachslicht.
  • Somodatſu, ſteil.
  • Somuru, faͤrben.
  • Somots, Bauch.
  • Song, Schade, Verluſt.
  • Song ſuru, verlieren.
  • Sono, Campher.
  • Sora, Luft.
  • Sori, Schuh oder Pantoffel von Stroh.
  • Sorin ſuru, begraben.
  • Sorona, ſoſikima, ſanftmuͤ - thig.
  • Soſa game, unmoͤglich.
  • Soſimu, faſten.
  • Soſonoko, ſoſonofone, Ramme.
  • Soſuteſuru, ſich ankleiden.
  • Soſuſuru, ſich abkuͤhlen.
238Fuͤnfte Abtheilung. Achter Abſchnitt.
  • Sotju, Brandwein, uͤberhaupt geiſtiges Getraͤnk.
  • Soto matji, Stadt.
  • Soto momo, Lende.
  • Sotomuru, ſtomuru, dienen.
  • Sſjo, ſſjone, gemaͤchlich, be - quem.
  • Sſu, Landkarte.
  • Stabara, Bauch.
  • Stajumi ſuru, vorleſen.
  • Stamuru, ſtuͤrzen.
  • Stoſone, Wade.
  • Su, Eſſig.
  • Suire, Eſſigglas.
  • Suiku, ſauer.
  • Tori no ſu, Vogelneſt, Vo - gelbauer.
  • Subakki, Speichel.
  • Subakki hakv, ſpeyen.
  • Suberu, glatt, ſchlicht.
  • Sudatſuru, vermehren.
  • Sugoroko utſu, Wuͤrfel ſpie - len.
  • Sugurru, auslaufen, ausflie - ßen.
  • Sugita, verfloſſen, vergangen.
  • Suiſſi, Matroſe.
  • Suita, ſukv, mein Lieber.
  • Itgiri ſuka, Meilenzeiger.
  • Sukama juro, Anhang.
  • Sukikakuru, ſtoßen.
  • Sukun, Fiſch.
  • Sukuru, Schleichhandel trei - ben.
  • Sum, ſumi, ſchwarze Tinte.
  • Suſu hakv, Tintenfaß.
  • Sum, ſumi, Kohle.
  • Iſu ſumi, Steinkohle.
  • Fegura ſum, Kienruß.
  • Sumebito, gefangen.
  • Sumire, Gift.
  • Suragoſo, luͤgen.
  • Surihago, Wunde.
  • Surria, Apotheke.
  • Suru, fiuru, furu, ſeru, jo - ru, juru, ſururu, tatſuru, tukurru, katatſuru, thun, machen; wird ſehr haͤufig mit einem Nomen zuſam - men geſetzt, und dadurch wird eine Menge Verba ge - bildet, z. E. ſong ſuru, ver - lieren; miſtſuki ſuru, ſpri - tzen; iwo ſuru, fiſchen.
  • Sukuri, tſukuri, einer, der etwas macht; formirt durch Zuſammenſetzung an - dre Subſtantiva, z. E. kwu - ra ſukuri, Sattler; kurut - ſu tſkuſuri, Schuſter.
  • Suru, Suppe.
  • Suruſu, Zeichen.
  • Suruſi ſuru, zeichnen, bezeich - nen.
  • Suſakki, Sandbank.
  • Suſi, Strich, Strieme, Ader.
  • Suſimiru, wahrſagen.
  • Suſu, Zinn.
  • Sutſumu, aufwinden.
  • Suwo no firu, Ebbe.
  • T.
  • Tabako, Tobak.
  • Fanna tabak, Schnupftobak.
  • Tabako ire, Tobaksdoſe.
  • Fanna tabako ire, Schnupf - tobaksdoſe.
  • Tabako nouru, Tobak rau - chen.
  • Tabi, Reiſe.
  • Tabi ſuru, reiſen.
  • Tagi, taki gi, Holz, Brenn - holz.
  • Taiko, Trommel.
  • Taiſits, wichtig, angelegen.
  • Taki, Waſſerfall.
239Von der Japaniſchen Sprache.
  • Takka, Falk.
  • Takkai, theuer.
  • Takkara, Schade, Nachtheil.
  • Takv, kochen.
  • Sjakv taku, Stelle zum Ader - laſſen.
  • Tamagatta, Geſchrey.
  • Tame[i]ktſukv, ſeufzen.
  • Tamma, Buͤndel, Rolle.
  • Tamma, Kugel, Boſel.
  • Tippo no tamma, Flinten - kugel.
  • Me no tamma, me no fitome, Augapfel.
  • Tamago, Ey.
  • Tamago no karru, Eyer - ſchale.
  • Tang, Galle, Schleim.
  • Tango, Eimer.
  • Tankiri, Lackritz.
  • Tanna, Samen.
  • Tannemakv, ſaͤen.
  • Tannomu, bitten, begehren.
  • Tannomi, Bitte, Begehr.
  • Tanſjo nitji, Geburtstag.
  • Taru, Stockfiſch.
  • Tarang, zu kurz kommen.
  • Taſſa nuru, fragen.
  • Taſſia, friſch, geſund.
  • Taſſia niſta, Geſundheit.
  • Taſſi jori, alt.
  • Taſſuru, Ehemann.
  • Taſtena, tadſuna, Zaum.
  • Taſkani, ſicher, gewiß.
  • Tatakv, klappen, klatſchen, ſchlagen.
  • Tatake, jemand ſchlagen laſſen.
  • Tats, Drache.
  • Tatſimuru, ſuchen.
  • Tatſu, ſtehen.
  • Tatſuru, tſukuru, tſumu, wohnen, bewohnen.
  • Tattami, futtami, Matte, Fußboden-Matte.
  • Tattuje kotoba, Sprichwort.
  • Tauts, Pflug.
  • Tojajaſſu, pfluͤgen.
  • Tawaru, tawaruru, torruru, tawareta, ſtolpern, fallen, umſtoßen.
  • Te, Hand.
  • Tekobus, geballte Fauſt.
  • Te ne hi, Handſchuh.
  • Te no goi, Schnupftuch.
  • Te ne bari, tomebari, Steck - nadel.
  • Tefikv, leiden.
  • Tefong, ungeſtalt.
  • Tegami, Brief.
  • So tekaki, Beyſchlaͤferin.
  • Tetenaſſigo, uneheliches Kind.
  • Tema, tamma, Ball.
  • Ten, Himmel.
  • Jui teng, ſchoͤnes Wetter.
  • Don teng, nebliges Wetter.
  • Teppo, tippa, Jagdbuͤchſe, Flinte.
  • Tippo no tammu, Flinten - kugel.
  • Tera, Tempel, Schule.
  • Teſu, Wirth.
  • Tete, toto, Vater.
  • Tets, Eiſen.
  • Tetja kwang, eiſerner Keſſel.
  • Tjidaß, eiſernes Geſchirr.
  • Timbo, tembin, große Wage.
  • Kimono tjakv ſuru, ſich an - kleiden.
  • Tjaire, tſjaa, Thee.
  • Tjawang, Theetaſſe.
  • Tjan, Theer.
  • Tjannuru, theeren.
  • Tjan ſuna, getheertes Tau, Schiffstau.
  • Tjamintoſeru, Buͤcher einbin - den.
  • Tjammera fuki, Trompete.
  • Tji, tji tji, Milch.
240Fuͤnfte Abtheilung. Achter Abſchnitt.
  • Tji tji, Weiberbruſt.
  • Tjibuſa, Bruſtwarze.
  • Onago no titi, Milchweis.
  • Tjijau, veraͤndern.
  • Tjijiru, pfluͤcken, abpfluͤcken.
  • Tjimba, lahm.
  • Tjimba fikv, hinken.
  • Tjikifito, gliederlahm.
  • Tjo, matji, Gaſſe, Straße.
  • Tjodo, nett.
  • Tjooſi, Gewuͤrznelke.
  • Tjono, ſtono, Axt.
  • Tjitjin, papierne Leuchte.
  • Tju, ßune, gemein.
  • Tjumi ju, Lection.
  • Tjuſing, Bericht, Zeitung.
  • Tjuſin ſuru, Bericht abſtat - ten.
  • To, Thuͤr.
  • To, Thurm.
  • Tage, Gipfel des Berges.
  • Toboſe, roͤthlicher Reiß.
  • Tobu, abſpringen.
  • Todokuru, warnen.
  • Todokuru, totokef, klagen.
  • Togu, ſchleifen.
  • Tojiſi, toiſi, Schleifſtein.
  • Toi, Regenmantel.
  • To meganni, Fernglas.
  • Toka, Zeit.
  • Tokei, Uhr.
  • Tokei jeſſi, Uhrmacher.
  • Fitoke, Sonnenzeiger.
  • Toſi, Jahr.
  • Tokv, loͤſen.
  • Tokv, Gewinn, Vortheil.
  • Toma, Matte zum Abwiſchen.
  • Tomaguru, erſchrocken.
  • Tommarige, Klaue.
  • Tomoſi abura, Lampenoͤhl.
  • Tomot[f]i, Staven (Vorder - theil, Hintertheil eines Sch[i]ffs).
  • Tonari fitu, Nachbar.
  • Todomaru, torui, Aufenthalt, Wohnort.
  • Tonaru fikv, Nachbar.
  • Tonſoſi, Kraͤuterkenner.
  • Toobu, fliegen.
  • Toobu fanne, Fluͤgel.
  • Tobi, Habicht.
  • Tori, torri, tjo, Vogel.
  • Tori no ſu, Vogelbauer, Vo - gelneſt.
  • Tori no ſajuru, Voͤgelgeſang.
  • Tori mootji wanna, torrimo - to, Vogelleim.
  • Tori no fa, Feder.
  • Torri, otori, ondari, Hahn.
  • Metori, mendori, Henne.
  • Tori no kabito, Federbuſch, Hahnenkamm.
  • Tookf ſuru, vergroͤßern.
  • Tora, torra, Tiger.
  • Toro, glaͤſerne Leuchte.
  • Torru, toru, nehmen, weg - nehmen, abnehmen.
  • Uke toru, annehmen, bekom - men.
  • Tori uſſuru, hohlen laſſen.
  • Torajoru, faſſen.
  • Torimotſu, Huͤlfe.
  • Toriagibaka, toriagikaka, Hebamme.
  • Sjakv torru, das Maaß neh - men, meſſen.
  • Fanna toru, die Naſe ſchneu - tzen.
  • Toſigoro, Eigenthuͤmer.
  • Toſin, allein.
  • Toto kuroſſu, morden.
  • Stokoroſſi, Moͤrder.
  • Tſaje, Rohr.
  • Tſera, Angeſicht.
  • Tſi, moi ſi, mou ſi, Buch - ſtab.
  • Tſjio, Mark.
  • Tſjitſing, Verſaͤumung.
Tſuba,241Von der Japaniſchen Sprache.
  • Tſuba, Lippe.
  • Tſuben ſuru, uͤberſetzen, ver - dolmetſchen.
  • Tſuſi, Dolmetſcher.
  • Oſſuſi, Ober-Dolmetſcher.
  • Koſuſi, Unter-Dolmetſcher.
  • Tſubomi, Knoſpe.
  • Foni no tſugai, Sehne.
  • Tſuje, Block, Klotz.
  • Tſujoi, geraͤumig.
  • Tſuju, tſumuru, tſugu, zap - fen, abzapfen, einſchen - ken.
  • Tſuk, Luſt.
  • Tſuki, Mond.
  • Mikatſuki, Neumond.
  • Mangets, Vollmond.
  • Waſſukv, Mondſchein.
  • Tſuga, kleben.
  • Tſukv, ſtampfen.
  • Tſukv, Pflug.
  • Tſukamma tſuru, fragen.
  • Tſume, Nagel (am Finger).
  • Tſumu, tſutſumu, packen, aufſtapeln, decken, bede - cken.
  • Wiakv tſumu, ein Schiff be - laden.
  • Tſutſumi, Packen, Ballen.
  • Tſumaru, ausſtopfen.
  • Tſuna, Sand.
  • Tſuna, tſuna no na, Seil, Tau.
  • Tſunkv, Horn.
  • Tſurau, ausſtellen.
  • Tſuribai, Netz.
  • Tſurubi, Eimer.
  • Tſuſinde, andaͤchtig.
  • Tſuſuku, theuer.
  • Tſuſukf, folgen.
  • Tſutſubi iro, irdener Topf, Kruke.
  • Tuttami no furi, Rand an der Fußboden-Matte
  • U
  • Ude, Arm, Ellenbogen.
  • Uje, Schelm, Boͤſewicht.
  • Ukejau, ukeſau, Burg.
  • Uke toru, ukitoru, ukoro, annehmen, empfangen; be - ſonders ein Geſchenk.
  • Uki jaki nikui, ſein Beſtes thun.
  • Uma, Pferd.
  • Uma kutji, Kuß.
  • Umakutji ſuru, kuͤſſen.
  • Umaka, lecker.
  • Umarefi, Geburtstag.
  • Uma, Meer.
  • Umi, Eiter.
  • Unagi, Aal.
  • U, uſagi, ow, Haſe, Kanin - chen.
  • Unſing, warmes Bad.
  • Ura, Schuhſohle.
  • Uranau, wahrſagen.
  • Uru, verkaufen.
  • Ururu, untergehen.
  • Us, Kuh, Ochs.
  • Kinkiri uſi, Ochs, Stier.
  • Us no ko, kous, Kalb.
  • Us no niku, Rindfleiſch.
  • Us, Muͤhle.
  • Uſu, mahlen.
  • Uſuru, Wachtel.
  • Uſſui, duͤnn.
  • Uſſu, luͤgen.
  • Utagu, zweifeln.
  • Uta, Lied.
  • Utau, ſingen.
  • Utai no fuſe, ein Lied ſingen.
  • Utjiokuru, aus der Thuͤr be - gleiten.
  • Utſu, wutſu, ſchlagen,
  • Bakkutji utſu, Wuͤrfel ſpie - len.
  • Karta utſu, Karten ſpielen.
  • Utskoroſſu, ſchlachten.
Thunbergs Reiſe. 2. Bandes 1. Theil. Q242Fuͤnfte Abtheil. Achter Abſchn. u. ſ. w.
  • Utſu, mit einem Gewehr ſchießen.
  • Utſiwaro, zerbrechen.
  • Uttokuri, Ohrfeige.
  • Utſuſu, utuſu, Abſchreiber.
  • Uſuſi, Abſchrift.
  • Uwaſſa, Geruͤcht.
  • W.
  • Waga, eigen.
  • Wageru, bedeuten, erklaͤren.
  • Wagiſaſſin, kurzer Saͤbel.
  • Wakai, wagaki, jung.
  • Wakai mono, juͤnger.
  • Waka gimi, Prinz.
  • Waka gimi gatta, Prinzeſſin.
  • Wakev, abſaͤgen.
  • Waki, Seite.
  • Wakaruru, abweichen.
  • Wakiru, abmachen, abſchlie - ßen.
  • Wakuru, ſchaden.
  • Wakwuru theilen.
  • Wang, Taſſe, Schale.
  • Tja wang, Theetaſſe.
  • Wanjit[s], Urſache.
  • Tori motji wanna, Vogelleim.
  • Warau, lachen.
  • Waro, Axt.
  • Waſſuru, verſaͤumen.
  • Wataru, hinuͤber gehen, zur See reiſen.
  • Wataſſu, verlaſſen.
  • Watſuru, anſtecken.
  • Watta, baumwollne Watte.
  • Mawatta, ſeidne Watte.
  • Utſuri jammai, anſteckende Krankheit.
  • Zahlwoͤrter.
  • Sjoguats, der erſte.
  • Niguats, der zweyte.
  • Sanguats, der dritte.
  • Siguats, der vierte.
  • Goguats, der fuͤnfte.
  • Rokguats, der ſechste.
  • Sitsguats, der ſiebente.
  • Fatsguats, der achte.
  • Kuguats, der neunte.
  • Sjuguats, der zehnte.
  • Sjuitsguats, der eilfte.
  • Sjunitsguats, der zwoͤlfte.

Inhalt von des zweyten Bandes zweytem Theil.

Erſte Abtheilung.

Fernere allgemeine Bemerkungen und Nachrichten, Ja - panund die Japaner betreffend. Seite 1 bis 122.

Erſter Abſchnitt.

  • Von der Staatsverfaſſung, Polizey, Geſetzen und Rechts - pflege in Japan, nebſt einigen andern hieher gehoͤrigen ſtatiſtiſchen Nachrichten. Seite 1 bis 18.

Regierung des weltlichen Kaiſers oder des Kubo. Unter - regenten in den Provinzen. Kurze Geſchichte der verſchiednen Regierungsveraͤnderungen in Japanund des Urſprungs der Regierung eines ſo genannten geiſtlichen Kaiſers, oder des Dairi. Namen und Folge der Kubo ſeit KaͤmpfersZeit. Reichsrath oder Staatsrath. Einkuͤnfte des Kubo. Seite 1 bis 7.

Regierung des Dairi als Oberhaupts in Religions und gottesdienſtlichen Sachen. Heiligkeit und Verehrung deſſel - ben. Seine Reſidenz, Hofſtaat und Gemahlinnen. Akade - mie an ſeinem Hofe. Einkuͤnfte und Gerechtſame des Dairi. Jaͤhrliche Geſandſchaft des Kubo an ihn. Namen und Folge der Dairi ſeit KaͤmpfersZeit. Seite 7 bis 11.

Ordnung und Polizey in den Staͤdten. Stadtobrigkeiten und ſtaͤdtiſche Bediente, Feuerloͤſchanſtalten, Polizey in den Wirthshaͤuſern, aͤußre Einrichtung der Staͤdte. Einrichtung*Inhalt. der Doͤrfer. Verſchiedne andre oͤffentliche Einrichtungen im Lande. Seite 11 bis 13.

Amtseid der oͤffentlichen Beamten. Strenge und unpar - theyiſche Handhabung der Geſetze. Lebens - und andre Stra - fen; Strenge derſelben. Gefaͤngniſſe. Richtplaͤtze. Selten - heit der Verbrechen. Viele Geſetze ohne angedrohete Strafe. Oeffentliche Kundmachung der Geſetze. Abgaben an den Ku - bo und an die Landſchaftsfuͤrſten. Allgemeine[Anmerkungen] uͤber die Einrichtungen in Japan. Seite 13 bis 18.

Zweyter Abſchnitt.

  • Religion der Japaner, und was ſich darauf bezieht. Seite 18 bis 36.

Geiſtliches Oberhaupt. Abbildung der Goͤtter. Tempel und deren Einrichtung. Prieſter. Gottesdienſt. Wallfahr - ten nach einigen beſonders heiligen Tempeln. Die beyden Hauptreligionen. Die Religion Sinto: Grundſaͤtze derſelben; Tempel, Gottesdienſt, Prieſter der Sintoiſten. Die Religion Budsdo und deren Eigenthuͤmliches. Geiſtliche Orden; Orden der Blinden; Bergmoͤnche; Nonnenkloͤſter; Ordensoberhaͤupter. Praͤlaten. Religioͤſe Geluͤbde. Seite 18 bis 27.

Feſte und Feyertage: monathliche Feſte; Neujahrsfeſt; andre jaͤhrliche Feſte; das Laternen - oder Lampenfeſt; das Feſt Matſuri. Hochzeiten und Trauung. Beerdigung und Verbrennung der Todten; Trauer um die Verſtorbenen. Seite 27 bis 32.

Philoſophen und Sittenlehrer: Sittenlehre des Con - fucius. Geſchichte der Einfuͤhrung, Ausbreitung und Vertil - gung des Chriſtenthums. Seite 32 bis 36.

Dritter Abſchnitt.

  • Zuſtand der Wiſſenſchaften, Kuͤnſte und dergleichen in Japan. Seite 36 bis 55.
Inhalt.

Schlechter Zuſtand der Wiſſenſchaften. Vaterlaͤndiſche Geſchichte. Oekonomiſche Wiſſenſchaften. Aſtronomie. Me - dicin: Aerzte; Wundaͤrzte; Brennen mit Moxa; Stechen mit Nadeln; Behandlung innerlicher Krankheiten; Aderlaſ - ſen; gewoͤhnliche Krankheiten: Kolik, triefende Augen, Diar - rhoͤe und rothe Ruhr, Kinderpocken, beſondre Art Frieſel, veneriſche Krankheiten und deren Behandlung: Rechtsgelehr - ſamkeit. Sittenlehre. Studium fremder Sprachen. Kriegs - wiſſenſchaft. Buchdruckerkunſt; Beſchreibung einiger gedruckten Japaniſchen Buͤcher. Kupferſtecherkunſt. Feldmeßkunſt; geogra - phiſche und topograhiſche Karten. Schreibkunſt: Dichtkunſt. Mu - ſik. Schauſpielkunſt; Beſchreibung der Schauſpiele und Theater. Tanzkunſt; pantomimiſche Taͤnze. Academie und Univerſitaͤt am Hofe des Dairi. Oeffentliche Schulen. Erziehung der Kinder. Seite 36 bis 50.

Manufactur - und Kunſtarbeiten; Handwerker. Lackirte Arbeit; Zubereitung des Lackfirnis. Arbeit von Sowas. Glasarbeit. Uhrmacherkunſt. Verarbeitung der Metalle. Stahlarbeit. Verfertigung des Papiers. Porcellain. Meublen. Seite 50 bis 54.

Steuermannskunſt. Kompaß. Seite 54 und 55.

Vierter Abſchnitt.

  • Von der Landwirthſchaft, beſonders dem Ackerbau der Japaner. Seite 55 bis 73.

Vorzuͤglicher Flor des Ackerbaues, und die Urſachen, welche ihn ſo ſehr befoͤrdern; Zuſtand des Landmanns und Bauers; Sorgfalt jeden Fleck Erde zu beſtellen. Waͤſſerung der Reisfelder. Sammlung aller Arten Dung, und Art zu duͤngen. Gaͤnzlicher Mangel an Unkraut. Feld und Gar - tenland ohne Befriedigung. Umgraben und Pfluͤgen. Be - ſtellung der Reisfelder; Reiserndte und Droͤſchen des Rei - ßes; Buchweizen; Weizen; Gerſte. Eintheilung der Aecker in ſchmale Beete. Beſaͤung des Stoppelfeldes. Ruͤbſaamen. * 2Inhalt. Droͤſchen des Getreides. Bohnen, Sojabohnen, Erbſen, Linſen und verſchiedne andre Feldgewaͤchſe. Seite 55 bis 66.

Gartengewaͤchſe, Baumzucht, Gewuͤrzgewaͤchſe, Hopfen, Baͤume und Blumen zur Zierde. Seite 66 bis 68.

Faͤrbekraͤuter. Baumwoll - und Seidenbau. Firnis - Fichten[,]Cedernbaͤume, Bambosrohr, Kampferbaͤume, Be - reitung des Kampfers. Theeſtauden; Pfluͤcken und Trocknen der Theeblaͤtter. Zuckerahorn. Seite 68 bis 72.

Viehzucht. Fiſcherey. Seite 72. 73.

Fuͤnfter Abſchnitt.

  • Vom Handel der Japaner. Seite 74 bis 81.

Bluͤhender Zuſtand des inlaͤndiſchen Handels. Gegen - ſtaͤnde des Japaniſchen Handels. Kramwaaren und Kram - buden. Handel mit den Chineſern. Geſchichte des vormahli - gen Handels der Portugieſen mit den Japanern. Anfang, ehemaliger Flor und allmaͤhlige Abnahme des hollaͤndiſchen Handels nach Japan. Seite 74 bis 81.

Sechſter Abſchnitt.

  • Von den Waffen; den Speiſen und Getraͤnken der Ja - paner; wie auch noch Verſchiednes von ihren Sitten und Gewohnheiten, Muͤnzen, Kleidungen und derglei - chen. Seite 81 bis 99.

Bogen und Pfeil; Schießgewehr; Kanonen; Saͤbel; deren Vortrefflichkeit und Art den Saͤbel zu tragen. Seite 81 bis 84.

Reis ſtatt Brodts, Miſoſuppe, Fiſche, Federvieh. Sup - pen und Bruͤhen; Sojabruͤhe; Bereitung der Soja; ver - ſchiedene Oele ſtatt Butter; taͤgliche Zeiten des Eſſens; Art die Speiſen vorzuſetzen; Ordnung der Gerichte und Art zu eſſen. Sakki; Thee; Art dieſe zu trinken. Seite 84 bis 91.

Gebrauch des Rauchtobacks; Art zu rauchen; Pfeifen und dergleichen. Seite 91. 92.

Inhalt.

Art zu Waͤgen mit Schnellwagen. Rechenbretter. Seite 92.

Große goldne Muͤnzen; Abbildung des Gottes des Reich - thums; Aufreihen des kleinen Kupfergeldes auf Schnuͤre; chineſiſche Pfennige. Seite 93 bis 96.

Pettſchaffte; Art zu unterſiegeln; Buchdruckerſchwaͤrze. Lampenoͤl. Verfertigung der Fußbodenmatten. Seite 96 und 97.

Noch einige Gewohnheiten der Japaner. Seite 97 bis 99.

Siebenter Abſchnitt.

  • Von der Japaniſchen Sprache. Seite 99 bis 111.

Verwechſelung der Buchſtaben. Gleichlautende Woͤrter. Wegwerfung der Vokale. Zuſammengeſetzte Verba. Endung der Perfecta und Participia. Verbindung zweyer Subſtan - tiven. Pronomina. Partikeln. Zahlwoͤrter. Auslaͤndiſche Woͤrter. Conjugation und Gebrauch der Verba; Formirung ganzer Saͤtze. Seite 99 bis 111.

Achter Abſchnitt.

  • Einige allgemeine zoologiſche und mineralogiſche Nachrich - ten. Seite 112 bis 122.

Saͤugthiere; Voͤgel, Amphibien; Fiſche; Inſecten; Kon - chylien; Wuͤrmer. Seite 112 bis 120.

Gold; Silber; Kupfer; Eiſen; Bernſtein; Schwefel; Steinkohlen; Agat. Seite 120 bis 122.

Zweyte Abtheilung.

  • Aufenthalt auf Dezimanach der Zuruͤckkunft von Jedobis zur Ruͤckreiſe nach Batavia. Seite 123 bis 129.

Botaniſche Spaziergaͤnge um Nangaſackiund dabey ge - machte Bemerkungen. Ankunft der hollaͤndiſchen Schiffe. * 3Inhalt. Trauer um den verſtorbenen Fuͤrſten von Owari. Ankunft des neuen Kaiſerlichen Gouverneurs von Nangaſacki. Ruͤck - reiſe nach Batavia. Seite 123 bis 129.

Dritte Abtheilung.

  • Zweyter Aufenthalt zu Bataviavom 4ten Junius bis 5ten Julius 1777. Seite 129 bis 162.

Erſter Abſchnitt.

  • Aufenthalt zu Batavia, und erſte Reiſe in das Innere von Java. Seite 129 bis 149.

Ruͤckkunft des Verfaſſers nach Batavia. Große Mor - talitaͤt daſelbſt. Neuer Generalgouverneur. Von dem Verfaſſer mitgebrachtes Verzeichniß der Japaniſchen Re - genten. Abhandlungen der gelehrten Geſellſchaft zu Batavia. Regnigtes Wetter in dieſen Monathen. Neujahrstag der Chineſer. Seite 129 bis 133.

Reiſe ins Innere des Landes. Cheribon; Vulkane in dieſer Gegend; Erdbeben. Schlangen. Veraͤnderung der Paſſatwinde ſeit mehrern Jahren. Verſorgung des Schiffs mit ſchlechtem Zucker. Samarang; Statthalter daſelbſt. Fie - ber-Krankheit des Verfaſſers. Salatiga. Kopping. Indi - ſche Feigenbaͤume. Brenneſſelſtrauch. Stier - und Tigerge - fechte. Tundang. Huͤtte von Bamborohr. Tanzluſtbarkeit der Javaner. Menge von Muͤcken. Pflanzen und Gewaͤchſe in dieſer Gegend, die mediciniſchen Nutzen haben. Kraͤnze zum Putz von Nachtblumen. Beſchreibung der Kaffeeplanta - gen. Gelegenheit fuͤr den Verfaſſer, den Staar zu ſtechen. Japara. Reſident van der Beeck. Nachtquartier bey einem javaſchen Fuͤrſten. Juana. Abnahme des Waſſers an dieſer Kuͤſte. Seeraͤuber. Seite 133 bis 149.

Inhalt.

Zweyter Abſchnitt.

  • Fernerer Aufenthalt zu Batavia, und zweyte Reiſe ins Innere des Landes. Seite 149 bis 162.

Dienſt auf dem Krankenſchiffe. Ingenieur-Capitain Wimmercranz. Seite 149. 150.

Reiſe nach dem warmen Bade und den blauen Bergen. Buytenzorg. Warmes Bad; Beſchreibung deſſelben. Klima. Europaͤiſche und javaniſche Gewaͤchſe. Seltſame Art Affen. Reiher. Pandogede; Berge daſelbſt. Heilige Bilder. Wilde Pfauen. Inſchrift auf einem Steine. Berg, in deſſen Hoͤh - len die Schwalben niſten, welche die indianiſchen Vogelneſter bauen. Mahlzeit bey einem Japaniſchen Landesoberſten. Merk - wuͤrdiges Echo. Seite 150 bis 156.

Aufenthalt der Chineſer unter den Javanern. Schuh und Stiefel der Chineſer. Große Zahl der Verſtorbnen im Hoſpitale zu Batavia. Veranlaſſung der Wegreiſe des Ver - faſſers. Jacatra. Unordentliches Leben der Europaͤer zu Ba - tavia. Europaͤer in Javavor den Hollaͤndern. Religionen in Java. Javaſche Producte, die exportirt werden. Noch etwas von Javaſchen Muͤnzen. Seite 156 bis 162.

Vierte Abtheilung.

  • Reiſe von Batavianach Ceylonund Aufenthalt da - ſelbſt, vom 5ten Julius 1777 bis den 6ten Fe - bruar 1778.

Erſter Abſchnitt.

  • Beſchreibung der Reiſe nach Ceylonund des Aufenthalts daſelbſt, wie auch einiger Reiſen in dieſem Lande. Seite 163 bis 174.

Abreiſe von Batavia; Anjer; Waſſer daſelbſt. Piſang. Spaniſche Rohre. Handelswaaren der Schiffsofficiere. Ge -* 4Inhalt. fahr auf eine Sandbank zu gerathen. Ankunft zu Columbo. Gouverneur Falk. Bekanntſchaften und Landsleute des Ver - faſſers zu Columbo; Beſchreibung der Stadt. Luft. Botani - ſche Spaziergaͤnge. Luſtſchloß des Gouverneurs. Seite 163 bis 168.

Zwey Reiſen nach Mature. Weg dahin, Mangel an Bruͤcken. Haͤuſer zum Einkehren an der Landſtraße. Ver - ſchiedne Forts. Barbary. Gale. Malabariſche Krankheit. Graf Ranzow; Edelſteine. Seite 168 bis 171.

Abgeſandte vom Kaiſer zu Candyund an ihn. Feyer der Inſtallirung des bataviaſchen Generalgouverneurs. Aner - biethen nach Cochinzu reiſen. Reiſe nach Negumbo. Affen - ſtein. Einige Vorfaͤlle zu Columbo. Seite 171 bis 174.

Zweyter Abſchnitt.

  • Zoologiſche Merkwuͤrdigkeiten, beſonders vom Elephanten. Seite 174 bis 184.

Ochſen. Seite 174.

Elephanten. Art ſie zu fangen und zu zaͤhmen. Beſich - tigung, Meſſung und Verkauf derſelben. Gemuͤthsart und Nahrung des Elephanten. Ihr Fang durch zahme Weibchen. Leichtigkeit ſie zu regieren. Ihr Gebrauch vor Karren. Ihr Gang. Empfindlichkeit des Ruͤſſels. Schießen der Elefanten; eine Kugel in einem Zahne gefunden. Unbaͤndigkeit der cap - ſchen Elephanten. Seite 174 bis 180.

Ameiſenfreſſer. Ceylonſche Meerkatzen. Eichhoͤrnchen. Stachelſchweine. Schlangenbeſchwoͤrer. Skorpione. Blut - igel. Perlenfiſcherey. Seite 180 bis 184.

Dritter Abſchnitt

  • Vom Kaneel. Seite 185 bis 196.

Vorzug des Ceylonſchen Kaneels. Zimmetbaum. Gegend wo die beſten wachſen. Gutes Fortkommen der Kaneelplan -Inhalt. tagen; bisherige Verſuche damit. Beſtes Erdreich fuͤr die Zimmetbaͤume. Kaneelſtoͤcke. Jaͤhrliches Sammeln des Ka - neels. Kaneelwaͤlder. Lieferung des Kaneels. Vorgeſetzte der Kaneelſchaͤler. Verrichtung des Schaͤlens. Seite 185 bis 190.

Aechte und unaͤchte Kaneelbaͤume; neun verſchiedne Arten derſelben. Sorgfaͤltige Unterſuchung der Guͤte des Kaneels durch die Aerzte. Kennzeichen der Guͤte und der Verdorben - heit. Waͤhrend des Tranſports nach Europaverdorbner Ka - neel. Einpacken des Kaneels. Seite 190 bis 194.

Kaneeloͤl; Deſtillirung deſſelben. Holz des Kaneelbaums. Seite 195 und 196.

Vierter Abſchnitt.

  • Andre botaniſche Nachrichten, beſonders von der Brod - frucht. Seite 196 bis 214.

Brodfrucht. Zwey Arten davon. Beſchreibung des Baums. Art ſie zu eſſen, theils roh, theils zubereitet; theils reif, theils unreif. Funfzehn verſchiedne Gerichte und Zube - reitungsarten des Fleiſches, der Kerne und der Haͤute, ge - kocht, gebraten, gebacken, eingemacht, getrocknet; Confect und Bruͤhen. Bemuͤhung des Verfaſſers, Wurzeln und Kerne, gepflanzt und ungepflanzt mit nach Europazu bringen. Seite 196 bis 202.

Kokoswaͤlder; Kokosbaͤume; Blaͤtter als Leitern gebraucht; Nuͤſſe; Oel davon; Seile und Taue aus den Faſern um die Nuͤſſe. Gebrauch des Holzes zu Pfaͤhlen. Maldiviſche Ko - kosnuͤſſe oder Seekalappen. Seite 202 bis 204.

Arekabaͤume. Melanzanaͤpfel. Gebrauch verſchiedner cei - lonſcher Fruͤchte, beſonders der Panningai. Seite 204.

Barringtonie. Juckende Bohnen. Klapperſchoten. Co - lombowurzel. Fiſchkoͤrnermohnſaamen. Boerhavie. Morin - gawurzel. Oſterluzey. Schlingen. Ipecacuanha. Stink - baum. Schlangenholz. Eibiſch. Bey jedem dieſer Ge - waͤchſe und Baͤume der mediciniſche Gebrauch. S. 205 bis 209.

Inhalt.

Burmannie. Kardomom. Betelpfefferbaum. Schlangen - zunge. Hecken von Jarrokbaͤumen. Lackcroton. Weinpalme und Talpatbaum; Gebrauch der Blaͤtter zu Schirmen. Goͤtzen - feigenbaum. Praͤchtige Blumen. Kalaminderholz. S. 209 bis 213.

Kaffeeplantagen. Reis. Seite 213 und 214.

Fuͤnfter Abſchnitt.

  • Von den Edelſteinen und andern Mineralien in Ceylon. Seite 214 bis 226.

Edelſteine. Rother Turmalin. Blauer Turmalin. Katzen - auge. Weißer Kriſtall. Amethiſt. Waſſerſapphir. Gelber Kriſtall. Brauner Kriſtall. Hyacinth. Topas. Weißer Tur - malin. Gruͤner Turmalin. Gelber Turmalin. Schwarzer Kriſtall. Robal. Kaneelſtein. Rubin. Blauer Sapphir. Gruͤner Sapphir. Taripo. Electriſcher Turmalin. Bey jedem die Eigenſchaften und der Gebrauch der Edelſteine. S. 214 bis 223.

Verkauf der Edelſteine: unaͤchte und falſche. Oerter wo ſie gegraben werden. Art des Grabens und Waſchens. Verpach - tung und Wiederverkauf des Rechts ſie zu graben. Schleifen der Edelſteine. Seite 223 bis 226.

Eiſenerz. Glimmer. Waſſerbley. Stahlſtein. S. 226.

Sechſter Abſchnitt.

  • Allerley andre Nachrichten von Ceylon; Einwohner, Reli - gion, Sitten und Gewohnheiten, Sprache, Muͤnzen und dergleichen betreffend. Seite 227 bis 240.

Gebiet der Hollaͤnder und des Kaiſers zu Candy. Stadt Candy. Adamsberg. Mohren in Ceylon. Einfuͤhrung und Fortdauer der chriſtlichen Religion. Jaͤhrliche Ankunft eines Miſſionairs von Trankebar, um lutheriſchen Gottesdienſt zu halten. Heidenthum in Ceylon; Verehrung des Budha; Opfer: Goͤtterbilder. Muhammedaniſcher Gottesdienſt der Mohren. Seite 227 bis 230.

Inhalt.

Buchdruckerey zu Columbo; daſelbſt gedruckte Buͤcher. Ba - den am Strande. Art zu reiſen; Palankine. Goldne Hals - ketten der vornehmen Ceyloner. Kleidung der Mohren; Tur - ban; große goldne Ohrgehaͤnge. Feinheit der baumwollnen Zeuge. Seite 230 bis 233.

Gegengifte; Schlangenſtein; deſſen Verfertigung und Gebrauch. Boraſſus - und Talpatblaͤtter ſtatt Papiers. Art darauf zu ſchreiben: Griffel; Buͤcher. Ceylonſche und malaba - riſche Sprache; Zahlwoͤrter der letzteren. Seite 233. bis 237.

Muͤnzen: cylinderfoͤrmige ſilberne; Rupien und Pagoden. Goldne und ſilberne Scheidemuͤnzen. Bleyerne und kupferne Muͤnzen. Seite 237 bis 240.

Fuͤnfte Abtheilung. Ruͤckreiſe nach Schwedenvom 28ſten Januar 1778 bis den 14ten Maͤrz 1779.

Erſter Abſchnitt.

  • Reiſe von Ceylonnach Holland. Seite 241 bis 256.

Hafen zu Gale. Ladung des Schiffs. Unterſuchung der Sklaven wegen Pocken und Maſern. Electriſches Feuer oben um die Maſte. Leuchtwuͤrmer. Regenbogen auf der Oberflaͤche des Waſſers. Waſſerziehende Wirbel. Malacaßvoͤgel. Zerſtoͤ - rung der jungen Brodfruchtſchoͤßlinge. Veneriſche Krankheiten auf dem Schiffe. Ankunft bey Cap. Beſuch in der Stadt. Sonderbarer Vorfall mit einem afrikaniſchen Zwiebelgewaͤchſe. Verſchoͤnerung und Erweiterung der Stadt. Schlechte Erndte und Theurung im Lande. Ein engliſcher Gaͤrtner. Von den Officieren mitgenommene Waaren. Seite 241 bis 247.

Abreiſe von Cap. Baviane auf dem Schiffe. Abſonderung des Commandeurſchiffes. Enten - und Gaͤnſemuſcheln. Inſel St. Helena. Aſcenſionsinſel. Die Sonne im Scheitelpuncte. Inhalt. Schwimmender Tang; Seegraskriecher. Cap Lizard. Convoy von Kriegsſchiffen. Doverund Calais. Heftiger Sturm und große Gefahr. Zerſtoͤrung aller mitgenommenen Baͤume. Te - xel. Grauſame Behandlung eines Schiffschirurgus. Stein in der Blaſe eines Schweins. Seite 248 bis 256.

Zweyter Abſchnitt.

  • Aufenhalt in Hollandund zu London, und Reiſe nach Schweden. Seite 257 bis 263.

Amſterdam. Van der MeulensVoͤgel - und Inſectenſamm - lung. Van der Poll, van der Deutzund ten Haften, und de - ren Pflanzungen ſeltner Baͤume; japaniſche Baͤume und Stau - den. Inſecten - und Thierſammlung zu Harlem. Abhaltung der Winterſchmetterlinge von den Baͤumen. Sammlung der Zodiakrupien. Haag. LyonetsCabinett. Sturm im Kanale. Seite. 257 bis 260.

London. Banks: deſſen Herbarium. Andre merkwuͤrdige Sammlungen. KaͤmpfersHandſchriften und Kraͤuterſammlung. Botaniſche Gaͤrten um London. Miß LeesInſectenſammlung. BanksSammlung von Gewaͤchſen von den Suͤdſeeinſeln, und naturhiſtoriſche Bibliothek. Seite 260 bis 262.

Ruͤckreiſe nach Amſterdam. Reiſe nach Stralſund. Greifs - wald. Reiſe nach Yſtad. Seite 262 und 263.

Erſte[1]

Karl Peter ThunbergsReiſen. Zweyten Bandes zweyter Theil. Beſchluß der Nachrichten von Japanund den Japanern. Ruͤckkunft des Verfaſſers nach Bataviaund Reiſe in das Innere der Inſel Java. Reiſe nach der Inſel Ceylonund Aufenthalt daſelbſt. Ruͤckreiſe nach Schweden.

Thunbergs Reiſen. Zweyt. Band. zweyter Th. A[2][3]

Erſte Abtheilung. Fernere allgemeine Bemerkungen und Nach - richten, Japanund die Japaner betreffend zu Ergaͤnzung der im Vorhergehenden bereits mitgetheilten.

Erſter Abſchnitt. Staatsverfaſſung, Polizey, Geſetze und Rechts - pflege in Japan, nebſt einigen andern ſtatiſti - ſchen Nachrichten von dieſem Reiche.

Japaniſt bekanntlich auf allen Seiten von Waſſer umfloſſen, und beſteht aus drey großen, und einer zahlreichen Menge kleiner Inſeln. Alle dieſe werden in ſieben Theile, und dieſe wieder in acht und ſechzig Land - ſchaften, und in ſechs hundert und vier Gerichtsbezirke eingetheilt.

Jetzt iſt der Kubo, oder der ſogenannte weltliche Kaiſer, Herr dieſes ganzen Landes, und unter ihm re - gieret ein Prinz oder Fuͤrſt in jeder Landſchaft. Die groͤßeren von dieſen Fuͤrſten heißen Daimio, und die kleineren, Siomio. Wenn einer von ihnen einen Feh - ler begeht, hat der Kaiſer das Recht ihn abzuſetzen, auf eine Inſel zu verweiſen, oder ſelbſt am Leben zu ſtrafen. A 24Erſte Abtheilung. Erſter Abſchnitt. Alle dieſe Fuͤrſten ſind ſchuldig, jaͤhrlich eine Reiſe nach Hofe zu machen, ſich daſelbſt ſechs Monath lang aufzuhalten, und ihre ganze Familie, zum Unterpfande ihrer Treue dort allezeit wohnen zu laſſen. Im erſten Theile dieſes Bandes habe ich Gelegenheit gehabt, die - ſer Reiſen umſtaͤndlicher zu erwaͤhnen. Der Fuͤrſt ſelbſt reſidirt in der ihm anvertraueten Provinz, und iſt dem Kaiſer, in Ruͤckſicht auf ſeine Provinz ſowohl, als auf ſein perſoͤnliches Thun und Laſſen verantwortlich. Ihm ge - hoͤren die ſaͤmmtlichen Einkuͤnfte aus ſeiner Provinz; davon muß er aber auch ſeinen Hof, ſeine Kriegs - macht, die Landſtraßen und dergleichen unterhalten, und ſeine jaͤhrliche Hofreiſe, mit einem der Groͤße und Be - traͤchtlichkeit ſeines Gouvernements angemeßnen Staat und Prunk, beſtreiten, desgleichen anſehnliche Geſchenke mit nach Hoſe bringen. Die Staͤdte, wo ſolche Fuͤr - ſten ihre Hofhaltung haben, ſind meiſtens von bedeu - tender Groͤße, liegen an einem Hafen oder großen Fluſſe, und ſind mit Wall und Graben umgeben. Das Schloß des Fuͤrſten liegt gewoͤhnlich an einem Ende der Stadt; es iſt von weitlaͤuftigem Umfange, von Mauern und Graͤben eingeſchloſſen, mit ſtarken Thoren verſehen, und mit hohen Thuͤrmen geziert. Gemeiniglich beſteht es, wie das Schloß des Kaiſers zu Jedo, aus drey Abtheilungen, deren jede fuͤr ſich gut befeſtigt, und wovon die innerſte fuͤr den Fuͤrſten ſelbſt; die zweyte fuͤr den vornehmern Hofſtaat, und die erſte, oder aͤuſſere, fuͤr das Militair und die gerin - gern Hofbedienten iſt.

In Anſehung des Schloſſes und Hofes des welt - lichen Kaiſers verweiſe ich auf dasjenige, was ich bey Gelegenheit meines Aufenthalts in Jedodavon ge - ſagt habe.

5Staatsverfaſſ. Polizey, Geſetze ꝛc. in Japan.

Der Kubo genießt, auſſer den anſehnlichen Ge - ſchenken die jeder Fuͤrſt von den Produkten ſeiner Landſchaft ihm jaͤhrlich bringen muß, noch beſondre Einkuͤnfte aus einigen ſogenannten Kaiſerlichen Pro - vinzen, die man Kron - oder Domanialprovinzen nen - nen koͤnnte, und deren fuͤnf ſind, desgleichen aus einigen Kaiſerlichen Staͤdten, die von Gouverneuren oder Bugio regiert werden. Die Abgaben werden in Produkten und Waaren jeder Landſchaft oder Stadt abgetragen. Die fuͤnf Kaiſerlichen Kronlaͤnder lie - fern 148 Man und 1200 Kokf Reis, welches ungefehr 44 Billionen und 400 Millionen Saͤcke ausmacht. Das Man haͤlt 100,000 Kokf, ein Kokf 300 Balis oder Saͤcke, und jeder Sack uͤber ein Ließpfund. Die Einkuͤnfte aus ganz Japanbelaufen ſich wenigſtens auf 2328 Man, 6200 Kokf.

Der Kaiſer iſt zwar der oberſte Herrſcher, doch lenkt er das Ruder der Regierung nicht allein, ſondern gemeinſchaftlich mit einem Staatsrath, der aus ſechs, gewoͤhnlich etwas bejahrten und vorzuͤglich verſtaͤndigen, Maͤnnern beſteht.

In den aͤlteſten Zeiten, welche in Dunkel und Ungewißheit eingehuͤllt ſind, ſcheint Japan, wie andre Laͤnder, von Hausvaͤtern oder kleinern Fuͤrſten regiert worden zu ſeyn, die ſich hernach unter Ein Oberhaupt vereinigt haben.

Die zuverlaͤſſige Geſchichte von den Japanſchen Re - genten nimmt mit dem Jahr 660. vor Chriſti Geburt ihren Anfang, da die Regierung einem gewiſſen Syn Mu, aus einem angeſehenen Geſchlechte, das den Na - men Tenſio Dai Sin fuͤhrte, uͤbergeben wurde. Die - ſer Syn Muiſt der erſte Stifter der Monarchie in Ja - pan, er hat eine richtige Zeitrechnung eingefuͤhrt,A 36Erſte Abtheilung. Erſter Abſchnitt. welche der Aere Nin Oden Namen gegeben hat, und ſowohl die Regierungsform und Verfaſſung ſelbſt, als auch die Geſetze verbeſſert. Die Regenten aus dieſem Stamme hießen gewoͤhnlich Dairi, ſelten Mikaddo, Dai, Tai, Tenſe oder Oo. Hundert und neunzehn Dairi haben bis zur Zeit meines Aufenthalts in dieſem Lande, nach einander den Thron beſtiegen, doch iſt ihre Macht und Gewalt, in drey verſchiedenen Zeitperio - den, ſehr verſchieden geweſen.

Bis 1142. regierte der Dairi, ohne alle Mit - wuͤrkung, allein und unumſchraͤnkt. Von jener Zeit an, bis auf das Jahr 1585. war die weltliche Macht zwiſchen dieſem aͤlteſten und rechtmaͤßigen Beherrſcher des Reichs, und dem ſogenannten weltlichen Re - genten, oder Generaliſſimus uͤber die Armee, getheilt. Endlich von 1585. an, hat ſich ſeine Gewalt nur auf das erſtreckt, was Religion und Gottesdienſt, oder wenn ich ſo ſagen kann, die Kirche, betrifft.

Der unumſchraͤnkten Monarchen aus dem Geſchlech - te der Dairi, waren bis 1142. ſechs und ſiebenzig geweſen. In dieſem Jahre entſtanden innerliche Unruhen zwiſchen den Fuͤrſten oder Unterregenten der Provinzen, welche un - gluͤckliche, buͤrgerliche Kriege zur Folge hatten. Um dieſen ein Ende zu machen, wurde die Oberbefehlsha - berſchaft uͤber die Kriegsmacht, einem gewiſſen Joritomo, mit dem Titel eines Generaliſſimus, aufgetragen. Dieſer tapfre Feldherr daͤmpfte zwar die entſtandenen Unruhen, zog aber auch einen großen Theil der Kai - ſerlichen Gewalt an ſich, und vererbte dieſen Antheil auf ſeine Nachfolger. So blieb die Herrſchaft bis zum Jahre 1585. zwiſchen dem Dairi und dem Reichsfeld - herrn getheilt. Um dieſe Zeit aber, hatte ein Bauern - fohn, Taiko Sama, ſich zum oberſten Kriegsbefehls -7Staatsverfaſſ. Polizey, Geſetze ꝛc. in Japan. haber hinauf geſchwungen. Dieſer zwang alle Fuͤrſten der Provinzen ſich ihm zu unterwerfen, und beraubte endlich den Dairi aller Macht, die er bisher in weltli - chen Angelegenheiten und der Regierung des Landes gehabt hatte. Von Joritomo, welcher der erſte be - ſondre weltliche Monarch war, bis auf Je Baru, der zu meiner Zeit regierte, haben ein und vierzig Ku - bo regiert und zu Jedoreſidirt. Als Kaͤmpferim Jahr 1693. aus dieſem Lande abreiſete, regierte noch der Kubo Tjinajos; er war damahls im drey und vier - zigſten Jahr ſeines Alters und im zwoͤlften ſeiner Re - gierung, die in allem neun und zwanzig Jahre gewaͤhrt hat. Ihm ſind gefolgt; Je Nob Koo, regierte von 1709 bis 1712; Je Tſu Ku Koo, von 1713 bis 1716; Joſi Mune Koo, von 1716 bis 1751; Je Singe Koo, von 1751 bis 1761; da der bey meiner Abreiſe 1776. noch regierende Kubo, Je Far Koo, den Thron beſtieg.

Außer dem Kubo iſt alſo, wie geſagt, noch ein Regent vorhanden, den die Hollaͤnder den geiſtlichen Kaiſer nennen, und deſſen Macht gegenwaͤrtig auf die Angelegenheiten, welche die Religion und das Kirchenwe - ſen betreffen, eingeſchraͤnkt iſt, obwohl er in gerader und ununterbrochener Linie, die vor mehr als zweytauſend Jahren ihren Anfang nahm, von dem aͤlteſten Allein - herrſcher des Reichs abſtammt. Dies iſt der Dairi.

Dieſem Dairi, oder Pabſte, wird nun eine ganz unbeſchraͤnkte, gleichſam goͤttliche Verehrung bewieſen. Seine Perſon wird fuͤr heilig angeſehen, und zwar fuͤr allzuheilig, als daß er von irgend einem andern als denen zu ſeiner Bedienung verordneten Perſonen, am wenigſten von einer fremden Mannsperſon, geſehen werden, oder auch nur ſich der Luft und Sonne ausſetzen duͤrfte. Daher kommt er ſelten aus ſeinen Zimmern; will erA 48Erſte Abtheilung. Erſter Abſchnitt. hoͤchſtens einmahl im Garten friſche Luft ſchoͤpfen, ſo wird er, von dazu beſtellten Traͤgern, auf den Schultern dorthin getragen, zuvor aber wird ein Zeichen gegeben, daß Jederman ſich entfernen und Niemand ihn ſehen moͤge. In den wenigen Tagen da wir uns in ſeiner Reſidenzſtadt aufhielten, geruhete er einmal in dem innern Bezirke ſei - nes Schloſſes unter freyem Himmel friſche Luft zu ſchoͤ - pfen, welches dann durch ein beſonderes Zeichen von der Mauer rund um das Schloß kund gethan ward. Er wird gebohren, lebt und ſtirbt in dem Bezirke ſei - nes Hofes, findet und genießt alle Vergnuͤgungen in - nerhalb deſſelben, und kommt in ſeinem ganzen Leben nicht heraus. Seine Haare, Naͤgel und Bart duͤrfen nicht am Tage gereinigt oder beſchnitten werden, ſon - dern dies muß, ohne Zweifel ebenfalls ſeiner Heiligkeit wegen, heimlich, des Nachts wenn er ſchlaͤft, geſche - hen. Er ſpeiſet jedesmahl von neuen Tellern und Schuͤſſeln, welche hernach gewoͤhnlich entzwey geſchla - gen werden, um zu verhuͤten, daß ſie nicht in unhei - lige Haͤnde fallen. Sein Tiſchgeraͤth beſteht daher nur aus den ſchlechtern Sorten von Porcellain. Eben dieſe Art von Aufwand, herrſcht auch mit ſeinen Kleidungsſtuͤcken, die aber, wenn er ſie einmal gebraucht hat, nicht zerriſſen, ſondern an ſeine Hofbediente weggeſchenkt werden. Auſſer am Hofe weiß niemand, oder doch gewiß nur ſehr we - nige, ſeinen Namen ehe, als lange nach ſeinem Tode.

Sein ganzer Hof, an welchem viel Pracht und Aufwand, jedoch jetzt nicht mehr ſo ſehr als ehemals herrſcht, beſteht faſt nur aus Perſonen von ſeiner eignen Verwandſchaft, welche aber auch alle Aemter und Bedienungen bey Hofe, und die eintraͤglichſten Pralaturen und geiſtlichen Pfruͤnden im Lande bekom - men. Er hat zwoͤlf Gemahlinnen, von welchen eine die Vornehmſte, oder Kaiſerinn iſt.

9Staatsverfaſſ. Polizey, Geſetze ꝛc. in Japan.

In alten Zeiten hielt er ſeinen Hof, wo es ihm beliebte, bald an dieſem, bald an jenem Orte. Jetzt reſidirt er unabaͤnderlich in der Stadt Miako. Der Schloßbezirk iſt von großem Umfange, und macht fuͤr ſich ſelbſt ſchon eine anſehnliche Stadt aus. Er iſt mit Mauern, Graͤben, Bollwerken und Thoren ver - ſehen. In der Mitte ſteht der Pallaſt des Dairi, der mit hohen Thuͤrmen prangt, und worin er mit ſeinen Gemahlinnen wohnt. Rund umher ſind die Wohnungen fuͤr ſeinen hohen und niedern Hofſtaat, fuͤr ſeine zahlreiche Dienerſchaft, und fuͤr die Prieſter, welches die Gelehrten an ſeinem Hofe ſind.

Der Kubo haͤlt zu Miako, zum Dienſte des Dairi, einen Statthalter, und, zur Sicherheit ſeiner geheilig - ten Perſon, eine Wache. Beyde ſind aber auch dem Kubo fuͤr allen Aufruhr verantwortlich. Ihr Auf - enthalt iſt ebenfalls im Umfange des Schloßbezirkes.

Am Hofe des Dairi werden Wiſſenſchaften und Gelehrſamkeit getrieben, und man kann ihn wie eine Akademie, und zwar die einzige im Lande, anſehen.

Der vornehmſte Hofbeamte des Dairi, iſt der, welchen die Hollaͤnder den Oberrichter nennen. Er iſt gleichſam ſein Vicarius, oder eine Art Hofmarſchall. Er beſorget in ſeinem Namen alles an ſeinem Hofe, und beſonders auch alle kirchliche Angelegenheiten auſſerhalb deſſelben. Er fertigt auch die Paͤſſe fuͤr alle, welche oben ins Reich, und nach dem Hofe des weltlichen Kaiſers reiſen, aus. Indeſſen wird dieſer ſehr ange - ſehene Herr nicht vom Dairi ſelbſt, ſondern vom Kubo angeſetzt, welcher gewoͤhnlich einen Mann von Jahren und Verſtand, der ſchon wichtige und hohe Aemter bekleidet hat, und Vermoͤgen beſitzt, dazu nimmt. Da aber die Einkuͤnfte dieſes Ehrenamtes geringe und ſehrA 510Erſte Abtheilung. Erſter Abſchnitt. unzureichend ſind, ſo wird der, welcher es bekleidet, auf dieſem erhabnen Poſten gemeiniglich zum armen Mann.

Seitdem die Macht des Dairi herabgeſetzt iſt, genießt er die Staatseinkuͤnfte aus der Stadt Miakound der dazu gehoͤrigen Provinz, auſſerdem aber einen betraͤchtlichen Zuſchuß aus der Schatzkammer des Kubo, der großen Summen nicht zu gedenken, die ihm fuͤr die Titel, welche er ertheilt, bezahlt werden.

Es gehoͤret naͤmlich bis auf den heutigen Tag zu ſeinen Gerechtſamen, Ehrentitel zu conferiren. Selbſt der Kubo und der Kronprinz bekommen Titel von ſeiner Hand, auch die hoͤchſten Beamten am Hofe des Kubo, wenn dieſer ſie dazu empfiehlt. Auch giebt es mit vor - nehmen Titeln von ihm verſehene Geiſtliche oder Praͤ - laten, ſowohl an ſeinem Hofe, als bey den Tempeln im Lande.

Der Dairi hat noch immer den erſten Rang im ganzen Reiche, und der Kubo muß entweder in eigner Perſon, oder durch eine Geſandſchaft, entwe - der jaͤhrlich oder nach Verlauf einer gewiſſen Zeit, ihm die Aufwartung machen, und, nach allgemeiner Landesſitte, Geſchenke mitbringen. Joritomound andre weltliche Kaiſer ſind in eigner Perſon nach Miakogereiſet, um ihm dieſe Huldigung zu leiſten. In ſpaͤtern Zeiten aber hat dies mehr und mehr abgenommen, und end - lich iſt es gar unterblieben. Die Fuͤrſten der Provin - zen warten aber dem Dairi nie auf ſolche Art feyerlich auf; auch thut es der Hollaͤndiſche Ambaſſadeur nicht auf ſeiner Reiſe nach Jedo.

Als Kaͤmpferſich in Japanaufhielt, regierte der Dairi Kinſeckwo Tei, der im Jahr 1687. den Thron beſtiegen hatte. Seit dieſer Zeit haben folgende re -11Staatsverfaſſ. Polizey, Geſetze ꝛc. in Japan. giert: Naka no Mikaddo no In, von 1709 bis 1735; Sakkura Matie no In, von 1735 bis 1746; Momi Zon no In, von 1746 bis 1761; Zentoogozio, von 1761 bis 1769; und Figaſi jamma no Invon 1770 an, welcher bey meiner Abreiſe auf dem Throne ſaß.

Man vergleiche hier uͤbrigens, was ich im Vorher - gehenden bey Beſchreibung der Stadt Miakovom Dairi und deſſen Hofe ſchon angefuͤhrt habe.

Von der vortreflichen Polizey in Japanund den darauf ſich beziehenden Einrichtungen habe ich im er - ſten Theile dieſes Bandes mehrmals Nachricht zu geben Gelegenheit gehabt. Beſonders herrſcht in allen Staͤd - ten eine faſt unnachamliche Ordnung zu Aufrechthaltung oͤffentlicher Ruhe, Sicherheit, Bequemlichkeit und Wohlfahrt. Einiges hievon habe ich bey dem, was ich von den Staͤdten Nangaſackiund Jedogeſagt habe, ſchon erwaͤhnt. Es ſind naͤmlich in jeder Stadt vier Buͤrgermeiſter, von denen jeder ein Jahr lang den Vorſitz hat, das Wort fuͤhrt und Ninban heißt. Auſ - ſer dieſen iſt uͤber jede Straße ein Ottona geſetzt, der gleichſam ein Commiſſarius iſt, und den Buͤrgermei - ſtern von allem was vorfaͤllt, Rapport abſtatten muß. Er hat verſchiedene Stadtdiener zu ſeinem Dienſte unter ſich. Sein Amt iſt, alle, die in ſeiner Straße ge - bohren werden, ſterben, heyrathen, verreiſen, weg - ziehen oder ankommen, aufzuſchreiben und die Einig - keit unter den Einwohnern zu erhalten zu ſuchen. Er hat das Recht, die Verbrecher gefangen zu ſetzen und ſogar in Feſſeln zu legen. Er wird von den Einwoh - nern einer Straße gewaͤhlt und aus der Caſſe der Straße beſoldet; die Miethsleute haben aber bey ſei - ner Wahl keine Stimme. Jeder Ottona hat auch drey Beyſitzer zu Gehuͤlfen, einen Secretair, und einen12Erſte Abtheilung. Erſter Abſchnitt. Caſſirer. Die Stadtdiener ſind zugleich Spionen, die dem Ottona von allem genaue Nachricht bringen muͤſſen. Jede Stadt iſt mit Thoren verſehen; aber auch jede Straße hat ihre beſonderen Thore, die, bey entſtandenen Unruhen, wenn ſie verſchloſſen werden, alle Gemein - ſchaft mit andern Straßen abſchneiden, ſo, daß keiner der Laͤrm und Unruhe anſtiftet, mit der Flucht entkom - men kann; des Nachts ſind ſie allezeit verſchloſſen, ſo, daß niemand aus oder ein kann. Von einem ſolchen Thore zu einem andern ſind gemeiniglich dreyßig bis ſechzig Klafter. Die Hausmiethe wird monatlich be - zahlt, und zwar nach der Groͤße der Zimmer, die man bewohnt, welche nach der Anzahl der Fußbodenmatten beſtimmt wird. Von den unuͤbertreflichen Feuer - anſtalten habe ich Seite 114 dieſes Bandes geredet. Hier hole ich noch nach, daß die Buͤrgerſchaft, ſowohl Hausbeſitzer als Miethsleute, zu Verhuͤtung von Feuersbruͤnſten ſelbſt Wache halten muß. Solcher Nachtwachen ſind zwey, und dieſe ſind ſo unverletzlich, daß niemand bey unvermeidlicher Lebensſtrafe ſich an ihnen vergreifen darf. Die eine haͤlt ſich allezeit auf der Hauptwache auf, und kann, wenn Gefahr vorhan - den iſt, verdoppelt werden. Die andere iſt die um - hergehende, welche ich am angefuͤhrten Orte beſchrieben habe. Jede Straße hat ihre eigne Wache, Wach - haͤuſer und Loͤſchgeraͤthſchaften. In allen Gaſthoͤfen, Wirthshaͤuſern und Kruͤgen, geht es ſo friedlich zu, daß man ſelten von Schlaͤgerey oder betrunknen Leuten hoͤrt. In jeder Stadt ſind viele Wirthshaͤuſer zur Be - quemlichkeit der Reiſenden; dieſe Haͤuſer ſind reinlich und liegen in guten Gegenden der Stadt.

Die Doͤrfer habe ich ſchon gelegentlich beſchrieben; ſie liegen meiſtens an den oͤffentlichen Landſtraßen und13Staatsverfaſſ. Polizey, Geſetze ꝛc. in Japan. unterſcheiden ſich von den Staͤdten dadurch, daß ſie nur Eine Straße haben und offen ſind. Auch in den kleinſten Doͤrfern ſind eine Menge kleiner Herbergen vorhanden, wo fuͤr Reiſende Thee und andere Erfri - ſchungen immer in Bereitſchaft gehalten werden.

An den Landſtraßen findet man alle zwey, hoͤch - ſtens alle vier, Meilen Poſthaͤuſer, wenn ich ſie ſo nen - nen kann, wo allezeit Pferde und Traͤger die fuͤr Geld, Menſchen, Gepaͤcke und Waaren tragen, zu haben ſind. Die Taxe, wornach man dieſe bezahlt, iſt nach der Be - ſchwerlichkeit und Laͤnge der Wege eingerichtet, mithin in verſchiedenen Gegenden verſchieden, aber genau und richtig beſtimmt.

So wachſam die Polizey iſt, und ſo puͤnktlich und ordentlich ihre Einrichtungen befolgt werden, eben ſo ſtrenge ſind auch die Geſetze.

Um ſo viel moͤglich zu erhalten, daß die in oͤffentlichen Aemtern ſtehende Perſonen ehrlich und zu - verlaͤſſig ſeyn moͤgen, iſt eingefuͤhrt, daß jeder, ohne Unterſchied, beym Antritt ſeiner Bedienung, einen ſehr ſcharfen Eid ſchwoͤren und ſolchen auch wohl jaͤhrlich er - neuern muß. Manchmahl muͤſſen ſie auch umwech - ſeln, um nicht an einem Orte zu alt und mit der Zeit verleitet zu werden.

Die Wirkung der Strenge der Geſetze iſt ſehr groß und in die Augen fallend. Schwerlich giebt es irgend ein Land, wo weniger gegen die Geſetze gehan - delt wird. Und da nie das mindeſte Anſehen der Per - ſon ſtatt hat, und die Geſetze uralt, ohne Abaͤnderun - gen, Erklaͤrungen und Verdrehungen ſind, ſo wachſen die Unterthanen nicht nur mit zuverlaͤſſiger Kenntniß deſſen, was ſie zu thun und zu unterlaſſen haben, auf,14Erſte Abtheilung. Erſter Abſchnitt. ſondern das Beyſpiel und unſtraͤfliche Betragen der Al - ten leuchtet ihnen auch darin vor.

Die meiſten Verbrecher werden mit dem Tode be - ſtraft, nicht wegen Groͤße oder Geringfuͤgigkeit des Verbrechens, ſondern weil man ſich unterſtanden hat, die geheiligten Geſetze des Reichs zu uͤbertreten, und die Gerechtigkeit zu beleidigen, welche, naͤchſt der Reli - gion, fuͤr das Allerheiligſte gehalten wird. Geldbuße betrachtet man als mit Gerechtigkeit und Vernunft ſtreitend; der Reiche, glaubt man, wuͤrde dabey von aller Stafe frey und dies wuͤrde hoͤchſt unrecht und un - gereimt ſeyn. Todtſchlag wird mit der Todesſtrafe ge - ahndet, und wenn er in einer Stadt oder auf oͤffentlicher Straße geſchehen iſt, ſo wird nicht nur der Moͤrder, ſondern bisweilen auch die Anverwandten und Angehoͤ - rigen, ja die Nachbaren deſſelben, beſtraft, je nachdem ſie mehr oder weniger dazu mit beygetragen, oder doch die That zu hindern unterlaſſen haben. Den Saͤbel gegen jemand zu ziehen, koſtet das Leben. Alle Schleich - haͤndler werden ohne Schonung am Leben geſtraft, im - gleichen alle, die Theil daran gehabt haben, ſowohl die Verkaͤufer als Kaͤufer der Waare. Alle Todesur - theile muͤſſen vor der Vollziehung vom Staatsrathe zu Jedounterſchrieben werden, und vor dem Urtheils - ſpruche muß ein foͤrmliches Verhoͤr vor dem dazu geſetz - ten Richter und mit Abhoͤrung der Zeugen hergehen. Die Miſſethaͤter werden gewoͤhnlich im Gefaͤngniſſe ſelbſt, ins Geheim, mit dem Saͤbel enthauptet, wiewohl auch in einigen Faͤllen oͤffentliche Creutzigung oder andre oͤffent - liche und zwar ſchmerzliche Todesſtrafe uͤblich iſt. Ver - brecher die den Tod nicht verdient haben, werden ent - weder auf Lebenslang mit Gefangenſchaft beſtraft, oder nach einer entfernten Inſel verwieſen, und dabey ihr15Staatsverfaſſ. Polizey, Geſetze ꝛc. in Japan. ganzes Vermoͤgen confiſcirt. In den Staͤdten werden oft die Bewohner einer ganzen Straße um eines einzi - gen Verbrechers willen geſtraft; der Herr wegen der Vergehung ſeines Knechts, die Aeltern wegen deſſen, was die Kinder begangen haben, und zwar nach Ver - haͤltniß ihres Antheils an dem Vergehen. In dem durch Philoſophie und lautere Religion aufgeklaͤrten Europawird der, welcher jemand verfuͤhrt oder zum Boͤſen verleitet, ſelten; Aeltern und Anverwandten hingegen, welche die Erziehung ihrer Kinder und An - gehoͤrigen verſaͤumten oder vernachlaͤſſigten, nie be - ſtraft: dagegen finden dieſe ſogenannten Heiden der - gleichen Beſtrafung nicht unbillig.

Gefaͤngniſſe ſind zwar hier zu Lande, wie ander - waͤrts, ſehr unangenehme Aufenthaltsoͤrter, ſie werden aber reinlich und geſund gehalten, und beſtehen außer den Gemaͤchern fuͤr die Gefangenen, aus einem Zim - mer zum peinlichen Verhoͤre, einem Gemache zu den Hinrichtungen, Kuͤche, Eßſaale und Badſtube. Vor den Staͤdten und Doͤrfern ſieht man bisweilen an der linken Seite Kreuze und Pfaͤhle aufgerichtet; dies ſind die Richtplaͤtze, wo, in vorigen Zeiten mehr als heuti - ges Tages, die Delinquenten aus der Welt geſchaft wurden.

Da die Strafen in dieſem Lande ungewoͤhnlich hart und, wie ſchon geſagt, die Geſetze unveraͤnderlich ſind, ſo kann man mit Wahrheit behaupten, daß hier weit weniger Verbrechen und geſetzwidrige Handlungen begangen und beſtraft werden, als in andern volkrei - chen Laͤndern, wo, außer den vielen Strafen, die jaͤhr - lich vollzogen werden, viele Verbrecher und die Geſetze uͤbertretende Perſonen, verborgen bleiben, Gelegen -16Erſte Abtheilung. Erſter Abſchnittt. heit zu entkommen haben, oder auf andre Art der ver - dienten Ahndung entgehen.

Die Dollmetſcher haben mich verſichert, und ich kann nicht leugnen daß es mir ſehr auffiel, daß es Geſetze gebe, denen von der Strafe der Uebertreter nichts beygefuͤgt, und daß in Beziehung auf man - che Verbrechen die Strafe nicht allgemein bekannt ſey; ſie glaubten aber, (vermuthlich hatten ſie ihre guten Gruͤnde,) man muͤſſe ſich deshalb nicht weniger vor Ver - brechen und Vergehungen huͤten, wenn ſchon der Regent nicht fuͤr gut befunden habe, die Art der Strafe zu be - ſtimmen und bekannt zu machen. Damit aber nie - mand Unkunde der Geſetze vorſchuͤtzen moͤge, findet man ſie in allen Staͤdten und Doͤrfern, zu oͤffentlicher An - ſicht und taͤglichem Durchleſen, mit großen Buchſtaben geſchrieben und auf einem mit Gitterwek umgebenen of - nen Platze aufgeſtellt, der in den Staͤdten gleich in - nerhalb des Thores und in den Doͤrfern mitten auf der Straße iſt. Die Befehle deſſen, was geſchehen oder unterlaſſen werden ſoll, ſind ſehr kurz, ohne Beſtim - mung der Strafe und ohne beygeſetzte Drohungen.

Die oͤffentlichen Abgaben der Einwohner ſind in verſchiedenen Provinzen und, eben ſo, auch in den Staͤdten und auf dem Lande, verſchieden. Der Kubo bezieht, auſſer den anſehnlichen Geſchenken, welche er jaͤhrlich von den Provinzialfuͤrſten und den Hollaͤndern bekommt, die ſeinigen aus gewiſſen Staͤdten und Land - ſchaften. Die Fuͤrſten erheben die ihrigen, jeder aus ſeiner Provinz und den darin befindlichen Staͤdten; ſie ſind aber nach der Lage, dem Reichthum, dem Um - fange, der Volksmenge und dem Anbau ſehr ungleich. Jeder Hauseigenthuͤmer bezahlt von ſeinem Hauſe, nach Maaßgabe der Fronte deſſelben an der Straße, einefeſtge -17Staatsverfaſſ. Polizey, Geſetze ꝛc. in Japan. feſtgeſetzte Steuer, hiernaͤchſt muß er den oͤffentlichen Beamten beſtimmte Geſchenke machen, auch an die Tem - pel und zum Dienſt der Goͤtter eine gewiſſe Contribution erlegen. Die Stadt Nangaſakibeſteht aus ungefehr neunzig Straßen, hat zwey und ſechzig Tempel und ihre ſaͤmmtlichen Abgaben betragen etwa drey Mangokf. Das platte Land entrichtet nach dem Ertrage des Fel - des ſeine Steuern, die gewoͤhnlich in Reis beſtehen. In waldichten und weniger cultivirten Gegenden, ſind die Auflagen geringer. Indeſſen ſind ſie im Ganzen durchgehends ſehr betraͤchtlich. Ein Rentmeiſter, oder Vogt, treibt ſie ein. Das Ackerland wird, in dieſer Ruͤckſicht, nach Verſchiedenheit der Fruchtbarkeit und Guͤte, in drey Klaſſen eingetheilt. Wer ein Stuͤck Feld urbar macht, benutzt es zwey bis drey Jahr ganz ſteuerfrey. Damit man immer genau wiſſe, wie groß eines jeden Feld ſey, und wie viel davon an den Fuͤr - ſten der Landſchaft abgetragen werden muͤſſe, wird es oft, nicht ſelten zweymahl des Jahrs, im Fruͤhling und in der Erndtezeit, gemeſſen. Gewoͤhnlich machen die Abgaben von Landguͤtern und Aeckern etwas uͤber die Haͤlfte, oft uͤber zwey Drittheil des ganzen Ertra - ges aus. Um ſie genau zu beſtimmen, wird ein Stuͤck Land gemeſſen, das Korn oder der Reis auf demſelben abgeſchnitten und gedroſchen, und darnach ausgerech - net, wie viel das Ganze ungefaͤhr betraͤgt. Der Boden oder das Feld, gehoͤrt allezeit entweder dem Landesherrn oder dem Fuͤrſten, und der Landmann und Bauer beſitzt es nur zu Lehn, ſo lange er es ge - hoͤrig bearbeitet.

Es iſt wahr, die Einrichtungen in dieſem Lande kommen einem Auslaͤnder oft ſonderbar vor, und nicht ſelten ſind ſie mit vielem Zwange verbunden, doch ſindThundergs Reiſen. Zweyt. Band. zweyter Th. B18Erſte Abtheilung. Zweyter Abſchnitt. ſie zum Theil gewiß vortreflich und in vielen Faͤllen noͤthig. Im Allgemeinen ſind in Japanſowohl die oberſte Landesregierung, als die uͤbrigen Beamten und oͤffentlichen Staatsbedienten, mehr als in den meiſten andern Laͤndern, auf das Wohl des Landes, auf die Er - haltung der Ordnung und auf Sicherſtellung der Unter - thanen und ihres Eigenthums bedacht.

Zweyter Abſchnitt. Religion der Japaner, und was ſich darauf bezieht.

Die Religion iſt in ganz Japanuͤberhaupt heidniſch, doch giebt es mehrere unterſchiedene Secten, die gleich - wohl alle in groͤßter Eintracht, ohne Streit und Zank, mit einander leben. Jede Partey hat ihre beſonderen gottesdienſtlichen Gebaͤude und ihre beſonderen Goͤtter.

Der ſogenannte geiſtliche Kaiſer, der Dairi, iſt das Oberhaupt der Kirche, gleichſam der Pabſt, und ernennt die vornehmſten Prieſter.

Ihre Goͤtter bilden die Japaner unter einer be - ſtimmten, meiſtentheils widrigen und ungeheuren Ge - ſtalt ab. Ueberhaupt fingiren ſie ſich viele Goͤtter und beynahe fuͤr jede Lebensart und Handthierung einen beſondern Gott, ungefaͤhr wie die alten Griechen und Roͤmer; ſie haben daher hoͤhere und niedere Goͤtter. Ein ewiges und allmaͤchtiges Weſen, hoͤher als alle an - dere Goͤtter, iſt ihnen zwar nicht unbekannt, aber die Erkenntniß deſſelben, iſt ſehr in Dunkel und Aberglauben verhuͤllt. Kein heidniſches Bild die - ſes hoͤchſten Gottes habe ich indeſſen ſo groß und majeſtaͤtiſch gefunden, als hier in zwey Tempeln, in deren einem es von ganz unglaublicher Groͤße vorhan -19Religion der Japaner. den iſt, in dem andern aber ſeine unendliche Macht durch eine unzaͤhlige Menge auf beyden Seiten ſtehen - der kleiner Goͤtter, vorgeſtellt wird. Seite 127 und 128 des erſten Theils, habe ich dieſe Bilder, nebſt den Tempeln worin ſie ſtehen, genauer beſchrieben.

Der Tempel ſind viele; die meiſten ſtehen außer - halb um die Staͤdte herum, und zwar an den hoͤchſten und ſchoͤnſten Stellen, die Wege dahin, ſind oft mit Alleen von Cypreſſen und mit ſchoͤnen Thoren geziert. In den meiſten Tempeln iſt ein beſondrer und abgetheil - ter Platz fuͤr das Bild des Gottes, welcher bisweilen auf einem Altare ſitzt, und ſein Rauchwerk, Blumen und andere Zierrathen um ſich her liegen hat. Die Tempel im ganzen Lande, ſtehen das ganze Jahr hin - durch taͤglich offen, werden aber an den gewoͤhnlichen Feſttagen am haͤufigſten beſucht. Viele ſpazieren auch bey gutem Wetter dahin, um ſich da ein Vergnuͤgen zu machen.

Der Prieſter bey jedem Tempel ſind viele, ob - gleich ihre Geſchaͤfte ſehr geringe und wenig ſind. Sie beſtehen darin, den Tempel rein zu halten, die Lichte und Lampen anzuzuͤnden, und diejenigen Blumen dem Gott vorzuſetzen, die ihm heilig und, der Meinung der Japaner nach, die angenehmſten ſind. Oeffentlichen Gottesdienſt, Religionsvortraͤge, Geſang und der - gleichen, hat man in den Tempeln gar nicht; ſondern jeder, der kommt, verrichtet ſein Gebet, und laͤßt et - was zur Opfergabe zuruͤck. Kein Fremder wird von den Tempeln ausgeſchloſſen; ſelbſt die Hollaͤnder duͤrfen ſie beſuchen und werden, wenn in kleinen Staͤdten die Wirtshaͤuſer beſetzt ſind, in dieſelben einquartiert, welches, auf der Reiſe nach Jedo, auch uns einmal wie - derfuhr.

B 220Erſte Abtheilung. Zweyter Abſchnitt.

Einige Tempel ſind vor andern beſonders merk - wuͤrdig, und zu ſolchen werden auch aus allen Provin - zen des Reichs Wallfahrten, wie von den Muhamme - danern nach Mekka, angeſtellt. Von dieſer Art iſt vorzuͤglich der Tempel Iſie. Dieſer iſt dem aͤlteſten Gotte des Landes, oder dem hoͤchſten himmliſchen Gotte, Ten - ſio Dai Sin, geweihet, und der aͤlteſte im ganzen Lande, aber auch der unanſehnlichſte, und jetzt vor Alter dermaßen verfallen, daß er mit der groͤßten Sorg - falt kaum noch vor dem voͤlligen Einſturze geſchuͤtzt wer - den kann. In demſelben findet ſich nur ein Spiegel und an den Waͤnden hie und da einige Streifen weiſſen Papiers aufgehaͤngt, welches anzeigen ſoll, daß kein Unreiner ſich dem Gotte naͤhern, oder ihm gefallen kann, und daß das allſehende Auge alles ſieht. Der Kaiſer, welcher dieſen Tempel nicht in eigner Perſon beſuchen kann, fertigt jaͤhrlich im erſten Monathe eine Geſandſchaft dahin ab. Alle Unterthanen, weß Al - ters oder Geſchlechts ſie ſeyn moͤgen, ſind ſchuldig, wenigſtens Einmal in ihrem Leben, eine Reiſe hieher zu machen; viele machen ſie alle Jahr. Die Vornehmen kommen gleichwohl ſelten hin; ſie maßen ſich, hier wie andrer Orten, ihre beſonderen Privilegien an, die mehr der Bequemlichkeit als dem was ſie thun ſollten an - gemeſſen ſind. Dieſe Wallfahrten koͤnnen zu jeder Zeit geſchehen, gemeiniglich aber werden ſie in der ſchoͤnſten Jahrszeit, in den Fruͤhlingsmonathen, verrichtet. Eine ſolche Wallfahrt gethan haben, iſt verdienſtlich, und wirkt dem Pilgrim einen Ablaß fuͤr das ganze Jahr. Auf meiner Reiſe nach Jedo, ſah ich dergleichen Pilgrimme zu Tauſenden; oft waren ſie ſo arm, daß ſie unterweges ihr Brod betteln mußten. Dieſe arme Leute trugen nach Landesſitte21Religion der Japaner. auch ihr Bette mit ſich, das aus einer Strohmatte be - ſtand, welche ihnen uͤber der Schulter hieng. Die meiſten trugen auch einen kleinen Eimer, um daraus zu trinken und ihre Almoſen darin zu empfangen. Auf dieſe Gefaͤße iſt der Name des Beſitzers geſchrieben, damit man, auf den Fall, wenn er auf der Wallfahrt umkommen oder natuͤrlichen Todes ſterben ſollte, wiſſen moͤge, wer er geweſen iſt. Wenn die Wallfahr - ter zu Iſieangekommen ſind, werden ſie von einem Prieſter nach dem Tempel gefuͤhrt, wo ſie ihr demuͤ - thiges Gebet verrichten und, gegen ein Geſchenk an den Prieſter, einen Ablaß bekommen, der aus einigen, in einer laͤnglichen Doſe von duͤnnem Zinn verwahrten, duͤnnen zinnernen Blaͤttchen, (wie unſre geſchlagene Gold - und Silberblaͤttchen) beſteht.

Herrſchende Religionen kann man in Japaneigentlich zwey annehmen: ſie werden Sinto und Budsdo genannt.

Die erſtere, oder Sinto, iſt die eigenthuͤmliche und aͤlteſte Religion dieſes Landes, ob ſie gleich weni - ger Anhaͤnger hat. In ihrer erſten Einfachheit ſcheint ſie viel edler geweſen zu ſeyn als ſie jetzt erſcheint, da ſie mit der Zeit durch fremde Ceremonien mehr und mehr entſtellt worden iſt, auch ſcheinen ihre Lehren vor dieſem mehr Klarheit gehabt zu haben, als heutiges Tages, ſeitdem Irrwahn und Aberglaube ſie allmaͤhlig mehr verdunkelt haben. Vielleicht ſchreibt ſie ſich ur - ſpruͤnglich gar von den Juden, nach dem Aufenthalte derſelben in Babylonien, her. Ihre Anhaͤnger erken - nen und glauben ein erhabenes Weſen, das in den hoͤch - ſten Himmeln wohnt, nehmen aber auch noch geringere Untergoͤtter an. Beym hoͤchſten Gotte ſchwoͤren ſie ihre Eide, glauben aber uͤbrigens, daß er weit daruͤber erhaben ſey, ihrer Verehrung zu beduͤrfen. DieB 322Erſte Abtheilung. Zweyter Abſchnitt. niedrigeren Goͤtter beten ſie an; ſie glauben, daß dieſe uͤber die Erde, das Waſſer, die Luft u. ſ. w. herrſchen, und die Menſchen gluͤcklich oder ungluͤcklich machen koͤnnen. Von der Unſterblichkeit der Seele und einem gluͤckſeligen oder ungluͤckſeligen Zuſtande nach dem Tode, haben ſie allerdings, jedoch nur dunkle, Begriffe: die Seelen der Tugendhaften, ſagen ſie, kommen nach ei - nem Orte, der unter den Himmeln iſt, die Seelen der Gottloſen aber muͤſſen lange unter den Himmeln umher ſchwaͤrmen, um fuͤr ihre Suͤnden zu buͤßen. Wande - rung der Seele in Koͤrper der Thiere oder andere Koͤr - per, glauben ſie alſo nicht. Ihre ganze Religion geht darauf aus, tugendhafte und rechtſchaffene Menſchen in dieſem Leben zu ſeyn. Sie befleißigen ſich tugend - haft zu leben, und den Geſetzen des Landes zu ge - horchen, um ſolchergeſtalt ein in jedem Betracht unver - letztes Gewiſſen zu bewahren. Sie eſſen kein Fleiſch, vergieſſen nicht gern Blut, und ruͤhren keinen todten Koͤrper an. Suͤndiget jemand in einem dieſer Stuͤcke, ſo wird er, wie die Juden nach dem levitiſchen Ge - ſetze, eine Zeitlang fuͤr unrein gehalten. Teufel giebt es nach ihrer Meinung keine andre, als die, welche in den Fuͤchſen als deren Seelen wohnen; dieſe Thiere werden naͤmlich in Japanfuͤr ſehr gefaͤhrlich und ſchaͤd - lich angeſehen. Obgleich die Bekenner dieſer Religion die Ueberzeugung haben, daß ihren Goͤttern alles be - kannt und es mithin unnoͤthig ſey ſie um etwas zu bitten, ſo haben ſie doch ſowohl Tempel als gewiſſe Feſttage. Die Goͤtter heißen bey ihnen Sin oder Kami, und ihre Tempel Mia. Dieſe beſtehen aus mehrern Zimmern oder Gallerien mit Fenſtern und Thuͤren, die, nach hieſiger Art, eingeſetzt und herausge - nommen werden koͤnnen. Der Fußboden iſt mit23Religion der Japaner. Strohmatten bedeckt, und das Dach ſteht ſo weit vor, daß es einen erhoͤheten Gang bedeckt, auf dem man um den Tempel herum gehen kann. In dieſem Tempel findet man keinen abgebildeten Gott, oder ſonſt ein Bild, um das hoͤchſte, unſichtbare Weſen vorzuſtellen. Bis - weilen aber ſteht doch in einer Schachtel oder Doſe ein kleines Bildniß eines Untergottes, dem der Tempel heilig iſt. Mitten im Tempel befindet ſich gewoͤhnlich ein großer, von Metall gegoſſener und polirter Spie - gel, der die Hereintretenden erinnern ſoll, daß, ſo wie man in demſelben die Flecken des Geſichts ſieht, die un - ſterblichen Goͤtter auch die geheimen Flecken ihrer Her - zen ſehen. Mit welcher Andacht die Sintoiſten, ſowohl an ihren Feſten, als auch ſonſt, ſich dieſen Tempeln nahen, habe ich oft mit der groͤßten Verwun - derung geſehen. Sie wagen es nicht dem Hauſe ihres Gottes nahe zu kommen, wenn ſie auf irgend eine Art unrein ſind. Sie waſchen ſich deswegen vorher ſehr ſorgfaͤltig, ziehen ihre beſten Kleider an, und waſchen ſich die Haͤnde noch einmahl vor dem Tempel. Dar - auf treten ſie mit ernſter Wuͤrde hinein, gehen vor - waͤrts und ſtellen ſich vor den Spiegel. Alsdenn buͤcken ſie ſich mit der tiefſten Ehrfurcht ganz bis zur Erde nieder, kehren ſich wieder gegen den Spiegel, verrichten ihr Gebet und geben ein Opfergeſchenk. Zu - letzt klingeln ſie dreymal mit einer im Tempel befindlichen kleinen Glocke, und gehen weg, um den Reſt des Tages in Vergnuͤgen und mit Luſtbarkeiten zuzubringen. Die Prieſter bey dieſen Tempeln ſind von zweyerley Art. Diejenigen welche die im Tempel vorfallenden Ge - ſchaͤfte verrichten, ſind Weltliche und Ungelehrte, um nicht die Geheimniſſe der Religion offenbaren zu koͤnnen. Die andern ſind Geiſtliche, und pflanzen die Geheim -B 424Erſte Abtheilung. Zweyter Abſchnitt. niſſe ihrer Religion auf ihre Schuͤler fort, aber mit der eidlichen Verpflichtung, nie etwas davon bekannt zu machen. Die weltlichen Prieſter laſſen ſich den Bart, nicht aber die Haare auf dem Kopfe ſcheeren, und tragen nach japaniſchem Gebrauch weite Kleider, auf dem Ko - pfe aber einen lakirten Hut mit herabhangenden ſeidenen Schnuͤren. Seit Einfuͤhrung der Religion des Budsdo in Japan, haben die Sintoiſten verſchiedne Lehren und Gebraͤuche angenommen, die ſie anfangs nicht kannten. Dennoch aber, und auch des mannich - faltigen Aberglaubens ungeachtet, womit ſie von Zeit zu Zeit befleckt worden, iſt dieſe Religion unſtreitig die beſte im Lande. Der Kubo bekennt ſich zu derſelben, und iſt ſchuldig, jaͤhrlich einmal, entweder ſelbſt oder durch eine Geſandſchaft, einen ihrer Tempel zu beſu - chen, ſeinen Gottesdienſt darin zu verrichten, und zugleich anſehnliche Geſchenke zuruͤckzulaſſen.

Die andere Hauptreligion, Budsdo genannt, iſt von der weſtlichen Kuͤſte Oſtindiens, namentlich aus Ma - labar, Coromandelund Ceylonhergekommen. Budha, welches ohne Zweifel mit Budsdo einerley iſt, iſt der Name eines Propheten unter den Braminen, der unge - faͤhr tauſend Jahr vor Chriſti Geburt auf Ceylonge - bohren ſeyn ſoll, und Stifter dieſer Secte geweſen iſt, welche ſich hernach uͤber ganz Oſtindienund bis an die aͤußerſten Graͤnzen Aſiensausgebreitet hat. In Chinaiſt ſie erſt lange Zeit nach ihrer Entſtehung zu eini - gem Anſehen gelangt; von da iſt ſie nach Corea, und ſo weiter nach Japangekommen, wo ſie ſehr allgemein angenommen iſt, und mit der alten Sintoreligion ver - miſcht, verſchiedne Misgeburten des Aberglaubens hervorgebracht hat. Ihre vornehmſten Lehrſaͤtze beſte - hen darin, daß die Seelen, ſowohl der Menſchen als25Religion der Japaner. der Thiere, unſterblich ſind, daß es Strafen und Be - lohnungen nach dem Tode giebt; daß ſowohl jene als dieſe ihre Stufen haben, daß die Selen laſterhafter Menſchen in Thiere, und endlich, wenn ſie ſich beſſern, wieder in Koͤrper von Menſchen wandern. Den hoͤch - ſten Gott nennen die Anhaͤnger dieſer Religion, Amida, und den Teufel, Jemma.

Außer den Prieſtern bey den Tempeln giebt es auch einige geiſtliche Orden, die, zum Theil mehr zum Theil weniger, heilig ſind. Der Orden der Blinden iſt einer der ſonderbarſten in der Welt und vielleicht einzig in ſeiner Art; er beſteht bloß aus blinden Leuten die im ganzen Reiche zerſtreut ſind. Der Orden der Jamabbo oder Bergmoͤnche, von welchen oben, Seite 35 ſchon etwas vorgekommen, iſt ebenfalls merk - wuͤrdig. Er iſt vor etwa zweyhundert Jahren geſtif - tet, und hat ſein Oberhaupt, oder ſeinen General, zu Miako, welcher ſeinen Untergebenen nach Verdienſt Ehrentitel ertheilt. Das aͤuſſere Zeichen einer ſolchen Ehre, beſteht in einer um den Hals herabhangenden Schnur, mit unterſchiedlichen Troddeln, die nach dem verſchiednen Range auch von ungleicher Laͤnge ſind. Die Moͤnche von dieſem Orden tragen einen Saͤbel an der linken Seite, in der Hand einen Stock mit einem kupfernen Knopfe und einer Tritonsſchnecke, (Murex Tritonis), um darauf, wie auf einer Trompete zu blaſen; auf dem Kopfe haben ſie eine Muͤtze, auf dem Ruͤcken einen Beutel und ein paar Schuh um auf den Bergen damit zu gehen; oft auch eine Schnur wie ein Roſen - kranz. Sie fuͤhren ein ſehr beſchwerliches und muͤhſeliges Leben. Sie ſind ſchuldig, einmal im Jahr mit vieler Gefahr, wilde Waͤlder zu durchwandern und bis zum Gipfel der hoͤchſten Berge hinauf zu klettern. SieB 526Erſte Abtheilung. Zweyter Abſchnitt. muͤſſen ſich ganz vorzuͤglich der Reinlichkeit befleißigen, und daher oft in kaltem Waſſer baden; auf den Gebir - gen leben ſie bloß von Wurzeln und Kraͤutern. Uebri - gens kann man ſie mit den Zigeunern vergleichen; ſie ſtreifen baarfuß das ganze Land durch, und heilen Krankheiten, ſchaffen geſtohlne Sachen wieder, wahr - ſagen und ſo weiter.

Nonnenkloͤſter ſind, ſchon laͤnger als ſeit tauſend Jahren, geſtiftet, obwohl ihre Anzahl den in Europavorhandenen bey weitem nicht gleich kommt.

Alle Orden und Secten haben allezeit ihr Ober - haupt oder ihren General zu Miako, und bey jedem Tempel oder Kloſter ihre Vorſteher. Auſſerdem ha - ben ſie auch am Hofe des weltlichen Kaiſers zu Jedoihre geiſtlichen Bevollmaͤchtigten, die in den zwiſchen ih - nen in weltlichen Angelegenheiten in den Provinzen ent - ſtandnen Streitigkeiten, wie auch uͤber die Verbrechen geiſtlicher Perſonen, entſcheiden; wenn aber ein Todes - urtheil an ſolchen vollzogen werden ſoll, ſo muß es vor - her allezeit vom Ordensoberhaupte unterſchrieben ſeyn.

Die mit Titeln verſehenen Geiſtlichen, ſowohl bey Hofe zu Miakound zu Jedo, als bey den Tem - peln im Lande, haben, nach Rang und Wuͤrden, ihre beſondre Kleidung. Unter andern ſah ich einen ſolchen Praͤlaten in der Naͤhe eines Kloſters vor der Stadt Nan - gaſacki, der lange, faſt auf die Erde gehende, Bein - kleider und einen weiten Mantel mit einer langen Schleppe anhatte. Er war ein ſehr freundlicher und leutſeliger Mann, und ließ ſich vermittelſt der Dol - metſcher in eine lange Unterredung mit mir uͤber aller - hand Dinge ein, die mir aber bey weitem nicht ſo viel Vergnuͤgen machte, als die um ſeinen Tempel ſtehen - den Gewaͤchſe und Straͤuche.

27Religion der Japaner.

Religioͤſe Geluͤbde geſchehen haͤufig von aberglaͤu - bigen Leuten. Einer unter unſern beſten Dolmetſchern, ein bejahrter Mann, hatte vor langer Zeit das Ge - luͤbde gethan, nie Schuh zu tragen. Er machte auch dies Jahr in den Wintermonathen auf dieſe Art die Reiſe mit der Hollaͤndiſchen Geſandſchaft nach Jedo, und ertrug, mit ſeinen bloßen Fuͤßen, alles Ungemach der Kaͤlte ſehr geduldig, und ohne die mindeſten nach - theiligen Folgen davon zu ſpuͤren.

Von den religioͤſen Feſten und Feyertagen, iſt ſchon im ſechſten Abſchnitte der fuͤnften Abtheilung vorlaͤufig einiges vorgekommen. Jetzt will ich ſie ausfuͤhrlicher beſchreiben.

Die gewoͤhnlichen Feſte, ſind die monathlichen. Von dieſen iſt das vornehmſte, der erſte Tag jedes Mo - naths, an welchem die Japaner des Morgens fruͤh aufſtehen, ſich feſtlich ankleiden, ihre Vorgeſetzten und Freunde beſuchen, und denſelben zum neuen Monathe Gluͤck wuͤnſchen; dieſer Tag wird ſeit uralten Zeiten uͤberall im ganzen Reiche gefeyert. Wenn der Voll - mond eintritt, am funfzehnten Tage im Monathe, wird der zweyte Feſttag gefeyert; an dieſem beſuchen die Leute die Tempel mehr als an den vorhergehenden. Der dritte Feyertag iſt von geringerer Erheblichkeit, und faͤllt auf den acht und zwanzigſten, oder den Tag vor dem Neumonde.

Auſſer dieſen monathlichen Feſttagen feyern ſie noch fuͤnf andre, die jaͤhrlich einmal einfallen. Der erſte unter dieſen iſt das Neujahrsfeſt. An dieſem Tage gehen ſie des Morgens ſehr zeitig, in ihrem koſt - barſten Anzuge, zu ihren Vorgeſetzten, Freunden und Anverwandten, um ihnen ein gluͤckliches Jahr zu wuͤn - ſchen. Der uͤbrige Theil des Tages wird mit Eſſen,28Erſte Abtheilung. Zweyter Abſchnitt. Trinken, Beſuchen der Tempel und mancherley Ver - gnuͤgungen hingebracht. Einige machen bey dieſer Gelegenheit auch ein, wiewohl unbedeutendes, Geſchenk. Oft giebt auch der aͤlteſte in der Familie eine Abendmahl - zeit. Das ganze Land iſt in dieſer Zeit in allgemeiner Bewegung, welche drey volle Tage waͤhrt. Der ganze erſte Monath wird hernach beynahe zu nichts anderm, als zu Vergnuͤgungen und Zeitvertreiben angewandt.

Das andre jaͤhrliche Feſt faͤllt auf den dritten Tag des dritten Monaths; das dritte auf den fuͤnften Tag des fuͤnften Monaths; das vierte auf den ſiebenten Tag des ſiebenten Monaths, und das fuͤnfte auf den neun - ten Tag des neunten Monaths. Dieſe Tage, welche ſaͤmmtlich eine ungerade Zahl haben, werden von den Japanern fuͤr ungluͤckliche Tage gehalten, und deswe - gen gefeyert, und man verrichtet keine Arbeit oder Ge - ſchaͤfte an denſelben, ſondern wendet ſie zu Vergnuͤgun - gen, Gluͤckwuͤnſchungen, und, wiewohl nur in gerin - gem Maße, zum Dienſt der Goͤtter an. An dieſen Feyertagen ſtellen ſie am liebſten ihre Hochzeiten, Gaſt - gebote und andre Luſtbarkeiten an, weil ſie glauben, daß die Goͤtter an der Freude der Menſchen Wohlgefallen haben.

Auch die uͤbrigen feyerlichen Beluſtigungen der Japaner, ſind mit zu ihrem Gottesdienſte zu rechnen. Dies ſind in vielem Betracht, eine Art Schauſpiele. Die feſtlichſten ſind, das Laternenfeſt und das ſoge - nannte Matſuri.

Das Laternen - oder Lampenfeſt wird am Schluſſe des Auguſts gefeyert, und von den Eingebohrnen Bong genannt. Es waͤhrt drey Tage, iſt aber am zweyten Abend und in der darauf folgenden Nacht am feyerlich - ſten. Es iſt zum Andenken und zur Ehre der Ver -29Religion der Japaner. ſtorbnen geſtiftet, weil man glaubt, daß dieſe jaͤhrlich in dieſen Tagen, und zwar am erſten Abend zu ihren Verwandten und Freunden, jeder zu ſeinem Hauſe und ſeiner Familie, zuruͤckkommen, und da bis zur zwey - ten Nacht bleiben, wo ſie weggejagt werden muͤſſen. Bey ihrer Ankunft werden, zu ihrer Bewillkommung, bey allen Begraͤbnisſtellen Bamboſtangen aufgerichtet, an welche eine Menge Laternen mit Lichtern, und zwar ſo dicht bey einander aufgehaͤngt werden, daß die gan - zen Berge wie erleuchtet ausſehen. Dieſe Laternen brennen bis neun oder zehn Uhr des Nachts. Am zweyten Abend, wenn ihrer Meynung nach die Seelen der Verſtorbenen wieder weggejagt werden ſollen, werden kleine Fahrzeuge von Stroh, mit Laternen und brennenden Lichtern verſehen, um Mitternacht in Pro - ceſſion mit Geſang, Muſik und vielem Geſchrey nach dem Strande der See gebracht, aufs Waſſer geſetzt, und Wind und Wogen uͤberlaſſen, bis ſie entweder Feuer fangen und aufbrennen, oder von den Wellen a[u]sgeloͤſcht werden. Beyde Arten von Erleuchtungen mit vielen tauſend Feuern, machen fuͤr das Auge einen ungewoͤhnlich ſchoͤnen Anblick.

Das Feſt Matſuri wird an einem Feſttage, und einem Gott zu Ehren gefeyert. Zu Nangaſackizum Exempel, wo ich dieſer Feyerlichkeit beywohnte, wird es zum Gedaͤchtniſſe des Suwa, Schutzgottes dieſer Stadt gefeyert. Es faͤllt auf den neunten Tag des neunten Monaths, welches der Geburtstag dieſes Got - tes iſt. Die Feyer wird mit Muſik, Tanz und Co - moͤdien begangen. Sie nimmt ſchon am ſiebenden ihren Anfang, da die Tempel beſucht, Gebete verrich - tet, und Schauſpiele angeſtellt werden. Der neunte aber wird mit vielem Pomp und großem Koſtenauf -30Erſte Abtheilung. Zweyter Abſchnitt. wand gefeyert, und zwar jedesmal auf eine andre Art, ſo, daß es in dem einen Jahre damit nicht ſo, als in dem andern, gehalten werden darf. Die Koſten wer - den von den Einwohnern der Stadt beſtritten, und verhaͤltnißweiſe auf jede Straße vertheilt. Wir ſaͤmmt - lichen Hollaͤnder waren eingeladen, dieſem Feſte bey - zuwohnen. Es wurde auf einem großen freyen Platze in der Stadt gefeyert. An der Seite war ein großes Gebaͤude, das wie eine große auf Staͤndern ruhende Scheune ohne Waͤnde ausſah, und mit Dach und Baͤnken verſehen war, fuͤr die Zuſchauer aufgerichtet, die durch Wachen vor dem Gedraͤnge des Volks ge - ſchuͤtzt wurden. In dieſem Hauſe ſahen die Magi - ſtratsperſonen, die Geiſtlichen, die Fremden und an - dre Vornehmere zu. Zu allererſt ſah man die Prieſter, ſchwarz und weiß gekleidet, mit dem Bildniſſe des Suwa ankommen, und ihre Plaͤtze einnehmen. Zehn bis zwoͤlf Perſonen ſpielten auf Inſtrumenten, und beſangen die Thaten der Goͤtter und Helden, waͤhrend Maͤdchen dazu tanzten, welchen der Tanz recht gut an - ſtand. Die Muſik war ein bloßes Geraſſel, wel - ches ihrem Gotte angenehmer, als menſchlichen Ohren, geweſen ſeyn mag. Auf die Prieſter folgte ein großer Sonnenſchirm mit dem Namen und Wapen der Straße, der feyerlich einhergetragen wurde, nebſt maskirten Muſikanten mit Trommeln, Pfeifen, Glocken und Geſang. Hierauf kamen die Kunſtſtuͤcke ſelbſt, die fuͤr jede Straße verſchieden waren; nach ihnen einige Acteurs, und zuletzt die Einwohner der Straße, in Proceſſion, von einer Menge andrer Leute begleitet. Dieſer Zug dauerte beynahe eine ganze Stunde, wor - auf ſie in der naͤmlichen Ordnung wieder abzogen, da denn eine andere Proceſſion einher kam, her -31Religion der Japaner. nach eine dritte, und ſo ferner den ganzen Vormittag. Die Einwohner einer jeden Straße wetteiferten mit den andern in Pracht und Erfindung zur Feyer dieſes Feſtes, und um meiſtens ſolche Sachen aufzu - weiſen, welche die Erzeugniſſe, Bergwerke, Berge, Waͤlder, Seefahrt, Kuͤnſte, Handwerker u. ſ. w. der - jenigen Landſchaft anzeigen, von welcher die Straße ihren Namen fuͤhrt, und aus welcher ſie ihre Einwoh - ner bekommen hat.

Hochzeiten und Begraͤbniſſe koͤnnen auch mit zu den religioͤſen Feyerlichkeiten der Japaner gerechnet werden, ob ſie gleich dieſelben nicht mit der Pracht, als die Europaͤer und verſchiedne andre Voͤlker, begehen.

Die Trauung geſchiehet auf einem ſchoͤnen und erhabnen Platze vor der Stadt, in Gegenwart der An - verwandten und Prieſter. Braut und Braͤutigam treten zuſammen vor einen aufgerichteten Altar, mit einer Fackel in der Hand. Unterdeß hierauf der Prie - ſter ein Gebet laut herbetet, zuͤndet zuerſt die Braut, welche zur Rechten ſ[t]eht, ihre Fackel an einer brennen - den Lampe an, darauf zuͤndet der Braͤutigam die ſei - nige an der brennenden Fackel der Braut an, und nun wuͤnſchen die Anweſenden dem Brautpaare Gluͤck.

Die Todten werden hier zu Lande entweder zu Aſche verbrannt, oder in die Erde begraben. Die er - ſtere Sitte ſoll ehemals allgemeiner uͤblich geweſen, jetzt aber nur bey den Leichen der Vornehmen gebraͤuchlich ſeyn. Das Verbrennen geſchieht nicht allezeit auf einem Scheiterhaufen, unter freyem Himmel, ſondern bisweilen in einem dazu eingerichteten kleinen ſteiner - nen Hauſe mit einem Schornſteine. Die Aſche wird in ein koſtbares Gefaͤß geſammelt, eine Zeitlang im Hauſe des Verſtorbnen verwahrt, und hernach in die32Erſte Abtheilung. Zweyter Abſchnitt. Erde begraben. Sowohl Maͤnner als Weiber, in Norimon getragen, folgen der Leiche, wie auch die hinterbliebenen Wittwen und Kinder, nebſt einem großen Haufen ſingender Prieſter. Nachdem einer von den Prieſtern einen Lobgeſang geſungen hat, ſchwenkt er dreymal eine brennende Fackel uͤber der Leiche, wirft ſie darauf von ſich, und einer von den Kindern oder Verwandten nimmt ſie auf und ſteckt den Scheiterhau - fen damit in Brand. Diejenigen, welche man ohne Verbrennen beerdigt, werden in der Stellung, wie die Japaner gewoͤhnlich ſitzen, in einen hoͤlzernen Sarg geſetzt, und ſo in die Gruft geſenkt. Waͤhrend und nach der Beerdigung, werden wohlriechende Ge - wuͤrze in und auf das Grab geworfen, und zuletzt ſchoͤne Blumen auf und um daſſelbe gepflanzt. Hernach wird der Todte von den Hinterbliebenen mehrere Jahre, oft ihr ganzes Leben hindurch, anfangs taͤglich, in der Folge woͤchentlich, und zuletzt jaͤhrlich, beſucht, nicht zu gedenken, daß alle Jahr das Laternenfeſt den Ver - ſtorbenen zu Ehren gefeyert wird.

Die Japaner trauern auch foͤrmlich um ihre Tod - ten eine Zeitlang. Die gewoͤhnliche Zeit der tiefſten Trauer iſt aber doch nur fuͤnf Tage. Bey Landes - trauern um fuͤrſtliche Perſonen darf in dieſen Tagen keine Muſik gehoͤrt werden.

Die Japaner haben ihre Philoſophen und Sit - tenlehrer alter Zeiten. Dieſe Maͤnner werden den Prieſtern und heiligen Perſonen gleich geachtet, und ihre Lehren ſind, wie die Lehren andrer Religionsſecten, angenommen worden. Die vornehmſte von denen, die Achtung und Anſehen gewonnen haben, iſt die Lehre Sjuto oder Kooſi, welche in Europaunter dem Na - men der Moral des Confuciusbekannt iſt. Sie ſtammtbekannt -33Religion der Japaner, ꝛc. bekanntlich aus Chinaher, wo Confuciusvier hun - dert Jahr nach Budsdo gebohren wurde. Ihre An - haͤnger beten zwar eigentlich keinen Gott an, glauben auch nur Belohnung des Guten und Beſtrafung des Boͤſen in dieſer Welt, ſetzen aber doch das hoͤchſte Gut in ein tugendhaftes Leben. Sie glauben, die Welt gehoͤre einer allgemeinen Weltſeele, ohne ſonſt einen Gott zu erkennen; ſie haben auch weder Tempel noch irgend eine Art Gottesverehrung. Ihre Religion be - ſteht wie geſagt, hauptſaͤchlich darin, tugendhaft zu leben, gegen jedermann recht zu handeln, und aufrichtigen Herzens zu ſeyn. Zugleich ſchreibt ihre Sittenlehre viele und vortrefliche Regeln zur Regierung des Staats und zu einem wohlanſtaͤndigen und artigen Betragen vor. Sie verbrennen ihre Todten nicht, ſondern legen ſie, wie man in Europathut, in einen Sarg, und begraben ſie in die Erde. Den Selbſtmord hal - ten ſie nicht nur fuͤr erlaubt, ſondern ruͤhmen ihn auch als einen Beweis von Heldenmuth.

Das Chriſtenthum wurde in Japan, ſogleich nach der Entdeckung dieſes Landes, von den Portugie - ſen eingefuͤhrt. Ein junger Japaner, der zu Goage - tauft ward, unterrichtete die Portugieſen von den Vortheilen, die ſie ſich in Japan, ſowohl in Anſehung des Handels als der Fortpflanzung der chriſtlichen Religion, zu Nutze machen koͤnnten. Die Portugieſen hatten damals voͤllige Freyheit, allenthalben zu reiſen, zu handeln und zu predigen. Der Handel war ſehr ein - traͤglich, und das Bekehrungsgeſchaͤft, welches die Jeſuiten ſeitdem ſie im Jahr 1549. zuerſt nach Japanund zwar nach der Provinz Bugogekommen waren, im ganzen Lande trieben, gieng ſo gluͤck - lich von Statten, daß verſchiedne Provinzialfuͤrſten,Thunbergs Reiſen. Zweyt. Band. zweyt. Th. C34Erſte Abtheilung. Zweyter Abſchnitt. als die Fuͤrſten von Bungo, Arima, Omuraund ver - ſchiedne andre, den chriſtlichen Glauben annahmen. Eine Menge Portugieſen hatten geheirathet, und ſich in ver - ſchiednen Staͤdten von Japanniedergelaſſen. Nach vier - zig Jahren, naͤmlich 1582, war die katholiſche Religion hier in ſolchem Anſehen, daß eine Geſandſchaft von Ja - panern nach Roman Pabſt Gregor den dreyzehnten, mit Briefen und Geſchenken, geſchickt ward. Durch den unglaublichen Gewinn im Handel und durch die ſchnellen Fortſchritte des Chriſtenthums, wurden die Portugie - ſen bald uͤbermuͤthig, und es waͤhrte nicht lange, als ihre Habſucht und ihr Stolz ſie ſtuͤrzten. In eben dem Verhaͤltniſſe, als ihr Reichthum und Anſehn zunahmen, machten ſie ſich den Japanern unertraͤglich und zuletzt verhaßt, ſo, daß ſchon 1586 ein kaiſerlicher Befehl erſchien, daß die Chriſten ausgerottet werden ſollten, worauf heftige und gewaltige Verfolgungen gegen ſie aus - brachen, wobey bloß im Jahr 1590. uͤber zwanzig tau - ſend Perſonen umgebracht wurden. Dieſem allem un - geachtet nahmen doch noch viele Eingeborne den chriſtli - chen Glauben an und in den Jahren 1591 und 1592, zaͤhlte man zwoͤlf tauſend Bekehrte und Getaufte. Ja der Kubo Feide Joriwar ſelbſt ein Chriſt, ſo wie auch ſein Hof und ſein Kriegsheer der chriſtlichen Religion zugethan war; und es iſt wahrſcheinlich, daß, wenn die Por - tugieſen ſich vorſichtig und ruhig verhalten haͤtten, die angefangne Verfolgung gegen ſie aufgehoͤrt haben wuͤrde. Aber ſtatt deſſen wuchs ihr Hochmuth und ihre Herrſchſucht, und das ungebuͤhrliche Be - nehmen eines Biſchofs gegen einen von den Provin - zialfuͤrſten brachte es endlich dahin, daß ſie ganz ge - ſtuͤrzt, und ihrem eintraͤglichen Handel ſowohl, als der chriſtlichen Religion in dieſem Lande ein Ende ge -35Religion der Japaner, ꝛc. macht wurde. Bey Gelegenheit einer Reiſe nach dem kai - ſerlichen Hofe im Jahr 1596. wurde naͤmlich ein ſolcher Fuͤrſt von jenem ehrſuͤchtigen Praͤlaten ſo beſchimpft, daß er ſich genoͤthigt ſah, bey ſeiner Ankunft zu Jedodaruͤber beym Kubo zu klagen. Im folgenden Jahre fing alſo die Verfolgung der Chriſten aufs neue an; den Geiſtlichen wurde verboten zu predigen; ein Theil derſelben ward aus dem Lande gejagt, und die Kaufleute nach der Inſel De - zimaverwieſen. Zugleich wurde eine Verraͤtherey entdeckt, welche die Portugieſen gegen den Kaiſer angeſtiftet hatten, um ihn vom Throne zu ſtoßen. Die Hollaͤnder, welche damals Krieg mit den Portugieſen fuͤhrten, hatten nem - lich eins ihrer Schiffe weggenommen, auf welchem ſie einen Brief eines japaniſchen Hauptmanns Namens Moro, an den Koͤnig von Portugalfanden, der einen Anſchlag gegen das Leben und den Thron des Kaiſers enthielt. Dieſe Verraͤtherey beſtaͤtigte ſich hernach noch durch mehrere, von dieſem Moronach Macaogeſchriebne Briefe. Es wurde daher beſchloſſen, daß alle Chriſten, die ihre Religion nicht abſchwoͤren wollten, aus dem Reiche vertrieben, oder ohne alle Schonung getoͤdtet werden ſollten. Die Verfolgung wurde hernach vierzig Jahr hindurch ununterbrochen fortgeſetzt, und endigte ſich im Jahr 1638. auf eine ſchreckliche Weiſe dadurch, daß ſieben und dreyßigtauſend Chriſten, welche ihre letzte Zuflucht nach der Feſtung Simabaragenommen hatten, belagert, ſich zu erge - ben gezwungen, und alle an Einem Tage umgebracht wurden. Dadurch war die chriſtliche Religion nun in Japanausgerottet, und aller Handel von Europadahin hatte ein Ende. Die Japaner, welche ſich einbilde - ten, daß die ſchlechten Handlungen der Chriſten von ihrer Religion unzertrennlich waͤren, nahmen daraufC 236Erſte Abtheilung. Dritter Abſchnitt. die kraͤftigſten Maaßregeln gegen die Wiedereinfuͤhrung derſelben, und verboten allen Portugieſen aufs ſtrengſte, jemals ihre Kuͤſten zu betreten. Um nun aufs genaueſte auszuforſchen, ob etwa noch chriſtliche Japaner im Lande verborgen ſeyn moͤchten, trafen ſie verſchiedene Anſtalten, wovon noch heutiges Tages die, daß zu Anfange jeden Jahres, das Crucifix und einige Heiligen-Bilder mit Fuͤßen getreten werden, zu Nangaſackiund in den umliegenden Gegenden ſtatt findet.

Dritter Abſchnitt. Zuſtand der Wiſſenſchaften, Kuͤnſte und der - gleichen, in Japan.

Die Wiſſenſchaften uͤberhaupt ſind in Japanbey weitem nicht zu der Hoͤhe, wie in Europa, gelangt. Selbſt der Ackerbau, den die Japaner fuͤr das aller - nothwendigſte halten, und auf welchen ſie ſich mit ei - nem Eifer und Fleiß legen der nicht ſeines gleichen hat, ſelbſt dieſer wird nicht wiſſenſchaftlich getrieben, geſchweige denn andre Wiſſenſchaften, deren Nothwen - digkeit und Nutzen ſie nicht einſehen und auch keinen Antrieb haben, ſich mit denſelben zu beſchaͤftigen.

Die vaterlaͤndiſche Geſchichte wird freylich von allen, die nicht zu den unterſten Volcksklaſſen gehoͤren, ohne Unterſchied getrieben, und iſt, was die fruͤheren Zeiten betrift, vielleicht gewiſſer und zuverlaͤſſiger, als die Geſchichte der meiſten anderen Laͤnder.

Die Aſtronomie wird zwar geliebt und geachtet. Dennoch ſind die Japaner nicht im Stande, ohne Huͤlfe chineſiſcher und hollaͤndiſcher Kalender einen rich -37Zuſtand d. Wiſſenſ. Kuͤnſte u. dergl. in Japan. tigen Kalender zu verfertigen noch eine Sonnen - oder Mondfinſterniß auf Minuten und Sekunden aus - zurechnen.

Die Medicin hat bis jetzt noch gar keine bedeu - tende Fortſchritte gemacht, wird es auch ſchwerlich jemals thun; die Anatomie iſt ihnen etwas ganz unbe - kanntes, und ihre Kenntniß der Krankheiten iſt ſehr ge - ringe, verworren und oft fabelhaft. Von Phyſik und Chemie wiſſen ſie nicht viel mehr, als was ſie in ſpaͤ - teren Zeiten von europaͤiſchen Aerzten gelernt haben. Botanik und Kenntniß der Arzneymittel machen ihre ganze Arzneykunde aus.

Da ich Arzt bin, wird man es mir nicht uͤbel nehmen, wenn ich bey dieſer Gelegenheit von den japa - niſchen Aerzten, und der Art, wie ſie ihre Kunſt aus - uͤben, etwas umſtaͤndlicher rede.

Der Aerzte giebt es mehrere Gattungen. Einige lernen nur die Medicin, und befaſſen ſich bloß mit Hei - lung innerlicher Krankheiten. Andre uͤben die Chi - rurgie aus. Noch andere brennen nur mit Moxa, andere treiben blos das Stechen mit Nadeln; andere endlich gehen umher und frottiren.

Die, welche dieſe letztere Operation verrichten, durchſtreichen des Abends die Gaſſen, ſchreyen und bieten ihre Dienſte an. In einem Lande, wo Erkaͤl - tungen ſo haͤufig und gemein ſind, thut dies Reiben uͤber den ganzen Koͤrper gute Dienſte.

Das Brennen mit Moxa und das Stechen mit Nadeln ſind zwey wichtige und im ganzen Lande uͤberall gebraͤuchliche Operationen, die hier wohl ſo oft als in Europadas Aderlaſſen vorgenommen werden. Die Moxa, die Art ihrer Zubereitung,C 338Erſte Abtheilung. Dritter Abſchnitt. und ihren Gebrauch und Wirkung habe ich im erſten Theile Seite 133. bereits beſchrieben. Hier habe ich daher nur noch folgendes hinzuzufuͤgen: Sie wird nicht nur als ein Heil - ſondern auch als ein Vorbauungsmit - tel gegen Krankheiten gebraucht. Das Brennen wird faſt an allen Theilen des Koͤrpers, beſonders an den flei - ſchigen, vornemlich auf dem Ruͤcken angewendet. Der Ope - rateur pflegt ſich die Stellen dazu ſorgfaͤltig auszuſuchen, und zwar haben ſie beſondere gedrukte Tabellen dazu. Dies Brennen iſt in den meiſten Krankheiten von Wirk - ſamkeit, beſonders bey Pleureſie, Zahnſchmerzen, und, wo es am meiſten Nutzen leiſtet, bey Gicht und Er - kaͤltungen.

Das Stechen oder Prickeln mit Nadeln geſchieht meiſtens in der Abſicht, um Kolicken dadurch zu heilen, beſonders diejenige Art derſelben, welche hier Senki heißt, und gewoͤhnlich eine Folge vom Sakki trinken iſt. Der Unterleib iſt daher der Theil, an welchem dieſe Operation vorgenommen wird. Sie bohren in denſelben mehrere, oft neun, Loͤcher hinein, um ihrer Meinung nach den Wind herauszuziehen. Indeſſen werden auch wohl andere fleiſchige Stellen dazu ausge - ſucht. Die Nadeln, welche hiezu gebraucht werden, ſind fein, beynahe wie ein Haar, und werden von Gold und Silber gemacht, und zwar von privilegirten Leuten, außer welchen niemand ihnen die noͤthige Haͤrte, Biegſamkeit und Feinheit, zu geben verſteht. Indem man ſie durch die Haut hineinbringt, werden ſie zwiſchen den Fingern gedrillt, um knochenartigen Theilen auszuweichen.

Diejenigen, welche ſich mit Heilung innerlicher Krankheiten beſchaͤftigen, werden fuͤr vornehmer gehal -39Zuſtand d. Wiſſenſ. Kuͤnſte u. dergl. in Japan. ten, und unterſcheiden ſich von den Uebrigen dadurch, daß ſie ſich den ganzen Kopf kahl ſcheeren. Sie be - dienen ſich nie anderer, als einfacher Mittel, und zwar am gewoͤhnlichſten in einem Decocte, um den Schweiß oder den Urin zu treiben. Von zuſam - mengeſetzten Medicamenten wiſſen ſie nichts. Ei - nen großen Theil jener Arzeneymittel koͤnnten ſie zwar im Lande ſelbſt bekommen; ſie kaufen ſie aber ſehr haͤufig von den Chineſern. Bisweilen fuͤhlen die Aerzte auch nach dem Pulſe, und dies waͤhrt alsdenn ſehr lange, eine ganze Viertelſtunde, zuerſt an dem einen, und hernach am andern Arme, gerade als wenn das Blut nicht aus einer und derſelben Quelle nach beyden Pulſen floͤſſe. Ihre Kenntniß der Fieber und andrer innerlicher Krankheiten, kann nicht anders, als ſehr geringe und ihre Cur muß ſehr unſicher ſeyn, da ſie keine Kenntniß der Anatomie und Phyſiologie haben, nicht einmal vom Umlaufe des Gebluͤts etwas wiſſen, auch die Mittel, welche ſie verordnen, nur wenig kennen. Die einzigen, welche etwas mehr da - von verſtehen, ſind entweder Aerzte bey Hofe, oder hollaͤndiſche Dolmetſcher, als welche Gelegenheit haben, ſich einige beſſere Einſicht durch den Um - gang mit europaͤiſchen Aerzten zu verſchaffen. Das Aderlaſſen haben zwar einige wenige Aerzte und Dol - metſcher dann und wann verrichtet; aber ſie nehmen dieſe Operation nur ſelten vor, und alsdenn allezeit mit vieler Furchtſamkeit. Ich gab ihnen nicht allein die nuͤtzlichſten und zuverlaͤſſigſten Anweiſungen dazu, ſondern munterte ſie auch, wo es noͤthig war, dazu auf, und mußte zu dem Ende ſogar meinen Schuͤlern zu Jedomeinen ſilbernen Schnaͤpper, nebſt andern fuͤr ſie brauchbaren chirurgiſchen Inſtrumenten ſchenken.

C 440Erſte Abtheilung. Dritter Abſchnitt.

Die gewoͤhnlichen, und dieſem Lande eignen, Krankheiten, ſind die oben erwaͤhnte Kolik, triefende Augen, und Verhaͤrtung der Druͤſen. Von der Ko - lik werden gar viele Leute, auch Fremde die ſich hier einige Zeit aufgehalten haben, befallen. Die Krank - heit iſt heftig und ſehr ſchmerzhaft, und laͤßt an meh - reren Stellen Geſchwulſt zuruͤck, beſonders verurſacht ſie den Waſſerbruch (Hydrocele). Rothe und trie - fende Augen, ſind unter den Bauern und armen Leuten auf dem Lande ſehr allgemein, und entſtehen theils vom Dampfe der Kohlen, womit im Winter die Zimmer geheitzt werden, theils von dem Geſtanke, den ihre Abtritte und Urinplaͤtze hervorbringen; ver - haͤrtete Druͤſen ſind ebenfals aͤußerſt haͤufig; und ich habe bemerkt, daß ſie oft in Krebsſchaͤden uͤbergehen. Beſonders entſtehen dergleichen am Halſe, und werden alle Tage groͤßer; anfangs ſind ſie nur von der Groͤße einer Erbſe, endlich werden ſie wie eine Fauſt dick. Da die Hitze am Tage oft ſehr ſtark iſt, und, wenn der Wind ſich alsdenn aufmacht, die Schweißloͤcher ſich leicht verſchließen und die Ausduͤnſtung gehindert wird, ſo bekommen die Leute ſehr oft heftige Rhevmatiſmen, ſo wie in den Sommermonathen, aus der naͤmlichen Urſach, Diarrhoͤen und die rothe Ruhr, denen nicht nur die Japaner, ſondern auch die Europaͤer ausge - ſetzt ſind. Eben das geſchieht auch wohl, wenn ſie von den hieſigen Fruͤchten, beſonders von den Kakifei - gen, die ſo ſehr ſchoͤn ſchmecken, zu viel eſſen.

Die Kinderpocken und die Maſern, ſind in Ja - panſchon ſeit ſehr langer Zeit bekannt und allgemein; man bekuͤmmert ſich aber wenig darum. Ich habe auch nicht viele geſehen, die dadurch gelitten haͤtten. Die Einimpfung der Blattern kennt man nicht. Die41Zuſtand d. Wiſſenſ. Kuͤnſte u. dergl. in Japan. Die Waſſerſucht im Kopfe (Hydrocephalus) hatte ich Gelegenheit, bey einem drey und dreyßigjaͤhrigen Manne zu ſehen, der auf unſrer Reiſe nach Jedozu mir kam, und von mir Rath begehrte. Er erzaͤhlte, er habe ſie vor neunzehn Monathen davon bekommen, daß er, indem er mit einem andern gefochten, mit einem Bamboſtocke, der gleichwohl mit Leinwand uͤberzogen geweſen, verſchiedne Schlaͤge auf den Kopf empfangen. Von der Scheitel bis an den Hinterkopf ſah man eine Geſchwulſt, die wie ein Finger dick war, und die Hirnſchalknochen ſtanden ſo ſehr in die Hoͤhe, daß die Fontenelle ganz weich zu fuͤhlen war. Eine Art Frie - ſel, das die Europaͤer hier den rothen Hund nennen, graſſirt hier waͤhrend der waͤrmſten Sommermonathe Auguſt und September, beſonders unter den Euro - paͤern. Sie waͤhrt bisweilen mehrere Wochen, bis - weilen ganze Monathe. Der Ausſchlag iſt erhoben, uneben und roth, ohne Fieber. Bisweilen verſchwin - det er zum Theil, bisweilen wird er ſtaͤrker, beſonders von der Mittags - und Abendhitze. Oft iſt er ohne Jucken; wenn dies aber ſich einfindet, ſo iſt es des Abends und Nachts am ſtaͤrkſten, und mit vieler Un - ruhe und Schlafloſigkeit verbunden. Zu Zeiten iſt dies Jucken von ganz eigner Art, das man alsdenn am meiſten fuͤhlt, wenn man ſich regt, ſich auf einen Stuhl ſetzt, den Ruͤcken an die Wand lehnt, im Bette liegt oder die Arme krumm macht. Man empfindet ſo - dann ein Prickeln in der Haut als wenn man mit tau - ſend Nadeln geſtochen wuͤrde; und das hoͤrt auf, ſo - bald man den bewegten Theil des Koͤrpers, ſelbſt in der naͤmlichen Stellung, ſtill haͤlt. Das Geſicht iſt von dieſem Ausſchlage frey, der ſich uͤbrigens uͤber den ganzen Koͤrper, ſogar uͤber die Fingerſpitzen, erſtreckt. C 542Erſte Abtheilung. Dritter Abſchnitt. Man bekommt dieſe Krankheit auch wohl mehr als ein - mal waͤhrend eines Aufenthals in Japan.

Die Luſtſeuche iſt ohne Zweifel durch die Euro - paͤer nach Japangekommen. Veneriſche Zufaͤlle und Krankheiten ſind hier jetzt ſehr allgemein[und] man trift eine Menge Leute an, die damit behaftet ſind. Bis auf meine Zeit wußten die hieſigen Aerzte dergleichen nicht anders, als durch blutreinigende Decocte zu ſchwaͤchen oder zu vertreiben. Ich hatte eine Partey aͤtzenden Queckſilberſublimat aus Hollandmitgebracht, und fand, wie noͤthig man dies Mittel habe. Nichts deſto weniger konnte ich nichts davon an die hieſigen Aerzte verkaufen, denn dieſe waren in Anſehung des Nutzens und Gebrauchs dieſes ſichern, aber zugleich gefaͤhrlichen, Mittels ganz unwiſſend. Von der Speichelcur hatten ſie durch die hollaͤndiſchen Feld - ſcheere zwar etwas gehoͤrt, und einigen Begrif davon; hielten ſie aber fuͤr eben ſo ſchwer vorzunehmen, als dem Patienten gefaͤhrlich. Die uͤbrige Arten den Mercurius zu gebrauchen, kannten ſie nicht. Ich nahm mir daher vor, den Practiſirenden, ſowohl den eigentlichen Aerzten als den Dolmetſchern, von Zeit zu Zeit kleine Parteyen von meinem Sublimate zu ſchenken, und ſie zugleich im Gebrauch deſſelben, zu unterrichten. Sie machten ſich dieſen Un - terricht dankbar zu Nutze. Namentlich von den Dolmetſchern fingen verſchiedene an, mit dieſem, bisher hier unbekannten Heilmittel, veneriſche Zu - faͤlle zu heilen. Die oft ſo ſchleunige Wirkſamkeit die - ſer Curart, hielten ſie anfaͤnglich faſt fuͤr ein Wunder - werk; und wirklich macht es mich aͤußerſt gluͤcklich, dieſes Heilmittel hier bekannt gemacht zu haben, wenn ich bedenke, daß durch daſſelbe in Zukunft viele Tauſende43Zuſtand d. Wiſſenſ. Kuͤnſte u. dergl. in Japan. von Halsfiſtelſchaͤden und andern ſchrecklichen Sympto - men dieſer garſtigen Krankheit, (dergleichen ich auf meiner Reiſe durch dies Land ſo oft mit Betruͤbniß zu ſehen, Gelegenheit hatte,) koͤnnen befreyet werden!

Die Rechtsgelehrſamkeit macht hier kein weitlaͤuf - tiges Studium aus. Kein Land hat ein duͤnneres Geſetzbuch und weniger Richter, als dieſes. Erklaͤ - rungen der Geſetze und Advocaten ſind hier etwas ganz Unbekanntes. Aber in keinem Lande werden die Geſetze ſtrenger und ſorgfaͤltiger gehandhabt, ohne An - ſehung der Perſon, ohne Privatabſichten, und ohne Parteylichkeit. Die Geſetze ſind ſcharf, und der Pro - zeß iſt kurz. Man erinnere ſich, was ich oben hievon geſagt habe.

Die Sittenlehre der Japaner, beſteht nicht in kuͤnſtlichen Syſtemen, ſondern in einfachen und ver - nuͤnftigen Lehren, welche durch ein tugendhaftes Leben auszuuͤben, ihr Beſtreben iſt. Und dieſe Moral wird von allen hieſigen Religionsparteyen gelehrt, und nie von der Religion ſelbſt getrennt, mit welcher ſie in ſo enger Verbindung ſteht.

Von auswaͤrtigen Sprachen lernen diejenigen, welche die Wiſſenſchaften treiben, und chineſiſche Buͤ - cher und Schriften leſen wollen, die chineſiſche. Die Dolmetſcher und einige Aerzte lernen auch das Hol - laͤndiſche, und einige von ihnen verſtehen auch etwas, wiewohl nur gar ſehr wenig Latein.

Die Kriegswiſſenſchaft iſt bey dieſem Volke, wie bey andern morgenlaͤndiſchen Voͤlkern, ſehr einfach. Muth, Tapferkeit, Standhaftigkeit und Liebe zum Vaterlande, erſetzen, was ihnen an Regeln und foͤrm - licher Kunſt Krieg zu fuͤhren, abgeht; und mit dieſen Eigenſchaften haben ſie allezeit geſiegt, und ſich niemals44Erſte Abtheilung. Dritter Abſchnitt. von einem Feinde unterjochen laſſen. Des erſten Krie - ges wird in der japaniſchen Geſchichte 471 Jahr vor unſrer Zeitrechnung erwaͤhnt. Hernach ſind ſie eini - gemal durch auswaͤrtige Kriegsheere beunruhigt wor - den. Im Jahr 1284, als die Mogolen Chinaein - genommen hatten, wurde der Feldherr Mookumit 4000 Fahrzeugen, und 240,000 Mann hieher ge - ſchickt, um Japanzu erobern; aber er konnte ſeinen Zweck nicht erreichen.

Die Buchdruckerkunſt iſt in Japanunſtreitig alt. Die Japaner haben aber dabey allezeit Platten ge - braucht, und gebrauchen ſie noch, ohne daß ſie be - wegliche Buchſtaben kennen. Sie bedrucken nur eine Seite des Papiers, weil daſſelbe duͤnn iſt, und die Schwaͤrze ſonſt durchſchlagen wuͤrde. Ich hatte Gelegenheit, verſchiedne japaniſche gedruckte Buͤcher zu ſehen; beſonders wurden mir zu Jedodergleichen gezeigt. Eins war darunter, welches bey der vor - maligen Anweſenheit der Portugieſen gedruckt war; es war in laͤnglichem Quartformat, von Japaniſchem Pa - pier, und, das Titelblatt ausgenommen, ganz und gar mit japaniſchen Buchſtaben gedruckt. Auf dem Titelblatte ſtand oben Racvyoxv, welches die Dolmet - ſcher nicht ins Hollaͤndiſche uͤberſetzen konnten, in der Mitte das portugieſiſche Wappen in laͤnglicher Figur, und unten: In Collegio Japonico Societatis Jeſu cum facultate ſuperiorum, Anno MDXCVIII. Die Dol - metſcher ſagten, es ſey ein Woͤrterbuch, doch ohne das Portugieſiſche dabey zu enthalten. Es war von der Dicke eines Daumen. *)Ein andres, und zwar ſehr rares, in Japangedruktes Woͤr - terbuch, habe ich im erſten Theile dieſes zweyten Bandes Seite 27 beſchrieben. Herr Sunnan, mein45Zuſtand d. Wiſſenſ. Kuͤnſte u. dergl. in Japan. fleißiger und geſchickter Schuͤler ſchenkte mir ein ge - druktes japaniſches Woͤrterbuch, mit dem Titel Tjimen - ſo, in Octav, das aus zwanzig Theilen beſteht, und zu den Beſchreibungen auch Abbildungen enthaͤlt, die aber elend genug ſind. Jeder Theil iſt nur eine, hoͤch - ſtens zwey, Linien dick. Einige andre gedruckte bo - taniſche Buͤcher bekam ich zu Jedozu Kauf, die zum Theil aus vielen, zum Theil aus wenigen Baͤnden beſte - hen, zum Theil gute, zum Theil ſchlechte Abbildungen enthalten. Dahin gehoͤrt Sooqua Jenſo, in drey Theilen, ſowohl Beſchreibungen, als, wiewohl nur ſchlechte, Abbildungen, von lauter japaniſchen Ge - waͤchſen, enthaltend. Morokuſi Komorſi, ein anders Herbarium, das zugleich von vierfuͤßigen Thieren, Fiſchen, Voͤgeln, Handwerkern und Oekonomie handelt, es ſoll zuerſt in Chinagedruckt ſeyn, es beſteht aus mehreren Theilen; die Figuren ſind klein und aͤußerſt ſchlecht. Kimooſi iſt der Titel einer neuen in Japangedruckten Ausgabe dieſes Werks, in Quart, in dreyzehn Theilen, die etwas beſſer und ſchoͤner iſt. Das ſchoͤnſte japaniſche Herbarium hat den Titel: Foka no jamma Kuſa; es beſteht nur aus einem Theile in Octav, und enthaͤlt kaum andre, als japaniſche Kraͤu - ter; die Abbildungen ſind ſchoͤn und deutlich. Noch ein anderes ſah ich, das ſieben Theile, und Quartfor - mat hat. Auch bekam ich ein gedrucktes Buch in groß Quart, zwey Theile, mit illuminirten Abbildun - gen japaniſcher Fiſche, zu Kauf. Dies iſt eins der ſchoͤnſten in dieſem Lande herausgegebenen Buͤcher; die Figuren ſind nicht nur ſo gut geſtochen, ſondern auch illuminirt, daß ſie in Europaſehr geruͤhmt wer - den wuͤrden.

46Erſte Abtheilung. Dritter Abſchnittt.

Die Kunſt in Kupfer zu ſtechen, kennen die Ja - panerebenfalls. In der Zeichenkunſt und Mahler - kunſt ſtehen ſie den Europaͤern weit nach, ob ſie gleich in Anſehung derſelben, einen ſehr wichtigen Vorzug vor dieſen haben, den naͤmlich, daß ſie allezeit etwas das in der Natur wirklich vorhanden iſt, zum Exem - pel, Thiere, Gewaͤchſe oder was es ſonſt ſeyn mag, vorſtellen, nicht aber, (zum Beyſpiel auf Tapeten oder bey andern Mahlereyen) Figuren von Dingen, die nicht exiſtiren, mit andern vermiſchen.

Die Feldmeßkunſt, und die Kunſt Plaͤtze und Gegenden aufzunehmen, und Landcharten zu verferti - gen, iſt ihnen auch nicht ganz unbekannt. Sie haben ſowohl vom ganzen Lande richtige geographiſche, als auch von ihren Staͤdten zuverlaͤſſige, topographiſche Charten. Außer der Generalcharte vom ganzen Reiche ſah ich dergleichen von den Staͤdten Jedo, Miako, Oſa - kaund Gangaſali, die ich auch, obgleich mit vieler Gefahr und unerachtet des ſtrengſten Verbots, ſolche an Fremde zu verkaufen, oder aus dem Lande kom - men zu laſſen, doch zu kaufen und mit zu nehmen Ge - legenheit fand. Dieſe Karte und Grundriſſe ſind den - jenigen, die Kaͤmpferzu ſeiner Zeit, wiewohl mit we - niger Schwierigkeit, nach Europamitbrachte, voͤllig gleich.

Die Japaner ſchreiben, wie die Chineſer, in ſenkrecht herabgehenden Reihen oder Zeilen, und da - bey von der Rechten zur Linken. Sie gebrauchen dazu Tuſche, welche ſie jedesmahl, wenn ſie etwas ſchrei - ben wollen, auf einem kleinen Steine mit Waſſer rei - ben, und einen Pinſel von Haaſenhaaren, womit ſie alsdann von dieſer Tuſche nehmen und die Buchſtaben gleichſam malen. Dieſe Schreibgeraͤth -

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47Zuſtand d. Wiſſenſ. Kuͤnſte u. dergl. in Japan. ſchaften pflegen, beſonders die Kaufleute in einem Kaͤſtchen oder Beſtech, worin zugleich Rechenbrett und Waage liegen, bey ſich zu tragen, wie die Abbildung auf der erſten Kupfertafel zeigt: nemlich, Fig. 1. Form und Zeichen der Stuͤcke Tuſche; Fig. 2. der Schreib - pinſel, wie eben damit geſchrieben wird; Fig. 3. Etui oder Kaͤſtchen mit den Schreibgeraͤthſchaften, einer Waage und dem Rechenbrett, a. der Schreibpinſel, b. ein ausgehoͤhlter Stein, die Tuſche darauf zu reiben, c. eine kleine Buͤchſe mit Waſſer dazu. d. eine kleine Schnellwage mit e. dazu gehoͤriger Waagſchaale und f. Gewichte g. ein Rechenbrett mit gerundeten Steinen oder Kugeln, die auf einem Drate hin und her ge - ſchoben werden und die Einer und Zehner bedeuten.

Die Dichtkunſt iſt auch bey den Japanern beliebt; ſie bedienen ſich derſelben, um das Andenken ihrer Goͤt - ter, Helden und merkwuͤrdigen Maͤnner, zu verewigen.

Auch die Muſik wird ſehr geſchaͤtzt. Aber bisher haben ſie weder ihre muſikaliſchen Inſtrumente zu eini - ger Vollkommenheit, noch in ihre Muſik vorzuͤgliche Harmonie zu bringen gewußt. Bey der oͤffentlichen Feyer ihrer Feſte, und bey andern Gelegenheiten, ge - brauchen ſie Trommeln, Pfeifen, Saiteninſtrumente, Glocken, Schellen und dergleichen mehr. Das Frauen - zimmer liebt die Muſik ungemein; ſie lernen auch die an - gefuͤhrten Inſtrumente, beſonders aber eine Art Laute mit vier Saiten ſpielen. Dies geſchieht dergeſtalt, daß ſie mit den Fingern gegen die Saiten ſchnellen; ſie koͤnnen ganze Abende damit zubringen, obgleich dieſe Muſik eben nicht angenehm klingt. Auf der beygefuͤgten Ku - pfertafel ſieht man ein japaniſches Frauenzimmer mit dieſem Inſtrumente in der Hand abgebildet. Fig. 4.

48Erſte Abtheilung. Dritter Abſchnitt.

An der Schauſpielkunſt finden die Japaner großes Vergnuͤgen, doch iſt die Kunſt der Acteurs, und der Werth der Stuͤcke eins ſo geringe als das andre. Ich hatte verſchiedne mal, ſowohl zu Nangaſakials zu Oſaka, Gelegenheit, ihren Schauſpielen beyzuwoh - nen. Auch habe ich ſchon im 1 ſten Theile dieſes Ban - des Seite 129 einiges davon einfließen laſſen. Die Zuſchauer ſitzen, in einem dazu eingerichteten Hauſe, auf Baͤnken. Vor ihnen iſt ein erhoͤheter, aber ſchmaler und enger Platz, welcher die Buͤhne vorſtellt. Auf dieſer erſcheinen ein oder zwey, ſelten mehr Schauſpie - ler zugleich; dieſe ſind allezeit auf eine gar beſondere Art gekleidet; und man ſollte ehe glauben, ſie traͤten auf um zu ſchrecken, als um zu beluſtigen. Ihre Ac - tion ſtimmt hiermit uͤberein; ſie iſt ſeltſam und unge - reimt, und beſteht in kuͤnſtlichen Wendungen und Dre - hungen des Koͤrpers, die ſie mit vieler Muͤhe gelernt und geuͤbt haben. Gewoͤhnlich wird eine Heldenthat oder eine Liebesgeſchichte eines ihrer Goͤtter und Helden vorgeſtellt. Dieſe Schauſpiele ſind gemeiniglich in Ver - ſen abgefaßt, manchmal werden ſie auch von Muſik be - gleitet. Das Theater iſt, wie bey uns, mit einem beweg - lichen Vorhange verſehen; das Noͤthigſte von dem, was zur Verſinnlichung der Vorſtellung erfordert wird, wird zwar auf die Buͤhne gebracht; ſonſt aber fehlt es gaͤnzlich an Anſtalten und Verzierungen, wodurch dieſe kleinen Theater mit den europaͤiſchen auch nur einigermaßen ver - glichen werden koͤnnten. Daß das Schauſpiel bey den Ja - panern etwas dazu beytruͤge, die Sitten des Volks zu ver - edlen, habe ich eben ſo wenig gefunden, als das Schau - ſpiel in Europadieſen Zweck zu befoͤrdern ſcheint. Es iſt hier auch gar nicht einmal ſo beſchaffen, daß dies als eine Abſicht deſſelben angeſehen werden kann;ſondern49Zuſtand d. Wiſſenſ. Kuͤnſte u. dergl. in Japan. ſondern es ſoll hier mehr beluſtigen, als das Herz beſ - ſern; mehr die Acteure bereichern, als den Zuſchauern wuͤrklich nuͤtzen.

Auch die Tanzkunſt wird in Japanſehr geliebt. Geſellſchaftliche Taͤnze aber, bey welchen die welche ſich ein Vergnuͤgen machen wollen, ſelbſt tanzen, hat man nicht, ſondern nur Taͤnze oder pantomimiſche Bal - lette, die zur Beluſtigung der Zuſchauer aufgefuͤhrt werden und entweder einen Liebeshandel oder eine Hel - denthat vorſtellen. Dieſe Art Zeitvertreib, wird vor - zuͤglich an Feſt - und Feyertagen, auch ſonſt zu Ausfuͤl - lung muͤſſiger Stunden, oder zur Unterhaltung der Fremden, vorgenommen. So ließ man z. B. um uns ein Vergnuͤgen zu machen, Taͤnzerinnen holen. Dieſe ſind meiſtentheils junge und reich gekleidete Maͤdchen aus oͤffentlichen Haͤuſern; junge Knaben tanzen bisweilen auch mit.

Der Hof des Dairi, zu Miako, iſt eigentlich der Ort, und zwar der einzige im ganzen Reiche, wo die Wiſſenſchaften und Studien foͤrmlich, und von Mehre - ren gemeinſchaftlich, getrieben werden, alſo gleichſam die Univerſitaͤt und Academie von Japan. Hier werden Studirende erzogen, unterhalten und unterwieſen. Vornehmlich wird Poeſie, Landesgeſchichte, Mathe - matik, Aſtronomie und dergleichen gelehrt. Alle Ka - lender werden hier gemacht; auch werden hier alle Buͤ - cher, die Kalender aber zu Iſie, gedruckt.

Oeffentliche Schulen, zu Unterweiſung der Kinder, ſind an den meiſten Orten eingerichtet. Man lehrt aber darin hauptſaͤchlich nur Leſen und Schreiben.

Die Erziehung kennt man hier nicht als eine Wiſſenſchaft oder Kunſt; man uͤbt ſie aber nach deſtoThunbergs Reiſen. Zweyt. Band. zweyter Th. D50Erſte Abtheilung. Dritter Abſchnitt. richtigern Grundſaͤtzen und mit deſto beſſerm Erfolge aus. Die Kinderzucht iſt ſehr ſtrenge, und doch werden die Kinder faſt durchgaͤngig ohne Schlaͤge und andre koͤr - perliche Zuͤchtigungen erzogen. In den erſten Jahren ſingt man den Kindern Volkslieder vor, um ihnen Be - ſtreben nach Tugend und Tapferkeit fruͤh einzufloͤßen. Hernach werden ſie auf eine ernſthaftere Art zum Guten angefuͤhrt. Beſonders haͤlt man ſie zu ſtrengem Ge - horſam an, und ſucht ihnen mit guten Beyſpielen vor - zuleuchten.

Manufactur - und Kunſtarbeiten, werden im gan - zen Lande haͤufig verfertigt, und Handwerker aller Art, findet man uͤberall. In einigen Arbeiten uͤbertreffen die Japaner weit die Europaͤer; in andern hingegen ſte - hen ſie denſelben nach; Eiſen - und Kupferarbeiten ma - chen ſie ſehr gut. Ihre ſeidnen und baumwollnen Zeuge ſind zum Theil eben ſo gut, zum Theil beſſer, als aͤhnliche Fabricate anderer indiſcher Laͤnder.

Ihre lackirten Arbeiten von Holz, beſonders die alten, laſſen alles was andre Voͤlker, ſelbſt die Chi - neſer und Siamer, in dieſer Gattung hervorgebracht haben, weit hinter ſich zuruͤck. Sie machen ſie von dem feinſten Fichten - und Cedernholze, und uͤberziehen ſie mit dem allerbeſten Lackfirnis, den ſie vom Firnis - baume (Rhus vernis) nehmen, einem Baume, welcher in verſchiednen Gegenden des Landes haͤufig waͤchſt. Dieſen Lack, welcher heraus fließt wenn der Baum verwundet wird, ſammelt man in Gefaͤßen. Das von dreyjaͤhrigen Staͤmmen iſt das Beſte. Anfangs iſt es etwas hell, und ſo dick wie Rohm; in der freyen Luft wird es dicker und ſchwaͤrzlich. Wenn Doſen, Schach - teln, Kaͤſtchen, Tiſche und andre Sachen damit, ohne51Zuſtand d. Wiſſenſ. Kuͤnſte u. dergl. in Japan. daß es mit anderm vermiſcht iſt, beſtrichen werden, ſo iſt es durchſichtig, ſo, daß jede Ader des Holzes durchſcheint. Gewoͤhnlich wird ein dunkler Grund unterge - legt, und alsdann wird es wie ein Spiegel. Oft ge - brauchen ſie den feinen Schlamm dazu, welcher ſich unter den Schleifſteinen in den Troͤgen ſammelt, manch - mal aber fein geſtoßne Kohlen. Bisweilen wird ſchwarze, bisweilen rothe Farbe in den Firnis gemiſcht, bisweilen auch fein zermalmtes Blattgold; hernach wer - den die lackirten Sachen gewoͤhnlich mit goldnen und ſilber - nen Blumen und Figuren geziert, welche auf den Fir - nis geſetzt werden, die ſich aber mit der Zeit weg - ſcheuern. Manchmal ſind dieſe Blumen und Figuren uͤber das Lack erhoben, beſonders bey den alten lackir - ten Arbeiten, die in großem Werth ſtehen, ſelten ſind, und ſehr theuer bezahlt werden. Dieſer Firnis, wel - cher ganz hart, und wie ein durchſichtiges und ſchwer abzuloͤſendes Harz oder Gummi wird, vertraͤgt keinen Stoß, ſondern ſpringt davon beynahe wie Glas, da - gegen kann er kochend heißes Waſſer ſehr gut vertra - gen. In den Haͤuſern uͤberzieht man damit, hier zu Lande, Thuͤr - und Fenſterpfoſten, ferner Schraͤnke, Coffer, Kaſten, Doſen, Schachteln, Saͤbel, Faͤcher, Theetaſſen, Suppenſchalen, Norimon, und faſt alles Hausgeraͤth, das von Holz verfertigt wird.

Von Sowas, welches eine Miſchung von Gold und Kupfer iſt, machen ſie ſehr ſchoͤne Arbeit, die auf eine den Europaͤern bisher noch unbekannte Art mit Tuſche blau oder ſchwarz gemacht wird.

Die Kunſt Glas zu machen, haben die Japaner erſt in ſpaͤtern Zeiten von den Europaͤern gelernt, und verfertigen ſowohl gefaͤrbtes als ungefaͤrbtes, desglei -D 252Erſte Abtheilung. Dritter Abſchnitt. chen allerhand Geſchirr; aber Scheibenglas zu Fenſtern wiſſen ſie nicht zu verfertigen. Auch das Glasſchleifen verſtehen ſie, und verfertigen Fernglaͤſer davon, kau - fen aber von den Hollaͤndern Spiegelglas dazu.

Von den Europaͤern haben ſie auch die Kunſt, Taſchenuhren zu machen, gelernt, dergleichen ſie in ihren Haͤuſern bisweilen gebrauchen.

Auf die Bearbeitung der Metalle verſtehen ſie ſich ſehr gut. Von ihrer beſondern Geſchicklichkeit das Kupfer zu ſchmelzen, in kleine Stangen zu gießen und ihm die vorzuͤgliche Farbe zu geben, wodurch das Ja - paniſche Kupfer ſich vor allem andern auszeichnet, iſt weiter oben Seite 131. das Noͤthige geſagt. In Stahlarbeiten ſind ſie Meiſter: ihre vortreflichen Saͤbel geben den ſicherſten Beweis davon.

Papier wird im Lande in erſtaunlicher Menge gemacht, zum Schreiben und Drucken, zu Tapeten, zu Schnupftuͤchern, zu Kleidern, zum Einpacken und Ein - wickeln, u. dergl. m. Die Groͤße und Feinheit des Papiers iſt ſehr verſchieden. Sie verfertigen es aus der Rinde eines gewiſſen Maulbeerbaums (Papiermaul - beerbaums, (Morus papyrifera) auf folgende Art. Wenn im Decembermonathe die Blaͤtter von den Baͤumen abge - fallen ſind, werden die Zweige drey Fuß lang abge - ſchnitten, in Buͤndel gebunden, in einem großen be - deckten Keſſel in die Hoͤhe ſtehend in Lauge ſo lange ge - kocht, bis die Rinde ſo gekrumpfen iſt, daß unten am Ende das bloße Holz einen halben Zoll hoch zu ſehen iſt. Darauf werden ſie herausgenommen, in die freye Luft geſetzt, daß ſie kalt werden, alsdann der Laͤnge nach aufgeſchnitten, und die Rinde abgenommen. Sodann wird die Rinde wieder drey bis vier Stunden in Waſſer53Zuſtand d. Wiſſenſ. Kuͤnſte u. dergl. in Japan. eingeweicht, und wenn ſie weich geworden iſt, die feine ſchwarze Haut mit einem Meſſer abgeſchabt. Darnach trennt man die grobe Rinde von der feinen, welche wei - ßeres Papier giebt. Je aͤlter die Zweige ſind, deſto groͤber wird das Papier. Nunmehro wird die Rinde abermals in reiner Lauge gekocht, dabey mit einem Stocke beſtaͤndig umgeruͤhrt, und ſo lange immer friſche Lauge zugegoſſen, bis die Faſern ſich abſondern. Dar - auf wird dieſe gekochte Rinde in einem Bache, und zwar in einem Siebe liegend, unter beſtaͤndigem Um - ruͤhren gewaſchen, bis alles wie ein feiner Brey wird, und, in Waſſer gelegt, wie Mehl auseinander geht. Dies Waſchen muß mit vieler Behutſamkeit geſchehen und erfordert viel Muͤhe. Ferner wird zu dieſem Brey - oder Mehlartigen ein Decoct von Reis und Manihot-Ei - biſch (Hibiscus Manihot) gegoſſen, und das Ganze ſo lange umgeruͤhrt, bis es maͤßig dick und ſteif wird. Hierauf wird es in ein weites Gefaͤß, und aus dieſem jedesmal ſo viel, als zu einem Bogen oder Blatte noͤ - thig iſt, in die Formen gegoſſen, welche ſodann, mit dazwiſchen gelegtem Stroh, um ſie bequemer abnehmen zu koͤnnen, in Haufen auf einander geſetzt werden. Die Formen ſind von Grashalmen gemacht. Nunmehro werden die Blaͤtter oder Bogen mit einem Brette be - deckt, und allmaͤhlig gepreßt, zuerſt gelinde, hernach ſtaͤrker, damit das Waſſer ganz heraus gebracht werde. Wenn dies geſchehen iſt, werden ſie auf Bretter gelegt, an der Sonne getrocknet, und zum Verkauf und Ge - brauch zuſammen gelegt. Schlechtes Papier wird vom oſtindiſchen Maulbeerbaume (Morus indica) gemacht. Wie eine Art dickes Papier, als Zeug, zu Kleidern gebraucht wird, iſt S. 186. beſchrieben.

D 354Erſte Abtheilung. Dritter Abſchnitt.

Von der Verfertigung des feinen Japanſchen Por - cellans iſt daſelbſt S. 69., und der ungeheuer großen irdenen Kruken S. 68. geredet. Im Ganzen iſt aber doch das Japanſche Porcellain, jene vorzuͤgliche Sorte ausgenommen, dick, plump und ſchlecht gemahlt, und ſteht an Schoͤnheit dem Chineſiſchen weit nach.

Da die Japaner beynahe gar keine Meublen ge - brauchen, ſo leiſten ſie in dieſer Art von Arbeit faſt nichts. Was ſie aber von dergleichen, wie auch von Haus - geraͤth, verfertigen, machen ſie ſauber und kuͤnſtlich.

Zu meinen technologiſchen Nachrichten und Be - merkungen von Japangehoͤrt uͤbrigens auch noch das, was ich von der Benutzung und Verarbeitung der Na - turprodukte dieſes Landes, beſonders aus dem Pflan - zenreiche, theils in meiner Reiſebeſchreibung zerſtreut angefuͤhrt habe, theils unten in einem beſondern Ab - ſchnitte noch anfuͤhren werde.

Wie es um die Baukunſt in Japanſteht, iſt aus dem, was ich im erſten Theile von den Haͤuſern der Japaner geſagt habe, zu erſehen.

Die Steuermannskunſt und die Schiffsbaukunſt iſt bey den Japanern nicht hoch geſtiegen. Dies kann auch nicht anders ſeyn. Kein Japaner hat die Frey - heit, die Graͤnzen ſeines Vaterlandes zu verlaſſen, und fremde Laͤnder zu beſuchen; vielmehr iſt dies bey Lebens - ſtrafe verboten. Weite Seereiſen, welche die Japa - ner ehemals mit eignen Schiffen nach Corea, China, Formoſa, Javaund andern Laͤndern anſtellten, koͤnnen daher nicht mehr vorgenommen werden. Sie ſegeln alſo nur an ihren Kuͤſten und zwiſchen ihren Inſeln um - her. Dieſe Schifffahrt kennen und benutzen ſie aber ſehr gut, und zwar mit einer unglaublichen Menge ſo -55Zuſtand d. Wiſſenſ. Kuͤnſte u. dergl. in Japan. wohl großer und kleiner Kauffahrteyfahrzeuge als mit Fi - ſcherboͤten. Selten gehen ſie indeſſen dabey weiter in die See, als daß ſie noch das Land ſehen, und jeden Abend in einen Hafen einlaufen, oder ſonſt einem entſtehenden Sturme entkommen koͤnnen. Den Kompaß kennen und gebrauchen die Japaner. Ich hatte Gelegenheit, ihn genau zu unterſuchen. Er iſt in zwoͤlf Striche, wie die Schiffer es nennen, abgetheilt, naͤmlich zuerſt nach den vier Hauptweltgegenden, Oſten, Norden, Weſten und Suͤden, und dann zwiſchen jedem von dieſen wieder in zwey. Dieſe Windſtriche haben ihre Namen von gewiſſen Thieren: die drey noͤrdlichen heißen: Ne, Ratze; Us, Stier, Kuh; Tora, Ti - ger; die drey oͤſtlichen: U, Haſe; Tats, Drache; Mi, Schlange; die drey ſuͤdlichen: Uma, Pferd; Fi - tuſi, Widder; Saru, Affe; die drey weſtlichen: Ton, Huhn; Inu, Hund; J, Wildſchwein*)Dies ſind ungefaͤhr dieſelben Bennennungen, als die, welche die zwoͤlf himmliſchen Zeichen fuͤhren; ohne Zweifel ſind ſie auch davon hergenommen. S. weiter oben S. 192. A. d. U. . Norden heißt: Kitta; Oſten, Figaſi; Suͤden, Minnami und Weſten, Nis.

Vierter Abſchnitt. Von der Landwirthſchaft, beſonders dem Acker - bau, der Japaner.

Den Ackerbau haͤlt man in Japanmit Recht fuͤr das Nothwendigſte und Nuͤtzlichſte zur Erhaltung und zum Wohlſtande des Reichs. Auch ſteht er in keinem Lande in ſolchem Anſehen, wird in keinem mit dem Eifer undD 456Erſte Abtheilung. Vierter Abſchnitt. der Sorgfalt getrieben, als hier, wo niemals, weder auswaͤrtige noch einheimiſche Kriege, auch keine Aus - wanderungen, die Volksmenge vermindern, und wo man nie darauf denkt, weder andre Laͤnder zu erobern, noch aus andern Laͤndern unnuͤtze, wohl gar ſchaͤdliche, Pro - dukte einzufuͤhren; ſondern im hoͤchſten Grade darauf be - dacht iſt, daß kein Fußbreit Erde unbenutzt liegen bleibe, und, daß das was die Erde hervorbringt, nicht unnuͤtz angewandt werde. Die gar nicht urbar zu machenden Berge ausgenommen iſt der Boden uͤberall, Ebe - nen, Huͤgel und Berge, und dieſe bis auf den hoͤchſten Gipfel, angebauet. Belohnungen und andere Aufmun - terungen bedarf es dazu nicht in einem Lande, wo der, welcher das Feld bauet, fuͤr den nuͤtzlichſten Buͤrger ge - achtet, und wo er nicht durch den vielfachen Zwang, der in andern Laͤndern die Aufnahme des Ackerbaues hindert und zu allen Zeiten gehindert hat, gedruͤckt und eingeſchraͤnkt wird. Zwar ſind die Abgaben des Land - manns von ſeinen Produkten in Natura, ſehr hart und viel; dagegen bauet er aber auch uͤbrigens ſein Feld mit mehr Freyheit, als in manchen Laͤndern die Be - ſitzer adelicher Guͤter das ihrige. Hofdienſt und Frohn - arbeit; harte, oft tyranniſche Behandlung, von Edel - mann, Amtmann, Paͤchter, Verwalter, Schreiber, Voigt und dergleichen; Unterthaͤnigkeit, Leibeigenſchaft und andre Bauernſklaverey; unentgeldliche oder ſo gut als gar nicht bezahlte Fuhren und Dienſte zum Vor - theile des Landesherrn oder der Befehlenden im Lande. Kriegsfuhren, Kriegsdienſte, Militairconſcription, Enrollirung der Soͤhne zu Soldaten, in Regiments - cantons; die Pflicht, Soldaten zu ſtellen und zu hal - ten; unentgeldliche Arbeit zum Behuf der Landſtraßen,57Von der Landwirthſchaft der Japaner. Bruͤcken, oͤffentlichen oder herrſchaftlichen Gebaͤude, Kirchen, Pfarrgebaͤude und wie alles das heißen mag, was in europaͤiſchen Staaten den Bauer auf die ſchreyendſte Art einſchraͤnkt und niederdruͤckt: von die - ſem allem, kennt und erfaͤhrt der Bauer in Japannie - mals das Allergeringſte. Zaͤune und andere Befriedi - gungen um Gaͤrten, Aecker und Wieſen anzulegen, und zu unterhalten, Holz dazu und zum Brennen weit her zu fahren, und dergleichen, hat er nicht noͤthig. Ge - meinheit der Grundſtuͤcke: als Gemeinwieſen, Gemein - dehoͤlzung, gemeine Hut und Weide, und was ſonſt da - hin gehoͤrt, hindert ihn eben ſo wenig, den Boden, der ihm gehoͤrt, nach ſeinem Gefallen und aufs Vortheilhaf - teſte zu gebrauchen, als vertheilte und zerſtreute Lage der einzelnen Aecker, Wieſen und Gaͤrten. Nur Einem Zwange iſt der Landmann hier unter - worfen: dieſem, daß jeder ſchlechterdings gehalten iſt, ſein Feld jaͤhrlich zu beſtellen, wiedrigenfalls er denje - nigen Theil, welchen er unbeſtellt laͤßt, verliert, und ein andrer, der ihn beſtellen kann und will, denſelben bekommt. Dies aber iſt ein Zwang, der zur Aufnahme des Acker - baues gereicht. Der Bauer muß alſo, er wolle oder nicht, alle Muͤhe und alle ſeine Zeit zur Bearbeitung ſeines Feldes anwenden, wobey ihm Frau und Kinder treulich beyſtehen. Wieſen, Aenger, Triften und andre bloß zur Weide beſtimmte Plaͤtze, trift man im ganzen Lande nicht an, ſondern alles ohne Unterſchied wird entweder be - ſaͤet oder mit Erdfruͤchten bepflanzt; denn Viehheerden oder eine Anzahl Reit - und Kutſchpferde haͤlt hier niemand. Auch nehmen hier keine allzuweitlaͤuftige Tobackspflan - zungen dem noͤthigern Getreide den Platz weg, eben ſo wenig als zum Brantweinbrennen und anderm eben nicht loͤbli -D 558Erſte Abtheilung. Vierter Abſchnitt. chen Gebrauche Korn geſaͤet wird. Kein Wunder bey allen dieſen Einrichtungen und Gewohnheiten, daß das Land, wie ich ſchon mehrmals geruͤhmt habe, nicht nur ſo ganz uͤber alle Vorſtellung angebauet, ſondern auch unglaublich bevoͤlkert iſt, und zugleich ſeine unzaͤhlichen Einwohner ganz allein, ohne fremde Einfuhr, ernaͤh - ren kann.

Auf der andern Seite aber uͤberſteigt es auch allen Glauben, wie viel Muͤhe, Sorgfalt, Emſigkeit und Unverdroſſenheit der Japaner bey ſeinem Ackerbau an - wendet. Beſonders zeigt ſich dies bey Urbarmachung und Beſtellung ſteiler Berge. An den Seiten derſel - ben bleibt nichts unangebaut liegen. Wenn der Fleck auch nicht groͤßer als zwey Fuß ins Gevierte iſt, ſo legt der Japaner doch unten eine kleine ſteinerne Mauer an, fuͤllet den Platz inwendig mit Erde und Dung, und be - ſaͤet dies kleine Beet mit Reis oder Gartengewaͤchſen. Die meiſten Berge ſind mit tauſenden ſolcher kleinen Beete geſchmuͤckt, und dieſe geben ihnen ein Anſehen, das bey dem, welcher an den Anblick nicht gewohnt iſt, die groͤßte Bewunderung erregt.

Einige Felder ſtehen im Fruͤhlinge faſt ganz unter Waſſer. Andere, beſonders die zu Reis beſtimmten, Fel - der giebt man ſich viel Muͤhe, gehoͤrig zu waͤſſern. Beſonders haben ſie eine ganz eigne und artige Metho - de, bey ſtarker Duͤrre das Waſſer dahin zu leiten. Die hieſigen Baͤche ſind zwar nicht nur groß, ſondern ſchwel - len auch, wenn viel Regen faͤllt, hoch an; laufen aber auch ſchnell nach dem Meere zu, und behalten daher wenig Waſſer. Um dennoch Nutzen von ihnen zu ha - ben, wirft der Landmann ganze Daͤmme von Erde, viele Fuß breit und oft von unglaublicher Laͤnge auf, hinter59Von der Landwirthſchaft der Japaner. welchen das Waſſer eine ganze Strecke hin, ſich ſam - melt und ſtehen bleibt, da er es denn hernach, wo er es noͤthig findet, abzapft, und auf die unten lie - genden Aecker fließen laͤßt. Auf eine aͤhnliche Art brin - gen ſie das Waſſer, welches ſich an den Spitzen der Berge aus den Wolken und aus Regen ſammelt, zuſammen, und leiten es von den obern Aeckern zu den untern her - ab, ſo daß erſt jene, dann nach und nach dieſe unter Waſſer zu ſtehen kommen, und alle gehoͤriges Waſſer behalten, indem allezeit die untere Seite mit einem allenthalben gleich hohen Rande eingeſchloſſen wird.

In keinem einzigen Lande ſammelt man den Duͤn - ger mit mehr Sorgfalt, und geht ſo haushaͤlteriſch da - mit um, als hier, ſo, daß in der That von dergleichen nichts, das gebraucht werden kann, unbenutzt bleibt oder umkommt. Das Vieh wird das ganze Jahr hin - durch auf dem Stalle gefuͤttert, daher bleibt aller Duͤn - ger auf dem Hofe. Auf den Landſtraßen wird allent - halben durch alte Leute und Kinder alles aufgeſammelt, was die Pferde fallen laſſen; ſie brauchen dazu, um ſich nicht buͤcken und die Haͤnde verunreinigen zu duͤrfen, eine an das Ende eines Stocks, wie ein Loͤffel, befeſtigte Muſchel, werfen es dann gleich in den am linken Arme haͤngenden Korb und tragen es ſo zu Hauſe. Ja ſelbſt der Urin, den man in Europaſo ſelten zum Beſten der Aecker oder Gaͤrten anwendet, wird hier mit Sorgfalt in großen irdenen Kruken geſammelt, dergleichen nicht nur in den Doͤrfern, ſondern auch auf den Seiten der Landſtraßen, in die Erde gegraben, zu Jedermanns Ge - brauch vorhanden ſind. Mann erinnere ſich, was ich Seite 172. hievon bereits erzaͤhlt habe. So geizig die Japaner alles, was zum Duͤngen gebraucht werden60Erſte Abtheilung. Vierter Abſchnitt. kann, ſammeln, ſo muͤhſam verfahren ſie auch bey dem Duͤngen ſelbſt. Sie fahren den Miſt weder im Winter noch im Sommer auf ihren Acker, daß er, wie bey uns, eine geraume Weile liegen bleibt, und von der Sonnenhitze austrocknet, oder doch ſeine Kraft verliert, indem die ſalzigen und oelichten Theile aus - duͤnſten; ſondern ſie vermiſchen mehrere Arten Miſt, von Menſchen und Vieh, wie auch alles was in der Kuͤche abfaͤllt, mit Waſſer und Urin, und ruͤhren es zu einem ganz duͤnnen Brey durcheinander. So zugerichtet tragen ſie ihn, in zwey großen Eimern die an einem Holze uͤber der Schulter hangen, auf den Acker oder in den Garten und begießen damit, vermittelſt einer Kelle die Saat oder Gewaͤchſe, zu zwey verſchiedenen ma - len, das erſtemal wenn ſie ungefehr eine Vier - telelle hoch ſind, und nach Verlauf von ein paar Wochen zum zweytenmale. Auf dieſe Art haben Saat und Gewaͤchſe den ganzen Nutzen davon, und die beſte Kraft zieht ſogleich in die Wurzel. Man ſteht vor Erſtaunen ſtill, wenn man ſieht wie unverdroſſen die Leute dieſe eckelhafte Arbeit verrichten.

Dieſe Methode Feld und Gaͤrten zu duͤngen, ver - ſchaft auch den Vortheil, daß alles von Unkraut rein bleibt, und wenn ja Unkraut hervorkommt, ſo wird es gleich aufs ſorgfaͤltigſte ausgejaͤtet. Daher kommts denn, daß die Aecker und Gaͤrten ſo ganz leer von allem Unkraute ſind, daß der ſcharfſichtigſte Botaniker ſchwer - lich ein einziges fremdes Kraut unter der Saat oder zwiſchen den Gewaͤchſen entdecken wird. Ein Reiſen - der, der dies nicht wuͤßte, wuͤrde ſich leicht einbilden koͤnnen, Japanerzeuge gar nichts von dem, was man Unkraut nennt.

61Von der Landwirthſchaft der Japaner.

Pflug und Egge gebraucht man in Japanwenig. Das meiſte Land, auch das Feld, wird, und zwar ſehr fein und locker, umgegraben. Welchen Nutzen dies hat, darf ich nicht erinnern. Ueberhaupt bringt bey der Art, wie die Japaner ihren Acker bearbeiten, ein kleiner Platz eben ſo viel, als in Europaein weit groͤſ - ſerer, ein. Zum Graben gebraucht man einen etwas gekruͤmmten, einen Fuß langen und eine Hand breiten Spaden. Der Pflug wird von einer Kuh oder einem Ochſen gezogen.

Wenn der Bauer ſein Feld umgraͤbt, oder pfluͤgt, folgt ihm allezeit eine Parthey ſchoͤne, weißliche Rei - her (Ardea) nach, welche die mit aufgegrabenen Wuͤr - mer und anderes Ungeziefer, aufleſen; Solchergeſtalt koͤn - nen auch dieſe der Saat und den Gewaͤchſen nichts ſcha - den. Dieſe Reiher ſind ganz zahm, und um des Nutzens willen, den ſie ſtiften, thut ihnen niemand et - was zu Leide.

Von Hecken, Zaͤunen, Feldmauren und andern Befriedigungen des Ackers, weiß man hier nichts. Alles liegt frey und offen. Vieh, keiner Art geht drauſſen, kann alſo auch nichts beſchaͤdigen. Von den Wegen abweichen, und uͤber den Acker fahren, oder gehen, wuͤrde ſich hier niemand unterſtehen. Der Platz, welchen der Zaun, oder dergleichen einnehmen wuͤrde, wird alſo auch benutzt.

Die vornehmſte Getreideart iſt Reis. Buch - weitzen, Rocken, Gerſten und Weitzen, wird wenig geſaͤet.

Das Land, worauf Reis gepflanzt werden ſoll, faͤngt der Landmann ſchon im April an umzugraben. Es ſteht alsdenn beynahe ganz und gar unter Waſſer,62Erſte Abtheilung. Vierter Abſchnitt. und iſt da an den Seiten umher mit einem kleinen Rande eingefaßt, damit das Waſſer nicht ablauffen kann. Der Reis wird allezeit zuerſt auf ein kleines Stuͤck Land, ganz dicht, wie bei uns der Kohlſaamen, auf eine Art Miſtbeet geſaͤet. Wenn nun die Pflanzen eine Viertel - elle hoch ſind, werden ſie ausgezogen, und, wie Kohl - pflanzen, auf die dazu beſtimmten Aecker verpflanzt, und zwar immer einige zuſammen in ein Loch, aber die Loͤcher ſo weit von einander, daß auf allen Seiten ein Zwiſchenraum von einer Viertelelle bleibt; ſo weit ſte - hen alſo hernach die Buͤſchel Reishalme auseinander. Dies Pflanzen iſt uͤberall die Arbeit der Frauensperſo - nen, die dabey bis an die Waden im Waſſer und Schlamm waten. Alles Land, worauf Reis gepflanzt werden ſoll, graben ſie um; nur dasjenige, welches ſehr niedrig liegt, und ganz und gar unter Waſſer ſteht, pfluͤgen ſie. Im November iſt der Reis reif. Er wird alsdann abgeſchnitten, in kleine Bunde oder Garben ge - bunden, und vom Felde nach dem Hauſe geſchaft. Um ihn zu dreſchen, werden die Aehren gegen eine Tonne oder etwas anders geſchlagen, da dann die Koͤrner ſo - gleich herausfallen; eine ſehr einfache und kurze Arbeit. Um aber die aͤußere Huͤlſe oder Spreu vom eigentlichen Korne ſelbſt zu trennen, muß es noch einmal gedroſchen, oder vielmehr geſtampft werden, welches aber ſelten vorgenommen wird, ehe man den Reis gebrauchen will. Man verfuͤhrt und verkauft ihn gewoͤhnlich ungeſtampft. Das Stampfen geſchieht im Kleinen, in einem ausgehol - ten hoͤlzernen Block, mit einem hoͤlzernen Stoͤßer, wo - durch die Huͤlſe ſich abloͤſet. Im Großen wird es auf einer Maſchine verrichtet, die aus mehreren Stempeln beſteht, und entweder durch ein Waſſerrad in Bewe -63Von der Landwirthſchaft der Japaner. gung geſetzt, oder durch einen Kerl mit dem Fuße getre - ten wird. Uebrigens wird der hieſige Reis fuͤr den be - ſten in Oſtindiengehalten; er iſt ſehr weiß, ſeimig, und nahrhafter als andrer.

Aus dem Buchweitzen wird hier zu Lande, nicht ſo wie in Europa, Gruͤtze, ſondern Mehl gemacht, und dieſes in kleine Kuchen verbacken. (Siehe die erſte Abtheilung, Seite 43.)

Der Weitzen wird im November geſaͤet, und im Junius geerndtet. Meiſtentheis wird feines Mehl da - von gemahlen, woraus man kleine Kuchen backt, die weich, oder friſch, gegeſſen werden.

Die Gerſte wird verſchiedentlich, vom October bis zum December, ausgeſaͤet. Gegen das Ende Mays, oder zu Anfange des Junius, wird ſie eingeerndtet, getrocknet und gedroſchen. In der Gerſte findet ſich, auch hier zu Lande, oft Brand, doch nicht ſo haͤufig als man dieſe Krankheit des Getreides in Europaantrift. Die Gerſte wird groͤßtentheils zum Futter fuͤr Pferde und andres Vieh gebraucht. Bisweilen wird auch feines Mehl davon gemahlen, woraus kleine Kuchen gebacken werden.

Die Aecker, welche mit Weitzen und Gerſte be - ſaͤet werden ſollen, werden in ſchmale Beete getheilt, die etwa einen Fuß breit und durch etwas niedrigere Zwiſchenraͤume, welche uͤber einen Fuß breit ſind und unbeſaͤet bleiben, von einander getrennt werden. Auf dieſe ſchmalen Beete wird Korn geſaͤet, entweder in der Breite, in Reihen, die ein wenig von einander abſte - hen, oder, wiewohl ſeltner, der Laͤnge nach in zwey Rei - hen. Wenn die Saat einen Fuß hoch geworden iſt, doch ehe ſie Aehren bekommt, wird aus dem unbeſaͤeten64Erſte Abtheilung. Vierter Abſchnitt. Zwiſchenraume Erde herausgenommen, und ſehr behut - ſam unten um die Saat herumgelegt, welche dadurch neuen Saft und Duͤnger bekommt; die Zwiſchenraͤume werden auf dieſe Art in tiefe Furchen, oder kleine Gra - ben, verwandelt, in welche das Waſſer einzieht. Dieſe muͤhſame Arbeit macht die Saatfelder zu wirklichen Gartenbeeten, die auf den Anhoͤhen und Bergen, von kleinen Mauern unterſtuͤtzt, terraſſenfoͤrmig uͤbereinan - der hervorragen, welches einen vortreflichen Anblick, gewaͤhrt. Zu ſeiner Zeit wird die Erde wieder weg - genommen, und in die Furche geworfen, und dagegen fuͤr das kuͤnftige Jahr, das, was Saatbeet war, zu Zwiſchenraum und Graben gemacht.

Sobald die Gerſte abgeſchnitten iſt, wird nicht ſel - ten andre Gerſte, oder auch wohl Bohnen zwiſchen die Stoppeln geſaͤet, und zwar entweder auf das vorige Beet, oder auf den Zwiſchenraum, ſo, daß das Land wirk - lich zweymal im Jahr, obwohl an verſchiedenen Stellen, beſaͤet wird, ohne daß der Acker deshalb zum zweyten - mal von vorn bearbeitet werden duͤrſte.

Ruͤbſaamen wird in allen Gegenden von Japanuͤberfluͤſſig gebauet. Im Monath April, ſehen uͤber das ganze Land die Aecker von den Bluͤthen wie vergol - det aus. Die Ruͤbe wird nicht gebraucht, aus dem Saamen aber, welcher im May reif wird, preßt man Oel, das uͤberall in den Lampen gebrannt wird. Die Japaner nennen das Kraut Na Tanne, das Oel Na - tanne Abra oder Natanne no Abra.

Gerſten, Weitzen, Kohlſaamen und Senf, wer - den ohne viele Umſtaͤnde auf Strohmatten, unter freyem Himmel, nicht ſelten auch in den Doͤrfern vor der Hausthuͤr, gedroſchen, und zwar mit Flegeln, die dreySchlaͤgel65Von der Landwirthſchaft der Japaner. Schlaͤgel haben. Man ſchlaͤgt auch wohl nur die Garbe mit den Aehren gegen eine Tonne oder dergleichen, da - mit das Korn herausfalle, welches hernach von Spreu und anderm Unrath gereiniget werden[muß].

Von Bohnen, ſowohl den eigentlichen Bohnen, (phaſeolus) als Faſeln (Dolichos), Erbſen und Linſen bauet man mehrere Arten. Von den Sojabohnen (Dolichos Soja), die japaniſch Daidſu heißen, ge - braucht man das Mehl an Speiſen, um dieſelben damit zuzubereiten, und den ausgepreßten Saft zur Zuberei - tung der Soja; die Bohnen ſelbſt aber werden in Suppe gekocht, welche Miſo heißt, und hier zu Lande ein taͤgliches Gericht iſt. Dieſe Art Bohnen, welche klein ſind, und wie Linſen ausſehen, wird ſehr haͤufig gebaut, ob ſie gleich auch vielfaͤltig wild wachſen. Nicht leicht wird wohl eine Schotenfrucht haͤufiger ge - braucht, als dieſe; denn die Sojabruͤhe, und das So - jamehl wird taͤglich genoſſen, und die Miſoſuppe wird wenigſtens einmahl, oft mehrmahls, jeden Tag, und zwar zu allen Jahrszeiten, von Vornehmen und Gerin - gen, von Reichen und Armen, gegeſſen. Die geſtrahlten Bohnen (phaſeolus radiatus) werden auch gemahlen, und aus dem Mehle nebſt Zucker, werden kleine Kuchen gebacken. Welſche Bohnen oder Bufbohnen (Vicia faba) traf ich auch an einigen Orten an.

Eben ſo zieht man verſchiedene Arten Gewaͤchſe aus dem Geſchlechte der Graͤſer, um den Saamen da - von zur Nahrung, ſowohl fuͤr Menſchen als Vieh, zu nutzen; verſchiedne Arten Fennich (panium), den quirl - foͤrmigen (verticillatum; Awa) und den Rabenfuß Crus corvi; Ko Kibi); Pferdegras oder Sorghoſa - men (Holcus Sorghum; Kibi); Krummaͤhriges Kamm -Thunbergs Reiſen, Zwedt, Band, zweyter Th. E66Erſte Abtheilung. Vierter Abſchnitt. gras (Cynoſurus coracanus; Nan ban Kiwi), nebſt andern.

Ruͤben werden haͤufig geſaͤet, und zum Eſſen ge - braucht; imgleichen andere Erdfruͤchte und Zwiebelge - waͤchſe, als Zuckerwurzeln (Sium Siſarum); Moͤhren oder gelbe Wurzeln (Daucus carota) die aber hier nicht ſehr gelb ſind; Rettich (Raphanus Satirus); Bataten (Convolvulus Batatas oder edulis); und auch Kartof - feln, wiewohl dieſe letzteren nur ſehr ſparſam, (Solanum tuberoſum) Von allen vorgenannten, ſind die Ba - taten hier die haͤufigſten und wohlſchmeckendſten.

Andre japaniſche Gartenfruͤchte ſind Salat (Lac - tuca ſativa); Melonen (Cucumis melo), ſowohl mit weißem, als mit roͤthlichem Fleiſch, die man, wie bey uns, zum Deſſert gebraucht; Pfeben (Cucurbita pepo), wovon man Suppen kocht; Gurken (Cucumis ſativus), die man theils friſch ißt, theils einmacht; Konomon (Cucumis conomin), welche eingeſalzen werden, und den Appetit zu reitzen dienen; Fokke Fokkes oder Me - lanzanaͤpfel (Solanum melongena) die man in Suppen ißt; Flaſchenkuͤrbiſſe oder Kalabaſſen (Cucurbita lage - naria) woraus die Einwohner Flaſchen und aͤhnliche Ge - faͤße machen.

An mancherley wohlſchmeckenden Fruͤchten, die die Gaͤrten liefern, fehlt es auch nicht. Dahin rechne ich Pomeranzen, Zitronen, Pompelmuſe (Citrus de - cumanus) und Apfelſinen, Aepfel, Birnen, Quitten (Pirus cydonia), Pfirſchen, Mandeln, Apricoſen, Pflaumen, Kirſchen, ſehr ſchmackhafte Mispeln (Mes - pilus japanica), Kakifeigen oder Verſimonen (Diospi - rus kaki), Weintrauben, Granataͤpfel (Punicum granatum), ſpaniſche Feigen (Cactus ficus), Kaſtanien,67Von der Landwirthſchaft der Japaner. Wallnuͤſſe und vielerley andre. In den Doͤrfern trift man an ſehr vielen Stellen Mandeln - Pfirſchen - und Apricoſenbaͤumen gepflanzt an, deren rothe Bluͤthe ſchon im April die alsdann noch unbelaubten Zweige bedeckt. Dieſe Baͤume ſowohl als die Pflaumen, Kirſch - Aepfel-Birn - und Quittenbaͤume, haben hier auch haͤufig doppelte oder gefuͤllte Bluͤthen, worauf die Japaner einen beſondern Werth ſetzen.

Als Gewuͤrze, zieht man in den Gaͤrten, Ingber (Amomum Mioya); den Pfefferbuſch (Fagara piperita) wovon man ſowohl die Blaͤtter als die Frucht braucht, um Suppen und Bruͤhen einen ſtarken Specereyge - ſchmack zu geben; wie auch ſpaniſchen Pfeffer (Capſi - cum). Senf gebrauchen die Japaner zwar ſelten ans Eſſen, aber ſie preſſen Oel aus den Senfkoͤrnern, das ſie in den Lampen brennen. Am meiſten ſaͤen ſie von der niederhangenden Gattung (Sinapis cernua),

Hopfen bauet und gebraucht man in Japannicht; ich ſah ihn aber doch hie und da wild wachſen.

Da in Japanalles Land offen liegt, ohne Zaͤune und andre Befriedigung, ſo ſieht man viele Kuͤchenge - waͤchſe und Gartenfruͤchte auf dem freyen Felde ſtehen. Eigentliche Gaͤrten giebt es daher keine andere, als die, welche man bey jedem Hauſe antrift; dieſe ſind aber von unbedeutender Groͤße, und dienen mehr zur Zierde und zum Vergnuͤgen, als zum Nutzen. Man findet darin Baͤume, die mit ſchoͤnen und großen, oft gefuͤllten Blumen prangen, und verſchiedne Kraͤuter und Zwie - belgewaͤchſe mit vorzuͤglich ſchoͤnen Blumen, als indi - ſches Felſenkraut (Azalea indica) die Nandine (Nandina domeſtica) die Gardenie (Gardenia florida) Spierkraut (Spirea), die Magnolie (Magnolia), SammetblumeE 268Erſte Abtheilung Vierter Abſchnitt. (Tagetes patula), Celoſien (Celoſia criſtata), chineſi - ſche Sternblumen (Aſter chinenſis), Paͤonien (Paeonia officinalis), Wucherblumen (Chryſanthemum indicum), Ringelblumen (Calendula officinalis), Balſaminen (Impatiens balſamina), Wunderblumen (Mirabilis di - chotoma) und unzaͤhliche andere.

Als Faͤrbekrautblumen bauen die Japaner den Knoͤterich oder Wegtritt (Polygonum), ſowohl den chi - neſiſchen (chinenſe), als den baͤrtigen (barbatum), auch den gemeinen oder Vogelknoͤterich (aviculare). Er giebt eine ſchoͤne blaue Farbe, wie Indigo; die Blaͤt - ter werden getrocknet, geſtoßen und kleine Kuchen dar - aus gemacht, die in den Krambuden zu kaufen ſind. Man kann nicht nur Leinwand, ſondern auch ſeidne und baumwollene Zeuge damit faͤrben. Wenn man ſie ge - brauchen will, werden ſie mit einem Zuſatz von Aſche gekocht. Je ſtaͤrker der Decoct gemacht wird, deſto dunkler wird die Farbe, und im Gegentheil deſto heller.

Sowohl der Baumwoll - als der Seidenbau, iſt in Japangar ungemein betraͤchtlich, und verſchaft vielen Millionen Menſchen Kleidung. Die Baumwollſtauden, und zwar von der Gattung der Krautartigen, (Goſſy - pium herbaceum) werden jaͤhrlich gepflanzt. Sie ge - ben eine ſehr feine und weiße Bauwolle, die zu Zeugen, zum Ausſtopfen und zu anderem Behuf gebraucht wird.

Der Seidenbau beruhet auf dem ſteten Pflanzen und Vermehren der Maulbeerbaͤume, wodurch eine un - beſchreibliche Menge Seidenwuͤrmer ernaͤhrt wird. Die Seide wird zu Zeugen, zu Garn, zu Matten und auf mancherley andre Art gebraucht.

Der Firnißbaum (Rhus vernix), der Kampfer - baum (Laurus camphora), der Fichtenbaum (Pinus ſyl -69Von der Landwirthſchaft der Japaner. veſtris), die Theeſtaude (Thea bohea), der Cedern - oder Cypreſſenbaum (Cupreſſus japonica) und das Bam - borohr (Arundo bambos), wachſen, nicht nur im gan - zen Lande, wild, ſondern werden auch, des großen Nu - tzens wegen den ſie den Einwohnern verſchaffen, in verſchiedenen Gegenden gepflanzt und gezogen. Den Bamboſtamm gebrauchen ſie zu Hebebaͤumen; von dem Rohre flechten ſie Koͤrbe und Schraͤnke, und machen Schreibfedern, Faͤcher und manches andre daraus. Die Fichten pflanzen ſie zum Zierrath vor die Haͤuſer; das Holz brauchen ſie zum Hausbau und als Nutzholz zu allen Arten hoͤlzerner Sachen; auch verfertigen ſie daraus die feinſte lackirte Arbeit. Das Cedernholz ge - brauchen ſie zum Schiffbau, auch machen ſie Hausgeraͤth und Tiſchlerarbeit davon. Der Firnisbaum enthaͤlt ei - nen Milchartigen Saft, der von allen Harzen das vor - treflichſte zum Lackiren iſt, und wovon ich im vorherge - henden mehr geſagt habe. Der Kampferbaum waͤchſt in der Landſchaft Satſumaund auf den Inſeln, die den Namen Gothofuͤhren, in groͤßter Menge wild. Aus den japaniſchen Baͤumen wird der meiſte Kampfer, der in Europagebraucht wird, zubereitet. Die Japaner ſplittern den Baum und die Wurzeln ſehr fein von ein - ander, kochen die duͤnnen Streifen in Waſſer, in einem eiſernen Topfe, der mit einem, wie ein Hut geſtalteten hoͤlzernen Deckel zugedeckt iſt; in dem Kopfe des Dek - kels oder Huts, wird Stroh oder Heu befeſtigt, damit der aufſteigende Kampfer ſich in Geſtalt von Koͤrnern daran feſtſetzen koͤnne; hernach werden dieſe Koͤrner von dem Strohe oder Heu los gemacht, in Faͤſſer eingepackt und an die hollaͤndiſche Compagnie nach dem Gewichte verkauft.

E 370Erſte Abtheilung. Vierter Abſchnitt.

Die Theeſtaude waͤchſt im Lande uͤberall wild. Am haͤufigſten fand ich ſie jedoch an den aͤußerſten Sei - ten, oder dem Rande, der beſtellten Felder, oder auf ſol - chen Bergen und Huͤgeln die der Muͤhe der Bearbei - tung nicht werth ſind, angepflanzt. In Zeit von ſechs bis ſieben Jahren, waͤchſt ſie aus dem Saa - men zu voͤlliger Mannshoͤhe; aber ſchon im dritten Jahre traͤgt ſie durch ihre Blaͤtter etwas ein. Je aͤlter die Blaͤtter ſind, und je ſpaͤter im Jahre ſie abgepfluͤckt werden, deſto mehr bekommt man zwar, aber deſto ſchlechtern Thee geben ſie auch; die kleinen und eben erſt ausgebrochnen Blaͤtter, geben den feinſten und koſtbarſten Thee. Das Pfluͤcken wird daher jaͤhrlich zu drey verſchiednen malen vorgenommen. Die erſte Erndte geſchieht im Anfange des Maͤrzes, oder auch am Ende des Februars. Alsdann fangen die Blaͤtter an auszubrechen, ſind klebrich und werden nur fuͤr den Kaiſer und die Reichen und Vornehmen gepfluͤckt, be - kommen davon auch den Namen Kaiſerthee. Einen Monath nachher faͤllt die zweyte Erndte ein, da die Blaͤtter ausgewachſen, aber noch duͤnne und wohl - ſchmeckend ſind. Wiederum nach einem Monathe wird das Meiſte geſammelt; die Blaͤtter ſind alsdenn voͤllig ausgeſchlagen und dick geworden. Die junge Stau - den geben allezeit beſſern Thee, als die alten; auch ſchmeckt der Thee aus einigen Provinzen beſſer, als aus andern. Wenn die Blaͤtter abgepfluͤckt ſind, werden ſie gedoͤrret, und zu dem Ende auf duͤnne eiſerne Platten hingebreitet, die warm gemacht wer - den. Hier muͤſſen ſie fleißig mit der Hand um - geruͤhrt werden, ſo lange die Finger die Hitze ertragen koͤnnen. Darauf werden ſie auf Matten71Von der Landwirthſchaft der Japaner. hin und her gerollt, bis ſie ganz kalt geworden ſind. Sind ſie alsdenn nicht trocken genug, ſo wird das Roͤſten noch ein oder mehrere mal vorgenommen. Oft legen die Leute die Matten mit den Theeblaͤttern ganz ſorglos vor die Hausthuͤr hin, und laſſen ſie da liegen.

Der Zuckerahorn, oder Zuckermasholder (Acer ſaccharinum), waͤchſt meines Wiſſens in Japannicht; auch hat man bis jetzt das Pflanzen des Zuckerrohrs nicht eingefuͤhrt. Die Japaniſchen Dolmetſcher zeigten mir aber doch einen Saft, wovon Zucker gemacht werden kann. Dies iſt der Saft eines gewiſſen Baumes, der auf den Inſeln um Niponwaͤchſt. Der daraus bereitete Zucker ſchmeckt ſuͤß, iſt braͤun - lich und von ſchlechtem Anſehen. Zucker iſt alſo das einzige, was die Japaner von Auslaͤndern nehmen muͤſſen.

Daß Japan, und zwar im groͤßten Ueberfluſſe, alles, was zur Nahrung, Kleidung und Bequem - lichkeit ſeiner Bewohner erforderlich iſt, hervorbringt, wird jeder aus dem bisher geſagten zur Genuͤge er - ſehen. Und da man in den meiſten andern Laͤndern ſo oft uͤber Mißwachs und Hungersnoth klagt, ſo hoͤrt man dergleichen in dieſem Reiche ſehr ſelten, wo man ſparſam lebt, keinen Aufwand macht, auf den Ackerbau ſo unbeſchreibliche Muͤhe und Sorgfalt wendet, und außer Reis und Getreide, auch kluͤg - lich eine Menge Gartengewaͤchſe und Erd - und Baumfruͤchte zu ziehen ſucht. Inzwiſchen weiß man doch Beyſpiele, daß auch hier Hungersnoth das Land betroffen hat.

Da die Japaner nicht nur ſo manche Getreide - arten, ſondern auch ſo viele Wurzel - Schoten - undE 472Erſte Abtheilung. Vierter Abſchnitt. andre Gartengewaͤchſe, nebſt Obſt und Fruͤchten in Menge, uͤberdem aber, aus dem das Land allenthalben umſtroͤmenden Meere, einen unerſchoͤpflichen Vorrath von Fiſchen holen; da ferner die Reiſen, entweder zu Fuß, oder in Tragſaͤnften gemacht; und bey der ſehr großen Menge Leute, die man dazu haben kann, faſt alles, was von einem Orte zum andern zu trans - portiren iſt, von Menſchen getragen, da keine Ca - vallerie im Lande unterhalten, da endlich die aller - meiſte Feldarbeit ohne Zugvieh verrichtet wird; ſo bedarf es faſt gar keiner Viehzucht, in dieſem Lande, da - her ſie denn auch nur ſehr geringe iſt. Die wenigen Pferde, welche es hier giebt, werden von den Fuͤrſten auf ihren Reiſen, theils zum Reiten, theils als Packpferde ge - braucht; und ihre ganze Anzahl moͤchte wohl nicht ſo viel betragen, als in einer mittelmaͤßigen Stadt in Eu - ropa. Große Reitpferde, praͤchtige Kutſchpferde, ſchnelle Schlittenpferde, kennt man hier eben ſo wenig, als Fuhrmanns und Bauernpferde. Rindvieh hat man noch weniger; von den Kuͤhen gebraucht man eben ſo wenig die Milch, weder zum Trinken, noch zu Speiſen, noch zu Butter oder Kaͤſe, als man Kalb - oder Rindfleiſch iſſet, oder das Talg gebraucht. Die wenigen Kuͤhe und Ochſen die gehalten werden, hat man bloß dazu, ſie vor Karren zu ſpannen, (welches aber nur in Einer Gegend des Landes geſchieht), um ſolches Feld, das faſt beſtaͤndig unter Waſſer ſteht; zu pfluͤgen. Schweine findet man nur um Nangaſacki, und zwar ſehr wenige, die noch dazu von den Chineſern in ſpaͤ - tern Zeiten ins Land gebracht zu ſeyn ſcheinen. Schaafe und Ziegen ſind im ganzen Lande gar nicht zu finden; die Einwohner koͤnnen auch der Schaafwolle73Von der Landwirthſchaft der Japaner. ſehr gut entbehren, da ſie Baumwolle und Seide im Ueberfluß haben. Waͤhrend meines Aufenthalts auf der hollaͤndſchen Factorey, trug es ſich zu, daß einige Japaner mit verſchiedenen Schaafen nach der Inſel ka - men, welche ſie von einem Chef des hollaͤndiſchen Han - dels, der nach Bataviagereiſet, und hernach nicht wiedergekommen war, in Empfang genommen, und verſchiedene Jahre in Verwahrung gehabt hatten. Hunde, die einzigen Muͤßiggaͤnger im Lande, halten ſie aus Aberglauben. Katzen ſind meiſtens die Lieblinge des Frauenzimmers. Huͤhner, Gaͤnſe und Enten halten die Japaner auch, mehrentheils um der Eyer willen, wovon ſie große Liebhaber ſind, und die ſie bey manchen andern Gerichten hart gekocht und in Stuͤcken zerſchnitten, eſſen.

Die Fiſcherey wird, wie ich ſchon einigemal bey - laͤufig erwaͤhnt habe, von den Japanern außerordentlich ſtark und eifrig getrieben; das Meer welches ihr ganzes Land umfließt, und ſo viele Buchten macht, auch ſo manche kleine Inſeln enthaͤlt, kommt ihnen dabey ſo ſehr als wenig andern Laͤndern zu Statten; auch eſſen die Japa - ner faſt nichts haͤufiger und lieber als Fiſche. Es iſt unglaublich, welch eine Menge Fiſcher, bloß aus dem Hafen von Nangaſackitaͤglich auslaufen. An den dun - keln Herbſt - und Winterabenden, brennen ſie Fackeln und andre ſtark ſcheinende Lichte auf ihren Boͤten, die uͤber eine Meile weit von der Stadt geſehen werden, und einen ungemeinen ſchoͤnen Anblick geben.

Die Jagd kennen die Japaner gar nicht.

E 974Erſte Abtheilung. Fuͤnfter Abſchnitt.

Fuͤnfter Abſchnitt. Vom Handel der Japaner.

Bey Beſchreibung der Handelsſtaͤdte, welche ich auf un - ſrer Hofreiſe geſehen, habe ich vom einheimiſchen Handel bereits manches geſagt, ſo wie ich, in den Abſchnitten die meinen Aufenthalt auf Dezimabetreffen, von dem Handel der Japaner im allgemeinen ſowohl, als mit den Hollaͤn - dern und Chineſern insbeſondere, umſtaͤndliche Nachricht gegeben habe. Was von dieſem allen noch nachzuholen iſt, will ich itzt zuſammenfaſſen.

Den inlaͤndiſchen Handel erleichtern und be - foͤrdern die vielen großen Handelsſtaͤdte und die vielen Seehaͤfen ungemein. Er iſt in einem ſehr bluͤhenden Zuſtande, und in jedem Betrachte frey und ohne Zwang - Einrichtungen; auch legen, weder Zoͤlle und Abgaben, noch Mangel an Gelegenheit des Transports zwiſchen den vielen verſchiedenen Provinzen des Reichs, ihm Hin - derniſſe in den Weg. Die Haͤfen ſind ſtets mit großen und kleinen Fahrzeugen angefuͤllt; die Landſtraßen wim - meln von Reiſenden und von Leuten, die Waaren tra - gen; und die Handelsbuden, beſonders in den großen Handelsſtaͤdten, ſind allenthalben voll Kaufmannsguͤter und Waaren aus allen Orten und Enden des Landes. In dieſen Staͤdten, vorzuͤglich zu Miako, welches im Mittelpunkt des Reichs liegt, werden auch verſchiedne große Maͤrkte gehalten, zu welchen die Leute aus allen Gegenden zuſammenſtroͤmen, um zu kaufen und zu ver - kaufen. Außer dem Kubo ſind wohl die Kaufleute die einzigen im Lande, welche reich werden, und bisweilen anſehnliche Summen beylegen koͤnnen. Demungeach -75Vom Handel der Japaner. tet aber iſt der Kaufmannsſtand hier bey weitem nicht in ſolchem Anſehen, als bey den Europaͤern; zu einem hoͤ - hern Stande ſich hinauf zu ſchwingen, oder vornehme Titel zu erlangen, iſt einem Kaufmann hier auch nicht moͤglich. Im Gegentheil iſt der Kaufmann immer ein verachteter Mann, und man hat allezeit die nachtheilige Vorſtellung von ihm, daß er auf eine nicht ganz ehrliche Art und auf Koſten ſeiner Mitbuͤrger ſeine Schaͤtze ſammle.

Der Theehandel wird nur im Lande getrieben; was davon ausgefuͤhrt werden kann, iſt ſehr wenig. Der Handel mit Soja iſt bedeutender. So wie der hieſige Thee fuͤr ſchlechter als der chineſiſche gehalten wird, iſt die Soja hier weit beſſer, als in China. Sie wird in großen hoͤlzernen Kuͤbeln, nicht nur nach Bataviagebracht, ſondern auch von da weiter nach Eu - ropaund allen Gegenden in Oſtindienverkauft. In gewiſſen Bezirken von Japaniſt ſie beſſer, als in andern. Um ſie am beſten aufzubewahren, und zu verhindern, daß ſie nicht bey der Hitze in Gaͤhrung uͤbergehe und ver - derbe, pflegen die Hollaͤnder auf der Factorey ſie in ei - ſernen Keſſeln einzukochen, und hernach auf Bouteillen zu zapfen, die ſorgfaͤltig zugepfropft und mit Harz ver - macht werden. Dadurch wird ſie nicht nur ſtaͤrker und zu allen Arten von Saucen brauchbar, ſondern ſie haͤlt ſich auch beſſer. Der Seidenhandel bluͤht zwar im Reiche ſelbſt; weil aber die hieſigen Zeuge ſo außeror - dentlich ſchmal ſind, koͤnnen die Europaͤer ſie nicht ge - brauchen. Der Porcellainhandel wird im Lande ebenfalls ſehr ſtark getrieben; weil aber das japanſche Porcellain, bey aller vorzuͤglichen Guͤte der Materie, doch uͤbrigens dem chineſiſchen nicht gleich kommt, ſo wird wenig davon an die Hollaͤnder abgeſetzt.

76Erſte Abtheilung. Fuͤnfter Auftritt.

In den Krambuden findet man, ſowohl in allen Staͤdten als auch in den Doͤrfern: Meublen, Haus - geraͤth, Kuͤchengeraͤth, alle Arten von Geſchirren und Werkzeugen, Kleidungsſtuͤcke und alles andere was man bedarf, in ſo unglaublicher Menge zu Kauf, daß man ſich wundern muß, wie ſich Kaͤufer dazu finden, und daß man faſt auf den Gedanken gerathen moͤchte, hier waͤren Magazine fuͤr die ganze uͤbrige Welt. Je - der kann ſich hier alles was er, von Kleidungsſtuͤcken Schuhen, Regenſchirmen, lakirter Arbeit, Porcellain und hunderterley andern Sachen, noͤthig hat, ſchon fertig gemacht, ausſuchen, ohne je etwas beſtellen zu duͤrfen.

Mit den Chineſern haben die Japaner vermuthlich fruͤher und laͤnger Handel getrieben, als mit irgend ei - nem andern Volke; ſie ſind auch das einzige indiſche Volk, mit dem ſie jetzt handeln. In alten Zeiten fuͤhr - ten die Chineſer hauptſaͤchlich rohe Seide ein; jetzt brin - gen ſie auch ſeidne Zeuge. Daß ſie auch Zucker, im - gleichen Achat, nach Japanbringen, habe ich im erſten Theile an ſeinem Orte (Seite 59) nicht mit angefuͤhrt. Die daſelbſt erwaͤhnten Buͤcher, ſind meiſtens medicini - ſchen Inhalts. Daß jaͤhrlich an zweyhundert chineſiſche Fahrzeuge hieher kamen, waͤhrte bis 1684. In die - ſem Jahre war es, als man entdeckte, daß die Jeſuiten, welche damals beym Kayſer in Chinaviel vermochten, durch die chineſiſchen Kaufleute, verſchiedne in Chinage - druckte katholiſche Buͤcher, heimlich herein practiſirten. Man ſetzte daher ihrem Handel Grenzen, und unter - warf ihn dem Zwange, worunter er noch jetzt ſteht. Die Zahl der Schiffe, welche ſie ſchicken duͤrfen, ſchraͤnkte man auf ſiebenzig, und die Bemannung eines77Vom Handel der Japaner. jeden auf dreyßig Mann ein; die jetzt auf ſechshundert tauſend Thail herab geſetzte Summe, uͤber welche der Werth ihres Handels jaͤhrlich nicht hinausgehen darf, war vorher ebenfalls ganz uneingeſchraͤnkt. Als große Liebhaber des Schweinefleiſches, bringen die Chineſer Schweine, aus China, mit nach Japan.

Die Portugieſen, bekanntlich die erſten Entdecker der Japaniſchen Inſeln, waren auch unter den Euro - paͤern die erſten, welche Handel dahin trieben. Ihr Gewinn war anfangs unglaublich: ſie fuͤhrten jaͤhrlich mehr als drey hundert Tonnen Goldes aus. Als ſie ſich hernach durch ihr uͤbermuͤthiges Betragen allgemein verhaßt gemacht hatten, und dadurch ihr Handel in den aͤuſſerſten Verfall gerathen war, wurde demungeachtet noch im Jahr 1636. eine Menge Silber, und zwar 2350 Kiſten, oder 2,350,000 Thail, im Jahr 1637, 2,142,365; und 1638, 1,259,023 Thail ausgefuͤhrt. Seitdem ſie aus dem Lande gaͤnzlich vertrieben worden, haben ſowohl ſie, als die Spanier, verſchiedene Ver - ſuche gemacht, den Handel mit Japanwieder in Gang zu bringen. Aber alle Verſuche dieſer Art mislangen nicht nur, ſondern liefen ſogar ungluͤcklich ab, indem man mit einem Volke zu thun hatte, das unveraͤnderlich bey ſeinem Vorſatze beharret. Im Jahr 1640 wurde ein Schiff mit zwey Ambaſſadeuren und einem Gefolge von drey und ſiebenzig Perſonen von Makaonach Japangeſchickt; alle dieſe wurden in Nangaſakiſogleich gefangen genommen, und ihre Ankunft nach Hofe berichtet. Von hier kam aber der Befehl zuruͤck, daß alle, (auſſer zwoͤlf, die wieder wegreiſen durften,) hingerichtet werden ſollten; dies Urtheil wurde auch vollzogen, und ſie alle an Einem Tage, ja ſogar in Einem Augenblicke, jeder von einem78Erſte Abtheilung. Fuͤnfter Abſchnitt. eignen Scharfrichter, gekoͤpft. Zugleich ward das Verbot fuͤr dieſe Nation erneuert, niemals wieder nach Japanzu kommen, und in dies Verbot unter andern die vermeßne Drohung eingeruͤckt, daß, wenn der Koͤnig von Portugal, oder auch der Gott der Chriſten ſelbſt kaͤme, ſie gleiches Schickſal treffen wuͤrde. Auch ein ſpaniſches Schiff, ein großer Dreydecker, wohl be - mannet, und mit Kanonen ſehr ſtark beſetzt, hatte die Verwegenheit, in den Hafen von Nangaſakieinzulau - fen, erfuhr aber ein noch ungluͤcklicheres Schickſal, zum Beweiſe, wie unerſchuͤtterlich die Japaner bey dem, was ſie einmal ſich vorgenommen haben, behar - ren, wie buchſtaͤblich ſie den Willen ihrer Geſetze und die Beſchluͤſſe ihres Regenten vollziehen, und nicht einmal durch die Artillerie der Europaͤer ſich davon abſchrecken laſſen. Dieſes Schiff kam von den maniliſchen Inſeln, ladete ſeine Waaren zu Nangaſakiaus, und nahm da - gegen eine Menge Silber und andere Waaren ein. Mittlerweile wurde dem Kaiſer Nachricht von der An - kunft der Spanier gegeben. Dieſer ließ an den Fuͤrſten von Arimaden Befehl ergehen, das Schiff mit ſammt der Man - ſchaft und Ladung zu verbrennen. Der Fuͤrſt griff das Schiff auch an, und drang, des tapferſten Widerſtan - des unerachtet, an Bord deſſelben ein. Sobald er mit ſeinen Leuten das Schiff betrat, zogen die Spanier ſich unter das erſte Verdeck zuruͤck. Der Fuͤrſt rettete ſich, und das Verdeck flog in die Luft. Die Spanier wurden zum andern und dritten mal eben ſo heftig an - gegriffen, bis alle Verdecke in die Luft geſprengt waren, und das Schiff auf den Grund ſank, ohne daß ein ein - ziger Menſch am Leben blieb. Das Gefecht dauerte79Vom Handel der Japaner. ſechs Stunden und koſtete mehr als drey tauſend Ja - panern das Leben.

Vom hollaͤndiſchen Handel kann ich hier noch folgendes anfuͤhren. Als die Portugieſen, ungeachtet des gleich Anfangs in Japanerhaltenen Anſehens und Einfluſſes, dennoch die Hollaͤnder nicht hindern konn - ten, hier ebenfalls Handel zu treiben, legten dieſe ihre Factorey auf einer Inſel, bey der Stadt Firandoan, welche ſie aber hernach verlaſſen mußten. Vom Kaiſer Ijejaserhielten die Hollaͤnder ihre erſte feyerliche Con - ceſſion, hier allenthalben zu handeln. Ihr Handel bluͤhete auch bis 1619, da ſie die Unvorſichtigkeit be - giengen, die foͤrmliche Erneuerung derſelben von deſſen Nachfolger, Kaiſer Fidetadazu verlangen. Seit die - ſer Zeit hat ſich ihr Gewinn ſehr vermindert, und ihre Freyheit iſt in ſo mancher Ruͤckſicht betraͤchtlich einge - ſchraͤnkt worden. Im Jahre 1636 bekamen ſie Be - fehl, ihr Packhaus und Waarenlager auf Firandonie - derzureißen, welches von Steinen, ſtark und praͤchtig, gebauet war, und uͤber dem Eingange bey der Jahr - zahl die Worte: Anno Chriſti zeigte, welches dieſem argwoͤhniſchen und von den Portugieſen ſo ſehr beleidig - ten Volke zu großem Verdachte, Anlaß gab. Kurz darauf wurde ihnen befohlen, Firandoganz zu verlaſ - ſen, ſich nach Nangaſakizu begeben, und von nun an lediglich in dieſem, am aͤuſſerſten Ende des Reichs be - findlichen Hafen zu ankern. Im Anfange brachten die Hollaͤnder rohe Seide, ſeidne und halbſeidne Zeuge Zitſe, Kattune, Tuch, Sapanholz, Braſilienholz, Buͤffelhaͤute, Buͤffelhoͤrner, Hayfiſchhaut, Korduan, Pfeffer, Zucker, Mutternelken, Muskaten, Baros - kampfer, Wachs, Queckſilber, Bley, Safran, Sal -80Erſte Abtheilung. Fuͤnfter Abſchnitt. peter, Borax, Alaun, Biſam, Lacca, Benzoe, Sto - rax, Katechu, Ambra, arabiſche Coſtwurz, Korallen, Spießglas, Schlangenholz, Feilen, Nadeln, Spiegel - glas, Glaͤſer, Brillen, Voͤgel und manche andre in Japannicht zu habende Sachen ein. Der Gewinn war ſehr anſehnlich; die Ausfuhr betrug wenigſtens ſechs Millionen Gulden, und bloß an Silber vier Mil - lionen. Auf der Hollaͤnder eignes Begehren, wurde der Handel mit Silber in Handel mit Kupfer verwan - delt, weil damals auf Kupfer mehr zu verdienen war. Von Stunde an, wurde aber auch die Exportation des Silbers verboten. Den aͤrgſten Stoß, ſcheint der Han - del der Hollaͤnder 1672 bekommen zu haben, und zwar durch den Haß, welchen Inaba Mino, Mitglied des Staatsraths, und Guͤnſtling des frommen Kaiſers Dai - jojin, gegen die Hollaͤnder gefaßt hatte. Dieſer uͤbte ſeine Rache durch einen ſeiner Anverwandten aus, der zum Statthalter zu Nangaſakibeſtellt wurde. Letzterer ließ von allen Waaren, welche in dem Jahre mit den Schiffen nach Japangekommen waren, Proben holen, die er den Kaufleuten zeigte, und wobey er dieſe befra - gen ließ, ſowohl wie viel ſie dafuͤr zu geben daͤchten, als auch wie viel ſie davon verlangten. Darauf bot er den Hollaͤndern fuͤr dieſe Waaren viel weniger, und ſtellte ihnen frey, ſie wieder mitzunehmen, wenn ihnen dieſes nicht anſtaͤnde. Seit der Zeit wurde der Preis der Waaren von Jahr zu Jahre heruntergeſetzt, und der Werth des Japaniſchen Geldes erhoͤhet. Man be - ſchwerte ſich zwar hieruͤber, und der hollaͤndiſche Han - del wurde in ſo fern wieder frey gegeben, daß die Waa - ren fuͤr den hoͤchſten Both verkauft werden durften, aber die ganze Verkaufsſumme wurde im Jahr 1685 auf 300,000Thail81Von Handel der Japaner. Thail eingeſchraͤnkt. Vom Kupferhandel merke ich noch folgendes an. Das Kupfer wird auf einer großen hollaͤndiſchen Waage gewogen. Auf jedes Pi - ckel geben die Japaner ein Katje Uebergewicht, wo - von die Adminiſtratoren zu Batavia, welche das Ku - pfer in Empfang nehmen, den fuͤnften Theil bekom - men. Von den uͤbrigen vier Fuͤnftheilen bekommt der Schiffscapitain zwey Drittheile und der erſte Steuer - mann ein Drittheil, damit dieſe, weil ſie fuͤr das Ge - wicht einſtehen muͤſſen, nicht leiden. Weil aber die Japaner, (dies halten ſie fuͤr keine Suͤnde,) waͤhrend ſie die Kupferkiſten nach der Bruͤcke tragen, ſo viel ſie koͤnnen, davon ſtehlen, ſo verlieren jene doch jaͤhrlich dabey. Im vorigen Jahre war der Capitain um zwey und funfzig Pickel zu kurz gekommen. Dies Jahr wurde von einem der Capitaine, vermuthlich in der Abſicht, es von den Chineſern zu Bataviagut bezahlt zu bekommen, auch eine Parthey Eiſen ausgefuͤhrt.

Sechſter Abſchnitt. Von den Waffen, den Speiſen und Getraͤnken der Japaner; wie auch noch verſchiedenes von ihren Sitten und Gewohnheiten, Muͤnzen, Kleidung und dergleichen.

Die Waffen der Japaner beſtehen in Bogen und Pfeil, Saͤbel, Piken und Flinten.

Die Bogen ſind ſehr groß und die Pfeile lang, ſo wie bey den Chineſern. Wenn im Gefechte dieſe Bogen geſpannt und abgeſchoſſen werden ſollen, ſo legt ſich der Haufe, welcher eine Schaar oder AbtheiThundergs Reiſen. Zweyt. Band. zweyter Th. F82Erſte Abtheilung. Sechſter Abſchnitt. lung ausmacht, allezeit auf ein Knie, und kann daher keine geſchwinde Schuͤſſe thun. Im Fruͤhlinge kommt ein Theil der Truppen zuſammen, um ſich im Bogen - ſchießen nach dem Ziele zu uͤben.

Schießgewehr gebrauchen die Japaner gewoͤhn - lich nicht. Ich habe auch nur bey den Vornehmen, Buͤchſen und Flinten geſehen, die an einem beſonders dazu eingerichteten und erhoͤheten Orte in ihrem Au - dienzzimmer ſtanden. Der Lauf derſelben war von gewoͤhnlicher Laͤnge, der Schaft hinter dem Schloſſe aber ſehr kurz, und, ſo viel ich in der Entfernung wahr - nehmen konnte, waren es Luntenflinten. An einigen iſt das Schloß von Kupfer. Ich habe nie einen Ja - panerein Schießgewehr abfeuern geſehen, ob ich gleich auf der hollaͤndiſchen Factorey einigemal in der Naͤhe der Stadt einen Schuß hoͤrte. Die Dollmetſcher er - zaͤhlten mir, daß man hier zu Lande die Buͤchſen, weil ſie ihrer Kuͤrze wegen nicht gegen die Schulter geſetzt werden koͤnnen, gemeiniglich gegen die Backe ſetzt, welches mir gleichwohl gar ſonderbar vorkommt.

Kanonen werden von den Japanern eigentlich gar nicht gebraucht. Zu Nangaſackifindet man zwar einige, die ſie ehemals den Portugieſen weggenommen haben, doch werden die Schiffe damit nicht ſalutirt. Die Japaner verſtehen wenig davon ſie zu handha - ben, und wenn ſie ja bisweilen, welches gewoͤhnlich zu Nangaſackialle vier Jahr geſchieht, damit ſchießen wollen, um ſie zu reinigen und zu probiren, ſo ver - ſieht ſich der Stuͤckjunker mit einer langen Stange, woran er die Lunte befeſtigt, und haͤlt doch manchmal das Geſicht weg, wenn er die Kanon[e]losbrennt.

Der Saͤbel iſt ihr vornehmſtes und hauptſaͤchlich - ſtes Gewehr, den auch, die Bauern ausgenommen,83Von den Waffen, den Speiſen ꝛc. der Japaner. jedermann beſtaͤndig an der Seite traͤgt. Er iſt drey Fuß lang, etwas weniges gekruͤmmt, und hat einen dicken Ruͤcken. Die Klingen ſind von unvergleichlicher Guͤte, beſonders werden die alten ſehr hoch geſchaͤtzt. Sie uͤbertreffen an Guͤte die in Europaberuͤhmten ſpa - niſchen Klingen um vieles. Ohne große Muͤhe und ohne der Schneide zu ſchaden, kann man einen Nagel damit durchhauen, und, wie die Japaner behaupten, einen Menſchen mit Einem Hieb, von oben bis unten ſpalten. Unter ſechs Kobang wird keine Klinge ver - kauft. Die Saͤbel werden oft mit funfzig, ſiebenzig, ja wohl hundert Thalern bezahlt; und machen das vor - nehmſte und liebſte Eigenthum eines Japaners aus. Das Gefaͤß iſt mit einer ſtarken runden Platte verſe - hen, und ohne Buͤgel, uͤbrigens manchmal eine ganze viertel Elle lang. Es iſt etwas rundlich, oben am Ende ganz platt als wenn es abgehauen waͤre, und mit Hayfiſchhaut uͤberzogen. Dieſe Haut hat viele, kleine und große, Unebenheiten und Erhoͤhungen, und iſt wie Chagrin; die Hollaͤnder haben dergleichen ehemals in Menge hieher gebracht, und ſehr theuer, oft das Stuͤck fuͤr funfzig bis achtzig Kobang, den Kobang zu ſechs Reichsthaler gerechnet, verkauft. Um dieſen Chagrin werden ſeidne Schnuͤre ſchraͤge uͤber einander gewunden, ſo, daß derſelbe in Form von Rauten durchſcheint. Die oben genannte Platte iſt dicker als ein Speciesthaler, und mit erhobnen Figuren geziert, auch wohl kuͤnſtlich durchbrochen. Die Scheide iſt dick und etwas platt, und laͤuft gar nicht ſpitz zu, ſon - dern iſt unten ganz breit. Bisweilen iſt ſie auch mit dem feinſten und zwar lackirten Chagrin, uͤberzogen, bisweilen aber bloß von Holz, und entweder ganz ſchwarz lackirt, oder mit weißen Flecken marmorirt. F 284Erſte Abtheilung. Sechſter Abſchnitt. Manchmal iſt ſie auch mit einem oder zwey ſilbernen Ringen beſchlagen. An der einen Seite iſt, nach vorn, ein kleines Stuͤck angeſetzt, worin ein Loch iſt, in wel - chem eine dicke, gewoͤhnlich ſchwarze, bisweilen aber auch gelbe oder gruͤne, ſeidne Schnur befeſtigt wird, die dazu dient, den Saͤbel, wenn man will, feſtzu - binden. An der inwendigen Seite des Griffs iſt eben - falls ein Loch, worin ein Meſſer von der Laͤnge einer Viertelelle ſteckt. Ein eigentliches Gehenk gebrauchen die Japaner nie, ſondern ſie ſtecken die Saͤbel allezeit in den Guͤrtel an die linke Seite, und zwar ſo, daß die Schneide nach oben zu gekehrt iſt; die in KaͤmpfersBeſchreibung befindliche Abbildung eines Japaners, iſt in dieſem Punkt ganz unrichtig, denn dort iſt der Saͤbel auf europaͤiſche Manier, mit der Schneide nach unten zu gekehrt, vorgeſtellt, welches aber gerade umgekehrt ſeyn muß. Alle die in oͤffentlichen Staats - oder buͤrgerlichen Aemtern ſtehen, ſowohl, als die Offi - ciere der Soldaten ohne Unterſchied, tragen ſtets zwey ſolcher Saͤbel, wovon der eine ihr eigner, und der andre ihr ſogenannter Amtsſaͤbel, und allezeit laͤnger als jener iſt. Beyde werden im Guͤrtel an einer und derſelben Seite getragen, und ſtecken etwas kreuzweiſe uͤber einander. Wenn ſie ins Zimmer kommen und ſich niederſetzen, legen ſie den Amtsſaͤbel ge - meiniglich ab, und entweder an die Seite, oder vor ſich hin. Die Dollmetſcher tragen nur Einen Saͤbel, die Banjoſen aber zwey.

Von den Speiſen und Getraͤnken der Japaner, ihren Mahlzeiten und der Art wie ſie zu Tiſche ſitzen, iſt auſſer dem bereits im erſten Theile gelegent - lich davon geſagten, noch folgendes anzufuͤhren.

85Von den Waffen, den Speiſen ꝛc. der Japaner.

In Anſehung der Menge und Mannichfaltigkeit eßbarer Sachen, die in Japanund in dem Meere um - her, zu finden ſind, und theils von der Natur hervor - gebracht, theils durch Kunſt zubereitet werden, moͤchte dies Land vielleicht alle andre bisher bekannte Laͤnder uͤbertreffen. Die Japaner bedienen ſich ſogar zu ihrer Nahrung, nicht nur ſolcher Sachen, die an ſich geſund und nahrhaft ſind, ſondern ſie wiſſen auch faſt Alles, ſelbſt das giftigſte, unſchaͤdlich und genießbar zu machen.

Der Reis, welcher in Japanvortrefflich, ſehr weiß und wohlſchmeckend iſt, dient den Einwohnern ſtatt des Brodts; zwar backen ſie kein Brodt davon, aber ſie eſſen ihn dick gekocht zu allen andern Speiſen, wie wir das Brodt. Die ſchon verſchiedentlich er - waͤhnte Miſoſuppe iſt ihr gewoͤhnliches und mehr als taͤgliches Gericht, das ſie bey jeder ihrer Mahlzeiten, folglich oft dreymal des Tages, eſſen; ſie wird vom Mehle der Sojabohnen, welche Miſo heißen, mit Fiſchen und Zwiebeln gekocht.

Fiſche werden theils gekocht, theils in Oel gebra - ten. Zu ihren vorzuͤglichen Fiſchen gehoͤrt der ſoge - nannte Tay, den die Hollaͤnder Steinbrachſen nennen (Sparus ſaxatilis) dieſer wird hier ſehr theuer bezahlt, und nur zu feſtlichen Gaſtmahlen gekauft; wie auch der ſechsſtreifige Barſch (Perca ſexlineata), eine gewiſſe Art aus dem Geſchlechte der Umberfiſche (Sciena), und die Borſtenfloſſe, (Clupea Thriſſa), ein mit den Heeringen verwandter Fiſch, der ſo fett iſt, daß er dem beſten europaͤiſchen Heringe gleich kommt. Lachſe findet man nur in der Naͤhe der Fa - konieberge; ſie ſind aber weder ſo groß, noch ſo wohl - ſchmeckend, als in Europa. Arme Leute eſſen auchF 386Erſte Abtheilung. Sechſter Abſchnitt. Wallfiſchfleiſch, ob es gleich ſehr grob iſt; es ſieht roth und wiederlich aus; in den Staͤdten haͤngt es, wie bey uns Rindfleiſch, im Fleiſchſcharren, zum Kauf. Taſchenkrebſe und Krabben, wie auch Auſtern und verſchiedne Gattungen andere Muſchelthiere werden ebenfalls geſpeiſet; die Auſtern aber nie anders als gekocht oder geſtobt.

Federvieh, und zwar Huͤhner und Gaͤnſe, auch wilde Enten und aͤhnliche wilde Waſſervoͤgel, werden ebenfalls haͤufig gegeſſen.

In Suppen, Bruͤhen und zu andern Speiſen braucht man unter andern verſchiedene Gattungen Champignone oder Blaͤtterſchwaͤmme, (Agaricus) Me - lanzanaͤpfel, Batatten, gelbe Wurzeln oder Moͤh - ren, verſchiedne Arten Lauch und Zwiebeln, und viele Arten Bohnen, wie auch die Bambowurzel; vorzuͤg - lich haͤufig aber doch die Champignone und Murcheln, die man daher in allen Kramlaͤden getrocknet zum Kauf antrifft; eingeſalzne Truͤffeln werden eben ſo gebraucht, imgleichen die Stengel vom eßbaren Aron (Arum eſcu - lentum), und die Wurzeln vom gemeinen Pfeilkraute (Sagittaria ſagittata.)

Die Sojabruͤhe, welche in ganz Japantaͤglich, beynahe zu allen Gerichten, genommen wird, und die man auch ſchon in Europazu gebrauchen angefangen hat, wird von den oben beſchriebnen Sojabohnen und Salz, nebſt Gerſten oder Weizen, zubereitet, und zwar auf folgende Art: Die Bohnen werden gekocht, bis ſie weich geworden ſind; alsdann wird eben ſo viel geſtoßner Weizen oder Gerſten dazu gethan, das Ganze gehoͤrig durcheinander gemiſcht, wohl zugedeckt, und 24 Stun - den lang auf eine warme Stelle geſetzt, damit es gaͤhre. Darauf wird eben ſo viel Salz hinzugethan, dritte -87Von den Waffen, den Speiſen ꝛc. der Japaner. halbmal ſo viel Waſſer darauf gegoſſen, und alles wohl durcheinander gemiſcht, in ein irdenes Gefaͤß gethan, worin es, gut zugedeckt, ganze zwey bis drey Monathe ſtehen, anfangs aber einige Tage nach ein - ander mehrmals umgeruͤhrt werden muß. Alsdenn wird der Saft ausgepreßt und geſeiht, und darauf in hoͤlzernen Gefaͤſſen aufbewahrt. Die Soja wird nicht in allen Gegenden gleich gut gemacht; ſie wird aber auch, je aͤlter ſie wird, deſto klarer und beſſer. Die Farbe iſt allezeit braun, und die vornehmſte Eigenſchaft der Soja iſt die angenehme Salzigkeit, die ſie hat.

Da man im ganzen Lande weder Rohm und But - ter, noch Talg und Schmalz hat, ſo ſind die Einwoh - ner genoͤthigt, allerhand friſche Oele zur Zubereitung der Speiſen zu gebrauchen. Beſonders wird der feinere Oel vom Seſam (Seſamum) zu dieſem Ende gebraucht, auch bratet man die Fiſche darin. Andre Oele dieſer Art, werden aus dem Saamen der Camellie (Camel - lia japonica, Tſubaki) der Bignonie (Bignonia tomen - toſa, Kiri), der Dryandra cordata, (Abraſin), der Melia oder Zederach (Azedarach, Melia) und andern, bisweilen auch wohl aus dem Saamen des unaͤchten Firnisbaums (Rhus ſuccedanea), des gemeinen Eiben - baums (taxus baccata) und des Gingko, gepreßt.

Die vielen vortreflichen Fruͤchte, welche die Ja - paniſchen Gaͤrten auf den Nachtiſch liefern, habe ich oben genannt.

Gewoͤhnlich eſſen die Japaner dreymal des Ta - ges, um 8 Uhr des Morgens, um 2 Nachmittags, und um 8 Abends. Einige eſſen aber auch ohne eine gewiſſe Ordnung, wenn ſie hungrig ſind, und in ſol - chen Haͤuſern muß das Eſſen faſt den ganzen Tag fer - tig ſtehen.

F 488Erſte Abtheilung. Sechſter Abſchnitt.

Alles was entzwey geſchnitten gegeſſen werden muß, wird vorher, ehe es gekocht wird, in kleine Stuͤcke zerlegt, darauf ſehr muͤrbe und gahr gekocht, und mit wohl - ſchmeckenden Bruͤhen zubereitet. Dies giebt nicht nur dem Gerichte den beſten Geſchmack, ſondern erſpart auch bey Tiſche die Muͤhe des Vorſchneidens und Zer - legens. Wenn es zu Tiſche geht, ſetzt jeder ſich auf die weichen Fußbodenmatten nieder. Vor jeden wird ein kleiner viereckigter Tiſch hingeſetzt, auf welchen hernach von jedem Gerichte eine Portion (die Portio - nen ſind ſchon in der Kuͤche fuͤr jeden abgetheilt) auf - getragen wird, und zwar in den ſauberſten entweder porcellainen, oder lackirten hoͤlzernen, Gefaͤſſen. Dieſe Gefaͤſſe haben die Geſtalt von Schaalen, oder mittel - maͤſſigen Spuͤhlnaͤpfen, und jedes iſt beym Auftragen der Speiſen mit einem Deckel zugedeckt.

Das erſte Gericht iſt gewoͤhnlich Fiſche mit Fiſch - ſuppe. Die Suppe wird aus der Schaale getrunken. Die entzwey geſchnittenen Stuͤcke vom Fiſche, werden mit zwey kleinen lackirten, hoͤlzernen, vorn zugeſpitz - ten Staͤbchen oder Pinnen gegeſſen, welche die Japa - ner ſo geſchickt und behende zwiſchen die Finger der rechten Hand faſſen, daß ſie das kleinſte Reiskorn damit ſehr nett aufnehmen, und ſie ſehr bequem nicht nur als Gabel, ſondern auch ſtatt des Loͤffels gebrau - chen koͤnnen. Sobald ein Gericht verzehrt iſt, wird die Schaale weggenommen, und eine andre an deren Stelle hingeſetzt. Das letzte Gericht wird in einem blauen porcellainenen Napfe aufgetragen, der ebenfalls mit einem Deckel verſehen iſt. Ein Bedienter bringt das Eſſen herein, ſetzt es, indem er auf die Knie nie - derfaͤllt, auf den kleinen, niedrigen Tiſch, und nimmt89Von den Waffen, den Speiſen ꝛc. der Japaner. es auch wieder weg. Wenn mehrere zuſammen eſſen, ſo machen erſt alle einander mit einer tiefen Verbeu - gung ihr Compliment, ehe ſie anfangen zu eſſen. Nach jedem Gerichte trinken ſie warmen Sakki, der aus einem Theekeſſel in flache lackirte hoͤlzerne Thee - ſchaͤlchen geſchenkt wird, dabey eſſen ſie auch zwiſchen durch ein Viertel von einem hart gekochten Eye. Bisweilen bringen ſie auch wohl eine Geſundheit aus.

In Sakki und Thee beſteht alles kuͤnſtliche Ge - traͤnk der Japaner. Welch eine geringe Anzahl! Wie mancherley hat dagegen nicht der Europaͤer! Wein und deſtillirte Liqueure trinken ſie niemals, und wenn die Hollaͤnder ihnen dergleichen anbieten, wollen ſie kaum davon koſten. Den Geſchmack des Kaffees kennen kaum einige Dolmetſcher, und Branntwein wird bey ihnen gewiß nie ein Beduͤrfniß werden. Auch in dieſen Ruͤckſichten haben ſie ſich alſo von den Euro - paͤern noch nicht anſtecken laſſen. Ehe als von andern etwas anzunehmen, das fuͤr ſie wirklich von Nutzen und Bequemlichkeit ſeyn koͤnnte, wollen ſie lieber ihre uralte Lebensweiſe in ihrer Reinigkeit beybehalten, um nicht unvermerkt auch etwas bey ſich einreiſſen zu laſ - ſen, das ihnen mit der Zeit unnuͤtz oder ſchaͤdlich wer - den moͤchte.

Sakki iſt eine Art Bier, das die Japaner von Reis brauen. Es iſt ziemlich klar, und ſieht faſt wie Wein aus, hat aber einen eignen, ganz beſondern Ge - ſchmack, der eben nicht fuͤr angenehm gelten kann. Wenn er friſch iſt, iſt er mehr weiß, wenn er aber eine Weile auf kleinen hoͤlzernen Faͤſſern gelegen hat, wird er ſehr braun. Dies Getraͤnk iſt in allen Wirtshaͤu - ſern, wie der Wein auf allen Kellern in Europa, zu Kauf, und macht ihr Vergnuͤgen bey Schmauſen undF 590Erſte Abtheilung. Sechſter Abſchnitt. Gaſtmalen und in froͤlichen Stunden aus. Beguͤterte trinken es auch wie Tiſchwein bey den gewoͤhnlichen Mahlzeiten. Die Japaner trinken es niemals kalt, ſondern es wird in gewoͤhnlichen Theekeſſeln warm ge - macht, aus dieſen in Theeſchaalen oder flache Taſſen geſchenkt, und ſo ganz warm getrunken; daher wer - den ſie denn auch ſehr bald davon erhitzt und betrunken; der ganze Rauſch verſchwindet aber auch in einigen Minuten, und laͤßt gewoͤhnlich ſehr unangenehmes Kopfweh zuruͤck. Die Hollaͤnder nehmen Sakki als eine Handelswaare mit nach Batavia, trinken ihn da aber aus Weinglaͤſern vor der Mahlzeit, um den Appe - tit zu reizen, wozu ſie den weißen, weil deſſen Ge - ſchmack nicht ſo wiedrig iſt, vorziehen.

Thee wird im ganzen Lande getrunken, um den Durſt zu loͤſchen. Daher haͤngt in allen Haͤuſern, be - ſonders in allen Gaſthoͤfen, Wirthshaͤuſern und Kruͤ - gen, den ganzen Tag hindurch, ein Keſſel mit kochen - dem Waſſer und fein gemahlnen Thee uͤbern Feuer, aus welchem der braune Decoct, wenn davon getrunken werden ſoll, herausgegoſſen, und mit kalten Waſſer aus einem andern Keſſel zu gleicher Zeit verduͤnnt und abgekuͤhlt wird. Bey den Vornehmen wird den Frem - den, welche Beſuch bey ihnen machen, allezeit gruͤner Thee eingeſchenkt; mit ſolchem werden auch die Hollaͤn - der bey den Reichsraͤthen und andern vornehmen Beamten, denen ſie die Aufwartung machen, rega - lirt. Dieſer Thee iſt friſch, und dabey iſt er ganz fein gemalen. Er wird, nachdem ſiedend heißes Waſſer in die Kanne gegoſſen iſt, hinein gethan, und ſo wie bey Chocolade gebraͤuchlich iſt, mit einem duͤnnen Hoͤlz - chen umgeruͤhrt, und ſo in die Taſſe eingeſchenkt. Er muß ſogleich getrunken werden, ſonſt ſetzt ſich das91Von den Waffen, den Speiſen ꝛc. der Japaner. gruͤne Pulver, wenn ich es ſo nennen kann, auf dem Boden. Kein Vornehmer thut eine etwas weite Reiſe, ohne einen lakirten Kaſten bey ſich zu fuͤhren, der von einem Kerl getragen wird, und worin unterweges auf der Landſtraße Waſſer gekocht und kochend gehalten wird, und gemahlner Thee, Theetaſſen, und alles noͤ - thige Zubehoͤr beyſammen iſt.

Toback haben die Japaner in alten Zeiten nicht geraucht, ſondern ohne Zweifel ſind die Portugieſen die erſten geweſen, welche dieſen Gebrauch bey ihnen eingefuͤhrt haben. Jetzt raucht in Japanſowohl das maͤnnliche, als das weibliche Geſchlecht. Einen an - dern Namen als Tobacko haben die Japaner nicht fuͤr dieſes Gewaͤchs. Den Toback, welchen ſie rauchen, bauen ſie im Lande ſelbſt, und es iſt der gewoͤhnliche (Nicotiana Tabacum). Sie ſchneiden ihn ſehr fein, faſt wie ein Haar. Ihre Tobackspfeife iſt klein, we - nig uͤber eine Viertheilelle lang, von lackirtem Bambo, mit kupfernen Mundſtuͤcke und kupfernen Kopfe. Die - ſer iſt ſo klein, daß nur ein halber, oder oft nur ein Drittheil Fingerhutvoll hineingeht. Siehe die Kupfer - tafel, II. Fig. 5 a. Den Toback drehen ſie ein wenig mit den Fingern, und ſtopfen ihn ſo ein. Eine ſolche Pfeife iſt mit einigen wenigen Zuͤgen ausgeraucht, worauf ſie ausgeklopft und wieder vollgeſtopft wird; und dies wiederholt man mehrmal nach einander. Den Rauch blaſen ſie nach jedem Zuge durch Naſe und Mund aus; die Vornehmen bedienen ſich beym Rau - chen allezeit folgender Vorrichtung. Fuͤr jede Perſon in der Geſellſchaft wird ein laͤngliches, anderthalb Vier - telellen langes, eine Viertelelle breites und drey Finger hohes Kaͤſtchen, das braun oder ſchwarz lakirt iſt, hin - geſetzt. In dies Kaͤſtchen werden Pfeifen und Taback92Erſte Abtheilung. Sechſter Abſchnitt. gelegt, und drey Taſſen hineingeſetzt, die beym Rau - chen folgendermaßen gebraucht werden. Die eine da - von, welche gewoͤhnlich von dickem Porcellain, oder von lackirtem Holtze und inwendig mit Meſſing uͤberzo - gen iſt, iſt mit Aſche angefuͤllt, worin eine brennende Kohle liegt, um die Pfeife anzuzuͤnden; die andre dient dazu, die Tobackspfeiſe darin auszuklopfen; wenn dies geſchehen iſt, pflegen ſie ein paarmal hinein zu ſpucken, um die glimmende Aſche auszuloͤſchen. In die Dritte ſpuckt man waͤhrend des Rauchens. Wenn man einen Beſuch bekommt, ſo iſt dieſer Apparat das erſte, das dem Fremden vorgeſetzt wird. Manchmal hat ein ſol - ches Kaͤſtchen auch einen Deckel, der mit einem Bande feſt gebunden wird, und man laͤßt es ſich von einem Bedienten nachtragen, wenn man zu jemand geht, von dem man mit Toback bewirthet zu werden nicht erwar - tet. Geringe Leute tragen Pfeife und Toback gemei - niglich ſelbſt bey ſich, wenn ſie ausgehen. Die Pfeife ſteckt alsdenn in einem Futterale von ſeidnen Zeug, Fig. 5. b. und wird an der rechten Seite in den Guͤrtel geſteckt. Der Tobacksbeutel (auf der Kupertafel Fig. 5. c.) iſt kaum eine Hand breit, und etwas kuͤrzer, oben mit einer Klappe verſehen, die mit einem kleinen elfenbeinernen Haken zugeſteckt wird. Dieſer Beutel wird vermittelſt einer ſeidenen Schnur und einem klei - nen Knopfe von Carneol, oder Agat, am Guͤrtel be - feſtigt, getragen. Er iſt gewoͤhnlich von einer eignen Art, mit ſilbernen und goldenen Blumen durchwirkten, ſeidenen Zeuges.

Zum Waͤgen bedient man ſich allgemein der Schnellwage, an welcher eine Wagſchaale haͤngt, wo - rauf das, was gewogen werden ſoll, gelegt wird; an der Stange der Wage haͤngt, vermittelſt einer Schnur,

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93Von den Waffen, den Speiſen ꝛc. der Japaner. ein Gewicht, das vor und ruͤckwaͤrts geſchoben werden kann. Kaufleute fuͤhren dergleichen kleine Schnellwa - gen von Elfenbein, entweder allein oder in einem Kaͤſt - chen, bey ſich. Im erſtern Falle haben ſie ein beſonderes Futteral dazu; auf der zweyten Kupfertafel ſtellt Fig. 6. eine ſolche Schnellwage vor; a. die Wage ſelbſt, b. die Wagſchale mit den Schnuͤren woran ſie haͤngt; c. das Gewicht auf gleiche Art haͤngend; d. die Baͤnder oder Schnuͤre, woran man die Waage beym Waͤgen haͤlt; e. das Futteral, welches ſich bequem zuſammenlegen laͤßt. Um ganz kleine Sachen zu waͤgen, bedienen ſie ſich einer beſondern Art Waage, die auf einer ſehr elaſtiſchen Feder ruhet, auch die kleinſte Veraͤnderung des Gewichts ſehr ge - nau anzeigt, und ungemein bequem zu gebrauchen iſt. Taf. II. Fig 7. ſtellt eine ſolche elaſtiſche Waage vor.

Zum Rechnen bedienen ſich die Japaner eines Re - chenbretts, auf welchem ſie jedesmal bis zehn zaͤhlen. Die Rechenkugeln, oder Steine, werden auf Eiſen - drath hin und her geſchoben, und bezeichnen die Einer und die Zehner. Die Kaufleute pflegen ein ſolches Rechenbrett, in dem (Seite 47) beſchriebenen Kaͤſt - chen mit Schreibgeraͤthſchaften und Wage, bey ſich zu fuͤhren.

Auſſer dem was ich an ſeinem Orte, in einem eignen Abſchnitte, von den japaniſchen Muͤnzen geſagt habe, iſt noch folgendes davon zu merken.

Ueberhaupt ſind die japaniſchen Muͤnzen einfach, ſchlecht und recht, gepraͤgt. Die wenigſten haben ei - nen erhobenen Rand, oder etwas von den Verzierun - gen europaͤiſcher Muͤnzen. Auch haben die meiſten keinen genau beſtimmten Werth. Aus dieſer Urſach94Erſte Abtheilung. Sechſter Abſchnitt. werden ſie faſt allezeit von den Kaufleuten gewogen, welche alsdenn auch ihr Zeichen darauf ſetzen, um an - zudeuten, daß das Stuͤck vollwichtig, vollguͤltig und unverfaͤlſcht iſt.

Die groͤßte goldne Muͤnze im ganzen Lande heißt Obang. Sie iſt eher fuͤr eine Schaumuͤnze, als fuͤr Geld zu achten. Im Handel und Wandel iſt ſie nicht uͤblich, man findet ſie auch ſelten bey Kaufleuten oder andren Privatperſonen. Sie beſteht aus einem laͤnglich runden flachen und duͤnnen Goldſtuͤck, das nicht dicker als ungefaͤhr ein Pfennig iſt. Auf der ei - nen Seite iſt ſie mit ſeinen abgebrochenen Queerſtrichen, und mit vier Stempeln an den vier Seiten, bezeichnet: jeder Stempel ſtellt das Wappen des Dairi vor. Auf die andre Seite, welche glatt iſt, werden im Namen desjenigen Provinzialfuͤrſten, welcher ſie ſchlagen laſſen, verſchiedne große ſchwarze Buchſtaben geſchrieben, die beynahe oben in der Mitte anfangen, und unterwaͤrts fortgehen. Dieſe Inſchrift verſichert den Beſitzer von ihrer Richtigkeit, und muß daher, ſobald ſie verwiſcht iſt, durch den Secretair des Fuͤrſten der Provinz er - neuert werden, wofuͤr ein Itjib bezahlt wird. Eine ſolche goldene Muͤnze gilt zehn alte Kobang. Es ſind faſt nur die Fuͤrſten und Staatsraͤthe, welche derglei - chen beſitzen und ausgeben. Sie pflegen damit ein Ge - ſchenk zu machen, wenn ſie andre ſchickliche Geſchenke nicht bey der Hand haben. Sie ſtellen alsdenn ein Ehrengeſchenk vor, weil dieſe Herren es ihrer Wuͤrde nicht gemaͤß halten, gewoͤhnliche Kobang, wenn gleich vom naͤmlichen Werth, zu ſchenken.

Ich habe am angefuͤhrten Orte bemerkt, daß auf einigen von den ſilbernen Muͤnzen, welche Ko - dama heißen, das Bild des Gottes des Reichthums95Von den Waffen, den Speiſen ꝛc. der Japaner. zu ſehen ſey. Dieſer Gott heißt Daikokf, und wird auf zwey Reistonnen ſitzend, mit einem Hammer in der rechten Hand, und einem Sacke zur linken Seite, vorgeſtellt. Die Japaner ſchreiben ihm die Macht zu, allenthalben, wohin er mit ſeinen Hammer ſchlaͤgt, alles, was ihm gut duͤnkt, Reis, Eßwaaren, Klei - dungsſtuͤcke, Geld, und ſo weiter herausholen zu koͤnnen.

Ich habe dort auch des Aufreihens der eiſernen und kupfernen Seni auf Schnuͤre, erwaͤhnt. Ge - woͤhnlich zieht man deren ſechs und neunzig, bisweilen auch wohl hundert auf eine Schnur. Im letztern Falle heißt eine ſolche Schnur Kwurokkufjakf, und be - traͤgt an Werth 1 Mas 5 Konderyn, im erſtern Falle heißt ſie Metatsjakf. Selten ſind in einer Schnur alle von einer Art, ſondern gewoͤhnlich von zwey, drey, oder mehr Sorten durcheinander. Alsdenn werden die großen Seni zuerſt an das eine Ende, und die kleinern hernach an das andere gereihet. Die Anzahl der Seni wird deſto kleiner, je ſtaͤrker die Anzahl der groſ - ſen iſt, weil dieſe mehr als jene gelten. Dergleichen Schnuͤre oder Buͤndel von Pfennigen, liegen oft in den Krambuden, ſowohl in den Staͤdten, als auf dem Lande, zum Dienſte der Reiſenden fertig, welche dadurch in Geſchwindigkeit Scheidemuͤnze einwechſeln koͤnnen, ohne auf das Zaͤhlen Zeit wenden zu duͤrfen.

Zu Nangaſackigebraucht man im Handel und Wandel auch chineſiſche Pfennige, welche ſich durch ihre gelbe Farbe und durch die chineſiſchen Buchſtaben unterſcheiden, uͤbrigens aber in allen Stuͤcken den japa - niſchen gleichen.

Bey dieſer Gelegenheit will ich einige ſehr alte, ehemals im Gange geweſene, japaniſche Muͤnzen be -96Erſte Abtheilung. Sechſter Abſchnitt. ſchreiben, die einer meiner Freunde unter den Dolmet - ſchern, Namens Koſack, die Gefaͤlligkeit gehabt hatte, fuͤr mich zu ſammeln, und mir als eine große Raritaͤt ſchenkte. Es ſind alles Seni von rothem Kupfer, an Groͤße und Dicke den andern gleich, auch eben ſo in der Mitte mit einem viereckten Loche verſehen, aber mit andern Buchſtaben bezeichnet. Einer davon ſoll 1135 Jahr alt, und der Urſprung des in Japangebraͤuch - lichen Laͤngenmaaßes ſeyn, indem der Durchmeſſer ei - nes ſolchen Pfennigs genau einen hieſigen Zoll betraͤgt, auf der Ruͤckſeite hat er gar keine Inſchrift. Ein an - drer iſt, der Angabe nach 758, der dritte 748, der vierte 718, der fuͤnfte 651 und der ſiebende 596 Jahr alt. Alle dieſe haben auch eine ganz leere Ruͤck - ſeite. Dem ſiebenten ſchreibt mein Dolmetſcher ein Alter von 566 Jahren zu; auf der umgekehrten Seite ſind zwey Charactere zu ſehen. Das angegebene Al - ter, iſt nach dem Jahr 1776 angeſetzt, in welchem ich ſie, jeden mit einem Zettel, worauf ſein Alter bemerkt war, und beſonders in Papier gewickelt, bekam.

Die Petſchafte der Japaner ſind von Horn, und zwar oft ſehr ſauber und fein gearbeitet. Sie druͤcken es aber nicht in Lack oder Oblaten, ſondern be - dienen ſich einer Schwaͤrze dazu. Dieſe wird von ge - ſtoßenen, und mit Tuſche durcheinander gemiſchten Saamen des Wunderbaums (Ricinus) gemacht. Das auf dieſe Art verfertigte Pulver, wird in eine Doſe ge - legt, woruͤber ein ſeidnes Tuch gedeckt wird, das mit Oel beſtrichen iſt, damit das darunter liegende Pulver davon befeuchtet werde. Wenn die Japaner nun das Pettſchaft gebrauchen wollen um etwas zu unterſiegeln ſo druͤcken ſie es erſt in dieſe Doſe, und hernach aufs Papier. Dies Pulver vertritt alſo die Stelle derBuchdruk -

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97Von den Waffen, den Speiſen ꝛc. der Japaner. Buchdruckerſchwaͤrze. Das ſeidne Tuch muß, ſo oft die Schwaͤrze trocken wird, von neuem mit Oel ange - feuchtet werden.

Das Oel, welches die Leute in Japangewoͤhnlich in den Lampen brennen, iſt Ruͤbſaamenoel.

Die Matten, womit durchgaͤngig die Fußboden der Zimmer bedeckt ſind, werden meiſtens in den in - nern Provinzen des Reichs, aber nicht in allen von gleicher Guͤte verfertigt. Die beſten werden von der Art Binſen, welche wir Flatterſimſen (Juncus Effuſus) nennen, gemacht, ganz dicht und ſehr ſauber gefloch - ten, und hernach auf der obern Seite mit Reis - ſtroh, zwey bis drey Finger dick gefuttert oder gefuͤllt. Damit die Matten nicht gelb, ſondern weislich aus - ſehen moͤgen, werden die Binſen nicht ſelten vorher an die Sonne gelegt und gebleicht.

Von der Kleidertracht und dem uͤbrigen Anzuge und Putze der Japaner habe ich in einem eignen Ab - ſchnitte des erſten Theils dieſes zweyten Bandes das Noͤthige geſagt, Da ich aber die dahin gehoͤrigen Abbildungen erſt dieſem zweyten Theile habe beyfuͤgen koͤnnen, ſo will ich hier die Nachweiſung auf dieſelben einſchalten. Zu Seite 176, (imgleichen 183, 184), gehoͤrt die vierte Figur der erſten Kupfertafel, wo eine japaniſche Dame in ihrem gewoͤhnlichen Anzuge und Putze vorgeſtellt iſt. Auf der dritten Kupfertafel zeigt die achte Figur die Schuh oder Pantoffeln von Stroh, wie die Japaner ſie gewoͤhnlich, und die neunte Figur, wie ſie auf Reiſen ſie tragen.

Seite 177, habe ich einer Arzeneydoſe erwaͤhnt, wel - che die Japaniſchen Aertzte nebſt andern[Sachen im] Guͤr - tel bey ſich zu tragen pflegen. Sie iſt in mehrere uͤber einan -Thunbergs Reiſen. Zweyt. Band. zweyter Th. G98Erſte Abtheilung. Sechſter Abſchnitt. der ſtehende Faͤcher, oder kleine Laden oder Schachteln, abgetheilt; zu beyden Seiten geht eine Schnur durch, wodurch dieſelben zuſammen gehalten werden; an dieſer ſitzt oben eine Kugel oder großer Knopf, womit die Doſe am Guͤrtel befeſtigt wird. Die zehnte Figur ſtellt eine ſolche Medicinſchachtel vor; a. die Schachtel ſelbſt, b. die Schnur, c. der Knopf.

Ein Japaniſches Scheer - oder Raſiermeſſer, nebſt dazu gehoͤrigem Futteral, iſt Figur 11 abgebildet. a. iſt das Meſſer, b. das Futteral zu zwey Scheermeſſern.

Um die Zaͤhne und Ohren zu reinigen, welches ſie ſehr fleißig thun, haben ſie allerhand Inſtrumente und Ge - raͤthſchaften, die ſie in einem Etui bey ſich zu tragen pflegen. Auf der vierten Tafel iſt Figur 12 eine Zahnbuͤrſte, die aus weichem Holze gemacht iſt; Fig. 13 a. a. a. a a. a. a. die ſaͤmmtlichen Inſtrumente zum Reinmachen der Ohren und Zaͤhne; b. b. das Etui, welches von Horn zu ſeyn pflegt, c. die Schnur, womit es am Guͤrtel befeſtigt wird, d. Zierrathen von Seide, welche daran befindlich ſind.

Die ſtrohernen Schuh, welche man hier zu Lande den Pferden anzieht, anſtatt ſie zu beſchlagen, habe ich im 1ſten Theile dieſes zweyten Bandes, Seite 210. be - ſchrieben, Fig. 14. iſt eine Abbildung davon.

Eheſcheidungen fallen in Japanbisweilen vor, doch geſchieht dies nicht haͤufig.

Je mehr Toͤchter jemand hat, und je ſchoͤner dieſe ſind, fuͤr deſto reicher haͤlt er ſich; denn der Freyer muß dem Schwiegervater Geſchenke geben, ehe er ſeine Tochter zur Braut bekommt.

Obgleich die Unzucht ein allgemein herrſchendes Laſter iſt, ſo wird doch auch die Keuſchheit bey Ver -

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99Von den Waffen, den Speiſen ꝛc. der Japaner. ehlichten und Unverehlichten, vom weiblichen Geſchlechte oft ſo heilig gehalten, daß ſolche die zu Fall gekommen waren, ſich manchmal ſelbſt das Leben nehmen.

Es giebt Maͤnner, die ſich Maitreſſen zulegen; dieſe letztern werden wie Maͤgde im Hauſe gehalten, und die mit ihnen gezeugten Kinder koͤnnen nicht vom Va - ter erben.

Was den Character der Japaner betrifft, ſo iſt es zwar gewiß, daß ſie im Allgemeinen ernſthaft ſind, und Hang zum Vergnuͤgen kein herrſchender Zug in ihrer Gemuͤthsart iſt; Doch wird man aus allem was bisher von ihnen geſagt worden iſt, geſehen haben, daß es ihnen deshalb an Vergnuͤgungen, Zeitvertreiben und Luſt - barkeiten keinesweges gaͤnzlich fehlt.

Siebenter Abſchnitt. Von der Japaniſchen Sprache*)Im achten Abſchnitte des erſten Theils, kommen auſſer dem kleinen Japaniſchen Woͤrterbuche nur einige wenige Bemer - kungen uͤber die Japaniſche Sprache vor. Die uͤbrigen, und bey weitem mehreren und wichtigeren hat der Verfaſſer in die Abhandlungen der Societaͤt der Wiſſenſchaften zu Upſa - la, fuͤnfter Theil, Seite 257. einruͤcken laſſen, aus welchen ſie hier mitgetheilt werden. A. d. Ueb..

In keiner Sprache werden wohl die Buchſtaben, ſo - wohl im Schreiben als Sprechen, mehr mit einander verwechſelt, als in dieſer. Auſſer R und L, und H und F, womit es vorzuͤglich oft geſchieht, findet dies auch in Anſehung andrer Buchſtaben Statt. Auſſer den im erſten Theile hievon vorgekommen Beyſpielen, will ich hier noch folgende anfuͤhren:

G 2100Erſte Abtheilung. Siebenter Abſchnitt.
  • R und L: Farru; fallu.
  • Salu; ſaru.
  • H und F: Hamma; famma.
  • Fanna; hanna.
  • Faguru; haguru.
  • Faſjimaru; haſjimaru.
  • Fakama; hakama.
  • B und K: Toriagibaba; toriagikaka.
  • B und M: Fitomoſi; fitoboſi.
  • K und G: Kuruma; guruma.
  • F und B: Fas; bas.
  • P und F: Nipon; nifon.
  • K und F: Furogi; kurogi.
  • K’rombo; f’rombo.
  • D und T: Metori; mendori.

Manche Woͤrter werden auf gleiche Art ausgeſpro - chen, haben aber nicht nur eine verſchiedene, zum Theil mit der andern gar nicht verwandte, Bedeutung, ſondern werden auch mit verſchiedenen Buchſtaben geſchrie - ben. Z. E.

  • Fas, Rand; hoͤlzerner Stift der ſtatt der Gabel ge - braucht wird; Bruͤcke; acht.
  • Ssugi, oben, uͤber; Wacholderbeer.
  • Fanna, Blumen; Ecke; Naſe.
  • Kawa, Rinde; Bach; Haut.
  • Tji, Erde; Blut; Milch; Weiberbruſt; inwendig.
  • Tamma, Tropfen; Buͤndel; Kugel.

In der Mitte der Woͤrter werden die Vocale oft nicht ausgeſprochen; als:

  • Abura, Lies: abra.
  • Kokora, kokra.
  • Fukai, f’kai.
  • Fukaka, f’kaka.

Am Ende der Woͤrter werden die Vocale J und U gewoͤhnlich gar nicht oder doch ſehr wenig gehoͤrt. Z. E.

  • Semeku, wird ſemekf geleſen.
  • Toru, torr
101Von der Japaniſchen Sprache.
  • Sjaku, wird ſjakv geleſen.
  • Sori, ſorr
  • Abramuſſi, abramuß

Die Infinitive der Verben, endigen ſich gewoͤhn - lich auf U oder Uru, als:

  • Suru, thun, machen.
  • Okuru, anbieten.
  • Jaſuru, verbinden.
  • Siku, zwingen.
  • Saſiſu, aufwecken.
  • Anſuru, erwegen.
  • Iſamu, verderben.
  • Nituru, ſchlafen.
  • Atſuru, muthmaßen.
  • Naguru, liegen.
  • Akinewu, Handel treiben.
  • Naku, weinen.
  • Nomikomu, verſchlucken.
  • Aſſjiwaru, peitſchen.

Aber das U am Ende des Infinitivs wird ſelten, und nur wenig gehoͤrt; z. B.

  • Jedoru, wird jedor ausgeſprochen.
  • Maku, makv
  • Kuſagu, kusag
  • Tſumuru, tſumur
  • Waku, wakv
  • Kakaru, kakar
  • Samkeſuku, ſamkeſukf
  • Furu, fur
  • Noſomu, noſom
  • Nawaſſu, nawass
  • Tobu, tob

Sehr viele Verba werden durch Zuſammenſetzung des die Sache anzeigenden Subſtantivs oder Adjectivs und des Verbums Suru, machen, thun, formirt, als:

  • Ogamu ſuru, beten.
  • To do kuru, anzeigen.
  • Sjakv torr, meſſen.
  • Ni ſuru, nachahmen.
  • Song ſuru, verlieren.
  • Sorin ſuru, begraben.
  • Umakutji ſuru, kuͤſſen, eigent - lich: einen ſuͤſſen Mund geben
    *)Aus der von mir mitgetheilten Probe eines Japaniſchen Woͤr - terbuchs, in welchem viele der in dieſen componirten Zeitwoͤr - tern vorkommenden Subſtantive und Adjective ſtehen, wird man ſich die Formirung der meiſten von den uͤbrigen Zeitwoͤrtern er - klaͤren koͤnnen.
    *).
G 3102Erſte Abtheilung. Siebenter Abſchnitt.
  • Fuſi ſuru, flicken, von Fuſe, ein Lappen.
  • Simegi ſuru, leimen.
  • Iki tſukv, Athem holen.
  • Karuku ſuru, erleichtern.
  • Mitſuki ſuru, pumpen.
  • Tjuſin ſuru, erzaͤhlen, berichten.
  • Fento ſuru, antworten.
  • Siwo ſuru, ſpringen.
  • Soſun ſuru, ankleiden.
  • Kimono tjaks ſuru, abkuͤhlen.
  • Sanſo ſuru, zaͤhlen, rechnen.
    • Siras ſuru,
    • Sanſo ſuru,
    anzeigen, zu er - kennen geben, angeben.
  • Kaſu juru, erzaͤhlen, berichten
  • Motji ſuru, gebrauchen.
  • Fato ſuru, verbieten.
  • Rinkin ſuru, vergolden.
  • Skono ſuru, vermindern.
  • Iwo tſuru, fiſchen.
  • Jaſuri ſuru, feilen.
  • Jantſuri ſuru, wandern.
  • Iſo ſuru, maskiren.
  • Konne ſuru, heirathen.
  • Sakai ſuru, angraͤnzen, ver - wandt ſeyn.
  • Kaſe ſuru, helfen.
  • Kwußke ſuru, kaͤmmen.
  • Fiſatat ſuru, knieen.
  • Keſo ſuru, ſchminken.
  • Rui ſuru, unterſcheiden.
  • Subakki hakv, ſaliviren.
  • Tjan nuru, antheeren, verpichen.
  • Atſuſuru, heizen, waͤrmen.
  • Kake ſuru, verlangen.
  • Matſigatoru, abſondern.
  • Tſuben ſuru, erklaͤren.
  • Sudat ſuru, vermehren.
  • Kabi ſuru, ſchimmeln.

Das Perfectum endigt ſich auf Ta. So lautet z. E.

  • von Damaſſu, betruͤgen, das Perfectum damaſta.
  • Jumeniru, traͤumen, jumenita.
  • Motji juru, gebrauchen, motji ita.
  • Waſſuru, vergeſſen, waſſureta.
  • Song ſuru, verlieren, ſong ſita.
  • Makuru, verlieren, maketa.
  • Jakſaku, verſprechen, jakfso ſita.
  • Kakuru, blaß werden, kono fanna, wakareta, die Blume iſt verbleicht.

Die Participien und andere von den Verben abge - leitete Adjective endigen ſich ebenfalls auf Ta. So kommt z. B. her.

  • von Farruru, ſchwellen, farreta, geſchwollen, ſchwuͤlſtig.
  • Kemura ſuru, raͤuchern, kemota, geraͤuchert.
  • Jaburu, zerbrechen, jabureta, zerbrochen.
  • Kiru, abſchneiden, kitta, abgeſchnitten.
103Von der Japaniſchen Sprache.
  • von Watluru, anſtecken, watſuta, angeſteckt.
  • Aſiſuru, ſchwitzen, aſiſta, ſchwitzig.
  • Kokorobiru, ſpalten, kokorobita, geſpalten.
  • Kaſojuru, zaͤhlen, kaſojuta, gezaͤhlt.
  • Stomuru, verdienen, ſtometa, verdient.
    • Kavatu, Tjiagan,
    veraͤndern,
    • kawata tjigota
    veraͤndert.
  • Midſkuru, finden, mitskita, gefunden.
  • Motji juru, gebrauchen, motji ita, gebraucht.
  • Kakuru, blaß werden, wakareta, blaß, bleich.
  • Oſururu, erſchrecken, oſurutſka, erſchrocken.
  • Sinnoru, ſterben, ſinda, todt.
  • Kaſe fukv, abkuͤhlen, kaſe finta, abgekuͤhlt.
  • Kiru, zerſchneiden, kitta, zerſchnitten.
  • Jaſſu, mager werden, jaſſita, mager.
  • Sckok ſuru, ankleiden, ſukukſſa, gekleidet.

Viele Subſtantive und Adjective werden durch Zuſammenſetzung des Verbum mit den Woͤrtern, Mono, Menſch, Ding, Sache oder Koto, Sache, Ding, for - mirt, als:

  • Atſuraje mono, eine bedunge - ne Sache oder Waare.
  • Ogamu ſuro mono, Anbeter, Bittender.
  • Fodo kuro mono, Anklaͤger.
  • Saſiſu mono, einer der zwingt oder treibt.
    • Itami mono,
    • Jamai mono,
    krank.
  • Noſumi mono, geſtohlne Sa - chen.
  • Damas koto, Betrug.
  • Jaki kui mono, angebrann - tes Eſſen.
  • Makie mono, lackirte Sachen.
  • Hanna koto, dauerhaft.
  • Iro mono, eitel, kokett.
  • kuru mono je, Spinneweben.
  • Ire mono, Doſe, Schachtel.

Wenn zwey Subſtantive zuſammen ſtehen, ſo wird der Genitiv vorgeſetzt und der Nominativ vermittelſt des Verbindungswoͤrtchens No damit verbunden; auf gleiche Art entſtehen auch zuſammengeſetzte Subſtan - tiven, z. E.

  • Oni aſſami, Teufelsdiſtel.
  • Tori no ſu, Vogelneſt.
  • Tori no ſajoru, Geſang der Voͤgel.
G 4104Erſte Abtheilung. Siebenter Abſchnitt.
  • Us no ni ku, Rindfleiſch.
  • Kwuno no je, Spinnewebe.
  • Kuſira no kawa, Wallfiſchfett, Thran.
  • Memi no itami, Ohrenſchmerz.
  • Tori no kabitu, Hahnenkamm, Federbuſch.
  • Suwo no firu, Ebbe.
  • Fiſa no ſarra, Knie.
  • Jakima no ninjo, porcellai - nene Figur.
  • Mugi no ka, Weizenmehl.
  • Hanna no mis, Roſenwaſſer.
  • Mis no karakuri, Quellwaſſer.
  • Us no ko, Kalb.
  • Kuſera no fung, Ambra.
  • Iki no ſemekv, kurzer Athem.
  • Fari no miſimo, Nadeloͤhr.
  • Tori motji wanna, Vogelleim.
  • Te no goi, Handtuch, Schnupf - tuch.
  • Te no ki, Handſchuh.
  • Ken no ki, kleine Bartzange.
  • Tamago no karra, Eyerſchale.
  • Me no tamma, Augapfel.
  • Onago no titi, Milchweiß.
  • Tippo no tammu, Flintenkugel.
  • Sitſugets no joko, Sonnen - ſtrahl.
  • Sanſi no ito, Violinſeite.
  • Naka no warka, ſchlechter Freund.
  • Naka no jukka, von gutem Herzen.
  • Meganne no je, Brillenfutteral.
  • Kugi no ki, Kneipzange.
  • Ki no kawa, Seil, Strick.
  • Naka no jaka, guter Freund.
  • Kuſira no fige, Fiſchbein.

Die Pronomina ſind folgende:

  • Watakvs, ich.
  • Omai, du.
  • Ano fito, er, ſie (elle)
  • Ore, mir.
  • Watsks domo, meme, wir.
  • Omagaita, ihr (vous)
  • Ano fitats, ano fito tatj, ſie (eux, elles)
  • Miſkara, ſibong, ich ſelbſt.
  • Onaſikv, onaskoto, er ſelbſt, derſelbe.
  • Kore, dieſer, dieſe.
  • Kore wa, jener.
  • Dare, wer.
  • Dare ga somotska, weſſen Buch.
  • Koriwa nannika, was iſt.
  • Fito, jemand.
  • Foka, bets, ein andrer.
  • Stotſo ſutſu, ein jeder.
  • Dare monai, niemand, keiner.
  • Wataks fito no, mein.
  • Ano fito no, ſein.
  • Ano fito tatſa, ihr.
  • Sokomotto, hannata, euer.
  • Kannajamma, meine (mes)
  • (Okatſa, Niobo, Frau.)
  • Wataks niobo, meine Frau.
  • Omai no okatſan, deine Frau.
    • Ano fito no fotjo,
    • Ano fito no haka,
    ſein Meſ - ſer.

Hiebey iſt zu merken, daß fuͤr Du und Ihr ganz ver - ſchiedene Woͤrter gebraucht werden, je nachdem der, mit wel - chem man ſpricht, vornehmen oder geringeren Standes iſt.

105Von der Japaniſchen Sprache.
  • Omai, gebraucht man gegen ſeines Gleichen und Freunde.
  • Wari, gegen Geringere.
  • Neus, gegen viel Geringere.
  • Niquiats, gegen die Allergeringſten.
  • Kojats, lautet hoͤchſt unhoͤflich.
  • Samma, gebraucht man gegen Vornehmere und Hoͤhere, und es thut ungefehr dieſelben Dienſte, als das europaͤiſche Herr.
  • Hannata, auch gegen Vornehmere, und die, welche man eh - ren will.
  • Sokomotto, wird in der einfachen, Omaigata, in der meh - reren Zahl, gebraucht.

Eben dies gilt von Er und Sie. Ano fito ge - braucht man gewoͤhnlich; Ano wari aber nur von Ge - ringern.

Auch mit dem Worte Geben, iſt es eben ſo; in ge - wiſſen Faͤllen ſagt man fureru, in andern jaru; wenn man: Gieb, ſagen will, ſagt man gewoͤhnlich oſe tſuke jare und jarre; hoͤflicher und ehrerbietiger aber iſt Kuda ſare.

Beyſpiele von Adverbien, Praͤpoſitionen, und der - gleichen ſind:

  • Daibung, oka, kaikoto, tak - ſan, viel.
  • Juki, huſumi, miſomi, mehr.
  • Skunai, weniger.
  • Subong, genug.
  • Jokeinni, voͤllig genug.
  • Amali, zu viel.
  • Amali okina, zu groß.
  • Amali komaka, zu klein.
  • Kokoro joſi, jukka, wol, gut.
  • Aſi no jukka, es ſchmeckt gut.
  • Warika, warikoto, uͤbel, ſchlim̅.
  • Suguren, ſchlimmer.
  • Karuku, karuka, leicht.
  • Sewaſſine, kaum.
  • Ine, inne, jaija, nein.
  • Naka, i, ine, jaija, nicht.
  • Wataks, nichts.
  • Nanni mo naka, gar nichts.
  • Hai, ai, hei, ja.
  • Do, wie.
  • Ka, betreffend.
  • Ka no koto, die Sache betref - fend.
  • Sotai, allzuſammen.
  • Sugureta, ausgenommen.
  • Damare, tomagi, ruhig ſtill.
  • Ojoſo, okata, ungefehr.
  • Onaſiku, atſume, atſumutu, zugleich.
G 5106Erſte Abtheilung. Siebenter Abſchnitt.
  • Hamma, der Laͤnge nach.
  • Tji, naka, utſi, inwendig.
  • Oki, auswendig.
  • Maſſugumi, gerades Weges.
  • Oka, von fern, entfernt.
  • Oka, toka, toi, ſo viel fehlt, daß.
  • Motoni, nahe.
  • Metoni, tongari, am naͤchſten.
  • Doku, wo.
  • Koko, hier.
  • Koro kara Nagaſakimode, von hier nach bis Nan - gaſacki.
  • Miterajiini, nach Miteraji.
  • FiſeniSaſte, ſiquiſeni, von Fiſennach Siquiſen.
  • Aſſoko, da.
  • Sote, allenthalben.
  • Dokke, nirgend.
  • Umi wattam, zur See, zu Waſſer.
  • Kenſio ni, in der Nachbar - ſchaft.
  • Matta, wiederum.
  • Matta kui, komm wieder.
  • Sitta, ſimmo, unter, unten, unterwaͤrts.
  • Sta, am unterſten.
  • Sugi, owe, uͤber, oben, ober - waͤrts.
  • Ni, nach.
  • Uſiro, ura, hinter.
  • Moije, vor.
  • Mukav, gegen.
  • Motoni, bey.
  • Touru, durch.
  • Made, zu.
  • No, von.
  • Tota, außer.
  • Awai, unter (entre)
  • Deru, aus.
  • Mawari, um.
  • So, ko, korriganni, wenn.
  • Naſe, nasjeni, deswegen.
  • Naſſi, naſſii narewa, weil denn.
  • Matta, awa, oder.
  • No, und.
  • Faredomo, arwatenkaſa, aber.

Die japaniſchen Zahlwoͤrter lauten alſo:

  • 1 Fitots, its.
  • 2 Fitats, ni.
  • 3 Mits, ſan.
  • 4 Jots, fi.
  • 5 Ituts, go.
  • 6 Mots, rok.
  • 7 Nanats, ſits
  • 8 Jaats, guat, fats.
  • 9 Kokonots, kju, kwu.
  • 10 Towo, ſju.
  • 11 Sjuits.
  • 12 Sjuni.
  • 13 Sjuſan.
  • 14 Sjuſi
  • 15 Sjugo.
  • 16 Sjurok.
  • 17 Sjuſits.
  • 18 Sjufats.
  • 19 Sjuhju.
  • 20 Niſju.
  • 21 Niſjuits.
  • 25 Niſjugo.
  • 30 Sanſju
  • 40 Siſju.
  • 50 Goſju.
  • 60 Rokſju.
  • 70 Sitſiſju.
  • 80 Guatsſju, fatſiſju.
107Von der Japaniſchen Sprache.
  • 90 Kuſju.
  • 100 Fjak, fjakv.
  • 1000 Ikwang, ſen.
  • Fan, fang, fambang, halb.
  • Hanbong, die Haͤlfte.
  • Stoots fang, anderthalb.
  • Sigaitji, ein Viertheil.
  • Kire, ein Theil.
  • Fito, fire, ein kleines Stuͤck.
  • Sui, Paar, gerade (Zahl).
  • Itſin, Ein Paar.
  • Tjo, tjoſan, paarweiſe.
  • Fang, ungerade (Zahl).
  • Tjoka fanka, gerade und un - gerade.
  • Riofo, beyde.
  • 10000 Mang.
  • 100000 Ogv.
  • Sakki itjo, eine Schaale Schakki.
  • Roſoks itjo, ein Licht.
  • Ippio, ein Sack Zucker; nifio, zwey Saͤcke Zucker; Sanpio, drey; ſifio, vier und ſo wei - ter; eins ums andre pio und fio mit dem Zahlworte.
  • Ikwang me, tauſend Maas oder hundert Thail.
  • Haſime, zuerſt.
  • Softe kara, zuerſt dies, her - nach jenes.

Zu Bezeichnung der Zeit, dienen unter andern folgende Woͤrter.

  • Konjits, koniſi, kjo, heute.
  • Keſa, heute Morgen.
  • Sugita, ſenjets, ſakkuſits, kinno, geſtern.
  • Ototoi, iſakuſits, vorgeſtern.
  • Mionits, aſta, , morgen.
  • Oſa, des Morgens.
  • Firu, Mittag.
  • Firu mai, Vormittags.
  • Firu ſugi, Nachmittags.
  • Jur, joſerri, des Abends.
  • Konja, Kombang, heute Abends.
  • Jaſin, geſtern Abends.
  • Jonaka, Mitternacht.
  • Kara, ſeit, ſeitdem.
  • Kinno kara, ſeit geſtern.
  • Toſo, ſjoni, immer.
  • Tabitabi, ſeſſets, oft.
  • Itjido. einmal.
  • Tſuine, nie[m]als.
  • Mada, noch.
  • Madanai, noch nicht.
  • Aida, jone, tokitotſera, ari - tukiwa, bisweilen.
  • Tamma tamma, ſelten.
  • Keto, itoke, neulich.
  • Itſu, wenn.
  • Otſki, allmaͤhlich.
  • Hajaks, fajakv, faiſo, ge - ſchwinde.
  • Imma, oſitſuki, atſke, ot - ſka, ſogleich.
  • Soſteka, ſoſtekara, ſobald.
  • Oſuka, ſpaͤt.
  • Jube jori oſonatto, ſpaͤter.
  • Oſonatta, es iſt ſpaͤt.
  • Nandoki, wie ſpaͤt iſts?
  • Senkjo, zuletzt.
  • Hojai, haje, fajaku, fruͤh.
  • Fito toki, eine Stunde.
  • Fita toki, zwey Stunden.
108Erſte Abtheilung. Siebenter Abſchnitt.
  • Nan doki go, zu welcher Stunde.
  • Kokonots toke, um zwoͤlf Uhr.
  • Guats, gets, tſuka, Monat.
  • Kongits, in dieſem Monathe.
  • Reigits, im kuͤnftigen Monathe.
  • Kono tſi taſſini, den erſten die - ſes Monats.
  • Nanka no utſini, in ſieben Ta - gen.
  • Kjanin, vor einem Jahre.
  • Miaganin, vor zwey Jahren.

Die Farben werden auf folgende Art benannt:

  • Siro, weiß.
  • Furo, kuro, ſchwarz.
  • Ki, gelb.
  • Akai, roth.
  • Tja iro braun (woͤrtlich) Thee - farbe.
  • Awo, awokel, fanna iro, blau.
  • Fai iro, neſumiro, grau, greis.
  • Majogi, ao, gruͤn.
  • Mojogi, friſch gruͤn.
  • Muruſakki, Purpurfarben.

Verſchiedne Sachen, welche die Japaner erſt durch Fremde bekommen oder kennen gelernt haben, werden mit hollaͤndiſchen oder portugieſiſchen Namen benannt:

  • Tabaco, Toback.
  • Portugal abra, Baumoͤl.
  • Bir, Bier.
  • Unicorn, Einhorn.
  • Boter, Butter.
  • Karta, Karte.
  • Lancetta, Lancette.
  • Pang, Brodt.
  • Savon, Seife.
  • Flaſco. Flaſche.
  • Diamant, Demant.
  • Saffran, Safran.
  • Baſo, Schuͤſſel.
  • Ducaton, Dukat.
  • Gans, Gans
  • Kakami biduro, Spiegelglas.
  • Raſſia, oraſſia, Raſch, Tuch.
  • Aderlaten, Aderlaſſen.
  • Skerbekken, Barbierbecken.
  • Fork, Gabel.
  • Kananor iſi, Blutſtein, weil die Portugieſen ihn zuerſt aus Kananore in Oſtindienhieher brachten.)
  • Tabacco ore, Tobacksdoſe.
  • Tinta, ſpaniſcher Wein.
  • Boter no kas, Kaͤſe.
  • Kapitein, Capitain.
  • Krokodil, Krokodil.
  • Pokk, veneriſche Krankheit.
  • Fige ſavon, Barbierſeife.
  • Banco, Bank.
  • Faka, Meſſer.
  • Biduro, Spiegel.
  • Kopp, Taſſe, Schaale.
  • Theriak, Theriak.
  • Vein, Wein.

Hier folgen noch einige Exempel von Conjugation, Conſtruction und Gebrauch der Verben, und von Formi - rung ganzer Saͤtze.

109Von der Japaniſchen Sprache.
  • Jarre, jaru, gieb.
  • Wataks jaru, ich gebe.
  • Wataks jatta, kawaſta, ich habe gegeben.
  • Wataks mionitji jarrimarru, ich gab geſtern.
  • Wataks jarritai, ſkavaſtai, ich will geben.
  • Anofito kakarimas, er ſchreibt.
  • Anofito no kakarimaſta, er hat geſchrieben.
  • Watakuſidomo kakimaſſita, wir haben geſchrieben.
  • Anofito kakarimaſſu, er wird ſchreiben.
  • Watakuſidomo kakimaſſu, wir werden ſchreiben.
  • Anofitotats kakarimaſſuru, ſie werden ſchreiben.
  • Ano fito ſuko ode guſerimas kakokoto, er will ſchreiben.
  • Ano fito hollanda moiſi kaka - rimas, er ſchreibt hollaͤndiſch.
  • Ano fitotats jomarimaß, ſie leſen.
  • Ano fitotats ſomats jomarinaſ - ſita, ſie haben das Buch durchgeleſen.
  • Ano fitotats ima jomarimaſ - ſuru, ſie werden bald leſen.
  • Ano fitotats jokomoto ſkari - maſſing, ſie werden nicht le - ſen.
  • Wataks taſen guſerrimaß, ich befinde mich wohl.
  • Omai ſokſai ni guſerrimas, befindeſt du dich wohl?
  • Anoſto gokigin jo guſerrimas, er befindet ſich wohl.
  • Anofto ſokſai ni guſerrimas, ſie befindet ſich wohl.
  • Gokigin jo guſerrimaſka, wie befindeſt du dich.
  • Jo guſerrimaſſur, wohl.
  • Mada ſagaſſu guſerrimaſka, befindet er ſich wohl.
  • Anofto okatſan jo ſerrimas, ſeine Frau befindet ſich wohl.
  • Kindſo ſamma konits ikagawa watarinaſſuru? wie befindet Herr Kindſo ſich heut?
  • Sibon goſoſo noſerrimaſſe, ich wuͤnſche dir gutes Befin - den.
  • Itami, Krankheit.
  • Watakvſi itami maſſita, ich bin krank.
  • Kinno owa omai iwa itamiwa naſſerrimaſſinka, biſt du ge - ſtern krank geweſen?
  • Omai no itami de guſerri - maſka, was fuͤr eine Krank - heit haſt du?
  • Watakvs jakfſo itaſta ſita, ich habe es verſprochen.
  • Kono fanna wakareta, die Blume iſt verbleicht.
  • Wataks nanni itaſimaſurka, was ſoll ich thun.
  • Omai juwa konits nanni na - ſerrimoß, was thuſt du heute.
  • Omai je nenaſerrimaſſita, ſchlaͤfſt du nicht?
  • Wataks nejemaſſin, ich kann nicht ſchlafen.
  • Omai fimoſuwa guſerrimaſ - ſinka, biſt du hungrig?
  • Wataks tatemaſſu, ich will eſſen.
110Erſte Abtheilung. Siebenter Abſchnitt.
  • Ima kara dora toſa guſerrika, wie weit ſind wir gereiſet?
  • Miterajiini, bis Miterai.
  • Tonin wa okai iri naſerri - maſ ka, wirſt du in dieſem Jahre wegreiſen?
  • Me onin mo oidinaſerrimaſka, wirſt du im folgenden Jahr zuruͤckkommen?
  • Naſſini oſoki vidinaſerrima - kaſta, warum biſt du ſpaͤt zu - ruͤckgekommen?
  • Kokini itſu ootſki naſerrima - ſtaka, wenn biſt du hieher gekommen?
  • Jahſin, geſtern Abends.
  • Oſakkaits olaſſſi naſerrima - ſtaka? wenn biſt du von Oſakkiabgereiſet?
  • Kono tſi taſſini, den erſten die - ſes Monats.
  • Fajo gotjakf naſerrimaſta, du biſt geſchwind hieher gekom - men.
  • Nanka no utſini, in ſieben Tagen.
  • Na nimo fuſiu na koto wa - gurrimaſſinka, haſt du kein Ungluͤck gehabt?
  • Inne, nein.
  • Koki nanni ſini oide naſerri - maſta? was haſt du hier zu thun.
  • Kuni wo mini kimaſta, ich will mich im Lande umſehen.
  • Nagaſakiwa do guſerrimaſ - ka, was ſagſt du von Nan - gaſakki?
  • Kekkono tokoro deguſerri - maſſur, es iſt ein angeneh - mer Ort.
  • Anata wa kokoni fiſaſſu torio na ſerrimaſſinka, wirſt du einige Zeit hier bleiben?
  • Lai gits made torio itaſſimas - ju, bis zum kuͤnftigen Mo - nat werde ich hier bleiben.
  • Soſte kara doki dide naſerri - maſſurka, wohin wirſt du alsdann reiſen?
  • Fiſeniſaſſe Siguiſeni, nach Fiſen, und von da nach Si - quiſen.
  • Nando ki guſerrica, was iſt die Uhr.
  • Kokonots toke, zwoͤlf.
  • Kaſe wa jukka, es iſt guͤnſti - ger Wind.
  • Jets matta haſſemka, wenn wollen wir wieder abſegeln?
  • Fir ſugi ni, ſivo no jonerri ſidaini, nach Mittag, wenn die Fluth wiederkommt.
  • Mis ſuga kitſo ſuro ka, dies Waſſer iſt ganz ſchwarz.
  • Kokawa ſundo fukai, hier iſt das Waſſer tief.
  • Watakuſi imo ſo omoinaß, das glaube ich wohl.
  • Omai je aſſoko nanni naſer - rimaſur, was haſt du da?
  • Wataks aſſoko kanni no gu - ſerrimas, ich habe da Geld.
  • Omai gin guſerrimaſuru, du haſt Silbergeld.
  • Wataks nanni guſerrimas, was habe ich?
  • Nanni mo naka, gar nichts.
  • Nanni no ono ſami degoſerri - maska, was willſt du haben?
  • Kadeſki, no guſerrimas, ich111Von der Japaniſchen Sprache. danke dir, ich will nichts haben.
  • Nanni na ire naſerretaka, was haſt du dort.
  • Wataks kawannu, ich kaufe nichts.
  • Anofto Kawarrimaſta, er kauſt.
  • Omai nanni kainaſerru, was willſt du kaufen?
  • Watats domo nanni kaimaſſu, was wollen wir kaufen?
  • Omaigata nanni kainaſata, was haben ſie gekauft?
  • Makiemono wa takai, lakirte Sachen ſind theuer.
  • Toko ogodatta, ſie ſind theu - rer geweſen.
  • Wataks faraimaß, ich bezahle.
  • Anofto faraimaſta, er bezahlt.
  • Wataks niobo faraimaſta, mei - ne Frau bezahlt.
  • Omai no okatſan faraimaſſur, deine Frau bezahlt.
  • Watoks ſmai imo ſuru, ich bin laͤngſt fertig.
  • Kotoba atſume, ein Geſpraͤch.
  • Matuſiro ſamma no ie o oſite kadaſſari, zeige mir Herrn Matuſiros Haus wenn du ſo gut ſeyn willſt?
  • Aſka no torrari de guſerri - maſſu, es iſt das naͤchſte Haus.
  • Kadeſki no guſerrimaſſu, ich danke dir, daß du es mir zeigſt.
  • Matuſiro ſamma ie de guſar - rimaſſuka, iſt Herr Matu - ſiro zu Hauſe.
  • Tata ima dererrimaſta, er iſt ſo eben ausgegangen.
  • Doki oſi de naſerrimaſtaka, wohin iſt er gegangen?
  • Kenſjo ni, auf die Nachbar - ſchaft.
  • Fajo okajiri na jerrimaſſurka, naſarri maſſuriru? wird er bald wiederkommen?
  • Wataks no ſo omemaſſuru, ich glaube wohl.
  • Matuſiro ſamma de guſerri - maſka, iſt das Herr Ma - tuſiro?
  • Anata de guſerrimaſſu, er iſts.
  • Ano gimba jo minoſerri, ſiehſt du jene Treppe?
  • Ai, jo guſerimaſſu, ja.
  • Oſuwari na ſerrimaſſinka, iſts dir gefaͤllig dich zu ſetzen.
  • Nando ni videna ſerrimaſſe, ja, im innern Zimmer.
  • Ana ta ni kota ſugika guſer - rimaſſu, ich habe etwas von dir zu bitten.
  • Dari kara de guſerrimaſka, in weſſen Namen?
  • Anatano Oſakano fabaikara, im Namen eines deiner Freun - de zu Oſacka.
  • Nawa do muſmaſka, wie heißt er?
  • Gorobe to mofimaſſu, er heißt Gorobe.
  • Konotſio ni kaite guſerrimaſ - ſuru, dieſer Brief wird es dir ſagen.
112Erſte Abtheilung. Achter Abſchnitt.

Achter Abſchnitt. Einige allgemeine zoologiſche und mineralogiſche Nachrichten.

Eine foͤrmliche Naturgeſchichte von Japanzu liefern, wuͤrde fuͤr ein Buch, das nur eine Reiſebeſchreibung enthalten ſoll, viel zu weitlaͤuftig ſeyn. Ich will da - her nur Einiges davon in der Kuͤrze anfuͤhren um wenigſtens von den dieſem Lande eigenen Naturpro - dukten einen Begriff zu geben. Was die Gewaͤchſe be - trift, habe ich dieſelben in meiner 1784 herausgekomm - nen flora japonica ausfuͤhrlich beſchrieben, wo ich zu - gleich den Nutzen und Gebrauch angegeben habe, den die Japaner in mancherley Ruͤckſichten von den verſchie - denen Arten der Baͤume, Stauden und Kraͤuter, und ihren einzelnen Theilen, zu machen wiſſen. Auch habe ich in dieſer Reiſebeſchreibung ſelbſt das Merkwuͤrdigſte von den hieſigen Erzeugniſſen des Pflanzenreichs und deren mannichfaltigen Benutzung theils gelegentlich, ſo wie mir auf der Jedoer Reiſe dergleichen aufgeſtoßen iſt, theils bey Erzaͤhlung meiner botaniſchen Spatzier - gaͤnge, bereits beſchrieben. Deshalb werde ich das Pflanzenreich jetzt ganz uͤbergehen, und nur von den beyden andern Naturreichen noch das nachhohlen, was im vorhergehenden allenfalls nicht vorgekommen iſt.

Die entweder ſehr ſeltnen, oder in Europagaͤnz - lich unbekannten Thiere, habe ich zum Theil ſchon in einzelnen akademiſchen Abhandlungen und Disputatio - nen, einige auch mit beygefuͤgten Abbildungen, beſchrie - ben, und gedenke auf gleiche Art damit fortzufahren.

Von den Saͤugthieren kann ich folgende, als ge - wiß in Japanbefindlich, angeben. Der Wolf (Canislupus113Zoologiſche und mineralogiſche Nachrichten. lupus japaniſch Okame) dieſer haͤlt ſich in den noͤrdlichen Gegenden auf. Der Fuchs (Canis vulpes), ein im ganzen Lande gefuͤrchtetes Thier. Der Hund (Canis familiaris, japaniſch Jamma ing), ſowohl zahm, als auch, wie man mir geſagt hat, wild; den letztern ſcheint man aber doch wohl mit dem Goldwolfe oder einer an - dern aͤhnlichen Gattung zu verwechſeln. Die Katze (Felis catus) findet ſich in allen Haͤuſern, und zwar von verſchiedenen Farben. Die Hausratze (Mus rattus) treibt hier, wie in andern Laͤndern ihr Weſen. Der Haſe (Lepus timidus) und zwar von der grauen Art, wurde nicht ſelten nach unſrer Factorey und auf unſern Tiſch gebracht. Der Stier (Bos taurus); in der Ge - gend um Miakoſah ich Buͤffel mit Hoͤckern auf dem Ruͤcken große Karren ziehen; die Kuͤhe aber, welche die Landleute bisweilen zum Pfluͤgen des Feldes halten, ſind ſehr klein. Das Pferd (Equus caballus) iſt von mittelmaͤßiger Groͤße. Das Schwein (Sus firo - fa) iſt von der chineſiſchen Art. Wallfiſche (Balaena) ſah ich zu Nangaſackiauf dem Markte in den Fleiſch - ſcharren, in Stuͤcken gehauen, zum Verkauf; ſie wer - den an der Kuͤſte mit Harpunen gefangen, und auſſer dem Fleiſche wird auch der Fiſchbein und der Ambra da - von gebraucht, den man nicht ſelten in dem Eingeweide findet, und den man mir auch einmal friſch und weich zeigte. Man ſagte mir zwar, daß in den noͤrdlichen und am wenigſten bewohnten Gegenden auch noch verſchie - dene andere Saͤugthiere, als Hirſche, Baͤren, Affen, und der - gleichen anzutreffen waͤren; ich hatte aber keine Gelegen - heit, ſie weder lebendig, noch auch nur Felle dav[o]n zu ſehen.

Von den Voͤgeln findet man ſowohl Huͤner als Gaͤnſe und Enten, zahm; in ſehr, großer, oft ganz un -Thunbergs Reiſen. Zweyt. Band. zweyter Th. H114Erſte Abtheilung. Achter Abſchnitt. glaublicher Menge aber halten dieſelben ſich wild auf dem Waſſer zwiſchen den Inſeln auf, wo ſie vor ſchrek - kenden Schuͤßen und vor Jaͤgern, die ihrem Vergnuͤgen nachgehen, ſicher ſind; andere halten ſich im Lande und auf dem Felde auf; es fehlte mir inzwiſchen an Gelegen - heit, eine Sammlung davon zu machen, weil ich we - der ſelbſt Schießgewehr gebrauchen durfte, noch mir eine ſolche Collection auf andre Art verſchaffen konnte. Diejenigen welche ich mit einiger Gewißheit kennen gelernt habe, ſind folgende: der Hahn und das Huhn (Gallus); der Rabe (Corvus corax); die Gans (Anſer); die Federkap - pente (Anas galericulata); und die Winterhalbente (Anas querquedula), die in unſre Kuͤche kamen; der weiße Reiher (Ardea alba) und der blaue Reiher (Ardea ma - jor); die dem Bauer auf dem Felde beym Pfluͤgen und Graben nachfolgen; die Wachtel (Tetrao coturnix), der Dompfaffe (Loxia pyrrhyla) und der Reisfreſſer (Loxia oryzivora), ebenfalls aus dem Geſchlechte der Kernbeiſſer, endlich die Haustaube (Columba domeſtica).

Amphibien findet man in dieſem Lande ſehr we - nige. Die ich ſah, waren nur die Japaniſche Schildkroͤte (Teſtudo japonica); und die japaniſche Eidechſe (La - certa japonica). Die Dolmetſcher ſagten mir zwar, daß auch Schlangen in Japananzutreffen waͤren; ich habe aber nie eine Spur davon bemerkt.

Von Fiſchen habe ich eine Menge geſammelt, in Weingeiſt aufbewahrt und nach Batavia, Hollandund meinem Vaterlande geſchickt. Es ſind aber unter - wegens mehrere davon verungluͤckt, und von dem Reſt manche noch nicht unterſucht; bis jetzt kann ich folgende angeben: die nebelfarbne, die bemahlte, die beringte und die geſtreifte Muraͤne, (Muraena nebuloſa, picta,115Zoologiſche und mineralogiſche Nachrichten. annulata, faſciata); der aſchgraue Schlangenfiſch (Ophichthys cinereus); alle ſehr ſchoͤne und merkwuͤr - dige Aal-Arten; eine Art Gruͤndel (Gobius patella); der gefleckte und der ſchmalgeſtreifte Wels (Silurus macula - tus, lineatus); der Japaniſche Schellfiſchteufel (Calliony - mus japonicus); der gepanzerte Umberfiſch (Sciaena ca - taphracta); der ſechsfachlinirte und der bunte Barſch (Perca ſexlineata, picta); der gemeine Lachs (Salmo ſalar); die Borſtenfloſſe aus dem Geſchlechte der He - ringe (Clupea thuriza); der Tobackspfeifenfiſch (Fiſtela - ria tabacaria); der Goldfiſch (Cyprinus aureus); der See - flaſche und der gefleckte Stachelbauch (Tetraodon hispi - dus, ocellatus); das Seekaͤtzchen aus dem Geſchlechte der Beinfiſche (Oſtracion cornuttus); das Seepferdchen (Syngnathus hippocampus); und der Krampffiſch (Raja torpedo).

Inſekten waren fuͤr mich, ſowohl auf unſrer Inſel, als auch auf der Reiſe nach und von Jedo, leicht zu be - kommen. Zum Theil waren ſie mir bekannt, zum Theil aber voͤllig neu. Hier ſind ihre Namen: der ja - paniſche und der Vielfleck-Sonnenkaͤfer (Coccinella ja - ponica, quadripuſtulata); das Sonnenhaͤhnchen und das Weidenhaͤhnchen (Chryſomela aeſtuans, pallida); der Todtenfreund (Dermeſtes violaceus); der Japani - ſche - und der Ketten-Sandlaͤufer (Cicindela japonica, catena); der Kupferſchmidt (Scarabaeus aeruginoſus, japaniſch Fama Muſi); der europaͤiſche Dungkaͤfer (Hi - ſter unicolor); der großnaſige Erdfloh und der Sta - chelfloh (Mordella naſuta, aculeata); der Kraͤuterdieb (Ptinus fur); der Zwitterkaͤfer (Melve proſcarabaeus); der Blauſtrich und der Blaſenſchildkaͤfer (Caſſida nobi - lis, veſicularis); der Blumenkratzer aus dem GeſchlechteH 2116Erſte Abtheilung. Achter Abſchnitt. der Todtengraͤber (Sylpha aeſtiva); der Bauer, die Feuerglut, der zierliche und der Haubenſtinkkaͤfer (Bu - preſtis ruſtica, ignita, elegans, vittata); das Sta - chelhorn (Cerambyx rubus); der japaniſche und der platte leuchtende Kaͤfer (Lampyris japonica, compreſſa); der Rothfluͤgel und der Uferraͤuber, beyde Raubkaͤfer (Staphylinus erythropterus, riparius); der große Ohr - wurm (Forficula auricularia); die große, die ſprenk - liche, die rauhe, die Knul -, die dreyeckte, die ein - punktirte, die Walk -, die ſchmutzige, die chineſiſche, die braune, die Anker -, die gehoͤrnte, die ſchwarze, die Kreuz -, die Colon -, die Wahrſag -, und die ge - fleckte Wanze (Cimex grandis, guttigerus, hiſpidus, clavatus, trigonus, unipunctatus, fullo, ſordidus, chinenſis, brunneus, anchora, cornutus, niger, an - dreae, colon, augur, ocellatus); der oſtindiſche, der deutſche und der Buſch - Kakerlak (Blatta orienta - lis, germanica, gigantea); der europaͤiſche Blattwand - rer, der gefleckte und der großnaſige Geſpenſtkaͤfer (Mantis religioſa, maculata, naſuta); der langnaſigte Grashuͤpfer (Grillus naſutus) die Grille mit zwey Schwanzbuͤrſten (Acheta gryllotalpa); der Streu - punkt, der Ruͤbenweißling, der Aderſtrich, das Haken - horn, der Buttervogel, der Fenſterfleck, der Roſtfluͤ - gel, der Erdpapilion, die Diſtelnymphe, und die chine - ſiſche Nymphe, ſaͤmtlich aus dem Geſchlechte der Tagvoͤgel (Papilio argiolus, rapac, niavius, thrax, hecabe, proteus, arcanius, phlaeas, cardui, niphe); der Todtenkopf (Sphynx athropos); der Glitſchfuß (bombix lubricipe - da); der Seidenvogel, das griechiſche Chi, der[Schwim -] mer, der Greisfluͤgel, der naͤmliche Nachtvogel, und der Liebling, (Phalena mori, chi, nymphaeata, ſerunata,117Zoologiſche und mineralogiſche Nachrichten. immutata, amatoria); der Blattroller (Tortrix viri - dana); der Laͤuſefreſſer und die große Stinkfliege (He - merobius perla, grandis); die Sumpfnymphe und die Flußnymphe, aus dem Geſchlechte der Jungfern (Agrion puella, virgo); die japaniſche Scorpionfliege (Panorpa japonica); die Honigbiene (Apis mellifica), die Wandweſpe (Veſpa parietum); die Schmeiß -, die japaniſche, weißkoͤpfige Fliege, der Kaiſer, die Honig - fliege, der Triller, die Stuben -, die Miſt -, die Gal - len - und die Regenfliege (Muſca carnaria, japonica, albifrons, caeſar, mellina, vibrans, domeſtica, fime - taria, cynipſea, pluvialis); der Wadenſtecher (Sto - moxys calcitrans); der phalaͤnenartige, der rothhal - ſige und der hochhuͤftige Langfuß (Tipula phalaenoides, ruficollis, femorata); die Singſchnecke (Culex pipiens); die Seeaſſel und der Kellerwurm (Oniſius oceanicus, aſellus); der moluckiſche Krebs, aus dem Geſchlechte der Schildfloͤhe; von den Floͤhen, der Nachtwecker, (Pulex irritans); die Menſchenlaus (Pediculus huma - nus); der Erdvielfuß (Julus terreſtris); der Zuckergaſt Lepiſma ſaccharina); die Krebskrabbe, der Fluskrebs und die Seelaus (Cancer diogenes, aſtacus, dorſipes). Eine Art ſchwarzer Cikaden nennen die Japaner Semi und die Schweber (Bombylius) mit weißem Steiße Abu.

Konchylien ſammeln die Japaner, beſonders in den noͤrdlichen Landſchaften; ſie legen ſie in gekratzte Baumwolle, befeſtigen ſie daran mit Reiskleiſter und verkaufen ſie an die Hollaͤnder, wenn ſie nach Jedorei - ſen. Sie ſind alle ſehr ſchoͤn, aber allezeit die kleinen dazu ausgeſucht. Die Schaalthiere, welche im Lande haͤufig gegeſſen werden, und auch auf unſern Tiſch ka - men, ſind: der Seitenſchwimmer (Oſtrea pleuronectes),H 3118Erſte Abtheilung. Achter Abſchnitt. die Rieſenkammmuſchel, (Oſtrea gigas) eine ſehr lange und dicke Art Auſtern; die Braunlippe und der Spiel - doublet, beyde aus dem Geſchlechte der Venusmuſcheln (Venus meretrix, chione.)

Von Wuͤrmern, (Vermes) Konchylien und Ko - rallen ſind die welche ich geſammelt habe, folgende: der Achtfuß und der Zwergblackfiſch (Sepia octopodia, ſepiola); der Komet, ein Seeſtern (Aſteria rubens); die Seemuͤtze und die kleine Seepocke (Lepas mitella, balanoides); der ſtumpfe Klaffer (Mya truncata); der Rinnendoublet, die Saubohne, die Kammſcheide, der rothe Sonnenſtrahl, alle aus dem Geſchlechte der Scheiden (Solen vagina, legumen, bullatus, ſtrigi - latus); die feſte und die zarte Tellmuſchel, die Milch - linſe, und die Eyertelline (Tellina ſolidula, delicatu - la, lactea, albida); die xulanneſiſche Buchſtabenmu - ſchel und die Bettlermuſchel (Donax ſcripta, irus); von den Herzmuſcheln, die Dickſchaale (Carpium ruſticum); die Jungfer, die Kreuzſchaale, die Blaulippe, die Blutlippe, die rauhe Sanctdomingomuſchel, der Ga - belzahn, die Gittervenus, die Warzenrippe, der Ve - nuskamm, die Vettel, der Spieldoublet, welcher Ja - paniſch Hamagai heißt, und die Braunlippe, Japaniſch Sigakf (Venus virginea, decuſſata, laeta, deflorata, tigerina, rotundata, cancellata, verrucoſa, pecti - nata, exoleta, chione, meretrix); die Violetkorb - muſchel, der Glattnabel, die Strandmuſchel, die Schlammmuſchel, der Stralkorb (Mactra violacea, glabrata, ſolita, lutaria, ſtultorum); Die Baſtard - die Bart - und die Noahsarche, das Toͤrtlein, die Zoͤlle (Arca antiquata, barbata, noae undata, pellata); die gezackte Lazarusklappe (Spondylus gaederopus); die119Zoologiſche und mineralogiſche Nachrichten. Seenuß, die Muskatenbluͤthe, beyde Chienmuſcheln (Chama antiquata, lazarus); das Voͤgelchen, die Bart - muſchel, das Zwergfell, die Perlenmutter, aus dem Geſchlechte der Miesmuſcheln (Mytilus hirundo, bar - batus, bilocularis, margaritiferus); die Feile, der Sommermantel, der Jaͤgermantel, die Pilgrimmsmu - ſchel, das Lorbeerblatt, die gewoͤlbte Kammuſchel, der Seitenſchwimmer, und die Rieſenkammuſchel (Oſtrea lima, pellucens, plica, maxima, folium, for - nicata, pleuronectes, gigas); der Hyſterit, die Tere - bratel, die Falte, die Furche, die Zwiebelſchaale, alles Baſtardmuſcheln, (Anoma hyſterophorus, terebra - tula, plicatella, lacunoſa, cepa); der edle Schinken; eine Steckmuſchel, (Pinna nobilis); der Papiernauti - lus (Argonauta Argo); von den Tuten das Geſpenſt (Conus ſpectrum); der Schlangenkopf und die Schlan - genporcellaine Cypraea mauritanica, ſerpentis); das bruͤthende Taͤubchen, eine Walze (Voluta mercatoria); die Schellenſchnecke, die Treppe, das Glanzhorn, das Steinchen, aus dem Geſchlechte der Kinkhoͤrner (Buc - cinum galea, ſpiratum, nitidulum, lapilIus); von den Blaſen, das Taubeney, das rothe Band, das Kibitzey, die Staatenfahne, das Joch, (Bulla naucum, amplu - ſtre, ampulla, phyſis, ſpelta); die Tritonsſchnecke, die Nachteule, das Brandhorn, die niederlaͤndiſche Spindel, ſaͤmmtlich Stachelſchnecken (Murex tritonis, aluco, ſaxatilis, antiquus); die luhoneſer Fluͤgelſchnecke, (Strombus luhuanus); das Schnurbund, der Wulſt - nabel, die Pharaoſchnecke, aus dem Geſchlechte der Kraͤuſel (Trochus conulus, veſtiarius, pharaonis); die Zahnſchraube und die Nagelſchraube, beyde Mond - ſchnecken (Turbo bidens, ungulinus); von den Schwimm -H 4120Erſte Abtheilung. Achter Abſchnittt. ſchnecken der Knotennabel (Nerita cannena); von den Meerohren, das Knotenohr (Kaliotis tuberculata); die Narrenkappe, die Sternpatelle, der Nagel, die Wolken, die blaue Patelle, die Muͤtze (Patella unga - rica, ſaccharina, unguis, nubecula, caerulea bar - bara); der Ochſendarm, die Dreyeckroͤhre und die Rollſchlange aus dem Geſchlechte der Roͤhrenſchnecken; von den Sternkorallen die Pfennigkoralle (Madrepora porpita) verſteinert; die Raderkoralle (Iſis entrocha); von den Roͤhrenkorallen die Seeorgel, welche die Japa - ner Iwa kik nennen, und den Holzwurm (Tubipora muſicalis, teredo,). Sogenannte Meerbohnen (Um - bilicus marinus ſive Veneris) findet man ſehr viele am Strande, welche die See ausgeworfen hat, ſo wie in den Bergen viele Belemniten angetroffen werden.

An Metallen iſt Japanreich. Daß von den edlen Gattungen, Gold und Silber, dies Land ehedem einen ſehr reichen Seegen gehabt hat, haben ſowohl die Por - tugieſen, welche vormals Schiffsladungen davon aus - fuͤhrten, als auch die Hollaͤnder erfahren.

In Anſehung der Menge des Goldes wetteifert Japannoch heutiges Tages mit den reichſten Laͤndern. Da - mit deſſen aber nicht zu viel im Lande werde, darf nicht mehr, als eine gewiſſe Menge jaͤhrlich gegraben, und keine Art von Metallgruben ohne ausdruͤckliche Erlaub - niß des Kaiſers geoͤffnet und darin gearbeitet wer - den. Wenn der Bau einer Grube erlaubt wird, ſo fallen Zweydrittheil davon dem Kaiſer, und ein Drit - theil dem Fuͤrſten der Provinz fuͤr ſeine Koſten zu. Etwas Gold wird in Sand gefunden, das meiſte aber aus Kupferkies gezogen, der zu dem Ende in Schwefel aufgeloͤſet wird. Es ſind verſchiedene Gegenden des121Zoologiſche und mineralogiſche Nachrichten. Landes, die Gold liefern; allein das feinſte Gold und die reichhaltigſten Gruben findet man auf der groͤßten Inſel des Reichs bey Sado. Dieſem kommt an Guͤte dasjenige gleich, welches in der Provinz Surungage - wonnen wird. Auſſerdem weiß man mit Gewißheit, daß in der Provinz Satſumaverſchiedene reichhaltige Goldminen ſind, wie auch in der Landſchaft Tſikungound auf der Inſel Amakuſa. Das gewonnene Gold wird vermuͤnzt, zum Vergolden gebraucht, und in ſeidne Stoffe gewirkt; ausgefuͤhrt wird es unter keinerley Geſtalt.

Silber muß es vor dieſem weit haͤufiger gegeben haben, als itzt, weil ehemals eine große Menge davon aus dem Lande gieng. Die Japaner achten es ſelbſt fuͤr ſeltner als das Gold, obgleich ſie dem letztern einen groͤßern Werth beylegen. Sie nehmen auch jetzt von der hollaͤndiſchen Compagnie eine anſehnliche Summe hol - laͤndiſcher Dukatonen (eine hollaͤndiſche Silbermuͤnze) an. Das meiſte Silber findet ſich in der Landſchaft Bingo. Auch in den noͤrdlichen Gegenden, um Katta - mi, giebt es reiche Silbergruben, desgleichen ſollen zwey Inſeln, die den NamenGold -und Silber - inſeln, Ginſimaund Kinſimafuͤhren, ſowohl Silber, als Gold, in Menge liefern.

Das Kupfer iſt im ganzen Lande ſehr allgemein, enthaͤlt viel Gold und bereichert verſchiedene Landſchaf - ten. Es iſt nicht nur in vorigen Zeiten ausgefuͤhrt, ſondern wird auch jetzt noch, ſowohl von den hollaͤndi - ſchen als den chineſiſchen Kaufleuten, haͤufig ausge - fuͤhrt. Das feinſte und geſchmeidigſte wird in den Pro - vinzen Suruga, Atſingo, Kynound Kunigefunden. Das aus Kuniiſt von allem das geſchmeidigſte, undH 5122Erſte Abtheilung. Achter Abſchnitt. das aus Surugaiſt am reichhaltigſten an Gold. Auch in Satſumaund andern Landſchaften, trifft man viele Kupferbergwerke an. Aus dem Kupfer wird kleine Scheidemuͤnze gegoſſen, Beſchlaͤge, Sowasarbeit, Toͤ - pfe, Keſſel und dergleichen gemacht.

Mit Eiſen iſt unter allen Metallen Japanam wenigſten verſehen. Es findet ſich aber doch in den Provinzen Mimaſaka, Bitſjuund Biſen, und zwar in hinreichender Menge. Eiſen wird nicht ins Land her - eingebracht, aber auch nicht leicht ausgefuͤhrt. Es wird gebraucht, Saͤbel, Waffen, Scheeren, Meſſer und eine Menge anderer Geraͤthe, Inſtrumente und Ge - ſchirre daraus zu machen.

Bernſtein hat man in Japan, und zwar wird er, wie man mir ſagte, im Lande ſelbſt gefunden. Meine Freunde ſchenkten mir einige Stuͤcke. Er iſt zum Theil dunkelgelb, zum Theil aber hellgelb, einiger auch geſtreift.

Schwefel liefert das Land im Ueberfluß; beſon - ders eine Inſel, nahe bey Satſuma.

Steinkohlen ſollen in den noͤrdlichen Diſtricten anzutreffen ſeyn.

Aus rothem Agat machen die Japaner Knoͤpfe und dergleichen an ihre Tobacksbeutel und Medicindoſen. Auch ſchleifen ſie ihn wohl in Geſtalt von Schmetterlin - gen und andern kleinen Thieren.

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Zweyte Abtheilung. Aufenthalt auf Dezimanach der Zuruͤck - kunft von Jedo, vom 30ſten Junius 1776 bis zur Ruͤckreiſe nach Bataviaam 4ten Januar 1777.

Nach unſrer Ruͤckkunft von Hofe auf der Factorey den 30ſten Junius 1776, brachte ich daſelbſt einen ſehr heißen Sommer zu, und beſchaͤftigte mich damit, das nachzuſehen und in Ordnung zu bringen, was ich auf der Reiſe geſammelt hatte, ſowohl von getrockneten und andern Gewaͤchſen, als auch von lebendigen ſeltnen Baͤumen und Straͤuchen, welches alles ich mit den zu - ruͤckgehenden Schiffen nach Amſterdamſchicken wollte. Die letzteren waren beſonders aus dem Ahorn - und Masholdergeſchlechte (Aceres), und zwar mehrere ſehr ſchoͤne Arten, ferner Bocksdorn (Lycium), Calaſter (Celaſtrus), Schwelken (Viburnum), Pflaumen (Pru - nus), Sagupalme (Cycas), Cypreſſen (Cypreſſus), Citronenbaum (Citrus) und andre.

Ich ſtellte in dieſer Zeit auch verſchiedene botani - ſche Spaziergaͤnge um Nangaſakian; und da dies die blumenreichſte Jahrszeit war, hatte ich die Freude, meine ſchweren Koſten hiebey etwas beſſer, als im vo - rigen Herbſte und Winter, belohnt zu haben. Ich be - merkte unter andern folgendes: Anſtatt Hanfs ſah ich an einigen Orten die weiße Neſſel (Urtica nivea), die124Zweyte Abtheilung. Aufenthalt auf Dezimahier auch uͤberall wild waͤchſt, foͤrmlich angebauet; man braucht ſie zu Tauen, Stricken und zu grober Leine - wand. Auch traf ich verſchiedentlich den Wunder - baum (Ricinus) gepflanzt an, deſſen Saamen mit Moxa und Tuſche zuſammen geſtoßen, die hieſige Buchdrucker - farbe giebt. Ferner bauet man hier auf niedrigen Plaͤtzen Flatterſimſen (Juncus effuſus), woraus die Fußbodenmatten geflochten werden. Dieſe Binſen wachſen zwar von ſelbſt in Menge, werden aber als - denn nicht ſo hoch und gut, als jene. Lilien, und zwar von der Gattung die den Namen der praͤchtigen (Lilium ſuperbum) fuͤhrt, eine der allerſchoͤnſten Blu - men in der Welt, ſah ich auf den kleinen Fahrzeugen im Hafen haͤufig als ein ihrem Meergotte geweihetes Opfer aufgehaͤngt. Der Japaniſche Traubenbaum waͤchſt in der Gegend von Nangaſakiin Menge. Es iſt ein kleiner, auf der Erde fortkriechender Strauch. Er iſt wegen des vielen klaren Schleims merkwuͤrdig, den er in ſich haͤlt. Wenn die aͤußre Rinde von den Zwei - gen abgeſchaͤlt iſt, und dieſe in ein Glas Waſſer geſetzt werden, ſo zieht der Schleim heraus, und ſetzt ſich rund umher in der Dicke von mehr als einer Linie feſt, und iſt ſo klar wie Kryſtal. Dieſer Schleim wird nicht nur bis - weilen, ſtatt desjenigen, der von dem Manihoteibiſch (Hibiscus Manihot) genommen wird, zur Bereitung des Papiers gebraucht, ſondern das Frauenzimmer be - dient ſich deſſelben auch, um das Haar damit glatt und glaͤn - zend zu machen. Die Saſanquakamellie (Camellia ſaſamqua), findet man hier auch ſehr haͤufig. Dies iſt ein kleiner Buſch, und gleicht in Anſehung der Blaͤtter und Bluͤthe ſo ſehr dem Theebaume, daß man ſie, außer: an der Groͤße, mit Muͤhe unterſcheiden kann. 125nach der Zuruͤckkunft von Jedoꝛc. Die Blaͤtter haben einen etwas angenehmen Geruch, und werden daher, gekocht, vom ſchoͤnen Geſchlechte da - zu gebraucht, das Haar damit zu waſchen; auch wer - den ſie wohl zu den Theeblaͤttern gemiſcht, um den Ge - ruch derſelben noch angenehmer zu machen. Eine Art ganz kleiner Apfelſinenbaͤume (Citrus Japonica), zieht man hier in den Haͤuſern in Toͤpfen. Das Baͤum - chen wird wenig uͤber einen halben Fuß hoch, und die Fruͤchte, welche ſuͤßlich und angenehm, ungefaͤhr wie Apfelſinen, ſchmecken, ſind nicht groͤßer, als gewoͤhn - liche Kirſchen. Truͤffeln (Lycoperdon tuber) graͤbt man in dieſer Gegend aus der Erde. Sie ſind von der Groͤße einer Zwetſche. Friſch ſind ſie weich und braͤunlich, eingeſalzen aber werden ſie ſchwarz. Die Japaner eſſen ſie, wie Murcheln, in Suppen. Die Sojabohnen wachſen hier zwar wild in großer Menge, werden aber doch auch ſehr haͤufig gepflanzt. Der Gagelbaum (Myrica nagi) iſt hier ſelten. Das Holz iſt ſehr weiß, und man macht Kaͤmme daraus, die das Frauenzimmer in den Haaren traͤgt. Die gemeine Fichte (Pinus ſylveſtris), iſt zwar derjenige Baum, aus deſſen Holze hier die meiſte Tiſchlerarbeit gemacht wird; das weiße und ſchoͤne Holz des Japanſchen Cy - preſſenbaums (Cypreſſus Japanicus), wird aber auch ſehr haͤufig dazu gebraucht, wie das Holz vom groß - blaͤttrigen Eibenbaum (Taxus macrophylla) und von einigen andern Baͤumen. Der eßbare Aron (Arum eſculentum), wird hier auf dem Felde, nicht nur der Wurzeln wegen, die man iſſet, welche aber roh einen ſcharfen Geſchmack haben, ſondern auch um der Sten - gel willen, die zerſchnitten und in Suppen gethan wer - den, gebauet. Eben ſo gebrauchen die hieſigen Ein -126Zweyte Abtheilung. Aufenthalt auf Dezimawohner das gemeine Pfeilkraut (Sagittaria ſagittata), den vielblumigen Wegtritt (Polygonum multiflorum), und eine eigne Art Dioſkoride (Dioſcorea Japonica), zum Eſſen. Die beyden letzteren Arten werden auch zum Futter fuͤr das Vieh angewandt, und die Leute brachten ſie uns unter anderm Graſe ſehr oft nach Dezi - ma, wo wir dergleichen fuͤr unſer Vieh noͤthig hatten.

Den 31ſten Julius kam von Bataviadas der hol - laͤndiſchen Compagnie gehoͤrige Schiff Zeeduyn, und den 21ſten Auguſt das Admiralſchiff Staveniſſe nebſt dem Chef, welcher dies Jahr hier bleiben ſollte, Herrn Duurkoop, zu Nangaſakian.

Von der Mannſchaft dieſer Schiffe, hatten viele, zu Batavia, heftige Fieber gehabt; dieſe erlang - ten hier in kurzem ihre Geſundheit wieder, und einige die ſtarke Verhaͤrtungen und einen aufgeſchwollnen Un - terleib (Placenta febrilis) hatten, dergleichen nach den boͤſen bataviaſchen Fiebern zuruͤck zubleiben pflegt, wur - den hier vollkommen davon befreyet.

Den 26ſten Auguſt, Abends, fiengen die Japa - ner zu Nangaſakiund im ganzen Reiche an, ihr La - ternen - oder Leuchtenfeſt zu feyern, welches zu Nanga - ſakiſehr feyerlich begangen ward.

Den 13ten September gegen Abend kam die Nach - richt, daß der Fuͤrſt der Landſchaft Owari, ein leib - licher Vetter des Kubo, vor fuͤnf Tagen mit Tode ab - gegangen waͤre. Aus dieſer Urſach ward Befehl ge - geben, daß niemand auf der Inſel in den erſten fuͤnf Tagen, (dies iſt hier zu Lande die gewoͤhnliche Zeit fuͤr die tiefſte Trauer,) auf einem Inſtrumente ſpielen ſollte. Dieſer Herr war ungefaͤhr vierzig Jahr alt. Er war vor einiger Zeit dazu beſtimmt geweſen, des Kaiſers127nach der Zuruͤckkunft von Jedoꝛc. Schwiegerſohn zu werden; allein das Schickſal hatte gewollt, daß die fuͤr ihn auserſehene Braut den Tag vor ſeiner Ankunft zu Jedoſtarb.

Den 10ten October viſitirte der zu Nangaſakivor einiger Zeit angekommene neue Statthalter, zuerſt die Kaiſerlichen Wachen im Hafen; darauf beſuchte er das hollaͤndiſche Admiralſchiff; und endlich die Inſel Dezi - ma: alles in Begleitung des vorigen Gouverneurs, der nunmehr abgehen ſollte. Statthalter zu Nangaſakiſind waͤhrend meines daſigen Aufenthalts folgende ge - weſen: Noto no Kami, der 1775. abgieng; Nagato no Kami, der ihm folgte, und 1776. abgieng; und Tango no Kami, der jetzt hieher gekommen war.

Da ich vorher ſah, daß ich, wenn ich noch ein Jahr in Japanbliebe, noch wenig mehr, als was ich bisher zu thun im Stande geweſen war, zum Vortheil der Wiſſenſchaften wuͤrde ausrichten koͤnnen; ſo beſchloß ich, nach Bataviazuruͤck zureiſen. Der neue Chef, der zu mir, als Arzt, mehr Zutrauen hatte als zu mei - nem Nachfolger, wollte mich zwar, um ſeines Vortheils wegen, anfaͤnglich uͤberreden, und endlich gar zwingen, hier noch ein Jahr zu verweilen. Doch gelang es mir endlich, mich von dieſem Anſinnen los zu machen und meine Zeit zu Erweiterung der Naturkunde anderswo, nuͤtzlicher als hier geſchehen konnte, anzuwenden.

Den 23ſten November verließ ich demnach die In - ſel Dezima, und begab mich nach dem Admiralſchiffe Staveniſſe, welches bey Papenbergvor Anker lag.

Den 29ſten kamen Committirte von der Factorey zu uns an Bord, um uns Briefe und andre Documente an die Regierung zu Bataviamitzugeben.

128Zweyte Abtheilung. Aufenth. auf Dezimaꝛc.

Am folgenden Morgen lichteten wir unſer erſtes Anker, ob wir gleich noch ein Paar Tage liegen blieben. Den 3ten December um 10 Uhr lichteten wir das zweyte Anker, und zogen die Segel auf. Das Schiff Zee - duyn ſegelte voran. Beyde Schiffe loͤſeten um 11 Uhr gegen Papenberguͤber, und nach einer Stunde bey den letzten Bergen, welche Cavallosheißen, noch einmal die Kanonen, und wir wuͤnſchten uns gegenſeitig eine gluͤck - liche Reiſe.

Die Ladung jedes dieſer beyden Schiffe, beſtand hauptſaͤchlich aus 6750 Pickel Stangenkupfer, und 364 Faͤſſern Kampfer, von denen jedes 120 bis 130 Pfund hielt.

Den 4ten Januar 1777. kamen wir gluͤcklich und wohlbehalten zu Bataviawieder an.

Bey der Muͤndung des durch die Stadt ins Meer ſich ergießenden und noch weit im Hafen zu ſpuͤrenden, großen Fluſſes war der Strom jetzt ſo ſtark, daß wir nicht ohne Gefahr vermittelſt Schaluppen und andrer kleinen Fahrzeuge uns nach der Stadt mußten hinauf ziehen laſſen.

Dritte129

Dritte Abtheilung. Zweyter Aufenthalt zu Bataviavom 4ten Januar bis den 5ten Julius 1777.

Erſter Abſchnitt. Aufenthalt zu Batavia, und erſte Reiſe in das Innere von Java.

Nach meiner Ankunft nahm mein achtungswerther Freund, Doctor Hofmann, mich wie zuvor wieder in ſein Haus und an ſeinen Tiſch auf.

Waͤhrend meiner Abweſenheit waren aber viele meiner hieſigen Bekannten geſtorben. Unter andern vermißte ich die Gattinn des Herrn Hoffmann. Kurz vor meiner Abreiſe nach Japanhatte ich in ihrem Hauſe mit dreyzehn Perſonen zu Tiſche geſeſſen, von welchen, wie mein Wirth mir erzaͤhlte, elf an dem gewoͤhnlich hier graſſirenden Fieber, in einer Zeit von drey Wochen, geſtorben, und er und ich allein noch uͤbrig waren. Dies iſt ein anſchauliches Beyſpiel wie ungeſund das Clima in Bataviaiſt! Die erhitzte Atmosphaͤre iſt ſtets mit einer Menge feuchter Duͤnſte angefuͤllt, dadurch wird der Koͤrper erſchlafft, zur Faͤulniß em - pfaͤnglich, und ſolchergeſtalt jene unglaublich ſtarke Mortalitaͤt veranlaßt.

Thunbergs Reiſen. Zweyt. Band. zweyt. Th. J130Dritte Abtheilung. Erſter Abſchnitt.

Der Generalgouverneur von der Parra*)Von ihm ſo wie von meinem Goͤnner dem großen Befoͤrderer der Wiſſenſchaften, Herrn Radermacher, ſehe man im zweyten Theile des erſten Bandes S. 189. ſqq. , war im vorigen Jahre ebenfalls mit Tode abgegangen, und ich hatte an ihm einen wahren Goͤnner verloren. Er war ein verſtaͤndiger Mann und hat auch der hollaͤn - diſchen Compagnie viele Dienſte geleiſtet, ob er gleich nicht unterlaſſen hat, in der langen Zeit da er dieſem eintraͤglichen Amte vorgeſtanden, auch fuͤr ſich ſelbſt zu ſorgen. Er hinterließ ſeinem Sohne, der ſein ein - ziger Erbe war, mehr als vier Millionen Gulden. An ſeiner Stelle fuͤhrte jetzt von Riemsdykden Ober - befehl in Oſtindien. Dies war ein alter, abgelebter Mann, der ſich durch Eigennuͤtzigkeit ſehr, und durch ſonſt nichts auszeichnete. Als ich nach meiner Zuruͤck - kunft Seiner Edlen, dies iſt der gewoͤhnliche Titel des Generalgouverneurs zu Batavia aufwartete, fragte er mich uͤber die Krankheit ſeiner Frau um Rath, dieſe beſtand aber in einem Krebsſchaden an der einen Bruſt, der ſchlechterdings unheilbar war.

Herr Radermacher, bey dem ich naͤchſt andern Freundſchaftsbezeugungen woͤchentlich ein paar mal zu Gaſte war, pflegte ſich faſt jedesmal mit mir uͤber Ja - panzu unterhalten. Einſtmals fragte er Herrn Feith, der zuletzt Chef des hollaͤndiſchen Handels in Japan, und in deſſen Gefolge ich geweſen war, nach dem Na - men des damahligen Kaiſers in Japan. Herr Feithgeſtand, daß er ihn nicht wiſſe, ob er gleich wenig - ſtens vierzehn Jahr im Lande zugebracht, und vier - mal als Ambaſſadeur beym Kaiſer Audienz gehabt hatte. Am folgenden Tage, als ich bey Herrn Rader - macherzu Tiſche war, ſagte er zu mir, ich haͤtte ihm131Erſte Reiſe innerhalb Java. bisher ſelten eine Frage unbeantwortet gelaſſen, jetzt aber wolle er mir eine vorlegen, worauf ich ihm die Antwort gewiß ſchuldig bleiben wuͤrde: nemlich wie der jetzt regierende Japaniſche Kaiſer heiße, und wie alt er ſey? Nun gereichte es der ganzen anweſenden Ge - ſellſchaft zu eben ſo großer Verwunderung, als mir zum Vergnuͤgen, daß ich nicht nur hievon Rede und Antwort, ſondern auch ſchriftliche Auskunft zu geben im Stande war, wie der geiſtliche Kaiſer, der Kronprinz, ja wie alle, ſowohl weltliche als geiſtliche Regenten dieſes Landes vom Anfange des gegenwaͤrtigen Jahrhunderts an, namentlich geheißen haben. Man fand es unbegreiflich, daß ich, als ein ſubalterner Fremdling, hinter dieſe Heimlichkeiten hatte kommen koͤnnen, indeß ein Mann wie der Am - baſſadeur, in ſo vielen Jahren davon nichts in Erfahrung zu bringen gewußt. In der Folge gab ich Herrn Ra - dermachereine Abſchrift von dieſem Verzeichniß der Japaniſchen Regenten (es iſt daſſelbe, welches ich oben mitgetheilt habe), und ſeitdem iſt es, wie ich hoͤre, in die Abhandlungen der, einige Jahre nachher zu Bata - viageſtifteten, gelehrten Geſellſchaft eingeruͤckt worden. Kaͤmpferhat zu ſeiner Zeit ein ausfuͤhrliches Verzeich - niß, ſowohl der weltlichen als der geiſtlichen Kaiſer in Japan, bis auf das Jahr ſeiner Abreiſe von dort, geliefert. Es lag mir daher ſehr am Herzen, zu der Fortſetzung deſſelben zu gelangen, ſo ſchwer es auch war. Dies gluͤckte mir zu Jedo, durch den oberſten Dollmetſcher und den Kaiſerlichen Leibmedicus. Mit die - ſen und meinen uͤbrigen Japaniſchen Freunden, habe ich ſeit meiner Ruͤckkunft nach Schweden, verſchiedene Jahre lang, einen nuͤtzlichen Briefwechſel unterhalten und Gele - genheit gehabt, durch Huͤlfe meines verehrungswuͤrdigenJ 2132Dritter Abtheilung. Erſter Abſchnitt. Goͤnners, des Profeſſor Burmannzu Amſterdam, einen meiner Freunde und vorzuͤglichſten Schuͤler, Doctor Stuͤtzer, nach Indienund Japanzu befoͤrdern.

Mein erſtes Geſchaͤft zu Bataviawar, die Sa - chen, welche ich in einen großen Kaſten eingepackt, bey meinem Wirthe in Verwahrung ſtehen laſſen, nachzu - ſehen. Aber wie traurig ward ich nicht bey Oeffnung des Kaſtens, als ich, unerachtet er auf Bouteillen geſetzt war, mithin von der Erde erhoben ſtand, den groͤßten Theil der bey meinem vorigen hieſigen Aufent - halte gemachten Kraͤuterſammlung, und einen großen Theil der hier zuruͤckgelaſſenen Buͤcher, von der einge - ſchloſſenen feuchten Luft ganz verfault antraf.

Zu Erſetzung dieſes Verluſtes, beſuchte ich itzt taͤglich, ſelbſt des Nachmittags in der ſtaͤrkſten Hitze, wenn andre des ſuͤſſen Mittagsſchlafs genoſſen, die umlie - genden Gegenden. Nur Schade, daß die Witterung meine botaniſchen Bemuͤhungen gar nicht beguͤnſtigte. Es war nemlich noch die regnigte Jahrszeit. Es regnete faſt alle Tage, beſonders Abends und Morgens, einzelner Regenſchauer nicht zu gedenken. Der Himmel war faſt immer truͤbe, und die Luft dick und feucht, ſo daß ich keine von meinen geſammelten Kraͤutern trock - nen konnte, weil in verſchloßnen Zimmern alles ſchimmlig wurde oder verfaulte. Zu den Regenmo - nathen, oder dem was man hier Winter nennt, werden in Java, der December, Januar, Februar, und Maͤrz gerechnet, da die Luft kuͤhl iſt und weni - ger Krankheiten herrſchen. Hernach tritt die warme Jahrszeit ein, da die Hitze brennend und unausſtehlich, der Himmel klar und das Wetter beſtaͤndig trocken iſt.

133Erſte Reiſe innerhalb Java.

Die hier wohnenden Chineſer, feyerten itzt ihren Neujahrstag. Er faͤllt auf den Tag des erſten Neu - mondes im Februar, und iſt ein großer Feſttag.

Nachdem ich um Bataviavon verſchiedenen Pro - dukten der Natur ſo viel geſammelt hatte, als in dieſer Jahrszeit zu finden war, wuͤnſchte ich von dem Innern dieſer herrlichen Inſel etwas kennen zu lernen. Zu die - ſem Ende ſchiffte ich mich auf einem hollaͤndiſchen Fahr - zeuge ein, und ſegelte mit demſelben an der Nordſeite von Javahin nach Samarang.

Den 23ſten Maͤrz verließen wir die Rhede der Stadt, und kamen den 31ſten Cheribonvorbey, einen der betraͤchtlichſten Handelsplaͤtze, wo die hollaͤndiſche Compagnie einen Gouverneur haͤlt, deſſen jaͤhrliche Einkuͤnfte auf ſiebenzigtauſend Reichsthaler geſchaͤtzt werden. Unter den um dieſe Stadt belegenen Bergen, giebt es Vulkane. Vor zwey Jahren hat man hier ein heftiges Erdbeben verſpuͤrt, und der Berg hat zu - gleich Aſche ausgeworfen, wodurch mehrere tauſend Kaffeepflanzungen in den umliegenden Gegenden ruinirt worden ſind. Der Berg Tagel, welchen wir am 2ten April vorbey ſegelten, wirft oft Flammen aus; jetzt ſahen wir bloß eine Rauchſaͤule, ſo dick als ein Mann im Leibe iſt, aus dem Gipfel emporſteigen.

Auf dieſer Reiſe, welche wegen der oftmaligen Veraͤnderung des Windes ziemlich lange waͤhrte, ſahe ich mehrmals verſchiedene Schlangen, die vom Lande gekommen waren, auf dem Waſſer ſchwimmen; eine war darunter, die eine Laͤnge von mehr als einer Elle hatte, und ganz hoch aus dem Waſſer in die Hoͤhe ſprang.

Wenn der Wind ſich aͤndert, iſt hier gewoͤhnlich ſtilles Wetter, und eine druͤckende Hitze. Jetzt warJ 3134Dritte Abtheilung. Erſter Abſchnitt. auch die Jahreszeit, da die Weſtwinde aufhoͤren zu we - hen, und der Oſtpaſſatwind wieder kommt. Unſer Schiffscapitain erzaͤhlte uns bey dieſer Gelegenheit, daß er, ſo wie mehr erfahrne Seeleute, mit Gewißheit be - merkt habe, daß, ſeit dem großen Erdbeben zu Liſſa - bon, die Oſtwinde ſpaͤter eingetreten, und die Paſſat - winde uͤberhaupt ſchwaͤcher geworden ſind.

Obgleich JavaZuckerrohr in Menge hervor - bringt, und der Zucker hier zu Lande eben gar nicht theuer iſt, waren wir doch auf dieſer Reiſe mit ſehr ſchlechtem, und ſtatt weiſſen, mit braunen Puder - oder Kochzucker verſorgt worden. Als ich, in Ruͤckſicht auf die Kranken, mich bey dem Capitain daruͤber be - ſchwerte, erfuhr ich, daß zwar weiſſer Kochzucker be - willigt, daß aber gewoͤhnlich nur eine ſchlechtere Sorte geliefert und das dadurch erſparte Geld von den Admi - niſtratoren der Pack - oder Waarenhaͤuſer eingeſtri - chen werde.

Den 9ten April kam ich zu Samarangan. Dies iſt eine ſchoͤne wohl befeſtigte und mittelmaͤßig große Stadt, und der Hauptort der Hollaͤnder an der ganzen Kuͤſte von Java, unter welchem alle andere Handlungs - comtoire, auſſer dem zu Cheribon, ſtehen. Der Ort wurde im Jahr 1708 von den Hollaͤndern erobert. Er liegt an einem Fluſſe nicht weit vom Strande. Jetzt befanden ſich hier ungefehr hundert und funfzig Mann Soldaten, obgleich, wie man mir ſagte, an tauſend Mann zu dieſem Comtoir gehoͤren. Die Ein - kuͤnfte des hieſigen Stadthalters, ſollen ſich jaͤhrlich auf achtzig bis hunderttauſend Reichsthaler belaufen. Des - halb wird dieſe Stelle auch nur Verwandten und Guͤnſt - lingen des Generalgouverneurs zu Theil; doch behaͤlt ei - ner dieſelbe ſelten laͤnger als drey Jahr, worauf er ge -135Erſte Reiſe innerhalb Java. woͤhnlich zum Beyſitzer des hohen Raths zu Bataviabefoͤrdert wird, und jenen Poſten einem andern uͤberlaſ - ſen muß.

Ich bekam meine Wohnung bey dem hier befind - lichen Hoſpitalarzte Doktor Boͤniken, einem nicht nur in der Chirurgie, ſondern auch in der Medicin wohl erfahrnen Manne, der mir viel Dienſte und Freundſchaft erzeigte.

Kaum war ich aber ans Land gekommen, als ich krank wurde, und das Bette huͤten mußte. Ich hatte mir nemlich auf dem Schiffe dadurch, daß ich des Nachts, in der Kajuͤte wo ich ſchlief, ein Fenſter offen ſtehen ließ, wodurch die Ausduͤnſtungen von der kalten Nachtluft gehemmet worden waren, ein dreytaͤgiges Fie - ber zugezogen. Durch den Gebrauch der gehoͤrigen Mittel, vorzuͤglich des Chinaextracts ward ich indeß, nach einigen Anfaͤllen, wieder davon befreyet.

Mittlerweile ſegelte das Schiff weiter nach Jua - na, einem etwas weiter an der Kuͤſte hinauf liegenden Handelscomtoire, um daſelbſt eine Ladung Bau - und Nutzholz einzunehmen.

Sobald ich nur von meinem Fieber hergeſtellt war, machte ich, mit Erlaubniß des Gouverneurs und in Herrn BoͤnikensGeſellſchaft, eine Reiſe von einigen und ſechzig Meilen landeinwaͤrts nach den Gebirgen. Der Gouverneur, ein ſehr liebreicher, artiger und lie - benswuͤrdiger Mann, gab mir einen Paß und Em - pfehlungen mit, an alle Befehlshaber der befeſtigten Po - ſten der Compagnie, und erſuchte mich zugleich, meine Aufmerkſamkeit auf alle ſolche Gewaͤchſe zu richten, die entweder bisher als Arzeneymittel im Hoſpital ge - braucht worden, oder an deren Stelle als ſolche ge - braucht werden koͤnnten. Um dieſer letztern AbſichtJ 4136Dritte Abtheilung. Erſter Abſchnitt. willen, ward auch meinem Reiſegefaͤhrten anbefohlen, mitzureiſen, um dieſe Gewaͤchſe recht kennen zu lernen.

Den 23ſten April traten wir zu Pferde die Reiſe an, und kamem nach Unarang, wo ein Serjeant mit ungefehr zwanzig Mann von den Truppen der Com - pagnie auf Poſtirung ſteht.

Tages darauf ſetzten wir den Weg nach Salatigafort; dies iſt eine Schanze, mit einer Beſatzung von einigen und zwanzig Mann, uͤber welche ein Faͤhnrich den Befehl hat.

Am 26ſten ritten wir nach Kopping, einem ja - vaniſchen Dorfe, das ganz hoch an einem Berge liegt. Dieſe Gegend iſt ſehr fruchtbar und das Klima kalt und geſund.

Unter andern Merkwuͤrdigkeiten, welche ich auf dieſer Reiſe wahrnahm, ſah ich, daß die indiſchen Fei - genbaͤume (Ficus indica), welche in den Waͤldern wach - ſen, und eine betraͤchtliche Hoͤhe erreichen, ihre Zweige ſo tief herunterhangen laſſen, daß ſie bis auf die Erde reichen, daſelbſt Wurzel ſchlagen, und in neuen Staͤmmen wieder aufſchießen, die allmaͤhlich ebenfalls zu großen Baͤumen werden. Ein einziger ſolcher Feigen - baum formirt alſo mit ſeinen eingewurzelten Zweigen, eine Menge Lauben, und dehnt ſich in einem weiten Umfange aus.

Hier lernte ich auch eine Art Blaͤtter, javaniſch Kamadu genannt, kennen, die wie Brennneſſeln bren - nen, aber weit ſtaͤrker, oft ſo ſtark, daß die Haut ſich entzuͤndet. Sie haben an jeder Ader ſpitzige Zacken, die durchſichtig und mit einem Safte angefuͤllt ſind, der dieſen Brand verurſacht. Bey naͤherer Unterſuchung fand ich, daß dieſe Gattung Neſſel noch nicht bekannt war; ich gab ihr daher den Namen ſtechende Neſſel137Erſte Reiſe innerhalb Java. (Urtica ſtimulans). Einer von unſrer Geſellſchaft, der jene Eigenſchaft dieſer Blaͤtter nicht kannte, und in der Geſchwindigkeit ein Paar Zweige von dieſem kleinen Baume oder Strauche abbrechen wollte, mußte ſeiner Unwiſſenheit und Unvorſichtigkeit theuer bezahlen. Die Javaner kennen die Wirkung der Blaͤtter alle ſehr gut. Die Hollaͤnder nennen ſie Buͤffelblaͤtter, und zwar aus folgender Urſache. Bey den Javaniſchen Fuͤrſten iſt es, wenn ſie Feyerlichkeiten anſtellen, alle - zeit gebraͤuchlich, zur Luſt einen Tiger mit einem Buͤf - fel kaͤmpfen zu laſſen, und zwar auf einem rund umher mit ſtarken Planken eingeſchloſſenen Platze, um welchen eine große Menge Zuſchauer ſitzen und ohne Gefahr zu - ſehen koͤnnen. Wenn der Buͤffel nicht dahin zu brin - gen iſt ſeinen Feind anzugreifen, wird er mit dieſen Blaͤttern gepeitſcht, wovon ihm in kurzer Zeit die Haut ſo brennt, daß er zuletzt ganz wild und raſend wird. Wenn man ſich an dieſer Neſſel verbrannt hat, darf man ſich nicht mit Waſſer waſchen, weil dadurch der Schmerz viel aͤrger wird; ſondern das beſte Mittel da - gegen iſt, die Stelle entweder mit Oel, oder mit Reis - brey zu beſtreichen.

Den 27ſten April kehrten wir wieder um, und begaben uns nach Salatigazuruͤck.

Am folgenden Tage reiſeten wir weiter, und zwar in Geſellſchaft des hier poſtirten Faͤhnrichs, bis nach Tun - dang, wo wir die Nacht zu bleiben gedachten.

Tundangiſt ein ziemlich großes javaniſches Dorf. Die Haͤuſer ſind hier zu Lande nur klein, und von Bamborohr gebaut, aber wie Lauben, nicht dichter als daß die Luft ſehr bequem durchgehen kann, welches in dieſer heiſſen Gegend auch noͤthig iſt. Wir kehrten bey keinem Javaner ein, ſondern ließen fuͤr uns alleinJ 5138Dritte Abtheilung. Erſter Abſchnitt. eine Huͤtte bauen. Der Bau wurde ſogleich von eini - gen Javanern angefangen, und gieng ſo unglaublich geſchwind von Statten, daß, ehe wir abgeſtiegen wa - ren, unſere Pferde abgeſattelt und unſre Sachen abge - packt hatten, nicht nur unſer ganzes Haus fertig, ſondern auch mit einer breiten Bank, worauf wir liegen konn - ten, mit drey Stuͤhlen und einem Tiſch, welches alles noch dazu erſt neu gemacht wurde, meublirt war. Ich ſtand ganz erſtaunt uͤber das fertige Gebaͤude, und trat mit groͤßter Bewunderung unter den Schatten deſ - ſelben. Einige von den Javanern hieben theils dicke theils duͤnne, Bamborohre ab; andere machten mit zwey Hieben an jeder Seite derſelben ein Loch, und[andere] ſteckten durch dieſe Loͤcher ſchmale Rohre. Dar - auf wurde Laub dazwiſchen geflochten, und das Haus war, wie geſagt, durch ſo vieler Haͤnde Arbeit in we - nigen Minuten fertig. Eben ſo Tiſch und Stuͤhle, wiewohl dieſe nicht ſehr eben waren, mithin fuͤr vor - nehme und Bequemlichkeit liebende Leute nicht paßten, ſondern nur fuͤr muͤde Reiſende brauchbar ſeyn konnten.

Weil wir fruͤh vor Abend angekommen waren, ging ich aus, und beſuchte den naheliegenden Wald; um Kraͤuter zu ſammlen. Unter andern ſah ich Dios - koriden (Dioſcoraea) die mit ihren Ranken ſich bis an die Wipfel der Baͤume hinauf ſchlungen. An dieſer Stelle wuchſen ſie wild, ſonſt aber wird dies Ge - waͤchs hier zu Lande auch foͤrmlich angepflanzt.

Da wir kein Licht bekommen konnten, machten wir vor dem Eingang unſerer Huͤtte ein großes Feuer an, um welches wir uns, ich mit meinen geſammel - ten Kraͤutern und die andern Herren mit ihren To - backspfeifen, hinſetzten.

139Erſte Reiſe innerhalb Java.

Es waͤhrte nicht lange, als ein ganzer Trupp Javaner aus dem Dorfe ankam, und ſich in großer An - zahl vor uns hinlagerte. Unter ihnen waren einige Muſikanten, nebſt einem großen Haufen Taͤnzer und Taͤnzerinnen, die meine Reiſegefaͤhrten hieher beſtellt hatten, um mir ein Vergnuͤgen zu machen, und mir Gelegenheit zu geben, die Spiele und Luſtbarkeiten der Javaner zu ſehen. Sie fingen mit Pfeiffen[-], Saiten - und Trommelſpiel an. Darauf fielen die Taͤnzer und Taͤnzerinnen ein, und ſetzten den Tanz unter verſchie - denen Bewegungen und Geberden fort, und zwar ſo, daß gewoͤhnlich zwey zugleich tanzten. Jeder der tanzte, mußte dem, mit welchem er tanzte, oder den Muſikanten fuͤr jeden Tanz etwas bezahlen, das aber nicht viel betrug. Wir mußten deswegen die Sklaven welche wir bey uns hatten, mit etwas Geld beſchenken, damit ſie an dem Vergnuͤgen Theil nehmen konnten.

Ich leugne nicht, daß dies uns recht ſehr belu - ſtigte. Aber der Verdruß und die ſtete Unruhe, die uns die Muͤcken an dieſem niedrig gelegenen Orte verur - ſachten, verbitterten uns alles Vergnuͤgen, und ließen uns kein Auge zuthun. Weder wollne Struͤmpfe noch Stiefeln, waren im Stande die Muͤcken von unſern Beinen abzuhalten, und obgleich der Rauch des Feuers und der Tobackspfeifen uns das Geſicht einigermaßen ſchuͤtzte, ſo mußte doch ich dieſes Verwahrungsmittel entbehren, weil mir ſtets jede Art von Rauch zuwider ge - weſen iſt. Endlich, nach[Mitternacht], legte ich mich auf meine gruͤne Bank zum ſchlafen nieder, und verbarg mich unter einen Schleyer und ausgeſpannnten Schnupftuͤchern, ſo, daß die mich verfolgenden Muͤk - ken mit nicht mehr, als mit ihrem feinen Geſumme mich beunruhigen konnten.

140Dritte Abtheilung. Erſter Abſchnitt.

Unausgeruhet, weil wir gar nicht hatten ſchlafen koͤnnen, ſetzten wir am folgenden Morgen unſern Weg nach Samerang fort, wo wir den 1ſten May ankamen.

An Arzneygewaͤchſen, wornach ich mich, dem Auftrag des Gouverneurs zufolge, unterwegs umſehen ſollen, hatte ich folgende angetroffen: der officinelle Erdrauch (Fumaria officinalis, javaniſch Rumpung, welcher in den bergichten Gegenden um Kopping, doch gar nicht in Menge waͤchſt. Der molukkiſche Brombeer (Rubus moluccanus), nebſt zwey andern Arten Brombeer wachſen zwiſchen Salatigaund Kopping, an den Sei - ten der kleinen Berge, und beſonders an den Baͤchen, in Ueberfluß. Der gemeine Wermuth (Artemiſia Ab - ſinthium, javaniſch Domolo, maleyiſch Seroni), findet ſich auch zwiſchen Salatigaund Kopping, auf den An - hoͤhen ſowohl als auf flachem Felde in groͤßter Menge. Die gemuͤsartige Gaͤnſediſtel (Sonchus oleraceus), ja - vaniſch Dimboring, in der Gegend von Koppin. Salat (Lactuca). javaniſch Belot, doch nicht haͤufig, zwiſchen Salatigaund Kopping. Hirſchzunge (Aſplenium Sco - lopendrium), waͤchſt auf den Baͤumen zwiſchen Una - rang und Salatiga. Beißbeer oder ſpaniſcher Pfeffer (Capficum), javaniſch Lombo, iſt zwiſchen Salatigaund Koppingwild anzutreffen. Der gemeine Saͤuer - ling (Oxalis Acetoſella), japaniſch Samangi Kunong, ſteht allenthalben in Menge. Gaͤnsfuß Chenopodium, maleyiſch Paijam china bey Kopping. Sanikel (Sani - cula, japaniſch Spran ſtehet an den Bergen zwiſchen Salatigaund Kopping. Ranunkel (Ranunculus) und Waſſerpfeffer (Perſicaria urens oder Polygonum141Erſte Reiſe innerhalb Java. hydropiper, maleyiſch Dukut Parang) eben daſelbſt. Kameelheu (Andropogon ſchoenanthus, maleyiſch Sire) zwiſchen Unarangund Kopping. Eßbare oder gemeine Erdbeeren (Fragaria veſca, javaniſch Manikan) wach - ſen in dieſer warmen Gegend um Koppingund an den Bergen umher. Die Clematis (Clematis) welche ſich um die Buͤſche ſchlingt, zwiſchen Salatigaund Kopping. Oedermennich (Agrimonia, maleyiſch Upan Upan Karpo) eben daſelbſt. Das ſtrauchartige Glasſchmalz (Salicor - nia fruticoſa, javaniſch Tjimbine), am Strande bey Samarang. Muͤllen (Vitex, javaniſch Simina, auch Lagundo), kommt an verſchiedenen Orten ſehr haͤufig vor. Arabiſche Coſtwurz (Coſtus arabicus), die ich vorher in den Graͤben um Bataviain Menge gefunden hatte, wird auch hier allenthalben in Menge angetrof - fen, und waͤchſt zwiſchen den Buͤſchen und hohem Graſe. Herzgeſpann (Leonurus Cardiaca, maleyiſch Klenglen - gang) bey Koppin. Neſſeln (Urtica) hie und da ziem - lich haͤufig. Abelmoſch, oder Biſamkoͤrner (Hibiſcus Abelmoſchus), prangt mit ſeinen Blaͤttern und ſchoͤnen Blumen zwiſchen Samarangund Salatiga. Krullfarrn (Adiantum), auſſen an den Waͤldern, auch ſelbſt in den Waͤldern, wie auch an den Baͤchen. Gemeiner Stechapfel (Datura Stramonium, javaniſch Roteku - bung) zwiſchen Samarangund Unarang. Smilax (Smilax) in den Waldungen bey Unarang. Schwarzer Nachtſchatten (Solanum nigrum), um Koppin. Die Verbeſine (Verbeſina Acmella, maleyiſch Sironi), uͤberall ſehr haͤufig. Der gemeine oder rothe Ingber (Amomum Zingiber), javaniſch Tjai, maleyiſch Ban - gle), wird meiſtens von den Chineſern gebauet, aber142Dritte Abtheilung. Erſter Abſchnitt. der wilde Ingber (Amomum Zerumbet) den die Java - ner ſowohl als die Maleyen, auch wohl Bangle, ge - woͤhnlich aber Lampujang nennen, waͤchſt in Ueberfluß, beſonders an ſandigen und magern Stellen, zwiſchen Salatigaund Samarang. Gilbwurz oder Curcume Schwalbenwurz (Curcuma, javaniſch Kunir oder Kun - jet), fand ich nur in der Gegend von Samarang. Die Kaͤmpferie (Kämpferia, javaniſch Sempu) ſteht bey Salatigain naſſen und niedrigen Thaͤlern. Kardomom (Amomum compactum, javaniſch Mojei, die Frucht Kap - pologo) wird bey Salatigagebauet. Langer Pfeffer (Pi - per longum, javaniſch Tjabe, auch Dandang Muſſu), waͤchſt reichlich in den Waͤldern um Salatiga, wie auch an andern Orten, nicht ſelten auf den Steinmauern, um die Felder und Gaͤrten. Gemeiner oder ſchwarzer Pfeffer (Piper nigrum, javaniſch Maritjo), im Ueber - fluß um Salatigain den Waͤldern. Kubeben (Piper Cubeba, javaniſch Komukus), in großer Menge in den Waldungen bey Tuntang, und zwar dieſelbe Art, welche nach Europagebracht wird. Officinellenklee (Trifolium molilotus officinalis, javaniſch und ma - leyiſch Treba), hatte ich ſchon bey Bataviabemerkt; jetzt fand ich ihn bey Salatiga. Der gemeine Hanf (Cannabis ſativa, javaniſch Ginje), waͤchſt auch in einer Gegend nicht weit von Salatiga; er wird hoch und zu einem Strauche oder Buſche. Rundes Cypergras (Cyperus rotundus), iſt allenthalben ſehr haͤufig. Das gemeine Zuckerrohr Saccharum officinarum, javaniſch Tebu), wird allenthalben gebauet, waͤchſt aber auch wild bey Salatiga. Die großblumige Wunderblume (Mirabilis Jalappa, maleyiſch Kamban Pokul Ampat,143Erſte Reiſe innerhalb Java. welches genau eben das ſagt, als der hollaͤndiſche Name Vier Uurs Bloem, (Vierurblume findet man meiſtens nur gepflanzt; doch waͤchſt ſie auch wild in der Gegend von Salatiga. Hundszunge Cynogloſſum, maleyiſch Upan Upan Sapi) zwiſchen Salatigaund Kopping. Wuͤterich (Cicuta) oberhalb Salatigain den Berggruͤn - den und an den Baͤchen. Großer Wegerich (Plantago major), an den Baͤchen und ſonſt reichlich. Der ge - meine Wunderbaum (Ricinus communis), und die ſchwartze Purgirnuß (Jatropha Curcas, maleyiſch Jar - rak), ſind beyde ſehr haͤufig, ſowohl hier als in andern Gegenden von Java. Vom Aron (Arum) wachſen verſchiedne Arten in Menge in Suͤmpfen und Graͤben. Die Brennpalme (Caryota urens, javaniſch Saguer) findet man uͤberall zwiſchen Salatigaund Kopping, und iſt, wie man behauptet, eigentlich der wahre Baum, woraus das Sago gemacht wird. Die gemeine Baſi - lie (Ocymum Baſilicum), iſt in dieſen Gegenden allge - mein, ſo wie die heilige Baſilie (Ocymum ſanctum) um Bataviaund anderwaͤrts. Der indiſche Tamarinden - baum, (Tamarindus indica), ein ſehr hoher, großer und ſchoͤner Baum, iſt allenthalben haͤufig anzutreffen. Die Fiſtulkaſſie und die japaniſche Kaſſie (Caſſia fiſtula, javanica, javaniſch Dranguli), deren lange cylinderfoͤr - mige Frucht voͤllig wie ein Stock ausſieht, waͤchſt allent - halben im Holze bey Tundang. Kalmus (Acorus Cala - mus) waͤchſt wild in der Gegend von Samarangund an vielen andern Orten, ſchlaͤngelt ſich um die Baͤume und hindert mit ſeinen Zacken, zwiſchen durch zu gehen. Die breitblaͤttriche Hackenlilie (Crinum latifolium), welche ſtatt Meerzwiebeln (Scilla) gebraucht werden144Dritte Abtheilung. Erſter Abſchnitt. kann, kommt hier, um Bataviaund andern Orten vor. Die aſiatiſche Sida (Sida aſiatica), welche die Euro - paͤer hier baumartige Malve (Malva arborea) nennen, waͤchſt um Batavia, Samarangund ſonſt ſehr haͤufig. Vom Ruhrkraut (Gnaphalium, japaniſch Sombong Madur), findet man zwey Gattungen bey Kopping. Kanadiſcher Hollunder (Sambucus canadenſis, java - niſch Soobo), in den Tiefen zwiſchen Bergen und an den Baͤchen um Kopping. Die gemeine Becherblume (Poterium Sanguiſorba), zwiſchen Unarangund Sa - marang. Schlangenwurz (Ophiorrhiza mungos) oder (Lignum colubrinum, javaniſch und maleyiſch Kajo nlar, auch wohl Bidara laut), hin und wieder ziemlich haͤufig. Jasmin (Jaſminum), in der Gegend von Sa - latiga. Gemeinen Coriander (Coriandrum ſativum, javaniſch Katumjar), fand ich an einigen wenigen Stel - len, wo andere Gewaͤchſe geſaͤet waren, ſo, daß es ſcheint, daß er mit andern Saamen aus Europahieher gebracht ſey. Der Betelpfeffer und die gemeine Areka - oder Katechupalme (Piper Betle und Areca Catechu), zwey den Indiern unentbehrliche Gewaͤchſe, trift man allenthalben an.

Auch hier gebraucht das europaͤiſche Frauenzim - mer die Sambacnachtblumen (Nyctanthes Sambac) ſo - wohl die einfachen, als die gefuͤllten, auf Faͤden gerei - het, zu Kraͤnzen, die ſie zum Zierrath aufſetzen. Dies iſt wirklich ein huͤbſcher Kopfputz. Die jungen Herren bekommen dergleichen Kranz auch wohl bey Baͤllen von den jungen Schoͤnen geſchenkt; alsdenn iſt in der Mitte eine Tampakablume angebracht. Sie haͤngen den Kranz um den Hals uͤber die Bruſt, und der Geruch davon, iſt eben ſo angenehm, als dieſchneeweiße145Erſte Reiſe innerhalb Java. ſchneeweiße Farbe der Blumen ungemein ſchoͤn ins Ge - ſicht faͤllt.

Caffee wird in dieſen Gegenden an ſehr vielen Or - ten gebauet. Die Caffeeplantagen nehmen ſich unbe - ſchreiblich ſchoͤn aus. Der Baum traͤgt im dritten Jahre die erſten Bohnen. Hundert Baͤume geben ge - meiniglich drey bis vier Pickel Bohnen, das Pickel zu hundert und zwanzig Pfund gerechnet. Doch iſt der Ertrag nicht alle Jahr gleich. Im erſten Anfange ſoll die Compagnie den Javanern jedes Pickel Caffeebonen mit fuͤnf und zwanzig Thalern bezahlt haben. Jetzt wird nicht mehr als ſechs Thaler dafuͤr gegeben, wovon der Tommegom, oder Landvoigt, zwey Thaler behaͤlt, ſo, daß der Javaner, welchem die Pflanzung gehoͤrt, der ſie unterhaͤlt und die Arbeit verrichtet, nicht mehr als vier Thaler bekommt. Man pflanzt hier zu Lande zwiſchen die Caffeebaͤume, welche nur duͤnne ſtehen duͤrfen, allezeit Korallenpflanzen und zwar von der ge - woͤhnlichen Art (Erythrina corallodendrum, javaniſch Dadap), um den Caffeebaͤumen gehoͤrigen Schatten zu verſchaffen; weil ſonſt die Sonnenhitze fuͤr ſie allzubren - nend ſeyn wuͤrde. Es iſt wirklich etwas ungemein ange - nehmes, eine ſolche Plantage zu ſehen. Sie iſt wie ein Wald von Baͤumen, die alle in geraden Linien gepflanzt, zum Theil aus hohen, weit auseinander geſetzten Baͤumen, zum Theil aus Straͤuchen beſtehen, die ſowohl mit einer Menge Caffeebohnen bedeckt ſind, als auch mit einer Menge weißer Blumen an ihren ausgebreiteten und etwas nieder haͤngenden Zweigen prangen.

Zu Samarangbekam ich Gelegenheit die Ope - ration des Staarſtechens zu verrichten. Ein deutſcher Feldſcheer, der ehemals im Dienſte der CompagnieThunder[g]s Reiſen. Zweyt. Band. zweyter Th. K146Dritte Abtheilung. Erſter Abſchnitt. geweſen war, und vom hieſigen Gouverneur ſehr werth geſchaͤtzt wurde, hatte das Ungluͤck gehabt, den grauen Staar auf beide Augen zu bekommen. Als der Gou - verneur, vom Hoſpitalmedicus bey dem ich logirte, erfuhr, daß ich es mir zutraue, dieſem Manne das Geſicht wieder zu ſchaffen, bot er mir hundert Ducatons, wenn es mir damit gluͤcken wuͤrde, und da alle meine chirurgiſchen Inſtrumente mit dem Schiffe nach Juanagegangen waren, ſchickte er ſogleich einen Expreſſen dahin, und ließ ſie holen. Allein der Blinde, welcher doch nur etwas uͤber die mittleren Jahre hinaus war, ſchien zu ſeiner eignen Kunſt, der Chirurgie, ſelbſt ſehr wenig Zutrauen zu haben, weil er eben ſo eigenſinnig als blind war, und ſich ſchlechterdings nicht bewegen oder uͤberreden laſſen wollte, ſich der Operation zu un - terwerfen. Ich erkundigte mich daher, ob es hier nicht andre Blinde gaͤbe, denen ich Huͤlfe verſchaffen, und dadurch zugleich meinem gefaͤlligen Wirthe eine Operation lehren koͤnnte, die zu den vorzuͤglichſten und nuͤtzlichſten in der ganzen Wundarzneywiſſenſchaft ge - hoͤrt. Dieſer ſchafte ſogleich einen alten Mann, und zwar einen Europaͤer, und eine ſiebenzigjaͤhrige chineſi - ſche Frau herbey, die beyde auf beyden Augen blind waren, jener ganz ſtockblind, und dieſe ſo, daß ſie nur zur Noth ohne Fuͤhrer gehen konnte. Beyde wur - den von mir gluͤcklich operirt, und bekamen ihr Geſicht voͤllig wieder. Ich ließ mich auch bereden, meinem Wirthe nicht nur die zum Staarſtechen gehoͤrigen, ſondern auch verſchiedene andere chirurgiſche Inſtru - mente, deren Gebrauch auf dem Schiffe nur hoͤchſt ſelten vorkommt, zuruͤckzulaſſen.

Bey Gelegenheit des, den 3ten May einfallen - den Neujahrsſeſtes der Javaner, gab der hieſige Patti,147Erſte Reiſe innerhalb Java. das iſt, der hier reſidirende Oberhauptmann oder Land - droſt der Provinz, eine große Mahlzeit, zu welcher die ſaͤmmtlichen hier ſich aufhaltenden Beamten und Bedienten der Compagnie, eingeladen waren.

Den 14ten May reiſete ich mit einem hollaͤndi - ſchen Schiffe von Samarangnach Japara. An die - ſem ſehr angenehm liegenden Orte, wurde ich von Herrn van der Beek, Reſidenten der Compagnie hie - ſelbſt, uͤber die Maaße wohl aufgenommen. Dieſer Mann beſitzt nicht nur ſelbſt Gelehrſamkeit, ſondern iſt auch ein großer Goͤnner und Befoͤrderer der Wiſſen - ſchaften, und derer welche ſie treiben; ein Verdienſt, das in dieſem entfernten Theile der oͤſtlichen Welt um ſo viel groͤßer und wichtiger iſt, je ſeltner hier Maͤnner dieſer Art anzutreffen ſind. Seine vorzuͤgliche Guͤte gegen mich, werde ich nie vergeſſen. Ich bedaure nur, daß das Schickſal mir nicht erlauben wollte, hier lange zu bleiben, weil das Schiff zu Juanaſchon voͤllig ge - laden hatte, und ich daher eilen mußte, dahin zu kom - men, um mit demſelben nach Bataviazuruͤckzugehen.

Den 20ſten ſetzte ich meine Reiſe zu Pferde nach Juanafort, in Begleitung eines Javaners, den Herr van der Beekmir zum Wegweiſer mitgegeben hatte. Da der Weg zu weit war, als daß ich ihn bey der ſtarken Hitze in einem Tage haͤtte zuruͤcklegen koͤn - nen, ſo hatte ich von demſelben auch ein Empfehlungs - ſchreiben an einen Fuͤrſten bekommen, den ich unterwe - gens beſuchen, und bey dem ich die Nacht Quartier neh - men ſollte. Dieſer Fuͤrſt hatte die Schweſter des Kaiſers zur Gemahlin. Ich brachte die Nacht bey ihm zu, nach - dem ich am Abend die Ehre gehabt hatte, mit ihm allein an ſeiner Tafel zu ſpeiſen, und in maleyiſcher Sprache, ſo gut ich konnte, mich mit[ihm] uͤber allerhand DingeK 2148Dritte Abtheilung. Erſter Abſchnitt. zu unterhalten. Indeſſen ſtoͤrte mich das Geſchrey von Eulen und andern Thieren, die ſich die ganze Nacht hoͤren ließen, gar ſehr im Schlafe.

Am folgenden Tage langte ich zu Juanaan, wo ich mich ſogleich in einer Schaluppe an Bord des Schif - fes bringen ließ, welches ſchon eine ganze Meile weit von der Rhede weg lag.

An der noͤrdlichen Kuͤſte von Java, iſt der Strand ſehr niedrig, und die Haͤfen ſind ſeicht und groͤßten - theils voll Schlamm. Die Schiffe muͤſſen deswegen weit auf der Reede hinaus ankern, und wenn ſie ſchwer beladen werden, ſetzen ſie ſich oft im Schlamm feſt. Dies war jetzt auch bey Juanader Fall, ohnerachtet das Schif ſchon weit vom Lande vor Anker gegangen war, um den Reſt der Ladung einzunehmen; und ob wir gleich die Zeit abpaßten, da hohes Waſſer war, um die Segel aufzuziehen, wurden wir dennoch ge - noͤthigt, eine Menge Bretter, die zur Ladung gehoͤr - ten, wieder aus und in große Boͤte zu laden, um das Schiff nur leichter zu machen. Als endlich der Wind etwas ſtark wurde, ſegelten wir zwar, jedoch noch zwey ganze Meilen weit ſo tief im Moder, daß das Waſſer hinter dem Schiffe von der blauen Schlammerde ganz dick und blaͤulich ausſah. Alle Seefahrer bezeu - gen einmuͤthig, daß hier das Waſſer jelaͤnger, deſto mehr abnimmt, der Strand immer hoͤher, und die Haͤ - fen immer ſeichter werden. Dies, ſagen ſie, hat ſeit der Zeit, da zuerſt Schiffe der oſtindiſchen Compagnie hieher kamen, dermaßen zugenommen, daß jetzt da Moraſt iſt, wo ehemals die Schiffe lagen, und wo ſie ſich jetzt weit entfernt halten muͤſſen. Die Nordſeite von Javaiſt die fruchtbarſte, die Suͤdſeiſe hingegen ſehr gebir - gig und unfruchtbarer, das Waſſer aber iſt allda149Erſte Reiſe innerhalb Java. tiefer. Zwiſchen Juanaund Japaralaͤuft ein Vor - gebirge in die See, bey welchem[wir] jetzt vorbeyſe - gelten. Eine von den daſigen Klippen, hat den Namen Teufelsklippe. Dies ruͤhrt daher, weil hier oft See - raͤuber ſich aufhalten ſollen, welche große und kleine Fahrzeuge, die nicht gut bewaffnet ſind, oder nicht unter Bedeckung eines bewaffneten Schiffs ſegeln, an - greifen und wegnehmen. Dieſe Raͤuber ſind nicht Ja - vaner, ſondern kommen von den Kuͤſten von Borneound den dazu gehoͤrigen Inſeln, und koͤnnen daher nicht ausgerottet werden.

Unſre Fahrt gieng ohne einen dergleichen und ohne alle andere Unfaͤlle von Statten; ſo daß wir am 1ſten Junius gluͤcklich wieder zu Bataviaankamen.

Zweyter Abſchnitt. Fernerer Aufenthalt zu Bataviaund zweyte Reiſe in das Innere von Java.

Unmittelbar nach meiner Ruͤckkunft ward mir aufge - tragen, als Arzt auf dem auſſerhalb der Stadt auf der Rhede liegenden Schiffe Dienſt zu thun. Zwar wer - den, ſobald ein Schiff ankommt, alle auf demſelben vor - handene Kranke ſogleich nach dem Hoſpitale in der Stadt gebracht, und eben das geſchieht auch nachher, ſobald jemand von den hier auf der Rhede liegenden Schiffen krank wird; demohngeachtet wird noch auſſer - dem beſtaͤndig ein ſogenanntes Krankenſchiff gehalten, wozu gemeiniglich ein altes, ſonſt unbrauchbares Schiff genommen wird, auf welches man diejenigen bringt, welche des Nachts krank werden oder zu Scha - den kommen, wenn die Stadtthore verſchloſſen ſind. K 3150Dritte Abtheilung. Zweyter Abſchnitt. Dieſer Dienſt, oder vielmehr dieſe Nachtwache, geht un - ter allen zu Bataviaſich befindenden Schiffswundaͤrz - ten der Reihe nach um. Selten aber verrichten dieſe ſie perſoͤhnlich, ſondern nehmen einen alten Feldſcheer, der nichts zu thun hat, fuͤr Geld dazu. So machte denn auch ich es, und blieb fuͤr einen Ducaton von die - ſem Geſchaͤft frey.

Sogleich in den erſten Tagen meines diesmaligen Hierſeyns, fand ich Gelegenheit, die Bekanntſchaft eines wackern Landsmanns, Herrn Wimmercranz, Ingenieurcapitains im Dienſte der hollaͤndiſchen Com - pagnie, zu machen. Dieſer Mann iſt hier fuͤr die Compagnie aͤußerſt nuͤtzlich, und ſehr geliebt und geach - tet. Er erzeigte mir fuͤr den Reſt meines Aufenthalts viel Gewogenheit und ſehr weſentliche Dienſte, welches gleich mir, mehrere unſerer Landsleute ihm nachruͤhmen.

Am 19ten Junius, indem ich noch auf ein Schiff warten mußte das nach Ceylon, welche Inſel ich zu beſuchen wunſchte, gehen wollte, machte ich, mit Erlaubniß des Generalſtatthalters und in Geſell - ſchaft des Herrn Baron von Wurmb, noch eine kleine Reiſe in das Innere des Landes, nach dem warmen Bade und den ſogenannten Blauenbergen. Capitain Wimmercranzwar ſo guͤtig, mir ſein eigenes Pferd dazu zu uͤberlaſſen, und der ſogenannte Commiſſarius uͤber die Eingebohrnen, gab mir auch einen Bedienten mit.

Am erſten Tage kamen wir bis Tanjong, einem Landgute des Herrn Cran, Mitglied des hohen Raths.

Die Wege ſind hier durch Meilenſaͤulen abge - theilt, doch ſtehen dieſe nicht alle gleich weit von einander.

151Zweyte Reiſe innerhalb Java.

Am folgenden Tage reiſeten wir des Morgens nach Tjipinong, wo wir zu Mittag aßen, und von da weiter uͤber Tjimangisund Tjiluannach Buytenzorg. Dieſer Ort, welchen die Javaner Bogornennen, iſt zum Vergnuͤgen des jedesmaligen Generalgouverneurs eingerichtet. Der Gouverneur Imhof, hat ihn dazu ausgeſucht und die Gebaͤude aufgefuͤhrt. Das Haupt - gebaͤude iſt von Steinen, ſehr ſchoͤn und hat zwey Fluͤgel. Gegenuͤber ſteht eine kleine Citadelle, und dazwiſchen liegt ein ſchoͤner Garten. Die Entlegenheit dieſes Luſtſchloſſes von der Hauptſtadt iſt aber ſchuld, daß der Generalgouverneur ſich ſelten hier aufhaͤlt.

Den 22ſten kamen wir nach Tjiſerva, und wei - ter uͤber hohe Berge nach Tjipannas. Dieſe beyden Oerter, ſo wie auch Pondogedeund Arkidomasgehoͤ - ren dem Generalſtatthalter, oder vielmehr der hollaͤn - diſchen Compagnie. Wir uͤbernachteten daſelbſt, und beſahen das warme Bad, welches Tjipannasheißt, und der umliegenden Gegend den Namen gegeben hat.

Das warme Bad entſpringt beynahe mitten zwi - ſchen den hieſigen beiden großen Reihen von Bergen in einem Thale. Das Waſſer iſt nicht heißer, als daß man die Finger darin leiden kann. Es quillt an ver - ſchiedenen Stellen hervor. Ueber diejenige Quelle, aus welcher das Waſſer nach dem Brunnenhauſe kommt, hat man eine Huͤtte gebauet. Das Quelloch ſelbſt iſt nicht ſehr tief, und das Waſſer quillt auch nicht ſtark heraus. Die Erde umher iſt roſtfarbig, und an den Seiten der Einfaſſung hat ſich eine hochgruͤne duͤnne Borke geſetzt, die voͤllig wie Kupferroſt ausſieht. Das zum Gebrauch des Bades eingerichtete Haus be - ſteht aus zwey Theilen. Das eine Zimmer iſt ſehr groß; durch dieſes wird das Waſſer nach dem andernK 4152Dritte Abtheilung. Zweyter Abſchnitt. geleitet; im Boden ſind zwey Lucken, um das Waſſer von dem Unreinen was darinnen iſt, zu ſaͤubern. Das andre Zimmer hat eine große viereckte Grotte, die mit Brettern ausgeſchlagen, und mit einer Treppe ver - ſehen iſt. In dieſes Zimmer ſind zwey Roͤhren mit metallnen Zapfen geleitet, aus welchen man waͤhrend des Badens nach Gutduͤnken kaltes und warmes Waſ - ſer haben und zu beliebiger Hoͤhe ſteigen laſſen kann. Oben auf dem Waſſer ſammelt ſich eine Rinde, die faſt ſo dick wie ein Pfennig und ſalzig iſt. Man ſagte mir, daß das Waſſer, wenn man es zum Trinken brauche, laxire, und daß es deswegen ſelten innerlich, ſondern meiſt aͤußerlich gebraucht werde. Vor einiger Zeit waren viele Kranke auch aus den Hoſpitaͤlern von Bataviahieher geſchickt, die ſich des Bades bedienen ſollten; man hatte auch zu dieſem Ende hier ein Hoſpi - tal angelegt, welches nun aber gar nicht gebraucht wird. Jetzt wohnt hier ein europaͤiſcher Bauer, der die Aufſicht uͤber das Bad, und einige dabey liegende Oerter hat.

Das hieſige Klima iſt ſehr geſund und erfriſchend. Die Luft war itzt ſogar, beſonders des Morgens und des Abends, nicht nur kuͤhl ſondern wirklich recht kalt, ſo daß ich, da ich keinen Ueberrock mitgenommen hatte, wirklich fuͤr Abendkaͤlte zitterte. Man ſollte es nicht fuͤr moͤglich halten, daß jemand in einem Lande, das beynahe unter dem Aequator ſelbſt liegt, frieren koͤnne.

Hier, um Arkidomas, Tjiſeroa, und Pondo - gede, werden europaͤiſche Gartengewaͤchſe, als Kohl, Moͤhren und andre Wurzeln, Gruͤnigkeiten und der - gleichen gebauet; auch hat man hier viele europaͤiſche Baͤume gepflanzt. Von allen dieſen Oertern werden woͤchentlich dreymal Kuͤchengewaͤchſe, Fruͤchte und der -153Zweyte Reiſe innerhalb Java. gleichen zum Gebrauch des Generalgouverneurs nach Bataviageſchickt. Die Apfelſinen wurden jetzt reif; ſie ſind ſchmackhafter als die, welche naͤher um Bataviawachſen.

Die Javaner ſowohl als die unter ihnen woh - nenden Chineſer, decken ihre Haͤuſer mit geſpaltenen Stuͤcken Bamboholz, die beynahe wie Ziegelſteine uͤber - einander gelegt werden.

Ich lernte hier auch einige Gewaͤchſe und deren Gebrauch kennen. Kadondon nennen die Javaner ein Gewaͤchs, das zu lebendigen Hecken gebraucht wird. Andewalu heißt ein Rankengewaͤchs mit dreyfach ge - theilten Blaͤttern, das ein gutes Gegengift ſeyn ſoll. Aus den beyden Kraͤutern, Korang garing und Tam - pal utan machen ſie blaue Farbe. Boa kirai iſt eine Frucht, die einen zuſammenziehenden und barſchen Geſchmack hat. Das Gewaͤchs Tingling mintik wird fuͤr ein herzſtaͤrkendes und gute Dienſte thuendes Arze - neymittel ausgegeben.

Die hieſigen Javaner erzaͤhlen, (und moͤchten es auch gar zu gern den Europaͤern einbilden), daß auf den tjipannaſchen Bergen eine Art Affen (Orang-Ou - tang) gefunden werden, die krauſes Haar und hinter - waͤrts gekehrte Fuͤße haben. Indeſſen hat bisher kein Europaͤer dergleichen geſehen.

Ich traf hier eine Art Reiher (Ardea) an, welche den oſtindiſchen Kranichen (Antigone) aͤhnlich ſind, mit weißgelbem Schnabel, nacktem und gelben Halſe, kahlem und weißlichem Kopfe, blaͤulichen Fuͤßen, ſchwarzgrauen Schwungfedern, ſchwarzem Ruͤcken, ſchwarzem Schwanze und weißem Bauche. DieK 5154Dritte Abtheilung. Zweyter Abſchnitt. Lach-Taube (Columba riſoria), welche ich in der Ge - gend des Vorgebirges der guten Hoffnungnie anders als blau geſehen habe, iſt hier faſt durchgaͤngig von hellerer Farbe, und mehrentheils weiß.

Den 24ſten Junius reiſeten wir uͤber das Ge - birge nach Pondogedezuruͤck. Oben auf den Bergen, die allenthalben mit Wald und Buͤſchen bewachſen ſind, ſtiegen wir ab, ließen unſere Pferde am Wege ſtehen, und begaben uns noch hoͤher hinauf zu einer der hoͤch - ſten Spitzen, um daſelbſt die ſehr bekannte Waſſer - hoͤhle bey Mehemedonzu beſehen. Ich fand hier bey - nahe nordeuropaͤiſches Clima, und unter andern Ge - waͤchſen auch verſchiedene Mooſe (Muſcus[)]und Flechten (Lichen), die ſonſt in den waͤrmſten Laͤndern Indiensſehr ſelten, und faſt gar nicht anzutreffen ſind.

Wir blieben die Nacht zu Pondogede, und reiſeten am folgenden Tage nach Arkidomas, um einen Ort zu beſehen, der wegen verſchiedener aus Stein gehaue - ner kleiner Bilder merkwuͤrdig iſt, welche, drey oder vier bey einander, an verſchiednen Plaͤtzen im Walde aufgeſtellt ſind. Die Japaner halten dieſe Bilder gar ſehr in Ehren, und die Chineſer opfern ihnen.

Unterwegens ſah ich wilde Pfauen im Walde ab und zu fliegen, bisweilen auch wohl ſich auf die Zweige ſetzen, und mit ihren langen, niederhangenden, praͤchtigen Schwaͤnzen prangen.

Den ganzen Tag hatte der Commendant einer kleinen Citadelle uns Geſellſchaft geleiſtet, und zugleich zwey Soldaten mit genommen, die beſtaͤndig auf kleinen Waldhoͤrnern blieſen, um die Tiger abzuhalten. Dieſe Thiere ſind hier ſehr gefaͤhrlich, und ſchon mancher dieſe Wege paſſirende Javaner iſt von ihnen zerrißen155Zweyte Reiſe innerhalb Java. und verſchlungen worden, aber den Laut ſtarker Blaſe - Inſtrumente koͤnnen ſie gar nicht vertragen.

Gegen Abend trafen wir zu Buytenzorgein. Ehe wir aber dahin kamen, ritten wir nach einer Stelle unweit Paditulis, um einen ſehr alten Stein zu beſehen, auf welchem eine eingehauene Inſchrift befindlich iſt, die bisher noch niemand hat leſen oder erklaͤren koͤnnen. Der Stein iſt ungefaͤhr Mannshoch und etwa zwey Fuß breit. Die Buchſtaben ſcheinen von der Linken zur Rechten geſchrieben zu ſeyn, und machen neuntehalb Zeilen aus.

Den 26ſten machten wir wieder einen kleinen Nebenritt nach dem Berge Tjorroton, welcher in meh - reren Hinſichten merkwuͤrdig iſt. Er ſteht ganz iſo - lirt, und beynahe mitten im Lande. Die Reiſe dahin nahmen wir hauptſaͤchlich in der Abficht vor, die be - ſondern Hoͤhlen dieſes Berges zu beſehen, worin die chineſiſchen Schwalben (Hirundo eſculenta) ihre Neſter bauen, welches die bekannten geleeartigen Vogelneſter ſind, die als große Leckerbiſſen gegeſſen werden. Wir giengen zu Fuß hinauf, und kamen in kurzer Zeit auf den Gipfel. Jene Hoͤhlen ſind eigentlich an der Suͤd - ſeite des Berges und oben ganz bedeckt. Sie ſcheinen nicht auf die Art, daß der Berg große Ritzen bekom - men, entſtanden zu ſeyn, weil man oberwaͤrts gar keine Ritzen ſieht; ſondern mir kam es vor, daß ſie ihren Urſprung dem Verwittern einzelner Theile des Berges zu verdanken haben, weil ſie allezeit nach unten gehen und unten Waſſer enthalten. Ich gieng in einige dieſer Hoͤhlen hinein, und ſtieg ſogar eine gute Strecke auf Leitern von Bamborohr darin hinun - ter, ohne etwas anders als Gefahr, Dunkelheit und156Dritte Abtheilung. Zweyter Abſchnitt. gleichſam Abtheilungen in mehrere Gemaͤcher zu fin - den. Die Javaner wollten uns nicht erlauben, auch nur ein einziges Neſt wegzunehmen, waren aber doch ſo hoͤflich uns nicht nur einige, die ganz unverſehrt waren, zu ſchenken, ſondern uns auch auf unſre Bitte mit zwey ſolcher Schwalben ein Praͤſent zu machen. Dieſe Schwalben ſind klein und ganz ſchwarz.

Mein Reiſegeſellſchafter und ich wurden bey dem Javaniſchen Oberhauptmann der Provinz zu Mittag, ſehr koſtbar bewirthet. Er, ſein Schwager und wir beyden Fremden machten die ganze Geſellſchaft aus. Er verſtand das Maleyiſche, welches wir ſprachen, und ſprach es auch ziemlich. Fuͤr jeden von uns war das Eſſen auf kleine porcellanene Teller ſchon vorge - legt. Wir bekamen daher von jedem Gerichte zwar nicht viel, dagegen belief ſich auch die Anzahl der Ge - richte auf neunzig, ſo daß wir kaum im Stande wa - ren, von allem zu koſten.

Den 22ſten ritten wir nach einem Landhauſe das Herrn Duurkoopzugehoͤrt. Dies iſt ein unge - mein ſchoͤnes Gebaͤude, und hat einen Thurm, welcher wegen eines Echo merkwuͤrdig iſt, das neun Sylben deutlich wiederholt.

Von dieſem anmuthigen Orte kamen wir endlich nach Bataviazuruͤck.

Auf der jetzt beſchriebenen Reiſe ſah ich, daß die Chineſer in großer Menge auch in den innern Gegen - den des Landes ſich niedergelaſſen haben, aber doch nicht mit den Javanern zuſammen wohnen. Dies ſoll ihnen verboten ſeyn, und zwar, um Uneinigkeit und Streit zu verhindern, wozu die Chineſer ſehr geneigt157Zweyte Reiſe innerhalb Java. ſeyn ſollen. Wenn ſie aber die Religion aͤndern und ſich beſchneiden[ laſſen, iſt] es ihnen erlaubt. Nichts - deſtoweniger ſind ſehr viele von ihnen mit Javanerinnen verheirathet, obgleich die Toͤchter der Chineſer keinen Javaner heirathen duͤrfen. Auch duͤrfen die Chineſer hier nicht, wie in China, ihre Frauen einſperren oder ihnen die Fuͤße verunſtalten. Die hieſigen Chi - neſer tragen Pantoffeln mit Hinterleder und dicken Sohlen, die inwendig mit verſchiednen Lagen Hut - filz uͤberlegt ſind, damit kein Waſſer eindringen, und die Fuͤße nicht naß werden koͤnnen; dieſe Pantoffeln ſind aber, ſo wie ihre Stiefeln, die eben ſo eingerich - tet ſind, unbequem und ſchwer.

Waͤhrend der uͤbrigen Zeit meines hieſigen Auf - enthalts, beſuchte ich fleißig das Hoſpital. In dieſer Anſtalt werden die Kranken zwar gut behandelt, dem - ungeachtet ſterben ſie in großer Menge. Die Anzahl der Verſtorbnen hat ſich faſt jaͤhrlich vermehrt, und zwar in den letzten Zeiten vorzuͤglich dadurch, daß die Kanaͤle, welche das Waſſer durch die Stadt leiten, nicht gehoͤrig rein gehalten werden. Mit dieſer Un - ordnung geht es ſo weit, daß die Chineſer nicht nur den Abfall von Gruͤnigkeiten und Gartengewaͤchſen, ſondern oft todtes Vieh in die Canaͤle werfen, wel - ches ich nicht ſelten ſelbſt geſehen habe. Beſonders hat dieſe ſchlimme Gewohnheit uͤberhand genommen, ſeit - dem die Vornehmen angefangen haben, Luſthaͤuſer und Gaͤrten vor der Stadt anzulegen, und ſogar auſſerhalb der Stadt zu wohnen. Aus den Sterbelis - ten erſah ich unter andern das Verzeichniß der im Hoſpitale von Jahr zu Jahr verſtorbnen Europaͤer. Ich will es hier vom Jahre 1714 an mittheilen.

158Dritte Abtheilung. Zweyter Abſchnitt.

Aus dieſem Verzeichniſſe erhellet, daß die Zahl der Verſtorbnen beynahe von Jahr zu Jahr zugenommen hat; daß dieſe Zunahme aber beſonders nach drey merkwuͤr - digen Veraͤnderungen betraͤchtlich geweſen iſt. Von 1714 bis 1733. ſind die wenigſten geſtorben. Im Jahr 1733. fieng man an, auſſerhalb der Stadt einen Graben oder Waſſerleitung nach der Stadt zu ziehen, wobey ſehr viele, ſowohl Javaner als andre, umkamen. Von dieſer Zeit an iſt auch die Anzahl der Verſtorbe - nen allezeit gewachſen. Im Jahr 1761. machte man den Anfang damit, in das vor der Stadt belegene Hoſpi - tal mehr als zweyhundert Geneſende, auſſer welchen vorher niemand dahin gebracht wurde, aufzunehmen, und ſeit dieſer Zeit iſt die Zahl der Verſtorbnen noch hoͤher geſtiegen. Endlich wurde 1775. auf der Rhede159Zweyte Reiſe innerhalb Java. ein Krankenſchiff eingerichtet, da denn ſowohl in dieſem als im folgenden Jahre die Anzahl am allergroͤßten geweſen iſt.

Um meinen Endzweck, nach Ceilonzu reiſen, zu errei - chen, wurde ich auf mein Anſuchen zum erſten Wund - arzte auf einem nach dieſer Inſel beſtimmten Schiffe angenommen, nachdem ſowohl Herr Radermacherals mein Wirth, Doctor Hoffmann, durch das Anerbie - ten, mir eine vortheilhafte Stelle zu Bataviazu ver - ſchaffen, verſchiedne Verſuche gemacht hatten, die mich wohl haͤtten reizen koͤnnen, hier zu bleiben. Zwar konnte ich die Hitze ſehr gut vertragen, und befand mich auch uͤbrigens unter dieſem ſo warmen und fuͤr die Eu - ropaͤer ſo ungeſunden Himmelsſtriche ſehr wohl. Aber es iſt hier doch beſchwerlich und ſehr laͤſtig ſeine Ge - ſchaͤfte zu verrichten, und die Liebe zu meinem Vater - lande machte mich gegen alle andre Vorſtellungen taub, ſelbſt zu einer Zeit, da ich noch kein Gluͤck fuͤr mich in demſelben vorherſehen konnte.

Ehe das Schiff ſeine voͤllige Ladung eingenom - men hatte, ſtellte ich noch verſchiedne botaniſche Ex - curſionen um Bataviaan. Unter andern kam ich nach Jaccatra. Dies iſt ein ziemlich angenehmer Ort, nicht weit von der Stadt. Es war ehemahls die Hauptſtadt dieſer Inſel, und wurde von den Hollaͤn - der 1619. erobert. Jetzt wird hier eine kleine Anzahl Soldaten gehalten, um die Citadelle zu bewachen, und der Ort wird gleichſam wie eine Vormauer fuͤr Bata - viaangeſehen.

Ungeachtet es in Bataviaſchon an und fuͤr ſich ſelbſt hoͤchſt ungeſund zu wohnen iſt, ſo ſind die Eu -160Dritte Abtheilung. Zweyter Abſchnitt. ropaͤer hier doch faſt gar nicht darauf bedacht, ihre Geſundheit zu erhalten, ſondern ſie fuͤhren meiſtens ein unordentliches Leben. Beym Mittagseſſen erhi - tzen ſie das Blut durch Wein und ſtarkes Bier, und nach der Mahlzeit durch Tobackrauchen und ebenfalls durch Wein und ſtarkes Bier. Um halb drey Uhr legt man ſich zu Bette, und haͤlt bis fuͤnf Mittags - ruhe. Der Abend wird in Geſellſchaft zugebracht und zwar beym Spieltiſche und abermals bey ſtarkem Bier und Wein, und mit der den hieſigen Europaͤern ſo ganz unentbehrlichen Tobackspfeife. Gegen halb acht geht man wieder zu Tiſche, thut eine gute Mahlzeit und trinkt wiederum Wein und ſtarkes Bier. Nach geen - digtem Abendeſſen zuͤndet man die, nur waͤhrend der Mahlzeit weggelegte Pfeife, ſogleich wieder an, raucht bis elf Uhr, und trinkt Wein und ſtarkes Bier dazu, bis man, von Hitze, Bier und Wein im Kopfe verwor - ren, von Tobacksrauch halb berauſcht, und dabey muͤde und ſchlaͤfrig ſich endlich zu Bette verfuͤgt, um eines unruhigen Schlafes zu genießen.

Die Portugieſen ſind zwar ehe als andre Eu - ropaͤer, und zwar ſchon 1510. nach Javagekommen, haben ſich da aber nie foͤrmlich niedergelaſſen. Nach ihnen kamen die Englaͤnder und bald hernach, 1596. die Hollaͤnder.

Auf Javaſind drey Hauptreligionen: die heidni - ſche, zu welcher ſich die Chineſer und ein Theil der Javaner; die muhamedaniſche, zu welcher ein großer Theil der Javaner; und die chriſtliche, zu welcher die Europaͤer, und ein Theil der Javaner, Maleyer und andrer Indier, ſich bekennen.

Im161Zweyte Reiſe innerhalb Java.

Im erſten Bande habe ich bereits vom Javaſchen Handel umſtaͤndliche Nachricht gegeben. Hier will ich nur noch das Verzeichniß der Produkte dieſes Lan - des nachholen, welche vornemlich von dort ausgefuͤhrt werden. Dies ſind: Reis, der vortrefflich iſt und nach mehreren indiſchen Laͤndern zum Verkauf gebracht wird, und deſſen noch mehr ſeyn wuͤrde, wenn nicht der ſogenannte Reisfreſſer, ein Vogel aus dem Geſchlechte der Kernbeißer (Loxia oryzivora), welcher hier in großer Menge vorhanden iſt, den Reisfeldern ſo großen Scha - den thaͤte. Kardomomen von derjenigen Art, die ruͤndliche Saamenkapſeln hat (Cardomomum compactum). Zu - cker, welcher als Puderzucker nicht nur nach allen indiſchen Handelsplaͤtzen, ſondern auch nach Europageht; vor Ankunft der Hollaͤnder wuchs hier kein Zuckerrohr, ſondern dieſe haben es hieher gebracht, jetzt waͤchſt es aber in Menge. Salz, welches nach verſchiedenen Laͤn - dern in Indiengebracht, und beſonders auf den mo - luckiſchen Inſelnſehr theuer verkauft wird. Pfeffer, der meiſt nach Europakommt. Indigo, Kattun und etwas Baumwollengarn. Vogelneſter, die groͤßten - theils zu Canton, und zwar mit ungemeinem Vortheil, verkauft werden.

Auſſer der im erſten Bande beſchriebnen kupfer - nen Scheidemuͤnze curſirt hier auch noch eine andre Art: nemlich Pfennige, welche die Compagnie von gewoͤhn - lichem ſchwediſchen Kupfer, und zwar in Europa, ſchlagen laͤßt, und hieher ſchickt. Es giebt zwey Arten davon, die ganz gleich ausſehen, aber an Groͤße ver - ſchieden ſind, und zwar ſo, daß die eine halb ſo groß als die andre iſt. Die große kommt deutſchen und ſchwediſchen Kupferpfennigen gleich. Auf der einen Seite iſt das gewoͤhnliche Wapen der Compagnie,Thunbergs Reiſen. Zweyt. Band. zweyter Th. L162Dritte Abtheil. Zweyter Abſchnitt, u. ſ. w. nebſt der Jahrzahl, und auf der andern das Wapen derjenigen Provinz, welche ſie hat praͤgen laſſen, zu ſehen. Der Werth, ſowohl der großen als der klei - nen, iſt noch einmal ſo groß als er in Europaſeyn wuͤrde, und die Compagnie gewinnt an hundert Pro - cent dabey. Auch ſah ich bey den Chineſern und Javanern hollaͤndiſche Dukaten. Man hatte aber oberwaͤrts mit einem kleinen runden Stempel einige Javaniſche Buchſtaben darauf gedruckt, wodurch ſie den Javanern lieb werden und Curs unter ihnen bekommen.

163

Vierte Abtheilung. Reiſe von Batavianach Ceylonund Aufent - halt daſelbſt, vom 5ten Julius 1777 bis den 6ſten Februar 1778.

Erſter Abſchnitt. Beſchreibung der Reiſe nach Ceylon, und Aufent - halt daſelbſt, wie auch einiger Reiſen in dieſem Lande.

Den 5ten Julius 1777 begab ich mich an Bord des Schiffes Mars, um mit demſelben nach Ceylonzu ge - hen. Ich hatte mich mit verſchiedenen Empfehlungs - ſchreiben an den Gouverneur und andere hollaͤndiſche Beamte daſelbſt verſehen. Zwey Tage darauf lichteten wir die Anker, und entfernten uns bey ſanftem guͤnſti - gen Winde, von Java, einem der herrlichſten Laͤnder in der Welt.

Den 11ten legten wir uns bey Angiervor Anker, um daſelbſt friſches Waſſer zu unſrer bevorſtehenden Reiſe einzunehmen. Auf dieſer Rhede trafen wir den ſchwediſchen Oſtindienfahrer, das StockholmerSchloß, an, welcher nach Chinabeſtimmt war. Dies Schiff wollte ſich hier ebenfalls mit Waſſer verſorgen, und ich hatte bey dieſer Gelegenheit die Freude, verſchiedeneL 2164Vierte Abtheilung. Erſter Abſchnitt. Freunde und Landsleute zu umarmen, unter andern Capitain Petterſen, und die Supercargen Alnoorund Bladh. Das Waſſer, welches hier aus einem ins Meer herabfließenden Bache geholt wird, iſt zwar ſuͤß und nicht ganz ſchlecht, aber ſehr dick; und dadurch, daß es hier ſehr ſchwer iſt an Land zu kommen, und die Tonnen im Waſſer ans Land gerollt werden muͤſſen, wird es, wenn man davon holt, noch dicker. Dies Waſſer trug auch ſehr viel dazu bey, auf der Reiſe die unter der Mannſchaft entſtandene Diarrhoͤe zu unterhalten und zu vermehren. Wenn man es wagte, ein einziges Glas davon allein zu trinken, ohne Caffeé oder Thee hinzuzugießen, ſo konnte man darauf rechnen, daß bald darauf eine Art Durchfall entſtand.

Ich gieng mit den Waſſerſchoͤpfern ans Land, und fand hier die große Art Piſang, (Troglodyten - oder Affenmuſe, Muſa troglodytarum) und zwar mit ziemlich deutlichem Saamen; die Koͤrner waren platt und beynahe ſo groß als Leinſaamen.

Die im Dorfe wohnenden Javaner verkauften ſo - genannte ſpaniſche Rohre in Menge, und die Schwe - denkauften verſchiedene von der beſſern Art, wobey ich das Vergnuͤgen hatte meinen Landsleuten, durch Huͤlfe des wenigen was ich von der maleyiſchen Sprache verſtand, zum Dolmetſcher zu dienen.

Unſere weitere Fahrt ging mit gutem Winde gluͤcklich von Statten. Den erſten Auguſt paſſirten wir die Sonne, das iſt, wir hatten ſie im Scheitel - punkte; den 28ſten ſahen wir die malabariſche Kuͤſte, und zwar in der Gegend von Cochin; und ſegelten her - nach laͤngs derſelben, namentlich Porca, Ceylonund Cap Komorinvorbey.

165Reiſe nach und in Ceylon.

Unſer Schiff war ſehr ſtark, ich kann wohl ſagen, uͤbermaͤßig beladen, ſo, daß es gewiß uͤbel daran ge - weſen waͤre, wenn wir heftigen Sturm bekommen haͤt - ten. Die Urſach von dergleichen, und von ſo manchen andern Unordnungen, Unannehmlichkeiten und Un - gluͤcksfaͤllen, iſt die uͤbertriebene Gewinnſucht der Be - dienten der Compagnie. Der Capitain und die ſaͤmmt - lichen Schiffsofficiere haben das Recht, mit gewiſſen Waaren zu handeln. Zu dieſem Ende wird ihnen ein Raum von gewiſſen Laſten im Schiffe zugeſtan - den. Aber unter Vorwand dieſes Rechts, nehmen ſie, um deſto mehr zu gewinnen, noch einmal ſo viel von ſolchen Waaren mit als dieſer Raum faßt; um ſo viel mehr wird denn aber auch das Schiff uͤber die Ge - buͤhr belaſtet. Beſonders ſind es der Capitain und der Oberſteuermann, die ſich dies eigenmaͤchtig her - ausnehmen. Die Handelswaaren, welche diesmal von Privatperſonen auf jene Art mitgenommen wurden, beſtanden in einer Menge Reiß, Puderzucker (Koch - zucker) und Arrack.

Am 22ſten Auguſt bekamen wir die Inſel Ceylonzu Geſicht, und langten am folgenden Tage ſchon auf der daſigen Rede an. Aber hier fehlte wenig, daß wir nicht durch die Ungeſchicklichkeit und Furchtſamkeit des Capitains Schiffbruch litten. Indem wir mit dem Senkbley in der Hand weiter ſegelten, und uns des - halb ganz ſicher glaubten, ſahen wir uns mit einem male ganz nahe an den Sandbaͤnken, welche in dem Kanal liegen, der die Inſel vom feſten Lande trennt. Schon war das Schiff einer Sandbank ſo nahe, daß wir glaubten, es wuͤrde im naͤchſten Augenblick dar - auf feſtſitzen, als der Unterſteuermann, ein raſcher und unternehmender Seemann, wie er die ſichtbareL 3166Vierte Abtheilung. Erſter Abſchnitt. Erſchrockenheit und Muthloſigkeit des Capitains be - merkte, das Commando nahm, und eine Wendung machen ließ, wodurch das ſehr tief gehende Schiff in - nerhalb wenig Minuten in tieferes Waſſer geſetzt, und wir alle der Gefahr gluͤcklich entriſſen wurden.

Am folgenden Tage kam von Europadas ſeelaͤn - diſche Schiff Wilhelm der Fuͤnfte, und einige Tage nachher das Schiff Loo von Amſterdam, allhier an.

Sobald wir die Anker geworfen hatten, ſchickte ich meine Empfehlungsſchreiben nach Columbo, und eilte bald darauf ſelbſt ans Land.

In der Stadt machte ich zuerſt dem Gouverneur Falkdie Aufwartung. Dieſer Herr iſt ein gelehrter und verſtaͤndiger Mann, und zugleich der uneigen - nuͤtzigſte von allen Beamten der Compagnie, die ich kenne. Er iſt auf Ceylongebohren, und hat zu Utrechtſtudirt. Der Generalgeuverneur van der Parra, hat ihn zu dieſem Dienſte befoͤrdert, deſſen er ſich auch in jedem Betrachte voͤllig wuͤrdig bezeigt.

Auſſer vielen andern, die mir hier Freundſchaft erwieſen, muß ich vorzuͤglich Herrn van Sluyſkenruͤh - men. Man nennt ihn hier gewoͤhnlich Capitain Ka - neel( Zimmt-Capitain), weil alle, die den Kaneel (oder Zimmt) ſchaͤlen und liefern, unter ſeinem Befehl ſte - hen. Bey dieſem war ich gewoͤhnlich zwey bis dreymal in der Woche zu Gaſte, und fand bey ihm allemal eine muntere Geſellſchaft.

Ferner machte ich hier die Bekanntſchaft zweyer wuͤrdiger Landsleute, Baron von Albedyl, der Offi - cier bey der hieſigen Garniſon war, und Herr van Keu - len, eigentlich Kjellin, welcher ſich hier als Buͤrger niedergelaſſen hatte, und ausgebreitete, eintraͤgliche Handlung auf der Kuͤſte Koromandel trieb. Auch167Reiſe nach und in Ceylon. lernte ich einen alten braven Mann, Capitain Hoͤpner, kennen, der in ſeiner Jugend als Matroſe auf einem Kauffahrteyſchiffe aus Schwedengegangen war, und auf dieſer Reiſe in einem Gefechte mit einem tuͤrkiſchen Seeraͤuber durch eine Kugel den einen Daum verloren hatte, hernach aber im Dienſte der hollaͤndiſchen Com - pagnie von unten auf, bis zum Capitain geſtiegen war, ein Gluͤck, das er beſonders ſeinen Kenntniſſen und Ge - ſchicklichkeiten als Artilleriſt und Feuerwerker verdankte. Dieſer biedre Mann verſtattete mir nicht nur als einem guten Freunde und Landsmann in ſeinem Hauſe freyen Zutritt, ſondern bot mir auch Wohnung und Tiſch an, ſo lange ich mich hier aufhalten wuͤrde. Ich nahm dies Anerbieten aber nicht an, ſondern blieb lieber in dem gewoͤhnlichen Wirthshauſe, um deſto weniger ein - geſchraͤnkt zu ſeyn, wenn ich Reiſen, oder, zu Vermeh - rung meiner Naturalienſammlungen, Spaziergaͤnge wuͤrde anſtellen wollen.

Columbo, die Hauptſtadt des hollaͤndiſchen Handels auf dieſer Inſel, iſt ein großer und ſchoͤner Ort, rund umher mit Waͤllen umgeben, und ſehr ſtark befeſtigt. Der Pallaſt des Statthalters iſt nur ein Stockwerk hoch, aber ein ungemein ſchoͤnes Ge - baͤude; vor demſelben laͤuft eine Gallerie hin, auf welche alle laͤngſt der Fronte belegene Zimmer einen Ausgang haben, und wo ſichs angenehm und kuͤhl ſitzen laͤßt.

Die Luft iſt zwar hier eben ſo heiß als zu Ba - tavia; aber da die Kuͤſte ſelbſt nicht ſo niedrig liegt, ſondern das Land hoͤher iſt, auch der Wind mehr we - het, ſo iſt die Hitze doch viel ertraͤglicher und das Klima geſunder.

L 4168Vierte Abtheilung. Erſter Abſchnitt.

Zu Columbowar es mein Hauptgeſchaͤft taͤglich in der umliegenden Gegend herumzuwandern, und im Schweiße meines Angeſichts die Naturprodukte des Landes zu ſammeln, unterdeß meine Reiſegefaͤhrten ihre Waaren im Wirthshauſe auskramten und ihr Gewerbe auf eine weit eintraͤglichere Art trieben. Auf meinen Wanderungen hatte ich einen Ceyloner oder Cin - galeſer*)Der Verfaſſer gebraucht die Benennungen Ceyloner und Cingaler oder Cingaleſer, ceiloniſch und eingaleſiſch ohne Un - terſchied, die eine fuͤr die andere. Eigentlich heiſſen aber die ſuͤdlichen Einwohner Cingaleſer, und die noͤrdlichen Wadas. bey mir, den mir der Gouverneur verſchaft hatte. Dieſer war ein, nach Landesart geſchickter, Arzt, ſagte mir allezeit die ceylonſchen und malabari - ſchen Namen der Gewaͤchſe, und beſchrieb mir die Art, wie ſie gegen dieſe und jene Krankheiten gebraucht wuͤr - den. Seine mediciniſchen Kenntniſſe waren indeſſen ſehr geringe; und ſeine Aeuſſerungen daruͤber nicht ſel - ten ſo ungereimt, daß ich von dieſer Seite nicht viel von ihm lernen konnte.

Unter andern beſuchte ich das nicht ſehr weit von der Stadt belegene Landhaus des Gouverneurs, das den Namen Paß fuͤhrt. Das Luſtſchloß iſt ſchoͤn und hat einen großen Garten, wo man ſeit einigen Jahren eine Plantage von Kaneelbaͤumen angelegt hat.

Im Anfange des Novembers machte ich eine Reiſe von Columbonach Mature, in Geſellſchaft mit Herrn Frobus, der in Geſchaͤften der Compagnie dahin reiſen mußte, um in Barbary, Galeund MatureKa - neel einpacken zu laſſen, waͤhrend Herr Sluyſkennach Negumbogieng, um das Einpacken und Abſenden des Kaneels mit den nach Europazuruͤckkehrenden Schiffen von dort aus zu beſorgen.

169Reiſe nach und in Ceylon.

Die Reiſe geſchah in einem Palankin. Der Weg war an vielen Stellen ſandig und beſchwerlich, lief immer laͤngſt dem Strande und gieng uͤber Panture, Kaltere, Barbary, Weltotte, Amlagotte, Hekkedeund Gale, welches zuſammen ſiebenzehn Meilen be - traͤgt; ferner uͤber Belligamar, fuͤnf Meilen, von da wir bis Maturenoch viertehalb Meilen hatten.

Ueber die Fluͤſſe gehen hier keine Bruͤcken, ſon - dern man muß in Boͤten uͤberfahren. Dieſe Boͤte ſind nur klein; ihrer werden daher drey zuſammengebunden, und mit Brettern belegt, daß eine Art ſchwimmender Bruͤcke daraus wird. Die Fluͤſſe ſind von anſehnlicher Breite, und ſehr tief, auch oft ſehr reiſſend.

An der Landſtraße ſind auf Koſten der Compagnie verſchiedene Haͤuſer angelegt, worin man ausruhen und die Nacht zubringen kann. Einige dieſer Haͤuſer ſind groß und ſchoͤn. Zu unſerer Ankunft waren die Fußboden der Zimmer mit Leinewand belegt; auch hatte man die Stuͤhle und Tiſche mit einem ſolchen Ue - berzuge verſehen. Die Zimmer ſelbſt hatte man mit allerley ſchoͤnen und praͤchtigen Blumen geſchmuͤckt. Vor dem Hauſe waren verſchiedene hoͤlzerne Pfeiler er - richtet, die man mit jungen Kokosblaͤttern bekleidet, mit Blumen geziert und oben daruͤber Leinewand ausge - ſpannt hatte. Als wir vor dem Hauſe ankamen, wurde ein Stuͤck Leinewand auf die Erde ausgebreitet, und der Trag - ſeſſel auf daſſelbe niedergeſetzt. Darauf wurde bis an die Hausthuͤr ebenfalls ein Laken gelegt, uͤber welches wir nach dem Hauſe giengen. Dieſe Ehrenbezeugun - gen wiederfahren den Europaͤern gewoͤhnlich, wenn ſie in Angelegenheiten und Geſchaͤften der Com - pagnie reiſen.

L 5170Vierte Abtheilung. Erſter Abſchnitt.

Den 4ten waren wir abgereiſet. Am folgenden Tage langten wir zu Kalterean; dies iſt eine Feſtung, in welcher ein Lieutenant commandirt.

Nachmittags kamen wir nach Barbary. Hieher wird der Kaneel aus der ganzen umliegenden Gegend ge - liefert. Zur Aufbewahrung deſſelben ſind hier vier, von Steinen erbaute Waarenhaͤuſer vorhanden, in welchen zugleich das Kair, eine Art Zeug von Kokos - faſern, verfertigt wird. Im Hafen vor der Stadt, koͤnnen die Schiffe, welche hier Kaneel laden, ſicher vor Anker liegen.

Am 7ten ſetzten wir die Reiſe weiter fort, und kamen am 8ten des Abend zu Galean. Dieß iſt eine ſchoͤne, gut befeſtigte Stadt, die auf einem in die See ſchießenden Vorgebirge liegt.

Das Trinkwaſſer in dieſer Stadt, iſt in medizi - niſcher Ruͤckſicht merkwuͤrdig. Es blaͤhet naͤmlich den Unterleib ſehr auf und veranlaßt, allem Anſehen nach, auch die ſogenannte malabariſche Krankheit, welche die Hoden und die Fuͤße befaͤllt und hier in dieſer Stadt ſehr gewoͤhnlich, auſſer derſelben aber ſelten iſt.

Den 13ten November traten wir die Ruͤckreiſe von Maturean, trafen Tages darauf zu Galeein, reiſeten den 16ten von da wieder ab, und kamen am 19ten nach Columbozuruͤck.

Nicht lange hernach, den 7ten December machte ich abermals eine Reiſe von Columbonach Mature, und zwar auf Erſuchen des Gouverneurs, um als Arzt die Gemahlin des Grafen Ranzowzu beſuchen, die an einer ſchweren langwierigen Krankheit darnieder lag. Graf Ranzowwar Chef des Comtoirs der Compagnie zu Matſure. Waͤhrend der wenigen Wochen, die ich hier zubrachte, erwies er mir viel Guͤte und Wohlwollen.

171Reiſe nach und in Ceylon.

Ich reiſete Tag und Nacht, von zwoͤlf raſchen Mohren getragen, welche die ganze Reiſe aushielten, ohne auszuruhen, ſo, daß ich in dreimal vier und zwanzig Stunden an Ort und Stelle kam.

Zu Maturemachte ich taͤgliche Excurſionen, be - ſonders um die auf Ceylonvorhandenen Edelſteine, welche hauptſaͤchlich in dieſer Gegend aus der Erde ge - graben werden, nach ihren verſchiedenen Gattungen, desgleichen die Art, wie ſie aufgeſucht, bearbeitet und gebraucht werden, genau kennen zu lernen. Von die - ſen Steinen ſchafte ich mir eine Sammlung an.

Den 20ſten December reiſete ich nach Columbozuruͤck, und traf dort, am Abend vor Neujahr, gluͤck - lich wieder ein. Ein junger Graf Ranzow, der mit einem hollaͤndiſchen Schiffe als Conſtabel aus Europahieher gekommen war, und ſeinen Bruder beſucht hatte, reiſete mit. Dieſer junge Herr, der von un - gemein hitzigem Temperamente war, hatte zugleich das Ungluͤck, an den Fuͤßen gebrechlich zu ſeyn. Demun - geachtet focht er gut und hurtig, und war trotz ſeiner ſchiefen Beine und krummen Fuͤße ein vortreflicher Taͤnzer.

Nach Neujahr kamen, wie jedes Jahr zu geſche - hen pflegt, drey Abgeſandte vom Kaiſer zu Candyin Columboan. Sie wurden, im Namen der Compagnie, von Abgeordneten, bey Situwakaempfangen, bewill - kommt und nach der außerhalb der Feſtung liegenden Altſtadt begleitet, wo ſie die fuͤr ſie beſtimmte Woh - nung bezogen, und bis zum Audienztage blieben.

Den 7ten Februar gieng die Gegen Ambaſſade der Compagnie an den Kaiſer von Columboab; ſie pflegt aus einem Kaufmann und zwey Aſſiſtenten zu beſtehen.

172Vierte Abtheilung. Erſter Abſchnitt.

Um dieſe Zeit wurde auch mit vieler Pracht und Feſtlichkeit die Inſtallirung des neuen Generalgouver - neurs zu Bataviahier gefeyert. Die oͤffentlichen Freu - densbezeugungen daruͤber beſtanden in Losbrennung des Geſchuͤtzes von den Waͤllen der Feſtung, und von den Schiffen im Hafen. Am Abend gab der Statthalter eine große Mahlzeit und einen Ball, zu welchem alle Beam - te der Compagnie, alle Schiffsofficiere und das vor - nehmſte Frauenzimmer eingeladen waren.

Auf der malabariſchen Kuͤſte waren einige Miß - helligkeiten entſtanden, welche den hieſigen Gouverneur noͤthigten, einige Truppen nach Cochinzu ſchicken. Da man mit Ausruͤſtung derſelben beſchaͤftigt war, ſo fragte mich der Gouverneur, ob ich bey dieſer Gelegenheit eine Reiſe nach dem feſten Lande von Oſtindienmachen wollte? Weil ich aber ſchon zu Bataviaden Entſchluß gefaßt hatte, nun endlich wieder nach Europazuruͤckzukehren, und das Schiff, mit welchem ich hieher gekommen war, und zu welchem ich gehoͤrte, ſchon ſegelfertig lag, um nach Eu - ropazu gehen, ſchlug ich dies Anerbieten aus, und er - bat mir dagegen die Erlaubniß, mit einem andern Schiffschirurgus zu tauſchen, noch einen Monat auf dieſer herrlichen Inſel zu bleiben, und mich auf einem von denjenigen Schiffen, welche im Februar von hier abſegeln ſollten, anſtellen zu laſſen, welches mir auch bewilliget wurde.

Waͤhrend meines ſolchergeſtalt hier verlaͤngerten Aufenthalts, nahm ich, in Geſellſchaft der Herren Sluyſkenund Conradi, eine kleine Reiſe nach Negum - bovor; den 17ten Februar reiſeten wir ab, und am fol - genden Tage kamen wir daſelbſt an.

173Reiſe nach und in Ceylon.

Negumboiſt ein kleiner befeſtigter Platz, den man mit Waͤllen umgeben, und mit einem ſteinernen Thorge - baͤude verſehen hat, und wo ein Faͤhnrich Commen - dant iſt.

Unterdeſſen daß hier eine Menge Kaneel eingepackt wurde, reiſete ich, von einem Ceyloner begleitet, zu Pferde etwas landeinwaͤrts, um die in dieſem Bezirke angelegte große und merkwuͤrdige ſogenannte Elephanten - falle zu beſehen, wovon ich unten an ſeinem Orte mehr ſagen werde.

In der folgenden Nacht, da es angenehm kuͤhl war, ritt ich nach Negumbozuruͤck, und den 20ſten Januar traf ich mit meinen Reiſegefaͤhrten wieder zu Columboein.

Hier kaufte ich fuͤr zwoͤlf Pagoden einen Bezoar - ſtein, der fuͤr ſehr rar, und fuͤr den groͤßten der von dieſer Art je in der Gallenblaſe des weißbaͤrtigen Affen (Simia Silenus), gefunden ſey, ausgegeben wurde. Dieſer Stein heißt hier gewoͤhnlich Apeſteen (Affenſtein), und iſt auswendig glatt. Das hier gedachte Exemplar wird jetzt in der akademiſchen Mineralienſammlung zu Upſalaaufbewahrt.

Kurz vor meiner Abreiſe aus Ceylonfand ich zu - faͤlligerweiſe Gelegenheit einem meiner Landesleute in Columboſehr nuͤtzlich zu werden. Ich hatte ſchon ver - ſchiedenemal, wenn ich bey den Schildwachen am Thore vorbeygieng, bemerkt, daß ein gewiſſer Soldat, indem er das Gewehr vor mir praͤſentirte, welches vor jeden Schiffsofficier geſchieht, mich mit beſonderer Aufmerk - ſamkeit anſah. Dies veranlaßte mich ihn zu fragen, was fuͤr ein Landsmann er ſey. Er antwortete mir, er174Vierte Abtheilung. Zweyter Abſchnitt. ſey ein Schwede, und heiße Bolin; er ſey Notarius (Secretair) in einem Collegium zu Stockholmgeweſen; habe eines gehabten Ungluͤcks wegen ſein Vaterland ver - laſſen muͤſſen, ſey darauf als Soldat auf ein hollaͤndi - ſches Schiff gegangen, und habe hier mehrere Jahre zugebracht, ohne irgend weiter befoͤrdert zu ſeyn. So - bald ich mich nach ihm naͤher erkundigt und erfahren hatte, daß er eine gute Hand ſchreibe, etwas vom Buch - halten verſtehe, und Luſt habe nach Bataviazu gehen, bat ich mir fuͤr ihn vom Gouverneur die Erlaubniß hiezu aus, welcher ſie auch ſogleich ertheilte. Ich gab ihm Empfehlungsſchreiben an die Herren Radermacherund Wimmercranzmit. Er kam gluͤcklich zu Bataviaan, ward von Herrn Radermacherſogleich zum Aſſiſtenten, und bald hernach zum Buchhalter ernannt. Capitain Wim - mercranznahm ihn in ſein Haus auf, und erzeigte ihm, ſo lange er lebte, die groͤßten Wohlthaten.

Zweyter Abſchnitt. Zoologiſche Merkwuͤrdigkeiten, beſonders vom Elephanten.

Die Ochſen, welche man in Ceilonhat, ſind ſehr klein und mager; manche waren nicht viel groͤßer als in Eu - ropaein Kalb von zwey Monaten. Sie werden vor Karren geſpannt.

Die Elephanten werden hier in großen Fallen, wenn man dieſe Anſtalten ſo nennen kann, gefangen. In einer ſolchen Falle faͤngt man ihrer viele nacheinan - der, und ſchließt ſie zuſammen darin ein. Ich habe oben erzaͤhlt, daß ich nach einem Orte, wo eine ſolche175Vom Elephanten. Falle angelegt iſt, hinreiſete, und ſie beſah. Die Falle iſt von ſtarken Kokosbaͤumen gebauet, und zwar bey - nahe in Geſtalt eines Dreyecks, deſſen Baſis oder brei - te Seite nach dem Walde hinſieht, und zugleich mit einzeln ſtehenden Baͤumen und Buͤſchen beſetzt iſt, die ſich immer weiter ausbreiten, und zwey lange, endlich ganz unmerkliche Arme bilden. Da wo dieſelben an der Falle nahe zuſammen kommen, ſtehen zu beyden Seiten, nach außen, ſtarke Pfaͤle dicht bey einander, auch ſind ſtarke Stricke angebracht. Endlich kommen ſie ſo nahe zuſammen, daß nur ein einziger Elephant ſich durch die Oeffnung durchdraͤngen kann. Wenn der Gouverneur fuͤr die hollaͤndiſche Compagnie eine Elephantenjagd an - ſtellen laͤßt, welches nach Verlauf gewiſſer Jahre ge - ſchieht, ſo wird es auf folgende Art gemacht. Eine Menge Leute, ſowohl Europaͤer als Ceiloner, werden in die Waͤlder detaſchirt, ungefehr eben ſo, als wenn man in den noͤrdlichen Laͤndern von Europaauf ein Treibjagen ausgeht. Die Leute vertheilen ſich in einen weiten Kreis, und umringen einen gewiſſen Bezirk, wo man zuvor Elephanten ausgeſpuͤrt hat. Darauf kom - men ſie immer naͤher, und treiben die Elephanten durch vieles Laͤrmen, Geſchrey und Trommeln immer naͤher nach der Seite hin, wo die Falle fuͤr ſie angelegt iſt. Endlich werden Fackeln angezuͤndet, um ſie noch mehr zu ſchrecken und zu zwingen, daß ſie in die Falle hinein muͤſſen. Sobald ſie alle darinnen ſind, wird die Falle hinter ihnen zugemacht. Als das letztemal auf dieſe Art gejagt wurde, betrug ihre Anzahl uͤber hundert; die vorhergehendenmale hat man bisweilen mehr als hundert und dreyßig bekommen.

176Vierte Abtheilung. Zweyter Abſchnitt.

Die ſo gefangenen Elephanten werden hernach groͤßtentheils zu Jafnapatnaman die coromandelſchen Fuͤrſten verkauft. Die erſte Sorge iſt daher, ſie aus der Falle zu fuͤhren und zu zaͤhmen. Zu dieſem Ende werden ein oder zwey zahme Elephanten an die Seite der Oeffnung geſtellt, durch welche jeder Elephant allein herausgelaſſen, und darauf ſogleich mit ſtarken Stricken neben den zahmen feſt angebunden wird, die ihn denn mit ihren Ruͤſſeln ſo lange zuͤchtigen, bis er auch zahm wird, und mit ſich nach Gefallen umgehen laͤßt. Dies geht oft ſehr geſchwind, manchmal werden nur einige Tage dazu erfordert, beſonders wenn die wilden zugleich durch Hunger gebaͤndigt werden. Wenn dies geſchehen iſt, werden ſie beſichtiget und gemeſſen. Zu dem Ende werden ſie auf einen mit Korallenſteinen ganz eben be - legten Platz gebracht. Das Meſſen verrichtet ein Mann, der auf einem zahmen Elephanten reitet, mit einem Maasſtabe, der nach Covidos eingetheilt iſt. Drey Co - vidos ſind ſo viel als zwey Ellen, und gemeiniglich mißt ein Elephant von der Erde bis zum Schulterblatt zehn Covidos, das iſt ohngefaͤhr vierzehn Fuß. Nach dem Meſſen wird der Elephant uͤberall genau beſichtigt und unterſucht, und, naͤchſt der Groͤße auch jeder etwa vorge - fundene Fehler, Gebrechen oder Schaden, ſchriftlich ange - merkt, und der Preis feſtgeſetzt. Im Durchſchnitt gilt ein zahmer Elephant ohngefaͤhr zweyhundert Thaler. Hat er aber einen Fehler, zum Beyſpiel, wenn er den Schwanz verloren hat, ein Ohr in Stuͤcken geriſſen iſt, an den Fuͤßen ein Zehe fehlt, oder was es ſonſt fuͤr ein Schaden ſeyn mag, ſo werden fuͤr jeden Fehler, je nachdem er von mehr oder weniger Belang iſt, funfzig, ſechzig bis achtzig Thaler abgerechnet. Da es ſehr ſelten iſt, einenElephan -177Vom Elephanten. Elephanten zu finden, der gar keine Maͤngel hat, ſo pflegen die fehlerfreyen fuͤr fuͤnf hundert bis tauſend Tha - ler verkauft zu werden. Wenn eine Auction angeſtellt wird, ſo thun gewoͤhnlich zwey, drey oder mehrere Leute ſich zuſammen, und kaufen gemeinſchaftlich funfzig, ſech - zig, achtzig bis hundert Elephanten, die ſie hernach ein - zeln mit anſehnlichem Gewinn wieder verkaufen. Vor dem oͤffentlichen Verkaufe werden die Elephanten am Hintertheile mit dem Wappen der Compagnie bezeichnet: das Thier wird zu dem Ende an einen ſtarken Baum ge - bunden, und mit einem gluͤhenden Eiſen gebrannt.

Der Elephant iſt unſtreitig eins der verſtaͤndigſten und ſanftmuͤthigſten Thiere, das ſich ſeiner Groͤße un - geachtet ſehr leicht zahm machen und zu mancherley nuͤtz - lichen Dienſten abrichten laͤßt. Wenn er gedraͤngt, ge - aͤngſtigt und gepeinigt wird, weint er faſt wie ein Kind. Wenn er zahm iſt, lernt er in kurzer Zeit verſtehen, was man zu ihm ſagt. Geraͤth er in Gefangenſchaft, ſo wird er von Gram und Betruͤbniß abgezehrt, beſonders wenn er ſchon zahm war und einen guten Herrn hatte. Bey einer ſolchen Jagd, als ich oben beſchrieben habe, traͤgt es ſich oft zu, daß zahme Elephanten, die dem Kaiſer zu Candygehoͤren, und welche man frey umher gehen laͤßt um in den Waͤldern zu weiden, mit anderen ge - fangen werden. Alsdann kann man ſie in der Falle ſel - ten dazu bewegen, irgend etwas Nahrung zu ſich zu nehmen, ehe die Leute ankommen, die gewohnt ſind, ihrer zu warten; dieſe kennen ſie ſogleich, und ſie gehen auch, ſobald ſie frey gelaſſen ſind, von ſelbſt mit ihnen.

Die Elephanten freſſen ſehr gern Piſangfruͤchte und Kokosnuͤſſe, man mag ſie ihnen entzwey geſchlagen oder ganz geben; im letztern Falle wiſſen ſie ſie ſelbſtThunbergs Reiſen. Zweyt. Band. zweyter Th. M178Vierte Abtheilung. Zweyter Abſchnitt. aufzumachen. Die Jungen ſaugen mit dem Maule nicht mit dem Ruͤſſel. Verſchiedene von Herrn Sluyſkenangeſtellte Verſuche haben es ausgewieſen, daß das taͤgliche Getraͤnk dieſes Thieres gewoͤhnlich ſechzig Kan - nen Waſſer betraͤgt.

Die zahmen Weibchen werden bisweilen dazu ge - braucht, wilde Elephanten zu fangen. Man laͤßt ſie alsdann in den Wald gehen, und ſie locken wilde Maͤnnchen mit ſich in irgend eine Falle, wo ſie einge - ſchloſſen werden koͤnnen. Auf dieſe Art gefangne maͤnn - liche Elephanten ſah ich verſchiedenemal an einen dicken Baum gebunden, und in wenig Tagen zahm gemacht. Diejenigen maͤnnlichen Elephanten, welche von den Hollaͤndern dazu gebraucht werden, die wilden zu zuͤch - tigen und zahm zu machen, nennen ſie gewoͤhnlich Zeel - verkoopers (Seelenverkaͤufer). Iſt ein Elephant ein - mal gut zahm, ſo laͤßt er ſich ſogar von Kindern regie - ren, und thut nicht leicht einem Menſchen etwas zu Leide, es waͤre denn, daß man ihn gemißhandelt und dadurch zur Rache gereizt haͤtte. Ich habe oft ge - ſehen, wie der Elephant das eine Bein krumm macht, damit der Reuter da hinauf treten und ſo bequemer auf den Ruͤcken ſteigen koͤnne, und wie er mit dem Ruͤſſel kleine Knaben ſehr behutſam umfaſſet und aufhebt, um ſie auf ſeinen Ruͤcken zu ſetzen, auch wie er ſie hernach eben ſo vorſichtig wieder herunter nimt. Die hollaͤn - diſche Compagnie gebraucht ſie uͤberall zum Fortbringen von Balken und andern ſchweren Sachen, wie auch vor Wagen und großen Karren. Wenn man ihn vor - ſpannt, ſo bindet man ihm erſt ein dickes Seil um den Hals, und an dieſes Seil zu beyden Seiten einen an - dern dicken Strick, der laͤngs dem Ruͤcken heruntergeht,179Vom Elephanten. und am Wagen befeſtigt wird. Spannt man zwey Elephanten neben einander vor, ſo bringt man zwiſchen ihnen eine ſtarke Stange an.

Wenn der Elephant geht, ſieht man deutlich, daß er die Knie beugt, obgleich das ganze Bein allenthalben gleich dick iſt, und unbiegſam zu ſeyn ſcheint. Sein Ruͤſſel iſt nicht nur eine vorzuͤgliche Zierde dieſes maje - ſtaͤtiſchen Thieres, ſondern auch eines ſeiner noͤthigſten Werkzeuge, womit es ſeine Nahrung ſammelt, trinkt, und alles faßt; er iſt daher auch des Ruͤſſels wegen ſehr beſorgt; ſo kann er zum Beyſpiel durchaus nicht leiden, daß eine Ameiſe daran kommt, deren es hier eine große Menge giebt.

Die Elephanten werden hier zu Lande niemals oder doch ſehr ſelten geſchoſſen, weil man ſie lieber lebendig faͤngt; daher findet man hier auch keine vorzuͤgliche Ele - phantenſchuͤtzen. Vor nicht gar langer Zeit hatte man ein traͤchtiges Weibchen an einen Baum gebunden, und ſo mit gewoͤhnlichen Buͤchſen nach ihr geſchoſſen, um das Junge, in Arrack gelegt, fuͤr das Naturaliencabinet nach dem Haagzu ſchicken. Allein man hatte dreyzehn Schuͤſſe thun muͤſſen, ehe das Thier gefallen war. Daß aber doch bisweilen nach den wilden Elephanten in den Waͤldern geſchoſſen wird, ſcheint folgender Vorfall, den Herr Frobusmir erzaͤhlte, zu beweiſen. Er wollte einſt den Zahn eines gefangenen Elephanten durchſaͤgen laſſen, und man fand inwendig im Zahne eine gewoͤhnliche bleyerne Kugel, die ſich darin feſtgeſetzt hatte, und mit der Zeit ſo uͤber - und umwachſen war, daß man aus - wendig nicht das geringſte Merkmal davon gewahr wer - den konnte; er ſchickte hierauf dieſen merkwuͤrdigen Zahn im Jahr 1765 nach dem Haagin die dortige Sammlung.

M 2180Vierte Abtheilung. Zweyter Abſchnitt.

Da die ceylonſchen Elephanten ſich ſo leicht fangen und zaͤhmen laſſen, ſo iſt es auffallend, daß dies bey den afrikaniſchen Elephanten am Capſo viel Schwierig - keiten macht. Kurz vor meiner Abreiſe vom Cap, im Jahr 1775 hatte man ein Junges lebendig gefangen, nachdem die Mutter todt geſchoſſen war; es gluͤckte aber nicht, das Junge groß zu ziehen; es brauchte zu ſei - nem Unterhalte taͤglich die Milch von drey Kuͤhen, war aber doch nicht am Leben zu erhalten.

Auf Ceylon, beſonders um Negumbo, ſind viele Ameiſenfreſſer oder Ameiſenbaͤren (Myrmecophaga). Die Hollaͤnder nennen ſie negumboſche Teufel, und die Cingaleſer Kaballe. Das Fleiſch dieſer Thiere wird den Kranken als ein Arzneymittel zu eſſen gegeben. Die Einwohner wiſſen mit einem Meſſer ein Loch durch ſeine Schuppen zu bohren, da ſie ihn denn nach Belieben regieren koͤnnen, weil die Spitze des Meſſers, das im Loche feſtgehalten wird, ihm Schmerzen verurſacht.

Die Ceylonſche Meerkatze, oder der weißbaͤrtige Affe (Simìa Silenus) heißt in der Landesſprache Rolle - wai. Sie laſſen ſich leicht zahm machen, daher man der - gleichen Meerkatzen haͤufig in den Haͤuſern antrifft. Wenn ſie einen Bekannten ſehen, ſpringen ſie ihm ſogleich entge - gen, umarmen ihn, machen eine gar freundliche Ge - berde, und bezeugen ihre Freude mit einer beſondern Art Geſchrey, das ſehr hell klingt. Sie ſind von Na - tur ſehr ſanft, und beißen nicht leicht, wenn ſie nicht zu ſehr gereizt werden. Wenn man ein Kind kuͤſſet und ſtreichelt, ſo will dieſer Affe es auch thun; ſieht er hingegen daß man ein Kind ſchlaͤgt, ſo winſelt und ſchreyet er auf eine jaͤmmerliche Art, und ließe man ihn los, ſo wuͤrde181Zoologiſche Nachrichten von Ceylon. er gewiß den, welcher das Kind ſchlaͤgt, anfallen. Sein Gang iſt mehr Springen oder Huͤpfen, als Lau - fen, weil ſeine Hinterfuͤße laͤnger als die Vorderfuͤße ſind. Er iſſet allerhand Fruͤchte und Gartengewaͤchſe, als Kokosnuͤſſe, Aepfel, Birnen, Kohl, Kartoffeln, auch Brodt und dergleichen mehr. An ſeinem langen Schwanze, der laͤnger als der ganze Koͤrper iſt, iſt er ſehr empfindlich. An Groͤße gleicht er ungefaͤhr dem Geſpenſtthiere (Lemur), doch iſt er auch wohl etwas groͤßer. Der Leib iſt uͤber und uͤber hellgrau, wiewohl die Farbe bisweilen mehr ins Schwarze, bisweilen, beſonders wenn das Thier alt wird, mehr ins Weiße faͤllt. Das Geſicht iſt ſchwaͤrzlich und ohne Haare. Der Bart im Kinne und den Backen, iſt weiß und zu - ruͤckgebogen; am Kinne und der Oberlippe iſt er kurz, an den Backen aber uͤber einen Zoll lang und gegen die Ohren hinaufgekehrt, die davon vorn etwas bedeckt werden. Haͤnde und Fuͤße ſind ſchwaͤrzlich und nackt, die Naͤgel lang und ſtumpf. Der Daum und der große Zehe iſt von den uͤbrigen Fingern und Zehen abge - ſondert und kurz. Das Geſaͤß hat harte Schwielen, die nicht mit Haaren beſetzt ſind. Der Schwanz iſt rund und behaart; ſo lang er auch iſt, kann das Thier doch damit nichts faſſen, noch ſich an den Zweigen der Baͤume feſt halten; gegen das Ende wird er duͤnner. Die Ohrzipfel ſind rund, faſt ganz nackt und ſchwarz. Wenn das Thier ſich ſetzt, haͤlt es allezeit die Haͤnde kreutzweiſe uͤber einander. Ich nahm bey meiner Ab - reiſe eine ſolche Meerkatze mit mir an Bord, war aber nicht im Stande ſie lebendig zu erhalten, ſondern ſie ſtarb, als wir in die kaͤlteren Gegenden des Vorgebir - ges der guten Hoffnungkamen.

M 3182Vierte Abtheilung. Zweyter Abſchnitt.

In Ceylonfindet man eine eigne Art Eichhorn (Sciurus ceilanicus), das von den Einwohnern Rockia oder Ruckia genannt wird. Auf dem Ruͤcken und an den Seiten iſt es ſchwarz, unterm Bauche gelblich. Der Schwanz iſt auch ſchwarz, und laͤnger als der ganze Koͤr - per. Von Groͤße iſt es wie eine Katze, aber ſchlan - ker. Es laͤßt ſich leicht zaͤhmen, und man findet dies Thierchen auch in vielen Haͤuſern zahm. Ehe Pennant dieſe Gattung des Eichhorns beſchrieb, war ſie in Eu - ropagaͤnzlich unbekannt.

Stachelſchweine (Hyſtrix) halten ſich in den Waͤl - dern haͤufig auf. Die Hollaͤnder jagen dies Thier oft mit Hunden, da denn den Hunden, wenn ſie allzu hitzig darauf losgehen, die ſcharfen Stacheln im Leibe ſitzen blei - ben, ſo daß ſie nicht ſelten das Leben dabey einbuͤßen. Das Stachelſchwein macht ſeine Wohnung in der Erde und der Eingang zu ſeiner Hoͤhle iſt nicht groͤßer, als daß ein mittelmaͤßig großer Jagdhund hineinkriechen, und das Thier durch eine andere Oeffnung derſelben Hoͤhle hinausjagen kann. Die Art, wie es fuͤr ſeine Jungen Waſſer holt, iſt merkwuͤrdig. Die Stacheln am Schwanze ſind hohl und am Ende offen, und es kann ſie beugen. Hiedurch iſt es im Stande, ſie mit Waſſer anzufuͤllen, das es hernach in ſeiner Hoͤhle fuͤr die Jungen herauslaufen laͤßt. Wenigſtens hat man mir ſo erzaͤhlt. Im Magen dieſes Thieres findet man oft Bezoarſteine, die man hier zu feinem Pulver zerreibet und in allerhand Krankheiten braucht. Dieſe Steine beſtehen aus ſehr feinen Haaren, die ſich mit den Saͤf - ten des Magens feſt zuſammengeſetzt haben, und zwar ſchicht - oder lagenweiſe in der Runde uͤber einander, ſo daß ſie aus mehreren Ringen von ungleicher Farbe be -183Zoologiſche Nachrichten von Ceylon. ſtehen. Ich habe ſie gewoͤhnlich von der Groͤße eines Huͤhnereyes geſehen, aber doch auch eins, das ſo groß als ein Gaͤnſeey, kugelrund und ganz braun war. Ge - meiniglich ſind ſie nicht ganz rund, wiewohl ſie auch nicht ſpitz zugehen.

Man hat in dieſem Lande viele zahme Schlangen. Die ſogenannten Schlangenbeſchwoͤrer, welches Mala - barenſind, ziehen damit umher, und laſſen ſie fuͤr Geld tanzen und allerhand Kuͤnſte machen. Dieſe Leute ſtrei - cheln ſie, nehmen ſie in die Hand und noͤthigen ſie auch wohl zu beißen. Wenn ſie mit einer kleinen Pfeife pfeifen, heben die Schlangen den Kopf in die Hoͤhe und drehen ihn nach einem gewiſſen Tacte hin und her. Dergleichen Schlangenbeſchwoͤrer durchſtreichen das Land eben ſo, als in Europadie Leute, welche Baͤren, Murmelthiere, Affen und dergleichen fuͤr Geld ſehen und ihre Kuͤnſte machen laſſen.

Skorpionen hat Ceylonin ſehr großer Menge. Man hoͤrt indeſſen doch ſelten von Ungluͤck, das ſie ver - urſachen. Wenn es geregnet hat, ſieht man ſie, ſo wie auch die indianiſchen Aſſeln (Scolopendramo[i]ſitans), aus ihren Loͤchern hervorkommen, und haufenweiſe in die Haͤuſer kriechen, wo man die Thuͤren der Hitze wegen gewoͤhnlich offen ſtehen laͤßt.

Blutigel (Hirudo) ſind in den Waͤldern, beſon - ders oben an den Bergen, in Menge anzutreffen. Sie ſind rothbraun, von der Dicke eines Eiſendraths, und einen Zoll lang. Wenn man da, wo ſie ſich aufhalten, geht, ſo ſetzen ſie ſich ſogleich an den Fuͤßen feſt, und ſaugen das Blut aus, wenn man auch zwey baum - wollene Struͤmpfe uͤbereinander an hat. Graf Ran - zowerzaͤhlte mir, ein Europaͤer, an welchem einmalM 4184Vierte Abth. Zweyt. Abſchn. Zoologiſche ꝛc. ein ſolcher Blutigel ſich feſtgeſogen, haͤtte ihn abgeriſſen, daraus ſey ein arger Beinſchade entſtanden, und da dieſer ſchlecht curirt worden, habe der Mann das Leben daruͤber eingebuͤßt.

Die Perlenfiſcherey ward vor dieſem in dem zwi - ſchen der Inſel und der Kuͤſte von Coromandelbefind - lichen Kanale, welcher nicht ſehr tief iſt, und einen ſan - digen Boden hat, mit Vortheil getrieben. Seit vielen Jahren aber hat man ſie nicht vornehmen koͤnnen, weil zwiſchen einem Nabob auf der Kuͤſte Coromandelund zwiſchen der Compagnie, wegen der Befugniß zu dieſer Fiſcherey, ein Streit entſtanden iſt, den, wie man ſagt, die Englaͤnder unterhalten. Ich habe verſchiedene große und ſchoͤne Perlen geſehen, die hier gefiſchet worden ſind. Die rei - chen Kaufmannsfrauen tragen hier auch oft ganze Schnuͤre großer und kleiner Perlen uͤber den Haaren als einen ſehr praͤchtigen Kopfſchmuck. Die Perlen - fiſcherey wurde ehemals allezeit jaͤhrlich an eine oder mehrere Privatperſonen fuͤr eine gewiſſe Summe Gel - des verpachtet. Dieſe Paͤchter verpachteten hernach wieder an andre das Recht, mit einer gewiſſen Anzahl Boͤte und Leute zu fiſchen. Wenn die Muſcheln von den Tauchern herauf geholt ſind, werden ſie am Stran - de in Haufen bey einander gelegt, und auf Gewinn und Verluſt an Kaufleute, welche zu dieſem Ende da - hin kamen, verkauft. Man ſagt, daß die Muſcheln ſich oͤffnen, ſobald das darin befindliche Thier geſtorben iſt und in Verweſung uͤbergeht, da ſie denn mit leichter Muͤhe unterſucht, und die Perlen herausgenommen werden koͤnnen. Manchmal gewann man nichts bey einem ſolchen Handel, manchmal konnte aber auch eine einzige Perle mehrere ganze Haufen bezahlen.

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Dritter Abſchnitt. Vom Kaneel.

Der Kaneel (Zimmt) iſt die vornehmſte Handelswaare, welche die oſtindiſche Compagnie von dieſer Inſel holt. Er iſt hier feiner und koſtbarer, als irgendwo ſonſt in der ganzen Welt.

Aller aͤchte Kaneel wird vom Zimmetbaume (Lau - rus cinnamomum) genommen. Dies iſt ein Baum von mittelmaͤßiger Hoͤhe und Groͤße. Er unterſcheidet ſich durch ſeine breiteren und nicht ſo ſpitz zugehenden Blaͤtter von der Caſſine oder dem Mutterlorbeer (Lau - rus caſſia), welcher eine groͤbere Art Kaneel giebt, und nur eine Varietaͤt von jenem zu ſeyn ſcheint. Daß dieſe beyden Arten Baͤume, die feinern und groͤbern Kaneel geben, nur Varietaͤten ſind, die vom Klima, und be - ſonders vom Erdreiche, herruͤhren, iſt um ſo viel glaub - licher, da ſelbſt Ceylonnicht allenthalben auf der gan - zen Inſel und in allen Gegenden derſelben gleich guten Kaneel liefert. Die ſuͤdweſtliche Ecke der Inſel iſt es allein, welche die feinere Gattung dieſes angenehmen und ſo herzſtaͤrkenden Gewuͤrzes hervorbringt, und die Gegenden, aus welchen das meiſte davon geholt wird, ſind die um Negumbo, Columbo, Kaltere, Barbary, Galeund Mature, welche alle laͤngs der Seekuͤſte, oder nicht weit von derſelben liegen. Der Kaneel, wel - cher aus den tiefer landeinwaͤrts liegenden Gegenden kommt, iſt allezeit groͤber, dabey dick und ſcharf, und beißt auf der Zunge.

M 5186Vierte Abtheilung. Dritter Abſchnitt.

Die Kaneelbaͤume wachſen ſehr haͤufig und in großer Anzahl in den Waͤldern, wo ſie ſich ohne Zu - thun der Kunſt fortpflanzen. Die Europaͤer haben lange Zeit geglaubt, und auch die Ceyloner haben es behauptet, daß Baͤume die guten Kaneel geben ſol - len, allezeit wild wachſen und ſich ſelbſt uͤberlaſſen ſeyn muͤßten, angepflanzte hingegen weder gedeihen noch aͤchten Kaneel geben wuͤrden. Wild werden die Baͤu - me durch die Voͤgel im Lande weiter ausgebreitet; dieſe freſſen die reifen Beeren, deren Kerne ſie aber nicht verdauen und ſie folglich in den Waͤldern hie und da wieder von ſich geben. Jenes Vorurtheil, daß der Kaneelbaum nicht angepflanzt werden muͤſſe, herrſchte bis ungefaͤhr 1770, da der Gouverneur Iman Wil - helm Falkden Verſuch machte, im Garten bey ſeinem Landſitze Paß, im Kleinen eine Plantage von Kaneel - baͤumen anzulegen. Er ließ die Beeren ſaͤen; die jun - gen Baumpflanzen kamen auch bald zum Vorſchein, und ſtanden anfangs ſehr gut; nach einiger Zeit aber wur - den ſie welk, und giengen eine nach der andern aus. Als man der Urſache hievon genau nachſpuͤrte, fand ſich, daß die Ceyloner, fuͤr welche das Abſchaͤlen des Kaneels in den Waͤldern eine eintraͤgliche Sache iſt, die daher das Pflanzen deſſelben ungern ſahen, und befuͤrchteten, ihnen moͤchte dadurch mit der Zeit großer Abbruch ge - ſchehen, (weil das Sammeln des Kaneels in ſolchen Pflanzungen leichter und bequemer als in den Waͤldern ſeyn wuͤrde) des Nachts die Pflanzen heimlich mit heißem Waſſer begoſſen hatten. Ein paar Jahr nach - her ließ der Gouverneur, den Verſuch wiederhohlen, und auf verſchiedene Plaͤtze, theils im Kleinen, theils im Großen, wiederum Beeren ausſaͤen. Dieſer Verſuch187Vom Kaneel. gelang beſſer; die Pflanzen blieben ſtehen, gediehen und wurden zu Baͤumen, die ſehr gut fortkommen und ſchon mehrere Kaneelerndten geliefert haben. In dem einzi - gen Garten zu Paß allein, ſtehen mehrere tauſend Ka - neelbaͤume, die ſo guten Kaneel geben als man nur wuͤnſchen kann. Eben ſo erwuͤnſchten Fortgang haben ſie durch dieſes Gouverneurs unverdroſſene Bemuͤhung auch an andern Orten gehabt. Namentlich iſt bey Si - ruwaka, an der Grenze zwiſchen dem Gebiethe des Kai - ſers zu Candyund der Compagnie, ein ſehr großer Ka - neelgarten angelegt, in welchem man ſchon dreymal Ka - neel geſchaͤlt hat, wovon auch dies Jahr eine Partey nach Europageſchickt wurde. Auch um Kalture und Matureſah ich dergleichen Plantagen von anſehnlicher Groͤße, die vor zwey oder drey Jahren angelegt worden waren. Dicht vor der Stadt und Feſtung Columboſieht man dergleichen ebenfalls ſchon. Wenn alle dieſe und mehrere aͤhnliche Pflanzungen einmal in vollkomme - nem Stande ſind, wird es fuͤr die hollaͤndiſch - oſtindi - ſche Compagnie ſehr viel bequemer ſeyn, ihren Kaneel aus Gaͤrten zu hohlen, wo die Baͤume in ordentlichen Reihen, und keine andre Baͤume und Buͤſche dazwiſchen ſtehen, als es jetzt iſt, da die Leute, welche ihn ſchaͤ - len, in dichten Waͤldern weit und breit herum kriechen muͤſſen, um ihn aufzuſuchen. Dazu kommt, daß des Kaneels in den Waͤldern ſeit einiger Zeit weniger wird, ſo daß die Kaneelſchaͤler in verſchiednen Jahren nicht ſo viel, als ſie ſollten, haben liefern koͤnnen; welches theils daher ruͤhrt, daß Strecken Landes, die den beſten Kaneel geben, zu anderm Behuf angewandt, theils daher, daß die Baͤume in den Waͤldern ohne alle Auf - ſicht und Wartung geblieben ſind.

188Vierte Abtheilung. Dritter Abſchnitt.

Der ſandige Boden iſt fuͤr die Kaneelbaͤume der zutraͤglichſte. Derjenige Kaneel, welcher in den an der Seekuͤſte liegenden Sand-Ebenen waͤchſt, die von den Cingaleſern Marendan genannt werden, wird fuͤr den beſten und delicateſten gehalten.

Wenn man auf ſolchen Sand-Ebnen die Baͤume abhauet und hernach alles abbrennt, ſo ſchießen die Wurzeln wieder in lange, gerade Staͤmme auf, die unvergleichliche Rinde geben. Von ſolchen jungen Staͤmmen hat man die ſogenannten Kaneelſtoͤcke, welche wie Haſelſtoͤcke ausſehen, und deren Rinde wie Kaneel riecht, ſo oft man ſie reibt. Dergleichen Stoͤcke bekam ich verſchiedenemal zum Geſchenk, ob es gleich eben nicht erlaubt iſt, ſie auszufuͤhren.

Die Kaneelblaͤtter haben einen ſtarken Nelkenge - ruch; die Wurzel hingegen, welche durch Sublima - tion, Kampfer giebt, riecht ganz wie Saſſafras.

Der Kaneel heißt bey den Cingaleſern allgemein Kurundu.

Er wird in den Waͤldern zu zwey verſchiedenen Zeiten im Jahr geſchaͤlt. Das eine heißt die große Erndte, die vom April bis Auguſt; das andre die kleine, welche vom November bis Januar waͤhrt. Die Leute, welche in den Waͤldern die Kaneelbaͤume auf - ſuchen und die Rinde abſchaͤlen, heißen Kaneelſchaͤler; in cingaleſiſcher Sprache werden ſie Schjalias genannt.

Eigentlich ſind es die der Compagnie ſelbſt zugehoͤ - renden Gegenden, wo die Schjalias in den Waͤldern die Kaneelrinde einſammlen. Doch ſtehlen ſie ſich auch manchmal in die Waͤlder des Kaiſers, und wohl189Vom Kaneel. gar bis auf eine halbe Meile an die Stadt Candyheran; werden ſie aber dabey ertappt, ſo ſchneidet man ihnen Naſe und Ohren ab.

Jeder Diſtrict oder Dorf in den Laͤndern der Com - pagnie iſt ſchuldig, jaͤhrlich eine gewiſſe Menge Kaneel zu liefern, wogegen die Ceyloner daſelbſt ein gewiſſes Stuͤck Land frey beſitzen, das ſie nach Gefallen bewoh - nen und benutzen koͤnnen, andrer Vortheile nicht zu gedenken.

Ueber eine gewiſſe Anzahl Schjalias ſind Leute ge - ſetzt, welche die Aufſicht uͤber ſie und den Kaneel haben, und auch berechtigt ſind kleine Vergehungen zu beſtrafen. Ueber alle zuſammen iſt wieder ein Europaͤer geſetzt, der ihr Hauptmann oder Oberhaupt, (Hooft der Mahabadde), im gemeinen Leben auch oft Capteyn Kaneel heißt. Dieſer nimmt zuletzt allen Kaneel in Empfang, und iſt der Com - pagnie fuͤr denſelben verantwortlich. Er hat auch das Recht uͤber ſchwere Verbrechen zu entſcheiden und ſie zu beſtrafen.

Das Kaneelſchaͤlen wird auf folgende Art ver - richtet. Zuerſt werden, nach den Blaͤttern und an - dern Kennzeichen, gute Baͤume ausgeſucht, und ſodann diejenigen Zweige welche drey Jahr alt ſind, mit einem gewoͤhnlichen krummen Gaͤrtnermeſſer abgeſchnitten. Von dieſen abgeſchnittenen Zweigen wird darauf mit ei - nem andern Meſſer, das eine ſcharfe Spitze hat und dazu beſonders eingerichtet iſt, die aͤußre duͤnne Haut der Rinde (Epidermis) abgeſchabt. Dann werden die Zweige der Laͤnge nach mit der Spitze des Meſſers auf - geritzt, und mit der weniger ſcharfen Seite deſſelben die Rinde allmaͤhlig abgeloͤſet, bis ſie ganz abgezogen wer - den kann. Alsdann werden von der abgeſchaͤlten Rinde190Vierte Abtheilung. Dritter Abſchnitt. mehrere kleine Pfeifen in die groͤßern geſteckt, und zum trocknen ausgebreitet, da denn die Rinde ſich von ſelbſt immer mehr zuſammenrollt. Wenn ſie trocken iſt, werden Buͤndel von dreißig Pfund ſchwer daraus ge - macht, jedes mit drey duͤnnen Ruthen von Palm - riet oder Rottang (Calamus Rotang, Palmjuncus) zuſam - mengeſchnuͤrt, und theils in Boͤten, theils zu Lande, nach den an mehreren Orten vorhandenen Magazinen der Compagnie hingeſchaft, dort nach den Dorfſchaften oder Diſtricten, welche ſie geliefert haben, zuſammen - gelegt, und mit Matten von Baſt zugedeckt.

In Ruͤckſicht auf die Guͤte des Kaneels giebt es verſchiedene Arten Kanneelbaͤume; dem Laube nach ha - ben ſie zwar viele Aehnlichkeit mit einander, doch werden ſie nicht alle zum Schaͤlen genommen; man ſtellt eine ſorg - faͤltige Auswahl darunter an. Die Schjalias zaͤhlen fol - gende zehn Arten: 1) Raſſe Curundu, oder Penni Curundu, welches ſo viel ſagen will, als Honigkaneel. Dieſer iſt der beſte und angenehmſte, und der Baum hat große, breite und dicke Blaͤtter. 2) Nai Curundu oder Schlangenkaneel, welcher jenem an Wohlgeruch und vorzuͤglichem Geſchmack am naͤchſten, wiewohl nicht gleich kommt. Die Blaͤtter ſind auch groß. 3) Ca - puru Curundu, das heißt Kampferkaneel. Dieſe Sorte findet ſich nur in den Laͤndern des Kaiſers. Aus der Wurzel wird Kampfer deſtillirt. 4) Cahatte Curundu, das iſt zuſammenziehender herber Kaneel. Die Blaͤtter ſind etwas kleiner als bey den vorhergehenden Gattun - gen. Dieſe vier Sorten, welche ſaͤmtlich zu einer und derſelben Gattung, nemlich vom eigentlichen Zim - metbaume (Laurus cinnamomum) gehoͤren, ſind nichts191Vom Kaneel. anders, als einander ſehr aͤhnliche Varietaͤten, welche die Schjalias nur durch den Geſchmack unterſcheiden. Sie ſind die einzigen, welche, wenn man guten Kan - neel haben will, geſchaͤlt werden muͤſſen: Folgende Arten hingegen werden gar nicht geſchaͤlt. 5) Saͤwel Curundu, oder ſchleimiger Kaneel. Die Rinde hat, wenn man ſie kaͤuet, einen ſchleimigen Nachgeſchmack. Sie iſt we[i]ch, faſerig, und nicht ſo dicht und feſt, als bey den uͤbrigen Arten; auch iſt ſie zaͤhe, und laͤßt ſich leicht beugen, ohne daß ſie gleich bricht. Dies iſt eben - falls eine Varietaͤt vom eigentlichen Zimmetbaume. 6) Dawul Curundu, welches bedeutet platter oder Brettkaneel. Er hat den Namen davon, daß er ſich beym Trocknen nicht kruͤmmt oder zuſammenrollt, ſon - dern platt bleibt. Dieſe Sorte gehoͤrt zur Caſſine (Lau - rus caſſia). 7) Nica Curundu, das iſt Kaneel mit Blaͤttern, die wie die Blaͤtter von Nicacol, oder Ne - gundoſtrauch (eine Art Muͤllen, Vitex negundo), aus - ſehen, nemlich in ſo fern ſie lancettfoͤrmig, oder lang und ſchmal ſind. Außer dieſen ſieben Arten zaͤhlt man noch drey, die ſich vom aͤchten Kaneel merklich un - terſcheiden. Man kann auch gleich beym erſten Anblicke ſehen, daß ſie mit Recht nicht zu den Kaneelbaͤumen ge - rechnet werden duͤrfen. Hievon habe ich nur eine Sorte, nemlich die ſogleich folgende geſehen. Die uͤbrigen ſind ſehr ſelten, und werden nur in den Laͤndern des Kaiſers gefunden. 8) Caturu Curundu, das bedeutet Dorn - kaneel. Dieſer iſt von einem ganz andern Geſchlechte, als jene andere Arten. Die Rinde hat auch nicht den geringſten Kaneelgeſchmack, ſo wie die Blaͤtter mit jenen keine Aehnlichkeit, und die Zweige ſind mit Zacken oder Stacheln beſetzt. 9) Mal Curundu, Blumenkaneel,192Vierte Abtheilung. Dritter Abſchnitt. und 10) Tompat Curundu, Kleekaneel, weil die Blaͤt - ter ſich gegen die Spitze in drey Lappen theilen.

Vor der jedesmaligen Abſendung von hier muͤſſen die Wundaͤrzte, ſowohl der zu Columboanſaͤßige als die anweſenden Schiffschirurgi, den Zimt genau un - terſuchen und dafuͤr einſtehen, daß er aͤcht, fein und un - verdorben iſt. Zu dem Ende nimt man aus jedem Bunde einige Stangen heraus und kaͤuet ihn, weil der Geſchmack die ſicherſte von allen Proben giebt; allein dies iſt ein ſehr unangenehmes Geſchaͤft, weil der Kaneel von der Zunge und den Lippen allen Schleim, mit dem dieſe Theile uͤberzogen ſind, wegnimmt, und hernach einen brennenden Schmerz verurſacht, der unertraͤglich iſt, und endlich hindert fortzufahren. Zu einiger Lin - derung muß man zwiſchenher ein Butterbrod eſſen, wo - durch der Schmerz einigermaaßen gemildert wird, aber trotz dieſem Huͤlfsmittel haͤlt man doch ſelten zwey oder drey Tage nach einander dabey aus. Die Kenn - zeichen des feinen Kaneels ſind folgende: 1) Daß er duͤnne und etwas biegſam iſt; gewoͤhnlich muß er ſo dick oder etwas dicker als Rojalpapier ſeyn. 2) Daß er hell und gelblich von Farbe, etwas ins Braͤunliche fal - lend iſt. 3) Daß er ſuͤßlich ſchmeckt und zugleich nicht ſtaͤrker iſt, als daß man ihn ohne brennende Empfindung im Munde ertragen kann, und daß er keinen Nachſchmack zuruͤck laͤßt. Je mehr der Kaneel von dieſen Kennzeichen abweicht, deſto groͤber und ſchlech - ter iſt er; nemlich wenn er hart und von der Dicke eines Speciesthalers iſt; wenn er ſehr dunkel oder braun iſt;[wenn] er ſtark auf der Zunge prickelt oder brennt, und da - bey einen den Gewuͤrznaͤgelein aͤhnlichen Geſchmack hat, und bey mehrmaligem verſuchen einen empfindlichenSchmerz193Vom Kaneel. Schmerz im Munde verurſacht, und den Schleim auf der Zunge wegbeitzt; endlich daß er einen herben und barſchen Nachgeſchmack zuruͤcklaͤßt. Nach dieſen Kennzeichen wird der Kaneel vor der Verſchiffung beurtheilt.

Einmal mußte ich nebſt verſchiedenen andern Aerz - ten eine Partey Kaneel unterſuchen, die der Koͤnig von Candygeliefert hatte. Wir fanden, daß er zur Haͤlfte mit ſchlechtem vermiſcht, untauglich, von ſchlechtem Geſchmack und unaͤcht war. Der beſte, welchen man herausfinden konnte, wurde nach Bataviageſandt. Eben ſo unterſuchten wir zu Columboeinige Buͤndel Ka - neel, von einer vor einiger Zeit gepflanzten Sorte, wel - che im Jahr 1775 zur Probe nach Europageſchickt wurden. Allein man hat hernach in Europabey An - kunft dieſes Kaneels gefunden, daß er den Geſchmack nicht hatte, den er haben mußte, obgleich wir ihn hier zu Columbo, als er eingeſchifft werden ſollte, fuͤr fein und gut erklaͤrten. Der Geruch iſt zwar fein und angenehm geweſen; Geſchmack aber hat er ſehr wenig und faſt gar nicht gehabt. Vermuthlich hat er ihn aber unter - wegs verloren, und das iſt aller Wahrſcheinlichkeit nach davon hergekommen, daß in den jungen Zweigen, deren Wurzel nicht aͤlter als drey Jahr war, das Oel zu fluͤchtig und nicht concentrirt genug ſeyn mochte; dreyjaͤh - rige Zweige ſind zwar zum Schaͤlen brauchbar, aber Wur - zel und Stamm muͤſſen doch einige Jahr aͤlter ſeyn. Auch war beym Einpacken und beym Transport ein Fehler begangen, der vieles, wenn nicht alles, dazu beygetragen hat, daß der Geſchmack verſchwunden war. Die Buͤn - del waren nemlich nur in einfache Saͤcke gepackt, und inThunbergs Reiſen. Zweyt. Band. zweyter Th. N194Vierte Abtheilung. Dritter Abſchnitt. die Kajuͤte gelegt; gewoͤhnlich aber packt man ihn in zwey Saͤcke, oder legt ihn zwiſchen Pfeffer. Die folgenden Jahre wurden von derſelben Sorte an ſieben und vierzig Bund nach Europageſchickt.

Wenn die Schiffe fertig ſind den Kaneel einzu - nehmen, und die Unterſuchung geſchehen iſt, wird er eingepackt. Jedes Bund wird alsdenn ungefaͤhr 4 Fuß lang gemacht und abgewogen; es muß 85 Pfund netto wiegen, ob es gleich nur zu 80 Pfund angeſchrieben und berechnet wird, weil man 5 Pfund auf das Eintrocknen auf der Reiſe rechnet. Darauf wird jedes Bund mit Stricken feſtgeſchnuͤrt, und in einen doppelten Sack oder zwey Saͤcke uͤber einander eingenaͤhet, welche mit der Pfundezahl und dem Orte, wo die Einpackung ge - ſchehen, bemerkt werden. Die Saͤcke duͤrfen nicht von Leinwand oder Segeltuch, ſondern es muͤſſen wollene Saͤcke ſeyn, oder ſolche, die in IndienGunjeſakken heißen, und dem Kaneele waͤhrend des Transports nicht ſchaden. Es wird auch wohl uͤber den Sack eine Kuh - haut genaͤhet. Am Bord des Schiffes wird uͤber die Zimmtſaͤcke ſchwarzer Pfeffer hergeſchuͤttet, um alle Zwiſchenraͤume und Loͤcher auszufuͤllen. Der Pfeffer, welcher trocken und heiß iſt, zieht auf der Reiſe die Feuch - tigkeit des Kaneels an ſich, und man hat gefunden, daß dieſer letztere dadurch nicht nur ſeine Guͤte behaͤlt, ſon - dern ſogar noch ſtaͤrker wird.

Den 6ten November wurden 300 Ballen Kaneel eingeſchifft, wovon ein Theil aus den Plantagen war. Nach einigen Tagen geſchah daſſelbe mit noch andern 320 Ballen.

195Vom Kaneel.

Wenn der Kaneel zu Columboeinballirt iſt, wird mit Deſtillirung des Kaneeloͤls angefangen. Die - ſes Oel, das koſtbarſte und vorzuͤglichſte von allen Oelen, wird nirgend, als in der Apotheke der Com - pagnie zu Columbo, und zwar von denjenigen Stuͤcken Kaneel die beym Einpacken abbrechen oder ſonſt ab - fallen, deſtillirt. Dieſe kleinen Stuͤcke werden ſorg - faͤltig zuſammengeleſen, in große Gefaͤße, in jedes ge - woͤhnlich hundert Pfund, gelegt, und alsdenn ſo viel Waſſer darauf gegoſſen, daß alles damit wohl bedeckt iſt. In dieſem Waſſer bleibt der Kaneel ganze ſechs bis acht Tage liegen, damit er macerire. Das ganze wird darauf nach und nach in eine kupferne Deſtillierpfanne gegoſſen, und bey gelindem Feuer abgetrieben. Das Waſſer, welches man Kaneelwaſſer (Aqua Cinnamomi) nennt, geht alsdenn ganz weiß, beynahe milchfarbig, nebſt dem Oele uͤber, welches letztere in der untergeſetz - ten ofnen Glaskugel oben auf fließt. Alle vier und zwanzig Stunden wird ein Gefaͤß abgeliefert. Waͤh - rend der ganzen Deſtillationszeit ſollen zwey Mitglieder des Juſtizraths als Commiſſarien, einer um den an - dern gegenwaͤrtig ſeyn; dies geſchieht aber nicht, ſon - dern ſie kommen gewoͤhnlich nur jedesmal hin, wenn das Oel vom Waſſer abgeſondert wird. Das Oel wird alsdann in eine Flaſche gegoſſen, welche die Com - miſſarien verſiegeln und in einem Kaſten verwahren, der ebenfalls von ihnen verſiegelt wird. Auf dieſe Art kann der Apotheker nicht dazu kommen etwas zu ſtehlen, wofern er ſich nicht aus dem Recipienten etwas nimmt, ehe die Commiſſarien ankommen. Ich wandte viel Muͤhe an, zu erfahren, wie viel Oel man von hundert Pfund bekommt, aber allezeit umſonſt, weil es gegen das Intereſſe des Apothekers iſt, es kund werden zuN 2196Vierte Abtheilung. Vierter Abſchnitt. laſſen. So viel iſt indeſſen gewiß, daß der Kaneel in Verhaͤltniß mit andern Specereyen nicht viel Oel giebt, und daß man aus dieſer Urſach keinen ſonſt brauchba - ren Kaneel, ſondern nur die kleinen Stuͤcke und den Ab - fall, der nicht nach Europageſchickt werden kann, dazu nimmt. Die Unze Oel wird hier an Ort und Stelle fuͤr hollaͤndiſche Thaler verkauft. Er iſt alsdenn blaßgelb von Farbe, mithin nicht dunkelbraun, wie er von dem dicken Kaneele gewoͤhnlich wird.

Die uͤbrigen Theile des Kaneelbaums, auſſer der Rinde, taugen weder zu Kaneel noch zu Oel. Das Holz iſt poroͤs und ziemlich ſchoͤn. In Bretter geſaͤgt wird es bisweilen zu Coffer und dergleichen gebraucht; allein ſein Geruch ſichert es nicht vor Wuͤrmern.

Vierter Abſchnitt. Andere botaniſche Nachrichten, beſonders von der Brodfrucht.

Die Brodfrucht, welche in den warmen Laͤndern ſo vielen tauſend Menſchen zur Nahrung dient, waͤchſt auch auf dieſer Inſel im Ueberfluß, und wird ver - ſchiedene Monat im Jahr zur taͤglichen Nahrung ge - braucht.

Es giebt zwey Arten Baͤume, welche dieſe Frucht hervorbringen, und beyde werden hier, ſowohl wild als gepflanzt, angetroffen. Die eine Art, welche kleine Frucht ohne Saamen enthaͤlt, fand ich um Columbo, Galeund an mehreren Orten; ſie heißt hier eigentlich maldiviſche Syrſak, und wird nicht uͤberall gebraucht. Die andere waͤchſt hier haͤufiger, hat groͤßere Frucht197Von der Brodfrucht. und wird mehr geſucht. Die Fruͤchte der erſteren wer - den ſo groß wie ein Kindeskopf, und dieſe Art muß durch Wurzeln fortgepflanzt werden. Die Fruͤchte der letzteren hingegen wiegen dreyßig bis vierzig Pfund, und haben zwey bis dreyhundert Saamenkerne, deren jeder viermal groͤßer als eine Mandel iſt; dieſe laſſen ſich durch die Kerne fortpflanzen. Die Baͤume von beyden Gattungen ſind mit einem harzartigen Milch - ſafte angefuͤllt, der ſo zaͤh iſt, daß man damit, wie mit Vogelleim, Voͤgel fangen kann. Die Frucht iſt uͤber und uͤber ſtachlicht, und hat eine dicke und weiche Schaale. Von der Frucht ſelbſt wird nur das Inwen - dige zur Nahrung fuͤr Menſchen, die Schaale aber fuͤr die Schweine gebraucht. Sie hat einen unangeneh - men Leichengeruch, und ſchmeckt beynahe wie Kohl. Die Baͤume werden hundert Jahr alt, und tragen ſo - wohl am Stamme ſelbſt, als an den dickſten Zweigen, ganze acht Monate hindurch zu unſchaͤtzbarem Nutzen der Einwohner, ihre Fruͤchte, die eine nach der andern reif werden.

Die Benutzung und verſchiedene Zubereitung der groͤßern Sorte Brodfrucht, welches eigentlich die iſt, die auf Ceylonuͤberall gebraucht wird, iſt folgende. Nach dem ungleichen Alter der Frucht, in welchem ſie zur Nahrung genutzt wird, bekommt ſie von den Cei - lonern drey verſchiedene Namen. Pollos heißt ſie, wenn ſie zu der Groͤße eines Straußeneyes gediehen, und einen oder anderthalb Monat alt iſt; Herreli, wenn ſie halbreif und von der Groͤße einer Kokosnuß iſt, das Fleiſch iſt alsdenn noch weislich und milchartig. In dieſen beyden Altern kann ſie nicht ohne vorgaͤngige Zubereitung gegeſſen werden. Wenn ſie voͤllig reif iſt, bekommt ſie den Namen Warreka. Das Fleiſch iſtN 3198Vierte Abtheilung. Vierter Abſchnitt. alsdann genießbar, und das, was um die Kerne ſitzt, iſt etwas ſuͤß, ſieht gelb aus, laͤßt ſich ohne Zuberei - tung eſſen, und hat einen angenehmen Geſchmack. Brodfrucht hat man ſie deswegen genannt, weil der aͤrmere Theil der Einwohner, auf Ceylonſowohl als in andern indiſchen Laͤndern, ſie ſtatt Brodts oder Reißes ißt. Ich habe oft die Leute dieſe Frucht, fein zerſchnitten entweder mit geraſpelten Kokoskernen allein, oder mit etwas Reis dazu, auch wohl mit ſpaniſchem Pfeffer, Salz oder Zwiebeln eſſen geſehen. Die Kerne koͤnnen entweder, wie Kaſtanien, fuͤr ſich allein, oder mit dem Fleiſche, auf verſchiedne Art zugerichtet, gegeſſen wer - den. Man iſſet ſie ſowohl gekocht als gebraten; die Armen eſſen ſie meiſtens gekocht, mit geraſpelten Ko - koskernen und Salz. Die Reichen fuͤllen Gaͤnſe und anderes Federvieh, auch Ferkel, wenn ſie Braten da - von machen wollen, damit.

Man macht hier zu Lande nicht weniger, als funfzehn unterſchiedne Gerichte von der Brodfrucht. Eins derſelben heißt Currii Caldu; dies wird von Pol - los gemacht, die in feine Scheiben geſchnitten werden, welche man zuerſt in Waſſer mit Gurkumey etwas kocht, bis ſie gelb geworden ſind. Darauf wird von gedoͤrrten und zerſtoßenem Fiſche, ſo viel man zwiſchen den Fingern faſſen kann, und ein halbes Maas Kokos - milch hinzugethan, und alles zuſammen unter ſtetem Umruͤhren aufs Neue eine halbe Stunde gekocht. Dieſe Suppe wird am haͤufigſten gegeſſen, und nicht ſelten wird Bruͤhe von mehrern Fleiſcharten dazu ge - nommen. Currii Seco unterſcheidet ſich von je - nem dadurch, daß zu dieſem mehr Gewuͤrze und an - dere Zuthaten kommen, als gebrannte, zerſtoßene Ko - kosnuß, Koriander, Pfeffer, Cantel, Muſkatblu -199Von der Brodfrucht. men, Salz, gekochter und in kleine Wuͤrfel geſchnit - tener Speck und Kokosmilch, welches alles wohl durch - einander gemiſcht und eine halbe Stunde in Waſſer gekocht wird. Hernach werden Zwiebeln, die vorher in Butter gebraten worden, Citronenſaft, bisweilen ſpaniſcher Pfeffer und Salzlake dazugethan alles gut durcheinander gemengt und zu einem dicken Muſe gekocht. So wie das erſte Gericht, wird auch ein drittes, das die Ceyloner Pollos Tjundido nennen, zurecht gemacht, aus zerſchnittenen Pollos oder Her - reli, mit Gurkumey, geraſpelten Kokos, ſpaniſchen Pfeffer, in Stuͤcke geſchnittnen Zwiebeln und Salz, welches uͤber gelindem Feuer zu einem dicken Brey ge - kocht wird. Man kocht auch die Kerne, nachdem ſie in lange ſchmale Streifen entzweygeſchnitten worden, mit Gurkumey in Waſſer, und thut getrockneten Fiſch, zerſchnittenes Graslauch und Kokosmilch hinzu, wel - ches in dieſer Miſchung zuſammen gekocht und beſtaͤn - dig umgeruͤhrt wird. Dies Eſſen heißt Kaſtanie Cur - rii. Dieſem iſt ein anderes ſehr aͤhnlich, das man Niembela nennt, nur mit dem Unterſchiede, daß die Pollos oder Herreli, ſehr grob geſchnitten werden. Die Frucht wird auch wohl mit Speck gebraten. Man nimmt alsdann grob geſchnittne unreife Frucht, ge - ſchnittenes Graslauch, gekochten und in Wuͤrfel ge - ſchnittenen geſalzenen Speck, Muſkatblumen, Kaneel und Salzwaſſer, kocht dies zuſammen, und ſchuͤttelt es fleißig um. Die reife Frucht mit Kernen und Haut in drey oder vier Theile geſchnitten, mit Gurku - mey und Salz gekocht, iſt ein gewoͤhnliches Eſſen ge - ringer Leute. Sie wird alsdann ohngefaͤhr wie geſtobter Kohl, mit geraſpelten Kokos gegeſſen. Wer es beſſer haben kann, thut ſpaniſchen Pfeffer und etwas vonN 4200Vierte Abtheilung. Vierter Abſchnitt. gedoͤrrtem Fiſch hinzu. Gebratne Pollos werden folgendermaßen zugerichtet; man ſchneidet die unreife Frucht in duͤnne Scheiben, ruͤhrt Kokosmilch mit[et - was] Mehl zu einem Teige durch einander, tunkt die zuſammengewickelten Pollosſcheiben in dieſen Teig und bratet ſie hernach in einer Pfanne mit fri - ſchem Kokosoel. Wenn zu dieſen gebratnen Scheiben zerſchnittenes Lauch, getrockneter Fiſch, zer - ſchnittne und gebratne Zwiebeln und pulveriſirter Ka - neel gethan, das Ganze bey gelindem Feuer in einem fla - chen Geſchirre unter beſtaͤndigem Zugieſſen von Kokos - milch, gekocht wird, ſo heißt das Gericht Empade. Fri - kadellen werden von Pollos ſo gemacht, daß die Frucht unreif gekocht und zu Brey geſtampft und zerſchnitne Zwiebeln, Kaneel, Pfeffer, Muſkaten, Saltz, ge - ſtoßner Weizenzwieback, nebſt dem Gelben vom Ey dazu gethan wird. Dies ruͤhrt man gut durcheinander, macht Kloͤße davon, rollt ſie in Eyweiß, daß ſie zu - ſammenhalten, braͤt ſie in Butter, oder auch wohl in Butter und Kokosoͤl zugleich, bis ſie braun werden; zuletzt gießt man eine Bruͤhe von Butter, fein geſtoß - nem Kaneel, Pfeffer, Salz und Zitronenſaft daruͤ - ber. Von den Kernen und den fleiſchartigen Haͤu - ten derſelben, macht man bisweilen auch Konfect. Man ſchneidet alsdann die Haͤute, welche die Kerne umgeben, in zwey oder drey Stuͤcke, und braͤt ſie in friſch ausgepreßtem Kokosoͤle. Das Oel wird hernach mit einem Handtuche wohl abgewiſcht, und die gebrat - nen Haͤute in ein Sieb gelegt, damit das Oel noch beſſer ablaufen moͤge; darauf werden ſie in Syrup ge - kocht, getrocknet und in glaͤſerne Flaſchen, die aber wohl zugepfropft werden muͤſſen, aufbewahrt. Dieſer Confect haͤlt ſich mehrere Monate und wird zum Thee201Von der Brodfrucht. gegeſſen. Die Kerne werden auch, nachdem die flei - ſchigen Haͤute abgeloͤſet, und die Kerne wohl gereini - get ſind, in Oel gebraten und auf gleiche Art in Sy - rup gekocht, aufbewahrt, und ebenfalls zum Thee ge - geben; man kann auch die Flaſchen oben mit Syrup vollgieſſen, und ſie ſodann ein ganzes Jahr aufbewah - ren. Wenn man reife Kerne in Kokosmilch mit dem Gelben vom Ey zu einer klebrigten Maſſe gemacht, tunkt, und in friſchem Kokosoͤl braͤt, ſo wird dies Ge - richt Fios genannt. Auch Pfannkuchen werden von der Brodfrucht gebacken; man ruͤhrt Suryſaft, Kokosmilch, getrocknetes Mehl von den Kernen, und Eydotter zuſammen, und laͤßt den Teig die Nacht uͤber ſtehen, daß er gaͤhrt. Was die Ceyloner Pei oder Jambal nennen, iſt ehe eine Sauce, als ein Gericht. Es wird auch nur zu andern Gerichten, zum Exempel zu Fiſchen, Reis und dergleichen, gebraucht. Man nimmt gekochte unreife Frucht, Senf und Gurkumey dazu, welches jedes fuͤr ſich erſt zu einem Brey ge - ſtoßen, und hernach mit Eßig wohl durch einander ge - mengt wird. Einige thun auch ſpaniſchen Pfeffer, Ingwer und Salz, vorher wohl zerſtoßen und zuſam - mengemiſcht, dazu. Endlich trocknet man die Frucht auch wohl, um ſie fuͤr die Monate, da man ſie nicht friſch haben kann, aufzubewahren. Man pfluͤckt zu dieſem Ende die Frucht, wenn ſie halb reif iſt, vom Baume, nimmt das Fleiſchartige heraus, und laͤßt ſie dabey entweder ganz, oder ſchneidet ſie in Stuͤcken. Darauf wird ſie ein wenig gekocht, und ſodann an der Sonne gedoͤrret. Hernach haͤngt man ſie entweder im Schornſteine oder an einem andern trocknen Ort auf. Vermittelſt dieſer Zubereitung haͤlt ſie ſich das ganze Jahr uͤber, und die Armen eſſen ſieN 5202Vierte Abtheilung. Vierter Abſchnitt. mit geraſpelten Kokos, entweder ſo trocken, oder noch einmal gekocht.

Ich bemuͤhete mich von den Baͤumen dieſer ſo nuͤtzlichen Frucht einige lebendig mit nach Europazu bringen. In dieſer Abſicht ſammelte ich von der klei - nern Art, die keine Saamenkerne hat, ungefehr funf - zig lebendige Wurzeln, die ich in einen großen Bret - terkaſten pflanzte, hatte auch das Vergnuͤgen, nach Verlauf einiger Wochen, ſie ausſchlagen und friſch wach - ſen zu ſehen. Von der groͤßern Art ſammelte ich mehrere hundert Kerne, wovon ich in einem andern großen Kaſten uͤber hundert ſaͤete, die bald aufgiengen, und ſehr gut fortkamen. Die uͤbrigen Kerne verwahrte ich unterwegs auf verſchiedene Art, damit ſie nicht ver - trocknen, ranzig werden, oder auf andre Weiſe ver - derben moͤchten. Einige wickelte ich bloß in Papier, legte ſie in einen Kaſten, und brachte ſie unterwegens verſchiedene mal an die freye Luft; andre legte ich in große glaͤſerne Flaſchen, die ich ſorgfaͤltig vermachte; ſehr viele umklebte ich mit Wachs, um die Luft davon abzuhalten; andere legte ich in trockenen Sand, und wieder andere legte ich auf der Reiſe, monatlich einige, in die Erde, damit ſie nach und nach aufgehen moͤchten.

Allenthalben laͤngſt der ganzen Kuͤſte ſieht man Kokoswaͤlder, die ſich von Negumbobis jenſeit Matureerſtrecken und eine unzaͤhlige Menge Baͤume enthalten, von deren Fruͤchten ebenfalls die Einwohner dieſes Lan - des unglaublichen Nutzen haben. Die Waͤlder gehen jedoch nicht ins Land hinein, ſondern halten ſich am Strande, und lieben ſandigen Boden, und die See - luft. Die Kokosbaͤume wachſen ſogar nicht ſelten ſo nahe am Strande, daß ſie ſich ganz uͤber das Waſſer neigen, und oft ſtehen ſie in ſo kahlem Sande, daß da203Von den Kokosnuͤſſennicht ein einziger Halm Gras wuͤrde wachſen koͤnnen. Die Blaͤtter dieſes Baums bindet man um den Stamm, und bedient ſich ihrer alsdann ſtatt einer Leiter, um hinauf zu ſteigen, und die Fruͤchte abzunehmen. Auch ſah ich an verſchiedenen Orten einen Strick zwiſchen zwey Baͤumen befeſtigt, auf welchem die Ceyloner von dem einen Baum zum andern gehen. Die Kokosnuͤſſe ſind bekanntlich die taͤgliche Nahrung der Indier. Naͤchſt dieſem Gebrauch preßt man aber auch eine große Menge Oel daraus. Die Nuß wird zu dem Ende, ſo wie ſie vom Baume kommt, zwiſchen zwey Cylindern zerquetſcht. So lange das Oel friſch iſt, iſt es ſehr milde, und wird ſowohl von den Europaͤern, als von den Indianern ans Eſſen, in den Lampen, und zu anderm Behufe gebraucht. Aus der faſerigen Be - kleidung, welche die Nuͤſſe umgiebt, werden uͤberall Taue und Seile, ſelbſt zum Gebrauch auf den Schif - fen gemacht, und zwar, welches ich nicht fuͤr moͤglich gehalten hatte, dicke Kabeltaue fuͤr die hollaͤndiſchen Schiffe. Die Staͤmme ſelbſt gebraucht man hier beym Waſſerbau zu Pfaͤhlen, und man verſicherte mich, daß ſie hundert Jahre ausdauern koͤnnen ohne zu faulen, wiewohl mir dies kaum glaublich ſcheint.

Maldiviſche Kokosnuͤſſe, oder ſogenannte See - kalappen (Zeekalappers) bekommt der hieſige Gouver - neur nebſt andern Geſchenken, durch Abgeordnete, all - jaͤhrlich von den maldiviſchen Inſelnzugeſchickt. Sie haben mit den gewoͤhnlichen Kokosnuͤſſen große Aehn - lichkeit, der Kern aber, wird als ein wirkſames Ge - gengift, und als ein gutes Arzeneymittel gegen die rothe Ruhr, die fallende Sucht und den Schlagfluß geruͤhmt; man nimmt ein halbes bis zum ganzen Quentchen da - von ein. Im Garten des Gouverneurs zu Paß, ſah204Vierte Abtheilung. Vierter Abſchnitt. ich einen ſolchen Kokosbaum. Er war aus einem von den maldiviſchen Inſeln gekommenen Kerne, den man in die Erde geſteckt hatte, gezogen, und gut fortge - kommen. Er war jetzt im dritten Jahre, und hatte nur drey Blaͤtter. Die Nuß hatte acht Monathe in der Erde gelegen, ehe das erſte Blatt hervorkam.

In dieſem Garten fand ich auch einen Arekbaum oder Arekapalme, die ſehr hoch, aber ungewoͤhnlich duͤnn, und, welches etwas ganz beſonderes iſt, in zwey Zweige vertheilt war, deren jeder ſeine Blaͤtter - krone hatte.

Die Melanzanaͤpfel (Solanum melangena) wer - den ſowohl von Indiern als Europaͤern haͤufig gegeſſen. Man ſchreibt ihnen zugleich die Kraft zu, den Urin zu treiben, und die Blaſenſteine aufzuloͤſen.

Die Frucht, welche man Tjeremelle nennt, wird im October und November reif; ſie wird geſalzen gegeſſen.

Die Marmellen werden ebenfalls im October reif. Das Inwendige dieſer Frucht wird ſowohl mit als ohne Zucker gegeſſen. Sie iſt ſehr ſchleimigt, daher die Hollaͤnder ſie auch Slym Appels (Schleimaͤpfel) nennen.

Die Bolangen werden reif mit etwas Zucker, un - reif mit Salz gegeſſen. Sie ſind von der Groͤße einer Apfelſine.

Panningai, iſt die Frucht eines Palmbaums, der beſonders um Jafnain großer Menge waͤchſt. Sie iſt laͤnglich, mondfoͤrmig, von Farbe beynahe wie ein Piſang, aber vielmal groͤßer. Sie ſchließt zwey, drey, und wohl noch mehr ganz harte Nuͤſſe in ſich. Gehoͤrig zubereitet ſchmekt ſie dem, welcher gewohnt iſt, ſie zu eſſen, ſuͤßlich, wer aber nicht daran ge - woͤhnt iſt, dem iſt ſie ſehr unangenehm. Beym Auf -205Botaniſche Nachrichten von Ceylon. machen ſtinkt ſie. Wenn die Nuͤſſe geſteckt, und die Herzblaͤtter aufgeſchoſſen ſind, wird ſie unterwaͤrts abgeſchnitten, und entweder gekocht mit Salz und Reis, oder allein gegeſſen, auch wohl zu Mehl ge - ſtampft, das wie anderes Mehl, beſonderes aber zu Fiſchſuppen, gebraucht wird. Man kann ſie auch getrocknet aufbewahren. Vom May bis zum Schluß des Jahres, koͤnnen dieſe Fruͤchte gegeſſen werden, und ſie machen die vornehmſte Speiſe der Malabaren aus.

An den Baͤchen und an anderm Gewaͤſſer in der Gegend von Columbo, traf ich haͤufig die Barringtonie (Barringtonia) an; ſie hat große ſchoͤne Blumen, welche das Eigne haben, daß die Staubfaͤden gar nicht her - ausfallen. Auch wachſen hier die juckenden Fa - ſolen, (eine Art Bohnen, Dolichos pruriens) in Menge. Sie haben rauhe Schoten, und das Rauhe ſetzt ſich, wenn man ſie angreift, an die Haͤnde, und verurſacht einen heftig brennenden Schmerz, den man mit Oel oder Decoct von Reis vertreibt. Die Bohnen ſollen gegen die Wuͤrmer gut zu gebrauchen ſeyn. Fer - ner fand ich hier zwey Arten von der Klapperſchote (Crotolaria) naͤmlich die bohnenbaumblaͤttriche (labur - nifolia) und die ſtumpfblaͤttriche (retuſa) an. Auf cin - galeſiſch heißen ſie Jacheri. Sie haben gelbe Blu - men.

Man hat zum Theil geglaubt, dies Gewaͤchs ſey die ſogenannte Co[l]umbowurzel (Radix Columbo), die man ſeit einigen Jahren nach Europabringt, und als ein gutes Arzeneymittel empfiehlt. Dieſe kann aber weder die Klapperſchote noch der Fiſchkoͤrnermohnſaa - men (Meniſpermum cocculus) ſeyn. Die Wurzel hat ihren Namen von der Stadt Columbo, von wo ſie zu Schiffe nach Europakommt. Aber ſo viel man206Vierte Abtheilung. Vierter Abſchnitt. weiß, findet ſie ſich weder in der Gegend dieſer Stadt, noch auf der ganzen Inſel, ſondern ſie wird von der malaba - riſchen Kuͤſte hieher gebracht; die Klapperſchote iſt ein annuelles Gewaͤchs, deſſen Wurzel daher keine medici - niſche Kraft beſitzen kann. Der Fiſchkoͤrnermohnſaa - men iſt ein in den Waͤldern allenthalben wachſendes Rankengewaͤchs, deſſen Wurzel ich verſchiedne mal habe ausgraben laſſen; ich fand aber keine Aehnlichkeit mit der Columbowurzel, weder im Geſchmack, noch in der Groͤße, noch im aͤußern Anſehen; vielmehr iſt ſie ſehr duͤnne und lang, und hat erhobne Streifen.

Die weitſchweifige Boerhaavie (Boerhavia dif - fuſa) wird hier Jan Lopes genannt. Man muß ſie aber nicht mit der Lopeswurzel (Radix Lopes) verwech - ſeln. Dieſe letztere wird von der malabariſchen Kuͤſte hieher gebracht; dies Jahr wurden fuͤr Rechnung der Compagnie ungefehr dreyhundert Pfund davon nach Europageſchickt.

Die Moringawurzel (Radix Moringa) mit langem Pfeffer (Piper longum) geſtoßen wird, wie bey uns Senfteich, aufgelegt, um Blaſen zu ziehen.

Sacſanda und Jermus ſind zwey unter den cey - lonſchen Aerzten ſehr beruͤhmte Gewaͤchſe. Sie ſind in mehreren Ruͤckſichten verſchieden. Das erſtere iſt die oſtindiſche Oſterluzey (Ariſtolochia indica) deren Wurzel in Branntwein gelegt bitter iſt, den Magen ſtaͤrkt und die Blaͤhungen vertreibt. Das letztere waͤchſt in Ueberfluß, ſowohl in den Sandebnen bey Co - lumbo, als um Matureund andrer Orten. Die Ge - ſtalt deſſelben zeigt hinreichend, daß ſie zu der Ord - nung der Contortae gehoͤrt, und aller Wahrſcheinlich - keit nach eine Gattung der Schlingen (Periploca) iſt, welche eine giftige und reinigende Wurzel haben.

207Botaniſche Nachrichten von Ceylon.

Man hat auf Ceylonauch eine Art Ipecacuanha, welche die Einwohner Binnuge nennen. Die Wurzel iſt ein ſehr gutes Brechmittel, aber von der amerikani - ſchen ſehr unterſchieden. Man ſoll ſie in den Hoſpitaͤ - lern zu Columbo, Gale, Matureund Jafnamit Nutzen gebraucht haben. Die Doſis davon muß et - was groͤßer, als von der gewoͤhnlichen ſeyn. Man zeigte mir zwey Arten, die eine iſt weiß und heißt Elle Binnuge; die andere ſieht roth aus, und heißt Rat Binnuge. Dieſe letztere wird fuͤr die beſte ausge - geben; die weiße iſt fein und etwas faſerig, die rothe etwas dicker. Beyde ſind ebenfalls Gattungen der Schlingen, und kriechen entweder auf den Sandebnen fort, oder ſchlaͤngeln ſich an den Buͤſchen hinauf, welche in dem lockern Sandboden wachſen.

Der Stinkbaum, bey den Hollaͤndern Strunt - hout (Struntholz), bey den CeylonernUrenne, alles Namen, die dieſem Baume von ſeinem widrigen Ge - ruche gegeben ſind, waͤchſt auf Ceylonhaͤufig. Der Geruch, welcher ſich in dem dicken Holze und den großen Zweigen aufhaͤlt, iſt dem von Menſchenkoth ſo aͤhnlich, daß man nicht den geringſten Unterſchied mer - ken kann. Wenn das Holz geraſpelt, und die Spaͤne mit Waſſer angefeucht werden, iſt der Geſtank ganz unertraͤglich. Demungeachtet gebrauchen die Ceylo - ner es innerlich als ein heilſames Mittel: Fein geſchabt und mit Citronenſaft vermiſcht, nehmen ſie es, als eine blutreinigende Arzney gegen die Kraͤtze, und an - dere langwierige Arten von Ausſchlag, ein, ſchmieren ſich auch aͤußerlich damit. Ich gab mir viel Muͤhe, Blumen von dieſem Baume zu bekommen, um be - ſtimmen zu koͤnnen, zu welchem Geſchlechte er gehoͤre; aber umſonſt. Die Ceyloner, welche ich in dieſer208Vierte Abtheilung. Vierter Abſchnitt. Abſicht weit in die Waͤlder landwaͤrts ein ſchickte, brachten mir nur einige Zweige ohne Blumen, woraus ich doch ſah, daß der Baum weder die ſtinkende Anagy - ris (Anagyris foetida) noch der eigentliche ſogenannte groͤßere Stinkbaum (Sterculia foetida) iſt. Ich hatte auch einige kleine lebendige Baͤume in Kaſten gepflanzt, und brachte ſie auch wohlbehalten bis in den Kanal zwi - ſchen Frankreichund England; hier wurden ſie aber, nebſt vielen andern ſeltnen Baͤumen und Gewaͤchſen von Sturm und Kaͤlte ſo ruinirt, daß ſie ganz verloren giengen. Vom Holze nahm ich auch einige Stuͤcke mit; dieſe aber haben mit der Zeit ihren Geruch ſo ganz verloren, daß man gar nichts mehr davon ſpuͤrt.

Ich lernte hier auch einen andern merkwuͤrdigen Baum kennen, den die Hollaͤnder Slangenhout (Schlangenholz), die Cingaleſer Godagandu nennen, deſſen Holz einen ſehr barſchen Geſchmack hat. Das Holz wird nicht nur, als ein gutes Gegengift, wie auch wenn jemand von Schlangen gebiſſen iſt, ſondern in ſchlimmen hitzigen Fiebern gebraucht. Die Europaͤer laſſen Becher daraus drechſeln, welche ſie voll Wein gieſſen, der in kurzer Zeit die Kraft aus dem Holze zieht, einen barſchen Geſchmack annimmt, und als ein magenſtaͤrkendes Mittel gebraucht wird. Das Waſſer zieht eine gruͤnliche Tinctur aus dem Holze. Vermuthlich iſt dieſer Baum das eigentliche oder wahre Schlangenholz (Ophioxylum ſerpentinum), wiewohl ich nicht Gelegenheit gehabt habe, Blumen davon zu ſehen. Das Holz ſieht wie Eichenholz aus, hat eben ſolche graue Farbe und viele kleine Loͤcher, durch welche in den daraus gedrechſelten Bechern das Waſſer ſich durchſeihet.

Die209Botaniſche Nachrichten von Ceylon.

Die Flechten in der Haut (Herpes) werden hier mit den Saamenkapſeln des lindenblaͤttrigen Eibiſch (Hibiſcus tiliaceus) vertrieben, indem man den Saft davon auf die ausgeſchlagene Stelle ſtreicht. Dieſer ſchoͤne Baum wird zu Columbound an andern Orten in Alleen gepflanzt; er bluͤhet mehrere Monathe nach einander, und giebt durch die veraͤnderte Farbe ſeiner Blumen viel Schmuck. Die Mungosſchlangenwurz (Ophiorrhiza Mungos) ceyloniſch Mendi, wird von den Indianern gegen den Biß der Schlangen; Blaͤtter und Rinde aber gekocht wie ein Decoct gebraucht.

Auf der Reiſe nach Negumbohatte ich ein Ver - gnuͤgen, welches ich jetzt am wenigſten erwartete, nem - lich die ſchoͤne zweyzeilige Burmannie (Burmannia di - ſticha) zu finden, die ich fuͤnf Monathe hindurch ſehr emſig geſucht, und welche aufzuſuchen und mir zu ver - ſchaffen ich viele Cingaleſer aufgemuntert hatte. Sie ſtand an den niedrigen und noch mit Waſſer angefuͤllten Stellen im Walde, und hatte erſt vor kurzem ihre kleinen Blumen geoͤfnet. Ich ſammelte und trocknete davon ſoviel als ich hier fand, um dieſe Seltenheit ſo - wohl fuͤr meinen vortreflichen Goͤnner und Wohlthaͤter, Profeſſor Burmannusſelbſt, als fuͤr andre meiner Freunde in Europamitzunehmen. Die Ceyloner nen - nen ſie Wilende Wenne.

Zu Columbobrachte man mir Kardomom, der im Innern des Landes gezogen ſeyn ſollte. Er beſtand aus laͤnglichen, dreyeckigen Saamenkapſeln, beynahe von der Laͤnge eines Zolls, mithin von demjenigen ganz verſchieden, der auf der Inſel Javagebaut wird. Blumen davon konnte ich nicht bekommen; ich haͤtte ſie gern gehabt, um das Geſchlecht beſtimmen zu koͤnnen. Thunbergs Reiſen. Zweyt. Band. zweyt. Th. O210Vierte Abtheilung. Vierter Abſchnitt. Ich vermuthete indeſſen, daß es eine Art Alpinie (Alpinia) war.

Vor meiner Abreiſe kaufte ich eine Menge getrok - neter Fruͤchte des Betelpfefferbaums, die hier wohlfeil verkauft werden, und welche man mit anſehnlichem Vortheile, wenigſtens mit hundert Procent Gewinn, zu Capwieder abſetzt. Unterdeß die Sklaven und die Indier hier allenthalben friſche[Betelblaͤtter] genug zum Kaͤuen bekommen koͤnnen, muͤſſen die Sklaven in jenen Laͤn - dern, wo das kaͤltere Klima die Cultur dieſes Pfeffers nicht erlaubt, ſich ſtatt der Blaͤtter mit der Frucht behelfen.

Die kletternde Schlangenzunge (Ophiogloſſum ſcandens), ein Rankengewaͤchs, das ſich an den Baͤu - men hinauf ſchlingt, wird auf Ceylonan manchen Or - ten wie gemeiner Epheu gebraucht, um die Zaͤune, oder vielmehr Stakete, damit zu bedecken und gegen den Seewind zu ſchuͤtzen. Eigentlich Zaͤune hat man hier zu Lande nicht, ſondern die Befriedigungen der Gaͤr - ten und Aecker beſtehen nur aus duͤnnen Pfaͤlen oder Stangen, die dicht neben einander in die Erde geſchla - gen ſind, und dieſe laͤßt man mit jenem Kraute aus - wendig ganz bewachſen.

Auf meiner Reiſe nach Matureſah ich an ver - ſchiednen Orten Hecken von Jarrakbaͤumen, (die ſchwarze Purgiernuß, Jatropha curcas) um die Gaͤrten und Felder.

Auf Ceylonwaͤchſt auch das Lackcroton (Croton lacciferum), beſonders in den ſandigen Gegenden um Columbohaͤufig. Das Harz dieſes Strauchs wird hier bisweilen zum Lackiren gebraucht, nachdem man es in Spiritus aufgeloͤſet hat.

211Botaniſche Nachrichten von Ceylon.

Auf dieſer Inſel gebraucht man, ſo wie auf den ſaͤmtlichen Kuͤſten des feſten Landes, die Blaͤtter der faͤchertragenden Weinpalme (Boraſſus flabelliformis), bisweilen auch die vom Talpat - oder Licualabaume, oder der Schirmpalme (Licuala Spinoſa, Corypha um - braculifera) anſtatt des Papiers. Die Weinpalme iſt ein auf Ceylonſehr haͤufig wachſender Palmbaum, deſſen Blaͤtter hier, wie anderwaͤrts, auch zu Faͤchern gebraucht werden. Die Licualapalme, welche ſeltner iſt, hat ſehr große Blaͤtter, und wetteifert in dieſem Stuͤcke mit dem Kokosbaume ſelbſt. Dieſe Blaͤtter, welche in Falten liegen, werden gegen die Spitze zu von einander geſpalten, und alsdann uͤberall zu Regen - und Sonnenſchirmen gebraucht. Ein ſolches Blatt, eine Klafter lang und ohngefaͤhr eben ſo breit abgeſchnitten und mit verſchiednen Zierrathen geſchmuͤckt, heißt durchgaͤn - gig Talpat, welchen Namen auch der Baum ſelbſt fuͤhrt, und wird, gerade wie ein Sonnen - oder Regenſchirm, den vornehmen Indianern oder Europaͤern von einem Sklaven uͤber den Kopf gehalten und getragen. Ein einziges Blatt hat gemeiniglich eine ſolche Groͤße, daß ſechs erwachſene Menſchen Schutz vor dem Regen dar - unter haben koͤnnen. Dieſe ſchoͤne Palme waͤchſt mit - ten in den Waͤldern, iſt aber ſelten. Man kann ſie mit Recht zu den hoͤchſten Baͤumen zaͤhlen, und ſie wird noch hoͤher, wenn ſie aus dem Blaͤtterwipfel in Blumen ſchießt. Die Huͤlſe, welche die Blume alsdann umgiebt, iſt ſehr groß und wenn ſie aufber - ſtet, giebt ſie einen Knall, als wenn eine Kanone ab - geſchoſſen wird. Hernach ſchießen die Zweige nach allen Seiten und auch in die Hoͤhe ſechs und dreyßig bis vierzig Fuß weit. Die Frucht wird erſt im folgen - den Jahre reif. Ich war ſo gluͤcklich, einen dieſerO 2212Vierte Abtheilung. Vierter Abſchnitt. Baͤume mit der Frucht zu ſehen; da er aber ſchon das Jahr vorher gebluͤhet hatte, mußte ich auf das Ver - gnuͤgen, ſeine Blumen zu ſehen und zu unterſuchen, Verzicht thun.

Der heilige oder Goͤtzenfeigenbaum (Ficus reli - gioſa) hat ſeinen Namen davon, daß die Ceyloner ihn wie einen heiligen Baum anſehen und glauben, der Gott Budu ruhe unter demſelben. Sie hauen daher ſolche Baͤume nie um. Auch thun ſie unter denſelben ihre heiligſten Geluͤbde und Verſprechen. Wenn ſie unter einem ſolchen Baume einen Eid abgelegt, oder einen Contract gemacht haben, ſo iſt man ſicher, daß ſie ihn halten. Die Hollaͤnder nennen ihn Duyvels boom (Teufelsbaum), und die Ceyloner Boga.

In Ceylonwachſen uͤbrigens auch verſchiedne ſchoͤne und praͤchtige Blumen, als die Prachtlilie (Glorioſa), das umgebogne Kolbenmoos (Lycopodium cernuum), die Ixore (Ixora) und dergleichen mehr.

Eines merkwuͤrdigen und fuͤr die Einwohner uͤber - aus nuͤtzlichen Baums muß ich noch beſonders erwaͤh - nen, der den Namen Calaminder fuͤhrt. Dies iſt ein ſehr ſchoͤner Baum und das Holz iſt zu allen Arten Tiſch - lerarbeit vorzuͤglich brauchbar. Ich habe verſchiedne ſehr huͤbſche und ſaubere Meublen, als Bureaux, Stuͤhle, Tiſche, Sopha, Schraͤnke, Kaͤſtchen und dergleichen in den Haͤuſern der Hollaͤnder geſehen, die von dieſem Holze gemacht waren. Gebohnt ſind dieſe ſo glatt wie ein Spiegel. Das Holz iſt ſo hart, daß man es mit ſcharfen Eiſen nicht bearbeiten kann, ſon - dern es raſpeln und beynahe ſchleifen muß. Selten haͤlt auch der Leim feſt daran. Das Wort Calaminder heißt in cingaleſiſcher Sprache ſchwarz geflammtes Holz, und dieſer Baum wird deswegen ſo genannt, weil der213Botaniſche Nachrichten von Ceylon. ganz inwendige holzartige Theil deſſelben weiße oder weißgelbe, und ſchwarze oder braune Adern, Streifen und Wellen hat, welches ſehr ſchoͤn ausſieht. In der Wurzel ſind dieſe Wellen dichter und dunkler; je naͤher von der Wurzel daher ein Stuͤck genommen iſt, fuͤr deſto koſtbarer wird es gehalten, denn hoͤher im Stamme hinauf werden die Stellen duͤnner und bleicher. Das Aeuſſere des Baums, wenigſtens ein Drittheil, beynahe die Haͤlfte, taugt zu nichts, ſon - dern wird weggeworfen. Ameiſen ſchaden dem Holze nicht. Den Baum ſelbſt habe ich nicht zu ſehen be - kommen. Er ſoll ſehr groß und bisweilen ſo dick ſeyn, daß drey bis vier Maͤnner ihn nicht umſpannen koͤnnen. An den Zweigen, die ich mir durch Ceyloner aus den tief im Lande befindlichen Waͤldern holen ließ, ſah ich, daß es der Ebenbaum (Diospyros Ebenum), oder der - ſelbe Baum iſt, von dem das ſchwarze Ebenholz kommt.

Die Kaffeeplantagen auf Ceylonſind eben ſo als die auf Java; der einzige Unterſchied iſt, daß man hier groſſe Baͤume aus dem Geſchlechte der Bignonie (Bignonia) zwiſchen die Kaffeeſtauden pflanzt, um ihnen einigen Schatten zu geben, und ſie durch die Kro - nen dieſer Baͤume gegen die allzu ſtarke Hitze der Sonne zu ſchuͤtzen. Die hieſigen Kaffeebohnen ſollen indeſſen den javaniſchen an Guͤte nicht gleich kommen.

Reis wird auf dieſer Inſel, ſo wie auch auf den Kuͤſten Coromandelund Malabar, gebauet, jedoch nicht in der Menge, daß dieſe Laͤnder hinlaͤnglichen Vorrath davon haben. Auf den jetzt genannten Kuͤſten iſt bis - weilen ſo großer Miswachs an Reis, und ſo große Hungersnoth, daß, beſonders auf der malabariſchen Kuͤſte, Aeltern ſich genoͤthigt ſehen, ihre Kinder fuͤr eineO 3214Vierte Abtheilung. Fuͤnfter Abſchnitt. einzige Metze Reis zu Sklaven zu verkaufen, oder wohl gar ſie ganz weg zuſchenken, um ſie nur nicht Hungers ſterben zu ſehen.

Fuͤnfter Abſchnitt. Von den Edelſteinen und andern Mineralien in Ceylon.

In Ceylonnennt man gemeiniglich alle diejenigen Steine, Edelſteine, welche durchſichtig und ſo hart ſind, daß ſie durch Schleifen eine feine Politur annehmen. Ich habe ſie nicht nur alle, nebſt ihren hollaͤndiſchen, malabariſchen und cingaleſiſchen Namen, kennen ge - lernt, ſondern auch eine Sammlung davon mit nach Europagebracht, und will hier eine kurze Beſchrei - bung davon mittheilen.

Der rothe Turmalin, malabariſch Pani Ture - mali, ceyloniſch Penni Turemali, iſt ein ins Rothe fallender Quarz. Liegend ſieht er dunkel aus und ſcheint undurchſichtig zu ſeyn, aber gegen das Tages - licht gehalten erſcheint er bleichroth. Die Farbe iſt meiſtens uͤberall gleich und ſelten an einer Stelle blaſſer oder dunkler als an der andern. Die groͤßten, welche ich bekommen habe, ſind von der Groͤße einer Erbſe; die meiſten ſind nicht groͤßer als Reiskoͤrner. Einige habe ich geſehen, die kriſtalliſirt, aber faſt alle ſchad - haft und unvollkommen waren; dieſe ſchienen unten vier gleiche Seiten zu haben, und eine vierſeitige Py - ramide zu bilden. Die meiſten dieſer Steine ſind von dem hin und herſpuͤlen im Waſſer geſchliffen ſo, daß ſie die Ecken und ſcharfen Seiten verloren haben.

Der blaue Turmalin, malabariſch und ceyloniſch Nile Turemali, iſt nichts anders, als ein etwas ins Blaue fallender Quarz.

215Von den Edelſteinen ꝛc. in Ceylon.

Katzenauge, malabariſch und cingaliſch Wei - rodi, wird ein ſehr harter Stein genannt, der bald mehr, bald weniger ins Weiße oder Gruͤne faͤllt, halb durchſichtig iſt, in der Mitte einen Streif von der Breite einer Linie hat, welcher weiſſer iſt, als der uͤbrige Stein, und ſein Licht veraͤndert, je nachdem er nach dieſer oder jener Seite gekehrt wird. In die - ſem Stuͤcke hat er alſo Aehnlichkeit mit einem Katzen - auge, und davon hat er auch den Namen. Es iſt uͤbrigens ein Pſeudoopal. Der groͤßte, den ich geſe - hen habe, war von der Groͤße einer Haſelnuß; Es giebt ihrer aber viel kleinere. Roh ſcheinen ſie keine eckige Seiten oder Merkmale von Kryſtalliſation zu haben. Ihr Werth richtet ſich nach der Groͤße und der Rein - heit. Einer wie eine Nuß groß, ohne Ritzen und an - dre Fehler, wird bisweilen mit funfzig, ſechzig und mehr hollaͤndiſchen Thalern bezahlt. Sie werden erho - ben und laͤnglich geſchliffen, ohne Flaͤchen, ſo, daß der Strich wo die Farben ſpielen, in die Mitte kommt, und hernach in Ringe eingefaßt, welche die Malabaren und Mohren tragen.

Der weiße Kriſtall, malabariſch Wille Palingu, ceylaniſch Sudu Palind, iſt ein klarer Bergkriſtall ohne Farbe. Man findet ihn hier ſowohl kriſtalliſirt, als auch vom Waſſer zu unebnen, zu flachen, zu lan - gen, und auch wohl zu Stuͤcken mit Vertiefungen ge - ſchliffen. Er ſieht klar, bald mehr, bald weniger waſſerfarben oder glaͤnzend weiß aus. Die Kleinen habe ich oft mit Grundflaͤchen und Seitenflaͤchen, als foͤrmliche Pyramiden geſehen. Die großen ſind gemei - niglich vom Rollen im Waſſer ruͤndlich geworden. Sie ſind zum Theil ſehr groß; man findet ihrer nicht ſelten ſolche, die zwey geballte Faͤuſte groß ſind. ManO 4216Vierte Abtheilung. Fuͤnfter Abſchnitt. ſchleift Knoͤpfe an Weſten und Bruſttuͤcher, auch Steine zu Knoͤpfen an Unterhoſen und zum Einfaſſen in Schuhſchnallen daraus.

Der Amethyſt,[malabariſch] und cingaliſch Scuandi, iſt in der That nichts anders, als ein purpur - oder violettfarbner Bergkryſtal, der aber in Anſehung des Grades, in welchem er gefaͤrbt iſt, ſehr verſchiedne Sorten giebt. Man findet ſolche, die beynahe weiß ſind, mit einer ſo geringen Tinctur von Violet, daß, wenn man ſie allein ſaͤhe, man ſie eher fuͤr Bergkriſtalle anſehen wuͤrde, beſonders wenn man kein Kenner iſt. Andre findet man, die nach einem Ende zu, andre nur in der Mitte, andre hin und wieder, und zwar in hoͤ - herem oder geringerem Grade farbig ſind. Einige ſind ſo dunkelfarbig, daß ſie, wenn ſie auf einem Tiſche liegen beynahe ſchwarz ausſehen, und, gegen das Licht ge - halten, eine ſehr ſchoͤne violette Farbe haben. Oft ſieht man ſowohl Flecken als Streifen, die blaſſer und ſtellen - weiſe dunkler ſind. Sie brechen in verſchiedener Groͤße, ſelten ſo groß, wie eine Wallnuß, meiſt nur ganz klein. Je groͤßer ſie ſind, deſto blaſſer ſind ſie, und daher von weniger Anſehen und geringerem Werth. Die Kleinen haben gewoͤhnlich eine hoͤhere Farbe, ſind aber doch eben nicht theuer, weil ſie nur kleine Steine zum Schlei - fen geben. Am mehrſten gelten die, welche hoch tin - girt, ohne Ritzen und von einiger Groͤße ſind. Je dunkler die Farbe in denſelben iſt, deſto reifer, und im Gegentheil, je blaſſer, deſto unreifer werden ſie ge - nannt. Es iſt auſſer allem Zweifel, daß dieſe Ame - thyſte fluͤßig geweſen, und daß ſie vor der Kriſtal - liſation von einer violetten Farbe tingirt worden217Von den Edelſteinen ꝛc. in Ceylon. ſind, die ſich mit dem Fluͤſſigen, entweder zum Theil, oder uͤberall, vermiſcht hat. Einige findet man geruͤndet und beym Fortrollen im Waſſer wie geſchliffen; andre ſind von unregelmaͤßiger Figur, auf allen Seiten gebrochen, oft mit tiefen und großen Ver - tiefungen. Einige haben ſechs Seiten, die auch ſechsſeitig in eine Spitze zuſammenlaufen. Ich habe keinen geſehen, der ganz vollkommen und unbeſchaͤdigt war. Es iſt etwas ſeltnes einen anzutreffen, der beyde Enden hat, wiewohl ſie auch alsdenn allezeit von aͤußrer Gewalt gelitten haben. Einige haben ganz lange violette Streifen, mit weißen Streifen dazwiſchen. Aus den groͤßten werden gemeiniglich Knoͤpfe zu Weſten, dergleichen man in Oſtindienvon weißem Kattun haͤufig traͤgt, und, aus den kleinen, Bruſttuch - und Aermel - knoͤpfe gemacht.

Waſſerſaphire, auch wohl weiße Saphire, ma - labariſch Wille Padjan, ceyloniſch Sudu Padjan ge - nannt, ſind abgeſchliffne Stuͤcken des hellſten Berg - kriſtalls. Sie ſind den weißen Kriſtallen ſehr aͤhnlich, aber doch, gegen das Tageslicht beſehen, nicht nur klarer ſondern auch weißer; am meiſten unterſcheiden ſie ſich durch ihre Haͤrte, woran ſie die Kriſtalle uͤber - treffen. Ich habe niemals eine dieſer Steine bekom - men koͤnnen, der ſeine Seiten, Ecken und Spitze hatte; ſondern alle waren ſie vom Waſſer zu unfoͤrmli - chen Stuͤcken gebildet, auch wohl platt und rund ge - ſchliffen, mit unebener, und mit kleinen eingedruckten Puncten angefuͤllter Oberflaͤche. Die groͤßten waren von der Groͤße einer Wallnuß. Dieſe ſind viel theurerO 5218Vierte Abtheilung. Fuͤnfter Abſchnitt. als Kriſtalle, und werden zu Weſt - und Bruſttuchknoͤ - pfen und zu Steinen in Schuhſchnallen geſchliffen.

Der gelbe Kriſtall, malabariſch Manjel Palinge, cingaliſch Kaha Patingu, iſt ein heller Rauchtopas. Vermuthlich iſt er einerley mit dem weißen Kryſtalle, nur mit dem Unterſchiede, daß er in eine unangeneh - me gelbliche Farbe faͤllt. Kriſtalliſirt habe ich ihn nie geſehen, ſondern allezeit vom Rollen im Waſſer ſchon zu runden Stuͤcken mit unebner Oberflaͤche geworden.

Von dieſem unterſcheidet ſich der braune Kryſtall, malabariſch und cingaliſch Tillia Palingu, welcher ein rauchiger Bergkryſtall, oder ein dunkler Rauchtopas iſt, bloß dadurch, daß er ſchwaͤrzlich iſt oder wie blaſſe, ſchwarze Tinte ausſieht. Wenn er liegt, ſcheint er undurchſich - tig zu ſeyn; gegen das Tageslicht gehalten aber gerade durch durchſichtig. Dieſe Steine habe ich allezeit, vom Hin - und Herrollen das ſie im Waſſer erlitten, geruͤn - det geſehen, und zwar in ſo großen Stuͤcken, als eine große Haſelnuß oder kleine Wallnuß. Die Ober - flaͤche iſt uneben und rauh, und mit feinen eingedruͤck - ten Puncten und einer grauen Rinde beſetzt, welche den Stein, wenn er ganz iſt, bisweilen undurchſichtig macht, obgleich das Inwendige klar iſt, wie man ſieht, wenn man ihn entzwey ſchlaͤgt. Man ſchleift Knoͤpfe zu Bein - kleidern und anderm Gebrauche daraus.

Die Hyacinthen ſind kleine gelbbraune oder roͤth - liche Priſmen, die ſo wie der Robal oft fuͤr Rubine aus - gegeben werden.

Die eigentlich ſo genannten Topaſe, malabariſch Puresjeragen, ceyloniſch Pusperagan, ſind wahre To -219Von den Edelſteinen ꝛc. in Ceylon. paſe, brechen meiſt in gelblichen Splittern, und ſind bald mehr, bald weniger dunkelfarbig.

Der weiße Turmalin, welcher eigentlich Matureſe Diamant genannt wird, malabariſch und ceyloniſch Sudu Turemali, iſt ein weißgelber Topas. Die Weiße iſt nicht bey allen dieſelbe, gewoͤhnlich iſt er aber doch milchfarbig, ſo daß er nicht vollkommen durchſich - tig iſt. Aus dieſer Urſach wird er oft ausgebrannt, wodurch die Farbe vergeht, ſo daß er viel klarer wird, wiewohl er keine vollkommne Weiße erlangt.

Gruͤne Turmaline, auch Matureſe Diamanten, malabariſch und ceyloniſch Patje Turemali, werden ſo - wohl Chryſolithen, die ein vierſeitiges Priſma haben, als auch bisweilen Chryſopraſe genannt. Der gruͤne Turmalin iſt von dunkler Farbe, die bisweilen ins Gelbliche, bisweilen ins Blaͤuliche, bisweilen ins Gruͤnliche, am oͤfterſten aber ins Schwaͤrzliche faͤllt. Manchmal iſt er durchſichtig; manchmal mit einer un - durchſichtigen Oberflaͤche umgeben; manchmal iſt er ganz undurchſichtig, ſieht wie Schoͤrl aus, glaͤnzt im Bruche, und hat nicht ſelten knotige Lamellen mit vielen Ritzen in die Laͤnge und in die Breite. Einige findet man kriſtalliſirt mit einer laͤnglichen Saͤule von vier gleichen Seiten und einer vierſeitigen Pyramide. Gewoͤhnlich wird er ſchon etwas abgeſchliffen und zer - brochen, in unfoͤrmlichen, bald dicken, bald duͤnnen Stuͤcken, die bisweilen von der Groͤße einer Wallnuß, bis - weilen aber ſo klein wie Koͤrnchen ſind, gefunden. Der gruͤne, oder der Chryſopras iſt ſchoͤn grasgruͤn, klar und durchſichtig, und man ſchleift allerhand dar - aus; dieſer heißt eigentlich gruͤner Turmalin, obgleich220Vierte Abtheilung. Fuͤnfter Abſchnitt. dieſer Name auch verſchiednen andern Arten gege - ben wird.

Den gelben Turmalin, welcher ebenfalls Matu - reſe Diamant, malabariſch und cingaliſch Kaneke Tu - remali heißt, und ein gruͤngelber Topas iſt, wird von den Mohren auch wohl Turmalin Topas genannt, weil er dem eigentlichen Topaſe oft ſehr gleich kommt. Von Anſehen hat er mit Bernſtein viel Aehnlichkeit. Einige ſind dunkelfarbiger oder beynahe brandgelb; andre ſind blaßgelb; einige ſogar weißgelb. Kriſtalliſirt habe ich dieſe Steine nicht geſehen, ſondern allezeit vom Rollen im Waſſer geſchliffen, und zwar von der Groͤße eines Reis - korns bis zu der Groͤße einer Erbſe. Man ſchleift ſie, um ſie in Ringe zu faſſen, und ſie haben ein ſchoͤ - nes Anſehen.

Der ſchwarze Kriſtall, malabariſch Karte Pa - lingu, cingaliſch Kallu Palingu, wird theils in Kriſtallen, theils in zerbrochnen Stuͤcken angetrof - fen, und iſt der elektriſche ceylonſche Turmalin. Ei - gentlich iſt es ein ganz ſchwarzer, ſcheinender und un - durchſichtiger Schoͤrl. Oſt findet man ihn in unfoͤrm - liche Stuͤcke zerbrochen, die vom Rollen im Waſſer zum Theil rund, zum Theil laͤnglich, geſchliffen ſind. Im Bruche iſt er glaͤnzend, und faͤllt in ſchiefrige Stuͤcke, welche an den Kanten durchſichtig ſind, und wovon ich einige ſo groß, wie eine Wallnuß, andre hingegen ganz klein, wie eine Erbſe, geſehen habe. Einige bekam ich, wiewohl mit Muͤhe, die kriſtalliſirt, jedoch nicht ganz unbeſchaͤdigt waren, ſechs ungleiche Seiten und eine dreyſeitige, ſtumpfe Pyramide hatten. Hieraus werden Knoͤpfe geſchliffen, die an Roͤcke, Weſten und221Von den Edelſteinen ꝛc. in Ceylon. Beinkleider in der Trauer getragen werden, und wie Knoͤpfe von Steinkohlen ausſehen. Dieſer Kriſtall iſt ſehr haͤufig, und weder theuer noch ſehr geſchaͤtzt. Ich konnte nicht merken, daß die Indier ſeine elektriſche Eigenſchaft kennen, auch geben ſie ihm niemals den Namen Turmalin, womit ſie im Gegentheil verſchiedene andre Arten benennen.

Robale, malabariſch Rauwa, ceyloniſch Rawa, ſind kleine dunkelrothe, undurchſichtige Granaten, dunkler als Rubine, aber nicht ſo hart. Liegend iſt er faſt ganz undurchſichtig, wenn er ſehr dunkelfarbig iſt. Meiſtens wird er in kleinen, abgerundeten und glatt gewordnen Stuͤcken gefunden. Er wird zu Steinen in Ringe geſchliffen, und oft fuͤr Rubin verkauft.

Der Kaneelſtein, malabariſch und ceyloniſch Ko - medegam, iſt ein ſchoͤner braungelber oder gelbbrauner Granat. Den Namen hat er von ſeiner Farbe, welche einigermaßen wie die Farbe des Kaneeloͤls vom feinſten und beſten Kaneel ausſieht, aber doch nicht immer gleich, ſondern bald mehr, bald weniger blaß oder hochbrandgelb iſt. Man findet ſie, unbeſchaͤdigt, ſelten von betraͤchtlicher Groͤße, ſondern gewoͤhnlich ſind ſie, auch die kleinen, ſowohl der Laͤnge als der Breite nach geſprungen, welches verurſacht, daß ſie alsdann nicht klar ſind, und zum Schleifen nicht taugen. Dieſe Ritzen oder feinen Borſten machen, daß ſie in Wuͤrfel und ſchiefe Scheiben fallen. Bisweilen ſehen ſie faſt wie Benzoegummi aus. Geſchliffen geben ſie ſchoͤne Steine, beſonders zu Ringen, Halsbindenſchnallen und dergleichen.

222Vierte Abtheilung. Fuͤnfter Abſchnitt.

Was die Hollaͤnder Rubin, die Malabaren Elin - ges Chogeppu, und die Ceyloner Lankaratte nennen, iſt ein wahrer Rubin. Dieſer Stein iſt bald mehr bald weniger reif, das heißt nach indiſcher Art zu reden, von mehr oder weniger hoher Farbe. Der Amethyſt iſt violett, der Rubin aber roth, und zwar gemeiniglich blutroth. Je hochrother die Farbe, und je groͤßer, klarer und fehlerfreyer der Stein iſt, deſto groͤßer iſt ſein Werth. Von bedeutender Groͤße findet man ihn in - deſſen hier ſelten, ſehr oft nicht groͤßer als große Sand - koͤrner, Geſtenkoͤrner und dergleichen. Je hoͤher die Farbe iſt, deſto klarer und durchſichtiger iſt der Stein. Die unreifen ſind nicht ſo klar, haben auch bisweilen dunklere Flecke oder Streifen. Einige von dieſen letz - teren fallen beynahe ins Violette. Die meiſten ſind im Waſſer gerollt, und theils rund, theils flach. Einige habe ich jedoch kriſtalliſirt gefunden, und zwar mit acht Seiten, wovon vier breit und vier ganz ſchmal waren. Die Mohren ſagen, daß dieſer Stein an Haͤrte dem Diamant am naͤchſten komme, und ſchleifen ihn zum Einfaſſen in Ringe.

Der blaue Saphir, malabariſch Nilem, cin - galiſch N[i]le, iſt ein wahrer blaͤulicher Saphir. Man findet ihn, wie andre ceylonſche farbige Steine, reif und unreif in ſehr verſchiednen Graden, das iſt mehr oder weniger hochblau. Bisweilen ſind ſie ſo blaß, daß ſie beynahe Waſſerfarbe haben, ſelten ſind ſie dunkelblau. Sie ſind doch mehr gleich gefaͤrbt, als die Amethyſte, ohne ſo viele Flecken und Streife, ob - gleich ſie oft blaue Flecken haben, und ich einen ſah, der an dem einen Ende ganz hellblau und am andern dunkelblau war. Alle, die mir vorgekommen ſind,223Von den Edelſteinen ꝛc. in Ceylon. waren vom Umherſpuͤlen im Waſſer in runde und aller - hand andre Geſtalten geſchliffen. Einen bekam ich, der wie eine Haſelnuß groß war; die meiſten ſind viel - mal kleiner. Sie werden geſchliffen, und zu Knoͤpfen und in Ringen gebraucht.

Die gruͤnen Saphire, malabariſch und cinga - liſch Patje Padian, ſind gleichfalls wahre Saphire. Die Farbe iſt hellgruͤn, bey einigen gruͤnlich, bey eini - gen auch blaß. Sie werden wie die Vorhergehenden geſchliffen und gebraucht.

Taripo heißt auf Ceylonein weißer Stein, der vermuthlich nichts anders, als ein einfarbiger Quarz oder ein weißer Kriſtall iſt. Seine Farbe iſt entweder ganz weiß, oder etwas waſſerfarbig, aber nicht ſo klar und durchſichtig, als beym Kriſtall, ſondern mehr wie beym Quarz. Kriſtalliſirt habe ich ihn nie geſe - hen, ſondern in unfoͤrmlichen Klumpen. Auch aus dieſen ſchleift man Steine zum Einfaſſen.

Aus dieſen Beſchreibungen erhellet, daß der Stein, welcher in Europaunter dem Namen Turma - lin, und ſeiner elektriſchen Kraft wegen bekannt iſt, bey den Indiern dieſen Namen nicht fuͤhrt, ſondern daß dieſe mit dem Namen Turmalin verſchiedne Steine von unterſchiedlicher Farbe und Klarheit bezeichnen, die nichts Elektriſches an ſich haben.

Die meiſten dieſer Steine habe ich den Hrn. Pro - feſſor Bergmannmitgetheilt, der ſo gefaͤllig gewe - ſen iſt, mir ihre mineralogiſchen Benennungen mit - zutheilen.

Die Mohren ſind es hauptſaͤchlich, welche zu Co - lumbo, Galeund Maturedieſe Steine, ſowohl roh, als geſchliffen und eingefaßt, verkaufen. Ein Frem - der muß aber bey dem Handel mit ihnen ſehr vorſichtig224Vierte Abtheilung. Fuͤnfter Abſchnitt. ſeyn, nicht nur deswegen, weil ſie weit mehr, als ſie gewoͤhnlich werth ſind, dafuͤr fordern, ſondern auch, weil ſie den Kaͤufer oft mit Glasfluͤſſen und daraus ge - ſchliffnen Steinen betruͤgen, die ſie ſo ſchoͤn und kuͤnſt - lich zu machen wiſſen, daß der, welcher nicht ein guter Kenner iſt, ſich leicht taͤuſchen laͤßt.

Alle dieſe Edelſteine, welche auf Ceylon, beſon - ders im Lande Matureangetroffen werden, findet man in Thaͤlern und am Fuße der Berge in einer Mi - ſchung von Erde und fettem Thon. Oft findet man verſchiedne Arten in einer und derſelben Erde und am naͤm - lichen Orte. Manchmal werden ſie auch durch ſtarken Regen oder herabſtroͤmendes Waſſer von den Bergen herunter geſpuͤlt, und alsdann in der Ebene auf der Oberflaͤche gefunden. An einigen Stellen findet man Steine ohne viele Muͤhe ein, zwey oder drey Fuß tief unter der Erde, dagegen man nach andern zwanzig und mehr Fuß tief graben kann. Die ausgegrabe - ne Erde legt man in einen großen Rohrkorb, und ſchlaͤmmt ſie, da denn die Steine zum Vorſchein kommen.

Das Graben der Edelſteine in den um Matureliegenden Diſtricten, wird jaͤhrlich im Auguſt fuͤr Rech - nung der hollaͤndiſch oſtindiſchen Compagnie an den Meiſtbietenden verpachtet. Fuͤr die Jahre 1777 und 1778 hat ein Mohr dieſe Pacht fuͤr hundert und achtzig Reichsthaler gehabt. Das Land, welches zum Graben der Steine verpachtet wird, liegt nicht immer in einer Strecke, ſondern man ſucht verſchiedene Stuͤcke Landes die hin und wieder zerſtreut liegen, und wovon man ge - funden hat, daß ſie Edelſteine enthalten, dazu aus. Ehe die Verpachtung geſchieht, werden dieſe Plaͤtze von Committirten der Compagnie beſichtigt. Zu ſolchenStuͤcken225Von den Edelſteinen ꝛc. in Ceylon. Stuͤcken Landes gehoͤren oft die Gaͤrten der Cingaleſer, welche alsdann nicht frey ſind, ſondern ebenfalls zum Gra - ben hergegeben werden muͤſſen. Der nemliche Platz wird bisweilen mehr als einmal verpachtet, weil mehr Jahre nacheinander da gegraben werden kann. Gemeiniglich und am liebſten werden ſolche Plaͤtze genommen, die an den Bergen, beſonders, um des Auswaſchens willen, die welche zugleich nicht weit von Baͤchen liegen. Der Hauptpaͤchter verkauft hernach oft an verſchiedene Andere die Freyheit, mit einer gewiſſen Anzahl Leuten zu graben, zum Exempel: fuͤr funfzehn Thaler an den, welcher mit zehn Mann, und ſo in Proportion an den, welcher mit fuͤnf oder mit zwanzig Mann graben laͤßt. Dieſe haben denn die Freyheit, das ganze Jahr hindurch, wo ſie wol - len, zu graben, aber nicht mit mehr Leuten, als wofuͤr ſie an den Hauptpaͤchter bezahlen. Wer die Freyheit zu graben gekauft hat, bezahlt auch die Arbeitsleute. Was man nach geſchehenem Graben und Waſchen be - kommen hat, wird am Schluße jedes Monats in einen Beutel gelegt, der alsdann verſiegelt und dem Eigen - thuͤmer zugeſchickt wird, welcher nun ſeine Steine ausſucht und ſortirt, und erwartet, wie viel ſie ihm ein - bringen werden.

Verſchiedene von dieſen Edelſteinen werden ganz roh nach Europagebracht. Die meiſten aber werden hier geſchliffen, bisweilen auch gefaßt, und her - nach in Indienſelbſt verkauft. Das Schleifen iſt ge - meiniglich die Arbeit der Aermeren unter den Mohren. Es geſchieht auf einer bleyernen Scheibe und fuͤr ſehr billigen Preis. Ich erhandelte nur von den Mohren die hier befindlichen Sorten nicht nur geſchliffen, ſondernThundergs Reiſen. Zweyt. Band. zweyter Td. P226Vierte Abtheilung. Fuͤnfter Abſchnitt. auch roh, um ſie unter andern mineralogiſchen Samm - lungen aufzubewahren. Anfangs mußte ich ſie ſehr theuer bezahlen, beſonders da ich damals ausſuchte, hernach fand ich aber, daß ich ſie, durch die Bank gekauft, viel wohlfeiler bekommen konnte.

Einige andere ceylonſche Mineralien ſind folgende.

Eiſenerz wird in Erde und Thon, die damit durch - wachſen ſind, und zwar bisweilen ziemlich tief in der Erde gefunden. Es wird in Tiegeln uͤber Feuer, gegen wel - ches man zwey Blasbaͤlge ſpielen laͤßt, geſchmolzen. Die Schlacken werden mit Zangen abgeſondert, die beſon - ders dazu gemacht ſind, und die geſchmolzene Maſſe wird in eine von Thon verfertigte Form gegoſſen, hernach wei - ter gereinigt, und zu allerhand Gebrauch geſchmiedet.

Glimmer (Mica, cingaliſch Mirinan) findet man in großen blaͤttrigen Stuͤcken. Die Blaͤttchen davon werden als Zierrath an den oben beſchriebenen Talpatſen, das iſt, von großen Talpatblaͤttern gemachten Regenſchir - men, gebraucht.

Waſſerbley oder Reißbley (Ferrum molybdaena, ceyloniſch Kalu Miniran), wird mit Glimmer zuſammen an einem und demſelben Orte, am Fuße der Berge, in Thon, Lehm und rother Erde, oft ſehr tief liegend, ge - funden. Man trifft es bisweilen auch allein im trocknen Erdreiche an.

Der Stahlſtein oder kryſtalliſirte Schwefelkies haͤlt etwas Kupfer. Man ſchleift Knoͤpfe daraus.

227

Sechſter Abſchnitt. Allerley andre Nachrichten von Ceylon; Ein - wohner, Religion, Sitten und Gewohn - heiten, Sprache, Muͤnzen und dergleichen betreffend.

Die Kuͤſten rund um die ganze Inſel Ceylon, ungefehr ſechs oder mehr Meilen tief ins Land, gehoͤren ganz und gar der hollaͤndiſchen oſtindiſchen Compagnie, und ſte - hen unter einem Gouverneur derſelben, obgleich das Land von den Cingaleſern bewohnet wird, welche nach geen - digtem Kriege Unterthanen der Compagnie wurden. Das Innere, Mittlere und Gebirgige der Inſel gehoͤrt dem Koͤnige oder Kaiſer zu Candy, welcher jetzt von allen Seiten ſo eingeſchloſſen iſt, daß er keinen Kaneel an fremde Nationen, auch nicht heimlich und durch Schleichhandel, verkaufen kann.

Candy, die Hauptſtadt des Kaiſers von Ceylonund der ganzen Inſel, liegt auf einer Hoͤhe faſt mitten im Lande. Nicht weit davon liegt ein ſehr hoher Berg, von dem eine noch hoͤhere Spitze emporſteigt. Dieſer Berg heißt der Adamsberg, und die Spitze Adamsſpitze( Adams-Piek), weil man glaubt, Adam, der erſte Menſch, liege da begraben. Die Ceyloner ſtellen Wall - fahrten dahin an, und geben vor, daß Adams Fuß - ſtapfen da noch in der Erde eingedruckt zu ſehen ſind.

Der Mohren, welche von den Kuͤſten des feſten Landes nach Ceylonkommen, ſind beſonders zu Colum -P 2228Vierte Abtheilung. Sechſter Abſchnitt. bo, wo ſie anſehnliche Handlung treiben, eine ziemlich große Anzahl. Sie ſind meiſtens lang von Statur, ſchwaͤrzer als die eingebornen Inſulaner und wohl gekleidet.

Die Portugieſen haben hier, wie anderwaͤrts, waͤh - rend ihres Hierſeyns ſowohl die chriſtliche Religion, als auch ihre Sprache einzufuͤhren geſucht. Die Hollaͤnder haben ſich ſeitdem ſie hieher gekommen ſind, bemuͤhet, das Chriſtenthum hier aufrecht zu erhalten. Zu dieſem Ende ſind von der Compagnie ſowohl Kirchen als Schu - len fuͤr die Eingebornen und Sklaven beybehalten, auch Geiſtliche zu ihrer Unterweiſung und zur Haltung des Gottesdienſtes beſtellt.

Kurz vor meiner Ankunft war von der daͤniſchen Miſſion zu Trankebarein lutheriſcher Geiſtlicher nach Ceylongekommen, um zu Columboeinige Predigten zu halten, beſonders aber ſeinen hieſigen Glaubensgenoſſen das heilige Abendmal zu reichen, weil dieſe hier weder Kirche, noch einen eignen Prediger haben. Gewoͤhn - lich macht alle Jahr ein ſolcher Geiſtlicher die Reiſe von Trankebarhieher, aus Eifer fuͤr ſeine Religion, und aus Liebe zu ſeinen Glaubensverwandten, die gleich - wohl ſeine Muͤhe und Beſchwerde nur ſehr maͤßig beloh - nen. Einige legen hier der gedachten daͤniſchen Miſſion großen Ruhm bey. Man hat mich verſichert, daß, wenn die Katholiken mit eben ſo viel Sanftmuth, Leut - ſeligkeit und chriſtlicher Liebe, als dieſe Miſſionaͤre thun, ohne Haabſucht, Herrſchbegierde, Uebermuth und Ge - walthaͤtigkeit, die Lehre Jeſu in Indienauszubreiten ge - ſucht haͤtten, der groͤßte Theil der zahlreichen Einwohner Aſiensjetzt Bekenner derſelben ſeyn wuͤrden.

229Religion, Sitten, Sprache ꝛc. der Ceyloner.

Die Heiden in Ceylonbeten, wie andere oͤſtliche Voͤlker Aſiens, vorzuͤglich den Abgott Budha oder Budſo an, deſſen Bild man nicht nur in ihrem Tempel, ſondern auch oft in ihren Haͤuſern antrifft. Sie nennen ihn Deani Budu Hamdrue, das heißt, Herr Gott Budu. In den Tempeln bringen ſie ihm allerley Opfer dar, wel - che zugleich die Einkuͤnfte der Prieſter ausmachen. Mit dieſen Opfern bezeichnen ſie oft ihre Beduͤrfniſſe und An - liegen. Wenn einer oder mehrere in einem Hauſe krank geworden ſind, ſo laſſen ſie duͤnne Silberbleche ſchmie - den, und daraus eine oder mehrere menſchliche Figuren im Kleinen bilden, die ſie dann auf den Altar des Budha legen. Hat jemand kranke Augen, ſo laſſen ſie ein Paar ſilberne Augen machen, und ſo weiter. Wenn ſie aber ſeine Huͤlfe im Allgemeinen anrufen, ſo laſſen ſie die Figur des oben erwaͤhnten heiligen Feigenbaums oder auch die Frucht des Nierenbaums (Anacardium), die ihrer Meinung nach dieſem Gotte beſonders angenehm ſind, von Silber verfertigen. Wenn die Prieſter eine Menge ſolcher Opfer zuſammen gebracht haben, ſo ſchmelzen ſie ſie wieder ein, oder verkaufen ſie nach dem Gewicht an die Goldſchmiede. Ich hatte Gelegenheit verſchiedene ſolcher Opferſtuͤcke zu Kauf zu bekommen, ſo wie auch einen kleinen, von purem Silber verfertigten Hausgott Budha, der das harte Schickſal hatte, von ſeinem Beſitzer an einen Europaͤer verpfaͤndet zu wer - den. Es traͤgt ſich bisweilen zu, daß die aͤußerſte Noth ſie dazu treibt, ein ſolches Goͤtterbild zu verpfaͤnden; allein ſobald ſie nur einigermaaßen dazu kommen koͤnnen, loͤſen ſie dergleichen Pfaͤnder richtig ein. Der Budha wird allezeit nach indiſcher Art, die Beine kreuzweiſe uͤberP 3230Vierte Abtheilung. Sechſter Abſchnitt. einander ſitzend, eine Hand oben auf dem Kopfe, oder auch wohl beyde Haͤnde gefalten vor dem Leibe haltend, und mit langen, bis auf die Schultern reichenden Oh - ren abgebildet. In den Tempeln traf ich dies Bild bald von Stein, bald von Holz, und zwar von verſchiedner Groͤße an.

Die Mohren betragen ſich in den hieſigen Moſcheen ſehr ſittſam und anſtaͤndig. Mit aͤußerſter Ehrerbietung verrichten ſie ihr Gebet; waͤhrend dem Beten drehen ſie nicht einmal den Kopf im Geringſten zur Seite, ge - ſchweige daß ſie mit einander ſprechen ſollten.

Zu Columbohat die Compagnie eine eigne Drucke - rey, in welcher verſchiedene, meiſtens auf die chriſtliche Religion Bezug habende Buͤcher gedruckt ſind. Von dieſen verſchaffte ich mir einige, die ich hernach der Uni - verſitaͤtsbibliothek zu Upſalaeinverleibt habe, als: Kort Begryp der chriſtelyke Religie, in de Tamulſche Spraak, door Sigisbertus Abrahamß Bronsveld, Colombo1754, 8. (Kurzer Inbegriff der chriſtlichen Religion in ta - muliſcher Sprache). Tamulſch Kindercatechismus, door Sigisbert Abrahamß Bronsveld, Colombo1776, 8. (Tamuliſcher Kinderkatechismus). Evangelium Jeſu Chriſtivan Matthaeus, in de Mallabaarſe Taal, Colombo1741, 4. (Das Evangelium Matthaͤi in malabariſcher Sprache). Evangelium Jeſu Chriſtivan Matthaeus, Marcus, Lucas ende Johannes, ende de Handelingen der Apoſtelen in de Tamulſche Taal, Co - lombo1748, 4. (Die vier Evangeliſten und die Apo - ſtelgeſchichte in tamuliſcher Sprache). Die vier Evan - geliſten in cingaleſiſcher Sprache, in 4., bekam ich ohne Titelblatt. Zeſtien Predikatien in de Tamulſche Taal,231Religion, Sitten, Sprache ꝛc. der Ceylonerdoor Philippus de Vrieſt, Colombo1747, 4. (Sech - zehn Predigten in tamuliſcher Sprache). Auch bekam ich hier Grammatica af. Singaleeſche Taal-Konſt, door Johannes Ruell, Amſterdam1708, 4. (Gram - matik der cingaleſiſchen Sprache).

Das Baden in kaltem Waſſer, beſonders in der offnen See an einem Strande der vor Krokodillen ſicher iſt, iſt ſowohl unter den hieſigen Europaͤern, als auch vorzuͤglich unter den Indianern allgemein gebraͤuchlich. Wenn man am Nachmittage vor der Stadt ſpatzieren geht, ſieht man Schwarze und Weiße, Alte und Junge, Freye und Sklaven, weiblichen und maͤnnlichen Ge - ſchlechts, zu Hunderten im Waſſer plaͤtſchern. Hiedurch geben ſie dem Koͤrper die noͤthige Kuͤhle, und den durch die brennende Sonnenhitze geſchwaͤchten Fibern neue Staͤrke.

Man reiſet in Ceylonin Tragſeſſeln oder ſogenann - ten Palankinen. Ein Palankin iſt mehr offen, als ein japaniſcher Norimon, auch in einigen andern Stuͤcken davon unterſchieden, ob ſie gleich in den meiſten Ruͤck - ſichten einander aͤhnlich ſind. Die Bamboſtange, wo - ran er getragen wird, geht uͤber dem Dache oder der Decke her, und wird von mehreren Mohren, die unter - wegens einander abloͤſen, getragen. Man kann in einem ſolchen Tragſtuhle nach Belieben ſitzen und liegen. Er hat an allen vier Seiten Gardienen, damit man ſich gegen die Hitze der Sonne verwahren kann. Gewoͤhn - lich reiſet man mit ſechs oder zwoͤlf Traͤgern.

Die Vornehmen unter den Ceylonern, imgleichen die Hofleute zu Candy, und die Kaiſerlichen Abgeſand - ten an die Hollaͤnder, tragen lange goldne Ketten umP 4232Vierte Abtheilung. Sechſter Abſchnitt. den Hals, die bis auf die Bruſt, und wohl gar bis auf den Unterleib herabhangen. Dergleichen hatten unter andern die Abgeſandten, welche zu meiner Zeit nach Columbokamen. Auch giebt der Koͤnig dergleichen als ein Ehrengeſchenk dem hollaͤndiſchen Ambaſſadeur und deſſen Secretair, wenn ſie zu Candyankommen. Dieſe Ketten beſtehen nicht aus Gliedern, ſondern aus run - den Kugeln, die inwendig hohl, uͤberall durchbrochen, und wie die feine Drathfaͤdenarbeit der europaͤiſchen Gold - und Silberarbeiter, von Golddrath geflochten ſind. Die Kugeln werden, wenn eine Kette daraus gemacht werden ſoll, entweder auf eine ſeidne Schnur oder auf Golddrath, ſo lang als man die Kette haben will, an einander gereihet. Eine ſolche Kette iſt ſehr leicht und wohl gearbeitet, und ſieht ſehr ſchoͤn aus; kommt aber wegen ihres geringen Gewichts nicht viel hoͤher als zwan - zig, dreyßig bis vierzig Pagoden, die Pagode zu einem Dukaten gerechnet, zu ſtehen.

Die Kleidung der in Ceylonſich aufhaltenden Mohren ſieht beynahe wie ein weiter Damenanzug aus, iſt gewoͤhnlich von weißem Cattun, ſehr weit, und um den Leib in Falten zuſammengelegt, und mitten uͤber den Leib mit einem Guͤrtel von weißem bauwollenen Zeuge, der an der rechten Seite geknuͤpft wird, zu - ſammengebunden. Auf dem Kopfe tragen ſie einen Turban. Die Ohren ſchmuͤcken ſie gewoͤhnlich mit langen goldnen Ohrgehaͤngen, die auf verſchiedne Art gearbeitet ſind. Einige ſind ſchlicht, andre gewunden; in andre ſind rothe, blaue oder gruͤne Edelſteine gefaßt; einige ſind ſehr groß, zum Theil einen Finger lang, andre hingegen klein. Bisweilen tragen ſie in jedem Ohre ein ſolches Gehaͤnge, bisweilen ihrer mehrere, bisweilen fuͤnf bis ſechs, ſo daß durch die Schwere der -233Religion, Sitten, Sprache ꝛc. der Ceyloner. ſelben das Loch im Ohre und der Ohrlappen gar ſehr verlaͤngert wird, und das Ohr wohl bis auf die Schul - ter herabreicht. Viele laſſen in dieſe Ohrringe, eine kleine runde, mit kleinen rundlichen Erhabenheiten be - ſetzte Frucht faſſen, die der Sage nach, auf einem hei - ligen Berge im Lande Kaſchiwaͤchſt. Die Frucht heißt Uteratie, und iſt gemeiniglich ſo groß, wie eine kleine Erbſe, manchmal aber auch wohl wie eine Flintenku - gel. Einige glauben in den Loͤchern und Falten der - ſelben gleichſam ſieben menſchliche Geſichte zu ſehen; alsdenn iſt ſie von hohem Werth, und wird von den Vornehmen und Reichen mit zweyhundert Thalern be - zahlt. Sobald die Kinder drey Jahr alt ſind, wird ihnen ein kleiner Ohrring zum Schmuck gegeben. Ei - gentlich ſind es nur die Reichen, welche viele Gehaͤnge in den Ohren tragen, ſo, daß man aus der Beſchaf - fenheit, Groͤße und Menge der Ringe auf den groͤſſern oder geringern Reichthum derſelben ſchlieſſen kann.

Unter den mancherley Arten Kattun und Sitſe, die aus Malabarund Coromandelhieher kommen, ſchienen mir die von Suratteund Bengalen, und na - mentlich die letztern, die allerſchoͤnſten zu ſeyn. Von Tutucorinſah ich auch ſolche, die nicht gedruckt, ſon - dern worauf die Blumen, wie auf Tapeten, mit dem Pinſel gemahlt waren. Es iſt unglaublich, zu welcher Feinheit die Baumwolle auf den indiſchen Kuͤſten ge - ſponnen wird. Ich hatte Gelegenheit, baumwollene Zeuge zu ſehen, die ſo fein waren, daß ich ein halbes Dutzend Hemden davon in eine Hand ganz von allen Seiten zuſammen faſſen konnte.

Auf Ceylongiebt es, ſo wie in ganz Indieneine Menge giftiger Thiere, Saͤfte und Fruͤchte. Dage - gen ſind die Einwohner auch mit ſogenannten Gegen -P 5234Vierte Abtheilung. Sechſter Abſchnitt. giften reichlich verſehen. Dahin gehoͤrt das Schlan - genholz (Lignum colubrinum), die Schlangenwurzel (Ophiorrhiza) und die Mungobohne (Phaſeolus Mungo). Die Mohren rechnen auch das Rhinoceros - horn dazu. Beſonders muß ich hier von den Schlan - genſteinen etwas ſagen. Man hatte mir von ihrer Wirkung gegen den Schlangenbiß ſo viel geruͤhmt, daß es mir ſehr wichtig war, mich bey den Malabaren ge - nau darnach zu erkundigen, und auch die Zubereitung und Verfertigung derſelben zu erfahren. Man brachte mir oft ſolche Steine, hielt ſie aber lange in ziemlich ho - hem Preiſe. Als ich aber endlich keine mehr kaufen wollte, und andre Abnehmer auch ſelten waren, bekam ich ſie ſo wohlfeil, daß ich hernach zu Capmeinen Freunden das Stuͤck fuͤr einen Thaler uͤberlaſſen konnte. Der Stein iſt durch Kunſt gemacht, groß, und beynahe von der naͤmlichen Geſtalt als eine Bohne, obwohl Groͤße und Figur ſelten gleich ſind. Gemeiniglich iſt er ruͤndlich, oder ein wenig laͤnglich rund, mit ſtumpfen Kanten, auf der einen Seite faſt ganz platt, und auf der andern etwas erhoben. Er wird aus einer zu Aſche gebrannten Wurzel gemacht, welche mit einer gewiſſen Art Erde, die man bey Diufindet, vermiſcht, hierauf abermals gebrannt, ſodann zu einem Teige gemacht, und die - ſem die Figur, welche der Stein haben ſoll, gegeben, und zuletzt an der Luft getrocknet wird. Nicht alle ha - ben einerley Farbe; die, welche am meiſten gebrannt ſind, ſehen mehr hellgrau, die andern mehr dunkelgrau aus; gewoͤhnlich ſind ſie ſchwarz und grau gefleckt. In - wendig hat der Stein feine Loͤcher, oder Zwiſchenraͤume, die man aber doch nicht ſelten mit bloßen Augen ſehen kann. Zugleich iſt er ſo zerbrechlich, daß er in Stuͤk - ken faͤllt, wenn man ihn auf einen Stein fallen laͤßt. 235Religion, Sitten, Sprache ꝛc. der Ceyloner. Wenn man von einer Schlange gebiſſen wird, ſo legt man einen ſolchen Stein auf die Wunde, bindet ihn darauf feſt, und laͤßt ihn ſo lange liegen, bis alle Zwi - ſchenraͤume des Steins mit dem ausgezognen Gifte an - gefuͤllt ſind. Man ſagt, er falle dann von ſelbſt ab, wie ein Blutigel der ſich vollgeſogen hat; und wenn man ihn ſodann in ſuͤße Milch legt, glaubt man, daß das Gift wieder heraus ziehe, worauf man den Stein von neuem auf die Wunde legt, wenn man meint, daß noch Gift darin ſey. Fein geſchabt, und in Wein eingenommen, ſoll er bey hitzigen - und Faulfiebern große Heilkraͤfte aͤuſſern. Man erzaͤhlte mir, daß es auch falſche, nachgemachte Schlangenſteine gebe, die gar keine Arzeneykraft haben. Die Kennzeichen der aͤchten Schlangenſteine ſind: daß ſie am Gaumen, und, wenn man warm iſt, auch an der Stirn feſtkleben, und im Waſſer gelegt, nach Verlauf einer kurzen Zeit ver - ſchiedne kleine Waſſerblaſen aufſteigen laſſen.

Wie auf der Kuͤſte des feſten Landes von Oſtin - dien, ſo bedient man ſich auch auf der Inſel Ceylon, der Blaͤtter der Boraſſuspalme, bisweilen auch der vom Talpatbaume (um drauf zu ſchreiben, wie bereits er - waͤhnt) ſtatt Papiers. Die Indier machen naͤmlich nicht wie ihre oͤſtlicher wohnenden Nachbaren, ihr Pa - pier aus Baumrinde, ſondern ſchreiben auf Blaͤtter. Man legt die Blaͤtter jener beiden Arten Palmbaͤume zu dieſem Ende in Falten wie einen Faͤcher, und die hiedurch ſich bildenden Streife, beduͤrfen keiner wei - tern Bereitung, als daß ſie mit einem Meſſer von einander getrennt und an den Seiten gerade geſchnitten werden.

Auf dieſe Blaͤtter-Streife, ſchreibt man ſtatt der Feder, mit einem ſpitzigen eiſernen Griffel, mit welchem236Vierte Abtheilung. Sechſter Abſchnitt. die Buchſtaben eingeritzt oder eingegraben werden. Damit das Geſchriebne hernach deſto beſſer zu leſen ſey, werden pulveriſirte Kohlen, oder ſonſt etwas Schwarzes, daruͤber geſtrichen, ſo daß die Buchſtaben voͤllig wie in Kupfer geſtochen ausſehen. Die Spitze eines ſolchen Griffels iſt entweder in einen meſſingnen Stift einge - faßt, den man in einem hoͤlzernen Futteral traͤgt, und der bisweilen eine Viertelelle lang iſt; oder der ganze Griffel iſt von Eiſen und aus einem Stuͤcke, und zu - gleich mit einer Meſſerklinge verſehen, womit man die Blaͤtter ſchneiden kann, da denn ſowohl der Griffel als das Meſſer in einem gemeinſchaftlichen Stiel eingeſetzt ſind, worin man ſie umlegen und bey ſich tragen kann. Auf ſolche Streife von Blaͤttern werden alle Briefe, die Befehle der Fuͤrſten und dergleichen geſchrieben, und offen und unverſiegelt weggeſchickt. Wenn ein einzi - ger Streif nicht hinreicht, ſo legt man mehrere zuſam - men, und reihet ſie, vermittelſt eines an dem einen Ende hinein gemachten Lochs und einer hindurchgezog - nen Schnur, auf. Wenn ein Buch zum Gebrauche im Tempel, oder zu anderm Behuf gemacht werden ſoll, ſo ſucht man recht breite und ſchoͤne Streife von Talpatblaͤttern aus, auf welchen die Schrift ſehr ſchoͤn und genau eingeritzt, und auch verſchiedne Figuren zum Zierrath hinzugefuͤgt werden. Darauf werden die ſaͤmtlichen Streife mit zwey Loͤchern durchbohrt, auf eine ſchoͤne und kuͤnſtlich gemachte Schnur gereihet, und mit zwey hoͤlzernen Seitendeckeln ſtatt des Bandes verſehen, die hernach lackirt werden. Vermittelſt der Schnur werden die Blaͤtter dicht und eben zuſammen gehalten, und wenn man das Buch gebraucht, kann man ſie durch Ausziehung der Schnur nach Gefallen aus einander nehmen. Ein Buch dieſer Art, das,237Allerley andre Nachrichten von Ceylonꝛc. wie man mir geſagt hat, verſchiedne Gebete enthaͤlt, hatte ich, durch Graf RanzowsVermittelung, Gelegen - heit mir von einem ceylonſchen Prieſter zu verſchaffen.

Auf Erlernung der ceylonſchen und der malaba - riſchen Sprache einen Theil meiner koſtbaren Zeit zu verwenden, dazu war mein Aufenthalt in dieſem Lande zu kurz. Ich bemerkte indeſſen doch, daß dieſe bey - den Sprachen ſehr unterſchieden ſind, und von einan - der eben ſo ſehr abweichen, als die Sprache der Moh - ren von Beyden. Von der malabariſchen Sprache kann ich hier wenigſtens die Zahlwoͤrter mittheilen.

  • 1. Unnu, undu.
  • 2. Rendu, rindu.
  • 3. Mundu.
  • 4. Nalu.
  • 5. Anji, anju.
  • 6. Aru.
  • 7. Elu.
  • 8. Ettu, ittu.
  • 9. Ombedu.
  • 10. Pattu.
  • 11. Pattinendu.
  • 12. Pattirendu.
  • 13. Pattimundu.
  • 14. Pattinalu.
  • 15. Pattinanju.
  • 20. Iruedu.
  • 21. Iruedondu.
  • 30. Muppedu.
  • 40. Natpedu.
  • 50. Anbedu.
  • 60. Aruedu.
  • 70. Eluedu.
  • 80. Enbedu, aymbedu.
  • 90. Tonnuru, imbedu.
  • 100. Nuru, nur.
  • 101. Nutcondu.
  • 200. Irnur.
  • 300. Munur.
  • 1000. Ayrem, ayrim.
  • 10000. Patairim.

Da zu Columbomit der ganzen Kuͤſte des feſten Landes von Indienein ausgebreiteter Handel getrieben wird, und auch eine Menge Mohren des Handels we - gen ſich hier aufhalten, ſo war es mir leicht, verſchie - dene theils gangbare, theils ſeltene, indiſche Muͤnzen zu bekommen.

Unter den ceylonſchen Muͤnzen iſt eine, die in Anſehung ihrer Geſtalt etwas beſonders hat und, auf Ma - labarund Coromandelzugleich, gaͤng und gebe iſt. Der Kaiſer zu Candylaͤßt ſie ſchlagen; ſie iſt von verſchiedner238Vierte Abtheilung. Sechſter Abſchnitt. Groͤße und verſchiednem Werth, heißt aber durchgaͤn - gig Laryn. Sie beſteht aus einem gehaͤmmerten ſil - bernen Cylinder, der in der Mitte zuſammen gebogen, und an beyden Enden wie ein Haken gekruͤmmt iſt. Das obere Ende iſt mit einigen Buchſtaben, Sternen oder andern eingegrabnen Figuren bezeichnet. Eins von den Exemplaren, welche ich mir einwechſelte, ko - ſtete zehn, ein anderes, kleineres, neun hollaͤndiſche Stuͤ - ber, beyde ſind von feinem Silber.

In einigen Gegenden der Inſel wird[eine] Art Kupfergeld aus der Erde gegraben, das kleiner aber etwas dicker, als ein gewoͤhnlicher Pfennig, und mit einem Bilde nebſt malabariſchen Buchſtaben bepraͤgt iſt. Man glaubt, es ſey malabariſche Muͤnze, die ehedem hier gangbar geweſen. Unter den geringen und armen Leuten circuliren viele von den großen ſowohl als kleinen Pfennigen, welche die Compagnie ſchla - gen laͤßt, und zwar von derjenigen Gattung, die auf einer Seite das Wapen derſelben hat.

Im Handel und Wandel zwiſchen den Europaͤern und Indiern ſind goldne und ſilberne Rupien und Pa - goden die gebraͤuchlichſten Muͤnzſorten. Von den Rupien giebt es hier verſchiedene Sorten, die von meh - reren Fuͤrſten geſchlagen ſind; auch hat man halbe, und noch kleinere Stuͤcke davon: Pagoden, die man im oͤſtlichen Indienſelten antrifft, ſind hier ſehr all - gemein; es ſind faſt die einzigen Muͤnzen, die ein Bild haben. Das Gold, woraus ſie gepraͤgt wer - den, hat etwas Zuſatz von Kupfer. Sie halten faſt genau einen Dukaten, und gelten zwey Reichsthaler und einen Schilling hollaͤndiſch. Auf einer Seite ſind ſie erhoben, auf der andern etwas flach, ohngefaͤhr wie ein Bruſtkuchen geſtalltet. Auf der einen Seite239Allerley andre Nachrichten von Ceylonꝛc. ſieht man ein Bild, auf der andern, naͤmlich bey den - jenigen Stuͤcken, die am meiſten nach hollaͤndiſchen Comtoiren gehen, nur einige erhabne Punkte, bey denen aber die im Handel nach engliſchen Comtoiren gehen, einen Stern. Man muß ſich bey dieſen Pa - goden ſorgfaͤltig fuͤr Betrug in Acht nehmeu, denn ſie werden haͤufig verfaͤlſcht, und die Falſchen, welche ſtark vergoldet ſind, laſſen ſich nicht leicht anders als durch den Klang, von den aͤchten unterſcheiden. Pagoden mit der Figur eines Elephanten ſind unge - mein rar; ſie werden fuͤr ſehr alt ausgegeben, ſind groͤßer als die gewoͤhnlichen, und beſtehen aus feinem Golde. Die maſſulipatnamſchen Pagoden, welche von Coromandelhieher kommen, ſind auch mit drey Figuren bezeichnet; man hat ſie ganz, und auch, ſo - gar bis zu Achttheilen, getheilt; auch dieſe ſind von feinem Golde. Die mangalorſchen Pagoden ſind von zweyerley Art; die eine iſt alt, und hat auf der Ruͤckſeite Buchſta - ben; die andre curſirt noch jetzt, und hat einen Mond auf der Ruͤckſeite, auf der Hauptſeite aber zwey Bilder; es giebt ganze und halbe; ſie ſind ebenfalls von feinem Golde.

Die ſowohl hier, als auch auf den Kuͤſten Malabarund Coromondel gangbare Scheidemuͤnze, beſteht entweder aus ganz kleinen, goldnen und ſil - bernen Muͤnzen, die Fanum heißen, oder aus Ku - pferpfennigen von unterſchiedlicher Groͤße, die auf den von den Europaͤern errichteten Handelscontoiren geſchlagen ſind. Die Fanum ſind alle klein und duͤnn, die goldnen mit etwas Kupfer vermiſcht. Verſchiedne Fuͤrſten auf dem feſten Lande laſſen ſie ſchlagen. Sie ſind auf beyden Seiten mit verſchiednen Strichen und Punkten bezeichnet. Ihr Werth iſt ungleich, und richtet ſich nach Gehalt und Groͤße. Unter dem Kupfergelde ſind240Vierte Abtheilung. Sechſter Abſchnitt. ꝛc. verſchiedne, von den Hollaͤndern, Englaͤndern, Franzoſen und Daͤnen gepraͤgte Sorten, von ungleicher Groͤße, Dicke, Gepraͤge und Werth. Einige kleine ſilberne Muͤn - zen circuliren hier auch, die zu Madras, Pondicheryund Trankebargeſchlagen ſind. Dieſe alle ausfuͤhrlich zu beſchreiben, wuͤrde zu weitlaͤuftig ſeyn; vielleicht theile ich einmal in Zukunft dem Publicum eine eigne Be - ſchreibung der oſtindiſchen Muͤnzen mit. Von Mala - barwerden auch zwey Arten bleyernes Geld, das etwas groͤßer iſt, als das javaniſche, hieher gebracht; die eine Art hat ein rundes, die andre ein viereckigtes Loch in der Mitte. Von eben daher kommen auch zwey Kupfer-Muͤnzen Dudu und Baiſa genannt; die eine iſt groͤßer die andere kleiner, beyde aber ſind auf einer Seite mit der Figur eines Elephanten bezeichnet.

Fuͤnfte241

Fuͤnfte Abtheilung. Ruͤckreiſe nach Schweden, vom 28ſten Ja - nuar 1778 bis den 14ten Maͤrz 1779.

Erſter Abſchnitt. Reiſe von Ceylonnach Holland.

Am 28ſten Januar 1778 reiſete ich von Columboab. Ich nahm den Landweg nach Gale, und zwar in Geſellſchaft des Polizeyſecretairs Belling, welcher die Briefe dahin brachte, die mit den zur Ruͤckreiſe nach Europafertig liegenden Schiffen abgehen ſollten.

Der Hafen von Galewird durch die Feſtungs - werke der Stadt beſchuͤtzt. Er kruͤmmet ſich in eine Bucht, weshalb das Ein - und Auslaufen beſchwerlich iſt. Alle nach Europaund Indiengehende Schiffe, muͤſſen ihre letzte Ladung hier einnehmen, und von hier aus abſeegeln.

Am 6ſten Februar gieng ich nebſt mehreren Paſſa - gieren an Bord des Schiffes Loo, welches vom Capi - tain Cock, einem gebornen Norweger, gefuͤhrt wurde, unter Seegel. Die Ladung beſtand in ungefehr funf - zehn hundert Ballen Kaneel von der eignen Erndte der Compagnie, etwas Kaneel von Candy, einer Menge Ballen weißer baumwollner Zeuge von Suratteund Tutucorin, und Pfeffer von der malabariſchen Kuͤſte.

Thunbergs Reiſen. Zweyt. Band. zweyter Th. Q242Fuͤnfte Abtheilung. Erſter Abſchnitt.

Die Officiere hatten einige und dreißig Sklaven mitgenommen, die ſie hernach zu Capmit anſehnli - chem Gewinn verkauften. Dieſe[waren] alle vom maͤnn - lichen Geſchlechte, die meiſten von der Kuͤſte Malabar, und nur einige wenige Pampuſen mit krauſem Haar darunter. Ich als Arzt mußte genau unterſuchen, ob ſie auch alle die Pocken und Maſern gehabt hatten, und eben ſo ſorgfaͤltig mußte ich auch unterwegens acht haben, ob ſich etwa die eine oder andere dieſer beyden Krankheiten bey ihnen zeigte. Waͤre dies der Fall geweſen, ſo haͤtte das Schiff, bey der Ankunft am Cap, bey Robben - eylandvor Anker gehen, und foͤrmlich Quarantaine halten muͤſſen, ſo daß, vor Ablauf von 40 Tagen Nie - mand von uns haͤtte ans Land kommen duͤrfen. Man fuͤrchtet ſich nemlich am Capeben ſo ſehr vor Pocken und Maſern, als vor der Peſt; und gleichwohl macht man gar keine Anſtalten zur Einimpfung!

Unſre Fahrt gieng von Galeaus mit guͤnſtigem Winde von ſtatten; am 11ten Februar paſſirten wir den Aequator, und am 16ten Maͤrz den Wendezirkel des Steinbocks.

Als wir zwiſchen dem 30ſten und 35ſten Grade ſuͤdlicher Breite waren, hatten wir ſehr oft Donnerwet - ter mit Regen, Hagel oder Schnee, welcher jedoch ſo - gleich ſchmolz. Einmal ſahen wir waͤhrend eines Ge - witters an der Spitze des vorderſten Maſtes eine electri - ſche Flamme.

In dieſen Gegenden war es auch, wo verſchiedne Naͤchte nach einander mehrere lange Leuchtwuͤrmer oder Glanzaſſeln (Scolopendra electrica) auf das Verdeck her - unterfielen. Sie kamen immer von derſelben Seite als der Wind, und fielen auch auf eben der Seite nieder. Gewiß war es auch der Wind, der ſie herabwehete, und243Reiſe von Ceylonnach Holland. folglich kamen ſie keinesweges von den Seegeln, ſon - dern von den Maſten und Stangen. Wenn ſie zer - treten, oder ſonſt auf andre Art auf dem Verdecke zer - querſcht wurden, ſo ſah man allezeit ein phosphoriſches Feuer ſo weit ſich der zerdruͤckte Wurm erſtreckte. Merkmale von Fluͤgeln konnte man an dieſen Wuͤrmern nicht entdecken, ſondern ohne Zweifel kriechen ſie mit ihren vielen Fuͤßen an die Maſten hinauf, von wo ſie hernach, wenn der Wind ſtark wehet, herunterfallen.

Den 22ſten April zwiſchen 45 und 46 Grad Breite, nicht weit oſtwaͤrts vom Vorgebuͤrge der guten Hoffnung, ſahen wir Mittags einige wenige Minuten nach 12 Uhr einen auf der Oberflaͤche des Waſſers ſelbſt liegenden Regenbogen; der Wind wehete ſtark, und die Sonne hatte ihren hoͤchſten Stand am Himmel in Nordnord - weſten, und der Regenbogen war in Suͤdſuͤdoſten. Er fieng am Horizonte ſelbſt mit einem hellen Zirkelab - ſchnitte an, welcher ſich allmaͤlig mehr und mehr erhob und zugleich nach den Seiten ausbreitete, und ganz oben einen ſchmalen dunkelrothen Rand bekam. Von den beyden Enden des Bogens erſtreckten ſich zwey Ar - me, wie zwey Hoͤrner, die ſich einwaͤrts bogen, und Zweydrittheil ihrer Laͤnge weit, ſich zwiſchen der Erd - flaͤche und dem Schiffe ausdehnten, und mit ſehr ange - nehmen Farben, Roth, Gelb, Gruͤn und Purpur - blau, prangten. In dieſer Stellung blieb er eine halbe Viertelſtunde, worauf er in umgekehrter Ordnung allmaͤlig verſchwand. Auf der oͤſtlichen, oder linken Seite, ſah man einen andern Regenbogen, mit Farben in entgegenſtehender Folge; dieſer war daher weiter nichts als eine Wirkung der von jenem wirklichen Bo - gen zuruͤckgeworfenen Stralen; oberwaͤrts war er nicht ſehr hoch, ſtand aber doch hoͤher, als das Segment desQ 2244Fuͤnfte Abtheilung. Erſter Abſchnitt. erſteren an der Erdflaͤche. Nach einer Viertelſtunde erhob ſich zwar wieder ein aͤhnliches Segment, es dehnte ſich aber in keinen Regenbogen aus. Der Him - mel war dieſe ganze Zeit truͤbe, und mit wolkenartigen Stellen beſetzt, und man konnte mit Muͤhe gewahr werden, daß unten am Horizonte Regen fiel. Der - gleichen Regenbogen, die nur auf dem Meere und auf großen Seen entſtehen koͤnnen, ſind vielleicht nicht oft beobachtet.

Auf dieſer Seereiſe ſahen wir auch mehrmals waſſerziehende Wirbel (ſogenannte Waſſerhoſen), die verſchiedentlich geſtaltet in der Luft ſchwebten. Sie fiengen allezeit am untern Ende an zu verſchwinden. Wenn ſie ſich zeigten, hatten wir gewoͤhnlich zugleich Gewitterregenſchauer mit ſtarken Windſtoͤßen.

Endlich ließen ſich die Malataßvoͤgel, eine Art Pelikane (Pelecanus Sula) ſehen, und gaben uns die ſichere und frohe Hoffnung, daß wir bald Land erblicken wuͤrden. Dieſe Voͤgel ſind fuͤr die Seefahrer allezeit ein zu - verlaͤßiges Kennzeichen, daß ſie nicht weit von der afri - kaniſchen Kuͤſte ſind; oft ſieht man, wenn ſie zum Vor - ſchein kommen, oben vom Maſtkorbe aus bereits Land. Selten gehen ſie tiefer in die See hinein, als daß ſie gegen Abend wieder nach den Buchten zuruͤckkommen koͤnnen, wo ſie gewoͤhnlich die Naͤchte zubringen. Wir entdeckten auch ſogleich nachher Land. Da aber der Suͤdoſtwind uns ſehr heftig entgegen wehete, konnten wir die kapſche Reede nicht erreichen, ſondern kamen am Abend, mit Muͤhe und Noth, bey Robbeneylandvor Anker.

Bey dem ſtarken Winde und der dadurch verur - ſachten Kaͤlte, hatte ich das unbeſchreibliche Misver - gnuͤgen, verſchiedne von meinen Brodfruchtbaͤumen und anderen Gewaͤchſen, theils erfroren, theils durch245Reiſe von Ceylonnach Holland. das heftige Hin - und Herſchwanken des Schiffs umge - worfen und ruinirt zu ſehen.

Die meiſten Krankheiten, welche auf dieſer Reiſe vorkamen, waren veneriſche, die ſowohl Matroſen als Sklaven durch ein luͤderliches Leben auf Ceylonſich zu - gezogen hatten. Sie aͤußerten ſich mit den ſchrecklich - ſten Symptomen.

Am 27ſten April kamen wir endlich zu dem gewoͤhn - lichen Ankerplatze auf der Rhede bey Cap, wo bereits eilf Schiffe lagen. Sobald das Schiff durch Commiſ - ſarien aus der Stadt gehoͤrig viſitirt worden war, be - kamen wir Erlaubniß ans Land zu gehen.

Ich ließ mich daher ſogleich nach der Stadt ru - dern, und nahm meine Wohnung bey meinem vorma - ligen Wirthe, Herrn Fehrſen, in denſelben Zimmern, die ich ehedem drey Jahr bewohnt hatte.

Waͤhrend dieſe Zimmer fuͤr mich zurecht gemacht wurden, fand ich Gelegenheit eine botaniſche Bemer - kung zu machen, die mich in Verwunderung ſetzte. Im Vorzimmer ſtand ein meinem Wirthe gehoͤrender ſehr großer Kaſten, den ich bey meinem vorigen hieſigen Aufenthalte oft anſtatt eines Tiſches gebraucht hatte, um meine Kraͤuter, Zwiebeln und Saͤmereyen darauf zu legen. Im letzten Jahre hatte ich auf dieſem Kaſten die in den afrikaniſchen Wuͤſten wachſenden fleiſchigen Gewaͤchſe in Ordnung gebracht, um ſie nach Europazu ſchicken. Bey dieſer Arbeit war eines dieſer Gewaͤchſe, das aͤußerlich ganz vertrocknet ausſah, hin - ter den Kaſten gefallen. Als jetzt beym Reinmachen des Zimmers der Kaſten von der Wand gezogen wurde, fand man das dem Anſcheine nach vertrocknete Gewaͤchs dahinter liegen, das unterdeß einen Stengel von einer Viertelelle getrieben hatte, unerachtet es, als ich esQ 3246Fuͤnfte Abtheilung. Erſter Abſchnitt. vor viertehalb Jahren in den oͤden Sandebnen fand, nicht das geringſte Merkmal des Lebens zeigte, und her - nach in den drey verfloſſenen Jahren weder irgend Erde, noch die mindeſte Feuchtigkeit, außer der Kuͤhle des ſtei - nernen Fußbodens, gehabt hatte. Dies beweiſet, welch ein zaͤhes Leben die in den allerduͤrrſten Wuͤſteneyen wachſenden afrikaniſchen Gewaͤchſe haben, und wie lange ſie ohne Waſſer und Nahrung aushalten koͤnnen. Ich nahm dies Gewaͤchs hernach mit nach Europa, und fand, daß die, welche ich von dieſer Art vorher wegge - ſchickt hatte, im botaniſchen Garten zu AmſterdamZweige und Blaͤtter, aber bisher noch keine Blumen getrieben hatten, woraus ihr Geſchlecht und ihr Name zu beſtimmen geweſen waͤre.

Zu Capverſchaffte ein jetzt auf der Rhede liegen - des ſchwediſches Schiff mir das Vergnuͤgen, viele Freunde zu umarmen, die aus meinem Vaterlande ge - kommen waren, und mir außer vielen Briefen und Neuig - keiten auch die angenehme Nachricht brachten, daß ich in Profeſſor LinneesStelle, der ſeinem unſterblichen Vater im Amte nachgefolgt war, zum Demonſtrator der Botanik auf der Univerſitaͤt zu Upſalaernannt worden ſey.

In den drey Jahren meines Aufenthalts in In - dienhatte ſich die Capſtadtfaſt durchgehends durch den Anbau theils neuer, theils verbeſſerter Haͤuſer, die nicht ſelten zwey oder drey Stockwerke hoch waren, dermaaßen veraͤndert, daß ich ſie kaum wieder kannte.

Im letzten Sommer hatte der Suͤdoſtwind das ganze Land verheert. Er war ungewoͤhnlich heftig, und dabey die Duͤrre ſo groß geweſen, daß faſt im ganzen Lande allgemeine Klage uͤber Getreidemangel war. An den meiſten Orten hatte vor Duͤrre nichts247Reiſe von Ceylonnach Holland. wachſen koͤnnen; an einigen Orten hingegen, wo die Saat herrlich geſtanden hatte, unter andern jenſeit des hottentottiſchhollaͤndiſchen Gebirges, war ſo er - ſtaunlich viel Regen gefallen, daß das ſchon gemaͤhete Korn in den Haufen oder Femen verfault war, und das noch auf dem Halme ſtehende in den Aehren auszu - wachſen angefangen hatte. Dadurch war der Preis des Getreides in der Stadt zu ſo ungewoͤhnlich hohem Preiſe geſtiegen, daß eine ſogenannte Fracht Weizen, die vorher fuͤr zehn Reichsthaler verkauft ward, jetzt zwey und dreyßig galt.

Bey meiner jetzigen Anweſenheit allhier, lernte ich unter andern einen Englaͤnder, Namens Paterſon, kennen, der hieher gekommen war, um Saͤmereyen und lebendige Wurzeln, der dieſem Lande eignen und ſeltnen Gewaͤchſe, aus den innern Gegenden von Afrikazu ſammeln, und nach ſeinem Vaterlande zu ſchicken. Er ſagte mir, er reiſe auf Koſten eines Privatmannes, und beſaß einige botaniſche Kenntniſſe, eigentlich war er nur ein Gaͤrtner.

Die hollaͤndiſche Compagnie geſtattet jedem Offi - ciere auf ihren Schiffen einigen Handel zu treiben; ſie duͤrfen nemlich eine große Kiſte, fuͤnftehalb Fuß lang,[und] drittehalb Fuß breit, mit gewiſſen Waaren an - fuͤllen, welche hernach in oͤffentlicher Auction fuͤr ihre Rechnung verkauft werden. Die, welche ſich in Oſt - indiennoch nicht mit Waaren verſorgt, ſondern ihre Kiſten mit Tamarinden oder etwas anderm angefuͤllt hatten, kauften jetzt hier am Capgrobe Sitſe, und aͤhnliche nicht verbotne Sachen, um ſie mit nach Eu - ropazu nehmen. Feine Sitſe und Kattune, Spece - reyen und verſchiedne andre Waaren, womit die Com - pagnie ausſchließlich handelt, ſind den ParticuliersQ 4248Fuͤnfte Abtheilung. Erſter Abſchnitt. ganz verboten, und werden, wenn ſie damit han - deln, als Contrebande weggenommen.

Den 15ten May traten wir vom Capaus die Ruͤckreiſe nach Europaan. Wir ſeegelten in Geſell - ſchaft vier andrer hollaͤndiſcher Schiffe, und ſollten zu wechſelſeitiger Vertheidigung beyſammen bleiben. Ein daͤniſches Schiff, das mit uns zugleich auslief, kam uns bald vorbey, und verſchwand als ein weit beſſrer Segler in kurzer Zeit vor unſern Augen.

Die Matroſen hatten verſchiedne Baviane ge - kauft; die ſie mit nach Hollandnehmen wollten. Dieſe Thiere ſind von boͤſer Gemuͤthsart, ergrimmen leicht und beißen ſehr arg. Man muß ſie daher faſt ſtets ange - bunden halten. Wenn einmal einer loskam, war es hernach nicht leicht, ihn wieder zu fangen, weil ſie un - beſchreiblich behende an den Tauen hinaufkletterten, und ſich bis an die Spitze des hoͤchſten Maſtes fluͤchteten.

Bisher waren wir durch wiedrigen Wind in unſrer Fahrt ſehr aufgehalten worden, und hatten daher die afrikaniſche Kuͤſte noch immer im Geſichte; dazu kam jetzt noch ein ſo ſtarker Nebel, daß wir nicht um uns ſehen konnten. Am 26ſten May, geriethen wir da - durch, und namentlich das Commandeurſchiff, dem Lande ſo nahe, daß, als das Wetter anfieng ſich auf - zuklaͤren, wir ſchon ganz dicht an die Klippen getrie - ben waren. Haͤtten wir da zugleich Sturm aus Nordweſt bekommen, ſo waͤren wir gewiß unwieder - bringlich verloren geweſen; gluͤcklicherweiſe aber drehete ſich der Wind nach Norden, und brachte uns wieder ſee - waͤrts. Dieſe drohende Gefahr hatte offenbar unſer Com - mandeur Koelbier, auf dem Schiffe Kanaan, dadurch veranlaßt, daß er am Abend vorher nach dem Lande hingeſteuert hatte, anſtatt daß er haͤtte ſuchen ſollen,249Reiſe von Ceylonnach Holland. ſeewaͤrts zu gehen, um den Wind zu gewinnen; wir andern Schiffe waren verbunden ihm zu folgen. In der folgenden Nacht verloren wir das[Commandeurſchiff] ganz aus dem Geſichte, weshalb das Commando nun - mehr unſerm Capitain Kockuͤbertragen wurde. Den Morgen darauf bekamen wir es wieder zu ſehen, nach zwey Tagen aber wurde es uns abermals unſichtbar. Nach ei - nigen Tagen kamen wir ihm ſehr nahe, indem es wegen widrigen Windes, da es ſich zu ſehr nach dem Lande ge - halten hatte, jetzt die Flotte nicht erreichen konnte. Demungeachtet war am folgenden Tag wieder nichts von ihm zu ſehen, obgleich die Nacht uͤber wenig Wind geweſen war. Hieraus ergab ſich nun ganz klar, daß der Commandeur gar nicht geſonnen war, bey ſei - ner Flotte zu bleiben, ſondern im Gegentheil ſich davon zu trennen ſuchte, allem Anſchein nach, um ſeine Zuhauſe - reiſe deſtomehr beſchleunigen zu koͤnnen. Bisher waren wir alſo, auſſer widrigem Winde und Windſtillen, durch des Commandeurs Winkelzuͤge doppelt und dreyfach aufgehalten worden.

Am 6ſten Junius bekamen wir endlich den Suͤd - oſtpaſſatwind, und am 12ten paſſirten wir den noͤrd - lichen Wendezirkel.

Einige Tage nachher ſahen wir auf dem Waſſer etwas herum treiben, das uns wie weiſſe Blumen vor - kam. Ich fiſchte einige davon auf, und fand, daß ſie nichts anders waren, als Enten - und Gaͤnſemuſcheln aus dem Geſchlechte der Meereicheln (Lepas anatifera und anſerifera), welche ſich mir ihrem loſen Stengel oder Stiel an Stuͤcke Bamborohr und Holz, zu Dutzen - den und mehr, feſtgeſetzt hatten, und jetzt auf dem Waſ - ſer ſchwammen. Wenn das Thier ſeine fuͤnf Schaalen oͤffnete, ſah es voͤllig wie eine aufgebrochne Blume aus.

Q 5250Fuͤnfte Abtheilung. Erſter Abſchnitt.

Am 24ſten Morgens entdeckten wir die den Eng - laͤndern zugehoͤrige Inſel St. Helena, deren Hafen durch ſtarke Batterien wohl befeſtigt iſt. Das Land iſt ſehr hoch und gebuͤrgig, und zeigt ſich ſchon in ſehr weiter Entfernung. Bey dem damaligen Kriege mit den Amerikanern verſammleten ſich hier allezeit die aus Oſt - indienzuruͤckkommenden engliſchen Schiffe, um her - nach in Geſchwadern oder ganzen Flotten weiter zu ſe - geln. Als wir vor der Rhede des Hafens, wo jetzt keine Schiffe lagen, gekommen waren, und von unſerm verlornen Commandeur nichts ſahen oder hoͤrten, wurde Schiffsrath gehalten und beſchloſſen, hier nicht weiter auf ihn zu warten, ſondern mit dem friſchen Winde, den wir jetzt hatten, unſern Weg fortzuſetzen. Der Strand an der Rhede ſoll ſo ſteil ſeyn, daß die Schiffe ganz dicht am Lande vor Anker liegen koͤnnen.

Am 30ſten kamen wir die Inſel Aſcenſionvorbey. Hier pflegen ſchwediſche und andere Oſtindienfahrer, auf der Ruͤckreiſe anzulegen und ſich namentlich mit Schild - kroͤten zu verſorgen; wer aber am Capvor Anker gewe - ſen iſt, ſegelt hier gewoͤhnlich voruͤber. Dieſe Inſel iſt gebuͤrgig, unfruchtbar, und ohne friſches Waſſer; die Oberflaͤche iſt mit Aſche bedeckt, welches ihren vulka - niſchen Urſprung hinlaͤnglich zu erkennen giebt.

In der Nacht vom 6ſten auf den 7ten Julius, waren wir den Aequator paſſirt, und wurden deswe - gen heute Mittags von den beyden andern Schiffen mit eilf Kanononſchuͤſſen begruͤßt, die wir auf gleiche Art beantworteten.

Am 24ſten paſſirten wir die Sonne. Von allem, was ſenkrecht auf das Verdeck geſtellt wurde, war gar kein Schatten auf irgend einer Seite zu bemerken. Bisher hatten wir die Mittagsſonne auf der Nordſeite251Reiſe von Ceylonnach Holland. gehabt; jetzt ſtand ſie gerade uͤber uns, und hernach ſahen wir ſie in Suͤden, und je weiter wir fortſegelten, deſto geringer war ihre Hoͤhe uͤberm Horizonte.

Am 29ſten kamen die Capitaine der beiden andern Schiffe zu uns an Bord, um die verſiegelten Briefe zu eroͤffnen, welche ausweiſen ſollten, ob die Schiffe durch den Kanal ſegeln, oder, wie in Kriegs-Zeiten zu geſchehen pflegt, um Irlandund Schottlandher - umgehen ſollten.

Wir kamen nunmehr in diejenige Gegend des Oceans, die von Sargazo oder ſchwimmendem Tang (Fucus natans) faſt ganz bedeckt iſt Dies Seegewaͤchs fließet auf der Oberflaͤche des Meers in unglaublicher Menge, bisweilen breitet es ſich bey ſtillem Wetter uͤber daſſelbe ſo aus, daß man durch eine Wieſe zu ſegeln glaubt, bisweilen bildet es gleichſam große Inſeln; bisweilen aber, beſonders bey etwas ſtarkem Winde, ver - theilt es ſich mehr. Dieſer Tang ſchien deutlich zu beweiſen, daß er auf dem Waſſer fließend waͤchſt und an den Enden neue Schoͤßlinge treibt, die allmaͤhlig groͤßer werden. Zwiſchen dem Tang fand ich verſchiedne kleine Thiere, die da ihren Aufenthalt hatten, und ihre Nahrung ſuchten, die haͤufigſten darunter wa - ren Seegraskriecher (Scyllaea pelagica) Seekrabben (Cancer minutus) von verſchiedner Groͤße; und See - kroͤten (Lophius Hiſtrio). Dieſe letzteren werden von den Hollaͤndern Kronfiſche genannt, und wenn ſie von einiger Groͤße ſind, ſehr geſchaͤtzt. Sie ſind ſehr bunt und ſchoͤn. Ich vewahrte einige davon in Weingeiſt; die meiſten waren ganz klein ſelten bekommt man ſie einen Finger lang oder groͤſſer. Die loſen Strahlen, welche ſie auf dem Kopfe und Ruͤcken haben, und die wie eine Krone ausſehen, haben zu jener Benennung252Fuͤnfte Abtheilung. Erſter Abſchnitt. Anlaß gegeben. Man bringt ſie ſelten lebendig nach Holland, wenn es aber gluͤckt, und ſie einigermaßen groß ſind, kann man das Stuͤck fuͤr zehn Ducaten verkaufen.

Am 12ten September lotheten wir ſchon Grund und ſalutirten (zum Gluͤckwunſch, daß wir uns wie - derum in der Nachbarſchaft unſers vaterlaͤndiſchen Welt - theils befanden), die andern Schiffe mit eilf Kanonen - ſchuͤſſen, die von ihnen beantwortet wurden.

Am 16ten bekamen wir die engliſche Kuͤſte bey Cap Lizardzu Geſicht. Wir lavirten hier ganze vier und zwanzig Stunden, bis wir die hollaͤndiſchen Kriegs - ſchiffe gewahr wurden, die den von Oſtindienan - kommenden reich beladenen Kauffahrteyſchiffen entge - gen geſchickt waren, und ſie ſicher nach Hauſe begleiten ſollten. Das erſte Zeichen wurde von uns mit vier Ka - nonenſchuͤſſen, unter wechſelsweiſem Aufziehen und Niederlaſſen des Wimpels, gegeben, worauf das Kriegesſchiff mit Aufziehen und Streichen des Wim - pels nebſt fuͤnf Kanonenſchuͤſſen, antwortete. Sobald die Schiffe etwas naͤher gekommen waren, wurden vom Kriegsſchiffe ein Lieutenant und ein Schreiber abge - ſchickt, um unſer Schiff zu viſitiren, ob auch verbo - tene Waaren darauf befindlich waͤren. Die Viſitation gieng indeſſen nur in des Capitains Zimmer unter deſ - ſen Weinflaſchen vor ſich.

Am andern Tage darauf verfuͤgten die Capitaine der drey Schiffe ſich nach dem Kriegsſchiffe, um da - ſelbſt einen verſiegelten Brief von dem einen Schiffe, welches von Chinakam, zu eroͤfnen, woraus man nun erſt jetzt erfuhr, daß die Ladung nach Amſterdambeſtimmt war.

253Reiſe von Ceylonnach Holland.

Jetzt bekamen wir auch die Nachricht, daß unſer Commandeur Koelbiermit ſeinem Schiffe vor zwey Ta - gen angekommen und voraus geſegelt war.

Den 28ſten fuhren wir, bey guͤnſtigem Winde und unter Bedeckung des einen Kriegsſchiffes, Doverund Calaisvorbey. Aber gegen Abend ungefehr um 10 Uhr entſtand ploͤtzlich ein heftiger Sturm, der uns ge - gen das Land trieb, unſre Segel zerriß und den Ober - theil der Maſten herunterſtuͤrzte; dabey ward das Schiff ſo gewaltſam hin und her geworfen, daß es unmoͤglich war, auf den Fuͤßen ſtehen zu bleiben. Wir waren den Brandungen ſo nahe, daß ſich jedermann fuͤr ver - loren hielt, und auch kein Matroſe mehr zur Rettung des Schiffs Hand anlegen wollte. Es war ſtok fin - ſter und zu noch groͤßerem Ungluͤck war auch die Mannſchaft ſchwach und ſo abgemattet, daß die Matroſen bey der Arbeit kraftlos von den Tauen herab - fielen, und andere auf dem Verdecke ſelbſt in Ohnmacht ſanken. Hieran war der ſchaͤndliche Geitz des Capitains und des Oberſteuermanns ſchuld. In der Hofnung, daß die Fahrt nicht ſo lange dauern wuͤrde, hatten ſie am Cap, auf eine ſehr unerlaubte Art, einen großen Theil des Fleiſches, Specks und anderes fuͤr die Mannſchaft be - ſtimmten Proviants verkauft und das Geld in ihre Ta - ſchen geſteckt. Die ganze Reiſe uͤber hatten ſich alſo die Leute groͤßtentheils mit Reis und Huͤlſenfruͤchten behelfen muͤſſen, und wenig nahrhafte Sachen be - kommen. Da nun die Reiſe ſich uͤberdem noch ſo in die Laͤnge zog, ſo kamen die Leute dabey immer mehr von Kraͤften und wurden ganz mißmuͤthig. Wirk - lich verklagten ſie auch den Capitain und den Oberſteuer - mann wegen dieſes Diebſtahls und beyde wurden fuͤr un -254Fuͤnfte Abtheilung. Erſter Abſchnitt. wuͤrdig erklaͤrt, je weiter zu dienen. Sobald es an - fing Tag zu werden, wurden wir gewahr, daß wir, ungefehr Oſtende gegenuͤber, zwiſchen die Duͤnen gera - then, und von unſern Gefaͤhrten ganz getrennt wa - ren. Da wir uns nun durch eine beſondere Vor - ſehung Gottes in der vorigen Nacht vom Untergange errettet fanden, faßte die Beſatzung neuen Muth, dem Schiffe auch jetzt aus ſeiner gefaͤhrlichen Lage zu helfen, welches dann, durch Beguͤnſtigung des Windes, auch ge - lang. Auſſer allem andern Schaden, hatte ich fuͤr meine Perſon bey dieſer Gelegenheit das Ungluͤck, meine Plantage von mehr als hundert jungen Brodfruchtbaͤu - men von beyden Arten, nebſt andern vorzuͤglich ſeltnen Gewaͤchſen, ganz umgeworfen und ruinirt zu ſehen.

Nach uͤberſtandner Gefahr kamen wir endlich am 29ſten im Texelan.

Am erſten October ſegelten wir zwiſchen Texelund Helderhinein, ſalutirten die Rhede und legten uns vor Anker. Froh dankten wir jetzt alle der goͤttlichen Vorſehung, und ich hatte mehr als irgend ein andrer Urſach dazu, da ich auf meiner ſiebenjaͤhrigen muͤhvol - len und oft gefaͤhrlichen Reiſe den maͤchtigen Schutz derſelben in ſo reichem Maaße erfahren hatte.

Nach einigen Tagen kam der Directeur Beau - montan Bord, in deſſen Gegenwart alle unſere Coffer, Kaſten und andre Sachen viſitirt und die Mannſchaft, auſſer etwa ſechszig Mann, die zum Ausladen des Schiffs gebraucht werden ſollten, verabſchiedet wurde.

Auf dieſer Reiſe hatten wir einen Mann am Bord gehabt, deſſen ſeltſames, ungluͤckliches Schickſal hier be - ſondere Erwaͤhnung verdient. Er hieß Bergacker, und war als erſter Wundarzt auf einem vom Capitain Kleingefuͤhrten Schiffe angeſtellt geweſen, mit dieſem aber,255Reiſe von Ceylonnach Holland. noch vor der Abreiſe aus Europa, ich weiß nicht wo - durch, in Uneinigkeit gerathen. Dafuͤr raͤchte ſich nun der Capitain an ihm auf die unverantwortlichſte und nie - dertraͤchtigſte Art. Zuerſt that er ihm, waͤhrend daß das Schiff vor der Abfahrt im Texelauf der Rede lag, allen nur moͤglichen Verdruß an, und geſtattete ſo gar den Schiffsjungen ihren Spott mit ihm zu treiben. Endlich, nachdem der Direktor das Schiff gemuſtert hatte und es nun im Begrif war abzuſegeln, bat er ſich von demſelben, an BergackersStelle, einen andern Chirurgus aus. Man ſchickt ihm einen, allein anſtatt Bergackernnun dagegen an Land zu ſetzen, nimmt er jenen als dienſtthuenden Wundarzt, Bergackernaber als Arreſtanten mit und erlaubt ihm die ganze[Reiſe] uͤber nicht Einmahl auf das Verdeck zu kommen, um fri - ſche Luft zu ſchoͤpfen! Ja hieran noch nicht genug laͤßt er unterwegens von einigen Officieren des Schiffs, die ſeine Creaturen waren, eine Schrift unterzeichnen, worin ſie bezeugen, daß Bergackervoͤllig unklug ſey. Unter dieſem Vorwand wird er nun, bey der Ankunft des Schiffes am Cap, ſogleich in ſichre Verwahrung ge - bracht und erhaͤlt weder die[Erlaubniß] auszugehen noch Mittel ſich uͤber die erlittene Behandlung zu beklagen. Endlich, als das Schiff mit welchem ich vom Capzuruͤck gieng, ſegelfertig lag, ward der arme Bergacker, als ein Arreſtant der mit nach Europagenommen werden ſollte, an uns abgeliefert. Er hatte alſo die Hin - und die Ruͤckreiſe, desgleichen ſeinen Aufenthalt am Cap, ohne Urtheil und Recht, als ein Gefangener zubringen muͤſſen, und die ganze Zeit uͤber nicht einen Pfennig Geld bekommen! Er war ein aͤltlicher, ernſthafter,256Fuͤnfte Abtheil. Erſter Abſchnitt, u. ſ. w. dem Anſchein nach grundehrlicher Mann, an dem ich, auf der ganzen Reiſe, nicht die geringſten Merkmale wahr - nahm, daß er noch itzt oder zuvor je wahnwitzig geweſen ſey. In Ruͤckſicht auf dieſe Beſchuldigung, geſchah ihm alſo unerhoͤrtes Unrecht. Man wird nicht begreifen koͤnnen, warum die Regierung am Capgar keine Notiz von dieſer Sache genommen, warum ſie den Unſchuldigen nicht in Freyheit geſetzt und den Boͤſewicht nicht zur ver - dienten Strafe gezogen habe? Aber leyder habe ich in den ſieben Jahren die ich im Dienſte der oſtindiſchen Com - pagnie geweſen bin, mehrere Beyſpiele von Gewaltthaͤ - tigkeit und eigenmaͤchtigem Verfahren deſpotiſcher, ſchlechtdenkender und brutaler Schiffscapitaine geſehen! Zu dieſen letzteren gehoͤrte der Schiffer Kleinin vorzuͤg - lichem Maaße; jeder bey dem ich mich nach ihm erkun - digte, ſprach von ihm mit groͤßter Verachtung nicht nur als von einem boshaften und ruchloſen, ſondern, was noch unbegreiflicher iſt, ſelbſt als von einem im See - dienſt ungeſchickten Manne!

Eine andere Merkwuͤrdigkeit, aber freylich von ge - ringerem Belange, die mir waͤhrend der Ruͤckreiſe vom Capin meinem Fache vorkam, war, daß ſich in der Blaſe eines Schweins, das wir von Columboleben - dig mitgenommen hatten, beym Schlachten ein kalk - artiger Stein fand. Er war von der Groͤße einer Flintenkugel, beynahe rund, allenthalben ſehr uneben und inwendig dicht, anfangs kaſtanienbraun, wurde aber, ſo wie er trocknete, allmaͤhlig bleicher.

Zweyter257Aufenthalt in HollandReiſe nach Schweden.

Zweyter Abſchnitt. Aufenthalt in Hollandund zu London, und Reiſe nach Schweden.

Ich begab mich nebſt andern Officieren auf einem ge - mietheten Fahrzeuge nach Amſterdam, wo mein theu - rer Freund, Profeſſor Burmann, mir Haus und Tiſch anbot.

Zu Amſterdambrachte ich meine Zeit damit zu, die daſigen Naturalienſammlungen zu beſehen, worun - ter die, welche der Kaufmann van der Meulenbeſitzt, beſonders in Ruͤckſicht auf Voͤgel und Inſekten, die an - ſehnlichſte war.

Darauf machte ich eine Reiſe nach der Gegend um Harlem, um meine drey Goͤnner, van der Poll, van der Deutzund ten Hovenzu beſuchen, und ihre Landguͤter, nebſt den ſchoͤnen Pflanzungen von aller - hand auslaͤndiſchen Baͤumen und Stauden zu beſehen, die ſie mit unglaublichen Koſten in den magerſten Sand - feldern dieſer Gegend haben anlegen laſſen. Nicht ohne beſondere Freude ſah ich hier verſchiedne afrika - niſche und japaniſche Gewaͤchſe, die bewieſen, daß die von mir bey Einſendung derſelben mit mancherley Gefah - ren angewandte Muͤhe nicht ganz vergeblich geweſen war. Ich hatte auch das ſehr große und belohnende Vergnuͤgen, daß dieſe Maͤnner mir ihre ganze Zufrie - denheit mit meinen Bemuͤhungen und ihr Wohlwollen auf die uneingeſchraͤnkteſte Art bezeugten. Ueberdem belohnten ſie mich auf eine großmuͤthige Weiſe. DiesR258Fuͤnfte Abtheilung. Zweyter Abſchnitt. that namentlich Herr ten Hovennach meiner Zuruͤck - kunft zu Amſterdamauf eine, wenigſtens der Form nach fuͤr mich ſehr uͤberraſchende Art. Er iſt ein Mann der mehr als hundert und funfzig tauſend hollaͤn - diſche Gulden jaͤhrlicher Einkuͤnfte hat, fand es aber doch nicht unter ſeiner Wuͤrde, zu Fuß und ohne Bedienten, einen Beſuch[bey] mir abzuſtatten, und mit eigner Hand mir ein Geſchenk von hundert und acht und zwanzig Dukaten zu uͤberreichen.

Mit Herrn Doctor Klochnerreiſete ich auch nach Harlem, um die vortreflichen Inſektenſammlungen der Herren Vriend, nebſt den Thieren, welche im Hauſe der harlemſchen Societaͤt der Wiſſenſchaften aufbewahrt werden, und die vorzuͤglichſten aus allen Klaſſen ſind, zu beſehen.

In den Obſtgaͤrten waren jetzt die Winterſchmet - terlinge (Phalaena brumata) in großer Menge. Man hindert ſie, ihre Eyer in die Blumenknoſpe zu legen, dadurch, daß man um den Stamm des Baums getheerte Birkenrinde gebunden hatte. Unſer ſchwediſcher Profeſ - ſor Bergmannhat bekanntlich dies Mittel erfunden, und es wurde hier allgemein geruͤhmt.

Unter andern Seltenheiten, die ich zu Amſterdambeſah, war auch eine ſehr gute Muͤnzſammlung des er - ſten Predigers bey der ſogenannten alten Kirche (Oude kerk). Ich hatte da das unerwartete Vergnuͤgen, zum erſten mal die ſogenannten goldenen Zodiakrupien, alle zwoͤlf beyſammen zu ſehen. In Indienhatte ich dieſe ſeltnen Muͤnzen weder beyſammen gefunden, noch ihrer zum Einwechſeln habhaft werden koͤnnen; und in Eu - ropafindet man die ganze Anzahl auch nur aͤußerſt ſelten. 259Aufenthalt in HollandReiſe nach Schweden. Der Prediger hatte ſie fuͤr dreyhundert hollaͤndiſche Gulden gekauft, und war ſo guͤtig, ſie mir auf mein inſtaͤndiges Bitten fuͤr ſiebenhundert Gulden abzuſte - hen. Dieſe Sammlung, nebſt dem Portrait Selims des Erſten, war vom Generalgouverneur Imhoffzu Bataviaeinem ſeiner Verwandten in Hollandgeſchenkt worden, der hernach genoͤthigt geweſen war, ſie zu verkaufen. Die Muͤnzen ſind von der Kaiſerin Nour Mahal, SelimsGemahlin, waͤhrend der Zeit von vier und zwanzig Stunden, da ſie mit deſſen Er - laubniß unumſchraͤnkt regierte, ſowohl von Gold als von Silber gepraͤgt. Da ſie nach dem Tode des Mo - narchen verboten, eingewechſelt und eingeſchmolzen wurden, ſo iſt es jetzt ſo ſehr ſelten, ſie vollzaͤhlig zu finden. Sie ſind auf der einen Seite jede mit einem der zwoͤlf himmliſchen Zeichen, auf der andern mit ei - ner perſiſchen oder arabiſchen Inſchrift bezeichnet.

Des Profeſſor Burmannusfreundſchaftliches Anerbieten: bey ihm zu wohnen, hatte ich zwar nicht angenommen, ich beſuchte ihn aber taͤglich und genoß dort ſo viel Wolthaten, daß ich ſtets das dankbarſte Andenken dafuͤr hegen werde; gleichen Antheil an meiner geruͤhrten Erinnerung muß ich hier, nach vierzehn Jah - ren, den mannigfaltigen Freundſchaftsbezeugungen und wuͤrklichen Dienſtleiſtungen wiederfahren laſſen, welche meine wackern Landsleute in Amſterdam, Herr Ge - neral Conful, Haſſelgren, Herr Floberg, (bey welchem ich mir eine Wohnung gemiethet hatte), imgleichen die Herren Faͤhraͤus, Swart, Lungeund andere mir zu erzeigen ſo guͤtig waren.

Da jetzt meine Verbindung mit der hollaͤndiſch oſtindiſchen Compagnie zu Ende war, und ich meine Beſoldung nebſt der gewoͤhnlichen Praͤmie bekommenR 2260Fuͤnfte Abtheilung. Zweyter Abſchnitt. hatte, entſchloß ich mich, eine Reiſe nach Englandvor - zunehmen, und einen Theil des Winters in Londonzuzubringen.

In dieſer Abſicht reiſete ich im November nach dem Haag, beſah die daſigen, dem Erbſtatthalter zu - gehoͤrenden koſtbaren Sammlungen von Naturalien und Kunſtſachen, beſuchte Herrn Lyonetsausgeſuchtes Konchylienkabinet, reiſete von da nach Rotterdamund weiter nach Helvoetsluis.

An dem letzteren Orte hinderte mich wiedriger Wind verſchiedne Tage lang an der Ueberfahrt; und als ich endlich in Geſellſchaft mehrerer Paſſagiere mit dem engliſchen Paketboote abſegelte, entſtand ein ſo heftiger Sturm und zuletzt contrairer Wind, der uns weit von unſerm Wege abtrieb. Am 14ten December langte ich endlich in Londonan.

Hier hatte mein guter Freund und ehemaliger Univerſitaͤtsgenoſſe, Herr Dryander, fuͤr mich eine Wohnung beſtellt. Ich ſuchte ihn ſogleich in Herrn BanksHauſe auf, wurde von Herrn Doctor Solan - derauf die hoͤflichſte Art aufgenommen, und durch ihn Herrn Banksvorgeſtellt, und in deſſen Naturalienka - binet gefuͤhrt.

Herr Banksempfieng mich uͤberaus guͤtig, und fuhr waͤhrend meines Aufenthalts in Londonin gleicher Art gegen mich fort. Er verſtattete mir, welches der hoͤchſte Zweck meiner Wuͤnſche war, freyen Zutritt zu ſeinen unvergleichlichen Sammlungen, beſonders aus dem Pflanzenreiche, eine Sammlung, die aus allen Ge - genden des Erdkreiſes zuſammengebracht iſt. Ich brachte ſeitdem alle Vormittage in ſeinem Hauſe zu, und vermehrte, indem ich ſein Herbarium ſtudirte, meine Kenntniſſe in meinem Lieblingsfache. Und da261Aufenthalt in HollandReiſe nach Schweden. zugleich in dieſem Saale, wie in einer Academie der Naturgeſchichte, taͤglich eine Menge gelehrter Maͤn - ner ſich verſammelte, ſo hatte ich dadurch auch Gele - genheit, verſchiedene ehrenvolle und nuͤtzliche Bekannt - ſchaften zu machen.

In der kurzen Zeit meines hieſigen Aufenthalts beſah ich uͤbrigens alles was London, beſonders im naturhiſtoriſchen Fache, merkwuͤrdiges hat, als das brittiſche Muſeum, Lewers Muſeum und dergleichen. Jenes erſtere iſt ſehr weitlaͤuftig und groß, und hat Sammlungen von ſehr vielen Arten, als: Buͤcher, Handſchriften, Antiquitaͤten, Muͤnzen, Kleidungs - ſtuͤcke und Hausgeraͤth, entfernter Voͤlker und ſo wei - ter. Beſonders freuete es mich, KaͤmpfersHandſchrif - ten, Zeichnungen und Kraͤuterſammlung hier zu fin - den; ſie waren jetzt beynahe hundert Jahr alt; nach KaͤmpfersTode waren ſie vom Ritter Sloanegekauft worden.

Auch ſtellte ich verſchiedne Reiſen in der Naͤhe von Londonan, um den ſchoͤnen und an Gewaͤchſen ſehr reichen Garten zu Kew, woruͤber Herr Aitondie Aufſicht hatte; Herrn LeesGarten, der beſonders ei - nen großen Vorrath von Baͤumen und Stauden hat, Doctor FothergillsGarten, Chelſea und dergleichen mehr zu beſehen. Bey Herrn Leebeſah ich zugleich die vortrefliche Inſektenſammlung ſeiner Tochter, welche ſeit einiger Zeit mit den vorzuͤglich ſchoͤnen Inſecten von der bengaliſchen Kuͤſte vermehrt war, die Frau Monſondaſelbſt geſammelt, und Mis Leeim Teſtamente ver - macht hatte.

Der aͤltere Forſter, welchem ich auch meinen Be - ſuch machte, nahm mich mit vieler Freundſchaft auf, undR 3262Fuͤnfte Abtheilung. Zweyter Abſchnitt. verſchafte mir nicht nur das Vergnuͤgen, die von ihm auf ſeiner Reiſe im Suͤdmeere, geſammelten Gewaͤchſe, und Konchylien zu beſehen, ſondern ſchenkte mir auch eine ganze Collection, und verpflichtete mich dadurch zu ſteter Dankbarkeit.

Unter allen Beweiſen von Gewogenheit, womit Herr Banksmich uͤberhaͤufte, ſchaͤtzte ich den als einen der vorzuͤglichſten, daß er mir kurz vor meiner Abreiſe erlaubte, ſeine auf den Inſeln des ſuͤdlichen Oceans ge - machte Sammlung von Gewaͤchſen zu ſehen, die noch nicht unter ſeine uͤbrigen Kraͤuter gelegt waren, und welche er nicht jedem Fremden ſehen laͤßt; Doctor So - landerder, wie Herr Dryander, mir den Aufenthalt zu Londonnicht nur angenehm, ſondern auch nuͤtzlich zu machen ſuchte, war dabey ſo gefaͤllig, jedes Ge - ſchlecht mit mir beſonders durchzugehen.

Herrn BanksBibliothek iſt wohl, im Fache der Naturhiſtorie, die vollſtaͤndigſte, die es giebt. Sie iſt in einem eignen großen Zimmer vor dem Saale, der die Sammlungen enthaͤlt, aufgeſtellt; hiedurch hat man ganz unvergleichliche Gelegenheit, bey Unter - ſuchung eines Gegenſtandes ſogleich auf der Stelle je - den Schriftſteller, den man will, nachzuſchlagen und ſich bey ihm Raths zu erhohlen.

Den 30ſten Januar 1778 reiſete ich in Geſell - ſchaft des damaligen Capitains, jetzigen Oberſten, Cronſtedt, der ohnlaͤngſt aus Nordamerikazuruͤckgekom - men war, von Englandab. Wir nahmen unſern Weg durch Hollandund Deutſchlandnach Yſtadund Lund. Von Harwichfuhren wir uͤber den Kanal nach263Aufenthalt in HollandReiſe nach Schweden. Helvoet, und reiſeten weiter nach Amſterdam, wo wir uns aber nur einige wenige Tage aufhielten.

Den 16ten ſetzten wir die Reiſe ferner nach Groͤningen; den 22ſten nach Bremen; den 24ſten nach Hamburg, und ſo weiter uͤber Luͤbeck, Wismarund Roſtocknach Stralſundfort, wo wir den 2ten Maͤrz ankamen.

Waͤhrend wir zu Stralſundauf den Abgang der Poſtjacht warten mußten, machten wir eine Reiſe nach Greifswald, um die dafige Univerſitaͤt kennen zu ler - nen, und giengen bald darauf nach Yſtadab. Den 14ten Februar langte ich in meinem Vaterlande, wo - nach ich mich ſo lange geſehnt hatte, endlich wieder an.

Druck -

Druckfehler.

Bey dem vom Aufenthalt des Ueberſetzers entfernten Druck - orte ſind in dieſem Werke folgende Druckfehler ſtehen geblieben, welche vorzuͤglich in den Namen fremder Pflanzen ꝛc. vorkom - men, und auf nachſtehende Art zu verbeſſern ſind. Erſter Band. Erſter Theil. pag. 15. Zeile 15. ſtatt Calmia lies Kalmia. 93. 14. loviren laviren. 135. 28. Capra doreas lies Capra Dorcas. 152. 29. Viscus capenfis Viscum capenſ[e]. 167. 7. ſchrapen lies ſchaben. 255. 3. geſpaltne lies gefaltete. 264. 15. geſpaltene gefaltete. Erſter Band. Zweyter Theil. pag. 98. Zeile 3. ſtatt Capra leucophaca lies Capra leucophaea. 112. 27. Die aͤchte Kaſtanie heißt Fagus Caſtanea und nicht Aeſculus Pavia, denn die Frucht der letztern wird keiner genießen koͤnnen. 124. 1. Fulices lies Fulicae. 168. 3. tygomaticum lies zygomaticum. 191. 26. Unicornum lies Unicornu. 246. 12. mais lies Mays. 258. 23. Nila lies Anil. Zweyter Band. Erſter Theil. pag. 41. Zeile 30. ſtatt virens lies ſempervirens. 123. 5. baſtatum lies haſtatum. 123. 26. Licium lies Lycium. Zweyten Bandes. Zweyter Theil. pag. 65. Zeile 29. ſtatt panium lies Panicum. 66. 7. Satirus ſativus. 66. 31. Punicum lies Punica. 67. 10. Mioya lies Mioga. 87. 21. Azedarach, Melia lies Melia Azedaraen 113. 18. ſirofa lies fcrofa. 114. 17. pyrrhyla lies Pyrrhula. 115. 2. Ophichthys lies Ophichthus. 115. 10. Fiſ[t]elaria lies Fiſtularia. 115. 30. Melve lies Meloe. 117. 16. Oniſius lies Oniſcus. 120. 1. cannena lies Canrena. 204. 12. melangena lies Melongen[a].

About this transcription

TextReise durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien, hauptsächlich in Japan, in den Jahren 1770 bis 1779
Author Carl Peter Thunberg
Extent563 images; 127137 tokens; 20548 types; 904479 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationReise durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien, hauptsächlich in Japan, in den Jahren 1770 bis 1779 Aus dem Schwedischen frey übersetzt von Christian Heinrich Groskurd Zweyter Band Carl Peter Thunberg. Christian Heinrich Groskurd (ed.) . [6] Bl., 263 S., IV Bl. Haude und SpenerBerlin1794.

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Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz SBB-PK, Pu 8358-2<a>http://stabikat.de/DB=1/SET=12/TTL=1/CMD?ACT=SRCHA&IKT=1016&SRT=YOP&TRM=595854818

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Fraktur

LanguageGerman
ClassificationFachtext; Geographie; Wissenschaft; Geographie; core; ready; china

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  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
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