PRIMS Full-text transcription (HTML)
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[I]
SPIELE ZUR UEBUNG UND ERHOLUNG DES KÖRPERS UND GEISTES, FÜR DIE JUGEND, IHRE ERZIEHER UND ALLE FREUNDE UNSCHULDIGER JUGENDFREUDEN.

Ihr könnt fröhlich ſeyn und ſcherzen; Doch verſcherzt die Unſchuld nicht.

Mit einem Titelkupfer und ſechzehn kleinen Riſſen.
SCHNEPFENTHAL,IMVERLAGE DER BUCHHANDLUNG DER ERZIEHUNGSANSTALT.1796.
[II][III]

Vorrede.

Erholung iſt dem Menſchen, beſonders im jugendlichen Alter, durchaus nothwen - dig. Wenn demnach die Jugend, deren Zahl allein in unſerm Vaterlande Millionen beträgt, täglich nur zwey Stunden ſpielt: ſo beträgt dieſs viele Millionen Stunden menſchlicher Exiſtenz. Sollte es denn da einer groſsen Nation wohl gleichgültig ſeyn, ob ein ſo beträchtlicher Theil der Zeit, ja was noch mehr ſagen will, der Bildungszeit, verlohren geht, oder ge - nutzt wird; ob man ihn zum leidigen Zeit - vertreibe, oder zur nöthigen Ausbildung der Kräfte; unſittlich, geſchmacklos, kurz ſchädlich, oder unſchuldig, anſtändig und nützlich verwendet? Dieſs iſt der ernſt -* 2IVhafte Geſichtspunckt, aus dem ich dieſs Buch zu betrachten bitte. Wahrlich ich wollte mit dieſen mühſam geſchriebenen Tändeleyen nicht tändeln.

Seit Tranquillus Suetonius, der ein, für uns verlornes, Buch über die Spiele der Griechen ſchrieb, ſind unglaublich viel Bücher über Spiele abgefaſst. Den - noch übergebe ich hier dem Publikum das meinige mit der Ueberzeugung, daſs es noch kein vollkommenes Spielbuch ſey; ob es aber für den beabſichtigten Gebrauch beſſer, ob es zweckmäſsiger, und ſyſtema - tiſcher als die bisherigen ſey, daran zwei - fle ich keinen Augenblick. Möchte doch jeder Schriftſteller, der davon nicht deutlich und mit Gründen überzeugt iſt, ſeine[Schrift] lieber zerreiſsen als drucken laſſen. Alle Bücher über Spiele zerfallen in zwey Claſſen; ſie ſind entweder philo - logiſch-hiſtoriſch, wie die ſchätzbaren klei - nen Werke des Meurſius, Bulengerus, Hy - de und kommen folglich hier gar nicht in Betracht; oder ſie ſind in praktiſcher Hin -V ſicht geſchrieben, um im geſellſchaftli - chen Kreiſe danach zu ſpielen. Ich ken - ne davon eine anſehnliche Menge, aber kein einziges, das mit gehöriger Auswahl, nach einem beſtimmten Zwecke, für be - ſtimmte Subjecte, mit geläutertem Ge - ſchmacke, und durchdachter Schätzung des Werths jedes einzelnen Spiels, nach ei - nem nur etwas gründlichen Syſteme ab - gefaſst wäre. Daher ſind alle dieſe Bücher auf gut Glück gleichſam zuſammen gewür - felt, theils entſetzlich ſchlecht, nicht nur geſchmacklos, ſondern oft pöbelhaft, un - ſittlich, voll Zweydeutigkeiten und Zoten. Sollte mans wohl glauben, daſs in einem kleinen, 1792 in Leipzig verlegten, ſehr be - liebten Buche Sachen abgedruckt wurden, die aus einer der elendeſten Schmierereyen, die 1757 in Frankfurt erſchien, entlehnt ſind? Spielformeln wie dieſe: Mit Gunſt ihr Meiſter und Geſellen, der Teufel iſt in der Höllen, der Meiſter giebt wenig Lohn und viel Knochen, mit Gunſt ihm ſey etc. oder wie in Dreiſsigs, des Zuſammenſchrei - bers, Machwerke, dem Angenehmen Ge -* 3VIsellschafter 1792: Auf einem meiner Bäume, den ich habe daheime, hab ich 2, 3 etc. Blätter, auf dem dritten Blatte war eine Schnecke, die hatte ein Haus zur Decke, die kroch unter 2, 3, Zweige, ſie wollte fitzen träuge, mit ihren zwey Hör - nern, kroch ſie auf zwey Dörnern, und da kamen behende, 2, 3, 4 Hände und nah - men die Schnecke, mit 5 Fingern hin - wecke.

In Paedagogischer Hinſicht iſt noch gar keine Sammlung von Spielen veran - ſtaltet. Hielt man Spiele für nichtswürdi - ge Poſſen, die der Zeit, der Mühe und des Papiers nicht werth ſind? Schämten ſich Gelehrte ſie zu beſchreiben? Ach wie viel Tauſend ſeicht - und tief-gelehrte Nichtswürdigkeiten hätte man dann unge - druckt laſſen müſſen! Bey Büchern iſt es nur Nebenſache, ob die Buchmanufactur im Gange bleibt oder nicht, ob Papier - müller, Buchhändler und Gelehrte dabey gewinnen oder nicht, ob ſie grundgelehrt ſind oder nicht, die Hauptfrage bleibt da -VII bey immer, und ſollten fie auch nur über die Stoppeln des Feldes geſchrieben ſeyn, können ſie merklichen Einfluſs auf die phyſiſche oder geiſtige Vervollkommnung des Menſchen haben? Wahrlich eine böſe Frage; man thue ſie an manches dick - leibiges, grundgelehrtes Werk, da er - ſcheints wie eine Seifenblaſe, die trefflich glänzt, ſich prächtig aufblähet und ohne Folgen bleibt.

Dieſs Buch enthält Spiele für die Ju - gend, aber es iſt nicht für die Jugend ge - ſchrieben, ſondern für ihre Eltern, Erzie - her und Freunde; daher nicht nur Be - ſchreibungen, ſondern auch Beurtheilun - gen der einzelnen Spiele; daher die Blicke auf das alte Griechenland als hiſtoriſche Erläuterungen und als angenehme Erinne - rungen an ein liebenswürdiges Volk; da - her der Ton, welcher mehr trocken be - ſchreibend als unterhaltend iſt. Ich hätte leicht einige Familien erdichten, ihre ver - gnügten Zuſammenkünſte ſchildern und ſo die Spiele einweben können; dem Tone* 4VIIImag dieſs gemäſs ſeyn; allein ich haſſe al - le Papierverſchwendung und ſchrieb nie, um Bogen zu füllen. Daher endlich die Einleitung, die, wie der erſte Blick lehrt, nicht für die Jugend beſtimmt iſt. Damit will ich jedoch nicht geſagt haben, daſs junge Leute die meiſten Spiele dieſer Sammlung nicht ſollten verſtehn und nach - ſpielen können; ich wollte mich nur be - ſtimmt erklären, für wen das Buch geſchrie - ben ſey. Spiele ſind Blumenbänder, durch welche man die Jugend an ſich feſſelt; da - her übergebe ich ſie lieber ihren Erziehern, als ihr ſelbſt. Was ſoll aber die Jugend machen, die ach es iſt wahrhaftig lei - der oft, ſehr oft der Fall! entweder kei - nen Erzieher, oder wenigſtens keinen für die Zeit hat, wo ſie nicht ſtudirt, deren Eltern entweder keine Zeit oder keine Luſt haben, ſich mit ihr zu beſchäfftigen? Ich bin bis jetzt noch unſchlüſſig, ob ich einſt ein leichtfaſsliches, wohlfeiles Spielbuch für dieſe ausarbeite und erwarte darüber erſt die Winke des Publikums.

IX

Von jedem Spiele findet man im vor - liegenden Buche eine möglichſt ge - naue und umſtändliche Beſchreibung, die bey den Bewegungsſpielen faſt ohne alle Ausnahme, bey den Sitzenden gröſsten - theils auf wirkliche Experimente gegrün - det iſt. Sollte ſie manchen bey dieſem und jenem Spiele zu umſtändlich ſchei - nen, ſo bitte ich zu bedenken, daſs man auch auf ſolche Leſer Rückſicht nehmen müſſe, die das nicht gleich finden, was ſich ſchon von ſelbſt verſteht, ſondern de - nen es erſt geſagt werden muſs; und daſs der Zweck des Buchs, der auf praktiſche Anwendung geht, umſtändliche Auseinan - derſetzung erforderte, weil ſich nach all - gemeinen Angaben gewöhnlich nichts aus - führen läſst. Man wird dem ungeachtet bey den etwas verwickeltern, namentlich bey den Ballſpielen, immer noch genug zu thun haben, ſie im jugendlichen Kreiſe bis zu der Geläufigkeit zu bringen, daſs ſie in ihrer angenehmen Geſtalt völlig her - vortreten. So lange man dieſe Geläufig - keit noch nicht erlangt hat, iſt jedes Spiel,* 5Xzumal jungen Perſonen ſehr widrig; man muſs daher kein Spiel nach den erſten Eindrücken beurtheilen, die es bey noch unvollkommener Rutine macht.

Die Beurtheilungen der einzelnen Spie - le ſind zwar nicht umſtändlich denn ich hatte eben ſo wenig Luſt, mehrere Bände zu ſchreiben, als meine Leſer haben, ſie zu leſen aber doch hinreichend, auf den Gehalt derſelben aufmerkſamer zu machen, als man bisher wohl geweſen iſt.

Alle, etwa drey ausgenommen, wel - che mir mitgetheilt wurden, ſind entwe - der aus eigener Erfahrung niedergeſchrie - ben, oder aus verſchiedenen deutſchen und fremden Gegenden, wozu meine La - ge ſehr günſtig war, zuſammengetragen, verſucht, beſchrieben, ergänzt und hin und wider verbeſſert. Es ſind 106, weil die beſtimmte Bogenzahl nicht mehr faſſen konnte und mich nöthigte, bey den Brett - ſpielen abzubrechen. Ich hoffe man wird damit zufrieden ſeyn, bezahlt man dochXI einzeln herausgekommene Spiele häufig mit 6, 12, 24 und mehr Groſchen.

Obgleich die Zahl ſchon ziemlich an - ſehnlich iſt und ob ich gleich ſelbſt noch einen ziemlichen Vorrath beſitze, ſo wäre es mir doch ſehr angenehm, wenn man mir aus nahen und fernen Gegenden Spie - le mittheilte; Alter und Geſchmack, - higkeiten und Kenntniſſe, häusliche Lage und Geſellſchaften der Jugend; der beſon - dere Geſchmack der Eltern und Erzieher, Tags - und Jahrszeiten, häusliche Umſtän - de u. ſ. w. machen eine groſse Zahl von Spielen nöthig. Ich werde daher Nachträ - ge liefern und mich bemühen, nach und nach eine Spielbibliothek zu Stande zu bringen, wie ſie noch keine Nation hat.

Die treffliche Ausführung meiner Idee im Basrelief des Titels verdanke ich der Meiſterhand unſers Rambergs und dem einſichtsvollen und treuen Künſtler Stöl - zel. Die Erziehung, in ſchöner weiblicher Geſtalt, an den Altar der Natur gelehnt,XII neben ihrer Rechten das Symbol der Bil - dung, in ihrer linken Hand das der Lei - tung, wacht über die Spiele der unſchuldi - gen Kleinen. Möchten doch Eltern dieſen einfachen Gedanken beherzigen. Schne - pfenthal bey Gotha, April 6. 1796.

[XIII]

Ueberſicht.

  • EinleitungSeite 1 46
  • Erſte Claſſe. Bewegungsſpiele. S. 50 284.
  • A Spiele des Beobachtungsgeiſtes und des ſinnlichen Beurtheilungsvermögens. 50-258
  • a Ballſpiele50-122.
  • 1. Das Ballonſpiel52.
  • 2. Das deutſche Ballſpiel57.
  • Dreyball72.
  • Freyball73.
  • 3. Ball mit Freyſtäten, das engl. Baſe-ball78.
  • 4. Das deutſch engliſche Ballſpiel84.
  • 5. Thorball oder das engl. Cricket85.
  • 6. Handball ein engl. Spiel. 96.
  • 7. Prellball103.
  • 8. Kreisball104.
  • 9, Treibball, oder das Geyerſpiel108.
  • 10. Schnurball113.
  • 11. Fangball114.
  • 12. Steht Alle! 116.
  • 13. Federball121.
  • b Scheibenſpiele122-139.
  • 14. Das Scheibenſpiel, le Palet122.
  • 15. Das Fuſsſcheibenſpiel, la Merelle126.
  • 16. Das Steinſpiel134.
  • c Kugelſpiele139-183.
  • 17. Das Kugelſchlagen oder Mail139.
  • 18. Das Schottiſche Mail oder Golf154.
  • 19. Das groſse Kugelſpiel; Jeu de Boules158.
  • 20. Das kleine Kugelſpiel161.
  • 21. Das Billard165.
  • Das befeſtigte Billard166.
  • Das Kegelbillard, Piroli175.
  • 22. Das Kugelwerfen, Ihs boſseln180.
  • d Kegelſpiele183-194.
  • 23. Das gewöhnliche deutſche Kegelſpiel183.
  • XIV
  • 24. Das Kegelwerfen. 187.
  • 25. Der Kegeltiſch191.
  • e Pfahl - Ring - und andere Spiele194-212.
  • 26. Das Pfahlſpiel oder der Kindaliſmus194.
  • 27. Das Ringrennen198.
  • 28. Das Ringwerfen200.
  • 29. Das Topfſchlagen201.
  • 30. Der Drache204.
  • 31. Das Klinkholz oder Kliſchſpiel209.
  • f Winterſpiele212-221.
  • 32. Schneeſpiele213.
  • 33. Eisſpiele217.
  • g Geſellſchaftsſpiele221-255.
  • 34. Blindekuh221.
  • Stille Blindekuh, Colin Maillard224.
  • 35. Jacob wo biſt du, oder die beyden Blinden226
  • 36. Marcus und Lucas229.
  • 37. Das böſe Ding, oder der Plumpſack etc. 230.
  • 38. Das Mattmachen232.
  • 39. Foppen und Fangen235.
  • 40. Die Jagd239.
  • Nachtſpiele243.
  • 41. Die Wächter und die Diebe247.
  • 42. Miau! 253.
  • 43. Die Jagd im Dunkeln254.
  • h Einſame Spiele255-258.
  • 44 Kreiſel und Reifentreiben255.
  • 45. Das Solo-Ballſpiel257.
  • B Spiele der Aufmerkſamkeit 258. Alle Ge - ſellſchaftsſpiele, bis280.
  • 46. Der ſchwarze Mann259.
  • 47. Das Plumpſack-Verſtecken262.
  • 48. Tag und Nacht264.
  • 49. Fuchs zu Loche266.
  • 50. Vögelverkaufen269.
  • 51. Der Bildhauer270.
  • 52. Das Verwechſeln der Plätze272.
  • 53. Das Kämmerchen vermiethen273.
  • 54. Wie gefällt dir dein Nachbar274.
  • 55. Der Laſtträger275.
  • 56. Das Drittenabſchlagen276.
  • 57. Die Glucke und der Geyer277.
  • XV
  • C Spiele der Phantaſie und des Witzes280.
  • 58. Das Handwerksſpiel281.
  • D Reine Körperſpiele283.
  • Zweyte Claſſe, ſitzende oder Ruheſpiele285
  • A Spiele des Beobachtungsgeiſtes und des ſinnlichen Beurtheilungsvermögens287 -309.
  • a Geſellſchaftsſpiele288-306.
  • 59. Wer wars, oder die warme Hand288.
  • 60. Der Gerichtshof oder das Amtmannsſpiel290.
  • Vexierſpiele293.
  • 61. Das Suchen der Pfeife295.
  • 62. Die Kelle296.
  • 63. Wer das nicht kann etc. 298.
  • 64. Das Augenräthſel299.
  • 65. Der Ringſucher300.
  • 66. Die Freunde oder der Wahrheitsſpiegel302.
  • 67. Das Federſpiel304.
  • b Einſame Spiele306.
  • 68. Das Bilboquet307.
  • 69. Das Bullenſpiel, Joujou308.
  • B Spiele der Aufmerkſamkeit309-334.
  • a Geſellſchaftsſpiele309-331.
  • 70 Der Rechenmeiſter309.
  • 71 Die Orthographiſche Lehrſtunde311.
  • 72. Kaufmann314.
  • 73. Das Advokatenſpiel und Parlament317.
  • 74. Die Reiſe nach Ieruſalem318.
  • 75. und 76. Das Tauben und Farbenſpiel322.
  • 77. Alle Vögel fliegen323.
  • 78. Der König iſt nicht zu Hauſe325.
  • 79. Das Commandirſpiel326.
  • 80. Nachſprecheſpiele328.
  • b Einſame Spiele331.
  • 81. Das Ringſpiel oder Nürnberger Tant331.
  • XVI
  • C Spiele des Gedächtniſſes334 -356. alle Geſellſchaftlich.
  • 82. Das Reiſeſpiel336.
  • 83. Das Geographiſche Kartenſpiel342.
  • 84. Hiſtoriſch-Chronologiſches Spiel349.
  • 85. Regentenſpiel353.
  • 86. Phyſikaliſches Kartenſpiel354.
  • D Spiele der Phantaſie und des Witzes356 -391. Alle ſind geſellſchaftlich.
  • 87. Das Spiel der Aehnlichkeit356.
  • 88. Sprichwörter361.
  • 89. Die Erzähler368.
  • 90. Die Zeichnungswürfel378.
  • 91. Die ſtummen Spieler oder Pantomine379.
  • 92. Die Mimik381.
  • 93. Das Wortverbergen383.
  • 94. Das Ritterſchlagen ein Vexirſpiel389.
  • E Spiele des Geſchmacks391-394.
  • 95. Das Täfeleyſpiel oder Parquet391.
  • 96. Bauſpiele393.
  • F Spiele des Verſtandes und der höhern Be - urtheilungskraft394.
  • a Geſellſchaftsſpiele395-440.
  • 97. Die Akademie der Wiſſenſchaften395.
  • 98. Action nach Muſik402.
  • 99. Die Kauflente408.
  • 100. Das Arithmeriſche Spiel410.
  • 101. Das Ringſpiel412.
  • 102. Das Frageſpiel421.
  • 103. Das Sylbenräthſel oder Charaden431.
  • 104. Das Geſellſchafts-Räthſel437.
  • 105. Das Anwendungsſpiel438.
  • b Brettſpiele106.
  • 106. Das Schachſpiel440.
  • Anhang I. Ueber Wählen und Loſen.
  • Anhang II. Ueber Pfänderſpiele.
[XVII]

Verzeichniſs der Subſcribenten in der Ordnung, in welcher ſie ſubſcribirt haben.

  • Herr Cammerhr. u. O, Steuereinnehmer Baron von Frieſen zu Rötha bey Leipzig. 1 Exempl.
  • Heyne der jüngere, Erzieher der Barone von Lorenz zu Leipzig. 2
  • Frau von Malapert in Frankf. a. M. 3
  • Herr Joh. Georg Hausknecht Predig. in Frankf. a. M, 2
  • Kaufm. Jacob Eichel in Eiſenach. 2
  • Frau Soph. de Neufville in Frankf. a. M. 2
  • Herr Prediger Wichmann in Zelle. 10
  • Kriegsregiſtrat. Schenk in Gotha. 1
  • Cand. Walther in Rammelburg. 1
  • Joh. Fr Greiner in Breitenbach. 1
  • Dr. u. Burgem. Krügelſtein in Ohrdruf. 1
  • Secretair Fr. Chr. Kypke in Wiederau bey Leipzig. 1
  • Hofrath Loder in Jena. 1
  • Hauptm. von Pufendorf beym 5ten Churhänn. Infant. Reg. zu Ver - den 1
  • Kaufm. Fr. Meſſow in Calbe. 1
  • Kaufm, Frölich in Copenhagen. 3
  • Kaufm, Gottl. Graeſer in Laugenſalze. 1
  • Ioh. Chr. Weiſs daſ. 1
  • Carl Weiſs jun. daſ. 1
  • Kupſerfrech. Stölzel in Dresden. 1
  • Cand. Reinhardt Privaterz. zu Sondershauſen. 1
  • Joh. Wolf Lehrer am Büchnerſchen Erziehungsinſt zu Nürnberg. 1
  • Regierungsr. von Boyneburg in Weilar. 1
  • Fräul. Caroline von Ketelhodt in Rudolſtadt. 1
  • Conferenz Rath von Heinrich in Copenhagen. 2
  • Lexmund von Heinrich in Schnepfenthal. 1
  • [XVIII]
  • Herr[Landſchuleninſpector] Haun in Gotha. 1
  • Mlle Böck daſ. 1
  • Herr E. C. F. Oberländer, dritter Schulkollege in Hildburghauſen. 1

Durch Herrn Wendland Rector in Thorn:

  • Major von Krajewsky in Thorn. 1
  • Pred. Kleſel daſ 1
  • Mag. Pred. Arnold daſ. 1
  • Mag. Pred. Degenkolb daſ. 1
  • Stadtrath Kannenberg daſ 1
  • Bürger Pannenberg daſ. 1
  • Kaufm. Krambitz daſ. 1
  • Kaufm. Wede aus Strzellnow in Weſtpreuſsen. 1
  • Frz Von Huſarzewsky d. ſ. W. Befl. in Thorn. 1
  • Apothek. Witt daſ. 1
  • Steuer. -Inſp. Hennig daſ. 1
  • Capt. von Pfau daſ. 1
  • R. C. G. Aſſeſſor von Oetinger in Wetzlar. 1
  • C. F. Perlet in Ohrdruf. 1
  • Buchhändl. Hammerich in Altona. 12
  • Die Durchlauchtigſte verwittwete Fürſtin Frau Joſina Eliſabetha von Ho - henlohe. 1
  • Herr Major von Witzleben zu Liebenſtein. 1
  • D. Fr. Caeſar Cand. zu Delitzſch bey Leipzig. 1
  • Prediger Suhr in Ploen. 1

Durch ihn:

  • Cand. Harder zu Brahetrollenburg. 1
  • Graf Reventlau daſ. 2
  • Subr. Schröder in Kiel. 1
  • Cam. Rath Haſſelmann in Ploen. 1
  • Cam. Rath Moritzen in Ahrensböck. 1
  • Prof. Müller in Kiel. 1
  • Rittmeiſt. Fries in Ploen. 1
  • Ober Gerichtsadvok. Jenſen in Glückſtadt. I
  • Prof. Jenſen in Kiel. 1
  • Regier. Rath Chop in Sondershauſen. 1
  • von Truchſeſs in Wetzhauſen. 1
  • Kaufm. Feldmeyer in Gotha. 1
  • Buchhändl. Ettinger in Gotha. 9
  • Kaufm. Joh. Fried. Danneil in Quedlinburg. 1
  • Gotthelf Albert Wippermann daſ. 1.
  • Paul Heinr. Krage daſ. 1
  • Buchbinder Meuſel in Coburg. 4
  • Pred. Joh. Traugott Aſchenberg in Göllingen. 1
  • von Sybery zu Buſch in der Grafſchaft Mark. 1
  • [XIX]
  • Herr Reg. Referend. Bölling zu Bochum. 1
  • Cant. Joh. Heinr. Schrikel zu Friedrichswerth. 1.
  • A. G. Peters Hofmeiſter bey dem Herrn Erbgrafen von Iſenburg Meerholz zu Meerholz. 1
  • Die Buchhandlung des Waiſenhauſes zu Halle. 8
  • Herr Buchhändl. Schöps in Zittau. 6
  • Buchhändl. Gerhard Fleiſcher in Leipzig. 3
  • Dieter. Herrmann Stud. der Phil. zu Ulm. 1

Durch ihn:

  • Dan. von Beſſerer Garniſonslieut. daſ. 1
  • Kriegsſekret. Faulhaber daſ. 1
  • Fiſcher, Lehrer am Ulmiſchen Gymnaſ. 1
  • geh. Secretär Frick zu Ulm. I
  • Heilbronner des Raths Bau und[Holzherr] daſ. 1
  • Heinkel Stud. der Phil. daſ. 1
  • Kaufm. Miller daſ. 1
  • Miller J. U. D. und Rathsconſul daſ: 1
  • Joh. Jac. Schad. von Mittelbiberach des Raths und Pflegeherr daſ. 1
  • M. C. Beſſerer von Thalſingen des Raths und Steuerdeputatus daſ. 1
  • Sautter Handelsmann daſ. 1
  • Stud. Kröner daſ. 2
  • Buchhändler Nauck in Berlin. 1

Durch ihn:

  • Cand. Schulz in Crome. 1
  • Fried. Hevelke in Culm. 2
  • Baron Schulz von Aſcherade zu Ludwigsluſt. 1
  • Fr. Fiſcher Conrect. am Lyceum zu Hirſchberg. 1
  • Hofbuchhändl. Michaelis in Neuſtreulitz. 4
  • Buchhändl. Palm in Erlangen. 2
  • Hofrichter Bierling in Lübenau 2
  • Buchhändl. Danner in Mühlhauſen. 1
  • Die Rengerſche Buchhandl. in Halle. 3
  • Herr Buchhändl. Troſchel in Danzig. 1
  • Die Hellwingſche Buchhandl in Hannover. 1
  • Herr Paſt. M. Heiligenſchmidt in Münchenbernsdorf. 1
  • Gerichts-Direct. Lindner daſ. 1
  • Heinr. May daſ. 1
  • Geleits-Einnehm. Alander in Groſsebersdorf. 1
  • Hofrath v. Welek in Meiſsen. 1
  • Pred. I. G. Piper in Reinshagen im Mecklenburg. I

Durch ihn:

  • Bollbrügge Erbgeſeſſener auf Niendorf. 1
  • K. F. Franke Präpoſitus zu Sternberg. 1
  • Cand. Hermes in Vietgeſt. 1
  • [XX]
  • Herr Cand. I. H. S. Piper in Relnshagen. 1
  • Kaufm. Woltersdorf in Roſtock. 1
  • Rönnberg in Güſtrow. 1
  • Paſtor primar, Dieterich in Nordhauſen. 1

Durch ihn:

  • Secretair Riemann daſ. 1
  • Senator Seidler daſ. 1
  • Kaufm. Arens daſ. 1
  • Juſtitz Comm. Lange daſ. 1
  • Cand. Dilthey daſ. 1
  • Amtsrath Smalian in Lohra. 1
  • Mag. Rötting zu Bendleben. 1
  • Paſt. Plieth zu Salze und Herröden. 1
  • Paſt. Steiger zu Windehauſen. 1
  • Cand. Söllig zu Heringen. 1

Durch Herrn Bertels in Flensburg:

  • Mad. Chriſtianſen daſ. 1
  • Stuhr daſ. 1
  • Herr Paft. Claufen in Bau. 1
  • Kaufm. Pet. Hennigfen daſ. 1
  • Kaufm. Jo〈…〉〈…〉 as Lork daſ. 1
  • Cand. Greif daſ. 1
  • Cand. Frieſe daſ. 1
  • Nicolaiſen daſ. 1
  • Kaufm. Paul Hanſen daſ. 1
  • Kaufm. Gorriſen daſ. 1
  • Paſt. Broderſen daſ. 1
  • Kaufm. Jürgen Fries daſ. 1
  • Kaufm. Pet. Jevers daſ. 1
  • Nicol. Hallenlen daſ. 1
  • Kaufm. D. Harries daſ. 1
  • Buchdrucker Jäger daſ. 3
  • Canzleyrath Cirſovius in Kiel. 2
  • Prof. Jenſen daſ. 1
  • Kaufm. Schulz daſ. 1
  • Rittmeiſter von Hopfgarten in Geuſitz bey Zeitz. 1
  • Cand. Lorenz in Schloſs Annaburg. 1
  • Kaufm. Lorenz zu Arnau in Böhmen. 3
  • Rect. Starke in Bernburg. 1
  • Pfarrer Günther daſ. 1
  • [XXI]
  • Eine Leſegeſellſchaft von Gymnaſiaften in Bernburg. 1

Durch Hrn. Contrib. Einnehm. Kunze in Leipzig:

  • Herr Auditeur Eſchke in Torgau. 1
  • Kaufm. Fr. Gottl. Meiſsner in Leipzig. 1
  • Studioſ. Suhl daſ. 1
  • Kaufm. P. W. Kraft daſ. 1
  • Ober-Einnehm. Ritterich daſ. 1
  • Dr. Junghans Beyſitzer der Juriſtenfacultät daſ. 1
  • Ober-Poſt. Commiſſ. Dörrien daſ 1
  • Plato, Direct. der Freyſchule daſ. 1
  • Prof. Eck daſ. 1
  • Buchhalter Thieleke daſ. 1
  • Sr. Exellenz der Hr. Landmarſchall von Sacken Erbhr. auf Brozen etc. in Kurland. 12

Durch denſelben:

  • Sr. Exellenz der Hr. Landrath von Fircks Erbhr. auf Waldegahlen in Kurland. 1
  • Sr. Exellenz der Hr. Präſident von Behr Erbhr. auf Edwahlen in Kur - land. 1
  • Sr. Exellenz der Hr. Staroſt von Korff, Erbhr. der Nerſtſchen Güter in Kurland. 1
  • Herr Capitain von Sacken Erbhr. auf Paddern in Kurland. 1
  • von Heyking Erbhr. auf Gatten in Kurland. 1
  • Kirchenviſitator von Heyking in Kurland. 1
  • von Koſchkul Erbhr. auf Adſern in Kurland. 1
  • Burſi. Paſtor zu Blieden in Kurland. 1
  • Tiling, Erzieher im Hauſe des Hrn. Landmarſchall von Sacken Exell. in Kurland. 2

Durch ihn:

  • Prof. Tiling in Mirau. 1
  • Frau Majorinn von den Brinken in Kurland. 1
  • Herr Superint. Ockel in Mitau. 1
  • Actuar. Brettſchneider in Kurland. 2.
  • Die Leſegeſellſchaft in Mitau. 2
  • Herr Candidat Böhm in Mitau. 1
  • Kaufm. Erdm. Pieſchel in Magdeburg. 1
  • Superint. J. Ch. Geudner in Eisfeld. 1
  • Buchhändl. Kummer in Leipzig. 1
  • Buchhändl. Monath und Kuſsler in Nürnberg. 6
  • Porzellanmahler Kieſewetter in Lichte bey Wallendorf. 1
  • [XXII]
  • Herr[Stiftsſyndic]. Schmidt in Merſeburg. 1

Durch Hrn. Crecelius Erzieher in Frankfurt a. M.:

  • Fr. Hollweg in Frankf. a. M. 1
  • Deluze daſ. 1
  • Herr Schreibmeiſter Höflich daſ. 1
  • Erzieher Hofmann daſ. 1
  • Erzieher Melsheimer daſ. 1
  • Collab. Hänle in Idſtein. 1
  • Freyburg aus Ungarn. 1
  • G. H. Gwinner aus Stuttgardt. 1
  • M. F. Gwinner aus Stuttgardt. 1
  • Erzieher Mieg in Frankf. 1
  • D. Rieſe Erzieher daſ. 2
  • Muck Erzieher daſ 1
  • Kaufm. Reſpinger in Baſel. 1
  • Fr. Johannot in Offenbach. 1
  • Erzieher Bertelsmann in Frankf. 1
  • Cand. Enzelman aus der Pfalz. 1
  • Erzieher Reck in Kirchheim Poland. 1
  • Erzieher Stein in Frankf. 1
  • Kämmeter Direct. eines Inſtituts daſ. 1
  • Erzieher Zeyſs in Offenbach. 3
  • Piſtorius, Hofm. der Grafen zu Wittgenſtein. 1
  • Heyder Arledter in Frankf. 1

Durch Hrn. Treudt Praeceptor am Gymnaſ. in Heilbronn:

  • Handelsm. Auguſt Orth daſ. 1
  • Handelsm. Jac. Gſell daſ. 1
  • Aſſeſſor Hauber daſ 1
  • Amtm. Moſer in Kirchheim. 1
  • Gruis in Heilbronn. 1
  • Poſtſekret. Cludius daſ. 1
  • Dr. Irnſinger daſ 1
  • Conſulent Reuſs daſ. 1
  • Handelsm. Kubach daſ. 1
  • Poſthalter Schmalzigaug daſ. 1
  • Steuerverwalt. Schüoler daſ. 1
  • Aſſeſſ. Hoppelt daſ. 1
  • Senat. Schreiber daſ. 1
  • Lederhändl. Müller daſ 1
  • Actuar. Kübel daſ. 1
  • Senat. Titot daſ. 1
  • Landkommiſſar Schreiber daſ. 1
  • Privatorzieher Stephan daſ. 1
  • [XXIII]
  • Herr Hofin. Zainüjer daſ. 1
  • Kaufin. Gmehlin daſ. 1
  • Cand. H. G. Wahn zn Neuſtadt bey Dresden. 2
  • Joh. Ph. Broſendt in Uelzen. 2
  • Nochmals durch Hrn. Pred. Piper:
  • Kammerrath Pommereſche in Stralſund. 1
  • Cand. Kray in Roſtock. 1
  • Cand Jur. I. Wuesthof zu Marnitz. 1
  • Herr G. von Rüdt zn Eberſtadt. 1
  • Buchhändl. Thomas in Braunſchweig. 2
  • Rector Brende in Eiſenberg. 1
  • Leibarzt Collenbuſch daſ. 1
  • Graf Emerich von Bethlen. 1
  • Stiehl Erzieher der Prinzeſſinnen zu Naſſau Uſingen. 1

Durch ihn:

  • van Herzeele aus Amſterdam. 1
  • Maas zu Hamburg vor d. H. 1
  • Banſa daſ. 1
  • Carl Geuke Privaterzieher zu Torgau. 3
  • Prediger Stolterſoht in Lübeck. 1

Durch ihn:

  • Kaufm. von Bartels daſ. 1
  • Pred. Becker daſ. 1
  • Kaufm. Blohm daſ. 1
  • Cand. Brandes daſ. 1.
  • Kaufm. Mart. Joach. Brandt daſ. 2
  • Kaufm. Bruhns. daſ. 1
  • Kaufm. Gädecke daſ. 1
  • Lic. Hach daſ. 1
  • Cand. Haſſe jun. daſ. 1
  • Kaufm. Joh. Mart Heusler daſ. 2
  • Pred von der Hude daſ. 1
  • Kaufm. Hin. Nölting daſ. 1
  • Kaufm. Joh. Peters daſ. 1
  • Pred. Peterſen daſ. 1
  • Kaufm. Joh. Andr. Peterſen daſ. 1
  • Cand. Rechlin daſ. 1
  • Kaufm. Sager daſ. 1
  • [XXIV]
  • Herr Gaſtwirth Schultz daſ. 1
  • Schreibm. Tanck daſ. 1
  • Pred. Weſterwick daſ. 1
  • Kaufm. Weſtphal daſ. 1
  • Lic. Zeller daſ. 1
  • Cand. Zietz daſ. 1
  • Schmidt Erzieher des Erbgrafen zu Schaumburg Lippe. 2
  • Erzieher Groſse in Prag. 1
  • Comiſſ. Rath Hänel in Pegau. 1
  • Banquier Küſtner in Leipzig. 1
  • Buchhändl. Wilh. Opitz in Torgau. 2
[1]

Einleitung.

Über den Begriff des Spiels und über den moraliſchen, politiſchen und pädagogi - ſchen Werth der Spiele; über ihre Wahl, Eigenſchaften und Claſſification.

Als die Langeweile zuerſt die Hütten der Men - ſchen beſuchte, trat das Vergnügen zugleich herein, bot ihnen die Hand und forderte dieſe Naturkinder zum Tanz auf. So entſtanden die natürlichſten, unſchuldigſten Spiele, nämlich die Bewegungsſpiele. Die Hütten verwandelten ſich in Palläſte, auch hier erſchien die Langeweile; aber man verbat ſich die Bewegung, das Vergnü - gen verband ſich den Mund und praſentirte die Karten.

Langeweile iſt immer nur die Veranlaſſung zum Spiele; der natürliche Trieb der Thätigkeit ihr Schöpfer. Die Äuſerung dieſes Triebes zeiget ſich bey den Spielen, nach dem Grade der Cultur und der Verfeinerung der Völker und einzelnen Menſchen, bald körperlich, bald gei -Aſtig2ſtig, bald aus beyden gemiſcht. Daher die ver - ſchiedenen Spielgattungen. Beym Spiele im ſtrengen Sinne hat der Spieler keinen Zweck, als den der Beluſtigung an der freyen Wirkſam - keit ſeiner Thätigkeit*)In der Zeitſchrift die Horen findet man hierüber einen ſehr durch - dachten Aufſatz., davon iſt hier die Rede nicht; denn wo ſind die Spiele der Art, wo bloſs äſthetiſche Gröſsen nämlich Form und Ge - ſtalt das Materiale derſelben machten? Ich ken - ne nur Ein Spiel, was hierher zu gehören ſcheint, nämlich das ſogenannte Parquet. Es iſt nun einmal gewöhnlich, alle, wenn auch ſpielende Beſchäfftigungen mit Formen und Geſtalten nicht Spiel zu nennen. Beym Spiele im gewöhnli - chen Sinne iſt der nächſte Zweck Beluſtigung, der entferntere Erholung oder Schutz gegen Lan - geweile. Daſs dieſe Beluſtigung ebenfalls aus der Wirkſamkeit unſerer Thätigkeit geſchöpft werde, iſt gewiſs. Die Mittel dieſe Thätigkeit wirkſam zu machen, ſind erſtlich das Materiale des Spiels, welches ſich bald als träge, bald als active Maſſe unſerer Thätigkeit widerſetzt. Da aber das Materiale faſt bey keinem einzigen unſe - rer Spiele allein ſchon Intereſſe genug für unſere Thätigkeit hat und ſie folglich nicht hinläng - lich reizt; ſo wird zweytens irgend ein, Affect vor -3 züglich Ehrliebe, mit hineingezogen und als Sporn der Thätigkeit gebraucht, drittens dem Zufalle bald mehr bald minder Herrſchaft über das Materiale eingeräumt, wodurch die Erwar - tung geſpannt und die Thätigkeit rege erhalten wird. Allein der Grund des Vergnügens beym Spiele liegt doch nicht allein in unſrer Thätig - keit, ſondern auch in der Anſchauung der Form des Spieles, d. i. der verabredeten ſyſtemati - ſchen Ordnung unſerer Thätigkeit; wird dieſe geſtört, ſchmiegt ſich unſere Action dem Syſte - me des Spiels nur unvollkommen an: ſo min - dert ſich die Beluſtigung. Spiele ſind alſo Belu - ſtigungen zur Erholung geſchöpft aus der Wirk - ſamkeit und verabredeten Form unſerer Thä - tigkeit.

Auf Haſardſpiele paſst ſich dieſe Definition nicht, ſie ſind die Kette, an welcher der Zufall den Spieler nach Belieben an der Naſe herum - führt, indem er ihn mit der Geiſsel der Affecten bald ſtreichelt bald züchtiget.

Nach dem obigen läſſt ſich der moraliſche Werth der Spiele an ſich ſelbſt im allgemeinen nun leicht beſtimmen. Er richtet ſich nach der Natur des Affects, der zur Spannung unſerer Thä - tigkeit hineingezogen wird. Je unſchuldiger dieſer iſt, deſto unſchuldiger iſt das Spiel. Sein Werth iſt daher ſo verſchieden als die Natur derA 24Ehrliebe, der phyſiſchen Liebe, der Habſucht. Nach dem Grade des Affectes, denn jede Steige - rung macht ihn nicht nur bedeutender, ſondern mindert auch die Freyheit unſerer Thätigkeit; das Spiel würde aber am unſchuldigſten ſeyn, wenn dieſe ganz frey dabey bliebe und durch gar kei - nen Affect rege erhalten würde[. ]Endlich nach dem Grade der Herrſchaft, welche dem Zufalle beym Spiele zugeſtanden wird; geht dieſe nur ſo weit, als es nöthig iſt zur mäſsigen Spannung der Erwartung und der Thätigkeit: ſo wird das Spiel mehr Werth haben, verſchwindet aber die - ſe völlig daraus, bewegt ſie nur höchſtens noch die Fingerſpitzen zum Umſchlagen der Karte, zum Hinrollen der Würfel, überlaſſen wir uns bloſs dem Zufalle, der uns durch unſere eigene Affecten geiſselt und das Spiel dadurch pikant wie Brenneſſel macht: ſo entſtehen die Haſard - ſpiele, die ſchlechteſten von allen unmoraliſchen.

Aber es iſt Zeit den Weg trockner Beſtim - mung der Begriffe zu verlaſſen; man hält jetzt nicht viel von Definitionen, es ſey denn die der Liebe in einen Roman ausgeſponnen. Viel - leicht bin ich im Stande, einen weniger be - ſchwerlichen Weg zu finden.

Spiele ſind wichtige Kleinigkeiten; denn ſie ſind zu allen Zeiten, unter allen Völkern, bey Jung und Alt Bedürfniſſe geweſen, weil Freude und5 Vergnügen zur Erholung von Arbeit, leider auch wohl zum Schuz gegen Langeweile, eben ſo gut Bedürfniſſe ſind, als Befriedigung der Verdau - ungs - und Denkkraft. Spiele ſind daher über den ganzen Erdkreis verbreitet; Alles ſpielt, der Menſch und ſein Kind nicht nur, ſondern auch das Thier und ſein Junges, der Fiſch im Waſſer, der Hund, das Pferd, der Löwe und ihre Jungen ſpielen. Wer hat die Geheimniſſe der Pflanzen, die Dunkelheiten der Elemente, die Myſterien des Wärmeſtoffs, der Electrici - tät des Magnetiſmus, die endloſen Entfernungen der Weltkörper durchſchauet, um hier alles Spiel geradezu verneinen zu können*)Neque homines neque bruta in perpetua corporis et animi con - tentione esse possunt, non magis quam fides in cithara aut nervus in arcu. Ideo ludu egent. Ludunt inter ſe catuli, equulei - leunculi, ludunt in aquis pisces, ludunt homines labore fracti et aliquid remittunt ut animos reſiciant. Jul. Caes. Bulengerus de ludis Veterum. Gronov. thes. T. VII. pag. 906.. Spie - len, ſagt der unvergleichliche Wieland: iſt die er - ſte und einzige Beſchäfftigung unſerer Kindheit und bleibt uns die angenehmſte unſer ganzes Le - ben hindurch. Arbeiten wie ein Laſtvieh iſt das traurige Loos der niedrigſten, unglück - lichſten und zahlreichſten Claſſe der Sterbli - chen; aber es iſt den Abſichten und Wünſchen der Natur zuwider. Die ſchönſten KünſteA 36der Muſen ſind Spiele und ohne die keuſchen Grazien ſtellen auch die Götter, wie Pindar ſingt, weder Feſte noch Tänze an. Nehmt vom Le - ben hinweg, was erzwungner Dienſt der eiſer - nen Nothwendigkeit iſt; was iſt in allem übri - gen nicht Spiel? Die Künſtler ſpielen mit der Natur, die Dichter mit ihrer Einbildungskraft, die Philoſophen mit Ideen, die Schönen mit unſern Herzen und die Könige, leider! mit unſern Köpfen?

Die Tradition trug ſie von jeher in alle Win - kel der Welt und es mag ſchwerer ſeyn, eine nützliche Erfindung, die Verbeſſerung eines landwirthſchaftlichen Inſtruments, aus einem Lande in das andere zu verpflanzen, als ein Spiel Polyneſiens in Deutſchland einzuführen. Unſere kleinen Mägdchen wiſſen es nicht, daſs ihr Spiel mit[fünf] Steinchen griechiſchen,*)πενταλιϑα. Pollux lib. IX. cap. 7. auch Meursius de ludis Graecor. oder wer weiſs was für Urſprungs iſt, und unſere Kna - ben nennen das Pflöcken, was die Griechiſchen Kindalismos hieſsen. Die Bauern in Ströbke ſpielen mit denen am Ganges, am Seïnde-rud, am Tigris und an den Jökeln von Island ein Spiel, ich meine das Schach; und der Lappe mahlt ſich Kartenblätter mit Rennthierblut auf7 Fichtenrinde, weil bey ihm weder Pariſer noch Berliner Fabrik iſt. Dieſe Verbreitung durch ſo lange Zeiten, die ſo allgemein und oft ſo ſchell geſchah, iſt eben ein Zeichen des allge - meinen Bedürfniſſes. War es nicht eben der Fall mit den Kartoffeln? Und wenn auch der heil. Antonin, Erzb. von Florenz an den Wür - feln ſo viel Sünden als Punkte findet*)Quot in taxillis ſunt puncta, tot ſcelera ex eo procedunt. und der heil. Bernard dem Abte von Clairvaux die Leh - re gab, jeden Biſſen Brod mit Thränen zu be - netzen, weil der Hauptzweck der Klöſter Thrä - nenvergieſsung ſey, über die Sünden des Volks und der Kloſterbewohner; ſo tritt doch ein gewiſser Abt Abraham**)In einer ſeiner Conferences de Caſſien, Collat. 24. C. 20 u. 22. auf die andere Seite und erſtreitet ſogar den Einſiedlern Zeitvertrei - be, troz ihrer ſolideſten Pietät und äuſserſten Pönitenz. Er führt ſogar das Beyſpiel des heilgen Evangel. Johannes an. Ich weiſs nicht, aus welcher Legende er das hat; allein er ſagt auch nur on dit, und geſunder Menſchenverſtand gilt in jedem Kleide. Seine Worte ſind lang, ich will ſie ab - kürzen. Der Evangeliſt Johannes ſpielte einſt mit einem Rebhuhne, das er mit ſeiner Hand ſtreichelte. Da kam ein Mann, ein Jäger von Anſehen, und betrachtete den Evangeliſten mitA 48Verwunderung, weil er ſich auf eine nach ſeiner Idee ſo unwürdige Art an dem Thier - chen beluſtigte; Naturgeſchichte war damals noch nicht Mode. Biſt du denn wirklich der Apoſtel, von dem alle Welt redet und deſſen Ruhm mich hier herzog, wie paſst ſich dieſe Be - luſtigung zu deinem Ruhme? Guter Freund, antwortete der ſanfte Johannes, ganz ſocratiſch: Was ſeh ich da in deiner Hand? Einen Bo - gen, erwiderte der Fremdling. Und warum haſt du ihn nicht geſpannt und immer bereit zum Schuſs? Ey das darf nicht ſeyn; wäre er immer geſpannt, ſo würde er ſeine Kraft ver - lieren und bald untüchtig ſeyn. Nun ſo wun - dre dich denn nicht über mich, fuhr Johannes fort: doch meine Leſer wiſſen ſchon die Anwen - dung von einem Bogen.

Nascitur ex assiduitate laborum animorum hebetudo quaedam et languor. danda eſt remiſſio animis: meliores acrioresque requieti resurgent*)Seneca de tranquill. animi. cap. XV. d. i. anhaltende Arbeit wird Schwächung und Abſtumpfung des Geiſtes. Gieb ihm Er - holung, ſie wird Schärfung ihm ſeyn und Stärkung..

An den Bedürfniſſen, oft ſchon an einem einzigen erkennt man den Charakter des ein - zelnen Mannes, ſo wie oft ganzer Nationen; aus9 der kindiſchen Begierde nach Nürnberger Tant blickt der ungebildete kindiſche Geiſt des Ne - gers; der Branntwein, ſo wie das Fluchen, verra - then den halb oder ganz rohen Menſchen; Putz und Schminke den ehemaligen ewig Cour ma - chenden Franzoſen und die alabaſternen Heili - genbilder, die der Spanier aus Nürnberg zieht, verkündigen ſeinen Aberglauben. Eben ſo läſst ſich aus den Spielen auf den Charakter eines Volkes ſchlieſsen. Sie ſind ein ſehr ſicherer Probierſtein, auf welchem ſich, wie beym Silber, der Grad der Roheit und Verfeinerung eines Volkes ziemlich unzweydeutig erkennen läſst. Rohe Nationen lieben in allen Zeiten und Welt - gegenden die Spiele des Krieges und des Zufalls (Haſardſpiele), deren Abwechſelung von dem[Bedürfniſſe] der Bewegung und Ruhe des Kör - pers geleitet wird. Heftige und gefährliche Bewe - gungen, die Nachahmungen kriegeriſcher Vor - fälle, wobey man ſich zu durchbohren und die Köpfe zu zerſchmettern droht, begleitet von einer wilden, harmonieloſen Muſik bezeichnen in jenen den rohen noch ganz unverfeinerten und ungeſchwächten Heldengeiſt; ſo wie die Ergebung in die Fügung des blinden Zufalls bey dieſen Unaufgelegtheit zum Denken und Man - gel an Kultur des Geiſtes ankündigen, der unter der Binde des Aberglaubens gern in der ödenA 510Finſterniſs des Ungefährs umhertappt, wo er zwiſchen Furcht und Hoffnung den böſen oder guten Einfluſs der Geiſter erwartet und in dieſer Erwartung allein das gröſste Intereſſe findet, deſſen ſein kindiſcher Geiſt fähig iſt. Die krie - geriſchen Spiele unſerer älteſten Vorfahren, ſo wie ihr raſender Hang zu Glücksſpielen ſind be - kannt. Vom Gebrauche der Waffen gegen Menſchen oder Thiere ermüdet, kehrte man zur Hütte zurück und verſchlief die läſtige Zeit, oder verſpielte ſie wie Habe, Gut und Frey - heit mit Würfeln. Durch Ruhe wieder geſtärkt, griff man, wenn Noth, Magen oder Thätigkeits - trieb es geboten, wieder zu den Waffen, zum Jagdgewehr oder begann kriegeriſche Spiele. Würfel und Waffen waren die Lieblinge der Hunnen, man kannte faſt keine Geſetze als die des Haſardſpiels. Ganz germaniſch lebt man in dem nordamerikaniſchen Germanien bey den Delawaren und Irokeſen; Krieg oder Jagd, Eſ - ſen oder Schlafen, Haſardſpiel oder kriegeriſche Spiele. Auch hier iſt die Spielſucht unerſätt - lich. Pflaumenkernen, die auf der einen Seite ſchwarz gefärbt, auf der andern gelb gelaſſen ſind, machen die Würfel. In eine Schüſſel ge - legt, ſtöſst ſie der Spieler gegen den Boden, dem Zufalle entgegen, und erwartet leidenſchaftlich den Aufſchwung und das Niederfallen derſelben. 11Er zählt fünf, wenn er die gröſste Zahl von der Preisfarbe hat, und gewinnt das Spiel, wenn er achtmal fünf zählt. Ein gewältiges Geſchrey der Zuſchauer, das ſich bey jedem Wurfe unter das Gepraſſel der Kerne miſcht, verräth ihre lebhafte Theilnahme, ſo wie die fürchterliche Geſichtsverzerrung der Spielenden und ihr af - fectvolles Murren gegen die böſen Geiſter, die Roheit ihres Kopfes, die Ungezähmtheit ihrer Leidenſchaften ankündigt. So ſpielen oft gan - ze Dörfer, ja ganze Stämme gegen einander. Der Inſtinkt ruft, man kehrt zur Jagd oder zu bewegenden Spielen, beſonders zu Tänzen, die zur Tagesordnung gehören. Eine Hirſchhaut über ein Faſs, einen Keſſel oder über ein Stück eines hohlen Baumes geſpannt, giebt in dum - pfen Tönen den Takt an. Die Männer tanzen voran, von ihren Stampfen erzittert der Boden, von ihrem Geſchrey die Luft. Das ſittſame Weib folgt mit wenigen Bewegungen ſprach - und ſcherzlos nach. Heldenmäſsiger wird der Tanz für Männer allein. Jeder tanzt einzeln mit Kühnheit und Leichtigkeit, ſeine eigenen oder die Thaten ſeiner Vorfahren beſingend, indem die herumſtehenden mit einem rauhen, zu gleicher Zeit ausgeſtoſsenen Tone das Zeitmaaſs angeben. Noch fürchterlicher iſt der Kriegs - tanz, die Nachahmung eines allgemeinen krie -12 geriſchen Gemetzels. Wem liegen nicht durch das Erzählte die Hauptzüge dieſer Nationen unverholen und offen vor Augen? Laſst uns auf einige Augenblicke den Culturzuſtand der alten Thracier vergeſſen; ein artiges Spiel, das bey ihnen gewöhnlich war und von dem Athe - naeus*)Lib. IV. Nach ihm erzählt Meursius de ludis Graec. in Gronovii Thesaur. Tom. VII. p. 943. Es hieſs Ανχονη. Nachricht giebt, wird uns ſogleich dar - auf zurück führen. Man trat auf einen leicht umzuwerfenden Stein, in der Hand eine Sichel. Den Hals ſteckte man durch eine von der Dek - ke herabhängende Schlinge. Unverſehens ſtieſs ein anderer von der Geſellſchaft den Stein um; da hieng der Arme, der durchs Loos dazu ge - wählt worden war. Hatte er nicht Gegenwart genug, den Strick ſogleich mit der Sichel ab - zu ſchneiden, ſo zappelte er ſich unter dem Ge - lächter der Zuſchauer zu Tode. Niemand wür - de mir glauben, wenn ich dieſs Spiel den feinen, gebildeten Griechen oder nur den ſanften Ota - heiten zueignen wollte; weit wahrſcheinlicher könnte ichs nach Neuſeeland verſetzen; ein Zeichen, daſs Volkscharakter und Volksſpiele in ſehr naher Verbindung mit einander ſtehen. Dem Geſchichtsforſcher, welchem es nicht bloſs darauf ankommt, Regenten - ſondern vielmehr13 Volksbiographien zu bearbeiten, ſollten daher dieſe verrätheriſchen Kleinigkeiten nicht ent - wiſchen. Ein aufgeklärter Geiſt verachtet nichts. Nichts, was den Menſchen angeht, nichts was ihn bezeichnet, nichts was die verborgenen Federn und Räder ſeines Herzens aufdeckt, iſt dem Philoſophen unerheblich. Und wo iſt der Menſch weniger auf ſeiner Hut, als wenn er ſpielt? Worin ſpiegelt ſich der Charakter einer Nation aufrichtiger ab, als in ihren herrſchen - den Ergötzungen? Was Plato von der Mu - ſik eines jeden Volkes ſagt, gilt auch von ſeinen Spielen; keine Veränderung in dieſen (wie in dieſer) die nicht die[Vorbedeutung] oder die Folgen einer Veränderung in ſeinem ſittlichen oder politiſchen Zuſtande ſey! *)Wieland in d. Merkur 1781. Febr. Seite 140.

Ich habe geſagt, Spiele ſeyen wichtige Klei - nigkeiten; denn wenn man von der einen Sei - te aus den Spielen auf den ſittlichen und poli - tiſchen Zuſtand einer Nation ſchlieſsen kann: ſo darf man von einer andern, aus jener genauen Verbindung, den Schluſs machen, daſs die Spiele auf den Charakter merklichen Einfluſs haben werden, daſs ſie daher zu den Erziehungsmit - teln ganzer Nationen gehören. Es liegt frey - lich in der Natur der Sache, daſs ſie oft nach14 dem ſchon ſtattfindenden Charakter erſt ge - wählt werden, daſs dieſer alſo ſchon eher da iſt als jene. Dann werden ſie ihn wenigſtens im - mer mehr befeſtigen und ausbilden helfen. Al - lein es iſt dem ungeachtet nicht zu läugnen, daſs ſie oft vor dieſem und jenem Zuge des Cha - rakters da waren und ihn mit hervorbringen halfen. Es bedarf hierzu oft nur des ſehr zufäl - ligen Beyſpiels irgend eines Angeſehenen. Gien - ge irgend ein König, von Regierungsſorgen er - mattet, aus dem Kabinette gewöhnlich auf den Schloſshof und ſpielte daſelbſt Ballon oder Ball, ſo würden in ſeiner Reſidenz der Ballon und Ball bald die Karten verdrängen, die Provin - zialſtädte würden bald nachfolgen und beyde Spiele würden einen ganz merklichen Einfluſs auf den Charakter und den Geſundheitszuſtand ſeines Volkes haben, wenn zumal der Kronprinz nicht verweichlichet würde und da fortführe, wo ſein Vater aufhörte. Am Ende des vierzehn - ten Jahrhunderts erfand man das Kartenſpiel und führte es zur Unterhaltung des faſt 30 Jahre lang verrückten Königs Carls VI bey Hofe ein. Die Folgen dieſes klein ſcheinenden Umſtandes ſind ſchlechterdings nicht zu berechnen. Ganz Europa hat ſie gefühlt und fühlt ſie noch, ja ſie nagen in gewiſſer Rückſicht an den Wurzeln[künftiger] Generationen. Die Hofluft blieſs dieKar -15Karten nach und nach über ganz Frankreich, über Spanien, Italien, über ganz Europa! Die Karten waren es, welche nach und nach die beſ - ſern Uebungsſpiele verdrängen und die Ver - weichlichung der Nationen, beſonders der vor - nehmern Klaſſen befördern halfen. Die Pro - ſcriptionen der Kriegs - und Jagdübungen, der Turniere, des Mail, Ball und Kugelſpiels u. ſ. w. waren beſonders mit von den Kartenkönigen unterſchrieben; ſie halfen ſtark zur Umwand - lung der mannbaren Ritterſchaft in Nobleſſe, der nervigten Bürger in Muscadins.

Regenten, Geſetzgeber, Philoſophen, die den wichtigen Einfluſs der Ergötzlichkeiten auf den Volkscharakter und auf das Wohl und Weh der Nationen einſahen, hielten von jeher die Spiele ihrer Aufmerkſamkeit ſehr werth; Lycurg ordnete die Leibesübungen, Geſellſchaften und Tänze der Spartaner; Plato die der Bewohner ſeiner Republik; Kaiſer Juſtinian hob die Haſard - ſpiele auf und ſetzte Bewegungsſpiele an ihre Stelle*)Sie waren: das Springen, das Stockſpringen, der Wurfſpieſs doch ohne Spitze, das Wettrennen zu Pferde und das Ringen.. Carl der Groſse und Ludwig der Heilige gaben Spielgeſetze; Carl V. von Frank - reich gab[Befehle] gegen alle Haſardſpiele und empfahl reine Bewegungsſpiele und Uebun -16 gen*)Voulons et ordonnons que nos ſujets apprennent et entendent à ap - prendre les jeux et ébattemens à cux exerciter et habileter au fait de trait d’arc ou d’arbalête en beaux lieux et places convenables à ce, en villes et terroirs; faſſent leur don de prix au mieux traïant et leurs fêtes et jouës pour ce, ſi comme bon leur ſem - blera. In ſeiner Ordonnance de 1369. Bey uns hat der Geiſt der Induſtrie ſchon angefangen, über die bürgerlichen Scheiben - ſchieſsen Bemerkungen anzuſtellen. Unter dem Volke möchte ich; Peter der Groſse nahm ſich der Volks - beluſtigungen an, um ſein Volk geſelliger zu machen u. ſ. w. kurz man könnte mit ſolchen Befehlen einen guten Quartanten anfüllen und wenn man auch die unendliche Menge, die von Concilien und Synoden gegeben wurden, über - gienge. Oft waren die Befehle unbilliger Köni - ge wie die Axt des Holzſpalters, ſie zerſplitterten ganze Länder; haben ſie aber je die Kartenkö - nige ganz bezwingen können? Oft trugen ſie Aufruhr in benachbarte Staaten; aber brachten ſie je die Unterthanen der Kartenkönige zur Rebellion? Geh in Städte, in Geſellſchaften in Familien, wo der Geiſt der Glücks - und der Kartenſpiele herrſchend iſt, und unterſuch die daſige Denkungsart, ſo wie den wirthſchaftlichen und körperlichen Zuſtand: der Satz: an den Spielen ſollſt du ſie erkennen, wird ſich bewährt fin - den. Dieſs bleiche, gramvolle Geſicht hat Spadille entfärbt; dieſe Zerſtreuung hat Baſta verurſacht; Baſta gällts in den Ohren des Schrei -17 bers, da liegt die Feder; Baſta in denen des Richters, da liegen die Acten u. ſ. w. Vom Lotto will ich nichts erzählen, dies ſey die Sa - che der Pfänder in den Leihhäuſern. Schade, ewig Schade! daſs meine Spiele nie Finanzſache werden können, dann machte ich damit Cour; ſie erhielten allen möglichen Vorſchub und be - wirkten dann wahrſcheinlich ein Plus von Ge - ſundheit und Stärke, das leicht ſo groſs wäre, als das Minus im Beutel beym Lotto. Doch genug hier nur Winke; die Materie betref - fend den ſittlichen und politiſchen Werth der Spiele erſchöpft kaum ein ganzes Buch.

Können die Spiele auf ganze Nationen wir - ken und in ihrem Zuſtande eine merkliche Ver - änderung hervorbringen, ſo ſind ſie auch ein Erziehungsmittel für die Jugend, und ich getraue mir, wenn auch die Erziehung nach den neue -*)leben, das nur wie ein Laſtvieh arbeitet und bürgerliche Freuden nicht kennt. Sein Geiſt verſchrumpft und wird in ſich gekehrt ſo wie ſeine Hände und Finger; Magen und Geldbeutel werden ſeine Abgötter, Eigenliebe wird bey ihm die Nächſtenliebe bald ganz verdrängen; denn das ſchönſte Band, das den Bürger an Bürger feſthält, die öffentliche Bürgerfreude, iſt zerriſſen. Kurz wenn man Armuth durch Aufopferung der Volksfreuden ab - kaufen will, ſo iſt der Verluſt gröſſer als der Gewinn. O, es giebt ganz andere Seiten im Verhältniſſe der Staatsökonomie zur Oekonomie des Bürgers, wo man Verbeſſerungen machen könnte!B18ſten Hannöverſchen Entdeckungen weder Wiſ - ſenſchaft noch Kunſt, ſondern wer weiſs was iſt, aus zwey Knaben von völlig gleichen Anlagen durch entgegen geſetzte Behandlung in Spielen zwey, in Rückſicht ihres körperlichen und gei - ſtigen Zuſtandes, ganz verſchiedene Geſchöpfe zu machen. Oder läſst ſichs denn von vornher ſo ſchwer einſehen, daſs ein Knabe, den man zehn Jahre hindurch in vernünftiger Abwechſe - lung zwiſchen geiſtigem Ernſte und körperlichen Scherze, ich meine zwiſchen geiſtiger Ausbildung und geſunden körperlichen Uebungen und Spie - len erhält, daſs ein ſolcher Knabe weit beſſer gedeihen müſſe, als wenn man ihn bey derſelben Bildung ſeines Geiſtes in Karten und Würfeln Erholung finden läſst? So lange man mir nicht das Gegentheil darthun kann, halte ich dieſe Tändeleyen für Sachen von pädagogiſcher Wich - tigkeit. Ich muſs hier einiges über den päda - gogiſchen Nutzen und die Nothwendigkeit der Spiele ſagen.

Wenn das gröſste Geheimniſs der Erziehung darin beſteht, daſs die Uebungen des Geiſtes und Körpers ſich gegenſeitig zur Erholung dienen: ſo ſind Spiele, beſonders Bewegungsſpiele, ſo wie Leibesübungen überhaupt, unentbehrliche Sachen. Stünde dieſer Satz auch nicht im Emil, ſo würde ihn ja ſchon jeder Schulknabe verkün -19 digen, wenn er nach der Lection die Bücher wegwirft. Dergleichen allgemein von der Ju - gend geäuſserte Triebe beweiſen ſo ſcharf als das ſchärfſte Vernunftſchlieſsen. Allein es giebt demungeachtet Leute, die auf obigen Satz durch - aus nicht Rückſicht nehmen. Aber ſagen ſie mit Cicero

ad ſeveritatem potius et ad ſtudia quaedam graviora atque majora facti ſumus

Ich bin ſelbſt herzlich davon überzeugt, glau - be aber, daſs es für Jung und Alt kein ernſteres Studium nach der Geiſtesbildung geben könne, als das, was auf Geſundheit, Ausbildung des Körpers und Heiterkeit des Geiſtes hinzielt, weil ohne dieſe die Geiſtesbildung wenig nützt, ſondern als ein[todtes] Kapital da liegt, an dem der Roſt nagt; und wer wirklich der Meynung iſt, daſs man die Stunden, wo es mit ernſter An - ſtrengung des Geiſtes nicht mehr fort will, ſtets zu irgend etwas[nützlichem] z. B. zum Zeichnen, Clavierſpielen, zum Ordnen der Inſecten und Mineralien u. dergl. anwenden müſſe, der hat von der Oekonomie, ſowohl des jugendlichen als erwachſenen, menſchlichen Körpers keine richtige Vorſtellung, er weiſs das nützliche nicht gegen das nützlichere gehörig abzuwägen, er zieht den Mond der Sonne vor, weil er ſo ſanft iſt und das Oel der Gaſſenerleuchtung erſpart. B 220Es iſt freylich lehr gut möglich, alles eigentli - che Spiel gänzlich zu vermeiden und ſich durch bloſse Abwechslung zwiſchen ernſtlicher Anſtren - gung des Geiſtes und jenen ſpielenden Beſchäf - tigungen hinzuhalten; allein ich glaube nicht, daſs ſich auf dieſe Art beſonders bey der Jugend eine gewiſſe weibiſche Weichlichkeit, Unthä - tigkeit und Schlaffheit des Körpers vermeiden laſſe. Kurz man beweiſe erſt ſtreng und red - lich, daſs die Bildung des Körpers eine Poſſe ſey, die für uns nichts werth iſt, daſs unſer Geiſt des Körpers nicht bedürfe, daſs dieſer auf unſre Thätigkeit, auf unſern Charakter und auf Bele - bung oder Erſtickung des göttlichen Funken, der in uns glimmt, gar keinen Einfluſs habe: wenn man das gethan, die Forderungen der Natur, der gröſsten Aerzte und der denkendſten Männer widerlegt haben wird, dann will ich ſchweigen und einſehen lernen, daſs ich Thorheit gepredigt habe, dann will ich gern behaupten, daſs man die Zeit zur Erholung wohl edler als zu Spielen und Leibesübungen verwenden kön - ne. Kann man das aber nicht, ſo will ich nicht bloſs Aerzte und Denker ſondern ſogar die Hei - ligen zu Hülfe rufen und mit Franz von Sales*)St. François de Sales ſogar in ſeiner introduction à la vie devote part. III. ch. 31.21 behaupten: qu’il est force de relacher quelque fois notre ésprit et notre corps encore à quel - que ſorte de recreation; et que c’eſt un vice ſans doute que d’être ſi rigoureux, agreste et ſauvage qu’on n’en veille prendre aucune ſur ſoi, ni en permettre aux[ autres. " ]Sollten aber junge oder alte Gelehrte und Jugendbildner ein Scandal da - rin finden, mit der Jugend zu ſpielen; ſo verwei - ſe ich ſie auf Heraclit, der am Dianen Tempel zu Epheſus die Knabenſpiele als Mitſpieler ordnete; auf Socrates wie er mit der Jugend ſpielt, auf Scaevola, Julius Caeſar und Octavius die Stu - dioſiſſime Ball ſpielten, auf Coſmus von Medicis, der ſeinem kleinen Enkel auf öffentlichem Plaz - ze die Pfeife verbeſſerte, auf Guſtav Adolph, der mit ſeinen Officieren Blindekuh ſpielte u. ſ. w. Nur durch eine unbegreifliche Folgefalſchheit iſt es möglich das Billard, die Kugelbahn und die Kar - ten in öffentlichen Häuſern für wohlanſtändig, öffentliches Spielen mit Kindern für unanſtändig zu halten.

2. Langeweile iſt eins der drückenſten Übel, ſie macht, wie manche Krankheit, aus dem Patien - ten ein unleidliches Geſchöpf. Die Jugend, die in der Vergangenheit noch wenig Stoff zur Un - terhaltung findet, in die Zukunft wenig oder gar nicht hinſiehet, ſondern faſt immer nur für denB 322gegenwärtigen Augenblick empfindet, denkt und handelt, leidet auch öfter und gewöhnlicher an dieſer Krankheit, als der gebildete Mann. Die Vergangenheit und Zukunft nehmen ihn in ihre Mitte und machen Geſellſchaft mit ihm, und wenn jene ihn mit Leiden und Freuden und ihren Ur - ſachen unterhalten hat: ſo giebt ihm dieſe Stoff zu Berechnungen, Planen, Luftſchlöſſern und Sorgen, bis die unverdrängliche Gegenwart das Wort nimmt und befehlsweiſe von dem ſpricht, was jetzt zu laſſen und zu thun ſey. So fehlen der Jugend zwey Geſellſchafter, denen an Un - terhaltung nichts gleich kommt. Wer ſoll ſie er - ſetzen als ihre erwachſenen Freunde; von ihnen erwirbt ſie Stoff zur Thätigkeit, bald durch ern - ſte Beſchäfftigungen, bald durch Spiel.

3) Arbeiten, ernſte Beſchäfftigungen und Umgang mit Erwachſenen ſind künſtliche Rollen der Jugend, in welchen ſie auf dem groſsen Schauplatze allmählich debitirt; Spiele ſind na - türliche Rollen derſelben in ihrem jugendlichen Paradieſe. Dort erſcheint ſie im verſtellenden Bühnengewande, hier in klarer Nacktheit; da - her iſts dort oft ſchwer, hier immer leicht ihren wahren Charakter zu erkennen. Selbſt die Nei - gung zur künftigen Lebensart ſcheint hier und dort beym Spiele durch.

4) Gleichgültigkeit gegen alles Wiſſenſchaft -23 liche iſt dem Erzieher in ſeinem Zöglinge ein Fehler, der alle ſeine Geduld auf die Probe ſtellt. Er arbeitet an einem Bäumchen, das weder Blüthe noch Frucht verſpricht; er ſieht am Ende keine Folge von dem was er gethan hat; ſeine Gehülfin, die natürliche Wiſsbegierde der Jugend iſt abweſend. Er verliert bald alle Hoffnung, weil er den Grund dieſer Gleichgül - tigkeit im Temperamente des Kindes zu finden glaubt. Er laſſe es ſpielen; iſt es hierbey theil - nehmend, eifrig und thätig: ſo liegt die Schuld der Gleichgültigkeit nicht im Kinde, ſondern in einer Veranlaſſung von auſsen her. Aber auch ſelbſt dann, wann es von der Natur Opium erhielt, müſste ſich, dächt ich, durch Spiele, beſonders durch Bewegungsſpiele viel ausrichten laſſen.

5) Es giebt eine gewiſſe Empfindlichkeit, die es macht, daſs wir leicht jede Kleinigkeit übel neh - men und dieſs ſogleich durch unſer Betragen äu - ſern. Wie ſchlecht man damit in Geſellſchaften fortkomme iſt bekannt; wer faſst ein Gefäſs gern an, das gleich zerberſten will, wenn man es berührt. Es giebt Leute, die aus Unempfind - lichkeit und gutem Humor Jedermann gern zum Ball dienen, und in das Gelächter über ſich mit einſtimmen. Geſchieht dieſs aus Mangel an Delikateſſe oder vermöge einer gewiſſen Stumpf -B 424heit, ſo iſt es zwar ein bedeutender Fehler, aber ein gröſserer, wenigſtens weit unerträglicherer, iſt jene Empfindlichkeit. Der Unempfindlichere be - findet ſich überall wohl und ſeine Geſellſchaft ſieht ihn immer gern, er heiſst ein Mann mit dem ſich gut auskommen läſt, der nichts übel nimmt; die - ſer der übertrieben Empfindliche leidet bey je - dem kleinen Anlaſſe, die Züge des Miſsvergnü - gens und der Beſtürzung drücken ſich ſchon auf ſein Geſicht, wenn er wegen eines kleinen Ver - ſehens, wegen einer kleinen Ungeſchicklichkeit und dergleichen nur im mindeſten belächelt wird, es iſt ihm unmöglich, dieſs zurückzuhalten und eben dadurch wird er unangenehm. Dieſe Art von Empfindlichkeit abzuſtumpfen, das Ausla - chen im gehörigen Falle mit einer gewiſſen männ - lichen Faſſung und Freymüthigkéit ertragen zu lernen, ſind manche Spiele ſehr gut. Sie gewöh - nen durch Spaſs zum Ernſte, lernt man das Nek - ken und Belachen erſt in der ſcherzenden Spiel - welt ertragen, ſo übernimmt man es auch mit mehr Leichtigkeit in der ernſtlichen Welt. Hat jener Fehler ſeinen Grund in einer zu groſsen Reizbar - keit der Nerven, folglich im Körper, ſo können Leibesübungen, folglich auch bewegende Spiele im Freyen, durch ihren Einfluſs auf jenen ihn oft ganz wegſchaffen, wenigſtens vermindern; ent - ſtand er durch eine zu zarte und zu iſolirte Er -25 ziehung, wobey ſich jedes Kind leicht an ei - ne gewiſſe beſtimmte Behandlung gewöhnt und jede andere ſehr übel findet und aufnimmt; ſo iſt das Spiel das vortrefflichſte und ſichtbar wirk - ſamſte Mittel. Dieſer Fehler weicht nicht der ver - nünftigen Vorſtellung und Überredung, ſondern bloſs der Übung und Erfahrung; Knaben der Art müſſen häufig aufgezogen, belacht, über ihre Empfindlichkeit beſonders von ihres Gleichen ge - tadelt und geneckt werden, nicht vorſetzlich, aber wohl durch den natürlichen Anlaſs eines Spiels.

6. Um die Herzen der Kinder zu gewinnen, ſpiele man mit ihnen; der immer ernſte, ermah - nende Ton kann wohl Hochachtung und Ehr - furcht erwecken, aber nicht ſo leicht das Herz für natürliche, unbefangene Freundſchaft und Of - fenherzigkeit aufſchlieſsen. Am offenſten iſt man immer nur gegen ſeines Gleichen; die eigen - thümliche Geſinnung der Aeltern und der höhern Claſſe machen uns zurückhaltender, darum ge - ſellt ſich Gleich ſo gern zu Gleichem. Durch Spiele nähert ſich der Erzieher der Jugend, ſie öffnet ihm ihr Herz um ſo mehr, je näher er kommt, ſie handelt freyer, wenn ſie in ihm den Geſpielen erblickt, und er findet Gelegenheit zu Erinnerungen die beym Studiren nicht ver - anlaſst werden würden. Überdem aber ſind Er - innerungen um ſo fruchtbringender je gleicherB 526an Alter und Stande der uns iſt, welcher ſie giebt. Wir hören dann in ihm die Stimme unſerer eige - nen ganzen Claſſe, darum beſſert die Ermahnung, die ein Zögling dem andern im Stillen und im Bunde der Freundſchaft und Gleichheit giebt, ge - wöhnlich mehr, als die des Lehrers; im Munde des letztern klingt ſie zu erwachſen zu alt, in dem des andern juſt jung genug, um befolgt zu werden.

7) Spiele bilden auf die mannichfaltigſte Art den Gang des menſchlichen Lebens mit einer Lebhaftigkeit im Kleinen nach, die ſich auf keinem andern Wege, durch keine andere Beſchäfftigung und Lage der Jugend errei - chen läſst. Denn nirgends iſt die Jugend in ih - ren Handlungen, in ihrem ganzen Betragen ſo wenig von Seiten der Erwachſenen beſchränkt, nirgends handelt ſie daher natürlicher, freyer und dem Gange des menſchlichen Lebens gleichlau - tender, als hier. Hier iſt eine kleine Beleidigung, Übereilung, Unbilligkeit, Pralerey, Überliſtung, die Fehlſchlagung einer Hoffnung, ein unange - nehmer Charackter, ein langſamer Kopf, ein Pin - ſel, ein Geck eine Überlegenheit an Geiſtes - und Körperkräften zu ertragen; hier iſt Anlaſs zum Schmerz und Kummer, ſo wie zur Freude und Fröhlichkeit, hier iſt Gelegenheit zur Schäz - zung der Gefälligkeit, Geſchicklichkeit, Güte27 u. ſ. w. im Nebenmenſchen. Der junge Menſch wird abgerieben, wie ein Kieſel im Bach; immer beſſer geſchieht es früher als ſpät, nur ſey der Strom nicht ganz verdorben und modrig. El - tern, die ihr eure Kinder eyländlich im kleinen häuslichen Kreiſe erzieht und ſie von der übri - gen Kinderwelt zurückhaltet, eure Meynung iſt gut, aber euer Erziehungsplan gewiſs ſehr übel berechnet; ihr ſeyd in Gefahr eigenſinnige, un - duldſame, unerfahrne, und zu empfindliche Nachkömmlinge zu haben.

8) Spiele verbreiten im jugendlichen Kreiſe Heiterkeit und Freude, Luſt und Gelächter. Wären alle Menſchen ſtets luſtig und vergnügt, ſicher würde nicht ſo viel Böſes geſchehen. Mür - riſche Laune iſt nicht die Stifterin des Guten und Angenehmen; ja ſchon ein ſtets ernſthafter Charakter iſt weniger moraliſch vollkommen, als der aus Ernſt und Scherz lieblich gemiſchte, bey gleicher Herzensreinigkeit. Die Anlage von allen dreyen wird angeboren, aber die Ausbil - dung liegt in Erziehung und in erziehenden Um - ſtänden. Immer bleibt es doch rathſam die Ju - gend in einem heitern, fröhlichen Tone zu er - halten und ſelbſt Spiele zur Beförderung deſſel - ben in die Erziehung aufzunehmen. Jemehr die Jugend, jedoch von eigentlichen Leichtſinne entfernt, ſcherzt und lacht, je mehr man ihr28 Platz läſst, ſich in ihrer natürlichen, liebenswür - digen Offenheit zu zeigen, um ſo mehr entfernt man ſie von ſtiller trauriger Verſchloſſenheit, die nirgends angenehm iſt, weil ſie ſelbſt bey der reinſten Sittlichkeit Miſstrauen einflöſst; kurz um deſto beſſer gedeihet ſie an Leib und Seele. Der heil. Bernhard, den ich oben an - führte, ſoll eben ſo wenig Erzieher ſeyn, als der heil. Baſilius, der das Lachen aller fidelen Chri - ſten für unerlaubt hielt, und damit die Zahl voll werde, die heil. Gorgonie nicht Erzieherin, weil ſie alles Lachen verabſcheuete und ſelbſt das Lächeln als eine Ausſchweifung betrachte - te*)Ihr Bruder Gregorius nazianz. lobpreiſet ſie deſshalb in ſeiner Leichenrede.. Jemehr ſie zum Lachen reitzen, ſagt Baſedow von den Spielen**)Elementarbuch 1. S. 62., deſto zweckmäſsi - ger ſind ſie. Ich wollte, daſs auch die Erwach - ſenen, ſo wohl unter den geringern als vorneh - mern Ständen mehr ſcherzten und lachten, als geſchiehet. Das Lachen iſt eine menſchliche Handlung, die ſowohl Leib als Seele übt und ſtärkt, und muſs alſo ihre Zeit haben, was auch die Blödſinnigen und gallſüchtigen Andächtler davon ſagen mögen. Er giebt ſogar einem Verleger den Rath ein Werk von 4 bis ſechs29 Alphabeten unter dem Titel: die unſchuldigen Lacher zu übernehmen.

9) Spiele ſind nöthig zur Erhaltung der Ge - ſundheit, zur Stärkung, Uebung, Abhärtung des jugendlichen Körpers. Daſs hier weder von Karten noch Würfeln und Haſardſpielen die Re - de ſey, ſondern einzig von Bewegungsſpielen im Freyen verſteht ſich von ſelbſt. Ich habe ſehr vielfältig und lange Gelegenheit gehabt, den Einfluſs dieſer Spiele, ſo wie der Leibesübungen überhaupt, auf manchen verweichlichten, furcht - ſamen, körperlich bequemen, unthätigen und ungeſchickten zu beobachten und ihn immer vortrefflich gefunden. Da ich hierüber ſchon vieles in meinem Buche über die Leibesübun - gen*)Gymnaſtick für die Jugend[enthaltend] eine praktiſche Anweiſung zu Leibesübungen. Ein Beytrag zur nöthigſten Verbeſſerung der Er - ziehung. Schnepfenthal in der Buchhandlung der Erziehungsan - ſtalt. 1793. 697 S. 8. mit Kupfern und Riſſen. 3 Rthl.[geſagt] habe: ſo fällt hier alle weitere Aus - einanderſetzung weg.

Dieſs ſey genug über den Nutzen der Spie - le, ſie haben auch ihre Nachtheile, das iſt nicht ganz zu leugnen. Plato meint, es ſey nichts ſchädlicher als den Kindern vielerley Spiele zu geben, weil ſie dadurch flatterhaft, zum Über - druſſe und zur Begierde nach Neuerungen ge -30 wöhnt werden. Ich habe das Original nicht bey der Hand*)Sondern nur Hochheimers Syſtem der griechiſchen Pädagogik I. S. 125. die Rede ſcheint mir vielmehr von Spielzeugen zu ſeyn. Dann iſt nichts wahrer**)Auch Locke erklärt ſich ganz dagegen in ſeinem 19ten Abſchnit - te, und zwar ſo vortrefflich, daſs ich ſolche Eltern bitte, dieſe Stelle zu beherzigen, welche ihre Kleinen aus Liebe mit allerley Spielſachen gleichſam überſchütten. Solche Sachen ſollten ſich die Kinder ſelbſt machen.. Es iſt indeſs nicht nöthig nach Griechenland zu gehen; ich habe ſelbſt Gelegenheit genug ge - habt den Einfluſs der Spiele auf eine Kinderge - ſellſchaft zu beobachten, die übermäſsig groſs ge - nug iſt, um ihn zu verrathen; denn eben durch die Gröſse einer ſolchen beyeinander lebenden Geſellſchaft wird der Einfluſs des Spieles ver - ſtärkt. Ich habe bemerkt, daſs bey weiten nicht alle, ſondern nur manche Kinder flatterhaft da - durch werden, dann mehr ans Spiel als an die Arbeit denken und in eine etwas zu muthwillige Stimmung gerathen. Dieſs ſind jedoch gewöhn - lich nur ſolche Knaben, deren Lebhaftigkeit oft leicht bis an Wildheit hervorſpringt. Am auf - fallendſten zeigt ſich dieſs im Frühlinge, zur Zeit wann alle Geſchöpfe in eine gewiſſe freudige Re - bellion verfallen, zur Zeit wann in Frankreich31 die Väter einer gewiſſen Congregation, die ſich vorzüglich mit Unterricht beſchäfftigte bey ihren Schulviſitationen den Rectoren zuriefen: Voila un tems orageux qui s’eleve; vos écoliers vont devenir intraitables: mettez - vous donc ſur vos gardes, armez vos bras et doublez les châtiments! Es iſt nicht bloſs wahrſcheinlich, daſs die Jahres - zeit dann mehr thut als das Spiel; eigene Beob - achtungen überzeugen hier am beſten.

Sollte denn die Jugend allein kalt bleiben, wann die Natur an der Wiedergeburt aller Ge - ſchöpfe arbeitet und aller Säfte in Wallung ge - rathen? Indeſs wenn wir auch nichts auf die Jahreszeit, alles auf die Spiele ſchieben, ſo wird ein verſtändiger Kinderfreund jene Flatterhaftigkeit theils durch Vorſtellungen, theils durch Methode zu mäſsigen willen; und überdem bleibt es auch ei - ne ſehr wahre Bemerkung, daſs ſolche lebendige Kinder häufig nur dann die gröſste Aufmerkſam - keit zum Unterrichte mitbringen, wann ihr Kör - per durch Bewegung bis zu einem gewiſſen Gra - de ermüdet iſt.

Spiele benehmen der Jugend die Luſt zu arbei - ten, ſie ſehnen ſich nach dem Spiele und ver - nachläſsigen die Arbeit. Das iſt nicht zu leugnen. Nur ein ſehr kleiner Menſchentheil arbeitet aus32 dem wahren Grundſatze der Vervollkommnung und Stiftung des Guten um ſich her; könnten die andern ihren Magen beyſeite legen, auf ihrer Oberfläche, wie Schafe, die Kleidung reprodu - ciren und in ſelbſtgewachſenen Häuſern wohnen: ſie arbeiteten wahrhaftig nichts, ſondern amuſir - ten ſich nur; denn wenn auch dem Menſchen Thä - tigkeit angeboren wurde, ſo liebt er doch nicht gleich die, welche mit trockner Anſtrengung verbunden iſt, ſondern nur die, welche ihm Ver - gnügen macht; jene gewinnt er nur erſt allen - falls durch Gewohnheit und Geläufigkeit (Rutine) lieb. Wenn Grundſatz und Nothwendigkeit die einzigen Triebfedern ſind, die Hand und Kopf der Menſchen in Action ſetzen, ſo gehören ſie auch beyde in den Plan der Jugenderziehung, weil wir für dieſe Welt erziehen. Es iſt daher nicht genug, jenen Grundſatz der Vervoll - kommnung einzuprägen, ſondern auch bare Nothwendigkeit halte den Arbeitsplan für die Ju - gend aufrecht, bleibe, ſo lange es ſeyn muſs, der Sporn ihrer Thätigkeit bis Geläufigkeit und Liebe zur Arbeit entſteht. Man hat von Spielen nichts zu beſorgen bey Kindern und Jünglingen, die von der Heiligkeit jenes Grundſatzes überzeugt ſind, nichts bey ſolchen, deren Arbeitsplan nach unabänderlichen Geſetzen feſtſteht, bey denen es Geſetz iſt: erſt Arbeit, dann Spiel. Aus dem33 bisherigen ergiebt es ſich ganz deutlich, daſs der Grund der Arbeitsſcheue nicht ſowohl in den Spielen, ſondern in einem Fehler der Erziehung liegt, der ſich auf einen[Berechnungsfehler] der na - türlichen Thätigkeit gründet.

Man hat die ſehr üble Gewohnheit, Kinder durchs Spiel zur Arbeit zu reizen: wenn du recht fleiſsig biſt, ſollſt du auch ſpielen!

Um der Spiele willen ſich anzuſtrengen, ſagt dagegen ſo gut ein ehrwürdiger Alter: und zu arbeiten, iſt thöricht und kindiſch; aber ſpie - len, um zu arbeiten, iſt recht. *)Aristor. Eth. X. 7. Σπȣδαζειν δε και πονειν παιδιμς χαριν ηλιϑιον ϕαινεται και λιαν παιδικον. παιζειν, δε ῾οπως〈…〉〈…〉 σπȣ - δαζῃ ο〈…〉〈…〉 ϑως εχειν δοκει.Es iſt unpä - dagogiſch und unverantwortlich, der Jugend den Zweck der Arbeit auf ſolche Art zu verrücken.

Was den Muthwillen beym Spiele ſelbſt be - trifft, ſo muſs die Gegenwart des Erziehers ſo viel Gewicht haben, ihn gehörig nieder zu drücken. Endlich aber bleibt es ja immer noch ein ſehr na - türliches Mittel, jedem Kinde, das, durch Ver - anlaſſung der Spiele, in jene Fehler verfällt, an - zudeuten: du kannſt nicht mitſpielen, weil das Spiel einen nachtheiligen Einfluſs auf dich hat; ſuche des Spieles Herr zu ſeyn, dann nur ſollſt du ſpielen u. ſ. w.

C34

Es giebt mehrere Arten von Spielen, Sitzen - de*)Spiele ſitzen freylich nicht, ſo wenig als Lebensart ſitzt, und doch ſagt man Sitzende Lebensart. Sitzeſpiele wäre freylich beſ - ſer, iſt aber ungewöhnlich. Bewegende, Inſtructive, Geſellſchafftsſpiele, Kar - ten - Würfel - und Haſard-Spiele. Welche Spiele ſind die beſten? welche ſoll man vorzüglich ſpielen?

Ich bin weit davon entfernt, die eigentlich ſitzenden, nämlich Würfel - und Haſardſpiele zu befördern, daſs es vielmehr bey dieſem Buche eine meiner Hauptabſichten iſt, den Geſchmack an denſelben, aus den jugendlichen Zirkeln ver - drängen zu helfen. Dieſe abſcheulichen Spiele, die weder für Körper noch Geiſt etwas leiſten, ſondern für beyde gleich ſchädlich ſind, ge - hören entweder auf die unterſte Stufe der Menſchheit, in die Hände des rohen Wilden, der nicht denken kann; oder in die des ſchwachen Verfeinerten; der nicht denken mag, ſondern nur leidend ſich vom Zufall kitzeln läſst. Beydes ſoll die gutgezogene Jugend nicht ſeyn, ſie müſſe alſo beyderley Spiele gar nicht kennen lernen. Auch die beſten Kartenſpiele gehören nicht in den Bildungsplan der Jugend. Wenn ich ſie auf der einem Seite dem Manne, deſſen Kräfte den Tag über die Handarbeiten zerbra -35 chen, am Abend nicht ganz entreiſsen mögte, ob ſich gleich weit beſſere Spiele an ihre Stelle ſetzen lieſsen: ſo bleiben ſie doch auf der andern Seite für alle die, welche nicht mit ihm im Falle des Handarbeitens ſind, verwerflich. Der Lydiſche König Atys war nach Herodot der Erfinder der meiſten altgriechiſchen Spiele. Sein Land kam in unabwendbare Hungersnoth; Noth weckt jede Kraft, bey ihm die Erfindungskraft; ſo erhielten die Spiele einen majeſtätiſchen Urſprung. Er verkürzte durch ſie ſeinem Völkchen die Zeit, welche es beym Hungern natürlicher Weiſe ſehr langweilig finden muſste. Er theilte es in zwey Theile; der erſte aſs heute, indeſs der andere ſpielte, morgen wars umgekehrt. Jederman wird mit dieſem Zuge eines königlichen Kopfs zufrieden ſeyn; wer wird aber nicht lachen, wenn er zugleich vernimt, daſs Atys auch Bewegungs - ſpiele z. E. das Ballſpiel vornehmen lieſs, das wohl bequem iſt, den Hunger zu erregen, aber nicht zu ſtillen. Im Grunde iſt doch dieſe Albernheit noch nicht ſo groſs, als eine ähnliche, wo nicht noch gröſsere, die von den kultivirteſten Claſſen der Europäer begangen wird, welche doch wohl einſichtsvoller ſeyn ſollten, als weyland König Atys zwey und ein halb Jahrhundert vor dem Trojaniſchen Kriege? Was würde denn wohl die - ſer ſagen, wenn er von ihnen hörte, daſs ſieC 236ſich, nach ſitzenden Kopfarbeiten an ſitzenden, den Kopf eben ſo ſehr angreifenden, und die fa - talſten Leidenſchaften erregenden Spielen erho - len wollen, daſs ſie in ihren Geſellſchaften, vor und nach dem Eſſen an den Spieltiſchen ſtunden - lang halb ſtumm wie angenagelt zubringen. Weh dir o Jugend, wenn du dich nach dieſer lächerli - chen Sitte richteſt, es wäre faſt beſſer, du ſpiel - teſt unter König Atys lieber bis zum Hungersto - de, als hier bis zur Verderbung deines noch ge - ſunden Geiſtes und Körpers. Im Charakter ei - ner Nation müſste es für jeden Verſtändigen ein ſehr ſchätzenswerther Zug ſeyn, wenn ſie jene Spiele, wo nicht durchaus verſchmähete, doch weit minder begünſtigte, als geſunde Uebungs - und andere unſchuldige Spiele. Wie ſchlecht kleidet es Herkules, wenn er das Symbol ſei - ner Stärke die Keule verwirft, das Spiel ſeiner rüſtigen Muſkeln hemmt und weibiſch am Spinn - rocken tändelt. Ihm gleichen die ſogenannten edlern Volksklaſſen, die urſprünglich ſtark und tapfer im Schoſse der Weichlichkeit ihre Kräfte, ſo wie ihre Waffen verroſten lieſsen. Sitzende, beſonders Karten - und Haſardſpiele haben hier - auf ſeit langer Zeit einen unglaublichen Einfluſs gehabt. Ich entlaſſe ſie hier auf immer, indem ich ihnen zum Abſchiede den Vers in den Mund lege37 Initio furiis ego ſum tribus addita quarta.

Jetzt bleiben uns, in Rückſicht der obigen Fra - ge, noch eine ganze Menge verſchiedenartiger Spiele übrig. Manche von ihnen ſind vorzüglich auf Übung des Körpers, andere auf Übung des Geiſtes, entweder ganz allein bey völliger Ruhe des Körpers abgezweckt, oder ſie laſſen bald mehr bald weniger Bewegung des Körpers zu. Die Entſcheidung jener Fragen wird ſich am beſten aus dem Zwecke des Spielens überhaupt erge - ben. Warum ſpielt man? Der Zweck iſt immer

  • a) Unterhaltung gegen Langeweile oder
  • b) Gewinn oder
  • c) Erholung von Arbeit.

a) Wer Langeweile empfindet, ſucht ſich zu unterhalten. Hat er bloſs dieſen einzigen Zweck, ſo ſind alle Arten der Spiele gleich gut, für die ſein Geſchmack, im Vertrage mit Zeit und Ort, entſcheidet. Hier iſt mithin gar kein Maſs - ſtab zur allgemeinen Entſcheidung. Uberdem aber gehöret Langeweile nicht in das Leben des thätigen Menſchen und eben ſo wenig in die Er - ziehung.

b) Vom Gewinn iſt hier eben ſo wenig die Rede als von Eroberung der Haſelnüſſe und Man - deln; aber der Gewinn an Geiſtesvervollkomm - nung an Bildung und Stärkung des Körpers kommt hier ſchon mehr in Betrachtung; denn dasC 338Leben iſt kurz und die Reihe der Glieder in der Kette der Ausbildung lang. Allein zur Entſchei - dung der obigen Frage kann dieſs wenig bey - tragen, denn alle an ſich guten Spiele, ſowohl die ſitzenden als bewegenden, gewähren dieſen Vortheil und für die Anwendung der verſchiede - nen Spielarten wird dadurch nichts entſchieden.

c) Erholung iſt der rechtmäſsigſte Zweck bey allem Spiel. Nach ihm wird die Entſcheidung der obigen Frage äuſserſt leicht. Erholung iſt Bedürfniſs, ſo wie Schlaf. Sie gründet ſich immer auf Abwechſelung der Beſchäfftigungen. Dieſe ſind hauptſächlich von zweyerley Art geiſtig und kör - perlich. Wäre der menſchlichen Natur, beſonders der Jugend ſtete ernſte Beſchäfftigung erträglich: ſo würde in der Abwechslung geiſtiger und kör - perlicher Arbeiten ſchon die vollkommenſte Er - holung liegen. Allein ſie will auch Abwechſe - lung zwiſchen Ernſt und Scherz, weil hierdurch die Erholung zu einem weit höhern Grade geſtei - gert wird. Aus dieſem natürlichen Geſetze der Abwechſelung flieſst die Beantwortung der obi - gen Fragen; alle Spielarten ſowohl die ſitzenden als bewegenden ſind an ſich gleich gut, ſo wie ſich dieſs auch ſchon aus a und b ergab. Ihre An - wendung beruht auf den[vorhergegangenen] ern - ſten Beſchäfftigungen; waren dieſe geiſtig, ſo ſey das Spiel körperlich und ſo umgekehrt. Dieſer Grundſatz39 iſt ſo einleuchtend, daſs ſich ſchwerlich etwas gründliches dagegen einwenden läſst. Sitzende Spiele gehören folglich hauptſächlich nur denen zu, die wenig mit dem Geiſte, alles mit dem Kör - per unter viel Bewegung arbeiten; bewegende dem ruhigen, ſitzenden Handarbeiter, ſo wie dem Freunde der Wiſſenſchaften und Künſte. Aber Dank ſey es unſerer widernatürlichen Lebensart unſre Gelehrten, Künſtler, unſre Vornehmen, kurz die, welche in China lange Nägel tragen würden, ſpielen wie Krieger, Fechter und Pflü - ger; vom Schreibtiſche gehts zum Schach, aus dem Kabinette oder vom langen Gaſtmale zur Karte.

Die geiſtige Ausbildung bleibt bey der Er - ziehung das Hauptwerk, weil der Geiſt eigent - lich den Menſchen macht. Man habe Nachſicht mit dieſem ſehr bekannten aber hier ſehr brauch - baren Gedanken. Muſs man die Wahrheit deſ - ſelben anerkennen, ſo ſollte geiſtige Ausbildung, nach Maaſsgabe des zu bildenden Gegenſtandes, immer mit Ernſt getrieben, nie zum Spiele ge - macht werden, um dadurch Erholung für Arbei - ten des Geiſtes zu verſchaffen; einmal, weil die - ſe Erholung nicht ächt iſt, zweytens weil man dadurch aus der natürlichen Ordnung heraus tritt und dem Körper in ſeine Rechte fällt; je we - niger dieſer aber noch ausgebildet iſt, um deſtoC 440mehr ſollte man auf ſeine Rechte halten. Be - wegende Spiele ſind folglich für die Jugend zur Erholung ihres noch ſchwachen Geiſtes die zweckmäſsigſten und vorzüglichſten. Allein die - ſer an ſich wahre Satz leidet doch ſehr häufige Ausnahmen, die durch Zeit, Ort und Umſtän - de veranlaſst werden. Die Jugend ſitzt nicht im - mer, ſie hat oft den Tag über hinlängliche Be - wegung gehabt, Zeit und Ort verbieten Bewe - gungsſpiele, dann ſind alle andere Arten zweck - mäſsig.

Man findet in dieſem Buche eine groſse Men - ge Spiele; eine noch gröſsere habe ich verwor - fen. Ich bin meinen Leſern Rechenſchaft ſchul - dig, dieſe will ich jetzt geben, indem ich meine Gedanken über die nöthigen Eigenſchaften der Spiele überhaupt darlege.

Wir überlaſſen den frivolen Geſellſchaften der Erwachſenen alle Spiele, die mit Zweydeu - tigkeiten, Anſpielungen auf Liebe, Küſſen u. ſ. w. gewürzt ſind. Die Jugend ſpiele nur unſchuldig, nichts ſchmückt ſie ſo ſehr, als Unſchuld.

Kein Spiel für ſie ſey unehrbar, führe etwas Un - ſittliches mit ſich; doch ſetze ich hinzu, daſs in mei - ner Moral für Kinder Lachen, Lermen, lautes Rufen, Laufen und Springen am rechten Orte und zur rechten Zeit, nicht zu den Unſittlichkei - ten gehören.

41

Kein Spiel enthalte etwas gegen das Gefühl des Edlen und Schönen, wenn es auch nicht zur Verſtärkung dieſes Gefühls beyträgt. Ich hoffe, man ſoll hier kein Spiel der Art finden. Hinein tragen kann man freylich jede Unſittlichkeit, das wird nicht meine Schuld ſeyn, ſondern die des Tones der Geſellſchaft. Knaben ſpielen oft Dieb, ſie verurtheilen und hängen, das iſt häſslich und thraciſch roh wie die Anchonä.

Ein Spiel kann kindiſch ſeyn, das iſt kein Feh - ler, wenn es für Kinder iſt; aber ein Spiel kann nach dem feinen Tone ehrbar, oder angemeſſener geſprochen, reizend und ſchön ſeyn, und iſt für Kinder noch unehrbarer als für Erwachſene. Dieſs ſey meine kurze Schutzrede für kleine Tän - deleyen, die man hier und dort finden wird.

Gefährliche Spiele taugen nichts, denn mit Ge - ſundheit und Leben iſt kein Scherzen. Ich habe daher manches Spiel, das durch ſeine Neuheit gefallen haben würde, unterdrückt. Doch gebe ich noch zu bedenken, daſs gefährlich ein ſehr be - ziehender (relativer) Begriff ſey; man iſt ſelbſt im Sofa nicht ſicher.

Kein Spiel ſey endlich leer von allem Gehal - te, von allem Nutzen; Niemand handelt gern ohne Abſicht. Spiele müſſen daher Uebungen ſeyn, die für die Jugend (für die Alten auch) auf irgend eine Art vortheilhaft ſind. Sie müſſen denC 542Körper bald mehr bald minder bewegen und ſeine Geſundheit befördern, es geſchehe nun durch Lau - fen, Springen u. ſ. w. oder durch fröhliches La - chen und ſanftere Bewegung. Sie müſſen Schnellig - keit, Kraft und Biegſamkeit in die Glieder brin - gen, den Körper bald zufällig, bald abſichtlich gegen Schmerz abhärten und bald dieſen, bald je - nen Sinn in lebhafte Thätigkeit ſetzen. Sie müſ - ſen für die Jugend unterhaltend ſeyn, bald ihre Erwartung, bald ihre Ehrliebe, bald ihre Thä - tigkeit ſpannen, bald ihre zu groſse Empfind - lichkeit abſtumpfen, ihre Geduld prüfen, ihre Beſonnenheit und ihren jugendlichen Muth ge - wiſſermaſsen auf die Probe ſtellen. Sie ſeyen endlich Übungen für Beobachtungsgeiſt, Ge - dächtniſs, Aufmerkſamkeit, Phantaſie, Verſtand u. ſ. w.

Wir haben kein Spiel, daſs dieſen vielſagen - den Forderungen allein und vollkommen Gnü - ge leiſtet, aber doch viele, die ſich dieſem Bilde ſehr nähern, wenigſtens bald dieſer bald jener Forderung entſprechen.

Der menſchliche Geiſt iſt in Spielen ſehr ſinn - reich, denn ſagt Leibnitz: il ſ’y trouve à ſon aiſe. Das iſt eine groſse Lobrede auf die Spiele in wenig Worten. Die Zahl der Spiele iſt wirklich Legion. 43Jener groſse Mann bringt[ſie] unter drey Claſ - ſen, er theilt ſie a) in ſolche, die bloſs auf Zahlen beruhen, b) bey denen es noch auf eine beſtimmte Lage der Dinge ankommt, ( entre encore la ſituation ) und c) in be - wegende*)In einem Briefe an den Mathematiker Remond. Oevres Tome 5. p. 28.. Mir gefällt dieſe Abtheilung nicht, theils weil ſie nicht alle Spiele umfaſst, theils, weil ſie bloſs nach dem Materiale des Spiels gemacht iſt, welches bey den Spielen bey wei - ten nicht die Hauptſache iſt. Nach der ge - wöhnlichen Claſſification zerlegt man die Spie - le in ſitzende **) und bewegende, das iſt gut, wenn man aber ferner von Geſellſchafts, belehrenden und Haſardſpielen redet, ſo iſt hier nichts als Ver - wirrung der Begriffe.

Die einzige richtige Abtheilung der Spiele, muſs, ſo ſcheint es mir, von ihrem Hauptprin - cipe, nämlich von der Thätigkeit hergenommen werden, indem man ſie nach den verſchiedenar - tigen Aeuſerungen derſelben ordnet. Im Körper iſt nicht der Quell der Thätigkeit, daher giebt es gar keine reine Körperſpiele, man müſste denn paſſive Bewegungen des[Körpers] dafür anneh - men; ſondern allein im Geiſte. Eben daher ſind44 alle bewegenden Spiele mit Uebungen der Geiſtes - kräfte verbunden. Allein der Trieb zur Thätigkeit äuſert ſich oft mehr durch den Körper, daher körperliche oder Bewegungsſpiele;[oft] mehr und oft ganz allein durch geiſtige Kräfte, daher Spiele des Geiſtes, die man ſitzende, beſſer Ruheſpiele nennt,[weil] der Körper dabey weniger, gleichſam nur beyläufig oder auch gar nicht in Bewegung ge - ſetzt wird. So entſtehen zwey Klaſſen der Spie - le. Eine[ſcharfabſchneidende] Theilungslinie, die durch die Natur der Sache ſelbſt ſich zöge, ſcheint beym erſten Anblicke zwiſchen beyden Klaſſen nicht Statt zu finden, ſie iſt aber allerdings da zwiſchen dem gröſsten Theile der Spiele. Nur bey manchen hält es ſchwerer, ihre Claſſifi - cation zu entſcheiden. Bey dieſen, ſo wie über - all, unterſuche man den Werth der Uebung, die ſie auf der einen Seite für den Körper, auf der an - dern für den Geiſt gewähren. Iſt jene bedeuten - der als dieſe, ſo gehören ſie unter die Bewe - gungsſpiele und ſo umgekehrt. So iſt z. E. das Spiel, der König iſt nicht zu Hauſe mit körperli - cher Bewegung verbunden, allein die Uebung der Aufmerkſamkeit iſt doch überwiegender und bedeutender als die wenige Bewegung im Zim - mer, ich rechne es daher zu den Ruheſpielen; ſo bald aber daſſelbe Spiel, unter dem Namen der Bildhauer iſt fort, im Freyen getrieben, mit45 mancherley Körperſtellungen, auch mit Laufen und Springen verbunden wird: ſo hat die Kör - perbewegung hier mehr Werth als die Uebung der Aufmerkſamkeit, folglich gehört es dann un - ter die Bewegungsſpiele.

Die Thätigkeit des Geiſtes, die ohne Ausnah - me bey allen Spielen ſtatt findet, wirkt durch die verſchiedenen Erkenntniſskräfte, bald durch die Phantaſie, bald durch das Gedächtniſs, bald durch den Witz u. ſ. w. Wenn auch dieſe Kräfte in ih - ren Aeuſerungen nie völlig getrennt erſcheinen, ſondern, wie die Theile einer Maſchine, immer in einer gewiſſen Verbindung wirken: ſo zeigt ſich doch bald dieſe bald jene allein, oder mit ei - ner andern gemeinſchaftlich vorzüglich wirk - ſam. Hierdurch entſtehen die verſchiedenen Ord - nungen der Spiele, nämlich:

  • 1 Spiele des Beobachtungsgeiſtes und des ſinnlichen Beurtheilungsvermögens
  • 2 der Aufmerkſamkeit.
  • 3 des Gedächtniſſes.
  • 4 der Phantaſie und des Witzes.
  • 5 des Verſtandes und der höhern Beur - theilungskraft.
  • 6 des Geſchmacks.

Endlich iſt bey einem Syſteme der Spiele wegen der Methode im Vortrage noch Rück - ſicht zu nehmen auf das Materiale dieſes be -46 ſteht in Kugeln, Bällen, Scheiben, u. ſ. w. oft ſelbſt in den ſpielenden Perſonen. Hierdurch entſtehen die verſchiedenen Arten der Spiele, als Ballſpiele, Kugelſpiele, Scheibenſpiele und Geſell - ſchafftsſpiele, zu welchen letztern alle diejenigen gehören, bey denen die Perſonen ſelbſt das Ma - teriale ausmachen.

[47]

Erſte Claſſe Bewegungsſpiele.

[48] (SENECA. )
Indulgendum est animo, dandum ſubinde etium, quod alimen - ti et virium loco ſit; et in ambulationibus apertis vagandum, ut coelo libero et multo ſpiritu augeat attollatque ſe animus de tranquill. animi.

das iſt

Dem Geiſte gebühret Nachſicht und öſtere Muſse zur Nahrung und Stärkung; ſtreif im Freyen umher, daſs er unter offenem Himmel durch freyes Athmen ſich ſtärk und erhebe.

[49]

A. Spiele des Beobachtungsgeiſtes und des ſinnlichen Beurtheilungsvermögens.

Zu dieſer Ordnung gehören die meiſten Arten der Bewegungsſpiele. Der Beobachtungsgeiſt be - ſchäfftiget ſich mit den Eindrücken, welche die Sinne ihm zuführen; er iſt die Kraft der Seele, ſie genau zu betrachten, ihr Mannigfaltiges, ih - re Aehnlichheit, ihre Verſchiedenheit auch bis ins Unmerkliche zu verfolgen, zu vergleichen. Bewegungsſpiele ſind ganz dazu geeignet, ihn ſtets zu beſchäfftigen, weil ſie auf ſinnliche Ein - drücke berechnet ſind, nach deren richtiger Vor - ſtellung und Beurtheilung ſich der Spieler in ſei - ner Action richten muſs; daher die Abſtraction von allen Eindrücken, die nicht zur Sache gehö - ren und die geſpannte Aufmerkſamkeit auf die entgegengeſetzten. Das Beurtheilungsvermö - gen äuſert ſich gröſstentheils nur im Betreff der ſinnlichen Eindrücke, es vergleicht und miſst unaufhörlich Richtungen, Entfernungen, Töne, Gefühle, Schwere des Spielmaterials und Ver -D50hältniſſe der Spieler ſelbſt. So muſs das Aufſtei - gen eines Balles genau beobachtet, der Bogen deſſelben gemeſſen werden, wenn man ihn fan - gen will; ſo muſs die Richtung der Billardku - geln zu dieſem oder jenem Loche genau bemerkt, die Kraft des Stoſses nach den Entfernungen be - urtheilt, d. i. abgemeſſen werden u. ſ. w. Be - wegende Spiele ſind daher kein bloſses Durch - ſchütteln des Körpers, ſondern ſtets in einem ho - hen Grade verbunden, mit Uebungen der un - tern Erkenntniſskräfte. Man redet und denkt daher von ihnen viel zu eingeſchränkt, wenn man ſie bloſs körperliche Spiele nennt und keinen andern Nutzen von ihnen anerkennt, als Bewe - gung des Körpers. Ich rechne zu dieſer Ord - nung die folgenden Gattungen und Arten.

a) Ballſpiele.

Bey Griechen und Römern war das Ballſpiel eines der beliebteſten Spiele. Lacedaemon, Si - cyon und Lydien ſtritten ſich um ſeine Erfindung. Die Griechen hatten in ihren Gymnaſien einen beſondern Platz (Σϕαιρηςηριον) zum Ballſpiel und beſondere Ballmeiſter dafür. Ja der Carier Ari - ſtonicus, Ballſpieler des weyland groſsen Alexan - ders, erhielt von den Athenern nicht nur das Bürgerrecht, ſondern ſogar eine Statüe. Bey den Römern ſpielten es die angeſehenſten Per - ſonen. Jedermann hat wenigſtens von den gro -51 ſsen nun leider verſchloſſenen Ballhäuſern der neuern Europäer gehört, und in Italien ſieht man noch Leute vom Stande auf öffentlichen Plätzen Ballon ſchlagen. So iſt das Ballſpiel von jeher geſchätzt, bis ihm die Kartenkönige den Krieg ankündigten. Die Alten ſchätzten es auch be - ſonders in diätetiſcher Hinſicht. Die Sinnbilder an der Bildſäule des Arztes Herophilus beſtanden in gymnaſtiſchen Inſtrumenten und darunter war auch der Ball; Galens Buch vom kleinen Balle enthält eine ſehr warme Lobrede auf dieſes Spiel, die auch noch auf unſere jugendlichen Ballſpiele paſst. Mercurialis zählt vier griechiſche und eben ſo viel römiſche Hauptarten des Ballſpiels (μεγα - λην, μικραν, κενην σϕαιραν und den etwas gewaltſam herbey gezogenen κωρυκον) den groſsen und kleinen mit mehrern Unterarten, den leeren mit Luft ge - füllten und den Korykus; ferner bey den - mern war der follis unſer Ballon, der trigonalis ein kleiner Ball zum Zuwerfen und Fangen, der pa - ganica von Leder mit Federn geſtopft und der Harpaſtum. Anſchauliche Begriffe von ihren Spielarten fehlen uns, aber ohne Zweifel iſt in unſern jetzigen Ballſpielen noch viel Klaſſiſches, ohne daſs wir es wiſſen, ſo wie der Korykus, ein Gefecht mit einem von der Decke herabhängen - den Sacke, der mit Feigenkernen, Mehl oder Sande gefüllt war, noch jetzt in China üblich iſt.

D 252

1. Das Ballonſpiel. (Jl Giuoco del Ballon groſſo.)

In Italien iſt das Ballonſpiel zum Nationalſpiel geworden, und wahrſcheinlich mögte man es wohl nirgends in der Vollkommenheit ſpielen, als dort, wo es in den drey ſchönen Jahrszeiten das Lieblingsſpiel in allen Städten iſt. Hier for - dern ſich die vornehmſten Spieler verſchiedener Städte oft auf 50 Stunden weit heraus, für einen beſtimmten Preis, oder bloſs aus Ruhmbegierde mit einander zu ſpielen. Die Bürger nehmen den lebhafteſten Antheil, unzähliges Volk ver - ſammelt ſich hinter den Mauern der Stadt, wo man gewöhnlich ſpielt, und ſitzt auf Gerüſten ſtufenweiſe umher, um dieſe nationelle Feyer - lichkeit mit anzuſehn. Man ſchreyet ſeinen Spie - lern Muth zu: bravi, braviſſimi e viva, man klatſcht Beyfall, man wettet dabey. Hier ſieht man Edel - leute und Perſonen von Charakter öffentlich mit jedem Handwerksmann ſpielen, der geſchickt darin iſt und der fertige Spieler kann ſich dadurch durch halb Italien berühmt machen. Ich werde daher bey der Beſchreibung dieſes Spiels das ganz benutzen, was Bareti und Jagemann davon er - zählen.

53

Was ein Ballon ſey, weiſs bey uns Jedermann, ich will alſo nur erinnern, daſs man eine recht runde Blaſe wählen müſſe, damit der lederne Ueberzug nicht länglicht auseinander getrieben werde. Das Schlagen dieſes Balls geſchieht bey uns mit der Fauſt, die bloſs mit einem ledernen Handſchuhe bekleidet wird; da aber die Fauſt ein ganz irregulärer Körper iſt: ſo können die Schläge nicht die regelmäſsige Richtung erhal - ten, die das Spiel erfordert; ferner kann die Hand leicht Schaden nehmen, und es iſt nichts ungewöhnliches, daſs man ſich einen Finger auf einige Zeit lähmt. In beyden liegt vielleicht die Urſache, daſs die Italiener den Arm mit einer hölzernen Schiene bewaffnen, welche ſie Braccia - le nennen. Dieſes Inſtrument hat einige Aehn - lichkeit mit einem Muffe. Der Spieler ſteckt die Hand faſt bis an den Ellenbogen hinein und hält es an einem Pflocke feſt, der inwendig im Braccia - le in die Quere befeſtigt iſt. Aeuſserlich iſt das In - ſtrument über und über wie ein Igel mit kurzen ſpitzigen Hölzern verſehen, die viereckigt ge - ſchnitten ſind.

Man ſpielt am liebſten an einer hohen Mauer oder langen Reihe von Gebäuden. Zum voll - kommenen Spiele müſſen wenigſtens 6 Spieler ſeyn, 3 auf jeder Parthey; gemeiniglich aber istD 354die Zahl der Spieler 12, ſo daſs jede Parthey aus 6 beſteht.

Anfangs iſt der Mittelpunkt der Spielbahn die Gränzſcheidung der beyden Partheyen, in der Folge aber jede Linie, welche dieſen Punkt durch - ſchneidet; denn ſo wie ſich die beyden Par - theyen in den Umkreiſen des Platzes herumtrei - ben, ſo muſs ſich jene Gränzlinie mit herum - drehen.

Beym Anfange des Spieles wird der Ballon den Spielern von einer dazu beſtimmten Perſon vorgeworfen und von dieſem Augenblicke kömmt es darauf an, ihn aus ſeinem Felde in das der Gegenparthey zu ſchlagen. Dieſs wird ſo lange fortgeſetzt, bis er zur Erde fällt und liegen bleibt, dann verliert die Parthey, auf deren Fel - de er liegt, weniger oder mehr Punkte (points), je nachdem er mehr oder minder weit in daſſel - be hineingetrieben iſt. Dieſs kann jede Geſell - ſchaft bey uns leicht ausmachen; ſie kann ent - weder überhaupt nur für das Liegenbleiben im Felde der Gegner Points zählen, ohne auf die Weite zu ſehn, in welcher er von der Gränzli - nie liegt, oder wirklich die Entfernung meſſen und für jede 10 Schuh einen Point mehr rech - nen. Streift der Ballon eine Perſon, ſo wird ſie um einen Punkt geſtraft. Man ſpielt gewöhn - lich bis zu 60 Punkten.

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Dieſes Spiel hat faſt alles, was zu einer guten körperlichen Uebung gehört. Es gewährt viel Vergnügen, giebt dem Körper viel Bewegung im Freyen und befördert ſeine Geſundheit und Schnelligkeit; es übt und ſtärkt den Arm, ſo wie das Augenmaaſs, zumal wenn man ſich auf wirkli - che Meſſungen der Weiten einläſst, auf welcher der Ballon im Felde der Gegner liegt. Nichts iſt hier natürlicher, als vor der Meſſung erſt zu ſchätzen. Dadurch bekommt die Jugend aber bald das Maaſs von 10 Schuhen als fixirtes Maaſs in den Kopf, und das iſt allerdings ſehr nützlich. Auf die obige Art verdient das Spiel alle Em - pfehlung unter der Jugend; nur muſs ſie es nicht auf die bey uns gewöhnliche Art ſpielen, wo man ſich ohne Partheyen in einem Kreis ſtellt, den Ballon ſchlägt, ohne weiter einen Zweck zu ha - ben, als ihn in der Luft zu erhalten, und wo jeder ſucht, ihn zum ſchlagen recht oft für ſich zu bekommen und zu behalten.

Das in England gewöhnliche Foodball iſt auch ein Ballonſpiel, wobey der Ball bloſs mit den Füſsen geſchlagen wird, ſo wie beym Giuoco del Calcio der Italiener, die es aber nur bey groſsen Freudenfeſten ſpielen.

Schon bey den alten Griechen findet man das Ballonſpiel unter der Benennung Επισκυρος und Επι -D 456κοινος*)Bulengerus leitet den Namen von der Linie ab, die zwiſchen den beyden ſpielenden Partheyen gezogen wurde und Σκυρος hieſs. Daſſelbe Spiel hieſs auch Σφαιρομαχια deſswegen, weil es nach gewiſſen Regeln mit Fauſtkampf verbunden war. Dann muſs man es nicht mit der wirklichen Sphaeromachie verwechſeln, wobey die Fauſtkämpfer ſtatt der Caeſtus Metallkugeln in die Hän - de nahmen. Daſs aber die Sphäromachie mit dem Epiſcyrus einer - ley geweſen ſey, ſagt Pollux Lib. 9. εξεςι δε και Σϕαιρομα - χιαν ειπειν την επισκυροττης σϕαιρας παιδ ιαν. Es führte auch den Nahmen des Harpaſtonſpiels von dem Balle (ἁρπαςον) mit welchem es geſpielt wurde. Mercurialis iſt aber anderer Meinung, er rechnet den Harpaſton zu der kleinen Ballart. und bey den Römern war es ebenfalls ſehr gewöhnlich. Von ihnen verbreitete es ſich, als ein klaſſiſches Spiel, über den gröſten Theil von Europa und iſt noch überall bekant. Bey den Alten theilte ſich die Geſellſchaft in 2 Partheyen und dieſe ſtellten ſich gleichweit von einer Linie (σκυρος) die mitten durchgezogen wurde. Im Rücken der Partheyen wurde wieder eine Linie gezogen und beym Spielen kam es dann darauf an, den Ball in das Gebiet der Gegner zu ſchla - gen, vermittelſt der Hände und Füſse. Hier - bey kam es zu heftigen Stöſsen und Schlägen, ſo wie beym engliſchen Food-ball, wo jeder den ſchlägt, welcher den Ballon mit den Händen aufhebt. Daher der Nahme Sphäromachie. **)Bulengerus de lud. Vet. in Gronov. Theſaur. antiq. graec. Tom. VII.

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2. Das deutſche Ballſpiel.

Dieſes noch nirgends bearbeitete Spiel ver - dient ganz vorzüglich eine genaue Beſchrei - bung. Unterhaltend zu ſeyn, iſt hier mein Zweck nicht; man ſuche dieſe trocknen Sa - chen zu verſtehen, die Unterhaltung liegt in der Praxis.

Spielplatz. (Zeichnung 1.) Man bezeichne auf ebenem Raſen den Anfangs und Endpunkt X und Y der Spielbahn, etwa 30 bis 40 Schritte von einander, ſo iſt die Vorbereitung fertig; will man aber genauer ſeyn, ſo werden die bey - den Linien A B und C D etwa 30 Schritt lang mit einem Stabe in den Boden geriſſen und ihre Enden ſo wie auch die Stellen 4 und 5 mit Stä - ben bezeichnet. Hierdurch wird auch zugleich die Breite der Spielbahn beſtimmet.

Die Linie A B heiſt das Schlag - C D aber das Fangemal.

Ball. Man macht ihn von ſehr haltbarem wol - lenen Garne, ohne alle Zuthat, ſo feſt und rund als möglich gewickelt, und mit durchnäſſten**)p. 913 und 14 und Sabbathier in ſeinen Exercices du Corps chez les Anciens Tom. I. p. 114 beſchreiben dieſes Spiel.58 weiſsem oder Däniſchen Handſchuhleder, ſo ſtraff als möglich überzogen. Dieſer Ueberzug wird nicht aus mehreren Stücken zuſammengeſetzt, ſondern man nimmt dazu nur ein einziges, das beym Nähen nach und nach durch die Schere in 2 runde Klappen geſchnitten wird, die durch eine Nath vereinigt werden, welche nicht ganz um den Ball geht. Ein guter Ball von 2 Zoll Leipz. im Durchmeſſer ſpringt, ſtark niedergewor - fen 25 Fuſs hoch und iſt neu faſt wie Gummi elaſticum. Auch erhält man ſehr elaſtiſche Bäl - le, wenn man das locker gewickelte Garn ſo lan - ge in Waſſer legt bis es untergeht, dann den Ball davon[äuſserſt] feſt wickelt, ihm flüchtig einen Ueberzug von Papier giebt, welches man mit Bindfaden darum bindet und dann dieſen Knaul im Backofen ſo lange bäckt, bis das Papier dun - kelgelb geſengt iſt. Hierauf wird nach abgemach - ten Papier dem Knaul der obige Ueberzug gege - ben. Die Bälle für die Ballhäuſer werden von kleinen Stückchen wollenen Zeug gewickelt, mit weichem Bindfaden regelmäſsig umwunden und mit weiſsem Tuche überzogen. Die erſte Art halte ich für die beſte zu dieſem Spiele.

Ballſtock (Racquette). Man hat Unrecht ein breites Holz dazu zu nehmen; denn es wider - ſetzt ſich der Luft und man kann daher nie ſo ſtarke Schläge thun, als mit einem völlig run -59 den, nach dem Griffende zu etwas verjüngten Stocke, der von einem jungen Fichtenſtämm - chen gemacht iſt. Nur mit ſolchen iſt man im Stande den Ball 80 bis 100′ hoch und bis an 100 Schritt weit zu ſchlagen. Das Griffende wird, um das Ausfliegen zu vermeiden, da, wo die Hand es umſpannt, etwas ausgeſchnitten, ſo daſs am Ende ein kleiner Knopf ſtehen bleibt. Dieſe dünne geſchnittene Stelle umwickele man entweder mit Bindfaden und überſtreiche ihn ein Paarmal mit Leim, der nach dem Trocknen die nur wenig gefeuchteten Hände ſtark anhält, oder man verſehe den Stab mit einem Riemen, durch welchen die Hand beym Anfaſſen greift.

Spiel. Auf unſerm Platze verſammelt ſich eine Geſellſchaft von 8, 10, 12 und mehrern Perſonen. klein und groſs durch einander. Frey - lich wird das Spiel weit angenehmer, wenn alle Fertigkeit darin haben. Die zwey geſchickte - ſten Spieler werden zu Anführern angenommen, und dieſe haben die Anordnung des Spiels zu beſorgen, kleine Streitigkeiten zu ſchlichten u. ſ. w. Ihr erſtes Geſchäfft iſt es, die Geſellſchaft in zwey Partheyen zu theilen, die ſich in Spiel - fertigkeit ziemlich gleich ſind. Dieſs geſchieht nach Anhang I. Sind ſo beyde Partheyen ge - macht, ſo muſs nun noch durch den Wurf ei - nes Geldſtückes (Anhang I. 2.) entſchieden60 werden, welche von beyden die Herrſchende und welche die Dienende ſeyn, das heiſst, welche das Recht haben ſoll, den Ball zu ſchlagen, oder auf - zuwarten. Hierauf nimmt das Spiel ſelbſt ſeinen Anfang. Beyde Partheyen ſind unaufhörlich gegen einander in Arbeit; die Herrſchende ſucht ſtets herrſchend zu bleiben, und die Dienende jener den Schlag abzugewinnen. Dieſs iſt der Hauptinhalt des Spiels; ich will ihn jetzt erſt in Rückſicht auf jede Parthey etwas mehr entwik - keln und dann die Regeln deſſelben nachholen.

1. Beſchäfftigung der dienenden Parthey. Wir nehmen hier 6 Perſonen für jede Parthey an. Der Anführer ſtellt ſich und ſeine Gefährten beym Anfange des Spiels oder, nachdem ſeine Parthey den Schlag verloren hat, jedesmal vom Neuen in die Plätze 1. 2. 3. 4. 5. 6. die be - ſten in 1. 2. 3. 6 ; denn die Seitenplätze können allenfalls weniger gut beſetzt ſeyn. 1 und 2 müſſen gut werfen, 3 und 6 den Ball gut fangen können.

Die Perſon in 1 heiſst der Aufwerfer; er muſs jedem Schläger den Ball zum Fortſchlagen auf - werfen. Zu dieſem Ende ſtellt er ſich 2 Schrit - te vor dem Schläger, der in E iſt, und wirft den Ball in der Mitte zwiſchen ſich und jenem per - pendiculär etwas über die Kopfhöhe aufwärts. Indem der Ball wieder zurückfällt, muſs ihn der61 Schläger aus der Luft fortſchlagen. Alle übri - gen Dienenden in 2. 3. 4. 5. 6. müſſen der herr - ſchenden Parthey den Ball immer ſchnell ins Schlagmal ſchaffen, folglich beſtändig bald links, bald rechts, bald rückwärts, bald vorwärts laufen und ſpringen, um den Ball zu erhaſchen, und dem Aufwerfer zu zuwerfen. Alles das muſs ſehr ſchnell und flink von ſtatten gehen, jeder muſs da - her richtig zuwerfen und fangen können, links, rechts, mit beyden Händen und in aller - ley Lagen des Körpers ſelbſt im vollen Lau - fen. Der Körper gewinnt bey dieſem[Geſchäff - te] nach und nach ſehr viel an Fertigkeit, Bieg - ſamkeit und Stärke.

Unter der Verrichtung dieſer Dienſte iſt es aber die Hauptabſicht der dienenden Claſſe, ſich vom Dienſte zu befreyen, d. i. den Schlag zu ge - winnen. Dieſs kann geſchehen a) wenn ein Die - nender den geſchlagenen Ball aus der Luft fängt. b) Wenn er nach einem Schläger, der von X nach Y oder zurückläuft, mit dem Balle wirft und ihn trifft. c) Wenn er den Ball in das Schlag - mal X zu der Zeit ſchaffen kann, wann daſelbſt kein Schläger gegenwärtig iſt. Die beyden letzten Fälle werden in der Folge deutlich werden.

2. Geſchäfft der herrſchenden Parthey. Sie genieſst das Vergnügen den Ball zu ſchlagen; aber jeder62 Schlag muſs von jedem Schläger erſt dadurch er - kauft werden, daſs dieſer aus dem Schlagmale X nach dem Fangmale Y hin und zurückläuft.

Da er dieſs aber nicht kann, ſo lange der Ball in den Händen irgend eines Dienenden iſt, der ihn beym Laufen damit zu werfen ſucht: ſo muſs er entweder ſelbſt den Ball fortſchlagen, oder wenn er ihn verfehlt, ſo lange auf die Stel - le X treten und daſelbſt warten, bis einer der folgenden Schläger den Ball fortſchlägt und ihn dadurch löſt; dann erſt kann er fortlaufen. Kommt er nach Y und der Ball iſt noch immer nicht in der Nähe, ſo kann er auch gleich wieder nach X laufen. Im entgegen geſetzten Falle aber bleibt er hinter Y ſtehen, bis ein guter Schlag geſchiehet, der ihn wieder herein nach X löſt.

Es iſt oft der Fall, daſs von allen Schlägern nur noch ein einziger im Schlagmale iſt, indem die andern ſchlecht geſchlagen, oder den Ball ganz verfehlt haben und noch in X oder Y zum laufen ſtehen. Dieſer einzige noch übrige Schläger heiſt dann der Löſer, weil er die andern löſen muſs. Er hat das Recht drey Schläge zu thun, da man es ſonſt immer nur zu einem hat.

Wenn der Löſer ein ſchlechter Schläger iſt, ſo thut er ſeine 3 Schläge oft, ohne den Ball zu treffen; geſchieht dieſs wirklich, ohne daſs von denen bey Y ſtehenden ſich einer durch Liſt und63 Schnelligkeit ins Schlagmal arbeitet: ſo iſt der Schlag verloren, weil der Ball im Male liegt, ohne daſs daſelbſt ein gelöſter Schläger iſt. Hierauf müſſen es die drauſsen ſtehenden Schläger nicht ankommen laſſen, ſondern ſich mit Liſt und Schnelligkeit wagen,[irgendeinen] ins Schlagmal zu bringen, indem einige zu gleicher Zeit und von verſchiedenen Seiten nach X zu laufen, und dadurch die Aufmerkſamkeit der Dienenden zer - ſtreuen. Aber ſo viel ſichs thun läſst, muſs immer darauf geſehen werden, daſs der Löſer ein gu - ter Schläger ſey, der den Ball nicht oft verfehlt. Beym Anfange des Spieles, wo die Ordnung des Schlagens noch nicht beſtimmt iſt, läſst daher der beſte alle Andere vor ſich ſchlagen und bleibt zuletzt, um allenfalls löſen zu können. Da aber im Fortgange des Spiels das Schlagen ſich nach der Ordnung richtet, in welcher man früher oder ſpäter von Y nach X ankommt: ſo muſs die herr - ſchende Parthey dann ſtets dafür ſorgen, daſs von mehrerern Hereinkommenden der beſte Spieler der letzte ſey, damit er Löſer werde. Z. B. a. b. c. drey ſchlechte und d. ein guter Spieler wären drauſsen bey Y, es geſchähe ein Schlag, wo - durch ſie gelöſt würden, ſo muſs d jene 3 zuerſt ins Mal X laſſen und ſelbſt einen Augenblick ſpäter anlangen. Oder: jene a b c wären bey Y und d. e. f. drey gute Schläger wären noch zum Schla -64 gen in X, ſo dürfen a. b. c. wenn ein Schlag ge - ſchiehet nicht hinein laufen, ſondern ſie müſſen warten, bis einer von den 3 beſſern erſt heraus kommt, welcher denn beym nächſten Herein - laufen der Letzte bleibt, um in der Folge Löſer werden zu können.

Der Löſer muſs ſich hüten gleich auf den er - ſten den beſten ſeiner Schläge zulaufen; er müſs - te denn mit Gewiſsheit ſehen, daſs die drauſsen ſtehenden Schläger von Y hereinkämen, ehe der geſchlagene Ball wieder ins Mal geſchafft werden könnte; denn liefe er auf einen kleinen Schlag fort, und die Dienenden ſchafften den Ball eher ins Mal, als die drauſsen ſtehenden hereinkämen: ſo wäre der Schlag verloren. Siehe p. 6, unter c) Jetzt werden folgende Regeln für die Spielenden verſtändlich ſeyn.

1. Regeln für die dienende Parthey.

a) Aufwerfer. Seine Rolle iſt eine der wich - tigſten, er muſs ſie gut verſtehen. Er iſt gleich - ſam die Feder des Spiels, er muſs die Dienenden ſtets aufmuntern, ihm den Ball hereinzuwerfen, und die Schläger antreiben, nicht ſaumſeelig zu ſeyn. Durch beydes muſs er das Spiel lebendi - ger machen. Seine Aufmerkſamkeit richtet ſich 1) auf den jedesmaligen Schläger. Treibt dieſer den Ball gewöhnlich ſchief über die Stellen 4 und 5 hinaus, ſo muſs er ſich beym Aufwerfen gegen65 ihn in eine Richtung ſtellen, wodurch dieſs ver - hindert wird. Je beſſer er aufwirft und ſich hierbey nach dem Wunſche eines jeden bequemt, deſto häufiger geſchehen gute Schläge, und deſto leichter können ſie folglich von ſeinen Mitſpie - lern gefangen werden. 2) Auf den Ball. Oft trifft ihn der Schläger nur im Viertel oder Ach - tel und prellt ihn nur leicht in die Höhe, der - gleichen Bälle muſs er fangen, um den Schlag zu gewinnen. 3) Auf die Schläger überhaupt. Er muſs ſich bemühen, jeden der von X ausläuft, oder von Y zurückkommt, entweder ſelbſt mit dem Balle zu treffen, oder der Perſon in 2, wenn ſie dem Laufenden näher iſt, den Ball zu zu werfen, damit dieſe ihn gegen den Laufen - den gebrauche. Er muſs ferner auf die Schlä - ger ſehn, die beym Auslaufen bey X ſtehen; treten ſie nur mit einem Fuſse über die Linie A B in die Spielbahn, ſo hat er das Recht, ſchon nach dieſem Fuſse zu werfen, um ſo viel mehr aber, wenn ſie völlig darüber hinausſchreiten. Trifft er ſie, ſo iſt der Schlag gewonnen. 4) Auf ſich ſelbſt. Er muſs im Augenblicke des Schla - gens einen guten Schritt zurücknehmen, damit ihn die Raquette nicht treffe.

b) Die übrigen Dienenden haben 2 Gegen - ſtände unabläſſig zu beobachten, nämlich den Ball und die laufenden Schläger. Jeder muſsE66ſchon wiſſen, wie weit dieſer und jener Schläger und in welcher Richtung er den Ball treibt. Vermuthet er ihn in ſeiner Gegend, ſo muſs er achtſamer ſeyn. Beym Aufſteigen des Balls be - rechnet er ſchon den Bogen und die Stelle des Niederfallens, er verläſst daher ſchnell ſeinen Platz, um ſich dorthin zu begeben, und den Ball zu fangen, oder ihn hurtig zu erhaſchen, um da - mit die Laufenden zu treffen, oder den Ball demjenigen ſeiner Geſpielen zuzuwerfen, der dem Laufenden am nächſten iſt, und daher am ſicherſten treffen kann. Wenn keiner von dieſen Fällen möglich iſt, ſo wirft er ihn dem Aufwerfer zu, um dem Spiele Fortgang zu verſchaffen. Ferner ſieht jeder Dienende darauf, ob die Sei - tenlinien A. C, und B. D. von den Laufenden überſchritten werden, denn hierdurch wird der Schlag verloren und endlich darauf: ob etwa kein gelöſter Schläger im Male iſt, alsdann muſs der Ball ſchnell ins Mal geworfen werden, daſs wird durch den Ausruf den Ball ins Mal! allen an - gekündigt, damit ſie ihn ſchnell dahin werfen, ehe ein Schläger hinein läuft. Auch hierdurch verliert jene Parthey den Schlag.

2. Regeln für die Schläger. Keiner von ihnen darf unnöthiger Weiſe laufen, wenn der Ball in den Händen eines naheſtehenden Dienenden iſt; denn er kann leicht getroffen67 werden und den Schlag verlieren. Nur dann darf er es, wenn kein tüchtiger Schläger mehr im Schlagmale iſt, der die andern löſen kann.

Jeder muſs ſich bemühen, den Ball ſtark und voll zu treffen, denn kleine Schläge werden zu leicht gefangen. Er muſs den Ball in jede Ge - gend ſchlagen können, und die wählen, wo kein geſchickter Fanger ſteht. Er ſchlägt den Ball nicht nach Y wenn ſeine Geſpielen juſt dorthin laufen wollen, und umgekehrt, er ſchlägt ihn dahin, wenn ſie von dorther herein kommen; denn da - durch entfernt er den Ball und die Möglichkeit getroffen zu werden von ihnen. Sehr ſtarke und weit hinaus über 6 gehende Schläge thun in - deſs daſſelbe. Wird nach ihm geworfen, ſo iſt er ſchnell im Ausweichen, er läuft daher faſt immer mit dem Geſicht hinter ſich; und legt ſich lieber ſchnell nieder, ehe er ſich treffen läſst. Er wagt aber alles, um ins Mal zu kommen, wann der Löſer nur noch einen Schlag hat. Beym Laufen muſs er nicht vergeſſen innerhalb der Seitenlinien zu bleiben.

Ich mache den Schluſs mit einem allgemei - nen Geſetzbuche für dieſes Spiel.

1. Dem Anführer jeder Parthey muſs von ſei - nen Geſpielen Gehorſam geleiſtet werden. Wenn ein Streit entſteht, der darauf hinausläuft, ob der Schlag verloren oder nicht verloren ſey,E 268und man kann zu keiner Gewiſsheit kommen; ſo wird vom neuen darum gelooſet.

2. Wer ſich an den Boden legt, hat ſeiner Parthey, wenn er ein Schläger iſt, den Schlag verloren, iſt er aber ein Dienender: ſo muſs ſeine Parthey nun doppelt gewinnen, ehe ſie zum Schlage gelangt. Zur Strafe aber darf der, welcher ſich legte, in der nächſten Parthie nicht ſchlagen, muſs aber allemal mit dem Anführer hinaus und hereinlaufen.

3. Wechſelt das Spiel zu oft, d. h. wird zu oft von der einen und andern Parthey gewon - nen: ſo macht man aus, daſs doppelt, ja drey - fach gewonnen werden müſſe, ehe die Dienen - den zum Schlagen kommen.

4. Den ſchlecht aufgeworfenen Ball braucht kein Spieler zu ſchlagen. Iſt kein Schläger mit dem Aufwerfer zufrieden, ſo können ſie bey den Dienenden darauf dringen, daſs ein beſſerer ge - ſtellt werde. Kommt der Löſer zum dritten Schlage, ſo kann er ohne zu Schlagen den Ball mit Fleiſs fallen laſſen, um ihn am beſten der Hereinkommenden auf einen Augenblick aus den Händen des Aufwerfers zu bringen; doch darf er dieſs nur zweymal thun.

5. Die ganze Reihe von Schlägen, die eine Parthey gemacht hat, bis ſie den Schlag verlohr, heiſt ein Gang. Um zu beſtimmen, welche69 Parthey am Ende des ganzen Spiels gewonnen habe, muſs jede die wirklichen Fortſchläge des Balls laut zählen, und ſie am Ende des dermali - gen Ganges, d. i. wenn der Schlag verlohren iſt, auf eine Tafel notiren. Kleine Schläge, die nicht über Mannshöhe gehen, werden nicht mit - gerechnet.

Am Ende des Spiels, wenn beyde Seiten gleichviel Gänge geſpielt haben, rechnet man die Schläge zuſammen und erkennt derjenigen Parthey den Sieg zu, welche die meiſten Schlä - ge gethan hat.

6. Der Schlag wird verlohren

a) Wenn irgend ein Dienender den geſchla - genen Ball aus der Luft fängt. Hat er den Bo - den ſchon berührt, ſo iſts ungültig; aber er kann von Perſonen und andern Gegenſtänden abge - prallt, noch gültig gefangen werden.

b) Wenn irgend ein Schläger in dem Platze zwiſchen A. B. C. D. mit dem Balle geworfen wird, es ſey unter welchen Umſtänden es wolle, doch kann der Aufwerfer nie gültig werfen, wenn er ſelbſt innerhalb jenes Platzes iſt. Er muſs ſchlechterdings vor der Linie A B ſtehn; denn wenn ihm dieſs erlaubt wäre, ſo könnte er hin - ter jeden Schläger, der ſchlechter liefe als er, herſetzen, ihn einholen und treffen, wenn der -E 370ſelbe von X nach Y laufen wollte, um ſich zu löſen.

c) Wenn ein Dienender den Ball ins Schlag - mal wirft zu der Zeit, wenn daſelbſt kein Schlä - ger gegenwärtig iſt.

d) Wenn ein Schläger beym Laufen aus den Seitenlinien A C und B D läuft.

e) Wenn ein löſender Schläger ſeine drey Schläge gethan hat, und nach dem dritten der Ball eher im Male liegt, als ein neuer Schläger daſelbſt anlangt. Dieſer Fall ſtimmt mit c) über - ein, und tritt beſonders dann ein, wenn der dritte Schlag nicht getroffen wird und der Ball vor dem Male A B niederfällt.

f) Wenn einer von der ſchlagenden Parthey den Ball angreift.

g) Wenn ein Schläger den Ballſtock mit über’s Mal in die Spielbahn nimmt, indem er nach Y laufen will.

h) Wenn er nach vollbrachtem Schlage den Ballſtock ſo eilfertig wegwirft, daſs irgend einer ſeiner Geſpielen getroffen wird.

i) Wenn er ihn beym Schlagen aus der Hand fahren läſst.

7. Wenn der Schlag von der dienenden Par - they gewonnen wird; ſo hat der Gewinner das Recht zum erſten Schlage, ihm folgt der Aufwer - fer, dann die andern willkührlich. Aber in der71 Folge des Spiels richtet ſich die Ordnung des Schlagens nach der Reihe des Hereinkommens. Tritt dadurch bisweilen der Fall ein, daſs ein ſchlechter Schläger beym Hereinkommen der Letzte iſt, und folglich im nöthigen Falle löſen muſs: ſo brauchen es die Dienenden nicht zu zu geben, daſs er früher ſchlage, damit nur ein beſ - ſerer zum Löſen komme.

8. Der Ball wird nie zugetragen, ſondern jedem Mitſpieler zugeworfen und dann aus der Luft gefangen.

Unter allen Arten von Jugendſpielen iſt die - ſes eines der vorzüglichſten, weil es mehrere Zwecke körperlicher Spiele erreichen hilft. Es gewährt viel Bewegung im Freyen, befördert die Ausbildung der Schnelligkeit, Geſchwindigkeit und Kraft des Körpers; das Schlagen und Wer - fen giebt dem Arme Geſchicklichkeit und Kraft, das häufige Laufen befördert die Schnelligkeit der Schenkel und Beine. Es erfordert viel Schnelligkeit dem geworfenen Balle auszuwei - chen. Das Augenmaaſs wird bey dieſem Spiele in vieler Rückſicht geübt, bald um den aufge - worfnen Ball aus der Luft fortzuſchlagen, bald um einen Laufenden damit zu werfen, bald um ihn aus der Luft wegzufangen, die er oft in Bo - gen von 70 Fuſs Höhe und 80 Schritt weite durchſchneidet. Es erfordert überdem ſteteE 472Aufmerkſamkeit und führt, für die nicht ver - weichlichte Jugend, ſo viel Vergnügen und In - tereſſe mit ſich, daſs ſie im Frühlinge faſt jedes andere Spiel darüber vergiſst.

Ich habe ſchon geſagt, daſs dieſs Spiel von mehreren und wenigern Perſonen, ja ſchon von 4 Perſonen geſpielt werden kann. Dieſe letzte Art, die man gewöhnlich Vierball nennt, iſt weit angreifender, weil wenige Perſonen eben ſo viel dabey verrichten müſſen, als oben 12. Von den Dienenden iſt auch hier einer Aufwerfer, der an - dere ſteht drauſsen und ein Schläger wird ge - meiniglich Löſer des andern.

Erſte Abänderung. Dreyball.

So heist daſſelbe Spiel, wenn nur von drey Perſonen geſpielt wird. Es läuft zwar im Gan - zen alles auf das vorige hinaus, iſt doch aber in ſeiner Einrichtung abgehend. Drey Knaben looſen unter ſich, wer den Schlag erhalten ſoll. Die andern beyden dienen. Es ſind alſo hier - bey auch 2 Partheyen, nur arbeiten zwey Perſo - nen gegen einen Schläger. Die Entfernung von X nach Y wird höchſtens nur auf 30 Schritt ge - ſetzt. Der eine Dienende ſteht in Y der ande - re in X. Das Spiel geht an, der Schläger ſey z. B. in X. Er hat das Recht zu 3 Schlägen und er kann auf jeden Schlag nach Y laufen, d. h. er braucht nicht alle 3 Schläge abzuwarten, ſon -73 dern kann ſchon zum erſten oder zweyten Male, wenn er den Ball trifft, ablaufen: ja er kann fort - laufen, ohne den Ball geſchlagen zu haben, nur iſt er dann in Gefahr, von irgend einem der beyden Dienenden, der den Ball am ſchnellſten ergreift, geworfen zu werden. Kömmt er nach Y ſo geſchieht hier ganz daſſelbige. Der Dienen - de bey Y wirft den Ball auf, und er ſucht durch einen Schlag ſich wieder nach X zu verhelfen, So geht es von einem Male ſtets zum andern fort. Er verliert den Schlag wenn er ſich werfen läſst, oder wenn er 3 Mal zuſchlägt und den Ball nicht trifft, oder wenn ſein Schlag gefangen wird, oder endlich, wenn er den Ballſtock beym Laufen nicht mitnimmt, ſondern ihn in dem Maale läſst, wo er eben geſchlagen hat. Dage - gen gewinnt von den Dienenden derjenige den Schlag, 1) welcher den Laufenden trifft, 2) wel - cher den Ball fängt, 3) der Aufwerfer, bey wel - chem der Schläger 3mal nicht getroffen hat, dieſer Fall iſt ſelten, denn der Schläger läuft lie - ber, als daſs er zum dritten Male nach dem Bal - le ſchlüge. 4) Der Aufwerfer, in deſſen Male der Ballſtock liegen bleibt.

Zweyte Abänderung Freyball.

Zu dieſem Spiele ſind wenigſtens 4 Perſonen nöthig; am angenehmſten iſts aber, wenn 8 bis 12 es ſpielen. Die Geſellſchaft ſondert ſich fürE 574einen Augenblick in 2, in Abſicht auf Spiel - fertigkeit einigermaſsen gleiche Partheyen. Man loſt um den Schlag Anhang I. 2. und das Spiel beginnt. Die Schläger vergleichen ſich ohne Gezänk über die Ordnung, in welcher das Schlagen beginnen ſoll, ſo wie die Dienenden über die Plätze, wo ſie ſich hinſtellen wollen. Das Spiel ſelbſt iſt dem oben beſchriebenen deutſchen Ballſpiele ganz ähnlich, verlangt den - ſelben Spielraum, daſſelbe Schlag - und Fange - maal, nur macht man beyde weiter, folglich bis 50 Schritte von einander. Auch der ganze Gang des Spiels iſt der Hauptſache nach derſelbe, wer folglich das obige gut verſtanden hat, dem brau - che ich hier nur das abgehende anzugeben; und dieſs beſteht in folgendem:

1) Obgleich die ganze Geſellſchafft, wie ich vorhin geſagt habe, in zwey Theile getheilt iſt, ſo entſtehen dadurch doch keine zwey Par - theyen, von denen jede ein Ganzes ausmacht und gemeinſchaftlich gegen die andere handelt; ſondern jeder Spieler hat hier nur für ſich ſelbſt zu ſorgen, jeder ſucht für ſich das Recht zum Schlagen zu erwerben und zu erhalten, und je - der, der es verliert, bringt, ſich nur ganz allein darum. Dieſs wird durch das folgende deutlich werden.

75
2. Vorſchriften für die Schlagen - den.

a) Jeder Schläger hat das Recht im Maale X dreymal nach dem Balle zu ſchlagen. Es hängt aber ganz von ihm ab, ob er nur ein - zwey - oder wirklich drey Mal darnach ſchlagen will.

b) Dieſes Recht muſs ſtets von Neuem dadurch erkauft werden, daſs er von X nach Y läuft. Um dieſs zu können, ohne geworfen zu werden, wählt er den Zeitpunkt, wo er den Ball weit weggeſchlagen hat, kurz, wo er dem Dienenden nicht gleich zur Hand iſt, um damit zu werfen.

c) Iſt er erſt drauſsen bey Y angelangt, ſo kann er frey wieder nach X herein gehen, d. i. keiner hat das Recht, ihn jetzt zu werfen. Von dieſem Umſtande, ſo wie von dem, daſs man an keine Parthey gebunden iſt, ſondern bloſs für ſich handelt, hat das Spiel den Namen Freyball.

d) Jeder Schläger ſteht bloſs für ſich ſelbſt; wenn er daher in ſeinem Laufe mit dem Balle von den Dienenden getroffen, oder wenn der von ihm geſchlagene Ball gefangen wird, oder wenn er den dritten Schlag wagt und den Ball nicht trifft, und endlich wenn er den Ballſtock beym Laufen mit ſich fort aus dem Maale nimmt: ſo hat er den Schlag verloren; aber die übrigen Schläger geht dieſs nichts an. Derjenige Schlä - ger, welcher auf eine der obengenannten Arten76 den Schlag verloren hat, ſinkt zum Dienſte her - ab und bekommt die hinterſte Stelle hinter Y.

3. Vorſchriften für die Dienenden.

Ich habe ſchon geſagt, daſs ſich die Dienen - den beym Anfange des Spiels über ihre Plätze vergleichen müſſen, und dieſs iſt ſehr leicht, denn es hängt nicht von den Plätzen allein ab, ob man den Schlag bald erwerben werde, ſondern vor - züglich von der Thätigkeit und Fertigkeit des Spielers. Indeſs wird die Stelle des Aufwerfers für die beſte gehalten. Man muſs es alſo an - fangs durchs Loos entſcheiden, oder geradezu ei - nen[dazu] annehmen. Die drauſsenſtehenden Dienenden ſtellen ſich hinter einander in der Linie von X über Y hinaus, (doch ſteht es je - den frey, ſeitwärts zu treten) jeder etwa 10 Schritte von dem andern ab. Die Pflichten und Rechte der Dienenden ſind:

a) Jeder muſs ſichs angelegen ſeyn laſſen, den geſchlagenen oder geworfenen Ball ſchnell wie - der ins Maal X dem Aufwerfer zu zuwerfen. Es iſt billig, daſs immer derjenige, welcher dem ge - ſchlagenen oder geworfenen Balle am nächſten iſt, dieſs thue; denn hierdurch gewinnt das Spiel ſchnellern Fortgang. Die Pflicht des Aufwer - fers iſt ſein Amt ſchnell zu thun, und die Schlä - ger und übrigen Dienenden anzutreiben, recht ſchnell zu ſeyn.

77

b) Jeder Dienende, welcher drauſsen ſteht, gewinnt dem Schläger das Recht des Schlages ab, wenn er entweder den Ball fängt, oder wenn er ihn im Laufen von X nach Y mit dem Balle wirft. Es kann ihn hierbey jeder Dienende, der ſich des Balls am erſten bemächtigt auf alle Art verfolgen. Der Aufwerfer kann den Schlag nicht nur auf eben die Art verdienen, ſondern er er - hält ihn auch, wenn der Schläger den Ballſtock beym Laufen mit fortnimmt, oder wenn ſein dritter Schlag den Ball verfehlt.

c) Jeder Dienende, der den Schlag gewonnen hat, tritt unter den Schlägern in die Stelle deſ - ſen, der ihn verlohr; ſo bleibt die Ordnung un - ter ihnen ununterbrochen. Wenn von den Die - nenden der Aufwerfer den Schlag gewinnt, ſo kömmt der erſte Drauſsenſtehende an ſeine Stel - le; gewinnt aber einer von den Letztern, ſo er - hält ſeinen Platz derjenige, welcher zunächſt hin - ter ihm ſteht, alle folgenden rücken um eine Stel - le vor und die hinterſte erhält der Schläger, wel - cher eben verlohr.

Alles übrige von dieſem Spiele ergiebt ſich gelegentlich von ſelbſt.

78

3. Ball mit Freyſtäten. (oder das engliſche Baſe-ball.)

Bey der Beſchreibung dieſes Spiels werde ich mich kurz faſſen können; denn es kommt mit dem deutſchen Ballſpiele in der Hauptſache über - ein; folglich bin ich berechtigt, meine Beſchrei - bung nur für ſolche Spieler einzurichten, die das deutſche Ballſpiel verſtehn.

Faſt alles iſt bey dieſem Baſe-ball, das in England ſehr häufig getrieben wird, kleinlicher und erfordert weniger Kraftäuſerung im Schlagen und Laufen u. ſ. w. Dagegen verlangt es, wo nicht noch mehr, doch eben ſo viel Aufmerkſam - keit, und bindet ſich mehr an allerley kleine Re - geln. Das deutſche Ballſpiel wird es, ſo ange - nehm es auch iſt, nie völlig verdrängen können. Man ſpielt, ſo wie bey jenem, mit zwey Par - theyen, wovon eine die dienende, eine die herrſchen - de iſt. Auch ihre Verrichtungen ſind im ganzen wie beym deutſchen Ballſpiele; man ſchlägt, läuft u. ſ. w. Das Abgehende liegt in folgenden: die Racquette iſt leichter, 1 Schuh acht Zoll lang, an ihrer breiteſten Stelle etwa 4 Zoll breit, einen Zoll dick und ſieht aus wie Zeichnung 2. Y. Man79 kann daher nur kurze leichte Schläge thun. Der Aufwerfer ſteht 5 bis 6 Schritt vom Schläger und wirft ihm den Ball in einem geſtreckten Bogen zu.

Eine Bogenlinie A B Zeichn. 2. macht das Schlagmal, von hier wird der Ball, wie beym deut - ſchen Ballſpiele ausgeſchlagen.

Statt des Fangemals ſind ſeitwärts ſo viele Frey - plätze mit Stäben aufgeſteckt und mit Taſchentü - chern bezeichnet, als eine Parthey Perſonen hat, doch wird hierbey das Schlagmal als ein Frey - platz mitgezählt. Sie ſind mit 1. 2. 3. 4. 5. bemerkt, und werden 10 bis 15 Schritt von ein - ander ganz nach willkührlicher Richtung abge - ſteckt. Der Schläger hat im Male 3 Schläge. Hat einer davon den Ball nur ſo viel berührt, daſs man es ziſchen hört, oder will man weniger ſtreng ſeyn, daſs der Ball dadurch aus dem Male her - ausgeſtoſsen wird, oder hat er dreymal durchge - ſchlagen, ſo muſs er von A. B. ab, durch alle jene Plätze nach und nach fortlaufen, bis er wieder ins Mal kommt. Sind viel Perſonen auf einer Parthey, ſo ſind der Freyplätze mehr, mithin wird die Laufbahn dadurch auch länger, Die Dienenden ſtehen willkührlich hinter, neben und zwiſchen dieſen Freyplätzen z. E. in a. b. c. d. e. weil der Ball dorthin geſchlagen wird.

Der Schlag kann für die herrſchende Parthey auf drey Arten verloren gehn, nämlich durch80 Fangen, verbrennen, und berühren. Ich erläutere dieſe drey Fälle, dann ſind die Regeln und Ge - ſetze des Spiels gegeben.

1. Fangen. Wenn der geſchlagene Ball von irgend einem Dienenden, es ſey wer es wolle, unter den Bedingungen, wie beym deutſchen Spiele gefangen wird; ſo hat die andere Parthey den Schlag verloren. Auf dieſe Art wird der Schlag am ſicherſten und ohne alle Widerrede gewonnen, nur muſs derjenige, welcher fieng, ſeinen Mitdienenden zurufen: herein! herein! oder ins Mal! und wenn dieſe dahin laufen und faſt angelangt ſind, dann muſs er den Ball über den Kopf rücklings fort werfen, damit ihn die verlie - rende Parthey nicht erhaſcht, die Erklärung ſiehe unten unter 3 in e) und ſelbſt ins Mal lau - fen. Rücklings geſchieht der Wurf deſshalb, damit nicht zu weit geworfen werden könne.

2. Verbrennen. Es geſchieht in zwey Fällen.

a) Wenn ein laufender Schläger vergeſſen hat, einen Freyplatz mit der Hand zu berühren: ſo läuft der erſte beſte Dienende, der es bemerk - te, nachdem er ſich den Ball, ohne Angebung der Urſach, oder vermittelſt heimlichen Zuwinkens von ſeinen Mitſpielern hat geben laſſen, nach der nicht berührten Freyſtäte, ruft ſeinen Mitdienen - den zu, herein; herein! und[wirft] dann den Ball unter dem Ausrufe: verbrannt! an den Freyplatz. 81Das daran werfen muſs ſo geſchehen, daſs der Ball nur ſtreift und mithin weiter fortfliegt, und der Werfende muſs dann ſchnell ins Mal laufen. Das Warum ſiehe unter 3 in e.

b) Wann kein Schläger im Male iſt. Dann nimmt der Aufwerfer den Ball, ruſt wieder ſeinen mitdienenden Geſpielen zu: herein! und wirft den Ball unter dem Ausrufe: verbrannt! in ſchrä - ger Richtung gegen den Boden des Males, ſo daſs er weiter fortfliegt und nicht gleich liegen bleibt. Urſach ſiehe unten 3. e. Er ſelbſt aber darf beym Werfen nicht innerhalb des Bogens A B ſtehn, und muſs nach dem Wurfe gleich hinein ſpringen.

3. Berühren oder werfen. Kein Schläger darf ſich auſser dem Male mit dem Balle berühren, d. i. werfen laſſen, ſonſt hat ſeine Parthey den Schlag verloren. Dieſes Geſetz iſt ſehr wirkſam und äu - ſert ſich in den folgenden Fällen.

a) Hat der Schläger den Ball getroffen, ſo läuft er nach 1. 2. 3. u. ſ. w. fort, bis der Ball ins Mal geworfen iſt, alsdann darf er nicht weiter, ſon - dern muſs auf dem freyen Platze ſtehn bleiben, wo er iſt, bis ein neuer Schlag geſchiehet oder der Ball auf ſonſt eine Art aus dem Male kömmt.

Läſst er ſich nun bey dieſem Laufen von ir - gend einem Dienenden werfen: ſo iſt der Schlag für ſeine Parthey weg. Es iſt ſchon oben ge - ſagt, daſs der Schläger im Male das Recht zu 3F82Schlägen habe, trifft er alle drey Mal den Ball nicht, ſo muſs er doch laufen, und da der Aufwer - fer den Ball gleich bey der Hand hat, ſo wirft er gewöhnlich nach ihm. Trifft er den Laufenden ehe er den erſten Freyplatz berührt, ſo iſt der Schlag verloren. Ganz derſelbe Fall tritt ein, wenn er den Ball nur ſo wenig berührt, daſs er nicht fortfliegt.

b) Wenn mehrere Schläger ſchon geſchlagen haben und ausgelaufen ſind, ſo ſind mithin ſchon mehrere Freyplätze beſetzt. Wir wollen anneh - men, dieſs ſey mit 3. 4. der Fall. Da trifft ſichs nun oft, daſs bey einem neuen Schlage, die Per - ſon in 3 weiter läuft, daſs aber 4 aus Unacht - ſamkeit, oder weil ihm ein Dienender mit dem Balle zu nahe iſt, ſtehn bleibt, und daſs mithin in dem Freyplatz 4 dann zwey Perſonen ſtehn. Dieſs iſt wider die Ordnung des Spiels, denn es darf immer nur eine Perſon in einem Platze ſtehn. Läuft in dieſem Falle die Perſon in 4 nicht ſchnell nach 5, oder die zuletzt angekommene wieder nach 3 zurück: ſo kann der erſte beſte Dienen - de, der den Ball hat oder ſchnell dazu fordert, hinzulaufen und entweder die Perſonen werfen, oder einen von den Freyplätzen auf obige Art verbrennen, und dann iſt der Schlag verloren.

c) Wenn ein Schlag geſchiehet, kann jeder Schläger immerfort von einem Freyplatze zum83 andern weiter laufen, ſo lange bis der Ball von den Dienenden wieder ins Mal geworfen iſt. Dann muſs er im Freyplatze, wo er iſt, ſte - hen bleiben; iſt er aber etwa ſchon weiter, als über die Hälfte bis zum nächſten Platze, ſo kann er jedoch noch bis ganz dahin laufen. Verſieht ers aber, und läuft nach der Ankunft des Balles im Male doch weiter, ſo kann, wenn er nicht ſchnell zurückläuft, jeder Dienende herbey eilen und ihn mit dem Ball berühren, oder den Freyplatz verbrennen. In beyden Fällen iſt der Schlag verloren. Daſselbe findet ſtatt, wenn er beym Zurüklaufen mit dem Balle getroffen wird.

d) Wenn ein Schläger ohne Erlaubniſs des Aufwerfers aus dem Schlagmale A B geht, ſo kann ihn derſelbe berühren und der Schlag iſt verloren.

e) Wenn die eine Parthey A, die bisher am Schlage war, auf irgend eine der bisher unter 1. 2. 3. angeführten Arten den Schlag verloren hat: ſo wird, von dem Augenblicke an, die bis - her dienende Parthey B als Herrſchende angeſe - hen. Daher müſſen alle Perſonen von B, die noch drauſsen ſtehen im Augenblicke des Ge - winnens äuſserſt ſchnell in das Mal eilen; denn wenn jetzt Jemand von A denn Ball erhaſchen und irgend einen von B, der noch auſser dem Male iſt, damit treffen kann: ſo hat B denF 284Schlag ſchon wieder verloren, und A iſt wie - der herrſchend. Dagegen hat Augenblick B jezt wieder das Recht irgend einen von A zu berühren. Thut ſie dieſs, ſo iſt ſie wieder herrſchend. Hier - durch entſteht mithin eine ſehr luſtige, nur kurze Zeit dauernde Bataille, und diejenige Parthey bleibt am Ende[herrſchend], welche Einem der an - dern den letzten Wurf beybrachte. Hierin liegt die Urſach, daſs beym Fangen, der Ball rücklings fortgeſchleudert, und beym Verbrennen und Berühren ſo geworfen werden muſs, daſs er von dem geworfenen Gegenſtande noch weiter fort - fliegt, damit ihm keiner von der Gegenparthey ſo - gleich erhaſchen und wieder damit werfen kann.

Aus dem Bisherigen ergiebt ſich zugleich, was jede Parthey zu verrichten habe. Dieſs Spiel hat alle Vollkommenheiten des deutſchen Ballſpiels, nur erfordert es auf der einen Seite weniger Kraftäuſserung und dagegen auf der andern mehr Aufmerkſamkeit, weil es an mehr Regeln gebunden iſt.

4. Das deutſch-engliſche Ballſpiel.

Deutſche Spieler, die es gewohnt ſind, den Ball aus allen Kräften zu ſchlagen, und hier - in ein Hauptvergnügen finden, gewöhnen ſich85 nicht ganz leicht an jenes kleinlichere engliſche Spiel. Auf der andern Seite gewähren die Re - geln deſſelben bey der Ausführung viel Vergnü - gen, man muſs daher beyde Arten zu vereini - gen ſuchen. Dieſs iſt ſehr leicht; man lege die engliſchen Freyplätze nur nicht ſeitwärts, ſon - dern ſo an, wie ſie in der Zeichn. 1. mit dop - pelten Kreuzen bezeichnet ſind, daſs ſie nämlich nach Y hinausliegen, gebrauche das deutſche Ballholz und laſſe übrigens die Regeln des Baſe - ball gelten.

5. Thorball, oder das engliſche Cricket.

Dieſs bey uns unbekannte Spiel iſt aus England herüber geholt; da wird es ja den wohl allge - meinen Beyfall finden, zumal wenn ich noch hinzuſetze, daſs es dort, ſo wie das Billard, or - dentlich auf Regeln gebracht, ſelbſt von den vornehmſten Perſonen, um Guineen geſpielt wird und daſs eben deſswegen dabey alles ab - gewogen, gemeſſen und nach Regeln beſtimmt iſt. Im Ernſt, es iſt ein vortreffliches Spiel, es läſst ſich auch ohne Guineen von Jung und Alt ſpielen und verdient, ſelbſt als Spiel um Geld,F 386wenn Erwachſene nun einmal nicht anders ſpie - len können, vor den Karten den gröſsten Vor - zug; denn hier iſt das Geld doch wenigſtens mit ſehr reellen Gewinſte für die Geſundheit angelegt.

Inſtrumente. In England koſten ſie ſchön ge - macht wohl eine Guinee, wir Deutſchen brau - chen wenige Groſchen dazu. Der zum Ball be - ſtimmte Knaul von groben wollenem Garne, wird erſt eine Nacht lang im Waſſer geweicht, dann um ein rundes Stückchen Kork äuſserſt feſt gewickelt, dann gebacken, wie oben S. 85. angegeben iſt. Der Ueberzug iſt von ſtar - ken lohgaren und naſs darumgemachten Leder äuſserſt ſtraff. Die Schwere des Balls iſt genau fünf und eine halbe höchſtens fünf und drey Viertel Unzen. So genau iſt das nicht zu neh - men. Die Rakette (Bat) muſs für Erwachſene von feſten, für die Jugend kann ſie von leich - tern Holze ſeyn; drey und einen halben Fuſs Leipz. lang (noch beſtimmter bis zur vollen - he der Hüften des Spielers) vier und einen hal - ben bis drey Viertel Zoll breit. Ihre Form ſiehe Zeichnung 3 a, und ihre übrige Bearbeitung im Durchſchnitte b. Es iſt ein ziemlich maſſives Inſtrument, das unten an der dickſten Stelle anderthalb Zoll dick iſt. Die Thore (Wickets, Pförtchen) können ſchön gedrechſelt ſeyn, aber man gebraucht auch bloſs Ruthen dazu, die87 man vom nächſten Zaune ſchneidet, ſiehe Zeich - nung 3 c. Ein[ſolches] Wicket, von drey gega - belten Ruthen, das im Boden feſtgeſteckt wird, iſt geſetzmäſsig 2 Leipz. Fuſs hoch (nach belie - ben) hat oben ein in den Gabeln liegendes Quer - holz (the Bail) von ſechs und einen halben Zoll Länge. Die Ruthen ſtehen ſo nahe zuſammen, daſs der Ball nicht zwiſchen ihnen durchgewor - fen werden kann, ohne ſie zu berühren.

Das Spiel iſt von zweyerley Art, doppelt und einfach.

Vom doppelten Thorball, (double Wicket).

Die Geſellſchaft kann nicht wohl unter 8, am bequemſten 12, aber auch mehr Perſonen ſtark ſeyn. Sie theilt ſich, wie beym deutſchen Ball - ſpiele, durchs Loos oder Uebereinkunft in zwey an Zahl und Fertigkeit gleiche Partheyen. Dann wird geloſt etwa nach Anhang I. 2. welche Par - they zuerſt ins Spiel gehen d. i. den Anfang ma - chen ſoll. Die Thore werden auf einen mög - lichſt ebenen Platze, der mit kurzen Raſen über - zogen oder auch ganz kahl und feſt ſeyn kann, 25 bis 30 Schritte (genau genommen 66 engl. Fuſs) weit von einander in den Boden ge - ſteckt, ſo daſs ſie ſich parallel ſind. Man ſehe Zeichn. 3 x y. Man reiſst in den Boden dieF 488drey und einen halben Fuſs lange Rollgränze oo. (Bowlingcreaſe) mit ihren zurücklaufenden Sei - tengränzen nn. und innerhalb der beyden Tho - re 4 Fuſs von ihnen abwärts, oder etwas mehr als die Rakette lang iſt, die beyden Schlaggränzen mm. Nach dieſen Vorbereitungen mag das Spiel angehen.

Wir nehmen hier jede Parthey zu 6 Perſonen an, nämlich a b c d e f und 1. 2. 3. 4.[5.] 6. Jene ſollen zuerſt ins Spiel gehen, das heiſt ſie ſollen den Ball ſchlagen, um Points zu machen. Zu dem Ende ſtellen ſich zwey von ihnen, z. E. a b (ge - wöhnlich nimmt man die beſten Schläger nicht zuletzt) jeder mit einer Rakette verſehn, in den beyden Schlagräumen, das heiſst, zwiſchen oo und mm ſeitwärts neben ihr Thor, folglich jeder auf eine der Stellen p. Die übrigen Per - ſonen ihrer Parthey haben jetzt nichts zu thun, auſser Einer, der das Kerbholz zum Einſchneiden der Points führt. Ihre Gegner aber gehn in die Stellen 1 2 3 4 5 6. Die Perſonen 1 und 2, wel - che in der Rollgränze ſtehen, rollen den Ball an den Boden weg nach den Thoren, nämlich 2 nach Y und 1 nach X, in der Abſicht dieſelben zu treffen. Dieſs geſchieht mit aller Schnellig - keit und ziemlicher Kraftanwendung. Die bey - den Schläger a und b aber ſind gleichſam die Thorwächter und ſuchen den Ball jedes Mal mit89 den Raketten davon zurückzuſchlagen und ſo aus den Händen der Gegenparthey 1 6 zu brin - gen. So oft einer den Ball fortſchlägt, oder überhaupt ſo oft der Ball aus den Händen der Gegner 1 6 fortkommt und erſt wieder her - bey geſchafft werden muſs,[wechſeln] a und b ihre Plätze d. i. a läuft auf den bisherigen Schlagplatz des b und dieſer auf den des a. Iſt der Ball weit genug, ſo ſuchen ſie dieſs ſo oft als mög - lich zu wiederholen; denn für jede Abwechſe - lung ſchneidet ihre Parthey a f einen Punkt ins Kerbholz. Dagegen bemühen ſich ihre Gegner ſo bald als möglich den a oder b vom Schlage abzubringen, dieſs kann auf mancher - ley Art geſchehen und ſoll in der Folge angege - ben werden. Verliert wirklich a oder b den Schlag, ſo tritt einer ihrer Mitſpieler, z. B. c an ſeine Stelle und man ſpielt wie vorhin weiter. Auf dieſe Art kommt ein Schläger nach dem an - dern vom Spiele ab und wird ſo lange von den andern noch nicht am Schlage geweſenen erſetzt, bis von a f keiner mehr übrig iſt. Sind ſo die beyden letzten Schläger in Arbeit und es verliert einer von ihnen den Schlag, ſo gehen beyde ab, weil zum Erſatze des einen keiner mehr da iſt, und die Parthey a f hat ihren erſten Gang geendigt. Izt gehen die Gegner 1 6 ins Spiel, um ſich Points zu verſchaf -F 590fen, und a f treten an die bisherigen Plätze derſelben. So geht das Spiel fort wie vorhin; hat 1 6 den erſten Gang gemacht, ſo kommt dann a f wieder ans Spiel und macht den zweyten u. ſ. w. Die Zahl der zu - machenden Points kann allenfalls zu Anfange des Spiels feſtgeſetzt werden, auf 44, 36, ja bis 101 wenn viele Spieler da ſind, und es kommt darauf an, welche Parthey ſie in den wenigſten Gängen und mit den wenigſten Schlägern voll hat. Weit gewöhnlicher und beſſer iſt es aber die Zahl der Points gar nicht, hingegen die Zahl der Gänge jeder Parthey feſtzuſetzen, wo - bey denn diejenige gewinnt, welche in einem, zwey oder mehreren Gängen die meiſten Punk - te zu Stande bringt.

Jetzt werden folgende Geſetze über den Ver - luſt des Schlages verſtändlich ſeyn. Der Schläger kommt vom Schlage ab

1. Wenn der gerollte Ball ſein Thor berührt, ſo daſs das Querholz herabfällt oder eine Ruthe aus dem Boden herausfährt. (Wenn man lieber will überhaupt, wenn der Ball das Thor nur berührt.)

2. Wenn der zurückgeſchlagene Ball in die Luft ſpringt und von einem der andern Par - they gefangen wird.

3. Wenn das Querholz von einem der Geg - ner mit dem Balle in der Hand herabgeſtoſsen,91 oder durch einen Wurf mit demſelben herab ge - bracht wird, indem der Schläger nicht in der Schlaggränze ſteht; oder die Rakette nicht hin - ein hält (Dieſs iſt häufig der Fall, wenn die Schläger die Plätze wechſeln und nicht ſchnell genug ankommen; oder wenn der Schläger nach verfehltem Schlage aus dem Schlagplazze ge - ſprungen iſt, oder ſich vergiſst und die Rakette nach dem Schlage nicht ſchnell genug in den Platz niederſtoſst.)

4. Wenn der Schläger von ſeinem Platze läuft, um das Fangen des aufgeſchlagenen Balls zu hindern.

5. Wenn ſein Gehülfe den Ball in die Luft geſchlagen hat, und er ſchlägt ihn noch einmal, oder der ſo geſchlagene Ball berührt ſein Thor.

6. Wenn er den gerollten Ball mit der Hand berührt oder aufnimmt, ehe er ſtill lag.

7. Wenn er ſein Bein gebraucht um den Ball vom Thore abzuhalten, es ſey durch Stoſsen oder bloſses Vorſetzen und der Ball dann wirk - lich an das Bein kommt.

8. Wenn er durch Unvorſichtigkeit beym Schlagen das Thor mit der Rakette berührt, oder gar das Querholz herabſchlägt.

9. Wenn beym Wechſeln der Plätze die Schläger ſchon neben einander weggelaufen ſind,92 und es wird von den Gegnern das Querholz von einem Thore herabgeſtoſsen: ſo iſt derjenige vom Schlage, der nach demſelben hinläuft. Sind ſie aber noch nicht neben einander vorbey, ſo iſt der vom Schlage, der das berührte Thor ver - läſst.

Geſetze und Regeln für die Spie - lenden.

a) für die Schläger.

1. Wenn der Ball den Gegnern aus den Hän - den gekommen aber nur wenig entfernt iſt, und die Schläger wollen wechſeln, ſo muſs derjenige, deſſen Thore der Ball am nächſten liegt, nicht gleich zu dem andern laufen, ſondern warten, bis der andere Schläger faſt in ſeinem Platze an - gekommen iſt. Warum das, lehrt die Praxis.

2. Er darf die Rakette nicht vor das Thor halten, wenn der rollende Ball kommt; eben ſo wenig darf er ſelbſt davor treten. Die Rakette muſs, zum Schlage bereit, von dem Boden in die Höhe gehalten werden, ſo bald der Rollende, welcher vom andern Thore den Ball herüber rol - len will, ruft Achtung! (play!)

3. Er darf nicht mit der ganzen Länge der Rakette an dem Boden durchſtreichen, ſondern muſs einen ordentlichen Schlag nach dem Balle thun; und zwar nur einen Einzigen.

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4. Wenn er nach dem Balle ſchlägt, ſo kann er zwar, durch Heftigkeit getrieben, aus dem Schlagplatze weichen; er muſs aber augenblick - lich Hand, Fuſs oder Rakette wieder ins Mal ſtellen, denn wenn der Rollende, oder ſonſt ein Gegner, den Ball ſchnell erhaſcht und damit das Querholz herabſtöſst, ehe er Hand, Fuſs oder Rakette im Male hat, ſo iſt er vom Schlage ab. Aber ſo bald als der gerollte oder geſchlagene Ball wieder in den Händen des Rollenden iſt, und er, der Schläger hat Hand, Fuſs etc. ſchon wie - der im Male gehabt, ſo braucht er dann nicht mehr ſeine Stelle zu halten, bis wieder gerufen wird Achtung!

Man macht es auch wohl bey dieſem Spiele zum Geſetze, daſs Hand oder Fuſs nichts gilt, ſondern daſs man mit der Rakette nach dem Schlage an den Boden niederſtoſsen muſs, thut man das ſpäter, als der Rollende das Thor mit dem Balle in der Hand oder durch Werfen be - rührt, ſo iſt man vom Schlage ab. Dieſs ſcheint mir noch beſſer.

5. Hat der Ball von dem gegenüber Stehen - den einen Schlag erhalten, daſs er wieder auf das Thor fliegt, woher er kam, und das Querholz her - abſtreift, ſo iſt der dabeyſtehende Schläger vom Schlage; er hat daher das Recht, einen ſolchen Ball auf alle Art, ſelbſt mit ſeinem Körper, abzu - halten.

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6. Wenn der Ball aufgeſchlagen iſt und die Gegner ihn fangen wollen, ſo können es die Schläger auf alle Art verhindern, nur darf weder die fangende Perſon, noch der Ball berührt werden.

b) für die Gegner. 1. Die Perſonen in 3 4 5 6 ſehen darauf, daſs ſie den aufgeſchlagenen Ball fangen, und was faſt ſtets der Fall iſt, ihn ſo ſchnell als möglich in die Hände der Rollenden ſchaffen. Sie müſſen daher den Ball gut in die Hände werfen können; denn hierdurch wird das Wechſeln der Plätze gehindert.

2. Die Rollenden in 1 und 2 dürfen den Ball nur rollen aber nicht werfen, denn ein auf das Thor geworfener Ball iſt ungültig. Sie müſſen den Ball, wenn er heran rollt, auf alle mögliche Art und ſchnell aufhalten, um wo möglich das Thor eher damit zu berühren, als der Schläger ſeine Rakette ins Mal ſtöſst.

3. Beym Abrollen müſſen ſie einen Fuſs in - nerhalb der Rollgränzen nn oo haben, ſonſt iſt der Ball ungültig.

4. Sie können den Schlägern befehlen, auf welcher Seite des Thors ſie ſchlagen ſollen.

Vom einfachen Thorball; Single Wicket.

Iſt die Geſellſchaft nur etwa 6 Perſonen ſtark, ſo ſpielt man das Cricket einfach. Hierzu braucht95 man nur ein Thor, und einen Schläger. Wir nehmen in Gedanken das Thor Y, legen in die Mitte zwiſchen beyde Thore die eine Rakette bey 7, theilen die Geſellſchaft in zwey gleiche Partheyen a b c und 1 2 3, und laſſen jene zuerſt ins Spiel gehn. a) der Schläger ſtellt ſich alſo auf p, der Roller auf 7, ſein einer Gehülfe 2 hinter das Thor Y und die Perſon 3 in dieſelbe Gegend; die Perſon 1 nämlich, um den Ball von 7 nach dem Thore zu rollen, 2 und 3 um ihn aufzufan - gen und dem Roller wieder zuzuwerfen. So oft der Ball fortgerollt, ſucht ihn der Schläger zu - rück und weg zuſchlagen, thut er dieſs wirklich, oder kommt auf ſonſt eine Art der Ball aus den Händen der Gegner, ſo läuft er, ſo oft es die Abweſenheit des Balles zuläſst, nach dem Ballhol - ze bey 7, berührt es mit dem ſeinen und eilt zum Schlagplatze zurück. So oft er dieſs thut, ſchneiden ſeine Kammeraden eine Kerbe ins Holz. Verliert er den Schlag, ſo kommt b und nach dieſem c daran; dann geht die Parthey 1 2 3 ins Spiel u. ſ. w. Für diejenigen, welche das doppelte Cricket inne haben, brauche ich weiter nichts hinzu zuſetzen; denn auch beym Einfa - chen, gelten die Geſetze und Regeln des dop - pelten.

Es iſt unnöthig dem Cricket eine lange Lob - rede zu halten, es ſpricht ſelbſt für ſich; denn es96 hat faſt Alles, was man von einem Bewegungs - ſpiele fordern kann. Es iſt eine vortreffliche Bewegung im Freyen, gewährt ſehr viel Ver - gnügen, übt die untern und obern Glieder im Laufen, Werfen und Schlagen, iſt unſchuldig, läſst ſich ohne Gewinn ſehr gut und unterhaltend ſpielen, langſamer und thätiger, wie man will. Es iſt zugleich Uebung des ſinnlichen Beurthei - lungsvermögens in mannigfaltiger Rückſicht, und erfordert viel Aufmerkſamkeit.

6. Handball. (Handball)

Dieſs engliſche Spiel hat ſeinen Nahmen davon, weil der Ball ohne Inſtrument, bloſs mit der Hand geſchlagen wird. Ich will die Vorrichtung dazu genau angeben; bey der etwannigen Ausführung mag jeder nachlaſſen, was er nicht ausführen kann. Es gehört dazu eine ganz eben über - tünchte Wand von etwa 20 Leipz. Fuſs Höhe und etwa 21 Fuſs Länge; ſie kann jedoch unbe - ſtimmt länger ſeyn. Da dieſs Spiel in England unter der Jugend ſehr gemein iſt, ſo findet man in manchen Erziehungsanſtalten daſelbſt Mau -97 ern, die bloſs zu dieſem Spiele aufgebauet ſind, wenn man an Gebäuden, wegen der Fenſter, keinen Platz dazu hat. In Zeichn. 4 ſtellt A B C D die Mauer vor. E F iſt eine ſtarke mit ſchwarzer Farbe darauf gezogene Linie vom Bo - den etwa 4 Fuſs entfernt.

Der Platz A B G H vor der Mauer beſteht aus Thon, oder Lehm und Fluſsſande und iſt feſtge - ſchlagen, wie eine Tenne. Er heiſse der erſte Platz. Seine Breite von A nach G iſt etwa 16 Fuſs. Er iſt etwa einen halben Fuſs erhabener als der übrige Boden umher; auf der Linie G H läuft er durch eine Behſchung mit dem vorliegen - den Grunde zuſammen. Dieſer muſs ebenfalls ganz eben und hart ſeyn. Er heiſse der zweyte Platz. Die Linien A G und B H, die von den beyden Enden der Mauer etwas auseinander laufend bis G und H gehen, ſind Grenzlinien des Spiels. Der Ball iſt etwa ſo groſs wie beym deutſchen Ballſpiel, elaſtiſch und auf eben die Art gemacht und gebacken, wie der Ball zum Cricket. Die Zahl der Spieler kann ſich auf 4 ja bis über 24 Perſonen belaufen, wenn die Mauer ſo lang iſt, daſs alle davor Platz zum Spielen haben. Sie theilen ſich in zwey gleiche Partheyen in Abſicht auf Zahl und Fertigkeit; doch können auch zwey gegen 10 Andere ſpielen, die nicht ſo ge - ſchickt ſind. Wir wollen hier 6 Spieler anneh -G98men, nämlich a b c und x y z. Sie loſen, wel - che von beyden Partheyen zuerſt anfangen ſoll; wir nehmen a b c dazu an. Einer von dieſen geht zuerſt ins Spiel und iſt Aufſchläger. Da es einerley iſt, welcher, ſo kommt man leicht hier - in überein. Es ſoll a ſeyn. Da ſich der Auf - ſchläger allemal in der Mitte vor die Mauer ſtellt, ſo kommen nun alle drey auf den erſten Platz in b a c. Ihre Gegner ſtellen ſich hinter ſie in den zweyten Platz in x y z. Es kommt nun darauf an, den Ball in ſchiefer Richtung aufwärts gegen die Mauer zu ſchlagen, ſo daſs er beym Zurück - prallen in den Platz der Gegner fällt. Fällt der Ball auf den erſten Platz zurück, ſo ſchlägt ihn irgend einer von der Parthey a b c; fällt er aber auf den zweyten zurück, ſo thut einer von den Gegnern x y z daſſelbe. Bleibt der Ball auf der Erde liegen, indem man vorbey ſchlägt, ſo zählt die Parthey a b c einen Punkt, wenn ihn x y z fallen lieſsen. Fällt der Ball aber in den erſten Platz zurück und er wird von der Parthey a b c daſelbſt im Aufſchlagen verfehlt, ſo zählt zwar die andere Parthey x y z keinen Punkt, aber a b c beſchleunigen dadurch das Ende ihres Spielgan - ges. Nach dieſer allgemeinen Anzeige muſs ich mich in nähere Zergliederung einlaſſen, weil man ſonſt die Sache nicht verſtehen kann; die Plätze will ich der Kürze wegen 1 und 2 nen - nen.

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a. Der Aufſchläger nimmt den Ball in die Linke, oder wirft ihn an den Boden und ſchlägt ihn beym Aufprellen mit der Rechten Hand über die Linie E F an die Mauer. Er fällt nach 2, einer von x y z ſchlägt ihn wieder zurück an die Mauer; er fällt nach 1, einer von a b c, der der Nächſte iſt, ſchlägt ihn wieder an die Mauer, ſo daſs er nach 2 ſpringt u. ſ. w. ſo lan - ge das Spiel ſo fort geht, iſt es ohne Tadel und keine Parthey zählt einen Point. So bald aber der Ball auf 2 fällt und von x, y oder z nicht wieder zurückgeſchlagen wird: zählt a für ſeine Parthey einen Point; er läſst ſich den Ball zu - reichen und ſchlägt ihn von neuen aus wie vor - hin. Fällt der Ball, es mag ihn zuvor geſchla - gen haben wer da will auf 1 und keiner von a b c ſchlägt ihn wieder auf, ſo iſt a nicht mehr Aufſchläger, b tritt an ſeine Stelle und ſchlägt wieder auf, jedoch zählt die andere Parthey nichts. Man ſchlägt weiter und alle Fehler wel - che von x y z gemacht werden, rechnen ſich a b c als Points an, dagegen iſt b vom Amte des Aufſchlagens beym erſten Fehler ſeiner Parthey, er ſelbſt oder a, oder c mag ihn gemacht ha - ben. An ſeine Stelle tritt der letzte nämlich c. Dieſem geht es bey dem erſten Fehler nicht beſſer. Iſt er endlich auf obige Art vom Spiele ab, ſo geht nun die andere Parthey x y z insG 2100Spiel auf 1 und a b c, die ihren erſten Gang geen - digt haben, gehen nach 2. Jene fangen nun an ihre Points zu machen und ſich eben ſo wie vor - hin alle Fehler der Gegner a b c als Points zuzu - zählen. Diejenige Parthey, welche die feſtge - ſetzte Zahl von Punkten, ſie iſt ganz willkühr - lich, zuerſt vollzählen kann, hat das Spiel ge - wonnen. Doch iſt dabey folgendes zu bemer - ken, wenn diejenige Parthey, welche das Spiel anfängt, gleich im erſten Gange die Zahl der Points voll macht, ſo muſs der andern auch erſt ein Gang zugeſtanden werden, und ſie hat denn nur verloren, wenn ſie in demſelben die Points nicht erhält. Beſſer iſt es auch hier, ſo wie beym Thorball, nicht die Zahl der Points, ſon - dern die der Gänge feſtzuſetzen und derjenigen Parthey den Sieg zuzuerkennen, welche in den - ſelben die mehrſten Punkte hat. Fehler ſind in dieſem Spiele.

1. Wenn der Ball im Schlagen verfehlt wird. Man kann den Ball, ſo wie er von der Mauer zurückprellt, gleich aus der Luft wieder zurück - ſchlagen oder erſt nach ſeinem erſten Aufſprunge vom Boden. Läſst man ihn zum zweyten Auf - ſprunge kommen, ſo iſts ein Fehler.

2. Wenn der Ball unterhalb der Linie E F an die Mauer trifft

3. Oder die Mauer gar nicht berührt.

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4. Wenn der zurückprellende Ball weder nach 1 noch nach 2, ſondern über die Seiten - gränzen des Spielraums A G oder B H fällt. Doch ſpielt man auch häufig ohne dieſe Seiten - gränzen und denn findet hier kein Fehler Statt.

So oft als die Parthey in 2 einen von dieſen Fehlern begeht, rechnet ſich die andere in 1 ei - nen Punkt an; ſo oft aber dieſe einen derglei - chen macht, es geſchehe nun vom Aufſchläger oder von einem Nebenſpieler: ſo iſt der derma - lige Aufſchläger ſeiner Stelle verluſtig und ein anderer kommt an ſeine Stelle. Die Points wer - den laut gezählt.

Spielregeln: 1) Jeder ſucht ſeinen Schlag ſo abzumeſſen, daſs der Ball in den feindlichen Platz fällt, aber man hütet ſich, ihn ſo zu ſchla - gen, daſs er in den eigenen kommt, denn da er wieder aufgeſchlagen werden muſs; ſo ſetzt man ſich der Gelegenheit aus, einen Fehler zu machen. 2) Man ſchlägt den Ball gern ſo wenig als möglich über die Linie E F denn je - mehr ſich ſein Abſprung von der Mauer der Ho - rizontallinie nähert, um deſto ſchlechter zum Wiederaufſchlagen wird auch ſein darauffolgen - der Aufſprung vom Boden.

Ich halte dieſs Spiel für eines der beſten Ballſpiele, es gewährt ſehr mannigfaltige Bewe -G 3102gung und da dieſe bald in kurzen Springen, Laufen, und in Biegungen des Körpers nach allen Richtungen geſchieht, ſo iſt das Spiel ſehr fähig, den Körper junger Leute immer biegſa - mer und flinker zu machen, Ueberdem erfor - dert es viel Aufmerkſamkeit, richtige Abmeſ - ſung der Kraft des Armes und der Hand, gute Berechnung der Haltung der Handfläche beym Schlagen u. ſ. w. [Knaben, die] weiche ſeidene Händchen haben ſollen, dürfen es nicht ſpie - len, denn es macht ſie hart und ſtark, und durch Handſchuh, die man gewöhnlich dabey anzieht, wird dieſs nicht ganz verhütet. Man kann ſich gewöhnen, es mit Raketten, ſo wie man ſie zum Federball gebraucht, zu ſpielen, aber dann müſ - ſen die Schläge ſehr gemäſsigt werden, oder die Mauer muſs ſehr hoch ſeyn.

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7. Prellball.

Dieſe Art des Ballſpiels iſt ganz einfach, erfor - dert aber Schnelligkeit und Augenmaaſs und er - laubt eine beliebige Anzahl von Spielern. Auf einem freyen Platze wird eine Vertiefung in den Boden gemacht, und in dieſe wird ein 18 bis 20 Zoll langer hinlänglich breiter und dicker Stab von feſten Holze bis zu ſeiner Hälfte ſchreg hinabgeſteckt, ſo daſs die Mitte auf dem Rande des Loches liegt. An ſeinem tiefliegenden En - de hat er eine löffelartige Aushölung, in dieſe legt man den Ball, auf die andere geſchieht ein Schlag mit einem ſtarken dazu bequemen Knit - tel, und der Ball ſteigt in die Luft. Derjenige, welcher den Ball ſo prellt, hat die Hauptrolle im Spiel, die andern ſind Dienende und ſtehn im Kreiſe umher, jeder etwa 10 Schritte vom obi - gen Loche auf einer bezeichneten Stelle. Dieſe Dienenden ſuchen den Schlag zu gewinnen, und dieſs kann jeder auf dreyerley Art. 1) Wenn er den geprellten Ball aus der Luft fängt. 2) Wenn er den Spieler damit wirft. 3) Wenn er den ge - prellten Ball eher wieder ins Loch ſchafft, als der Schläger ſich löſst. Um dieſs zu verſtehen, muſs ich folgendes hinzuſetzen. Iſt der Schlag geſchehen, so laufen gewöhnlich mehrere nach dem Balle, um ihn zu erhaſchen. In dieſer ZeitG 4104muſs der Schläger ſein Loch hurtig verlaſſen und mit ſeinem Stabe auf alle bezeichneten Pläz - ze derjenigen klopfen, die nach dem Balle ge - laufen ſind, hierauf aber ſchnell zurückkehren und ſeinen Stab hurtig in das Loch ſetzen. Wird er, ehe dieſs letztere[geſchehen] iſt, von einem der Dienenden geworfen, oder ſchafft einer der - ſelben den Ball eher ins Loch, als der Schläger ſeinen Stock, ſo iſt der Schlag für ihn verloren und ſein Gegner hat ihn gewonnen. Das Weg - ſpringen des obigen Hebels läſst ſich dadurch verhüten, daſs man ihn an eine ſtarke Schnur bindet, die an einem nebenſtehenden kleinen Pfale befeſtigt iſt.

8. Kreisball.

Eine Geſellſchaft von unbeſtimmter Anzahl ſtellt ſich auf einem ebenen und freyen Platze in einen Kreis. Die Entfernungen zwiſchen den einzelnen Perſonen richten ſich nach der Zahl der Geſell - ſchaft; denn der Durchmeſſer des Kreiſes wird ſtets ſo groſs gemacht, als man mit einem nicht zu ſchweren und ziemlich weichen Balle be - quem im Kernwurfe nach einem Ziele werfen kann. Jeder bezeichnet ſeinen Platz mit einem105 Steine oder ſonſt etwas und das Spiel beginnt. Die Hauptidee iſt ein beſtändiger Krieg Aller gegen einander, um ſich, nach gewiſſen Geſetzen des Spiels, in den Kreis zu bringen. Nur ein Einziger, der ſich nicht hat hineinbringen laſ - ſen, erhält zuletzt das Recht, alle Hineingebrach - te durch Ballwürfe matt oder todt zu machen; kann er dieſs, ſo hat er das Spiel gewonnen.

1. Wenn die Perſonen, wie oben geſagt iſt, ſtehen: ſo wird der Ball herumgeſchickt, d. i. Einer wirft ihn dem Andern zu, nicht bloſs der Reihe nach, ein Nachbar dem andern, ſondern jedem, er ſtehe wo er wolle. Jeder muſs dabey ſehr aufmerkſam ſeyn, den Ball immer im Au - ge behalten und ihn zu fangen ſuchen; denn der Erſte, z. E. A der ihn fallen läſst, muſs nun in den Kreis. (Dieſs gilt aber nur von dem Er - ſten, die Andern kommen auf andere Art hin - ein).

2. Jetzt wird es Hauptabſicht der Spieler, die den Ball unaufhörlich herum ſchicken, den A, welcher im Kreiſe ſteht, mit dem Balle einen Wurf beyzubringen. A muſs alſo ſehr auf ſeiner Hut ſeyn und ſich immer mit äuſserſter Schnel - ligkeit aus der Gegend der Peripherie ent - fernen, wo der Ball iſt; da aber die andern eben den Ball juſt ſolchen Mitſpielern zuwerfen, de - nen A am nächſten iſt, ſo hat er immer viel Ge -G 5106legenheit, ſeine Beine im Laufen zu üben. End - lich geſchieht ein Wurf. Wir müſſen hier zwey Fälle annehmen. Wird A verfehlt, ſo muſs der B, welcher warf, auch zu ihm in den Kreis, das Spiel geht fort, wie vorhin und man hat nun 2 Perſonen, die ſich, um den Wurfe auszuweichen, im Kreiſe herumtummeln. Wird aber A ge - troffen, ſo bemächtiget er ſich ſo ſchnell als möglich des Balls; alle Übrigen aber entfernen ſich eben ſo ſchnell von ihren Stellen und laufen vom Kreiſe weg. So bald aber A den Ball mit der Hand berührt, ſo hat er das Recht zu rufen halt! dann müſſen alle ſtehen, wo ſie ſind und A geht, wenn er etwa den abgeprellten Ball erſt auſſer dem Kreiſe holen muſste, wieder in den Kreis, und von hier aus, denn von keiner Stel - le auſſer dem Kreiſe darf er es, wirft er mit dem Balle nach irgend einem Entflohenen, den er am leichteſten zu treffen gedenkt. Trifft er Einen, ſo muſs dieſer zu ihm in den Kreis, und alle Übrigen gehen an ihre Stellen. Trifft er Keinen, ſo iſt ſeine Mühe vergebens, alle neh - men ihre Plätze wieder ein und A muſs wieder, wie oben, ſich im Kreiſe herumtummeln.

3. Auf dieſe Art kommen ſehr bald mehre - re in den Kreis, und müſſen dann nach ſich werfen laſſen. Immer hat dann nur der Getrof - fene das Recht vor den übrigen, mit dem Balle107 nach den Entflohenen zu werfen; jedoch kann er es, wenn er kein guter Werfer iſt, einem beſſern übertragen und es iſt überdem die Pflicht eines jeden, den Ball ihrem getroffenen Mitſpieler, ſo ſchnell als möglich in die Hände zu bringen, damit er halt! rufen, und die Flie - henden zum Stehen bringen kann.

4. Iſt endlich das Spiel ſo weit gediehen, daſs Alle bis auf Einen in dem Kreiſe ſind, ſo nimmt dieſer, den wir M nennen wollen, den Ball. Er umläuft die Gränzen des Kreiſes bald hier bald dort, die darin Stehenden fliehen vor ihm; er ſucht ſich ihnen möglichſt zu nähern, um irgend einen mit dem Balle zu treffen. Je - der Getroffene tritt aus dem Kreiſe und iſt matt (todt). Macht er auf dieſe Art Alle matt, ſo hat er das Spiel gewonnen. Allein die andern ha - ben das Recht, den M, wo ſie nur können, wie - der aufs Korn zu nehmen. Sie ſuchen nämlich, wenn er geworfen hat, aufs ſchleunigſte den Ball zu erhaſchen und damit nach ihm zu werfen. M iſt daher ſehr auf der Hut und entfernt ſich nach dem Wurfe ſogleich von dem Kreiſe. Wird er aber wirklich getroffen, ſo hat er das Spiel verloren und muſs entweder allein oder mit ſeinen etwa ſchon matt Gemachten in den Kreis treten; ſeine Gegner aber treten auf die Kreisgränze und fangen das Spiel vom Neuen108 an. Daſſelbe geſchieht auch, wenn M nach einem im Kreiſe wirft und ihn nicht trifft.

Bey dem Mattmachen kann M zwar, wie er will, quer durch den Kreis laufen, um ſeine Geg - ner gleichſam deſto beſſer zum Schuſs zu be - kommen, er darf aber nie innerhalb des Kreiſes nach ihnen werfen, eben ſo wenig, als jene, beym Wurfe nach M heraus treten dürfen.

Dieſes in den Rheingegenden übliche Spiel vereinigt mehrere Uebungen auf eine unterhal - tende Art; es ſetzt durch häufiges Laufen und Ausweichen des Wurfs den ganzen Körper in Bewegung, macht ihn ſchneller und biegſamer; es übt und ſtärkt den Arm, fordert Aufmerk - ſamkeit und beſchäfftigt das Beurtheilungsver - mögen.

9. Treibball. oder das Geyerſpiel.

Dieſes, in Deutſchland hin und wieder gewöhn - liche, Spiel hab ich auch in England unter dem Namen Hawkgame und in Frankreich wieder ge - funden. Wenn es mit Eifer geſpielt wird, ſo ſtrengt es den Körper vortrefflich an, verurſacht109 viel Aufheiterung, viel Gelächter und iſt voll - kommen unſchuldig.

Ein freyer Wieſenplatz giebt den Spielraum. Die Geſellſchaft kann aus 6, 12, 20 und meh - reren Perſonen beſtehen. Jeder verſieht ſich mit einem ungefähr 2 bis 3 Schuh langen, etwas ſtarken Stocke. Man macht ein Loch in den Boden, von der Gröſse eines kleinen Hutkopfs, und im Umkreiſe um daſſelbe ſo viel kleinere Löcher, als Spieler da ſind, weniger eins. Dieſe Löcher können zwey, drey Schritte von einan - der entfernt ſeyn: hierdurch beſtimmt ſich die Gröſse der Peripherie und ihre Entfernung vom groſsen Loche von ſelbſt. Die Spieler ma - chen durch das unter der Jugend ſehr bekannte Abzählen, Einen zum Geyer. Oder ſie gehn Al - le an das Mittelloch, halten ihre Stöcke hinein, laſſen, 1, 2, 3 rufen, und ſpringen ſchnell an den Umkreis, wo jeder ſeinen Stock in ein Loch ſetzt. Derjenige, welcher keines hat, iſt Geyer. Dieſer erhält den Ball, welcher ei - ne Fauſt dick ſeyn kann und nur mit Haaren ausgeſtopft iſt. Jeder andere aber bleibt bey ſei - nem Loche im Umkreiſe, in welches er die Spiz - ze ſeines Stocks ſetzt, indem er ſich mit dem Rücken aus dem Kreiſe herausſtellt. Jetzt verſucht es der Geyer, welcher auſſerhalb des geſchloſſenen Kreiſes ſtehet, den Ball mit klei -110 nen Schlägen ſeines Stockes an der Erde weg zu rollen, um ihn in den Kreis zu bringen. Er iſt behutſam, wählt diejenige Stelle, wo der Kreis mit weniger ſchnellen und geſchickten Perſonen beſetzt iſt, dringt mit ſeinem Balle zu - gleich hindurch, um ihn in das Mittelloch zu rollen. Dieſs iſt der Zweck ſeiner Arbeit, der aber ſchwer und ſelten erreicht wird. In dieſem Augenblik - ke ſchreyet alles, der Geyer, der Geyer! Alle ſind in tauſend Stellungen und Wendungen beſchäff - tigt, den Ball aus dem Kreiſe heraus zu bringen. Der Geyer hingegen thut alles mögliche, um ihn hinein zu bringen, oder irgend einem Andern, der ſichs eben recht angelegen ſeyn läſst, da - durch ein Loch abzugewinnen, daſs er ſeinen Stock in deſſen verlaſſenes Loch ſteckt. Hier - durch wird der, welcher das Loch verliert ſo - gleich Geyer. Aber oft glückt dem Geyer bey - des nicht; ehe man ſichs verſiehet, bekömmt der Ball einen Schlag, daſs er weit fortfliegt, und unter Gelächter zieht der Geyer ab, um bald vom neuen wieder zu kommen. Iſt der Geyer ein recht flinker Burſche, ſo macht er allen andern oft genug zu ſchaffen und das Spiel wird unge - mein lebhaft und luftig; iſt er aber zu ſchläfrig, ſo verliert es viel von ſeiner Annehmlichkeit. Die Geſellſchaft thut daher beſſer, 2 ja 3 Perſo - nen zu Geyern zu machen, und jedem einen111 Ball zum Hereintreiben zu geben. Nur muſs man dann auch 2 3 bis 4 Kreislöcher weniger machen, als Spieler da ſind.

Regeln. Der Geyer darf mit ſeinem Stocke alles thun, um den Ball fort zu bringen und vor den Schlägen zu ſchützen, indem er ihn, wenn einer nach dem Balle ſchlägt, vor dem Balle auf die Erde ſtützt, ſo daſs der Schlagende nur den Stock treffen kann. Hierin beſteht einer ſeiner gröſten Vortheile. Aber er darf weder Hände noch Füſse gebrauchen, um den Ball zu decken oder ins Loch zu bringen, und dieſs darf auch keiner von den Uebrigen.

Wenn der Geyer in den Kreis eindringt, ſo darf keiner ſeine Perſon antaſten und ihn etwa herausſtoſsen. Man hat es bloſs mit dem Balle zu ſchaffen.

Wenn es dem Geyer unmöglich fällt, ſeinen in den Kreis gebrachten Ball länger zu verthei - digen, ſo muſs er alles mögliche thun, irgend ein vom Stocke verlaſſenes Loch der Umſtehenden zu gewinnen; wenn jeder Geyer dieſs thut, ſo ſind die Umſtehenden deſto mehr genöthigt, ihre Löcher mit den Stöcken beſetzt zu halten, und ſich weniger darauf einzulaſſen, den Ball fortzuſchaffen.

Bringt der Geyer den Ball ins Mittelloch, ſo muſs jeder ſein bisheriges Loch verlaſſen und112 ſeinen Stock in irgend ein anderes zu ſtecken ſuchen. Auch der bisherige Geyer ſucht eines zu erhalten. Wer keines bekommt, iſt wieder Geyer[. ]

Daſs kein Spieler nach dem Balle ſchlagen müſſe, wenn die Beine ſeiner Geſpielen im Wege ſtehen, verſteht ſich von ſelbſt. Mit Heftigkeit und weit ausgeholten Schlägen wird überhaupt nur dann geſchlagen, wenn der Ball frey genug da - zu liegt. Im Gegentheile ſind es nur immer kurze zurückgehaltene zum Fortrollen paſſende Schlä - ge die horizontal an der Erde weggeführt werden.

Niemand der Umſtehenden darf von ſeinem Loche weggehn, um etwa den Ball auſſer dem Kreiſe zu ſchlagen; hier darf man ihn nur ſo weit verfolgen, als man noch reichen kann, wenn man den einen Fuſs an ſein Loch ſezt. Ja man kann auch, wenn man den Geyer mehr begün - ſtigen will, ausmachen, daſs der Ball durchaus nur geſchlagen werden darf, wenn er innerhalb der Peripherie des Kreiſes liegt. Doch hängt dieſs bloſs von dem Willen der Geſellſchaft ab, da es nicht nothwendig zum Spiel iſt.

Wenn aber der Geyer den Ball in den Kreis gebracht hat, dann kann jeder auf ſeine Gefahr ſeine Stelle verlaſſen und hinein gehn, um den Ball fortzuſchaffen. Kein im Kreiſe Stehender darf ſein Loch mit dem Fuſse bedecken.

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10. Schnurball.

Wenn man im obern Stockwerke eines Ge - bäudes eine Stange ſo befeſtigt, daſs ſie aus ei - nem Fenſter weit genug heraus ſtehet; an die äuſerſte Spitze eine recht haltbare, hanfene Schnur bindet, und an dieſer, ſo feſt als mög - lich, einen etwas dicken Ball befeſtigt, ſo daſs er an der Schnur herunter hängt, bis 3, 4 Fuſs vom Boden: ſo erhält man die Vorrich - tung zu einem ganz einfachen Ballſpiele, das von zwey und mehr Perſonen geſpielt werden kann. Die eine ſchlägt den Ball, die andre ſucht ihn zu fangen, wann er wieder zurück - fällt, doch ehe er noch die ſenkrechte Linie durchfährt, in welcher die Schnur im Stande der Ruhe herabhängt. Ein gefangener Ball macht den Schläger des Schlages verluſtig. Wollen ſich mehr als zwey Perſonen damit unterhalten, ſo kann man mit Punkten und Parthien ſpielen. Dann kommt es darauf an, den Ball ſo ſtark zu ſchlagen, daſs er einen, auch wohl zwey Um - ſchwünge um die Stange macht. Jede Perſon ſchlägt, unter Abwechſelung mit den andern, 4 Mal; 4 Schläge machen daher einen Gang, und 6 Gänge die ganze Parthie. Jeder Um - ſchwung gilt einen Punkt; werden durch einen Schlag aber 2 Umſchwünge gemacht, ſo geltenH114ſie drey Punkte. Wer am Ende die meiſten Punkte zählt, gewinnt das Spiel. Ein Schlag un - terhalb des Balles durch iſt gleichgültig; wer aber dreymal hinter einander unten durchſchlägt, ver - liert, wie man das nun feſtſetzen will, entweder alle noch übrigen Schläge dieſes Ganges, oder beſſer man rechnet ihm die drey Fehlſchläge als einen Schlag an. Wer bloſs die Schnur trifft verliert einen Punkt.

Der Ballſtab kann bey dieſem Spiele etwas breit ſeyn, damit man weniger in Gefahr iſt, die Schnur zu treffen.

Dieſes Spiel empfiehlt ſich dadurch der Ju - gend, weil es wenig Platz erfordert und den Körper, beſonders den Arm ſo wie das Auge übt.

11. Fangball.

Dieſe Art des Ballſpiels kann ſchon von zwey Knaben ausgeführt werden, ſo wohl im Freyen an einer Mauer, als auch im Hauſe, wenn der Platz nur oben ſo weit frey iſt, als die Höhe eines guten Stockwerks beträgt. Die Haupt - ſache beſteht bloſs im Fangen des Balles unter allerley Abänderungen. Dieſe ſind: 1. der Ball wird 6 Mal gegen die Wand geworfen und mit115 beyden Händen gefangen. 2) Sechsmal Rechts gefangen. 3) 6 Mal Links, doch mit der rech - ten Hand geworfen. 4) Links geworfen rechts gefangen. 5) Links geworfen links gefangen. Darauf kommt der Spieler aus dem Lehrlings - ſtande heraus und wird Geſell. 6) Rechts von hin - ten unter dem Schenkel durch und rechts frey ge - fangen. 7) Links daſſelbe und links gefangen. 8) Rücklings rechts geworfen und gefangen. 9) Daſſelbe links. Der Geſell iſt Meiſter. 10) Der rechts geworfene Ball wird mit der flachen Hand 5 Mal an die Wand zurück geſchlagen und zum 6ten Male gefangen. 11) Ebendaſſelbe mit der linken Hand. 12) Der geworfene Ball wird nach jedem Wurfe mit dem Ellenbogen in die Höhe geprellt und dann gefangen. 13) Zwey Bälle werden unabgeſetzt, einer nach dem an - dern, mit der rechten Hand an die Wand gewor - fen, mit der linken gefangen und der rechten wieder zugereicht, welche ſie dann vom neuen aufwirft und zwar ſo oft bis jeder Ball die linke Hand 6 Mal durchlaufen iſt. 14) Zwey Bälle werden mit der rechten und linken Hand gleich - zeitig geworfen und gefangen. 15) Dieſelben wer - den übers Kreuz geworfen und gefangen. Nun iſt der Meiſter Virtuoſe. Jede dieſer Uebungen kann willkührlich 5 oder 6 Mal gemacht werden. Es iſt leicht abzuſehen, daſs ſich noch mancher -H 2116ley Abänderungen machen laſſen. Dieſes Spiel bekommt viel Intereſſe durch Wetteifer und durch die Schwierigkeit, welche damit verbun - den iſt. Es ſetzt den Körper ſtark in Bewe - gung, erfordert genau abgewogene Kraft der Hand, viel Augenmaaſs und ſehr viel Gelen - kigkeit und Schnelligkeit des Körpers. Es läſt ſich nur an einer ganz ebenen Wand mit recht runden, nicht glatten aber elaſtiſchen Bäl - len ſpielen. Fällt der Ball zu Boden, ſo ſind alle ſchon gemachten Würfe derſelben Aufga - be vergebens und ſie muſs noch einmal gemacht werden. Die Spieler können auch die Fehler notiren, und am Ende Rechnung machen, wel - che mit ſpashaften Würfen auf den Rücken be - zahlt wird.

12. Steht Alle!

Dieſes Spiel verdient es ſehr, der Jugend em - pfohlen zu werden. Es gewährt mäſsige Bewe - gungen des Körpers, denn man muſs oft dabey, wie wohl nicht anhaltend, laufen; es übt den Arm durch Werfen, erfordert mithin auch Au - genmaaſs; verlangt Aufmerkſamkeit und iſt mit Luſtigkeit verbunden.

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Die Geſellſchaft kann ziemlich zahlreich ſeyn und über 12, 16 Perſonen ſteigen. Für jede Perſon wird auf dem ebenen Boden ein Loch in der Gröſse einer Fauſt gegraben, ent - weder in einer einzigen Reihe nebeneinander, oder noch beſſer unordentlich auf einen Haufen zuſammen, oder wie die Felder eines Damen - bretts[.]Die Löcher ſind nur etwa einer guten Hand breit von einander entfernt. Jeder zeich - net das Seinige, indem er irgend etwas z. E. ein Meſſer, einen Knopf etc. hinein legt, wor - an er es ſogleich wiedererkennen kann. Iſt al - les ſo vorbereitet, ſo nimmt einer von der Ge - ſellſchaft den nicht zu harten Ball und rollt ihn in einer Entfernung von etwa 3, 4 Schritten nach den Löchern, um welche die übrige Ge - ſellſchaft in einem drey Viertels Kreiſe umher ſteht und mit groſser Begierde auf den Lauf des Balls achtet. Fällt er in ein Loch, ſo ſpringen Alle mit gröſster Schnelligkeit[auseinander] und entfernen ſich von den Löchern. Ein Einziger bleibt ſtehen, nämlich der, in deſſen Loch der Ball gerollt iſt. Dieſer ergreift ihn beym Hin - einrollen augenblicklich, und ruft: ſteht alle! Er kann dieſs nicht ſchnell genug ausrufen, da - mit die andern nicht ſo weit fortkommen, und darf doch nicht eher, als bis er den Ball mit der Hand berührt. Auf jenen Ruf ſtehen AlleH 3118augenblicklich. Offenbar erfordert das Spiel alſo Aufmerkſamkeit und ſchnelle Beſonnenheit. Unſer Spieler, er heiſse A, hat nun das Recht, nach dem nächſten dem beſten, B zu werfen. Trifft er ihn nicht, ſo iſt der erſte Gang des Spiels aus. Alle kommen zu den Löchern zurück und dem A wird zur Strafe ein Steinchen ins Loch gelegt. Trifft er ihn aber, ſo nimmt B ſo ſchnell als möglich den Ball auf und ruft gleich - falls: ſteht alle! denn jeder hat das Recht, ſich von dem, der am Werfen iſt, ſo lange zu entfer - nen, als der Ball nicht in der Hand iſt. Alle ſtehen und B wirft nun wieder nach dem Näch - ſten den Beſten C. Trifft er ihn nicht, ſo en - digt ſich jetzt der Gang und B bekommt einen Stein ins Loch. Trifft er ihn aber, ſo machts C wie ſein Vorgänger, ergreift den Ball und ruft den Laufenden zu: ſteht alle! u. ſ. w. So können 3, 4, 6 und mehr Perſonen ans Wer - fen kommen, bis ein Wurf fehl trifft, der Gang des Spiels ſich dadurch endigt und der, welcher nicht traf, ein Steinchen ins Loch bekommt. Oft tritt der Fall ein, daſs Einer werfen ſoll, der es nicht gerne wagen mag, entweder weil er kei - ne Fertigkeit im Treffen hat, oder weil er nicht früh genug, ſteht alle! rufen konnte, wodurch folglich Alle zu weit von ihm weggelaufen ſind: darum iſt es denn auch jedem erlaubt, ſowohl119 dem A als allen Übrigen, jemanden durch ſtil - les Zuwinken aufzufordern, an ſeiner Statt zu werfen. z. B. A hat nicht Luſt ſelbſt zu werfen und er fordert einen Andern, Namens B, auf, es für ihn zu thun. B kann nicht dazu gezwungen werden, hat er aber Luſt, ſo wirft ihm A den Ball ſchleunig zu. Da er folglich in dem Au - genblicke in keines Mitſpielers Hand iſt, ſo ha - ben Alle das Recht, ſich ſo lange und ſo ſchnell, von B zu entfernen, bis B ruft: ſteht alle! d. i. bis er den Ball hat. Hierauf kann er ſich Einen zum Wurfe auserſehen, aber es iſt ihm ſchlech - terdings nicht erlaubt, den Wurf vom neuen ei - nem Andern zu übertragen. Wirft er fehl, ſo geht ein neuer Gang an, und nicht A, ſondern B bekommt einen Stein ins Loch; trifft er aber einen Andern, Namens C, ſo kann dieſer ſelbſt werfen oder übertragen u. ſ. w.

So bald der Fehlwurf geſchehen iſt, gehen Alle wieder zu den Löchern und man rollt den Ball vom neuen. Hat endlich nach vielen Gängen Einer 6 Steinchen in ſeinem Loche, das iſt, 6 Mal fehl geworfen, ſo wird er dafür auf folgende Art beſtraft. Seine Mitſpieler ſtellen ſich in zwey gleichzählige Fronten, 24 Schritt von einander, und nehmen den Strafbaren in die Mitte. Einer nach dem Andern hat das Recht, mit dem Ball einen Wurf auf ihn zuH 4120thun und er Gelegenheit, ſich im Ausweichen zu üben.

Geſetze. 1. Das Rollen des Balls geſchieht von den Spielern nach ihrer Gröſse. Jeder hat das Recht 3 Mal zu rollen, iſt dann der Ball noch nicht in ein Loch gefallen, ſo kommt ein Anderer an die Reihe. Es geſchieht, wenn die Löcher nicht in einer Reihe gemacht ſind, ab - wechſelnd von vier Seiten her, und jede Per - ſon muſs von einer andern Seite her den Ball nach den Löchern abrollen.

2. Kein Spieler darf eher rufen ſteht alle! bis der Ball in ſeinen Händen iſt, und keiner von den Übrigen darf dann noch einen Schritt weiter laufen. Thut ers aber dennoch, ſo muſs er, auf Verlangen des Erſtern, die Schritte zurück thun.

3. Der erſte Spieler, in deſſen Loch der Ball gerollt wurde, ſtellt ſich beym Wurfe neben die Löcher, alle in der Folge getroffenen dahin, wo der von ihnen abgeprallte Ball liegt; alle dieſe Leute haben dann noch das Recht von den ge - nannten Standpunkten einen Sprung nach der Perſon hin zu thun, nach welcher ſie werfen wollen, um ihr näher zu kommen. Dagegen ſteht es Jedem, nach welchem der Wurf ge - ſchieht, frey, ihm durch alle mögliche Biegun - gungen und Wendungen des Körpers auszu - weichen.

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13. Federball. Volant.

Die zu dieſem Spiele gehörigen Inſtrumente ſind allgemein bekannt und bey den Galanteriehänd - lern zu haben; es iſt daher keine umſtändliche Beſchreibung nöthig, doch will ich hier noch an - führen, daſs die Federbälle in den franzöſiſchen Ballhäuſern, wo dieſs Spiel, unter der Regent - ſchaft des Herzogs von Orleans, deſſen Lieblings - ſpiel es war, ſehr ſtark getrieben wurde, zwey Zoll im Durchmeſſer und 2 1 2 Zoll lange Fe - dern hatten. Die Raketten waren viel leichter, als die zum ordentlichen Ballſpiele. Unſre Fe - derbälle werden gewöhnlich zu klein gemacht.

Das Spiel beſteht bloſs aus einem geſchick - ten Zuſchlagen zwiſchen zwey oder mehr Perſo - nen, ſo daſs der Ball unaufhörlich hin und her getrieben wird, bis er durch Verſehen zum Fal - len kommt. Wer dieſs am beſten zu verhin - dern weiſs, ſpielt am beſten. Die Sache ſcheint beym Zuſehen ſehr leicht, es gehört aber mehr dazu als man glaubt, Ball, Rakette und Hand im - mer in ein richtiges Verhältniſs zu bringen, das in jedem Augenblicke völlig neu iſt, weil der Ball immer in verſchiedene Lagen kommt. Hier - zu müſſen die Bewegungen und Wendungen der Rakette, der Hand und des ganzen Kör -H 5122pers erſt erfunden, und zwar ſogleich auf der Stelle, erfunden werden, weil die Lage des Balls nur auf einen Augenblick dieſelbe bleibt. Aus dieſem Geſichtspunkte betrachtet iſt dieſs Spiel ſehr vortrefflich als Uebung des Beobachtungs - geiſtes; aber es ſetzt auch den Körper auf eine heilſame Art in Bewegung und macht ihn durch unzählbare Biegungen und Wendungen ge - ſchickter. Im Freyen läſst es ſich jedoch nur ſelten ſpielen, wegen des Luftzuges, aber deſto beſſer in geräumigen und hohen Zimmern. Ich empfehle es vorzüglich auch dem weiblichen Geſchlechte.

b) Scheibenſpiele.

14. Das Scheibenſpiel. (Le palet).

Dieſes Spiel empfehle ich der Jugend für die ſchläfrige Zeit nach Tiſche, beſonders an heiſsen Sommertagen; denn es hat alles, was zu einem ſolchen Spiele gehört, indem es weniger An - ſtrengung als Geſchicklichkeit erfordert, und unter kleinen Promenaden zu Scherz und La - chen Anlaſs giebt. Man kann es im Freyen und im Zimmer, ſelbſt auf dem Tiſche, ſpielen.

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Vier bis ſechs Perſonen ſpielen es am be - quemſten. Jeder hat 1. 2. 3. und mehr metal - lene Scheiben, mit welchen nach dem Ziele, das in einer kleinen Scheibe beſteht, geworfen wird. Für jede Scheibe, welche die eine Parthey dem Ziele näher wirft, als die andre, zählt ſie einen Punkt, und diejenige Parthey, welche zu - erſt 12 Punkte zählt, hat das Spiel gewonnen. Dieſs iſt der Gang des Spiels. [Jezt noch] noch einige Erläuterungen.

Die Zahl der Scheiben für jede Perſon iſt willkührlich. Sie ſind von Bley, ſo groſs als ein Thalerſtück. Um ſie beym Spielen zu kennen, werden ſie numerirt, oder mit haltenden Farben überzogen. Es iſt bequem, wenn jeder Spieler ſeine eigene Farbe hat, aber gar nicht nothwen - dig. Nothwendiger iſt es aber, daſs jede Par - they der Spieler eine eigene Farbe habe, und da ſich die ganze Zahl der Spieler nicht bloſs in 2, ſondern auch in 3 und 4 Partheyen theilen kann: ſo iſt es gut, 4 Farben zu haben, um die abgeworfenen Scheiben der Partheyen leicht auseinander finden zu können. Hat man aber dergleichen Scheiben gar nicht, ſo laſſen ſich auch Thalerſtücke gebrauchen, wenn man ſie mit Zahlen bezeichnet.

Um die Sache mehr zu verſinnlichen, will ich ein Spiel angehen laſſen, daſs von 2 Par -124 theyen, A und B geſpielt wird. Ob jede Parthey aus 2, 3 oder 4 Perſonen beſtehe, kömmt hier weiter nicht in Betracht. Man legt das kleine Stück Geld auf den Boden, etwa 4, 6; bis 10 Schritt weit von dem angenommenen Stand - punkte. Im Fortgange des Spiels geſchieht dieſs aber nicht wieder, ſondern derjenige wirft es aus, der dem Ziele eine Scheibe am nächſten brachte. Man kann darum loſen, welche Par - they den Anfangswurf thun ſoll, oder die Ent - ſcheidung der Höflichkeit überlaſſen. Angenom - men, eine Perſon von A mache den Anfang, ſo folgt nun eine von B. Wirft dieſe näher als die Scheibe von A liegt, ſo kommt die Parthey A wieder an den Wurf und die Perſonen dieſer Parthey es iſt ganz gleichgültig wer es ſey, werfen ſo lange bis eine von ihren Scheiben - her liegt, als die Scheibe von B; dann fangen die Perſonen von B wieder an. Die Regel heiſt kurz: jede Parthey bleibt ſo lange am Wurfe, bis eine ihrer Scheiben dem Ziele näher liegt, als irgend eine der andern.

Die Ordnung des Werfens richtet ſich alſo immer nach der Entfernung der Schei - ben, darüber muſs ſtreng gehalten werden, mithin iſt es nöthig, die Entfernungen immer mit den Augen zu meſſen. Dieſe Einrichtung iſt vortrefflich, das Augenmaaſs der Jugend zu125 ſchärfen, ſie muſs daher durchaus nicht vernach - läſsiget werden. Im ſtreitigen Falle wird mit einem Stabe gemeſſen. Sind die Scheiben von allen Spielern abgeworfen, ſo kommts zur Be - rechnung und diejenige Parthey, welche 1, 2, 3, u. ſ. w. Scheiben dem Ziele näher gebracht hat, als irgend eine der andern liegt, zählt 1, 2, 3 u. ſ. w. Punkte weiter. Uebrigens zeigt man, wie beym Billard, den Stand der Points der Partheyen an; oder ſind mehr als 2 Partheyen, ſo notirt man die Punkte einer jeden mit der Bleyfeder. Derjenige, deſſen Schei - be dem Ziele beym vollendeten Gange am nächſten lag, nimmt das Ziel, wirft es vom Neuen aus, und thut beym folgenden Gange den erſten Wurf. So wird die Stelle des Ziels nach jedem Gange, d. i. nach jedesmaligen völ - ligen Abwerfen aller Scheiben der Partheyen, verändert.

Man kann es in dieſem Spiele zu einer an - ſehnlichen Fertigkeit bringen, z. E. die Per - ſon 1 wirft mit dem Ziele ziemlich nahe, 2 legt ſich zwiſchen ſie und das Ziel, 3 trifft das Ziel ſo, daſs es ſich von 1 und 2 entfernt und ihr am nächſten liegt. Oder 1 legt ſich ans Ziel, 2 bedeckt das Ziel, 3 wirft 2 vom Ziele herab oder vom Tiſche herunter, ſo daſs in dieſem letzten Falle nichts gezählt werden kann.

126

Man kann auch ohne Partheyen einzeln für ſich ſpielen. Dieſs geſchieht gewöhnlich, wenn die Zahl der Perſonen ungleich iſt.

Ueber das mechaniſche des Wurfes läſst ſich nur folgendes ſagen: die Scheiben werden auf die Finger gelegt und in einem geſtreckten Bo - gen ſo fort geworfen, daſs ſie nicht ins Rollen kommen.

Dieſs Spiel hat viel Zweckmäſsiges; es er - fordert unaufhörlich ein genau meſſendes Auge, richtig abgewogene Kraft der Hand beym Wur - fe, gute Behandlung der Scheiben und zugleich auch Glück; denn oft vernichtet ein kleiner Zufall den geſchickteſten Wurf und erregt Ge - lächter.

15. Das Fuſsſcheibenſpiel. (La Merelle).

Dieſes angenehme Knabenſpiel, welches hin und wieder in Deutſchland gewöhnlich iſt, ha - be ich auch in England und Frankreich wieder - gefunden. Dort heiſst es hopping Scotch und hier la Merelle oder Marrelle. Der Spieler hüpft auf einem Fuſse und ſtoſst mit dieſem, im127 Niederhüpfen, einen platten Stein am Boden fort, und zwar nach gewiſſen Geſetzen und durch die Fächer einer gewiſſen Figur, die an den Bo - den gezeichnet iſt. Hierin beſteht die Haupt - ſache des Spiels.

Der Stein muſs platt, nur etwa einen klei - nen Finger dick ſeyn. Man nimmt dazu gern ein Stück Dachziegel, das man ganz rund, oder länglicht rund, abklopft. Er iſt faſt ſo groſs, als die Mündung eines Trinkglaſes. Spieler können zwey, drey und mehr ſeyn. Auf ei - nem groſsen Saale zeichnet man die Figur mit Kreide, im Freyen muſs man einen ebenen, et - was ſandichten, oder überhaupt einen weichen, Boden haben, damit man ſie mit einem Stabe hineinreiſsen kann. Sie iſt etwa 12 bis 14 Schrit - te lang. Im Grunde iſt eine ſolche Figur ſehr willkührlich, um ſich aber eine Vorſtellung da - von zu machen, muſs ich ſchon ein Paar als Muſter aufſtellen[. ]Siehe Zeichn. 5 und 6. Je - ne iſt aus England entlehnt. Die Spieler A. B. u. ſ. w. ſtellen ſich vor die Linie a b, denn von hier aus wird das ganze Spiel getrieben. A ſoll den Anfang machen. Er wirft den Stein in das Fach 1. hüpft auf einem Fuſse hinein, ſtöſst ihn über a b heraus und tritt wieder an die Anfangslinie. Itzt wirft er den Stein nach dem Fache 2, hüpft wieder hinein und ſtöſst ihn eben128 ſo heraus; dann wirft er ihn nach 3, hüpft auch dahin und treibt den Stein ſtoſsweiſe über die ſchon paſſirten Fächer zurück. Auf eben die Art wirft er ihn nach 4 und wiederholt das Her - ausſtoſsen wie vorher. Nach dem Wurfe ins 5te Fach hüpft er über die erſten 4 Fächer auf einem Fuſse, dann ſpringt er auf beyde Füſse, ſo daſs er das Kreuz überſpannt und mit dem einen in 5 mit den andern in 6 ſteht; hierauf wieder auf einem Fuſse ins 5te Fach, ſtöſst den Stein nach 4, überſpannt dann wieder das Kreuz, hüpft nach 4 und von da über 3, 2, 1 hinaus. Beym 6ten Fache gehts eben ſo. Das 7te iſt ein Freyfach, hier darf er nach Ueberſpannung des Kreuzes auf beyde Füſse niederſpringen und nach Belieben einige Augenblicke ruhen. Dann aber muſs der Stein der Reihe nach von 7 nach 6, nach 5 und nach 4 geſtoſsen werden und ſo oft als der Spieler hierbey in ein neues Fach übergehen will, muſs er erſt das Kreuz wie vor - hin überſpannen. Von 4 wird er endlich nach und nach, oder auf ein Mal, wieder[herausge - worfen]. Nach dem Wurfe in 8 hüpft der Spieler über 1, 2, 3, 4 überſpannt dann das Kreuz, ſpringt in 7 auf beyde Füſse und auf ei - nem nach 8, von hier muſs der Stein wieder durch alle Fächer gebracht werden wie vorhin. 9 bleibt wieder ein Freyplatz. Hier darf er eben -129 falls auf beyden Füſsen gehn und ſtehn, bis er anfängt, den Stein wieder heraus zu ſtoſsen.

Die ſechste Figur iſt franzöſiſch. 4 und 8 ſind Freyplätze, wo der Spieler zur Erholung auf beyde Füſse treten darf. Will er von dieſen Plätzen aus den Stein zurücktreiben, ſo ſteht es ihm frey, dieſs durch alle ſchon paſſirten Fächer zu thun, nämlich von 10, nach 9, 8, 7, 6 u. ſ. w. oder er legt den Stein auf den hüpfenden Fuſs und ſchleudert ihn, indem er einen kleinen Auf - ſprung macht, von 8 oder 4 ſo weit er kann, über 3, 2 fort, aus der Figur hinaus.

Wenn dieſs Spiel von zwey und mehr Perſo - nen geſpielt wird, ſo ſetzt man erſt die Folge feſt und richtet ſich dann nach folgenden Geſetzen.

1. Der Stein wird von der Linie a-b aus in das beſtimmte Fach geworfen, fällt er in ein an - deres Fach, oder bleibt er auf einer Linie lie - gen: ſo darf der Spieler für dieſen Gang nicht ſpielen, ſondern ſein Nachfolger kommt ans Spiel.

2. Berührt der Spieler beym Hüpfen und Fortſtoſsen mit dem Fuſse eine Linie der Figur, ſo tritt er ebenfalls ab.

3. Bleibt der geſtoſsene Stein auf einer Li - nie liegen, ſo geſchieht eben das.

4. Fährt der geſtoſsene Stein über eine Seite der Figur heraus, ſo verliert er gleichfalls denI30[130]Gang, denn der Stein muſs ſtets beym Heraus - ſtoſsen die Linie a b durchgehen.

5. Vergiſst er das oben angedeutete Ueber - ſpannen des Kreutzes, ſo iſt er ebenfalls ab.

6. Springt er, durch den Verluſt des Gleich - gewichts getrieben, aus der Figur heraus, wenn der Stein noch darin iſt, oder berührt er mit dem verbotenen Fuſse den Boden;

7. Ueberſpringt er beym Herausſtoſsen aus den Fächern des Kreiſes oder des Kreuzes ein Fach, ſtöſt er ihn z. E. von 8 nach 5, oder von 7 nach 4: ſo darf er den Gang nicht machen.

8. Derjenige, welcher den Stein zuerſt in das letzte Fach und wieder herausbringt, hat die Par - thie gewonnen.

Alle dergleichen Regeln, ſo wie die Figu - ren ſelbſt ſind, ſehr willkührlich, und hängen von der Erfindungskraft der jungen Spieler ab. Dieſs macht das Spiel um deſto angenehmer. Ich habe es zwiſchen den Windungen einer gro - ſsen Spirallinie ſpielen geſehen, wobey jeder ſei - nen Stein bis zum Mittelpunkte nach und nach fortſtoſsen muſste.

Dieſs Spiel hat mancherley Gutes an ſich; es bewegt den Körper bis zum Schweiſse, übt die Schenkel und Waden; verlangt viel Haltung des Gleichgewichts auf einem Fuſse; ein gutes Au - genmaaſs bey der Fortwerfung des Steines in131 das beſtimmte Fach, und viel Aufmerkſamkeit, um nichts von dem zu vergeſſen, was in den Ge - ſetzen ausgemacht iſt. Es iſt für junge Leute ſehr unterhaltend und reizend; vor wenigen Ta - gen ſah ich es daher von einigen ſo gar nach einem Marſche von ſechs ſtarken Stunden ſpie - len. Allein mir gefällt bey dieſem Spiele das beſtändige Hüpfen auf einem Beine nicht, zu - mal wenn immer nur ein und ebendaſſelbe ge - braucht wird. Dieſs letzte ſollte man nicht zu - geben; es muſs, lange fortgeſetzt und wieder - holt, auf den unvollendeten Bau übeln Einfluſs haben, wenigſtens wird die Stärke und Ausbil - dung der Schenkel dadurch ungleich werden. Man mache es daher zum Geſetze des Spiels, rechts hinein und links herauszuhüpfen, und wechſele auch hierin ab. Hierdurch wird der etwannige Schade ſicher gehoben. Dieſs Spiel hat ungewöhnlich viel Anlage zu einer weit grö - ſsern gymnaſtiſchen Vollkommenheit, und es kann zu einem der vortrefflichſten Bewegungsſpiele wer - den, wenn man ſtatt des bloſsen Hüpfens, aller - ley leichte und ſchwere Körperbewegungen hin - einbringen will. In dieſer Rückſicht iſt es jun - gen Leuten ganz beſonders zu empfehlen. Die - jenigen, welche in den Tanzſchritten (Pas), ſo wohl in den niedrigen als hohen, geübt ſind, wer - den ſehr leicht einen ganz neuen Gang des SpielsI 2132herausbringen, indem ſie es zum Geſetz machen, daſſelbe mit Bewegungen des Tanzes zu verbin - den, in dieſem Fache der Figur ein Jetté, in einem andern ein Entrechat, eine Cabriole u. ſ. w. zu machen. Durch eine geſchickte Verbindung und Ausführung von dergleichen Tanzſchritten würde das Spiel ein vortreffliches Anſehn erhalten. Zur weitern Auseinanderſez - zung iſt aber hier der Platz nicht. Junge Leute, die aber hiervon nichts verſtehen, ſollten aller - ley weniger künſtliche Sprünge hinein bringen. Um mich verſtändlich zu machen, will ich ein Beyſpiel angeben.

Man ſteht in der erſten Poſition vor a b, die Hände in die Seiten geſtüzt, die Bruſt heraus. Aufgeſprungen, mit den Füſsen an das Geſäſs geſchlagen und nach 1 in die erſte Poſition über - geſetzt.

1. Aufgeſprungen, in der Luft die Ferſen zuſammengeſchlagen, in die erſte Poſition nie - dergefallen, auf einer Fuſsſpitze völlig umgedre - het, und nach 2 übergeſetzt.

2. Die Beine etwas geſpreitet, aufgeſprungen, in der Luft halb umgedrehet, niedergefallen; dann wieder die Beine etwas geſpreitet und eben ſo mit Umdrehen in die erſte Stellung und von da nach 3 geſprungen.

3. In der erſten Poſition aufgeſprungen, in133 der Luft rechts völlig umgedrehet. Niederge - ſprungen und nach 4 übergeſetzt.

4. Wie in drey, aber links herumgedreht und nach 5 übergeſetzt.

5. Aufgeſprungen die Ferſen 2 Mal in der Luft zuſammengeſchlagen. Dann wieder auf - geſprungen, ſo daſs der Abſtoſs mit dem linken Fuſse geſchieht, in der Luft mit eben dem Fuſse gegen den rechten geſchlagen, und ſo ſeitwärts nach 6 übergeſetzt.

6. Anfangs wie vorher in 5 Aufſprung und dop - pelter Anſchlag. Dann Aufſprung mit dem rech - ten Fuſse, Anſchlag an den linken, Ueberſpan - nung des Kreutzes, ſo daſs der linke in 5 der rech - te in 6 ſtehet. Nochmaliger Aufſprung nach 7.

7. Hier iſt ein Freyplatz zum Ausruhen.

8. Ueber das achte Fach wird mit gleichen Füſsen weggeſetzt, denn es wird als verſchloſſen angeſehn.

9. Hier wird am hinterſten Ende der Stein zwiſchen beyde Füſse gefaſst; man macht damit 2 kurze Fortſprünge, dann einen ſtarken Auf - ſprung, ſchlägt beyde Füſse ans Geſäſs und ſpringt nieder. Der Stein darf dabey nicht fal - len. Itzt ſpringt man, immer den Stein feſthal - tend, über 8 weg, dann von 7 nach 4, nach 3 u. ſo fort aus der Figur heraus. Nach dieſen Angaben wird ſich jeder leicht eine Vorſtellung von derI 3134verbeſſerten Geſtalt dieſes Spiels machen können. Dergleichen Bewegungen laſſen ſich auf man - cherley Art abändern. Dieſs macht Vergnü - gen und zur Uebung und Bildung des Körpers ſind ſie vortrefflich. Die für jedes Fach beſtimm - ten Sprünge werden bloſs gemacht, indem man ſich zu dem Fache begibt, wo der Stein liegt; von hier ſchnellt man den Stein entweder mit einem Fuſse hüpfend, vor ſich hin nach und nach heraus, oder man legt ihn auf den Fuſs und ſchleudert ihn beym Aufſprunge fort, oder man faſst ihn zwiſchen beyde Füſse und ſpringt damit aus der Figur heraus. Die Geſetze über den Verluſt eines Ganges, wird jeder leicht, nach den oben gegebenen, für dieſs neue Spiel bilden können.

16. Das Steinſpiel.

Man gebraucht zu dieſem Spiele nichts, als Steine, daher gebe ich ihm dieſen Namen, ob es gleich in Deutſchland und in der Schweiz un - ter manchen andern Namen bekannt iſt. Der Boden des Platzes ſey eben und feſt und man bezeichne hier den Spielraum auf folgende135 Art, ſiehe Zeichn. 7. Auf die Stelle a legt man 2, 3 bis 4 Steine aufeinander von der Gröſse eines Hühnereyes, oder man ſtellt hier her einen kleinen hölzernen Kegel, oder pyramidaliſchen Stein, einer kleinen Spanne hoch. Dieſs iſt das Ziel, wonach jeder Spieler wirft. Zu dieſem Ende verſieht ſich jeder Mitſpieler, deren 6, 12 und mehr ſeyn können, mit einem platten, höchſtens einen Zoll dicken, Steine, der etwas abgerundet ſeyn kann und ſo groſs als eine Un - tertheetaſſe iſt. Man kann auch hölzerne Schei - ben dazu gebrauchen. b iſt die Stelle, von wo aus nach dem Ziele geworfen wird, ſie iſt etwa 10 Schritte von a entfernt. c e und d f die et - wa 5 Schritte von einander gemacht werden, ſind in den Boden geriſſene, oder durch Steine bezeichnete Grenzlinien; ſo wie auch c d und e f. Ehe das Spiel angeht, wird durchs Loos erſt einer zum Wächter gewählt. Dieſer ſpielt die Rolle des Dienenden, denn er muſs bey dem Ziele a immer Wache halten und es wieder aufſetzen, wenn es von den Mitſpielern umge - worfen iſt. Die Werfenden ſind in dem Freyplaz - ze vor e f und einer nach dem andern wirft, von der Stelle b aus, ſeine Scheibe nach dem Ziele. Hat man ſie abgeworfen, ſo muſs man den näch - ſten Wurf erſt dadurch löſen, daſs man ſie wie - der holt, ohne von dem Wächter berührt, oder mitI 4136ſeinem zuſammengewundenen Schnupftuche ge - troffen zu werden. In dieſer Kleinigkeit liegt der Reiz des Spieles; denn es iſt nicht ganz leicht, wenn der Wächter auf ſeiner Hut iſt, aber doch durch Schnelligkeit möglich. Jeder Spieler, der ſeinen Stein abgeworfen hat, kann nicht ſogleich hinauslaufen, um ihn wieder zu ho - len, denn er würde ſich ja dem Wächter gerade in die Hände liefern, ſondern er bleibt neben b und beobachtet den Wächter; findet er ihn unaufmerkſam, ſo läuft er pfeilſchnell hinaus und ſtellt dort ſeinen Fuſs auf den Stein. Iſt der Wächter aber zu aufmerkſam, ſo müſſen die Spieler bey b warten, bis einer von ihren fol - genden Mitſpielern das Ziel umwirft und dann laufen alle augenblicklich und ſchnell hinaus, um ihre Steine zu holen; denn es iſt die Pflicht des Wächters, das umgeworfene Ziel augen - blicklich wieder aufzuſtellen, und eher kann er Keinen auf eine gültige Art berühren[.]Oft iſt es der Fall, daſs man, durch Schnelligkeit, ſo wie durch Langſamkeit des Wächters beym Aufſtel - len geholfen, hinaus kommt und den Stein auch ſogleich mit nach b zurück bringt. Liegt in die - ſem Falle der Stein jenſeits der Linie c d zum Beyſp. in x, ſo kann man ihn gerade zu nehmen und damit nach b zurücklaufen; liegt er aber vor der Linie zum Ex. in y, ſo muſs man ihn auf -137 nehmen und erſt die Linie c d damit berühren, ehe man damit zurücklaufen darf.

Ein anderer Fall iſt noch gewöhnlicher: wird nämlich der Wächter zu früh fertig, ſo kann man nicht gleich mit dem Steine zurück laufen. Liegt der Stein dann jenſeits c d, ſo ſtellt man ſich mit dem Fuſse darauf und bleibt ſo ſtehen; ja man kann auch den Stein von x her bis an die Linie c d heranſchieben, um ſich den Rückweg zu verkürzen. So lange man ſo durch den Fuſs oder die Hand mit dem Steine in Berührung bleibt, hat der Wächter kein Recht zu berühren, läſst man aber davon ab, ſo kann er es ſogleich. Liegt der Stein aber vor c d, ſo darf man hier nicht auf demſelben ſtehen bleiben, denn der Wächter kann hier jeden berühren, es ſey wann es wolle, weil der Raum c d e f als verboten an - geſehen wird. Man muſs daher den Stein erſt aufnehmen, ihn auf, oder hinter die Linie c d bringen und kann dann hier, wie vorhin, ſo lan - ge mit ihm in Berührung bleiben, bis man in der Unachtſamkeit des Wächters, oder im Um - geworfenen Ziel eine Gelegenheit findet, wie - der nach b zurück zu kommen.

Bisweilen tritt der Fall ein, daſs kein Spie - ler das Ziel umwirft und daſs folglich keiner ſei - ne Scheibe holen kann: dann müſſen mehrere von beyden Seiten den Wächter bald hier baldI 5138dort necken, als wollten ſie hinauskommen, und dadurch ſeine Aufmerkſamkeit theilen, bis einer wirklich ſeine Scheibe auf dieſe Art zurück - bringt.

Spielgeſetze: 1. Wer auf obige Art und un - ter den obigen Umſtänden berührt wird, iſt Wächter.

2. Wer beym Hinaus - oder Hereinlaufen die Seitenlinien übertritt, wird es gleichfalls. In beyden Fällen nimmt der bisherige Wächter die Stelle deſſelben unter den Werfenden ein.

Dieſs Spiel iſt leicht zu beurtheilen. Es ge - währt Fröhlichkeit, Bewegung, Uebung des Au - genmaaſses; verlangt Schnelligkeit des Körpers, iſt durchaus unſchuldig und überall, ſelbſt in Zim - mern ausführbar, wenn man hier, ſtatt der Stei - ne, weichere und leichtere Scheiben von ſehr dick über einandergelegten Pappdeckel nimmt.

139

c). Kugelſpiele.

17. Das Kugelſchlagen oder Mail.

Unter den Bewegungsſpielen bleibt dieſs immer eins der trefflichſten. Da es faſt ganz, ſelbſt in vielen Gegenden von Frankreich, in Vergeſſen - heit gerathen und bey uns ſo gut als ganz un - bekannt iſt: ſo wird meinen Leſern eine mög - lichſt genaue und gründliche Anweiſung dazu gewiſs willkommen ſeyn, da zumal noch gar kei - ne deutſche Beſchreibung davon zu finden ſeyn mögte, und die, welche man in der franzöſiſchen Encyclopaedie findet gar nichts ſagen will. *)Die beſten Nachrichten davon finde ich in der Academie univer - ſelle des jeux à Paris 1739. Vieles iſt aus eigener Erfahrung ge - nommen.

Die Hauptſache des Spiels beſtehet darin, hölzerne Kugeln, mit dazu gehörigen[Schlägeln], an dem Boden nach gewiſſen Regeln bis zu ei - nem Ziele zu treiben: ich muſs daher bey dieſer Beſchreibung auf drey Gegenſtände Rückſicht nehmen, 1) auf Inſtrumente und Ort, 2) auf das Verhalten der Spieler, 3) auf die conventio - nellen Regeln des Spiels. Bey jedem dieſer140 Punkte werde ich auf das Rückſicht nehmen, was für uns ausführbar iſt.

1. Von den nöthigen Inſtrumenten und der Mailbahn.

Die Kugeln ſind aus den Wurzeln des Buchs - baums gemacht und diejenigen ſind die beſten, welche aus heiſsen Gegenden kommen. Das Hauptſächlichſte zur Bildung dieſer Kugeln muſs die Natur thun. Die Wurzeln des Baums bilden hier und da in den Spalten und Höhlen der Felſen rundliche Knollen, dieſe geben den vollkommenſten Stoff dazu. Man trocknet ſie einige Zeit, drehet ſie zu vollkommenen Kugeln und härtet ſie bis ſie die nöthige Feſtigkeit ha - ben, den heftigſten Schlägen zu widerſtehn, oh - ne Beulen zu bekommen[.]Zu dieſem Ende wer - den ſie zuförderſt gekörnt, das heiſst mit einem Hammer, deſſen Bahn gekörnt iſt, über und über geklopft, bis ſie das Anſehen von gekö - perten Zeuge oder von Schagrin haben, (on les bat a grains d’orge) und dann fängt man an, ſie einzuſpielen, das heiſst man ſchlägt ſie mit dem Schlägel auf einem Platze, der mit Fluſs - ſande überdeckt iſt, anfangs mit kleinen, in der Folge immer ſtärker werdenden Schlägen her - um und reibt ſie nach jedesmaligem Gebrauche mit Glaskraut (Parietaria). So werden ſie end -141 lich hart. Die beſte Art, ſie auſſer dem Gebrau - che zu verwahren, iſt in einem, mit ſchmutziger Wäſche angefülltem[, ]Sacke[. ] Eine ſolche Ku - gel muſs etwa halb ſo ſchwer ſeyn, als die Maſ - ſe, womit man ſie ſchlägt. Am[gewöhnlichſten] ſind Maſſen[von 13] bis 14 Unzen und Kugeln von 5 bis 6 Unzen. Dieſes Verhältniſs ſucht man, ſo viel als möglich, beyzubehalten. Da aber das Holz nicht von gleicher ſpecifiſcher Schwere iſt, ſo entſtehen kleinere und gröſsere Kugeln von gleichem Gewichte. Wenn der Wind günſtig, der Boden ſandig und unmerklich abhängig iſt, ſo nimmt der kluge Spieler gröſsere Kugeln (Tabacans), um ſtärkere Schläge zu machen; bey naſſem Wetter, wenn der Boden das Rollen verhindert, nimmt er gern etwas leichtere; bey trockenem Wetter und ebenen Boden aber am liebſten kleine, doch vom gehörigen Gewichte (des voguets). Eine vollkommene Kugel muſs, auſſer der gehörigen Schwere und Gröſse, noch eine Haupteigenſchaft haben, nämlich ſie muſs in ihrem ganzen Umfange, das iſt in allen ihren Theilen bis zum Mittelpunkte, gleich ſchwer und nicht etwa auf einer Seite zu leicht ſeyn; denn ſie wird ſonſt ſchief rollen, hüpfen und ſpringen und ihr Rollen nicht ſo lange fortſetzen. Aechte Mailſpieler ſtudiren ihre Kugeln, ſie wiſ - ſen genau, ob ſie durch einen Schlag auf die142 Seite oder auf die Enden der Holzfaſern weiter - getrieben werden. So läſst ſich im menſchli - chen Leben auf jede Kleinigkeit geſunder Men - ſchenverſtand und Nachdenken anwenden. Ein Kugelhändler brachte einſt einen groſsen Sack ſeiner Waare nach Aix und ſeine Kugeln gien - gen reiſſend ab, das Stück zu 30 Sols. Nur ei - ne wollte niemand, weil ſie ohne Anſehn war. Bernard, ein ſehr geſchickter Mailſpieler, kaufte ſie für 15 Sols. Er behandelte ſie und ſie wurde ſo vortrefflich, daſs ſie ihm unfehlbar die Parthie gewann. Sie wurde unter dem Namen La Ber - narde ſehr berühmt und ihr nachfolgender Be - ſitzer, der Präſident von Lamanon, ſchlug mehr - mals 100 Piſtolen dafür aus. Nach Verſuchen, die ein Meiſter im Mail, nämlich Louis Brun, damit anſtellte, lief ſie immer 50 Schritte wei - ter, als 6 andere Kugeln, die er mit ihr zum Vergleichen ſchlug; und ſeine Schläge waren ſo abgemeſſen, daſs dieſe 6 immer nur einen oder zwey Fuſs von einander lagen. Dergleichen vollkommene Kugeln mögen ſehr ſelten ſeyn. Das Bisherige war zur richtigen Beſchreibung des Mail nöthig. Jeder ſieht von ſelbſt leicht ein, daſs für uns zu jugendlichen Spielen Ku - geln von Buchsbaumholz ſchon hinreichend ſeyen, da jene Wurzelauswüchſe bey uns ſchwer zu erhalten ſind. Läſst man beym Drechſler143 dergleichen von Buchsbaum Holz machen, ſo beſtellt man ſie zu 2 4 5 Leipziger Zoll im Durchmeſſer, dann werden ſie etwa 5 1 2 Unze wiegen. Ich habe ſogar nur Kugeln von Weiſs - buchen (eigentlich Hornbaum, Carpinus betu - lus) gebraucht, und ſie ziemlich brauchbar ge - funden, freylich halten ſie nicht ſo lange ſtarke Schläge aus.

Der Schlägel (ſiehe die Zeichnung, (Mail), womit die Kugeln fortgetrieben werden, beſteht aus der Maſſe a und dem Stiele a b. Die Maſſe iſt tonnenförmig gedrehet aus dem Holze der immergrünen Eiche. Beyde Enden ſind mit eiſernen Ringen[beſchlagen], die doch aber nicht bis auf die Fläche der Bahn vortreten dür - fen, damit das Eiſen nicht auf die Kugeln trifft. Sie iſt anfangs nicht hart genug und muſs daher nach und nach ſo abgehärtet werden, wie vor - hin die Kugeln, beſonders wird ſie hart durch anfangs kleine und in der Folge immer heftiger werdende Schläge. Genau durch die Mitte er - hält ſie ein Loch für den Stiel, der ſehr haltbar darin befeſtigt werden muſs. Da es bey uns kei - ne immergrünen Eichen giebt, ſo muſs man da - zu eine andere feſte Holzart wählen, z. B. die obi - ge ſogenannten Weiſsbuche, oder auch den wil - den Birnbaum. Die Schwere der Maſſe iſt wenig - ſtens 10, gewöhnlich 13 bis 14 Unzen, wenn die144 Kugel 5 bis 6 wiegt. Der Durchmeſſer ihrer bey - den Bahnen iſt dem der Kugel ziemlich gleich. Die Wölbung ihres Bauches ſollte eigentlich gleich ſeyn, einem Bogen deſſen Mittelpunkt c in der un - tern Hand des Schlagenden liegt. Doch iſt dieſe Genauigkeit ſo pünktlich nicht zu beobachten. Wichtiger iſt es, den Schlägel nach Verhältniſs ſeiner perſönlichen Gröſse zu wählen; zu ſchwer und lang faſt man gern den Boden, zu kurz und leicht nimmt man die Kugel gern bey den Haa - ren, d. i. faſst ſie nur oberhalb etwas. Man muſs bey dem einmal angenommenen Verhältniſſe bleiben. Der Stiel wird in Frankreich vom Stech - palmenholz (Ilex aquifolium) genommen, denn er muſs äuſerſt zähe und recht biegſam ſeyn. Bey uns können junge, recht gerade Stämmchen vom Weiſsdorn (Crataejus Oxiacantha) recht gut in den Gegenden die Stelle des Stechpalmholzes vertreten, wo dieſes nicht wächſt. Eine gröſ - ſere Biegſamkeit erhalten ſie dadurch, wenn man ſie im Safte abſchneidet und über Feuer ſo ſtark erhizt, bis die ſchwarzwerdende Schale zerſpringt. Noch beſſer ſind dergleichen Stämmchen von Taxus, aber nur ſchwer zu haben. Der Stiel läuft vom obern, noch keinen Leipziger Zoll ſtar - ken, Ende verjüngt fort bis in das Loch der Maſ - ſe. Seine Länge macht man in Provence und Languedoc der Hüfte des Spielers gleich. Zu145 Paris und am Hofe hatte man ſie bis zur Achſel - grube, und fand, daſs man mit dieſen die ſtärk - ſten Schläge machen könne; aber Anfänger können mit dieſer Länge nicht fertig werden und müſſen ſich erſt nach und nach daran ge - wöhnen. Überhaupt müſſen junge, noch nicht ausgewachſene Perſonen Kugeln und Schlägel nach ihren Kräften abmeſſen.

Die Mailbahn iſt 3, 4 und mehrere Hundert Schritte lang, beſteht aus recht ebenem, zube - reiteten Boden mit Abzügen für das Waſſer und iſt an den Seiten, wie eine Allee, mit Bäumen beſetzt u. ſ. w. An jedem Ende der Bahn ſteht ein kleiner eiſerner Bogen (La paſſe oder L’Ar - chet), durch welchen die Kugel am Ende der Parthie paſſiren muſs. Bey uns gehören die Mailbahnen zu den Seltenheiten; doch findet man leicht bey jedem Orte Alleen und Plätze, wenigſtens ganz ebene Wieſen, wo man das Mail treiben kann. Eine krummgebogene Ru - the, die mit beyden Enden in den Boden ge - ſteckt wird, vertritt die Stelle des eiſernen Bo - gens hinlänglich.

Verhalten des Spielers. Der Spieler hat die Ku - gel vor ſeinen Füſsen liegen und ſoll ſie mit dem Schlägel (Mail), nach einer beſtimmten Richtung mit möglichſter Kraft fortſchlagen[. ]Hierzu iſt eine regelmäſsige Stellung nothwen -K146dig, die ich hier angeben will, weil man ſich ſonſt ſehr häufig ganz links dabey benimmt. Der Körper iſt etwas vorwärts geneigt, weder zu grade noch zu krumm. Zum Ausholen des Schlages drehet er ſich im Kreuz nach der Rech - ten zu etwas aufwärts und beym Schlage eben ſo zurück zur Linken. Hierdurch erhält der Mail einen gröſseren Schwung und mithin mehr Gewalt. Man nennt dieſs mit dem Kreuze ſpie - len (jouer de reins). Dieſes Drehen muſs mit voller Gewiſsheit geſchehen, das heiſst, man darf ſich dabey weder zu ſehr vorwärts noch rückwärts neigen, weil ſonſt die Kugel verfehlt wird. Mit ſteifem Rücken zu ſchlagen, ſieht ſchlecht aus und läſst nie ſo viel Gewalt zu. Die Füſse dürfen weder zu nahe noch zu entfernt von der Kugel ſtehn. Der linke ſteht ihr mit der Ferſe gerade gegen über, beyde ſind etwas von einander geſpreitet und der rechte iſt et - was rückwärts gezogen, um dem Schlägel freyes Spiel zu laſſen. Die Knie müſſen in der anfäng - lichen, doch nicht ſteifen Stellung bleiben, nach welcher das Auge den Schlag abmaſs. Auf die Haltung des Mail kommt vorzüglich viel an. Die Hände dürfen beym Feſthalten des Stiels we - der zu nahe noch zu entfernt von einander ſeyn. Zu oberſt faſst die linke Hand ſo an, daſs ihr Daumen vorn auf dem Stiele gerade herab liegt147 und auf die Mitte der Maſſe hinweiſt. Die Rech - te liegt tiefer, ihr Daumen weder ganz oben noch ganz an der Seite des Stiels, ſondern mit - ten inne und zwar etwas ſchreg, ſo daſs er auf die Bahn der Maſſe hinzielt, womit man die Ku - gel ſchlägt. Nur mit dieſen Handgriffen iſts am ſicherſten, die Kugel nicht zu verfehlen. Man muſs vor dem Schlage nicht lange mit dem Schlägel meſſen oder zielen, ſondern ihn ein einziges Mal nur der Kugel nähern, dann die Maſſe etwa bis zur Höhe der Schulter heben und zuſchlagen. Sie weniger zu heben, giebt zu wenig Kraft. Zum Commentar dieſer Vor - ſchriften muſs man den Schlägel und die Kugel ſelbſt nehmen. Es giebt eine Menge Perſonen, welche jedes Inſtrument, das in beyden Hän - den geführt wird, ſo faſſen, daſs die linke Hand vorgreift. Dieſe müſſen von dem meiſten obigen das Gegentheil thun. Vollkommene Spieler verbinden Sicherheit mit groſser Stärke des Schlags. Der obige Bernard machte ſich durch ſein Spiel berühmt, er ſchlug die Kugel auf ebener Bahn, ohne Hülfe des Windes und des Abhanges, bis auf 405 Schritte in beſtimm - ter Richtung. Auf einer blosſen Wieſe iſt dieſs unerreichbar. Anfänger dürfen nicht gleich ſtark ſchlagen und die Kugel gleich ſo weit fort - treiben wollen, als Geübte. Nur durch kleineK 2148Schläge erwirbt man nach und nach Sicherheit der Fauſt und Stellung; die Stärke des Schlags folgt dann bald von ſelbſt.

Kommt man ans Ende der Mailbahn, ſo muſs man ſeine Kugel durch den ſchon oben ge - nannten eiſernen Bogen treiben. Hierzu nimmt man eine eigene, eiſerne Kugel (boule de Paſſe) die man zum Paſſiren auf die Stelle der ſeinigen ſetzt. Das Paſſiren geſchieht mit einem beſondern Inſtrumente, das die Geſtalt einer ganz kleinen Schaufel mit einem langen Stiele hat. Sein ſchaufelförmiger Theil iſt nur ſo groſs, daſs man die Kugel bequem damit fortſchleu - dern kann, es heiſst la Léve, und gewiſſe Be - diente der öffentlichen Mailbahnen hatten da - von den Namen Portes-Léves. Auſſer derglei - chen Bahnen gebraucht man ſehr häufig den Stiel des Schlägels ſelbſt dazu, der deſshalb an ſeinem obern Ende Keil - oder Meiſselförmig geſchnitten iſt; auch braucht man keine beſon - dere Paſſierkugel ſondern kann ſeine gewöhn - liche dazu nehmen.

Einrichtung des Spiels ſelbſt. Oeffentliche Mailbahnen giebt es bey uns nicht, ich würde alſo eine vergebliche Arbeit übernehmen, wenn ich alle Geſetze des regulirten Mail, die ſehr zahlreich ſind, hier mittheilen wollte; denn ſie paſſen gröſstentheils nur für das Spiel in beſter149 Form, und ich habe es hier nur mit der Jugend zu thun, die das Spiel bloſs zur körperlichen Erholung und Uebung anwendet: ich werde folglich nur das anführen, was für ſie brauchbar iſt.

Es giebt vier Arten, dieſs Spiel zu treiben,

1. Au Rôuet, ohne Partheyen. Hierbey ſteht je - der Spieler nur für ſeine Perſon und jeder kann nur für ſich gewinnen.

Die Kugeln werden an den Anfang der an - genommenen Bahn gelegt und jeder Spieler ſchlägt, wenn die verloſte Reihe an ihn kommt, ſeine Kugel fort, jeder zählt ſeine Schläge und derjenige, welcher mit den wenigſten am Ende der Bahn die Kugel durch den Bogen bringt, hat gewonnen. Iſt die Parthie auf dieſe Art ge - endigt, ſo kann man gleich wieder zurück ſpie - len bis zu dem Bogen der im Anfange der Bahn iſt.

2. En Parthie, mit Partheyen. Die Geſellſchaft theilt ſich hierbey in zwey Partheyen, und jeder Spieler arbeitet für den Gewinn derjenigen, zu welcher er gehört. Iſt aber die Zahl ungleich, ſo kann einer die Stelle von zwey Perſonen ver - treten, indem man ihn zwey Kugeln ſtatt einer ſpielen läſst. Jeder Spieler zählt ſeine Schläge, und diejenige Parthey, welche ihre ſämmtlichenK 3150Kugeln mit den wenigſten Schlägen durch den Bogen bringt, hat gewonnen.

Bey beyden Arten kann man auch eine be - ſtimmte Anzahl von Schlägen feſtſetzen, mit wel - chen jeder ſeine Kugel bis vor den Bogen brin - gen, das heiſt, zum Durchgange (en paſſe) ſtellen ſoll. Auf ordentlichen Bahnen ſetzt man ſich gewöhnlich mit 3 bis 4 Schlägen zum Durchgan - ge; im Freyen muſs man ſich nach der Länge der angenommenen Bahn und nach den Kräften der jungen Spieler richten. Derjenige, welcher ſei - ne Kugel dann nicht mit den beſtimmten Schlä - gen ſo weit bringt, iſt ab; derjenige aber, wel - cher ſie in weniger Schlägen (en paſſe) bringt, muſs ſie wieder eine beſtimmte Zahl von Schrit - ten 30, 40, 50 zurücktragen, und ſie von da noch einmal ſchlagen. Folgende Geſetze kann man bey beyden Spielarten überall annehmen.

1. Man kann ſeine Kugel zurecht legen, wenn ſie zum Schlage nicht bequem liegt, man nimmt ſie daher gern aus Hölungen, die den Schlag hindern und legt ſie auf eine höhere Stelle; nur darf man ſie weder vor noch rückwärts legen.

2. Wer im Schlagen ſeine Kugel verfehlt, (qui fait une pirouette) verliert einen Schlag, denn er muſs auch dieſen Fehlſchlag mit zäh - len, und das ſo oft, als es immer geſchehen mag.

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3. Zerbricht der Schlägel, oder reiſst ſich die Maſſe vom Stiele los, ſo wird der Schlag nicht mitgezählt, wenn das abgebrochene Stück noch hinter der Kugel liegt; liegt es aber vor der Ku - gel, ſo wird der Schlag gezählt.

4. Jeder, welcher zuerſt zum Durchgange kommt, (der Bogen ſteht auf einer Stein - platte, und es heiſst, man ſey en paſſe, wenn die Kugel bis zu dem Steine getrieben iſt. Im Freyen muſs man vor dem Bogen einen Quer - ſtrich ziehen, weil kein Stein da iſt,) kann ſeine Kugel durchtreiben, ohne erſt auf die zu warten, welche noch nicht ſo weit ſind.

5. Zum Durchtreiben wird beym regulirten Mail zwar die Schaufel, La léve, oder der Stiel des Mail gebraucht; und derjenige, deſſen letz - ter Schlag die Kugel zufällig durch den Bogen jagte, muſs ſie wieder auf die Stelle des letzten Schlages zurücktragen und nochmals ſchlagen; allein da alle dergleichen Sachen ſehr willkühr - lich ſind: ſo kann man auch ohne Léve ſpielen und die Kugel mit dem Schlägel durchtreiben. Zur Uebung des Augenmaaſses iſt dieſs noch viel vortheilhafter.

6. Liegt einem beym Paſſiren die Kugel ei - nes Nebenmannes auf irgend eine Art im We -K 4152ge, ſo darf man ſie nicht wegnehmen, ſondern muſs ſehen wie man fertig wird.

7. Iſt die Kugel einmal durch den Bogen ge - laufen, ſo wird ſie für paſſirt angeſehen und wenn ſie auch durch Zufall wieder zurückliefe.

8. Stöſst man beym Paſſiren auf die noch nicht paſſirte Kugel eines andern und treibt ſie durch, ſo wird auch dieſe für richtig paſſirt an - geſehen.

9. Steht die Kugel ſchreg vor dem Bogen, ſo darf man ſie nicht mit der Léve drehend her - um lenken, ſondern muſs gerade damit fortſto - ſsen, ſonſt verliert man.

10. Verfehlt der Spieler die Kugel mit der Léve, ſo verliert er einen Schlag.

3. Aux grands Coups, mit ſtarken Schlägen. Hier - bey kommt es bloſs darauf an, wer ſeine Kugel mit einem einzelnen Schlage, oder mit einer vorher ausgemachten Zahl von Schlägen, am weiteſten bringt. Der ſchwächere Spieler läſst ſich hierbey etwas vorgeben. Gewöhnlich ſpielen nur zwey. Stöſst die Kugel des zweyten Schlägers an die ſchon fortgeſchlagene des er - ſten; ſo hat jene gewonnen und wenn ſie auch hinter dieſer liegen bliebe.

4. A la Chicane ſpielt man im Felde, Alleen, Wegen, überall, und iſt gezwungen die Kugel zu nehmen wie ſie liegt, ohne ihre Lage verbeſſern153 zu dürfen. Zum Ziel wird ein Baum oder ir - gend ein Paſs zwiſchen zwey Bäumen, Gebü - ſchen etc. feſtgeſetzt; wer mit den wenigſten Schlägen bis dahin gelangt, oder, bey gleicher Zahl von Schlägen, die Kugel am weiteſten hin - aus bringt, hat gewonnen.

Dieſs ſind die vier gewöhnlichen Arten des franzöſiſchen Mail. Jede Spielergeſellſchaft wird ſich leicht ſelbſt beliebige Geſetze geben können; ich habe daher vieles überſprungen, was bloſs konventionell iſt.

In Frankreich iſt dieſs Spiel ſehr lange Zeit ganz ungemein geſchätzt. Wann es entſtanden ſey, iſt unbekannt; aber es iſt alt, obgleich nicht den Galliern bekannt. Carl V. verbot es, weil man zu ſehr Haſardſpiel daraus machte. Unter Ludwig XIV. war es das Spiel groſser Herren. Der König ſpielte es, ſo wie ganz Pa - ris. Beſonders gewöhnlich war es in Provence und Languedoc. Man fand überall öffentliche Spielbahnen mit einem Maitre und ſeinen Com - mis. Der König hatte ſeinen ordentlichen Porte - mail, der ihm die Inſtrumente herbey trug und wer weiſs was noch für andere Bediente des Spiels. Weichlichkeit, Mode, ſo wie Karten und Würfel verdrängten dieſs ſehr geſunde Spiel, doch wird es noch immer ziemlich häufig in Frankreich getrieben.

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Es empfiehlt ſich durch die mannichfaltige Bewegung, die es dem Körper im Freyen ge - währt. Der Grad dieſer Bewegung hängt ganz von den Spielern ab; man kann langſam und geſchwind ſpielen. Selbſt mitten im Winter, wenn der Boden ſchneefrey iſt, kann man es an - wenden. In Frankreich hielt man es daher für ein der Geſundheit ſehr zuträgliches Spiel und empfahl es, gegen alle Arten von Rheumatismus, als ſehr wirkſam. Es übt überdem Hand, Arm und Augenmaaſs ungemein, verlangt eine ge - naue Richtung der Kraft und ſichere feſte Hal - tung des Körpers bey aller Kraftäuſerung und iſt dabey vollkommen unſchuldig indem es auch ohne allen Gewinnſt unterhält. Es iſt daher Groſsen und Kleinen zu empfehlen, aber die Karten! die Karten ſind ſo bequem!

18. Das Schottiſche Mail oder Golf. (Goff.)

Die angenehmſte Sommerbeluſtigung der Schottländer iſt ein Spiel mit Schlägeln (clubs) und Bällen. Der Schlägel iſt kegelförmig, und155 endigt ſich in den Theil, welcher den Ball ſchlägt. Dieſe Stelle iſt von Horn und mit Bley ausge - goſſen. Doch ſind die Schlägel hierin bey guten Spielern von ſechs Arten, nämlich der gewöhnliche Schlägel wird gebraucht, wenn der Ball auf einem guten, bequemen Boden liegt; der Schraper (Scra - per) und halbe Schraper, im langen Graſe; der Löffel, in einer Höhlung; der ſchwere eiſerne Schlägel, zwi - ſchen Steinen und Koth, und der leichte eiſerne, auf ſandigtem Boden. Der Ball iſt beträchtlich kleiner, als der beym Cricket aber viel härter, von Roſsleder auf eine beſondere Art mit Fe - dern ausgeſtopft und geſotten.

Die Spielbahn kann zirkelrund, dreyeckigt oder ein Halbzirkel ſeyn. Die Zahl der Löcher iſt nicht beſtimmt, dieſs hängt ſtets von der Län - ge der Spielbahn ab. Die Entfernung eines Lo - ches vom andern iſt allgemein 1 2 Viertelſtun - de, (1 4 engliſche Meile). Hier iſt das Spiel jedesmal geendigt, und diejenige Parthey, wel - che ihren Ball in den wenigſten Schlägen hinein bringt, hat gewonnen. Es können 2 bis 8 und mehr Perſonen zuſammenſpielen, aber unter 4 Perſonen iſts am angenehmſten, weil alle Ver - wirrung wegfällt, die bey 6, 8, 10 oder 12 Spie - lern Statt findet. Ein unebener Boden erfor - dert mehr Genauigkeit und Sachkenntniſs des Spielers, und um zu lernen, giebt man ihm156 daher den Vorzug. Leichte Bälle ſind gewöhn - lich, wenn man mit dem Winde, und ſchwerere, wenn man gegen ihn ſpielt. Beym Anfange des Spieles kann der Spieler ſeinen Ball auf eine be - liebige Erhöhung legen, um deſto bequemer ſchlagen zu können; in der Folge aber iſts nicht erlaubt. Man thut es vermittelſt etwas Sandes oder Lehms. Der Ball, mit welchem man die Parthie anfängt, darf nicht umgetauſcht werden, bis er das nächſte Loch erreicht hat, wenn er auch berſten ſollte. Wenn ein Ball verloren wird, ſo iſt das Loch auch für die Parthey verloren. Wenn ein Ball zufälliger Weiſe aufgehalten wird, ſo kann der Spieler ſeinen Schlag noch einmal thun. Geſetzt es ſpielen vier Perſonen A und B gegen C und D, jede Parthey hat ihren Ball und ſpielt ſo:

A ſchlägt zuerſt, nach ihm C, aber dieſer treibt den Ball vielleicht nicht halb ſo weit als A; in dieſem Falle ſchlägt D, ſein Gehülfe, zu - nächſt, und das heiſt, Eins mehr (one more), um den Ball ſo weit fortzubringen, als die Gegner, oder ſo viel weiter, als möglich. Iſt dieſes ge - ſchehen, ſo ſchlägt B den Ball des A, dieſs heiſt ins Gleiche ſchlagen, (the like) nämlich mit den Schlägen der Gegner. Wenn aber C und D wegen übler Lage ihres Balles, durch den Schlag Eins mehr den Ball nicht ſo weit brin -157 gen können, als der erſt einmal geſchlagene Ball ihrer Gegner, ſo ſchlagen ſie wechſelſeitig weiter, bis ihr Ball mit dem des A gleich iſt, und dann erſt kommt B zum Schlage. In dem Falle zählt man Eins zu zwey, Eins zu drey u. ſ. w. Liegen die Bälle gleich, oder ziemlich gleich, ſo ſchla - gen die Partheyen abwechſelnd.

Ich habe dieſe Beſchreibung aus dem engli - ſchen überſetzt. Sie iſt ſehr unvollſtändig, aber man wird für die Jugend ſehr leicht ein gut be - wegendes Spiel daraus formen können, wenn es auch nicht ganz regelrecht ſchottiſch iſt. Der dazu gehörige Schlägel beſteht aus zwey Theilen, wie beym Mail, ja man kann gerade zu einen ſolchen Maillet dazu nehmen. Genauer genom - men, iſt der Stiel etwa 3, 4 Fuſs lang, und ſteckt ſenkrecht in einem abgekürzten Kegel von feſtem Holze. Die abgeſtumpfte Spitze iſt von Horn und mit Bley ausgegoſſen. Die Schläge werden ge - zählt; und es kommt darauf an, mit wenigern Schlägen das nächſte Loch zu erreichen, als die Gegner. Da dieſs Spiel ſehr viel Aehnlichkeit mit dem Mail hat, ſo bleibt mein Urtheil im Gan - zen daſſelbe, es verdient alle Empfehlung.

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19. Das groſse Kugelſpiel. (Jeu de Boules, Giuoco delle Pallotole).

Die Zuſammenſetzung dieſes Spiels iſt von der des Scheibenſpieles (ſiehe Seite 22) gar nicht verſchieden, aber ſein Gewand iſt auf eine ſehr vortheilhafte Art verändert; denn ſtatt der Scheiben werden hier Kugeln gebraucht. Ueber den Gang des Spiels habe ich hier nichts zu ſa - gen, man beliebe nur das zu leſen, was beym Scheibenſpiele geſagt iſt; aber über das Materia - le und die dadurch veranlaſsten Veränderun - gen muſs hier das Nöthige nachgeholt werden.

Die Kugeln ſind von hartem Holze, 3, 4 Zoll und darüber im Durchmeſſer. Da die Per - ſonen nicht immer einzeln, oder nur in 2, ſon - dern auch in 3, 4 Partheyen, jede zu 2, 3, 4 Perſonen getheilt, ſpielen: ſo ſind zu einem recht vollſtändigen Spiele 4 halbe oder ganze Dutzend Kugeln nöthig, jedes von anderer Far - be, um die abgeworfenen Kugeln der verſchie - denen Partheyen ſchnell unterſcheiden zu kön - nen. Allein auch ſchon mit 8 bis 12 nicht be - malten, ſondern bloſs bezieferten Kugeln kön - nen 4 bis 6 Perſonen vollkommen unterhal - tend ſpielen. Zum Ziele wird eine kleinere Kugel gebraucht, ſo wie beym Scheibenſpie - le eine kleinere Scheibe. Beym Abwerfen159 der Kugeln nach dieſem Ziele iſt es nicht gleichgültig, ob ſie vorwärts, rückwärts, oder gar nicht in Umſchwung (Rotation) kommen. Legt man ſie auf die Hand, ſo daſs ſie beym Ab - werfen über die Fläche derſelben und der Fingerſpitzen hinausrollen: ſo rollen ſie auch, nach dem Niederfallen am Boden, weiter; wirft man ſie durch einen gewiſſen Handgriff, den je - der leicht findet, ohne alles Umrollen fort, ſo werden ſie am Boden immer noch beträchtlich fortlaufen. Anfänger müſſen folglich dieſs Fort - rollen berechnen, oder vermeiden lernen. Je - nes geſchieht durch öftere Beobachtung, dieſes dadurch, daſs man beym Abwerfen die Kugel unter der Hand hat, und ſie folglich von oben faſst. Dann erhält ſie eine Rotation, die ihrer Bewegung entgegen wirkt, und ihr Fortrollen am Boden faſt ganz verhindert. Es ergiebt ſich nun von ſelbſt, daſs die Kugeln in einem Bogen durch die Luft, nicht an der Erde weg, geworfen werden müſſen.

Den bequemſten Spielraum gewährt ein frey - er Sandplatz, hier rollen die Kugeln wenig oder gar nicht; den Uebungsvolleſten eine ebene Wie - ſe, denn hier muſs das Rollen mit in Rechnung gebracht oder vermieden werden. Aber auch jeder beſchränkte Platz iſt brauchbar, wenn man wenigſtens 20 Schritte frey hat.

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Durch die Kugeln iſt der Maaſsſtab dieſes Spiels viel gröſser als der des Scheibenſpiels; die abzuwerfenden Körper ſind ſchwerer, die Entfernung gröſser und dadurch wird der da - mit verbundene Spaziergang beträchtlicher; denn da von dem letzten Gewinner das Ziel bey jedem Gange von neuen 10, 16 bis 20 Schritte weit ausgeworfen wird: ſo ſpielt man ſich unvermerkt einige hundert Schritte auf dem Platze herum. Das Abwerfen der Kugeln er - fordert ein genaues Abwiegen der Kraft des Ar - mes, gehörige Schätzung der Schwere gegen die Entfernung des Wurfs. Bliebe der Spiel - platz immer derſelbe, ſo würden ſeine Eigen - heiten bald bekannt ſeyn; aber er ändert ſich bey jedem neuen Gange, immer erſcheinen andere Vertiefungen, Erhöhungen und Abda - chungen. Dieſe muſs das Auge ausſpähen, und ſie werden ein Gegenſtand der Beurtheilung. Hierzu geſellt ſich endlich noch das ſtete Abmeſ - ſen der Kugelentfernungen. Dieſs alles macht das Spiel kunſtvoll, nützlich und intereſſant, ſo wie es durch Zufall, der die Kugeln bald ſo, bald ſo jagt, ungemein unterhaltend wird. Es verdient daher eine recht allgemeine Aufnahme bey jun - gen und erwachſenen Perſonen. Bey den Fran - zoſen iſt es unter dem obenſtehenden Namen, ſo wie auch unter dem des La Bauche gewöhnlich. 161Bey den Italienern heiſt es il giuoco delle Pallotole, und wird von 4 bis 6 Perſonen geſpielt, die ſich in 2 Partheyen theilen. Die Kugeln haben wohl 6 Zoll im Durchmeſſer, und ſind auf der einen Seite mit Bley ausgegoſſen, um ſie ſteter zu machen. Die Points zählt man bis 21 und wenn die eine Parthey noch nicht 11 hat, indem die andere ſchon 21 zählt, ſo hat ſie das Spiel doppelt verloren.

Das Schottiſche Ourling iſt im Grunde wohl daſſelbe Spiel, nur in anderer Form. Man ſpielt es auf dem Eiſe mit 40 bis 60 Pfund ſchwe - ren, halbkugelförmigen Steinen, die oben mit einem hölzernen oder eiſernen Handgriffe ver - ſehen ſind. Vermittelſt derſelben ſchleudert man ſie auf der Oberfläche des Eiſes nach einem Ziele fort. Jeder Spieler ſucht den ſeinigen ſo nah als möglich daran zu bringen und diejeni - gen ſeiner Mitſpieler davon wegzuprallen. Man ſehe Pennants Reiſen I. S. 206. Es muſs ein ſehr geſundes Spiel ſeyn.

20. Das kleine Kugelſpiel.

Dieſes Spiel hat für Knaben viel Intereſſe, da - her findet man es überall im Gange. Da es ſowohl im Hauſe als auch im Freyen getriebenL162werden kann, mäſsige Bewegungen giebt und das Augenmaaſs übt: ſo verdient es, hier mit aufgenommen zu werden.

Die dazu gehörigen Kugeln ſind entweder von einer ſchlechten Art Marmor gemacht, oder auch nur von Thonerde im Töpferofen ge - brannt, einen kleinen Zoll im Durchmeſſer. Man kann damit ganz ſo ſpielen, wie beym obi - gen Kugel - oder Scheibenſpiele, indem man eine von dergleichen Kugeln zum Ziele nimmt. Gewöhnlich aber ſpielt man auf mancherley Art, um die Kugeln ſelbſt. Man macht ein Loch einer Fauſt groſs in den Boden, welcher ziemlich eben und feſt ſeyn muſs. Der Spieler können 2, 3, 4 und mehr ſeyn. 3 bis 5 Schritt von dem Loche iſt die Stelle, von wo aus die Kugeln nach dem Loche geworfen werden. Hier ſtellt ſich ein Spieler nach dem andern hin und wirft die beſtimmte Anzahl Kugeln ab. Wie groſs dieſe ſeyn ſoll, wird allemal unter den Spielern ausgemacht, man kann daher nur mit einer oder zwey Kugeln werfen, aber auch dieſe Zahl immer fort vermehren, bis man nicht mehr in die Hand faſſen kann; man wirft da - her oft mit 6, 12, 24 und mehr Kugeln auf ein - mal nach dem Loche. Jeder ſucht gleich recht viel hinein zu bringen, denn nach der Zahl derſelben richtet ſich in der Folge die Ordnung163 der Spieler. Hat nun jeder Spieler geworfen, ſo kommt es jetzt noch darauf an, diejenige Ku - geln, welche ſich rings um das Loch her ver - laufen haben, ebenfalls hinein zu ſpielen. Der - jenige welcher die meiſten Kugeln im Loche hat, macht damit den Anfang. Er ſtoſst mit dem krummgebogenen Zeigefinger eine Kugel nach der andern ins Loch und es ſteht ihm dabey frey, welche er nehmen will; gewöhnlich wählt man diejenigen, welche dem Loche die näch - ſten ſind. Aber er darf jeder Kugel nur einen einzigen Stoſs geben. So lange er mit ſolchen einzelnen Stöſsen Kugeln ins Loch rollt, kann er immer weiter in dieſer Arbeit fortfahren; miſs - lingt es aber bey irgend einer: ſo folgt ein an - derer Spieler, nämlich derjenige, welcher nach ihm die meiſten Kugeln ins Loch warf. Auf dieſe Art ſpielt man in der Reihe fort. Derjenige, wel - cher die letzte Kugel ins Loch bringt, hat ſie alle gewonnen. Darauf geht das Spiel vom Neuen an wie oben, und der Gewinner kommt zuerſt zum Wurfe.

Bey dem Fortſtoſsen mit dem Zeigefinger gilt dieſs Geſetz: Wenn man zu einer Kugel kommt, die man nicht wohl ins Loch bringen kann, ſo muſs man ſie doch wenigſtens demſel - ben näher bringen und darf ſie nicht mit Fleiſs weit darüber hinausſtoſsen. Beſonders giltL 2164dieſs bey der letzten Kugel, auf welche alles ankömmt.

Ich habe noch auf andere Arten Knaben da - mit ſpielen geſehen. Sie ſetzen die Kugeln in ei - ne Reihe, einer ſo viel als der andere. Dann tritt einer nach dem andern 5 bis 8 Schritte vor dieſe Fronte und rollt eine Kugel nach derſel - ben hin. Jedes Stück, das er dadurch aus der Reihe ſtöſst, gehört ihm.

Oder: A ſetzt ſich aus, d. i. rollt ſeine Ku - gel ab, B rollt die ſeinige nach ihr, C rollt nach der des A oder B. D nimmt mit ſeiner A B C aufs Ziel u. ſ. w. Wer des Andern Ku - gel trifft, erhält jedesmal von ihm eine als Ge - winn.

Die Griechiſchen Knaben hatten ein Nuſs - Spiel, welches Ωμιλλα hieſs. Sie beſchrieben an dem Boden einen kleinen Kreis, ſtellten ſich in eine kleine Entfernung und warfen mit Nüſ - ſen darnach. Derjenige, deſſen Nuſs im Krei - ſe liegen blieb, erhielt die übrigen ſeiner Mit - ſpieler, die ſich daraus verlaufen hatten. *)Jul. Cäſ. Bulengerus de ludis veterum in Gronovii Theſauro. Tom. VII. pag. 920.

Dieſs Spiel kann nicht nur mit Nüſſen, ſon - dern auch mit den obigen Kugeln nachgemacht165 werden. Ein Kreis mit Kreide iſt bald gemacht. Jeder Mitſpieler wirft eine Kugel nach demſel - ben. Bleibt von allen nur eine darin liegen, ſo gewinnt ihr Beſitzer alle verlaufenen. Haben zwey Spieler a und b jeder Eine hineingebracht: ſo müſſen ſie ſtechen, d. i. ſie müſſen jeder noch eine abwerfen. Bringt dann nur Einer ſeine 2te Kugel hinein, ſo gewinnt er alle übrigen; brin - gen aber Beyde die Kugeln wieder in den Kreis, ſo muſs vom Neuen geſtochen werden. Will man aber dieſs öftere Stechen vermeiden: ſo gebe man dem Kreiſe einen Mittelpunkt und laſſe jedesmal die Kugel gewinnen, welche ihm am nächſten liegt. Iſt gar keine Kugel im Kreiſe liegen geblieben, ſo gewinnt diejenige, die demſelben nur am nächſten iſt.

21. Das Billard.

Die Vortrefflichkeit dieſes Spiels hätte mich leicht verleiten können, hier eine Beſchreibung davon zu liefern, wenn es meine Sache wäre, Waſſer in den Fluſs zu tragen. Ueberall findet man Billards, und Spieler, welche Anweiſung geben können. Zum Ueberfluſs verweiſe ich noch auf ein ziemlich gutes Buch über dieſes Spiel, Namens: Anweiſung und Regeln zum Billard -L 3166Spiel von C. G. Huhn. Leipzig 1791. 90 S. 80, über - gehe alle gewöhnlichen Spielarten, und laſſe mich hier nur auf die Beſchreibung von zweyen ein, die bey uns wenig oder gar nicht bekannt ſind.

Das befeſtigte Billard

iſt meines Wiſſens bey uns nirgends üblich, aber wohl in England, von wo ich es herüberhole und eine Beſchreibung davon gebe, die hoffent - lich jedem Billardſpieler genugthuend ſeyn wird.

Die Billardtafel (man ſehe Zeichn. 9) iſt durch eine Linie über die Mittellöcher in zwey gleiche Theile getheilt. Hierdurch entſtehen zwey feindliche Quartiere zum Exempel ſey das eine Oeſtereichiſch, das andere Franzöſiſch. Jedes hat 5 Forts von Holz, in Geſtalt von Caſtells ge - macht, inwendig zum feſtſtehen ſtark mit Bley beſchwert, und eine ähnliche doch dreyſeitige Batterie die vor dem mittelſten Fort ſtehet. An der Fronte eines jeden Fort, nach des Feindes Seite hin, macht ein kleines offenes Thor den Ein - gang zu einem Gewölbe. Beyde ſind ſo groſs, daſs eine Billard Kugel bequem hinein geht, um das Fort zu attakiren. Im Gewölbe der Forts hängt eine kleine Glocke, ſobald der atta - kirende Ball dieſe zum Klingeln bringt: iſt das Fort erobert. Im Oeſtreichiſchen Quartir ſind167 alle Forts und die Batterie weiſs gemalt, wie von Stein; im franzöſiſchen roth, wie von Backſtein; dort wehen auf der Fronte über dem Thore ei - nes jeden Forts weiſse, hier rothe Fahnen. Die Batterien ſind ohne Fahnen. Die beyden Forts, welche den Mittellöchern, oder dem feindli - chen Quartire am nächſten ſtehen heiſsen vordere oder avancirte Forts, die andern vor den Eck - löchern, hintere oder Reſerve-Forts. Das Mit - telſte heiſst das groſse Fort, weil es gröſser iſt als die andern. Auf dem Mittelpunkte des Billards ſteht der Paſs, durch welchen der An - griffsball erſt paſſiren muſs, ehe man die feindli - chen Forts damit angreifen kann. Er iſt juſt wie ein Fort eingerichtet, und hat einen Durchgang für die Kugel, der ſich auf beyden Seiten in ein offenes Thor endigt. Da die eine Hälfte des Paſſes auf öſtereichiſchem, die andere auf fran - zöſiſchem Boden liegt, ſo iſt jene weiſs dieſe roth gemahlt, und über dem Thore jener ſteht eine weiſse, hier eine rothe Fahne.

Die Stellung dieſer 13 hölzernen Körper iſt nach den Löchern und den Stöſsen der Bälle berechnet, ſo daſs mancherley Schwierigkeiten entſtehen, deren Vermeidung und Ueberſtei - gung für die Spieler ſehr viel Intereſſe haben muſs. Der Maaſsſtab und die Linien, worin in der Zeichnung die Tafel getheilt iſt, giebt über je -L 4168ne Stellung die beſte Aufklärung. Jeder Tiſch - ler verfertigt dieſe kleine Feſtungswerke. Eine nähere Anleitung für ihn liegt im Folgenden:

c, c, c, c, die 4 Vordern oder Avancirten Forts, Höhe fünf und einen halben Zoll, Breite und Länge fünf Zoll, im Viereck.

d, d, d, d, die 4 Hintern oder Reſerve Forts, Höhe und Länge fünf und einen halben Zoll. Sie ſind nicht viereckicht, ſondern auf der ei - nen Seite abgerundet und daher der Hälfte ei - nes Cylinders ähnlich, wenn er längſt ſeiner Axe durchſchnitten wird.

f, f, die beyden Groſsen Forts, Höhe fünf und einen halben Zoll, Breite und Länge ſechs und und einen Viertel Zoll.

b Der Paſs, Höhe fünf und einen halben Zoll, Breite ſechs und einen Viertel Zoll, Länge ſieben Zoll.

g, g die Batterien ſind dreyeckicht, ohne Thor. Hoch 3 Zoll. Die Breite am äuſserſten Ende zwey und einen halben Zoll, ihre beyden längſten Seiten jede drey und einen halben Zoll.

Die Thore und Höhlungen in den Forts und dem Paſse, wo hinein der attakirende Ball gehen muſs, ſind hoch drey Zoll, breit zwey und einen halben Zoll, tief zwey bis drey Zoll.

Die Glocke in den kleinen Gewölben der Forts hängt, anderthalb Zoll hinein, im Innern derſel - ben.

169

Die Bälle ſind, wenn man dieſes Maaſs beo - bachtet, einen und drey Achtel Zoll im Durch - meſſer. Alles angegebene Maaſs iſt engliſch, jeder Zoll enthält daher 13 Leipz. duodecimal Linien.

Regeln und Geſetze. Zur Schonung des Raums heiſse S Spieler, G Gegner, F Fort.

1. Es ſpielen nur 2 Perſonen, bis 20 Points, und derjenige macht den Anfang, welcher ei - nen Ball an die gegenüberſtehende kurze Ban - de ſtöſst, und ihn der am nächſten bringt, vor welcher er ſteht. Er erhält auch das Quartier das er am liebſten will, denn viele ſind auch im Spiele ächt öſtereichiſch, oder franzöſiſch ge - ſinnt, und macht den Anfang des Angriffs.

2. Jeder hat 3 Bälle, einen Angriffsball und zwey Vertheidigungsbälle.

3. Sie werden auf die Linien geſtellt, die von einem Reſerve F. zum andern geht, der An - griffsball in die Mitte, die andern beyden neben ihn zur Seite. Dieſe Linie heiſst das Lager.

4. Der zur franzöſiſchen Seite gehörige An - griffsball iſt blau gefleckt, und die Vertheidi - gungsbälle haben kleine ſchwarze Ringel; auf der öſtereichiſchen Seite iſt jener weiſs und die - ſe haben ſchwarze Flecken. Doch das ſteht in eines jeden Belieben.

5. Die Attake geſchieht von beyden Seiten in beſtimmter Ordnung, nämlich man paſſirt erſt,170 dann nimmt man die vordern F, hierauf die hin - tern, endlich das groſse F. Hiervon darf man nicht abweichen.

6. Vor der eigentlichen Attake muſs man al - ſo erſt paſſiren, das heiſt, ſeine Kugel durch den Pals bringen.

7. Iſt dieſs geſchehen, ſo nimmt man die Fah - ne von der feindlichen Seite des Paſſes; dann kann man eines der vordern F. angreifen.

8. Nimmſt du die Fahne nicht herab, ſo muſst du von neuem paſſiren; doch iſts nicht nöthig, hierbey den Ball erſt wieder ins Lager zu brin - gen.

9. Wenn du ein F des G nimmſt, ehe du paſſirt biſt, und des G Fahne herabgenommen haſt, ſo verlierſt du 2 Points, und muſst mit dem Balle wieder ins Lager.

10. Iſt der Paſs aber ordentlich gemacht und dann ein F genommen, ſo wird dann der Ball beym nächſten Stoſse vom Lager aus geſpielt; d. h. du muſst erſt ins Lager zurück.

11. Iſt der Paſs geſetzmäſsig einmal gemacht, ſo braucht man im Ganzen Spiele nicht wieder zu paſſiren.

12. Die Einnahme eines F gilt 4 Points; aber wenn du nach der Einnahme eines F die Fahne nicht herabnimmſt: ſo muſst du das Fort noch einmal nehmen, um jene Points zu gewinnen.

171

13. Zum Nehmen eines F muſs der Attakir - ball nicht bloſs hineinlaufen, ſondern die Klin - gel muſs klingeln, ſonſt iſts ungültig.

14. Der Angegriffene kann ſeine F verthei - digen, oder ſeinen Angriffsball in des G Quartier ſpielen, um deſſen F anzufallen.

15. Kein F kann anders genommen werden, als mit dem Angriffsballe; wer es mit einem Vertheidigungsballe thut, verliert 2 Points und muſs wieder ins Lager.

16. Wenn der S mit einem Balle des G ſpielt, ſo muſs er ins Lager gelegt werden, wenn es der G verlangt.

17. Die Vertheidigungsbälle kann jeder ein - zeln oder zuſammen in des G Quartier ſenden.

18. Wer nicht in der oben Nr. 5 vorge - ſchriebenen Reihe bleibt und ein F früher ein - nimmt, welches ſpäter genommen werden müſs - te, verliert 2 Points, und muſs ins Lager zurück.

19. Wenn ein F erobert, oder der Ball verlau - fen (in ein Loch gemachten), oder verſprenget iſt, ſo muſs ihn der S ins Lager ſetzen. Thut ers nicht, ſo darf er für kein F, das er fernerhin nimmt, etwas rechnen, bis der Ball ins Lager ge - ſetzt iſt.

20. Wenn du ein F durch Sturmlaufen, oder auf andre Art genommen haſt, und der G nimmt den Ball aus demſelben, (es geſchehe nun, um172 ihn ins Lager zu ſtellen, oder in anderer Ab - ſicht) nimmt aber die Fahne nicht herunter: ſo iſt demungeachtet das F als genommen zu be - trachten und die Fahne muſs abgenommen wer - den.

Anmerkung. Man hat ein F mit aller Kraft angegriffen, aber der G vertheidigt und bewacht es zu gut; dann iſt oft Kriegsliſt das beſte. Du bringſt deinen Ball in einen bequemen Winkel, ſtoſst ihn gegen die entgegen geſetzte Bande, ſo daſs er par Bricolle ins F geht. Dieſs heiſt mit Sturmlaufen nehmen.

21. Wenn der S einen feindlichen Ball in eines ſeiner eigenen F ſpielt, das noch nicht ge - nommen iſt, ſo macht er dadurch einen Kriegs - gefangenen und gewinnt 6 Points. Spielt er ihn aber in ein ſchon genommenes F, ſo iſt der Ball nicht Kriegsgefangen, doch gewinnt der S da - durch 2 Points.

22. Spielt er des G Ball in deſſen eigenes F, ſo gewinnt er 2 P.

23. Wenn der S einen oder mehr Bälle des G macht, (in ein Loch bringt), ſo gewinnt er für jeden 2 P. Wenn er aber einen oder mehrere ſeiner eigenen Bälle macht, (ſich verläuft), ſo verliert er für jeden 2. P.

24. Sprengt der S einen oder mehr Bälle des Gegners vom Billard, oder auf ein F, (alle Be -173 feſtigungswerke ſind nämlich oben ganz platt) oder auf die Bande; ſo gewinnt er für jeden 2 P.; thut er aber daſſelbe mit ſeinem Eigenen, ſo ver - liert er auch für jeden 2 P.

25. Sprengt der S. des G. Ball auf eine der vorigen Arten, oder macht ihn und erobert durch den Stoſs zugleich ein feindliches F: ſo gewinnt er 6 P. Iſt es aber ein ſchon genommenes F, oder eines, das noch nicht an der Reihe des Er - oberns iſt, ſo verliert er 2 P.

26. Spielſt du deinen Ball in eines deiner ei - genen F, oder in ein feindliches noch nicht ge - nommenes, oder noch nicht an der Reihe ſey - endes: ſo verlierſt du 2 P.

27. Jeder gemachte, oder auf obige Arten (24)[geſprengte] Ball muſs wieder ins Lager. Stün - de hier zufälliger Weiſe ſchon ein Ball, ſo muſs jener dicht dahinter geſetzt werden, doch ſo, daſs er ihn nicht berührt.

28. Wer ein ſchon genommenes fahnenloſes F nochmals nimmt, verliert 2 P.

29. Wenn des Gegners Ball wegen eines da - vor liegenden F von dem S nicht geſehen wer - den kann, und er, der S. hat doch Luſt, par bricolle auf ihn zu ſpielen: ſo kündigt er es mit dem Worte an, ungeſehn! Trifft er dann den Ball, ſo gewinnt er 2, aber im Gegentheil ver - liert er 2 P.

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30. Trifft er im vorigen Falle, aber verläuft ſich ſelbſt in ein Loch, in ein eigenes F, oder in ein feindliches, das ſchon genommen iſt, oder noch nicht genommen werden kann, oder ver - ſprengt er ſich auf obige Art (24); ſo verliert er 2 P. und rechnet für den getroffenen Ball nichts.

31. Geſetzt ein Ball des G liegt vor irgend einem F des S, das noch nicht genommen iſt. Dieſer hat Luſt auf ihn par bricolle zu ſpielen, ob er ihn gleich vor dem F nicht ſehen kann: ſo gewinnt er 6 Point, wenn er den Ball in ſein F bringt und dadurch zum Kriegsgefangenen macht. Auch muſs der Gefangene dann ins La - ger zurück.

32. Sagt der S. ungeſehn! ſo kann dieſs aber erſt unterſucht werden, vom G, dem Anmerker oder ſonſt Jemand.

33. Macht der S. einen Vertheidigungsball des G, oder ſprengt er ihn auf obige Arten (24) ſo muſs bekanntlich dieſer Ball ins Lager zurück. Sind hier aber beyde Stellen der Vertheidigungs - bälle offen, ſo kann ſein Herr ihn ſtellen, auf welche er will.

34. Werden die beyden Bälle mit der Maſ - ſe oder dem Stoſskegel (Queue) zugleich getrof - fen: ſo iſts ein Fehler und die Wirkung ei - nes ſolchen Abſtoſses iſt ungültig. Auch bleibt es dann bloſs dem G überlaſſen, ob er damit175 weiter ſpielen, oder den des fehlſtoſsenden S ins Lager ſetzen laſſen will.

35. Jeder Fehlſtoſs, das Verlaufen, und Verſprengen (24) des eigenen Balls gilt 2 P., und es kommt dann bloſs auf den Gegner an, ob er ferner darauf ſpielen oder ihn ins Lager removiren will.

36. Das Blaſen, Aufhalten der Bälle, das Spielen auf einen noch laufenden, das Hindern eines Stoſses und das Aufheben beyder Füſse vom Boden, indem man ſtöſst, gilt 2 P.

37. Wer zuerſt 20 zählt hat gewonnen. Je - des Fort regelmäſsig genommen gilt 4.

Man kann übrigens die Geſetze des einfachen Billard (en deux oder partie blanche) nach belie - ben auf dieſes Spiel anwenden.

Kegelbillard oder Piroli.

Die 5 elfenbeinernen Kegel, jeder etwa 2 und ein Viertel bis einen halben Zoll hoch, wer - den auf die Mitte des Billards geſtellt. Der - nig ſteht juſt in der Mitte, auf dem Flecke der Caroline; die andern auf den Ecken eines Vierecks, deſſen Winkel nach der Mitte der vier Banden hinweiſen. Ihre Entfernung von einander iſt dem Durchmeſſer der Kugeln gleich. Bey dieſem Spiele gelten die Ge - ſetze des einfachen Billards (en deux) überall;176 das Machen der Bälle, das Verlaufen, Sprengen, Ver - ſprengen u. ſ. w., alle Fehler und Verdienſte wer - den ſo berechnet; auch geſchieht das Ausſetzen auf gleiche Art. Man ſpielt bis 16. Man kann es auch als Quarambole ſpielen. Die beſondern Geſetze dieſes Spieles beſtehn in folgenden. (B. heiſt Ball, K. Kegel, G. Gegner).

1. Werfe ich mit meinem eigenen Balle einen K, ſo verliere ich 2 P.

2. Thue ich eben das, aber mit des G. B, ſo gewinne ich 2 P.

3. Werfe ich den König allein um mit mei - nem B, ſo verliere ich 5 P.

4. Thue ich daſſelbe mit des G. B., ſo ge - winne ich 5 P.

5. Mache ich mit des G. B. juſt ſo viel K, als zugleich mit meinem B: ſo werden nur die letzten als Verluſt berechnet.

6. Mache ich aber mit des G. B. 2 K., und mit meinem nur einen, ſo gewinne ich nur 2 P. weil für den letztern 2 P. abgezogen werden.

7. Mache ich mit des G. B. eine K, aber verlaufe mich zugleich: ſo wird bloſs für das Ver - laufen gerechnet, und ich verliere 2 P.

8. Werfe ich durch des G. B. eine K, und ma - che zugleich den B: ſo gewinne ich 4 P; wenn ich zugleich 2 K. werfe, 6 P. u. ſ. w.

9. Mache ich einen B, werfe aber mit meinem177 B einen K, ſo zählt nur der letzte zu meinem Verluſte.

10. Werfe ich durch des G. B alle K auf ein - mal, ſo hab ich die Parthie ſogleich gewonnen; allein auch ſogleich verloren, wenn ichs mit mei - nem eigenen B that.

11. Bleibt ein B zwiſchen den K ſtehn, ſo wird er ordentlich herausgeſpielt, und hat er beym Hineinlaufen einen K geworfen, ſo wird dieſer erſt auf der Stelle aufgerichtet, wo er liegt, und ſollte es auch dicht neben dem B ſeyn. Hier - auf kommt es erſt zum Herausſpielen des B, und iſt dieſer Ball herausgeſtoſsen, dann wird jener K an ſeinen ordentlichen Platz geſtellt. Alles, was dabey geworfen wird, kommt nach den obi - gen Regeln in Rechnung als Plus, wenn es des G. B warf, aber auch als Minus, wenn es der meinige that.

Anmerkung[. ]Das Aufſtellen jenes K geſchieht deſswegen, weil er von dem B beym Herausſpie - len geworfen werden könnte, lieſse man ihn lie - gen, ſo wäre dieſs nicht möglich. Bey dieſem Herausſpielen iſt viel Vorſicht nöthig[.]Iſt es mein B, ſo muſs ich ihn heraus auf den des G ſpielen: ſo gut es gehen will. Iſt es aber des G. B, ſo iſt es rathſam, ihn nur leiſe zu treffen; denn als - dann muſs der G ſelbſt das Herausſpielen über - nehmen.

M178

Es iſt gar keinem Zweifel unterworfen, daſs das Billard eines der vollkommenſten Spiele ſey. Es intereſſirt durch groſse Mannichfaltigkeit der vorkommenden Fälle, die ins Unendliche geht, weil die Lagen der Bälle, ihre Entfernungen und Winkel zu den Löchern unabſehbar verſchieden ſind; durch Mannichfaltigkeit der Mittel, den jedesmaligen vorliegenden Fall zu behandeln; durch das damit verknüpfte ſinnliche Beobach - ten und Beurtheilen der Winkel und Entfer - nungen, der Art des Stoſses, die hier am beſten anzuwenden iſt, und der Abwiegung der Kraft des Arms und der Hand zum Stoſse. Alles dieſs gewährt für den Geiſt eine mäſsige Anſtrengung, und giebt ihm Gelegenheit in der gehörigen Lei - tung des Körpers ein ſtilles Vergnügen zu fin - den. Hierzu kommt endlich noch die ſehr heil - ſame Bewegung des Körpers, die zwar nur - ſsig, aber daher für manche Zeiten, beſonders nach Tiſche und nach ſitzenden Arbeiten, um de - ſto zweckmäſsiger, durch einige Dauer dennoch ſehr wirkſam, und durch die unzähligen damit verknüpften Bewegungen und Stellungen des Körpers ſehr vortheilhaft iſt. Alle dieſe guten Seiten des Billards ſind auch für die etwas her - angewachſene Jugend genieſsbar, warum, das ſieht Jedermann leicht von ſelbſt ein. Ich wür - de eilen, ſie zu dieſer Uebung zu führen, um ih -179 ren Beobachtungsgeiſt und ihrer Beurtheilungs - kraft an ſinnlichen Gegenſtänden zu ſchärfen; denn beyde ſind von äuſserſt groſsen Einfluſ - ſe, weil wir der Körperwelt erſt mit dem Tode entfliehn können. Auch kann dieſes Spiel viel zur Geſchicklichkeit und Biegſamkeit ihres Kör - pers beytragen. Schade, ewig ſchade, daſs man allmählig anfängt, das Billard zu einem Spiele des Gewinns zu machen, hierzu iſt es viel zu edel; ferner, daſs es ſo koſtbar durch die dazu gehörigen Anſtalten wird, und daher nur von reichen Familien angeſchafft werden kann. Es giebt indeſs ganz kleine Billardtafeln, die man mit allem Zubehör für 10 bis 15 Thaler anſchaf - fen kann, und die dennoch ſehr brauchbar lind.

Mein, im Allgemeinen über das Billard ge - fälltes Urtheil, gilt auch im vollen Maaſse von beyden oben mitgetheilten Arten deſſelben. Durch den Zuſatz von Feſtungswerken erhält das Spiel noch weit mehr Mannichfaltigkeit, wird gedankenvoller und noch unterhaltender. Daſ - ſelbe gilt, doch nicht ganz in dem Maaſse, vom Piroli.

Die Natur des Billards macht es deutlich ge - nug, daſs viel Uebung nöthig ſey, ehe man ein guter Spieler wird; wenigſtens möchte es wohl, obgleich natürliche Anlage vieles thut, keinem ſo bequem gehen, als dem lieben Ignatius Lojo -M 2180la, der zwar dieſs Spiel gar nicht verſtand, aber einem fertigen Spieler dennoch die Parthien, ver - möge eines Mirakels, abgewann. Durch Wun - der wird freylich dem Körper und Verſtande al - les leicht.

22. Das Kugelwerfen. (plattdeutſch: Ihsboſseln, auch Klootſcheten.)

In den nördlichen Marſchgegenden Deutſch - lands, an den Ufern der Nord und Oſtſee, hat unſre Nation ein Kampfſpiel, welches im Win - ter, wenn Gräben und Moräſte feſt gefroren ſind, von Jung und Alt, ja häufig ſelbſt von gan - zen Dorfſchaften geſpielt, und durch fröliche Trinkgelage gefeyert wird. Es verbreitet dort mehr Leben unter den Menſchen, weckt den Unternehmungsgeiſt, und macht die Stärke des Armes und der Hand ſchätzbarer, als in ſolchen Gegenden, wo man dieſs Spiel nicht kennt. Es ſezt eine ziemlich ebene Fläche voraus, und verlangt zum Materiale nichts, als Kugeln von hartem Holze, 6 bis 32 Loth ſchwer, welche durchlöchert, und mit Bley ausgegoſſen ſind. Die Spielenden bilden 2 Partheyen, und ſtellen Mann181 gegen Mann. Man ſezt den Anfang und das En - de der Wurfbahn feſt, und es kommt nun darauf an, welche Parthey ihre Kugel mit den wenig - ſten Abwürfen zum Ziele bringt, das oft ein bis drey Viertel Meilen entfernt iſt.

Es können auf beyden Seiten mehrere wer - fen, ſo daſs ſich auf dieſer A, B, C, etc. auf jener a, b, c, etc. ablöſen; ſo daſs A gegen a, B ge - gen b, C gegen c u. ſo fort, wirft. Haben alle durchgeworfen, ſo fangen A a wieder an u. ſ. w. Diejenigen, welche nicht am Wurfe ſind, gehn auf der Bahn voraus, zeigen dem Werfer die be - ſte, das iſt, ſeine ſolche Stelle an, wo die Kugel beym Niederfallen noch weiter rollt, und geben Acht auf die fallende Kugel. Man hat drey be - ſondre Spiele, oder vielmehr Werfarten bey die - ſem Spiele, denn man wirft unter und über der Hand und mit einem Schwunge. Hat man aus - gemacht, daſs man vom Ende der Bahn wieder zum Anfange zurück werfen will, ſo bekommt die Parthey, die ihre Kugel am weiteſten brachte, noch einen Vortheil, der im folgenden beſteht. Geſezt a habe mit dem zwanzigſten Wurfe 40 Schritte über das Ziel hinaus, bis nach Y ge - worfen; A aber nur bis nach X, ſo daſs ihm et - wa noch 20, 30 Schritte bis zum Ziele fehlten: ſo tritt beym Zurückwerfen a oder ſein Nach - folger b nicht auf Y, ſondern auf X, und A, oderM 3182deſſen Nachfolger B auf Y, mithin kommt das, was a mehr warf, dem B zum Schaden und ſo umgekehrt.

Werfen nur 2 Perſonen gegen einander, ſo ſteckt man das Ziel minder weit. In Ditmar - ſchen iſt dieſs Spiel ſehr gewöhnlich, und eine Dorfſchaft ſucht nicht wenig Ruhm darin, wenn ſie der andern im Ihsboſseln den Rang ablief. Man ſieht Knaben aus dem Dorfe A, mit denen aus B im Handgemenge, weil A den Sieg in je - nem Spiele nicht über B erhalten hatte, und dann hört man wohl: Syn uck Kirls, könnt ja ihsboſseln, als ehn döde Hehn! Auch für die gebildetere Jugend iſt dieſs Spiel unter Ein - ſchränkung und nöthiger Vorſicht empfehlungs - werth, denn Sie, die ihren Körper durch ſitzen - de Arbeit zu ſchwächen, ſo viel Anlaſs hat, be - darf der Bewegung weit mehr, als jene rüſtigen Landleute; für ſie iſt Wetteifer in körperlicher Thätigkeit ſehr zweckmäſsig, und vielleicht in vieler Rückſicht noch heilſamer, als in geiſtiger. Eine richtig und ſcharf werfende Fauſt iſt mehr werth, als eine geladene Piſtole, denn ſie fehlt gemeiniglich, wenn wir ſie brauchen; je - ne iſt immer unſer treuer Gefährte. Ueberhaupt kann dieſs Spiel zur Geſundheit, zur Stärkung und Ausbildung des Körpers ſeinen Theil bey - tragen, noch mehr, wenn man es oft zum Ge -183 ſetze macht, auch die linke Hand zum Werfen zu gebrauchen. Die Schwere der Kugeln rich - tet ſich nach der Kraft des Knaben oder Jüng - lings, daſs man nicht in Wurf treten müſſe, verſteht ſich von ſelbſt. Ein ins Einzelne ge - hendes Urtheil über dieſes Spiel, findet ſich in Ehlers Betrachtungen über die Sittlichkeit der Vergnügungen. Leipzig 1790 O wie wahr iſt es, vortrefflicher Ehlers, zur Behauptung der allge - meinen Gerechtſame des menſchlichen Ge - ſchlechts, iſt es höchſt wichtig, daſs viel Muth, Kraft und Leben unter den Menſchen ſey, und ſie erhalte.

d) Kegelſpiele.

23. Das gewöhnliche deutſche Kegelſpiel.

Es iſt zu bedauern, daſs dieſs Spiel durch man - che andere, beſonders auch durch das Billard verdrängt wird, denn es iſt weit leichter zu ha - ben, als dieſes, und in vieler Rückſicht unend - lich beſſer, als die Kartenſpiele. Ich gönne ihm daher in der Abſicht hier eine gedrängte Be - ſchreibung, um es vielen Perſonen, die es nurM 4184dem Namen nach kennen, wieder zu empfehlen. Es giebt zwey Arten deſſelben, die ſich jedoch nur durch Verſchiedenheit ihrer Bahnen unter - ſcheiden, nämlich das lange Kegelſchieben auf einer langen Kegelbahn, und das kurze auf einer kreis - förmigen Bahn, in deren Mittelpunkte die Kegel ſtehen, und bey welcher die Spieler beym Wer - fen auf einen beliebigen Punkt des Umkreiſes treten. Bey beyden iſt die Spielmethode fol - gende: Jedem, der 6, 8, oder 12 Spieler, wer - den 12 oder 16 oder 24 Points unter ſeinen Na - men geſchrieben, d[.]h., ſie werden ihm im Stam - me angeſchrieben; dieſe ſind gleichſam eine Schuld, oder ein Minus, was er abverdienen muſs. Nach jedem Wurfe werden die gemachten Kegel von jenem Minus abgezogen, und der Reſt unter den Namen des Spielers geſezt. So bald als er nach und nach durch mehrere Würfe, die beſtimmten Points gemacht, d. i. ſein Minus gleichſam ab - bezahlt, und alſo nichts mehr im Stamme hat: ſo werden alle darüber geworfenen Kegel ſein Plus, das nennt man, ſie werden ihm gut geſchrieben, und von den andern Spielern, die noch minus haben, bezahlt. Jeder Spieler beſtrebt ſich folg - lich, recht viel Kegel zu werfen, um bald, und ſo viel als möglich plus zu machen. Iſt man, nachdem jeder Spieler mehrere Würfe gemacht hat, ſo weit gekommen, daſs Einige ſchon plus185 haben und Andere dagegen noch minus, ſo wird jenes ſummirt, und mit der Summe des Minus verglichen[.]Hierauf wird noch ſo lange gewor - fen, bis das Plus dem Minus juſt gleich iſt, dann endigt ſich das Spiel, und diejenigen, welche noch minus, d. i. noch Kegel im Stamme haben, bezahlen jeden Kegel an die andern. Die Schwie - rigkeit iſt hierbey durch den lezten Wurf jene Gleichheit herauszubringen, d. i. das Spiel aus - zumachen. Wenn zum Beyſpiel der Spieler A 4, B 5, C 6 Kegel gut geſchrieben oder plus hat, und dagegen D 3, E 6, und F 7 minus, ſo daſs hier 16 minus und dort 15 plus ſind: ſo darf derjenige, an welchem die Reihe des Werfens iſt, nur noch Einen Kegel machen, und jeder, den er mehr wirft, wird ihm von der Zahl ſeiner ge - machten Kegel abgezogen u. ſ. w.

Die vorzüglichſten Geſetze der Kegelbahn ſind folgende:

1) Niemand darf über das beſtimmte Mal hinaustreten. 2) Wer nichts trifft, dem wird ein Kegel abgeſchrieben. 3) Eine Kugel, die über das Wurfbrett hinaus geworfen wurde, kann keine gültige Kegel werfen, und ihr Werfer ver - liert 1. Dagegen iſt jeder Wurf neben das Brett, oder an die Seitenwände der Bahn gültig. 4) Wird die Kugel durch irgend etwas aufgehalten, ehe ſie über das Wurfbrett hinaus iſt, ſo darf nochM 5186einmal geworfen werden. 5) Prellt ſie einen Kegel vom Leg, (hölzernen oder blechernen Fundamente, worauf die Kegel ſtehn) ſo, daſs er auſſer demſelben wieder ſteht, ſo iſt dennoch derſelbe als gemacht, anzuſehn; aber nicht ſo, wenn er innerhalb des Legs ſteht. 6) Der - nig allein, gilt ſtets 3; der vorderſte Eckkegel im Stamme 2, aber beym Ausmachen 2 und auch nur. 1, wie es das Ausmachen erfordert. 7) Wenn nur noch 3, 4, oder 5 Kegel zu werfen ſind, und es wirft ſie wirklich Jemand: ſo muſs er ſei - nem Nachfolger 1 abgeben; wirft er aber mehr: ſo werden dem Nachfolger auch die mehr gefal - lenen Kegel, als gut zugerechnet. Dieſs nennt man überhalten. Sind aber 6 Kegel zu werfen, und werden geworfen, ſo wird dem Nachfolger nichts abgegeben. 8) Wer 7 Kegel wirft, löſcht ſein Debet (alle Kegel, die er noch im Stamme hat) und erhält 7 gut. Wirft Jemand 8, ſo iſts eben ſo, aber er erhält 16 gut. Werden 8 um den König, oder alle 9 Kegel geworfen, ſo iſt das Spiel geendigt, und der Werfer erhält al - le Kegel bezahlt, welche die übrigen Spieler noch im Stamme haben. 9) Sind beym Ausmachen nur noch wenig Kegel zu werfen, und es fallen 7 oder 8, ſo iſt das Spiel dennoch ausgemacht.

Beſchäfftigung des Geiſtes iſt bey dieſem Spiele vorzüglich nur für Kinder, die im Rech -187 nen noch nicht die erſten Anfangsgründe ver - ſtehen; dieſe erhalten beſtändig kleine arithme - tiſche Aufgaben, die ſie im Kopfe aufzulöſen ha - ben. Hierdurch wird das Spiel für ſie empfeh - lungswerth. Erwachſene Spieler finden Stoff zum denken und beobachten in der eigenthüm - lichen Beſchaffenheit der Bahn, wornach ſie den Wurf der Kugel einzurichten haben. Noch mehr findet dieſs aber bey dem kurzen Kegelſchube ſtatt. Weit mehr leiſtet es in Hinſicht des Kör - pers, in ſofern es denſelben auf eine wohlthätige Art bewegt, den Arm, noch beſſer, wenn man auch oft links ſpielt, die Arme[ſtärkt] u. ſ. w.

24. Das Kegelwerfen.

Dieſe Art des Kegelſpiels iſt bey uns weit ſelte - ner, als in der Schweitz und Frankreich. Die Kegel ſind vollkommen ſo groſs, wo nicht noch etwas gröſser, als unſere gewöhnlichen; eben ſo die Kugeln. Beyde müſſen bey der Jugend nach Verhältniſs ihrer Kräfte gewählt werden. Die Kugeln haben eine Vertiefung oder ein Loch für den Daumen, und ein gröſsers zum Einlegen der 4 übrigen Finger. Vermittelſt dieſer Löcher188 faſst der Spieler die Kugel feſt, und wirft ſie in einem geſtreckten Bogen durch die Luft nach den Kegeln, die aber hier ſo weitläuftig ſtehen, daſs die beyden äuſserſten Kegel einer Seite wohl 6 Fuſs von einander entfernt ſind. Bey dieſem erſten Wurfe iſt es ihm freylich lieb, gleich ei - nen oder mehr Kegel zu werfen; aber noch mehr ſieht er darauf, daſs ſich die Kugel nicht zu weit von den Kegeln entferne. Iſt dieſer Wurf ge - ſchehen, ſo geht er nun hin, ſtellt ſich in den Platz der abgeworfenen Kugel, und wirft mit dieſer zum zweyten Male auf die Kegel. Je - her er izt ſteht, je vortheilhafter iſt es. Jezt muſs er die Wirkungen der mancherley mögli - chen Richtungen des Wurfs gegen die Kegel aus Erfahrung kennen und ſo werfen, daſs die zuerſt getroffenen Kegel in ihrem Falle ſo viel als möglich von den andern mitnehmen. So macht es, der verloſten Reihe nach, jeder Spieler, und derjenige, welcher in ſeinen zwey Würfen die meiſten Kegel traf, erhält diejenigen von jedem[Mitſpieler] bezahlt, die er mehr als dieſer mach - te. Der Gewinner macht beym neuangehenden Spiele nicht nur den erſten Wurf, ſondern er be - ſtimmt auch den Ort, und mit ihm die Entfernung, aus welchen jeder Spieler ſeine erſte Kugel ab - werfen muſs. Es verſteht ſich von ſelbſt, daſs man auf dieſes Kegelwerfen auch die Berech -189 nungsart des gewöhnlichen Kegelſpiels anwen - den könne.

Dieſes Spiel iſt auf jeden Fall viel gehaltvol - ler, als das vorige. Es erfordert gar keine Bahn, ſondern jeder freye Platz, wo man nur eine Stel - le für den Stand der Kegel ebnet, iſt hinläng - lich dazu; dieſs iſt nicht nur ſehr bequem, ſon - dern es hat viel Einfluſs auf den Werth des Spie - les. Denn da der Standpunkt beym Abwerfen bald hier bald dort iſt, je nachdem es dem lez - ten Gewinner gefällt: ſo wird dadurch das wei - tere Fortrollen der Kugel beſtimmt, in ſofern es von den mannichfaltigen kleinern oder gröſsern Abdachungen des Bodens abhängt. Der Wurf in einem Bogen durch die Luft, erfordert weit genauere Abmeſſung der Kraft des Arms, der Schwere der Kugel und der Weite des Wurfs gegen einander, als das bloſse Fortrollen in ge - wiſſen Schranken beym vorigen Spiele. Es ge - hört hierzu, ſo wie auch beſonders zu dem zwey - ten Wurfe in der Nähe, mehr Beobachtungsgeiſt, als bey jenem. Die körperliche Bewegung möch - te bey beyden gleich ſtark und heilſam ſeyn; doch kann man bey dieſem nach Belieben die Entfernung des Wurfes gröſser machen und da - durch den Armen mehr Arbeit verſchaffen.

Beyderley laſſen ſich nicht nur im Freyen treiben, ſondern auch ſelbſt auf geräumigen -190 len, mit ledernen Kegeln und Kugeln, die mit Haaren ausgeſtopft ſind. Dergleichen Kegel er - halten zum feſtern Stehen nur eine zolldicke, hölzerne Scheibe zur Baſis.

Eine andere hin und wieder in Schleſien ge - bräuchliche Art des Kegelwerfens iſt dieſe: Der Spieler A ſtellt ſeine 4, 5, ja 9 Kegel in eine Reihe, und B auch eben ſo viel; es iſt daher gut, mehr als 9 Kegel zu haben. Beyde 10, 12 15 Schritte nach Belieben von einander entfernt und die Kegel in beliebiger Entfernung einzeln von einander. Darauf wirft A mit ſeiner Kugel von der Stelle ſeiner Kegel herüber zur feindli - chen Kegelfronte, um einen nieder zu ſtrecken. Geſchieht dieſs Leztere nicht, ſo wirft B nach den Kegeln des A; aber trifft A einen Kegel, ſo nimmt B nicht bloſs die Kugel, ſondern auch hin - terher den umgefallenen Kegel, und wirft damit nach den Kegeln des A. Allein A hat nun auch das Recht ſeinen Muth an des B Kegeln zu küh - len; er nimmt erſt die herübergeworfene Kugel, dann den Kegel, und alle etwa von ſeiner Fronte gefallenen Kegel, und bombardirt damit gegen die feindliche Fronte, dann folgt B wieder, der es eben ſo macht, u. ſ. w. A und B wechſelswei - ſe. Weſſen Kegel zuletzt am erſten alle umge - worfen ſind, der hat verloren.

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Das Spiel iſt einfach, aber luſtig und unter - haltend für den, der gern körperlich thätig ſeyn will. Das beſtändige Zuſammenholen und Auf - ſuchen der Kegel und Kugeln, ſo wie das Fort - ſchleudern derſelben, giebt Bewegung und Uebung des Augenmaaſses. Wer ſich ans Bein treffen läſst, dem ſchmerzt es, man muſs es folg - lich nicht in den Weg ſtellen.

25. Der Kegeltiſch.

Das gewöhnliche Kegelſpiel hat man ſchon da - durch ins Haus verpflanzt, daſs man, wie oben geſagt iſt, ſtatt der hölzernen Kegel und Kugeln, lederne gebraucht. Man iſt weiter gegangen, und es iſt geglückt, in jedem Zimmer eine Art von verjüngter Kegelbahn zu haben. Hier iſt eine Beſchreibung: Zeichn. 10 ſtellt einen Ke - geltiſch vor. Seine Länge iſt etwa 5 und einen halben bis 6 Leipziger Fuſs, und er iſt etwa halb ſo breit. Auf der einen Seite iſt er halbzirkelicht abgerundet. a b c d iſt ein herumlaufender Rand 4 Zoll hoch, wodurch der ganze Tiſch zu einem 4 Zoll tiefen Kaſten wird. Mit dieſem Rande läuft durch e f g h, ein anderer paralell, ſo daſs192 durch beyde ein langer Gang oder eine Rinne entſteht. Von h ſchlägt ſich dieſer Gang in ei - nem halben Zirkel herum, deſſen gröſste Peri - pherie ſich in der Mitte des Tiſches bey i endi - get. Hier öffnet ſich der Gang. Eine Kugel, am beſten iſt eine gewöhnliche Billardkugel, die bey n in die Rinne gelegt, einen Stoſs bekommt, wird den ganzen Gang durchlaufen, und von i nach k gegen die Kegel rollen. Die Kugel wird durch einen Stoſs mit einer Maſſe fortgebracht, welche von feſtem Holze gemacht, und der Maſ - ſe des Billards ziemlich ähnlich iſt. Sie ſieht et - wa aus wie l. Die obige Rinne wird, um das ſtarke Geklapper zu verhüten, mit Flanell ausge - futtert, und von m an, bis zu ihrem Ende völlig mit einer bretternen Decke verſchloſſen, damit die Kugel nicht herausſpringen kann. Um den Abſtoſs der Kugel recht bequem zu machen, läſst man den Grund der Bahn von dem Rande des Querbrettes e a ſchreg herab bis nach n in die Tiefe laufen.

Man muſs dieſe Art des Kegelſpiels nicht mit dem wirklichen Spiele im Freyen vergleichen, denn dieſes hat in körperlicher Hinſicht viel mehr Vollkommenheit. Man kann aber nicht immer im Freyen ſeyn, und dann iſt der Kegel - tiſch doch unendlich beſſer, als die Karte oder dergleichen. Es iſt ein unterhaltendes Spiel,193 das faſt ganz die ſanfte Bewegung des Billards gewährt.

Eine Abänderung dieſes Spiels entſteht, wenn man ſtatt einer Kugel eine Art Kreiſel gebraucht. Man kann hierzu denſelben Kegeltiſch gebrau - chen, und es iſt daher unnöthig, einen eigenen dazu verfertigen zu laſſen, der etwa von eben der Gröſse und Geſtalt, doch ohne die obige Rinne, nur mit dem Rande a b c d a verſehen ſeyn müſste u. ſ. w. Man mache auf dem ſchon angegebenen Tiſche bey o nur einen Sägenein - ſchnitt in das vordere Bret, ſo iſt die ganze Ein - richtung fertig. Der Kreiſel p beſteht aus ſei - nem Fuſse und der Schwungſcheibe. Jener wird etwas länger gemacht, als die Höhe des Seiten - bretes, in welches der Einſchnitt o gemacht ist. Beym Gebrauche wickelt man eine Schnur ſchraubenartig um den Fuſs, von unten nach oben hin, zieht das übrige Ende durch den Ein - ſchnitt von innen nach auſſen, ſtellt den Krei - ſel inwendig vor den Einſchnitt, hält ihn durch einen Druck auf die Schwungſcheiben mit der Linken aufrecht und zieht die Schnur mit der Rechten los: ſo beginnt das Kreiſeln wodurch denn mehr oder weniger Kegel umgeworfen wer - den. Da die Bewegung des Kreiſels, wie es mir ſcheint, weniger von dem Spieler abhängt als die Bewegung der Kugel und Maſſe, ſo möchte derN194Mechaniſmus des vorigen Spiels wohl vorzügli - cher ſeyn.

e) Pfahl - Ring - und andere Spiele.

26. Das Pfahlſpiel oder der Kindaliſmus.

Auf die Zahl der Spieler kommt bey dieſem Spie - le wenig an. Jeder von ihnen hat einen runden Pfahl (Pflock) von feſten Holze, der im Durch - meſſer etwas mehr als einen Zoll hält und 2 Fuſs und darüber lang iſt. Das dickſte und ſchwer - ſte Ende deſſelben wird zugeſpitzt und das dün - nere beym Werfen in die Hand gefaſst. Jeder muſs übrigens die bequemſte Gröſse und Schwe - re für ſeine Kräfte ſelbſt finden. Dieſe Pfähle werden gegen die feuchte Erde geworfen, ſo daſs ſie darin ziemlich feſt ſtecken und der Hauptin - halt des Spiels iſt: Wirf deinen Pfahl feſt in den Boden, doch ſo, daſs er zugleich einen an - dern deiner Mitſpieler herausprelle.

Dieſs kann nicht gleich ein Jeder; die Lage des da ſtehenden und heraus zu werfenden195 Pfahls will beurtheilt, der Schwung desjenigen, den man abwirft, gehörig abgemeſſen ſeyn. Alles das lehrt die Erfahrung. Geſchickte Spieler, die ihre Beurtheilungskraft hierin durch Erfahrung geſchärft und Kraft im Arme haben, werfen faſt jeden Pfahl aus dem Boden und be - feſtigen den ihrigen durch ebenden Wurf un - gemein indem jener oft mehrere Schritte fort fliegt.

Pfäle, die man ſo in den Boden wirft, ſtehen ſelten ſenkrecht, ſondern machen mit der Hori - zontalfläche des Bodens einen ſpitzen Winkel. Wenn du deinen Pfahl ſo niederſchleuderſt, daſs ſeine Mitte das Griffende des andern niederprellt, ſo iſt dieſs nur ein Anfänger - wurf, der ſelten glückt, ſondern ihn gewöhnlich nur etwas nieder drückt; die beſte Art des Wer - fens iſt, wenn man ſeinen Pfahl ſo ſchleudert, daſs ſein unteres, dickes Ende dem ſchreg ſte - henden des Gegners auf die Seite trifft, welche nach dem Boden gerichtet iſt. Der Gang des Spiels iſt dieſer: Wenn A ſeinen Pfahl in den Boden geworfen hat, ſo wirft B den ſeinigen nach demſelben, um ihn heraus zu prellen und ſich zugleich feſtzuwerfen. Gelingt jenes nicht, ſo kommt C wirft ſich feſt und ſucht dabey den Pfahl des A oder B herauszuſchnellen. Gelingt es dieſem nicht beſſer ſo kommt D u. ſ. w. SoN 2196lange kein Pfahl herausfliegt, folgen die Spieler der Reihe nach hinter einander fort, bis alle feſt ſtehen; wenn aber einer herausgeworfen wird, muſs er von ſeinem Beſitzer erſt wieder feſtgeworfen werden, wobey er aber keinen andern zum Ziel nehmen und heraus zu werfen ſuchen darf. Haben ſich endlich Alle feſt ge - worfen, ſo zieht A ſeinen Pfahl wieder aus und wirft ihn, indem er zugleich Einen zum Ziele nimmt, wieder feſt. Ihm folgen dann B, C u. ſ. w. Für jeden umgeworfenen Pfahl zahlt der Umwer - fer 1 Point und wer zuerſt ſeine 6, 12, 16 etc. Points zählt, hat das Spiel gewonnen. Fehler ſind: 1) Wenn der geworfene Pfahl gar nicht ſtecken bleibt, ſondern zu Boden fällt. 2) Wenn er ſein Ziel gar nicht berührt. In beyden Fäl - len verliert man ein Viertel Point. 3) Wenn er weder ſtecken bleibt noch berührt, einen hal - ben Point. 4) Wenn er ſein Ziel zwar heraus wirft, aber auch ſelbſt umfällt, dann wird nichts gezählt. Gewöhnlich iſt der Sieg Belohnung genug; man ſpielt aber auch ohne Points, um die herausgeworfenen Pfähle. Mehrentheils nimmt man bey dieſem Spiele keine beſtimmte Grän - zen an, im nördlichen Niederſachſen wird da - gegen ein Kreis gemacht, in welchem die Pfähle niedergeworfen werden müſſen und dabey iſt es Geſetz, bey dem Abwerfen ſeinen Standpunkt197 1, 2, 3, Fuſs von dieſem Kreiſe abwärts zu neh - men. Hierdurch wird das Spiel weit ſchwieriger.

Dieſes klaſſiſche Spiel war in Griechenland ſo gewöhnlich als bey uns, und die Beſchreibung des Pollux paſst noch genau auf unſer deutſches Spiel*) δε κινδαλισμος δια πατταλαν εςι παιδια, κινδαλȣς γαρτȣς πατταλȣς ωνομαζον. ην δε εργον〈…〉〈…〉 ȣ μονον αυτῳ τιν〈…〉〈…〉 καταπηξαι τον πατταλον κατα γης διυγρȣ αλλα και το〈…〉〈…〉 καταπαγειτα εκκρȣσαι, πληξαντ ατην κεϕαλην ἑτεζῳ πατ - ταλω. Lib, IX. Cap. 7.. Es iſt einfach, aber unterhaltend, ſelbſt für erwachſene Perſonen; es übt den Arm und die Hand ungemein, ſollte aber auch bisweilen links geſpielt werden. Für den Beobachtungs - geiſt und das Augenmaaſs hat es mehr Beſchäff - tigung, als man denken ſollte. Man hüte ſich aber in den Wurf zu treten, ſonſt könnte man Schaden nehmen. Der Nahme Kindaliſmus iſt griechiſch, man könnte es auch das Pattalenſpiel nennen, auf beyderley Art zum Andenken ſei - nes Urſprungs. Pfählzen, Pflöcken und Pickpahl ſind provinzielle Namen.

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27. Das Ringrennen.

Im nördlichen Deutſchlande, namentlich in Dit - marſchen, haben die rüſtigen Landleute ein jähr - liches Feſt, vielleicht zu der Zeit, wann in vie - len andern feſtloſen deutſchen Gegenden der Bauer Grillen fängt, wobey ſie, auf muthigen Roſſen, im vollen Gallopp reutend, nach einem Ringe ſtechen. Selbſt die reichern Bewohner nehmen daran Theil, und Jung und Alt ahmt dieſes Kampfſpiel häufig, auch zu jeder andern Zeit, zu Fuſse nach. Vergnügen, Aufregung der Thätigkeit, Bewegung des Körpers im Freyen, und Uebung des Augenmaſses empfehlen dieſes Spiel. Hier iſt eine Beſchreibung davon. Statt des Ringes hat man gewöhnlich eine hölzerne, noch beſſer eiſerne Scheibe, ſiehe Zeichnung 11, von beliebiger Gröſse. Sie iſt mit 5 Löchern und oben bey a und b mit zwey Federn verſe - hen, deren Strebkraft von einander abwärts ge - richtet iſt. Zwängt man dieſe Federn in irgend eine Oeffnung, ſo daſs ſie etwas zuſammen ge - drückt werden: ſo wird man ſie nur mit einiger Gewalt wieder herausziehen können, weil ſie an die Seitenwände andrücken. Man drehet eine hölzerne Kapſel oder Röhre, zwängt die Federn hinein, und hängt jene an einem Stricke auf, der199 zwiſchen 2 Pfählen befeſtigt iſt. So hängt die Scheibe frey, und zum Wegreiſsen bequem, wenn ſie aufgeſpieſst wird. Die Kampfluſtigen verſehen ſich jeder mit einem kurzen, runden, hölzernen Spieſschen, (Stecher), deſſen Dicke mit der Weite der 5 Löcher ziemlich überein kommen muſs, und ſetzen der Reihe nach ihre Füſse in die ſchnellſte Bewegung, um mitten im Laufe nach einem der beſtimmten Löcher zu ſte - chen. Erſt nach dem obern linker, dann rechter Hand, dann nach dem untern linken und endlich nach dem mittlern, und zwar nach dieſem drey - mal. Wer folglich in der beſtimmten Folge der Löcher, und in den wenigſten Läufen ſeine 6 Stiche zu Stande bringt, jedesmal dabey die Scheibe aus der Kapſel zieht, und auf dem Ste - cher fort nimmt, iſt Sieger. Nach dem untern Loche rechter Hand, wird nie geſtochen, es iſt mit Schimpfe, ja wohl auch mit Strafe verbun - den, dadurch die Scheibe herab zu bringen.

N 428. Das200

28. Das Ringwerfen.

Von der Decke des Zimmers herab hängt eine Schnur, und an ihrem herabhängenden Ende ein metallener Ring, von der Gröſse eines gan - zen oder halben Guldens, ſo ſchwer, daſs er die Schnur, beym Fortwerfen bequem mit ſich fort - ziehet. Die Schnur reicht mit dem Ringe ohne ſtarke Ausſpannung, bis zu einem Ha - ken, der gegenüber an der Wand, etwa 6 Schuh hoch, befeſtigt iſt. Es kommt bey dem Spiele darauf an, den Ring ſo zu werfen, daſs er auf dem Haken hängen bleibt. Zu dieſem Ende wird er vermittelſt der Finger ſo fortgeworfen, daſs er durch die Luft einen Bogen beſchreibt, deſſen Radius die Schnur iſt. Der Bogen muſs aber neben dem Haken aufſteigen und ſich über ihm endigen, ſo daſs der Ring beym Zu - rückfallen darauf hängen bleibt. Ich habe die - ſe Uebung hin und wieder in Deutſchland gefun - den. Jeder Knabe kann dieſs ſtille Spiel für ſich ſpielen. Sind mehrere zuſammen, die es ſpie - len wollen, ſo machen 24 Würfe in 6 Gängen, jeder zu 4 Würfen, das Spiel aus. Nach jedem Gange kommt der Mitſpieler an den Wurf. Bleibt der Ring hängen, ſo wird ein Point gut geſchrieben; bleibt er aber im ganzen Gange,201 das iſt 4 Mal hinter einander, hängen: ſo giebt dieſs 6 Points. Jedoch jeder kann das feſtſez - zen, wie er will. Schwere, Entfernung, Rich - tung des Wurfes, Abmeſſung der Kraft der Hand, beſchäfftigen hier den Beobachtungsgeiſt und üben das Augenmaaſs. Die übrige Bewe - gung des Körpers iſt ſehr ſanft, das Spiel eignet ſich daher ganz für die Zeit nach Tiſche.

29. Das Topfſchlagen.

Dieſes Spiel, eine Art von Blindekuh, kann eine zahlreiche junge Geſellſchaft ſchon ein Stünd - chen ſehr angenehm unterhalten und durch häu - figes Lachen die Verdauung befördern. Ich würde es am liebſten nach Tiſche ſpielen laſſen, da es mit gar keiner heftigen Bewegung verbun - den iſt.

Man ſetzt einen Topf auf den platten Erdbo - den nieder, dieſer iſt der Gegenſtand des Spiels. Der erſte der beſte von der Geſellſchaft (denn alle drängen ſich hierbey dazu, Blindekuh zu ſeyn) läſst ſich die Augen verbinden, nach - dem er ſich 6, 8 bis 10 Schritt von dem Topf ge - ſtellt hat. Man kann ihn auch die SchritteN 5202vom Topfe bis zu ſeinem Standpunkte vorher abmeſſen laſſen. In ſeine Hand bekömmt er einen derben Stock, womit er den[Topf] zu zer - trümmern Willens iſt, und ſo bewaffnet iſt es ſei - ne Pflicht, vor Eröffnung des Feldzuges ſich mit zugebundenen Augen 2 bis 3 mal umzudrehen. Dieſs nun ſo zu vollbringen, daſs die Naſe nach dem 3ten Umwenden wieder genau nach dem Topfe hinweiſt, dann grade aus, ohne links noch rechts auszuweichen, fortzugehen; die Entfernung bis zum Topfe wieder gehörig auszumeſſen und den Schlag von oben nach unten, alſo nicht hori - zontal, grade auf den Topf zu führen, hierin be - ſteht die Kunſt des Spiels. Es glückt ſelten. Die Blindekuh dreht ſich, und bey jedem Male weicht ſie von der erſten Richtung etwas ab. Ein ver - biſſenes Gelächter ziſcht durch die ganze Geſell - ſchaft. Er marſchirt vorwärts, und zwar nach einer ganz andern Weltgegend; er ſchlägt zu und mit dem Schlage bricht ein allgemeines Gelächter los; denn er iſt weit vom Topfe ent - fernt. Da ſteht er nun, nach abgeriſſenem Tu - che, mit groſsen Augen und ſucht den Topf, deſ - ſen Zertrümmerung er ſo ſicher berechnet zu ha - ben glaubte.

Man kann es, wenn man will, zum Geſetz machen, daſs niemand einen Laut von ſich gebe, ſo lange der Schlag noch nicht geſchehen iſt; die203 Luſtigkeit des Spiels gewinnt dadurch und die Blindekuh findet ſich ſchwerer nach dem Ziele. Man kann in den Topf einen Preis legen, Obſt oder ſonſt etwas, doch iſt dieſs nicht nothwen - dig. Die Spieler nehmen, wie ich jedesmal be - merkt habe, alle Kräfte ihrer Sinnen und ihres Be - obachtungsgeiſtes zuſammen, um die erſte Rich - tung nicht zu verlieren. Sie ſuchen ſich auf man - cherley Art zu helfen; bald wird der Stock vor den Füſsen, gleichſam als Wegweiſer nach dem Topfe, niedergeſtemmt, bald werden um den Standpunkt mit den Füſsen vier rechte Winkel gemeſſen u. ſ. w. Kurz jeder ſchafft ſich ſeine eigene Methode, ſo daſs dies Spiel das ſinnliche Beurtheilungsvermögen mehr beſchäftigt als man von ſeiner Einfachheit vermuthen ſollte.

Stellt man die neun Kegel an die Stelle des Topfes und giebt dem Blinden die Kugel zum Werfen in die Hand: ſo bekommt das Spiel ei - ne neue Einkleidung, die zum Abwechſeln an - genehm iſt.

30. Der204

30. Der Drache.

Dieſe Maſchine iſt der Jugend ungemein inte - reſſant, weil ſie geſchickt iſt, in eine Region zu ſteigen, wohin niemand gelangt. Dieſs ſpannt die Erwartung der Knaben ungemein, regt ſeine Thätigkeit[und] ſeinen jugendlichen Unterneh - mungsgeiſt auf. Ich rede hier nur von derje - nigen Iugend, welcher man nicht alles in die Hände ſchenkt; ſondern die ſchon früh anfängt, ſich ihre Bedürfniſſe zu erarbeiten und ihre Spiel - zeuge ſelbſt zu verfertigen, ſo weit, als es unter guter Anleitung nur möglich iſt. Für dieſe iſt der Drache nun juſt ein Gegenſtand der Selbſt - verfertigung, und dieſs allein macht ihn ſchon zu einem zweckmäſsigen Gegenſtande der Ju - gendſpiele, wenn wir auch hier auf die damit verbundene Bewegung im Freyen und das damit verknüpfte Vergnügen weiter keine Rückſicht nehmen wollen. Hier iſt daher, vermittelſt der Zeichnung 12 eine Beſchreibung. Man ſieht hier die Abbildung eines Gerippes zu einem Drachen, nämlich a b der Rückgrad, c d das Schulterblatt. c f d das Bruſtbein, e a h der Schnabel.

Alle dieſe Theile werden von recht leichtem Holze gemacht, etwa nach folgendem Verhält - niſſe: Der Rückgrad 5 Fuſs 7 Zoll Leipz., das205 Schulterblatt 3 Fuſs u. 5 Zoll, beyde ſind vier - ſeitig, einen halben Zoll und etwas darüber ſtark. Von a bis g iſt 2 Fuſs u. 2 Zoll. Hier bey g iſt die Mitte des Schulterblatts mit dem Rück - grade gut zuſammen[gefügt]. Das Bruſtbein wird von einem leichten Faſsreifen genommen. Sei - ne beyden Enden ſchlieſsen ſich an die Enden des Schulterblatts, und ſind feſt damit verbun - den, ſo wie ſeine Mitte bey f mit dem Rückgra - de. Von e und h laufen noch zwey ſchwache Hölzer, die den Schnabel bilden, nach a, und ſind mit ihren Enden ſo wohl an das Bruſtbein, als an das obere Ende des Rückgrads gut befe - ſtigt. Wenn man dieſe Theile gehörig zuſam - mengefügt hat, ſo wird von c über b nach d ei - ne ſtarke Schnur geführt und ſo ſtraff angezogen, als es die dünnen hölzernen Stäbe vertragen. In c und d wird ſie feſt geknüpft, an dem Ende b aber in eine kleine Rinne gelegt, damit ſie nicht abgleite. Jezt iſt das Gerippe fertig, bis aufs Abwägen. Man lege ſein Schwanzende b auf den Fuſsboden, a hingegen auf eine Fingerſpiz - ze und ſehe zu, ob die Hälfte a c b ſo ſchwer als a d b iſt. Durch Wegſchneidung des Holzes läſst ſich dieſs bald in Richtigkeit bringen, zu - mal da eben nicht viel darauf ankommt.

Die Verfertigung der Haut oder des Ueber - zuges macht wenig Mühe. Klebe von ſtarkem206 Papiere eine Fläche zuſammen, die an allen Seiten etwa eine Hand breit gröſser als der Um - fang des Gerippes iſt; lege ſie an den Fuſsboden, das Gerippe darauf und leime, nach gehörigem Beſchneiden, den Rand des Papiers auf allen Sei - ten um den äuſerſten Rand des Gerippes. Jetzt fehlt es unſerm Luftgeſchöpf noch an den Floſſen, ſo wie an einem Schwanze, der ihm ganz unent - behrlich iſt. Jene ſind Quaſten von 2, 3 in Strei - fen geſchnittenen Papierbogen, die bey d und c angebunden werden; dieſer beſteht aus einer langen Reihe Papierſtücken, die an einer Schnur befeſtigt ſind. Zu jedem Stücke nimmt man ein Quartblatt, faſst es in der Mitte feſt zuſammen, zieht die Schnur mit einer Schlinge darum, ſo daſs die beyden Enden des Blattes faltig und auf - gebauſcht bleiben. Solche Papiere befeſtigt man etwa je von 8 zu 8 Zollen hinter einander fort an die Schnur, bis man ein Stück hat, das etwa 3 Mal ſo lang ſeyn kann, als der Drache ſelbſt. Dieſer Schwanz wird mit ſeinen einem Ende an b geknüpft; ans andre aber erhält er eine groſse Papierquaſte, welche wie die Floſſen, doch grö - ſser gemacht iſt.

Bände man eine Schnur an irgend eine Stel - le eines ſolchen Drachen, um ihn daran in die Luft ſteigen zu laſſen, ſo würde dieſs ſchlechter - dings nie glücken, weil das Aufſteigen ganz al -207 lein von der ſchregen Lage abhängt, welche er in der Luft halten muſs. Um dieſe zu bewerkſtel - ligen, binde man eine haltbare Schnur in der Stelle x, einen Schuh von a entfernt, am Rück - grade feſt, bohre ein Loch durch die Haut, und laſſe die Schnur durchgehen. Bey dem zehn - ten Zolle von der Verknüpfung in x an gerech - net, mache man in die Schnur eine Schlinge (Oehr) und binde ihr andres Ende, bey y durch das Papier geſteckt am Rückgrade wieder feſt. y iſt von b 1 Fuſs und 6 Zoll, und die Schnur kann vom obigen Oehre bis nach Y 2 Fuſs u. 4 bis 5 Zoll lang ſeyn. An jenes Oehr kommt dann endlich die lange ſehr haltbare, aber mög - lichſt dünne Schnur, an welcher der Drache auf - ſteigt. Uebrigens müſſen junge Leute ſelbſt Beobachtungen anſtellen, über die beſte Stelle des Oehrs in der Schnur, ſo wie über die gehö - rige Schwere des Schweifes. Iſt dieſer zu leicht, ſo geht die Maſchine unſtet; zu ſchwer, ſo ſteigt ſie gar nicht, oder nur mit Schwierigkeit. Oft iſt man genöthigt, noch etwas Schweres, z. E. Holz an den Schweif zu hängen. Man muſs da - her die Erfahrung zu Hülfe nehmen; denn ſelbſt die mathematiſchen Berechnungen der Maſchi - ne, wie man ſie, wenn ich mich recht erinnere, in den Verhandlungen der Berliner Academie findet, möchten wohl durch[Nebenumſtände], z. 208Exempel durch die Dicke der Schnur und den davon abhängenden Druck der Luft, bald ſo, bald ſo leiden. Die bequemſte Art ihn zum Aufſteigen zu bringen,[iſt] folgende: A nimmt den an die lange Schnur gebundenen Dra - chen, und geht damit einige hundert Schritt Wind abwärts; B folgt ihm, doch ſo, daſs er etwa hundert Schritte hinter ihm bleibt, er faſst die Schnur an ſeiner Stelle feſt. C geht gar nicht fort, ſondern wickelt bloſs die Schnur ab, welche jene mitnehmen. Iſt man faſt mit der Schnur zu Ende: ſo giebt C dem B und dieſer dem A ein Zeichen zum Stillſtehn. Dieſer richtet den Drachen gegen den Wind und gibt ihm einen ſanften Stoſs aufwärts, nachdem er die Schnur etwas ſtraff gezogen hat. So ſteigt er von der Hand des B gehalten ſchnell auf. Hat er die mögliche Höhe erreicht, ſo läſst auch B los, dadurch wird das Steigen ohne weitere - he ungemein beſchleunigt, indem ihn C feſthält etc.

Franklin ſpannte ſeinen Drachen einſt vor ei - nen Kahn und lieſs ſich von ihm ganz bequem über einen See fortziehen. Ein etwas groſser Drache würde einen gut gebaueten kleinen Wa - gen, groſs genug, um einen Knaben aufzuneh - men, auf gleichem Boden fortziehn. Brächte man über einem Zirkelausſchnitte in ſeinem Ue -209 berzuge einen Trichter von Pappdeckel an, deſ - ſen enge Oeffnung eine Pfeife umſchlöſſe, ſo würde er in der Luft pfeifen etc. Mit dieſer Maſchine läſst ſich allerley machen, wenn man darüber nachdenken will.

31. Das Klinkholz. oder Kliſchſpiel.

Ich verdanke dieſes Spiel einem Freunde in Hol - ſtein. Es wird auf vielerley Art geſpielt. Man ſetzt einen runden, 4 5 Fuſs langen, etwa einen und einen halben Zoll im Durchmeſſer halten - den, Stab in die Erde, nach einer Richtung, daſs er mit der Erdoberfläche einen Winkel von 50 60 Graden macht. Auf dieſen legt man oben einen ſogenannten Klink oder eine Kliſch, ein Ding von Holz, etwa 4 Zoll lang und etwas drü - ber, rund, von ſtarker Fingerdicke, einen klei - nen Zoll vom Ende halb eingeſägt und von dem andern Ende her ſchreg herab (diagonal), bis in den Grund des Sägenſchnittes, weggeſchnitten. So hat die Klink oben einen Haken, womit ſie ſich, wenn ſie auf das obere Ende des vorhin ge -O210nannten Stabes gelegt wird, an dem Rande deſ - ſelben feſt hält. Siehe Zeichnung 13 a die Kliſch, b das obere Ende des Stabes. Der Stab ſelbſt ſteht im Mittelpunkte eines beliebigen Cirkels, deſſen Radien 12 bis 24 Fuſs halten, auch gröſser oder kleiner ſeyn können. Mit einem, zwey bis drittehalb Fuſs langen, daumendicken Stabe ſchlägt Einer Namens A, der im Kreiſe ſteht, die Kliſch fort; die Uebrigen ſind auſſer demſelben, ſuchen ſie zu fangen, doch ohne in den Kreis zu kommen, oder ſo nahe, als möglich, an das Centrum zurückzuſchlagen und zwar mit der blo - ſsen Hand. Gelingt das Fangen ſo iſt A ſeines Schlagamtes verluſtig; gelingt das Zurückſchla - gen: ſo miſst er vom Mittelpunkte bis zur Stelle, wo der Klink liegt, zum Beyſpiel 1, 2, 3 u. ſ. w. Ellen. Dieſe Ellen machen ſein Credit, und wer - den von dem, beym Anfange für jeden Spieler feſtgeſetzten Debet, zum Beyſpiel 40 Ellen, ab - gezogen. A, am Mittelpunkte, will ſein Debet je eher, je lieber ſolviren; ſeine Gegner drauſsen hindern ihn daran aus allen Kräften. Wird der Klink nicht gefangen, oder zurückgeſchlagen, ehe er niederfällt: ſo fallen die Gegner des A dar - über her, ſuchen es an das Centrum zu ſtoſsen oder zu ſchlagen; Er aber wehrt dieſs ab, und ſucht es davon weg zu ſchlagen. Glückt das Ei - ne oder das Andere, ſo bleibt es liegen, und von211 ſeiner Stelle miſst A ſeine Ellen. Man ſetzt gern eine gewiſſe Zahl von Gängen, z. Exemp. ſechs oder 10 u. ſ. w. feſt; wer darin ſein Debet bezahlt, erhält den feſtgeſezten Preis, braucht er aber mehr Gänge: ſo muſs er allen Mitſpielern geben, was verabredet iſt. Auch wird es ge - wöhnlich zum Geſetze gemacht, daſs der Schlag mit dem Stabe von unten herauf gehen muſs; dadurch wird das Spiel für A ſchwieriger. Fängt aber A den Klink im Kreiſe mit der Hand, wenn die Andern ihn herein ſchlagen, ſo giebt ihm dieſs 8 bis 12 Ellen Credit. Kann er es in eben dem Falle mit ſeinem Stabe noch einmal fort - treiben: deſto beſſer. Schlägt er dreymal fehl, d. h. thut er drey Schläge und bringt die Kliſch dadurch nicht aus dem Kreiſe: ſo kommt B an den Schlag, und ſo ferner. Dieſs Spiel iſt auf mancherley Art für die Jugend vortheilhaft; es übt den Körper in tauſend ſchnellen Biegun - gen, Wendungen und Sprüngen; es fordert raſche Thätigkeit der Sinnen, und viel Beurthei - lungskraft in Hinſicht der Schläge, die auf das Stückchen Holz gethan werden ſollen, um es juſt dahin zu bringen, wo ſich kein Gegner befindet, und wo es daher ſeinen Schlägen nicht ausgeſetzt iſt.

O 2f) Win -212

f) Winterſpiele.

Der menſchliche Körper läſst ſich gegen Hitze und Kälte bis zu einem hohen Grade abhärten. Ich ſetze dieſs als ausgemacht voraus, und ent - halte mich aller Beyſpiele, um des Raums zu ſchonen. Der Nutzen einer ſolchen Abhärtung liegt deutlich genug vor Augen, und es iſt zu verwundern, daſs im Ganzen noch ſo wenig Rückſicht darauf genommen wird. Was ſoll man mit einem Knaben anfangen, der, wenn es heiſs iſt, ſchmelzen will, und bey jedem Froſte zittert und bebt? So ſpricht ſchon ein grie - chiſches Weib, Theano zu ihrer Freundin Eubu - la, über weichliche Kinderzucht. In die Erzie - hung gehört weder Barometer, noch Thermo - meter, und ſtreng genommen, ſchlechterdings keine Klage über das Wetter, über Kälte oder Hitze; beyde erträgt man am beſten, wenn man ihren Grad nicht kennt, und die Jugend fragt weder nach dieſer, noch nach jener, wenn ſie früh dazu gewöhnt wird. Dieſs läſst ſich auf kei - ne angenehmere Art bewirken, als durch Spiele; das damit verknüpfte Vergnügen macht die Ju - gend der unangenehmen Eindrücke, der Käl - te[und] Rauhigkeit des Climas vergeſſen, und213 mit einer Jahrszeit vertrauter, die durch ihre überaus reine, kalte, ſtärkende Luft für die Ge - ſundheit von ſo augenſcheinlich guten Folgen iſt, daſs derjenige, wahre Bedaurung verdient, wel - chen Geſchäffte oder Vorurtheil und Weichlich - keit ins Zimmer ſperren. Geſunde Kinder ſollten im Winter ohne Ausnahme täglich we - nigſtens einmal eine Zeitlang heraus ins Freye, um ſich bey allerley Spielen abzuhärten, flinker, geſunder und ſtärker zu machen. Hier ſind ei - nige Winterbeluſtigungen.

32. Schneeſpiele.

Warum ſollte es der Jugend kein Vergnügen ſeyn, Schneemänner zu machen, ſo wie der Wandsbecker Bote; oder hohe Säulen von Schnee zu errichten, und ſie mit einer Treppe zu verſehen, um hinaufſteigen zu können. Fan - den doch die Groſsen viel Freude an dem Eis - pallaſte zu Petersburg, warum nicht die Kleinen an allerley Figuren, die ſich bey eintretendem Thauwetter aus Schnee bilden laſſen? Dieſe Spielereyen ſind nützlich für ihren Körper, nicht bloſs durch Abhärtung, ſondern auch durch An -O 3214wendung der körperlichen Kräfte; denn es ver - langt Anſtrengung, groſse Schneebälle zuſam - men zu rollen, und einen auf den andern zu thürmen, um eine Säule daraus zu bilden.

Einſt war es die Freude des franzöſiſchen A - dels ein Fort von Schnee zu bauen und es mit Schneebällen zu beſchieſsen. So kommandirte 1546, wie uns de Thou erzählt, der damalige Dauphin die Belagerungsarmee eines ſolchen Forts, welches auf der andern Seite Franz von Bourbon Herzog von Enghien vertheidigte. Wa - rum könnte nicht eine zahlreiche Jugendgeſell - ſchaft eine Feſtung von Schnee errichten, und ſich in Vertheidiger und Belagerer theilen? Schneebälle verträten die Stelle der Kanonen - und Bombenkugeln, man liefe Sturm und ero - berte oder würde zurückgeſchlagen etc. Ich ha - be nur eins dabey zu erinnern. Wenn ſich der Schnee bey dieſem Spiele nicht gut ballen läſst, ſo iſt es unausführbar; hat er aber dieſe Ei - genſchaft zu ſehr: ſo iſt ein kernhaft geworfener Schneeball für das Geſicht nicht ohne alle Gefahr, man muſs alſo ausmachen, nicht ſcharf zu werfen, oder die Spieler müſſen Helme von Karton haben.

Höchſt angenehm iſt für die Jugend das Schlit - tenfahren überhaupt, aber ganz beſonders von ei - ner Anhöhe herab. Ueber dieſs letztere will ich hier einige Bemerkungen machen. Der Abhang215 darf durchaus nicht zu ſteil ſeyn; und es iſt hin - länglich, wenn die ſchräge Fläche in einem Win - kel von 10 Graden über die Horizontalfläche hinaufläuft; 15 Grade ſind ſchon zum Ueber - fluſs ſteil. Wollte man ſteilere Bahnen wählen, ſo würde die Bewegung zu gewaltſam und zu ge - fährlich, ſo bald der Schnee glatt gefroren wäre; ſelbſt eine Bahn von 10 Grad Neigung iſt nicht mehr zu gebrauchen, wenn der Schnee durch Fahren und Sonnenblicke zu Eis geworden iſt. Die Bahn muſs ſchon vor dem erſten Froſte von allen Steinen gereinigt werden und ſie iſt je län - ger je beſſer.

Ein gewöhnlicher Schlitten Zeichnung 14 A iſt hierzu hinreichend. Kufen von Pflaumenholz ſind die beſten; weil ſie wegen ihrer Härte ſehr gut gleiten. Der Schlitten B iſt aus ſtarken Bret - tern zuſammengeſetzt. Seine Kufen müſſen eben - falls von feſtem Holze ſeyn. Auf dieſem letz - tern hat der Fahrende einen ſo feſten Sitz in der Vertiefung, daſs hier gar kein Anhalten nöthig iſt; bey dem erſten Schlitten aber ſitzt er frey auf dem Sitzbrette, welches auf den beyden - cken befeſtigt iſt. Um hier feſtzuſitzen, faſst er die beyden Enden des hintern Bockes, und ſchlieſst die Beine vorn an die Hörner der Ku - fen. Der Geübte hat das erſte nicht nöthig, ſon - dern ſitzt ganz frey. Das Lenken des SchlittensO 4216geſchieht am ſicherſten mit den Füſsen. Iſt er im Laufe und geht zuweit links, ſo darf man nur mit dem Abſatze des rechten Fuſses etwas auf den Boden ſchlagen, ſo dreht er ſich ſogleich rechts; denn es iſt natürlich, daſs er ſich hinten links ſchwenkt, wenn man ihm vorn, auf der Seite rechts einen feſten Punkt giebt, um den er ſich drehet.

Die ſehr ſchnelle Bewegung, ſo wie vorzüg - lich das Gefühl der Herrſchaft über den Schlit - ten macht jungen Leuten dieſe Uebung intereſ - ſant, und durch das ſtete Berganſteigen, nach dem Herunterfahren, erhält der Körper eine heilſame Bewegung. Noch weit mehr Vergnü - gen gewährt ſie, wenn man ſie in ein Ringelren - nen verwandelt und dieſs mit Preiſen verbindet. Man hänge zu dem Ende einen Ring auf die gehörige Art an einen Stab, den man von auſ - ſen her bis faſt über die Bahn richtet; oder man nehme ganz die Einrichtung von den Ring - rennen oben Seite 198. Ich würde dazu juſt ei - ne Stelle wählen, wohin der Schlitten von ſelbſt nicht gienge, ſondern wohin er gelenkt wer - den müſste. Auf ähnliche Art kann man auch das Hauen nach einem Türkenkopfe damit ver - binden. Statt des Kopfs dient ein hölzerner Cy - linder, der auf einer 3 Zoll hohen beweglichen217 Unterlage ruhet, die durch den Hieb wegge - ſchlagen wird, ſo daſs jener Cylinder ſtehn bleibt.

33. Eisſpiele.

Nichts geht über das Vergnügen des Schlittſchuh - laufens an einem ſchönen heitern Wintertage im zahlreichen Kreiſe junger Leute; wie Bedauerns - werth ſind Knaben und Jünglinge, welche die Karten und Würfel vorziehen!

Mit dem Eislaufe laſſen ſich manche Spiele verbinden. Beyde werden dadurch weit inter - eſſanter; denn jenes erhält dadurch einen ganz andern Zweck und dieſe bekommen einen ganz neuen Anſtrich, theils weil die dazu erforderli - che Hauptbewegung des Laufens mit den Flügeln Merkurs geſchieht; theils weil die Beſchaffen - heit des Bodens ungewöhnlich iſt.

Auf einer ſehr groſsen Eisfläche iſt das Mail, oben Seite 139, ein vortreffliches Eisſpiel. Mit mäſsigem Schlagen rollen die Kugeln faſt unab - ſehbar weit, weil die Reibung auf einer Spie - gelfläche nur klein iſt. Jünglinge werden es mit Vergnügen ſpielen.

O 5218

Der Kreiſel iſt hier gleichfalls gegen die Schlä - ge des Knaben weit empfindlicher, er kreiſet ungewöhnlich gut und geht leicht wohin man ihn haben will.

Das, weiter unten vorkommende Jagdſpiel iſt für geübte Schlittſchuhläufer ſeinem Hauptin - halte nach vollkommen ausführbar, nur fällt das Verſtecken weg, und das Berühren muſs mit ei - ner etwas langen Ruthe geſchehen, damit kei - ner zu nah auf den andern treffe.

Das Reiftreiben iſt auf dem Eiſe vollkommen brauchbar und macht den Knaben ſehr viel Ver - gnügen.

Ich komme zu einer Hauptübung, die ſich von guten Schrittſchuhläufern mit vielem Anſtan - de und mit Schönheit ausführen läſst; ich meine Caruſſelübungen. Ordentliche Caruſſelübungen zu Pferde ſind für junge Leute nur ſehr ſelten wegen ihrer Koſtbarkeit. Carouſſelſpiele wobey man ſtatt lebendiger Pferde hölzerne gebraucht, die auf der Peripherie einer Horizontalſchau - kel herumgedreht werden, ſind ebenfalls viel zu umſtändlich zu koſtbar, und nicht ganz zweck - mäſsig, weil ſich der Reuter gegen die Bewegung bloſs leidend verhält; aber am leichteſten und zweckmäſsigſten laſſen ſich einige dieſer Uebun - gen auf den Schlittſchuhen ausführen, doch ganz beſonders das Ringelrennen und Schlagen nach219 dem Mohrenkopfe. Die Vorrichtungen ſind äu - ſerſt leicht gemacht; ich habe oben beym Schlit - tenfahren ſchon davon geſprochen. Bey der Führung des Stiches oder Hiebes auf beyden Füſsen hinzugleiten, müſste nur Anfängern er - laubt werden. Alle dieſe mit dem Schlittſchuh - laufen vereinigten Spiele haben nicht nur den Vortheil für die Jugend, der ihnen ſchon allein eigenthümlich iſt; ſondern ſie werden durch je - ne Combination noch gehaltvoller, wie das je - der leicht von ſelbſt einſieht.

Der Carouſſelſchlitten. Eine Horizontalſchau - kel, von der ich ſo eben ſprach, iſt zu umſtänd - lich; aber ſie läſst ſich durch einen Eisſchlit - ten erſetzen, der um einen Punkt im Krei - ſe herumbewegt wird. Den feſten Mittelpunkt erhält man durch einen Pfahl, welchen man durch eine Oeffnung des Eiſes in den Grund ſchlägt und der durch das Einfrieren noch feſter wird. An dieſen Pfahl wird in der Höhe von etwa 3 Fuſs, eine 15 bis 20 Fuſs lange Stange gebun - den, doch ſo, daſs ſie ſich mit der Bindung leicht um den Pfahl herum bewegen läſst. An ihr äu - ſerſtes Ende kommt der Schlitten. Am brauch - barſten iſt hiezu nach der Zeichnung 14, unter B, angegebene. Die Kufen gleiten aber beſſer, wenn ſie mit ziemlich ſchmalem Eiſen unterlegt ſind; doch iſt das juſt nicht nothwendig. Man kann220 das Ende der Stange entweder in die Mitte des Schlittens bey 1 einzapfen und ihr durch zwey Stricke, welche durch die Löcher 2 und 3 gezo - gen und an der Stange vollkommen feſtgebun - den werden, Strebebänder geben, oder allen - falls auch nur die letztern gebrauchen. Iſt alles ſo vorbereitet, ſo ſetzt ſich eine Perſon in den Schlitten, eine andre aber fängt an, ihn dadurch in Bewegung zu ſetzen, daſs ſie die Stange im Kreiſe herumſchiebt. Iſt er erſt einmal im Gange, ſo wird das Schieben, vermöge der Fliehkraft, immer leichter und der Schiebende kann ſich weit näher an den Mittelpunkt ſtellen. Daſs ſich dieſes Spiel auch mit Ringſtechen verbinden laſſe, läſst ſich leicht einſehen.

Der Eisſchlitten. Der Schlitten B, kann faſt nur allein hierzu gebraucht werden, und ſeine Kufen müſſen mit ſchmalen Eiſen belegt ſeyn. Der Fahrende hilft ſich ſelbſt fort, denn er hat zu dem Ende zwey kurze Stäbe in den Händen, die unten mit Stacheln verſehen ſind. Indem er die - ſe auf die Eisfläche niederſtoſst, und die Arme heftig auf beyden Seiten gleichzeitig nach hin - ten hinausbewegt, ſo gleitet der Schlitten vor - wärts mit anſehnlicher Geſchwindigkeit fort. Für die Bruſt, ſo wie für die Arm - und Bruſt - muſkeln iſt dieſe Uebung vortrefflich. Der Raum verbietet es, noch mehrere Spiele aus dieſer221 Sammlung auszuheben und ſie für den Winter zu empfehlen; jeder wird ſie leicht ſelbſt aufzufin - den wiſſen.

g) Geſellſchaftsſpiele.

34. Blindekuh.

Dieſe Benennung iſt nun einmal im deutſchen aufgenommen, ich behalte ſie daher bey, weil ich kein Recht habe, der Sprache eine andre aufzu - dringen. Ich nenne dieſes Spiel vorzugsweiſe Blindekuh, weil es ohne Zweifel die Grundlage von allen andern Abarten iſt. Es iſt ein klaſſi - ſches Spiel, und hieſs bey den Griechen μυα χαλκη Die Geſellſchafft verband Einem die Augen und tummelte ſich lermend in einem Kreiſe um ihn her, indeſs der Geblendete die Worte ſang: χαλκην μυαν ϑηρασω, d. i. ich will eine eherne Fliege jagen. ϑηρασεις antworteten dieſe: αλλ̕ ȣ ληψεις, d. i. du wirſt ſie jagen, aber nicht fangen, und dabey rupften und zupften ſie ihn ſo lange, bis222 er Einen erwiſchte, der dann für ihn die Rolle übernehmen muſste. *)Pollux lib. IX. Cap. 7. Siehe Meurſium de ludis Graecor. in Gronovii Thefaur. Tom. VII. p. 977.

Ganz daſſelbe ſehr luſtige Spiel, iſt unſer ge - wöhnliches Blindekuh, auch gebraucht man da - bey allerley Formeln, wie die griechiſche Ju - gend. Man entledige, wenn das Spiel im Hau - ſe geſpielt werden ſoll, das Zimmer ſo viel als möglich von allen Geräthſchafften, über die man fallen, oder an welche man ſich ſtoſsen könnte, und laſſe von den Sehenden ringsumher die Wände einnehmen. Auch mache man es, wie es gewöhnlich iſt, jedem zur Pflicht, zu rufen: es brennt, wenn der blinde Mann in Gefahr iſt, mit einem harten Gegenſtande zuſammen zu ren - nen.

Wenn die Augen verbunden ſind, ſo wird die blinde Kuh erſt ausgeführt, mit den Worten: Blindekuh wir führen dich.

Wohin?

In die Wüſte: wehre dich!

Gegen wen?

Es giebt da der Hunde viel, davon dich jeder beiſsen will. Wenn ſie dir zu mächtig ſind, fleuch vor ihnen wie der Wind! Hier bekommt ſie einen kleinen Stoſs, und wird entlaſſen.

223

Je lebhafter die Blindekuh ihre Rolle ſpielt, je mehr die Sehenden um ſie herſpringen und ſie im freundſchaftlichen Spaſse foppen, je angeneh - mer wird das Spiel. Die Blindekuh ſpizt die Oh - ren, um zu erforſchen, wo ein Umſtehender ſey; ſie ſchreitet mit hochaufgehobenen Beinen mehr heran, die Arme werden weit ausgeſtreckt, ihr Gegner drückt ſich in einen Winkel, ſie fährt zu, und ergreift nichts; durch eine ſchnelle Wendung des Körpers rettet ſich jener unter ih - ren Armen weg, und ein allgemeines Gelächter belebt auf einmal die Geſellſchaft.

Dieſes Spiel vereinigt ſehr viel Zweckmäſsi - ges in ſich: Bewegung, Fröhlichkeit, Geſchick - lichkeit des Körpers und Beobachtungsgeiſt. Wenn man es auf einem freyen Raſenplatze vor - nehmen will, ſo iſt es nöthig, den Spielraum in Gränzen einzuſchlieſsen, ſonſt möchte es der Blindekuh unmöglich werden, je einen zu er - haſchen.

Abänderung. Die Blindekuh wird nicht ſchon da - durch frey, wenn ſie irgend einen erhaſcht, ſon - dern ſie muſs, nachdem ſie dem Gefangenen durch das Wort Halt! Stillſtehn geboten hat, ſeine Hände, oder das Profil ſeines Geſichts betaſten und daraus die Perſon erkennen. Kann ſie dieſs, ſo iſt ſie frey und der Erkannte, Blindekuh. Durch dieſe Uebung des Gefühls in Beurthei -124[224] lung ſinnlicher Eindrücke erhält das Spiel eine Vollkommenheit mehr, ſo wie mehr Aehnlich - keit mit der griechiſchen Μυινδα, bey welcher die Umſtehenden den Blinden neckten und foppten, bis er Einen ergriff, den er aber beym Nah - men nennen muſste, um ſeine Rolle auf ihn zu bringen. *)Siehe den Heſychius unter Μυινδα und den Pollux am angeführ - ten Orte. Eine andre Art von Blindekuh Spiel führe ich im Vorbey - gehn an, denn nach der gewiſs ſehr unvollſtändigen Beſchreibung, die uns Pollux am angeführten Orte ſiehe auch Meurſius in Grenov. Theſaur. Tom. VII. p. 948 davon macht, läſst ſich eben nichts herausbringen. Das Spiel hieſs Αποδιδρατκινδα. Die Blinde - kuh ſaſs in der Mitte ihrer Geſpielen. Ihre Augen waren verſchloſ - ſen, oder wurden von einem Andern zugehalten. Indeſs, die an - dern fortliefen und die Blindekuh anfieng ſie zu ſuchen bemüheten ſich die Uebrigen an die Stelle derſelben zu kommen.

Die ſtille Blindekuh. (Colin Maillard.)

Die Geſellſchaft bildet einen Kreis um den Ge - blendeten, der mit einem Stabe in der Mitte ſteht. Man tanzt Hand in Hand um ihn her, bis er mit dem Stocke an den Boden klopfend,225 Stillſtehen gebietet. Jetzt ſtreckt er den Stock nach irgend einer Perſon des Kreiſes aus. Die - ſe muſs ihn ergreifen und die Blindekuh hat das Recht, einen dreymaligen Laut von ihr zu for - dern. Man verſtellt hierbey die Stimme ſo viel als möglich. Iſt der Laut dreymal gegeben, ſo muſs die Blindekuh hieraus die Perſon erken - nen. Kann ſie dieſs nicht, ſo bleibt ſie Blinde - kuh, man verlacht ſie bey Nennung des falſchen Namens und fängt den Ringeltanz von neuem an; kann ſie aber die Perſon nennen: ſo iſt ſie frey, und der Genannte wird Blindekuh.

Dieſes Spiel empfiehlt ſich durch Beförderung der Fröhlichkeit, durch Uebung des Gehörs und durch einige damit verbundene Bewegung.

Faſt ganz daſſelbe und nur wenig davon ver - ſchieden, iſt das Franzöſiſche Colin Maillard, wel - ches auf zweyerley Art geſpielt wird. Colin, die Blindekuh, ſteht in der Mitte, und ſeine Geſpie - len ſitzen um ihn her. Dieſe verwechſeln ihre Plätze, Einer von ihnen führt die Blindekuh zu einer Perſon und fragt: wer iſt das? Co - lin muſs errathen, darf aber die Hände gar nicht gebrauchen, und iſt auch nicht berechtiget, ei - nen Ton zu verlangen. Er hat alſo gar keinen Beyſtand, als das Ungefähr. Trifft er die Per - ſon, ſo iſt er frey, im entgegengeſetzten Fal - le wechſelt man vom neuen und läſst wiederP226errathen. Dieſs Errathen taugt nichts; die Blin - dekuh gehe nach der Verwechſelung der Plätze ſelbſt zu einer Perſon, und ziehe mit dem Finger über das Geſichtsprofil, oder betaſte ihre Hand und ſuche ſie dadurch zu erkennen.

Man ſpielt dieſes Spiel auch ſtehend. Es ge - hört eigentlich nicht zu den Bewegungsſpielen, hat aber hier ſeinen Platz erhalten, wegen ſei - ner Verwandſchaft mit dem vorigen.

35. Jacob wo biſt du? oder Die beyden Blinden.

Ich kenne faſt kein Spiel, das ſo ganz dazu ge - macht wäre, ein allgemeines, alle Augenblick erneuertes Gelächter zu erregen, als dieſes. Ein Herr iſt böſe auf ſeinen Knecht, er ſucht ihn un - abläſsig, um ihn durchzuſchlagen; dabey ſind ihm aber die Augen verbunden und er muſs ſich durchs Gehör und Gefühl zu ihm hinfinden. Ja - cob, der Knecht, ſucht dem erzürnten Herrn zu entgehen; das wäre zwar leicht, aber auch ihm ſind die Augen zugebunden und mit einer klei - nen Pfennigsſchalmeye oder ſonſt etwas muſs er,227 wenn ſein Herr ihn gar nicht mehr merkt, oder verloren hat, und dann im ernſten Tone ruft: Jacob wo biſt du? einen Ton von ſich geben. Sein Herr ſpitzt dabey gewaltig die Ohren, und Ja - kob ſieht aus, als wollte er das Gras wachſen - ren; er zieht ſich ſchnell aus der Gegend, wo die Stimme ſeines Herrn herkam; und jener tritt ſo äuſerſt fein auf, als wenn er auf Eyern gien - ge und nähert ſich der Gegend, wo Jacob pfiff. Er hebt allmählich die Hand, die mit einem lok - ker gedreheten Schnupftuche bewaffnet iſt, um recht bald zuzuſchlagen; allein Jacob iſt indeſs ſchon wieder weit weg, hinter dem Rücken des Herrn und ſchneidet Grimaſſen, die Furcht und Angſt bedeuten, ob er gleich auſser aller Gefahr iſt und jener vergebens in die Luft ſchlägt. Aber Jacob wird von Furcht fortgetrieben. Er ent - flieht von da, um Sicherheit zu ſuchen. Er ſchleicht wohlbedächtig auf den äuſerſten Fuſs - ſpitzen wieder vorwärts, horcht, macht wieder ein Paar Schritte und prellt, wie vom Donner gerührt, zurück, indem ihm zwey, drey Hiebe ankündigen, daſs er unvermuthet auf ſeinen Herrn geſtoſsen ſey. Die ganze Geſellſchaft bricht in ein lautes Gelächter aus. Es iſt auch in der That unmöglich bey dieſem Spiele ernſt - haft zu bleiben, wenn beyde ihre Rollen gut und lebhaft genug ſpielen, unmöglich, das Lachen zuP 2228laſſen, bey den ſonderbaren Geſtalten, die mit dem behutſamen Gehn auf den Fuſsſpitzen, dem Horchen, vor - und rückwärts Springen, Zuſchla - gen, Zurückprellen, Entlaufen u. ſ. w. verbun - den ſind.

Die Umſtehenden haben bey dieſem Spiele nichts zu thun als zu zu ſehen, zu lachen und den Jacob nebſt ſeinem Herrn vor Schaden zu hüten. Sie müſſen ſich nämlich an den Wänden des ſo viel als möglich von allen Hinderniſſen entledig - ten Zimmers herumſtellen, und die beyden Blin - den warnen. Der Aufſeher der jungen Geſell - ſchaft muſs von Zeit zu Zeit, wenn die Ausbrü - che des lauten Lachens vorüber ſind, Stille ge - bieten, denn dieſe iſt durchaus nöthig, damit die beyden Blinden ſich durchs Gehör ausſpüren können.

Von Zeit zu Zeit werden Jacob und ſein Herr abgelöſt, und durch andere von der Geſell - ſchaft erſetzt.

Das Spiel empfiehlt ſich durch Einfachheit, Fröhlichkeit und durch Uebung des Beobach - tungsgeiſtes.

229

36. Markus und Lukas.

Auf einen freyen Platz, auch in die Mitte des Zimmers, wird ein einbeiniger Tiſch geſetzt. Zwey geblendete Perſonen, Marcus und Lucas, legen ihre linken Hände an den Rand des Ti - ſches, doch in ſolcher Entfernung, daſs nur die Fingerſpitzen den Rand berühren. Die Rechte hat jeder mit einem zuſammen gedreheten Tu - che bewaffnet. So gehen ſie um den Tiſch herum und Lukas ruft, wenn es ihm Zeit zu ſeyn ſcheint, Markus! dieſer nutzt dieſe Aufforderung und ſchlägt mit ſeinem Tuche nach Lukas, wel - cher ſich aber durch Biegungen und Wendun - gen gegen den Schlag zu verwahren ſucht, auch wohl gar unter das Tiſchblatt kriecht, wobey er aber ſeine Hand nicht vom Rande entfernen darf. Hat Markus den Schlag gethan, ſo muſs er um den Tiſch gehen und Lukas! rufen. So kommt die Reihe des Schlagens nun an Lukas u. ſ. w. Das Spiel hat mit dem vorigen viel Aehnlichkeit. Es beluſtigt durch die mancherley Biegungen, Wendungen und Luftſtreiche die Spieler und Zuſchauer, zumal wenn jene nicht geübt ſind, den Ort, aus welchem der Schall kommt, gehö - rig zu beurtheilen, oder wenn ſie ihre Sprach -P 3230organe ſo in ihrer Gewalt haben, daſs der Schall aus einer andern Gegend zu kommen ſcheint.

37. Das böſe Ding. oder der Plumpſack geht herum.

Die zahlreiche Geſellſchaft ſtellt ſich auf einem ebenen Platze in einen Kreis, Mann an Mann, die Geſichter in den Kreis gewendet, und mit den Händen auf dem Rücken. Aber Einer, Na - mens A, geht oder läuft mit dem zuſammenge - dreheten Taſchentuche bewaffnet, um den Kreis herum und ruft: der Plumpſack geht herum, ſeht euch nicht um! oder ſingt (allenfalls der Melodie: War einſt ein Rieſe Goliath.

Es geht ein böſes Ding herum,
Das wird euch tüchtig zwacken;
Sieht einer nur nach ihm ſich um,
So fährts ihm auf den Nacken;
Alle noch - mals
Und kehrt es gar bey einem ein,
So mögt ich nicht ein Nachbar ſeyn!

Er kann 1, 2, 3 Mal herum gehen, das iſt will - kührlich. Wer ſich umſieht, bekömmt von ihm einen Schlag mit dem Tuche. Unter dem Ge -231 ſange giebt er unvermerkt irgend einem Gliede des Kreiſes, Namens B, den Plumpſack in die Hand, und läuft noch einmal um den Kreis her - um, bis er wieder an B kommt, um ſich an deſſen Platz zu ſtellen. In dieſem Augenblicke fängt B an ſeinen rechten Nachbar C mit dem Tuche zu verfolgen, und unter Schlägen um den Kreis herum zu jagen, bis C wieder an ſeinen Platz gelangt; und das zur Strafe, weil er das Abgeben des Plumpſackes nicht bemerkt hat. Nun fängt B den Geſang und den Umlauf um den Kreis wieder vom neuen an, kurz, macht es wie oben A. Jeder muſs bey dieſem luſtigen Spiele, das beſtändig Lachen erregt, auf ſeiner Hut ſeyn, genau die Bewegungen und Mienen des Herumgehenden und aller Uebrigen beob - achten, um daraus zu ſchlieſsen, wo das Tuch abgegeben ſey. Merkt er, daſs es ſein Nach - bar linker Hand habe, ſo muſs er ſchnell aus ſei - ner Stelle um den Kreis herum, bis wieder da - hin laufen, um den Schlägen deſſelben zu ent - gehen. Oft verſieht man dieſs, und erhält dann die Bezahlung; oft bemerkt man falſch, läuft oh - ne Urſach und erregt Gelächter in der Geſell - ſchaft.

Die urſprüngliche Einrichtung dieſes ſehr al - ten Spieles iſt etwas abgehend, ich muſs ſie als Abänderung angeben.

P 4232

Die Perſonen des Kreiſes ſitzen alle am Boden. A läſst den[Plumpſack], indem er ſin - gend um den Kreis herumgehet, ſo heimlich als möglich, hinter dem Rücken eines andern, Namens B fallen, und läuft nochmals um den Kreis, bis an B. Hat dieſer den Plumpſack nicht hinter ſich bemerkt, und ihn folglich liegen laſ - ſen: ſo nimmt ihn A wieder auf, und jagt den aufſpringenden B damit um den Kreis herum, bis wieder an ſeinen Platz, und dann fährt A wei - ter fort, wie vorhin. Merkt es aber B, wenn das Tuch fällt, ſo ſpringt er ſchleunig auf, und jagt den A um den Kreis.

Ganz auf dieſe Art war das Spiel bey den Griechen, unter dem Namen Σχοινοφιλινδα, üblich. Eine kurze Beſchreibung findet man davon bey Pollux Lib. 9. Cap. 7; man ſehe den Meurſius in Gronov. Theſaur. Tom VII. p. 990. Sie ſtimmt mit der oben gegebenen völlig überein.

38. Das Mattmachen.

Auf einem ebenen und freyen Raſenplatze wird vermittelſt kleiner Büſchchen eine Linie abge - ſteckt, die wohl 50 Schritt lang iſt, welche der233 Wall heiſt. Die Geſellſchaft; die ſo zahlreich ſeyn kann, als ſie will, theilt ſich in zwey Theile und bildet ſo zwey Partheyen. Beyde ſtellen ſich 10 bis 20 Schritte von einander, ſo daſs ſie den Wall als Gränzſcheidung zwiſchen ſich ha - ben. Jetzt kommt es für jede Perſon der bey - den Partheyen darauf an, bald hier bald dort ins feindliche Gebiet hinüber zu laufen, unter dem Ausrufe matt! irgend einen mit der Hand auf die Schulter zu klopfen, ohne ſich erwiſchen zu laſ - ſen. Kann man dieſs, ſo iſt die Perſon die ſo berührt wurde matt, d. i. ſie muſs vom Spiele ab - treten; wird man aber von der gegenſeitigen Parthey erwiſcht und feſtgehalten: ſo iſt man ſelbſt matt gemacht und muſs gleichfalls abtre - ten. Auf dieſe Art geht das Spiel fort, bis alle Perſonen der einen Parthey matt gemacht ſind, dann hat die andre gewonnen und man fängt von neuem an. Iſt die Geſellſchaft zahlreich, ſo iſt es nöthig, daſs ſich die eine Parthey durch ein Zeichen, z. E. durch ein Tuch am Arme von der andern unterſcheide, damit ſich die einzel - nen Perſonen nicht verwechſeln.

Dieſes Spiel, welches ich aus der Beſchrei - bung des Hyde*)de ludis orientalium Oxonii 1694. lib, II. p. 240. genommen habe, iſt aus Me -P 5234ſopotamien, und heiſst dort Gjitucum Chudûni, von der dabey gebräuchlichen Formel Gjitucum Chuduni akli galab gjunûni, d. i. ich komme zu euch, fangt mich, aber meine Vorſicht übertrifft meine Unbeſonnenheit.

Da es viel Bewegung giebt, viel Schnelligkeit, Gelenkigkeit und Vorſicht fordert, ſo iſt es nicht zu verachten.

In Frankreich wird das Jeu de Barres daſſel - be ſeyn. Hyde führt das engliſche Priſonners - baſe als daſſelbe an; allein zu ſpielen, war dieſer Mann glaube ich zu gelehrt, ſonſt würde er nicht ſo verworrene Beſchreibungen geliefert haben, als manche bey ihm ſind, das engliſche Priſon - ners-baſe iſt ſehr abgehend, wie man aus folgen - der Beſchreibung ſehen wird.

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39. Foppen und Fangen. Priſonners-baſe.

Auf einem ebenen Platze werden vier Linien mit einem Stabe in den Boden geriſſen, nach die - ſer Figur:

[figure]

Nämlich a b und c d etwa 20 Schritte lang und 40 bis 50 Schritt von einander; ferner e f und g h, nur einen Schritt von den vorigen entfernt und etwa 8 Schritte lang, endlich ſind hin - ter den beyden groſsen Linien ein Paar Plätze i und k auf eben die Art an dem Boden be - zeichnet.

[figure]

Dieſe ſtellen Gefängniſſe vor, auch kann man zur[Bezeichnung] derſelben in i und k bloſs einen Stab einſtecken, hinter welchem die Gefangenen ſo236 lange bleiben müſſen, bis die Parthie geendigt iſt. Jezt komme ich zum Spiele ſelbſt.

Die Geſellſchaft kann aus 10, 20, 30 und mehr Perſonen beſtehen. Man wählt 2 Anfüh - rer, und theilt die Uebrigen in Paare, und zwar ſo, daſs ſich die beyden Perſonen eines Paares in Rückſicht auf Schnelligkeit im Laufen ſo viel als möglich gleich ſind. Dann haben die An - führer abwechſelnd das Recht, ſich von den Paa - ren einen auszuwählen, mithin entſtehen ſo 2 Partheyen. Die eine ſtellt ſich dicht hinter die Linie c d, die andere hinter a b in die Stellen 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. Wenn alle ſo ſtehn, ſo beginnt das Spiel. Eine von den Partheyen, es iſt gleichviel welche, ſchickt einen Mann ab, zum Exemp. ſey es 6, von der Parthey a b, um die andern zu foppen. 6 kommt herüber gelau - fen, bis auf einen Schritt vor die Linie g h. Kaum ſieht dieſs der Anführer in c d, ſo kom - mandirt er gleich irgend einen von ſeinem Hau - fen, zum Exemp. 5, wenn er nicht ſelbſt will, um dieſem Ankommenden aufzulauern. Der An - führer muſs Einen dazu wählen, der Jenem in Abſicht auf Schnelligkeit gleich iſt, oder ihn übertrifft. In der Folge, wenn ſeine beſten Läu - fer ſchon gefangen genommen ſind, kann er dieſs freylich nicht immer. Die Perſon 5 ſtellt ſich nun ſogleich, ehe noch 6 ganz heran iſt, auf237 die Linie c d mit dem einen und auf g h mit dem andern Fuſse, und paſst ſehr ſcharf auf, wenn 6 mit der Fuſſpitze g h berührt. 6 ſteht und foppt ihn ſo lange er Luſt hat, indem er immer thut, als wolle er mit dem Fuſse die Linie g h berüh - ren, unaufhörlich ihn vor, zurück, ſeitwärts ſezt, damit zappelt u. ſ. w. Bis er den günſtigſten Au - genblick abwartet, wo 5 nicht recht aufzumer - ken ſcheint. Jezt berührt er die Linie und läuft augenblicklich nach ſeiner Freyſtatt a b zurück; 5 ſezt mit aller Anſtrengung hinter ihn her, und kann er ihn nur ſo viel einholen, daſs er ihn im mindeſten berührt, ſo iſt er gefangen, und muſs ſich in das Gefängniſs k begeben; die Perſon 5 aber läuft gegen die andre Parthey, um hier wie - der zu foppen. Er ſtellt ſich eben ſo, wie vor - hin 6, vor die Linie e f, thut daſſelbe, berührt ſie endlich und läuft, um ſeinem Verfolger zu entfliehen, nach c d zurück, oder wird gefan - gen und muſs dann nach i ins Gefängniſs. Sein Verfolger tritt nun wieder vor g h hin und foppt u. ſ. w. So wird wechſelsweiſe von beyden Par - theyen einer zum Foppen und Verfolgen abge - ſchickt, bis die Perſonen der einen Parthey alle gefangen ſind. Dann hat die andre gewonnen, und man fängt nach Belieben vom neuen an. Jeder Anführer kann ſelbſt, ſo oft er will, zum Verfolgen des Foppenden ausgehen, und es kann238 überhaupt Jeder mehrmals dazu gebraucht wer - den, indem er ſich entweder dazu anbietet, oder von dem Anführer dazu aufgefordert wird; nur muſs dieſer dahin ſehen, daſs er dem Fop - penden im[Laufen] gewachſen ſey.

Der Foppende kann auch Liſt gebrauchen; er thut oft, als habe er die Linie berührt und läuft etwas fort. Läſst ſich ſein Verfolger da - durch hintergehen und verfolgt ihn: ſo kommt jener wieder zurück, berührt die Linie, und läuft dann deſto ſicherer wieder nach Hauſe; denn nach der Regel des Spiels muſs ſein Ver - folger in dieſem Falle erſt wieder die groſse, hin - terſte Linie berührt haben, ehe er ihn fangen kann, da nun hierzu etwas mehr Zeit gehört, als zur[Berührung] der kleinen Linie: ſo entflieht der Foppende weit leichter.

So wird dieſs Spiel unter dem Nahmen Pri - ſonners-baſe ganz genau in England geſpielt. Es iſt auch in der Schweiz üblich. Da es den Körper ziemlich ſtark bewegt, Gelenkigkeit, Schnelligkeit und Achtſamkeit erfordert, auch mit Vergnügen verbunden iſt: ſo verdient es al - lerdings empfohlen zu werden. Man ſpielt in England noch ein ähnliches Spiel, unter dem Nahmen Soldiers-baſe, da es aber äuſserſt leicht Zänkereyen verurſacht: ſo verdient es nicht be - ſchrieben zu werden.

239

40. Die Jagd.

Der Knabe ahmt gern die Beſchäfftigung des Mannes nach; denn er mögte gern recht bald ein Mann ſeyn. Daher haben die Beluſtigungen des Mannes für ihn den gröſsten Reiz: und wahrlich der Knabe, welcher nicht ſchon im Kin - derröckchen auf jedes Pferd zu klettern wünſcht, verräth nicht die gröſste Anlage zum Manne in beſter Form. Möchten wir doch recht viel ſol - cher Spiele haben; welche das Vorſpiel von der künftigen Beſchäfftigung des Mannes, ich mei - ne die das im Spaſse wären, was einſt der Mann im Ernſte ſeyn muſs. Hiermit habe ich das folgende einfache aber luſtige Spiel, eine Nach - ahmung der Jagd, genug empfohlen.

Am ſchönſten läſst es ſich in einer Gegend ſpielen, die mit Bäumen, Gebüſchen, Holwe - gen, Hügeln und dergleichen abwechſelt, weil hier das Verbergen leicht iſt. Man beſtimmt hier die Gränzen des Jagdreviers, wie es die Ge - legenheit an die Hand giebt, hier durch einen Bach oder Weg, dort durch eine Hecke, einen Berg u. dergl. Man kann es, wenn Platz ge - nug da iſt, eine gute Viertelſtunde lang und ei - nige 100 Schritt breit machen. Alles dieſs müſ - ſen die örtlichen Umſtände an die Hand geben;240 Gränzen müſſen aber, wenn man im Freyen ſpielt, gemacht werden, weil ſich ſonſt die Ge - ſellſchaft ganz auseinander verlieren würde.

Sie kann ſehr zahlreich und muſs wenigſtens 10 bis 12 Perſonen ſtark ſeyn, ſonſt hat das Spiel zu wenig Leben; am angenehmſten ſpielt es ſich mit 20 und mehr jungen Leuten. Der beſte Läufer wird zum Oberjäger gewählt; am ſchick - lichſten iſt es, wenn der Aufſeher der Jugend dieſe Rolle übernimmt. Alle Uebrigen machen das Wild aus. So ſtellt man ſich in den Anfang des Reviers. Hier giebt der Oberjäger ein Zei - chen, und in dem Augenblicke flüchtet alles Wild vorwärts. Er ſezt hinter her, und ſucht ſo viel zu erwiſchen, als er in dem erſten Au - genblick, da das Wild noch nicht ſo ſehr zer - ſtreut und entfernt iſt, nur immer kann. Jedes Wild, was er einholt und berührt, wird dadurch ſogleich zum Jäger, und ſteht dem Oberjäger bey.

Auf dieſe Art erhält er bald 2, 3, 4 Gehül - fen, die mit ihm zugleich Jagd machen; und weil überhaupt alles Wild, was man erjaget auch - ger wird, ſo vermehrt ſich die Zahl der Jäger immerfort. Weil aber das übrige Wild nicht wiſſen könnte, wer auf dieſe Art nach und nach zum Jäger geworden wäre, ſo muſs jeder derſel - ben ſein Taſchentuch um den Arm binden, um241 dadurch kenntlich zu werden. Das Wild thut alles mögliche, um nicht erjagt zu werden: es läuft ſo ſchnell als möglich vorwärts, verbirgt ſich dann in Holwegen, drückt ſich hinter Gebüſche, liegt unbeweglich und ohne hörbar zu athmen, im Geſträuch, kriecht auf allen Vieren über ge - fährliche Plätze, wo es entdeckt werden könn - te, um zu entwiſchen, oder die Gegenwart des Jägers auszukundſchaften; ſpührt mit dem Ohr am Boden den Fuſstritt des Jägers aus, winkt ſeinem Gefährten, um ihn zu benachrichtigen, es durchläuft mit möglichſter Anſtrengung gan - ze Strecken, überſpringt Geſträuche, Holwege und Gräben, u. ſ. w. Jeder Jäger im Gegen - theile gebraucht alle Liſt, um das Wild zu erja - gen. Alle ſtehn unter dem Befehl des Oberjä - gers. Er verſammelt ſie von Zeit zu Zeit im - thigen Falle durch ein Zeichen, giebt ihnen die nöthigen Befehle, welchen Weg ſie einzeln neh - men ſollen, um das Wild zu erforſchen und ein - zuſchlieſsen. Jeder iſt dabey auf ſeiner Hut, un - vermerkt heran zu ſchleichen, um ſich dem Wil - de zu nähern; jeder durchſucht die Geſträuche, Holwege, Gebüſche und Bäume; jeder horcht, ob ſich nichts regt, ſezt nach, wenn etwas auf - ſpringt, und verfolgt es muthig über Stock und Stein.

Q142[242]

So wird vom Anfange des Reviers bis an das Ende fortgejagt, hier geſchieht gewöhnlich der ſtärkſte Fang, wenn anders an dieſer Stelle die Umſtände zum Verſtecken bequem ſind. Man wendet um, und durchſtreicht das Revier, wenn noch nicht alles Wild gefangen iſt, wieder rück - wärts, bis zum Anfange. Hier ſchlieſst ſich dann die dieſsmalige Jagd.

Jedes Wild, das ſich durch Liſt, Klugheit und Schnelligkeit den Jägern zu entziehen wuſs - te und bey der Rückkunft derſelben am Anfan - ge des Reviers ſteht, iſt frey und hat die Ehre des Siegs über den Jäger. Aber jedes Wild, das die Gränzen des Reviers überſchreitet, iſt ſeiner Freyheit verluſtig, und muſs Jäger werden.

Es giebt nicht leicht ein Spiel, das bey einer ſolchen Einfachheit ſo unterhaltend, ſo un - ſchuldig und für den Körper und Geiſt der Ju - gend ſo nützlich wäre. Es gewährt ſtarke Be - wegung, übt den Körper im Laufen und Sprin - gen, hält die Sinne in ſteter Wachſamkeit, und belebt den Muth junger Leute. Man muſs nur bedenken, daſs es für dieſe nicht Spiel, ſondern Ernſt iſt, daſs ihr Herz oft vor Erwartung und Angſt pocht, wenn ſich ein Jäger nähert, daſs dann immer ein Entſchluſs nöthig iſt, der in ih - rer Lage Muth erfordert.

243

Nachtſpiele.

Die Nacht iſt für die meiſten Menſchen fürchter - lich. Vernunft, Aufklärung, Geiſt und Muth ſchützen nur wenige gegen dieſe natürliche Furcht. Raiſonneurs und ſtarke Geiſter, Phi - loſophen und Krieger ſind am Tage unerſchüt - terlich, und Zittern oft des Nachts, wenn ſich ein Blättchen reget. Die Urſach liegt nicht in Ammenmährchen, ſondern ſie iſt dieſelbe, ver - möge welcher der Taube miſstrauiſch und das Volk abergläubiſch iſt; ſie liegt in der Unkunde der Dinge und Ereigniſſe um uns her. Heilung iſt nur durch Gewöhnung möglich, denn dieſer unterliegt die Imagination. Es iſt folglich ver - gebens, dem Furchtſamen vor zuraiſonniren, wie eitel ſeine Furcht ſey; wirkſamer, als alle philo - ſophiſchen Gründe iſt es, ihn oft in die Finſter - niſs zu führen. Der Dachdecker wird nicht mehr ſchwindlicht, und wer ſich an Finſterniſs gewöhnt hat, empfindet dabey keine Furcht mehr. Um die Jugend dahin zu bringen, ſind Spiele ſehr bequem, aber ſie müſſen mit Lachen und Scherz verbun - den und geſellſchaftlich ſeyn. Dadurch werden die Füſse eines ſo erzogenen Menſchen ſicher, die Hände, um mich ſo auszudrücken, verſtändi - ger. Seine Imagination mit angenehmen BildernQ 2244der jugendlichen Nachtſpiele angefüllt, wird nicht leicht auf ſchreckliche Gegenſtände verfallen.

In dem bisherigen liegt die Quinteſſenz deſ - ſen, was Rouſſeau im Emile ſo ſchön über die - ſen Gegenſtand ſagt. Was er indeſs von den Ammenmährchen behauptet, widerlegt ſich da - durch, daſs ſehr viele Menſchen ſich auch am hellen Tage vor Geſpenſtern fürchten, auch dann, wann ſie alles um ſich her auch noch ſo gut erkennen können.

Rouſſeau ſchlägt darauf ſelbſt nächtliche Spie - le oder vielmehr pädagogiſche Uebungen vor. Er will, daſs man Abends eine Geſellſchaft von Kindern zuſammenbringe, und ſie an finſtern Or - ten allerley verrichten laſſe.

Keines müſste ganz allein gehen, ſondern ge - ſellſchaftlich bis man ſicher wäre, daſs es nicht zu ſehr erſchrecken würde.

Ich finde nichts ſo luſtig und nützlich, als dergleichen Spiele, wenn man ſie nur gehörig einzurichten weiſs. In einem groſsen Saale wür - de ich von Tiſchen, Stühlen, Schirmen etc. ei - ne Art von Irrgang machen. In die verworr - nen Krümmungen dieſes Labyrinths ſtellte ich, mitten unter acht bis zehn Vexirbüchſen, eine ziemlich ähnliche mit Zuckerwerk gefüllte. Ich beſtimmte kurz, deutlich und genau die Stelle derſelben; ich gäbe eine ſolche Anweiſung, die245 für Leute, welche weniger unaufmerkſam und flatterhaft als Kinder wären, hinreichen würde, um ſie zu finden. Jetzt zöge ich das Loos für die kleinen Wettſtreitenden, und ſchickte ſie einen nach dem andern fort, bis die gute Büchſe ge - funden wäre. Die Schwierigkeit des Findens würde ich nach dem Grade ihrer Geſchicklich - keit abmeſſen. Man denke ſich einen kleinen Herkules, wie er, ſtolz auf ſeine That, mit der Büchſe zurückkommt. Man ſtellt ſie auf den Tiſch und öffnet ſie mit vieler Ceremonie. Ich höre das Gelächter, das Jauchzen des luſtigen Haufens, wenn man, ſtatt der erwarteten - ſcherey einen Maykäfer, eine Schnecke, Kohle, oder Eichel in Baumwolle oder Moos recht ar - tig eingewickelt findet. Ein andermal würde ich in einem neugeweiſsten Zimmer nah an der Wand ein Spielzeug, ein kleines Hausrath auf - hängen, das muſste dann geholt werden, ohne die Wand zu berühren. Kaum käme der Sucher wieder zurück, ſo würde, wenn er die Bedin - gung nur in etwas verfehlt hätte, der weiſse Fleck an der Spitze ſeines Hutes, ſeiner Schuh, u. ſ. w. ſeine Ungeſchicklichkeit verrathen.

Dergleichen Uebungen wird jeder geſchickte Erzieher ſelbſt zu erweitern, mannichfaltiger zu machen und abzuändern verſtehn. Rouſſeau will dadurch auch bloſs den Geiſt derſelben zuQ 3246verſtehen geben. Ich mögte noch den Rath da - bey ertheilen, dergleichen Uebungen nicht im - mer im Hauſe, ſondern auch ganz beſonders drauſsen vorzunehmen. Wir verbinden zwey, drey und mehreren Knaben von der Geſellſchaft die Augen. Die Sehenden führen ſie unter Be - gleitung ihres Aufſehers hinaus ins freye Feld, auf eine viertel und halbe Stunde weit vom Wohnorte weg. Hier öffnet man ihnen die Au - gen und verlangt, daſs ſie ſich nach Hauſe finden ſollen. Der Abend iſt ſo dunkel, daſs die Au - gen wenig oder gar keine Dienſte leiſten; das Feld unbekannt, denn man iſt, gleichſam wie vom Himmel gefallen, dahin gekommen; keine Weltgegend iſt bekannt. Weit ſchlimmer iſt dieſs alles, wenn man zur Uebung ein anderes Mal einen Wald wählt. Ich ſetze indeſs voraus, daſs die Zöglinge ihre vaterländiſche Gegend wenigſtens im Ganzen etwas kennen; ſo geht dann die Unterſuchung durch Gefühl und Ge - hör vor ſich. Man unterſucht die Natur des Bo - dens, man benezt mit dem Munde einen Finger, ſtreckt ihn über den Kopf hinaus, um den Zug der Luft daran zu bemerken, man beobachtet die Wolken, den Stand der Sterne, die lezten Ueberreſte der Abendröthe, das Moos an den Bäumen, man fühlt mit den Füſsen nach einem Wege, man horcht auf entferntes Getöſe u. ſ. w. 247Auf alle dergleichen Merkmale gründet man Schlüſſe. Die vorher Geblendeten berathſchla - gen ſich über die zu nehmende Richtung, ſind alle einſtimmig, ſo folgt ihnen der Aufſeher mit allen Uebrigen ungetrennt. Iſt ihre Meinung aber verſchieden, ſo giebt er jedem einen Be - gleiter, der der Gegend kundig iſt, um das gänz - liche Verirren im Nothfalle zu verhüten. Oder: Ein anderes Mal ſezt man Rouſſeaus Büch - ſen hinaus in den Garten, oder wenn das freye Feld ſehr benachbart iſt, hinaus auf die Flur, und verfährt übrigens ſo wie Rouſſeau es vorſchlägt. Ich komme endlich zur Beſchreibung eines förm - lichen Nachtſpiels.

41. Die Wächter und die Diebe. *)Die Idee dieſes Spiels iſt genommen aus Thomas Hyde de Ludis Orientalium. Oxonii 1694. 12mo. Im 2ten Buche Seite 262 findet man die Beſchreibung eines Meſopotamiſchen Spiels, das den Namen Haſſas wa Harami führt. Sie iſt aber, wie mehrere Be - ſchreibungen dieſes Verfaſſers, ſo unzulänglich und verworren, daſs ich erſt ein Spiel daraus machen muſste.

Eine Geſellſchaft von 16, 20, 30 Perſonen, je zahlreicher je beſſer, verſammelt ſich am be -Q 4248quemſten auf einer groſsen, mit einzelnen Ge - büſchen verſehenen, oder theils umgebenen Wie - ſe, oder einem ähnlichen Gartenplatze. Einer wird zum Kadi ernannt, und dieſer theilt die Ge - ſellſchaft in Paare ab, um aus dieſen nach Anhang I Nro. 1 zwey Partheyen zu bilden, indem er von jedem zu ihm kommenden Paare die eine Per - ſon zum Wächter, die andere zum Diebe ernennt. So entſteht die Vertheilung der Geſellſchaft durchs Loos in Wächter und Diebe. Beyderley ſondern ſich in 2 Haufen ab, und der Kadi nennt die Namen beyder Partheyen öffentlich, damit ſie ſich gegenſeitig nach ihren Rollen kennen ler - nen. Jezt giebt er jeder Parthey eine Parole z. B. den Wächtern das Wort Bordeaux, den Dieben Rouen, und befiehlt jenen, ſich zu be - zeichnen und dieſen ſich zu bewaffnen; worauf die Wächter ein weiſses Tuch oder ein Stück Pa - pier um den Arm befeſtigen und die Diebe ſich mit zuſammengedreheten Schnupftüchern ver - ſehen. Hierauf müſſen ſich die Diebe entfernen, um ſich zu verſtecken und in Hinterhalt zu le - gen, wo ſie nur können. Der Kadi giebt ihnen dazu etwa 2 Minuten und weniger, binnen wel - cher Zeit er laut bis 20 zählt. Iſt die Zahl 20 ausgeſprochen, ſo gehet der Kadi mit den Wäch - tern aus, um die Diebe zu ſangen. Man ſpürt aus, wo ſich Diebe befinden, der Kadi detaſchirt249 bald hier bald dorthin einen Trupp oder einen Einzelnen ſeiner Wächter, um den Ort zu um - ſtellen, den Paſs zu verhauen, zu recognoſciren, zu rapportiren u. ſ. w. Alles muſs, wie bey mi - litäriſchen Expeditionen ſtrengen Gehorſam lei - ſten, und der Kadi ernennt bald zu dieſem, bald zu jenem Zwecke dieſer Art die Unteranführer willkührlich. Kann irgend ein Wächter unter Gebung der Parole einen Dieb beym Arme faſ - ſen oder nur deutlich berühren, ſo iſt der Dieb ſein, und die Regeln des Spiels verbieten alle Widerſezlichkeit. Der Wächter ruft den Ka - di und ſeine Gehülfen, alle verſammeln ſich, der Kadi hält Gericht, und läſst den Dieb zwey, dreymal durch die locker gedrehten Schnupftü - cher der Wächter Gaſſenlaufen. Hat er dieſe Strafe überſtanden, ſo wird er nun durch Um - bindung des Zeichens unter die Zahl der Wäch - ter aufgenommen.

Indeſs aber auf dieſe Art die Jagd auf die Die - be ununterbrochen fortdauert, ſind dieſe nicht müſsig, ſondern unabläſſig bemühet, die Wäch - ter zu Dieben zu machen.

Jeder Dieb hat nämlich das Recht, jeden Wächter mit aller möglichen Liſt heimlich zu verfolgen, ſich an ihn heran zu ſchleichen, oder ſchnell zu überfallen und ihm mit dem Schnupf - tuche unter Nennung ſeiner Parole (Rouen) ei -O 5250nen Hieb zu verſetzen. Kann er dieſs, ehe der Wächter ſeine Parole (Bordeaux) ausſpricht: ſo iſt der Wächter dadurch auf der Stelle zum Die - be gemacht und muſs ſich ſchleunig fortmachen, damit ihn die Wächter nicht erhaſchen.

Es arbeiten hier alſo zwey Partheyen unauf - hörlich gegen einander. Gelingt es den Wäch - tern, alle Diebe nach und nach zu fangen: ſo hat ihre Parthey gewonnen; können die Diebe aber nach und nach die Wächter zu Dieben ma - chen, ſo findet das Gegentheil Statt. Glückt es den Dieben an den Kadi zu kommen und ihn auf die obige Art zum Diebe zu machen: ſo er - heben ſie ein allgemeines Hurrahgeſchrey, die Parthie iſt geendigt und ſie haben den Sieg.

Dieſer leztere Fall iſt ſehr gewöhnlich, daher muſs der Kadi auſſerordentlich auf ſeiner Hut ſeyn, um nicht durch ſchnelle Ueberfälle über - liſtet zu werden.

Oft bemerkt er z. E. zur Rechten die Bewe - gung einiger Diebe, ſeine Gehülfen machen Jagd und fangen einen; dieſer Angriff war mit Fleiſs von den Dieben veranlaſst, um die[Aufmerk - samkeit] des Kadi dahin zu ziehen; denn in demſel - ben Augenblicke ſtürzen von der linken Seite her unerwartet ein Paar der entſchloſſenſten Diebe unter den Haufen der Wächter, und ehe er ſich noch beſinnen kann, iſt der Schlag geſchehen251 und er iſt gefangen. Er muſs daher immer ſehr aufmerkſam ſeyn und immer ein Paar Mann von ſeinen Wächtern als Leibwache haben.

So viel von dem Gange des Spiels im Allge - meinen. Mich hier in eine weitere Entwicke - lung einzulaſſen, würde nicht ganz ſchicklich ſeyn. Streitige Fälle kommen nicht häufig vor. Einige Geſetze will ich hier noch angeben.

Die Gränzen des Spielraums dürfen von Nie - mand überſchritten werden.

Kein Dieb darf das Zeichen der Wächter an den Arm machen, oder ſein zuſammengedrehe - tes Tuch zur Nachahmung deſſelben auch nur über den Arm hängen.

Kein Wächter darf ſeine Parole ausſprechen, als bis er wirklich einen Dieb ſieht, der ihn an - fallen, oder den er ergreifen will.

Die Diebe können ſich zwar vereinigen, um von allen Seiten her einen Trupp Wächter zu überfallen; merken es aber die Wächter früh ge - nug und rufen ihre Parole, ſo haben jene weiter kein Recht einzudringen, ſondern ſind in Gefahr gefangen und ſchärfer als gewöhnlich beſtraft zu werden. Auf dieſs Geſetz muſs vorzüglich ge - halten werden, wenn nicht ſogleich das ganze Spiel ausarten ſoll.

Dieſs Spiel hat für die Jugend ganz ungewöhn - lich viel Intereſſe, wenn es von beyden Seiten252 mit Lebhaftigkeit, Vorſicht, Muth und der dazu nöthigen Verſchlagenheit geſpielt wird. Man iſt dabey in einer ſteten Erwartung deſſen, was ſo eben vorgehen wird, von Minute zu Minute wird ſie befriedigt, und wieder von neuem ge - ſpannt. Jeder Schritt erfordert Vorſicht, Aug und Ohr ſind unaufhörlich beſchäftigt, jede klei - ne Bewegung und jedes Geräuſch zu bemerken. Es erfordert Muth und ununterbrochene Gegen - wart des Geiſtes, denn die Angriffe ſind mit Liſt, Schnelligkeit und Ueberraſchung verbunden. Hier kann der Jugendaufſeher, wenn er die Rolle des Kadi übernimmt, manchen ſeiner Zöglinge näher kennen lernen, indem er ſei - nen Muth, ſeine Entſchloſſenheit und Gegen - wart des Geiſtes auf die Probe ſtellt und bald die - ſem bald jenem eine Expedition aufträgt, wobey ſeine Furchtſamkeit ins Gedränge kommt u. ſ. w. Es gewährt zugleich viel körperliche Bewegung und verlangt Schnelligkeit. Sehr bequem iſt dieſs Spiel für die etwas rauhen und ſehr dunkeln Abende des Herbſtes. Kleineren Knaben, die mit dieſem nicht gut fertig werden können, em - pfehle ich das folgende, das von einer Geſell - ſchaft Knaben erfunden wurde, ganz einfach aber doch nicht ohne Intereſſe iſt.

253

42. Miau!

Die Kleinen ſind wieder auf einer Wieſe oder in einem Garten. Der Abend muſs ſehr dunkel ſeyn. Der flinkſte Knabe wird zum Miau gewählt. Dieſer läuft von der Geſellſchaft fort, um ſich zu verſtecken, und man giebt ihm dazu etwa 4 Mi - nuten Zeit, binnen welcher man 20 zählt. Hie - rauf geht die Geſellſchaft fort, um ihn zu erha - ſchen. Man kommt in die Gegend, wo man ihn vermuthet und findet ihn nicht. Man umſtellt indeſs den Platz, und der kleine Anführer der Geſellſchaft fordert den Miau auf, mit den Wor - ten: Miau laſs dich hören! Alle andere wiederho - len dieſen Ruf und erwarten dann mit groſser Begierde die Antwort. Man iſt ſchon auf dem Punkte zuzufahren, um ihn zu ertappen, weil man ihn ganz nahe glaubt; aber ehe man ſichs verſieht, erſchallt die Antwort: Miau! weit ent - fernt, auf einer ganz andern Seite. Schnell bil - det die Geſellſchaft eine weit ausgedehnte Li - nie und läuft vorwärts nach der Gegend, wo der Laut Miau! herſchallte. Hier will man ihn denn recht ſicher einſchlieſsen; aber ehe man ſichs verſieht, iſt Miau wieder durch die Glieder der Linie entwiſcht und täuſcht die an - dern zum zweyten Maale. Iſt Miau aber end - lich glücklich eingeſchloſſen und man fordet ihn254 auf ſich hören zu laſſen, ſo braucht er zwar nicht zu antworten, wenn man ihm zu nahe iſt; aber eben dadurch verräth er ſeine zu groſse Nach - barſchaft und man ſucht dann deſto eifriger. So dauert das Spiel fort, bis Miau unter allgemei - nen Gelächter gefangen wird. Ueber die Grän - ze des Spielraums darf er nie hinauslaufen. Die - ſes ſehr unſchuldige Spiel iſt mit vielem Geläch - ter verbunden, gewährt viel Bewegung, und iſt ſehr bequem die Kleinen an die Dunkelheit zu gewöhnen.

43. Die Jagd im Dunkeln.

Das ſchon oben Nr. 40. angegebene Spiel der Jagd ſehe ich unter der hieſigen Jugend bey dun - keln Abenden mit ungemein vielem Vergnügen ſpielen. Man treibt es ganz auf dieſelbe Art, nur wählt man zum Jagdrevier eine ganz ebene Wie - ſe, die von kleinen Gebüſchen eingefaſst iſt, und dadurch deutliche Gränzen hat. Es erfüllt ganz den Hauptzweck, die Jugend auf eine luſtige Art an die Dunkelheit zu gewöhnen, in ihrer Imagi - nation die Vorſtellung der Dunkelheit mit der des Vergnügens zu verknüpfen. Es verlangt255 überdem viel Munterkeit der Sinne, jugendli - chen Muth, und Schnelligkeit des Körpers.

e) einſame Spiele.

44. Der Kreiſel und das Reiftreiben.

Dieſes Knabenſpiel, bey welchem ein hölzerner, kegelförmiger Körper auf ſeiner Spitze vermit - telſt einer kurzen Peitſche herum getrieben wird, iſt zu bekannt, als daſs hier eine Beſchreibung nöthig wäre. Es iſt ſelbſt für erwachſene Knaben ſehr unterhaltend, an ſich ſehr unſchuldig und für den Körper wohlthätig, denn es kann, je - nachdem man will, wenig und viel Bewegung veranlaſſen. Ich ſah einen Knaben mehrere Kreiſel treiben, alle hatten ihre Namen, zu allen ſprach er mit naiver Unbefangenheit. Der, wel - cher am längſten lief, war ſein Liebling. Er ſtell - te ſie oft auf die Probe, ſezte ſie nämlich alle in die ſtärkſte Bewegung und entfernte ſich dann, indem er treppab in den Hof lief, und bald wie - der zurückkehrte. Welche Freude hatte er über die, welche noch liefen! Knaben müſſen nicht nur 2, 3 Kreiſel treiben, ſondern auch in jede Hand eine Peitſche nehmen und beyde gebrau -256 chen lernen. Da in dieſem Falle der Umſchwung (Rotation) bey einem links bey dem andern rechts iſt: ſo dürfen ſie beym Zuſchlagen nicht ver - wechſelt werden; denn bey einem einzigen Schlage gegen die Rotation, würde ſie ſogleich aufhören.

Der Brummenkreiſel beſteht aus einer hohlen Kugel, die an der Seite mit einem Loche und unten mit einem etwa 3 Zoll langen und run - den Stabe, der ihm zum Fuſse dient, verſehen iſt. Jeder Drechsler macht dergleichen; die Art damit zu ſpielen, iſt allgemein bekannt. Von der unterſten Spitze des Fuſses wird eine Schnur ſchraubenartig bis oben an den Kopf heraufge - wickelt, das noch übrige Ende durch das Seiten - loch des Schlüſſels von innen nach auſſen durch - gezogen und dann der Fuſs mit der Schnur durch den Schlüſſel geſteckt. Hält einer den Schlüſ - ſel und zieht ein andrer die Schnur ſchnell durch das Seitenloch deſſelben, ſo kommt der Krei - ſel in Umſchwung, welches er unter Geheul eine Zeitlang fortſetzt. Von ſonderlichem Gehalte iſt dies Spiel nicht; jedoch zur Beluſtigung nicht zu verachten. Starke Knaben nehmen die Schnur in die eine, den Schlüſſel in die andre Hand und werfen den Kreiſel ohne Gehülfen ab. Daſ - ſelbe läſst ſich noch leichter thun, wenn man die Schnur an einen feſtſtehenden Gegenſtand knüpft257 und bloſs den Schlüſſel führt. Das Reifentreiben gehört ebenfalls hieher, inſofern es der Jugend zur einſamen Beluſtigung dienen kann. Eine - here Beſchreibung iſt ſchon davon gegeben in meiner Gymnaſtik S. 464.

45. Soloballſpiel.

Auf den Sandwich - und Freundſchaftsinſeln ſpie - len alle Kleinen Fangball, jedesmal mit vier bis fünf Bällen, die von Baumlaube gemacht ſind. Fangen und Aufwerfen folgt ununterbrochen aufeinander. Dieſe Uebung mit ordentlichen Bällen, die nur ganz weich gemacht und ſo groſs ſeyn müſſen, daſs man zwey davon bequem mit der Hand halten kann, iſt auch bey uns nicht unbekannt. Der eine Ball liegt zwiſchen den Fingerſpitzen, der andere in der Hand, der Spie - ler wirft den erſten perpendikular bis faſt zur Höhe des Zimmers, und indem er wieder zu - rückfallen will, wirft er den zweyten und fängt den erſten wieder, und ehe der zweyte völlig niederkommt, läſst er den erſten ſchon wieder ſteigen, und ſo fort. Auf dieſe Art iſt immer ein Ball in der Luft, und ehe er wieder in die Hand fällt, ſteigt der zweyte ſchon auf. KünſtlicherR258wird dieſe Uebung, wenn man für jede Hand 2 Bälle hat, und es gewährt einen ganz hübſchen Anblick, wenn es mit Fertigkeit gemacht wird. Auf ähnliche Art laſſen ſich zwey Federbälle mit einer, Raqueten behandeln. Beyde Spiele ſind mit heilſamer Leibesübung verbunden und er - fordern ununterbrochen genaue Beurtheilung der Aufwürfe ſo wie Abmeſſung der Kraft, wel - che man dazu anwendet.

B. Spiele der Aufmerkſamkeit.

Bey allen Spielen dieſer Ordnung findet wenig oder gar kein eigentliches Beobachten und Be - urtheilen ſinnlicher Eindrücke ſtatt; hier iſt bloſs Richtung der Seele auf einen Gegenſtand, um irgend eine beſtimmte Veränderung deſſelben ſchnell wahrzunehmen und ſein Verhalten danach einzurichten. Sie haben mithin weniger Werth als die bisher genannten; bleiben aber immer ſehr nützlich, bald als Veranlaſſung zu heilſamer Bewegung, bald als Mittel den ernſten, ermü - denden Ideengang zu unterbrechen und ſich zu erholen. Dieſe Erholung iſt gleichſam ſchon die259 Bedingung unter der ſie nur geſpielt werden können, inſofern es ſtets nöthig iſt, alle frem - den Ideen zu verbannen und ſeine Aufmerkſam - keit auf das Spiel zu richten. Unterläſst man dieſs nur einige Augenblicke, ſo verfällt man in den Fehler der Zerſtreuung und büſst dafür. Es giebt viel junge Leute, bey denen die Opera - tionen der Seele ſehr langſam von ſtatten gehen. Der Weg vom Auge oder Ohre bis zur Seele ſcheint zehn Meilen lang, und von da bis zu den Händen oder Beinen ſinds gar wohl hundert Mei - len. Für dieſe giebt es keine heilſameren Spiele. Endlich empfehle ich ſie noch für alle jungen, flüchtigen Köpfe, die ſich nirgends fixiren kön - nen. Alle hierher gehörigen Spiele ſind geſell - ſchaftliche.

46. Der ſchwarze Mann.

Man ſteckt auf ebenem Boden ein langes Vier - eck ab. Es iſt ſchon hinreichend, die vier Ecken deſſelben mit Stäben zu bezeichnen, die man in den Boden ſteckt, und die Seitenlinien durch ei - nige Steine zu bemerken. Faſt an beyden Enden des Vierecks liegen 2 Steine, der eine bey A. der andere bey B. Hinter jedem SteineR 2260iſt ein Freyplatz. Dieſe Figur macht die Sache deutlich.

[figure]

Die Knaben wählen durchs Loos oder Ueber - einſtimmung einen zum ſchwarzen Mann. Dieſer ſtellt ſich auf einen der Freyplätze zum Exemp. hinter A, die Andern treten auf den andern hin - ter B. Jezt ruft der ſchwarze Mann den andern zu: fürchtet ihr den ſchwarzen Mann nicht? Nein! antworten die muthigen Knaben hinter B, und laufen vorwärts, um auf den Freyplatz A zu kom - men, aber der ſchwarze Mann kommt ihnen ent - gegen und bemühet ſich, ſie zu fangen. Jeder iſt ſein, wen er faſst und dem er, unter dem Aus - ruf eins, zwey, drey! drey kurze Klapſe giebt. Dieſer muſs ihm jezt mit fangen helfen und mit ihm auf den Freyplatz B, indeſs ſich die andern Knaben jezt in A befinden. Jezt tritt der kleine ſchwarze Mann wieder hervor, und fordert ſie wieder auf wie oben: fürchtet ihr den ſchwarzen Mann nicht? nein! erwidern die andern und lau -261 fen von A nach B zu. Unterwegs kommt ihnen der ſchwarze Mann mit ſeinen Gehülfen wieder entgegen und fängt weg, wen er kann. So dauert das Auffo[r]dern, Hin und Herlaufen und Fangen immer fort, bis endlich Alle, bis auf Ei - nen gefangen ſind. Dieſer Eine, oder wenn es der Fall iſt, daſs Alle gefangen wurden, derjeni - ge, welcher ſich am lezten fangen lieſs, wird nun wieder der ſchwarze Mann, und das Spiel hebt von Neuem an. Jeder, den der ſchwarze Mann gefangen hat, iſt verbunden mit fangen zu helfen. Innerhalb der Freyplätze kann Niemand gefan - gen werden. Wer über die Schranken hinaus - läuft, um auszuweichen, iſt ſo gut als gefangen, und gehört dem ſchwarzen Manne.

Für noch unverzogene Knaben, die an reiner körperlicher Thätigkeit, an Laufen und Sprin - gen noch Vergnügen finden, iſt dieſs Spiel, bey aller Einfachheit, ungemein angenehm. Ihr Kör - per gewinnt an Schnelligkeit, er iſt unaufhör - lich genöthigt, tauſenderley Wendungen und Sprünge zu machen, um zu entwiſchen; denn jeder hält es für eine nicht kleine Ehre, nicht gefangen und dadurch ſchwarzer Mann zu wer - den.

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47. Das Plumpſack-Verſtecken.

Die Geſellſchaft von unbeſtimmter Perſonen - zahl, je gröſser je beſſer, ſetzt ſich in eine Reihe, Stuhl dicht an Stuhl. Jeder hält ſeine Hände hinter dem Rücken in Bereitſchaft, den hin und her laufenden Plumpſack damit zu faſſen und weiter zu geben. Ein Einziger, der anfangs durchs Loos dazu gewählt wird, iſt Sucher und wirft der ſitzenden Geſellſchaft den Plumpſack zu, wenn das Spiel ſeinen Anfang nimmt. Man nimmt ihn ſogleich hinter den Rücken und läſst ihn hier Reihe auf und ab paſſiren, bald hier bald dort hin aus Hand in Hand, ſo wie es die Nach - forſchungen des Suchers nothwendig machen, ihn bald von dieſer bald von jener Stelle zu entfer - nen, damit er ihn nicht erhaſche.

Die Rolle des Suchers iſt ſchwieriger als man glaubt. Da ſteht er vor der lachenden Fronte, ſchleicht hin und her, paſst genau auf, wo das Tuch ſey; merkt auf jede Bewegung der Geſell - ſchafter, welche ihm dieſs verrathen kann. Er fährt ſchleunig nach der Stelle, wo er es zu be - merken glaubt, durchſucht mit ſeinen Händen bald hier bald dort die Räume hinter den - cken, ſo wie die Hände der Spielenden Reihe auf und ab, und wird nicht nur zwanzig mal ge - täuſcht, weil jeder das Tuch ſchnell weiter giebt,263 wenn ſich der Sucher ihm nahet, ſondern erhält noch dazu bald rechts bald links einen derben Schlag mit dem Tuche; denn jeder, wer das Tuch in den Händen hat, indem der Sucher bey irgend einem Andern in der Nachbarſchaft durchſucht, hat das Recht, ihm einen oder mehrere Schläge zu geben, nur muſs er dieſs ſehr ſchnell thun, und das Tuch augenblicklich wieder hinter die Reihe bringen, denn wenn es der Sucher erhaſcht, ſo muſs der Schläger Sucher werden. Geſetze bey dieſem Spiele ſind etwa dieſe: 1) Nie - mand darf, um zu ſchlagen, von ſeiner Stelle gehen. 2) In weſſen Händen oder Kleidern, oder unter weſſen Sitze der Sucher das Tuch findet, der wird Sucher.

Man ſitzt zwar bey dieſem Spiele; demunge - achtet giebt es viel Bewegung, wenn es nur et - was eifrig getrieben wird, daher findet man es in dieſer Claſſe. Es erfordert Aufmerkſamkeit, Schnelligkeit der Hände und von Seiten des Su - chers Beobachtungsgeiſt. Die Schläge fallen oft etwas derbe aus und ſind zur Abhärtung nicht ſo ganz undienlich.

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48. Tag und Nacht.

Man theile die Geſellſchaft in Abſicht auf per - ſönliche Gröſse, noch beſſer nach der Fertig - keit im Laufen, in zwey gleiche Partheyen und ſtelle ſie 10 bis 15 Schritte von einander in zwey Linien (Fronten,) ſo daſs beyde ſich die Rücken zuwenden. Zwiſchen dieſe Linien tritt der Auf - ſeher oder Anführer des Spiels mit einer kleinen hölzernen Scheibe, die auf der einen Seite weiſs gelaſſen, auf der andern ſchwarz gefärbt iſt; jene heiſst Tag dieſe Nacht. In Ermangelung einer ſolchen Scheibe iſt ein Stück Geld, deſſen bey - de Seiten man zu Tag und Nacht geſtempelt hat, eben ſo brauchbar. Er läſst von den Perſonen der einen Linie eine und von denen der andern die andere Seite wählen, ſo daſs die Linie A zum Beyſpiel Tag, B im Gegentheile Nacht hat, und wirft dann die Scheibe in die Luft. Alles kommt jezt auf das Niederfallen an; liegt nämlich der Tag oben: ſo verfolgt die Linie A alle Perſonen der Linie B, und wer ſich erwiſchen läſst, iſt todt oder matt, und darf nicht mehr mitſpielen. So gehn nach und nach die Perſonen der einen und andern Parthey ab, und diejenige, welche zuerſt ganz todt iſt, hat die Parthie verloren. Es läſst ſich aber leicht einſehen, daſs die Parthey B gleich nach dem erſten Wurfe ganz und gar265 gefangen werden würde, wenn A das Recht hät - te, ſo lange Jagd auf ſie zu machen, als ſie woll - te. Hier müſſen folglich dem Verfolgen Schran - ken geſezt werden. Man macht daher jeder Fronte gegen über und etwa 40 Schritte von ihr entfernt, einen Freyplatz und zwar ſo, daſs der - jenige, welcher vor der Fronte A liegt, der Par - they B gehört, und daſs A ihren Freyplatz vor der Fronte B hat. Tritt nun nach dem Wurfe der Fall ein, daſs A die Parthey B verfolgt: ſo muſs B erſt um A herumlaufen, um nach ihrem Freyplatze zu kommen, dadurch wird das Ent - wiſchen zwar erſchwert, doch nicht unmöglich gemacht. Geſetze bey dieſem Spiele ſind, 1) Wenn die Scheibe geworfen werden ſoll, darf ſich Niemand umſehen, um zu bemerken, wel - che Seite oben liege. Der Aufwerfer kündigt dieſs an, indem er Tag oder Nacht ruft. 2) Wenn die eine Parthey, zum Beyſpiel A, die andere B verfolgt, ſo muſs ſie ordentlich hinter ſie her - ſetzen und darf nicht nach dem Freyplatze der - ſelben laufen, um ihn zu verſperren.

Dieſes Spiel iſt altgriechiſch und hieſs Οςρακιν - δα, weil man ſtatt der Scheibe eine Muſchel ge - brauchte. Nachrichten findet man davon beym Pollux Lib. 9. Cap. 7. und beym Euſtathius ad Jliad 6. Die Beſchreibung des Leztern läuft auf folgendes hinaus: Die Knabengeſellſchaft theiltR 5266ſich in zwey Theile. Eine durch die Mitte ge - zogene Linie trennt ſie. Einer von der Geſell - ſchaft wirft eine Muſchel in die Höhe, die auf der einen Seite mit Pech ſchwarz gemacht, auf der andern weiſs gelaſſen iſt. Jene heiſst νυξ dieſe ῾ημέρα. Jeder Theil der Geſellſchaft wählt ſich ei - ne Seite davon, dieſe den Tag jene die Nacht. Man wirft die Muſchel, und diejenige Parthey der Knaben, deren gewählter Theil der Muſchel oben hinfällt, verfolgt die andre. Wer er - wiſcht wurde, erhielt nach Pollux den Ehrenti - tel Ονος. Man ſehe den Bulengerus und Meur - ſius de Lud. gr. in Gronov. Theſ. Tom. VII.

Das obige Spiel verdient alle Empfehlung; es iſt unſchuldig, einfach, intereſſant für die Ju - gend durch ſtete Spannung der Aufmerkſamkeit; es ſezt ſie auf eine äuſserſt lebhafte Art in Action, denn das Wort Tag oder Nacht ſchlägt gleichſam wie ein Bliz unter ihre Geſellſchaft. Dem Kör - per giebt es viel Bewegung, übt ungemein im Laufen und ſchnellen Wendungen.

49. Fuchs zu Loche.

Eine Perſon der Geſellſchaft wird durchs Loos oder durch eigenes Erbieten Fuchs. Eine kennt - liche Stelle des Spielplatzes, z. Exemp. eine klei -267 ne Grube, ein Maulwurfshügel, oder der Win - kel eines geräumigen Saals denn das Spiel läſst ſich auch im Hauſe ſpielen, wenn Lerm und Staub nicht geſcheut werden iſt ſeine Woh - nung oder eingebildete Höle. So wohl Er, als auch die übrigen Perſonen ſind mit zuſammen - gedreheten Taſchentüchern verſehen. Alle ſind wie ein Bienenſchwarm um ihn her, machen al - lerley Spaſs und zupfen ihn an den Kleidern. Ehe ſie ſichs verſehen, macht der Fuchs von Zeit zu Zeit einen Ausfall auf ſie, und fängt an, ſie mit dem Plumpſacke zu verfolgen. Aber er darf dabey ſchlechterdings nur auf einem Beine fort - hüpfen, da die andern auf beyden laufen dür - fen. Jeder iſt aufmerkſam auf den Fuchs, 1) ob er etwa das andere Bein an den Boden bringt thut er dieſs, ſo ſchreyen alle: berührt! und ſchla - gen ihn mit den Plumpſäcken ſo lange, bis er ſei - ne Höle wieder erreicht hat. Sind ſie hierbey nicht ſehr ſchnell, ſo entwiſcht der Fuchs augen - blicklich, ohne einen Schlag. 2) Muſs jeder ge - nau auf ihn achten, um nicht von ihm mit dem Plumpſacke erreicht zu werden; denn durch ei - nen einzigen Schlag mit demſelben, wird der Fuchs befreyet, der Getroffene kömmt an ſeine Stelle, und alle verfolgen ihn mit den Plumpſacke unter dem Geſchrey: Fuchs zu Loche! bis er die Höle erreicht.

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Um dem Fuchs ſein Spiel nicht zu ſehr zu er - ſchweren und den andern das Entfliehn zu leicht zu machen, zieht man um die Höle des Fuchſes eine Gränzlinie in einer Entfernung von etwa 10 Schritten, über welche niemand hinauswei - chen darf, ohne auf der Stelle dadurch Fuchs zu werden und ſich mithin den Schlägen der an - dern auszuſetzen. Im Zimmer iſt dieſs nicht - thig, denn die Wände ſind ſelbſt die Gränze.

Duldet der Aufſeher keine zu feſt gedrehten Tücher und werden die Köpfe, wie ſichs von ſelbſt verſteht, mit Schlägen verſchont: ſo iſt dieſs Spiel unſchuldig, luſtig, erfordert ſtete Auf - merkſamkeit, und ſetzt den Körper recht gut in Bewegung.

Dieſes bey uns ziemlich gewöhnliche Spiel iſt ohne Zweifel von den Griechen entlehnt, oder wenigſtens dem griechiſchen Aſkoliaſmus (Ασκω - λικσμος) nachgebildet. Die Hauptſache beſtand darin, auf einem Beine fortzuhüpfen. Man zähl - te die Aufſprünge und entſchied den Sieg da - nach. Bisweilen verfolgte der Einbeinige die andern, welche auf beyden liefen, bis er einen erhaſchte; und dieſs leztere halte ich für den ei - gentlichen Aſkoliaſmus. *)Nachrichten darüber geben Heſychius und Euſtathius ad Odyſſ. 〈…〉〈…〉k. am vollſtändigſten aber Pollux Lib. IX. Cap. 7. Siehe Meurſius de lu - dis Graec. in Gronov. Theſaur. Tom. VII. p. 949.

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50. Vögel verkaufen.

Kleine muntere Knaben ſpielen gern einfache luſtige Spiele, die viel Bewegung geben. Hier iſt eines:

Der Aufſeher der Geſellſchaft macht den Ver - käufer, alle Kleinen ſind Vögel, nur Einer von ihnen ſpielt die Rolle des Käufers. Der Verkäu - fer ſtellt ſeine Vögel in Fronte und giebt jedem einen Vogelnahmen: du biſt ein Stieglitz, du ein Staar, du ein Finke u. ſ. w. Das muſs aber der Käufer nicht hören. Hierauf kommt die - ſer und fragt den Verkäufer: Haſt du Vögel zu verkaufen? ja! Haſt du einen Raben? nein! einen Sperling? nein. So gehts immer fort nein, bis der Käufer einen z. E. hier den Staar nennt der wirklich unter der Anzahl iſt. Dann ſchreyt alles ja! und der genannte Vogel fliegt ſo ſchnell als möglich aus, das heiſst, läuft fort, um ſeinem neuen Herrn zu entfliehen. Um ſeine Flucht zu begünſtigen muſs der Käufer erſt thun, als zähle er dem Verkäufer das Geld für den Vogel in die Hand. Jetzt ſetzt er nach. Holt er den Vogel ein, ſo iſt er ſein; kommt die - ſer aber, ohne erwiſcht zu werden, wieder zum Verkäufer zurück: ſo gehört er dem Verkäufer wieder, und dieſer giebt ihm auch wohl Futter,270 Aepfel, Birnen, Pflaumen. Diejenige Parthie, die am Ende die ſtärkſte iſt, hat gewonnen.

Für Knaben hat dieſs Spiel ſehr viel ange - nehmes; denn ſie werden, wie alle Menſchen, vorzüglich durch Spannung der Erwartung un - terhalten. Dieſe Spannung findet hier unun - terbrochen Statt; erſt unter der Nennung der Vogelnahmen, wobey jeder befürchtet genannt zu werden; dann bey der Flucht des Kleinen, deren Erfolg ſo ungewiſs iſt. Es erfordert Auf - merkſamkeit, weil man bey der Nennung des erhaltenen Namens augenblicklich laufen muſs, und macht die Kleinen ſchnellfüſsig.

51. Der Bildhauer.

Die Geſellſchaft befindet ſich drauſsen im Freyen. Einer iſt Bildhauer, die andern ſeine Bildſäulen; hier am Gebüſch ſteht ein Mars, dort am Baum ein Jupiter, ein Herkules, u. ſ. w. in mannich - faltigen Stellungen, unbeweglich, wie es Bild - ſäulen zukommt. Er, der Meiſter, geht gravi - tätiſch auf und ab, den Schlägel (Plumpſack) in der Hand, um an dieſer oder jenen Bildſäule zu beſſern, wenn ein Fehler, d. i. hier, ein Geziſch,271 verbiſſenes Gelächter, eine Bewegung oder eine falſche Stellung bemerkt wird, und die Verbeſ - ſerung beſteht in einem mehr oder minder fühl - baren Hiebe, je nachdem die Bildſäule aus feſte - rem oder weicherem Steine gemacht iſt. Endlich ruft der Meiſter, des Verbeſſerns müde: der Bild - hauer iſt fort! und plötzlich werden die Statüen lebendig, ſpringen von ihren Plätzen, hüpfen, tanzen, ſpringen, lermen, ſingen nach Herzens Luſt durch einander. Der Bildhauer ſieht das eine Zeitlang mit an und ruft dann eben ſo un - verhofft: Der Bildhauer iſt da! Nun fliegen alle wieder an ihre vorigen Plätze in eben die Stel - lungen. Der Letzte, welcher am ſpäteſten an ſeinem Platze anlangt, giebt ein Pfand, oder fühlt, wenn man keine Pfänder ſammeln will, den Schlägel des Meiſters. Hierauf geht er wieder aufs Verbeſſern aus wie oben, auch rückt er die Perſonen wieder in die Stellungen, wel - che ſie haben ſollen. Allein ſeine Rolle iſt auch nicht ohne Gefahr; er muſs jedesmal Einen als den letzten angeben und beſtrafen, kann er dieſs aus Unachtſamkeit nicht, oder beſtraft er, nach dem Zeugniſſe der Uebrigen, einen Unſchuldigen, ſo muſs er ſelbſt ein Pfand geben und iſt abge - ſetzt, oder wird, wenn man nicht um Pfänder ſpielt, von den Statüen in Corpore mit Taſchen - tüchern bis zu einem etwas entlegenen, vor -272 her beſtimmten Freyplatze verfolgt und verliert ſeine Meiſterſchaft. Das Spiel iſt luſtig, unſchuldig, und gewährt ſo viel Bewegung, als jeder wünſcht, weil ſie ganz von jedem abhängt. Es erfordert ſchnelle Wahrnehmung und kann kleine Knaben, wenn es oft geſpielt wird, eini - germaſsen zur hurtigern Vollführung gegebener Befehle gewöhnen. Es iſt übrigens eine Nach - ahmung des in der zweyten Claſſe vorkommen - den Spiels: der König iſt nicht zu Hauſe, aber mehr für das Freye eingerichtet.

52. Das Verwechſeln der Plätze.

Im Zimmer iſt ein Stuhl weniger als ſpielende Per - ſonen. Alle ſchlieſsen Hand in Hand tanzend einen Kreis, ſingen ein beliebiges Lied oder laſ - ſen ſich mit einem Inſtrumente Muſik machen. Im Kreiſe ſteht eine Perſon, dieſe gibt durch Klatſchen in die Hand oder durch Niederſtoſsen mit einem Stabe plötzlich das Zeichen zum Schweigen des Geſangs oder der Muſick und dann muſs jeder ohne Ausnahme ſich ſchnell auf ei - nem der Stühle ſetzen; wer keinen bekommt, giebt ein Pfand. Drauſsen im Freyen, wo dieſs273 Spiel angenehmer wird, werden die Plätze durch hingelegte Taſchentücher, oder auf ſonſt eine Art bezeichnet; je entfernter man ſie da anlegt, um deſto merklicher wird die Bewegung.

53. Das Kämmerchen-vermiethen.

Jeder von der Geſellſchaft hat einen Platz, auf einem Stuhle, neben einem Baume oder einer ſonſt bezeichneten Stelle. Nur Einer hat keinen. Der geht umher und frägt bey jedem an: kein Kämmerchen zu vermiethen? und erhält zur Ant - wort nein! oder: beym Nachbar! Oder auf eine andre Art: wo iſt gut Bier feil? und man antwortet: bey meinem Nachbar! Indeſs er ſo in dem Kreiſe herum läuft, winkt Einer dem Andern zur Verwechſelung der Plätze und man läuft dann heimlich, daſs es der Platzſucher nicht gleich merkt, geſchwind hinüber und herüber. Dieſer aber iſt ſtets hinter die ſo verlaſſene Plät - ze her, bis er einen davon erlangt. Dann tritt der, welcher ihn verlohr, an ſeine Stelle. Man giebt demjenigen, welcher den Platz ſucht, auch wohl das Recht nach etwas langen vergeblichen Suchen im Nothfall ein Zeichen zu geben durch Händeklatſchen, oder durch den Ausruf: rührtS274euch! und verpflichtet ſich dann zur allgemeinen Platzverwechſelung.

54. Wie gefällt dir dein Nachbar.

Wiederum hat jeder ſeinen Platz, auſſer Einem, der herum geht und ſtets bey dieſem oder jenem anfrägt: wie gefällt dir dein Nachbar? Iſt die Ant - wort: gut, ſo gehts fragen weiter, bis er an eine Perſon kommt, die ihm zur Antwort giebt: die - ſer hier (zur Linken oder Rechten) gefällt mir eben nicht! Und wer wäre dir lieber? erwidert der Sucher: dann muſs ſie irgend eine andre Per - ſon im Kreiſe anzeigen und mit dieſer muſs der Nachbar den Platz wechſeln. Kann unter dem Wechſel der Sucher einen von beyden für ſich bekommen, ſo nimmt er ihn, und der, welcher ihn verlohr, wird Sucher, und fragt vom neuen herum.

Man giebt dem Sucher auch wohl einen Plumpſack in die Hand, womit er ſeinen Nach - folger zur Succeſſion einweihet.

275

55. Der Laſtträger.

Die Geſellſchaft ſitzt auf Stühlen im Kreiſe um - her. Nur Einer iſt ohne Platz, trägt ein rund - lichtes Bündel und heiſst deſshalb der Laſtträger. Die Andern wechſeln insgeheim, unter Zuwin - ken die Plätze, und der Laſtträger bemüht ſich, ſein Bündel auf einen leergewordenen Stuhl zu werfen. Kann er dieſs, ſo gehört der Stuhl ihm, und der, welcher ohne Stuhl iſt, trägt an ſeiner Stelle das Bündel. Wirft er aber aus Ueberei - lung ſein Bündel neben den Stuhl, oder ſo dar - auf, daſs es wieder herunter rollt: ſo bleibt er Laſtträger und bekommt Strafe mit dem Plump - ſacke.

Alle dieſe Spiele ſind für die Jugend bey al - ler ihrer Einfachheit intereſſant genug. Sie ſind unſchuldig, geben Bewegung und erfordern Schnelligkeit und Aufmerkſamkeit. Das erſte kann durch Pfänder belehrend und das lezte durch den Plumpſack gegen zu groſse Empfind - lichkeit einigermaſsen wirkſam werden. Die Bewegung hängt hauptſächlich ab von lebhafter Action der Spieler und vorzüglich von den Ent - fernungen der Plätze.

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56. Das Drittenabſchlagen.

Unſere Geſellſchaft muſs geradzählich, und we - nigſtens 12 Perſonen ſtark ſeyn. Wir machen eine davon zum Abſchläger, und geben ihr ein zu - ſammen gedrehetes Tuch; wir Uebrigen aber ſtellen uns paarweiſe in einen Kreiſs, Perſon hin - ter Perſon dicht angeſchloſſen, die Geſichter Kreiseinwärts; ein Paar von dem Andern 5 bis 8 Schritte entfernt. Da die Zahl der Perſonen durch den Abgang des Abſchlägers ungleich ge - worden iſt, ſo wird bey dem Paarweiſen Stellen natürlich eine Perſon übrig ſeyn, die keinen Ne - benmann hat, um ein Paar zu bilden. Dieſe ſtellt ſich fürs erſte allein mitten in den Kreis, und der Abſchläger iſt auſſer demſelben. Soll das Spiel nun angehen, ſo ſtellt ſich jene einzelne Perſon ſchnell vor das erſte beſte Paar, ſo daſs nun aus dem Paare drey werden. So bald der Abſchlä - ger dieſs ſieht, läuft er ſchnell hinzu, um der hinterſten Perſon des Dryllings einen Schlag zu geben; allein dieſe wartet nicht ſo lange, ver - läſst ſchnell ihren Platz und läuft, wo ſie nur kann, vor das erſte beſte Paar. Der Abſchläger ſezt hinter her, um hier den Hinterſten dritten abzuſchlagen; allein dieſer entwiſcht wieder, flüchtet ſich vor ein anderes Paar und ſo fort. Der Abſchläger verfolgt immer die hinterſte Per -277 ſon des Drillings; erreicht er ſie daſtehend, oder im Laufen nach einem andern Paare und bringt ihr einen Schlag bey, ſo wird ſie Abſchläger.

Dieſs Spiel iſt ſehr einfach, in wenigen Mi - nuten gelernt, ganz unſchuldig, ſehr luſtig und abwechſelnd. Es gewährt dabey die trefflichſte Bewegung; man läuft nicht immer, aber faſt alle Augenblicke etwas, und oft mit den ſchnellſten Wendungen des Körpers. Es erfordert ziemlich viel Aufmerkſamkeit, denn man iſt keinen Au - genblick ſicher, daſs ſich nicht Jemand vor das Paar anſtellt, von dem man der hinterſte Mann iſt; oft iſt der Abſchläger noch dazu unmittelbar im Rücken. Die Rolle dieſes Leztern iſt die be - ſchwerlichſte wegen des ſteten Laufens, aber ſie währt nie lange, es iſt ein ſtetes Wechſeln, weil man leicht ertappt wird.

57. Die Glucke und der Geyer.

Eine Henne vertheidigt ihre Jungen gegen die Anfälle des Geyers, dieſs iſt der Gedanke des Spiels.

Die Geſellſchaft kann aus 10 bis 20 Perſonen beſtehen. Einer davon, der flink genug iſt, über - nimmt die Rolle des Geyers. Der ganze Ueber -S 3278reſt der Geſellſchaft ſteht in einer langen Reihe, Mann hinter Mann, wie die wilden Gänſe im Fluge, und einer faſst den andern hinten am Rok - ke feſt. An der Spitze dieſer Reihe ſteht die Henne, wozu eine ſtarke und ſchnelle Perſon ge - nommen werden muſs. Der Geyer nähert ſich mit Springen und Laufen bald links bald rechts und ſucht durch ſehr ſchnelle Wendungen den Jungen der Henne in die Flanken zu fallen; dieſe aber, mit ihrer ganzen Reihe in ſteter Be - wegung, ſpringt ihm immer in den Weg, um ihm den Paſs zu verhauen, ſtoſst ihn zurück und hält ihn ab, wie ſie nur immer kann. Die Jungen machen hinten unaufhörlich Schwenkun - gen bald links bald rechts, um dem Geyer aus dem Wege zu kommen, ſie dürfen ihn daher nie aus dem Geſichte laſſen. Glückt es dem Geyer in die Flanke zu kommen und ein Junges feſt zu halten: ſo gehört es ihm mit allen den andern, die in der Reihe noch hinter demſelben ſtehen. Dieſe ſo Gefangenen müſſen ſogleich ablaſſen und bey Seite treten. Der Geyer fährt auf eben die Art fort, bis die Henne aller Jungen beraubt iſt.

Dieſes Spiel verdient auf der einen Seite al - le Empfehlung, und gewährt den jungen Leuten ungemein viel Vergnügen, das ſich faſt durch ein ununterbrochenes Gelächter äuſert; es giebt ei -279 ne ſehr ſtarke Bewegung und macht ſchnellfüſsig und flink; aber auf der andern muſs es doch auch mit Vorſicht geſpielt werden. Meine Bemer - kungen ſind folgende:

Der Platz dazu darf durchaus kein anderer, als völlig ebener und weicher Raſen ſeyn. Die Mitſpielenden, welche die Kette hinter der Hen - ne ausmachen, dürfen in Rückſicht auf Gröſse und Stärke nicht gar zu ungleich ſeyn; achtjäh - rige ſchwächliche Knaben unter 12, 14 jährige zu ſtellen, iſt miſslich. Jene werden bey den ſteten Schwenkungen der Reihe zu heftig fort - geſchleudert, indem ſie den Kräften der leztern nicht genug wiederſtehen können.

Geſchiehet das Anfaſſen bey den Kleidern, ſo leiden dieſe leicht Gefahr, zerriſſen zu werden; bey den Händen, ſo geſchehen leicht zu gewalt - ſame Verdrehungen ſelbſt Verrenkungen der Ar - me; läſst man jeden ein Tuch um den Leib bin - den und daran faſſen, ſo werden die Eingewei - de zu heftig dadurch gedrückt. Alles dieſs kann nur vermieden werden, wenn die Perſo - nen, welche ſich anfaſſen nicht heftig ziehen, ſondern ſich nur mäſsig anhalten. Man laſſe aber durchaus nie Hand in Hand faſſen.

S 4280

C. Spiele der Phantaſie und des Witzes.

Die Phantaſie bringt die ehemals gehabten ſinn - lichen Vorſtellungen wieder zurück und ſtellt ſie entweder einzeln dar, oder verbindet ſie mit ſchöpferiſcher Kraft bald regelmäſsig, bald unregelmäſsig nach ungebundener Will - kühr. So wird ſie gleichſam der Hofmahler der Seele. Der Witz ſteht gewöhnlich neben ihr, miſcht die Farben und beſorgt vorzüglich das Colorit. Alle Spiele dieſer Ordnung ſez - zen beyde in Action, bald jene, bald dieſen mehr. Wir wollen das geringſte dieſer Spiele, das Handwerksſpiel nehmen. Die Phantaſie muſs dabey augenſcheinlich ganze Reihen von Bil - dern zurückrufen, wodurch körperliche Actio - nen aller Art dargeſtellt werden, und ſie in eine gewiſſe Verbindung ſtellen. Allein es fehlen al - le Inſtrumente und Umſtände, die zur wirkli - chen Darſtellung jener Actionen gehören. Sie nimmt daher den Witz zu Hülfe, ſucht ähnli - che Actionen, ſtellt ſie in gehörige Verbindung und bildet ſo pantomimiſche Darſtellungen. Un - ter den Bewegungsſpielen gehört nur dieſs ein - zige hieher.

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58. Das Handwerksſpiel.

Für Knaben zur Abwechſelung ein ganz ange - nehmes und luſtiges Spiel. Von den beyden Partheyen der Geſellſchaft bleibt die Eine auf dem Platze, die Andre geht ſeitwärts, um unge - ſehn das zu verabreden, was man vorſtellen will. Dieſs iſt allemal ein Handwerk oder irgend eine Beſchäfftigung im bürgerlichen Leben, die ſich durch ſtumme Handlung des Körpers nachma - chen läſst. Es iſt daher gut, wenn auf jeder Parthey eine Perſon iſt, welche die Aufſicht über die Vorſtellung übernimmt. Iſt der Plan verab - redet, ſo gehn die kleinen Schauſpieler wieder zu den Andern, ſtellen ſich vor ſie und beginnen die Darſtellung einer ſolchen Beſchäfftigung, z. E. da kömmt der Meiſter zu einem vornehmen Herrn, macht tiefe Bücklinge, nimmt ihm das Maaſs, kommt zu Haus, ſchneidet das Zeug zum Kleide zu und vertheilt es unter die umherſiz - zenden Geſellen. Dieſe nähen, und ehe man ſichs verſieht, iſts Kleid fertig. Der Meiſter zieht ſich an, trägts fort, ſchneidet wieder Bücklinge, erhält Bezahlung und geht fort. Dieſe Darſtel - lung iſt ſehr kenntlich, aber es giebt ſehr viele, die weit ſchwerer zu errathen ſind, z. Beyſ. die Wachsbleiche, Spiegelfabrik, und dergleichen. Man wechſelt mit beyderley ab.

S 5282

Jeder iſt bey dieſem Spiele mit einem Plump - ſacke verſehn. Die Spieler ſtellen ihre Arbeit nur einmal vor und nun fragen ſie die andre Par - they: was wars? Dieſe kann zweymal rathen; erräth ſie es, ſo werden die Acteurs mit den Plumpſäcken fort getrieben, und müſſen eine neue Vorſtellung geben, erräth ſie es aber nicht, ſo wird ſie ſelbſt von den Spielenden aus dem Hauſe geſchlagen: jene nehmen ihren Platz ein und ſie ſelbſt iſt nun an der Reihe etwas darzu - ſtellen.

Baſedow hat dieſs Spiel belehrend gemacht, indem er es ſo einrichtete, daſs den Kleinen da - durch technologiſche Kenntniſſe mitgetheilt wer - den; hier wo die Rede bloſs von Spielen, nicht von ſpielendem Unterrichte iſt, konnte ich da - von keinen Gebrauch machen, da überdem Mo - delle und Inſtrumente dazu nöthig ſeyn würden.

283

D. Reine Körperſpiele.

Alle bisherigen Bewegungsſpiele waren Actio - nen des Körpers, verbunden mit der Wirkſam - keit geiſtiger Kräfte. Reine Körperſpiele wür - den bloſs aus Actionen des Körpers beſtehen, und ſo die niedrigſte Stufe der Spiele ausmachen. Wenn aber der Körper ohne Theilnahme des Geiſtes gar nicht thätig ſeyn kann: ſo giebt es ſtreng genommen, gar keine reine Körperſpiele, weil es der Begriff des Spiels verbietet, Paſſive Bewegungen dafür anzunehmen. Will man indeſs bey einer Sache, die von keinem groſsen Belang iſt, weniger genau ſeyn: ſo kann man hierher ſolche Spiele ziehen, die viel körperliche Action und äuſerſt wenig geiſtige Kraftverwendung er - fordern. Hier iſt eines der Art, eine kleine lu - ſtige Poſſe, die für den günſtigen Augenblick Intereſſe haben kann. Die Geſellſchaft ſteht Mann neben Mann im Kreiſe. A wendet ſich ſeitwärts zu ſeinem Nachbar B mit den Worten: guten Tag Herr Nachbar, und hüpft dabey unun - terbrochen mit beyden Füſsen ſchnell wieder - holt auf und nieder. B thut daſſelbe von jezt an immer fort und erwidert: ſchönen Dank Herr Nachbar! A Wie gehts denn Herr Nachbar? B Wie284 Sie ſehn, aber ich habe keine Zeit! Hiermit wen - det ſich B zu C und bringt jene Worte und das Hüpfen auf ihn, ſo wie A ſich nun zu ſeinem Nachbar Z linker Hand wendet, und es durch dieſen auch von der andern Seite in den Kreis bringt. Wer einmal im Hüpfen iſt, darf nicht wieder aufhören, bis das Spiel herum iſt. Bis jezt kenne ich weiter kein Spiel von der Art.

[285]

Zweyte Claſſe. Sitzende oder Ruheſpiele.

[286]
ARIST: Eth.
Αναπαυσει γαρ εοϟκεν παιδια, αδυνατȣντες δε συνεχως πονεω α[ν]απαυσεως δεονται ȣ δη τελος η αναπαυσις, γινεται γαρ ἑνε[-]κα της ενεργειας. das iſt Das Spiel iſt der Ruhe ähnlich, wer nicht ununterbrochen arbeiten kann, bedarf ihrer: Ruh iſt daher nicht Zweck, fondern Mittel wirkſam zu ſeyn
287

A. Spiele des Beobachtungsgeiſtes und des ſinnlichen Beurtheilungsvermögens.

Da die meiſten dieſer Spiele Geſellſchaftliche ſind, bey denen entweder kein Materiale des Spiels ſtatt findet, oder wenigſtens nicht in Be - trachtung kommt: ſo wird hierdurch die Be - ſchäfftigung der genannten Geiſteskräfte auf an - dre Gegenſtände geleitet. Hier iſt daher kein Ab - meſſen und Beurtheilen der Gröſsen, Bewegun - gen und Verhältniſſe etc. der Spielkörper; aber da die Perſonen gleichſam das Spielmaterial ſelbſt ausmachen: ſo richtet ſich hier unſer Beobach - tungsgeiſt bloſs auf Perſonen und Handlungen, auf Veränderungen in den Geſichtszügen, und Bewegungen. Nur die beyden letzten Spiele dieſer Ordnung machen hievon eine Ausnahme.

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a) Geſellſchafftsſpiele.

59. Wer wars? oder die warme Hand.

Der Aufſeher ſitzt auf einem Stuhle, ſeine jun - gen Geſellſchafter ſtehn um ihn her. Man loſt und die dadurch gefundene Perſon neigt ſich mit dem Geſichte nieder auf den Schoſs und in die Hände des Sitzenden, ſo daſs ihre Augen da - durch verſchloſſen ſind. Die kleine Blindekuh legt eine von ihren Händen gutwillig auf den Rücken und giebt dadurch jedem Umſtehenden das Recht, einen Schlag darauf zu geben. Ge - wöhnlich ſchlägt man mit der bloſsen Hand. Im Moment des Niederſchlagens die ſchlagende Hand durchs Gefühl zu beobachten und ſich gleich aufzurichten, iſt bey der blinden Kuh eins. Oft bemerkt ſie dann noch die Bewegung deſſen, der ihr den Schlag gab; iſt dieſs nicht der Fall, ſo geht ſie ſchnell umher und beobachtet die Ge - ſichter, um daraus auf den Thäter zu ſchlieſsen. Man ſieht leicht ein, daſs dergleichen Ue - bungen für junge Leute nützlich ſind; man kann nicht früh genug anfangen, Geſichtsveränderun - gen bemerken zu lernen. Endlich giebt ſie einen als Thäter an. Trifft ſie ihn wirklich, ſo muſs dieſer an ihre Stelle, im Gegentheil muſs289 ſie vom neuen die Hand herhalten und nach dem Schlage wieder Einen als Thäter angeben. So geht das luſtige Spiel fort, bis ſie ihn wirklich trifft und dadurch frey wird. Gut beobachten - de Knaben lernen bald aus dem Eindrucke der Hand und der Veränderung im Geſichte mit Ge - wiſsheit ſchlieſsen. Das Spiel hat, auſſer dem ſchon angegebenen, auch für die Umſtehenden den Nutzen, feſte Farbe halten, ich meine ihre Geſichtszüge beherrſchen zu lernen, und der Er - zieher kann hier gewiſs mehr nützliche Beobach - tungen über dieſen und jenen Charakter ſam - meln, als in den meiſten ernſthaften Lehrſtun - den. Für ſehr empfindliche Knaben, die weder Schmerz noch Gelächter ertragen mögen, iſt dieſs Spiel heilſam. Man ſchlägt dabey auch wohl auf den H , dieſs iſt einmal nicht wohl ſchicklich, und überdem verliert das Spiel da - durch von ſeinem Gehalte; denn bekanntlich ſitzt der Sinn des Gefühls nicht dort, ſondern in der Hand; wird alſo dieſe nicht gebraucht: ſo fällt die Beurtheilung durchs Gefühl weg. Es darf nur ein Schlag auf einmal geſchehen, und nach jedem einzelnen Schlage hat die Blindekuh das Recht, den Thäter anzugeben; geſchehen aber zufällig zwey Schläge, ſo kann ſie auch zwey Perſonen als Thäter angeben und ſie wird frey, wenn ſie auch nur Einen davon trifft. Daſ -T290ſelbe iſt auch der Fall, wenn ſie die ſchlagende Hand ergreift und feſthält.

In Frankreich heiſst das Spiel La main chaude in England Hot-Cockles. Bey den Griechen war der Κολλαβισμος daſſelbe; denn das Κολλαβιζϵ〈…〉〈…〉 be - ſtand darin, daſs der Geblendete den errieth, welcher ihm einen Schlag gegeben hatte, oder vielleicht auch, daſs er angab, mit welcher Hand es geſchehen ſey. Hier heiſst es, Wer wars? weil dieſs die Hauptfrage dabey iſt.

60. Der Gerichtshof, oder das Amtmannsſpiel.

Obgleich dieſs Spiel in manchen Gegenden be - kannt genug iſt, ſo gebe ich ihm doch vor man - chen nagelneuen Spiele den Vorzug, bey wel - chem es weder mit Ernſte noch Spaſse recht fort will. Es ſind wenigſtens ſechs Perſonen dazu nöthig, können aber auch mehrere daran Theil nehmen. Man nimmt aus einem Spiele ſo viel Karten, als Perſonen da ſind. Der Daus bedeu - tet den Amtmann, der Ober den Kläger, der Un - ter den Gerichtsdiener oder Büttel, die Sieben den Dieb. Alle Uebrigen, nämlich die Zehn, Neun, Acht ſind Bauern. Iſt die Geſellſchaft noch ſtär -291 ker an Perſonen, ſo kann man noch andre Far - ben der Karten zu Hülfe nehmen, und ſie Bau - ern ſeyn laſſen, auch eine davon zum König, eine andre zum Edelmann ſtempeln. Man miſcht und vertheilt ſie ſo, daſs Jeder eine bekommt, und von jetzt an iſt jede Perſon das, was ihre Karte vorſtellt; Amtmann, Kläger, Gerichtsdiener, Bauer, König, Edelmann oder Dieb. Der neue Amtmann giebt ſich ein gravitätiſches Anſehn, und macht ſich durch Auflegung ſeiner Karte in dieſer Wür - de bekannt. Ihm folgt der Gerichtsdiener mit ähnlichem Air, und bewaffnet ſich mit einem zu - ſammen gedreheten Taſchentuche. Ihm ſchleicht endlich der Ankläger ängſtlich nach, weil er wohl weiſs, daſs er auf ein heiſses Pflaſter gerathen wird, und legt ſeine Karte ebenfalls auf. Alle übrigen Perſonen halten ſich in ihren Würden geheim. Jetzt kommt der Ankläger ins Amt, um die Rolle einer Perſon zu ſpielen, der etwas ge - ſtohlen iſt: Herr Amtmann ich klage! mir iſt das und das geſtohlen. Wiſſt ihr den Dieb? Ach nein! erwiedert er: aber geben ſie mir ihren Gerichtsdiener mit, ich will ihn ſuchen. Der Amtmann warnt ihn, nicht auf unſchuldige Perſonen zu treffen, weil es ihm ſonſt theuer zu ſtehn kommen würde und dergl. Endlich mar - ſchiren Gerichtsdiener und Kläger ab. Dieſer durchſpäht die Geſichter der übrigen MitſpielerT 2292mit gröſtem Eifer, um eine verrätheriſche Spur zu finden. Man muſs geſtehn, daſs hierzu Beobachtungsgeiſt gehört, ſo wie beym vori - gen Spiele.

Nach bedächtigem Erwägen läſst er endlich den Büttel anklopfen. Holla! ruft dieſer: indem er mit dem Plumpſacke vor dem Platze der verdächti - gen Perſon auf den Tiſch klopft; hier ſolls nicht gar richtig ſeyn. Was giebts? erwidert der Auf - geforderte. Der Büttel giebt ihm nun zu ver - ſtehn, wie ihm ſein Begleiter des Diebſtahls ver - dächtig hielte u. ſ. w. Es kommt zum kurzen luſtigen Wortwechſel, bis er die Karte aufleget und dadurch den Beweis der Schuld oder Un - ſchuld giebt. Hat er die Sieben und iſt alſo der Dieb, ſo muſs er ſich ergeben und wird zum Amt - mann geführt, der ihm nach Urtheil und Spruch einige Schläge mit dem Plumpſacke von dem Büt - tel in die Hand geben läſst; iſt er aber unſchul - dig als Bauer, König oder Edelmann, ſo ent - ſteht ein fingirtes luſtiges Gezänke, die unſchul - dige Perſon eilt mit Beyden zum Amtmanne, zeigt dieſem ihre Karte z. Ex. die Zehn vor, ſagt, daſs ſie um 10 Uhr zu Hauſe geweſen wäre und alſo nicht geſtohlen haben könne, und der An - kläger erhält auf Befehl des Amtmanns zehn Streiche in die Hand. Iſt gar der König des Diebſtahls angeklagt, ſo wird die Strafe noch293 ſtärker dictirt. Hierauf muſs der Ankläger wie - der fort und den Dieb ſuchen. So oft er auf ei - nen Unſchuldigen ſtöſst, erhält er ſeine Strafe, bis endlich der Dieb gefunden und abgeſtraft wird. Hier endigt ſich dann der Spielgang, man miſcht vom neuen. Man verachte doch dieſs Spiel nicht, weil es gemein iſt. Es gewährt den jungen Leuten ungewöhnlich viel Vergnügen und iſt dabey unſchuldig. Dieſs iſt zur Empfeh - lung eines Spiels ſchon genug; überdem aber iſt auch hier der Plumpſack für zu zärtliche junge Leute ein ganz nüzliches Inſtrument. Man hat bey dieſem Spiele noch manche Geſetze, wo - durch die Aufmerkſamkeit rege erhalten, Ver - geſslichkeit beſtraft und die Luſtigkeit befördert wird. Z. Beyſ. der Büttel muſs vor der Straf - exekution allemal erſt mit dem Plumpſacke auf den Tiſch klopfen[und] zum Beſchluſſe dieſs wie - derholen. Vergiſst er es, ſo bekommt er von dem Beſtraften alle Schläge zurück. Doch iſt dieſer an ebendaſſelbe Geſetz gebunden. Daſ - ſelbe findet auch Statt, wenn der alte Büttel dem neu angekommenen den Plumpſack übergiebt.

Vexirſpiele.

Necken heiſst Jemand zum Zorn reizen, um ſich über die Ausbrüche deſſelben zu beluſtigen. Jeder Affect iſt im gewiſsen Grade des AusbruchsT 3294lächerlich; wer lacht nicht, wenn der Reuter ſein Pferd nicht bändigen kann, ſo lange ihm kein Unglück drohet? Weil nun alle Welt lieber lacht als weint, ſo iſt das Necken etwas ſehr ge - wöhnliches; aber immer bleibt es unmoraliſch und nur in einzelnen pädagogiſchen mit vieler Behut - ſamkeit verbundenen Abſichten erlaubt. Vexi - ren heiſst nicht necken, ſoll wenigſtens hier nicht ſo viel heiſsen. Freylich wird die Moral immer noch durch die Finger ſehen müſſen, wenn wir uns auf eine leichte freundſchaftliche Art über irgend eine Unbehülflichkeit des andern luſtig machen. Allein, es kommt hier doch ſehr viel auf die gegenſeitigen Verhältniſſe der Perſonen, auf Ort Zeit und Abſichten an; und ſo giebt es eine Art des Vexirens, die ſelbſt der ſtrengſte Moraliſt nicht verwerfen kann. Von dieſem iſt hier die Rede. Vexirſpiele dieſer Art, und ſoll - ten ſie auch zuweilen etwas derb ausfallen, ſind gewiſs nicht zu verwerfen, als Vorbereitungen zu den gröſsern Vexirſpielen, die im menſchli - chen Leben alltäglich ſind. Auch bitte ich, ſich hier an das zu erinnern, was ich oben Seite 23. Nro. 5, von der Behandlung zu groſser Empfind - lichkeit[geſagt] habe.

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61. Das Suchen der Pfeife.

Die Hauptperſon, welche die Pfeife ſucht, muſs das Spiel noch nicht kennen. Die Geſellſchaft ſetzt ſich im Kreiſe umher dicht zuſammen; auch muſs der Kreiſs nur enge ſeyn, damit jeder den Sucher mit Bequemlichkeit erreichen kann. Indeſs dieſem zum Scheine von irgend einem das Spiel erklärt wird, heftet ihm ein anderer heim - lich die Pfeife mit einer Nadel an das Hinter - theil des Kleides. Iſt dieſs geſchehen, ſo nimmt einer die Pfeife und pfeiſt. Der Sucher wendet ſich ſchnell um, um ſie zu erhaſchen, indem er aber die Hände der Perſonen durchſucht, pfeift ſchon wieder einer. So kömmt er in ein beſtändi - ges Herumwenden und Suchen; denn es ſcheint ihm, als wenn die Pfeife immer im Kreiſe he - rumgehe, weil jeder thut als verlange er ſie und reiche ſie weiter. Wenn diejenigen, welche im Rücken pfeifen recht behutſam ſind, ſo wird dem Suchenden die Entdeckung ſchwer. Er wird lange hin und her vexirt und ein lautes Geläch - ter endigt mit der Erklärung das Spiel. Man ſieht leicht ein, in wie fern zu dieſem Spiele auch Beobachtungsgeiſt nöthig iſt.

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62. Die Kelle.

Auch bey dieſem Vexirſpiel iſt eine Perſon, die ſeiner noch nicht kundig iſt. Dieſe, Namens A, kniet mit B einem andern von der Geſellſchaft der das Spiel kennt, mitten ins Zimmer und beyde werden in ein Laken gehüllt, welches ſie vor dem Leibe mit den Händen zuſammen faſ - ſen, ſo daſs ſie einander nicht ſehen können, ob ſie gleich ganz nah an einander ſind. Die Ue - brigen, welche um jene beyden hertanzen, ha - ben eine hölzerne Kelle, welche anfänglich aus Hand in Hand gehet und mit der ſie den Knie - enden einige Schläge verſetzen. Indeſs macht B ſeine Hände und Arme frey, man übergiebt ihm heimlich die Kelle und dieſer ertheilt dem A nun bald links bald rechts einen Hieb, indem er hinter dem Rücken die Kelle bald in dieſe bald in jene Hand faſst. A muſs nun errathen, die Geſellſchaft tanzt lachend umher und fragt: wer wars? und B der Schläger ſchreit mitunter ſein Auweh, als wenn auch er derbe Püffe bekäme. Hat A lange genug vergebens auf die Herum - tanzenden gerathen, ſo deckt man endlich das Tuch auf und entdeckt unter Gelächter den ſpaſs - haften Betrug, wenn ihm ſein Beobachtungsgeiſt nicht ſelbſt aus der Schlinge half.

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Oder auch:

Zwey Perſonen X und Y, die das Spiel ken - nen und mit denen man ſich verabredet hat, ſet - zen ſich auf zwey Stühle mit den Lehnen gegen einander unter das Laken. A welcher dagegen das Spiel nicht kennt und gegen welchen es ei - gentlich angelegt iſt, tanzt mit im Kreiſe herum. Eine beſtimmte, dem X und Y bekannte Perſon B führt anfangs die Kelle und verſetzt bald die - ſem bald jenem einen Schlag. Sie rathen mit Fleiſs auf andre Mitſpieler. Jetzt aber giebt B dem A die Kelle und er fängt damit an Püffe auszutheilen. Um nun den beyden Blinden an - zudeuten, daſs jetzt A ſchlage, legt man in die Frage: Wer wars? eine kleine verabredete Ab - änderung und fragt nun: Aber wer wars? Hiedurch wird A bald errathen und muſs des X Stell auf dem Stuhle einnehmen. Dahin wollte man ihn juſt haben. Sein Nebenmann Y, wen - det ſich indeſs unvermerkt auf ſeinem Stuhle herum, man gibt ihm die Kelle und er ertheilt dem A einen Schlag nach dem andern u. ſ. w. wie oben. Das Perſiſche Ser der Kilim iſt nach Hyde, de ludis oriental. Lib. II pag. 265 daſſelbige Spiel.

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63. Wer das nicht kann, der kann nicht viel.

Dieſe kleine Poſſe iſt eigentlich kein förmliches Spiel, doch fähig, einige Augenblicke zu unter - halten. A nimmt irgend ein Meſſer, einen Schlüſ - ſel oder ſo etwas in die Rechte, klopft damit, indem er die Worte ſpricht: Trallirum larum Löf - felſtiel, wer das nicht kann der kann nicht viel, takt - mäſsig und gleichſam die Sylben abzählend auf den Tiſch und giebt es dann mit der linken ſei - nem Nachbar B an der linken Seite. So geht das Ding die Reihe herum. Jeder, wer das ei - gentliche Que nicht weiſs, glaubt es ſo gleich nach - machen zu können, zählt eben ſo taktmäſsig die Sylben her und wird am Ende ausgelacht. Man machts ihm nochmals vor, er wiederholts und wird wieder verlacht; er verſuchts auf alle Art ohne Erfolg. In dieſer Form iſt die Sache ein wirkliches Vexirſpiel; ich habe oft geſehen, daſs Perſonen empfindlich darüber geworden ſind, weil das Gelächter immer zunimmt, je öfter man den Verſuch wiederholt. Wer gar nichts von dem Spiele weiſs, den führt ſein Beobachtungs - geiſt nur ſehr ſchwer darauf, daſs das Meſſer mit der linken Hand dem Nachbar übergeben werden müſſe. Noch hat der Gedanke dieſes Spiels das Gute, daſs er ſich auf tauſenderley Art abändern läſst. Sitzt ein Kreis junger Leute zuſammen,299 ſo kann jeder der Reihe nach ſo ein Que erfin - den und die andern verſuchen, ob ſie es wohl bemerken: Hierdurch würde die Sache zur wirk - lichen Uebung des jungen Beobachtungsgeiſtes.

64. Das Augenräthſel.

Bey dieſem Spiele muſs eine gewiſſe kleine Ver - richtung, die man verheimlichet, ob ſie gleich in der Gegenwart Aller geſchiehet, durchs Auge errathen werden, daher der Name. Die im Kreiſe befindliche Geſellſchaft wählt einen zum Caſſirer und errichtet unter gleicher Theilnahme eine gemeinſchaftliche Caſſe. Aus dieſer nimmt der Caſſirer eine beſtimmte Zahl Marken, wi - ckelt ſie in Papier, geht im Kreiſe von einer Per - ſon zur andern, und thut, als wenn er ſie einer jeden in die zuſammengeſchloſſenen Hände - be. Einer Perſon überläſst er denn auch wirk - lich die Marken. Jeder Theilnehmer beobach - tet die Bewegungen der Hände und die Verän - derungen der Geſichter, um daraus die Ueber - gabe der Marken zu ſchlieſsen, und hierin liegt die Nützlichkeit des Spieles. Iſt der Caſſirer fer - tig, ſo kömmt er zu Jedem mit der Frage: Wer hat die Marken? Die Antwort mag treffend oder fehlend ſeyn, ſo geht er erſt alle Perſonen300 mit der Frage durch, auch die nicht ausgeſchloſ - ſen, welche die Marken hat, um das Spiel deſto mehr zu verdecken. Iſt er endlich fertig, ſo nennt er den Innhaber der Marken, und dieſer zeigt ſie vor. Jeder Treffes erhält dann aus der Caſſe eben ſo viel, als im Gegentheile jeder Fehler hinein zahlt. Haſardſpiel iſt hier nicht; denn der Zufall hat dabey nichts zu ſchaffen; man gewinnt, aber es iſt wirklicher Erwerb durch angewandte Mühe. Man geht, ſo ſcheint es mir, zu weit, wenn man bey der Jugend allen Gewinnſt bey den Spielen entfernen will, folglich auch den, welchen ſie nur durch Anſtrengung erwirbt u. ſ. w. Will man demungeachtet um nichts ſpielen, ſo laſſe man die Kaſſe weg, und jeder Fehler bezahle ein Pfand. Wer die Marken hat - te, wird beym nächſten Gange Caſſirer. Aehn - lich iſt folgendes:

65. Der Ringſucher.

Die Geſellſchaft ſitzt im Kreiſe und jeder hält mit beyden Händen ein Band feſt, das durch einen Ring gezogen und mit beyden Enden zu - ſammengeknüpft iſt. Indem man nun den Ring in einem fort von Nachbar zu Nachbar ſchiebt301 und allenfalls dabey nach der Melodie: Jung fröblich und etc. ſingt:

Fort Ringelchen gleite behende wiſch wiſch!
Entſchlüpfe den Augen des Suchenden friſch;
Kommt dann dieſer Herr vor die unrechte
Thür:
So grüſst ihn liebkoſend mein Plumpſack -
chen hier.

Oder indem man durch ähnliche Action ihn zu ſchieben und zu verbergen vorgiebt: ſteht der Sucher im Kreiſe, durchſpürt Hände und Geſich - ter, um dem Ringe auf die Spur zu kommen. Glaubt er dieſe zu haben, ſo fährt er zu und hält die Hände feſt, in denen er ſie vermuthet. Hat er ihn wirklich erwiſcht, ſo giebt die Perſon, bey welcher er gefunden iſt, ein Pfand und muſs das Amt des Suchers übernehmen; im Gegentheile aber giebt ſie ihm einen Schlag mit ihrem Plump - ſacke, den jeder Sitzende dazu bereit hat, und der Sucher bleibt Sucher. Auf dieſe Art ent - ſtehn allerley lächerliche Auftritte und das Spiel iſt nicht bloſs übend für den Sucher, ſondern auch beluſtigend für die Andern.

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66. Die Freunde, oder der Wahrheitsſpiegel.

Es iſt eine bekannte Wahrheit, daſs der unſer Freund ſey, welcher uns unſre Fehler aufdeckt; leider iſt ſie aber nie recht Mode geweſen. Viel - leicht iſt die Jugend dafür empfänglicher; we - nigſtens meine ich es recht gut, indem ich ihr folgendes Spiel mittheile, das zwar ſchon ziem - lich bekannt iſt, aber hier etwas umgearbeitet erſcheint. Man theilt jedem von der Geſell - ſchaft ein Octavblatt Papier mit, worauf er oben ſeinen Namen als Ueberſchrift ſezt, dann rollt jeder dieſs Blatt zuſammen und wirft es, wie beym Loſen, in ein Behältniſs. Iſt dieſs geſche - hen, ſo zieht nun jeder ein Blatt heraus und ſchreibt unter den Namen etwas über die Per - ſon, die er gezogen hat, nieder. Dieſs et - was iſt Tadel, entweder den körperlichen An - ſtand im weitſten Sinne, oder das Verhalten der Perſon betreffend, wie man das nun vorher aus gemacht hat. Gebrechen des Körpers oder des Geiſtes können als unwillkührliche Gegenſtän - de, wie ſichs von ſelbſt verſteht, dem Tadel nie mit unterworfen werden. Hat jeder ſeinen kurzen Satz plan oder witzig, proſaiſch oder poëtiſch, doch immer mit Humanität und An -303 ſtande im Ausdrucke niedergeſchrieben: ſo wer - fen alle die zuſammen gerollten Blätter wieder hinein, vermiſchen ſie, ziehn ſie vom neuen, und ſchreiben ferner unter. Dieſs wird ſo lange wie - derholt, bis die Seiten voll geſchrieben ſind. Zieht Jemand ſeinen eigenen Nahmen heraus, ſo muſs er mit einem Andern das Blatt vertauſchen. Will man dieſs aber vermeiden, ſo kann man die Ziehung ganz weglaſſen und die Einrichtung ſo treffen, daſs Jeder das ledige Blatt, nachdem er ſeinen Nahmen darauf geſchrieben hat, dem Nachbar rechter Hand giebt, und daſs alle Blät - ter von Allen nach und nach rechts herum, von Perſon zu Perſon, bis an ihren Eigenthümer zu - rückgehen. Die Ziehung hat jedoch andre Vor - züge. Iſt man endlich mit dem Niederſchreiben der Bemerkungen fertig, ſo wählt man einen zum Vorleſer. Dieſer nimmt die Blätter, ſezt ſich abgeſondert, ſo daſs Niemand einſehen kann, zieht eines nach dem andern aus dem Gefäſse, nennt den Namen und lieſt die darunter geſchrie - benen Bemerkungen einzeln vor. Bey jeder hat die genannte Perſon das Recht, den ihr un - bekannten Kritiker zu errathen. Sie durchſpä - het zu dem Ende die Geſichter und ſucht ihm hieraus auf die Spur zu kommen. Hierin liegt das Beobachtende des Spiels, und nicht ſowohl in den Bemerkungen, welche man niederſchreibt304 und die auf Beobachtung gegründet ſind. Er - räth ſie den Kritiker, ſo muſs er ein Pfand geben. Im Gegentheile aber wiſcht er ungeſtraft durch. Jedes Pfand aber wird am Ende dadurch einge - löſt, daſs der Herr deſſelben einen ſeiner Feh - ler frey bekennen muſs. Hat man nach der obigen Angabe ohne Ziehung bloſs unter Cirkulation der Blätter die Bemerkungen ge - ſchrieben: ſo darf ſie der Vorleſer nicht nach der Reihe vorleſen, weil man ſonſt ihren Verfaſſer leicht abzählen könnte. Der übrige Nutzen des Spiels, beſonders in moraliſcher Hinſicht, iſt für den Erzieher deutlich genug; aber es verlangt gute Aufſicht und gute Stimmung der Theilneh - mer.

67. Das Federſpiel.

Dieſe kleine Spielerey kann für den Augenblick intereſſant ſeyn, ſo wie ſie bey aller ihrer Klein - heit nicht ohne Anſpruch auf Beobachtungsgeiſt und Beurtheilung iſt, wenn kleine Knaben oder Mädchen damit tändeln. Man kann das Mate - riale von Elfenbein gemacht zwar kaufen; beſſer iſts, Fritzchen macht ſichs ſelbſt. Er ſchneidet aus einem Schachteldeckel 60 oder 100 kleine Hölzchen, dick wie eine ſtarke Stricknadel, lang305 4 Zoll und bittet Fränzchen zur Theilnahme, weils ruhig im Zimmer zugehn ſoll. Er faſst alle Hölzer zuſammen und läſst ſie eine gute Spanne hoch aus der Hand herab, mit den Enden unten, auf den Tiſch fallen, dann liegt alles in einem verworrnen Haufen über einander. Jezt kommt es darauf an, ein Hölzchen nach dem andern von dem Haufen herabzunehmen oder zu ſchnel - len, doch ſo, daſs kein andres benachbartes da - durch im mindeſten bewegt oder berührt wird. Hierzu hat jeder ein ähnliches, kleines, doch am Ende etwas krumm und hakenförmig gebo - genes Holz zwiſchen den Fingern. Er betrach - tet den Haufen genau, ſucht ſich das am freye - ſten liegende Hölzchen, faſst es mit dem Haken und ſchnellt es behende von dem Haufen hin - weg. Dann macht er ſich über ein zweytes her, hebt es heraus u. ſ. w. ein Stück nach dem andern, ſo lange fort, bis ein benachbartes berührt oder durch das Wegſchnellen in Bewegung geſezt wird; dann kommt Fränzchen ans Spiel und macht es eben ſo. Wer am Ende die meiſten Hölzchen herab gebracht hat, iſt Gewinner.

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b) Einſame oder Soloſpiele.

Der Menſch iſt zur Geſellſchaft geſchaffen, da - her ſtehn einſame Spiele immer im Widerſpruch mit ihm, ſind nie ſo angenehm als die andern; und wenn ſie auch einen ſtarken Grad des Ver - gnügens gewähren: ſo werden ſie juſt hierdurch den Spieler in die Geſellſchaft zurück treiben, denn der Menſch kann ſchlechterdings nicht mehr allein ſeyn, wenn er ſehr vergnügt iſt. Für das Drückende der Einſamkeit im ſtrengen Sin - ne, möchte daher wohl kein Spiel taugen, wenn es nicht mit einem Grade von Geiſtesanſtren - gung verbunden iſt, der uns unſere ganze Lage vergeſſen macht. Allein von ſolcher Einſamkeit kann hier die Rede auch nicht ſeyn; es iſt aber oft der Fall, daſs die Jugend an Geſellſchaft von ihres Gleichen Mangel hat, daſs Eltern und Er - zieher am Spiele nicht Theil nehmen können, und daher im Falle, daſs weder Luſt noch Ge - legenheit zu irgend einer andern Beſchäfftigung da iſt, Spiele wünſchen, wodurch die Kleinen in ihrer Gegenwart oder Nähe unterhalten wer - den können. Für dieſen Fall giebt es einige Spie - le, die ich wohl nicht überſpringen darf. Ich rechne hierher

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68. Das Bilboquet.

Ein etwa 4Zoll langer, zierlich gedreheter Stab von Knochen, Holz oder Elfenbein hat am obern Ende eine kleine Schaale, die in Form einer Halbkugel ausgedrehet iſt; ſein unteres Ende lauft hingegen in eine Spitze aus. In der Mitte jenes Stäbchens iſt eine ſeidene Schnur befeſtigt, und an dieſer hängt eine Kugel. In derjenigen Stelle der Kugel, die beym Hängen die unter - ſte iſt, befindet ſich ein Loch. Der Spieler, wel - cher das Stäbchen mit den Spitzen der Fin - ger hält, übt, ſich die herabhängende Kugel durch einen ſchnellen Aufzug der Schnur in die Höhe zu ſchnellen und ſie mit dem Becher zu fangen, ſo daſs ſie darin liegen bleibt; dieſes iſt bald ge - lernt. Er kehrt das Stäbchen um, ſo daſs die Spitze nach oben ſteht, wirft wieder die Kugel aufwärts und ſucht die Spitze in das Loch zu bringen, um ſie ſo auf zu ſpieſsen; dieſs iſt weit ſchwerer. Die Bewegung der Kugel kann auf einige Arten abgeändert werden, am leichteſten iſt das ſenkrechte Heraufziehen, ſchwer wird das Fangen, wenn man ſie in einen Bogen bald von vorn, bald von der linken oder rechten Seite heraufſchwingt. Erleichtert wird das Fangen mit der Spitze, wenn man die Kugel mit den Fingern herumſchnellt, ſo daſs ſie beym FangenU 2308rotirt. Das Spiel iſt nicht neu. Heinrich III. von Frankreich ſpielte es ſchon. Es verlangt, bey aller Beſchränktheit, doch ziemlich viel Augenmaaſs und Beurtheilung der Behandlung des Materiale.

69. Das Bullenſpiel.

Ich meyne hier kein Stiergefecht, ſondern das Spiel mit dem Inſtrumente, welches der Bulle eines Dokuments ähnlich iſt; kurz das Joujou. Zwey zierlich gedrechſelte Scheiben von Holz oder Elfenbein ſitzen an einer gemeinſchaftlichen Axe, wie zwey kleine Räder, aber völlig feſt und ſo nahe zuſammen, daſs nur ein Meſſerrücken zwiſchen beyden Platz hat. An der Axe iſt ei - ne ſeidene Schnur befeſtigt; dieſe wird um die - ſelbe herumgewickelt, das Ende davon aber um die Hand geſchlungen, und das Inſtrument mit den Fingern derſelben Hand gehalten. Läſst man es fallen oder wirft man es in willkührlicher Richtung fort, ſo erhält es durch das ſchnelle Ab - wickeln der Schnur eine rotirende Bewegung und ſteigt wieder nach der Hand herauf, vermö - ge der Centrifugalkraft, indem ſich die Axe wie - der an der Schnur herauf wickelt.

Eine etwas geübte Hand benuzt dieſe Eigen - ſchaft auf allerley Art und ſchwenkt das Joujou309 nach Belieben in allen Richtungen. Dieſs Spiel iſt noch ganz neu und ſoll durch die revolutio - näre Vernichtung der franzöſiſchen Adelsdocu - mente veranlaſst worden ſeyn, indem dadurch der Adel ſowohl als dieſe Bullen, auſser der Centrifugalkraft, alle Kraft verloren. Es wur - de in manchen Städten bis zur Lächerlichkeit geſpielt, ſo daſs ſatyriſche Blätter und Kupfer - ſtiche dagegen erſchienen. Dem ungeachtet bleibt es ein unſchuldiges, nicht ganz unnüz - zes und unter den ſchon genannten Umſtänden nicht verwerfliches Spiel.

B. Spiele der Aufmerkſamkeit.

a) Geſellſchaftsſpiele.

70. Der Rechenmeiſter.

Die Geſellſchaft ſitzt in einer Reihe und jede Perſon derſelben ſtellt eine Ziffer vor, 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8 9, 0; ſind mehr als 10 Perſonen, ſo wird die eilfte wieder Null, die zwölſte 1 und ſo fort. Der Rechenmeiſter ſtellt ſich in einige Entfernung vor die Reihe und unterhält die Ge - ſellſchaft durch mündlichen Vortrag auf irgend eine Art, bald durch kleine Erzählungen, baldU 3310durch Fragen an dieſe und jene Perſon, doch immer ſo, daſs ſo viel Zahlen als möglich darin vorkommen. z. E. dieſe Nacht, es war viel - leicht 12, 3 oder 4 Uhr, (denn man träumt ge - wöhnlich die Zeit nicht mit,) träumte ich, es kämen 4 Kerl in mein Schlafzimmer, die ſich vor - genommen hatten, mir eine ſo derbe Motion zu machen, wie ſie, vielleicht ſind es 100 Jahr her, der berühmte Sancho zu machen die Unluſt hat - te. Die Thür knarrte wirklich in meinen 2 Oh - ren, 1, 2, 3, 4 Mal, ich hörte das Geſchlürfe von 8 Füſsen, ſah endlich die 4 Böſewichter ſich von 4 Seiten her meinem Bette nähern und be - merkte, daſs jeder Mine machte, einen der 4 Zipfel meines Betttuches mit ſeinen 2 Fäu - ſten felt zu faſſen, um mich bis zur Decke 8 bis 10 Schuh hoch in die Höhe zu prel - len. Zum Glück habe ich immer 2 Piſtolen im Bette, ich nahm eine davon, brannte los, und fort waren die 4 Kerl u. ſ. w. So oft der Re - chenmeiſter eine Zahl nennt, muſs die Ziffer auf - ſtehn und ihm eine Verbeugung machen; iſts ei - ne zuſammen geſetzte Zahl, wie oben die 12, ſo treten beyde Perſonen auf den Platz vor dem Rechenmeiſter, 1 auf die rechte Seite der 2, und bleiben ſo lange ſtehn, bis eine neue Zahl ge - nannt wird. Wer dieſe Geſetze nicht erfüllt, oder auch aus Verſehen aufſteht, wenn ſeine Zahl311 nicht genannt iſt, giebt entweder ein Pfand, oder erhält von dem Rechenmeiſter die Bezah - lung dafür mit dem Plumpſacke. Nennt aber der Rechenmeiſter eine Zahl, die nicht in der Geſellſchaft iſt, auch nicht von zwey oder meh - rern Perſonen durch Zuſammenſtellung gemacht werden kann: ſo giebt er ſelbſt ein Pfand, oder die Geſellſchaft jagt ihn mit ihren Plumpfäcken vom Platze und er verliert in beyden Fällen ſein Amt. Aehnlich iſt das Folgende.

71. Die orthographiſche Lehrſtunde.

Die Geſellſchaft ſitzt im Halbkreiſe, der Schreib - meiſter als Hauptperſon vor derſelben. Will man nicht um Pfänder ſpielen, ſo hat jeder, was Kna - ben weit mehr Spaſs macht, einen Plumpſack bey der Hand. Der Schreibmeiſter giebt jedem einen Buchſtaben, du biſt a, du b, du c, d, e, f u. ſ. w. Reicht die Perſonenzahl nicht das gan - ze Alphabet hinaus, ſo läſst man die ſelten vor - kommenden Buchſtaben weg. Die Vertheilung geſchieht nicht in der Reihe hin nach alphabe - tiſcher Folge, ſondern verworren durch einan - der, ſo daſs die Perſon n neben a ſitzen kann. Das Spiel nimmt ſeinen Anfang. So laſst uns denn, beginnt der Schreibmeiſter: unſre ArbeitU 4312anfangen, lieben Kinder! Gebt mir gehörig Acht, damit mein Lineal (der Plumpſack) nicht nöthig hat, auf euern Rücken Linien zu ziehen. Du, mein lieber Heinrich, buchſtabire mir einmal das Wort Rechtſchreibung. Dieſer erhebt ſich, läuft nach und nach zu den Perſo - nen R, E, C, H, T, buchſtabirt dabey laut r-e - c-h-t recht und zupft jedem Buchſtaben am Ohre. Gut mein Sohn, ruft der Meiſter, nun weiter! er buchſtabirt auf eben die Art ſ-c-h-r-e-i-b Was? du ziehſt mir das b mit in die Silbe? ſogleich erhält er vom Mei - ſter einen Klapps. Machs beſſer! ſ-c-h - r-e-i ſchrei. Gut! Jetzt kommt Heinrich in Verlegenheit, er weiſs nicht recht, ob die Silbe bung hart oder weich geſchrieben wird und dann hat er vergeſſen, welche Perſon das u vor - ſtellt. Sein Unſtern führt ihn zum p, er will es beym Ohr zupfen und Klapps! erhält er erſt von ihm und dann auch vom Schulmeiſter einen Hieb. Nun wandert er zum b, kömmt dann aber zum d weil er glaubt es ſey u. Das d giebt ihm wie - der einen Klapps, welchen der Meiſter gleich repetirt und ihn zum u hinführt. Endlich buch - ſtabirt er richtig heraus bung, und iſt damit fer - tig. Von Zeit zu Zeit wenn das Gelächter, das beym Ohrzupfen und Zuſchlagen oft losbricht, zu laut wird, klopft der Meiſter die Spieler mit313 dem Lineale zur Ruh. Aus dem bisherigen ergiebt ſich, daſs ein jeder genau aufmerken und behalten müſſe, wie die Buchſtaben vertheilt werden; denn wenn der Buchſtabirer zur un - rechten Perſon kommt, und wie vorhin das d zupft, wenn er das u zupfen ſoll, ſo erhält er von der Perſon d einen Streich, ſo wie vom Schreibmeiſter auch, der ihm wohl noch gar am Ohre zum u hinleitet. Der Schreibmeiſter muſs ſich die Buchſtaben eben ſo gut merken; denn auch er erhält einen Schlag, wenn er den Spie - ler zu einen falſchen Buchſtaben bringt, ſelbſt falſch buchſtabirt, falſch verbeſſert oder ein Wort aufgiebt, wozu nicht alle Buchſtaben da ſind.

Beyde Spiele haben Aehnlichkeit mit einan - der, daher ziehe ich ihre Beurtheilung hier zu - ſammen; der Rechenmeiſter erfordert weit mehr ſchnelle Aufmerkſamkeit, und iſt für flüchtige junge Perſonen trefflich. Die Hauptperſon erhält überdem Gelegenheit ihr Mundwerk auf allerley Art zu üben, und ihre Phantaſie in aller - ley kleinen Erfindungen anzuſtrengen. Noch weit vorzüglicher iſt aber die Orthogr. Lehrſtunde. Es fordert neben geſpannter Aufmerkſam - keit auch Gedächtniſs, und iſt mit weit mehr lächerlichen Auftritten verbunden, wenn die Geſellſchaft mit natürlicher UnbefangenheitU 5314ſpielt und der Schreibmeiſter etwas pedantiſirt. Ich halte es für eins der zweckmäſsigſten Spiele für junge Geſellſchaften. Kleine Kinder können bey gehöriger Einrichtung durch dieſs Spiel wirk - lich in der Ortographie zunehmen. Beyde Spie - le haben noch das Gute, daſs ſie einige Bewe - gung gewähren.

72. Kaufmann.

Der Plumpſack regirt bey dieſem ’Spiele ’eben ſo wie bey dem vorigen, ja noch mehr. Wird es gut gemacht, ſo verurſacht es viel Gelächter. Den Zank und Streitſüchtigen entferne man von allen Spielen, vorzüglich von dieſem. Von 6, 8 und mehr Perſonen iſt einer Kaufmann. Dieſer miſcht und theilt jedem drey Karten zu, das übrig - gebliebene Packet der Karten wird hernach der Reihe nach herumgegeben, und jeder ſucht ſeine Karten daraus ſo zu komplettiren, daſs er in drey Blättern entweder 31 Augen oder 3 gleiche Blät - ter z. Exemp. 3 Könige, 3 Achten etc. hat. Der Daus gilt eilf; jedes Bild und die Zehen, 10, wie das bekannt iſt; zwey Bilder und ein Daus, oder 2 Däuſer und eine Neun etc. ma - chen alſo 31 Augen. Sind die Karten ſo der Reihe nach herumgegeben, ſo nimmt der Kauf -315 mann den Reſt in Verwahrung und unterſucht, ob jeder ſeine 31 Augen oder drey gleiche Blätter habe. Wer ſie nicht hat, bekommt von ihm und jedem der Geſellſchaft einen Schlag mit dem Plumpſacke, der Kaufmann vertheilt dann vom neuem. So weit alſo iſt dem Spiele etwas Glück beygemiſcht, und um jeden ſeine Portion nach Billigkeit zukommen zu laſſen, müſſen die übrig gebliebenen Karten nicht immer einer Perſon zu - erſt gegeben werden, ſondern man rückt beyje - dem neuen Spiele damit auf die nächſte Perſon fort, daſs im erſten Spiele A, im zweyten B, im dritten C u. ſ. w. zuerſt die Karten bekommt.

Zu gleicher Zeit aber wird auch die Vorſich - tigkeit und Unbedachtſamkeit der Spieler mit ins Spiel gezogen; denn der Austheiler heiſst Kauf - mann, die Karten Waaren, der Plumpſack die El - le, die Kreide die Dinte, das Spiel von drey Kar - ten, ſo wie auch der Tiſch auf dem man ſpielt der Laden, und die Striche die man mit der Krei - de macht Rechnungen. Hat Jemand ſeine 31 Au - gen gefunden, ſo muſs er ſagen: ich ſchlieſse mei - nen Laden, und ſeine Karten dem Kaufmanne übergeben. Wer dieſe Gegenſtände mithin auch den Kaufmann mit ihrem wahren Namen nennt, erhält vom Kaufmann einen Strich. Zu dieſem Ende hat er die Namen aller vor ſich auf den Tiſch geſchrieben. Der Kaufmann darf alles ge -316 wöhnlich benennen; bemerkt er es aber nicht, wenn jemand die Sachen anders nennt, ſo macht ihm der Jemand einen Strich. Der Kaufmann hat daher ein ſehr ſchwieriges Amt, denn jeder Mit - ſpieler ſucht ihm Rechnungen anzubringen, und nennt folglich oft mit Fleiſs die Karte, Karte, die Striche, Striche u. ſ. w. wenn er ſieht, daſs der Kaufmann nicht aufmerkſam genug iſt. Wenn der Kaufmann die kompletten Spiele durchge - ſehn hat, und jeder, der es nicht komplet hat, dafür beſtraft worden iſt: ſo gehts auch an die Bezahlung der Rechnungen. Der Kaufmann giebt jedem ſo viel Streiche, als er Rechnungen hat, und erhält auch von dieſen zurück, was er bey ihnen an Strichen hat.

Auch dieſes Spiel erfordert viel Aufmerkſam - keit und Beſonnenheit, es iſt für die Spieler nicht ſo ganz leicht von den wahren Benennun - gen der Sachen zu abſtrahiren und die angenom - menen zu gebrauchen, ſo wie es für den Kauf - mann viel Schwierigkeit hat, beym Geſpräche durch einander die Fehler zu bemerken.

317

73. Das Advocatenſpiel und das Parlament.

Die Geſellſchaft ſitzt im Kreiſe, und in dem - ſelben befindet ſich der Sprecher oder Anführer des Spiels, der bald dieſe bald jene Perſon a redet, fragt u ſ. w. Allein die gefragte Perſon darf bey Strafe eines Pfandes, oder Streichs mit dem Taſchentuche, nie ſelbſt antworten; denn jeder hat ſeinen Nachbar linker Hand zum Ad - vocaten, der für ihn antworten muſs oder bey Unterlaſſung in die Strafe verfällt. Werden von dieſem oder jenem Fehler begangen, und der Sprecher merkt es nicht, ſo iſt er eben ſo ſchul - dig Die ganze Sache iſt einfach; ſehr ange - nehm und luſtig, wenn der Sprecher eine mun - tere Perſon iſt, die ohne Stocken immer Sprech - materien bereit hat, unaufhörlich frägt, ver - langt, ſich erkundigt, ſcherzt, bald dieſen bald jenen bey Nahmen ruft, auf eine luſtige Art an - klagt und ihn dadurch zur Antwort reizt; ſie verlangt ſchnelle Aufmerkſamkeit und iſt daher nützlich wie die vorigen Spiele. Allenfalls kann der Sprecher auch ſelbſt der Advokat einer Per - ſon ſeyn, auch ſelbſt einen Advokaten haben, wenn er ſich ſelbſt auf eine luſtige Art als Spre -318 cher anredet. Faſt daſſelbe Spiel iſt das ſoge - nannte

Parlament. Hier iſt einer König, ein ande - rer Canzler, Secretär, Parlamentsglied u. ſ. w. Der Sprecher iſt wieder in der Mitte, han - delt aber hier mehr von Staatsſachen auf eine komiſche Art, macht kurze Anträge, ob man ſich mit der Pforte alliiren, die Republick anerkennen, den Krieg fortſetzen, eine neue Taxe machen ſolle oder nicht; er ſammelt die Stimmen u. dergl. Jeder antwortet für den an - dern in fortgeſetzter Ordnung, der Canzler für den König u. ſ. w. Bey dieſem Spiele iſt in dem Falle noch weit mehr Aufmerkſamkeit als bey dem vorigen nöthig, wenn man die genannten Rollen durch Kartenblätter an die ſchon ſitzen - de Geſellſchaft vertheilt; denn nun ſitzt der Advokat nicht mehr neben demjenigen, an welchen ſich der Sprecher addreſſirt; der - nig iſt dann vielleicht auf dieſer, der Canzler auf jener Seite des Kreiſes.

74. Die Reiſe nach Jeruſalem.

Die Geſellſchaft ſetzt ſich in eine Reihe und vor ihr ſteht der Erzähler, der im Begriff iſt, ihr ſeine Reiſe nach Jeruſalem zu beſchreiben. Vor -319 her aber giebt er jedem ein Wort und zwar ein ſolches, das in ſeiner Erzählung oft vorkommt als, Schiff, Matroſe, Segel, Hafen, Anker, Wind, Sturm, See, Waſſer, Zwiback, Seeräuber, Inſel, Com - pas, Kanonen, Seekrankheit, Verdeck, Tau, Maſt, Hayfiſche u. d. gl. Man kann allenfalls auch je - der Perſon zwey dergleichen Wörter geben. So oft er nun in ſeiner Erzählung ein ſolches Wort ge - braucht, muſs diejenige Perſon, welcher es zuge - theilt iſt, ſchnell aufſtehn ſich herum drehen und ſtehn bleiben, bis eine andre zum Umdrehen ge - bracht wird. Vergiſst oder thut ſie es zur Unzeit, ſo bekommt ſie von dem Erzähler entweder einen Schlag mit dem Plumpſack, oder muſs ein Pfand geben. Kommt das Wort Jeruſalem in der Er - zählung vor, ſo müſſen ſich alle umdrehen bey derſelbigen Strafe. Hat der Reiſende ſeine Er - zählung geendigt, ſo werden die Pfänder wie - der eingelöſt.

Meine Herrn und Damen, ſie wünſchen von mir eine Erzählung meiner Reiſe nach Jeruſalem, und ich bin bereit, ihnen dieſe Waſſerreiſe, die ich in einem engliſchen Schiffe machte zu erzäh - len. Man kann auch zu Lande nach der ſchö - nen Stadt Jevuſalem, aber zur See iſts doch be - quemer, wenigſtens hat man auf der See nicht ſo viel vom Staube auszuſtehen, und bekommt man auch die Seekrankheit, ſo iſt die nicht ſo320 ſchlimm als die Stöſse, welche man auf übeln Wegen vom Wagen leidet; denn die Seektank - heit vergeht bald wieder, aber die Wege blei - ben ſchlecht, bis man zu Jeruſalem ankommt; erſt kurz vor Jeruſalem werden ſie beſſer. Un - ſer Schiff lag im Hafen von Portsmouth. Es war ein groſses Schiff; ein Schiff das viele Kanonen führte; das Ankertau, meine Herrn, war ſo dick wie ein Mann. Ich kaufte Proviant, Zwi - back u. dgl. ; die Matroſen lichteten den Anker, ſpannten die Seegel, löſsten die Kanonen zum Ab - ſchiede und ſchrieen alle: lebt wohl, es geht nach der ſchönen Stadt Wir waren kaum aus dem Hafen, ſo wurde mir das Herz ſchwer; ungern ſah ich das Land verſchwinden, aber der Gedanke an Jevuſalem beruhigte mich, auch war eine Seereiſe für mich etwas neues. Das Waſſer wurde nun nach und nach ſo groſs, die See ſo weit, daſs ichs nicht mehr überſehen konnte; der Wind gieng in den Rücken, blieſs ſtark, das Schiff flog davon, und ich dachte, wenn das ſo fort geht, werden wir bald nach Jeruſalem geblaſen ſeyn. u. ſ. w. Die Hauptſa - che bleibt, jene Wörter recht oft vorzubringen, damit die Zuhörer fleiſsig im Drehen bleiben; übrigens erdichtet man allerhand Vorfälle von Sturm. Verſchlagung, Landung auf einer Inſel, von Schiffbruch, Gefechten mit Seeräubern,321 groſsen Hayſiſchen u. ſ. w. Durch dergleichen Sachen läſst ſich die Erzählung aufmuntern, und iſt man geſchickt genug, ſie komiſch zu ma - chen: ſo werden die Zuhörer zum Lachen be - wogen und vergeſſen darüber das Umdrehen.

Dieſs Spiel iſt ſehr unſchuldig und macht die Jugend fröhlich; es iſt mit Lachen und mit ei - nem Grade von Bewegung verbunden, den der Erzähler dadurch vergröſsern kann, wenn er die gegebenen Wörter oft mit einflechtet. Es verlangt Aufmerkſamkeit der Zuhörer, um ih - re Wörter nicht zu verhören, und erhält ſie da - durch in ſteter Spannung. Aber ein geſchick - ter Kinderfreund könnte es mit unter auch nütz - lich machen. Er kann der Jugend da bey vie - lerley Begriffe beybringen, wenn er die Sache nicht bloſs zum Spaſse macht, ſondern ſie wie eine wirkliche Reiſe behandelt, zur Ab - wechſelung nicht immer zur See, ſondern auch zu Lande nach Jeruſalem reiſet und, was ja ganz unverwehrt bleibt, nicht immer Jeruſalem ſon - dern bald Boſton, bald Liſſabon, Petersburg, Moskau, Kopenhagen zum Ziele der Reiſe nimmt. Hierdurch kann dieſs Spiel eines der beſten von den belehrenden Spielen werden. Er muſs dann nur bey jeder von dergleichen Rei - ſen ſolche Wörter vertheilen, die ſich am häu - figſten in die Erzählung verflechten laſſen.

X322

75 und 76. Das Taubenſpiel und Farbenſpiel.

Die Geſellſchaft ſitzt im Kreiſe und jeder wählt ſich den Nahmen irgend einer Getreideart, Ger - ſte, Hafer, Erbſen, Weizen u. ſ. w. Einer von der Geſellſchaft macht den Anfang und ſpricht ſchnell: Ich laſſe meine Taube fliegen in hier nennt er ein von den gewählten Sämerey - en z. E. Gerſte! Derjenige, welcher den Namen davon genommen hat, ruft ſchnell: Nein, nicht in Gerſte ſondern in hier nennt er ſchnell wieder eine andere Saamenart und bringt ſo das Spiel auf einen andern, dieſer auf einen dritten u. ſ. w. Wer auf die Art aufgefordert iſt und nicht ſchnell[antwortet]; mit der Antwort gar aus leibt; nicht dieſelbe Redensart gebraucht oder durch Mangel an Faſſung eine Sämerey nennt, die von keinem Geſellſchafter gewählt iſt, giebt ein Pfand u. ſ. w.

Das Spiel iſt nicht nur unſchuldig und luſtig ſondern auch ſehr zweckmäſsig beſonders für junge Leute, die gern mit den Gedanken her - umflattern oder langſamen Kopfs, ich meine nicht ſchnellſchlüſſig (reſolut) ſind; denn es er - fordert Aufmerkſamkeit, ſchnelle Schlüſſigkeit,323 raſches Mundwerk und ſtete Gedächtniſshülfe im Behalten der Getreidearten.

Das Farbenſpiel läuft mit ihm auf eins hinaus, ich darf es daher nur ganz kurz angeben. Je - der hat ſeine Farbe, wie vorhin eine Getreide - art, gewählt. Einer macht den Anfang und ſpricht: meine braune Farbe iſt eine schöne Farbe, aber nicht die hässliche gelbe! Der, welcher Gelb hat, fällt gleich ein: nein, meine Farbe iſt eine bubsche Farbe, aber nicht die hier nennt er eine andere. So bringt einer das Sprechen auf den andern. Wer gar nicht, oder nicht gleich antwortet, wer an den Ausdrücken etwas ändert, oder ein Wort ausläſst, gibt ein Pfand, oder erhält von dem im Kreiſe ſtehenden Mahler einen Pinſelſtrich, d. i. einen Streich mit dem Plumpſacke.

77. Alle Vögel fliegen.

Ich führe dieſe kleine luſtige Poſſe hier mit an, weil ich nichts unſittliches und ſchädliches, aber wohl Vergnügen und eine kleine Verwendung des Geiſtes darin finde, die ich mit keinem andern Worte als Geiſtesſchnelligkeit oder ſchnelle Aufmerkſamkeit zu bezeichnen weiſs. Die zahlreiche Geſellſchaft ſezt ſich oder ſteht in einer Reihe und iſt äuſerſt aufmerkſam auf denX 2324Vorſpieler. Dieſer ſteht mit einem gedreheten Tuche vor der Fronte und harangirt ſie auf al - lerley Art, z. Beyſp. Meine Herrn, ich bin weit in der Welt herum geweſen, habe viel Län - der geſehn, und bin ein ſtarker Naturkündiger geworden, ich weiſs z. Ex. daſs alles was Federn hat fliegt, Sie müſſen freylich alle Bett - und Schreibfederbehältniſſe davon ausnehmen. Aber alle Vögel fliegen! Hier hebt er ſeine Hände auf, und alle Zuhörer müſſen in dem Au - genblicke daſſelbe thun, wer es nicht thut, be - kommt einen Schlag. Alle Enten fliegen, al - le Hühner fliegen, alle Rebhühner, alle Staaren fliegen. (So nennt er ſchnell hinter einander her allerley Vögelarten, und bey jeder müſſen die Hände von allen zum Zeichen des Fliegens ge - hoben werden. Aber plözlich nennt er mitten unter den Vögeln irgend etwas, das nicht fliegen kann, z. E. alle Berge fliegen, alle Pferde flie - gen. Die Hände ſind da einmal im Gange des Auffahrens, daher verſehen ſich immer einige und laſſen Berg und Pferd mitfliegen. Daſezts denn etwas ab, und dieſs macht Gelächter.

325

78. Der König iſt nicht zu Hauſe.

Einer iſt König, die Andern ſitzen ganz ernſthaft und arbeiten was ſie wollen; ſchreiben, zeich - nen, leſen, nähen, ſtricken u. ſ. w. Auf einmal ruft ſeine Majeſtät, der König iſt nicht zu Hauſe, da verändert ſich plözlich die ganze Scene nach dem Sprichworte, wenn die Katze nicht zu Hau - ſe iſt, ſo tanzen die Mäuſe auf Tiſch und Bän - ken; man ſingt und tanzt man thut was man will. Aber plötzlich und unvermerkt ruft Jener wieder: der König iſt wieder zu Hauſe und im Nu muſs ſich je - der an ſeinen Platz begeben. Der Letzte giebt ein Pfand. Der König entſcheidet es, wer ſeinen Platz zulezt erreichte. Irrt er ſich hierin, ſo giebt er ſelbſt ein Pfand und iſt abgeſezt, aber der un - ſchuldig Angeklagte wird König. Wer nach dem Ausrufe des Königs noch einen lauten Ton von ſich giebt, oder laut lacht, giebt auch ein Pfand. Der König muſs durchaus jedesmal einen als den Letzten angeben oder ein Pfand geben, wenn er es nicht kann.

Dieſs Spiel hat ſein Entſtehn dem Könige Frie - drich II. von Dänemark zu verdanken. Es war ihm oft unangenehm, ſeine Hofleute in ſteifer Hofregel um ſich her verſammelt zu ſehen. Dann rief er wie oben: der König iſt nicht zu Hauſe! und alles überlieſs ſich ſeiner natürli -X 3326chen Munterkeit, bis er des Lermens ſatt war und durch die andern Worte alle wieder in die Schranken der Ehrfurcht zurück rief. Das Spiel iſt unſchuldig und gut, es gewährt Fröh - lichkeit, einige Bewegung und fordert pünktli - che Aufmerkſamkeit. Für die kleinere Jugend iſt es ſehr beluſtigend, zumal wenn man ſtatt der Pfänder den Plumpſack wählt und den Lez - ten vom Könige damit verfolgen läſst.

79. Das Commandirſpiel.

Für kleine Kinder iſt dieſes Spiel vortrefflich; man kann, ſagt Baſedow, von dem es her - rührt: Leib und Seele der Kinder dadurch üben, Sachenlehre und Nahmenlehre dadurch erleich - tern; die gröſsern Kinder zu Lehrern der klei - nen machen; nützliche Anmerkungen auch et - was Sittenlehre einſtreuen, und die Jugend da - durch vergnügen. Wenn der Befehlshaber (Kin - derfreund, Lehrer) ſeine Sache verſteht: wenn er genug ſcherzt, genug abwechſelt, zuweilen Strafen in Scherz und kleine Belohnungen aus - theilt, und durch Mäſsigung den Ekel verhütet: ſo wird dieſer lehrreiche Zeitgebrauch die Kin - der immer ſehr vergnügen, und er iſt das beſte Mittel, in fremden und todten Sprachen den Kin -327 dern die zuerſt nöthigen Wörter und Redensar - ten beyzubringen. Ich mögte noch hinzu - fügen, es iſt ein gutes Mittel die Kinder zu schneller Aufmerkſamkeit, aufdas, was um ſie her gethan und geſagt wird, zu gewöhnen; auch kann es dazu beytragen, schnelle Folgſamkeit leiſten zu lernen.

Der Kinderfreund ſtellt die Kleinen vor ſich hin, um ſie alle leicht überſehen zu können, und beginnt, ſie bald durch Fragen, bald durch Befehle in Thätigkeit zu ſetzen. Z. Exempel: Gebt Acht! wenn ich ſage: wo iſt dieſs und das? ſo greift es an. Wo iſt der Kopf, die Bruſt, der Unterleib, die Schenkel, der Hals, die Beine u. ſ. w. Marſchirt! Halt! Ah, Carl ſtand nicht, er ſoll 2 Plumpſack lei - den. Detlef ſoll ſie ihm[geben]. Achtung! Streckt vor den rechten Arm, den linken, das rechte Bein, das linke; nun beyde! ha ha ha! das könnt ihr nicht. Bauz da liegt Fritz. Achtung! Marſchirt lauft ſteht! Wer kann am geſchwindeſten zum Sitzen kommen? Emilie war die klügſte; ſie ſetzte ſich gleich zu Boden. Bleibt ſtill ihr Mädchen! Ihr Kna - ben lauft! Ey Dorchen lief auch. Sie muſs mit den Händen auf dem Rücken ſtehn, bis ich zehn zähle. Ihr alle ſtellt euch drey bey drey in Haufen, ich will immer nur einenX 4328Haufen fragen, um zu ſehen, wer von dreyen am erſten antworten kann. Was iſt in der Stube ſchwarz? Die Tafel, der Hut, meine Schuhe, meine Strümpfe etc. was iſt weiſs? u. ſ. w.

Aus dieſem Beyſpiele, das ich aus des Er - finders Elementarbuche Band I. II. b. oder Sei - te 104 entlehne, wird man leicht erachten, wie dieſs Spiel angeſtellt werde. Belehrung, Mun - terkeit, Lachen, Scherz, Bewegung ſind hier ganz in der Gewalt des Befehlenden, und das Spiel iſt unerſchöpflich, wenn er es ſelbſt iſt.

80. Nachſprecheſpiele.

Alle Spiele dieſer Art verlangen mehr Aufmerk - ſamkeit als Gedächtniſs; denn gewöhnlich iſt die kleine Reihe von Gedanken leicht zu behalten und die Ordnung ihrer Verbindung unter einan - der iſt ſo natürlich und ſo leicht, daſs das Ge - dächtniſs wenig Mühe hat; allein beym ſchnel - len Herſprechen iſt nichts gewöhnlicher, als daſs man aus Uebereilung dieſen und jenen über - ſpringt oder an die unrechte Stelle ſetzt. Man ſieht in dieſem Falle ſeinen Fehler gleich hinter her ein, ein Zeichen, daſs die Schuld nicht am Gedächtniſſe, ſondern an der Aufmerkſamkeit329 lag, und daſs dieſe hierbey mehr in Anſpruch kommt als jenes. Daher ordne ich dieſe Spiele unter die Aufmerkſamkeit. Die Formeln derſel - ben, welche oft ziemlich lang ſind, werden Stück - oder Satzweiſe in der Geſellſchaft nachgeſpro - chen, ſo oft ein Satz im Kreiſe herum von jedem nachgeſprochen iſt, ſezt der Anfänger einen neuen hinzu, als: Ich verkaufe meine Perrucke; ich verkaufe die Ratte, die meine Perrucke zernagte; ich verkaufe die Katze, welche die Ratte fraſs, die meine Perrucke zernagte. ich verkaufe den Hund der die Katze biſs, welche die Ratte fraſs, die meine Perrucke zernagte. ich verkaufe den Stock, welcher den Hund ſchlug, der die Katze biſs, welche die Rat - te fraſs, die meine Perrucke zernagte u. ſ. w., wird in der Folge noch das Feuer das den Stock ver - brannte und das Waſſer verkauft, welches das Feuer löſchte. Das Nachſprechen muſs ſchnell, mit denſelben Worten, in eben der Ordnung ohne das geringſte Stocken geſchehen, ſonſt werden Pfänder bezahlt oder der Plumpſack ſpielt ſeine Rolle, den jeder für ſeinen Nachbar bereit hält. Dergleichen Spiele haben gemeinig - lich viel Luſtiges. Formeln der Art kann je - der leicht komponiren. Bekannt ſind die: Wenn mancher Mann wüſste etc. und die: der Herr ſchickt einſt den Jochen aus etc. und die: Es kam einſt eine Maus in unſer Bornhaus.

X 5330

Eine andre Gattung dieſer Nachſprechſpiele iſt mehr für die Uebung der Sprachorgane ge - macht. Es giebt davon eine groſse Menge, jede Provinz hat dergleichen; aber die meiften ſind ſchlecht, theils als bloſse Sylbenkompoſition oh - ne Verſtand, theils weil ſie mit Fleiſs ſo gemacht ſind, daſs durch das Verſehn in der Aus - ſprache ſchmutzige Ausdrücke entſtehn. Iſt dieſs vermieden, ſo haben dergleichen kleine Formeln, die man mehrmals hinter einander ſagt und bey denen man die Fehler ebenfalls auf irgend eine Art beſtraft, den Nutzen, daſs ſie die Sprachor - gane üben und auf einige Minuten luſtige Un - terhaltung gewähren. Bloſs als Beyſpiele, juſt nicht als Muſter mögen folgende gelten: Der Metzger wetzt das Metzger meſſer; Sechs und ſech - zig Schock ſächſiſche Schuhzwecken; Der Sperber fragt was machſt du Wachtel? Was fragſt du Sperber ſprach die Wachtel? Le ris tenta le rat; le rat tenté - ta le ris.

331

b Einsame Spiele.

81. Das Ringſpiel oder Nürnberger Tant.

Dieſs ziemlich allgemein bekannte Spiel, ver - langt nur Nachdenken, wenn man es noch nicht kann und den Verſuch macht die Ringe auf - und ab zu ſpielen; ſo bald man aber die ganz leichten Regeln des Spiels kennt, wird es bloſs zum Spiele der Aufmerkſamkeit und übt dieſe, ſo wie die Finger, und beſonders dann, wenn man ſich eine kaum hinreichende Zeit ſezt, in der die Ringe herab und heraufgeſpielt werden ſollen. Es ergiebt ſich daraus, daſs es nur von geringem Gehalte, allenfalls nur ein Spiel für kranke Kinder ſey, denen es erlaubt iſt, die Zeit zu vertreiben, weil ſie dieſelbe mit nichts ausfüllen können. Nur in dieſer Rück - ſicht folgende Beſchreibung nach Zeichnung 15. A iſt eine von Drat gebogene, vorn geſchloſ - ſene, ohne den Handgriff 7 Zoll lange Gabel; B ein Blech mit 7 Löchern durch welche 7 Stif - te herauf treten, die unten mit Köpfen verſe - hen, und oben zu Oehren umgebogen ſind. Je - des Oehr hält einen Ring von einem Zoll Wei - te; übrigens ſind die Ringe und Stifte auf eine Art mit einander verſchlungen, die man332 am beſten aus der Zeichnung ſehen kann. Das Spiel beſteht darin, die Ringe ſo auf die Gabel zu bringen, daſs zugleich alle Stifte von unten mitten durch die Gabel heraus treten und ein Sy - ſtem bilden, wie es in C gezeichnet iſt; ferner die Ringe auch wieder herabzuſpielen. Beydes läſst ſich durch Befolgung einer Regel zu Stande bringen, und die heiſst: Es hann kein Ring her - auf oder herunter geſpielt werden, es ſey denn, daſs nur noch ein einziger vor ihm auf der Ga - bel iſt. Nur die beyden erſten Ringe 1 und 2 machen davon eine Ausnahme, denn man kann ſie jederzeit von unten durch die Gabel hinauf - ſtecken und dann über ihren Schnabel ziehen. Um alſo den dritten herauf zu bringen, müſſen erſt 1 und 2 herauf geſteckt, und 1 wieder her - unter geworfen werden, dann kann man 3 von unten her durch die Gabel ſtecken und über den Schnabel ziehen. Oder will man den 7ten hinaufſpielen, ſo müſſen erſt 1, 2, 3, 4, 5, 6 hinauf und dann 5, 4, 3, 2 und 1 herabgeſpielt werden ehe man 7 hinauf bringen kann.

Einen Ring auf die Gabel bringen, heiſst ihn von unten her durch den Spalt der Gabel - ſtecken, oben horizontal darauf legen, bis an den Schnabel vorziehen und den Schnabel durchſtecken. Einen Ring abwerfen heiſst, das Gegentheil thun.

333

Man nehme die Gabel in die linke Hand, faſſe damit zugleich den Schwanz des Blechs B, halte dieſes unter die Gabel, die Ringe nach oben, und verfahre mit aufſtecken und abwer - fen wie folget. a bedeutet aufſtecken, b abwer - fen.

12a. 1b. 3a. 1a. 12b. 4a, 12a. 1b. 3b. 1a. 12b. 5a. 12a. 1b. 3a. 1a. 12b. 4b. 12a. 1b. 3b. 1a. 12b. 6a. 12a. 1b. 3a. 1a. 12b. 4a. 12a. 1a. 3b. 1b. 12b. 5b. 12a. 1b. 3a. 1a. 12b. 4b. 12a 1b. 3b. 1a. 12b. 7a. (Hier - mit ſind die beyden erſten Ringe hinaufgeſpielt nämlich 7 und 6.) 12 a. 1b. 3a. 1a. 12b. 4a. 12a. 1b. 3b. 1a. 12b. 5a. 1 2a. 1b. 3a. 1a Jezt hat der Spie - ler alle 7 oben. Auf folgende Art ſpielt er ſie wieder ab. 1b. 3b. 1a. 12b. 5b. 12a. 1b. 3a. 1a. 12b. 4b. 12a. 1b. 3b. 1a. 12b. 7b. (Jezt iſt ein Ring herunter. ) 12a. 1b. 3a. 1a. 12b. 4a. 12a. 1b. 3b. 1a. 12b. 5a. 12a. 1b. 3a. 1a. 12b. 4b. 12a. 1b. 3b. 1a. 12b. 6b; 12a. 1b. 3a. 1a. 12b. 4a. 12a 1b. 3b. 1a. 12b. 5b; 12a. 1b. 3a. 1a. 12b. 4b; 12a. 1b. 3b; 1a. 12b. Hiermit ſind die Rin -334 ge wieder abgeſpielt. Der Anfänger laſſe ſich dieſs vorleſen und verfahre mit den Ringen darnach, ſo wird er gewiſs nicht fehl gehen.

Hat das Inſtrument 7 Ringe, ſo ſpielt ſie der Geübte in 3 und 1 2 Minute auf und ab. Zu 9 Ringen braucht er 10 bis 12 Minuten, zu 20 Ringen würde er, nach darüber angeſtellten Be - rechnungen, über 64 Tage, zu 30 Ringen ſchon über 2760 Jahre, und zu 50 Ringen mehr Mil - lionen Jahre gebrauchen.

C. Spiele des Gedächtniſſes.

Das Gedächtniſs hat hier hauptſächlich nur die Rolle der Reminiſcenz, weil es bey dieſen Spie - len mehr darauf angelegt iſt, ſchon gehabte Be - griffe wieder zurück zu rufen, als neue einzuprä - gen. Hierdurch eignen ſich die hierher gehö - rigen Spiele zur Wiederholung wiſſentſchaftli - cher Kenntniſſe, und daher kommt es eben, daſs faſt alle wiſſentſchaftliche Spiele zu dieſer Ord - nung gehören. Man hat neuern Erziehern, als Erfindern ſolcher Spiele, oft den Vorwurf ge - macht, als wollten ſie Wiſſenſchaften zu Spielen herabwürdigen und Wiſſenſchaften durch Spiel beybringen. Allein wiſſentſchaftliche Kennt -335 niſſe mit jungen Lehrlingen unter gewiſſen Um - ſtänden im Spiel wiederholen, heiſst wohl nicht mit Wiſſenſchaften ſpielen und ſie herabwürdi - gen; ſondern ſich mit den Wiſſenſchaften an Zeit, Ort, Umſtände und Jugend anſchmiegen; und wenn Spiele der Art ſchon die Kenntniſs wiſſentſchaftlicher Gegenſtände vorausſetzen, ſo kann man ja nicht den Zweck haben, dieſe zu lehren, ſondern nur gelegentlich zu wieder holen. Wer über das Wiederholen etwas nachgedacht und gefunden hat, daſs dieſes Wiederkäuen ſchon gehabter, von aller Neuheit entblöſster Be - griffe dem menſchlichen Geiſte, aber beſonders der Jugend widerſtehend iſt, der wird in guten Spielen der Art nichts Anſtöſsiges finden, und für die Gründlichkeit nichts befürchten, weil es denn doch wohl immer gründlicher ſeyn mag, mit Campen Geographiſche Kenntniſſe zu wie - derholen, als Hübner auswendig zu lernen. Wiſ - ſentſchaftliche Spiele ſind überdem nichts weni - ger als neue Erfindungen; ſchon mit dem lech - zehnten Jahrhundert findet man Geographiſche, Heraldiſche, Mathematiſche, Hiſtoriſche, ſogar Juriſtiſche Spiele, wie man aus Clodii Bibliothe - ca luſoria ſehn kann. Alle Spiele dieſer Ord - nung ſind geſellſchaftliche.

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82. Das Reiſeſpiel.

Dieſes ſehr artige geographiſche Spiel rührt ei - gentlich von Herrn Campe her, der es in das ſiebente Bändchen ſeiner Kinderbibliothek einrückte. Hier iſt die Beſchreibung mit des Erfinders eigenen Worten und den nöthigen Ein - ſchaltungen:

Einer von uns ſtellt immer den Wanders - mann vor, dieſer verläſst das Zimmer, holt ſich Hut und Stock Kindern macht es noch mehr Vergnügen, wenn man ſie ſich ganz vermummen läſst geht dann an die Thür und ruft:

Holla! Holla! macht auf die Thür!

dann antwortet einer von uns, der den Hausva - ter vorſtellt, indeſs wir alle hier am Tiſche ſiz - zen:

Wer biſt du denn und was begehrſt du hier? darauf erwiedert der Wandersmann;

Ich bin ein Wandersmann und bitt um Nachtquartier.

Und der Hausvater antwortet:

Herein, herein, du Wandersmann!
geöffnet iſt die Thür;
doch willſt du übernachten hier,
ſo ſag uns erſt dein Sprüchlein an.

Nun muſs der Wandersmann ſich auf irgend einen Denkſpruch, auf ein Paar hübſche Verſe337 gefaſst gemacht haben. Die ſagt er dann; und dann ſpricht der Hausvater wieder:

Dein Sprüchlein iſt gar hübſch und fein;
komm denn und nimm dein Plätzchen ein.

Da kommt denn der Wandersmann völlig herein und ſetzt ſich neben uns an den Tiſch; und der Hausvater fährt fort:

Beſchreib uns nun, o Wandersmann,
die Reiſe, die du jetzt gethan,
vom Anfang an.

Der Wandersmann erzählt hierauf die gan - ze Route ſeiner (eingebildeten) Reiſe; nimmt die vorzüglichſten Städte, über die er gekom - men iſt, die Ströme und Meere, über die er ſchiffen muſste, und die merkwürdigſten Gebir - ge, über welche, oder zwiſchen denen hindurch ihn ſein Weg führte (und zwar bloſs den Nah - men nach). Man ſetzt dabey voraus, daſs er im - mer den geraden Weg genommen habe, und er muſs ſich daher hüten, in ſeinen Weg einen Ort zu bringen, den er, wenn er die Reiſe wirklich gethan hätte, nicht auch in der That hätte be - rühren müſſen.

Da bey dergleichen Beſchreibungen Bey - ſpiele immer nöthig ſind, ſo ſchalte ich hier gleich eine ſolche Reiſeroute des Verfaſſers ſelbſt ein: Ich reiſte von Hamburg nach Drontheim. Näm - lich zu Schiffe auf der Elbe bey Staade, Glück -Y338ſtadt, Ritzebüttel weg in die Nordſee, neben Helgoland vorbey, Rechts lieſsen wir die Küſte von Schleſswig und Jütland und ſegelten nach Norden bis Bergen Von hier giengs ziemlich be - ſchwerlich bis Drontheim.

Iſt ſo die Reiſeroute angegeben, ſo ſpricht der Hausvater abermals zu ihm :

Was ſahſt du denn o Wandersmann,
was man bey uns nicht ſehen kann?

Jezt kommt denn allerley Merkwürdiges von den Städten, Gegenden, durch die ſein Weg ihn geführt hat, und jeder von uns giebt acht, daſs er auch nichts Unwahres in ſeine Erzählung einmiſcht.

Dergleichen Merkwürdigkeiten waren: der Mangel an Trinkwaſſer und die Cyſternen zu Glückſtadt, die ſechs Baken und eine Blüſe zwi - ſchen Ritzebüttel und der Inſel Neuenwerke; der Haven Kuxhaven bey Ritzebüttel; die Inſel Helgoland; die Heringszüge an der Küſte von Bergen; die Stadt Bergen; der fürchterlich rau - he Weg zwiſchen Bergen und Drontheim nebſt der Geſtalt des Landes; das Gebirge Kölen mit den ſogenannten Bergſtuben oder Ruhehäuſern zur Bequemlichkeit der Reiſenden, und endlich die Stadt Drontheim. Alle dieſe Gegenſtände wurden im nöthigen Falle beſchrieben und er -339 klärt, woran die Zuhörer oft geſprächsweiſe Theil nahmen.

Sind dieſe Merkwürdigkeiten erzählt, ſo fragt der Hausvater von Neuem:

Welch Clima, welch Gewächs und welche
Sitten
fandſt du an jedem Ort, durch den dein
Fuſs geſchritten?

(Hier erzählt der Wanderer im vorliegenden Falle von der Sanftheit des Climas an der Nor - wegiſchen Küſte und giebt die Urſachen davon an, dann von der ſtrengern Kälte im Innern, auf den hohen Gebirgen; von den Schneſchuhen, womit die Normänner über dieſe Schneegebir - ge laufen; von dortigen Schneelawinen; von der Norwegiſchen Mode Bärte zu tragen und von den Produkten unter allerley erläuternden Bemerkungen.)

Hat der Wanderer auf alle dieſe Fragen richtig geantwortet, ſo ſagt endlich der Haus - vater zu ihm:

Hab Dank, hab Dank, du guter Mann,
für das was du geſagt.
Bleib bey uns bis es wieder tagt,
und nimm dieſs Schüſslein an.

Hierbey übergiebt der Hausvater dem Reiſenden einige Früchte, die zum Behufe des Spieles herbey geſchafft ſind. Bringt er aber imY 2340Gegentheil etwas Falſches in ſeine Erzählung, z. Ex. einen falſchen Ort, der auf dem Wege nicht liegt, oder ein Produkt, das in dem Lan - de nicht wächſt, läſst er z. E in Norwegen Ko - kosnüſſe wachſen, ſo fällt die ganze Geſellſchaft mit zuſammengedreheten Schnupftüchern über ihn her und jagt ihn mit den Worten zur Thür hinaus:

Fort, fort mit dir, du böſer Gaſt;
dieweil du uns beflunkert haſt!

Erwachſene Mitſpieler flunkern den Kleinen zu Gefallen, weil ihnen dergleichen Auftritte Freude machen, ſchon dann und wann mit Fleiſs einmal.

Eben daſſelbe Schickſal hat der Gaſt, wenn er auf die Fragen nichts zu ſagen weiſs, da ver - jagt man ihn mit den Worten:

Fort, fort mit dir du ſtummer Gaſt;
dieweil du nichts bemerket haſt.

Unter den belehrenden Spielen nimmt die - ſes einen vorzüglichen Platz ein; Erwachſene erhalten dadurch Gelegenheit, mit der Jugend al - lerley Geographiſche, Phyſiſche und Hiſtoriſche Kenntniſſe zu wiederholen, und die Kleinen An - laſs, das nicht nur wieder ins Gedächtniſs zurück zu rufen, was ſie hier und da gelernt haben, ſon - dern es auch auf eine neue Art einzukleiden und ſich im mündlichen Ausdrucke zu üben. Auf die -341 ſes lezte ſetzte ich vorzüglich viel. Was nun aber das Kleid betrifft, worin hier Unterricht als Spiel erſcheint: ſo iſt es mir faſt etwas zu leicht über - geworfen; denn es beſteht bloſs in dem Herein - kommen als Fremder, in den gereimten Fragen, den Plumpſäcken und einem kleinen Schmauſe. Die Hauptſache bleibt doch immer nur Erzäh - lung, und die Fröhlichkeit und Luſtbarkeit wird hauptſächlich nur durch den Ton der Geſell - ſchaft und den des Erzählers befördert; bleibt dieſer Leztere zumal immer nur bey allgemeinen geographiſchen Angaben ſtehen, weiſs er nicht ſo ins Einzelne zu gehn, als wenn er die Reiſe wirklich gemacht hätte, hat er nicht die Kunſt lebhaft und anſchaulich zu beſchreiben und ein Späſschen mit unter zu machen: ſo fällt die Sache ins Langweilige. Dagegen weiſs ich hier keinen Rath, als daſs ſich Jeder einzelne Stellen aus guten Reiſebeſchreibungen ganz zu eigen ma - che, und hierauf ſeine Erzählung gründe.

Um die Einkleidung für kleine Zuhörer noch ſpielähnlicher zu machen, rathe ich zur gänzli - chen Verkleidung des Wanderers; ſie kann zur Belebung des Spiels dienen.

Ferner wäre es vielleicht gut, daſs man es den Zuhörern, den Hausvater ausgenommen, zur Pflicht machte, auf die Art des Vortrags zu achten, und dem Reiſenden bey einem bemerk -Y 3342ten argen Sprachfehler durch den Zuruf auf - merkſam zu machen.

Ey holt doch die Grammatik her
der Herr ſezt Wörter in die Quer!

Jezt würde der Fehler in Proſa berichtiget und hinzugeſezt

Heraus heraus mit einem Pfand,
denn Wörter ſind bey uns kein Tant.

Der Reiſende und der Hausvater im Gegen - theile müſsten zugleich darauf Achtung geben, daſs die Herren Cenſoren jedesmal ohne Aus - nahme, jeder ein Pfand gäben, wenn ſie einen Sprachfehler oder ein unedles Wort durchlieſsen, ohne es durch den obigen Vers an - zukündigen. Alle Pfänder werden am Ende des Spiels eingelöſt. Hierdurch glaube ich, könnte das Spiel mehr Spiel und zugleich mehr Beleh - rung werden.

83. Das Geographiſche Kartenſpiel.

Ich darf bey dieſem Spiele nicht umſtändlich ſeyn; denn diejenigen, welche es gebrauchen wollen, müſſen es doch kaufen, und da erhal - ten ſie mit den Karten zugleich eine vollſtändi - ge Beſchreibung.

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Die drey hundert kleinen Karten dieſes Spiels betreffen bloſs Deutſchland in ſeinen 10 Kreiſen und Nebenländern. Den Unterſchied der Farben im gewöhnlichen Kartenſpiele ma - chen hier die Kreiſe und die Nebenländer Böh - men, Mähren, Schleſien, Lauſiz werden auch als ein Kreis angeſehen. Die Karten ſind bey jedem Kreiſe folgende;

1. Kreiskarte (Daus) auf ihr ſteht ein Ver - zeichniſs der Kreisländer.

2. Kreis Produktencharte (König) nennt die Hauptprodukte

3. eine Stromkarte (Dame) enthält die Be - ſchreibung eines Stromes, indem ſie den Ur - ſprung, Gang, Ausfluſs und ſeine Nebenſlüſſe anzeigt. (Es ſind aber nur 6 dergleichen Kar - ten im Spiele, dieſs ſcheint mir fehlerhaft. Der Verfaſſer hätte die Haupt - und Nebenflüſſe und Seen jedes Kreiſes auf einem Blatt anzeigen und ſo 11 Gewäſſerkarten ins Spiel bringen lollen.

Ferner vermiſſe ich als vierte die Bodenkarte, welche die Beſchaffenheit des Bodens, die Ge - birge und Berge, Haiden und Waldungen etc, und Kultur hätte anzeigen können.

4, 5, 6 u. ſ. w. folgen nun die merk - würdigſten Städte, jedes Kreiſes. Die vorzüg - lichſte iſt mit Nro. I, die folgende mit II und ſo fort bezeichnet, ſo daſs beym Spielen Nro. IY 4344alle folgende ſticht. Auf jeder dieſer Stadtkar - ten iſt angezeigt, ob die genannte Stadt eine Haupt-Reſidenz-Handels - oder Fluſsſtadt, ei - ne Feſtung, eine Univerſität ſey; ſie zeigt die Zahl der Einwohner, die Beſchaffenheit und ei - nige Merkwürdigkeiten.

Endlich gehört zu dem Spiele noch eine Landkarte, ein bloſser Umriſs von Deutſchland, der nichts enthält als die Kreisgränzen, Flüſſe und Städte, doch ohne alle Namen.

Man nimmt nur ſo viel Kreiſe als Mitſpieler da ſind, und von den Kreiſen die Karten 1, 2, 3, als Daus, König, Dame, und ſo viel Städte als den Mitſpielern durch den Geographiſchen Un - terricht bekannt ſind, alſo 10, 12, 20 und mehr. Alle dieſe ausgewählten Farben miſcht und giebt man, jedem Spieler 6, die andern werden zum Abnehmen hingelegt, die oberſte davon wird aber aufgeſchlagen, und dadurch alles zum Trumpf gemacht, was zu ihrem Kreiſe gehört: iſt z. Exempel die umgeſchlagene Karte Schwein - furt: ſo ſind alle Karten des fränkiſchen Krei - ſes Trumpf.

Ehe es noch zum Ausſpielen kommt muſtert jeder ſeine Karten; hat er 4 Städte, die ſich in einer oder mehr Rückſichten gleichen, z. Exem - pel 4 Städte die darin übereinkommen, daſs ſie Manufacturſtädte, Handelsſtädte oder Fluſs -345 ſtädte, Feſtungen oder Univerlitäten u. ſ. w. ſind, welches ihm die Karten anzeigen: ſo ſagt er: ich melde 4 Univerſitäten oder u. ſ. w. eben ſo kann er vier Kreiskarten u. ſ. w. melden. Oft kommen die Städte in doppelter, drey, vier, und fünffacher Rückſicht überein, dann ſagt er, ich melde doppelt, dreyfach u. ſ. w. Dafür ſchreibt ihn der Vorſteher des Spiels ein, zwey, drey Augen gut. Hierauf wird von der Vorhand ausgeſpielt, die andern müſſen von derſelben Farbe bedienen, wenn ſie davon ha - ben, ſonſt dürfen ſie auch mit Trumpf ſtechen. Nach jedem Stiche wird abgenommen, und man kann von neuem melden, doch keine der vorigen Städte in derſelben Qualität. Dann wird wieder ausgeſpielt, und ſo fort, bis der liegende Haufen vergriffen iſt.

Hieraufzählt jeder die Karten der Stiche, die er gewonnen hat, und jede wird mit einem Au - ge in der Rechnung gut geſchrieben. Iſt dieſs geſchehen, ſo geht das examiniren an. Man muſs die Städte und Flüſſe, welche die Karten enthalten, auf der Landkarte zeigen, ohne erſt lange zu ſuchen; fehlt, ſo wird man ein Au - ge abgeschrieben, und derjenige von den Mit - ſpielern, welcher zurecht weiſt, erhält eins gut. Endlich nimmt der Vorſteher den Spielern die Stiche ab, und da iſt jeder verbundenY 5346von den Städten, die in ſeinen Stichen waren, das Merkwürdigſte zu ſagen. Kann er gar nichts vorbringen, oder ſagt er etwas Unrichtiges; ſo wird ihm ein Auge ab und dem gut geſchrieben, der ihm aushilft. Am Ende wird jedem die Rechnung gemacht, und derjenige, welcher die meiſten Augen hat, gewinnt den Preis, der in eingeſezten Marken oder Obſt und dergleichen beſteht. Man kann auch mit denſelben Karten L’Hombre, Quadrille oder noch beſſer Treſet ſpielen.

Wenn man dieſs Spiel mit der Jugend vor - nehmen will, ſo muſs die Geographie von Deutſchland von ihr ſchon bis zu einem mäſsigen Grade gefaſst ſeyn, ſonſt läſst ſich’s nicht ſpielen. Sie würde ſehr bald die Karte wegwerfen, wenn ſie das Spiel unauf hörlich daran erinnerte, daſs ſie nichts wüſste. Hieraus ergiebt ſich die Ab - ſicht des würdigen Verfaſſers, des Hrn. Cam - pe, von ſelbſt, nämlich die, daſs er es nicht zur Erlernung oder zum Unterricht in der Geo - graphie gemacht hat, ſondern bloſs zur gele - gentlichen Wiederholung in müſsigen Stunden nach Tiſche. Kenntniſſe laſſen ſich ſchwerer erſpielen als erarbeiten. Dieſs ſage ich zum Troſte derjenigen Herren, die ohne alle pädago - giſche Einſicht, die wahrhaftig nicht bloſs durch Lesen erworben wird, Pädagogik beurtheilen347 wollen. Ich ſelbſt habe lange Vorurtheil gegen dieſs Spiel gehabt, nach gründlicher Prüfung, die ich nach zwölfjährigem Unterrichte wohl anſtellen konnte, habe ich aber gefunden, daſs es vortrefflich ſey, ob ich gleich damit nicht ge - ſagt haben will, daſs man Geographie überall nicht beſſer repetiren könne. Die Vortheile dieſes Spiels ſind kurz dieſe: Eine Menge von geographiſchen Notizen geht den Kindern nach und nach durch die Hände, die Lage von vielen Städten wird bey jedem Spiele mit Schnellig - keit angezeigt; durch das ganze Spiel hindurch werden beym melden mancherley Aehnlichkeiten der Städte verglichen, und am Ende die Merk - würdigkeiten jeder Stadt, die dieſsmal mit ins Spiel aufgenommen iſt, rekapitulirt. Alles dieſs iſt mit Gewinn an Augen verbunden, ohne wel - che das Spiel nicht gewonnen werden kann, daher entſteht für Kinder ein ſtarker Reiz, in den Inhalt der Karten, ſo wie ſie in die Hände kommen, ſogleich einzudringen und die darauf enthaltenen Data zu faſſen, d. i. Geo - graphie zu repetiren. Der Vorſteher muſs aber Geographie verſtehen.

Möchte doch Herr Campe den Gehalt der da - zu gehörigen Karten noch weiter vervollkomm - nen, hierin lieſse ſich noch ſehr viel thun . Ferner iſt das äuſere der Blätter ſehr elend. Mit348 Karten auf ſolch Papier läſst ſich faſt nicht ſpie - len; es müſste wirkliches Kartenpapier dazu ge - nommen und das Format der Karten dazu ge - wählt werden. Es giebt noch viel derglei - chen Spiele von ſehr verſchiedenem Werthe, hier mag es genug ſeyn, das beſte angeführt zu haben, wonach jeder Lehrer der Luſt dazu hat, ſich das Materiale zu Spielen über jedes Land ſelbſt ver - fertigen kann. Zum Beſchluſs noch folgende Anzeige von dergleichen Spielen:

  • Anleitung zu einem Geograph. Kartenſpiele über die Schweiz in Ta - bellen. Zürich. 1785.
  • Geograph. Zeitvertreib nebſt 80 geograph. Spielkarten. Stuttgard. 1787. 8. Ggr.
  • Geograph. Spiel für Kinder von 6 bis 9 Jahren, enthaltend eine Kenntniſs der Karte von Europa. Bremen bey Cramer 1780. 8 Ggr. Iſt wenig werth.
  • Geograph. Spiel für Kinder. Preſsburg bey Löwe 1785. 1 Rthlr. 16 Ggr.
  • Etwas zur mathematiſchen und natürlichen Geograph. in Form eines Spiels für Kinder, Bremen 1780.
  • Ruſsland ein geograph. Kartenſpiel. Riga bey Hartknoch. 16 Ggr.
  • Hiſtoriſch geogr. Kartenſpiel von Bayern und der Oberpfalz von V. Ball. München 1782. 12mo.
349

84. Hiſtoriſch-Chronologiſches Spiel.

Dieſes Spiel rühret von Herrn P. F. Catel in Berlin her, der es 1791 durch eigenen Verlag bekannt machte. Ich darf nur eine kurze An - zeige davon geben, denn wer es ſpielen will, muſs es ſelbſt kaufen; doch ſoll ſie ſo vollſtändig ſeyn, daſs jeder ſelbſt ein Spiel danach machen kann.

Der Verfaſſer hat auf 40 Duodez Kartenblät - ter die Nahmen der merkwürdigſten Perſonen aus der alten und neuen Geſchichte geſezt. Für die erſten unbekannten beyden Jahrtauſen - de ſind nur zwey Blätter beſtimmt. Vom Jahr 2000 an bis zu uns, hat jedes von den 38 Jahr - hunderten ſeine Karte. Jede Karte hat die Nah - men von 12 der berühmteſten Personen aus einem Jahrhundert. Die Jahrhunderte ſind in 3 Men - schenalter getheilt, und darnach die Karten in 3 Columnen über einander, welche durch Linien ge - trennt ſind. In jeder Columne ſtehn 4 berühmte Nahmen von Perſonen, die in demselben Drittheile des Jahrhunderts lebten. Jede Karte hat oben das Jahr der Welt, und im nöthigen Falle die Zahl des Jahrhunderts nach Chriſti Geburt. Hier iſt eine ſolche Karte zum Beyſpiel.

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5791. (18)

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Das ganze Spiel enthält folglich 480 berühm - te Nahmen. Dieſe ſind nach alphabetiſcher Ord - nung in einem zum Spiele gehörigen Buche hiſto - riſch kurz erläutert, um im nöthigen Falle nach - ſchlagen zu können. Zum Spiel gehören ferner noch 40 andere Karten, auf denen bloſs die Jahrzah - len der Jahrhunderte ſtehn, und endlich noch 12 Blätter, die mit den Zahlen 1. 2. bis 12 bezeich - net ſind.

Die Nahmenblätter werden gemiſcht, und ge - braucht wie bey einem Zahlenlotto. Man theilt ſie der Geſellſchaft aus, und für jedes Blatt be - zahlt die Perſon 4 Marken in den Pot. Jeder legt die Karten offen vor ſich auf den Tiſch nach chronologiſcher Folge.

Die Ziehung beginnt. Man miſcht die an - dern Blätter mit den Zahlen der Jahrhunderte und zieht 10 heraus. Jeder Spieler ſieht ſogleich351 nach, ob er von den gezogenen Jahrhunderten eines unter ſeinen Blättern habe; er nimmt es heraus und legt die übrigen Karten indeſs bey - ſeite, ſo daſs nur die zehn gezogenen Blätter auf dem Tiſche bleiben. Jezt kommt es zur 2ten Ziehung. Man miſcht nämlich die Blätter mit den 12 Zahlen und zieht 4 davon aus. Da jeder Nahme auf den Karten mit einer darü - bergeſetzten Zahl bezeichnet iſt, ſo werden durch dieſe Ziehung die Nahmen ſelbſt be - ſtimmt. Stehen ſie als gleichzeitige Perſonen in einer Columne neben einander, ſo hat man eine Quaterne; ſind 3 oder nur 2 davon in einer Columne, eine Terne oder nur eine Ambe; fal - len ſie vereinzelt, ſo hat man einfache Auszüge. Jezt werden die Perſonen der Reihe nach aufge - fordert, von ihren berühmten Nahmen etwas zu erzählen, und hiernach richtet ſich der Ge - winn. Wer eine Quaterne hat, und weiſs von allen 4 Perſonen etwas vorzubringen, bekommt die Quaterne in 30 Marken aus dem Pot be - zahlt; kann er nur von 3, 2 oder gar von einer Perſon erzählen, ſo erhält er rückſichtlich die Terne mit 14, die Ambe mit 8 oder den Auszug mit 2. Der Nahme von dem man nichts weiſs, wird als nicht gezogen angeſehen, und man gibt Strafe dafür in den Pot. Wer folglich ge - winnen will, muſs ſich mit der Geſchichte der352 aufgenommenen Perſonen bekannt machen und ſie zu behalten ſuchen.

Die Erfindung iſt gut erſonnen; ſie kleidet nützliche Kenntniſſe auf eine geſchickte Art in das Gewand eines Spiels. Aber es kann nur von jungen Leuten geſpielt werden, die 1) den hiſtoriſchen Curſus ſchon vollen - det haben und dann das alphabetiſche Nah - menregiſter zur Wiederholung durchlaufen. Kinder, die bey dieſen anfangen und hiſtoriſche Nahmen und Facta behalten ſollen, ohne hiſto - riſche Vorkenntniſs und Ueberſicht, füllen ihren Kopf mit dunkeln Begriffen und falſchen Vor - ſtellungen an; und fahren überhaupt beym Spiel zu kurz, woran ſie doch nicht ſchuld ſind. 2) Nur ſolche, die nach gleicher oder ſehr ähnlicher Me - thode der Zeitrechnung unterrichtet ſind, ſonſt möchten leicht Verwirrungen entſtehen. Kurz, wenn man für wiſſenſchaftliche Spiele überhaupt geſtimmt iſt, ſo laſſe man hier Kinder von ziem - lich gleichmäſsigen hiſtoriſchen Kenntniſſen, die einerley Unterricht gehabt haben, zuſammen ſpielen; oder noch beſſer, verfertige ſich nach dem vorgetragenen Curſus der Geſchichte ſelbſt ein Spiel nach dem Modelle des obigen.

353

85. Regentenſpiel.

Man ſchreibt die Nahmen der Regenten, ihrer Gemahlinnen und ihrer Reſidenzen einzeln auf Stück - chen Kartenblätter oder Pappdeckel, die nicht gröſser als ein Dominoſtein ſind, vertheilt ſie, und läſst Domino damit ſpielen. Da legt einer den König von England auf, wer die Königin hat, legt ſie daran, dann folgt der dritte mit der Reſidenz. Wer die Reſidenz hat fährt jedesmal fort, wieder einen neuen König anzulegen. Wer alle drey beſitzt, legt gleich alle drey hin - tereinander hin, u. ſ. w. Wer zuerſt mit ſei - nem Kärtchen zu Ende iſt, erhält von jedem Mitſpieler ſo viel Mandeln, Roſinen und dergl. als er noch Karten in Händen hat.

Dieſs Spiel iſt im Buchladen zu haben*)Es erſchien bey Schöps in Zittau ohne Jahr, damit es neu bleibe.. Für die kleine Jugend iſt es nicht, denn was ſoll die mit der Regentenliſte, ehe ſie weiſs, was ein Regent iſt. Die Erwachſenern können es bisweilen mit Vortheil gebrauchen, wenn ſie ſonſt nicht, wie ich ſehr fürchte, mehr Ge - ſchmack an den Mandeln und Roſinen als an den Nahmen finden. Knaben ſollten hier lie - ber den Plumpſack zur Hülfe nehmen, und den, welcher zuerſt fertig wird, berechtigen, ſeinenZ354Mitſpielern ſo viel Streiche zu geben, als ſie noch Blätter in Händen haben. Wem das Spiel Bedürfniſs iſt, der wird es leicht, nach der neueſten Einrichtung, die der Tod an den - fen veranſtaltet hat, verfertigen können.

86. Phyſikaliſches Kartenſpiel. *) zur angenehmen und nützlichen Unterhaltung für Kinder. Qued - linburg bey Ernſt. 1792. 12. 12 gl.

Ein Erwachſener von der Geſellſchaft iſt Aufſe - her, dieſer miſcht und vertheilt die Karten, de - ren dieſs Spiel 40 im Zwölftelformat hat. Auf denſelben ſtehen allerley Fragen aus der Phy - ſik; nahmentlich handeln 7 Blätter von den Körpern überhaupt und ihren Eigenſchaften, 4 vom Feuer, 2 vom Lichte, 3 von der Luft, 3 von dem Waſſer u. ſ. w. von der Elektricität, dem Magnete, von dem Weltgebäude, von den Körpern auf der Erde und von den Lufterſchei - nungen. Jede Karte iſt beziefert und hat 6 Fragen, die Antworten ſtehn zum Nothbedarf in einem kleinen dazu gehörigen Büchelchen, oft noch durch Anmerkungen erläutert. Der Auf - ſeher theilt jedem ſeiner Geſellſchaft ein Kar - tenblatt zu, und giebt ihm 15 Marken in den355 Kauf. Auf dem Tiſche ſteht die Kaſſe mit Mar - ken. Iſt dieſs ſo veranſtaltet, ſo nimmt er das Büchelchen zur Hand, läſst ſich die Nummern der Karten der Reihe nach ſagen und die darauf - ſtehenden Fragen friſch weg beantworten. Wer das kann bekommt die Zahl von Marken als Gewinnſt, welche im Buche notirt ſteht, oder giebt im entgegengeſetzten Falle die ebenfalls beſtimmte Strafe. Sind die Blätter durchgefragt, und nach dem Buche die Antworten berichtigt, ſo werden wieder Karten ausgetheilt u. ſ. w.

Dieſe ganze Compoſition iſt elend, ſie taugt weder als Spiel, noch als Unterricht. Als Spiel; denn das bloſse Examinatorium liegt nackt am Tage, die Kinder werden es in alle Ewig - keit nicht glauben, daſs dieſs Spielen heiſse. Als Unterricht; denn der Verfaſſer hat ſich kei - ne beſtimmte Subjecte des Unterrichts gedacht, daher ſtehen hier die abſtracteſten Ideen neben den ſimpelſten Begriffen, als: Ausdehnung, Un - durchdringlichkeit, Bewegbarkeit, Ort, Schwe - re. Iſt das für Kinder? Nun denn für Jüng - linge; was ſollen denn die aber mit manchen andern Fragen, als: was iſt ein Berg? Ueber - dem ſind manche Sachen verworren vorgetra - gen, z. Exemp. was iſt verſteinertes Waſſer, was ſind fliegende Sonnen. Dochſchon zu viel. Wer dem ungeachtet glaubt Nutzen aus dieſemZ 2356Spiele ziehen zu können, der muſs das Materi - ale deſſelben kaufen. Weit beſſer aber wäre es, wenn jeder Jugendlehrer eines nach der Form des obigen Catelſchen hiſtoriſchen Spiels für das beſtimmte Bedürfniſs ſeiner Zöglinge entwürfe.

D. Spiele der Phantaſie und des Witzes.

Alle ſind geſellſchaftliche.

87. Das Spiel der Aehnlichkeit.

Die verſchiedenartigſten Gegenſtände haben unter gewiſſen Beziehungen noch Aehnlichkeit mit einander, und wenn ſie auch in Gröſse, Form, Maſſe u. ſ. w. noch ſo unähnlich ſind. Meine Schreibfedern und die Tanne im Walde haben in allen jenen Punkten nichts mit einander ge - mein, aber ſie ſind doch beyde gewachſen und haben hierin Aehnlichkeit. Dieſer Umſtand hat zu einem ſehr angenehmen und nüzlichen Spiele Anlaſs gegeben. Man ſezt ſich in einen Kreis zuſammen und giebt ſich der Reihe herum der - gleichen Aufgaben. Gewöhnlich nimmt man357 nur zwey Gegenſtände, man kann unter gewiſſen Umſtänden aber auch drey und mehrere geben. Als Beyſpiele muſs ich hier einige herſetzen. Welche Aehnlichkeit finden ſie, fragt A den B, zwiſchen einem Marmorblock und Papier? Antw. Sie können beyde zu Denkmälern gebraucht werden. Zwiſchen Stahl und Glas? Sie gehö - ren beyde zum Mineralreich. Sind beyde ſehr hart können beyde zu Inſtrumenten ge - macht werden, womit man Feuer anzündet. Zwiſchen einem Clavier, einer Blume, einer Ana - nas? Sie vergnügen alle drey die Sinne. Zwi - ſchen dieſem marmornen Briefbeſchwerer und ei - nem Schwätzer? Sie beſchweren beyde. Zwiſchen einer Taſchenuhr und der Sonne? -- Sie zeigen beyde die Zeit an. -- Zwiſchen dem Fe - dermeſſer dort und dem Glaſe? Man kann ſich mit beyden verwunden. Beyde ſind fa - brikmäſsig gemacht u. ſ. w. So oft Jemand kei - ne Aehnlichkeit finden kann, bekommt er abge - redetermaſsen den Plumpſack, oder muſs ein Pfand geben. Will man dieſe Beluſtigung noch mehr in das Gewand eines Spiels verkleiden, ſo lege man ſich eine Sammlung von 500 bis 1000 dergleichen Wörtern an, ſchreibe davon je 10 oder 20 auf die Seiten eines kleinen Buches und numerire die Wörter jeder Seite von 1 bis 10 oder 20. Dieſs Buch geht nach und nach vonZ 3358Perſon zu Perſon im Kreiſe herum. Jede nennt zwey Zahlen und beſtimmt dadurch zwey Wör - ter irgend einer Seite, die ſie vergleichen will z. Ex. 10 und 3. Nun nimmt ſie das Buch, ſticht mit einer Nadel zwiſchen die Blätter und über - läſst es ſo dem Zufalle, welche Seite, die ſie ſelbſt vorher durch rechts oder links beſtimmt hat, ihr die Wörter angeben ſoll; dann nimmt ſie das 10te und 3te Wort und vergleicht beyde. Schreibt man nur 6 Wörter auf jede Seite, ſo kann man auch mit 2 Würfeln jedesmal ein Paar herauswürfeln.

Ich halte dieſe Unterhaltung für ein ſehr treff - liches Spiel, meine Gründe ſind dieſe: Die gan - ze Geſellſchaft befindet ſich immerfort in einer lebhaften Erwartung was wohl für Antworten her - auskommen werden, und ſie hat meiſtentheils Anlaſs zum Lachen, ſie mögen nun mehr oder minder witzig ausgedacht oder fade und ſtumpf ſeyn. Jeder nimmt überdem an der Aufgabe Theil und ſucht für ſich im Stillen eine Aehn - lichkeit heraus zu bringen, ſo erhält man am En - de eine kleine Sammlung davon; alles dieſs iſt ſehr unterhaltend, doch ſollte man dieſs Spiel nie lange fortſetzen.

Um Aehnlichkeiten zu finden iſt es ſchlechter - dings nöthig, beyde mit einander zu verglei - chenden Gegenſtände in allen ihren mannich -359 faltigen Eigenſchaften und Beziehungen ſo ſchnell als möglich zu überdenken. Dieſes Ue - berdenken erſtreckt ſich ſogar auf die Nahmen, womit die Gegenſtände ſelbſt, oder ihre Eigen - ſchaften und Beziehungen benennt werden, denn ſehr oft liegt die Aehnlichkeit bloſs in einem Wort - ſpiele. So iſt die Aehnlichkeit zwiſchen einem Briefbeſchwerer und Schwätzer bloſs Wortſpiel, ſo beruhet ſie zwiſchen einer Zunge und Nadel, zwiſchen einer Pomeranze und einem Mönche bloſs auf einem Wortſpiele; bey jenem kommt das Stechen der Nadel eigentlich und der Zunge nur uneigentlich zu, bey dieſem iſt der Biſchof, welcher aus beyden gemacht werden kann, bloſs der Benennung nach ähnlich. Mit dem Ueber - denken iſt die zweyte Operation nämlich die Vergleichung vermöge des Witzes verbunden, und beyde haben ſehr oft, nach Maaſsgabe der kurzen Zeit, in welcher es geſchehen muſs, ein ſehr groſses Feld zu durchlaufen, wenn die Ge - genſtände nur ziemlich entfernt von einander liegen; meine Leſer mögen es z. B. einmal ver - ſuchen die Aehnlichheit zwiſchen einer Scheere und einem Stück Wachs zu finden; ſie werden wahrſcheinlich ziemlich lange zubringen, ehe ſie darauf kommen. Daſs dieſs Ueberdenken und Vergleichen für Jung und Alt ſehr nüzlich ſey, bezweifelt niemand.

Z 4360

Ich muſs endlich dieſem ächt pädagogiſchen Spiele noch einige Anmerkungen anhängen. 1) Alle allgemeine Eigenſchaften der Körper, als Schwere, Theilbarkeit, Sichtbarkeit, Un - durchdringlichkeit und dergleichen dürfen durchaus nicht mit in die Aehnlichkeit gezogen werden; denn ſie ſind ja allen gemein; aber wohl ſolche, die nur manchen zukommen, als, Electricität, Flüſſigkeit, Durchſichtigkeit u. ſ. w. 2) Eine ſo ſchöne Sache auch der Witz iſt, ſo halte ich es doch für ganz unpädagogiſch, ihn auf Koſten ſeiner Nebenmenſchen, ja gar ſeiner Geſpielen zu gebrauchen; es mag z. E. ganz be - beluſtigend ſeyn, die Frage zu geben, was iſt zwiſchen dem Kopfe des N. und ſeinem Geld - beutel für Aehnlichkeit, und darauf die Antwort zu hören, beyde ſeyen leer; aber bieder iſt es doch nicht; bey jungen Leuten iſt ganz vorzüg - lich darauf zu ſehn, daſs ſie nicht in dieſen Ton verfallen, er iſt ſchlechterdings gegen Treuher - zigkeit und Herzensgüte. 3) Der Erzieher hat bey dieſem Spiele viel Gelegenheit, gegebene Kenntniſſe z. E. in der Geographie, Naturge - ſchichte und Geſchichte zu wiederholen; daher Fragen wie dieſe: Welche Aehnlichkeit iſt zwi - ſchen Kopenhagen und Stockholm? Zwi - ſchen Sicilien, Jsland, Teneriffa? u. ſ. w.

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88. Sprichwörter.

Der Zweck dieſes Spiels iſt ſinnliche Darſtel - lung eines Sprichworts durch theatraliſche Handlung, welche entweder in bloſsem Minen - ſpiele (Pantomine) beſteht, oder mit wirklichen Geſprächen verbunden iſt. Beyderley Art der Darſtellung iſt vortheilhaft, und die Schwierig - keiten mögen bey beyden etwa gleich groſs ſeyn. Eine etwas zahlreiche Geſellſchaft theilt ſich in zwey Partheyen und kommt überein, welche von ihnen das Spiel beginnen ſoll. Die - ſe verläſst das Zimmer, um ſich dazu vorzube - reiten. Sie wählt ſich ein Sprichwort und verab - redet umſtändlich die Art der Darſtellung. Je - dem wird zu dieſem Ende ſeine beſtimmte Rolle gegeben, jedem ſein Minenspiel oder die Mate - rie worüber geredet werden ſoll, und die Haupt - wendung der Geſpräche zugetheilt. Man wählt im nöthigen Falle zu den Rollen eine leichte Veränderung der Kleidung, und verſucht, wenn man noch nicht ſehr geübt iſt, vorläufig das Spiel. Hierauf geht man zu der übrigen Ge - ſellſchaft zurück und führt das Verabredete aus. Die Zuſchauer dürfen nichts dazwiſchen reden, und kein Spieler darf fremdartige Sachen da - zwiſchen bringen. Iſt man fertig, ſo müſſen die Zuſchauer das Sprichwort aus der ActionZ 5362errathen, und dann kommen dieſe aus Spiel. Man hat Sammlungen von dramatiſirten Sprich - wörtern*)z. Exempel: Thalia und Sphinx oder dramatiſche Sprichwörter, ein Geſchenk für jede antihypochondriſche Geſellſchaft. 1ſte Lieferung. Leipzig 1795. Auch erinnere ich mich ſchon vor mehrerern Jah - ren eine ſolche Sammlung angezeigt gefunden zu haben. Da ich keins in Händen habe, kann ich weder zu ihrer Empfehlung noch Verwerfung etwas fagen.. Zur bloſsen Lectüre kann das gut ſeyn, aber wenn man ſich daran hält, um darnach zu ſpielen, ſo vereitelt man dadurch den beſten Theil des Spiels; die Jugend muſs die Darſtellung ſelbſt erfinden und nicht nachbe - ten; gut iſt es aber wenn ein erwachſener Ju - gendfreund dabey zu Rathe gezogen wird. Um die Sache anſchaulicher zu machen, wähle ich ein Beyſpiel aus dem Kinderallmanach oder der Familie von Bernheim, an welchem man die Bearbeitung und Darſtellung eines ſolchen Sprichworts ſehen kann.

Es währte nicht lange, ſo kamen Jettchen, Luiſe und Guſtav wieder herein, und ſezten ſich mit Handarbeit an einen Tiſch. Bald darauf erſchien auch Lotte, welche einen Rock der Amtmännin angezogen, und oben dicht unter den Armen befeſtigt hatte. Sie gieng auf die beyden Mädchen zu, um ſie zu umarmen; aber eben ſo ſchnell gieng ſie wieder zurück. 363Wie? ſagte ſie, was ſehe ich? Sie tragen noch ſolche lange Taillen an ihren Kleidern? Pfui! ſchämen ſie ſich. Das trägt ja kein Menſch mehr. Nein ſehen Sie mich an, ich ha - be mir dieſs Kleid erſt machen laſſen; ſo muſs man’s tragen. Eine lange Taille! Pfui.

Jettchen. Finden Sie es denn hübſcher, gar keine Taille zu haben?

Lotte. Ich finde alles hübſch, was nur keine lange Taille iſt. Eine Taille im Kleide! das ekel - hafteſte von der Welt!

Luiſe. Ich muſs geſtehen, ich finde es nicht ſo: ich glaube, daſs die Schönheit des Körpers darin beſtehet, wenn die Taille das gehörige Eben - maaſs

Lotte. Ach was Schönheit! Ebenmaaſs! Schönheit iſt eine recht kurze, kurze Taille, und einen recht langen langen Rock haben. Al - le Welt trägt jezt eine kurze Taille; und eine Taille, die nicht recht kurz iſt, iſt häſslich.

Luiſe. Aber, ich bitte Sie, dieſe Kleidung iſt doch gar nicht natürlich, denn

Lotte. Natürlich? Natur iſt dumm Zeug; ei - ne Taille wie die Ihrige, unausſtehlich; und ei - ne kurze Taille Mode.

Jettchen. Ich finde, daſs Sie Recht haben; ich will mir gleich auch ſolch ein Kleid machen laſſen. (geht um einen Rock von ihrer Mutter eben ſo anzuziehn.)

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Luiſe. Je nun, wenn ſie Alle ſo tragen, kann ich nicht die einzige ſeyn, die ſich anders klei - det. (ſie zieht ſich auch ſo an.)

Jezt trat auch Ferdinand als Mitſpieler mit einer Lorgnette vor dem Auge in die Stube. Gu - ten Tag, Bruder, ſagt er zu Guſtav; ich habe dich lange nicht geſehen. Wie gehts?

Guſtav. Mir recht gut. Aber ich glaube faſt, du haſt Schaden am Auge gekriegt, weil du das Glas immer vorhälſt? Kannſt du mich denn nicht ſehen?

Ferd. O ja recht gut! meinen Augen fehlt nichts, ich kann in die Nähe und in die Ferne ſehen.

Guſtav. Aber doch wohl durch das Glas ge - nauer?

Ferd. Nein, gerade umgekehrt; ich kann mit bloſsen Augen beſſer ſehen.

Guſtav. Warum trägſt du es denn? So wirf doch das dumme Ding weg.

Ferd. Bewahre! Lieber wollte ich einen Finger miſſen! Jedermann trägt jezt ein ſol - ches Ding, und ich ſollte keines tragen?

Guſtav. Wenn es dir nicht nüzt, wie du ſagſt.

Ferdin. Nein, das thut es nicht; es iſt mir vielmehr beſchwerlieh. Aber deſswegen miſſe ich es doch um keinen Preis.

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Guſtav. Aber ich bitte dich

Ferd. Sieh nur, alle Welt ſieht jezt durch ein ſolches Glas; was würde man ſagen, wenn ichs nicht thäte? Man glaubte wirklich, ich ver - ſtünde mich auf den Ton nicht: Ich rathe dir ſehr, dich nicht öffentlich ohne daſſelbe ſehen zu laſſen, man würde dich auslachen.

Guſtav. Ja wenn du das glaubſt, ſo will ich lieber auch einen Gucker nehmen. Wenn ich nur gleich einen hätte!

Ferd. Hier habe ich zum Glücke noch einen bey mir. Nimm ihn.

Guſtav nahm ihn; und nun tanzten die drey Mädchen mit ihren langen Röcken und die bey - den Knaben mit ihren Guckern, bis ſie von den übrigen mit groſsem Gelächter aus der Thür ge - jagt wurden. Sie kommen dann wieder herein und fragen was wars; am Ende kommts heraus, nämlich: Ein Narr macht leicht mehrere.

Offenbar gehört dieſs Spiel zu den beſten Geſellſchaftsſpielen. Es iſt fähig eine Geſell - ſchaft ungemein zu unterhalten, aufzuheitern und häufig in allgemeines Lachen zu verſez - zen; es läſst ſogar ſehr oft einige Bewegung zu. Da die dramatiſche Darſtellung eines Sprichworts ſehr mannichfaltig bewerkſtelligt werden kann, ſo bietet ſich der Jugend ein wei - tes Feld dar, Phantaſie, Witz und Erfindungs -366 kraft ſpielend zu bilden, die verſchiedenen Ar - ten, welche von dieſem und jenem vorgeſchla - gen werden, zu beurtheilen, die beſte zu wäh - len, um in der Anlage und Ausführung des Spiels ihren Geſchmack theils auf die Probe zu ſtellen, theils ihn durch Hülfe erwachſener Freunde zu verbeſſern. Die Ausführung ſelbſt giebt Anlaſs zu einem gewiſsen, ſehr ſchätzbaren unbefangenen Betragen im Handeln und Re - den. Da ſich nicht jedes Sprichwort zu drama - tiſcher Darſtellung eignet, ſo will ich zum Be - ſchluſs noch eine kleine Sammlung herſetzen.

  • Viele Köche verderben den Brey.
  • An vielem Lachen erkennt man den Narren.
  • Wer den Schaden hat, darf für Spott nicht ſorgen.
  • Man ſucht keinen hinterm Strauch, man habe denn ſelbſt dahinter geſteckt.
  • Gebrannte Kinder ſcheuen das Feuer.
  • Wie die alten ſungen, ſo zwitſcherten die Jun - gen.
  • Jedem Narren gefällt ſeine Kappe.
  • Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans ſehr ſchwer.
  • Eigenlob ſtinkt.
  • Gleiche Brüder gleiche Kappen.
  • Gleich und gleich geſellt ſich gern.
  • 367
  • Der Horcher an der Wand hört ſeine eigne Schande.
  • Gelegenheit macht Diebe.
  • Hochmuth kommt vor dem Falle.
  • Wer Pech angreift beſudelt ſich.
  • Wer lang hat läſst lang hängen.
  • Wer A ſagt muſs auch B ſagen.
  • Ein voller Bauch ſtudírt nicht gern.
  • Was lange währt wird gut.
  • Eine Hand wäſcht die andre.
  • Undank iſt der Welt Lohn.
  • Kurze Haare ſind bald gebürſtet.
  • Allzuviel iſt ungeſund.
  • Borgen macht Sorgen.
  • Kleider machen Leute.
  • Der Apfel fällt nicht weit vom Stamme.
  • Der Krug geht ſo lang zu Waſſer bis er bricht.
  • Durch Fragen wird man klug.
  • Ehrlich währt am längſten.
  • Ein Narr kann mehr fragen als zehn Kluge be - antworten.
  • Ein Vogel in der Hand iſt beſſer als zehn auf dem Dache.
  • Eine Schwalbe macht keinen Sommer.
  • Es iſt nicht alles Gold was glänzt.
  • Es iſt nichts ſo böſe es iſt zu etwas gut.
  • Wer zuletzt lacht, lacht am beſten.
  • 368
  • Vor gethan und nach bedacht, hat manchen in groſses Leid gebracht.
  • Traue ſchaue, wem?

89. Die Erzähler oder das Geſchichtemachen.

Eine Jugendgeſellſchaft, die in ihrer Geiſtes - bildung ſchon ziemliche Fortſchritte gemacht hat, ſitzt im Kreiſe umher, und jeder verpflich - tet ſich, wenn die Reihe an ihn kommt, etwas zu erzählen. Der Gegenſtand der Erzählung bleibt ſeiner Wahl überlaſſen; aber er iſt ver - bunden gewiſſe Wörter in die Erzählung zu ver - flechten, welche ihm von den andern gegeben ſind; ja er muſs ſie ſelbſt in der Ordnung vor - bringen, in welcher ſie ihm ſind gegeben wor - den. Er kann mithin keine ſchon gehörte oder geleſene Erzählung gebrauchen, ſondern muſs aus dem Stegreife ein Geſchichtchen erfinden, und jene Wörter auf eine ungezwungene Art hin - einweben. Hierzu gehört Nachdenken, und Erfindungskraft, genauer genommen, dichten - de Phantaſie und Witz, um die Wörter gehörig und zwar ſchnell miteinander in gewiſſe Ver - hältniſſe zu ſchieben, und ſie vortheilhaft mit -369 einander zu verbinden. Hieraus ergiebt ſichs, daſs dieſs ſehr ſchöne, mit häufigem Lachen verbundene Spiel eine vortreffliche Geiſtesü - bung der Jugend ſey. Für Kinder iſt es ſchwer, aber ſie werden ſchon durch Zuhören unterhal - ten, und will man ſie ins Spiel ſelbſt ziehen; ſo muſs man ihnen zu Hülfe kommen; ja ihre kindiſchen Wendungen und ihre naiven und muntern Einfälle erſetzen alle andern Vollkom - menheiten der Erzählung. Um die Sache an - ſchaulich zu machen, will ich ein Beyſpiel her - ſetzen. Neun junge Leute geben dem Zehnten jeder ein Wort, dieſe ſind Topf, Lichtputze, Pa - pier, Uhr, Brot, Schreibtafel, Schiebkarren, Pferd, Citrone. Und hieraus macht er folgende Er - zählung.

Fritz war ein ſehr gefräſsiger Knabe, dem bis dahin das Eſſen über Alles gieng. Es war daher etwas gewöhnliches, daſs er des Morgens an der Küchenthür herumgieng, um mit ſeiner Naſe auszuſpüren, was es heute zu eſſen gebe; und konnte die ihm nicht Beſcheid thun, ſo nahm er, wo möglich, die Augen zu Hülfe und guckte in den Topf; denn mit fragen kam er nicht gut mehr zurecht, die Köchin hatte ihn ſchon oft ausgelacht und auf die Frage: was eſſen wir denn heute? zur Antwort gegeben, eine gebrate - ne Lichtputze oder fricaſſirtes Papier. DasA a370hatte ihn denn mächtig verdroſſen, aber demun - geachtet lieſs er von dieſem kindiſchen Fehler nicht ab. Nie ſchlug ihm die Uhr angenehmer, als dann, wann ſie durch 12 Schläge zum Eſſen rief. Vier Worte habe ich nun glücklich hin - eingebracht, auch das Brot ſoll mir nicht ſchwer hineinzuſchieben werden; ihr wiſst ja, daſs es die gewöhnlichſte Sache bey Tiſche iſt, ich darf alſo nur ſagen, daſs Fritz mit dem Brote ſehr ſparſam umgieng, um ſeine Eſsluſt für die an - dern Speiſen recht lebendig zu erhalten; was ich aber mit den andern Worten anfangen ſoll, weiſs ich bis dato nicht; denn Schiebkarren wer - den ja nirgends gegeſſen und Pferde nur bey den Tatarn. Jedoch es ſey gewagt. Sein Va - ter hatte die gute Gewohnheit, jährlich ein Paar - mal mit ſeinen Kindern und dieſem und jenem ihrer Freunde eine kleine Fuſsreiſe in die be - nachbarten Gebirge zu machen, um der ſchönen Gegend zu genieſsen, und ihnen unter ſteter Bewegung manche Kenntniſſe zu verſchaffen, die ſie zu Hauſe nicht erhalten konnten. Eine ſolche Reiſe ſollte am 4 Jun. auch angeſtellt werden. Alles freute ſich darauf, und machte ſich dazu fertig. Fritz that es auch, vergaſs auch ſei - ne Schreibtafel nicht, um allerley Merkwürdig - keiten zu notiren, die ihm aufſtoſsen könnten. Die gröſste Merkwürdigkeit war ihm ein Schieb -371 karren. Wiſst ihr warum? Die Dörfer lagen in den Gebirgen ſelten, und die Gaſthöfe waren ſchlecht, man muſste ſich daher mit Nahrungs - mitteln verſorgen. Nun werdet ihr ſchon mer - ken, warum unſerm Fritz der Schiebkarren ſo merkwürdig war; er enthielt nämlich in einem daraufſtehenden und mit einem ſchönen wei - ſsen Tuche bedecktem Korbe, allerley Gegen - ſtände, die dem Kleinen ſehr am Herzen oder vielmehr am Gaumen lagen; Braten, Kuchen, Obſt und dergl. Ich kann euch die Freude nicht beſchreiben, welche Fritz hatte, als die Mutter den Korb ſo reichlich ausſteuerte; er hätte ihn küſſen mögen. Der Mann, welcher den Karren ſchieben ſollte, kam endlich. Ad - je Mutter, adje! adje! es gieng fort, nach - dem man erſt ein ſtarkes Frühſtück eingenom - men hatte. Eine Stunde vergieng nach der an - dern; ich will euch nichts von allen den Sa - chen ſagen, die man bald hier bald dort be - merkte; von den einzelnen Erdbeeren, auf wel - che die Kinder am Wege Jagd machten und ſie mit unter dem lieben Vater brachten; von den ſchönen Gegenden, Felſen, Thälern, Pflan - zen, Steinen u. ſ. w. nur muſs ich bemerken, daſs Fritzens Eſsluſt bey jedem Schritte eifriger wurde, und daſs ſein liebſter Gegenſtand in der ganzen Landſchaft der Korb blieb. Er ſoll ihnA a 2372ſogar bisweilen im ſtillen recht freundſchaftlich angeredet und mit allerley Schmeicheleyen beehrt haben. Eine Frage lag ihm ganz beſon - ders am Herzen, nämlich die, wo werden wir eſſen; denn es war ſchon 11 Uhr. Er ſelbſt mochte ſich dadurch beym Vater hierin nicht gern eine Blöſse geben, ſchickte alſo Carln ab, der muſste fragen. Es hieſs, 2 Stunden von hier iſt ein Hammerwerk, da wirds am ſchick - lichſten ſeyn. Friſch! Kinder, laſst uns recht zu gehen! rief Fritz, der nun ſah, daſs es ſobald noch nicht zum Eſſen kommen würde. Aber der Mann mit dem Schiebkarren konnte nicht ſo ſchnell fort. Fritz entſchloſs ſich zu hel - fen, er zog an einem Stricke, der vorn an - gebunden wurde und bisher den Korb an den Karn befeſtigt hatte. Da kam ein Karn mit einem Pferde beſpannt. Links war eine ſtei - le Bergwand, rechts ein Fluſs und auf dem Ufer nur ein ſchmaler Fuſsweg. Der Schiebkarn muſste ausweichen und ſich folglich auf den ſchmalen Weg begeben. Friz, armer Friz! faſſe dich, dein Liebling iſt in Gefahr! Die Axe des Karns giebt dem Schiebkarn einen kleinen Stoſs, der Korb verliert das Gleichge - wicht und taumelt und rollt hinab in den Fluſs. Das Elend kann ich nicht beſchreiben, ein allge - meines Oh!-kündigte es an; aber Friz iſt untröſt -373 lich. Wie Gellerts Henne mit ſtrupfichtem Gefie - der läuft er am Ufer umher. Da ſchwimmen die ſchöne Sachen, Braten, Kuchen u ſ. w. und Fritz wurde in der Herzensangſt ein Fiſcher. Mit einem abgebrochenen Baumzweige eilt er hin - zu und fiſcht euch nichts heraus als eine Citro - ne. Wie ſauer ihm die im Wirthshauſe bey Käſe und Brod ſchmeckte, könnt ihr leicht denken. Meine Geſchichte iſt aus.

Ein ganz paſſendes Muſter iſt dieſe Erzählung freylich nicht, denn ob ſie gleich nach den vor - her beſtimmten Wörtern zuſammengeſetzt iſt, ſo wurde ſie doch am Schreibtilche gemacht und iſt daher nicht völlig extemporirt. Alle Zwiſchenreden der Umherſitzenden ſind um der Kürze Willen weggelaſſen. Ein Paar ſehr nied - liche Beyſpiele findet man auch im Kinderalma - nach von 1795 ſammt dem ganzen Tone, den ich in dergl. Jugend geſellſchaften wünſchte.

Dieſes Spiel verdiente allgemein bekannt, und recht oft geſpielt zu werden; es iſt überall auch im Freyen auf einem Spaziergange aus - führbar. Die Jugend gewöhnt ſich dabey an eine gewiſſe Ordnung im Denken, ſie erwirbt ſich bey guten Muſtern allmählich guten Aus - druck und das Flieſsende, Zuſammenhängende, ohne welches die Erzählung verkrüppelt zur Welt kommt. Blöde Kinder erlangen, wennA a 3374man ſie gehörig behandelt, mehr Freymüthig - keit und Selbſtzutrauen, empfindliche haben Gelegenheit das Lachen der andern ertragen zu lernen u. ſ. w.

Ein hier und da nachhelfender und verbeſ - ſern der Aufſeher iſt bey dieſem Spiele nöthig. In ſeiner Hand iſt ein Plumpſack er beſtraft einen jeden ſpaſshaft für falſche, niedrige, undeutſche Ausdrücke, für auffallende Unwahrheiten, die ſeine Erzählung an ſich trägt, oder für gänzli - ches Steckenbleiben. Weiſs er die Hiebe auf eine gute fröhliche Art auszutheilen, ſo wirds an Gelächter nicht fehlen, und dadurch wird das Spiel nur zweckmäſsiger. Man kann ſich auch ſtatt deſſen Pfänder geben laſſen.

Man hat von dieſem Spiele verſchiedene Ab - änderungen die ich hier noch angeben will.

1) Einer von der Geſellſchaft nimmt ſo viel Stückchen Papiere als Perſonen da ſind, nume - rirt ſie mit 1, 2, 3, 4… und ſchreibt auf jedes ein Wort. Man wirft ſie vermiſcht in einen Hut, jede Perſon zieht eins heraus und diejenige, welche Nummer 1 hat, iſt verpflichtet in die Mit - te zu treten und über die ſämtlichen Wörter, die ihm jezt bekannt gemacht werden, et - was zu erzählen, auf die Art wie oben angege - ben iſt; ſey es nun eine wirklich gemachte, oder erdichtete Reiſe, eine kleine Erzählung, oder375 was es will. Nennt er bey dieſer Gelegenheit eins von den ausgetheilten Wörtern, ſo iſt die Per - ſon, die es hat, verbunden, ſogleich aufzuſtehn und mit dem bisherigen Erzähler ein Geſpräch anzuſpinnen, das auf ſeine Erzählung Beziehung hat, und wodurch ſie weiter fortgeſezt wird. Dieſe Perſon darf aber bey Strafe eines Pfandes keines von den Wörtern gebrauchen, die den Uebrigen zugetheilt ſind; ja man ſezt auch wohl feſt, daſs ſie bey ihrer Unterredung weder nein noch nicht ſagen darf. Ihre Converſation mit dem Erzähler dauert ſo lange fort, bis dieſer ein anders von den ausgetheilten Wörtern einwebt, dann ſezt ſie ſich und die andre Perſon, die das oben genannte Wort hatte, eilt ſchnell herbey, um es eben ſo zu machen, wie die eben abge - tretene. Dieſe Abändrung hat das Empfehlende, daſs nach und nach alle Perſonen in Thätigkeit kommen. Pfänder werden bey dieſem Spiele ge - geben 1) von dem Erzähler, wenn er ein ſchon eingewebtes Wort noch einmal vorbringt. Man macht es ihm auch wohl zum Geſetze, daſs ſich mit dem zulezt noch allein übrigen ausge - theilten Worte ſeine Erzählung ſchlieſse, und daſs er für jedes noch hinterher folgende und zum Schluſs nöthige Wort ein Pfand geben muſs. 2) Von den aufgeſtandenen Perſonen; wenn ſie ihr Wort überhören, nicht augenblicklich auf -A a 4376ſtehn und ſogleich mit ihrem Geſpräche einfal - len, ſo wie auch in den oben ſchon erwähnten Fällen.

2) Man wählt zwey Perſonen den A und den B aus der Geſellſchaft, den übrigen aber werden Wörter zugetheilt. A erzählt eine Geſchichte, Reiſe oder ſo etwas, und verwebt die ausgetheil - ten Wörter, die er aber hier mehr als einmal anbringen kann. So oft er ein ſolches Wort nennt, muſs die Perſon, der es gehört, aufſtehn und pfeifen, bey Strafe eines Pfandes. B ſitzt im Kreiſe vor dem A und unterhält dieſen bald durch Fragen, bald durch eingeſtreute Späſschen. Hierbey ſucht er ebenfalls die ausgetheilten Wör - ter recht oft einzuweben; wer da nicht auf - merkſam iſt und auch aufſteht und pfeift, wenn B ſolch ein Wort gebraucht, muſs ein Pfand ge - ben. Hierdurch wird die Sache auch zur Uebung ſchneller Aufmerkſamkeit.

3) Einer von der Geſellſchaft wird durchs Loos oder Uebereinkunft zum Erzähler gewählt. Indeſs dieſer auf ein Thema irgend einer Art denkt, ſagt Jeder ſeinem Nachbar im Kreiſe ein Wort ins Ohr, welches dieſer geheim hält. Es iſt geſchehen, der Erzähler beginnt unter völ - liger Freyheit ſeiner Phantaſie. Wann es ihn beliebt, beſonders bey jedem kritiſchen Zeit - punkte in ſeiner Erzählung, weiſst er mit dem Fin -377 ger auf eine Perſon im Kreiſe, und dieſe, dadurch aufgefordert, ſagt ihm ihr bisher geheim gehal - tenes Wort, das er nun in ſeine Erzählung, ohne alle Hemmung, verflechtet, auf eine Art, die ganz von der Fähigkeit ſeines Witzes abhängt. Jedermann ſieht leicht ein, wie viel dieſs zur Be - luſtigung der Geſellſchaft, ſo wie zur Uebung des Erzählers beytragen müſſe. Laſst uns an - nehmen, er ſey in der Erzählung einer Reiſe bey einer Räubergeſchichte; die Nacht war ſchauer - lich, das Geräuſch in den Gipfeln des Waldes, die undurchdringliche Finſterniſs und das Ge - brüll dieſer vier Unmenſchen, die uns Geld oder Leben abforderten, machte ſie zu der ſchauder - vollſten meines Lebens. Da ergriff ich ſchnell hier zeigt er auf eine Perſon und dieſe nennt Perrücke ein Degen oder eine Piſtole wäre freylich bequemer geweſen, allein es iſt nun ein - mal nur eine Perrücke meine Perrücke, nahm meinen ganzen Muth zuſammen und ſtopfte ſie dem ärgſten Brüller, der mir auf den Leib woll - te, beym Schimmer ſeiner Laterne, ſo tief in den Schlund, daſs er aus Mangel an Athem zu Boden ſtürzte. Jezt, da die andern ihn von dieſem tödtlichen Haarwulſte befreyen wollten, drückten wir ganz bequem die Piſtolen auf ſie ab u. ſ. w.

A a 5378

90. Die Zeichnungswürfel.

Folgendes noch ſehr wenig bekannte Spiel, das der Phantaſie eine ſchwierige aber ſehr edle Be - ſchäfftigung darbietet, wird allen Freunden der Zeichnungskunſt, die ſchon ſo weit ſind, daſs ſie ſich über bloſses kopiren hinauswagen, ſehr will - kommen ſeyn. Ich entlehne es aus einem Briefe, den man in den Libationen findet. Man hat 5 Würfel; der erſte zeigt auf allen Seiten 1, der andere 2, der dritte 3, u. ſ. f. Jeder Zeichner läſst ſie alle fünf zugleich auf eine gemäſsigte Art aus der Hand auf das Papier oder auf die Tafel fallen, die er zum Zeichnen vor ſich hat, und dieſer Wurf entſcheidet die Lage der Theile von der zu zeichnenden Figur; denn, dem angenom - menen Geſetze nach, beſtimmt der Würfel 1 die Stelle des Kopfs, 2 der rechten, 3 der lin - ken Hand, 4 des rechten, 5 des linken Fuſses. Er bezeichnet dieſe Punkte und giebt die Wür - fel zu eben dem Gebrauche weiter. Von jetzt an erhält ſeine Phantaſie freyen Spielraum; denn es kömmt nun darauf an, eine Menſchen - figur ſich in irgend eine Lage, ſey es laufend, liegend, ſtürzend, kämpfend, arbeitend zu den - ken, ſo daſs die genannten Theile auf die durch das ungefähre Auseinanderprellen der Würfel entſtandene Stellen fallen. Selbſt dann, wenn379 das Ungefähr einen Würfel auf den andern z. Exempel 1 auf 4 bringen ſollte, muſs der rech - te Fuſs unter den Kopf gezeichnet werden; kurz man darf keine nur denkbare Conſtella - tion der Würfel verwerfen, es ſey denn daſs der Zufall irgend einen davon ſo weit von den an - dern abjagte, daſs der Arm, das Bein etc. da - durch aus den Gränzen aller Proportion träte. Welch ein weites Feld erhält durch ein ſo leich - tes Mittel die ſchöpferiſche Phantaſie für ihre Wirkſamkeit!

91. Die ſtummen Spieler, oder Pantomime

Die Geſellſchaft wählt, etwa nach Anhang I, 4, Einen zum Anführer des Spiels. Dieſer befindet ſich im Kreiſe der übrigen, und fragt links und rechts, bald dieſen bald jenen mancherley, z. E. Wie haben ſie die Nacht geſchlafen? Was früh - ſtücken ſie heut? Auf welche Art reiſen ſie am liebſten? Welche Jahrszeit iſt ihnen die ange - nehmſte? Warum ſind ſie ſo gegen den Winter eingenommen? u. ſ. w. Niemand darf anders〈…〉〈…〉 als durch Minen antworten; wers verſieht und irgend einen Laut von ſich giebt, muſs ein Pfand380 geben oder bekommt den Plumpſack. Für junge Leute iſt dieſs Spiel bey ſeiner Einfachheit ungemein luſtig und unterhaltend. Die Fragen geſchehen ſchnell auf einander, und man fragt gewöhnlich ſo, daſs weder ja noch nein zur Ant - wort hinreicht. Die Gefragten ſind daher ge - nöthigt, ſchnell auf pantomimiſche Ausdrücke zu denken. Betrifft dieſer Ausdruck oder die - ſe Darſtellung bloſs einen körperlichen Gegen - ſtand oder eine körperliche Action: ſo wird es für Phantaſie und Witz gewöhnlich nicht ſehr ſchwer, durch Gebärden zu ſprechen, mit dem Körper Bewegungen nachzuahmen, mit den Hän - den anzuzeigen oder gleichſam zeichnend aus - zudrücken; leiten die Fragen ins Gebiet der Empfindungen und Affecten ſo wächſt die Schwierigkeit ſchon etwas; führen ſie aber gar ins Reich der Ideen, ſo geräth Witz und Phan - thaſie gewöhnlich auf die Folter. Der Frager muſs hierauf, ſo wie auf die Fähigkeiten ſeiner Geſell - ſchafter, Rückſicht nehmen; es iſt daher beſſer, ſeine Stelle nicht durchs Loos, ſondern durch freye Wahl zu beſetzen und die fähigſte Perſon dazu zu nehmen. Aehnlich iſt folgendes.

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92. Die Mimik

Man wähle, nach Anhang I. 4. einen Anführer oder Richter des Spiels. Dieſer läſst aus einem Spiele Karten, wovon jedes Blatt die Benen - nung einer Leidenſchaft oder Gemüthsbewegung trägt, indem man eins der Worte Freude, Furcht, Sehnſucht, Zorn, Neid, Andacht, Scham, Er - ſtaunen, Miſstrauen u. ſ. w. darauf geſchrieben hat von jeder Perſon ungeſehen ein Blatt zie - hen. Iſt die Ziehung durch den ganzen Halb - kreis der Geſellſchaft geſchehen: ſo iſt nun der - jenige, welcher zuerſt zog, verbunden, die auf ſeinem Blatte bemerkte Leidenſchaft oder Ge - müthsbewegung pantomimiſch darzuſtellen. Er - räth ſie die Geſellſchaft, ſo folgt der Nachbar in eben dem Geſchäfte nach; erräth ſie aber die Geſellſchaft nicht, ſo giebt er ein Pfand und muſs ſo lange ein neues Blatt ziehen und dar - ſtellen, bis ihm bey einem die richtige Darſtel - lung glückt, dann entläſst ihn der Spielrichter, nachdem er ſo viel Pfänder als verfehlte Karten von ihm erhalten hat, und geht zum Nachbar.

So iſt die Form des Spiels in den Libationen angegeben; Mir ſcheint ſie auffolgende Art einer Verbeſſerung fähig. Jeder, der ſo eben im Be - griffe iſt, ein Blatt mimiſch darzuſtellen, zeigt ſeine Karte dem Spielrichter, welcher dann nach382 der Vorſtellung ſchnell von Perſon zu Perſon geht und ſich heimlich von jeder ſagen läſst, was ſie unter den Gebärden verborgen glaube. Fin - det er, daſs die meiſten Perſonen die Vorſtellung verſtanden, ſo geben alle die ein Pfand, welche ſie nicht verſtanden; konnten ſie aber die mei - ſten nicht einſehen, ſo giebt der Mimiker ein Pfand, und muſs wie oben andere Blätter zie - hen. Hierdurch iſt jeder, der nicht gern Pfän - der giebt, genöthigt, genau zu beobachten um jene Mimik mit Hülfe ſeiner Phantaſie und ſei - nes Witzes zu enträthſeln. Werden die Stim - men im Gegentheile nicht einzeln geſammelt, ſo können alle Unachtſamen von einem einzigen Aufmerkſamen gedeckt werden. Fertige Kar - ten zu dieſem Spiele mit paſſenden Fingetten auf jedem Blatte verkauft Artaria in Wien. Ue - bung jener Seelenkräfte, ſo wie beſonders der Beurtheilungskraft in richtiger Erkennung und Schätzung affectvoller Ausdrücke auf den ver - ſchiedenſten Menſchengeſichtern machen es nüz - lich und für Menſchenkenntniſs nicht ganz gleichgültig.

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93. Das Wortverbergen.

Wir ſchicken Einen zum Zimmer hinaus und ſagen uns indeſs im Kreiſe herum einer dem andern ein Wort ins Ohr; kommt dann Jener wieder herein: ſo thut er an jede Perſon eine willkührliche Frage, und in die darauf zu ge - bende Antwort wird jenes Wort ſo verwebt, daſs es ſchwer herauszufinden iſt. Der Frager muſs nach einigem Bedenken ein Wort angeben, trifft er das gegebene nicht, ſo giebt er; trifft er es aber, ſo giebt die gefragte Perſon ein Pfand. Hier ſind Beyſpiele: gegebene Worte waren in einer Geſellſchaft folgende: 1) Siegellack, 2) Witz, 3) Freude, 4) Meſſer, 5) Henne, 6) Wind, 7) Geduld, 8) Nichts, 9) Vergnügen, 10) Geld, 11) Langeweile, 12)[Freundſchaft], 13) Papier, 14) Schnee, 15) Freund, 16) Genügſamkeit, 17) Kamm, und der Hereinkommende fragte bey

  • Nro. 1. Wie haben Sie die Nacht geſchlafen?
    • Antwort: Sehr ſchlecht; ich verbrann - te mich geſtern mit Siegellack, dieſs machte mir die ganze Nacht ſchmer - zen.
  • 2) Was frühſtückten Sie heut?
    • Antwort: Thee, Butterbrod und Witz, denn ich las im Rabner.
  • 3) Auf welche Art reiſen Sie am liebſten? 384
    • Antw. In Geſellſchaft der Freude; mit Trübſinn und Langeweile mag ich nicht gern etwas zu thun haben.
  • 4) Welche Jahreszeit iſt Ihnen die ange - nehmſte?
    • Antw. Die wo das Meſſer des Gärtners die Bäume pfropft und okulirt.
  • 5) Warum ſind Sie gegen den Winter ein - genommen?
    • Antw. Ich denke ökonomiſch; Holz ko - ſtet Geld; und die Henne legt keine Eyer.
  • 6) Möchten Sie wohl eine Reiſe nach Amerika machen?
    • Antw. O ja, wenn ich auf guten Wind rechnen könnte; aber oft iſt dieſer ein Windbeutel, der nicht Wort hält.
  • 7) Welches Land haben Sie am liebſten?
    • Antw. Nur Geduld! ich wills Ihnen gleich ſagen, das Land der Freyheit, zumal wenns mein Vaterland iſt.
  • 8) Haben Sie das Schachſpiel gern?
    • Antw. Nichts macht mir mehr Vergnü - gen, wenn ich vorher Bewegung ge - habt habe.
  • 9) Was für ein Unterſchied iſt wohl zwi - ſchen Neu - und Wiſsbegierde? 385
    • Antw. Jener macht es Vergnügen, in den Topf zu gucken; dieſer, durch ein gutes Buch Kenntniſſe zu erwerben.
  • 10) Warum beſuchen Sie nie das Schau - ſpiel?
    • Ant. Dazu habe ich weder Geld, noch Luſt, noch Zeit.
  • 11) Was halten Sie für die gröſste Selten - heit?
    • Ant. Einen Menſchen, der in der gan - zen Zeit ſeines Lebens nie einen Augenblick von Langeweile geplagt wurde.
  • 12) Haben Sie Luſt, morgen mit mir ſpa - zieren zu gehen?
    • Ant. O mit vielem Vergnügen, wenn ſie die Freundſchaft haben bis 4 Uhr zu warten; bis dahin halten mich Ge - ſchäffte ab.
  • 13) Möchten Sie wohl gern ein Pfand ge - ben?
    • Ant. Warum nicht, wenn Sie mit die - ſem Stückchen Papier zufrieden ſeyn wollen; denn ich habe ſchon Schlüſ - ſel, Brieftaſche und alles fortgeben müſſen.
  • 14) Was mags denn wohl geſchlagen[ha - ben]? B b386
    • Ant. Ich kanns Ihnen nicht ſagen, denn ich habe meine Uhr im Schnee verlo - ren.
  • 15. Welche Arten von Spielen lieben Sie am meiſten?
    • Ant. Ich bin kein Freund von ſolchen, die bloſs vom Zufalle, ſondern von denen, die mehr von meinen Kräf - ten abhangen.
  • 16) Welche Menſchen ſchätzen ſie am meiſten?
    • Ant. Alle Verehrer der Gnügſamkeit, Zu - friedenheit und Tugend.
  • 17) Wie viel koſtet ihnen dieſs Kleid?
    • Ant. So viel als alles übrige, was ich an mir habe, Schuhſchnallen, Hemd - knöpfe und Kamm nicht ausgenom - men.

Die Rolle des Antwortenden iſt bey dieſem Spiele am ſchwierigſten. Das erhaltene Wort muſs in die Antwort verſteckt werden. Iſt es mit ihm in einer natürlichen Verbindung, ſo verſteckt ſichs von ſelbſt durch die Ungezwungenheit ſei - ner Stelle, wie z. Exemp. in Nro. 6 das Wort Wind; man darf dann nur noch ein Paar Haupt - wörter hinein weben, die ſich natürlich damit verbinden laſſen. Dieſs iſt nicht ſchwer. Paſst387 es ſich aber gar nicht auf die Frage, ſo muſs man zwiſchen ihr und dem Worte ſchnell eine künſt - liche Verbindung erſinnen; dieſs iſt oft nicht leicht. So hat das Wort Kamm in Nro. 17 gar keine Verbindung mit der Frage, was koſtet ihnen ihr Kleid! Es iſt daher ſchwer, es ſo in die Ant - wort zu verflechten, daſs es ſich nicht durch ſei - ne Gezwungenheit verräth. Das beſte Mittel iſt dann, noch andere Wörter hinein zu weben, die eben ſo gezwungen ſind, um dadurch das Errathen zweifelhafter zu machen: daher fin - det man dort das Wort Kamm unter Schuh - ſchnallen und Hemdknöpfe verſteckt, und eben darum wird bey keiner Antwort das verſteckte Wort ſo leicht zu finden ſeyn als in Nro. 14 das Wort Schnee. Kann man im Gegentheile das gegebene Wort ganz natürlich ungezwun - gen hinein weben, und ein anders mit dem Scheine der Gezwungenheit hinein ſchieben: ſo wird der Frager dadurch leicht irre geleitet. Ein Beyſpiel davon giebt Nro. 9 wo das Wort Ver - gnügen eine ſehr natürliche Stelle hat, hingegen Topf mit Gewalt herbeygezogen iſt. Der Fra - ger wird hier gewiſs Topf für das gegebene Wort halten. Hieraus ergiebt ſich zugleich für den Fragenden im allgemeinen die Regel: er muſs ſich hüten, ſolche Wörter für die verſteckten an - zugeben, welche mit ſeiner Frage in ganz naherB b 2388Beziehung ſtehen, wie in Nro. 14 die Uhr, ſonſt wird er meiſtentheils falſch angeben. Im Ue - berdenken dieſes Umſtandes, ſo wie im Erſin - nen der Fragen liegt für den Frager die Haupt - übung bey dieſem Spiele. Je ſpecieller Gegen - ſtände ſeine Fragen bezielen, je ſchwerer iſt es, das gegebene Wort in die Antwort zu bringen; je allgemeiner ſie ſind, um ſo leichter iſt’s. Auf die Frage: was halten ſie für die gröſste Selten - heit? läſst ſich leicht mit allen obigen 17 Wör - tern antworten; aber man verſuche daſſelbe ein - mal mit der ſpeciellen Frage: was koſtet ihnen das Kleid? Die Hauptübung bey dieſem Spie - le fällt aber auf den Antwortenden. Er muſs ſein Wort ſchnell mit der Frage in eine gewiſſe na - türliche Beziehung bringen; er muſs daher ver - möge ſeines Nachdenkens die möglichen Be - ziehungen ſchnell aufſuchen; oft vermöge ſei - ner Phantaſie und ſeines Witzes eine neue ſchaffen und ſie gehörig ausſtaffiren. Alles das erfordert Gewandtheit und Gegenwart des Gei - ſtes. Aus dieſem Geſichtspunkte betrachtet, iſt dieſs Spiel unter den pädagogiſchen eines der trefflichſten.

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94. Das Ritterſchlagen.

Zum Lachen und fröhlich ſeyn giebt dieſs Spiel viel Veranlaſſung. Man muſs dazu folgendes vorbereiten. Ueber zwey Stühle, zwiſchen wel - chen ſo viel Platz gelaſſen wird, als ein dritter Stuhl noch einnehmen würde, wird ein Laken gedeckt, das bis zum Boden herabreicht, da - mit man die Lücke nicht ſieht. Die ganze Ge - ſellſchaft verkleidet ſich ſo gut ſie kann in Ritter. Papierne Federbüſche auf den Hüten, Schürzen ſtatt Spaniſcher Mäntel über den Schultern, gro - ſse Schnurbärte unter den Naſen, lange Stöcke ſtatt der Lanzen in den Händen, hölzerne oder wirkliche Degen an den Seiten u. ſ. w. geben das Ritterkoſtum. Zwey, welche die beyden älteſten Ritter vorſtellen, ſetzen ſich auf obige beyden Stühle, die andern ſtehen von ihnen ab - wärts in zwey Halbzirkeln; in der Mitte befin - det ſich der Groſsmeiſter mit dem gröſsten De - gen den man bekommen kann. Eine alte häſs - liche Maſke bedeckt ſein Geſicht, eine Stutzpe - rücke ſeinen Kopf, ſein Ganzes abentheuerliche Kleidung. Ein groſser Foliant ruht auf ſeinen Händen. Er macht die Hauptperſon und muſs komiſche Laune und einige Beredtſamkeit ha - ben.

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Indeſs dieſe Veranſtaltungen getroffen wer - den, wird der neu Aufzunehmende von zwey andern an einem andern Orte zur Feyerlichkeit vorbereitet. Man ſagt ihm, wie er ſich zu beneh - men habe und wartet ſo lange bis die Geſand - ſchaft kommt die ihn einladet. Der Groſsmei - ſter ſendet, wenn alles fertig iſt, einen Ritter, der ihn feyerlich beym Namen nennt und einladet. Seine zwey Gefährten führen ihn hinein. Das Zimmer iſt halb hell, oder wohl gar durch Spi - ritus erleuchtet, oder durch viel Lichter blen - dend gemacht. Der Groſsmeiſter fordert ihn vor ſich; er wird gebracht und läſst ſich auf ein Knie vor ihm nieder. Jezt beginnt jener eine pathetiſche Anrede, über die Veranlaſſung der Feyerlichkeit, über das Weſen und den Zweck des Ordens. Er lieſt ihm aus dem Folianten die Ordensgelübde z. E. Verſchwiegenheit, Tapfer - keit u. ſ. w. vor und läſst ihn geloben. Er er - hält das obige ritterliche Koſtum und der Groſs - meiſter ertheilt ihm hierauf mit ſeinem Schwerd - te feyerlich drey Ritterſchläge. Hierauf führt er ihn zu den beyden älteſten Rittern, um ihn un - ter die Zahl der Geſellſchaft dadurch aufzuneh - men, daſs er ſich zwiſchen Ihnen niederläſst. Er thut dieſs und ſezt ſich, indem die beyden Ritter gleichzeitig aufſtehn zwiſchen den beyden Stühlen nieder, wenn man will, in eine vorher391 untergeſezte platte zinnerne Schüſſel mit Waſ - ſer.

E. Spiele des Geſchmacks.

Geſchmack iſt das Vermögen das Schöne zu empfinden und zu beurtheilen. Es wäre zu wün - ſchen, daſs wir recht viel Spiele des Geſchmacks hätten; allein auf reinen Trieb der Thätigkeit gegründet verſchwinden bey ihnen alle Leiden - ſchaften, ſind wenigſtens bey ihnen nicht durch - aus erforderlich. Schon in dieſer Rückſicht ver - dienen ſie alle Empfehlung. Leider muſs ich hier eine Lücke laſſen, weil ich nur folgende zwey Spiele in dieſer Ordnung anführen kann. Beyde ſind einſame.

95. Das Täfeley. oder Parquetſpiel.

Man denke ſich von einem Damenbrete die Fel - der weg, ſo hat man den Spielraum zu einem Parquetſpiele, nämlich eine durch niedrige Lei - ſten eingefaſste regulär vierſeitige Fläche. EsB b 4392kommt bey dem Spiele darauf an, dieſe Fläche mit einer Menge kleiner verſchieden gefärbter Tafeln ſo zu belegen, daſs dadurch wie auf ei - nem ſchön getafelten Fuſsboden allerley hüb - ſche Muſter entſtehn. Zu dieſem Zwecke ſind die kleinen Tafeln alle gen[a]u gleich groſs und gegen den Spielraum ſo abgemeſſen, das eine gewiſſe beſtimmte Zahl derſelben z. E. 64 ihn ge - nau ausfüllt. Sie ſind nur ſo dick als ein Meſ - ſerrücken, um ſie bequem in einem kleinen Käſt - chen unter dem Spielraume aufbewahren zu können. Die Hauptſache beſteht aber in der Illumination dieſer Täfelchen. Eine jede von ihren beyden Seiten iſt nämlich durch eine Dia - gonallinie (von der einen Ecke bis zur gegenü - ber ſtehenden) in zwey gleiche Hälften getheilt und jede dieſer vier Hälften iſt mit einer feinen Lackfarbe überſtrichen, ſo daſs jedes Täfelchen auf der einen Seite z. E. roth und weiſs auf der andern grün und gelb iſt. Man erhält daher durch dieſe Einrichtung auf 64 Tafeln 256 dreyſeitige gefärbte Felder, die man nach Willkühr ſehr mannichfaltig in allerley hübſche ſymmetriſche Zeichnungen zuſammenſtellen kann. In dieſer Zuſammenſtellung liegt einige Uebung für den Erfindungsgeiſt und den Geſchmack der Jugend, die gewöhnlich an dieſem ſtillen und ſehr un - ſchuldigen Spiele viel Vergnügen findet. Fer -393 tige Spiele der Art kann man in Magdeburg, Nürnberg und vielen andern Orten kaufen.

96. Bauſpiele.

Es iſt ein ſehr guter Gedanke den Kindern klei - ne Materialien zum Bauen in die Hände zu ge - ben, um ihren Geſchmack und ihre Erfindungs - kraft dadurch gelegentlich zu bilden, auch wohl um ſie die Theile eines Gebäudes kennen zu leh - ren; allein er iſt ſchon längſt durch die gewöhn - lich ſehr elende, unvollſtändige und ſehr häufig geradezu zweckwidrige Ausführung verhunzt, denn bald beſtehen jene Materialien in Holz - klözchen, die ohne alle Genauigkeit und Berech - nung gemacht, bald in Klötzen, die ganze Ge - bäude oder deren Etagen mit darauf gepinſel - ten oder gekleiſterten Thüren und Fenſtern vor - ſtellen. Mit jenen kann das Kind nichts aus - führen, mit dieſen noch weniger, denn die Ge - bäude ſind ſchon fertig und ganz ſo gemacht, um ſeinen Geſchmack zu verderben, ſie ſind alſo ganz zweckwidrig. Zu einem guten Baukaſten gehört eine anſehnliche Menge von Bauſteinen, groſsen und kleinen Werkſtücken, theils zu Mauern, theils zu Gewölben und Treppen, ei - ne Menge von Säulen, Balken, Pfoſten und Fen -B b 5394ſterſtücken u. ſ. w. von feſtem Holze; von einem Bauverſtändigen gegen einander berechnet; ge - nau ausgeführt, aber nicht von einem Spielzeug - macher ohne Verſtand fabricirt. Dann nur kön - nen Kinder nüzlich damit unterhalten werden.

F. Spiele des Verſtandes und der höhern Beurtheilungskraft.

Bey dieſen Spielen äuſsern ſich die meiſten Er - kenntniſskräfte des menſchlichen Geiſtes; hier iſt Beobachtungsgeiſt, Aufmerkſamkeit, Phanta - ſie, Witz, Gedächtniſs, kurz das, was wir Ver - ſtand nennen, und ſelbſt die höhere Beurthei - lungskraft ſtets geſchäftig, bald mehr, bald we - niger. Vor allen zeichnet ſich hier das treffli - che Schach aus.

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a) Geſellſchaftsſpiele.

97. Die Akademie der Wiſſenſchaften.

Dieſes von Hrn. Campe erfundene, und im 12 - ten Bändchen ſeiner Kinderbibliothek mitge - theilte Spiel hat ſeinen Nahmen daher, weil es Nachahmung einer ſolchen Akademie iſt. Ich gebe davon eine kurze doch vollſtändige Be - ſchreibung.

Die etwas zahlreiche Jugendgeſellſchaft wählt ſich zuerſt einen Präſidenten, und nimmt hierzu die verſtändigſte Perſon, den Vater oder den Lehrer; denn der Präſident iſt der vornehmſte im Spiele, er leitet daſſelbe und ſitzt oben an.

Hierauf wird einer zum Secretär der Akade - mie ernennt, der ebenfalls einer der gebildete - ſten von der Jugendgeſellſchaft ſeyn muſs.

Drittens macht man irgend einen kleinen Nichtskönner zum König, dieſer ſpielt nur eine ſtumme Rolle.

Alle übrigen jungen Perſonen werden zu Mitgliedern der Akademie angenommen und un - ter dieſe werden die wiſſenſchaftlichen Fächer vertheilt; da wird einer zum Hiſtoriker, ein ande - rer zum Geographen. ein dritter zum Mathematiker, ein vierter zum Philoſophen, ein fünfter zum Phy - ſiker, ein ſechſter zum Naturhiſtoriker u. ſ. w. er - nennt. Sind noch mehr Perſonen übrig, ſo macht396 man auch einen zum Belletriſten, oder zum Oeko - nomen, zum Handwerksverſtändigen; man kann auch, wenn noch nicht alle verſorgt ſeyn ſoll - ten, manche Fächer theilen, die Geographie, ſo wie die Geſchichte, in die alte und neue, die Naturgeſchichte in die drey Naturreiche und jedem einen Theil davon zueignen.

Indeſs ſich alle Glieder über die Wahl der Fächer miteinander vereinigen, ſchreibt der Präſident allerley leichte Fragen aus den ge - nannten Wiſſenſchaften auf Kartenblätter. z. E.

  • 1) Bey welchem Volke iſt die Verfertigung des Glaſes, die gröſsere Schiffarth, die Pur - purfarbe und die Buchſtabenſchrift erfun - den worden?
  • 2) Wie und wo ſtarb Carl der XII König von Schweden?
  • 3) Was für Naturgüter hat Preuſsen, die Deutſchland nicht hat, und welche können die Deutſchen nach Preuſsen ſchicken, die dort fehlen?
  • 4) Welches ſind die gröſsten Ströme und Ge - birge in der Welt, und wo ſind ſie?
  • 4) Was iſt eine gerade Linie?
  • 6) Was iſt ein Winkel?
  • 7) Wie ſieht unſre Seele aus?
  • 8) Warum iſt es nicht gut zornig zu ſeyn?
  • 397
  • 9) Die Akademie verlangt, daſs ihr Belletriſt ſie mit einer Fabel unterhalte.
  • 10) Die Akademie verlangt, daſs ihr Belletriſt ſie durch ein gut deklamirtes Liedchen be - luſtige.

Allerley dergleichen auf Kartenblätter ge - ſchriebene Fragen, die natürlicher Weiſe nicht über den Horizont der Jugend ſeyn müſſen, werden in ein Gefäſs gethan. Auch verfertigt der Präſident eine groſse papierne Mütze, auf welcher mit groſsen Buchſtaben der Nahme Mi - das ſteht.

Jetzt ſetzt ſich der Präſident vor einen Tiſch, der Secretär neben ihn, der König hinten auf einen Thron, die Akademiſten in einen Halbcirkel vor jene.

Der Präſident ſchlägt mit einem Stabe auf den Tiſch, und alles iſt mauſeſtill. Er ſchüttelt die Fragen im Gefäſse durcheinander, und beginnt:

Schaut auf, ihr Herren allzumal!
Wir ſchreiten jetzt zur groſsen Wahl
der groſsen Frage, die für heut
uns Stoff zum ernſten Denken beut.

Mit dieſen Worten zieht er ein Kartenblatt heraus, und reicht es dem Secretär. Dieſer er - hebt ſich von ſeinem Sitze, macht dem Präſi - denten und der Verſammlung eine Verbeugung, lieſst die Frage mit lauter Stimme vor, und ſezt398 ſich nach einer abermaligen Verbeugung wieder nieder.

Hierauf überreicht der Präſident das Blatt demjenigen Akademiker, zu deſſen Fache die Frage gehört, mit den Worten:

Erhebe dich du weiſer Mann,
und zeig uns deine Antwort an!

Der weiſe Mann erhebt ſich, beantwortet nach einer Verbeugung die erhaltene Frage mit langſamer und vernehmlicher Stimme, und ſezt ſich nach einer abermaligen Verbeugung nieder. Wird die Antwort gebilligt, ſo klatſcht der Prä - ſident Beyfall und die Verſammlung thut[daſſel - be]; iſt im Gegentheile die Antwort falſch, oder weiſs der Akademiker gar nichts zu antworten: ſo erklärt ihn der Präſident für einen Midas und ſetzt ihn mit den Worten die Midasmütze auf

O Midas, Midas hochgeboren,
verberge deine lange Ohren
wohl unter dieſem Mützchen ſein
wird anders Raum für ſie da ſeyn!

Midas! die ganze Geſellſchaft erhebt ein lau - tes Gelächter, unterdrücke deine Empfindlich - keit und lache mit! Alle ſtehn auf, ziehn dem Midas die Mütze über die Augen, binden ſie mit einem Tuche zu und ſingen, im Kreiſe tanzend:

399
Wilkommen Herr Midas,
o gehn Sie nicht fürbaſs!
es iſt ja hier ſchön.
Man ſaget, Herr Midas,
Sie hätten ſo etwas
Apartes zu ſehn;
wir bitten wir flehn,
o laſſen Sie ſehn!
o laſſen Sie ſehn!

Jetzt macht der Kreis halt; einer aus demſel - ben zupft den Midas beſcheiden am Ohrläppchen. Erräth er, wer ihn gezupft hat, ſo iſt er frey und man geht zu ſeinen Plätzen, um fortzufahren; erräth er aber die Perſon nicht, ſo fangen Geſang und Tanz von vorn an u. ſ. w.

Wenn endlich alle niederſitzen und der Prä - ſident wieder das Zeichen zum Stillſchweigen gegeben hat: ſo gehts wieder ans Herauszie - hen und Vorlegen der Fragen wie oben, bis der Präſident glaubt die Sitzung aufheben zu müſſen. Dann nimmt zum Beſchluſs der Sekretär alle be - antworteten Blätter in die Hand, begiebt ſich vor den Thron und ſtattet nach einer tiefen Ver - beugung von den heutigen Geſchäften der Aka - demie Bericht ab, etwa nach folgendem Beyſpiele: Sire,

Eurer Majeſtät allerunterthänigſte Akade - miker haben mir den Auftrag gegeben, den Er -400 folg ihrer heutigen gelehrten Unterſuchungen vor höchſt Dero erhabenen Throne nieder zu le - gen. In der Claſſe der Geſchichte wurde die Fra - ge aufgeworfen u. ſ. w. Hier wiederholt er die vorhin gezogene Fragen mit den darauf ertheil - ten Antworten der Reihe nach und zieht ſich un - terthänigſt vom Throne zurück.

Endlich beſchlieſst der Präſident die Verſamm - lung mit Ausſetzung einiger Preiſsfragen und er - muntert die Akademiker, an der ſchriftlichen Be - antwortung derſelben bis zur nächſten Sitzung zu arbeiten. Er beſtimmt zugleich die Preiſe, um welche gekämpft werden ſoll.

Der Character dieſes Spiels iſt pathetiſch - komiſch. Für das letztere iſt jede Jugendgeſell - ſchaft geſtimmt, für das erſte zwar nicht immer ſo ganz, es wird ihr leicht etwas zu ſchwerfällig, beengt ihre Natürlichkeit leicht zu merklich; allein, iſt der Ton der Geſellſchaft nicht ganz widerſprechend, und weiſs der Präſident durch heitere Luſtigkeit alles zu beleben: ſo wird das Spiel ſelbſt für Kinder ſehr unterhaltend und lu - ſtig. Seine Nützlichkeit iſt beträchtlich; ſie be - ſteht wenig oder gar nicht im Zulernen wiſſen - ſchaftlicher Kenntniſſe, ſondern vielmehr in Ge - wöhnung an Unbefangenheit im Reden und Be - tragen bey öffentlichen Auftritten, in ſchneller Zuſammenfaſſung der Gedanken beym Antwor -401 ten und, was mir das beſte ſcheint, in Ab - ſtumpfung einer übermäſsigen Empfindlichkeit, wo - ran leider überall viel groſse und kleine Leute krank liegen. Der geringſte Fehltritt, ein klei - nes auf ſie gehendes Gelächter macht ſie be - ſtürzt; ſie wiſſen nichts mit Groſsmuth und ge - fälliger Unbefangenheit zu ertragen, und ver - ſtehen die Kunſt nicht mit einer guten freymü - thigen Art ſich ſelbſt verlachen zu helfen. Die - ſe Kunſt will ſehr früh erworben ſeyn. Hude - leyen in Spaſs und Ernſt, gehören nun einmal ins Menſchenleben; gewöhnt die Jugend, jene mit Lachen, dieſe mit ernſter Geſetztheit zu er - tragen. Aus Gründen billige ich daher die Be - handlung des Midas; ob ſie aber für dieſen und jenen jungen Anfänger in jener Kunſt vielleicht nicht zu derbe ſeyn möchte? Ich wünſchte daher und ſchlage vor, daſs der Midastanz nicht immer angewendet werde. Der Präſident muſs ſeine Hrn. Akademiker kennen; iſt dieſer und jener ſeiner Einſicht nach noch zu empfindlich: ſo lieſse er ihn die Strafe mit einem Pfande büſsen. Dieſs Pfand nähme der Secretär in Verwahrung und brächte es, wenn er Bericht von der Sitz - ung abſtattet, vor den Thron Seiner Majeſtät, mit anzeige dieſer Unwiſſenheit des Mitgliedes. Der König geruhete dann in Gnaden, daſſelbe zu ſo oder ſo vielmaligen Gaſſenlaufen durchC c402die Schnupftücher der Akademiſten zu verdam - men. Gaſſenlaufen gehört freylich nicht in Akademien, allein der Midastanz eben ſo we - nig. Spiel iſt Spiel. Bey ſehr vielen Menſchen verträgt aber der Rücken mehr als Kopf und Herz.

98. Action nach Muſik.

Dieſes ſanfte, ſehr empfehlenswerthe Spiel ver - dient es ganz vorzugsweiſe in allen jugendlichen Cirkeln eingeführt zu werden; denn es iſt leicht zu allen Zeiten im Zimmer zu veranſtalten, ge - währt Vergnügen und Lachen, übt das Nach - denken und die Erfindungskraft und kann auch von Mädchen geſpielt werden. Ich habe es noch nie in Vorſchlag gebracht ohne ſogleich die ſtärkſte Beyſtimmung zu erhalten. Die Haupt - ſache beſteht darin: Einer von der Geſellſchaft wird heraus geſchickt, damit ſich die Andern in ſeiner Abweſenheit heimlich verabreden können, was er im Zimmer vornehmen ſoll z. B. Er ſoll einer Perſon einen Schlüſſel aus der Taſche ho - len, den dazu gehörigen Schrank im Zimmer aufſuchen, aus einer gewiſſen Schublade deſſel - ben eine Brieftaſche holen, zuſchlieſsen und die Brieftaſche einer gewiſſen Perſon in die Taſche403 ſtecken. Ein Clavier - oder Violinſpieler giebt ihn, nicht durch Worte, ſondern durch das Spiel auf ſeinem Inſtrumente zu erkennen, was er vornehmen ſoll. Nachdenken und Erfindungs - kraft müſſen ihn dabey leiten. Er kommt her - ein, alles iſt ſtill und die Muſik geht langſam und leiſe. Er beginnt ſeine Promenade im Zimmer umher, und indem er ſich der Perſon nähert, welche den Schlüſſel hat, hebt ſich der Ton und verräth ihm, daſs hier der Gegenſtand ſeiner Action ſey. Er berührt jene Perſon und der Ton hebt ſich noch mehr. Er wird jezt allerley mit ihr unternehmen, ſie ſträucheln, ihre Hand faſ - ſen, aber vergebens. Er wird endlich mit bey - den Händen von ihrem Kopfe langſam bis zu den Füſsen herab fahren und die Verſtärkung der Muſik wird ihn in der Gegend der Weſtenta - ſchen anzeigen, daſs hier etwas zu ſchaffen ſey. Seine Hände finden bald die Taſche, ſie holen wirklich etwas heraus, aber plözlich ſinkt die Muſik ins pianiſſimo zurück; denn es iſt ein Meſ - ſer. Er ſteckt es ſchleunig wieder in die Taſche, die Muſik hebt ſich wieder und wird noch ſtär - ker als er den Schlüſſel herauszieht. Mit dem Schlüſſel in der Hand wird er nun allerley ver - geblich verſuchen, die Muſik wird ſich ins Piano zurückziehen; ja ſie wird ins pianiſſimo herab - ſinken, wenn er den Schlüſſel wieder in die Ta -C c 2404ſche ſtecken wollte; aber ſie wird ſich heben, wenn er die Perſon verläſst und ſich dem Schran - ke nähert. Schlüſſel und Aufſchlieſsen ſind zu verwandte Sachen, als daſs man ſie nicht augen - blicklich kombiniren ſollte. Er öffnet den Schrank, berührt nach und nach die Schubla - den bis er an die kommt, in der die Brieftaſche iſt. Er holt ſie heraus und die Muſik wird ſtär - ker. Er will ſie öffnen und ſie ſinkt ins piano, er will zehn andre Sachen damit vornehmen und ſchlummert die Muſik immer mehr ein. Er will damit fort gehn und ſie wird immer träger und iſt nah am Schweigen. Aber ſie wird lebendig wenn er die Thür des Schrank es faſst. Dieſs wird ihm bey einigem Nachdenken bald verrathen, was zu thun ſey. So wird der Schrank verſchloſ - ſen indem die Muſik lauter ihren Beyfall giebt u. ſ. w.

Durch das Bisherige iſt die Einrichtung des Spiels wohl deutlich genug. Es bleibt jezt auch übrig einige Regeln feſtzuſetzen.

Es kommen hier 3 Gegenſtände in Betrach - tung. 1) Die Aufgaben, welche herausgebracht werden ſollen. 2) Das Verhalten desjenigen, der ſie löſen ſoll. 3) Die Muſik.

1. Aufgaben. Das ganze Spiel beruht auf Com - bination der Ideen. Da nun jeder Gegenſtand405 in Rückſicht auf andre in mannichfaltiger natür - licher Beziehung ſteht, ſo iſt es ſchon hinrei - chend, immer nur bey dieſen richtigen Bezie - hungen zu bleiben und alle unrichtigen d. i. will - kührlich erſonnenen nicht natürlichen zu ver - meiden. Z. B. die natürlichſte Beziehung hat der Schlüſſel auf das Schloſs und auf die Hand - lung des Auf - und Zuſclieſsens, allein alle ande - re zwar willkührlich zum Theil erſonnene, aber doch gewöhnlichen Handlungen, die mit einem Schlüſſel vorgenommen werden, ſind mit ihm immer noch in Beziehung und man fordert keine unrichtige Combination, wenn man von der ſpie - lenden Perſon verlangt, den Schlüſſel einzuſtek - ken, ihn aufzuhängen, darauf zu pfeifen, Zuk - ker damit zu klopfen u. d. gl. Wollte ich hin - gegen die Aufgabe damit ſo machen, daſs ein Band hindurch gezogen und der Schlüſſel damit über das Ohr gehängt werden ſollte, ſo verfiel ich ins poſſenhafte, willkührlich erdachte, un - richtige Combination. Dieſe ſollten aus 2 Ur - ſachen ſo viel als möglich vermieden werden. a) Das Spiel hat zum Zwecke den Suchenden auf eine angenehme Art zum Nachdenken zu reizen, indem es ihn veranlaſst, irgend einen Gegenſtand ſich in ſeinen oft ſehr mannichfalti - gen Beziehungen auf andere Gegenſtände zu denken. Sind dieſe Beziehungen ganz unge -C c 3406wöhnlich und unnatürlich, ſo findet mehren - theils kein Nachdenken mehr ſtatt, und man muſs ſich ſclaviſch an die Muſik binden um das Begehrte herauszubringen oder es bloſs zufäl - lig errathen. b.) Es wird dadurch auf eine un - nütze Art erſchwert. Beabſichtiget man dieſs aber wirklich, ſo läſst es ſich theils durch eine ausgedehntere Aufgabe und ganz beſonders da - durch hineinbringen, daſs man jene entfernteren Beziehungen mit ins Spiel ziehet. Die obige Aufgabe wird ſchon ſchwerer werden, wenn ich verlange, daſs aus dem Schranke Zucker geholt, dann ein Meſſer geſucht und das Zerſchlagen des Zuckers vermittelſt jenes Schlüſſels verrich - tet werden ſoll. Ich brauche übrigens wohl kaum zu erinnern, daſs man den ungeübten Spieler mit zu verwickelten Aufgaben verſcho - nen und mit ihm nur Schrittweiſe zu den Schwe - rern fortgehn müſſe.

2. Die Hauptregel für den Spielenden läſst ſich aus dem vorigen leicht ableiten, ſie iſt: durchdenke ſo vollſtändig und ſo geſchwind als möglich die mannichfaltigen Beziehungen des Gegenſtandes, mit welchem man dich ver - mittelſt der Muſik in Verbindung ſetzen will. Durch das obige iſt dieſe Forderung hinlänglich erklärt. Um aber den Gegenſtand ſobald als möglich aufzufinden, darf der Spielende beym407 Hereintreten nicht gleich ängſtlich in der näch - ſten Gegend des Zimmers alles durchſuchen und berühren; ſondern er wird wohl thun, wenn er ſich zuförderſt flüchtig vom Kopfe bis zu den Füſsen mit den Händen überfährt denn es könnte ſeyn, daſs er mit ſich ſelbſt etwas vor - nehmen ſollte, und dann ſchnell in dem Zimmer umher gehe. Auf dieſe Art wird er den Gegenſtand vermittelſt der Muſik am ſchnell - ſten auffinden. Alles übrige hängt zu ſehr von Umſtänden ab und erfordert eine zu weit - läuftige Entwickelung, als daſs ich mich darauf einlaſſen könnte.

3. Die Muſik kann bey dieſem Spiele frey - lich im Nothfalle durch bloſses Händeklatſchen oder Klopfen auf dem Tiſche einigermaſsen er - ſetzt werden, aber man ſieht leicht ein, daſs hierdurch für etwas empfindliche Ohren leicht Ueberdruſs verurſacht werde. Erſetzt wird da - durch Muſik niemals, und wenn der Spieler auch nur ſimple Accorde oder ein leichtes An - fängerliedchen herausbringen kann. Vollkom - men aber wird die Sache, wenn er die ſchöne Kunſt des phantaſirens auf dem Forte piano oder der Violine in einem ſo anſehnlichen Gra - de beſitzt, daſs er den Acteur nicht bloſs durch Hebung und Verminderung der Töne, ſondern auch durch Abwechſelung des Tactes, des Tem -C c 4408po und der muſikaliſchen Gedanken unter - ſtützt.

Für kleinere Knaben, die dieſem Spiele noch nicht gewachſen ſind, hat man ein leichteres, nämlich das Nadelſuchen, wobey eine verſteckte Nadel auf obige Art nach der Muſik geſucht wird.

99. Die Kaufleute.

Der Zweck dieſes Spiels iſt Rechnen im Kopfe. Das Vergnügen dabey liegt nicht ſo wohl in ihm ſelbſt, ſondern es entſteht durch den gefälligen, freund - ſchaftlichen Ton der jungen Geſellſchaft und be - ſonders durch das Betragen der Hauptperſon. Dieſe ſtellt den Käufer vor, alle übrige Kaufleu - te. Jeder wählt ſich ſeinen Handelsartikel. Der Käufer geht von dem einen zum andern, begehrt dieſen oder jenen Artikel, bezahlt mit Fleiſs ſo, daſs wieder herausgegeben werden muſs. Dieſs muſs der Kaufmann ſchnell berechnen; macht er es nicht recht, ſo giebt ihm der Käufer Plump - ſack. Der Käufer muſs alſo ſelbſt gut aus dem Kopfe rechnen können, um die Fehler leicht ein - zuſehn und zu berichtigen, ſo wie er zweytens auf das Alter und die Fertigkeit der Kaufleute Rückſicht nehmen muſs, damit er nicht dem409 Kinde Aufgaben ertheilt, die nur für den ältern Knaben gehören. Er kauft z. Exemp. von dem kleinen Bäcker 9 Semmeln, giebt ihm in Ge - danken ein 2 Groſchenſtück und läſst ſich von ihm die Zahl der Pfennige ſagen, die er her - ausgeben muſs. Von dem Gröſsern nimmt er für 24 Pfennige Pfeffernüſſe, zahlt ein 8 Gro - ſchenſtück und läſst ſich die Zahl der heraus - zugebenden Pfennige ſagen. Bey dem Klei - nen nimmt er 4 Pfund Kaſtanien à 2 Groſchen 6 Pfennige und bezahlt mit einem Gulden; bey dem gröſsern nimmt er 1 8 Centner, bezahlt mit einem Laubthaler, Ducaten, u. ſ. w. und verlangt den Reſt in Groſchen zu wiſſen. Von dem kleinen Mädchen nimmt er 20 Ellen Band à 1 Pfennig, zählt 7 Groſchen, und will die übrigen Pfennige heraus haben; bey dem gröſsern 4 1 2 Elle Kattun zu 12 Groſchen und zahlt ihm 5 Rthlr und läſst ſich Groſchen zurück - geben. u. ſ. w.

Wenn alles unter Scherz und Lachen ge - ſchiehet, ſo iſt dieſs Spiel ſehr zweckmäſsig und giebt eine vortreffliche Gelegenheit, den Kin - dern nicht bloſs Uebung im Kopfrechnen zu verſchaffen, ſondern ihnen auch den Werth von mancherley Münzſorten, Maaſs und Gewicht, ſo wie den Preis von allerley Waaren bekanntC c 5410zu machen. Ein ſehr hübſch ausgeführtes Bey - ſpiel findet man im Kinderalmanach von 1795.

100. Das Arithmetiſche Spiel.

Es giebt ſchon ſeit den älteſten Zeiten arithme - tiſche Spiele; das berühmteſte von allen iſt die Pythagoriſche Rhythmomachie*)Dieſe und andere Spiele der Art findet man in Nic. Ozanam Recreations de Mathematiques et Phyſiques. à Pa - ris 1796. und 1751; in Claude Caſp. Bachet Proble - mer plaiſants et delectables qui ſe font par les n[o]mbres. à Lyon 1612. 8; in Claude de Boiſſiere tres excellent et ancien jeu Pytagorique dit Rhyth momachie etc. à Paris 1556; in Jac. Fabri ſtapulen - ſis Rhytmomachia ſ. pugna numerorum, und andern.. Ich führe von allen nur eins an, das im vorigen Jahre zu Leipzig erſchien**)Arithmetiſche Unterhaltungen ein Geſellſchaftliches Spiel für junge Knaben und Mädchen. Nach dem Engliſchen. Leipzig bey Baum - gärtner. 1795. 16 gl., weil es im Ganzen ſehr zweckmäſsig und leicht zu haben iſt. Es iſt auf das alte ſehr bekannte Gänſeſpiel gebaut, ſo wie mehrere neue Spiele der Art, z. Exemp. das Poſt - und Reiſeſpiel, das Ritterſpiel und andere, verdient aber allen dieſen weit vorgezogen zu werden. Die Spieltafel beſteht in einem Spi -411 ralförmigen Gange, in welchem man ſich mit ei - nem zehnſeitigen Drehewürfel, der die Ziffern 1 bis 9 und 0 trägt, von dem Platze 1 bis 100 in dem Mittelpunkt fortwürfelt. Die Folge davon iſt, daſs die kleinen Spieler entweder addiren, in - dem ſie die Zahl des neuen Wurfs zu den vo - rigen hinzu zählen; oder ſubtrahiren, indem ſie von zwey Drehungen die kleine Zahl von der gröſsern abziehen und ſo viel Felder weiter ſetzen als der Reſt angiebt; oder multipliciren, indem ſie die beyden Zahlen zweyer Drehungen miteinander multipliciren und ebenfalls um ſo viel Felder weiter rücken, als das Produkt an - giebt, wenn es nicht gröſser als 9 iſt; denn im entgegengeſetzten Falle, wird nur nach der letz - ten Ziffer fortgerückt, z. Exemp. wenn 4 und 9 gewürſelt iſt, und folglich das Produkt 36 macht, ſo wird nur um 6 Felder weiter gerückt; oder endlich dividiren, indem ſich nach zweyma - ligen Würfeln die groſsen Nummern durch die kleinen Theile und den Reſt zum Quotienten addiren. Schon aus dieſem wenigen werden meine Leſer einſehen, daſs dieſs Spiel für die kleinere Jugend recht nützlich ſeyn könne; zu ihrer Hülfe ſind auf den vier Ecken der Spielta - fel kleine Tafeln für die genannten Rechnungs - arten angebracht. Auſſer dieſen kleinen Ue - bungen im Rechnen hat der Erfinder noch auf412 eine recht gute Art die Kenntniſs der Maaſse, Gewichte, Zeitrechnung und Münzen hinein gewebt; die moraliſchen Winke aber die auf verſchiedene der obigen Felder Beziehung ha - ben, ſind für die kleinere Jugend, welcher doch das Spiel gewidmet iſt, viel zu geſucht und affectirt, ſie hätten ganz wegbleiben oder doch ganz anders eingekleidet ſeyn müſſen. Eine vollſtändige Beſchreibung iſt hier nicht ſchicklich, man muſs das Materiale kaufen, und hierzu glaube ich mit Recht aufmuntern zu dürfen.

101. Das Ringſpiel.

Die zahlreiche Geſellſchaft ſezt ſich im Kreiſe herum und läſst einen gewöhnlichen Fingerring in demſelben von Perſon zu Perſon gehen, wo - bey gewiſſe kleine Verſe geſagt werden. Wenn zum Beyſpiel Aden Ring ſeinem Nachbar B giebt, ſo ſagt

A. Nimm hin das!

B. Was iſt das?

A. Es iſt ein Ring von meiner Hand mit einem kleinen Diamant darin ſteht geſchrieben fein mein Nahm und meines Liebſten Nahm, meine Freude,413 mein Leid, mein Humeur, meine Culeur, mein Reim, mein Sprichwort.

Da nicht jeder im Stande iſt, dieſe Worte ſogleich alle zu behalten, ſo läſst man den Ring dreymal herum kreiſen und ſezt jedesmal einen von den beyden Abſätzen hinzu. Iſt dieſs ge - ſchehen und iſt der Ring wieder an A. gekom - men, ſo muſs jeder eine Erörterung über die ge - ſagten Reime geben. B. fragt daher den A. Wie ſein Nahme heiſse, was ſeines Liebſten Nahme ſey, d. i. welche Perſon oder Sache er vorzüglich ſchätze: worin ſeine Freude beſtehe; worin ſein Leid; was ſein Humeur, welche ſeine Lieblingsfar - be, welches ſein liebſter Vers und Sprichwort ſey. So geht denn das Fragen von Perſon zu Perſon, bis ſich mit der letzten das Spiel endigt.

Ich muſs von dem Tone, der in dieſs Spiel hinein zu wünſchen iſt, noch Proben geben. Hier ſind ein Paar aus Schummels Kinderſpielen und Geſprächen. Mehrere Kinder ſizten mit ihrer Mutter im Kreiſe.

Hänschen. Wie iſt dein Nahm?

Guſtav. Guſtav Friedrich.

Mutter. Ey du ſprichſt ja deinen Nahmen mit einem ſo ſtolzen Tone aus.

414

G. Das thue ich auch Mutter, heiſst doch der König von Preuſsen auch Friedrich. Und dann waren auch einmal zwey Könige von Schweden, die hieſsen alle beyde Guſtav. Das waren recht groſse Leute.

M. Nun wohl Guſtav, ſo mache, daſs auch einmal ein ganzer Mann aus dir wird.

H. Wie heiſst deines Liebſten Nahm?

G. Juliana Maria. (der Nahme ſeiner Mut - ter. Er küſst ihr die Hand, ſie küſst ihn wie - der und drückt ihn an ſich.)

H. Was iſt deine Freude?

G. Wie du ſiehſt, Hänschen, wenn ich mir einen Kuſs von meiner lieben Mutter verdient habe.

H. Was iſt dein Leid?

G. Ich habe keins; aber wenn Mutter ſtür - be, oder wäre krank, oder wäre böſe, das - re mein gröſstes Leid.

H. Wie iſt dein Humeur?

G. Manchmal ein biſschen hitzig, aber es gereuet mich bald wieder.

H. Was iſt deine Culeur?

G. Wie der Himmel in der Nacht ausſieht, blau mit Gold.

H. Was iſt dein Reim?

G. ſagt die Verſe. Lobt den Herrn die Mor - genſonne u. ſ. w.

415

H. Dein Sprichwort?

G. Gott fürchten iſt der Weisheit Anfang, Jetzt examinirt Sophie den kleinen naiven Hans:

H. H. Nun komm ich dran. Fiekchen fragt mich.

Soph. Wie iſt ihr Nahme?

H. Hänschen.

S. Haben Sie nicht noch einen Nahmen?

H. O ja, Mutter heiſst mich manchmal Flat - terhans und wilde Hummel; und Lieschen heiſst mich einen Huſaren.

G. Und wie heiſse ich dich denn?

H. Du heiſst mich auch manchmal ſo, aber denn heiſse ich dich wieder was.

S. Wie iſt ihres liebſten Nahme.

H. (Zählt auf den Fingern.) Mutter Fiek - chen Lieschen Guſtav, und dann mein neues Steckenpferd.

M. Das iſt ſchön! das gefällt mir! Haſt dei - ne Mutter nicht lieber als dein Steckenpferd?

H. O ja liebe Mutter, darum habe ich ſie auch zuerſt geſezt. Aber ich kann ja doch mei - nem Steckenpferde auch gut ſeyn, nicht wahr?

M. Ja aber es wäre bald einmal Zeit, daſs du deinen Steckenpferden den Abſchied gäbſt. Biſt ja nach gerade ſchon ein groſser Mon - ſieur.

415[416]

H. O wenn ich nur erſt ein ordentliches Pferd habe, dann werfe ich die Steckenpferde weg.

S. Nun, was iſt denn ihre Freude?

H. Meine Freude! Wenn ich erſt einmal groſs wäre, und könnte auf einen ſchönen wei - ſsen Schimmel reiten, und hätte einen Treſſen - hut auf und einen Degen an: Heyſa das wäre eine rechte Freude.

S. Was iſt denn ihr Leid?

H. Mein Leid? Ach ich habe viel Leid: Wenn ich Kegel ſpiele und kann in meinem Le - ben keine Neun treffen und hernach, wenn ich ſoll Vokabeln lernen, und ſie wollen mir gar nicht in den Kopf, und hernach, wenn ich mich manchmal ein Bischen dreckigt

M. Pfui, das iſt ein garſtig Wort; Wer woll - te ſo ſprechen.

H. Ich meine nur, Mutter, wenn ich mich auf dem Spielhofe manchmal ſo voll gemacht habe, und ich ſoll dann zu Ihnen kommen; das iſt mir immer ein rechtes Leid.

M. Das Leiden könnteſt du dir aber hübſch erſparen, wenn du nur immer Achtung auf dich gäbſt.

S. Was iſt ihr Humeur?

H. I luſtig und vergnügt.

M. Mit unter ein bischen wild und ausge - laſſen.

417

H. O manchmal nur.

S. Ihre Couleur?

H. Weiſs, ſchneeweiſs, wie ein Schimmel.

S. Und ihr Reim?

H. O ich habe einen recht hübſchen Reim: Wenn ich artig bin und ohn Eigenſinn u. ſ. w.

Man kann dieſs Spiel um Pfänder und Plump - ſack ſpielen. Wer die Reime nicht ohne An - ſtoſs ſagt, im Examen Sprachfehler begeht, kei - nen Vers oder kein Sprichwort kann, muſs ein Pfand geben, oder bekommt im Spaſs Plump - ſack. Wenn er beym Auslöſen der Pfänder nicht gehörig antworten kann, ſo kommt eben - falls der Plumpſack über ihn. Der Spielrichter dictirt die Strafe.

In einem Kreiſe von fröhlichen, zumal noch nicht erwachſenen, ganz unſchuldigen, aufrich - tigen und naiven Kindern werden oft allerley luſtige Antworten zum Vorſchein kommen, aber Erwachſene werden mit der Wahrheit nicht gleich herausrücken und in Ziererey verfallen. Sagen ſie aber die ſtrenge Wahrheit, ſo wird das Spiel ſehr einförmig und iſt mit einem Ma - le, wo nicht für immer, doch auf einige Zeit ab - genutzt; denn ihr Name bleibt immer, ihr Liebſtes bleibt wenigſtens auf lange Zeit ihr Liebſtes, ſind es gar ihre Eltern, ſo werden ſie ihnen immer die liebſten Perſonen bleiben. D d418Aehnlich iſts mit ihrer Freude, mit ihrem Leiden u. ſ. w. Dieſs kommt alles daher, weil das gan - ze Spiel urſprünglich für einen Punkt berech - net iſt, um den ſich die meiſten Tänze, Schau - ſpiele und Romane drehen; für die Jugend blei - be er ein Mathematiſcher Punkt, ſo lange es gehn will.

Weit lehrreicher und mannichfaltiger iſt die Campiſche Umarbeitung dieſes Spiels. Die Verſe ſind:

A. Nimm hin das!

B. Was iſt das?

A. Es iſt ein Ring von meiner Hand mit einem kleinen Diamant;

Beym zweyten Herumkreiſen kommen zu die - ſem noch folgende Verſe:

Darinnen ſteht geſchrieben fein mein Urtheil über groſs und klein viel Wunderbars von manchem Ort; mein Räthſel, Reim und Sprichwort.

Man kann die Verſe nach Belieben abbre - chen, je nachdem es für das Gedächtniſs der Kinder erforderlich iſt.

Hierauf fängt man wie beym obigen Spiele das Examen der Reihe nach an; B fragt den A und die - ſer muſs ihm ein Urtheil, etwas Merkwürdiges von irgend einem Orte, Lande, Gebirge, oder ſeinen Produkten, Thieren; ein Räthſel, einen Vers und ein419 Sprichwort ſagen. Um dieſs Spiel noch beluſtigen - der zu machen könnte man es mit Pfänder ſpielen. Sodann müſste jeder ein Pfand geben, der auf eine Frage nichts vorzubringen wüſste, oder et - was Falſches ſagte; folglich müſsten auch für ein falſches Urtheil, für eine unrichtige Merkwür - digkeit, für einen Vers und für ein Sprichwort, die falſche Gedanken enthielten Pfänder gege - ben werden; und man gebrauchte, wie oben, den Plumplack, wenn jemand das Pfand nicht ein - löſen könnte. Ein Beyſpiel aus Campens Kin - derbibliothek: Es war Regenwetter, die Kin - der verlaſen Salat und ſpielten dabey.

C. Dein Urtheil?

K. Regenwetter iſt auch gut.

V. Wozu denn?

K. I es würde ſonſt nichts wachſen; und dann ſo hätten Menſchen und Thiere nichts zu trinken, wenns nicht zuweilen regnete.

V. Könnten denn nicht Brunnen, Bäche, Flüſſe ſeyn?

K. Ja wie bald würden die vertrocknen! und dann ſo kann man auch zu Hauſe ſpielen, wenns drauſsen regnet.

C. Etwas Merkwürdiges aus der Geogra - phie?

K. Zu Surinam in Amerika giebt es eine Art Ameiſen, die man Viſitenameiſen nennt. Die -D d 2420ſe ziehen zuweilen in groſsen Heeren aus, und wo ſie hinkommen, da freuen ſich die Leute und machen ihnen Thüren und Fenſter auf.

F. I warum denn?

K. Ja wo die Ameiſen hinkommen, da durch - ſuchen ſie das ganze Haus, und wo ſie nur eine Ratte, Maus, eine Weſpe, eine Fliege oder ſo etwas finden, da beiſſen ſie ſie todt und freſſen ſie auf u. ſ. w.

L. Das ſind ja ſcharmante Thierchen!

K. Jawohl!

C. Dein Räthſel?

K. Ich habe ein Paar Pferde geſehen, die fraſsen täglich mehr als hundert Scheffel Haber.

Alle Ho! ho!

K. Ja und ſie ſtanden noch dazu auf den Köp - fen und fraſsen mit den Beinen.

F. Das iſt doch gewiſs nicht wahr.

K. Und da war noch ein Huhn dabey, das legte täglich mehr als tauſend Eyer!

In der Folge wird dann das Räthſel welches Anfangs niemand glauben will geſprächsweiſe gelöſt nämlich: hundert Scheffel Haber freſ - ſen freylich nichts, und tauſend Eyer le - gen kein einziges. Die Pferde ſtehn auf den Köpten der Hufnägel und ihre Zähne ſind von Knochen oder Bein; dann gehets wei - ter, Konrad ſagt die Verſe: Unſchuld und Freu -421 de ſind ewig verwand; es knüpfet ſie beyde ein himmliſches Band; und endlich kommt ſein Sprichwort: Jung gewohnt alt gethan.

Jedermann ſieht leicht ein, daſs dieſs Spiel Uebung des Verſtandes und des Gedächtniſſes ſeyn kann, zumal wenn ein Jugendfreund das, was geſagt wird, im nöthigen Falle berichtiget, erwei - tert und Erläuterungen darüber giebt.

102. Das Frageſpiel.

Dieſs Spiel iſt eine Art von Blindekuh, wobey der Geiſt ſo lange im Dunkeln herumſucht, bis er den Gegenſtand erwiſcht, den er gern haben möchte. Man nimmt ſich irgend Etwas aus der wirklichen oder aus der Ideen - Welt in den Sinn, das ein Anderer durch geſchickte Fragen zu erforſchen ſtrebt, ohne daſs er andre Ant - worten als ja und nein auf ſeine Fragen erhält. Um den geheimen Gegenſtand zu treffen, wür - de alles Errathen vergebens ſeyn; denn der Ge - genſtände, die gedacht werden können, giebt es ja ſo unendlich viel: folglich muſs der Fra - gende bey ſeinem Geſchäffte von den Allgemein - ſten Begriffen bis zu den individuelſten nach und nach herabſteigen, ſo wie die Blindekuh erſt die Arme weit ausbreitet, um einen möglichſt weiten RaumD d 3422zu umſpannen, dann ihren Gegenſtand immer mehr und mehr einſchlieſst, bis ſie ihn endlich feſt faſſet. Dieſs iſt die erſte Hauptregel des Spiels. Ich will mir etwas in den Sinn nehmen, und es durch meine Leſer heraus fragen laſſen. Alle Nebengeſpräche und Kurzweile, wodurch das Spiel zur angenehmen Unterhaltung wird, bleiben hier weg, um des Platzes zu ſchonen. Ich ha - be etwas, das Fragen hebt an:

Gehörts zur Körperwelt? ja! Iſts ein Weltkörper? nein! Ein geographiſcher Ge - genſtand unſrer Erde? nein! Ein natürlicher Körper, ein Naturprodukt? nein! Alſo ein Fa - brikat? ja! Genommen aus dem Thierreiche? nein. Zum Theil nur aus dem Thierreiche? nein. Aus dem Mineralreiche? ja, und ganz al - lein? ja. Von Stein? nein. Von Metall? ja! von einem edeln? nein. Von Kupfer? nein! von Eiſen? ja. Von künſtlichem Eiſen (Stahl)? ja.

Der Sachen, die von Stahl gemacht werden, ſind ſehr viel, es kommt folglich darauf an, ſie ſogleich im Kopfe zu claſſificiren und die gedachte Sache in eine Claſſe zu ſchaffen, ferner den Ge - brauch derſelben auszukundſchaften. Hier neh - men folglich die Fragen eine andre Richtung.

Iſts eine Maſchine? nein! Ein Inſtru - ment? ja. Des Künſtlers? nein! Bauern? nein. 423Handwerkers? ja. (Jezt kömmt es noch darauf an den Handwerker heraus zu bringen. Das iſt auf zweyerley Art möglich; entweder kann man die Handwerker im ſtillen gleich klaſſificiren, oder den Stoff herausfragen, den er bearbeitet.) Verarbeitet er etwas aus dem Thierreiche? ja. Von einem Säugethiere? ja! Wilden? nein. Von der Kuh? nein! Vom Schafe? ja. Die Wolle? nein! Von Wolle? ja. Tuch? ja der Schneider? ja! die Scheere? nein! das[Biegeleiſen]? nein! die Nähnadel? ja. Hier bin ich ertappt.

Ein zweytes Beyſpiel: Die erſten Fragen wie oben, dann ferner: ein Naturprodukt, natürli - che Körper? ja! Flüſſiger? nein Ein Thier? nein. Eine[Pflanze]? nein. Mineral? nein. (oder anders: gehörts zum Thierreiche? ja! iſts ein Thier? nein! ein Theil davon? ja.) Ein einzel - ner Theil davon? ja. Von einem Thiere? ja Von einem Menſchenähnlichen? ja. Von einem Menſchen? ja. Von den obern Theilen des Kör - pers? ja. Der Kopf? nein. Etwas am Kopfe? ja. Stirn, Ohren, Mund etc? nein. Naſe? ja. Die Menſchennaſe überhaupt? nein. Alſo eine be - ſtimmte. Jetzt alſo von was für einem Men - ſchen: lebt er noch? nein. Lebte er vor Chriſti Geburt? nein. In Europa? ja. Im weſtlichen? ja. Portugall? etc. nein. Frankreich? ja. Eine berühmte Perſon? ja. Ein König? ja. Der er -D d 4424ſten: der zweyten Race! nein. Einer von den lezten der dritten? ja. Ludwig XVI. XV? nein. Ludwigs XIV? ja. Alſo Ludwigs des Vier - zehnten Naſe.

Drittes Beyſpiel. Etwas aus der Ideen und Geiſterwelt? nein Die Eigenſchaft, die Action eines Körpers? nein. Ein Weltkörper? nein. Ein geographiſcher Theil der Erde? nein. Ein Naturprodukt? ja. Ein Flüſſiges? nein. Zum Thierreiche gehörig? ja. Ein Säugethier? ja. Ein Menſch? ja. Noch lebend? iſt zweifelhaſt. Männlichen Geſchlechts? ja. In den alten Erd - theilen? nein. In Amerika? nein. Polyneſien? ja In Süden des Aequators? nein. In Süden des nördlichen Wendekreiſes? ja. Auf den Sandwich - inſeln? ja. Auf Owaihi? ja. Hat er etwas merkwür - diges gethan. ja. Der Mörder Cooks? Allerdings.

Da dieſs ſehr ſchöne Spiel gemeiniglich ſehr unordentlich geſpielt wird, und man oft bloſs ins Gelag hinein fragt: ſo iſt es wohl der Mühe werth, dieſe Anleitung etwas vollſtändiger zu machen. Alle Fragen bey demſelben ſind nur von dreyer - ley Art; ſie betreffen immer nur das Was, Wo und Wann.

Es iſt nothwendig mit dem Was allemal den Anfang zu machen; denn erſt muſs ich die Sa - che wiſſen, ehe mir ihre Beſtimmung durch Wo und Wann, d. i. nach Ort und Zeit nüzlich wer -425 den kann. Ich gebe hier folglich einen kurzen Entwurf, nach welchem die Fragen nach dem Was etwa zu ordnen ſeyn möchten. Für voll - ſtändig gebe ich ihn nicht aus. Ich habe im gan - zen nur die Fäden angeſponnen, an welchen die Fragen fortlaufen ſollen; doch wird er eben kei - ne Lücken übrig laſſen, durch welche der ge - heime Gegenſtand entwiſchen könnte, wenn es ein körperlicher Gegenſtand iſt*)Auf Gegenſtände aus der Geiſter und Ideenwelt habe ich mich nicht eingelaſſen; denn ſie ſind für den gröſsten Theil der Jugend zu ent - legen und gehören nur für reifende Jünglinge, die ſchon eine Zeit lang philoſophiſchen Unterricht genoſſen haben. Dieſe wiſſen ſich ſelbſt zu helfen.. Hier wird man zugleich deutlich überſehen können, wie die Fragen von dem Allgemeinen zum Individu - ellen übergehen.

  • A. Ein Gegenſtand aus der Ideenwelt? Geiſterwelt?
  • B. Aus der Körperwelt?
    • a. Die Eigenſchaft eines Körpers? die Actíon, Handlung?
    • b. ein Körper ſelbſt?
      • 1. ein Weltkörper? ein Theil davon?
        • * Fixſtern? Geſtirn? Comet? Planet?
        • * die Erde?
          • ein geographiſcher Theil der Erde?
            • . ein Gewäſſer?
            • 426
            • . ein Land? ein alter Erdtheil? Europa? Nordeurpoa? Mitteleuropa? Deutſchland? Niederdeutſchland? Oberſachſen? Churſachſen? Meiſsner Kreis? u. ſ. w.
            • . ein Berg?
            • . eine Gegend?
            • . ein Wohnplatz? Stadt, Dorf, Schloſs. Haus? etc.
      • 2. Naturprodukt? ganz oder ein Theil davon?
        • * Unbelebt?
          • ** flüſſig? Waſſer? Luft? Feuer? electriſche? magnetiſche Ma - terie? etc.
          • ** feſt?
            • *** Zum Mineralreiche gehörig? ein uneigentliches Mineral? Verſteinerung? aus dem Pflanzen - Thierreiche etc. ein eigentliches Mineral?
              • . Erde? Stein?
                • .. Kalkart
                • .. Thonart etc.
                  • Porcellanerde?
                  • Serpentin? u. ſ. w.
              • . Salz?
                • .. ſaures?
                • .. Laugenſalz u. ſ. w.
            • *** zum Pflanzenreiche?
              • u. ſ. w. durch die Abtheilungen der Pflanzen.
        • * Belebt
          • ** Zum Thierreiche?
            • *** Säugethier?
              • . Menſchenähnlich? ein Menſch? u. ſ. w. Geſchlecht, Alter, Stand, Wohnort, Zeit.
              • . Raubthier? etc.
              • . Wiederkäuend?
                • fremd?
                • hieſig? wild? zahm? Kuh? Schaf? etc.
            • *** Vogel
              • Raubvogel?
              • 427
              • . Spechtartiger
              • . Schwimmvogel? Pelikan? Erſte etc. u. ſ. w.
            • *** Amphibie u. ſ. w.
            • *** Fiſch u. ſ. w. durch alle Thierklaſſen, Ordnungen, Geſchlech - ter, Gattungen, Arten.
      • 3. Ein verarbeitetes Naturprodukt, Kunſtprodukt, Fabrikat?
        • * genommen aus dem Mineral - Thier - Pſtanzenreich? aus 2 oder dreyen zugleich? hier gehen die Fragen wieder fort ins Naturgebiet.
        • * gemacht durch die Hand eines Künſtlers? Handwerkers u. ſ. w.
        • * von welcher Art iſt der Gegenſtand? hier folgen alſo die Fragen
          • . Inſtrument?
            • für ein Handwerk? Kunſt? Oekonomie? Wiſſen - ſchaft? Handel? Bergbau? Vergnügen? Hausge - räth u. ſ. w.
          • . Maſchine?
          • . Gefäſs? Behältniſs, Wohnſitz, Schiff etc.
          • . Kleidung? oder dazu gehörig.
          • . Zur Nahrung?
          • . Verſchönerung? u. ſ. w.

Man prüfe die obigen Beyſpiele, man neh - me ſich einmal die Nähnadel in den Sinn und frage nach dieſem Entwurfe ſie aus ſich ſelbſt her - aus, ſo wird man den Gang des Spiels einſehen lernen.

Hat ſich der Gegner etwas in den Sinn ge - nommen, was weder durch Ort noch Zeit be - ſtimmt iſt; das heiſst, hat er ſich bloſs eine Claſ - ſe, Ordnung, Gattung oder Art gewählt, ſo kömmt man mit den Fragen nach dem Was? voll - kommen aus. Ich will dieſs deutlicher machen.

428

Beym erſten Beyſpiele war nur eine Gattung gewählt, nämlich eine Gattung von Inſtrumen - ten, die man Nähnadel nennt. Nähnadeln giebts allerwärts, hier iſt alſo keine Beſchränkung des Ortes. Ferner läſst ſich hier annehmen, es gäb immer Nähnadeln daher findet auch keine Be - ſchränkung der Zeit ſtatt. Hätte ich aber die Nähnadel im Sinne gehabt, welche hier an mei - nem Fenſtervorhange ſteckt, ſo wär mein Ge - genſtand ein Einzelweſen (Individuum) das erſt durch den Ort beſtimmt wird, folglich hätte nach dem Orte gefragt werden müſſen. Im zwey - ten Beyſpiele iſt der Gegenſtand individuell, nämlich die Naſe Ludwigs des XIV, hier iſt alſo Beſtimmung nach Zeit und Ort, dieſs würde der Fall nicht geweſen ſeyn, wenn man ſich den Gat - tungsbegriff Naſe überhaupt gedacht hätte. Hieraus ergiebt ſich die zweyte Hauptregel, daſs man aufhören müſſe nach dem Was zu fragen, wenn man die Gattung oder Art heraus bat, und ſogleich nach dem Wo? oder Wann fragen müſſe, um auf das Indi - viduum zu Kommen. Bey dem Wo können die Fra - gen im nöthigen Falle beym Ganzen der Erde anfangen und ſie werden ſich oft bey einem klei - nem Plätzchen im Zimmer endigen. Eben ſo iſt es mit dem Wann; man geht von gröſsern Zeit - räumen bis in die kleinſten hinein.

429

Für die Theorie dieſes Spiels mag das Bishe - rige genug ſeyn, aber für die Praxis habe ich noch manches aufgeſpart. Hier iſt es.

Wenn man den Gegenſtand ausgefragt hat, ſo gehe man hinterher noch einmal die ganze Reihe der Fragen durch, die man gethan hat, und unterſuche, wo man hätte beſſer fragen und kürzer zur Sache kommen können; noch mehr iſt dieſs Wiederholen nöthig, wenn man den Gegenſtand nicht heraus bringen konnte; man ſieht dabey am beſten worin man gefehlt hat, und wird dadurch vorſichtiger.

Man thue keine doppelte Fragen, z. E. iſts ein Mineral oder eine Pflanze? denn der Andre muſs ſonſt ja und nein zugleich ſagen.

Anfängern ſage man gleich das Fach, woraus man ſich etwas in den Sinn nimmt, z. E. aus der Naturgeſchichte, Geographie u. ſ. w. und man wähle für ſie keinen Gegenſtand, der über ihren Geſichtskreis hinausliegt.

Das Errathen darf bey dem Spiele nicht ge - duldet werden, ob es gleich, um das Fragen ab - zukürzen oft ſehr gut iſt, die allgemeinern zu überſpringen und gleich einmal eine ſpecielle Frage zu thun, wenn man Scharfſinn genug hat, allerley Nebenumſtände aufzufaſſen, um ſchon auf die Spur zu kommen, ehe noch eine Frage gethan iſt.

430

Da alles auf richtige Beantwortung ankommt, ſo iſt es gut, wenn junge Perſonen ihren Gegen - ſtand einem Freunde mittheilen, damit er im Nothfalle berichtigen kann.

Unter den Spielen, die auf Bildung des Gei - ſtes abzwecken, iſt dieſs eines der vollkommen - ſten, und ſein Nutzen für die Jugend, ſo wie für ſehr viel Erwachſene unverkennbar. Ihre Be - griffe ordnen ſich unter gehöriger Leitung Sach - verſtändiger allmählig in ein feſtes Syſtem, in - dem ſie gezwungen ſind, die Gegenſtände nach wiſſenſchaftlichen Syſtemen zu klaſſificiren, oder wo dieſs fehlt, ſelbſt die Gegenſtände der Ord - nung in Gattungen und dieſe in Arten zu zerle - gen; hierzu gehört Ueberblick des Ganzen, Scharf - ſinn und Nachdenken. Ueberdem beſteht das ganze Spiel in einer ununterbrochenen Reihe von Schlüſſen, die man nach den erhaltenen Antworten bildet. Daſs es ſich ferner ſehr gut als Wiederholung wiſſenſchaftlicher Kenntniſſe gebrauchen laſſe, und daſs man der Jugend da - durch ſelbſt manche noch nicht erlernte Sachen beybringen könne, ſieht jeder leicht ein. Auch das Gedächtniſs und die Aufmerkſamkeit werden dabey geübt, denn man muſs nothwendig die ſchon erhaltenen Antworten und die dadurch bewirkten nähern Beſtimmungen des Gegenſtan - des behalten. Endlich iſt es auch für die Ju -431 gend ein ſehr angenehmes Spiel, denn vermö - ge ihrer natürlichen Wiſsbegierde und Neugier - de liegt ſehr viel Reizendes darin, das heraus zu bringen, was ein anderer ſo geheim hält.

103. Das Silbenräthſel oder Charaden.

Alle Wörter beſtehn aus Sylben, und dieſe ein - zelnen Sylben haben oft für ſich eine Bedeutung. Dieſs iſt am häufigſten der Fall bey zuſammen - geſezten Wörtern, z. E. Landkarte, Strickna - del, Sandbank, Baumoel, Süſsholz. Hier hat je - de Sylbe ihre eigene Bedeutung, wie der Au - genſchein lehrt. Oft findet dieſs auch bey nicht zuſammengeſezten Wörtern ſtatt; ſo ſind in den Wörtern Breyhahn, Inſekt, Eidam die einzel - nen Sylben bedeutend. Oft bezeichnet die ei - ne Sylbe einen wirklichen Gegenſtand und die andre einen Buchſtaben; ſo iſts in den Wörtern heute, Oſtern, gelinde, ſauer. Oft darf man nur einen Buchſtaben wegſchneiden, ſo erhält das Wort eine neue Bedeutung; man nehme aus den Wörtern Hexel, Flachs, Maynz, Pavian die Buch - ſtaben l, F. z. n, ſo entſteht daraus, Hexe, Lachs Mayn, Pavia. Oft läſst ſich ein Wort in bloſse Buchſtaben zerlegen; ſo wird aus Elbe l und b,432 Dieſe Eigenſchaften der Wörter hat man benuzt, um daraus Sylbenräthſel (Charaden) zu machen. Man ſagt demjenigen, der das Räthſel löſen ſoll, die Zahl der Sylben, giebt ihm dann die Be - deutung jeder einzelnen Sylbe durch eine unbe - ſtimmte, ſich bloſs auf die Gattung beziehende Beſchreibung an, ſezt endlich die Bedeutung des Ganzen eben ſo unbeſtimmt hinzu und läſt erra - then.

Beyſpiele. 1) Ein dreyſylbiges Wort. Die erſte Sylbe bedeutet etwas, wonach ſich der See - fahrer ſehnt; die zwey lezten etwas, womit man häufig ſpielt; das Ganze iſt ein Grundriſs des erſten. 2) Drey Sylben. Mit der erſten kann man binden, mit den andern beyden ſte - chen; das Ganze gehört in die Hände des Frau - enzimmers. 3) Zwey Sylben. Mit der erſten kann die Magd die Stube reinigen, auf die zwey - te ſetze dich, und das Ganze vermeide, wenn du ſchiffeſt. 4) Zwey Sylben. Die erſte eine Pflan - ze, die zweyte etwas brennbares, das Ganze wächſt auf der erſten und iſt auch brennbar und eſsbar zugleich. 5) Zweyſylbig. Die erſte Syl - be eine Art Speiſe; die zweyte ein Vogel, das Ganze ein Getränk. 6) Zwey Sylben. Die er - ſte iſt etwas Gebornes, was weder lebt noch tod iſt, die zweyte iſt bey Ueberſchwemmungen ſehr nüzlich, das Ganze iſt eine Art von Anverwand -433 ten. 7) Zwey Sylben. Die erſte ein Neben - fluſs der Donau, die andre der Name eines Buch - ſtabs, das Ganze empfindet man nur durch die Zunge und Naſe. 8) Zwey Sylben. Jeder Ge - genſtand wird durch Entfernung zur erſten; die zweyte iſt ſehr nüzlich in Gefahr; das Ganze aber bey Gefahr ſehr ſchädlich. 9) Zwey Syl - ben. Schneide vom Ganzen den lezten Buch - ſtaben ab, ſo iſt der Reſt etwas, was der Aber - glaube ſonſt verbrannte; ſetze ihn hinzu, ſo kön - nens die Pferde freſſen. 10) In einer Sylbe der Name eines ſehr nüzlichen Gewächſes; ſchnei - de den erſten Buchſtaben ab, ſo wirds ein ſehr beliebter Fiſch. Die Auflöſungen ſind der Reihe nach 1) Landkarte, 2) Stricknadel, 3) Sandbank, 4) Baumoel, 5) Breyhahn, 6) Ei - dam, 7) ſauer, 8) Kleinmuth, 9) Hexel, 10) Flachs.

Dieſes Spiel verbindet das Angenehme mit dem Nüzlichen und es iſt unerſchöpflich. Der - jenige, welcher dergleichen Räthſel macht, muſs Nachdenken, Phantaſie und Witz gebrauchen, um ſie zu erfinden und gehörig einzukleiden. Er hat hierbey alle mögliche Freyheit, er kann von der ſimpelſten Angabe durch alle Grade des ſcheinbar Sonderbaren bis zum ſcheinbar Un - glaublichen, wie oben bey dem ſechſten Räthſel, fortgehen; aber er darf dabey der WahrheitE e434nicht zu nahe treten und muſs, um billig zu ſeyn, bey den Beſchreibungen der einzelnen Sylben Begriffe angeben, wodurch die Gattung oder Art im Allgemeinen, doch auf eine ſo beſchränk - te Art bezeichnet wird, daſs es noch möglich bleibt, den Gegenſtand zu finden, der durch die Sylbe ausgedrückt wird. Thut man das nicht, ſo wird das Räthſel unauflösbar z. E. Mein Wort hat 6 Sylben 1 ſieht gelb aus, 2 iſt ein Geſchenk der Erde, 3 hat ein Handwerker gemacht, 4 und 5 iſt ein Mann in Franken, 6 eine Perſon in Preu - ſsen; das Ganze ein Menſch. Wer ſoll das je errathen? Richtig iſt die Angabe: 1) Das Fa - brikat eines Thieres. 2) Der Saame einer nüz - lichen Pflanze, die man mit vielem Fleiſse bauet. 3) Ein Theil des Hauſes. 4 und 5 Der Name eines bekannten Geographen. 6) Der Name ei - nes berühmten Philoſophen; das Ganze ein Handwerker. Derjenige, welcher das Räth - ſel löſen ſoll, muſs mit Schnelligkeit ganze Claſ - ſen und Gattungen von Dingen überſehen; die gefundenen Benennungen auf allerley Art zu - ſammenſetzen und trennen und dabey ſtets auf die Merk male Rückſicht nehmen, welche der an - dre zur Bezeichnung der Sylben angegeben hat u. ſ. w. Alles das erfordert Nachdenken, Witz kurz eine gewiſſe Gewandtheit des Geiſtes in Re - producirung der Begriffe. Die damit verbun -435 dene Geſchäfftigkeit und die ſonderbaren, oft lächerlichen Zuſammenſetzungen gewähren Un - terhaltung und Vergnügen, wenn man es nicht oft und nie lange fortgeſezt ſpielt. Um mehr Verändrung und Abwechslung hinein zu bringen und um dieſer Uebung mehr die Form eines Spiels zu geben, verbinde man es nach Campens Vor - ſchlage mit Erzählungen und Pfändern. Ich will dieſen Vorſchlag mit einigen kleinen Zuſätzen hier angeben.

Wenn A dem B ein ſolches Räthſel auf - giebt, ſo giebts zwey Fälle, 1) B kann es nicht löſen; dann giebt er ein Pfand und iſt gehalten, der Geſellſchaft eine kleine Geſchichte, Fabel oder ſo etwas zu erzählen. So oft er hierbey ſtottert, einen auffallenden Sprachfehler begeht, oder ein unedles Wort gebraucht, muſs ers wie - der mit einem Pfande büſsen. Iſt die Erzählung geendigt, ſo wird das Räthſel nochmals der gan - zen Geſellſchaft vorgelegt. Hier treten folgen - de Fälle ein.

a) Es wird von irgend jemand gelöſt. In die - ſem Falle muſs jeder der Geſellſchaft etwas wiſ - ſenswürdiges von dem gefundenen Worte ſagen und zwar ganz kurz und gedrängt, entweder nach eigenem Gefallen, oder als Antwort auf die Fragen, welche der Spielrichter vorlegt. Die - ſes kann die einzelnen Sylben, oder auch dasE e 2436Ganze betreffen. Wie viel läſst ſich nicht über dergleichen Wörter als Landkarte, Sandbank, Baumoel u. ſ. w. angeben. Hier erhält der Er - zieher eine vortreffliche Gelegenheit Begriffe zu berichtigen, mitzutheilen, zurückzurufen u. ſ. w. Wer gar nichts angeben kann, giebt ein Pfand.

b) Es wird nicht gelöſst; dann erhält der Auf - geber A dafür, daſs er es bekannt macht, ein Pfand zurück; hat er es aber in einer falſchen Einkleidung vorgebracht, ſo daſs es unmöglich war, es zu errathen: ſo bekömmt er nicht nur kein Pfand zurück, ſondern muſs zwey geben.

2) Kann im Gegentheile B das Räthſel löſen: ſo iſt A verbunden eine Erzählung zum beſten zu geben, und zwar unter den obigen Bedingun - gen. Iſt die Erzählung geendigt, ſo iſt jeder verbunden, das zu thun, was unter a) geſagt iſt. So geht das Spiel herum, ſo weit als man Luſt hat, dann kommts zur bekannten Auslöſung der Pfänder.

Man hat ſtarke Sammlungen von dergleichen Sylbenräthſeln; für die Jugend iſt die beſte: Cha - raden eine angenehme Uebung des Witzes und Nach - denkens für Kinder, Leipzig 1784 von Salzmann; weit zweckmäſsiger und unterhaltender iſt es aber of - fenbar, daſs jeder ſie ſelbſt erfinde und zuſam - menſetze.

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104. Das Geſellſchaffts - Räthſel.

Dieſes Spiel hat mit dem vorigen einige Aehn - lichkeit. Einer von der Geſellſchaft entfernt ſich und die Uebrigen vereinigen ſich über einen Ge - genſtand, den er errathen ſoll; dieſs iſt ein Menſch, Thier, eine Pflanze, eine Stadt u. ſ. w: was man will, Jener tritt dann wieder herein, und nun ſagt ihm Jeder eine Eigenſchaft des auf - gegebenen Dinges. Sein Kopf muſs alle ihm auf dieſe Art gegebenen Merkmale, die den Gegen - ſtand nur auf entfernte Art bezeichnen, vereini - gen und daraus den Begriff zu bilden ſuchen, der ihm zum errathen aufgegeben wurde. Man ſieht leicht, daſs dieſs die Operation der Phantaſie, des Witzes, des Nachdenkens ſey, und daſs da - her dieſs Spiel eine recht gute Uebung gewähre. Dieſs findet auch für diejenigen Statt, welche das Räthſel aufgeben, zumal wenn die Geſellſchaft etwas ſtark iſt; einer raubt da dem andern oft die Merkmale, welche er anzugeben Willens war, dieſs ſetzt in Verlegenheit, und nöthigt, den ge - gebenen Gegenſtand ſchnell von den ver - ſchiedenſten Seiten zu betrachten, um ihm ein neues Merkmal abzugewinnen. Wie viel dieſs zur Aufhellung der Begriffe beytragen könne, ſieht Jedermann leicht ein. In beyden Rück - ſichten iſt das Spiel ächt pädagogiſch und empfeh -E e 3438lungswerth; es unterhält überdem ſehr gut und macht viel Vergnügen, zumal wenn man Gegen - genſtände wählt, die an ſich ſelbſt, oder für die Geſellſchaft etwas lächerliches haben. Die äu - ſere Form des Spiels iſt willkührlich; man kann das Errathen der Reihe nach herum gehen laſ - ſen und ſo das Spiel ohne weitere Einkleidung treiben; oder man läſst den Hereinkommenden ein Pfand geben, wenn er den Gegenſtand nicht erräth, und ſchickt ihn jedesmal wieder hinaus, bis er glücklicher iſt. So könnte auch der ein Pfand geben, der ein falſches Merkmal angäbe. Jungen Leuten macht es weit mehr Vergnügen, wenn ſie denjenigen, der den Gegenſtand nicht trifft, auf eine ſpaſshafte Art mit ihren Tüchern zum Zimmer hinaustreiben können. Ort und Umſtände, ſo wie der Ton der Geſellſchaft müſ - ſen hier entſcheiden.

105. Das Anwendungsſpiel.

Ein Vater, Lehrer, oder Kinderfreund tritt in den Kreis der Kleinen, erbietet ſich Kaufmann zu ſeyn und fordert ſie auf, ihm etwas abzukau - fen. Er hat in ſeinem Waarenlager eine groſse Menge von Waaren: Federn, Heu, Stroh, Kar - toffeln, Papier, Aepfel, Birnen, Roſinen, Citro -439 nen, Zucker, Milch u. ſ. w. kurz alles was man haben will, und Alle haben Luſt zu kaufen. Ermacht bey Fritz den Anfang: Was willſt du kaufen? Milch. Wozu willſt du ſie gebrauchen? ich will ſie trinken! Nun geht der Vater von Nach - bar zu Nachbar, und Jeder muſs ihm angeben, wozu er die Milch gebrauchen will; da will ſie der Eine verbuttern, der Andre verkäſen, der Dritte will damit bleichen, der Vierte Milchzuk - ker daraus machen u. ſ. w. wer keinen ordentli - chen gewöhnlichen Gebrauch davon anzugeben weiſs, oder das nochmals ſagt, was ſchon von den Andern angegeben iſt: erhält von ihm einen ſpaſshaften Klapps. Iſt man mit der Milch her - um und merkt der Vater, daſs wohl eben nichts mehr davon zu ſagen übrig ſeyn möchte: ſo läſst er ſich von Fritzens Nachbar einen neuen Arti - kel abkaufen und es geht damit wie oben. Auf - merkſamkeit, Gedächtniſs, Wiedererinnerung und Nachdenken kommen dadurch bey den Kleinen in Uebung; ſie gewöhnen ſich bey den Sachen mehr als den Namen zu denken und die Geſtalt vorzuſtellen; ſie lernen mit ihren Ge - danken weiter greifen, die Aſſociation der Ideen wird lebhafter. Es iſt daher ein gutes Spiel. Das Unterhaltende deſſelben beruht auf dem geſell - ſchaftlichen Tone, ſo wie auf der Stimmung der Kinder; ziehn dieſe ſchon Würfel und KartenE e 4440dem Denken vor, dann iſts nichts für ſie; im entgegengeſezten Falle finden ſelbſt Erwachſe - ne Vergnügen daran.

b) Brettſpiele.

106. Das Schachſpiel

Giuoco degli Scacchi; jeu des Echecs; Game of Chess; juego del Axe - drez; Shaniludium; ludus latrunculorum.

Ueber die Erfindung dieſes ſehr berühmten Spie - les iſt ungemein viel geſtritten worden. Ein ge - wiſſer Mariniere, der in der Hälfte des vorigen Jahrhunderts ein elendes Buch über Spiele her - ausgab, wundert ſich, daſs es bey dem darüber erregten Gezänke nicht bis zu Schlägen gekom - men ſey. Man hat es dem Palamedes, der zu Tro - jas Zeiten lebte, dann wieder dem Diomed un - ter Alexander zugeſchrieben. Andern iſt das nicht genug; es ſoll in den grauen Zeiten eines Königs von Babylonien von ſeinem Miniſter Ser - ſes erfunden ſeyn. Selbſt Saumaiſe eignet es den Griechen zu, ſehr viele andre finden es bey den alten Römern im Gange, obgleich das Spiel ganz offenbar den Stempel des Morgenlandes an ſich trägt. Der Irrthum entſtand daher, weil man in dem ganz unähnlichen Spiele mit den Πςσσαις die Freyer der Penelope und in dem ähn -441 lichen Ludo Latrunculorum der Römer das Schachſpiel fand; thut man dieſs, ſo kann man freylich ſchon Stellen aus vielen alten Schrift - ſtellern anführen, die vom Schachſpiel reden. Der obige Martiniere gibt einem gewiſſen Ring - hier, der in Italien eine Menge ſelbſterfundener Spiele herausgab eins ab, weil er das Schach - ſpiel mit abdrucken läſst. Er hat eher Luſt, es den Franzoſen zu zuſchreiben; denn dieſe, als ein ſehr kriegeriſches Volk, welches das römi - ſche Reich mehr als einmal bis zum Ruin brach - te, könnten das Schach, meint er, recht wohl erfunden haben.

Brettſpiele gab es ſchon unter Griechen und Römern, aber das Schach iſt Morgenländiſchen Urſprungs. Die Perſer und Chineſer wollen es von den Hindus erhalten haben und unter dieſen ſoll es im fünften Jahrhundert unter einer Veranlaſſung erfunden ſeyn, die von Arabiſchen Schriftſtellern*)Man findet ſie bey Hyde de Ludis Orientalium, ſo wie auch im deut - ſchen Merkur. auf folgende Art erzählt wird. Behub ein junger König in Indien deſpotiſirte ſeine Unterthanen. Die Rechtſchaffnen, welche ſich ſeinem Throne näherten und ihm warnende Wahrheiten ſagten, erhielten Gefängniſs undE e 5442Tod zur Vergeltung. Da getraute ſich keiner mehr an das königliche Raubthier, und die Un - terthanen trugen forthin das äherne Joch des Deſpotiſmus, bis ſie ſich endlich ihres Menſchen - rechts bewuſst wurden und überall die Wehen einer Revolution, das Innere des Staats zu durch - dringen begannen. Da jammerte den Braman Naſſir das Elend ſeines Vaterlandes, und er be - ſchloſs, alles zu wagen, um den Wütrich zu Verſtande zu bringen. Er erfand das Schach, ein Spiel, worin der König die Rolle eines Ohnmäch - tigen ſpielt, aber worin ſeine Diener und Bauern alles thun, um ihn vor den Angriffen der Geg - ner zu ſchützen; worin die niedrigſten Steine, wenn man ſie gehörig behandelt, zur Vertheidi - gung von groſsem Werthe ſind, aber wo der Verluſt eines Einzigen oft den König ſchachmatt macht. Der König hörte bald von dem Spiele, das dem Hange des Orients zur Körperruhe ſo angemeſſen war und ſich daher ſchnell bekannt machte. Naſſir, der Sohn Dahers, muſste er - ſcheinen, um das Spiel zu zeigen. Er lehrte es dem (den) jungen Tyrannen und verflochte in die Erklärung der Steine und Züge auf eine ſo feine und doch anſchauliche Art die Regeln der Regentenweisheit, daſs der König ſich getroffen fühlte, überzeugt wurde, ſeine Regierungsart abänderte und ſich nun die Liebe ſeiner Unter -443 thanen erwarb. Dieſs rührte den König. Er drang in den weiſen Braman, ſich etwas zur Be - lohnung auszubitten und wenn es auch die Hälf - re ſeines Reichs wäre. Naſſir fiel demüthig zur Erde und ſprach: Sieh o mein König die Tafel meines Spiels hat 64 Felder; willſt du mich mit Gnade überſchütten, ſo laſs die Knechte deiner Kornhäuſer legen auf das erſte Feld 1 Waizen - korn, auf das andre zwey, auf das dritte 4 und ſo fort auf das nächſtfolgende noch einmal ſo viel als auf das Vorhergehende. Da erzürnte der weiſe König über die kindiſche Bitte des Erfin - ders, ſchalt ihn einen Dummkopf und verlangte, er ſollte etwas beſſers bitten; allein Naſſir blieb bey dem Geſagten und der König willigte mit Unwillen ein und gab den Befehl. Allein bald erſchien der Aufſeher der Magazine und meldete ſeiner Majeſtät, es ſey eine etwas wunderliche Rechnung, man wiſſe vor lauter multipliciren nicht, was man anfangen ſollte; er habe ſie erſt halb vollendet, aber die Zahl der Waizenkörner ſchon ſo groſs gefunden, daſs im ganzen Reiche wohl nicht ſo viel ſeyn möchten, um den Bra - man nur halb zu bezahlen. Nach einer Berech - nung darüber möchte wohl der ganze Erdboden ſeit der Schöpfung nicht ſo viel Waizenkörner getragen haben, denn das Ganze, beträgt ge - nau berechnet 18‴ 446 744″ 073 709′ 551 615,444 und wenn eine jede von 16384 Städten 1024 Korn - häuſer, in jedem aber 174762 Maaſs Waizen jedes zu 32768 Körnern hätte, ſo würde dieſs erſt den zweyhundertſten Theil davon ausmachen. Da muſste Naſſir kommen, der König umarmte ihn und behielt ihn auf immer bey ſich als Freund und Bruder.

Von den Perſern und Arabern iſt es nach dem Abendlande gekommen, wozu wahrſcheinlich die Kreuzfahrer das meiſte beytrugen. Jene nennen es nach Chardins Angabe Schetreng d. i. hundert Gedanken oder Sorgen; die Araber Al Xadrez. Es hat ſich von allen Spielen am meiſten verbreitet, denn man kann die Gren - zen des Schachs anſetzen von Ochotzk bis Liſſa - bon und von Island bis zu den Wohnungen der Neger in Afrika und ſezt noch nicht zu viel, wenn man auch noch etwas darüber hinaus zugiebt. Jezt zur Beſchreibung. Ich fühle es, daſs es nicht leicht ſey, ſich ſolchen Perſonen, die das Spiel gar nicht kennen, deutlich zu machen; und für dieſe ſchreibe ich doch vorzüglich. Ich werde mein Möglichſtes thun.

Das Schachſpiel ſtellt einen Krieg im Kleinen vor; zwey kleine hölzerne Heere ſtehn hier ſchwarz und dort weiſs gegen einander über in Schlachtordnung; Feldherrn, Adjutanten, Ca - vallerie und Infanterie ſind bereit, ſich einander445 anzugreifen und den gegenſeitigen König zu fan - gen; dieſer aber ſteht da in ſeiner Hölzernheit und erwartet, wie das häufig der Fall in der Wirk - lichkeit iſt, ohne Selbſtthätigkeit, alles von ſei - nem Kriegsminiſter oder Kriegsrathe, d. i. von dem Spieler, welcher die Steine in Bewegung ſezt.

1) Vom Schachbret. Man ſehe Zeichn. 16. Das Schachbret iſt ein gewöhnliches Dambret von 64 Feldern, nämlich von 32 weiſsen und eben ſo viel ſchwarzen. Die Spieler legen es ſo zwiſchen ſich, daſs jeder in der Ecke zur rechten Hand ein weiſses Feld hat.

Um in der Folge verſtändlich zu ſeyn, und um die Stellung der Steine, ſo wie ihre Züge angeben zu können, wollen wir die Felder des Schachbrettes bezeichnen, ſo daſs wir dieſelben, ſo wie in der Geographie die Oerter nach Län - ge und Breite, angeben können. Wenn das Brett zwiſchen beyden Spielern liegt, ſo laufen von dem einen zum andern 8 Reihen Felder hin - über, dieſe nennen wir a, b, c. d. e, f, g, h, Allein dieſe Felder bilden wieder 8 andre Rei - hen quer zwiſchen beyden Spielern hindurch, dieſe bezeichnen wir auf beyden Seiten mit 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8. Hierdurch läſst ſich jedes Feld auf dem Brette angeben; das Feld X heiſst nun d 5 und ſtünde hier ein Stein, von dem man446 ſagen wollte, er ſolle nach Y geſezt werden: ſo würde dieſs durch die Bezeichnung heiſsen d 5 nach f 3. Man ſchreibe die Bezeichnung auf den Rand des Brettes.

2) Von dem Werthe und dem Gange der Steine. Jedes von den beyden kleinen Heeren beſteht aus einem Könige, einem Feldherrn, zwey Läufern, zwey Springern, zwey Thürmen und 8 gemei - nen Soldaten.

Der König (le roi, the king, il Re) iſt der vor - nehmſte Stein im Spiel, darum iſt er auch der gröſste. Der Zweck des Spiels gehet einzig da - hin, ihn ſo einzuſperren, daſs er ſich ergeben muſs. Sein Gang iſt ſehr gravitätiſch langſam, denn er kann auf einmal nicht mehr gehn als ei - nen Schritt, aber dieſen kann er nach Belieben nach allen Richtungen thun, vorwärts, rückwärts ſeitwärts und auch über die Ecken ſeines Fel - des in die benachbarten. So kann er auch je - den feindlichen Stein, der ſich neben ihn auf ein Feld ſtellt, in alle den Richtungen nehmen, wenn er ſich dadurch nicht einem andern feindlichen Steine bloſs ſtellt.

Die Königin, Dame, (La Dame, la Regina, the Queen), beſſer und richtiger der Feldherr (denn das iſt dieſer Stein auch urſprünglich), iſt der wirkſamſte Stein im ganzen Spiele. Er geht vor - wärts, rückwärts, ſeitwärts und übereck wie der447 König, aber nicht bloſs einen Schritt, ſondern durch ſo viel Felder als nöthig iſt und als offen ſind; er nimmt auch in eben den Richtungen im zuträglichen Falle jeden feindlichen Stein weg, der ſich ihm bloſs ſtellt.

Neben den beyden vorigen ſtehn die Läufer, richtiger könnte man ſie wohl Adjutanten nen - nen; aber auf eine lächerliche Art heiſsen ſie bey den Engländern Biſhops und bey den Franzo - ſen gar Fous, Narren, puisque, ſagt Mariniere auf eine naive Art: les premiers inventeurs de ce jeu n’ont pas voulu que les fous s’eloignaſſent de la principauté. Sie können im ganzen Spiele, gute Dienſte leiſten und ſind daher wichti - ge Officiere. Sie gehn bloſs übereck, aber nach allen Richtungen und ſo viel Schritte auf einmal als die ſchräge Reihe offen iſt. Sie nehmen in eben der Richtung jeden feindlichen Stein. Man muſs ſichs wohl merken, daſs der Läufer, welcher An - fangs auf dem weiſsen Felde ſtand, auch immer auf dem weiſsen bleibe, ſo wie der ſchwarze auf dem ſchwarzen.

Die Springer (les chevaliers, the Knights, i Ca - valli) ſind in den gewöhnlichen Spielen an ihren Pferdeköpfen kenntlich und haben den deut - ſchen Namen davon, weil ſie über andre Steine wegſpringen können. Sie bezeichnen offenbar448 Cavallerie. Sie ſind ſo wichtig als die Läufer; beſonders brauchbar im Anfange des Spiels aber auch am Ende noch ſehr nüzlich. Sie haben einen ganz eigenthümlichen Gang nach allen Richtungen, ſie ſpringen nämlich von ihrem jedesmaligen Standpunkte auf ein benachbartes dritte Feld von entgegengeſezter Farbe von Weiſs auf Schwarz und ſo umgekehrt, auch ſelbſt über die andern Steine weg; folglich z. Ex. von b 1 nach a 3 oder c 3 oder d 2.

Die Thürme, eigentlich Kriegselephanten mit Thürmen (Les Tours, the Rooks, Le Torri, i Rocchi) die in den vier Ecken des Schachbrettes ſtehen, werden für die wichtigſten Steine nach dem Feldherrn gehalten. Ihr Gang iſt grade über die Felder hin, ſo weit ſie offen ſind, ſeit - wärts, rückwärts und vorwärts, und ſie können alles nehmen, was ihnen in den Weg kommt.

Die gemeinen Soldaten; (Bauern Les Pions, the Pawns, Le Pedine) ſind zur Beſchützung des Königs ſehr wichtig, zum Angriff und zum Zu - rücktreiben der obigen Officiere ſehr brauch - bar unter guter Anführung des Spielers. Dringt ein Bauer von ſeinem erſten Stand - punkte über das ganze Brett bis in die erſte Rei - he der feindlichen Felder, das heiſt von 2 nach 8 oder von 7 nach 1: ſo wird er dadurch zum Feldherrn; iſt aber ſein Feldherr ſelbſt noch449 nicht von den Feinden genommen: ſo kann der Spieler einen beliebigen Officier, einen Thurm, Springer oder Läufer daraus machen, wenn ihn ſchon einer davon fehlt. Wäre dieſs nicht der Fall, ſo bleibt der Bauer ſo lange müſsig ſtehn, bis einer von jenen Officieren verlohren geht, deſſen Rolle er dann bekommt. Der Gang des Bauers iſt bloſs vorwärts grade aus; vom Hauſe aus, das iſt, von ſeiner erſten Stelle an, kann er zwey Schritte machen, folglich von der Reihe 2 auf 4 und von der 7 nach 5. Man merke ſich aber, daſs dieſer Doppelſchritt nicht erlaubt iſt, wenn er dabey neben einem feindlichen Bauer vorüber müſste. Z. B. wenn der Bauer g 2 nach g 4 rücken wollte, indem in h 4 oder f 4 ſchon ein feindlicher Bauer ſtünde, ſo ſteht es bloſs im freyen Willen des Gegenſpielers, dieſen ſo vorüberſchreitenden Bauer wegzunehmen und den ſeinigen nach g 3 zu ſetzen. Schlagen kann der gemeine Soldat nur immer über Eck vorwärts: ſtünde er z. Ex. in x ſo kann er jeden andern Stein der auf c oder e 6 ſteht, ſchla - gen.

3. Von der Stellung der Steine. Auf die Reihe 1 und 2 ſezt der eine Spieler die weiſsen, auf 7 und 8 der andre die ſchwarzen Steine. Haben es Beyde gethan, ſo ſtehn nun auf den 4 Eckfeldern des Brettes die 4 Thürme, neben dieſen die 4F f450Springer, neben dieſen die 4 Läufer, auf den bey - den Feldern d 1 und d 8 die beyden Königinnen und auf e 1 und e 8 die beyden Könige. Vor dieſen Officieren ſtehn die Bauern nämlich auf der Querreihe 2, 2 die weiſsen auf 7,7 die ſchwar - zen und bilden folglich das Vordertreffen. So ſtehn die Steine allemal beym Anfange des Spiels. Zum Ueberfluſſe merke man ſich noch, daſs die beyden Königinnen immer auf ihrer eigenen Farbe ſtehn, folglich die weiſse auf dem mittlern weiſsen Felde, die ſchwarze auf dem ſchwarzen.

Dieſs ſind ſehr langweilige Sachen; aber man muſs ſie wiſſen, ſonſt kann man nie ſpielen ler - nen. Zur Erholung einiges von Schachſpielen. Araber und Perſer haben nur ſchlechte Steine und ein Stück Tuch, auf welches die Felder von zweyfarbigen Zeugen gemacht ſind, vertritt die Stelle des Schachbrettes. Ein berühmtes Schach - ſpiel befand ſich in Frankreich in der Abtey St. Denys. Es hatte groſse elfenbeinerne Figuren und man ſagte, es ſey ein morgenländiſches Ge - ſchenk für Carl den Groſsen geweſen. Es bleibt aber ſehr unwahrſcheinlich, daſs Carl ſchon et - was vom Schach gewuſst habe. *)Richard Twiſs hat hiſtoriſche Unterſuchungen darüber angeſtellt Cheſs London 1787.Einem Italie - ner, Namens Ringhier, ſind todte Figuren nicht451 genug, er will Menſchen an ihre Stelle haben, hier Weiber dort Männer und ein groſser Saal ſoll das Schachbrett ſeyn. Darüber hält ſich Ma - riniere auf. Uns iſt das nichts neues, ſagt er: Wir haben das ſchon im Traume des Polyphile geleſen, wo die Nymphen bey ihrer Königin die Rolle der Schachſteine vertreten. Ihm iſt der Saal nicht groſs genug, er will einen ganzen Hof mit darauf gepflaſtertem Schachbrette, oder mit einem gewürfelt gemalten groſsen Laken über - deckt. Die Spieler ſitzen auf Tribünen gegen einander über und kommandiren die menſchli - chen Schachſteine. Die Zuſchauer nehmen auf Seitenterraſſen Platz. Don Juan di Auſtria Phi - lipps des IV. Sohn ſoll wirklich einen groſsen Schachſaal gehabt und Menſchen ſtatt der Steine gebraucht haben. Ein ſonderbarer Menſchen - gebrauch, ſagt vielleicht mancher Leſer; allein iſt Krieg nicht Schachſpiel im Ernſt? In einem al - ten Ritterromane (man ſehe Wielands deutſchen Merkur) kommt Ritter Galleret auf ſeinem Zuge an das Schloſs der Fee Floribelle. Hier erſcheint ein Fräulein, das ihn zu einer Parthie Schach einladet. Er nimmt es an und wird von Flori - bellen erſt herrlich bewirthet und nach Tiſche in einen Prachtſaal geführt, der ein Schachſpiel darſtellte, das einzig in ſeiner Art war. Schwar - zer und weiſser Marmor bildete den FuſsbodenF f 2452zum Schachbrette; die Figuren, waren von El - fenbein und Ebenholze in Lebensgröſse; ihre Waffen von gediegenem Golde, ihre Kleidung überdeckt mit Perlen und Edelgeſteinen. Die Pracht der Könige und Königinnen blendete die Augen, die Läufer, welche man damals Banner - träger nannte, waren herrlich gewaffnet und tru - gen in der Hand prächtige Fahnen von zwey ver - ſchiedenen Farben, in dieſen ſahe man zweyer - ley Denkſprüche mit Gold und Perlen geſtickt, Die Springer glichen Rittern auf goldenen Pfer - den, geſchmückt mit überaus prachtvollen Rüſtun - gen, Waffen und Pferdedecken. Die Thürme wurden von goldenen Elephanten getragen; die Bauern waren Soldaten zu Fuſs mit Streitäxten bewaffnet. Doch war dieſs alles nichts gegen die Feerey wodurch dieſe Steine in Bewegung geſezt wurden. Hätte man die Steine mit eige - nen Händen auf den Feldern fortſetzen ſollen, ſo wäre dieſs eine Arbeit geweſen, wodurch das Schachſpiel zu einem Bewegungsſpiele geworden wäre, aber leider ſoll das nie der Fall ſeyn; denn man kommandirte ohne alle Anſtrengung mit ei - nem Zauberſtäbchen die bezauberten Steine durch Berührung von Stelle zu Stelle. Der Ritter er - ſtaunte beym Anblicke dieſer Herrlichkeit, aber er erſchrak, als Floribelle ihm jezt eine Parthie anbot, auf deren Gewinn ſie den ganzen Schach -453 ſaal, das ganze Schloſs und ſogar ſich ſelbſt ſez - te; durch deren Verluſt aber Galleret auf ewig ihr Sclave werden ſollte. Doch er ermannete ſich; denn bekanntlich darfkein Ritter einen dummen Streich ausſchlagen, wenn Muth und Ehre dabey ins Spiel kommt. Die Schlacht begann, die Stäbchen ſezten die Krieger in Bewegung und Galleret wurde, ehe er ſich’s verſah matt. Er forderte Genugthuung; ein zweytes Spiel gieng an und er gewann es, aber er verlohr das dritte und gerieth in die Sclaverey. Wir laſſen ihn da - rin ohne Barmherzigkeit, ob ihn gleich der alte Romancier in ſeiner fortlaufenden Erzählung wieder herauszubringen weiſs. Beym de Ser - res*)Im Inventaire general de l’Hiſtoire de France, im Leben Philipps I. kommt ein hiſtoriſch merkwürdiges Echi - quier vor, das wahrſcheinlich nur ein Dambret war. Robert und Heinrich, Wilhelms des Eroberers Söhne, waren 1061 zum Beſuche bey Philipp I. von Frankreich. Sie ſpielten mit deſ - ſen Sohn Louis im Brett. Es gab Streit und Hein - rich war im Begriffe, Louis mit dem Brete todt zu ſchlagen, hätte Robert es nicht gehindert. Dieſs gab den Anlaſs, ſagt de Serres, zu den 400 - jährigen kriegeriſchen Unruhen zwiſchen Eng - land und Frankreich. In den neueſten Zeiten hat das Schachſpiel des Herrn von Kempeln unge -F f 3454mein viel Aufſehn gemacht; denn hier ſpielte eine hölzerne Figur, die ſich durch mechaniſche Geſetze in Bewegung ſezte mit jedem Meiſter Schach und gewann die Parthie. Dieſe Maſchine wurde durch ganz Europa berühmt, bis man end - lich entdeckte, was ſich von ſelbſt verſtand, näm - lich daſs ſie durch einen geſchickten Schachſpie - ler unter dem Spielen in Bewegung geſezt wurde.

4. Gebrauch der Steine. Vom Schlagen, Schach - bieten, Rochiren. Jeder Spieler läſst ſeine Steine nach und nach auf die feindlichen losmarſchiren. Man zieht wechſelsweiſe, immer nur einen Stein auf einmal und fängt gewöhnlich wo nicht immer damit an, daſs man den Bauer des Königs 2 Schritt d. i. von e 2 bis auf e 4 oder von e 7 auf e 5 rückt; denn durch dieſen Zug wird gleich dem Feldherrn und einem Läufer die Bahn geöffnet. Alle andre Züge ſind unbeſtimmbar, denn jeder richtet ſich entweder, wenn es nöthig iſt, nach dem lezten Zuge des Gegners, oder er bildet ſich allmählig einen Plan, den - nig des Gegners zu fangen. Dieſer Plan bleibt die Hauptſache des Spiels, um ihn aber deſto ungehinderter ausführen zu können, ſucht man den Verluſt ſeiner eigenen Steine zu vermeiden und den Gegner zu ſchwächen, das iſt, Steine zu nehmen. Beym Damenſpiele überſpringt der nehmende Stein denjenigen, welchen er nimmt, beym Schach iſt es nicht ſo; der Neh -455 mer (ſchlagende Stein) ſezt ſich an die Stelle des genommenen. Wenn z. Beyſp. ein feindlicher Stein bis auf das Feld c 3 heran käme, ſo kann ich ihn, um ein Beyſpiel zu geben, entweder mit meinen Bauer in b 2 oder mit dem Springer in b 1 oder mit dem Läufer in f 1 nehmen, und ei - nen davon an die Stelle ſetzen. Wenn der - nig auf die Art in Gefahr kommt genommen zu werden, ſo heiſst es, er ſteht im Schach, es wird ihm Schach geboten, und der Gegner kündigt dieſs alle Mal durch das Wort Schach! an. Um in dieſem Falle den König zu retten, ſind folgende Fälle möglich, erſtlich der König ſelbſt nimmt den Stein, der ihm Schach bietet. Dieſs iſt nur dann thunlich, wenn der feindliche Stein nicht gedeckt iſt, d. i. noch einen andern Stein im Rücken hat der ihn ſchüzt. Beyſpiel. Der König iſt in e 1. Ein feindlicher Bauer kommt nach d 2 und bietet ihm Schach, dieſen kann der König nicht nehmen, wenn ein anderer feindlicher Bauer auf c 3, oder ein Thurm oder der Feldherr irgend - wo auf der offenen Reihe d d ſteht u. ſ. w.

2. Man nimmt den Schachbietenden Stein mit irgend einem andern.

3. Man ſtellt einen andern Stein zwiſchen den feindlichen und den König, nur geht dieſs nicht, wenn ein Bauer oder Springer Schach bietet.

F f 4456

4. Man rückt den König von ſeinem Platze weg.

Iſt kein einziger Fall von dieſen möglich, ſo iſt der König matt, der Gegner hat gewonnen und das Spiel iſt geendigt. Man kann dem feind - lichen Könige mit jedem Steine Schach bieten, nur mit dem Könige nicht; denn dadurch wür - den ja beyde Könige im Schach ſeyn.

Oft iſt es der Fall, daſs der König auf ſeinem Standpunkte z. B. der weiſse auf e 1 ſo ſtark be - drohet wird, daſs er ſehr in Gefahr kommt, in - dem der Gegner ſeine Hauptkraft auf dieſe Stel - le richtet und ſein Plan dahin geht, den König hier matt zu machen, oder ſo in die Enge zu treiben, daſs darüber wichtige Steine verloren gehn und der König bald matt wird. Der ge - ſchickte Spieler, der den Plan des ſo angreifen - den Gegners im ſtillen durchſchauet, läſst ihn bis auf den nächſten Grad der völligen Reife kom - men und macht ihn dann einem Strich durch die Rechnung, indem er ſeinen König rochiren (ro - chen, ſauter, ſaltare, arrocare, caſtle;) läſst; das heiſt, er rückt den Thurm rechter Hand von h 1 auf f 1 und läſst den König darüber wegſpringen nach g 1; oder auf der linken Seite: er rückt den Thurm von a 1 auf d 1 und ſezt den König nach c 1; oder mit andern Worten der König ſpringt 2 Schritt rechts oder links und der Thurm457 lagert ſich vor ihm. Mit dem auf die Art ſchnell veränderten Standpunkte des Königs muſs der Gegner ſeinen Plan natürlicher Weiſe umän - dern. Es iſt ſehr ſelten oder niemals gleichviel, auf welche Seite man den König rochiren läſst; man wählt diejenige, wo er vor den Angriffen des Feindes am ſicherſten iſt. Am gewöhnlich - ſten ſezt man ihn hinter drey Bauern, die man zu dem Ende auf den Feldern f g h 2 in Reſer - ve behält. Das Rochiren iſt aber in gewiſſen Fäl - len nicht erlaubt, dieſe ſind:

  • a) Wenn der König ſeinen Platz ſchon vor - her einmal geändert hatte. Eben daher thut man alles mögliche, den König ſo lange auf ſeiner Stelle zu erhalten, als es gehen will.
  • b) Wenn der Thurm, mit dem er rochiren will, ſchon vorher einmal gezogen worden iſt.
  • c) Wenn ihm Schach geboten wird, ſo darf er nicht rochen, um heraus zu kommen.
  • d) Wenn er über ein Feld rückt, wo ihm Schach geboten wird. Geſezt der König will von e 1 nach g 1, ſo muſs er über das Feld f 1 ſteht nun in y oder auf der Felderreihe von f bis f der feindliche Feldherr oder ein Thurm, kurz ſteht irgend ein feindlicher Stein ſo, daſs er auf das Feld f 1 zielet: ſo kann der König nicht darüber und muſs dasF f 5458rochiren für jezt auf dieſer Seite unterlaſ - ſen.
  • e) Wenn ſich zwiſchen ihm und dem Thur - me ein andrer Stein befindet.

5. Spielgeſetze a) Ein berührter Stein muſs ge - ſpielt werden, und ein fortgeſezter Stein iſt ge - ſpielt.

  • b) Der Bauer geht zwey Schritt vom Hauſe aus, aber nicht neben einem feindlichen Bauer vorbey.
  • c) Iſt der König ſo in die Enge getrieben, daſs er keinen Schritt mehr thun kann, oh - ne in Schach zu kommen, und können ſeine etwa noch übrigen Steine auch nicht mehr ziehen, ſo iſt er nicht Schachmatt ſondern Schachpatt, (Echec ſuffoqué, Stale - mated) und das Spiel iſt nur halb verloren. In Eng - land gewinnt ſogar der ſchachpatte König das Spiel.
  • d) Giebt, d. i. bietet der Gegner dem Köni - ge Schach, ohne es zu ſagen: ſo braucht man nicht darauf zu achten, wenn man es vor - theilhaft findet, bis er es anzeigt.
  • e) Macht der Gegner den König matt, ohne zu ſagen ſchachmatt! oder vielmehr ohne es ſelbſt zu wiſſen, ſo hat er ſtreng genommen das Spiel nur halb gewonnen.
459
  • f) Wird ein Stein durch Verſehn auf eine fal - ſche Art bewegt und der Gegner bemerkt es erſt, wenn er ſchon wieder einen Zug ge - than hat; ſo können beyde nicht zurück - ziehn.
  • g) Wird ein Stein durch Verſehn weiter ge - ſezt als er gehn kann, ſo kömmts bloſs auf den Gegner an, es zu erlauben, oder nicht.

6. Praktiſche Beyſpiele. Alles bisherige war nur das nothwendigſte aus der Theorie des Schach - ſpiels, ich bin dem Anfänger noch praktiſchen Unterricht ſchuldig. Ich ſetze voraus, daſs die Bezeichnung des Schachbretts ganz gefaſst ſey und daſs der Anfänger die Stellung, den Werth, Gang, Gebrauch ſo ziemlich gelernt habe; dann iſt es dienlich, folgende Spiele vorzunehmen; ſie werden ihm das Weſen des Schachſpiels viel deutlicher und praktiſcher beybringen und zur Wiederholung des bisherigen die beſte Veran - laſſung geben. Das Kreuz neben den Zahlen be - deutet, daſs durch den Zug Schach geboten wird.

460

Zweytes Spiel

461

Drittes Spiel.

Viertes Spiel.

462

Fünftes Spiel. *)Dieſes Spiel iſt vorzüglich bequem, dem Anfänger zu zeigen, was es heiſse, dem Gegner Schach bieten; es geſchieht hier 16 Mal, ſo daſs der Gegner gar keine Zeit gewinnt, einen Gegen - plan zu machen, ſondern nur immer darauf denken muſs, dem Schach zu entgehen.

463

Sechſtes Spiel.

Wenn Anfänger die bisherigen Spiele genau durchgeſpielt haben, ſo muſs Uebung das Uebri - ge thun. Ich rathe ihnen, dieſs oder jenes von den bisherigen etwa halb durch zu ſpielen, dann das Buch weg zu legen, und es für ſich zu endi - gen.

Die erſten Züge ſind gemeiniglich unintereſ - ſant und leiden wenig Abänderung, wie dieſs auch die obigen Spiele zeigen. Nach und nach legen die Gegner Plane an, das Spiel wird immer verwickelter, die Erwartung immer mehr ge - ſpannt, auf beyden Seiten wird die Stellung im - mer entſcheidender; dann hängt von jedem einzelnen Zuge alles ab und daher wächſt die Be - dachtſamkeit immer mehr. Für diejenigen, die ſchon Fortſchritte gemacht haben, ſetze ich ei - nige dergleichen Ausgänge theils zum Vergnü - gen, theils zum Nachdenken her. Die Steine464 werden ſo geſtellt, wie es die Ueberſchriften an - geben, K heiſst König, F Feldherr, T Thurm, L Läufer, S Springer. Die kleinen Buchſtaben und Zahlen bezeichnen bekanntlich die Felder. Der Weiſse hat immer den erſten Zug. Man ſpiele die Züge nicht gleich nach, ſondern verdecke ſie und gehe erſt ſelbſt zu Rathe, welchen Zug man wohl für den beſten hält; es macht viel Vergnü - gen den wahren zu finden, oder ihn im Gegen - theile hinterher nach dem Buche zu verändern.

Erſtes Spiel.

Zweytes Spiel.

465

Drittes Spiel.

Viertes Spiel.

G g466

Fünſtes Spiel.

Sechſtes Spiel.

467

Siebentes Spiel.

Achtes Spiel.

G g 2468

Neuntes Spiel.

Zehntes Spiel.

469

Elftes Spiel.

Zwölftes Spiel.

G g 3470

Dreyzehntes Spiel.

Vierzehntes Spiel.

*)Wenn man ſtatt des 5ten Zuges c 2 nach c 4 ſetzt, ſo iſt der Schwarze gleich Matt. Aber das Spiel verliert ſeine Beluſtigung.
*)
471

Funfzehntes Spiel.

7) Spielregeln ſind für den Anfänger von ge - ringem Nutzen, weil er noch nicht fähig iſt, ſie einzuſehn; aber nach längerer Uebung und Er - fahrung ſind ſie brauchbar, denn warum ſollten die Erfahrungen anderer bloſs beym Schachſpiel unnütz ſeyn? Ich will daher hier einige mit - theilen.

  • a) Beym Anfange eines Spiels iſt die Oeff - nung deſſelben von Wichtigkeit. Mit dem Bauer vor dem Könige, dem Feldherrn und auch wohl vor den Läufern wird der Anfang gemacht. Die geringern Officiere, die Sprin - ger und Läufer folgen bald zur Deckung nach. Ehe man auf dieſe Art das Spiel geöffnet hat, iſt jeder Angriff tadelhaft; denn ge - braucht man dazu Officiere, ſo werden ſieG g 4472leicht durch Bauern zurückgejagt; man re - tirirt und kommt dem Avancement des Geg - ners zu Hülfe. Eben daher iſts unüberlegt, die Officiere früher zu ſpielen als die Ge - meinen. Alles geht im Anfange auf gute Oeffnung, auf gute Deckung der zuerſt ge - zogenen Steine und zugleich auf Sicherſtel - lung des Königs. Daher rathen manche, gleich nach der gehörigen Oeffnung zu ro - chiren; entwickelt ſich des Gegners Plan ſchon ſo früh, ſo iſt es allerdings gut.
  • b) Schon während der Oeffnung des Spiels legt man nach und nach einen Plan an und nimmt bey der Stellung der Steine darauf, ſo viel als es ſeyn kann, Rückſicht. Die Fortſchritte des Gegners geben Veranlaſ - ſung ihn immer mehr und mehr zu verfol - gen. Dieſs muſs mit Standhaſtigkeit ge - ſchehen, und man muſs ſich nicht durch kleine Nebenvortheile darin aufhalten laſſen; dadurch wird man nur zu Seitenſchritten verleitet, die gewöhnlich mehr ſchaden als nützen. Merkt der Gegner den Plan und vereitelt ihn, ſo muſs man nicht vom Neuen denſelben anlegen wollen; ſondern einen an - dern entwerfen ſo gut man kann; denn ein bekannter Plan, den man mit eigenſinniger Hartnäckigkeit verfolgt, macht das Spiel473 verlieren. Die erſte Haupteigenſchaft eines guten Plans iſt die, daſs ihn der Gegner nicht kennt, die zweyte die, daſs er gut be - rechnet iſt. In richtiger Berechnung aller zum Plane gehörigen Züge liegt die Haupt - kunſt des Schachſpieles. Seine eigenen Züge zu berechnen iſt leicht, aber man muſs auch die zu finden ſuchen, welche der Gegner dagegen thun kann. Dieſs iſt nicht ſo leicht, und noch ſchwerer iſts, die vorher zu beſtimmen, die er vermöge der gröſsten Wahrſcheinlichkeit thun wird. Das Ver - ſteken eines Plans erlangt man vorzüglich: a) daſs man ihn auf die Hülfe geringer Stei - ne baut und die vornehmern, beſonders den Feldherrn und die Thürme davon ausſchlie - ſset. b) Dadurch, daſs man die Steine, welche den Angriff machen ſollen, hinter ſehr gleichgültige ſtellt; ſie gleichſam in Dunkelheit begräbt. Sind die Züge mit Gewiſsheit berechnet, ſo opfert der feine Spieler ſeine wichtigſten Steine gerne auf, wenn es ſeyn muſs, und zur Ausführung des Plans oder zur Irremachung des Gegners ge - hört; ja er opfert ſie mit Fleiſs auf, um dem Gegner Hoffnung zum Gewinn zu machen; er beſtärkt dieſe Hoffnung bis zum letzten Augenblicke, und macht den Gegner MattG g 5474indem er zu gewinnen glaubt. Hierin be - ſteht die ſeltnere und feinſte Spielart. Weit gewöhnlicher iſt es, ſeine Abſicht zu ver - heimlichen, ſo lange ſie noch vereitelt wer - den kann; aber mit offenbarer Gewalt zu ſpielen, wenn dieſs nicht mehr der Fall iſt.
  • c) Dem Könige Schach bieten ohne Kraft, iſt ſchlecht geſpielt, wenn man nicht einen beſondern Vortheil dadurch erlangen will. Kann der Gegner den ſchachbietenden Stein gleich wieder zurückſchlagen, ſo verliert man einen Zug und der Gegner iſt zum Vorrük - ken gebracht. Greif alſo nur mit guter Vorbereitung an; dazu gehört, daſs die Officiere ſchon gröſstentheils im Spiele ſind. Schlägt der Angriff gut an, ſo laſs dich durch keine Lockſpeiſe hindern, die dir der Gegner hinſtellt; man ſpielt nicht um Steine zu gewinnen, ſondern um Matt zu machen; gieb daher lieber Steine hin, um dir die Verſchanzungen zu öffnen.
  • e) Iſt ein feindlicher Stein zu ſchlagen, ſo ſieh erſt zu, ob du ihn ohne Schaden neh - men kannſt; unterſcheide ob ihn der Geg - ner aus Verſeben, aus Zwange oder mit Fleiſse verliert. Kurz es iſt nicht immer Gewinn, einen Stein zu nehmen, man kann den475 Feldherrn nehmen und dadurch Matt wer - den. Nimm nicht gleich den Bauer, der ſich vor deinen König ſetzt; er ſchützt ihn oft beſſer als die eigenen Bauern, weil er nicht genommen werden kann. Kannſt du einen Stein nicht mehr retten, ſo ſuche ihn durch einen andern Zug zu vergüten, wo - durch du einen Stein des Gegners eroberſt, oder die Stellung deines Spiels beſſerſt. Kannſt du einen feindlichen Stein auf zwey und mehrerley Art nehmen, ſo unterſuche, welche die beſte iſt; im allgemeinen gilt da - bey die Regel, den Stein von ſchlechterem Werthe zuerſt zu gebrauchen, wenn ihn der Gegner wieder nehmen kann. Steine von gleichem Werthe ohne beſondere Ab - ſicht gegen einander aufzuopfern, iſt ganz gegen den Geiſt des Schachſpiels; aber man giebt bisweilen gern den Feldherrn gegen einen Bauer hin, wenn er am Mattmachen hindert; oder man giebt gern gleich gegen gleich, wenn man den feindlichen Stein, der jetzt in beſonderer Action iſt, erhalten kann; denn ein Bauer der in einer Haupt - action begriffen iſt, gilt weit mehr als der beſte Officier, der müſsig zuſchauet, oder unvollkommen deckt.
  • 476
  • e) Vergiſs nicht, deine Steine gehörig zu decken. Steht gegen deinem gedeckten Steine ein feindlicher doppelt gedeckter, ſo muſst du den deinigen auch doppelt und mehrfach decken. Die beſſern Steine müſ - ſen mit ſchlechtern gedeckt werden, aber nicht umgekehrt; denn deckt der Gegner ſeinen geringen Stein mit einem andern geringen, ſo kannſt du deinen beſſern Stein nicht zum ſchlagen gebrauchen, denn er würde genommen werden. Ueberdem aber verliert man durch dergleichen üble Dek - kung immer einen Stein aus dem Spiele, denn er kann ja nicht gebraucht werden; wenn er Schildwach ſteht. Ein weit vorge - rückter Bauer muſs gut unterſtüzt werden. denn theils hat er Anwartſchaft auf die Würde des Feldherrn, theils iſt er oft zum Mattmachen unentbehrlich.
  • f) Bereite früh zum rochiren zu, aber laſs es deinen Gegner nicht merken, auf welcher Seite du es thun wirſt, dadurch wird er bey der Anlegung ſeines Plans ungewiſs, wohin er allmählig ſeine Hauptkraft richten ſoll. Warte wo möglich erſt dieſe Richtung ab, rochire dann auf die Seite wohin der Angriff nicht gerichtet iſt und mache ihm ſo einen Strich durch die Rechnung. Hat dein Geg -477 ner rochirt, ſo laſs deine Bauern auf der Sei - te vorwärts marſchiren und wohl unterſtüzt von Officieren die 3 feindlichen vorſtehen - den Bauern angreifen. Man giebt die Re - gel, die drey Bauern vor dem rochirten Könige nicht aufzuziehn; dieſs iſt nicht im - mer gut; denn oft iſt das Aufziehen die ein - zige Rettung des Königs, und überdem wird die Deckung der Bauern ſtärker, wenn ei - ner oder der andere einen Schritt voraus thut.
  • g) Man muſs ſeine Steine nicht zu ſehr häu - fen, weil dieſs die Bewegung hemmt. Feſt - ſtehende Steine ſind nicht viel beſſer als ver - loren; ja oft noch viel ſchädlicher, weil ſie im Wege ſtehn. Suche dagegen des Geg - ners Steine zu häufen, gewöhnlich gelingt dieſs, wenn er ſeine Officiere zu früh ſpielt, dann von deinen Bauern zurück gedrängt und durch dein Vorrücken in einen engern Platz geſchloſſen wird. Häuft ſich dein Spiel unverſehens, ſo gieb lieber die läſti - gen Steine durch Tauſch gegen gleiche weg.
  • h) Thu keinen Zug ohne deutlich einzuſehn warum? ohne zu wiſſen, ob dich der letz - te Zug des Gegners nicht in Gefahr ſetze; ohne zu überrechnen, ob dein Gegner nicht Züge dagegen thun könne, die dir Gefahr478 bringen. Hüte dich vor den feindlichen Springern, ſie bieten oft doppelt Schach, dem Könige und Feldherrn oder Thurme zugleich. Iſt ein ſolcher in der Nähe, ſo halte dergleichen Hauptſteine nicht mit dem Könige auf einerley Farbe. Hüte dich, daſs kein feindlicher Bauer zwey von deinen Officieren zugleich angreife: hüte dich vor zwey, noch mehr vor drey feindlichen Of - ficieren, die auf ein und denſelben Platz Abſichten verrathen, zumal wenn er neben dem Könige iſt: decke dieſen Platz ſo gut es gehn will, oder verhaue jenem den Paſs durch Zwiſchenſtellung eines Bauers oder eines gedeckten Officiers. Laſs den Feld - herrn nicht vor dem Könige ſtehn: es iſt leicht ihn da zu verlieren, wenn ſich der feindliche Thurm davor legt.

8. Ich ſoll endlich mein Urtheil über das Schach ſagen und könnte damit mehrere Seiten anfüllen, aber ich muſs kurz ſeyn. Ich halte es im allgemeinen betrachtet für das edelſte von allen Spielen. Sein Erfinder war ein ſehr tiefdenken - der Kopf und errichtete ſich durch das Schach ein ſehr ſprechendes Denkmal für dieſe Eigen - ſchaft. Wer ſie liebt und dieſs Spiel kennen lernt, wird ein unerſättlicher Schachſpieler; die - ſes ſtete Durchgrübeln der Gedanken und Plane479 des Gegners, dieſe Beobachtung der leiſeſten und geheimſten Schritte deſſelben, die ſtets le - bendige Wachſamkeit, welche zu ihrer Vereit - lung unaufhörlich nothwendig iſt, auf der einen und das tiefe Nachdenken zur Erfindung und An - legung des eigenen Planes, die nothwendige Feinheit in der Ausführung, die Ueberlegung jedes einzelnen Schrittes, die Berechnung einer Reihe eigener und entgegengeſezter, auf der an - dren machen das Schach zum intereſſanteſten Spie - le, zum Spiele von hundert Gedanken und Sor - gen, wie es die Perſer nennen. Hier herrſcht gar kein Glück, ſondern allein Nachdenken; man kann ſich daher nie auf jenes zu ſeiner Ent - ſchuldigung berufen, ſondern muſs ſeine Blöſse im Mangel oder in der Kraft des Nachdenkens und der Aufmerkſamkeit erkennen. Folglich wirkt es heftig auf die Ehrliebe; wer in dieſem Punkte zu empfindlich iſt, für den iſt das Spiel nicht, auſſer wenn er ſiegt, oder ſich überzeu - gen lernt, daſs der ſcharfſichtigſte Kopfſich ver - ſehen könne. So vortrefflich ich das Schach, auch mir das liebſte von allen Spielen, im allgemeinen betrachtet finde, ſo nachtheilig halte ich es im Gegentheile in ſeiner gewöhnlichen Anwendung. Es iſt im Grunde ein Bauernſpiel. Wer ſeine Glie - der den Tag über gebraucht und ſeinen Körper durch Bewegung ermüdet hat, der ſpiele Schach. 480Wir Europaer finden aber die wiederſinnigſte Ge - wöhnung nicht lächerlich. Der Landmann und Handarbeiter kegelt am Abend, der ſitzende und denkende Arbeiter ſpielt Karte und Schach; ſie ſollten tauſchen, um ſich beyde zu erholen. Montagne ſagt in ſeinen Eſſais*)Chap, 50. je hay et fui le jeu des Echecs decequ '; il[n'est] pas aſſer jeu et qui’l nous eſhat trop ſerieuſement; und Jacob I. in ſeinem Do - no regio ſeu de inſtitutione principis**)Pag. 74. edit. Francof. 1679. 4. Die Hanauer Ausgabe 160[2]. pag. 193 geht in Worten ganz davon ab. Latrun - culorum Luſus diſplicet. Eſt enim nimis conſulta et philoſophica ſtultitia. Cum enim omnes ludi eum in fi - nem inventi ſint, ut tantiſper animos avocent a negoti - orum moleſtiis, hic ludus operoſo nugarum apparatu ma - gis intendit animos quam priores curae. Sie haben beyde Recht, wer lange ſaſs und dachte, ſpalte lieber Holz, um ſich zu erholen; und wen die Krone drückt, der erhole ſich nicht im Schach. Kurz das Spiel iſt eben wegen ſeiner Vortreff - lichkeit gar nicht dazu geeignet geiſtige Erholung zu geben, Jungen Leuten vom 12ten bis 14ten Jahre an, die des Tags hinlängliche Bewegung haben, empfehle ich das Schach; aber beſon - ders Erziehern für ſolche Zöglinge, die bey gu - ten Anlagen ſich nicht fixiren laſſen, weil ſie lieber auf eine lärmende Art luſtig ſind; als am ſtillen Nachdenken Vergnügen finden.

481

Ueber das Schach kann man eine kleine Bi - bliothek aufſtellen; mir ſind mehr als 89 Schrif - ten darüber bekannt, und darunter ſind zwey Heroiden und zwey andere Gedichte italieniſch, ein hebräiſches, ein polniſches, ein franzöſi - ſches Gedicht, ferner einige Trauer - und Luft - ſpiele und endlich noch 3 lateiniſche Gedichte. Das berühmteſte von allen iſt das ſchöne Ge - dicht des Vida, Biſchofs von Alba*)Marci Hieronymi Vidae Opera Lngdun. Bat. 1585. 12. Scacchia Ludus p. 354. Es iſt ſehr oft und an vielen Orten abgedruckt. Nicol. Mutonus ſchrieb eine Paraphraſe darüber. Es iſt in manche Sprachen, auch in die Deutſche überſetzt. Mag. deb 1772., eine liebli - che mythologiſche Fiction, die mit den Worten anhebt:

Ludimus effigiem belli, ſimulataque veris
Praelia, buxo acies fictas, et ludicra regna,
Ut gemini inter ſe reges albusque nigerque
Pro. laude oppositi certent bicoloribus ar - mis.

Jetzt richtet ſich ſein Geſang an die Nym - phen des vaterländiſchen Fluſſes Serio. Sie lei - ten den Dichter durch die noch unbekannten Pfade dieſer Gefilde der Dichtkunſt. Jupiter erhebt ſich nach Aethiopien in die Memnoni - ſchen Gefilde, um die Hochzeitfeyer des Ocea - nus mit der Tellus zu verherrlichen, der ganzeH h482Götterhaufe findet ſich da ein und die Geſtade des unermeſslichen Meeres erſchallen von dem Jubel der hohen Geſellſchaft. Das Mal iſt vor - über, die Tiſche verſchwinden; da war Spiel wie bey dem ſterblichen Geſchlechte die Zu - flucht des Oceanus zur Unterhaltung ſeiner Gäſte.

tabulam afferri jubet interpictam.
Sexaginta inſunt et quatuor ordine ſedes,
Octono parte ex omni via limite quadrat
Ordinibus paribus, nec non forma omni - bus una.
Sedibus, aequale et ſpatium, ſed non color unus.
Alternant ſemper varie, ſubeuntque vicil - ſim
Albentes nigris, testudo picta ſuperne
Qualia devexo gestat discrimina tergo.

Da ſtehn die Götter in ſtiller Verwunderung. Oceanus erklärt den Zweck des Spiels

et versa in tabulam depromiſit ab urna
arte laboratum buxum, ſimulataque nostris
Corpora, torno acies ſictas, albasque, ni - grasque,
agmina bina pari numeroque et viribus aequis.
Bis nivea cum veste octo, totidem nigranti.
483

Er giebt den Göttern Unterricht über die Bedeutung der Steine, über ihre Stellung, ih - ren Gang, und dieſe trockne Sache wird unter den Händen des Dichters zum Bewundern in - tereſſant, ſelbſt die kleinſten Regeln ſchmiegen ſich hier in die niedlichſten Verſe. Es kommt endlich zum Spiel. Von jeher war der irdiſche Krieg das Signal zum himmliſchen; Götter theilten ſich zum Schutze dieſer und jener Par - they und ſo entflammte ſich ſtets der lebhafteſte Götterzwiſt im Olymp. Jupiter ſieht diefs auch jetzt voraus und verbietet, was beym Schach - ſpiel allerdings unerträglich iſt, alle Theilnahme der Zuſchauer

Tum Phoebum vocat intonsum, Atlantis - que nepotem
egregium furto peperit quem candida Maia,
inſignes ambos facie et florentibus annis.

Dieſe fordert er zum Spiel auf. Es war noch ſehr früh, die Füſse des Götterboten waren noch unbeflügelt und Phöbus mit Diamanten beſetz - ter Himmelswagen war noch nicht angeſpannt. Jupiter ſetzt für den Sieger eine Belohnung aus, die groſsen Götter nehmen, wie es bey Hofe gewöhnlich iſt, Platz, die kleinen ſtehen umher; alle ſchweigen dem hohen Mandat zu folge und das Treffen beginnt. Man glaubt ſich im Getümmel der Schlacht. Die trockne Be -H h 2484ſchreibung eines Spiels ſtrömt unterhaltend in lieblichen Verſen dahin Der Dichter nuzt je - den Umſtand des Schachs zu allegoriſcher Schönheit. Beyde Königinnen fallen, beyde Cohorten, beyde Könige ſind untröſtlich. Ihr Wittwerſtand wird ihnen unerträglich und der weiſse ſucht ſich bald einen Krieger aus, der durch alle Reihen gedrungen ſich zum königl. Ehebette würdigen ſoll u. ſ. w. Am Ende ge - winnt der Atlantiade, Mercur unter dem laute - ſten Beyfalle der hohen Göttergeſellſchaft und ſpringt frohlockend umher. Jupiter giebt ihm zur Belohnung den Schlangenſtab. Bald wurde das Spiel den Sterblichen angenehm. Scac - chis, die ſchönſte der Nymphen des Fluſſes Se - rio weidet am blumichten Ufer die ſchneewei - ſsen Schwäne. Der Götterbote erſcheint.

compressit ripa errantem, et nil tale putan - tem

Da ſchenkt er ihr das zweyfarbichte Schachſpiel und ein ſchönes Schachbrett von Gold und Sil - ber. Von ihr erhält das Spiel den Namen.

Man hat Veränderungen an dem Schachſpiele gemacht, die ich hier aus Mangel an Raume nur erwähnen kann. Zu Ulm erſchien 1664 Fol. Chr. Weickmans neueröffnetes Königsſpiel, welches ſich zwar mit dem Schachſpiel etwas ver - gleichet etc. mit 8 Kupfern. Es iſt ein Kriegsſpiel für 2 bis 8 Perſonen. Ferner das dreyſeitige Schachbret. Regensb485 1765. 8. ; Le jeu de la guerre ou raffinement du jeu des echecs á Prague 1770. Die berühmteſte und ſchönſte Verwandlung des Schach iſt Hellwigs taktiſches Spiel: I. C. L. Hellwig Verſuch eines aufs Schachſpiel gebaueten taktiſchen Spiels 2 Theile Leipzig 1780. 8, mit Kupfern 7 fl. 30 Xr. wovon der praktiſche Theil auch einzeln zu haben iſt. Leipzig. 1782. 8vo.

486

Anhang I.

Vom Loſen und Wählen.

1. Um zwey Partheyen zu bilden, die an Spiel - fertigkeit gleich ſind, ſtellt man zwey und zwey gleiche Perſonen zuſammen. So entſtehen Paa - re. Darauf nimmt jede Perſon den Nahmen ei - nes Thieres an, damit kommen ſie Paarweiſe zu den beyden Perſonen, welche das Loſen ver - anſtalten, und nennen ihnen ihre angenomme - nen Nahmen, z. Exemp. : hier kommt ein Adler und Falke, welchen wollt ihr? Da die Loſenden nicht wiſſen, wer Adler oder Falke iſt, ſo findet keine Auswahl ſtatt; wer den Falken nimmt, erhält zu ſeiner Parthey die Perſon, die ſich hin - ter dieſen Namen verſteckt hatte u. ſ. w.

2. Kommt es darauf an, welche von zwey Partheyen den Vorzug haben ſoll, ſo wählt je - der ihrer beyden Anführer die Seite einer Geld - münze, man wirft ſie in die Luft und derjenige, deſſen gewählte Seite beym Niederfallen oben liegen bleibt, hat mit ſeiner Parthey den Vor - zug.

3. Daſſelbe thut man auch auf folgende Art durch Abzählen. Wenn z. Exemp. A und B lo - ſen wollen, ſo machen ſie erſt aus, ob bey A487 oder B das Zählen angehen ſoll Dann ſchlägt jeder mit ſeinen Händen an ſeine Schenkel und ſtreckt eine beliebige Zahl von Fingern aus. Die ausgeſtreckten Finger werden zuſammen gezählt und ihre Zahl zum Abzählen der Perſo - nen gebraucht. Iſts z. Beyſp. die Zahl 7 und man fängt an auf A 1, auf B 2 u. ſ. w. zu zählen, ſo fällt 7 auf A, und dieſer erhält mit ſeiner Par - they den Vorzug.

4. Um eine einzige Perſon aus der Menge herauszuleſen, was bey Spielen oft der Fall iſt, ſtellt ſich die Geſellſchaft in Fronte. Der erſte des rechten Flügels läſst ſich von ſeinem Ne - benmanne im Stillen eine Zahl ſagen (höch - ſtens ſo groſs als die Perſonenzahl der Geſell - ſchaft) dann geht er zur erſten Perſon des lin - ken Flügels, dieſe reicht ihm eine Hand; iſt es die linke und er erhielt vorhin die Zahl 7 ſo iſt der 7te Mann vom linken Flügel der Gewählte, und ſo umgekehrt der 7te vom rechten, wenn er die rechte Hand erhielt.

H h 5488

Anhang II.

Ueber Pfänderſpiele.

Es ſind oben viel Spiele vorgekommen, bey denen Pfänder als Anreizungsmittel gebraucht werden. Jedermann weiſs, was dieſs zu bedeu - ten habe; es macht eine Perſon beym Spiel ei - nen Fehler und iſt gehalten, dafür irgend etwas dem Einſammler als Pfand zu geben. Am Ende des Spiels iſt ſie verbunden, dieſe oder jene Auf - gabe aufzulöſen, dieſs oder jenes zur Strafe zu thun, um ihre Pfänder dadurch wieder einzu - löſen. Bey den gewöhnlichen Spielen zielen dieſe Sachen faſt durchaus alle auf einen Punkt. Beſteht die Geſellſchaft aus Erwachſenen, ſo ha - be ich, wenn Sittſamkeit die gehörigen Schran - ken zieht, nichts dagegen einzuwenden - Im Kreiſe der Jugend iſt es anders; ſie ſoll weder die Spaniſche Liebe vorſtellen, noch hangen und verlangen, weder die Liebe mit Ellen meſſen, noch ſtumm betteln; denn darin ſind wir alle einverſtanden, daſs es nicht nöthig ſey, Gefüh - le, die bey dergleichen Aufgaben zum Grunde liegen, zu üben. Sie bedürfen keiner Uebung. Aber was ſoll ſie denn thun? Sie ſoll ihre kör -489 perlichen und geiſtigen Kräfte anſtrengen es ſey auf welche Art es wolle, bald mehr bald minder im Ernſt oder Spaſs. Der Menſch hat unend - lich viel Kraft, folglich können allerley kleine Aufgaben, die zu ihrer Uebung abzwecken, nicht ſchwer fallen; wenigſtens braucht man zu ihrer Erfindung den geſunden Menſchenverſtand weit weniger zu radebrechen, als bey denen von obi - gem Schlage, die für jeden nur etwas gebildeten Menſchen ſchlechterdings unbegreiflich abge - ſchmackt und widerlich ſind. Man findet ſchon in Weiſsens Kinderfreunde, in Campens Kinderbi - bliothek und in Schummels Kinderſpielen und Ge - ſprächen beſſere Beyſpiele von dergleichen Auf - gaben, hier ſind auch einige, die als Beyſpiele gelten können. Denjenigen, die mit dem Pfän - derweſen noch gar nicht bekannt ſind, muſs ich noch vorläufig andeuten, daſs alle Pfänder, wenn es zum Auslöſen derſelben kommt, in ein Behältniſs gethan und nach und nach von irgend einem der Geſellſchaft herausgezogen werden. Dieſer frägt zugleich was ſoll der Eigenthümer die - ſes Pfandes thun? und die Geſellſchaft beſtimmt es, ehe noch das Pfand hervorgezogen wird, als:

  • 1 Er ſoll ſagen, warum das Waſſer Bergab läuft.
  • 2 eine kleine Geſchichte erzählen.
  • 490
  • 3 Er ſoll aus drey gegebenen Wörtern eine Ge - ſchichte machen.
  • 4 ein Exempel aus dem Kopfe rechnen.
  • 5 eine Fabel erzählen.
  • 6 ein Urtheil über einen gegebenen Ge - genſtand ſagen.
  • 7 ein ſelbſt gemachtes Sylbenräthſel auf - geben.
  • 8 ein Räthſel aufgeben.
  • 9 ein Räthſel löſen, das ihm aufgegeben wird.
  • 10 ein Liedchen ſingen.
  • 11 ein Liedchen pfeifen ohne zu lachen.
  • 11 mit den Fingern, ohne ſie ins Waſſer zu tauchen, ein Stück Geld aus dem Waſ - ſer holen, womit ein Teller faſt halb angefüllt iſt.
    • 12 die gröſsten Städte
    • 13 Flüſſe
    • 14 Berge
    • 15 Seen
    • 16 Meere
    dieſes oder jenes Erdtheils oder Landes nennen.
  • 17 Produkte etc.
    • 18 zwey drey Perſonen
    • 19 Begebenheiten
    • 20 Erfindungen
    • 21 Völker etc.
    aus der Geſchich - te angeben.
  • 491
  • (So laſſen ſich aus allen für das jugend - liche Alter beſtimmten Wiſſenſchaften Aufgaben machen.)
  • 22 Er ſoll herumgehen und jedem etwas fehler - haftes im Anzuge zeigen.
  • 23 aus zwey gegebenen Wörtern einen Reim machen.
  • 24 Pantominiſch eine Leidenſchaft dar - ſtellen.
  • 25 Pantominiſch anzeigen was das nächſte Pfand thun ſoll.
  • 26 ſeinem Nachbar ſpaſshaft aus der Hand wahrſagen.
  • 27 die Aehnlichkeiten zwiſchen zwey ihm gegebenen Sachen anzeigen.
  • 28 drey Plumpſack leiden.
  • 29 etwas auf beſtimmte Zeit mit ſteifem Arme halten.
  • 30 ſtehend ſeinen Fuſs küſſen.
  • 31 ſich ohne Gebrauch der Hände an den Boden ſetzen und wieder aufſtehn.
  • 32 auf einem Bein ſtehend ein Paar Sätze aus einem Buche leſen, das auf dem her - aufgezogenen Knie liegt.
  • 33 ſehr ernſthaft ausſehn und eine Minute lang keinen Laut von ſich geben.
  • 34 abwechſelnd recht freundliche und ſau - re Minen machen.
  • 492
  • 35 Er ſoll thun als käme ein Fremder zur Thür herein und ihm feine Achtung bezeigen. u. ſ. w.
[493]

Regiſter.

  • Action nach Muſik402
  • Ad vokatenſpiel317
  • Aehnlichkeit, das Spiel der356
  • Akademie der Wiſſenſchaften395
  • Alle Vögel fliegen323
  • Amtmannsſpiel290
  • Anwendungsſpiel438
  • Apodidraſkinda224
  • Aristonicus, Ballſpieler50
  • Arithmethiſche Spiele408410
  • Aſkoliaſmos268
  • Atys erfindet Spiele35
  • Augenräthſel299
  • B
  • Ballonſpiel, italieniſches52
  • Ballſpiele50
  • Baſeball78
  • deutſches57
  • deutſch. engl. 84
  • Dreyball72
  • Fangball114
  • Federball121
  • Freyball73
  • mit Freyſtäten78
  • Fuſsball55
  • griechiſche und römiſche50
  • Handball96
  • Kreisball104
  • Prellball103
  • Schnurball113
  • Solo257
  • Steht Alle! 116
  • Thorball, Cricket,85
  • Treibball108
  • Barres, jeu de234
  • Bauſpiele393
  • Bewegungsſpiele49
  • Bilboquet307
  • Bildhauer270
  • Billard165
  • befeſtigtes166
  • mit Kegeln, Piroli,175
  • Blindekuh221
  • ſtille224
  • Blinden, die beyden,226
  • Boules, jeu de158
  • Bullenſpiel, Joujou308
  • C
  • Carouſſelſchlitten219
  • Spiele198 .214. 218
  • Charadenſpiel431
  • Colin Maillard224
  • Commandirſpiel326
  • Cricket oder Thorball85
  • D
  • Ding, das böſe230
  • Drache204
  • Dreyball72
  • Drittenabſchlagen276
  • E
  • Einſame Spiele255 .306. 331
  • Eisſchlitten220
  • Eisſpiele217
  • Epiſkyros55
  • Erholung iſt der einzige recht - mäſsige Zweck der Spiele39
  • Erzähler, die353
  • [494]F
  • Fangball214. 257
  • Farbenſpiel322
  • Federball121
  • Federſpiel304
  • Foodball55
  • Foppen und Fangen235
  • Frageſpiel421
  • Freunde, die302
  • Freyball73
  • Fuchs zu Loche266
  • Fuſsſcheibenſpiel126
  • G
  • Geographiſches Spiel342
  • Gerichtshof, der290
  • Geſchichtemachen, das368
  • Geſellſchafts-Räthſel487
  • Geſellſchaftsſpiele, bewegende221280
  • ſitzende288 .309.336.356. 395
  • Geyerſpiel108
  • Glucke und Geyer277
  • Golf154
  • H
  • Hand, die warme288
  • Handball96
  • Handwerksſpiel281
  • Haſardſpiele ſind nur für Wil - de oder Ueberverſeinerte34
  • Haſſas wa Harami247
  • Hawkgaine108
  • Hiſtoriſch Chronol. Spiel349
  • Hot-Cockles290
  • I
  • Jacob wo biſt du226
  • Jagdſpiel239
  • bey Nacht254
  • Jeruſalem, Reiſe nach318
  • Ihsboſseln180
  • Johannes der Evangeliſt und das Rebhuhn7
  • K
  • Kämmerchen vermiethen273
  • Kartenſpiel, deſſen Einführung in Frankreich14
  • Kartenſpiele ſind nicht für die Jugend34
  • Kartenſpiel, geographiſches342
  • phyſikaliſches354
  • Kaufleute, die408
  • Kaufinann314
  • Kegelbillard175
  • Kegelſchlagen203
  • Kegelſpiel, deutſches183
  • Kegeltiſch, der191
  • Kegelwerfen, das187,190
  • Kelle, die296
  • Kindalismus194
  • Klinkholz, das209
  • Kliſchſpiel209
  • König, der, iſt nicht zu Hauſe325
  • Kollabiſmus290
  • Korykus51
  • Kreisball104
  • Kreiſel255
  • Kreigsſpiel214
  • Kugelſchlagen139
  • Kugelſpiele139
  • Kugelſpiel, groſses158
  • kleines161
  • Kugelwerfen180
  • L
  • Laſtträger, der275
  • Latrunculorum Ludus441
  • Lehrſtunde, die orthographiſche311
  • Loſen, einige Arten davon486
  • M
  • Mail139
  • das Schottiſche154
  • auf dem Eiſe217
  • Main, la, chaude290
  • Mann, der ſchwarze259
  • Marcus und Lucas229
  • Mattmachen, das232
  • Merelle, la126
  • Miau, ein Nachtſpiel253
  • Mimik, die381
  • Muſik, Action nach402
  • Myinda224
  • N
  • Nachbar, wie gefällt dir dein274
  • [495]Nachſprecheſpiele328
  • Nachtſpiele, deren Nutzen243 -254
  • O
  • Omilla164
  • Orthographiſche Lehrſtunde311
  • Ostrakinda265
  • Ourling161
  • P
  • Palet, le122
  • Pallotole-giuoco delle158
  • Pantomime379
  • Parket391
  • Parlement, das317
  • Pfählzen, das194
  • Pfänderſpiel, wie ſie für die Ju. gend etwa anzuordnen488
  • Pfahlſpiel194
  • Pfeife, das Suchen der295
  • Pflöcken194
  • Pickpahl Piroli, Kegelbillard175
  • Plätze, das Verwechſeln der272
  • Plumpſack, der geht herum230
  • verſtecken262
  • Prellball103
  • Priſonners-baſe235
  • R
  • Räthſel, das Geſellſchafts437
  • Rechenmeiſter, der309
  • Regentenſpiel353
  • Reiſentreiben, das255
  • Reiſe nach Jeruſalem318
  • Reiſeſpiel336
  • Rhythmomachia410
  • Ringrennen198
  • Ringſpiel, Tant331
  • Ringſpiel412
  • Ringſucher, der300
  • Ringwerfen, das200
  • Ritterſchlagen, das389
  • Ruheſpiele286
  • S
  • Schachſpiel440
  • Scheibenſpiele122
  • Schlittenfahrt mit Ringrennen214
  • Schlittſchuh mit Mail217
  • Schlittſchuh und Kreiſel218
  • und Caruſſelübungen218
  • Schneeſpiele213
  • Schnurball113
  • Schoinophilinda232
  • Ser der Kilim297
  • Soloſpiele. ſiehe einſame Sphäromachie56
  • Spiele, Begriff der derſelben1
  • moraliſcher Werth3
  • ſind Bedüfrniſſe4
  • Verrathen den Volks - charakter9
  • haben Einfluſs auf den Volkscharakter13
  • ſind Erziehungsmittel17
  • der Jugend unentbehrlich18
  • ſchützen vor Langeweile21
  • enthüllen den Charakter22
  • ſtumpfen zu groſse Em - pfindlichkeit ab23
  • bewirken Liebe für den Erzieher25
  • Bilden das menſchliche Leben im kleinen26
  • verbreiten Vergnügen27
  • ſtärken den Körper29
  • ihre Schädlichkeit als Aufmunterung zum Fleiſse33
  • Arten derſelben34
  • welche ſind die beſten? Haſard und Karten Atys erfindet manche35
  • verſchiedene Zwecke derſelben37
  • ihre Anwendung38
  • nöthige[Eigenſchaften] derſelben40
  • ihre Claſſifikation43
  • des Beobachtungsgeiſtes49287
  • der Bewegung49
  • einſame255
  • [496]Spiele der Aufmerkſamkeit258. 309
  • der Phantaſie und des Witzes280. 356
  • reine Körperſpiele283
  • ſitzende oder Ruheſpiele286
  • des Gedächtniſſes334
  • des Geſchmacks391
  • des Verſtandes394
  • Sprichwörter361
  • Steht Alle116
  • Steinſpiel134
  • Stummen Spieler, die379
  • Sylbenräthſel431
  • T
  • Täſeleyſpiel, Parquet391
  • Tag und Nacht264
  • Tant, nürnberger331
  • Taubenſpiel322
  • Thätigkeit iſt[Schöpferin] der Spiele1
  • Thorball, Cricket85
  • einfaches94
  • Topfſchlagen201
  • Treibball108
  • V
  • Verwechſeln, das der Plätze272
  • Vexirſpiele389. 393
  • Vögel verkaufen269
  • Volant121
  • W
  • Wächter und Diebe247
  • Wählen, einige Arten zu486
  • Wahrheitsſpiegel, der302
  • Wer das nicht kann298
  • Werth, moraliſcher der Spiele3
  • Wer wais? 288
  • Wicket-ſingle94
  • Winterſpiele, bewegende, nütz - lich für den Körper212
  • Wortverbergen, das383
  • Z
  • Zeichnungswürfel, die378
  • Zweck der Spiele37

About this transcription

TextSpiele zur Übung und Erholung des Körpers und Geistes
Author Johann Christoph Friedrich Guts Muths
Extent531 images; 92996 tokens; 13389 types; 616315 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationSpiele zur Übung und Erholung des Körpers und Geistes für die Jugend, ihre Erzieher und alle Freunde unschuldiger Jugendfreuden Johann Christoph Friedrich Guts Muths. . XVI S., [4] Bl., 492 S., [2] Bl. Buchhandlung der ErziehungsanstaltSchnepfenthal1796.

Identification

Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz SBB-PK, Ng 24561 <a> Rhttp://stabikat.de/DB=1/SET=12/TTL=1/CMD?ACT=SRCHA&IKT=1016&SRT=YOP&TRM=588029076

Physical description

Antiqua

LanguageGerman
ClassificationFachtext; Pädagogik; Gebrauchsliteratur; Pädagogik; core; ready; china

Editorial statement

Editorial principles

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.

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  • Deutsches Textarchiv
  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
  • Jägerstr. 22/23, 10117 BerlinGermany
ImprintBerlin 2019-12-09T17:31:08Z
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