ES iſt nichts gemeiners / als daß man die Men - ſchen uͤber die ſchlechte Vorſorge / ſo ſie in ih - rer Jugend / wegen Er - haltung der Geſundheit ange - wendet / ſeufftzen hoͤret / welche Klagen um ſo viel mehr ohne Frucht ſeynd / ie unmuͤglicher es iſt / die verfloſſenen Jahre zuruͤcke zu ruffen / und die verlohrnen Leibes-Kraͤffte wieder zu erlan - gen. Jederman weiß / daß die Unmaͤßigkeit jungen Leuten auf dem Fuſſe nacheilet / und ihre zarte Bluͤthe des gruͤnenden Al - ters mit dem Unflath der toͤdli -) (2chenVorrede. chen Wolluͤſte zu beflecken pfleget / worvon auch diejenigen ſelten be - freyet bleiben / welche taͤglich mit der Lehre von der Tugend umge - hen / und welche als Studierende / den eitelen Begierden des unver - ſtaͤndigen Poͤbels gaͤntzlich abge - ſaget haben ſolten. Alleine die - ſes iſt es nicht allein / welches der gelehrten Schaar die Lebens - Saͤffte erſchoͤpffet / und die beſtim̃ - ten Jahre verkuͤrtzet; ſondern das vielfaͤltige Sitzen und die da - hero unterbleibende zur Geſund - heit ſo noͤthige Bewegung / ſamt denen ſtetigen Lucubrationibus, wodurch die Lebens-Geiſter ge - ſchwaͤchet / das humidũ radicale vermindert und das calidum in - natum verzehret wird / ſeynd ſol - che unvermeidliche Hindernuͤſſe des geſunden Lebens / daß meines Erachtens / niemand mehr Ur -ſacheVorrede. ſache hat / den zubrechlichen Leib vor den unzehlichen Arten der Kranckheiten zu verwahren / als die Gelehrten / worvon Herrn D. G. Franckens / Koͤnigl. Daͤni - ſchen Leib-Medici gelehrte Ora - tion de ſtudiorum noxâ ein un - verwerfliches Zeugnuͤß ablegen kan. Alldieweil nun an denjeni - gen / die zur Wohlfarth des gemeinen Weſens auferzogen werden / und die ihren gelehr - ten Fleiß dem Aufnehmen der Re - publickẽ mit unermuͤdeter Sorg - falt aufopffern / wo nicht alles / doch ein groſſes Theil der menſch - lichen Gluͤckſeeligkeit gelegen / ſo habe ich meiner Schuldigkeit zu ſeyn erachtet / in dieſen wenigen Bogen der ſtudierenden Jugend eine unbetruͤgliche und auf die langwierige Erfahrung gegruͤn - dete Handleitung zugeben / wie ſie) (3ſoVorrede. ſo wohl die Geſundheit durch gu - te Diæt und ordentliches Leben unverruͤckt erhalten / als auch ſich vor bevorſtehenden Kranckhei - ten præſerviren, oder die allbe - reits anfallende und eingeriſſene gruͤndlich erkennen / und ſelbige vermittelſt der bewehrteſten Ar - tzeneyen / nechſt GOtt / gluͤcklich vertreiben ſolle. Immittelſt le - be ich des Vertrauens / es werde mein getreuer Leib-Medicus um ſo viel deſto mehr Approbation finden / iemehr iederman / und al - ſo auch ein GOTT und dem Nechſten gewidmeter Studiren - der verbunden iſt / ſeiner ſelbſten wahrzunehmen / und ie weni - ger er auch bey den vollkommen - ſten Leibes-Kraͤfften vor den Schwachheiten und den Anfaͤl - len des Todes verſichert ſeyn kan / geſtallt denn nicht ohne Grundiſt /Vorrede. iſt / was Lipſius lib. 3. Ma - nuduct. diſſert. 22. ſaget: Ut unam natura viam dedit naſcendi, ſic mille moriendi. Und wiewohl jenes Ægypti - ſchen Medici Meynung nicht zu billigen / wenn er behaupten will: Der Menſch ſterbe nicht neceſſitate naturæ, daß er nem - lich der Natur den Tod nothwen - dig ſchuldig ſey / ſondern ex igno - rantiâ faciendorum, oder aus Unwiſſenheit der rechten Artze - ney-Mittel: So iſt es doch nicht zu leugnen / daß die Unordnung des Lebens und der Unverſtand oder die Unerfahrenheit einiger ungelehrten Aertzte vielen tau - ſend Menſchen das von der Goͤtt - lichen Vorſehung abgemeſſene Le - bens Ziel verkuͤrtze. Es lieget leyder am hellen Tage / was durch die vielfaͤltigen Stoͤhrer in der edlen Artzeney-Kunſt / und deren) (4ver -Vorrede. verderblichen Mißbrauch vielen Laͤndern / abſonderlich aber Deutſchland vor unerſetzlicher Schaden geſchiehet / und es waͤ - re zu wuͤnſchen / daß die Chri - ſten dem klugen Heyden Platoni ſeine Staats-Maxime ablerne - ten / wenn er lehret / multitu - dinem Medicorum malè con - ſtitutam arguere Rempubli - cam, miſerasque civitates es - ſe augurari: Welches / daß er es nicht von rechtſchaffenen und wohlerfahrnen Medicis, ſon - dern von unwiſſenden Medica - ſtris, Morionibus und Caco - chymicis wolle verſtanden ha - ben / dasjenige genugſam bezeu - get / was er Lib. 3. de Rep. ſaget: Medicis, niſi ex ordine explo - ratis, exercere artem, fas neu - tiquam eſt. Nun einen ſolchen approbirten und aufrichtigenLeib -Vorrede. Leib-Artzt ſtelle ich der ſtudieren - den Jugend zum ſtetigen Rath - geber und Geleitsmann vor / und gleich wie die That das beſte Zeug - nuͤß zugeben pfleget; alſo wil ich ihr denſelben ohne eintzige euſſeꝛli - che Zierde und ohne eitelen Ruhm uͤbergeben haben / von Hertzen wuͤnſchende / daß er denjenigen / welchen er zu Liebe ausgefertiget worden / ſolche Dienſte thun moͤ - ge / wie es der unverfaͤlſchte Zweck erfordert / den ich mir Jhnen dißfalls angenehm zu die - nen / eintzig und allein vorgeſetzet.
WAs fuͤr eine edle Creatur ein Student ſey / iſt zur Gnuͤge erwieſen. So edel aber ſelbiger iſt / deſto mehrern Verdruͤßligkei - ten / Kranckheiten und Gefahr iſt er un - terworffen. In der Jugend muß er viel Verdruß und offt harte Schlaͤge vertragen von unverſtaͤndigen Backel - Meiſtern / die bißweilen mehr mit unſin - nigen Schlaͤgen / als Verſtand und gu - ten Worten ſolche zarte Pflaͤntzlein tra -Acti -2Studenten-Kranckheitenctiren und zur vollen Bluͤth untuͤchtig machen. Dahero Horatius(a)l. 2. Epiſt. ſolche Orbilios plagoſos, uñ noch beſſer der ge - lehrte Dornavius Anitympaniſtas nen - net / qui teneros pueros non caſtigant, ſed carnificant, ut ſæpe tenerrima ingenia deſperent, generoſa verò omni relucten - tur impetu, & ita vel per timorem, vel per furorem Muſis earumque ingratiis valedicant das iſt / welche die zarten Kinder nicht ſtraffen / ſondern hen - ckermaͤßig tractiren, daß offt die zaͤr - teſten ingenia alle Hoffnung ſincken laſſen / und verzweiffeln / die hertz - hafften Gemuͤther aber mit aller Macht wiederſtreben / und alſo ent - weder aus Furcht oder Verwilde - rung denen freyen Kuͤnſten gute Nacht geben. (b)G. Franck. d. l. Ich gebe ſolchen ſtraffſuͤchtigen und im Zorn geſchwin - den Lehrmeiſtern zu bedencken / was Ta - citus ſaget:(c)In vita Agricolæ. Daß ſie den Ernſt mit Gelindigkeit / und am allermeiſten mit Liebe vermiſchen ſollen; Denn Furchtund3und derer Curen. und Schrecken iſt ein ſchlechtes Band der Liebe. Rathe auch medicè, die Ju - gend nicht mit Stecken und andern har - ten Inſtrumenten auf die Koͤpffe / wie die Ochſen zu ſchlagen / denn ſie werden dumm / und behalten Zeit Lebens ſchwa - che und krancke Koͤpffe / muͤſſen auch wohl gar fuͤr der Zeit ſterben / wie ich et - liche Exempel obſerviret. Nach die - ſem wachſen ſie zwar zu einem hoͤhern Alter / nemlich zum Kern-Jahren / wel - ches iſt die Adoleſcentia und Juventus. In ſolcher werden ſie der Libertaͤt und Freyheit begieriger Krafft natuͤrlicher Zuneigung: Adoleſcentia enim eſt ſta - tus humorum temperatior, ubi natura majorem acquirit vigorem, dum humo - rum qualitates ſe invicem non obtun - dunt, ſed in συμμετρίᾳ laudabili amicè conſpirant. Unde quam primum à præ - ceptorum & parentum cura emancipati ſunt, florentis ætatis voluptatibus avidi - us implentur, & in exceſſus quoslibet pro - lubuntur. Das iſt / die Adoleſcenz o - der die erſten Jugend Jahre ſeyn eine ſolche Beſchaffenheit des Blu -A 2tes /4Studenten-Kranckheitentes / da die Natur ie mehr und mehr Safft bekoͤmt und munterer wird; Indem des Blutes Eigenſchafften einander nicht hindern und verder - ben / ſondern es ſtehet alles in einer loͤblichen Gleichheit uñ Maaſe. Da - hero ſo bald ſolche Juͤnglinge aus ihrer Eltern und Lehrmeiſter Bothmaͤßigkeit oder Sorge kom - men / werden ſie von denen Wolluͤ - ſten des bluͤhenden Alters ſo ange - fuͤllet und eingenommen / daß ſie von einen Exceß in den andern fal - len. (d)Ant. Le Grand Inſt. Philoſ. P. VIII. c. IX. p. 620.Weswegen ſie denn in ſolchem Tob-Alter in vielfaͤltige Kranckheiten gerathen / und wundert mich / warum Hippocrates ſolche nicht beſchrieben / deſſen Urſach aber der ſeelige Rolfink anfuͤhret. (e)Meth. med. ſpecial. l. 2. S. 3. c. 34. p. 96. & cap. 35. p. 97.Kommen ſie nun gar in die muͤndige Jahre / Juventus genannt / da Blut und Geiſt alard, die natuͤrliche Waͤrme aufgemuntert und die Lebens -und5und derer Curen. und Seelen-Geiſter in eine groͤſſere acti - vitaͤt gebracht / da treibt ſie die vernunfft - loſe Natur / zumahlen durch Muͤßiggang zu laſciven und ſchandbaren Sachen / die Leib und Seel zugleich begraben / (venus enim quaſi animæ funus.) Und das iſt bey den meiſten der verdammli - che Anfang zum gaͤntzlichen Untergang des Gluͤckes / Geſundheit Leibes und der Seelen / da der nagende Wurm des Gewiſſens biß auf das Tod-Bette na - get und quaͤlet. Darbey aber bleibt es noch nicht / ſondern da bedienet man ſich der Licenz Freyerin den Tag hinein zu leben ohne Gebrauch ſeiner Vernunfft / welches ich aber nicht von den rechten ſtudioſis wil geſagt haben; Denn ob ſie gleich ſind ſtudioſi libertatis & hilari - tatis, ſo ſind ſie doch auch ſtudioſi hone - ſtatis & modeſtiæ, wohl wiſſende fuͤr an - dern / daß die Erbar - und Schamhaftig - keit ein wahres Kleinod und Kennzei - chen ſey der Weißheit nach dem Lipſio, der da ſaget: O ornamentum juven - tutis pudor, Seges veræ gloriæ & doctri - næ, O herrlicher Schmuck der Ju -A 3gend /6Studenten-Kranckheitengend / Erbarkeit / du biſt die Saat / des wahren Ruhms und Gelehr - ſamkeit. (f)Cent. ſing. ad Ital. & Hiſp. ep. 10.Klaget aber auch zugleich uͤber dero raritaͤt heutiges Tages / wenn er ſpricht: Ejusmodi adolefcentum co - pia rara eſt, qui cum literis modeſtiam ſo - ciant & virtutem, dergleichen jungen Geſellen giebt es nicht viel / welche bey ihrem ſtudiren ſich zugleich der Tugend und Beſcheidenheit befleiſ - ſigen.
BEy ſolchem Alter ſage ich / laſſen ſie denen Luͤſten und Begierden den Zuͤgel allzuſehr / als welche doch ihre Toden-Traͤger ſeyn / und ſie in das aͤuſerſte Verderben ſtuͤrtzen vor der Zeit. Solcher Jugend Laſter nun benennet der ſeel. und hocherleuchtete geiſtreiche D. Heinrich Muͤller(g)Evangeliſchen Hertzens-Spie - gel. Domin. XVI. p. 566. fuͤr -nemlich7und derer Curennemlich ſechs. Die Juͤngling / ſagt er / haben wohl zu mercken / wenn ſie ihr Le - ben friſten wollen / daß ihre Toden-Traͤ - ger fein ſtille ſtehen. Denn ſechs To - den-Traͤger finden ſich / die manchen Juͤngling zum Grabe tragen. Der erſte heiſet Trunckenheit. Wie mancher ſaͤufft ſich zu tode? Die Saat ver - dirbet ja / wenn ſie uͤberſchwemmet iſt. Ein Lichtlein gehet aus / wenn du viel Feuchtigkeit zuſchuͤtteſt. Groſſe Fluthen koͤnnen Schiffe ver - ſencken und ſtarcke Truͤncke das Le - ben verderben / wiltu lang leben Juͤngling / ſo hoͤre auf zu ſauffen. Dieſem geben Beyfall mehr geiſtlich und weltliche Scribenten. Sie ma - chet unſinnig. Daher Pythagoras die Trunckenheit inſaniæ meditationem, eine mit Fleiß geſuchte Raſerey ge - nennet. Stobeus meinet / daß / gleich wie die alten Leute / alſo auch die trunckene zweymahl Kinder wuͤr - den. Chryſoſtomus heiſet ſie eine Ver - kehrung der Vernunfft / nach dem Vers:
A 4Vina8Studenten-KranckheitenDer Wein beſchweret das Hertz / und machet tolle Menſchen. Daß ſolches wahr ſey / hat erfahren der ſtetige Saͤuffer Zeno, welchen ſeine Ge - mahlin die Ariadne aus Verdruß leben - dig begraben laſſen. (h)ap. Cedrenum p. 291. Zonaram T. 3. p. 126. Wagner. Inſt. hiſt. l. 7. p. 501.Dahin deutet auch der Heyde Seneca ſagende: Ein Trunckenbold weiß nicht / was er thut. Dieſem ſtimmet bey Horatius:(i)Sermon. l. 2. Sat. 2.
Ein beſoffener Leib ſchwaͤchet ſei - nen Verſtand / und brmget ſich um die Seel. und der Poët Stenelius:
Durch die Trunckenheit werden auch die Kluͤgſten zu Narren. Sie9und derer Curen. Sie iſt der Seelen Gifft; dahero Dona - ver geſagt:
So groſſen Schaden der Seelen die Trunckenheit bringet / de - ſto nuͤtzlicher iſt ihr die guͤlde - ne Maͤßigkeit. Man ſchlage doch ohnbeſchwert auf die Tomos Lutheri,(k)Tom. 3. Jen. p. 224. Da wird ſie ſcheuß - lich genug abgebildet. Da heiſt es ja: Wein ein / Himmel aus / und alſo die Seligkeit verlohren / wie dort ſtehet: Ein Trunckenbold ſol das Reich GOt - tes nicht ſehen / ſondern eine nuͤchte - re Seele iſt darzu geſchickter. Da - hero:
Das iſt / Halte dich from gegen GOtt / nuͤchtern gegen dich ſelb - ſten / gerecht gegen iederman:A 5dieſe10Studenten-Kranckheitendieſe drey Stuͤck bringen dich gen Himmel an. In der Trunckenheit werden die beſten Freunde / die groͤſten Feinde. Hat denn nicht Alexander Magnus in derſelben ſeinen beſten Freund den Clytum er - mordet? (l)Curt. l. 8. c. i. in fin. Es werden in derſelben die groͤſten Suͤnden begangen / wie ſol - thes Auguſtinus, Lutherus und Hiero - nymus hin und her mit mehrern dar - thun. Sie iſt ein Zunder der Wolluſt und Geilheit. verurſachet Kranckhei - ten des Leibes / als incurable Schlag - Fluͤſſe /(m)Spon. a - phor. Hipp. p. 70. vermehret die Gallenſucht / cholera genannt /(n)Id. d. l. p. 94. machet ſchwache und zitternde Glieder. (o)Id. d. l. p. 250.Dieſe und der - gleichen mehr faſſet Seneca zuſammen /(p)Ep. 96. ſagende: Ex ebrietate pallor, & mem - brorum vino madentium tremor & mi - ſerabilior ex cruditatibus, quàm ex fame macies; inde incerti labantium pedes, & ſemper, qualis in ipſa ebrietate titubatio; inde in totam cutem tumor admiſſus di -ſten -11und derer Curen. ſtentusque venter, dum malè aſſueſcit plus capere, quàm poterat; inde effuſio luridæ bilis & decolor vultus tabesque in ſe putreſcentium, & retorti digiti arti - culis obrigeſcentibus, nervorum ſine ſenſu jacentium torpor, aut palpitatio ſi - ne intermiſſione vibrantium. Quid ca - pitis vertiginem dicam? quid oculorum auriumque tormenta, & cerebri æſtuantis verminationes, & omnia, per quæ exone - rantur internis ulceribus affecta? Innume - rabilia præterea febrium genera, aliarum impetu ſævientiũ, aliarum tenui peſte re - pentium, aliarum cum horrore & multa membrorum quaſſatione venientiũ? quid alios referam innumerabiles morbos, ſupplicia luxuriæ. Das iſt / Aus der Trunckenheit entſtehet Blaßheit / Zittern der Glieder / und eine er - barmens wuͤrdige Traͤgheit oder Schwindſucht als aus dem Hunger; Daher wollen die Beine nicht mehr ſtehen / und wancken immer von ei - ner Seiten zu der andern als wie in der Trunckenheit ſelbſt. Daher tritt die Schwulſt zwiſchen den gantzen Leib / der Wanſt ſchwilletA 6auf /12Studenten-Kranckheitenauf / indem er gewohnen muß mehr in ſich zu nehmen / als er vertragen kan; bald uͤberſchuͤttet ſich in das Blut die verderbte Gall und ver - ſtellet das Angeſicht mit ſcheußli - cher Farb / die Backen fallen ein und ſchwinden / die Finger werden ſtarr und ſteiff ohne Empfindung. Was ſoll ich von dem Haupt Schwindel ſagen? oder von der Augen und Ohren Pein / von dem wuͤtenden Kopff-Schmertzen / von allen in - nerlichen und aͤuſſerlichen ſtincken - den Geſchwaͤren? Was ſol ich re - den von denen unzehlich vielen Ar - ten der Fieber / deren einige mit un - geſtuͤmm und wuͤtend anfallen / ei - nige mit ihren Gifft wie eine Peſt nach dem Hertzen graſen / einige die mit Schautern und grauſamen Zer - ſchuͤttern einher treten? Was ſol ich erzehlen von vielen andern un - zehlichen Kranckheiten / die zur Straffe und Quaal denen Saͤuffer und Schlemmern geſetzet ſind. Noch deuticher erzehlet ſolche Dolæ -us13und derer Curen. us(q)Encyclop. med. p. 244. alſo: Eorum quæ dico, ex oli - do ganeonum prege documentum ſumi - te, qui hordeaceo vernaculi liquoris potu in popinis ſe ſaginant, quàm illi fœdam ex impuriſſimo corpore animam exha - lant, quàm inquieto turbulentoque ſpiri - tu aguntur, quanta in ingeniis hebetudo, in ſenſibus ſtupor, in membris languor, quanta cerebri inundatio? Ut enim, quando terra largiori perfuſa imbre hu - mecto: tur, lintea chartæque flacceſcunt, palades & cloacæ fœdam anlmam ha - lant; italiquefactis diffuſisque toto cor - pore potulentis, pectora & fauces catar - rhis obſidentur, tinniunt aures, lippiunt o - culi, pulmones tuſſi, caput vertigine ten - tatur, nervi muſculique fluxu humorum lubrici podagricis doloribus infeſtantur, quæ omnia effectus ſunt largionis poculi. Hinc optimè Crato bibones Catarrhoſos vocat. Das iſt / Derjenigen Din - ge / davon ich ietzo rede / nehmet ein Denckmahl von der ſtinckenden Heerde der Saͤuffer und Schlem - mer; Was fuͤr einen Geſtanck dieA 7jeni -14Studenten-Kranckheitenjenigen aus dem Munde von ſich blaſen / welche ſich auf denen Bier - Baͤncken von dem Bier ſo voll ſauf - fen oder maͤſten / mit was fuͤr einen unruhigen und Bolder-Geiſt ſie ge - trieben werden / was fuͤr eine Schwachheit des Verſtandes / Un - empfindlichkeit in ihren Sinnen / Traͤgheit in denen Gliedern / was fuͤr eine Uberſchwemmung des Ge - hirnes ſie davon tragen? Denn gleich wie der Erdboden von ſtar - cken Platz-Regen durchfeuchtet / alles leinen Zeug und Papier welck und ſchlapp / alle Pfuͤtzen und Secreta oder heimliche Gemaͤcher ſtinckend werden; Alſo wenn das uͤberfluͤßi - ge Sauffen den gantzen Leib einge - nommen und uͤberſchwemmet / da fallen die harten und ſtarcken Fluͤſſe auf die Bruſt und in den Halß / die Ohren klingen / die Augen trieffen / die Lungen wird von Huſten / das Haupt vom Schwindel geplaget / die Spann-Ader und moͤrſigte Fleiſch werden durch ſtetigen An -fluß15und derer Curen. fluß der Feuchtigkeit ſchlipfferig uñ weichlich und endlich ſchlaͤgt dar zu das Zipperlein und deſſen Pein / wel - ches alles das uͤberfluͤßige ſauffen verurſachet. Dannenhero nen - net gar fein der beruͤhmte Crato ſol - che Saͤuffer fluͤßige Leute. Sie beraubet alſo vor der Zeit den Verſtand und machet noch darzu blind /
Das uͤberfluͤßige Sauffen dempffet den Appetit / und ſchwaͤchet den Magen / ver - kuͤrtzet das Leben /(s)Macrob. Santur - nal. l. 7. c. 7. bringet allerhand Unheil mit ſich /(t)Moronus Dire - ctor. Med. p. 130. Walther. Sylv. med. p. 505. Harsdorf. Luſt u. Lehr - reich. Geſch. cent. 2. N. 63. p. 182. Dietrich. Jatr. Hippocr. p. 1039. ſq. fuͤr allen aber bringet es die Schwind - und Waſſerſucht. Die - ſer groſſe Schade ſoll billich einem Chri - ſten / zumahlen einen jungen Menſchen von der leidigen Sauff-Sucht abſchre - cken. Wem zu rathen iſt / dem ſtehetauch16Studenten-Kranckheitenauch zu helffen. Cyrus war ein junger Printz von ohngefehr 12. Jahren / und wuſte mehr / was der Wein in ſich hat - te /(u)Xenephon l. 1. pæd. Cyri. p. 27. als wohlkein alter 20. oder 30. jaͤh - riger Kerl wiſſen wil / biß er es endlich mit ſeinen eigenen Schaden erfaͤhret.
DEr andere Toden-Traͤger heiſt Unzucht und Geilheit. Die iſt ja ein Feuer in den Beinen. Wie das Feuer am Stroh und Holtz / ſo friſt die Geile Luſt am Coͤrper / biß ſie ihn gantz verzehret. Wie mancher hat ſich zu rode ge - huret? Wiltu lang leben Juͤngling / ſo meide die Unzucht und Hurery. Hier fallen mir am allererſten ein die ſchreckliche Donner-Wort / daß ein Hu - rer nicht ſol das Reich GOttes ſchauen. Eſt animi ſomnus mors animæque venus, Der Schlaff iſt ein Tod des Ge - muͤthes / die Unzucht aber ein Tod der Seelen. Gleich17und derer Kranckheiten. Gleich wie die ewige Straffe der Hure - rey iſt das Verdamnuͤß / alſo iſt die zeit - liche Straffe offt ein grauſamer Tod. Eine ſchreckliche Hiſtorie des Alva[ri]A - thaidis, eines jungen von Adel[er]zehlet D. Geierus(vv)Zeu und Ewigkeit P. 2. p. 564 und noch eine[ſ]chreckli - chere / dazwey ſchwartze Hande einen ruchloſen Hurer zerriſſen / fuͤhret allen zum Exempel an Torquemada, und aus dieſem D. Pfeiffer /(x)Evangeliſche Erquickſt. p. 652. ſq. welche daſelbſt nach zuleſen wuͤrdig ſeyn. Es iſt die Hureꝛey auch dem Leibe ein hoͤchſt ſchaͤd - lich Ding / und heiſſet medulliſorba, weil ſie das Marck im Leibe verzehret. Si[e]iſt eine fruchtbare Mutter der groͤſten Kranckheiten / welche die Autores hin und her anfuͤhren /(y)de quibus Sebiz. Pathol. Tom. I. p. 132. Garmann. de mirac. morb. §. 10. p. 51. Borellus cent. 4. obſ. 17. Sal - muth. L. 1. obſ. 81. Ari[ſto]t. l. 1. de generat. animal. c. 19. Mi[leſ]ſius (de quo Hollerius, Comment. S. [4]. aph. 71. & in ſchol. prax. ad caput[d]e und die ſolchernach -18Studenten-Kranckheitennachhaͤngen / werden groß Hertzeleid ha - ben. Sie verurſachet einen boͤſen ſchnellen Tod durch Schlag-Fluͤſſe / ver[ur]ſachet die boͤſe Noth / ſchwaͤchet den[Ve]rſtand und Gedaͤchtnuͤß / machet blinde und ſchwache Augen. (z)Barbatur p. 60. 62. & ex hoc Am - mannus Paræn. ad diſcent. p. 47.Die Geilheit l[oͤ]ſchet nicht allein aus das hel - le Licht des Verſtandes / (daher auch Plutarchus von dem Marco Antonio, der ſich in die ſchoͤne Cleopatræ vergeilet / ſaget: Daß ſeine Vernunfft und Sin - nen in ihme erſtorben / nur daß er in dem Leib ſeiner Geliebten leben moͤge) Sondern auch die Kraͤffte des Leibes gehen dadurch hin. Daß die verdam̃ - liche Hurerey Blindheit verurſache / hat erfahren der geile und an der Seelen[b]linde Theothymus, welcher lieber ſein[ſ]chwaches Geſicht durch thoͤrichte und[v]erdammliche Luſt verlieren / als durch keuſche Continenz erhalten wolte / ſagen - de: Vale amicum lumen, gute Nachtihr(y)ſan[g]uinis mictu) Collutius Tra - cat. de querel. nephrit. &c. 19und derer Curen. ihr lieben Aeugelein! (1)Ambroſ. L. 4. in Lucam c. 17. & ex hoc D. Geierus Allgegenwart GOttes XIV. Andacht p. m. 239.Dieſe Thor - heit koͤmmt mir eben vor / als was der Poët ſaget von dem blind voll ſauffen:
das iſt / Es iſt viel anmuthiger daß ich meine Augen mit ſauffen ver - derbe / als daß ich ſie denen Wuͤrmern auszufreſſen erhal - te.
Das iſt noch nicht genug / ſondern ſie bringet die hecticam, den Scharbock / das Zittern der Glieder / die Lendenſucht (tabem dorſalem,) mit einem Wo[r]t / die Frantzoſen / die abſcheuliche Seuche / welche der Hurerey rechter und verdien - ter Lohn iſt. Denen Huren werden Motten zu Lohn; daß kein Friede im Gebeine bleibet. Derowegen O naͤr - riſcher Menſch / wiltu deine Suͤnden ſo theuer kauffen? wenn der verlieret / der da gewinnet / wie wird es dem ergehen /der20Studenten Kranckheitender verlieret / L’a amorée ungivoco, duœ chi guadagna perde. Darum dem wilden Meer und verdaͤchtigen Jung - frauen ſol kein verſtaͤndiger Menſch trauen. O verdamte Liebe / der du Leib und Seele toͤdeſt! von vornen ſuͤß / hinten nach Gallen bitter /
‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ VoluptasVenturo præſens empta dolore nocet.Principium dulce eſt, at finis Amoris ama -rus,Læta venire Venus, triſtis abire ſolet.
Sol ich noch mehr ſagen / ſie machet ei - nen weichen ungeſunden Leib /(2)Fr. Hoffm. fundam. med. p. 182. Sponius Aphor. Hippocr. p. 284. ver - zehret das Fett und Fleiſch / und machet unſcheinbar an Waaden und Lenden / wohl dem der ſie meiden kan!
DEr Dritte Toden-Traͤger heiſt Zorn. Was ſiehet man an einem zornigen anders /als21und derer Curen. als Todes Zeichen? die Augen ſind feurig / die Backẽ ſind mit toͤdlicher Farb bedecket / der Mund ſtam̃let / das Hertz im Leibe puffet / die Fuͤſſe ſtraucheln. Sind lauter Todes Zei - chen Zorn iſt ein Eyter in den Ge - beinen / und toͤdet vor der zeit. Wil - tu lang leben Juͤngling / ſo hoͤre auf zu zuͤrnen. Es geben einige vor / der Zorn ſey denen kalten und feuchten Na - turen eine Artzeney / weil dadurch die Traͤgheit der Geiſter vertrieben / und die ſehwache Corculation des Gebluͤts geſtaͤrcket wuͤrde /(3)Excell. Wedel. Theorem. aureis p. 148. Hippocr. 2. Epid. 4. l. 24. ſo iſt ſolches doch mehr æquivocè als univocè zuverſtehen / und laͤſt ſich nicht alle mahl darauff wagen. Daß er aber dem weibl. Ge - ſchlecht nicht allemahl ſchadet / iſt die Uꝛſach / weil die meiſten mit Woꝛten und haͤuffigen Thraͤnen uͤber angethanes Unrecht ſich verantworten und alſo den Gifft von ſich ſtoſſen. Solte ich wohl irren / wann ich den Zorn ein Gifft nen - nete ſui generis? Es haben ja ſchon dieAlten22Studenten-KranckheitenAlten geſagt: der Menſch iſt gifftig; das iſt / zornig. Der Zorn iſt eine heftige Auf - wallung (ὀργασμὸς) des Gebluͤts / da die Seele durch ihre Geiſter als mit ihrer Leib-quart ihr angethanes Unrecht will raͤchen / als denn fallen ſie mit Un - geſtuͤm das Blut an / und ſolches ge - ſehicht am allermeiſten in den Hertzen / dahero eine ſolche Spasmodica contra - ctio oder ſtarcke Zuſammenziehung in dem Hertzen und Pulß-Adern entſte - het / darauff folget ein ſtarcker Pulß und nothwendig eine hefftigere Circulation. Wo nun ein Uberfluß gallichter und anderer Theile in dem Blut iſt / (wie zu foͤrderſt in den Choleriſchen und Me - lancholiſchen Naturen) da entſtehet alſo bald eine groſſe Hitze u. Streit mit denen andern Theiligen des Gebluͤts / (derer ſehr viel ſeyn /) und alſo eine efferrescent und Aufkochung / dadurch die Gall geſchaͤrffet und aus ihrer Ord - nung gebracht wird / faͤnget eine fluͤchti - ge Saͤure / nach Art anderer gifftigen Eigenſchafften; und daher koͤmts / daß / mancher zornige Menſch wie ein Ra -ſender /23und derer Curen. ſender / wie ihn der H. Bernhardus alſo abbildet.
Will man noch nicht glauben / daß der Zorn ein Gifft ſey / ſo leſe man doch / was der Welt beruͤhmte D. Dolæus(6)d. l. de mania p. m. 69. ſchreibet / mit welchen Worten erwei - ſet / wie die Gall koͤnne zu Gifft werden / darnach auch anfuͤhret zwey Exempel / da zornige Weibs-Bilder durch beiſ - ſen einem andern die Tobſucht angehen - cket / ſeine Worte heiſſen auf teutſch alſo: Alſo wiſſen wir / wie durch beiſſen aus Zorn eines andern die Tobſucht und eine unheilbahre Wunde ei - nem Bauer von Hadamar ange -hen -24Studenten-Kranckheitenhenget worden; denn die Gall offt eine Urſach iſt der Tollheit der Menſchen / nemlich wo ſie fluͤchti - ger / und durch Zorn geſcherffter wird (als durch eine ſubtile fluͤchti - ge Saͤure) ſich zu denen Seelen Gei - ſtern machet. Deñ man kan warne - men / daß zornige Menſchen an ei - nen gewiſſen Ort nicht bleiben / werden erhitzet / zerſchuͤttelt / und wo ſie mit den Zaͤhnen beiſſen ſollẽ / wohl etwas gifftiges beybringen koͤntẽ. So hat auch D. Etthmüllerus faſt dergleichen obſervirt und aufgezeichnet / daß zu Torgau eine raſende Frau den Land-Knecht gebiſſen / davon Er auch toll und raſend worden(7)Diſp. de mors. viperar. Und was noch mehr und nachdencklicher iſt / ſo erzehlet Matth. Quaden.(8)Enchirid. Cosmogr. Europ. Er - ſtern Theil. c. X. p. 20. Münſterus & ex hoc Hildebr. l. 1. mag. Nat. P. III. daß wenn in der Inſul Creta ein Frauens Perſon einen Menſchen beiſet oder nur kratzet / ſo muͤſte er davon ſterben / wegen ihresGifftes25und derer Curen. Gifftes / den ſie bey ſich haben. Iſt wahrhafftig was groſſes. Daß das Frauen Zimmer zwar ein wenig zornig ſey / bringet dero zarte Natur mit ſich / (Mulier enim quaſi mollier.) Bey uns ſind ſie eben nicht ſo gifftig / (magis ta - men & minus non variant ſpecie;) ſon - ſten wuͤrde mancher zu kurtz kommen.
Dieſer Gifft des Zorns verzehret das Marck im Beinen / machet den Leib un - geſund / die Geſtalt ſcheußlich und zu al - lem Kranckheiten faͤhig. Dieſer Gifft iſt aͤrger als die Peſt. Nichts kan innerlicher und geſchwinder unſer Gebluͤt veraͤndern und deſſen Ver - miſchung zertrennen und einen un - gleichen Umlauff verurſachen / als e - ben der Zorn. (9)Fr. Hoffm. Fundam. med. p. 73. ſq. Der ſchleinige Zorn ziehet Hertz und Lungen zu - ſammen; und treibet die Hitze und Feuchtigkeit nach dem Haupt zu. Hingegen die Sanfftmuth oder Ruhe des Gemuͤths erweitert das Hertz und giebt ihm Lufft. (10)Hippocr. apud Spon. p. 290.Je -Bnem26Studenten-Kranckheitennem Erhitzeten muſte die Ader vor Zorn zerſpringen / damit nur das wallende Blut nicht gar dz Hertz erſtickete. (11)Hœferus Herc. med. l. 2. c. 1. p. 51. Ca - met. Syllog. memor. cent. 10. p. 51.Er verurſachet toͤdliches Hertz-Klopffen. (12)Timæus l. 2. c. 16. p. 104.Viel ſind im Zorn dem Tode und zugleich der Hoͤllen in den Rachen ge - fallen. (13)Id Reſpon. med. 36. p. 96. Velſch. obſ. med, Epiſagmat. obſ. 35. Cametar. d l. p. 52. Hildan. oper. f. 643. & 958.Andern iſt das zornige Blut mit dem Urin ausgebrochen und zwar mit groſſer Gefahr. (14)Jac. Wolff. diſp. inaugur. de mict. cruent. §. 30. ſq. Smet. miſc. med. p. 563.Ja er bringet die unertraͤglichen Schmertzen des leidigen Zipperleins / welches denen genug zuthun machet / bey welchen es eingekehret.
DEn vierten und fuͤnften Toden - Traͤger gehen wir vorbey / weil ſie nicht zu unſern Zweck dienen. Der ſechſte und letzte Toden-Traͤ -ger27und derer Curen. ger aber heiſſet Muͤßiggang / der den Menſchen bey lebendigem Lei - be vergraͤbet. Druͤm Juͤngling wiltu lang leben / ſo meide den Muͤſ - ſiggang. So weit redet der ſeelige Herr D. Muͤller. Muͤßiggang machet einen ſtinckenden Leib und verfaultes Gebluͤt / wie der Poët ſelbſten ſpricht:
Was iſt es wohl / das / gleich wie ein heimlicher Holtz Wurm das Holtz / alſo auch unſer Hertz abfriſſet und verzehret? der Muͤßiggang. Was machet wohl ſo einen ſchwa - chen und weichlichen Leib? der Muͤßiggang. Der Maßholder - Baum liebet den Bach / der Pap - pel-Baum ſtehet gern an Waſſern / der Froſch iſt gern auf dem Lande / aber die Geilheit liebet den Muͤßig - gang. Man haͤlt dahero recht da - fuͤr / daß der Verſtand des Men - ſchen / als des groſſen GoͤttlichenB 2Wun -28Studenten-KranckheitenWunderwercks und der kleinen Welt durch Muͤßiggang gleichſam wurmſtichelich werde und veralte - re / ja daß dadurch auch der gantze Leib verderbet werde.
Durch Muͤßiggang werden die fau - len Duͤnſte und Feuchtigkeiten vermeh - ret / der Leib und die Geiſter werden ge - ſchwaͤchet. Darum heiſt es billich:(16)Secundum Roſſinc. meth. med. Spec. præf ad lector. in principio. Deſidiæ torpentis abortus eſt incuria, & prurientis ingenii morbus, das iſt / der ſtinckenden Faulheit unzeitige Ge - burt iſt die Unachtſamkeit / und eine Kranckheit des Verſtandes und Nachſinnens.
Wer ſiehet nun nicht / woher es kom - me / daß die Jugend ihr maͤnnlich Alter kaum erreichen. Das macht das Freſ - ſen und Sauffen und das Wolluſt trei - ben bey guten Tagen in der Zeit der Ju - gend / da ſuͤndiget mancher ſchrecklich wieder ſeinen Schoͤpffer / und daruͤm muß er dem Artzt in die Haͤnde fallen. Wer da ſeinen Verſtand nicht brau -chet /29und derer Curen. chet / und ſeine Begierden nicht weiß zu baͤndigen / der wird weit zu kurtz und zu ſpaͤte kommen / denn da heiſt es:
Das iſt /
Ja es iſt gantz gewiß / wie man ſeine Ju - gend fuͤhret / ſo hat man ſich auch im Al - ter; Nam juventus ſternit totius reliquæ vitæ fundamentum, & nimis ſibi fidere, & licentiose vivere peccata juventutis ſunt in ſanitatem ordinaria, das iſt / die Jugend legt das Fundament aller anderer Lebens-Zeiten / und ihme gar zu viel trauen / und frey zu leben in den Tag hinein ſind eben ſolche Jugend Irthuͤme / die ordinair derB 3Ge -30Studenten-KranckheitenGeſundheit zuſetzen. Im Gegen - theil / wer ſeiner wohl wahrnimmt / dem wird ein geruhiges Alter / Gnade und Seegen von GOtt wiederfahren; Denn acta ætas honeſtè & ſplendidè tantam adfert ſolationem, ut eos, qui i - ta vixerint, aut non tangat ægritudo; aut leviter pungat animi dolor, das iſt / Ein erbar und wohl gefuͤhrtes Leben giebt einen ſolchen Troſt / daß die - jenigen / die alſo gelebet / entweder gar keine Kranckheit beruͤhrt / oder doch nur das Hertz den Schmertzen ein wenig empfindet. (18)Cicero 3. Tuſc. Ferner: Eſt quietè & placidè & eleganter actæ æ - tatis placida ac levis ſenectus, das iſt / Auf ein geruhiges / ſtilles und wohl - gefuͤhrtes Leben der Jugend folget ein ſanfftes und ertraͤgliches Alter. (19)Cato major. Es waͤre wohl zu wuͤnſchen / daß nur in Pariß allein / (als in der Wol - luſt und Suͤnden Stadt /) die verdam̃ - liche Gaſſe La de bouche genannt / (in welcher es bund und uͤbereck zugehet /) zu31und derer Curen. zu finden / aber Melanchthon ſchreyet ſehr auch uͤber die Teutſchen / wenn er ſaget: Ihr Teutſchen freſſet und ſauffet euch kranck / tod und in die Hoͤlle. Die Medici haben es wohl gut; Denn der Medicorum Saͤug - Amme ietziger Zeit iſt die Unmaͤſ - ſigkeit und der Krieg. Mit denen Patienten oder Schlemmern aber heiſt es: Sie machen ihnen einen ungeſun - den Leib / verkehren ihre Natur / und verſchwenden auſſer Noth - wendigkeit ihre Baarſchafft / und verkuͤrtzen ihnen das Leben und die Zeit. Aber es geſchicht ihnen recht / ſie moͤgens haben. Das beſte Mittel ſolchen abzuhelffen iſt ernſtliche Ver - meidung der Gelegenheit / und am aller - meiſten ein fleißiges Gebet / welches al - les vermag. Hier darff keiner einwen - den und ſagen / daß es auf Univerſitaͤ - ten nicht anders zugienge / man haͤtte zu viel Anlaß / und waͤre das Sprichwort ſchon was altes:
B 4Von32Studenten-KranckheitenWohl; alleine was kan der Ort dafuͤr? der iſt an und vor ſich unſchuldig / (ob auch gleich viel die Academien anfeinden und mit ſchlechten Tituln belegen / der - gleichen Weigelius gethan /(20)Poſtill. P. 1. p. 195. P. 2. p. 189. 293. P. 3. p. 9. &c. der ſie als boͤſe Verſammlungen gantz ver - worffen / welche angefuͤhrte argumen - ta und Loca billich zu leſen / und wer ſei - ne Poſtill nicht hat / kan aufſchlagen Herr D. Pfeiffers Evangel. Erquick - ſtunden in der Dedication. Ja es wil der ſeel. Herr D. Lutherus(21)Tom. 1. Jen. f. 311. art. 25. ad Nob. Get - mann. Tom. 2. f. 476. ſelbſt faſt etwas hart darwieder reden / ſagende: Wo die Univerſitaͤten nicht verbeſ - ſert wuͤrden / waͤre es ein Teuffeliſch Weſen / welches ich aber an ſeinen Ortlaſſe33und derer Curen. laſſe geſtellt ſeyn) ſondern der ſchaͤndliche Mißbrauch und Frevel / welcher gar zu ſehr im Schwange gehet / daruͤber viel herrliche Maͤnner(22)Lutherus l. 2. c. 3. N. 27. ſq. Vid. Moſcheroſch Viſ. 6. c. 1. p. 423. 494. ſq. ſchon laͤngſt ge - klaget / und bekraͤfftiget ſolches auch hoͤchſtgedachter D. Georg Franc(23)d. l. mit nachfolgenden Worten ſehr nach - dencklich: Venus, Murcia, Bacchus, Eris ſtudioſos in Academiis in Pericula præcipitant maxima illaque non ſatis deploranda, das iſt / die verdammte Hur / die Venus, die ſtinckende Goͤt - tin des Muͤßiggangs / der aufgebla - ſene Sauff-GOtt / und die blut be - gierige Zancks-Goͤttin ſtuͤrtzen die Studententen auf Univerſitaͤten in die groͤſte Gefahr / die nicht genug mit Thraͤnen zu beweinen ſind. O wer ſolches bey Zeiten bedaͤchte / duͤrffte hernach nicht zu ſpaͤt ruffen:
Das iſt / O wer doch wieder koͤnte die verlohrne Zeit gewinnen / daß er ſein Leben anders anſtellete!
BLeich wie die Zufaͤlle des Men - ſchen ſich aͤndern ratione ætatis wegen des Alters / deñ iedwedes Alter hat ſeine nachſtellende Kranckhei - ten; alſo geſchicht auch ſolches ratione vitæ generis, wegen unterſchiedener Art des Lebens / daß man insgemein ſaget: Studenten und Gelehrter Kranckheiten / Soldaten und Schiffer Kranckheiten / da eines iedweden Lebens-Art etwas beſonders beytraͤget. Studentẽ Stand / ein ſchwerer Stand / daher die meiſten wieder abſpringen / weil ſie deſſen Bit - terkeit nicht vertragen koͤnnen. Ich rede aber von ſolchen / die ſtudirens wegen einig und allein auf Univerſitaͤten zie - hen / und die Mittel zu ihrem Zweck ernſtlich ſuchen / in quorum pedibus plumbum potius, quam plumas, alasaut35und derer Curen. aut Mercurium currentem affixum de - prehendimus, quique ita ſtudiis & artibus liberalibus ſevera cura præſunt, das iſt / an dero Beinen mehr Bley als Fe - der / Fluͤgel oder lauffendes Queck ſil - ber anzutreffen / und welche alſo dem ſtudiren und freyen Kuͤnſten ernſtlich obliegen.
Solche haben Tag u. Nacht keine Ru - he noch Schlaff / arbeitẽ mit dem Kopff / Augen / Hertzen und Haͤnden / derglei - chẽ Exempel beym Pontano zufindẽ /(24)Attic. bellar. p. 297. laſſen ſich keine andere Dinge leicht ab - treiben / erwehlen das Sitzen mehr / als unnuͤtze Bewegungen / vergeſſen offt der Speiſe / Trancks und Wartung des Lei - bes / lieben Nuͤchterkeit biß zur Mahlzeit / maceriren ſich etwas rechtſchaffens zu - lernen ſo ſehr / daß oͤffters ſie einem blaſſen halbtoden mehr aͤhnlich werden / als einem geſunden / fliehen alle auch honnette converſation, leiden Kaͤlte und Froſt / wollen alſo lieber gelehrt / als geſund heiſſen / wie jener thoͤrigte Kauff - mann beym Selneccero lieber zeitlebensB 6kranck36Studenten-Kranckheitenkranck / als arm ſeyn wolte / muſte aber dennoch ſein groſſes Gut ohne Geniß mit Verdruß und in ſtetiger Kranck - heit anſehen. Solche pecciren in ihrer auch guten intention wieder ſich ſelb - ſten und zwar in defectu. Andere hin - gegen in exceſſu, zumahln in denen Exercitiis, als tantzen / fechten / reiten / ſpringen und ringen. It. welches wohl zu mercken / mit uͤberfluͤßigen Schlitten - fahren bey groſſer Kaͤlte / welches ſo ſchaͤdlich / daß wir billich mit ander Leut Schade und fruͤhzeitigen Tode ſol - ches meiden lernen uͤm Geld und Ge - ſundheit zu erſparen. Ferner mit kalten Baͤdern / ſtarcken Schmauſen / und am allermeiſten mit gar zu vielen lucubri - ren, welches ein Grobſchmied iſt aller oder doch der meiſten Studenten Kranckheiten. Weil nun an itzt gedachtẽ Fehlern das meiſte gelegen / ſo wollen wir iedwedes beſonders betrachten / was vor Unheil aus iedem tanquam ex equo Trojano entſpringen koͤn - ne.
WElche demnach ihren Leib ſo ge - ring achten / daß ſie ihm alle Unterhaltung abziehen / und der Natuͤrlichen Zuneigungen / und fuͤr allen des Schlaffs berauben / die thun wieder ſich ſelbſten. Die Natur laͤſt ſich nicht zwingen ohne groſſe altera - tion und einigẽ Verluſt / Natura non eſt depauperanda ſuo genio, niſi quis illam deſtruere velit, das iſt / die Natur be - haͤlt ihre Gewohnheit und laͤſt ſich davon nicht ohne Verlierung der Geſundheit bringen. Und quod caret alterna requie, durabile non eſt, was nicht ſeine ordentliche Ruhe hat / das dauret nicht lang.
Das iſt /
Wie kan doch der jenige geſund ſeyn / der ihm des Lebens beſte Nahrung ent - ziehet? der Schlaff iſt die beſte inner - liche Staͤrckung / welches wir ſehen bey den Patientẽ / die lang nicht geſchlaf - fen / was fuͤr Perlen Krafft empfinden ſie doch dahero. Vor des Schlaffes Nothwendig und Nutzbarkeit waͤre viel zuſagen / wo es nicht ieden ſchon bekannt waͤre / doch weiſe ich / wer ein mehrers verlanget / an den Sebizium. (25)Pathol. Tom. 2. p. 354.Es wollen einige gar / daß unſer Leben von dem Schlaff heruͤhre /(26)Magirus Phyſ. p. 377. §. 5. welches von den maͤßigen natuͤrlichen Schlaff wohl kan geſaget werden. Denn mit ſei - ner Anmuͤthigkeit ſchmeichelt er gleich - ſam unſern Geiſtern / und deßwegen iſt nichts ſuͤſſers als der Schlaff / wie ſol - ches auch der Poet lehret:
Das iſt /
Er iſt das beſte ſpecificum in allen Kranckheiten / Somnus eſt arcanum in Medicina ſupra omnes gemmas & la - pides pretioſos, & medicus eſt magnifa - ciendus, qui Naturæ egenti commode applicare poteſt ſomniferum, das iſt / der Schlaff iſt eine geheime Ar - zeney uͤber alle Edelſteine zuſchaͤ - tzen / und der Medicus iſt hoch zuach - ten / der der ſchwachen Natur fuͤg - lich kan eine Ruhe machen.(27)Crollius Baſ. chym. p. 305. der Schlaff iſt das Band / der die Kraͤffte der Seelen bindet. Das ſie vereiniget bleiben und nicht ſo leicht zerſtreuet werden. Er leget dem leibe Nahrungan40Studenten-Kranckheitenan und maͤſtet ihn(28)Sponius d. l. p. 283. dieſes kan ich mit einem Exempel erweiſſen / denn als 1690 zu Leipzig ein Studioſus, der dem ſtudiren zu ſehr ergeben war / und den Schlaff nicht achtete / und ob Er gleich zuvor wohl ausgefuͤllt / ſtarck und fett geweſen / ward er doch ſo mager und hager / daß ihn iedermann fuͤr einen hecticum hielte / er auch gantz malat nach und nach ſich befunde / welchen aber keine obgleich beſte Staͤrckungen und analeptica helffen wolten / ſondern durch recommendirung gnugſam Schlaffes iſt er wieder dick / fett und ſtarck geworden / der mir es noch dieſe Stunde dancket.
Wer erkennet nun nicht hieraus des Schlaffes Krafft und Eigenſchafft? Es entſtehet derſelbe von gelinder Feuch - tigkeit / welches wir ſehen an denen phlegmatiſchen Naturen / wo nun ſol - che durch ſtetiges Wachen verzehret und vertrucknet wird (vigiliæ enim exſic - cant,) da muß nothwendig der Schlaff weichen / und der Leib geſchwaͤchet wer -den41und derer Curen. den. Noch uͤbler aber thun die jeni - gen / welche gern ſchlaffen wolten / auch darzu geneigt ſeyn / und brechen doch denſelben ab / werden bald des Schlaf - fes Bruder und Geſellen werden. Man ſiehet es ja ſchon an denẽ / die nicht ausgeſchlaffen / wie ſie ſich denſelben Tag anſtellen. Bedarff alſo keines weitern erweiſens.
DAs uͤbrige Wachen verzehret alle Feuchtigkeit / und trucknet den Leib aus / es verhindert die Kochung / nach Hippocratis Meinung /(29)De Diæta in acut. de quo Spon. d. l. p. 279. die alſo heiſt: Vehemens vigilia po - tus cibosque tum crudos tum incoctiores reddit, das iſt / ſtarckes Wachen laͤſt Speiß und Tranck ſo wohl roh als auch ungekocht liegen. Es machet den Leib hager / wie aus den vorher - gehenden Exempel zu erſehen / darausentſtehet42Studenten-Kranckheitenentſtehet endlich die Schwindſucht / nach Weiſſagung des Poëten(30)Ovid. l. 1. de art. am. 737.
Attenuant juvenum vigiles mox corpo - ra noctes Nachtwachen macht junge Leute hager.
Verzehret alle Kraͤfften / alle ßhlicht und fette Theile des Leibes / dar - auf folget ein ſtarckes Abnehmen Ma - raſmus genannt / deß wegen nennet auch Hippocrates Vigilias voraces. Helmon - tius hat obſerviret / daß einer durch uͤber - fluͤßiges ſtudiren und meditiren kurtz athemicht worden / welches faſt bey den meiſten Gelehrten zufinden. Es ver - urſachet Melancholey / und deswegen werden die Vigiliæ genennet deliriorum mater oder eine Mutter der Raſe - rey /(31)Wedel. Theorem. p. 167. wie man dergleichen Exempel zur Gnuͤge hat. Es verurſachet Fieber / Fluͤſſe / Verſtopffung des Leibes / zufoͤr - derſt aber vaſorum meſaraicorum oder der Milch und Gekroͤß aͤdrigen. (we -gen43und derer Curen. gen Mangelung der Feuchtigkeit /) Kraͤtze / (welche Studenten-Bluͤmlein ad differentiam genennet werden.) De - rowegen der Schlaff billich Koͤnig - licher Ehre wuͤrdig zuſchaͤtzen. (32)Pontanus d. l p. 247.
NIcht minder verurſachet auch Kranckheiten bey Studirenden der uͤberfluͤßige und unzeitige Schlaff / welcher an ſich ſchon eine Ab - bildung des Todes iſt(33)Pfeiffer d. l. p. 779. ſq. durch dieſen werden alle Feuchtigkeiten des Leibes vermehret / und wenn ſie nicht beweget werden / faul und traͤg / die Geiſter un - terdruͤcket und gedaͤmpfft / unrein und truͤb / der Leib ſiech und kranck / das Gehirn kalt und feucht / der Kopff dumm / der Verſtand ſchwach / das Ge - daͤchtnuͤß und judicium vergehet / die Schaͤrffe der Sinnen verliert ſich /Kopff -44Studenten-KranckheitenKopffweh / truͤbe und bloͤde Augen / Schwachheit des appetits, eine Caco - chymie und endlich ſtelt ſich ein die Waſſer und Schwindſucht / das Ge - ſicht ſcheint zerdunſtet / Lungen und Le - ber werden anbruͤchig und ſterben ſolche Schlaffſuͤchtige vor der Zeit ent - weder ploͤtzlich an den Schlagfluß oder faulen Fiebern. Ja alles was ſie eſſen oder trincken / das wird zur Faͤulung / und alſo der Zunder zum Boͤſen ſtaͤr - cker.
DAs ſtetige ſitzen bringet die mei - ſten uͤm das Leben / machet ſtets ſiechende Leiber / (welches an dem Frauen Volck zu erſehen / die auch deßwegen ſtets bipen /) dadurch werden die Gekroͤß Adrigen verſtopffet / die Ge - daͤrm zuſammen gedruͤckt / die gedruͤckte u. gepreſte Gallen Blaſſe ſtoͤſt die Gall zur Unzeit und haͤuffiger aus / das Blut ſchieſt ſtaͤrcker in die Miltz / (welchesohne45und derer Curen. ohne diß ſehr viel Aedrigen hat und denen Verſtopffungen unterworffen iſt /) daſelbſt verſauret es und wird zach / daher kommẽ die Miltz-Beſchwerungẽ / Scharbock / Malum hypochondriacum &c.(34.)Horſt. de ſcorb. S. 2. §. 9. p. 23. Item. der Stein in Lenden und Nieren / ſchwartze gelbe Farb des An - geſichts. ja durch ſolch gebucktes ſi - tzen werdẽ die Gallen zufuͤhrende Gefaͤß verſtopffet / daß dieſelbe nicht kan recht von dem Blut ſepariret werden / ſon - dern wieder zuruͤck trit / Unruhe und groſſen Schaden verurſachet. Die Gall die zu der balſamiſchen Milch - machung in denen dinnen Gedaͤrmen dienen ſolt / ſchlaͤgt mit ſeiner ſauren Schaͤrffe den chylum und das beſte darnieder / daß an ſtatt deſſen eine lau - tere molckigte Waͤſſrigkeit in die Milch - Gefaͤſſe gehet / die nieder geſchlagne bal - ſamiſche Theile gerinnen zuſammen und faulen endlich. Was kan nun gutes oder ſonſt fuͤr Nahrung daraus entſtehen? Hoͤret doch was dort bey dem Plauto,(35)In Curcul. act, 2. p. m. 167. Palinurus der Knecht dem Cappa -doci46Studenten-Kranckheitendoci fuͤr ein gut Conſilium medicum giebet / (vieleicht hat es ihme die Ver - nunfft und eigene Erfahrung geleh - ret /) ſagende: Ambula & lieni optimum eſt, das iſt / gehe herum (und ſitze nicht zu viel) denn das iſt der Miltz zutraͤglich. Die Glieder Kranckheit folget gemeiniglich auf ſolch ſtetiges Sitzen / da es in denen Schuldern ziehet nicht anders / als wenn ein Seul mit einem Stein den Ruͤcken herunter haͤnge mit groſſer Verdruͤßlichkeit / da die Achſeln und Beine bald auf / bald nieder gezogen werden / wie ich ein artlich Exempel weiß an einem nu - mehro vornehmen Manne / welchem nichts als der Spiritus Tartari volatilis cum Spiritu Cornu Cervi rectif. durch mein Zureden geholffen / nebſt einer ſon - derlichen Thee von nervinis volati - liſchen balſamiſchen Kraͤutern. Andere oͤbel mehr zu geſchweigen. (36)de quibus videatur Rolfinc. meth. med. Spec. l. 2. S. 3. c. 5. p. 123.
WElche biß zur Mahlzeit nuͤch - tern bleiben / und doch darbey ſtarck ſtudiren / die wiſſen viel - leicht nicht / daß der Magen ſey ταμεῖ - ον τροϕῆς, cibi promptuarium eine Speiſe-Kammer / welche / wenn ſie leer / ſchlechten Troſt giebet / denen die ermuͤdet und hungerig ſeyn / und wo der Magen leidet / die gantze Natur mit leiden muß. Durch ſolches Fa - ſten wird das menſtruum ventriculi vo - racius, acidius & activius der Magen Schleim wird freßhaffter / ſauerer und ſtaͤrcker / ſo gar / daß ſie dar - nach einen ſtaͤrckern appetit bekommen zum Eſſen / und wenn ſie denn zu Tiſch kommen / da gehet es Rips Raps / qui capere poteſt, capiat; Aber wer nur auch in den Magen Zaͤhne haͤtte / wie der Krebs (welches artlich zu ſehen.) Iſt nun in der Eilfertigkeit ein Klumpen un - gekaͤuet hinter gefahren / er wird wohl ſo bleiben / und dem Magen zu thun genug machen / den vitium coctionis primæ non corrigitur in ſecunda nec tertia das iſt / was in der erſten Kochung verſaͤu -met48Studenten-Kranckheitenmet wird (nemlich in dem Kanen) das wird die andere oder dritte nicht verbeſſern / welches ich an ei - nem von meinem geweſenen Commen - ſali oder Tiſchburſch vor dieſen wahr genommen / welcher aber immer aus - geſehen / als ein Jud / auch fort und fort Verſtopffungen des Leibes und hartes Druͤcken uͤber dem Magen doch dar - bey ſtarcken aber ungeſunden appetit hatte. Es bringet das lange Nuͤchtern ſeyn denen Gelehrten auch Schaden / weil die Natur geſchwaͤchet wird und ſich ſelbſt verzehret / es verurſachet Schwindel / Schwachheit des Haupts und Hertzens / Hertzklopffen / Ohn - machten. Dahero iſt das Conſilium gut: Die leicht ohnmaͤchtig werden / ſollen nicht lang nuͤchtern bleiben. Es wird dadurch bey hitzigen Natu - ren die Gall ſchaͤrffer und das Gebluͤt erhitzet; drum rathe ich nicht daß einer ſeinen Leib oder Magen mit vielen Faſten von Morgen biß Mittag uͤm 12. und 1. uhr caſteye / ſonſt wird er aus der Lateiniſchen Garkuͤchen ſich muͤſſen ſpeiſen laſſen.
Die Ermangelung honnetter Con - verſation thut viel zur Staͤr - ckung des mali hypochondriaci und Melancholey. Es iſt ja von Na - tur nicht gut / daß der Menſch allein ſey / ſondern / daß er ſeines gleichen ſucht und liebe / darum wird die φιλανϑρωπία oder Leutſeligkeit / als eine ſchoͤne Tugend bey iederman ſehr gelobet. Durch die Converſation wird des Men - ſchen Seel und Geiſt geaͤndert mit er - goͤtzlich - und erfreulichen diſcurs, die phantaſia wird aus der Verwirrung in die Ordnung gebracht / die Seelen-Gei - ſter durch zulaͤßige und verantwortliche Luſtigkeit aufgemuntert / formiren eine andere Ideam, und bekommen einen friſchern und hurtigern Lauff / veraͤndern alſo die gantze Natur / welches die Er - fahrung bezeuget. Hingegen die Ein - ſamkeit betruͤbet ſelbige / verurſachet mehr Traurigkeit und Melancholey. Denn die Seele wird uͤber einem Din -Cge50Studenten-Kranckheitenge allein bald ermuͤdet / und alſo auch die gantze Natur. NB. Verſtehe aber nicht die gefaͤhrliche Converſation mit unzuͤch - tigen Frauen-Volck / die ihre Scham - hafftigkeit an den Nagel gehencket / von denẽ hat man keine Ehre / ſondern da heiſt es: inter fœminas qui nutriuntur, non magis ſapere poſſunt, quàm benè olere qui in culina habitant. Auch haben nicht alle das Donum continentiæ Hip - polyti,(37)Ovid. Metamorph. l. 15. P. Rho Exemp. virt. p. 33. viel weniger des loͤblichen Kaͤyſers Caroli. (38)Mich. Saxo Kaͤyſers Chronick. P. 4. f. 298. ejusd. Alphab. hiſtor. p. 86. ſq.
DIe Exercitia auf Univerſitaͤten haben ihren Nutzen / ſind auch ſonſt hoͤchſt loͤblich und rega - liſch / machen geſchickte / diſponirte und geſunde Leiber / manche Schwermuth wird dadurch vertrieben / das Gemuͤth erfriſchet / die Glieder und Kraͤffte auf -ge -51und derer Curen. gemundert / daß ſie mit Luſt wieder an die ordentliche Arbeit gehen / ſie erhalten des Leibes vigeur, ſind der Natur und dem Magen eine Medicin, und bringen Appetit zum eſſen. Nichts deſto we - niger thut mancher darin zu viel / und ziehet ſich daher groſſen Schaden zu. Der eine bekoͤmt einen Bruch / der an - dere zerreiſſet ſonſten was im Leibe / zer - ſchuͤttert ſein Eingeweide und machet ſie gantz krafftloß. Omnis enim motus nimius humores commovet, nervos ac li - gamentorum robur diſſolvit, ac ita vitio - ſis humoribus ad ea loca viam parat, das iſt / Jedwede hefftige Bewegung er - reget alle Feuchtigkeit / ſchwaͤchet die Spann-Adern / und andere Bande / und alſo wird dem erregten und un - geſunden Blut der Paß gleichſam geoͤffnet zu denen innerlichen Thei - len. Sie machet allen verborgenen Tartariſchen Schleim und Grieß auf - ruͤhriſch / und treibet ſolchen cum impetu und mit Gewalt in die ſubtile Urin-aͤdri - gen / daraus offt Blutharn und greuliche Schmertzen entſtehen. Zum ahlen de -C 2nen52Studenten-Kranckheitennen ſolche geſchehen gleich nach Tiſch / da alle Milch - und Blut-Adern voll ſeyn von chylo oder Milchſafft / da wird die gantze Milchmachung und deſſen diſtri - bution verhindert und der rohe Safft (chymus) mit Gewalt fort getrieben und wegen ſeiner Dicke nicht fort flieſſen kan / ſondern Verſtopffungen machet.
UNter dieſen Academiſchen Exer - citien iſt das erſte das Tantzen / welches eine recht dienliche Sa - che / denn es machet vor der Welt ge - ſchickt / wo es aber gleich nach Tiſch zu ſtarck oder zu lang geſchicht / iſt es hoͤchſt ſchaͤdlich. Denn erſtlich die Spiritus die ohne dem in dem Leibe zertrennet ſind / werden dadurch mehr und mehr aus einander gebracht / à centro ad peri - pheriam von dem Hertzen zu denen aͤuſ - ſerſten Gliedern / der Magen wird in wehrender Coction in ſeinem motu pe - riſtaltico oder in ſeiner aufwallendenBe -53und derer Curen. Bewegung / (die zur Kochung und Milchmachung noͤthig) vermehret und der chylus oder der Milch-Safft zur Unzeit fortgetrieben / der Leib erhitzet / der Schweiß folget / die Geiſter gehen durch / die rechte gelinde Kochung wird verhindert / ja die Spiritus animales, die zur concoction helffen ſolten / muͤſſen an - dere Verrichtung thun in denen Bei - nen. Demnach iſt das Tantzen zu der Zeit nicht allerdings zutraͤglich. Es bringet das malum hypochondriacum, Kraͤtze ꝛc. Auch was ohne dem hitzige Leute ſind / die bekommen die Schwind - ſucht / ſtarckes Naſenbluten / und berau - ben ſich aller Leibes-Kraͤffte / meiſten - theils werden ſie Candidati des fruhzei - tigen Todes / wie ich ſolches an vielen obſerviret. Verwerffe deßwegen me - dicè zu reden das Tantzen nicht nach Art der Theologorum,(39)Muͤller. Evangel. Hertzens-Spieg. p. 267. Zeilers Handbuch P. 2. p. 436. wo man nur das ne quid nimis in acht nimmt / noch alſo bald nach Tiſch oder auch nach dem Wein auf den Tantz-Boden gehet.
NOch gefaͤhrlicher iſt das Fech - ten / in welchem mancher ſolche Stoͤſſe bekoͤmmt / daß er daran zu klauen hat. Dieſer verlieret ein Aug / der andere wird auf der Bruſt verletzt / mit welcher ſie die harten Stoͤſſe auf - fangen / jener verlieret einen teſticulum, oder die gantze officina genitalis wird ih - me deſtruirt &c. Was ſonſten davon zuhalten / kan geleſen werden bey dem Moſcheroſch(40)Viſ. 5. P. 1. p. 307. und Zeilero. (41.)d. l. p. 2. p. 57. ſq. Auch iſt die Poſitur manchmahl ſchaͤdlich / denn als einſten ein ſtudioſus mit ſeinem Stuben-Geſellen im Fechten ſchertzen wolte / ſich in die Poſitur legte / ihme a - ber das Rappir entfiel und er in ſolcher Poſitur ſich zugleich buͤcken wolte / kna - ckete es ihme in den Ruͤcken / das Blut kam zur Naſen und Mund heraus ge - ſchoſſen / ſo gar / daß ich ihm bey meinem Zutrit kaum kante in Blut / und erfor -derte55und derer Curen. derte ſolches Muͤhe ihn recht wieder zu curiren. Dadurch hat er aber ſeine lebendige Farbe und Geſundheit guten theils verlohren / auch wohl Zeit ſeines Lebens es nicht uͤberwinden wird / weil ihme eine Blut-Ader zerſprungẽ / daherer auch einen kurtzen Athem und ſtarckes Stechen auf der Bruſt nach der Zeit empfunden / weßwegen ihme das Fech - ten verbothen worden.
DAs Reiten bekoͤmmt auch nicht einem iedweden / denn entweder der eine bricht den Hals / wie dem Philippo, Koͤnigs in Franckreich Ludovici Sohn wiederfahren /(42)Lohnerus Tom. 3. p. 193. è Plinio. oder leidet ſonſten Schaden an ſeinem Leibe / als da ſind Bruͤche / Zerquetſchungen der Beine / und andere Ubel / welche von vehementer Bewegung oder Con - cuſſion im Reiten entſtehen /(43)V. Schenk. obſerv. med. l. 3. f. 487. Velſch. dec. 10. Curat. propr. 10. p. 668. Miſc. Nat. Curioſ. dec. 1. Ann. 1. ad obſ. 88. Schol. die ei -C 4nem56Studenten-Kranckheitennem iedweden behutſam machen ſolten. Doch iſt das Reiten auf einem ſichern Pferd wenn es gelind geſchicht / die beſte Bewegung der Gelehrten.
DIe ſich an das Springen geweh - nen / geben nur Achtung / daß es ih - nen nicht ergehet / wie dem zu Witten - berg / der von einem Pferd / auf welches er von hinterwaͤrts ſpringen wolte / ſo geſchlagen worden / daß man ihme hat wollen das Bein abloͤſen. Es iſt ja das Ringen und Springen dem Leibe gar nicht gut / denn alle Nerven und muſcu - li, ja alle Gliedmaſſen muͤſſen mit arbei - ten / und πᾶν τὸ πολὺ τῇ ϕύσ〈…〉〈…〉 πολέμιον, omne violentum naturæ inimicum, die Natur kan nicht vertragen / was zu hefftig iſt. Wem das Ungluͤck trifft / der muß es haben. Und gleich wie ich in allen Sorgfalt trage / ſo rathe ich / als ein treuer Medicus, man nehme ſich doch in ſolchen vehementen Exercitiis wohl inacht;57und derer Curen. acht; Im Alter koͤmmt alles wieder / und heiſſet recht: quod differtur, non aufer - tur, lang geborgt iſt nicht geſchen - cket. Behutſamkeit iſt in allen Din - gen gut / zu foͤrderſt aber in den Sachen / welche die Geſundheit betreffen.
NUn iſt noch uͤbrig das gar zu offt und lange Schlitten-Fahren in der groſſen Kaͤlte / und das Ja - gen bey groſſen Schnee / welche beyde warhafftig ſo ſchaͤdlich ſind / zumahlen jungen zarten Leuten / daß auch iedweder ſelbſt bekennen muß. Durch das lan - ge Schlittenfahren wird der Leib durch und durch erkaͤltet / die Finger erſtarren / die pori und Schweiß-Loͤcher des Lei - bes werden verſtopffet / die Fuͤſſe erfrie - ren / das Hertz wird von der Kaͤlte zu - ſammen gezogen oder conſtringiret, dar - auff wird offtermahlen ſtarck getrun - cken / welches alles toͤdlich ungeſund. Viel erfrieren Naſen und Ohren / wieC 5dort58Studenten-Kranckheitendort bey dem Xenophon. (44)l. 7. de Eupæd, Cyri p. 318. Cicer. l. 16. Ep. 8. ad fam. Das Er - frieren der Fuͤſſe iſt warhafftig eine ge - faͤhrliche Sache. (45)Vid. Fonſeca. Es iſt die Kaͤlte ein Zeichen des Todes / hingegen die Waͤrme das Leben in den Menſchen. junge Leute muͤſſen und ſollen die Waͤr - me erhalten / und wird durch die Kaͤlte dero zarte Natur bald zu Schanden gemacht und verdorben; Daher Euri - pides: ψυχρὸς δὲ λεπτῷ χρωτὶ πολεμιώ - τατον, frigus tenui & macilento corpori inimiciſſimum, das iſt / die Kaͤlte iſt denen zarten und hagern Leuten hoͤchſt ſchaͤdlich. Hoͤrets ihr Ha - gern uñ der Schwindſuchts Candidati! Die Kaͤlte / wo ſie in die Haut tief einge - treten / brennet wie Feuer und ſchneidet ſchmertzlich / wohin auch Lucanus zielet / wenn er ſaget: Urebant montani nives, der Schnee auf den Bergen bren - net wie Feuer. Gar deutlich redet davon Hippocrates,(46)de vet. medic. c. 29. t. 17. den der La -tei -59und derer Curen. teiniſche Dollmetſcher alſo erklaͤret: quicunque per nivem aut aliud frigus i - ter facientes excellenter frigeſcunt aut pedibus aut manibus, aut capite &c. ab æ - ſtu & pruritu vexantur, quibusdam etiam bullæ velut ambuſtis ab igne exſurgunt, neque prius hoc patiuntur, quàm ſi cale - fiant, das iſt: Welche reiſende Per - ſonen in Schnee oder Kaͤlte ſehr er - frieren entweder an den Fuͤſſen oder Haͤnden? oder Kopff / ꝛc. die werden groſſe Hitze und ſtarckes ſchmertz - hafftes Jucken empfinden / einigen fahren auch Blaͤsgen auf gleich de - nen die von Verbrennen kommen / und empfinden ſolches nicht eher / als wenn ſie erwarmen. Die Ur - ſach / warum die Kaͤlte ſolche Hitze ma - chet und wie Feuer brennet? fuͤhret an druſius. (47)ad verba Syrac. XLIII. v. 25.Mancher meinet / wenn er nur ein hitziges Frauen-Zimmeꝛ auf den Schlitten mit hat / ſo werde dadurch ſeiner Kaͤlte gaͤntzlich gewehret werden / aber ſie iſt gantz nicht zulaͤnglich / ſondern ihr Feuer gehet bald ſelbſten aus / undC 6muß60Studenten-Kranckheitenmuß das arme Thier offt viel Sympto - mata von der Kaͤlte an ihrem eigenen Lei - be empfinden / wie eine ſolche Hiſtorie Thom. Bartholinus(48)Cent. 3. ep. p. 146. von einer Jung - fer / welche an ihren beſten Theil des Lei - bes erfrorẽ / erzehlet. So iſt alſo die Kaͤlte dem Leibe ſchaͤdlich / und zwar zarten Leuten. Sie iſt ſchaͤdlich der Bruſt / den Gedaͤrmen / denen Ohren / partibus genitalibus, Beinen / Zaͤhnen / Kopff / Ge - hirn und Nerven ꝛc. Sie kan verurſa - chen Laͤhmung /(49)Ammannus Paræn, ad Diſc. p. 210. Verſtopffung / ma - chet zaches Gebluͤt / und treibet alles Boͤſe / was durch die Haut aushauchen ſolte / wiederum zuruͤck / daher gern Fie - ber und Seitenſtechen entſtehen; Die mit Bruſt-Kranckheiten beladen / wer - den ſolches auch wohl empfinden. Mir iſt ein trauriges Exempel noch wohl be - kannt; Denn als zu meiner Zeit ein rei - cher Studioſus mit ſtarcken Schlitten - Fahren ſich delectirete, aber bey grim - miger Kaͤlte zu lang aushielt / iſt ihme ſei - ne Naſen etwas erfroren / welches erAn -61und derer Curen. Anfangs nicht gemercket. Nach eini - ger Zeit aber / als ſie immer roth war / und anfieng zu jucken nach Art der er - frohrnen Glieder / auch ein klein Blaͤt - trigen ſich ſehen ließ / welches ihme ſo ſehr ſchmertzete / daß er aus Ungedult die Naſe wegen ſtarcken brennens mit dem gantzen Kopff in das kalte Waſſer ſte - ckete / darauf wurde der Kopf groß u. un - geſtalt von Geſchwulſt / die Inflamation oder Entzuͤndung mit denen Schmer - tzen vermehreten ſich / daß er endlich jaͤmmerlich geſtorben. Solchen Lohn giebet manchem das unmaͤßige Schlit - ten fahren. Ich habe nunmehro auf etliche Jahr viel Exempel obſervirt, wel - che nach ihrer ſtarcken Fahrt / zumahlen / wo ſie darauf getruncken / theils bald ge - ſtorben / theils aber ihr Leben ſonſt ver - kuͤrtzet / und einen ſiechen Leib da - von getragen. Kommen ſie gleich zur Ruhe / ſo empfinden ſie doch ihre paſſio - nes mit ſchmertzhafftigen Jucken / da brechen die Beine auf / und laſſen ſich nicht gern wieder heilen / ſondern es giebt Loͤcher / faul Fleiſch / und ſchlaͤgt nicht un -C 7gern62Studenten-Kranckheitengern was groͤſſers darzu / welches die taͤgliche Erfahrung giebet / auch alle Medici geſtehen muͤſſen. Wer nun al - ſo Luſt hat zu fahren / der thue es doch nicht bey gar zu ſtarcker Kaͤlte / halte nicht zu lang aus / trincke nicht alſo bald darauf / und enthalte ſich der gar zu groſſen warmen Stuben / dem wird ſeine Luſt / nicht ſo hart verſaltzen.
WOrzu nuͤtzet doch das kalte Bad? Ich ſage nicht von andern Baͤ - dern / welche bey truckenen ſub - jectis und Naturen ihren Nutzen ha - ben / zumahlen da man verſchloſſen ſitzet / wie ſolches bey den Alten noch zu loben / welche nur obſcura balnea, oder heimli - che Baͤder beſucheten. (50)Jac. Pontanus Att. bellar. p. 416.Aber ſo iſt es ſchaͤndlich oͤffentlich in das kalte Waſſer zuſteigen / und ob man ſich gleich ein - bildet es waͤre kein Menſch verhanden / der es ſehen koͤnte / ſo heiſt es doch / quomini -63und derer Curen. minime credis gurgite piſcis erit, das iſt / in dem Duͤmpffel da man ſichs am wenigſten verſiehet / ſtecket offt ein Fiſch. Das kalte Bad giebt eine ſchleunige und gefaͤhrliche alteration wenn man aus der warmen Lufft in das kalte Waſſer ſpringet / denn dadurch wird verhindert die tranſpiration, oder die Ausdaͤmpffung der Unreinigkeit durch die Schweiß-Loͤcher / welche ie freyer ſie iſt / ie luſtiger und geſunder iſt der Menſch / weil die uͤberfluͤßige naß - ſaltzigte Feuchtigkeit (ſerum) dadurch ausſchwitzet. Wo aber folche gehin - dert wird / da bringet es Gefahr und groſſe Kranckheiten mit ſich;(51)Rolfinc. meth. med. Spec. l. 2. S. 3. c. 18. p. 76. ſq c. 33. p. 95. Plus enim alterat totum corpus aër ϖειχύσ〈…〉〈…〉 ſeu tranſpiratione, quàm εἰαϖνοῆ ſeu in - ſpiratione; & ἀδιαπν〈…〉〈…〉 ςία infinitorum morborum & febrium mater eſt, das iſt / der gantze Leib wird mehr durch die Lufft geaͤndert / welche den Leib von auſſen umgiebet / als welche mit dem Athen an ſich gezogen wird;und64Studenten-Kranckheitenund die verhinderte Ausdaͤmpf - fung durch die Schweiß-Loͤcher iſt unzehlicher Kranckheiten / auch der Fieber ſelbſten / fruchtbare Mutter. (52)Wedel. Theorem. p. 139.Dannenhero ſehen wir / daß dieje - nigen / welche zur Fruͤhlings Zeit zu bald ſich entbloͤſſen / oder die die Bocken nicht recht ausgebruͤtet / und ſich in die kalte Lufft wagen / offt Lebens Gefahr unterworffen ſind / die aber ein gifftiges garſtiges Fieber gehabt / ſterben meiſts alle. Meiſtentheils gehet man in die kal - ten Baͤder nach Tiſch / da die chylifica - tion ſchon geſchehen / und die Natur nun in dem iſt / daß ſie den Milch-Safft wil in den Leib austheilen; welches aber billich nicht ſeyn ſolte / Natura enim in ſuo motu & actione non eſt impedienda, das iſt / die Natur ſol man in ihrer Bewegung und Verrichtung nicht verhindern; So bleibet demnach in denen poris ſubcutaneis & glandulis, in denen unter der Haut verborgenen Schweiß-Loͤchern und kleinen Druͤßi - gen alles Boͤſe ſtecken / verurſachet Fie -ber65und derer Curen. ber und Kraͤtze. Und warum wil man den Fiſchen die Schwimm-Kunſt ab - lernen / da wir doch eine andere Natur und ſtructuram mechanicam haben; deñ wie Steno obſerviret, ſo ſind in denen Fi - ſchen die jenige Gaͤnge / dadurch die Durchſchwitzung geſchicht / weit groͤſſer als bey den Menſchen / jene koͤnnen nicht erſauffen / dieſe aber ſieht manoͤffters uͤ - ber ein kleines nicht mehr. Es iſt denck - wuͤrdig / was auf einer benachtbarten U - niverſitaͤt einſten geſchehen; da der Pre - diger bate / man ſolte doch nicht ſich in ſolche Gefahr des kalten Waſſers bege - ben / zumahlen unter der Predigt / da kam dem Augenblick die Poſt / daß zwey Bruͤder auf einmahl erſoffen / welche ſich vielleicht zuvor mit dem Trunck be - laden / und alſo mit ſchweren Gliedern ſich darein begeben. Da heiſt es recht: Navis, quæ aquis impletur, ſi exhauriri nequit, in profundum ſubmergitur; ita homo cum crapulæ vel ebrietati ſe expo - nit & periculo, in præceps vadit, ratio - nemque omnem amittens ſubmergitur in profundum inferni, das iſt / einSchiff66Studenten-KranckheitenSchiff / das mit Waſſer angefuͤllet wird / wo es nicht kan entſchoͤpffet werden / muß untergehen; alſo auch der Menſch / wenn er ſich dem Trunck und darauf der Gefahr er - giebet / der gehet ſehr unſicher / und in dem er ſeinen Verſtand verlieret / ſo verſincket er / in den tief - fen Hoͤllen Pfuhl. Alexander Magnus hat ſolches mit groſſer Gefahr ſeines Le - bens auch empfunden. Die alteration aber / die aus dem kalten Waſſer entſte - het / geſchicht auf ſolche Art: Die mol - ckigte Waͤßrigkeit die in dem Blut iſt / die ſcheidet ſich mit Gewalt von dem Blut / daher wird das Blut ge - ronnen und dick / in dem es an ſei - nem Fuͤhrer beraubet iſt. Darnach wird die Bewegung der Geiſter auch alſobald geſtillet / weil die Nahrung derſelben entzogen iſt / und dannenhero ſtarren die Glied - maſen / die lebendige Farb u. Krafft verlaͤſt die Glieder / da iſt Lebens - Gefahr / welches niemand leicht / als der ſein Gehirn in der Verſen traͤgt /leugnen67und derer Curen. leugnen wird. (53)Dolæus d.l. p. 245.Darauf folget gern die Schwindſucht / und das Abnehmen des Leibes / cachexia, ſchwacher Ma - gen ꝛc. Die alten Juͤden erzehlen eine zwar grauſame Luͤgen / welche aber hier wohl zu appliciren, nemlich von einem Vogel / von unbeſchreiblicher Groͤſſe / SIS genannt / welcher ſich ſehen / und als einige Rabbinen haben baden wol - len in dem kalten Waſſer / mit dieſer Stimme von Himmel herunter verneh - men laſſen: Huͤtet euch ſolche Din - ge zu unterfangen / hier iſt kein Grund; denn vor 7. Jahren iſt ei - nem Manne ein Beil aus der Hand entfallen / welches biß auf ietzige Stund den Grund des Meeres noch nicht beruͤhret hat. (54)Bava Basra f. 73. 2,Wer wolte ſich nun wohl in ſolche groſſe Tief - fe oder Waſſers-Gefahr begeben? Doch wagens einige darauf / und fah - ren unter / und kommen nicht ehe wieder / biß ſie das Waſſer ſelbſt an den Port wirfft.
SChmauſen beſtehet meiſten theil in Toback und Bier / oͤffters auch in Wein. Vor dieſen hat - ten die Alten den Gebrauch / daß ſie zwar auch zuſammen kamen und mit einander eines trancken / und zwar zu Ehren denen Goͤttern / der / erſte Becher golte des Jovis Olympii, der andere der tapffern Heiden / der drit - te des Jovis Soſpitatoris des Helffers / und dieſes hieß man das Trincken der Weiſen / die noch heutiges Tages ſolches wohl in acht nehmen wenn ſie den erſten Trunck thun zur Geſund - heit / den andern zur Freundſchafft / den driten zum Schlaff-Trunck / ſo aber etwas druͤber zum exceß geſchahe / das war ein Zeichen groſſer Schande. Das hieß ein ſchoͤner Brauch oder Gewohnheit des Schmauſens / denn auf ſolche Art blieben ſie alle bey ih - rer Vernunfft und Geſundheit. Itzundwaͤret69und derer Curen. waͤret das Sauffen biß in die finſtere Nacht / da trinckt man erſtlich aus Durſt / darnach aus Wolluſt / denn zur Trunckenheit / und endlich biß alle Vernunfft gebrochen und man gantz doll worden / ja dem unvernuͤnffti - gen Vieh gleich. Wer das Nacht - ſchmauſen erſonnen / iſt gewiß ein Feind geweſen ſeiner eigenen Geſund - heit / weil es den Leib ſchwaͤchet / den Magen uͤberſchwemmet / die ſpiritus turbiret &c. Wie oben von der Trunckenheit geſaget. Nur ein weni - ges von den ſtarcken Nachtſauffen zu gedencken / ſo iſt daſſelbige ein rechtes Seminarium oder Pflantz-Garte der groͤſten und langwirigſten Kranckheiten; Das Morgen - und Spaͤt-ſaufen iſt der Geſundheit hoͤchſt zuwieder / die aufloͤſung derſpeiſen und Aus - theilung des Milchſaffts in den Magen wird verhindert / die Na - tur wird an ihrer Ruh geſtoͤh - ret und derſelben beraubet / der Magen bekoͤmmt einen neuen ro - hen Klumpen zu verdauen / dienatuͤr -70Studenten-Kranckheitennatuͤrliche Saͤure des Magens wird verderbet / und folgen darauf von uͤbeler Verdauung allerhand Kranckheiten. Wer dieſem nur ferner wolte nachſinnen / dem wuͤrde vieleicht wohl gefallen / was jener verſtaͤndige Mann davon judiciret: quam turpius igitur, ſpricht er / ſtudioſa ac literata juventus ſibi filum vitæ præſcindit, dum quilibet glorioſior hel - luo eſſe cupit, das iſt: Wie ſchaͤnd - lich die ſtudirende und Gelehrte Jugend ſich ihren Lebens Faden abſchneidet / in dem iedweder dahin ſtrebet / wie er durch praffes Sauf - fen moͤge einen groſſen Ruhm er - langen. (55)Grembs arbor. integr. & rum. l. 3. c. 1. §. 27 p. 464.Da gehetes nun gemeinig - lich an ein Geſundheits Sauffen / ſolte es auch aus der Jungfer lincken Schuh geſchehen / aber darauf folget ſchlechte Geſundtheit / ſondern es heiſt vielmehr:
oder wer da wil eines andern Ge - ſundheit ſauffen / der wird den Gewinn davon tragen / daß er ſei - ne dargegen verlieret. Die meiſten haben von dem Alten / die aber in vie - len Stuͤcken wichtig geirret / dieſes noch ererbet / daß das Monatliche ordinaire Vollſauffen eine Artzeney ſey zur Reini - gung des Magens / dergleichen Mei - nung war Avicenna, nicht aber als Hippocrates, der vielmehr das Gegen - theil ſtatuiret. Alleine hie ſoll man wiſſen / daß ſolches der Vernunfft zu - wieder und keines weges nuͤtzlich ſey / deñ weñ ich mehr einſauffe / als der Ma - gen annehmen kan / ſo muß es freylich wieder den Gang gehẽ / darein es gekom - men iſt / und wird vielmehr das Ubel und die Rohigkeit im Magen ein als ausge - wurtzelt / zu dem ſo machet ja der Wein an ſich kein brechen (denn er iſt vielmehr eine Magenſtaͤrckung) ſondern deſſen U - berfluß kan die Natur nicht vertragen / ſolte nun dahero nicht viel boͤſes und ſaures Weſen zuruͤck bleiben / welches eine gewiſſe Urſach vieler Kranckheitenund72Studenten-Kranckheitenund Verderb der ſonſt guten Geſundheit iſt? (56)Rolfinc. Diſſert. de Emctol. p. F. 3. B. &c. Oder wer wolte doch mit ſo ſchrecklicher Suͤnde / die ex proæreſi und μετα σϖομδῆς (mit Vorſatz) geſchicht / ſeinen Leib curiren und hingegen die Seel in Gefahr ſetzen / darzu ſchweiget Lutherus nicht ſtille / u. wird es auch kein Chriſt bil - ligen. Die Erfahrung lehret ſelbſten / daß denen / die ſolches thun / der Rauſch 8. Tage wohl anhaͤnget / da man weder recht ſchlaffen noch eſſen kan / der Kopff wil zerſpringen / der Schwindel haͤlt an / der Verſtand wird geſchwaͤchet / und das Zittern giebt ein mercklich Kenn - Zeichen der verderbten Nerven. Wil aber iemand ein Brechen gern erwe - cken / (welches groſſe Behutſamkeit er - fordert) der conſulire einen verſtaͤndigen Medicum, ſo wird ihm ohne Gefahr ge - rathen und geholffen.
NUn kommen wir auch auf den Tyrannen der Geſundheit / das lucubriren da man ſitzet biß anden73und derer Curen. den lichten Morgen / ſeiner Natur nicht die Ruh und der Nacht nicht ihr Recht goͤnnen will / welches ihr doch GOtt in der Schoͤpffung gege - ben / daß ſie erquicken ſoll Menſchen und Vieh. Ich ſage / die Nacht iſt gar nicht bequem zum ſtudiren / denn da iſt unſere Lufft (athmoſphæra) weit dicker / truͤber / (zumahln wer die Oehl - Lampen brennet) ſchaͤdlicher / und koͤm̃t der weiter / der die Morgenſtund (quæ Deo & muſis amica) mit zu Huͤlffe nim̃t / ſeine Sachen u. ſtudia ordentlich tracti - ret / denn plus enim ordine, quàm lucubra tionibus diſcitur, nec qui multa legit, ſed qui utilia legit, ſtudioſus eſt habendus e - ruditus, das iſt / Man lernet durch die Ordnung mehr / als durch das Nacht ſtudiren / auch iſt der nicht ein gelehrter Student zu nennen / welcher viel lieſet / ſondern der feine nuͤtzliche Dinge tractiret, welches wohl zu mercken. Woher kommen die bloͤ - den Augen / Schwindel / Kraͤtze / Blaß - heit ꝛc. als eben daher / welches keinen Beweiß bedarff / ſondern das eintzigeDUbel /74Studenten-KranckheitenUbel / malum hypochondriacum kan ſol - ches zur Gnuͤge erweiſen. Wer nun eine feine Ordnung und methode hat / ſeine Stunden wohl eintheilet / dem ſchwachen Gedaͤchtnuͤß mit nuͤtzlichen Collectaneis aufhilfft / der wird und kan gelehrt werden nach dem weiſen Rath jenes gelehrten Frantzoſen /(57)Gabriel. Naudæus Bibliograph. Polit. p. 130. der alſo ſchreibet: Cum tot ubique libri ſemper haberi non poſſint, difficillimumque ſit (ſecundum Comicum) ſitis fauces cum urget, puteum fodere; quintum idcirco ac ultimum generale præſidium in illis a - ctionibus conſtituimus, qui varia ſimul collegerunt materiamque velut in titulos communes hinc & inde repoſuerunt. Ex quibus poſtmodum cæteri in difficilli - mis aut in præmeditatis actionibus quam plurimum animo libuerit, efformare poſſint, das iſt: Weil man allezeit ſo viel Buͤcher unmuͤglich haben kan / auch ſehr ſchwer iſt (nach dem Poeten) alſobald / wem der Durſt treibet / einen Brunn zu graben; de -rowegen75und derer Curen. rowegen habe ich das fuͤnffte und letzte allgemeine Mittel hierinn ge - ſetzet / welche unterſchiedliche Din - ge zuſammen getragen und die Materien unter gemeine Titul ge - bracht / daß die andern hernach in denen ſchwereſten Dingen oder worauf ſie zuvor bedacht geweſen / bey aller vorfallender Gelegenheit / wenn es beliebet / koͤnnen heraus bringen und abbilden / was ſie wol - len. Es ſcheinet / als haͤtten dieſen ſchoͤnen locum die wenigſten geleſen / ſon - ſten wuͤrden ſie ja nicht den Handgriff zur Gelehrſamkeit zu gelangen ohne Verluſt der Geſundheit nicht ſo hindan - ſetzen. Darum folget noch / es wird keinen der gelehrt werden wil / gereuen.
WEr nun ſeine Geſundheit lieb hat / und nicht ſelbſt an ſeinem fruͤh - zeitigen Tod Urſache ſeyn wil /D 2der76Studenten-Kranckheitender meyde alle angefuͤhrte Exceſſus und defectus, als welche Thuͤr und Angel zu erzehlten Kranckheiten eroͤffnen / und be - dencken doch / daß nechſt GOtt auf der Welt die Geſundheit das hoͤchſte Gut ſey / viro mortali ſanitas optima, geſund und friſch ſeyn iſt beſſer den Gold. Ja wenn einer noch ſo gelehrt / reich und geſchickt waͤre / darbey aber ſiech und kranck / worzu wuͤrde es ihme nuͤ - tzen? Zu dem heiſts ja wohl: ſanitas ſe - mel amiſſa irreparabile quid eſt, die ein - mahl verlohrne Geſundheit iſt ein unwiederbringlicher Schade. De - rowegen iſt in allen die Mittel-Straſſe die beſte / und wer eine Maſſe haͤlt / der trifft das centrum ſeiner Geſundheit; Mediocritas enim eſt vita & anima bonæ valetudinis.
WAs man ſonſten von dem ar - men weiblichen Geſchlecht / welches in allem mehrern Un - gemach unterworffen / als das maͤnnli - che / (denn nach dem Riverio ſind wohl 600. Kranckheiten / ausgenommen die Mutter-Kranckheiten / die dem weibli - chen Geſchlecht nach dem Leben graſen /) zu ihrem Nachtheil ſaget: mulier o - mnem bis patitur morbum ein Weib muß iede Kranckheit zweymahl ausſtehen / das kan man billich auch von den Herrn Studioſis ſagen. Denn erſtlich als junge Leutigen / und denn als Muſarum ſtrenui filii, als wackere Soͤhne der Muſen haben ſie mancher -D 3ley78Studenten Kranckheitenley Zufaͤlle zu gewarten. In dieſem andern Buch wollen wir gantz kuͤrtzlich beſchreiben die Jugend-Kranckheiten und denn etwas weitlaͤufftiger von den Special Zufaͤllen der Studenten geden - cken / damit iedweder lerne ſelbige ken - nen / was ſie ſeyn und worin ſie beſtehen / auch wie ein iedweder ſein eigener Me - dicus theoreticus werden moͤge / und her - nach dem Medico ſeine Beſchaffenheit und Anliegen im Fall der Noth deſto beſſer vortragen koͤnne. Anbey aber recommendire ich in anteceſſum die hoͤchſt noͤthige autopſiam Anatomicam, die innerliche Betrachtung der Menſchlichen Coͤrper / ohne welche faſt kein Gelehrter ſeyn kan / wie ſolches Greg. Horſtius(58)de quo vid. Exc. D. Veſti Prof. Erffurt. in Progr. invitat. ad demonſt. Anatom. mit mehrern dar - thut / daß kein Theologus, Juriſt noch Philoſophus, viel weniger ein Medicus ſolche entbehren koͤnne / und muß dieſem dienen wie das rechte Aug / ſonſt iſt er in allen blind.
NIchts mehr koͤmmt mir wunder - licher vor / als daß ſo gar keine harmonia wegen Urſachen der Kranckheiten in der Medicin zu finden / und wie ſehr vor dieſem Argenterius und Fernelius einander zu wieder geweſen / wegen der Fieber / ſo ſehr haben ſie doch alle beyde geirret und mit ihnen noch viel andere mehr / welchen allen a - ber in ihrer Finſternuͤß ein helles und neues Licht angezuͤndet der vortreffliche Haͤlliſche Natur Forſcher und Medicus D. Fr. Hoffmann,(59)Diſput. de nova febrium hypotheſi ele - gantiſſ. welches wie der Phosphorus perpetuo leuchten und bren - nen wird. Ich glaube / daß dieſe diſſo - nanz auch manchen hat an ſeinen Leben verkuͤrtzet.
MAncher iſt bey ſeiner Geſundheit ſo liederlich / daß er weder an GOtt noch Erbarkeit gedencket / da iſt denn die Kranckheit gleichſam der Pfahl im Fleiſch / der viel gutes wircket. Um der Suͤnden willen kommen die Kranck - heiten / davon heiſt es: Morbus eſt caſti - gatio DEI, ne homo efferetur, die Kranckheit iſt eine Zuͤchtigung GOttes damit nicht der Menſch verwildere. It. Rigida DEI juſtitia eſt morbus & venenum in omnibus re - bus: E contra miſericordia DEI in Na -[t]ura & omnibus rebus eſt Medicina, das iſt: Die Kranckheit und der Giffs iſt die ſtrenge Gerechtigkeit GOt - tes in allen Dingen: Hingegen die Medicin oder Artzeney iſt in der Natur und in allen Dingen die Barmhertzigkeit GOttes. Oder noch deutlicher: Omnis morbus eſt pia - culum, vel hac divina innata pœna, vin - dicta & flagello ad vitæ emendationem inpoſterum à juſto judice vocatur. Vel hac viſitatione paterna & impoſita crucepatienter81und derer Curen. patienter ferenda ſibi & proximo exem - plo ſit ad ardentiorem DEI timorem & cultum, quia permittit DEus ſæpe, multas quosdam homines & magnas incidere ægritudines, quibus læta ſanitas carnis cum continuatione peccatorum maxi - mam non ſine æternæ ſalutis jactura in - tuliſſet ægritudinem mentis. Sanitas enim ſine remiſſione peccatorum nil conducit, cum potius ſit condemnario &c. das iſt: Jedwede Kranckheit iſt ein Suͤhn-Opffer oder Buſſe / entweder der Menſch wird durch dieſe angebohrne Goͤttliche Straf - fe / Rache oder Peitſche zur kuͤnffti - gen Lebens-Beſſerung von dem ge - rechten Richter befoͤrdert / oder es ſoll dieſe vaͤterliche Heimſuchung und aufgelegtes Creutz / welches er gedultig tragen ſol ihme ſelbſt und dem Nechſten ein Exempel ſeyn GOtt ins kuͤnfftige bruͤnſtiger zu fuͤrchten und zu ehren / weil GOtt oͤffters zulaͤſt / daß manche Men - ſchen in viele und groſſe Kranckhei - ten gerathen / welche ſonſten die Ge -D 5ſund -82Studenten-Kranckheitenſundheit des Fleiſches bey Verhar - rung in Suͤnden nicht ohne Verluſt der ewigen Seeligkeit in die groͤſte Seelen-Kranckheit geſtuͤrtzet haͤt - te. Denn die Geſundheit ohne Vergebung der Suͤnden nutzet nichts / ja ſie iſt vielmehr eine Ver - damnuͤß. (60)Crollius l. l. p. 128. ſq. Dieſes kan denen Kran - cken ein Troſt und den Geſunden eine Erinnerung ſeyn. Kranckheiten ſind eine Artzeney der Seelen. Sie ſind der ſcharffe Eßig / dadurch die Leibes Feſſel muͤrbe gemacht werden / damit die Seele ſich deſto ungehinderter zu GOTT ſchwingen kan.
Nun folgen die allgemeinen Ju - gend Kranckheiten und dero Un - terſuchung.
DAmit ich das wichtigſte zum An - fang ſetze / ſo reitzet die ſichere Geil -heit83und derer Curen. heit (damni ſecura libido juxta Claud. ) die Jugend am allererſten an / zumahlen / wo ſie ſich mit der ſtinckenden Murcia verſchweſtert und treibet ſolche bey Ge - legenheit / (ſolte es gleich wieder das Gewiſſen geſchehen (ϖρὸς τὰ ἀνοητα) zur Unzucht / davon ſie aber ſchlechten Lohn / nemlich die Frantzoſen bekom - men / eine Kranckheit die abſcheulich iſt. Lues venerea eſt inſignis corruptela ſuc - ci nervei & lymphatici quoad criſin & motum das iſt: die Frantzoſen ſind eine gaͤntzliche Verderbung de[s]Saffts in denen Spann-Adern und des Glieder-Waſſers nach dero in - nerlichen Bewegung. Sie ſind die allergrauſamſte Kranckheit mit dem Auſſatz / die nur in der Welt zu finden / denn ſie kommen her von dem ſtaͤrckeſten ſubtileſten Gifft / welcher um ſich friſſet und das Blut vergifftet nicht auf ein - mahl / wie andere Gifft pflegen / ſondern es bleibet wie lang bißweilen in den Leib verborgen / daß mans einem nicht leicht anſehen ſolte / laͤſt ſich aber endlich mer - cken an dem Zaͤpffgen des Halſes / Gau -D 6men /