PRIMS Full-text transcription (HTML)
Chriſtliche Leich - vnd Ehren-Predigt bey der Sepultur der weiland Erbarn Ehr vnd Thu - gendreichen Frawen BARBARA Pottermannin /
Des Ehrenveſten vnd Namhafften Herren Caſpar Seifertsfuͤrnehmen Buͤrgers / Handels - mans / vnd wolverordneten Koͤnigl. Hoff - Schoͤppens in Lewenberg/ viel - geliebten Ehefrawen /
Welche ſehlig im HErrn entſchlaffen den 28. Januarii / dieſes itztlauffenden 1625. Jahres / vnd den 31. dieſes in die Cloſter Kirche mit Chriſtlichen Ceremonien beſtat - tet worden; Gethan
Zu Goͤrlitzdruckts Johann Rhambaw.

Dem Ehrenveſten vnd Namhafften Herrn Caſpar Seiferten/ fuͤrnehmen Buͤrger vnd Handelßman in Lewenberg/ ſeinem großguͤnſtigen Herren / Freunde / vnd Trewen foͤrderer /

Vbergibts auff be - gehren der Autor.

Das walt Gott der Vater vnſers HErrn Jesu Christi / der Vater der Barmhertzig - keit / vnd Gott alles Troſtes / der vns troͤſtet in allem vnſerm Truͤbſal / das wir auch koͤnnen troͤſten / die da ſind in allerley Truͤbſal mit dem Troſt / damit wir von GOTT getroͤſtet wer - den / Hochgelobet vnd geliebet in Ewigkeit / Amen.

GEliebte vnd betruͤbte im HERRN Chriſto. Am nehren Sontag haben wir gehoͤret von den beruffenen Arbei - tern in dem Weinberg des HErrn / wie endlich der Schaffner des Weinberges mit dem lieben Feyer-Abend vnd Belohnung kommen ſey. Jn des HErrn Weinberg hat auch gearbeitet die nu mehr ſehlige weiland Erbare viel Thu - gendreiche Fraw Barbara Pottermannin/ des Ehrnveſten vnd Nahmhafften Herrn Caſpar Seifferts/ fuͤrnehmen Buͤrgers vnd Handelß - Mannes allhie vielgeliebte Ehe-Fraw / ſie hat tragen muͤſſen des Tages laſt vnd hitze. Nun iſt auch kom̃en das liebe lang gewuͤnſchte Fey - er-Abend-Stuͤndlein / Jhr jammer truͤbſal vñA ijelend /Chriſtlicheelend / iſt kommen zu einem ſehligen end / Sie hat getragen Chriſti Joch / iſt geſtorben / vnd lebet noch. Weil aber durch ſolchen jhren Ab - ſcheid der Herr Witwer / die lieben verweiſete Kinder / ſo wol auch die gantze Erbare freund - ſchafft zu hertzlichen vnd ſchmertzlichen Leid verurſachet: Als wollen wir vns wenden zur betrachtung Goͤttliches Worts / welches iſt ein Brunnquell alles kraͤfftigen Hertz-erquicken - den Seelen-troſts / Vnd damit daſſelbe nuͤtz - lich gelehret vnd angehoͤret werde / Wollen wir vns fuͤr Gott demuͤtigen / vnd beten ein glaͤu - biges Vater vnſer / ꝛc.

Textus ex Pſalmo 119.

Wo dein Geſetz nicht mein Troſt ge - weſt were / So were ich vergangen in meinem Elend.
Jch wil deinen Befehl nimmermehr vergeſſen / Deñ du erquickeſt mich damit.
GeliebteLeich-Predigt.

GEliebte vnd betruͤbte Chriſten / Was der liebe Davidſaget im 94. Pſal. Jch hatte viel bekuͤm̃ernuͤſſe in meinem Hertzen / Aber deine Troͤſtungen ergetzeten mei - ne Seele. Item im 71. Pſal. Du leſſeſt mich er - fahren viel vnd groſſe Angſt / vnd machſt mich wieder lebendig / vnd holeſt mich wieder aus der tieffe der Erden herauff. Das hat auch er - fahren vnſere liebe ſehlige Mit-Schweſter / alhier fuͤr vnſern Augen eingeſarckt ſtehende / die weiland Erbare viel Thugendreiche Fraw Barbara/ des Ehrnveſten vnd Namhafften Herrn Caſpar Seif - ferts/ fuͤrnemen Buͤrgers vnd Handelßmans alhier geliebte Ehe-Fraw / O wie lang bey 6 gantzer Jah - ren hat ſie vnter dem Creutz des HErrn Chriſti ſtehen / vnd ein gut theil deſſelben tragen muͤſſen. Vnd ob gleich bißweilen die Vngedult ſich gewit - tert / hat ſie ſich doch dieſelbe nicht niederdruͤcken laſſen / ſondern ſich wieder auffgerichtet / vñ Gott in ſeinem Wort mit warhafftigem glauben ergriffen / ſich als eine rechte buͤſſende Suͤnderin erzeiget. Vñ je mehr jhr Gott ſuͤnde vergeben / je mehr ſie Gott geliebet / vnd demſelben jhr langwieriges Creutz ge - duldig nachgetragẽ / Darumb auch zu jhrem Leich - themate der abgeleſene Spruch aus dem 119. Pſal. A iijzu er -Chriſtlichezu erkleren von mir iſt begehret worden / Wo dein Geſetz nicht mein Troſt geweſt were / ſo were ich vergangen in meinem Elende. Jch wil dei - nen Befehl nimmermehr vergeſſen / denn du erquickeſt mich damit. Wir wollen darauß ab - handeln 2. Stuͤcke:

  • I. Welches aller Chriſtlichen Creutztraͤgern eini - ger troſt / labſall vnd erquickung ſey.
  • II. Wie ſie ſich gegen demſelben verhalten ſollen.

Der HErr Jeſus Chriſtus / der Vorgaͤnger al - ler Chriſtlichen Creutztraͤger / verleihe dazu Gnad vnd den Heyligen Geiſt / Amen.

De Primo.

DAs die Chriſten muͤſſen Creutztraͤger ſein / iſt auſſer allem zweiffel. Qui vult eſſe Chriſtianus, ſit Crucianus / hat Herr D. Lutheruspflegen zu ſagen / Wer ein Chriſt ſein wil / derſelbe muß auch ein Creutztraͤger ſein / Denn Gottes Wort bezeuget es / Syrach c. 2. ſaget: Mein Kind / wilt du Gottes Diener ſein / ſo ſchi - cke dich zur anfechtung. Matth.16 ſpricht der HErr Chriſtus: Wil mir jemand nachfolgen /derLeich-Predigt.der verleugne ſich ſelbſt / Er nehme aber ſein Creutz auff ſich / vnd folge mir nach. Zun Hebr. am 12: Mein Sohn achte nicht geringe die zuͤch - tigung des HErrn / denn welchen der HERR lieb hat / den zuͤchtiget er / Er ſteupet aber einen jeglichen Sohn / den er auffnim̃t / ſo jhr die zuͤch - tigung erduldet / ſo erbeut er ſich euch als Kin - dern / Denn wo iſt ein Sohn / den der Vater nicht zuͤchtiget / ſeid Jhr aber ohne zuͤchtigung / welcher ſie alle ſind teilhafftig worden / ſo ſeid jhr Baſtarte / vnd nicht Kinder. Sehet an die Exempla der lieben Heyligen / welches ſind die groͤ - ſten Heyligen geweſen im Alten Teſtament? Der Prophet Ezechiel erzehlet jhr drey / Noah / Daniel / Job / Noah war ein ſehr geplagter Mann / er muſte der erſten Welt die Buß predigen / jhr den vnter - gang verkuͤndigen / den Kaſten bereiten / daruͤber ward er veracht vnd verlacht / Er muß ein gantzes Jahr vber dem Waſſer leben vnd ſchweben / wird hernach von ſeinem eigenen Sohn dem Cham ver - ſpottet. Daniel der liebe Mann Gottes muß we - gen ſeiner Gottesfurcht in den Loͤwen graben ge - deyen. Job der rechte vnd ſchlechte Mann koͤmpt vmb Haab vñ Gutt / Camel / Eſel / Schafe / Rinder / ja dazu vmb ſeine liebe Kinder / Wird von ſeinemeigenChriſtlicheeigen Weibe dazu geſpoͤttert. Moſesiſt getrew in dem gantzen Hauſe des HErrn / Noch iſt er ein ſehr geplagter Menſch geweſen vber alle Menſchen auff Erden / Num. 12. Jm Newen Teſtament / wahr nicht Johannes der Taͤufferein heyliger Mañ / das ſeines gleichen nicht geweſen võ Weibern geboren? Wie gehets jhm / er muß in den Kercker kriechen ein gantz Jahr vnd 3. Monat darinnen ſtecken / biß er endlich vnter ſeinem Kopff hingehẽ muͤſſen: RechtSerm. 31. ad fratres in Eremo. vnd wohlſaget S. Auguſtinus: Surgat venerabilis Pater Adam cum omnibus filiis ſuis, & uno ore lo - quantur, utrum in hac vita gaudium habuerint ſine dolore, pacem ſine diſcordia, quietem ſine metu, ſani - tatem ſine infirmitate &c. Es ſtehe auff vnſer aller Vater Adam mit allen ſeinen Kindern / vñ man frage einẽ nach dem andern / ob ſie in dieſem lebẽ freud one leid / friede ohne ſtreit / ruhe one furcht / geſundheit ohne kranckheit gehabt / Warlich ſie werden alle mit einem Nein antworten / ein jeder wird vber ſein Creutz zu klagen wiſſen / Vñ zwar das Creutz macht rechte Chriſten / Wie die Rutte fromme Kinder / Denn durchs Creutz wird beweret vnd probiret vnſer glaube / gedult / hoffnung / beſtendigkeit / etc. Ein Goldſchmied / Wenn er aus dem Gold oder andern Metall ein ſchoͤn reinlich gefaͤß machen wil / O wie offt leſſet er das Gold in ſeinem Schmeltz -TiegelLeich-Predigt.Tiegel durchs Fewer gehen / damit der vntuͤchtige Schaum davon geſchieden werde / Alſo wolt Gott gern an vnd auß vns haben feine vnd reine Ehren - gefaͤß in ſeinem Hauſe / Darumb leſt er vns auch of - te durchs Fewer der Truͤbſal gehen / damit der vn - tuͤchtige Schaum aller Vntugend vnd anklebende Suͤnde von vns wohl abgetrieben werde / Wie Sirachſaget: Gleich wie das Gold durchs Few -Cap. 2. er / Alſo werden die / ſo Gott gefallen / durchs Fewer der Truͤbſal beweret.

Was ſol nu eines ſolchen Creutztraͤgers troſt / labſal vnd erquickung ſein? Darauff beſcheidet vns der liebe David/ weiſet vns auff ſein eigen Exempel / ſagende: Wo dein Geſetz nicht were mein Troſt geweſen / So were ich vergangen in meinem Elend / Wil ſagen / wie es einem abgematteten muͤ - den Fußgaͤnger gehet / wenn er in ſeiner muͤdig - vnd mattigkeit dahin fellet / vnd man demſelben nicht mit einem Labetruͤncklein zu huͤlffe koͤmpt / ſo muß er verſchmachten / vnd vergehen: Alſo were mirs auch ergangen in meinem vielfaͤltigen elend / wenn Gottes Wort nicht das beſte bey mir gethan / ſo were ich hundert mahl vergangen / vnd vmbkom - men. Wenn allhier Davidſaget / niſi lex tua fuiſſet de - lectationes meæ: Wenn dein Geſetz nicht were mein Troſt geweſen / So meinet er nicht bloß das Geſetz /BO dasChriſtlicheO das Geſetz an ſich ſelbſt wircket wenig troſt / es wircket nur zorn / Rom. 4. Denn wenn das Geſetz den Suͤnder anklager / da wird jhm angſt vnd ban - ge / wird zornig auffs Geſetz / wolte lieber / das kein Geſetz were / So wird allhier durchs wort Geſetz / das im Hebraiſchen Thorah geleſen wird / verſtan - den die gantze Lehr der Chriſtlichen Kirchen / vnd fuͤrnemblich das Euangelium / denn daſſelbe iſt - tum nuncium, quo peccatores ad indulgentiam vocantur, wie Auguſtinusſaget: Eine froͤliche Botſchafft / dadurch dem Suͤnder vergebung der Suͤnden an - gekuͤndiget wird / Diß wort des Euangelij iſt nun vnſer Troſt / Wie der Prophet Jerem.ſaget / c. 15: Jn des enthalt vns dein Wort / wenn wirs krie - gen / Denn daſſelbe dein Wort iſt vnſers Her - tzen frewde vnd troſt. Vnd Eſaiæam 38. c. ſaget Hiskia: Davon lebet man / vnd das leben mei - nes Geiſtes ſtehet gar in demſelbigen. Non est locus quietis, niſi in verbo Dei / ſaget Auguſtinus: Nir - gend beſſer kan ſich ein Menſch zu frieden geben / als wenn er Gottes Wort fuͤr ſich hat. Saget doch dorten im 1. Buch Sam. c. 14. das kluge Weib von Thekoazu David: Deine Magd gedachte: Mei - nes Herrn des Koͤniges wort ſol mir ein troſt ſein. Wie viel mehr ſol vns Gottes des HErrn / des Himmel-Koͤniges Wort ein troſt ſein?

Ein -Leich-Predigt.

Ein mahl iſt Gottes Wort vnſer Troſt in æ - rumnis / in noͤten vnd truͤbſalen. Koͤmpt ein Menſch in groſſe noth vnd wiederwertigkeit / hat aber Got - tes Wort fuͤr ſich / ſo wird jhm wohl / wie ein Wan - derßmann / wenn derſelbige bey geſchlagener nacht auff vnbekanten wegen wandert / wird jhm bange / wenn ſich etwas reget / ſo meinet er / der Feind ſey ſchon hinder jhm her. Aber wenn die Morgenroͤt anbricht / vnd beginnet licht zu werden / da wird jm wohl. Alſo iſt Gottes Wort vnſer Troſt / wenn wir in noͤten ſein. Denn ein ſolcher ſpricht mit dem lieben David/ Pſal. 23: Wenn ich ſchon wandert im finſtern Thal / fuͤrcht ich kein Vngluͤck / deñ du biſt bey mir / dein Stecken vnd Stab troͤſten mich. Du haſt geſprochen / Pſal. 91: Cum ipſo ſum in tribulatione, Jch bin bey jhm in der noth / ich wil jhn herauß reiſſen / vñ zu ehren machen. Nun du biſt ja ein getrewer warhafftiger Amens Gott / du kanſt nicht liegen noch triegen / Darumb glaͤube ich feſtiglich / du werdeſt auch mit / vnd bey mir ſein in meiner noth.

2. Gottes Wort iſt vnſer Troſt in tentationi - bus, in den ſchweren anfechtungen / Wenn der leidi - ge Teuffel dem Menſchen ſeine begangene Suͤnde exaggeriret / vnd auffmutzet / helt jhm fuͤr ſein großB ijSuͤn -ChriſtlicheSuͤnden-Regiſter / denn einen ſolchen Proceß helt der leidige Teuffel mit einem Menſchen / Erſtlich reitzet er jhn zur Suͤnde: Pecca/ ſuͤndige nur getroſt / verbꝛinge deines fleiſches luſt / wer ſihets / wer wird es erfahren? Darnach blaͤſet er dem Menſchen ein perſevera / fahr nur getroſt fort in deinen Suͤnden / gebrauch dich deiner Jugend / deines Geldes / dei - ner Geſellſchafft / Aber entlich raumet vnd blaͤſet er dem Menſchen ein deſpera / verzage nur in deinen Suͤnden / du darffeſt dich keiner Gnaden zu GOtt verſehen / denn Gott iſt ein eiveriger Gott / fuͤr dem der Suͤnder nicht bleiben noch beſtehen kan / Wie - der ſolche Anfechtung dienet Gottes Wort. O wie war es dem lieben Apoſtel Pauloſo ein angenehmes Wort / da er in cribro Sathanæ ſteckte / vnd jhn des Sathans Engel mit Feuſten ſchleget / vnd aber der2. Cor. 12 Sohn GOTtes alſo zu jhm ſaget: Sufficiat tibi gratia mea: quia virtus mea in infirmitate perficitur, Laß dir an meiner Gnade genuͤgen / denn mei - ne Krafft iſt in den Schwachen maͤchtig. Wir - ſtu angefochten mit der Vielheit deiner Suͤnden / ſprich mit S. Paulo: Ubi abunda vit delictum, ibi ſuper -Rom. 5 abundavit gratia, Wo die Suͤnde maͤchtig iſt / da iſt die Gnade viel maͤchtiger. Ob bey vns iſt der Suͤnden viel / bey Gott iſt mehr der Gnaden / Sein Hand zu helffen hat kein ziel / wie groß auch ſey derſchaden.Leich-Predigt.ſchaden. Schoͤn vnd denckwuͤrdig ſaget S. Augu -Meditat. lib. c. 39. ſtinus: Etſi ego commiſi unde me damnare potes, tu non amiſiſti, unde ſalvare ſoles: Ob ich wohl ſo viel Suͤn - de begangen / daß du mich mit gutem fug vnd recht in die Hoͤlle ſtoſſen moͤchteſt / ſo haſtu doch die krafft nicht verlohren einen Bußfertigen Suͤnder ſehlig zu machen.

Zum III. iſt Gottes Wort vnſer Troſt in lang - wierigen Siech-tagen. Es ſaget wohl recht der liebe Syrach c. 30: Der Todt iſt beſſer denn ein ſiech Leben / vnd ſtaͤte Kranckheit. O wie ein ſchwer Creutz iſt es lange ſiechen / geſund vnd friſch ſein iſt beſſer denn Gold / vnd ein geſunder Leib iſt beſſer denn groß Gutt. Was iſt aber einem ſolchen ſtetſiechenden Menſchen anmuttiger / als GOttes Wort / Durch ſein Wort gibt[GOTT] den Muͤden krafft / vnd ſtaͤrcke genung den Vnvermoͤgenden / Eſa. 40. Jſt das nicht ein kraͤfftiger Troſt einem Krancken. Eſa. 46. Jch wil euch tragen biß ins Alter / biß jhr Graw werdet / Jch wil es thun / Jch wil heben vnd tragen / vnd erretten. Hie erbeut ſich Gott gegen den Krancken / das er mit jhnen procediren wolle / wie eine Mutter mit einem ſchwachen Kindlein / Je ſchwaͤcher das Kind / Je mehr die Mutter fuͤr daſſelbige ſorget / hebet / pfle -B iijget /Chriſtlicheget / vnd wartet deſſelben. Wie war vnſer lieben ſehligen Mit-Schweſter Gottes Wort ſo ein lie - bes angenehmes Labſal / jhrem Mund vnd HertzenPſal. 119. ſuͤſſer denn Honig vñ Honigſeim / Wenn derſelben ſchoͤne Bibliſche Troſt-Spruͤche vorgehaltẽ wor - den / Als Joh. 3. Alſo hat Gott die Welt geliebet / ꝛc. da kunte vñ wuſte ſie dieſelben jhr fein zu appliciren. Jch glaͤube auch / Das Gott ſeinen Sohn mir ge - ſchenckt / vnd gegeben / Ey ſo werde ich nicht verlo - ren werden / ſondern auch haben das Ewige Leben. Jch werde Gott auch ſehen in meinem Fleiſch.

Wie werd ich denn ſo froͤlich ſein /
Werd ſingen mit den Engelein /
Vnd mit der Außerwehlten Schaar
Ewig ſchawen dein Antlitz klar.

Da da werd ich angethan werden mit weiſſem Kleide / werde Palmen haben in meinen Haͤnden / O kom HErr Jeſu / kom nur bald / ꝛc. Vnd wenns gleich weret biß in die Nacht / vnd wieder an den Morgen / Doch ſol mein Hertz an Gottes macht / verzweiffeln nicht noch ſorgen / ꝛc.

Endlich iſt Gottes Wort vnſer Troſt in Agone / in vnſerm letzten hinſcheiden. O wie wohl ſtirbet der Menſch / der den troſt Goͤttliches Worts fuͤr ſich hat. Simeonder Geiſtreiche Senior / Luc. 2. be - geret abzuſcheiden ſecundum verbum Domini / nachdemLeich-Predigt.dem Wort deß HErrn. Wer auff Gottes Wort einſchlaͤffet / O wie wohl wird derſelbige ruhen. Chriſtus ſpricht Johanam 8: Warlich / Warlich ich ſage euch / ſo jemand mein Wort wird hal - ten / der wird den Todt nicht ſehen ewiglich. Je feſter du Gottes Wort helſt in deinem hinſchei - den / Je weniger du den Todt fuͤhlen wirſt. D. Lu - therusſchreibet alſo in ſeiner Kirchen-Poſtill hie - von / Da die Kinder Iſraël aus Ægypten zogen / vnd an das Rothe Meer kamen / waren ſie frey / fuͤhleten keinen todt. Aber da der Koͤnig Pharao hinder ſie kam / mit aller Macht / da ſtunden ſie mitten im tode. Denn fuͤr ſich hatten ſie das Meer / dadurch ſie nicht kunten kommen / hinder ſich den Koͤnig Pharao / zu beiden ſeiten hoch Gebirge / da waren ſie im todt gefangen / vñ beſchloſſen. Da aber Moſesjhnen Got - tes Wort brachte / vnd ſie troͤſtete / Fuͤrchtet euch nicht / ſtehet ſtille / denn jhr ſolt ſehen / welch groſſen Sieg euch Gott geben wird / An diß Wort hielten ſie ſich / glaͤubeten es wuͤrde alſo geſchehen / vnd gien - gen darauff mittẽ durchs Rothe Meer. Alſo vber - windet der Menſch den Todt durchs wort des le - bens. Alſo wenns mit dir auch dazu kom̃en wird / daß du an das rothe vnd todte Meer wirſt geſtellet werden / vnd ſolt hindurch / ſo gedencke an dieſe Hi - ſtoriam / vnd halt dich feſt an das Wort Chriſti /

Joh. 10.Chriſtliche
Joh. 10: Jch gebe meinen Schafen das Ewige Leben. Item Joh. 11: Jch bin die Aufferſtehũg vnd das Leben / Wer an mich glaͤubet / der wird lebẽ / ob er gleich ſtuͤrbet / So wird dir der HErr gewißlich auch helffen durch das todte Meer / vnd wird dich bringen an den Port vnd Vfer des rech - ten Gelobten Landes / in terram viventium / in das Land der Lebendigen / da frewde die fuͤlle / vnd ein liebliches weſen ſein wird zur Rechten des HErrn ewiglich.

De Secundo.

WJe ſol man ſich nu gegen ſolchem troſt - wort verhalten? 1. Aſſiduè meditando, man ſol es ſtetiges betrachten / Vnd mitLuc. 2. Mariader Mutter des HErrn ſolche woꝛt im Hertzen behalten. Denn ſehlig iſt der Mann /Pſal. 1. qui legem Domini meditatur die ac nocte, der Tag vnd Nacht mit dem Geſetz des HErrn vmbgehet. Es ſol diß Wort reichlich vnter vns wohnen in al - ler Weißheit / Coloſ. 3.

Zum 2. Studioſè recolligendo, man ſol es fleiſſig einſamlen. Wenn wir noch friſch vnd geſund ſein / ſollen wir vns einen guten Schatz ſchoͤner Troſt -SpruͤcheLeich-Predigt.Spruͤche Chriſtlicher Gebetlein einſamlen / Denn Qui in æſtate colligit, prudens eſt, Wer im Sommer / das iſt in guter zeit ſamlet / der iſt klug / Proverb. 10. Non enim facilè in adverſitate inveniuntur præſidia, quæ in pace non fuerint quæſita, ſaget S. Auguſtinus: Wer ſich erſt wil mit Ruͤſtung verſehen / wenn der Feind verhanden / der hat zu lange geharret. Was thut ein fleiſſiger Hauß-Vater / wenn derſelbige et - wa im Hauſe einen Nagel / ein Hefftlein / ein Nadel ſiehet liegen / er hebt es auff / gedenckt / man kan es wohl ein mahl gebrauchen / Alſo ein fromer Chriſt / wenn er einen ſchoͤnen Troſt-Spruch hoͤret / er faſ - ſet / vnd behelt jhn / gedencket / er wird mir auch ein mahl nuͤtze werden. S. Chryſoſtomusgibt ein an - der gleichnuͤß / vnd ſaget / Wenn einer mit ſeinem Waſſerkruge zu einem Bruñ gehet / Waſſer zu ſchoͤp - fen / ſo gibt er gute achtung darauff / das nicht allein beym Waſſerbruñ ſein Gefaͤß voll ſey / ſondern das ers auch voll zu Hauſe bringe / vnd des Waſſers zu ſeiner noth gebrauchen koͤnne: Alſo ſollen die Chri - ſten auch geſinnet ſein / das Krieglein jhres Hertzens ſol nicht allein des Troſt-waſſers aus den Bruͤnlein Jſraelis voll ſein / weil ſie Gottes Wort hoͤren / ſon - dern ſollens auch fleiſſig bewahren / vnd behalten in jhrem Hertzen.

Vnd daß iſt das 3. wie ſich die Chriſten gegen Gottes Wort verhalten ſollen / Nemlich / tenaciter,C& fi -Chriſtliche& fideliter retinendo, wie hie Davidſaget: Jch wil deinen Befehl nimmermehr vergeſſen / Ein vergeß - licher Menſch / wenns zum hinſcheiden koͤmpt / wo her wil er troſt nehmen / weil auch offt einem fleiſ - ſigen der troſt entfallen kan? Darumb ſol ſich ein Chriſt alſo gewehnen / das er taͤglich in ſeinem Ge - bet vnd Andacht / die bekanten Spruͤche ſeinem her - tzen vorſpreche / das ſie jhm deſto gelaͤuffiger ſein in der letzten noth. Vnſere Wiederſacher im Bap - ſtumb pflegen den Sterbendẽ ein geweihetes Licht in die Hand zu geben / mit dieſen worten:Nim hin das Licht in deine Hand / Vnd fahr damit ins Vaterland. Wie aber / wenns Licht außgienge / vnd verleſche / wie es denn außgehen muß; Wo wil der arme Menſch hinfahren? Gottes Wort iſt ein Leuchte vnſer Fuͤſſe / vnd ein Licht auff vnſerm Wege / wel - ches nicht außgehet noch verliſchet / denn das wort des HErrn bleibet ewiglich / Vñ die ſich mit feſtem Glauben an daſſelbige halten / darauff leben vñ ſter - ben / die ſollen auch bleiben Ewiglich.

Die auff den HErrn hoffen / werden nicht fallen / ſondern Ewig bleiben / wie der Berg Sion. Stehet im 125. Pſal.
Perſo -Leich-Predigt.

Perſonalia.

AN diß Troſt-wort des HERRN hat ſich auch gehalten / vnd biß an jhren letzten Seufzer getroͤſtet / die weiland Erbare Viel thugentreiche Fraw Barbara/ geborne Pottermannin / des Eh - renveſten vnd Namhafften Herrn Caſpar Seif - ferts/ vornehmen Buͤrgers vnd Handelß-mannes allhie / hertzgeliebte Ehe-Fraw / welche / wie ſie Gottes Wort hertzlich geliebet / die Kirch bey geſunden lebetagen fleiſ - ſig beſucht / alſo iſt jhr in jhrem elend vnd langwierigen Siechtagen / daſſelbige jhr einiger vnd hoͤchſter Seelen - troſt geweſen / Wie offt / wie denn auch vor 14. tagen / hat ſie jhre Suͤnde jhrem Herrn Beicht-Vater / ja Gott im Himmel mit vielen threnen bekent vnd gebeichtet / hertz - liche vnd ſchmertzliche rew vñ leid vber dieſelbe getragen / Aber dieſelbe mit wahrem glauben / hertzlicher vnd Kind - licher zuverſicht geleget auff dem einigen Gnadenſtul vn - ſern HErrn vnd Heyland Jeſum Chriſtum / das vnſchuͤl - dige Laͤmblein Gottes / welches treget vnd hinweg nimpt alle vnſer Suͤnde.

Jhre Ankunfft anlangend / Jhr Herr Vater iſt ge - weſen der Ehrenveſte vnd Nahmhaffte Martin Potter - man/ fuͤrnehmer Buͤrger vnd Handelßman allhier / ein liebhaber Gottes Worts / vnd ein trewer Prieſter-freund.

Jhre Fraw Mutter die Erbare viel Ehr vnd Thu - gendreiche Fraw Barbara/ geborne Krauſin; Von dieſen Gottſeligen Eltern iſt viel ermelte Fraw ans licht dieſer Welt gebohren Anno Chriſti 1585. am Oſter-Montag / hat alſo nicht erfuͤllet das 40. Jahr jhres Alters. Von dieſen jhren ſehligen Eltern iſt ſie zu aller Gottesfurcht / Zucht / Thugend vnd Erbarkeit aufferzogen / fleiſſig zur Kirchen / zur Schulen gehalten.

C ijAnnoChriſtliche

Anno Chriſti 1602. Dienſtag nach Exaudi / hat ſie ſich mit conſens / raht / vnd gutachten der lieben Jhrigen in den Heyligen Eheſtand eingelaſſen / mit offt erwehne - ten Ehrenveſten vnd Nahmhafften Herrn Caſpar Seif - ferten/ vornehmen Buͤrgern vnd Handelß-man allhier / mit welchem ſie in ruhiger vnd friedlicher Ehe gelebet 23. Jahr / weniger 14. Wochen. Wie ſie nu jhren Herren hertzlich geliebet / vñ geehret / alſo hat ſie demſelben trew - lich vnd fleiſſig in der Nahrung vnd Haußhaltunge bey - gewohnet / dannenhero ſie reichlich von Gott geſegnet worden. Neun Kinderlein hat ſie mit vnd von jhrem lieben Herrn gezeuget / 6. Toͤchter vnd 3. Soͤhne / davon noch 2. Soͤhne vnd 2. Toͤchter im leben / die ſie zu aller zucht vnd vermahnung zum HErrn aufferziehen helffen / vnd zur Schulen gehalten. Vnd ob ſie gleich eine lange zeit bey 6. Jahren laͤgerhafftig geweſen / vnd vornehmer Herrn Medicorumrath gebraucht / das ſie in der Hauß - haltung wenig verrichten koͤnnen / hat ſie doch mit hertzli - chem Beten vnd ſorgen fuͤr jhren Herrn vnd Kinder nicht abgelaſſen / dannenhero jhre Nahrung durch jhre lang - wierige Niederlage nicht ab-ſondern zugenommen. Jſt alſo am Nehern Dinſtage / war der 28. Ianuarii / ſanfft vnd ſehlig eingeſchlaffen / da ſie kurtz zuvor geſaget:

Vnd wenn ich nicht mehr reden kan /
So nim mein letzten ſeufzer an /
Ach HErr Gott in die Haͤnde dein /
Laß dir mein Seel befohlen ſein.

Nu muß der hochbetruͤbte Witwer ſagen / vnd kla - gen: Mein liebſter vnd treweſter Schatz iſt nu dahin / die fuͤr mich vnd vnſern Kindlein trewlich geſorget / hertz - lich gebetet / iſt mir aus meinẽ Augen / vnd von meinen her - tzen weggeriſſen / Die meine Troͤſterin / meine Waͤrterin /vndLeich-Predigt.vnd Pflegerin ſein ſolte / habe ich verlohren / Die lieben Kinderlein winſeln / vnd ſagen: Wir ſind Waiſen / vnd haben keine Mutter: Ach das wir ſo geſuͤndiget haben. Nun jhr betruͤbten Hertzen trawret nicht alzu ſehr / Gott iſt vnd bleibet ein Vater der Waiſen / vnd ein Troſt aller Betruͤbten. Ewer hertzliebe Mutter iſt aus jhrem lang - wierigen Notſtand transferiret / vnd verſetzet in den Him - liſchen Frewden-ſtand / Sie hat vberwunden / vñ iſt durch den todt gedrungen in das leben. Kan nu froͤlich ſingen / vnd ſagen:

Nu hab ich vberwunden /
Creutz / leiden / angſt vnd nott /
Durch Chriſti heilig Fuͤnff Wunden /
Bin ich verſoͤhnet mit Gott.
Item:
Zum ſichern Port ich kommen bin /
Tod / Suͤnd / all Jammer fahr dahin /
Mit Chriſto hab ich fried vnd freud /
Vnd leb in Ewiger Seligkeit.

Gott erfrew jhr Seel in der Ewigkeit / verleihe dem Coͤr - per ein ſanffte ruhe in der Erden / vnd am Juͤngſten Tage / ſambt vnß / vnd allen Glaͤubigen / vnd Außerwehlten eine froͤliche Aufferſtehung zum Ewigen Leben. AMEN.

About this transcription

TextChristliche Leich- vnd Ehren-Predigt bey der Sepultur der weiland Erbarn Ehr vnd Thugendreichen Frawen Barbara Pottermannin
Author Martinus Seidemannus
Extent21 images; 3719 tokens; 1521 types; 24792 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationChristliche Leich- vnd Ehren-Predigt bey der Sepultur der weiland Erbarn Ehr vnd Thugendreichen Frawen Barbara Pottermannin Martinus Seidemannus. . 21 Johann RhambawGörlitz1625.

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Universitätsbibliothek Breslau Universitätsbibliothek Breslau, 4 A 277/7 / 343012

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Fraktur

LanguageGerman
ClassificationGebrauchsliteratur; Leichenpredigt; Gebrauchsliteratur; Leichenpredigt; ready; aedit

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Editorial principles

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  • dta@bbaw.de
  • Deutsches Textarchiv
  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
  • Jägerstr. 22/23, 10117 BerlinGermany
ImprintBerlin 2019-12-10T09:35:26Z
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ShelfmarkUniversitätsbibliothek Breslau, 4 A 277/7 / 343012
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