DenenEhrnveſten / Achtbarn / Wolgelahr - ten / Wolweiſen / vnd Wolbenambten Herrn. CHRISTIANO FABRO, J. U. C. vnd wolverord - neten Stadtſchreibern in Greiffenberg. Herrn JEREMIÆ Schepſen dem Eltern / vornehmen des Raths / vnd dieſer Zeit wol - verordneten Regierenden Burgermeiſtern der loͤbli - chen WeichbildsStadt Loͤwenberg. Des Sel. Soͤhnleins hertzgelieb - ten Vatern vnd Großvatern. Auch denen Erbaren / WolEhren vnd viel Tugentſamen Frawen SUSANNÆ Fabrin. Geborner Schepſin. Frawen CATHARINÆ Schep - ſin. Geborner Schepſin. Des Sel. Kindleins hertzgeliebter Mutter vnd GroßMutter.
Seinen allerſeits viel geehrten Gevattern vnd Großguͤnſtigen werthen Freunden. Offeriret vnd vbergibet zu derer Patrocinio dieſe gehaltene Leich vnd Troſt-Predigt. Chriſtian Adolph.
Des Ehrnveſten / Wolgelahrten vnd Wolbenahmten Herrn CHRISTIANI FABRI, J. U. Cand. Wolverordneten des Raths No - tarii vnd Stadtſchreibers allhier.
Vnd ſeiner vielgeliebten HaußEhre / Der Erbarn vnd viel EhrnLugend - reichen Frawen SUSANNÆ.
Geborner Schepſin.
Hertzgeliebtes einigen Soͤhnleins Nahmens JEREMIAS,
Zu ſeinem Grab vnd Ruhebettlein daher beleitet / vnd ſelbiges an jetzo nach gehaltener Troſt Predigt / der alten Mut -Ater2Leichpredig.ter der Erden / in die Schoß beyſetzen werden. Vnd erinnern vns hiebey / wie im Buͤchlein Ruth. cap. 1. verſ. 19. beſchrie - ben ſteht / welcher maſſen die gantze Stadt Bethlehem der Naëmi zu jhrer Ruͤck - vnd Ankunfft gratuliret, Gluͤck vnd Segen wuͤnſchet: Sie aber balde darauffer lamentiret, klagt vnd ſagt: Ach heiſt mich nicht Naëmi, ſondern Mara, Mara, denn der Allmaͤchtige hat mich ſehr betruͤbet.
Als haben die ernenten lieben Eltern / auch biß anhero eine vnd andere gratulation vnd Gluͤckwuͤntſchung vber jh - rem lieben Soͤhnlein gehoͤret / vnd jhꝛe Hertzen damit erfrewet: Jetzo aber hoͤren wir hinwiderumb eine hertzbrechende Lamen - tation / daß ſie ſagen: Ach der Allmaͤchtige hat vns ſehr betruͤ - bet. Vnd freylich / denn jhnen jhr liebſtes einiges Soͤhnlein in Todte entfallen / vnd jhnen dahero jhr Eheſtand zu einem Mara gemacht worden / denn der Allmaͤchtige hat ſie ſehr be - truͤbet.
Damit nun die betruͤbte Eltern vnd Groß-Eltern auß - bevorſtehender Leichenpredigt / heilſame Lehre vnd kraͤfftigen Troſt faſſen moͤgen bitten wir GOtt / daß er hierzu ſeines H. Geiſtes beyſtand mildiglich verleyhen wolle / Vnd etc.
Von den betruͤbten Eltern erwehlet / vnd außgeſetzt / wird beſchrieben im Buch der Weißheit Cap. 4. verſ. 7.
ABer der Gerechte / ob er gleich zu Zeitlich ſtirbt / iſt er doch in der Ruhe(denn3Leichpredig.(denn das Alter iſt Ehꝛlich / nicht das lan - ge Lebet / oder viel Jahr hat / Klugheit vn - ter den Menſchen iſt das rechte grawe Haar / vnd ein vnbefleckt Leben iſt das rechte Alter) denn er gefelt GOtt wol vnd iſt jhm lieb / vnd wird weggenom - men aus dem Leben vnter den Suͤndern / vnd wird hingeruͤckt / daß die Boßheit ſeinen Verſtand nicht verkehre / noch fal - ſche Lehre ſeine Seele betriege. Denn die boͤſen Exempel verfuͤhren vnd verderben einem das gute / vnd die reitzende Luſt verk hret vnſchuldige Hertzen / er iſt bald Vollkommen worden / vnd hat viel Jahꝛ erfuͤllet / denn ſeine Seele gefelt GOtt / darumb eylet er mit jhm auß dem boͤſen Leben.
GEliebte Chriſten. Es waͤchſet die Liebe der El - tern gleichſam jmmerdar mit jhren Kindern / vnd ſaget hiervon ſehr wol vnd recht der weiſe Seneca; Fructuoſior eſt adoleſcentia libe -A ijrorum,4Leichpredigt.rorum, ſed infantia dulcior. Das iſt: Kleine Kinder bringen Luſt: groſſe Kinder bringen Ehre vnd Nutz. Al - ſo / daß dannenhero vnſere Kinder ſie ſind Klein oder Groß bertzlichen geliebet werden.
Wenn vnſere Kinder zur Welt gebohren werden / ſo iſt die Liebe gegen ſie ſo bald groß / daß eine Mutter nicht mehr gedencket an die Angſt / vmb der Frewde willen / daß der Menſch zur Welt gebohren iſt. Joh. 16.
Wenn ſie anfangen ein wenig zu ſitzen / zu Kirmeln vnd Liebaͤugeln; ſo ſind ſie in vnſern Augen wie die Spielroͤg - lichen. Denn ob man einen Vogel gleich nicht verſtehet / hat man doch Luſt an ſeinem ſingen: alſo ob man gleich nicht weiß was die lieben Kinder lallen / iſt es vns doch annehmlich ſie zu hoͤren / alſo daß ihm auch GOtt in dem Munde der Vnmuͤn - digen vnd Seuglingen eine Luſt / Lob / vnd Macht bereitet hat / wie die Schrifft redet / Pſal. 8. v. 3.
Wenn ſie anfangen zu Lauffen vnd zu Reden / vnd koͤnnen alles Wercklich fuͤrbringen / da ſteiget gleich die Lie - be bey den Eltern in einen hoͤhern Grad / alſo / daß wir in ſol - cher Liebe offt ſelber gleich wie zu Kindern werden / Kindiſch mit jhnen reden / vnd rechte Kinderwercke mit jhnen fuͤrneh - men wie der Lacedemonier Koͤnig Ageſilaus / der mit ſeinen Kindern auff Stecken in der Stuben herumb ritte; Bat ſei - nen Diener / der ſolches ſahe nicht nach zuſagen / biß er auch ein - mal wuͤrde Kinder haben.
Wenn vnſere Kinder nun erwachſen / daß ſie in die Schule gehen / oder zu was andern koͤnnen gehalten werden / da machen wir vns allerley groſſe Sperantz, vnd ſchreiben jh - nen viel vnd groſſe Ding zu / welches alles die geſchoͤpffte groſ - ſe Liebe vervrſachet. Daher nennt Menander die Kinder Philtra oder Liebestraͤncke / wenn er ſpricht: O Filii filii,quan -5Leichpredigt.quantum eſtis philtrum humanæ menti. O Kinder Kin - der / jhr ſeyt wie ein Liebes Tranck dem Menſchlichem Gemuͤ - the eingefloͤſſet. Denn gleich wie ein Philtrum zu groſſer Lie - be dienen ſoll: alſo dienen auch die Kinder darzu / daß die Lie - be in vnſern Hertzen vber jhnen deſto groͤſſer werde.
Ob nun Gott die Chriſtlich betruͤbte Eltern / diß an jh - ren ſeligen Soͤhnen nicht allermaſſen erfahren laſſen / ſo haben ſie doch deſſen einen guten Theil erfahren / an jhrem einzigen Toͤchterlein. GOtt erhalte jhnen ferner dieſen jhren einzigen Augentroſt / vnd laſſe ſie viel Troſt vnd Frew - de hieran ſehen vnd erleben.
Iſts aber nicht auch alſo / Ihr meine lieben? Wenn Kinder erwachſen ſeyn / vnd von den Eltern in die Frembde ſollen verſchickt werden / daß da[e]rſt der Kummer vber jhnen angehet / wie zu ſehen Tobiæ. 10. v. 14. an der Mutter des jungen Tobiæ.
Aber ſo groß der Kummer geweſen / vber jhrem Abzuge / ſo groß vnd viel viel groͤſſer wird die Frewde / wenn ſie gluͤck - lich wider kommen / wie an Jacob zu ſehen / da jhme jetzo gute Poſt von ſeinem Sohn Joſeph kam / Revixit Spiritus ejus, er war gleich wie wider Lebendig / der zuvor fuͤr Trawrigkeit er - ſtorben war / vnd ſprach / Sufficit, nun hab ich gnung / weil mein Sohn Joſeph lebet. Gen. 45. verſ. 28.
Daß nun heut die Chriſtliche Eltern vnd geehrte Groß - Eltern hertzlich betruͤbet ſind / das macht / es hat jhr liebes Kind vnd Kindes Kind ſich auff die Wanderſchafft begeben / vnd vollzogen die Walfahrt davon Jacob ſagt. Gen. 47. v. 9. Die Zeit meiner Walfart iſt hundert vnd dreyſig Jahr.
Wenn aber die betruͤbte Eltern vnd GroßEltern beden - cken / mit was Ehr vnd Frewden ſie am Juͤngſten Tage das ſelige liebe Kindlein werden wider ſehen / ſollen ſie mit Davidjhre6Leichpredigt.jhre Thraͤnen abwiſchen vnd ſagen: Nun es Tod iſt / was ſoll ich Faſten / kan ich es auch wider holen? ich werde wol zu jhm fahren / es koͤmpt aber nicht wider zu mir.
Dieſe Chriſtliche Gedult / beſcheidenheit vnd Troſt / wird nun ſonderlich erwecket werden / in den Hertzen der be - truͤbten Eltern / bey abgeleſenem Text / den ſie jhnen ſelber auß - erleſen.
Da bey wollen wir mit einander reden / De liberorum piè defunctorum liberatione & exaltatione. Wo von fromme Chri - ſten Kinder im Todte entfreyet: vnd worzu ſie durch den Todt befoͤꝛdert wer - den.
GOtt laſſe es vns zur ſeligmachenden Lehr vnd heilſa - men Troſte kaͤfftiglich dienen vnd gereichen / Amen.
ES iſt der Todt der Chriſten / vnd alſo abſonderlich der zarten vnſchuldigen Kinder eine Erloͤſung oder Auff loͤſung / wie S. Paulus redet in der Epiſtel an die Phi - lipper. cap. 1. v. 23. Cupio diſſolvi: Ich begehre auffgeloͤſt zu ſein. Da er denn durch ſolche auffloͤſung ſeinen Todt ver - ſteht / wie es der Herr Lutherus in der Teutſchen Verſion ge - geben: Ich habe luſt abzuſcheiden.
Es thut es aber Paulus darumb daß er vnſern Todt ein Auffloͤſung nennt weil wir allenthalben mit vielen Netzen vnd Stricken vmbgeben ſind / wie dem Gottſeligen Antonio zur Zeit in einem Geſicht gezeiget worden / wie die gantze Welt mit Garn vnd Netzen vberzogen ſey / daß er fuͤr Angſt vnd Er - ſchrecken außgeruffen: Ah quis effugiet? Ach Ach wer ſollvnd7Leichpredigt.vnd kan nun hier entgehen / daß er nicht gefangen werde? Da dann ein himliſche Stim̃ jhm geantwortet; Orantes & ſe - curitatem vitantes, die werden nicht gefangen / ſo Andaͤch - tig Beten vnd nicht ſicher ſeyn.
Dahero wird der Teuffel auch ein Jaͤger genennt im 91. Pſalm v. 3. Der da ſeine Garn vnd Netzen auffzeucht / die Menſchen Kinder zufahen / wie die Chriſtliche Kirche davon zu ſingen pflegt:
‘Legt Garn vnd Strick braucht falſche Liſt / Daß er verderb was Chriſtlich iſt. ’ ()Wer nun Selig ſtirbt / deſſen Todt iſt eine rechte Erloͤ - ſung vnd Auffloͤſung / daß er auß ſolchen Garn vnd Netzen ge - riſſen vnd gerettet wird.
Eben dahin ſiehet auch vnſer abgeleſener Text / vnd wei - ſet vns /
Das I. iſt Venenum iniquitatis & petulantiæ Die hochſchaͤdliche Suͤndengifft.
Davon werden die Kinder durch fruͤhzeitigen Todt er - loͤſet / wie in vnſerm Text ſtehet: Sie werden weggenom - men aus dem Leben vnter den Suͤndern / daß die Boß - heit jhren Verſtand nicht verkehre.
Ach wie wahr vnd artig redet hier die himliſche Weiß - heit / daß wir nemblich in dieſem Leben ſind in medio peccato - rum, zumahlen in hoc ultimo & protervo ſeculo, da die Welt gleich auff der Neige iſt / vnd derſelbigen letzten Grund -Bſuppe8Leichpredigt.ſuppe fortgehet / da die Heiligen gantz abgenommeen haben / vnd der Glaͤubigen wenig iſt / Pſal. 12. v. 1.
Rari quippè boniAch GOtt von Himmel ſih dareinVnd laß dich das erbarmenWie wenig ſind der Heiligen dein.
Vnd im heutigen Sontags Evangelio des 14. Trinita - tis fraget Chriſtus / Novem ubi? Wo ſind aber die Neune. Denn vnter Zehen iſt kaum einer der ſich zu GOtt kehret / vnd jhm die Ehre gibet.
Gleich wie es nun gefaͤhrlich vnter Loͤwen vnd Dra - chen vnd vnter gifftigen Schlangen vnd Wuͤrmern zu woh - nen / denn wenn man der Schlangen zu nahe koͤmpt ſo ſticht ſie / ſagt Sir. 21. verſ. 2. Alſo vnd noch viel mehr iſt es gefaͤhrlich mitten vnter den Suͤndern wohnen / wie allhier vnſer Buch der Weißheit im Text anzeigt vnd ſpricht: Die boͤſen Exem - pel verfuͤhren vnd verderben einem das gute.
Eben diß beklagt auch die Weißheit Cap. 14. verſ. 26. Das vnter andern Suͤnden auch im Schwang gehe: Der jungen Hertzen aͤrgernuͤß.
Ach junge Kinder vnd zarte Hertzen koͤnnen leicht geaͤr - gert vnd mit Suͤnden angeſtecket werden. Denn gleich wie ein klein Fuͤncklein zu einem groſſen Fewer werden kan / wenn der Wind drein blaͤſet: Alſo kan die boͤſe Luſt welche im Menſchlichem Fleiſch vnd Blut brent / durch boͤſe Exempel leicht auffgeblaſen vnd zum groſſen Fewer gemacht werden. Maſſen die Kinder eher vnd mehr ſuͤndigen imitatione quam corruptione, mehr durch boͤſe Exempel verfuͤhrt / als von boͤſer Luſt geruͤhrt. Sie ſind gleich den Affen / die alles nachthun: Gleich dem Wachs / das in alle Formen kan verwandelt werden: Gleich dem Zunder das da Leich -te fengt:9Leichpredigt.te fengt: Gleich den jungen Vogeln / die ein Ding bald lernen nachpfeiffen. Vrſach deſſen iſt / die ſuͤndige Luſt ſteckt in jhrem Fleiſch vnd Blut / daher jhres Hertzens dichten vnd trachten boͤſe iſt von Jugend auff. Geneſ. 8. verſ. 21. Da - von auch hier in vnſerm Text ſteht: Die reitzende Luſt ver - kehret vnſchuldige Hertzen.
Derwegen ſollen wir vns je ja mit allem fleiſſe huͤten / daß wir die liebe Jugend nicht aͤrgern / wie vns Chriſtus trew - lich hierzu ermahnet / auch die mit groſſer Straffe betrewet / die fuͤr jhnen aͤrgerlich leben werden da er ſpricht: Wehe dem Menſchen durch welchen Ergernuͤs koͤmpt / es were jhm beſſer / daß ein Muͤhlſtein an ſeinem Hals gehencket / vnd erſaͤuffet wuͤrde im Meer / da es am tieffeſten iſt. Der alte Lebrer Hieronymus ſchreibet vber dieſe Wort / daß bey den Juden der Brauch geweſen / wenn einer ein groß Laſter begangen / man jhm einen groſſen Stein angehenckt / verſenckt vnd er - traͤnckt. Dieſe Straff wird denen ſo die Jugend aͤrgern auch von Chriſto zu erkennt / als die nicht wuͤrdig ſind / daß ſie von der Sonnen ſollen beſchienen werden.
Aber O wie wenig ſind die dieſe groſſe Suͤnde recht erwe - gen vnd bedencken! Darumb darffs nicht viel fragens woher es komme / daß jetzo die Jugend ſo frech / ſo muthwillig vnd in allen Suͤuden erfahren ſey?
Daher ſingt vnd ſeufftzt die Chriſtliche Kirch.
B ijDie10Leichpredigt.Mundus eſt ſicut meretrix, quæ deſiderio pulchritu - dinis ſuæ ad concupiſcentiam trahit videntes eam ſagt Caſmanus de mundo immundo f. 39. Gleich wie ein vnzuͤch - tig Weib mit jhrer ſchoͤnen Geſtalt vnd Kleidung die Bul - ſchafft zu ſich lockt; alſo fuͤhret die Welt durch jhr Exempel auch andere zu Suͤnden an.
Weil nun dem alſo vnd die Welt ſo gar im Argen ligt 1. Joh. 5. v. 19. So dencket jhr liebe Chriſtliche Vater - vnd Mutterhertzen / auß was Noth vnd Gefahr der heilige GOtt ewer liebes Kind errettet / in dem er es durch ein ſeliges Ster - ben mitten vnter den Suͤndern weggeriſſen.
Jetzo iſt ſein Seelichen in conſortio Angelorum, mit - ten vnter den H. Engeln / da es lauter heilige Dinge hoͤꝛet; heili - ge Dinge ſiehet: heilige Dinge lehret: vnd heilige Ding ver - vbet. Es iſt nun erloͤſet von allem Vbel / von allen Suͤnden / vnd von allen Ergernuͤſſen. Es iſt weggeriſſen vnter den Suͤndern / vnd kan in Ewigkeit nicht mehr verfuͤhret / noch von der Suͤnde beruͤhret werden.
Das II. iſt Venenum incredulitatis & Idololatriæ Die Grund verderbliche Seelengifft fal - ſcher vnd jrriger Lehre.
Davon werden die lieben Kinder durch zeitlich Abſterben erloͤſet / wie in vnſerm Text ſteht: Noch falſche Lehre ſeine Seele betriegen.
Dem gottſeligen alten Macario begegnete zur Zeit der Teuffel wie ein Tyriacks Kraͤmer / mit allerley FlaſchenBuͤxen11Leichpredigt.Buͤxen vnd Salben behangen / fuͤr gebend / er gehe herumb vnd ſehe auff Gelegenheit wie er den Leuten ſeine gifftige Salbẽ an - ſchmieren / vnd ſie dadurch zu ſeinem Suͤndendienſt bewegen moͤge. Vnd O freylich / iſt der Teuffel bemuͤht / vnter andern vornehmlich auch die Seelengifft falſcher jrriger Lehre den Menſchen beyzubringen.
Er ſaͤet allzeit ſein Vnkraut aus Matth. 13. v. 25. vnd wolte gern in eins / vnd wanns moͤglich were auff einen Biſſen Gottes Volck vnd Kirche verſchlingen / wie vorgebildet wird iu der Offenbahrung Johann. cap. 12. verſ. 4. Vnd wird da - her deſto groͤſſer / weil jhm der Teuffel einen groſſen Anhang falſcher jrriger Lehrer macht / wie zu leſen 1. Reg. 22. v. 22. Da ſich der Sathan anbeut / er wolle Ahab verfuͤhren vnd fellen / alſo daß er außgehen vnd ein falſcher Geiſt ſeyn wolle in aller ſeiner Propheten Munde.
Das iſt nun zumahlen ein rechter groſſer Kinderkummer in dieſen jetzigen gefaͤhrlichen Zeiten.
Da dencket manch Chriſtlich Vater - vnd Mutterhertz / wenn es die Gefahr betrachtet / vnd die Verfolgunge ſiehet: Ach ich habe ja meines Glaubens vnd Religion guten vnd rich - tigen Grund / daß ich weiß was ich glaͤube / dabey wil ich auch Leben / Sterben / vnd alle Verfolgung willig leiden / hoffent der getrewe GOtt werde mich in ſolchem guten Vorſatz ſtaͤr - cken / vnd bey wahrer Beſtaͤndigkeit erhalten: Aber vmb die lie - ben Kinder / vmb die Kinder iſts zu thun / die moͤchten heut o - der morgen nach meinem Tode verfuͤhret vnd mit falſcher Leh - re eingenommen werden.
Denn wie offt geſchichts / daß die Kinder nach der Eltern Todte in frembder Leute Haͤnde kommen / vnd vbel verfuͤhrt werden. Ja es geſchicht wol offt bey der Eltern leben / daß die Kinder vom wahren Glanben jrre gefuͤhrt werden vnd da -B iijhin12Leichpredig.hin fallen. Entweder auß Leichtfertigkeit / wie Ja - cob von ſeinem Sohn Ruben ſagt / da er jhm ſein Bette im auffſteigen beſudelt. Er fuhr Leichtfertig dahin wie Waſ - ſer. Denn durch das Bette Jacob wird die Juͤdiſche Syna - goga verſtanden / wie Lutherus in gloſſa marginali errin - nert die ſich mit falſcher Lehre beſudelt. Alſo beſudelt manch vngerathen Kind ſeines Vaters Lager / in dem es liederlich vnd leicht von wahren Glauben abfelt. Etliche aber thuns auß Hoffart / ein Ampt vnd Genießlichen dadurch zu erlan - gen / vnd dieſe beten das guͤldene Kalb an Exod. 32. v. 4. Offt geſchichts auch etwan vmb einer Heurath willen / drumb wil Abraham nicht daß jhm Iſaac ein Weib vnter den Heydniſchen Leuten den Cananitern nehmen ſoll. Gen. 24. v. 3. Wie denn Salomo durch die Heydniſche Weiber bethoͤ - ret worden / jhre Grewel anzunehmen 1. Reg. 11. v. 4.
Darumb wir wol ſeufftzen vnd mit andaͤchtigem Hertzen ſagen moͤgen.
Wie denn auch David daher vmb verlaͤngerung ſeines Leben bittet im 71. Pſalm verſ. 18. Biß er den Arm des Her - ren verkuͤndige Kinds Kindern / vnd ſeine Krafft allen die nach jhm kommen ſollen.
Nun denckt vnd bedenckt jhr Chriſtlichen Eltern vnd GroßEltern: GOtt hat ewer liebes Kind derer Ge - fahr vnd euch deſſen Kummers befreyet.
Hier13Leichpredig.Hier in dieſer Wolthat zur Zeit das liebe Kind niemand verfuͤhren koͤnnen / denn es nicht gewuſt was Linck oder Recht. Jon. 4. v. 11. vnd alſo gehabt wie vnſer Text ſagt: Ein vnbefleckt Leben.
So kan es auch hinfuͤro noch viel weniger verfuͤhrt wer - den / denn es iſt nun in der Himliſchen Vollkommenheit: Es iſt bald vollkommen worden / à DEO & in DEO doctus, recht Gottsgelehrt. Darumb wird falſche Lehre ſeine Seele nun nicht betriegen.
Dieſen Troſt laſſet nun in ewren Hertzen kraͤfftig bleiben vnd wolbekleiben.
Wenn jhr ewer Kind hettet ein wenig erziehen vnd es bey vornehmer Leute information wiſſen ſollen / wie wuͤrdet jhr euch deſſen erfrewet / vnd getroͤſtet haben / hoffend / kuͤnfftig Ehr vnd Frewde an ſelbigem zu erleben.
Nicephorus ſchreibt / daß Keyſer Theodoſius es offt GOtt gedanckt / daß zu ſeiner Zeit der gelehrte vnd vortreffli - the Mann Arſenicus gelebt / damit er jhm ſeine Soͤhne Ar - cadium vnd Honorium lehren vnd vnterweiſen koͤnnen.
Barſillai frewet ſich daß er ſeinen Sohn an des Koͤnigs Davids Hoff gebracht / 2. Sam. 19. v. 37. Wie vielmehr jhr Chriſtliche Eltern / ſollet jhr euch troͤſten vnd frewen / daß ewer liebes Soͤhnlein ſchon in die Himliſche hohe Schul ver - ſchickt vnd angenommen worden / vnter lauter Heiligen woh - net vnd mit heiligen Hertzen lauter himliſche Dinge faſſet / in GOTT vnd bey GOtt wol vnd reichlich verſorget vnd ver - ſehen iſt.
Das III. iſt Venenum calamitatis & miſeriæ Die Fewerbrennende Creutzgifft.
Davon14Leichpredigt.Davon entfreyet die lieben Kinder der fruͤhzeitige Toot / wie hier vnſer Text ſagt: Darumb eilet er mit jhm auß dem boͤſen Leben.
Boͤſe iſt dieſes zeitliche Leben (1.) reſpectu Diaboli, denn der boͤſe Geiſt ein Fuͤrſt der Welt / gewaltig wider die Menſchen ſtreitet / Epheſ. 6 v. 11.
Boͤſe (2.) reſpectu mundi immundi, denn die Welt - kinder ſind boͤſe vnd ligen im argen 1 Joh. 5. v. 19.
Boͤſe (3.) reſpectu peccati, denn wir koͤnnen vns des boͤſen vnd der Suͤnden nicht ſo gar enthalten / weil in vnſerm Fleiſche nichts gutes wohnet / wie Paulus ſchreibet Rom. 7. v. 18
Boͤſe (4.) reſpectu periculi, denn hier ſtehet ein Menſch in allerley Noth vnd Gefahr / vnd diß Leben iſt ein elend jaͤmmerlich ding Sir. 40. v. 1. alſo daß der Menſch gleich iſt Compendium miſeriæ, da alles Vngluͤck jhnen zu hauf - fen ſtoͤſſet.
Totum quod homo eſt, calamitas eſt. Ach es iſt doch alles an den Menſchen Elend / Creutz vnd Vngluͤck. Daher die Thracier weineten wann jhnen ein Kind gebohren ward / weil ſie betrachteten / daß es zu vielen Elend gebohren wuͤrde.
Summa, Es bleibt wol mit den Menſchen / vnd ſonder - lich mit den Kindern GOttes bey des Herrn Chriſti Pro - gnoſtico Johann. 16. verſ. 33. In der Welt habt jhr Angſt. Wie ſolches auch das ſelige Kindlein vnd die lieben Eltern mit jhm erfahren / vnd bey ſeiner Kranckheit vnd vbeln Auffſein manchen Hertzensſchmertz fuͤhlen muͤſſen: Denn der Kin - der Creutz iſt auch der Eltern Creutz / welches jhnen je ſchmertzlicher iſt / als wenn ſie es an jhren eigenen Leibe fuͤh - len ſolten.
Denn gleich wie die Medici denen ſo am Hauptweheligen15Leichpredigt.liegen / etwan die Fuͤſſe baden vnd ſalben laſſen: Vnd denen die an den Augen ſchmertzen haben / Artzney vnd Pflaſter in den Nacken legen / vnd dadurch den Schmertz fortziehen vnd zertheilen: Alſo machts auch vnſer lieber GOtt. Er ſchlaͤgt die Kinder vnd leſt die Eltern weinen. Er legt die Oelzweige vnter die Preß / daß den Eltern die Augen davon vbergehen: Damit bringet er es bey den Eltern ſo weit / daß ſie jhm jhre Kinder deſto williger folgen laſſen / da ſie ſonſten zu feſte mit halten wuͤrden. Ja ſo gar werden die Eltern durch der Kin - der Leid vnd Kranckheit beweget / daß ſie GOTT noch darzu bitten / daß er jhre Kinder hinweg nehmen wolle.
Ich muß ewer Liebe ein Gleichnus de tempore geben. Sehet vnd bedencket / wie weit habens die Soldaten jetziger Zeit bey vns bracht / vnd vns ſo mild gemacht / daß wir ſie offt vmb Gotts willen bitten / daß ſie nur das Geld von vns neh - men wollen. Womit aber haben ſie es darzu gebracht? Nicht mit Glimpff vnd guten Worten / ſondern mit jhrem Trotz / vnd gewaltſamen Beginnen / alſo / das man nur ein aͤrgers verhuͤte.
Alſo auch / wenn es vns GOtt jmmer lieſſe wolgehen / wuͤrden wir nicht gern auß der Welt wollen / auch die vnſrigen GOtt vngerne folgen laſſen: Drumb muß ſich GOTT mit Creutz vnd Kranckheit was ernſter erzeigen / an vns lauffen wie ein Gewaltiger Job. 16. v. 14. daß wir nicht allein davon Daumeln Pſal. 60. v. 5. ſondern wol gar darnieder fallen vnd liegen bleiben / daß / da es zuvor bey guten Tagen vnd Gluͤck geheiſſen / wie im 10. Pſalm v. 6. ſteht: Ich werde nimmer - mehr darnider ligen. Da heiſts alsdenn:
‘Hier ligich armes Wuͤrmelein Kan regen weder Hand noch Bein’ ()CDa16Leichpredigt.Da geben vnd ergeben wir vns denn mit vnſern Kindern / vnd Practiciren erſt recht was wir vormahlen geſagt vnd ge - ſungen:
Alſo muß vns GOtt gleich vnſere Kinder abnoͤti - gen. Denn das Vaterrecht vnd der Vaͤterliche affectus iſt bey jhm je weit groͤſſer als bey vns / des wil er ſich nicht ver - zeyhen. Vnd darumb ſagt auch vnſer Text: Er gefelt Gott wol vnd iſt jhm Lieb. Drumb reiſt er ſie alſo hinweg fuͤr mehrem Vngluͤck wie Eſaias ſagt cap. 56. v. ult.
Vnd alſo hat ewer Liebe hiebey von der Weißheit ver - nommen / daß GOtt darumb mit den lieben Kindern auß der Welt eile / auff daß er ſie durch fruͤhzeitiges Abſterben von der Suͤnde / falſche Lehre vnd vielem Creutz vnd Leiden er - loͤſe.
Es weiſet vns aber der abgeleſene Text auch
Worzu Gott vnſere Kinder durch fruͤhzeitigen Todt bringe vnd befoͤrdere.
Da werden nun im Text zweyerley Wolthaten erzehlet. Die I. iſt Ruhe / wie die Weißheit Salomonis allhier im Texte ſagt: Der Gerechte ob er gleich zu Zeitlich ſtirbt / iſt er doch in der Ruhe.
Durch den Gerechten wird allhier niemand anders verſtanden als ein Chriſtglaͤubiger Menſch / der aus Waſſer vnd dem heiligen Geiſt Widergebohren Joh. 3. v. 3. Vnd durch den Glauben an Chriſtum gerecht worden Rom. 3. v. 5. Vn -ter17Leichpredigt.ter welche auch ſonderlich die lieben vnd vnſchuldigen Kinder zu rechnen ſind.
Die fuͤhret jhm nun GOtt durch den Todt zur Ruhe. Denn diß Leben wenns gleich auffs koͤſtlichſte iſt / ſo iſts Muͤhe vnd Arbeit Pſalm 90. v. 10. Der Menſch vom Weibe gebohren iſt voller Vnruhe / gehet auff wie ein Blu - me / Job. 14. v. 1. Ein Blume aber / die muß manches Vn - gewitter außſtehen / vnd wird vom Winde hin vnd her getri - ben: Alſo iſts auch beſchaffen mit dem Menſchen / der muß jh - me manchen rauhen Wind laſſen vnter Augen gehen / vnd wird offt von einem Vngluͤck in das ander getrieben. Wie denn GOtt ſelber Eſaiæ 54. v. 11. ſeine Kirche nennet / eine E - lende vber welche alle Wetter gehen.
Wenn wir aber im Todte eingeſchlaͤffet werden / da hoͤ - ret alle Muͤhe / alle Arbeit / alle Noth vnd Jammer auff. Da heiſts /
Da heiſts:
‘So ſchlaff ich ein Vnd ruhe fein Kein Menſch kan mich auffwecken. ’ ()Wie von ſolcher Ruhe Eſaias cap. 56. v. ult. ſagt: Sie ruhen in jhren Kammern. Vnd verſtehet durch die Kammern nichts anders als die lieben Grabſtaͤdlichen / darin die ſelig ver - ſtorbenen Leiber jhr requiem biß zum Juͤngſten Tage halten werden. Von welcher Ruhe auch die himliſche Stimme Pre - digt Apoc. 14. v. 13. Selig ſind die Todten die im Herrn ſterben von nun an. Ja der Geiſt ſpricht / daß ſie ruhen von jhrer Arbeit.
C ijO wie18Leichpredigt.O wie wol ruhet nun das liebe Kindlein in ſeinem Sarck vnd Schlaffkaͤmmerlein / Ach wie ſo mancher Vn - ruhe / Muͤhe vnd Arbeit iſt es entgangen vnd abgeſtorben.
Im Himmel wird es mit allen ſeligen Außerwehl - ten ewige Ruhe haben vnd finden / wie davon Eſaias ſagt Cap. 32. verſ. 17. Der Gerechtigkeit Frucht wird Friede ſeyn / vnd der Gerechtigkeit Nutz wird ewige Stille vnd Sicherheit ſeyn; Denn mein Volck wird in Haͤuſern des Friedes woh - nen / in ſichern Wohnungen vnd in ſtoltzer Ruhe. Das heiſt wie vnſer Text ſagt: Der Gerechte ob er gleich zu Zeitlich ſtirbt / iſt er doch in der Ruhe.
Die II. Wolthat iſt vollkommenheit. Davon vn - ſer Text alſo redet: Er iſt bald vollkommen worden vnd hat viel Jahr erfuͤllet.
Worinnen aber ſolche Vollkommenheit vnd rechtes Al - ter beſtehe / zeiget die Weißheit Salomonis in vorhergehenden Wotten an / vnd machet zwey Stuͤcke namhafftig.
Das I. iſt Sapientia Klugheit / durch welche nichts anders verſtanden wird als das wahre Erkaͤndnus GOttes / wie es David bezeuget im 111. Pſalm verſ. 10. Die Furcht des Herrn iſt der Weißheit Anfang / das iſt eine feine Klug - heit. Solche Erkaͤndtnus GOttes pflantzet GOtt der hei - lige Geiſt auch in die Hertzen der kleinen Kinder / vnd wircket in jhnen Frewde vber Chriſto / wie in Johanne Luc. 1. v. 44. vnd Glauben an Chriſtum / wie davon Chriſtus ſelber zeuget Matth. 18. v. 6.
In ſolchem Erkaͤndtnus GOttes vnd Chriſti / werden ſie nun im Himmel vollkommen. Vnd iſt jhr Alter Ehrlich / ob ſie gleich nicht viel Jahre haben / weil ſie nur das Erkaͤnt - nus Chriſti / wahren Glauben / vnd den heiligen Geiſt haben.
Das19Leichpredig.Das II. iſt Vita immaculata Ein vnbeſtecktes Le - ben. Ein vnbeflecktes Leben aber fuͤhren / heiſt nicht gantz Engelrein / ſondern abgewaſchen / gerecht vnd geheiliget ſeyn / durch den Herrn JEſum / wie S. Paulus ſagt 1. Cor. 6. v. 11. Solche Leute ſind fuͤr GOtt Vollkommen vnd Alt ge - nug / ſterben nimmer zu zeitig oder fruͤhe.
Vnter welche denn auch ſonderlich die kleine Kinder zu rechnen / als die wegen jhres vnbefleckten Lebens vnſchuldi - ge Kinder genennet werden. Welches aber nicht geſchicht / in ſenſu Theologico, Theologiſcher weiſe davon zu reden / denn da iſt fuͤr GOtt kein Menſch nicht vnſchuldig Exod. 34. v. 7. Sondern vnſchuldige Kinder werden ſie genennt in ſen - ſu Politico, Politiſcher weiſe davon zu reden / nemblich com - paratè / wenn man ſie gegen andere erlebete Menſchen helt / die viel vnd wiſſentlich geſuͤndiget / gegen welche die Kinder fuͤr vnſchuldig zu rechnen ſind,
So leſt ſich auch Gottes Geiſt offt in Kindern vnd jungen Leuten alſo ſpuͤren / daß ſie an Tugend vnd Froͤm̃igkeit die Altẽ weit vbertreffen wie Ambroſius von der Jungfrawlichẽ Mar - tyrin Agnete ſchreibet daß ſie geweſen Corpore juvencula; animo cana; pulchra facie, pulchrior fide. Dem Leibe nach ein junges Maͤgdlein / dem Gemuͤthe nach Alt vnd ver - ſtaͤndig: Schoͤn von Geſicht / aber weit ſchoͤner im Glauben.
Vnd Caſſiodorus ſagt: Multi juvenes morum gra - vitate maturi ſunt, viel Junge Leute alteren ſich wol in der Tugend. Da hingegen mancher Alter Narr / in lauterm Muthwillen vnd Frevel aͤrger als ein Kind lebet. Vnd das ſind die Kinder von hundert Jahren davon Eſaias ſagt cap. 65. verſ. 20.
Allermeiſt aber macht GOtt die Kinder vollkommen im Todte / denn da bringt vnd befoͤrdert er ſie zu dem Ewigen Le -C iijben /20Leichpredigt.ben / vnd macht ſie Vollkommen I. in ſenecta, da werden ſie ſich wol altern vnd viel Jahr erreichen. Was jhnen hier an Jahren vnd Alter abgegangen / das wird jhnen dort Ewig zu gehen. Hier iſt nach Moſe Außſpruch das hoͤchſte Ziehl des Lebens Achtzig Jahr. Pſal. 90. verſ. 10. Aber dort fuͤr dem Herrn werden tauſend Jahr ſeyn wie ein Tag 2. Pet. 3. v. 8. Da wirds heiſſen non moriar ſed vivam, Ich wer - de nicht ſterben / ſondern Leben. Pſal. 118. verſ. 17.
Er macht ſie Vollkommen II. in ſcientia, in der Weißheit vnd Wiſſenſchafft / welches hier nur Stuͤckwerck iſt: Dort aber wird das Stuͤckwerck auffhoͤren / vnd das Voll - kommene angehen. 1. Cor. 13. v. 9.
Er macht ſie Vollkommen III. in juſtitia & glo - ria, in der Gerechtigkeit vnd Herrligkeit. Denn hier Wallen wir in Leibe 2. Cor. 5. v. 6. vnd haben allerley fleiſchliche Be - gierden. Aber dort werden wir ſeyn Geiſtlich vnd Heilig glei - che den Engeln Matth. 22. v. 1. vnd Ehnlich dem verklaͤrten Lei - be JEſu Chriſti. Philip. 3. v.
Er macht ſie Vollkommen IV. in lætitia, in der Frewde. Hier wohnen wir in valle lachrymarum im Jam - merthal Pſal. 84. verſ. 7. Da weinen die erſte Stim̃. Sap. 7. v. 3. Aber dort wird Frewde die fuͤlle ſeyn. Pſal. 16. verſ. 11.
Da werden ſich die ſeligen Außerwehlten frewen daß ſie zu GOtt kommen / vnd der Hellen gantz entronnen. Frewen werden ſie ſich der Engliſchen Gemein / vnd daß ſie ſo herrlich verklaͤret ſeyn.
Ubi ſunt gaudia? Nirgend mehr denn da.
Dahin das liebe ſelige Kindlein auch ſeinen Weg genom -men /21Leichpredigt.men / vnd da ſein Seelichen ſchon allbereit von nun an hin gelanget iſt.
Nun du liebes Patlichen / du biſt Gluͤcklich hinuͤber vber den ſchweren Berg des Todtes / daran wir noch zu ſteigen vnd kreiſen haben. Ach helffe GOtt / daß wir auch ritterlich vberwinden / vnd nach ſeinem Willen gluͤckſelig vnd ſelig fol - gen moͤgen.
Nun du liebes Patlichen / du haſt jetzo im ſchawen vnd in re, was wir noch gewarten im Vertrawen vnd in ſpe.
Nun du liebes Patlichen:
Nun du liebes Patlichen / du biſt jetzo ein rechter Je - remias worden. Ein erhoͤheter des Herrn. Den Gott herrlich erhoͤhet / vnd zu ſeinen ewigen Gnaden auff vnd ange - nommen hat.
Wenn jhr nun diß bedencket / jhr Chriſtliche Vater vnd Mutter Hertzen / ſo wirds euch freylich kraͤfftiglich troͤſten / den Schmertzen lindern / vnd dz Leid ſtillen / daß jhr werdet den Willen ewers GOttes laſſen gut ſeyn / vnd auß erklaͤretem Text erkennen / daß ewres lieben Soͤhnleins Seele jhme wol - gefallen / darumb er mit jhm geeilet auß dem boͤſen Leben.
Die -22Leichpredigt.Dieſen Troſt bewahre / ſtaͤrcke / verſigle vnd verſi - chere in ewren betruͤbten Hertzen GOtt vnſer Himli - ſcher Vater / durch ſeinen heiligen Geiſt vmb JEſu Chriſti willen / Amen.
ANlangend nun den Lebenslauff / des in Gott ruhenden ſeligen Soͤhnlein / Jeremiæ Fabri, wie derſelbige kurtz / alſo iſt auch wenig hiervon zu reden. Vergleicht ſich aber derſelbige mit dem / was der liebe Job von des Menſchen Leben ſagt: Der Menſch vom Weib gebohren / lebt ein kurtze Zeit / vnd iſt voller Vnruhe: gehet auff wie eine Blume / faͤlt ab / fleucht wie ein Schatten vnd bleibet nicht.
Denn nach dem bemeltes Soͤhnlein den 9. Aprilis ☿ lauffendes 1636. Jahrs zu Nacht zwiſchen 1. vnd 2. Vhr auff dieſe Welt gebohren worden / von ſeinen Chriſtlichen Eltern.
Dem Ehrnveſten / Wolgelahrten vnd Wolbe - nahmbten Herrn CHRIS TIANO FABRI, J. U. C. wolverodneten Notario, vnd Stadtſchreibern in Greif - fenberg.
Vnd der viel Ehrntugendſamen Frawen SU - SANNÆ, Geborne Schepſin.
Auch folgends alſo bald Widergebohren / durch die ſeligmachende Tauffe Chriſto vnd ſeiner Kircheneinver -23Leichpredigt.einverleibet / vnd mit ſeinem Tauffnahmen JERE - MIAS genannt worden: Hat es nachmahlen viel Kranckheit außſtehen vnd faſt jmmerdar Vnpaßli - chen ſeyn muͤſſen / biß es endlich / gleich einem Bluͤm - lein auff dem Felde von einer rauhen Lufft vnd be - ſchwerlichen Kranckheit den 18. Auguſti / Montags an - geblaſen / vnd gantz Lagerhafft gemacht worden. Dar - auff er Mittwochs den 21. Auguſti dieſes 1636. Jahrs zwiſchen 3. vnd 4. der halben Vhr in Todte abgefallen vnd verwelcket / ſeines kurtzen Lebens 19. Wochen vnd 14. Stunden.
Nun / der Ewige vnd Allmaͤchtige GOtt / der ſei - nen zarten Leib zur Ruhe geleget / ſein Seelichen zu himliſcher Frewde gefuͤhrt / vnd beyderſeits am Juͤng - ſten Tage wider zum Ewigwehrendẽ himliſchen Leben vereinigen wird / verhelffe durch ſeinen heiligen Geiſt / daß die hertzbetruͤbte Eltern ſoiches Chriſtlichen be - dencken / ſich troͤſten vnd der gewuͤnſchten Zuſam̃en - kunfft in Ewigem Leben bey Chriſtlicher Gedult er - warten. Welche ſich auch / gegen die hochgeehrten Herren vnd Freunde von Frembdes Einem Ehrnveſten wolweiſen Rath Die Herren Elteſten vnd Geſchworne
Vnd die gantze loͤbliche Buͤrgerſchafft / daß ſie jhr liebes Kind zum Grabſtaͤdtlein beleiten helffen wollen / ſolches mit annehmlich liebes dienſten hinwie - derumb beſter moͤglichkeit erwiedern.
Helffe Gott daß wir alle als Kinder Gottes Chriſt - lich Leben vnd Selig ſterben / vnd am Juͤngſten Tage in Ehr vnd Frewden zuſam̃en kommen moͤgen / durch JEſum Chriſtum vnſern HErrn Amen.
EHrnveſte / Großachtbare / Ehrwuͤrdi - ge / Hoch - vnd Wolgelahrte / Wolbenahmbte / Wolweiſe / Wolgeachte / beſonders Großguͤnſti - ge vnd hochgeehrte Herrn / Patroni / vnd Freun - de. Wie auch in gleichen Erbare viel Ehrentu - gendreiche Frawen vnd Jungfrawen:
Wenn Gott der H. Geiſt zeigen vnd weiſen wil / wie der betruͤbten Mutter Hertz geſtanden / gegen welcher ſich der hoch - weiſe Koͤnig Salomon geſtellet / als wenn er jhr liebes Kind wolte toͤdten / vnd in Stuͤcken zerhawen laſſen / ſo braucht er zwar wenige / aber gar nachdenckliche Wort / 1. Reg. 3, 26. Wenn er ſpricht / ἐ[ζ]αράχθη ἡ μήτρα ἀυ〈…〉〈…〉 ῆς, wie in der Griechi - ſchen Bibel ſieht / turbatus fuit uterus ejus, Ihr Muͤtter - lich Hertz entbrandt vber jhren Sohn / hat es der Mann Gottes Herr Lutherus in der teutſchen Bibel gegeben / vnd zeiget damit an / daß ſie daruͤber alſo beſtuͤrtzt vnd betruͤbet wor - den / daß daruͤber auch jhr Hertz gleichſam commovirt vnd beweget worden / vnd zeiget vnd weiſet zugleich mit ſolchen Worten auch vns allen / das Chriſtliche Eltern vber dem Tod -te jhrer25Chriſtliche Abdanckung.te jhrer lieben Ehepflaͤntzlein hoͤchlich betruͤbet werden / ſo gar / daß auch jhre Hertzen / ja alle jnnerliche Gliedmaſſen gleich - ſam daruͤber commovirt vnd beweget werden / wie das Wort Rahhamim / ſo in Hebraiſchen Text ſtehet / andeutet.
Verè dixit Imperator Juſtinianus: Nullus eſt, affe - ctus, qui vincat paternum, Es iſt keine Bewegung groͤſ - ſer / als der Eltern gegen jhre Kinder. Wenn der hoch - erleuchte Koͤnig vnd Prophet David zeigen vnd weiſen wil / wie die liebe Gottes des himliſchen Vaters gegen vns ſo groß vnd hertzlich / ſo vergleicht er ſie der liebe / ſo ein frommer Va - ter zu ſeinen Kindern traͤgt / Im 103. Pſalm verſ. 13. Wie ſich ein Vater erbarmet / ſo erbarmet ſich der HErr vber die ſo jhn fuͤrchten: Vnd wenn der allgewaltige GOtt vns ſelber zeigen vnd weiſen wil / was fuͤr groſſe Liebe er zu vns ha - be vnd trage / ſo vergleicht er ſie der Liebe / ſo eine liebe Mutter zu jhren Kindern traͤgt. Wenn er gleich mit verwunderung fraget / Eſa. 49, 15.
‘Num poterit Mulier curam deponere nati; Ut Mater ſubolem negligat ipſa ſuam? ’ ()Kan auch ein Weib jhres Kindleins vergeſſen / daß ſie ſich nicht erbarme vber den Sohn jhres Leibes?
Damit wir denn gelehret werden / daß die liebe der El - tern gegen jhre Kinder ſo groß vnd jnbruͤnſtig / daß ſie es vber jhre Vaͤterliche vnd Muͤterliche Hertzen nicht bringen koͤn - nen / daß ſie ſich vber jhrer Kinder Vn - vnd Todtesfall nicht hoͤchlichen betruͤben ſolten.
Publius Mimus hat geſagt / Homo toties moritur, quoties amittit ſuos, Ein Menſch ſtirbet ſo offt / als er die Seinigen verleuret. Was er in genere vnd ins gemein vonD ijallen26Chriſtliche Abdanckung.allen geſagt / das kan man gar wol in ſpecie vnd inſonderheit von Eltern ſagen / die ſterben gleich ſo offt / als ſie jhre Kinder im Todte (von den Seiten / vnd auß jhren Augen auff der Welt) verlieren. Wenn Chriſtlichen Eltern jhre liebe Kin - der / leben / friſch vnd geſund ſeyn / ſich fein behaͤglich machen / vnd wol anlaſſen / ſimul quaſi vivunt Parentes, da lebt gleich alles an den Eltern / ſie haben an denſelben / nechſt Gott vnd ſeinem Wort / jhre hoͤchſte Luſt vnd Frewde / welches der Poet Virgilius fein angedeutet / wenn er geſchrieben / Omnis in Aſcanio chari ſtat cura parentis.
Sie hoffen an denſelben Ehre vnd Frewde zu erleben / ſie hoffen an denſelben in jhrem Alter einen Troſt vnd Stab zu haben. Sie hoffen in jhnen auch nach jhrem Todte zu Le - ben. Denn ſie wiſſen dz der weiſe Hauß Lehrer Sirach ſpricht: cap. 30 / 3. Wenn einer ſein Kind Zeucht / das verdreuſt ſeinen Feind / vnd erfrewet ſeine Freunde. Denn wo ſein Vater ſtirbt / ſo iſts als wer er nicht geſtorben / denn er hat ſeines gleichen hinter jhm gelaſſen. Da er lebete / ſahe er ſeine Luſt vnd Frewde an jhm. Da er ſtarb / dorffte er nicht ſorgen. Denn er hat hinder ſich gelaſſen einen Schutz wider ſeine Feinde / vnd der den Freunden wider dienen kan.
Wenn jhnen aber die Kinder ſterben / ſimul quaſi emo - riuntur, da erſtirbet gleich alles an jhnen / ſie hermen ſich offt daruͤber / daß ſie fuͤr harm vnd Kummer ſterben moͤchten. Sie ſind offt ſo betruͤbet / daß ſie bey jhrem Siechbettlein vnd Ster - ben nicht ſein koͤnnen / wie Hagar Gen. 21, 16. daß ſie ſich nicht wollen troͤſten laſſen / wie Jacob Gen. 37, 35. daß ſie wuͤnd - ſchen / ſie moͤchten fuͤr ſie geſtorben ſeyn wie David 2. Sam. 18,33 Wie27Chriſtliche Abdanckung.33. Wie wir das andere / Exempel fuͤr dißmal zu geſchweigen Augenſcheinlich ſehen / an den Hertzbetruͤbten Eltern des an jetzo zum Grab beleiteten Sohnleins an dem Ehrnve - ſten / Wolgelahrten / Wolbenahmten vnd Wolgeach - ten Herrn Chriſtiano Fabro, J. U. Cand. vnd dieſes Orths trewfleiſſigen wolverordneten Notario, Vnd an ſeiner Hertzgeliebten HaußEhre / der Erbarn / Wol Ehrenrei - chen vnd viel Tugendſamen Frawen Suſannen / Ge - borner Schoͤpſin. Mein GOtt / wie betruͤbet vnd beuget ſie der vnverhoffte Todtesfall jhres einigen hertzlieben Soͤhn - leins Jeremiæ / Wie alſo der ſtreitbare Held Jephtah von dem Todte ſeiner einigen Tochter redet Jud. 11, 35. Bey jhnen iſt fuͤrwar ein Trawren / wie man vber einen einigen Sohn hat / Arn: 8. 10. Vnd wer wolte ſie darumb verdencken? Saget doch Quintilianus, Nulla eſt ſupra terras adeò rabioſa belua, cui non imago ſua ſancta ſit, Auch die wilden Thier ſehen jh - re Luſt an jhren Jungen: Solten dann die Hochgeehrten Eltern an jhrem hertzgeliebten Soͤhnlein nicht auch jhre beſondere Luſt gehabt vnd geſehen haben / vnd nu im Gegen - theil ſich auch hoͤchlich betruͤben / nach dem ſie deſſelben / durch den zeitlichen Todt auff dieſer Welt beraubet worden? Fieri non poteſt, ſaget Auguſtinus, ut ejus mors amara non ſit, cujus vita erat dulcis, Es iſt nicht moͤglich / das vns deſſen Todt nicht bitter fuͤrkommen ſoll / deſſen Leben vns lieb vnd angenehm geweſen.
Schreibet mein auff der loͤblichen Univerſitet Leiptzig gewe - ſer Pivat-Præceptor Herr M. Johann Hartranfft / ſeliger Gedaͤchtnus. Drumb ſeind die hochgeehrte Eltern nicht zu verdencken / daß auch ſie ſich vber dem Todte jhres einigen lieben Soͤhnleins Jeremiæ betruͤben.
Sie ſollen ſich aber nicht ſo gar ſehr betruͤben / in Be - trachtung daß man damit nicht alleine nichts außrichte: Son - dern daß man ſich auch damit groͤblich an GOtt dem Her - ren verſuͤndige / vnd daß jhrem lieben Soͤhnlein durch ſol - chen fruͤhzeitigen Todt nicht vbel / ſondern gar wol geſchehen.
Da auff eine Zeit der Thebaniſche Fuͤrſt Epaminondas gehoͤꝛet / das in der Schlacht ad Leuctras gehalten ein beruͤhm - ter Kriegsman geblieben / hat er geſagt O Hercules! quod o - tium hic vir nactus eſt; otium enim mors eſt, vita nego - tium, Ach wie iſt der Mann ſo bald zur Ruhe kommen / denn der Todt iſt Ruhe / das Leben iſt nur Muͤhe vnd Arbeit / das koͤnnen wir viel mehr vnd beſſer von dem ſelig verſtorbenen Soͤhnlein / als einem getaufften Chriſten Kindlein ſagen. Von jhme koͤnnen wir aus ſeinem Leich Text recht ſagen Sap. 47. Es iſt in der Ruhe.
Da Cicero ſeinen guten Freund den Titium troͤſten vnd vermahnen wil / daß er ſich vber dem Todtesfall ſeines lie -ben29Chriſtliche Leichpredigt.ben Sohns nicht gar zu ſehr betruͤben ſoll / ſo helt er jhme vnter andern fuͤr die vnruhige boͤſe Zeit / welcher er alſo entgangen / wenn er ſpricht lib. 5. Epiſtol. Fam. Hoc non dubitans confirmare poſſum, ea miſceri, parari, im pendere Rei - publicæ, quæ qui reliquerit, nullo modo mihi quidem de - ceptus eſſe videatur. Quid eſt enim jam non modò pu - dori, probitati, virtuti, rectis ſtudiis, bonis artibus, ſed omninò libertati ac ſaluti loci? non mehercule quenquam audivi hoc graviſſimo & peſtilentiſſimo anno adoleſcen - tulum aut puerum mortuum, qui mihi non à diis immor - talibus ereptus ex his miſeriis, atq; ex iniquiſſima condi - tione vitæ videretur. Mit dieſen Worten wil er jhn ermah - nen / daß er ſich ſoll vber dem Todte ſeines Sohnes zu frieden geben / dieweil er zu ſolcher boͤſen vnruhigen Zeit geſtorben / da man ſich nichts als lauter Vnruhe / Boͤſes / Kriegen vnd Vn - gluͤcks zubefahren / denen er nun gar entgangen.
Haben wir nicht auch jetzo eben ſolche Zeiten? Wir doͤrf - fen ſie nicht beſchreiben; Wir koͤnnen ſie auch wegen des E - lends nicht gnug beſchreiben.
‘Ah nos attigimus jam tempora, ſcilicet in quæ Omne reſervatum eſt triſte, qvod orbe latet. Omnîa plena malis, regiones, oppida, vici Æqvora cum fluviis, omnia plena malis. ’ ()Wir haben erlebet boͤſe Zeiten / wie ſie S. Paulus ſel - ber nennet / da man jmmer hoͤret Kriege vnd Geſchrey von Kriegen. Wie der Sohn GOttes geweiſſaget / Matth. 24, 7. In ſolcher Anſchawen ſollen ja die hochgeehrten El - tern jhr Trawren maͤſſigen lernen.
Sehr30Chriſtliche Abdanckung.Sehr ſchoͤn hat ein vornehmer Mann in vnſer Nach - barſchafft davon geſchrieben / an einen guten Freund / den auch ſolch KinderCreutz betroffen:
Alſo iſt das liebe an jetzo zu Grabe begleitete Soͤhnlein auch aller Noth vnd Gefahr entgangen / vnd nun erſt ein rech - ter Jeremias worden. Jeremias iſt ein Hebraiſch Wort / vnd heiſt auff Teutſch einen erhoͤheten des Herrn. Ein ſol - cher Jeremias vnd erhoͤheter des Herrn iſt das an jetzo zum Grabe begleitete Soͤhnlein / nach ſeinem ſeligen Todte auch geworden.
Nun iſt es ein rechter Jeremias vnd von ſeinem GOtt alſo erhoͤhet / daß es in der Hoͤhe bey GOtt wohnet / daß ſein liebes Seelichen ſagen kan:
Ergò31Chriſtliche Abdanckung.Ergò ego terrenum nunc cluctata profundum,M. Chriſt. Gallus, Fa - cult. Philoſ. meo temp. Lipſ. Aſſeſ. Sidereos montes celſaq; templa peto.Eja ich bin entgangenDem Leib / ſo mich gefangen!Bin Gott Lob / kommen ſchnellZun Bergen Iſrael!
Nun iſt es ein rechter Jeremias / vnd von dem Herrn ſeinem Gott alſo erhoͤhet / daß keine Kranckheit weiter zu jhm kommen kan. Denn nu hat es in ſeinem Todte abgelegt / τὸ σῶμα〈…〉〈…〉 ῆς〈…〉〈…〉 απεινώσεως, ſeinen nichtigen Leib / wie Paulus re - det Philip. 3 / 21. Vnd iſt der Seelen nach an dem Orth / da æterna ſanitas, Ewige geſundheit / da kein Todt mehr iſt / da kein Leyd / noch Geſchrey / noch Schmertz mehr iſt / Apoc. 21, 4.
Vnd am bald zukuͤnfftigen Juͤngſten Tage wird der groſ - ſe Kinder-Freund JEſus Chriſtus ſein Leiblein auß der Er - den aufferwecken / vnd es machen σύμ〈…〉〈…〉 ορφον〈…〉〈…〉 ῷ σώματι〈…〉〈…〉 ῆς δόξης ἀυ〈…〉〈…〉, ehnlich ſeinem verklaͤrten Leibe wie S. Paulus be - zeuget / Phil. 3, 21.
Nun iſt es ein rechter Jeremias / vnd von dem Her - ren ſeinem GOtt alſo erhoͤhet / daß kein Feind weiter zu jhm kommen kan. Da heiſts mit jhm wie die Kirche ſinget:
Nu iſt es aller ſeiner Feinde toben /Vnd alles Jammers frey vberhoben /Nun mag jhm keine Creatur zuſetzen /Noch jhn was letzen.
Nun iſt es ein rechter Jeremias von dem Herrn ſei - nem GOttt alſo erhoͤhet worden / daß vnd was ſage ich daß wenn ich aller Menſchen Kunſt vnd Beredſamkeit hette / ſoEkoͤndte32Chriſtliche Abdanckung.koͤndte ich doch nicht außſprechen / die groſſe Ehre / Herrligkeit vnd Gluͤckſeligkeit / darzu das liebe Soͤhnlein jetzo ſeinem See - lichen nach erhoͤhet iſt. Denn
Kein Ohr hat je gehoͤret /Kein Menſchlich Auggeſehn1. Cor. 2. 9. Die Frewd / ſo den beſcheret /Die jhm GOtt außerſehn.
Damit ſich ja die hochgeehrten Eltern auffrichten / vnd vber dem Todte jhres lieben Soͤhnleins zu frieden geben ſollen.
Das aber E. Ehrnv. Ehrw. GroßAchtb. Weißh. vnd Guͤnſten / wie auch die Erbarn viel Ehrentugend - reichen Frawen vnd Jungfrawen / ſo ſich Großguͤnſtig vnd Willfaͤhrig erzeiget / ſich nicht allein zuvor in dieſes Klag - vnd Trawerhauß befunden / vnd dem Leichbegaͤngnuͤs in ſo Anſehlicher frequentz beygewohnet / ſondern ſich auch ferner hinwieder anhero erheben wollen / das erkennen die hochge - ehrte Eltern / vnd GroßEltern / vnd gantz fuͤrnehme Freundſchafft fuͤr eine ſonderliche hohe Ehre / Gunſt vnd Freundſchafft / thun ſich dafuͤr gegen E. Ehrwuͤrd. Groß - Achtb. Weißh. vnd Guͤnſten ſo wol auch gegen den Erba - ren viel Ehrentugendreichen Frawen vnd Jungfrawẽ zum aller freundlichſten Bedancken / des dienſtwilligen An - erbietens / ſolches wo moͤglich / wiederumb danckbarlich zuver - ſchulden.
Schließlich wuͤndſchen wir dem ſelig verſtorbe - nen Soͤhnlein eine ſanffte Ruhe in ſeinem Schlaffkaͤm - merlein / vnd am Juͤngſten Tage eine froͤliche Auffer -ſtehung33Chriſtliche Abdanckung.ſtehung zu dem ſtetswehrenden Frewdenleben / Troſt vnd Gedult den hochbetruͤbten Eltern / vns allen einen guten beſtaͤndigen Religion - vnd Prophan-Frieden / alle erſprießliche zu Leib vnd Seelen Wolfart / zu ſeiner Zeit einen ſeligen Todt / vnd am Juͤngſten Tage mit dem entſchlaffenen Soͤhnlein vnd allen Außerwehl - ten eine froͤliche Aufferſtehung zu einem andern vnd beſſern Leben / Amen.
CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe
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