PRIMS Full-text transcription (HTML)
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Chymiſche Hoch - zeit: Chriſtiani Roſencreuͤtz. Anno 1459.
Arcana publicata vileſcunt; & gra - tiam prophanata amittunt. Ergo: ne Margarit as obijce porcis, ſeu Aſino ſubſterne roſas.
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Straßburg /In Verlaͤgung /Lazari Zetzners. Anno M. DC. XVI.
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Das Erſte Buch.

Dies I.

AN einem Abend vor dem Oſtertag / ſaß ich an einem Tiſch / vnd wie ich mich meiner gewon - heit nach mit meinem Schoͤpf -Meditati[o]. fer / in meinem demuͤtigen Ge - bett gnugſam erſprachet: Vnd vielen groſſen Ge - heimnuſſen: (deren mich der Vatter deß Liechts ſeine Majeſtaͤt nit wenig ſehen laſſen) nachge - dacht. Auch nuhn mir mit meinem lieben Oſter - laͤmblein / ein ohngeſaͤurt / vnbeflecktes Kuͤchlein in meinem Hertzen zubereitten woͤllen / kommet einsmals ein ſolcher grauſamer Wind daher / das ich nit anders meinte / dann es wurde der Berg / darein mein Haͤußlein gegraben / vor groſſem ge - walt zerſpringen muͤſſen. Weil mir aber ſolches vnd dergleichen an dem Teuffel (der mir manch leyds gethan) nit ant that / faſſet ich einen muth / vnd blieb in meiner Meditation, biß mich / wider mein gewonheit jemand auff den Rucken anre - get / darvon ich dermaſſen erſchrocken / das ich mich kaum vmbſehen doͤrffen / noch ſtellet ich mich ſo frewdig / als Menſchliche ſchwachheit zu der - gleichen ſachen ſein kan. Vnd wie mich ſolch dingPræconiſſa, zu etlich mahlen beim Rock zupffet / ſihe ich hin - vmb / da war es ein ſchoͤn herꝛlich Weibsbild / de - ren Kleid gantz blaw / vnd mit gulden Sternen /A ij4Chymiſche Hochzeit:wie der Himmel zierlich verſetzt geweſen. In der rechten Hand trug ſie ein gantz guldin Poſaun / daran ein Nam geſtochen geweſt / den ich wol le - ſen kund / mir aber nochmahlen zu offenbaren ver - botten worden: In der lincken Hand hatte ſie ein groſſes buͤſchel Brieff / von allerley ſprachen / die ſie (wie ich hernach erfahren) in alle Land tra - gen muſte: Sie hatte aber auch Fluͤgel / groſſe vnd ſchoͤn / voller Augen / durch vnd durch / mit denen ſie ſich auffſchwingen / vnnd ſchneller dann kein Adler fliegen kundt. Ich hette vielleicht noch mehr an jhr koͤnnen notieren / Aber weil ſie ſo kurtz bey mir geblieben / vnd noch aller ſchreck vnd ver - wunderung in mir geſtecket / muß ichs ſo ſein laſ - ſen. Dann ſo bald ich mich vmbgewendet / blaͤt - tert ſie jhre Brieff hin vnd wieder / vnd zeuͤcht ent - lich ein klein Briefflein herauß / welches ſie mit groſſer Reverentz auff den Tiſch gelegt / vnd ohne einig wort / von mir gewichen. Im auffſchwin - gen aber hat ſie ſo kraͤfftig in jhr ſchoͤne Poſaunen geſtoſſen / das der gantze Berg davon erhallet / vnd ich faſt ein Viertel ſtund hernach mein eygen wort kaum mehr gehoͤret. In ſolcher vnverſehe - ner Abentheur wuſte ich mir Armen ſelbſten we - der zu rahten noch zu helffen: fiel deßwegen auff meine Knie / vnd bat meinen Schoͤpffer: Er wol - te mir nichts wider mein Ewiges Heyl zugehen laſſen: Gieng darauff mit forcht vnd zittern zu demEpiſtola. Briefflein / das war nuhn ſo ſchwer / das / da es lauter Goldt geweſen were / hette es kaum ſo ſchwer ſein koͤnnen. Wie ich es nun fleiſſig beſihe /befinde5Chriſtiani Roſencreuͤtz.befinde ich ein klein Sigill / damit es vermacht /Sigillum. Darauff war ein zartes Creuͤtz gegraben / mit der Inſcription: In hoc ſigno vinces. So bald ich nun das Zeichen befunden / war ich deſto getroͤ - ſter / als welchem nit vnbewuſt / daß ſolches Si - gill dem Teuͤffel nit annemlich / vielweniger ge - braͤuchlich were. Macht derowegen das Brief - lein ſubtil auff: Darinnen befand ich im blawen Feld mit guldenen Buchſtaben / nachfolgende Verß geſchrieben.

Heut / Heut / Heut /
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Iſt deß Koͤnigs Hochzeit /
Biſtu hierzu gebohren /
Von Gott zu Frewd erkohren /
Magſt auff den Berge gehen /
Darauff drey Tempel ſtehen /
Daſelbſt die Geſchicht beſehen.
Halt Wacht /
Dich ſelbſt betracht /
Wirſt dich[nit fleiſſig] baden /
Die Hochzeit kan dir ſchaden.
Schad hat wer hie verzeuͤcht /
Huͤet ſich wer iſt zu Leicht /
Vnden an ſtund: Sponſus & Sponſa.

Da ich nuhn dieſen Brieff geleſen / erſt woltede Nuptiis. mir gantz geſchwinden / alle Haar giengen mir zu Berg / vnd lieff mir der kalte Schweiß vber den gantzen Leib herab / dann ob wol ich merckte / daß diß die angeſtelt Hochzeit were / von deren mir vor ſieben Jahren in einem Leiblichen Geſicht geſagtA iij6Chymiſche Hochzeit:worden / auch welcher ich nuhn ein ſo lange zeit mit groſſem verlangen gewarttet / vnd endtlich in fleiſſiger nachrechnung vnd Calculation meiner annotierten Planeten alſo befunden / haͤtte IchRequiſita in hoſpiti - bus: ſecun - dum 7. pon - dera. mich doch nimmermehr verſehen / daß es mit ſo ſchweren vnd gefaͤhrlichen Conditionen wuͤrde zugehen. Dann da ich zuvor gemeint: Ich doͤrffte nur gerad bey der Hochzeit erſcheinen / da wurde ich willkom̃en vnd lieber Gaſt ſein / jetzt aber weiſt1. Electi[a]in - certa. es mich auff Goͤttliche verſehung / derer ich noch dißfals nim̃er gewiß: ſo befandt ich auch bey mir ſelbſt / je mehr ich mich ſelbſten erwegete / das in2, Inſcitia, Ignorantia cæcitas Mentis. meinem Kopff nichts dann groſſer vnverſtandt / vnd blindheit in geheymen ſachen were / auch daß nit verſtehen kundt / daß mir vnter den Fuͤſſen ge - legen / vnd mit dem ich taͤglich vmbgangen / viel3. weniger daß ich ſolte zu erforſchung vnd erkandt -4, Naturæ. ſecrata. nuß der Natur Secreten gebohren ſein / weil mei - nes erachtens die Natur allwegen einen Tugent -5. licheren diſcipel hette findẽ moͤgẽ / dem ſie jhren ſo theuͤren / gleichwol zeitlichen vnd vergaͤnglichen6. Schatz vertrawete. So befand ich auch daß mein Leib-vnd euſſerlicher guter wandel vnd Bruͤder - liche lieb gegen meinem nechſten auch nit recht gereiniget / vnd geſeuͤbert were. So erzeigt ſich auch noch deß Fleiſches kuͤtzel / welchem ſein SiñMundana affectio. nur zu hohem anſehen / vnd weltlichem Pracht / nit dem neben Menſchen zu gut ſtund / vnd jm̃er gedachte / ey wie koͤndte ich durch ſolch Kunſt mei - nen nutzen in kurtzem ſo trefflich befoͤrdern / ſtatli - che Gebaͤw auffuͤhren / ein ewigen Namen in derWelt7Chriſtiani Roſencreuͤtz.Welt machen / vnd was dergleichen fleiſchliche gedancken mehr ſein / ſonderlich aber bekuͤmmer - ten mich die dunckele Wort / von den 3. Tempeln / die ich mit keinem nach dencken zuwegen bringen koͤndte / Auch villeicht noch nit kundte / wann mir ſolches nit wunderbarlich were eroͤffnet wor - den. Wie ich nuhn in ſolch forcht vnd hoffnung ſteckte / mich ſelbſten hin vnd wider erwegete / zu allmahlen aber nur wein Schwachheit / vnd vn - vermoͤglichkeit befande / vnnd alſo mir ſelbſten in keinen weg helffen konte / auch mich vor gemelter betrawung hefftig entſetzete: griff ich entlich nachPrecet. meinem gewoͤnlichen vnd aller ſicherſten weg / le - gte mich nach vollendtem ernſtlichem vnd eifferi - gem Gebett in mein Bett: Ob mir doch mein gu - ter Engel auß Goͤttlicher verhengnuß moͤcht er - ſcheinen / in dieſem zweifelichem handel / wie vor - mals etlichmal beſchehen / berichten / welches dañ auch Gott zu Lob / mir zum beſten / vnd meinem Nechſten zu trewlicher vnd hertzlicher warnung vnd beſſerung geſchehen. Dann wie ich kaum ent - ſchlaffen / dauchte mich / ich lege in einem finſternViſi[o]per ſomnum. Turris - citatis, Thurn neben andern vnzahlbaren Menſchen / an groſſen Ketten gefangen / darinnen wir dann ohn alles Leicht vnd ſchein / wie die Immen vbereinan - der gewimlet / vñ alſo einer dem andern ſein truͤb - ſal noch ſchwerer gemacht: wiewol nuhn weder Ich / noch vnſer keiner ein ſticken geſehen / hoͤret ich doch jmmer ſich einen vber den andern zuer - heben / wann ſein Ketten oder Springer / nur vmb das geringſte leichter geweſen / ohn angeſehen /A iiij8Chymiſche Hochzeit:vnſer keiner dem andern viel auff zuheben hatte: Weil wir allezumahl gemachte tropffen geweſen. Wie ich nun auch in ſolchem Truͤbſal mit andern ein gute weil verhartte / vnd jmmer einer den an - dern ein blinden vnd gefangenen geſcholten / hoͤ - ren wir entlich mit viel Trommeten zuſamen bla - ſen / auch die Heertrommel ſo Kuͤnſtlich darzu ſchlagen / daß es vns dennoch in vnſerm CreuͤtzIlluſtratio. erquickt vnd erfrewet hatt. Vnter ſolchem gethön wirdt der Deckel am Thurn oben auffgehoben / vnd vns ein wenig Liechts zu gelaſſen. Da hette man vns erſt recht ſehen durch einander burtzlen / dann da gieng alles durch einander / vnnd muſte etwa der / ſo ſich zu viel erhoben / andern vnder die Fuͤß kommen / Summa / ein jeder wolt der oberſt ſein / wie ich mich dann ſelbſten nit geſaumt / ſon - dern mit meinen ſchweren Springern / dannochLæpis præ - ſidi[i]. vnder andern herfuͤr gewiſcht / vnd an einen ſtein / den ich erwiſcht / erhoben / wiewol ich auch da et - lich mahl von andern angriffen worden / da ich mich allweg / ſo gut ich gemoͤcht / mit Haͤnd vnd Fuͤſſen erwehrt / dann wir meineten nit anders / dann wir werden alle ledig gelaſſen werden / wel - ches doch weit anders geſchehen: Dann nach dem ſich die Herꝛen / ſo oben vom Loch deß Thurns auf vns hinab geſehen / durch ſolches zabeln vnd wuͤn - ſeln ein wenig erluſtriert / heiſſet vns ein AlterMagiſter carceris. Eyßgrawer Mann ſtill ſein / vnd wie er diß kaum erhalten / fanget er / wie ich es noch behalten / alſo an zu reden:

Wann9Chriſtiani Roſencreuͤtz.
Wann ſichs nit thet erheben /
Das arm Menſchlich geſchlecht /
Wer jhm viel guts gegeben /
Von meiner Mutter recht /
Weils aber nit will folgen /
Bleibt es in ſolchen ſorgen /
Vnd muß gefangen ſein.
Noch will mein liebe Mutter /
Vide S. Bern hard. ſerm. 3, de 7. frag mentis.
Anſehen jhr Vnarth nicht /
Laſt jhre ſchoͤne Guͤtter /
Zu viel kommen ans Liecht /
Wiwol ſolchs geſchicht garſelten /
Damit ſie auch was gelten /
Sonſt helt mans fuͤr ein Gdicht.
Darumb dem Feſt zu ehre /
Welchs wir heut feyren thun /
Das man jhr Gnad vermehre /
Ein gut Werck will ſie thun /
Das Seil wird man jetzt ſencken /
Wer ſich daran wirdt hencken /
Der ſelb ſoll werden los.

Wie er nun diß kaum außgeredt / befahle die Alte Fraw jhren Dienern / das Seil in den ThurnMagiſtr[a]Reſtis. zu ſieben mahlen hinab zulaſſen / vnd wer da be - hangen wurde / herauff zuziehen. O wolte GottSepties. ich koͤndte gnugſam beſchreiben / was vnruh ſich dazumahl vnder vns erhaben / dann jeder wolt an das Seyl fallen / vnd hindert doch nuhr einer den andern. Es war aber nach ſieben minuten / mitPrima ve - ctura. 4. dem Gloͤcklein ein Zeichen gegeben. Darauff die Diener auffs erſte mahl vier außgezogen / dannA v10Chymiſche Hochzeit:dazumal konte ich noch bey weitem zum Seil nit kommen / als der ich mich / wie vorgemelt / zu mei - nem groͤſten vngluͤck / an der Wand deß Thurns auff einen Stein / begeben / vñ deßwegen zũ Seil / daß in der mitten hinab gangen / nit kommen moͤ -Secunda. gen. Deß andern mals / wirdt das Seil hinab ge - laſſen / Aber weil manchem die Ketten zu ſchwer / die Haͤndlin aber zu weich geweſen / kondte / er ſich am Seil nit erhalten / ſonder ſchlug noch wol manchen der ſich villeicht erhalten hette / mit ſich hinab / Ja es wurde noch wol mancher von eim andern herab geriſſen / der doch ſelbſten nit dahin kom̃en konte / waren alſo in vnſerm groſſen Elend noch neydig auf einander. Die aber daurten mich ſelbſten am aller vbelſten / denen jhr Gewicht ſo ſchwer geweſen / daß ſie jhnen ſelbſt die Hand auß dem Leib geriſſen / vnd doch nicht hinauff kommen koͤnnen. Alſo kams / das zu den fuͤnffmahlen gar wenig auffgezogen worden: Dann ſo bald das Zeichen ward gegeben / waren die Diener mit dem auffziehen ſo ſchnell / das der mehrtheil vber ein ander geburtzelt / ſonderlich aber das fuͤnffte mahl das Seil gar ler auffgezogen worden / deß wegen der mehrtheil / auch ich ſelbſten an vnſer erledi - gung verzagt / vnd Gott angeruffen / er wolte ſich vnſer erbarmen / vnd da es muͤglich auß dieſer fin - ſternuß vns erloͤſen: der dann auch etliche vnderSextæ, vns erhoͤrt. Dann da das Seil zum ſechſten mal kommet / hencken ſich jhrer etliche[feſtiglich] dar - an. Vnd weil das Seil im auffziehen hin vnd her ſchwancket / iſt es villeicht auß Goͤttlichem willenzu mir11Chriſtiani Roſencreuͤtz.zu mir gefahren / welches ich ſchnell erhaſchet / zu obriſt auff alle andere geſeſſen / vnd alſo entlichVulnus ex turre cœci - tatis. wider verhoffen herauß kommen / welches mich hoch erfrewet / das ich der Wunden / ſo ich am Kopff / von eim ſpitzigen Stein im auffziehen em - pfangen nit empfunden / biß ich mit andern erle - digten / den 7. vnd letzſten zug / thun helffen (wieSeptimæ. zuvor allweg beſchehen) muͤſſen / da mir dann von arbeit das Blut vber mein gantzes Kleid abgelof - fen / welch ich doch vor frewd nit geacht haͤtte: wie nun auch der letſte zug / daran noch am allermei - ſten gehangen / vollendt geweſen / laſſet die Fraw das Seil hinweg thun / vnd jhren vhralten SohnMagiſtræ filius. (deſſen ich mich hoͤchlich verwundert) den an - dern gefangenen jhren beſcheid verkuͤndigen / der ſie dann nach wenigem bedencken alſo angeredt:

Ihr liebe Kind /
Die jhr hie ſind /
Es iſt vollendt /
Was lengſt erkennt /
Was meiner Mutter groſſe gnad /
Ewren beyden hie erwieſen hat /
Daß ſolt jhr jhn nit thun mißgoͤnnen /
Ein froͤlich zeit die ſoll bald kommen.
Darin einer wirt dem andern gleich /
Keiner wirt ſein arm oder reich /
Wem viel befohlen /
Muß viel holen /
Wem viel vertrawt /
Dem gehts and’haut /
Darumb12Chymiſche Hochzeit:
Darumb ſo laſt ewer groſſe klag /
Was iſts vmb etlich wenig tag.

So bald er die wort vollendt / ward der Deckel wider zu gethan / vnd verſchloſſen / vnd das Trom - meten vnd Heertrommeln wider angehoben / So laut kont aber der Thon nit ſein / man hoͤrt noch der gefangenen bittere klag / die ſich im Thurn er - hoben fuͤr allen herauß. Welches mir dann auchMagiſtra recenſet euectos. bald die Augen vbergetrieben. Bald ſetzt ſich die alt Fraw mit jhrem Sohn auff zubereitte Seſſel nieder / vnd befilcht die erloͤſte zu zehlen. Wie ſie nun die zahl vernommen / vnd auff ein GoldgelbSecretarius Taͤffelein auff geſchrieben / begert ſie eines jeden Namen / welche auch von eim Knaͤblein auffge - ſchrieben worden: Wie ſie vns nun nach einander anſihet / erſeuͤfftzet ſie / vnd ſpricht zu jhrem Sohn / das ichs wol hoͤren kundt: Ach wie tawren mich die arme Menſchen im Thurn ſo vbel / wolt Gott / ich doͤrffte ſie alle erledigen. Darauff der SohnCur non o - mnes euecti geantwortet: Mutter / ſo iſts von Gott verordnet / dem ſollen wir nit widerſtreben / wann wir alle Herꝛen weren / vnd alles Gut hetten auff Erden / vnd weren dann zu Diſch geſeſſen / wer wolt vns doch bringen zu eſſen. Deßwegen die MutterGratitudo auctorise -[u]ecti. geſchwigen / Aber bald darauff ſagt ſie: Nuhn ſo laſt doch dieſe von jhren Springern erledigen: Welches dann auch ſchnell geſchehen / vnnd war ich ohn wenig der letſte. Noch kundte ich mich nit enthalten / ob ich wol als auff andere geſehen / ſonder neiget mich vor der alten Frawen / vnnd dancket Gott / der durch ſie mich auß ſolchem Fin -ſternuß13Chriſtiani Roſencreuͤtz.ſternuſt / ans Liecht gnedig vnd Vaͤtterlich brin - gen woͤllen / welches dann auch andere nach mir gethon / vnd alſo die Fraw vernieget. Entlich wurde einem jeden ein guldiner denck - vnd zehr - pfenning gegeben / Darauff war auff der einenNummus aureus. Deus Lu[x]Solis. vel Deo Laus Semper. Mandatũ Taciturni - tatis. ſeitten die Sonn / wie ſie auffgieng gepreget / auff der andern ſeiten ſtunden meines behaltens dieſe drey Buchſtaben D. L. S. Damit einem jeden vr - laub gegeben / vnd zu ſeim thun geſchickt worden / mit dem anhang / wir ſolten zu Gottes lob / vn - ſerm Nechſten nutzen / vnd was vns vertrawet / verſchwigen behalten / welches wir auch zuthun verſprachen / vnnd alſo von einander geſchieden. Ich aber kundte von wegen der Wunden / ſo mir die Springer gemacht / nit wol fort kommen / ſon - der hinckte an beeden Fuͤſſen / welches die Alte bald erſehen / hieruͤber gelacht / vnd wider zu ſich gefor - dert vnd angeredt. Mein Sohn / laß dich dieſenDiſceſſus autoris. mangel nit bekuͤmmern / ſonder erinnere dich dei - ner Schwachheiten / vnd dancke daneben Gott / der dich zu ſo hohem Liecht / noch auff dieſer Welt / vnd im ſtand deiner vnvollkommenheit kommen laſſen / vnd behalte dieſe Wunden von meinet we -Vulnus ex comp[e]dibus gen. Darauff ſich dann das Trommeten abermal erhoben / welches mich dermaſſen erſchreckt / daßExpergefæ - ctio. ich erwacht / vnd erſt gemerckt das es nuhr ein Traum geweſen / welcher mir doch ſo ſtarck im Sinn gelegen / das ich mich noch jmmer vor dem Traum beſorget / ſo daͤucht mich auch / wie ich noch der Wunden an Fuͤſſen empfuͤnde. WieS[o]latium. nun dem allen / ſo verſtund ich doch wol / das mirvon14Chymiſche Hochzeit:von Gott verguͤnnet worden were / ſolcher heim - lichen vnd verborgenen Hochzeit beyzuwohnen / deßwegen ich ſeiner Goͤttlichen Majeſtaͤt hierum - ben mit Kindtlichem vertrawen gedanckt vnd ge -Precatio. betten / Er wolte mich ferner alſo in ſeiner forcht erhalten / mein Hertz taͤglich mit Weißheit vnnd verſtandt erfuͤllen / auch entlich zu erwuͤnſchtem end / ohne mein verdienſt gnediglich bringen. Dar -Præparætio ad iter. auff ruͤſtet ich mich auff den weg / zog meinen wei - ſen Leinen Rock an / vmbguͤrtet meine lenden mit einem Blutrohten Bendel kreuͤtzweiß vber die Achſlen gebunden / Auff meinen Hut ſteckt ich vier rohter Roſen: damit ich vnder dem Hauf - fen durch ſolche Zeichen koͤnte deſto eh gemerckt werden. Zur Speiß nam ich Brot / Saltz vnd Waſſer. Deren ich mich dann / auß raht eines Verſtaͤndigen / zu gewiſſer zeit nit ohne nutz in ſol - chen faͤhlen gebraucht. Ehe ich aber auß meinem Huͤttlein gewichen / fall ich zuvor in ſolchem mei - nem Apparat vnd Hochzeitkleid auff die Knuͤhe /Votum. vnd bitte Gott / das wa ſolches war / Er es doch mir zu eim gutẽ end gereichẽ laſſen wolt / hab auch darauff vor Gottes Angeſicht gelobt: daß da mir etwas durch ſein Gnad wurde eroͤffnet werden / Ich mich deſſelben weder zu ehr noch anſehen in der Welt / ſonder ſeines Namens befuͤrderung vnd dem neben Menſchen zu dienſt woͤlle gebrau - chen. Vnd bin mit ſolchem Geluͤbt / vnd guter Hoffnung mit frewden auß meiner Cellen ge - ſchieden.

Dies15Chriſtiani Roſencreuͤtz.

Dies II.

BLoß war ich auß meiner Cellen / in den WaldTripudium creatura - rum ob nu - ptias. kom̃en / da duncket mich ſchon / es hette ſich der gantze Himmel vnd alle Element / zu ſolcher Hochzeit geſchmucket. Dann auch die Voͤgel meines erachtens lieblicher ſungen dann zuvor / ſo ſprungen die junge Hirſchlin ſo frewdig daher / das ſie mein altes Hertz erfrewet / vnnd zu ſingen bewegt / fieng derwegen mit lauter Stimm auch alſo an zuſingen:

Frew dich du liebes Voͤgelein /
Dein Schoͤpffer hoch zu loben:
Dein ſtim erheb nun hell vnd fein /
Dein Gott iſt hoch erhoben /
Dein Speiß hatt er dir vorbereit /
Gibt dirs zu recht bequemer zeit /
Daran laß du dich genuͤgen.
Was wolſtu doch vnluſtig ſein /
Was wolſt vber Gott zuͤrnen /
Daß er dich wolt ein Voͤgelein ſein /
Wolſt das Koͤpfflin verwirꝛen /
Daß er dich nicht ein Menſchen gemacht /
O ſchweig er hatt es baß bedacht /
Daran laß du dich genuͤgen.
Was mach ich armer Erden Wurm /
Wolt ich mit Gott thun rechten /
Daß ich ſo in den Himmel ſtuͤrm /
Mit g’walt groß Kunſt z’erfechten /
Gott will ſich ja nicht bochen lan /
Wer hie nit daugt mach ſich darvon /
O Menſch laß dich genuͤegen.
Das16Chymiſche Hochzeit:
Das er dich nit zum Keyſer g’macht /
Das laß du dich nit krencken /
Sein Namen hetſt villeicht veracht /
Deß hatt er ſein bedencken:
Die Augen Gottes heller ſein /
Er ſicht dir gar ins Hertz hinein /
Drumb wirſt Gott nit betriegen.
Per ſyluam

Diß ſang ich nun von grund meines Hertzen / durch den Wald hindurch / daß es allenthalben erſchallte / vnd die Berg mir die letſten wort repe - tierten / biß ich entlich ein ſchoͤne gruͤne HeydenIn campũ. erſehen: Dahin ich mich auß dem Wald begeben. 3, Cedri. Auff dieſer Heyden ſtunden drey hohe ſchoͤne Ce - dern Baͤum / welche vmb jhrer breiten willen /3. Templa. ein herꝛlichen vnd erwuͤnſchten Schatten gege - ben / deſſen ich mich hoͤchlich erfrewet / dann ob ich wol noch nit weit gangen / machte mich doch das groſſe verlangen ſchier muͤed / deßwegen ich den Baͤumẽ zugeeylet / darunder ein wenig zu ruhen. Wie ich aber neher hinzu komme / erſihe ich einTabella Mercuria - lis. 1. Taͤfelein / ſo an den einen Baum gehefftet / Auff welches / da ichs nachmalen geleſen / nachfolgen - de wort / mit zierlichen Buchſtaben geſchrieben geweſen:

Hoſpes ſalue: ſi quid tibi forſitan de nuptiis Regis auditum. Verba hæc perpende. Quatuor viarum optionem per nos tibi ſponſus offert, per quas omnes, modò non in devias delabaris ad Re -1. giam ejus aulam peruenire poſſis. Prima breuis eſt, ſed periculoſa, & quæ te in varios ſcopulos de -2. ducet, ex quibus vix te expedire licebit. Alteralongior,17Chriſtiani Roſencreuͤtz.longior, quæ circumducet te, non abducet, plana ea eſt, & facilis, ſi te Magnetis auxilio, neque ad dextrum, neq́ue ſiniſtrum abduci patieris. Tertia3. verè Regia eſt, quæ per varias Regis noſtri delici - as & ſpectacula viam tibi reddet jucundam. Sed quod vix milleſimo hactenus obtigit. Per quar -4. tam nemini hominum licebit ad Regiam perve - nire, utpote, quæ conſumens, & non niſi corpo - ribus in corruptibilibus conveniens eſt. Elige nunc ex tribus quam velis, & in ea conſtans per - mane. Scito autem quamcunque ingreſſus fueris: ab immutabili Fato tibi ita deſtinatum, nec niſi cum maximo vitæ periculo regredifas eſſe.

Hæcſunt quæ te ſciviſſe voluimus: ſed heus ca - ve ignores, quanto cum periculo te huic viæ com - miſeris, nam ſi te vel minimi delicti contra Re - gis noſtri leges nôſti obnoxium: quæſo dum ad - huc licet per eandem viam, quâ acceſſiſti, domum te confer quàm citiſſimè.

So bald ich nuhn dieſe Schrifft geleſen / war mir ſchon alle frewd wider dahin / vnd der ich zu - vor froͤlich geſungen / fieng nuhn an jnniglich zu - weinen / dann ich ſahe gleichwol alle drey Weg vor mir / vnd wuſte auch das mir nach der zeit er - laubt were / mir einen Weg zuerwehlen / NochVia autoris Eligenda. beſorget ich / da ich auff den Steinigen vnd Fel - ſigen Weg kaͤme / moͤchte ich jaͤmerlich zu todt fal - len / Oder da mir der lange Weg wurde / koͤndte ich entweders durch abweg verirꝛen / oder ſonſten auff der weiten Reiß bleiben / So dorffte ich auch nit hoffen / das vnter tauſent ich eben der ſein ſol -Bte /18Chymiſche Hochzeit:te / der den Koͤniglichen Weg erwehlte. Den vierten ſahe ich gleichwol vor mir / aber er war mit Fewr vnnd Dampff dermaſſen vmbgeben / daß ich bey weitem nit hinzu nahen doͤrffte. Be - dachte mich alſo hin vnd her / ob ich wider vmb - kehren / oder der Wege einen fuͤr mich nemmenDubium. ſolte. Mein vnwuͤrdigkeit bedacht ich wol / aber mich troͤſtet als der Traum / da ich auß dem Thurn erlediget worden / vnnd dorffte mich doch nit kecklich auff ein Traum verlaſſen / deßwegenConfirma - tio. ich mich dann ſo lang hin vnnd wider beſonnen / biß mir von groſſer mattigkeit wegen / der hunger vnd durſt in Bauch kom̃en. Deßwegen ich baldColumba Alba arbo - ri Mercu - riali inſi - dens. mein Brot herfuͤr gezogen / vnd auffgeſchnitten / welches ein Schneeweiße Taub / ſo auff dem Baum geſeſſen / deren ich nit wahr genommen / erſehen / vnd deßwegen villeicht jhrer gewonheit nach herabgemacht / vnd zu mir gar heimlich ſich begeben / deren ich dann mein Speiß gern mit - getheilt: die es auch angenommen / vnd alſo durch jhr ſchoͤne / wider ein wenig erquickt. So bald es aber jhr feind ein ſchwartzer Rab erſehen / IſtCorvus Ni - ger. er gleich auff die Taub zugeſchoſſen / vnd gleich - wol meiner nit begert / ſondern der Tauben das jhre nemmen woͤllen / die ſich anders ni[t]dann mit fliehen erwehren koͤnnen. SeindtVerſus me - ridiem. deßwegen mit einander Mittagwerts zu ge - flogen / welches mich dann dermaſſen erzuͤr - net vnnd betruͤbt / daß ich auß vnbedacht dem loſen Raben nacheylt / vnnd alſo wider mei - nen willen / faſt einer Ackerlaͤnge weit / in derverzei -19Chriſtiani Roſencreuͤtz.verzeichneten Weg einen geloffen / vnnd alſo den Raben vertrieben / die Tauben aber erlöſt. Autor inci - dit in 2. vi - am incogi - tanter. Allererſt mercket ich / was ich vnbeſonnen ge - handlet / vnnd das ich allbereit auff ein Weg kommen / darvon ich nit wider (bey gefahr groſ - ſer Straff) weichen doͤrffte. Vnd wiewol ich mich noch etlicher maſſen haͤtte troͤſten koͤnnen / war mir doch das allermeiſt / das ich mein Saͤcklein vnd Brot bey dem Baum gelaſſen / vndes nim - mer holen kundte. Dann ſo bald ich mich vmb - kehret / war mir ein ſo groſſer Wind ſo ſtarck zu wider / das er mich leichtlich fellet / gieng ich dann zu dem Weg fort / ſo mercket ich gantz vnnd gar nichts / darauß ich leichtlich ſchlieſſen koͤn - nen / Es wuͤrde mir das Leben koſten / da ich mich ſolte wider den Wind legen. Nam deßwe - gen mein Creuͤtz gedultig auff mich / macht mich auff die Fuͤß / vnd gedachte / weil es je ſein muſte / woͤlle ich dahin arbeiten / das ich vor Nacht koͤn - te dahin kom̃en. Wiewol ſich nuhn manch ſchein - licher abweg erzeiget / wiſchet ich doch allweg mitCompaſſus. meinem Compaß herauß / vnnd wolte von der Mittaglini vmb kein Schritt nit weichen / wie - wol der Weg manchmal ſo rauch vnd vngebant geweſen / daß ich nit wenig ob jhm gezweiffelt /Diuerſoriũ auff ſolchem Weg gedacht ich ſtettigs an die Tau - be vnd Raben / vñ kundte es doch nit erſpeculierẽ: Biß ich entlich auff einem hohen Berg ein ſchoͤn Portal von weitem erſehen / dem ich dann vnge - acht es mir weit / weit ab dem Weg war / zugeeilt /Occaſus weil allbereit die Soñ ſich vnder die Berg verbor -B ij20Chymiſche Hochzeit:gen / vnd ich ſonſten bey weitem noch kein bley - bende ſtadt erſehen koͤnnen / vnd das zwar ſchreib ich allein Gottzu / der mich wol haͤtte koͤnnen auff ſolchem Weg fort gehen laſſen / vnd mir die Au - gen verhalten moͤgen / daß ich ſolche Port haͤtte koͤnnen vbergaffen: Der eyle ich nun / wie geſagt / hefftig zu / die ich dann noch bey ſolcher Tagzeit erꝛeichet / daß ich ſie dannoch nach aller notturfft beſehen koͤnnen. Es war aber ein vberauß Koͤniglich ſchoͤn Portal / daran viel herꝛlicher Bilder vnd Sachen gehawen / deren jetlichs / wie ich hernach erfahren / ſein ſondere bedeutnuß hat -Tæbula in - ſcriptionis. te. Oben an war ein zimlich groß Taͤfelin geheff - tet / mit dieſen worten: Procul hinc, procul ite Prophani. Vnd anders mehr / welches mir zuer - zehlen ernſtlich verbotten worden. So bald Ich nuhn vnder die Portal kommen / wiſchet gleich ei - ner in eim Himmel blawen Kleid herfuͤr / den ichPortitor. dann freuͤndtlich gegruͤſt / deſſen er ſich gleichwo -Literæ con -[n]ocationis. len bedanckt / aber alsbald mein Ladbrieff von mir gefordert. O wie froh war ich da zumalen / daß ich jhn mit genommen / dann wie leicht haͤtte es ſein koͤnnen / das ich ſeiner vergeſſen / welches dann auch andern beſchehen / wie er mir ſelber referiert: den hab ich nuhn bald auffgelegt / deſ - ſen er nit nur zufrieden geweſen / ſonder mich noch / darob ich mich verwundert / hoch geehret / vnd geſagt: Geht hin mein Bruder / ein lieber Gaſt ſeyt jhr mir: Bat mich darneben / ich wolt jhm meinen Namen nit verhalten / da ich jhm nuhn geantwortet / Ich wer der Bruder vondem21Chriſtiani Roſencreuͤtz.dem Rohten Roſen Creuͤtz / hat er ſich ver -Nomen Au - toris. wundert / vnd gleichſam gefrewet / vnd darauff angehebt / Mein Bruder / habt jhr nit ſoviel zu euch genommen / daß jhr koͤnten ein Zeichen kauf - fen / Ich antwortet: Mein vermoͤgen were ring / ſehe er aber etwas bey mir / daß jhm liebt / daß moͤchte er nemmen. Wie er nuhn mein FlaͤſchlinEmitur[a]- qua teſſeræ mit Waſſer von mir begert / Ich auch ſolches be - williget / gibt er mir ein guldin Zeichen / darauffSanctitate Conſtantia. Sponſus Charus. Spes, Chari - tas. ſtund mehr nit als dieſe zween Buchſtaben S. C. mit vermanung / da mir ſolches wol wuͤrde be - kommen / ſolte ich ſeiner gedencken / darauff fra - get ich jhn wieviel vor mir hinein weren / welches er mich auch berichtet: Entlich auß guter freuͤnt - ſchaffthat er mir ein verpitſchiert Briefflein anDiploma. den andern Huͤetter geben. Wie ich mich nuhn etwas lengers bey jhm auffhielte / faͤllet die Nacht daher / deßwegen bald auff der Porten ein groſſe Pechpfannen angezuͤndet worden / damit ſo je - mandt noch auff dem Weg were / er herzu eylen koͤndte: der Weg aber ſo vollendt zum SchloßSchloß. gieng / war zu beiden ſeiten mit Mawren beſchloſ - ſen / vnd mit ſchoͤnen Baͤumen von allerley Fruͤ - chten beſetzet / auch allweg drey Baͤum auff bee - den ſeiten / Laternen gehefftet / darinnen ſchon all - bereit alle Liechter /[durch] ein ſchoͤne JungfrawVirgo Lu - cifera. Hoffmei - ſterin Voͤgtin. auch im Blawen Kleyd / mit einer herꝛlichen Fackel angezuͤndt worden / daß war ſo herꝛlich vnd Meiſterlich anzuſehen / daß ich mich wider die notturfft etwas langes auffgehalten. Entlich aber nach gnugſamen bericht / vnd nutzlicher in -B iij22Chymiſche Hochzeit:ſttuction bin ich vom erſten Huͤtter freuͤndtlich geſchieden: Auff dem Weg hatte ich gleichwol gern gewuͤſt / was in meinem Briefflein geſchrie - ben / weil ich aber dem Huͤtter nichts boͤſes zutra - wen doͤrffte / muſt ich mein fuͤrnemmen im Zaum halten / vnd alſo den Weg fort paſſieren / bißP[o]rta 2. ich auch zur andern Porten kommen / die gleich - wol der andern faſt gleich / aber mit andern Bil - den / vnd heimlichen bedeuͤtungen gezieret gewe -Tabella, ſen. In dem angehefften Taͤffelin ſtund Date & dabitur vobis. Vnder dieſer Porten lag an einer Ketten ein grauſamer Loͤw / der ſich / ſo bald erCuſtos Leo. mich erſehen / auffgericht / vnnd meiner mit groſſem bruͤllen begehrt: Darvon dann der an -2. Portitor. der Huͤtter / ſo auff einem Marmelſtein gelegen / auffgewacht / vnnd mich geheiſſen ohne Sorg vnd Forcht ſein. Darauff auch den Loͤwen hin - derſich getrieben / vnd das Briefflein / welches ich jhme mit zittern dargereicht / empfangen / gele - ſen / vnd mit groſſer Reuerentz alſo angeſprochen / Nun ſey mir Gott will kommen / der Menſch den ich laͤngſt gern geſehen haͤtte: vnder deſſen zeuͤchtTeſſera emptæ ſæle Studio Me - rentis. Sal, humor. Sponſo mit - tendus. Sal Mine - ralis. Sal Men - ſtruælis. er auch ein Zeichen herauß / vnnd fragt mich / ob ichs loͤſen koͤndte. Weil ich aber nichts mehr hatte / dann mein Saltz / bot ich jhm das dar / welches er mit danck angenommen. Auff dem zei - chen ſtund abermal nur zwen Buchſtaben / nem - lich / S. M. wie ich nuhn auch mit dem ſprachen woͤllen / fanget man in dem Schloß an zuleutten / deßwegen mich der Huͤtter ermahnet / Ich ſolte ſchnell lauffen / ſonſten wer all mein gehabte muͤhevnd23Chriſtiani Roſencreuͤtz.vnd arbeit vergebens / dann man fieng ſchon oben an die Liechter außzuleſchen: daß ich dañ ſo ſchnell gethan / das ich auch den Huͤter nit behiet / ſo angſt war mir / vnd zwar war es warlich vonnoͤtẽ. Dañ ſo ſtarck kunt ich nit lauffen / es war die Jung - fraw ſchon an mir / nach deren alle Liechter auß - geloſchen / haͤtte auch den weg nim̃er treffen koͤn - nen / wann ſie mir nit mit jhrer Fackel noch ein ſchein gemacht haͤtte: Noch treibet mich die not / das ich allernechſt an jhr hinein kommen / da dañPortæ clau - ditur. die Port ſo ſchnell zugeſchlagen worden / das mir auch ein ſtuck vom Rocke hinein geſchloſſen wor - den / welchs ich gewißlichen dahinden laſſen muͤſ - ſen / dann den Thorwartten kondten weder Ich / noch die ſo allbereit vor der Thůren darauſſen ge - rufft / dahin bringen / daß erwider eroͤffnet haͤt - te / Sondern er hab die Schluͤſſel der Jungfra - wen gegeben / die ſie mit ſich in den Hoff genom - men: Vnder deßen ſihe ich mich abermals an der Porten vmb / die war nuhn ſo koͤſtlich / daß jhrs gleichens die gantze Welt nicht hatt: Neben der Thuͤren waren zwo Seuͤlen. Auff der einen ſtund ein froͤlich Bild mit dieſer inſcription: con - gratulor. Das ander verhuͤllet ſein Angeſicht /Pyramide[-]Portæ, war trawrig / vnd ſtund darunder Condoleo. In Summa / ſolche dunckele verborgene Spruͤch / vnd Bilder waren daran / daß ſie die geſcheide - ſten auff Erden nit haͤtten außlegen koͤnnen. Es ſollen aber ſolche alle / ſo es anderſt Gott zuleſt / in kurtzem von mir an Tag gebracht / vnnd eroͤffnetPromiſſum Autoris. werden. Vnder dieſer Porten mußte ich aber -B iiij24Chymiſche Hochzeit:mal meinen Namen geben / der wuͤrde in ein Per - gamentin Buͤchlin zu letſt angeſchrieben / vnd als - bald mit andern / dem H. Braͤutigam[vberſchickt] / da ward mir erſt das rechte Gaſtzeichen gegeben / das war etwas kleiners dann die andern / doch viel ſchwerer / auff dieſem ſtunden dieſe Buchſta -Sælus per naturam. Sponſi præ - ſentandus nuptiis. ben S. P. N. vber deß gab mã mir ein new par ſchu / dann der Boden deß Schloſſes war von lauter hellem Marmor gelegt. Meine alte Schuh doͤrf - te ich der Armen einem / ſo haͤuffig vnter dẽ Thor / doch fein ordentlich geſeſſen / geben / welchem ich wolte. Die ich dann einem alten Mann geſchen -* Comes puer. cket: Darauff fuͤhret mich ein Knab / mit zweyen Fackeln in ein kleines Gemaͤchlein. Da hieſſen ſie mich auf ein Banck nider ſitzen / welches ich auch gethon / ſie aber ſteckten jhre Fackeln in 2. loͤcher / ſo in den Boden gemacht / vnnd gehen darvon / laſſen mich alſo allein ſitzen. Bald darauf hoͤrte ich ein gereuͤſch / ſahe aber nichts / vnd das waren et -[B]al[ne]ato - res, lich Maͤnner die fallen vber mich hin / weil ich aber nichts ſehen kundt / mußt ichs ſo geſchehen laſſen / vnd warten / was ſie doch mit mir wurden anfangen. Weil ich aber bald vermerckt / daß es Balbierer: bitte ich ſie / ſie wolten mich nit ſo he - ben / ich waͤre doch willig zuthun / was ſie begehr - ten / darauff ſie mich bald gelaſſen / vnd alſo einer / den ich doch nit ſehen kundt / fein ſitlich das HaarCapillus detenſus[a]ſſervatus. mitten auff dem Kopff herumb hinweg geſchnit - ten / an der Stirn aber / Ohren vnd Augen / mein langes eyßgrawes Haar hangen laſſen. In ſol - chem erſten angriff / muß ich bekennen: Wer ichſchier25Chriſtiani Roſencreutz.ſchier verzagt / dann weil mich jrer etliche ſo ſtarck hebten / vnnd ich doch nichts ſehen kundt / moͤcht ich nit anders gedencken / dann Gott hette mich vmb meines fuͤrwitz wegen fallen laſſen. Nun die - ſe vnſichtbare Balbierer leſen das abgeſchnitten Haar fleiſſig auff / vnnd tragens mit ſich hinweg:Pueri bini. darauff ſich dann beyde Knaben wieder einge - ſtelt / vnnd mein jnniglich gelacht / daß ich mich ſo gefoͤrcht hette. Wie ſie aber kaum etlich Wort mit mir geredt / fanget man wider an mit eim kleinen Gloͤcklein zuleutten / vnd wie mich die Knaben be - richt / der verſamblung zeichen zugeben: Deßwe - gen ſie mich auffgemant / vnd durch viel Gaͤnge / Thuͤren vnd Schnecken / in ein groſſen Saal vor - geleuchtet. In dieſem Saal war ein groſſe menge der Gaͤſt / von Keyſer / Koͤnig / Fuͤrſten vnd Her -Tricliniũ. ren / Edel vnd Vnedel / Reich vnd Arm / vnd aller - ley geſinds / deſſen ich mich hoͤchlich verwundert / vnd bey mir ſelbſten gedacht: Ach wie biſtu ſo ein groſſer Narꝛ geweſen / das du dir ſolche Reyß ſo bitter vnnd ſawr haſt laſſen angelegen ſein / Sihe da ſein doch Geſellen / die du wol kenneſt / vnd nie nichts auff ſie gehalten: die ſeind nun alle hie: vnd biſtu mit all deim bitten vnnd beten kaum zu letſt herein kommen. Diß vnd anders mehr gab mir der. Teufel dazumal ein / dann ich doch / ſo gut ich kunt / auff den Außgang gewieſen. Vnder deß ſpricht mich meiner bekandten einer hie / der an - der da / an. Sihe Frater Roſencreutz / biſtu auch hie: Ja antwortet ich / meine Bruͤder / die Gnad Gottes hat mir auch herein geholffen / deſſen ſieB 5ſehr26Chymiſche Hochzeit:Impietas hoſpitum, non rectâ viâ ingreſ - ſorum,ſehr gelacht / vnnd fuͤr ſpoͤttiſch gehalten / in ſo ſchlechtem ding auch Gottes beduͤrffen. Wie ich nun jeden ſeines wegs halber befragt / mehrer - theil aber vber die Felſen abkletten muͤſſen / fahet man an mit etlich trommeten / deren wir doch kei - nen geſehen zu Tiſch zublaſen: darauff ſich dann maͤnniglich geſetzt / jmmer einer nach dem jhm ge - dauchte / er were vber andere / deßwegē mir ſampt andern armen Geſellen kaum ein Pletzlein an dem vnderſten Tiſch worden. Bald ſtellen ſich die beyde Knaben ein / vnd Betet einer vnder jh - nen ſo ſchoͤne vnnd herꝛliche Gebetlein / daß ſichQuidam[t]reces ne - g ligunt. mein Hertz im Leib erfrewet. Deſſen doch etlich groſſe Hanſen wenig geachtet / ſonder mit einan - der gelachet / einander gewuncken / in die Huͤt ge - biſſen / vnd dergleichen Fantaſeyen mehr getrie - ben. Darnach wird daß Eſſen auffgetragen / vndCommeſſa - t[ro]. wiewol man keinen Menſchen ſehen kundt / war doch alles ſo ordentlich verſehen / daß mich ge -Miniſtri in viſibiles. daucht / es hette ein jeder Gaſt / ſeinen eigenen die - ner. Wie nun meine Kuͤnſtler ſich ein wenig er - labt / vnnd jhnen der Wein die ſcham ein wenig vom Hertzen geruckt. Da erhub ſich erſt ein Ruͤh -Inebriato - rum gloria t[ro]. Vana. men / vnd wol koͤnnen. Der wolte diß probieren / der ander jenes / vnd waren gemeiniglich vnnuͤtze tropffen die Laͤutteſten: ach wann ich gedenck was vbernatuͤrlichs / vnd vnmuͤglichs außthun ich da - malen gehoͤrt / moͤchte mir noch daruͤber vnwillen. Endlich blieben ſie auch nim̃er bey jrer ordnung / ſondern da flicket ſich da ein Lecker zwiſchen den Herren ein / da ein anderer / da gaben ſie ſolcheſtreich27Chriſtiani Roſencreuͤtz.ſtreich fuͤr / dergleichen weder Samſon / noch Hercules mit all jhrer Staͤrcken nit hetten zuwe - gen bringen koͤnnen. Der wolte Atlantem ſeines Laſts erledigen / Jener wolte den dreykoͤpffigen Cerberum wieder auß der Hellen ziehen. In Summa / jeder hat ſein eigen geſchwader / noch waren die groſſen Herren ſo Naͤrꝛiſch / daß ſie jh - rem fuͤrgeben glaubten / vnd die Boͤßwicht ſo ver - wegen / daß ob wol einer hie der ander da / mit dem Meſſer auff die Finger geklopfft worden / ſie doch ſich nit daran kereten / ſondern da einer etwa ein guldin Kettin erſchnapt / wolten ſie es alle darauf wagen. Ich ſahe einen / der hoͤrte die Him̃el rau - ſchen. Der ander kundte Platonis Ideas ſehen. Der dritte wolte Democriti Atomos zehlen. So waren auch der ewig mobiliſten nicht wenig. Mancher hatte meines erachtens ein guten verſtandt / aber er maſſe jhm ſelbſt zu ſeinem verderben zuviel zu. Endlich war auch einer / der wolt vns kurtzumb bereden / Er ſehe die Diener / ſo auffwarteten / het - te auch ſein ſtreitten noch lenger getrieben / wannMiniſtri in viſibiles. jhm nicht der vnſichtbaren auffwaͤrter einer ein ſo redlichs auff ſein verlogenes Maul geben het - te / daß nicht allein er / ſondern auch viel neben jhmModeſtiæ Proborum hoſpitum. wie die Maͤußlein geſchwiegen. Daß aber gefiel mir am beſten / daß alle die Jenige / auff die ich et - was gehalten / in jhrem thun fein ſtill waren / vnd nicht laut darzu ſchrien / ſondern erkandten ſich fuͤr vnverſtendige Menſchen / denen der Natur geheimnuß zu hoch / ſie aber viel zu gering we - ren. Innſolchem Tumult hette ich ſchier denTag28Chymiſche Hochzeit:tag daran ich hieher kommen / verflucht / dann ich muſte mit ſchmertzen ſehen / daß loſe Leichtfertige / Leut / oben am bret waren / Ich aber in ſolchem geringen ort noch nicht koͤndte mit frieden blei - ben / wie mich dann dieſer Boͤßwicht einer hoͤniſch ein geſchecketen Narren geſcholten. Nun gedacht ich nicht daß noch ein Port vorhanden were / da - durch wir muſten gehen / ſondern meinte / Ich wurde die gantze Hochzeit vber / in ſolchem Spot / Verachtung / vnnd vnwerdt muͤſſen verbleiben / welches ich doch weder vmb den H. Breuttigam / noch Braut jemalen verſchuldet hette / ſolte jhm deßwegen meines erachtens einem andern Nar - ren zu ſeiner Hochzeit geſucht haben dann mich. Sihe zu ſolcher Vngedult bringet einfeltige Her -Impatie[n]tia ex ini - quit ate ho - minum. tzen die vngleichheit dieſer Welt. Aber daß war ei. gentlich ein ſtuck meines Hinckens / darvon mir / wie oben gemeldet / getraumet / vnd zwar nam diß geſchrey je leger je mehr zu. Dann da waren ſchon die ſich falſcher vnd erdichter Geſicht beruͤmbten / die greyflich erlogene traͤwm vns wolten bereden. Aſſeſſor mo deſtus. Nun ſaß ein feiner ſtiller Mann bey mir / der redet nun zu manchmalen von feinen ſachen / Endlich ſpricht er / ſihe mein Bruder / wann nun jemand keme / der ſolche verſtockte Leut wolte auff den rech - ten Weg bringen / wurde man jhn auch hoͤren: Nein trawn antwortet Ich. So will nun / ſprichtMundus vult decipi. er / die Welt mit gewalt betrogen ſein / vnd mag die nit hoͤren / ſo es gut mit jr meinen. Siheſtu auch jenen Lecker / mit was gruͤllengirigen Figuren / vnd Naͤrriſchen gedancken / er andere an ſichbringt.29Chriſtiani Roſencreutz.bringt. Dort aͤffet einer mit vnerhoͤrten verborge - nen Worten die Leut. Doch glaube mir darumb / es kommet noch die zeit / da man dieſen Mumme - reyen die ſchaͤmen wird abziehen / vnd aller Welt Weiſen / wz fuͤr Landsbetrieger darunder geſteckt / da wird vielleicht noch gelten / deſſen man nit ge - achtet. Wie er diß redet / vnd das geſchrey auch je lenger je aͤrger wird / erhebt ſich einsmals in dem Saal ein ſo zierliche vnd ſtatliche Muſic / derglei -Muſicæ. chen ich die Tag meins lebens niemalen gehoͤrt / deßwegen Maͤnniglich geſchwiegen vnd gewar - tet / wz doch darauß werden wolte. Es waren aber bey ſolcher Muſic alle Seitenſpiel / dergleichen mã hette erdencken moͤgen / vnd mit ſolcher Harmoni zuſam̃en geſtim̃et / dz ich mein ſelbſten vergaß / vnd alſo vnbeweglich geſeſſen / daß ſich meine Beyſi - tzer ab mir verwunderten / vñ diß weret faſt ein hal - be ſtund / darinnen vnſer keiner kein Wort geredt / dann ſo bald einer daß Maul wolt auffthun / wur -Mulcta, nõ attenden - tium. de jm vnverſehens ein ſtreich / vnd wuſte doch nit / waher er kaͤme: Mich gedauchte weil vns je von den Muſicanten nichts zu ſehen zu theil wurde / wann ich nur alle Inſtrumenta, deren ſie ſich ge - brauchten / beſchawen moͤchte. Nach einer halben ſtund hoͤrete dieſe Muſic vnverſehens auff / vnnd kundten wir nichts weiters ſehẽnoch hoͤrẽ. Bald darauff erhebt ſich vor deß Saals Thuͤr ein groß gepraſſel vñ gethoͤn / von Poſaunen / Trom̃etẽ / vñ Heerpauckẽ / vñ war alles ſo meyſterlich / als wol - te der Roͤmiſche Keyſer einziehen. Deßwegen die Thuͤr ſich ſelbſten eroͤfnet / da dann der Poſaunenſchall30Chymiſche Hochzeit:ſchall ſo laut worden / daß wir es kaum mochten erleiden: vnder deß kommen in den Saal meinesFaculæ ad lectum. erachtens viel tauſent Liechtlein / welche alle inn richtiger ordnung fuͤr ſich ſelbſt daher gezogen / dz wir vns gentzlich entſetzet / biß endlich die vorge - nanten zwen Knaben mit hellen Fackeln in den Saal getretten / vnd einer ſchoͤnen Jungfrawen /Virgo luci - fera. Hoff - meiſterin / Voͤgtin. ſo auff einem Herꝛlich vergulten Triumph Seſ - ſel fuͤr ſich ſelbſten daher gefahren / vorgeleuch - tet / mich gedauchte / es were eben die / ſo zuvor im weg die Liechter angezuͤndt vnnd abgeleſcht / vnnd waren eben diß jhre Diener / die ſie zuvor an die Baͤwm geſtellet. Dieſe war nun nit wie zuvor Blaw: ſondern mit eim Schneeweiſſen glantzen -Albedo. den Kleid angezogen / welches von lauter Gold ſchimmert / vnd ſo klar ſahe / daß wir ſie nicht Keck - lich doͤrfften anſchawen. Die beyde Knaben wa - ren faſt auch ſo / wiewol etwas ſchlechters beklei - det. So bald die nun mitten in den Saal kom̃en / vnd vom Stul abgeſtiegen: Neigeten ſich vor jhr alle Liechtlein. Darauff wir alle von vnſern Baͤn - cken auffgeſtanden / aber doch jeder an ſeinem ort geblieben. Wie ſie nun vns / wir jhr hinwider alle Reverentz / vnd ehr-erbiettung erwieſen / fanget ſie mit Holdſeliger ſtim̃ an alſo zureden:

Sælutæto - riæ hoſpi - tum.
Der Koͤnig / mein gnedigſter Herꝛ:
So jetzmals iſt nit allzuferꝛ.
Wie auch ſein allerliebſte Braut /
Die jhm in Ehren iſt vertrawt /
Die haben nun mit groſſer frewd /
Euwer ankunfft geſehen albereit /
Thun31Chriſtiani Roſencreutz.
Thun auch jedem inſonderheit /
Ihr Gnad entbieten jederzeit /
Vnd wuͤnſchen von jhrs Hertzen grund /
Das euch geling zu jeder ſtund /
Damit jhr kuͤnfftig Hochzeit freud /
Nit wirdt vermengt / mit jemands Leid.

Darauff ſie abermal hoͤfflich mit allen jhren[L]iechtlein ſich geneiget / vnd bald darauff alſo an - gefangen:

Ihr wiſt das in dem Ladungs Brieff:
Kein Menſch nit hieher worden bruͤfft.
Propoſitio
Actionis.
Der nit von Gott all ſchoͤne gaben /
Vor lengſten moͤcht empfangen haben /
Vnd wer mit aller notturfft ziert /
Wie ſich in ſolcher ſach gebuͤrt /
Wiewol ſie nun nit glauben moͤgen /
Das jemand ſey ſo gar verwegen /
Der mit ſo ſchwer Condition /
In dem fall doͤrfft einſtellen thon /
Wann er ſich nit vor langen zeiten /
Zu dieſer Hochzeit thet bereitten /
Darumb ſie in gut Hoffnung ſtehen /
Alles guts zu euch allen verſehen /
Frewt ſie daß in ſo ſchwerer Zeit /
Gefunden haben ſo viel Leut /
Noch ſeind die Menſchen ſo verwegen /
Das ſie jhr grobheit ntt bewegen /
Vnd tringen ſich an orten ein /
Darzu ſie nicht beruffen ſein /
Daß32Chymiſche Hochzeit
Daß ſich nun hie kein Bub verkauff /
Ein Schalck mit andern vnder lauff /
Sie aber bald ohn alles verhelen /
Ein reine Hochzeit haben woͤllen /
So wirt auff den morgenden Tag /
Probatio
artificum.
Angſtelt werden der Kuͤnſtler Wag /
Da jeder leichtlich wird ermeſſen /
Was er da heimbden hab vergeſſen /
Iſt nun jemand auß dieſer Schaar /
Der jhm nit darff vertrawen gar.
Der mach ſich jetz ſchnell auff ein ſeit /
Dan gſchicht es daß er lenger beit /
So iſt all Gnad an jhm verlohren /
Vnd muß er morgen vnder d’Sporen /
Bey wem nun ſein G’wiſſen klopfft an /
Den wirt man heint im Saale lan /
Biß morgen ſoll er werden frey /
Doch daß er nimmer komm hierbey /
Weiß jemand nun was hinder jhm /
Der geh mit ſeinem Diener hin /
Der jhm ſein gemach wirt zeigen thun /
Darin er heint ſein ruh moͤg han /
Da er der Wag mit ruhm erwart /
Sonſt wirt jhms ſchlaffen maͤchtig hart /
Die andern nemen hie fuͤr gut /
Dann wer wider vermoͤgen thut /
Dem wer beſſer / Er wer entloffen /
Daß beſt will man von jedem hoffen /

So bald ſie das außgeredt / thut ſie wider Re - verentz / vnd ſpringt mit frewden auff jhren Stul /darauff33Chriſtiani Roſencreuͤtz.darauff abermahl die Trommeter angefangen zu blaſen / welches doch manchem ſeine ſchwe - re Seuͤfftzen nit nemmen moͤgen: haben ſie alſo wieder Vnſichtbar hinauß geleittet / doch ſein mehrertheil Liechtlein in der Stuben geblieben / vnd hatt ſich allweg eins zu vnſer einem geſellet. In ſolcher perturbation iſt nit wol muͤglich auß - zuſprechen / was ſchwerer Gedancken / vnd Ge - berden hin vnd wider gangen. Noch wahr der mehrertheil dahin bedacht / der Wag zuerwar - ten. Vnnd wann es je da nit ſein wolte / mitAutor hu - miliat ſe. friden (wie ſie verhofft) darvon zuziehen. Ich hatte mich bald beſunnen / vnd weil mich mein Gewiſſen alles vnverſtands / vnd vnwuͤrdigkeit vberzeuͤgt / nam ich mir fuͤr in dem Saal mit an - dern zubleiben / vnd empfangener Mahlzeit viel lieber Content zuſein / dann zu kuͤnfftiger ſchlap - pen / mit gefahr zuerwarten. Nach dem nuhn einer da / der ander dort in ein Gemach (jeder wie ich nachmahls erfahren / in ein eigen) von ſeinem Liechtlein gefuͤhret worden. Blieben vnſer neun / vnnd vnter andern auch der ſo vormals am Tiſch mit mir geſprachet: Wie - wol vns aber vnſere Liechtlein nit verlaſſen / Iſt doch bald nach einer Stund der ernandten Kna - ben einer kommen / ein groſſe buͤſchel Strick mit ſich gebracht / vns erſtlich gefragt / ob wir da zubleiben entſchloſſen / da wir nnhn ſolches mit ſeuͤfftzen bewilligt / hat er jeden an ein beſonder ort angelegt / vnd iſt alſo mit vnſeren Liechtlin gewi -Pernoctatio triſtis. chen / vnnd vns Arme im finſtern gelaſſen:C34Chymiſche Hochzeit:Da fieng allererſt an das Waſſer bey manchem vber die Koͤrb zulauffen / vnnd kundte ich mich ſelbſtẽ deß weinens nit enthalten. Dañ ob wol vns nit zu reden verbotten worden / lieſſe doch der Schmertz vnd Betruͤbnuß keinen reden. So wahren die Strick ſo wunderlich gemacht / das ſie keiner auffſchneiden / viel wenniger vom Fuß bringen kundte / noch troͤſtet mich das / daß noch manchem / der ſich jetzt zur ruh begeben / ſein ge - winnen mit groſſer Schmach bevorſtunde / wir aber mit einer einigen Nacht / all vnſer vermeſſen - heit koͤnten abbuͤſſen. Biß ich entlich in meinen ſchweren Gedancken entſchlieff. Dann ohn ange - ſehen der weniger theil vnter vns die Augen zu - thet: So konte ich mich doch wegen der muͤhdeSomnium Typicum. Was mit der prob wag abge - hen wuͤrde. Wer hoch ſteigt / faͤlt hoch. nit enthalten. In ſolchem Schlaff haͤtte ich ei - nen Traum / wiewol nuhn daſſelbig nit viel hin - der jhm / halte ich doch nit fuͤr vnnoͤtig denſelben zuerzehlen: Mich gedauchte / wie ich auff einem hohen Berg waͤre: Vnd ſahe vor mir ein groſſes vnd weites Thal. In dieſem Thal / waren bey ein - ander ein vnſaͤgliche menge Volcks / deren jeder auff dem Kopff einen Faden hatte / mit dem er an den Himmel angehencket war. Nun hienge einer hoch der ander nider / etliche ſtunden noch gar auf der Erden. Es flog aber in den Luͤfften ein alter Mann vmb / der hatte in ſeiner Hand ein Sche - ren / damit er hie einem / dort eim andern ſein Fa - den abſchnitt / Welcher nuhn nahe bey der Er - den war / der war deſto eh fertig / vnd fiel ohne ru - mor. So es dann an ein hohen kam / da fiel erdaß35Chriſtiani Roſencreuͤtz.daß ſich die Erd erzittert. Etlichen geriets / daß jhn jhr Faden nach gelaſſen wurde / daß ſie auff die Erden kamen / ehe der Faden abgeſchnitten wurde. Ab ſolchem burtzeln hatte ich meinen luſt / vnd frewet mich von hertzen / wann einer / der ſich lang in Luͤfften ſeiner Hochzeit vberhub / ſo ſchant - lich herunder fiel / vnd noch etwan ſeiner nach - barn etlich mit ſich nam. So frewet mich auch / wann der ſo ſich jederzeit bey der Erden gehalten / ſo fein ſtill konte hiervon kommen / daß es auchExpergeſ. ſeine Nechſten nit mercketen. Wie ich aber nun in hoͤchſten meinen frewden bin / werde ich von einem meinem mitgefangnen vnverſehens geſto - ſen / deßwegen ich erwacht / vnd gar vbel mit jhm zufrieden geweſen. Dachte doch meinem Traum nach / vnd erzehlt jhn meinem Bruder / der auff der andern ſeiten neben mir lag. Der ließe es jhm nit vbel gefallen / vnd verhofft es ſolte etwan noch ein huͤlff darhinder ſtecken: In ſolchem geſpraͤch vertrieben wir die vbrige Nacht / vnd erwarttete mit verlangen deß tags.

III. Dies

SO bald nun der liebe Tag angebrochen / vnd die helle Sonn ſich vber die Berge erhoben / vnnd am hohen Himmel zu ſeinem befohlenen ampt wider eingeſtelt. Fiengen ſich an meine gute kaͤmpffer auß den Betten zuerheben / vnnd ſich allgemach zur inquiſition gefaſt zumachen. Deßwegen dann einer nach dem andern widerC ij36Chymiſche Hochzeit:Colloquium ſurgentiũ. in den Saal kommen / vnd einen guten Tag ge - wuͤndſcht / vnd gefragt / wie wir dieſe Nacht ge - ſchlaffen / wie ſie nun vnſere Bande geſehen / wa - ren auch viel die vns erfiltzetẽ / daß wir vns ſo ver - zagt haͤtten ergeben / vnd nit viel mehr / auff Gluͤck vnd Vngluͤck wie ſie gewaget / wiewol etliche / de - nen das Hertz jmmer geklopffet / nit laut zur ſa - chen ſchrien. Wir entſchuldigten vns mit vn - ſerm Vnverſtandt / vnnd verhofften / wir ſolten nun bald loß außgehen / vnd vns dieſen Spot fuͤr ein witzigung ſein zulaſſen / das ſie hergegen noch nit allerdings entrunnen / vnnd villeicht noch die groͤſte gefahr bevor haͤtten. Entlich wie ſich nuhnCæntus. jederman wider verſamlet / fanget man abermals an wie vormals zu Trommeten / vnd die Heerbau - cken zuſchlagen / da meinten wir nit anders / denn es wurde ſich der Braͤutigam præſentiren, wel - ches doch manchem gefehlet: Dann es war aber -Virgo Lu - cifera. Hoffmeiſte - rin / voͤgtin. mal die geſterige Jungfraw / die haͤtte ſich in ein gantz rohten Samet bekleidet / vnnd mit weiſſem Baͤndel vmbguͤrttet: Auff jhrem Haupt hatte ſie ein gruͤnen Lorberkrantz / welcher ſie trefflich zieret: Ihr apparat waren nicht mehr Liechtlin / ſondern auff die 200. Geharniſchter Maͤnner / welche alle gleich in Roht vnd Weiß / wie ſie gekleidet ge - weſen. So bald die nuhn vom Stul geſprungen / geht ſie gleich zu vns gefangenen her / vnnd nach dem ſie vns gegruͤſt / ſagt ſie mit wenig worten: Daß ewer etlich jhr Elendt erkanndt / daß laſtSolatur humiles. jhm mein Geſtraͤnger Herꝛ gefallen / vnd will es euch auch genieſſen laſſen. Vnnd wie ſie mich inmei -37Chriſtiani Roſencreuͤtz.meinem Habit erſicht / lachet ſie vnd ſpricht: Sih haſtu dich auch vnter das Joch begeben / Ich meint du haͤtteſt dich ſo fein geruͤſt: mit welchen worten ſie mir die Augen vber getrieben. Darauf heiſt ſie vns auffloͤſen / vnd zuſammen kupplen / auch an ein orth ſtellen / da wir die Wag wol ſehen kundten / dann ſagte ſie: Es kan jhnen noch beſſer ergehen / dann einem vermeſſenen / ſo noch hier le - dig ſteht. Vnter deſſen wirt die Wag ſo gantz gul -Libra au - reæ. din geweſen / mitten in dem Saal auffgehenckt / auch ein kleines Tiſchlein mit rohtem Samet be - deckt / vnd darauff 7. Gewicht geſtelt: Erſtlich7. Ponderæ. ſtund ein zimlich groß: darauff vier kleine beſon - ders: Entlich 2. groſſe aber beſonders. Vnd wa - ren dieſe Gewicht zu jhrer Proportz ſo ſchwer / daß es kein Menſch glauben / noch begreiffen kan. Es hatte aber jeder Geharniſchter neben einem bloſ - ſen Schwert ein ſtarcken Strick / die ſie denn nachSætellites. der zahl der Gewicht in 7. Rotten getheilt / vnd auß jeder Rotte einen zu ſeinem Gewicht erweh - let: vnd darauff wider auff jhren hohen Thron geſprungen. So bald ſie nuhn jhr Reverentz ge - than / fangt ſie alſo mit ſtarcker ſtim an zureden.

Wer in eines Malers Stuben geht /
Vnd ſich vmb Malen nichts verſteht /
Redt doch darvon mit groſſem pracht /
Der wirt von meniglich verlacht.
Wer ſich nuhn gibt in Kuͤnſtler Orden /
Vnd iſt doch nit erwehlet worden /
Vnd kuͤnſtlet doch mit groſſem pracht
Der wirt von meniglich verlacht.
C iij38Chymiſche Hochzeit:
Werzu einer Hochzeit bald erſcheint /
Vnd iſt doch niemal worden gemeint /
Vnd kommet doch mit großem pracht /
Der wirt von meniglich verlacht.
Wer nun auff dieſe Wag wirt ſteigen /
Die Gewicht jhn dann nit werden meiden /
Vnd fehrt alsbald nauff das es kracht /
Soll ſein von meniglich verlacht.
Ponderan - tur Artifi - ces.

So bald die Jungfraw außgeredt: Heiſſet der Knaben einer jeden ſeiner ordnung nach ſtellen / vnd einen nach dem anderen auffſteigen: Deſſen1, Cæſar. ſich dann der Keyſer einer nit gewegert / ſondern ſich erſtlich gegen der Jungfrawen ein wenig ge - neiget: Darnach mit allem ſeinem ſtatlichen Ha - bit / auffgeſtiegen: Darauff jeder Oberſter ſein Gewicht auffgelegt / bey welchẽ er mit meniglichs verwundern beharꝛet. Aber daß letſte wurde jhm zu ſchwer / muſte alſo mit ſolcher betruͤbnuß hin - auff / daß er auch wie mich gedauchte / die Jung - fraw ſelbſten erbarmet / die dann auch den jhren zu ſchweigen gewuncken / noch wurde der gute Key -2. Keyſer. ſer gebunden / vnd der 6. Rott vbergeben. Auff jhn kam aber ein Keyſer daher / der tratt ſtoltz auffDan. 5. die Wag: Vnd weil er ein groß dick Buch vnter dem Rock hatte / meint er / es wurde jhme nit feh - len. Wie er aber kaum daß dritt Gewicht erleiden moͤgen / vñ vnbarmhertzig hinauff geſchlingt wur - de / jhm auch ſein Buch im ſchrecken entpfallen /3. alii Cæſæ - res. fangen alle Soldaten an zulachen / vnd wirt er der 3. Rott gebunden vberlifert: So giengs noch etli -chen39Chriſtiani Roſencreuͤtz.chen Keyſern / die alle ſpoͤtlich verlacht vnd gefan -4. Cæſær. Probatißi - mus. gen worden. Nach dieſen komt ein kurtz Maͤñlin / auch ein Keyſer daher / hatte ein krauß brauns Baͤrtlin / der ſtellet ſich nach gewohnlicher Reve - rentz auch auf: Daß er ſich ſo ſtandhafft gehalten / daß mich bedunckt / wañ noch mehr Gewicht vor - handen waͤren / er wurde ſie außhalten: Gegen welchem dann die Jungfraw ſchnell aufgeſtandẽ / ſich vor jhm geneigt / vnd ein roht Sametin Rock anziehẽ laſſen. Entlich auch ein Lorberzweig / derẽ ſie viel auff dem Stul hatte / gereichet / vnd auf die Traͤppen jhres Stuls heißen niderſitzen. Wie es nun nach dieſem andern Keyſern / Koͤnigen vnd Herꝛen ergangen / were zu lang zuerzehlen / allein kan ich vngemeldet nit laſſen: daß wenig auß ſol - chen hohen Heuͤptern geblieben. Wiewol ſich ſon - ſten manch feine Tugent wider mein verhoffen an vielen gefunden. Einer moͤcht diß außhalten / der ander ein anders. Etlich 2. etlich 3. 4. oder 5. wenig aber kundten zu rechter perfection kom̃en. Aber zu jedem dem es gefehlet / warde von den Rotten hefftig gelachet Nach dem auch die inquiſition vber die vom Adel / Gelehrte vnnd andere ergan - gen / vnd bey jedem Standt / etwann einer / etwa zwen / zu mehrmalen aber garkeiner juſt erfunden worden. Iſt es entlich auch an die from̃en Herꝛen Landtbetriegern / vnd Lapidem Spitalauficũ ma -Proba fal - ſariorum. chendẽ Leckern kom̃en. Die wurden mit ſolchẽ ge - ſpoͤt auf die wag geſtelt / dz mir ſelbſtẽ in meinẽ Leid der Bauch vor lachen wolt zerſpringen / ſo kondtẽ auch die gefangenẽ ſelbſten das lachen nit halten:C iiij40Chymiſche Hochzeit:Dann da kundte der mehrtheil deß ernſten Ge - richts nit erwartten / ſondern wurden mit Prit - ſchen vnnd Geißeln von der Wag geſchmiſſen / vnd zu anderen Gefangenen / jedoch bey gebuͤh - render Rott gefuͤhrt. Sein alſo von ſo groſſem Hauffen ſo wenig geblieben / daß ich mich jhre zal zu eroͤffnen ſchaͤme / doch waren hohe PerſonenNobiles ni - hilominus ornantur. auch darunter / wiewol man einen wie den an - dern mit Sametin Kleyd vnnd Lorbeerzweyg geehrt.

Wie nun die inquiſition nun mehr allerdings vollendet geweſen / auch niemand mehr auff der ſeiten / dann wir arme gekuplete Hund da ſtun - den: Trit entlich der Hauptleut einer herfuͤr vnd ſpricht: G. Fraͤwlin / wann es E. G. gefaͤllig /Proba hu - milsum. wolte man dieſe arme Menſchen / welche jhren vnverſtand erkent / ohne jhr gefahr auch nuhr zur Luſt auff die Wag ſtehen laſſen. Ob doch etwas rechts vnter jhnen were. Allererſt war ich in gro - ſen Noͤhten / dann in meinem Creuͤtz war diß nuhn mehr mein Troſt / daß ich nit mußte ſo in ſchanden ſtehen / oder von der Wag gepeutſcht werden. Dann mir zweiffelt nit / das viel der ge - fangenen wuͤndſchten / ſie weren zehen Naͤcht bey vns in dem Saal geblieben: Noch weil es die Jungfraw bewilligt / mußt es ſein / vnd wurden wir auffgeloͤſt / auch einer nach dem andern auffgeſtellt / wiewol es nuhn mehrestheils miß - lungen / wurde jhrer doch weder gelacht noch ſieSocius au - toris. gepentſcht / ſondern mit frieden auff eine ſeit ge - ſtelt. Mein Geſell war der 5. der erhielt ſich ſtatt -lich /41Chriſtiani Roſencreutz.lich / deßwegen von Menniglichen / ſonderlich a - ber dem Hauptman / ſo vns erbetten / gefrolocket / vnd von der Jungfrawen gewohnliche Ehr / jhm erzeigt wurde. Nach jhm wiſchen abermal zwen flux hinauff. Ich aber war der Acht / ſo bald ichAutor 8. nun mit zittern auffgetretten / ſihet mich mein Ge - ſell / ſo albereit inn ſeinem Sammet da geſeſſen / freundtlich vnd Laͤchlet die Jungfraw ſelbſten ein wenig: Nach dem ich aber auff alle gewicht behar - ret / heiſſet mich die Jungfraw mit gewalt auffzie - hen. Deßwegen noch 3. Mann an das ander theil der wag gehanget / ſo doch nichts vermoͤcht: deß - wegen bald der Knaben einer auffgeſtanden / vnd vberlaut geſchrien / der iſts / darauff der ander ge -Der iſts. antwortet: So laſt jhm ſein Freyheit gelten / wel - ches die Jungfraw vergoͤnnet: vnd nach dem ich mit gebuͤrlichen Ceremonien auffgenommenProbatißi - mus. worden / wird mir die wahl gegeben / einen ge - fangenen / wer mir gefiel / zuerloͤſen. Deß - wegen ich mich nit lang beſonnen / vnd den erſten Keyſer / der mich lengſten erbarmet / erwehlt / wel -Liberat. 1. Cæſarem. cher dann bald loß gelaſſen / vnd vns zu mit allen Ehren geſetzt worden. Wie nun der letſte auch auffgeſtelt worden / die gewicht jhm aber zu ſchwer worden / ſihet vnder deß die Jungfraw meine Ro -Autor ro - ſam ſuam donat Vir - gini. ſen / die ich von dem Hut in die Haͤnd genommen / deßwegen ſie dieſelbe durch jhren Knaben bald von mir Gnedig begehrt: Die ich jhr willig vber - ſchickt. Vnnd iſt alſo dieſer erſte Actus vmb zehenHora 10. Actus. Vhr vor Mittag abſolvirt worden / deßwegen man abermal angefangen zu Trommeten. Wel -C 5ches42Chymiſche Hochzeit:ches wir doch noch derzeit nit ſehen konten. Vn - der deß muſten die Rotten mit jhren gefangenen abtretten / vnd eines vrtheils erwarten. Darauff wurde der Rath von den 7. Oberſten vnd vns be - ſetzt / vnnd von der Jungfrawen als præſidentinIudicium de repro - batis. der handel fuͤrgehalten / vnd begert / Es wolt je - der ſein meinung geben / weſſen ſich mit den geſan - genen zuverhalten. Die erſte meinung war / manVotum 1. ſolte ſie alle Toͤdten / doch einen hertter / dann den andern: Als welche ſich wider die lautere Condi - tionen mutwillig eingeſtelt. Andere wolten ſie ge -2. fangen behalten / welches beides weder der præſi - dentin noch mir gefiel. Endlich war durch einen Keyſer / den ich erledigt / einen Fuͤrſten / meinen3. Geſellen / vnd mich die ſach dahin gebracht. Es ſolten erſtlich / was fuͤrneme Herꝛen weren / mit beſcheidenheit auß dem Schloß gefuͤrt werden. Andere koͤnte man etwas ſpoͤtlichers hinauß fuͤh - ren: Die ſolte man außziehen / vñ nackend lauffen laſſen. Die vierdten mit ruten geiſeln oder hun - den hinauß jagen: was ſich geſtern willig ergeben / ſolte man ohn alle entgeltnuß ziehen laſſen: End - lich aber die gar mutwilligen / vnd die ſich in ge - ſteriger Malzeit ſo vngebuͤrlich verhalten / an Leib vnd Leben / nach jedes verwircken ſtraffen. Vnd dieſe meinung gefiel der Jungfrawen wol / vnnd behielt die Oberhand: wurde jhnen auch noch zum vberfluß ein Mittag eſſen verguͤnt: Welches jhnen bald angezeigt / das Vrtheil aber auff 12. Vhr nachmittag auffgeſchoben worden. Hiemit nam der Senat ein End. Vnnd verfuͤgt ſich gleichwoldie43Chriſtiani Roſencreutz.die Jungfraw ſampt den jhrigen an jhr gewohn - lich ort / vns aber wurde der Oberſte Tiſch in dem Saal eingeben / mit bitt wir wolten ſo fuͤr gutne - men / biß der handel vollend außgericht wurde: Als dañ ſollen wir zum H. Braͤutigam vñ Braut gefuͤrt werden / mit welchen wir vns dann der zeit willig abweiſen laſſen. Vnder deß wurden die ge -Prændium fangene wieder in den Saal gebracht / vnd jeder ſeinem ſtandt gemeß geſetzt. Wurde auch jhnen beſohlen ſich etwas zuͤchtigers dann geſtern be - ſchehen zuverhalten: Welches doch keines verbie - tens bedoͤrfft / dann jhnen war die Pfeiff ohne daß in die Taſchen gefallen. Vnd kam ich nit vmb ſchmeichlen willen / ſondern der warheit zu Lieb diß kecklich ſagen / daß ſich gemeiniglich hohe per - ſonen am beſtengewuſt in ſolch vnverhofften vn - fall zu ſchicken: Ihre Tractation war zim̃lich ſchlecht / jedoch Ehrlich / vnd kondten ſie jre auff - waͤrter noch nit ſehen: vns aber waren ſie ſichtbar /Miniſtri in viſibiles. Viſibiles. welches mich dann hoͤchlich erfrewet. Darneben aber ob vns wol das Gluͤck erhoͤhet / lieſſen wir vns doch nit mehr als andere beduncken / ſonder ſpracheten mit den andern vnd hieſſen ſie ein gut Hertz haben / es wurde ſo vbel nit außſchlagen / Ob ſie nun wol das Vrtheil von vns gern hetten erfahren / war es vns doch ſo hart eingebunden / daß es keiner dorffte verlauten laſſen: Doch troͤ - ſten wir ſie ſo gut wir kundten / Truncken auch mit jhnen / ob ſie doch der Wein moͤchte froͤ - licher machen. Vnſer Tafel ward mit rotem Sam̃et bedeckt / mit lauter Silbern vnd GuldinẽProborum exaltatio. Trinck -44Chymiſche Hochzeit:Trinckgeſchirren beſetzt. Welches dann die an - dern mit verwunderung vnd groͤſtem ſchmertzen geſehen. Eh wir aber vns geſetzt / komment beyde Knaben herein / vnd verehren von deß Braͤutti - gams wegen jedem die Guldin Vließ / mit einemRemunera tio à ſpon - ſ[i]. fliegenden Loͤwen: mit begeren / wir wolten dieſel - be vber der Tafel anhaben / vnd deß Ordens (den S. M. vns jetz ſchencket bald auch mit gebuͤrli - cher Solennitet Confirmieren wurde /) reputation vnd Herꝛligkeit gebuͤrlicher weiß erhalten / ſo mir mit hoͤchſter vnderthenigkeit angenommen / vnnd verſprochen / alles was ſeiner Majeſtet wurde be - lieben gehorſamlich zuverrichten. Neben dieſem hatte der Edel Knab einen zedel / darinnen wir or - dentlich Lociert wurden / vnnd begehrt ich ſonſten meinen locum nicht zuverhelen / ſo mir nit ſolches vielleicht zur Hoffart / welcher doch wider das 4. Gewicht / gedeutet wurde. Weil nun vnſer Tra - ctation gar ſtatlich / fragten wir der Knaben einẽ / ob vns nicht erlaubt were vnſern Freunden vnnd bekandten beſcheid Eſſen zuſchicken / der es denn in kein bedencken gezogen / deßwegen jeder ſeinemAutori de - negatur communicæ tio ergæ re - probos. bekandten reichlich durch die Diener zugeſchickt / deren ſie doch keinen geſehen / vnnd weil ſie nicht gewußt / wa her es keme / wolte ich einem etwas ſelbſten bringen / ſo bald ich aber auffgeſtanden / war mir ſchon der Diener einer auff der Hauben / mit vermeldung / er wolt mich freundlich gewar - net haben / dann wa ſolches der Knaben einer het - te geſehen / wer es fuͤr den Koͤnig kommen / wel - ches mir gewißlich vbel erſchoſſen / weil es aberniemand45Chriſtiani Roſencreutz.niemand als er gemercket / gedencke er mich nicht zuverrathen / ſolte aber fuͤrhin deß Ordens wuͤr - de beſſer in acht uemmen: Mit welchen Worten der Diener mich warlich dermaſſen geſetzt / das ich mich inn langer zeit auff meinem ſtul kaum mehr geregt: Bedanckte mich doch der getrewen War - nung / ſo gut mir in eyl vnnd ſchrecken einfiel. Virgo luci - fera, Hoff - meiſterin / Boͤgtin.Bald darauff fanget man an zu Drommeten / deſ - ſen wir ſchon gewohnet / dann wir wuſten wol / dz es die Jungfraw wer / deßwegen wir vns geruͤ - ſtet ſie zu empfahen: die kommet nun mit gewohn - lichem Apparat: Auff jhrem hohen Seſſel daher / vnd wirdt jhr von dem einen Knaben ein hoher guldiner Becher / von andern aber ein Perga - mentin patent vorgetragen: Wie die nun vom Seſſel Kuͤnſtlich geſchwungen / nimmet ſie den Pocal von dem Knaben / vnd vberliffert denſelbi - gen von deß Koͤnig wegen / mit vermeldung / erCalix obam bulans. wer vns von ſeiner M. gebracht / vnnd ſolten wir dem zu Ehren jn herumb gehen laſſen. Auff dieſes Pocals deckel ſtund die Fortuna / von Gold zier - lich gegoſſen. Die hatte in der Hand ein rotesflie - gendes Faͤnlein / deßwegen ich etwas traurigers getruncken / als dem deß Gluͤcks Tuͤck nun mehr gnugſam bekandt worden. Es war aber die Jungfraw gleich ſo wol als wir / mit der guldin Vließ vnd Loͤwen gezieret / darauß ich vermerckt /Ornatu[s]Virginis. daß ſie villeicht deß Ordens præſidentin wurde ſein: Deßwegen wir ſie gefragt / wie doch der Or - den genent wurde? hat ſie vns geantwortet / es wer noch nicht zeit ſolches zueroͤfnen / biß die ſachmit46Chymiſche Hochzeitmit den Gefangenen außgericht wurde. Deßwe - gen jhnen auch noch die Augen gehalten weren: vnnd was an jetzo vns beſchehen / ſey nur jhnen zum Anſtoß vnnd Ergernuß / wiewol es noch fuͤr nichts gegen der Ehr deren wir gewertig zurech -Reprobi di - u[i]duntur. nen. Hiemit empfieng ſie das Patent von dem andern Knaben / in zwey theil vnderſchieden: dem erſten hauffen wurde auß dem Patent vngefahr -Accuſatio unius par - tis. lich ſo viel vorgeleſen:

Sie ſollen bekennen / daß ſie falſchen erdichten Buͤchern zu leichtlich geglaubt / jhnen ſelbſten zu - viel zugemeſſen / vnd alſo in diß Schloß kommen / darzu ſie doch niemalen berufft wordẽ. Were auch vielleicht der mehrertheil vorhanden geweſt / ſichAffectibus mundanis. hierinnen zubeſappen / vnd darnach deſto praͤchti - ger vnd Herꝛlicher zu leben / ſo hette auch einer dẽ andern auffgebracht / vnnd in ſolch Spott vnnd Schand geſteckt / weren derwegen werth ein zim - liche ſtraff zu leiden:

Welches ſie dann demuͤtiglich bekandt / vnd die Hand dargebotten: darauff den andern etwas hartes vngefehrlich auff die weiß zugeredt wor - den:

Alterius partis.

Sie wuͤſten grundtlich wol / vnd weren in jrem gewiſſen vberzeugt / daß ſie Falſche erdichte Buͤcher geſchmiedet / andere genarꝛet / betrogen / vnd hierdurch Koͤnigliche Ehr bey Maͤnniglich geſchmaͤlert. So wuͤſten ſie was Gottloſer verfuͤ - riſche Figuren ſie gebraucht. Da ſie auch Goͤtt - licher Dreyfaltigkeit nit verſchonet / ſondernſich47Chriſtiani Roſencreutz.ſich derſelben Land vnd Lent zu betriegẽ gebraucht / So wer nun mehr am Tag / mit was Practicken ſie rechten Gaͤſten nachgeſtellet: vnverſtendige eingeſetzt. So were Menniglich bekand / daß ſie in offentlicher Hurerey / Ehebrecherey / Fuͤllerey / vñ andern vnreinen weſen ſteckten: welches alles wi - der offentliche ordnung vnſers Koͤnigreichs we - re: In Summa ſte wuͤſten / daß ſie K. M. auch bey dem gemeinen Man verkleinert / ſolten derowe - gen bekennen / daß ſie offentliche vberwieſene Landbetrieger / Lecker vnnd Buben weren / welche verdient / daß ſie von redlichen MenſchenConfeßio in vita. abgeſondert / vnd hertiglich geſtrafft wuͤrdẽ. Hin - der dieſe bekandtnuß kamen die gute Kuͤnſtler vn - gern / dieweil jhn aber nicht allein die Jungfraw ſelbſten den Todt getrewet vnd geſchworen / ſon - dern noch die ander Parthey hefftig vber ſie geto - bet / vnd einmuͤtiglich beklagt / ſie weren von jhnen boͤßlich hinder daß Liecht gefuͤhrt worden: haben ſie groſſen vnfall zuverhuͤten / endlich ſolches mit ſchmertzen bekennet / vnnd doch daneben fuͤrge - bracht / was hierinnen beſchehen / were jhnen nit in aͤrgſtem zuvermercken: Dann weil einmalenExenſatio. die Herꝛen in daß Schloß kommen woͤllen / auch hierumben groß Gelt verſprochen / hette jeder alle liſt etwz zuerſchnappen gebraucht / vñ es alſo / wie es albereit vor Augen ſo weit gebracht: Das es a - ber nit gerathẽ / hetten ſie jhres erachtens nit mehr als die Herꝛen verwuͤrckt: Als welche deß verſtãds ſoltẽ geweſen ſein / dz da einer hette ſi - cher herein kom̃en koͤñen / wuͤrde er nit vm̃ ſchlechtes48Chymiſche Hochzeit:tes gewins willẽ / mit jnẽ / mit ſo groſſer gefar vber die Mauren geſtiegen ſein. So weren jre Buͤcher ſo heuffig auffgekaufft worden / daß wer ſich an - derſt nit neren koͤnnen ein ſolchen betrug anfan - gen muͤſſen: Sie verhofften auch wann man recht wolte vrtheilen / es ſolte an jnen / als die den Her - ren wie Dienern gebuͤrt / auff jhr embſigs begeh - ren / gar kein Mißhandlung erfunden werden: Mit ſolchen vnd dergleichen Worten / wolten ſie ſich entſchuldigen. Es wurde jhnen aber geant -Refutatio. wortet: K. M. ſey entſchloſſen alle vnd jede zuſtraf - fen / doch einen herter als den andern. Dann was von jhnen fuͤrgebracht werde / ſeye gleichwol zum theil wahr / ſolle auch deßwegen den Herꝛn nicht gar geſchenckt ſein: Die aber moͤgen ſich wol zum Todt ruͤſten / ſo mutwilliglich ſich ange - botten / vnnd etwan vnverſtendiger wieder jhren willen verfuͤhrt. Item die mit falſchen Buͤchlin K. M. verletzet / wie denn ſolche alle auß jhren ei -Dolor de Sententiæ. gnen Schrifft / vnd Buͤchlin zu vberzeugen.

Hieruͤber erhub ſich bey vielen ein erbaͤrmlich Klagen / Weinen vnd Flehen / Bitten vnd Fuß - fallen / welches doch alles nit helffen moͤgen: vnnd wundert mich ſehr / wie ſich doch die Jungfraw ſo ſtandthafftig kondte erhalten / da doch jhr E - lend vns allen (wiewol vns mehrertheil viel leids vnd Marter angethan) die Augen vbertrib / vndExecutio. ſententia - rum. zu mitleiden bewegt: Dann ſie fertigt bald jhren Knaben ab: Der brachte mit ſich alle Kuͤrꝛiſſer / ſo ſich heut bey der Wag eingeſtellt: dieſen wurde be - fohlen / jeden den ſeinen zu ſich zunemmen / vnndin49Chriſtiani Roſencreuͤtz.in jhren groſſen Gartten / in ordentlicher proceſſi - on / daß allweg ein Kuͤrißer mit einem gefangnen gienge / zufuͤhren. Da denn jeder den ſeinen ſo artlich erkent / das ich mich verwundert. Es wur - de aber auch meinem geſtrigen Companen erlau - bet hinauß in den Gartten vngebunden zugehen / vnd der Vrthel Execution bey zuwohnen. SoSpectætores bald nun jederman hinauß komen / ſchwinget ſich die Jungfraw auß jhrem Stul / vnd begehret wir wolten auch auff den Traͤppen auffſitzen / vnd bey der Vrthel erſcheinen: Welches wir nit gewei - gert / ſonder lieſſen alles auff dem Tiſch (ohn das Pocal / welches die Jungfraw dem Knaben zu - verwahren befohlen) ſtehn / vnnd fuhren in vn - ſerm Schmuck auff dem Stul hinauß / welcher fuͤr ſich ſelbſt ſo ſanft gangen / als wir im Lufft fuh - reten / biß wir alſo in den Garten kommen / da wir ſamentlich abgeſtanden. Dieſer Garte war nitHortus. ſonderlich zierlich / allein gefiel mir das die Baͤum ſo ordenlich geſetzt waren / ſonſten lieff auch ein koͤſtlicher Bronne darinnen / mit wunderbahrli - chen Bildern / vnd inſcriptionen, auch ſeltzamen Zeichen (deren ich wils Gott in kuͤnfftigem BuchAuthor pro mittit aliã librum, gedencken will) geziert. In dieſem Garten war ein huͤltzerin Geruͤſt auffgemacht / mit ſchoͤnen ge - mahlten Deckenin vmbhenget. Es waren aber 4. Gaͤng vbereinander gemachet: der erſte war herꝛ - licher dann der ander keiner / vnd deßwegen mit eim weiß Daffeten Vmbhang bedeckt. Alſo das wir damalen noch nit wiſſen kundten / wer dar - vnder waͤre. Der ander war leer / vnd vnbedeckt:D50Chymiſche Hochzeit:Die letſten zwen waren abermal mit rohtem vnd blawem Daffet verdeckt: So bald wir nun zu dem Geruͤſt kommen / neiget ſich die Jungfraw nah - end zu der Erden / deßwegen wir hefftig erſchro - cken. Dann wir kundten leichtlich erachten / der Koͤnig vñ Koͤnigin muſtẽ nit weit ſein: Wie wir nun auch vnſer Reverentz wie billich erzeigt: fuͤhrt vns die Jungfraw durch den Schnecken auff den andern Gang / da ſie ſich zu obriſt geſtellet / vnd wir in voriger ordnung geblieben. Wie ſichGratitudo Cæſaris er - galiberato - rem. nun der Keyſer / den ich erloͤſt / damalen / wie auch zuvor ob der Taffel / gegen mir erzeigt / kan ich ohne boͤſer Maͤuler nachtheil nit wol erzehlen. Daun er kundte wol erachten / in was Truͤbſal vnnd ſorgen / er jetzt waͤre / da er erſt mit ſolchem Spott mußte deß Vrtheils erwartten / vnnd er nun mehr durch mich zu ſolcher dignitet vñ wuͤr -Præcomißa de da ſtunde: Vnder deß trit die Jungfraw / ſo mir erſtmals die Ladung gebracht / vnd die ich biß - hero nimer geſehen / herfuͤr: blaſet erſtlich mit jh - rer Poſaunen eins herab / eroͤffnet hierauff mit lauter ſtim das Vrthel alſo:

Es moͤchte die Koͤnig. M. Mein aller: H. vonOrætio ad iudicandos. Hertzen wuͤndſchen / das alle vnd jede ſo hie ver - ſamlet / mit ſolchen qualiteten auff S. M. erfor - dern weren erſchienen / daß ſie dero zu ehren mit groͤſerer frequentz das Hochzeitliche angeſtelte frewden Feſt koͤnten zieren. Weil es aber Gott dẽ Allmaͤchtigen anderſt gefallen / hat ſein M. nichts dawider zu murren / ſonder muß bey altem loͤbli - chen herkom̃en / dieſes Koͤnigreichs wider S. M. belie -51Chriſtiani Roſencreuͤtz.belieben verbleiben. Damit aber nun J. M. an - gebohrne miltigkeit in aller Welt moͤchte celebrirt werden / hat ſie mit dero Raͤthen vnd Landtſtaͤnd dahin allerdings gehandlet / daß das gewohnliche Vrthel vmb mercklichs gelindert wurde: woͤlle al - ſo erſtlich den Herꝛen vnd Potentaten nit alleinSententiæ. Magnatum. das Lebẽ gaͤntzlich geſchenckt / ſondern auch ſie frey loß gelaſſen haben. Mit fr. Gunſt vnd G. bitt / es wolten J. L. ja nit zuͤrnen / daß ſie S. M. Eh - ren Feſt nit koͤnnen beywohnen / ſondern geden - cken / Es ſey J. L. ohne daß von Gott dem Allmaͤ - chtigen mehr auffgelegt / dann ſie fuͤglich vnd mit ruh tragen moͤgen / der habe auch in außtheilung ſeiner Gaben / ein vnbegreifflich bedencken / So ſey es auch J. Reputatz nit nachtheilig / wann ſie ſchon bey ſolchem vnſerm Orden verworffen wer - de / weil wir einmal nit alle / alles koͤnnen moͤgen. Daß aber J. L. von boͤſen Leckern verfuͤhrt wordẽ / ſolle an jhnen nit vngerochen bleiben. Wie dann ſein Ma. willens in kurtzem E. L. ein Catalogum Hæreticorum oder Indicem expurgatorium mit zutheilen / damit dieſelben forhin mit beſſerm Ver - ſtand koͤnnen vnter gutem vnd boͤſen dijudicie - ren: Weil auch S. M. in kurtzem auch vnter de - ro Bibliothec ein Außmuſterung / vnd die Ver - fuͤhriſche Schrifften dem Vulcano auff zuopffern bedacht. Will ſie E. L. Fr. Dienſt. vnd G. gebettẽ habẽ. Es woͤlle jeder mit den ſeinigen auch ſo hau - ſen: Damit verhoffentlich allem vbel vnd vnrath kuͤnfftig moͤge geſteuͤret werden. Darneben ſol - lẽ ſie auch ermanet ſein / fuͤrohin ſo vnbedachtſamD ij52Chymiſche Hochzeit:nimer herein zu begeren / damit jhnen nit voriges der verfuͤrern entſchuldigung moͤchte fuͤrgerupft werden / vnd ſie bey meniglichen in ſpott vnd ver - achtung kommen: Entlich weil je die Landſchaft etwas an jhr L. zufordern / verhoffe J. M. Es wer - de keiner ſich beſchweren mit einer Ketten oder was er bey handen zu loͤſen / vnd alſo freuͤndtlich von vns abzuſcheiden / vnd durch vnſer begleit wi - der ſich zu den ſeinigen begeben.

Sententiæ.

Die andern / ſo im 1. 3. vnd 4. Gewicht nit be -2. ſtanden / will J. M. ſo leichtlich nit von ſich laſſen: Damit nun auch die S. M. gelindigkeit moͤgen ſpuͤren / iſt jhr befelch / dieſelbige gantz nackent auß zuziehen / vnd alſo fort zu ſchicken.

3.

Was im 2. vnd 5. Gewicht zu leicht erfunden worden / ſolle neben der entbloͤſſung auch mit ei - nem / 2. oder mehr Brandmalen (nach dem jeder leichter oder ſchwerer geweſt) bezeichnet werden.

4.

Die ſo von 6. oder 7. ohn die anderen auffge - zogen worden / ſollen etwas gnaͤdigers gehalten werden. Vnd ſo fortan: dann es wurde auff je - de Combination ein gewiſſe ſtraff verordnet / wel - ches zu lang wurde hie zu erzehlen.

5.

Die ſo ſich geſtern frey willig abgeſondert / ſol - len ohn alle entgeltnuß ledig außgehen. Entlich ſollen die vberwieſene Landtbetrieger / ſo kein Ge -6. wicht auffwegen moͤgen / an Leib vnd Leben nach gelegenheit / mit dem Schwert / Strang / Waf - ſer vnd Ruten geſtrafft werden. Vnd ſolle ſolch Vrtheils Execution vnbeweglich anderen zum Exempel / gehalten werden.

Hiemit53Chriſtiani Roſencreuͤtz.

Hiemit brach vnſer Jungfraw das Staͤblein: darauff bließ die ander / ſo das Vrthel verleſen jhrFinis habi - ti iudicti. Poſaun / vnd trat mit hoher Reverentz gegen de - nen / ſo vnter dem Vmhang geſtanden. Aber hie kan ich nit vnterlaſſen / dem Leſer von der zahl vn -Summæ ponderato - rum. 7. 21. 35. 35. 21. 7. 1. 130, 125. ſerer Gefangenen etwas zu eroͤffnen: Deren ſo ein Gewicht: waren 7. die zwey gewogen waren 21. die drey. 35. die vier / 35. die fuͤnff / 21. die ſechs 7. Aber ſo auff die ſiben kam / vnd doch nit gern auffheben moͤcht / der war einer / vnd zwar den ich erledigt: Sonſten deren / die gar hindurch gefal - len waren viel. Deren aber ſo alle Gewicht auff den Boden gezogen etlich. Vnd ſo hab ichs fleiſ - ſig in mein Schreibtaͤfelin / da ſie vnterſchiedlich vor vns geſtanden / abgezehlet vnd notiert. Vnnd das iſt ſich hoch zuverwundern / das vnter allen denen / ſo etwas gewogẽ / keiner dem andern gleich geweſen. Dann ob ſchon vnter den dreyen wie ge -Varietatis modi. ſagt 35. geweſen / hat doch dieſer den 1. 2. 3. der an - der den 3. 4. 5. der dritt den 5. 6. 7. vnd ſo fortan gewogen / daß alſo zum hoͤchſten wunder / vnter 126 ſo etwas gewogen / keiner dem andern gleich geweſen: vnd die wolte ich alle / mit jedes Gewicht wol nennen koͤnnen / wann mir es nit noch der zeit verbotten were: Ich hoffe aber es ſolle kuͤnfftig mit der interpretation an tag kommen.

Als nuhn diß Vrthel verleſen worden / warenReorum mores. die Herꝛen zu vorderſt wol zufrieden. Weil ſie ſich bey ſolcher ſtrenge eines milten Sententz nit haͤt - ten verſehen doͤrffen. Deßwegen gaben ſie noch mehr / dañ man begehrt / vnd lediget ſich jeder mitD iij54Chymiſche Hochzeit:Ketten / Geſchmeid / Gold / Gelt vnd anderm / ſoMiniſtrorũ mores. viel er bey handen / vnd namen mit Reverentz vr - laub. Wiewol nun den Koͤniglichen Dienern ver - botten / keines im abzug zu ſpotten. Kondten doch etliche Spotvoͤgel das lachen nit halten / vñ zwar war es laͤcherlich genug / wan ſie ſich ſo geſchwind ohn hinderſich ſehen darvon machten: Etliche be - gertten man wolte jhnen den verſprochenen Cata - logum fuͤrderlich zukom̃en laſſen / wolten ſie ſich mit jhren Buchern dermaſſen verhalten / daß es K. M. wuͤrde gefellig ſein. Welches jhnen aber - malen zugeſagt worden / vnder dem Thor wurdeHauſtus obliuionis. jedem auß einem Becher ein Oblivionis hauſtus gegeben / darmit er alſo vnfals moͤchte vergeſ - ſen.

Nach dieſem zogen die Freywillige darvon / die ließ man vmb jhrer redligkeit willen Paßiren / doch ſolten ſie nimmer in ſolcher geſtalt herwider kommen. Da jhnen aber / wie auch den andern / Etwas mehrers eroͤffnet werde / ſolten ſie liebe Gaͤſt ſein.

Damnati.

Vnder deß war man am außziehen / in wel - chem dann abermal ein vngleichheit / nach jedes verwircken gehalten worden. Etliche wurden na - ckend vnbeſchedigt fortgeſchickt: Etliche trib man mit Gloͤcklin vnd Schellen hinauß. Etliche wur - den hinauß gepeutſcht. In ſumma der Straf - fen waren ſo mancherley / daß ich ſie nit alle erzeh - len kan. Entlich kam es auch an die letſten / mit denen verzog es ſich etwas laͤngers: Dann biß etlich gehenckt / etlich gekoͤpfft: etlich ins Waſſergeſprengt /55Chriſtiani Roſencreuͤtz.geſprengt / Andere anders abgefertiget wurden / gieng ein gute zeit fuͤruͤber. Vber ſolcher Exe - cution giengen mir warlich die Augen vber / nitCommiſe - rationis ex - poſitio. zwar der Straff halben / welche ſie ſonſten vmb jhres frevels willen wol verdient / ſondern in be - trachtung Menſchlicher blindheit / daß wir vns jmerdar in dem bemuͤhen / das vns vom erſten fall hero verſiegelt: Wurde alſo der Gart ſo kurtz zuvor aller voll war bald gelehret. Daß außer den Soldaten kein Menſch mehr da war. So bald nuhn ſolches beſchehen / auch auff fuͤnffNachtſpill Minuten lang ſich ein Stille erhebt: Kam herfuͤr ein ſchoͤnes ſchneeweißes Einhorn / mit einemVnicorna. guldin Halßband / darinnen etliche Buchſtaben / herfuͤr biß zu dem Brunnen / daſelbſten neiget es ſich auff beede fordere Fuͤß / als ob es dem Loͤwen /Leo. ſo auff dem Brunnen ſo vnbeweglich ſtundt / daß ich jhn fuͤr Steinen oder Ehrnen gehalten / hiemit ehr beweiſet / der nam alſo bald daß blo - ſo Schwerdt / ſo er in den Klawen gefuͤhrt / vndMachæra. brach es mitten entzwey / deſſen ſtuͤcke meinens bedunckens in den Brunnen verſuncken. Bruͤl - let darauff ſo lang / biß ein weiße Tauben inColumba. jhrem Schnaͤbelin ein Aeſtlin von einem Oel - baum bracht / welche der Loͤw alsbald verſchlucket / vnd darauff zufrieden worden. So gieng auch daß Einhorn mit frewden wieder an ſein orth / Hierauff fuͤhret vnſer Jungfraw vns wider denDiſceßus ab hoc actu Schnecken vber das Geruͤſt herab / vnd alſo war vnſer Reverentz abermal gegen dem vmbhang ge - than. Muſten wir vnſere Haͤnd vnd Haͤupter außD iiij56Chymiſche Hochzeit:dem Brunnen waſchen / vnd in vnſer Ordnung da ein kleine zeit wartten / biß der Koͤnig durch ei - nen verborgenen Gang ſich wider in ſeinen Saal verfuͤget / vnnd wir auch wider mit ſonderli - cher Muſic / Pomp / Pracht / auch lieblichem Geſpraͤch auß dem Gartten in voriges vnſer Lo - ſament gefuͤhrt worden. Vnd diß geſchah vmb vier Vhren nach Mittag. Damit vns nun die - weil der Zeit nit zu lang wurde / gab die Jung - fraw vnſer jeder eim Edlen Knaben zu / die wa - ren nit allein koͤſtlich bekleydet / ſondern auchDiſceſſus Virginis Luciferæ. trefflich gelehrt, Kundten deßwegen von allen ſa - chen ſo artlich diſcurriren, das wir vns billich zu ſchaͤmen hatten. Dieſen wurde befohlen vns im Schloß herumb (jedoch an gewiſſe ort) zufuͤhren: vnd da muͤglich vnſerm begeren nach dieweil zu - verkuͤrtzen. Vnder deß nam die jungfraw vrlaub / mit vertroͤſtung ſie wolte bey dem Nachteſſen wid erſcheinen. Vnd darauff die Ceremonien ſuſpen - ſionis ponderum celebrieren, mit bit / wir wolten alſo deß morgendẽ Tags mit gedult erwarttẽ. dañHoſpitum modi in de - lectamen -[t]is. morgen muſten wir dem Koͤnig præſentirt werdẽ. Wie ſie nun alſo von vns geſcheiden / thaͤte vnſer jeder wz jm am liebſtẽ. Ein theil beſahe die ſchoͤne Taflen / die ſie jhnen ſelbſten verzeichneten / beda - chten ſich auch was die wunderliche Characteres bedeuͤttẽ moͤchten / etliche muſten ſich mit ſpeiß vñ Tranck wider erquicken / ich zwar lieſſe mich mei - nen Knaben / ſamt meinem geſellen im ſchloß hinAutoris. vñ her fuͤhrẽ / welcher ſpatzier weg auch die tag mei nes lebens mich nimer gerewẽ ſoll / dañ nebẽ man -chen57Chriſtiani Roſencreutz.chẽ herꝛlichẽ antiquitetẽ wurdẽ mir auch d Koͤnige begraͤbnuß gezeiget / bey welchen ich mehr geler - net / dann in allen Buͤchern geſchrieben ſteht. Da - ſelbſt ſteht auch der Herꝛliche Phoͤnix (von dem ich vor zweyen Jahren ein ſonder Buͤchlein hab auß kommen laſſen / bin auch willens vom Loͤwen /Libellus de Phœnice. Adler / Greiffen / Falcken / vnd andern mehr (da anderſt dieſe mein Narration wird Frucht ſchaf - fen) vñ zwar von jedem ein ſonder Tractetlein mit derſelben Abriß / vnnd Inſcription ans Liecht kom - men zulaſſen. Es dauren mich auch noch meine andere Conſorten / daß ſie ſolchen thewren Schatz verſaumbt: vnd muß doch gedencken / Es ſeye Gottes ſonderlicher will hierin geweſen. Vñ hab ich zwar mehrertheil meins Knaben genoſſen / dann wie jedes Ingenium war / alſo fuͤrt er ſeinen anbefohlenen an end vnd ort die jm gefellig. Nun waren meinem Knaben die Schluͤſſel hierzu ver -Vſus eorum quæ autor vidit. trawet / deßwegen mir vor andern diß Gluͤck zu - geſtanden. Wiewol er nun auch andere hierzu be - ruffen / meineten ſie doch / es wurden ſolche Be - grebnuſſen nur auff dem Kirchhoff ſein / darzu ſie noch wol (wan je da etwas zu ſehen) kommen werden. Es ſollen aber auch ſolche monumenta / wie wir beyde ſie verzeichnet vnnd abgeſchrieben / meinen Danckbaren ſchulern nit verhalten wer - den: das ander ſo vns zweyen gezeigt worden: war die Herꝛliche Bibliothec: Wie die auch vorBibliothecæ. der Reformierung bey einander war. Von wel - cher (wie wol ſie mir mein Hertz erquickt / ſo offt ich ihrer gedencke) deſto weniger begehr zuſagen: weil dern Cathalogus auffs eheſt ans Liecht kommenD 5ſoll.58Chymiſche Hochzeit:ſoll. Zu eingang dieſes gemachs / ſteht ein groß Buch / dergleichen ich niemalen geſehen / in wel - chem ſein alle Figuren / Saal / Portal / auch alle ſchrifft / Ægnigmata vnd dergleichen geriſſen / wz im gantzẽ Schloß zuſehen. Wie wol mir nun auch von dieſem etwas verſprochen / halt ich doch noch der zeit jnnen / vnd muß die Welt vor beſſer lernẽ erkennen. Bey jedem Buch ſteht ſein Autor ge - mahlet. Deren wie ich verſtanden / viel ſollen ver - brent werden / damit auch jr gedechtnuß von rech - ten Leuten außgetilgt werde. Wie wir nun auch ſolches perluſtriert / vnd kaum herauß kom̃en wa - ren / lauffet ein anderer Knab daher / vnd wie er dẽ vnſeren etwas in ein Ohr geredt / vbergibt er jhm die Schluͤſſel / der ſie bald den Schnecken hinauff getragen: Vnſer Knab aber war ſehr erblichen / vnd weil wir jhm mit biten hartzugeſetzt / vermel - det er K. M. woͤll nit haben daß jemand die beyde / als Bibliothecam vnd die Begrebnuſſen ſehe / wol - vns deßwegen / ſo lieb wir ſein Leben haben bitten / ſolches niemand zu entdecken / weil er es ſchon al - bereit geleugnet. Deßwegen wir beydes in frew - den vnnd forcht geſtanden / doch bleib ſolches ver - ſchwiegen vnnd fraget niemand mehr darnach / hattẽ alſo an beyden orten drey ſtund zugebracht / welche mich niemalen gerewet. Wiewol es nun albereit ſieben geſchlagẽ / gab man vns doch nochFaſtidium pulſume - gregiis ſpe - ctæculis. nit zueſſen. Es war aber vnſer Hunger mit ſtetti - ger erquickung wol zubuͤſſen / vnd wolt ich bey ſol - cher Tractation mein lebenlang faſten. Vnder deß wurden vns auch die ſchoͤne brunnẽwerck / Berg -werck /59Chriſtiani Roſencreutz.werck / auch allerley Kunſt Officinen gewieſen / de - ren keine war / die nit all vnſer Kunſt / wenn man die all zuſammen ſchmeltzte / vbertreffe. All jhr ge - mach waren in eim halben Circkel gebawen: Da - mit ſie daß Koͤſtliche Vhrwerck / ſo in Centro an einẽ ſchoͤnen Thurn gemacht war vor Augẽ habẽ /Officinarū conſtituta - rum finis. vnd ſich nach der Planeten lauff (welches hieran Herꝛlich zuſehen war) richtẽ moͤchten. Darbey ich abermal leichtlich erachten koͤnnen / waran es vn - ſern Kuͤnſtlern fehle / wiewol meines beruffs nit iſt / dieſelbige zu informieren. Endlich kam ich in ein Weitẽ Saal (welcher zwar den andern ſchon lengſt gezeigt worden) darinnen ſtund in der mit - ten ein Globus terrenus, deſſen diameter 30. ſchuhGlobus ter - reuus. hielt / wiewol faſt das halbe theil / biß an etlichs / ſo mit den ſtafflen bedeckt war / in die erden vergra - ben war: dieſen Globum konten 2. Man / mit ſei - nen gewerben artlich herumb bringẽ / daß allweg mehr nit / dann ſoviel vber den Horizontem zuſe - hen war. Wiewol ich nun leichtlich mercket / daß er auch einen ſonderlichen nutzen muſte haben / kondte ich doch nit wiſſen / warzu die guldin Ring - lin / die an etlich orten darauff waren / dieneten. Deſſen mein Knab gelacht / vnd ermant / ich wolt ſie fleiffiger beſehen. In ſum̃a / Ich fand da mein Vatterland auch mit Gold notieret: deßwe gẽ mein geſell dzſeinig auch geſucht vñ alſo befun - dẽ. Weil nū ſolches auch bey anderer / ſo gebliebẽ / heimat geſtandẽ: Saget vns der Knab fuͤr gewiß / Es ſeye geſtern von jrẽ altẽ Atlante (ſoheiſt der A - ſtronomus) K. M: angezeiget wordẽ / dz alle vergulte60Chymiſche Hochzeit:te puncten derer Vatterland / wie das von jedem angezeigt worden / ad unguem reſpondiere. Deß - wegen er auch da er geſehen / daß ich mich auß - geſchetzt / vñ doch bey meinem Vatterland ein punct ſtehe / der Hauptleut einen angericht / fuͤr vns zu bitten / daß wir auff Gluͤck vnnd Vn - gluͤck / ohn vnſern ſchaden auffgeſtellt wurdẽ / ſon - derlich weil eines Vatterland ein ſonderlich gut ſignum habe. So ſeye auch er der Knab / als welcher vnder allen den groͤſten gewalt hatte / nit ohne vrſach mir zugegeben worden / deſſen ich mich dann bedanckt / vnd hieruͤber fleiſſiger nach meinem Vatterland geſehen / auch befunden / daß neben dem Ringlein noch etliche ſchoͤ -Excellentia Patriæ Au - toris. ne ſtriemen weren / welches ich mir doch ſelb - ſten nit zu Ruhm oder Lob wil geſagt haben. Ich ſahe noch wol mehr auff dieſem Globo / welches ich nit beger zueroͤffnen / Es gedencke jhm doch je - der ſelbſt nach: warumb nit jede Stat ein Philo - ſophum hab. Hierauff fuͤhret er vns in den Glo - bum gar hinein. Daß war alſo gemacht / auff dem Meer da es ohne daß groſſen platz / war ein Tafel / darauff drey Dedication vnd Autoris nam ſtund /Quid in Glob. dieſe kundt man Subtil auffheben / vnd durch ein geſchmeidig Bretlein / in dz Centrum / welchs jhre vier tragen moͤcht / hinein kommen / das war mehr nit / dann ein rund Bredt / darauff wir ſitzen / vnd wol bey hellem tag (jetzmals war es ſchon dunckel) die Sternen hetten Contemplieren koͤnnen: Mei - nes erachtens waren es lauter Carbunckele / dieglaͤntze -61Chriſtiani Roſencreuͤtz.glaͤntzeten in gebuͤrender Ordnug vnnd lauff ſo ſchoͤn / daß ich kaum mehr herauß wolt / deſſen hernach der Knab bey der Jungfraw gedacht / die mich offtmals mit vexiert: dann es war albereit eſ - ſens zeit / vnnd hatte in dem Globo ich mich der - maſſen ergucket / daß ich faſt der letſt beim Tiſch war Deßwegen ſaumbt ich mich lenger nit / vndReverẽtiæ in convivio exhibita Auctoris. wie ich meinen Rock (zuvor hatt ich jhn abgelegt) wieder angethan / vnnd zu Tiſch getretten / wurde mir von den Dienern ſo viel Reverentz vnnd Ehr entbotten / daß ich vor ſcham nit auffſehen dorfft / vnd ließ alſo die Jungfraw / ſo meiner auff einer ſeiten gewartet / vnbewuſt / ſtehen: welches ſie bald gemercket / mich bey dem Rock erwiſcht / vnd al - ſo zu Tiſch gefuͤhrt: von Muſic vnd anderer Herꝛ - lichkeit weiter zuſagen / halt ich fuͤr vnnoͤtig / weil nit allein ſolche nit gnugſam außzuſprechen / auch oben / ſo viel in meinem vermoͤgen geruͤmbt wor - den: in Summa da war nichts dann Kunſt vnnd lieblichkeit. Nach dem wir nuhn vnſer thun / ſo wir nachmittag gehabt / einer dem andern erzeh - let / (wiewol der Bibliothec vnnd MonumentenHoffmeiſte - rin / Voͤg - tin. geſchwiegen worden) auch wir albereit vom Wein luſtig waren: Fengt die Jungfraw an: Liebe Her - ren / Ich hab ein groſſen zanck mit einer meiner Schweſter. In vnſerem gemach haben wir einenVerwickel te reden / oder retter - ſche fragen. Adler. Nun nehren wir denſelben mit ſolchem fleiß / daß jede will die liebſte ſein / vnd haben deß - wegen manchen Zanck. Die Tag beſchloſſen wir mit einander zu jhm zugehn / vnd gegen welcher er ſich am freundtlichſten erzeigen wird / deſſe ſolt er eigen ſein / diß geſchahe / vnd trug ich wie ge -meiniglich62Chymiſche Hochzeit:meiniglich inn meiner Hand ein Lorberzweig / Meine ſchweſter aber hat keinen: Wie er nun vns beyde erſicht / gibt er von ſtund an meiner ſchwe - ſter einen zweig / den er im ſchnabel hat / vnd begert hingegen deß meinen / welches ich jm geben. Nun vermeint jede er habe ſie am liebſten / weß hab ich mich zuverhalten? Solches der Jungfrawen zuͤchtiges fuͤrbringen / gefiel vns allen wol / hetteAutoris γρῖφος griphus. auch gern jeder die Solution gehoͤrt / weil aber Menniglich auff mich ſahe / vnd den anfang von mir zuhaben begert / war mein Gemuͤt dermaſſen verwirt / das ich jhm anderſt nit wuſte zu thun / dẽ ein anders an d’ſtat zu ſetzen / ſprach derhalben:Autoris gegenfrag. Gnediges Fraͤwlein / Ewer G. quæſtion wer leichtlich auff zuloͤſen / wann mich nit eins bekuͤm - mert. Ich hatte zween geſellen / die beyde liebeten mich ohne maß / weil ſie nun zweiffelten / welcher mir am liebſten / beſchloſſen ſie vnverſehens zu mir zulauffen / wen ich als denn auffangen wuͤrde / der were der rechte: Daß theten ſie nun / doch moͤch - te der eine dem anderen nit gefolgen / blieb deßwe - gen dahinden / vnd weinet: den andern empfieng ich mit verwundern. Wie ſie mir nun nachmalen den handel entdeckt / wuſte ich mich nit zu re - ſolvieren, hab es alſo bißhero anſtehen laſ - ſen / ob ich doch hierein guten rath finden moͤch - te: die Jungfraw wundert ſich hieruͤber / vnd mer - cket wol warumb es mir zu thun were / antwortet deßwegen / wolan / ſo laſt vns beyde wett ſein: Be - gehre hierauff von anderen die Solution. Ich het - te ſie aber ſchon witzig gemacht: fieng deßwegendieſer63Chriſtiani Roſencreutz.dieſer auch an: In meiner Stat wurde new -γρῖϕοϛ 3. lich ein Jungfraw zum Todt verurtheilt: weil ſie aber den Richter vmb etwas dauret / ließ er auß - ruffen / da jemand wer / der die Jungfraw begerte zu erfechten / daß ſtund jhm frey. Nun hatte ſie zwen liebhaber / der ein macht ſich bald fertig / kā auff den plan ſeiner wiederpart zuerwarten. Vn - der deß præſentiert ſich der ander auch / weil er a - ber zu ſpat kommen / gedacht er dennoch zuſtrei - tẽ / vñ ſich mit willen vberwinden zulaſſen / damit nun die Jungfraw bey leben bleibe / welches dañ auch geſchehen. Hierauff wolte ſie ein jeder haben. Nun lehrt mich jhr Herꝛen wem ge - buͤrt ſie? Die Jungfraw kundt ſich nim̃er enthal - tẽ / ſprach: Ich meinete viel zuerfahren / ſo kom̃ ich ſelbſt ins Netz / noch moͤcht ich hoͤren / ob mehr vor -γρῖϕοϛ 4. handẽ weren: Ja wol antwortet der 3. Groͤſer abẽ - theur iſt noch nie erzehlet wordẽ / dañ mir ſelbſt be - gegnet: In meiner Jugent liebet ich ein ehrliche Jūgfraw / damit nū ſolch mein Lieb zu erwuͤntſch tẽ end moͤchte kommẽ / muſte ich mich eines alten Muͤtterleins gebrauchen / die brachte mich auch letzlich zu jr. Nun begab ſichs / daß eben der Jung - frawen Bruͤder zu vns kamen / da wir 3. allein bey - ſammen waren / die erzuͤrneten ſo ſehr / daß ſie mir wolten daß leben nemen / weil ich aber ſo ſehr bat / muſt ich endlich ſchweren / jede ein Jahr lang fuͤr mein Ehelich Weib zu haben: Nun ſagt mir jhr Herꝛen / ſolte ich die alte oder jungevor64Chymiſche Hochzeit:vorgenommen haben: Dieſes Retzels Lachten wir alle gnug / vnd wiewol jhr etlich daruͤber zu ei - nander Mumleten / wolte doch keiner den auß - ſchlag geben. Darauff fieng der 4. an: In einerγρῖϕ. 5. Stat wohnet ein Ehrliche Fraw vom Adel / die ward von Menniglich lieb gehaben / ſonderlich a - ber von einem Jungen Edelman / der jhr zuviel zumuten wolt / ſie gab jhm endlich den Beſcheid: werde Er ſie im kalten Wintter inn ein ſchoͤnen gruͤnen Roſengarten fuͤhren / ſo ſolte er gewert ſein / wa nicht / ſolle er ſich nimmer finden laſſen. Der Edelman zog hin in alle Land / ein ſolchen Mann / der diß præſtieren kundte / zufinden / biß endlich traff er ein altes Maͤnlein an / d verſprach jhmſolches zu thun / wa er jhm das halbtheil ſei - ner Guͤter werde verſprechen: Welches dieſer be - williget / vnd jener verrichtet. Deßwegen er be - nandte Fraw zu ſich in ſeinen Garten berufft / die es wider verhoffen alles Gruͤn Luſtig vnd Warm befunden / darneben ſich jhres verſprechens erin - nert / vnd mehr nicht dann noch ein mal zu jhrem Herꝛen zukommen begehret / dem ſie jhr Leid mit ſeufftzen vnnd zehren geklaget. Weil aber derjhr Trew gnugſam geſpuͤret / fertigt er ſie wider ab jhrem Liebhaber / der ſie ſo Thewr erworben / ein genuͤgen zuthun / den Edelman bewegt dieſes E - hemans redligkeit ſo ſehr / daß er jhm Suͤnden foͤrcht / ein ſo Ehrlich Weib zu beruͤhren / ſchicket ſie alſo mit Ehren jhrem Herꝛn wider heim: Wie nun ſolcher beyder trew deß Maͤnlin erfahren / wolt er wie arm er ſonſt war / auch nicht der ge -ringſt65Chriſtiani Roſencreuͤtz.ringſt ſein / ſonder ſtellet dem Edelman all ſeine Guͤtter wider zu / vnd zog darvon: Nuhn weiß ich nit liebe Herꝛen / wer doch vnter die - ſen Perſonen die groͤſte trew moͤchte bewieſen ha - ben. Hie war vns das Maul recht abgehawen / ſo wolt auch die Jungfraw nichts anders reſpon - dieren / dann nur fahre fort ein anderer Herꝛ. Deßwegen ſich derfuͤnfft auch nit ſaumt / fieng an: Liebe Herꝛen / ich begers nit lang zu ma -γρῖϕ. 6. chen. Wer hat groͤßer Frewd? Der ſo das / ſo jhm geliebet anſchawet / oder der ſo jhm nur nach gedenckt? Der ſo es ſihet / ſprach die Jung - fraw. Nein antwortet ich / hiemit erhub ſich ein Streit / deßwegen ruffet der Sechſte: Liebe7. Herꝛen / Ich ſoll ein Weib nemmen / Nuhn hab ich vor mir ein Jungfraw / ein Verheuͤrate / vnd ein Wittib / helfft mir dieſes zweyfels ab / ſo will ich hernach auch helffen jenes ſchlichten. Da gehts noch wol / antwortet der Siebende / wa8. man die Wahl hat: Mit mir hat es ein andere Geſtalt: In meiner Jugendt liebet ich ein ſchoͤ - ne vnd ehrliche Jungfraw von grund meines Hertzen / vnnd ſie mich widerumb / noch kun - ten wir auß verſagung jhrer Freuͤnd nit ehelich zuſamen kommen / wurde deßwegen einem an - dern wiewol ehrlichen zuͤchtigen Geſellen Ver - maͤhlet / der hielt ſie in Zucht vnd Liebe / biß ſie in Kindsbanden kam / da es jhr ſo ſaur wurde / daß meniglich meinet ſie waͤre Todt / wurde auch alſo koͤſtlich / vnd mit groſſem Leyd zur Erden be - ſtattet: Nun gedacht ich / hat dir diß MenſchE66Chymiſche Hochzeit:in jhrem Leben nit moͤgen zu theil werden / ſo wiltu ſie doch alſo Todt vmbfahen / vnd gnug kuͤſſen / nam deßwegen meinen Diener zu mir / der grub ſie wider bey Nacht auff / wie ich nuhn den Sarch eroͤffnet / vnnd ſie in meine Arm geſchloſſen / auch jhr Hertz beruͤhrt / be - fand ich / daß es ſich noch ein wenig reget / welches von meiner waͤrme / je mehr vnnd mehr zu genommen / biß ich entlich gemerckt / daß ſie eigentlich noch lebet / trug ſie deßwe - gen / in ſtillem zu Hauß / vnnd nach dem ich jhren erkalteten Leib / durch ein koͤſtlich Kraͤu - terbad erwaͤrmet / befehl ich ſie meiner Mutter / biß ſie eines ſchoͤnen Sohns genaß / deßen ließ ich auch wie der Mutter getrewlich pflegen / Nach zweyen Tagen / da ſie ſich hefftig verwun - dert / entdecket ich jhr allen fuͤrgeloffenen handel / mit bit / ſie ſolte nuhn fuͤrohin mir ehliche bey - wohnung thun / deſſen ſie ſich dergeſtalt be - ſchweret / wann es jhrem Ehemann / der ſie wol vnnd ehrlich gehalten werde leid ſein / da aber ſolches auch ſein will / ſeye ſie nuhn mehr ei - nem ſo wol als dem andern mit Liebe verpflicht: Nuhn lude ich nach zweyen Monaten (dieweil muſte ich anders wahin verreyſen) jhren Ehe - mann zu gaſt / vnd wie ich jhn vnder anderem befragt / Ob er auch ſein verſtorbene Haußfraw / da die jhm wider zu Hauß kaͤme / wolte wider annemmen: Er aber ſolches mit zeheren vnnd weinen bejahet. Bracht ich jhm entlich ſein Weib jampt dem Sohn: Neben erzehlung aller verlof -fener67Chriſtiani Roſencreuͤtz.fener Handlung / mit bitt / er wolte ſolche meine fuͤrgenommene Verehligung mit ſeinem Conſens ratificieren. Nach langem diſputie - ren / mochte er mich von meinem rechten nit bringen / muſte mir alſo das Weib laſſen / noch war der Streit vmb den Sohn: Hie fiel jhm die Jungfraw in die red vnd ſprach / mich wundert / wie jhr habt moͤgen dem betruͤbten Mann ſein Leyd dopplen. Wie antwortet dieſer / war ich es dann nit befuͤgt: Vber das erhub ſich ein diſputieren vnder vns / doch wolte der mehrer - theil / er haͤtte recht gethan / Nein ſprach er / Ich hab jhm beedes ſein Weib vnd Sohn geſchencket: Jetzt ſagt mir liebe Herꝛen / war mein redligkeit / oder deß Mannes frewd groͤſſer? Dieſe wort haͤt - ten die Jungfr. dermaſſen erquickt / das ſie gleich vmb dieſer beeder willen ließ ein Trunck herumb gehen. Darauff giengen der anderen vbrigen auffgaben / etwas verwirrtes zu / daß ich ſie nit al - le behalten kundt. Eins felt mir noch ein. Daß9. ſagte einer / er hatte vor wenig Jahren einen Me - dicum geſehen / der habe auff den Winter jhme Holtz eingekaufft / darbey auch ſich den gantzen Winter gewermet / So bald aber der Fruͤling wi - der herbey kommen / habe er eben diß Holtz wider verkauft / vnd alſo vergebens ſeiner genoſſen. Hie muß Kunſt ſein / ſprach die Jungfraw / aber die zeit iſt nunmehr fuͤruͤber / Ja antwortet mein Geſell / wer die Raͤtzel nit alle weiſt auffzuloͤſen / der mag es eim jeden bey eim eygenen Botten wiſſen laſſen / Ich meinte nit / daß jhm ſolte ver -E ij68Chymiſche Hochzeit.ſagt werden: vnter deß ward das gratias ange - fangen zuſprechen / vnd ſtunden wir alleſampt von der Tafel auff / mehr ſatt vnnd froͤlich dann voll / moͤchte auch wuͤndſchen / daß alle Gaſtun - gen vnd Malzeiten alſo gehalten wurden. WieHoffmei - ſterin. Virg Lucif Gratioſitas wir vns nuhn wider einwenig in dem Saal er - ſpatziert / fraget vns die Jungfraw / ob wir beger - ten / der Hochzeit ein anfang zumachen: Ja ſprach einer / Edle vnd Tugentſame Jungfraw. Darauff fertiget ſie im Knaben heimlich ab / fuhr doch vnter deß mit vns im Geſpraͤch fort. In Summa ſie war mit vns ſchon ſo heimlich / daß ichs wagt / vnnd jhres Namens begert. Die Jungfraw laͤchlet meines Fuͤrwitz / ließ ſich dochAenigma de Nomine. njchts bewegen / ſonder antwortet: Mein Nam helt fuͤnff vnd fuͤnfftzig / vnnd hat doch nur acht Buchſtaben / der dritte iſt deß fuͤnfften dritter - theil / kompt er dann zu dem ſechſtem / So wirt ein zahl deßen Radix ſchon vmb den erſten Buch - ſtaben groͤſſer wirt / dann der dritte ſelbſt iſt / vnnd iſt deß vierdten halbtheil. Nuhn ſeind der fuͤnfft vnd ſiebent gleich / ſo iſt der letſt dem erſten auch gleich / vnnd machen mit dem anderen ſoviel als der ſechſte hat / der doch nuhr vmb vier mehr als der dritte dreymal hatt: Nun ſagt jhr mir mein Herꝛ / wie heiß Ich? Die Antwort war mir krauß gnug / noch ließ ich nit nach: Sprach / Edle vnd Tugentſame Jungfraw / mochte ich nit ei - nen einigen Buchſtaben erlangen? Ja wol ſprach ſie / daß iſt wol zuthun / was mag dann / antwortet ich wider / der Siebendt haben? Erhat /69Chriſtiani Roſencreutz.hat / ſprach ſie / ſo viel als der Herꝛen hie ſeind:60. Sc. quot vir - gines. Redduntur pondera choro vir - ginum. 2. Iuvenes. Hiewit war ich Content / vnd fand jhren Namen leichtlich: deßen ſie wol zufrieden war / mit ver - melden / es ſolte vns noch wol mehrers vnverbor - gen ſein. Vnder deſſen hatten ſich etliche Jung - frawen fertig gemacht: Die kamen daher mit groſſem gepraͤng: Erſtlich leichteten jhnen zwen Juͤngling vor. Der ein war eines luſtigen Ge - ſichts / hellen Augen / vnnd feiner proportion. Der ander war etwas Zornigs anzuſehen / was er haben wolt / daß muſte ſein / wie ich nachma - len jnnen worden. Vff ſie folgeten erſtlich vier4. virgines. Jungfrawen. Die eine ſahe zuͤchtig zu der Erden / an Geberden gar Demuͤtig. Die ander war auch ein zuͤchtige ſchamhafftige Jungfraw / die dritte entſetzet ſich vmb etwas / da ſie in die Stuben tratte. Wie ich aber vernommen / ſo kan ſie nit wol bleiben / da man zuviel luſtig iſt. Die vier - te bracht etliche Streuͤßlin mit ſich / jhre Liebe vnd Freygebigkeit hierdurch zuerzeigen. Nach dieſen vieren kamen zwo / ſo etwas herꝛlichers be -2. virgines. kleydet. Die gruͤſſeten vns ſchoͤn. Die eine hatt ein gantz blawen Rock / mit guldin Sternlin ver - ſetzt. Die ander gantz gruͤn / mit rohten vnnd weiſſen Strichen geziert / auff den Haupten hat - ten ſie zarte fliegende Tuͤchlin / welche jhnen auff daß zierlichſt zuſtunden. Entlich kam eine allein /1. Virgo præ - ſtans. die hatte ein Kroͤnlin auff dem Haupt / ſahe doch mehr vberſich gehn Himmel denn auff Erden. Wir meineten alle es waͤre die Braut / Aber es fehlet noch weit / wiewol ſie ſonſten an Ehren /E iij70Chymiſche Hochzeit:Reichthumb vnd ſtand der Braut weit vberle - gen / vnd dieſe hat nachmal die gantze Hochzeit re - gieret. Nuhn in ſolchem fall folgeten wir vnſe - rer Jungfrawen / fielen gantz nider auff die Knuͤe /Hẽrzogin. wiewol ſie ſich gar demuͤtig / vnnd Gottsfoͤrchtig erzeiget: Bot jedem die Hand / vermanet vn[s]auch / wir ſolten vns nit zu hoch ab dieſem ver - wundern / denn dieſe waͤre jhrer geringſten Gaaben eine: Vnſere Augen aber ſolten wir zu vnſerem Schoͤpffer erheben / vnd hierinnen ſein Allmacht lernen erkennen / auch in ange - fangenem vnſerm Lauff fortfahren / Gott zu Lob / vnd dem Menſchen zu gut / vns ſolcher Gnaden gebrauchen. In Summa jhre wort waren gar anderſt / dann vnſerer Jungfrawen / die war noch was Weltlichers: Sie trungen mir durch Marck vnd Bein. Vnd du / ſprach ſie weiter zu mir / haſt mehr dann andere empfangen / ſihe das du auch mehr außgebeſt: Dieſe Predigt war mir gar frembd. Dann wie wir die Jungfrawen mit der Muſic erſehen / meinetẽ wir / wir muſten ſchonPonderum repoſitio in locum ſuum tantzen / aber die zeit war noch nit da. Nun ſtundẽ die Gewicht / deren oben meldung gethan worden noch alle da. Deßwegen hieß die Koͤnigin (ichHerzogin. weiß doch nit wer ſie geweſen) jede Jungfraw eins zu ſich nemmen. Vnſerer Jungfrawen aber gab ſie das jhrige / ſo das letſt vnd groͤſte geweſen / vnd hieß vns hernach folgen / vnſer Majeſtaͤt war da etwas geringers / dann ich mercket wol das vn - ſer Jungfraw vns nur zu gut waͤre / vnnd wir nit ſo gar hoch geſchetzt weren / wie wir vns ſchierzum71Chriſtiani Roſenereuͤtz.zum theil ſelbſt wolten anfangen einbilden: Wir giengen alſo in vnſer Ordnung hernach / da wurden wir in das erſt Gemach gefuͤhrt / daReginæ ha - bitatio. Herzogin. hencket vnſer Jungfraw der Koͤnigin Gewicht am erſten auff / vnnd wurde dabey ein ſchoͤn geiſtlich Geſang geſungen / In dieſem Gemach war nichts koͤſtlichs / dann etlich ſchoͤne Betbuͤch -Supellex. lein / deren man dann nimmer gerahten kan. In der mitten ſtund ein auffricht Pult / zum betten gar fuͤglich / darauff knuͤhet die Koͤnigin nider: Vmb die muſten wir alle herumb knuͤhen /Herzogin. vnnd der Jungfrawen / ſo auß eim Buͤch - lein geleſen / nachbeten: Daß ſolche Hoch - zeit mit Gottes Ehr vnnd vnſerm nutzen abge - he. Hierauff kamen wir in das ander Gemach / da hencket die erſte Jungfraw jhr Gewicht auch auff / vnd ſo fortan / biß alle Ceremonien verrich - tet worden. Hierauff bot die Koͤnigin jedem wi - der die Hand / vnd ſchied mit jhren Jungfrawen darvon. Vnſer Præſidentin blieb noch ein weilVirg. Lucif. dilcedit cubitum. bey vns / weil es aber allbereit vmb zwey Vhren in der Nacht war / wolte ſie vns lenger nit auff - halten. Mich gedauchte ſie war ſehr gern vmb vns / noch nam ſie ein gute nacht / vnnd befahl vns die Nacht ruͤwiglich zuſchlaffen / ſchied alſo freuͤndtlich gleichſam vngern von vns. VnſerePuerorum comitum officium. Knaben waren der ſachen berichtet / weiſeten deß - wegen jedem ſein Kammer / blieben auch bey vns in einẽ andern betlin / damit ſo wir etwz bedurfftẽ / wir jhrer vns gebrauchen koͤndten. Mein Kam̃erAutoris thalamus. (von andern weiß ich nichts zuſagen) war Koͤnig -E iiijlich72Chymiſche Hochzeit:bereittet / mit ſchoͤnen Teppichen / vnd Gemaͤl - den vmbhencket. Vor allem aber liebet ich meinen Knaben / der war ſo trefflich beredt / vnd in Kuͤn -Somnium de portæ difficili. ſten erfahren / daß er mich auch noch vmb ein ſtundt bracht / vnnd erſt vmb halbe viere ent - ſchlieff. Vnd diß zwar war die erſte Nacht / daß ich mit ruh geſchlaffen. Noch ließ mir ein ſchaͤnd - licher Traum nit zu lieb werden. Dann die gantze Nacht gieng ich mit einer Thuͤren vmb / die kundt ich nit auffbringen / entlich gereth es mir. Mit ſolchen Fantaſeyen vertrieb ich die zeit / biß Ich entlich gegen Tag erwachet.

IV. Dies.

Autor lon - giuſculè dormiens expergefit.

ICh lag noch in meinem Bett / vnd beſahe al - gemach die herꝛliche Bilder vnd Figuren / ſo hin vnd wider in meinem Gemach waren / vnter deß erhoͤrt ich ſchnell ein Muſic von Zincken / als ob man ſchon allbereit in der Proceßion wer: mein Knab wiſchet auß dem Bett als ob er von Sin - nen were / ſahe auch einem Todten viel gleicher / dann eim Lebendigen / wie nun mir geweſen ſey / iſt gut zugedencken / dann er ſaget / die andern wurden allbereit dem Koͤnig præſentiert / Ich wuſte mehr nit zuthun / dann die hellen zehern zu weinen / vnd mein Faulkeit ſelbſten zuverfluchen. Noch that ich mich an / Aber mein Knab war lengſt fertig / vnd lieff zum Gmach hinauß / zuſe - hen wie doch die Sachen ſtunden. Er kam dochIentaculo prsvætur. bald wider / vnd bracht die froͤliche Pottſchafft /daß73Chriſtiani Roſencreutz.daß gleichwol nichts verſaumt were / allein haͤtte ich daß Fruͤhſtuck verſchlaffen / man haͤtte mich doch vmb meines Alters willen nit begert zu we - cken. Jetzt aber ſey es zeit / daß ich mit jhm zum Brunnen gehe / da ſeyen ſie mehrertheil verſam - let: Von dieſem Troſt kam mein Geiſt wider / ward deßwegen bald mit meiner Kutten ferttig / vnd zog dem Knaben nach / in obgemelten Gar - ten / zu dem Brunnen. Nach dem wir nun ein - ander ſalutiert / auch die Jungfraw meines lang - ſchlaffens geſpottet / fuͤhrt ſie mich bey der Hand zu dem Brunnen / da fand ich das der Loͤw / anLeonis - bulæ. ſtat ſeines Schwertes / ein ziemliche groſſe Taffel bey ſich hatte. Wie ich nuhn die eben beſichtiget / befand ich / daß ſie auß den Alten Monumenten genommen / vnd hieher zu ſonderlicher Ehr ge - ſetzt worden: Die Schtifft war etwas auß aͤlte abgeleſcht / will ſie derowegen / wie ſie iſt / hieher ſetzen / vnd einem jeden nach zudencken geben.

E v74Chymiſche Hochzeit:

HERMES PRINCEPS. POST TOT ILLATA GENERI HVMANO DAMNA, Dei Consilio: ARTISQVE ADMINICVLO, MEDICINA SALVBRIS FACTVS HEIC FLVO. Bibatex me qui poteſt: lauet, qui vult: turbet quiaudet: BIBITE FRATRES, ET VIVITE.

[figure]
Scripturæ facilis.

Dieſe Schrifft war nun gut zu leſen / vnnd zu verſtehen / mag auch wol darumb hieher geſetzt worden ſein / weil ſie leichter / dann ſonſt kei - ne. Nach dem wir vns nuhn erſtlich auß demPotus. Brunnen gewaſchen / Auch jeder ein Trunck auß einer gantz guldin Schalen gethan: Mu - ſten wir der Jungfrawen noch einmal in den Saal folgen / vnd daſelbſten newe Kleyder an -Veſtitus. ziehen: Diß waren gantz guldine Stuck / mit Blumen herꝛlich gezieret. So wurde auch ie - dem ein ander Guldin Fluͤß gegeben / welche mit Edelgeſtein vberſetzt waren / vnnd mancherleywir -75Chriſtiani Roſencreuͤtz.wirckung / nach jedes wirckhener Krafft mit ſich bracht. Daran hieng ein ſchweres ſtuck Gold / darauff waren Sonn vnd Mond gegen einander gebildet / auff der andern ſeiten aber ſtund dieſer Spruch: deß Monds Schein wirt ſein wie der Sonnen Schein / vnd der Sonnen Schein wirt ſiebenmal heller ſein / dann jetzt. Vn - ſer vorige Geſchmeid aber wurden in ein Truͤch -Clinodiæ. lein geleget / vnnd der Diener einem befohlen: Nach dieſem fuͤhret vns die Jungfraw in vnſer Ordnung hinauß / da warteten allbereit vor der Thuͤr die Muſicanten / Alle in rohtem SametMuſici. mit weiſſen Borten bekleidet: Hierauff wurde ein Thuͤr (ſo ich zuvor nie offen geſehen) zum Koͤniglichen Schnecken eroͤffnet. Da hinauffAcceßus ad Regis aulā. fuͤhret vns die Jungfraw / ſampt der Muſic / 365. Staffeln hinauff. Da ſahen wir nichts dann lau - ter koͤſtliche vnd kuͤnſtliche Arbeit. Jemehr mir auch giengen / je herꝛlicher die zier wurde / biß wir entlich zu oberſt in ein gemahlet Gewelb kommen:Laborato - rium arcit - atum. 60. virgines Da wartteten vnſer auff die 60. Jungfrawen / alle koͤſtlich bekleydet / ſo bald die nun ſich gegen vns geneiget / wie auch wir vnſer Reverentz ſo gut wir kunten erzeiget / fertiget man vnſere Mu - ſicanten ab / die muſten wider den Schnecken hin - under: Vnb wurd die Thuͤr beſchloſſen. Hierauff wurde ein klein Gloͤcklin geleutet: Da kam ein ſchoͤne Inngfraw herfuͤr / die brachte jedem einen Lorberkrantz: vnſern Kungfrawen aber wurdeVirg. Lucif. ein Zweig gegeben. Vnter deß ward ein vmbhang auffgezogen. Da erſahe ich den Koͤnig vnd Koͤ -nigin76Chymiſche Hochzeit:nigin: Wie die in jhrer Majeſtaͤt da ſaßen. VndRegis & Regiuæ gloriæ. da mich die geſterige Koͤnigine nit haͤtte ſo trew - lich ermanet / haͤtte ich mein ſelbſten vergeſſen / vnd ſolch vnſaͤglich herꝛligkeit dem Himmel ver - glichen / dann neben dem das der Saal von lau - ter Gold vnd Edelgeſtein glaͤntzet / waren doch der Koͤnigin Kleydung dermaſſen beſchaffen / daß ich ſie nit anſehen mocht. Vnd da ich zuvor etwas fuͤr ſchoͤn gehalten / war doch da alles eins vber das ander / wie die Stern am Him - mel erhaben. Hiezwiſchen trat die Jungfraw hinein / ſo namen auch jede Jungfraw vnſer einen bey der Hand / vnd præſentierten alſoVirg. Lucif. præſentat hoſpites Re - gi. mit hoher Reverentz dem Koͤnig: Darauff hub die Jungfraw alſo an zureden: Daß Ewer Koͤnigliche Majeſtaͤt zu ehren: Allergnaͤdigſter Koͤnig vnnd Koͤnigin / gegenwertige Herꝛen ſich mit leibs vnnd lebens gefahr hieher begeben / das haben S. M. billich zuerfrewen / weil auch mehrertheil qualificiert E. M. Koͤnigreich vnnd Landen zu amplificieren: Wie die dann ſelbſten vonjedem allg. werden explorieren koͤnnen / woͤl - te alſo hiemit E. M. Ich ſie in Vnderthaͤnig - keit præſentiert haben / mit vnderthaͤnigſter bitt / ſolcher meiner Commißion mich zu erlaſſen / vnd von jedem meins thun vnnd laſſens gnugſame kundtſchafft allergnaͤdigſt einnemmen. HiemitHeſpites neſciunt reſpondere. Atlas Re - ſpondet. leget ſie jhren Zweig auff die Erden. Nun wolte es ſich gleichwol gebuͤhren / daß vnſer einer auch etwas haͤtte hierauff geredt: Weil vns aber al - len war daß Zaͤpfflein herab gefallen: Trattent -77Chriſtiani Roſencreuͤtz.entlich der alte Atlas herfuͤr / vnd ſprach vons Koͤ - nigs wegen: Koͤnig. May. thuen ſich ewerer an - kunfft allergnaͤdigſt erfrewen / woͤlte auch jhr Koͤ - nigliche Gnad allen vnd jeden zugeſagt haben. Mit deiner verrichtung L. Jungfraw ſein ſie auch Allgſt. zufrieden / ſolle dir auch deßwegen ein Koͤn. verehrung vorbehalten ſein. Wer doch jhr mei - nung / du ſolteſt dich noch heuͤt jhrer annemmen: Dann ſie wuſten dir nichts arges zu zutrawen. Hierauff hub die Jungfraw den Zweig wider de - muͤtig auff. Vnd muſten wir alſo hiemit auff dasDeſcriptio laboratorii erſtemal mit vnſeren Jungfrawen abtretten. Dieſer Saal war vornen vierecket / fuͤnff mal breitter dann er lang war / gegen dem Außgang aber / hatte er ein groſſen Bogen wie ein Thor / darinnen ſtunden im Zirckel drey herꝛliche Koͤ -Subſcellia. nigliche Stuͤle: doch war der Mittel etwas hoͤ - hers / dann die andern. Nuhn ſaſſen in jedem Stul zwo Perſonen. Im erſten ſaß ein Alter Koͤ -1. Rex. ſenex coniux. iu - uen. nig / mit einem grawen Bart / doch war ſein Ge - mahel vberauß ſchoͤn vnnd Jung. Im dritten Stul ſaß ein ſchwartzer Koͤnig / mittelmeſſiges3. Rex & coniux ſe - nes. alters: Neben dieſem war ein fein alt Muͤtter - lin / nit Gekroͤnet / ſondern mit einem Schleyer verhuͤhlet. Im mitlen aber ſaſſen die zwey Junge2. iuuenes. Menſchen. Die hatten gleichwol Lorberkraͤntz auff jhren Haupten / ob jhnen aber hieng ein groſſe koͤſtliche Kron. Nuhn waren ſie gleichwol damalen nit ſo ſchoͤn / als ich mir ſie fuͤrbildet. Aber das muſte ſo ſein. Hinder jhnen ſaſſenScæmna. Aſſeſſores. auff einem runden Banck mehrertheil alteMaͤnner78Chymiſche Hochzeit:Maͤnner: Deren doch keiner / daß mich wun -[quales nam?] num illœ virtu - tum. der nam / kein Schwert / noch ander Wehr bey ſich hatte / ſo ſahe ich auch kein ander Leibsquar - di: Dann etliche Jungfrawen / ſo geſtern bey vns geweſen / die ſaßen auff der ſeiten / an dem Bogen. Hie kan ich nit verſchweigen: Der klei - ne Cupidoflog da auch vmb / haſpelt vnnd gau -Cupido. cklete doch mehrertheil auff der groſſen Kronen vmb. Zu weilen ſetzet er ſich zwiſchen beede Liebha - bende hinein / etwas jhnen laͤchlend mit ſeinem Bogen. Ja er ſtellet ſich auch zu weilen / als wolte er vnſer einen ſchieſſen. In Summa das Knaͤblin war ſo mutwillig / daß es auch der klei -Aves vir - gines. nen Voͤgelin / ſo hauffenweiß im Saal vmbflo - gen / nit verſchonet / ſonder ſie vexieret / wa er kundte / die Jungfrawen hatten auch jhr kurtz - weil mit jhm: vnnd wann ſie jhn kundten erwi - ſchen / mochte er ſo bald nit von jhnen kommen / machte alſo dieſer kleine Knab alle Frewd vnnd Wolluſt. Vor den Koͤnigin ſtundt ein kleinesSupellex in aula, Altare. 1. Buch. 2. liechtlin. 3. Sphæra. 4. Vhr. 5. broͤnlin. 6. Todten - kopff. aber vber die maſſen zierliches Altaͤrlin: Darauff lag ein ſchwartz Sametin Buch / mit Gold nur ein wenig beſchlagen. Neben dieſem ſtund ein klein Liechtlin / auff einem helffenbeinen Leuchter. Wiewol nun daß gar klein war / brandte es doch jmmer vnd jmmer / auch alſo ſteht: Daß wann Cupido nit zu weilen auß kurtzweil darein gebla - ſen hatte / moͤchten wir es nit fuͤr ein Fewr gehal - ten haben. Neben dieſem ſtund ein Sphæra oder Himmelskugel / die gieng fuͤr ſich ſelbſten art - lich herum. Nach dieſer ein kleines ſchlag Vhr -lin /79Chriſtiani Roſencreutz.lin / darauff ein klein Chriſtallin Rohrbruͤn - lin / darauß ein Blutroht hellwaſſer ſtetigs lieff /Serpens. vnnd entlich ein Todtenkopff. In dem war ein weiße Schlang / die war ſo lang / daß ob ſie wol ringsweiß vmb die andere ſtuck herumb kroch / blieb jhr doch allweg der Schwantz in einem Aug / biß der Kopf wider zum anderen hinein kam / wich alſo nim̃er auß jhrem Todtenkopff / begab ſich dañ das ſie Cupido ein wenig pfetzet / ſo wiſchet ſie ſo geſchwind hinein / daß wir vns alle verwundernImagines. muſten. Neben dieſem Altaͤrlin waren hin vñ wi - der in dem Saal wunderliche Bilder / die regeten ſich alle als ob ſie Lebten / vnd hatten ſo wunderli - che Fantaſey / daß mir vnmuͤglich war alles zuer - zehlen. So erhub ſich auch wie wir hinauß gien -Muſica. gen / ein ſo wunderliche Vocal Muſic, daß ich nit eigentlich wuſte / ob es von Jungfrawen / die noch darinnen blieben / oder von den Bilden ſelbſtDiſceditur ex Labora - torio. gehalten wurde. Nun wir waren auff dißmal zu - frieden / vnd zogen mit vnſeren Jungfrawen dar - von / ſo waren allbereit vnſere Muſicanten vor - handen / die fuͤhrten vns wider den Schnecken hinab / Aber die Thuͤr wurde fleißig beſchloſſenVirgines io - cantur de ſenio Aute - ris. vnd verriglet. Wie wir nun wider in den Saal kom̃en / fanget der Jungfrawen eine an: Schwe - ſter mich wundert / dz du dich vnter ſo viel Perſo - nẽ haſt wagẽ doͤrffen: Mein Schweſter / antwortet vnſer Præſidentin / ich beſorget mich vor keinẽ ſo vbel / als vor dem: deuͤtet alſo auff mich Diß wort giẽge mir nahe zu hertzẽ / dañ ich verſtūd wol / dz ſie meins alters ſpottet. Vñ zwar war ich vnd allẽ derelteſt.80Chymiſche Hochzeitteſt. Doch troͤſtet ſie mich wider / mit verheiſſung / da ich mich wuͤrde recht mit jhr halten / woͤlte ſieConvivium cum virgi - nibus. mir dieſes Laſts wol abhelffen. Dieweil ward daß Eſſen wider auffgetragen / vnnd jedem ſein Jungfraw bey geſetzt: die wuſten vns mit hold - ſeligem Geſpraͤch dieweil wol zuverkuͤrtzen. WasSermones convivales. aber jhr Geſpraͤch vnd Kurtzweil geweſen / darff ich nit auß der Schul ſchwetzen. Der mehertheil fragen aber waren von Kuͤnſten / dabey ich leicht - lich erachten kundt / daß Jung vnnd Alt mit Kunſt vmbgienge. Noch lag mir jm̃er im Sinn /Autor - ſtus ob ſeni - um. wie ich doch wider koͤnte Jung werden: War deßwegen etwas trawrigers: Daß mercket die Jungfraw / hub derowegen an: Ich mer - cke wol was dieſem jungen Geſellen fehlet. Was gilts wann ich kuͤnfftige Nacht bey jhm ſchlaffe / Er ſoll morgen luſtiger ſein: Hierauff fiengenIocoſum ſo - latium ac - cipit à vir - gine. ſie an zu lachen / vnd wiewol mir Roht an allen ortten außgieng / muſt ich doch meines eyge - nen Vngluͤcks lachen. Nuhn war einer da / der wolte mein Schmach wider an der Jung - frawen rechen: Sprach deßwegen / Ich hoffeSocie. es werden nit allein wir / ſonder auch die Jung - frawen ſelbſten zugegen vnſerm Bruder zeuͤgnuß geben / daß ſich vnſer Jungfraw præſidentin verſprochen / kuͤnfftige Nacht bey jhm zuſchlaffen: Deß wer ich wol zufrieden Antwort die Jung - fraw: wañ ich mich nit vor dieſen meinen ſchwe - ſtern zubefoͤrchten haͤtte: denẽ wer es nit zuthun /Virg. Lucif. wann ich ohn jhren Willen mir den ſchoͤnſten vnd beſten erwaͤlete. Mein Schweſter / fieng baldein81Chriſtiani Roſencreuͤtz.ein andere an / wir ſpuͤren hiebey / dz dich dein hoh - es Ampt nit ſtoltz gemacht. Da wir nuhn auß deiner erlaubnuß gegenwaͤrtige Herꝛen vns zu Schlaffbulen moͤchten durchs Loß außtheilen / ſolteſtu mit vnſerm guten willen / ſolche præro - gativam haben. Wir lieſſen diß alſo ein Schertz ſein / fiengen auch alſo an wider einander zuzu -Ludicra e - lectio und dormientiū ſprechen / vnſer Jungfraw aber kundt vns nit vn - gevexiert laſſen / fieng deßwegen wider an: Ihr Herꝛen / wie wann wir das Gluͤck lieſſen erzeigen / wer doch heunt bey dem andern ſchlaffen mußte. Wolan ſprach Ich / kans nit anders ſein / ſo koͤn - nen wir ein ſolch erbieten nicht abſchlagen. Weil nuhn beſchloſſen wurde / ſolches nach dem Eſſen zu probiren / wolten wir auch lenger nicht zu Tiſch ſitzen / ſtunden alſo auff / vnd ſpatzieret jeder mit ſei - ner Jungfraw auff vnnd ab. Nein ſprach die Jungfraw / daß ſoll noch nit ſein / aber laſt ſehen / wie vns das Gluͤck geſellen woͤlle. Hierauff wur - den wir von einander vertrennet: Nun erhub ſich erſt ein diſputation, wie dieſe ſachen anzugreiffen / es war aber diß nur ein angelegtes Spiel / dann die Jungfraw thet bald den fuͤrſchlag / wir ſolten vns vnder einander in einem Ring vermiſchen: ſo wolte ſie an jhr anheben zuzehlen / vnd mußte der Siebendt / mit dem nachfolgenden ſiebenden fuͤr gut nemen / Es wer jetzt gleich ein Jungfraw oder Mann / wir verſahen vns keines Liſts / lieſſens deßwegen geſchehen / vnd da wir meinten wir ver - miſchten vns eben wol / waren die Jungfrawen doch ſo verſchmitzt / das jede jhren ort ſchon vor -F82Chymiſche Hochzeit:hin wuſte: die Jungfraw hub an zuzehlen / da traff es ein Jungfraw / nach jr war dz ſtebent wider ein jungfraw / zū 3. wider ein jungf. vñ diß geſchahe ſo lang biß alle jungfrawẽ mit vnſerer verwunderuͤg herauß kamen / vnd vnſer keiner getroffen wordẽ / blieben alſo wir arme tropffen allein ſtehen / vnd mußten noch vnſer darzu Spotten laſſen / vnd be - kennen daß wir ja redlich betrogen waͤren / In ſumma / wer vns in vnſerer ordnung haͤtte geſeh - en / moͤchte ſich ſchier deß Himmels fall ehe ver - ſehen haben / dann das es nimer an vns kommen ſolt. Hiemit war vnſer ſchertz auß / vnd muſten wir vns der Jungfrawen Schalckheit gefallen laſſen. Hiezwiſchen kam auch zu vns der kleine mutwilli - ge Cupido / weil aber der von Koͤnigliche Maiſt. wegen da war / Auch von deren wegen vns einvmbtrunck trunck auß einer guldin Schalen / vberlifert: Auch vnſere Jungfrawen zum Koͤnig abfordert / dar - neben erklert / er kundte dißmals lenger nit bey jhnen ſein / kundten wir vns nit recht mit jhm er - liebgen. Ließen jhn alſo mit gebuͤhrender vnder - thaͤnigſter danckſagung fort fliegen. Weil nuhn auch hierzwiſchen / meinen Conſorten die frewd in die Fuͤß kam / ſolches auch die Jungfrawen nitFrewdin Taͤntzlin. vngern ſahen / hatten ſie in kurtzen ein zuͤchtig Taͤntzlin angeſtelt: denen ich mehr mit frewden zuſahe / dann halff. Dann es kundten ſich meineHoſpites in - vitantur à virgine Lu - cif. ad Co - mœdiam. Mercurialiſten ſo artig in den boſſen ſchicken / als ob ſie das Handwerck lengſten gelernet. Nach et - lichen Taͤntzen kam vnſer Præſidentin wider da - her / vnd vermeldet vns wie das ſich die Kuͤnſtlervnd83Chriſtiani Roſencreuͤtz.vnd Studioſi gegen jhrer Koͤnig. Majeſt. erbot - ten / deren zu ehren / vnd gefallen vor dero abzug / ein froͤliche Comœdiam zu agieren / wolten nuhn wir derſelben auch beywohnen / vnd Koͤnig. Ma. auff der Sonnen Hauß begleiten / daß were dero Lieb / vnd wolte ſolches in allen gnaden erkennen: Hierauff thaͤten wir vns zuforderſt der angebot - tener ehr allervnderthenigſt bedancken / vnd nit allein hierinnen / ſondern noch mehrem vnſere ge - ringe Dienſt demuͤttigſt offerieren: welches die Jungfraw wider anzeigt / vñ bald beſcheid bracht / Koͤnig. Maieſt. auff den gang in vnſerer Ord - nung zuwartten / dahin wir dann baldt gefuͤhrt wurden / ſtunden auch nit lang da: Dann dieProceſſus Regis ad ſpectandā comœdiam. Koͤnigliche proceſſion war ſchon vorhanden / doch ohn alle Muſic: vorher gieng die vnbekandte Koͤ - nigin / ſo geſtern bey vns geweſen mit einem klei - nen vnd koͤſtlichen Kroͤnlin: in weiß Atliß beklei - det / die trug mehr nit dann ein klein Crucifix / ſo von einem Perlin gemachet war / das war heut zwiſchen dem Jungen Koͤnig vnd der Braut auf - gemachet geweſen: nach jhr giengen die Sechs vorgenandte Jungfrawen: zu zweyen Glieden / die trugen deß Koͤnigs Kleinot / ſo auff das kleine Altaͤrlin gehoͤrig Auff dieſe kamen die drey Koͤ - nig / vnder denen der Braͤutigam in der mit - ten war / gieng aber ſchlecht / nur in ſchwartz At - liß auff Italieniſch bekleidet / hatten ein klein ſchwartz rund Huͤtlin auff / mit einẽ kleinẽ ſchwar - tzen ſpitzigen Federlin: daß zog erfreuͤndtlich gegẽ vns ab / hierdurch ſein gnad gegẽ vns zuerweiſen /F ij84Chymiſche Hochzeit:gegen dieſem neigeten wir vns (wie auch gegen den erſten) wie wir dann deſſen erinnert worden. Nach den Koͤnigen / kamen die drey Koͤnigin / de - ren die zwo koͤſtlich bekleidet waren. Allein die mittel gieng auch gantz Schwartz / vnnd trug jhr der Cupido den Schweiff nach: Hierauff wurde vns gewuncken zu folgen / vñ nach vns den jung - frawen / biß entlich der alte Atlas den Reyen be -Statio ſpe - ctatorum. ſchloſſen. In ſolcher proceſſion kamen wir ent - lich durch manchen koͤſtlichen Gang auff der Sonnen Hauß / daſelbſten auff einem zugerichten ſtatlichen Geruͤſt / neben dem Koͤnig vnd Koͤni - gin / der angeſtelten Comœdi zuzuſehen: Wir zwar ſtundenden Koͤnigen (gleichwol vnderſchei / een) an der rechten / die Jungfrawen aber zur lincken / außgenommen denen / ſo die Koͤnigliche Inſignia befohlen. Denen war zu obriſt ein ſonde - rer Standt eingegeben: Was aber andere Die - ner waren / die muſten zu vnderſt / zwiſchen den Saͤulen ſtehen / vnnd alſo fuͤr gut nemen. WeilPræcipua quæ ageban tur. nun an dieſer Cemœdi viel ſonderlichs zu beden - cken / wolte ich dieſelbige kuͤrtzlich zu vberlauffen nit vnderlaſſen.

Actus. I.

Erſtlich kam herauß ein alter Koͤnig / mit etli - chen Dienern / fuͤr deſſen Thron wurde ein kleines Kaͤſtlin gebracht / mit vermeldung es were auff dem Waſſer gefunden worden: Wie nan nun ſol - ches eroͤffnet / war es ein ſchoͤn Kind: das neben etlichen Kleinoten / auch ein klein Pergamen tin verſiglet Brieflin / welches Vberſchrifft an den Koͤnig ſtund: Deßwegen der Koͤnig ſolches balderoͤf -85Chriſtiani Roſenereuͤtz.eroͤffnet / vnd nach dem es geleſen daruͤber gewei - net / hierauff zeiget er ſeinen Dienern an / mit was groſſem ſchaden / der Moren Koͤnig ſeiuer Baſen das Land eyngenommen / vnd allen Koͤniglichen Samen biß an das Kind außgetilget haͤtte. Mit deren Tochter er doch jederzeit / ſeinẽ Sohn haͤtte gedacht zuvermaͤhlen. Schwur darauff ewige Feindtſchafft wider den Moren vnd ſeine Gehuͤlf - fen zutragen / vnd ſolches an jhm zu rechen. Hie - mit befahl er das Kind zartlich auff zuziehen / vnd ſich wider den Moren gefaſt zumachen. Solch ruͤſten nuhn / vnd deß Toͤchterlins diſciplin (Sie war aber nach dem ſie ein wenig erwachſen / eim alten Lehrmeiſter vntergeben) weret durch den gantzen erſten Act: mit viel feiner vnd loͤblicher kurtzweil hinauß.

Hiezwiſchen ließ man ein Loͤwen vnd GreiffenInterludiū mit einander kaͤmpffen / vnd blieb dem Loͤwen der Sieg: welches auch wolzuſehen war.

Im andern Act: Kam auch der Mor herfuͤr /Actus. II. ein ſchwartzer tuͤckiſcher Mann / der hatte nuhn mit ſchmertzen vernommen / wie das ſein Mord eroͤffnet / vnnd jhm doch ein Fraͤwlin durch Liſt waͤre entzuckt worden / berahtſchlagt ſich deßwe - gen / wie er einem ſo maͤchtigen Feind kondte mit Liſt begegnen / welches jhm auch entlich durch et - liche ſo auß Hungersnot zu jhm geflohen / gerah - ten: Vnnd das Jungfraͤwlein wider meniglichs verhoffen in ſeine Haͤnd kommen / der ſie dann gleich erwuͤrgen laſſen / wann er nit von ſeinen eygnen Dienern wunderbarlich wer betrogenF iij86Chymiſche Hochzeit:worden. Wurde alſo dieſer Act. mit einem wun - derbarlichen Triumph deß Mohren auch be - ſchloßen.

Actus III.

Im dritten Actu wurde vons Koͤnigs wegen ein groß Kriegsheer wider den Mohren verſam - let / vnd vnter einen Alten dapfferen Ritter ge - than der fiel dem Mohren ins Land / biß er ent - lich mit gewalt die Jungfraw auß dem Thurn er - ledigt / ſie wider bekleidet. Nach dieſem richteten ſie geſchwind ein herꝛlich Geruͤſt auff / ſtelleten jhr Fraͤwlin darauff: Bald kamen zwoͤlff Koͤnigli - che Geſandten / vnter welchen bedachter Ritter die Red that: vnd vermeldet / wie das ſein Aller - gnaͤdigſter H. Koͤnig ſie nit allein ſchon zum an - dern mal vom Todt erloͤſet / auch biß hero Koͤnig - lich aufferziehen laſſen / ſie aber ſich nit allwegen / wie ſich wol gebuͤrt hatte verhalten. Noch habe J. K. M. ſie vor anderen ſeinem Jungen Her - ren vnd Sohn zum Gemahl erwaͤlet / begerte auch ſolche Verlobung Allergnaͤdigſt ins werck zuruͤ - ſten / da ſie ſich wurden auff folgende Articul ge - gen S. M. Verloben. Hiemit laß er auß einem Patẽt etliche heꝛliche Cõditionẽ / die wol wert waͤ - rẽ / hie zu erzehlen / wan es nit zu lang wurde: kuͤrtz - lich die Jungfraw ſchwur einen Ayd / ſolches vn - beweglich zuhalten: ſich darneben ſolcher ſo ho - hen gnad auffs zierlichſt bedanckendt. Deßwegen huben ſie an zuſingen / Gott / den Koͤnig / vnd die Jungfraw zuloben / tratten alſo auff dißmal wi - der ab.

Interludiū

Zur Kurtzweil wurden dieweil die vier ThierDanielis87Chriſtiani Roſencreuͤtz.Danielis / wie er die im Geſicht geſehen / vnd auß fuͤhrlich geſchrieben / auffgefuͤhrt / welchs alles ſein gewiſſe bedeuttung hatte.

Im vierdten Actu ward der Jungfrawen jhrActus IV. verlohren Koͤnigreich wider eingeraumbt / ſie Ge - kroͤnet / auch ein zeitlang in ſolchem Schmuck auf dem Platz mit herꝛlichen frewden vmbgefuͤhrt / darauff erſchienen viel vnd mancherley Legaten / nit allein jhr Gluͤck zu wuͤndſchen / ſondern auch jhr herꝛligkeit zuſehen. Nun bliebe ſie nit lang bey jhrer Frombkeit / ſondern fieng ſchon an wider frech vmb ſich zuſehen / gegen den Legaten vnnd Herꝛen zu wincken / darinnen ſie warlich jhr Per - ſon wacker agierte.

Solch jhre Mores werden dem Mohren bald kundt / der wolte ſolche Gelegenheit nit verſau - men / vnd weil jhre Hoffmeiſter nit gnugſam ach - tung auf ſie haͤtten / ward ſie leichtlich durch groſ - ſes verſprechen verblendet / daß ſie jhrem Koͤnig nichts guts zutrawet / ſondern ſich heimlich dem Mohren nach vnd nach gaͤntzlich befahl. Hier - auff eylet der Mor zu / vnnd wie er ſie durch jhr bewilligung in ſeine Haͤnd gebracht / gab er jhr ſo lang gute Wort / biß all jhr Koͤnigreich ſich jhm vnderwarff: Hierauff ließ Er ſie in der dritten Scena dieſes Actus herauß fuͤhren: Vnd erſtlich gantz nackend außziehen / auff einem groben huͤltzẽ Geruͤſt an ein Saͤul binden / vnnd wol Geiſſten: Entlich auch zum Todt vervrtheilen. Diß war ſo klaͤglich anzuſehen / daß es manchem die Augen vbergetrieben / hiemit wurde ſie alſo nackend inF iiij88Chymiſche Hochzeit:den Kercker geworffen / daſelbſten deß Todts zu - erwarten / vnd das ſolte mit Gifft beſchehen: wel - ches ſie doch nit ertoͤdtet / ſondern gantz auſſetzig gemacht: war alſo dieſer Actus mehrertheil klaͤg - lich.

Interludiũ.

Hiezwiſchen fuͤhreten ſie Nebucadnezars Bild herauß / das war mit allerley Wappen am Kopf / Bruſt / Bauch / Schenckeln Fuͤſſen / vnd derglei - chen geziert / von welchen auch in kuͤnfftiger Ex - plication ſoll geredet werden.

Actus. V.

Im fuͤnfften Actu wurde dem Jungen Koͤnig angezeigt / was ſich mit dem Moren vnd ſeiner zu - kuͤnfftigen Geſpons verloffen. Der thaͤt erſtlich Interceſſion bey ſeinem Vatter fuͤr ſie / mit bitt / man wolte ſie ſo nit hangen laſſen. Da ſolches der Vatter bewilliget / werden Legaten abgefertiget ſie in jhrer Kranckheit vnd Gefaͤngnuß zu troͤſten: Doch auch jhr vnbedachtſame zuverweiſen. Sie aber will ſie noch nit annnemmen / ſondern bewil - liget deß Moren Concubina zuſein / welches auch geſchehen / vnnd dem Jungen Koͤnig angezeigt worden.

Interludiũ.

Nach dieſem kommen ein Chor Narꝛen / deren jeder ein Staͤcken mit ſich gebracht / darauß machten ſie in kurtzer eyl ein groſſe Weltkugel / die ſie auch alßbald verlegten / warein feine kurtzwei - lige Fantaſey.

Actus. VI.

Im ſechſten Actu beſchloß der Junge Koͤnig dem Mohren ein Kampff an zubieten / welches auch beſchehen. Vnd wird gleichwol der Mohr erlegt / Aber meniglich haͤlt den Jungen Koͤnigauch89Chriſtiani Roſencreutz.auch fuͤr todt: Entlich kam er wider zu recht / loͤſet ſein Geſpons / vnd ſchicket ſich zur Hochzeit / be - filcht ſie vnder deß ſeinem Hoffmeiſter vnd Hoff - prediger.

Deren der erſte ſie hefftig gepeiniget / entlich keret ſich das Blaͤtlin vmb / vnd wirdt der Pfaff ſo vbermuͤtig boͤß / daß er vber alle wolt ſein / biß ſolches dem Jungen Koͤnig angezeigt worden: welcher eylends einen abgefertiget / ſo dem Pfaf - fen ſein gewalt gebrochen / vnnd die Braut zur Hochzeit etlicher maſſen geſchmuckt.

Nach dem Actu fuͤhret man ein gemachten v -Interludiũ. bergroſſen Elephanten herauß / der trug ein groſ - ſen Thurn mit Muſicanten: welches auch meni - glich wol gefiel.

Im letſten Actu erſchien der Braͤutigam mitActus. VII. ſolchem Pomp / daß nit wol zu glauben iſt / vnnd mich wunder genommen / wie ſolches anzubrin - gen geweſen: Im kam die Spons mit gleicher Solennitet entgegen: Damit rieff alles Volck vi -Comœdorũ applauſus ergæ regẽ & regina[m] vat Sponſus: vivat Sponſa. Damit ſie alſo durch ſolche Comœdiam vnſerm Koͤnig vnd Koͤnigin auff daß ſtatlichſt gratulieren. Welches jhnen (wie ich wol geſehen) vber die maß trefflich ge - fallen.

Entlich zogen ſie alſo in ſolcher Proceſſion ein mal etlich herumb / biß zu letſt fiengen ſie allzu - mal alſo an zuſingen.

I.
Die liebe Zeit / bringt vns ſo groſſe Frewd /
Cantilenæ.
mit deß Koͤnigs Hochzeit / darumb ſinget alle /F v90Chymiſche Hochzeit:daß es erſchalle / Gluͤck ſey dem ders vns geit.
II.
Die ſchoͤne Braut deren wir ſo lang gewar - tet / wirdt jhm nuhnmehr vertrawt / wir han ge - wonnen / darnach wir gerongen / wol dem der fuͤr ſich ſchawt.
III.
Die Eltern gut / die ſein nuhn erbetten / lang gnug / war ſie in hut / mehrt euch mit ehren / daß Tauſendt werden / auß ewrem eugenen Blut.
Epilogus.

Nach dieſem ward abgedanckt / vnnd nam die Comœdi mit frewden / vnd den Koͤniglichen Per - ſonen ſonderlichen gefallen ein Endt. So war der Abent auch allbereit herbey kommen / tratten deßwegen in vorgedachter Ordnung mit einan -Hoſpites in - vet antur ad cœnam Regis & Reginæ. der ab / doch muſten wir die Koͤniglichen Perſo - nen / den Schnecken hinauff biß in obgemelten Saal begleiten / daſelbſten waren die Taflen ſchon koͤſtlich zugericht / vnnd war diß das erſte mal / daß wir an die Koͤnigliche Tafel geladen wurden. Daß Altaͤrlin ſtelt man mitten in den Saal / vnd wurden die beſagte ſechs KoͤniglicheRex adoleſc Inſignia drauf geleget. Dazumal hielt ſich der jun ge Koͤnig gegẽ vns ſehr gnaͤdigſt / aber er kund nit recht froͤlich ſein / ſondern ob er wol zuweilen mit vns etwas redet / erſeuͤfftzet er doch manchmalen / deßen der kleine Cupido nur geſpottet / vnd ſeinen Mutwillen getrieben.

Die91Chriſtiani Roſencreutz.

Die alten Koͤnig vnd Koͤnigin wahren ſehrReges ad - ulti. ernſthafft / allein deß einen Alten Gemahl erzeiget ſich Friſch gnug / deſſen vrſach ich doch nit wu - ſte: Hierzwiſchen wurde die erſte Tafel mit denOrdo diſcũ - bentium. Koͤniglichen Perſonen beſetzet / An der andern ſaſſen wir alleine. An der dritten / ſetzten ſich et - liche fuͤrneme Jungfrawen nider. Die andere Maͤnner vnd Jungfrawen muſten alle auffwar - ten. Daß gieng nun mit ſolcher koͤſtlichkeit vndOrnatus veſtium. ernſthafftemſtillem Weſen zu / daß ich mich ſche - we viel hiervon zureden. Hie kan ich nit vn - angeregt laſſen / wie das alle Koͤnigliche Perſo - nen / vor dem Eſſen / ſich in ſchneeweiſe glantzen - de Kleyder angezogen / vnd alſo zu Tiſch geſeſſen. Ob der Tafel hieng vorgemeldte groſſe guldineCoronæ ſu - per men - ſam. Kron / deren Edle Geſtein wol haͤtten ohn alles anders Liecht den Saal erleuͤchten moͤ - gen.

Sonſten wurden alle Liechter von dem klei - nen Liechtlein auff dem Altar angezuͤndet / was die vrſach / weiß ich nit eygentlich. Daß hab ich aber wol wargenommen / daß der junge Koͤnig manchmal der weiſſen Schlangen auff dem Al - taͤrlein zu Eſſen geſchickt / welches mir auch nach denckens gemacht. Daß Geſchwetz die -Cupido war der luſtigſt. ſes Panckets / war faſt aller deß kleinen Cupidi - nis, der kondte vns / vnd zwar mich ſonderlich nit vngevexiert laſſen. Brachte jmmerdar etwas wunderlichs auff die Ban. Aber da war kein ſon - dere frewd / alles gieng ſtill zu. Darauß ich mir ſelbſten groſſe kuͤnfftige Gefahr imaginierenkundte /92Chymiſche Hochzeit:kundte / dann auch kein Muſic nit gehoͤrt wurde / ſondern ſo etwas von vns gefragt wurde / muſtenSermones breves. wir kurtze runde Antwort geben / vnnd es dabey bleiben laſſen. In ſumma es hatte alles ein ſo wunderlichs außſehen / daß mir der Schweiß be - gundte vber den Leib anzufangen zurinnen / vnnd glauch ich wol das noch dem behertzeſten Mann der Muht haͤtte koͤnnen empfallen. Wie nun al -Orætio Re - gis Adole - ſcentis. ſo faſt diß Nachteſſen zu end geloffen / heiſſet jhm der Junge Koͤnig das Buch von dem Altaͤrlin herreichen / daß thet er auff. Vnd ließ vns noch - malen durch ein alten Mann fuͤrhalten / ob wir gedaͤchten / bey jhm in Lieb vnd Leyd zuverharꝛen: Da wir ſolches mit zittern bewilliget / ließ er vns weitter trawriglich fragen / Ob wir vns zu jhm verſchreiben wolten / da kondten wir nit hinumb / Es muſt auch ſein. Hierauff ſtunde einer nach dem andern auff / vnd ſchrieb ſich mit eignen Haͤn - in diß Buch. Da ſolches auch verricht / bringetvmbtrunck. man das Chriſtallin Springbruͤnlin herbey / ſamt einem ſehr kleinen Chriſtallen Glaͤßlin / deß trun - cken alle Koͤnigliche Perſonen nach einander her - auß / darnach wurde es vns auch gereichet / vnd ſo fortan zu allen Perſonen / vnnd wurde diß ge -Hæuſtus de ſilentio: fi - deiubeatur Virg. Lucif. nennet / der Hauſtus Silentii. Hierauff boten vns alle Koͤnigliche Perſonen die Hand / mit vermel - dung / daß da wir an jetzo nit an jhnen halten wur - den / wurden wir ſie jetzt vnd nimmermehr ſehen / welches vns warlich die Augen vbergetrieben / vn - ſer præſidentin aber verſprach ſich an vnſer ſtadt gar hoch / welches ſie zu friden geweſen. Vnter deßwirt93Chriſtiani Roſencreuͤtz.ein klein Gloͤcklin geleuttet / daruͤber erblichen al - le Koͤnigliche Perſonen ſo hoch / das wir ſchier gar wolten verzagen. Bald legten ſie jhre weiſſe Kleider wider ab / zogen gantz ſchwartze herfuͤr / ſoMors Regu - lorum. wurde auch der gantze Saal mit ſchwartzem Sa - met vmbhencket / der Boden mit ſchwartzem Sa - met bedecket / auch oben an der Buͤni (welches al - les zuvor zugericht geweſen) fuͤrgezogen. Nach dem auch die Tiſch weggeraumbt geweſen / vnd ſich meniglich auff die Banck herumb geſetzt / wir auch ſchon ſchwartze Kutten angezogen / kommet vnſer præſidentin / ſo zuvor hinauß gegangen / wider herein / vnd trug mit ſich ſechs Schwartz Taffetin Binden / mit welchen ſie den ſechs Koͤ - niglichen Perſonen die Augen verbunden: Da ſie nun nichts mehr geſehen / werden fluchs von den Dienern ſechs verdeckter Sarch in den Saal getragen / vnnd nider geſetzt / auch ein niderer ſchwartzer Seſſel in die mitten geſtelt. Entlich trakDe collæti[o]Regum. in den Saal hinein ein Kohlſchwartzer langer Mann / der trug in der Hand ein ſcharpff Beyel. Nach dem nuhn erſtlich der alte Koͤnig auff den Seſſel gefuͤhret worden / wurde jhm das Haupt flux abgeſchlagen / vnd in ein ſchwartz Tuch ein - gewicklet / daß Blut aber in ein guldin groß Po - cal auffgefangen / vnd zu jhm in den beygeſtelten Sarch geleget / vnd alſo beſeits zu gedeckt geſtellet. vnd ſo giengs mit den andern auch / dz ich entlich gedacht es wirdt an mich auch kommen: Aber es geſchah nit / dann ſo bald die ſechs Perſonen ent - hauptet wurden / gieng der ſchwartze Mann wi -der94Chymiſche Hochzeitder hinauß / dem folget ein anderer nach / ſo jhn gleich vor der Thuͤr auch Enthauptet / vndCarnificis. ſein Haupt ſampt dem Beyel mit ſich ge - bracht / welches in ein klein Truͤchlein geleget worden. Diß gedauchte mich warlich ein Blu - tige Hochzeit / doch weil ich nit wiſſen kundt / was noch geſchehen moͤchte / muſte ich dazumal meinHoſpites mœrent. Witz gefangen nemmen / biß auff weiter Be - ſcheid / dann auch vnſer Jungfraw hieß vns zu frieden ſein / weil vnſer etlich KleinmuͤhtigSolætium. wolten ſein / vnd weineten. Dann ſprach ſie zu vns: Dieſer Leben ſtehetnunmehr in ewerer Haͤnd / vnnd da jhr mir folgeten / ſoll ſolcher Todt noch viel lebendig machen. Hiemit zeiget ſie vns an / wir ſolten nuhn ſchlaffen gehen / vnd vnſret halben weiters nit bekuͤmmern / dann jhn - en ſolte jhre recht wol geſchehen. Gab vns alſo mit einander ein gute Nacht / mit vermeldung /Guræ no - cturnæ mor tuorum. Hoſpites eunt cubi - tum. ſie muſte heunt der todten Leichnam wachen / diß ließen wir geſchehen / vnd wurden von vnſern Knaben ein jeglicher in ſein Loſament gefuͤhrt. Mein Knab redet mit mir viel vnnd mancher - ley / deren ich noch wol gedencke / hatte mich auch an ſeinem Verſtandt gnug zuverwundern. Sein intent aber war mich zum Schlaff zu bewe - gen / welches ich zu letſt wol merckt / deßwegen ich mich auch ſtellet als ob ich ſtarck ſchlieffe / aber kein Schlaff war in meinen Augen / vnnd kondte der Enthaupteten nit vergeſſen. NuhnCubiculum war mein Loſament gegen dem groſſen See ge - richtet / daß ich alſo woldarauff ſehen kundte /So95Chriſtiani Roſencreutz.So waren die Fenſter nahe bey dem Bett / vmb Mitternacht / ſo bald es zwoͤlff Vhren ſchlug /Viſio noctur . da erſahe Ich ſchnell auff dem See ein groſſes Fewr / deßwegen ich auß forcht / ſchnell daß Fenſter auffmachte / zu ſehen was darauß wer - denwolte. So ſihe ich nun von fernen Sieben Schiff daher kommen / ſo alle mit Liechtern voll beſteckt waren. Vber jedem ſchwebet zu obriſt ein Flamme / die fuhr hin vnd wider / ließ ſich auch zuweilen gar hernider / daß ich leichtlich erachten kundt / Es muſten det Enthaupten Geiſter ſein. Dieſe Schiff kamen nuhn ge - mehlich ans Landt / vnnd hatte jedes mehr nit als einen Schiffmann. So bald die nuhn ans Land geſtoſſen / erſahe ich bald vnſer Jung - fraw mit einer Fackel den Schiffen entgegen gehen / deren trug man die ſechs verdecke SarchCadaveræ avehuntur trans Lacũ. ſampt dem Kaͤſtlein nach / vund wurde jedes in ein Schiff verborgen geleget. Wecket deßwe - gen meinen Knaben auch / der dancket mir hoͤch - lich / dann weil er den Tag vber viel geloffen / haͤtte er diß ſchier verſchlaffen / ſo ers doch wol gewuſt: So bald nun die Sarch in die Schiff geleget wur - den / wurden alle Liechter außgeleſcht. Vnd fuh - ren die Sechs Flammen mit einander vber den See hinein / daß alſo mehr nit als in jedem Schiff ein Liechtlein zur Wacht war. So hatten ſich auch etlich hundert Huͤeter an das Geſtad gelaͤgert / vnd die Jungfraw wider in daß Schloß geſchicket / die alles wider fleiſſig ver - rieglet / daß ich alſo wol kunde erachten / es wurdeweiters96Chymiſche Hochzeit:weiters heunt nicht geſchehen / ſondern muſte deß Tags erwarten / gaben vns alſo wider zu ruh: Vnd war ich der einig vnter allen meinen Geſel - len / ſo mein Gemach gegen dem See gehabt / vndAuctor ſo - lus hæc vi - dit. ſolches geſehen. So war ich auch jetzt allerdings matt vnd entſchlieff alſo in meinem vielfaͤltigen ſpeculieren.

V. Dies.

Obæmbu - latio ante - lucanæ.

DIe Nacht war fuͤruͤber / vnnd der liebe er - wuͤndſchte Tag angebrochen / da machet ich mich flux auß dem Bett / mehr begierig zuerfah - ren / was doch geſchehen moͤchte / dann das ich ge - ſchlaffen gnug haͤtte / Nach dem ich mich nun an - gezogen / vnd meiner gewonheit nach die Stie - gen hinab begeben / war es noch zu fruͤhe / vnnd fande niemand anders in dem Saal / bat deßwe - gen meinen Knaben mich ein wenig in dem ſchloß vmbzufuͤhren / vnd etwas ſonderlichs zuzei - gen / der war nun wie allweg willig / fuͤhret mich auch alsbald etliche Stiegen vnter die Erd / zu einer groſſen eyſenen Thuͤren / darauff waren nachfolgende wort von Kupfferen groſ - ſen Buchſtaben ange - hefftet:

Diß97Chriſtiani Roſencreuͤtz.
[figure]
Thalæmus veneris ſepultæ.

Diß hab ich alſo abgemahlt / vnnd in mein Schreibtaͤfelein auffgezeichnet: Nach dem nuhn dieſe Thuͤr eroͤffnet / fuͤhret mich der Knab bey der Hand durch einen gantz finſtern Gang / biß wir wider zu einem kleinen Thuͤrlein kamen / daß war nun zugeleinet / dann wie mich der Knab beri - chtet / hatte man ſolches erſt geſtern eroͤffnet / vnd die Sarch darauß genommen / waͤre alſo noch nit beſchloſſen worden / wie wir nuhn hinein getret - ten / erſahe ich daß allerkoͤſtlichſte ding / ſo jemal die Natur erſchaffen. Dann ſolch Gewelb hatte ſonſt kein ander Liecht / denn von etlicher vber - groſſen Carbunckeln / vnd diß war (wie ich beri - chtet wurde) deß Koͤniges Schatz: Das herꝛlichſtTheſaur[s]Regis. vnd fuͤrnembſt aber ſo ich hierinen geſehen / daß war ein Grab / ſo in der mitten ſtund von ſolcher koͤſtligkeit / daß mich wundert / daß ſolches nit beſ - ſer verſorget wurde: Darauff antwortet mir der Knab: Ich haͤtte mich billich gegẽ meinen Plane - ten zu bedancken / auß welches Influentz mir nun mehr etliche Stuck zuſehen worden / ſo keinesG98Chymiſche Hochzeit:Menſchen Aug ſonſten jemalen geſehen / außer deß Koͤnigs Geſinde. Diß Grab war dreyecket / hatte in der mitten einen Polierten Kupfferin Keſſel / daß ander war von lauter Gold vnnd Edelgeſtein. In dem Keſſel ſtund ein Engel /Deſcriptio ſepulchri. der hielt in Armen einen vnbekandten Baum / von dem tropffnet es ſtetigs in den Keſſel / auch ſo offt die Frucht abfiel in den Keſſel / wurde ſie auch zu Waſſer / vnnd floß von dan - nen in drey guldinen nebenkeſſelin. Dieſes Altaͤrlin trugen die drey Thier / Ein Adler / Ochs / vnd Loͤwe / vnd ſtunden auff einem vberauß koͤſtlichem Poſtament. Ich fraget meinen Knaben / was doch das bedeuͤtten moͤchte: hie ligt begraben (ſagt er) Venus / die ſchoͤne Fraw / ſo manchen hohen Mann / vmb Gluͤck / Ehr / Segen vnd Wolfart gebracht hatt. Hierauf zeiget er mir ein kupfferne Thuͤren / auffAliud Tri - clinium. dem boden. Hie koͤnnen wir (ſprach er) ſo es euch beliebet / weiter hinab gehen: Ich gehe jmmer mit antwortet ich / hiemit kam ich die Stiegen hinab / da war es gantz finſter / der Knab aber eroͤffnet flux ein klein Kaͤſtlin / darinnen ſiundt auch ein jmmer mehrendes Liechtlein / von dem zuͤndt er ein beyligende Fackel / deren viel waren / an. Ich erſchrack hefftig / vnd fraget ernſtlich / ob er diß thun doͤrffte? Er gab mir zur antwort: weil die Koͤnigliche Perſonen jetzund ruhen / habe ich mich nichts zubefahren. Hiemit erſihe ich ein zubereit koͤſtlich Bett / mit ſchoͤnen Vmb - haͤngen vmbzogen / deren einen eroͤffnet. Daſahe99Chriſtiani Roſencreuͤtz.ſahe ich Fraw Venerem gantz bloß (dann dieDeſcriptie corporis Ve - neris dor - mientis. Decken hatte er auch auffgehebt) in ſolcher zierd vnd ſchoͤne da ligen / daß ich ſchier erſtarret / auch noch nit weiß / ob es nur alſo geſchnitten / oder ein Menſch todt hie lig / dann ſie war gantz vnbe - weglich / noch dorffte ich ſie nit anruͤhren. Hie - mit wurde ſie wider bedeckt / vnnd der Fuͤrhang fuͤrgezogen / Mir aber war ſie noch als in Augen. doch erſahe ich bald hinder dem Bett ein Tafel / darauff ſtund alſo geſchrieben:

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Ich fraget meinen Knaben vber die Schrift / Er aber lachet / mit verſprechen / ich ſolte es noch wol erfahren / Alſo leſchet er die Fackel auß / vnd ſtiegen wir wider herauff: Da beſahe ich alle Thuͤrlein beſſer / vnd befand erſt / daß auf jedem Eck / ein Piretes Liechtlein brante / deren ich zu - vor nit war genommen / dann daß Fewr war ſo hell / daß es einem Stein viel gleicher ſahe / dennArberis - lor ex faci - bus. eim Liecht. Von dieſer hitz muſte der Baum jm̃er -G ij100Chymiſche Hochzeit:dar ſchmeltzen / doch bracht er jmer andere Fruͤcht herfuͤr. Nuhn ſecht / ſprach der Knab / was ich von Atlande hab hoͤren dem Koͤnig eroͤffnen: wan der Baum (ſagt er) wirt voͤllends verſchmeltzen / ſo wirdt Fraw Venus wider erwachen / vnd ſein ein Mutter eines Koͤnigs. Da er noch diß redet / vnd mir villeicht mehr ſagen wolt / flog der kleineMulcta fa - cta huius obambulæ - tionis. Cupido daher / der war erſtlich ab vnſerer gegen - wart etwas bewegt / doch wie er ſahe / daß wir bee - de dem Todt gleicher / denn den Lebendigen / muſt er entlich ſelbſt lachen / fraget mich alſo / welcher Geiſt mich daher gebracht hatte? dem antwortet Ich mit zittern / ich waͤre in dem Schloß verirꝛet / vnd vngefehr hieher kommen / ſo haͤtte mich der Knab allenthalben geſucht / vnd entlich da ange - troffen / Ich verhoffte er ſolte mir es nit arg deut - ten. Nuhn ſteht es noch wol / ſprach Cupido / mein alter fuͤrwitziger Vatter / Aber leicht haͤttet jhr mir ein groben Zotten reißen koͤnnen / ſo jhr dieſer Thuͤren wargenommen haͤtten. Nun muß ich es beſſer verſorgen / leget alſo ein ſtarck Schloß an die Kuͤpfferin Thuͤren / da wir zuvor hinab ge - ſtiegen / Ich dancket Gott / daß er vns nit ehe an - getroffen / ſo war mein Knab noch froͤher / daß ich jhm ſo hindurch geholffen. Ich kan doch ſprach Cupido / daß nit vngerochen laßen: daß jhr mein liebe Mutter ſchier haͤtten vberloffen: Hebet alſo ein ſpitz ſeiner Pfeil in der Liechtlin eines / biß er ein wenig erwarmet / damit ſtupffet er mich auff die Haͤnd / deßen ich doch dazumal wenig ge - achtet / ſondern war fro / daß vns ſo wol gelungen /vnd101Chriſtiani Roſencreuͤtz.vnnd doch ohne weiter Gefahr ſo darvon kaͤmen. Hierzwiſchen haͤtten ſich meine Geſellen auch außCupido il - ludit Au - tori. den Betten gemacht / vnd in dem Saal eingeſtelt, zu denen fuͤget ich mich auch / vnd ſtellet mich / als wer ich erſt auffgeſtanden. Nach dem Cupido al - les fleiſſig verriglet / kam er auch zu vns / vnd mu -Miræ Cupi - dinis læti - tiæ. ſte ich jhm die Hand zeigen. Da befand ſich dan - noch ein troͤpfflin Bluts / deſſen er wolgelacht / auch den andern angezeigt / ſie ſolten meiner Acht haben / ich wurde in kurtzem veriaren. Vns wun - dert alle wie Cupido koͤnte ſo luſtig ſein: Vnd der geſterigen trawrigen Geſchicht / ſo gar nichts ach - tete: Aber da war kein trawren. Nuhn haͤtte ſich vnter deß auch vnſer Præſidentin zur wegfart be -Præſidißæ veſtitus lu - gubris. reittet. Die zog auff in gantz ſchwartzem Samet: vnd trug doch jhren Lorbeerzweig: So hatten auch jhre Jungfrawen alle Lorbeerzweig. Wie nun alles fertig: Heiſſet vns die Jungfraw erſt - lich einen Trunck zu vns nemmen / darnach bald zur Proceſſion fertig machen / deßwegen wir vns nit lang ſaumbten / ſondern folgeten jhr nach fuͤr den Saal hinauß / biß in den Hoff. Im Hoff ſtunden ſechs Sarch / vnnd meineten meine Ge - ſellen anderſt nit / dann es legen die ſechs Koͤni - gliche Perſonen darinnen. Ich aber mercket den boſſen wol. Doch wuſt ich nit / was man mit den anderen thun wuͤrde. Bey jedem Sarch waren acht vermumte Maͤnner. So bald nun die Muſic angieng (daß war ſo ein trawrig gravitetiſch Mu - ſicieren / daß ich mich entſetzet) huben die Maͤnner die Saͤrch auff / vnd muſten wir / wie wir geord -G iijnet102Chymiſche Hochzeit:net wurden / hernach gehen / biß in obgedachten Gartten / in deſſen mitte war ein huͤltzin Hauß aufgericht / welches an dem Tach rings vmb ein herliche Kronen hatte / vnd auff 7. Saͤulen ſtun - de / darinnen waren ſechs gemachte Graͤber / vnd bey jedem ein Stein / doch hatte es in der mitten einen runden holen erhabenen Stein. In dieſe Graͤber wurden die Saͤrch ſtill vnnd mit vielen Ceremonien gelegt / die Stein daruͤber geſcho - ben / vnd ſtarck verſchloſſen. Im mitlen aber ſolte daß kleine Truͤchlein ligen. Mit dieſem wur - den meine Geſellen betrogen / dann ſie meineten nit anderſt / denn es waͤren die Todten Leichnam darinnen. Zu obriſt war ein groſſer Fahn / vnd ſtund Phœnix darinnen gemahlet / vns villeicht hiemit noch mehr zu aͤffen. Hie hat Ich GOtt viel zu dancken / daß ich mehr als andere geſehen. Nuhn / nach dem die Begraͤbnußen beſchehen:Hoſpites vo - cantur ad labores pro vitæ Regũ. Hielt die Jungfraw / ſo ſich auff den mittelen Stein geſtellet / Ein kurtze Oration: Wir ſolten an vnſerm Verſprechen halten / vnd vns kuͤnff - tige muͤhe nit bedauren laſſen / ſondern gegen - wertigen begrabenen Koͤniglichen Perſonen wie - der zum Leben helffen / vnnd deßwegen mit jhr vnverzogenlich auffſitzen / an Thurn Olympi zu - fahren / daſelbſten hierzu taugentliche vnd not - wendige Artzney abzuholen. Deß bewilligten wir bald / vnnd folgten jhr durch ein ander Thuͤr - lein nach biß an daß Geſtad. Da ſtunden obge - melte ſieben Schiff alle leer da / dahin ſteckten alle Jungfrawen jhre Lorberzweig / vnd nach demſie103Chriſtiani Roſencreuͤtz.ſie vns in die ſechs Schiff abgetheilet / lieſſen ſie vns alſo im namen Gottes fahren / vnd ſahen vnsVirgines remanent in arce. zu ſo lang ſie vns im Geſicht haben kondten: dar - nach zogen ſie mit allen Huͤtern wider ins Schloß hinein. Vnſere Schiff hat jedes ein groſſen Fah - nen vnnd ſonderliches Zeichen. Die fuͤnff zwar hatten die fuͤnff Corpora Regularia. Jetlichs ein beſonders / daß meinig / darinnen auch die Jungfraw ſaß / fuͤhret ein Globum. Wir fuhren alſo in beſonderer ordnung daher / vnd hatte jet -[figure] lichs nur zwen Schiffmaͤnner. Erſtlich zog vor - her das Schifflin a. darinnen meins bedunckens der Mohr lag / in dieſem hielten ſich zwoͤlff Mu - ſicanten / die machten gut Arbeit / ſein Zeichen war ein Pyramis. Darauff drey neben einander / b, c vnd d. Darinnen wir außgetheilt wurden / Ich ſaß im c. im mitten fuhren die zwey ſchoͤn - ſten vnd ſtattlichſten Schiff e vnnd f. darinnen fuhr kein Menſch / mit vielen Lorbeerzweigen be - ſteckt / jhr Fahnen waren Sonn vnd Mond. Zu letſt aber ein Schiff g. In dieſem waren 40 jung -40 Virgines comites. frawen. Wie wir nun alſo den See vberfahren / kamen wir durch einen engen Arm erſt auff das rechte Meer / da hatten vnſer alle Sirenen / Nym -Excipiun - tur æ Nym - phis. phen / vnd Meergoͤttin gewartet / fertigten dero - wegen bald ein Meerfraͤwlein zu vns ab / Ihr ge - ſchenck vnd Hochzeit verehrung zu vberlieffern. Daß war ein koͤſtlich groß angefaſt Perlin: Der - gleichen weder in vnſer / noch newen Welt jema - len geſehen worden / Rund vnd glantzendt. Da nuhn ſolches die Jungfraw freuͤntlich angenom -G iiij104Chymiſche Hochzeit:men / bat die Nympha weiter / man wolte jhren Geſpielen Audie ntzgeben / vnd ein wenig ſtill hal - ten / deſſen war die Jungfraw auch zufrieden.

[figure]

Hieß beyde große Schiff in der mitte halten / vnnd mit den andern ein Pentago - num Darumb machen. Darauff machten ſich die Nymphen rings herumb / vnd fiengen mit lieblicher Stimm an alſo zuſin - gen:

I.
Nichts beſſer iſt auff Erden /
Dann die ſchoͤn edel Lieb /
Damit wir Gott gleich werden /
Daß keins das ander truͤb.
Darumb laſt dem Koͤnig ſingen /
Daß gantz Meer thu erklingen /
Wir Fragen / Antwort jhr.
II.
Was hat vns bracht das Leben?
Die Lieb.
Was hat Gnad wider geben?
Die Lieb.
Waher ſeind wir gebohren?
Auß Lieb.
Wie waͤren wir verlohren?
Ohn Lieb.
III.
Wer hat vns dann gezeuͤget?
Die Lieb.
Warumb105Chriſtiani Roſencreutz.
Warumb hat man vns g’ſeuͤget?
Auß Lieb.
Was ſeind wir den Eltern ſchuldig?
Die Lieb.
Warumb ſein ſie ſo Dultig?
Auß Lieb.
IV.
Was thut diß vberwinden?
Die Lieb.
Kan man auch Liebe finden?
Durch Lieb.
Wa leſt man gut Werck ſcheinen?
In Lieb.
Wer kan noch zwey vereinen?
Die Lieb.
V.
So ſingt nuhn alle / Mit groſſem Schalle / Der Lieb zu ehren / Die woͤll ſich mehren / Bey vnſerm Herꝛn Koͤnig vnd Koͤnigin /
Ihr Leib ſein hier / die Seel iſt hin.
VI.
So wir noch leben /
So wirdt GOtt geben /
Das wir die Lieb vnd groß Huldſchafft /
Sie theilet hat mit groſſer Krafft /
Alſo wir auch durch Liebes Flamm /
Mit Gluͤck ſie wider bringen zuſamm.
G v106Chymiſche Hochzeit:
VII.
Da ſoll diß Leyd /
In groſſe Frewd /
Wens noch viel tauſent Junge geit /
Verkert werden in Ewigkeit.

Wie ſie diß Lied mit herꝛlichem Concent vndAutori per placent Nymphæ & cantus. Melodey zu endt gebracht / nam mich nimmer wunder / warumb Vlyſſes ſeinen Geſellen die Ohren verſtopfft / dann ich dauchte mich den Vngluͤckhafftigſten Menſchen zu ſein / daß mich die Natur nit auch ein ſo holdſelige Creatur er - ſchaffen haͤtte. Die Jungfraw aber macht jhren Abſchied bald / vnnd hieß von dannen fahren. Deßwegen ſich auch die Nymphen / nachNymphæ werden verehrt. dem jhnen ein lang roht Band zu lohn verehret wurde / zertrent / vnd im Meer außgetheilt (diß - mals empfandt ich daß Cupido auch bey mir anfieng zu operieren / welches mir doch zu ſchle - chten ehren gereichet / weil auch ſonſten dem Le -Autori de - ſunt adhuc duo. ſer mein Schwindel nichts nutzet / wil ichs alſo bey dieſem beruhen laſſen / Es war aber eben die Wund / ſo ich im erſten buch im Kopf im Traum empfangen haͤtte / wolte ſich aber einer von mir warnen laſſen: Der gehe Veneris Bett muͤſ - ſig / dann Cupido kan ſolches nit leiden. Nach etlichen ſtunden / als wir in freuͤndtlichem Ge - ſpraͤch / ein guten weg gefahren / werden wir deß Thurns Olympi anſichtig / deßwegen die Jung - fraw befohlen / mit etlichen ſtucken ein zeichen vn - ſerer ankunfft zugeben / welches auch beſchehen. Alß -107Chriſtiani Roſencreutz.Alsbald erſahen wir einen groſſen weiſſen Fah - nen außſtecken / vnd mit einem kleinen verguldtinTurris O - lympi. Schifflein entgegen zuziehen. Wie nun diß zu vns kommen / war es ein alter Mann / deß Thurns Waͤchter / mit etlichen Trabanten in weiß beklei - det / von dem wurden wir freuͤndtlich empfangen / vnd alſo dem Thurn zugefuͤhrt. Dieſer ThurnCuſtos. ſtund auff einer gantz vierecketen Inſul / die warStructuræ. mit einem ſo feſten vnd dicken Wahl vmbgeben / daß ich ſelbſten 260. Schrit hindurch gezehlet. Dies. Nach dem Wal war ein feine Wieſe / mit etlichen Gaͤrtlin / darinnen ſeltzame vnd mir vnbekandte Fruͤchten wuchſen / vnd dañ aber ein Maur vmb den Thurn. Der Thurn an jhm ſelbſt war eben / als haͤtte man ſieben runder Thuͤrn an einander gebawt / doch war der mittel etwas hoͤhers / vnnd giengen auch inwendig alle in einander / vnd ſiben Stoͤck auff einander.

Wie wir nun alſo biß zur Thuͤren deß Thurns kom̃en / fuͤrt man vns auff den Mawren ein wen - nig beſeits / damit wie ich wol mercket / man die Sarch kondte ohn vnſer wiſſen in den Thurn1. Conclaue. bringen / hiervon wuſten die anderen nichts. So bald nuhn ſolches geſchehen / fuͤhret man vns zu vnderſt in den Thurn / der war gleichwol ſchoͤn gemahlet / Aber wir hatten hie wenig kurtzweil / dann diß war anderſt nichts dann ein Laboratori -Labores ho - ſpitum. um. Da muſten wir Kraͤutter / Edelgeſtein / vnd allerley ſtoſſen / waͤſchen / den Saft vnd Eſſentiã herauß bringẽ: dieſelbige in Glãßlin thun / vñ auf - zubehaltẽ gebẽ / vns zwar war vnſer Jungf. ſo ge -ſchaͤfftig /108Chymiſche Hochzeit:ſchaͤfftig / vnd anrichtig / daß ſie jedem wuſt Ar - beit gnug zugeben / da muſten wir vns recht in die - ſer Inſel dummeln / biß wir alles zuwegen bra - chten / was zu widerbringung der enthaupten Lei - ber vonnoͤten. Vnter deß (wie ich nachmahlenVirginum. vernommen) waren die drey Jungfrawen im erſten Zimmer / vnd waͤſcheten die Leichnam aufs fleiſſigſt. Entlich wie wir nun mit ſolchem zube - reiten faſt fertig / bracht man vns mehr nit als einCibus. Potus. Suppe / mit eim Triuͤncklin Weins / dabey ich wol mercket / daß wir vmb Wolluſts willen nit hier / dann auch da wir vnſer Tagwerck verrichtet /Lectus te -[n]uis. wurde jedem nur ein Kolter auff die Erden ge - legt / damit wir ſolten fuͤr gut nemmen. Mich zwar fachte der Schlaff ſoviel nit an / Spatziert deßwegen hinauß in die Gaͤrten / kam auch ent -Autor ſpe culætur Cœlum pro ſomno. lich biß an den Wahl / vnd weil der Himmel dazu - mal ſehr hell / kondte ich mir die weil mit Con - templierung der Sternen wol vertreiben. Vn - gefehr kam ich zu groſſen Steinenen Stafflen / die fuͤhreten auff den Wahl. Vnd weil der Mon gar hell ſchiene / war ich deſto kecker / gieng hinauf / vnd erſahe mich auch ein wenig auff dem Meer / daß war nun gantz ſtille / vnd weil ich alſo gute ge - legenheit haͤtte der Aſtronomj beſſer nach zu den - cken / befand ich / daß auff gegenwertige Nacht ein ſolche Conjunction der Planeten geſchehe / der - gleichen nit bald ſonſten zu obſervieren. Wie ich nun alſo ein gute weil vber daß Meer hinein ſihe / vnd es eben vmb Mitternacht war / ſo bald eszwoͤlff109Chriſtiani Roſencreutz.zwoͤlff Vhr ſchlug / ſahe ich von fernem die ſieben Flammen vber das Meer daher fahren / vnd ſich zu obriſt auff die ſpitz deß Thurns zubegeben / daß brachte mir etwas forcht / dann ſo bald ſich die Flammen geſetzt / fiengen die Wind an / daß Meer gar vngeſtuͤmm zumachen. So wurde auch der Mond von Wolcken bedecket / vnnd mein frewd mit ſolcher forcht geendet / daß ich kaum zeit gnug hatte die Stafflen wider zu treffen / vnd mich in den Thurn wider zubegeben. Ob nun die Flam - men lenger geblieben oder wider weg gefahren / kan ich nit ſagen / dann ich mich in ſolcher finſtere nimmer hinauß wagen doͤrffen / leget mich alſo auff meinen Kolter / vñ weil ohne das ein Brunn in vnſerm Laboratorio lieblich vnd ſtill rauſchet / entſchlieff ich deſto eher / vnd war alſo dieſer fuͤnf - te Tag auch mit wunder beſchloſſen.

VI. Dies.

AM Morgends nach nach dem einer den an - dern erwecket / ſaßen wir ein weil zuſammen /De ſine[o]rt[a]dubiæ opi - niones. vns zuerſprachen / was doch darauß werden wur - de: Dann etliche hielten darfuͤr / ſie wurden alle miteinander wider lebendig. Etliche widerſpra - chens: Denn es muſten der Alten vndergang den Jungen nit allein das Leben / ſonder auch die vermehrung widergeben. Etliche meineten / ſie weren nit ertoͤdtet / ſondern andere an jhr Stat enthauptet worden. Wie wir nuhn vns zimlich lang mit einander beſprachet: Kompt der alteMan110Chymiſche Hochzeit:Mann daher / gruͤſt vns / vnd beſihet / ob alle ſa - chen ferttig / vnd den Proceſſen gnug geſchehen:Cuſtos. da wir vns dann dermaßen verhalten / daß er vnſern fieiß hatt muͤſſen paſſieren laſſen / ruͤ -Pyrotechniæ hoſpitum laudatur. Pueri armi feri. ſtet deßwegen alle Glaͤſer zuſammen / vnd ſtellet ſie in ein Futter. Bald kommen etliche Jun - gen / die bringen mit ſich etliche Leitern / Seyler / vnd groſſe Fluͤgel / die legten ſie vor vns nider / vnnd giengen darvon: Der Alte fieng an: Ihr liebe Soͤhn / dieſer dreyen ſtuck eines muß jeder dieſen Tag bey ſich ſtettigs tragen / ſo ſteht es euch nun frey / wolt jhr eins erwaͤlen / oder ſoll man darumb loſen: wir ſprachten wir wolten waͤ - len / Nein antwortet der Alte / es muß durchs[s]ors. Loß ſein. Hiemit machet er drey Brieflin / Auff daß ein / ſchrieb er Leyter / auff das ander Seyl / auff das dritt Fluͤgel. Die legt er in ein Hut / vnd muſte jeder ziehen / was jhm wurde / daß blieb jhm. Die Seyl vberkamen / meineten ſie waͤren am beſten daran / mir aber wurde ein Ley - ter / welches mich hefftig betruͤbet / dann ſie war zwoͤlff Shuch lang / vnd zimlich ſchwer / die mu - ſte ich auff mich nemen / die andern kundten jhre Seyl geſchmeidig vmb ſich wicklen / ſo machte der Alte den dritten die Fluͤgel ſo artlich hinan / als ob ſie jhnen da gewachſen waͤren. Hiemit zog er einen Hahnen fuͤr / da lieff der Brunn nim - mer / vnd muſten wir jhn auß den mitteln hinweg raumen. Nach dem auch alles außgetragen worden / nam er daß Kaͤſtlein mit den Glaͤ - ſern mit ſich / nam Vrlaub / vnd beſchloß dieThuͤr111Chriſtiani Roſencreuͤtz.Thuͤr hinder jhm ſtarck zu / daß wir alſo nit an - derſt meineten / dann wir waͤren in dieſem ThurnAſcenſus in 2. conclæ - ue. gefangen. Aber es ſtund kein viertel ſtundt an / da wurde zu obriſt ein rund Loch auffgedeckt / da erſahen wir vnſere Jungfraw / die rieff vns zu / gab vns ein guten Tag / mit be - gehren / wir wolten hinauff kommen. Die mit den Fluͤgeln waren geſchwind durch das Loch hinauff / ſo ſahen wir andere auch wozu vnſer Leytern gut waͤren / Allein die mit jhren Sey - lern waren vbel daran. Dann ſo bald vnſer ei - ner heroben war / wurd jhm befohlen die Ley - ter an ſich zuziehen. Entlich wurde jedem ſeinReſtis diſſi - cultas. Seyl an einen eyſenen Hacken gehencket / da muſte jeder am Seyl ſelbſten herauffkletern / ſo gut er kundt / nelches warlich ohne Blat - tern nit zugieng. Wie wir nuhn alſo alle heroben / wurde das Loch wider zugedeckt / vnnd wir von der Jungfrawen freuͤndtlich empfangen. Die - ſer Saal war ſo groß als der Thurn / hatte Sechs ſchoͤner Zellen / ein wennig hoͤher als der Saal / dahin muſte man durch drey Staf - len hinauff ſteigen. In dieſe Zellen wurden wir außgetheilt / daſelbſten fuͤr das Leben der KoͤnigDeſcriptio 2. concla. vnd Koͤnigin zu bitten. Dieweil gieng die Jung - fraw in dem Thuͤrlein a. auß vnd ein / biß wir fertig wurden. Dann ſo bald wir vnſere Pro - ceß abſolvieret / wurde durch das kleine Thuͤr - lein von zwoͤlff Perſonen (ſo zuvor vnſere Muſicanten waren) ein wunderlich langlecht ding in die mittẽ geſtelt / welches meine geſellẽ nurfuͤr112Chymiſche Hochzeit:fuͤr einen Brunnen hielten: Ich aber mercket wol / daß die Leichnam darinnen lagen. Dann es war der vnter Kaſt ein Oual figur / groß das ſechs Perſonen euff einander wol ligen kundten. Hier - auff giengen ſie wider hinauß / holeten jhre In - ſtrumenta / vnnd begleiteten vnſer Jungfraw / ſampt jhren Dienerin mitlieblicher Muſic herein. Das klein Kaͤſtlein. Die Jungfraw trug ein klein Kaͤſtlin / die andere aber lauter Zweig / vnd kleine Ampelen / etliche auch angezuͤndt Facklen: Alsbald wurden vnsOrdo chori. die Facklen in die Haͤnd gegeben / vnd muſten wir dero geſtalt vmb dē Bruñen herũb ſtehẽ. Erſtlich

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ſtund die Jungfraw A. mit jhren Dirnen im ring her - umb mit den Amplen / vnd Zweigen c. Darnach ſtun - den wir mit den Facklen b. Darnach die Muſicanten a. in der lenge hinab / entlich die andere Jungfrawen d. auch in der lenge. Wa nuhn ſolche Jungfrawen herka - men / oder ob ſie im Thurn gewohnet / oder ob ſieVirgines unde. bey Nacht dahin gefuͤhrt worden / weiß ich nit / dann jhre Angeſichter waren alle mit weiſſem zartem Tuch bedeckt / daß ich keine kante. HiemitQuid in ar - enla. oͤffnet die Jungfraw das Truͤchlin / da war es ein rund ding / in ein gruͤn Doppeltaffet eingewicklet / diß leget ſie in das obere Keſſelin / vnd deck et es wider mit einem Deckel zu / ſo voller loͤchlin war / vnd doch einen Ranfft hatte / darauff goß ſie etli -che113Chriſtiani Roſencreuͤtz.che der Waſſer hinein / ſo wir geſtern præparierk hatten / davon der Brunn alsbald anfieng zu - lauffen / vnnd doch vier Roͤhrlein wider in das Keſſelein trieben / vnter dem vnteren Keſſel aber hatte es viel ſpitz / dahin ſteckten die Jungfrawen jhre Ampeln / daß alſo die hitz an den Keſſel kam / vnnd das Waſſer ſiedent macht. So nuhn daß Waſſer wallet / hatte es bey a viel Loͤchlin / davon es hinein auff die Leichnam fiele / vnd war es ſo hitzig / daß es allen Leichnam ſolvieret / vnd zum liquor machet. Was aber das obere runde einge - wickelte ding ſey geweſen / wiſſen meine Geſellen noch nit. Ich aber verſtund / daß es deß Mohren Kopff were / von dem die Waſſer ſolche groſſe hitz empflengen. Bey b. vmb den groſſen Keſſel herumb / hatte es abermal viel loͤcher / darein ſte - ckten ſie jhre Zweigen / ob nun ſolches vonnoͤten / oder nur zur Ceremoni geſchehen / weiß ich nit /Rami lau - rei. gleichwol ſein ſolche Zweig jm̃er von dem Brun - nen beſpruͤtzt worden / von dannen es hernach et - was gelblicher in den Keſſel getropffnet: Diß weret nun faſt vff zwo ſtund / daß der Brunn von jhm ſelber noch jmmerdar lieff / jedoch wurde er je lenger je ſchwecher: Hiezwiſchen tratten dieDeliciæ in Conclaui, Muſicanten ab / vnd ſpatzierten wir in dem Saal hin vnd wider / vnd zwar war der Saal dermaſſen beſchaffen / daß wir gelegenheit genug hatten vns dieweil zuvertreiben / da war an Bildern / Ge - maͤhlen / Vrwercken / Orgelen / Springende Bruͤnnlein / vnd dergleichen / nichts vergeſſen: Nun war es auch an dem / daß der Brunn ſeinH114Chymiſche Hochzeit:end nam / vnd wolt nimmer lauffen: Deßwe - gen hieß die Jungfraw ein runde Guldine Ku - gel bringen. Zu vnderſt aber deß Brunnens war ein Zapff: Durch den ließ ſie alle Materi ſo ſich durch ſolch hitzig tropffnen ſolviert / inn die Kugel / deſſen dann etlich maß waren / ſehr Roht: Daß ander Waſſer ſo obriſt noch in dem Keſſel blieb / ſchuͤttet man auß. Vnd wurde alſo dieſer Brunn (der nun vmb viel leichter wor - den (wider hinauß getragen. Ob nun ſolcher daraußen eroͤffnet morden / oder ob etwas wei -Grævitas æquæ. ters von Leichnamen nutzlichs geblieben / darff ich nit eigentlich ſagen / daß weiß ich aber / daß das Waſſer / ſo in die Kugel empfangen wor - den viel ſchwerer geweſen / dann das ſie vnſer Sechs oder noch mehr haͤtten koͤnnen ertra - gen: Wiewol ſie der groͤſſe nach einem Mann nit haͤtte ſollen zu ſchwer ſein. Wie nuhn auch dieſe Kugel mit muͤhe zur Thuͤren hinauß kom - men: Saſſen wir abermal alleine. Weil ich nuhn mercket / daß man ob vns gienge / ſahe ichAutor ſolus novit verè, quæ ageren tur. mich nach meiner Leyter vmb / hie haͤtte einer wunderliche opinionen meiner Geſellen vber die - ſen Brunnen geſehen. Dann weil ſie nit an - derſt meineten / dann die Leichnam legen im Schloßgarten / wuſten ſie ſich in ſolch laborieren nicht zu richten / Ich aber dancket Gott / daß ich zu ſo gelegener zeit gewachet / vnd geſehen / wel - ches mir jn allem der Jungfrawen thun beſſer zu -Aſcenſus in 3. Conclaue. halffe. Nach einer viertel ſtund ward aber der Deckel oben abgehebt / vnd vns befohlen hinauffzu -115Chriſtiani Roſencreuͤtz.zukommen / daß geſchah wie zuvor / mit Fluͤ - geln / Leytern vnd Seylen. Vnnd verdroß mich nit wenig / daß da die Jungfrawen einen andern Weg kondten hinauff kommen / Wir vns ſo bemuͤhen muſten / kondte doch wol er - achten / Es waͤre hiermit etwas beſonders / vnd muſten wir dem alten Mann auch etwas zuthun laſſen. Dann auch jenen jhre Fluͤgel nichts nutzten: dann wann ſie ſolten durchs Loch hinauff kommen. Wie wir nun auch das vberſtanden / vnd das Loch beſchloſſen worden /Deſcriptio conclavis. ſahe ich die Kugel mitten in dem Saal an einer ſtarcken Kettin hangen: In dieſem Saal war nichts dann lauter Fenſter / vnd allweg zwiſchen zweyen Fenſtern eine Tuͤre. Dieſe bedeckt anders nichts / dann ein groſſen polierten Spiegel. Vnd waren dieſe Fenſter vnd Spiegel ſo opticè gegen einander gericht / daß ob wol die Sonne (ſo da - zumal vber die maß hell ſchiene) nur ein Thuͤre traff. War doch (nach dem die Fenſter gegenArtif. opti[a] der Sonnen geoͤffnet / vnd die Thuͤren vor den Spiegeln auffgezogen worden) in dem gantzen Saal / an allen ortten / nichts dann Sonnen / die traffen durch kuͤnſtliche Refraction alle die Gul - dene Kugel / ſo in der mitten hieng / vnd weil dieſelbe ohne das hell poliert war / gab ſie ein ſolchen glantz / daß vnſer keiner die Augen kundt auff thun. Muſten deßwegen zun Fenſtern außſchawen / biß die Kugel wol erhitzet / vndMirac. ſpec. zu begertẽ effect gebracht wuͤrde. Hie darf ich wol ſagen / ich hab an dieſen ſpiegeln das wunderbar -H ij116Chymiſche Hochzeit:lichſt auß ſehen geſehen / ſo jemaln die Natur ans Liecht gebracht / dann es waren in allen Ortten Sonnen / ſo ſchein die Kugel in der mitten noch heller / daß wir ſie ſo wol als die Sonn ſelbſten kein augenblick erleiden kundten. Entlich hieß die Jungfraw die Spiegel wider zubeſchlieſſen / die Fenſter fuͤrzumachen / vnd alſo die Kugel wi - der ein wenig erkuͤelen zulaſſen / vnd diß geſchah vmb ſieben Vhr. Dauchte vns deßwegen gut / weil wir jetzmals Vacantz haben konten / vns mitPrandium Philoſoph. dem Fruͤhſtuck ein wenig zuerlaben. Dieſe Tra - ctation war abermal recht Philoſophiſch / vnnd hatten wir vns keiner noͤtigung zur vnmeſſigkeit zubefahren / doch hatten wir keinen mangel / So machte vns die Hoffnung kuͤnfftiger Frewd (de - ren vns die Jungfraw ſtettigs vertroͤſtet) ſo luſtig / daß wir keiner arbeit oder vngelegenheit achteten. So kan ich auch meinen Geſellen ſo hohes ſtands diß mit Warheit nach ſagen / daß ſie ſich nach jhrer Kuchin oder Tafel niemahlen geſinneten / ſondern jhr wolgefallen war allein ſolcher Abentheuͤrlichen Phyſic bey zuwohnen / vnnd hier auſſer deß Schoͤpffers Weißheit vnnd Allmacht zu bedencken. Nach eingenommenem Imbiß / ruͤſteten wir vns wider zur arbeit / dann die Kugel war gnugſam erkuͤlet. Die muſten wir mit muͤhe vnd arbeit von der Kettin auff denReſolutio Globi. Boden heben. Nun war die diſputation / wie wir die Kugel moͤchten von einander bringen / dann vns war befohlen / ſelbige mitten von ein - ander zuſcheiden. Entlich muſte ein ſpitziger De -mant117Chriſtiani Roſenereuͤtz.mant das beſt thun. Wie wir nun die Kugel alſo eroͤffnet / war nichts rohts mehr vorhanden / ſon - dern ein ſchoͤn groſſes ſchneeweiſes Ey: Daß frewet vns zum hoͤchſten / daß es ſo wol gerahten. Dann die Jungfraw beſorget jmmer die Scha - len wurde villeicht noch zu weich ſein. Wir ſtun - den vmb diß Ey herumber mit frewden / als ob wirs ſelbſtgelegt hetten. Aber die Jungfraw ließOvum can - didum. es bald hinauß tragen / wich auch ſelbſten wider von vns vnd beſchloß die Thuͤr / wie allwegen / zu. Was ſie aber darauß mit dem Ey gemacht / oder ob etwas heimlichs mit jhm fuͤrgenommen worden / weiß ich nit / glaub es auch nit. Doch muſten wir abermal ein viertel ſtund bey einan - der Pauſieren / biß daß dritte loch eroͤffnet wurde / vnnd wir auff den vierdten Stock oder Boden durch vnſere Adjumenten kamen. In dieſem4 conclave. Saal funden wir ein groſſen kupfferin Keſſel / mit gelbem Sand gefuͤllet / der wurde mit einem ſchlechten Fewrlin erwaͤrmet / nachmalen daß Ey darein verſcharꝛet / daß es darinnen vollends maturierte: Dieſer Keſſel war viereckend / Auff der einen ſeiten ſtunden dieſe zween verß mit groſ - ſen Buchſtaben geſchrieben:

O. BLI. TO. BIT. MI. LI. KANT. I. VOLT. BIT. TO. GOLT.

Auff der andern Seiten wahren dieſe drey Woͤrtter.

H iij118Chymiſche Hochzeit:

SANIT AS. NIX. HASTA. Die Dritte hatt mehr nit alß diß einig Wort. F. I. A. T. Aber zu hinderſt ſtund ein gantze Inſcription, Alſo lauttendt: QVOD. Ignis: Aër: Aqua: Terra: SANCTIS REGVM ET REGI - NARVM NOSTR: Cineribus. Eripere non potuerunt. Fidelis Chymicorum Turba IN HANC VRNAM Contulit. A.

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Ob nun hierdurch der Sand / oder das Ey ge - meinet / gib ich Gelehrten Leuten zu diſputieren. Ich thue doch das meinig / vnd laſſe nichts vn -ange -119Chriſtiani Roſencreuͤtz.angezeigt. Nuhn vnſer Ey war fertig / vnnd wurde außgenommen. Es bedorfft aber keines auffbickens / dann der Vogel ſo darinnen war /Pullus ins - plumis. macht ſich ſelbſten bald ledig / vnnd erzeigt ſich gantz frewdig / doch ſahe er ſehr blutig vnnd vngeſtalt: Wir ſetzten jhn erſtlich auff den war - men Sand / ſo befahle die Jungfraw / daß ehe jm zueſſen geben wurde / wir jhn zuvor wol anlegten / dann ſonſt wurde er vns allen gnug zuſchaffen geben. Diß geſchahe nun auch. Alsbald brachtVincitur. man jhm zueſſen / daß war gewiß anders nichts / dann der enthaupten Blut / mit præpariertenPaſcitur ſangnine decollætor[is] Waſſer wieder diluiert. Darvon wuchß der Vogel vns vnter den Augen ſo ſehr / daß wir wol ſahen / warumb vns die Jungfraw vor jhm gewarnet. Er bis / vnd kratzet / ſo feindt - lich vmb ſich / daß da er haͤtte koͤnnen einen ſeines gefallens haben / wurde er bald mit jhm fertig ge - weſen ſein. Nun war er gantz ſchwartz vnd wild / deßwegen wurde jhme andere Speiſe gebracht: villeicht eines anderen Koͤniglichen Perſonen Blut / darvon fielen jhme alle ſeine ſchwartze Fe -Sanguine alius Regis paſcitur. dern wider auß / vnnd wuchſen an ſtat andere ſchneeweiſſe Federn / ſo war er auch etwas za - mers / vnd ließ beſſer mit ſich vmbgehen / doch traweten wir jhm noch nit. Von der dritten ſpeiſe fiengen jhm an ſeine Federn gefarbet zuwerdeu ſo ſchoͤn / dz ich mein Lebtag võ farbẽ dergleichẽ nichts ſo ſchoͤnes geſehẽ / ſo war er auch vber die maß zã / vñ thet ſich ſo freuͤndtlich bey vns zu / daß wir außIrideſcit. bewilligung der Jungfrawen jhn der GefencknußH iiij120Chymiſche Hochzeit:etledigten. Nuhn iſts billich fieng die JungfrawLiberatur vinculis. an / daß weil durch ewern fleiß / vnd vnſers alten bewilligung dem Vogel ſein Leben vnd hoͤchſte perfection gegeben / daß er von vns auch in frew - den eyngeweyhet werde: Hiemit befahl ſie / daß Mittagmal auff zutragen / vnd vns wider zuer - holen / weil nunmehr das ſorglichſt werck voruͤ - ber / vnd ſich auch gebuͤrte vnſerer gehabten arbeit anfangen zu genieſſen. Wir fiengen vns an vnterPrimus v - ſus eius. einander ſelbſten luſtig zumachen: Hatten doch noch alle vnſere Trawrkleider an / welches vns zur Frewd etwas ſpoͤttlich bedauchte. Nun fragt die Jungfraw jmmer vnd jmmer / villeicht zuerfor - ſchen / welchem vnter vns jhr zukuͤnfftig vorha - ben moͤchte dienſtlich ſein: Am meiſten aberΜεθοδία wars jhr vmbs ſchmeltzen zuthun / vnd gefiel jhr wol / wo einer in feinen Handgriffen verſiert / wel - che einem Kuͤnſtler ſonderlich wol anſtehen. Diß Mittageſſen wert lenger nit als drey viertel ſtund, daß wir doch mehrertheil mit vnſerm Vogel zu - brachten / dem muſten wir ſtettigs von ſeiner Speiß zu eſſen geben. Er blieb aber jetzmals als bey ſeiner groͤſſe. Nach dem eſſen ließ man vns die Speiß nit lang concoquieren / ſondern nach dem die Jungfraw / ſampt dem Vogel von vns5. conclaue. geſchieden / wurde vns der fuͤnffte Saal eroͤffnet / dahin wir offt beſagter weiß auch kommen / vndAvis bal - neum. vnſere dienſt angebotten. In dieſem Saal / war vnſerem Vogel ein Bad zubereitet / diß wurde mit einem weiſſen Pulverlin alſo geferbet / daß es ein anſehen hatte / als were es lauter Milch. Nun121Chriſtiani Roſencreutz.Nuhn ward es erſtlich kuͤhl / da man den Vogel hinein ſetzet / deſſen er wol zu frieden war / tranck darauß / vnnd ſpielet kurtzweilig. Nach dem es aber von Ampeln ſo darunter geſetzt wurden / an - fieng zuerwarmen / hatten wir zuſchaffen jhn im Bad zu erhalten / decketen deßwegen ein Deckel vber den Keſſel. Vnd lieſſen jhm den Kopff durch ein Loch herauß ragen / biß er alſo in ſolchem Bad alle ſeine Federn verlohr / vnd ſo glat wurde / als ein Menſch / noch ſchadet jhm die hitz weiter nichts: Welches mich ſchier wundert / dann es wurden auch in ſolchem Bad die Federn gantz verzehret / vnd von jhnen das Bad blaw geferbet. Entlich lieſſen wir dem Vogel lufft / der ſprangVincitur. ſelbſten auß dem Keſſel / vnnd war ſo glantzent glat / daß es ein luſt zuſehen was. Weil er aber etwas wilds / muſten wir jhm ein Band ſampt einer Kettin vmb den Halß legen / vnd alſo in dem Saal auff vnd ab fuͤhren. Hiezwiſchen wurde ein ſtarck Fewr vnter den Keſſel gemacht / vnndBalneum coquitur in lapidem. daß Bad eingeſotten / biß es gantz zu einem bla - wen Stein wurde / den namen wir herauß / ſtieſ - ſen jhn erſtlich / darnach muſten wir jhn auff ei - nem Stein anreiben / vnnd entlich mit ſolcher Farb dem Vogel ſein gantze Haut vbermahlen. Da war er noch wunderlicher anzuſehen / denn er war gantz blaw / biß an den Kopff der blieb weiß. Hiemit war auch vnſer arbeit auff dieſem Stock verꝛichtet / vnd wurden wir (nach dem die Jungfraw mit jhrem blawen Vogel von vns ge - ſchieden) auff den ſechſten Stock durchs Loch ge -6. conclave. H v122Chymiſche Hochzeit:fordert: welches auch beſchehen. Da wurden wir hoͤchlich bekuͤmmert: Denn in die mitten wurde ein Altaͤrlin geſtellet / allerdings / wie ich es oben in deß Koͤnigs Saal beſchrieben. Darauff ſtunden die ſechs ermelte ſtuck / vnd er ſelbs der Vogel / war der Siebendt: Erſtlich wurde jhm daß kleine Bruͤnnlein fuͤrgeſtelt / dar - auß tranck er / ein guten trunck. Darnach bicket er in die weiße Schlange / biß ſie hefftig blutet. Diß Blut muſten wir in ein Guldin Schalen empfangen / vnd dem Vogel / der ſich hefftig we - gert / in den Halß hinab ſchuͤtten / darauff ſteckten wir der Schlangen den Kopff in das Bruͤnnlin / darvon wurde ſie wider Lebendig / vnnd kroch in jhren todten Kopff hinein / daß ich ſie lang nim - mer ſahe. Vnter deß beweget ſich die Sphæra jmmer fort / biß ſie die begerte Conjunction machet. Alsbald ſchlug das Vhrlin eins: Hier - auff geſchahe aber ein Coniunction / da ſchlug das Gloͤcklin zwey. Entlich wie die dritte conjunction von vns obſerviert / vnd vom Gloͤcklin gemeldet wurde: Leget der arme Vogel ſeinen Kragen ſelbſt Demuͤtig auff das Buch dar / vnd laſt jhmAvis decol - latur. den Kopff von vnſern einem / ſo hierzu durchs Loß erwaͤlet worden gutwillig abſchlagen: Doch gab er keinen tropffen Bluts / biß er an der Bruſt geoͤffnet wurde / da ſprang das Blut ſo friſch vnd hell daher / als ob es ein Rubinen Bruͤnnlin wer: Sein Todt gieng vns zu Hertzen / vnd kondten doch wol gedencken / Es wurde vns mit einem bloſſen Vogel nit geholffen ſein / lieſſens deßwe -gen123Chriſtiani Roſencreutz.gen geſchehen: raumeten das Altaͤrlin ab / vnd halffen der Jungfrawen den Leib auff dem Al - taͤrlein mit Fewr (daß wurde von dem Liecht -Avis com - buritur. lein genommen) ſampt dem beygehenckten Taͤ - felin zu Aſchen verbrennen. Dieſelbige nachma - len zu etlich malen reinigen / vnd in ein huͤltzerin Cypreßin Laͤdlein fleißig auffbehalten. Hie kan ich nit verſchweigen / was mir ſampt noch dreyenIocus. fuͤr ein Poß widerfahren / nach dem wir alſo die Aſchen fleißig auffgehebt / fengt die Jung - fraw alſo an zureden. Liebe Herꝛen / wir ſeind hie in dem ſechſten Saal / vnnd haben nit mehr als noch einen vor vns / damit ſich vnſer muͤhe en - det / vnd wir wider nach vnſerm Schloß / zuerwe - cken vnſerer aller Gnaͤdigſt. Herꝛen vnd Frawen heimfahren werden. Nuhn moͤchte ich gleichwol wuͤnſchen / daß jhr alle zumal / wie jhr hie bey ein - ander ſeidt / euch hettẽ dermaſſen verhaltẽ / daß ich euch koͤnte bey hoͤchſtgedachten vnſern Koͤnig vñ Koͤnigin rum nachſagen / vnd gebuͤrende vergel - tung erlangẽ hette muͤgẽ: weil aber ich vnter euch dieſe vier (hiemit deuͤtet ſie auff mich vnnd noch drey) als faule vnnd traͤge laboranten wider mei - nen Willen erfunden. Vnd ſie doch nach meiner liebe gegen allen vnd jeden / nit begere zu wol ver - dienter Straf anzugebẽ: wolte ich doch / damit ſol - cher Vnfleiß nit gar vngeſtraft bleibe / diß gegen jhnen fuͤrnemen / daß ſie allein von kuͤnfftiger ſie - bender vnd allerherꝛlichſter Action außgeſchloſ - ſen wurden / vnd es doch nachmalen bey Koͤnig - licher Majeſt. weiters nichts zu entgelten haͤtten. Wie124Chymiſche HochzeitWie mir nun auff ſolche red zu mut geweſen / gib ich andern zubedencken / dann die Jungfraw konte ſich ſo ernſtlich ſtellen / daß vns bald das Waſſer vber die Koͤrb lieff / vnd wir vns fuͤr die vnſeligſte vnter allen Menſchen ſchetzeten. Hier - auf ließ die Jungfraw durch der Dirnen eine (deren dann jmmerdar viel zugegen warn) die Muſicanten holen / die muſten vns mit ſolchem Spott vnd hon fuͤr die Thuͤr mit Zincken hinauß blaſen / daß ſie ſelbſten vor lachen kaum blaſen konten / ſonderlich aber verdroß vns ſehr / daß die Jungfraw ſo ſehr vnſers weinens / Zorns vnd Vngedult lachete / ſo muͤgen auch wol vnter vn - ſern Geſellen geweſen ſein / die vns ſolch vngluͤckCommod[]è ioco. goͤnneten. Aber es gieng anderſt auß. Dann ſo bald wir fuͤr die Thuͤr hinauß kamen / hieſſen vns die Muſicanten froͤlich ſein / vnnd jhnen den Schnecken hinauff nachfolgen / die fuͤhreten vns vber den ſiebenden Boden vnter das Dach / da[&], conclaue. funden wir den alten Mann / den wir bißher nit geſehen / ob einem kleinen runden Oeffelein ſte - hen. Dieſer empfieng vns freuͤndtlich / gratu - liert vns auch von Hertzen / das wir hierzu von der Jungfrawen erwaͤlt worden / Nach dem er aber von vns vnſern eingenom̃enẽ ſchreckẽ verno men / wolt jhm vor lachen ſchier der bauch zuknel - len / das wir vns ab ſolchem gluͤck ſo vbel gehebt / So lernet nun hierauß ſprach er jhr liebe Soͤhn: Daß der Menſch nimmer weiſt / wie gut es Gott mit jhm meinet. Vnter ſolchemGe -125Chriſtiani Roſencreutz.Geſpraͤch kam auch die Jungfraw mit jhrem Schaͤchtelein daher geloffen / welche nach dem ſie vnſer gnug gelachet / leret ſie jhr Aſchen in ein ander Geſchirꝛ auß / fuͤllet das jhrig mit anderer Materi wider / mit vermelden / ſie muſte jetzmals den andern Kuͤnſtlern etwas blawes fuͤr die Au -Virgo Lucif. ludit cæte - ros. gen machen / wir ſolten dieweil dem alten Herꝛen folgen / was er vns befehlen wurde / vnd an vori - gem vnſerm fleiß nit nachlaſſen. Hiemit ſcheidet ſie von vns in den ſiebenden Saal / dahin ſie vn -7. conclaue. ſere Geſellen erfordert / was ſie nun da mit jhnen erſtlich gemacht / kan ich nit wiſſen / dann es war jhnen nit allein zum hoͤchſten auß zuſagen ver - botten / ſondern auch wir doͤrfften geſchaͤfften halben jhnen nit durch die Buͤne zuſehen: Vnſer arbeit aber war dieſe: Die Aſchen muſten mirVerus labor ſub tecto. durch vnſer zuvor præpariert Waſſer anfeuͤchten / daß ſie gantz wie ein duͤnner Teig wurde. Dar - nach ſetzten wir die Materi vber das Fewr / biß ſie wol heiß wurde. Von dannen goſſen wir ſie alſo heiß in zwey kleine Foͤrmlin vnd Moͤdelin / vnnd lieſſens alſo ein wenig erkuͤlen. (Hie hatten wir raum vnſern Geſellen ein weil durch etliche ge -Labor ſpu - rius in 7. conclaui. machte Spaͤlt zuzuſehen / die waren nun auch ob einem Offen gefliſſen / vnd muſte jeder mit einem Rohr ſelbſten das Fewr auffblaſen / ſtunden alſo herumb blaſend / daß jhnen der Athem moͤchte außgangen ſein / noch meineten ſie wunder / wie - wol ſie fuͤr vns daran waͤren: Vnd diß blaſen waͤ - ret ſo lang / biß vns vnſer Alter wieder zur arbeit auffmahnet / daß ich alſo nit ſagen kan / was her -nacher126Chymiſche Hochzeit:nacher beſchehen.) Wir eroͤffneten die Foͤrmlin / da waren es zwey ſchoͤne helle vnnd ſchier durchHomunculi duo. ſcheinende Bildlin / dergleichen Menſchen Au - gen niemalen geſehen / ein Knaͤblin vnd Meydlin: Jedes nur vier zol lang / vnd daß mich am hoͤch - ſten wundert / waren ſie nit hart / ſondern weich vnd Fleiſchin / wie ein anderer Menſch / doch hat - ten ſie kein Leben / daß ich alſo gaͤntzlich glaube Fraw Venus Bilde werde auch auff ſolche Art gemachet worden ſein. Dieſe Engelſchoͤne Kindlein legeten wir erſtlich auff zwey Atlaſin Kuͤßelein / vnd beſahens ein gute weil / daß wir ſchier vber ſolchem zierlichen ſpectacul zu Lappen wurden. Der Alte Herꝛ wehret vns ab / vnndPaſcuntur ſanguine[a]vis. befahl jmmer ein Troͤpfflein nach dem andern / von deß Vogels Blut / ſo in das Guldin Schaͤ - lein auffgefangen worden in der Bildlin Mund fallen zulaſſen / davon namen ſie augenſchein - lich zu / vnd da ſie zuvor ſchon klein geweſen wa - ren ſie jetzt der Proportz nach noch ſchoͤner / das billich alle Mahler hie haͤtten ſollen ſein / vnd ſich jhrer Kunſt gegen dieſem Geſchoͤpff der Na - tur geſchaͤmbt haben. Nuhn fiengen ſie an ſo groß zu werden / daß wir ſie ab dem Kuͤßelein heben / vnd auff einen langen Tiſch / welcher mit weiſſem Samet bedecket worden / legen muſtẽ / ſo befahl vns auch der Alte / einen weiſſen zartenPulcherri - mi. Doppeldaffet vber ſie biß an die Bruſt zu decken / welches vns vmb vnaußſprechlicher ſchoͤne wil - len ſchier zu wider war / damit ichs aber kuͤrtze / ehe wir daß Blut gar alſo verbraucht / warenſie127Chriſtiani Roſencreuͤtz.ſie ſchon in rechter erwachſener groͤße / hatten Golgelbe krauſe Haar. Vnd war das obge - meldte Venus Bild nichts gegen jhnen: A - ber da war noch kein natuͤrliche Waͤrmin / oder Empfindligkeit / ſonder Todte Bilder / doch Leblicher vnd Natuͤrlicher Farb: vnnd weil zubeſorgen / ſie wurden zu groß / wolte jhnen der Alte nichts mehr geben laſſen / ſonder de - cket jhnen mit dem Tuch vollends das Geſicht / vnnd ließ den Tiſch rings vmbher mit Fackeln beſtecken (Hie muß ich den Leſer warnen / daß er dieſe Liechter nit fuͤr notwendig achte / dann es war deß Alten Intent allein dahin / daß wir nitForma tecti turris. mercken ſolten / wann die Seel in ſie fuhre / wie wirs dann auch nit gemerckt hetten / wa ich die Flammen nit zuvor zweymalen geſehen haͤt - te / doch ließ ich die andere Drey auff dem Glauben bleiben / ſo wuſte der Alte auch nit / daß ich etwas mehrers geſehen) Hiemit hieß er vns auff einen Banck gegen dem Tiſch vber niederſitzen. Bald kommet auch die Jungfraw mit der Muſic / vnd allem Apparat. Vnd trug zwey ſchoͤne weiße Kleyder / dergleichen ich imVeſtiuntur. Schloß niemalen geſehen / auch nit beſchreiben kan / dann ich meinet nit anders / denn es were lauter Chriſtall / Aber es war weich vnnd nit durchſcheinig. Daß ich alſo darvon nit reden kan. Die leget ſie auff einen Tiſch nider / vnd nach dem ſie jhre Jungf. auff den Baͤncken herumb geord - net / fangẽ ſie vñ der Alte vmb den Tiſch herumb viel gauck elwercks an / welches vns nur zur blen -dung128Chymiſche Hochzeit:Spectatores luduntur. dung geſchehen / diß geſchahe wie geſagt / vnter dem Dach / daß war ſo wunderlich formieret. Dann es gab inwendig ſieben halber gewoͤlbterDeſcriptio tecti. Kuglen / deren die mitten etwas hoͤhers war / vnd hatte zu obriſt ein klein rund loch / welches doch beſchloſſen geweſen / vnd von der anderen keinem obſerviert worden. Nach vielen Ceremonien tretten ſechs Jungfrawen hinein / deren jede trug ein große Poſaun / die war mit gruͤner Liechtbren - nender Materi als ein Krantz vmbwicklet. De - ren eine empfieng der Alte / vnd nach dem er zu obriſt etliche Liechter weg geraumbt / jhnen auch die Geſichter auffgedeckt / ſetzet er der Poſaunen eine dem einen Leichnam an den Mund / Alſo das daß ober vnd weite theil gerad vber das erſtge - melte Loch kam. Hie ſahen meine Geſellen jm -Vſus tuba - rum mer auff die Bilder / Ich aber haͤtt andere ge - dancken. Dann ſo bald daß Laubwerck oder Krantz / am Rohr angezuͤndet wurde / ſahe ich zu(Fortè ex cæle veni - ens) obriſt das Loch eroͤffnen vnd ein hellen Fewrſtrie - men / durch das Rohr hinab ſchieſſen / vnd in den Leichnam fahren: Darauff wurde daß Loch wider verdecket / vnd die Poſaun weggeraumbt / durch ſolchen boſſen wurden meine Geſellen betrogen / daß ſie meineten / daß Leben wer dem Bilde / durchHomunculi ænimati a - liò tranſ - feruntur. das Fewr deß Laubwercks herkommen) dann ſo bald er die Seel empfangen / that er die Augen auff vnd zu / doch beweget er ſich nit faſt: deß an - dern mals ſtellet er ein ander Rohr auff jhren Mund / zuͤndet es aber an / vnd wurde die Seel durchs Rohr herab gelaſſen / diß geſchah beyjedem129Chriſtiani Roſencreuͤtz.jedem drey mal / darauff wurden alle Liechter auß - geleſcht / vnd hinwegenommen. Die Sametin Decken deß Tiſchs vber jhnen zuſammen geſchla - gen / auch alsbald ein Reyßbettlein auffge - ſchloßen vnd zugeruͤſt / darinn alſo eingewicklet getragen / vnnd alſo nach dem ſie auß der De - cken genommen worden / fein neben einander geleget. Da ſie mit fuͤrgezogenen Vmbhaͤngen ein gute weil geſchlaffen (Nuhn war es auch zeit / daß die Jungfraw ſehe / wie ſich vnſere an -de 7. concl. dere Kuͤnſtler hielten: Die waren wolzumuht / dann wie mich die Jungfraw nachmahlen be - richtet / muſten ſie in Gold laborieren: Welches wol auch ein ſtuck dieſer Kunſt / aber nit das fuͤr - nembſt / noͤttigſt vnd beſte iſt. Zwar hatten ſie auch ein theil dieſer Aſchen / daß ſie alſo anderſt nit meineten / dann der gantze Vogel waͤre vmbs Golds willen angeſehen / vnd muſte alſo den ent - leibten daß Leben hierdurch wider gebracht wer - den) Daß belangend / ſaſſen wir alſo in ſtillem dazuerwarten / wenn vnſer Eheleuͤthe wurden erwachen / diß verzog ſich etwann ein halbe ſtund. Homunculi excitaren - tur à cupi - dine. Dann jetztmals ſtellet ſich der wutwillige Cupido wider ein / vnd nach dem er vns nach einander ſalutiert / flog er zu jhnen vnter den Vmbhang / vexiert ſie auch ſo lang / biß ſie erwachen. Diß beſchah bey jhnen mit groſſer Verwunderung / meineten auch anderſt nit alß ob ſie von der ſtundFuerunt. illi qui de - collaban - tur. an / da ſie Enthauptet worden / biß anhero ge - ſchlaffen haͤtten. Cupido nach dem er ſie erwecket / vnd ſie beyde einander wider zuerkennen geben /J130Chymiſche Hochzeit:machet ſich ein wenig beſeits / vnd ließ ſie bede ſich noch ein wenig beſſer erholen / trib hiezwiſchen ſein fatzwerck mit vns / vnd muſte man jhm ent - lich die Muſic holen / vnd etwas froͤlichers ſein. Coniugës induunt veſtimenta ut ſe conſpi - ciendos præ - beant. Nit lang hernach kommet die Jungfraw ſelber. Vnd nach dem ſie den Jungen Koͤnig vnd Koͤ - nigin (ſo ſich etwas mats befunden) vnderthaͤ - nig ſalutiert / vnd die Hand gekuͤſt / bracht ſie die bemelte zwey ſchoͤne Kleyder herbey / welche ſie angezogen / vnd alſo herfuͤr getretten. Nun wa - ren ſchon allbereitzwen ſchoͤner ſeſſel / zubereitet: Darein ſetzten ſie ſich / vnnd wurden alſo von vns mit vnderthaͤnigſter Reverentz gegruͤſt / deſſen ſich der Koͤnig in eygener Perſon / auff das al - ler gnaͤdigſt bedancket / vnd hinwiderumb al -Coniuges vehuntur trans mare le Gnad anerbotten: Nun war es allbereit vmb fuͤnff Vhren / konten ſich deßwegen nit lenger ſaumen / ſonder ſo bald jmmer die fuͤrnembſte Sachen haben auffgeladen werden koͤnnen: mu - ſten wir den Jungen Koͤniglichen Perſonen den Schnecken hinab durch alle Thor vnnd Wacht hinauß biß zu dem Schiff gegleiten. Darein ſetz - ten ſie ſich ſampt etlichen Jungfrawen vnd der Cupidine / vnd fuhren ſo ſchnell darvon / daß wir ſie bald auß dem Geſicht verlohren / doch war man jhnen / wie ich berichtet worden / mit etli - chen ſtattlichen Schiffen entgegen gezogen / daß ſie alſo in vier ſtunden / etlich viel Meil Meers vberfahren: Nach fuͤnff Vhren wurde denMuſic. Muſicanten befohlen alle ſachen wider hinab auff die Schiff zutragen / vnd ſich zur wegfartfertig131Chriſtiani Roſencreuͤtz.fertig machen. Weil aber ſolches etwas lang -Cuſtos ſe - nex. ſamer zugieng: Ließ der Alte Herꝛ erſt ſeine verborgene Soldaten ein theil auß / die wa - ren bißher im Wahl verſteckt geweſen / daß wirTurris cu - ſtodita à militibus. keines wargenommen / dabey ich vermerckt / daß ſolcher Thurn zum widerſtandt wol verſehen waͤ - re. Nun dieſe Soldaten waren mit vnſerm plun - der bald fertig / daß alſo weiter nichts mehr zu thun was / als zu nacht eſſen. Wie nun die TiſchCœna. Hoſpi tes de 7 & 8 conclævi comeßan - tur. allerdings zubereittet worden: Bringet vns die Jungfraw wider zu vnſern Geſellen / da muſten wir vns Warlich klaͤglich ſtellen / vnnd das lachen verheben. Sie aber ſchmolleten jmmer zuſammen / wiewol auch etliche mit vns mitley - den haͤtten / vber ſolchem Nachteſſen war der al - te Herꝛ auch bey vns / der war vns ein ſcharpfferCuſtos eſt inſpector. Inſpector. Dann keiner kundte nichts ſo weiß - lich fuͤrbringen / er wuſte es jhm entweder vmb - zuſtoſſen / oder zuverbeſſern / oder auffs wenigſt ein gute Lehr hieruͤber zugeben. Bey dieſemLaus huius ſeins. Herꝛen hab ich am meiſten gelernet / vnnd waͤre wol gut / daß ſich jederman bey jhm zu - thet / vnnd ſeiner ſachen war nemme / ſo wuͤr - de es manchmal nit ſo vngleich außſchlagẽ. Nach eingenommenem nacht Imbiß fuͤhret vns der Alte Herꝛ erſt in ſeine Kunſtkammern / ſo hinKunſtkam - mer ſenis. vnnd wider auff den Paſteyen waren herumb / da ſahen wir ſolch wunderbarliche Geſchoͤpff der Natur / auch andere ſachen / ſo Menſch - liche Vernunfft der Natur nach gethan / daß wir noch wol ein Jahr haͤtten gnug zuſehenJ ij132Chymiſche Hochzeit:gehabt. Diß trieben wir dennoch beim Liecht lang in die Nacht hinein. Entlich weil wir auch ſchier mehr zuſchlaffen dann viel frembds zuſehen geneigt warẽ / wurdẽ wir in Kam̃ern eingeloſiert / vnd hatten da in dem wal nit allein koͤſtliche gute Bett / ſondern noch darzu vber die maß zierliche Kammern. Welches vns deſto mehr wundert / warumb wir vns geſtern haͤtten ſo leiden muͤſſen. In ſolcher Kammer haͤtte ich gute ruh. Vnnd weil ich mehrertheils ſorgen ab war / wie auch von ſtettigem Arbeiten mich muͤhd befand / halffSomnium prolixum. mir deß Meers ſtilles rauſchen zu einem ſtarcken vnd ſanfften Schlaff / denn ich an einem Traum von eylf Vhren an biß Morgens vmb acht Vhr - en Continuiert.

VII. Dies.

NAch acht Vhren als ich erwachet / vnd mich ſchnell angelegt / wolte ich mich wider hin - ein in den Thurn begeben / Aber es waren der finſtern Gaͤng in dem Wall ſo viel vnd mancher - ley / daß ich ein gut weil jrꝛ gieng / ehe ich ein Auß - gang gefunden. Diß geſchah anderen auch /Hoſpites deponunt veſtes lugu - bres. biß wir entlich in dem vnterſten Gewelb wider zu - ſamen kamen / vnd wurden vns gantz gelbe Kut - ten ſampt vnſern guldin Fluͤßen gegeben. Da - zumal zeiget vns die Jungfraw an / wirwaͤrenSalutātur Equites. Donantur à ſene. Ritter zum Guldin Stein / welches wir zu - vor nie wuſten. Nach dem wir vns nun alſo fer - tig gemacht / vnd daß Fruͤhſtuck genommen:Ver -133Chriſtiani Roſencreuͤtz.Verehret der alte Mann jedem ein ſtuck Golds / auff der einen ſeiten ſtunden dieſe wort:

AR. NAT MI. Ars natu - miniſtræ Temporis natura fi - liæ. Auff der andern ſeiten dieſe / TEM. NA. F.

Vermahnet vns auch darzu / wir ſolten vber vnd wider dieſen Denckpfennig nit handlen. Hie - mit zogen wir auff das Meer hinauß / da waren vnſere Schiff ſo koͤſtlich zubereitet / daß nit wol muͤglich geweſt / es muͤſſen ſolche ſchoͤne ſachen erſt daher gebracht worden ſein. Der Schiff wa - ren zwoͤlffe. Sechs der vnſerigen / vnd ſechs deß alten Herꝛen. Der ließ ſeine Schiff mit lauter wolgebutzten Soldaten beſetzen. Er aber begab ſich zu vns in vnſer Schiff / da wir alle beyeinan - der waren: Ins erſte ſetzeten ſich die Muſicanten /Navis 1. deren der alte Herꝛ auch ein groſſe anzahl hatte / die fuhren vor vns her / die weil zu kuͤrtzen / vnſere Fahnen waren die zwoͤlff Himmliſche Zeichen /Vexilla 12. ſign. Navis au - toris wag. Horolog. ſo ſaßen wir in der Wag / Neben andern hatte vnſer Schiff auch ein herꝛliche ſchoͤne Vhr / die zeiget vns alle Minuten / ſo war das Meer ſo ſtill / daß es ein ſonderlicher luſt zufahren waß. VberFacundia ſenis. alles aber war deß Alten geſpraͤch: Der kundte vns mit wunderlichen Hyſtorien die weil der - maſſen vertreiben / daß ich mein Lebenlang haͤttObuiætio ex urce. moͤgen mit jhm fahren. Vnter deß giengen dieJ iij134Chymiſche Hochzeit:Schiff mechtig ſchnell fort / denn ehe wir zwo ſtund gefahren / ſaget vns der Schiffman / Er ſehe allbereit faſt den gantzen See mit Schiffen bedeckt / darbey wir kundten abnemmen / man zoge vns entgegen / welches auch wahr geweſen / dann ſo bald wir auß dem Meer durch obangeregten Fluß zu dem See kommen / hiel -600. Naves. ten allda in die fuͤnfhundert Schiff / vnter wel - chen eines von lauter Goldt vnnd Edelgeſtein ſchimmert / darinnen ſaßen der Koͤnig vnnd Koͤ - nigin / ſampt mehr Hochgebohrnen Herꝛen /Applauſus. Frawen vnd Jungfrawen. So bald man nun vnſer recht anſichtig worden / ließ man zu beyden theilen alle Stuck loß gehen / vnnd war von Po - ſaunen Trom̃eten / vnd Heertrumlen ein ſolch ge - praſſel / daß alle Schiff auff dem See gezittert. Entlich ſo bald wir hinzu kommen / vmbringeten ſie vnſere Schiff mit einander / vnnd hielten al -Atlas ora - tione exci - pit hoſpites. ſo ſtill. Alßbald machet ſich der Alte Atlas vons Koͤnigs wegen herfuͤr / thaͤt ein kurtze doch zier - liche Oration / darmit er vns hieß willkommen ſein / mit begeren / ob die Koͤnigliche Gaab zu - geruͤſt were: Meine andere Geſellen nam groͤßlich wunder / warvon dieſer Koͤnig auffer - ſtanden waͤre / dann ſie meineten nit anderſt / dann ſie muſten jhn wider erwecken: Wir lieſſen ſie auff jhrer verwunderung bleiben / vnd ſtelleten vns auch alß obs vns frembd daͤuchte:Atlanti re - ſpondet ſe - nex. Auff deß Atlantis Oration machet ſich vnſer Alter herfuͤr: Reſpondieret etwas weitleuͤffi - gers / darinnen er dem Koͤnig vnd Koͤnigin allesGluͤck135Chriſtiani Roſencreuͤtz.Gluͤck vnd vermehrung wuͤnſchet / vberlieffert hierauff ein klein zierlich Truͤchlin / was aber da - rinnen weiß ich nit / allein wurde es Cupidini / ſoRegiis con - iugibus de - num affert Cupido. zwiſchen jhnen beyden vmbhaſplet zubewahren befohlen: Nach vollendter Oration ließ man abermal frewden Schuͤßabgehen / vnnd fuhren wir alſo ein gute zeit mit einander dahin / biß wir entlich zu einem anderen Geſtad kamen. Diß war nahe bey der erſten Porten / da ich von erſt hinein kommen. Auff dieſem Platz warteten a - bermal ein groſſe mennig deß Koͤniglichen Hof - geſinds / ſampt etlich hundert Pferden. So bald wir nun ans Land geſtoſſen / vnnd auß - getretten / botten vns der Koͤnig vnd Koͤ - nigin allen mit einander die Haͤnd / mit ſonderer freundtlichkeit / vnnd muſten wir alſo zu Pferdt ſitzen. Hie will ich den Leſer freuͤndtlich gebetten haben / Er wolle mir folgende Narration zu kei - nem eygenen Ruhm oder ſtoltz deuten / ſondern mir daß zutrawen / daß da es nit ein ſonderliche Notturfft / wolte ich ſolcher mir erzeigten Ehr wol gar geſchweigen: Wir wurden alle nach einander vnter die Herꝛen außgetheilt: Vn -Honor de - latus Au - tori. ſer Alte Herꝛ aber / vnnd ich Vnwuͤrdiger muſten neben dem Koͤnig reiten / vnnd trug vnſer jeder einen Schneeweißen Fahnen / mitCum ſene equitat iu - xta Regem einem rohten Creuͤtz / Ich zwar wurde vmb mei - nes Alters willen gebraucht / dann wir beede hat - ten lange grawe Baͤrt vnd Haar. So hatte ich meine Zeichen auff dem Hut herumb geheff - tet / deren der Junge Koͤnig bald war genomen /J iiij136Chymiſche Hochzeit:vnd gefragt / ob ich der were / ſo die Zeichen vnder dem Thor haͤtte loͤſen koͤnnen? Ich antwortet vndertheniglich / Ja: Er aber lachet mein / mit vermeldung es bedaͤrffe ſich fuͤrohin keines ge -Pater. praͤngs: Ich werſein Vatter. Fraget mich hierauff / warmit ich ſie doch geloͤſet haͤtte? IchTefferas ſol - vit ſale & aqua. antwortet / mit Waſſer vnd Saltz / da verwun - dert er ſich / wer mich ſo witzig gemacht. Hierauf wurde ich etwas keckers: Vnd erzehlet jhm wie es mir mit meinem Brot / der Tauben vnd Ra - ben ergangen. Er ließ jhms gefallen / ſaget auch außtruckenlich / Es muͤſſe mir Gott ſonderlich viel Gluͤck hierzu verliehen haben. Hiemit kamen wir zur erſten Porten / da der Huͤter mit dem blawen Kleyd ſtund / der trug in der Hand ein Supplication / ſo bald er mich nun neben dem Koͤnig erſehen: Vbergab er mir die Supplica - tion / deß vnderthenigen anerſuchens / Ich wolte ſeiner Trew gegen mir bey dem Koͤnig gedencken: Nun fraget ich erſtlich den Koͤnig / wie es doch vmb dieſen Huͤter beſchaffen waͤre? Der antwor -Primus cu - ſtos. fol. 9. quis. tet mir freuͤndtlich: Es waͤre ein beruͤmbter tref - licher Aſtrologus / ſo allwegen bey ſeinem Herꝛen Vattern in hohem anſehen geweſen. Nuhn habOb viſam venerem factus por - titor. er ſich auff ein zeit gegen Fraw Venere verwuͤr - cket / vnd die in jhrem Ruhbett beſichtiget / deß - wegen jhm dieſe Straff aufferlegt worden / daß erAutor eiuſ - dem delicti reus, prodi - tur à porti - tore. ſo lang der erſten Porten huͤten ſolte / biß jhn je - mand wuͤrde hievon erloͤſen. Ich antwortet ob er dann auch zuerloͤſen waͤre: Der Koͤnig ſprach ja / ſo jemand erfunden wurde / der ſich ſo hochver -137Chriſtiani Roſencreutz.verſuͤndiget als er / der muͤſſe an ſein ſtat ſtehen / vnd er wer loß: Diß wort gieng mir zu Hertzen / dann mein Gewiſſen vberzeuͤget mich / daß ich der Thaͤter waͤre / doch ſchweig ich ſtill / vnd vbergab hiemit die Supplication: So bald er die geleſen / Erſchrickt er hefftig / daß es auch die Koͤnigin / ſo nur hinder vns mit vnſeren Jungfrawen / vnd noch einer Koͤnigin / deren ich oben in Auffhen - ckung der Gewicht gedacht / geritten / gemercket / Ihn deßwegen gefragt / was dieſer Brieff zu be - deuten habe. Er aber wolte ſich nichts vermer - cken laſſen / ſondern nam den Brieff zu ſich / vnd fieng an von anderen ſachen zu reden / biß wir al - ſo vmb drey Vhren vollends in das Schloß hin - ein kamen. Da wir abgeſtiegen / vnd den Koͤnig in obgedachten ſeinen Saal begleittet: Alßbald fordert der Koͤnig den alten Atlantem zu ſich inActus in arce. ein klein Stuͤblin / zeiget jhm den Brieff / der ſaumet ſich nit lang / ritt wider zum Huͤtter hin - auß / die ſachen beſſer einzunemmen. Hierauff ſetzet ſich der Junge Koͤnig mit ſeinem Gemahl / auch andern Herꝛen / Frawen vnd Jungfrawen nider. Da fieng vnſer Jungfraw an / vnſern ge -Virg. Lucif. habten fleiß / muͤhe vnd arbeit hoch zu ruͤhmen / mit bit / vns Koͤniglich zu begaben / Sie aber ihrer Commiſſion fuͤrohin genieſen zulaſſen: So ſtund auch der alte Herꝛ auff / vnd bezeuͤgets / daß alle der Jungfrawen reden wahr / vnd deßwegen bil - lich / daß wir zubeeden theilen befriediget wurden: Hiemit muſten wir ein wenig abtretten / vnnd vnnd wurde beſchloſſen jedem einen muͤglichenJ v138Chymiſche Hochzeit:Wunſch zuthun / ſo ſolle er deſſen gewert ſein / dann es wer nit zu zweiflen / der Verſtaͤndige wurde auch den beſten wunſch thun / vnd hier - auff ſolten wir vns beſinnen / biß nach dem nacht -Ludus Re - gis cum Re - gina. eſſen. Dieweil fiengen der Koͤnig vnd Koͤnigin kurtzweil wegen mit einander anzuſpielen. Das ſahe einem Schach nit vngleich / allein haͤtt es andere Leges: Es waren aber Tugendt vnnd Laſter wider einander / da kundte man artlich ſehen / mit was Practicken die Laſter der Tugendt nachſtelleten / vnnd wie jhnenArtificioſ. wieder zubegegnen / diß gieng ſo artlich vnnd Kuͤnſtlich zu / daß zu wuͤnſchen / wir hetten dergleichen Spiel auch. Vnter dem Spiel kommet Atlas wider daher / thut ſein Relati - on heimlich / doch gieng mir der Roht an allen orten auß / dann mein Gewiſſen ließ mirSupplicatio portitoris traditum Autori. kein ruh / hierauff bot mir der Koͤnig die Sup - plication ſelbſten zuleſen / deren Inhalt war vngefahrlich dieſer: Erſtlich wuͤnſchet er dem Koͤnig Gluͤck vnd vermehrung / daß ſein Sa - me weit außgebreittet werde: Darnach zeigt er an wie daß nuhn mehr der Tag erfuͤllet / daran er der Koͤniglichen Zuſagung nach ſolt erledi - get werden. Dann Venus ſey allbereit von ſei - ner Gaͤſt einem auffgedeckt worden / dann ſeine obſervationes koͤnnen jhm nit liegen. So ſolle nun / Koͤnigliche Majeſtat ſcharpff vnd fleiſſig in - quirieren / werde er befinden / daß ſeine entde - ckung war / dann wann ſolches nit werde alſo befunden werden / woͤlle er ſein Lebenlang vor derPor -139Chriſtiani Roſencreutz.Porten verbleiben. Bitte demnach auff daß aller vnderthaͤnigſt / man woͤlle jhn auff ſein Leibs vnd Lebens gefahr bey heintigem Nachteſſen ſein laſſen / woͤlle er verhoffentlich den Thaͤtter ſel - bſten erſpaͤhen / vnd zu erwuͤnſchter erledigung kommen. Diß war nun außfuͤhrlich vnd zierlich geſtellet: Dabey ich ſein Ingenium wol ſpuͤren kundte / aber mir war es zu ſcharpff / vnd haͤtte moͤgen leyden / Ich hette es nie geſehen. Nun ge - dacht ich / ob jhm villeicht durch meinen Wunſch moͤchte geholffen werden. Fraget demnach den Koͤnig: Ob er ſonſten durch keinen andern weg koͤnte erlediget werden? Nein antwortet der Koͤnig / dann die ſachen haben ein ſonders beden - cken / doch koͤnnen wir in ſeines begehren auff die - ſe Nacht wol gewehren: Schicket alſo einen hinauß jhn herein zuholen: Vnter deß wurden Taflen in einem Saal zugeruͤſt / in dem wir zuvor nie geweſen / der war das Complete /Triclinium precioſiß. vnnd dermaſſen beſchaffen / daß mir nit muͤg - lich iſt / jhn nur anzufangen zuerzehlen. In die - ſen wurden wir mit ſonderm Pomp vnd Ceremo - nien gefuͤhrt. Cupido war dißmal nit vorhan -Cupido iræ - tus ob Ve - nerem vi - ſam ab au - tore. den: Dann wie ich berichtet worden / hat jhn der Schimpff / ſo ſeiner Mutter begegnet / vmb et - was erzuͤrnet / In Sumwa / mein that / vnd die vbergebene Supplication waren ein vrſach vieler trawrigkeit. Dann dem Koͤnig war bedenck -Etiam rex condolet. lich / vber ſeine Gaͤſt zu inquirieren / mehrertheils darumb / daß es alſo auch die / denen es noch vnbewuſt / wurden erfahren. Ließ alſoden140Chymiſche Hochzeit:den Huͤter ſelbſten / ſo ſchon allbereit ankommen / ſein ſcharpffes auffſehen haben / vnd ſtellet er ſich ſo froͤlich er kondte. Doch fieng man zu letzt anLætitia di - ſcumben -[ti]um. wider luſtig zuwerden / vnd mit allerley kurtzwei - ligen nutzlichen Geſpraͤcheinander zu zuſprechen. Wie nun die Tractation / vnd andere Ceremoni - en damalen geweſen / iſt vonnoͤten zuſagen / weil ſolches dem Leſer nit von noͤten / vnd zu meinem vorhaben vndienſtlich / alles aber vber die maß / mehr von Kunſt vnnd Menſchlicher geſchicklig - keit / dann das wir mit Trincken waͤren beſchwe - ret worden / vnd diß war das letſte vnd herꝛlichſte Maal / bey welchem ich geweſen. Nach demPoſt cœnam obligantur equites le - gibus ſuis. Pancket / wurden die Tiſch ſchnell auffgehebt / vnd etliche ſchoͤne Seſſel im Zirckel herumb ge - ſtellet / darein wir vns ſampt dem Koͤnig vnd Koͤ - nigin / deren bey dem Alten / der Frawen vnnd Jungfrawen / nider ſetzen muͤſſen. Hierauff er - oͤffnet ein ſchoͤner Knab daß obgedachte herꝛliche Buͤchlin / Bald ſtellet ſich Atlas in die mitte / vnd fieng folgends inhalts mit vns an zureden.

Koͤnigliche Majeſtaͤt haͤtten noch nit in Ver - geß geſtellet / was wir an jhm gehandlet / vnd wie fleiſſig wir vnſerm Ampt abgewartet / haͤtten vns demnach zur vergeltung ſampt vnnd ſonders zu Rittern deß Guldin Steins erwehlet. So ſey nun von noͤten / daß wir vns nochmalen nit allein gegen Koͤniglicher Majeſtaͤt obſtringieren / ſon - dern auch auff folgende Articul angeloben / So werden alsdan Koͤnig. May. abermal wiſſen / wieſie141Chriſtiani Roſencreutz.ſie ſich gegen jhren Bundsgenoſſen ſollen verhal - ten. Hierauff ließ er den Knaben die Articul ab - leſen: Die waren dieſe.

  • I. Ihr Herꝛen Ritter ſolt ſchweren / daß jhr ewern Orden / keinem Teuͤffel oder Geiſt / ſon - dern allein Gott / Ewerm Schoͤpffer / vnd deſſen Dienerin der Natur jederzeit woͤllen zuſchreiben.
  • II. Daß jhr aller Hurerey / Vnzucht / Vn - reinigkeit woͤllen gehaß ſein: Vnnd mit ſolchen Laftern Ewern Orden nit beſchmeiſſen.
  • III. Daß jhr durch Ewere Gaben / menni - glich wer deren werth / vnd beduͤrfftig woͤllen zu huͤlff kommen.
  • IV. Daß Ihr ſolche Ehr nit begehret zu Weltlichem Pracht / vnd hohem anſehen anzu - wenden.
  • V. Daß jhr nit woͤllet lenger leben / dann es GOtt haben will.

Vber dieſen letzten Articul muſten wir gnug lachen / mag auch wol nur zum Poſſen hinzu ge - ſetzt worden ſein. Wie nun dem allem / wir mu - ſten bey deß Koͤnigs Scepter angeloben. Hierauf wurden wir mit gebraͤuchlicher Soleñitet zu Rit -Privilegiæ. tern inſtalliert / vnd vnter andern Privilegien vber Vnverſtand: Armut: vnd Kranckheit:geſetzet /142Chymiſche Hochzeit:geſetzet / mit denſelben vnſers gefallens zuhand - len. Vnd diß wurde hernach in einer kleinen Capellen (dahin wir in aller Proceßion gefuͤhret worden) beſtettigt. Gott hierumben gedanckt: Da ich dann auch GOtt zu ehren mein Guldin Fluͤß / vnd Hut auffgehenckt / vnd zu ewiger Ge - dechtnuß allda gelaſſen. Vnd weil jeder da ſein Namen ſchreiben muſte / ſchreib Ich alſo:

Summa ſcientia nihil ſcire.

Fr. CHRISTIANVS ROSEN. creuͤtz, Eques aurei Lapidis:

Anno 1459.

Iam poſtu - lantur de - poſitiones optionum.

Andere ſchrieben anderſt / vnd zwar jeder was jhm gut dauchte. Hierauff wurden wir wider in den Saal gebracht / vnd nidergeſetzt / auch er - mahnet / wir ſolten vns ſchnell beſuͤnnen / was jeder wuͤndſchen wolte: Der Koͤnig aber mit den ſeinigen hatte ſich in das kleine Stuͤblein geſetzt / daſelbſten vnſere wuͤndſch anzuhoͤren. Nuhn wurde jeder inſonderheit hinein gefordert / daß ich alſo von keines einigen Wunſch etwas ſagen kan. Ich gedachte / es wer nichts loͤblichers /Autor op - tat liberæ - tionem por - titoris è gratitudi - ne. denn wann ich meinem Orden zu ehren ein loͤb - liche Tugent ſehen ließ. Befand auch daß kei - ne jetzmals ruͤhmlicher / vnnd die mich ſaͤurer ankem / dann die Danckbarkeit. Deßwegen vnangeſehen Ich mir wol etwas Liebers haͤttewuͤnd -143Chriſtiani Roſencreutz.wuͤndſchen koͤnnen / vberwand ich mich ſelbſt / vnd beſchloß auch mit meiner Gefahr den Huͤter / meinen Gutthaͤter zuerledigen: Wie ich nun hinein gefordert wurde / zeiget man mir erſt - lich an / weil ich die Supplication geleſen / ob ich nichts vom Thaͤtter gemerckt / oder verargwohnet haͤtte? Hierauff fieng ich an vnerſchrocken zuberichten / wie alle ſachen ergan - gen / wie ich auß vnverſtand dahin gerahten / Erbot mich alſo / alles auß zuſtehen / ſo ichAutor reus confitens. hieruͤber verwuͤrcket haͤtte: Der Koͤnig vnnd andere Herꝛen verwunderten ſich hoch ab ſol - cher vnverhoffter Vekandtnuß: Hieſſen mich alſo ein wenig abtretten. So bald Ich nuhn wider fuͤrgefordert wirdt / zeiget mir Atlas an: Es waͤre gleichwol Koͤniglicher Majeſtat ſchmertzlich / daß ich / den ſie vor andere geliebet / in ſolchen vnfall gerahten / weil aber jhr nit muͤglich vber jhr Altes herkommen zuſchreit - ten / wuſte ſie mich nit anderſt zu Abſolvie - ren / dann daß jener loß / vnd ich mich an ſeinſtadt ſtellen ſolt / woͤlle ſie verhoffen / es wurde ſich bald ein anderer vergreiffen / damit ich alſo wider heimkommen koͤndte. GleichwolAudit ſen - tentiam. waͤre kein Erledigung vor jhres Zukuͤnfftigen Sohns Hochzeitlichem Feſt zuhoffen. Diß Vrtheyl hatte mich bey nahem vmb daß Le - ben gebracht / vnd war ich mir vnnd meinem Verſchwatzten Maul erſt feind / daß ichs nit haͤtte Verſchweigen koͤnnen / faſſet doch ent - lich ein Hertz / vnd weil Ich gedachte es muſte einmal144Chymiſche Hochzeit:mal ſein / referiert ich / wie mich dieſer Huͤter mitLaus bene - ficii porti - toris. einem Zeichen begabet / vnnd bey den andern Commendiert. Durch welcher huͤlff ich auff der Wag beſtanden / vnd alſo alle eingenommene Ehr vnd Frewd theilhafftig worden / So habe ſich nun woͤllen gebuͤhren / daß er ſich gegen ſeinem Gutthaͤter danckbar erzeige / weil es dann anderſt nit ſein koͤnne / bedanck ich mich deß Vrtheils / woͤlle gern von deſſen wegen etwas vngelegens thun / der jhm zu ſolchem Stand behuͤlfflich ge - weſen / da aber mit meinem wundſch etwas auß - zurichten waͤre: wuͤndſchet ich mich wider heim / waͤre alſo dieſer durch mich / Ich aber durch mei - nen wundſch erlediget: Mir wurde zur Antwort: Daß wuͤnſchen erſtreckte ſich ſo weit nit / ſonſt haͤtte ich wol jhn Loß wuͤndſchen koͤnnen: DochLaudatur à Rege. ließ J. K. M. wolgefallen / daß ich mich ſo fein darein ſchickt / ſie beſorgten aber / ich moͤchte noch nit wiſſen / in was elende Condition ich mich durch ſolchen Firwitz geſtecket. Hiemit wurde der gute Mañ ledig geſprochẽ / vnd muſt ich mit traw -Reliqui læti[o]vadunt. rigem hertzen abtretten. Nach mir wurden die vbrigen auch erfordert / die kamen alle froͤlich her - auß / welches mir noch ſchmertzlicher war / dann ich meinet nit anderſt / Ich muſt mein Leben vn -Autor me - lancholiſat ter dem Thor beſchlieſſen. Spentiſiert auch hin vñ her / was ich doch anfangen / vnd warmit ich die zeit hinbringen wolt. Entlich gedacht ich / ich waͤ - re nun mehr alt / haͤtte natuͤrlicher weiſe wennigSpes. Metus Solatium. Jahr mehr zu leben: So wuͤrde mich dieſer Kum - mer vnd Melancoliſch leben leicht hinrichten / ſowaͤre145Chriſtiani Roſencreutz.[w]aͤre dann mein Huͤten auß. Koͤndte ich mich[a]uch ſelbſten durch ſeligers Schlaffen bald ins Grab bringen / dieſer Gedancken haͤtte Ich mancherley. Zuweilen verdroß mich / daß[i]ch ſo ſchoͤne ſachen geſehen / vnd deren mu -[ſ]te beraubt ſein. Zu weilen frewet mich / daß Ich dannoch vor meinem Ende zu allen Frew -[d]en genommen worden / vnd nit ſo ſchandt -[l]ich abziehen muͤſſen / war alſo diß der letſte[v]nd boͤſte ſtoß / den ich erlitten. Vnter ſol -[c]hem meinem Tichten wurden die Anderen[f]erttig / vnnd deßwegen / Nach dem ſie ein[g]ute Nacht von dem Koͤnig vnnd Herren[g]enommen / ein jeder in ſein Loſament ge -[f]uͤhrt. Ich armer Mann aber hatte keinen[d]er mir den Weg zeiget / vnnd muſte mich[n]och darzu vexieren laſſen / vnnd damit ich[d]och meiner kuͤnfftigen function gewiß waͤre /Autor ac - cipit An - nulum. muſte ich den Ring / den jener zuvor getra - gen anſtecken. Entlich ermahnet mich der Koͤnig / daß weil ich jhn einmal jetzunder daß[l]etſtmahl in ſolcher geſtalt ſehe: Solte Ich mich doch meinem Beruff gemeß / vnnd nit wider den Orden / halten: Nam mich auch hierauff in den Arm / vnd kuͤſſet mich / wel - ches ich alles dahin verſtund / Als muſte ich morgen zu meinem Thor ſitzen. Nach dam ſie nun alle noch ein weil mit mir freuͤndtlich ge - redt / vnnd zu letſt die Hand gebotten / mich Goͤttlichem Schutz befohlen / werde ich durchK146Chym. Hochzeit: Chriſtian. Roſenc.Autor dor - mit cum Atlante & ſene cuſtode turris. beede Alte: Dem Herꝛen deß Thurns vnnd Atlante in ein herꝛlich Loſament gefuͤhrt / da - rinnen drey Bett geſtanden / vnd jeder in eines gelegen. Da bra - chten wir noch faſt zwo ꝛc.

Hie manglen vngefehr zwey quart Bletlin / vnd iſt er (Autor huius) da er vermeinet er muſte morgens Thorhuͤter ſein / heim kommen.

ENDE.

[147]

Straßburg /

[figure]

Gedruckt bey Conrad Scher / Im Jahr / M. DC. XVI.

About this transcription

TextChymische Hochzeit: Christiani Rosencreutz. Anno 1459
Author Johann Valentin Andreä
Extent156 images; 32623 tokens; 7038 types; 217993 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationChymische Hochzeit: Christiani Rosencreutz. Anno 1459 Arcana publicata vilescunt; & gratiam prophanata amittunt. Ergo: ne Margaritas obijce porcis, seu Asino substerne rosas Johann Valentin Andreä. . 146 S., [1] Bl. ZetznerStraßburg1616.

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HAB Wolfenbüttel HAB Wolfenbüttel, A: 134.13 Phys.Dig: http://diglib.hab.de/drucke/134-13-phys/start.htm

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Fraktur

LanguageGerman
ClassificationFachtext; Alchemie; Wissenschaft; Alchemie; core; ready; china

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ShelfmarkHAB Wolfenbüttel, A: 134.13 Phys.
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