GNaͤdige vnnd Hochgebiet - tunde Herren / Herren / ꝛc. Niemahlen kan ein rechte / meſſige deß groſſen vnnd vbergoſ - ſenen Meers vnergruͤndlichkeit / ei - ne gebrauchung deß Menſchlichen Leben erwachſen; Niemalen auch wirdt jemandt / deſſelben koͤſtli - chen Magnetiſchen Bergs eintzige Frucht / oder Ergoͤtzlichkeit ver - ſpuͤret haben / welcher nicht in diſem ſeine jhme ſelbſt zuſtaͤndige Ge - heimbnuß / vnd Clauſulas ſuchendeA 2er -2DEDICATIO. ereignet: in jenem aber villeicht die ſchoͤne gebahnte Straſſen der ge - ſchwinden Schifffahrt erfragende gepfleget hette: Dann weme wirdt doch deß groben Ackersmann in de - nen wolriechenden Gaͤrten der vil - faͤrbigen Blumen ſeine vnfruchtba - re Vnpaͤßlichkeit verborgen be - halten? Dahero wir haben / daß wir alle Sachen bey moͤglichſt dem be - ſten Orth oder Gelegenheit zu vol - kommener begebung deß glůcklichen Außgangs vnd anſehen erholen vnd abfordern. Dieweilen aber gleichs - fals auch nichts ſich befindet / wel - ches da / ob zwar geringes durch gu - te erfindung der Anſtalt zu dem er - heblichſten Anſehen nicht gebraucht werden koͤnte; Alſo befindet es ſich mit anjetzigen meinen Tractaͤtl derſchoͤ -3DEDICATIO. ſchoͤnen Schlußreimen Johan - nis Angeli / alſo / daß / weilen diß ein recht ſchoͤn vilfaͤrbiger Garten der edlen Blumen / welchen ja keiner vorbey gehet / deme nicht ſeine ſelbſt außerleſene Blumen belieben moͤch - te; oder vilmehr ein ſchoͤne weitge - babnte Heyden deß groſſen Meers zu nennen / auff welchem dann auch der geringſte mit dem hoͤchſten ſeine erſuchte Schiffung zu dem ge - wůntſchten Port / der ermeſſenen Fruchtbarkeit einholt vnd einpflan - tzet. Habe demnach gaͤntzlichen er - wogen / diſe Tractatiſche Blumen - Wurtzel erſtenmals denen Hoch - wuͤrdigen / Hochgebiettunden vnd Hochgelehrten Herꝛn / Herꝛn einer Hochloͤbl: N: Oe: Landtſchafft Herꝛn Verordneten / ꝛc. ꝛc. als de -A 3nen4DEDICATIO. nen erweglichſten diſer gepflantzten Sachen Fautoribus mit vnter - thaͤnig: gehorſambſten Affection vnnd Meynung zu dediciern, gantz vnterthaͤnigiſt bittente / ſolches mit gnaͤdigiſten affect zuerwoͤhlen. Lebe alſo vngezweifflet diſer Hoff - nung / es werde diſes ein mehrere be - liebung in andern erwecken / wofern es durch die groſſen Gemůter wirdt behelliget werden. Wienn den 1. Julij, Anno 1657.
Ewr Hoch: vnd Gn. Gehorſamber Johann Jacob Kuͤrner / Einer Loͤbl: N: Oe: Landſchafft Buchdrucker /
Guͤnſtiger Leſer / nach dem folgende Reimen vil ſeltzame paradoxa oder widerſinniſche Reden / wie auch ſehr hohe und nicht jederman bekandte ſchluͤſ - ſe / von der geheimen GOttheit. Jtem von Ver - einigung mit GOtt oder Goͤttlichem Weſen / wie auch von Goͤttlicher Gleichheit vnd Ver - goͤttung oder GOttwerdung / und waß der - gleichen / in ſich behalten; welchen man wegen der kurtzen Verfaſſung leicht einen Verdam - lichen Sinn oder boͤſe Meinung koͤnte andich - ten: Als iſt vonnoͤthen dich deß halben zuvor zuerinnern.
Unnd iſt hiermit einmal fuͤr allemal zuwiſ - ſen / das deß Urhebers Meinung nirgends ſey / daß die Menſchliche Seele jhre Geſchaffenheit ſolle oder koͤnue Verliehren / und durch die Ver - goͤttung in GOtt oder ſein ungeſchaffenes We - ſen verwandelt werden: welches in alle Ewig - keit nicht ſeyn kan. Denn obwol GOtt Allmaͤch - tig iſt / ſo kan er doch diſes nicht machen (und wann Ers koͤnte / waͤre Er nicht GOtt) daß eine Creatur natuͤrlich und weſentlich GOttA 4ſey.6Erjnnerungs Vorredſey. Derowegen ſagt Thaulerus in ſeinen Geiſt - lichen Unterrichtungen c. 9. weil der Aller - hoͤchſte nicht machen kondte / daß wir von Na - tur GOtt waͤren (denn diß ſteht Jhm alleine zu) ſo hat Er gemacht / daß wir GOtt waͤre auß Gnaden; damit wir zugleich mit Jhm in jmmerwehrender Liebe beſitzen moͤgen eine See - ligkeit / eine Freuͤde / und ein einiges Koͤnig - reich: Sondern dieſes iſt ſein Sinn / daß die Gewuͤrdigte und Heilige Seele zu ſolcher naher Vereinigung mit GOtt und ſeinem Goͤttlichen Weſen gelange / daß ſie mit demſelben gantz und gar durchdrungen / uͤberformet / Vereinigt und eines ſey; dermaſſen / daß wenn man ſie ſehen ſolte / man an jhr nichts anders ſehen und erken - nen wuͤrde als GOtt; wie dann im ewigen Le - den geſchehen wird: Weil ſie von dem Glantze ſeiner Herꝛlichkeit gleichſamb gantz Verſchlun - gen ſein wird. Ja daß ſie zu ſolcher Vollkomner gleichnuͤß GOttes gelangen koͤnne / daß ſie eben daß Jenige ſey (auß Genaden) was GOtt iſt (von Natur;) und alſo in diſem Verſtande recht und wol ein Liecht in dem Liechte / ein Wort in dem Worte / und ein GOTT in GOtte (wie in den Reimen geredet wird) koͤn - ne genennet werden. Sinthemal / wie ein alter Lehrer ſagt / GOtt der Vatter hat nur einen Sohn / und derſelbe ſind wir alle in Chriſto. Sind wir nun Soͤhne in Chriſto ſo muͤſſen wirauch7an den Leſer. auch ſein was Chriſtus iſt / und daſſelbe Weſen haben / welches der Sohn GOttes hat: Denn eben darumb (ſpricht Thaulerus in der vierd - ten Predigt am H. Chriſtage) daß wir daſſelbe Weſen haben / werden wir Jhm gleich / und ſe - hen Jhn wie Er wahrer GOtt iſt.
Und dieſem Satze ſtimmen bey alle Heilige GOttesſchawer; jnſonderheit jetzt gedachter Tauler in der 3, Predigt am 3. Sontag Trinit. da er ſpricht: Die Seele wird (durch daß wider erlangte Ebenbild) GOtte gleich und Goͤtt - lich: Ja alles wird ſie auß genaden was GOtt iſt von Natur. Jn diſer Vereinigung und ein - ſenckung in GOtt / wird ſie uͤber ſich ſelbſt in GOtt gefuͤhrt / und GOtte ſo gleich / daß wann ſie ſich ſelber ſaͤhe / ſie ſich fuͤr GOtt wuͤrde ſchaͤtzen: Und wer ſie ſahe / der wuͤrde ſie ſehen / nicht zwar in dem Natuͤrlichen / ſondern in dem auß Genaden jhr mit getheiltem Weſen / Form und weiſe GOttes / und wuͤrde alſo Seelig von dem Geſichte. Sinthemal GOtt und die Seele in ſolcher Vereinigung eines ſind; wiewol nicht von Natur / ſondern auß Genaden. Und nach wenigem: Die lautere und Goͤttliche Seele welche von der Creaturen Liebe ſo frey iſt wie GOtt / wird von andren geſehen werden / auch ſich ſelber in Ewigkeit anſehen alsGOtt (denn GOtt und eine ſolche Seele ſind in der ob - gemeldten Vereinigung eins) und wird jhreA 5See -8Erjnnernngs VorredSeeligkeit in und auß ſich ſelbſt nehmen in diſer Vereinigung.
Rusbroch im dritten Buch vom Zierrath der Geiſtlichen Hochzeit c. 1. Jn der Weſent - lichen Einheit GOttes ſind alle Andaͤchtige und jnnige Geiſter eins mit GOtt durch jhre Lieb - habende einſenckung und zerſchmeltzung in jhn: Und ſind auß Gnaden eben daſſelbige Eins daß die ſelbe Weſenheit in ſich ſelber iſt.
Und eben daſelbſt: GOtt uͤber alle gleich - nuͤſſe / wie Er in ſich ſelber iſt / faſſen und Ver - ſtehen / daß iſt etlicher maſſen GOtt mit GOtt ſein ohne mittel / (oder daß ich ſo ſage) ohne ei - ne empfindliche Anderheit. Und eben im ſel - ben Buche c. 2 ſpricht Er: Wann der Geiſt deß Menſchen durch die genießliche Liebe ſich ſelber verlohren hat / ſo empfaͤngt er die Klar - heit GOttes ohne mittel: Ja er wird auch ſelbſt / (ſovil einer Creatur zuſteht) ohne un - terlaß dieſelbe Klarheit welche er embfaͤngt.
Gleichermaſſen redet auch S. Bernard. im Buche vom Einſamen Leben / da er ſpricht: Wir werden daß ſein was Er iſt. Denn wel - chen die Macht gegeben iſt GOttes Kinder zu werden / denen iſt auch die Macht gegeben / nicht zwar daß ſie GOtt ſeyn / ſondern daß ſie ſeyn was GOtt iſt. Und nach diſem: Diſe gleichnuͤß GOttes wird die Einheit deß Gei - ſtes genennt / nicht alleine weil ſie der HeiligeGeiſt9an den Leſer. Geiſt zu Wercke richtet / oder den Geiſt deß Menſchen damit anthut: Sondern weil ſie ſelbſt der Heilige Geiſt / GOtt die Liebe iſt / weil durch Jhn / welcher die Liebe deß Vatters und deß Sohnes iſt / und Einheit / und Anmuͤtig - keit / und Gut / und Kuß / und umbfaſſung / und alles was beyden kan gemein ſein / in jener hoͤch - ſten Vereinigung der Warheit / und Warheit der Vereinigung / eben daſſelbe dem Menſchen auff ſeine Art zu GOtt geſchicht / was mit der ſelb ſtaͤndigen Einheit dem Sohne zum Vat - ter / oder dem Vatter zum Sohne / wann in der umbfahung und Kuß deß Vatters und deß Sohns ſich etlicher maſſen mitten inne befindet daß ſeelige Gewiſſen; da auff eine unauß - ſprechliche und Ungedaͤnckliche weiſe der GOt - tes Menſch verdienet zu werden / nicht GOtt; ſondern doch was GOtt iſt auß Natur / der Menſch auß Genaden. Und diſes Bernardus. Fragſtu wie daß zugehen koͤnne / weil daß Goͤtt - liche Weſen unmittheilhafftig iſt? So antwort ich dir fuͤrs Erſte mit dem heiligen Bonaven - tura: So du es wiſſen wilt / ſo frage die Ge - nade / und nicht die Lehre: Daß Verlangen / und nicht den Verſtand: daß Seufftzen deß Gebeths / und nicht daß fleiſſige leſen: Den Braͤutigam / nicht den Meiſter: GOtt / nicht Menſchen: Die tunckelheit / nicht die Klarheit: Nicht daß Liecht / ſondern daß Fewer welchesA 6gantz10Erjnnerungs Vorredgantz und gar anflammet / und in GOtt mit brennenden Begierden fuͤhret / welches Fewr GOtt ſelber iſt.
Fuͤrs ander / daß das Goͤttliche Weſen zwar unmittheilhafftig ſey / ſolcher geſtalt / daß es ſich mit einem Dinge vermengen ſolte / und eine Na - tur oder Weſen mit jhm werden: Daß es aber auff gewiſſe Weiſe wegen der ſo nahen und jn - niglichen Vereinigung / mit welcher es ſich in die Heylige Seelen ergieſt / gleichwol mit theilhafftig koͤñe genennet werden: Maſſen auch Petrus ſagt / daß wir theilhafftig werde der goͤtt lichen Natur: und Johannes / daß wir Gottes Kinder ſeynd / weil wir auß GOtt gebohren ſeynd. Nun koͤnnen ja die jenige nicht Gottes - Kinder / und theilhafftige der Goͤttlichen Na - tur genennet werden (ſpricht Thomas à Jesu l. 4. d. orat, divin. c. 4.) wann dieſelbige nicht in Uns / ſondern weit von Uns abgeſondert iſt. Denn ſo wenig ein Menſch kan weiſe ſeyn ohne Weißheit (wie Thauler. in der vierdten Ser - mon im H. Chriſtage redet) ſo wenig kan einer auch ein Kind Gottes ſeyn ohne die Goͤttliche Kindtſchafft / daß iſt / er habe dann daß war - hafftige Weſen deß Sohnes GOtts ſelber. De - rohalben ſoltu Gottes Sohn oder Tochter ſeyn / ſo muſtu auch eben daß Weſen haben / welches der Sohn GOttes hat / ſonſten kanſtu GOttes Sohn nicht ſeyn. Aber ſolche groſſe Herꝛlich -keit11an den Leſer. keit iſt uns noch zur Zeit verborgen. Darumb ſchreibt auch S. Johannes an obgemeldtem Ort weiter alſo: Meine allerliebſten wir ſind zwar Gottes Kinder / aber es iſt noch nicht offenbahr was wir ſeyn werden / wir wiſſen aber wann es erſcheinen wird / daß wir jhme werden gleich ſeyn / das iſt / daſſelbe Weſen daß er iſt werden wir auch ſeyn ꝛc. Darumb ſagt Nicolaus à Jesu Mar. l. 2. c. 16. Elucid. Theologic. in Joan. à cruce: Daß die Seele durch die Wuͤr - ckungen der Liebe mit welchen ſie GOtt liebt / Erlange / daß jhr GOtt nicht allein ſeine Ga - ben mittheile / ſondern daß auch ſelbſt die ſelb - ſtaͤndigkeit und Weſen GOttes der Seelen mit ſonderbahrem Titel ſelbſtaͤndig zugegen ſey. Und ſolches beſtaͤttigen auch die Worte deß hei - ligen Auguſt. S. 185 de tempore da er ſpricht: der heilige Geiſt iſt in diſem Tage zu bereitung der Hertzen ſeiner Apoſtel wie ein Platzregen der Heiligung eingefallen / nicht als ein Eil - fertiger beſucher / ſondern als ein jmmerweh - render Troͤſter / und ewiger beywohner. Dann wie er Matth. am 28. von ſich ſelbſt ſeinen A - poſteln geſagt hatte: Siehe ich bin bey euch alle Tage biß zum Ende der Welt; Alſo ſagt er auch von dem heiligen Geiſte: Der Vatter wird euch den Troͤſter geben der bey euch ſey in Ewigkeit / derowegen iſt er in diſem Tage bey ſeinen Glaͤubigen nicht nur durch die GnadeA 7der12Erjnnerungs Vorredder Rechtfertigung / ſondern ſelbſt durch die gegenwart ſeiner Majeſtaͤt geweſt; und iſt in die Gefaͤſſe jetzo nur nicht der Geruch deß Bal - ſams / ſondern ſelbſt die ſelbſtaͤndigkeit der Heiligen Salbe gefloſſen.
Diſes aber eygentlicher und ohne jrꝛthumb zuverſtehen und zu erklaͤren / hab ich mir allzeit ſehr belieben laſſen die Gleichnuͤſſe welche die heiligen Vaͤtter von der Vereinigung der Son - nen mit der Lufft / deß Fewers mit dem Eyſen / deß Weins mit dem Waſſer / und was derglei - chen / ſich gebrauchen / diſe hobe Vereinigung GOttes mit der Seelen etlicher maſſen da - durch zu beſchreiben. Unter welchen der heilige Bernard: im Buche wie man GOtt lieben ſol / in der mitten alſo ſpricht: Gleich wie ein tro - pfen Waſſers in vil Wein gegoſſen von ſich gantz zuvergehen ſcheint / in dem es deß Weins geſchmack und Waͤrmde an ſich nimbt: Und wie ein fewriges gluͤendes Eyſen dem Fewer gantz und gar gleiche wird / und ſeine alte und eigentliche Geſtalt außziehet: und wie die Lufft mit der Sonnenliecht durchgoſſen in deſſelben Liechtes Klarheit uͤberformet wird; alſo gar daß ſie nicht ſo wol Erleuchtet / als daß Liecht ſelber zu ſein ſcheinet: Alſo wird vonnoͤthen ſeyn / daß in den Heiligen alle Menſchliche be - gierlichkeit auff unaußſprechliche weiſe von jhr ſelbſt zerſchmeltze / und in Gottes willen gaͤntz -lich13an den Leſer. lich eingegoſſen werde: dann wie wolte ſonſt GOtt alles in allen ſeyn / wenn in dem Men - ſchen noch etwas vom Menſchen uͤbrig waͤre? Und in dem 25. Cap. deß Buchs von der Liebe / nach dem er eben diſe Gleichnuͤſſe angefuͤhret hatte / ſpricht er darauff: Alſo iſt deß Menſchen Geiſt / wann er mit Goͤttlicher Liebe angethan iſt / gantz Liebe. Derowegen wer GOtt liebt / iſt jhm ſelbſt Todt / und in dem er GOtt alleine lebt / machet er ſich etlicher maſſen (daß ich ſo rede) mit Weſentlich oder mitſtaͤndig dem ge - liebten (conſubſtantiat ſedilecto.) Denn ſo die Seele Davids der Seelen Jonathe vereinigt iſt; oder ſo der welcher GOtt anhaͤngt ein Geiſt mit jhm wird: ſo gehet nit ohne ungleiches Ur - theil der Vereinigung auff eine gewiſſe Art der mit Weſenheit die gantze Begierde in GOtt / ꝛc. Und derogleichen findet man auch beym Rus - broch Harphio, Thauler. und anderen. Jn - ſonderheit beym Ludovico Bloſio da er im zwoͤlfften Cap. ſeiner Geiſtlichen Unterrichtun - gen ſehr ſchoͤn alſo Redet. Jn der geheimen ver - einigung verfleuſt die liebhabende Seele / und vergehet von jhr ſelbſt / und verfoͤllet / als waͤre ſie zunichte worden / in den Abgrund der ewigen Liebe: Allda ſie jhr Todt iſt / und GOtt lebet / nichts wiſſende / nichts fuͤhlende / als die Liebe welche ſie ſchmaͤkket; denn ſie verliehret ſich in der uͤbergroſſen Wuͤſte unnd Finſternuͤß derGott -14Erjnnerungs VorredGOttheit. Aber ſich ſo verliehren / iſt mehr ſich finden. Da wird Warlich / was da iſt daß Menſchliche außziehende / und daß Goͤttliche anziehende / in GOtt verwandelt. Gleich wie daß Eyſen im Fewer die Geſtalt deß Fewers annimbt / und ins Fewer verwandelt wird. Es bleibet aber doch daß Weſen der alſo vergoͤtte - ten Seelen gleich wie daß gluͤende Eyſen nicht auffhoͤret Eyſen zuſeyn. Derohalben die Seele welche zuvor kalt war / iſt jetzt brennend / die vor Finſter war iſt jetzt leuchtend: Die vor harte war / iſt jetzt weich: Gantz und gar GOttfar - big; weil jhr Weſen mit Gottes Weſen durch - goſſen iſt: Gantz mit dem Fewer der Goͤttlichen Liebe verbrennet / und gantz zerſchmeltzend in GOtt uͤbergangen / und jhm ohne mitel Verei - nigt / und ein Geiſt mit jhm worden iſt; gleich wie Gold und Ertzt in einen Metalliſchen klum - pen zuſammen geſchmoltzen werden.
Nun mit ſolchen und dergleichen Worten und Reden haben ſich die H. Gottesſchauer bemuͤhet die jnnigliche Vereinigung Gottes mit der geheiligten Seelen etlicher maſſen außzu - drukken; deñ dieſelbe gruͤndliche zubeſchreiben / ſagen ſie / daß man nicht Wort ſinden koͤnne.
Wann derowegen der Guͤnſtige Leſer in di - ſen Reimen hin und wider derogleichen finden wird; ſo wolle er ſie auch nach diſem Verſtande richten und verſtehen.
Wie wol ich nun was diſen Punctt anbe -15an den Leſer. langt zur genuͤge mich vermeine erklaͤrt zuha - ben; ſo muß ich doch noch einen ſchoͤnen Text auß Dionijſio Carthuſiano allher ſetzen: diſer redet Artic. 42. in Exod. alſo / Alsdañ wird die Seele gantz in daß unendliche Licht außgebrei - tet / der uͤberweſentlichen GOttheit und uͤber - ſeeligſten Dreyeinigkeit / ſo ſtrahlend / Liebreich und nahe copulirt oder verbunden / daß ſie nichts andres verſpuͤret / noch jhre eigne Wuͤr - ckung warnimbt: ſondern ſie Verfleuſt von jhr ſelbſt / und fleuſt wider in jhren eigenen Bron - nen / und alſo wird ſie in die Reichtuͤmber der Glorien verzukket / in dem Fewr der ungeſchaf - fenen unaußmaͤßlichen Liebe verbrennet; in dem Abgrunde der Gottheit vertieffet und ver - ſchlukket / daß ſie ſcheint etlicher maſſen daß ge - ſchaffene Weſen auß - und daß ungeſchaffene und erſte Muſterweſen (eſſe ideale) wider an - zuziehen. Nicht daß die Selbſtaͤndigkeit ver - wandelt oder daß eigene Weſen weg genommen werde / ſondern weil die Weiſe zuſeyn / und die Eigenſchafft oder qualitet zuleben Vergoͤttet wird: Daß iſt / GOtte und ſeiner uͤberſeeligſten Seeligkeit uͤbernatuͤrlich und genaͤdiglich ver - gleichet wird: und alſo wird fuͤrtrefflich erfuͤl - let deß Apoſtels Wort: Wer dem HErren an - haͤngt iſt ein Geiſt mit jhm / ꝛc.
Wenn nu der Menſch zu ſolcher Vollkomner gleichheit GOttes gelangt iſt / daß er ein Geiſtmit16Erjnnerungs Vorredmit GOtt / und eins mit jhm worden / und in Chriſto die gaͤntzliche Kind - oder Sohnſchafft erreicht hat / ſo iſt er ſo groß / ſo reich / ſo weiſe und maͤchtig als GOtt / und GOtt thut nichts ohne einen ſolchen Menſchen / denn Er iſt eins mit jhm; er offenbahret jhm alle ſeine Herꝛlich - keit und Reichtuͤmber / und hat nichts in ſeinem gantzen Hauſe / daß iſt / in ſich ſelber / welches er fuͤr jhm verborgen hielte; wie er zu Moſi ſagte / ich will dir all mein Gutt zeigen. Derowegen ſagt der Urheber nicht zuvil wann er N. 14. in der Perſon eines ſolchen Menſchen ſpricht; ich bin ſo Reich als GOtt: Denn wer GOtt hat / der hat mit GOtt alles was GOtt hat. Alſo was N. 8. 95. und ſonſten geſagt wird / iſt auch nach diſer Vereinigung zuverſtehen. Wiewol auch diſe zwey erſten ein abſehen auff die Peer - ſon Chriſti haben / welcher wahrer GOtt iſt / und mit ſeinen unvergleichlichen Liebe Wercken uns zu verſtehen gegeben / als ob GOtt gleich - ſam nicht wol waͤre / wann wir ſolten Verloh - ren werden. Deßwegen Er auch nicht alleine in diſes Elende kommen und Menſch worden / ſon - dern auch ſo gar deß aller ſchmaͤhlichſten Todes hat Sterben wollen / daß Er nur uns wider zu ſich bringen / und ſich mit Uns ewig erfrewen und ergoͤtzen koͤnte: Wie er auch ſagt / meine Luſt iſt bey den Menſchenkindern. O deß verwun - derlichen und unaußſprechlichen Adels derSee -17an den Leſer. Seelen! O der unbeſchreiblichen Wuͤrdigkeit zu welcher wir durch Chriſtum gelangen koͤn - nen! was bin ich doch mein Koͤnig und mein GOtt! und was iſt meine Seele O unendliche Majeſtaͤt! daß du dich ernidrigeſt zu mir / und mich erhebſt zu dir! daß du Luſt ſuchſt bey mir / der du doch die ewige Luſtbarkeit biſt aller Gei - ſter! daß du dich mit mir wilt Vereinigen / und mich mit dir / der du in und an dir ſelbſt Ewig - lich genug haſt! Ja was iſt meine Seele / daß ſie dir auch gar ſo Gemein ſol ſeyn / wie eine Braut jhrem Braͤutigam / wie eine Liebe jhrem Lieben! O mein GOtt: Wann ich nicht glaubte daß du warhafftig waͤreſt / ſo koͤnte ich nicht glauben das zwiſchen mir vnd dir / als der unvergleichen Majeſtaͤt ſolche Gemeinſchafft jemahls moͤglich waͤre. Weil du aber geſprochen du wolleſt dich mit mir Vermaͤhlen in Ewigkeit; ſo muß ich nur diſe uͤbervernuͤnfftliche Genade / welcher ich mich nimmermehr koͤnte wuͤrdig ſchaͤtzen / mit de - muͤttigem Hertzen und verſtarꝛtem Geiſte ver - wundern. Du O GOtt biſt der allein unver - gleichliche wunder thut; Sinthemal du auch alleine GOtt biſt. Dir ſey Lob / und Preiß / und Danck / und Herꝛlichkeit von Ewigkeit zu E - wigkeit.
Was ſonſten vil andre nicht jederman Ge - meine Reden und Spruͤche anbelangt / ſo hoffe ich ſie werden / dem guͤnſtigen Leſer / im fall er inden18Erjnnerungs Vorredden Lehrern der geheimen GOttes Weißheit bekandt iſt / nicht alleine nicht frembde; ſondern auch ſehr Lieb und Angenehm ſeyn: in dem er hier als in einem kurtzen Begriff wird finden / was er bey jhnen nach der laͤnge geleſen / oder ja ſelbſt durch genaͤdige beſuchung GOttes in der That geſchmaͤkket und empfunden hat. Jſt er aber noch Unerfahren / ſo wil ich jhn freundlich zu jhnen gewiſen haben: Jnſonderheit zum Rusbrochio, Thaulero, Harphio, Authore Theologiæ Teutonicæ &c: Und neben diſen ſonderlich zum Maximil. Sandæo Societatis Jesu, welcher ſich mit ſeiner Theologia Myſti - ca, und dem clave, uͤber die maſſen gegen die Liebhaber diſer Goͤttlichen kunſt verdienet hat. Denn eine gantze und lautere Außlegung uͤber alle und jede Worte zumachen / wuͤrde eine groſ - ſe weitlaͤufftigkeit erfordern / und nur dem Leſer verdrießlich ſeyn. Es iſt deß Buͤcherſchreibens ohne diß keine maß / daß anjetzo faſt mehr ge - ſchriben als geleſen wird. Diſe Reimen / gleich wie ſie dem Urheber meiſten theils ohne Vorbe - dacht und muͤhſames Nachſinnen in kurtzer Zeit von dem Urſprung alles guten einig und allein gegeben worden auffzuſetzen; alſo daß er auch daß erſte Buch in vier Tagen verfertiget hat; ſollen auch ſo bleiben / und dem Leſer eine auff - munterung ſein / den in ſich verborgenen GOtt / und deſſen heilige Weißheit ſelbſt zuſuchen /und19an den Leſer. und ſein Angeſichte mit eignen Augen zube - ſchawen. Jedoch wo der Verſtand zweiffelhaff - tig oder gar zu Tunckel zu ſein vermeinet wird / ſo ſol dabey eine kurtze Erinnerung geſchehen. Der Leſer denke aber weiter nach / und lebe in betrachtung der Goͤttlichen wunder mit unge - faͤlſchter Liebe / zu groſſen Ehren GOttes; deme beſohlen Gegeben in Schleſien den 7. Heumo - natstag deß ſechzehenhundert und Sechs und funfftzigſten Jahres.
EGo infraſcriptus legi Domini Joannis Angeli Sileſij libellum qui inſcri - bitur Geiſtreiche Sinn und Schluß-Reime; quo amœ - nitatem luſumque Poëticum ita pieta - ti ſacrisque ſalibus miſcet, ut Lectorem inde & recreandum ſperem, & ad pios animi ſenfus commovendum. Ideoque dignum cenſui, qui luci publicæ com - mitteretur. Viennæ ex Cæſareo Aca - demico Collegio Societatis Jesu die z. Aprilis Anno 1657.
NICOLAVS AVANCINVS è Soc: JESV, S. S. Theol: Do - ctor ejuſdemq́ Facultatis Vien - nenſis Decanus. Imprimatur JOANNES GVILIELMVS IVNCHER, p. t. Vniver - ſitatis Rector,
Daß Brod ernaͤhrt dich nicht: was dich im Brodte ſpeiſt /Jſt43[41]Erſtes Buch. Jſt GOttes Ewigs Wort / iſt Leben / und iſt Geiſt.
Wer ſelbſt nicht alles iſt / der iſt noch zugeringe /Daß45[43]Erſtes Buch. Daß er dich ſehen ſol Mein GOtt und alle Dinge.
Nichts iſt der beſte Troſt. Entzeucht GOtt ſeinen Schein:So59[57]Andertes Buch. So muß daß bloſſe Nichts dein Troſt im Untroſt ſeyn.