PRIMS Full-text transcription (HTML)
PIORUM ΓΛϒΚϓΠΙΚΡΟΝ.
Das iſt / Chriſtliche LeichPre - digt vber die Prophetiſchen Worte Eſaiæ Cap. 54. v. 7. Darinne von dem Wohl vnd Vbelſtande der Chriſten in dieſer Welt geredet wird / Bey Ehrlichem vnd Volckreichem Leichbegaͤng - nuͤß eines Gottſeligen Juͤnglings GOTTFRJEDS HEINRJCHS /
Des Weiland Edlen / Ehrenveſten / Achtbaren vnd Hochweiſen Herrn SIGISMUN - DI KINDLERI von Trappenſtein / Syndici vnd Buͤrgermeiſters allhier zur Zittaw geliebten nachgelaſſenen Soͤhnlins / Welcher im 9. Jahr ſeines Alters / nach viel vnd mit groſſer gedult außgeſtandenen kranck - heit ſelig im Herrn entſchlaffen / Den 10. Sept. Abends zwi - ſchen $$\frac{10}{11}$$ des 1627. Jahres / Vnd den 13. ſelbiges Monats mit gewoͤhnlichen Ceremonien in die Kirche zum H. Creutze iſt in ſein Ruhebetlein verſetzet worden /
Gedruckt zurZittaw/ beyJoachim Clement.

Der Edlen / Viel Ehr vnd Tugentreichen Frawen Sabinæ Kindlerin / Gebohrnen Neſenin / Alß des Selig verſtorbenen Juͤnglings Frawen Mutter / Meiner Hochgeehrten Frawen Schwaͤgerin vnd Gevatterin / Neben jhrer geliebten Jungfraw Tochter Emerentlæ. Wuͤntſche ich Troſt vnd Frewde / von GOtt dem Vater vnſers HErrn JEſu Chriſti / durch den H. Geiſt.

EDle / Viel Ehr vnd Tugendreiche Fraw Schwaͤgerin vnd Gevatterin / Es iſt allenthalben gebraͤuchlich / das vmb dieſe zeit des Jahres / Ein gutt Freundt dem andern / pfleget etwas zum Newen Jahre zuverehren. (Wie dan Svetonius in Auguſto bezeuget / Das es ſchon vorzeiten bey den Roͤmern vblich geweſen /) Jſts nicht mehr / So iſts doch ein Hertzlicher Wuntſch fuͤr ge - ſundheit vnd andere erſproͤßliche Leibes vnd der See - len Wolfart.

Nun weiß ich mich an meinem theil guter maſſẽ zu - erinnern / dz die Fraw Gevaterinne eine geraume zeit meine in Ehren fuͤrnehme Goͤnnerinne vnd Freundin - ne geweſen / auch mancherley weiſe jhre affection oder Gunſt gegen mir / wiewol Vnwirdigen / erwieſen / Jch habe aber auß mangel der gelegenheit dz bekante ſprich - wort ἔρως ἀντέρως Liebe wieder Liebe niemals practi - ciren oder ins werck ſetzen koͤñen. Jetzo ſchickets Gott / das ich mich vnterwinde den Leich-Sermon / der bey jhres geliebten / frommen vnd gehorſamen Soͤhnlins Gottfried Heinrichs beſtattung iſt gehalten worden / Jhr zum Newen Jahr zu offeriren. Jch wolte von Hertzen wuͤntſchen / das es ein froͤlichers præſent ſeinmoͤchtemoͤchte. Aber was dem HErrn vnſern lieben GOtt gefallen / vnd wie er es gefuͤget hat / So muß vns aller -Iob. 1, 21. ſeits gnuͤgen. Es koͤmpe doch alles von Jhm GluͤckSyr. 11, 14. vnd Vngluͤck / Syr. 11. Wenn er mir nach ſeinen Vaͤ - terlichen willen etwas anders vnd anmutigers an die hand gegeben hette / wolte Jhr ich es mit frewden ein - antworten. Sie wird aber gleichwol die bona nova vnd die froͤlichen ſachen darinnen finden / Das jhres lieben Soͤhnlins Jammer / Truͤbſal vnd Elend kom - men ſey zu einem ſeligen Endt / vnd das jhm nunmehr an Seele vnd Leib wohl ſey. Seine Seele iſt denſelbi -Apoc. 14, 13 Luc. 16, 22. gen Nun vnd Augenblick / da ſie Valet vom Leibe genom - men von den Engeln GOttes in Abrahams Schoß das iſt / ins Ewige Leben getragen worden / Da frewdePſal. 3. 6. Apoc 21, 4 die fuͤlle vnd liebliches weſen iſt / Da kein Leid / kein Ge - ſchrey / kein Schmertz iſt Apoc. 21. Der Coͤrper fuͤhlet keine Angſt mehr / Er ruhet ſanffte in der Erden / vnd redet Sie gleichſam mit verſchloſſenem Munde troͤſt -Pſal. 16. 11. lich an: Jch liege vnd ſchlaffe gantz mit frieden. Vnd gliebts GOTT am bald ein vnd anbrechenden lieben Juͤngſten Tage / da ein jeder frommer Menſch das ſei -Actor. 3, 21 nige wieder bekommen wird / wird Sie jhn mit Leib vnd Seele vereiniget / wiederumb zu trewen haͤnden vber - antwortet bekommen / vnd Ewig vngeſcheiden bey Jhr behalten. Dieß vnd andere erfrewliche ſachen ſind begrieffen in dieſer Predigt / Hoffe demnach / Sie werde Jhr ſolches nicht mißfal - len laſſen / wie mich dann bekraͤfftiget / das es geſchehen werde / weil ſie ſelber vmb publication derſelben angehalten hat.

GOtt verleihe jhr mit jhrer geliebten Jungfraw Tochter / vnd andern fuͤrnehmen Anverwanten / dieſes vnd noch viel Jahre beſten dige Geſundheit / Leben / vnd andere Heilſame Wolfart zu Leib vnd Seele / Amen. Datum Zitraw den 1. Januarii 1628.

D. F. G. Gebetswilliger M. Andreas Winziger.

Præloquium.

Die Gnade vnd der Troſt GOttes des H. Geiſtes ſey mit allen Trawrigen vnd Leidtragenden Heut vnd jederzeit / AMEN.

Eccl. 1. 9.

GEliebte im Herren / Salomon der Hochweiſe Koͤnig ſtellet in ſeinem Buch / das er den Prediger neñet / Ei - ne ſonderliche Frage an / vnd beant - wortet ſie auch alſo bald / vnnd ſagt Alſo: Was iſt das geſchehen iſt? E - ben das hernach geſchehen wird. Was iſt das man gethan hat? Eben das man hernach thun wird / vnd geſchicht nichts Newes vnter der Sonnen / geſchicht auch etwas / davon man ſagen moͤchte / Sihe das iſt New? denn es iſt vor auch geſchehen in den vorigen Zeiten / die vor vns geweſen ſind. Das dem nun al - ſo ſey / vnd dz Salomon recht vnd wohlgeredet habe / kan vnter andern mit gegenwertigen Leichbegaͤng - niß bewieſen werden / da die Edle / Viel Ehren Tu - gendreiche Fraw Sabina / Des Weiland Ehrenveſten Achtharn vnd Hochweiſen Herren Sigiſmundi Kin - dleri Syndici vnd Buͤrgermeiſters vnſer Stadt nach - gelaſſene Fraw Wittib / jhren lieben Sohn Godfridum Henricum in die Erde legen vnd begraben leſſet. Jſt diß etwas Newes vnd ſonderliches? O Nein / Jn vorigen Zeiten iſt ſolches auch geſchehen. Auff kuͤn -fftigenfftigen Sontag / wils Gott / werden wir hoͤren / das es zu Nain auch alſo zugangen ſey. Daſelbſt warLuc. 7. 11. eine Wittib / zwar wol an Haab vnd Gutt vermoͤgen - de (Wie die Alten es dafuͤr halten / vnd daher ſchliſ - ſen / weil viel Volcks aus der Stadt mit zugrabe gan - gen / Cum moritur dives concurrunt undiq; cives) Aber vnvermoͤgende an Kindern. Jhr lieber Herr hat jhr einen Einigen Sohn hinterlaſſen / der iſt biß hero die Wonne vnd Frewde jhres Hertzens geweſen / auff welchen ſie ſich nechſt Gott verlaſſen / vnnd ver - meinet / dz ſie noch weiter vnd groͤſſere Ehre an den - ſelbigen erleben wolle / vnd ſihe der Todt hat jhr den ſelbigen ohn alle Barmhertzigkeit auß den Augen vñ von der Seiten hinweg genommen / Es iſt ſo weit mit jhm kommen / das ſie jhn zum Stadthor heraus tragen / vnnd wenn der Hertzog des Lebens JEſus Chriſtus nicht ins Mittel kommen wehre / jhn haͤtte muͤſſen begraben laſſen. Nun wie es damals geſche - hen zu Nain / Alſo gehet es heute bey vns zur Zittaw zu / Jtz wohl erwehnete Fraw Kindlerin iſt von Gott reichlich an Guͤttern geſegenet / aber Arm an Kindern / Jhr lieber Herr hat jhr einen Einigen Sohn neben einer Tochter hinterlaſſen / An demſel - bigen hat ſie vermeinet lange zeit Ehre vnd Frewde zuerleben / (Wie dann auch ſolche Hoffnung nicht vmbſonſt vnd vergebens geweſen waͤre / wenn jhn GOTT Leben vnd Geſundheit verliehen haͤtte) Aber ſihe / ſo iſt der Todt nach Gottes willen ins mit - tel kommen / der hat jhn an vergangenen Freytage zur Kalten Leichen gemacht / das er jetzo muß in dieA ijErdeErde geleget vnd begraben werden. Wenns wuͤn - ſchens gilte / ſo wolten wir wuͤnſchen / das ſie moͤchte das Gluͤck gehabt haben / vnter den Stadthor / wel - ches die Wittibe zu Nain damals gehabt / vnd das der Hertzog des Lebens kommen waͤre vnd jhr liebes Soͤhnlein auch von den Todten aufferwecket haͤtte. Allein zu wuͤnſchen iſt es wol / zuhoffen nicht. Was aber dieſes mahl nicht geſchehen / das wird dort / ge libts Gott / geſchehen / dort an Tage der allgemeinen Aufferſtehung / an dem Erſtattungstage / wird die - ſer jhr lieber Sohn jhr wiederumb eingehaͤndiget werden. Vnd das ſie ſich gewiß deſſen zuverſehen haben werde / kan ſie abnehmen auß dem LeichText / den jhr liebes Soͤhnlein jhm ſelber außerkohren vnd erwehlet / denſelbigen wolle E. L. mit fleiß vnd an dacht anhoͤren / vnd lautet in vnſer Deutſchen Sprach wie hernach folget Alſo:

Eſaiæ cap. 54. v. 7. 8. JCH habe dich ein kleinen Augen - blick verlaſſen / Aber mit groſſer Barmhertzigkeit wil ich dich ſamlen. Jch habe mein Angeſicht im Augen - blick des Zorns ein wenig von dir ver - borgen / Aber mit Ewiger Gnade / wil ich mich dein Erbarmen / ſpricht der Herr dein Erloͤſer.
Exor -

Exordium.

WAS Eſaias der HocherleuchteEx. Eſ. 40. 6. à Colla - tione Flo - ris & De - functi. Prophet in gemein vom zuſtande Menſchliches geſchlechtes redet / wen er klaget vnd ſaget: Alles Fleiſch iſt Hew vnd alle ſeine guͤtte / wie eine blu - me auff dem Felde: Das koͤnnen wir fuͤglich vnd wohl auff den Gottſeligen Juͤngling GOD - FRIDUM HEINRICUM / Des weiland Ehrenveſten / Hochweiſen Herrn SIGISMUNDI KINDLERI nach gelaſſenes geliebtes Soͤhnlin / deſſen Coͤrperlein wir jtzo vor vnſern Augen haben / accommodiren vnd ziehen. Sintemal gar eine artige vnd anmutige vergleichung / zwiſchen jhm vnd einer Blumen in etlichen ſtuͤcken kan angeſtellet werden. Welches wir vmb gewiſſer vrſa -[chen] willen in Eingang vorſtehender Predigt / nicht vnbillich beruͤhren vnd anfuͤhren. 1. Eine Blume1. iſt ein Edles Geſchoͤpffe Gottes / alſo auch Er. Gott hat jhn von Ehrlichen Vornehmen vnd Chriſtlichen Eltern laſſen auff dieſe Welt gezeuget vnnd gebohren werden. Sein Herr Vater (wie jetzt gedacht) iſt ge - weſen H. Sigißmund Kindeler Syndicus vnd Buͤrger - meiſter vnſer Stab / Seine Fraw Mutter aber eine Ge - bohrne Neſenin / welch geſchlecht zumahl Alt vnd Hoch - beruͤhmet iſt. 2. Eine Blume gibt einen Lieblich -2. en vnd angenehmen Geruch von ſich / Alſo auch Er / wie Jung er von Jahren / ſo hat ſich doch ſchon albereit[e]in herrlich indoles an jhm ſpuͤren vnd vermercken laſ - ſen / das / wo jhn Gott haͤtte laͤnger leben laſſen / wuͤrdeohnohn allen Zweiffel ein Fuͤrtrefflicher Mann auß jhm worden ſein. Er iſt gar gluͤcklich in ſeinen Studiis fort - gefahren / Es iſt eine ſonderliche Gottes Furcht bey jhm geweſen / Er hat gerne gebetet / vnd in Wehrender Kran - ckheit mit vielen Hertzbrechenden Gebeten vnd Spruͤ - chen ſich ſelbſt getroͤſtet / Jnſonderheit iſt ſeine Klugheit vnd verſtaͤndiges Gemuͤt daher abzunehmen / das Er jhm ſelber einen LeichText erwehlet / auch mit eigener Hand geſchrieben / der ſich ſehr wol auff ſeinen Außge - ſtandenen Zuſtand ſchicket / verlaſſen hat / das iſt alles3. gratus odor ein Lieblicher geruch dieſer Blume. 3. Eine Blume muß mancherley Vngewitter auſtehen / Regen / Froſt vnd Hitze / Alſo auch Er / Ach wie man - chem Vnfall iſt das liebe Kind vnterworffen geweſen! Jn ſeiner Zarten Kindheit hat Er leyder einen Vnver - hofften Schaden an ſeinen Leib vnnd Gliedmaſſen be - kommen / welches ſeine liebe Eltern neben jhm Hoch - ſchmertzlich entpfunden / haben auch alle Menſchliche Mittel zur verhofften Reſtitution verſuchen laſſen / allein es iſt alles vmbſonſt vñ vergebens geweſen. VberTob. 12, 13. Pſal. 60, 5 dieſes hat jhm der liebe Gott / weil er jhm lieb geweſen / ein hartes nach dem andern erzeiget / bald iſt er zu - ſchwollen geweſen / bald iſt die geſchwulſt auffgebrochẽ / vnd iſt zum offenen Schaden gelanget / vnnd was der Angſt mehr geweſen iſt / das wer es geſ[e]hen hat / ſich hoͤchlich daruͤber betruͤbet vnd ein hertzliches Mitleyden4. gehabt hat. 4. Eine Blume darff nicht jmmerdar Regen / Hitze / Stuͤrmwinde vnd dergleichen auſte - hen / Sondern ſie wird abgehawen / eingeſamlet / da ſie von allen Vngewitter geſichert iſt / Alſo auch Er. VnſerVnſer lieber GOtt / der getrew iſt / vnd Niemand vber1. Cor. 10. 13 vermoͤgen auffleget / hat an ſeinem Jammer vnd Elend ein Seelig Ende gemacht. Er hat zwar dem Men - ſchen Meder dem Tode zugelaſſen / dz er jhn am vergan - genen Freytag zu Abend zwiſchen 10 vnd 11 Vhr ab - gehawen vnd den Faden ſeines Lebens zerriſſen hat / A - lein Er iſt nunmehr von allem Vngewitter vnd Vn - gluͤcke Leibes vnd der Seelen befreyet / ſein Seelichen iſt damalß von den Engeln GOttes in das Buͤndlin1. Sam. 25 29. der Lebendigen eingebunden worden / Es iſt im Himmel in jhre Heylige Geſellſchafft angenommen worden / da kein leyd noch ſchmertzen iſt. Der Coͤrper aber wird jtzoApoc. 21. 4 zu ſeinem Lieben Geſchwiſter / das er vor der Zeit voran geſchicket / verſetzet vnd geſamlet / da jhn auch nicht das geringſte Leyd wieder fehret. Sein Grab iſt eine fei - ne Schlaffkammer / vnnd ob er auch gleich wegen derEſ. 26. 20. Suͤnden die Verweſung außſtehen muß / ſo befindet vñ fuͤhlet er doch dieſelbe nicht / Er wird gleich einem ſaam -Ioh. 12. 24 koͤrnlin / das auch zuvor verfaulen muß / zur kuͤnfftigen Aufferſtehung tuͤchtig gemacht. Deñ hier wirds geſeet1 Cor 15. 43 verweßlich / dort wirds Aufferſtehen vnverweßlich / da - von wir jtzo im letzten vergleichungsſtuͤcklin weiter hoͤ - ren werden. Endlich 5. Eine Blume wird nicht al -5. lein abgehawen / ſondern ſie wechſt auch wieder / zu.Matth. 15. 28. mal zur Fruͤlingszeit / wenn der Erdboden durch die Soñe wieder erwermet vnd lebendiggemacht wird. Alſo auch der Seelig verſtorbene Juͤngling wird dermal eines auß der Erden wieder herfuͤr kommen. Denn gleich wie jetzt die Seele bey Gott iſt / lebet vnnd bey der Heyligen Geſellſchafft der Engel jhren auff ent -Sap. 3. 1. Bhalthalt hat / Alſo wird er auch ſeinem Leibe nach auff denMal. 4, 2. lieben Juͤnſtentag lebendig werden. So bald die Son -Act. 3. 15. ne der Gerechtigkeit JEſus Chriſtus herfuͤr brechenIoh. 5. 28. wird / vnd der Fuͤrſt des Lebens ſeine ſtimme wird hoͤren laſſen / Stehet auff jhr Todten / da wird er auch wach werden / vnnd ſeiner lieben Mutter lebendig zu trewen haͤnden vberantwortet werden / vnd nicht mit einen ſol - chen Siechen Gebrechlichen vnd Kranckem Leibe / SonPhil. 3. 21. dern verklaͤret / der ehnlich ſein wird dem verklaͤrtem Lei - be Chriſti. Phil. 3. Sehet / eine ſo anmutige Verglei - chung kan zwiſchen einer Blumen vnd zwiſchen dem ſeelig verblichenem Juͤngling angeſtellet werden. Bil - lich derowegen wir ſolches zum Eingang beruͤhret vnd angefuͤhret haben. Was das letzte vergleichungs ſtuͤck - lin anlangen thut / das Er dermal eines werde ſeinem Leibe nach / wiederumb Lebendig vnd Herrlich ge - macht werden / Hiervon haben wir gutte vnd gewiſ - ſe Nachrichtung in dem LeichText / der jetzo verleſenen / vnd Er jhm denſelbigen ſelber erwehlet hat. Denn der liebe Gott hat nach ſeinem Vaͤterlichen Erkaͤntniß vnd Wolgefallen in dieſem Jammerthal auch ſein Antlitz in Augenblick des Zornes von jhm verborgen / in dem er jhn mit groſſer Angſt vnd Schmertzen heimgeſucht hat / maſſen es denn auch ſo weit mit jhm kommen / das er hat Mund vnd Augen daruͤber zuthun vnd Sterben muͤſſen. Weil ſich nun der getrewe Gott zu dieſem Zeit - lichen Leben ſeiner nicht erbarmet / vnd jhn wiederumb von ſeinem Sichbette auffgerafft Zeittlich Leben / vñ Ge - ſundheit ertheilet hat / ſo wird Er es gewiß dorte thun / an bald ein vnd anbrechendem lieben Juͤngſtentage / welch -erEr ein rechter VerſamlungsTag ſein wird / wird er jhn Aufferwecken / mit Ewiger Gnade alß dan ſich ſei - ner erbarmen / vnd ſein in dieſer Welt außgeſtandenes Leyd zur Ewigen Frewde machen. Weil er hier mitPſal. 126, 5 Ioh. 16. 22 Thraͤnen geſeet hat / ſo wird er dort mit Frewden Ern - ten / hie hat Er Trawrigkeit gehabt / dort wird ſie in Frewde verwandelt werden / die Niemand von jhm ne - men wird. So viel zum Eingang vorſtehender Lei - chenPredigt. Wir wollen zur Erklaͤrung dieſes Tex - tes ſchreiten / vnd E. L. daraus dieſe zwey nachfolgen - de Lehrpuͤnctlin fuͤrtragen.

I. Was doch der From̃en Zuſtand in die -Propoſitio bimembris I. ſer Welt ſey. Nemlich / Gott pfleget ſie einen kleinen Augenblick zuverlaſſen / vñ im Augenblick des Zorns ein wenig ſein Angeſichte vor jhnen zuverbergen. Dabey wir wegen der viel vnd mancherley außgeſtan - denen Leibeskranckheiten des nunmehr Seelig verſtor - benen Juͤnglings die Nothwendige Frage eroͤrtern wol - len / Warumb der Liebe Gott doch mit Jungen Leu - ten auff dieſe weiſe verfahre / ſein Antzlitz vor jhnen verberge vnnd ſo mancherley Creutz vnd Angſt jh - nen zuſchicke.

II. Was der Frommen in ſolchem Truͤbſe -II. ligem Zuſtande Troſt ſein ſol / Damitt ſie ſich auff - richten vnd erquicken koͤnnen.

Das ſoll vor dißmahl vnſer LeichenPredigt ſein.

GOtt helffe / das wir mit Andacht zuhoͤren / vnnd vns hiermit im Leben / Leyden / vnd auch endtlich im Sterben troͤſten moͤgen AMEN.

So

Ε᾿ξήγημα.

SO Handelt demnach das 1. StuͤcklinI. De pio - rũ in hoc mundo ſtatu & conditi - one. vnſers LeichTexts De piorũ in hoc mundo ſtatu & conditione. Von dem Zuſtande der from - men in dieſer Welt. Der ſtehet darinne / das geſaget wird / Gott verlaſſe Sie / Jtem Er verberge ſein Ange - ſichte vor jhnen. So lautet der Text: Jch habe dich einen kleinen Augenblick verlaſſen / Jch habe mein Angeſicht im Augenblick des Zornes ein wenig vonExplic phraſ. quo - modo Deus ſuos dere - linquat. ἄρσις. dir verborgen. Allhier muͤſſen wir verſtehen lernen / was da heiſſe Verlaſſen / oder das Angeſicht verbergen vnd iſt zuwiſſen / das es nicht alſo gemeinet ſey / gleich - ſam alß nicht Gott allezeit bey den From̃en gegenwer - tig waͤre / oder / dz er ſie nicht jmmerdar mit ſeinen Goͤtt - lichen Augen anſchawe / Ach Nein / Enter prælenter, DEus hîc & ubiq; potenter Lautet das alte Schulverſ - lin / Gott iſt allenthalben gegenwertig / Auguſtinu[ſ]ſagt ſchoͤn: DEus totus oculus eſt, quia omnia v[i -]Auguſtin in Pſ. 136. det, totus auris eſt, quia omnia audit, totus manus eſt, quia omnia operatur, totus pes eſt, quia ubiq; præ - ſens eſt. Das iſt / Gott iſt gleich wie ein gantzes Auge denn er ſiehet alles / gleich wie ein gantzes Ohr / denn Er hoͤret alles / gleich wie eine gantze Hand / denn Er wircket alles / gleich wie ein gantzer Fuß / denn er iſt allenthalben gegenwertig / Er iſt bey jhnen præſentia generali& ſpe - ciali. Daher ſagt Er ſelber / Bin Jch nicht ein Gott / der nahe iſt vnd nicht ein Gott der ferne iſt / ſpricht derJer. 23, 24 Herr? Meineſtu das ſich Jemand ſo heimlich verber - gen koͤnne / das Jch jhn nicht ſehe / ſpricht der Herr? BinBin ichs nicht der Himmel vnd Erden erfuͤllet / ſpricht der Herr? Da denn per ἔμφασιν zu drey vnterſchie - denen mahlen / das (Spricht der HErr) wiederholet wird / anzuzeigen / das die gantze Hochgelobte Heylige Dreyfaltigkeit / GOTT Vater / Sohn vnd Heyliger Geiſt allezeit den Menſchen gegenwertig ſey. Vnd im Eſa. 43. Sagt Er mit nachdencklichen worten / Fuͤrch -Eſa. 43, 2. te dich nicht / denn ich habe dich Erloͤſet: Du biſt mein / denn ſo du durchs Waſſer geheſt / wil ich bey dir ſein / dz dich die Stroͤme nicht ſollen erſaͤuffen / vnd ſo du durchs Fewer geheſt / ſoltu nicht brennen / vnd die Flamme ſoll dich nicht anzuͤnden / denn ich bin der Herr dein GOtt / der Heylige in Jſrael / dein Heyland. Dannenhero haben ſich auch die Heyligen allezeit ſolcher gegenwart getroͤſtet / Jnſonderheit David 23. Ob ich ſchon wanPſal. 23, 5. dere im finſtern thal / fuͤrchte Jch kein Vngluͤck / denn du Herr biſt bey mir. 27. Der Herr iſt mein Licht vndPſal. 27, 1. mein Heyl fuͤr wem ſolt ich mich Fuͤrchten? Darumb iſts nun nicht alſo gemeinet / gleichſam / als Gott nicht allezeit bey den Frommen gegenwertig waͤre / Sondertθἐσις. auff folgende weiſe muß es verſtanden werden. 1. Das er bißweilen nicht ſeine gegenwart mercken leſ - ſet. 2. Das jhnen die Frommen die einbildung ma - chen / alß habe ſie Gott verlaſſen. 13. Eſa. 49. DennPſal. 13, 1 der liebe Gott handelt mit den Seinigen / wie eine Mut -Eſa. 49, 14 ter mit jhrem Kinde. Das Kind ſitzet in der Stube vnd Weinet heiſſe Thraͤnen / meinet die Mutter ſey weit vber alle Berge / vnter des ſtehet ſie hinter der Stu - benthuͤr / gucket durchs Schluͤſſelloch vnd mercket / wie ſich das Kind geberden werde: Alſo thut auch vnſerB ijFrom -Fromme Gott / wenn die Frommen im Creutze ſtecken / dencken ſie / Er ſey viel Tauſent Meilweges von jhnen /Cant. 2, 9. da er doch vnter des durchs Gitter gucket / vnd der nech - ſte jhnen an der Seite iſt. Je groͤſſer Noth / je naͤher Gott. So heiſt derowegen allhier verlaſſen oder ſein Antlitz verbergen kuͤrtzlich ſo viel / Alß Creutz vnd Vn - gluͤck zuſchicken / bißweilen ſeine gegenwart verber - gen / nicht bald außhelffen. Vnd wird demnach hir - mit angedeutet / das diß der Zuſtand der Frommen in in dieſer Welt ſey / das ſie nicht im Roſengarten ſitzen / Sondern das ſie vielem Jammer vnd Elend muͤſſen vnterworffen ſein. Vnd da iſt des lieben Gottes ge - brauch / das er ohne auſehen der Perſon die Seinigen verleſſet / Er thuts nicht allein groſſen ſondern auch klei nen / nicht allein Alten / ſondern auch Jungen Leuten / es darff manch Armes Kind kaum etliche Monat oder Wochen alt ſein / vnd dabey wol faſt keine einige ge - ſunde ſtunde haben. Wie dann der liebe Gott ein ſolch hartes vnſerm Godfrid Henrico erzeiget / der keinen oder gar wenig friſche Tage in der Welt gehabt hat. Hier koͤnten wir vns nun ins weite Feld begeben / vnnd ῥητῶς mit Spruͤchen / ϖαραβολικῶς mit GleichniſſenCauſæ, cur D[i]us juni - ores deſe - rath. e. illis tot plagas immittat. vnd παραδειγμαγικῶς mit Exempeln beweiſen / dz diß der Zuſtand der Frommen ſey / Allein zeit vnd gelegen - heit leydet es nicht / wir eroͤrtern nur die in der Propo - ſition beruͤrte Frage / Warumb doch der liebe GOtt auff dieſe Weiſe mit dem Jungen Volck verfahre / warumb Er von Zarten kindern ſein Angeſicht ver - berge / vnd ſo mancherley Angſt vnd Creutze zuſchi - cke? Er iſt ja Barmhertzig / ſeine Luſt iſt bey den Men -ſchenſchenkindern / vnd dennoch greifft Er ſie bißweilen ſoEx. 34, 6. harte an / das den Eltern oder andern / die es ſehen / dasProv. 8, 31 Hertze im Leibe zerſchmeltzen moͤchte? Die Vrſachen ſind kuͤrtzlich dieſe. I. Die Suͤnde die entweder Sie /1. Propri - um, ſive pa rentũ pec - catum & prævari - catio. oder jhre Eltern gethan haben. Deñ weil ſolche Kin - der nicht Engel ſind / Sondern in Suͤnden empfangen vnd gebohren werden / auch ſonſt / ob wol vnwiſſende / mit winſeln vnd weinen ſich vngeduldig vnd vngeber - dig ſtellen / ſo wird der Gerechte GOtt vervrſacht / ein Ruͤttlin zubinden / vnd ſie zuſtraffen. Denn er iſt einPſal. 51, 6 Heiliger GOtt / Er iſt nicht ein GOtt dem GottloſesSap. 3, 4. Weſen / es werde wiſſentlich oder vnwiſſentlich began -Lev. 29, 2 gen / gefellet. Bißweilen geſchicht es auch wol / das ſiePſal. 5, 5. frembder Suͤnden entgelten muͤſſen / vnd außeſſen / was ander eingebrocket haben. Wie dann Gottfried Hein - rich ſich offt in ſeiner Leibes ſchwachheit verlauten laſ - ſen / Er muͤſſe jrgend eines boͤſen Menſchen entgel - ten / das jhn der liebe Gott ſo hart angreiffe. Auß Ex - empeln Heyliger Schrifft kan ſolches erſehen werden / davon wir nur eines vnd das ander anfuͤhren wollen. Das Davids Kind am Siebenden Tage eines ſo geh -2. Sam. 11 16. lingen vnnd geſchwinden Todes ſterben muſte / hat der Vater vervrſacht / weil er es in Ehebruch erzeuget vnd gezeuget hatte. Das Gehaſi nach kom̃en alle mit der be -2. Reg. 5, 27. ſchwerlichen Kranckheit dem Außſatz beladen / hatten ſie zudanckẽ jhrem Vater. Das die BethlehemitiſchenMatth. 2. 16. Kinder ſo Elendiglich vmb jhr Leben kamen vnnd von Herode dem Bluthunde ſo jaͤm̃erlich hingeriſſen wor - den / hatten nicht ſie fuͤrnemlich / ſondern jhre Eltern ver ſchuldet / Gott ſtraffete hirmit jhren Vndanck / das ſie injhrenjhren Haͤuſern dem̃ lieben Jeſulein nicht ein Reumlin haben geben wollen. So gehets heutiges Tages zu / Gott ſtraffet offt die Suͤnde der Vaͤter an den Kindern2. Impiorũ ad melio - rem frugẽ incitatio Exod. 20. 2. GOtt wil hiermit alte verſtockete Leute warnen vnd zur Buſſe locken / das ſie in ſich ſchlagen vnd folgende weyſe ſchliſſen lernen / Geſchicht diß am Gruͤnem holtz was wil nicht am duͤrren werden? Luc. 23, 32Muͤſſen ſolche kleine Kinder herhalten / die es nicht ſoEzech. 33, 11. groͤblich verſchuldet haben / was wil nicht Alten Suͤn - dern wiederfahren? Denn ſo war GOtt lebet er wil1. Tim. 2, 4 nicht den Todt des Gottloſen / Sondern das ſich der GOttloſe bekehre von ſeinen Weſen vnd lebe / er wil dz allen Menſchen geholffen werde / er wil nicht das Je - mand verlohren werde / daruͤmb verſuchet er allerley3. Paren - tum pro - batio. Mittel / ſie Fromm zumachen. 3. GOtt thuts zur pruͤfung der Eltern / das er jhren Glauben vnd Ge - dult erfahre / ob ſie ſich auch ſambt jhren Kindern in ſei - nen Willen im Leben / im Leyden / vnd Sterben ergeben werden. Wenn nun der Getrewe Gott auff dieſe wei - ſe Eltern zuſetzet / da ſollen ſie ſich bewehret befinden laſ -Job. 13, 15. ſen / vnd mit Job ſich anerbitten / Etiamſi occiderit me1. Sam. 2. 6. Dominus, tamen ſperabo in ipſum. Vnd wenn gleich mich vnd mein Kind mein Gott toͤdten wuͤrde / wil ich dennoch auff jhn hoffen. Alſo beſtund auff der probaGen. 22. Abraham. GOtt befahl jhm er ſolte ſeinen Einigen Sohn Jſaac nehmen vnd jhn auff dem Berge Moria zum Brand Opffer auffopffern / das war eine harter Stand. Was that er aber? Wegerte er ſich? Nein traun / Sondern Er ging im Nahmen des Herrn den.Luc. 3. 8. ſelbigen Weg / vnd wolte Gottes Befehl außrichten vñgedachtegedachte / GOtt waͤre Allmaͤchtig / Er koͤnte jhm auch wohl auß Steinen einen andern Saamen erwecken. 4. Damit ſie dem Ebenbild des Ewigen Sohnes4. Imagi - nis filii Dei conforma - tio. GOttes jhres Erloͤſers moͤgen gleich werden. War - lich das Kind JEſus hat nicht in ſeiner zarten Kind - heit im Roſengarten geſeſſen / ſondern es hat viel Angſt vnd Truͤbſaal auſtehen muͤſſen / Jn Mutterleibe derRom. 8, 29 Jungfrawen Mariæ hat es ſich 9 Mondenlang tragenVide Che - mnitij Har mon. Ev - ang. c. 8 p. 97. 98. muͤſſen laſſen / da es traun ohne beſchwerung nicht wird zugangen ſein / zumal als ſie nach Hebron vber das Ge - birge gewandert / wenn ſie einen vnſanfften trit wird ge - than haben / wird es das liebe Kind alſo bald entfunden haben / Jm Stall zu Bethlehem alß Er gebohren / hatEt D. Ioh. Foͤrſt. in Feſt - ſchreinli〈…〉〈…〉 con. 1. p. 20 Er ſelbeſt gefuͤhlet vnd außgeſtanden / was ander liebe Leibes Fruͤchte an der Geburt außſtehen muͤſſen / Achtta - ge darnach iſt Er beſchnitten worden / welches groſſe Schmertzen an ſeinem Allerheiligſtem Leibe erreget hat /Luc 1, 39. vnd was der Angſt vnd Noth mehr geweſen. DavonLuc. 2, 7. Chryſologus ſerm. 158. fein ſchreibet: Ita natus eſtLuc. 2, 21. 13. Chriſtus, ut ventris experiretur anguſtias, ut partus pateretur injuriam, ut vincula ſuſtineret pannorum,Matth. 10, 21. utcunabula tolleraret im becilla, ut lacrimis exquire ret nutrimenta uberum &c. Weil Er dann ſo viel erlitten / warumb ſolten die lieben Kinder nicht auch et - was leyden? Er iſt das Haubt / ſie ſind die glieder / Er iſt der Herr / ſie ſind die Juͤnger / der Juͤnger aber ſols nicht beſſer haben / deñ ſein Meiſter. Endlich 5. Damit5. Aeternæ vitæ poſſeſ ſio. ſie wuͤrdig werden moͤgen zubeſitzen die Ewige Se - ligkeit. Denn Gott hats beſchloſſen / wer dort Frew - den haben wil / dz derſelbige zuvor hier in dieſer WeltCleydenleyden muß / wer mit Frewden Erndten wil / der muß zu -Pſa. 126, 5 vor mit Thraͤnen ſeen / Per anguſta ad Auguſta DurchAct. 14, 22 viel Truͤbſal muͤſſen wir ins Reich Gottes gehen / weil demnach die lieben Kinder auch ſollen theyl haben am Ewigen Heil / vnd auch jhrer das Reich Gottes iſt / EyMarc. 10, 14 ſo muͤſſen ſie zuvor in dieſer Welt vielen Creutz vnter - worffen ſein.

Sehet das ſind die Vrſachen / Warumb der liebe GOtt bißweilen Jungeleute ſo harte angreiffe / welch - es wir allhier haben billich gedencken muͤſſen / weil ſich dergleichen an dem Seeligeingeſchlaffenen Juͤngling Gottfried Heinrich ereignet hat. Wir haben ſie nicht gaͤntzlich auß / ſondern nur anfuͤhren koͤñen / Andaͤchtige Hertzen werden den Sachen ferner in der Furcht des Herrn nach zuſinnen wiſſen. Es ſoll aber den Chri - ſtlichen Eltern fuͤrnemblich dazudienen / das ſie gedul - dig ſein / wenn einen ſolchen proceſs der liebe GOtt mit jhren Kindern fuͤrnimbt / Sie ſollen ja nicht mit GottLuc. 7, 35. auffbindẽ / die Himliſche Weißheit Rechtfertigen / gleich ſam alß ſchlage er ohne Schuld vnd Vrſache auff jhreDeut. 32, 4 Kinder alſo zu. Ach GOtt hat Tauſend Vrſachen / da wir nicht eine wiſſen / ſeine Wercke ſind vnſtraͤfflich / denn alles was er thut / das iſt recht / trewe iſt Gott / vndPſal, 119, 137. iſt kein boͤſes an jhm / Gerecht vnd Fromm iſt Er / Er iſt Gerecht vnd alle ſeine Gerichte ſind rechſchaffen. Da -Luc. 21, 19 rumb ſollen ſie jhre Seele mit Gedult faſſen / ſtill ſchwei -Eſa. 30, 16 gen vnd mit Eli ſagen / Er iſt der Herr / Er thue was jhm1. Sam. 3, 18. gefaͤllet / Jtem mit Job / Sicut Domino placuit, ita fa - ctum eſt / wie es dem Herrn gefallẽ hat / ſo iſt es geſchehẽIob. 1, 21. Endlich muß doch jhnen vnd jhren Kindern alles zumbeſtenbeſten gereichen / Rom. 8. So viel vom Erſten Stuͤ - cklin vnſer LeichenPredigt.

Das Ander handelt De Piorum in cruce ſi -II. De Pi - orum in Cruce ſ. deſertio - ne Con - ſolatione, quæ qua - druplex. ve deſertione Conſolatione. Vom Troſte / welch - en Fromme Leute in ſolchem Trawrigen Zuſtande gebrauchen ſollen. Derſelbe iſt nach Anleitung vnſers LeichTextes Viererley. Wir wollen jhn kuͤr - tzlich nacheinander erzehlen. Sie ſollen ſich troͤſten / 1 Das jhr Creutz von Gott koͤmbt. Denn der From - me Vater im Himmel geſtehet es allhier / das Er Er vnd kein ander die Frommen verlaſſe / das iſt / mit Vn -1. Dei de - ſerentis Bo nitas. gluͤck heimſuche. Jch Jch habe dich ein klein Augen - blick verlaſſen / Jch Jch habe mein Angeſicht im Au - genblick des Zornes verborgen. Den Heyden hat es Weiland an dieſer Wiſſenſchafft gemangelt / Sie haben fuͤrgegeben / Omnia fieri Caſu / Es geſchehe mit dem Menſchen alles ohne gefehr / oder wenn etlich evn - ter jhnen gar kluͤglich vñ weiſe davon reden wollen / So haben ſie getichtet: Jupiter ſitze droben im Himmel mit verbundenen Augen / vnd habe in beyden haͤnden vn terſchiedene Gefaͤſſe / in der Rechten hand ein Gefaͤß voll Gluͤcks / in der Lincken ein Gefaͤß voll Vngluͤcks / vnnd ſchuͤtte es auff den Erdboden herunter / wenn das Gluͤck treffe / den treffe das Gluͤck / wen das Vngluͤck treffe / den treffe das Vngluͤck. Aber ach das ſind Blinde vnd Elende Leute! Wir Chriſten / die wir Gottlob vnd danck in Ewigkeit / Gottes Wort[haben] / wiſſen etwas beſſers / wir haben keinen ſolchen blinden Jovem / vnſerPſal. 94, 9. Gott ſihet vnd hoͤret alles / Finſterniß iſt nicht Finſter -Pſal. 139, 12. niß fuͤr Jhm / Er Er vnd kein ander vnd zwar nicht oh -C ijne ge -ne gefehr / ſondern mit ſeinem gutten willẽ / verleſſet vns1. Sam. 2, 6 vnd ſchicket vns Truͤbſal zu. Wie dann auch auß anPſal. 68, 20 dern ſpruͤchen H. Schrifft abzunehmen. Der Herr toͤd -Pſal. 71, 20 tet vnd machet lebendig / Gott leget vns eine Laſt auff /Pſal. 80, 6. Gott leſſet die Seinigen viel vnd groſſe Angſt erfahren /Matth. 19, 17. Er Er ſpeiſet ſie mit Thraͤnen brod vnd traͤncket ſie mitPſ. 103, 13. groſſen Maß voll Thraͤnen. Wolan thuts Gott / der ein gutter vnd Frommer Gott iſt / der vnſer Vater iſt / Ey ſo koͤnnen wir mit jhm wol zu frieden. Ein Vater zuͤ - chtiget ſein Kind mit maſſen / alſo wird auch Er es mi[t]vnß ſeinen Kindern machen / das wirs werden erduldenAuguſtin. koͤnnen. Et cùm cædis, Pater es, exclamiret Augu - ſtinus, & cùm blandiris, pater es, blandiris, nedefici am, cædis, ne peream. GOtt du biſt vnd bleibeſt al - lezeit im Gluͤck vnd Vngluͤck mein Vater / Vngluͤck ſchickeſtu mir zu / das ich mich im Wolſtande nicht erhebe / Gluͤck aber / das ich in Vbelſtande nicht verzage. 2. Deſerti - onis Brevi tas. 2. Sie ſollen ſich troͤſten / Das das Creutze nicht lan - ge wehret. GOtt der Herr heiſts allhier nur Einen Augenblick. Ja wol einen Augenblick? Ja wol nicht lange? Moͤchte nicht vnbillich Jemand ſagen! Es wird manch Armer Menſch Jahr vnd Tag / ja wol et - liche Jahr auff ſeinem Sichbette auffgehalten / wie je -Ioh. 5, 5. ner Joh. 5. der 38 Jahr kranck gelegen / vnd andere / Jſt diß ein Augenblick? Die gegenwertige Hochbetruͤ - bte Mutter moͤchte ſagen / Mein Liebes Soͤhnlin Gottfried Heinrich hat bald keinen geſunden Tag gehabt / Jch habe jhn jmmerdar Siech vnd Kranck gezogen / iſt diß ein Augenblick? Antwort. Weil es Gott allhie ſaget / vnd ſich dergleichen reden gebrau -chetchet / ſo muͤſſen wir es ja vnd gut ſein laſſen / denn das ſey ferne von vns / das wir jhn ſtraffen oder tadeln ſoltẽ / Er iſt vnd bleibet Recht / wenn Er gleich von vns geri - chtet wird. Damit ſich aber ein einfaͤltiges Hertz deſto daß auff die farth finden moͤge / wie diß zuverſtehen ſey / ſo mercke es zur nachrichtung / das vnſer Creutz wohl nicht einen Augenblick wehret / rationi noſtri, Vnſer Rechnung nach / denn wir Arme Menſchen leben in der zeit / vns duͤncket die zeit lang zu ſein / zumahl wenn man kranck / alßdenn duͤncket einen eine ſtunde ſo lang ſein / alß ſonſt ein Tag / wenns Tag iſt da wuͤnſchet man nachIoh. 7, 13. der Nacht / wenns Nacht iſt / da wuͤnſchet man nach dem Tage. Vnd iſt doch im Creutze ein Monat lang / ge - ſchweige dann ein Jahr oder etliche Jahre! Sondern einen Augenblick wehret es. 1. Reſpectu DEi. GottesCrux no - ſtra momẽ - tum eſt. 1. reſpectu DEI. rechnung nach. Denn bey jhm alß dem Ewigen Gott in der Ewigkeit iſt keine zeit / Es iſt ein Jmmerwehrendes Heute / Es iſt ein Sabathstag nach dem andern / Es iſt kein verwechſelung des Lichts vnd Finſterniß / man zeh - let nicht Jahre / Monden oder Wochen / Sondern E -Pſal. 2, 7. wig Ewig Ewig. Tauſend Jahr ſind fuͤr dem Herrn /Eſa. 66, 23 wie der Tag / der geſtern vorgangen iſt. Sind nunIac. 1, 17. Tauſend Jahr wie ein Tag / ſo wird es in Gottes Sey -Pſal. 90, 5. ger oder in Gottes Calender nichtwol einen Augenblick außtragen / wenn gleich mancher Menſch Jahr vnnd Tag auff ſeinen Sichbette von dem lieben Gott auff - gehalten wird. 2. Es wehret einen Augenblick re -2. Tempo - ris præte - riti. ſpectu temporis præteriti Wegen der Verlauffenen zeit / wenn nur der Berg vberſtigen / die Noth vberſtan - den vnd die Schmertzen erl〈…〉〈…〉 n ſind / da deucht es einenC iijkaumkaum einen Augenblick geweſen ſein / wie auß Koͤnig Davids Bekaͤndniß ſolches zuerſehen / der die gantzt zeit ſeines Lebens trefflich viel Vngluͤcks außgeſtanden /Pſ. 102, 12. dennoch ſaget er . 102. Meine Tage ſind vergangen3. Futuri Gaudii. wie ein Schatten. 3. reſpectu futuri gaudii. We -Ioh. 16, 22. gen der zukuͤnfftigen Frewde / die im Ewigen Leben ohne auffhoͤren wehren wird. Dort wird gleichwol vnſer Leyd in Frewde verwandelt werden / die Niemand von vns nehmen wird / dort wird vns GOtt fuͤr einen Trawertag hundert ja hunderttauſend Frewdẽtage ge - bẽ / fuͤr ein Quintlin Creutzes wird er vns hundert Cent - ner Frewden geben / ſagt Brentius der Fuͤrtreffliche The ologus / billich derowegen iſt es ein Augenblick. Diß hat der Heyden Doctor S. Paulus wolerwogen druͤmb ſchreiRom. 8, 22 bet er ohne ſchew / Jch halte es dafuͤr / das dieſer / Zeit ley - den nicht werth ſey / der Herrligkeit / die an vns ſoll Of - fenbahrwerden. Jn Græco Textu braucht er ein nach - denckliches woͤrtlin λογίζομαι Das heiſt ein ding wie ein Rechen Meiſter vberſchlagen vnd außrechnen q.d. Jch fuͤr meine Perſon halte es dafuͤr / ein ander mag ſagen vnd halten was er wil / doch auff ſeine Verantwortung. Jch habe es nicht von hoͤren ſagen / Jch habe es beydes verſuchet / Einmal / das Leyden dieſer Zeit / wer leſen kan2. Cor. 11. leſe das 11 Capitel in der andern Epiſtel an die Corin - thier / vnd zum andern habe ich auch einen vorſchmag2. Cor. 12. 2 der Himmliſchen Herrligkeit verſuchet / da ich im Drit - ten Him̃el entzucket ward vnd vnaußſprechliche Wor - te hoͤrete / dannenhero mache ich mir die gewiſſe Rech - nung / λογίζομαι Jch mache mir das facit / wie ein Re - chemeiſter auß dieſer zweyerley Erfahrung / das dieſerzeitZeit Leyden nicht wert ſey der Himmliſchen Herrligkeit. Weil denn dem nun alſo / wie ſolte denn GOtt nicht recht haben / wenn er vnſer Vngluͤck in der Welt einen Augenblick nennet. Herr Lutherus hat zuſagen pfle - gen / wenn die Außerwehlten Kinder GOttes im Him - mel kom̃en werden / vnd werden nun im ſchauen haben / was ſie in der Welt im Glauben gehabt / vnd werden ge - war werden / das alles ſo voller Frewde vnnd Wonne ſein werde / ſo wird es ſie rewen / es wird jhnen Leyd ſein / das ſie nicht mehr Creutz vnnd Vngluͤck außgeſtanden haben. So iſts freylich kaum einen Augenblick zure - chnen.

3. Die Frommen ſollen ſich getroͤſten / das3. Vicißi - tudinis ſvavitas. oftermals hier in dieſer Welt noch jhr Leyd in Frew - de verkehret wird. Dahin gehoͤren die Worte in vnſerm LeichText / Mit groſſer Barmhertzigkeit wil ich dich ſamlen. Denn GOTt helt nicht jmmerdarPſ. 103, 9. Zorn / Sein zorn wehret einen Augenblick / Seine Guͤt -Thr. 3, 23. te vnd Trewe iſt alle Morgen New / Sein Hertz im Lei -Ier. 31, 20. be wil Jhn zerbrechen / dz er ſich vnſer Erbarmen muß / maſſen auß den Exempeln zuſehen. Jn der Suͤndfluth hatte es das anſehen / alß haͤtte Gott Noam gantz ver - laſſen / vnd ſeiner vergeſſen / Allein nein / da das Traw - er Jahr vmbkam / ſamlete er jhn wiederumb / Er ſchaf -Gen. 8, 15. fete jhn zu rande vñ Lande / vnd ließ jhn die Froͤliche ſtim - me hoͤren / Gehe auß dem Kaſten. Jn Egypten ſchei - nete es / als haͤtte Gott die Jſraeliten verlaſſen / weil ſie Pharao ſo ſehr draͤngete vnd aͤngſtigte / Allein nein / Er ſchickte jhnen Moſen vñ Aaronem die zwene Wunder Maͤnner zu / die muſten ſie ſamlen / zuſammen ruffen /Exod. 12. vonvon ſolchen Bedraͤngniß erloͤſen vnd mit ſtarcken Arm auß der groſſen Dinſtbarkeit außfuͤhren. So giengs zu in der Babyloniſchen Gefaͤngniß / nach außgang 70. Neh. 1. Jahren ſind die zerſtreweten Juden geſamlet worden / Cyrus hat jhnen zugelaſſen wieder in jhr Vaterland zu reiſen. Andere Exempel geſchweigen wir. Wel - ches dann ein ſonderlicher Troſt iſt fuͤr die Jenigen / die jetzo im Exilio leben / wird der Herr luſt zu jhnen haben / vnd es jhnen gut vnd Seelig ſein wird / ſo wird er jhr E -2. Sam. 16. 12. lend anſehen / Er wird ſie wiederumb ſamlen vnd zu denEſa. 30, 16. jhrigen / dz ſie verlaſſen haben / bringen. Vnter deß weil die Noth noch anhelt ſollen ſie Beten / ſtille ſein vnd hof -4. Futuri gaudii du - rabilitas. fen / Hoffnung leſſet nimmermehr zu ſchanden werden.

Entlich ſollen ſie ſich troͤſten. 4. Das jhr Creutz dermal eines in Ewiger Frewde werde ver - wandelt werden / Jm Andern vnd Ewigen Leben. Daher ſtehet in vnſerm Leichſpruͤchlin / das woͤrtlin E - wig / Mit Ewiger Gnade wil ich mich deiner Erbar - men. Denn hier in dieſer Welt iſt ein gemiſchter Zu - ſtand / wenn ſich gleich der liebe Gott ein wenig wiede - rumb zu den ſeinigen wendet vnd ſie mit groſſer Barm - hertzigkeit ſamlet / ſo wehret es doch nicht in die laͤnge / Sunt Bona mixta malis, Sunt mala mixta Bonis / Jn einen huy verleuft jhnen das Frewdenſtuͤndlin / vnd weñ ſie am Froͤlichſten ſein wollen / koͤmbt jhnen eine ge - linge Trawrigkeit in weg. Dort aber gliebts Gott / wirdEſa. 35, 10 keine ſolche abwechſelung ſein / dort wird Ewige Frew - de ſein / Ewige Frewde wird vber jhren Haͤupte ſein / Frewde vnd Wonne werden ſie ergreiffen / Schmertzen vnd Seufftzen wird weg muͤſſen. Vnſer Truͤbſal / derzeitlichzeitlich vnd leichte iſt / ſchaffet eine Ewige vnd vber alle maſſe wichtige Herrligkeit. Hier koͤnten wir nun außſchreiten vnd ſagen / worinne ſolche Ewige gnade beſtehen werde / Jnſonderheit der Jenigen / die hier jm - merdar Siech vnd Kranck geweſen ſind / wie vnſer Gott - fried Heinrich / vnd koͤnten zu vnſern behelff nehmen den außbuͤndigen Troſt Spruch Pauli 1. Cor. 15. Es wird1. Cor. 15, 43. geſeet verweßlich / vnd wird aufferſtehen vnverweßlich / Es wird geſeet in Vnehre / vnnd wird aufferſtehen in Herrligkeit / Es wird geſeet in Schwachheit / vnd wird aufferſtehen in Krafft / da wir von den Herrligkeiten vn ſerer Coͤrper im Ewigen Leben handeln koͤnten / Aber ehe wir anfangen wuͤrden / ſo wuͤrden wir ablaſſen muͤſſen / weil das LeichPredigt Stuͤndlin verfloſſen iſt.

Wir ſchlieſſen vnd bitten / der getrewe Gott wol le vns ſeinen H. Geiſt verleihen / das / was wir gehoͤ - ret / wolbehalten / vnd das wir dardurch im Creutz getroͤſtet / im Glauben geſtercket / im Leben gebeſ - ſert / vnd zum Ewigen Leben moͤgen erbau - et werden Amen.

Defuncti Encomium.

EBen einen ſolchen Zuſtand hat es auch mit dem lieben Knaben gehabt / denn wir jtzo ſeinem Coͤrper nach fuͤr vns einge - ſarget ſtehen haben. Vnſer lieber Gott hat ihn auch verlaſſen / das iſt / groß Creutz vnd Schmer - tzen zugeſchicket / aber er hat ihn auch wieder geſam -Dletlet / Er hat ſich ſeiner erbarmet / Jn dem Er ihn vnd allen ſeinen Schmertzen erloͤſet vnd auß dieſem Ele[nd]vnd Muͤhſeeligen Jammerthal abgefodert hat.

Sein Vitæ curriculum oder Lebenslauff / wie mir derſelbige Schrifftlich vberſchicker worden iſt / Lau - tet von Wort zu Wort alſo: Er iſt allhier zur Zit - taw / von Ehrlichen Chriſtlichen vnd Vornehmen Eltern gebohren / Jm Jahr 1618. den 9 Tag Mo - nats Auguſti / des Nachts zwiſchen 10 vnd 11 Vhr / auch alſo balde von ſeinem lieben Eltern zur Chriſt - lichen Tauffe befoͤrdert / vnd jhme der Nahme Gott - fridus Henricus gegeben worden.

Sein Herr Vater iſt geweſen der Weiland Eh - renveſte Achtbare vnd Hochweiſe Herr Sigiſmund Kindler / Buͤrgermeiſter vnd Syndicus dieſer Stad. Seine Fraw Mutter die Edle Ehrenthugendrei - che Fraw Sabina / Geborne Neſenin / als jetzige Hochbetruͤbte Fraw Wittib.

Von dieſen ſeinen lieben Eltern iſt er von Kind - heit auff zu aller Gottesfurcht / Tugend vnd gutten Sitten / mit fleiß erzogen worden. Vnd ob jhm zwar ſein Lieber Herr Vater zeitlichen vnnd ſchon vor [jahren] nach dem Willen Gottes durch den Zeitlich - en Todt entrucket worden / Hat jhn doch die Hinter - bliebene Fraw Wittib als jetzige Hochbetruͤbte Fr. Mutter / nichts deſto weniger / als jhr liebes Kindt / gantz trewlich in acht genom̃en / zur Kirch vnd Schu - len mit allem Ernſt gehalten / welcher auch als ein gehorſambs Kindt gar wol gefolget / vnd ſeine hertz - liebe Fraw Mutter ſonders in Ehren gehalten.

die

Die kurtze Zeit ſeines Lebens betreffende / Ob er zwar alſo bald noch in ſeiner zarten Kindheit leyder einen vnverhofften Schaden an ſeinem Leibe vnnd Gliedmaſſen empfangen / welchen ſeine liebe Eltern neben ihme Hochſchmertzlich empfunden / auch alle Menſchliche vnd muͤgliche Mittel zur verhofften re - ſtitution verſuchen laſſen / allein vmb ſonſt vnd verge bens / Hat jhn doch der Allmaͤchtige noch vber diß ein groͤſſere vnd gefaͤhrlicher Leibes plage erfahren laſſen / in dem er in eine groſſe Geſchwulſt an den Schenckeln gerathen / hierauff groſſe vnd faſt vner - traͤgliche ſchmertzen / Angſt vnd Mattigkeit erfolget. Es hat zwar ſeine Hertzliebe Fraw Mutter es neben den ihrigen an fleiſſiger Wartung / Muͤhe vnd Vn - koſten / zu Tag vnd Nacht / wie nit weniger der Eh - renveſte vnnd Hochgelarte Herr Johann Hartigius, Vornehmer vnd Beruͤmbter Medicus / ſambt dem Chirurgo / an Ordentlichen Mitteln vnnd Medica - mentis nichts ermangeln oder erwinden laſſen / Al - lein dem Hoͤchſten Artzt vnd Helffer JESV Chri - ſto / hat es alſo gefallen vnd zu dieſemmal ein anders vber jhn beſchloſſen. Er hat ſich auch gantz willig vnd gerne inden willen Gottes ergeben / vnd zu einem Seeligen Ende bereitet. Jſt auch die gantze Zeit ſeiner Vnpaßligkeit / inſonderheit dieſe 9. Wochen v - ber / in denen er meiſtentheils Lagerhafftig worden / ſo geduldig geweſen / das zu verwundern. Vnd ob er zwar vberaus groſſe Schmertzen empfunden / hat er doch ſolche / ſo viel nur muͤglich / verborgen vnd ſeine Hochbetruͤbte Fraw Mutter nicht mehrer beaͤngſti -D ijgengen wollen. Vnd wie er bey vorigen / doch wenig ge - ſunden Jahren / allzeit luſt zur pietet / vnd GOttes - furcht / inſonderheit der Schulen getragen / vnd ein ſolch ingenium bey ihme zuſpuͤren geweſen / das do jhme Gott ein geſundes Leben haͤtte goͤnnen wollen / er mit der Zeit ein Gelerter vnd Verſtendiger Man worden were / Alſo hater in ſeiner Schwachheit allzeit mit groſſem Seufftzen vnd Lauter Stimme / auch ob ihm ſchon die Sprach auff die letzt etwas ſchwer worden / ſeinen Erloͤſer vmb Huͤlffe angeruf - fen vnnd ſich mit vielen Hertzbrechen den Gebettlein vnd Spruͤchen ſelbſt getroͤſtet / die Fraw Mutter an - geredet vñ gebeten / Sie ſich ſeinetwegen ferner nicht betruͤben ſolle / denn weñGott lieb habe / denſelbigen zuͤchtige Er / Er wolte gerne ſterben / vnnd wenn er ſchon dieſes Lagers auffkommen ſolte / hette es doch keinen Beſtand mit ihme / vnd dergleichen bewegli - che vnd zu ſeinem geringen Alter nachdenckliche wor re mehr gebraucht / Hat ihme auch vber andere ſchoͤ - ne Troſtſpruͤche dieſen ſchoͤnen Text / ſo jetzo erklaͤret worden / in wehrender ſeiner Mattigkeit mit eige - ner Hand geſchrieben vnd den lieben Seinigen hin - terlaſſen. Jn dieſem Troſt iſt das liebe Kind biß zu ſeinem Ende beſtendig blieben. Vnd hat alſo am nechſten Freytag zu Nacht zwiſchen 10 vnd 11. Vhr (Eben in dergleichen Nacht vnd Viertelſtun - de / als ſein lieber Herr Vater Seeligen vor Jahren auch Todes verfahren) gar ſanfft vnd ſtille / ohn ei - niges zucken vnnd bewegen / ſeinen Geiſt dem Herrn Chriſto auffgegeben vnd ſeliglichvorſchieden. Sei - nes Alters im 9. Jahr 1. Monat 1. Tag.

Ad Matrem querulantem.

SO nun Jemand vber dieſen Toͤdtlichen abgang wird betruͤbet ſein / ſo wird es warlich die liebe Mutter ſein. Denn ſie muß jhren einigen Sohn auß den Augen hinweg laſſen / auff den ſie ſich nechſt Gott haͤtte verlaſſen vnd kuͤnfftig groſſe Frewde an jhm erleben koͤnnen. Aber wie dem allen? Sie muß in dieſem fall auff Gott vnd auff ſeinen jtzigen Zuſtand ſehen / Er iſt nicht ohne gefehr geſtorben / Gott hat jhn ſterben laſſen / ſeine zeit hat in ſeinen haͤnden geſtanden / Er hat jhm ein ſolch Ziel geſtecket / das hat er nicht vber -Pſal. 90, 4. ſchreiten koͤnnen / auch iſt jhm nicht weh oder vbel / wederPſal. 31, 16 an Leib noch an Seele. Ja wenn er noch haͤtte laͤn -Job. 14, 5. ger leben ſollen / ſo haͤtte er noch laͤnger Schmertzen auſ - ſtehen muͤſſen / es haͤtte auch mit jhm geheiſſen / wie Au - guſtinus ſagt: Diu vivere eſt diu torqueri. Lange Le - ben iſt nur lange geplaget werden. Jtzo iſt ſein Jammer Truͤbſal vnd Elend kommen zu einen Seeligen End. Druͤmb mache ſie eine maſſe in Trawrigkeit / dancke Gott / der das liebe Kind von allen Vbel Erloͤſet vnd ſa - ge mit Job / Der Herr hat jhn gegeben / der Herr hat jhn genommen / (der Herr wird jhn mir dermal eines wie - der geben) der Nahme des Herren ſey gepreiſet AMEN.

DiijNæniaNænia
DAS der Bleichgelbe Todt die Menſchenkinder Alle /
Mit ſeiner Sichel ſcharff hinrichte mannigfalte /
Niemand verſchonet bleib / kein bitt’n etwas außrichte /
Ob gleich die gantze Welt auff Mitt’l vñ Wege daͤchte
Taͤglich wir muͤſſ’n erfahr’n an Jungen vnd an Alten /
Vber welche Er alle mit ſeiner Macht thut walten /
Die trutzig Atropos des Lebens fad’n abſchneydet /
Dardurch die Seel geſchwind von nichtig’n Leibe ſcheydet /
Aber wol vber wol den’n die im Herren ſterben /
Denn ſie nach dieſer Welt das Himmelreich ererben /
Welchs durch ſein Thewres Blut Chriſtus vns hat erworben /
Sonſt wehr’n wir Ewiglich verdampt bliebn vnd verdorben:
Solch Himmeliſche Frewd biſtu nun eingegangen
O Heinrich Godofrid / dein Seel lieget vmbfangen
Jn den Schoß Abrahams: Dir iſt nun mitgetheylet
Des Lebens Guͤlden Kron / kein boͤſes dich ereylet:
Der Toll Hundt Cerberus dich nicht vermag anbellen /
Denn du in Himmel wohnſt / Er aber in der Hellen /
Die Schwartzen Furiæ dich nicht koͤnnen anſpritzen /
Denn du bey JEſu Chriſt in Ewig’r Wonn thuſt ſitzen.
Vb’r deinen Selig’n Todt Niemand ſich ſoll betruͤben /
Dein Leben jetzt anfangt / Engliſch Frewd thuſtu lieben.
Die Vergenglichen Schaͤtz nun gaͤntzlichen verachteſt /
Die Jmmerwehrenden zum fleiſſigſten betrachteſt.
Daruͤmb O Menſchenkind den Zeittlich’n nicht anhange /
Das Ewige bedenck mit denſelb’n allzeit Prange /
Dein Leben alſo fuͤhr / das du kanſt ſtuͤndlich ſterben /
Nach deinem Tode auch das Paradieß ererben.

Singularis adfectus & συμπαϑείας decla - randæ ergò properanter Fuſa à Johanne Glietz Z. L. φιλιάτρω.

Chrysost. De Reparatione lapſi.

SI quotidie oporteret nos tormenta per ferre, ſi ip - ſam gehennã paruo tem - pore tolerare, pro eo, ut Chri - ſtum videre poſſimus in glo - ria venientem, & ſanctorum ejus numero ſociari, non erit dignum pari ratione, omne quod triſte eſt modò, ut tanti boni tantæq́ue gloriæ parti - cipes haberemur.

About this transcription

TextPiorum Glykypikron [gr.]
Author Andreas Winziger
Extent31 images; 7407 tokens; 2516 types; 49244 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationPiorum Glykypikron [gr.] Das ist/ christliche LeichPredigt vber die Prophetischen Worte Esaiae Cap. 54. v. 7. Darinne von dem Wohl vnd Ubelstande der Christen in dieser Welt geredet wird/ Bey Ehrlichem vnd Volckreichem Leichbegängnüß eines Gottseligen Jünglings GOTTFRIEDS HEINRICHS Andreas Winziger. . 31 Joachim ClementZittau1627.

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Universitätsbibliothek Breslau Universitätsbibliothek Breslau, 4 O 103 / 508438

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LanguageGerman
ClassificationGebrauchsliteratur; Leichenpredigt; Gebrauchsliteratur; Leichenpredigt; ready; aedit

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  • Deutsches Textarchiv
  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
  • Jägerstr. 22/23, 10117 BerlinGermany
ImprintBerlin 2019-12-10T09:35:43Z
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