DEmnach der Allmaͤchtige Ewige Gott / der aller Menſchen Leben vnd Tod in ſeiner Hand hat / nach ſeinem heiligen / weiſen / vnwandelbaren Rath vnnd Willen / den weyland Hochwolgebor - nen Herrn / Herrn Wilhelm Reinharden / Graven zu Hanaw vnd Rieneck / Herrn zu Muͤntzen - berg / ꝛc. in ſeinem beſten bluͤhenden Alter / nach auß - geſtandenẽ viel vnd mancherley groſſen Leibsſchmer - tzen / kurtz verruckter Zeit auß dieſem Elendsthal zu ſeinen ewigen Vaͤtterlichen Gnaden abgefordert / Vnd wir jtzt den hinderblibenen verblichenen toden Coͤrper / vnd Graͤvelichen Leichnam hiehero zum Ruhbettlin der Erden / Chriſtgebuͤrlicher maſſen begleytet / vnd alſo dieſem nunmehr in GOtt ruhen - den S. Herꝛn den allerletzten Chriſtſchuldigen Eh - rendienſt in dieſer Welt damit erzeiget haben.
Alß iſt es ja in alle wege billich vnd recht / daß wir ſampt vnd ſonders auß vnderthaͤnigem Chriſtlichem Mitleyden gegen vnſere / durch dieſen vnverſehenentods -4Todsfall hochbetruͤbte Gn. Herꝛſchafft / vnd deroſel - ben Hochangewandte / an itzo einen Luctum publi - cum vnnd offenen allgemeinen Trawertag halten / daran wir ſo bald vnſere allgemeine / durch den leydi - genFall vnſerer Großeltern eingefuͤhrte ſterblichkeit / vnd ſuͤndlichen Jammerſtand von Hertzen beklagen vnd beweynen / Doch auch hinwiderumb vns mit der Hertzerquickenden troͤſtlichen Verheiſſung von gnaͤdiger vergebung der Suͤnden / von froͤlicher Aufferſtehung / vnd Ewig-ſeligem Leben miteinan - der troͤſten.
Zu welchem Ende wir dann in gegenwertiger hochanſehnlicher groſſer Verſamblung / einen Lehr - vnd Troſtreichen Text auß GOttes deß Herren Wort zu betrachten fuͤrnehmen / vnd zu deſſen frucht - bahrlicher Verhandelung vor allen dingen / vmb die gnaͤdige Regierung / vnd kraͤfftige Erleuchtung deß H. Geiſtes mit einander vnd fuͤr einander alſo beten woͤllen / wie vns vnſer Hochverdienter Einiger voll - kommener Heyland Jeſus Chriſtus ſelbſten gelehret vnd befohlen hat:
‘Vnſer Vatter / ꝛc.’ ()Dieſer vorhabender LeichPredigt wird beſchrieben
DEr Menſch iſt in ſeinem LebenVerſ. 15. wie graß / er bluͤhet wie ein Blu - me auff dem Felde.
Wann der Wind daruͤber gehet / ſo iſtV. 16. ſie nimmer da / vnd jhre Stette kennet ſie nicht mehr.
Die Gnade aber deß Herꝛen wehretV. 17. von Ewigkeit zu Ewigkeit / vber die ſo jhn fuͤrchten / vnnd ſeine Gerechtigkeit auff Kindes Kind.
Bey denen die ſeinen Bund halten /V. 18. vnd gedencken an ſeine Gebotte / daß ſie darnach thun.
Der HErꝛ hat ſeinen Stul im Him -V. 19. mel bereitet / vnd ſein Reich herꝛſchet v - ber alles.
Coloſ. 3. 12.AVßerwehlte GOTtes Heilige vnnd Gelibte / Gleich wie der Menſch nicht ohne ſonderliche Vrſach / von allen hochgelaͤhrten vnd wolgeuͤbten Naturkuͤndigern / ſo wol in der Heydenſchafft als in dem Chriſtenthumb genen - net worden iſt Microcoſmus, das iſt / ein kurtzer Begriff / eine Copey / vndDer Mẽſch wirt mit vielen Din - gen in der Welt ver - gliechen. Controfait der gantzen groſſen weiten Welt: alſo wird auch Er vnd ſein gantzer Zuſtand durch viel vnd mancherley Gleichniße / ſo von groſſen vnd kleinen Dingen in dieſer Welt hergenommen werden / hin vnd wider beſchrieben vnd ſehr wol abgemahlet. Einmal wird der Menſch wegen ſeiner ſchoͤnen glaͤntzenden Gaben / wie auch wegen ſeiner kuͤnfftigen Herꝛ -Syr. 26. 21. ligkeit verglichen mit der Sonne an dem hohen Himmel. Ein an -Matt. 13. 43. dermal wirt er wegen ſeiner ankunfft vnd demuth verglichen mit der Er -Gen. 3. 19. den / die man mit Fuͤſen tritt / ja mit Staub vnd Aſchen. BißweilenGen. 18. 27. wirt der Menſch wegen ſeines vnbeſtendigen / ſchnell hinrauſchenden Le -Pſal. 90. 5. bens verglichen mit einem fliſenden Strohm. Vielmal wirt auch derMatt. 7. 18 21. 19. Menſch wegen ſeiner fruͤchte der Gottſeligkeit / damit er ſeinen Schoͤpffer vnd den Nebẽ Chriſten erfrewen ſoll / mit einem Baum verglichen / vnd ſeine heucheley mit den Blaͤttern. Vnd welches noch mehr zu verwun - dern / wirt dieſe edle Creatur der Menſch manchmal verglichen mit an -Jacob 4. 14 dern ſehr geringen vnd veraͤchtlichen Dingen / mit einem Rauch oderPſal. 103. 15 Dampff. Jacob. 4. mit einem Graſe. Pſal. 103. mit einem Wurm /Pſal. 22. 7. 〈…〉〈…〉 Pſal. 22. mit einem Schlaff / mit einem Geſchwaͤtze / Pſal. 90. VndPſal. 90. 5. 9. was dergleichen andere Stuͤck mehr ſind in dieſer Welt / damit der ſterb - liche Menſch / vnd all ſein Zuſtand abgemahlet wirt.
Aber vnter allen dieſen ſo viel vnd mancherley Gleichnuͤſſen iſt kei - nes ſo ſchoͤn / ſo lieblich / ſo Lehr - vnd Troſtreich / wirt auch keines ſo offt vnd viel in der H. Schrifft wiederholet / als eben dieſes in vnſerm abgele - ſenen Text / da der Menſch verglichen wirt mit einer Blum oder Ro - ſen. Diß Gleichnis hat vorzeiten im Alten Teſtament eingefuͤhret / derJob. 14. 2. rechte vnd ſchlechte Hiob in ſeinem Buch am 14. Cap. Diß GleichnißEſa. 40. 6. hat der Geiſt Gottes durch den Mund ſeines Propheten Eſaiæ den Ge - fangenen zu Babel zum Troſt fuͤrhalten / vnd erinnern laſſen / wann ſchon jhre Feinde noch ſo Maͤchtig vnd Vnvberwindlich anzuſehen weren / ſoPſal 90. 6. ſeyen ſie doch in warheit nichts anders als Hew vnd Graſe / ja als einePſal. 103. Blum auff dem Felde. Eben diß Gleichnis ſtelt vnd helt vns auch Mo - ſes fuͤr / im 90. Pſ. vnd Koͤnig David im abgeleſenen Text.
Diß7ROSA GENEROSA.Diß Gleichnis iſt auch im Newen Teſt. ſo wol von dem Himliſchen Oratore ſelbſten / dem Doctorn mit der gelehrten Zungen / wie Chri - ſtus der Herꝛ titulirt wirt / Eſa. am 50. als ſeinen lieben Juͤngern / denEſa. 50. 4. vorerwehlten Zeugen / wie ſie genent werden Actor. 10. offt gebrauchtActo. 10. 41. worden. Wie ſtreichet es der HerrChriſtus ſo gewaltig herauß Matt. amMatt. 6. 28 6? Wie beweglich ſchreibt davon S. Petrus in ſeiner 1. am 1. Cap. vnd S.1. Pet. 1. 24. Jacob auch am 1. Cap? Summa / die beyde Cherubim auff dem Gna -Jacob. 1. 〈…〉〈…〉1. denthron ruffen gleichſam gegeneinander / vñ reden mit Verwunderung von dieſen Sachen. Der Eine zwar ruͤfft vberlaut auß dem 8. Pſ. QuidPſal. 8. 5. eſt homo? Was iſt der Menſch? vnd was iſt deß Menſchenkind? Der Andere aber antwortet darauff in dieſem vnſerẽ Text: DerMenſch iſt in ſeinem Leben wie eine Blum auff dem Felde / ꝛc. Pſal. 103. 15.
Wann dann dem allem alſo / daß diß Gleichniß / darin der Menſch eine Blum oder Roſen genent wirt / das allerſchoͤnſte / das allerlieblichſte / das allerreichſte an Lehr vnd Troſt / auch das allergebraͤuchlichſte iſt in der gantzen H. Schrifft / ſo kan ja nun ein jeder ſelbſt abnehmen / daß man auß dieſem wol verſtandenen / vnd rechtgefaſten Gleichniß vberauß viel Lehr / Troſt vnd Erbawung ſchoͤpffen koͤnne im leben vnd in dem ſterben.
Werden derhalben nicht vb[el]ſondern ſehr wol daran thun / wann wir bey gegenwertiger Graͤfflicher Leychbegaͤngniß / dieſes nun mehr S. jungen Herꝛn (deſſen Gn in jhren beſten bluͤhenden Jahren / durch den ſcharffen Wind deß zeitlichen Tods angeblaſen / vnd von jhrer jrꝛdiſchen Staͤtt hinweg gewehet worden) das abgeleſene Gleichnis ein wenig tieffer zu Gemuͤth ziehen / vnd bedencken:
Warumb doch wol der H. Geiſt / ſo offt vnd vielmalPropoſitio. in der H. Schrifft Altes vnd Newen Teſtaments den Menſchen vergleiche mit einer Blumen oder Roſen?
Nach außgefuͤhrtem dieſem Puncten woͤllen wir dann auch dieſes ſeligen abgeſtorbenen jungen Herꝛn / in gebuͤhrlichen Ehren gedencken / vñ erweh - nen / wie dieſe Graͤffliche Blum auß einem ſo hohen fuͤrnehmen Stam̃ entſproſſen / wie Sie eine zeitlang gebluͤhet / wie der ſcharffe Wind dart ber gangen / wie Sie verwelckt vnd verbliechen / vnd wie Sie endlich am juͤng - ſten froͤlichen Sommertag ſo herꝛlich / ſo ſchoͤn vnd ſelig herfuͤr kommen werde. Der Vatter aller Gnade vnd Barmhertzigkeit woͤlle zu dieſem vnſerm Chriſtlichen Vorhaben / die Gnadenkrafft ſeines H. Geiſtes reich - lichverleyhen vnd allerſeits mittheilen durch Jeſum Chriſtum / Amen.
Betreff -Der Menſch wird einer Blum ver - glichen.BEtreffend nun dieſen vnſern jetztgethanen Außſpruch / vnd fuͤrgeſchlagenen Puncten / ſo koͤnten zwar ſehr viel vnd man - cherley ſchoͤne Vrſachen beygebracht werden / vmb deren willen der Menſch mit einer Blum oder Roſen in GOttes Wort ver -1. Wegen des vrſprungs. glichen wirdt: Alß erſtlich wann man wolte anſehen beyderley Vr - ſprung. Dann gleich wie eine natuͤrliche Blum / wann ſie ſchon noch ſo koͤſtlich / ſo edel vnd ſo herꝛlich were / dannoch nirgend anders herwaͤchſt / als auß der Erden / vnd zwar auß fauler Erden / auß vermoderter Erden / die man auch deß wegen mit fleiß zu dem Roſenſtock / vnd Blumenwur - tzeln ſamlet: Alſo hat auch ein jeder Menſch ſeinen Vrſprung auß derGen. 3 19. Erden / nach dem vhralten Lied: Du biſt Erd / vnd ſolt zur Erden werden. Da hat kein Menſch auff Erden einigen andern Eingang / o - der Anfang als der ander. Da hat der groͤſte Koͤnig keinen Vorzug fuͤrSap. 7. 6. dem allergeringſten / wie ſolches der hochberuͤhmbte Koͤnig Salomo von ſich ſelbſten offentlich geſchrieben hat. Welche Betrachtung billich bey vns allen / Lieb vnd Demuht erwecken vnd erhalten ſolte.
2. Wegen mancherley Art vnd Gattung.Man koͤnte auch hie ſagen von dem groſſen vnd mancherley Vnter - ſcheyd / der ſich ſo wol zwiſchen den Menſchen als den Blumen ſindet. Dann etliche Blumen wachſen fruͤh im Jahr / etliche aber ſpaͤt. Etliche vergehen bald wider / andere waͤhren lang. Etliche ſind hoch / etliche nidrig. Etliche haben nur eine Farb / andere aber haben viel vnd bundte Farben: Etliche ſind huͤbſch von Geſtalt / ſind ſchoͤn gefuͤllte Roſen / vnd riechen doch nichts / dienen auch zu nichts als zum bloſſen anſehen. Etli - che haben ein ſchlecht anſehen von auſſen / ſind nur einfache Roſen / ha - ben aber groſſe Krafft vnd Wirckung. Etliche riechen wol / ſuͤß vnd lieb - lich / etliche aber ſtarck vnd uͤbel. Vnnd was dergleichen Vnderſcheidt mehr zwiſchen den ſo vielfaͤltigen Blumen auff Erden gefunden wird.
Eben alſo verhelt ſichs auch mit den Menſchen / welche vnſer Text mit den Blumen vergleicht. Ein maͤchtig groſſer vielfaͤltiger Vnderſcheidt iſt vnd bleibt zwiſchen den Menſchen Kindern / ſo lang ſie allhie auff Erden gruͤnen vnd bluͤhen. Etliche ſind hoch von Stand / von Ampt / von Ehren vnd Gaben / ſind Herꝛn / Obrigkeiten / Regenten / edle / geſchickte vnd vor - nehme Leute: Andere aber ſind niedrig / gering / vnd nahe bey der Erden / ſind Knechte / Maͤg[d]e / Vnderthanen / Tagloͤhner / fex populi, oder auch wie das gemeine Graß: Etliche aber leben vnd bluͤhen zimblich lang / wer - den alt / etliche aber haben bald außgebluͤhet / vnd verwelcken zeitlich Man - cher hat viel vnd ſchoͤne Farben / vnd iſt hoch begabt von Gott / aber er legetſeine9ROSA GENEROSA. ſeine Gaben vbel an / vnd kan derſelben niemand genieſen. Mancher hat dargegen nur eine Farb / ein talent, vnd ſchaffet damit viel nutzen / ꝛc.
Aber von dieſen vnd dergleichen andern Puncten / darinn die vorha -3. Wegen der vielfaltigen Auß - vnd Fortſetzũg. bende Gleichnis moͤchte geſucht werden / will ich jtzt nichts weiter reden / ſondern nur allein von der vielfaltigen tranſportation vnd Verſetzung / ſo beyderſeits zu geſchehen pfleget. Dann die natuͤrliche Blumen / oder Roſen belangend / ſo werden dieſelbige offt vnd vielmal verſetzt / bald hie - her / bald dorthin / bald in dieſes / bald in jenes Gaͤrtlin / haben auch immer ein anderes vnd beſſeres anſehen hie als dort / biß zu letzt groſſe volkomme - ne gefuͤllte Roſen darauß werden: Ebener maſſen verhelt ſichs auch mit dem Menſchen. Dann wann wir auffſchlagen das herbarium Spiritus Sancti, das iſt / die Bibel als ein geiſtliches Kraͤuterbuch deß H Geiſtes / vnd forſchen fleiſſig darinnen nach dieſer Blumen vnd deroſelben Eygen - ſchafften / oder Zuſtand / ſo befindet ſichs / daß der Menſch als eine Blu - me von Gott dem himliſchen Gaͤrtner Vier vnterſchiedlich mal ver - ſetzet wirt / hat auch jmmer an einem Ort ein ander Anſehen vnd Zu - ſtand / als an dem andern.
Das erſte mal hat Gott der Herr den Menſchen gepflantzt vnd ge -DerMẽſch wirt vier - mal von Gott ver - ſetzet. ſetzt in den Garten Eden / in das jrrdiſche ſchoͤne Paradiß. Das ander - mal (nach dem Suͤndenfall) auß Zorn vnd gerechtem Vrtheil in den E - lendsthal vnd verfluchten Acker dieſer Welt. Zum dritten / in hortum Eccleſiæ, in den geiſtlichen Kirchengarten. Endlich ſetzt er jhn in den him̃ - liſchen ewigen Luſtgarten. Laſt vns dieſe viererley Verſetzung / vnd vnter - ſchiedlichen Zuſtand fein ordentlich nach einander betrachten / das wirt vns bringen das Nosce Teipsvm, vnd mit demſelben viel noth - wendig Lehr vnd Troſt / vnd zwar ſolches alles / oder doch mehrertheils nach anweiſung dieſes vnſers Textes.
JM allererſten anfang dieſer Welt / hat Gott der HerrDes Men - ſchen ſeliger Zuſtand fuͤr dẽ Fall / wirt durch eine ſchoͤne Blum vor - gebildet. den Menſchen gepflantzt vnd geſetzt in den Garten Eden / in das herrliche Paradiß. Da ſtunde der Menſch als ein ſchoͤne anſeh - liche Roſen in voller bluth / in allem Schmuck vnd Zierd. Er war nobiliſſima creatura, das aller edleſte Geſchoͤpff / daran Gott vnd die H. Engel ein ſonderbares gefallen gehabt. Vnd ſo viel ſonſten eine ſchoͤneBBlum10ROSA GENEROSA. Blum das gemeine Graſe vbertrifft / ſo viel die Sonne am Him̃el andern Sternen vnd Liechtern vorzuziehen iſt. Alſo hat der Menſch an dem Orth / vnd zur ſelbigen Zeit in viel beſſerer Flohr vnd Bluth geſtanden / als alle andere Creaturen / wie ſie namen haben moͤgen. Wie auch darauß wol abzunehmen / daß GOtt der Allmaͤchtige Schoͤpffer an dieſer Blum (al - ſo zu reden) mehr gearbeitet hat / als an den andern. Andere Blumen vnd Gewaͤchſe / andere Kraͤuter vnd Graſe hat GOtt der Herꝛ nur mit einemGen. 1. 11. bloſen Befehlchswort herauß gefordert vnd herfuͤrgebracht. Da aber die - ſe edle Menſchenblum hat ſollen in den Garten Eden geſetzt werden / da iſt die gantze H. Dreyfaltigkeit gleichſam zuRath darvber gegangen / vnd hat es erſtlich alſo beſchloſſen / vnd darnach zu Werck gerichtet. Vnd ſolches nicht an dem erſten tage / da noch alles Tóhu vebóhu war / das iſt / wuͤſt vnd leer / ſondern an dem letzten Tag / da ſchon alles zu deß Menſchen not - turfft vñ Wolfahrt bereitet geweſen / abermal zum zeugnis dz der MenſchDan. 7. die edleſte Creatur were / an welcher der Antiquus dierum (wie GOtt der Herr vom Propheten Daniel genent wirt) auffhoͤren vnnd ruhen wolte.
An einer guten Blu - men finden ſich 3. Stuͤ - cke.Aber / damit wir bey vnſer vorhabenden Gleichnis bleiben / ſo be - denckt ſelbſt / meine Geliebte / ob nicht an dem Menſchen ſo lang er im Pa - radiß gegruͤnet vnd gebluͤhet / eben die jenige ſtuͤck ſich gefunden haben / die ſonſten eine Blum oder Roſen beruͤhmt / lieb vñ angenehm machen. Was ſind das dann fuͤr ſtuͤcke / moͤchte jemand fragen? Antwort dreyerley. Das 1. iſt die ſchoͤne anmuͤhtige Geſtalt / daran der Menſch ſeine Augen weydet mit allem luſte. Das 2. iſt der liebliche Geruch / der durch die Naſen in das Gehirn dringet / vnd daſſelbe erquicket. Das 3. iſt die Tugend / Krafft vnd Wirckung. Gebt achtung wie dieſe drey Stuͤcke ſo artig zu ſpuͤren gewe - ſen an dem Menſchen / als er noch vor dem Fall in dem Paradißgarten geſtanden vnd gebluͤhet hat.
1. Die ſchoͤne Geſtalt.Haben andere natuͤrliche Roſen vnd Blumen jhre ſchoͤne anmuͤh - tige Geſtalt / ſo hat gewißlich auch der Menſch damals eine recht ſchoͤne / anſehliche / herꝛliche Geſtalt gehabt / alle die Blaͤtter an dieſer Blum / ſo wol die interiora als exteriora, die jnwendige vnd außwendige ſind fuͤrtreff - lich vnd ſchoͤn geſtalt geweſen. Die außwendige / das iſt / ſeine euſſer - liche leibliche Glieder waren ohn allen tadel / ohne allen mangel vnd Ge - brechen / alles war geſund / lieblich vnd ſchoͤn / die proportion war gut vnd kuͤnſtlich / die Farb anmuͤhtig / die Glieder richtig / die gantze Geſtalt hero -iſch /11ROSA GENEROSA. iſch / gravitaͤtiſch vnd eines gewaltigen Anſehens. Vnd da man ſonſten nach dem Suͤndenfall ſo manchen ſchoͤnen Menſchen in vtroq; ſexû, bey beyderley Geſchlecht gefunden / vnd noch findet / darvber ſich hoͤchlich zu - verwundern / ſo iſt leichtlich zu gedencken / in was fuͤr einer wunderſchoͤ - nen Blumengeſtalt der erſte Menſch bey ſeiner Vnſchuld im Garten E - den anzuſchen geweſen / freylich iſt ſeine euſſerliche Geſtalt / ein recht kunſt - wunder - vnd Meiſterſtuͤck geweſen!
Woͤllen wir nun auch anſehen die jnwendige Blaͤtter an dieſer ſchoͤ - nen Menſchenblum / das iſt / ſeine Seel vnd deroſelben kraͤfften / lieber wer kan vnd mag ſolch ſchoͤne Geſtalt der gebuͤhr abmahlen vnd beſchrei - ben? Da fuͤnckelte gewaltig herfuͤr das lumen ſapientiæ, das liecht der Weißheit / ſein Verſtand war ſcharpff vnd hoch / Er war weiſer / gelaͤhr - ter vnd verſtaͤndiger / als jetzt der groͤſte Doctor iſt / Dann er hatte GOtt gleichſamb ins Hertz geſehen. Das lumen ſanctitaris & iuſtitiæ, das Liecht der jnnerlichen Heiligkeit vnd Gerechtigkeit glaͤntzete auch gewal - tig an jhm. Summa / der gantze Menſch war zu GOttes EbenbildGen. 〈…〉〈…〉6. erſchaffen / das iſt / Herꝛlich / Gerecht / Heilig vnd Weiße / Er war der Goͤttlichen Natur theilhafftig / Dahero er auch im Geſchlecht Re -2. Petr. 1. 〈…〉〈…〉. giſter Chriſti ein Sohn GOttes genent wirt. Luc. 3. Wer will dañ nunLuc. 3. 〈…〉〈…〉8〈…〉〈…〉 auß dieſem allem nicht erkennen / daß dieſe Blum eine vberauß ſchoͤne herꝛliche Geſtalt vnd Anſehen im Garten Eden gehabt habe?
Wir leſen bey jenem heydniſchen Poeten ein feine Geſchicht die nicht vnfuͤglich hiehero gezogen werden kan / von zwen Hirten / die einan - der mit geheimen Raͤtzel auffgeben vnd auffloͤſen gevbet vnd getrieben ha - ben. Der eine fragt ſeinen Mitgeſellen / ob er auch errahten koͤnte / in wel - chem Land vñ an welchem Ort ſolche Blumen wuͤchſen / darauff der groſ - ſen Potentaten Namen geſchrieben ſtuͤnden? Er meynte aber die metalla in dem Bergwerck / die gelbe vnd weiſe Muͤntze darauff Koͤnige / Fuͤrſten vnd Herꝛen jhre Bilder vnd Namen ſchlagen laſſen. Beſſer koͤnnen wir das ſagen von dieſer Menſchenblum im Paradiß. Darauff ſteth ja derApoc. 19. 16 Name vnd das Bild deß groſſen Koͤniges aller Koͤnige. Apocal. 19. Bleibt alſo daß derMenſch im Paradißgarten wie eine ſchoͤne Blum ge - ſtalt geweſen / ſo viel die euſſerliche vnd jnnerliche Blaͤtter / das iſt / Leib vnd Seel antrifft. Wegen dieſer ſeiner ſchoͤnen Geſtalt / moͤchte man jhn nun wol nennen / ſchoͤn wie der Mond / außerwehlt wie die Sonn. Cant 6. 〈…〉〈…〉B ijMan12ROSA GENEROSA. Ezech. 24. 16.Man moͤchte jhn nennen ein Zweiglin deß ſich das gantze Land frewet. Jtem eine Augenluſt / oder gar omnem creaturam auß demMarc. 16. 15. 16. cap. Marc. verſ. 15.
2. Der liebli - che Geruch.Wie auch eine Blum oder Roſen zu ruͤhmen iſt / wegen jhres lieb - lichen Geruchs: alſo auch der Menſch in dem Paradißgarten. Dann er war Gott ein guter Geruch / wie die Schrifft ſonſten von den Apoſteln2. Cor. 2. 15. redet / alle ſeine actiones, ſein Gebet vnd Danckſagung / vnd was er ſonſt thaͤte vnnd vornahme / das roche ſo wol fuͤr dem Angeſicht Gottes deßEſa 42. 1. Herren / das ſeine Seel an demſelben ſeinem AußerwehltenCantic. 1. 3. Knecht ein ſonderbares wolgefallen hatte / Sum̃a / ſein guter Nah -Eccl. 7. 2. me war damals wie eine außgeſchuͤttete koͤſtliche Salbe. Vom groſ - ſen Koͤnig Alexandro wirt geſchrieben / Er ſey ſo guter natuͤrlicher com - plexion geweſen / daß ſein Athem wie ein koͤſtlicher Balſam ſoll gerochen haben. Wann dem alſo / ſo koͤnte man ja darauß leichtlich rechnen / wie die Blum im Garten Eden vor der Verderbnis ſo trefflichen Geruch werde gehabt haben / muͤſſen aber fortſchreiten zu der Tugend vnd Wirckung.
3. Die Tu - gend vnd Krafft.Wann eine Blum oder Roſen viel tugenden vnd kraͤfftige Wirck - ung hat / ſo iſt ſie billich zu loben. Derhalben auch dieſe vnſere Paradiß - blum. Dann groß war jhre Krafft vnd Wirckung. Es konte der Menſch alles gute thun vnd wircken / was Er nur ſelber wolte. Er regierte vber diePſal. 8. 7. gantze Welt / alles war jhm vnterthan. Alle beſtien konte er bezwingen / ſeine Krafft vnd Staͤrcke war groß / es muſte ſich alles fuͤr jhm buͤcken vnd duͤcken &c. Nun ſehet / Geliebte / ob nicht der Menſch eine ſehr ſchoͤ - ne außerwehlte Blum geweſen im Garten Eden / im Paradiß? Schoͤn war ſeine Geſtalt / lieblich war ſein Geruch / kraͤfftig war ſeine Wirck - ung / vnd groß ſeine Tugenden.
Diß alles dienet zur lieb / vnd zum lob Gottes.Billich loben / preiſen vnd lieben wir nun den Schoͤpffer / der an die - ſer ſchoͤnen Menſchenblum ſeine Weißheit / ſeine Allmacht / vnd ſeine Guͤ -[t]igkeit ſo ſtattlich bewieſen hat. Sollen wir nicht hie anſtimmen vnd vber - laut ruffen / Sihe wie hat Er jhn (den Menſchen) ſo lieb gehabt! FreylichJoh. 11. 36. iſt ſein Luſt bey den Menſchenkindern / wie Koͤnig Salomon in ſeinenProv. 8. 31. Spruͤchwoͤrtern redet. Sollen wir nicht auch hinfuͤro dieſem vnſerm Schoͤpffer alles gutes zutrawen / vnd hoffen / er werde alles wol machen mit vns? Aber ach weh / vnd aber weh / Es iſt mit dieſer. Blumen ein ſehr ſchreckliche Veraͤnderung / vnd vnverhoffte Außſetzung vorgangen / wie wir jetzt ferner hoͤren werden.
GLeich wie offtmals die allerbeſte / die allerſchoͤnſte / vnnd allerkoͤſtlichſte Blumen ploͤtzlich vnd vnverſehens einen ſchaden bekommen / entweder durch kalten Reyff / Hagel / Vngewitter / durch Sturmwind vnd Schlagregen / oder auch durchs Vn - gezieffer / oder ſenſten: Alſo iſt es leyder auch ergangen dieſer ſchoͤnen Pa -Deß Men - ſchen elen - der Zuſtãd - nach dem Fall. dißblumen dem Menſchen. Ach der Sturmwind der Anfechtung hat ſo ſtarck geblaſen in dem Paradißgarten / daß ſie jhre Schoͤne verlohren / der Reyff hat ſie ſehr hart gedruckt / der Schlagregen der Verfuͤhrung hat ſie gar tieff in den koth vnd vnflath der Suͤnden geſchlagen / das hoͤlliſche Vngezieffer / das Schlangen - vnd Ottergezuͤchte hat ſie ſchaͤndlich be - ſchmeyſet / zernaget / bekleckt vnd befleckt. Dahero iſt der Herr deß Gar - tens hoͤchlich vnd zwar nicht vnbillich erzuͤrnet worden / hat dieſer ſo vbel zugerichteter Blume keine ſtelle mehr im Garten Eden goͤnnen woͤllen / ſondern hat ſie hinauß geworffen in den Elendsthal / auff den verfluchten Acker. Daß alſo der Menſch / mit einem Wort davon zu reden / nach dem Fall in einen ſehr elenden Zuſtand gerahten / vnd nunmehr der allerherr - lichſte Menſch auff Erden / wans ſchon Koͤnig Salomo were / einer ge - ringen Feldblum weychen muß. Matth. 6.
Dann wo iſt jetzt ſeine anerſchaffene ſchoͤne Geſtalt? ſie iſt dahin. Er hat ver - lohren 1. ſeine ſchoͤne Geſtalt.Jm Elendsthal da der Sudwind ſtarck wehet / kan man nicht ſchoͤn ſein. Es ſind an dieſer Blum geſchaͤndet vnd geſchwaͤchet die jnnerliche vnnd außwendige Blaͤtter / das iſt / ſein Leib vnd ſeine Seel. Ach da war keine Geſtalt mehr die vns gefallen hette. Das ſchoͤne Ebenbild Gottes iſtEſa. 53. 2. mehrertheils verlohrn / tragen nun das Bild deß jrꝛdiſchen Adams. 1. Cor. 15. 49.An ſtatt deß luminis ſapientiæ, das ſo herrlich g[l]aͤntzete in deß Menſchen Verſtand / iſt nunmehr nichts als Finſternis jrrthumb / vnverſtand vnd Thorheit. An ſtatt der Heiligkeit vnd Gerechtigkeit / damit der Menſch1. Cor. 2. 14. zuvor ſo herrlich gezieret war / iſt nun kommen ein verkehrter boͤſer Will / vnordentliche affecten der befleckte Rock deß ſuͤndlichen Fleiſches /Eph. 4 18. 22. vnd iſt niemand auff Erden der guts thue / auch nicht einer / jaJudæ. v. 23. wir mangeln alle deß Ruhms / den wir haben ſolten / vnd in Adam ge -Pſal. 14. 1. habt haben. O du elende Roſen / wie biſtu verſtellet! O du arme BlumRom. 3. 23. wie biſtu nun ſo Vngeſtalt!
B iijWo14ROSA GENEROSA.2. Seinen gu - ten Geruch.Wo iſt auch jetzt der edle Geruch deß Menſchen / der GOtt vnd ſei - nen außerwehlten heiligen Engeln ſo wol gefiel? Er iſt auch dahin / vnd iſt der arme Menſch nun ein Grewel vnd ſchewſal fuͤr GOtt. Ja gleich wie alles zu Gifft wirt / was eine Spinne nur an ſich zeucht vnd ſaͤugt / alſo wirt alles was der Menſch im Elendsthal thut vnd vornimpt / Suͤnd vnd Grewel fuͤr GOtt dem Herꝛen. [Merckt aber allhie / daß wir reden von dem natuͤrlichen Menſchen / ſo fern er noch gar nicht wiedergeboren iſt.] Job. 15. 16.Er ſaͤufft das Vnrecht wie ſtinckend Waſſer in ſich. Ja deß Men - ſchen Hertz iſt nach dem Fall / vnd von Natur nichts anders als einMatt. 15. 19. Stanckgefaͤß / darauß herfuͤr daͤmpffen vnd rauchen arge Gedancken / Mord / Ehebruch / Hurerey / Dieberey / falſch Zeugnis / Laͤſte - rung / ꝛc. Wie Chriſtus der Herꝛ bezeuget. Das ſind warlich ſtinckendeLu[c]15. abſchewliche Sachen! Ach Herꝛ GOtt wie ſtinckt mancher Menſch ſoEſa 59. 2. ſchrecklich von ſuͤndẽ / wie der verlorne Sohn von traͤbern! Da verbirgt denn Gott ſein heiliges Angeſicht fuͤr jhme. Jn ſumma / der arme Menſch hat durch den leydigen Fall / die wolriechende Salb ſeines guten Namens fuͤr Gott vnd allen Creaturn verlohrn vnd dargegen einen ſtin - ckenden Namen bekommen / vnnd wann zu letzt der ſuͤndliche MenſchJoh. 11. 39. ſtirbt / ſo muß jederman am dritten oder vierten tag / mund vnd naſen fuͤr ſeinem boͤſen Geruch zu halten. O du elende Blum! O du iaͤmerliche Roſen wie biſtu veraͤndert in dem Jamerthal!
3. Seine Krafft vnd Tugend.Wo iſt auch endlich die groſe Tugend / Krafft vnd Wirckung hin - kommen / welche dieſe Paradißblum gehabt hat? iſt auch verlohren. Ach der arme Menſch iſt zu allem guten erſtorben. Er kan ihm ſelber nichtEpheſ. 2. 5. helffen / auch kein Bruder dem andern. Dahero leſt nun GOtt derPſal. 49. 8. Herr dieſer Blum ihre lection gewaltig ſchaͤrpffen / leſt ihr verweiſen ihre2. Cor. 7. 1. ſchaͤndliche Befleckung deß Fleiſches vnd deß Geiſtes. Leſt ſie auch erinnern ihres wol verdienten Elends vnd Jamers / ihrer Nichtigkeit vnd Fluͤchtigkeit / daß ſie nun mit aller ihrer Herrlichkeit ſo vergaͤnglich ſey / als eine irꝛdiſche Feldblum / ia wie das gemeine Graſe. Dann ſo ſteth all - hie im Text / vnd Eſai. 40.
Dahero iſt der Menſch nun ſuͤnd - lich / ſterb - lich vñ ver - gaͤnglich.Denckt doch der Sachen ein wenig nach / das Graſe vnd die Blu - men muͤſſen ſich allen Augenblick leyden. Man geht darvber: man reitet darvber: man faͤhrt darvber. Das Vieh reiſſets auß mit ſeinen Zeenen / vnd zutritt das vbrige. Oder da gleich ſolches nicht geſchicht / ſo iſts biß - weilen ſo hitzig vnd duͤrr Wetter / daß alles verdorret vnd außbrennet / biß -weilen15ROSA GENEROSA. weilen hinderts das naſſe feuchte Wetter / daß weder Blum noch Graſe gedeyen oder fortkommen kan. Manchmal kompt ein ſolcher erſchreck - licher Platzregen / daß alles dardurch zu Boden geſchlagen / zerfloͤ - fet vnd verderbet wird. Vnd wann ſchon das all nicht were / ſo bricht man doch von Luſt wegen bald dieſes / bald jenes Bluͤmlein ab / traͤgts in haͤnden / macht Kraͤntze vnd Straͤuße davon / ehe man ſich dann recht vmbſiehet / vnnd ehe dann es Abend wird / ſo fehets an zu verwelcken. Wann auch die Zeit kompt / daß die Blumen reyff vnd zeitig werden / ſo mag leicht ein kleines ſchlechtes Luͤfftlein kommen / das blaͤſet ein Blaͤt - lin nach dem andern rein ab / vnd faͤlt der Stengel auch bald hernach / al - ſo daß man nicht mehr ſiehet / wo ſie geſtanden:
Eben in einer ſolchen taͤglichen Verderbungs Gefahr ſtehet nun auch der Menſch / er bluͤhe gleich ſo ſchoͤn als er woͤlle. Ach wie man - cherley Vnfaͤlle koͤnnen ſich taͤglich zutragen / welche dieſer Blumen ge - ſchwind den garauß machen? Wann der Wind / das iſt / eine oder die andere Schwachheit / Widerwertigkeit / oder auch der Todeswindt ſelbſt / jhn ein wenig anhanchet / ſo iſts bald mit jhm geſchehen / vnd ver - giſſet man deß Toden auch bald Pſalm. 31. 13.
Vnd hierbey kan ich nicht vnerinnert laſſen / dann es iſt auch nach -Warumb der Tod ei - nem Wind vergliche[n]werde: 1. denckens wehrt / wie vnd warumb der Tod mit einem Wind verglichen werde. Das geſchicht nun 1. darumb: Gleich wie kein Menſch / er ſey ſo hoch / ſo weiſe / ſo gewaltig / ſo jung vnd ſtarck als er woͤlle / den Wind auffhalten oder hemmen kan: Alſo auch den Tode nicht. Da hilfft kein Alter / kein Jugend / keine Staͤrcke / keine Schoͤne / kein dignitet, kein Weißheit / kein Kunſt oder Gunſt / ſondern wann der Wind deß Todts anfaͤhet darein zu blaſen / ſo fallen die Blumen hinweg / wie ſchoͤn vnnd koͤſtlich ſie jmmer geweſen.
2. Der Wind iſt ſtarck vnd dringet in ein Gemach hinein / da man2. ſichs wol nicht verſehen hette / wann er nur einen kleinen Riß in der Wandt / oder an einem Fenſter findet. Alſo iſt der Todt zu allenRom. 5. 12. Menſchen durch gedrungen / ja gar zu vnſern Fenſtern hineinJerem. 9. v. 21. gefallen.
3. Die wege deß Winds ſind vnſichtbar / vnd kan niemand ſehen3. oder mercken / von wannen vnd wohin / wie bald oder langſam er blaſen werde: Eben alſo vnſichtbar vnd vnempfindlich ſind auch die wege deßJoh. 3. 8. Tods / wer kan ſie mercken?
4.4. Wie auch der natuͤrliche Wind vom Herren kompt / von jhmeJonæ 1. 4. außgeſandt vnd regieret wirt: Alſo iſts auch mit dem Tod. Dañ ob ſchonJerem 10. 13. Gott der Herr denſelben nicht hat geſchaffen / gleich wie den Wind. Sap. 2. 23.Sap. 2. ſo hat Er doch denſelben als ein gerechter Richter verordnet vberSyr. 41. 5. alles ſuͤndliche Fleiſch. Dahero neñet der Prophet Eſaias dieſen Wind /Eſa. 40. 7. den Geiſt deß Herren der in die Blume blaͤſet / vnd MoſesPſal. 90. 3. ſchreibts auch Gott dem Herren zu / wann er ſagt / Du leſt die Men - ſchen ſterben / vnd ſprichſt / kompt wider Menſchenkinder. Aber gnug von der andern Verſetzung dieſer Menſchenblum. Wiſſen nun auch wie es mit jhr ſtehet im zweyten Garten / im Elendsthal / auff dem Acker den der Herr verflucht hat / da iſt nichts dann lauter Elend / gebre - chen vnd jamer / noth vnd Tod.
Der Mẽſch ſoll dieſe ſei - ne elende Veraͤnde - rung wol bedencken.Das muͤſſen wir nun nicht vergeſſen / ſondern wol behalten[.]Dann ob man wol ſonſten im gemeinen Spruͤchwort pflegt zu ſagen / Es ſey am beſten das man verlorne Ding bald auß dem Sinn ſchlage / vnd ſich nicht lang mit deren betrachtung quaͤle / ſo iſts doch hie nicht alſo. Heilſam vnd gut iſts / wann wir fleiſſig bedencken / woher vnd wohin wir gefallen ſind / nach der Vermahnung Apoc. 2. v. 5.
1. Wegen der Demuth / vñ vermey - dung deß Phariſæi - ſchen Stol - tzes.Dann darauß lernen wir vns fein demuͤtigen vnter die gewaltige Hand Gottes / wie der Apoſt Petrus redet 1. Epiſt. 5. 6. Dardurch wirt auch vertrieben der hochſchaͤdliche Phariſ〈…〉〈…〉 iſche geiſtliche Stoltz der den Adamskindern von natur anklebet / da ſie jhnen manchmal einbilden / ſie ſeyen jetzt noch bey guten groſſen kraͤfften / dardurch ſie ſich koͤnten bey Gott dem Herrn lieb / angenehm vnd wol verdient machen / ja noch mehr gutes verrichten als jhnen vonnoͤhten ſey. Ach blindheit vber alle blind -1. Pet. 5. 6. heit! Worauff will doch der armeMenſch in dieſem Elendsthal prangen? Syr. 10. 9.Warumb will ſich die elende Blum viel erheben? Vielleicht wegen jhrer anerſchaffenen ſchoͤnen Geſtalt? iſt ſie doch dahin / vnd ſchaͤndlich ver - lohren. Vielleicht wegen deß lieblichen Lebensgeruchs? iſt er doch auch dahin / vnd in lauter Suͤndenſtanck vnd Grewel verwandelt. Vielleicht wegen ſeiner tugendhafften guten Wirckung? iſts doch all dahin / vñ in lauter ſchwachheit vud gebrechlichkeit verwandelt / wie droben nach der laͤnge erwieſen. Wann dieſes nicht außtreibt den Phariſæiſchen / vnnd ſonſt allen Weltſtoltz / ſo wuͤſte ich nicht was es thun ſolte.
2. Wegen verachtungDieſe betrachtung kan vns auch allgemach abziehen von der vber - maͤſſigen lieb dieſer Welt / vnd dieſes zeitliches Lebens / davon wir ſonſtenauch17ROSA GENEROSA. auch ernſtlich abgemabnet werden 1 Johan. 2. 1. Cor. 7. vnd anderswodieſer wel〈…〉〈…〉 vnd aller deren Herr - lichkeit. mehr. Dann was iſts? alles nichtig / fluͤchtig vnd vergaͤnglich wie eine Blume / wie[e]in Graſe. Wer will dann ſein datum darauff ſetzen? Vor - zeiten hat GOtt er Herr ſeinem Volck hoch verwieſen / daß es ſich auff1. Cor. 7. 3〈…〉〈…〉 den zerbrochenen Rohrſtab Egypti verlaſſen / der doch einem die1. Joh. 2. 15. Hand durchboret / wann man ſich darauff lehnete. Wie viel mehrEſa. 36. 6. wirds dann verweißlich ſein / wann ſich jemand auff Hew / Graß vnnd Blumenwerck verlaſſen wolte / daß doch morgen verwelckt vnd abfaͤlt? Das thun aber alle die jenige Eltern / die ſich zu viel verlaſſen auff jhre da - herwachſende Kinder / Jtem / die jenige die zu viel auff gute Freunde / vnd ſonſt andere Menſchen bawen vnnd trawen / die ſich auch vergaffen an Ehr / Hochheit / Reichtumb vnd Wolluͤſten dieſer Welt / wie dort die Naͤr - riſche Weltkinder im Buch der Weißheit Cap. 2. Vnſere kinder ſollenSap. 2. 6. wo〈…〉〈…〉 auch nach einer ſchoͤnen Blumen greiffen / vnnd dargegen ein ſtuͤck Geld fahren laſſen. So vnverſtaͤndig vnd alber ſollen wir nicht ſein / ſon - dern als die Kluge. 1. Cor. 10. vergeſſen was dahinden iſt / vnnd1. Cor. 10. 15 trachten nach dem das da forne iſt / nemlich nach dem KleinotPhilip 3. 13. das vns fuͤrhelt die himliſche Beruffung. Ach moriendum eſt, mi - grandum eſt. Es wehret alles nur ein kleine Zeit / vnd hilfft doch nichts zur Seligkeit.
Wir ſollen auch dieſen vnſern jetzigen elenden Blumenzuſtand[3]. Wegẽ beſ - ſerer Fuͤr - ſichtigkeit vnd Behut - ſamkeit. darumb fleiſſig bedencken / damit wir klug werden / wegen deß vnſichtbarn gewaltigen Winds / den GOtt der Herr vber vns blaſen vnd wehen leſt. Dann weil wir dem wind deß Tods gar nicht entfliehen auch denſelben nicht auffhalten koͤnnen / weil wir auch nicht wiſſen noch ſehen koͤnnen / wann er ſich werde erheben / wo vnd wie er vns werde anſauſen / vnd von dieſer ſtaͤtte wehen / ſo ſollen wir ja allezeit behutſam vnd fuͤrſichtig wan -Epheſ. 5. 15. deln / in ſtaͤhter bereitſchafft / in der fercht GOttes / ſollen allzeit wa -Marc. 13. 33. chen vnd beten / auch wo wir auß oder eingehen / wo wir zu raͤyſen vndJacob. 4 15 zu wandern haben / in den ſchutz deß Allerhoͤchſten fleiſſig vnnd an -Pſal. 91. 1. daͤchtig vns empfehlen. Der Wind komme darnach wann er woͤlle / ſo wird er vns nicht ſchaden.
Es wird auch dieſe Betrachtung bey vns erwecken eine Chriſtliche4. Wegen der Gedult. Gedult / wann wir vns etwan beduͤncken laſſen / der wind der Kranckheit / der Anfechtung vnnd deß Tods blaſe gar zu ſtarck bey vns ſelbſt oder den vnſerigen / die Schwachheit vnd der Tod ſey gar vnnatuͤrlich vnd wun -Cderbar /18ROSA GENEROSA. derbar / wie dann deßwegen offtmals groſe klag hin vnd wieder gefuͤhret vnd gehoͤret wird. Wer nun dieſen Bericht recht gefaſt vnd wol verſtan - den / der wird ſich nicht viel bekuͤmmern vmb den Wind / das iſt / vmb die art vnd gattung der Schwachheit oder deß Tods / ſondern wird in Ge - dult ſehen auff den / der den Wind leſt ſauſen vnd brauſen / welches iſt derJerem. 32. 27. Herꝛ deß lebens vnd deß tods / Der Gott alles Fleiſches. Dann er derPſal. 39. 10. Herꝛ thuts / der ſchickts alſo / da muͤſſen wir den Finger auff den Mund legen vnd ſagen: Jch will ſchweigen / denn der Herꝛ hats gethan / vnd alſo verhenget. Vnd gleich wie es einem Gartenman frey ſtehet / ſeine Blumen vnd Graß entweder mit der Hand außzuraufen / o - der mit einem Meſſer abzuſchneiden / oder mit einer Sichel / Senſen oder ſonſten abzumehen / oder auch das Vieh abbeiſſen zu laſſen ꝛc. Dann es iſt alles ſein: Alſo mag auch Gott der Herꝛ in ſeinem Garten thun / vnd thun laſſen / was jhm gefaͤlt. Wann einer zwen Gaͤrten hette / vnd nehme eine Blum auß dem einen / vnd verſetzte ſie in den andern / wer wolts jhm weh - ren? wer wolte jhn darumb verdencken? Wann dann auch GOTt eine Blum auß ſeinem groſſen Garten hie auff Erden nimpt / vnd verſetzt ſie durch den zeitlichen Tod in ſeinen Himmelsgarten (davon wir hernach an ſeinem or[t]h werden reden) was ſollen Eltern / Gebruͤder / Geſchwiſter / Freunde vnd Nachbarn darzu ſagen? was ſollen ſie thun? ſie muͤſſens mit Gedult geſchehen laſſen / vnd nicht zweiffeln / Er werde es alſo machen / daß es dem Pflaͤntzlin zum beſten gerahten werde.
Sehet / wie die Betrachtung der ſchrecklichen Veraͤnderung ſo mit dem Menſchen vorgangen / ſo heilſam vnd nutz ſey. Woͤllen aber nun fort - ſchreiten zu ſehen / wie GOTT dieſe Blum zum dritten mal verſetzet in hortum Eccleſiæ, in Kirchengarten / vnd was darin deß Menſchen Zu - ſtand ſey.
Dẽ gefall - nen Men - ſchen iſt Gnad wie - derfahren.ES hette zwar GOtt der Herꝛ den Menſchen / der alſo an jhm ſeinem hertztrewen / grundguten Schoͤpffer in dem Para - diß gefrevelt / mit gutem recht in dem Elendsthal ſtecken / ſterben vnd ewig verderben laſſen koͤnnen / wie Er auch den abgefallenen2. Pet 1. 4. Judæ. [v.]6. Engeln gethan / als welche Er mit ketten der Finſternis zur Hoͤllever -19ROSA GENEROSA. verſtoſſen / vnd zum Gericht behalten hat. Aber ſeine Barmher -Oſeæ 11. 8. tzigkeit iſt viel zu bruͤnſtig geweſen / daß er nicht gethan hat nachPſal. 103. 9. ſeinem grimmigen gerechten Zorn / Er hat nicht ewiglich mit vns Zorn halten woͤllen / Sondern als Er am Abend da der Tag kuͤhlGen. 3. 8. worden / den groſſen jamer an dem Menſchen geſehen / wie er ſo elendigEzech. 16. 6. in ſeinem Vnflat gelegen / Da iſt er nicht fuͤrvber gegangen / wie jene hartmuͤhtige vnd ſteinhertzige Prieſter vnd Levit / ſondern hat die arme /Luc. 10. 31. befleckte / verwelckte Blum mit gnaͤdigen Augen angeſehen / hat ſie wider - umb in ſein Gnadenreich gedacht zu bringen. Hat auch alſo bald mit dem armen gefallenen / ſuͤndlichen / verlornen Menſchen auffgerichtet einen Newen Bund / einen Gnadenbund / einen Saltzbund / das iſt / einen e -Jerem 31. 31. wigen / vnrerweßlichen / ſtarcken Bund / wie dann deſſelben Bunds all -Pſal. 103. v. 18. hie in vnſerm Text außdruͤcklich gedacht wird / daß jhn der Herr auch von vns woͤll gehalten haben.
Vnd weil die Straffe / die wir vns durch den Suͤndenfall vbern halß gezogen / vermoͤg der vnwandelbaren ſtrengen Gerechtigkeit GOt - tes / nicht hat gantz vnd gar auffgehaben werden koͤnnen / Sihe ſo hat der Barmhertzige GOTT auch in dem Gnadenbund verſprochen / ſein lieber Sohn der hochgebenedeyte Weibsſame / als der himliſcheGen. 3. 13. Gaͤrtner ſolte ſich der Blumen der geſtalt annehmen / daß Er an jhren Platz in dem Elendsthal ſich darſtellete / vnd das Vngewitter vber ſich gehen lieſe / vnd jhr durch ſeine ſatisfaction oder Gnugth[u]ung wieder zu recht huͤlffe / Sie mit ſeinem H. kraͤfftigen Blut tuͤngete vnd erquickete / wie Er auch trewlich gethan hat / vnd noch thut. O wie hat Er ſichs ſo ein groſes koſten laſſen! Denckt doch ſelbſt / Jhr meine Geliebte / ob das nicht ein wunderbar Ding were / wann ſich eines groſen Koͤniges Sohn / ein junger Printz alſo verliebte an einer elenden Roſen oder Blu - men / daß Er ſich jhrenthalben in groſe / ſchwere / muͤhſelige / veraͤchtliche / langwirige Dienſtbarkeit begaͤbe / nur daß Er moͤchte der Blumen faͤhig vnnd theilhafftig werden: Viel ein groͤſer Gnadenwunder iſt die - ſes / daß ſich deß himliſchen Monarchen eingeborner vnd eingeliebter Sohn in arme Knechtsgeſtalt gegeben / vnd 33½. Jahr vmb vns elen -Phil. 2. 7. de Menſchen ſaͤwerlich vnd ſchwerlich in dieſem Jamerthal gedienet / vnd mit ſeinem thewren Blut zu ſeinem Eygenthumb erkaufft1. Cor. 6 20. hat.
Er wird beruffen. zur Kirchẽ.Da hat er nun / auff daß wir zu vnſerm Zweck kommen / einen gantz newen ſonderbaren Garten fuͤr ſeine ſo thewer erworbene Blumen allhie auff Erden angerichtet / welches iſt hortus Eccleſiæ, der Kirchengarten / da ſamlet Er die Pflaͤntzlin vnd Bluͤmlein auß dem Menſchlichen Ge - ſchlecht /〈…〉〈…〉 er dermaleins in ſeinen ewigen himliſchen Luſtgarten verſe -1. Cor. 3. 6. tzen will / da pfleget vnd warteter jhrer auffs allerbeſte / da leſt er Paulum pflantzen / den Apollo begieſen / vnd den H. Geiſt das gedeyen geben. Da hat Er zu Gartenhuͤtern vnd Waͤchtern verordnet ſeine him -Matt. 18. 10. liſche Diener / die H. Engel / welche dienſtbare Geiſter ſind bey denenHeb. 1. 14. die die Seligkeit ererben ſollen. Vnd gleich wie vorzeiten die Cheru - bim nach dem geſchehenen Suͤndenfall / mit fewrigen Schwaͤrtern fuͤrGene. 3. 24. das Paradiß geſtellet worden / zu bewahren den Weg zum Baum deß Lebens: Alſo ſtehen ſie nun fuͤr der Gnadenthuͤr am Kirchengar - ten / zu wachen vnd zu verhuͤten / daß nicht die hoͤlliſche Schlang jhres gefallens hinein breche / vnd ſich auff ein newes mache an dieſe reſtituirteJob. 7. 20. Kirchenblum / dieſelbige zu verderben / Ja Er ſelbſt iſt der Menſchen -Pſal. 121. 4. huͤter / der waͤchter Jſraelis / vnd verwahret nicht allein den gantzen hortum Eccleſiæ, ſondern auch ein jedes rechtſchaffenes Kirchenbluͤm - lein / ſo fleiſſig / ſo ſorgfaͤltig / ſo trewlich wie ſeinen Augapffel / ja daß nichtZachar. 2. 8 das geringſte Blaͤttlin (oder Haͤrlin auff dem Haupt) abgeropfft o -Matt. 10. 30. der beſchaͤdiget werde.
Da wird er wider zu recht ge - bracht / vnd ernewert.Vnd auff dieſe weiſe / wird nun dieſe Blum (der Menſch) in die - ſem dritten Garten widrumb erquickt / ernewert / wiedergeboren / vnd zu recht gebracht / nicht anders als wann eine welcke duͤrꝛe Roſen widrumb bekompt einen friſchen Taw / einen lieblichen ſruchtbaren Regen / vnd dar - zu einen fleiſſigen verſtaͤndigen Pfleger oder Gaͤrtner.
Da bekõpt er wider 1. ſeine vorige Geſtalt.Da thut ſich allgemach wieder herfuͤr / die vorige ſchoͤne Roſen - oder Blumen Geſtalt / die er zuvor im Garten Eden gehabt hat. Da leſt ſich widerumb mercken das Ebenbild GOttes. Da gewinnet ChriſtusGal 4. 19. widerumb eine Geſtalt in vns. Ja da hat Er luſt an vnſer GeſtaltPſal. 45. 12. vnd ſchoͤnheit / wie davon im 45. Pſalmen geleſen wird.
2. Den Ge - ruch.Da beginnet man auch wieder zu mercken den ſuͤß-lieblichen Gott wolgefaͤlligen Blumen Geruch / den wir im Paradiß gehabt haben / vnd verliehret ſich dargegen der Suͤndengeſtanck je mehr vnd mehr / in demEſa. 1. 27. man lernet ablaſſen vom boͤſen / vnd dargegen gutes thun. Dawerden21ROSA GENEROSA. werden die glaͤubige Kirchenglieder GOtt dem Herrn ein ſuͤſſer Geruch / ein Geruch deß Lebens / Es gefaͤlt jhm der Geruch jhres Gebets / jhrer Danckſagung / jhrer Frombkeit vnangeſehen daß der A〈…〉〈…〉 fang noch gar gering iſt. Vnd das noch mehr iſt / ſo bekompt der Menſch der dem3. Die T[u]- gend vnd Krafft. Kirchengarten als eine Blum eingepflantzt iſt / auch ſeine vorige Tugend / ſeine Krafft vnd wirckung widerumb / daß Er (wie der Text allhie von die - ſer Wirckung / vnd von ſolchem Zuſtand redet) GOTt foͤrchtet / anverſ. 17. 18. ſeine Gebott denckt / thut ſie / vnd helt ſeinen Bund / vnd ſchaf -Philip. 2. 12 fet alſo mit forcht vnd zittern daß er ſelig werde. Ja liebe Chriſten[e]ben dahin / zu dem end / vnd zu dem zweck gehet das gantze miniſterium oder Predig Ampt Alles predigen vnd lehren / alles ermahnen / alles ſtraf - fen / draͤwen vnd troͤſten / alles Gebet vnd Danck ſagung / das gantze Wort vnd Sacramenta gehen dahin / daß der verderbte verſorne Menſch wider - umb zu recht / vnd zur wahren Seligkeit gebracht werde. Wolte GOTt daß jede[r]man / der ſich der Kirchen ruͤhmet / auch wol ſcheinbarlich darin - nen bluͤhet / dieſes recht vnd wol betrachtete / ſo wuͤrde es gewißlich ſehr wol ſtehen vnd gehen.
Ey ſo laſt vns dann / jhr Geliebte / die wir von GOtt die Gnad ha -Die Ce - ction fuͤr die Kirchë - blumen. ben / daß wir fuͤr vielen andern Menſchen in den hortum Eccleſiæ, in den Kirchengarten ſind beruffen worden / da man an vns / vnd zu befuͤrde - rung vnſerer Seligkeit taͤglich arbeitet / bawet / pflantzet vnd begenſt / laſtGal. 4 11. vns / ſag ich / wol zuſehen / daß ſolche heylſame gute Arbeit an vns nichtGal. 2. 11. vergeblich ſey / laſt vns ja die Gnad nicht wegwerffen / Laſt vns a - ber fleiſſe thun / daß wir taͤglich in der beſſerung / im glauben vnd in der Gottſe[l]igkeit wachſen / zunehmen / vnd alſo tuͤchtig werden zu dem ewigen Reich GOttes / zum Erbtheil der Heiligen im Liecht / daß wir ja nicht außColo[ſ]〈…〉〈…〉v. 12. der art ſchlagen / ſondern Blumen ſein vnd bleiben / nicht aber zu hin - wuͤrfflichem Vnkraut werden. Laſt vns wol mercken die Kirchen Lection / die vns allhie im Text ſein ordentlich fuͤrgeſchrieben wird von ſtuͤcke zu ſtuͤck Wer ſich dabey finden leſt / bey welchem ſolche tugenden vnd wirck - ungen ſich eraͤugen / der iſt ein rechtes GOtt angenehmes Kirchenbluͤm - lein / vnd hat die gewiſſe ohnfehlbare Hoffnung / in den himliſchen ewigen Luſtgarten dermaleins verſetzt zu werden.
Es ſind aber Vier Stuͤck allhie nahm hafftig gemacht / deren wir1. Muß man Gott foͤrch - ten. vns befleiſſen muͤſſen. Das erſte iſt die Forcht Gottes. Das iſt der anfang aller Weißheit / Proverb. 1. Syr. 1. Viel Menſchen ſind zwarS〈…〉〈…〉 r. 1 15. Prov 1. 17.C iijin den22ROSA GENEROSA. in den Kirchengarten vnd zu dero Gemeinſchafft beruffen / Aber wann ſie nicht auch gruͤnen vnnd bluͤhen in der Gottesforcht / ſo iſt es nichts. Dann vber die allein wirt deß Heren Gnad ewig wehren / die jhn foͤrchten / ſtehthie im Text / das iſt / die jhn jmmer fuͤr augen haben / die in ſeiner forcht wandeln / vnd ſich ſchewen fuͤr ſeinem H. Angeſicht.
2. An ſeine Gebott dencken.Darnach ſteth hie / Sie dencken an ſeine Gebott. Er redet aber allhie nicht eigentlich vnd inſonderheit von den zehen Gebotten / die am Berg Sinai gegeben worden / ſondern ins gemein von dem gantzen geof - fenbarten Wort GOttes. Dann wer ein rechter Kirchen Chriſt iſt / der muß fleiſſig dencken an all das Wort GOttes / dieweil Gott dem HerꝛnMatt. 15. 9. auſſerhalb ſeinem Wort mit keinen Menſchenſatzungen kan oder ſoll ge -Eſai. 8. 20. dienet werden.
3. Vnd dar - nach thun.Es iſt aber mit dem dencken noch nicht außgerichtet / ſondern man muß auch darnach thun / wie vnſer Pſalm ferner redet / das merckt wol. Dann an dieſem ſtuͤck mangelt es vielen in der Kirchen GOTtes / die zwar etwas wiſſen / vnd deſſen fein gedencken koͤnnen / aber das thun / das thun / will bey ihnen nicht fort / da bleibts ſtecken. Nun muß aber einJacob. 1. 22 Chriſt ein rechter practicant ſein / nicht nur ein Hoͤrer / (oder ein ſchwaͤ - tzer) ſondern auch ein Thaͤter / Wir muͤſſen darnach thun / ſteht allhie. Das behaltet wol. Man muß thun nach den Gebotten deß Herren. Nun iſt das deß Herren Gebott / damit wirs kurtz faſſen vnd ſummi - ren / Daß wir vnſer Suͤnd vnd Elend recht erkennen vnd von hertzen be -Jerem. 3. 13 14. rewen ſollen / Daß laſt vns thun. Deß Herren Gebott iſt / wer nicht verzweiffeln / ſondern getroͤſtet vnd ſelig werden will / Der muß glaubenActor. 16. 31 an Jeſum Chriſtum / wie iener KerckerMeiſter zu Philippen / daß laſt vns thun / durch die gnade GOttes. Deß Herꝛen Gebott iſt / daß wirMatt 5. 16. ſollen vnſer Liecht leuchten / vnd vns im ſtand guter Werck er -Titum 3. 8. finden laſſen / daß laſt vns thun.
4. Seinen Bund hal - ten.Noch mehr / daß wir ſeinen Bund halten. Abermal eine noth - wendige lection! Jſt nicht gnug ſich deß Bunds ruͤhmen / vnd immer ruffen / Bund / Bund / Jeſai. 8. vnd Tempel deß Herꝛen / Tem -Jeſai. 8. 12. pel deß Herꝛen. Es iſt auch nicht gnug / wol anfangen nach dem BundJerem. 7. 4. GOttes zu leben / im Glauben vnd Gehorſam / ſondern man muß den Bund halten / man muß dabey beharꝛen.
O ſelig vnd aber ſelig ſind die Menſchen / die im Kirchengarten al -ſo erfun -23ROSA GENEROSA. ſo erfunden werden / die alſo zu jhrer vorigen ſchoͤnen Geſtalt ernewert / zu jhrem vorigen lieblichen Geruch / vnd vorigen Tugenden alſo ge - bracht werden / daß ſie Gott foͤrchten / daß ſie denckẽ an ſeine Gebott / daß ſie dieſelbige thun / vnd ſeinen Bund halten! Das ſind die rechte Gott wolgefaͤllige Bluͤmlein in dem Kirchengarten / bevorab wann ſie bey zeit / in jhrer bluͤhenden Jugend ſich alſo anlaſſen / vnd darbey biß ansMatt. 10. 22. Ende beharren.
Wann dann ſchon ein ſcharpffer rawer Wind vber ſolche Bluͤm -Welche dieſe Kir - chenlection lernen / die haben ge - wiſſen Troſt. lein hergehet / (dann der Kirchengarten iſt ja nicht auſſer dieſer elenden Welt) ſo wird er doch nichts ſchaden koͤnnen. Laß herꝛauſchen den Wind mancherley Anfechtungen vber ein ſolches ernewertes Bluͤmlein in hor - to Eccleſiæ, vber einen widergebornen Chriſten / ſo wird er jhn doch nicht vmbwerffen / noch võ Gottes Angeſicht wegblaſen / oder abſcheiden moͤ -Rom. 8. 39. gen. Der vnfreundliche rawe Verfolgungswind / wird auch ein ſolches recht eingewurtzeltes Kirchenbluͤmlein nicht vmbwerffen (NB recht ein - gewurtzeltes / dann mit den Heuchlern die nicht tieffe Wurtzel haben /Matth. 13. 6. hats ein andere Meynung) ſondern es wird feſt ſtehen / wie der BergPſal. 125. 1. Zion. Der wind der mancherley Schwachheiten / ja auch der Todeswind ſelbſt muß all zum beſten vnd zur Wolfahrt dieſer Kirchenblum dienen. Vnd ob ſchon der Todeswind ein Kirchenbluͤmlein nach dem andern / vñ endlichen ſie ſampt vnd ſonders von dieſer Staͤtte allhie auff Erden wird wegblaſen / gantz vnd gar außduͤrꝛen vnd welck machen / ſo werden wir doch in ſolcher Verwelckung nicht bleiben / nicht bleiben / ſondern wie die Wurtzel in der Erden / wann ſchon die Blum abfaͤlt / ein heimlich Leben in ſich behelt / welches ſich zu ſeiner zeit wieder herfuͤr thut: Alſo haben die abgeſtorbene Kirchenbluͤmlein ein heimlich Leben / welches verborgenColoſ. 3. 3. iſt mit Chriſto in Gott / ſo auch zu ſeiner zeit wird offenbar werden. Wie man auch die Gartenbluͤmlein zu Winterszeit in die Gewoͤlb oder Kammern verbirgt / biß an den lieblichen Fruͤhling / da ſie wider außſchla - gen: Alſo werden vnſere Leiber auch / wann der Windherr deß Tods ein - bricht / in das Erdengewoͤlb oder Kaͤm̃erlein geſetzt / biß zũ froͤlichen Som -Eſa 26. 20. mer deß juͤngſtentags / da werden ſie recht ſchoͤn vnd lieblich wider herfuͤr1. Theſſ. 4. 13. ſtechen / vnd in den Vorhoͤfen deß Herꝛen gruͤnen / vnd bluͤhen e - wiglich. Das iſt je gewißlich wahr vnd ein tewres wehrtes Wort / wiePſal. 92. 14. wir jetzt im folgenden Vierten Theil hoͤren werden. Summa / kein Wind kandẽ Kirchenbluͤmlein ſchaden. Der wind der Verfolgung nicht /Der24ROSA GENEROSA. der wind der Anfechtung nicht / der wind der Kranckheit nicht / der wind deß Todes auch nicht.
Dargegen / ob ſchon die jenige auch wieder herfuͤr kommen werden am juͤngſten Tage / welche hie im E[l]endsthal / das iſt / in dem verderbten ſuͤndlichen Stand extra hortum Ecclenæ. auſſer d[e]m Kirchengarten bleiben / wie denn auch die jenige / die zwar allhie im Kirchengarten ſein /2. Tim. 3. 5. bluͤhen auch in weltlichen Ehren / haben einen feinen ſchein der Gott -Coloſ. 2. 23. ſeligkeit / vnd der Weißheit / durch ſelberwehlte Geiſtlichkeit vnd Demuth / geben aber keinen guten Geruch der wahren Frombkeit von ſich / ſondern ſtincken vielmehr von allerley ſuͤnden / haben auch gar keine Chriſtliche Tugend vnd wirckung bey ſich / d[i]e〈…〉〈…〉 enige / ſag ich / haben die erwuͤnſchte ſelige Verſetzung in den ewigen himliſchen Luſtgar[t]en / durch - auß nicht zu hoffen / ſondern werden als Vnkraut hinweg geworffen / vnd mit Fuͤſſen getretten werden.
Da ſchawe nun ein jeder gar eben zu / vnd pruͤffe ſich ſelbſt wie es jetzt mit jhm in horto Eccleſiæ, im Kirchengarten beſchaffen / ob er die ob - gedachte ernewrung / tugenden vnd wirckung an ſich auch befinde / oder nicht / ob er eine ſolche jetzt beſchriebene Blum oder a[b]er ein Vnkraut ſey / ſo wird er bald mercken was er zu hoffen oder nicht zu offen habe. Jſt nun an dem daß wir auch etwas reden von der allerletzten vnd beſten Fortſetz - ung deß Menſchen auß dem Kirchengarten in den himliſchen Luſtgarten.
Es iſt ge - wiß ein e - wiges Le - ben.DJeſe letzte vnd allerbeſte Verſetzung der glaubigen Chriſten wird ſo gewiß geſchehen / als die vorgedachte dr〈…〉〈…〉 y auch geſchehen ſind. Dann es iſt ja der Menſch nicht zu dieſem leben allein erſchaffen / wie andere ſtumme vnd thumme Creaturen / ſondern zu dem ewigen Leben. (plus vltra, mehr dahinden / weiter hinauß / ſagt K. Carl. V.) Vnd wann ſchon vnſere GroßEltern im Para diß nicht geſuͤndiget hetten / ſo weren ſie doch nicht jmmer auff Erden allhie geblieben / ſondern endlichen ohne allen ſchmertzen vnd Tod / auß dem jrr - diſchen Paradiß in das himliſche verſetzet worden / wie hernachmals mitGeneſ. 5. 24. Enoch Gen. 5. vnd mit Elia 2. Reg. 2. geſchehen. Da ſie aber durch jhren2. Reg. 2. 11. Vngehorſam ſo wol das Ewige als das zeitliche Leben jhnen vnd vns verſchertzet haben / Sihe ſo hats vns der Sohn Gottes widerumb erwor -ben. Er25ROSA GENEROSA. ben. Er hat vns die Staͤtte im Himmel bereitet / will auch widerJoh. 14. 2. 3. kommen / vnd vns zu ſich nehmen / Er will ſeinen Schaffen ge -Joh. 10. 28. ben das ewige Leben. Es erklaͤrt ſich auch GOtt der Vatter / wer an ſeinen Sohn glaube / der ſoll nicht verlohren werden / ſondern dasJoh 3. 16. ewige Leben haben. Der H. Geiſt arbeitet auch noch taͤglich an vns zu dem einigen Ende / daß wir zum ewigen Leben vorbereitet werden. Es iſt auch ein Glaubens Articul / daß wir ein ewiges Leben zu gewarten ha - ben.
Dahin weiſet vns auch dieſer vnſer Text / wann er ſagt / Die Gnad deß Herꝛen wehret in Ewigkeit. Das geſchicht hie nicht / dieſe Welt wehret nicht ewig / ſo leben auch wir hie nicht ewig. So muß ja ein ander Orth ſein / da wir deß Herꝛen Gnad ewig ſpuͤren / vnd genieſen werden. Fragt aber jemand / wo dann? ſo antwortet der Text: Der Herr hat ſeinen Stul im Himmel bereitet / im Himmel hat Er ſeinen Thron befeſtiget / da will er ſeine ewige Wohnung haben / da ſollen wir auch ewig bey jhm ſein vnd bleiben / wir ſollen ſtehen fuͤr dem Stul GOTtes /Apoc. 7. 15. vnd jhm dienen Tag vnd Nacht / das iſt / ohne auffhoͤren in ewigkeit.
Da wirds nun ſehr wol ſtehen vmb den Menſchen. Da wird er vielEs wird da wol zu - gehen. ſchoͤner / viel herrlicher vnd ſeliger bluͤhen / als er hie in dem Kirchengar - ten / ja auch in dem jrrdiſchen Paradiß gebluͤhet hat. Er wird nicht mehr ſein lilium inter ſpinas, eine Roſe vnter den Dornen / wie allhie in die -Cant. 2. v. 2. ſer Welt. Die Sonne wird vns auch nicht mehr ſtechen / da wirdEſai. 49. v. 10. kein Leyd noch Geſchrey mehr ſein / ſondern ein liebliches Weſen zurApoc. 21. 4. Rechten GOttes ewiglich. Alßdann werden wir nicht weiter fortge -Pſal. 16. 11. ſetzet werden / ſondern eine bleibende Statt haben / vnd werden in ſol -Heb. 13. 14. chem himliſchen Erbe vnbefleckt vnd vnverwelckt bleiben. Der ſchaͤd -1. Pet. 1. 4. liche Sudwind wird vns nicht mehr ſo verdrießlich anblaſen / das hoͤlli - ſche Vngezieffer wird auch die Ehrenblum nicht mehr beſchaͤdigen koͤn - nen. Wie dann ſolcher ſeliger ewiger Frewdenſtand hin vnd wider in GOttes Wort Altes vnd Newes Teſtaments ſo außfuͤhrlich vnd hertz - troͤſtlich beſchrieben wird / daß daran im geringſten nicht zu zweiffeln. O wol der Blum! O wol der Roſen die dahin verſetzet wird!
Wir bleiben aber dißmals bey vnſerm Blumengleichnis / als darin -Wir wer - den allda recht voll - kommene nen vns der Zuſtand der ewigen ſeligen Herꝛlichkeit auch gar ſchoͤn ent - worffen vnd abgemahlet wird. Dann gleich wie Blumen vnd Roſen /Dwann26ROSA GENEROSA. gefuͤllte Roſen ſein.wann ſie offt vnd vielmal vnd zwar zur rechten zeit / fortgeſetzt werden / zu letzt recht ſchoͤne / vollkommene / anſehliche / ſtattliche / gefuͤllte Roſen vnd Blumen werden: (dann ſolcher heimlicher Kuͤnſte ſtecken viel in der Na - tur verborgen / die durch lange Erfahrung von fleiſſigen Leuthen in acht genommen / vnd gelernet werden) Alſo wann GOtt der Herꝛ / der die zeit / mittel vnd weiſe am allerbeſten weiß / vns glaubige ChriſtenMenſchen das letzte mal verſetzen wirt / nemlich in ſeinen himliſchen Vorhoffsgar - ten / da werden wir recht ſchoͤne / anſehliche / ſtattliche / vollkommene ge - fuͤllte Roſen vnd Blumen ſein.
Vollkommen an Leib vnd an Seel / ohn einigen fehl vnd mangel / deren wir ſonſt jetzund noch viel an vns haben / nach dem alten Spruͤch - wort: SiNisi non eſſet, perfectus quilibet eſſet, Non mihi ſunt viſi qui caruere Nisi. Das iſt / Niemand iſt ſo vollkommen auff dieſer Erden / der nicht noch ein Haͤcklin oder zwey an ſich hette. Aber dort nicht alſo. Da werden wir recht vollkommene gefuͤllte Blumen ſein. Wir werden gefuͤllet ſein mit allerley ſegen vnd ſchmuck. Vnſere Seelen werden ge - fuͤllet ſein mit allerley ſchoͤnen vollkommenen Gaben / hie iſts jetzt noch1. Cor. 13. 9. lauter ſtuͤckwerck. Vnſer Verſtand der hie noch gar leer iſt / wird als - dann gefuͤllet ſein mit himliſcher Weißheit / vnd werden wir ſein die rech -Eſai. 54, 13. te Θεοδίδακτοι, das iſt / Gottsgelaͤhrte Eſai. 54. Vnſere Leiber / die als - dann von den Toden wider auffwachen / vnd in den himliſchen Luſtgar - ten auch ſollen verſetzt werden / die werden gefuͤllet ſein mit Krafft vnd1. Cor. 15. 43 Ehr / vnangeſehen daß ſie hie geſaͤet werden in Schwachheit vnndPhil. 3. 21. Vnehr / Sie werden deß Herren[C] hriſti herꝛlichem Leib gleich - foͤrmig vnd ehnlich ſein.
Vnſere Hertzen werden auch gefuͤllet ſein mit vollkommener lieb /Pſal. 17. 15. frewd vnd heiligkeit. Vnſere Augen werden gefuͤllet vnd geſaͤtiget ſeinGeneſ. 32. 30. mit dem hocherwuͤnſchten ſeligen Anblick der H. Dreyeinigkeit. Vnſers Ohren werden gefuͤllet ſein mit der lieblichen Engliſchen Muſica, mit dem ewig-klingenden hertzlichen Allelnia. Vnſere Haͤnde werden gefuͤl -Apoc. 7. 9. let ſein mit den rechten Palmenzweygen / als Zeichen deß erhaltenenPſal. 126. 2. Siegs. Vnſer Mund wird voll lachens / vnd vnſere Zung vollMatt. 17. 4 ruͤhmens ſein. Summa / da wirds wol ſtehen / da wirds gut wohnen ſein / da werden wir erfahren / daß deß Herren Gnad / laut dieſes Textes / waͤhren wird in alle ewige Ewigkeit.
Wer27ROSA GENEROSA.Wer ſolte nun nicht ein hertzliches / hitziges vnd ſehnliches verlan -Nutz vnd gebrauch dieſer Lehr. gen dahin haben? wer wolte hie nicht mit Gedult ertragen / wann der wind noch raw vnd hart auff vns ſtoͤſſet? wer wolte nun vnwillig werden vber die Truͤbſal / die zeitlich vnd leicht iſt / weil darauff gewiß erfolgen2. Cor. 4. 1〈…〉〈…〉 wird eine vber alle maß wichtige ewige Herꝛlichkeit? Wem wolte nun fuͤr ſterben grawen? weil alsdann der Glaubigen Seelen auß dem Kirchengarten ſo bald / ja in dem Augenblick jhres abſcheidens dahin ver - ſetzet werden? wie auß dem Exempel deß frommen Lazari zu ſchlieſſen /Luc. 16. 22. vnd auß der Offenbarung Johannis klaͤrlich zuſehen. Dann ſo ſtehet im 14. Cap. Selig ſind die im Herren ſterben von nun an. Apoc. 14. v. 13.
Das macht daß die fromme Glaubige ſo getroſt vnd frewdig auß dieſer Welt abſcheiden / daß ſie begeren vnd wuͤnſchen (durch den Tod)Bernh. Deſidero te millies, Mi Ieſu, quan - do venies[?] auffgeloͤſet zu werden / vnd bey dem Herꝛen Chriſto zu ſein. Daß ſie anſtimmen vnd ſingen: Herꝛ nun laß deinen Diener im Frieden fahren / dann meine Augen haben deinen Heyland ge - ſehen. Ach GOtt wann ſoll es dann geſchehen / daß ich dein Ant -Philip. 1. 23. litz mag ſehen / auß dem 42. Pſalmen / Vnd das iſt auch vnſer allerLuc. 2. 29. Pſal. 42. 3. wunſch vnd verlangen / O Herꝛ hilff / O Herꝛ laß wol gelingen. Pſal. 118. 25
Gnug aber vnd vbergnug von dieſem lehr - vnd troſtreichen Gleich - nis / darinnen der Menſch mit allem ſeinem Zuſtand / als eine Blum o - der Roſen abgemahlet wird / nicht allein wegen ſeiner jrrdiſchen An - kunfft / oder von wegen deß vielfaltigen vnterſchiedts / ſo zwiſchen den Blumen eins theils / vnd zwiſchen den Menſchen anders theils zu finden: Sondern fuͤrnemlich deßwegen / daß Blumen vnd Menſchen ſo vielmal verſetzet vnd fortgepflantzet werden / biß daß ſie zur rechten Vollkommen - heit gelangen.
JSt nunmehr an dem / daß wir auch zum Beſchluß deß Weyland Hoch Wolgebornen Graven vnd Herrn / Herrn Wil - helm Reinhards Graven zu Hanaw vnd Rieneck / Herrn zu Muͤntzenbergk / Deß auch Hoch Wolgebornen vnſers jetzt Regierenden Gn. Land Herrn / Herrn Philips Moritzen Graven zu Hanaw / ꝛc. D ijVielge -28PERSONALIA. Vielgeliebten Herrn Bruders Chriſt-S. Ged. in gebuͤhrlichen Ehren allhie an dero Graͤfflichen Grabſtaͤtte gedencken / vnd zwar nach anley - tung dieſes jetzt erklaͤrten Textes / auch in der Ordnung ſo droben im exor - dio angedeutet worden.
I. Jſt dieſe nunmehr Selige Blum auß einem Hochfuͤrnehmen Stamme entſproſſen / vnd herfuͤr gewachſen. Dann es ſind J. Gn. S. Andenckens / (reſpectivè) von Graͤvelichen vñ Fuͤrſtlichen Eltern in dieſeAnn. 1607. den 20. Octob. Welt geboren worden. Der Herr Vatter iſt geweſen / der Weyland auch Hoch Wolgeborne / vnſer in Gott ruhender Gnaͤdiger Land Herr / Herr Philips Ludwig Grave zu Hanaw vnd Rieneck / Herr zu Muͤntzen -Rudolph. II. bergk / Kayſerlicher Mayt. Rath ꝛc. Chriſtmilter Gedaͤchtnis. Was das fuͤr ein heroiſcher / dapfferer / Gottſeliger / Hochqualificirter Herr geweſen / das iſt ſo weit vñ breit bekant / daß es allhie meiner fernern Erzehlung gar nicht bedarff. Vnd ob ſchon Hoch Wolgedachte J. Gn. Chriſt-S. And. nach dẽ ohnwandelbaren Willen Gottes An. 1612. den 9. Aug. dieſe Welt geſegnet vñ verlaſſen / ſo wird doch dero fuͤrtrefflicher Name bey allẽ from - men hertzen allhie / vñ anderswo bey vielẽ andern wol vnvergeſſen bleiben.
Die Fraw Mutter / ſo durch Gottes gnaͤdigẽ Willen noch am leben / iſt die Durchleuchtige Hochgeborne Fuͤrſtin vnd Fraw / Fraw Catharina Belgica, Geborne Princeſſin von Vranien / Graͤffin zu Naſſaw / Graͤffin zu Hanaw vnd Rieneck / Fraw zu Muͤntzenbergk / die Graͤffliche Wittib / vnſere Gn. Fuͤrſtin vnd Fraw / ſo jetzt in groſſer Hertzbetruͤbnis allhie zuge - gen. Dann es hatten J. F. Gn. noch kaum recht verſchmertzt den leydmuͤ - tigen Todsfall Jhres auch vielgeliebten from̃en Sohns / vñ Herrn / Herrn Fridrich Ludwigen Graven zu Hanaw ꝛc. ſo fuͤr ohngefehr 2. Jahren auch in frembden Landen / in der zarten bluͤhenden jugend durch den Tods - wind Jhrer F. Gn. auß den Augen geriffen / vnd folgends zu Sedan nach Standsgebuͤhr ins Ruhbettlin der Erden geleget worden. Darbey ſich ohne allen zweiffel J[.]F[.]Gn der vorigen trawrigen Todesfaͤllen / nemlich Jhres liebſten Herrns vnd Ehegemahls / wie auch deren erſtgebornen jun - gen Herꝛleins Chriſt. S. Ged. widrum̃ ſchmertzlichẽ werden erinnert habẽ.
Da nun dieſer jetzige Todesfall darzu kommen / vnd J. F. Gn. eben auch zu der zeit ſchrifftlichen adviſirt worden / daß der juͤngſte Herr / der auch Hoch Wolgeborne vnſer Gn. Herr / Herr Jacob Johannes Gra - ve zu Hanaw ꝛc. in Italia gar gefaͤhrlich vnd toͤdlich ſchwach were / iſt das Fuͤrſtliche Mutterhertz / wie Chriſtlich vnd vernuͤnfftig zu erachten / von newem verwundet vnd gekraͤncket worden. Dann kinder kom̃en von her -tzen / vnd29PERSONALIA. tzen / vnd gehen wieder zu hertzen / bevorab wann ſie ſich in kindlichem Ge - horſam / vñ gebuͤhrlichem reſpect gegen Jhre liebe Eltern erfinden laſſen / inmaſſen dieſe jetztgedachte junge Herrn auch an jhrem orth gegen Jhr F. Fr. Mutter ruͤhmlichen gethan haben / wie ſolches inſonderheit deß jetzt - verſtorbenen Herrn vor kurtzer zeit an die Fr. Mutter datirte bewegliche Brieffe / beneben anderẽ zur gnuͤge bezeugen / als darinnen J. Gn. Chriſt - S. And. neben andern vielen Kind-ſchuldigen anerbietungen / alles das jenige dardurch J[.]F. Gn. wie auch andere / doch ohnvorſetzlich weren be - truͤbt vnd offendirt worden / flehentlich abgebetten.
Thun derhalben recht Chriſtlich daran / daß wir jetzt mit den trawri - gen trawrig ſein / vnd beſonders mit J. F. Gn. ſo ſich bey dero Vormund - lichen adminiſtration vmb dieſe gantze Statt vnd Land hochverdient / ein vnterthaͤniges Mitleiden tragen / vnd Gott von hertzen bitten / daß er hin - fuͤro fuͤr dergleichen vnd anderem Leyd J. F. Gn. beneben allen denen noch lebenden vbrigen Graͤfflichen Blumen / ſampt dem juͤngſtgebornen zarten Roͤſelin / vnd Fraͤwlin (ſo morgen durch die Gnad Gottes zur Chriſtli - chen Tauff wird gebracht werden) gnedig bewahren woͤlle / Bevorab aber daß der liebe getrewe Gott die Hauptblum bey dieſem Graͤfflichen Ha - nawiſchen Stamme / welche Er ſo wol jnnerlich als euſſerlich gezieret / wider alle ſchaͤdliche Winde / die ſie bißhero ſchon zimlich ſtarck angewehet habẽ / noch ferner bey gutẽ Wolſtand vnd gluͤcklicher Regirũg / beneben der in allẽ Fuͤrſtl. Tugendẽ bluͤhendẽ Gemahlin lang erhaltẽ vnd ſegnen woͤlle.
II. Wie nun ein jedweder Menſch (auff daß wir fortſchreiten) durch die natuͤrliche leibliche Geburt in dieſen Elendsthal eintrit: Alſo iſts auch ergangen mit dieſem vnſerm nun in Gott ruhenden S. Herrn. Er hat zwar eine Zeitlang allhie auff Erden / wie eine Roſe gebluͤhet / gegruͤnet / gewachſen vnd zugenommen an Alter / an Leibskraͤfften / an Verſtand / an Erkantnis vnd forcht Gottes / Aber der Wind hat dieſer Blume hart zu - geſetzt: Es hat ſcharff vber ſie gewehet der wind der Anfechtung / der wind der Truͤbſaln. O wie manch rawer wind der Truͤbſaln / der Kranckheit / vñ der ſchmertzen iſt vber dieſe Graͤffliche Blum ergangen! Vor 6. Jahren als J. Gn. Chriſt. S. Ged. zu Paris geweſen / hat der wind der Kranckheit Sie ſo ſtarck angewehet daß man nicht anders gemeynet / Sie wuͤrde da - mals verwelcken vnd verdorren / iſt aber noch nicht zeit geweſen. Jn dem verlittenen Monat Martio jetzt ſchwebenden Jahrs / iſt abermal ein ſehr ſcharpffer Wind vber Sie gangen / da haben ſich ſolche groſe vnd vaſt vn - natuͤrliche Schmertzen befunden / daß der Tod ertraͤglicher geweſen were. D iijEs30PERSONALIA. Es hat ſich aber dieſer ſtarcke Wind / damals durch Gottes wincken vnd bedraͤwen / widrumb legen vnd ſtill ſein muͤſſen / biß auff den 23. Sept. Da fich die vorige ſchmertzen / als eben J. Gn. beym Sawerbruñen zu Spaa geweſen / widrumb vnd zwar ſo hefftig herfuͤr gethan / daß J. Gn. am 12. Tag Jhrer Kranckheit zu Aachen / (dahin ſie deß warmen Baads halben verruckt) als eine zarte Blum verwelckt / vnd ſelig in Gott entſchlaffen / wie wir jetzt an ſeinem orth weiter melden woͤllen.
III. Dann weil J. Gn. nicht nur allein als eine Blume im Elends - thal geſtanden / ſondern auch durch Gottes Gnad in den newen abgeſon - derten Garten / den wir droben genennet haben hortum Eccleſiæ den Kir - chengartẽ / ſind verſetzet / vnd durchs Evangelium beruffen geweſen / haben Sie ſich fein Chriſtlich in den handel geſchickt / haben auch wol gemerckt / warumb Gott der Herꝛ den wind der Truͤbſal vnd Schmertzen ſo ſcharff wehen laſſe / vnd haben ſich beyzeiten zu einem ſeligen Ende geſchickt / vnd ernſtlich bedacht / wie man ſich wider den Todeswind verwahren muͤſte / inmaſſen ſolches abzunehmen auß folgendem extract eines beweglichen Schreibens daß J. Gn. im verlittenen Martio hiehero abgehen laſſen: DißWerck (ſchreiben Sie) iſt mich gar ſchnell ankommen / hab vor dieſem nichts darvon gefuͤhlet. Darauß man ja gnug ſehen kan / daß wir in dieſem Leben viel Creutz vnd Widerwertigkeit außſtehen muͤſſen / vnd wann wir am allerſicherſten ſein / ſo kompt etwas vnverſehens / welches vns lehret / daß wir vns nicht zu weit in dieſer Welt vertieffen / ſondern allezeit bedencken / daß wir vnſer Leben als Wan - dersleuth anſtellen / vnd allezeit bereit ſein ſollen zu wandern / ſonderlich wann die letzte Stund kompt / die ein jeder glaubiger Menſch von hertzen wuͤnſchen ſoll / die - weil er auß dieſem Leben in die ewige Frewd kompt / die groͤſer iſt als eines Men - ſchen Hertz außdencken kan / ꝛc. Bißhero Jhr Gn. S. Wort / ſo ich debiti honoris ergò hieher ſetzen woͤllen / weil darauß zu ſehen iſt / was der Geiſt GOttes fuͤr gute Gedancken / vom bußfertigen Leben vnd ſeligem ſter - ben / in dieſem jungen Hertzen gewircket habe.
Es hats auch vnſer lieber Gott auß ſonderbarer gnediger Regierung vnd Fuͤrſehung alſo geſchickt / daß eben in dieſer letzten Schwachheit / an den frembden Orten / zugegen geweſt ſind etliche nechſtangewandte Hoch - fuͤrnehme Freunde / welche jhre fuͤrtreffliche Theologos vnd Medicos bey ſich gehabt / die allen moͤglichen fleiß vnd trew zu Jhrer Gn. Leibs vnd der Seelen Wolfahrt angewendet haben. Vnd beſchreiben die damals an - weſende Theologi den letzten Todeskampff vnd ſeliges Ende ſo hertzbe - wegend / daß es fromme Augen nicht wol ohne Threnen leſen koͤnnen. Sie ſchreiben vnter anderm / daß J. Gn. Sel. Ged. zeit wehrender Schwach - heit nicht allein fuͤr ſich ſelbſtẽ / ſondern auch mit dero Dienern / vnd denendarzu31PERSONALIA. darzu bernffenen Pfarꝛern ohne vnterlas mit ſonderlicher groſer AndachtArdens o - ratio eſt o - ptima ad mortem præparatio. das Gebeet zu Gott gethan / vnd vmb gnedige Erloͤſung angehalten / daß auch J. Gn. die nothwendige ernſtliche Buß vermanungen gar Chriſt - lich angehoͤret / die faͤhler vnd luͤſte der jugend hertzlich beweynet / auch dar - auff den Troſt deß Evangelii Jhr wol applicirt, vnd ſonderlich mit dem wolgeplagten glaubigen Hiob ſich veſt gehalten an Jhren Erloͤſer Jeſum Chriſtum.
Ja gleich wie die jenige die auff der offenbaren See Schiffbruch leyden / mit ſonderlichem fleiß vnd behendigkeit darauff achtung gebẽ / daß ſie / wann das Schiff zu ſtuͤcken gehet / etwan ein ſtuͤck Holtz oder ein Braͤt darvon ergreiffen / vnd ſich damit ſalvirn: Alſo haben auch J. Gn. in dem letzten Schiffbruch vnd Todesnoth kluͤglich ergriffen den außerleſenen heilſamen Troſtſpruch auß dem 19. Cap. Hiobs. Jch weiß daß mein Erloͤſer lebet / ꝛc. Vnd ſich ſo feſt daran gehalten / daß Sie die Sturm - winde / die Waſſerwellen / vnd aͤngſte deß Todes nicht darvon haben ab - treiben koͤnnen.
Jch weiß / ſagten J. Gn. das iſt / Jch zweiffele gantz vnd garnicht daran / Jch weiß / ich bins durch den H. Geiſt in meinem Hertzen verſi - chert / daß mich mein Herꝛ Jeſus gewißlich erloͤſen werde. Erloͤſen auß dieſen meinen ſchmertzensbanden / Erloͤſen auß dieſem muͤhſeligen Le - ben / Erloͤſen auß den ſtricken deß Todes / Erloͤſen auß dem finſteren Grab / Erloͤſen von Suͤnd / Tod / Teuffel vnd Hoͤll / das weiß Jch / das glanbe Jch / ſein Nahme ſey gebenedeyet. Auß ſtaͤtter vnd andaͤchtiger widerholung dieſes Spruchs / iſt ein ſolcher Muth gewachſen / daß J. Gn. gantz vnerſchrocken fuͤr dem Tod geweſen. Dann als man nach gethanem Gebeet erinnerte / es muͤſten ſich J. Gn. nunmehr in den Willen Gottes ergeben / vnd zum ſeligen Abſchied ſchicken / haben Sie getroſt vnd rund geantwortet: Jch bin ſchon lengſt fertig / vnd warte mit verlangen auff „ meinen Erloͤſer / vnd begere bey Jhm zu ſeyn.
Wann auch J. Gn. geſragt worden / ob ſie nicht gedaͤchten an Jhre hertzliebe Fr. Mutter / Herꝛn Gebruͤder / vnd Fraͤwlin Schweſtern / ob ſie nicht denſelbigẽ noch etwas wolten zuentbieten: Haben Sie darauff kurtz auß jhrem Jobsſpruͤchlin geantwortet was iſts vonnoͤhten? werden wir „ doch ſelbſt widrumb in dem ewigen Leben zuſam̃en kommen / vnd einander „ daſelbſt ſehen vnd anreden / Das weiß ich / das glaub ich / dahin will ich es „ ſpaaren / Es haben auch J. Gn. das Ende vnd letzte Stuͤndlin viel ehe „vnd32PERSONALIA. vnd zeitlicher durch Gottes Regierung vermerckt / als es der VmbſtandD. An Riv. p. & pr. L. vermuhten koͤnnen. Dann als der eine Theologus am 5. Octob Vormit - tag das Gebeet beneben andern heilſamen vnd troͤſtlichen Errinnerungen „ widrumb gethan / da haben Jhr Gn. gar beweglichen geſagt: Ach lieber „ Pfarrer / Jhr habt groſſe muͤhe mit mir / laſts euch doch nicht verdrieſen / „ wann Jch euch die zukuͤnfftige Nacht werde auffwecken laſſen / dann ich „ hoffe das werde die letzte Nacht meiner ſchmertzlichen Kranckheit / vnd „ dieſer ewrer Bemuͤhung ſein. Es iſt auch alſo geſchehen. Dann als ge - dachter Pfarrer am ſelbigen Abend zu 9. Vhrn von ſich ſelbſten vnerfor - dert widerkommen / hat er zwar den jetzt Seligen Herrn noch bey gutem Verſtand gefunden / aber die Sprach iſt ſchon entfallen geweſen / vnd ha - ben J. Gn. nur mit den Augen vnd Haͤnden geredt / haben deß Pfarrers Haͤnde in Jhre Haͤnde / die doch ſchon kalt vnd halb Tod geweſen / einge - ſchloſſen / vnd mit ſolchen Haͤnd - vnd Augenzeichen zu verſtehen gegeben / man ſolte doch jetzt in der allerletzten Noth nicht ablaſſen / ſondern fortfah - ren zu Beten / zu vermabnen vnd zu troͤſten / wie auch geſchehen / Vnnd ſind alſo J. Gn. mitten in ſolcher Andacht ſo ſanfft vnd ſtill im frieden dahin gefahren / als ob ſie natuͤrlicher weiſe entſchlaffen weren / nach dem Sie gelebet. 22. Jahr 11. Monat / vnd 16. Tage. Da heiſts nun: Ende gut / all gut.
IV. Jſt alſo (daß wir ſchlieſſen) durchauß nicht zu zweiffeln daß dieſe nunmehr verwelckte Graͤffliche Blum theils in den himliſchen ewi - gen Luſtgarten GOttes allbereit verſetzt / nemblich was die Seel anlangt / theils aber / was den Leib anlangt / allhie in dieſem Gewoͤlb an der Seiten deß Herrn Vatters auch wolſeliger Gedaͤchtnis / in ohnfehlbarer Hoff - nung der froͤlichen vnd ſeligen Aufferſtehung ruhen / vnd mit allen Chriſt - ſelig entſchlaffenen zu rechter Zeit froͤlich werde auffwachen.
Wer dann nun das auch begert / der ſpreche von hertzen darauff / Amen / Herr Jeſu / Amen.
ENDE.
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