1MAn hat mit gegenwaͤrtiger Continuation der ohnlaͤngſt ausgefertigten Kirchen-Geſchichte nicht laͤnger verziehen wollen / nachdem dieſel - be nicht allein im Beſchluß des gedachten Buchs verſprochen / ſondern auch von ſehr vie - len Perſonen allenthalben verlanget und ge - fordert worden. Welches denn theils die Beſchleunigung die - ſer Edition deſto mehr veranlaſſet / theils auch die Hoffnung ferner erwecket hat / es werde dieſe letztere Arbeit ſo wol als die erſte von rechtſchaffenen und verſtaͤndigen Gemuͤthern zu ih - rem und dem gemeinen Beſten / abſonderlich aber zu Steuer der ſo lange und gewaltig unterdruͤckten Wahrheit angewen - det werden.
2 Es iſt allerdings billich / daß ein redlicher Mann ſich von Hertzen erfreue / wenn er mercket / daß die Goͤttliche Wahrheit mehrern Beyfall unter den Leuten findet / als etwa ſonſt und zu andern Zeiten geſchehen ſeyn moͤchte. Noch vielmehr iſt man verbunden / ſolche Liebe und Begierde zur Wahrheit auf alle muͤgliche und Gott-gefaͤllige Art zu unterhalten / zu befoͤr - dern und zu vermehren. Wann dann in dieſen ietzigen Zei - ten die Anzahl derer / die etwas gruͤndliches und Goͤttliches ſu - chen und annehmen / ungleich groͤſſer iſt und taͤglich wird / als) (3inVorrede. in vorigen Jahren; dieſelbe aber von denen falſchen Lehrern theils mit Liſt / theils mit Macht an zulaͤnglicher Erkaͤntnis und Zunahme derſelben faſt uͤberall gehindert wird / alſo daß die wenigſten von dem Geheimnis der Boßheit oder auch der Gott - ſeligkeit muͤndlich berichtet werden koͤnnen: So iſt annoch durch Gottes Providenz die ſchrifftliche Anweiſung uͤbrig / welche auch viel weiter als die muͤndliche und an ſolche Orte zugleich reichet / dahin ſonſt nicht leicht ein Zeuge der Wahrheit kom - men kan.
3 Aus dieſem Abſehen iſt nun auch nach GOttes Willen der Erſtre und Andere Theil dieſer Kirchen-Geſchichte publici - ret worden: denen die beyden gegenwaͤrtigen nunmehro aus eben ſolchem Zweck folgen. Die anderen Urſachen oder Umb - ſtaͤnde des gantzen Wercks wird der Leſer in denen Vorreden uͤber die beyden erſten Theile nacheinander angefuͤhret finden: alſo daß allhier nichts weiter mehr zu erinnern noͤthig ſcheinet. Wie denn auch die Urſachen / warum man nicht die Hiſtorie vom 1688ſten biß auff dieſes itzige Jahr fortgeſetzet / im Beſchluß dieſes hier folgenden Dritten Theils zu erſehen ſind.
4 Meine Haupt-Abſicht iſt bey dieſen und allen andern Schrifften / dem Friede nachzujagen / und deßwegen allem An - laß zum ſtreiten und Schul-Gezaͤncke / ſo viel an mir iſt / durch GOttes Gnade zuvor zu kommen. Daß ich demnach viel weniger geneigt und geſonnen bin / mich in die ietzigen Strei - tigkeiten im geringſten zu mengen / oder einige Parthey zu ver - theidigen. Angeſehen dieſes alleine GOtt ſelbſt thun kan und muß / als welcher auch die menſchlichen Fehler / welche bey eini - gen ſonſt gutſcheinenden Hauffen zu finden / ſelber entdecken und abthun wolle! Und ob wohl einige ſtreit-ſuͤchtige Leute mich auch unter eine gewiſſe Parthey oder Secte mit ziehen / und mei - ne Arbeit / als ob ſie auff Verfechtung dieſes oder jenes Hauf - fens hauptſaͤchlich angeſehen waͤre / beſchuldigen und verdaͤchtig machen wollen: So bekenne ich doch frey dasjenige / was GOTT ſelber weiß / daß es in mir alſo ſtehe / ja er ſelbſt durch ſeinen Heil. Geiſt in CHriſto JEſu gewircket hat. Nemlich / daß ſich mein Gewiſſen ſo gar nicht in einiger Secte menſchli - cher Lehr-Art oder Meinung / ſie ſcheine ſo gut als ſie wolle / befriedigen koͤnne / daß ich vielmehr immerzu den großen Scha - den und Ungrund des ſectiriſchen Unweſens erkannt und da -herVorrede. her einen Ekel davor bekommen / und biß dato behalten. Hin - gegen / daß ich allein in dem HErrn JEſu CHriſto und deſſen eigener lauterer Lehre alles miteinander ſuche / finde und genieſ - ſe / ſo ferne er ſich in ſeinem Worte offenbahret / und noch immer als das wahrhafftige Licht einen jeden Menſchen gerne erleuch - tet: Welches denn auch die bruͤderliche Liebe zu allen ſeinen wahren Gliedern / und die gemeine zu allen Menſchen gruͤndet und unterhaͤlt.
5 Dieſer theure Grund / nehmlich die unpartheyiſche Liebe und Friedens-Begierde gegen iederman hat mich auch gedrun - gen / mich aller zanckſuͤchtigen Urtheile / Ausſpruͤche und Lehr - Saͤtze zu enthalten / und bloß das Amt eines redlichen Hiſtori - ci zu mainteniren / durch eine unpartheyiſche Relation und dabey geſetzte Zeugniſſe der Wahrheit / oder wenigſtens durch beygefuͤgten Anlaß / der den Leſer bewegen moͤchte / der Sache weiter nachzuſinnen. Es waͤre mir wol ein leichtes geweſen / mit Saͤtzen / Gegen-Saͤtzen und Schul-Fragen heraus zu fahren und auch die paradoxeſten Dinge zu verfechten: Alleine / was haͤtten dieſe anders gebohren / als Zanck / und folglich Haß / Laͤ - ſterung und eitel boͤſe Ding? Dahero mir niemand uͤbel ſpre - chen kan / daß ich das erſte Wort auff dem Titel-Blat immer vor Augen gehabt / nehmlich / daß ich eine unpartheyiſche Hiſtorie ſchreiben / und alſo ſelber gegen alle indifferent ſeyn muͤſſe; ob ich wol weder mir noch andern Freyheit geben darff / in dem Grunde des Glaubens auffs ungewiſſe zu lauffen.
6 Die Zeit und der Raum haben im uͤbrigen nicht ver - goͤnnen wollen / bey Excerpirung der Stellen aus den ange - fuͤhrten Scribenten allzu weitlaͤufftig zu ſeyn / ſondern mit der Summa der Materien meiſtentheils dem Leſer an die Hand zu gehen / und zu weiterem Nachſchlagen Anlaß zu geben. Jm - mittelſt ſind doch einige rare und bedenckliche Buͤcher / daruͤber in der Kirchen etwa Streit entſtanden / in dem Vierdten Theil excerpiret und recenſiret worden / welches / wo nicht allen / doch den meiſten und verſtaͤndigſten lieb ſeyn wird. Solte ſich in - deſſen iemand bey dieſer Arbeit in oͤffentlichen Schrifften durch das leider! gewoͤhnliche Laͤſtern und Verketzern mißvergnuͤgt bezeigen wollen: der hat erſtlich wol zu uͤberlegen / ob er die Sache nach Wuͤrden ausfuͤhren / oder nicht vielmehr noch wei -tereVorrede. tere gruͤndliche und unlaͤugbare Zeugniße ſo wol wider die fal - ſche / als von der wahren Kirche heraus locken und abdringen moͤchte.
7 Zwar werde ich meines Theils mich nicht in die geringſte Streitigkeit einlaſſen / noch meine Zeit mit einigen ſolchen Ne - ben-Dingen mehr zubringen; nachdem mich der HERR zu einer weit andern Ritterſchafft maͤchtiglich beruffen und beſtaͤ - tiget hat / alſo / daß foͤrderhin das geſamte Hiſtoriſche und bloß - buchſtaͤbliche Weſen meines Theils nicht mehr ſeyn mag. Es moͤchte auch dieſe aͤuſſere und ſehr ſchwache Art zu dienen und zu ſtreiten wol am laͤngſten gedauret und gegolten haben: in Anſehung / daß GOTT wircklich in ſo gar vielen Gemuͤthern gewaltig arbeitet / ſie auf eine zulaͤnglichere und gantz unuͤber - windliche Weiſe auszuruͤſten / daß ſie gegen aͤuſſere und innere Feinde beſtehen koͤnnen. Jedennoch wird es auch nicht erman - geln an ſolchen / die da ſich zu denen Unwiſſenden / Jrrenden / Verfuͤhrten oder auch Verfuͤhrern herunter laſſen / und entwe - der denen Boßhafftigen das Maul ſtopffen / und die Widerſpre - cher uͤberzeugen / oder den Schwachen den rechten Weg zeigen ſollen.
8 GOTT aber ruͤſte einen ieden aus zu dem wohlgefaͤl - ligſten Werck / ihm zufoͤrderſt ſich ſelbſt darzulegen zu einem an - genehmen Opffer / und durch Leiden Gehorſam zu lernen im ſte - tigen Kampff und Sieg wider alle Feinde / und denn auch deſ - ſen heiligen Willen in allen zu thun in ſeinen Tagen zur Ehre und Herrlichkeit ſeines Namens!
[1]DEm im beſchluß der Kirchen - und Ketzer-Hiſtorie geſche - henen verſprechen zu folge ſollen nunmehro diejenigen ſtreitigkeiten / welche aus dem 17. Seculo noch zu be - ſchreiben uͤbrig ſind / allhier nach der ordnung ausgefuͤhret werden. Wir wollen aber / ſo viel muͤglich ſeyn wird / dieſel - ben theils nach den umſtaͤnden der zeit / theils nach der materie ſelbſt ordnen und betrachten. Demnach kommen uns hier zu erſt vor augen diejenigen perſonen / welche noch um das ende des 16. und den anfang des 17. Seculi bekant worden ſind.
2. Unter dieſen mag nun hier zu erſt ſtehen Ægidius Guthmann / welcher vermuthlich aus Schwaben buͤrtig und um das Jahr 1575. zu Augſpurg und weiter hin vielen bekant und be - liebt geweſen / auch ſein buch damals geſchrie - ben haben ſoll / wie der auctor der vorrede und Sperber im Echo Fraternit. R.C.p. 12. ſchrei - ben. Dieſes buch wird in der neuen edition al -und Schriff - ten. ſo titulirt: Offenbarung Goͤttlicher Ma - jeſtaͤt / darinnen angezeigt wird / wie GOTT der HErꝛ ſich anfaͤnglich al - len ſeinen geſchoͤpffen mit worten und wercken geoffenbaret / und wie er alle ſei - ne wercke / derſelben art / krafft / eigen - ſchafft und wirckuug in kurtze ſchrifft artlich verfaſſet / und ſolches alles dem erſten menſchen / den er ſelbſt nach ſei - nem bild erſchaffen / uͤberreichet: hiebe - vor vor 60. jahren edirt / Amſterdam undDeren edition. Franckfurt 1675 in 4to. Dieſe neue editi - on hat Heinrich Amersbach Prediger zu Hal - berſtadt procuriret / weil die erſten exemplaria ſehr rar und theuer geweſen. Dahero die mi - niſteria zu Luͤbeck / Hamburg und Luͤneburg in ihrer Lehr - und ſchutz-ſchrifft wider den Guthmañiſchen offenbahrungs-patꝛon in der vorrede p. 25. ſich ſehr beklaget / daß der editor ein Lutheriſcher Prediger in ei - nem nahmhafften Lutheriſchen miniſte - rio waͤre. D. Gerhard hat allem Anſehen nach den auctorem der erſten edition nicht ge - wuſt / dahero er nur bloß das buch ſelber allegi - ret / und deſſen einſtimmung mit Weigelio zei - get / in diſputat. degloria DEl diſput. 2. p. F. 1. welches auch D. Himmelius gethan / der ohne dem Gerhardum faſt durchgehends ausſchrei -bet / in Colleg. Anti-Enthuſ. Diſput. 1. p. 16.
3. Was aber nun die Gelehrten von dieſem Buche gehalten haben / davon findet man un - terſchiedliche ausſpruͤche. Der unter den Lu -Urtheile von ihm / theranern ſehr beliebte und bekante D. Johann Valentinus Andreæ hat Guthmannen unter die homines inſolitæ eruditionis oder Leute von ungemeiner gelehrſamkeit gerech - net / welche kaum den namen nach be - kant waͤren; in Mythologia Chriſt. Manip. III. n. 23. p. 137. Der Auctor des Buchs Echo Fraternitatis bekennet am angezogenen oꝛte von ihm / daß er ihn vor einen hocherleuchte -und Lob - ſpruͤche. ten Mann und mit der weißheit GOt - tes begabet halte / auch von GOtt und den geſchoͤpfen ſehr ſubtil, geiſtreich und tieffſinnig handele. Item, daß derſelbe auctor GOtt ſeinen Schoͤpffer und deſ - ſen ſo vielfaͤltige herꝛliche geſchoͤpffe in - nen und auswendig / ſo zu ſagen / gar ei - gentlich muͤſſe erkant und gekant ha - ben. Der auctor der dedication, an Chur - fuͤrſt Fridrich den V. Pfaltzgrafen / Landgraff Moritzen zu Heſſen / und Graff Ernſten von Hollſtein hat davon alſo geurtheilet: Den ge - lehrten iſt dieſes opus ein wegweiſer weit hoͤherem nach zutꝛachten: den kuͤnſt - lern oͤffnet es die augen zur rechten Chriſtlichen philoſophie zu gelangen / und von der heidniſchen und falſchen ſich ab - zuwenden / das mangelhaffte zu erken - nen / das uͤberfluͤßige und unnuͤtze ab - zuſchneiden / und alles allein in dem ei - nigen centro, daraus es gefloſſen / zu ſu - chenund zu finden. Es deutet auff die rechte Mittel nicht allein ſpecificam me - dicinam, die geſtirn-kunſt / geſtalt-kunſt (ſignaturam rerum) die bau-kunſt / kuͤndig - keit vieler und aller ſprachen / geſang - kunſt nach inhalt des Wortes GOt - tes / und denexempeln unſerer lieben vor - elternohne mangel wiederum in ubung zu bringen: ſondern es tractiret auch / wie man zu der univerſal-tinctur und uͤber das zu den hohen gaben des H. Geiſtes / alle geſchoͤpffe neben der herꝛlichen Majeſtaͤt GOttes zu erkennen / vermit - telſt Chriſtlicher vorbereitung gelan - gen moͤge.
4. Der auctor des kurtzen Bedenckens / wel -Des aus - gebers re - commen - dation. ches vor der neuen edition ſtehet / ſchreibet gleichfals davon alſo: Obwol einige puncte’ A. K. H. Dritter Theil. Ain die -2Th. III. C. I. Von Ægidio Guthmann / Paulo Lautenſack /Jahr MDC. biß MDCC. „ in dieſem buch ſo mit denen gemeinen confeſ - „ ſionen nicht allerdings uͤbereinſtimmen / ſo iſt „ doch I. dieſer haupt-punct und grund richtig „ und uͤberaus koͤſtlich / daß Auctor mit dieſem „ werck fuͤrnemlich ſucht / das hochheilige wort „ GOttes beſter maſſen zu commendiren / daß „ wir von den veꝛfuͤhrꝛiſchē irꝛwiſchen den Heidẽ „ und unſers natuͤrlichen viehiſchen alten Men - „ ſchens zu dem wahren Goͤttlichen licht gefuͤh - „ ret werden / da ſich eigentlich in uns ſpiegelt „ des HErꝛn klarheit mit auffgedecktem ange - „ ſicht ꝛc. Menſchen lehren und ſatzungen haben „ zwar ſonſt vor den augen der fleiſchlichen einen „ ſchoͤnen ſchein / gleich den geſchmuͤckten tod - „ ten-graͤbern / ſo auswendig ſchoͤn / inwendig „ voller todtenbein und alles unflats ſind. „ Aber hie wird uns was beſſers angewieſen / „ nemlich das unvergaͤngliche ſamenkoͤrnlein „ des fromm - und ſeligmachenden Evangelii; „ denn in GOttes wort liegt das geheimniß des „ gantzen Reichs GOttes und der neuen crea - „ tur als eine krafft GOttes verborgen / nicht „ anders als in einem ſamen ein gantzer baum „ mit wurtzel / ſtamm / aͤſten / zweigen / blaͤttern / „ fruͤchten verborgen liegt. II. Jſt auctoris „ guter und auffrichtiger zweck aus GOTTes „ wort zu zeigen (die blinden / faulen / verzag - „ ten Chriſten auffzumuntern) was ein Chriſt „ fuͤr eine herꝛliche creatur GOttes / wie er ein „ rechter wunder-menſch in CHriſto / mehr / „ maͤchtiger / reiner / ſchoͤner ꝛc. als alle creatu - „ ren im himmel und auff erden / ein herꝛ uͤber „ alles / ein gott / licht und heiland der welt / ein „ himmels-koͤnig ſchon auff erden / ein ſiegsfuͤrſt „ uͤber tod / teuffel und hoͤlle; und alles das im „ geiſt und glauben. Jſt alſo das gantze buch „ eine erklaͤrung des II. cap. an die Hebraͤer / da „ dergleichen / was glaube ſey und wircke / ge - „ ſtalt denn gewiß / daß GOtt noch eben ſo ge - „ neigt waͤre / durch uns heutiges tages gleich - „ fals ſolche wercke zu thun / wenn wir nur in ſol - „ cher gelaſſenheit uns GOtt opfferten / wie die „ H. Patriarchen / Propheten / Apoſtel ge - „ than ꝛc. Das iſt ein verfluchter menſch (ſagt „ Taulerus) der wider GOtt ſolche luͤgen reden „ darff / und ſpricht GOtt gebe einem mehr als „ dem andern / GOtt iſt kein anſeher der perſo - „ nen / ſondern giebt allen gleich / wie den Pro - „ pheten und Apoſteln / alſo uns allen. Daß „ ich aber jetzo nicht ſo hoch erleuchtet als Elias, „ Paulus oder ſonſt ein Apoſtel / da hat GOtt „ keine urſach an / ſondern ich / daß ich mir nicht „ gaͤntzlich abſterbe ꝛc. Moͤchte ich dieſe ſtunde „ durch gelaſſenheit im geiſt und natur in und „ auswendig mir ſelbſt abſterben / ich empfaͤnde „ in einer ſtunde ſo viel als der hoͤchſte Apoſtel. „ Die gaben GOTTes muͤſſen nicht nach dem „ Geber / ſondern nach den nehmer gemeſſen „ werden. Receptivum non recipit per mo - „ dum imprimentis, ſed per modum ſuæ recepti - „ vitatis, quæ eſt in recipiente: bißher I auleri „ worte. Zugeſchweigen was ſonſt von unſern „ Theologis ex Zachar. XII. 8. auff dieſe zeiten „ N. T. gezogen wird / daß der ſchwache unter „ uns ſoll ſeyn wie David / und das hauß Da - „ vid (ein ſtarcker) wie GOttes hauß und die „ H. Engel.
„ III. Finden ſich einige puncte / darinnen „ der auctor ſonderliche meinungen hat / dieauff vorigen zweck des worts oder glaubens „Jahr MDC biß MDCC. und deſſen uͤbung nicht eben practice gehen / “oder dazu nicht ſo hoͤchſt noͤthig / die werden “denen ſchrifftmeiſtern (wenn ſie ja als meiſter “etwas zu ſtreiten haben wollen) zu diſputiren “heimgeſtellt. Chriſten nehmen das ſamen - “koͤrnlein mit einfaͤltigem tauben-hertzen im “glauben mit freuden an / dancken GOtt / die - “nen ihrem naͤchſten nach vermoͤgen aus GOtt / “huͤten ſich dabey mit klugen ſchlangen-augen “einfaͤltiglich / daß ſie nicht alſobald laͤſtern / “was ſie mit ihrem in alten gewohnheiten und “menſchenſatzungen vertiefftem adamsgeiſt “nicht alſofort faſſen koͤnnen; nehmen unter - “deſſen wie die bienlein den ſuͤſſen honigſafft / “tragen ein / bauen ꝛc. was und wie ſie koͤnnen / “laſſen den welthummeln das ihrige. ‟
5. Viel andere ſolche judicia ſind nicht noͤ -Dieſes buch wird ſehr hoch geſchaͤtzet und ge - kauſſt. thig weiter anzufuͤhren / dahin auch gehoͤꝛet / daß dieſes buch ehemals von hohen und niedrigen ſo wol im manuſcripto als gedruckt ſehr theuer und mit vielem gelde offt erkaufft worden. Der Hertzog von Wuͤrtenberg ſoll es vor dieſenum etlich tauſend guͤlden erkaufft haben und ab - ſchreiben laſſen / auch in ſeine Bibliothec als ei - nen geheimen ſchatz verwahret. Siehe Colber - gen im Platon. Chriſtenth. P. I. c. 6. P. 289. der gedachte auctor des Echo ſchrieb gleichfals / es ſolte denen reichen dieſes buch mit viel 1000. cronen zubezahlen nicht zu theuer ſeyn. Die drey gedachten miniſteria klagen am angezoge - nen orte auch / daß es ſo hoch geſchaͤtzet / und haͤuffig erkaufft werde. Und Breckling ge - dencket auch / in Anti Calovio. p. C. 7. 8. daß in Holland wol ein exemplar bißweilen vor 100. thaler bezahlet worden. Welcher dann dar - neben Guthmannen als einen trefflichen philoſophum, magum, und naturkuͤndi - ger ruͤhmet / und daß mehr Goͤttliche wahrheit in ihm zu finden ſey / als in al - len ſchriften der gemeinen Theologorum. Was nun aber die judicia der andern partheyVon an - dern ver - worffen. betrifft / ſo iſt das offtgedachte buch der dreyen miniſteriorum mehr als zubekannt / worinnen ſie ſelbiges / oder vielmehr der concipiente D. Pomarius Superintendens zu Luͤbeck / als kaͤtze - riſch verwerffen und verdammen. Der gedach - te Breckling erwehnet auch an gemeltem ort / daß die Leiptziger Theologi ſelbiges ebenfalls confiſciret / und dem editori Amersbachen dieund conſi - ſcirt. exemplaria weggenommen haͤtten / dahero es nachmals wiederum ſo theuer worden / daß mans wol mit 30 thalern bezahlen muͤſſen. Er erinnert auch dabey / ein jeder liebhaber der verborgenen weißheit und wahrheit GOttes moͤchte ſelbſt urtheilen / ob des guten Mannes buch ſo veꝛkehꝛt / fanatiſch und gottloß ſey / als D. Calov. und Poma - rius es ausrufften. Item, ob in Calovii oder Guthmanns buͤchern beſſere gruͤnde al - ler Goͤttlichen und natuͤrlichen weiß - heit zu finden / und ob dieſe oder jene uns mehr und naͤher auff GOttes wort an - weiſen / und deſſen wunder offenbahren ꝛc. D. Nicolaus Hunnius hat in der betrach - tung der neuen Paracelſ. und Weigel. Theol. p. 9 an dieſem buche ſonderlich getadelt / daß es lauter Reformirten Potentaten dediciret wor - den / auch an einem Calviniſchenorte (nemlichzu Ha -3denen Marpurgiſchen Weigelianern und Bartholomæo Sclei. Jahr MDC. biß MDCC. zu Hanau) anno 1615. erſtlich gedruckt ſey. Klaget dabey / daß ihn auch der auctor des buchs von der magia commendiret habe / neben dieſen drey miniſteriis aber hat auch einer / Io - hannes Fabricius eine wiederlegung geſchrieben wieder dieſes buch / zu geſchweigen was andere Theologi davon hin und wieder nach ihrer art gedacht haben. Siehe Gerhardum l. c. Dann - hauer. Tom. 1. Theol. Conſc. p. 22. Jo. Meiſner. de Proph. Sect. IV. n. 2. Calovium und andere.
6. Nachdem aber die gewoͤhnlichen gruͤnde dererjenigen Scribenten / welche wider derglei - chen leute / die ſich der Goͤttlichen offenbarung geruͤhmet / bekant gnug / auch allhier zu wiederholen allzuweitlaͤufftig ſind: Will ich nur aus Guthmanns buche einige ſtellen an - fuͤhren / woraus der leſer ſelbſten einen unpar - theyiſchen ſchluß faſſen mag. Erſtlich koͤnnen zur probe die ſummaria einiger capitel dienen / als da ſind des erſten capitels im erſten buch / welche alſo lauten uͤber die erſten worte der Bi -Jnhalt des 1. cap. aus dem I. Buch. bel: Jm anfang war das Wort. Num. I. Was dieſer anfang ſey und wie er ſoll verſtan - den werden.
7. Alſo auch werden im erſten capitel des an - dern buchs folgende fragen nach einander ent - ſchieden: 1. Daß GOtt der HErꝛ allein und ſonſt niemand alle dinge durch ſein wort ge - ſchaffen / und noch heut zu tage alle dinge be - ſchafft.
Und auff ſolche weiſe hat er nun die gantze hiſto - rie der ſchoͤpffung aus denen erſten capiteln Ge - neſeos in dieſem buch erklaͤret / und daraus alle Goͤttliche und natuͤrliche weißheit deduciret / was aber inſonderheit die principia ſeiner lehre betrifft / ſo haben die erwehnte 3 Miniſteria aus ihm folgende ſaͤtze von der ohnmittelbaren er - leuchtung angefuͤhret und verworffen: die worteGuth - manns lehre von der er - leuch - tung. Pauli 2 Cor. III. 6. der buchſtabe toͤdtet / aber der Geiſt macht lebendig / waͤren von dem todten buchſtaben der ſchrifft zu verſtehē. Der ſchwartze buchſtabe der ſchrifft ſey als eine verſperrete truhe des geiſtlichen heimlichen verſtandes / und der verborgenen geheimniße GOttes / als des darinnen bewahrten koͤſtlichen ſchatzes; die buchſtaͤbliche auslegung der ſchrifft ſey der tod / die geiſtliche aber das leben. Der H. Geiſt zuͤnde in dem menſchen zu erſt einen ſolchen licht - glantz an / daß er alsdenn die geheimniſ - ſe verſtehe / die unter den ſchwartzen buchſtaben verborgen liegen ꝛc. Siehe p. 501. Punctum VII. Und des wegen nennen ſie ihn einen Weigelianer und Schwenckfelder. Wir koͤnnen aber ſeinen eigenen ſinn aus ſeinen worten am beſten vernehmen / da er im 6 buch am 6. cap. p. 203. ſeine groſſe freude bezeugetVon der Heiligen Schrifft. uͤber der von Luthero verteutſchten Bibel / auch die Reformatores gar ſehr ruͤhmet. Und hier - auff giebt er ſeinen ſinn von dem rechten ge - brauch und nutzen der ſchrifft alſo zu verſtehen / woraus zu ſehen ſeyn moͤchte / daß er die Schrifft nicht verachtet / ſondern allerdings hoch gehalten; welche worte aber / weil ſie ſeine widerleger mit fleiß uͤbergangen haben / ich hie - her ſetzen will: dannenher die H. Bibeln ei - nen lichten hellen glantz empfangen ha - ben / und einenſolchen lichten ſchein von ſich geben / daß dar auff ſehr viel leute ſich widerum bekehret / die H. Bibel mit fleiß durchleſen / und denrichtigen ver - ſtand daraus genommen / auch die ſchwere ſpruͤche mit andern Bibliſchen ſchrifften ausgelegt / und die ſchaͤndli - chen irthuͤmer ausgerottet: darum laſt uns das auffgegangene licht lieben / be - ſchuͤtzen / beſchirmen / und biß an unſer ende dabey beharren. Dergleichen oͤrter mehr bey ihm zu finden ſind.
8. Was er aber auff ſeiten des menſchen zumVon nothwen - digkeit des wa - chens und betens. rechten gebrauch und verſtand der ſchrifft / und zur wahren erleuchtung / noͤthig halte / zeiget er unter andern in dieſen worten an: Du weiſt / daß dich GOtt der HErꝛ hat gelehret beten / ſuchen und anklopffen / da du daſ - ſelbige nicht thun / ſondern die Haͤnde in buſen ſchieben wolteſt / ſo muͤſteſtu auch um deiner traͤgheit und ungottſeligkeit willen nicht allein dieſes koͤſtlichen ſcha - tzes / ſondern auch noch viel mehr noth - wendigere ſachen entrathen und man - geln. Derohalben ſo bitte auch um gna -A. K. H. Dritter Theil. A 2de und4Th. III. C. I. Von Ægidio Guthmann / Paulo Lautenſack /Jahr MDC. biß MDCC. de und eroͤffnung der geheimniße / und laß dir auff dißmal gnuͤgen / daß dir ge - zeiget iſt / wo du diß ſuchen ſolſt in IV. buch c. 17. p. 62. und im I. buch c. 18. p. 12. Unter dieſem wort Anfang ſo mit den Goͤttlichen buchſtaben JEHOVAH verzeichnet / ſind die hoͤchſte geheimniſ - ſe aller wunder wercke / die in dieſer welt geſchehen ſeyn / und geſchehen moͤchten / begriffen / da ein menſch dermaſſen aus - geſoͤhnet / und in GOttes huld waͤr / daß ihm ſeine augen eroͤffnet wuͤrden / daß der diß wort wuͤrdiglich koͤnte gebrau - chen / ſeine geheimniße verſtehen / und in das werck richten / der wuͤrde alle die wunderwercke ſo wol als Moſes / die Partiarchen / Propheten und Apoſtel gewuͤrcket haben / und noch viel groͤſſere dinge thun koͤnnen und moͤgen. Anders wo ſetzet er ebenfals im II. theil c. 32. p. 227. daß das ſehen am erſten durch den licht - glantz geſchehen muͤſſe / und alsdenn muͤſſe die kunſt oder wiſſenſchafft ausUnd Got - tes noͤthi - gen bey - ſtand. GOttes wort erfolgen. Von ſich ſelb - ſten bekennet er auch / daß er dieſes buch aus dem klaren befehl GOttes geſchrieben habe im IV. buch c. 17. p. 62. und uͤberhaupt weiſet er den leſer allein zu GOTT ſelber und auff den ſchluͤſſel Davids / hat auch deswegen ofte vieles verſchwiegen / mit der angehengten urſache / damit ein begieriges gemuͤthe ſelber ſich durch die Goͤttliche weißheit fuͤhren und lehren lieſſe. Siehe V. B. c. 104. p. 190. VI. B. c. 6. p. 193. IV. c. 17. V. c. 57. X. c. 17. XI. c. 88. XV. c. 20. &c.
9. Dieſes iſt ſonderlich der haupt-punct / worinnen die Theologi ihn getadelt haben / welchen ſie auch als ſeinen grund-irthum ange - ben / darauff ſein gantzes buch beſtehe / (lehr - und ſchutz-ſchrifft. p. II. c. 3. p. 551. und p. I. p. 400.) Hiernaͤchſt haben ſie auch andere puncte aus ihm gezogen / welches ſie aber nur irrigene -Seine andere verworffe - ne lehren. ben-puncte nennen. Zum exempel ſie tadeln an ihm / daß er geſetzet / alle geſchoͤpffe GOt - tes haͤtten eine ſinnlichkeit oder ein le - ben in ſich / GOtt ſchaffe noch heut zu tage neue dinge / die zuvor nie geweſen / GOtt habe keinen mitgehuͤlffen oder mitwircker / er wircke nicht durch die an - dere oder dritte urſache / GOttes wille ſey nichts anders geweſen denn lauter Engel / die Engel waͤren und thaͤten nichts anders denn allein GOttes wil - len / die ſtern-kugeln waͤren gewiſſe woh - nungen der dienſtbaren Geiſter / es waͤ - ren gewiſſe ordnungen und Choͤre der heiligen geiſter GOttes / als die Cheru - bim / Seraphim / Thronen / Herꝛſchaff - ten / Fuͤrſtenthuͤmer / Gewalten / Kraͤff - ten / Ertz-Engel / deren immer eine hoͤ -Von mei - dung der ſuͤnde. her als die andere: Siehe l.c. p. 560. Jtem ſie verwerffen / p. 569. daß er geſetzet: ein be - kehrter menſch muͤſſe den gaͤntzlichen vorſatz faſſen nimmermehr zu ſuͤndigen / und ſolle auch im werck ſelber nicht mehr ſuͤndigen / ja wenn er ein kind GOttes ſey / ſo ſuͤndige er auch gar nicht mehr. Dahero halten ſie vor irrig / wann er geſchrie - ben: Selig iſt der Menſch / der ſolches vonGOtt dem HErꝛn erlanget / daß er nochJahr MDC. biß MDCC. in dieſer zeit in den dritten himmel und gar ins Paradieß entzuckt wird / er wird fuͤrder hin nimmermehr ſuͤndigen. Jtem / was die rechte kinder GOttes ſeyn / die - ſelbigen ſuͤndigen nicht / denn ſie bleiben bey GOtt / alda keine ſuͤnde iſt / aber die ſuͤnden ſind wercke des Teuffels / und wer dieſelben thut / der iſt auch des Teuf - fels.
10. Dieſe und dergleichen expreſſiones mag freilich niemand / den ſein gewiſſen uͤberzeugt / und verdammet / daß er die ſuͤnde weder uͤberwunden habe / noch ferner zu uͤberwinden willens ſey / vor wahrhafftig erkennen / und wenn gleich Johannes noch ſo offt und deutlich bezeiget haͤtte / daß es wahr ſey und keine luͤgen. Eben wie man auch vor irrig ausgegeben / wann Guthmañ geſchrieben:Von der vollkom - menheit. Es werde ein ſuͤndiger menſch von dem glantz des Goͤttlichen anſehens erleuch - tet und gereiniget / da die ſuͤnde in ihm durch den wahren glantz des geſichts GOttes ausgebrandt und endlich ver - zehret werden Vid. Baierus Collat. Doctr. Quaker. Cap. XI. th. 1. p. R. 4. Jngleichen: der menſch koͤnne alle ſeine wercke gut und vollkommen machen / ſich von allen ſuͤnden reinigen / GOtt den HErrn aus grund ſeines hertzens aus gantzer ſeele und gemuͤth / und aus allen ſeinen kraͤf - ten lieb haben / und ſeinen naͤchſten als ſich ſelbſt / ſeine lehr und gebot halten. GOtt der Herr begehre von einem men - ſchē nichts unmuͤgliches / auch nicht / daß man dem menſchen ſolte etwas unmuͤg - liches anmuthen / fuͤrtragen / oder fuͤr - ſchreiben / ſondern alle ſeine lehre / joch buͤrde ſey ſuͤß / lieblich und ſanfftmuͤtig / die der menſch leichtlich erſchwingen / ertragen / und zu ende bringen koͤnne. Welches alles von denen orthodoxis vor gott - loß / Juͤdiſch und Socinianiſch angegeben wird. Siehe die lehr - und ſchutzſchr. p. 571. Gleich - wie ſie ihm auch vor unrecht ausdeuten / daß er die kraͤffte des glaubens / wie ſie ſich uͤber die na - tur durch GOttes allmacht erweiſen koͤnten / ſehr offt beſchrieben hat.
11. Alſo fuͤhren ſie dieſe ſeine worte als irrigVon der krafft des glaubens / an: Ginge diß mit dem Teuffel zu / wenn jemand auff dem meer mit bloſſen fuͤſſen wandelt / ſo muͤſte auch CHriſtus der Herꝛ in krafft des teuffels auff dem meer umgangen ſeyn / denn dem glauben iſt nichts unmuͤglich. Alſo auch und ebenund denen wundern. in dieſem glauben mag ein menſch der lufft brauchen / daß er ſeine gantze wor - te nicht allein hundert / ſondern etliche tauſend meil weges zu ſeinem freund trage / und von dannen wiederum ant - wort bringe. — Es will an dir und dei - nem unglauben nicht gelegen ſeyn / und werden ſich die kinder des lichts in dieſen und viel andern mehr wunderbarlichen faͤllen der lufft rechter art nach zuge - brauchen wiſſen / daran ſich die gantze welt verwundern wird. Part. 2. p. 34. daraus folget / daß ihr unglaubige Hei - den und nichts anders ſeyd. p. 35. dawuͤrde5denen Marpurgiſchen Weigelianern und Bartholomæo Sclei. Jahr MDC. biß MDCC. wuͤrde man allererſt ſehen / daß ihr aus Heiden wahre Chriſten waͤret wor - den / und in der Chriſt glaubigen kirchen wohnet / und beweiſet euren glauben mit ſeinen fruͤchten / ihr wuͤrdet mit neu - en zungen reden. — Wer es anders haͤlt der iſt unglaubig / und iſt kein Chriſt / ſon - dern ein Heid und abgeſchnittenes glied von der Gnade GOttes / der nicht glau - bet der verheiſſung CHriſti / ſo durch den glauben verheiſſen iſt worden / denſelben ſolte man von der gemeine GOttes aus - ſchaffen / biß ſo lange er ſich bekehret und glaubig wuͤrde. p. 85. Wenn der menſch nicht ſein ſelbſt / ſondern Gottes werck in einem feſten Chriſtlichen glauben brau - chen koͤnte / ſo wuͤrde er wũder uͤber wun - der ſtiften und anrichten. Deñ denglau - bigen iſt nichts unmuͤgliches / dieſelben koͤnten ſo groſſe und noch groͤſſere wer - cke thun / weder der HErꝛ ſelber gethan hat — berge verſetzen. p. 86. So gar viel und groß iſt es an einem rechtſchaf - fenen glauben gelegen. Durch den glau - ben koͤnten wir das wort GOttes brau - chen / und dadurch wunderbarliche din - heſtifften / und koͤnten das meer vonein - ander theilen / mit truckenen fuͤſſen hin - durch gehen / den Tuͤrcken darin ertraͤn - cken. — Was wuͤrden wir wol allein mit dieſem worte Werde ausrichten? wuͤrden wir nicht alle kranckheiten ge -Auch in natuͤrli - chen din - gen. ſund machen? wuͤrden wir nicht ſchoͤ - nes wetter koͤnnen machen? wuͤrden wir nicht alle unſere feinde zu felde da - durch erlegen? wuͤrden wir nicht aus zinn / eiſen / kupffer / queckſilber / bley gutes gold im augenblick koͤnnen ma - chen? Wer wolt er wehren? Denn GOtt der HErꝛ laͤſt ſein kraͤfftiges wort ſeine glaubigen brauchen / daß ſie dadurch wunderzeichen thun / die krancken ge - ſund machen / die teuffel und ſchlangen vertreiben. p. 87. Wer die weißheit von GOtt dem HErꝛn hat / derſelbe weiß die krafft und wuͤrckung des worts Gottes / und kan durch diß wort Werde aus allen metallen gold machen / und andere wunder wuͤrcken / er mag das ei - ſen / die ſteine / das holtz und andere har - te metallen mit bloſſen haͤnden ohn al - les feuer wie ein wachs bohren / und dar - aus bilder und andere wunderbarliche dinge machen / und ſeine geſtalt geben / wie ers haben will / das alles vermag er durch ſeinen glauben. Wo ſind aber un - ſere glaͤubige / die ſich ihres glaubens und Chriſtlichkeit ruͤhmen? Wo brau - chen ſie daß wort GOttes durch ihren glauben? Wenn macht der Hoheprie - ſter mit dem Wort: Es werde! gold oder ſilber / daß man dadurch kriegsleute be - ſtellen / und die Heiden aus den Chriſtli - chen koͤnigreichen ſchlagen koͤnte. Sie - he die Lehr - und Schutz-Schrifft l. c. p. 577. u. f.
12. Wie nun dieſe und dergleichen lehren de - nen orthodoxis nicht gefallen haben / ſo hat ih - nen vielweniger anſtehen koͤnnen / was er vonihrer lehre und leben hin und wieder eroͤffnetJahr MDC. biß MDCC. Sein be - kaͤntniß von den Predi - gern / hat. Als zum exempel / wenn er geſchrieben: Jn dieſer Eitelkeit ſind auch zum theil die Prediger / die ſich allerley pracht / hoffart und wolluſt der Welt geluͤſten laſſen / auch ſolches mehr als ihr ſtudiren angelegen ſeyn laſſen / und auch an ſonn - und feſttagen ohne alle vorbereitung und anruffung des H. Geiſtes auff die Cantzel treten / und ein eitles leeres ge - ſchrey machen / darinne kein geiſtlicher verſtand iſt. Jm VI. B. c. 6. p. 205, item p. 232. Es iſt keine groͤſſere ſchaar unter der Sonnen / die GOtt dem HErꝛn in ſeinem heiligthum / gaben und gnaden / mehr laͤſtern / und von ſolchen hohen herꝛlichkeiten weniger halten / als die eben ſind / die am geiſtlichſten wollen an - geſehenſeyn. Und p. 449. Weil die men -und dem kirchen. dienſt. ſchen aus den bet-haͤuſern eine moͤrder - grube machen / und den Teuffel ſelbſt hinein bringen / ſo wohnet er auch in den bet - haͤuſern. Die kirchendiener ſind die erſten / die ſolches thun / ꝛc. Wie auch P. II. p. 59. Wo ſind unſere vorſteher? wo iſt ihr glantz innerlich und aͤuſſerlich / ſind nicht ihre angeſichte aͤuſſerlich ver - dunckelt / und ihre hertzen befinſtert mit ihrem ſuͤndlichen leben / darinnen ſie ſte - cken und verderben. Weil ſie GOtt den HErꝛn fliehen / ſo moͤgen ſie weder in - nerlich noch aͤuſſerlich erleuchtet wer - den / und koͤnnen der gemeine GOttes gar nicht vorſtehen / denn ſie nichts Goͤttliches weder hoͤren noch ſehen moͤ - gen. Ob aber wol der auctor viele ſolche kla - gen inſonderheit auff die Paͤbſtiſchen Prieſter appliciret hat / ſo haben doch die gedachte 3. miniſteria in der ſchutzſchrifft p. 507. gemercket / daß er ſolche generalia principia zum grunde ſe - tze / wodurch auch die Lutheriſchen mit impli - ciret und angeruͤhret wuͤrden. Womit alſo angedeutet worden / daß das gewiſſen bey ſol - chen allgemeinen Klagen ſchon ſelbſt die appli - cation mache / geſetzt / daß auch ein auctor an ſol - che leute weder gedacht / noch wuͤrcklich geſchrie - ben gehabt. Wiewol Ammersbach in denen anmerckungen hin und wieder auch die appli - cation mehr als zu deutlich hiebey gemachet hat: Siehe P. I. p. 336. P. II. p. 17. und ſonſt.
13. Eben alſo hat er auch von der gemeinenVon der Heidni - ſchen phi - loſophie / philoſophie und ſchul-weißheit geurtheilet / wenn er unter andern geſchrieben: Die philo - ſophie iſt doch unter allen das ſchaͤdlich - ſte gifft / das zwiſchen himmel und er - den gefunden mag werden. Denn wie ihrs brauchet / ſo iſt es nur eine heidni - ſche narrerey / unſinnigkeit / und ver - fuͤhrung / die GOtt der HErꝛ haſſet / und ſie ſamt euch vertilgen wird. Part. II. Lib. XVI. c. 7. p. 177. Es wird auch von ihm Colbergen l. c. p. 289. er -und dem gemeinen ſtudiren. zehlet / daß er ſelbſten in den ſo genanten freyen kuͤnſten unterwieſen / aber auff den Univerſitæ - ten die eitelkeit derſelben gemercket / und dage - gen auff ſeinen reiſen befunden / daß bey unge - lehrten leuten dieſe und noch viel beſſere wiſſen - ſchafften anzutreffen ſeyen. Er habe auch zum drittenmal faſt alle Univerſitæten in der welt be - ſuchet / aber uͤberall gehoͤret / daß ſie nicht The -A 3oſophi -6Th. III. C. I. Von Ægidio Guthmann / Paulo Lautenſack /Jahr MDC. biß MDCC. oſophiſche ſondern heidniſche teuffeliſche buͤ - cher erklaͤrten. Von dieſen heidniſchen buͤchern hater ſonderlich ſehr viel erinnert / und unter an - dern folgendes: Was ſind nun die heidni -Wie auch den Heyd - niſchen Autoribus zu ſchulen. ſche ſchreiber und ihre buͤcher als grobe eitelkeit. Denn eben wie ihre heidni - ſche lehr-jungen / ſo Chriſten get aufft ſeyn / ihre buͤcher aus ihren eigenen kraͤff - ten ohne angeſuchte Gnade des H. Gei - ſtesſchreiben / und viel papier damit un - nuͤtzlich anwenden: alſo ſind auch ihre heidniſche buͤcher ohne verſtand des H. Geiſtes zuſammen aus ihren eigenen koͤpffen gedichtet und geſponnen / auch zuſammen gezogen und beſchrieben wor - den / den ſie mit ihren geſchmuͤckten an - zuͤgen und gezierten worten einen ſol - chen deckmantel anzogen / daß ſie mit ihrer Sophiſterey ſchier die gantze welt betrogen / und auff ihre ſeite gebracht. Wo bleibt denn der H. Geiſt? Ja es hat die Heidenſchafft in den Chriſtlichen ſchulen dermaſſen uͤber hand genommen und die lehrmeiſter wenig oder gar - nichts vonden Bibliſchen ſchrifften des A. und N. Teſtaments zu ſagen wißen. So doch GOtt der HErr befohlen / die furcht GOttes einzupraͤgen / im VI. B. c. 6. p. 205. Item p. 105. Die Heidniſche buͤ - cher werden in unſern hohen und niedern ſchulen heutiges tages gantz unchriſt - lich verfuͤhriſch fuͤrgeleſen / alſo daß man gaͤntzlich dafuͤr haͤlt / es koͤnne keiner ein lehrer in H. Schrifft und andern kuͤn - ſten werden / er muͤße denn zuvor die Heydniſche ſophiſterey gantz und gar eingefreſſen haben / welches vor GOtt dem HErrn ein groſſer greuel / GOttes - laͤſterung / und den Chriſten ein ewiger ſchand-mackel iſt / daß ſie nicht wollen gedencken / wie die Altvaͤter / Patriar - chen / Propheten / Koͤnige / die Weiſen / die Apoſtel und andere Chriſten ſolcher Sophiſterey in Heidniſchen buͤchern gar nicht gebrauchen / noch deſſen geachtet haben / denn ſie haben den rechten / wah - ren ewigen Kunſtmeiſter gehabt / der ih - nen kunſt / verſtand und weißheit gege - ben / der ihnen das licht der erkantniß in ihren hertzen angezuͤndet. Siehe auch p. 208. u. f. 222. 271. 301. 358. 401.
14. Und dieſes waͤre von gedachtem ſeriben - ten geſaget / in welchem ein liebhaber der weiß - heit finden wird / was er bey vielen andern / ſon - derlich bey denen Academiſchen lehrern vergeb - lich ſuchen moͤchte. Dieſem koͤnnen wir allhier beyfuͤgen einen andern mann / der ebenfalls wie Guthmann noch im 16. ſeculo gelebet / aber erſt -Lauten - ſacks leben und ſchrifften. lich im 17. recht bekant worden / nemlich Paulum Lautenſack einen Mahler und Organiſten in Nuͤrnberg. Dieſen hat der obenangezogene D. Andreæ nebenſt jenen auch unter die leute / ſo von ungemeiner wiſſenſchafft geweſen / geſetzet. Vid Myth. l.c. Ob er gleich die dunckelheit ſei - ner ſchrifften dabey geſtehet / ſeine ſchrifften aber ſind theils im vorigen ſeculo, theils im anfang des 17. herauskom̃en. Schon A. 1545. iſt ein tra - ctat von ihm publiciret wordē / deſſen titul undVortrag und inhalt derſelben. inhalt folgender iſt: Eine anzeigung vom eꝛſten bild uñ ſeinem buch: wie ſich Gott der einige zu erkennen gebe. Auslegungder dritten materien / inhalt als namenJahr MDC. biß MDCC. und himmliſcher perſonen mit zeugniß ihrer buͤcher: wie alles mit CHriſto muß gecreutziget werden / alsdenn wird geoffenbaret die herrligkeit GOttes in JEſu CHriſto. Anzeigung von GOtt / worauff das buch ſtehet. Anfang des buchs der offenbarung JEſu CHriſti in - halt. Die andere farbe (als blau) in dem erſten halben regenbogen / darin - nen ſich der Vater als im Sohn laͤſt ab - mahlen. Die dritte farb (als roth) in dem erſten halben regenbogen / darin - nen ſich der Sohn GOttes im himmel iſt offenbaren. Die vierte farbe (als gruͤn) des erſten halben regenbogen / darinne ſich die dritte perſon der Heil. Geiſt iſt abmahlen. Der andere halbe regenbogen mit ſeinen vier farben. Die andere farb des halben regenbogen blau im andeꝛntheil / daꝛiñen ſich die peꝛ - ſon des Vaters im Sohn iſt abmahlen. Die dritte farbe des andern halben re - genbogen als roht / darinnen ſich der Sohn GOttes als in ſeinem wort iſt of - fenbaren. Die vierte farb des regenbo - gen als gruͤn / des letztern / darinnen ſich der H. Geiſt iſt offenbaren als ein be - ſchlieſſer aller dinge. Der zwoͤlf ſterne in - halt auff der cron der Jungfrau Mariaͤ. Offenbarung des titels Chriſti geheim - niß beym Evangeliſten / die vereini - gung des anfangs und des endes verglei - chung. Die offenbarung JEſu CHri - ſti nach der menſchheit / wie allhie ange - zeigt iſt. Offenbarung der zwoͤlff ſtern geiſter bey ihnenhaben / wie gezeigt. An - zeigung der andern materien von der dreyheit. Auslegung der dritten ma - terien inhalt / als namen und himmli - ſche perſonen mit zeugniß ihrer buͤcher. Wie alles mit Chriſto muß gecreutziget / alsdenn wird offenbar die herꝛligkeit GOttes in JEſu CHriſto. Die aͤuſſer - liche ſchrifft am verſchloſſenen buch des lebens. Die erſte farbe des erſten hal - benregenbogen / buchſtab / geiſt. Die an - dere farbe (als blau) im erſten halben re - genbogen / dariñen ſich der Vater als im Sohn iſt abmahlen. Die dritte farbe (als roth. Die vierte farbe (gruͤn.) Des worts inhalt iſt offenbar / erſtlich die gelbe far - be. Die anderefarbe blau. Worauf die 12. Act. des glaubens gegruͤndet ſind. Offen - bar das heilige himliſche Jeruſalem von GOtt erbauet. Wie ſich GOtt und das wort in CHriſto erwieſen dreyfaltig und ſeyn. Endlicher beſchluß aller din - gein dem einigen Gott deꝛ gantzen welt.
15. Noch zuvor anno 1538. iſt dieſes buͤch - lein heraus kommen: Eine anzeigung mit ſchrifft / was in der Fr. Gundelfingerin behauſung vor gemaͤhlde angeſtellet iſt. Jn dieſen hat er ſonderlich die offenbarung Jo -Ausle - gung der Offenba - rung Jo - dannis. hannis geheimnißweiſe ausgelegt und appli - cirt / wovon er in der vorrede p. 3. 4. dieſes mel - det: Dieweil die welt des einigen haupt - buchs offenbarung weder wiſſen noch hoͤꝛen will / mit ſamt ſeinen geheimniſſen darinnen verleibet / ſo ſolches ihr wirdange -7denen Marpurgiſchen Weigelianern und Bartholomæo Selei. Jahr MDC. biß MDCC. angezeigt / daruͤber ſie den Kopff ſchuͤt - telt / als gehe ſie das buch gar nicht an / ſondern ſie haben zuvor ſchon alles ein gut wiſſen desjenigen / was von GOtt zu wiſſen ſey / daraus auch offenbar wird / was fehl und mangel ſie noch ha - be an der offenbarung JEſu CHriſti / darin er uns nicht unbillig verheiſt noch eins zu kommen (nach dem geiſt) unſere ge - wiſſen zu verſichern / ehe denn das ge - richte komme / auff daß wir unſtraͤfflich erfunden werden auff dem juͤngſten ta - ge. Drum auch alle Gelehrten ſo hart ſind angelauffen / das buch verachten / dieweil ihnen der Geiſt darinnen ver - borgen iſt / daß es wahr iſt / was CHri - ſtus verſchleuſt / das muß verſchloſſen bleiben / und was er ſey eroͤffnen / das muß geoffenbaret werden / wie denn ſol - ches werck GOtt mit zeichen und wun - derwercken am himmel hat angezeigt / wie ſolches in einem andern buͤchlein wird vermerckt / das zeugniß von oben aus der Schrifft / deßgleichen der titel CHriſti und anders ihre jahrzahl mit ſich bringen / zu welcher zeit das buch offenbar ſoll eroͤfnet werden / nemlich in der letztenzeit / wenn der ſiebende Engel poſaunen wird / ſollen ſolche geheimniſ - ſe GOttes geoͤffnet werden / wie er ſol - ches ſeinen Knechten und Propheten hat verkuͤndiget.
16. Dieſe ſeine ſchrifften zuſammen hat her - nach Valentinus Weigelius mit einer ſonder - baren auslegung erlaͤutert / welche Anno 1619. zu Franckfurt am Mayn heraus gekommen mit dem titul: Offenbarung JEſu CHri - ſti / das iſt / ein beweiß nach dem titul uͤber das creutz CHriſti / und die 3. Al - phabeth als hebraͤiſch / griechiſch und la - teiniſch / wie etliche wunderbare figu - ren. Welcher geſtalt der einige GOtt auff unterſchiedene art und weiſe / und endlich ohne einige figur wahrhafftig und vollkom̃lich in deꝛ perſon Jeſu Chri - ſti ſich geoffenbaret habe. Durch den gottſeligen Paulum Lautenſack Mahleꝛn und Organiſten weiland in Nuͤrnberg. Uber welche um voͤlligen verſtands wil - len die auslegung M. Val. Weigelii her - zugeſetzet worden. Darinnen zufinden wie der menſch mit GOtt / himmel und erden durchs wort / welches am ende der welt fleiſch worden / in einem thon gehe / und des teuffels diffonantz verhuͤtet wer - de. Franckfurt am Mayn. Und eben dieſer Weigelius hat ihn erſt recht bekannt gemacht (deßwegen wir ihn auch in dieſes ſe - culum verſpart) und hat ihn nicht allein in die - ſer edition, ſondern auch anderswo gar ſehr ge - ruͤhmet / und unter andern geſchrieben: Wirund ſehr geruͤhmt. werden nicht eher zu verkuͤrtzen zu ver - ſchwaͤꝛmenuñ zu verjagen aufhoͤren / biß wir die H. Biblia gruͤndlich verſtehen / nicht nach der ſchale derworte / ſondern nach dem kern: das iſt / biß wir Theolo - giam Theophraſti Paracelſi und Pauli Lau - tenſacks verſtehen / welche kein ander wort fuͤrgeben / als nur die H. Schrifft nach dem kern / und nicht nach der aͤuſ -ſern rinde. Jſt gar nichts neues bey ih -Jahr MDC. biß MDCC. nen zu finden / bleibet die aͤlteſte Philoſo - phie / und daher die wahrhafftigſte. Sie erklaͤren die beyden lichter der natur und gnaden / nur durch die Schrifft ohn alle gloß von menſchen: Jm Gnothi Seavton p. 36.
17. Aus dieſer Recommendation iſt von ſelbſt zu ſehen / was die Schul-Theologi vom Lautenſacke geurtheilt haben. Zumal er auch ſelber das gemeine elend beklaget / und unter andern in der vorrede uͤber die offenbahrung JEſu CHriſti: Es iſt dieſe ſtimme allent -Klage uͤber das verderb - niß / halben erſchollen: Hie iſt des HErꝛn tempel / wir haben Moſen und die Pro - pheten / wir ſind von unſerm vater Ab - raham / wir ſtehen in der linea und ſuceſſi one Petri &c. Wiewol aber nicht eben ſo viel ſcheltens wieder ihn als wol wieder andere zu finden iſt: So hat doch auch kein einiges wie - driges urtheil ihm die vereinigung und ſelig - keitin GOtt benehmen koͤnnen / welche er unter andern mit dieſen worten im H. theil p. 269. ſehr wol austrucket: O liebende lieblicheund be - kaͤntniß von GOt - tes liebe und verei - nigung. liebe / liebe der liebe / wie biſt du ein ſolch ſuͤſſes joch. O du dreyfacher einiger GOtt / du einige liebe / dulauter liebe / du brennende liebe / du flammende liebe / du verzehrende liebe! Gib doch den H. Geiſt in unſere hertzen / und entzuͤnde und mache uns inbruͤnſtig in der liebe ge - geneinander / ſo werde ich mit dir / du im - merwaͤhrende unauff hoͤrende liebe / dich im̃er in ewigkeit liebende liebe / als meine taube / mein hertz / meine hoffnung / mein leben / mein troſt und ſtaͤrcke / mei - ne ſuͤſſe / meine liebe / meine freundin / mein freund / und alles / und mein alles / dein alles und mir alles ꝛc.
18. Und weil dieſer Mann von WeigelioAndere Weigeli - aner. als mit ihm einſtimmig angezogen worden / ſo will ich allhier die hiſtoria zweyer anderer an - fahren / welche unter denen Reformirten als Weigelianer verdammet worden. Selbige waren zwey Præceptores im Pædagogio zu Marpurg / namens Georg Zimmerman undzu Mar - purg. Philipp Heinrich Homagius, mit welchen Anno 1619. und 1620. folgendes vorgegangen / wie es ein Marpurgiſcheꝛ Profeſior D. Johann Crocius nach ſeinem gutduͤncken beſchrieben hatt. Jm Anti-Weigelio dedicat. Sie haͤtten nemlichJhr be - kaͤntniß von den beydni - ſchen au - toribus. ſo wol Schuͤler als Studenten dahin verfuh - ret / daß ſie einen laͤrmen anrichten wollen / und den anfang von denen Heidniſchen auctoren in der ſchulen gemachet / welche ſie in ſchulen vor unzulaͤßig und verfuͤhriſch gehalten. Hingegen haͤtten ſie Weigelii buͤcher nicht allein ſelbſt gele - ſen / ſondern auch andere recommendirt. Sie waͤren darauf vors Conſiſtorium citirt worden da ſich der eine einen narren GOttes in ſei - nem reich geneñet haͤtte / welches vermuthlich auff einige veranlaſſung mag geſchehen ſeyn / da man ſie etwa nach gewohnheit vor narren geſcholten. Als ſie darauff arreſtirt worden /Gefaͤng - niß. haͤtten ſie im̃er zu den fenſtern heraus zu ſchrei - en angefangen / deswegen man ſie auffs ſchloß gefangen geſetzet. Unterdeſſen haͤtten ſich vie - le ihrer angenommen / und waͤre beſorgt wor - den / daß ſie gar viel anhaͤnger haͤtten / ſo gar /daß8Th. III. C. I. Von Ægidio Guthmann / Paulo Lautenſack /Jahr MDC. biß MDCC. daß man auch den Fuͤrſten beredet / als wenn der Proceſs ungerecht / und die Univerſitæt dabey nicht einig waͤre. Es waͤre darauff in einer commiſſion (da D. Crocius als ihr aͤrgſter feind Rector der Univerſitæt geweſen / oder wie er ſelbſt redet / das ſcepter gefuͤh - ret) wieder ſie inquirirt worden. Da ſichUnd ande - re Auſſa - gen / denn der eine einen unuͤberwindlichen zeugen der wahrheit / einen offenba - rer des Antichriſts unter XI. andern / ei - nen Anti-Iſcharioth und dergleichen genennet hat / einen unmittelbaren beruff vorgegeben / und geſagt / es haͤtte Anno 1619. GOtt mit ihm geredet. Er haͤtte Paracelſum und Weige - lium als die aller accurateſten / erleuchte - ſten und beſten Theologos geruͤhmet / welche einem hertzen den ſchluͤſſel der wahren erkantniß geben / welchen die buchſtaͤblichen und unerfahrnen Phari - ſeer weggenommen haͤtten. Die Theo -von den Theolo - gen. logos haͤtte er nur Philoſophiſche Theolo - gos, und Theologiſche Philoſophos geheiſ - ſen / item Ariſtotelico-Paulinos, Herma - phroditen / oder Zwitter-theologen / die das erkaͤntniß des Vaters und des Sohnes wegnehmen / einen unbekandten GOtt predigten / und dergleichen. Die cantzeln haͤt - te er Antichriſtiſche roſtra genennet die com - mentarios lauter luͤgen / und die oͤffentlichen predigten verachtet.
19. Er haͤtte ferner viel von dem ſeculo Spi - ritus S. geredet / und es eine perle genennet / die nicht fuͤr die ſaͤue muͤſte geworffen werden. Die ſchul-fragen haͤtte er vor unnoͤthig gehalten / zum exempel: An λόγ〈…〉〈…〉 ante incarnationem verum fuerit ὑΦιςάμενον? An unio naturarum ſitJhre ver - folgung. facta ſalvis proprietatibus? &c. Endlich haͤtte Zimmermann ſich geſtellet / als revocirte er / und waͤre wieder zu gnaden angenommen wor - den. Es haͤtte ihn aber hernach gereuet / daß er wiederruffen / und ſich nach Holland zu denen Wiedertaͤuffern gewendet. Von dannen waͤre er nachmals weiter gezogen und in einer be - ruͤhmten Hanſee-Stadt geſtorben. Homagi - us aber waͤre von Marpurg verwieſen worden / und nach Gieſen kommen / allwo er Præceptor am Pædagogio worden. Erhaͤtte aber auch da nicht lange bleiben koͤnnen / daß man ihn wieder weggejaget: Darauff er zu Caſſel anno 1626. oͤffentlich zur ſtaupe geſchlagen und des landes verwieſen worden. Die urſach dieſes proceſ - ſes verſchweiget Crocius: Es hat ſie aber ne - benſt andern noch merckwuͤrdigen umſtaͤnden eine Hollſteiniſche Poetin in folgenden verſen beſchrieben hinterlaſſen.
Anna Owena Hoyerin geiſtl. gedichten p. 242. ſeqq. Confer. Joh. Hen. Ottius Annal. Anabapt. p. 243. Colberg. Platon. Chri - ſtenth. P. I. p. 259. Gruͤndl. beweiß / daß Paracelſ. Weig. &c. mit groſſer heucheley umgehen p. 259.
20. Daß wir aber wiederum auff diejenigen perſonen kommen / welche zwar die meiſte zeit noch im 16. ſeculo gelebet / aber dennoch erſt im 17. ſonderlich bekant worden: ſo findet ſich un - ter dieſen auch einer namens BartholomæusBatthol. Sclei ſchrifften. Sclei, welcher von geburt ein Pole und ſeinem ſtande nach ein Doctor, vermuthlich der medi - cin, geweſen. Dieſer hat um das Jahr 1596. unterſchiedliche ſchrifften auffgeſetzet / welche erſtlich anno 1686. in Holland in 8vo heraus gekommen / unter dieſem titul: D. Bartholo - mæi Sclei Theoſophiſche ſchrifften: oder ei - ne allgemeine und geheime / jedoch ein -faͤltige9denen Marpurgiſchen Weigelianern und Bartholomæo Sclei. Jahr MDC. biß MDCCfaͤltige und teutſche Theologia; anwei - ſend / wie ein jeder menſch / durch das ge - heimniß JEſu CHriſti in uns / zu dem wahren und lebendigen glauben und er - kaͤntniß des dreyeinigen GOttes / ſeiner ſelbſt und aller creaturen weſendlich gelangen / und alſo das reich GOttes in der ſeelen wie der finden / eroͤffnen / und im rechten gebrauch aller dinge / em - pfindlich genieſſen ſolle: gegruͤndet und angewiſſen in dem dreyfachen Goͤttli - chen Offenbarungs-buche / als der H. Schrifft / der groſſen und kleinen welt. Deſſen zweck und abſehen.Der inhalt und die abſicht ſolcher ſchrifften iſt theils aus dieſemtitul zu ſehen / theils auch aus der vorgeſetzten anrede / da der 15. und 16. para - graphus alſo lautet: Sie werden euch ſehr hochwichtige dinge mit groſſem ernſt ſeelen-erbaulich vortragen / einſchaͤrf - fen und anweiſen / wie man nemlich al - le creaturen und wercke GOttes und ſeines geiſtes / durch das geheimniß JE - ſu CHriſti in uns / ſoll lernen recht erken - nen / zerlegen und auffſchlieſſen / auch / nach dem Goͤttlichen befehl / zu GOt - tes offenbarung / ehre und herrligkeit / zu des naͤchſten reiner liebe und unſer al - ler ſeligkeit wol anwenden und gebrau - chen ſolle! Jhr werdet mit entſetzen er - fahren / wann / wo und wie der unbe - greiffliche GOtt durch die dreyeinige offenbarung ſeines ewigen wortes / lichts und geiſtes ſo wol in uns ſelbſten als auſſer uns in allen creaturen mit uns rede und handele / nach der weiſe / wie wir uns gegen ſeine allgegenwaͤrtige heil. Majeſt aͤt tragen / in gehorſam / furcht und liebe / oder in ungehorſam / miß - brauch und verachtung ſeiner gaben: Deñ wer nicht mit ihm in ſeiner heil. ge - genwart in CHriſto JEſu wandelt / der wandelt wider ihn / und wird an ſtatt ſeines ſegens / erkaͤntniß und liebe: mit unſegen / blindheit und ungnade angeſe - hen und geſtraffet; Wie uns deſſen un - ſeretaͤgliche erfahrung uͤberzeugenkan / naͤchſt dieſem werdet ihr in unpartheyi - ſcher uͤberlegung und wiederkaͤuung des grundes und fundaments / daraus dieſer auctor geſchrieben / und dahin er anwei - ſet / bemercken die unfehlbare gewißheit von der wahren Chriſten - Religion, und deren glaubigen gemeinſchafft; im - gleichen was und wo ihre lehr-ſchul und kirche ſey / und wie man darzu kom - men muͤſſe! Jn ſumma / ihr werdet ver - nehmen / was der einige hochgelobte GOtt ſey / nach der offenbarung ſeines weſens und dreyfachen bildes in allen ſeinen geſchoͤpffen und creaturen in zeit und ewigkeit.
21. Die materien dieſes buches ſind in fol - gende theile eingerichtet. Der erſte handelt in dreyen buͤchern vom dreyfachen lebens - buch des lebendigen GOttes; nemlich wo man das wahre erkantniß GOttes ſuchen / und wor aus man es lernen ſolle / nemlich aus den dreyen lebendigen buͤ - chern des lebendigen GOttes / und nichtaus der menſchen todten buͤchern. DerJahr MDC. biß MDCC. andere von dem helleuchtenden auff - gang des hochmaͤchtigen lichtes GOt - tes; oder gruͤndlicher bericht aus heil. ſchrifft / was das lebendige erkaͤntniß GOttes ſey: Nemlich daß wir allein GOtt / und nicht die menſchen / den ab - gott / hoͤren ſollen; das iſt / daß wir GOtt allein / und die in ſeinem namen kommen und von ihm geſandt ſind / hoͤren ſollen / und nicht die abgeſandten der welt oder des teuffels. Und der dritte theil eine be - trachtung von des Adams Fall und deſ - ſen herſtellung. Oder gruͤndlicher be - richt / was uns das lebendige weſendli - che erkaͤntniß GOttes nuͤtze ſey / nemlich daß der menſch in GOtt recht lebe / und das Abendmahl CHriſtitaͤglich aus ihm nieſſen koͤnne. Hieran iſt gefuͤget eine all - gemeine buß-rede und eine klage uͤber die unbußfertige welt / und endlich eine ge - heime betrachtung des Vater Unſers / welche ſchon anno 1639. durch Abraham von Franckenberg auch publiciret wordē. Daran zu letzt 16. geiſtliche betrachtungen von ho - hen und gemeinen glaubens lehren ange - gefuͤget ſind. Was ſonſt den haupt-grund ſei -Sein grund auff CHriſtum allein. ner lehre anbelangt / gehet derſelbe durchge - hends dahin / daß er auff CHriſti vereinigung und das neue leben in ihm durchgehends drin - get / und darauff alle uͤbrige ſtuͤcke des Chri - ſtenthums gruͤndet. Zur probe dieſes ſeines ausdrucks koͤnnen folgende worte aus dem drit - ten buch §. 30. u. f. dienen: So wir nun die liebe in uns haben muͤſſen / und CHri - ſtus iſt die liebe GOttes / ſo muͤſſen wir je CHriſtum in wendig in unſerm hertzen in uns / und nicht auſſer uns haben / denn die liebe iſt alleine CHriſtus und alles / wenn wir das glaubten und thaͤten / ſo waͤren wir ſelige leute. Denn wie Adam mit ſeinem ſchaden nicht auſſer / ſondern in uns iſt: So muß auch CHriſtus mit ſeiner artzeney leben / friede / freude / licht / liebe / reich / huͤlffe und krafft in uns ſeyn. Luc. XVII. Gal. II. Col. I. Rom. V. VI. III XIV. 2. Cor. XIII. Wiſſen wirUnd zwar in der ſee - len. nun / daß CHriſtus in uns / wie er dann in allen menſchen iſt / und anklopfft und wir ihn auffnehmen / anbeten / und an - ruffen / quia invocare eſt in cor vocare, ſo ſind wir in der gemeine GOttes / und al - ler ſeiner heiligen / und ſo will CHriſtus in und bey unsbleiben / wohnen / und das Abendmahl mit uns halten / uñ wir mit ihm / nach der Schrifft / Apoc. III. Joh. I. VI. XIV. XV. Hebr. XII. XIII. Eph. II. III. IV. 1. Joh. II. III. IV. So wir aber un - ſern naͤchſten nicht recht lieben / we - he uns / daß wirs nicht thun; denn es wird uns gehen / wie Anania und ſeinem weibe der Sapphira Actor. V. Daraus fol - get nun unwiderſprechlich / daß unsder auswendige CHriſtus nach dem fleiſch gar nichts nuͤtze iſt mit alle ſeinemthun und leiden / wo wir nicht den inwendi - gen CHriſtum in uns haben / der uns recht ermundert in der liebe GOttes / und zu geiſtlichen und neuen Creaturen machet. Denn der glaube erfordert einA. K. H. Dritter Theil. Bgantzes10Th. III. C. I. Von Ægidio Guthmann / Paulo Lautenſack /Jahr MDC. biß MDCCgantzes hertz. 2. Cor. V. Joh. III. IV. V. VI. XV. Col. I. Und eben dieſes iſt der eini - ge punct / den die Weltweiſen nicht wiſ - ſen; Nemlich von dem inwendigen Chri - ſto / der ſtoſſet ſie vor den kopff / denn ſie koͤnnen ihn nicht in ihr gehirne bringen / darum aͤrgern ſie ſich an ihm / verwerf - fen und verhoͤnen ihn nicht allein / ſon - dern ſchaͤnden und laͤſtern ihn auch als die aͤrgſte ketzerey und ſchwermerey. So doch am allermeiſten daran gelegen iſt / denn eben das / iſt das rechte auge oder die geburt GOttes / davon Chriſtus re - det / damit er in uns ſiehet / ohne die ſind wir mit ſehenden augen blind / und ver - moͤgen die ſeligkeit nicht zu erlangen. Joh. I. III. IV. V. VI. VII. IIX. IX. Aber un - ſere hochgelehrten und weltweiſen leute koͤnnen zwar von der neuen geburt viel reden / aber im grunde der warheit wiſ - ſen ſie nicht / was ſie iſt; denn ſie meinen / es ſey um dieſe geburt nur ein aͤuſſerli - cher wahn / und alſo ein ſchlecht und lie - derlich ding / das mit bloſſen worten er - langet und verrichtet wird / laſſen ihnen alſo traumen / gleich als ſtuͤnde es in ei - nem bloſſen mund-geſchwaͤtz; aber nein / meine liebe Herrn / es iſt gar weit gefeh -Von der wiederge - burt / let. 1. Cor. I. 2. 4. Dieſe geburt GOttes iſt nicht ſo ein geringes / als ihr vermei - net / und gehet nicht aus dem menſchen / wie ihr fuͤrgebet / ſondern ſie kommt gar hoch von oben herab aus GOtt dem H.und deren inwendi - ger krafft. Geiſte / und iſt / wie Paulus ſaget / eine gabe GOttes / darum kan ſie mit nich - ten in auswendigen worten liegen / ſon - dern im innern grunde des hertzens / denn ſie kehret den gantzen menſchen um / und verneuert ihn. Joh. I. III. V. 2. Cor. V. Eph. II. III. IV. Wer nun das weiß / wie es zu - gehet / dieſe geburt in ihme hat / der iſt ein ſeliger mann / wie CHriſtus ſagt zu ſeinen Juͤngern: Selig ſind die augen / die da ſehen / das ihr ſehet / und die Ohren die da hoͤren / das ihr hoͤret ꝛc. da werden nicht die aͤuſſern augen gemeinet / ſon -Vereini - gung mit CHriſto / dern die innern. Denn es haben ihrer gar viel CHriſtum mit leiblichen augen geſehen / aͤuſſerlich / denen er gar nichts nuͤtz geweſen / die doch in ihren ſuͤnden geſtorben / welches nicht geſchehen waͤ - re / ſo ſie ihn mit den innern augen geſe - hen haͤtten / das iſt / im glauben / in der liebe; denn das heiſſet allein CHriſtum in CHriſto ſehen; darum iſt das gewiß / daß allein die liebe und die barmhertzig - keit GOttes der wahre CHriſtus ſey / der alles in allem in uns wircket / iſt und thut. Matth. XIII. Luc. X. Dieſer leidetund der - ſelben fruchte. auch in uns / duldet und vertraͤget alles / und iſt zu allem verzeihen gar willig; und wer iſt je gedultig unter allen men - ſchen denn allein CHriſtus? der auch fuͤr ſeine feinde den ſchmaͤhlichſten tod am creutze gelitten hat / und alles fuͤr ſie gebeten. Apoc. II. III. XIII. Col. I. 2. Cor. I.
Dieſer Chriſtus / dieſe liebe GOttes / dieſe ſonne der gerechtigkeit / iſt auch in unſerem hertzen eingeſchrieben / aber gar heimlich und verborgen / und ſehr wun -derbarlich / durch den finger GOttes /Jahr MDC. biß MDCC wie das geſetz im A. T. auswendig in die taffeln / damit ſich niemand zu beklagen habe. Rom. II. 2. Cor. III. Ezech. XXXVI.
Wer dieſe allerhoͤchſte geheimnuͤſſe GOttes findet / der hat die edlen perlen gefunden / und den hoͤchſten ſchatz / die kein menſch anders dann allein in ihme ſelbſt finden kan. Denn was in der Na - tur und A. T. auswendig iſt / das muͤſſen wir im N. T. in uns wahrnehmen / da es im geiſt und wahrheit erfuͤllet wird. Col. I. Joh. I. III. IV. V. VI. Math. XIII. 1. Cor. III. VI. 2. Cor. XIII.
Dieſen HErꝛn / dieſen Erloͤſer / dieſen Troͤſter in uns muͤſſen wir wiſſen / erken - nen und anruffen / ſo wir wollen ſelig wer - den und zu GOtt kommen. Denn ſo wir den / der die liebe GOttes in uns iſt / er - kennen / wiſſen und haben / ſo haben wir CHriſtum in uns / an dem der Vater ei - nen wolgefallen hat. Das iſt der hoͤch - ſte ſchatz im himmel und aufferden. Rom. V. VIII. X. Math. VI. XVII.
Darauff folget / wenn wir durch denGerech - tigkeit. glauben gerechtfertiget ſind / ſo haben wir friede mit GOttdurch JEſum CHri - ſtum. Rom. V. Eph. I. Wenn wir denken - nen / der der glaube iſt in uns / ſo haben wir ſchon den frieden erlangt / und doch ſo ferne als wir auch in ihme bleiben; denn hie gilt es auffſehens / wie uns Paulus treulich warnet. Wer ſich laͤſſet duͤncken / er ſtehe / mag wol zuſehen / daß er nicht falle. 1. Cor. X. Gal. VI.
Wenn wir nun alſo ſteiff und feſte an der barmhertzigkeit GOttes hangen und anhalten / dann fuͤrchten wir uns nicht mehr fuͤr GOtt / als fuͤr einem ſtrengen richter / ſondern ehren und ruffen ihn an / als unſern lieben vater / und ſprechen / ab - ba lieber Vater! dein wille geſchehe. Es gehe uns wie es wolle / ſo ſey dein heil. na - me allein hoch gelobet und gebenedeyet in ewigkeit / amen. Rom. VIII. Um dieſen troͤſter heiſſet uns CHriſtus ſo fleißig bit - ten / ſuchen und anklopffen / mit ange - hengter zuſage / wer da ſuchet / daß er fin - de. Luc. XI. Joh. XIV. 16.
Denn ſo ein neuer menſch in uns auff -Gemein - ſchafft der leiden. ſtehen ſoll / ſo muß zuvor der alte Adam untergehen / ſterben / verweſen und gar ausgerottet werden / welches denn nicht ſo ſchlecht zugehet / als mancher wehnen will; Darum ſo gehet da allererſt der zanck und hader an / davon Job ſaget / des menſchen leben iſt ein ſtreit auff der erden. Job. VII. und waͤhret mit uns biß in die gruben / wie David hievon auch ſagt: Auch zuͤchtigen mich meine nieren des nachts. Pſ. XVI. Wer ſich hierinnen rit - terlich uͤbet / an alle ſeinem thun und le - ben zweiffelnde / als an einem boͤſen fau - len baum / alle ſeine Gerechtigkeit fuͤr koth und dreck achtet / daß er nur CHri - ſtum gewinne und in ihm erfunden wer - de / Phil. III. und ſpricht mit Paulo Rom. VI. Jch weiß / daß in mir / das iſt / in meinemfleiſche /11denen Marpurgiſchen Weigelianern und Bartholomæo Sclei. Jahr MDC. biß MDCCfleiſche / wohnet nichts guts / und der - halben ſich allein waget und gruͤndet auff das theure verdienſt / leiden und ſterben CHriſti des Sohns GOttes und auff ſei - ne gerechtigkeit / nicht habende ſeine ei - gene gerechtigkeit / die aus dem geſetz iſt / ſondern die durch den glauben an CHri - ſtum kommt / nemlich die gerechtig keit / die aus GOtt iſt / in dem glauben zu er - kennen ihn ꝛc. Phil. III. der iſt dieſer / den die Schrifft / der Sohn GOttes / alle Prophe - ten und Apoſtel / ja GOtt im himmel ſelbſt fuͤr gerecht ſchaͤtzet und ausruffet.
22. Nebenſt dieſem ſeinem vortrag aber / wor - innen er durchgehends auff die praxin eines Chriſtlichen lebens gehet / hat er die gegen-ſaͤtze anderer hin und wieder verworffen / ſonderlich aber denen damals in Polen bekanten Socini - anern ernſtlich widerſprochen / auch insgemein uͤber das gemeine elend unter allen partheyen ge - klaget. Wie er zum exempel im andern theilVon der Prediger verderb - niß. p. 282. ſetzet: GOttes wort kan niemand als GOtt ſelbſt reden / wenn die Prieſter aus menſchen ſolches ohne Gottes geiſt nachaffen / und wie die papageyen nach - klappen / das iſt nur ein affenſpiel und Pfaffenwerck. Es ſucht nur ein jeder ſeine ſecte und kirchenhauffen groß zu machen / damit ſie nur ihren ſack voll be - kommen / und gnug zu freſſen haben. Alſo wird die groͤſte ſchacherey / ſimonie und marquetenderey heute mit GOttes wort / ſacramenten / beicht ſitzen / abſolu - tion ſprechen / kirchhaͤuſern / ſtuͤhlen / vor - bitten / leich - und hochzeit-predigten ꝛc. getrieben. Und heiſt doch von allen die - ſen: So ſpricht der menſch der luͤgner; dagegen GOtt ſagt: Was verkuͤndigeſtdu meine rechte ꝛc. du meineſt doch nurJahr MDC. biß MDCC in allen dingen dich ſelbſt / und ſucheſt in allen deinen predigten das deinige / was menſchlich / uñ nicht was Goͤttlich iſt ꝛc. Dergleichen klagen uͤber alle ſtuͤcke der gemei - nen religionen uͤberall bey ihm haͤuffig zu finden ſind. Wobey er im gegentheil ſehr offte ja durchgehends von den menſchen auff GOtt al - lein weiſet / und gleich nach dem titul dieſe erin - nerung geſetzet hat: Dieſes buch verwirfft alle irrdiſche menſchen-buͤcher / und be - gehret / nachdem es einmal 2. oder 3. uͤberleſen worden / und recht verſtanden iſt / auch ſelbſt verworffen zu werden / auff daß GOtt allein die ehre bleibe. Eſ. XLIIX. 17. Pſ. CXVI. Rom. III. Und im an - dern theil p. 122. Wiſſe gruͤndlich / daß ich dich mit dieſer meiner geringen einfaͤlti - gen rede nicht von dem haupt-brunnen oder von dem rechten wege / noch von der H. Schrifft auff die commenta der Vaͤter oder auch menſchen-gloſſen will gewie - ſen haben / vielweniger auff meine oder eines andern menſchen buͤcher: ſondern in die einige wahre Bibel / zu CHriſto / zu GOtt dem H. Geiſt / in dich ſelbſt / in das lebendige buch GOttes ꝛc. Es gedencket aber Breckling in ſeinem Anti-Calovio p. G. 8. daß D. Arcularius zu Franckfurt dieſes buch in einer ſchrifft / GOttes zeugniß auff erden genant / zu wiederlegen verſprochen / welches aber mir nicht zu handen gekommen / dahero auch hier weiter nichts zu gedencken iſt. Oh - ne daß ein anderer dieſes mannes lehre von dem inwendigen wort in allen menſchen eben auch nach ſeinen hypotheſibus verworffen hat. Vid. H. Wideburgius de Lumine ſalutif. omnibus hominibus congenito §. 10.
§. 1.
UM das ende des 16. Seculi und den an - fang des 17. wurde mit ſeinen ſchriff -D. Cunra - di leben. ten bekant Henricus Cunrad, der ſich in ſeinen ſchrifften beyder artzeney Doctorem und der Goͤttlichen weißheit liebhaber nen - net; von andern aber wird er auch unter die Leip - ziger Profeſſores gezehlet / wie ich in einem alten manuſcripto Chimico finde. Er erzehlet ſonſt von ſich ſelbſt in der vorrede ſeiner bekantniß / daß er ſehr jung in die alchimiam gerathen waͤ - re / und ſchon ins 23. jahr (und alſo um das jahr 1575. mit der alchimie theoreticè und pra - cticè umgegangen.) Er haͤtte aber hernach / davor er GOtt dancket / den geiſt und gabe des unterſcheids in dieſer kunſt von GOtt durch be - ten und arbeiten gnaͤdiglich bekommen / daß er das boͤſe und die luͤgen zu verwerffen / hingegen das gute und die wahrheit zu behalten gelernet. Dazumal aber / nemlich anno 1598. hat er in Hamburg gewohnet / wie am ende ſelbigen buchs p. 439. gedacht wird.
2. Seine ſchrifften aber ſind folgende: Erſt - lich ein buch in 8. mit dem titul: Vom Hylea liſchen / das iſt Primaterialiſchen / Catholi - ſchen oder allgemeinen Chaos, der naturgemeſſenen Alchimiæ und Alchimiſten wiederholte verneuerte und wolver - mehrte natur-gemaͤß Alchimiſch und rechtlehrende Philolophiſche Confeſſio oder bekaͤntnis. Magdeburg 1598. Her - nach eines in folio: Amphitheatrum apientiæ æternæ ſolius veræ Chriſtiano-Cabaliſticum, nec non Phyſico-Chimicumter triunum Ca - tholicum; Hanoviæ 1609. Von welchem letz - teren er in der bekaͤntnis gedencket p. 423. daß es auch zuvor anno 1602. teutſch heraus ge - kommen / und von ihm mit anwendung groſ - ſer unkoſten / reiſen / zeit und muͤhe geſchrieben ſey. Der editor des lateiniſchen exemplars Eraſmus Wolfarth erwehnet auch in der vorre - de / daß der auctor fruͤhzeitig verſtorben (nem - lich im 42. jahr ſeines alters) und das werck ſelbſten unvollkommen hinterlaſſen. Es iſt aber an dieſem Amphitheatro eine auslegung der Spruͤchwoͤrter Salomonis angehencket / welche er auch auffs neue uͤberſetzet / und nach ſeinen hypotheſibus von den unterſchiedenen ſtuffen der weißheit erklaͤret hat. Uber dieſe ſeine ſchrifften gedencket ſonſt ein ungenanter noch eines manualis, wie auch eines tractatus Phyſico-Medici, der im manuſcripto vorhan - den ſeyn ſoll.
A. K. H. Dritter Theil. B 2Vid. 12Th. III. C. II. Von D. Henrico Cunrado,Vid. E. P. J. H. Append. ad Georgii Er - neſti Aurelii Regeri Bericht auff einige fra - gen p. 137.
3. Was aber die Gelehrten ſelbiger zeit / und zwar die verſtaͤndigſten / von dieſem mañ gehal - ten / findet ſich hin und wiederum in ihren ſchꝛiff -Deſſen lob. ten. Joh. Valentinus Andreæ gedencket ſeiner unter denen maͤnnern / welche von ſonderbarer weißheit geweſen / ob man ſie gleich nicht alle - zeit verſtanden habe / in Mythologia Chriſt. Manip. III. n. 23. p. 137. Erfuͤhret ihn auch ein als einen / der von den unwiſſenden wegen ſeiner unbekanten weißheitverachtet woꝛden / im Menippo num. 85. p. 208. Johann Arnd zie - het gleich im anfang ſeines ſendſchreibens vom geheimnis der menſchwerdung ſeine confeſſion an / und ruͤhmet ihn / p. 5. daß er die ge - heimniſſe herꝛlich erklaͤret habe. Und faſt in der mitten p. 19. ſchreibet er: Aus D Cunrads buche / genant Schauplatz der ewigen weißheit / habe ich gelernet GOtt und die rechte weißheit aus der ſchrifft der groſſen und kleinen welt zu erkennen. Ja der damalige Secretarius im Churſaͤchſiſchen Ober-Conſiſtorio zu Dreſ - den Johannes Seusſius hat dieſes mannes ſachen mit folgenden verſen geruͤhmet und gut geheiſ - ſen / ungeacht Cunrad hin und wieder uͤber die verderbte Cleriſey und Univerſitæten geklaget / wie ſolche noch vor dem Amphitheatro zu finden ſind:‘Immundum potius mundum exuat, exuat et ſe, Indupeditrices & fugiat nebulas, Orcheſtramque tui ſubeat, Conrade, Theatri, Ætheris igniculo progrediente bono. Quas patulo invidiæ pandis ſtomachante The - atro, Conrade, ingenui progenies genii. ’ ()Jngleichen hat ein Saͤchſiſcher ſchul-rector M. Andreas Riccius zu dieſes Conradi bildnis von deſſen ſchrifften dieſen lob-ſpruch geſetzet:‘Culpesne libros hujus, tibi dico, Sophiſta, Numinis inſtinctu ſacri nam ritè peregit. ’ ()Womit er alſo die gemeinen Sophiſtiſchen oder falſch Philoſophiſchen und Theologiſchen ur - theile uͤber dieſe buͤcher ablehnē wollen / uñ zwar aus dem grunde / weil ſie durch GOttes an - trieb geſchrieben worden. Woraus man zu - gleich abnehmen kan / daß dazumal / wie allezeit / auch mitten in Sachſen / und bey den Conſiſto - riis, kirchen und ſchulen / ſich noch im̃er leute ge - funden / welche das gemeine elend / und zugleich etwas noͤthigers und heilſamers als auff denen cantzeln und cathedern zu hoͤren geweſen / erkant haben.
4. Nach der zeit haben nicht weniger andere ſcribenten wol von ihm geurtheilet / da ſie ihn unter die Theoſophos gerechnet / Vid. Breklin - gius in Chriſto Myſtico p. 12. und ſonſten alſo von ihm geſchrieben: Heinrich Khurath / ein hochanſehnlicher zierath ſeines Leip - tziges / und ein menſch fuͤrwahr weit ſelt - nerer hoͤherer verſtaͤndniß / als man von ihm glaubet. Er ward um die aller - tieffſten ſachen durchzuforſchen mit groſſer begierde von Goͤttlichen feuer entflammet / durchlaß der uraͤltiſten und alten als weltweiſen buͤcher / auff vielen reiſen hat er mit allen uͤberwie -gung gehalten / ja vermercket endlich /Jahr MDC. biß MDCC wie GOtt ſelbſt in der H. Schrifft / na - tur und ihm ſelbſt redet und antwoꝛtete. Als nun ihm derjenige / der es allein kan / JEſus CHriſtus die Vaters-weißheit / das allgemeine buch in der drey-zahl auffgethan / ſo erbauete er den Schau - platz der allein wahren weißheit nach Chriſtlicher cabaliſtiſcher Goͤttlicher ma - giſcher / wie anch phyſiſch-chimiſcher dreyeinig allgemeiner lehr-art / einrech - tes wunderbuch. Kuhlmannus U. B. B. Cap. XI. p. 72. Anderer ſolcher urtheile zuge - ſchweigen. Was aber nun die materien ſelbſt anbelanget / ſo findet man zufoͤrderſt in ſeinen ſchrifften / daß er zum grund alles ſeines vor - trags das Goͤttliche wort / wie es von eben dem - ſelben geiſt / der es eingegeben / denen menſchen erklaͤret / und zu nutze gemachet wird / nebenſt eiffrigem gebet uñ gehorſam des glaubens lege / auch dieſes alles zun natuͤrlichen wiſſenſchaff - ten erfordere.
5. Seine worte lauten untern andern hievon alſo in der vorrede uͤber ſeine Confeſſion: Al -Sein grund der Geiſt Gottes. lein der GOtt weißlich gelehrte und von dem licht der natur erleuchtete / auch ſich ſelbſt recht erkennende menſch kan GOTT-weißlich natur-gemaͤß und Chriſtlich von allen ſchlieſſen / ſonſt nie - mand. GOTT bekehre alle verkehr - te Hertzen / ſo zu bekehren ſeyn / und gebe ihnen zu erkennen / auch anzunehmen / das licht der wahrheit in der H. Bibli - ſchen Schrifft / im groſſen welt-buch der natur und in ſich ſelbſt. Jngleichen ſetzet er folgenden wunſch und gebet zu ſeinem vorha - ben im 10. cap. p. 438. O du geiſt der weiß -Gebet darum. heit Gottes / wohne auch foꝛthin die zeit meines lebens bey mir / und ſey allezeit mein geheimer / gemeiner und freundli - licher præceptor, unterweiſer und rathge - ber im oratorio und laboratorio, und ſonſt in allem meinem thun und laſſen / alſo daß von GOtt dem HErrn durch deinen rath lehre / unterweiſung / leitung und fuͤhrung in allem ich habe / wol wollen / wol erkennen / wol kennen und wol ſeyn Amen. Dabey er ſetzet: Hic ſit tibi Spiritus familiaris, oder dieſer geiſt ſoll mit dir fami - liar ſeyn. Dieſer und dergleichen bekaͤntniſſe halber haben ihn einige ohne zweiffel von denen ſchulgelehrten einen Enthuſiaſten geheiſſen / da -Enthuſi - aſinus. von er ſich in der gedachten vorrede alſo erklaͤret hat:
6. Hoͤre du laͤſtermaul / ſprichſtu / ich bin ein Enthuſiaſt, dieweil ich von viſioni - bus und geſichten / und ſonderlichen / je - doch gut geiſtlichen offenbarungen ſa - ge: ſo ſpreche ich mit warheit / du ſeyeſt ein naͤrriſcher fantaſt / der noch nicht wiſſe / oder aus unbeſonnenheit ihn nicht bedencke / was das woͤrtlein eigentlich heiſt / will geſchweigen was Enthuſiaſt recht ſey. (Dabeyziehet er an Exod. XXXI. 2. Jac. I. 5. 1. Cor. XII. 4. 1. Theſſ. V. 19.) Woher ſeynd vom anfang der welt her biß auff dieſe unſere zeit ſo viel vortreff - liche ingenia in quovis ſcibili funden / als fuͤrnemlich aus GOttes ſonderbarer ein -geiſtung /13Julio Sperbern / und Matthæo Weier. Jahr MDC. biß MDCCgeiſtung / innerlicher vocation, unter - weiſung und antreibung. Dencket nur / hierinnen uͤberall findet man noch heu - tiges tages exempla, auch unter denen / die nichts ſonders aus papiernen buͤ - chern ſtudiret / ja die weder ſchreiben noch leſen koͤnnen. Pfui dich / der du Enthuſiaſmum unchriſtlich verſpotteſt / und nur allein nach dem mißbrauch mißbraͤuchlich davon redeſt. Du ſol - teſt Gott bitten daß er dich zu einem gu - ten Ente machte. Hoͤre Paulum 1. Cor. XII. 4. Und ferner im andern capitel p. 43. undOffenba - rungen GOttes / 46. hat er von denen Goͤttlichen offenbarungen und andern wirckungen dieſes gerade heraus bekant: Mehr haben dieſe hohe gaben der wahren weißheit durch viſiones (wa - chend und auch ſchlaffend) und andere wun - derbare Chriſtlich - cabaliſch und Goͤtt - lich - magiſch zu werck geſtalte gute Ge - ſpraͤche mit dem wundeꝛbaren Gott und deſſelben guten geiſtern von GOtt dem wundeꝛbaren und guten Gottes Engeln aus wundeꝛbaꝛen Goͤttlichẽ uñ gut geiſt - lichen reſponſionibus empfangen. Hievon weiß die leichtfeꝛtige / gottloſe / ſicheꝛe uñ unreine welt / die dem teuffel (ob ſie es ſchon nicht wort habenund geſtehē will / ſo iſts doch im grund der warheit nicht anders) mehr macht und ehre denn GOtt zuſchreibet / gar nichts / iſt auch leider bey vielen / ſo zwi - ſchen dem rechten gebrauch und miß - brauch unterſcheid halten ſolten / altum ſilentium. — GOttes unendliche macht oder gutthaͤtiger wille / ſondern unver - kuͤrtzt und ohne mangel / auch noch heu - tiges tages etwa (ſonderlich in hohen ver - borgenen zu GOttes ehren / dem menſchlichen geſchlecht zu gut / dem teuffel aber zu hohn und ſpott reichenden ſachen) durch ſonderbare / beydes geiſtlich und leiblich / innerlich und aͤuſſerlich gute erſcheinungen / ge - ſichte und antworten aus gnaden zu of - fenbaren / wemer will / ſonderlich ſo man im geiſt und wachen ihn darum anruffet. Joh. IV. 24. Luc. XI. 13. Pſ. CXLV. 18. 19.
7. Jn dem Amphitheatro hat er in der an - dern figur dieſe worte zur erklaͤrung geſetzet (denn das gantze buch iſt voller kupffer-ſtiche) Porta Amphitheatri ſapientiæ æternæ anguſta Jehovæ conſecrata, ideoq; ad eam per ſcalam ſu - am myſticam tractu DEI patris tam immediato merè enthuſiaſtico, quam variè mediato fit aſcenſus, ſolisque his divinitus afflatis datur copia introgrediendi. Und in der auslegung der Spruͤchwoͤrter p. 171. ſetzet er: Ein un - gelehrt mann richtet keine ketzerey an / die boͤß gelehrten ſind die verkehrten. Nemo unquam Davidicus fuit, qui non audi - verit Dominum loquentem in ſe Pſ. XXCV. 9. Nemovere Chriſtianus, qui non guſtaverit in ſe unctionem Spiritus ſapientiæ ſancti. Und eben daſelbſt am Ende hat er ſeinen begriff von der gemeinſchafft mit den H. Engeln in dieſemVon ge - mein - ſchafft der Engel. gebet ausgedrucket: O HErr laß meinen Engel deinen guten und feuerflammen - den diener mir zur rechten und zur lin - cken / vor und hinter mir / uͤber und unter und um mich ſeyn / daß er die boͤſen gei - ſter vertreibe.
8. Wie er nun mit einſtimmung ſovieler an -Jahr MDC. biß MDCC Von der gemeinen Philoſo - phia. derer verſtaͤndigen die rechte Goͤttliche weißheit æſtimiret / und nach ſeinem begriff excoliret hat: Alſo hat er von der gemeinen ſchul-weißheit un - ter andern alſo geſchrieben: Die Philoſophi finden bey Ariſtotele ihrem Abgott davon nichts / (nemlich von der geheimen verborge - nen weißheit) werdens auch nach deſſel - benkalten Philoſophia vor unmoͤglich hal - ten. Jn der bekaͤntnuͤß cap. IV. p. 100. wie auch in dem Amphitheatro p. 41. Und weil er gleich zu ſelbigen zeiten gelebet / da die meiſten Proteſtantiſchen Theologi ſich durch greulichesZanck - ſucht der Theolo - gen. gezaͤncke vor jedermann proſtituirten; hat er ſol - ches elend bißweilen auch beklagt und beſtrafft. Als wenn er in der Confeſſion cap. 8. p. 290. geſetzet: Jn dieſen letzten zanckſuchtigen zeiten koͤnnen ihrer viel ſich nicht drein richten / welchen Pfaffen zu glauben ſey. Und p. 293. Etliche wollen denen geiſt - lich genanten ſonſt faſt ſchuld geben / als richteten ſie alles ungluͤck in der welt an / und waͤren diejenigen / davon man im ſprichwort ſagt: die gelehrten die ver - kehrten. Und am rande: Jſts doch eine ſchande und zu erbarmen / daß man die realia fahren laͤſſet / und dem wort-gezaͤn - cke alſo ſehr nachhaͤnget / wie leider! heu - tiges tages bey denen / ſo ſich Chriſten ruͤhmen / warlich gar unchriſtlich ge - ſchiehet: Aber was richtet der teuffel nicht an / wenn man nicht achtgiebet? treue lehrer haben ſich des nicht anzuneh - men.
9. Jnſonderheit aber und vornemlich hat erVon der wahren und fal - ſchen Chi - mie. Profeſſion von der rechten Chimie als ein Me - dicus gemacht / und weil dieſelbe durch die ge - meine betruͤgerey der falſchen Alchimiſten ſehr verdaͤchtig und verhaſſt worden / hat er wieder dieſelben gar ſehr geeiffert / und ſie von der wahren wiſſenſchafft genau unterſchieden. Ge - ſtalt er in der Confeſſion das 10. cap. eigentlich wieder die betruͤger / zauberer und falſchen Chi - micos geſchriebē / welche er Arg-Chimiſten nen -Und dem lapide Phi - loſopho - rum. net / und durchgehends von denen erfordert / wel - che den lapidem finden wolten / daß ſie wahrhaf - tig aus GOtt gebohren / und alſo vorher gruͤnd - lich bekehret ſeyn muͤſten. p. 392. und 404. item 431. und 437. Zuletzt hat er p. 440. einen eige - nen anhang hievon gemacht unter dem titul: Treuhertzige warnungs-vermahnung ei - nes getreuen liebhabers der wahrheit / an alle wahre liebhaber der natur-gemaͤſſen Alchimiæ transmutatoriæ, daß wegen der buͤbiſchen handgriffe der betruͤgeriſchen Argimiſten gute auffacht vonnoͤthen. Jn welchem anhang er 46. arten und inventiones der falſchen Alchimiſten nacheinander gar artig und treulich entdecket hat. Mit dieſem undSein des - wegen er - littener wider - ſpruch / dergleichen ſeinem vornehmen aber hat er ſon - derlich bey denen ſchulgelehrten / ſo wol Theo - logen als Medicis, viel feindſchafft und uͤbele nachreden verdienet / daruͤber er hin und wieder und ſonderlich in der vorrede uͤber die Confeſſi - on klaget. Jngleichen in der letzten figur des Amphitheatri, da er ſchreibet: Der feind al -Und ver - folgung. ler wahrheit haͤtte ihn mit hoffaͤrtigen / ehrendiebiſchen / ſchandluͤgnerꝛſchen Poe - ten hoher und particular ſchul fuͤchſen / undB 3pennals -14Th. III. C. II. Von D. Henrico Cunrado,Jahr MDC. biß MDCCpennals-herren geplaget. Und p. 178. ſchreibet er: Was derer naͤrriſchen leute un - verſtand nicht gemaͤß ſey / muͤſſe ketzerey und unrecht ſeyn. Und endlich p. 220. „ Der ſatan haͤtte ihm allerhand hindernuͤſſe „ eingeworffen / daß man ihn einer affectirten „ neuerung und ſingularitaͤt beſchuldige / daß „ ihn die profanè philoſophantes calumniret / „ nnd wegen der geheimen wiſſenſchafften faſt „ infam gemachet / daß er den neid der falſchen „ bruͤder in ſeiner facultaͤt leiden muͤſſen ꝛc.
10. Eben um ſelbige zeit hat der in der hie -Sperbers leben. ſtorie derer Roſen-Creutzer erwehnte Julius Sperber gelebet / der anno 1616. bereits geſtor - ben ſeyn ſoll / wie der ausgeber ſeiner ſchrifften in der vorrede uͤber den tractat von ungewoͤhn - lichen ſeltzamen dingen meldet. Dieſen hat der gedachte Andreæ an erwehntem orte gleich - fals geruͤhmet / wie auch der Leiptziger Mathe - maticus Paulus Nagelius im 4. Capitel ſeines prognoſtici, von dem wir bald auch hoͤren wer - den. Was aber die ſchrifften dieſes auctoris, der ein Fuͤrſtl. Anhaͤltiſcher Rath zu Deſſau ge - weſen belanget / ſind dieſelben folgende / wie ſie meiſt nach ſeinem tod erſt heraus gekommen. Schriff - ten.Schon anno 1616. iſt zu Dantzig das buch Echo fraternitatis Roſeæ Crucis heraus gekom - men / von welchem in ſelbiger hiſtorie bereits ge - ſetzet iſt. Nach der zeit hat Benedictus Bhan - ſen in Holland anno 1660. und 61. unterſchied - liche ſachen aus manuſcriptis publicirt / deren titul und inhalt folgender iſt: Ein geheimer tractatus von den 3. ſeculis oder hauptzei - ten von anfang biß zum ende der welt / darinnen abſonderlich aus dem worte GOttes klaͤrlich dargethan wird / daß noch eine guͤldene / als die dritte und letzte zeit / hinterſtellig ſey / und was deroſelben zuſtand ſeyn werde. Die ſumma dieſer ſchrifft iſt folgende.
Jm erſten Theil.
Jm andern Theil.
Jm dritten Theil.
II. Der andere tractat, ſo anno 62. zu Amſter - dam heraus gekommen / handelt von vieler - ley wunderbarlichen / zum theil vormals unerhoͤrten / oder auch ungewoͤhnlichen ſeltzamen dingen / ſo ſich vor dem ende und nach dem anfang einer jeden neuen hauptzeit und vornemlich von anno 1500. biß 1600. geſchehen und vorgelauf - fen; ſamt einer ſummariſchen anzeigung von einer noch zukuͤnfftigen letzten undJnhalt des Myſte - rii magni. guͤldenen zeit. Der dritte heiſſet: Myſte - rium magnum, oder das allergroͤſte ge - heimniß von GOtt / von ſeinem Sohn / und von der ſeele des menſchen. Wor - innen folgende puncte abgehandelt werden.
12. Sonſten hat Colberg aus einem manu - ſcripto einen auszug in ſeinē Platoniſchen Chri - ſtenthum P. I. c. 2. p. 122. u. f. geſetzet. Da - hero aus dieſem nichts weiter hieher zuſetzen noͤ - thig ſeyn wird / weil ſelbiges buch ohne dem be -Sperbers cabaliſti - ſche gebe - te. kant gnug iſt. Jm uͤbrigen iſt auch anno 1675. zu Amſterdam ein buͤchlein von Sperbern her - aus kommen / voller Cabaliſticarum Precatio num aus der Schrifft und Pſalmen / welches auch ſonſt teutſch gedruckt iſt. Anno 1674. iſt zuIſagoge. Hamburg publiciret worden Iſagoge in ve - ram triunius DEI & naturæ cognitionem concinnata à Julio Sperbero, anno Domini 1608. nunc vero primum publici juris facta: in qua multa quoque præclara de materia lapi - dis philoſophici ejuſque uſu mirabiliſſimo con - tinentur. Wider welchen zwar einer im folgen - den jahr in dem Leiptziger catalogo eine Herma - thenam heraus zugeben verſprochen unter dem namen Miſarti Rhetachillei: Es iſt aber ſelbt - ge ſchrifft meines wiſſens nicht zum vorſchein gekommen / vermuthlich weil der widerleger et - wa zu ſchwach befunden worden. Wie denn auch ſonſten niemand bekant iſt / der ſich an Sperbers ſchrifften ex profeſſo gemachet haͤtte / ohne was hie und da eintzeln wider ihn vorge - bracht worden / da man aber gemeiniglich die wiederlegung etwa mit dem Titul eines Ethuſi aſten oder Weigelianers zu abſolviren gemeinet. Abraham von Franckenberg gedencket noch in ſeinen brieffen eines MSti von Sperbern: von den wundern der dreyenzeiten und anderer; item, de incarnatione Filii DEI; item, de ani - ma hominis; und eines groſſen ſchoͤnen volumi - nis, opus magicum genant / welches beym Fuͤr - ſten von der Lignitz geweſen / und ihm nebenſt andern MStis genommen worden ſey.
13. Endlich ſetze ich dieſen noch einen ſcri -Jahr MDC. biß MDCC benten bey / nemlich Matthæum Weihern von Weſel / der zwar auch im 16. ſeculo gele - bet / und ſchon anno 1560. im 39. jahr ſeines al - ters zu Weſel verſtorben / aber in Teutſchland erſt im 17. ſeculo in ſchrifften bekant worden. Es hat aber dieſer mann ſich auch eigentlich zuWeihers leben. keiner ſonderbaren ſecte gehalten / ob er wol ge - meiniglich unter die Wiedertaͤuffer gerechnet wird / wider welche er aber ſelbſt oͤffentlich ge - ſchrieben gehabt. Schon anno 1579. iſt inSchriff - ten. Hollaͤndiſcher ſprache ein buͤchlein von ihm be - kant worden: Gruͤndliche unterrichtung von vielen hochwichtigen articuln / wel - ches hernach auch hochteutſch in Franckfurt bey Johann Weiſſen / und etlich mal in Holland / als anno 1658. zu Amſterdam und ſonſten auff - gelegt iſt. Jn ſelbiger edition ſtehet in der vorrede p. 4. und 5. dieſes von dem auctore: Der ſelige Matthæus Weiher iſt gewiß ein hocherleuchteter und heimlicher freund GOttes geweſen / der die theologie aus dem buche ſeines leidens durch innerli - che ſchmertzen in der ſchule GOttes ge - lernet und ſtudiret hat. Und diß war ſein beſter rath / ein jeder ſolte ſich ſelbſt ſuchen / da er ſich geſucht und gefunden haͤtte / und da ſie allein zu uͤberkommen und zu kriegen ſeyn / nemlich bey GOtt dem ſpringenden brunnen aller weiß - heit und guͤte. Und ſolte ſich keiner / der nicht betrogen ſeyn wolte / aus fremden unflaͤtigen ciſternen oder waſſer-gruben laben laſſen.
14. Von denen ſchrifften ſelbſten iſt dieſesVeran - laſſung dieſes buͤchleins. noch anzumercken / daß der mann ſelbige nicht ſelber bey lebzeiten geſchrieben / ſondern ſie erſt nach ſeinem tode von andern geſammlet und publiciret worden / und zwar aus folgender ver - anlaſſung. Es war in ſeiner familie ein junger menſch / Johann Spe genant / der ſeine reden und vermahnungen fleißig anmerckte / und dañ vor ſich auffſchrieb / woraus hernach und denen geſammleten ſend-briefen dieſes buͤchlein ent - ſtanden. Die ſumma deſſelben / wie es zwey theile in ſich haͤlt / nemlich die briefe und die muͤndliche ſpruͤche / iſt folgende:
Jn den 8. folgenden kleinen briefen wird zum theil erzehlt die groſſe noth / darein er kurtz vor ſeinem abſcheiden von dem HErꝛn iſt gefuͤh - ret worden.
An ſeine ſchweſter 9. tag vor ſeinem tod.
15. Der inhalt des erſten theils oder buchs der muͤndlichen ſpruͤche in 37. ca - pitel verfaſſet.
16. Jnhalt des andern Theils muͤndli - cher ſpruͤche verfaſſet in 17. Capiteln.
17. Jnhalt des dritten theils muͤnd - licher ſpruͤche verfaſſet in 36. capittel.
18. Einem Gottbegierigen gemuͤthe kan die - ſer inhalt ſchon einigen vorſchmack von demje - nigen zeigen / was in denen ſchrifften ſelbſten vor wichtige und noͤthige materien enthalten ſeyn. Zur weitern probe aber ſind noch ein paar ſtellen aus ihm herzuſetzen / daraus man des mannes erkaͤntniß und beſcheidenes urtheil von denen dazumal im ſchwang gehenden lehren und ſtrei - tigkeiten erſehen mag. Der erſte ort betrifftWeihers urtheil vom frey - en willen die gehaltene diſputation Calvini von des men - ſchen kraͤfften| oder freyem willen. Der andere die materie von der neuen geburt / wie ſie recht in ihrem vollkommenen weſen und grad muͤſſe er - kant und gelehret werden. Jn jenem ſtehet im 20. brieff p. 97. u. f. dieſes: Meine meinung „wider Cal - vinum. iſt von beyden (Velſio und Calvino) daß “Velſius ſich darinne verlaufft / daß er den “menſchlichen kraͤfften und vermoͤgen zu viel zu - “ſchreibet / denn die krafft und vermoͤgen des “menſchen wird von dem Herꝛn verurtheilt und “verdammt / ehe man der Goͤttlichen geburt “empfaͤnglich iſt / damit es GOttes und nicht “des menſchen geburt ſey / ewig / unſterblich / “wie derſelbe iſt / davon ſie komt. Nun ver - “laufft ſich im gegentheil Calvinus, dieweil er “ausſchlieſt mit gemeinem abſagen alles men - “ſchen vermoͤgens / welches ich ihm geſtehe / daß “es recht ſey / allein daß die erkaͤntniß / die in ihm “liegt / und damit er noch gefaſſet iſt / ſelbſt noch “in der vernunfft und menſchlichem vermoͤgen “liegt / nur daß der HErꝛ ſeinem Hertzen das “licht des Evangelii dargeboten / und ſein ver - “ſtand ſich dazu begeben hat: Aber dieſes iſt “nun nicht eins mit demſelbē licht: deñ das licht “nimmt niemanden an / als der an der vernunfft “und vermoͤgen des menſchen am creutz mit “CHriſto geſtorben iſt / und wird alsdann / “weil daß er mit dem tod Chriſti gemeinſchafft “hat / mit demſelben geiſt CHriſti auch auffge - “weckt / alſo der geiſt CHriſti alsdenn das le - “ben in ihm iſt / und iſt und bleibt ſeiner ver - “nunfft und vermoͤgen geſtorben / und lebt nun “nicht denn allein aus der krafft GOttes / und “bleibet allem ſeinem vermoͤgen und eigenen Ge - “rechtigkeit abgeſagt vor Gott / und wird Got - “tes gerechtigkeit in ihm auffgerichtet / davon “kein natuͤrlicher menſch weiß / oder auch zu - “A. K. H. Dritter Theil. C 2kommen20Th. III. C. II. Von D. Henrico Cunrado, ꝛc. Jahr MDC. biß MDCC„ kommen kan. Dieweil dann das urtheil „ Calvini ſich ſo fern nicht ſtreckt / und er an der „ vernunfft und vermoͤgen noch keinen tod gelit - „ ten hat / ſo bringt er das urtheil uͤber ihn ſelb - „ ſten / dieweil ihn durch das licht des Evange - „ lii zu ſeinem eigenen nutz und auffenthalt im „ leben das jene haͤlt / daß Rom. IIX. durch „ das Evangelium der tod zu ſeyn gepredigt und „ bewieſen wird. Denn das Evangelium „ GOttes gehet erſt im ſchwange / nach der „ aufferſtehung CHriſti / und wird CHriſtus „ dann erſt ein Sohn GOttes in uns bekant. „ Sonſt iſt unſer bekantniß noch veſt auff die „ perſon CHriſti nach dem fleiſch / damit wir „ beweiſen / daß wir ſelbſt noch fleiſchlich ſeyn / „ wiewol nicht gleich der groben welt / ſondern „ als gute nachfolger CHriſti / die alles verlaſ - „ ſen haben. Aber wir muͤſſen zu gleichem tod „ CHriſti eingepflantzet werden. Noch iſt „ mein bekennen / daß kein menſch aus vermoͤgen „ der natur / die er von Adam emp fangen hat / „ GOttes ewige barmhertzigkeit uͤberkommen „ kan. Gleichwol den ernſt und arbeit / darin - „ nen dieſe bekuͤmmerte menſchheit ſtehet / ehe „ ſie die gnade CHriſti erreichen kan / kenne ich „ vor recht / als unter das Geſetz gebunden; aber „ die gerechtigkeit / die er drinnen bekommt / iſt „ diejenige noch nicht / die fuͤr GOtt gilt / ſon - „ dern wird erſt nach dem geſetz durch Chriſtum „ in uns auffgerichtet: So muß denn der „ menſch erſt unter der ſtrengigkeit des geſetzes „ arbeiten zu ſeiner hoͤchſten vollkommenheit / „ und vermoͤgen ſeiner hoͤchſten unſchuld / da - „ durch er denn erſt GOttes gerichte fuͤhlet / dar - „ innen er nicht beſtehen kan / und faͤllt in den „ tod / und wird dann durch CHriſtum in das „ leben des geiſtes auffgenommen. Nun die „ gemeine bekantniß der gerechtigkeit GOttes „ wird alſo genommen von der laͤſter-kirchen / „ daß GOTT lauter ſeligkeit auffrichte durch „ CHriſtum ohne zuthun der wercke. Wel - „ ches ich zwar geſtehe. Aber weil ſie keine ge - „ rechtigkeit in dem geſetz uͤberkommen mit „ wercke / ernſt und ſtrengigkeit / ſo koͤnnen ſie „ davon keinen abſtand thun / noch ihr ziel / das „ ſie dadurch nicht gefunden haben / um CHri - „ ſti willen laſſen. Denn ſie ſtehen von demje - „ nigen ab / das ſie nicht haben / und unterdes „ verlieren ſie / das ſie nicht gefunden haben. „ So iſt dasjenige / das ſie ſagen / recht / aber an „ ihnen nicht recht / nach ausweiſen der gantzen „ Schrifft / da die warheit an ihr fehlet. Doch „ weiſe ich ſie nicht von der gnade in ihrem theil „ und maß der gaben (dieweil ſie ſich CHriſti „ nach ihrem vermoͤgen befleißigen / und von „ ihm durch viel mittel der Schrifft gehoͤret ha - „ ben) wenn ſie treu in demjenigen ſeyn / das „ ſie auffs hoͤchſte bekennen: wer das nicht thut / „ bringet ſein eigen urtheil mit ſich.
19. Der andere ort iſt dieſer: „ Dieſe erkant - „ niß (nemlich Dieterich Philipſen) von der „ neuen geburt / bekenne ich wol eines theils fuͤr „ recht / ſo ſie nicht hoͤher geſetzet wird / denn ſie „ an ihr iſt / nemlich fuͤr ein fromm / bußfertig „ leben / das zu fuͤhꝛen nach zeugniß der Schrifft. „ Aber daß man ein bußfertig leben fuͤr eine neue „ creatur halten ſolte / da das gewiſſen oder con - „ ſcientz noch unter der laſt der ſuͤnden liegt / iſt „ unrecht: Denn da iſt noch kein tod geſchehen „ und liegt die ſuͤnde noch ſo maͤchtig in der gan -tzen menſchheit / daß ſie die ſeele auch in han - „Jahr MDC. biß MDCC gigkeit bringt durch beſchuldigung / uñ iſt der - “halben noch unter dem geſetz / dieweil wir der “ſuͤnde in unſerm gewiſſen uͤberzeugt werden “durch das geſetz. Und wie wol man die beſchul - “digung uñ laſt der ſuͤnde / ſo uns in dem gewiſ - “ſen quaͤlet / mit verheiſſung aus der ſchrifft “wieder ſtillet und ſich ſelbſten troͤſtet / ſo muß “man dennoch bekennen / daß wir noch in dem “alten menſchen ſtehen / und deſſelben tod noch “nicht erreicht haben: Denn die neue creatur “nicht unter der ſuͤnde ſtehet / derhalben auch “keine beſchuldigung durch das geſetz daran “kommen kan in dem gewiſſen / und leben gaͤntz - “lich der gnaden / und duͤrffen das gemuͤth nicht “mit einigem auswendigem troſt durch reden “oder leſen der ſchrifft unterhalten / oder durch “loßſprechung der ſuͤnden aus gezeugniſſen der “Schrifft ſich verſichern / denn ihr leben in dem “geiſt ſtehet / und ſtehen unter dem geſetz GOt - “tes in der gnaden. Derhalben das gewiſſen “in der reinigung in guten frieden ſtehet / und “bleibt durch den H. Geiſt verſiegelt: Da in “denjenigen / ſo noch unter dem gewiſſen ſtehen / “das geſetz der ſuͤnden ihre krafft noch hat / auch “noch ſtetig das gewiſſen der uͤbertretung hal - “ben angeklagt und angetaſtet wird / alſo daß “darin offenbar wird / daß ſie dem geſetz noch “nicht geſtorben ſind / dieweil die beſchuldigung “aus dem geſetz ihre krafft noch hat / dieweil wir “wieder unſer gewiſſen thun durch uͤbertretung “des geſetzes / wiewol wir nicht bekennen wol - “len / daß wir unter dem geſetz ſtehen / oder un - “ter der beſchuldigung des geſetzes (da gleich - “wol keine beſchuldigung ſeyn kan / denn durch “die krafft des geſetzes / daruͤber das geſetz / “noch herꝛſchet) dennoch durch das gewiſſen / “das uns der ſuͤnden beſchuldigung offenbar “wird. So fern wir denn in der reinigung “ſtuͤnden durch das blut CHriſti an den inwen - “digen menſchen / ſo koͤnte das geſetz mit ſeiner “krafft / ſo es durch die ſuͤnde in dem gewiſſen “hat / uns an der ſeelꝛn nicht antaſten / dadurch “wir gedrungen werden / uns ſelbſten aus der “ſchrifft troſt zu ſuchen / und uns mit GOtt zu “verſoͤhnen durch zuſagung der gnaden / welche “dem neu gebornē im grunde eingewurtzelt liegt “nach rechter art / alſo / daß ſie das mittel nicht “auſſer ihnen ſuchen duͤrffen / dardurch die an - “dere zeugniß geben / daß ſie nicht in der wahr - “heit und weſen dasjenige haben / deß ſie ſich be - “ruͤhmen / und aus beweiß der ſchrifft als ei - “gen verſichern. Denn der alte menſch (der “allezeit mit gewalt in dem menſchen regieret “mit uͤbertrettung / das man ſtraucheln nen - “net / und gering achtet / und dennoch vor dem “anſehen des HErꝛn in dem neuen menſchen “ohne verdammniß in den tod nicht gelitten “werden mag) giebt widerwertig zeugniß da - “von / daß wir noch in dem leben des alten men - “ſchen verfaſſet ſeyn / und nicht in dem tode: die - “weil in uns keine ſuͤnde ohne luſt und willen “ausgefuͤhret werden kan. Alſo iſt offenbar / “daß wir noch im leben des alten menſchen be - “griffen ſtehen / und das leben des neuen noch “nicht erreicht haben. Denn der tod des natuͤꝛli - “chen in ſeinem lebē nicht ausgefuͤhret wird mit “willen ſeines eigenen wollens / und arbeit in ſei - “ner eigenen gerechtigkeit und ſtrengigkeit / ſon - “dern wider ſein begehren und willen unter dem “„ gehor -21Th. III. C. III. Von dem auctore des Hertzens-ſpiegels ꝛc. Jahr MDC. biß MDCC„ gehorſam Gottes am creutz / durch die vergieſ - „ ſung des bluts CHriſti unſers HErꝛn / in wel - „ che gemeinſchafft wir in gleichem tode nach „ der inwendigen menſchheit angenommen „ werden / dardurch unſer natuͤrlich leben / ſo „ wir in dem fleiſch hatten / an dem creutz ausge - „ zogen / mit CHriſto begraben / und wieder „ in ein uͤbernatuͤrlich leben erwecket wird / alſo „ daß die krafft des geſetzes / ſo in den gliedern „ des natuͤrlichen leibes noch ungeſtorben ſichenthaͤlt / an ſeel und gemuͤth / ja durch die gan - „Jahr MDC. biß MDCC tze menſchheit in ihrem recht und krafft ausge - “arbeitet iſt an dem leben des menſchen / dieweil “der menſch nicht erweckt iſt um daſſelbige le - “ben / daruͤber des geſetzes gebieten in beſchuldi - “gung des todes ſeine beherꝛſchung hatte / ſon - “dern hat ihr vollkommen gericht an den men - “ſchen ausgefuͤhrt durch den tod / und iſt derhal - “ben der menſch deſſelben geſetzes loß und frey “worden durch den tod.
§. 1.
ES ſind in dieſem 17. ſeculo unter an - dern unbenanten myſtiſchen ſcribenten auch dieſe beyde mit bekant worden / und zwar der letztere auch ſchon zum theil im 16. ſeculo, jener aber um den anfang des 17. Die - ſen wollen wir biß zuletzt verſparen / weil von demſelben etwas mehrers zu ſagen ſeyn wird. Von jenem iſt die gedachte ſchrifft bekant / ſo letzlich in Amſterdam und Dantzig heraus ge - kommen / unter folgendem titul: Helleuch -Hertzens - ſpiegel. tender Hertzensſpiegel / worinnen ver - mittelſt einer dreyfachen vorſtellung kuͤrtzlich / klaͤrlich / gruͤndlich / alſo daß es auch derunwiſſenſte menſch ſehen / faſ - ſen und mercken kan / I. das erkantniß / II. die uͤbung / III. das geheimniß der wahren gottſeligkeit; das iſt: die gan - tze that / krafft und hertzens - theologia, oder das innerliche rechtſchaffene Gott - gefaͤllige Chriſtenthum; ſonderlich der voͤllige Proceſs von des menſchen fall biß zur endlichen wiedervereinigung deſſel - ben mit GOtt / als dem endzweck aller lehre / mit zur ſache hochdienlichen kupf - fer - figuren / deutlichen worten / klaren ſchrifftzeugniſſen und geiſtreichen Lie - dern bewieſen und demonſtriret wird: ſamt einem kurtzen gefaſten doch voll - ſtaͤndigen gebetbuͤchlein / oder an - dachtsſpiegel / alles nach der tieffen / grund - und krafft-lehre des hocherleuch - teten Johannis Tauleri verfaſſet und ein - gerichtet.
2. Der auctor dieſes buchs wird darinnen in dem ſpecial-titul nur mit denen buchſtaben P. K. angedeutet. Von andern aber entde - cket / daß er Paul Kaim geheiſſen / der zu Lignitz in der Schleſien gewohnet / und ein gelehrter mann / auch wie andere melden / Zolleinnehmer zu Lignitz geweſen / und naͤchſt dieſem ein buͤch - lein Oculus æternitatis in 12mo geſchrieben / welches zwar andere dem Abraham von Fran -Wer die - ſer gewe - ſen. ckenberg zueignen. Er iſt ſchon anno 1633. da - ſelbſt verſtorben / wie der auctor der treuhertzi - gen nachricht wider Chriſtoph Heinrich Loebers Quackergreuel p. 7. wie auch in eben deſſelben einfaͤltigen anmerckungenMit wem er corre - ſpondirt. hieruͤber gewieſen hat. Dieſer Kaim iſt bereits anno 1620. mit Jacob Boͤhmen bekant gewe - ſen / welcher auch briefe mit ihm gewechſelt / da - von noch zwey in Boͤhmens ſendbriefen N. 8. und II. p. 25. und 59. zu finden ſind. Es gedencket auch daſelbft Boͤhme p. 29. daß er Kaims buͤch - lein geleſen / und darinnen deſſen groſſen fleißund arbeit in zuſammentragung der Bibliſchen ſpruͤche befunden / wie auch deſſen groſſen ernſt die materie von der letzten zeit / von der auffer - ſtehung / dem 1000. jaͤhrigen Sabbath / zerſtoͤ - rung Babels / erbauung Sions und derglei - chen vorzuſtellen. Dabey er ihn aber von dem allzukuͤmmerlichen und muͤhſeligen nachfor - ſchen im buchſtaben ab - und auff den geiſt wei - ſet ꝛc. Es mag auch vermuthlich dieſer mannWas er ſonſt ge - ſchrieben. urheber von demjenigen buche ſeyn / welches an no 1646. auch nur unter dieſen buchſtaben P. K. herausgekommen: Bekaͤntniß eines un - partheyiſchen Chriſten wegen des einig ſeligmachenden glaubens unter allen Religionen und Voͤlckern auff erden / dar - innen ſonderlich gezeiget wird / wie GOtt die perſon nicht anſehe / ſondern aus allerley volck GOtt fuͤrchtende und rechtthuende ihm ange - nehm ſeyn.
3. Betreffend dieſes auctoris principia undSein vor - trag von der er - leuchtung. abſichten / ſo gehet er hauptſaͤchlich auff die in - wendige erleuchtung und krafft des H. Geiſtes / wie dieſelbe auch mit der H. Schrifft verknuͤpf - fet und kraͤfftig ſey / davon er durchgehend die auserleſenſte zeugniſſe beybringet. Ob er nun wol gedachter maſſen in die 20. jahr vor dem urſprung der Quacker bereits verſtorbē / hat ihn doch der gedachte Superintendens zu Orlamuͤn - de aus unbedachtem eifer ausdruͤcklich unter die Quaker geſetzet / wie aus dem gedachten bucheBeſchul - digung der Quacke - rey. zu ſehen / als woriñen er dieſe ſchrift nicht allein ein Quaker-buch genennet und ſonſt dem teuf - fel gantz und gar zugeſchrieben / ſondern auch ohne bedencken widex die hiſtoriſche wahrheit geſchrieben: Der eigentliche meiſter die - ſes buchs ſey einer aus der zahl derer / die in Engliſcher ſprach Quaker genennet werden. Von welcher und andern Proben des offenbaren elendes ſolcher ſcribenten in der angezogenen treuhertzigen nachricht (die zu Amſterdam anno 1683. gedruckt worden) und in andern ſchrifften ein mehrers erinnert wird / damit aber ſolche leſer / welche derglei - chen wichtige materien / ſo des menſchen war - hafftige ſeligkeit betreffen / reifflicher und in lau - terer furcht GOttes uͤberlegen / hievon aus des auctoris eigenem ausdꝛuck ſicheꝛeꝛ nachꝛicht ſich erholen koͤnnen / will ich die ſummam ſeines vor - trags aus der vorrede einruͤcken / die p. A. 2. u. f. ſtehet.
4. GOtt / der da will / daß allen men -Bekaͤut - niß von dem licht / das alle menſchen erleuchtet. ſchen moͤge geholffen werden / und ſie zur erkaͤntnis der wahrheit gebracht werden / hat deswegen einem jeden / der in dieſe welt kommen / ein gewiſſes maß ſeines ewigen unerſchaffenen lichts /C 3wortes22Th. III. C. III. Von dem Auctore des HertzensſpiegelsJahr MDC. biß MDCCwortes und geiſtes mitgetheilt: wel - ches licht dann uns niemaln unangezei - get laͤſſet den ſchaͤdlichen und gefaͤhr - lichen irꝛweg / darein wir uns vergan - gen / und vergehen koͤnnen / dafern wir nur auff daſſelbe wollen achtung geben. Welches wort uns auch niemals uner - innert und unbezeuget laͤſt die hohe nothwendigkeit / uns aus dieſem ver - derblichen und verdammlichen wege zu - ruͤck zu begeben / wenn wir ſelbiges an - ders nur hoͤren / und ihm gehorchen wol - len; Welcher geiſt ſich auch niemals un - bereitet noch unwillig befindet / uns aus demſelben in alle wahrheit zu leiten und fuͤhrē / weñ wir anderſt nur ſelbigem von hertzen folge leiſteten. Denn diß iſt das licht / das da erleuchtet alle menſchē / die in dieſe welt kommen: Es iſt das wortUnd von der krafft des Heil. Geiſtes. der wahrheit / das in uns gepflantzet / und maͤchtig iſt unſere ſeelen ſelig zu machen / nach welchem wir auch weder in hoͤhe noch in die tieffe / weiter in die weite noch in die hoͤhe lauffen oder fah - ren duͤrffen / ſondern es iſt nur naͤher als wir uns ſelber ſeyn / nemlich in dem ver - borgenen unſers hertzens / und in dem in - nerſten unſerer ſeelen. Es iſt der geiſt der gnaden / und der kindſchafft / mit welchem verſiegelt ſeyn alle / die dieſem wort und licht glauben / und in auffrich - tigkeit gehorſam leiſten: Summa / es iſt ſelbſt der weg / die wahrheit / das leben / der helle morgenſtern / ja die ſonne der gerechtigkeit / oder mit einem worte CHriſtus (in uns) in welchem auch die fuͤll der Gottheit wohnet / der da war / der da iſt / der da kommt / hochgelobet ſamt dem Vater / und H. Geiſt in ewig - keit Amen. Diß licht / diß wort / dieſer geiſt iſt (ſag ich) als eine heilſame gna - de von GOtt allen menſchen mitgethei - let / und hat als ein CHriſtus GOttes ſeinen ſitz und reſidentz in dem gewiſſen derſelben / ſo gar / daß der menſch bey ſol - chem / dafern er in gedult und ſanfft - muth darauff mercket und achtung gibt / auch in denen aller zweiffelhafftig - ſten dingen / als bey einem Goͤttlichen uͤbernatuͤrlichen licht und recht / eines aller unfehlbarlichſten ausſchlags ſich verſehen darff / alſo daß wir uns dem - nach wenig nach den verfuͤhriſchen irꝛ - wiſchen und finſtern laternen auſſer uns umzuſehen urſach haͤtten. Allein weil wir hievon nach der allenthalben em - por ſchwebenden erb - religions uͤblichen lehr-art wenig nachricht haben / ſon - dern immerzu die perle / den ackerſchatz / und das Reich GOttes auſſer uns ſu - chen / da es doch CHriſtus in uns will ge - ſuchet haben / wes wegen auch ſo viel aͤuſſerliche ceremonien ſind erdacht wor - den / ſo iſts kein wunder / daß es alſo ge - het / wie es leider ſtehet / und daß die blinde wtle mit ihren blinden kindern / ſamt ihren blinden leitern und fuͤhrern / allbereit biß an die grube des verder - bens gerathen iſt / und auff dem ſprung ſtehet / ja daß jeweiter wir unſern ſelbſt -erwehlten vaͤtern nachfolgen / jemehrJahr MDC. biß MDCC wir des lichts des lebens uns unwuͤrdig / nimmermebr aber theilhafftig machen / ſondern dabey jemehr und mehr den zorn GOttes auff den tag des zorns uͤber uns haͤuffen / der auch allbereit alſo angan - gen / und ſich entzuͤndet / daß er wol / wenn er nicht anderſt als mit unſern buß-thraͤnen ſoll geleſchet werden / biß auch in die unterſtehoͤlle brennen wird.
Weil wir denn bloß auff das aͤuſſerli - che in lehren und hoͤren von jugend auff angefuͤhret ſind / und uns das innerliche lehren und hoͤren wenig bekannt / ja von denen / denen der bauch ihr GOtt iſt / nur verlaͤſtert und verketzert wird; ſo unterlaͤſſet gleichwol die liebe GOttes unterdeſſen nicht / durch dero getreue diener und zeugen / als ſolche / welche in wahren gehorſam / zu ſeinem heiligen licht / wort und geiſt erfunden ſind / noch ſtaͤtig die welt / ſolcher ihrer thorheit und irꝛthums / auch auff allerley aͤuſſer - liche weiſe zu uͤberweiſen / und ſich ſamt ihren kindern / von dem breiten we - ge ihres verderbens und verdamnuͤß zu - ruͤck zu ruffen / und das / was zu ihrem heil / frieden und erkaͤntnuͤß dienet / ihr auff mancherley manier vorzuſtellen. Gleich du denn / freundlicher leſer / in dieſem gegenwaͤrtigen hertzens-ſpiegel durch anmuͤthige weitreichende ſinn-ge - maͤhlde / andaͤchtige betrachtungen / maͤchtige ſchrifft-zeugniſſen / taͤgliche er - innerungen / nuͤtzliche vermahnungen / guͤldene regeln / unwiederſprechliche ſchluß-reden / bewegliche reitzungen / liebliche lieder / und hertzinnige gebete / auff ſuͤſſe und ſaure weiſe / doch alles auffs einfaͤltigſte und kuͤrtzeſte / wirſt intentirt befinden / nicht etwan dich da - durch in mehrere weitlaͤufftigkeit / ſon - dern von derſelben / und von allen ſtin - ckenden ciſternen (die doch keiner begieri - gen ſeelen den durſt leſchen koͤnnen) ab / zu dem mittel-punct deines gemuͤths / als zu dem bruͤnnlein des Lebendigen und Sehenden / zu leiten / zu verſammlen / al - les / wie gedacht / nach der einfaͤltigſt - und kuͤndlichſten weiſe.
5. Auff dieſen grund iſt dieſe gantze ſchrifftJnhalt des Her - tzensſpie - gels. gebauet / deren inhalt gleich im anfang folgen - der maſſen geſetzet wird.
Die erſte vorſtellung. begreifft in ſich die wahrhafftige er - kaͤntnuͤß der gottſeligkeit und iſt in 14. betrachtungen verfaſſet / nemlich
6. Die zweyte voͤrſtellung
begreifft in ſich eine kurtzbuͤndige anleitung zur heiligen und gerechten uͤbung der gottſelig - keit / beſtehend
Die dritte vorſtellung handelt von dem geheimnuͤß der gottſeligkeit und denen mahlzeichen des lammes / mit wel - chen alle und jede neue und wiedergeborne Got - tesmenſchen / oder wahre Chriſten / ſo da ſind die rechte und echte gemeine der heiligen / bezeichnet / und als gedultige laͤmmer GOttes von denen tobenden teuffels-boͤcken der unchriſtlichen ver - wirrten Babels-gemeinſchafft / und den mahl - zeichen des thieres / oder geheimnuͤß der boßheit abgeſondert und erkannt werden moͤgen.
7. Man findet ſonſt in D Michaelis Wal - theri Miſeellaneis eine weitlaͤufftige nachricht von einem ſtreit deſſelben mit einem ihm unter - gebenen Paſtore, namens P. C. (welches etli - che vor Paul Kaym auslegen / wie darinnen auch Quæſt. 34. des hertzen-ſpiegels als ei - nes wercks von dieſem mann gedacht wird) der ſtreit aber iſt faſt uͤber eben ſolchen puncten geweſen / welcher wegen der mann als ein Wei - gelianer angegeben worden. Und weil es eine dergleichen perſon betrifft / kan die ſache im IV. theil fuͤglich mit ſtehen / wie ſie zwar der gedach - te Superintendens nach ſeinem intereffe ſelber beſchrieben hat / die ſonſten / wann der beklagte davon nachricht hinteꝛlaſſen haͤtte / ohne zweiffel anders klingen wuͤrde. Der leſer wolle ſie hernach unter denen anderen erlaͤuterungen der Ketzer-Hiſtorie ſuchen und beurtheilen.
8. Der andere auctor, deſſen allhier erweh - nung geſchehen / wird nur in den tituln ſeiner ſchrifften mit dem Hebraͤiſchen namen Hiel bezeichnet. Wer aber derſelbige geweſen / hat weder er ſelbſten eroͤffnet / noch durch andere entdecken laſſen. Doch findet ſich ſo viel nach - richt / daß es ein einfaͤltiger ungelehrter hand - wercksmann geweſen / der / als er in der nach - rede des ackerſchatzes ſelbſt bekennet / mehr nicht / als ſeine mutterſprache reden / und zur noth ein wenig ſchreiben koͤnnen / wie der auctor der vorrede uͤber den dritten theil ſeiner ſendbrief - fe pag. 2. meldet / der zwar ſonſten von andern umſtaͤnden gute nachricht gehabt / gleichwol aber lieber alles verſchweigen wollen / als denen blinden oder anſtoß-ſuchenden ſich zu verſuͤn - digen anlaß geben wollen.
9. Sonſten iſt gewiß / daß er Henrich Jan ſon geheiſſen / und um das jahr 1550. gelebet / und zwar in denen Niederlanden / noch vor dem blutigen religionskrieg daſelbſt / vonwelchem er als ein bothe und zeuge Gottes vielJahr MDC. biß MDCC nachdenckliches zuvor verkuͤndiget gehabt. Jm achten ſendbrieff des dritten theils p. 69. ſchrei - bet er von ſich an einen ordensmann: Er ſey nach der creatur nunmehr eine alte per - ſon / und habe keine gewiſſe ſtaͤtte / da er beſtaͤndig bliebe / ſondern halte ſich bald hie / bald da bey einem guten freunde auf / vor der welt ſey er verlohren / vor GOTT aber gefunden. Wie er auch im ewigen Teſtament in der vorrede pag. 3. ſchrei - bet / daß die zeit ſeines creatuͤrlichen lebens bey nahe verlauffen ſey / und ſein leib zu ſeinem un - tergang ſich neige. Jm achten ſendbrieff des III. theils pag. 70. erzehlet er / daß er - ſchon vor funfftzig jahren GOTT zu er - kennen geſucht / und ſey viel enge wege durchgegangen in ſeufftzen / ringen und klaͤgli - chem flehen zu GOTT / habe ſich auch im ge - horſam unter die Chriſtlichen ceremonien und dienſte begeben / darinn er auch eine zeitlang be - friediget worden / und ſeinen unterhalt darin - nen gehabt / damit er nicht in die weltliche boß - heit verfiele. Dabey bekennet er auch / daß die - ſes fuͤr einen irdiſchen menſchen und auch fuͤr ihn ein guter anfang geweſen / um zu GOTT zu kommen / in einem bildlichen figuͤrlichen we - ſen. Aber zur klarheit des himmliſchen weſens in GOTT zu kommen / habe er ſeine inwen - dige ſeele zu dem allerheiligſten dienſt des Gei - ſtes in Chriſto begeben / nach Pſ. 85. v. 9. Rom. XV. 18.
10. Dieſe ſeine geiſtliche fuͤhrung erzehletEigene er - zehlung von ſeinen fuͤhrun - gen. er noch weiter im grundſtuͤck cap. XXXVI. p. 106. Nach allen ſtuffen / davon ich das vor - nemſte hieher ſetzen willꝛ Jch bekenne an - faͤnglich vor GOTT und allen lieb - habern der wahrheit / meinen irdiſchen blinden lauff im weltlichen heydniſchen weſen / darinnen ich in meiner jungen un - erkaͤntnis mit unruhen des lebens ge - wandelt habe. Und in dem blinden lauff hoͤrte ich erſtlich / daß die wirckliche ein - ſprach und ruffung GOttes in meiner ſeele zu unterſchiedenen zeiten mit be - ſchuldigung geſchehe: welches ich von den liebhabern der wahrheit zum theil bekannt mache: und darbeneben / wenn meine ſeele ſich von dem blinden irdi - ſchen wege zu dem weſendlichen GOtt im lichte des lebens bekehret habe. Und das alles zu einer anweiſung vor die nachkommen / die mit GOTT und ſei - nem heiligen weſentlichen leben / das mir von GOTT durch ſeine gnade gegoͤn - net iſt / ihre gemeinſchafft zu haben be - gehren. Und daß ſie durch dieſe beſchrei - bung ihren blinden lauff / deme ſie auch unterworffen ſind / deſto beſſer moͤchten lernen kennen / um ſich durch Gottes be - ruffung zu dem weſentlichen lichte im einweſigen leben Chriſti zu bekehren. Se - het und mercket wol auf! So habe ich denn anfaͤnglich (wie gemeldt) in meiner jugend / dem weltlichen weſen / in einer ei - teln / ſchrecklichen / beſorglichen leichtfer - tigkeit / in unerkaͤntnis Gottes und des teuffels / in den irdiſchen luͤſten (als ein ge - fangener in denſelben luͤſten) mit unverſtand gefolgt / und eine zeitlang gehandelt.
Und24Th. III. C. III. Von dem Auctore des Hertzens-ſpiegelsUnd in dieſem beſorglichen / eiteln / ir - diſchen leben: darinnen meine ſeele alle - zeit unruhig war / wurde ich allererſt des einſprechenden geiſtes und des ruffs GOttes gewahr: Und das durch das Geſetz der gerechtigkeit / das meine ſeele in ihrem eiteln leben beſchuldigte: doch nicht weſentlich in klarheit aus dem himmel. O nein: ſondern in dunckelheit / bildlicher weiſe; von fernen aus den ir - diſchen wolcken / die zwiſchen himmel und erden hangen. Noch dennoch trie - be mich derſelbe bildliche einſprecher aus den wolcken aus demſelben wilden heyd - niſchen verwuͤſten weſen um etwas beſ - ſers zu ſuchen: anfaͤnglich doch nicht wei - ter / dann in der menſchlichen opinioni - ſchen oder vermeintlichen gerechtigkeit des fleiſches / die noch faſt gantz im irdi - ſchen weſen begriffen ſtunde: alſo / daß ich noch von dem himmiſchen weſentli - chen Geiſt GOttes nichts wuſte.
11. Und nachdem ich in der irdiſchen opinioniſchen oder vermeintlichen ge - rechtigkeit eine zeitlang geloffen und ge - arbeitet hatte / und nun meinte / daß der einſprechende geiſt geſtillt / und ihm gnug gethan waͤre / da kam derſelbe einſpre - chende geiſt wieder in meine ſeele / und beſchuldigte mich in derſelben ir - diſchen gerechtigkeit: wie er mich zu - vor in der heydniſchen verwuͤſtheit be - ſchuldiget hatte / und ſprach zu mei - ner ſeelen: Dieſe gerechtigkeit machet dich noch nicht ſelig: Denn du bleibeſt doch nichts deſto weniger in deinem ir - diſchen / boͤſen / eigenſuchenden weſen.
Dieſer einſprechende geiſt aber war auch noch nicht aus der weſentlichen klarheit des himmliſchen weſens gebo - ren / um in mir das weſentliche licht GOttes zu bezeugen. Und das geſchach darum / weil meine augen noch unrein waren / und die himmliſche ſonne noch nicht vertragen mochten.
Uñ weil ich die klarheit der gerechtigkeit Gottes nicht ſahe / und aber von dem ein - ſprechenden geiſte in meiner irdiſchen ge - rechtigkeitbeſchuldiget wurde / ſo verſuch - te ichs nach meinē bildlich / begreiffenden erwehlen wieder auf ein ander weiſe / bey verſchiedenen Voͤlckern / und dachte an - faͤnglich: Jch will ſo lange unter allen Voͤlckern ſuchē / biß ſich Gottes gerechtig - keit und die ruhe meiner ſeelen finden wer - de: Damit ich den einſprechenden geiſt in ſeinem ruffen und beſchuldigung oder an - klage zufrieden ſtellen moͤge. Und war auch in der veraͤnderung emſig. Denn ich habe allezeit das weſen gehabt / daß ich in deme / was ich fuͤr das liebſte annah - me / fleißig ware / um die krafft darvon zuerkennen.
12. Allein / nach dem ich auch hierinne meinen fleiß mit lauffen und rennen ge - than hatte / ſo machte ſich der einſpre - chende geiſt in meiner ſeele wieder auff / und ſagte zu mir: Du muſt auch hierinne noch veraͤnderung ſuchen / und in deinemirdiſchen erwehlen ſtille ſtehen. Denn ichJahr MDC. biß MDCC werde dich allhier in deiner irrdiſchen gerechtigkeit nicht mit frieden laſſen. Denn mein freyes weſen iſt hier nicht / es ſind noch alles irdiſche eigen-erwehlende bilde / denen du hier dieneſt.
Als ich das hoͤrte / und auch befande / daß es wahr war / da uͤberfiel meine ſeele groſſe traurigkeit. Alſo daß ſie gedach - te: wo ſoll ich GOtt denn (endlich) ſu - chen und finden? und wenn ſoll ich von den unſichern muͤhen ruhen / und GOt - tes einſprechenden geiſt zu frieden ſtel - len / oder gnug thun? damit ich von GOttes gerechtigkeit ſo nicht zur ver - dammniß meiner ſeelen beſchuldiget werde.
Und als ich in dieſer traurigkeit ſonder troſt “war / auch unter den menſchen-kindern kei - “nen troſt mehr zuſuchen wuſte / ſo ſprach mich “ein vermummter kluger vernunfft-geiſt an / der “ſich geiſtlicher weiſe ſehr herꝛlich in mir erzei - “gete. Und ſagte zu meiner ſeele: Jch will “dir die gerechtigkeit zubringen / darinnen du “GOtt finden und gnug thun magſt / um in “ruhe zu leben. Dann ich komme von GOtt “(ſprach er) und bin aus ihme geboren. „
13. Welcher geiſt meine ſeele im ankom - “men erfreuete / weil ſie gedachte / es waͤre “GOtt / oder kaͤme von GOtt; Zumaln ich “viel vernuͤnfftliche geheimnuͤſſe aus demſelben “geiſte hoͤrete / die ich in meinem einfaͤltigen we - “ſen nicht gehoͤret hatte. Dahero ich mich “demſelben geiſte vernuͤnfftlicher weiſe ergabe / “um von ihme lehr und unterricht zu empfan - “gen. Und ſeine lehren waren mir / im ankom - “men nach der vernunfft / ſehr ſuͤß und ange - “nehm / alſo daß ich gaͤntzlich meinete den ein - “ſprechenden geiſt darmit zu ſtillen und gnug “zu thun. Dann alle meine vorige bildliche “gerechtigkeiten wurden durch dieſen ver - “mummten klugen vernunfft-geiſt uͤbertroffen / “wie mich duͤnckte: Und machte mich nach der “vernunfft viel ſubtiler in allen irꝛdiſchen din - “gen / denn ich vorhin geweſen war. Und be - “zeugte vermeſſentlich voꝛ mir / daß es alles Got - “tes gerechtigkeit waͤre / was ich unter ſeinem “gebieth thaͤte. Und was ich unter ſeinem ge - “bieth nicht thate / das war ihm nicht ange - “nehm / obs auch noch ſo gut war. Und hier - “durch lernete ich mit der zeit ſeine irꝛdiſche ei - “genſchafften erkennen. Und dannoch bliebe “mir dieſe vermeinte gerechtigkeit lange zeit bey “in der vernunfft / und hielte meine ſeele in einer “gleißneriſchen bedeckten eigenſchafft des flei - “ſches gefangen: Und vertaͤubte alſo meine oh - “ren mit derſelben eigenſchafft des fleiſches / daß “ich den wahren freyen einſprechenden geiſt “GOttes in langer zeit nicht mehr konte hoͤren. “ Und meinte zum theil / es ſtehe ſehr wol um mei - “ne ſeele. Und das kam daher / daß meine ſeele “ihr vertrauen auff den irꝛdiſchen vernunfft - “geiſt geſetzt hatte / weil ſie meinte / daß er von “GOtt aus dem himmel kaͤme. „
14. Als nun meine ſeele zum theil ihre ruhe “in dieſe vernuͤnfftliche klugheit geſetzet hatte / “ſo kam der einſprechende geiſt geſetzlich zu mei - “ner ſeele / und foderte GOttes gerechtigkeit / “weſentlich im geiſte von ihr. Welches ein “groſſer ſchrecken in meiner ſeele war! weil der “„ irꝛdi -25und denen ſchrifften Hiels. Jahr MDC. biß MDCC„ irꝛdiſche vernunfft-geiſt mir geſagt hatte / daß „ ich GOttes gerechtigkeit unter ſeinem gebiet „ allbereit erfuͤllet und gnug gethan haͤtte / auch „ gnug thun ſolte. Und weilen ich den einſpre - „ cher in mir eine zeitlang nicht gehoͤrt hatte / „ meinte ich auch / daß es wahr waͤre / was der „ vernunfft-geiſt mir geſagt hatte. Als aber „ der einſprechende geiſt GOttes gerechtigkeit „ von mir weſentlich im geiſte begehrte / und un - „ ter der verlaͤugnung meine eigenſchafft vor au - „ gen ſtellte / da fiel meine ſeele in ohnmacht / und „ konte nicht ſtehen bleiben / noch auch ein wort „ ſprechen / weil GOttes gerechtigkeit nicht we - „ ſentlich; durch die verlaͤugnung ihr ſelbſten / „ bey ihr war.
„ Dieſe ohnmacht bliebe meiner ſeelen lange „ zeit bey / weil ich befand / daß meine ſeele noch „ ſo ferne von GOttes weſentlicher gerechtig - „ keit im geiſte war: und daß ich GOtt in ſei - „ nem heiligen weſen noch ſo contrar oder wie - „ drig im leben war / und nicht wuſte / wie ich „ zu GOttes weſentlicher gerechtigkeit im geiſte / „ und zur ruhe meiner ſeelen kommen ſolte.
„ 15. Und muſte in der ohnmacht mein ſelb - „ ſten meine ſeele mit trauren und thraͤnen mei - „ nes hertzens troͤſten / weil ſie ſahe und empfan - „ de / daß ſie biß auff dieſe ſtunde in dem irꝛdi - „ ſchen wieder-weſen GOttes gelebt hatte. „ Welches leben ihr ein tod ſeyn ſolte nach er - „ heiſchung der verlaͤugnung CHriſti / und des „ Gottſeligen lebens. Und an dieſer ſtaͤtte ſahe „ meine ſeele die verdammniß der hoͤllen. Und „ war gantz in ohnmacht ihr ſelbſten / dieweil ſie „ keinen troſt weder von GOtt / noch von men - „ ſchen / noch auch von ihrer vernunfft / von „ dero ſie ſich zuvor lieſſe troͤſten / fande / und „ alſo bey ihr gedachte: Jſt dann nun in zeit „ der noth kein Goͤttlicher troſt fuͤr mich weder „ im himmel noch auff der erden uͤbergeblieben / „ ſo muß ich in der hoͤllen (das iſt / in der ewi - „ gen pein) begraben werden.
„ Und dieſe pein / die ich um meiner eigenen „ irꝛdiſchen gerechtigkeit in meiner ſeele muſte „ leyden / war mir viel tauſendmal peinlicher / „ dann mir die pein war / da ich aus der heidni - „ ſchen verwuͤſtheit mit dem luſte meines lebens „ ſcheiden muſte. Zumahln die heidniſche ver - „ wuͤſtheit viel ehe zuverlaſſen iſt / dann die hei - „ ligkeit im fleiſche.
„ Und als meine ſeele in dieſer groſſen pein „ der traurigkeit und troſtloſigkeit darnieder „ lag / ſo kam der einſprechende geiſt wieder „ zu mir / und ſprach meine betruͤbteſeele in ih - „ rer pein an / und ſagte zu ihr: Lebſt du oder „ biſt du todt?
„ 16. Da ſagte meine ſeele: Alle freude / „ die ich in meinem vernuͤnfftlich-irꝛdi - „ ſchen leben; in der wuͤſten heiden - „ ſchafft / und in meiner eigenen irꝛdi - „ ſchen gerechtigkeit / zuhaben pflegte / „ iſt in mir todt: Und ich ſehe nun keine „ freude des lebens vor meinen augen.
„ Da ſagte der einſprecher zu meiner ſeele: „ haſt du dann ein leben gehabt?
„ Darauff meine ſeele ſagte: O Herꝛ! ich „ darff nicht ſprechen; dieweil ich nicht „ weiß / ob ich auch gelebt habe: Aber „ dentod fuͤhle ich wol. Davonich nun „ wol reden und zeugen mag.
Worauff der einſprechende geiſt GOttes „Jahr MDC. biß MDCC. ſagte: was fuͤr ein tod iſts doch / dendu “fuͤhleſt? Jſts der tod / daß du deinen “irꝛdiſchen begierden in ihrem eignen “leben nicht gnug thun kanſt? oder iſts “der tod / durch die verlaͤugnung dein “ſelbſt / in deinem eignen leben / oder “iſts der tod in GOttes leben? „
Darauff meine ſeele antwortete: Jch fuͤh - “le den tod des GOttſeligen lebens ſehr “wol / der mir durch die verdammniß “wol bekant gemacht wird. Und der “tod in meinem eignen leben hat mich “auch ergriffen: und peiniget mich “gnugſam / alſo daß meine ſeele nicht “ruhen kan. Und der tod im Goͤttlichen “leben iſt auch kraͤfftig in meiner ſeelen. „
Darauff ſagte der einſprechende gnaͤdige “geiſt GOttes / daraus CHriſtus geboren iſt: “Das iſt gut / daß du das fuͤhleſt / denn “das koͤmmet dir aus der wahrheit / weil “du noch nie gelebt haſt. Dann dein le - “ben das du gelebt haſt / das haſt du dir “ſelber / durch deine irꝛdiſche vernunfft / “aus der wuͤſten Heydenſchafft / und “darnach zu einer vermummten heilig - “keit im fleiſche / aus dem tode / in deinen “irꝛdiſchen luͤſten angenommen. Dar - “um iſts allezeit mit dem tode bekleidet. “ Alſo daß ihm der tod allezeit nachfol - “gen muß. „
17. Da ſagte meine ſeele: Muß ich “dann im tode zur hoͤllen fahren / ſo “wolte ich wol / daß ich niemals zu ei - “nem menſchen geboren waͤre. „
Da ſagte der einſprechende geiſt: Das er - “wehlende irꝛdiſche leben / das dem to - “de allezeit unterworffen iſt / muß ſei - “nen lohn allezeit vom tode empfan - “gen. Und dieſelbe ſeele / die das irꝛdi - “ſche leben in eigenſchafft angenommen “hat / muß auch vom tode gepeiniget “werden. Und die pein muß ſo groß und “noch groͤſſer ſeyn denn das irꝛdiſche le - “ben in ſeinen luͤſten geweſen iſt. Dann “der Gottſelige tod muß das irꝛdiſche “verdammliche leben uͤberwinden / und “wieder in dem tode / daraus er ange - “nommen iſt / zu ſich nehmen. „
Da ſagte meine ſeele: Muß ich denn im “tode bleiben? „
Darauff antwortete der einſprechende geiſt: “Ja / ſo viel lebens / als du in deiner irꝛ - “diſchen erwehlenden gerechtigkeit / in “den luͤſten nach dem fleiſche gelebt haſt / “ſo viel todes muſt du in dem tode leiden / “Obs auch ſchon waͤre / daß du dir den - “ſelben tod aus blindheit zu einem leben “annaͤhmeſt / und er wehleteſt / ſo muß es “doch vor GOtt ein tod erkant und em - “pfunden werden. Und was vor GOtt “eintod iſt / das muß vor dir auch ein tod “werden. „
Da ſprach meine ſeele: O tod! iſt dann “kein GOtt des lebens fuͤr mich / in wel - “chen ich hoffen moͤge? ſo muß ich im “tode bleiben. „
Darauff ſagte der einſprechende geiſt: Es “iſt kein GOtt des lebens fuͤr dich / um in „A. K. H. Dritter Theil. D„ dei -26Th. III. C. III. Von dem Auctore des HertzensſpiegelsJahr MDC. biß MDCC„ deinen irꝛdiſchen luͤſten der eigenſchafft „ zu leben. Wilſt du aber in GOtt le - „ ben / |ſo ſuche das leben / durch den tod „ der verlaͤugnung alles fleiſches / in der „ freyen einweſigkeit GOttes / die das „ vollkommne leben iſt: Und ſo du deſ - „ ſelben begehrſt theilhafftig zu werden / „ ſo muſt du dich ſelbſt in deinem erweh - „ lenden leben (das du auſſer GOtt in „ deiner eigenſchafft / wider die freye „ gerechtigkeit GOTTes angenommen „ haſt) verlaͤugnen / und mein leben „ durch den tod in dir ſuchen. Welches „ du noch nie gethan haſt. Dann du „ haſt dich / in deiner erwehlenden ge - „ rechtigkeit mit allem deinem lauffen „ und rennen noch niemals zu dem unge - „ eigneten GOtt in ſeinem weſen bekeh - „ ret / um in ihm zu leben / und ſeine „ gerechtigkeit zu erfuͤllen.
„ 18. Als meine ſeele das aus der Gerechtig - „ GOttes hoͤrete / erſchrack ſie und ſagte: O „ gerechter GOtt ich darff zu dir nicht „ kommen / weil du ſo gerecht biſt: Und „ ich ſo ungerecht bin: Darumich dein an - „ geſicht nicht vertragen kan.
„ Und als meine ſeele im ſchrecken und furcht „ des todeslag / und nichts dann tod und ver - „ dammniß fuͤhlete / da kam der Chriſtliche gnaͤ - „ dige / einſprechende geiſt ſehr troͤſtlich und lieb - „ lich zu meiner ſeele / und ſprach: Sey nicht „ ſo ſehr erſchrocken! ich komme mit gna - „ den zu dir meine guͤte dir zu verkuͤn - „ digen / und nicht meine gerechtigkeit / „ auff daß du vor erſt eine hoffnung des „ glaubensin deiner todten betruͤbten ſeele „ moͤgſt empfangen: Um durch mein le - „ ben von dem verdammlichen tode erloͤſt „ zu werden. Und ſo du die hoffnung im „ Chriſtlichen glauben annimmſt / ſo „ wird ſie in dir fruchtbar werden / und die „ Goͤttliche krafft in dir gebaͤren / um aus „ dem tode ins leben zukommen: Und un - „ ter der gehorſamen verlaͤugnung dein „ ſelbſt (das iſt: Aus der eigenſchafft nach „ dem fleiſche biß in die freyheit GOttes „ im geiſte:) und in dieſer freyheit GOt - „ tes wirſt du das leben in GOtt begin - „ nen zuſehen / und auch fuͤhlen.
„ Und als meine ſeele das hoͤrte und fuͤhlte / „ bekam ſie erſt einen luſt und liebe zur guͤte „ GOttes / um ſich ſelbſten / durch die krafft der „ hoffnung und des glaubens / zu verlaͤugnen in „ ihrer eigenſchafft / und gedachte: O GOtt / „ iſt noch gnade fuͤr mich / um aus demto - „ de ins leben zu kommen / ſo bringe und „ ergebe ich alle die liebe und luſt / die ich je - „ mals in meiner eigenſchafft zu fleiſch „ und blut gehabt habe / in dein heilig „ freyes weſen.
„ 19. Und durch die liebe und luſt zu GOtt / „ verließ ich / mit der zeit / alle die eigenbildliche „ erwehlende heiligkeiten / denen ich fuͤr goͤtter „ in meiner eigenſchafft gedienet. Und uͤber „ feld (auſſer mir) in blindheit nachgeloffen „ war. Und ſprach: O gnaͤdiger GOtt / „ ich lege mich zu deinen fuͤſſen nieder / und „ will mit meinen ohꝛen des heꝛtzens allein „ nach deiner ſtimme des geiſtes hoͤren / „ was die in meiner ſeele reden wird / um „ darnach / o HErr / in deiner gerechtig - „ keit gehorſamlich zu leben: Und nichtmehr meiner vernuͤnfftigen bildlichen „Jahr MDC. biß MDCC irrdiſchen gerechtigkeit zu dienen / um “darinnen nach meinem luſte zu leben. „
Und als ich mich alſo erniedrigte oder ver - “demuͤthigte unter die gehorſamkeit des Goͤtt - “lichen weſens / da ſchloß die Gottheit ihren “himmel auff / und machte meine ſeele ihres “heiligen weſens / in der zeit der jugend (kind - “heit) theilhafftig: und nahm alle die irꝛdiſche “luͤſte meines lebens zu ſich / und brachte ſie in “ihr himmliſch weſen: Und ließ mich allda ihr “unendlich vollkommen ewig weſen ſehen darin - “nen ich mich ſelber mit allen meinen getheilthei - “ten verlohre. Und wuſte in langer zeit nicht / “wo ich waͤre: Gleich als ob ich aus einer pein - “lichen kranckheit / in einem ſuͤſſen ſchlaffe gele - “gen waͤre. „
19. Als ich nun wieder zu mir ſelber kam / “ſahe ich rund umher nach meiner getheil - “ten geſellſchafft (nemlich meinen getheil - “ten ſinnen und verſcheidnen irdiſchen “luͤſten /) die ich vorhin bey mir zuhaben pfle - “gen: Und ich ſahe niemanden / dann GOttes “ewig-vollkommenes weſen allein / das mei - “ne ſeele hegriffen hatte. „
Sehet! da dachte ich: wo ſind alle meine “vorige luͤſte und begierde bliebene Und ſo “bald ich darauf gedachte / fande ich ſie bey “mir im heiligen weſen GOttes / GOtt dan - “cken und loben. „
Und von der zeit an wurde die lehre Chri - “ſti und die Goͤttliche einſprache in meiner ſee - “len weſentlich bekraͤfftiget / um zu thun das je - “nige / das er durch den geiſt ſeines weſens zu „Rom. 6. mir ſagte. Nemlich / gleich wie du vormals “deine glieder zum dienſte des fleiſches eigen - “thum begeben haſt: alſo begib ſie nun zum “dienſte des heiligen freyen weſens GOttes “welches mir eine luſt zu hoͤren war. „
Darum ich von der zeit an / durch GOt - “tes gnade / im weſen Chriſti mag ſagen: “Daß gleichwie ich vorher alle meine ſinne / “luͤſten und begierden zu meiner eigenſchafft “im fleiſche / ſo wol in vermeinter heiligkeit / “als anderer geſtalt begeben / und zum irdi - “ſchen weſen gebraucht hatte / ich hernach al - “len meinen luſt und willen zum dienſte des “heiligen vollkommenen weſens GOttes be - “geben / um daſſelbe im leben Chriſti zu bezeu - “gen. Dann ich befunde alsbald wircklich / “daß GOttes gnade (der Chriſtus GOt - “tes) meine ſeele aus dem vertheilten tode auf - “name / und in ſein einweſig vollkommen we - “ſen brachte: und das im leben ſeiner gnade. „
20. Und in dieſem weſentlichen leben hiel - “te der einſprechende geiſt ſein urtheil (ſonder “meine ſeele mehr zu verdammen) in mir in - “nen / und ſprach / nicht mehr in der getheilt - “heit oder in verborgenheit zu meiner ſee - “le / ſondern ſein weſentliches anſchauen “war mir gegenwaͤrtig im lichte des lebens. „
Nachdem nun das weſentliche vollkom - “mene leben Chriſti in meiner ſeelen eine zeit “der tage alt worden war / und in der maͤnn - “lichkeit Chriſti betagt wurde / und das irdi - “ſche leben in meiner ſeelen uͤberwandt und “austriebe / ſo iſt daſſelbe Chriſtliche leben froͤh - “lich geweſen / und hat ſeine ſproͤßlinge oder “zweige zur fruchtbarkeit muͤſſen hervor brin - “gen: und das im himmel und auf erden / “ſo weit das leben GOttes ſeine krafft hatte. „
Und27und denen ſchrifften Hiels.„ Und durch die fruchtbarkeit iſt daſſelbe „ weſentliche leben / aus ſeinen einweſigen kraͤff - „ ten / goͤttlich und menſchlich / von der Gottheit „ geruffen / aufgefodert / und vom weſen GOt - „ tes getrieben worden / und ein lebendig zeug - „ nis von der einweſigkeit GOttes / vor alle „ getheilte toͤdtliche ſinnen und gedancken zu „ geben: und das zur ſeeligkeit der menſchen / „ und zur ausbreitung ſeines heiligen weſens.
„ 21. Und nach dem meine ſeele ſich; durch „ durch den ruff und einſprache GOttes / wil - „ liglich / in aller gehorſamkeit / unter den ein - „ weſigen geiſt Chriſti uͤbergeben hatte / alſo / „ daß ſie anders nichts begehrte zu leben / dann „ der einweſigkeit in der Gottheit Chriſti / ſo „ hat derſelbe einweſige geiſt meine ſeele zu ſich „ in ſein heilig weſen auffgenommen aus allen „ irꝛdiſchen getheiltheiten: alſo daß ſie in „ GOTT nichts ſahe dann geiſt und weſen. „ Welcher geiſt und weſen / himmel und erden „ begriff und regierte. Und dargegen ſahe ſie „ auch / wie das menſchliche weſen / in ſeiner „ blinden irꝛdiſchen vertheiltheit / von demſelben „ weſen Gottes verfallen war: Und nicht wuſte „ (inmaſſen droben gemeldt iſt) daß ein weſend - „ licher GOtt waͤre / der himmel und erde durch „ ſein weſen regierte.
„ Und durch diß geſichte wurde meine ſeele „ unter der weſentlichen gehorſamkeit CHriſti „ mitleydig uͤber das gefallene menſchliche we - „ ſen. Und rieff mit weinen meines hertzens „ zu dem groſſen einweſigen GOtt / und „ ſprach: O HErꝛ und GOtt! mache „ doch deinen einweſigen geiſt vor den „ blinden vertheilten menſchen (es ſey dañ „ durch was mittel es ſey /) ein wenig be - „ kant: auff daß ſie vor erſt ſehen moͤgen / „ daß ſie ſo vertheilt wider deine einweſi - „ ge GOttheit / ins irꝛdiſche eigenſinnige „ weſen verfallen ſind / auff daß ſie da - „ durch einen greuel an ihnen ſelbſten „ moͤchten bekommen / um ſich von ihrer „ verdorbenen eigenſchafft zu bekehren.
22. „ Als ich nun in dieſem gebet war / da „ ruͤhrte der einweſige geiſt mein hertz und zunge „ an / um ſprech - oder muͤndliche zeugniß von ih - „ me in der weſentlichen GOttheit zugeben. Und „ das nicht als mein eigen vernuͤnfftlich wort. „ O nein: ſondern als ſein weſentlich wort. WieEſ. 45. „ er ſpricht: Das wort der gerechtigkeit kom̃t „ aus meinem munde / und darinn ſoll es auch „ ewig bleiben.
„ Und als ich nun begonnte gegen einige von „ dem weſentlichen worte zureden: daß man „ GOtt im geiſte muͤſſe dienen und ſuchen; die - „ weil er (gebenedeyet) ein weſentlicher geiſt „ iſt: Dawar das eine ſo fremde ſprache vor die „ bildliche vertheilte menſchen / daß ſie ſpra - „ chen: ſie haͤtten ihr lebenlang ſolches nicht ge - „ hoͤret. Alſo daß ich froh war / daß ich eine „ zeitlang ſtill ſchwiege / von dem weſentlichen „ geiſtlichen GOtte / gegen ſie zu reden. Jn - „ maſſen vormals auch geſchahe / da man vom „ namen CHriſti nicht mochte hoͤren reden. „ Noch dannoch ſprach ich (wie mich dauchte) „ mit denjenigen / die ich meinte / daß ſie etwas „ empfindnuͤſſes von GOTTes geiſte hatten. „ Wie die Apoſtel auch erſt zu den Juden rede - „ ten / die ſie meinten / daß ſie CHriſtum ſolten „ kennen.
Nach dem ich nun mit den reden ſchweigen „Jahr MDC. biß MDCC muſte / ſo nam der einweſige geiſt mein hertz / “ſeel und leib zu ſich / und gab mir die feder in die “wirckliche Hand / daß ich von ſeiner einweſig - “keit ſchrifftliche zeugniſſe / Goͤttlich und “menſchlich / ſolte geben ſoviel die zeit mit “brachte: Und dieſelbe zeugniſſe den liebhabern “der wahrheit zu uͤbergeben / um dadurch daſ - “ſelbe einweſige leben in ihrer ſeele bekant zuma - “chen / ſo viel als die dienſtliche zeit vermochte: “und das auff hoffnung / daß der weſentliche “GOtt durch die erkaͤntniß in vieler menſchen “hertzen moͤchte bekant werden. „
23. Als meine ſeele den trieb / krafft und be - “fehl des einweſigen geiſtes Chriſti empfande / “iſt ſie mit demſelben geiſte fleißig in ſeinem “dienſte geweſen / um die wircklichen kraͤffte des “weſentlichen GOttes zubeſchreiben / ſo viel die “dienſtliche zeit vermocht / und der verſtand be - “greiffen konte. „
Und nachdem wir dieſelbe ſchrifftē durch den “einweſigen geiſt hervor gebracht hatten / ſo ha - “ben wir ſie den liebhabern der wahrheit / die “uns darzu bequem zuſeyn duͤncketen / uͤberge - “ben. Doch nicht als unſer zeugniß nach der “menſchheit (wie geſagt) ſondern als GOt - “tes zeugniß / durch ſeinen einweſigen geiſt her - “vor gebracht. Wie es denn auch wahrhaff - “tig iſt. „
Und als wir ſie denſelben liebhabern uͤber - “gaben / haben wir ſie durch denſelben einweſi - “gen geiſt einigen dienſtlich erklaͤret / ſo viel wir “nemlich ſahen / daß ſie die klarheit begreiffen “und ertragen mochten. Alſo daß uns nie - “mand vorkommen iſt / der dieſelben ſchrifften “mit verſtand koͤnnen widerlegen oder entgegen| “ſtehen. Sondern konten durch die empfin - “dung wol verſtehen / daß ſie durch das licht “CHriſti bezeuget und beſchrieben waren. Und “das komt daher / daß ſie der einweſige geiſt “ſelbſt in den hertzen der menſchen ver - “theidiget / bekant machet und verant - “wortet. „
Nun ſo viel ihrer moͤchten gefunden wer - “den / die ihre ſeele dem einweſigen geiſte Chri - “ſti uͤbergeben / die werden denſelben ſchrifften / “durch die krafft des einweſigen Geiſtes / zur “dienſtbarkeit eines andern vorſtehen / und “durch den befehl Gottes den liebhabern der “wahrheit mittheilen: Und das in freyheit / ſon - “der etwas anders darmit zu ſuchen / dann “die ehre und tugend GOttes und die ſeelig - “keit der menſchen. „
Dann wir bekennen vor GOTT und al - “len liebhabern der wahrheit; daß wir mit “denſelben ſchrifften und zeugniſſen / nach “menſchlichereigenſchafft / niemands geld noch “gut / noch ehre oder hoheit von menſchen / oder “herrſchafft uͤber iemanden zu fuͤhren / geſucht “oder begehrt haben: ſondern ſie ſind allein “hervor gebracht und angedient / um den ein - “faͤltigen menſchen daſſelbe einweſige leben “GOttes / in den hertzen (und nicht drauſſen) “anzuweiſen. Und das weſendlich / und nicht “bildlich oder perſoͤnlich / unter menſchlichen “opinionen. Wie dann (GOTT beſſere es) “ſo lange zur vertheiltheit geſchehen iſt. „
24. Und darmit beweiſen wir vor GOtt “und allen liebhabern der wahrheit / daß wir “A. K. H. Dritter Theil. D 2durch28Th. III. C. III. Von dem auctore des HertzensſpiegelsJahr MDC. biß MDCC„ durch den einweſigen geiſt GOttes daſſelbe „ zeugniß bedienen: und nicht unſere eigne opi - „ nion. Jch ſage mit der wahrheit JEſu Chri - „ ſti / daß wir nicht dencken oder meynen / daß „ wir durch unſere vernunfft / einigen dienſt Got - „ tes ſolten koͤnnen bedienen. O nein. Das „ iſt unſers vermoͤgens nicht. Sondern der ein - „ weſige geiſt JEſu CHriſti bedienet ſich ſelbſt „ aus ſeinem freyen ungeeigneten weſen in den „ gehorſamen ſeelen.
„ Dieſes nehme ein jeglicher leſer wol zu her - „ tzen; Und nehme ſie zur dienſtbarkeit / um zum „ weſen GOttes zukommen / von GOttes we - „ gen zu einem behuͤlff an: Und dancke GOtt „ fuͤr ſeine gnade. Und laſſe GOttes gnaͤdi - „ ge wercke ungeeignet / um nicht mit der ver - „ nunfft in eigenſchafft daruͤber zuherꝛſchen. „ Und dann wird unſere ſeele ruhe in GOtt fin - „ den / und friede mit den menſchen haben / „ weil wir keine eigenſchafft begehren. Dann „ aus eigenſchafft kommt aller zanck und ver - „ theiltheit.
„ Und ob wir wol keine eigenſchafft haben / ſo „ beſitzen und gebrauchen wir dannoch alle din - „ ge in der voͤlle des lebens / ſo viel als das leben „ zu ſeinem unterhalt begehret oder ihm nuͤtzlich „ iſt. Und iſt reich uͤber alle begierden und ei - „ genſchafften des fleiſches.
„ Und wer in ſeiner eigenſchafft will bleiben / „ der wird nimmermehr gnug haben: Und muß „ ein armer gefangener unter ſeinen begierden „ bleiben; Und ob er himmel und erden zu ſei - „ ner eigenſchafft haͤtte.
„ 25. Darum wird nun in dieſem letzten „ theil der zeit die herꝛliche freyheit CHriſti / uͤber „ alle ſchaͤtze des eigenthums geprieſen und gelo - „ bet werden: Jch mag wol darvon zeugen / „ dann ich habe es mit that und wahrheit erfah - „ ren.
„ Jch ſage: Alle leben / die in der eigenſchafft „ begriffen ſtehen / die leben nicht in der vollkom - „ menen ruhe des freyen Chriſtlichen ungeeigne - „ ten lebens. Dann der tod iſt unter dem eig - „ nen leben vermengt. Es ſey dann das leben „ unter dem zwange des geſetzes / oder es ſey „ das leben unter der begierlichkeit des fleiſches / „ ſo iſt doch der tod herꝛ daruͤber.
„ Und weil das leben CHriſti ſo herꝛlich in „ ſeiner freyheit iſt / darum iſts uns ſo lieb und „ werth in unſern hertzen; Daß wirs uͤber alle „ ſchaͤtze dieſer welt erwehlt haben. Und durch „ die liebe / die wir darzu haben / hat es eine „ weſentliche wohnſtaͤtte in unſerer menſchheit „ gemacht / und hat ſich ſelbſten mit unſerer „ menſchheit (dem inwendigſten gemuͤthe / „ geiſt oder weſen des hertzens. Acker-ſchatz „ 1. th. cap. 32. v. 2.) zu einem weſen und gei - „ ſte vereiniget. Wordurch wir mit dem ein - „ weſigen leben / und das einweſige leben mit „ uns / zuſammen in einem weſen / ein dienſt - „ bar zeugniß vor allen liebhabern der wahrheit „ bezeugen / und einweſig hervor bringen. „ Wormit wir allen eigenſinnigen menſchen zu - „ erkennen geben / daß ſie einen abſtand von ih - „ ren eignen vertheilten opinionen oder mei - „ nungen ſollen thun / oder daß ſie darinnen zu „ grunde gehen werden.
„ Und ſo ſie die wahrhafftige warnung / die „ der einweſige geiſt nun ſelbſt thut / nicht „ wahrnehmen / und die zeit ungeacht vor -bey gehen laſſen; und gleichwol in ihrer ei - „Jahr MDC. biß MDCC genſchafft zu bleiben vermeinen / ſo iſt GOtt “und ſein einweſiger geiſt an allem ihrem elen - “de und verdammniß unſchuldig. „
26. Dann GOtt thut nun allen / die dieſe “zeugniſſe / welche ſein einweſiger geiſt ſelbſt “hervorbringet / empfangen / gnug / daß ſie zu “ihrer ſeligkeit des lebens eingehen koͤnnen. “ Erkennen ſie es in der gegenwaͤrtigen zeit “nicht / ſo werden ſie es nachmals erkennen zu “ihrer ſeligkeit oder verdam̃niß. „
Und ſo viel unſern beruff von GOtt zur “dienſtbarkeit angehet / werden wir auch ent - “ſchuldigt von allen elenden und verdammnuͤſ - “ſen / die allen eigenſinnigen opinioniſchen “menſchen / die auff das werck GOttes nicht “achten / uͤberm haupte hangen. Dann wir “haben unſere zeit zur dienſtbarkeit nicht ver - “ſaͤumt / noch in unachtſamkeit verwahrloſt / “ſeynd auch dem einweſigen geiſte nicht wie - “derſpenſtig noch ungehorſam geweſen / als er “uns zu ſeinem dienſte beruffen. „
Dieweil dann der dienſt meiner creatur “(als droben gemeldt) faſt zum ende gekom - “men iſt / ſo will ich / (ſo viel meine creatuͤrli - “che bedienung angehet / ſo wol mit ſchreiben “als anderer geſtalt /) denſelben dienſt dem “einweſigen geiſte / von welchem ich ihn em - “pfangen habe / wieder uͤbergeben. Dann er “muß allezeit in ihme bleiben; oder ſolte kein “dienſt GOttes zu der menſchen ſeligkeit “ſeyn: (wie man das an allen vernuͤnfftlichen “dienſten wol befindet:) und ich hoffe auch / “daß GOtt / durch ſeine einweſige krafft / ſeelen “und creaturen erwecken und gebaͤren ſolle / die “an meiner ſtatt / die Goͤttliche dienſtbarkeit “wieder annehmen werden. Dann das hauß “GOttes mag ohne diener nicht ſeyn. „
27. Jch ſage: Das weſen GOttes mag “oder kan ohne ausfluͤſſe nicht ſeyn. Dann “die ſonne kan ohne ſchein nicht ſeyn. Aber wol “deme / dem ſie auff ſeinen acker ſcheinet: dann “ſeine fruͤchte werden gebenedeyet werden. „
Und dieſe diener / die das weſen GOttes / in “dem bildlichem menſchen bedienen ſollen / koͤn - “nen wir nach der creatur nicht erwehlen / oder “creatuͤrlich mit dem finger zeigen / wie die ce - “remoniſche diener thun. O nein. Sondern “die diener des heiligen weſens CHriſti laſſen “wir den weſentlichen geiſt CHriſti ſelbſt er - “wehlen / und in ſeiner arbeit treiben. „
Darum laſſet uns den hauß-vater bitten / „Matth. 9. daß er arbeiter in ſeinen weinberg wolle ſen - “den. Dann die erndte iſt groß / und der arbei - “ter ſind wenig. „
Das iſt: Daß vielerley Goͤttliche / einwe - “ſige / himmliſche gaben erſchienen ſind: Und “daß dargegen auch mancherley vertheilte ſin - “nen und gedancken im hertzen deren mit dem “weſen GOttes noch unvereinigten menſch - “heit ſeyn: aber wenig Goͤttliche ſinnen und “gedancken die das einweſige leben bedienen “zur fruchtbarkeit ſeines heiligen weſens. Und “das kommt daher / daß die vertheilte ſinne “und luͤſte zu des fleiſches eigenthum / die ein - “weſigkeit GOttes nicht moͤgen vertragen oder “leiden / weil ſie in ihrem wilden / vertheilten / “eigenſinnigen weſen bleiben wollen. „
28. Und ſo weit gehet Hiels eigene erzehlungvon29und denen ſchrifften Hiels. Jahr MDC. biß MDCC. Warum Hiel ſeinen namen verſchwie - gen.von ſeinem erſten zuſtand / welcher zu allerhand nachricht nicht undienlich ſeyn mag.
Die urſachen aber / warum ſo wol von dem auctore ſelbſt / als denen ausgebern deſſen name verſchwiegen worden / hat er bereits ſel - berin der einleitung zum Acker - ſchatz I. C. §. 5. alſo eroͤffnet: Weil GOtt unſere ſeele aus den bildlichen dingen in ſein einig ewiges weſen uͤbergeſetzet / und mit dem - ſelben zu einem CHriſto vereiniget hat / und wir in dieſer gefaͤhrlichen zeit befin - den / daß um das erwehlen der perſoͤnli - chen dinge ſolcher zwiſt und parthey - ſchafft entſtehet: ſo haben wir vor diß - mal unſern perſoͤnlichen namen in die - ſem zeugniß nicht geſetzet; unſern we - ſentlichen namen (das einweſige leben) aber haben wir deutlich erklaͤret / und den leſer darauff angewieſen. Und zwar meiſt darum / daß ſich der leſer mit dem creatuͤrlichen namen nicht moͤchte laſſen gefangen nehmen zu einem erkie - ſenden creatuͤrlichen zufalle oder laſter: und dadurch das inwendige werck Got - tes in ſich nicht etwan vergeſſen / wie ſol - ches eine zeitlang unter den kindern der menſchen geſchehen iſt. Denn nicht un - bekant iſt / was weſen zur vertheiltheit der menſchen kinder mit dem perſoͤnli - chen namen angerichtet haben. Vors erſte hat ſich der ausgeber / wenn er vom fleiſch und blut / wie er auch war / geprie - ſen wurde / erhoben / oder wenn er gelaͤ - ſtert worden / erbittert. Wenn der au - ctor die weſentliche gabe in ſeiner ſeele ſo kraͤfftig empfangen hatte / daß ihm lo - ben und laͤſtern gleich viel geweſen / ſo hat er gleichwol fuͤr den leſer (weil er den irꝛdiſchen partheyiſchen geiſt in den unerleuchtē menſchen erkennet) in dieſer vertheilten zeit ſorge tragen muͤſſen / daß er ſich aus dem creatuͤrlichen namen inwendig nicht verblendete / oder auswendig eini - gen anhang von fleiſch und blute zu ei - nem auffruhr machte: Denn der un - wiedergeborne oder ins weſen GOttes noch nicht uͤbeꝛgeſetzte leſeꝛmacht in ſei - ner irꝛdiſchen erkieſung aus dem crea - tuͤrlichen namen zu einer zeit einen gott / und zur andern zeit einen teuffel / und das alles zu verblendung ſeines in - wendigen weſens. Darum iſts gut / daß man den unverſtaͤndigen kindern das meſſer aus den haͤnden lege / biß ſie es mit der zeit ihres alters recht zu ihrer erhaltung gebrauchen koͤnnen ꝛc. Denn daß wir dieſer zeit unſern creatuͤrlichen namen mit der feder nicht bezeugen / ge - ſchiehet dem leſer zur ruhe ſeines ge - muͤths aus liebe. Verhoffend / daß er inwendig deſto beſſer auff die weſent - lichkeit GOttes acht haben ſolle / ſeine ſeele ins einweſige leben der Goͤttlichen natur einzugeben. Denn das iſt es / wel - ches ewig bey den menſchen bleibet.
29. Daß er ſich aber unter dem Ebraͤiſchen namen Hiel nur zu erkennen geben wollen / wel - ches ſo viel heiſt als GOttes leben / hat der uͤber - ſetzer im vorbericht uͤber den erſten theil der ſend -briefe p. A. 3. alſo erklaͤret: Es bedeute des au -Jahr MDC. biß MDCC. ctoris aus dem tod wieder erwecktes leben der Goͤttlichen natur. Wie etwan Paulus von ſich bezeuget / er duͤrffe nichts reden / es rede es denn CHriſtus in ihm. Daß alſo dieſe ſchriff - ten nicht aus der vernunfft gefloſſen / und dahe - ro ſchwerlich oder gar nicht verſtanden werden koͤnten / als nur von denen / die der geiſt GOt - tes gelehret / und die die wahrheit derſelben in ſich empfunden / wie abermal im anfang der kurtzen unterweiſung aus einem alten manu - ſcripto geſetzet wird. Jn dem gedachten vor - bericht §. 5. wird auch hievon geſetzet / daß einer von den gelehrteſten / beruͤhmteſten und auch froͤm̃ſten maͤnnern / ſo zu ende des 16. und im an - fang des 17. ſeculi gelebet (welcher nur mit den buchſtaben B. A. M. angezeiget wird) von dieſem auctore oͤffentlich bezeuget habe / daß er Chriſtianæ veritatis viventis teſtis geweſen / cui nomen ipſa Chriſti virtꝰ & veritas Hiel indidit.
30. Die ſchrifften ſelbſt belangend ſind ſel - bige guten theils ſchon um das jahr 1580. und weiter hin in den Niederlanden gedruckt und be - kant geweſen / abſonderlich aber der Acker - ſchatz und andere wol in die dreymal / ſo wol in Niederteutſcher als Frantzoͤſiſcher ſprache / und auch in der beruͤhmten Plantiniſchen Druckerey zu Leyden in 8vo und 4to ausgangen / woraus man ſehen kan / daß um ſelbige zeiten dergleichen ſchrifften haͤuffig abgegangen und gebraucht worden. Die Bibliſchen figuren ſind auch anno 1582. in Niederlaͤndiſcher ſprache gleich wie die andern gedruckt worden. Von ſelbi - ger zeit an ſind ſie meiſt wieder liegen blieben / biß ſie nach hundert jahren anno 1687. faſt alle mit einander zu Amſterdam von neuem in 8vo Hochteutſch publicirt / dazu nachmals anno 1690. der dritte theil der Sendbriefe eben da - ſelbſt gedruckt worden. Jch will die titul de - rer tractaten zur nachricht nach einander hieher ſetzen: Eine kurtze und lehrhaffte unter - weiſung durch Hiel, worinnen er zu er - kennen giebt / was denenjenigen annoch ermangle / die ſeine zeugniſſe leſen und fuͤr gut urtheilen. Da dann gewaltig angewieſen wird / wie aller Goͤttlichen zeugniſſe einiger endzweck ſey / daß alle des menſchen ſeelenkraͤffte in liebe zu GOtt brennen moͤgen: wie dagegen der irꝛdiſche menſch / die daraus geſchoͤpffte erkantniß in die vernunfft faſſe / zu einer falſchen freyheit des fleiſches: wie man ſtaͤts auff die Goͤttliche wirckung in ſei - ner ſeelen acht haben und mit ernſt ver - huͤten ſolle / daß ſolche durchs ſpeculiren der vernunfft nicht zerſtoͤret / und durch eingefuͤhrte creatuͤrliche bildlichkeit die empfaͤngniß des geiſtes GOttes ver - hindert werde. Jngleichem auch / wie durch die fruͤchte ſo wol des geiſtlichen als buchſtab - oder figuͤrlichen dienſtes / beyde dienſte von einander zu unterſchei - den: was der uͤberbliebene Goͤttliche ſame ſey: was fuͤr zeiten zu gewarten: auch was unter menſchen geſtalt fuͤr geiſter werden generirt werden / (oder vielmehr ſchon generirt ſind) wie ſie gegen einander ſich bezeigen werden: und was fuͤr elend / angſt und noth uͤber die irꝛdi - ſche eigenſchafft ergehen muͤſſe / ehe dieD 3figur30Th. III. C. III. Von dem Auctore des HertzensſpiegelsJahr MDC. biß MDCC. figur ins weſen gehen koͤnne. Zu ſamt vielerley andern lehrhafften auffſchlieſ - ſungen nach dem wahren weſen.
Ein ewig teſt ament: das die ſeele zur uͤbergebung ihr ſelbſt / mit dem weſen GOttes machet / mit der ewigen gott - heit / im einweſigen leben gemeinſchafft zu haben. Den liebhabern der warheit; zu einem vorbilde des lebens / in ihrem hertzen bezeugt. Alles durch Hiel, das einweſige leben GOttes.
Geiſtliche lieder / ſo wol in traurig - keit / als in freude / in GOTT muth zu ſchoͤpffen und andaͤchtiglich zu ſingen. Mit angehengter ermahnung / worin - nen und auch zu welcher zeit der menſch ſich betruͤben und erfreuen ſolle: und daß er ſich nach dem ſingen zur wirckung GOTTes begeben ſolle. Denen auch beygefuͤgt lehrhaffte ſpruͤche / raͤthe oder warnungen und gebote / und wie man fruchtbarlich beten ſolle / mit zwi - ſchen lauffender erklaͤrung auff eine fra - ge / alles durch Hiel, das einweſige leben GOttes.
Von der verborgenen ewigkeit CHri - ſti: wie er allzeit von anbeginn der welt / in ſeinem Goͤttlichen weſen bey GOtt dem Vater und bey allen heiligen GOt - tes / ſo wol in dem geſetz und Propheten / als in der hoffnung und glauben / ge - weſt iſt: und die himmliſche ſeligkeit; Jn mancherley wirckungen / uͤber das menſchliche weſen; bedient hat. Den liebhabern der wahrheit; zu einem vor - bilde des lebens / in ihren hertzen be - zeugt; alles durch Hiel / das einweſige leben GOttes.
Erklaͤrung der offenbarung Johan - nis aus dem Viſioniſchen geſichte / in das wahre weſen JEſu CHriſti.
Bibliſche fragen / oder kurtze und deutliche vorſtellung aller denckwuͤrdi - gen Hiſtorien und geſchichten / des A. und N. Teſtaments: mit beygefuͤgten kurtzen geheimen und weſentlichen er - klaͤrungen derſelben: wordurch der menſch auffs einfaͤltigſte aus den aͤuſſer - lichen bildern aus und hinein in ſeine ſee - le ins weſen eingefuͤhret / ihm auch klaͤr - lich gezeigt wird / wie er an ſolchen figu - ren / bildern und buchſtaben nicht be - hangen bleiben / ſondern dieſelben zu dem von GOtt abzielenden endzwecke recht gebrauchen / und alſo des / durch ſie vorgebildeten weſens zur erneuerung ſeiner ſeelen theilhafftig werden ſolle.
Eine geiſtliche reiſe eines juͤnglings nach dem lande des friedens / allda innen weſentlich in GOtt zu leben: der auff der reiſe in dreyerley diſputen kam. Zu - ſamt einigen ſpruͤchen / die das alter (der mannheit Chriſti) dem juͤnglinge (in Chri - ſto) zum unterricht giebt und ihn an - weiſet / wie er aus der jugend zum alter auffwachſen ſolle. Welche ſpruͤche ſich endlich veraͤndern in ein geiſtlich geſpraͤ - che zwiſchen dem alter und juͤnglinge / ſehr nuͤtzlich / denen annoch angehangenein reihe-tantz / woran die eitle heidni -Jahr MDC. biß MDCC. ſche luͤſte mit ihren gottloſen / verwuͤ - ſten / unbaͤndigen ſinnen und gedancken / ſo wol in verwuͤſtheit / als auch im ſchei - ne der heiligkeit / aus allen ecken der er - den / ſich verſammlen / und hand an hand daran tantzen / reihen und ſpringen biß in die hoͤlle hinein.
Das grundſtuͤck / welches gruͤndlich im hertzen der menſchheit erklaͤret zwey widerwaͤrtige weſen / nemlich: die wah - re Chriſtliche lehre im geiſte / und die fal - ſche lehre des irꝛdiſchen weſens: worin - nen ſo wol die inwendige weſentliche wirckung GOttes / als auch die falſche wirckung des irrdiſchen weſens / zuſamt dem triebe und geſchaͤffte des ſatans / in einer ſich in GOttes gehorſam ergeben - den ſeele / klaͤrlich offenbaret und bekant gemacht wird. Und zwar dem armen menſchen in dieſem greulichen verder - ben zu gute: ob er dadurch aus ſeiner blindheit erloͤſt / die wirckung GOttes in ſeiner ſeelen erkennen / wahrnehmen / und ſolche von der wirckung der irrdi - ſchen vernunfft und des ſatans unter - ſcheiden lernen: dargegen den wahren Gottesdienft im geiſte zur erneuerung des lebens erlangen / und eines weſent - lichen troſtes in ſeiner ſeele theilhafftig werden moͤge. Nebenſt umſtaͤndlicher anzeige und vermeldung / wider ſchrei - ber dieſes buͤchleins / aus der verwuͤſten heidenſchafft durch den einſprechenden geiſt getrieben / und von GOtt beruf - fen worden / zeugniß von ihm zu geben.
Erſter theil der Chriſtlichen gehei - men epiſteln oder ſend-briefen / ſo ehe - mals durch den ausfluß des geiſtes im einweſigen leben aus einem eiffrigen hertzen in nieder-teutſcher ſprache un - ter dem verborgenen namen Hiel an die liebhaber der wahrheit heraus gegeben worden / zu einer ſicheren und weſendli - chen antwort auff ihr begehren. Wo - rinnen der menſch auffs treulichſte an - gewieſen wird / wie er durch die verlaug - nung ſein ſelbſt aus dem ſinne des flei - ſches: auch aller unruhe und ſtreit aus - und durch erneuerung des lebens in den geiſt zu fried und ruhe mit GOtt und menſchen eingehen ſoll / und das alles zur foͤrderung und dienſte derjenigen / die einen hertzlichen luſt zum wahren weſen GOttes in JEſu CHriſto haben: An - jetzo nebſt andern deſſelben ſchrifften / denen auff den duͤrren bergen des verfal - lenen Chriſtenthums umher irrenden armen / und nach gruͤner und geſunder weyde hungrenden ſchafen zu liebe ins hochteutſche uͤbergeſetzet.
Zweyter Theil der ſend-brieffe / oder des Epiſtel-buchs: in ſich haltende vie - lerley tiefgegruͤndete verborgenheiten oder geheimniſſe und lehren / nach der in - wendigkeit der ſeelen / durch den aus - fluß von dem geiſte des einweſigen le - bens / ſo wol aus einem eifer des her - tzens / als auffbegehren einiger liebha - ber der wahrheit / zu einer ſichern undweſent -31und denen ſchrifften Hiels. Jahr MDC. biß MDCC. weſentlichen antwort auff ihre begier - den / welche auch zu foͤrderung und dienſt derer / ſo einen luſt haben zu dem wahren weſen GOttes in Chriſto JEſu an tag gegeben ſind.
Dritter Theil der Chriſtlich-gehei - men Epiſteln oder ſend-brieffen ſo ehe - mals durch den ausfluß des geiſtes im einweſigen leben / aus einem Gott faͤ - hig eifrigen hertzen in niederteutſcher ſprache unter dem verborgenen namen Hiel / an die liebhaber der wahrheit heꝛausgegeben woꝛden / zu einer weſend - lichen und ſichren antwort auff ihr be - gehren: Und das zu foͤrderung und dienſt derjenigen / die eine hertzliche luſt zum wahren weſen GOttes in Jeſu CHriſto in ſich haben / fuͤhlen und empfinden. Denen zu ende noch angehenget unter - ſchiedliche briefe / worinnen aus lebendi - ger erfahrung und weſentlicher befin - dung einfaͤltiglich gezeiget wird / wie wir alle mit Chriſto unſerm Heylande zu gleichem mit-leiden / mit-ſterben und mit-begraben werden ꝛc. gepflantzet / werden muͤſſen / ehe wir mit ihm wieder voͤllig aufferſtehen / mit ihm leben und himmliſch geſinnet ſeyn koͤnnen.
Das buch der zeugniſſe des verborge - nen Ackerſchatzes: worinnen als einem hellen ſpiegel klar vor augen geſtellet werden die verborgene wunderthaten GOTTes / im inwendigſten grun - de der menſchen hertzen begriffen / worauff alle heiligen GOTTES mit bedeckten ſtimmen / oder dun -ckeln gleich niſſen / figuren und bil - den biß in die klarheit des weſentlichenJahr MDC. biß MDCC. lichts anweiſung thun. Jnſonderheit iſt darinnen offenbart und erklaͤrt: 1. Was die myſtiſche und geiſtliche ſchoͤpf - fung der unterſchiedlichen wirckungen GOttes im menſchen / aus der finſterniß ins licht / und biß zum vollkomenen we - ſen. 2. Wie die irꝛdiſche geiſter dem er - leuchten weſen JEſu CHriſti im men - ſchen entgegen ſtehen / und in ſeel und leibe das verderben wircken. Wie die luͤgen ſo wol in ihrer boßheit als in ver - meinter heiligkeit des fleiſches / das ge - wiſſen zur unempfindligkeit / und daß es keine ſchuld erkennen mag / bringe; und was zwiſchen dem ſprechen und weſend - lichen worte fuͤr ein unterſchied. 3. Was der wahre Geiſt in ſeiner erweh - lung eigner gerechtigkeit / dargegē auch der weſentliche geiſt und lehre CHriſti eigendlich ſey: und 4. Wie der menſch ſich aus allen irrdiſchen bilden in himm - liſche bild / das die ſeele mit GOtt zu ei - nem weſen und geiſte vereinigt / um - wenden und bekehren ſolle. Deme folgt dann zum 5. ein gruͤndlicher Unter - richt / wie der menſch / wenn das geſetz der gerechtigkeit GOttes wider die ſuͤnde in ihme ſich offenbaret / den glauben er - greiffen ſoll / zu ſamt einer myſtiſchen erklaͤrung des Vaterunſers / Engliſchen gruſſes und lobgeſanges Simeonis aus den bilden ins wahre weſen u. ſ. w. Den ausfuͤhrlichen inhalt dieſer etwas ſeltſamen und bedencklichen ſchrifften wollen wir unten im IV. theil etwas genauer erſehen / weil er hier zu weitlaͤufftig fallen moͤchte.
§. 1.
DIeſe den gemeinen umſtaͤnden nach be - ſchriebene hiſtorie wird hier etwas ge - nauer und wahrhafftiger zu entdecken ſeyn / nach dem die wieder ſolche leute ergan - gene acten mir zu handen kommen ſind. Das meiſte von dem erſten ausbruch des Eſaiæ Stiefels hat Herr Chriſtian Thomas be - reits in ſeiner Hiſtorie der Weisheit und Thorheit im III. monat pag. 150. u. f. aus denen Langenſaltziſchen actis extrahirt / aus welchen und denen voͤlligen actis ſelber / wie auch aus denen Erfurtiſchen und ſonſt andern gedruckten documenten hier das noͤthigſte an - gemercket werden ſoll.
2. Betreffend erſtlich des Stiefels perſon / hat ſein erſter anklaͤger M. Mel - chior Thileſius, Superintendens zu Langen - ſaltze / in ſeinem erſten bericht an das Conſiſto - rium zu Leipzig dieſes von ihm geſchrieben: ErStiefels perſon und aͤuſ - ſerliche le - bensart. waͤre hiebevor / dem aͤuſſerlichen ſchein und ihrem der prediger beduͤncken nach / ihr gehorſames pfarrkind geweſen / ſich auch im gehoͤr Goͤttliches worts und ge - brauch des hochwuͤrdigen Abendmahls Chriſtlich erzeiget. Und auf dieſes bekaͤnt - nis ſeiner gegener hat ſich Stiefel hernachſelbſt bezogen in einem ſchreiben an den Rath zu Erfurt / welches er in ſeinen gruͤndlichen Verlauff pag. 367. geſetzet: Daß er ſeinesWird von ſeinen feinden unſtraͤff - lich er - kant. gefuͤhrten Chriſtlichen wandels mit al - len den ſeinigen nicht allein in ſeiner gu - ten freunde eydlichem ausſpruch / ſondern dern auch in ſeiner feinde urtheil erkun - digung einzuholen bitte / weil auch dieſe ihm nichts anders / als alles gutes mit wahrheit nachſagen muͤſten. Jn ſeiner Apologie wieder Webern ſchreibet er auch: Das waͤre dieſen und allen andern luͤg - nern ein beſtaͤndig Chriſtenthum / daß ſich in mir ein ſolcher Chriſtus erzeigte / welcher mit ihnen in hoffart / haß / neid / geitz / geld - und welt-luſt nach allen neuen zeitungen der welt / auch in fleiſch - licher augenluͤſtiger begierlichkeit ohne unterlaß erfunden wuͤrde: Das waͤren pfarrkinder vor dieſen Superintendenten. pag. 11.
3. Aus dieſen und dergleichen umſtaͤndenOber an ſich ſelbſt doßhaff - tig gewe - ſen. iſt vor allen dingen anzumercken / daß ſein ge - muͤthe an ſich ſelbſt nicht ſo freventlich-boß - hafftig geweſen ſeyn muͤſſe / daß er aus lauter gottloſigkeit von ſich ausgegeben / er waͤre CHriſtus / ſondern daß ſeine unwiſſenheit undconfu -32Th. III. C. IV. Von Eſaia StiefelnJahr MDC. biß MDCC. confuſion der Goͤttlichen wahrheiten ihn meiſt dazu gebracht / auch das harte tractament wie - der ihn noch mehr darinne beſtaͤrcket / wie wir nun nach einander ſehen wollen. Der urſprung aber des groſſen haſſes wieder ihn mag folgen - der geweſen ſeyn / wie es der gedachte bericht desSein ſtreit mit dem Rath zu Saltza. Superintendenten anweiſet. Stiefel war ein handelsmann / und gerieth uͤber dem wein - ſchanck mit dem Rath zu Langenſaltze in ſtreit / welcher ihm denſelben verbieten wolte. Jener aber erhielte beym Churfuͤrſten deswegen ein privilegium; da deñ leicht zu eꝛachten / daß es oh - ne gꝛoſſe jalouſie des gantzen Raths und der ihm verwandtē prediger nicht abgangē. Er hat auch ihnen hernach ſelbſt vorgehalten / daß ſie zuvor ihn weder dieſes weinſchancks noch ſeiner mei - nungen wegen erinnert / in einer replica de dato d. 14. oct. 1605. da ſeine worte alſo lauten:Und be - kaͤntniß von der Prediger verhalten dabey. Ach ihr Herꝛn des H. Predigamts / was gehet euch doch der weinſchanck an / den freylich Stiefel zur ſelbigen zeit / wie er ihme zur ſelbigen zeit traumen laſſen / getrieben. Kontet ihr damals als ſee - len ſorger und diener der ſtadt Saltza in GOttes wort (denen ſo wol der ſtadt beſtes zu ſuchen gebuͤhret haͤtt / als an - dern leuten; Denn wie der Prophet Je - remia durch den geiſt GOttes ſpricht zu den gefangenen Jſraeliten: Suchet der ſtadt Babylon ihr beſtes / denn wenn es ihr wol gehet / ſo gehet es euch auch wol) nicht zu mir kommen / mich war - nen und ſagen: Jch thaͤte nicht recht / daß ich ſolches vornehme. Ja ihr wa - ret wol bey mir zum weine / aber ich hoͤr - te keinen / der von GOttes ehre oder der ſtadt beſtem geſagt oder gepredigt haͤt - te; von allerley uͤppigkeit aber ſchwatz - tet und diſputirtet ihr / das muß ich euch zeugniß geben.
4. Nach dieſer begebenheit nun brach das Miniſterium in klagen wieder ihn aus / daß der Superintendens am 15. april 1605. dem Leiptzi - ger Conſiſtorio folgendes zuſchrieb: Uber ſol - chem weſen (nemlich uͤber dem ſtreit wegen des weinſchenckens) mißlinget es dah in / daß er (wie meine und anderer leute gedan - cken halten / und der ausgang giebt) uͤber Muͤntzeriſche und wiedertaͤufferiſche buͤcher oder Charten kom̃et / oder muͤſte ihn ſonſt der wiedertaͤufferiſche geiſt im - mediate zu ſolchem vorhaben angetrie - ben haben / beginnet ſich vom gehoͤr Goͤttliches worts und gebrauch des hoch wuͤrdigen Abendmahls abzuhal - ten / daheim hinter dem ofen zu bleiben / mit vorwenden / er leſe in ſeiner Bibel / meditirte und ſchriebe zu hauße in religi - ons - und glaubens ſachen mehr und beſ - ſers / denn ihm in der kirchen und predig - ten geſagt werden moͤchte / thut ſich auch zu zeiten bey ſeinen freunden und verwandten / ſonderlich gegen ſeinen ſchwager Ehrn M. Ludovico Rechten - bach / meinen collegen / deſſen leibliche ſchweſter den Stiefel zur ehe hat / mit ſeltzamen und wunderlichen diſputationi - bus und fragen herfuͤr / redet von an - dern leuten / ſonderlich von amts-perſo - nen / geiſtliches und weltliches ſtandes /nicht das beſte / ſondern das aͤrgſte / ver -Jahr MDC diß MDCC. ſchonet auch dabey unſer ſeiner vorge - ſetzten ſeelſorger nicht / ſolcher geſtalt / ſie waͤren in lehr und leben ſelbſt ſtraͤff - lich / und nicht wie ſie ſeyn ſolten. Uber dieſes hat er alle ſeine kindeꝛ / knaben und maͤgdlein / aus der ſchulen genommen / und nun eine ziemliche zeit faſt uͤber ein halb jahr bey ſich zu hauſe behalten.
5. Es erzehlet aber der Superintendens da - ſelbſt ferner / daß er ihn damals vor ſich gefo - dert / da ihm denn vorgekommen / als haͤtte der Schwenckfeldiſche Enthuſiaſtiſche ſchwermer - geiſt Stiefeln gantz eingenommen / weil er un - ter andern geſaget: Er waͤre kein ſuͤnder / ſon -Stiefels ausbruch von CHri - ſti perſon. dern CHriſtus der Sohn GOttes waͤre in ihm nicht nur nach der krafft / ſondern nach dem we - ſen. Hierauff haͤtte er ihm einen monath friſt gegeben / und da er ihn wieder vor ſich gefodert / haͤtte Stiefel mit ungeſtuͤmm zu ihm geſagt: Er ſehe jetzo aus Stiefels augen mit ſei - nen augen CHriſtum den Sohn GOttes / er hoͤrete jetzo mit Stiefels munde mit ſeinen ohren reden CHriſtum den Sohn GOttes ſelbſt. Da denn der Superinten - dens weiter referiret: Er ſey dem teuffel inDer Pre - diger ant - wort. geringſten nicht zu fuſſe gefallen / ſon - dern habe unter andern geſaget: So lan - ge und offte du diß ſageſt / biſtu nicht Chri - ſtus / vor welchen du dich gotteslaͤſter - lich außgiebſt / ſondern der teuffel ſelbſt / auch Stiefeln als einen teufel ſich packen / und von ihm gehen heiſſen / mit vermel - dung / ſolcher geſtalt wolle er jetzo das letz - temal privatim mit ihm geredet haben. Dieſes ſolte der andere gradus admonitionisUnd gra - dus admo - nitionis. ſeyn / ob er aber dem ſinn und befehl CHriſti ge - maͤß geweſen / laͤſt ſich leicht erkennen. Es hat aber Stiefel darauff in einem ſchreiben an den andern Prediger Henning Dedekind ſich hoͤch - lich beſchweret / daß er vor einen teuffel ge - ſcholten worden / uñ ſeine gedachte meinung / daß CHriſtus in ihm alles rede und thue / weit - laͤufftig wiederholet / auch ſich alſo unterſchrie - ben: JEſus CHriſtus GOttes und Ma - rien Sohn / das lebendige wort des Va - ters im himmel / voll ſeines H. Geiſtes / in meinem heiligen fleiſch und blut zu ſeiner rechten im himmel / und in allen meinen gliedmaſſen in allen auserwehlten / beruf - fenen und glaubigen / und auch in dieſer meiner lieben braut / voll deꝛheiligkeit un - ſers Vaters / in eins / unzertrennlich in alle ewigkeit / Amen.
6. Die Prediger haben ihn darauff den 8. april vor ſich citiret / da ſie denn unter andern gedencken / daß er erkennet / und geſaget habe: Er koͤnne nicht ſprechen / er ſey CHriſtusStiefels fernere er - klaͤrung. weſentlich / ſondern CHriſtus ſey ſein we - ſen in ihm. Die Prediger predigten zwar das wort GOttes in denen kirchen; er aber fuͤnde die fruͤchte nicht / und haͤtte niemals bey ſich befunden / daß der ge - brauch des Abendmahls etwas bey ihm gefruchtet ꝛc. Beym abſchiede habe der Su - perintendens gewuͤnſchet / GOtt moͤchte ihn erleuchten / dem aber jener geantwortet: Er er - kennete keinen irrthum oder ſchwarm. Deſſen ungeacht aber hat der Superintendensin dem33und Ezechiel Methen. Jahr MDC. biß MDCC. in dem bericht an das Conſiſtorium geruͤhmet / Er habe Stieffeln mit dem ſchwerd des geiſtes in allen puncten getroffen und ge - ſchlagen ꝛc. Gleich nach ſelbiger action aber hat Stieffels eheweib einen jungen ſohn gebo -Und ver - halten bey der tauffe ſeines kin - des. ren / und weil er zuvor geſaget / er wolte in be - dencken nehmen / ob er ſein kind tauffen lieſſe / hat das miniſterium das kind durch die Rathsdiener aus ſeinem hauſe abholen / und tauffen laſſen / da er gleich mittags-ruhe gehal - ten. Stieffel hat die tauff nicht vor guͤltig er - kant / ſondern an ſtatt des in der tauffe gegebe - nen namens Johannes / daſſelbe Serubabel ge - heiſſen.
7. Auff des Superintendentens bericht aber wird vermoͤge eines Churfuͤrſtlichen befehls Stieffel ins Conſiſtorium nach Leiptzig beſchie - dē / woſelbſt ihm dieſe folgende puncte vorgelegtUnd be - fragung auff 6. puncte. worden. Er ſolte ſich rund und richtig er - klaͤren / ob er noch ſage und halte 1. Von Chriſto und dem H. Geiſte / daß er CHri - ſtus ſey / und wer ſich ihm widerſetze / der laͤſtere den H. Geiſt? 2. Von der ſuͤnde / daß die glaͤubigen nicht ſuͤndigen / und er ſey kein ſuͤnder / duͤrffe auch um verge - bung der ſuͤnden nicht bitten / und brauchte die fuͤnffte bitte des vater un - ſers nur vor ſeine kinder und andere leu - te / und Lutheri auslegung der fuͤnfften bitte ſey unrecht / daß er ſagt: denn wir taͤglich viel ſuͤndigen / und nichts denn eitel ſtraff verdienen / Stieffel koͤnne daſſelbe auff ſich nicht ziehen. 3. Von der abſolution, daß er dero nicht beduͤrffe / begehre auch ſie nicht zu ſuchen. 4. Von dem predig-amt / er beduͤrffe nicht zur kirche zu gehen / und predigt zu hoͤren / ſey durch den H. Geiſt ohne das gnug - ſam und vollkommen gelehrt und er - leuchtet. 5. Vom H. Abendmahl / daß er nicht koͤnne gewiß ſeyn / daß die krafft und allmacht GOttes allda ſey / oder daß die Miniſtri die krafft haͤtten / das Sacrament zu heiligen uñ zu conſecriren. Sie lieſſen deñ in ihrem wandel ſehē / daß die kraft GOttes in ihnen ſey. Hie ſoll er ſein bekaͤntnis ſimpliciter ſetzen. Was das H. Abendmal ſey / und worzu es die - ne / und ob er ſich forthin auch darzu hal - ten wolte? 6. Von der Tauffe / daß die kinder der Tauffe nicht beduͤrffen / dieſelbige auch in ihnen nicht kraͤfftig ſey / und die Tauffe an ſeinem kinde voll - bracht / ſey keine rechte Tauffe / weil kein geiſt noch krafft darinnen ſey / und daß er ſein kind nicht mit dem namen / den es in der Tauffe empfangen / nennen wolle / ſondern mit einem fremden.
8. Die antwort Stieffels findet ſich bey den acten mit folgenden worten / woraus zugleich ſeine meinungen von obgeſetzten puncten zu er -Seine antwort hierauff. 1. ob und wie er CHriſtus ſey. kennen ſeyn: Hierauff antwortet Elias Stieffel und bekennet mit dieſer eige - nen hand / daß er mit dem H. Apoſtel Paulo CHriſtum nach dem fleiſch nicht kenne. 2. Cor. V. vielweniger daß er ſol - te CHriſtus nach dem fleiſch oder der H. Geiſt ſeyn / ja zum allerwenigſten / daß er ſolte geſagthaben / und ſich haben hoͤ -ren laſſen / wer ſich ihme / ſeinem fleiſchJahr MDC. biß MDCC. und blut wiederſetzte / der laͤſterte den H. Geiſt. Nach dem wort leben und geiſt aber bekennet und bejahet Eſaias Stieffel mit dieſer ſeiner eigenen hand / daß er ein rechter Chriſt und geſalbter des HErꝛn ſey / in welchem CHriſtus der Sohn / das lebendige wort des Vaters voll H. Geiſtes / das leben / wollen und vollbringen in ihm ſey / ſo auch jemand CHriſtum den Sohn das lebendige wort GOttes / oder den H. Geiſt / das ewige leben aus GOtt dem Vater in CHriſto in ihm oder in einem andern rechten Chriſten und geſalbten des HErꝛn laͤ - ſtert oder widerſtrebet / der verachtet nach den worten des HErꝛn CHriſti Chriſtum und den geiſt GOttes in Chri - ſto / und nicht fleiſch und blut.
9. Darum bekeñet er zum andern von der2. ob die glaͤubigen ſuͤnde thun. ſuͤnden / daß freylich die rechtglaͤubigen nicht ſuͤndigen / denn ein rechtglaͤubiger Chriſt und geſalbter des HErrn weiß und erkennet / daß er von ſich ſelbſt nicht lebe / ſondern daß CHriſtus in ihme das leben / wircken / wollen und vollbringen ſey. Wo nun CHriſtus und GOtt der Vater mit ſeinem H. Geiſte in CHriſto das leben wircken / wollen und vollbrin - gen iſt / da iſt keine ſuͤnde / ſondern lau - ter gerechtigkeit / leben und ſeligkeit / wie denn auch Abraham GOtt gleicher geſtalt geglaͤubet hat / und diß iſt ihm zur gerechtigkeit gerechnet. Weil nun CHriſtus in ihme Eſaias Stiefeln wie in einem rechtglaͤubigen Chriſten und geſalbten des HErrn das leben / wir - cken / wollen und vollbringen iſt / ja weil CHriſtus der ſame das lebendige wort GOttes voll H. Geiſtes in ihm kraͤfftig / lebendig und thaͤtig bleibet / iſt er kein ſuͤnder / darff derentwegen / weil CHri - ſtus alles in allem in ihm iſt / auch um vergebung der ſuͤnden nicht bitten / noch die fuͤnffte bitte des Vater unſers vor ſich brauchen / ſondern freylich vor ſeine kinder / und vor die / ſo er ſiehet ſuͤndi - gen / und GOTT den HErrn erzuͤrnen. Denn des gerechten gebet vermag viel wenn es ernſtlich iſt. Jſt die ausle - gung der fuͤnfften bitte Lutheri auff die rechtglaͤubigen Chriſten gedeutet / ſo iſt ſie freylich nicht recht / und will Stiefel als ein rechtglaͤubiger Chriſt ſolche aus - legung nimmermehr auff ſich ziehen / daß er wolte oder ſolte ſo gottloß ſeyn / und taͤglich viel ſuͤndigen und nichts denn eitel ſtraffe verdienen.
10. Darauf bekennet er auch zum drit -3. ob er der abſolution beduͤrffe. ten / daß er freylich als ein rechtglaͤubi - ger Chriſt und geſalbter des Herrn / in welchem Chriſtus das leben / wircken / wollen und vollbringen iſt / der abſolution nicht beduͤrffe / noch dieſelbige zu ſuchen begehre / ſo lange und dieweil CHriſtus ſeine gerechtigkeit / leben und ſeligkeit in ihm wohnet und wircket. Auffs vier - te bejahet und bekennet Eſaias Stiefel / als ein rechtglaubiger Chriſt und geſalb - ter des HErrn / welchen CHriſtus derA. K. H. Dritter Theil. ESohn /34Th. III. C. IV. Von Eſaia StieffelnJahr MDC. biß MDCC. 4. des kir - chenge - hens oder predigt - hoͤrens.Sohn / das wor[t]des lebendigen GOt - tes / voll H. Geiſtes recht frey gemacht / daß er nicht noth halben zur kirchen ge - hen / oder predig zu hoͤren beduͤrffe / denn er die krafft des heiligen ſpruchs reich - lich in ſeinem Hertzen in CHriſto JEſu taͤglich und augenblicklich findet Eſ. LIV, Jer. XXXI. Sie werden alle von GOtt gelehret ſeyn. Er erkennet und be - kennet auch freylich / daß er aus lauter gnaden Gottes des Vaters durch den H. Geiſt in Chriſto JEſu vollkommen erleuchtet und gelehret wird.
10. Zum fuͤnfften bejahet und beken - net Eſaias Stieffel als ein rechtglaͤu - biger Chriſt und geſalbter des HErrn vom H. Abendmahl / daß er freylich nicht koͤnne gewiß ſeyn / daß die krafft und all - macht GOttes daſey / oder die Miniſtri die krafft haͤtten das Sacrament zu hei - ligen und zu conſecriren / eben darum weil ſie die Miniſtri feſt darauff beſtehen / ſa - gen und bekeñen / daß ſie nach der ausle - gung Lutheri uͤbeꝛ deꝛ funftẽ bitte taͤglich viel ſuͤndigen / und nichts deñ eitel ſtꝛaffe veꝛdienen. Weꝛ nun taͤglich viel ſuͤndiget und nichts denn eitel ſtraffe verdienet / der iſt nicht Gottes / ſondern der kirchen diener / und die weißheit GOttes woh - net nicht in einem leibe der ſuͤnden un - ter worffen / vielweniger die krafft und allmacht GOttes das Abendmahl zu heiligen. So lange auch ein Pfarrer / er ſey wer er wolle / deꝛ meinung und des be - kaͤntniß bleibet / daß er taͤglich viel ſuͤn - diget und nichts denn eitel ſtraffe ver - dienet / der iſt zu ſolchem heiligen wercke untuͤchtig. Denn es ſtehet geſchrieben: Jhr ſolt heilig ſeyn / denn ich bin heilig Lev. XI. Was aber mein Eſaias Stief - fels / als eines rechtglaͤubigen Chriſten und geſalbten des HErrn einfaͤltiges und richtiges bekaͤntniß ſey vom heili - gen Abendmahl und wozu es diene / kan ich es richtiger und klaͤrer hieher nicht ſchreiben / oder ſetzen / als es die heiligen Evangeliſten Matthaͤus / Marcus / Lucas / und der heilige Apoſtel Paulus aus dem munde des HErꝛn auffgeſchrie - ben haben: Darzu bekenne ich mich. Ob ich mich fortan zum heiligen Abend - mahl halten wolle / ſage und antworte ich / ja hertzlich gern / wenn nur die Pfar - rer das taͤglich viel ſuͤndigen und nichts denn eitel ſtraffe verdienen / nachlaſſen / und heilig leben und mit dem heiligen Propheten Micha voll krafft / voll gei - ſtes / voll gerechtigkeit und voll ſtaͤrcke des HErrn ſeyn / in CHriſto JEſu un - ſerm HErrn.
11. Von der Tauffe / daß ich Eſaias Stieffel ein rechtglaubiger Chriſt und geſalbter des HErꝛn ſolte geſagt haben / die kinder beduͤrfften der heiligen kraͤffti - gen Tauffe nicht / kan nimmermehr auff mich erwieſen werden. Daß aber die Tauffe der Pfarrern / ſo taͤglich viel ſuͤndi - gen und nichts denn eitel ſtraffe verdie - nen / an andern und meinem kinde voll - bracht / keine rechte Tauffe ſey / weil keingeiſt noch krafft darinnen iſt / iſt die ſchuldJahr MDC. biß MDCC. nicht der tauffe / ſondern den dienern. Denn es unmuͤglich iſt / daß man taͤglich viel ſuͤndigen / und nichts denn eitel ſtraf - fe verdienen / und zu gleich auch GOtt und ſeinen heiligen geboten recht und wol dienen kan. Den namen meines kindes belangend / daß ich es nicht mit demſelbi - gen / den es in der tauffe empfangen / nen - nen wolle / ſondern mit einem fremden / ſa - ge und bekenne ich Eſaias Stieffel / als ein rechtglaͤubiger Chriſt / und geſalbter des HErrn / daß ich dieſes meines kindes namen aus dem H. Propheten Zacharia / aus GOttes wort genommen / und mei - nem lieben himmliſchen Vater eine ge - luͤbde gethan / ſo er mir von meinem weibe zu dieſem mal einen ſohn geben wuͤꝛ - de / ſo ſolte er Zorobabel heiſſen. Weil es denn von anfang der welt allen heiligen eheleuten von GOtt dem HErrn iſt frey zugelaſſen worden / daß ſie ihre kinder (und nicht andere leute) mit guten heiligen namen haben nennen moͤgen / als habe ich meinen lieben himmliſchen Vater in CHriſto JEſu angeruffen und gebeten / er wolle ihm dieſen Zorobabel (ſo von ver - worrenen auff unſere teutſche ſprache lautet und heiſt) wie ein pittſchafftring an ſeine allerheiligſte hand in groſſen gnaden laſſen befohlen ſeyn / zu ſeines al - lerheiligſten namens ewigem ruhm / lob / ehr und preiß / amen.
Dieſe verantwortung iſt in originali ins conſiſtorium zu Leiptzig eingeantwortet worden den 25. junii, anno 1605.
‘Eſaias Stiefel ein rechtglaͤubiger Chriſt und geſalbter des HErrn / meine eigne hand und untergetrucktes ſiegel. ’ ()12. Nach dieſer ſeiner erklaͤrung gab dasStiefel wird vom Conſiſto - rio di - mittirt. Conſiſtorium den 28. Junii dem Rath ſeinet - wegen befehl / daß ob wol er wegen ſeiner irr - thuͤmer weiter vernommen werden muͤſte / gleichwol weil er mit ſeinem weib und kin - dern in Leipzig nicht laͤnger zehren koͤnte / ihm wieder nach hauſe zu reiſen erlaubet worden / doch aber dabey auferleget / daß er auf erfor - dern ſich allezeit wieder einſtellen / immittelſt ſich dort friedlich halten / und nicht weiter aͤr - gernis geben ſolte / welches er auch verſpro - chen. Wuͤrde er ſich nun gehorſam erzeigen / ſo haͤtte es ſeinen weg: wo nicht / ſo ſolte ihn der Rath in verhafft nehmen / und es berichten. Den 28. Julii darauf berichtete der Rath / daßWird weiter verklagt. Stieffel und ſein weib ſich noch nicht gebeſſert / ſondern unter der kirche aufs feld gingen / die kinder nicht zur kirchen und ſchulen hielten / in ihrem hauſe zwar groſſe heiligkeit mit ſingen und beten vorgaͤben / aber nicht die kirchen-geſaͤn - ge / ſondern ſchwermeriſche lieder ſaͤn - gen / &c. Entſchuldiget ſich zugleich / daß Stieffel wegen vieler urſachen noch nicht in hafft genommen worden.
13. Das Conſiſtorium befiehlt hierauf denGefangen geſetzt. 4. Auguſti bey ſtraffe hundert goldguͤlden / Stieffeln in hafft zu nehmē / welches auch als - bald den 9. Auguſti geſchehen / wie der berichtlautet.35und Ezechiel Methen. Jahr MDC. biß MDCC. lautet. Und hieruͤber klaget Stieffel im gruͤnd - lichen Verlauff / daß er ſchnell gefaͤnglich ein - gezogen / und in drey unterſchiedlichen cuſto - dien ein jahr und zehen tage lang gehalten worden / pag. 222. Wie aber mit ihm hiebey gehandelt worden / berichtet der Superintendens ſelber an das Conſiſtorium am 14. Auguſti:Und uͤbel tractirt. Daß nemlich das gefaͤngnis etwas hart und zur geſundheit undienlich ſeyn wol - len / alſo / daß er in ziemliche leibes-ſchwach - heit daruͤber gerathen / und den Superintenden - ten bitten laſſen / ihn zu beſuchen / auch beſſerung verſprochen / und den Rath um ein leidlicherWechſelt mit den Predigern viel ſchrifften. gefaͤngnis geflehet. Das Miniſterium haͤtte eine refutations-ſchrifft wieder ſeine Leipziger reſolution aufgeſetzet / welche Stieffel vor guͤltig und GOttes wort gemaͤß erkennen ſol - te. Ob nun wol Stieffel ſich anfaͤnglich mit einer zweydeutigen erklaͤrung auswickeln wol - len / hat doch das Miniſterium nicht darinnen beruhet / ſondern einen voͤlligen und klaren wie - derruff ſeiner irrthuͤmer gefordert. Er hat aber darauf am 3. Septembr. eine weitlaͤufftige anto wort eingegeben / darinnen er des Miniſterii refutation aus der H. Schrifft wiederlegen / ſeine meinung aber nach wie vor behaupten wollen.
14. Dieſes hat vollends die prediger recht eifrig gemachet / daß ſie ihn hernach viel haͤr - ter tractiret / und den 14. Sept. bey dem Conſi - ſtorio angehalten um endliche und gebuͤhrli - che abſchaffung dieſes aͤrgerlichen weſens / und um ernſtliches einſehen. Da denn nach einigen gewechſelten ſchrifften das Miniſterium beym Rath ſich beſchweret / Stiefel haͤtte ſie mit etlich funffzig luͤgen beleidiget / auch gebe - ten / daß ſie der Rath in ſchutz nehmen / und Stiefels weib und kindern nicht zu ihm zu gehen verſtatten moͤchte. Und weil in der ſchrifft des Miniſterii unter andern geſtanden hatte:Antwor - tet auff ih - ren vor - wurff. Es moͤchte einen wol wunder nehmen / was das vor eine ploͤtzliche Metamorpho - ſis und geſchwinde veraͤnderung ſey / daß in ſo kurtzer zeit aus Stiefeln ein wein - kaͤuffer und oͤffentlicher weinſchencke / ein ſolcher himmliſcher Prophet / ein ſo trefflicher und ſonderlicher Theologus und hocherleuchteter mann worden ſey / der alle Chriſten in aller welt unterrich - ten und lehren will. — — Das koͤmmt nun daher: Auf ſolchen Univerſitaͤten / da er geweſen / und Theologiam ſtudiret / crei - ret man ſolche Doctores, und in ſolchen cloͤſtern / da er dieſe zwey jahr daher hin - term ofen profeſs gethan / gibt man ſol - che kappen / &c. So antwortet er dar - auf alſo: Jch wills euch bald und kurtz ſagen / das hat GOTT gethan / durch ſei - nen lieben Sohn / ſein lebendiges wort / welches ich auch von GOttes gnade in meinem munde und haͤnden fuͤhre / da - durch ich dieſes alles geſchrieben / duͤrfft nicht fragen / daß es GOtt dem HErrn ein groß wunder und ſeltzam iſt. Euch / hoͤr ich wol / iſt es ſeltſam. Wer machte den offenbarlichen zoͤllner und ſuͤnder Matthæum zum Evangeliſten und Apo - ſtel? Chriſtus das wort des lebendigen GOttes / welchen er hernach in ſeinem munde und hertzen fuͤhrte. Wer machteaus armen fiſchern groſſe EvangeliſtenJahr MDC. biß MDCC. und Apoſtel? Chriſtus der Sohn des le - bendigen GOttes.
15. Wie aber dieſe ſeine ſchrifft beantwor - tet ſey / hat der Herꝛ Thomaſius an gedachtem ort p. 176. aus des Miniſterii ſchrifft gezei - get / da zum exempel in denen annotatis des wi - derlegers unter andern ſtehet: Er gibt unsWird von ihnen wi - derlegt / und wie? hoͤmſcher weiſe nur den titul des Predig - amts / item er verwirfft die principia dia - lectica und philoſophica gaͤntzlich / die doch Paulus ſelbſt gekont / und nach den fun - damentis artis diſputiret / auch die ſchrifften der Philoſophorum angefuͤhrt / wie denn auch der HErr CHriſtus offt ſelbſt diale - cticè diſputiret. Jtem: Jſt der name Zoro - babel ein heiliger hochgelehrter name; wolan / ſo muß man ſeinen herrn Sohn Zorobabel hochgelobet anbeten. O nein wir wollen unverworren damit ſeyn. Des HErrn name iſt heilig und heer. Pſ. III. Sonderlich leget der refutator ſeinen groſſen unmuth uͤber Stiefels bekaͤntniß an tag / und will ſich und ſeine Collegen, daß ſie bey ihm zum weine gegangen / alſo entſchuldigen: Siehe aber / wie gehorſam biſtu der vonUnd vor - nehmlich daß ſie zum wei - ne gewe - ſen. GOtt vorgeſetzten Obrigkeit! Sie laͤſ - ſet jaͤhrlich in oͤffentlicher verſammlung der Buͤrgerſchafft ausruffen / du ſolleſt die von GOtt durch die Obrigkeit ver - ordnete Praͤdicanten mit worten und wercken nicht beleidigen / wie fein gehor - cheſtu hierinn? daß du mit ſo vielen laͤ - ſterlichen und beſchwerlichen auflagen wieder ſietobeſt. Denn es hat ja / ſo lan - ge Chriſten geweſen ſeyn / keiner / der auch ein CHriſt waͤre / ſo unchriſtlich wider das Chriſtliche Prieſterthum verfahren. Lieber aber / ſage uns / von welchen uͤppi - gen dingen einer oder der andere diſputirt habe? welches iſt das Thema geweſen? wer hat uns diſputando das oppoſitum ge - halten? haben wir auch die Syllogiſmos mit kandeln ſolviret? haben wir aber auff ehrengelagen oder ſonſt Chriſtlicher freundſchafft bey dir (ſo vielleicht dieſer geſtalt einer oder der andere irgend einmal bey dir geweſen) die gaben GOttes anders denn mit danckſagung genommen? 1. Tim. IV. ſo melde es an. Warum ſolten wir denn nun ſo hoch verlaͤſtert werden uͤber dem / dafuͤr wir gedancket? 1. Cor. X.
16. Wie er nun mit dieſem ſchreiben / als leicht zugedencken / die Prediger hefftig erzuͤr - net / alſo haben ſie am 18. Nov. nachmals beym Conſiſtorio hefftig uͤber ihn geklagt / ſon - derlich aber die ſache damit gefaͤhrlich vorſtel - len wollen / daß ſie Stiefels wunſch / ſeine ver - antwortung moͤchte in aller welt an den tag kommen / als rebelliſch angegeben / als wennDer Pre - diger an - klage und vorſchlag. er einen oͤffentlichen anhang uñ ſchreck - liche zerruͤttung auff gut Muͤntzeriſch ſuche. Dabey ſie vorgeſchlagen / wie man am beſten ſeiner loß werden koͤnte / wenn er an einen andern ort / da er unbekant / gebracht wuͤr - de / das Conſiſtorium verordnete hier auff nichts weiter / als daß er in einem verwahrten ort / da nicht jedermann zu ihm kommen koͤnte / in ver - hafftung behalten werden moͤge. Er hat auchA. K. H. Dritter Theil. E 2bald36Th. III. C. IV. Von Eſaia StiefelnJahr MDC. biß MDCC. bald am 3. decembr. ſchrifftlich ſich erklaͤret / daß er thun wolle / was ſie begehrten / und nicht wider GOtt und ſein wort lieffe. Dabey er auch gedencket / wie man mit ihm bißher verfahrẽ haͤt -Sein har - tes ge - faͤngniß. te. Daß er erſtlich 4. tage in einem fin - ſtern ſtinckenden loch / hernach 13 wo - chen an einer kette mit zweyen waͤch - tern / und nun 4. wochen an einer neuen kette mit zwey verriegelten thuͤren ſi - tzen muͤſſen. Die Prediger aber haben ihn un - geacht dieſes erbietens doch noch vor einen hals - ſtarrigen ketzer erklaͤret / dahero auff anhalten des Raths / von Dreßden aus / am 30. dec. ver - ordnet worden / daß Stieffel an einen ſonderli - chen ort mit 2. waͤchtern allein geſetzet / und ſonſt niemand zu ihm gelaſſen werden ſolte.
§. 17. Dergeſtalt iſt er bis in den julium ge -Erfolgte erklaͤrung. laſſen worden / da er am 14. hujus den Super - intendenten zu ſich entbieten laſſen / und / wie in den actis ſtehet / ſich mit ſonderlicher ernſter reue und bußfertiger erkaͤntniß und bekaͤntniß ſeines irꝛthums bezeiget / auch erboten oͤffent - liche abbitte zu thun / und einen wiederruff / ſo der Superintendens noch ſelbiges tages auffge - ſetzet / eigenhaͤndig unterſchrieben / wie er ſchon vom Herꝛn Thomaſio p. 185. angefuͤhret iſt. Revocati - on und be - freyung.Dieſem nach iſt er vermoͤge eines Churfuͤrſtli - chen befehls der verhafft erlaſſen worden / jedoch gegen eine ſchrifftliche caution, darinnen er an eides ſtatt bey ſeinen wahren worten und Chriſt - lichem glauben caviret / alles treulich zu halten / und der gemeine durch den Prediger abzubitten. Der Superintendens hat am 27. auguſti den verlauff ins Conſiſtorium berichtet / und wie es mit ſeiner oͤffentlichen abbitte gehalten werdenAbzug nach Erf - furth. ſolte / um verordnung gebeten. Aber Stiefel hat ſie der muͤhe uͤberhoben / indem er alsbald nach Erffurth gereiſet / und auch ſeine familie bald nachgeholt / welches der Superintendens den 18. ſeptemb. nach Dreßden berichtet.
18. Dieſes iſt nun der bekante vorwurff / den man uͤberall bey dieſer hiſtorie findet / daß nem -Stiefel wird eines meineids beſchul - digt. lich Stiefel hiemit einen meineid begangen / und wider Goͤttliche und natuͤrliche rechte ge - handelt habe. Auff was art aber er ſich ſelbſt dißfals entſchuldigen wollen / mag ein Chriſt - licher leſer aus dieſer ſeiner erklaͤrung ſelbſt er - meſſen / welche aus ſeinen manual-acten p. 191. excerpiret iſt: Pſ. CXVI. Omnis homo men -Sucht ſich zu purgi en. dax. Was die folgende worte und ſchrifft unter Eſaias Stiefels hand und namen ohne Chriſto und nicht im Herrn / wie auch Paulus 1. Cor. XI. ſchreibet / ge - ſchrieben und hieher verzeichnet / anlan - gen thut / iſt dieſelbe von dem Herrn Su - perintendenten zu Saltza aus ſeinem her - tzen gedichtet / vom Cappelan aber deſ - ſelbigen orts / Jeremias Kalmberg ge - nant / abgeſchrieben. Solche vorher - geſchriebene worte und gedichte des Herrn Superintend. zu Saltza / ſind von Eſaias Stiefeln der thorheit und luͤgen nicht ohne ſonderlichen GOttes willen nach geſchrieben worden. Welchen ih - ren oͤffentlichen / eigenen und nachge - ſchriebenen luͤgen die 4. Herren des Mini - ſterii zu Saltza mehr glauben geben / denn der ewigen warheit / die im namen JEſu CHriſti auch unter dieſer hand ih - nen vielfaͤltig ſind fuͤr die augen geſtel -let worden. Jn welchem luͤgenhaffti -Jahr MDC. biß MDCC. gen Stifels namen (in heiligen Goͤttlichen ſachen) auff folgendes ſchreiben ſie ihn bey der hohen und niedrigen obrigkeit frey und ledig gemacht / und dem homi - ni mendacii allerhand vielfaͤltige gebet wider GOtt und ſein liebes wort / den - ſelbigen zu gehorſamen und folgen zu thun / ernſtlich aufferlegt / und in bey ſeyn wol etlicher Obrigkeit ſcharff und ge - waltig bey eides-pflicht vorgehalten / und abgemahlt / welchen auch Stiefel (gleich Adam Gen. II. im Paradieß) ge - horſamlich nachzuleben verheiſſen / und gleich den Kindern Jſrael. Exod. XIX. mit vernemlichem jawort folge zu thun zugeſaget / CHriſto JEſu aber dem Sohn und wort des leben digen GOttes in ſeinem heiligen fleiſch und blute / in welches namen alle vorgehende ſachen ſind aufgezeichnet woꝛden / dem iſt 1. Tim. I. kein geſetz gegeben / dem hat weder Kaͤy - ſer noch Koͤnig / weder Churfuͤrſt noch Fuͤrſten / weder Graff noch Edelmann noch einiger menſch auff erden zubefeh - len und zu gebieten. Solte aber der 4. Herren des Miniſterii ihr unglaube GOttes glauben auff heben? das ſey fer - ne. Darum auch CHriſtus ferner ſeines Vaters willen in dieſen und allen an - dern ſeinen gliedmaſſen ohne einiges menſchen verhinderung als ein Herr al - ler Herren und Koͤnig aller Koͤnige heilig zu ſeines Vaters ehre verrichten und verbringen wird / ja / amen!
19. Es hat ſich aber Stiefel nach dieſen haͤn -Lebet bey Erffurth auffm lan - de. deln nicht ſo wol in der ſtadt Erffurt als in ei - nem nahe gelegenen uñ dem Erffurtiſchen Rath zugehoͤrigem dorffe / Giſpersleben genant / auff - gehalten / und wie der Superintendens im be - richt nach Dreßden meldet / den Stadtobriſten daſelbſt D. Wilhelm Fachen zum Patron ge - habt / der ihn auch oͤffters zu gaſte gebeten ha - ben ſoll. Und weil er nach einigen jahren / da ihm zuvor niemand etwas geſagt / uͤber Ezechiel Methens haͤndeln wiederum in die inquiſition gekommen / will ich erſtlich den verlauff dieſer haͤndel um beſſerer ordnung willen hier einruͤ - cken / und ſo dann Stiefels uͤbrige ſachen auch vollends abſolviren / und zwar meiſtentheils aus denen in dieſer ſache ergangenen actis, wor - aus zur zeit noch niemand etwas publiciret hat.
20. Jm jahr 1613. am 7. ſept. ſchrieb dasDie Pre - diger kla - gen uͤber Methen und die ſeinigen. Miniſterium zu Langenſaltze an den Rath da - ſelbſt von etlichen freunden des gedachten Stiefels / Nicolao Gregotitſch / Barbara Stie - felin (dieſes Stiefels leiblicher ſchweſter) und ihrem ſohn Ezechiel Meth / folgendes: Jſt auch am tage / welcher geſtalt ſich allhier ein neu ſchiſma begiebt / in dem dieſe ſich nicht allein beharrlich von oͤffentlichen kirchenverſammlungen / wie auch vom gebrauch der H. Sacramenten oͤffent - lich abſondern / ſondern auch beydes uns und das gantze Miniſterium dieſer lande beſchmitzen / als waͤren dabey weder die reine lehre / noch CHriſti und GOttes diener zu finden. Dabey ſie es nicht bewenden laſſen / ſondern auch ih -re ſchwer -37und Ezechiel Methen. Jahr MDC. biß MDCC. re ſchwermerey ſo wol in der Stadt als auff dem lande auszubreiten ſich unter - ſtehen. Weil nun dem alſo / als getroͤ - ſten wir uns zu E. E. A. inmaſſen wir denn hiemit drum bitten / ſie werden ſich der reinen lehre GOttes / deſſelben Mi - niſterii, wie auch unſeꝛtꝛeulich annehmen und auff wege dencken. Dabey bittenBitten Commiſſi - on aus / die Prediger um drey Commiſſarien aus dem Rath / neben welchen ſie dieſe drey neue ſchwer - meriſche Soͤnderlinge verhoͤren woltẽ. Darauf folget eine relation der Prediger von dieſer ver - hoͤr / ſo am 15. ſept. geſchehen / und zwar erſt -und verhoͤ - ren 1. Grego - titſchen. lich von Gregotitſchen / von welchem die erſten 11. puncte alſo referiret werden.
„ 21. Da ihm fuͤrgehalten / wie er ſich ſon - „ derlicher offenbarungen ruͤhmete / hat er un - „ ter den reden des Herrn Superintendenten „ deutlich geſagt / Ja GOTT lob! hat fer - „ ner in ſeiner antwort geſagt: Er wolte „ gern zu uns in die kirche gehen / wenn „ wir Gottes wort predigten / und Chri -Welcher wider ſie hefftig re - det. „ ſti diener waͤren. Da er nun weiter gefra - „ get: ob wir dann nicht Chriſti diener waͤ - „ ren? hat er ſich zur meinung nein erklaͤret / „ und da es ihn der Herr Superintendens hat „ beweiſen heiſſen / hat er geſagt: Ja / gebt mir „ nur die Bibel her. — Da hat er das er - „ ſte capitel Johannis aufgeſchlagen / und mit „ hefftigen worten urgiret / ihm daſſelbige zu er - „ klaͤren. Und ob ihm wol darauf geantwor - „ tet / das haͤtten wir offt in der kirchen erklaͤ - „ ret / ſo hat er doch mit ungeſtuͤm angehalten / „ mit vorwendung / er haͤtte es nicht gehoͤret. „ Reſp. die ſchuld waͤre ſein / daß er dazu nicht „ kommen. Darauf hats der Herr Superinten - „ dens fuͤrgenom̃en / und geleſen / darauf dann „ erklaͤret / daß Johannes von dem weſentlichenUnd von CHriſti menſch - werdung in uns. „ wort Gottes rede / es ſey fleiſch worden / Gott „ ſey menſch worden / und habe unter uns ge - „ wohnet. Da er das woͤrtlein unter uns als „ falſch vertiret angefochten / vermeinend die „ eſſentialem inhabitationem Chriſti zu erſtrei - „ ten / und was man dieſem verduͤſterten men - „ ſchen geſagt / hat alles bey ihm nicht gelten „ wollen / ſondern auf das ἐν ἡμῖν gedrungē / dar - „ auff hat der Herꝛ Superintend. angefangen de „ quatuor modis præſentiæ Dei, und erſtlich er - „ zehlet præſentiam esſentialem Pſ. CXXXIX. „ Jer. XXIII. dieſe ſey nicht eine urſach unſerer ſe - „ ligkeit / denn ſie ſey ignis conſumens: ſonſt „ muͤſten fromme und gottloſe / ochſen / kuͤhe ꝛc. „ ſelig werden. Damit Gregotitſch ad abſur - „ dum & impoſſibile dermaſſen redigirt wor - „ den / daß er nichts zu antworten gewuſt / der „ als ein fechter ſolche ſachen nicht verſtanden. „ 2. præſentiam perſonalem, quæ ſoli CHriſto „ tribuitur Col. II. 3. præſentiam ſacramenta - „ lem. 4. ſingularem & gratioſam, quæ in piis „ per fidem habitat. Joh. XIV. Aber dieſer erklaͤ - „ rung ungeachet iſt der Gregotitſch auff dem ὲν ήμίν beſtanden / da ſtuͤnde es / und wohnet inVon dem unkraͤffti - gen predi - gen. „ uns. Hierauff iſt er wieder auff die vorige „ laͤſterung kommen / daß wir nicht CHriſti die - „ ner waͤren / und ſolches aus dieſen urſachen / „ 1. wir predigten nicht GOttes wort / „ da er denn captioſè verbum eſſentiale verſtan - „ den. 2. weil bey unſerm wort keine krafft „ waͤre; darauff ihm geantwortet worden / diſ - „ cernendo inter verbum eſſentiale & vocale,& inter ipſum quod per ſe potens Rom. I. & in - „Jahr MDC. biß MDCC. ter auditorum contumaciam, quibus verbum “vitæ fiat odor mortis ad mortem 2. Cor. I. “ Darauff Gregotitſch / daß wir nicht CHriſti “diener waͤren vors 3. erweiſen wollen / weil “wir unſerm bekaͤntniß nach ſuͤndigten / “wer aber ſuͤnde thue / der ſey vom teufel / “ſo koͤnne ja CHriſtus und Belial nicht “uͤbereinſtimmen ꝛc. Darauff geantwor - “tet 1. per conceſſionem, wir ſeyn ja zwar ſuͤn - “der / aber nicht anders als Paulus Rom. VII. “und Joh. I. 2. per diſtinctionem peccatorum “regnantium & adhærentium ex Rom. VI. “ 7. 8. Auff die frage / ob er denn nicht ein ſuͤn - „Von der vollkom - menheit. der ſey? iſt der fechter faſt unbeſtaͤndig gewe - “ſen / bald nein geſagt / bald fuͤrgegeben / er ſey “zwar noch nicht vollkommen / er ſtrebe “aber darnach. Und da man ihm mit dem “Vater unſer begegnete / hat er geſagt / das “Vater unſer haͤtte CHriſtus fuͤr ſeine “Juͤnger geſtellt / da ſie aber waͤren voll - “kommen worden / haͤtten ſie es nicht “mehr bedurfft. Ferner iſt von unſerer ge - “rechtigkeit / die fuͤr GOtt gilt / gehandelt wor - “den. Da vom Herꝛn Superintend. eine aus - “fuͤhrliche erklaͤrung gethan worden de juſtitia “Chriſti per fidem nobis imputata: item, de “juſtitia inchoata, quam explicationem per - “verſus ille pugil Gregotianus pervertit atque “ſiniſterrimè intellexit. Da man Gregotitſch “um den glauben gefraget / was er ſey? hat er ge - „Vom glauben. antwortet CHriſtus ſey der glaube / und “ſolches zu erweiſen vermeinet Gal. IV. 23, 25. “da ihm denn ein anders gewieſen / was der “glaube ſey Ebr. XI. Da er gefraget / wodurch “er heilig und gerecht wuͤrde? Reſp. durch “CHriſtum. Quæſt. wie er CHriſtum erlan - “ge? Reſp. durch den glauben. Quæſt. “woher er den glauben haͤtte? Reſp. durch “das lebendige wort GOttes. Quæſt. “ Ob denn nicht Paulus dem gehoͤr des gepre - „Gehoͤr des worts. digten wortes zuſchreibe / daß dadurch der “glaube herkomme? Reſp. Erkoͤnte daheim “eben das leſen / das wir predigten. “ Darauff aber das dictum Pauli Rom. X. Fi - “des ex auditu neben andern ſpruͤchen ſehr ur - “girt worden. Hat er auch duͤrffen ſagen: „Und der heiligen Schrifft. Verflucht iſt / der ein ander buch hat “und lieſet dann die Bibel.
22. Hernach referirt das Miniſterium von11. Me - then. Ezechiel Methen / daß er ſie erſtlich bey der ver - hoͤr alſo gegruͤſſet: Die Herrn ſeyen gegruͤſ - ſet in dem namen des lebendigen und kꝛaͤff - tigen worts JEſu CHriſti in mir / meines getreuen vorfechters wieder alle hoͤlliſche und Belialiſche waffen und luͤſte. Da man ihm aber den gruß zu wiederholen befohlen / hat ers gethan / und der Superintendens hat ihm ge - antwortet: Jſt dieſer gruß gut gemeint / ſo nehmen wir ihn an. Jſt er aber nicht gut gemeint / ſo fahre er wieder euch. Reſp. Meth. So komme unſer friede wieder zu uns / weil ihr euch deſſelben ſelbſt un - wuͤrdig achtet. Und als der Superintendens ferner gefraget / warum er nicht zu dem naͤchſten vorbeſcheid gekommen / hat er geantwortet / GOtt haͤtte es nicht haben wollen ꝛc. Die uͤbrigen fragen und antworten kommen faſt mit den vorigen uͤberein: Seine mutter hat eben -E 3fals38Th. III. C. IV. Von Eſaia StiefelnJahr MDC. biß MDCC. III. Stie - felin.fals ſich alſo erklaͤrt / und unter andern als man ſie gefragt / Wie ſie doch immer mehr in den ſchwarm gerathen; geantwortet / ſie danck - te GOtt / daß ſie in den ſchwarm gera - then waͤre / ſie waͤre zum rechten glauben kommen.
23. Dieſes alles hat der Superint. am 18. ſept. ins Conſiſtorium nach Leiptzig berichtet / worauff dieſe 3. perſonen am 23. octob. zu Leiptzig erſcheinen muͤſſen / da indeſſen die Pre -Dieſe per - ſonen wer - den zu Leiptzig verhoͤrt. diger nicht allein eine warnung von den Kan - tzeln ihrentwegen abgeleſen / ſondern auch nach den Predigten vor ſie gebeten. Nach geſchehe - ner verhoͤr zu Leiptzig ſind ſie wiederum nach Saltza dimittiret worden / doch daß man ihnen aufferleget niemand weiter zu aͤrgern. Es hat aber bald den 9. dec. darauff der Rath dem Conſiſtorio berichtet / wie zwar Meth nicht in ſeine vorige cuſtodie gewieſen / ſondern neben den eltern im hauſe arreſtirt worden / gleichwolUnd ferner nebenſt an - dern ver - flagt. „ aber noch mehrere verfuͤhret haͤtte / als einen „ knaben von 15. jahren Johann Caſpar „ Meth / einen andern von 14. jahren Micha - „ el Hertzbergern / und deſſen vater einen ſchrei - „ der Joachim Hertzberg. Dieſer letztere „ habe auch folgendes von ſich geſagt: Er „ habe CHriſtum bey ſich im hertzen / was „ er ihn denn duͤrffe auff dem altar in der „ kirchen holen / und er haͤtte ihn durch „ den H. Geiſt empfangen in der erſten ſal - „ bung. Jſt gefragt worden: wenn und „ durch was mittel denn ſolches geſche - „ hen? Reſp. durch CHriſtum und ſeine „ Apoſtel und Propheten / welche noch „ dieſe ſtunde lebten und mit ihm redeten. „ Er wird auch beſchuldiget / daß er geſagt ha - „ ben ſoll / es wuͤrde allhier mit dem kir - „ chenweſen und ſonſt bald auswerden / „ hat es aber vor uns nicht wollen geſtehen / ꝛc. „ item ſagt er / weil der tempel GOttes in „ ihm ſey / duͤrffe er nicht in die kirche ge - „ hen: wenn aber eine heilige Chriſtliche „ kirche werde kommen / wolle er alsdenn „ ſich auch dazu halten. Von der Tauffe „ fragt er ſelbſt / ob denn CHriſtus jemanden „ anher zu Saltza geſendet habe / der taͤuf - „ fen ſolte? und daß er ſeinen anweſenden ſohn „ Michael vor 14. jahren haͤtte tauffen laſſen / „ haͤtte er damals auch gethan wie andere blin - „ de / wenn auch hinfort GOtt ihm mehr „ kinder beſcheren wuͤrde / wuͤrde er auch „ die Tauffe mit beſcheren.
24. Der Rath gedencket ferner / daß man bey dieſen leuten hausſuchung thun / und ihre ſehrifften alle wegnehmen laſſen / in welchen ſchrifften ſie unter andern folgende titul vonMethens titul. Methen gefunden: Ezechiel Chriſtus, GOt - tes neuer erſtgebohrner Sohn der herr - lichkeit / ein ſelig beruffener ewiger Gaſt / Koͤnig und Prieſter auf erden / durch den als ſein lebendiges wort GOTT alle dinge erſchaffen. Item: Ezechiel Chriſtus, der treue zeuge GOttes des Vaters / ein wort des lebens im H. Geiſt in ihm / und erſtgebohrner von den todten aus der braut Chriſti / und ein Fuͤrſt der Koͤnige auf erden / ſo aus der braut des Lammes in alle welt eingeſetzet. Und weiter: Eze - chiel Chriſtus, Mulieris, Sponſæ agni eircum - amictæ ſole, & ſub cujus pedibus luna, & incujus capite corona ſtellarum duodecim: Fi -Jahr MDC. biß MDCC. lius maſculus futurus paſcere omnes gentes in virga ferrea: raptus ad Deum & ad thronum ejus. Und abermals: Ezechiel Chriſtus ven - tus exurgens de mari, ciens omnes fluctus e - jus, ſpectantibus filiis DEI ex Sponſa agni, evadens in hominem cum millibus cœliicon - vertens vultum iræ horrendæ pœnæque juſtis - ſimæ ebrium ad cogitamenta, opera & facta mundi ejusque incolarum, impia, injuſta, va - na, blasphemantia, Dominumque dominato - rem irritantia usque & usque: & ecce tremunt ſub pedibus ejus à Domino, quæ ſubjecta o - mnia: & quoties vox ejus ex ore editur, incen - duntur omnes prævaricatores, qui ignitum ex ore ſuo legis ſanctisſimæ ſonum audiunt: pul - verulentique & in nihilum redduntur, ſicuti devaſtatur terra fugax, cum corripitur incen - dio: ET CÆTERA. Und wiederum: Eze - chiel Chriſtus, Filius DEI juvenis ex Sponſa agni, coronas imponens capitibus eorum & palmas in manus tradens, qui eum in mundo profesſi ſunt. 4. Esdr. 2. Und dann: Ezechiel Chriſtus, Filius DEI Jeſus cum comitibus ſuis apparens jucundare relictos in annis qua - dringentis 4. Esdr. 7.
25. Nach dieſem eingelauffenen bericht wer -Sie wer - den alle nach Dreßden cit rt. den dieſe 3. perſonen auff den 16. febr. 1614. nach Dreßden ins Ober-conſiſtorium citiret / und weil inzwiſchen der Rath und Superinten - dens auch Stiefeln und die obgedachten perſo - nen zu Saltza / ſo von Methen verfuͤhret ſeyn ſolten / gleichfals beym Churfuͤrſten angegeben gehabt / anch die beklagten insgeſamt beſchul - diget / als wenn ſie auff lauter rebellion abziel - ten / und ſchon uͤber 200. perſonen in Langen - ſaltza auff ihrer ſeite haͤtten: So wird von Dreßden aus befohlen / dieſelben auch mit dort - hin zu ſchicken. Der Superintendens hat in den actis hiebey annotiret / daß er an D. Hoën den Oberhoffprediger und Johann Seuſſium den Conſiſtorial-Secretarium à parte geſchrie - ben / worinnen er ohne zweiffel die inquiſiten nicht zum beſten wird recommendiret haben.
26. Und hiebey geben die acta, das auchWie auch Stiefel. Stiefel mit ins ſpiel kommen / und zwar auff angeben der Langenſaltziſchen Prediger. Denn dieſe hatten im bericht an den Churfuͤrſten un - ter andern erwehnet / daß Stiefel das haupt dieſer faction waͤre / und ſich im Erffurtiſchen gebiet ungehindert auffhielte. Dieſes hatteDeſſen auſſage vor dem Rath zu Erffurth. ſo bald der Erffurtiſche ſenior Modeſtinus Weydmann dem Rath zu Erffurt hinterbracht / und ihn dahin bewogen / daß Stiefel auff arti - ckel abgehoͤret werden muͤſſen. Selbige lau - ten aus der beylage des Erffurtiſchen ſchreibens an den Superint. Thileſium de dato 19. febr. 1614. von wort zu wort alſo:
1. Soll er ſich ſelbſt CHriſtum machen / „Ob er ſich CHriſtum nenne. ſich CHriſtus ſchreiben / ja CHriſtus JE - “ſus / und die krafft GOttes / und ihm ſolche “attributa, die CHriſto allein gebuͤhren / zumeſ - “ſen. 1. Geſtehet nicht / daß er ſich zu CHriſto “mache oder ſchreibe / ſondern ſchreibe ſich Eſai - “as Stiefel / CHriſti / oder CHriſtus in ihm / “er attribuire ihm auch keine krafft GOttes “nicht / und bleibe ehre und titul dem HErꝛn “CHriſto allein / aber dergleichen meſſe er “CHriſto zu / der in ihm und allen glaͤubigen “„ hertzen39und Ezechiel Methen. Jahr MDC. biß MDCC. „ hertzen wohne / und ihme nicht. Erinnert „ auch darneben / das / was er zu Leiptzig beſchul - „ diget worden / und er beantwortet / wolle er in „ ſchrifften auch eingeben / wie auch die acta.
2. „ Hergegen unſere in GOttes wort ge -Die reli - gion / kir - chen und Prediger verwerffe / „ gruͤndete Religion, GOttesdienſt / kirchen - „ ceremonien / kirchen-ordnung / das Predig - „ amt und beruff der Prediger / die H. Tauffe / „ abſolution und Nachtmal auffs aller abſcheu - „ lichſte verlaͤſtern / verurtheilen / verdammen / „ es ſey in Paͤbſtiſchen / Lutheriſchen / Calvini - „ ſchen oder Wiedertaͤufferiſchen kirchen. 2. „ Das Predigamt / kirchen-ceremonien / die H. „ Tauffe und dergleichen verlaͤſtere und verdam - „ me er nicht / denn ſo er das thaͤte / ſo waͤre das „ heiligthum verlaͤſtert / ſondern geſchehe ihm „ auch unrecht / daß er die diener GOttes ver - „ nichten ſolte / und ſolche heilige vocation der „ H. Prediger: Item, ſagt er / unſere Prediger „ halte er vor heilig / wenn ſie heilig lebten.
„ 3. Soll er alle Chriſtliche obrigkeiten vomWie auch die Obrig - keit / „ hoͤchſten an biß zum niedrigſten mit ſchaͤndli - „ chen namen tituliren: ſie vernichten / bedrau - „ en / und ſo viel an ihme / aus ihren landen / ſtadt „ und aͤmtern / haͤuſern und ſchloͤſſern auszuja - „ gen / zuerwuͤrgen / von der erden abzuſchaffen / „ derſelben lande / leut und ſchloͤſſer zu pluͤn - „ dern vorgeben / und ſich unterſtehen duͤrffen. „ 3. Geſtehet nicht / daß er die Chriſtliche obrig - „ keit mit ſchaͤndlichen namen tituliren ſoll / „ dann ſie GOttes ordnung ſey / nach der lehre „ Pauli, das uͤbrige ſey eine ungebuhrliche be - „ ſchuldigung / und habe es zu Leiptzig verant - „ wortet.
4. „ Jnſonderheit auch die Chur SachſenUnd Chur Sachſen. „ gantz laͤſterlich antaſte / dieſelbe des Luther - „ thums ſtifft uñ vornehmſte landſchafft / ſitz und „ haupt unter dem haupt des reichs des Roͤm. „ Kaͤyſers nenne. 4. Saget / das wuͤrde man „ nimmermehr auff ihn bringen koͤnnen.
5. „ Des Reichs Marſchalck Joab und „ Jerobeam vergleiche / ſo ein haubt und „ ſchwerdfuͤhrer ſey des gantz untuͤchtigen Chri - „ ſtenthums wider den Herꝛn und ſeinen geſalb - „ ten. 5. Diß ſagt er / wuͤrden ſie Eſaiam „ Stiefeln nicht uͤberweiſen koͤnnen.
6. „ Und ſolle Jerobeam des Reichs Mar - „ ſchalck uñ angreiffer des Volcks Gottes durch „ das ſchwerd des geiſtes / dadurch ſie ihren geiſt „ verſtehen / das lebendige wort GOttes (deſſen „ ehr und namen ſie ihnen ſelbſt zumeſſen) ſteꝛben „ und getoͤdtet werden. 6. Das gebe er nicht aus; „ was aber GOtt beſchloſſen habe in ſeiner all - „ macht / das bleibe wol. item: der Churfuͤrſt „ zu Sachſen / wenn er ſich Chriſtlich halte / ſo „ waͤre er eine Chriſtliche Obrigkeit / denn bey „ Gott ſey kein anſehen der perſon / wer ſich auch „ Chriſtlich halte / der ſey ein Chriſt in ſeinem „ ſtande. Jtem: durch den geiſt verſtehe er nicht „ ſeinen / ſondern GOttes geiſt in Chriſto / durch „ das lebendige wort verſtehe er CHriſtum JE - „ ſum / deſſen ehr und name bleibe ihm allein und „ allen glaͤubigen hertzen.
7. „ Ob wahr / daß ſeines glaubens genoſ -Ob er an - dere ver - fuͤhre. „ ſen zu Saltza ihn gleichſam vor ihren himm - „ liſchen Propheten / ja vor ihre himmliſche neu - „ gebaͤhrende Goͤttliche Mutter darumachten „ und halten / ſchreiben und nennen / weil er „ dieſer abſcheulichen lehre anfaͤnger / und ſie „ dieſelbe von ihm gelernet haben. 7. SagtStiefel / es ſey diß alles faͤlſchlich angezogen / „Jahr MDC. biß MDCC. und gebuͤhre die geburt und kind zugebaͤhren “dem lieben GOtt alleine / der gaͤbe Gottes kin - “der zu werden / und haͤtten ſeine glaubens ge - “noſſen ſolches von ihm nicht / ſondern von “GOtt gelernet / und haͤtten dieſe die ſchrifft “ſelbſt geleſen / auch uͤber 2. oder 3. mal nicht “bey ihm geweſen; ſo haͤtten ſie ſich zur eh - “re GOTTes unterredet / und haͤtten keines “Chriſten in ungutem gedacht / habe Meth von “ſeinen ſchrifften geſchrieben / ſo habe er der ſa - “chen zuviel gethan / und wiſſe er von keinen “Eſaiaͤ Stifels ſchrifften / die jemals ein menſch “geſehen / oder unter ſeinem namen ausgan - “gen / vielweniger halte er ſie fuͤr ſeine heilige “ſchrifft / was aber CHriſtus in ihme geſchrie - “ben habe / darauff beruffe er ſich / und ſey “Goͤttliche wahrheit / denn es ſey kein betrug “in ſeinem munde gefunden woꝛden; item: Eſai - “as Stiefel ſey todt / und was er nun thue / “das thue CHriſtus durch ihn oder in ihm. „
8. Ob er ihm denn ſolche titul auch ſelbſt „Seine ſchrifften allein ruͤh - me. zueigne / und ſonderlich von ſeinen ſchrifften “ausgebe / daß ſie heilige / voll lebendiger war - “heit / gute goͤttliche Schrifft / lauter beſtaͤndi - “ge / ewigbleibende / Goͤttliche / kraͤfftige wort / “um welcher warheit gewalt willen er hertzlich “gern ſterben und leben wolle / ſeyen. 8. Be - “rufft ſich deswegen auff die ſchrifften / die noch “vorhanden waͤren. „
9. Ob er geſtehe / daß die zu Saltza / als “weiland Magiſter Methens witwe / Barba - “ra / ihr ſohn Ezechiel / und derſelben jetziger “mann Nicol Kragowitz dergleichen lehre von “ihm gelernet habe. 9. Sagt nein / von Eſaia “Stiefeln haͤtten ſie nichts / haͤtten ſie aber “was gelernet / ſo haͤtten ſie es von CHriſto “in ihm gelernet. „
10. Ob er itzt gemeldten Ezechiel Methen “die Goͤttliche natur aus GOTT in Chri - „Sich und die ſeinen CHriſtum nenne / ſto durch ihn Stiefeln erſtgebohrnen lieben “ſohn und himmliſchen erben genennet: Item “Ezechiel Chriſtum titulirt. 10. Jm namen “des HERRN JESU habe er ihm in “Chriſto alſo geſchrieben / iſt was Goͤttliches “in ihm / das iſt alles von GOTT. „
11. Item von demſelben geruͤhmet / daß er “mit dem geiſt und krafft geruͤſtet allen gott - „Und Me - then den Eliam / loſen prieſtern und pfaffen mit ihren fleiſch - “lichen zuhoͤrern / ihr uͤbertreten / und allen welt - “lichen ſuͤndigen Fuͤrſten und Potentaten mit “ihren gottloſen unterthanen ihre ſuͤnde unter “augen zeigen und anmelden duͤrffe. 11. Es “habe Meth ihm geſchrieben / daß er der drit - “te Helias ſey / darauf waͤre dieſes / wie articu - “lirt / von ihm geſchrieben worden. Sonſten “halte er Methen nach der offenbarung Got - “tes vor den dritten Propheten / werde nun “GOTT / was er ihm offenbaret / in ihm ver - “richten / und ſichs alſo ausweiſen / ſey er billich “dafuͤr zu halten / geſchehe es aber nicht / ſo ſey “es falſch. „
12. Ob er mehrgedachten Meth fuͤr Got - „Oder den Sohn GOttes. tes neu erſtgebohrnen Sohn der herrlichkeit / “einen ſeelig beruffenen ewigen Gaſt / Koͤnig / “und Prieſter auf erden / ja einen Fuͤrſten der “Koͤnige auf erden / aus der braut des lammes “(dafuͤr er Stiefel ſich ausgeben ſolle) in aller “welt eingeſetzet halte / qui futurus ſit paſcere “omnes gentes in virga ferrea, qui convertat “vultum40Th. III. C. IV. Von Eſaia StiefelnJahr MDC. biß MDCC. „ vultum ſuum iræ horrendæ, pœnæ juſtisſimæ „ ebrium, cujus pedibus tremunt omnia. 12. „ Wann was Goͤttliches in ihm und Goͤttliche „ wercke von ihm verbracht werden / ſo halte „ er ihn dafuͤr / ſonſten nicht / ob er es nun ha - „ be / das werde das werck ausweiſen. Item „ das andere habe er von Methen nicht geſchrie - „ ben / ſey aber GOttes werck in ihm / ſo wer - „ de ſichs ausweiſen.
13. „ Ob er ſich vollkommen / unſterblich / „ mit Chriſto gantz eins / und ein ebenbild ma - „ che und ruͤhme / und ſich daher allen Patriar - „ chen / Propheten / Apoſteln insgemein und in - „ ſonderheit / ja dem Henoch und Heliæ weit „ vorziehe. 13. Das alles ſey auf Chriſtum Je - „ ſum in ihm und allen glaͤubigen hertzen ge - „ deutet / der ſey allein vollkommen / unſterblich / „ das ebenbild des Vaters / und groͤſſer / denn „ alle Patriarchen und Propheten.
„ 14. Was ſein und ſeiner glaubensgenoſſen „ durch dieſe der obrigkeit verachtung und be - „ deutete ausrottung vorhaben und intent ſey. „ 14. Was CHriſtus dergleichen in ihm oder „ anderen wuͤrcken werde / das ſey ihm unbe - „ wuſt / und bleibe GOtt dem allmaͤchtigen „ ſein werck / und nicht den menſchen / ſey auch „ nicht der meinung / daß ſolches ſolle geſche - „ hen. Item GOtt ſtehe allein zu die Koͤnige „ ein - und abzuſetzen / und nicht den menſchen / „ - wie auch mittel darzu zu gebrauchen nach ſei - „ ner Goͤttlichen allmacht und providentz / ſolte „ aber ihm oder andern eine offenbarung ge - „ ſchehen / ſo muͤſte es gepruͤfet werden / ob ſie „ von GOtt waͤre oder nicht.
15. „ Ob er und ſeine glaubensgenoſſen zu „ Saltza / Giſperſchleben oder andern orten „ mehr anhangs habe? 15. Er wiſſe von kei - „ nem in der gantzen welt nicht.
16. „ Wie er zu Saltza ſeinen abſchied ge - „ nommen / ob er nicht ſeine verfuͤhriſche lehre „ verſchweren / und daſelbſt zu raͤumen zuſagen „ muͤſſen? 16. Sagt / Eſaias Stiefel habe „ ſich verſchworen / aber CHriſtus in ihm nicht / „ und haͤtten ſie wollen mit einem todten und „ nicht mit einem lebendigen zu thun haben. „ item, wie er ſeinen vater geerbet / haͤtte er ei - „ nen ſchrifftlichen abſchied vom Rath zu Sal - „ tza bekommen / den haͤtte er noch bey ſich / und „ ſey oͤffentlich hinweg gezogen / haͤtte ihm nie - „ mand etwas geſagt / ſo ſey er auch ſeit dem / „ daß er geerbet / offters allda geweſen / waͤre „ niemals von jemanden im geringſten verhin - „ dert worden.
17. „ Mit was gelegenheit und aus was „ verguͤnſtigung er ſich zu Giſperſch leben nie - „ dergelaſſen. 17. Es waͤre mit verguͤnſtigung „ unſerer Herren geſchehen / als Herr D. Wil - „ helms / D. Griebens / und Ehren Valten „ Graumbergs / ſo wol auch / daß er drauſſen „ zu Giſperſchleben kauffen ſollen / maſſen „ Caſpar Stiele / ſo damals voigtſchuͤtze gewe - „ ſen / ihm nachweiſung / weil er damals des „ orts keine gelegenheit gewuſt / thun muͤſſen.
„ 18 Ob er ſich heimlicher offenbarungen „ und traͤume ruͤhme und dieſelben auszulegen „ und zudeuten unterſtehe. 18. Wiſſe von kei - „ nen offenbarungen oder traͤumen / noch dieſel - „ be auszulegen / wenn ihm aber dergleichen „ vorkommet / was er durch CHriſtum darin „ ergruͤnden koͤnne / das den ſchrifften der Apo -ſteln oder Propheten gemaͤß ſey / davon halte „Jahr MDC. biß MDCC. er was / aber ſonſt nicht. „
27. Wieder dieſe ausſage hat das Miniſte - rium zu Saltza einen langen gegen-bericht ein - geſchicket / der aber ſeiner weitlaͤufftigkeit wegen nicht abcopyret worden. Und damit wir / wasStiefel wird in Erffurt gefangen geſetzt / mit Stiefeln hiebey noch vorgangen / vollends mitnehmen / ſo hat der Rath zu Erffurt Stie - feln am andern Martii 1614. gefangen geſetzet / und zwar / wie er berichtet / auff des Langenſal - tziſchen Miniſterii und Raths zuſchreiben / in welchem verhaffter biß auff Churfuͤrſtliche ab - forderung verwahret werden ſolte. Und geben es die folgenden umſtaͤnde / daß er darauff nach Dreßden gebracht worden / von dañen man an den Schoͤſſer zu Saltza am 27. april. geſchriebë / er ſolte ſich unvermerckt erkundigen / wieUnd um 500. Rthl. geſtrafft. hoch ſich Stiefels vermoͤgen erſtrecke / und ob er etwas eigenes in Churfuͤrſtli - chen landen beſitze. Welches zu dem ende geſchehen / daß man Stiefeln das ſeinige unter dem namen einer ſtraffe oder buſſe wegnehmen wollen. Geſtalt hernach der Superintendens zu Saltza am 30. april 1615. an das Ober - conſiſtorium geſchrieben / man moͤchte die Stiefeln zuerkante und ſchon entrichtete ſtraffe der 500. thaler entweder zu einer Bibliothec oder zu einer neuen kirche anwenden. Und uͤber ſolche art ſeiner beſtraffung und dadurch geſuchten bekehrung hat Stiefel ſelbſt hernach oͤffentlich im gruͤndlichen verlauff geklaget p. 202. Meine Chriſtliche perſon iſt nunDaruͤber er ſich be - klaget. in das 20. jahr wegen meines heiligen le - bendigen namens JEſu CHriſti in und an mir / vom kleinſten ſubtilſten anfang an biß auff die gegenwaͤrtige ſtunde und zeit von allen unglaubigē vielfaͤltig ver - folget / verlaͤſteꝛt / verhoͤnet / geſchmaͤhet / gefangen geſetzet / aller menſchē bequem - ligkeit entaͤuſſert / weibes / kinder und aller guͤter beraubung uñ entwendung / beneben vieler zugezogener / unbillicher / unverſchuldeter beſchwerung / mit und neben den meinen erdultet: und dem - nach das unſchuldige toͤdten und wuͤr - gen der welt in und an allen unglaͤubi - gen / wie gerne ſie auch gewolt / an mei - ner Chriſtlichen perſon nicht angehen wolte.
28. Es findet ſich auch in den acten eine regi - ſtratur, da der rath am 27. martii 1615. unter - ſchiedliche perſonen / die in Stiefels hauß an - getroffen worden / abgehoͤrt / worinnen aber nichts zu ſehen iſt / das Stiefeln graviren koͤn - nen. Wir gehen aber nun zuruͤck und ſehen / was mit Ezechiel Methen und andern in Dreß - den und anders wo paſſiret iſt. Nach dem die -Die mei - ſten wie - derruffen zu Dreß - den. ſe leute in Dreßden vor dem Ober-conſiſtorio ſich geſtellet / iſt es mit ihnen dahin gekommen / daß die angegebenen verfuͤhrten perſonē / Hans Caſpar Meth und die 2. Hertzberge / wiederruf - fen / auch deswegen wieder nach Saltza den 12. Maii 1614. gelaſſen worden. Den 17. dar - auf haben ſich auch die uͤbrigen als Gregotitſch / Meth und ſeine Mutter gleichfals bequemet / und hernach zu Saltza in der kirche oͤffentlich wiederruffen / wie es ihnen der Superintendens vorgeſagt. Durch was mittel aber ſie hierzu gebracht worden / iſt aus denen umſtaͤnden zu erkennen. Man hat ſie in Dreßden alsbaldgefan -41und Ezechiel Methen. Jahr MDC. biß MDCC. gefangen geſetzet / und zwar an ſolche oͤrter dar - inne ſie viel ausſtehen muͤſſen. Wie denn un - ter andern der Secretarius Seuſſius vom 9. aprilNoch haͤr - ter ge - faͤngniß. 1614. an den Superint. ſchreibet / daß Stie - fel abermal beſſerung verſpreche / ſeinem ſohn aber Eleaſar waͤren beyde ſchenckel erfrohren / daß man ihn zum balbierer thun muͤſſen. Die andern ſind auff die fe - ſtungen Koͤnigsſtein und Hohenſtein verſtecket worden / wie Schadæusin continuatione Slei - danil. 3. P. 4. p. 184. Meteranus l. 31. p. 2. und Antonius Wecke in der Dreßdniſchen Chronica p. 319. berichten.
29. Es haben auch die Prediger und andere ſo wol in worten als wercken ihre hefftigkeit wieder dieſe leute bey der inquiſition und ſonſt offenbarlich gnug ſehen laſſen; zum exem - pel / wenn in einer ſchrifft wieder Methen 12.Die art ihrer wi - derleger. teuffeliſche traͤume und einbildungen ge - genant / num. XI. p. b. 2. ſtehet: Man wuͤrde es erfahren (ob dieſe leute unſterblich waͤ - ren) wenn man dieſe traͤume 40. tage und 40. nacht hunger und durſt leiden lieſſe / oder in anderer geſtalt ſtraffte. Jngleichen wenn daſelbſt Meth alſo beſchrie - ben wird: Michael der großnarr des teu - fels / aus der unterſten hoͤllen / auch Jo - achim Unchriſt / und Nicklas Großaff / mit vier teuffeln und drachen ſeynd beym lucifer eingekehrt. Der großfuͤrſt der teuffel / beelzebub / deſſen name ertz - luͤgner / im buch der lebendigen ausge - loſchen. Jn dem Churſaͤchſiſchen mandat de dato 20. febr. 1614. welches auch im ſelbigen jahr gedruckt worden / wird ebenfals gedacht:Und ande - re umſtaͤn - de. Es waͤre ſolche verordnung mit dieſem ſchwermeꝛ und ſeinem anhang gemacht / welches jenen wenig vortraͤglich / dar - gegen den Saͤchſiſchen landen und leu - ten zur ruhe und verhuͤtung ferners un - gluͤcks und aͤrgerniß erſprießlich ſeyn werden. Und zuletzt: Man ſolte nach den verdaͤchtigen perſonen mit zuzie - hung des Miniſterii greiffen / ſie wegen ih - res glaubens befragen / und nach befin - dung und beſchaffung die gewoͤhnlichen gradus admonitionum fuͤr die hand neh -Methens hoffaͤrtig - keit. men. Wiewol auch nicht zu leugnen iſt / daß dieſe leute / und ſonderlich Meth in ihren wor - ten und wercken auch zuweilen wenig beſchei - denheit und ſanfftmuth erwieſen / woferne dem bericht deren Prediger in allem zu trauen ſtehet / als welche unter andern klagen / daß er alsbald bey der erſten verhoͤr / als der Superintendens ſeine predigten rechtfertigen wollen / geantwor - tet: leug / daß dich GOttes element! und da man dieſes notiret / habe er dieſe worte wie - derholet / und noch dazu alle plagen und ſtraffen GOttes / und auch das hoͤlliſche feuer heiſſen hinſchreiben. Er haͤtte auch / als ein Diaco - nus ihn zur ehrerbietung ermahnet / ihn mit lau - ter dutzen einen ſatan / teuffelskind und Belials geburt geheiſſen. u. ſ. w.
30. Und dieſe umſtaͤnde / nemlich das un - chriſtliche verhalten beyder partheyen gegen einander geben deutlich zuerkennen / daß der - gleichen actiones beyderſeits keinen beſtand ha -Retracta - tion ſeines wieder - ruffs. ben moͤgen. Geſtalt ſo gleich nach geſchehe - ner revocation der Superint. und Rath zu Sal - tza am 10. junii nach Dreßden berichtet undklagt / daß noch am ſelbigem tage / da die revo -Jahr MDC. biß MDCC. cation geſchehen / Meth nicht wieder in die kir - che kommen / ſondern alsbald hinweg / und vermutlich zu Stiefeln gereiſet waͤre. Und ferner findet ſich ein bericht von anno 1615. d. 30. april / daß dieſe leute noch alle in ihrem ſchwarm tieffer als jemals zuvor ſtaͤcken / und daß Meth unlaͤngſt zu Weiſſenfels ſeinen ſchwarm auffs hefftigſte verfochten haͤtte. Man findet aber nicht / ob deswegen weiter et - was wider ihn vorgenommen worden. Denn daß er zuletzt an einen einſamen ort gefuͤhret /Falſche berichte von dieſen leuten. und daſelbſt im gefaͤngniß geſtorben ſeyn ſoll / wie bey Andrea Carolo, in Memorab. Eccleſ. L. 2. c. 18. p. 354. ſtehet / iſt der warheit nicht ge - maͤß / weil man ſein erſtes gefaͤngniß zu Dreß - den damit confundiret. Gleich wie auch ſon - ſten ſehr viel falſche berichte von dieſen leuten zu finden ſind. Zum exempel / wenn Nicolaus Baringius / in der warnung fuͤr den neuen propheten c. 9. p. 53. vorgiebt / einer unter ih - nen haͤtte ſich Nicolaum Groß-gott genen - net / welcher auctor vermuthlich den namen Gregotitſch damit confundiret hat. Ob ſie ſich auch Purianer geneñet / wie in den gedachten 12. teuffeliſchen traͤumen auff dem titul ſtehet / und Johannes Hintnem in dem Spiegel des ehrgeitzes widerdie Roſencreutzer p. d. 2. verſicheꝛn will / zweiffeln andere ſcribentē billich.
31. Jch will aber allhier noch diejenigen lehr-puncte herſetzen / welche Methen insge - mein zugeſchrieben werden / ob ich wol in denen actis ſeine eigene erklaͤrung hievon nicht ſo ge - nau finde: Erſtlich iſt gewiß / daß er Stiefeln in ſeinen meinungen gefolget / und uͤber dißMethens lehre. noch mehr hinzugethan habe. Wie denn Stiefel ſich gemeiniglich ſeine mutter in CHriſto genennet / und gar vertrauete briefe mit ihm gewechſelt hat / daraus ich zur probeEinſtim - mung mit Stiefeln. nur 2. aus den acten herſetzen will / deren der ei - ne den 25. junii, der andere d. 16. ſeptemb. 1613. datiret iſt:
Zum Eingang in den ſchoͤnen him̃li - ſchen garten / in welchem heil. eingan -Deſſen brieffe’an Methen. ge die fruchtbare mutter aller Goͤttl. tu - genden dir unter die heiligen augen dei - nes Hertzens ſtoͤſt / entbiete und uͤber - ſende ich dir hiemit den kraͤfftigen bey - ſtand und huͤlffe GOttes auffdeine rei - ſe durch den unſichern wald der boͤſen welt. Beneben der huͤlffe GOTTes haſtu auch hiemit von mir auff dieſe ge - faͤhrliche / jedoch ſelbige reiſe in glauben wahrhafftig zu empfahen die ſchoͤne la - terne das wort des HErrn / Pſ. 119. in allen heiligen Patriarchen / Propheten / Apoſteln / und Evangeliſten / dadurch du alle feinde zu erkennen / welche du doch alle mit dem geiſtlichen ſchwerd zerhauen wirſt; die vorerwehnte ſchreckliche feinde im eingange des un - ſichern waldes werden ſeyn 1. der Satanas. 2. die ſuͤnde. 3. der todt. 4. das adamiti - ſche fleiſch und blut 5. die welt. — Jetzt nicht mehr / als der gnade GOttes durch Chriſtum in mir / beneben der vielgelieb - ten deiner lieben Mutter / und Schwa - ger Nicolao / von welchen mir Micha - el Stemplin geſtern und heute zur ehre GOttes bona nova bracht / gantz freund -A. K. H. Dritter Theil. Flich34Th. III. C. IV. Von Eſaia StiefelnJahr MDC. biß MDCC. lich gegruͤſſet. Pabſt-Lutheriſche kirmß wird von der blinden welt dem naͤchſten Sontag uͤber 14. Tage mit freſſen und ſauffen und allen uͤppigkeiten gehalten. Der ander iſt in Methens gefaͤngniß geſandt: O du mein heiliges gliedmaß. Ob ich wol mit den thraͤnen meines hertzens deine unſchuld Chriſti JEſu in dir ſelbſt beweine: So freue ich mich doch der uͤberſchwenglichen freude und herrlig - keit / ſo dir dem fleiſch und beine JEſu Chriſti mit der ſeelen nach dieſem un - ſchuldigen leiden begegnen und uͤber - ſchwenglich wiederfahren wird.
32. Die haupt-puncte aber / welche Methen ins gemein zugeſchrieben / und faſt von allen Hiſtoricis wiederholet werden / ſind dieſe / wie ſie an das gedruckte Churfuͤrſtliche mandat mit angehenget ſind.
Zwoͤlff articul / welche Ezechiel Meth von Langenſaltze mit ſeiner ge - ſellſchafft oder abhoͤꝛenden / als ſeine Mutter Barbara / Nicol Gregotitſchen / und Joachim Chriſt ſamt zweyen Kna - ben oͤffentlich gelehret / bekennet bey - des ſchrifftlich als muͤndlich vertheidi - gen wollen.
1. Daß Ezechiel Meth / der groß-fuͤrſt Michael ſonſt GOttes wort genant / heiſſe.
2. Daß nicht mehr als ein wort GOt - tes / nemlich das ſelbſtaͤndige ewige le - bendige wort CHriſtus JEſus ſey und bleibe / und auſſer dieſen das geſchriebe - ne und gepredigte wort vor nichts zu achten.
3. Daß ihm ihre lehre durch him̃liſche offenbarung und ſonderbare traͤume von GOtt dem heiligen geiſt remittiret und eingegeben.
4. Daß ſie das geſetz GOttes vaͤter - lich erfuͤllen und demſelben gnug thun koͤnnen.
5. Daß das Predigamt von GOtt nicht ſey / dieweil es ſuͤnder verrichteu.
6. Die Tauffe / wie ſie in der Lutheri - ſchen kirchen adminiſtriret werde / ſey ein zauberiſches werck / ſintemal ſolches al - les durch den geiſt GOttes geſchehen muͤſte.
7. Daß ihre kinder / weil ſie von ihnen als ohne ſuͤnde gebohren / von natur hei - lig / und dahero keine tauffe beduͤrffen.
8. Daß unſer Abendmahl nicht das rechte ſey / ſondern ein zaͤuberiſch das a - ber waͤre das rechte / darvon ſtehet: Sie - he / ich ſtehe fuͤr der thuͤr / und klopffe an / ſo iemand meine ſtimme wird hoͤren / und die thuͤr aufthun / zu dem werd ich ein - gehen / und das abendmahl mit ihm hal - ten / und er mit mir.
9. Daß die Chriſtliche kirche allhier auf erden ohne ſuͤnden / ohne tadel / ohne runtzel / und ohne flecken ſeyn muͤſſe / ſon - ſten waͤre es keine kirche / auch Eſaias Chriſtus / ſonſt Stiefel genannt / wohnet zu Erfurt / derſelbe ſey der braut Chriſti einiges vorbild.
10. Daß der HErr Chriſtus perſoͤnlichund weſentlich in ihnen wohne / und daßJahr MDC. biß MDCC. er der groſſe Fuͤrſt / das fleiſch / ſo Chri - ſtus aus ſeiner mutter leibe / an ſich ge - nommen / und am ſtamme des creutzes gelitten / ſchon an ſeinem leibe / und da - rum trage / auch daß alles / was ſie thun / vornehmen und verrichten / der HERR Chriſtus in ihnen thue / und daß ſie da - hero ohne alle ſuͤnde ſeyn.
11. Daß er krafft ſolcher perſoͤnlichen beywohnung unſterblich ſey.
12. Daß keine auferſtehung der tod - ten / auch kein ewiges leben ſey / denn ſie allbereit einmal der welt geſtorben ge - weſen / und die freude des ewigen lebens / welche Chriſtus verheiſſen / an ihrem le - ben gewiß und vollkoͤmmlich empfin - den.
33. Jnſonderheit haben wir oben aus dem bericht der prediger geſehen / wovor er ſich ſelbſten ausgegeben / welches hier zu wiederho - len unnoͤthig iſt. Daß er aber nebenſt denVon of - fenbarun - gen. andern ſich auf ſonderliche offenbarungen be - ruffen / iſt aus denen acten und oben daraus excerpirten ſchrifften und regiſtraturen zu er - ſehen / kan auch ferner aus folgender erzehlung des Saltziſchen Superintend. u. Raths de dato 29. Decembr. 1613. erſehen werdē: So weiſen “auch ſeine (Methens) andere ſchreibē gnugſam “aus / daß dieſe leute alle ihren ſchwarm auf “ihre traͤume / geſichte und einbildungen gruͤn - “den. Denn bisweilen ſchreibet er: Und des „und ge - ſichten. HERRN wort geſchahe zu mir / und “ſprach / &c. Bald ſetzet er: Jm ſchlaff hoͤrt “ich GOTT den Vater zu mir reden “uñ ſagē &c. Wiederum bald hernach ſchreibet “er: Den 30. Novembris / ſo der vorlaͤuf - “fer iſt des erſten tages des monats De - “cemb. A. 1613. in der neunten abendſtunde “gab ſich mir gar unverſehens oͤffentlich “im geſichte / wachend / durch Chriſtum “zu erkennen die heilige Jungfrau / den “5. tag dieſes monats Novembris hievor “gemeldet / die umfieng mich aus dem Pro - “pheten Malachia, und kuͤſſet mich we - “gen meines in mir wohnenden braͤuti - “gams des wortes des lebens mit leben - “digen kuͤſſen / in allem / wie vor und mehr / “& cætera, quæ ibi ſequuntur plura. Er ſchrei - “bet auch weiter / daß den 6. December (iſt “naͤchſt vergangener Montag) um die dritte “nachmittags-ſtunde / uͤber dem aufſchreiben “der andern traͤume ſeyn zu ihm dieſe worte ge - “redet worden: Wollteſt du deine braut “nicht annehmen?
34. Stiefel ſelbſt ſetzet in einem brieff am 21. ſept. 1613. an ſeine ſchweſter Barbara Gregotit - ſchē folgēdes. Jch habe nach dieſem ſchrei -Stiefels worte hiervon. ben durch CHriſtum das wort GOttes in mir unſern lieben vatern im himmel und auff erden gebeten um troͤſtung / ſtaͤrckung und erloͤſung / aus euren un - ſchuldigen CHriſtileyden: hat mir mein ewiger einwohnender HErr JEſus das wort des lebens in puncto in meinem hertzen geantwortet / gib dich zu frieden / ich will ſie wolſchuͤtzen / ſtaͤrcken / erhal - ten / und zu rechter zeit erloͤſen / und ge - wiß erretten / das ſey euch allen zu kràff - tigem troſt geſchrieben. Was ſie fernervon43und Ezechiel Methen. Jahr MDC. biß MDCC. von der vollkommenheit gehalten / iſt oben ſchon aus dem angezogenē bericht zu ſehen. Jm Chur-Saͤchſiſchen mandat wird von Methen geſetzet; Er habe weiter geſchwermet / daß dieMetheus lehre von der voll - kommen - heit. | rechte braut Chriſti ein vorbild ſey / der heiligen reinen unbeflecktē Chriſtlichen kirchen / daß ſie| in allen ſtuͤcken| der rei - nigkeit und heiligkeit des Sohnes Got - tes gātz gleich / dahero auch ſich der voll - kom̃enheit uͤbeꝛ Petꝛum / Paulũ / Henoch / Johannem den Tauffer und alle heili - gen zu ruͤhmen befuͤget ſey / und gehen dieſe braut CHriſti die ſpruͤche nicht an: Der gerechte faͤllt des tages ſiebenmal / ſie be - duͤrffe auch nicht / daß ſie das Vater un - ſer bete (wie er denn ſelbſt es auch nicht be - duͤrffe) ſintemal ſie ohne das alles habe / was im Vater unſer gebeten werde. Wobey abzunehmen iſt / wie dieſe leute unter - wieſen / und widerleget worden / da man ſolche worte vor Bibliſche Spruͤche angegeben / die darinnen nimmermehr zu finden / dergleichen dieſer vom ſiebenfachen fall des gerechten iſt. Erfuͤllung des geſe - tzes.Jn den angeregten 12. teuffliſchen traͤu - men wird Methens vierter articul von der er - fuͤllung des geſetzes alſo widerleget: Dieſer menſch ſoll noch geboren werden / iſt auch ſonſten ohne beyſtand GOttes des H. Geiſtes unmuͤglich GOtt gefallen: Nun ſeynd aber alle menſchen luͤgner und mangeln des ruhms / den ſie fuͤr GOtt haben ſollen / werden demnach nicht erſt aus Langen-Saltza entſprin - gen / die ſolches thun koͤnnen. Welche gruͤnde / wie weit ſie reichen / ein wahrer Chriſt leicht ſehen kan.
35. Was aber die Prediger am meiſten auffgereitzet hat / iſt dieſer leute auſſage von dem zuſtand der Lutheraner geweſen / wie in dem ge - dachten mandat folgendes hievon geleſen wird. Dagegener (Meth) unſere kirchen und gemeine eine blinde gottloſe welt / die fleiſchlichen untuͤchtigen luͤgen-kinder Jſrael / die gottloſe Jeſebel / vom fleiſch - lichen ſunden-meer umfloſſen / und gantz unverſchaͤmte ſatans inſul und woh - nung. Die tochter Ethebaals / ſo das zei - chen und brandmal ihres hoͤlliſchen va - ters des ſatans / in ihm untuͤchtigen / von ihrem geerbten ſeel / hertz / fleiſch und bein traͤgt / / und mit andern derglei - chen laͤſterlichen namen genennet / al - les darum / weil wir glauben und beken - nen / daß wir nicht gantz in dieſer menſchlichen ſchwachheit ohne ſuͤnden / und gebrechen ſeyn. Abſonderlich aber wird eben daſelbſt geklaget / daß er der Luthe - riſchen Tauffe und Abendmal zaͤuberiſch genennet / wie auch die Beicht und das Pre -Von den Predi - gern. digamt. Jn der erſten regiſtratur des Sal - tziſchen Miniiterii wird ebenfals gedacht / wie Meth bey der verhoͤr dabey geblieben / ſie die Prediger waͤrë keine diener Chriſti / weil ſie keine Apoſtel waͤren. Er haͤtte auch mit freſſeꝛn und ſauffeꝛn / hureꝛn und ehe - brechern um ſich geworffen. Jn der angezo - genen Dreßdniſchen Chronica wird auch refe - riret / daß als der Præſident dieſe leute gefragt: Ob ſie ihre ketzerey mit einem zeichen und wunder beſtaͤtigen koͤnten / haͤtte ſieſchimpflich geantwortet: Daß die ehebre -Jahr MDC. biß MDCC. cheriſche art vom HErrn CHriſto auch ein wunder begehrt / ſo ihr aber nicht wiederfahren koͤnnen.
36. Ein mehrers von dieſen pnncten wollenSchriff - ten wider Methen. wir bald bey Stiefels hiſtorie vollends ſehen / dergleichen auch in denen hievon gedruckten ſchrifften zufinden iſt / als da ſind das angezoge - ge mandat nebſt den 12. Articuln, welches un - ter den titul neue zeitung anno 1614. gedruckt worden. Jtem: die ſchrifft von 2. bogen teuf - feliſche traͤume und einbildunge / oder ſpeculationes genant / iſt zu Leiptzig und heꝛnach zu Freyberg gedruckt worden / und deſſen auctor ſich Theophilum Hæreſimachum S. S. Theol. Studioſum geneñet; ferner: Hanß Dieterichs von Wiedebach Judicium uͤber 12. articul, Leiptzig 1614. Andreæ Merkii nothwendige ſchutz-ſchrifft gegen Meths unlaͤngſt wideꝛ ihn gefuͤhrte beſchwerungen. Hal - le 1621. in 8vo, Anonymi Hiſtoria de Ezechi - el Meth, Erfurti 1640. in 4to. Abraham von Franckenberg von irꝛthum der ſecten E - zechiel Meths. Franckfurt 1676. in 8vo. Und dieſes waͤre die hiſtorie von Methen / auff wel - che ſo fort Stiefels uͤbrige haͤndel erfolgen ſollē.
37. Oben iſt ſchon aus den acten ſo viel an - gefuͤhret / daß man daraus ſehen kan / wie dieStiefels fernerer zuſtand. Prediger zu Langenſaltza dëSeniorem zu Erffurt M. Weidmannen und duꝛch dieſen den Rath zu Erffurt aufgebracht / daß Stiefel uͤbeꝛ Methens ſache in inquiſition und zu Dreßden in verhafft gekommen. Als er aber ſich auff ſeine gewoͤhn - liche art wiederum loß gewickelt / und die ge - dachten 500. Reichsthl. dem Ober-conſiſtorio vor ſeine kaͤtzerey auszahlen muͤſſen: mag er allen umſtaͤnden nach die folgenden jahre dar - auff im Erfurtiſchen gebiet ruhig geſeſſen ha - ben. Weil er aber immittelſt in ſelbiger gegend mit unterſchiedlichen / und unter andern mit der regierenden Graͤfin von Gleichen zu Ohrdruf be - kannt / und derſelben Hauß-Verwalter in Er - furt worden / auch alſo dem miniſterio daſelbſt / weil er zuvor auff dem Lande gewohnet / naͤher in die augen kommen / iſt der ſtreit mit ihm aufs neue und viel hefftiger als zuvor angegangen.
38. Er ſelbſt hat den anfang in einem ſend -Und haͤn - del in Erf - furt. ſchreiben an gedachte Graͤfin / ſo im gruͤndlichē Verlauff p. 298. ſtehet / alſo erzehlet: Er haͤtte Anno 1623, den 22. Auguſti dem Herrn Se - niori auf Begehren ſeiner gedruckten| Tractaͤt - lein eins ſelbſt einhaͤndigen muͤſſen / der ſein be - dencken daruͤber frcywillig zu eroͤffnen anerbo - ten. Uber verhoffen aber haͤtte er bald auf derSonder - lich mit dem Seni - ore. cantzel wieder ihn geprediget / daruͤber er von Stiefeln zu rede geſetzet / und ihm deſſen un - ſchuld erwieſen worden. Kurtz darnach haͤtte der Rath Stiefeln vor das Miniſterium und des Raths Commiſſarien citirt / da ihn der Senior aus dem gedruckten Tractaͤtlein / wie auch aus drey brieffen an einen kaufmanns - diener Marcum Antonium Adler vieler Got - teslaͤſterungen und irrthuͤmer beſchuldiget. Da - gegen er Stiefel ſich nach moͤglichkeit verant - wortet / wie er die puncte in dieſem gruͤndli - chen verlauff pag. 310. bis 348. weitlaͤuffeig erzehlet / und eben daſelbſt pag. 356. u. f. ſein ſchreiben an den Rath vom 3. Auguſti mit an - gehaͤnget hat / wie auch pag. 377. eines an den Seniorem ſelbſt / in welchen allen er gar glimpff -A. K. H. Dritter Theil. F 2lich44Th. III. C. IV. Von Eſaia StiefelnJahr MDC. biß MDCC. lich und demuͤtig ſich erwieſen / wie es der au - genſchein weiſet.
39. Jnmittelſt / da die Sache weiter rucht -Und mit D. We - bern. bar worden / iſt ſonderlich nebenſt dem Erfur - tiſchen Miniſterio auch ein Superintendens und Graͤflicher Gleichiſcher Hoffprediger D. Jo - hann Weber an Stiefeln gerathen / weil er geſehen / daß die Graͤfin mit dieſem als einem Ketzer correſpondirte. Die veranlaſſung und andere umſtaͤnde kan der leſer aus D. Webers ſchreiben an D. Balthaſar Meiſnerum verneh - men / welches ich / wie ers Lateiniſch mit ſeiner eigenen hand geſchrieben / hieher ſetzen will / de dato 6. Decembr. 1623.
Jch habe auff der viſitation der Herr - ſchafft Gleichen viel / ja ſehr viel zu ſchaf - fen gehabt mit Eſaia Stiefeln und etli - chen ſeinen anhaͤngern / darunteꝛ Ezechiel Meth iſt / der ſich den Ertz-fuͤrſtē Michael neñet. Deñ dieſe haben unſere Graͤfin / wel - che ohndem zu neuen uñ fanatiſchen dingen geneigt iſt / heimlich zu verfuͤhren ange - fangen. Aber man hoͤre die art und wei - ſe. Dieſer Meth / der zum viertenmal ein Apoſtata worden / ſuchte von mir un - terweiſung / und kam mit ſeinem ſtief-va - ter zu mir. Dieſe hat mein gnaͤdiger herr ein viertel jahr lang unterhalten / und ſie ſtellten ſich / als wenn ſie |taͤglich proficir - ten. Bald hernach / da der Graff ſtarb / ſuccedirte ihm ſein einiger bruder Johann Ludwig. Von deſſen Gemahlin wurde Meth erfordert / und als Chymicus ange - nommen. Stiefel aber wird zum hauß - verwalter der Graͤfin in Erffurt gema - chet. Dieſe beyde ſchelme / da ſie der Graͤfin ſinn mercken / fangen an ihre vori - ge dinge hervor zuſuchen / und tragen ihre meinung mit ſcheinbaren worten vor. Die Graͤfiin lobet / und billiget alles. Je - doch verſtellen ſie ſich gar verſchlagen und conformiren ſich nach unſerer kirche. Jch gehe deßwegen zur Graͤfin und war - ne ſie / ſich vor dieſen beyden zu huͤten. Sie aber leugnet / daß ſie das geringſte von ih - rer lehre mit ihr geredet haͤtten. Allein der verdacht nahm taͤglich zu. Dahero ich amts halber ernſt brauchen muſte. Denn ich trohete / daß ich Methen mit dem bann ſtraffen wolte / wenn er ſich nicht durch eine ſchrifft purgirte. Und das ge - ſchahe. Denn er gab eine kaltſinnige und hinterliſtige ſchrifft aus / worinnen er ſich gegen Herrn Merckens anklagen gantz nicht entſchuldiget. Weil ich nun alſo wachſam war / hatte ich keinen zu - gang mehr. Jch ſchrieb aber bald dar - auff an die Graͤfin / und ermahnete ſie. Wir wechſelten alſo etliche wochen briefe mit einander / da ſie denn hefftig auff mich loß zog. Jch aber ließ mich nichts bewe - gen / ſondern zeigete ihr mit gelindigkeit den weg. Sie wolte ihn aber nicht ge - hen / und wolte ihre ſchreiben zu Erffurt drucken laſſen / ließ aber meine antwor - ten auſſen. Deßwegen nun / weil ſie offen - bare irrthuͤmer vertheidigte / habe ich ſie vom beichtſtuhl und Abendmahl ausge - ſchloſſen und ſchlieſſe ſie noch aus. End -lich treffe ich Stiefels buͤchlein an / das zuJahr MDC. biß MDCC. Dantzig ohne ſeinen namen herausge - kommen. Dieſes wiederlege ich kuͤrtz - lich / und ſende es etlichen verfuͤhrten zu Erffurt. Als dieſe die irrthuͤmer und GOtteslaͤſterungen erkennen / klagen ſie Stiefeln vor dem Rath an. Auffbefra - gen bekennt er ſich vor den auctorem frech gnug / und ſagt es ſeye nichts wieder die Augſp. Confeſſion und Formulam Concor - diæ darinn. Weil er aber ſich ſeiner haut fuͤrchtete / machte er ſich heimlich davon. Darauff hat mein Graff nach meiner er - innerung Methen mit allen den ſeinigen vom hoffe verjagt / nihil ventrem conjugis curans. Alſo iſt dieſes Stiefeliſche neſt (nidus ocreanus) zerſtoͤrt worden.
40. So weit D. Webers eigenhaͤndigerMehrere umſtaͤnde. brieff zu deſſen erlaͤuterung noch eines und an - deres beyzufuͤgen iſt. Eben dieſer Superin - tendens gedencket in der vorrede uͤber die cenſu - ram Stiefelianiſmi P. A. 3. daß die Graff - ſchafft Gleichen in boͤſen kaͤtzer-verdacht bracht worden / weil Stiefel ſeine buͤcher in ſelbige kirchen-inſpection eingeſchoben. Seingnaͤdiger Graff aber waͤre dieſer lehr und ſolchen leuten von hertzen feind / und koͤnte ihren namen ohne groſſen unwillen faſt nicht hoͤren noch nennen. Dieſe von D. Webern erwehnte briefe aber ſind anno 1624. unteꝛ dieſem titul in 12mo heraus gekom - men: Chriſtliche verantwortungs, ſchrei -Der Graͤ - fin von Gleichen ſchrifft vor Stie - feln. ben der Hoch-wolgebornen Graͤfin und Frauen / Frauen Erdehmut Julianen / gebornen Graͤfin von Hohnſtein / Lora und Clettenberg ꝛc. Graͤfinzu Gleichen / Spiegelberg und Pyrmond / Frauen zu Donau ꝛc. auff die faͤlſchliche / laͤſterliche beſchuldigung D. Johann Webers / Jhr Gr. Gn. Hoff - und ſtadt Pfarrers in Ohr - druff: ſo ermelter Weber hochtrabend an Jhr Gr. Gn. ſchrifftlich einzugeben ſich geluͤſten laſſen. Aus welchen allhier / weil dieſe ſachen ohn dem unbekannt ſind / eines und das andere anzumercken ſeyn wird.
41. Jnsgemein vertheidiget die Graͤfin in allen dieſen ſchreiben Stiefeln und Methen be - ſtaͤndig / und inſonderheit beſchwert ſie ſich im andern brieff p. 19. daß D. Weber ihremUnd be - ſchwerun - gen wider D. We - bern. Ehe-herrn mit ſolchen unwahrhafftigen dingen unter augen gegangen / dadurch er geſucht ihn gegen ſie zu verbittern / und eheleute zuſam̃en zu hetzen / welches ihm aber GOtt lob gefehlet. ꝛc. Und p. 20. daß er heimlich uͤber ſie und andere fromme leuterath hielte / auch auff der cantzel wie - der ſie als Wiedertaͤufferiſche / Oſiandri - ſche / Weigelianiſche / Roſencreutzeri - ſche / Theophraſtiſche und andere verdam̃ - liche kaͤtzer laͤſtere / Item. p. 225. ſchrei - bet ſie alſo an ihn: GOtt hat uns in einig - keit unſers Hl. Herrn / mit ihme ſelbſt uͤber euch zur Chriſtlichen Obrigkeit geſetzet / haͤtte euch auch nach 8 erinerung Chriſti gebuͤhren wollen / bey uns mit Goͤttlicher freundlichkeit zu erfragen ehe und zuvor ihr uns und andere fromme unſchuldige leute bey unſerm Hl. Herrn faͤlſchlich und unſchuldig verlaͤumder / auch bey andernleuten45und Ezechiel Methen. Jahr MDC. biß MDCC. leuten ausgetragen / und uns irriger ke - tzeriſchen Religion beſchuldiget haͤttet. Weil ihr aber ſolches heimlich gethan / moͤget ihr uns nicht verdencken / daß wir dieſe unſere unſchuld wieder euch in oͤffentlichen druck zu rettung unſerer per - ſon und Goͤttlicher ehren in uns / ausge - hen laſſen / und erſtes tages unter die preſ - ſe gehen.
42. Einige ſchreiben von dieſer Graͤfin hat Herꝛ D. Johann Andreas Schmied zu Helmſtaͤdt unlaͤngſt in ſeiner diſſertation de muliere heterodoxa. §. 31. p. 45. aus einigen manuſcriptis angefuͤhret / welche aber mit de - nen gedruckten gantz einſtimmen. Jn einem darunter ſchreibet die Graͤfin alſo: Herr D. Webeꝛ hat ſich nicht zubekuͤmmern / was Stiefel in unſern geſchaͤfften zu Ohr - druff zu verrichten / die falſche lehre iſt der wahrheit nicht gemaͤß. Ezechiel Methen Chꝛiſtlichen wandels und glau - bens wegen wollen wir dißfals nicht ei - fern / ſondern ihres glaubens grund Chri - ſtum JEſum / den er in ihnen verlaͤſtert / wie auch in allen glaͤubigen / vielmehr ehren / und denſelben um ſein ſchmach - ſchreiben wider ſie mit Chriſtlicher be - ſcheidenheit ihre eigene Perſon zu be - ſchuͤtzen zur verantwortung uͤberrei - chen / und ſeiner und aller wideꝛwaͤꝛtigen beſchuldigung wegen ſich von keinem rechten gliedmaß der kirchen vom klein - ſten biß zum groͤſten nicht allein in ihrer Herrſchafft / ſondern auch in der gantzen Chriſtenheit trennen und abſondern. So ſolt ihr auch gewiß davor halten / daß wir gar keinen wolgefallen an ei - ner bittern verwarnung wider fromme leute haben / in und an welchen wir biß hero nichts als Goͤttliche treu und auff - richtigkeit befunden. Wir ſeyn auch hinfort wegen ihrer treuen und Chriſtli - chen dienſte bey ihnen in gnaden zuſte - hen und ihrer unbilligen beſchuldigung wegen bey unſerm Herrn und vorgeſetz - ten haubte ſie mit GOttes huͤlffe und lebendiger krafft ſeines heiligen worts in uns zuvertretten / und zu verbitten ferner von hertzen erboͤtig und willig. Auff dieſe und dergleichen erklaͤrung der Graͤfin hat D. Weber nicht eher geruhet / biß er dieſe leute alle fortgeſchafft / wie er in gedachtem ſchreiben ruͤhmet.
43. Seinen ſinn und gefuͤhrte conduite hier - bey kan man ferner aus gar vielen umſtaͤnden noch weiter abnehmen. Jn der gedachten vor - rede uͤber die cenſuram hat er p. A. 4. StiefelnWebers verhalten und ſinn dabey. und die andern der ſande wider den Heil. Geiſt beſchuldiget und vor unbekehrlich ge - halten / welches er auch im 10. Capitel p. 282. widerholet. Jn einem andern eigenhaͤndigen brieff an D. Meiſnern von dieſer ſache will er austruͤcklich behaubten / Stiefel muͤſte durch den Hencker hingerichtet werden / welches doch die Wittenbergiſchen Theologi, die ſonſt den Kaͤtzern auch nicht viel ſchencken / vor unrechtBlutduͤr - ſtigkeit und Spa - niſches urtheil. hielten. Seine eigene worte aus dem origi - nal ſind folgende: was der Herr D. von Stiefel ſchreibet / daß er zweiffele ob er am leben zu ſtraffen ſey / bin ich einer an -dern meinung. Jch proteſtire aber vorJahr MDC. biß MDCC. GOtt / daß ichs nicht aus haß oder rach - gier ſchreibe: Jch frage nicht / ob Stie - fel als ein ketzer ſchlecht hin umzubrin - gen ſey: denn das iſt unſtreitig / daß es nicht vergoͤnnet ſey. Jch frage auch nicht / obs wegen vieler meineide geſche - hen muͤſſe: Das moͤgen die Juriſten aus - machen. Sondern dieſes macht mir ſcrupel, ob Stiefel / der der gotteslaͤſte - rung uͤber wieſen / mit leibes ſtraffe zu be - legen ſey? dazu ſage ich ja. Zum an - dern ob einer ein Gotteslaͤſterer ſey / wenn er ſich Goͤttlich e Maje ſtaͤt unmit - telbar zumiſt / nicht allein mit vorſatz / ſondern auch mit fleiß es auszubreiten. Daß nun Stiefel auf ſolche art ein Got - teslaͤſterer ſey / zweiffele ich nicht / ſon - dern bins gewiß ꝛc. welches er deñ aus Stie - fels worten beweiſen will. Darauff er ſchleuſt: Jch bin der meinung / daß ein ſolcher Gottes laͤſterer am leben muͤſſe geſtraf - fet werden. Die urſachen ſind:
44. Dieſe dinge waren alle ſo grob / daß ihmDer Wit - tenberger antwort hierauff. auch die Wittenbergiſche Facultaͤt ſelbſten wi - derſprach / in deren eigenen antwort hierauff dieſes argument opponiret wurde: Wenn ein jeder / der ihm Goͤttliche Majeſtaͤt zuſchreibet / “oder dieſelbe GOtt abſpricht / am leben zu “ſtraffen iſt / ſo folgt / daß auch der Pabſt / die “Jeſuiten / Calviniſten / Photinianer und an - „Und be - ſcheidenes urtheil von Stie - feln. dere alſo geſtrafft werden / Atqui; ergo. Sie “ſchreiben auch von Stiefeln folgendes:
45. Bey dieſer klaren antwort beruhete D. Webeꝛ noch nicht / ſondeꝛn replicirte wiedeꝛum / aber eben auff ſolche elende art. D. Meißner aber hat ihm noch einmal geantwortet / und ſonderlich auff das argument von Phariſeern die inſtantz gegeben. Waͤren doch die Pha - riſeer ſelbſt Gotteslaͤſtere geweſen / und gleichwol nicht am leben geſtrafft worden. Zu - letzt / da Weber in ſeiner antwort nicht weiter kommen koͤnnen / ſchreibet er an Meiſnerum: Mitto hominem vadere ſicut vadit, jam ſextam ſimulat revocationem & ſunt qui colloquium cum ipſo ineundum meditentur velirrito co - natu, vel cum opprobrio Pauli, qui ſcribit 2. Tim. II. 11. hinc argumentor: Qui cum ἀυ〈…〉〈…〉 οκα〈…〉〈…〉 ακ〈…〉〈…〉 ίτῳ colloquuntur, illi Paulo in os contradicunt &c. Dieſes alles finde ich in D. Webers eigenhaͤndigen ſchrifften / welche de - nen / ſo daran zweiffeln / zu mehrerer gewißheit vorgeleget werden koͤnnen. Wiewol keiner / dem der ſinn ſolcher leut nur ein wenig bekannt iſt / zweiffeln wird / daß dergleichen tieffes elend bey ihnen zu finden ſey.
46. Was aber D. Weber von der fernern handlung mit Stiefeln erwehnet / das iſt annoStiefels gefangen - ſchafft. 1624. zu Erffurt mit ihm vorgegangen / allwo er beſage der obigen umſtaͤnde gefangen geſetzet / und von dem Miniſterio auff anregen des Lan - genſaltziſchen / Gleichiſchen und anderer Mini - ſteriorum ſehr hart gehalten worden / wie wir gleich jetzo vernehmen wollen. Man hat ihn zufoͤrderſt in einem langwierigen und beſchwer - lichen verhafft gehalten und damit zum wieder - ruff zwingen wollen. Weil er aber bereits et - lichmal zuvor / und zwar nach der Prediger vor - ſchrifft wiederruffen gehabt / davon oben ge - meldet worden / hat man ihm zuletzt deſtoweni - ger getrauet / und auff ſeine vielfaͤltige erklaͤrun - gen ihn nicht loß gelaſſen. Dazu kam noch / daß ihm hin und wieder einige andere beyfielen / welches die Prediger furchtſam und ihn ver -Und an - haͤnger ſchloſſen zu halten reſolvirt machte. Unter ſei - nen anhaͤngern werden in den acten / und zwar im bericht des Erffurtiſchen Raths 18. perſo - nen mit namen benennet / und darunter ein Stu - dioſus, Nicolaus Schlegel / die man auff ein -von Edel - leuten / Stud oſis und an - dern. mal in ſeinem hauſe angetroffen. Unter denen briefen / die man gefunden / ſind unterſchiedli - che ſehr vertraulich an ihn geſchrieben / auch von Edelleuten / als einem von Ruͤxleben / einem von Marenholtz / item, von einem buͤrger aus Eiß - leben Michael Stempelin und andern mehr. Stiefel ſelbſt machet ihrer noch mehr namhaff - tig in ſeinem brieff an den Rath im gruͤndlichen verlauff p. 371. Ein Prediger zu Erffurt M. Wallenberg / klagte damals in einem eigenhaͤn - digen ſchreiben an D. Meiſnern: Die leute glauben dieſen fanaticis vielmehr / als meinen predigten und vermahnungen / und ſo gar auch die allergelehrteſten. Dieſe und dergleichen urſachen mochten Stie - fels gegener bewegen / ihn in der enge zu halten. Wiewol ihn endlich doch der Rath wiederum loßgelaſſen / nachdem er ſich muͤndlich und ſchrifftlich erklaͤren / und verreverſiren muͤſſen / beſage des jetztfolgenden berichts. Er hat nachder zeit faſt noch in die 10. jahr gelebet / wiewol /Jahr MDC. biß MDCC. weil er doch noch immer auff ſeinem ſinn geblie - ben / faſt in ſtaͤtigem arreſt, darinnen er auch anno 1638. verſtorben / wie Henricus Oræus im dritten Tomo des Theatri Europ. p 720. be - richtet.
47. Jn denen Actis originalibus, ſo AnnoSein tra - ctament im ge - faͤngniß. 1624. und 25. bey Stiefels verhafft in Erfurt mit ihm ergangen / ſind unter andern ſehr viel bewegliche[ſ]upplicationes von ſeinem weib und kindern an den Rath daſelbſt zu finden / wor - aus erhellet / daß der mann auf der Prediger gutachten ſehr hart tractiret worden, Jn ei - nem bittſchreiben ſeines eheweibes Magdale - naͤ Sriefelin de dato d. 30. Junii 1624. wird gedacht / daß er bereits 13. wochen im gefaͤng - nis ſitzen muͤſſen / und zwar / daß niemand von den ſeinigen weder zu ihm gehen / noch ihm handreichung thun duͤrffen: Dahero ſie bit - tet / daß zum wenigſten ſie / oder eines von deſ - ſen kindern / oder auch ſein ſchwager ihn beſu - chen duͤrffte. Daß aber dieſes nicht allein hierauf nicht vergoͤnnet / ſondern er auch hier - auf noch faſt uͤber jahr und tag alſo (ungeacht er wiederruffen gehabt) gefangen gehalten worden / iſt ſo wol aus den andern acten und geſchichten / als aus dergleichen bittſchreibenUnd kranckheit. zu erſehen. Jn einem de dato 3. Januarii 1625. klagen ſein weib und kinder / daß Stiefel an einem fieber in die 14. wochen darnieder gele - gen / und ungeacht eines geſchehenen wieder - ruffs noch nicht zu den ſeinigen ſeine nahrung fortzutreiben loßgelaſſen worden. Eben dieſes wiederholen ſie in andern / als de dato 23. Fe - bruarii, 17. Januarii, 13. April, und ſo fort / mit beygefuͤgter wichtiger urſache / weil ſonſt der mann bey ſeinem quartan-fieber im ge - faͤngnis wegen ermangelnder noͤthiger wartung / in dem niemand zu ihm gelaſ - ſen wuͤrde / wie auch der artzney-mittel und noͤthiger leibes-motion jaͤmmerlich verderben und umkommen muͤſte. Von ihm ſelbſt ſind gleichfalls viel eigenhaͤndige ſchreiben an den Rath vorhanden / worinnen er ſehr beſcheidentlich uͤber das harte tracta - ment klaget / ſich auf ſeine gethane revocation beruffet / und die Prediger um reſolution bit - tet / ob und wie ſie mit ſeiner erklaͤrung zu frie - den waͤren. Dergleichen ſuppliquen von ihm de datis 2. Maji, 12. Maji, 10. Auguſti, 28. Au - guſt. 1625. von ſeiner eigenen hand und ſiegel zugegen ſind. Es weiſet aber noch eine ſup - plique ſeines weibes vom 9. Nov. ſelbigen jah - res / daß er noch ferner alſo gefaͤnglich gehal - ten worden / bis zu dem jenigen ausgang / wel - chen wir zu letzt beſchreiben wollen.
48. Allhier iſt nur aus gedachten original - acten dieſes noch anzumercken / und zwar ausSein letz - ter wie - derruff / ſeiner eigenhaͤndigen ſchrifft an Valentinum Laͤmmerhirten / einen buͤrger in Erfurt / vom 16. April. 1625. daß er nicht allein ſeine vorige meinungen alle wiederruffen / und ſeine ausge - gangene ſchrifften zu unterdrucken begehret; Sondern auch ſich zur Augſpurgiſchen Con - fesſion und den uͤbrigen Symboliſchen Buͤ - chern derer Lutheraner oͤffentlich bekant. Wie denn dieſes von ſeiner gehegten haupt-mei - nung ſeine erklaͤrung in ſelbiger ſchrifft iſt. Wie denn nicht allein der alte menſchund erklaͤ - rung. und in ſuͤnde gefallene alte Adam / ſon -dern39und Ezechiel Methen. Jahr MDC. biß MDCC. dern auch der neue in und auf den heili - gen namen Chriſti getauffte Chriſtliche neue menſch nimmermehr durch ſolche irrige vergebene weſentliche vereinigung GOttes mit uns menſchen dahin kom - men / und in ewigkeit gelangen kan / daß er weſentlicher GOTT der Vater / Chri - ſtus / und Heilige Geiſt wuͤrde / und dafuͤr Gottes-laͤſterlich anzubeten / dafuͤr zu ehren und zu halten waͤre / und ob ich gleich zum nichtigen behuff das exempel des lieben Davids und anderer Pro - pheten darbieten wolte / Er ſich nicht allein nach einer perſon im 16 / ſondern auch im 22. und andern Pſalmen / vorher die ſelbſtaͤndige heilige perſon Chriſtum JESUM ſelbſt oͤffentlich nach klarer andeutung des buchſtabens in Heiliger Schrifft dargeboten und ausgegeben. — Aus welchen hier angedeureten zweyen oͤrtern und zeugnis der Heiligen Schrifft klar zu erkennen / daß David der heilige Prophet nicht von ſeiner / ſon - dern von des HErrn Chriſti perſon ei - gentlich redet und geredet hat. Darum auch die heiligen lehren und worte aller heiligen Propheten dieſe irrige in Heili - ger Schrifft ungegruͤndete / und durch - aus darinnen nicht zu finden weſentli - che vereinigung GOttes mit uns men - ſchen / dadurch wir zum heiligen weſent - lichen GOTT werden koͤnten / oder ſol - ten / nimmermehr erweiſen und darthun koͤnnen.
49. Hierauf hat der Rath eine Commis - ſion verordnet / und zwar ſolche drey predigern / nemlich M. Zachariæ Hogelio, M. Valentino Wallenbergern / und M. Sebaſtiano Schroͤd - tern aufgetragen. Dieſe ſolten ihn / wie in des Raths reſcript ſtehet / bekehren / ſeine irr - thuͤmer aus ſeinen ſchrifften heraus zie - hen / und gegen die Augſpurgiſche Con - fesſion halten / auch ſelbige daraus wie - derlegen / worinne ihnen ſonderlich D. We - bers und Piſcatoris ſchrifften zu huͤlffe recom - mendiret werden. Zugleich hat der Rath den Predigern (ohne zweiffel das hefftige ſchelten auf den cantzeln zu hindern) auferleget / daß ſie weder auf die cantzeln / noch zum druck etwas von dieſer ſache bringen ſolten / ſondern den artickel aus der Erfurtiſchen policey dißfalls reſpectiren.
50. Nun hat ſich zwar Stiefel bey dieſerDer Pre - diger ein - wenden und forde - rung. Commisſion, wie ſchon gedacht / erklaͤret / alſo / daß der Rath mit ihm allen umſtaͤnden nach wol zu frieden / und ihn ſo fort frey zu laſſen willig geweſen. Allein das Miniſterium hat hiebey nicht beruhen wollen / ſondern eingewen - det / Stiefel haͤtte zum theil nicht in al - lem klaͤrlich gnug / und zu vermeidung alles argwohns geantwortet / zum theil nicht in allem richtig allegiret und appli - ciret / bisweilen auch ſolche reden gefuͤh - ret / dadurch dem anſehen nach ſeine irr - thuͤmer nicht vermindert / ſondern ver - mehret wuͤrden. Dahero haben die Predi - ger weiter gefordert / daß er ſeine von den Pre - digern vorgelegte dogmata ſelbſt nochmals er - waͤgen / und ſich darauf ordentlich und richtig erklaͤren ſolte / damit ſie an ſeinem conſenſumit der Lutheriſchen confesſion nicht mehrJahr MDC. biß MDCC. zweiffeln duͤrfften.
51. Hierzu haben ſie eine weitlaͤufftige er - zehlung ſeiner meinungen aus deſſen ſchrifften aufgeſetzet / welche gleichfalls noch in originali bey handen iſt mit dem titel: Abyſſus Satano-Styfeliana.
Das iſt / greuliche und abſcheuliche Ke -Wieder - legungs - ſchrifft. tzereyen durch Eſatam Stiefeln aus der tieffe des Satans und abgrunde al - ler neuen und alten Ertz-Ketzer und Schwaͤrmer unter dem ſchein / als ſey er Chriſtus / herfuͤr geſuchet / zu wieder dem artickel Chriſtliches Glaubens / Heiliger Schrifft / Augſpurgiſcher Confesſion, und Form. Conc. ausgebreitet. Aus dieſer ſchrifft / weil ſie die ſumma ſeiner lehre nach der ord - nung in ſich haͤlt / und noch nicht publiciret worden / koͤnten wir hier noch einige puncten mit auszeichnen / woferne zeit und raum es zu - gaͤbe.
52. Sein haupt-irthum von der vereinigung mit CHriſto iſt aus vielen bißher angezogenen documenten uͤberfluͤßig zu erkennen / wie er aber auch dißfals ſich erklaͤret habe / hat auch ſchon Colberg im Paltoniſchen Chriſtenthum P. I.Seine ei - gene er - klaͤrung von Chri - ſti ein - wohnung. c. 5. p. 227. aus dieſen worten ſeiner geſchriebe - nen Apologie angemercket: daß der Satan faͤlſchlich unter die menſchen aus ſpargi - ret / Stiefel / Meth / Gregotitſch ũd andeꝛe ihres gleichen / dieſelben ruͤhmten ſich vor CHriſtum und ſeine braut im alten Adamitiſchen Stande / ſondern ſie ſa - gen / daß der heilige glaube CHriſti des einigen gerechten in Eſaia in ſein heilig fleiſch und blut gangen / neu geboren / und aus groſſer liebe zu ſeiner braut und vorbilde der heiligen groͤſſen gemeine Gottes veꝛordnet und angenom̃en. Man findet auch durchgehẽds in ſeinē ſchrifftẽ / daß er auf eine weſendliche gerechtigkeit / vereinigung / heiligung und vollendung gedrungen. Wie deñ die Erfurthiſchen Prediger im gedachten abyſſo von ihm folgende worte anziehen: Ein recht -Gerech - tigkeit. glaͤubiger Chriſt weiß von keiner faͤlſch - lichen gerechtigkeit in deꝛ ſeelen / als von ſeiner ſelbſt eigenen / Goͤttlichen / war - haftigen gerechtigkeit. Aus der Apolo - gie wider D. Webern p. 202. welche worte die Prediger verſtuͤmmelt anfuͤhren / und was zu er - gaͤntzung ſeines ſinnes gehoͤret / vermuthlich mit fleiß auslaſſen / welches beſorglich in vielen an - dern wo nicht in allen ſtuͤcken zu des beklagten mehrerer gravirung geſchehen ſeyn mag / wie aus der collation erhellen kan / derowegen ich auch dieſe uͤbel formirte ſchrifft nicht beyſe - tzen moͤgen.
53. Eben daſelbſt p. 194. ſchreibet Stiefel: Es (D. Weber) traͤumet ihn durch des ſa -Von zu - rechnuug derſelben. tans luͤgen / inſpiration und teuffeliſchen betrug eine nichtige / unweſentliche / falſche / mit Chriſtlichen / Goͤttlichen / heiligen wercken unvereinigte uner - weißliche / gantz luͤgenhafftige imputa - tion und zurechnung. Und p. 377. eine nichtige unweſendliche gerechtigkeit / weißheit / wahrheit und er loͤſuͤng der ſee - len / darinne in ihn und in allen unglaͤu - bigen weder GOtt / wort noch leben / ſondern eitel ſuͤnde / laſter und ſchandezu fin -48Th. III. C. IV. Von Eſaia StiefelnJahr MDC. biß MDCC. zufinden / ſo auch aus ihm und ſeines gleichen anhange haͤuffig heraus eiteꝛn / ſchwaͤren / und in der welt ihren ſtanck und unflat vor Gott in allen glaͤubigen ſehen / und leibhaftig von ſich erſcheinen laſſen: Dagegen nennet er die wahre gerech - tigkeit / daß ſie das weſen Chriſti. Item daß CHriſtus in allen heiligen lebendige / weſendliche / wirckliche / kraͤfftige und ewige gerechtigkeit ſey. Jm 4. tractat. p. 19. und im 5. p. 10. und von der zurechnung des glaubens ſchreibet er in der Apologie wider Pi -Und den glauben. ſcatorem p. 492. Wer nach zeugniß der H. Schrifft: Jhr ſeyd der Tempel des le - bendigen GOttes; nicht den lebendigen Gott mit der fuͤlle ſeines heiligen Goͤtt - lichen weſens / CHriſtum JEſum leib - hafftig / perſoͤnlich / wircklich und kraͤf - tig im wahren weſendlichen glauben in und an ſich befindet / dem kan nimmer - mehr mit wahrheit die weſendliche ge - rechtigkeit zugerechnet werden / ſondern der zorn GOttes bleibet uͤber und inBeweiß aus der Formul. Concord. ihm. Und eben alſo hat ſich auch die gedachte Graͤfin in obenangezogenen briefen erklaͤret / auch p. 109. dazu die worte aus der Formula Concordiæ angezogen / und zwar aus dem ſummariſchen begriff der ſtreitigen arti - ckel unter demtitul von der gerechtigkeit des glaubens fol. 281. welche alſo lauten: Es muß die diſputation von der weſendlichen einwohnung der gerechtigkeit GOttes recht erklaͤret werden. Denn obwol durch denglauben in den außerwehlten / ſo durch CHriſtum gerecht worden / und mit GOtt verſuͤhnet ſind / Gott Vater / Sohn und H. Geiſt / der die ewige und weſendliche gerechtigkeit iſt / wohnet (denn alle Chriſten ſind Tempel GOttes des Vaters / Sohnes und H. Geiſtes / welcher ſie auch treibet recht zuthun) ſo doch ſolche ein - wohnung GOttes nicht die gerechtig - keit des glaubens / davon S. Paulus handelt / und ſie juſtitiam DEI, das iſt / die gerechtigkeit GOttes nennet / um wel - cher willen wir vor GOtt recht geſpro - chen werden / ſondern ſie folgt auff die vorgehende gerechtigkeit des glaubens / welche anderſt nichts iſts / denn die ver - gebung der ſuͤnden / und gnaͤdige anneh - mung der armen ſuͤnder / allein um Chri - ſtus gehorſams und verdienſts willen.
54. Eben alſo hat er ſeinen ſinn von der wie -Von der wiederge - burt. dergeburt ausgetrucket / daß nemlich die wir wiedergeboren weſendliche kinder GOt - tes ſeyn / die da haben Goͤttlich fleiſch und blut. Jm buch wieder Piſcatorem p. 220. Jngleichen daß CHriſtus ſey der ſa - me der wiedergeburt als der verheiſſene weſendliche weibes-ſame / aus wel - chem Goͤttlichen ſamen dem wort des vaters die Chriſten und kinder GOttes herkaͤmen / in der Apologie wieder Webern p. 145. und im dritten tractaͤtlein p. 125. Die art und weiſe druͤckt er eben alſo aus: Der H. Geiſt heiliget uns durch und durch / und tingiret unſer fleiſch in carnem & oſſa CHri - ſti, im dritten tractaͤtlein p. 2. Dahero ein neu - geborner Chriſte ein ewig beſtaͤndiger GOtt-menſch ſey / in der Apologie widerWebern p. 169. und was dergleichen expreſſio -Jahr MDC. biß MDCC. nes hievon haͤuffig bey ihm vorkommen. Wie denn ohne dem ein verſtaͤndiger leſer aus beſag - tem haupt-punct von ſelbſt ermeſſen kan / daß Stiefel alle uͤbrige puncte des Chriſtenthums hierauff gegruͤndet / und dahin gezogen. Deß - wegen und weil auch dieſe hiſtorie etwas weit - laͤufftig worden / ich nichts mehr davon melden will / und nur noch Stiefels hinterlaſſene ſchriff - ten beneñen / woferne ſie etwa jemanden ſelbſt zu handen kommen moͤchten. Die vornemſten ſind die offtgedachten 10. Chriſtliche undStiefels ſchrifften. Gottſelige tractaͤtlein / ſo anno 1622. in 12mo. zu Dantzig heraus kommen.
55. Ferner die kuͤrtzliche antwort auff D. Johann Webers / Hoff - und Stadt Pfar - rers zu Ohrdruff / in der loͤblichen Graff - und Herrſchafft Gleichen ausgeſprengte Lateiniſche diſputation, wider die heilige Goͤttliche weſentliche heiligung der glaͤubigen: durch den lebendigen na - men des HErꝛn JEſu aus Eſaiaͤ Stie - fels Chriſtlicher perſon in druck geben 1624. Und wider eben dieſen: Apologia und rettungs-ſchrifft des heiligen na - mens JEſu in Syhon, aller heiligen fleiſch und blut / ſeinem gantzen leibe und mit ihm ſelbſt ewig vertraueten und ver - einigten weibe durch JEſum CHriſtum / das haupt des Herrn in Syhon ſelbſt / zum hoͤchſten lobe ſeines dreyeinigen / aller - heiligſten / hochgelobten namens GOt - tes und ewigen lebens CHriſti JEſu in allen auserwehlten frommen Chriſten: unter dem namen meiner verlaͤſterung Eſaiaͤ Stiefels hervorbracht: und dann zu wider den ausgeſcheumeten luͤgen und laͤſteꝛungen des ſchaͤndlichen ſatans und moͤrdlichen tyranniſchen teuffels / in D. Joh. Webers ausgeſprengten buch Brevis Cenſura Stifelianiſmi intitulirt zu be - finden / in druck gegeben und ausgehen laſſen. 1624. Und endlich: Verantwor - tung des buͤchleins / deß titel: Etliche Chriſtliche und gottſelige tractaͤtlein ꝛc. Wieder die Schrifftgelehrte / Phariſaͤ - iſche / Hoheprieſterliche warnung in der Apoſt. Geſch. am 4. Capit. v. 5. 17. & 18. Johann. Piſcatoris Profeſſoris zu Herborn.
56. Er beziehet ſich auch offte auff ſeine ſchrifft wider Johannem Plauſtrarium die mir aber nicht zu geſichte kommen. Jnglei - chen gedencket er in einem ſchreiben an Methen / ſo bey den Langenſaltziſchen acten mitſtehet / ei - nes gedruckten buͤchleins vom erſten anfang und urſprung ſeines H. Chriſtenthums / ſo zu Franckfurt am Mayn heraus gekommen ſey. Und daſelbſt nennet er auch viel geſchrie - bene ſachen als unteꝛ andern die auslegungen uͤber die Propheten Joël, Micha, Zepha - nia und die Offenbarung Johannis. item, die buͤchlein: Himmliſche kohlen von dreyerley Adam / baum Jacobs und dergleichen. Wer hauptſaͤchlich wider ihn ge -Und die buͤcher wider ihn. ſchrieben habe / iſt bereits gemeldet / nemlich Weber und Piſcator, wie auch der oben ange - zogene M. Merkius, und dann D. Nicolaus Hunnius. Jngleichen Abraham von Fran - ckenberg im buͤchlein an Stiefeln;Franck -49und Ezechiel Methen. Jahr MDC. biß MDCC. Franckfurt 1676. und endlich Jacob Boͤh - me.
57. Was aber endlich nach der Goͤttl. warheit von denen erzehlten expreſſionen und haͤndeln dieſer leute unpartheyiſch zu halten ſey / will ichUrtheile uͤber deſſen lehre der Wit - tenbergi - ſchen Theolo - gen / lieber mit anderer verſtaͤndigen ihren worten beybringen. Und zwar erſtlich iſt das ſehr be - ſcheidene urtheil / das im namen der Witten - bergiſchen Theologiſchen Facultaͤt D. Baltha - ſar Meißner gefaͤllet / und oben angefuͤhret iſt / ſehr wol zu mercken / weil ſolche moderate und unpartheyiſche reſponſa, (dergleichen doch von D. Meißnern mehr vorhanden ſind) in die -und ande - rer Scri - benten. ſen ſachen ſehr rar zu ſeyn pflegen. Mit dieſem aber ſtimmet meiſtens des Herꝛn Thomaſu aus - ſchlag ein / den er bey dieſer ſachen gegeben / welchen ich aus gedachtem buche p. 193. u. f. hier beyfuͤgen werde / jedoch daß ich die ange - hengten obſervationes uͤber die fauꝛen / ſo von Stiefels richtern begangen worden / ſo lange ausſetze.
58. Er ſchreibet aber alſo: Es weiſet der augenſchein / daß er gantz handgreiff lich viam purgationis und viam unionis (nach der Theologia Myſtica) untereinander ge - worffen / und daß er durch dieſes primum falſum in den gefaͤhrlichen und hoͤchſt - ſchaͤdlichen irrthum immer von einer ſtaffel auff die andere gerathen. Man ſiehet aus allen umſtaͤnden / daß Stiefel ein burgerlich erbar leben gefuͤhret / und wird ihm in denen gantzen actis kein gro - bes laſter ſchuld gegeben. Bey dieſer bewandnis nun iſt es ſehr wahrſchein - lich / daß Stiefel das rohe leben / wel - ches bey allen dreyen ſtaͤnden unter den Thꝛiſten haͤuffig im ſchwange gehet / an - gemercket / und da er von der erneurung des innern menſchen was geleſen haben mag / mehr auff andere als ſich ſelbſt achtung gegeben / und in wahrer de - muth undliebe ſich unterſuchet / vielwe - niger natur und gnade in ſich zu unter - ſcheiden bemuͤhet geweſen / ſondern als - bald zugefahren / und da er die groben laſter / die er bey andern offenbar geſpuͤ - ret / bey ſich nicht angetroffen / gleich gemeinet / CHriſtus habe ſich ſchon mit ſeiner ſeele wircklich vereiniget / daruͤ - ber er denn bald in einen andern irrthum gerathen / daß er dafuͤr gehalten / CHRISTUS ſey weſentlich nicht nur in ſeiner ſeele / ſondern auch in ſeinem fleiſch. Und ob wol ein wahrer Chriſt durch das leiden recht gelaͤutert wird / auch dieſes die beſte probe iſt / wie weit man in ſeinem Chriſtenthum kom - men / wenn man bey inſtehendem leiden auff ſich achtung giebt / und ſich pruͤfet / ob man in demſelben die gedult CHriſti an ſich habe / auch Stiefel / da er ins ge - faͤngnis geſtecket worden / und ſolches gar nicht vertragen koͤnnen / gar leichte haͤtte ſpuͤren ſollen / daß er zu der verei - nigung mit CHriſto noch nicht gelanget ſey / und daß noch wenig der geiſt der ſanfftmuth CHriſti in ihm wohne: So hatte doch das einmal gefaſte vorur - theil bey ihmſchon allzugroſſe wurtzeln gefaſſet / daß er nicht empfunden / daßſein geiſt in der ruhe CHriſti nicht waͤre /Jahr MDC. biß MDCC. ſondern ſich durch aͤuſſerliche widerwaͤr - tigkeit in eine / einem Chriſten unan - ſtaͤndige unruhe ſetzte. Wannenhero es kein wunder / daß er auff dieſem ab - wege immer weiter und weiter verfuͤh - ret worden / auff heuchleriſche weiſe ſich aus dem gefaͤngnis zu entledigen ge - trachtet / eine ungeſchickte diſtinction zwiſchen CHriſto und ſeinem fleiſche er - ſonnen / dieſe beyde einander entgegen geſetzet / und doch vorgegeben / als wenn das weſen CHriſti in ihm und ſeinem flei - ſche waͤre / und endlich gar in das aller - groͤſte elend gerathen / daß er vermit - telſt dieſer kahlen entſchuldigung ſein gewiſſen eingeſchlaͤffert / einen m[e]ineid begangen / und denſelben auff mehr als heidniſche weiſe mit entſetzung aller wahren Chriſten zu entſchuldigen ge - trachtet. Weswegen alle und jede / die ſich aus der beſtialitaͤt her auszureiſſen / und auff den Weg des Chriſtenthums zu treten bemuͤhet ſind / ein beyſpiel an dieſem des Stiefels exempel zu nehmen / und mit deſto groͤſſerer behutſamkeit auff ihre ſelbſt-pruͤfung achtung zu ge - ben haben.
59. Hiezu wird hoffentlich vergoͤnnet ſeyn aus Jacob Boͤhmens bedencken uͤber Eſaiaͤ Stiefels buͤchlein nur einige worte noch beyzu - fuͤgen / wie ſelbige unter deſſen Apologien zufin - den. Allda ſetzet er §. 84. p. 20. von Stie - fels meinung und worten dieſes: Wenn der auctor von ſich ſelbſt ſagt: Jch das le - bendige wort GOttes ſage oder thue diß und das in dieſem meinem heiligen fleiſch und beine / ſo wird der theure name GOt - tes gemißbraucht. Dann wann der geiſt des menſchen iſt zum propheten und munde GOttes erkohren / ſo ſprach er nur: ſo ſpricht der HErr. Wie denn alle Pro - pheten alſo geredet haben. Er thuts nicht aus ihm ſelber aus ſeinem fleiſch uñ blut / ſondern der HErr offenbaret ſeinen willen durch ihn / er iſt nur ein werckzeug dazu. Er iſt nicht im fleiſch und blut der HErꝛ / ſondeꝛn im leben CHriſti ein frucht - bares demuͤthiges zweiglein / das ſelber nichts will noch thut ꝛc. Und ferner: p. 29. §. 146. Der auctor ſchreibet aus der braut CHriſtigar recht vom geiſt CHriſti / aus dem neuen menſchen: Aber den alten ſterblichen / vom geiſte dieſer verderbten und verfluchten welt ſoll er vom neuen unterſcheiden / und nicht das ſterbliche verderbte fleiſch und bein fuͤr CHriſti fleiſch achten. Auch nicht CHriſti fleiſch in den 4. elementen und im geiſte der aͤuſ - ſern welt ſuchen / ſondern in derſelben wurtzel / alsim heiligenelement ein prin - cipium tieffer als dieſe welt iſt / nicht abwe - ſende vom aͤuſſeren leibe. Auch nicht den alten in den neuen tranſmutiret / ſondern wie das gold im groben ſteine aus dem ſtein waͤchſt ꝛc. Und §. 151. wenn der auctor ſchreibt: Es falle der alte menſch in der buſſe gantz hin weg / und erſterbe gar im tode CHriſti / ſo irret er / dennA. K. H. Dritter Theil. GCHri -50Th. III. C. IV. Von Eſaia StiefelnJahr MDC. biß MDCC. CHriſtus iſt nicht um des alten men - ſchens willen kommen / iſt auch nicht im alten befleckten fleiſche menſch worden / ſondeꝛn in der bildniß eſſentz / daß ein neuer menſch ſoll aus dem alten geboren wer - den / und der im alten wohne / aber nicht im dritten principio in dieſer aͤuſſern welt / ſondern im andern / im himmel / in GOtt und GOtt in ihm. Unterdeſſen ur - theilet Boͤhme von ihm / daß er ihn vor einen wiedergebornen Chriſten erkenne / und daß er wol moͤge ein frommer neugebor - ner und in CHriſto mit ſeiner neuen ge - burt und neuem menſchen heilig ſeyn we - gen CHriſti einwohnung: Wie denn die weſendliche einwohnung der ſchrifft durchaus gemaͤß ſey / als er ſolches auch hoch bewaͤhre / und habe er in daſſelbe wieder ihn keine einrede. Er rede auch gar recht von der gantz fleiſchlichen Chri - ſtenheit / welche nicht mehr als nur den namen im munde fuͤhrte / da das hertz und gemuͤth nur ein ſpoͤtter des namens Chriſti vor Gott erkannt werde / ꝛc. Siehe 1. c. p. 5. 7. 22. 24. und 31. und eben daſelbſt die gantze Apologie von dieſer ſache. Jch ſchlieſſe aber hier dieſe hiſtorie / wenn ich nur zu dem obigen Wittenbergiſchen judi - cio noch ein anders von einem Academi - ſchen Theologo werde geſetzet haben / nemlich von Johanne Hornbeckio, der Stiefeln auch entſchuldiget / und ſchreibet: Er waͤre vie - leicht duꝛch ſeine ſpeculationes betꝛogen / uñ habe vielmehr nur harte und ungereimte worte gebraucht / als kaͤtzereyen. L. VI. ſummæ controvers. p. 462. Zu wuͤnſchen waͤre es / daß dergleichen billiche und der Chriſtlichen liebe und beſcheidenheit gantz gemaͤſſe ausſpruͤ - che bey Paradoxen meinungen von denen or - thodoxen allezeit geſchehen waͤren / ſo wuͤrde nicht manche ſchwereverantwortung / ſondern auch unzehliche anders unruhe / blutvergieſ - ſen / ſchaden und gefahr allenthalben unterblie - ben ſeyn. Doch vieleicht iſt die zeit vorhan - den / darinne keine andere als dergleichen Chriſt - liche und friedfertige conſilia ſtatt finden moͤchten.
60. Bey dieſer materie wollen wir noch ei - nige exempel hinzu fuͤgen / von ſolchen perſonen aus dem ſiebenzehenden Seculo, die etwa aus einem irrigen wahn ſich ebenfalls vor eine Goͤttliche perſon gehalten und ausgegeben / und weil die Cleriſey entweder aus unver - ſtand und ungeſchicklichkeit / oder auch aus un - geſtuͤmmigkeit und blutgierigkeit ſie des todes ſchuldig gehalten / deswegen oͤffentlich ums le - ben gebracht worden / an ſtatt / daß man ſie mit ſanfftmuth wieder zu recht bringen / oder ihre veraͤnderung mit gedult haͤtte ſollen erwar -Andere exempel derer / die ſich vor Goͤttlich ausgege - ben. ten. Jm Theatro Europæo T. III. p. 632. u. f. Item bey Chriſtophoro Hartknochen im andern buch der Preußiſchen Kirchenhiſtorie am 9. cap. pag. 585. wie auch bey Johann Ludwig Gottfrieden in der Hiſtoriſchen Chronicka / und bey andern mehr wird folgen -Zu Koͤ - nigsberg. de tragœdie erzehlet. Es fand ſich zu Koͤnigs - berg ein mann Anno 1636. buͤrtig aus der ge - gend bey Elbingen / eines Prieſters unehelicher ſohn / der in ſeiner jugend wol ſtudieret / und ſonderlich die ſprachen wol verſtund und re -den konte. Wie er auch allezeit ein GriechiſchJahr MDC. biß MDCC. und Lateiniſch N. Teſtament bey ſich fuͤhrte / und in der Bibel ſo beleſen war / daß er auch die verſicul anzuziehen wuſte. Dieſer machte / wo er hinkam / ein aufſehen / weil er ſehr elend und veraͤchtlich aufzog / und zu Koͤnigsberg|vorgab: Daß er fuͤr drey jahren nahe bey Thoren ſeinen groſſen tag der erleuchtung ge - habt / da ihm ſieben Engel bey einem hoͤltzernen Crucifix am wege ſtehend die Offenbarung vom himmel gebracht / er ſolte die perſon GOttes des Vaters auf erden leiblich repræſentiren / und alles boͤſe aus der welt thun / auch die obrig - keit mit eiſern ruthen ſtaͤupen.
61. Deswegen fuͤhrete er ein groß breit ſie - gel / und gab ſich folgenden titul: Wir Jo - hann Albrecht Adelgreiff / Syrdoß / Ama - da / Canamata / Kikis / Schmalkilimun - dis / Elioris Uber-Ertz-Hoheprieſter / Kay - ſer / des H. Goͤttlichen Keichs Koͤnig / der gantzen welt Friede-Fuͤrſt / Richter der lebendigen und der todten / GOtt und Vater / in welches herrlichkeit Chriſtus kommen ſoll zum juͤngſten gericht / Herr aller Herren / und Koͤnig aller Koͤnige. Die puncte ſeines vorgebens hat man / wie Hartknoch meldet / dem gemeinen mann nicht in die haͤnde kommen laſſen / mit dem vor - wand / es waͤren Gotteslaͤſterungen und ande - re ſachen darinnen. Weil man aber gleichwol die abgeſchmackte / und eben ſo wol aͤrgerli - che dinge mit fleiß publiciret / ſo ſolte man faſt vermuthen / dieſer menſch haͤtte etwan ſolche dinge vorgebracht / die das Myſterium iniqui - tatis in politiſchen oder kirchlichen ſachen zu ſehr entdecket. Jndeſſen iſt doch ſeltſam / daß man von ihm als gewiß erzehlet: Er haͤtte die Sonne an unterſchiedlichen orten ſichtbarlich heiſſen in die runde lauffen / auch die ſterne hin und wieder ſich em - por heben / welches auch auf ſein wort wircklich geſchehen waͤre / wie es viele leute geſehen. Deswegen hat man ihn als einen zauberer verdammt / und zugleich beſchul - diget / wie er geſtanden haͤtte / er waͤre in Sie - benbuͤrgen um ehebruchs willen ausgeſtaͤupet worden.
62. Die Prediger haben nach ihrer art ihn bekehren wollen / aber ohne efſect, und ſoll er ihnen geantwortet haben: Er beduͤrffte keiner ſeeligkeit / der Sohn Gottes / der Heilige Geiſt / die Engel und teuffel muͤſten ihm unterthan ſeyn. Nachdem er nun auf die tortur gebracht (welche ohne zweiffel auch zur bekehrung helf - fen ſollen / wie Hartknoch pag. 584. ausdruͤck - lich ſetzet / daß auch die tortur nichts zur bekehrung wircken moͤgen /) hat man ihn endlich verurtheilet / daß ihm die zunge aus dem halß geriſſen / der kopff abgehauen / und der leib verbrant werden ſolte. Der proceß wird alſo beſchrieben: Erſagte / er wiſſe gewiß / daß ſein leib am dritten tage aus der aſchen wie - derum lebendig werden ſolte / und hat bitter - lich angefangen zu weinen: Als ihn aber Geor - gius Colbius gefragt / warum er weine? hat er geantwortet: uͤber aller menſchen ſuͤnde und boßheit / auch deßwegen / daß ſich die welt un - terſtehen duͤrffte ihn zutoͤdten. Worauff als ihm hinwider geantwortet / er ſolte uͤber ſeineſunde51und Ezechiel Methen. Jahr MDC. biß MDCC. ſuͤnde weinen / und um die ſeligkeit bekuͤmmert ſeyn / antwortet er abermal / er haͤtte keine ur - ſache an die ſeligkeit zu dencken / da er andern die ſeligkeit mittheilen koͤnte. Jn ſeiner ſuppli - cation an die Churfuͤrſtin hat er erſchreckliche worte gebraucht. Das Churfuͤrſtliche Frau - en-Zimmer hat ihn auch aus dem gefaͤngniß bringen laſſen / und mit ihm geredet / aber ihn zu keiner bekaͤntniß bringen koͤnnen. Den Freytag als den ordentlichen gerichts tag hat man ihn uͤbergangen / und biß folgenden ſonn - abend zur bekehrung friſt gegoͤnnet / da denn viel Studenten und inſonderheit geiſtliche per - ſonen zu ihm gelaſſen / ob ſie ihn noch bekehren koͤnten / aber alles umſonſt und vergebens.
63. Er hat die Prediger mit garſtigen un - verſchaͤmten worten von ſich gewieſen / und iſt auff ſeinem verſtockten ſinne verharret / und da hero iſt er am Sonnabend den 11. October um 9. Uhr des morgends fuͤrs gericht gefuͤhret / all - wo ihm ſein urtheil gefaͤllet / und er vom Hoſpi - tal-Prediger und Polniſchen Caplan biß zum galgen begleitet worden. Jm ausfuͤhren uͤber den ſchloß-platz / da die Fuͤrſtliche Perſonen / die Ober-Raͤthe und Hoffgerichts-Raͤthe ſtun - den / wurd er noch zur bekehrung angemahnet / iſt auch befragt worden / ob er noch was an die Regenten zu reden haͤtte / da bedanckte er ſich der leidlichen gefaͤngniß und guten tractamenten. Schrie hernach uͤber laut: wehe / wehe! uͤber Preuſſen-land und uͤber die verſtockte winckel-prediger / ſonderlich uͤber die / welche ihn jetzt allhier fuͤr ſeinem en - de ſo plagten. Da hat ihm aber ein Prediger geantwortet: Wehe uͤber dich / du unbußfertiger ſuͤnder. Hierauff iſt er mit auff den ruͤcken gebundenen haͤnden zwiſchen einer unzaͤhligen menge volcks / des roß-garten langs nach der erden ſehend / denen Prieſtern nichts antwortend / ſondeꝛn auf die reineſten oͤr - ter / als ſchonete er die ſchuhe / nach der gerichts - ſtaͤtte gewandert. Nun war dem Scharffrich - ter eingebunden / daß er ihn auff allerhand art um ſich zu bekehren ſchrecken ſolte; Deßwegen fuͤhrte er dieſen Gotteslaͤſterer an eine ſaͤule des galgens / daſelbſten krampfen / beil / meſſer und ſtricke vorhanden waren / ſagte: ſiehe / da will ich dich anbinden / deine zunge zum nacken heraus reiſen; zuckte ſein ſchwerd / ſagend / daß er ihn den koff abſchlagen wolte; wieſe ihm die zube - reitung des feuers / und ſagte: hie will ich dich verbrennen / darum bekenne / daß du nicht Gott / ſondern ein armer ſuͤnder biſt / und bekehre dich / denn es iſt hohe zeit. Aber dieſer boͤſewicht lach - te nur dazu.
64. Weil denn nichts helffen wolte / riß ihm endlich der Scharfrichter ſeinen rock und’hem - de auff / und entbloͤſſete ihn / das waͤhrte noch ei - ne viertel ſtunde / daß die Prediger an ihm ar - beiteten: aber es war nach wie vor alles verge - bens. Hierauff befahl der richter / man ſolte ihm ſein recht thun. Da ward ihm der kopf abgeſchlagen / der leib zur ſtunde auff den holtz - hauffen geworffen angezuͤndet und verbrant. Es war den 15. Octobr. der vierte tag vergan - gen / und wolte ſich noch kein Syrdos zur auffer - ſtehung finden. Es haben ſich viel fromme Chriſten um dieſen menſchen hoch betruͤbt. Seine ſchrifften wurden durch oͤffentliche Pa - tenta bey leibes-ſtraffe verbotten / weil darinnenunerhoͤrte Gottes-laͤſterungen enthalten waren. Jahr MDC. biß MDCC. Jſt alſo wunder / daß ſich hernach einige leute gefunden / die da oͤffentlich ſchreiben duͤrffen / als waͤre dieſem boͤſewicht und Gottes-laͤſterer zu viel geſchehen. Nicolaus Baringius in der warnung fuͤr den neuen Propheten hat auch dieſes als ein Goͤttlich gerichte uͤber dieſen menſchen angefuͤhret / daß er ſo voller laͤuſe ge - weſen / daß er ſich derſelbẽ nicht erwehren koͤñen / Cap. IX. p. 59. Von dieſem verkehrtẽ proceß hat hernach Chriſtian Hohburg im ſpiegel der mißbraͤuche Cap. XXVI. p. 517. oͤffentlich geurtheilet / man haͤtte unrecht mit dieſem armen menſchen gehandelt: welches denn genauer unterſuchet werden moͤchte von denen / welche die acten perluſtriren koͤnten. Jch fin - de ſonſt in denen geſchriebenen Epiſteln des be - ruͤhmten A. von Franckenberg folgendes Ju - dicium von dieſer perſon und ſache: Es iſt in dem unreinen worte (einer ſchrifft oder Confeſſion des Adelgreiffs) ein ſtarckes wort des Vaters zu dieſem volck / wel - ches die ſchrifft eben ſo ungeſchickt auff ſich / als dieſer Adelgreiff auff ſeine aͤuſ - ſere und ſuͤndliche perſon gezogen hat. — Sowenig als ſie eine ſolche freche an - maſſung und ein zu viel ausgelaſſenes freyes unreines leben an Adelgreiffen lei - den koͤnnen / ſondern es mit dem ſchwerd geſtraffet; alſo wenig wird Gott ihren freveln mißbrauch der H. Schrifft lei - den. Wenn man die decke der perſon und die unreinigkeit des fleiſches hin - wegthut / und hindurch ſchauet; ſo iſt dieſe ſchrifft / welche mit ſeinem tod be - ſiegelt iſt / eine ſtarcke und offenbare an - kuͤndigung des reichs des vaters / da der Sohn dem Vater das Reich uͤber ant - worten wird. — — Was aber Adelgreiff dar von ſchreibet / iſt alles dunckel / und verwickelt / und im lichte viel anders / reiner und heiliger. — — Man hat das zeichen im licht nicht hoͤren wollen / jetzo redet Gott im finſtern mit ihnen / u. ſ. w. — Anlangend aber den Adelgreiff ſel - ber / ſo hat ihm wol erſtlich ein blick ge - ſchienen / iſt aber hernach in der eigen - heit gefangen / und hat darinne groſſe ſachen / aber gar nicht rein ausgebildet / und hat ſelber nicht gewuſt / was es iſt.
65. Noch viel bedencklicher iſt das blut-ur -Eines an - dern zu Pariß. theil / welches die Cleriſey zu Pariß anno 1663. wieder einen mann aus der Normandie na - mens Morin geſprochen / und exequiret / wie ſolches Brewerus in Continuatione Hiſtor. Univerſ. Brachelii p. 134 wiewol gar kurtz er - zehlt: Man hat nemlich dieſen menſchen im Monat Martio daſelbſt lebendig verbrant / und zwar um folgender urſachen willen.
1. Haͤtte er vom Koͤnig gefordert / er ſolte das regiment der Cleriſey auffheben / und alle kirchen-ſachen ihm uͤbergeben.
2. Haͤtte er ſich vor des menſchen ſohn aus - gegeben / und geſagt CHriſtus waͤre ihm einverleibet / und er waͤre in die welt kommen / das ſeculum des H. Geiſtes auffzurich - ten.
3. Er haͤtte dreyerley reiche nach einan - der ſtatuirt: Das reich des geſetzes unter dem vater biß auff CHriſti menſchwerdung /A. K. H. Dritter Theil. G 2das52Th. III. C. V. Von Paulo NagelioJahr MDC. biß MDCC. das reich der gnaden von dar an biß auff anno 1630. und von dar das reich des H. Geiſtes / darinne der H. Geiſt ohne mittel und ſacramenten nun handeln wolte. Wor - aus man ſchon ſehen kan / warum er denen Pfaffen nicht leidlich geweſen / daß ſie dieſes grauſame urtheil uͤber ihn geſprochen. Wie ſie denn auch 6. ſeiner anhaͤnger theils auff die galeen / theils zum ewigen Gefaͤngnis verdam - met haben. Und ſolcher geſtalt hat ſich die Cleriſey im̃er ſolcher leute entſchuͤttet / die etwa nach einiger empfindung Goͤttlicher krafft in dem ausdruck und der beſchreibung der Goͤttli - chen vereinigung geirret haben / wovon dieſe exempel ſo wol aus dem Proteſtantiſchen als Papiſtiſchem hauffen gnug ſeyn koͤnnen.
66. Jn Engelland iſt auch anno 1611. einer mit namen Eduard Wrigtmann bekannt wor - den / der ſich ſelbſt CHriſtum und den H. Geiſt ſoll genennet / und alle Schrifftoͤrter / dieJahr MDC. biß MDCC. von CHriſto und dem H. Geiſt reden / auff ſich gedeutet haben. Da er nun auff die gemeinen remonſtrationes dennoch hierauff beſtanden / iſt er mit dem groſſen bann belegt und durch den hencker hingerichtet worden / wie Ottius in Annalibus Anabapt. p. 205. aus Prinnio be - richtet. Mit ſolcher gewaltſamen manier iſtUnd zwey - er zu Hal - le. faſt auch von den Predigern zu Halle im Jahr 1625. verfahren worden / als daſelbſt 2. tiſcher / Martin und Johann Hirnmaul / aus unuͤber - zeugtem gemuͤthe von der weſendlichen vereini - gung mit CHriſto ſagten / ihre glieder waͤ - ren CHriſti weſendliche glieder. Dahe - ro weil ſie ſich vom Miniſterio nicht wollen wei - ſen laſſen / (wie Gottfried Olearius in be - ſchreibung Halle p. 36. ſchreibet) oder weil ſie vielmehr nicht recht gruͤndlich und in bewei - ſung des geiſtes und der krafft unterwieſen wor - den / hat man ſie aus der ſtadt verwieſen.
§. 1.
WIr gehen nun weiter zu den andern ſo genannten Enthuſiaſten / die um den anfang des ſiebenzehenden ſecu - li noch beſchryen worden / darunter dieſe bey - de itzt benannte wol faſt die bekanteſten ſind. Nagelii le - ben.Was den erſten betrifft / iſt derſelbe Profeſſor zu Leipzig geweſen / wie man insgemein berich - tet / der auch bey den gelehrten / und ſeinen geg - nern ſelbſten das lob hat / daß er ein guter Mathematicus geweſen / und mit ſchrifften be - ruͤhmt worden. (Vid. Hieron. Kromayerus in Polymath, Theol. pag. 597. & ex eo Caro - lus Memorab. Eccleſ. L. 3. c. 4. p. 513.) Seine ſchrifften / womit er ſich ſelbſt die groͤſte feind - ſchafft und uͤbeln urtheile zugezogen / ſind fol - gende: Erſtlich ſchrieb er Anno 1619. ein Pro - gnoſticum an die drey Staͤdte in Preuſ - ſen / Dantzig / Koͤnigsberg und Marien - burg. Drauff kam Anno 1620. ſein Prodro - mus Aſtronomiæ Apocalypticæ zu Dantzig heraus / woruͤber alsbald viel Wiederſpruchund ſchrifften. entſtund. Und dieſem folgten nachfolgende ſchrifften: de quatuor mundi temporibus, in einer zeit / zwey und einer halben zeit be - griffen. Anno 1621. Prognoſticon Aſtrolo - gicum. Halle 1620. Letztes Freuden-Ge - ſchrey wieder Philippum Arnoldum 1622. in 4to.
Vaͤter-buͤchlein 1621.
Philoſophia nova 1624.
Anderer theil derſelben unter dem ti - tul Tabula Aurea, darinnen auch de triplici auro Salomonis und von der zahl des Thiers gehandelt wird.
2. Was aber dieſes mannes vortrag und intention in ſolchen ſchrifften geweſen / kan hier aus ihm ſelbſten nach nothdurfft angezeiget werden. Uberhaupt hat ihn ein ungenannter in folgender ſchrifft defendiret / deren titul iſt:Defenſion. Nagelius Orthodoxus, oppoſitus Anti-Nage - gelio M. Philippi Arnoldi Archi-Sacerdotis Tilſet in Borusſia, durch zween zeugen der uͤbertheuren wahrheit alſo beſchrie - ben / und fuͤrgeſtellet: Geben aus derNeuſtadt / da das Urim und Thumim aufgangen. Er ſelbſten Nagelius hat zu ſeiner zeit die tieffe verderbnis in allen ſtaͤn - den und unter allen partheyen geſehen / und ſo wol daruͤber oͤffentlich geklaget / als auch die inſtehenden ſtraffen zuvor angezeigt / wie ſie auch im Teutſchen krieg mehr als zu gewiß erfolget ſind. Jn ſeinem gedachten Progno - ſtico hat er Anno 1619. alſo geſchrieben / wie es daraus in dem andern Prognoſtico A - ſtrologo Harmonico, ſo durch Theophilum Obadiam Wahrmuth Anno 1627. heraus gegeben worden / im 6. capitel wiederholet wird.
3. Jch meine unter den abſcheulichenZeugniſſe von den boͤſen Pre - digern. namen der ſcorpionen / ſchlangen / levia - than, Babyloniſchen huren / drachen und drachenſchwantzes niemand anders / denn allein die jenigen falſchen Prophe - ten / miedlinge / gedingte bauchdiener / und goͤtzen-knechte / die kein licht oder recht in ihrem hertzen / noch den H. Geiſt in ihnen haben / und ſich allein auff ihre kunſt / macht und vernunfft verlaſſen / ſo in allen ſtaͤnden durch und durch zu befinden. Nemlich die / ſo ſich auff ihre hohe ſpitzfindige philoſophiſche rationes verlaſſen / und mit der ſchnoͤden animali - ſchen diſputir-kunſt / wie zu vorhero ver - meldet alles erforſchen und ergruͤnden wollen. Von welchen der Apoſtel Pau - lus redet / daß ihrer viel des rechten we - ges gefehlet / die ſich auff ſolche falſche diſputir-kunſt verlaſſen / inmaſſen Luthe - rus, und vor ihm der hocherleuchtete Taulerus benebens Thom. à Kempis ſamt andern / wieder ſolche Logicos und Meta - phyſicos rationales, aliàs zaͤnckiſche diſputir - bruͤder / weiter ausfuͤhrlicher ſchreiben. Wer nun mit dem H. Geiſt begabt iſt / der bedarff keines diſputirens oder wort -Jhr diſpu - tiren und ſectiriſch weſen. gezaͤnck es / dadurch nur die wahrheit verdunckelt und des rechten weges ge - fehlet wird. Und uͤber das / was hilfft es / daß man hat von auſſen das wortGOt -53und Paulo Felgenhauern. Jahr MDC. biß MDCC. GOttes beſchrieben / und nimmt es nicht ins hertz hinein / daß es inuns le - bendig werde / daß man ein tempel und wohnung des H. Geiſtes ſey / und heilig lebe / wie die kinder GOttes? was nuͤtzt oder hilfft es auch / daß man viel ſchrey - et und ruͤhmet: hic templum Domini; oder hic verbum DEI; Allhier bey uns iſt des HErꝛn tempel / bey uns iſt des HErrn wort / und man lebet doch dem heiligen wort GOttes ſtracks è diametro zuwie - der? Seind wir nun nicht faſt alle ent - fremdet von dem heiligen leben / das aus GOtt iſt? Thun wir nicht durch diſpu - tiren und diſtinguiren / dem teuffel ſein ſuͤnden-reich ſtaͤrcken und unterhalten? Was aber GOtt der HErr im A. Teſta - ment durch die Propheten ſo offt uͤber Jeruſalem / daß darinn viel wilder thie - re / beſtien und animaliſche menſchen vor - handen / geklagt / daſſelbe wird auch vielmehr zu unſerer zeit befunden / denn es faſt nie aͤrger als jetzo geweſen. Dero - wegen wird auch nothwendig dieſem letzten ungehorſamen volck wiederfah - ren / was vorlaͤngſt wieder Jeruſalem durch die Propheten geweiſſaget iſt / daß er ſie mit allerley ſtraffen plagen uñ vertilgen wolle / biß ſie ſich wieder zum HErrn ihrem GOttbekehren / und von allem gottloſen weſen abſtehen werden.
4. Dergleichen beſchreibungen und klagen des allgemeinen elends finden ſich hin und wie - der in Nagelii buͤchern. Und weil er / als ein ge - lehrter / ſonderlich den zuſtand der ſchulen beob -Von den ſchulen. achtet / hat er von denſelben auch erinnert / daß ſie von rechts wegen die weißheit gantz auff andere art als bißhero ſuchen muͤſten / nemlich bey GOtt allein und bey deſſen weißheit / die aller kuͤnſte meiſter ſey. Jn ſeinem Calendario uͤber das jahr 1621. hat er einen geſang ange - henget / darinn am ende dieſes ſtehet:
Von menſchen-ſchuln euch lencket / So hindern dieſe freud / Schrecklich ſie euch verfuͤhren Jn finſterniß groß und dick / Nur luͤgen ſie ſtudiren / Drum weicht von ihn’n zuruͤck.
Und in der auslegung des cometen anno 1618. p. B. 4. hat er dieſe verſe geſetzet:
5. Jn ſpecie ſchreibet er von der gemeinenVon der ſchul-the - ologia. Theologie im 5. capitel ſeines Prognoſtici uͤbeꝛ das jahr 1621. Eure Theologia iſt nichts denn ein bloſſer buchſtabe / nur theoria,das iſt / keine praxis. Jm 3. capitel nennetJahr MDC. biß MDCC. er die logicam und diſputir-kunſt den ſtaffel der er ſcorpionen aus Apoc. IX. und die ge - meine aſtronomie eine ſpuriam aſtronomiam,Logica, Aſtrono - mia, Metaphy - ſica. wie auch die metaphyſicam. Hingegen drin - get er auff die Goͤttliche erleuchtung / und krafft bey allen wiſſenſchafften / und ſonderlich bey der erkaͤntnis des wahren heils. Jn ge - dachtem Calendario ſetzet er beym ſoñtag Exau - di: Nota bene, das amt des H. Geiſtes iſt / daß er uns troͤſtet / alles erinnert wasVon der krafft des H. Gei - ſtes. Chriſtus geredet / in alle wahrheit lei - tet / uñ uns verkuͤndiget was kuͤnftig iſt. Ergo hat die ſchule des H. Geiſtes und die weiſſagungen mit nichten auffgehoͤret. Und beym Pfingſttag: hier betrachtet die ſchule des H. Geiſtes / darinnen alle my - ſteria, und die magnalia DEI gelernet werden. Dieſe heilige ſchule beſtehet noch heutiges tages / und wird von tag zu tag zunehmen / und werden große ge - waltige dinge darinn offenbar werden / die zeit wirds geben. Hierinne haben ihm nun gleich dazumal viele widerſprochen / ſon -Entſtan - dener wi - derſpruch. derlich M. Juſtus Groſcurdt Superintendens zu Goͤttingen in der Schola Enthuſiaſtica, der es vor eine boͤſe conſequentz haͤlt p. 49. wenn man ſchlieſſen wolte: der H. Geiſt wird euch alles lehren / ergo wird er euch auch die veram aſtronomiam, phyſicam, medici - nam lehren / und neñt es eine fallaciam à dicto ſecundum quid ad dictum ſimpliciter, daß nemlich Chriſtus von allen nur ſecundum quid geredet haͤtte. Dabey nent er ihn einẽ tollẽ Na - gel / der gerne alle ſchulen / kirchen und predigt-ſtuͤhle abgeſchaffet / oder doch zugenagelt / und verſperret habẽ wolte.
6. Nachdem aber unſer auctor beſagter maſ - ſen das elend der ſo genanten Chriſtenheit geſe - hen / iſt er zugleich auff die gedancken gefuͤhret worden / ob denn nicht kuͤnfftig ein beſ - ſerer zuſtand zu erwarten ſeyn moͤchte? Nagels meinung von beſſern zeiten.Dahero hat er die Prophetiſchen buͤcher in der H. Schrifft und ſonderlich die |offenbarung Johannis ſehr emſig unterſucht / und zwar nach denen principiis, die er ſelbſten alſo entdecket in der auslegung des Cometens p. B. 4. Wenn dis deutnng der geſtirne auff die prophe - zeyung und wort GOttes fundiret iſt / ſo mag ſie wol obſerviret werden: Jſts aber nur eine ſubtile Aſtrologia ohne Got -Von der wahren weiſſa - gung. tes wort / ſo iſt nicht viel darauff zuhal - ten / denn es iſt nur der Egypter und Ba - bylonier kunſt / ſo von GOtt dem HErrn allzeit verworffen worden. Darum wird erfordert / daß man die zeiten recht probire und pruͤfe / darin man lebet / und da gehoͤret dazu / daß man die Apocalypfin und die gantze H. Schrifft wolſtudiere / aber nicht in der menſchen / ſondern in GOttes und ſeines H. Geiſtes ſchul: in der ſchulen / darin ſtudiret und geler - net die H. Patriarchen und Altvaͤter; alle heilige maͤnner GOttes / Moſes / Samuel / Daniel / Eſdra, David / Salo - mo; alle heilige Propheten / Apoſtel und Evangeliſten / und die Magi Orientales, ſo wol unſer Johannes Apocalypticus, auch zu unſerer zeit alle heilige maͤnner / Got - tes freunde / die da groſſe dinge in dieſerG 3ſchulen54Th. III. C. V. Von Paulo NagelioJahr MDC. biß MDCC. ſchulen GOttes geſehen / ſtudirt und gelernet haben / denn der H. Geiſt / ſagt die wahrheit / wird euch alles lehren / in alle warheit fuͤhren / alles erinnern was ich euch geſagt habe / und auch ver - kuͤndigen / was kuͤnfftig iſt. Jhr be - duͤrffet nicht / daß ihr von jemand ge - lehret werdet / ſondern die ſalbung wird euch alles lehren.
7. Und noch weiter in ſelbiger ſchrifft p. D. 1. Die urſache daß ſie die ſchrifft des himmels nicht leſen koͤnnen / iſt viel und manchfaltig / als / weil ſie nicht erken - nen das thieꝛ und die Babyloniſche huꝛe / mit ihrem verguͤldeten kelch / und nie - mal in die ſchule des H. Geiſtes kommen.
Zum andern / weil ſie die drey tage nicht allein nicht rechnen und uͤbeꝛlegen koͤnnen / ſondern auch allerdings nicht zugeben und admittiren wollen.
Zum dritten / weil ſie die ſchrifft des himmels niemals recht leſen lernen / oder Aſtronomiam veram ſtudiret / denn ich ha - be zuvor gemeldet / daß man muͤſſe alle dinge am himmel leſen koͤnnen / ſo wol als in der Biebel.
Zum vierten / weil ſie keine zahl / inſon - derheit des thiers und menſchens / uͤber - legen und rechnen koͤnnen.
Zum fuͤnfften / weil ſie nichts wiſſen von der groſſen tribulation, und CHriſto dem HErrn kein reich auff erden vergoͤn - nen wollen / contra manifeſtiſſima S. ſcri - pturæ teſtimonia und wider Apocalypſin.
Zum ſechſten / weil ſie ſich befuͤrchten / die wahrheit wider den Antichriſt an tag zulegen.
Endlich und zum ſiebenden / weil ſie von keiner andern deñ der Egyptiſchen / Chaldeiſchen und Babyloniſchen Aſtro - nomia wiſſen ꝛc.
8. Nach dieſen Principiis hat er nun zufoͤr - derſt ſeinen Prodromum Aſtronomiæ Apoca - lypticæ eingerichtet / worinnen er die bewegun - gen des natuͤrlichen himmels mit dem zuſtand des ſo genanten kirchen-himmels zuſammen haͤlt / und daraus die inſtehenden veraͤnderun - gen und fata nach einander deduciren will. Begange - ne fehler hierinnen.Nachdem er aber bey der gedachten verglei - chung des ſichtbaren himmels und deſſen con - ſtellation mit dem zuſtand der kirchen unter - ſchiedliche unerweißliche dinge vorgebracht / z. e. da er aus denen aſteriſmis und bekanten figu - ren des geſtirns / wie ſie noch meiſt von denen Heiden erdacht worden / allerhand Prognoſtica von kuͤnfftigen dingen herholen will / in der aus - legung des cometen p. D. 2. u. f. ſo haben ihn ſeine gegener daruͤber am meiſten verworffen. Nichtweniger haben ſie ihm als einen irꝛthum vorgeworffen / daß er gewiſſe zeit und jahre der zukunfft CHriſti beſtimmet / welches doch her - nach nicht eingetroffen waͤre. (vid. Kromaye - rus l. c. Georgius Roſtius im dreyfachen the - ologiſchen Spiegel p. 207. ꝛc.) Wenn man aber des auctoris worte genauer anſiehet / ſo hat er insgemein auff die bevorſtehenden groſſen veraͤnderungen und gerichte uͤber die falſche kirche geſehen / wie ſelbige ſonderlich in Teutſch - land mehr als zu empfindlich und nachdruͤcklichgleich nach ſelbiger zeit ausgebrochen / und ge -Jahr MDC. biß MDCC. wiß gnug eingetroffen. Wir wollen allhier ſeine eigene worte aus dem Prognoſtico Aſtro - logo-Harmonico vernehmen / allwo er in der vorrede erſtlich klaget / daß die zeugen der wahrheit damals verachtet und verkaͤtzert / vor falſche propheten / irrgeiſter / cabali - ſten / verfuͤhrer und ſchwermer und der - gleichen ausgeruffen / auch alle die / ſo ihnen und der wahrheit beygefallen / verfolget / verhaſ - ſet und verlaͤſtert worden. Jngleichen daß nun die Pharaoniſche finſternis und Egyptiſche verſtockung je laͤnger je mehr uͤberhand genommen.
9. Jn dem erſten capitel aber ſtehet aus demSeine warnung vor dem kuͤnfftigen zorn. anno 1619. publicirten Prognoſtico folgende warnung: Es wird nunmehr angezeigt / wie die 120. jahr / der letzten welt zur buſ - ſe gegeben / jetzt voruͤber / und zu ende ge - lauffen / und daß die ſchreckliche ſuͤnd - flut nun herein brechen werde / denn der HErr ſitzet eine ſuͤndflut anzurichten / und alle gottloſe fleiſchliche maul-chri - ſten und ſuͤnder zu vertilgen. Derowe - gen von dieſer ſtund an / wer begehret ſalviret zu werden / mag ernſte reue und buſſe thun. Er muß ſich aber waſchen uñ baden mit zaͤhren wahrhafftiger reue / den alten ſundlichen fleiſchlichen rock von ſtund an ausziehen / damit er mit den 5. klugen jungfrauen komme zur hochzeit des Lammes / und nicht ausge - muſtert werde. O thut buſſe / ſpricht er / in der aſchen und ſaͤcken alle / ihr men - ſchen auff erden. Denn der HErr hat dem wuͤrge-engel das ſchwerd in die hand gegeben / daß er haue / ſchneide und nicht ſchone: O wie blincket es! O wenn alle baͤume ruthen waͤren / die boͤſen kin - der damit zu ſteupen / ſo moͤchte es noch eine gnade ſeyn. Aber nein / das ſchwerd iſt ſchon gewetzet uñ geſchaͤrffet / uñ dem wuͤrge-engel uͤbergeben: O wie glintzet es / er hauet drein und ſchonet nicht: Es werden auch noch uͤber das die ſieben ſchalen des grimmigen zorns GOTTes ausgegoſſen / alles ſuͤndliche weſen zu verderben; das heiſt / die fenſter des him - mels ſind auffgethan / allerley plagen herab zu ſchuͤtten. Darum ihr men - ſchen-kinder hinein / hinein / aus dem fleiſch in den geiſt / als in den kaſten Noaͤ / da moͤget ihr noch erhalten werden / was drauſſen bleibet / muß ſterben.
10. Wie genau nun dieſe warnungen einge -Und wie man ihm davor be - gegnet. troffen / haben ſo viel tauſend menſchen in Teutſchland / und ſonderlich in Sachſen / in die 30. jahr lang damals erfahren. Unterdeſ - ſen und obgleich einige menſchliche gebrechen hierinne mit untergelauffen / mag doch ein ver - ſtaͤndiger leſer ſelbſten ermeſſen / ob man dieſes auctoris treuhertzige intention nicht vielmehr anſehen / als ihn ſo gleich mit ſpott und ſchmaͤh - worten abweiſen und betruͤben ſollen. Jn et - lichen eigenhaͤndigen briefen D. Daniel Crameri finde ich unter andern / daß Nagelius ſchon anno 1619 vor die Theologiſche Facultaͤt zu Wit - tenberg citiret worden. Wie man ihm aber dabey begegnet habe / iſt aus einem andeꝛn ſchꝛei - ben dieſes Crameri an D. Meiſnern zu ſehen /da er55und Paulo Felgenhauern. Jahr MDC. biß MDCC. da er im eben ſelbigen jahr ſetzet: Theſes con - tra Nagelium tuæ monſtrant in homine adeo ἀπα〈…〉〈…〉 δευσίαν dominari. Er iſt ein Fantaſt in der haut / — — und iſtbillich / daß manSpott - und ſchmach - reden wi - der ihn. ſolchem geſellen den daumen auff dem auge halte. Wie denn Nagelius ſelber hin und wieder uͤber ſolche unguͤtige proceduren der Theologen klaget. Der gedachte Juſtus Groſ - curdt neñet ihn in ſeinem Angelo Apocalyptico p. 13. einen Fantaſten und teuffels-narren / und giebt ihm die Manichæiſche / Marcioni - tiſche / Flacianiſche / Novatianiſche / Donatiſti - ſche / Arianiſche ketzereyen ſchuld / und ſchreibet: Es verriethen ſeinen geiſt ſeine Luciferianiſche und diaboliſche reden / die er wieder Lutherum und andere Lehrer und Prediger ausſchuͤtte. Georgius Roſtius hat ihn nicht weniger in ſei - nen ſchrifften nach art derer ketzermacher tra - ctirt / davon deſſen Prognoſticon Theologi - cum oder Theologiſche weiſſagung vom juͤngſten tag / (anno 1621. gedruckt) item ſeine Theologiſche weiſſagung von der kir - chen-Reformation (anno 1625.) und an - dere ſchrifften zeugen. M. Valentinus Grieß - mann ſetzet im getreuen Eckard p. 118. zu Nagelii Philoſophia Nova den ſpruch aus Prov. XXVII. 22. und meinet / damit ſey ſchon das gantze werck wiederlegt.
11. Sonſten aber haben in gantzen ſchriff - ten Nagelio wiederſprochen / nebenſt dem ge - dachten Roſtio, Philippus Arnoldi im Anti - Nagelio, oder / daß nach dieſer welt zuſtand nicht ein certum ſeculum, darinnen die hei - ligen mit CHriſto tauſend jahr in freuden herrſchen ſollen / zu hoffen ſey. Jngleichen Alexander Buzinger in der antwort auff das ſchand-buch Nagels / und lange hernach Kromayerus im Corollario ſeineꝛ Polymathiæ Theolog. Ohne was noch der gedachte Roſti - us in ſeinem helden-buch vom roſen-gar - ten hiewieder anfuͤhret. (Conf. Kœnigius in Bibliotheca p. 565.) Baringius in ſeiner war - nung. p. 127. gedencket noch eines andern ge - lehrten mannes / der Nagelio beygepflichtet ha -Nagels freunde. be / M. Nicolai Hartprechts Pfarrers zu Ho - hen - und Thal-Ebra / wie auch eines ungenan - ten unter dem namen J. C. C. H. Meditatoris Jeſu Crucis, der anno 1620. zu Hamburg Clango - rem Buccinæ Propheticæ de noviſſimis tempo - ribus publiciret / und zwar / wie dabey ſtehet / ex ædibus D. Petri à Sprekelſen, welche ſchrifft auch Grießmann im getreuen Eckard p. 120. anfuͤhret.
12. So viel ſey dißmal von Nagelio ge - ſagt / von welchem wir uns zu Felgenhauern wenden / der auch ſchon um ſelbige zeit undFelgen - hauers le - ben. noch mehr hernach bekant worden. Dieſer mann war ein gebohrner Boͤhme / eines Pfar - rers ſohn aus Putſchwiz / unter der herrſchafft eines Freyherrn / wie er ſelbſten gedencket in der Dedication ſeines Zeit-Spiegels / die er noch in Boͤhmen zu Liebetitz Anno 1620. datiret hat. So viel man aber aus ſeinen ſchrifften ferner abnehmen kan / hat ihn ſein vater in ſei - ner jugend ſtudieren laſſen / wie er im Spiegel der Weisheit und Wahrheit pag. 121. alſo be -Studi[a.] richtet: Jch bin auch unter Babel gewe - ſen / habe auch auf Hohen Schulen ſtu - dieret / und war nach der zeit ein Luthe - raner: Als ich aber erkante nach Goͤtt -licher erkaͤntnis / daß es fleiſchlich /Jahr MDC. biß MDCC. menſchlich und animaliſch war / und nicht nach Chriſto / bin ich davon ausgegan - gen / und habe nicht angeſehen noch mei - ne Eltern / noch meine freunde / noch be - kanten / auch nicht geachtet beruffen zu werden / oder geehrt / oder hoch erhaben / ſondern mag wol verachtet und ver - ſchmaͤhet / und als ein Ketzer verworffen werden / deſſen ich aber zwar nicht werth bin / als um der wahrheit willen etwas / viel und alles zu leiden. Er mag darauf / als die Proteſtanten aus Boͤhmen vertrieben worden / auch haben weichen muͤſſen / daß er hin und wieder in Teutſchland und endlich im Bremiſchen ſich aufgehalten / allwo er nach - mahls / wie auch im Hanoveriſchen / von den Predigern als ein Ketzer gefangen geſetzet worden / wie in ſeiner Schola Pasſionis zu ſehen / da er auch ſein weib und kinder namhafftig machet.
13. Die ſchrifften aber / wodurch er meiſt bekant und von denen Orthodoxis verworffen worden / ſind folgende:
Speculum temporis, Zeit-Spiegel / darin -Schriff - ten. nen neben vermahnung aller wird vor augen geſtellet / was fuͤr eine zeit itzt ſey unter aller - ley Staͤnden / beſonders unter den meiſten geiſtlich-genanten und gelehrten. Hierinnen iſt auch eine kurze / doch deutliche erweiſung des ge - heimnis der drey letzten| Gemeinen / in der Of - fenbarung Johannis / beneben einer kurtzen unterredung mit der ſechſten Gemeine Phila - delphia, den genannten T. R. C. und andern gelehrten von denen zeichen dieſer letzten zeit / auch verantwortet ſich der auctor, warum er in der Chronologia geſetzet / daß ihm GOtt die zeit des endes offenbaret hab / neben vierzehen anweiſungen und orten in der Schrifft / wo ſolche geheimniſſe in ihren ge - wiſſen numeris und deutlichen zahlen zu be - finden / durch GOttes gnade und antrieb des Geiſtes GOttes geſchrieben in 4t ☉.
Chronologia oder rechnung von den jahren der welt 1619. in 4to.
Apologeticus contra invectivas æruginoſas Roſtii, oder kurtze verantwortung auf das Helden-buch 1622. in 4to.
Dis-Examen, vel Examen Examinis, oder beſcheidene Antwort auf das Roſtiſche Exa - men Vexamen 1623. in 4to.
Chriſtianus Chriſtianorum oder einfaͤltig Chriſtenthum in ſieben fragen vorgeſtellet 1627. 29. und 30. in 4to.
Prodromus Evangelii æterni, ſeu Chilias ſancta: Vortrab des ewigen Evangelii / in wel - chem aus heiliger Goͤttlicher Schrifft hellkla - rem und unwiderſprechlichem zeugniß erwieſen werden die heiligen tauſend jahr des ſabbaths und ruhe des volcks GOttes / im Reich CHri - ſti / neben einer allgemeinen bekehrung aller Ju - den / und der zehen verlohrnen ſtaͤmme Jſrael. Samt einer treuhertzigen vermahnung / wie man ſich doch weißlich und recht in dieſe zeit allerdings ſchicken ſoll. Wider den ſatan / und alle diejenigen / welche insgemein ſagen: daß die tauſend jahr in der Apocalypſi vergangen ſeyen. Zu ehren dem theuren zeugniß JEſu Chriſti / und beſtaͤtigung ſeines Reichs / zu troſtund56Th. III. C. V. Von Paulo NagelioJahr MDC. biß MDCC. und freude der gantzen natur / den armen Juͤ - den / Jſraeliten / allen creaturen und menſchen auff erden in der gnade GOttes bezeuget durch den kleinen gewuͤrdigten diener der Gemeine GOttes im geiſt zu Philadelphia, welcher das neue Jeruſalem verheiſſen / in 4to.
Aurora Sapientiæ, Morgenroͤthe der weiß - heit. 1628. in 12mo.
Der vorhoff am tempel des HErꝛn / auffge - than in ſeinem geheimniß / welches iſt der menſch / wie er ſich als ein tempel GOttes und ſeines Geiſtes ſelbſt recht nach der geiſtlichen weißheit erkennen ſoll / gutes und boͤſes / geiſt und buchſtaben / CHriſtum und den Wieder - chriſt / unterſcheiden / von der verwirꝛten ſectiri - ſchen allgemeinen Babel / ihren Goͤtzen / goͤtzen - dienern und goͤtzenhaͤuſern ausgehen und den tempel GOttes in ſeinem geheimniß erkennen lernen ſoll. Nach dem ſinn der weißheit des Geiſtes und deſſen darreichung / zu betrachten dargeſtellt in 12. capiteln / ſamt einem zu end angehengten einfaͤltigen kinder-tempel. 1630. in 12mo.
Das heilige am tempel des HErꝛn / auffge - than in ſeinem geheimniß / was es ſey / wo es ſey und wer da heilig ſey / und wie auch der menſch heilig und unſtraͤfflich ſeyn ſoll in der liebe / das heilige in ſich ſelbſten am inwendigen men - ſchen des gemuͤths im gewiſſen erkennen / was die rechte weißheit / wiſſen und gewiſſen ſey / wie man es in achtnehmen / und in gewiſſens - ſachen ſich allerdings ſchicken / und Gott in Chriſto durch den H. Geiſt mit gutem gewiſſen dienen ſoll. Zu betrachten dargeſtellt in 12. Capiteln. 1631. in 12mo.
Das allerheiligſte am tempel des Herrn / auf - gethan in ſeinem geheimniß als ein offenes buͤchlein / nach der offenbarung der tieffen Got - tes entdeckt fuͤr den augen alles fleiſches / alſo daß der allerheiligſte GOtt in ſeinem einigen Ein / drey zeugen und ſieben geiſtern allerdings hell und klar auch nach der rechten vernunfft an der gantzen natur / allen geſchoͤpffen und ſonder - lich am menſchen ſelbſt kan erkant werden; zum gewiſſen verſtande und vollkommenen erkaͤnt - niß des groſſen geheimniß GOttes des Vaters und CHriſti zubetrachten dargeſtellt in 12. Ca - piteln / nach dem ſinne des geiſtes der weiſſa - gung im zeugniß JEſu CHriſti. 1631. in 12mo.
Spiegel der weißheit und wahrheit / allen menſchen in der gantzë welt fuͤrgeſtellt / als Chri - ſten / Juͤden / Tuͤrcken und Heiden / darinnen ſie ſich erſehen koͤnnen / wie ſie alle ſamt / keine parthey noch ſecte ausgenommen / im unglau - ben / blindheit und irꝛthum ſtecken / und wie ſie auch alle gar leicht durch das Goͤttliche licht durch ein Chriſtlich leben / und durch die wahre liebe des geiſtes gegen GOtt und menſchen zu einerley erkaͤntniß / glauben und religion kom - men koͤnnen und auch kommen werden / und daß endlich alſo auch gewißlich noch ein Hir - te und eine Herde werden wird / 1632. in 12mo.
Sendbrieff an die hirten und an die ſchafe unter allerley ſecten / in dreyerley fragen: 1. Ob einer auch ein Chriſt ſeyn koͤnne / und ſelig werden / wann er nicht Catholiſch / Lutheriſch / Calviniſch / Photinianiſch / Wiedertaͤufferiſch und dergleichen ein ſectirer iſt. 2. Ob auch dieſe / welche von einer ſectiriſchen Religion zurandern uͤbertreten / nach der ſectirer meinungJahr MDC. biß MDCC. verdammet ſeyn. 3. Obs auch recht ſey / daß man die gewiſſen forſche und beherꝛſche / und ob man die gewiſſen frey ſoll laſſen. Allen unpar - theyiſchen / ſo keinerley ſecte zugethan ſeyn / auch allen frommen Chriſten unter allerley ſecten / und auch denen / ſo etwa zu dieſen zeiten zur Catholiſchen ſecte beygebracht ſeyn / wie auch ins gemein allen bedraͤngten / geaͤngſteten / und zaghafften gewiſſen zu gewiſſem troſt und gruͤndlicher nachricht / allen ſectiriſchen hirten aber zum zeugniß ihrer falſchen lehre / boͤſen le - bens und todten liebe gegen GOtt und den naͤchſten durch die gabe der weiſſagung bezeu - get. 1632. in 12mo.
Monarchen-ſpiegel von dreyerley Reich. 1. vom Reich des teuffels / des thiers und der ty - rannen in dieſer welt. 2. Vom Reich CHri - ſti und ſeiner heiligen in der zukuͤnfftigen welt. 3. Vom Reich GOttes und ſeiner glaͤubigen in dieſer welt. 1633. in 12mo.
Apologia Chriſtiana im puncte von der per - ſon CHriſti. 1634.
Informatorium Catecheticum oder unterwei - ſung des glaubens zur ſeligkeit / nebenſt einer kinder-Poſtill / 1644. und 1652.
Harmonia ſapientiæ, einigkeit der weißheit / 1649.
Sphæra ſapientiæ in oſtio aperto, circkel der weißheit / 1650.
Theanthropologia, eine rede von der wahren menſchheit / 1650.
Eine rede oder ſchrifft vom Abendmal / 1650.
Tauff-ſpiegel von der tauffe und ihrem ge - heimniß / 1651. in 12mo.
Myſterium magnum vom groſſen geheim - niß Chriſti und ſeiner Gemeine / 1651. in 12mo.
Perſpicillum bellicum, kriegs-perſpectiv, 1652. in 12mo.
Lucerna ſapientiæ an die Photinianer / 1654. in 12mo.
Phares, das iſt ſcheidung / gerichtete pruͤfung des glaubens und unglaubens an die von La - odicæa in allen menſchlichen ſecten / in 12mo.
Poſtillion oder neuer calender und progno - ſticon aſtrologico-propheticum, geſtellet auff die gantze welt uñ alle creaturẽꝛc. 1657. in 12mo.
Eccleſia catholica, das iſt / information und gewißheit von der wahren Catholiſchen / Chriſtlichen kirchen und rechtem glauben / 1656. in 12mo.
Probatorium Theologicum, darinn die lehr aller menſchen-ſecten / die an der perſon unſers HErꝛn JEſu CHriſti eine creatur ſtatuiren / vorgeſtellet wird / 1656. in 12mo.
Refutatio paralogiſmorum Socinianorum, gruͤndliche wiederlegung der betruͤglichen reden und ſchrifften der Photinianer / 1656. in 12mo.
Palma fidei & veritatis in cruce Chriſtiad fa - lutem, allen denen zum troſt / die um des rechten glaubens willen an GOtt und ſeinen Sohn verfolgt werden von denen / die die beſten Chri - ſten ſeyn wollen / 1656. in 12mo.
Schola Paſſionis, 1658. in 12mo.
Novum lumen fidei & religioni[s]welches der wahre ſeligmachende glaube und die rechte reli - gion ſey / 1659. in 12mo.
Neues Theologiſches licht uͤber die Confeſ - ſion und glaubensbekaͤntniß Pauli Felgenhau - ers / in 12mo.
Nova57und Paulo Felgenhauern.Nova Coſmographia & dimenſio circuli, 1660. in 12mo.
Nebenſt dieſen werden in dem Poſtillion noch viel andere Manuſcripta genennet / wel - che mir aber nicht zu geſichte gekommen.
14. Anlangend aber den vortrag dieſes mannes / ſo iſt faſt aus allen tituln ſeiner buͤ - cher zu ſehen / daß er ſich zu keiner parthey be - kannt oder halten wollen / wie ſeine obenangezo - gene erklaͤrung lautet / wie auch folgende worteFelgen - hauers worte von der gewiſ - ſens-frey - heit. aus dem Spiegel der Weisheit p. 106. Unter Papiſten / Lutheranern und Calviniſten gehen / ſo wir nach menſchlicher weiſe reden / die letzten zwar den andern in et - was vor / wiewol ſie alle drey an dem thier und ſeinem geheimnis zugleich ſchuld haben / und demnach keine beſſer iſt als die andere. Wie auch dieſe aus demUnd den ſecten. ſendbrieff an die Hirten pag. 64. Jch bin auch ein Sectirer geweſen / ein ſtoltzer auf - geblaſener Phariſeer / und meinete / nie - mand waͤre mir gut gnug. GOTT er - barme es / daß ich ſo geſuͤndigt habe. — — Jch habe biß auf dieſen tag mit keiner einigen Secte mich gemein gemacht / habe aber auch keine neue Secte geſtiff - tet / wie etwa ein Sectirer mich bezuͤchti - gen moͤchte. Und deswegen ſchreibet man ihm nach / er habe einen Syncretiſmum zwi - ſchen Juden und Chriſten ſtifften wollen / weil er auch an den beruͤhmten Rabbi zu Amſter - dam Menaffe Benlſrael geſchrieben / an welchen ſein Bonum Nuntium Iſraeli de tribus ſignis adventus Mesſiæ dediciret iſt.
15. Man hat ihn auch ferner vor einen Enthuſiaſten gehalten / darauf er aber in der verantwortung wieder Roſtii Helden-buchVon der Heil. Schrifft. pag. 3. u. f. alſo antwortet: Jch habe die zeit meines lebens weder eine viſion noch of - fenbarung gehabt / ſondern allein der einzigen[B]ibel mich gebraucht / wie ein ieder aus meinem Zeit-Spiegel ſehen kan. Wenn ich aber von der offenba - rung ie ſolte ſchreiben und ſagen / ſo ver - ſtehe ichs anders nicht / als wie es PaulusUnd der erleuch - tung. verſteht Gal. I. 12, Eph. I. 17. Jſt nun Pau - lus kein Enthuſiaſt oder Wiedertaͤuffer / ſo bin ich auch keiner. Und ferner: Jch bin auch kein himmliſcher Prophet nach des ſpoͤtters luͤgen / ſondern ich erweiſe aus dem geiſt / durch welchen ich rede und ſchreibe / auch meine vocation und be - ruff von GOTT / daß ich immediatè von GOTT empfangen die wahrheit / eben wie Lutherus, und durch die offenbarung JEſu Chriſti / wie Paulus und die Apo - ſteln durch den Heiligen Geiſt. Sind nun ſie den ſpoͤttern keine himmliſche Propheten / wie komme dann ich dazu? Jch ruͤhme mich billig meines HErrn JEſu Chriſti und des Geiſtes ſeiner weisheit und offenbarung / denn ich bin nicht werth der geringſten barmhertzig - keit GOttes.
16. Die vornehmſten puncte aber / darin - nen man wieder ihn geſtritten / ſind nebenſt der lehre von dem kuͤnfftigen reich Chriſti die jenigen / welche insgemein vor Enthuſiaſtiſch gehalten werden. Von Chriſto hat er wiederdie Socinianer gar ernſtlich geſchrieben / undJahr MDC. biß MDCC. ſich einen feind ihrer heilloſen lehre bekant in der refutation Paralogismorum. Woſelbſt er auch pag. 9. ſchreibet: Er habe geſehen / daßVom So - ciniani - ſino. alle / die wieder die Socinianer oͤffentlich ge - ſchrieben / in allen drey Secten ſaͤmtlich muͤſſen verlohren geben / und den Socinianern gar nicht antworten koͤnnen. Allein in dieſer materie von der perſon Chriſti hat er dieſe ſeine eigene mei - nung haͤuffigbehaupten wollë / daß der menſchVon der menſch - heit CHri - ſti. Chriſtus Jeſus keine creatur ſey / wie ſon - derlich in ſeinem neuen Licht des wahren Glaubens pag. 13. u. f. pag. 64. u. f. Item im neuen Theologiſchen Licht pag. 28. zu ſe - hen. Jn ſeinem glaubens-bekaͤntnis lautet ſeine antwort hievon alſo: Vom Sohn GOttes Jeſu Chriſto glaube und bekenne ich / daß JEſus CHriſtus GOttes Sohn ſey und iſt. 1. Joh. 1. 7. cap. IV. 15. V. 5. und gar nicht eine creatur: Denn der Sohn GOt - tes iſt ja keine creatur / ob er wol iſt der an - fang der creatur GOttes / Apoe. III. 14. und der erſtgeborne aller creaturen / Col I. 15. ſo iſt er darum nicht auch ſelbſt eine creatur / vielmehr iſt durch ihn alles ge - ſchaffen / was im himmel und aufferden iſt v. 16. auch die welt / Heb. I. 2. Die erde und der himmel / v. 10. es iſt alles durch ihn und um ſeinet willen geſchaffen cap. II. 10. und er iſt vor allen. Col. I. 17. der erſte und der letzte Apoc. XXII. 13. So denn nun JEſus CHriſtus GOttes Sohn iſt / und der Schoͤpffer aller dinge / ſo kan er je nicht auch ſelbſt eine creatur ſeyn / ſonſt muͤſte er auch ſein ſelbſt ſchoͤpffer ſeyn. So iſt nun diß mein glaube und bekaͤnt - niß zur ſeligkeit: Jch glaube an GOtt und ſeinen Sohn / und nicht an eine crea - tur. Durch dieſen glauben nun uͤberwinde ich die gantze welt / 1. Joh. V. 5. welche ne - ben GOtt und ſeinem Sohn auch an eine creatur glaubet / und ich habe das zeugniß GOttes / welches groͤſſer iſt als das zeug - niß der menſchen / v. 9. 10. 11. (conf. p. 162. ſeqq.)
17. Aus dieſer meinung aber hat er ferner geglaubet / daß das fleiſch CHriſti vom him - mel ſey / aus 1. Cor. XV. 47. 48. davon er alſo ſchreibet: Jch glaube / daß CHriſtus ſey und iſt ein himmliſcher menſch und der HErr aus dem himmel / nach den hellen klaren worten GOttes / und von dem irdiſchen menſchen Adam alſo weit un - terſchieden / als der himmel von der er - den / und als GOtt von der creatur / weil er nicht auch ſeeliſch iſt / ſondern ein le - bendig machender geiſt / 1. Cor. XV. 45. und GOtt / 1. Tim. VI. 13. und daß zween Adam ſeyn / einer eine lebendige ſeele und eine creatur / der andere der lebendig machende geiſt und Gott deꝛ ſchoͤpffer ꝛc. Seine andere expreſſiones von der wiederge - burth und den uͤbrigen materien ſind in dem ge - dachten bekaͤntniß kuͤrtzlich beyſammen zufin - den.
18. Von dem weſen und gebrauch desVom Abend - ma[h]l / dem innern und aͤuſ - ſern. Abendmahls ſtehen im vorhofe des tempels p. 210. dieſe gedancken: Soll ich denn auch nicht mehr zu ihrem Abendmahl gehen? A. K. H. Dritter Theil. HJch58Th. III. C. V. Von Paulo NagelioJahr MDC. biß MDCC. Jch muß bey mir ſelber pruͤfen in mei - nem gewiſſen / wie ſtarck oder wie ſchwach ich noch bin / im geiſt / damit ich mir ſelbſt / weil ich noch ſchwach bin / kein gewiſſen nicht mache uͤber dieſem / und alſo ſuͤndige: oder ſo ich ſtarck bin / den HErꝛn nicht verſuche / als waͤre ich ſtaͤrcker als er / und koͤnte wol goͤtzen-opf - er eſſen / oder zugleich der ſectirer tiſch / und auch des HErrn tiſches theilhaff - tig ſeyn. Bin ich nun noch ſchwach / und vermeine / ich koͤnne mich noch nicht alſo abſondern und vom Abendmahl auſ - ſen bleiben / ſo mag ich wolzuſehen / daß ich dem HErrn das Abendmahl halte / und nicht den menſchen: es iſt aber der greuel der verwuͤſtung an der heiligen ſtaͤte in ihren kirchen / hertzen und gemei - nen: darum waͤre es beſſer / ſich frem - der ſuͤnden nicht theilhafftig machen / ſondern davon bleiben aus ihren kam - mern / und das Abendmahl des HErrn in ſich ſelbſt halten / biß daß ichs mit zweyen / dreyen oder mehrern / ſo im na - men CHriſti / und nicht in eines andern namen / der da Catholiſch / Lutheriſch / Reformirt / oder anders heiſſet / verſam - let ſey / halten kan / nach der weiſe / wie es der HErr ſelbſt hat eingeſetzet / davon im Chriſtiano. Es iſt abeꝛ gut / daß ich 1. leꝛ - ne / was Abendmahl ſey / 2. wie ichs wuͤr - dig halten / und 3. mit wem ich eſſen ſoll.
Wer ſeynd diejenigen / welche recht zum Abentmahl gehen? das ſeynd dieſe / welche zu erſt mit CHriſto das Abendmahl inwendig halten haben / in und nach der neuen geburt. Darum hal - ten wir dafuͤr / daß dreyerley Abendmahl ſey / als / das Abendmahl des eſſens und trinckens vom fleiſch und blut CHriſti / in ſeinem ſamen / und das iſt die wieder - geburt in ihrem weſen aus Chriſti fleiſch und gebeine / und wenn der alte menſch in kindlichem umkehꝛen geſchlachtet iſt: davon im Chriſtiano und kinder-catechi - ſmo. 2. Das Abendmahl des taͤglichen opffers / da wir den alten menſchen taͤg - lich annoch creutzigen / toͤdten und be - graben / auff daß der neue wieder auff - ſtehe / und alſo GOtt zum Abendmahl ladet / in CHriſto durch den H. Geiſt / welches heiſt den tod CHriſti verkuͤndi - gen / und mit ihm das Abendmahl hal - ten. 3. Das Abendmahl des gedaͤcht - niß im brod und wein / in aͤuſſerliche wei - ſe / am tiſch des HErrn.
Welches unter dieſen dreyen iſt nun das noͤthigſte und fuͤrnemſte?
Das erſte iſt das fuͤrnehmſte / denn ſo wir nicht wiedergeboren ſeyn / noch CHriſti fleiſch und blut warhafftig geſſen und getruncken / und in uns haben / ſo koͤn - nen wir nicht ins Reich GOttes einge - hen / noch das leben in uns haben; das andere iſt das noͤtigſte / denn ſo wir das nicht halten / ſo verlieren wir endlich das erſte wieder / und eſſen und trincken uns alsdenn im dritten ſelbſt das gericht / weꝛden ſchuldig an dem leib und blut desHErrn / darum daß wir denſelben nichtJahr MDC. biß MDCC. unterſcheiden / welcher nicht in ſuͤnde / ſondern in gerechtigkeit geopffert iſt: derowegen darff niemand von den opf - fern eſſen ohne die da heilig / rein und entſuͤndiget ſeyn / ja die da ſelbſt opffern / damit umgehen / und in derſelben ge - meinſchafft ſeyn.
19. Und wie er dieſes ſtuͤck des kirchendien - ſtes in ſeinem misbrauch angeſehen hat / alſo er - hellet auch aus allen tituln ſeiner buͤcher / daß er den gantzen uͤbrigen zuſtand der kirchen vor ver - derbt und deſperat gehalten hat. Dahero erVon Ba - hel / was es ſey. uͤberhaubt die ſo genanten Religionen babel nennet im kinder-tempel p. 208. Weil nicht allein ein hauffe den andern / ſondern auch die leute in einer Religion einander anfeindeten / und auch die Prieſter ſelbſt / da ein jeder fuͤr den beſten und groͤſten angeſehen ſeyn wolle / und alle in flei - ſches-luſt / augen-luſt und hoffaͤrtigem leben dahin giengen / von welcher Babe man ausgehen muͤſſe. Fridericus Seilerus ziehet im verſtellten Wiedertaͤuffer P. I. c. 3. p. 84. dieſe worte ans Felgenhauern an: Ach das ſey ferne / daß wir die Predigten und H. Sacramenta verachten ſolten / was moͤchten wir doch liebers ſehen / als daß wir eine ſolche gemeine haͤtten / bey der wir mit freuden hinzugehen moͤchten. Wozu Seilerus dieſes judicium ſetzet. Auff ſolche weiſe wird Felgenhauer und ſeine rotte von allen gemeinen ſein lebenlang ausgeſchloſſen ſeyn und bleiben muͤſſen. Wornach er auch allem anſehen nach wenig wird gefraget haben.
20. Vornemlich aber hater von beſchaffen -Von dem verderbniß der Predi - ger. heit derer Prediger ſehr viel geſchrieben / und gleich anfangs im zeit-ſpiegel p. D. 1. O hilff lieber GOtt / wo bleiben jetzt ſolche re - guln Pauli, wenn mancher kaum in die Bibel geguckt hat / ſo will er ſchon ein Pfarrer werden / wann er nur eine Poſtille hat / ſo iſt er ſchon Prieſter. Heutiges tages bedarff ein Prediger 3. P. wenn er hat eine Poſtille / Pfarr-rock und Bibel / ſo iſt er ein rechter Pfarrherr / der H. Geiſt mag hinden nachgehen — — die andern ſtaͤnde beruffen ſich alle auff den Geiſtli - chen / und ſagen: Die Geiſtlichen ſollen uns mit guten exempeln vorgehen / aber wie ſollen die ſchafe anders ſeyn als der hirte? Ach es iſt leider allzuwahr / ſollen die ſchaͤfftein geſunde weide haben / wenn ſie die hirten ſelbſt verſchaͤnden und laͤ - ſtern? Summa, es koͤmmt das uͤbel des volcks alles durch die hirten her / denn ob ſie ſchon predigen / ſo halten ſie es ſelbſt nicht. Darum wird es doch nicht beſſer werden / biß erfuͤllet wird das wort des HErrn / Eſ. XXX. 1. Ezech. XXXVII. 19. Zeph. III. 9. Und im Diſ-Examine p. 20. ſetzet er dieſe reimen:
21. Dieſer und dergleichen dinge wegen hat man ihn nicht allein mit worten angegriffen / wie bereits des Roſtii ſeiner ſchrifften wider Felgenhauern gedacht iſt / und er ſelbſten im Probatorio Theologico p. 43. unter ſeine wie - derſprecher zehlt Wilhelmum Heinium undund wirck - liche ver - folgung. Matthæum Kregelium; ſondern er iſt auch hernach hauptſaͤchlich von dem Superintenden - ten M. Johann Ruͤdeckern realiter wider - legt worden: Davon er ſelbſt in ſeiner Paſſi - ons-ſchule p. 146. ſchreibet: den 17. Sept. (1657) bin ich unverſehens uͤberfallen vom Superintendenten zu Suͤlingen und dem Burgemeiſter / erſtlich examinirt / hernach mir die buͤcher genommen / ich verarreſtirt / gefangen nach Syka ge - fuͤhrt / auff befehl von Zelle und Hano - ver. Die urſachen ſetzet er daſelbſt hinzu / man haͤtte ihn verleumdet / als ſolte er ſelbſt kin - der getaufft / das Abendmahl ausge - theilt / vielleute verfuͤhrt und eine neue gemeine angerichtet haben; welches erGefaͤng - niß. aber alles leugnet. Jn dieſem gefaͤngnis hat er die obengedachte Confeſſion geſchrieben auffdem amt-hauſe Syka in der GraffſchafftJahr MDC. biß MDCC. Hoya. Jngleichem einige briefe an ſein weib und kinder / die in der Paßions-ſchule p. 91. u. f. ſtehen. Jn dem ſchreiben an ſeine frau Mar -Und ſein verhalten dabey. garetham ſetzet er unter andern: weil ich euch um CHriſti willen haſſen und verlaſſen muß / ja auch mein eigen leben / Luc. XVII. 33. alſo muͤſt und wollet ihr auch thun / ſonſt ſeyd ihr euers HErrn JEſu nicht werth / weil denn auch die probe und be - waͤhrung der wahren Chriſten an uns kommen iſt / ſo wollen wir uns dem auch darſtellen zum feuer und ſchwerd / zum blut und tod / daß uns gar nichts uͤber - all ſcheiden ſoll von der liebe GOTTes. Und p. 96. gedencket er / daß er als ein uͤbelthaͤter ohne einige vorangezeigte urſache ploͤtzlich und gantz unverſehens weggeſchaffet worden. Lobet dabey die treue und reine liebe ſeines weibes / mit welcheꝛ er 26. jahr in armuth und elend von der zeit ſeines Boͤhmiſchen exilii gelebet haͤtte.
22. Jm brieffe an ſeinen aͤlteſten ſohn Jſrael p. 110. und 138. erwehnet er / daß dieſer auch mit ihm gefangen ſitze / uñ noch 4. andere ſoͤhne / nen - net auch 4. wittwen / und andere ſeine freunde / welche bey ihm zu Bederkeſa bey Bremen ge - wohnet haͤtten / allwo er ſelbſt auch 17. jahr gelebet. hernach p. 136. klagt er uͤber den Super - intendenten / daß er ihn bey ſeiner gefangen - ſchafft nur immer verhoͤnet und verſpottet haͤt - te. Noch zuvor in den paralogiſmis p. 10. er - zehlet er / wie er auch von den Reformirten mit weib und kindern um der wahrheit willen ver - trieben und auffs neue ein exulante worden. Von denen folgenden umſtaͤnden und dieſes mannes abſterben finde ich dißmal nichts wei - ter zu berichten.
§. 1.
EHe wir in der hiſtorie derer andern ſo genanten ketzer in Teutſchland weiter gehen / wollen wir noch zuvor einige perſonen aufffuͤhren / welche unter denen Refor - mirten / und ſonderlich in denen Niederlanden / mit denen ordentlichen Theologis ſtreit bekom - men haben. Darunter findet ſich zu erſt ein Hollaͤnder namens Dirck Volckertsz Corn - herts oder teutſch Dieterich Volckhart Cornhertz / von welchen etwas ausfuͤhrlicher zu ſagen iſt / weil ſeine ſchrifften bey uns wenigCornherts leben. oder nicht bekant ſind. Sein leben wird im anfang des erſten Tomi ſeiner Operum alſo be - ſchrieben. Er iſt geboren zu Amſterdam anno 1522 / in ſeiner jugend ein Hoffmeiſter bey ei - nemherꝛn von Brederode geweſen / und hat ſich hernach zu Harlem niedergelaſſen / da er dasStudi[a.] kupfferſtechen und aͤtzen gelernet. Er hat aber auch / weil er einen trefflich geſchickten kopff ge - habt in aller hand ſchrifften und ſachen die weiß - heit geſuchet / zu welchem ende er auch erſt im 30. jahr ſeiues alters die Lateiniſche ſprache ge - lernet / damit er die Patres und andere buͤcher verſtehen koͤnte. Dabey hat er ſich in ſehr vie - len andern kuͤnſten und wiſſenſchafften perfe. ctionirt / und iſt ſeines ſonderbaren verſtandes wegen ſo bekant und beliebtworden / daß er an - no 1561. Notarius und anno 62. Secretarius beyAemter. der ſtadt Harlem worden / da er denn bey den damaligen troublen in Holland ſehr offte an den Printzen von Oranien geſchicket worden / und vor die freyheit des landes treulich gearbei - tet hat.
2. Hieruͤber iſt er von den feinden der Hol -Streit uͤber der freyheit. laͤndiſchen fꝛey heit von Harlem gefaͤnglich nach dem Haag gefuͤhret und daſelbſt mit gefahr ſei - nes Lebens lange gehalten worden. Nach dem er ſich aber wol verantwortet gehabt / iſt er wie - der loß gekommen / doch weil man ihm weiter nachgeſtellet hat / gedrungen worden / ſich aus dem lande zu machen / da er denn ins Cleviſche gezogen / und ſich und die ſeinigen mit kupfer - ſtechen ernehret. Nachdem aber anno 1572. die Hollaͤnder ſich von der Spaniſchen tyranney entlediget / iſt er wiederum zuruͤck kommen / und bey den Herꝛn Staaten Secretarius worden. Al - lein weil er ſeiner auffrichtigkeit nach dem muth - willen des Grafen von Lume und ſeiner ſolda - ten ſich wiederſetzte / muſte er ſich abermal vor ihrer gewalt nach Emden retiriren / von dar er doch bald wieder nach Harlem kam / und ſichA. K. H. Dritter Theil. H 2des60Th. III. C. VI. Von Cornherten / Coolhaeſen / Herberts Stevarto,Jahr MDC. biß MDCC. des landes freyheit uͤberall treulich annahm. Womit er denn / und weil er auch die freyheit der gewiſſen wider die herꝛſchafft der Reformir -Und uͤber dem ge - wiſſens - zwang. ten Prediger daſelbſt behauptete / viel feind - ſchafft auff ſich lud / und mit einigen hefftigen eifferern / wie der auctor ſeiner lebens-beſchrei - bung redet / in ſtreit gerieth daruͤber er auch mit einwilligung Printz Wilhelms von Oranien und der Staden zu Leyden in die Academia und zum Haag in dem hofe zweymal mit denen Prædicanten oͤffentlich und gantz allein diſpu - tiret hat. Und damit er ſeine ſache deſto beſſer entfuͤhren konte / zog er gar mit ſeiner familie nach dem Haag / gab unterſchtedliche ſchrifften ſo wol an die Staaten als die Prediger und an den ſynodum zu Goude ein / worinnen er theils viel irꝛthuͤmer in dem Heidelbergiſchen Cate - chiſmo anzeigte / theils / wie der auctor p. 4. ſchreibet / die politiquen den Papiſtiſchen / Lu - theriſchen und Calviniſchen Cleriſey entdeckte / und ſondeꝛlich die confuſion des geiſtlichen und weltlichen regiments.
3. Deswegen wurde er nun auff den can - tzeln und ſonſten ſehr blamiret und geſcholten / und bey ſehr vielen verhaſſt gemacht. Wie - wol er dabey ſich ſehr klug / ſtandhafftig und auffrichtig aufffuͤhrte. Die Prediger brach - tens dahin / daß ſeine ſchrifft wieder den Hei - delbergiſchen catechiſmum confiſciret wurde / wie auch ſeine andeꝛn ſchrifften / darinnen er ſon - derlich denen reformirten wegen des abſoluti decreti und der erb-ſuͤnde widerſprochen hatte. Es geſchahe aber / daß Jacobo Arminio damals Predigern in Amſterdam von dem Conſiſtorio auffgetragen wurde / Cornherts ſchrifften zu widerlegen. Welcher denn durch dieſelbe ſo uͤberzeuget wurde / daß er hernach mit eben den gruͤnden Cornherts wieder die Reformirten ausbrach. Dieſer aber fuhr indeſſen fort die freyheit der gewiſſen und die freyheit zu weiſſa - gen / oder zu lehren wider die Cleriſey zu be - haupten / ungeachtet die Prædicanten hefftig dawider ſtritten. Er hat ſeine zeit hernach guten theils mit ſchreiben zugebracht / und iſt endlich anno 1590. verſtorben im 68. jahr ſeines alters / uñ iſt zu Goude, allwo er zuletzt gewohnet / begra - ben worden. Sein Epitaphium iſt folgendes:
4. So viel aber nun die naͤhern umſtaͤnde von dieſem mann betrifft / wollen wir zufoͤrderſt die judicia einiger ſcribenten von ihm anmer - cken / welche dann nachdem etwan dieſe paſſio - nirt geweſen / auch unterſchiedlich von ihm ge - fallen. Der beruͤhmte Gisbertus Voëtius, der ſonſt nicht mit ihm zu frieden iſt / lobet ſie doch in ſeiner Politia Eccleſiaſtica, daß er Lipſium in ſeinen ſchrifften alſo in die enge getrieben / daß er ſich von denen Papiſtiſchen und Heidniſch - Machiavelliſchen betruͤgereyen nicht entſchul - digen koͤnnen L. IV. p. l. cap. 3. p. 433. Seyle - rus im Anabaptiſt. larvato p. I. cap. V. p. 98. ſchreibet: Er ſey ein mann zwar von et - was geiſtes geweſen / aber auch ein ertz - haͤſſer und feind des Predigamts. Derauctor ſeines lebenslauffs ſchreibet p. 5. daß dieJahr MDC. biß MDCC. haͤrteſten critici unter den Reformierten eben mit ihren verlaͤumdungen ihn nur gelobet / und ſeine bekaͤntniſſe eben damit als lehren des H. Geiſtes / die mit der ſchrifft uͤberein kaͤmen / er - klaͤrt haͤtten. Dabey er auch eine ſchrifft anzie - het / Remonſtrants contra diſcours tot ſcherm van de afgeſonderte remonſtrantſche vergaa - deringen anno 1621. p. 21. Jngleichen alle - giret er aus Iſaaci Pontani Hiſtoria de ſtatu & rebus urbis Amſtelod. L. XI. c. 28. der Corn - hertenals einen gelehrten und beruͤhm -Lobſpruͤ - che von ihm. ten mann daſelbſt gelobet / ſonderlich daß er die Griechiſche und Lateiniſche ſprache gruͤndlich verſtanden / und viel auctores ſehr accurat uͤberſetzet habe. Jn - gleichen daß er heꝛnach in 8 Theologie de - nen Theologen viel zu ſchaffen gemacht / und daß alle frommen aus ſeinen ſchriff - ten ſehen koͤnten / wie er allerdings der gottſeligkeit und wahrheit nachgeſpuͤ - ret / und ihm dieſes zu hertzen gegangen waͤre.
5. Lipſius hat auch anfaͤnglich deſſen Ethi - cam in einem brieff anno 1587. gar ſehr geruͤh - met / auch noch anno 91. betauert / daß er et - was hefftiger wieder Cornherten geſchrieben. Hugo Grotius urtheilet gleichfals von ihm in einem ſchreiben anno 1629. daß er Cornherts arbeit zum hoͤchſten æſtimire / weil er die ſachen wieder die Cleriſey gruͤndlich ver - ſtanden / und die leute von dem zaͤncki - ſchen diſputiren auff die praxin der Chriſt - lichen Religion gewieſen. Dahero ſei - ne ſchrifften wegen ſeines klugen ver - ſtandes ſehr nuͤtzlich waͤren. Johannes Angelius Werdenhagen gedencket auch ſeiner in dem Appendice Pſychologiæ p. 549. als eines mannes von einem hoch verſtaͤndigen geiſte in Goͤttlichen dingen / der nicht nur herrliche buͤcher von der wahren lie - be CHriſti und einem Goͤttlichen leben geſchrieben / ſondern auch Lipſio und an - dern wegen des gewiſſen-zwangs ſich muthig entgegen geſetzet / und ihnen nebſt den andern eiteln liebhabern der Heidniſchen buͤcher und redens-arten bewieſen / was ſie in die Chriſtenheit vor greuel eingefuͤhrt unter dem ſchein eines heuchleriſchen geſchwaͤtzes. Sei - ne ſchrifften waͤren auch ſehr werth zu - leſen / wuͤrden aber auff allerhand art unterdruckt. Welches judicium auch Ot - tius in Annalibus Anabaptiſt. p. 247. wiederho - let hat.
6. Was hier von unterdruckung ſeiner ſchrifften ſtehet / davon hat ſich auch Hornbe - ckius ziemlich herausgelaſſen / wenn er in der ſumma controverſiarum Lib. VI. p. 469. ſetzet: Es duͤrffte Cornherts buͤcher niemand ſoSeine ſchrifften. hoch achten / daß er ſie kauffen oder leſen wolte / weil er nur das geld / die zeit / und fleiß vergeblich anwenden wuͤrde. Es ſind abe ſeineꝛ opera erſtlich eintzeln / hernach alle zuſammen in Amſterdam in Hollaͤndiſcher ſprache anno 1630. in 3. groſſen folianten her - ausgekommen / davon ich nur zur probe die tractaten im erſten und andern Tomo hier nach ihren tituln benennen will.
Jm er -61Euſebio Meiſnero, Torrentio, Weitſio, Boreel und andern Niederlaͤndern.Tractat von Gott aus lauter Schrifft worten.
Von CHriſto.
Von dem H. Geiſt.
Vom glauben.
Von der wahrheit.
Von der hoffnung.
Von der buſſe.
Von der liebe.
Hertz-ſpiegel Goͤttlicher Schrifften.
Probier-ſtein der neuen lehrer.
Unterſcheid zwiſchen wahrer und falſcher lehre.
Von der wahrheit / ob man ſie duͤrffe wiſſen.
Ob die wahrheit frey mache.
Urſachen und mittel von des menſchen ſelig - keit und verdammniß.
Von der Unwiſſenheit der menſchen / wie ſie unſchuldig oder ſchuldig ſey.
Daß das unverſtaͤndige beharren der einige grund und urſache alles irꝛthums ſey.
Von dem unterſcheid zwiſchen vermeſſenem urtheilen und beſcheidenem unterſuchen.
Von der gebrechligkeit des natuͤrlichen flei - ſches im menſchen.
Ob die ſeele oder der wille ſuͤndige.
Von veraͤnderung des boͤſen willens in den guten bey dem menſchen.
Ob ein boͤſer mit willen boͤß ſey oder nicht.
Daß der nicht gut werden koͤnne / der boͤß bleiben will.
Daß das abſterben von dem boͤſen leicht fal - le oder nachlaſſe (das iſt / daß man leicht von dem abſterben des alten menſchen koͤnne ruͤck - faͤllig werden.)
Leiter Jacobs oder ſtuffen der tugend.
Von der wiedergeburth / wie ſie geſchehe.
Wie noͤthig es ſey / daß ein jeder menſch wiſ - ſe / ob er glaubig ſey oder nicht / und von dem unterſchied zwiſchen dem wahren und falſchen glauben.
Unterſuchung / zu verſtehen / ob man todt oder lebendig ſey.
Kurtzer bericht von warnehmung der gedan - cken.
Eine taffel von der glaͤubigen gerecht-wer - dung in CHriſto JEſu.
Unterweiſung von dem rechten gebet aus Goͤttlicher Schrifft.
Von wahrer unterthaͤnigkeit der Chriſten.
Daß GOttes gebote leicht und wol zu ver - ſtehen ſeyn.
Daß des teuffels geſetz ſchwer und eine laſt ſey.
Wahrhafftiger ablaß von ſuͤnden.
Sitten-kunſt oder eine kunſt wol zuleben.
Conſiſtorium, handelnd von der Admini - ſtration des Nachtmals / daß ſie noch nicht ge - ſchehen koͤnne.
Geſpraͤch mit der waſſerlaͤndiſchen gemeine.
Kurtze beſchreibung von truͤbſal und traurig - keit.
Probe von guter ruhe des gemuͤths.
Von der ausſendung oder dem beruff.
Ob ein Chriſt das Obrigkeitliche amt bedie - nen moͤge.
Von dem baum des lebens.
Wahrer ablaß von ſuͤnden zwiſchen JEſu und der Samariterin.
Paradoxa von der ſtaͤrcke des leibes.
Eroͤffnung des grundes der waſſerlaͤndiſchenJahr MDC. biß MDCC. kirchen / und von ihrem bann.
Unterſchiedene geſpraͤche oder der andere theil des gartens.
Gefang oder klage uͤber dem mißbrauch des Abendmahls.
Urtheile von der gemeinen lehre des landes.
Ein geſpraͤch eines Edelmanns / eines grauen Moͤnchs und eines Lutheraners von dem ange - fangenen gewiſſens-zwang in Holland.
Daß man gegen ſeine ſuͤndliche luͤſte zu ſtrei - ten haben moͤge / und nichts deſto minder ein wahrhafftiger Chriſt ſeyn koͤnne.
Eine Tragi-comœdia von den 10. jung - frauen.
Schule der tugenden.
Bedencken / ob die Roͤmiſche kirche beſſer ſey als die Reformirte.
Anderer und kurtzer beweiß von dieſer mate - rie.
Lieder-buch verbeſſert und vermehrt.
XV. gedichte von des menſchen innerlicher und aͤuſſerlicher nothdurfft.
Was vor handthierung nuͤtzlich ſey den kin - dern zu lehren.
Von den neuen ze itungen. Und zuletzt
Einige ſchrifften / den Hollaͤndiſchen Staat betreffend.
Synodus in zwey theilen.
Proceſs von hinrichtung der ketzer / in 2. thei - len.
Wurtzel der Niederlaͤndiſchen kriege.
Remonſtrantz vom leiden.
Juſtification vom leiden.
Beſchreibung vom gewiſſen.
Pruͤfung des Heydelbergiſchen Catechiſmi.
Jrꝛthuͤmer des Catechiſini.
Von kauffleuten.
Himmliſches werck.
Von der erb-ſuͤnde / erb-ſchuld / erb-ſtraf - fe.
Eine unterſuchung von fremder ſuͤnde / ſchul - de und ſtraffe.
Von zulaſſung und befehl GOttes.
Augen-waſſer.
Reiſe-geſpraͤche.
Nachdencken uͤber das 4te capitel an die Roͤmer.
7. Jn dieſen und andern ſeinen wercken hat er ſich durchgehends auf die klaren worte Hei - liger Schrifft beruffen / und im dritten theil ſei - ner Operum in dem Geſpraͤch von verminde - rung der Secten folgende gedancken und an - ſchlaͤge vorgebracht. Eine ChriſtlicheSein ſinn von der H. Schrifft. Obrigkeit ſolte dahin ſehen / daß allein die Heilige Schrifft / als welche von al - len irrthuͤmern / unreinigkeiten und aus - ſchweiffungen frey ſey / beybehalten / hin - gegen die menſchlichen ſchrifften / gloſ - ſen und lehren derſelben nachgeſetzet und abgethan wuͤrden. Dahero ſo lan - ge die Gemeinen in der lehre nicht einig waͤren / die Obrigkeit zu bitten ſey / daß ſie unterdeſſen allen Predigern auferleg - te / dem volck nichts anders zu ſagen / zu lehren / und vorzuleſen / als die klaren worte der Schrifft ohne einigen zuſatz oder veraͤnderung / wie es im Alten und Neuen Teſtament zu geſchehen pflegen;H 3auf62Th. III. C. VI. Von Cornherten / Coolhaeſen / Herberts / Stevarto,Jahr MDC. biß MDCC. auf dieſe weiſe wuͤrden die Secten ver - ſchwinden. Auch ſolte man dem volcke auferlegen / daß ſie alle auslegungen der Schrifft abſchafften / und allein die Bi - bel behielten / und fleißig handelten.
8. Und aus dieſer fleißigen unterſuchung Goͤttliches worts mag er auch ſo wol den wahren grund der Chriſtlichen religion als den zuſtand derer Gemeinen in allen partheyen ziemlich erkannt haben; wovon er hin und wieder gar deutlich und aufrichtig geſchriebenBekaͤnkniß von der Reformir - ten kir - chen. hat. Hornbeckius beſchweret ſich am gedach - ten ort pag. 469. uͤber ihn / daß er die Refor - mirte Kirche nicht vor richtig erkennen wol - len. Und zwar aus dem erſten theil ſeiner O - perum pag. 484. u. f. Daſelbſten beweiſet er auch ferner / daß die Papiſtiſche Kirche beſſer ſey als die Reformirte, welches er auch ferner pag. 486. erlaͤutert / daß er nemlich darunter die Genffiſche oder Calviniſche Gemeinen mit gemeinet habe / weil dieſe in dem punct von der Gnaden-Wahl / Rechtfertigung / Beruf - fung / und derer Ketzer hinrichtung das volckUnd der - ſelbem elenden zuſtand. irrig lehreten. Wobey er denn ſonderlich Cal - vini und Bezæ elende Gruͤnde entdecket / da ſie ſo wol die ſtifftung als das weſen und die kennzeichen der Kirchen in aͤuſſerlichen dingen geſuchet / als da Beza den Goͤttlichen beruff Lutheri und Zvvinglii daraus beweiſen wol - len / weil jener ein Doctor, dieſer ein Paſtor geweſen. Item da Calvinus in ſeinen Inſtitu - tionibus die kennzeichen der wahren Kirche in reiner lehre und rechtem gebrauch der Sacra - menten geſetzet. Uberhaupt aber gehet er dar - auf / daß die unſichtbare Kirche dennoch auch vor Lutheri zeiten in der gantzen welt / und al - ſo nicht allein in Lutheri oder Calvini neu - aufgerichteten Gemeinen zu ſuchen geweſen.
9. Jm dritten theil ſeiner Operum hat er auch in einem eigenen buͤchlein / Abbildung einer unpartheyiſchen Kirchen genannt / ſehr nachdruͤcklich erwieſen / daß einer wol ein wahrer Chriſt ſeyn koͤnne / wenn er ſich gleich nicht zu einer ſichtbaren Kirchen halte. Jngleichen daß es zwar ſchwer ſey / auſſerhalb einer ſichtbaren Gemeine zu leben / biß GOtt die Kirche wiederum reinigte / daß es aber gleichwol auch noͤthig ſey um der ſchwachen willen / die ohne eine aͤuſſerliche form noch nicht ſeyn koͤnnen / und dahero ſich leichtlich an eine Sccte haͤngen moͤchten / einige Gemeine zu ſam̃ - len. Unterdeſſen ob wol die gantze Kirche al - ſo verfallen ſey / ſey doch noch kein offenbarer befehl da / ſie wieder zu reformiren. Seine ei - gene worte ſind allzu weitlaͤufftig / daß ich nur ſeinen ſinn kuͤrtzlich ausdruͤcken koͤnnen. Aus dieſem grunde aber hat er auch behauptet / daß das Abendmahl bey ſolchem zuſtand der Ge - meinen noch nicht recht gehandelt werdenVom Abend - mahl / ob es zu gebrau - chen. koͤnne. Jm erſten theil ſeiner wercke pag. 354. u. f. ſtehet em gantzer Tractat hievon unter dem titul Conſiſtorium, da er in der Vorrede alſo ſchreibet: Wir prangen ſonderlich vor andern mit dem rechten Gebrauch des Nachtmahls / und ſchaͤmen uns doch nicht / daß wir deſſelben krafft oͤffentlich verlaͤugnen / nemlich Friede / Eintracht und Liebe. Zu Anweiſung dergleichen aͤrgerlichen gebrechen / zu verminderungſolcher feindſeligen zwiſtigkeiten / die dar -Jahr MDC. biß MDCC. aus entſtehen / und zu vermehrung der ſeligen Liebe / kraͤfftigen Eintracht / und Chriſtlichen Friedens habe ich hier et - was aufgeſetzet / dem Leſer zu dienſt.
10. Jn dem Tractat ſelber fuͤhret er einen Prediger und ſich redend ein / und ſpricht: Er gehe weder bey den Papiſten / noch Reformir - „Und war - um es auffzu - ſchieben. ten / noch Lutheranern zum Abendmahl / und “zwar nicht aus verachtung / welches Gott wiſ - “ſe / ſondern weil er erſtlich nicht gewiß wiſſe / “welche von allen ſichtbaren die wahre Kir - “che ſey / und daher auch / bey welcher der rech - “te gebrauch des Abendmahls ſtehe. Zum an - “dern / weil es eine ſuͤndliche vermeſſenheit waͤ - “re / ſich ſo blindlings zum Nachtmahl zu be - “geben / und dadurch ſich einer Gemeine theil - “hafftig zu machen / zumal eine iede den ge - “brauch der Sacramenten vor das vornehmſte “kennzeichen ſetzt. Zum dritten / weil das wah - “re kennzeichen der Kirchen / nemlich die Liebe / “Joh. XIII. 35. bey allen dieſen Kirchen nicht “zu finden / indem ſie alle die jenigen / welche ſie “vor irrig halten / mit haß und thranney von “ſich treiben / ja an ſtatt / daß man ihre gaben “genieſſen ſolte / ſie in unweiſem eiffer noch in “der zeit der gnaden des lebens beraubten. Da “doch ſolche Lehrer ſelbſt nicht wolten / daß ſie “von andern in unverſtand alſo tractiret wuͤr - “den. Weil nun unter allen Secten gleichwol “noch aufrichtige / unſchuldige Laͤmmer Chriſti “zu finden / welche die ſectiriſchen namen / der “Papiſten / Reformirten / Calviniſten / Wie - “dertaͤuffer nicht trennen / noch von der allge - “meinen wahren Kirchen abſondern koͤnten / “hingegen auch unter allen dieſen Secten ſo viel “falſche Chriſten lebten; ſo koͤnte ihn nie - “mand verdencken / daß er bey keiner ſichtba - “ren Gemeine des Abendmahls ſich gebrau - “che / weil eine die andere als antichriſtiſch / ſa - “taniſch und gottloß verdam̃e und ausſtieſſe. “ Worauf er ferner ſehr herrlich und gruͤnd - “lich ſo wol von dem ſtreit uͤber dem Nacht - “mahl zwiſchen Lutheranern und Reformir - “ten / als von deſſen rechtem gebrauch und viel “andern dergleichen materien handelt / pag. “ 358. u. f. „
11. Aus dieſem kan man nun ferner leicht gedencken / was er von dem zuſtand der Cleri - ſey / auch unter den Proteſtanten / bekant habe. Seine Anklaͤger beſchweren ſich / daß er dieZeugniß von der Cleriſey. groſſen maͤnner / Calvinum, Bezam, Danæ - um, Saraviam und andere Lehrer unver - ſchaͤmt getadelt (vid. Hornbeckius l. c. pag. 468.) daß er unter allen Prediger-feinden und Tadlern der vornehmſte billig zu neñen ſey. (Voëtius l. c. l. 2. Tr. l. c. l. p. 219) Er hat aber in dem Tractat Probierſtein der wahren Lehrer und ſonſt uͤberall ſo wol die rechten kennzeichen und pflichten / als auch das elend der gemeinen Prediger ſehr deutlich vor augen gelegt / und zwar zu dem ende / wie er alsbald im titul pag. 45. ſetzet: Damit die einfaͤltigen hertzen in dieſem verwirrten labyrinth gegenwaͤrtiger Secten / die da - ruͤber irrig und zerſtreuet worden / ſich nicht verleiten uñ verfuͤhren lieſſen. Jnſon -Von ihrer herſch - ſucht und infallibili - taͤt. derheit aber hat er die angemaſte unbetrieg - lichkeit / herrſchafft uͤber die Gewiſſen / und ty - ranney der Cleriſey freymuͤthig entdecket / auchdamit63Euſebio Meiſnero, Torrentio, Weitſio, Boreel und andern Niederlaͤndern. Jahr MDC. biß MDCC. damit / wie leicht zu erachten groſſe feindſchafft verdienet. Wie denn in der vorrede uͤber ſeine opera gedacht wird / daß er diejenigen mu - thig angegriffen / die ſich zu meiſtern uͤ - ber eines andern glaubẽ machen wollen / und die kirche CHriſti an ihre meinun - gen / ſecten und verſammlungen binden / und diejenigen / ſo etwa in einigen din - gen irren / zur ſtund als ketzer und un - glaubige verdammen und ausruffen. Jmgleichen diejenigen / welche die gan - tze gottſeligkeit in aͤuſſerlichen kirchen - gebraͤuchen und ceremonien ſtellen.
12. Dieſes hat er nun mehr als zu nach - druͤcklich in ſeinen ſchrifften gethan / und ab - ſonderlich in dem geſpraͤch von dem ange - fangenen gewiſſens-zwang in Holland. To. I. Oper. p. 469. u. f. ſo er anno 1579. ge -Gewiſ - ſens - zwang un - ter den Reformir - ten. ſchrieben / woraus man ſehen kan / daß die Re - formirten / ſo bald ſie etwa wo die oberhand be - kommen / ofte eben ſo arg als die von ihnen aus - getriebene Papiſten wieder die gewiſſen tyran - niſirt haben / welches anderswo mit mehrern exempeln beſtaͤtiget wird. Jn dieſem geſpraͤch aber fuͤhret er ſich mit einem andern redend ein: darf ich die wahrheit ſagen / ſo ſage ich / daß die Staaten von Holland den ge - wiſſens-zwang anheben / und zwar an mir ſelbſt. Verbieten ſie mir nicht bey bann und gefaͤngniß / daß ich die Delphi - ſchen Prædicanten weder in ſchrifften noch ſonſt ihrer irrthuͤmer uͤberzeugen darff? — — Da doch unſer gewiſſen nicht auff unſere meinungen / ſondern auf Got - tes wortgebauet ſeyn ſoll / wenn es rich - tig iſt. Es iſt mir ja in der Schrifft be - fohlen / meinen bruder / den ich irren ſehe / zu beſtraffen und zu bekehren / wenn ich vermag. Hierinne iſt mein gewiſſen auff die H. Schrifft gegruͤndet / die Obrigkeit aber hat keinen befehl in H. Schrifft / jemand daruͤber zu ſtraffen / was ihm GOtt befohlen hat. Jac. V. 19. 20, Prov. XXIV. 11. Und da ihm der andere ent - gegen ſetzt / die Obrigkeit muͤſſe dicjenigen alle ſtraffen / die den aͤuſſerlichen kirchen-frieden ſtoͤr - ten / ſo antwortet er: Es giebt aber auch falſchen frieden / welchen zu verſtoͤren es heilig und nuͤtzlich iſt / welchen alle Propheten allezeit verſtoͤret haben / 1. Paral. XVIII. 17. 18. Eſa. XXXIIX. 17. Jer. XLIV. 18. und CHriſtus ſelbſt / Matth. X. 34. 35. — Uber diß ſaget mir / ſind die Prædicanten menſchen oder Goͤtter? Soll man / wie die Catholikẽ von ihrem Pabſt / halten / daß eure Prediger nicht irren moͤgen? Jrren ſie aber / ſo muͤſſen ſie ſichs auch lieb ſeyn laſſen / wenn ſie ihrer irꝛthuͤmer erloͤſt und davon befreyet weꝛ - den. Warum nehmen ſie aber meine vermahnung ſo gar boͤßlich und feindſe - lig auf / und ziehen die Herren von Staa - ten ſelber dazu? Und wie er daſelbſt dieſe materie weitlaͤuftig ausfuͤhret / wie auch die frage vom tractament der irrigen / wozu er ſon - derlich wieder Calvinum ſeine eigene worte an - fuͤhret Cäp. V. inſtructionis adverſus liberti - nos: Nulla eſt alia in evellendis impiis ſectis & hæreſibus apta ratio, quam ſi puræ DEI veritati locus detur.
13. Noch ausfuͤhrlicher hat er dieſe ſacheJahr MDC. biß MDCC. von freyheit der gewiſſen in dem andern Tomo im erſten und andern Tractat ſehr weißlich er - wieſen / deren ſumme auff dem titul in dieſen artigen Hollaͤndiſchen verſen begriffen iſt.
Jn der vorrede an die Gottfuͤrchtigen / unpar - theyiſchen und verſtaͤndigen kirchen-diener in den Niederlanden ſetzet er abermal gantz frey - muͤthig: Gleichwie ich glaube / daß un -Tyranney und boß - heit. ter den euren ſo wol gemeinen leuten als lehrern ſeyn / die mit gantzem hertzen GOttes ehre uͤber alle dinge und der menſchen ſeligkeit als ihre eigene vor au - gen haben: Alſo glaube ich / daß ihrer eben ſo wenig unter euch ſeyn / als man wenig gold ohne ſchaum findet. So fuͤhren auch nicht allezeit / ſonderlich in dieſen alleraͤrgſten zeiten / die beſten das Regiment. Die boͤſen haben bey den groſſen unter einem frommen ſchein cre - dit und anſehen: Dahero muͤſſen alle fromme liebhaber der wahrheit viel angſt / noth und gefahr ausſtehen. Die - weil ſie um der verfuͤhrten menſchen nu - tzens willen ſolcher heuchler mißhand - lungen beſtraffen / ihr groſſes anſehen verringern / und ihre weltliche ruhe ſtoͤ - ren / ſo folget nichts anders als tod - feindſchafft und calumnien / und dieſes habe ich auch an mir erfahren.
14. Jn dem tractat ſelber aber hat er fol - gende materien ſehr artig ausgefuͤhrt: Ob dieVom ur - theil und richter in glaubens - ſachen. ſichtbare kirche in glaubens ſachenirren koͤnne oder nicht / was von dem beweiß mit dem alterthum / gewohnheiten und traditionenzu halten ſey / von einſe - tzungen und ceremonien auſſer der ſchrifft / ob man den ſchrifften der er vaͤ - ter glauben ſoll. Was die concilia und die gemeinen meinungen beweiſen oder nicht. Jngleichen von dem beweiß aus exempeln der kirchen-hiſtorie / und aus den Heidniſchen ſchrifften von denen die jederman urtheilen / aber ſelbſt kein ur - theil leiden wollen. Bey wem das ur - theil von der lehre ſtehe. Ferner im an - dern tractat: Ob das urtheilen von ketze - reyen der kirchlichen oder weltlichen Obꝛigkeit zukomme. Von der freyheit der gewiſſen ſo wol im glauben als le - ben / und ob man allein das exercitium der wahren Religion und ſonſt keines zulaſ - ſen wolle nach dem urtheil der weltli -Vom tra - ctament der ketzer. chen Obrigkeit. Von denen welche die lehre tadeln oder den aͤuſſerlichen kir -chen -64Th. III. C. VI. Von Cornherten / Coolhaeſen / Herberts / Stevarto,Jahr MDC. biß MDCC. chen-frieden durch wiederſpruch ſtoͤh - ren und von derſelben ſtraffe. Von de - nen die anders als die kirche lehren / und ob man dieſelben mit dem tod ſtraffen ſolle.
Ob man gegen die / ſo anders lehren / diſputiren ſolle oder nicht. Von dem buͤcherſchreiben / ausgeben / drucken und verkauffen / haben und leſen.
Vom urtheil uͤber andere / die man noch nicht gehoͤrt. Ob es ſchrifftmaͤſſig ſey daß die Lehrer zu beſchuͤtzung ihrer lehre die Obrigkeit zu huͤlffruffen. Von dem ſchelten wieder die barmhertzigkeit / und lob der ſtrengigkeit / und anſtifften zum blutvergieſſen in glaubens-ſachen.
Ob es recht ſey / daß die Lehrer der welt - lichen Obrigkeit weiß machen / als wenn ſie ſchuldig ſey / einige menſchen in glau - bens-ſachen umzubringen.
15. Dieſe mattrie von peinlichen gerichten wider die ketzer hat er in dem folgenden tractat ſelbiges theils wider Juſtum Lipſium ſehr weit - laͤufftig von p. 44. biß 174. deducirt / und zwar ſo wol aus Goͤttlichen als menſchlichen rechten / zeugniſſen und gruͤnden / ſo / daß ſeine feinde ſelbſt bekennen muͤſſen / er habe Lipſium voͤllig eingetrieben / wie wir oben aus Voëtio gehoͤret. Weil das buch gar zu weitlaͤufftig iſt / und der inhalt ſelbſten viel bogen ausmachen wuͤrde / muß ich es dismal vorbey gehen. Wiewol es wehrt iſt / daß es auch in andern Nationen kund werde. Dieſes iſt ein vor allemal zu mercken / daß die ſache der gewiſſens-freyheit ſein haupt - zweck in allen ſchrifften geweſen / und zwar nicht allein / daß er die unbefugte herꝛſchafft der fal - ſchen lehrer verworffen / ſondern auch unter de - nen die etwas beſſers erkant haͤtten / ſolche frey -Von frey - heit der glaͤubigen. heit vor noͤthig erachtet hat. Zu welchem ende er auch bey dem vorſchlag / wenn einige ſich bey dem verderb aller ſecten zuſammen halten wol - tẽ / ausdruͤcklich bedinget / daß es alles in ſolcher freyheit geſchehen muͤſſe / da niemand ſich an - maſſete und ausgaͤbe / als waͤre er von GOtt ge - ſandt entweder zu lehren / oder die ſacramenta zu handeln / ſondern daß dieſes alles frey / und um der ſchwachen willen ohne zwang und noth blie - be. Und dahero findet man in ſeinem dritten Tomo in dem buͤchlein wieder Danæum, Smeg - ma genant / allezeit dieſe worte zum beſchluß: Was braucht der eines bandes / der frey leben kan? Wat behoeft hy bant, die onge - banden leven kan. Und ſolcher bekaͤntnis wegen / welche den grund der Clericaliſchen herꝛſchafft uͤbern hauffen geworffen / hat man ſich uͤber ihn beſchweret / daß er ein rechter Libertiner gewe -Liberti - niſmus. ſen / und den kern vom Libertiniſmo den leuten eingepraͤget habe / wie Hornbeckius l. c. p. 471. klaget. item, daß er gehoffet / es wuͤrden noch vor dem juͤngſten tag maͤnner auffſtehen / die den Apoſteln gleich ſeyn wuͤrden / und eine rechte kirche CHriſti ſammlen. Vid. Seylerus l. c.
16. Es iſt aber dieſes ſonderlich an dem mann loͤblich geweſen / daß er gleichwol vor ſich ſelbſt keine neue ſecte angefangen / ſondern eben ſolchen ſectiriſchen ſpaltungen ſpinnenfeind ge - weſen. Deswegen man auch im dritten tomoVon de - nen ſecten. einen gantzen tractat von verminderung der ſecten findet. Es haben auch die Reformir - ten prediger und darunter Hornbeckius l. c. ſelbſt dieſen ſeinen ſinn nicht tadeln koͤnnen / daßJahr MDC. biß MDCC. er die ſecten durch das wahre Chriſtenthum ver - einigen / und ſie alle zur H. Schrifft alleinifuͤh - ren wollen: nur daß ſie vor unertraͤglich halten / wenn er ihre kirche auch unter die ſecten gerechnet / und eine ſo gut als die ande - re gehalten / das ordentliche Miniſterium ſamt deſſen auctoritaͤt und gewalt beſtuͤꝛ - met und mit fuͤſſen getreten haͤtte. Und eben davon ſchreibet auch der vorredner uͤber ſeine opera p. 8. Seine miß goͤnſtige haͤtten ihn meiſt deßwegen angefeindet / weil er ſich in keine aͤuſſerliche kirche begeben / auch ſelbſt keine eige - ne auffgerichtet; davon er auch ſehr offte ſelbſt geſagt haͤtte: Es waͤren ja mehr als zu viel kirchen / und waͤre noͤthiger ſie ein - zureiſſen als neue zu bauen; und denn - noch waͤre keine wahre oder allgemeine freye kirche / ſondern lauter ſectiriſche / und ihre meiſten ſtiffter und kirch-mei - ſter waͤren ungeſunde bauleute. Man haͤtte ihm auch daruͤber noch geſagt / als wenn er die leute ohne aͤuſſerliche kirche gantz wild machen wolte / welches aber falſch geweſen.
17. Jn dieſem und dergleichen ſeinem vor -Wieder - ſpruch ge - gen ihn. haben haben ihm nun viel intereſſirte wieder - ſprochen / ſonderlich die Prediger zu Delft in ei - nem tractat: Examen inauditi medii nuper edi - ti à Theodoro Volckert ad minuendas ſectas & partium ſtudia. Delphis 1582. Jngleichen her - nach Lambertus Danæus, damals Profeſſor zu Leyden / wie Voëtius l. c. p. 219. gedencket. Es haben ihn auch ſeine wiederſacher mit allerhand ketzer-namen verhaſt und verdaͤchtig machen wollen / wie er ſelbſt in einem ſchreiben an die Commiſſarios T. II. p. 236. klaget / daß ſie ihn einen Pelagianer geſcholten. Und p. 581. klagtSchmaͤh - worte und calumni - en. er uͤber gar viel calumnien / die die Prediger wieder ihn ausgeſprenget / als wenn es das volck von der kirche ab und zum Atheiſmo fuͤh - ren wolte; item, daß er die Reformirte kirche deßwegen vor gebrechlich hielte / damit er ſelbſt eine auffrichten koͤnte; daß er auch bloß aus haß wieder den verſtorbenen Calvinum alles ge - ſchrieben / und denen Papiſten damit einen ge - fallen thun / wollen ꝛc. Dergleichen aufflagen man wieder ihn haͤuffig findet beym Oomio p. I. Theolog. pract. p. 606. Voëtio in Catechi - ſmo Remonſtrantium p. 599. und in Politia Eccleſiaſt. l. c. allwo er ihn ſemi-paganum, ſe - mi-idiotam, ſemi-libertinum, und dergleichen titulirt / ungeacht ſo wol Voëtius ſelber als Pontanus und andere gelehrte dieſes mannes gaben auffrichtig bekannt gehabt. Er hatInquiſiti - on und verja - gung. wuͤrcklich der Cleriſey feindſchafft erfahren muͤſſen / da dieſe nicht geruhet / biß die Staaten und der Rath zu Delft anno 1577. 78. und 83. eine inquiſition wider ihn angeſtellt / und er aus der ſtadt Delft verjaget worden / davon ſei - ne Apologie / Haemſcherm genant / handelt. Vid. T. III. op. p. 144. 147. v. 434. conf. Voëtius l. c. L. IV. c. 1. p. 454. und p. 386. 416. Was er ſonſten von ſeinen feinden wegen ſeiner auffrich - tigkeit und treue erlitten / iſt oben in ſeinem le - bens-lauff beruͤhret worden.
18. Jn gedachter vorrede uͤber Cornherts Opera werden unterſchiedliche andere perſonen genennet / welche faſt eben dergleichen um ſel - bige zeit in Holland von der wahrheit gezeu -get /65Euſebio Meiſnero, Torrentio, Weitſio, Boreel und andern Niederlaͤndern. Jahr MDC. biß MDCC. get / nemlich Caſpar Coolhaes, Herman, Her - berts, Cornelius Wiggers, welche gemeiniglich unter die halbe Libertiner oder freye geiſter ge -Coolhaes leben / zehlet werden. Von dem erſten gedencket Sey - lerus in der Wiedertaͤufferiſchen Hiſtorie p. 99. daß er erſtlich ein Moͤnch / hernach Prediger in Leyden geweſen / und um das jahr 1598.[C]orn[ -] herten in der lehre durch aus nach gefolget ſey. Er habe auch ſeine ketzerey damit ſonderlich anUnd be - ſchuldi - gungen. tag gegeben / daß er Sebaſtian Franckens ver - antwortung ins Niederteutſch uͤberſetzet / und zu Amſterdam drucken laſſen / womit er denn an - gezeigt / wie hoch er dieſen Enthuſiaſten hielte / Vëtius in Politia P. II. L. 2. Tract. I. cap. I. p. 271. ſetzet ihn auch unter die Fautores der Eu - thuſiaſtiſchen und Libertiniſchen meinungen / weil er nebens Franckens buͤchlein auch viel andere von ſolcher materia publicirt haͤtte. Er waͤre aber wegen ſeiner ſchaͤndlichen lehre end - lich von ſeinem dienſt abgeſetzet / und darauff in bann gethan worden / und weil er dawieder et - was geſchrieben / haͤtte der Hollaͤndiſche Syno - dus eine Hiſtoriam Apologeticam zu Dordrecht anno 1582. drucken laſſen.
19. Johannes Utenbogardus im dritten theil ſeiner kirchlichen hiſtorie p. 205. meldet uͤber diß nachfolgendes von ihm / und zwar nach der wahrheit und den rechten umſtaͤnden: Colhaes haͤtte anno 1579. mit ſeinen Collegen Petro Cornelis einen ſtreit bekommen / da er das urtheil des Conſiſtorii und die plura vota nicht agnoſciren wollen. Er haͤtte auch ſeinen col - legen beſchuldiget / daß er auff die wahre in - nerliche Religion nichts achtete. Der Magi - ſtrat zu Leyden haͤtte auch erkant / daß Petrus Cornelis der Cleriſey gar zu viel zueignete / und haͤtte ihn deßwegen abgeſetzet / hernach aber auch Colhaeſen ſuspendirt / biß zu austrag der ſache. Es haͤtte auch der Rath zu Leyden da - eine ſchrifft publicirt, worinnen er geklaget /und den Conſiſto - riis. daß das Conſiſtorium alle Jura eccleſiaſtica zu ſich riſſe / und ſich die macht gefangen zuſetzen / und geld-ſtraffen auff zulegen / auch die ketzer zu ſtraffen anmaſte / wel - ches alles einer Spaniſchen inquiſition aͤhnlich waͤre / und faſt niemand ſicher ſeynlieſſe. Hierauff waͤre auch von Colha[e]- ſen beſchloſſen worden und ihm aufferlegt / daß er ſich dem Synodo unterwerffen ſolte. Er ſey dahero anno 1581. auf den Synodum zu Middelburg citiret worden / habe aber denſel - ben nicht als Richter agnoſciren wollen / weil ſie ſeine wider-part waͤren / und ſich inzwiſchen zur bekaͤntniß und verantwortung ſeiner lehreVerdam - mung und dann wi - der ihn. bereit erwieſen. Der Synodus habe ſeine buͤ - cher vor ſchaͤdlich und wider die kirche laͤſterlich erklaͤret / und ihm befohlen / alles abzubitten / und ſich dem Synodo zu unterwerffen. Er aber habe proteſtirt und an einen ſynodum nationa - lem, wie auch an den Printzen und Staaten ap - pellirt, und indeſſen in neuen publicirten ſchrif - ten uͤber die ungerechtigkeit und partheyligkeit des ſynodi geklagt; darauff haͤtte er fuͤr einer commiſſion zum Haag erſcheinẽ muͤſſen / allwo eꝛ ſich denn vor ſchuldig erkant / und ſeine buͤcher retractirt / als von welchë man aͤrgerniß genom - men. Man waͤre aber damit noch nicht zufrie - den geweſen / ſondern haͤtte beſchloſſen / weil er groß aͤrgerniß gegeben / ſo koͤnte ihn die kir - che zu Leyden verdammen / wie ſie wolte / weil erſich vor ſchuldig und mit der kirche nicht ein -Jahr MDC. biß MDCC. ſtimmig bekant haͤtte; hierauf erzehlet er p. 214 wie der ſynodus zu Harlem ihn anno 1582. in bann gethan / und wie er ſich dennoch in ſchrif - ten dagegen defendiret habe.
20. Gedachter ſcribente mercket ferner p. Seine lehre.215. an / daß man in denen hiſtorien dieſes mannes irꝛthuͤmer nicht beſchrieben finde / man koͤnne aber daraus ſchlieſſen / daß er mit den Re - monſtranten einerley bekant haben muͤſſe / weil die Contra-Remonſtranten jenẽ vorgeworffen / ihre meinungen waͤren ſchon an Colhaeſen von einem ſynodo verdammet worden. Dahero auch Wilhelmus Baudartius ſeine hiſtorie oder memorien der denckwuͤrdigſten kirchen - und welt-geſchichten von Niederland von dieſem mañ angefangen habe / uñ folgends geſchriebë: Er haͤtte den kirchen-frieden geſtoͤrt / waͤre aus dem Pabſthum / und haͤtte dem gemeinen volck viel gravamina wider die prediger weiß gemacht / waͤre auch nach inhalt der Hollaͤndiſchen Confeſſion und des Heydelbergiſchen Catechiſmi ver - worffen und abgeſetzet worden. Uten - bogard citiret daſelbſt noch ein buͤchlein von ihm / ſo zu Goude anno 1609. gedruckt. Nach - dencken uͤber die diſputation von der Goͤtt - lichen prædeſtination und dergleichen mehr / worin er die allgemeine liebe und barmhertzig - keit GOttes wider Calvini abſolutum decre - tum ſehr wol bewieſen habe.
21. Dieſem ſetzet Voëtius am gedachten ortHetbetti leben. Hermannum Herberts bey / der auch erſtlich ein Moͤnch geweſen. Hernach in Ober-teutſch - land Prediger worden / von dar nach Dordrecht und von Dordrecht nach Goude beruffen. Der gedachte Utenbogard erzehlet p. 282. folgendes vom ihm. Er habe von anno 1586. an widerStrett und ver - werffung vom ſyno - do. die Hollaͤndiſche kirche uñ den Haagiſchen Syn - odum geſtritten / und ob gleich die diſputen ei - ne weile beygelegt worden / waͤren ſie doch her - nach / wiederum angegangen / weil einer wider Herberts buch geſchriebẽ / dahero dieſer eine aus fuͤhrlichere declaration herausgegeben / daruͤber unterſchiedliche ſchrifften nach einandeꝛ gewech - ſelt worden. Endlich haͤtte ein particular-ſyn. odus zu Dordrecht anno 1596. Herberts buch verdammt / und ihm den wiederruff aufferlegt. Er haͤtte ſich aber daruͤber beſchwert / weil das urtheil bloß auff das angeben ſeiner feinde ge - ſprochen waͤre. Man haͤtte ihm ferner anno 92. einen gewiſſen termin zur revocation anbe - raumet / und widrigen falls ihn hart zu ſtraffen gedrohet. Allein er haͤtte frey geantwortet. Die ſtoltzen ſetzen ſich auff den ſtul GOt -Zengniß wider die Conſiſto - ria. tes ihn zu richten / ob ſie gleich denbind - und loͤſe-ſchluͤſſel von CHriſto nicht em - pfangen haͤtten. Man haͤtte ihn hierauff noch dreymal erinnert / er aber haͤtte an Fran - ciſcum Lanſbergium damals geſchrieben / wie er in allem mit der Reformirten kirche uͤberein - ſtim̃te / ausgenommen die prædeſtination, und daß er die ſynodos einer Paͤbſtlichen herrſchafft beſchuldige. Die Staaten habẽ hiebey vor rath - ſam geachtet / daß die Synodales etwas gelinder procediren moͤchten / und einigen andern com - miſſion gegeben / mit Herberten unterhandlung zu pflegen. Dieſe waͤre dem auctori (Uten - bogarden) und Lansbergio auffgetragen wor -A. K. H. Dritter Theil. Jden /66Th. III. C. VI. Von Cornherten / Coolhaeſen / Herberts / Stevarto,Jahr MDC. biß MDCC. den / gegen welche er ſich ſehr wol erklaͤret / und da gleich die ſynodales auch die verdammung der gegenſaͤtze von ihm gefodert / waͤre doch alles endlich guͤtlich beygeleget worden / annoAndere be - ſchuldi - gungen und ſchrifften. 1593. Hingegen aber will nun Voëtius l. c. verſi - chern / wiewol ohne den geringſten beweiß / als wenn Heberts in ſeinen ſchrifften / David Joris und anderer Enthuſiaſten meinungen vorge - bracht haͤtte / und beziehet ſich auff einen com - mentarium hiſtoricum der Staaten von Hol - land / der anno 1592. gedruckt worden. Er nennet daſelbſten noch Herboldum Tombergi - um, der aus Oberteutſchland auch dorthin ge - kommen und Heberts college worden waͤre / der auch Sebaſtian Franckens buch in einer edition als erleuchtet und Gottesgelehrt gelo - bet / und damit ſich ſelbiger irꝛthuͤmer theilhaff - tig gemachet haͤtte. Wie ſie denn auch beyde von Voëtio beſchuldiget werden / als haͤtten ſie gelehret / ein jeder koͤnne in ſeiner religion GOtt gefallen und ſelig werden. Polit. Eccleſ. p. 596. conf. ejusdem Catechiſ. Remonſt. p. 264. Bibliothec. Theol. p. 553. it. Oomius l. c. p. 607. Dargegen verſichert Petrus Poiret in ſeiner Epiſtel ad Auctorem Bibliothecæ Univerſ. §. 6. p. 500. daß Herberti ſchrifften recht guͤlden waͤren / und daß die remonſtranten alles / was ſie zuerſt gutes gehabt / von ihm genommen. Wie wol die heutigen von dieſem wunder mann und von ihrem eigenen erſten urſprung wenig wuͤſten und ſeine Goͤttliche ſchrifften und princi - pia verlaſſen oder gar beſtritten haͤtten. Wer dieſe buͤcher hat oder in die haͤnde bekom̃t / kan ſelbſt nach ſehen / welche parthey recht habe: mir iſt davon nichts vor augë kom̃en / ohne was mir aus deſſen verclaring over ſekere articulen p. 26. com̃unicirt wordẽ: daer vom Heidelbergi - ſchen Catechiſmo dieſes bekeñet: Jhr ſprecht / ihr haltet den Catechiſmum nicht vor eine menſchliche oder menſchen-lehre ꝛc. Antwort: ihr muͤſſet ja gleichwol be - kennen / daß es menſchen geweſen ſeyn / die da irren und fehlen konten / welche denſelben zuſam̃en getragen haben. Die - ſes beweiſter aus Petri Datheni bekaͤntniß / wel - cher vor ſeinem tod geſchrieben haͤtte: ich habe mir vorgenom̃en / nicht mehr zu lehren; denn ich geſtehe / daß ich lange gnug blind und ein leiter der blinden geweſen ſey. Daraus ſchlieſt er / die Reformirten halten von ihren Lehrern mehr als ſie von ſich ſelbſt hielten.
22. Weiter hin hat es unterſchiedliche ſol - che perſonen unter den Reformirten gegeben / welche der Cleriſey nach ihren principiis un -Stevarti zeugniß / ertraͤglich geweſen. Samuel Mareſius gedencket von einem Prediger / Adamo Stevarto zu Sedan in Champagne, der die reformirte Kirche da - ſelbſt verwirret / dem Conſiſtorio ungehorſam geweſen / und ſich ſonſt ſehr hartnaͤckig undund ſtreit. unbeſcheiden bezeiget / dahero er Anno 1630. als ein Schismaticus in bann gethan worden. Und ob er wol an andere Richter appelliret haͤtte / auch dieſelben von dem Fuͤrſten erlan - get / ſo waͤre er doch vier jahr darauf noch ein - mal excommuniciret worden. Vid. ejus Fœde - rat. Belg. ad Paſtores Eccleſiaſt. Alloquium. Faſt eben um ſelbige zeit bekamen die Hollaͤn - diſchen Prediger zu Leyden mit einem manndaſelbſten / namens Euſebio Meiſnero, von Ba -Jahr MDC. biß MDCC. ſel / zu thun / der ſonſt ſeiner Profesſion nach ein Corrector in der Druckerey war. Von dieſem berichtet man / daß er darauf gedrungen / manMeiſneri vortrag von der Schrifft und denen offenba - rungen. muͤſte die Schrifft gantz allein leſen ohne aus - legung / und daß er zugleich allerhand Imagi - narias viſiones vorgegeben / Hornbeckius citi - ret aus deſſen brieff an Rivetum folgende wor - te: Auf weſſen befehl und auctoritaͤt hal - ten wir wol unſern wahren dienſt mit unſerm predigen? Meinet ihr / daß es nicht auf Goͤttlichen befehl oder GOt - tes namen geſchehe / ſo muß man allein die Schrifft ohne auslegung leſen / als welche gaͤntzlich / unſtreitig und lauter GOttes wort iſt. Jn der erſten Kirche wurde Chriſtus auf allerhand weiſe ver - kuͤndiget / ſeit der zeit aber geſchiehets nur zum ſchem / und nicht in der wahr - heit / wenn es auch gleich nach dem buch - ſtaben der wahrheit geſchiehet. Und da - hero iſt auch gewiß gnug / daß nach der erſten Apoſtoliſchen Kirchen biß auf die - ſen tag keine wahre ſichtbare Kirche ſey noch geweſen ſey / ob wol unter allen ver - meinten hauffen etliche ſeyn oder ſeyn koͤnnen / welche zu wahren Gliedern Chriſti lebendig gemacht werden. L. VI. Summ. Controv. pag. 465.
23. Was ſonſt auch um ſelbe zeit ein Pro -Stevarti ſchulzanck. feſſor Philoſophiæ zu Leyden Simon Stevar - tus wider die andern Lehrer daſelbſt vor einen ſtreit gehabt / gehoͤret eben nicht in die Kir - chen-hiſtorie / zumal es meiſtens ſcholaſtiſche grillen und andere wunderliche meinungen betroffen / auch meiſt auf mißgunſt und calu - mnien hinaus gelauffen / wie davon die Schrifft zeuget / deren titul iſt: Specimen tum inſcitiæ tum malitiæ detectæ in calumniis & mendaciis partim Stevartii furibundi, partim Revii iracundi per Philavtium Eleutherium Athenienſem. Dicæopoli 1648. in 4to, Ma - reſius gedencket am angefuͤhrten orte: Er ha - be ſeine meinungen ſo hefftig verfochten / daß er auch alle / die ihm widerſprochen / Atheiſten genennet / und der Ketzereyen beſchuldiget. Un - ter ſeinen meinungen aber waren unter andern folgende:
Nullam dari inſitam DEI notitiam: Pecca - tum originale non eſſe habitum vitioſum na - tura nobis congenitum ac debitum in natura lapſa vi generationis ordinariæ, ſed tantum ex pacto. Multipræſenriam non ſoli DEO convenire. Naturam creatam virtute divina pluribus ſubſiſtentiis creatis terminari poſſe&c. Die grillen ſind des wiederholens nicht werth / die er meiſt aus der Ariſtoteliſchen Philoſo - phie gefangen / wie der gedachte Eleutherius in Specimine pag. 5. u. f. erwieſen hat.
24. Ein anderer ſtreit erhub ſich dazumalHirnii vor - haben mit den hoſti - en. in Roterdam mit einem Lutheriſchen Prediger daſelbſt M. Hieronymo Hirnio, der in der da - ſigen Lutheriſchen Kirche an ſtatt der oblaten im Abendmahl / wie die Reformirten / gar ein brod brauchen und brechen wolte / dawider ſich aber die andern Augſpurgiſchen Confes - ſions-verwandten in Holland ſetzten. Nichts deſto weniger aber bekam er bey den gemeinen leuten beyfall / und fing alſo an das Abend - mahl zu halten. Der Synodus verbot es ihm /und67Euſebio Meiſnero, Torrentio, Weitſio, Boreel und andern Niederlaͤndern. Jahr MDC. biß MDCC. und da er ſich nicht dran kehrte / wurde er ſus - pendiret / bis einige Hochteutſche Theologi dazu gezogen wurden / welche die alten Sa - tzungen hierinnen nach ihrer Gewohnheit be - haupteten. vid. Conſil. Witteb. P. II. pag. 150. ſeqq.
25. Der offt angezogene Voëtius gedencket auch eines mannes / der in den NiederlandenTorrentii meinun - gen. unruhe verurſachet habe mit nahmen Torren - tius, welcher ſonſt ein Mahler geweſen / und vorgegeben / die hoͤlle ſey nichts anders als wenn man in der welt ungluͤcklich ſey / der him - mel aber / wenn man hier koͤnne wolund luſtig leben. Der Rath zu Harlem haͤtte wieder ihn inquirirt / weil er aber alles geleugnet / haͤtte er gantzer 20. jahr muͤſſen gefangen ſitzen / und da man ihn hernach loß gelaſſen / waͤre er nach En - geland gezogen / von dar er anno 49. wieder - gekom̃en und geſtorben. vid. Voët. Diſputat. ſelectæ T. I. Diſſertat. de Atheis, p. 223. & exeo Theophilus Spizelius in ſcrutinio Athei - ſmi p. 42 Johannes Müller Atheiſ. devict. p. 29.
26. Unter die Niederteutſchen Enthuſiaſten und Fanaticos hat Hornbeckius l. c. p. 423. und aus ihm Carolus in Memorab. Eccleſ. T. I.Weitſii. p. 841. Johannem Weitſium gezehlet / weil die - ſer um das jahr 1634. zu Franckfurt allerhand ſchriften unter ſeltzamen tituln heraus gegeben / als: Offenbarung des himmliſchen baums / himmliſches Electuarium, Catho - liſches conſilium und medicament und derglei - chen / dabey er anmercket / daß ſolche leute un - ter hohen tituln nur etwas ſonderliches ſuchen / und die leute bezaubern wolten.
27. Sonſten iſt auch zu Dantzig um den an - fang dieſes ſeculi groſſe unruhe uͤber einen Pre - diger daſelbſt namens Jacob Adam entſtan - den / der zuvor in der Pfaltz unter den Refor - mirten gepredigt / hernach zu S. Eliſabeth in Dantzig Pfarrer worden / anno 1603. wie Chriſtophorus Hartknoch in der Preußi - ſchen kirchen-hiſtorie L. III. c. 5. p. 575. berichtet. Dieſe befoͤrderung vertroß alsbald die Lutheriſchen Prediger daſelbſt / daß ſie her - nach von ihm oͤffentlich ſchrieben / er waͤre wie eine eule auffgeſtellet worden / Calvini - ſche voͤgel damit zu fangen. Er hat aber / nach Hartknochii bericht / die damals gewoͤhn - liche Notul, ſo meiſtens wider die Reformirten geſtellet geweſen / alſo unterſchrieben: Ut verbo DEI, doctrinæ Prophetarum & Apoſtolorum & Auguſtanæ Confeſſioni, ita huic notulæ ſub -Uber dem Calvini - ſmo. ſcribo, worinnen er allem anſehen nach die an - dern zu hintergehen / und ſeine ſecte fortzupflan - tzen geſuchet / wie er denn alsbald in den pre - digten die meinung Calvini von der gnaden - wahl ausgebreitet / die privat-beicht abge - ſchaffet / und nur eine gemeine vermahnung ge - halten / bey dem Abendmahl gemein ſpeiſe - brod gebraucht / viel almoſſen geſammlet / und ausgetheilet / den andern Predigern aber ihren geitz auffgeruͤcket / und dergleichen dinge mehr vorgenommen / die zur ſpaltung anlaß gegeben. Die Lutheraner aber habë ſich ihm bald wieder - ſetzet / und hat ihm ein Politicus ein privat-col - loquium angeboten / welches aber / weil der Rath dazumal den Reformirten meiſtentheils geneigt geweſen / von demſelben unterſagt wor - den. Jndeſſen haben auch etliche andere Pre - diger ſonderlich Coletus und Waltherus oͤffent -lich wieder ihn geſchrieben / nachdem er denJahr MDC. biß MDCC. Heydelbergiſchen Catechiſmum und hernach anno 1610. einige frag-ſtuͤcken / und weiter ei - nige erklaͤrung vom Abendmahl herausgege - ben. Daruͤber ſind in folgenden jahren viel ſtreit-ſchrifften gewechſelt worden / und hat das gantze Lutheriſche Miniſterium anno 1615. zu Roſtock ein examen oder probe wieder Ada - mum publicirt / worauff es nach und nach da - ſelbſt etwas ſtille worden / weil die meiſten Re - formirten ſo wol im Rath als Miniſterio nach - einander abgeſtorben. Die vornehmſten be - ſchwerungen Adami wieder die Lutheriſchen Prediger waren dieſe: Sie machten auff den “Cantzeln wieder ihn einen ſo groſſen lermen / “da ſie doch lieber jedermañ ſeine buͤcheꝛ pꝛuͤfen / “und hernach urtheilen laſſen ſolten / oder auch “ein colloquium anſtellen. Sie haͤtten auch “ausgeſprenget / als haͤtte ſich der teuffel “in eine katze verſtecket / und unter ſeiner pre - digt in ſeiner Kirchen die leute geplagt. Wel - ches aber eine natuͤrliche katze anno 1604. den 18. Januarii geweſen / die in die kirche aus dem hoſpital gekommen / und den leuten etwa auff den halß geſprungen / daruͤber ſie geſchrieen und ein lermen worden.
28. Jch muß aber hie noch eines mannes ge - dencken / der unter denen Reformirten und zwar nicht vor-ſondern wieder ſie einige ſtreitigkeiten erreget: Dieſer war Adamus Boreel, geborenBoreels ſtreit / in Seeland anno 1603. und in der erudition ſonderlich in der Hebreiſchen ſprach ziemlich ge - uͤbet / der erſt anno 1667. verſtorben: Seine wie - derſacher beſchwerẽ ſich uͤber ihn / daß er viel irr -und leh - ren. thuͤmer aus Puccio, Sebaſtian Francken und andern gelernet / auch daher ums jahr 1645. in Amſterdam eine eigene gemeine ſammlen und auffrichten wollen. Davon Hornbeckius l. c. p. 463. u. f. Voëtius in Polit Eccl. L. II. Tr. I. c. l. p. 219. Seylerus l. c. p. 100. Gernlerus Comment. in lib. 2. Samuel. p. 605. gar viel melden. Einige ſetzen ihn unter die Socinianer / weil er eines und das andere aus Socini Epiſteln genommen. Wie denn Sandius in der Biblio -Schriff - ten. theca Anti-Trinitariorum p. 144. ihn dahin ziehet / und folgende ſchrifften von ihm herrech - net.
De veritate hiſtoriæ Evangelicæ, welches D. Henricus Morus in explanatione magni My - ſterii pietatis l. 7. c. 11. u. f. excerpiret und er - laͤutert.
Concatenatio aurea Chriſtiana ſeu cognitio DEI ac Domini noſtri Jeſu Chriſti. 1677. in 4to. und Hollaͤndiſch.
De kenniſſe Godts ende onſes Heeren Jeſu Chriſti. Amſterdam, 1677. in 4to.
Onderhandelingenoopende den Brœderly - cken Godtsdienſtaangevangen in preſentie der urienden, in Amſterdam den 8. Septemb. 1674.
Tractatus de fraterna religione inchoata in præſentia amicorum, Amſtelodami die 8. Sept. anno 1664. MS.
Andere Manuſcripta von ihm ſoll der Men - niſtiſche Prediger zu Amſterdam Galenus Abra - hami bey ſich haben / wie Sandius berichtet / und aus dieſem Benthem im Hollaͤnd. Kirchen - ſtaat / der das meiſte aus Sandio in der Socinia - ner hiſtorie genommen. Conf. Witte Diar. Biogr. anno 1667.
29. Der meiſte widerſpruch aber iſt von ſei -A. K. H. Dritter Theil. J 2ner68Th. III. C. VI. Von Cornherten / Coolhaeſen / Herberts / Stevarto,Jahr MDC. biß MDCC. ner ſchrifft hergekommen / die er titulirt hat: Ad legem & teſtimonium. Denn dawider ha - ben alsbald geſchrieben Samuel Mareſius, inSeine wi - derſacher / Diſſertatione Theol. de uſu & honore ſacri Mi - niſterii. Und Hornbeckius, in Apologia pro Eccleſia Chriſtiana non Apoſtatica. Boreel ſetzte zwar dieſem ein propempticum pacis ec - cleſiaſticæ entgegen / dem auch Hornbeckius in der ſumma controverſiarum l. c. weitlaͤufftig antwortete: Es blieb aber doch bey dem bloſſen wort-ſtreit / weil auch die allergeringſtrn wolge - meinten rathſchlaͤge von denen / die das anſe - hen haben wollen / allezeit unterdruckt / verke - tzert und vernichtet worden ſind.
30. Damit aber doch die ſumma von Bo - reels vortrag nicht uͤbergangen werde / ſo wol - len wir aus ſeiner gedachten ſchrifft die ſelbe hie - her ſetzen. Erſtlich gruͤndt er ſich einig und al - lein auff die H. Schrifft / und will haben / daß das geſchriebene wort GOttes / wie es da liegt / ohne einige menſchliche auslegung oder das ge - hoͤr dieſes geſchriebenen worts das einige und gnugſame mittel den glauben anzuzuͤnden ſey / wie er im 46. und 50. erotemate oder fragſtuͤcke ausfuͤhret. Davon er auch hernach im 107. punct ſetzet: Es ſey der Goͤttlichen einſetzungDen ſym - boliſchen buͤchern / catechi - ſmis und derglei - chen. befehl und willen gemaͤß / daß an ſtatt des catechiſmi der confeſſionen oder ſymboli - ſchen buͤcher / als welche nicht gaͤntzlich in ſich ſelbſt und ungezweiffelt warhafftig und unbe - truͤglich waͤren / das geſchriebene wort GOttes ſelbſt allein gebrauchet wuͤrde / und zwar im namen GOttes ſelbſt. Naͤchſt dem ſo hat er von dem zuſtand derer kirchen die - ſes geſetzet: Jn erotemate 128. p. 57. Es fragtVom zu - ſtand der kirchen / ſich: Ob GOtt in der H. Schrifft ange - ordnet / befohlen oder als wolgefaͤllig zugelaſſen / daß eine abtruͤnnige kirche bey Goͤttlicher tolerantz und mißfaͤllig - keit / da er die maͤngel ſeines abtruͤnni - gen volcks zur zeit noch duldet / gleich - wol gewiſſe Gemeinen auffrichten / ſammlenund regieren duͤrffe / nicht zwar im namen GOttes / oder daß ſie GOttesund ihrem verderb - niß. geſandſchafft hierinnen verrichte / ſon - dern / wie geſagt / weil GOtt ſolche din - ge noch uͤberſiehet / und weil die glieder ſolcher kirchen einigen beruff haben / der dergleichen Chriſten gemein iſt. Und ferner in der 120. frage ſetzet er ausdruͤcklich / daß die jetzigen Gemeinen von der erſten wahren kirchen CHriſti abgefallen / und alſo nicht Apoſtoliſch / ſondern Apoſta - tiſch ſeyn.
31. Jnſonderheit ſetzet er von denen LehrernVon den lehrern und ihrer lehrart / ſolcher verfallenen Gemeinen in der 154. frage / daß ihrentwegen der ſtand der kirchen unvoll - kommen ſey / weil ihre diener kein muͤndli - ches ungezweiffelt / und in ſich ſelbſt ge - wiſſes und lauteres warhafftiges wort GOttes haͤtten / das ſie im namen Got - tes bey ihrem oͤffentlichen kirchen - dienſt vorbraͤchten. Daß ſie auch ihren Gottesdienſt freventlich und eigenwil - lig anſtelleten / weil ſie nichts deſtowe - niger ihre predigten / ob ſie gleich nicht gaͤntzlich in ſich ſelbſt ungezweiffelt und wahr waͤren / dennoch als wenn ſie ſo be - ſchaffen waͤren / im namen GOttes an ſtatt des wahren worts vortruͤgen. Wieer auch in der 22. frage ſetzet: Es fragt ſich / obJahr MDC. biß MDCC. die jenigen / welche ohne ausdruͤcklichen befehl / einſetzung oder wolgefallen GOttes in der H. Schrifft nichts deſto -Jhrem be - ruff und grund. weniger im namen GOTTes diejenige rechte und gehoͤrige verkuͤndigung des Evangelii / ſo erſtlich mit dem unbe - truͤglichen warhafftigen worte GOt - tes angefangen und eingeſetzet worden / continuiren / das iſt / anſtatt und auff be - fehl GOttes / oder als GOttes abge - ſandten entweder wiſſentlich oder un - wiſſentlich ein an ſich ſelbſt nicht unbe - truͤgliches durchgehends wahres wort GOttes verkuͤndigen. Daß dieſe eben damit das Evangelium recht und allein nach dem willen GOttes bedienen / oder nur wie es ihnen ſelbſt gefaͤllet und gut deucht.
32. Ja in der 148. frage ſetzet er ohne beden -Von ih - ren hand - lungen / ordnun - gen und ſatzungen. cken aus den vorhergehenden principiis, weil nemlich die Prediger nur in eigenem wil - len alles thaͤten / das ſie ſich gaͤntzlich zu enthalten ſchuldig waͤren alles catechiſi - rens und aller ſymooliſchen buͤcher / wel - che ſie als gaͤntzlich und ungezweiffelt wahr im namen GOTTes auffgeſetzet und gebraucht haͤtten: von handlung der Sacramenten im namen GOttes / von hochmuth und verachtung anderer Gemeinen gegen ſich / wie auch von der - ſelben ausſtoſſung und verbannung: von beruffung / ordinirung und ausſen - dung derkirchen-diener im namen Got - tes / von inquiſition in glaubens-ſachen / vom kirchen-regiment und der kirchen - zucht / wie ſie ſelbige als im namen Got - tes handeln: von liturgien / conſiſtorial - proceſſen / claſſen / ſynoden / kirchen - ſtatuten odeꝛ oꝛdnungen / wieſelbige an ſtatt Got - tes gehandelt / publiciret / und aufferleget werden: von zuziehung des ſo genan - ten Brachii ſecularis die ketzer und ſchiſma - ticos abzuſtraffen: von oͤffentlicher ein - ſegnung des volcks im namen GOttes. vom oͤffentlichen gebet vor das gantze volck / welches |ſie als bothſchaffter an CHriſtus ſtatt zu GOtt thun: von ein - fuͤhrung der geſaͤnge / die als ein ſtuͤck des oͤffentlichen GOttes-dienſtes gebrau - chet werden ſolten: von den formularen bey Tauff und Abendmahl: von ordini - rung der Prediger / der aͤlteſten und Diaco - nen: von foꝛmuln deꝛ trauung / excom̃unica - tion und wieder auffnehmung in die ge - meine: von abſetzung der kirchen-diener / troͤſtung der krancken: von anordnung oͤffentlicher faſt - und bußtage / feſte / kirchen-gebraͤuche und ceremonien / welches alles von den Predigern als im namen GOTTes geſchmiedet werde. Weiter von dolmetſchung und ausle - gung der buͤcher / predigten / ſyſtemati - bus, locis communibus, theſibus und derglei - chen / die man im namen GOttes dem volck fuͤꝛlege: von aufꝛichtung und regie - rung der ſchulen und univerſitaͤten: vom Doctor - und Magiſter machen: von be - ruffung / wahl / confirmation und ordina - tion der Profeſſorum theologiæ: von cenſurder69Euſebio Meiſnero, Torrentio, Weitſio, Boreel und andern Niederlaͤndern.Jahr MDC. biß MDCC. der buͤcher / von zulaſſung oder verbot derſelben: von verordnung oͤffentlicher leſer / ſaͤnger / oder troͤſter: von verbie - tung der converſation mit andern Chri - ſten: von verhinderung der gemeinen erbauung unter einander: von foͤrde - rung eines oͤffentlichen glaubens-be - kaͤntniß: von vorſchreibung / wie man die irrenden und unwiſſenden bekehren ſolle / ja von allen andern handlungen / welche in den kirchen-aͤmtern entweder ohne vorhergehende gehoͤrige vocation und ſendung / oder unter Goͤttlicher ge - dult und conniventz ohne genaue unter - ſuchung und direction der ſchrifft aus bloſſer kirchlicher auctoritæt im namen der kirchen-glieder und aus dem recht des gemeinen beruffs verrichtet werden.
33. Dieſes hat nun freilich die Cleriſey da - zumal hefftig geſchmertzet / wie man aus denen obangezogenen ſchrifften ſiehet. Sonderlich konte Hornbeckius an gedachtem orte ſeinen unmuth nicht bergen / daß Boreel die Reformir - te kirche und alle andere ſecten nicht nur vorVon ver - laſſung ſolcher kir - chen. ketzeriſch oder irrig / ſondern gar vor apoſtatiſch oder abfaͤllig ausgegeben. Zumal Boreel aus denen jetzt angefuͤhrten ſaͤtzen weiter folgerte /daß man dergleichen verfallene gemeinen noth -Jahr MDC. biß MDCC. wendig verlaſſen muͤſſe. Denn alſo hat er in der 158. frage geſchrieben: Wenn nun ſol - che in ſich ſelbſt verurtheilten nichts de - ſto weniger weder ihren vorigen kir - chen-dienſt verlaſſen / noch einen ſolchen anfangen / der nur zu dem ſtand der con - niventz gehoͤret: So iſt die frage / ob ein Chriſten-menſch von ſolchen hauffen ſich alsdeñ aller dings abſondern muͤſſe / und dergleichen hauffen nicht mehr vor GOttes gemeine erkennen / ſondern vor einen hauffen der boßhafftigen / unter welche die ſeele eines GOttesfuͤrchti - gen menſchen / der alleine dem gaͤntzlich wahren lauteren und einigen worte GOttes folget / nicht eingehen oder ſich einlaſſen duͤrffe.
Was aber nun ein ſolcher / der dergleichen Gemeinen verlaſſen / vor ſich ſelbſt vor einë Got - tesdienſt anfangen ſolle / hat er in der 170. und folgenden frage eroͤrtert / und ſonderlich gewie - ſen / daß ein ſolcher an ſtatt des oͤffentlichen ſei - nen privat-dienſt recht abwarten muͤſſe / und daß man alsdann auch wol einen gemeinen oder oͤffentlichen anrichten koͤnne.
§. 1.
DIeweil dieſe ſtreit-ſache ebenfals auch in denen Niederlanden meiſtentheils ausgebrochen / wollen wir ſie kurtz all - hier anhaͤngen / wiewol mit den allerwenigſten umſtaͤnden / weil dieſe controvers ohne dem faſtAlte Præ - Adamiten. in allen ſyſtematibus geleſen wird. Naͤchſt de - nen aͤlteren auctoribus aber dieſer meinung / wel - che Hottingerus in der Hiſtoria Orientali L. l. c. 8. p. 16. erzehlet / iſt Iſaacus Peirerius ſonderlich dadurch bekant worden / der auch einen andern namens Johannem Meffreſozotium hierinnePeirerii le - ben. einſtimmig gefunden. Dieſer mann war ein gebohrner Frantzoſe und lebte unter den Refor - mirten / wurde hernach wiederum Papi - ſtiſch / und retractirte dieſe und andere ſeine mei - nungen aus furcht vor der Pfaffen tyranney. Er hat aber anno 1655. ohne benennung ſeines namens und des orts ein tractætlein herausge -Schrifft davon. geben / unter dieſem titul: Præadamitæ ſeu Exercitatio ſuper verſibus 12. 13. 14. Capitis quinti Epiſtolæ D. Pauli ad Romanos, quibus inducuntur Primi homines ante Adamum con -Und ſyſte - ma. diti, in 12mo. Und dann eben damals ein ſy - ſtema Theologicum ex Præadamitarum hypo - theſi; in 12mo.
2. Dieſe ſchrifften machten dazumal viel auffſehens / alſo daß die Theologi klagten / ſieDer Theo - logen kla - gen daruͤ - ber. waͤren in kurtzer zeit ſchon dreymal wie - der auffgelegt / und durch die gantze Chriſtenheit zerſtreuet worden / ja reiſ - ſend weggegangen / und welches ſonder - lich zu bedauren / ſehr theuer gekaufft worden. Vid. Joh. Henr. Urſinus in Novo Prometheo p. 9. Das Syſtema Peirerii ver - dammten ſie ſonderlich als einen rechten zu -ſammenfluß aller ketzereyen / wie Samuel Mareſius in der refutation ſelbiger vorrede p. 5. ſchreibet. Was aber den haupt-punct von de -Peirerii vortrag von ſeiner meinung. nen Præadamiten betrifft / wird ſelbiger in fol - gende ſummam zuſammen gezogen: Das menſchliche geſchlecht werde in Juͤden und “Heiden eingetheilt: Die Heiden waͤren von “den Juͤden / ihrem geſchlecht und urſprung “nach / gantz unterſchieden: Denn jene waͤren “im anfang der welt erſchaffen / an eben dem “tag / da die thiere erſchaffen worden / die Juͤ - “den aber haͤtte GOtt in Adam hernach erſt “gebildet. Jenes wuͤrde im erſten capitel Ge - “neſeos, dieſes im andern beſchrieben. Die “Juͤden waͤren abſonderlich von allen andern “geſchoͤpffen entſprungen / die Heiden aber waͤ - “ren mit den andern Creaturen zugleich aus der “erden erſchaffen / und zwar viel ſecula vor den “Juͤden. Daher man das jahr der erſchaffung “der welt nicht erſt von Adam / ſondern viel ſe - “cula zuvor noch anrechnen muͤſſe. Dieſes kan man noch genauer verſtehen / wenn man die ſummam ſeiner Exercitation anſiehet / welche man nach denen capiteln folgende iſt / wie er ſie ſelbſt gemacht.
4. Aus dieſer ſumma ſiehet man / daß er ſeine hypotheſin hauptſaͤchlich aus Rom. V. 12. 13. 14. herfuͤhren wollen / nach welcher er auch ſel - biges capitel nacheinander erklaͤret und appli - ciret hat. Wiewol er am ende der exercitationSeine de - dingung hiebey. p. 70. dieſes alles nicht vor eine gewiſſe meinung oder beſtaͤndige aſſertion, ſondern nur als eine auffgeworffenefrage und problema angegeben. Jndeſſen hat er gleichwol nach dieſer hypotheſi das gautze ſyſtema der Theologie eingerichtet / und abermal den haupt-grund in gedachtem loco Pauli geſetzet p. l. L. I. c. I. und behauptenAndere hypothe - ſes. wollen / daß allda nicht von dem geſetz Moſis / ſondern Adams geredet werde / wobey er in fol - gendē capiteln im puncte von deꝛ erb-ſunde / dem ebenbild GOttes / und andern materien gantz von den andern Theologis abgehet. Jm an - dern buch handelt er hauptſaͤchlich von dem un - terſcheid der Juden und Heiden / und von dem vorzug jener vor dieſen: worauff er im dritten buch den unterſchiedenen urſprung beyderley voͤlcker aus der ſchoͤpffungs-hiſtoꝛien behaupten will. Da er denn ferner in den folgenden zwey buͤchern allerhand neben-fragen nach dieſer hy - potheſi eroͤrtert / und zuletzt vornemlich von zu - rechnung des falles Adams auff deſſen nach - kommen eben in ſolchem ſinn handelt. Am en -Sonder - lich von der from - men Hei - den ſelig - keit. de des fuͤnfften buchs im 9. capitel p. 314. u. f. bekennet er / daß die Heiden / die entweder nach ſeiner meinung noch vor Adam ge - lebet / oder auch hernach vor und nach CHriſti zeiten von CHriſto nichts nach dem aͤuſſerlichen buchſtaben gewuſt / gleichwol wenn ſie fromm / ſanfftmuͤ - thig und von einem guten hertzen gewe - ſen / CHriſti geiſt gehabt / und alſo ſeine geweſen / welcher denn in ihren geheim - ſten gedancken das ewigeleben in ihnen gewuͤrcket habe. Welches er daſelbſten aus unterſchiedenen ſchrifft-orten weiter aus - fuͤhret.
5. Gleichwie er nun von denen armen Hti -Von der Juden be - kehrung und ver - ſammlung zu Chriſto. den ſolche hoffnung bezeuget / alſo hat er noch vielmehr den Juͤden eine zukuͤnfftige huͤlffe ge - wuͤnſchet und ominiret / da er an dem erſten theil des Syſtematis nach folgende kurtze ſchrifft an alle Synagogen der Juͤden durch die gantze welt angehenget: Du heiliges und auſſerwehltes volck! Jhr kinder Adams / der war ein ſohn GOttes / und alſo auch ihr kinder GOtses; Es wuͤnſchet euch / ich weiß nicht wer / viel heil / und o! daß er einer aus euch waͤre! Es ſind groſſe din - ge / die ich von euch in dieſem tractat ge - ſagt habe / da ich von eurem wol geredet. Noch vielmehr werde ich kuͤnfftig von euch ſagen / wenn ich von eurer herwie - derbringung handeln werde. Jch weiß gewiß / daß ſie geſchehen werde / und wenn GOtt durch geheime gedancken etwas bey uns thut / ſo hoffe und ver - traue ich / daß ſie in kurtzem kommen ſoll. GOtt71wie auch denen Illuminatis. Jahr MDC. biß MDCC. GOtt wird die dunckele wolcke weg - nehmeit / die ſo wol unſere als eure der Chriſten und Juͤden augen verblendet. Jhr Juͤden werdet ſehen euren andern propheten JEſum / eben den unſrigen / den eure vaͤter durchſtochen haben / daß er zu uns und euch in den wolcken koͤmmt. Und wir Chriſten werden hin - wiederum ſehen unſern andern Apoſtel / euren erloͤſer / der aus Sion koͤmmt / und eure und unſere ſuͤnden tilget. Denn der H. Paulus hat deutlich geſagt Rom. IX. Gantz Jſrael wird ſelig werden. Wie geſchrieben ſtehet / es wird kom - men der erloͤſer aus Sion / der wird til - gen die uͤbertretungen Jacob. Wel - cher aber eure ſuͤnden tilgen wird / wird auch unſere tilgen. Darum wenn nach Pauli worten euer erloͤſer kommen wird / ſo iſt er noch nicht gekommen ſondern zukuͤnfftig. Er iſt zwar freylich den Heiden gekommen / als ein erloͤſer der Heiden / unſer JEſus. Aber der denen Heiden kommen iſt / der Heiland JEſus im fleiſch / eben derſelbe wird auch kom - men als ein CHriſtus oder Meßias im geiſt ein erloͤſer der Juͤden.
Das geheimniß JEſu unſers HErrn / der den Heyden im fleiſch kommen iſt / iſt euch Juͤden unbekant geweſen / und euren vaͤtern verborgen / ja auch der gan - tzen welt verſchwiegen von anbegin der welt / Rom. XVI. Jhr hoffetet auff den / der das reich Jſrael wieder auffrichten ſolte. Aber JEſus im fleiſch zerſtoͤrete das reich Jſrael / damit er an deſſen ſtatt die Heiden einſetzte. Ein geheim - niß / das euch und den zeiten unbekant geweſen. Darum habt ihr weder an JEſum geglaͤubet / noch an ihn glauben koͤnnen / Joh. XII. GOtt hatte eine be - kehrung und heiligung auff eine andere zeit verſchoben. Er hatte aber eure her - tzen verhaͤrtet / da er ſie durch ſeinen geiſt nicht erweichet / und zur erkaͤntnis dieſes geheimniß geneiget; Welches eine krafft und tugend GOttes iſt zur ſeligkeit einem jeden glaubenden. Die krafft und macht aber war allein aus Gott / und nicht aus menſchen / und alſo auch nicht aus euch / die ihr menſchen und nicht Goͤtter ſeyd.
Nemlich das ware es / das JEſus ſelb - ſten / als er von euren vaͤteꝛn gecreutziget wurde / wol wuſte / daß ſie ihn nemlich nicht kenneten / und aus unwiſſenheit ſuͤndigten / dahero auch den Vater von hertzen vor ſie bat: Vater vergib ihnen / denn ſie wiſſen nicht was ſie thun. Ja auch dieſer JEſus / der von euch gecreu - tziget worden / wird ſich euch vom him - mel zeigen. Und derjenige / welcher euer reich zerſtoͤret hat / als er im fleiſch ge - kommen / wird euch euer reich wieder auffrichten / wenn er im geiſt kommen wird. Da werdet ihr erſtaunet ſtehen uͤber ſo groſſem wunder / aber erſchrecket nur nicht. Es wird euch beſſer und herꝛ - licher ſeyn als euren vaͤtern / die ihren bruder / den ſie verkaufft hatten / nichtkanten / von dem ſie doch nahrung undJahr MDC. biß MDCC. leben empfingen. Dieſer JEſus der eu - er CHriſt und Meßias iſt / wird von freyen ſtuͤcken zu euch treten / und wie Joſeph zu ſeinen bruͤdern ſagen ꝛc. — Es wird aber GOtt nicht allein euch euer reich auffrichten durch den geiſt JEſu und ſeines CHriſti eures Meßiaͤ / ſondern es wird auch aus euren gebeinen und bruͤdern euer raͤcher / und koͤnig auff kommen / wenn er noch nicht auff - kommen iſt; der in der krafft GOttes und dem geiſt CHriſtieure feinde zertre - ten wird / und euch mit ſtarcker hand und ausgerecktem arm in euer vateꝛland und in das heilige land einſetzen / daß ihr daſſelbige in ewigkeit allein und ſicher bewohnen ſollet. Dieſes iſt euch unge - zweiffelt verſprochen / wie ichs in dieſem ſyſtemate gezeiget / und noch zeigen will.
Es ſpringet mir das hertz / ſo offt ich an dieſen euren koͤnig dencke / den ſchoͤnſten unter den menſchen-kindern / ſchoͤn / wie die tugend ſelber ſchoͤn iſt ꝛc. Aber ich werde in meine andacht in den himmel ſelbſt entzuckt / wenn ich ge - dencke an eure wiederkunfft und an eure herwiederbringung / wie dieſelbe / der Heiden fuͤlle ſeyn werde. Auch an un - ſern beruff / der in JEſuangefangen iſt / als er im fleiſch kam / und nun vollendet werden ſoll in eurem CHriſto und Meſ - ſia / wen er im geiſt kommen wird. Zur ſelbigen zeit wird / wie euer Prophet ſprach / derſelbe geiſt / der aus GOtt iſt / voͤllig ausgegoſſen werden uͤber alles fleiſch. Zur ſelbigen zeit werden den HErrn alle Heiden loben mit ſeinem volck / ja zur ſelben zeit werden die him - mel Gottes herrligkeit erzehlen / die erde wird ihm lobſingen ꝛc.
Zuletztſchleuſt er mit dieſen worten: Dieſes habe ich zum wenigſten mit euch ge - mein / daß ich als ein Pilgrim lebe / wel - ches ſich zum nachdencken und ſchreiben nicht wol ſchicket. Lebe ich aber nach eurem leben / ſo werde ich auch eines to - des ſterben / und werde ſterben des todes der gerechten / welcher euer iſt.
Euch aber muͤſſe GOtt ſegnen. Le - bet wol in euer hoffnung / die eure ſtaͤr - cke iſt.
Durate, & voſmet rebus ſervate ſecundis.
5. Aus dieſen ſeinen expresſionen iſt we -Peirerii wieder - ruff. nigſtens ſo viel zu ſehen / daß dieſer mann nicht eben aus bloſſem muthwillen / neugierigkeit o - der gottloſem verkehrtem und atheiſtiſchem ſinn ſeine paradoxe meinungen an den tag ge - leget / ſondern wie eꝛ ſich gedachter maſſen ſelbſt erklaͤret gehabt / als Problemata, die er auch hernach / wiewol aus furcht / wiederruffen / wie ſeine ſchrifft weiſet: Rationes, cur ſectam Cal - vini & librum de Præadamitis ejuraverit. Fran - cofurti 1658. zum wenigſten moͤchte wol eine andere art ihn zu widerlegen und zu uͤberzeu - gen gefunden worden ſeyn / als in denen mei - ſten wider ihn publicirten wol zu ſehen / die mei - ſtentheils hin und wieder mit unchriſtlichem geſpoͤtte / ſchelten / argwohn und zunamen an -gefuͤl -72Th. III. C. IIX. Von Helmontio, Browne und Campanella,Jahr MDC. biß MDCC. gefuͤllet ſind. Die vornehmſten auctores aber wider ihn ſind folgende:
6. Zu dieſen ſtreitigkeiten / deren auctor aus der Roͤmiſchen Kirche hergekommen / mag ich wol noch mit wenigen einer andern art leute aus dem Pabſtthum mit gedencken / welche um das jahr 1623. oder / wie andere wollen / ſchonIllumina - ti in Spa - nien. Anno 1575. oder auch 1579. in Spanien / ſon - derlich in Andaluſia und bey Sevilien bekannt worden und zwar unter dem namen der Illu - minatorum, oder auf Spaniſch Alombrates. Da man denn gleich aus dem namen der Er - leuchteten (welcher zwar auch ſchon denen alten Qvietiſten im vorigen ſeculo gegeben worden / wie beym Joh. Cyparisſiota Tomo XXI. Biblioth. PP. Lugd. pag. 479. zu ſehen). ſchlieſſen mag / warum dieſe leute bey der Roͤ - miſchen Cleriſey verhaſt geweſen / weil ſie nem - lich durch die ſtaͤte gemeinſchafft und in - nerliches ſtilles Gebet zu GOTT da - hin zu kommen getrachtet / daß ſie we - der Sacramente noch ſonſt aͤuſſerlichedinge mehr noͤthig haͤtten; ſondern inJahr MDC. biß MDCC. allem gnugſame Erleuchtung von Gott ſelbſt erwarteten und genoͤſſen bey ſol - cher Goͤttlichen vereinigung / wie ſie von den Autoribus beſchrieben werden. (Vid. Louys Moretus Grand. Diction. Hiſtorique h. 1.) Es ſoll aber die menge ſolcher leute nach und nach ſo groß ſeyn worden / und zwar auch von vornehmen / daß bisweilen ihrer zehentauſend gezehlet worden. Man hat zwar durch die Spaniſche Inquiſition aufs grauſamſte wider ſie verfahren / ſo daß auch (wie man vorgibt / ob wol ohne reflexion auf die zeit-rechnun - gen) Ignatius Lojola, als dieſer Ketzerey ver - daͤchtig / aus Spanien weichen muͤſſen: Es ſind aber ihrer immer mehr und mehr wor - den / und hat man ſie zuletzt mit guͤte und an - dern leidlichen mitteln zu ſtillen geſuchet. Weil nun viele ſich wieder zum Pabſtthum bekant / andere aber aus dem Lande gezogen / ſo iſt es endlich mit dieſen leuten ſtille worden. Wie - wol mich ein aus Spanien gefluͤchteter Moͤnch verſichern wollen / daß ſie heimlich durch gantz Spanien noch zerſtreuet / und ſeithero durch des D. Molinos lehre mercklich beſtaͤrcket wor - den waͤren. vid. Heideggerus Hiſt. Papal. Period. VII. p. 352. Elend iſt es aber hiebey / daß die Pro - teſtantiſchen / ſonderlich die Lutheriſchen Hiſto - rici, denen Papiſten die greulichen calumnien wider ſolche arme bedraͤngte leute nachgeſchrie - ben / und ſich eben ſolcher ſuͤnden theilhafftig gemacht / ungeacht ſie wol gewuſt / wie es ehe - mals ihren vorfahren unter dem Pabſtthum eben alſo ergangen. vid. Micrælius Hiſt. Eccl. L III. pag. 507. Rango neue Qvackereyen in der Qvietiſterey pag. 119. &c.
§. 1.
JNdem wir bey Unterſuchung der je - nigen perſonen / wider welche die Cle - riſey unter denen groſſen partheyen als irrige verfahren hat / finden wir noch eini - ge in denen Niederlanden und andern provin - tzen / die um den anfang dieſes ſeculi ſo wol unter denen Theologis als denen Gelehrten insgemein viel aufſehens gemachet. Darun - ter iſt nun mehr als zu bekannt Johannes Bapti -Helmontii leben. ſta von Helmont, ein mann von edlem und viel vermoͤgendem geſchlechte / und ſo wol in der Theologie, als ſonderlich in der Philoſophie und Medicin durch dieſes gantze ſeculum be - ruͤhmt. Er iſt ſchon im vorigen jahrhundert anno 1577. zu Bruͤſſel auff die welt kommen / und in ſeiner jugend zum ſtudieren gehalten worden / wiewol ihm ſein vater ſehr fruͤhzeitig / nemlich anno 1580. verſtorben. Sein unge -Studia. mein-faͤhiges ingenium hat ſich bey zeiten her - vor gethan / daß er ſchon im 17. jahr ſeines al - ters den Curſum Philoſophicum nach der ge - meinen academiſchen art abſolvirt gehabt / wie er ſelbſt von ſich berichtet in der einleitung deß Ortus Medicinæ §. 1. u. f. Er hat aber meiſt zu Lœven ſtudiert gehabt / und das gemeineelend ſo wol der ſchulen als kirchen bey zeiten er - kennen lernen / welches hier aus ſeiner eigenen erzehlung wiederholet werden mag / weil man die andern umſtaͤnde ſeines lebens-lauffs ſowol in andern ſchrifften / als ſonſten bey dem be - kannten Henningo Witte in memoriis medico - rum p. 125. findet.
2. Es lautet aber ſeine eigene relation hie - von alſo / am gedachten ort: Jch verwun -Eigene bekaͤntniß derte mich uͤber eine art der thorheit bey denen Profeſſoribus auff der Univerſitæt,von dem Academi - ſchen we - ſen / wie auch in der gantzen welt / und uͤber die einfalt und leichtglaͤubigkeit junger leute. Dabey fing ich an bey mir ſelbſt zu uͤberlegen / damit ich zum wenigſten nach meinem urtheil erkennen moͤchte / wie fern ich doch wol ein Philoſophus waͤ - re / ob ich die wahrheit und weißheit er - langet haͤtte / oder nicht. Da erfuhr ich / daß ich nur durch den buchſtaben auff - geblehet war / und gleichſam vom ver - bottenen baum gegeſſen hatte / da ich mich nackend und bloß befand / und nichts gelernet hatte als zancken undVon der falſchen weißheit. diſputiren. Da wurde ich mir erſt ſelber bekannt / daß ich gar nichts wuſte / ſon -dern73wie auch einigen andern Medicis, die von den Theologen verworffen worden.Jahr MDC. biß MDCC. dern nur wuſte / was nichts / oder nichts wuͤrdig war ꝛc. Und nachdem er daſelbſt die eitelkeit der gemeinē ſchul-kuͤnſte durchgegangē / eꝛzehlet er / wie er ferner uͤber die moralia gerathē /Von der moralc. und darinne etwas vor ſeine hungrige ſeele zu „ finden gemeinet. Er ſchreibet aber davon / „ daß er zwar den Senecam und Epictetum fleiſ - „ ſig geleſen / die ihm auch ſehr wolgefallen haͤt - „ ten / alſo daß er gemeinet / er haͤtte nun den „ rechten kern der weißheit in der morale „ gefunden. Wie er ſich denn eingebildet / die - „ ſes waͤre eben die weißheit / um welcher willen „ Pythagoras ſeinen ſchuͤlern ſo viel jahr ſtill - „ ſchweigen aufferlegt haͤtte / und wegen dieſes „ vortrefflichen judicii einen ſo |groſſen gehor - „ ſam gefordert.
3. „ Endlich aber haͤtte er auch befunden| / „ daß / wenn man etwas weniges ausnehme / „ ein Capuciner nichts anders als ein Chriſtli - „ cher Stoicus waͤre. Es haͤtte ihm zwar das „ verlangen nach der ewigkeit wol gefallen / aber „ ſeine ſchwache leibes-conſtitution haͤtte eine „ ſo ſtrenge lebens-art nicht ausſtehen koͤnnen. „ Deßwegen haͤtte er den Hertzog des lebens „ offte gebeten / daß er die lautere wahrheit „ recht einſehen koͤnte / und unmittelbar „ lieb haben. Hierinne haͤtte ihm Thomas à „ Kempis und Taulerus ſein verlangen ſehr ver - „ mehrt / weil er aber noch immer auff eine ſto - „ iſche arth in ſeinem Chriſtenthum zu wachſen „ vermeinet / haͤtte er ſich nur vergeblich abge -Von der eitelkeit des wiſ - ſens. „ muͤhet / und ſelbſt geplaget. Es haͤtte ihn „ auch darauff getraͤumet / als wenn er eine gtoſ - „ ſe leere waſſer-blaſe worden waͤre / welche von „ der erden biß an den Himmel gereichet / dar - „ uͤber oben ein ſarg gehangen / darunter aber ein „ tieffer und finſterer abgrund geweſen. Hier - „ uͤber waͤre er ſo ſehr erſchrocken / daß er ſich „ ſelbſt und alle andere dinge vergeſſen gehabt. „ Da er nun wieder zu ſich ſelber kommen / haͤtteVon der einigen weißheit in CHri - ſto. er auff einmal verſtehen lernen; daß wir al - lein in CHriſto JEſu weben und ſeyn / daß niemand den namen JESU zu ſeiner ſeligkeit nennen koͤnne ohne eine ſonderbare gnade GOttes / daß man un - auffhoͤrlich beten muͤſſe / damit man nicht in verſuchung eingefuͤhret werde.
4. „ Hier waͤre ihm eine ſolche erkaͤntniß ge - „ ſchencket worden / daß ohne eine ſonder - „ bare gnade GOttes auff den menſchen „ bey allem ſeinem thun nichts als ſuͤnde „ warte / und als er dieſes geſehen und em - „ pfindlich erkant / haͤtte er ſich uͤber ſeine vorige „ blindheit verwundert und gemercket / daß eine „ Stoiſche lebens-art ihn als eine lere blaſe zwi - „ ſchen der furcht des todes und dem abgrund „ der hoͤllen auffgehalten haͤtte. Er haͤtte er - „ kant / daß er bey ſelbiger befleißigung unter „ dem ſchein der demuth am aller hoch muͤthig - „ ſten worden / indem er ſich auff ſeinen freyen „ willen verlaſſen / die Goͤttliche Gnade hindan „ geſetzet und gemeinet / es ſtuͤnde bey ihm was erVon der Stoiſchen philoſo - phie. „ thun wolte / woraus er geſchloſſen / daß de - „ nen Heiden zwar ſolche laͤſterung vor gut zu „ halten ſey / einem Chriſten aber nicht anſtehe / „ und daß die Stoiſche philoſophie deßwegenVon den gemeinen ſchulen und buͤ - chern. „ verwerfflich ſey. Bey dieſer ſeiner erkaͤntniß „ habe er nun alsbald alle ſpitzfindige meinun - „ gen der buͤcher verlaſſen / ſamt allen vergebli - „ chen pralereyen der ſchulen / und gewiß geglau -bet / daß alle gute gabe von oben herab von „Jahr MDC. biß MDCC. dem Vater der lichter komme / und alſo auch “die wahre geheime medicin der adeptorum. “ Er waͤre zwar durch unterſchiedliche Laͤnder “gereiſet / haͤtte aber uͤberall und bey allen einer - “ley faulheit und blindheit gefunden. Wer “darunter etwan curieuſer geweſen waͤre / die “haͤtte er zwar befunden / daß ſie in ihrem vorſatz “beſtaͤndiger und vorſichtiger geweſen / ſie “waͤren aber dennoch eben ſo blind / oder noch “blinder als die andern ihm vorgekommen. “ Daꝛaus haͤtte eꝛ bey ſich geſchloſſen / daß die ge - „Von der gemeinen medicin. meine medicin eine rechte betruͤgereyſeyn muͤ - “ſte / die von den Griechen eingefuhret waͤre / biß “die Goͤttliche ihm etwas beſſers gewieſen. Es “haͤtte ihn alle zuvor angewandte arbeit gereu - “et / daß er ſich daruͤber ſo geaͤngſtet gehabt. Jn “den vielen buͤchern aber haͤtte er vollends gar “keinen troſt gefunden / auch keine kunſt / ſon - “dern leere verſprechungen und viel mißbraͤuche “und irꝛthuͤmer. ‟
5. Dergeſtalt erzehlet Helmontius den pro - ceſs, wie er zu ſeiner erkaͤntnis nach und nach ge - langet ſey. Da man ſiehet / daß es ihm frey - lich die rechte Goͤttliche weißheit und wahrheit zu erlangen ein rechter ernſt geweſen / und wie ihn die einſicht in das allgemeine verderbnis der gemeinen gelehrſamkeit und auch der medicin etwas beſſers und gewiſſers zu ſuchen gedrun - gen gehabt. Er erzehlet auch anderswo garVon dem anfang ſeines ſchrei - dens. auffrichtig / wie er ſeine buͤcher zu ſchreiben an - gefangen / wenn er in der vorrede uͤber den tra - ctat de Lythiaſi alſo ſchreibet: Endlich ſtund ich zwiſchen ſchamhafftigkeie und ſchre - cken uͤber dieſem wichtigen werck zweif - felhafftig und legte die feder ſehr offt wieder weg. Jch bat den HErrn aber - mal ernſtlich / daß er einen erwehlen moͤchte / der wuͤrdiger als ich waͤre. Dar - um erzuͤrnete der HErꝛ billich uͤber mich boͤſen und unnuͤtzen knecht / und ver - hengete / daß ich vom ſatan geſichtet wuͤrde. Denn derjenige orden der gei - ſter / deſſen Zenith das hauß der kraͤfften und Nadir die uͤbrigen orden ſind / finge an mich umſonſt zu verfolgen mit greu - lichen anlaͤuffen. Da erkannte ich bald / daß mich die hand des HErrn geruͤhre[t]haͤtte. Deßwegen ſchrieb ich bey der vollen verfolgung das buch / deſſen titul iſt Ortus Medicinæ oder Initia Phyticæ inau - dita. Jn dieſen hab ich die gewoͤhnli - chen irrthuͤmer der ſchulen in ihren artz - neyen entdecket. Jch habe neue prin - cipia der kranckheiten angegeben / wie auch bißher unerhoͤrte Theoremata, und erwieſen / wie man die Heidniſchen thor - heiten der Univerſitæt verlaſſen / und ſich hinfuͤro an die wahrheit gewoͤhnen ſoll Hier hab ich in meiner ſeelen einen rech - ten ſabbat gefunden / dergleichen ich niemals in meinen guten tagen gehabt: So gar / daß es mir verdaͤchtig war / daß ſo groſſe ſtuͤrme mir die ruhe meiner ſee - len / oder auch den leiblichen ſchlaff gar nicht ſtoͤrten. Worinne ich deine guͤte / oGOtt mein beſchirmer / nicht gnugſam loben kan / welche nicht zugelaſſen daß meine ſeele im geringſten unter ſo garA. K. H. Dritter Theil. Kgroſ -74Th. III. C. IIX. Von Helmontio, Browne und Campanella,Jahr MDC. biß MDCC. groſſen aͤngſten / die um mich her waren / von dem voͤlligen gruß des friedens ent - zogen worden: Jndem ich mich nur im - mer dieſes beſorgte / daß ich unnuͤtzer knecht mit dem geringen talent nicht gar begraben wuͤrde. Wer nun dieſes mir vor eine ruhmredigkeit ausleget / der mag es meinetwegenthun / wenn er nur ihm ſelbſt nicht ſchadet. Denn ich will mich freuen um meines naͤchſten und der nachkommen nutzens willen al - le ſchmach davon zu tragen / und will meines wunſches genieſſen. Man mag mir nun eine verwegenheit oder ſonſt et - was vorwerffen.
6. Was aber ſeine ſchrifften betrifft / ſind die - ſelbe erſtlich eintzeln nach einander herausge - kom̃en / als da ſind ſein tractat de Magnetica Cu - ratione vulnerum, anno 1624. das ſupplemen - tum de ſpadanis fontibus 1626. Doctrina fe - brium 1642. Die Opuſcula inaudita de Lythi - aſi, de febribus, tumoribus Galeni & de peſte anno 1644. Deliramenta catharri &c. Her - nach aber ſind ſie meiſt zuſammen Lateiniſch an - no 1648. zu Amſterdam / und anno 1651. zu Venedig gedruckt worden / und noch vermehr - ter von ſeinem ſohn ſelbſt anno 1652. zu Am -Und deren editiones. ſterdam / wie auch ferner zu Londen anno 1655. mit dieſem titul: Ortus Medicinæ, id eſt, initia Phyſicæ inaudita, progreſſus novus in morborum ultionem ad vitam longam, auctore Johann Baptiſta van Helmont, Toparcha in Merode, Royenborch, Orſchot, Pellines &c. Edente auctoris filio Franciſco Mercurio van Helmont, cum ejus præfatione ex Belgico trans - lata. Editio nova cum que locupletiori rerum & verborum indice, præ illa Venetiis nuper ex - cuſa multam partem adauctior reddita & exor - natior. Nachmals ſind eben dieſe opeta in folio anno 1667. zu Leyden und noch weiter anders wo in die viermal auffgelegt worden / zu - letzt in Hochteutſcher ſprache in folio ohne be - nennung des Editoris und des orts.
7. Die unterſchiedlichen und offt wieder ein - andeꝛ lauffenden judicia von dieſem manne ſind hin und wieder / und ſonderlich bey denen Me - dicis, haͤuffig anzutreffen / auch ſo ferne anzu - ſehen / und zu pruͤfen / als etwa ein ſcribente der Goͤttlichen wahrheit und weißheit mit ernſt beygepflichtet hat / oder nicht. Wer nicht in der Heidniſchen und ſeiner eigenen natuͤrlichen blindheit und thorheit gaͤntzlich erſoffen / oder durch die falſch beruͤhmte kunſt derer ſchulge - lehrten bezaubert geweſen / hat auch dieſen mann ſo wol als andereſeines gleichen in ſeinen gaben aufrichtig erkañt / und wo er auch einige menſch - liche fehler bey ihm mit angemercket / gleich - wol mit denen welt - und vernunffts-geiſternLobſpruͤ - che. nicht alsbald geſpottet / gelaͤſtert / oder alles zu - ſammen verworffen. Unter den Medicis iſt ſonderlich das judicium Johannis Pharamundi Rhumelii bekañt / der anno 1662. in der Medici - na Spagyrica Helmontium vor ein groſſes licht in der Medicin gehalten uñ weitlaͤuftig recom mendiret hat. So hat auch ſo gar ein Fran - tzoͤſiſcher Jeſuite Renatus Rapinus (unge - acht Helmontius der Jeſuiten nicht zum beſten gedencket) gleichwol von ihm in ſeinen Re - flexions ſur la Philoſophie Ancienne & Mo - derne (Pariſ. 1676. in 12.) p. 54. und 56. dieſes be - kannt / daß er nebenſt Galilæo Bacone Verula -[r]io, Boyle und Carteſio unter den heutigenPhiloſophis viel auffſehens gemachet / und inJahr MDC. biß MDCC. der natur ein groſſes gethan habe. Aus dem gleichfals beruͤhmten Philoſopho Johanne Ca - ramuel à Lobkowitz fuͤhꝛet Kœnigius in ſeineꝛ Bi - bliotheca p. 382. gleichfals ein ſehr ruͤhmliches zeugniß von Helmontio an; daß er ihn nem - lich gekañt / und ſehr gottsfuͤrchtig gelehrt und beruͤhmt gefunden. Er ſey aber ein geſchworner feind Ariſtotelis und Galeni geweſen / und haben die leute in 2. oder 3. tagen ſchnell curiꝛt / daß ſie entwedeꝛ geneſen odeꝛ es ſich zum tode geſchickt / daher er nur zu den deſpera - ten patienten geruffen / die von andern verlaſſen worden. Ein ſonſt gar orthodoxer Lutheri - ſcher Pfarrer Caſpar Eyner nennet ihn einen groſſen mann / der in ſeiner Profeſſione Medico-Philoſ. ſchwerlich ſeines gleichen ha - be / und moͤchte gern eines Academiſchen The - ologi erklaͤrung uͤber einen locum aus ihm hoͤ - ren in Quietiſmo S. p. 347. und 350. Und welche auch noch in einigen dingen mit ihm nicht uͤber einſtimmen wollen / die haben dennoch vieles aus ihm angezogen und appro - biret / das ſonſt wieder die gemeinen principia laufft / wie unter andern bey dem auctore der annotationum uͤber des Thomæ Browne Reli - gionem Medici hin und wider zu ſehen iſt.
8. Bey denen verkehrten eifferern / Ariſtote -Widrige urtheile von ihm. liſchen Theologen und Galeniſchen Medicis aber hat er deſtoweniger applauſum und gehoͤr gefunden / je untuͤchtiger ſolche gemuͤther ſind / die Goͤttliche warheit und weißheit zu erkennen oder zu æſtimiren. Sie zehlen ihn unter die Paracelſiſtiſchen diſtillir-koͤpffe / die ſich in die Theologie wider ihren beruff haͤtten einmi - ſchen wollen / wie bey Wilhelm Chriſtophoro Heimio im band des innerlichen und aͤuſ - ſerlichen Gottesdienſtes / und aus ihm bey Colbergen im Platoniſchen Chriſtenthum P. I. c. 4. p. 197. zu ſehen. Sie wiſſen auch ſel - ber nicht / mit was vor einem ketzer-namē ſie ihn belegen ſollen / weil er ſich zu keiner eigentlichen ſecte bekant. Gleichwol geben ſie ihn bald vorVerketze - rung. einen Socinianer an / bald vor einen Paracelſi - ſten; ſtraffen ſich aber ſelbſt alsbald luͤgen / in - dem ſie bekennen / daß er Paracelſum vielfaͤltig durchziehe / und ſonderlich in der materie vom lapide Philoſophorum verwerffe / wie bey ge - dachtem Colbergen l. c. und P. II. p. 200. zu ſe - hen iſt. Wir wollen aber lieber die vornehm - ſten puncte / worinnen die ſchul-lehrer mit ihm nicht zu frieden ſind / ſelbſt kuͤrtzlich aus ſeinen und andern ſchrifften durchgehen / und einem geuͤbten und beſcheidenen leſer das urtheil ſelb - ſten uͤberlaſſen.
9. Zufoͤrderſt iſt ſchon aus ſeinen oben an - gezogenen worten zu ſehen / daß er die Goͤttli - che krafft / wirckung und erleuchtung in glaͤu - bigen ſeelen nicht mit den verkehrten Welt - gelehrten verworffen / ſondern vielmehr als den einigen grund / wie er in der Schrifft ſel - ber ligt / erkant und gebraucht habe. Deswe -Helmontii vortrag von der vernunfft. gen er aus eigener erfahrung von dieſem weg folgendes oͤffentlich bekant / in dem Tractat Venatio Scientiarum §. 1. u. f. Man haͤlt die vernunfft insgemein vor das leben der ſeelen / oder vor das leben unſers le - bens. Jch aber glaͤube / daß der allmaͤch - tige GOTT allein ſey der weg / die wahrheit / das leben und licht der leben - digen und aller dinge; dieſes aber iſt janicht75wie auch einigen anderen Medicis, die von den Theologen verworffen worden.Jahr MDC. biß MDCC. nicht die vernunfft. Und daß alſo unſer gemuͤthe intellectualis oder verſtaͤndlich ſeyn ſolte / nicht aber rationalis oder ver - nuͤnfftlich / wenn es GOTTes ebenbildDem ver - ſtand / genau ausdruͤcken ſoll. Dieſes Parado - xum muß ich erlaͤutern / damit man al - les / was nur zu wiſſen iſt / ſonderlich vor die Adeptos, unterſuchen koͤnne. Nach meinem wunſch faͤnget alle liebe zur weisheit von der erkaͤntnis ſein ſelbſt an / und gehet auch darinn fort / ſie mag nunDem grund al - ler weiß - heit / nem - lich der er - kaͤntniß ſein ſelbſt. phyſica oder moralis ſeyn. Darum will ich nun den verſtand und die erkaͤntnis un - ſer ſelbſt / die ſo tieff iſt / vortragen / ſo viel ich in meiner ſchwachheit erreichen kan. Denn dieſes iſt die ungezweiffelte mei - nung der ſchulen / daß GOTT dem men - ſchen nichts koͤſtlichers geſchencket ha - be als die vernunfft / durch welche wir allein von den beſtien unterſchieden / hin - gegen den Engeln etwas aͤhnlich ſeyn / alſo habe auch ich von jugend auf ge - glaubet / weil man mich ſo beredet hat. Aber nach dem mein erkaͤntnis gewach - ſen / und ich meine ſeele einmal recht be - ſchauet habe / bin ich gar anders ſinnes worden. Denn ich bekenne / daß ich lieber im verborgenen weiſe ſeyn will / als einen