PRIMS Full-text transcription (HTML)
[1]
Ein Chꝛiſtliche Leichpredig /
Welche / Bey der begraͤb - nuß des Ehrenveſten vnnd Wolgelehꝛten / Herꝛen Iohannis Waltheri, Sprottavienſis Sileſii, Artis Aſclepiadeæ Can - didati, Zu Baſel / in S. Peters Kirchen / den 30. Octobris, Anno mdcx. gehalten worden /
(Proverb. 14. 32.)
Der Gerecht hat auch mitten in dem Tod ſein Zuflucht.
Getruckt zuBaſel/ DurchJohann Jacob Genath.
2

IN TUMBAM EIUSDEM BASILEÆ IN TEMPLO AD D. PETRUM HUMATI.

SAT DIU VIXIT, QUI BENE VIXIT.
VENERAM APOLLINEAS ADDISCERE FERVIDUS ARTES,
OLIM ALIIS DEXTRA QUEIS MEDICARER OPE.
HOC MIHI, NON JOVÆ, FIXUM: SEQUERE, OPTIMA, DIXIT,
PHARMACA COELESTI TE DOCEO IPSE CHORO.
HIS NUNC INSTRUCTUM NON ME MORBONIA, NON MORS,
NON LEX, NON SATANAS, TERRITAT, AUT EREBUS.
JOANNES WALTHERUS
SPROTTAVIENSIS SILESIUS
ARTIS ASCLEPIADEÆ CAND.
POSTQUAM ANIMAM DEO CREATORI
ET REDEMPTORI COM -
MENDASSEM
ANNO
ÆTATIS XXIII.
PESTE EXTINCTUS
HEIC CORPORIS MORTALIS
EXUVIAS DEPOSUI.
III CALEND. NOVEMBR.
ANNO
VERBI INCARNATI
MDCX.

Sympatriotæ, hoſpitii victusq́; ſocio, Amico ut Fratri animitùs dilecto mœrens dolens ponebam Samuel Rümpler Sprott. Sileſ. Philiater.

3

Textus.

(Verſ. 33. 34. 35. 36. Capitis decimi - tertii Marci. )Sehet zu / Wachet vnd bettet / dann jhꝛ wiſſen nit / wañ es zeit iſt. Gleich alß ein menſch / der vber landt zog / vnd ließ ſein hauß / vnd gab ſeinen knechten gewalt / auch einem je - glichen ſein werck / vnd gebott dem Thuͤr - huͤter / er ſolte wachen. So wachet nun / dann jhr wiſſet nicht / wann der Herꝛ des hauſes kompt / ob er kom̃e am abendt / oder zu mitternacht / oder vmb das Hanenge - ſchrey / oder des morgens: auff daß er nit ſchnell komme / vnd finde euch ſchlaffen. Was ich aber euch ſag / das ſag ich allen / Wachet.

DJeweil wir Menſchen alle von na - tur alſo beſchaffen / Fromme vnd Auß - erwoͤhlte in Jeſu Chriſto dem Herꝛen / daß wir vns ſo hefftig entſetzen / wañ jrꝛ - gent ein meldung des Tods vnd vnſers abſterbens beſchicht: wie ſich dann ſolche ſchwachheit nicht allein an den kinderen dieſer Welt er - zeigt / ab welchen ſich doch ſo ſehr nicht zu verwunderen:A ij4dañ gleich wie dieſelbigen durch jhr gantzes leben nie kein gut gewiſſen haben koͤnnen / vnd jederzeit in forchten ſte - hen / wie es bezeugt Eliphas der Themaniter / bey demIobi 15. v. 20. 21. H. Job / da er ſagt: Der gottloß fuͤhlet ſchmertzen bey ſich ſein lebenlang / vnd dem Tyrannen ſind wenig jahr beygelegt. Jn ſeinen ohren klingt ein gantz ſchreckenliche ſtim̃: wann er fried hat / ſo kompt der verherger vber jhn. v. 11.Vnd hernach im 18. Capitel ſagt Bildad der Suhiter: daß den gottloſen vmb vnd vmb ſchrecken verſtuͤrtzen / vñv. 11. jhn hin vñ her jagen. Vnd David im 6. Pſalmen ſagt: daß ſeine feind (das iſt / die gottloſen) ſchamroth muͤſſen werden / vnd ploͤtzlich geſtuͤrtzt. Gleicher weiß im 14. Pſ. v. 5.Sie hand Gott nie geruͤffet an / Jn groſſer forcht ſie all -Ierem. 5. 3. weg ſtahn / Jn jhrem argen rechte: Dañ ob ſie ſchon von dem Herꝛen geſchlagen werden / ſo ſchmirtzet es ſie doch nicht / ſie empfinden auch kein ſchmertzẽ: ob ſie ſchon auff - geriben werdẽ / ſo wegeren ſie ſich doch zueht anzunem̃en / weil ſie jhr angeſicht haͤrter gemacht haben dann ein fel - ſen. Darumb ſie nicht vnbillich von vnſerem Seligma -Matt. 22. 13. cher Chriſto verglichen werden den Vbelthaͤteren / wel - chen man haͤnd vñ fuͤß bindet / auff daß ſie dem haͤncker / dem Teuffel / zu peinigen vbergeben werden. Alſo ſind ſie viel mehꝛ ſorgſam vnd zaghafftig / auch vber die maſ - ſen ſehr erſchrocken / wañ ſie hoͤren / daß die zeit jhres ab - ſterbens vorhanden iſt / da geht es mit jhnen / wie Davidv. 19. im 73. Pſal. ſagt / daß ſie mit ſchrecken jhr end nemmen / vnd zu boden vnderfahren.

Dieſe ſchwachheit nun / ſprich ich / befindet ſich nicht allein an den gottloſen / ſonder auch etwan an den glaͤu - bigen kinderen Gottes / daß es namlich jhnen wol kan darzu kom̃en / daß jhnen der zeitliche Tod ſchrecklich iſt: alß wir ein exempel haben an dem ſonſt frommen KoͤnigHißkija:5Hißkija: Dann alß derſelbige todtkranck lag / vnd der H. Prophet Jeſaias mit dem befehl zu jhm kam / er ſolte ſein hauß beſtellen / weil jetzunder die ſtund ſeines abſcheidts vorhanden ſeye: da iſt der Koͤnig hefftig da - ruͤber erſchrocken / hat ſein angeſicht zur wand gekehret / vnd bitterlichen geweint / auch zu dem Herꝛen gebetten / vnd geſprochen: Ach Herꝛ / gedencke doch / daß ich fuͤr dir trewlich gewandlet hab / vnd mit gantzem hertzen / vnd hab gethan das dir wolgefelt / wie wir es leſen bey dem1. Reg. 20. v. 1. & ſeqq. H. Propheten Jeſaia im 38. cap. v. 3. 4. 5.

Vaſt ein gleiches leſen wir auch / im erſten buch Mo -2. Chron. 32. v. 24. & ſeqq. ſis im 19. cap. von dem Loth / welchem (da die Staͤtte Sodoma vnd Gomorꝛa von dem fewr haben ſollen ver - zerꝛt werden) von den Englen iſt befohlen worden / daß er auff einen Berg / den ſie jhm gezeigt / fliehẽ ſolle. Vnd alß er vermeint / er moͤchte auff demſelbigen nicht ſicher bleiben / ſondern wurde auch ſterben: da ſprach er zu den Englen: Ach mein Herꝛ / ſihe / dein knecht hat gnad fun - den vor deinen augen / vnnd du haſt deine gutthaͤtigkeit groß gemacht / die du an mir gethan haſt / in dem du mein ſeel bey dem leben erhalten haſt: Jch aber kan mich nicht erꝛetten mit der flucht auff den berg. Jch muß zuſehen / daß mich das vbel nicht erhaſche / vnd ich ſterbe. Sihe / da iſt ein Statt nahe / darein ich fliehen mag: vnd dieß iſt ein geringes / lieber / laß mich dahin fliehen / mich zu er - retten: (iſt dieſes nicht ein geringes?) auff daß meine ſeel lebendig bleibe.

Wider dieſen ſchrecken nun vnd forcht des zeitlichen tods / iſt ſonderlich gut / die embſige vorbereitung zu dem - ſelbigen: welche / in einer ſumm / in meidung fleiſchlicher ſorgloſigkeit / vnd fleiſſigem gebett beſtehet.

Vnd dieſe vorbereitung will vns vnſer Herꝛ vñ Hei -A iij6landt Jeſus Chꝛiſtus hie in vnſeren fuͤrgenom̃enen woꝛ - ten wol einbilden: welche / ob ſie ſchon eigentlichen von dem juͤngſten vnd groſſen tag / wann Chriſtus ſeine En - gel ſenden wirdt / mit hellen poſaunen zu ſamblen ſeineMat. 24. 30. außerwoͤhlten / von den vier Winden / von einem end des Himmels zu dem anderen: ja da er ſelbs in der herꝛlig - keit ſeines Vatters erſcheinen wirdt / zu vergelten einemMat. 16. 27. jeglichen nach ſeinen wercken / verſtandẽ werden: Jedoch werden ſie auch wol von eines jeden juͤngſten vnd letſtenEpiſt. 80. ad Heſych. tom. 2. tage des Menſchen außgelegt: Weil / wie Auguſtinus ſagt / warinn einen ſein letſter oder juͤngſter tag finden wirdt / in demſelbigen wirdt er auch an dem letſten vnd juͤngſten tag der Welt gerichtet werden: Dann wie ei - ner hie ſtirbt / ſo wirdt er dort gerichtet: daß gleich wie die Welt jhren juͤngſten tag hat: alſo hat auch der Menſch ſein ſelbs eignen juͤngſten tag. Derohalben / damit ſie mit vnſerem groſſen nutz vnd frucht moͤgen von vns be - dacht werden / woͤllen wir alleinig auff das aller kuͤrtzeſt von dieſer Hauptlehr reden: Wir ſollen vns jederzeit fleiſſig auff die ſtund vnſers abſterbens bereiten. Dem - nach / Warumb ſolches beſchehen ſolle. Vnd endtlich / Was wir hierauß zu lehrnen haben.

Die Hauptlehr betreffent / ſo ſtellet der Herꝛ Chriſtus vns dieſelbige in dieſen worten fuͤr / da er ſagt: Sehet zu /v. 33. Wachet vnd bettet. Zeiget alſo an / wie dieſe vorberei - tung beſchehen ſoll / mit meidung namlich der laſteren / vnd fleiſchlicher ſicherheit / auch mit ernſtlichem gebett.

Jn dem erſtlich geſagt wirdt: Sehet zu: da will der Herꝛ Chriſtus ſeine Juͤnger / vnd vns ſampt jhnen (wiev. 37. er dañ ſelbs hernach ſagt: Was er ſeinen Apoſtlen ſage / das ſage er allen:) weiſen auff das vorgehende / welches er zu jhnen von der zerſtoͤrung des Tempels zu Jeruſa -lem /7lem / wie auch von dem end der Welt / vnd ſeiner letſten Zukunfft / mit den vorher gehenden zeichen / geredt / vnd alſo ſagen: Jhr haben gehoͤrt / in was fuͤr gefaͤhrliche zei - ten jhr gerathen werdẽ / darumb ſo ſeind fuͤrſichtig / ſehet wol zu / ſind nicht hinlaͤſſig vnd ſorgloß / damit jhr nicht jrꝛgent einen ſchaden an ewerer ſeelen heil vnnd ſeligkeit erleiden. Noch außtruckenlicher aber zeiget er bey dem H. Euangeliſten Luca an / wafuͤr ſich gottſelige kin -c. 21. v. 34. der Gottes huͤten ſollen / namlich vor Freſſerey / Trun - ckenheit / vnd ſorgen der nahrung. Dañ weil etliche ver - meinten / es koͤñe kein gefahr der ſeelen auß dieſen ſtucken entſtehen / ſo hat er mit allem fleiß dieſer laſteren geden - cken woͤllen: hiemit vns deſſen zu erjnneren / daß wir wol nachdencken ſollen / was auß denſelbigen entſpringe. Alß zum exempel: Nemmen wir fuͤr vns die Truncken - heit / ſo befinden wir / daß gar ein groſſer vnrath auß der - ſelbigen herkomme. Wer iſt / der nicht wiſſe / daß durch den vberfluß des Weins der verſtandt des Menſchẽ hin - genommen werde: Daher dañ beſchicht / daß man goͤtt - lichen ſachen nit kan nachdencken. Dahin dañ auch der H. Apoſtel Paulus geſehen / da er ſpricht: Sauffet euchEph. 5. 18. nicht voll weins / darauß ein verderbliche vnordnũg vol - get / ſondern werdet erfuͤllet mit dem H. Geiſt / vnd redet vnder einanderen mit Pſalmen vnd Lobgeſaͤngen / vnd geiſtlichen Liederẽ / ſinget vnd pſalmieret dem Herꝛen in eweren hertzẽ. Jn welches ſpꝛuchs außlegũg der alte Kir - chenlehrer Hieronymus ſagt: Wir koͤñen nicht zugleich erfuͤllet werden mit dem Wein / vnd mit dem H. Geiſt: dann der H. Apoſtel ſetzt dieſe zwey ſtuck / alß die ſtracks wider einanderen ſtreiten / wie doͤrt der Herꝛ Chriſtus ſagt: Wir koͤñen zugleich zweyen widerwertigẽ Herꝛẽ nitMatt. 6. 24. dienen. Welche mit dem H. Geiſt erfuͤllet ſind / die koͤñenleichtlich8leichtlich Pſalmen vnd andere geiſtliche Lieder dem Her - ren ſingen: welches beym wenigſten die volles weins ſind nicht thun koͤnnen.

Jch rede jetzunder nicht von der Trunckenheit / welcheProv. 9. 5. verſtanden wirdt bey Salomone: da die Weißheit die Menſchen zu jhrem tiſch beruͤfft / wein zu trinckẽ / welchen ſie eingeſchenckt hat: dañ durch dieſelbige wirdt nicht der vberfluß des Weins verſtandẽ. Sondern ich rede jetzun -Prov. 20. 1. der von deren / in welcher ſo einer jrꝛet / nim̃ermehr weiß wirdt: Vor derſelbigen ſoll man ſich trewlich huͤtẽ / weil ſie vns ſo hoͤchlich verbotten worden / ja dieweil wir auch wiſſen / daß ſie zuletſt einen boͤſen lohn gibt / wie ſolchesIeſ. 5. 11. 12. bezeuget der H. Prophet Jeſaias / da er ſagt: Weh denen die morgens fruͤh auffſtehen / ſtarckem getraͤnck nachzu - jagen / die da jhr ſauffen verziehen biß daß tag vnd nacht ſcheidet / daß ſie der Wein erhitzge / vnd haben Harpffen vnd Lautten / Paucken vnd Pfeiffen / vnd Wein in jhren zaͤchen: aber das werck des Herꝛen ſehen ſie nicht / vnd ſchawen nicht auff das geſchaͤfft ſeiner Haͤnden.

Solches hat auch wol der weiſe Koͤnig Salomon er - keñt / in dem er der laͤnge nach erzehlt / was fuͤr vbels demProv. 23. v. 29. uſq; ad ſin. Weinſaͤuffer zu handen ſtoſſe / da er ſagt: Wem wider - fahret weh? wem ach? wem zanck? wem klagen? wem wunden ohne vrſach? wem roͤthe der augen? Denen / ſpricht er / widerfahret es / die lang beym Wein ſitzen: die da kommen zu ſuchen was eingeſchenckt iſt. Beſchawe / ſagt er weiters / den Wein nicht / wann er ſich roth erzei - get / wañ er im becher ſeine farb gibt / wañ er gantz ſtrack daher gehet. Dann endtlich beiſſet er wie ein Schlang / vnd ſticht wie ein Baſiliſck. So werden dann die augen nach frembden Weiberen ſehen / vnd dein hertz wirdt ver - kehrte ding reden. Vnd wirſt ſeyn wie einer der mittenim Meer9im Meer ſchlafft: vñ wie einer der ſchlafft oben auff dem maſtbaum / vnd wirſt ſprechen / ſie ſchlugen mich / aber es that mir nicht weh. Sie klopfften mich / aber ich fuͤhlet es nicht: wann ich erwachen werd / ſo will ich noch mehr ſuchen. Hie ſehen wir / was die Fuͤllerey fuͤr einen lohn gebe: daß ſie in armut bringe / auch ſchaden an dem leib: daß ſie auch andere ſuͤnden verurſache / vnd verſtockung.

Eben ein gleiche geſtalt hat es auch mit dem anderen Laſter / welches der Herꝛ Chriſtus beym Luca anzeucht / darfuͤr wir vns huͤten ſollen / namlich / mit der ſorg der Nahrung / das iſt / mit dem Geitz: Dañ auch durch dieſes werden die hertzen der Menſchen beſchwaͤrth / vnd haltet ſie / daß ſie dem nicht nachſinnen koͤnnen / was jhnen zu jhrer ſeelen heil vnd ſeligkeit fuͤrderlich iſt. Sittemal welche mit dieſem laſter behafftet ſind / kein erb haben anEph. 5. 5. dem Reich Chriſti vnd Gottes: vnd kom̃t vmb deſſelbigẽCol. 3. 5. 6. willen der zorn Gottes vber die kinder des vngehorſam̃s.

Es verhinderet auch dieſes laſter / daß man dem Got - tesdienſt nicht recht / wie ſich aber gebuͤrt / kan obligen. Weil es vnmoͤglich iſt / daß man zugleich Chriſto vnd dem Mammon dienen koͤnne. Matth. 6. v. 24. Ich ge - ſchweige jetz deſſen / daß die zu gar groſſe ſorg der Nah -1. Tim. 6. 10 rung ein wurtzel alles vbels iſt.

Es koͤnten auch Exempel angezogen werden / welche dieſes genugſamlich beweißten: Aber wir woͤllen vns al - leinig benuͤgen laſſen an dem exempel Ananię vñ Sap - phirę: in welchen alß der H. Apoſtel Petrus dieſes laſterActor. 5. 5. vermerckt / hat er ſie hefftig daruͤber beſchulten / haben auch endtlich den lohn billicher weiß empfangen.

So laſſen vns nun / ſo viel jm̃er moͤglich / dieſe Laſter fliehen / dieweil wir wiſſen / daß jehnes leib vnd ſeel nach - theilig iſt / vnd daß wir auch durch dieſes in gefahr der ſe -B10tigkeit gerathen: iſt doch die Natur mit wenig vernuͤgt / vnd kan der Menſch das zeitliche Gut doch nicht mit ſichLuc. 12. 25. von hinnen nemmen / kan auch weder jhme / noch einemPſ. 49. 8. anderen ſein leben durch daſſelbig verlaͤngeren. VndMat. 16. 26. was wolte er geben koͤñen zum loͤßgelt ſeiner ſeelen / wañ dieſelbige einen ſchaden erlitte. Laſſen vns viel mehrMatt. 6. 20. ſchaͤtz im himmel ſamlen / da ſie weder ſchaben noch roſt freſſen / vnd da die dieben nicht nachgraben vnd ſtaͤlen.

Dieweil es aber nicht gnug iſt / ein mal oder zwey ſieh vor den fallſtricken des Satans huͤten: dann er alß ein1. Pet. 5. 8. bruͤlender Loͤw herumb laufft / vnd ſihet wen er verſchlin - ge: ſo heiſſet vns der Herꝛ Chriſtus / alß fuͤr das ander / Wachen / vnnd jederweilen auff der ſchiltwacht ſtehen / damit wir von dem boͤſen feind nicht vberweltiget werdẽ.

Es redet aber hie vnſer Seligmacher nicht von dem wachen des leibs / alß wañ wir jmmerdar wachen ſolten / vnd niemalen vnſere leiber in die ruh begeben / dañ er vns jmmerdar / wie Lucas vermeldet / heißt wachen: welches doch / wann wirs von dem leiblichen wachen alleinig ver - ſtehen wolten / eben ſo vnmoͤglich were / alß vnmoͤglich es1. Tim. 4. 8. iſt / ſich fuͤr vnd fuͤr des eſſens vnd trinckens enthalten: ſo iſt auch die leibliche uͤbung wenig nutz. Sonder / gleich wie vnſer gantzes leben einem kampff verglichen wirdt: alſo ſihet der Herꝛ Chriſtus auch auff ein ſolches wachen / durch welches hilff dem argliſtigen feind vor - kommen wirdt / namlich auff das wachen vnſers gemuͤts vnd vnſerer ſeel: weil auch dieſelbige / alſo zu reden / jhre wachten / vnd jhre ſchlaͤff hat: Dann zu gleicher weiſe / wie die vberfluͤſſigen feuchtigkeitẽ / im menſchlichen leib / in das haupt hinauff ſteigen / vnd alßdann in die anderen glieder ſich zertheilen / den gantzen leib debilitieren vnd laſs machen / alſo in demſelbigen den ſchlaff bringen:Alſo11Alſo hat es auch ein gelegenheit mit der ſeelen / wañ die - ſelbige durch boͤſe gedancken / vnd allerley fleiſchliche be - gierden eingenom̃en wirdt / ja wann ſie gar die oberhand in derſelbigen bekommen haben / ſo beſchichts / daß ſie in ſorgloſigkeit gerathet / vnd gleichſam wirdt / alß wañ ſie ſchlieffe / daß ſie dem nicht kan nachkommen / was ſonſt von jhren erforderet wirdt / daß ſie der ruͤffenden ſtim̃ des Herꝛen jhres Gottes nicht kan ohren gebẽ. Darumb dañ ſolche leuth lebendig todt geneñet werden: wie doͤrten der H. Apoſtel Paulus von der Witwen / welche in allen1. Tim. 5. 6. woll uͤſten lebet / ſagt / daß ſie lebendig todt ſeye. Dieſen ſchlaff nun will der Herꝛ Chriſtus / daß er außgetrieben werde durch die freudigkeit des geiſtes / welches alleinig durch ein jmmerwaͤhrendes wachen der ſeelen beſchicht.

So ſehen wir derhalben / daß vns hie im gegentheil die fleiſchliche ſicherheit ernſtlich verbotten wirdt: welche darinn beſteht / wañ der Menſch niemalen an Gott vnd ſeinen Willen / niemalen an ſein eigne ſchwachheit vnd arbeitſeligkeit / auch viel weniger an die erkanntnuß oder jnnigliche beweinung derſelbigen gedenckt / ſondern alſo ohne forcht Gottes dahin lebt / vnd ſich noch darzu ſelber vberꝛedet / er ſey frey fuͤr dem zorn vnd ſtraffen Gottes.

Ein ſolche fleiſchliche ſicherheit war der erſten Welt / von welcher der Herꝛ Chriſtus ſagt: Gleich wie es warMatt. 24. v. 37. & ſeqq. zu der zeit Noë / alſo wirdt auch ſeyn die zukunfft des Menſchen ſohns. Dañ gleich wie ſie waren in den tagen vor der Suͤndflut / ſie aſſen / ſie trancken / ſie gaben zur ehe / vnnd griffen zur ehe / biß an den tag / da Noë in die Arch gieng: vnd ſie achteten es nicht / biß die SuͤndflutLuc. 21. 34. kam / vnnd nam ſie alle dahin: Alſo wirdt auch ſeyn dieRom. 2. 4. zukunfft des Menſchen ſohns. Jſt alſo dieſes Laſter nit allein zu wider dem wahren ſeligmachenden Glauben /B ij12ſondern auch der Hoffnung des ewigen Lebens / vnd der Forcht Gottes.

Derohalben / gleich wie alle anderen ſuͤnden von Gott hertiglich geſtrafft werden / ſo wirdt der Herꝛ gewißlich auch die / welche in ſicherheit dahin lebẽ / nicht vbergehen. Mat. 12. 43. Luc. 11. v. 24. 25. 26.Daher ſagt Chriſtus / daß der jehnige / ſo einmal vom Satan erlediget worden / aber hernach in ſicherheit da - hin lebt / alß ob er ſich vor keinem feind mehr zu befoͤrch - ten hette / leichtlich koͤnne hindergangen / vnd das ver - lohrne ſchloß ohn alle arbeit wider einbekommen / her - naher beſſer befeſtiget / oder auch dermaſſen verterbet vnd verwuͤſtet werden / daß jhm Gott ſolcher ſcheutzlichenSap. 1. 45. Matt. 5. 8. Heb. 12. 14. wohnung nicht mehr begere. Dañ in einer boßhafftigen vnd vnreinen ſeel wohnet die weißheit vnd der H. Geiſt nicht. Vnd die eines vnreinen hertzens ſind / koͤñen Gott2. Pet. 2. v. 20. 21. nicht ſchawen. Dann ſolche regieret der vnreine geiſt / ſo alles vnreinigt vnd beſudlet / vnd auß einem boͤſen Men - ſchen noch einen aͤrgeren machet. Darumb ſo ſie ent - flohen waren dem vnflath der Welt / durch die erkañtnuß des Herꝛen vnd Heilands Jeſu Chriſti / werden aber wi - derumb in dieſelbige geflochten vnd vberwunden / weil ſie alſo ſicher dahin leben / ſo iſt mit jhnen das letſte aͤrger worden dañ das erſte. Dann es were jhnen beſſer / daß ſie den weg der wahrheit nie erkeñt hetten / dann daß ſie jhn erkeñt / vnd ſich wider abkehren von dem heiligen gebott / das jhnen gegeben iſt. Derowegẽ es auch nicht gnug iſt / einmal fliehen das jehnig / was vns zu fliehen gebotten / ſonder man muß auch wol zuſehen / daß man jmmerdar wache / vnd koͤnne die gifftigen pfeil des Satans auß - ſchlagen / auff daß dieſes vns nicht fuͤrgeworffen werde /2. Pet. 2. 22 das man lißt beym H. Apoſtel Petro: Der Hund friſſet wider was er geſpeyet hat: vñ / die Saw weltzet ſich nachder13der ſchwemme wider im kaht. Ein exempel haben wir an den Jſraëliten / welche / da ſie anfaͤnglich mit der erkañt - nuß Gottes begaabet geweſen / haben ſie hernaher / auß lauter fleiſchlicher ſicherheit / Gott vnnd ſeinen rechten dienſt verlaſſen: vnd ſind daruͤber in ſolche abgoͤtterey gerathẽ / daß ſie endtlich auch den heidniſchen abgoͤtteren gedienet haben. Derohalben wañ wir befinden / daß wir auch einen geſchmack der wahren erkanntnuß Gottes be - kom̃en habẽ: ſo haben wir vns wol voꝛ fleiſchlicher ſicher - heit zu huͤten / vnd gottſelige fuͤrſorg anzuwenden / da - mit das empfangene fuͤncklein der erkañtnuß in vns ver - mehret werden moͤge.

Alß aber vnſer Herꝛ vnd Heiland Chriſtus wol ge - wußt / daß wir auß vnſeren eignen kraͤfften gantz nichts vermoͤgen / daß wir auch vergebens wachen / wann derPſ. 127. Herꝛ vns nicht behuͤtet / ſo erforderet er / alß fuͤr das dritt / ein ernſtliches Gebett.

Wie aber vnſer Gebett beſchaffen ſeyn ſolle / damit es von Gott vnſerem himmeliſchen Vatter erhoͤret werde / das lehret vns hin vnd wider die H. Schrifft: vnd erfor - deret erſtlich / daß es zu dem einigen wahren Gott / Vat - ter / Sohn vnd H. Geiſt gerichtet werde. Dañ dieſer iſts allein / der vnſer gebett erhoͤret / vñ alle ding in ſeinem ge - walt hat. Darumb ſagt der Herꝛ Chriſtus Ioh. 16. v. 23: Wahrlich / wahrlich ich ſage euch / ſo jhr den Vatter et - was bitten werdet in meinem Nam̃en / ſo wirdt ers euch geben. Ob aber ſchon in dieſem ſpruch des H. Geiſtes kein außtruckenliche meldung beſchicht / ſo wird doch der - ſelbe darumb von der anruͤffung nicht außgeſchloſſen: dieweil wir eben ſo wol in jhn glauben / vnd vns jhme in dem H. Tauff verpflichtet haben.

Sind derohalben dieß verfluͤchte abtrinnige Leuth /B iij14welche diſen einigen wahren Gott verlaſſen oder hindan ſetzen / vnd jhnen ſelbs andere vnd newe goͤtter tichten vnd machen / die wol niemals in der Welt ſind gefunden1. Reg. 18. v. 27. worden: Darumb nicht vnbillich der H. Pꝛophet Elias jhrer ſpottet / da er ſagt: Ruͤffet laut / dann ewer Gott tichtet villeicht / oder hat zu ſchaffen / daß er ewer gebett nicht hoͤret.

Demnach / wann wir begeren / daß Gott vnſer gebett erhoͤre / ſo wirdt von vns erforderet / daß wir allein vmb Chriſti / des eingebornen Sohns Gottes / vnd vnſers Mitlers willen bitten. Dann er allein vnſer Hoherprie - ſter / der mit ſeinem hingang zum Vatter vns einen zu -1. Tim. 2. 5. Rom. 8. 34. 1. Ioh. 2. 1. Heb. 2. 17. gang zu jhme gemacht hat. Er allein iſt vnſer Mitler. Er allein iſt vnſer Fuͤrbitter. Er allein iſt vnſer Fuͤr - ſprech. Er iſt getrew in allem dem / das wir vor Gott zu verꝛichten haben. Durch jhn allein haben wir einen zu - gang vnd zutritt zu Gott. Roman. 5. v. 2. Epheſ. 3. v. 12. Hebr. 4. v. 16.

So verſuͤndigen ſich die gar ſchwerlich / die auff jhre eigene werck vertrawen / vnd vmb deren willen begeren von Gott erhoͤret zu werden: gleich alß ob jhre werck ſo wuͤrdig vnd fuͤrtrefflich weren / daß ſie die huld vnd gnad Gottes verdienen koͤntẽ. Haben doch die allerheiligſten in jhrer eignen perſon / niemals vor Gott erſcheinẽ doͤrf -Gen. 18. 27. Iob. 9. 30. 31 Pſ. 130. 3. & Pſ. 143. 2. fen: ſondern jhre vnwuͤrdigkeit / vnd daß jhre werck mit ſuͤnden befleckt ſeyen / bekennen muͤſſen. Wie Abraham / wie Job / wie David / vnd wie andere Heiligen mehr.

Vber das vnd fuͤrs dritt / ſo wirdt erforderet / daß wir nicht zweifflen ſollẽ / daß alles / was wir nach dem willen Gottes alſo bitten / vns gewißlich ſolle gegeben werden: dann ſolches beſtaͤhtiget vns Chriſtus Johannis am 16. v. 23: Wahrlich / wahrlich ich ſage euch: So jhꝛ den Vat -ter15ter etwas bitten werdet in meinem Nam̃en / ſo wirdt ers euch geben. Vnd dieweil Gott wahrhafftig / ja die wahr -1. Ioh. 5. 10. heit ſelbs iſt: ſo kan er nicht liegen / noch betriegen. Wer aber Gott vñ ſeinem wort mißtrawet / der machet / ſo viel an jhme iſt / Gott zum luͤgner.

Vnd warumb wolten wir an deſſen hilff zweifflen / der vns beydes will / vnd auch kan helffen. Nun aber iſt Gott der / der vns will helffen: welches auß dem erwie - ſen kan werden / dieweil Chriſtus in vor angezogenen wortẽ ſolches mit einem theuren eydtſchwur beſtaͤhtiget.

Zu dem / welche wir lieb haben / denen begeren wir auch zu helffen / vnd ſie zu befuͤrderen. Nun aber hat vns der himmeliſche Vatter lieb / wie wirs leſen / Iohan. 16. v. 27. Vnd wie koͤnte er vns haſſen / da er vns doch zu kinderen angenommen / vnd Chriſtus fuͤr vns bittet. Daß aber Gott auch vns helſſen koͤnne / iſt ſo offenbar / daß wo ei - ner diſes laͤugnete / er nicht werth were / daß er den nam̃en eines Chriſten tregte.

Derohalben ſollen wir mit gutem ſteiffem vertrawen zu Gott ruͤffen / ſo werdẽ wir gewiß vnſerer bitt gewaͤhret werden: Dann alſo ſagt Chriſtus: Alles was jhr bittenMat. 21. 22. in ewerem gebett / ſo jhꝛ glaubet / ſo werden jhꝛs empfahẽ. Sonſt / lieber meiner / was were dieſes fuͤr ein art zu bet - ten / wann einer alſo ſpreche: O mein Herꝛ vnd mein Gott / ich bin gar zweiffelhafftig / ob du mich erhoͤren werdeſt oder nit / doch dieweil mich die groſſe noht darzu treibt / ſo kom̃e ich recht zu dir / vnd ruͤff dich an / mit bitt / woͤlleſt mir / ſo ichs wuͤrdig bin / zu hilff kommen: Dieſe gattung zu betten were die aller thoͤrechtigſte: Dann alſo haben die Heiligen / beydes im alten vnd newen Teſta - ment / nit gebetten / wie auß H. goͤttlicher ſchꝛifft zu ſehen. Alſo hat vns auch der H. Geiſt durch den Apoſtel Pau -lum16lum nicht gelehrt / da er ſagt: Laſſet vns hinzu tretten mitHeb. 4. 16. freudigkeit zu dem gnadenſtul / auff daß wir barmher - tzigkeit empfahen vñ gnad finden. Vnd da er anderſtwaEph. 3. 12. lehrt: Wir haben die freudigkeit zu reden / vnd den zutritt mit zuverſicht durch den glauben an Chriſtum.

Es ſoll aber hie ein vnderſcheid gemacht werden vn - der denen dingen / welche wir von Gott bitten: dann die - ſelben ſind eintweders Jrꝛdiſche vnd Leibliche / oder aber Geiſtliche ſachẽ / ſo zu vnſerer ſeligkeit nohtwendig ſind.

Die Jrꝛdiſchen oder Leiblichen werden vns nicht ab - geſchlagen / ſo ferꝛn ſie dienen zu der ehr Gottes / oder zu vnſerer ſeelen heil vnd ſeligkeit. Darumb ſie auch mit di - ſem anhang vnd beding von vns ſollen von Gott begert werden / nach dem exempel des außſetzigen / Matth. 8. v. 2. vnd des H. Davids / 2. Sam. 15. v. 25. 26. Alſo daß ſich die ſchwerlich verſuͤndigen / welche ſchlechthin vnd ohn alles beding ſolche leibliche guͤter von Gott begeren: vnd wañ jhnen Gott dieſelben nicht gleich widerfahren laßt / alß - bald Gott in ſeinen verheiſſungen lugen ſtraffen woͤllen:

Wann wir aber vmb Geiſtliche ſachen bitten / die zu vnſerer ſeligkeit nohtwendig / vnd allen / die ſolche im glauben begeren / von Gott verheiſſen ſind: da ſollen wir ſchlecht vnd ohn beding dafuͤr halten / daß vns Gott die - ſelbigen geben werde.

Endtlich wirdt auch erforderet / daß / die von Gott et - was bitten woͤllen / in wahrer bekehrung mit fleiß vnd vorſatz die ſuͤnden zu meiden / vnd dagegen zu thun / was recht vnd Gott wolgefellig iſt / zu jhme hinzu tretten ſol - len. Dann in Chriſti nam̃en ſoll man bitten. Der gehet aber Chriſtum nicht an / der ſeinen geiſt nicht hat. Rom. 8. v. 9. Die fruͤcht aber vnd werck des Geiſtes ſind / Lie -1. Tim. 2. 8. be / Freud / Fried / Gedult / Freundtligkeit / Guͤtigkeit /Glaube /17Glaube / Sanfftmut / Keuſchheit. So will auch derGal. 5. 22. Herꝛ / daß wir heilige haͤnd ohn zorn auffheben ſollen.

Was wir aber auch in vnſerem gebett von Gott bege - ren ſollen / iſt hiervon angezogen worden / vnd vns deren jnnhalt im H. Vatter vnſer fuͤrgeſchrieben wirdt: nam - lich Geiſtliche vnd Leibliche ding / doch / wie angezeigt / mit einem vnderſcheid.

Vnd dieſes ſeye nun geredt von der Hauptlehꝛ / welche vnſer Herꝛ vnd Heiland Chriſtus hie anzeuhet. Nun woͤllen wir auch die Vrſachen derſelbigen / deren vier angezogen werden / auff das aller kuͤrtzeſt mit ein - anderen bedencken.

Die erſte / ſo der Herꝛ Chriſtus hie fuͤrbringet / iſt: Dann ihr wiſſen nicht / wañ es zeit iſt: vnd wie ſie Lucas vermeldet / auff daß derſelbe tag nicht ſchnel vber euchv. 33. komme: dann wie ein fallſtrick wirdt er kommen vber alleLuc. 21. v. 34. 35. einwohner der gantzen erdẽ. Vnd der H. Apoſtel Petrus erklaͤret dieſes durch ein feine gleichnuß / da er ſagt: Der tag des Herꝛen wirdt kom̃en alß ein dieb in der nacht / an2. Pet. 3. 10. welchem die Him̃el zergehn werdẽ mit groſſem krachen.

Es ſoll aber wol in acht genommen werdẽ / wie dieſes zu verſtehen ſey / daß geſagt wirdt: Die zeit des allgemei - nen / vnd auch eines jeden jnſonderheit juͤngſten tags ſeye vngewiß: Dann es koͤnte ein glaͤubiges hertz gedencken: Streitet dieſes nit mit dem / das man im Predigerbuͤch - lin Salomonis lißt: Es hat alles ſein gewiſſe vñ beſtim̃ -Eccleſ. 3. v. 1. & ſeqq. te zeit: vñ daß geſagt wirdt: Es ſeye nichts gewiſſers dañ der Tod / nichts vngewiſſers aber / dann die ſtund. Aber wañ wirs recht bedencken / ſo iſt hie nichts widerwertigs / ſittemal Chriſtus hie auch redet von der zeit des letſten tags / vnd ſagt / dieſelbige ſeye vns verborgen / alſo daß wir nicht wiſſen moͤgen / wann vns der Herꝛ auß dieſerC18Welt woͤlle abforderen: vnd laͤugnet doch nicht / daß die - ſelbige nicht offenbar vnd gewiß ſeye / oder alß wann es ohngefaͤhr geſchehe / daß der Menſch ſterbe: dann ſolches dem Herꝛen vnſerem Gott bekañt iſt: vnd laßt ſich nicht ſchlieſſen: Dieſes iſt den Menſchen vnd den Englen vn - bekannt / vnd iſt jhnen nicht bewußt: derohalben ſo iſt es allerdingen vngewiß / weil Gott jhme viel zu wiſſen voꝛ - behalten hat / welches er den Menſchen nicht offenbaret / ja etwan nicht gut were / wann ſie es alles ſolten wiſſen.

Sprichſt du aber: Lieber / warumb hat doch Gott die zeit des juͤngſten tags vnd des abſterbens der Menſchen jhnen nicht kundt gethan oder geoffenbaret. Koͤnte nicht hiedurch Gott (welches doch zu gedenckẽ ferꝛn ſeye) eines verbunſts gegen den Menſchen beſchuldiget werdẽ: Dañ wañ ſie es wuͤßtẽ / ſo koͤnten ſie ſich fein bey zeiten ruͤſten? Antwoꝛt: Wer biſt du / ô Menſch / daß du mit Gott wol -1. Cor. 1. 25. teſt haderen / iſt nicht die thorheit Gottes weiſer dann die Menſchen. Darumb ſo bedenck fein in der forcht Gottes die vrſachen / warum̃ er ſolches dem Menſchen verhaͤlen woͤllen.

Hiedurch hat er dich ſein guͤte woͤllen erfahꝛen laſſen / auff daß / weil du die zeit deines abſcheidens nicht weiſt / du die buß nit von tag zu tag auffſchiebeſt / vnd alſo deine ſuͤnden haͤuffteſt. Darnach hat ers auch darumb thun woͤllen / daß wir auff alle gute achtung geben / in dem einPſal. 2. 11. tag vns vnbekañt iſt / vnd daß wir in forcht vnd zitterenSyr. 7. 38. vnſer Heil wuͤrcken: auff daß wir auch nicht ſuͤndigen / wañ wir an vnſer end gedencken. Dahin dienet auch die gleichnuß võ dem Haußvatter / deſſen der Herꝛ Chriſtus hie meldung thut: welcher darumb ſeinen knechten ſein widerkunfft nicht offenbaren woͤllen / auff daß ſie zu allen zeiten jhrer arbeit außwarteten. Sonſt wurden ſie jhꝛeanbe -19anbefohlene geſchaͤfft von tag zu tag auffſchieben / vnd wurdens ſparen biß ſchier jhr Herꝛ wider kaͤme.

Er hat vns auch darumb ſolches nicht woͤllen offen - baren / auff daß wir nicht jederzeit in ſchrecken des Tods ſtienden: dañ die ſchrecken des tods ſind offt viel ſchwaͤrer dañ der Tod ſelbs / vnd erſchrecken von natur alle Men - ſchen ab dẽ Tod / weil er vom Satan eingefuͤhrt wordẽ. Sap. 2. 24.

So ſeye es nun gnug / daß wir wiſſen / daß die zeit kurtz iſt. Ob ſchon / wie Auguſtinus ſagt / es noch lang biß zude Verb Domin. in Matth. ſer - mon. 16. dem letſten tag des Gerichts / ſo kan es doch nicht lang mehr ſeyn / biß zum letſten tag des Menſchẽ / namlich biß zum tag ſeines abſterbens / dann das Leben iſt gar kurtz. Sollen derowegen vnſer leben der geſtalt anſtellen / daß wir mit dem H. Ambroſio ſagen moͤgẽ: Wir haben nichtPoſſidoni in vita Au - guſtini. alſo gelebt / daß wir vns ſchaͤmeten mehr vnder den Leu - then zu leben: ſo woͤllen wir vns auch nicht foͤrchten zu ſterben / dieweil wir einen gnaͤdigen Herꝛen haben.

Sihet alſo E. L. daß es der Herꝛ vnſer Gott gar gut mit vns meine / in dem er vns die zeit des juͤngſten tags / vnd eines jeden abſterbens verbergen woͤllen.

Vnd dieſes ſey geredt von der erſten Vrſach / die der Herꝛ Chriſtus hie anzeuhet / vmb welcher willen wir vns jederzeit auff vnſer abſterben ruͤſten ſollen.

Die andere Vrſach wirdt begriffen in dem / da geſagt wirdt: Dann jhr wiſſen nicht / wann der Herꝛ des hauſes kompt. Ob er kommet am abend / oder zu mitternacht / oder vmb das Hanengeſchrey / oder des morgens.

Da er ſich einen Herꝛen des hauſes nennet / will er an - zeigen / daß wir ſeine diener ſeyen / vnd deßhalben ſeinem gebott fleiſſig nachkommen: erjnneret alſo einen jeden ſeines ampts. Alß zum exempel: Den Dieneren des H. Worts hat er befohlẽ / das Euangelium von ſeinem lei -C ij20den / ſterben / vñ aufferſtehung / von ſeiner genugthuͤung / vnd verſoͤhnung / wie Marcus 16. v. 14. ſagt / zu pꝛedigen. Dañ gleich wie er geprediget hat das Euangelium vomMat. 9. 25. Reich Gottes / wie Matthęus zeuget: alſo ſolten ſie auch nichts anders predigen dann das Euangelium / vnd alle Menſchen zur buß vermahnẽ / vnd jhnen vergebung der ſuͤnden verkuͤndigen in Chriſti nam̃en. Darneben ſol - ten ſie die lehꝛ des Euangelij in den glaͤubigen mit einem euſſerlichen zeichen verſiglen vnd bekraͤfftigen / auff daß die leuth an der verheiſſung des Euangelij nicht doͤrffen zweifflen. Darumb ſpricht er: Tauffet ſie / ꝛc. Dañ wel - che dem Euangelio glauben / deren glaub ſoll durch die Sacrament verſiglet vnd bekraͤfftiget werden / damit ſie Chꝛiſtum mit freudigkeit voꝛ der Welt koͤnten bekennen.

Rom. 13. v. 2. 3. 4.Der Obrigkeit hat er das Schwert vbergebẽ / welches ſie in beſchuͤtzung der reinen vnd geſunden Lehr / auch jh - rer Vnderthanen brauchen ſollen.

Den Elteren hat er befohlen / daß ſie jhꝛe Kinder in Gottsfoꝛcht aufferziehẽ. Anderen hat er andere aͤmpter vbergeben.

Dieweil wir dann diener des Herꝛen vnſers Gottes ſind / ſo ſollen wir fleiſſig vnſerem anbefohlenem ampt nachkommen / damit wann er kommen wirdt / es ſeye zu mittag oder mitternacht / es ſeye abendt oder morgen / rechnung von vns zu forderen / wir dieſelbige zu geben bereit ſeyen.

Fuͤrs dritt / ſollen wir vns auch jederzeit darumb auff vnſer hinfahrt wol vorbereiten / auff daß der Herꝛ nicht ſchnel vber vns komme / vnd finde vns ſchlaffen. Damit er nicht zu ſchnel vber vns komme / ſo lehret er vns / was wir dann thun ſollen / Luc. 12. verſ. 35. 36 : Ewer lenden / ſpricht er / ſollen vmbguͤrtet ſeyn / vnd ewere liechter bren -nen /21nen / vnd ſeind gleich den menſchen die auff jhren Herꝛen warten / wann er auffbrechen wurde von der Hochzeit / auff daß wann er kommet vnd anklopffet / ſie jhme bald auffthuͤen. Heiſſet vns derhalben warten / vnd erfoꝛderet gedult mit willigem gehorſam des glaubens / auff daß wir vns nicht laſſen von den widerwertigkeiten vberwin - den / vnd alßdann wider den Herꝛen murꝛen / oder jhme ziel vnd maaß begeren darinnen fuͤrzuſchreiben: wie es dañ offt auch den allerheiligſten darzu kommen / alß dem David / da er im 13. Pſal. ſagt: Wie lang / ô Herꝛ / wiltv. 1. 2. 3. du mein ſo gar vergeſſen? wie lang wilt du dein angeſicht fuͤr mir verbergen? wie lang ſoll ich ſelbs rahtſchlagen in meiner ſeel / vnd mich bekuͤmmeren in meinem hertzen auch bey tage? wie lang ſoll ſich mein feind vber mich er - heben? Vnd vom Propheten Habakuk leſen wir auch / daß er ſagt: Herꝛ / wie lang ſoll ich ſchreyen / vnd du wiltHabak. 1. v. 2. 3. nicht hoͤren? wie lang ſoll ich zu dir ruͤffen vber freffel / vñ du wilt nicht heil ſchaffen? warumb laſſeſt du mich muͤh ſehen vnd arbeit anſchawen? warumb iſt verſtoͤhrung vñ freffel gegen mir vber? vnd warumb findet man leuth die zanck vnd hader erꝛegen?

Demnach ſo zeiget er auch an / Wie wir warten ſollẽ: namlich / daß vnſere lenden vmbguͤrtet ſeyen / vnd vnſere liechter brennen. Vmbguͤrtet ſollen vnſere lenden ſeyn / auff daß wir hiemit anzeigen / wir ruͤſten vns auff die fahrt / wie ſich dann die / welche vber veld woͤllen raͤiſen / vmbguͤrten. Vnd damit wir in dieſer vnſerer raͤiß nicht jrꝛ gangen / ſo will er / daß vnſere liechter / namlich die liechter ſeines Worts / brennen / vnd vns vorleuchten.

So will auch der Herꝛ Chriſtus / daß / ſo bald er klopf - fen werde / wir jhme auffſchlieſſen ſollẽ. Er klopffet aber euſſerlich durch ſein Wort / in dem er die gemeinſchafftC iij22beydes ſeinen ſelbs / vnd des ewigen heils vns anbeutet. Jnnerlich klopffet er aber auch in vnſeren hertzen vnd ge - muͤteren an / durch die krafft vñ wirckung ſeines H. Gei - ſtes / welcher vns dahin treibet / daß wir von gantzem her - tzen die ſuͤnd haſſen / vnd hergegen allein den mitlen / wel - che vns zur ſeligkeit leiten / nachtrachten / darumb ſollen wir jhme ohn allen verzug / wann er klopffen wirdt / auff - thun. Dann bey demſelbigen will er ſein einkehren nem - men: wie er ſelber verheißt Apocal. cap. 3. verſ. 20. da er ſagt: Sihe / ich ſtande vor der thuͤr / vnd klopffe an: So jemand meine ſtim̃ hoͤren wirdt / vnd die thuͤr auffthun / zu dem wirdt ich eingehen / vnd mit jhm das Nachtmal halten / vnd er mit mir.

Darumb ſo wir wachen werden / wirdt er nicht ſchnel vber vns kom̃en / vnd werden jhme auffthun koͤñen: wel - ches wir wol behertzigẽ ſollẽ / damit auch dermalen eins / wann wir anklopffen / vns auffgethan werde / vnd nichtMatth. 25. mit den fuͤnff vnweiſen Jungfrawen abgewieſen werdẽ.

Auff daß aber nicht jemand vermeinte / das / was der Herꝛ Chriſtus zu ſeinen Apoſtlen ſagt / gange allein die Diener des H. Euangelij an: die ſeyens / welche ſich vor ſicherheit des fleiſches huͤten ſollen / ſie ſollen allein wa - chen / ſie ſollen allein betten: ſo thut der Herꝛ Chriſtus zu end dieſer worten hinzu: Was ich aber euch ſage / das ſage ich allen: Wachet. Will der halben dieſes hie - mit anzeigen / was er bißher geredt / weſſen er ſie bißher vermahnet / gange alle Menſchen in gemein an. Alle Menſchen ſollen ſich vor fleiſchlicher ſicherheit huͤten: Alle Menſchen in gemein ſollen wachen / daß ſie nicht vom Satan verfuͤhret werden. Sollen auch betten / da - mit ſie durch hilff des heiligen Geiſtes beſtaͤndig in dem weg des Herꝛen verharꝛen moͤgen / dann ſie ſonſt vonjhnen23jhnen ſelbs nichts vermoͤgen. Wirdt alſo hie die vierdte vnd letſte vrſach begriffen / vmb deren willen wir vns je - derzeit vorbereiten ſollen auff vnſer abſterben. Dieweil ſolches nicht allein den Apoſtlen / auch nicht allein den Lehreren des H. Woꝛts Gottes geſagt iſt woꝛden / ſonder allen Menſchen in gemein / ſie ſeyen was ſtands / was authoritet / was[an]ſehens ſie jmmer woͤllen. So laſſen vns nun dieſem gebott vnſers Herꝛen vnd Heilands Je - ſu Chriſti fleiſſig nachkommen / auff daß wir dermalen eins mit freuden der zukunfft Chriſti entgegen gezuckt werden / vnd alßdann mit allen außerwoͤhlten Englen vnd Menſchen der ewigen ſeligkeit genieſſen moͤgen.

Hierauß nun haben wir kurtzlich nachvolgende Lehrẽ zu vermercken. Erſilich / Der Herꝛ Chriſtus meine es jederzeit gar gut mit vns Menſchen / dieweil er vns ſo fleiſſig vermahnet / wie wir vns auff ſein zukunfft ruͤſten ſollen / damit wir bereit erfunden werden: Derohalben ſollen wir jhn widerumb hergegen lieben / vnd jhme ge - horſam̃ ſeyn.

Wir lehrnen aber auch fuͤr das ander / daß gewißlich ein juͤngſtes gericht ſeyn werde / ob wir ſchon die zeit / vnd den tag deſſelben nicht wiſſen moͤgen: Dann der Herꝛ des hauſes / das iſt / Chriſtus / alß ein Richter der gantzenv. 35. Welt / wirdt in der wahrheit kom̃en / vnd von einem je - den rechenſchafft erforderen.

Verſuͤndigen ſich derowegen die jehnigen gar ſchwer - lich / welche die aufferſtehung der todten eintweders gar verlaͤugnen / oder aber mit jhrem gottloſen leben genug - ſam zu erkennen geben / ob ſie dieſelbige ſchon mit dem mund bekennen / jedoch in jhrem hertzen verneinen: aber ſie werdens gewiß dermalen eins mit jhꝛem groſſen ſcha - den erfahren.

Nicht24

Nicht weniger verſuͤndigen ſich auch die / welche durch ſonderbare kuͤnſt die zeit des juͤngſten gerichts erforſchen woͤllen: dann ſie dem jehnigen / welches vns verborgen ſeyn ſoll / wider das gebott Gottes / nachgruͤnden. Vnd wie wolte es doch moͤglich ſeyn / daß ſie die zeit recht er - gruͤnden koͤnten / ſo doch der Herꝛ Chriſtus ſagt / daß we - der die H. Engel / ja noch des Menſchen ſohn / von dem - ſelbigen tag vñ ſtund wiſſen / wañ er ſeyn werde. Jch ver - meine nit / daß ſie es durch jhre ſpitzfindigkeit dem wiſſen der Englen / vnd des Herꝛen Chriſti vorthun werden.

Vber das ſind auch rechtmaͤſſiger weiſe zu beſchelten / welche die trewhertzige vermahnung des Herꝛen Chriſti hindan ſetzen / vnd nicht deſto minder ſich mit allerley ſuͤnden vnd laſteren beflecken / allein dem luſt der augen vnd des fleiſches nachhaͤngen / der ſorg der nahrung / der weinſuͤchtigkeit / vnnd der faulkeit zu viel ergeben ſind. Ja die fuͤrnemlich / welche ob ſie ſchon wiſſen / daß ſie dieſe laſter an jhnen haben / dannoch den Herꝛen nicht vmb verzeihung derſelben / oder vmb einen beſſeren ſinn bitten: vnd ob ſie ſchon betten / da ñoch daſſelbig ſo ſchlaͤf - ferig thund / daß man wol geſpuͤren kan / wie ernſt jhnen ſeye / vnd was ſie mit jhrem gebett werden außrichten.

Vns aber L. C. dienen dieſe wort zu ſonderem troſt / dann wir wiſſen / daß dieſes zeitliche leiden ein kurtzes leiden iſt / vnd daß wir dermalen eins von dem Herꝛen des hauſes beruͤfft ſollen werden. Darumb / dieweil wir kinder des liechts vnd des tags ſind / ſo laſſet vns hinle -1. Theſſal. 5. v. 5. 8. gen die werck der finſternuß / vnd anlegen die waffen desEph. 5. 8. liechts: laſſet vns anziehen den krebs des glaubens vndRom. 13. 12. der liebe / den helm der hoffnung des heils / auff daß wir nuͤchter / wachtbar / vnd im gebett erfunden werden / wañ Chriſtus vns auß dieſer Welt will abforderen / vnndwann25wann er kommen wirdt zu richten die lebendigen vnd die todten.

Dieß iſt / was ich E. L. auß verleßnen worten auff das einfaͤltigſt hab woͤllen fuͤrhalten: da dann E. L. verſtan - den / daß wir jederzeit vns wol ruͤſten ſollen / damit wann Chꝛiſtus der Herꝛ kommen wirdt / vns abzufoꝛderen / wir willig vnd bereit ſeyen. Dann 1. wiſſen wir nicht / wann es zeit iſt. 2. So ſind wir auch ſeine diener / vnd wiſſen nicht / wañ er / der Herꝛ des hauſes / kom̃en wirdt. 3. Er moͤchte villeicht auch ſchnel vber vns kommen / vnd vns ſchlaffend finden. 4. So hat ers auch nicht einem oder zween jnſonderheit befohlen / ſonder allen Menſchen in gemein. Was wir auch hierbey zu erlehrnen / iſt auff das kuͤrtzeſt angezeigt worden.

Zum beſchluß nun / ſoll ich auch kurtzlich etwas von dem Leben vnd abſterben vnſers lieben Bruders ſeligen / welchen wir auff dießmal zu ſeinem Ruhbettlein begleit - tet / vnnd jhme alſo die letſte ehr beweiſen / vermelden. So iſt zu wiſſen / daß er zu Sprottaw in Schleſien / vonAnno Chri ſti 1588. Chriſtenlichen vnd fuͤrnehmen Elteren ehelichen iſt er - zeuget / vnd geboren worden. Dann ſeinen lieben Vat -H. Steffan Watther. tern betreffendt / iſt er nun ein lange zeit (wie ich dann glaubwuͤrdiglich deſſen berichtet worden) mit ſonderem nutz des Vatterlandts / ein Rahtsverwanther daſelbſten geweſen / vñ mit groſſem ruhm dem gemeinen Regiment vorgeſtanden.

Von jugendt auff haben jhn ſeine lieben Elteren zu der Gottsforcht / zu Chriſtlichen Tugendten / vnd guten Kuͤnſten / auch nutzlichen Spraachen gehalten vnd ver - mahnet / denen er auch gehorſamlich gevolget / alſo daß er bald auff das Gymnaſium zu Goͤrlitz hat koͤnnen geſchickt werdẽ / alda er in zweyen jahren ſoviel proficirt /D26daß er / mit raht ſeiner Herꝛen Pręceptorn / auff andere fuͤrnehme vnnd berhuͤmbte Vniverſiteten ſich begeben. Alß erſtlich auff die zu Wittemberg / hernach auff die zu Marpurg / nicht ohne ſeinem groſſen nutz vnd frommen: dann er beydes in guten ſitten vnd geberden / auch in ſei - nem ſtudieren ſo wol fort geſchritten / daß jhn die Herꝛen Profeſſores, welche er gehoͤret / ſonderlich geliebet. Hat ſich auch daſelbſt in die dritthalb Jahr gern geuͤbet in of - fenlichen vnd ſonderbaren diſputationibus, tam oppo - nendo, quàm reſpondendo.

Dieweil er aber jederzeit begert in ſeinem ſtudio Me - dico fortzuſchreiten / vnd vernommen / daß hierzu vnſer hochlobliche Vniverſitet alhie zu Baſel / jhme wol fuͤr - derlich ſeyn wurde / hat er ſich / mit gutem raht ſeiner El - teren / Bruͤderen vnd Verwanthen / ſampt zween ſeiner Landtsleuthen / verſchienenen Herbſtmonat / dieſes ab - lauffenden 1610. Jahrs / alhero begeben.

Wie er ſich die zeit hero verhalten / iſt E. L. wol be - kannt / derohalben es vnnoͤhtig were / weiter davon zu re - den. Alß er aber in der fuͤnfften wochen nach ſeiner an - kunfft zu vns / auch mit dieſer jetzmal regierenden ſeuch von Gott iſt angegriffen woꝛdẽ / da hat er alßbald ſeinen willen in den willen Gottes geſtellet / vnd geſagt: Wie es Gott mit jhme machẽ werde / ſo ſeye er deſſen wol zu frie - den. Vnd da er geſehen / daß ſein Kranckheit je laͤnger je mehr vberhand namb / hat er deſto mehr ſich mit ſchoͤnen gebetten / vnnd anderen auß der H. Schꝛifft gezogenen ſpruͤchen dermaſſen getroͤſtet / daß ſich die vmbſtehenden daruͤber zu verwunderen gehabt.

Dieß iſt auch gedaͤchtnuß wuͤrdig: Da man jhme ein remedium oder artzney eingebẽ woͤllẽ / hat er geantwoꝛ - tet: Sein Herꝛ Chriſtus habe jhm ſchon die beſte artzneyeinge -27eingegeben / an denſelben woͤlle er ſich nunmehr laſſen. Hat auch Gott ernſtlich gebetten / daß er nicht woͤlle mit jhme ins gericht eingehen / dañ er wiſſe wol / daß er nicht beſtehen moͤge.

Wie er nun angefangen mit dem Tod zu ringen / hat er ſich ernſtlich mit leib vnd ſeel Gott trewlich befohlen / vnd hat die wort auß dem 31. Pſal. angezogen: Jn deine haͤnd / o Gott / befehle ich meinen geiſt / du haſt mich er - loͤßt / du getrewer Gott. Vnd bald darnach hat er ſeine lieben Elteren / geſchwiſtertẽ / gefreundtẽ vnd verwanthẽ Gott befohlen / ſie geſegnet / vñ alſo ſanfft in Jeſu Chri - ſto verſcheiden / gleich wann er ſonſt entſchlieffe.

Was woͤllen wir nun / fromme Glaͤubigen / anders hierzu ſagen / dañ eben dieß / daß er der getrewen vermah - nung vnſers Herꝛen Chriſti wol ſeye nachkommen / daß er gewachet / vnd gebetten / daß jhn der Herꝛ dieſer Welt geruͤſtet habe gefunden / daß er nicht zu ſchnel vber jhn kommen / vnd jhn ſchlaffend gefunden habe / welches er dañ genugſam in ſeinem Todbeth zu erkennen gegeben.

Darumb dann Gott fuͤr ihn zu loben / der jhm dieſe groſſe gnad verliehen / daß er ſich alſo in ſeinen willen koͤnnen ſchicken: vnd darneben auch wol zu bitten / daß er die jehnigen / ſo ſeinet halben betruͤbet / troͤſten woͤlle / vnd vns / wann vnſer Sterbſtuͤndlein vorhanden ſeyn wirdt / willig vnd bereit machen / damit wir jhme mit freudigkeit entgegen gehen moͤgen. Welches vns ver - leihen woͤlle Gott der Vatter / Gott der Sohn / vnd Gott der H. Geiſt / hoch ge - lobet in alle ewigkeit. Amen.

Ja / kom̃ Herꝛ Jeſu. ()
D ij28

Threnodia.

PRofectò ſic eſt! advena gens ſumus,
Mortalitatis vitaq́ue tranſitus,
Eſt certa mors, incerta ſemper
Hora, locus, modus exeundi.
Walthervs, eheu, nobile corculum
Phœbi, clientûm artis Medicæ decus,
Expertus id, primis ſub annis
Peſtiferâ lue funeratus.
Dum Morta plenâ pyxide toxicum
Effudit, urbem quo Baſileidos
Orbavit, optimisq́ue junxit
Egregium juvenem ſepulcro.
Jam meſſis inſtabat, ſatis uberes
Datura fructus, & titulos novos:
Sic nihil beatum parte ab omni,
Et mala mixta bonis ſubindè.
Solamen illud, quod Dominus dedit
Hoc abſtulit, nos erigat, omnibus
Nam fata reſpondere votis
Imperio vetitum Jehovæ.
Nunc terra corpus, cœlum animam tenet,
Jungenda rurſus luce noviſſimâ,
Si fata nos vocant, ſequemur,
Qui in Domino moritur, beatus.

Amico deſideratiſſimo cum luctu poſita à M. Johanne Henisio Ulm. Philiatro & Poëta Laureato - ſareo.

Finis.

About this transcription

TextEin Christliche Leichpredig/ Welche/ Bey der begräbnuß des Ehrenvesten vnnd Wolgelehrten/ Herren Iohannis Waltheri
Author Nicolaus Brombach
Extent28 images; 7388 tokens; 2257 types; 48464 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationEin Christliche Leichpredig/ Welche/ Bey der begräbnuß des Ehrenvesten vnnd Wolgelehrten/ Herren Iohannis Waltheri Nicolaus Brombach. . 28 Johann Jacob GenathBasel1610.

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Universitätsbibliothek Breslau Universitätsbibliothek Breslau, 4 O 968/10 / 511318

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Fraktur

LanguageGerman
ClassificationGebrauchsliteratur; Leichenpredigt; Gebrauchsliteratur; Leichenpredigt; ready; aedit

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  • dta@bbaw.de
  • Deutsches Textarchiv
  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
  • Jägerstr. 22/23, 10117 BerlinGermany
ImprintBerlin 2019-12-10T09:35:55Z
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ShelfmarkUniversitätsbibliothek Breslau, 4 O 968/10 / 511318
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