Er iſt bald vollkommen worden / vnd hat vil Jahr er - fuͤllet / dann ſein Seel gefelt Gott / darumb eilt er mit jhm auß dem boͤſen leben.
WJꝛ haben auß dem heutigen Euan - gelio / von den Zeichen deß Juͤngſten tags / geliebte im HErꝛn gehoͤrt / daß der Juͤng - ſte groſſe Tag deß HERREN / werde wie ein Fallſtrick kommen / vber alle die auff Er - den wohnen. Der Todt / wie Auguſtinus ſagt / iſt einem jeden ſein Juͤngſter tag / der vberfellt auch vns Menſchen / bißweilen vrbloͤtzlich / daß wie ein Fiſch mit einem ſchaͤdlichen Hamen gefangen / vnnd der Vogel mit dem Kloben ploͤtzlich vberfallen / vnd hingeruckt wirdt / alſo werden wir auch durch den zeitlichen Todt zu zeiten / vnuer - ſehens vberfallen vnd hingeruckt / deſſen haben wir Gott erbarms auch ein trawriges Exempel / an dem jungen Geſellen vnd Stu - dioſo / Dauide Nicolao von Augſpurg / welcher vor wenig ta - gen / mit anderen ſeines alters Jungengeſellen / ſtudierens hal - ben / mit rath vnd bewilligung jhrer Obern vnd Eltern allhie an - gelangt / aber am nechſt verſchinen Mitwoch bey naͤchtlicher weil / mit einem Schuß vnuerſehens getroffen / daruon er ſehr bald hernach ſeinen Geiſt auffgeben / Darbey wir erinnert wer - den deß groſſen Elends / darinn wir armſelige Menſchen ſtre - ben / daß wir dem wuͤten deß boͤſen Feinds / der ein Moͤrder iſt / Johan. am 8. vnd mancherley vnfaͤllen vnderworffen ſeyn / demſelben ſtudioſo, ſeynd wir jhm jetzund ſeine letzte ehr zuerzei - gen verſamblet / damit wir nun etwas nutzlichs / zn vnſerer vn - derweiſung vnd erbawung auß Gottes Wort hoͤren moͤgen /A ijwoͤllen2Chriſtliche Leichpredigt /woͤllen wir dir verleſene Wort / auß dem Prediger Salomon kuͤrtzlich mit einander / in der Forcht deß HErꝛen betrachten / die vns erinneren der vnbeſtendigkeit vnd vngewißheit menſchliches Lebens / vnd mancherley vnuerſehner Vnfaͤll vnd Vngluͤck / dem vnſer Leben vnderworffen iſt / vnd wie wir vns darein ſchicken ſol - len / wiꝛ woͤllen den Text erſtlich mit wenigen Worten erklaͤren / vnd dann nechſt ein par Lehrpuͤnctlein mit heimb nemmen / Gott woͤlle ſein Geiſt miltigklich hierzu verleyhen / Amen.
Erklaͤrung deß Terts: Auch weiß der Menſch ſeine Zeit nicht / ꝛc. einmal iſt allen Menſchen aufferlegt zu ſterben / Heb. 9. das iſt der Weeg alles Fleiſch / 1. Reg. 2. es iſt der alte Bund / Menſch du muſt ſterben / das wiſſen wir gar gewiß / aber zu was zeit vnd durch was Orth deß todes / das koͤnnen wir nicht wiſſen / dann deß Menſchen zeit ſtehet in Gottes Haͤnden / Pſal. 31. da - her Moyſes ſagt / Pſal. 90. der du die Menſchen laͤſſeſt ſterben / vnd ſprichſt / kompt wider jhr Menſchenkinder. Diß fuͤhret vns der Prediger Salomon allhie zu gemuͤth / vnnd erinnert vns ſo bald / der mancherley vnfaͤllen vnd gefaͤhrlichkeiten / deren wir Menſchen vnderworffen ſeyn / alſo daß ein Menſch offt kombt vnuerſehens in Leyden vnd Noth / vnd weiß nicht wie / vnd muß vrploͤtzlich wider ſein gedancken ſein Leben enden / da gehts jhnen wie der Prediger ſagt / gleich wie den Fiſchen vnnd Voͤgel / es wirdt ein Hamen ins Waſſer geworffen / der Fiſch veꝛmeint ſein Nahrung zugewinnen / vnd verſchlingt den Hamen / der Angel der zerꝛeiſt jhm den Bauch / vnd wirdt gefangen / das iſt einem wol ein ſchaͤdlicher Hamen. Ein Vogel vermeint auff einem auß - geworffen Kloben auch ſein Speiß zuſuchen / aber da wirdt der Klob vber jhme zugeworffen / vnd wirdt gefangen / Alſo ſagt der Prediger / auch werden die Menſchen beruckt zur boͤſen zeit / weñ ſie ploͤtzlich vber ſie felt / mancher nimbt jhm etwas fuͤr / oder ge - het vnuerſehens an ein Orth / aber zu vngluͤckſeligen ſtunden vndzeit /3Chriſtliche Leichpredigt /zeit / daß er in noth vnnd gefahr kompt / darinnen er ſein Leben jaͤmmerlich beſchlieſſen muß / daher entſtehet betruͤbnuß vnnd hertzleid / ſolches verhelt ſich alſo mit boͤſen vnd frommen / ja den Frommen trifft ſo bald das Vngluͤck / als einen boͤſen Bueben / darumb wirdt die zeit wol boͤß genennt / von wegen ſolches vnuer - ſehnen Vngluͤcks.
Laſſet vns demnach fleiſſig mercken die Wort deß Predigers / der Menſch weiß ſein zeit nicht / die vrſach iſt / daß vnſer Leben ſteht in GOttes Haͤnden / der Menſch hat ſein be - ſtimpte zeit / die zahl ſeiner Monden ſtehet bey dir / du haſt ein Zil geſetzt / das wird er nit vbergehn ſpricht Job / all vnſere TagJob. 14. ſein auff dein Buech geſchriben / die noch werden ſollen / vnnd derſelben keiner da war / gleich wie ein Topff iſt / in der HandPſal. 139. deß Toͤpffers / der da macht hat / jhn zuverbrechen / oder zuerhal - ten / alſo hat vnſer HErꝛ Gott auch vnſer Leben in ſeiner Ge - walt / er hats macht zuerlaͤngeren oder abzukuͤrtzen / wie ein We - ber ein Faden abreiſſet / Eſa. 38. Darumb nennet Syrach Gott wol ein HErꝛen ſeines Lebens / vnd wir mit jhm im 23. Cap. Er gibt Leben vnd Athem / Job 10. Gott hat deinen Athem / vnnd alle deine Weeg in ſeiner Haͤnd / ſagt Daniel der Prophet zum Koͤnig Bolſatzer / Daniel 5. Solches muͤſſen wir erkennen vnd vns erinnern / in allen wunderbarlichen vnd gantz widerwertigen Faͤllen / da wir wol vermeinen / es gehe vngefaͤhr zu / oder ſchreibt es zu dem Gluͤck / oder wie der Prediger zuuor nach menſchlichem wohn redt / daß zum lauffen nicht helffe ſchnell ſeyn / zum Streit helffe nicht ſtarck ſeyn / zur Nahrung helffe nicht geſchickt ſeyn / zum Reichthumb helffe nit klueg ſeyn / daß einer angenemb ſeye / helffe nicht daß er ein ding wol koͤnne / ſondern alles lige an der Zeit vnd Gluͤck / ſo iſt doch alles Gottes prouidens vnnd regie - rung. Wir leſen Exod. 21. vnd Deut. 19. Wann einer eines Le - ben nicht nachſtelle / vnd bringe jhn vmb / als wann einer in eimA iijWald4Chriſtliche Leichpredigt. Wald ein Baum vmbhawet / vnd die Axt faͤllt jhm vnuerſehens auß dem Stil / vnd wirfft ſein Nechſten daß er ſtirbt / da ſagt da - ſelbſt die Schrifft / Gott hab jhne laſſen in ſein Hand fallen von Vngeſaͤhr / vngefaͤhr vnſerthalben / aber ſeinthalben nach ge - wiſſer verſehung vnnd verhengnus / Alſo gedenckt Luth: daß einer ſeinen Brueder / der von eim wilden Schwein vberwaͤltigt / er - retten woͤllen / vnd in dem er dem Schwein einen fang geben wil / erſticht er ſeinen Brueder vnuerſehens / vnnd ſeynd der Faͤll vil vnd mancherley / vnd in groſſer vngleichheit. Lutherus ſagt wol / Ita ſuntres mortalium, vt cuilibet à proximo ſuo ſit peri - culum, das iſt: alſo iſt es vmb das thun der Menſchen bewandt / daß einem jegklichen von ſeinem Nechſten ein Gefahr zuſtehtt kan / vnd wie man ſagt / ein jeder iſt ſeinem Nechſten ein Brand ſchuldig / Ja / noch wol den Todt / ich wil jetzt nicht ſagen / daß Gott einen frommen Menſchen / in eines Moͤrders Hand fallen leſt / Wie der fromme vnd gerechte Abel auffs Feld gehet / zu ſei - nem Bruder Cain / vnnd wirdt von jhme zu Todt geſchlagen / warumb aber GOtt diß vnnd jenes verheng / ſolches gebuͤrt vns nicht fuͤrwitzig zuerforſchen / er hat aller ſeiner Werck vnd ver - hengnuß vrfach / vnd zwar kein Sperling auff die Erden faͤllet ohne Gottes willen / Matth. 10. Ja wie Tertulianus ſagt / kein Blat von einem Baum ohne Gottes vorſehung faͤlt / vil weniger muß ohne Gottes willen vns Menſchen ein Minut an vnſerem Leben abgehen / darumb wir in allerley Zuſtaͤnd / wie GOtt der Herr vns dieſelbige zuſchickt / auff ſeinen willen ſehen ſollen. Was zwar boͤſe Leut anlangt / da zeigt vns GOttes Wort vr - ſach ſeiner Gericht an / Blutgirige vnd falſche Leut werden jhr le - ben nicht zur helfft bringen / Pſal. 55. den Gottloſen wirdt das Vngluͤck toͤdten / dann deß Herꝛn Antlitz ſtehet wider die ſo boͤſes thun / das er jhꝛ gedaͤchtnus außrotte von der Erden / Pſal. 34. Die Gotloſen nemmen ein ende mit ſchrecken / Pſal. 73. Gervnd5Chriſtliche Leichpredig. vnd Onan / Gen. 38. waren boͤſe Buben / darumb toͤdtet ſie der HErꝛ. Hophni vnd Pinehas waren auch boͤſe Buben vnd rechte Belials Kinder / darumb ſtrafft ſie Gott / daß ſie im Krieg jaͤm - merlich vmbkommen / 1. Sam. 4. Abſolon der vngeratene Sohn Dauids / trib ſein Vatter von Land vnd Leut ins Elend / darumb ſtrafft jhn Gott / daß er mit ſeinen Haaren an einer Eychen han - gen bleibt / vnd wirdt von Joab mit 3. Spieſſen in ſein Hertz ge - ſtochen / 2. Sam. 18. Alſo verhengt GOtt / daß boͤſe Gottloſe Leut ein end nemmen mit ſchrecken. Aber vber fromme Leut / verhengt Gott bißweiln auch etwas hartes / daß ſie vnuerſehens einen bitteren Todestrunck thun muͤſſen / wie vom frommen vnd gerechten Abel geſagt / der fromme vnd gegen Dauid trewhertzige Jonatan / kombt eben ſo wol im Krieg / auff den Berg Gibea vmb / wie ſein Gottloſer Vatter Saul. 1 Sam. 31. Joſias / war ein frommer vnnd Gottſeliger Koͤnig / noch wirdt er auch im Krieg wider Nacho / dem Koͤnig auß Egypten / von den Schuͤtzẽ geſchoſſen / vnd alſo verwundet / daß er daruͤber ſein Geiſt auff - geben muß. 2. Parab. 35. vnd derſelbigen Exempel tragen ſich noch vil zu / fragſtu nach der vrſach / warumb Gott der HErꝛ ſolches verhenge / ſo ſagen wir ſo vil / daß fromme vnnd heilige Leut / auch jr maͤngel vnd gebrechen haben / die Gott fuͤr ſein H. Angeſicht ſtellet / darumb ſteupet ſie Gott / vnd gibt jhnen biß - weilen ein ſcharpffen vnd harten ſtreich / das jhnen nit allein die Augen vber gehn / ſonder auch wol die Seele außfehꝛet / doch ſeyn ſie in Gottes Haͤnd geſchloſſen / dauon ſtehet ein feiner ſpꝛuch / im Buch der Weißheit am 3. Aber der gerechten Seelen ſeynd in Gottes Haͤnd / vnnd kein Qual ruͤhret ſie an / fuͤr den vnuer - ſtaͤndigen / werden ſie angeſehen / als ſturben ſie / vnnd jr abſchid wirdt fuͤr ein Pein gerechnet / vnd jhr hinfahrt vor ein verderben / aber ſie ſeynd im Friden / Ob ſie wol vor den Menſchen vil leides haben / ſo ſeind ſie doch gewiſer hoffnung / das ſie nimmermehꝛſterben6Chriſtliche Leichpredig. ſterben / ſie werden ein wenig geſteupet / aber vil guts wirdt jhnen widerfahren / deñ Gott verſucht ſie / vnd findet daß ſie ſein werth ſeynd:
Zum andern / haben wir wol allhie zubedencken / dieweil vil vnd mancherley Vnfall vnd gefaͤhrlichkeiten / denen wir armſeli - ge Menſchen vnderworffen ſeynd / die vns der Prediger Sa - lomon mit diſen gleichnuſſen zu gemuͤth fuͤhꝛet: Wie die Fiſch ge - fangen werden mit einem ſchaͤdlichen Hamen / vnd wie die Voͤ - gel mit dem Strick gefangen werden / ſo werden auch die Men - ſchen beruckt zur boͤſen zeit / wann ſie ploͤtzlich vber ſie felt / das iſt ein ſtuck deß groſſen Elends / darumb vnſer Leben ſteht / wie Sy - rach 40. Cap. ſagt: in todes gefahr / die Exempel vnd erfahrung bezeugen diß vilfaͤltig / deß H. Mans Jobs 7. Soͤhn vnnd 3. Toͤchteren / waren luſtig vnd guter ding mit einander / da wirfft durch Gottes verhengnuß der boͤſe Feind / durch ein grauſamen Wind / das Hauß vber ein hauffen / daß ſie allzumal ſturben / Hiob. 1. Abner der Feldoberſt / vnd hernach Amaſa 2. Sam. 3. vnd 20. werden vnuerſehens vnder dem ſchein der Freundſchafft von Joab erſtochen / vnd vmb jhr Leben bracht. Vrias der He - tither / wirdt auß anſtifftung vnd beuelch Dauids / in dem Streit vor der Stadt Rabba / an einen gefaͤhrlichen Orth geſtelt / vnd jaͤmmerlich vmb ſein Leben bracht / 2. Sam. 11. Jonatan vnnd Saul / kommen mit einander vmb auff dem Berg Giboa / in der Schlacht gegen den Philiſteern / 1. Sam. 31. Aſael ein hur - tiger Soldat / Joabs Bruder / wirdt von Abner durchſtochen / 2. Sam. 2. Abſolon bleibt an einer Aichen hangen mit ſeinen Haaren / vnd wirdt von Joab mit 3. Spieſſen durchſtochen / 2. Sam. 18. vnuoñoͤten iſts / mehr Exempel anzuziehen / all dieweil derſelben vnuerhofften Vnfaͤllen ſich leyder all zuvil zutragen / mit boͤſen vnd frommen / wie wir jetzunder auch eins vor Augen haben / es gehet wol ein Studioſus ins kuͤhl Bad / vnd gerath inein7Chriſtliche Leichpredig /ein Loch / darinn er ſein Leben laſſen muß. Diſe Betrachtung ſoll vns erſtlich darzu dienen / daß wir fuͤrſichtig ſeyn in all vnſe - rem thun vnd leben / handel vnd wandel / vnd vns Morgens vnd Abends / dem Allerhoͤchſten in ſein ſchutz vnnd ſchirm beuelchen / vnd jhn bitten / daß er ſeinen lieben Engeln beuelch thun woͤlle / die vns auff vnſeren Weegen behuͤten / Pſal. 91. Darnach das wir in vnſeren wegen bleiben vnd vnſers beruffs warten / Factua quæ tua, tua quæ non ſunt ea mitte, thue was dir beuolchen iſt / vnd huͤte dich vor dem fuͤrwitz. Jtem / daß wir die gefahr mey - den / da[nn]wer die Gefahr liebt / der wirdt darinn vmbkommen / die nun das thun / die haben ſich deß ſchutzes Gottes / vnd der hut ſeiner lieben Engel zu troͤſten / wie der Pſalm. 91. ſagt: Wer vn - der dem Schirm deß Hoͤchſten ſitzt / vnnd vnder dem Schatten deß Allmaͤchtigen bleibt / ꝛc. Jtem / Er hat ſeinen Engeln befol - hen / ꝛc. Verhengt alßdañ Gott etwas vber vns / wolan / ſo ſeynd wir in ſeiner Hand / darauß kein gefahꝛ / nichts vnuerſehens / ja der Todt ſelbſt nicht / vns reiſſen kan. Da heiſt es / wie Paulus ſa -Rom. 14. get: Leben wir / ſo leben wir dem Herꝛn / ꝛc. Wolte nun Gott / daß diß ſtuck vnſere freuele Geſellen wol bedaͤchtẽ / die deß Nachts gaſſatum gehen / agieren andere / machen ein vnruh / ſchmaͤhen vnd ſchaͤnden ſie / werffen mit penalen vmb ſich / daher Jammer vnd noth entſtehet: Man vermahnt / man ſtrafft / aber alles vmb - ſonſt / So kompt dann Gott / vnd verhengt vber einen oder den andern etwas / auch bißweilen vber vnſchuldige / daß man ſich dann graͤmen muß / dahero betruͤbnuß vnd hertzleyd / Eltern vnd Freunden gemacht wird / vnd das Hertzleyd jhnen dann ſelbs in jhren Bueſen zu Hauß kompt. Jch ſage nicht / daß der gute Stu - dioſus, dem wir jetzt zu ſeinen letzten Ehꝛen erſchinen ſeynd / ein ſolcher geweſen ſeye / als der newlicher zeit anhero kommen / vnnd vnſchuldig in diſen vnfall gerathen iſt / ſonder ich rede es anderer verwegnen Geſellen wegen / deren gleichwol eben damals / als ſichBdiſer8Chriſtliche Leichpredig. diſer trawrige vnfall begeben / auff der Gaſſen geweſen / vnd da - hero vrſpꝛuͤnglich derſelbig verurſacht / Dieſelbige wird Gott ge - wißlich finden.
Darnach ſoll vns diſe Betrachtung auch darzu dienen / daß wir vns huͤten / voꝛ vnzeitlichem vrtheilen / vnd nicht bald mit zu platzen / eben als ob die jenigen / mit welchen ſolche Faͤll ſich bege - ben / voꝛ andern Leuthen / Schuldner geweſen ſeyn / Sonſt wur - den Jobs Kinder / die der Vatter gewißlich in guter Zucht ge - halten / vnd fuͤr ſie fleiſſig gebettet / vnd geopffert / auch vor ande - ren / den einfall deß Hauß / vnnd ſchroͤcklichen Todt / mit boßheit verurſacht haben: Jn gleichem auch der fromme vnnd gottſelige Jonathan / Dauids Freund: Jtem / der fromme vnnd gottſelige Joſias / Diß muͤſten je boͤſe Buben geweſen ſeyn. Alß vnſerm Herꝛn Chriſto etliche verkuͤndigten von den Galileern / welcher Blut Pilatus ſampt jhrem Opffer vernicht hat / ſpꝛicht er: Mei -Luc. 13. net jhꝛ / daß diſe Galileer voꝛ allen Galileern / Suͤnder geweſen ſeyn / dieweil ſie diß erlitten haben? Jch ſage Nein / Sondern ich ſage euch / So jhꝛ euch nicht beſſert / werdet jhꝛ auch alle alſo vmb - kommen: Oder meinet jhꝛ / daß die achtzehen / auff welche der Thurn in Siloa fuͤhl / vnd erſchlueg / ſie ſeyen ſchuldig geweſen / voꝛ allen Menſchen die zu Jeruſalem wohnen? Jch ſage / nein / ſonder ſo jhꝛ euch nit beſſert / werdet jhꝛ auch alle alſo vmbkom̃en. Vnd zeigt der Herꝛ Chriſtus alſo an / es ſeye kein Menſch in Je - ruſalem / der nit eines ſolchen vnfalls werth were / wanns Gott vber jhn verhengen ſolt. Es lehꝛt eben der Prediger Salomon in diſem Capitel / daß man auß euſſerlichem Zuſtand / er ſeye gut oder boͤß / nicht vrtheilen ſolle von deß Menſchen Vnſeligkeit / o[-]der Seligkeit / es begenet einem / ſpꝛicht er / wie dem andern / dem Gerechten / wie dem Vngerechten / dem Guten vnd Reinen / wie dem Vnreinen / dem der da opffert / wie dem der da nicht opffert / wie es dem guten gehet / ſo gehet es auch dem Suͤnder / Ja S. Petrus9Chriſtliche Predig /Petrus ſagt: Es ſey an dem / daß ſich das Gericht anfahe am1. Petri. 4. Hauß Gottes. Derowegen ſollen wir auch hieher ziehen den Spꝛuch S. Pauli: Wer biſt du / der du eines frembden KnechtRom. 14. richteſt / ſtehet er / ſo ſtehet er ſeinem Herꝛn / fellt er / ſo fellt er ſei - nem Herꝛn / er wird jhn wol wider auffrichten / Gott der HErꝛ hat ſein vrſach / warumb er alſo mit einẽ faͤhret vor dem andern / doch aber wird er die Gottloſen boͤſen Buben wol wiſſen zu - richten.
Zum dritten / dieweil vnſer leben alſo in Gottes Haͤnden ſtehet / vnnd wir Menſchen mancherley Vnfaͤll vnderworffen ſeyn / ſo ſollen wir alſo leben / als ob wir alle ſtund ſterben ſollen vnd dauon muͤſſen / darumb ſpricht Salomon: Ruͤhme dich nichtProv. 27. deß morgenden tags / dann du weiſt nicht was ſich heut begeben mag / es kan ſich noch vor Abends mit vns enden. Keiner kan ſa - gen / wann er deß Abends ſchlaffen gehet / er woͤlle deß Morgens friſch vnd geſund wider auffſtehn / oder wann einer deß Morgens friſch auffſtehet / er woͤlle deß Abends widerumb friſch vnd geſund nider gehen / derowegen ſagt wol S. Jacob in ſeiner Epiſtel am 4. Cap. wolan die jhr nun ſagt / heut oder morgen woͤllen wir gehen in die vnd in die Statt. Diß bedencken gar wenig die jenigen Stu - dioſi, die ſich alſo ein ander anmahnen: Morgen woͤllen wir hin - gehn / vnd dem vnd dem ein ſchmauß außfuͤhren / vnd dem pena - liſmum vertrincken / die ſollen ſich diſes Spruchs S. Jacobi er - inneren / daß diſer ruhm boͤß ding ſey / vnnd auch diſes Spruchs deß Predigers / daß wie ein Fiſch mit einem ſchaͤdlichen Hamen / vnd ein Vogel mit einem Strick gefangen wirdt / alſo werde ein Menſch beruckt von der boͤſen zeit / w[a]nn ſie vber jhn fall / vnnd derwegen jmmer zu in der Forcht deß HErꝛn wandlen. Das ſey geſagt von dem verleſenen Spruch deß Predigers Salomons.
JCh hab im Eingang diſer Predig vermeldet / daß ſich am naͤchſt verſchinen Mittwochen / den $$\frac{14}{4}$$ dieſes Monats Decembris, ein trawriger vnfall / mit einem gelehꝛten / vnd ehꝛlichen Studioſo, Davide Niggel / von Augſpurg / bey naͤchtlicher weil zugetragen / daß er vnuerſehens mit einem ſchuß von Schꝛot getroffen / vnd bald hernach ſeinen Abſchid von diſer Welt genommen / Welchem ſeine letzte Ehr zu erzeigen / vnnd ſeinen hinderlaſſenen Leichnamb ehꝛlich vnd Chꝛiſtlich zur Erden zu beſtatten / wir an jetzo verſambler ſeyn. Derſelbige Studioſus iſt von Ehꝛlichen vnd Gottſeligen Eltern / Abraham Niggel / teutſchen Schul-vnnd Rechenmeiſter / vnnd der Tugentſamen Frawen Maria / in jhꝛer ſtehenden Ehe im Jahꝛ 1597. auff diſe Welt geboren / vnd hernach dem Herꝛn Chꝛiſto / durch die heilige Tauff einuerleibt. Folgends / als er zum verſtand kommen / zu S. Anna in die Schul geſuͤhꝛt / damit er von ſeinen kindlichen tagen an zur Gottſeligkeit vnd guten Kuͤnſten vnderwiſen wur - de. Demſelben koͤnnen wir kein beſſer Lob vnd Zeugnuß geben / als wie jhme ſeine liebe Præceptores ein ſolches mitgetheilt:
PRæmium hoc (gloria) vti præſtantiſſimum, ita optabi - liſſimum vnicê ſibi propoſuit, meritoq́ue conſecutus eſt ornatiſſimus Iuuenis David Niccolaus Auguſtanus, qui cum generoſæ indolis, excelſæq́ue ſpei eſſet, in Collegium noſtrum receptus, ac in numerum alumnorum, præceden - te donorum animi ſufficienti exploratione aſcitus per qua - drien nium, cum ſeneſtri tantos, tamque laudabiles in o - mnibus ferè Philoſophiæ partibus, linguis item Cardinali - bus, Latinâ, Græcâ, Hebræâ fecit progreſſus, vt non dubite - mus, quin ſi diuino fauente ſpiritu, cæpto modo in ſtudiis perrexerit, in magnum olim virum, præclarumq́ue Eccle -ſiæ11Chꝛiſtliche Leichpꝛedigt. ſiæ Dei organon ſit euaſurus: in moribus verò tàm pium modeſtum, humilem, obedientem, ſobrium ſeſe exhibuit, vt eum (niſi animum, quod Deus auertat, mutauerit) bo - norum omnium fauore ac patrocinio digniſſimum iudi. cemus, &c.
Deſſen Summa in teutſcher Spꝛach dahin laufft:
Daß diſer junge Geſell / jhme Chꝛiſtlich voꝛgeſetzt / nach Eh[r]vnd Tugendt zu ſtreben. Dann dieweil von wegen ſeines vor - trefflichen ingenii vnd guter art / groſſe hoffnung an jhme ge - leuchtet / iſt er voꝛ vierdte halb Jahren / nach voꝛgangner gnugſa - mer erforſchung ſeiner Gaben vnd profectum, in das Euange - liſche Collegium / alda fuͤr ein Alumnum auffgenommen woꝛ - den / darinnen er in allen partibus Philoſophiæ, Jtem in den Hauptſpꝛachen der Lateiniſchen / Griechiſchen / vnd Hebraiſchen alſo ruͤhmlich vnd loblich zugenommen / vnd proficiert / daß mir nicht zweifelt / wann er durch beyſtand deß heiligen Geiſtes / wie er angefangen / in ſeinen Studijs fortfahꝛẽ wird / es werde auß jm ein voꝛtrefflicher Mañ vnd heilſamer Werckzeug der Kirchen Gottes werden. Jn ſeinem Leben vnd Sitten / hat er ſich Gott - ſelig / zuͤchtig / demuͤtig / gehoꝛſamb / vnd nuͤchtern erzeigt / daß wo fern er nicht ſein Gemuͤt / daruor Gott ſeyn woͤlle / endern wurde / wir es darfuͤr halten / daß er aller Ehꝛliebender vnd fuͤr - nemer Leut gunſt vnd befoͤrderung werth ſey.
Jn dem ſtim̃en beede / jhm gegebne Zeugnuß vberein.
Derſelbig ſo wol begabte junge Geſell vnnd Studioſus ligt nun da / Ob nun Gott der HErꝛ nach ſeinem allein weiſen rath ein hartes vnd ſcharpffes ſteuplin vber jhn verhengt / daß er ploͤtz - lich alſo mit einem Schuß getroffen: Jedoch / weil nach dem Spꝛuch Auguſtini: Nulla mors poteſt eſſe mala, quam bona vita præceſſit, vnd er nach empfangenem Schuß ſovil AnzeigenB iijſeinen12Chꝛiſtliche Leichpꝛedigt. ſeinen vmbſtehenden Condiſcipulis vnnd Mittſtudioſis, ſo jlln zum Gebett vermahnet / vnnd auch mit jhm gebettet / nicht allein gegeben / daß ers wol vernemme / ſondern hat auch diſe wort ſel - beſt gebraucht: Ach Herꝛ Jeſu Chriſte / erbarm dich mein / vnnd vergib mir meine Suͤnd / ich muß doch ſterben. So iſt vns gar kein zweifel / daß der HErꝛ Chriſtus Jeſus / ſein lieber Erloͤſer / dem er ſich befohlen / habe als der rechte Ertzbiſchoff vnd Schoͤpf - fer ſeiner Seelen / dieſelbe zu ſich genommen / vnd in die himme - liſche Academiam transferiert, darinnen er / wie das Buch der Weißheit am vierdten Capittel meldet / zeitlichen zu rechter vollkommenheit gelangt. Das vbrige woͤllen wir alles mitein - ander Gott dem r[e]chten Richter / vnd der Obrigkeit befehlen.
Der allmaͤchtige guͤtige Gott vnnd Vatter vnſers HErꝛn Jeſu Chꝛiſti / woͤlle vns alle auff den rechten / guten vnnd ewigen Weeg begleiten / vnnd vus mit diſem jungen Geſellen ein froͤliche Aufferſtehung verleyhen / Amen.
Ende diſer Predigt.
Diſcipulo ſuo obedienti ac dilecto mœſtus p. Petrus N. eyderlinus Collegij Ephorus.
P. M. P.
Auguſtæ Vindelicorum. Excudeba〈…〉〈…〉 t Dauid Berg. M. DC. XVII.
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