PRIMS Full-text transcription (HTML)
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MORI LUCRUM. ex Phil. 1. c.
Chriſtliche Leichpredigt
Bey Adelicher Sepultur vnd Begraͤb - nis der Weiland Edlen / Vieleh - ren Tugendtſamen Frawen MAGDALENÆ Gebornen Zieglerin / Des Edlen / Geſtrengen vnnd Ehrnveſten Hans von vnd zu Kitſcher vielgeliebten Haußfrawen / Welche den 5. Septembr. dieſes noch lauf - fenden 1615. Jahres gegen Abend vmb 5. Vhr in Chriſto ſeliglich entſchlaffen / vnd den 18. ejuſdem in der Kir - chen zu Kirſcher adelich vnd Chriſtlich iſt bey - geſetzet worden.
Gedruckt zuLeipzigBeyLorentz Kober/ im Jahr1615.
[2]
Dem Edlen / Geſtrengen vnd Ehren ve - ſten Hanſen von vnd zu Kitſcher / meinem groß - guͤnſtigen Junckern / Gevattern vnd geneigten Foͤrderern.

Gottes Gnad vnd Segen durch vnſern lieben Herrn vnd Heyland Je - ſum Chriſtum / beneben meinem Gebet vnd ſchuͤldigen tre - wen dienſten zuvorn:

EDler / Geſtrenger vnnd Ehrenveſter / inſonders groß - guͤnſtiger lieber Juncker / Gevatter vnd geneigter Foͤrderer / ob ich wol keines weges des vorhabens geweſen bin / daß die einfeltige Leichpredigt / ſo bey Adelicher Sepultur vnnd Leichbeſtattung E E W. vielgeliebten ſeligen Haußehre von mir vorrichtet worden / ſolte dem druck vntergeben werden / ſintemal / quàm fit mihi curta ſupellex, mir nicht vnbewuſt. Alldieweil es aber E. E. G. alſo beliebet / vnd ſie dieſelbe von mir abgefodert: Als habe ich mich deſſen nicht vorwegern ſollen noch wollen / ſondern jetztgedachte Leichpredigt ad mundum gebracht / in Betrach - tung / das vnſerer ſeligverſtorbenen Jungefrawen Ehrengedaͤchtnis hier - durch zimlicher maſſen erhalten wird.

Vbergebe demnach E. E. G. dieſelbe / ſo gut ſie damals Gott der allmechtige in meinen andern vorgefallenen Amptgeſchefften vnd Be - kuͤmmernis / in welche ich durch den vnverhofften Todesfall meiner in Ehren guͤnſtigen vnd nunmehr ſeligen Frawen Gevatterin / nicht wenig geſetzet worden / vorliehen hat. Vnterdienſtlich bittend / E. E G. wollen jhr dieſe meine Predigt / nicht allein einen Troſt in jhrem betruͤbten Witber - ſtande / ſondern auch ein memorial jrer hertzgeliebten Haußehre ſeyn laſ - ſen / ſo wol auch mein vnd der meinigen großguͤnſtiger Juncker vnd Pa - tron ſeyn vnd bleiben. E. E. G. hier mit ſampt derſelben adelichen Kindern Goͤttlicher Gnadenprotection gantz trewlich befehlend. Datum Kit - ſcher den 7. Novemb. Anno 1615.

E. E. G. dienſtgeflieſſener G. Tobias Rehfeld P farrer

[3]

TEXTUS.

Philipp. 1. c. Chriſtus iſt mein Leben / Sterben iſt mein Gewinn.

GEliebten Freunde in CHRiſto dem Herren / Wir leſen im BuchHi〈…〉〈…〉 von Jobe - kindern / Job 1. Job 1. c. eine denckwirdige Hiſtoriam vnd Geſchicht / welche ſich mit den kin - dern des lieben Jobs begeben vnd zu - getragen hat. Denn daſelbſt wird ver - meldet / daß / nach dem Jobs Kinder alleſampt bey jhrem aͤlteſten Bruder in bonâ charitate, in bruͤderlicher Lie - be vnd Eintraͤchtigkeit bey einander ſeyn / vnd miteinan - der ein Wolleben halten / Siehe da koͤmpt der Menſchen - wuͤrger der Todt auch darzu / ſtellet ſich vngebeten ein / vnd wil Gaſt mit ſeyn / Er richtet auch bey jhrem Gaͤſt - gebot ein ſolches Staͤncklein an / daß es einen gantz traw - rigen vnd erbaͤrmlichen außgang gewinnet. Denn da ſtoͤſſet er das gantze Gemach / da Bruͤder vnnd Schwe - ſtern beyſammen ſeyn / vber einen hauffen / vnd zerſchmet - tert ſie dermaſſen / daß ſie alleſampt muͤſſen daruͤber jhr Leben einbuͤſſen. Dieſer Hiſtori / Geliebte / erinnern wir vns nicht vnbillich bey dieſer Adelichen Sepultur vnnd Leichbeſtattung. Denn daraus koͤnnen wir gnugſam ſchlieſſen / was der Todt vor ein vnvorſchaͤmter Gaſt ſey /Der Todt intertur - birt eine außgebuchte Frewde. der ſich gar bald vnd vngebeten bey einer außgedachten Frewde einſtellet / vnd dieſelbige in eine trawrige Tragœ - diam vorwandeln thut. Vnd damit wir vns geliebter kuͤr -A ijtze hal -[4]Chriſtlichetze halben / nit etwa weitleufftig nach andern Exempeln vmbſe - hen / ſo hat vns deſſen der fromme getrewe Gott bey vnſerer adelichen Leiche gleich einen Haußſpiegel vor augen geſtellt. Applica - tio. Denn nach dem vorwichener zeit durch Schickung GOttes des Allmaͤchtigen / allhier auff dem Hauſe Kitſcher zwiſchen zweyen Adels Perſonen eine Heyrath war getroffen worden / vnd dieſelbe foͤrderlichſt durch oͤffentliche Copulation vnnd Trawung hette ſollen continuiret vnd vollenzogen werden / innmaſſen man ſich allenthalben zu dem Hochzeitlichen Eh - renfeſt præpariret vnd gefaſt gemacht / Sihe / ſo machet der vnvorſchaͤmte Todt jmmer einen Stumpff nach dem ande - ren / damit er dieſelbe zu ruͤcke treibe. Denn bald ſchuͤrret er ſich an den Herrn Hochzeit Vater mit einem hefftigen Fie - ber / vnd ſetzet jhm dermaſſen zu / daß er daruͤber an ſeinen Lei - beskraͤfften nicht wenig geſchwaͤchet wird. Bald erwiſchet er die Jungfraw Braut ſampt jrem adelichen Geſchwiſter / vnd giebt auch denſelben einen zimlich vnfreundlichen Anblick. Zu aller letzt aber mus die edle Fraw Hochzeit Mutter herhalten / die zeucht der Menſchenwuͤrger der Todt auch auff zu einem Tantz / vnd fuͤhret ſie ſo vnſanffte / daß jhr die Seele daruͤber ausgehet / vnd ſie die Erde kewen mus.

Occupa - tio. Ob nu wol aber dieſes Tragœdienſpiel einer gantzen ade - lichen Freundſchafft / ſonderlich aber vnſerm guͤnſtigen Lehn - Junckern / als dem hochbetruͤbten hinderlaſſenen Witwer ſchmertzlichen vorkoͤmpt / ſo iſt doch kein zweiffel / daß ſolches alles nach dem Vaͤterlichen Rath vnd willen vnſers Her - ren Gottes geſchehen ſey / denn es koͤmpt doch alles vonSir. 11. Gott / Leben vnd Todt / ſagt Syrach 11. c. Er hat alle Tage / Stunden vnd Minuten vnſers Lebens gezehlet / wie Daviddarauff[5]Leichpredigt. darauff deutet Pſ. 139. Ja es ſtehet in ſeinen Haͤnden / daß wirPſal. 139. leben vnd enden. Vnd er hat dem Menſchen ein Ziel geſetzt / das wird er nicht vbergehen / ſagt Job 14. c. Job. 14.

Gleich wie aber vnſer Herre Gott vnſer Leben inGott der HERR dirigiret aller Men - ſchen thun. ſeinen Haͤnden hat / alſo helt er auch das directorium bey all vnſerm thun vnd vorhaben / vnd wann es bey vns Menſchen heiſt: Homo proponit, der Menſch nimpt jhm bald dieſes bald jenes fuͤr / ſo heiſt es im Gegentheil bey Gott dem Her - ren: Deus diſponit, vnſer Herre Gott fuͤhrets offt viel anders hinaus / als wir es vns nicht hetten treumen laſſen / in - maſſen vns ſolches der Prophet Jeremias wil zu Gemuͤthe f[]hren / wenn er ſagt 10. c. Herr / ich weiß / daß des Men -Jer. 10. ſchen thun nicht ſtehet in ſeiner Gewalt / vnnd ſtehet in nie - mands Macht / wie er wandele oder ſeinen Gang richte. Vnd Salomon ſagt Prov. 16. des Menſchen Hertz ſchlegt ſeinenProv. 16. Weg an / aber allein der Herr giebt / daß er fortgehe.

Aus was Vrſachen es aber vnſer Herr GOtt gethan /Tacitæ objectio - nis amoli - tio. daß er vnſer Frewde in ein Leid permutiret vnnd verwandelt hat / da wollen wir allhier nicht fuͤrwitzig nachgruͤbeln / ſon - dern vielmehr dem allein weiſen Gott ſtille halten / Jhm mit Moſe Exod. 33. von hinten nachſehen vnd ſprechen: Sicut Domino placuit, ita factum eſt, es hat vnſerem HERRenExod. 33. Gott alſo wolgefallen / drumb muͤſſen wir es vns auch gefal - len laſſen. Aber gleichwol wiſſen wir dieſes / vnd glaͤuben fe - ſtiglich mit dem Apoſtel Paulo / daß denen die Gott lieben /Rom. 8. alle dinge zum beſten dienen muͤſſen / Rom. 8. Occaſion dieſes Lei - chentexts.

Was das abgeleſene Spruͤchlein anbelanget / ſo wird daſſelbe nicht vnbillich auff dißmal zu einem Leichenargu - ment vor die Hand genommen. Denn es wiſſen E. Ch. L. wieA iijviel[6]ChriſtlicheFrommer Chriſten ge - brauch in er - welung einſ Symboli. viel fromme Gottſelige Hertzen dieſen Gebrauch an ſich ha - ben / daß ſie jhnen ein Spruͤchle in aus heiliger Schrifft auß - erleſen / welches ſie jhr Symbolum ſeyn laſſen / vnd offt in jh - rem Munde fuͤhren.

Exempla. Iohannis Electoris Saxonici. Eſa. 40. V. D. M. I. Æ. Daher lieſet man von dem loͤblichen Churfuͤrſten zu Sachſen Hertzog Johanne / daß Er zu ſeinem Symbolo ge - brauchet das Spruͤchlein außm Propheten Eſaia c. 40. ge - nommen: Verbum Domini manet in æternum, das iſt / das Wort vnſers Gottes bleibet ewiglich. Er hat es auch ſo lieb gehabt / daß Er die erſten Buchſtaben eines jeglichen Woͤrtleins / ſo in demſelben Lateiniſchen Spruͤchlein zu fin - den inn aller ſeiner Hofkleidung gefuͤhret hat / alſo / daß ſie auff des Hoffgeſindes Ermeln / mit Sammat auffgebremet worden / auff ſeiner Churfl. Gn. Ermel aber mit Perlen ge - ſtickt geweſen / vnnd iſt alſo inn ſolcher Monier der loͤbliche Churf auff den groſſen Reichstag gezogen / welcher Anno 1530 zu Augſpurg iſt gehalten worden.

Der Herr Lutheras hat jhm zum Symbolo außerſe -Lutheri Ioh. 3. hen die Wort Chriſti Joh. 3. Sic Deus dilexit mundum, Alſo hat Gott die Welt geliebt / daß er ſeinen einigen Sohn gab / auff daß alle die an jhn gleuben / nicht verlohren wer - den / ſondern das Ewige Leben haben. Wie Er denn eben mit dieſen Worten ſein Leben ſanfft vnd ſelig beſchloſſen.

Des Herrn Philippi ſein Symbolum iſt geweſen dasPhilippi. Rom. 8. Spruͤchlein Pauli Rom. 8. Si Deus pro nobis quis contra nos? Jſt Gott fuͤr vns / wer mag wider vns ſeyn? Welcher auch ſeines einigen Sohns nicht verſchonet / ſondern fuͤr vns alle dahin gegeben hat / wie ſolte Er vns denn mit jhm nicht alles ſchencken?

Lau -[7]Leichpredigt.

Laurentius der heilige Maͤrterer hat zum Symbolo die -Laurentii. ſe Wort gefuͤhret: Mea nox obſcurum non habet, Meine Nacht weis von keiner Finſternuͤs / denn der HErr iſt mein Liecht / vnd mein Heil / wieDavid redet / Pſal. 27. Pſal. 27.

Ebener Geſtalt hat nun auch vnſere ſelig-verſtorbene Jungefraw an vnſerm jetztabgeleſenen Spruͤchlein jhre be -Symbolũ der verſtor - benen Fraw Kitſche[r]n. ſondere Luſt vnnd Beliebung getragen / vnnd es gleich jhr Symbolum ſeyn laſſen / mit welchem ſie jhren Glauben vnd beſten Troſt in Todesnoth an den Tag geben wollen. Dar - umb ſie auch daſſelbe zum Gedaͤchtnis inn das AltarTuch eingenehet hat / vnnd beides von mir / ſo wol auch mei - nem anteceſſore ſeligen / vor vielen Jahren vff jhrem Siech - betlein zum oͤfftern begehret / wenn vnſer Herr Gott vber ſie gebieten wuͤrde / daß man ſolch Spruͤchlein in jhrer Lei - chenpredigt tractiren vnd abhandeln wolle. Welchem jhrem letzten willen wir zu dieſem mal mit Vorleyhung Goͤttlicher Gnaden nachſetzen wollen / bevoraus weil hierinnen die rech - te ἐυθανασία oder Sterbekunſt fein kurtz vnd rund verfaſſet iſt.

Wollen demnach E. Ch. L. dieſes einige Puͤnctlein zuSumm vnd Jnhalt die - ſer Predigt. erklaͤren fuͤrhalten / nemlich ſagen: Wie vnnd welcher geſtalt ſich ein jeder Chriſten Menſch in die Sache recht ſchicken ſol / wenn er alle Bitterkeit des Todes ritterlich vberwinden / vnd ſein Leben ſanfft vnd ſelig beſchlieſſen wil. Von dieſem einigen Puͤnctlein ſol auff dißmal kuͤrtzlich vnd einfeltig mel - dung vnd Bericht geſchehen / Gott gebe ſeine Gnade vnd Segen darzu / vmb Jeſu Chriſti vnſers Herrn vnd Heylandes willen / Amen.

EXPO -[8]Chriſtliche

EXPOSITIO LOCI.

Die Heiden haben auch in dieſem argument ſich etwas vnterfangen ſed fruſtraES haben zwar G. die Weiſen Heyden ſich gar hefftig bemuͤhet / vnnd den Sachen nachgedacht / wie man doch den Sawren Vn - freundlichen Anblick des Todes vertragen vnd vberwinden moͤge. Vnd haben auch zum Theil jhre Scripta darwider gerichtet vnd angeſtellet / wie ſie denn die Philoſo - phiam mortis meditationem / eine Betrachtung des Tod - tes intituliret vnd genennet haben. Aber weil dieſe Leute des Wegweiſers Goͤttliches Worts gemangelt haben / ſo wil es mit jhrem Troſt den Stich nicht halten / inmaſſen ſolches auch ein blinder an der Wand greiffen kan.

Stoici. Als wenn die Stoici die ἀϖαθειαν gelehret haben / vnd alle Welt bereden wollen / es were nur eine bloſſe Einbildung / daß Sterben wehe thete / drumb wenn man ſich nur nicht ſo laͤp - piſch ſtellete / ſo wuͤrden ſich gar bald alle Schmertzen des Todes verlieren. Das iſt nun eine lautere Thorheit vnd Narr - heit / ja wenn die Menſchen Stoͤcke vnd Kloͤtzer / oder Kieſel - ſteine weren / ſo moͤchte man vns ſolches vielleicht bereden koͤnnen.

EpicuræiDie Epicuræi haben geſagt / man ſolle es alles verach - ten / was einem zu wider ſey / vnd wenn der Todt einen Men - ſchen anfaſſe / ſo ſolle man ſeiner noch darzu ſpotten / vnd dem Tode einen Muͤnch ſtechen / alsdann wuͤrde einem ſterben gar ſanfft vnd wol thun. Aber Oder auch elenden Kunſt! Agag derAgag 1. Sam. 15 Amalekiter Koͤnig 1. Sam. 15. c. wolte daſſelbe auch practici - ren / darumb als Er jetzt ſolte ſeinen Hals darſtrecken vnd ſich darnieder hawen laſſen / da gieng Er trotzig hinzu vnd ſprach: Alſo mus man des todes bitterkeit vertreiben. O hette man ſol -len[9]Leichpredigt. len durch ein Glaſefaͤnſterlein in ſein Hertz kucken / ſo wuͤrde man bey dem armen elenden Menſchen lauter Angſt / zittern vnd zagen geſehen haben.

Die Peripathetici haben jhren diſcipeln vnnd Schuͤ -Peripa - thetici. lern dieſen Troſt gegeben: Es gehe in der Welt nicht anders zu / es werde jmmer ſuͤſſes vnd ſawres / boͤſes vnd gutes durch - einander gemenget / vnd weil alle Menſchen ſterben muͤſſen / ſo koͤnne es nicht anders ſeyn / es muͤſſe einer doch endlich dar - an / vnd koͤnne dem Todte nicht entlauffen / Er ſchuͤrtze ſich gleich ſo hoch als Er jmmermehr wolle. Ferendum igitur non culpandum, quod mutari non poteſt. Wenn ein ding ſeyn muß / ſo ſperre man ſich nur nicht groß darwieder / es iſt vmb eine Joppe voll Fleiſch / vnd vmb ein boͤſes Stuͤnd - lein zu thun / ſagen ſie / ſo iſts alles vberſtanden.

Aber Livia Auguſti Ehegemahl war mit dieſem Troſt nicht begnuͤget / drumb als ſie in Todesnoͤthen ſich etwas vn -Livia Au - guſta. gebaͤrdig ſtellete / vnd jhr Herr Keiſer Auguſtus jhr zuredete / ſie ſolte ſich nur willig darein ergeben / weil ſie ſehe / daß es nicht anders ſeyn koͤndte / da replicirte Livia vnd ſprach; Ja freylich lieber Herr / eben das iſts / das mich krencket / daß es nicht anders ſeyn kan. Sehet gel? was fuͤr einen elenden Troſt die Heiden wider den Todt gehabt haben. Drumb ſtel - len wir dieſe Leute billich an ſeinen ort / vnd begeben vns in S. Pauli Schule / der kan weit beſſern troſt wider des TodesPaulus gie - bet weit beſſern rath. Furcht vnd Schrecken geben / innmaſſen ſolches aus ſeinen geiſtreichen Epiſteln hin vnd wider zu erſehen iſt. Damit wir aber zu dieſem mal nicht anderweit vns vmbſehen / ſondern nur bey dem abgeleſenen Spruͤchlein bleiben / ſo giebt er vns darinnen gute inſtruction, mit was fuͤr Gedancken wir vmb -Bgehen[10]Chriſtlichegehen ſollen / wenn vns der Todt nicht ſchrecklich / ſondern vielmehr lieblich vnd anmuͤtig ſeyn ſol. Wenn wir aber denViererley Ingredien- tia wieder des Todes Schrecken. ſachen fleiſſig nachdencken / ſo werden vns darinnen fuͤrnem - lich viererley ſtuͤck an die Hand gegeben.

Das erſte iſt devota Chriſti Salvatoris contempla -1. Chriſti An blick. tio, daß wir vor allen dingen vns vmbſehen nach vnſerem Herren vnd Heiland Jeſu Chriſto / vnd zu demſelben vnſere Augen richtẽ vnd wenden. Denn zugleicher weiſe / wie es dortNum. 21. N. 21. zugieng / da die Jſraeliten in der Wuͤſten von den few - rigen Schlangen waren gebiſſen worden / kondte jhnen auff keine andere Wege geholffen werden / als daß ſie jhre Augen richteten zu der ehernen Schlangen / welche Moſes auff Got - tes Befehl hatte muͤſſen auffrichten: Alſo iſt kein beſſer Re - cept vnd Artzney wieder des Todes Gifft Furcht vnd Schre - cken / als der A[n]blick vnſers lieben HErrn vnd Heylandes Je -Cbriſtus iſt das ſuͤſſe Holtz des Lebens. Exempel der heiligen denen der Anblick Chriſti wie - der den todt zu ſtatten kommen. Pauli. ſu Chriſti / der iſt das dulce lignum vitæ, das ſuͤſſe Holtz des Lebens / der alle bitterkeit des Todes vertreiben kan. Deſſen haben wir nu ein Exempel an dem Apoſtel Paulo da derſelbe zu Rom gefangen ſas / vnd es ſeine Widerſacher darauff ſpie - leten / daß Er mit der Haut bezahlen ſolte / Lieber / was thut Paulus in ſolcher TodesGefahr? Da hoͤret gel: Er richtet ſeine Augen ſtracks zu ſeinem Herren Chriſto / vnnd hat an demſelben ſeine beſondere Frewde vnd Ergetzung. Darumb ſpricht er allhier: Chriſtus iſt mein Leben. Vnd zwar ſo iſt Paulus nicht der erſte geweſen / der ſich in Todesnoth vnnd Gefahr an dem HErrn Chriſto erluſtiget hat / ſondern da ha - ben wir viel dergleichen Exempel beydes im Alten vnd NewenJacobi Gen. 49. Teſtament Als Gen 49. leſen wir von dem Ertzvater Jacob / da derſelbe auff ſeinem Todtbette lag / vnd dieſe Welt geſeg - nen wolte / da wuſte er kein beſſer frewden objectum wider denTodt[11]Leichpredigt. Todt als den Schilo vnd Heyland der Welt / drumb konte er in ſeinem Teſtament dieſes Herrn keines weges vorgeſſen / ſondern propheceyete von der zeit ſeiner Zukunfft ins fleiſch / von dem Stamm aus welchem er ſolte geboren werden / von ſeiner Perſon / von ſeinem Ampt vnd Wolthaten / vnnd end - lich bricht Er mit dieſen geiſtreichen Worten heraus: Saluta - re tuum expecto ô Domine. HErr / ich warte auff dein heil.

Der geduͤltige Job als er in ſeinem Creutzſtande nichts anders als Noth vnd Todt fuͤr ſich ſiehet / da erluſtiget er ſichJobt. Job cap. 19 auch an dieſem HErrn / als ſeinem Goël vnnd ſpricht cap. 19. Jch weiß daß mein Erloͤſer lebet / der wird mich hernach aus der Erden aufferwecken / vnd ich werde mit dieſer meiner haut vmbgeben werden / vnd werde in meinem Fleiſch Gott ſehen / denſelben werde ich mir ſehen / vnd meine Augen werden jhn ſchawen vnd kein frembder. Der Gottſelige ſenior Simeon,Simeonis. Luc. 2. da er jetzund auff der Gruben gehet / vnnd Gott der Herr mit jhm ein außſpannen machen will / weiſs auch kein beſſer aſy - lum / als eben daß ſalutare auff welches ſich der Ertzvater la - cob ſpitzete / drumb ſpricht er: HErr nu leſſeſtu deinen Die - ner in friede faren / wie du geſaget haſt / denn meine Augen ha - ben deinen Heyland geſehen / welchen du bereiteſt fuͤr allen Voͤlckern / ein liecht zuerleuchten die Heyden / vnd zum preiß deines Volcks Jſrael. Ja der heilige Maͤrterer Stephanus / als er zur Stadt hinaus geſtoſſen vnd geſteiniget wird / gehetStephani. Actor. 7. an ſeine Marter vnd Tod in allen freuden ſpringen nicht an - ders als / wenn er zum tantze gienge / wie der Poet ſagt: Ibat ovans animis & ſpe ſua damna levabat. Je liber was macht jhn zum Tode ſo muͤtig vnd hertzhafftig? nichts anders als der Anblick ſeines Herrn Jeſu Chriſti / wie aus ſeinen eignen Wortten zuerſehen da er ſaget: Jch ſehe den Himmel[o]ffen vnd deß Menſchen Son zur rechten Gottes ſtehen / vndB ijdieſem[12]Chriſtlichedieſem Herren befielet er ſich auch zu getrewen Haͤn - den / drumb ſpricht er: HErr Jeſu nim meinen Geiſt auff / Act. 7. c.

Chriſtus die beſte Artz - ney wider den Todt.Eben auff dieſen HErren muͤſſen wir nu auch nach dem Exempel dieſer heiligen Leute / vnſern reſpect haben / ſo wir anders dem Tode frewdig entgegen gehen / ſelig ſterben vnnd wol fahren wollen. Vnd zwar nicht vnbillich / denn Er iſt vnd bleibet doch Mors mortis / des Todes Tod vnd Gifft /Oſ. 13. wie er ſagt Oſ. 13. Jch wil ſie vom Tode erretten / Jch wil ſie aus der Hellen erloͤſen / Todt / Jch wil dir eine Gifft / Helle / Jch wil dir eine Peſtilentz ſeyn. Er iſt der HErr / von welchemEſ. 25. Eſaias viel hundert Jahr zuvor geweiſſaget hatte: Er wird den Todt verſchlingen ewiglich. Er iſt der HErr / welcher dem Tode die Macht genommen / vnd das Leben vnd vnver -2. Tim. 1. gaͤnglich Weſen ans Liecht gebracht hat / 2. Tim 1. Ja es iſt der HErr von welchem wir in der Oeſterlichen zeit ſingen:

Can. Eccl.
Todt / Suͤnd / Teufel / Leben vnd Gnad /
Alles in Haͤnden Er hat /
Er kan erretten /
Alle die zu jhm treten.

Chriſti Eh - rentitul.Damit vns aber der Apoſtel Paulus deſto mehr Luſt vnd Beliebung mache zu dieſem HErren / ſo gibt Er jhm gar einen lieblichen vnnd ſchoͤnen Ehrentitul / vnnd nennet JhnVita. Joh. 11. Vitam, das Leben / Chriſtus iſt mein Leben / ſagt Er. Vnd zwar Er ſelber der HErr Chriſtus / nennet ſich alſo / Joh. 11. da Er zu Marthen Lazari Schweſter ſagt: Jch bin die auff - erſtehung vnd das Leben. Vnd Joh. 14. Jch bin der Weg / dieJoh. 14. Warheit vnd das Leben / niemand koͤmpt zum Vater denndurch[13]Leichpredigt. durch Mich. Nu ſollen wir vns keines weges dieſe Gedan - cken machen / als wenn der HErr Chriſtus nur den bloſſen euſſerlichen Titul vnd Nahmen fuͤhrete ohn allen Nachdruck / wie man Weltliche Potentaten vnnd Koͤnige Großmaͤchtig intituliret, da ſie doch bißweilen zimlich ohnmaͤchtig ſeyn / vnd mancher wilEhrnveſt geſcholten ſeyn / da er doch nirgend feſt iſt / ſondern ſich gar ſchlaff guͤrtet / vnd helt wie ein boͤſer Bogen. Nein / wie vnſers HErren Chriſti Name iſt / alſo iſt auch ſein Ruhm / biß an der Welt Ende / ſagt David Pſalm 48. Es wird aber der He rr Chriſtus das Leben genennet /Pſal. 48. nicht allein reſpectu ſui, vmb ſeinet willen / alldieweil er mit dem Vater vnd heiligen Geiſt ein wahrer lebendiger Gott iſt von Ewigkeit zu Ewigkeit: Sondern auch reſpectu no - ſtri, vmb vnſert willen / ſintemal Er vns zum Leben behuͤlff - lich iſt. Denn da giebt vns dieſer Herr dreyerley Le - ben / nach den dreyen HauptArtickeln vnſers ApoſtoliſchenChriſtus gi - bt vns drey - erley Leben. Glaubens.

Als nach dem erſten Artiekel gibt er vns vitam natu -1. Das natuͤr - liche Leben. , das natuͤrliche Leben / ſintemal wir das Leben nicht von vns ſelber haben / So ſind wir auch nicht aus der Erden her - fuͤr gekrochen / wie die Regenwuͤrmer / viel weniger aus den Steinen entſprungen / Nein / ſondern vnſer Herr Chri - ſtus hat vns in Mutterleibe wunderbarlicher weiſe formiret vnd gebildet / wunderbarlicher weiſe nutriret vnnd erhalten / wunderbarlicher weiſe aus Mutterleibe gezogen / auff ſeinen Grund vnd Boden geſetzt / leſſet vns zu Wege vnnd Stege gehen / vnd die Wercke vnſers Ampts vnd Beruffs vorrich - ten. Vnd das iſts / davon Johannes prediget / Joh. 1. c O - mnia per ipſum facta ſunt, & ſine ipſo factum eſt nihil. Joh. 1.B iijAlle[14]ChriſtlicheAlle ding ſind durch das Wort / das iſt den Herren Chri - ſtum gemacht / vnd ohn daſſelbe iſt nichts gemacht / was gema - chet iſt. Vnd Col. 1. ſagt Paulus: durch jhn iſt alles geſchaf -Col. 1. fen / was im Himmel vnd auff erden iſt / das ſichtbare vnd vn - ſichtbare / vnd abermal ſagt Paulus: Act. 17. in jhm leben /Act. 17. Occupa - weben vnd ſind wir. Nu iſt es zwar an dem / daß das natuͤrliche Leben allen Menſchen gemein iſt / den vngleubigen ſo wol als den Gleubigen den Boͤſen ſo wol als den Frommen: Gleich - wol aber koͤnnen wir nicht in Abrede ſeyn / daß es ein ſolch kleinod ſey / welches wir der H. Dreyfaltigkeit nimmermehr gnugſam verdancken koͤnnen. Denn hette vnſer HErr Gott nicht ja ſo bald einen Ochſen oder Eſel / eine Schlange oder Kroͤte aus mir vnd dir machen koͤnnen / als einen vernunffti - gen Menſchen? Ja freylich wol. Je haben wir nun ſolches nicht erkennet / vnd vnſerm Schoͤpffer dafuͤr gedancket / das muͤſte ja ſchande vnd aber ſchande ſeyn.

Hiſtoria von zweyen Cardinaͤlen.Man lieſet in den Hiſtorien von zweyen Cardinaͤlen / als dieſelben auffs Concilium gen Coſtnitz ziehen / treffen ſie vnterwegens ein armes Schaffhirtlein an / das liegt im freyen Felde auff ſeinen Knien / hebet ſeine Haͤnde auff gen Himmel vnnd weinet / das jmmer ein Zehren den anderen ſchlaͤgt. Was geſchicht? der eine Cardinal reitet zu jhm zu vnd fraget jhn: Was ſein Anliegen ſey / vnd warumb er ſo bitterlich wei - ne? Ach lieber Herr / ſagt er / ſol ich nicht weinen / ich ſehe hie fuͤr meinen Augen eine grewliche vnd abſchewliche Kroͤte / welche auch eine Creatur Gottes iſt / daß mich nu mein lieber Gott nicht auch ein ſolches Vngeziefer werden laſſen / ſon - dern zu einem vernuͤnfftigen Menſchen erſchaffen hat / daserken -[15]Leichpredigt. erkenne ich heute mit danckbarn Hertzen vnd kan mich vor groſſer frewde deß weinens nicht enthalten. Vber ſolcher re - de verwundert ſich der Cardinal / reitet wieder zu ſeinem Ge - ſellen vnd ſpricht: Fuͤrwar / fuͤrwar / dieſes arme vnanſehn - liche Schaffhirtlein iſt viel heiliger vnd andaͤchtiger als wir geiſtlichen Prælaten ſein / den wenn ich alle warheit ſagen ſol - te / ſo muͤſte ich bekennen / daß ich dieſen ſachen noch niemals ſo wert nachgedacht / viel weniger Gott dem Herren dafuͤr ge - dancket habe / daß er mich zu einem Vernuͤnfftigen Menſch - en erſchaffen.

Meine Geliebten / ſolten wir heute vnter vns ein Exa - men anſtellen / gewißlich wuͤrde mancher gefunden werden / der mit dieſem Cardinal gleicher complexion ſich befinde. Aber ſeyd doch nicht wie Roſſe vnd Meuler die keinen ver -Pſalm. 32. ſtand haben ſagt David Pſal. 32. ſondern ein jeglicher er - muntere ſein Hertz zu einer Chriſtlichen danckſagung vnnd ſpreche mit David aus dem 139. Pſal. Ach Herr / ich dancke dir daruͤber / daß ich wunderbarlich gemacht bin / wunder -Pſalm. 139. barlich ſind deine Werck / vnnd das erkennet meine Seele wohl.

Nach dem andern Artickel vnſers Chriſtlichen Glau -2. Das geiſtli - che Leben. bens gibt vns der Herr Chriſtus vitam gratiæ das gnaden leben oder das geiſtliche leben welches von dem natuͤrlichen leben weit abgeſondert iſt / denn ob zwar wol anfenglich der Menſch heilig vnd ohne alle Suͤnde war erſchaffen worden / ſo iſt er doch in ſolchem ſeligen Zuſtande nicht lange blie - ben / ſondern hat ſich zum Teuffel geſellet vnnd mit dem - ſelben Kundſchafft gemacht / welcher jhn auch gar baldin den[16]ChriſtlicheDer zeitliche vnd ewige Todt iſt von Adam auff vns geerbet.in den klaͤglichen Suͤndenfall geſtuͤrtzet hat. Vber ſolchem Suͤndenfall gerieth vnſer Groß Vater Adam mit allen ſei - nen poſteris vnd Nachkommen / beydes in den zeitlichen vnd ewigen Todt / wie Paulus bezeuget Rom. 5. Durch einenRom. 5. Menſchen iſt die Suͤnde kommen in die Welt / vnd durch die Suͤnde der Todt / vnd der Todt iſt zu allen Menſchen hin - durch gedrungen / alldieweil ſie alleſampt geſuͤndiget haben /Rom. 6. vnd Rom. 6. ſpricht Er: Stipendium peccati Mors eſt, der Todt iſt der Suͤnden Sold.

Nu iſts zwar an dem / daß ein Menſch nach dem natuͤr - lichen Leben iſſet vnd trincket / ſchlaͤffet vnd wachet / gehet vnd ſtehet / handelt vnd wandelt / jedoch iſt er vor den Augen Got - tes / was das geiſtliche Leben anbelanget / warhafftig todt / vnd begraͤbet jmmer ein todter den andern / wie der HErr Chri -Matth. 8. ſtus dieſe art zu reden gebraucht / Matth. 8. Denn wir ſind zum guten gantz vnnd gar erſtorben / vnnd alles dichten vnnd trachten der Menſchen iſt nur boͤſe von Jugend auff / klagetGen. 6. die Goͤttliche Majeſtaͤt / Gen. 6. Vnd der natuͤrliche Menſch vernimt nichts vom Geiſt Gottes / es iſt jhm eine Thorheit /1. Cor. 2. Chriſtus hilfft vns davon. Matth. 20. Joh. 3. vnd kan es nicht erkennen / klaget Paulus 1. Cor. 2. Von ſol - chem geiſtlichen Tode hat vns nu Chriſtus Jeſus geholffen / in dem Er ins mittel getreten / vnd hat ſein eigen Leben ge - geben vor viele / Matth. 20. auff daß alle die an jhn gleuben nicht verlohren werden / ſondern das ewige Leben haben / Jo - han 3. Vnd ob wir zwar dem zeitlichen Tode noch herhalten muͤſſen / ſo ſoll vns doch derſelbe kein Schaden / ſondern lau - ter Gewinſt ſeyn / wie wir hernach hoͤren werden.

Die Tauffe das Mittel zum Geiſt - lichen leben.Zu ſolchem Geiſtlichen Leben werden wir nu befoͤdert durch das Sacrament der heiligen Tauffe / wenn wir demHErrn[17]Leichpredigt. Herren Chriſto incorporiret vnd einvorleibet werden / als die Reben dem Weinſtocke / das wir in jhm genieſſen der wahren Gerechtigkeit / des Lebens / vnd der ewigen Seligkeit. Wer nu alſo zum Geiſtlichen Leben kommen iſt / der kan ſich gar bald alles jrrdiſchen verzeihen / hat an dem Herren Chriſto ſeinen liebſten Schatz / vnd ſpricht mit David PſalmPſalm 73. 73. Lieber HErr Jeſu / wenn ich nur dich habe / ſo frage ich nichts nach Himmel vnd Erden / wenn mir gleich Leib vnnd Seele verſchmachtet / ſo biſtu doch allezeit meines Hertzen Troſt vnd mein Teil / Ja ein ſolcher Menſch ſaget den todten Wercken abe / wie ſie Ebr. 9. genennet werden / Er toͤdtet desEbr. 9. Fleiſches Luͤſte vnd Begierde / vnd befleiſſiget ſich Gott dem Herr en zu dienen in Heiligkeit vnd Gerechtigkeit / die jhm gefellig iſt / Luc. 1. Er vbet eine gute Ritterſchafft / bewahretLuc. 1. den Glauben vnd gutes Gewiſſen / vnd machets aller dinge1. Tim. 1. alſo / daß der Geiſt Gottes in jhm das Ober Regiment ha - ben vnd behalten moͤge.

Nach dem dritten Articul vnſers Chriſtlichen Glau -3. Das himli - ſche Leben. bens ſchenckt vns der Herr Chriſtus vitam gloriæ, das rechte Frewdenleben / welches wir dermal eines am zukuͤnffti - gen juͤngſten Tage ſollen gewertig ſeyn / davon Dan. 12. ge -Dan. 12. ſagt wird: Viel ſo vnter der Erden ſchlaffen liegen / werden auffwachen / etliche zum ewigen Leben. Vnd Pſal. 16. ſagtPſal. 16. David: He rr / du thuſt mir kund den Weg zum Leben / vor dir iſt Frewde die fuͤlle / vnnd liebliches Weſen zur Rechten Gottes immer vnd ewiglich. Vnnd das iſt das Leben / davon der Sohn Gottes ſelber vielfeltig prediget / als Matt. 18. Es iſt dir beſſer / daß du zum Leben lahm oder ein KruͤppelMatth. 18 eingeheſt / denn daß du zwo Haͤnde vnd zween Fuͤſſe habeſtCvnd[18]ChriſtlicheMatth. 25.vnd werdeſt in das ewige Fewer geworffen. Matth. 25. DieIohan. 3. Gerechten werden gehen in das ewige Leben. Joh. 3. Gleich wie Moſes in der Wuͤſten eine Schlange erhoͤhet hat / alſo muß auch des Menſchen Sohn erhoͤhet werden / auff daß alle die an jhn gleuben nicht verlohren werden / ſondern dasIohan. 5. ewige Leben haben. Joh. 5. Warlich ich ſage Euch / wer mein Wort hoͤret / vnd glaͤubet dem / der mich geſand hat / der hat das Ewige Leben / vnd koͤmpt nicht ins Gerichte / ſondern ErIohan. 6. iſt vom Tode zum Leben hindurch gedrungen. Joh. 6. Das iſt der Wille des / der mich geſandt hat / daß wer den Sohn ſiehet / vnd gleubet an jhn / habe das Ewige Leben / vnnd JchIohan. 10. werde jhn aufferwecken am Juͤngſten Tage / Johan. 10. JchIohan. 14 gebe meinen Schaͤflein das ewige Leben. Johan. 14. Jch lebe vnd jhr ſollet auch leben. Jn Summa / es iſt faſt kein Capitel im Evangeliſten Johanne / da nicht dieſes Lebens gedacht wuͤrde. Sehet Gel: alle dieſe drey Leben habenAct. 3. wir vnſerem Herren Chriſto zu dancken / darumb erPhil. 1. denn nicht vnbillich Actor. 3. ein Fuͤrſte des Lebens / ja dasCol. 3. Leben ſelber von Paulo allhier / vnd Col. 3. genennet wird.

II. Gl[e]ubige verbindung mit ChriſtoDas Ander Stuͤck / mit welchem man ſich zum Todte ſol gefaſſet machen / iſt indubitata meriti Chriſti applica - tio, das hertzliche Vertrawen / Glaube vnd Zuvorſicht auff des Herren Chriſti thewres Vordienſt / daß man ſich in daſſelbe auch mit einwickele vnd einſchlieſſe. Darauff deu - tet nu der Apoſtel Paulus mit dem einigen Woͤrtlein: Mein. Denn Er ſaget nicht: Chriſtus iſt das Leben: Sondern: Chriſtus iſt Mein Leben. An dieſem Woͤrtlein Mein /Mein / ein Glaubens - woͤrtlein. Gel: iſt nun groſſe Macht gelegen / weil es die rechte ap - plication des vordienſtes Chriſti in ſich faſſet / denn es iſt ver - bum fidei / ein Wort des Glaubens / welches das Leben Chri -ſtum[19]Leichpredigt. ſtum Jeſum an vnſer Hertz vorbindet / vnd vns mit jhm der - maſſen voreiniget / daß wir weder im Leben noch im Todte koͤnnen von einander geſchieden ſeyn / vnd ein frommes Hertz freudig vnd getroſt ſingen vnd ſagen kan: Lieber Herr Jeſu

Jch bin ein Glied an deinem Leib /
Can. Eccl.
Des troͤſt ich mich von Hertzen /
Von dir ich vngeſchieden bleib /
Jn Todes Noth vnd Schmertzen /
Wenn ich gleich ſterb / ſo ſterb ich dir /
Ein ewiges Leben haſt du mir /
Mit deinem Todt erworben.
Weil du vom Todt erſtanden biſt /
Werd ich im Grab nicht bleiben /
Mein hoͤchſter Troſt dein Aufffarth iſt /
Todtsfurcht kanſtu vortreiben /
Denn wo du biſt da kom ich hin /
Daß ich ſtets bey dir leb vnd bin /
Drumb fahr ich hin mit frewden.

Es wil vns aber der Apoſtel Paulus eben mit dieſem Woͤrt - lein / Mein / zu gemuͤthe fuͤhren / daß in Sachen vnſere See - ligkeit betreffend / fides univerſalis der gemeine Glaube vonDer Glaube in gemein absq; ap - plicatione & fiducia iſt nit gnug. Chriſto nicht gnug ſey / als daß einer weiß vnnd gleubet / daß Chriſtus den allerſchmaͤlichſten Creutztodt erlitten habe / daß Er geſtorben / wieder aufferſtanden / vnnd gen Himmel ge - fahren ſey / das alles glauben auch die Teuffel / vnnd wiſſens ſo wohl / ja viel beſſer als wir / Sintemal ſie nicht weit darvon geweſen / da es geſchehen / vnnd ſelber mit jhren Augen geſehen haben. Aber was ſind ſie ſolcher Wiſ - ſenſchafft gebeſſert? Weiter nichts / als daß es jhnen eineC ijFurcht[20]ChriſtlicheFurcht vnd Schrecken machet wie der Apoſtel Jacobus ſagtDer Teufel Glaube. c. 2. Diaboli credunt & contremiſcunt, Die Teufel glau -Jac. 2. ben vnd erzittern. Drumb wir es bey der nudâ noticiâ & aſ - ſenſu, bey der bloſſen Wiſſenſchafft vnd Beyfall nicht muͤſ - ſen wenden vnd bleiben laſſen / ſondern da iſt auch hochnoͤtig fides ſpecialis, ein eigner Glaube / da einer die application inſonderheit auff ſich machet / vnd es jhm zueignet / was der HErr Chriſtus dem gantzen Menſchlichen Geſchlecht zu gut vorrichtet hat / ſetzet auch all ſein Vetrawen vnd Zuvor -Exempel ei - nes Speci - al-glaubens. ſicht darauff in Noth vnnd Todt / im Leben vnd Sterben / wie es jhm ſein lieber Gott zuſchicket. Ein ſolch vertrawenJob cap. 19 vnd Zuverſicht ereugnet ſich dort beym lieben Job 19. c. Jch weiß daß mein mein Erloͤſer lebt / der wird mich hernach aus der Erden aufferwecken / vnd ich werde mit dieſer meiner haut vmbgeben werden / vnd werde in meinem Fleiſch Gott ſehen / denſelben werde ich mir ſehen / vnd meine Augen werden jhn ſchawen / vnd kein Frembder. Einen ſolchen SpecialGlau -Davidis Pſalm. 23. ben hat auch der liebe David inn ſeinem Pſalterbuͤchlein hin vnd wieder / als Pſ. 23. Der Herr iſt mein Hirt mir wird nichts mangeln / Pſ. 18. Hertzlich lieb hab ich dich / Herr /Pſalm. 18 meine Stercke / Herr mein Fels / meine Burgk / mein Er - retter / mein GOtt / mein Hort / auff den ich trawe / Mein Schild vnd Horn meines Heyls / vnd mein Schutz. Pſ. 25. Pſal. 25.Nach dir / Herr / verlanget mich / mein Gott / ich hoffePſal. 27. auff dich Pſ. 27. Der Herr iſt mein Liecht vnd mein Heyl / fuͤr wem ſolt ich mich fuͤrchten? Der Herr iſt meines Le - bens Krafft / fur wem ſolt mir grawen Eine ſolche applicati -Thomæ on auff ſich machet auch der Apoſtel Thomas bey ſeiner be -Joh. 20. kehrung Joh. 20. da Er zu dem Herren ſagt: MeinHerr[21]Leichpredigt. Herr vnd mein Gott. Ja alſo appliciret auch jm in ſpecie des Herrn Chriſti Vordienſt der Apoſtel Paulus Gal. 2. PauliChriſtus hat mich geliebet / vnd ſich ſelber fuͤr mich dargege -Gal. 2. ben / vnd allhier ſagt er in vnſerm Spruͤchlein: Chriſtus iſt mein Leben / Sterben iſt mein Gewinn. Ein ſolcher lebendiger Glaube iſt nu das rechte hochzeitliche Ehrenkleyd / darinnen wir vnſerm Braͤutigam Chriſto Jeſu am allerbeſten gefallen / Matth. 22. Er iſt der rechte Sterbe -Matth. 22. kittel / in welchem wir fuͤr Gottes Augen erſcheinen muͤſſen / wenn wir mit Ehren beſtehen wollen. Drumb ſagt dort Jere - mias gar recht vnd woͤl c. 5. Herr deine Augen ſehen nachJerem. 5. dem Glauben. Vnnd Habac. 2. Juſtus ſuâ fide vivet, derHabac. 2. Gerechte wird Seines / nicht eines Frembden / Glaubens leben.

Es waͤchſet aber der wahre lebendige Glaube nicht inGott pflantzt in vns den Glauben. des alten Adams Garten / denn er iſt nicht ein Menſchen - Werck / ſondern GOttes Werck / wie Chriſtus ſelber redet / Joh. 6. Sol Er nu in vns gepflantzet werden / ſo muͤſſenJoh. 6. wir vns halten zur officin vnd Werckſtadt des heiligen Gei - ſtes / nemlich zur Chriſtlichen Kirchen vnd Gemein / vnd da - ſelbſten GOTTes Wort mit fleis anhoͤren ſo wol auch der hochwuͤrdigen Sacramenten offt vnd viel gebrauchen / dennRom. 10. es heiſt freylich wie Paulus ſpricht / Rom. 10. Fides eſt ex au - ditu, der Glaube koͤmpt aus dem Gehoͤre / das Gehoͤr aber aus dem Wort Gottes.

Befinden wir auch / daß bißweilen der Glaube in vnsDes Glau - bens ſchwach heit ſol vns nicht verzagt machen. zimlich ſchwach iſt / ſo ſollen wir vns doch ſolche Glaubens - Schwachheit nicht verzagt noch ſtuͤtzig machen laſſen / ſon - dern vns getroͤſten der Zuſage vnnd Verheiſſung Gottes /C iijEſa.[22]ChriſtlicheEſai. 42.Eſ. 42. das Er das zerſtoſſene Rohr nicht wolle zerbrechen / vnd das glimmende Taͤchtlein nit gantz vnd gar laſſen außle - ſchen / drumb ſollen wir mit den Juͤngern des Herren Chriſti beten: Domine adauge nobis fidem, Herr ſter -Luc. 17. cke vns den Glauben Luc. 17. vnd mit jenes MonſuͤchtigenMarc. 9. Vater / Mar. 9. Credo Domine, ſed opem fer imbecillita - ti meæ. Jch glaube lieber Herr / aber hilff meinem Vnglau - ben. Ja mit der Chriſtlichen Kirchen:

Can. Eccl
Ach Herr vergib all vnſer Schuld /
Hilff daſs wir warten mit Gedult /
Biſs vnſer Stuͤndlein koͤmpt herbey /
Auch vnſer Glaub ſtets wacker ſey /
Deim Wort zu trawen feſtiglich /
Biß wir entſchlaffen ſeliglich.

III. Erwegung Goͤttliches willens / arbitriiDas dritte Stuͤck / mit welchem wir des Todtes Bitter - keit vortreiben ſollen / iſt arbitrii divini conſideratio, die be - trachtung des gnaͤdigen Willens vnſers lieben Gottes / dem es alſo gefellet / daß wir eine zeitlang hier in dieſem Jammer - thal zubringen / vnd darnach die ſchnoͤde Welt geſegnen ſol - len. Deſſen troͤſtet ſich nu auch der Apoſtel Paulus in ſeinem Gefaͤngnis zu Rom / drumb ſpricht Er: Chriſtus iſt mein Le -Paraphra - ſis. ben / q. d. Es iſt zwar bißher der Teufel gar muͤhſam vnd ge - ſchaͤfftig geweſen / vnd hat ſich auff allerley Mittel vnd We - ge an mir verſucht zu Waſſer vnd zu Lande / vnter Juͤden vnd Heiden / ob Er mich gantz vnd gar moͤchte aus dem wege reumen / aber er hat allezeit ein ledig Stroh getroſchen / vnd mit Schand vnd Spott muͤſſen abziehen. Warumb? denn der Teuffel hat mir nicht das Leben gegeben / drumb darff er mirs auch nicht nehmen / vnnd iſt auch nicht der geringſtenHaar[23]Leichpredigt. Haar auff meinem Haͤupt maͤchtig. Jch kenne aber einen Mann / der heiſt Jeſus Chriſtus / der iſt mein Leben / nicht al - lein ratione creationis, wegen der ſchoͤpffung / ſondern auch ratione conſervationis, alldieweil Er mich biß dato gnaͤdig - lich beſchuͤtzet vnd erhalten hat / der hat mein Leben vnd ſter - ben in ſeinen Haͤnden / vnd dem wil ich gerne folgen / wenn es ſein gnediger Wille / vnd mir ſelig vnd gut iſt. Denn ich weiß daß mir dis zeitliche Leben keines Weges zum Erb vnd Ei - genthumb eingethan worden / ſondern nur auff eine zeitlang geliehen iſt / drumb wil ich es auch dem Oberſten Lehenherrn willig vnd gerne widerumb cediren, wenn es mir auffgekuͤn - diget wird.

Wil alſo der Apoſtel Paulus mit dieſen Worten be -Wiederle - gung der je - nigen / wel - che jhr leben vnd Sterben dem blinden Gluͤck zu - ſchreiben. gegnen den jenigen Leuten / welche des Menſchen Leben / ſo wol als ſein ſterben dem blinden Gluͤck vnterworffen haben / gleich als wenn in der Welt alles plumps halben / vnd ohne gefehr geſchehe / wie ſich denn dort Sap. 2. c. die Epicurer ver - lauten laſſen: ohn gefehr ſind wir geboren vnd fahren wieder dahin / als weren wir nie geweſen. Nein Gel. das iſt falſchSap. 2. vnd vnrecht / vnſer Herr Chriſtus hat einem jeden Men - ſchen ſein Ziel geſetzt / wie lang er es auff dieſer Welt treiben vnd ſeinem Beruff vnd Ampt ſol vorſtehen. Ja er hat jhm alle Haͤrlein gezehlet / daß derſelben nicht das geringſte kan vorſehret werden / ohn ſeinen Zulaß vnd Verſtattung. Das erkennet die liebe Hanna in jhrem LobGeſange / darumb ſpricht ſie 1. Sam. 2. der Herr toͤdtet vnd machet lebendig. 1. Sam. 2.Vnnd David ſaget Pſ. 31. ſortes meæ in manu Domini, Herr meine zeit ſtehet in deinen Haͤnden. Vnd PaulusPſalm. 31. Roman. 14. ſaget: Vnſer keiner lebet jhm ſelber / vnnd vnſerRom. 14.keiner[24]Chriſtlichekeiner ſtirbet jhm ſelber / leben wir / ſo leben wir dem Herrn / Sterben wir / ſo ſterben wir dem Herren / darumb wir le - ben oder ſterben / ſo ſind wir des Herrn.

Wir ſollen gerne ſterben.Weil es denn nu an dem / daß wir dem Herren Chriſto allein vnſer Leben zu dancken haben / ſo ſollen wir vns auch nicht ſo ſehr ſpreuſſen vnd wehren / wann Er daſſelbe widerumb bey vns abfordert. Denn das heiſt Gottes Rath vnd Willen widerſtreben / welches traun keinem Chriſten -Auch GOtt dem HErren das ſeinige nit vorhaltẽ Menſchen geziemen wil / viel weniger ſollen wir vns vber dem toͤdtlichen Abgang der vnſerigen / vbermaͤſſiger weiſe bekuͤm - mern vnd kraͤncken / denn das wehre nichts anders / als dem Herrn das ſeinige vorhalten / was er vns eine zeitlang ge - liehen hat / welches wir auch keines Weges verantworten koͤnnen / denn der Gottloſe borget vnnd bezahlet nicht / ſagetPſalm. 37. David Pſalm 37. Es iſt doch alles / was wir auff dieſer Welt haben / nur geborget ding. Vnſer HErr Gott leihet den El - tern die Kinder / daß ſie eine zeitlang an jhnen jhre Luſt vnnd Ergetzung haben / den Kindern hinwiederumb leihet er die Eltern / damit ſie von jhnen erzogen werden / Einen Ehegat - ten leihet Gott auch dem andern / eine zeitlang / daß eins dem andern behuͤlfflich vnd dienſtlich ſeyn ſol. Des Dominij aber vorzeihet er ſich keines Weges / ſondern behelt es jhm vor / daß er das ſeinige widerumb fordern mag / wenn es jhm beliebet. Billich derwegen / daß wir es jm auch gerne vnd williglich wi -Job. 1. der folgen laſſen / vñ mit dem geduͤltigen Job ſagen c. 1. Domi - nus dedit, Dominus abſtulit, der Herr hats gegeben / der Herr hats genommen / der Name des Herren ſey gebenedeyet.

4.Das Vierdte Stuͤck / welches vns im Sterben ſol ei -nen[25]Leichpredigt. nen Muth machen / iſt ingentis lucri reportatio, der ſtatlichBetrachtung des reichen Gewinns. Gewinſt / den ein frommer Chriſt davon tregt / wenn er ſein Leben ſanfft vnd ſelig beſchloſſen hat. Denn alſo ſagt vnſer Paulus: Sterben iſt mein Gewinn. Diß gel: ſcheinet nun fuͤr Menſchlichen Augen ein grewlich παράδοξον vnd vnge -παράδοξον. reimet ding ſeyn / darein ſich Fleiſch vnd Blut nicht ſchicken kan / denn wenn man ſich bey den allergelehrteſten Leuten inDer Geter - ten Heyden Iudicia vom Tode. der Heydenſchafft vmbſiehet / lieber was halten ſie vom To - de? . Sie ſprechen er ſey ϖάντων Φο〈…〉〈…〉 ερῶν Φο〈…〉〈…〉 ερότατον / ein Schreckbild vber alle Schreckbilder. Sie ſprechen er ſey ho - minis interitus, ein Vntergang des Menſchen / Er ſey ein Ende alles zeitlichen Gluͤcks vnd Wolfart / Er ſey eine thuͤr zum ewigen Verderben. Nun wollen wirs nicht gros negirenWeiden approbire[t]ſecuudum quid. von dem Tode der gottloſen vnd Vngleubigen / freylich iſt denſelben der zeitliche Todt ein Ende jhrer Wolluſt vnnd Frewde / vnd ein Anfang zu der ewigen Hellenpein. Aber vom Todte gleubiger vnnd frommer Chriſten hoͤren wir allhier Paulum viel anders judiciren vnd vrtheiln / denn er ſagt / das nicht anders als lauter Gewin ſey.

Sprichſtu aber: Je hilff ewiger Gott heiſt das ein Ge -Einrede winn / das eitel Verluſt vnnd Schaden bringet? Mus ein Menſch im Tode nicht alles laſſen / was jhm auff dieſer welt lieb iſt? als ſein Geld vnd Gut / ſeine dignitet vnnd Ehren - ſtand / ſein Weib vnd Kinder / Bruͤder vnd Schweſtern / vnd ſonſt gute Freunde / ja ſeinen eignen Leib muß Er den Wuͤr - men zur Speiſe laſſen / drumb wird gewißlich Paulus in die - ſem Aphoriſmo verſtoſſen haben? Aber darauff ſollen E. Ch. L. wiſſen / daß man den Todt nicht anſehen muß nachAntwort. der euſſerlichen Larren / wie er die zween beſten Freunde / LeibDvnd[26]Chriſtlichevnd Seel von einander trennet / wie er den Leib ſtranguliret vnd wuͤrget / denſelben ins Grab ſchleppet / vnd den Wuͤr - men zur Speiſe vorwirfft / Nein / ſondern da ſollen wir viel - mehr auff den herrlichen Wechſel ſehen / zu welchem fromme Chriſten durch den zeitlichen Todt befoͤrdert werden. VnndPauli aſ - ſertion bleibet war damit wir zu dieſem mal nur Summariſcher Weiſe davon diſcurriren, ſo gedencke doch lieber Chriſt.

Solte Sterben nicht Gewinſt ſeyn? Jſt doch der1. Todt nichts anders / als / in requiem collocatio, oder / wieBernhard jhn der alte Lehrer Bernhardus intituliret, tranſitus à labo - re ad requiem, eine Durchfarth vnd Durchgang von allerJammer vũ Elend des menſchlichen Lebens. Muͤhe vnd Arbeit zur ſeligen vnd ſanfften Ruhe. Denn lieber Menſch / bedencke doch / was es vor Muͤhe vnnd Arbeit mit vns hat / von Kindesbeinen an / biß in die Grube hinein / heiſtSir 40. es nicht wie Sirach ſagt 40. c. Es iſt ein elend jaͤmmerlich ding / vmb aller Menſchen Leben von Mutterleibe an / biß wir wieder in die Erde begraben werden / die vnſer aller Mut - ter iſt / da iſt immer Furcht / Sorge / Hoffnung / vnnd zuletzt der Todt / ſo wol bey dem der in hohen Ehren ſitzt / als dem geringſten auff Erden / ſo wol bey dem der Seiden vnd Kro -Pſalm. 90. ne tregt / als dem der einen groben Kittel an hat. Heiſts nicht?Matth. 6 wie Moſes ſagt Pſ. 90. Wenn vnſer Leben koͤſtlich geweſen iſt / ſo iſts Muͤhe vnd Arbeit geweſen / heiſts nicht? wie im ge - ſtrigen Evangelio der Herr Chriſtus ſagt / daß ein jegli - cher Tag ſeine eigne Plage haben muß. Drumb ſpricht derAuguſtin. alte Lehrer Auguſtinus gar recht vnd wol: diu vivere eſt diu torqueri, hier lange leben iſt nichts anders / als hier langDer Tode hebe alle muͤhe vnd arbeit auff. im Marterhauſe ſchweben.

Nu beten wir ja taͤglich in vnſerm Vater Vnſer / daßvns[27]Leichpredigt. vns Gott von allem vbel erloͤſen wolle / wenn er aber vns durch den zeitlichen Todt abfodert / je was thut der fromme Gott anders / als daß Er vns vnſer Bitte geweret? Denn es iſt ja der Chriſten Todt nichts anders als eine Entledigung von allem Vbel vnd Boͤſen / ja eine ſanffte Ruhe von aller Muͤhe vnd Arbeit / wie Apoc, 14. geſagt wird: Selig ſind dieApoc. 14. Todten / ſo im Herren ſterben / denn ſie ruhen von jhrer Arbeit Frewet ſich nu ein armer Tageloͤhner / det ſich des ta - ges vber muͤde gepuͤffelt vnd gearbeitet hat / wenn der Feyer - abend herbey koͤmpt / je wie viel mehr ſollen wir vns frewen / wann vnſer Herr Gott mit vns aus dem Creutzkarren dieſes Lebens ein außſpannen machet / vnd zur langgewuͤnd - ſcheten Ruhe befoͤrdern thut.

Solte Sterben nicht Gewinn ſeyn? Jſt doch der2. Der Menſch iſt hier nur ein ſiechling. Todt nichts anders / als / ad perpetuam ſanitatem promo - tio, eine Befoͤrderung zur ewigwehrenden Geſundheit / alſo / daß wir an ſtat eines ſchaͤbichten / ſtinckenden / gebrechlichen / ſiechen Leibs / einen geſunden vnd herrlich clarificirten Coͤr - per vberkommen. Denn gedencke doch ſelber lieber Chriſt / wie vielerley Kranckheiten muß doch der arme elende Menſch hier in dieſem Leben vnterworffen ſeyn / heiſts nicht? wie dieMedici. Medici ſagen: quot venæ tot morbi, So viel aͤderlein der Menſch in ſeinem Leibe hat / ſo vielerley Kranckheiten muß er ſich auch befahren Drumb muͤſſen wir jmmer fort vnd fort purgiren, evacuiren, ſchmieren vnd balbieren / ſticken vnnd flicken biß der alte Adamsbeltz keinen ſtich mehr halten wil /Sir. 10. Der Todt macht aller Kranckheit ein Ende. da gehets denn nach Sirachs Spruch c. 10. Wenn der Artzt ſchon lange geflicket hat / ſo heiſts doch / heute Koͤnig / morgen Todt. Aber durch den zeitlichen Todt wird vnſer elenderD ijMa -[28]Chriſtliche1. Cor. 15.Madenſack aller ſolcher Beſchwerungen entnommen / ſinte - mal es heiſt wie Paulus ſagt 1. Cor. 15 es wird geſeet vorweß - lich / vnnd wird aufferſtehen vnvorweßlich / es wird geſeet in Vnehre / vnd wird aufferſtehen in Herrligkeit / es wird geſeet in Schwachheit / vnd wird aufferſtehen in Krafft Vnd Phi -Philipp. 3. lipp. 3 ſpricht er / daß vnſere nichtige Leibe / dem verklaͤreten Leibe Jeſu Chriſti ſollen ehnlich werden.

Frewen ſich nu vnſere Kinderlein zu hauſe / wenn ſieArgumen - tum â mi - nori. an ſtat jhrer zerriſſenen Haderluͤmplein auffs newe außſtaf - firet vnd gekleidet werden / vnd gehen in allen Frewdenſpruͤn - gen daher / wenn man jhnen hierauff Vertroͤſtung thut / Je wie viel tauſent mahl mehr frewen wir vns ob dem ſeligen Wechſel / dazu wir durch den zeitlichen Todt gelangen / ſinte - mal wir die Zuſag vnd Vorheiſſung haben / daß vnſer lieber Herr Jeſus Chriſtus vns nicht allein wieder lebendigMatth. 13. machen wil / ſondern Er wil auch vnſere ſtinckende vnd ver - moderte Coͤrper dermaſſen vorklaͤren / daß ſie ſollen leuchten wie die Sonne / in jhres Vaters Reich. Matth. 13.

3. Wir ſuͤndi - gen ſo lang wir leben.Solte Sterben nicht Gewinn ſeyn? Jſt doch der Todt ad perfectam ſanctitatem translatio, eine Vorſe - tzung zur Vollkommenen Heiligkeit vnd Gerechtigkeit. Jn dieſem Leben iſts fort vnd fort mit vns ſchwach vnd gebrech - lich ding / die Suͤnde iſt in vnſerer vorderbten Natur dermaſ - ſen eingewurtzelt / daß ſie keines Weges gantz vnnd gar kan eradiciret werden / ſondern wir taͤglich in vnſerm Vater vn - ſer beten muͤſſen, Vergib vns vnſer Schuld / als wir verg[e]- ben vnſern Schuͤldigern. Denn auch der Gerechte des Ta -Prov. 24. ges ſieben mal fallen kan / Prov. 24. Vnd wir beduͤrffen der Bruͤderlichen Vorzeihung nicht nur ſieben mal / ſondernwol[29]Leichpredigt. wol ſiebentzig mal ſieben mal / ſaget Chriſtus zu Petro /Matth. 18. Matth. 18

Drumb je lenger wir leben / je groͤſſern Suͤnden Wuſt wir auff vnſern Hals laden. Aber mit dem zeitlichen TodteDer Todt verlegt der Suͤnden den Paß. endet ſich auch vnſer ſtetiges ſuͤndigen / denn da wird der alte Adamsbalck in der Erden außgebutzet vnd wenn er dermal eins wieder aufferſtehen wird / ſo werden die Außerwehlten gelangen ad conſummatam juſticiam zu einer vollkomme - nen Gerechtigkeit / da werden wir ſtehen in ornatu ſancto, in dem heiligen Schmuck / vnd wird alles ſuͤndhafftige weſen abgethan ſeyn. Jnmaſſen anff ſolches herrliche privilegi - um der Außerwehlten Kinder Gottes / deutet das Geſichte des Evangeliſten Johannis Apoc 7. Da die Heiligen Got -Apoc. 7. tes mit weiſſen Kleydern angethan / fuͤr dem Stule des Lam - mes ſtehen / vnd demſelben auff den Dienſt warten.

Solte Sterben nicht vnſer Gewinn ſeyn? Da doch4. Diß[l]eben iſt nur eine wal fart vnd Pil - gramſchafft. vnſer Todt nichts anders iſt als / ad cœleſtem patriam mi - gratio, eine Wanderſchafft aus dieſem Elends Thal in das himmeliſche Vaterland / da vnſer ϖο〈…〉〈…〉 τευμα hingelegt iſt. Denn wir haben hier keine bleibende ſtat ſondern die zukuͤnff -Ebr. 13. tige ſuchen wir / Ebr. 13. Sollen wir aber in dem himliſchenDer Tod be - foͤrder[t]vns zum himli - ſchen Vater - lande. Vaterlande angelangen / vnd kommen zu vnſern Eltern / vnnd Vor Eltern / zu vnſern Kindern / Geſchwiſtern vnnd Blutsfreunden / welche wir voran geſchicket haben / ſo muß ſolches geſchehen durch den zeitlichen Todt. Denn wir ſind doch nichts beſſer als vnſere Vaͤter / vnnd vnſer Herre1. Reg. 19. Gott wird vns nicht etwas ſonderliches machen / vnnd vns laſſen lebendig auff einem fewrigen Wagen gen Himwel ho - len / wie zwar dem Propheten Eliæ aus ſonderlicher diſpen -2. Reg. 2D iijſation[30]Chriſtlicheſation widerfuhr / Nein: es iſt der alte Bund / du muſt ſter -Sirach. 14. ben / ſagt Sirach 14. c.

Gefellets nu einem armen Kinde wol / vnd iſt jhm ei -Simile. ne groſſe Frewde / wenn es ſeine Eltern vnd Freunde wieder - umb aus der Frembde abholen vnd heim fodern / darinn es ſich allerley hat genieten muͤſſen / wie vielmehr ſollen wir es vns laſſen eine Frewde ſeyn / wenn vns vnſer lieber GOTT durch den zeitlichen Todt abholet / aus dieſem elenden Jam -Pſalm. 16. merthal / in des Himmels ewigen Frewdenſaal da Friede vnd Frewde die Fuͤlle iſt / vnd liebliches Weſen zur Rechten Got - tes immer vnd ewiglich. Sehet gel: Was ſterben fuͤr ein groſ. ſer herrlicher Gewinn iſt.

Vnd eben das machts auch / daß die heiligen Gottes - Maͤnner nach dem zeitlichen Tode ſo ein hertzliches ſehnen vnd verlangen getragen haben / von welchem der alte LehrerChryſoſt. Chryſoſtomus ſagt: Sancti mortuos excitârunt, & tamen ipſi mori deſiderârunt, Jſt das nicht ein Wunderding / ſpricht er / Elias vnd Eliſæus / Petrus vnd Paulus haben to - de aufferwecket / vnd ſelber nach dem Tode ein verlangen ge - tragen / Je lieber warumb? Sie haben gar wol gewuſt / das Sterben nicht Verluſt vnd Schaden / ſondern reichen Gewin bringe. Weil wir denn alleſampt der complexion ſeyn / daß wir vffm Spiel / im Handel vnd Wandel gerne ge - winnen / warumb wolten wir denn nicht gerne ſterben / wenn vnſer Todesſtuͤndlein herzu nahet? alldieweil vns der todt kein Verluſt / ſondern ein ſtatlicher Gewinn iſt.

So moͤgen ſich nu fuͤr dem Tode fuͤrchten alle Gott - loſen / die Jeſum Chriſtum nicht kennen / auch nicht zu jhmCyprianus begeren / wie der alte Lehrer Cyprianus ſagt eius eſt mortemtimere,[31]Leichpredigt. timere, qui non vult ad Chriſtum ire. Darumb denn auch ſolche Leute in Todesnoth jhre lamentationes vnd Trawer - klagen anſtellen / wie Cicero geſagt hat: ô me nunquam ſa -Cicero. pientem, O ich armer elender Menſch / ich vormeinete / ich hoͤrete vor groſſer Klugheit das Graß wachſen / aber jetzund ſehe ich / daß ich ein rechter Thore vnd Narr geweſen bin / vnd es mir an der allerbeſten Kunſt gemangelt hat Vnd Keyſer Hadrianus als er jetzt ſterben ſol fehret mit dieſen vnbeſchei -Hadrian. denen Worten heraus:

O Animula vagula, blandula Hoſpes comesꝙ́ corporis, Quæ nunc abibis in loca? Pallidula, rigida, nudula, Nec ut ſoles, dabis jocos. ()

O liebes Seelichen wo nu hinaus[?]Wir ſind ja gute Paten zuſammen geweſen in dieſem Leben / wo wollen wir aber nun vnſere Herberge auffſchlagen / nach dem wir vns ſcheiden muͤſſen? Jch habe leider Sorge an ein ſolchen ort / da wenig Frewde / ſondern lauter Grießgramen vnnd Hertzleid ſeyn wird. Was aber fromme Chriſten ſeyn / die werden viel - mehr mit Simeone ſich jhres Sterbſtuͤndleins frewen / Luc. 2. ein hertzliches ſehnen vnd verlangen darnach tragen / vnd mitLuc. 2. Paulo ſeufftzen ex Phil. 1. cupio diſſolvi. Jch begehre auff -Phil. 1. geloͤſet / vnd bey meinem Herren Chriſto zu ſeyn / vnnd mit Auguſtino: mori deſidero, ut videam Jesum meum. Jch wil gerne ſterben / damit ich nur je ehe / je beſſer zu demAuguſtin. lieblichen Anblick meines Herrn Jeſu Chriſti moͤge be -fordert[32]Chriſtlichefoͤrdert werden. Ja ſie werden dem Todte gleich ein Kliplein1. Cor. 15. vor die Naſe ſchlagen / vnd ſein ſpotten / aus 1. Corinth. 15. der Todt iſt verſchlungen in den Sieg / Todt wo iſt dein Sta - chel? Helle wo iſt dein Sieg? GOtt ſey Lob vnd Danck / der vns den Sieg gegeben hat / durch vnſern Herrn Je - ſum Chriſtum.

Ehren Ge - daͤchtnis der verſtorbenen Fraw Kit - ſcherin.Vnd auff dieſen Troſt hat nu auch jhr leben ſanfft vnd ſelig beſchloſſen / die Edle vnd Vielehren Tugendſame Fraw Magdalena von Kitſcher / des Edlen / Geſtrengen vnnd Eh - renveſten Hanſens von vnd zu Kitſcher / vnſers großguͤnſti - gen Lehn Junckers / vielgeliebte HaußEhre / welcher wir biß hieher das Geleite gegeben / vnd den letzten Ehrendienſt be - wieſen haben / auch nunmehr in jhr Ruhebetlein beygeſetzet werden ſol.

Sie iſt aber auff dieſe Welt geboren worden / ohn ge -Jhre An -[c]unfft. fehr vor 46. Jaren / denn man die zeit ſo præcisè vnd eigent - lich nicht wiſſen kan / weil in der Fewers Brunſt zu Hewers - werda / welche jhr lieber Vater ſeliger daſelbſt erlitten / die do - cumenta vnd Nachrichtungen jhrer Geburtszeit auch mit im Fewer verdorben ſeyn. Jhre Eltern ſind geweſen / rechte / fromme / Chriſtliche vnd Adeliche Hertzen / welchen noch heu - te zu tage nichts anders als Adeliche Tugend vnd Ehre kan nachgeſaget werden. Denn jhr Vater iſt geweſen der weiland Edle / Geſtrenge vnnd Ehrnveſte Juncker Chriſtoff Ziegler auff Kliphauſen / jhre Fraw Mutter aber die Edle vnd Viel - ehrentugendſame Fraw Anna / eine Geborne von Loß / aus dem Hauſe Sack / wie denn jhres Vatern Fraw Mutter ge - weſen eine von Maltitz / aus dem Hauſe Dippoltswalda / jh - rer Fraw Mutter Mutter aber eine von Schleinitz / aus dem Hauſe Seehauſen.

Es[33]Leichpredigt.

Es ſind jhr aber jhre liebe Eltern eben zeitlich mit To -Jhre Auff - erztehung. de abgegangen / darumb ſie theils an fremb den Orten / theils bey jhren Blutsfreunden / als ein armes Waͤiſelein ſich auff - halten muͤſſen.

Sonderlich hat ſie etliche Jhar zugebracht / in dem fuͤrnehmen herrlichen Frawenzimmer / des weiland Wolge - bornen vnd Edlen Herren / Siegefried von Promnitz / Frey - herrens vff Pleſſe / Soraw vnnd Tribel / der Saganiſchen Fuͤrſtenthuͤmer Pfandsherren / Roͤmiſcher Kaͤyſerlicher Ma - jeſtet in Ober-vnd Nieder Schleſien / Raths vnd Cammer - Præſidentens / da ſie ſich denn bey jhrer Gn. Wolgebornen Gemahlin dermaſſen verhalten / daß ſie bey derſelben in groſ - ſem Lob geſtanden / vnd eine gantz Gnaͤdige Fraw nomine & re an jhr gehabt. Nach dem aber die Gnaͤdige Fraw toͤdt - lichen vorblichen / iſt ſie von jhren Freunden daſelbſt wieder abgefordert worden / bey welchen ſie ſich auch folgende zeit auffgehalten / biß ſie ohn gefehr das 24. Jahr jhres Alters er - reichet / da hat ſie ſich mit vorwiſſen jhrer Adelichen Freund -Jhr Ehſtand ſchafft / mit jhrem lieben Junckern / dem nunmehr hochbetruͤ - beten Witwer / in den heiligen Eheſtand begeben / vnd mit demſelben 21. Jhar / 10. Wochen vnd 1. Tag / eine gewuͤnd - ſchete Ehe beſeſſen / daran beydes Gott vnd alle Chriſtliche Hertzen einen Gefallen tragen muͤſſen. Denn da hat man freylich zwiſchen dieſen beyden Adelichen Eheleuten eine rechte vngefaͤrbte Liebe geſpuͤret vnd gemercket / alſo daß eines vor das andere vielmehr / als fuͤr ſich ſelber geſorget vnnd be - kuͤmmert geweſen / es iſt auch eins ohn das andere vngern ge - weſen / oder da es je bißweilen nicht anders hat ſeyn koͤnnen / haben ſie nicht recht zu gute werden koͤnnen. So hat auchEvnſer[34]Chriſtlichevnſer lieber Juncker an vnſerer ſeligverſtorbenen Jungefraw - en ein recht getrewes adiutorium vnnd Gehuͤlffin gehabt / auff welche er ſich ſicherlich vorlaſſen duͤrffen. Denn Sie die Haͤnde nicht in den Schos geleget / ſondern ſich der hauß - haltung mit fleis angenommen vnd jhren lieben Junckern mancher Sorge benommen / daß er ſich nicht bald vmb dieſes bald vmb jenes bekuͤmmern uͤrffen / darumb Er ſie denn frei - lich allzu zeitlich vormiſſen wird.

Jn jhrem Eheſtande hat vnſer Herr Gott ſie auch mit LeibesFruͤchten reichlich geſeg[n]et / alſo daß ſie jhrem lie - ben Junckern 8. lebendige Ki[n]der / als 3. Soͤhne / vnd fuͤnff Toͤchter auff dieſe Welt geboren / von welchen ſie zwey Soͤh - ne vnd ein Toͤchterlein vnſerm H[e]rrn Gott wider gegeben / vnd vor ſich hin geſchicket hat.

Jhr Leben vnd wandel.Jhr Chriſtenthumb belangend / ſo kan ich jhr das Zeug - nis geben / daß ſie Gottes Wort lieb vnd werth gehabt / denn ſie mit willen keine weder Ampts-noch Veſperpredigt vor - ſeumet / wann ſie nicht Leibes Schwachheit halben davon iſt abgehalten worden. So hat ſie auch die hochwuͤrdigen Sa - cramenta keines weges verachtet ſondern derſelben zum oͤff - tern zur Vergebung der Suͤnden / vnd vorſicherung der Se - ligkeit mit hertzlich er Andacht gebrauchet daß ſie alſo jhrem Vnterthanen vnd Geſinde in dieſem Stuͤck mit einem Lob - wuͤrdigen Exempel vorgegangen. Vnd weil ſie es jhr mit Gottes Wort einen rechten Ernſt ſeyn laſſen / daſſelbe gerne gehoͤret vnd geleſen / ſo iſt es auch ohne Nutz vnd Frucht nicht abgegangen / ſondern ſind jhr die fuͤrnemſten Hiſtorien / ſpruͤ - che vnd Gebet Altes vnd Newes Teſtaments gar wol bekand geweſen / hat ſich auch nicht ſchaͤmen duͤrffen / mit gelehrtenLeuten[35]Leichpredigt. Leuten hiervon zu diſcurriren vnd Vnterredung zu halten. Hat ſie es ſonſten nicht allezeit jederman zu Sinne machen koͤnnen / ſo bedencke man dieſes / daß ſie auch ein Menſch ge - weſen / vnd jhre Schwacheiten vnd Gebrechligkeiten gehabt / vnd ſol der Menſch noch geboren werden / der es allen Leuten recht machet. So hat es auch wol die hohe Nothdurfft erfor - dert / daß ſie bißweilen vber Vngebuͤr bey jhren Vnterthanen vnd Geſindlein geeifert / vnd in jhrer weitleufftigen muͤhſa - men Haußhaltung das Haußregiment mit gebuͤrendem ernſt gefuͤret hat. Denn wo das Weiberregiment in einer haußhal - tung l[i]get / vnd das Geſindlein nur ſeines ejgnen kopfs lebet / o da mus ſie gewißlich gar bald zu grund vnd boden gehen.

Gleich wie aber fromme Chriſten des lieben CreutzesJhr Creutz. nicht koͤnnen geuͤbriget ſeyn: alſo hat auch jhr der fromme ge - trewe Gott zum oͤfftern aus ſeinem Creutzbecher geſchencket / in dem Er ſie mit beſchwerlichen Kranckheiten zum oͤfftern daheime geſuchet / vnd jhr bißanhero faſt alle halbe Jahr hat auff Gehorſam gebotten auff welchem ſie aber GOtt dem Herrn geduͤltiglich ausgehalten / vnd es fuͤr eine gnaͤdige Vaͤterliche Zuͤchtigung erkennet / ſich auch zum oͤfftern dabey jhres Sterbſtuͤndleins erinnert / doch alſo vnd dergeſtalt / daß ſie ſich vor dem Tode keines Weges entſetzet / ſondern viel - mehr ſich dahin erklaͤret / daß ſie zu jhrem Sterbſtuͤndelein willig vnd bereit ſey / ja mit frewden es annemen wolle / wenn vnſer Herr Gott ein außſpannen mit jhr machete / denn ſagte ſie die greſſen Beſchwerungen / die ich an meinem Leibe habe / machen daß ich dieſes Lebens gar muͤde vnd vberdruͤſ[-]ſig werde.

Nach dem ſie aber vnſer lieber Gott vor 8. WochenJhre kranck / h[e]it.E ijmit[36]Chriſtlichemit einem hitzigen Fieber angegriffen / als hat jhr daſſelbige dermaſſen zugeſetzt / daß ſie an jhren Leibeskraͤfften mercklich abgenommen / vnd ob wol die Hitze etlicher maſſen geſtillet worden / ſo ſind doch andere Symptomata mit zugeſchlagen / welche die Kranckheit deſto gefehrlicher gemacht haben / Da - her denn die ſelig verſtorbene Jungefraw vervrſachet wor - den / daß ſie vff allen fall ſich zu jhrem Sterbſtuͤndlein præpa - riret vnd gefaſt gemacht / vnd einen gantzen Monat vor jh - rem toͤdtlichen Abgange / (war der 5. Aug.) ſich mit dem hoch - wuͤrdigen abendmal hat vorſorgen vnd vorſehen laſſen / nach dem ſie den Abend zuvor jhre beichte / mit hertzlicher Andacht verrichtet / vnd darauff die troͤſtliche abſolution erlanget hat - te. Nicht ohne zwar iſt es / daß vnſere ſeligverſtorbene Junge - fraw jhrer hertzlieben Tochter hochzeitlichen Ehrentag gar gerne hette erleben moͤgen / Jnmaſſen ich aus jhren Reden ſo viel abnehmen koͤnnen. Gleichwol hat ſie es allezeit dem gnaͤ - digen vnd Vaͤterlichen Willen vnſers Herren GOttes anheim geſtellet / der ſolte es mit jhr ſchicken zu ſeinen Ehren / vnd zu jhrer Seelen Heyl vnd Seligkeit. Wie ſie ſich denn vff jhrem Lager des Abends vnd Morgens Gott dem HEr - ren mit hertzlichem Gebet zu getrewen Haͤnden befohlen / welches jhr die jenigen alle werden Zeugnis geben muͤſſen / die vmb ſie geweſen / vnd bey jhr auffgewartet haben.

Jhr Todt.Am 5. Tage Septemb. als am Tage jhres Abſchieds / hat ſie ſich vor Mittage ſo friſch geſtellet / daß jederman ver - hoffet / es wuͤrde nu Sterbens halben mit jhr keine Noth ha - ben! Jnmaſſen ſie ſich denn noch zu Mittage zu Tiſche ge - ſetzet / mit jrem lieben Junckern vnd Adelichen Kindern mal - zeit gehalten / dergleichen ſie die gantzen 6. Wochen vber inn jhrer Kranckheit nicht gethan. Aber nicht lange nach gehalte -ner[37]Leichpredigt. ner Malzeit finden ſich jhre Beſchwerungen auffs newe / vnd zwar ſo hefftig / daß ſie ſelber ſpuͤret vnd mercket / es wolle ſich mit jhr zum Ende nahen / Darumb ſie mich faſt vmb 4. Vhr zu ſich fordern ließ / vnd als ich zu jhr kam / erklaͤrete ſie ſich alsbald dahin / diß wuͤrde nu zu guter letzt ſeyn / daß ich ſie be - ſuchete / vnd betete darauff neben mir vmb eine gnaͤdige Auff - loͤſung. Als ich jhr aber nach andern Gebetlein auch die ſie - bende Bitte des Vater vnſers vorbetete:

Von allem Vbel vns erloͤs /
Es ſind die Zeit vnd Tage boͤs /
Erloͤs vns von dem ewigen todt /
Vnd troͤſt vns in der letzten noth /
Beſcher vns auch ein ſeliges End /
Nim vnſer Seel in deine Haͤnd.

Vnd ich es bey dieſem Vers wolte bewenden vnd bleiben laſ - ſen / da hub ſie an von ſich ſelber mit gar embſigen Worten / den darauff folgenden Vers zu beten:

Amen / das iſt / es werde war / ()

Dis ſind jhre letzten Wort geweſen / welche man jhr hat vor - nehmen koͤnnen / denn jhr alsbald darauff die Sprache ent - fallen / ohn daß ſie hernachmals / als ich ſie fragte: ob ſie auff jhren Erloͤſer vnd Heyland Jeſum Chriſtum ſterben wolte? mit einem Jawort ſich erklaͤrete. Sonſten hat ſie jhren Ver - ſtand richtig gehabt / biß an jhr ende / welches ich aus jhren ge - berden gnugſam vormercken koͤnnen / denn als ich jhr das ſter - be Gebetlein Eberi fuͤrbetete / vnd wir auff die Wort kahmen:

Vnd meiner Suͤnd nicht mehr gedenck /
Aus gnaden mir das Leben ſchenck /

da hub ſie jhre Augen empor vnd ſeufftzete zu Gott dem Her - ren von grund jhres Hertzens hette auch gerne mit dem mun -E iijde[38]Chriſtliche Leichpredigt. de gebetet / wenn ſie jhrer Zunge were maͤchtig geweſen / wie ſie denn in vielen Worten die literas vocales derſelben mit auß - ſprach / mit den conſonantibus aber koͤndte ſie nicht fortkom - men. Darauff ſie vmb 5. vhr vnter dem Gebet gar ſanfft vnd ſelig eingeſchlaffen / alſo daß ſie auch nicht einen Fuß gezuckt / oder einen Finger gereget hette / allein daß ſie bey jhrem letzten abdruck jhren Mund ruͤmpffete / gleich wie etwa ein Menſch zu thun pflegt / wenn jhm etwas bitters oder ſawers zu koſten dargereichet wird. So iſt nu

Jhr Jammer / Truͤbſal vnd Elend /
Kommen zu eim gar ſelign End /
Sie hat getragen Chriſti Joch /
Sie iſt geſtorbn vnd lebet noch.

Der Gott alles Troſts troͤſte den hochbetruͤbten Herrn Witber / ſampt den Adelichen hinderlaſſenen Kindern / vnd Anverwandten / welche durch dieſen Todesfall in groſſe trau - rigkeit ſind geſetzet worden / vnd erhalte ſie bey guter Geſund - heit vnd langem Leben. Vnſerer ſelig verſtorbenen Junge - frawen wuͤndſchen wir in jrem Grabkaͤmmerlein eine ſanffte Ruhe / vnd denn am zukuͤnfftigen Juͤngſten Tage vns mit jhr eine froͤliche Aufferſtehung zum ewigen Leben. Sol - ches von dem getrewen Gott zu erlangen / wollen wir beten ein glaͤubiges vnd andech - tiges Vater vnſer / etc.

ENDE.

About this transcription

TextMori lucrum. ex Phil. 1. c
Author Tobias Rehefeldt
Extent38 images; 10017 tokens; 3020 types; 66421 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationMori lucrum. ex Phil. 1. c Christliche Leichpredigt Bey Adelicher Sepultur vnd Begräbnis der Weiland Edlen/ VielehrenTugendtsamen Frawen Magdalenae Gebornen Zieglerin Tobias Rehefeldt. . 38 Lorentz KoberLeipzig1615.

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Universitätsbibliothek Breslau Universitätsbibliothek Breslau, 4 S 136/7 / 523844

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Fraktur

LanguageGerman
ClassificationGebrauchsliteratur; Leichenpredigt; Gebrauchsliteratur; Leichenpredigt; ready; aedit

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  • Deutsches Textarchiv
  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
  • Jägerstr. 22/23, 10117 BerlinGermany
ImprintBerlin 2019-12-10T09:36:08Z
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Holding LibraryUniversitätsbibliothek Breslau
ShelfmarkUniversitätsbibliothek Breslau, 4 S 136/7 / 523844
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