PRIMS Full-text transcription (HTML)
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Chriſtliche Leichpredigt /
Bey dem Begraͤbnis Der Erbaren vnd Ehrentugendtſamen Frawen Eliſabeth / Des Ehrenvehſten Vndt Achtbaren Herren Aaron Backſtroen / Churf. Saͤchſ. in Vormundſchafft verordneten Amptmans zu Ol - disleben / viel geliebten ehelichen Hausfrawen ſeligen. Welche den 15. Martij / Anno 1613. des Abends kurtz vor 10. Vhrn zu Oldisleben ſeliglich entſchlaffen / vnnd den 19. hernach in die Kirche daſelbſten / Chriſtlich vnd ehrlich zur Erden beſtattet worden /
Gedruckt zuJehnabeyJohann Weidnern.
[2][3]

Eingang vor der Predigt.

WArumb wir / Geliebte vnnd Auſſerwehlete in dem HERRN CHriſto / jetzo mit trawrigen / betruͤbeten Hertzen vnnd Gemuͤhte zu - ſammen kommen ſeynd / ſe - hen Ewre Liebe fuͤr Augen / nemlich / der Er - baren vnnd Ehrentugendtſamen Frawen ELJSABETH / Des Ehrenvehſten vnd Achtbarn Herren Aaron Backſtroen / Churfuͤrſtlichen Saͤchſichen in Vormund - ſchafft wol verordneten Amptsman allhier zu Oldisleben / vnſers grosguͤnſtigen gebie - tenden liebẽ Herrn / viel geliebten Hausehren / nunmehr Chriſtlicher vnnd ſeliger Gedecht - nis / welche am nechſt verſchienen Montag / vmb zehen Vhr / in der Nacht / ſelig vnnd ſanfft in dem HERRN Chriſto eingeſchlaf - fen / das Geleite zu jhrem Ruhebettlein zu geben / dadurch wir beydes vnſern GlaubenA ijbezeu -[4]Eingang vorbezeugen / was wir von den Verſtorbenen Chriſten halten / nemlich / dieſes / wie wir ſingen: Er hat getragen Chriſti Joch / iſt ge - ſtorben vnd lebet noch. Jtem: Hier iſt er in Angſt geweſen / dort aber wird er geneſen / in ewiger Frewd vnd Wonne / leuchten wie die helle Sonne / Vnd denn / vnſerm lieben vnd hochbetruͤbeten Amptman / ſeinen groſſen Schmertzen dadurch etlicher Maſſen zu lin - dern.

Denn was jhme / als der durch dieſen / leider allzu zeitlichen toͤdlichen Abgang zu ei - nem trawrigen Witwer worden / fuͤr ein ſchmertzlicher Riß am Hertzen / auch ſeinen lieben Kindern daran fuͤr groſſes Leid geſche - hen / das verſtehet niemand beſſer / als der es ſelbſten verſucht hat / wie davon der Poet ſaget:

Non dolor est major, quàm cum violentia mortis
Unanimi ſolvit corda ligata fide.
Es iſt ja gar kein groͤſſer Schmertzn /
Denn wenn ſich ſcheidn zwey trewe Hertzn.

Dieweil aber dieſes alles nach GOTTESvn -[5]der Predigt.vnwandelbahrem Willen vnd Rhat geſche hen / wie es denn abermal heiſſet:

Fato junguntur, fato ſolvuntur amantes. ()
Die Gott in Lieb zuſammen bracht /
Die hat er auch zu ſcheiden macht.

So ſollen vnd muͤſſen wir vns auch ſeinem vaͤtterlichen Willen mit Gehorſam vnter - werffen / vnd ſagen: Fiat voluntas tua Domine, HERR / dein Will geſchehe / vnd mit dem lieben Hiob Cap 1. Dominus dedit, Domi - nus abſtulit, ſicut Domino placuit, ita factum eſt, Der HERR hats gegeben / der HERR hats genommen / der Nahme des HERRn ſey gelobet.

Demnach / damit wir auch nicht traw - ren / wie die Heyden / die keine Hoffnung haben / wollen wir aus Gottes Wort einen Spruch zu erkleren fuͤr vns nehmen / vns Troſts daraus zuerholen / Damit es aber mit groſſem Nutz vnſer aller geſchehen moͤ - ge / wollen wir Gott den Vater im Nahmen vnſers HErrn Jeſu Chriſti vmb ſein Gnad / Segen vnnd heiligen Geiſt anruffen / vnnd mit einander beten / ein glaͤubiges vnnd an - daͤchtiges Vater vnſer.

A iijText[6]

Text dieſer Predigt /

Rom. 14. VNſer Keiner le - bet jhm ſelber / vnd kei - ner ſtirbet jhm ſelber / Leben wir / ſo leben wir dem HERRN / Sterben wir / ſo ſterben wir dem HERRN / Darumb wir leben oder ſterben / ſo ſind wir des HERRN. Denn dazu iſt CHriſtus auch geſtorben / vnnd aufferſtanden / vnd wieder le - bendig worden / daß er vber Todte vnd Lebendige HErr ſey.
Ausle -[7]

Auslegung dieſer Predigt.

WJr leſen / Geliebte vnd Auſſerwel -Exordium ab hiſtoria Tabeæ Act. 9. te in dem Herrn Chriſto / in der Apoſtel Ge - ſchichten am neunden Capittel eine feine Hiſto - ria / von einer Juͤngerin des Herrn Chriſti / welche zu Joppen gewohnet / mit Nahmen Ta -In qua per - pendenda bea / daß dreyerley von jhr gemeldet wird: Das erſte iſt / jhr gottſeliges Leben vnnd Wandel / jhre gute Werck vnnd Almo -1. Pietas. ſen / von welcher wegen ſie geruͤhmet wird: Das andere / daß2. Fortuna ſie kranck worden ſey / vnd geſtorben: Das dritte / wie ſich die3. Reſuſci - tatio. gottſeligen Chriſten daſelbſt dabey verhalten / vnnd ſich jhrer hertzlich angenommen / S. Petro / der in der Naͤhe zu Lidda war / einen Boten geſchickt / vnd do er zu jhnen kommen / hertz - lich geweinet / jhre ſchoͤne Arbeit vnd Fleiſs in jhrem Beruffe jhm gezeiget / der ſie denn auch durch vorhergehendes Gebet / wieder lebendig gemacht.

Bey welcher Geſchicht wir vns feiner Lehr zu erinnernUſus. haben: Die erſte iſt / certa notitia Dei, wie vnſer lieber Gott1. Certa Dei noti - tia. der jenigen / ſo ſeine Juͤnger ſind / an jhn glaͤuben / vnnd auff jhn trawen / jhre Nahmen wiſſe vnd kenne / als die er in ſeine Hand geſchrieben / Eſ. 49. Joh. 10. vnnd / 2. Tim. 2. Der feſte Grund Gottes beſtehet / vnd hat dieſen Siegel / der Herr kennet die ſeinen / vnd / Es trete abe von Vngerechtigkeit / wer den Nahmen Chriſti nennet / denn da heiſſet die Regul: Ver - ba notitiæ & ſenſuum apud Hebræos important affectum & effectum. Gottes wiſſen vnd kennen bey den ſeinigen / iſt nichts anders / als erbarmen / vnd inbruͤnſtig lieben / wie ge -ſchrieben[8]Chriſtlicheſchrieben ſtehet / Eſa. 49. Kan auch ein Weib jhres Kindleins vergeſſen / daß ſie ſich nicht erbarme / vber den Sohn jhres Leibes / vnnd ob ſie deſſelbigen vergeſſe / ſo wil ich doch dein nicht vergeſſen / Sihe in deine Hende habe ich dich gezeich - net.

Vnd alſo erklaͤret ſich Gott der Herr im Prophe - ten Jeremia am ein vnnd dreyſſigſten Capittel: Jſt nicht E - phraim mein thewer Sohn / vnd mein trawtes Kind? Denn ich dencke noch wol daran / was ich jhme geredet habe / darumb bricht mir mein Hertz gegen jhm / daß ich mich ſein erbarmen muß / ſpricht der Herr / Welches denn den glaͤubigen Chri - ſten ein ſehr ſchoͤner Troſt iſt / in allerley Creutz vnd Vnfall: Denn / widerfehret jhnen etwas Widerwertiges / ſo koͤnnen ſie gewiſs ſchlieſſen / es geſchehe nicht ohne Gottes Wiſſen vnd Willen: Derowegen / weil er es weis / ſihet / vnd ſie hertzlich liebet / ſo kan jhnen das Creutz / Kranckheit / ja auch der Tod nicht ſchaͤdlich ſeyn / ſondern es muß jhnen alles zum beſten die - nen / Rom. 8.

Den Vnglaͤubigen vnd Gottloſen aber ſoll es zur War -2. Nota vero - rum Chri - ſtianorum. Ambroſius Mendaciũ est, Chriſti anum ſe di cere, & ope ra Chriſti non facere. nung dienen / vnd ſie zur Buſſe vnd Bekehrung bewegen / von denen der Sohn Gottes ſaget: Non novi vos, diſcedité à me omnes, qui opera mini iniquitatem: Jch kenne ewer nicht / weichet von mir alle Vbelthaͤter.

Das ander / darinnen zu behalten / iſt Nota verorum Chriſtianorum: Das Merckmal / damit man die rechtſchaf - fenen Chriſten von den MaulChriſten vnd Heuchlern kan er - kennen: Nemlich / wenn ſie voller guten Werck / Denn der Glaube ohne Wercke iſt todt / gleich wie der Leib ohne Geiſt3. Fortuna hujus vitæ cum impijs communis. tod iſt / Jacob. 2. Darumb ſingen wir auch: Die Werck die kommen gewislich her / aus einem rechten Glauben / Matth. 5.

Zum Dritten / ſehen wir auch hieraus / daß auch dieFrommen[9]Leichpredigt. Frommen vnd Heiligen Gottes nicht ohne Creutz / Kranck - heit / vnd ohne den Tod ſeyn koͤnnen / denn ſie muͤſſen dem E - benbilde des Sohns Gottes ehnlich werden / Rom. 8. Durch viel Truͤbſall ins Reich Gottes gehen / Act. 14. vnd hebet das Gerichte oder Creutze am Hauſe des Herrn am erſten an / 1. Pet. 4. Wie der Engel Raphael zu Tobiae ſagt: Weil du Gott lieb wareſt / ſo muſt es ſo ſeyn / ohne Anfechtung mu - ſteſtu nicht bleiben / Tob. 12. Darumb ſaget David / Pſalm. 89. Wo iſt jemand der da lebe / vnd den Tod nicht ſehe.

Aber das iſt der Vnterſcheid: Precioſa mors Sanctorum in conſpectu ejus: Der Tod ſeiner Heiligen iſt werth fuͤr dem Herrn / Pſalm. 116. Aber / Mors impiorum peſsima, quorum nativitas mala, vita perverſa, & mors periculoſa. Den Gottloſen wird das Vngluͤck toͤdten / Pſalm. 34. Es weis aber einer ſo wenig Zeit oder Stunde / als der ander / darumb ſollen wir allezeit bereit ſeyn / Luc. 12.

Zum vierdten ſehen wir auch / daß es nicht vnrecht ſey /4. Exequiæ, lachrymæ, & media, vitæ conſer vandæ con - ceſſa. die frommen Chriſten beweinen / vnnd eine bequeme Grab oder Ruheſtaͤdte jhnen auserſehen / da ſie moͤgen hingeleget werden / wie das die Exempel der Heiligen bezeugen / ſo ſoll man auch Mittel brauchen / das Leben zu erhalten / ſonderlich aber fromme Lehrer vnd Prediger zu den Krancken bitten / ſie zu troͤſten / vnnd in wahrem Glauben beſtendig zu bleiben / zu vermahnen.

Wie wir denn zum fuͤnfften ein ſchoͤn Vorbild haben an5. Typus futu reſurre - ctionis. der Tabea / der Aufferſtehung der Todten vnd des ewigen Le - bens / denn wie allhier Petrus die Tabeam aufferwecket von dem Tode: Alſo ſollen wir auch vom Tode zum ewigen Leben durch Chriſtum aufferwecket werden.

Dieſes ſolten vnd koͤnten wir alles auff vnſere ſelige ver - ſtorbene Fraw Amptmaͤnnin accommodiren: Aber ich fuͤrchte /Bes[10]Chriſtlichees moͤchte zu lang werden / vnd deucht mich auch / als wenn ich jetzt ſehe die Gedancken / wo nicht vnſers ſehr hochbetruͤbe - ten Herren Amptmans / doch ſeiner hertzlieben Soͤhne / daßLugentium ſuſpiria. ſie in jhrem Hertzen wuͤnſchen vnd ſeufftzen: Ach wolte Gott / daß wir auch einen ſolchen Pfarrer hetten / oder der heilige Petrus jetzt auch allhier were / der vnſer hertzliebes Muͤtter - lein koͤnte wieder aufferwecken / vnd wir vns jhrer auch in die - ſem Leben noch laͤnger zu frewen hetten.

D. Pauli conſilium. Dieſen Gedancken begegnet der heilige Apoſtel in jetzt verleſenen Worten / da er ſaget: Keiner lebet jhm ſelber / vnd keiner ſtirbet jhm ſelber: als wolt er ſagen: Wenn es bey jhr geſtanden / weil ſie noch in dieſem Leben geweſen / ſo were ſie wol ſo gerne bey euch blieben / als jhrs wuͤnſchen moͤget: Aber wie ſie dem Herrn gelebet / alſo iſt ſie auch dem Herrn geſtor - ben / das iſt / ſie hat ſich in den Willen deſſen gentzlich ergeben / von deme ſie das Leben gehabt / der vor ſie geſtorben vnd auff - erſtanden iſt / vnnd iſt jhr dadurch nichts boͤſes widerfahren / lebet ſie euch nicht mehr / ſo lebet ſie doch dem Herren / Non amiſiſtis, ſed præmſiſtis, Cyprian. Sie koͤmmet nicht wieder zu euch / jhr aber werdet zu jhr kommen / da denn wird ſein Frewde die Fuͤlle / vnd lieblich Weſen zur Rechten Got - tes ewiglich / 2. Sam. 12. Pſalm. 16. So troͤſtet euch nun vnter deſſen mit dieſen Worten / 1. Theſ. 4.

Occaſio tex tus funebr. Vnnd dieweil dieſes ein ſonderlicher ſchoͤner troͤſtlicher Spruch iſt / hat er auch vnſerer ſelig verſtorbenen Frawen Amptmaͤnnin ſo wol gefallen / daß ſie jhr denſelben gleich zu jhrem Symbolo gebrauchet / wie wir zum Beſchluſs hoͤren wollen / darumb denn auch jhr hochbetruͤbeter Herre mich ge -Propoſitio. beten / denſelben zur Leichpredigt zu nehmen. Wollen jhn demnach abtheilen in die drey Stuͤcklein:

Zum[11]Leichpredigt.
  • Zum Erſten: Was da heiſſe / jhm ſelbſt leben / vnnd
    1.
    jhm ſelbſt ſterben / vnd hinwiederumb: Was da ſey dem HERRN leben vnd ſterben.
  • Zum Andern / Vrſach anhoͤren: Warumb wir nicht
    2.
    vns / ſondern dem HERRN leben vnnd ſterben ſol - len.
  • Zum Dritten: Woher er das Dominium bekommen /
    3.
    daß wir ſchuldig ſeynd / nicht vns / ſondern jhme zu le - ben: Denn er iſt darumb geſtorben / aufferſtanden / vnnd wieder lebendig worden / daß er vber Todte vnd Lebendige ein HERR ſey.

Von dieſen dreyen Stuͤcken ſollen Ewere Liebe auffVotum. dismal kuͤrtzlich vnd einfeltig berichtet werden. Damit es aber mit groſſem Nutz vnſer aller geſchehen moͤge / wolle vns Gott der Allmaͤchtige vmb Chriſti ſeines lieben Sohns / ſeine Gnade / Segen vnnd heiligen Geiſt geben / vnnd verleyhen / AMEN.

Vom Erſten Stuͤck.

WAs heiſt jhm ſelber leben / vnd jhmExegeſis 1. partis. ſelber ſterben? Es heiſt in diem vivere. Jn den1. Qu[i]d ſit ſi - bi vivere, & ſibi mori. Tag hienein leben / 1. ſine agnitione eſſentiæ & voluntatis divinæ: Ohne wahres Erkendtniſs des Weſens vnnd Willens Gottes / leben ohne Erkentniß erblicher vnnd wircklicher Suͤnden / ohne wahre1. B ijBuſſe /[12]ChriſtlicheBuſſe / vnd rechtem Glauben / nicht wiſſen wollen / daß ein Gott ſey / der alle Creaturen erſchaffen / vnd erhalte / ſicht - bare vnd vnſichtbare / der das Boͤſe werde ſtraffen / vnd das Gute belohnen / hie zeitlich / vnd dort ewig / nicht wiſſen wol - len / daß wir Gottes Werck ſeynd / geſchaffen in Chriſto Jeſu zu guten Wercken / zu welchen vns Gott zuvor bereitet hat / daß wir darinnen wandeln ſollen / Epheſ. 2.

2. 2. Sine cura proximi, wenn man des Neheſten ver - giſſet jhme zu dienen / zu helffen vnnd zu rahten / ſondern blei - bet ein guter Terentianus: Proximus egomet mihi, Jch muß ſehen / wo ich bleibe / ein ander mag auch ſehen / wo er bleibt: Ein jeder vor ſich / Gott vor vns alle.

Wie man denn lieſet von einem Philoſopho, der hun - dert Jahr erreichet / da er gefraget worden / wie er zu ſolchem hohen Alter kommen / hat er geantwortet: Quia nihil unquam aliorum cauſa feci: Jch habe mich vmb ander Leute niemals ſehr bekuͤmmert / ſondern auff mich geſehen.

3. 3. Sine cura honeſtatis, daß man den boͤſen Luͤſten vnd Begierden ſeines Fleiſches vnnd Blutes nicht widerſtre - bet / lebet im Sauſſe / als wenn er das Leben von ſich ſelbſt hette / oder ohne gefaͤhr geboren ſey / vnnd auch ohne gefaͤhr wieder dahin fahre / thun / was jhm nur ſelbſt geluͤſtet / wie denn ſolche loſe Leut im Buch d[e]r Weisheit am 2. C. beſchriebẽ werden. 4. Sine cura ſalutis æternæ, daß man nicht geden -4. cket / daß ein ander Leben nach dieſem ſey / auch kein Verlan - gen darnach hat / den Bauch / vnnd das Zeitliche / vor ſei - nen Gott helt / Phil. 3. wie der reiche Vorwergsman / Luc. 12. vnd der Schlampamper / Luc. 16. Der ſchaffet diſs / der ander das / ſeiner armen Seelen er gantz vergas / dieweil er lebte auff Erden / hoͤrten nicht Moſen vnd die Propheten / in Sum - ma / es heiſt alſo ſicher dahin leben / als wenn kein Gott / keinHimmel[13]Leichpredigt. Himmel / kein Teuffel / oder keine Helle were / vnd in ſolchen Suͤnden wider das Gewiſſen ohne wahre Buſſe verharren / biß in den Tod / ein Knecht vnd Diener der Sunden bleiben / Rom. 6. Das heiſt jhm ſelber leben vnd ſterben.

Hinwiederumb ſo heiſſet Gotte leben vnd ſterben / die2. Quid ſit Deo vivere, & Deo mo - ri. heilige Dreyfaltigkeit / Gott Vater / Sohn / vnd H. Geiſt in dieſem Leben recht erkennen / nach ſeinem goͤttlichen Willen vnd Wolgefallen leben / Gott dienen in Heiligkeit vnd Ge - rechtigkeit / die jhm gefellig iſt / die Suͤnde wider das Gewiſ - ſen fliehen vnd meiden / ſeine Schwachheit vnd Gebrechlig - keit erkennen / in ſteter Rewe vnd Buſſe leben / vmb Verge - bung der Suͤnden bitten / in wahrem Glauben ſich einig vnd allein des Verdienſts vnſers Herrn Jeſu Chriſti troͤſten / im Creutz vnd Widerwertigkeit ſeine Seele mit Gedult faſ - ſen / vnd gewiß glaͤuben eine endliche vnd gnaͤdige Erloͤſung / eine gewiſſe Hoffnung / vnd hertzlich Verlangen haben / nach dem ewigen Leben / vnd ſagen mit dem heiligen Paulo / Cupio diſſolvi, Jch begehre auffgeloͤſt / vnnd bey Chriſto zu ſeyn. Phil. 1. vnd mit dem alten Simeon: Nun leſſeſtu / Herr / dei - nen Diener im Friede fahren / etc. Jhme das zeitliche nicht laſſen ans Hertze wachſen / vnd vmb Chriſti willen gerne et - was leiden / wie vom heiligen Stephano ſtehet: Act. 7.

Ibat ovans animis & ſpe ſua damna levabat. ()

Das heiſt Gott leben vnd ſterben.

Daraus wir zu lernen haben / das dreyerley Leben / vndDoctrina. auch dreyerley Tod ſey.

Erſtlich iſt vita naturalis, das natuͤrliche Leben / darzu1. Vita natu. ralis, ejusꝙ́ verus uſus. vns Gott geſchaffen / darin wir auch dem Herrn leben / das iſt / erkennen / daß wirs von jhm haben / vnnd nicht von vns1. Auctoris vitæ agni - tio. ſelbſt / da er vns zu vernuͤnfftigen Creaturen geſchaffen / Leib vnd Seel / Vernunfft vnnd alle Sinne gegeben / vnnd noch erhelt / wie wir im erſten Articul vnſers Chriſtlichen Glau -B iijbens beken -[14]Chriſtlichebens bekennen / jhm dafuͤr auch ſollen dancken / vnd zu ſeinen Ehren gebrauchen / auch bitten vmb gnaͤdige Erhaltung deſ -2. Gratiarũ actio. ſelben / wie vns denn der Sohn Gottes in der vierdten Bitte3. Pro con - ſervatione invocatio. des Vater vnſers gelehret hat / auff daß vnſer Mund ſeines Ruhms voll werde / vnd wir ſeinen Arm verkuͤndigen Kindes Kindern / vnnd ſeine Krafft allen / die noch kommen ſollen / Pſalm. 71.

4. Ex provi dentia divi na conſola - tio. Vnd weil diß zeitliche Leben wir von jhme haben / ſo gibt es vns einen herrlichen Troſt / daß vns auch daſſelbig niemand nehmen koͤnne vnd ſolle / ohn ſein Wiſſen vnd Willen / Mat. 10. Denn der Menſch hat ſeine beſtimpte Zeit / die Zahl ſeiner Monden ſtehet bey GOTT / der hat jhm ein Ziel geſetzt / das wird er nicht vbergehen / Job. 14. Meine Zeit / ſpricht Da - vid / ſtehet in deinen Haͤnden / Pſalm. 31.

5. Abuſus prohibitioWelches vns denn auch zur Warnung dienen ſoll / wenn vns dieſes Leben ſawer ankoͤmpt / wegen Kranckheit / daß wir vns daſſelbige nicht ſelber nehmen aus Vngedult / Denn weil wirs nicht von vns haben / ſondern von Gott / ſo wil vns nicht gebuͤhren / vns deſſen anzumaſſen / das nicht vnſer iſt / vnſerm Herrn Gott in ſeine Gerichte zu fallen / vnd Moͤrder an vn - ſerm eigen Leibe zu werden / durch Zorn vnd Eyffer / dadurch mancher ſein Leben verkuͤrtzet / oder durch vbermeſsige Traw - rigkeit / davon auch der Tod koͤmpt / Syr. 30. Oder durch Freſ - ſen vnd Sauffen / dadurch mancher jhme das Leben allzu fruͤe verkuͤrtzet / wie das Verslein lautet:

Crapulaq́ue eſt homines, quæ vetat eſſe ſenes. ()
Manch Menſch koͤndt noch wol laͤnger leben /
Wenn er nicht wer Fuͤllerey ergeben.

Dawider der Herr Chriſtus trewlich warnet / Luc. 21. Huͤ - tet euch / daß ewre Hertzen nicht beſchweret werden / mit Freſ - ſen vnd Sauffen / vnd Sorge der Nahrung.

Das[15]Leichpredigt.

Das ander Leben iſt vita ſpiritualis, oder gratiæ, das2. Vita ſpiri - tualis, cujus uſus. geiſtliche vnnd Gnaden Leben / in welchem auch die Chriſten ihrem Herrn Chriſto leben / welches der Sohn Gottes nach dem Suͤndenfall im Paradiſs verheiſſen / vnnd hernach in der Zeit der Fuͤlle / mit ſeinem bittern Leiden vnd Sterben erworben hat / allen / die an jhn glaͤuben / darumb wir denn dieſes Leben auch nicht von vns / ſondern vom Herrn Chri - ſto haben / denn in jhme war das Leben / Johan. 1. Ich bin / ſpricht er / der Weg / die Warheit / vnd das Leben / Johan. 14. Da wir tod waren in vnſern Suͤnden / hat vns Gott / der da reich iſt von Barmhertzigkeit / durch ſeine groſſe Liebe / damit er vns geliebet hat / ſampt Chriſto lebendig gemacht / (denn aus Gnaden ſeyd jhr ſelig worden /) vnd hat vns ſampt jhm in das himliſche Weſen verſetzt in CHRJSTO JESV / Epheſ. 2.

Dieſes ſollen wir brauchen erſtlich zur Danckſagung /1. Gratiarumactio. daß wir vnſerm Herrn Chriſto fuͤr ſein bitter Leiden vnnd Sterben / ſo wol auch ſeine froͤliche Aufferſtehung von Her - tzen dancken ſollen / vnnd ſingen mit David: Nun lob mein Seel den Herren / was in mir iſt den Nahmen ſein / ſein Wolthat thut er mehren / vergiſs es nicht O Hertze mein / hat dir dein Suͤnd vergeben / vnd heilt dein Schwachheit groſs / Pſalm. 103.

Darneben haben wir vns auch zu troͤſten / weil dieſes2. Ex firmi - tate conſo - latio. Leben der Gnaden nicht ſtehet auff vnſerm Verdienſt vnnd Froͤmmigkeit / denn wenn es darauff beruhete / wuͤrde es gar bald darumb geſchehen ſeyn / ſondern iſt allein auff das Ver - dienſt des Herrn Chriſti gegruͤndet / ſo iſts auch ein beſten - diges vnnd gewiſſes Leben / denn er iſt vns von Gott gemacht zur Weisheit / Gerechtigkeit / Heiligkeit / vnnd Erloͤſung / 1. Corinth. 1. Vnd das iſt ſein Nahme / das er genent wird der Herr / der vnſer GERECHTJGKEJT iſt /Jerem.[16]ChriſtlicheJerem. 23. Ja er / als der gerechte Knecht Gottes / machet durch ſeine Gerechtigkeit jhr viel gerecht / Eſa. 53.

3. Conſerva - tionis atten tio. Sollen auch zuſehen / daß wir dieſes Leben brauchen vnd erhalten / in Heiligkeit vnd Gerechtigkeit / jhm darinnen zu dienen / daß wir der Suͤnden abgeſtorben ſeyn / vnnd leben Gott / in Chriſto Jeſu vnſerm Herrn / Rom. 6. Damit wir die - ſes Gnaden Lebennicht wieder verſchertzen / vnd durch Suͤnde wider das Gewiſſen verlieren / vnnd das letzte erger werde / denn das erſte / 1. Petr. 2. Johan. 5.

3. Vita gloriæ cujus uſus. Das dritte Leben iſt vita gloriæ, oder vita æterna, das ewige Leben / welches wir auch von dem Herrn Chriſto ha - ben / wie er ſagt / Johan. 10. Jch gebe jhnen das ewige Leben / welches David alſo beſchreibet / daß allda ſeyn werde Frewde die Fuͤlle / vnd lieblich Weſen zu ſeiner Rechten jmmer vnnd ewiglich / Pſalm. 16. Das hat vns der Sohn Gottes erlanget / mit ſeinem embſigen Gebet / Joh. 17. Vater ich will / daß wo ich bin / auch die ſeyn / die du mir gegeben haſt / daß ſie meine Herrligkeit ſehen.

1. vitæ hujus tœdium. Das ſoll vns dienen ad tœdium hujus, & deſiderium2. Futuræ deſiderium. vitæ æternæ, daß wir dieſes elenden / muͤheſeligen Lebens v - berdruͤſsig werden / vnd ein hertzlich Verlangen zu dem ewi - gen Leben haben moͤgen / Vnd das iſt auch der groͤſte Troſt / der die Chriſten erhelt / in allerley Creutz vnd Widerwertigkeit / wie ſich denn deſſen troͤſtet Job am 19. Die ſieben Bruͤder der Maccabeer / 2. Maccab. 7.

1. Mors natu ralis, cujus cauſſa. Wie nun dreyerley Leben iſt / alſo auch dreyerley Todt: Der erſte iſt Mors corporalis, der leibliche Tod / der nichts anders iſt / als eine Zertrennung Leibes vnd der Seelen / wel - che gute Freunde doch nur auff eine Zeit getrennet werden / am Juͤngſten Tage aber ſollen ſie wieder zuſammen kommen.

Peccatum. Die Vrſach dieſes Todes / iſt die Suͤnde vnſerer erſten Eltern / vmb welcher willen wir alle muͤſſen ſterben / keiner ausgenommen / Ebr. 9.

Wir[17]Leichpredigt.

Wir muͤſſen das Morieris alle practiciren / denn durch einen Menſchen iſt die Suͤnde kommen in die Welt / vnd der Tod durch die Suͤnde / iſt alſo der Tod zu allen Menſchen hin - durch gedrungen / weil ſie alle geſuͤndiget haben / Rom. 5.

Der ander / iſt Mors ſpiritualis da zwar ein Menſch dem2. Mors ſpiri - tualis. Leibe nach lebet / leſſet ſich aber durch den Teuffel vnd boͤſe Luͤ - ſte des Fleiſches verfuͤhren / aus einer Vngerechtigkeit vnnd Vnreinigkeit in die andere / vnnd wird ein Knecht der Suͤn - den / derer er doch abgeſtorben ſeyn ſolte / Rom. 6. Alſo war der verlohrne Sohn tod in ſeiner Suͤnde vor ſeiner Wieder - kunfft zum Vater / Luc. 15. vnnd alſo ſaget der heilige Apoſtel Paulus / 1. Timoth. 5. von den Witwen / die nicht einſamb ſind / jhre Hoffnung nicht auff Gott ſtellen / bleiben nicht am Ge - bet / vnd flehen Tag vnd Nacht / ſondern in Wolluͤſten leben / die ſind lebendig tod.

Der dritte / iſt Mors æterna, der ewige Tod: der in der3. Mors æter - na. Offenbarung Johan. 2. vnd 20. genant wird / der ander Todt / da ein Menſch in alle Ewigkeit von Gott wegen ſeiner Suͤnde vnd Vnglaubens muß verworffen vnd abgeſchieden ſeyn / wie der reiche Man / Luc. 16. Eſa. 59. Dieſer dreyfache Tod gehet auff dem Fuſſe nach allen denen / die jhnen ſelbſt leben vnd ſter - ben / die ſich nicht auff Gott im Leben vnd Sterben verlaſſen / jhme vnd den Menſchen nicht dienen / ſondern den Luͤſten jh - res Fleiſches ergeben ſind / Denn werdet jhr nach den Luͤſten des Fleiſches leben / ſo werdet jhr ſterben muͤſſen / vnd fleiſch - lich geſinnet ſeyn / iſt eine Feindſchafft wider Gott / Rom. 8. O wie vbel ſtehen nun ſolche Leute jhnen ſelbſten vor / denn ſie weder im Leben noch im Tode ſich etwas gutes zu Gott zu ver - ſehen haben.

Dagegen / die dem Herrn leben / vnd die dem HerrnRemedium. ſterben / an denen beiſſet der Tod die Zeene aus / iſt jhnen nicht1. Cſchaͤdlich[18]Chriſtlicheſchaͤdlich / ſondern nuͤtzlich / Phil. 1. Chriſtus iſt mein Leben / Sterben iſt mein Gewin / denen iſt er janua vitæ, ein Ein - gang zum Leben / wie man denn zu Grabe pfleget zu ſingen:

Mors hæc reparatio vitæ est. ()

Dahero wir auch ſehen / wie die Heiligen ſo gar frew - dig zum Tod ſind / daß ſie auch nicht ein Fuß vor jhm verſe - tzen / als der alte Simeon / der heilige Paulus / etc. Dahero ſaget der heilige Chryſoſtomus: Sancti mortuos excitarunt, & ipſi mori deſiderarunt: Jſts nicht ein wunder Ding / die Heiligen Gottes haben Todten aufferwecket / vnd haben doch ſelbſt ein Verlangen gehabt zu ſterben.

So kan jhnen der geiſtliche Tod nicht ſchaden / nemlich2. der Tod der Suͤnden / denn ſie ſind durch das Blut JESV Chriſti gereiniget vnd gewaſchen / 1. Johan. 1. Vnd fangen nun auch in dieſem Leben an / durch Huͤlffe vnd Beyſtand Gottes des heiligen Geiſtes / die Luͤſte des Fleiſches zu toͤdten / darumb ſind ſie vor Gott nicht todt / ſondern leben / vnd weil ſie der hei - lige Geiſt fuͤhret / ſind ſie auch Kinder Gottes / iſt der nu auch erlegt / ſo duͤrffen ſie ſich auch fuͤr dem ewigen Todt nicht fuͤrch - ten.

Denn wer vberwindet / dem ſoll kein Leid wiederfahren3. vom andern Tode / Apocal. 2. Selig ſind / die in dem[Herrn] ſterben? von nun an / denn der Geiſt ſpricht / ſie ruhen von jh - rer Arbeit / vnd jhre Wercke folgen jhnen nach / Apocal. 14. Jſt das nun nicht ein herrlicher Troſt / vor die / ſo dem Herrn ſterben / welchem glaͤubigen Chriſten wolte nun vor Sterben grawen? die koͤnnen mit Frewden ſagen:

Jch lebe / vnd weis nicht wie lange /
Jch ſterbe / vnd weis nicht wanne /
Jch fahr / vnd weis / Gott Lob / wohin /
Mich wundert / daß ich trawrig bin.
Vnd ſo viel ſey geſagt vom erſten Stuͤcke.
Vom[19]Leichpredigt.

Vom Andern Stuͤck.

WAs ſoll vns denn darzu bewegen /Cauſſa im - pulſiva Deo vivendi & moriendi. daß wir nicht vns ſelbſt leben vnd ſterben / ſon - dern dem Herrn? Es iſt gar eine hochwich - dige Vrſach / Nemlich: Wir leben oder ſter - ben / ſo ſind wir des Herrn. Wir ſind nicht noſtri juris: Es ſtehet nicht bey vns / bey mir / vnd dir / wemNon ſumus noſtri juris. wir zu Ehren vnd zu Gefallen leben / oder ſterben wollen / ſon - dern es iſt ein ander / vñ weit hoͤher / als wir ſind / der hat vns zu gebieten vñ zu verbitẽ / Wer iſt der? Es iſt der Herr / ď Schoͤpf - fer vnd Erhalter Himmels vnd der Erden / auff den muͤſſen wir ſehen / vnd vns nach jhm richten / der Macht hat Leib vnd Seel zu erhalten / vnd auch zu verderben / Fuͤr dem ſollen wir vns auch billich fuͤrchten / vnd auff jhn ſehen / Matth. 10. DennIpſe Domi - nus, nos ſer - vi. er iſt vnſer Herr / wir ſind ſeine Knechte / der rufft vns zu: Was ich euch gebiete / das ſolt jhr halten / daß jhr darnach thut / jhr ſolt nichts darzu thun / noch davon thun / Deut. 12.

Wie es nun einem Knechte gebuͤhren wil / daß er ſichRequiſita ſervi. nach ſeinem Herren richte / Ehre vnd Nutz ſuche / ſeinen Be - fehl ausrichte: Eben alſo ſind wir auch ſchuldig / als Knechte vnſers Herrn / jhme zu Ehren vnd zu Gefallen / wie vnnd wenn ers haben wil / zu leben vnd zu ſterben / Jhr eſſet nun trincket / oder was jhr thut / das thut alles zu Gottes Ehre / 1. Corinth. 10.

Worzu ſoll vns dieſesUSUS. dienen? Darzu:1. Norma o - mnium acti onum no - ſtrarum. Erſtlich / daß es eine Regul vnd NormC ijſey[20]Chriſtlicheſey in vnſerm gantzen Leben vnnd Wandel / vnnd denn auch in vnſerem Todtes Stuͤndelein / auff wen wir ſe - hen ſollen / nemlich / auff den / der vnſer HERR iſt / im Leben vnnd Sterben / Qui habet poteſtatem vitæ & necis, Tod / Suͤnd / Teuffel / Leben vnd Gnad / alles in ſeinen Haͤn - den er hat.

2. Diſcrimen hujus Domi ni & alio - rum. Zum andern / giebt vns dieſes einen feinen Vnterſcheid / zwiſchen dieſem Herrn / vnd den andern jrrdiſchen Herren / welche ſich bisweilen zimlich viel anmaſſen / vnd jhr Imperi - um gegen jhre Knechte wollen ſehen laſſen / aber wie lange we - rets? So lange / als ſie beyde / Herre vnnd Knecht leben / vnd beyſammen ſeyn / ſtirbet der Knecht / ſo kan jhn der Herre nichts mehr abhaben / ſtirbet der Herr / ſo iſt der Knecht auch ſeiner loß.

Vnd ob gleich der Herr ſich vnterſtehen darff / biswei - len dem Knechte zimlich hart zuzuſetzen / vnnd ſein im - perium ſehen zu laſſen / vnnd zu misbrauchen / ſo muß er doch hoͤren / was jhm der Apoſtel Paulus zurufft: Jhr Her - ren thut der Sachen nicht zu viel / ſondern wiſſet / daß jhr auch einen Herren habet im Himmel / bey dem kein Anſehen iſt der Perſon / muß er ſich nun ſeines Lebens enthalten / daß er jhm auch nicht gegeben / viel weniger hat er vber ſeine Seele vnnd Gewiſſen zu gebieten.

Dieſes Herren Gebiete aber erſtreckt ſich nicht allein vber vns ins Leben / ſondern auch in den Tod / ſeine Gewalt vnd Botmeſsigkeit iſt infinita / vnendlich.

3. Conſolatio ex hujus Do miniWelches vns denn ferner dienen ſoll zu einem ſonderli - chen Troſt / in allerley Creutz vnd Widerwertigkeit / daß wir vns auff dieſen groſſen vnd maͤchtigen Herren verlaſſen / iſt1 Potentia. er vnſer Herr / Ey / ſo hats keine Noht / Er iſt / ſatis pro Im - perio, Er iſt ſtarck vnnd maͤchtig gnug / ſeine Diener zu be -ſchuͤtzen /[21]Leichpredigt. ſchuͤtzen / vnnd zu retten / wie er denn ſagt: Ruffe mich an in der Noht / ſo wil ich dich erretten / ſo ſoltu mich preiſen / Pſ. 50. Jch bin bey jhm in der Noht / ich wil jhn heraus reiſſen / vnnd zu Ehren machen / Pſalm. 91. Auff den Herren ſollen wir vns ſteiff vnd feſte verlaſſen / im Leben vnd im Tode.

Es iſt auch nichts wenigers dieſes troͤſtlich / wenn wir jhm leben vnd dienen / in Heiligkeit vnd Gerechtigkeit / als ge - trewe Knechte / ſo wil er aus Mancipiis, Libertos machen / daß wir ſollen frey ſeyn / wil vns der Herr frey machen / Ey / ſo werden wir recht frey werden / Joha. 8.

Wie auch ein guthertziger Herr / ſein getrew vnd fleiſsig2. Bonitate. Geſind pflegt zu befoͤrdern / vnd ſie jhrer trewen Dienſte geniſ - ſen zu laſſen: Alſo wil vns dieſer Herr auch anhelffen / weñ er vnſers Dienſtes allhier in dieſem Leben nicht mehr brauchen will / vnnd eine ſchoͤne Commendation mitgeben / welche alſo lautet: Ey du frommer vnnd getrewer Knecht / du biſt vber wenig getrewe geweſen / ich wil dich vber viel ſetzen / gehe ein zu deines Herrn Frewde / Mat. 25.

Ja was mehr iſt / ſo erkennet er vns fuͤr ſeine Freunde / Bruͤder vnd Schweſtern / machet aus Knechten Herren / vnd machet vns auch zu Erben vnd Miterben des ewigen Lebens.

Wer wolte nun nicht gerne vnd mit Frewden ſagen mit D. Luthern: Sive vivimus, ſive morimur, ſumus Domini in Nominativo & Genitivo caſu. In Nominativo, ſind wir Herren vber Suͤnd / Todt / Teuffel vnd ewiges Verdamniß / Denn iſt Gott fuͤr vns wer mag wider vns ſeyn? Rom. 8. In Genitivo, denn wir ſind ſein Eigenthumb / Erbe vnd Mit - erben / ja ſeine Schutzverwandten.

Da ſollen vnd koͤnnen wir nun wol ſagen / Pſ. 73. Herr / weñ ich nur dich habe / ſo frage ich nichts nach Himmel vnnd Er - den / wenn mir gleich Leib vnnd Seele verſchmacht / ſo biſtuC iijdoch[22]Chriſtlichedoch Gott allezeit meines Hertzen Troſt vnd mein Theil.

Man findet in der Welt wol gute Freunde / die ſich mit einander hart verbinden / vnd ſagen / Me & te nemo, niſi mors, ſe parabit, Mich vnd dich ſoll niemand / denn der Tod / ſcheiden / Aber mit dieſem vnſerm Herrn heiſts / vns ſoll der Tod nicht ſcheiden / Rom. 8. Weil wir denn einen ſolchen gu - ten vnd frommen Herrn haben / wie jhn der heilige Ambro - ſius / Biſchoff zu Meyland / genennet hat auff ſeinem Todbet - te / zu den Vmbſtehenden mit dieſen Worten: Ita vixi inter vos, ut non pudeat me vivere, nec mori timeo, quia bonum habemus Dominum.

4. Adhorta - tio. So ſoll es auff vnſer Seiten auch heiſſen: Servite Do - mino in timore, &c. Ey / ſo dienet auch dieſem frommen Herrn mit Furcht / vnd frewet euch mit Zittern / Kuͤſſet den Sohn / daß er nicht zuͤrne / vnd jhr vmbkommet auff dem Wege / denn ſein Zorn wird bald anbrennen / Aber wol allen / die auff jhn trawen / Pſal. 2. So viel auch vom andern.

Vom Dritten Stuͤck.

Ratio ac - quiſitionis hujus Domi nij & juris. WJe koͤmpt denn der HERR zu die - ſer groſſen Macht / das er vber vnſer Leben vnnd Sterben ein Herr iſt worden? das berichtet vns der Apoſtel / da er ſaget:

Mors & re - ſurrectie Chriſti.
Denn darzu iſt Chriſtus geſtor - ben / vnnd aufferſtanden / vnnd wieder lebendig worden / daß ER vber Todt vnd Lebendig HErr ſey. ()Daher[23]Leichpredigt.

Daher hat er ein ſolch Jus vber vns bekommen / weil er vor vns geſtorben / vnd wieder lebendig worden iſt: Denn er iſt vmb vnſer Suͤnde willen dahin geben / vnd vmb vnſer Ge - rechtigkeit willen / iſt er wieder aufferſtanden / Rom. 4. So viel hats jhn gekoſtet / vns zu erloͤſen / vnnd vns wieder in ſein Reich zu bringen / denn durch die Suͤnde waren wir in des Teuffels Dienſtbarkeit vnd Reich gerahten / der war vn - ſer Herr worden / wie wir denn ſingen: Dem Teuffel ich ge - fangen lag / im Todt war ich verlohren / meine Suͤnde mich quelet Nacht vnnd Tag / darin ich war geboren. Da jam - merts Gott in Ewigkeit / mein Elend vber die Maſſen / ER gedacht an ſeine Barmhertzigkeit / er wolt mir helffen laſſen / gar heimlich fuͤhrt ſein Gewalt / er gieng in einer armen Ge - ſtalt / den Teuffel wolt er fangen.

Darumb ſo hat er vns in ſeine Herſchafft zu bringen / muͤſſen ſein Leben daran ſtrecken / wie denn der Apoſtel Pe - trus ſagt: 1. Petr. 1. Jhr ſeyd nicht mit vergenglichen Silber oder Gold erloͤſet / ſondern mit dem thewren Blute Chriſti / als eines vnſchuldigen vnnd vnbefleckten Lammes / vnnd das bekennen wir in vnſerm andern Artickel des Chriſtlichen Glaubens mit vnſern Kindern / Jch glaͤube das Jeſus Chri - ſtus warhafftiger Gott vom Vater in Ewigkeit gebohren / vnd auch warhafftiger Menſch von der Jungfrawen Maria geboren / ſey mein Herr / der mich verlornen vnd verdam - pten Menſchen erloͤſet hat / erworben / gewonnen / von allen Suͤnden / vom Tode vnd von der Gewalt des Teuffels / nicht mit Gold oder Silber / ſondern mit ſeinem heiligen thewren Blut / mit ſeinem vnſchuldigen Leiden vnnd Sterben / auff daß ich ſein eigen ſey / vnnd in ſeinem Reich vnter jhm lebe / vnd jhm diene / in ewiger Gerechtigkeit / Vnſchuld vnd Se - ligkeit.

Wie[24]Chriſtliche

Wie koͤnten wirs deutlicher vnnd ſchoͤner haben / als es allhier vns angezeiget vnd erklaͤret worden iſt?

Dadurch wir denn erin -USUS. nert werden.

ERſtlich vnſers groſſen Jammers vnd1. Commone - factio miſe riæ noſtræ. Elendes / Leibes vnd der Seelen / darein wir wegen der Suͤnden gerahten ſind / denn wenn es ohne die Suͤnde geweſen were / ſo hetten wir keiner Erloͤſung vnnd Heiligung bedurfft / aber nach dem elenden Suͤndenfall / ſind wir des andern vnd dritten Artickels zum hoͤchſten benoͤtiget geweſen.

Darumb / ſehen wir hieraus den groſſen Schaden / da - rein die Schlang Evam bezwang / Gottes Zorn auff ſich zu2. Cauſſa fina lis nativita tis & mortis Chriſti. laden. Zum andern / ſehen wir auch hierauß die Vrſach / wel - che den Sohn Gottes vom Himmel in vnſer Fleiſch vnnd Blut / ja in ſein bitter Leiden vnd Sterben / zu kommen / ge - zogen / vnd in ſein Leiden gebracht / vnd warumb er habe muͤſ - ſen wieder von Todten aufferſtehen / nemlich / vns aus dem Reich vnd Dienſtbarkeit des Teuffels zu erloͤſen.

Darumb ſagen vnd bekennen wir in vnſerm Symbolo: Qui propter nos homines, & propter noſtram ſalutem, deſcen - dit de cœlo, & homo factus eſt.

Zum dritten ſehen wir auch den modum oder formam,3. Modus & forma no - ſtræ rede - mtionis. wie es zugangen ſey / da er hat wollen vnſer Herr werden / vnd vns wieder in ſein Reich ziehen / Es iſt nicht ſo ſchlecht zugangen / ſondern es hat jhn ſein Blut / ja ſein Leib vnd Le - ben gekoſtet.

Hat er vns dem Feinde ſollen aus ſeiner Macht vnd Ge -walt[25]Leichpredigt. walt reiſſen / wie wir abermal mit der Kirchen ſingen: Ver - gieſſen wird er mir mein Blut / darzu mein Leben rauben / etc. Es wiſſen die Kriegsleute / wenn einer gefangen wird vonQvadru - plex modus liberandi captivos. dem Feinde / vnnd ſoll wieder loß werden / ſo muß es geſche - hen / durch dieſe Mittel eins:

Erſtlich / gratuitâ manumiſsione, daß man die Ge -1. Gratuita manumiſsi one. fangenen ohne Entgelt auff freyen Fuß ſtellet vnnd lauffen leſt / wie Philippus des Alexandri Magni Vater / auff eine Zeit alle Geſangene loß gelaſſen.

Oder es geſchiehet / zum andern / permutatione, daß man Wechſel helt / Gefangene gegẽ ander Gefangene loß gibt /2. Permuta - tione. als die Chartaginenſes / da ſie den Roͤmern viel Volck ab - geſchlagen / vnter andern auch den M. Artilium Regulum gefangen / da ſchickten ſie denſelbigen / als ſie einen Eyd von jhm genommen / hin gen Rohm / vnd lieſſen jhnen ein Wech - ſel anbieten / er aber widerrieth jhnen den Wechſel / Vrſach / ſie hetten den Chartaginenſern gewaltige Kriegsleute abge - ſchlagen / vnd gefangen / wenn ſie die wieder bekemen / wuͤr - den ſie doch wiederumb einen newen Krieg anheben / do er nu wieder bey jhnen angelanget / ſind ſie vbel mit jhm vmbgan - gen / vnd einen ſchmehelichen Tod angeleget.

Zum dritten / geſchicht es λύτρῳ, mit Rantzon / daß3. λύτρῳ. man ſich mit Gelde muß loß keuffen / wie offt der Tuͤrcke ei - nen loß leſt / der muß heraus / vnd bey den Chriſten Gelt zu wegen bringen / ſich vnd andere aus der harten Dienſtbarkeit zu erledigen / Wie wir denn dergleichen leſen im Sleidano lib. 6. Das Franciſcus Koͤnig in Franckreich / hat muͤſſen zweymal hundert tauſent Guͤlden dem Keyſer Carolo V. geben / ſeine Soͤhne loß zu machen.

Zum vierdten / werden die Gefangene loß / Vi, durch4. Vi. Gewalt / als Gen. 14. leſen wir / daß Abraham ſeines Brudern Sohn den Loth mit Gewalt erretttet.

DSo[26]Chriſtliche

Noſtra libe ratio facta non manu miſsione,So laſſet vns nun hoͤren / wie wir ſind erloͤſet von vn - ſernFeinden / vnd von der Hand aller / die vns haſſen / nicht gra[t]uitâ manumiſsione, ſondern es hat muͤſſen bezahlt wer - den / weil GOTTES ewige Gerechtigkeit vbertreten war / ſo muſte derſelben auch genung geſchehen. Denn da war die Handſchrifft in vnſerm Hertzen vnnd Gewiſſen / mit vnſerm Blute vnterſchrieben / die war wider vns / Coll. 2. Nec permu - tatione, ſedSo iſt der Teuffel ſo ein gewaltiger Feind / der / wz er einmal bekoͤmpt / nicht ſo leicht aus ſeinen Haͤnden leſſet.

Zum andern / konte es auch nicht geſchehen / permu - tatione / Denn Chriſtus war dem Teuffel nichts ſchuldig /1 λύτρῳ: reſpectu pa - tris. als einen offenen Straſſenreuber / Darumb / ſo muſte es ge - ſchehen durchs λύτρῳ, mit Loͤſegelt / vnnd deñ mit Gewalt.

Was nun Gott belangt / hat vns Chriſtus errettet / mit ſeinen thewren Blut / Denn es muſte Blut da ſeyn / Jhr ſeyd thewer erkaufft / 1. Corinth. 6. Denn der Gerechtigkeit Gottes muſte genung geſchehen / da war aber kein Menſch der die Bezahlung geben konte: Derowegen muſte ſich Got - tes Sohn vnſer erbarmen / vnſer Fleiſch vnnd Blut an ſich nehmen / in demſelbigen Gottes Zorn gantz vnd gar abwen - den.

2. Vi: reſpe ctu diaboli. Was aber den Teuffel anlangt / hat vns der Sohn Gottes mit gewaltiger Hand errettet / als der Fortior, vñ ſter - cker / vñ jhm ſein Pallaſt zerſtoͤrt / Luc. 11. Darum̃ ſagt der Herr Chriſtus / Eſa. 52. Jhr ſeyd vmbſonſt verkaufft / jhr ſollet auch ohne Gelt geloͤſet werden.

Der Teuffel ſagte vnſern erſten Eltern zu / welches Ta - ges jhr von dem Baum eſſen werdet / werdet jhr wie GOTT ſeyn / Da log er an / als ſie es theten / war es nichts / betroge vnd verkauffte ſie vmbſonſt. Dagegen koͤmpt Chriſtus / gab jhm auch kein Heller oder Pfenning / ſondern errettet vnsmit[27]Leichpredigt. mit Gewalt / nit mit Spieſſen oder Buͤchſen / ſondern mit ſei - nem Blute vnd Tode / damit hat er die Macht genommen / deme / der des Todes Gewalt hatte / das iſt / dem Teuffel / vnd hat erloͤſet die / ſo durch Furcht des Todes im gantzen Leben Knechte ſeyn muſten / Heb. 2.

Dieſes ſoll vns nun auch herrlichen Troſt geben / wider alle4. Conſola - tio contra hoſtes no - ſtros. vnſere Feinde / Tod / Suͤnde / Teuffel vnd ewiges Verdamniß / Sintemal der Sohn Gottes mit ſeinem Tode ſie alle vber - weltiget / denn er iſt erwuͤrget / vnd hat vns erkaufft mit ſei - nem Blute / Apoc. 5. Wer wolte nun nicht gerne dieſes Her - ren Eigenthumb ſeyn? Wer wolte nun nicht gerne jhm le - ben vnd jhm ſterben? Wer wolte nicht gerne ſein williger vnd gehorſamer Knecht ſeyn / weil er ſo viel an vns gewand? Jhn vor ſeinen Herrn erkennen / ſein eygen ſeyn / in ſeinem Reiche vnter jhm leben / vnd jhm dienen in ewiger Gerech - tigkeit / Vnſchuld vnd Seligkeit?

So viel auff dismal von dieſen dreyen Stuͤcken.

Erſtlich / was da heiſſe jhm ſelber leben vnnd ſterben / vnd was da ſey Gotte leben vnd ſterben.

Zum andern / warumb wir vns nicht ſelber / ſondern Gotte leben vnd ſterben ſollen.

Zum dritten / womit er das Recht erlangt / daß wir ſchuldig ſeyn / nicht vns / ſondern jhme zu leben vnnd zu ſter - ben / darumb / es hat jhm ſein Blut vnd Tod gekoſtet.

Derowegen wil vns nun als ſeinen erworbenẽ Knech - ten nicht anders gebuͤhren / denn daß wir vnſerm Herrn zu Ehren leben vnd ſterben ſollen.

D ijAC -[28]Chriſtliche

ACCOMMODATIO AD PERSONAM PIE DEFUNCTAM.

WJe denn in Betrachtung dieſer Wolthat vnſerm einigen Erretter vnd Erloͤſer zu ſeinem ſteten Dienſte / ſich auch ergeben / vn - ſere in Chriſto ſelig verſtorbene Fraw Ampt - maͤnnin / der wir jetzo den letzten Ehren - dienſt leiſten / welche / wie ſie jhr nicht ſelber gelebet / alſo iſt ſie auch nicht jhr ſelber geſtorben / ſondern deme / der fuͤr ſie geſtorben vnd aufferſtanden / vnnd vber Todte vnd Lebendige Herr iſt.

Jhr Leben / Wandel vnd Chriſtlichen Abſchied anlan - gende / davon wollen Ewer Liebe nachfolgenden kurtzen Be - richt vernehmen.

Die Erbare vnd Ehrentugendtſame Fraw Eliſabeth / des Ehrenvehſten vnd Achtbaren Herren / Aaron Backſtro - en / Churfuͤrſtlichen Saͤchſiſchen in Vormundſchafft verord -Patria. neten Amptmans allhier / viel geliebte Hausehre / nunmehr ſeliger Gedechtnis / iſt Anno 1571. acht Tage vor Pfingſten von frommen Chriſtlichen vnd ehrlichen Eltern zu EyſenachParentes. geboren / da jhr Vater geweſen / der Ehrnv. vnd Achtb. Herr Bartholomæus Schmalkalden / Amptſchulteis daſelbſt / jhre Mutter / die Erbare vñ Ehrntugendſame Fraw Margaretha / Herren Matthes am Ende / Buͤrgers vnd Rathsverwandten zu Aldenburg eheleibliche Tochter.

Per S. Ba - ptiſmum initiatio. Von ſolchen jhren lieben Eltern iſt ſie als bald nach der leiblichen Geburth / zur heiligen Tauffe befoͤrdert / dem Her - ren Chriſto / als dem Stamme vnd Baume des Lebens / ein -verlei -[29]Leichpredigt. verleibet / vnd jhr der Name Eliſabeth / nach jhrer Tauff - pathen / der weiland Durchleuchtigen / Hochgebornen Fuͤr - ſtin vnd Frawen / Frawen Eliſabethen / Hertzogin zu Sach - ſen / geborne Pfaltzgraͤffin bey Rhein / etc. Hochloͤblicher Chriſtmilder Gedechtnis / gegeben worden.

Als auch gedachter jhr lieber Vater S. den Ampt zu Eyſe - nach 18. Jahr lang wol fuͤr geſtanden / hat er ſich hernachmals auff gnedigs Begehrender Herſchafft gen Aldenburg begeben / daſelbſten er denn Fuͤrſtlicher Saͤchſiſcher Amptſchoͤſſer wor - den / vnnd Anno 1589. alldar ſelig verſtorben / Seine liebeEducatio. Hausfraw iſt jhme anderthalb Jahr darnach auch gefolget / welche / ſo lange ſie beyderſeits gelebet / dieſe jhre liebe Toch - ter zur Furcht Gottes / Erbarkeit / Zucht vnd Tugend / dar - bey ſie auch biß an jhr Ende beharret / aufferzogen.

Nach jhrer Eltern ſeligen Tode / iſt ſie bey jhren bey den des Orts verehelichten Schweſtern blieben / vnd hernachmals Anno 1598. den Dienſtag nach Eſto mihi / mit jhrem hertz -Conjugium. lieben Hauswirth / den jetzigen hochbetruͤbeten Witwer zu Aldenburg ehelichen vermaͤhlet vnd vertrawet worden / wel - cher damals Fuͤrſtlicher Saͤchſiſcher Amptſchoͤſſer daſelbſten geweſen.

Jn jhrem Eheſtande haben ſie friedlich vnd einig mit einander gelebet / iſt bey jhnen geweſen ein Hertz / ein Wille / was die ſelige Fraw nur vernommen / daß jhrem hertzlieben Herren zu angenehmen Gefallen gereichet / ſolches hat ſie mit Willen vnd Luſt verrichtet / vnd alſo jhre hertzliche Liebe vnd Trewe in der That bewieſen.

Wo es nun in dem heiligen Eheſtande alſo friedlich zu - gehet / da wohnet Gott / da iſt auch Frewde vnd Gottes rei - cher Segen / beneben einem guten vnnd froͤlichen Gewiſſen / Wem ein ſolch Tugendtſam Weib beſcheret iſt / die iſt edeler /D iijdenn[30]Chriſtlichedenn die koͤſtlichen Perlen / jhres Mannes Hertz darff ſich auff ſie verlaſſen / ſie thut jhm liebes vnd kein Leides / ſein le - belang / Proverb. 31. Schoͤn ſeyn iſt nichts / ein Weib / daß den Herrn fuͤrchtet / ſoll man loben / Wol dem / der ein Tu - gendſam Weib hat / des lebet er noch einſten ſo lange / Syr. 26. Das iſt vnter dreyen Stuͤcken / die Gott vnd den Menſchen wolgefallen / nicht das geringſte / wenn Man vnd Weib ſich wol mit einander begehen / Syr. 25.

Liberi. Darumb ſie denn auch Gott in jhrem Eheſtande geſeg - net / daß ſie drey Sohne mit einander gezeuget. Deren der juͤngſte Bartholomæus genant / vor vier Jahren zu Weymar vor der Mutter ſeliglich geſtorben / Die andere beyde / als Georgius vnd Aaron / ſeynd noch im Leben / ſo lange der lie - be Gott wil.

Solche jhre von Gott beſcherete Ehepflaͤntzlein hat ſie hertzlich geliebet / zum Gebet / Gottes Furcht / vnd dem heiligen Catechiſmo von Jugend auff mit Fleiß gehalten / daran denn auch ſehr viel gelegen.

Pietas erga Deum. Die gantze Zeit jhres Lebens / hat ſie ſich fleiſsig zu Got - tes Wort gehalten / deſſelben / ſo wol deſſen Dienere eine rech - te Liebhaberin geweſen / es fleiſsig vnd andaͤchtig gehoͤret / ge - leſen / vnd jhr wol bekant gemacht / ſich auch zum hochwirdi - gen Abendmal des Herrn offtmals funden / wie denn auch wenig Wochen vor jhrem ſeligen Abſchiede ſie daſſelbe in der Chriſtlichen Kirchen allhier mit hertzlicher Andacht empfan - gen.

Vnd kan ich jhr diß Zeugnis mit Warheit wol geben / daß / wenn ſie jhres Leibes Schwachheit halber nur ein we - nig fortkommen koͤnnen / ſie keine einige Predigt verſeumet.

Erga homi - nes. Was ſonſten jhr euſſerlich Leben vnd Wandel anlangt / iſt ſie gegen jederman gar ſittſam vnd vertraͤglich / ſo wol ge -gen[31]Leichpredigt. gen die Armen vnnd Krancken barmhertzig vnd milde gewe - fen / alſo / daß ſie jhres Chriſtlichen Lebens vnd Wandels hal - ber bey jedermenniglichen ein gutes Lob vnd Zeugnis hat.

Jhre Leibes Schwachheit / ſo jhr in die ſechs Jahr an - gehangen / vnd je lenger / je herter (Ob gleich alle menſchli -Morbus. che / muͤgliche Huͤlffe vnd Artzney Mittel ſeynd gebrauchet worden) zugeſetzet / auch alſo / daß ſie die nechſten achtzehen Wochen hero / wenig auskommen koͤnnen / Doch aber gleichwol in ſolcher Zeit etlich mal zur Kirchen gangen / hat ſie mit Chriſtlicher Gedult getragen / vnd ſich mit feiner Be - ſcheidenheit in den gnedigen Willen Gottes des Allmechtigen ergeben / vnd vnter andern ſchoͤnen Troſtſpruͤchen auch offt - mals dieſen wiederholet: Ach Herr Jeſu Chriſte / du haſt mich erloͤſet / Herr du getrewer Gott / dein bin vnnd bleibe ich / tod vnd lebendig. Am nechſten Montag nach Mittage / als ich ſie das letzte mal beſuchte / vnd aus Gottes Wort troͤſtete / vnd den jetzo erklerten Spruch S. Pauli zun Roͤmern am 14. Cap. jhr anhube: Vnſer keiner lebet jhm ſelber / vnd keiner ſtirbet jhm ſelber / Leben wir / ſo leben wir dem Herren: Fienge ſie alſo bald mit verſtendigen / vnd gleichſam gar getroſten Worten an: Sterben wir / ſo ſter - ben wir dem Herren: Vnnd dieſes ſeynd auch jhre letzten Wort geweſen / die ſie geredet. Als ſie nun darauff einen Schlaff gethan / vnd nach demſelben die Schwachheit dero Maſſen zugenommen / daß es ſich mit jhr zum ſeligen Ende geſchicket / iſt ſie / wie denn auch zuvorn allezeit gar ſtille vnd geduͤltig geweſen / vnd alſo deſſelbigen Abends kurtz vor zehen Vhren / bey guter Vernunfft vnd ohne alle Vngeberde / in deme die Vmbſtehenden ſie Gott dem Vater / der Glauben helt ewiglich / in einem andaͤchtigen Vater vnſer fuͤrgetra - gen / vnnd Chriſto jhre Seele in ſeine Haͤnde befohlen / garMors bea - ta. ſanfft[32]Chriſtliche Leichpredigt. ſanfft vnnd ſeliglich eingeſchlaffen / vnd hat alſo jhren Lauff auff dieſer betruͤbeten Welt wol vollendet. Das heiſſet recht / wie D. Auguſtinus ſagt: Fieri non poteſt, ut malè mo - riatur, qui benè vixit. Es iſt vnmuͤglich / daß ein Menſch /Tempꝰ ma - trimonij & vitæ. ſo Chriſtlich vnnd gottſelig gelebet / vbel ſterben ſolte. Jn jhrem Eheſtande / hat ſie 15. Jahr vnd 4. Wochen gelebet / vnd iſt alt worden ein vnd viertzig Jahr / vnd drey vnd vier - tzig Wochen.

Concluſio. Vnd dieſes habe ich alſo kuͤrtzlich von jhrem Chriſtli - chem Leben vnd Wandel / auch jhrem ſeligen Abſchiede aus dieſem Jammerthal / gedencken wollen.

VOTUM.

DEr Allmaͤchtige vnd barmhertzige Gott / welcher vber Todte vnd Lebendige ein HErr iſt / wolle jhrer Seelen in Gnaden vnd Barmhertzigkeit pflegen / Dem Leibe in ſeinem Schlaffkaͤmmerlein / darein er jetzo ſoll geleget werden / eine ſanffte Ruhe / vnd am Juͤngſten Tage ſampt vns / vnd allen frommen Chriſten eine froͤliche Aufferſtehung zum ewigen Leben / welches vns allen vnſer lieber HErr vnnd Heiland Jeſus Chriſtus durch ſein bitter Leiden vnd Sterben erworben / vnd zu wege gebracht hat / geben vnnd verleyhen. Wolle auch dem hochbetruͤbeten Witwer / vnd ſeinen lieben Kindern / ſampt der gantzen anſehenlichen Freundſchafft / ſo durch dieſen Todesfall in Betruͤbniß vnd Trawrigkeit geſetzet worden / mit krefftigem Hertzen Troſt beywohnen / vnnd ſie in ſolchem jhrem Trawer - ſtande nicht verlaſſen. Solches von Gott dem Allmaͤchtigen zu erlangen / wollen wir mit einander ein glaͤubiges vnd andaͤchtiges Vater vnſer beten.

About this transcription

TextChristliche Leichpredigt/ Bey dem Begräbnis Der Erbaren vnd Ehrentugendtsamen Frawen Elisabeth
Author Johannes Schwanengel
Extent32 images; 7522 tokens; 2257 types; 49494 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationChristliche Leichpredigt/ Bey dem Begräbnis Der Erbaren vnd Ehrentugendtsamen Frawen Elisabeth Johannes Schwanengel. . 32 Johann WeidnerJena1613.

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Universitätsbibliothek Breslau Universitätsbibliothek Breslau, 4 S 136/10 / 523847

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LanguageGerman
ClassificationGebrauchsliteratur; Leichenpredigt; Gebrauchsliteratur; Leichenpredigt; ready; aedit

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  • dta@bbaw.de
  • Deutsches Textarchiv
  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
  • Jägerstr. 22/23, 10117 BerlinGermany
ImprintBerlin 2019-12-10T09:36:08Z
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