PRIMS Full-text transcription (HTML)
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OVICULA CHRISTI
Das iſt / Eine Ehꝛn vnnd Leichpredigt von den Schaͤflein JEſu CHriſti:
Bey der Chriſtlichen Sepultur oder Leichbegaͤngnuß der wey - land Ehꝛbarn vnnd Tugentſamen Matronen / Frawen ANNA Schinlerin / deß Ehrnveſten vnnd wolge - lehrten Herꝛn JOHANNIS SCHINLERI, vornemen R[echt]s - gelehrten vnnd Advocati zu Schweinfurt / vielgeliebten[ge]weſenen Haußfrawen / welche den 10. Tag Novemb. im[Jahr]1614. ſeliglich entſchlaffen / vnd folgenden 13.[ej]usdem Chriſtlich in den Schoß der Er[d]en bey - geleget worden[iſt]
NORIMBERGÆ, TypisAbrahami Wagenmanni, AnnoM DC XV.
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Virtute & omnigenâ doctrinâ præſtantiſ - ſimo viro, Domino JOHANNI SCHIN - LERO, JURECONSULTO E - ximio, Civi Suinfurtino Primario, & Advocato excel - lenti, amico ſuo in - tegerrimo, In lenimentum triſtitiæ, Teſtimonium Sympathiæ, Symbolum benevolentiæ & Monimentum amicitiæ,

Hanc funebrem ὁμιλίαν offert, dicat & conſecrat M. Nicolaus Grebius Eccleſiaſtes Suinfurtinus.

Juſtus ut palma florebit, Pſal. 91. v. 13. ()
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TEXTUS

(Johan. 10. v. 27. 28. 29. 30. )Der HErꝛ JEſus ſprach zu den Juͤ - den: Meine Schafe hoͤren meine Stimme / vnd ich kenne ſie / vnnd ſie folgen mir / vnnd ich gebe jhnen das ewige Leben / vnnd ſie werden nim - mermehr vmbkommen / vnnd nie - mandt wirdt ſie mir auß meiner Hand reiſſen. Der Vater / der ſie mir gegeben hat / iſt groͤſſer dann alles: vnnd niemandt kan ſie auß meines Vaters Hand reiſſen. Jch vnd der Vater ſind eins. ()

Eingang der folgenden Predigt.

WJr leſen / Andaͤchtige vnnd geliebte1. Sam. 17 im Herrn 1. Sam. 17. vom David / dem Sohn Jſai / daß er / als er noch an ſeines Vatters Vrot geweſen / der Schafe ſeinem Vater fleiſſig vnd trewlich gehuͤtet / vnnd in ſeinem Hirten Ampt kein. Muͤhe / Arbeit / vnd gefahr ſich habe verdrieſſen laſſen;

A ijEins -[4]

Einsmal habe es ſich begeben vnnd zugetragen / daß ein hungeriger vnd zorniger Loͤwe jhme vnter ſeine Herde Scha - fe kommen ſeye / deßgleichen zu einer andern zeit auch ein ſtar - cker vnd freſſiger Baͤr / vnd habe ein jeder ein Schaf erwiſchet / vnd woͤllen wegtragen vñ freſſen / deren einem habe er gethan / wie dem andern / jhnen die Schafe auß dem Rachen genom - men / vnd bey Leben erhalten / auch beyde den Loͤwen vnd Baͤ -Syr. 47. v. 3. ren / als ſie ſich gewehret / ergriffen / mit jhnen gehandelt / als ſchertzet er mit Boͤcklein oder Laͤmmern / Syr. 47. vnnd ſie todt geſchlagen. Gleich wie nun der H. David in andern vielen dingen ein helles Fuͤrbild deß Himliſchen David / vn - ſers Erloͤſers vnd Seligmachers JEſu CHriſti / welcher nach ſeiner Menſchheit auß dem Samen David erzeuget woꝛden / geweſen iſt: Alſo iſts nicht vngereumt / wenn wir ſagen / der fromme David ſeye auch in ſeinem HirtenAmpt ein Fuͤrbild vnſers Ertzhirten CHriſti JEſu geweſen. Dann Er / als der Hirt vnſer Seelen / hat ſich gewaget an die Helliſchen Loͤwen vnd Baͤren / welche vns elende vnnd verderbte Adams Kinder mit jhren Klawen erſchnappet / vnnd vns mit vnſerm ewigen Hertzleyd ewiglich in jhren Rachen behalten wolten / hat vns von jhnen durch ſeine Goͤttliche Gewalt entlediget / vnnd das gantze Helliſche Heer dermaſſen geſchwaͤcht vnd vnnd erleget / daß es keinem Glaubigen kein Haͤrlein-kruͤmmen darff oder kan ohn ſeinen Willen. Vnd hierinnen hatt er nicht allein ſeine Allmacht / ſondern auch ſeine bruͤnſtige vnd uͤberſchweng - liche Liebe gegen vns herfuͤr leuchten laſſen. Dann es iſt doch je keine groͤſſere Liebe dann die / daß einer ſeinIoh. 15. v. 13. Leben leſſet fuͤr ſeine Freunde / wie Chriſtus Iohan. 15. ſpricht. Nun aber vnſer Ertzhirt Chriſtus fuͤr vns geſtorben iſt / da wir noch Suͤnder vnd alſo ſeine Feinde waren / wie hoch iſt dann ſeine Liebe zuſchaͤtzen? Weil vns dann zu dieſem mal ins Klaghauß zuſammen gebracht hat der trawrige / jedoch ſe -lige[5]lige toͤdtliche hintritt vnſerer Chriſtlichen Mitſchweſter / der weyland Ehrbarn vnnd Tugendtſamen Frawen ANNÆ Schinlerin / deren wir jetzt die letzte Ehre erzeigen vnd jhren hinderlaſſenen Leichnam / als ein fruchtba - res Waͤitzenkoͤrnlein / in den Schoß der Erden verſcharren / vnd Sie das gute Zeugnuß mit jhr in das kuͤhle Erdrich bꝛin - get / daß ſie auch der Schaͤflein inn der Herde deß Ertzhirten Chriſti eines geweſen ſey / welches jhr die Trewe vnd Liebe jh - res Hirten hat laſſen von Hertzen lieb ſeyn / auch jhm / ſo viel jhrer Schwachheit moͤglich geweſen / in Gluͤck vnd Vngluͤck gehorchet vnnd gefolget habe: Als hab ich dieſen troͤſtlichen Text bey jhrer Leichbegaͤngnuß zuerklaͤren außgeleſen. Da - mit wir nun verleſenen Text mit nutzen moͤgen betrachten / ſo woͤllen wir jhn abtheilen in zwey Stuͤck: Das Erſte ſoll ſeyn von den eygenſchafften der Schafe Chriſti deß Hirten: Das Andere von den Wolthaten / welche die Schafe Chri - ſti von jhrem Hirten zugewarten haben. Soll bey einem je - den Stuck ſein theil Texts erklaͤret / vnd die vornembſte Lehren vermeldet werden. Zum beſchluß woͤllen wir auch dieſer vn - ſer ſeligen Mitſchweſter mit wenigen gedencken. Hierzu woͤl - le vns der Allerhoͤchſte die Krafft vnnd Huͤlff deß H. Geiſtes beyderſeits miltiglich verleihen / vmb vnſers Himliſchen Ertz - hirtens JEſu Chriſti willen / Amen.

Der erſte Theil. Erklerung deß Texts.

SO viel nun den Text deß erſten Theils an - langet / redet vnſer Herr Chriſtus allhie nicht von vnvernuͤnfftigen Schafen / welche auß dem Stall vonA iijden[6]Schaͤfern auff die Weyde getrieben werden / Ob es wol an dem iſt / daß / laut deß achten Pſalmen / Chriſtus alles vn - ter ſeinen Fuͤſſen hatt Schafe vnd Ochſen allzu - mal / darzu auch die wilden Thier: Die Voͤgel vn - ter dem Himmel / die Fiſche im Meer / vnnd was im Meer gehet: Er verſtehet auch nicht durch ſeine Scha - fe allhie die blinde / verſtockte vnnd halßſtarrige Juͤden / welche man wol recht mit Chriſto die verlorne Schafe vom HauſeMatth. 15. v. 25. Jſrael nennen mag / Matth: 15. Die Juͤden meiſten theils meynen zwar der Herr Meſſias oder Chriſtus / welchen ſie noch fuͤr kuͤnfftig halten / gehoͤre jhnen allein zu / ſie ſeyen allein die Schafe ſeiner Weyde / wir Heyden aber ſeyen Hunde vnd Saͤwe / welchen viel ein ander Futter gehoͤre / dann die Edle Perlen deß Meſſiæ, woͤllen auch lieber kein theil am Herrn Meſſia oder Chriſto haben / dann mit vns wilden Oelzwei - gen den Heyden in vngetheilten Guͤtern deß Herrn Chri - ſti ſitzen / Jnmaſſen die Schrifften Newen Teſtaments auß -Act. 15. v. 45. 22. v. 22. 28. v: 29 Rom. 10. v. 19. weiſen / Act. 13. 22. 28. Rom. 10. So verſtehet auch Chri - ſtus durch ſeine Schafe allhie nicht die jenige / welche dem Bapſt zu Rom anhangen / jhn fuͤr d[a]s Haupt der Chriſten - heit halten vnnd meynen / was er ſage / das ſeye vom Himmel herab geſagt / vñ muͤſſe gelten auff Erden / Ob wol deß Bapſts Schmeichler ſolches alle Welt uͤberreden woͤllen / vnnd dieſe gantz vncatholiſche vnd uͤbel regulierte Regul fuͤhren: Ro - mano Pontifici omnis humana creatura ſubeſt, idque omnino eſt de neceſſitate ſalutis. Das iſt dem Bapſt zu Rom iſt alle Menſchliche Creatur vnterworffen / vnnd das muß ſeyn / ſo jemand wil ſelig werden / iſts gantz vnnd gar zum hoͤchſten von noͤthen / daß er ſich dem Bapſt vnterwerfte. Die - ſes lieſſe man e[t]licher maſſen paſſieren, wann die Baͤpſt bey dem Wort Gottes vnd deſſelbigen rechten Verſtand blieben / vnnd nicht in GOttes Wort vnerſindliche newe GlaubensArticul[7]Articul geſchmiedet hetten: Weil dann deß Bapſts Stimm viel anders klinget / dann deß rechten vnnd warhafftigen Ertz - hirten Chriſti Jeſu Stimm / ſo ſind es keine Schafe Chriſti / welche Chriſtum mit ſeiner Lehr uͤbergeben / vnnd ſich deß Bapſts gedichten ergeben; verirrte Schafe Chriſti moͤchte man ſie nennen / welchen Gott widerumb auß Gnaden zu recht helffen / vnd mit vns einig machen woͤlle. Was fuͤr Leuth verſtehet dann der Herr Chriſtus durch ſeine Schafe allhier? Niemand anders / dann rechtſchaffene Chriſten / vnd lebendige Glieder ſeines Geiſtlichen Leibes / vñwah〈…〉〈…〉 Reichs - genoſſen ſeines Gnadenreichs bey vns auff Erden / welche er Schafe nennet nicht darumb / als ob ſie ſolten thumb vnd al - ber ſeyn / vnnd alles glauben / was ein jeder Hirt jhnen daher ſchwaͤtzet / auch nicht darumb als ob ſie der Seligkeit halben ſolten vnbekuͤmmert ſeyn / vnd nur freſſen vnd ſauffen / vnnd deß Bauchs pflegen / nach art der vnvernuͤnfftigen Thier / welche darzu von Natur geboren ſind / daß ſie ge - fangen vnd geſchlachtet werden / wie Petrus ſpricht2. Pet. 2. v. 12. in ſeiner andern Epiſtel c. 2. Sondern die rechtſchaffene Chri - ſten werden von dem Herrn Chriſto allhie ſeine Schafe ge - nennet / weil etliche eygenſchafften der vnvernuͤnfftigen Scha - fe ein ſchoͤnes vnd anmutiges Bild ſind der eygenſchafften vnd kennzeichen / welche ein guter vnd wahrer Chriſt an jhm haben vnnd finden laſſen ſoll. Welches ſind dann ſolche Eygen - ſchafften der rechten Chriſten vnd Kinder Gottes? Die erſte Eygenſchafft iſt / deß Herrn Chriſti / als d[e]ß rechten E[r]tz - hirtens / Stimme hoͤren: Meine Schafe hoͤren meine ſtimme / ſpricht allhie der rechte gute Hirt: Die vnvernuͤnff - tige Schaͤflein haben dieſe Art an ſich / daß ſie jres Hirten ſt[i]m - me gern hoͤren. Bevorauß wenn er ſinget / vnnd ſie le[rn]en jhres Hirten ſtimme alſo genaw kennen / daß ſie dieſelbige von anderer Leuthe ſtimme wol vnd gar eben zu vnterſcheiden wiſ -ſen:[8]ſen: Alſo iſt auch rechtſchaffener Chriſten Eygenſchafft vnnd Art / daß ſie jhres Himliſchen Ertzhirtens Jeſu Chriſti ſtim - me recht kennen lernen / auch gern hoͤren / vnd fein von andern boͤſen Hirten ſtimme vnterſcheiden koͤnnen. Es iſt aber die ſtimme vnſers Ertzhirten Chriſti nichts anders / dann die vn - verfaͤlſchte Lehre deß Geſetzes / vnd deß heiligen Evangelions / wie dieſelbige in Schrifften Altes vnnd Newen Teſtaments gefunden wirdt. Durch die Lehre deß Geſetzes bringt der Herr Chriſtus ſeine Chriſten zur Erkaͤntnuß jhrer ſelbſt / jhrer ſchwachheit / jhres Elends / vnd jhrer Suͤnden / vnnd ma - chet ſie gnadenhungerig vnd durſtig / gleich wie den Schaͤflein ein appetit oder Luſt zu eſſen gemacht wirdt / wenn man jhnen Saltz vnter das Futter in die Krippen ſtrewet: Aber durch die Lehre deß heiligen Evangelions von ſeinem thewren vnd voll - kommenen gehorſam / bittern Leyden vnd ſterben heylet er ſiePſalm. 23. v. 2. wider / nach dem er ſie durch das Geſetz verwundet hat / vnnd ſpeiſet ſie damit / als auff einer gruͤnen Awe / vnd traͤncket vnnd erquicket ſie / als mit dem rechten friſchen Waſſer.

Dann es wirdt die Suͤnd durchs Geſetz erkant /
vnd ſchlaͤgt das Gewiſſen nider:
Das Evangelium kompt zu hand
vnd troͤſt den Suͤnder wider.

ſinget der Edle Paulus Speratus recht. Das iſt die erſte Ey - genſchafft der Schaͤflein Chriſti oder rechtſchaffenen Chriſten /Pſalm. 26. v. 8. vnd Kinder Gottes / welche mit dem heiligen David lieb haben die ſtaͤtte deß Hauſes deß Herrn / vnd den Orth / da ſeine Ehre wohnet. Die andere Eygenſchafft rechtſchaffener Chꝛi - ſten iſt die folge vnd gehorſam gegen den guten Ertzhirten Je - ſum Chriſtum / Meine Schafe folgen mir / ſpricht der Ertzhirt Chriſtus allhie. Mit welchen Worten der Herr Chriſtus anzeigen will / daß rechtſchaffene Chriſten vnd Kin - der GOttes nicht allein bloſſe hoͤrer / ſondern auch Thaͤterſeiner[9]ſeiner ſtimme vnnd Worte ſeyen / nicht thoͤnende Ertze / noch klingende Schellen / nicht Schafe von vielem Geſchrey / vnd von weniger Wolle / ſondern daß ſie ſeiner heilſamen Lehre gern folgen / gleich wie die Schafe vnd Laͤmmer jhren Schaͤ - fer lieben / vnd jhm nachfolgen.

Es geſchicht aber dieſe folge der Chriſten mit wahrer Rewe vnd Leyd uͤber jhre Suͤnde. Dann die Opffer die vnſerm Ertzhirten dem Sohn Gottes wolgefal - len / ſind ein geaͤngſter Geiſt / wie der H. David ſpricht Pſalm 51. Mit wahrem vnd lebendigen Glauben. DannPſalm. 51. v. 19. das iſt GOttes Werck oder der rechte Gottes - dienſt / daß jhr glaubet an den / den er geſandt hat / ſpricht der Herr Chriſtus Iohan. 6. So du mit dei -Ioh. 6. v. 29. nem Munde bekenneſt JEſum / daß er der HErr ſeye / vnd glaubeſt in deinem Hertzen / daß jn Gott von den Todten aufferwecket hat / ſo wirſtu ſelig / ſagt Paul. Ro. 10. Mit moͤglicher beſſerung deß Lebens. DañRom. 10. v. 9. von Suͤnden laſſen iſt ein Gottesdienſt / der dem HErrn gefellt / vnnd auffhoͤren vnrecht zuthun / das iſt ein recht Suͤndopffer / ſagt Syrach c. 35. MitSyr. 35. v. 5. frewdiger Hoffnung. Dann wir / die wir deß Tages ſind / ſollen angethan ſeyn mit dem Helm der Hoff - nung zur ſeligkeit / vermahnet Paulus 1. Theſſ. 5. Mit1. Theſſ. 5. v. 8. Gedult. Dann darzu ſeit jhr beruffen daß jhr ley - det vnd dultet / ſintemal auch CHriſtus gelitten hat fuͤr vns / vnnd vns ein Fuͤrbild gelaſſen / daß jhr ſolt nachfolgen ſeinen Fußſtapffen / welcher nicht wider ſchalt / da er geſcholten war / vnd nichtBdrowet /[10]1. Pet. 2. v. 21. 23.drowet / da er leidt / ſondern ſtellet es dem heyme / der da richtet / vermahnet Petrus in ſeiner erſten Epiſtel c. 2. Das iſt die andere Eygenſchafft der Schaͤflein Chriſti. Vnd das were einfaͤltiglich der Verſtandt der Wort bey dem erſten Theil verleſenes Texts.

1. Hauptlehr.

DArauß lernen wir fuͤrs Erſte / welche Menſchen in dieſem Jammerthal ein gutes Hertz vnnd ſteiffe Hoffnung bey ſich haben koͤnnen / daß ſie von GOtt außerwehlet / vnd in das Buch deß Lebens mit jhrem Namen auffgezeichnet ſeyn / nemlich die jenige / welche die Stimme deß Herrn Chriſti gern hoͤren vnd jhm folgen. Dann dieſelbige nennet Er allhie ſeine Schafe / vnd in vorher gehen - den ſo wol auch in nachfolgenden Worten deß zehenden Ca - pitels deß Evangeliſten Iohannis zeuget Er / daß Er jnen daß Leben vnnd volle genuͤge geben woͤlle. Viel fromme Leuth aͤngſtigen vnnd plagen ſich mit denen trawrigen Gedancken / vnd ſorgen / Ob ſie auch wol von GOtt zum ewigen Leben verſehen vnd außerwehlet ſeyn / vnd kommen daruͤber in ſchwe - re Melancholey. Nun iſt es zwar an dem / daß Gott von ewig - keit eine Wahl vnter den Menſchen angeſtellet / vnd nicht al - le Menſchen zum ewigen Leben außerkoren hat. Dann Viel ſind beruffen / aber wenig außerwehlet / wie der Herr Chriſtus ſpricht / Matth. 20. Wenig ſind de -Matth. 20. v. 16. ren welche die enge Pforte vnd den ſchmalen weg / der zum Leben fuͤhret / finden / wie geſchrieben ſtehet / Matth. 7. An dem iſt es auch / daß niemand ein HimmelsMatth. 7. v. 14. Erbe ſeye / nach ſelig werde / ohn allein die jenigen / welche GOtt von ewigkeit zum ewigen Leben erwehlet hat. Dann alle die im Buch geſchrieben ſtehen / werden erret -tet[11]tet werden / ſtehet geſchrieben Daniel. 12. Welche Gott zuvor verſchen hat / die hat er auch zum CreutzDan. 12 v. 1. verordnet / welche er verordnet hat / die hat er auch beruffen / welche er beruffen hat / die hat er auch gerecht gemacht / welche er aber hat gerecht ge - macht / die hat er auch herꝛlich gemacht / ſtehet ge - ſchrieben / Rom. 8. Allein es gebuͤhret dir nicht / daß du daruͤ -Rom. 8. v. 29. ber dich mit ſchweren Gedancken vnd Sorgen plagen vnnd nagen wolteſt / vnd auß fuͤrwitz mit hindanſetzung deß heiligen geoffenbarten Wort GOttes viel gruͤbelns vnd fragens ma - chen / Ob du auch wol in die zahl der Außerwehlten mit ein - gezehlet vnnd eingeſchloſſen ſeyeſt? Sondern wann dir dieſe fuͤrwitzige Gedancken einfallen / ſo mache dir kein andere Rechnung dann daß der Teuffel mit dem Hammer ſei -Qui temerè & extra ver - bi limites ſcrutantur DEI pro - fundum, merguntur in profun - dum. Auguſtinus ner geſchwinden verſuchung bey dir anklopffe / vnnd wann du von dir ſelbſt ohn Gottes Wort ſolchen Rath GOttes erforſchen wilt / dir den Halß abſtuͤrtzen wolle: Will dir dem - nach nothwendig gebuͤhren hierinnen deinen fuͤrwitzigen Ge - danckẽ abzubrechen. Damit du aber in deinem Hertzen von dei - ner Verſehung vnd Gnadenwahl friede vnd ruhe haben moͤ - geſt / ſo muſtu ſehen auff zwey ding: Erſtlich auff den Ertz - hirten Chriſtum Jeſum / den Heyland der gantzen Welt / inmaſſen jener fromme Theologus hatt pflegen zu ſagen:D. Iohannes Staupitius. Diſputaturus de prædeſtinatione incipe à vulneribus Chriſti, das iſt / wer viel fragens vnd diſputierens machen will von der ewigen Gnadenwahl / der fange an den Wunden Chriſti an. Wann du nun Chriſtum Jeſum recht anſiheſt vnd ſeine Perſon / vnd ſein Ampt erkenneſt / wirſtu finden / daß Gott allen Menſchen die ewige Seligkeit gern goͤnne. Deñ alſo hat Gott die Welt geliebet / daß er ſeinen ein -B ijgebor -[12]gebornen Sohn gabe / auff daß alle / ſo añ jn glau - ben / nicht verlohren werden / ſondern das ewigeIoh. 3. v. 17. Leben haben / ſtehet geſchrieben Ioh. 3. Gott wil nicht daß jemandt verloren werde / ſondern daß ſich je -2. Pet. 3. v. 9. derman zur Buſſe kehꝛe vnd lebe / Sagt Petrus inn ſeiner andern Epiſtel c. 3. Ferꝛner wirſtu finden / daß GOtt Chriſtum ſeinen Sohn vmb aller Menſchen Suͤnde willen / Keinen außgeſchloſſen / habe bitterlich leyden vnnd ſter - ben laſſen. Dann. ſo wir ſuͤndigen / ſo haben wir einen Fuͤrſprecher bey dem Vatter / JEſum Chriſt / der gerecht iſt / vnnd derſelbige iſt die Verſoͤhnung fuͤr vnſere Suͤnde / nicht allein aber fuͤr die vnſere / ſon -1. Ioh. 2. v. 1. 2. dern auch fuͤr der gantzen Welt / ſagt Iohannes in ſei - ner erſten Epiſtel c. 2. Mehr wirſtu finden / daß Chriſtus fuͤr vns alle deß heiligen Geiſtes Gabe erworben habe / welcher alle / ſo Gottes Wort gern vnd mit ernſt hoͤren / zu erleuchten vnd mit dem ſeligmachenden Glauben an Chriſtum zu zieren geneigt iſt. Dann Gott will die muͤhſeligen vnnd be -Matth. 11. v. 28. ladenen erquicken / ſteht geſchrieben Matth. 11. will vnsMatth. 23. v. 37. vnter ſeine Gnadenfluͤgel verſamlẽ / ſt[e]ht Matth. 23. Der Glaube kompt auß der Predigt / das predi - gen aber durch das Wort Gottes / wie Paulus be -Rom. 10. v. 17. zeugt Rom. 10. Auß dieſem vernimſtu / daß Gott an deiner Seligkeit nichts habe erwinden laſſen / vnd das iſt eins.

Darnach muſtu ſehen auff dich ſelbſt / vnnd dich nach diſes Texts anleitung pruͤfen / ob dir das heilige Wort GOt - tes lieb ſeye? Ob du es gern hoͤreſt? Ob dir Jeſus Chriſtus ſuͤſ - ſe ſeye? Ob du an jhn glaubeſt / vnnd dich ſeiner wider dein be - truͤbtes Gewiſſen / wider den Teuffel / vñ wider die Helle troͤß -teſt?[13]teſt? Auch ob du luſt vnd liebe in deinem Hertzen habeſt / Got - tes Gebott nach euſſerſtem vermoͤgen zuhalten / Chriſto dem Ertzhirten zu folgen / das gute zuthun / das boͤſe zulaſſen / vnd in Creutz vnd Widerwertigkeit Gott geduͤltiglich ſtill zuhal - ten? Wann du alſo dieſe Zeichen vnd Gaben an dir findeſt / ſo ſtehet deine ſache wol / denn als dann biſtu ein rechtes Schaͤf - lein Chriſti vnd ein Glied an ſeinem Leibe / eine Wohnung der heiligen Dreyfaltigkeit / gerecht / ein Erbe deß ewigen Lebens / vnd haſt einen anſpruch zu der ewig[e]n Kron der Gerechtigkeit. Wer mich liebet / der wirdt mein Wort halten / vñ mein Vater wirdt jhn lieben / vnnd wir werden zu jhm kommen / vnnd Wohnung bey jhm machen / ſpricht Chriſtus Iohan. 14. Chriſtus iſt deß GeſetzesIohan. 14. v. 23. Ende / wer an jn glaubet / der iſt gerecht / ſpricht Pau - lus Rom. 10. Jhr ſeit alle Kinder Gottes durch denRom. 10. v. 4. Glauben an Chriſto Jeſu / ſeyt jhr aber Chriſti / ſo ſeyt jr ja Abrahams Samen / vnd nach der ver - heiſſung Erben / ſagt Paulus Gal. 3. Hat dir Gott nu ſoGal. 3. v. 26. 29. weit geholffen / vnd dich zu ſeinem Kind an vnd auffgenom̃en /Quem Deus prædeſtina - vit ante mũ - dum, voca - vit de mun - do, juſtifi - cavit in mũ - do, eum cer - magnifi - cabit poſt mundum Auguſt. So - liloq. c. 28. ſo ſoltu nicht zweiffeln / daß Gott uͤber dir in allem Creutz vnd Widerwertigkeit maͤchtig vnd trewlich zuhalten / vnnd dir be - ſtendigkeit zu geben bereit vnd geneigt ſey. Dann GOtt der das gute Werck angefangen hat / der wirdt es auch vollenden biß auff den tag Jeſu Chriſti / troͤ - ſtet Paulus ſeine glaubige Philipper / Philip. c. 1. Der Gott aller gnade / der vns beruffen hat zu ſeiner ewigen Herꝛligkeit in Chriſto Jeſu / derſelbige wirdt euch / die jhr ein kleine zeit leydet / voll bereiten / ſtercken /Philip. 1. v. 6 kraͤfftigen vnd gruͤnden / troͤſtet der Apoſtel Petrus dieB iijChriſten[14]1. Pet. 5. v. 10.Chriſten in ſeiner erſten Epiſtel c. 5. Das iſt der Wille deß Vaters / daß ich nichts verliere von allem /Ioh. 6. v. 39. daß er mir gegeben hat / ſpricht Chriſtus Iohan. 6. Allein du muſt dich nicht etwa geluͤſten laſſen das Wort GOttes zu verachten / ſo wol auch wenn du geſtrauchelt haſt / dich widerUſus doctri - . auffzuleſen vnd[w]ahre Buß zuthun nicht ſaͤumig ſeyn. Dieſes dienet nun all[en]glaubigen zum Troſt. Dann wer in ſeinem Hertzen fuͤhlet / daß er die ſtimme deß Ertzhirtens Chriſti gern hoͤre / an Chriſtum glaube / vnd jhm zu folgen geneigt ſeye / der kan vnfehlbarlich ſchlieſſen / daßer ein Schaͤflein deß Herrn Chriſti ſeye / vñ daß jm Chriſtus ware beſtendigkeit im Glau - ben vnter der Creutzruthen nicht verſagen weꝛde / ſo ferrn er in muthwillige verachtung der mittel zur Seligkeit / als deß Worts Gottes / der Hochwuͤrdigen Sacramenten vnnd deßLutherus Tom. 6. Ie - nenſi f. 182. editionis ſecundæ. Gebets nicht gerathen oder einwilligen wuͤrd. Daher ſagt der thewer Ruͤſtzeug Gottes Lutherus recht Tom. 6. Ienenſ. fol. 182. Laß dirs nicht ein geringes ſeyn / ſondern einen ge - wiſſen vnd fichern Troſt / wann du ſolches fuͤhleſt / daß du Chꝛi - ſtum vnnd ſein Wort lieb haſt / vnd von hertzen begereſt darbey zubleiben / daß du vnter dem Heufflein ſeyeſt / die zu Chriſto ge - hoͤren vnd nicht ſollen verlohren werden. Biß hieher Luthe - rus. Jm fall aber / daß durch ſonderbarliche verhengnuß Got - tes das Hertz eines Menſchen vnter geſchwinden Anfechtun - gen keinen Glauben / auch keine Liebe gegen die Stimme deß Herrn Chriſti bey ſich fuͤhlen / ſondern jm vmb ſeiner Suͤnden willen nichts anders dañ den verdienten vnvermeidlichen zorn Gottes einbildẽ wuͤrde / daſſelbige ſoll ſich wehꝛen vñ ſterckẽ mit betrachtung deß allgemeinẽ geneigten vnd barmhertzigen willẽ Gottes / daß er jedeꝛman gerne wolte ſelig wiſſen / wie er ſolches mit einem Eydt / mit verheiſſungen vnnd Exempeln bezeuget hat: Soll ſich tꝛoͤſten mit betrachtung deß thewren gehoꝛſams deß Sohns GOttes Chriſti Jeſu / welcher allen vnnd jedern Suͤndern zu gut geſchehen iſt: Soll ſich labẽ mit betrachtung[15] der guͤtigkeit deß heiligen Geiſtes / welcher allen vnnd jeden Menſchen / ſo die Mittel zur ſeligkeit mit ernſt brauchen / zum wahren Glauben vnd zur nieſſung der Wolthaten Chriſti verhelffen wil / vnd nicht vergeſſen / daß alle / auch die grewlich - ſte Suͤnden / alſo beſchaffen ſeyen / wann der Suͤnder Buſſe thue / daß ſie GOtt gnaͤdiglich verzeihe / vnd Buß fuͤr die Suͤnde anneme / Sapient. 12. Sapient. 12. v. 19.

II. Hauptlehr.

Fuͤrs ander lernen wir hierauß / daß die zahl der recht - ſchaffenen Chriſten gegen den Vnchriſten ſehr duͤñ vnd gering ſeye. Denn ſo die allein rechte Schaͤflein Chriſti ſind / welche ſeine Stimme gern hoͤren / vnnd jm folgen / ſo hat der Teuffel ein groͤſſere Herde Boͤcke / welche am Juͤngſten Tage werden außgemuſtert / vnd in das helliſche Schlachthauß hingewieſen werden / dann vnſer Ertzhirt Chriſtus Schaͤflein vnd Laͤmmer hatt. Viele wiſſen von der ſtimme deß Herꝛn Chriſti nichts / vnd woͤllen ſie auß vnfleiß vnnd traͤgheit nicht wiſſen / als die noch vnbekehrte Heyden: Viele verdammen die ſtimme deß Herꝛn Chriſti als die Tuͤrcken: Viel verfluchen Ieſum Chri - ſtum mit ſeiner ſtimme / als die Juden / deren taͤglicher Fluch wider vnſern Herꝛn Chriſtum dieſer iſt: ſein Name werde außgetilget: Viel verfolgen die ſtimme Chriſti / als der Bapft zu Rom / vnd ſeine Fuͤßkuͤſſer. Leo X. der Bapſt nen - nete die ſtimme Chriſti ein Maͤhrlein vñ fabul: Die Baͤpſti - ſche Lehrer woͤllen die ſtim̃e Chriſti nicht laſſen Richterin ſeyn in ſtreitigen Glaubens Articuln, daher hat Franciscus Pe - trarcha laͤngſten von jnen recht geſchriebẽ Epiſt. 17. Chri - ſto ſub vexillo Chriſti rebellant & Satanæ militant, das iſt / die Baͤpſt vnd ſeine Geiſtliche haben das anſehen / als ſeyen ſie trewe Soldaten vnter dem Faͤnlein Chriſti / aber ſie ſind nichts anders denn rebellen, vnnd dienen in der That demTeuffel[16]Teuffel: Viel verdrehen vnd verfaͤlſchen deß HErꝛn Chriſti ſtimme mit jhren vngegruͤndten außlegungen als alle alte vnd newe Schwermer: Viel laſſen ſich Chriſten nennen / ſind aber vnter deſſen Epicurer, vnd wollen Chriſti ſtimme nicht hoͤrẽ / noch thun: Viel ſind zwar Hoͤrer deß Worts / vnd kommen fleiſſig zur Predigt / woͤllen allen Heiligen gleichſam die Fuͤſſe abbeiſſen / vnd wiſſen auch viel auß Gottes Wort / daher zu - ſchneiden / aber es iſt nichts anders bey jnen denn Gleißnerey / ſind vnter deſſen uͤbertuͤnchte Todtengraͤber / vnd dem Feygen -Matth. 21. v. 19. baum gleich / Matth. 21. cap. welcher groſſe vnd breite Blet - ter hatte / aber keine Fruͤchte / vnd fuͤhren den ſchein eines Gott -2. Tim. 3. v. 5. ſeligen Wandels allein ſeine Krafft verleugnen ſie 2. Tim. 3. So man nun dieſen groſſen hauffen der Vnchriſten vnd boͤſen verwerfflichen Chriſten von der zahl der Menſchen ſubtrahi - ren oder abziehen wuͤrd / ſo wuͤrd ein kleines Heuflein der recht - ſchaffenen Chriſten uͤberbleibẽ. Alſo iſt es von anfang der welt hergangen biß hieher / daß allezeit der Schaͤflein Chriſti oder rechtſchaffenen Chriſten wenig / vnd der Boͤcke vnd Schlacht - ſchafe deß Teuffels viel geweſen ſind. Zur zeit der Suͤndflut war Noah ein Schaͤflein Chriſti ſampt etlichen wenigen /Gen. 7. v. 23 welche mit jm in Kaſten giengen / Gen. 7. zun zeiten deß Pro - pheten Eliæ waren zwar ſieben tauſent rechtſchaffener Schaͤf - lein uͤbrig: Aber was waren dieſe gegen dem groſſen hauffen1. Reg. 19. der Baalsdiener? 1. Reg. 19. Zun zeiten deß Propheten EſaiæEſaiæ 1. v. 8. 24 v. 13. war das heuflein der Schaͤflein Chriſti ſo gering / daß ſie Gott der Herꝛ einem Haͤußlein im Weinberg / einer Nachthuͤttẽ im[D]an. 3. 〈…〉〈…〉. 18. Kuͤrbsgarten / einer verheerten Statt / vnd einem Nachheꝛbſt vergleichet. Zun zeiten deß Propheten Daniel waren nur drey / welche ſich dem Gottloſen Gebott Nebucadnezars wider - ſetzten / Dan. 3. Zun zeiten deß Herꝛn Chriſti war auch die zahl ſeiner Schaͤflein ſehr gering / etliche wenige kamen auß dem Morgen and vnd beſuchten jhn / vnter deſſen aber blieben vieltauſent[17]tauſent Menſchen zu Ieruſalem ſitzen / vnd lieſſen jhn zu Beth - lehem vngeſuchet / Matth. 2. Gleichfals iſt es zu vnd nach denMatth. 2. zeiten der H. Apoſtel zu gangen / vnd gehet noch alſo zu: Daher ſagt Gott der Herꝛ / bey dem Propheten Zachariæ c. 13. EsZach. 13. v. 8. 9. ſoll geſchehen / in welchem Lande zwey theil ſind / die ſollen außgerottet weꝛden / vnd vntergehen / vnd das dritte theil darinnen ſoll uͤberbleiben / vnnd wil daſſelbige dritte theil durchs Fewer fuͤhren / vnnd leutern / wie man Silber leutert / vñ fegen / wie man Golt feget / die werden dann meinen Namen anruf - fen / vnd Jch wil ſie erhoͤren: Jch wil ſagen / Es iſt mein Volck / vñ ſie werden ſagen: Herꝛ mein Gott.

Dieſes ſoll vns nun erſtlich dienen zu einer Warnung /Uſus do - ctrinæ. daß wir vns huͤten fuͤr dem hauffen der Weltkinder / welche die1. ἀϖο - τρεϖτικὸσ ſtimme deß Herꝛn Chriſti nicht hoͤren / noch derſelbigen weder im Glauben noch im Leben folgen woͤllen / damit wir nicht etwa auch etwas von jhren plagen empfahen / wann ſie am Juͤngſten Tage auff die lincke ſeiten deß Richters Chriſti Jeſu werden geſtellet werden: Auch vns nicht etwa einbilden / es ſeyen alle Menſchen Schafe Chriſti / jederman werde in ſeiner Religion oder Glauben ſelig / viel weniger vns bereden / daß die Erbare Heyden auch / ob ſie wol von der ſtimme Chriſti nichts gehoͤret noch gewußt haben / vnter die Schafe Chriſti gehoͤren / vnnd Himmels Erben ſeyen / wie Ulricus Zvvinglius vnd an - dere mehr gedichtet haben. Auß mit ſolchen groben Jrꝛthumben. Ein rechtes Schaͤflein Chriſti / welches der Herꝛ Chriſtus end - lich ewig weyden / vnnd zun lebendigen Waſſerbrunnen leiten wirdt / iſt der / welcher in dieſem Leben ſeine ſtimme hoͤret / vnd der - ſelbigen folget. Darnach ſoll es vns auch dienen zum Troſt;2. παρα - κλητικὸσ. Wir muͤſſen ſehen vnd erfahren / wie der hauffe / ſo von Chriſti ſtimme nichts helt / vnd von derſelbigen abfelt / ſo groß ſeye / vndCin ſchoͤ -[18]in ſchoͤner Bluͤt ſtehet / in dieſem fall ſollen wir vns an der Welt - kinder groſſer menge vnd glaͤntzendem Gluͤck nicht aͤrgern / ſon - dern vns erinnern / daß aller Welt Kinder Gluͤck nichts anders ſeye / denn ein Roſenblat / vnd Aprillen wetter / vnnd ein Anfang groſſes ewigen Vngluͤcks / auch daß die groſſe menge zur ſachen nichts[t]hue / vnd niemand zu einem Schaͤflein Chriſti mache / das heuflein der Glaubigen vnd Schaͤflein Chriſti ſeye von an - fang der Welt gering / arm / vnd veracht geweſen / werde es auch bleiben biß an das Ende der Welt / der ſey ſelig / der da nicht wan - dele im Rath der Gottloſen / nicht trette auff den Weg der Suͤn -Caſſianus. der / noch ſitze da die Spoͤtter ſitzen: hieher gehoͤret die feine Lehr deß alten Lehrers Caſſiani, welcher alſo ſpricht: Vive ut pau - ci, ut cum paucis in veniri merearis in regno DEI, das iſt / Halt dich wie die wenigen ſich halten nach der ſtimme Chriſti /3. ϖροτρε - ϖτικὸσ. auff daß du deß Reichs Gottes wuͤrdig werdeſt. Fuͤrs dri[t]te ſoll es vns dienen zur Vermahnung: weil der Schaͤflein Chꝛi - ſti ſo wenig ſind / vnd es an dem iſt / daß ein jeder durch die Liſt vnd gewalt deß helliſchen Wolffs / leichtlich auß einem Schaͤflein ein Bock werden kan / ſo ſollen wir vns fuͤrſehen fuͤr falſchen Leh - reꝛn: Fuͤr vnſerer eigenen Vernunfft / welche inn Glaubens ſachen ein Naͤrrin iſt: fuͤr der Welt aͤrgerlichen Exempeln: Fuͤr vnſers eignen Fleiſches boͤſen Luͤſten / vnd fuͤr vngedul[t]/ vnn zuPſalm. 119. v. 176. Gott mit David ruffen auß ſeinem 119 Pſalm; HErꝛ / Jch bin ein verirret vnd verlohꝛen Schaf / HErr / ſuche deinen Knecht; zugleich auch mit andern Chri - ſten alſo beten: Du Hirt vnnd Heyland vnſer Seel / der du ſiheſt vnſers Hertzens quell / laß vns erſchei - nen deine Macht / erzeige dein Gnad / hab auff vns acht. Vnd ſo viel vom erſten Theil.

Der ander Theil. Erk[laͤ]rung deß Texts.

Wie[19]

WJe wartet dann der Herꝛ Chriſtus Jeſus ſeiner Schaͤf - lein? wie nimpt er ſich jhrer an? was fuͤr Gnade vnnd Wolthaten erzeiget er jnen? Der Herr Chriſtus ſelbſt / welcher nicht liegen kan / erzehlet vier vnterſchiedene Woltha - ten / ſo er ſeinen Schaͤflein vnd wahren Chriſten erzeigt. Die erſte Wolthat iſt dieſe / nemlich die Erkentnuß ſeiner Schaͤflein. Jch kenne ſie (meine Schaͤflein) ſpricht er. Wenn allhie der Herꝛ Chriſtus ſpricht: Er kenne ſeine Schafe / gibt Er darmit zu verſtehen / daß Er nicht allein jhre Namen / jhren Zu - ſtand / jr Hertz / jr anligen vñ Creutz wol wiſſe: Sondern ſie auch hertzlich liebe. Dann wann in der Schrifft ſtehet / daß GOtt die ſeinen kenne / heiſſet es ſo viel / daß GOtt nicht allein jhren Zu - ſtand jnn vnd außwendig wiſſe / ſondern ſie auch mit ſonderbarer bruͤnſtiger Liebe vmbfahe / verba notitiæ notant affectum ſingularem, das iſt / das Woͤrtlein kennen oder wiſſen heiſſet offt in heiliger Schrifft ſo viel / als ſonderlich lieben. Die andere Wolthat iſt dieſe / nemlich das Geſchencke deß ewigen Lebens. Die Vnſterbligkeit vnnd das ewige Leben ſind vns zwar in vn - ſerm erſten Vater Adam, als ein ſtuͤck deß Ebenbilds Gottes / angeſchaffen geweſen / allein vnſere erſte Eltern haben das Eben - bild Gottes durch jhren Fall nicht allein jnẽ / ſondern auch vns verlohren / vnd vns der Frewden deß Himliſchen Paradiſes ver - luſtig gemacht: Chriſtus aber / vnſer Erloͤſer / als der andere Adam, hat es vns allen mit ſeinem thewren gehorſam wider er - worben / vnd gibt es ſeinen Schaͤflein / welche jn hoͤren / vnd jhm folgen / in dieſem Leben zwar im Glauben vnd in gewiſſer Hoff - nung / hiernechſt aber im ſchawẽ. Jch lebe / vnd jr ſolt auch leben / ſpricht er / Iohan. 14. Dann alſo ſpricht Er im vorha -Ioh. 14. v. 19. benden Text: Jch gebe meinen Schaͤflein das ewige Leben. Solches bezeuget auch Paulus Rom. 6. da er ſpricht:Rom. 6. v. 23. Das ewige Leben iſt eine Gabe Gottes in ChriſtoC ijJeſu.[20]2. Tim. 1. v. 10.JEſu. Vnd 2. Timoth. 1. c. JEſus Chriſtus vnſer Heyland / hat dem Todt ſeine Macht genommen / vnd das Leben / vnnd ein vnvergengliches Weſen ans Liecht gebracht ꝛc.

Die dritte Wolthat iſt die Betrachtung vnd hute fuͤr dem ewigen Verderben; Meine Schafe werden nimmer - mehr vmbkommen / ſpricht der Herr Chriſtus: Es hat zwar das anſehen fuͤr Menſchlichen Augen / wann fromme Leuth im Creutz vnd Elend ſtecken / vnnd darinnen jaͤmmerlich ſterben / als habe Chriſtus jhr gar vergeſſen vnnd ſie gantz verlaſ - ſen / als verduͤrben ſie gantz vnd kaͤmen vmb: Aber in der That verhelt es ſich viel anders / dann mitten im Todt nimpt jr Elend ein Ende / vnd wirdt veraͤndert in eine ewige Ruhe / ſie kommenPſal: 91. zum Friede / werden herauß geriſſen / vnnd zu Ehren gemacht /Pſalm. 97. das Liecht gehet auff dem gerechten vnnd Frewde den frommen Hertzẽ / Mors hæc reparatio vitæ eſt, ſagt der Chriſtliche PoëtPrudentius. Prudentius recht / das iſt / der Todt iſt der Eingang zum Leben. Die vierdte Wolthat iſt die Errettung von allen jren beyden jn - nerlichen vnd euſſerlichen Frewden: Niemand wirdt mei - ne Schafe auß meiner Hand reiſſen / ſagt der Herr Chriſtus / vnnd wil ſo viel andeuten: Ob gleich alle Tyran - nen mit Marter vnnd Qual an die Schaͤflein Chriſti ſetzen / ſie ſchrecken / vnd zum Abfall bringen woͤllen / ſo wirdt es jnen doch nicht gelingen /[J]ch wil jhnen Hertz / Muth vnd Staͤrcke geben / auff daß ſie uͤberwinden koͤnnen: Ob gleich alle Teuffel mit jren Mordpfeilen / die Suͤnde mit jrem Stachel / die Helle mit jrem Rachen wider meine Schaͤflein wuͤten / vnd ſie zur verzweiflung treiben woͤllen / ſo muͤſſen ſie doch mit Schimpff vnd Spot wi - der abziehen / Jch wil fuͤr ſie ſtreiten / der ich die Suͤnde / als das Werck deß Teuffels zerſtoͤre / vnd den Todt zu nicht mache / was kan dann meinen Schaͤflein ſchaden / wann ich fuͤr ſie bin / waska[n][21]kan wider ſie ſeyn? Jſt auch ein Feind meiner Schaͤflein ſtaͤrcker dann Gott? Keiner. Nun aber bin Jch vnd GOtt / wel - cher mein Vater iſt / eins / an Gottheit / an Macht / Gewalt vnd Herꝛligkeit: Gilt nun kein Rath / kein gewalt / noch et - was wider GOTt den Vater / der mein Vater iſt / ſo kan auch nichts wider mich gelten noch helffen. Vnd meine Schaͤflein haben ſich billich auff mich keck vnnd getroſt zuverlaſſen. Das meynet der Herr Chriſtus / wann er ſpricht: Der Vater / der mir meine Schaͤflein gegeben hat / iſt groͤſſer dan alles: vnd ni[e]mand kan meine Schaͤflein auß meines Vaters Hand reiſſen / Jch vnnd der Vater ſind eins. So viel von erklaͤrung deß andern Theils ꝛc.

I. Hauptlehr.

DArauß lernen wir fuͤrs Erſte / daß vnſer Ertzhirt Chri - ſtus Jeſus / ſeinen Schaͤflein / oder den rechtſchaffenen Chriſten / ſo lange ſie ſolche bleiben / nicht Feind noch Abholdt werde / es gehe jhnen gleich ſo uͤbel / als es jmmer kan. Dann es ſpricht Chriſtus außdruͤcklich allhie / Er kenne ſeine Schaͤflein / das iſt / er liebe ſie mehr dañ Bruͤderlich / ja Muͤt - terlich / vnd woͤlle ſie jhrer noch hinterſtelligen ſchwachheit nicht entgelten laſſen / wann ſie nur keinen boͤſen Fuͤrſatz zu ſuͤndigen bey ſich hetten / ſondern / ſo viel Gott Gnade gebe / jhm folgten. Weil dann fromme Hertzen kein groͤſſers vnnd beſſerers Gut hienieden auff Erden haben koͤnnen / dann die Liebe / Huld vnnd Gunſt deß Herrn Chriſti / deß Sohns Gottes / vnd billich nichts nach Himmel vnnd Erden zufragen iſt / wann man jhn zum Freund hat / ſo iſt der Sohn Gottes ſehr geſchaͤfftig in ſei - nem Wort ſeinen Schaͤflein ſeine Liebe vnd Gunſt wol vorzu - mahlen vnd einzubilden. Als Pſalm. 37. Der Herr kennetPſalm 37. v: 18. 28. die Tage der Frommen / vnnd jhr Gut wirdt ewig -C iijlich[22]lich bleiben / der HErꝛ hat das Recht lieb / vnd ver - leſt ſeine Heiligen nicht / ewiglich werden ſie bewah -Iaſaiæ c. 49. v. 14. 15. 16 ret. Ieſaiæ c. 49. Sion ſpricht / der Herꝛ hat mich ver - laſſen / der HErꝛ hat mein vergeſſen / kan auch ein Weib jhres Kindlein vergeſſen / daß ſie ſich erbar - me uͤber den Sohn jhres Leibs? vnd ob ſie deſſelbi - gen vergeſſe / ſo wil ich doch dein nicht vergeſſen / ſi - he / in die Haͤnde hab ich dich gezeichnet / deineIeſaiæ 46. v. 3. 4. Mawren ſind jmmer fuͤr mir. Vnd Ieſaiæ 46. c. Hoͤ - ret mir zu / jhr vom Hauſe Jacob / vnnd alle uͤbrige vom Hauſe Jſrael / die jr von mir im Leibe getragen werdet / vnd mir in der Mutter ligt / Ja ich wil euch tragen biß ins Alter / vnd biß jhr graw werdet / Jch wil es thun / ich wil heben vnd tragen vnd erretten. Sap. 3. v. 9.Sap. 3. Die heiligen ſind in Gnade vnd Barmher - tzigkeit / vnd Gott hat ein auffſehen auff ſeine Auß -Marth. 12. v. 50. erwehlten. Item matth. 12. Wer den Willen thut mei - nes Vaters im Himmel / derſelbe iſt mein Bruder / Schweſter / vnd Mutter.

Uſus do - ctrinæ. Dieſes ſoll vns dienen zu einer troͤſtlichen Erquickung. Wañ wir in Creutz vnd Truͤbſal ſtecken / vnd hoͤren / daß kein Vngluͤckϖαρα - κλητικὸσ, in der Stadt ſeye / welches der HErꝛ nicht thue / wie geſchrieben ſtehet / Amos 3. Da meynen wir GOTtes Wege ſeyenAmos 3. v. 6. wie vnſere Wege / Gottes Gedancken ſeyen wie vnſere Gedan - cken / vnnd weil das jenige Vngluͤck / welches ein Menſch dem andern zufuͤhrt / auß Haß / Neyd vnd Zorn herruͤhret / dencken wir Chriſtus Jeſus ſey vns feind worden / woͤlle vns nicht mehr kennen / vnd vnſer keine Gnade haben / vnnd platzen zu mit denmurren -[23]murrenden Kindern Jſrael ſprechende: Jſt der Herr vnter vns oder nicht? Exod. 17. vnd mit Gideon: Jſt derExod. 17. v. 7. Herr mit vns / warumb iſt vns dann ſolches alles widerfahren? Iudic. 6. Dieſen argen Gedancken vnndIudic. 6. v. 13. Mordpfeilen deß Teuffels ſollen wir begegnen auß dieſen wor - ten Chriſti / wenn er ſpricht: Jch kenne meine Schafe / Je groͤſſer Noth / je naͤher Gott. Deus cum blanditur pater eſt & cum cædit pater eſt, cædit ne peream, blandi - tur ne deficiam, ſagt Auguſtinus Pſalm. 89. das iſt / GottAuguſtinus Pſalm. 89. behelt ein Vater Hertz gegen ſeine Glaubigen / nicht allein wenner jhnen Gluͤck / ſondern auch wann er jhnen Vngluͤck zuſchi - cket: Er ſchlaͤget ſie bißweilen / damit ſie nicht zu frech werden / vnd vmbkommen / Er thut jhnen hingegen viel / damit ſie nicht etwa verzagen vnd abfallen. Deſſen wuſte ſich in ſeiner[a]uſſer - ſten Noth ſehr wol zu troͤſten der heilige Maͤrterer RomanusRomanus Martyr Til - part. l. 6. c. 30. wie in der hiſtoria Tripartita lib. 6 c. 30. zu leſen iſt. Als er al - ler ſeiner Haabe / Guͤter / Ehren vnnd auch deß Lebens ſolte be - raubet werden / vnd jhm leichtlich hette die Gedancken machen moͤgen / Chriſtus hette jhn verlaſſen / weil er jhn den Bluthun - den hette laſſen zu theil werden / fieng er doch an vnd ſagte: Etſi mihi omnia eripiatis, Chriſtum tamen nunquam, das iſt / wann jhr mich gleich noch elender machet / vnd mir alles nemet / ſo koͤnnet jhr mir doch meinen Herrn Chriſtum nicht nemen / das iſt mein Kunſt / Chriſti Huld vnd Gunſt / die muͤſſet jr mir erlauben / ich laſſe mir an ſeiner Gnaden genuͤgen. Darumb ſo vns die boͤſe Welt nicht kennen wil / ſo vns vnſere Freunde nicht kennen woͤllen / ja ſo wir vns ſelbſt fuͤr groſſem Elende nicht kennen / ſo bleibt vns doch der Troſt uͤbrig? daß vnſer Ertzhirt Chriſtus Ieſus vns kenne / liebe / auffneme vnd ſchuͤtze / vnnd im finſtern Thal deß Todtes vns leite.

II. Hauptlehr.

Fuͤrs[24]

Fuͤrs ander lehrnen wir hierauß / daß es ein vngereumt / ja ein Gottloß Werck ſeye / wann ein Schaf Chriſti / oder ein glaubiger Menſch an der Gnade Gottes zweiffeln wolte / Ob er bey Gott in Gnaden were oder nicht? Dann es verſpricht der HErꝛ Chriſtus allhie außtruͤcklich / daß er ſeine Scha - fe kenne vnd liebe / vnd daß ſie theil am ewigen Leben haben. Io -Iohan. 5. v. 24. han. 5. ſpricht er von ſeinen Glaubigen: Warlich / warlich / Jch ſage euch / wermein Wort hoͤret / vnnd glaubet dem / der mich geſandt hat / der hat das ewige Lebẽ / vnnd kommet nicht in das Gericht / ſondern er iſtGal. 3. v. 26. vom Todt zum Leben hindurch gedrungen. Gal. 3. ſpricht der heilige Paulus: Jhr ſeyd alle Gottes Kinder / durch den Glauben an Chriſto Jeſu. Petrus ſprichtAct. 10. v. 43. Act. 10. Von Jeſu zeugen alle Propheten / daß duꝛch ſeinen Namen / alle die an jhn glauben / Vergebung der Suͤnden empfahen ſollen. Was koͤnnen dann die glaubigẽ / welche theil am ewigen Leben haben / welche GOttes Kinder ſind / welchen die Suͤnde vergeben ſind / fuͤr Vrſach fuͤr -2. Pet. 3. v. 21. wenden / an der Gnaden Gottes zu zweiffeln? ja GOTt leſſet den Glaubigen die H. Tauff widerfahren / welche ein Gnaden - zeichen / vnd ein Bund eines guten Gewiſſens mit Gott iſt. Er leſſet jnen widerfahren das heilige Hochwuͤrdige Abendmal / vnd gibt jhnen das hoͤchſte Pfand ſeiner Liebe / nemlich den Leib vnnd das Blut ſeines Sohns. Er thut einen thewren Eydt /Ezeh. 33. v. 11. daß er die bußfertige Suͤnder zu toͤdten / vnd ewiglich zuverder - ben keinen Luſt habe / Ezech. 33. Er / als ein wahrer Gott / der nicht liegen kan / verſpricht / daß der Glaubigen Hoffnung nichtPſalm. 31. v. 20. 71. Rom. 5. v. 5. ſolle zu ſchanden werden / Pſalm. 31. 71. Rom. 5. vnnd daß er der Glaubigen Gebett allzeit erhoͤren / vnd ſie jrer Bitt vmb Geiſt -Lu. 11. v. 23 Io. 16. v. 23. liche Seelen Guͤter gewehren woͤlle / Luc. 11. Ioh. 16. Nunaber[25]aber hoffen die Glaubigẽ auff die Himliſche Herꝛligkeit / vnnd bitten Gott vmb ſeine Gnade; wie kaͤmen ſie dann darzu / daß ſie Gottes Gnadenzeichen / Eyde / vnd Zuſage ſolten ver - nichten / vnd ſeine Gnade in zweiffel ziehen / vnnd ſich mit dieſen aller trawrigſten vnd ſchmertzlichſten Gedancken martern / Es ſeye vngewiß / Ob jre Seelen / wann ſie außfahren / zu Gott oder zum Teuffel fahren / man muͤſſe es auff Gnad wol wagen / das ſeye ferꝛne: Paulus, als ein Glaubiger / zweiffelt an der Gnade vnd Liebe Gottes nicht / Rom. 8. Johannes der Apo -Ro. 8. v. 38. ſtel auch nicht. 1. Joh. 3. Der alte Lehrer Auguſtinus zoge auch1. Ioh. 3. v. 2. die Liebe vnd Gnade Gottes / was ſeine Perſon antraff / nicht in zweiffel / ſondern ſchriebe Pſalm. 148. alſo: Quid tibi DeusAuguſtinus. Pſalm. 148. promiſit, homo mortalis? Quia victurus es in æternum. Non credis? crede crede: plus eſt jam quod fecit, quàm quod promiſit. Quid fecit? Mortuus eſt prote: quid promiſit? ut vivas cum illo. Das iſt / Lieber Menſch der du den Todt am Halß tregeſt / was hat dir Gott verheiſſen? Er hat dir verheiſſen / du ſolt ewig leben. Glaubſtu das nicht? glau - be es / glaube es: Er hat vorhin ein gꝛoͤſſers an dir gethan / dañ die - ſes iſt / das er dir verheiſſen hat. Was hat er dann an dir gethan? Er iſt fuͤ[r]dich geſtorben: was hat er dir verheiſſen? Er hat dir ver - heiſſen du ſolt mit jhm leben. Jenes iſt groͤſſer / dann dieſes. Dem alten Lehrer Bernhardo wer es ein frembdes vnd ſeltzames ding geweſen / wann jm jemand hette woͤllen zumuthen / er ſolte nicht eben meynen / daß er Gott im Schoß ſeſſe / es koͤndte jhm noch wol fehl ſchlagen / wer weiß / ob jhm GOtt aller dings genaͤdig wer oder nicht. Dann alſo ſchreibet er ſehr troͤſtlich Serm. 3.Bernhardus ſerm. 3. de fragmentis panum. de fragmentis ſeptem panum: Tria ſunt, in quibus tota ſpes mea conſiſtit: Charitas adoptionis, veritas promiſ - ſionis, poteſtas exhibitionis, das iſt / drey ding ſind / darinn all meine Hoffnung vnd Heyl ſtehet / als nemlich die Liebe Got - tes / der mich auß Gnaden zum Gnaden Kind hat angenom - men / die Warheit Gottes / der mir den Himmel hat zugeſagt /Ddie[26]die Gewalt GOTtes / der alles was er zuſagt halten vnnd herr - lich hinauß fuͤhren kan. Ja / ſprichſtu / wer weiß ob ich im Glau - ben moͤchte beſtendig bleiben / alles / was bißhero geſagt iſt wor - den / gehet allein die Glaubigen an? Darauff iſt allbereit im er - ſten theil droben geantwortet: Gott iſt trew vnnd wil die Glaubigẽ gern vor allem uͤbel biß an jr Ende bewahren / ſo ferꝛn ſie mit mutwilliger Verachtung der mittel zur Seligkeit ſich ſelbſt nicht verwarloſen.

Uſus do - ctrinæ ἀϖοτρε - ϖτικὸσ.Dieſes ſoll vns nun dienen zur Warnung. Jm Ba - pſtumb hat man die Leute beredet / es koͤndte niemand gewiß ſeyn / wann er ſtuͤrbe / ob er in Himmel oder in die Helle fuͤhre / ob er einen gnaͤdigen oder vngnaͤdigen Gott hette / er muͤſte hin - fahren auff geradt wol / vnnd dieſe Lehr gehet noch zu zeiten vn - tern Baͤpſtiſchen / vñ die Baͤpſtiſche Prælaten haben zu TrientConcil. Tri - dent. ſeſſ. 6. cap. 9. dieſe troſt-vnd heilloſe Lehr geſetzet. Seſſ. 6. c. 9. Nullus ſci - re valet certitudine fidei, cui non poteſt ſubeſſe falſum, ſe gratiam Dei eſſe conſecutum, das iſt / kein Menſch kan ge - wiß vnd vngezweiffelt wiſſen / ob er bey GOtt Gnad erlanget habe oder nicht. O wehe denen / ſo in dieſem Wahn ſterben / kein wunder were es / daß ſolche betruͤbte Hertzen allein fuͤr Angſt ſtuͤrben: Gott behuͤte vns vnd alle Glaubige Hertzen fuͤr ſol - chem zweiffel.

III. Hauptlehr.

Fuͤrs dritte vnd zum Beſchluß lernen wir hierauß / was fuͤr einen trewen Ertzhirten wir an vnſerm Herrn Chriſto JEſuBernhard. haben. Bernhardus faſſet ſeine Liebe vnd Trewe fein zuſam - men vnd ſpricht: Paſtor ille bonus redemit nos pretioſè, paſcit nos lautè, ducit nos ſollicitè, collocat nos ſecurè, das iſt / der gute Hirt hat vns thewer erloͤſet / weydet vns reich - lich / vnd koͤſtlich: fuͤhret vns ſorgfeltiglich / vnd verwahret vns feſtiglich. Thewer hat er vns erloͤſet: Dañ wir ſind thewererkaufft[27]erkaufft nicht mit vergenglichem Golt oder Silber / ſondern mit ſeinem thewren Blut / wie Petrus zeuget /1. Pet. 1. v. 19. 1. Cap: 1. Er weydet vns reichlich vnd koͤſtlich / dann die den Herꝛn ſuchen habẽ keinen mangel an jrgendt einem gute / wie David ſagt Pſalm. 34. Er naͤhret vns ſeine SchaͤfleinPſalm. 34. v. 12. nicht allein Leiblich mit nottuͤrfftiger Speiß vnd Tranck: ſon - dern auch Geiſtlich mit ſeinem Leib vnd Blut / ja ewig wirdt Er vns nehren / vnnd vns truncken machen / von den reichen Guͤ - tern ſeines Hauſes / vnd vns trencken mit Wolluſt / als mit ei - nem Strom / wie geſchrieben ſteht / Pſalm. 36. Er fuͤhret vnsPſalm. 36. v. 9. ſorgfeltiglich. Dann der Huͤter Jſrael ſchlaͤffet noch ſchlummert nicht: der HErꝛ behuͤtet dich: der HErꝛ iſt dein Schatten uͤber deiner rechten Hand: daß dich deß Tages die Sonne nicht ſteche / noch der Mond deß Nachts. Der HErꝛ behuͤte dich vor allem Vbel / er behuͤtet deine Seele / Der HErr be - huͤtet deinen Eingang vnnd Außgang von nun an biß in Ewigkeit / ſagt David Pſalm. 121. Er verwahret vnsPſalm. 121. v. 4. & ſeq. feſtiglich. Dann mein Volck wirdt wohnen in Haͤu - ſern deß Frieds / in ſichern Wohnungen / vnnd in ſtoltzer Ruhe / ſpricht der Herr ſelbſt Ieſ. 32. Ieſ. 32. v. 8.

Wer wolte dann nun / ſo er ein Schaͤflein Chriſti iſt / ſoUſus do - ctrinæ. foꝛchtſam ſeyn / daß er ſich vor dem Fluch deß Geſetzes / vnnd fuͤr dem Teuffel viel wolte entſetzen? Wer wolte ſo vnedles Ge - muͤts ſeyn / daß er dieſe vergaͤngliche Huͤtten mit den ewigen Haͤuſern deß Friedens nicht gern wolte verwechßlen / wenn es deß Ertzhirten Chriſti Will were? wer wolt ſo vndanckbar ſeyn / daß er den Ertzhirten Chriſtum nicht widerumb ehren / lieben vñ jm dienen wolte? Dieſes ſoll auff dißmal von vorgenommenen Text genug ſeyn.

D ijMEMO -[28]

MEMORIA DEFUNCTÆ Matronæ.

WAs nun dieſer Chriſtlichen Matronen vnd Mitſchweſter / der weyland Thugendſamen Frawen / Annæ Schinlerin Ankunfft / Leben vnd ſeliges End anlanget / iſt Sie von Chriſtlichen vnd vornehmen Eltern an dieſem Ort auff dieſe Welt kommen / Jm Jahr nach Chriſti Geburt 1575. Jhr Vater iſt geweſen der weyland Ehrngeachte Herꝛ Johann: Gadamer / Jhre Mutter die weyland Erbare vnd Thugentſame Fraw Anna Gadame - rin / eine geborne Goͤtzin. Jetztgedachte Eltern haben dieſe jhre Dochter / als ein liebes Geſchenck Gottes / Gott dem Herrn wider zu getragen / vnd als eine geborne Suͤnderin zur heiligen Tauff gebracht / da ſi[e]zu einem gna[d]en Kind Got - tes von Newen geboren / vnnd mit GOtt in den Gnadenbund eingetretten iſt: Hernacher haben ſie dieſelbige nach der Ver - mahnung Pauli in der Zucht vnd Vermahnung zum HErꝛn fleiſſig aufferzogen / in welcher Zucht ſie ſich gelehrig vnnd Ge - horſam erzeigt / vnd jhre Eltern mit That / Wort vnd Gedult geehret hat. Nach dem ſie aber das 20. Jahr jhres Alters er - reichet / hat ſie ſich rechtmeſſiglich zum erſten in den H. Eheſtand eingelaſſen / im Jar 1595. mit dem weyland Ehrnhafften vnd Wolgelahrten Herꝛn Melchiore Huͤlern / geweſenẽ Regi - ſtratorn der Cantzley allhie / vnd mit jhm eine gute vnd friedli - che Ehe faſt neun Jahr beſeſſen / auch durch Gottes Segen vier Soͤhne vnd fuͤnff Doͤchter von jhm erzeuget / von welchen allein noch zween Soͤhne vnd eine Dochter bey Leben uͤbrig ſind. Als nun nach Gottes vnwandelbaren Rath vñ willen jr vielgeliebter Haußwirt von hinnen ab geſchieden / vnnd ſie in Witwenſtand iſt eingeſetzet worden / hat ſie denſelbigen in aller Zucht / Ehr vndGottſe[29]Gottſeligkeit faſt vier Jahr gefuͤhret / biß daß ſie ſich im Jahr Chriſti 1607. von newen in die Ehe begeben hat mit dem Ehrn - veſten vnd wolgelehrten Herꝛn Johanne Schinlero, vornehmen Rechtsgelehrten vnd Advocato allhier / gegenwer - tigen hochbetruͤbten Witwer / mit welchem ſie auch friedlich vnd freundlich gelebet / vnnd ſich gegen jhm als eine rechte holdſelige ANNA erzeiget / wie jr deſſen jhr betruͤbter hinterlaſſener Herꝛ gutes Zeugnuß gibt / vnd auch durch Gottes ſegen von jm ſechs Kinderlein erzeuget / deren aber keines mehr bey Lebẽ iſt. Sonſten jhr Chriſtenthumb betreffend / hat ſie jhr trewlich laſſen befohlen ſeyn die Vermahnung deß heiligen Pauli in der Epiſtel an Ti - tum c. 2. Wir ſollen verleugnen das vngoͤttlicheTit. 2. v. 12. Weſen / vnd die Weltliche Luͤſten / vnd zuͤchtig / ge - recht / vnd Gottſelig leben in dieſer Welt. Alſo iſt dieſe Matron Gottſelig geweſen in dem / daß ſie Gottes Wort gern beſuchet vnd angehoͤret / vnd es jr ein hertzliches Leyd laſſen ſeyn / wenn ſie ſchwachheit halben zum gehoͤr deß Worts GOTtes nicht hat kommen koͤñen / auch hat ſie ſich zu rechter zeit deß Jars uͤber offt zum gebrauch deß heiligen Abendmals funden: jhr ein - gezogener Keuſcher vnnd zuͤchtiger Wandel iſt wol bekandt / ſo wol auch jhre fleiſſige Hauß-vnd Kinderzucht: Gegen jhrem Nechſten hat ſie ſich der Gerechtigkeit / ſo viel muͤglich befliſſen / jederman gern gedienet / vnnd mit allen gern fried gehalten / den Armen gern nach vermoͤgen geſtewret / vnd jren Glauben durch die Wercke der Liebe herfuͤr leuchten laſſen / daß ſie alſo ein gutes Lob in das kuͤhle Erdreich mit ſich genommen hat: Weil ſie dañ Gott dem Herrn lieb geweſen iſt / ſo hat er ſie auch ſeinem lieben Eingebornen Sohn am Leyden woͤllen ehnlich machen / vnd ſie mit Leibsſchwachheit offt heimgeſucht / nicht allein mit einer auff ein mahl / ſondern mit etlichen vnterſchiedenen / darin - nen ſie dann mit dem willen Gottes fuͤr lieb genommen / vnd zu frieden geweſen iſt. Von der Maͤrterin Blandina lieſet man /D iijdaß ſie[30]daß ſie vnter jhrer ſchwerer Marter dieſe Wort offt widerholet / vnnd ſich damit getroͤſtet habe: Chriſtiana ſum, das iſt / Ich bin ein getauffte Chriſtin: Eben alſo hat dieſe vnſere Mitſchwe - ſter auch gethan / vnd offt in jrem vielfeltigen Creutz dieſe Wort von ſich hoͤren laſſen / vnnd ſich damit getroͤſtet: Ich bin ein Gottes Dochter. Ob ſie nun wol Gott der Herr vor kurtzer zeit uͤber verſehen mit einem halben Schlaͤglein auff der rechten Seiten hart angegriffen hat / daß ſie nicht reden / auch nicht allzeit wol hat hoͤren koͤnnen: jedoch iſt jhr Verſtand richtig blieben / vnd ſie hat mit jhren Augen / mit Thraͤnen / vnd mit der lincken Hand jhr begehren etlicher maſſen an Tag geben koͤnnen / vnd bevorauß jhr begierdt zum heiligen Hochwuͤrdigen Abendmal / in dem ſie eine gantze Beicht auß einem Buch gele - ſen / die Bletter vmbgewendet / in dem Kelch / welcher jr von mir fuͤrgehalten wuͤrde / geſehen / vnnd vernehmen woͤllen / ob etwas darinnen wer / auch mir meine rechte Hand mit jhrer lincken Hand zugetruͤcket / als wolte ſie andeuten / ſie hette mich gern bey jhr / ich ſolte bleiben / vnd ſie am H. Abendmal nicht verſeu - men. Weil man dann jhre Andacht vnd Luſt zum Geiſtlichen Zehrpfenning vernommen / iſt jhr in beyſeyn frommer Chriſten die heilige Abſolution vnd das Hochwuͤrdige Abendmal mit - getheilet worden / darauff hat ſie ſich zur ruhe begeben / vnnd gleichſam woͤllen andeuten / ſie hette nun genug / wer wol zufrie - den / begerte auff dieſer Welt nicht mehr / jhr Ertzhirt Chriſtus JEſus moͤchte nun kommen / wann er wolte / vnnd moͤchte jhr bawfaͤllige Huͤtten gar einſchlagen / ſie wolt mit jhm fort. An guten mitteln / dadurch man verhofft dieſer vnſerer ſeligen Mit - ſchweſter widerumb zu helffen / hat es zwar nicht gemangelt: Allein Gott hat jhre Seele zu dieſem mal in das Buͤndlein der Lebendigen woͤllen abholen / vnd jr nechſt verſchienenẽ Don - nerſtag zwiſchen ein vnnd zwey Vhren gegen Abend vnter vn - ſerm der vmbſtaͤnder Gebett gar ein ſanfftes / ſtilles vnnd ſeligesEnd[31]End beſcheret / vnd all jhr Jammer vnd Elend zu einem ſeligen Ende gebracht. Derſelbige GOtt woͤlle jr an dem Juͤngſten Tage eine frewdenreiche Aufferſtehung widerfahren laſſen / vnd vns erhalten / daß wir Schafe der Herde Chriſti allezeit bleiben / vnd hiernechſt zu der Hochzeit deß Himliſchen Lambs tuͤchtig erfunden werden / Amen / Herr JEſu Amen.

Ende dieſer Predigt.

SEQVVNTVR EPICE - DIA IN DEFUNCTÆ HUJUS MATRONÆ HONOREM ET RELICTI VI - dui Præſtantiſsimi Viri Dn: Johannis Schin - leri, ſolatium ſcripta ab amicis.

TV, qui contractus dubios diſcer -
nis acutè,
Pactaque componis litigioſa
fori,
Aſtrææ Schinlere decus, legumꝙ Sacerdos,
Inter fautores annumerate meos,
Dum latere avulſam coſtam tam plangis a -
cerbè,
Artis quis credat te memorem eſſe tuæ?
An[32]
An neſcis, quando primùm veniſtis ad aram,
Dedita qua fuerit conditione tibi?
Scilicet, ut rerum Domino fas eſſet & æquum,
Tollere pro libitu, quod dedit ipſe priùs?
Sin ſcis, cur juſto non libras pondere, & in -
(quis:
Abſtulit hoc Dominus, quod fuit antè
ſuum?
Abſtulit, & terris translatam in ſede locavit,
Quæ ſanctis, Chriſti morte parata, datur.
Coguntur nubes, tempeſtas imminet atrox,
Tantis in terras incubitura malis,
Vt ſi aliâs unquam, nunc certè hac voce ca -
nendum:
Felix, in Domino quem ſuafata vocant.
Vxorem Schinlere tuã ſic fata vocârunt:
Felix illa: animum tu modò redde tuum.

Joh. Schröderus, Eccle - ſiaſtes Noribergenſis ad S. Laurentii.

Qui[33]

ALIVD.

QUi decedit ovis Chriſti de carcere mundi,
Scilicet hic melius non obiiſſe poteſt.
Vidiſtiné gregem Chriſti à paſtore relictum
Inferni prædam claudier ungue lupi?
Haud vili emit oves, pretioſo ſanguine nempe,
Paſtor, quî vili pendere ſuſtineat?
Sollicitè, lautè, tutò ter Maximus orbis
Hic ducit, paſcit, collocat author oves.
Quid ploras Schinlere? tua hæclectiſſima coſta
Chriſti in complexu chara præivit ovis.
Tu revocare nequis, revocari reſpuit illa:
Ergò ovet hæc cælis, tu benè vive ſolô.

M. Nicolaus Grebius, Diaconus Suin - furtinus ſcripſit 16. Januarii, Anno ab orbe redempto 1615.

ALIUD.

VErè & piè ſic GREBIVS: addere
Meum eſto honoris ſymbolum, & optimo
Probare amico ſympathiam
Et viduum relevare mœſtum.
SCHINLERE, amatæ conjugis intimè
Dolere fatum credimus, & benè:
Carum quod est, ſi amittis, addit
Non niſi Democritus cachinnos.
Dolere fas ſit, ſed ſtatuas modum,
Verumdolori ſic ſtatues modum:
EVerâ[34]
Verâ quiete ne inquieta
Te, lachrymis maciando fruſtrà
DEO illam amari, quam vir amaveras
Olim, inꝙ́ tuto ſcis poſitam loco:
Turbare vis ſcit bellicoſi
Militis hanc metuenda Iberi?
Manes beatos! queîs citò contigit
Abire, nec tot cernere triſtia:
Vxorius ſic cogitando
Incipiet dolor eſſe parvus.

M. Johannes Clemens Scholæ Svvin - furtenſis Rector ſcribebat Anno 1615. 19. Januarii.

ALIVD.

HEm quô Morta rapax tua maligna
Falce non ruis, & manus nocentes
Infers vitæ hominum vel optimorum?
Tandem extincta jacet tuo furore
Anna, fœminei chori coruſca
Lampas, ſub gelidi ſpecu ſepulchri?
Eheu duritiem tuam, ac furorem!
Nil flexit pietas, amorq́; recti;
Virtutis ſtudium nihil? pudica
Mens in corde pio, torusq́; concors,
Amoresq́ue nihil viri jugales?
Caſu tam ſubito data eſca blattis,
Quam per Neſtoreæ dies ſenectæ
Sperabat[35]
Sperabat ſociam ſibi maritus
Schinlerus, jubar utriusq; juris?
O vanas nimis, & nimis caducas
Spes! Schinlere vir optime optimorum,
Meum delicium, meiq́; amores,
Cinctus funereâ caput cupreſſo
Hanc doles meritò quidem peremptam,
Orpheus Eurydicen velut dolebat,
Egoq́; indoleo ſimul dolenti:
Doloris tamen eſto temperatus
Modus, quem retinere Chriſtiana
Jubet relligio, fidesque recta.
Quòd tam præproperâ fugâ receſſit
Anna, delicium tui cubilis,
Sic terſancta Dei fuit voluntas,
Hanc qui legem adamantino exaravit
Stylo: quisquis humo ſatus lutosâ,
Eſt reddendus humo, necullus exlex,
Quotquot terra fovet, videtq́uephœbus.
Huic parere jubet timor Jehovæ,
Quodme non tibi dictitante, noſti.
Quín ergo potius tuæ maritæ
Hanc gratare novam beatitatem,
Quam nunc Elyſiis plagis in ævum
Plena falce metit, ſoluta curis,
Inter cœlicolûm choros triumphans
Mundum Orcumq́; trucem, truces tyrannos.

Ex juſto doloris affectu diſperdebam M. Georgius Schrôderus Lau - rentianæ Scholæ Noricæ Cont

FINIS.

About this transcription

TextOvicula Christi
Author Nicolaus Grebius
Extent35 images; 8793 tokens; 2902 types; 58703 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationOvicula Christi Das ist/ Eine Ehrn vnnd Leichpredigt von den Schäflein Jesu Christi: Bey der Christlichen Sepultur oder Leichbegängnuß der weyland Ehrbarn vnnd Tugendtsamen Matronen/ Frawen Anna Schinlerin Nicolaus Grebius. . 35 Abrahamus WagenmannusNürnberg1615.

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Universitätsbibliothek Breslau Universitätsbibliothek Breslau, 4 S 136/12 / 523849

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Fraktur

LanguageGerman
ClassificationGebrauchsliteratur; Leichenpredigt; Gebrauchsliteratur; Leichenpredigt; ready; aedit

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  • dta@bbaw.de
  • Deutsches Textarchiv
  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
  • Jägerstr. 22/23, 10117 BerlinGermany
ImprintBerlin 2019-12-10T09:36:08Z
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ShelfmarkUniversitätsbibliothek Breslau, 4 S 136/12 / 523849
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