PRIMS Full-text transcription (HTML)
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Chriſtliche Leich vnd Troſtpredigt /
Vber dem ſeligen Abſterben vnd Begraͤbnuß Des Ehrbarn vnd Wolgelahrten Jungen Geſellen / GEORGII BRESLERI, Des Ehrenveſten vnd Achtbaren Herꝛn / GEORGII BRESLERI, Buͤrgern vnd Kauffherꝛn in Breßlaw hertzliebſten Sohns / Welcher zu Roſtock Anno 1626. am 24. Julij des Morgens vmb zwey vhr ſe - liglich eingeſchlaffen / vnd folgendes am 26. Julij in der Thumbkirchen daſelbſt ehrlich zur Er - den beſtattet worden.
Roſtock/ DrucktsJoachimus Pedanus. AnnoM. DC. XXVII.
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Die Wort / ſo wir jetzt zur Leichpre - digt wollen fuͤr vns nehmen vnd erkleren / ſtehen geſchrieben bey dem Evangeliſten vnd A - poſtel S. Johanne am 17. Cap. vnd lau - ten wie folget:

VAtter / Jch wil / daß wo Jch bin / auch die bey mir ſein / die du mir gegeben haſt / das ſie meine Herrligkeit ſehen / die du mir ge - geben haſt. ()

DJe vorgeleſene Wort Ge - liebte im HErrn / ſein der beſchluß / der langen / ſchoͤnen / herrlichen Valet Predigt des HERrn Chri - ſti / welche er kurtz fuͤr ſeinem Lei - den / zu ſeinen Juͤngern gethan / darauff er alsbald hinauſſen gegangen vber den Bach Kidron / nach dem Garten Gethſemane / an dem Oelberge gelegen / vnnd einen anfang ſeines Leidens gemacht hat. Weil den die letzten Wort derer ſo vns lieb ſein / vns zu Hertzen gehen / vnndA ijdie4Chriſtlichedie ſo abgeleſen / ohne das troͤſtlich vnnd anmutig ſein / als habe Jch ſie auch an ſtat der Leichpredigt wollen behalten / damit wir / die wir nach geblieben / vnd noch leben / (ſo lange als Gott wil) auch muͤ - gen lernen / wornach wir fuͤrnemblich alhie auff Er - den ſollen trachten / weſſen wir vns nach dieſem Le - ben haben zu erfrewen / vnnd womit wir vnſere Trawriges / betruͤbtes / erſchrockenes / zerſchlage - nes Hertze / in Noͤten vnd Anliegen koͤnnen troͤſten / ſtercken / laben vnd erquicken / nemblich / daß wir nach dieſem Leben / daferne wir in feſtem Glauben vnd Vertrawen an den HERrn CHriſtum von hinnen ſcheiden / werden bey GOtt ſein / jhne an - ſchawen von Angeſichte zu Angeſichte / vnd mit e - wiger Frewde / Wonne vnd Herrligkeit vberſchuͤt - tet werden / wir werden ſtehen fuͤr dem Stule Got - tes / angethan mit weiſſen Kleidern vnd Palmen in vnſern Henden haben / GOtt loben / preiſen / ruͤh - men vnd ehren / wie der Evangeliſt vnd Apoſtel S.Joh. 7. Johannes in ſeiner Offenbarung am 7. Cap. ſchrei - bet. Dieſe ſinds / die kommen ſind auß groſſem Truͤbſahl / vnd haben jhre Kleider gewaſchen / vnd haben jhre Kleider hell gemacht / im Blut des Lambs. Darumb ſind ſie fuͤr dem Stule GOttes vnd dienen jhm Tag vnd Nacht in ſeinem Tempel / vnd der auff dem Stuel ſitzt / wird vber jhnen woh - nen. Sie wird nicht mehr hungern noch duͤrſten / es wird auch nicht auff ſie fallen die Sonne oderjrgend5Troſtpredigt. jrgend ein Hitze. Denn das Lamb mitten im Stuel wird ſie weiten vnd leiden zu den lebendigen Waſſerbrunnen / vnd GOtt wird abwaſchen alle Thraͤnen von jhren Augen.

Wir wollen aber im Namen Gottes zur erkle - rung des vorgeleſenen Textes ſchreiten / vnd den - ſelbigen in folgenden Stuͤcken ewer Liebe fuͤrtra - gen.

1. Wen der HERR CHriſtus anruffet in ſeinem Gebete / nemblich / GOtt ſeinen Himliſchen Vatter / welcher nicht alleine Chriſti Vatter / ſon - dern auch vnſer Vatter iſt / zu welchem wir in vnſern Noͤten vnd Anliegen vnſern recurs vnnd zuflucht nehmen ſollen / in Kindlicher zuuerſicht zu jhm tre - ten / vnd ſprechen Abba lieber Vatter.

2. Was er den bittet vnd begehret? Jch wil / ſagt er / daß wo ich bin / auch die bey mir ſein / die du mir gegeben haſt.

3. Warumb vnd zu welchem ende er ſolches bittet vnd begehret / nemblich / daß ſie ſeine Herr - ligkeit ſolten anſchawen / die jhm der Vatter gege - ben hette. Da wir den hoͤren wollen / welche groſſe Frewde / Wonne vnd Herrligkeit im ewigen Leben ſein wird / deſſen vorſchmack der Apoſtel S. Pe - trus bekommen auff dem Berge Tabor / da er zu Chriſto ſaget / HERR hie iſt gut ſein / wilt du / ſo wollen wir drey Huͤtten machen / dir eine / Moſi eine /Joh. 17. vnd Elias eine / Joh. 17.

A iijDer6Chriſtliche

Der gnedige vnd getrewe GOtt wolle hie zu gnad / ſegen vnd beyſtand ſeines H. Geiſtes verley - hen / vmb ſeines lieben Sohns JEſu Chriſti wil - len / Amen.

Der erſte Theil.

DEr HERR CHriſtus / Geliebte im HErrn / ſpricht in den verleſenen wor - ten alſo: Vatter Jch wil / das wo Jch bin / auch die bey mir ſein / die du mir gegeben haſt / etc. Was der HERR vnd Heyland Jeſus Chriſtus / in den vorhergehenden Worten / weitleufftig vnd nach der lenge vorgebracht / da er GOtt ſeinem Himliſchen Vatter ſeine Juͤnger befohlen / vnd fuͤr ſie gebeten hat / daß faſſet er in der kuͤrtze vnd mit weinigen zu - ſammen / vnd wil ſo viel ſagen: Lieber Himliſcher Vatter / die ſumma vnd inhalt meiner bitte iſt dieſe: Jch wil / daß wo ich bin / auch die bey mir ſein / die du mir gegeben haſt / daß ſie mei - ne Herꝛligkeit ſehen / die du mir gegeben haſt. Er wendet ſich in ſeinem Gebete zu ſeinem Himliſchen Vatter / vns zur Lehre vnd Nachfolge / wie wirs machen ſollen in vnſerm Gebete / wen wir ſollen anruffen / wohin wir vnſer Gebett ſollendiri -7Troſtpredigt. dirigiren vnd richten / nicht zwar zu den verſtorbe - nen Heiligen / denn Abraham weiß von vns nicht / vnd Jſrael kennet vns nicht / Eſa. 64. v. 16. ſon -Eſa. 64, 16 dern zu GOTT dem Himliſchen Vater / welchen Chriſtus ſelber anruffet vnd ſpricht / Vatter: Zu demſelben ſollen wir vns auch wenden in vnſerm Gebete / jhne anruffen in vnſern Noͤten vnd anlie - gen / wie dieſelbige auch muͤgen einen Nahmen ha - ben / in betrachtunge / daß er auch vnſer Vatter iſt / vnd nicht alleine CHriſti / wiewol mit vnterſcheide: Denn CHriſti Vatter iſt er / weil er von Ewigkeit her von jhme gebohren / auß ſeiner ſubſtantz vnd weſen / dahero auch Chriſtus genennet wird / der eingeborne Sohn Gottes des Himliſchen Vatters / der Glantz ſeiner Herrligkeit vnnd das EbenbildeEbr. 1, 3. ſeines Weſens / Ebr. 1. v. 3. Coloſſ. 1. v. 15. Wie a -Coloſ. 1, 15. ber dieſe Geburt zugegangen / iſt vns zu hoch / in dieſer verderbten Natur außzuforſchen.

Vnſer Vatter iſt er / beyde Leiblicher vnnd Geiſtlicher weiſe. Leiblicher weiſe / 1. Ratione creationis, wegen der Schepffung / dahero Moi - ſes ſagt / Deuter. 32. v. 6. Jſt er nicht dein VatterDeut. 32, 6 vnd dein HErr / iſt es nit er alleine der dich gemacht vnd bereitet hat / Pſal. 100. v. 2. Er hat vns ge -Pſ. 100, 2. macht vnnd nicht wir ſelbeſt zu ſeinem Volcke zu Schaffen ſeiner Weide.

2. Zum andern / iſt er auch vnſer leiblicher Vatter / ratione conſervationis, von wegen dervnter -8Chriſtlichevnterhaltunge / denn in jhm leben / weben vnd ſindActo. 17, 28 wir / Actor. 17. v. 28. Gott der Himliſche Vat - ter macht es nicht mit vns wie ein Zimmerman mit einem Gebew / nach dem er ſolches verfertiget / ge - het er davon / vnd leſſet es dem vber / welchem es zu - kompt / er kehret ſich wenig daran / Alſo aber thut GOtt der HERR nicht bey vns / derſelbige hat jmmer vnd alwege ein wachendes Auge auff vns / er helt vber vns mit ſeiner Veterlichen / allmechti - gen Hand / Ja wen vns ſchon vnſere Leibliche El - tern Vatter vnd Mutter verlaſſen oder abſterben / ſo bleibet doch GOtt der HErr jmmer vnd alwege vnſer Vatter / dahero er auch heiſſet / Ein VatterPſal. 68, 6. der Witwen vnd Weiſen / Pſal. 68. v. 6.

Vber das iſt Gott der HErr nicht allein vnſer leiblicher / Vatter / beſondern auch vnſer Geiſtlicher Vatter / vnd ſolches /〈…〉〈…〉 ratione regenerationis, wegen der widergeburt / welche erſtlich geſchiehet inTit. 3, 5. der H. Tauffe / Tit. 3. v. 5. nach ſeiner Barmher - tzigkeit machte er vns ſelig / durch das Badt der Widergeburt vnd ernewerung des heiligen Geiſtes /Joh. 3, 5. Es ſey den / ſagt Chriſtus ſelbſt / Joh. 3. v. 5. das jemand gebohren werde auß dem Waſſer vnd Geiſt / ſo kan er nicht in das Reich Gottes kommen: Zum andern geſchiehet auch die Widergeburt teglich durch das gepredigte vnd angehoͤrte Wort Gottes / wenn der H. Geiſt dadurch die Hertzen erleuchtet vnd bekehret / das ſie es annehmen vnd gleuben /Joh.9Troſtpredigt. Joh. 1. v. 13. er hat macht gegeben Gottes KinderJoh. 1, 13. zu werden / die an ſeinen Nahmen gleuben.

II. Jſt er auch vnſer Geiſtlicher Vatter / ratione educationis, von wegen der aufferzie - hung / darinnen auch der H. Geiſt das beſte thun muß / Galat. 4. v. 6. weil jhr Kinder ſeit / hat GottGal. 4, 6. geſand den Geiſt ſeines Sohns in ewer Hertzen / der ſchreiet Abba lieber Vatter.

III. Jſt er auch vnſer Geiſtlicher Vatter / ratione communicationis æternæ hæreditatis, weil er vns das ewige Lebend vnd die ewige Selig - keit / als vnſer patrimonium oder Erbtheil / auß - theilet / 1. Petr. 1. v. 4. er hat vns widergebohren zu1. Pet. 1, 4. einer lebendigen hoffnung / durch die aufferſtehung JEſu CHriſti von den Todten / zu einem vnver - genglichem vnd vnbeflecktem vnd vnverwelcklichem Erbe / das behalten wird im Himmel. Jſt alſo GOtt der HERR nicht alleine Chriſti / ſondern auch vnſer Vatter / darauß den ferner dieſer Troſt erfolget / Weil er vnſer Vatter iſt / ſo wird er auch Veterlich kegen vns affectioniret vnnd geſinnnet ſein / vns mit allen trewen meinen / vngleich trewer als vnſere leibliche / natuͤrliche Eltern / dahero Da - vid ſagt Pſ. 27. v. 10. Mein Vatter vñ meine Mut -Pſal. 27, 10 ter verlaſſen mich / aber der HErr nimmet mich auff / GOtt der HErr ſagt ſelber / bey dem Propheten Eſaia am 49. cap. v. 14. Zion ſpricht / der HErrEſa. 49, 14 hat mich verlaſſen / der HERR hat mein vergeſſen /Bkan10Chriſtlichekan auch ein Weib jhres Kindleins vergeſſen / daß ſie ſich nicht erbarme vber den Sohn jhres Leibes? Vnd ob ſie deſſelbigen vergeſſe / ſo wil ich doch dein nicht vergeſſen / ſiehe in die Hende hab ich dich ge - zeichnet. Dieſer vnſer Himliſcher Vatter / ob er vns gleich mit Creutz / Vngluͤck / Trawrigkeit / vnd dergleichen widerwertigen dingen heimſuchet / mei - net ers darumb nicht boͤſe mit vns. Wir Menſchen bilden vns offtermahlen ein / wenn wir in dieſe vnd jene Widerwertigkeit geraten / wir muͤſſen GOtt den HERrn vnſern Himliſchen Vatter ſchwerlich erzuͤrnet haben / weil er / vnſerm beduͤncken nach / ſein Veterliches Angeſicht von vns abwendet / vnd vns den Ruͤcken zukehret. Ach nein / Sit licet in natos facies auſtera parentum, Æqua tamen ſemper mens eſt, & amica voluntas, das iſt / Ob gleich zu zeiten die Eltern jhre Kinder ſawer vnnd mit verſtelletem Angeſicht anſchawen / ſo bleibet dennoch jmmer vnd alwege das Veterliche Hertze affection vnd zuneigung / der guter geneigter wille. Ebr. 12, 5.Was ſagt die Epiſtel an die Ebreer am 12. Cap. v. 5. Mein Sohn / achte nicht geringe die Zuͤchti - gung des HErrn / vnnd verzage nicht wen du von jhm geſtraffet wirſt / denn welchen der HErr lieb hat / denn zuͤchtiget er / Er ſteupet aber einen jegli - chen Sohn den er auffnimmet〈…〉〈…〉 So jhr die zuͤchti - gung erduͤldet / ſo erbeut ſich euch GOtt als Kin - dern / denn wo iſt ein Sohn / denn der Vatter nichtzuͤch -11Troſtpredigt. zuͤchtiget? Seid jhr aber ohn zuͤchtigung / welcher ſie alle ſind theilhafftig worden / ſo ſeid jhr Baſtarte vnd nicht Kinder. Wen er lieb hat den zuͤchtiget er / vnd helt jhn vnter der Ruten / Er machts einem Menſchen nicht zu ſchwer / trag es nur mit ſanfftem muth / Er iſt der es alles geben kan / er hat es in ſei - nen Henden / Er wil niemand in Noͤten lahn / all Vngluͤck wil er wenden. Denen die Gott lieben /Rom. 8, 28. ſagt Paulus / Rom. 8. v. 28. muͤſſen alle ding zum beſten dienen. Wenn vns bedeucht / GOtt der HErr habe vns den Ruͤcken gegeben / er ſey ferne von vns / ſo iſt er vns zum aller neheſten. Ein Exempel haben wir an dem Ertzvatter Jacob / Gen.Gen. 32. 32. da derſelbige die gantze Nacht hindurch mit dem Sohn Gottes rang / welcher jhme da zumahlen in eines Mannes geſtalt erſchienen / vber welchem rin - gen das gelenck ſeiner Hufft jhm wart verrenckt / da vermeinte Jacob auch Gott der HErr were ferne von jhm / er muͤſte vnten liegen in ſolchem Streit vnd Kampff / aber da war jhm Gott der HERR zum allerneheſten / er hette jhn in ſeine Arme gefaſ - ſet.

Von dem H. Antonio leſen wir / das derſel - bige dermahlen eins in ſo groſſe Hertzen angſt ge - raten / daß er nicht gewuſt / wo auß noch ein / hat bey nahe wollen verzweiffeln / da er ſich aber widerumb erholet / vnd ein wenig zu jhm ſelber gekommen / hat er gefraget? Ach HERR / wo wareſt du in mei -B ijnen12Chriſtlichenen groſſen Anfechtungen? Darauff er jhm geant - wortet: Jch war dir zum aller neheſten / denn da du wareſt / da war Jch auch / Jch bin bey jhm in derPſ. 91, 15. Noth / ſagt GOtt der HErr im 91. Pſalm v. 15. Jch wil jhn herauß reiſſen vnd zu ehren machen / Jch wil jhn ſaͤttigen mit langem Leben / vnd wil jhm zei - gen mein Heil. S. Jacobus ſchreibet in ſeiner E -Jac. 1, 3. piſtel am 1. Cap. v. 3. Lieben Bruͤder / achtet es ei - tel frewde / wenn jhr in mancherley Anfechtung fal - let / vnd wiſſet das ewer Glaube / ſo er rechtſchaffen iſt / Gedult wircket / die Gedult aber ſol feſte blei -Syr. 27, 6. ben biß ans ende. Syrach ſagt im 27. Cap. v. 6. ſeines Buches / Gleich wie der Ofen bewaͤhrt die newen Toͤpffe / alſo bewehrt die Truͤbſahl des Menſchen Sinn. Weil du GOtt lieb wahreſt /Tob. 12, 13. ſaget der Engel Raphael zum alten Tobia Cap. 12. v. 13. ſo muſt es ſo ſein / ohn Anfechtung muͤſteſtu nicht bleiben / auff das du bewaͤhret wuͤrdeſt. Vnd wens den ja liebe Chriſten ſol vnd muß gelitten ſein / iſt es beſſer hie den dort / beſſer zeitlich den ewig / denn an jenem Tage wird es etwas ſcherffer vnd herter zu gehen / Solches hat der alte Kirchen Lehrer S. Auguſtinus wol behertziget vnd betrachtet / da er gebeten: Ach HErr / alhie auff Erden engſte mich / quele mich / plage mich / lege mir auff was du wilt / nach deinem willen vnd wolgefallen / alleine ſchone meiner im ewigen Leben / denn es heiſt / O ewig / O ewig / O wie lang iſt das. Es haben die GottſeligeAlten /13Troſtpredigt. Alten / die Ewigkeit alſo beſchrieben / Wenn die gantze Welt / welche in jhrem vmbkreiß begreifft 5400. teutſche Meil weges / were ein einiger Sand - berg / vnnd es keme alle hundert Jahr ein kleines Voͤgelein / vnd holete davon ein Sandes Koͤrnlein / ſo wuͤrde es dennoch entlich / vnangeſehen das es v - ber vnd vber / ja vnaußſprechlich lange weren wuͤr - de / gleichwol ein ende nehmen / Aber die Ewigkeit hoͤret nimmer auff / weret fuͤr vnd fuͤr ohn ende. Hierauß iſt nun leichtlich abzunehmen / wie vn - weißlich dieſelbige bey ſich thun / welche wegen des Zeitlichen / das Ewige verſchertzen / was iſt fuͤr ein proportion oder vergleichung des zeitlichen vnnd des ewigen / zwar gar keine. Wenn jemand dieſe wahl gelaſſen wuͤrde / ob er lieber wolte einen Tag froͤlich ſein / vnnd hernacher 50. 60. 70. min oder mehr Jahr ſeines Lebens trawrig. Wer wolte einen Tag Froͤligkeit fuͤr 60. oder 70. Jahr Traw - rigkeit erwehlen? Nun iſt aber / vnſer Leben / wens ſchon hundert Jahr weret / dennoch kegen die Ewig - keit nicht zu rechnen / wie ein Tag kegen hundert o - der tauſent Jahr / aldieweil tauſent Jahr haben jh - re gewiſſe anzahl der Tage vnd Stunde / die Ewig - keit aber / hat weder anfang noch ende. Dahero den Paulus ſagt zun Roͤmern am 8. Cap. v. 18. JchRom. 8, 18. halte es dafuͤr / das dieſer zeit leiden der Herrligkeit nicht wert ſey / die an vns ſol offenbahret werden. Vnd in der andern an die Corinther am 4. v. 17. Cor. 4, 17. B iijſagt14Chriſtlicheſagt er / Vnſer Truͤbſahl die zeitlich iſt / ſchaffet ein ewige vnd vber alle maß wichtige Herrligkeit / vns die wir nicht ſehen auff das ſichtbahre / ſondern auff das vnſichtbare / denn was ſichtbahr iſt / das iſt zeit - lich / was aber vnſichtbahr iſt / das iſt ewig. Vnd ſo viel vom erſten Theil. Darinnen vermeldet / wen der HErr Chriſtus anruffet in ſeinem Gebete / nemblich / GOtt ſeinen Himliſchen Vatter / wel - cher auch vnſer Vatter iſt / Leiblicher vnd Geiſtli - cher weiſe / zu welchem wir vns auch alles guten ſol - len verſehen / in Kindlicher zuverſicht zu jhm treten vnd ſprechen / Abba hertz allerliebſter Vatter.

Pars Secunda.

WAs bittet den der HErr Chriſtus von Gott ſeinem Himliſchen Vatter? Jch wil / ſagt er / daß wo ich bin / auch die bey mir ſein / die du mir gegeben haſt. Der HERR CHriſtus bittet / das ſeine Apoſtel / vnnd alle ſo durch jhr Wort an jhn gleuben wuͤrden (den das ſind dieſelbige welche der Vatter dem HERrn Chriſto gegeben hat / wie auß den vorhergehenden Worten dieſes 17. Capittels / deutlich / helle vnnd klar zu erſehen) dieſelbige wil er das ſie ſollen bey jhm ſein / vnd nebenſt jhm / allen heiligen Engeln vnd Außerwehlten / genieſſen ewiger / vnaußſprech -licher15Troſtpredigt. licher Frewde / Wonne vnd Herrligkeit. Hie zu liebe Chriſten ſein wir auch anfenglich von GOtt dem Himliſchen Vatter erſchaffen / durch Chriſtum erloͤſet / vnd durch den heiligen Geiſt geheiliget / das wir bey Gott dem HERrn / bey der heiligen / hoch - gelobten Dreyfaltigkeit / Gott Vatter / Sohn vnd heiliger Geiſt / ſollen ewiglich leben / Wir ſind von Gott dem HErrn nicht erſchaffen zu ſolchem armen muͤhſeligen Leben / als wir jetzt fuͤhren / ſolches iſt al - les der Suͤnden ſchult / darinnen wir leider durch den fall vnſer erſten Eltern Adam vnd Even geraten / die Suͤnde aber wird auffhoͤren im ewigen Leben / derwegen auch alle Jammer vnd Elend ſo auff die Suͤnde erfolget. Jn der offenbahrung Johannis am 21. Cap. v. 4. leſen wir / Der Todt wird nichtJoh. 21, 4. mehr ſein / noch Leid / noch Geſchrey / noch ſchmer - tzen wird mehr ſein / den das erſte iſt vergangen / Da GOtt der HErr anfenglich den Menſchen erſchaf - fen nach ſeinem Ebenbilde / hat er jhn geſetzet in das Paradiß / in den Garten in Eden / denſelbigen zuGen. 2, 8. excoliren vnd zu bawen / Gen. 2. v. 8. nach ſeines Hertzen luſt vnd frewde / ohn einige beſchwerung / vnd nach dem er die zeit ſeines Lebens nach GOttes willen alhie auff Erden vollendet / wolte er jhn le - bendig ohn einigen vorſchmack des Todtes / zu ſich nehmen in den Himmel / alda bey jhm vnnd allen heiligen Engeln ewig zu leben. Aber ſolche Selig - keit / haben vnſere erſte Eltern verſchertzet durch denApffel16ChriſtlicheApffel biß / in dem ſie von den Fruͤchten des verbot - tenen Baumes gegeſſen / Was nun der erſte Adam durch ſeinen vngehorſamb verlohren / daß hat der ander Adam Chriſtus Jeſus durch ſeinen vollen - kommenen gehorſam widerumb erworben / was der erſte boͤß gemacht / das hat der ander widerumb gut gemacht / hat es alles widerumb gebracht in den vo - rigen geluͤckſeligen Stand / das wir vns jtzo eben ſo wol als fuͤr dem Fall durch den Glauben an Chri - ſtum Jeſum / des ewigen Lebens vnd der ewigen Seligkeit vns zu erfrewen haben. Darumb er den auch ſeinen Himliſchen Vatter vnſernt halben bit - lich erſuchet vnd ſpricht: Vatter / Jch wil das wo Jch bin / auch die bey mir ſein / die du mir gegeben haſt. Dieſe Wort ſollen vns die - nen zur Lehre / Erinnerung vnd Warnung.

Zur Lehre / das wir all vnſer Sinn / Gedan - cken / Hertz vnd Muth / dahin dirigiren vnd richten / daß wir muͤgen bey Chriſto ſein / welches geſchiehet alhie in ſpe in der Hoffnung / dort in re in der genieſſung / alhie in fide im Glauben / dort in vi - ſione in dem anſchawen. Bernhardus ſaget: Affectu aſcendamus, donec effectu nobis a - ſcendere contingat, das iſt / Laſſet vns mit dem Gemuͤth hinauff ſteigen / biß wir mit dem wercke vnd in der that hernach folgen. Suchet was dro -Coloſſ. 3, 1. ben iſt / ſagt Paulus zu den Coloſſern am 3. v. 1. daChri -17Troſtpredigt. Chriſtus iſt / ſitzend zur der rechten GOttes. Chry - ſoſtomus, Chriſtiani ſive ſancti ſunt ubi non dum ſunt, & non ſunt, ubi ſunt, das iſt: Die Chriſten ſein da ſie nicht ſein / vnd ſeind nicht da ſie ſein / verſtehet mit dem Gemuͤte ſein ſie im Himmel / da ſie doch nicht ſein mit dem Leibe / & vice verſa. Cupio diſſolvi, ſagt Paulus / Phil. 1. v. 23. & eſſe cum Chriſto. Jch begehr auffgeloͤſet zu werdenPhil. 1, 23. vnd bey Chriſto zu ſein. Denn ſagt er Philip. 3.Phil. 3, 20. v. 20. Πολιτ〈…〉〈…〉 μα noſtrum in cœlis eſt. Vnſer wandel iſt im Himmel / etc.

Zur Erinnerung dienen ſie vns. Das wir al - hie auff Erden nur Geſte vnnd Frembdlinge ſein / gehoͤren hie nicht zu hauſe / beſondern im Himmel / da iſt vnſer Vatterland / wie zuvor geſagt / wir habẽ alhie keine bleibende ſtatt / ſagt die Epiſtel an die Ebreer am 13. v. 14. ſondern die zukuͤnfftige ſuchenEbr. 13. 14. wir / da ſeind μόναι manſiones bleibende ſtete / Jo - han. 14. v. 2. wenn wir dieſelbige dermahlen einsJoh. 14, 2 in warem feſten Glauben an Chriſtum haben vber - kommen / wird vns darauß weder Suͤnde / weder Teuffel / weder Todt noch Helle koͤnnen detur - biren oder entſetzen.

Ein Gaſt vnd Frembdling muß ſich nicht alſo in die Herberge hinein ſetzen / als wolte er nimmer wieder herauß / Nein / er muß ſeine Notturfft neh - men an Eſſen vnd Trincken / vnd ſeinen Stab wei - ter fort ſetzen. Alſo auch wir liebe Chriſten / ſollenCdieſer18Chriſtlichedieſer Welt gebrauchen / daß wir derſelbigen nicht mißbrauchen / als vns der Apoſtel S. Paulus leh -Cor. 7, 30. ret in ſeiner an die Corinther am 7. v. 30. wir ſollen vns laſſen begnuͤgen an dem was vns GOtt / in der Herberge dieſer Welt an Eſſen vnd Trincken / an Kleider vnd Schuhe / an Hauß / Hoff / an Gelt vnd Gutt / vnd was deme zubehoͤrig iſt / beſcheret / vnſer Hertz aber bey leibe nicht daran hangen / dann wir habens nur vnſer leben vber-zu gebrauchen / muͤſſens alles nach dem Todte hinterlaſſen / Vmb vnd an / damit davon / ein Tuch ins Grab / damit ſchabab. Alles was iſt in dieſer Welt / ſingen wir in vnſerm Chriſtlichem Kirchengeſang / es ſey Sil - ber / Golt oder Gelt / Reichthumb vnd zeitliches Gutt / es weret nur ein kleine zeit / vnd hilfft doch nicht zur Seligkeit.

Ein Gaſt vnd frembdling muß ſich trucken / wens nicht alles gehet nach ſeinem willen / vnd ge - dencken / du biſt alhie frembd / gehoͤreſt hie nicht zu hauſe / muß verlieb nehmen. Alſo auch wir Chri - ſten / ſein nur frembde Geſte alhie auff Erden / muͤſ - ſen auch verlieb nehmen / duͤlden vnd verſchmertzen / was vns in dieſer frembden kegend der boͤſen / ſchnoͤ - den Welt / von den Gottloſen vnnd Weltkindern widerwertiges begegent vnd widerfehret / vnd vns troͤſten / das es nicht ewig wehren wird / nur ge - dencken / plus ultra, jmmer fort / biß man zur ſtete kommet / da man zu hauſe gehoͤret / nach dem Va -terlan -19Troſtpredigt. terlande zu / da wird es beſſer ſein / da wird man er - getzligkeit haben / wir muͤſſen durch viel Truͤbſahl in das Reiche GOttes gehen / ſtehet geſchriebenAct. 14, 22. Actorum 14. v. 22. Jn der Offenbahrung Jo -Joh. 7, 14. hannes am 7. v. 14. leſen wir dieſe merckliche wort: Dieſe ſinds / die kommen ſind auß groſſem Truͤb - ſahl / vnd haben jhre Kleider gewaſchen / vnd haben jhre Kleider hell gemacht im Blut des Lambs. Darumb ſind ſie fuͤr dem Stuel GOttes / vnd die - nen jhm Tag vnd Nacht in ſeinem Tempel / vnnd der auff dem Stuel ſitzt wird vber jhnen wohnen / Sie wird nicht mehr hungern noch duͤrſten / es wird auch nicht auff ſie fallen die Sonne / oder jrgend ein Hitze / Denn das Lamb mitten im Stuel wird ſie weiden vnd leiten zu den lebendigen Waſſerbrun - nen / vnd Gott wird abwaſchen alle Thraͤnen von jhren Augen. Was iſt vnſer Leben alhie auff Er - den? Nichts anders / als eine ſtetige Walfahrt vnd Pilgrimſchafft / als der Ertzvater Jacob bezeuget / Gen. 47. v. 9. Da er fuͤr den Koͤnig PharaonemGen. 47, 9. geſtellet ward / vnd der jhn fragte / wie alt biſtu / ant - wortet Jacob: Die zeit meiner Walfahrt iſt hun - dert vnd dreiſſig Jahr / wenig vnd boͤſe iſt die zeit meines Lebens / vnd langet nicht an die zeit meiner Vaͤter in ihrer Walfahrt / ſolches bezeuget auch1. Pet. 2, 11. Petrus in ſeiner 1. Epiſt. am 2. Cap. v. 11. VndPſal. 39, 24. David ſagt Pſalm 39. v. 14. Jch bin beyde dein Pilgrim vnd dein Buͤrger / wie alle meine Vaͤter /C ijEin20ChriſtlichePhil. 2, 20. Ein Buͤrger im Himmel / Philip. 3. v. 20. ein Pil - grim auff Erden. Gleich wie nun ein Pilger rei - ſet von einem ort zum andern / von einer Stadt zur andern / offtermahlen in Sturm vnd Vngewitter / in Froſt vnd Kelte / in Hagel / Schne / Regen vnd dergleichen. Alſo auch wir Menſchen / muͤſſen wan - dern / wallen vnd ballen von einem Tage zum an - dern / von einem Liecht ins ander / vnnd vns inmit - telſt mannigen ſawren / harten Wind der Verfol - gung / manniges Vngewitter der Trawrigkeit / des Creutzes / Vngluͤcks vnd Truͤbſahls vns laſſen vnter Augen wehen / vnd nur geduͤltig dabey ſein / denn gleich wie man dem Vngewitter nicht kan weh - ren / ſondern muß es nur geduͤltig laſſen vbergehen. Alſo auch die Chriſtgleubigen das Creutz vnd Ver - folgung / Gedult iſt das beſte darauff / das man GOtt außhelt vnd inmittelſt fleiſſig betet. Werf - fet ewer vertrawen nicht weg / ſtehet geſchrieben inEb. 10, 35. der Epiſtel an die Ebreer am 10. v. 35. welches ein groſe belohnung hat / Gedult aber iſt euch not / auff das jhr den willen Gottes thut vnd die verheiſſung empfahet. Es iſt Gottes wille / daß wir ſollen ge - duͤltig tragen was er vns auffleget / er wil getrew - lich helffen tragen / vnd vns nicht mehr aufflegen als vnſer Achſeln vermuͤgen / denn ſagt Paulus 1. 1. Cor. 10, 13Cor. 10. v. 13. Gott iſt getrew / der euch nicht leſſet verſuchen vber ewer vermuͤgen / ſondern machet / das die Verſuchung ſo ein ende gewinne / daß jhrskuͤnd21Troſtpredigt. kuͤnd ertragen. Jch wil jhm trewlich helffen tra - gen / ſingen wir / mit meiner huͤlff ſol er erjagen / das ewige Himmelreiche. Jch bin bey jhm in der Noth / ſagt er Pſalm 91. v. 15. Jch wil jhn heraußPſ. 91, 15. reiſſen vnd zu ehren machen / Jch wil jhn ſaͤttigen mit langem Leben / vnd wil jhm zeigen mein Heil. Fuͤrchte dich nicht / ſagt GOtt der HErr bey dem Propheten Eſaia Cap. 41. v. 10. Jch bin mit dir /Eſa. 41, 10. weiche nicht / den Jch bin dein GOtt / Jch ſtercke dich / ich helffe dir auch / ich erhalte dich durch die rechte Hand meiner Gerechtigkeit / Siehe / ſie ſol - len zu Spot vnd zu Schanden werden / alle die dir gram ſind.

Fuͤrs dritte / ſollen vns auch die Wort des HErrn Chriſti dienen zur Warnung. Daß wir nicht ſicher ſein / das zeitliche zu ſehr belieben / vnnd alſo der Himliſchen converſation vnd Geſelſchafft des HERrn Chriſti vns ſelber berauben / welches den geſchiehet / wenn man ſelten auff das Ewige / an die Himliſche Wohnung gedencket / nur fuͤr ſich da - hin lebet / vnd weinig behertziget vnd betrachtet den vngewiſſen vnd vnbeſtendigen zuſtand dieſes Le - bens. Es gehet jhrer vielen nach dem gemeinen Sprichwort. Wir bawen hie alle Feſte / vnd ſind doch nun frembde Geſte / da wir aber ſolten ewig ſein / da gedencken vnſer wenig hin. Jhrer etzliche vnter den Heiden / vnangeſehen ſie von der wahren Geſelſchafft des ewigen Lebens weiniger den nichtsC iijgewuſt /22Chriſtlichegewuſt / haben jhre ſterbligkeit / die kurtze / geringe / wechfluͤchtige zeit jhres Lebens / beſſer betrachtet / als viel der Chriſten thun. Philippus Macedo, des groſſen Alexandri Magni Vatter / hat einen eige - nenDiener hiezu gehalten / welcher jhm teglich in ſei - ner Sprache dreymahl zu ſchreien muͤſſen / Philippe gedencke das du ein ſterblicher Menſche biſt. Etz - liche von den Aegyptiſchen Koͤnigen als Herodotus vermeldet / haben ſich nach eſſens / oder auch wol v - ber Tiſch eine Schuͤſſel voll Erden / etzliche einen Todten Kopff / oder ſonſt dergleichen aufftragen laſſen / jhrer ſterbligkeit ſich dabey zu erinnern. Von Saladino dem mechtigen Aegyptiſchen Sultano, welcher bey nahe gantz Aſiam vnter ſeine gewait ge - bracht hat / leſen wir / daß er in ſeinen letzten befohlen / man ſolte nach ſeinem Todt kein gepreng mit ſei - nem Leichnam treiben / ſondern nur ein leinen La - cken an der Stangen herumb tragen / vnnd dabey außruffen / Saladinus der mechtige Aegyptiſche vnd Aſiatiſche Koͤnig / nimpt von aller ſeiner Herr - ligkeit nicht mehr davon / als ein Leinen Lacken / von welchem dieſe Vers:

Floruit in toto qui Rex oriente ſuperbus Hunc niſi panniculũ poſſidet ecce nihil. ()

Wolgelauffen / wolgereden / ſagt jener / nach einem Lacken vnd vier Breden. Wenn zu Rohm ein ne - wer Pabſt gekohren vnd gekroͤnet wird / ſol einer ein fleuß Flachs an der Stangen gebunden / anzuͤnden /vnd23Troſtpredigt. vnd dabey außruffen / ſic tranſit gloria mundi, ſo fleuſſert vnd gehet dahin alle Herrligkeit dieſer Welt. Es iſt ja war: Denn / wo iſt geblieben die Herrligkeit / Macht vnd Gewalt Nebucadne za - ris, des erſten Monarchen / Darij des andern / A - lexandri Magni des dritten / Julij Cæſaris oder Auguſti des vierten? All hinweg / keine veſtigia jh - rer Herrligkeit ſein mehr verhanden / nur allein was die Hiſtorici von jhnen vermelden / nichts / nichts beſtendiges iſt auff Erden / es gehet zu wie die Kinder ſagen: Hoher Berg mein / heut iſt er dein / morgen iſt er mein / geh du darab / laß mich darauff. Solche vnbeſtendigkeit der Welt / haben die lieben Ertzvaͤter wol behertziget vnd betrachtet / derwegen ſie auch keine Heuſer bawen wollen / ſondern haben nur in Huͤtten gewohnet / vnangeſehen / daß ſie etzli - che hundert Jahr alt geworden / neun hundert vnd daruͤber / als zu erſehen auß dem 5. Capittel des er - ſten Buches Moiſis / denn ſie warten auff eine Stadt / die einen Grund hat / welcher Bawmeiſter vnd Schepffer GOtt iſt / als die Epiſtel an die E -Ebr. 11, 10. breer cap. 11. v. 10. bezeuget. Jetzo bedarfft es der muͤhe nicht / das man das Leben der Menſchen bey hunderten zehle / es bleibet bey Moiſis auſſage / wel - cher im 90. Pſalm v. 10. alſo ſpricht: Vnſer LebenPſal. 90, 10. waͤhrt ſiebenzig Jahr / wens hoch kompt ſo ſinds achzig Jahr / wiewol jrer viel hundert / ja viel tauſent die zahl nicht erreichen / aldieweil das Leben derMen -42[24]ChriſtlicheMenſchen je mehr vnd mehr abnimpt / denn je neher dem ende / je kuͤrtzer die zeit. Vber das dieſe kurtze geringe zeit / ſo wir alhie auff Erden haben zu leben / wird mehrentheil zugebracht / in Sorge vnnd Trawrigkeit / Mit Weinen werden wir zur Welt gebohren / mit Truͤbſahl vnnd Widerwertigkeit bringen wir die meiſten zeit vnſers Lebens dahin / vnd endlich mit ach vnd weh muͤſſen wir widerumb davon. Daher den viele trawrige / klegliche / er - bermliche Reden zu finden / beyde in der heiligen Schrifft / auch in den Buͤchern der Weltweiſen Heyden / welche vns die kurtze / geringe / wechfluͤchti - ge zeit dieſes Lebens / dabenebenſt die nichtigkeit vnd eitelkeit deſſelbigen abmahlen / vnnd gleichſam fuͤr die Augen ſtellen / die wir alle / geliebter kuͤrtze halben / fuͤr dißmahl wollen fuͤrbey gehen. Vnd ſo viel vom andern / darin ewre Liebe gehoͤret. Was der HERR Chriſtus von ſeinem Himliſchen Va - ter hat gebeten? Nemblich / das wir moͤchten ſein da er iſt / dahin wir den offt ſollen gedencken / vns nicht zu tieff in dieſe Welt hinein ſetzen / vns offt vnd vielmahlen erinnern vnſer ſterbligkeit / in betrach - tung / das wir nur Pilger vnd frembde Geſte ſein auff Erden / welche alhie keine bleibende ſtete ha - ben / ſondern die zukuͤnfftige ſuchen muͤſſen.

Das25Troſtpredigt.

Das dritte Stuͤck.

WArumb vnd zu welchem ende der HErr ſol - ches bittet vnd begeret / nemblich / das wir moͤchten ſeine Herrligkeit ſehen die jhm der Vatter gegeben hat / Vatter / Jch wil ſagt er / das wo ich bin / auch die bey mir ſein / die du mir gegeben haſt / das ſie meine Herr - ligkeit ſehen / die du mir gegeben haſt. Es heiſt / Omne bonum communicativum ſui, das iſt / Alle das gute / thut gerne beytheilung / thei - let ſich gerne mit / weil den der HErr CHriſtus das hoͤchſte vnd groͤſte Gutt iſt / wil er ſich ſelber nebenſt allem was er hat allen Himliſchen Guͤtern / das e - wige Leben vnd die ewige Seligkeit gerne mitthei - len / es nicht allein fuͤr ſich behalten / Er goͤnnet es vns nicht allein hertzlich gerne / beſondern er hat es auch vns zu gute ſelber verordnet vnd zu wege ge - bracht / durch ſein Leiden / Sterben vnnd froͤliche Aufferſtehung. Lieber was iſt es den fuͤr ein Gutt? Zwar nicht ein Jrrdiſches / ſondern Himliſches / nicht ein Zeitliches / ſondern Ewiges / nicht ein Vergenckliches / ſondern Vnvergenckliches Gutt / nicht Golt / Silber / Edelgeſtein oder ander koͤſtliche Kleinodien / ſondern die ewige Seligkeit / die ewige Frewde / Wonne vnd Herrligkeit / ſolche Herrligkeit / die noch kein Auge geſehen hat / kein[D]Ohr26ChriſtlicheOhr gehoͤrt hat / vnd in keines Menſchen Hertz kommen iſt / welche Gott bereitet hat denen die jhn1. Cor. 2, 9. lieben / als S. Paulus ſagt / 1. Cor. 2. v. 9. Ei - nen anblick dieſer Herrligkeit / hat der Apoſtel S. Petrus empfunden auff dem Berbe Tabor / in der verklerung des HErrn Chriſti / da jhme Moſes vnd Elias erſchienen / vnd mit Chriſto geredt von dem außgang / welchen er zu Jeruſalem ſolte erfuͤl - len / da ſagt Petrus / HERR hie iſt guth ſein / wil - tu ſo wollen wir drey Huͤtten machen / dir eine / MoſiMatth. 17. Luc. 9, 30. eine / vnd Elias eine / Matt. 17. vnd Luc. 9. v. 30. Hat der anblick ſo groſſe Frewde in dem Hertzen des A - poſtels S. Petri erwecket / das jhn bedeucht er were bereits halb im Himmel / was wil den der vollen - kommener poſſes thun / wenn wir wils Gott der - mahleneins wircklich in rei veritate dahin werden transferiret vnd verſetzet werden / anſchawen die heilige / hochgelobte Dreyfaltigkeit / Gott Vatter / Sohn vnd heiligen Geiſt / vnd nebenſt allen heiligen Engeln vnd Außerwehlten genieſſen ewiger / vnauß - ſprechlicher Frewde / Wonne vnnd Herrligkeit? Da wird ſein / gaudium ex gaudio, Frewde diePſal. 16, 11. fuͤlle vnd lieblich weſen zur rechten Gottes ewiglich / als David ſagt Pſalm 16. v. 11. Da werden wir ſehen vnnd fuͤr vns finden vnſer liebſte Freunde / Vatter / Mutter / Schweſter / Bruͤder / Ehegat - ten / Kinder / vnnd ander vertrawte gute Freunde / welche wir fuͤr hin geſand / vnd mit ſchmertzen ha -ben27Troſtpredigt. ben muͤſſen verlaſſen. Wenn gute Freunde / ſo ein zeitlang etzliche Jahr von ein ander geweſen / widerumb zuſammen kommen / ſo iſt frewde ver - handen / was fuͤr Frewde liebe Chriſten wird im Himmel ſein / wenn wir alda widerumb werden zu - ſammen kommen / vnd nimmermehr von einander geſcheiden noch getrennet werden. Alhie auff Er - den muͤſſen wir vns mit einander letzen vnd ſcheiden / ſolt es auch der Todt thun / welcher alles trennet. Aber im ewigen Leben / da wird vns nichtes von ein - ander ſondern / ſcheiden noch trennen / weder Suͤn - de / Teuffel / Helle noch Todt / denn GOtt wird alles in allen ſein. Wir leſen von dem Ertzvatter Jacob / Gen. 46. verſ. 30. Da derſelbigeGen. 46, 30 ſeinen Sohn Joſeph / welchen er vermeinet / er were fuͤr lengſt geſtorben / vber verhoffen widerumb zuſe - hen bekompt / da fellet er jhm vmb den Hals / weinet fuͤr frewden / vnd thut hinzu dieſe Wort: Jch wil nun gerne ſterben / nachdem ich dein Angeſicht geſe - hen habe / das du noch lebeſt. Jmgleichen leſen wir auch von dem jungen Tobia / da er friſch vnnd geſund / durch begleitung des Engels Raphael / zu hauſe gekommen / haben jhn Vatter vnd Mutter gekuͤſſet vnnd fuͤr frewden geweinet. Ach welch vmbfangen / welch hertzen / welch kuͤſſen / welch er - frewen wird im Himmel ſein aller Chriſtgleubigen vnd Außer wehlten vnter einander: Gott verhelffe vns allen dazu.

D ijBe -28Chriſtliche

Belangend demnach die Herrligkeit welcher der HErr Chriſtus in den abgeleſenen Worten geden - cket / iſt der zuſtand des ewigen Lebens / welche Herr - ligkeit alle jrrdiſche Pracht vnd Hoheit / ſie magk ſo groß ſein wie ſie jmmer wolle / weit weit vbertrifft / ſie iſt wie nichtes dakegen zurechnen / nur Kinder - ſpiel. Fuͤr der Welt zwar hat es ein groß anſehen / wenn Kaͤyſer / Koͤnige / Herrn / Fuͤrſten vnd ande - re hohe Potentaten / jhren Einzug halten / da gehet es alles herrlich vnd prechtig zu / Aber was wird es fuͤr ein anſehen haben / wenn des Menſchen Sohn der HERR vnd Heyland Jeſus Chriſtus kommen wird in ſeiner Herrligkeit / in den Wolcken des Himmels / begleitet mit viel tauſentmahl tauſent heiliger Engel / mit allen Himliſchen Herrſcharen / denn wird er ſitzen auff dem Stuel ſeiner Herrlig -Matt. 25, 31 keit / als geſchrieben ſtehet Matth. 25. v. 31. vnnd werden fuͤr jhm alle Voͤlcker verſamlet werden. Von dieſem Stuel der Herrligkeit ſchreibet der Propheta Daniel Cap. 7. v. 9. 10. 13. Solches ſahe Jch / biß das Stuͤle geſetz wuͤrden / vnd der Al - te ſetzt ſich / des Kleid war ſchne weiß / vnd das Haar auff ſeinem Heupte wie reine Wolle / ſein Stuel war eitel Fewerflammen / vnnd deſſelbigen Raͤder branten mit Fewr / vnd von demſelbigen gieng auß ein langer Fewriger Strael. Tauſentmahltauſent dienten jhm / vnd zehen hundertmal tauſent ſtunden vor jhm / das Gericht ward gehalten / vnd die Buͤ -cher29Troſtpredigt. cher wuͤrden auff gethan / Jch ſahe in dieſem Geſich - te des Nachts / vnd ſiehe / es kam einer in des Him - mels Wolcken / wie eines Menſchen Sohn biß zu dem Alten / vnd ward fuͤr denſelbigen gebracht / der gab jhm Gewalt / Ehr vnd Reich / das jhm alle Voͤl - cker / Leute vnd Zungen dienen ſolten / ſeine Gewalt iſt ewig / die nicht vergehet / vnd ſein Koͤnigreich hat kein ende. Das iſt die Herrligkeit derer der HErr Chriſtus gedencket / in vnſerm vorgeleſenen Text / welche er wil das alle Chriſtgleubige vnnd Außer - wehlte Kinder Gottes ſollen anſchawen / vnd nebenſt jhm auch allen heiligen Engeln in alle ewige Ewig - keit zu genieſſen haben / dieſeldige (damit wirs nun mit wenigen andeuten vnd beruͤhren / den außfuͤrlich davon zu reden / muͤſſen wir ſparen biß in die Him - liſche Schule / alda wir werden von GOtt gelehret ſein) ſtehet vnd beruhet hierein / 1. In viſione Dei perpetua, wir werden GOtt den HErrn anſcha - wen von Angeſicht zu Angeſicht. 2. In plenaria liberatione ab omni malo, wir werden gentzlich entfreyet ſein von allem vbel / aldieweil all vnſer Feinde / dieſelbige ſo ein vrſach waren alles Vbels / Jammers vnd Elendes / nemblich / die Suͤnde / Teuf - fel vnd Todt werden vberwunden ſein. 3 In ple naria juſtitia & ſanctitate, wir werden vollenkoͤm - lich heilig vnd gerecht ſein. Denn gleich wie die H. Engel ſo beſtendig geblieben / jetzt von GOtt dem HErrn alſo ſind confirmiret, beſtetiget vnd be -D iijkreff -30Chriſtlichekrefftiget / das ſie nicht fallen / alſo auch die Gleubi - gen im ewigen Leben. 4. In pace & quiete per - tua, wir werden jmmer ewig wehrende Ruhe vnd Friede haben. Alhie auff Erden nehme auch wol menniger Ruhe vnd Friede verlieb / aber er kan nicht lenger als ſein Nachbahr wil / daher den das Sprich - wort gekommen: Ein Menſche iſt des andern ſein Teuffel / ſein Widerſacher / ſein Verfolger. Hie - von werden wir im ewigen Leben kein noth haben. 5. In ſolido gaudio, im ewigen Leben wird beſten - dige Frewde ſein. Alhie auff Erden iſt es alſo be - ſchaffen / wenn einer gleich in ſeiner beſten Luſt vnd Frewde iſt / kan bald eine trawrige Botſchafft kom - men / dadurch die Frewde in Trawrigkeit verwan - delt wird. Einen andern zuſtand / Geliebte im HErrn / wird es mit vns haben im ewigen Leben / da wird keine Trawrigkeit mit vnterlauffen / ſon - dern die Frewde wird jmmer fuͤr vnd fuͤr ſein vndJoh. 16, 22. bleiben / als Chriſtus ſaget Johannis 16. v. 22. E - wer Hertz ſol ſich frewen / vnd ewer Frewde ſol nie - mand von euch nehmen.

Wir werden vns frewen ſupra nos, vber vns / infra nos, vnter vns / circa nos, vmb vns / intra nos, in vns. Vber vns / Dei viſione, dz wir Gott an - ſchawen von Angeſicht zu Angeſicht / vnter vns infra nos, inferni evaſione, das wir der Hellen entgangẽ ſein. Vmb vns das wir converſation vñ gemein -ſchafft31Troſtpredigt. ſchafft haben mit den heiligen Engeln. Jn vns werden wir vns frewen vnſers guten Gewiſſens halber / das wir mit Gott friede haben.

6. In gloria & majeſtate ſumma, Jn der groͤſſeſten Ehre vnd Herrligkeit / wegen dieſer zu - kuͤnfftigen Frewde / ſollen wir auch alles Wider - wertige geduͤltig tragen. Denn ſagt Paulus inRom. 8, 18. der Epiſtel an die Roͤmer am 8. v. 18. Jch halte es dafuͤr das dieſer zeit Leiden der Herrligkeit nicht werth ſey / die an vns ſol offenbahret werden. Es wird zwar im ewigen Leben aller Außerwehl - ten gleiche Frewde ſein / aber es werden vnterſchie - dene gradus der Herrligkeit ſein / nachdem einer alhie auff Erden vmb CHRIſti willen mehr auß - geſtanden vnd erlitten / wird er auch in jenem Leben mehr Ehr vnd Ruhm haben / nach dem gezeugnuß des Propheten Danielis am 12. Capittel / Die Lehrer werden leuchten wie des Himmels Glantz / vnnd die ſo viel zur Gerechtigkeit weiſen / wie die Sternen jmmer vnd ewiglich.

7. In perpetuo conſortio & converſatio - ne cum Angelis & Electis. Jn ſtetiger Geſel - ſchafft mit den heiligen Engeln vnd allen Außer - wehlten / wir werden fuͤr dem Stuel GOttes ſie - hen vnd fuͤr dem Lamb / GOtt den HErrn ohn vn - terlaß loben / preiſen / ruͤhmen vnnd ehren / ſagen Lob vnd Ehre vnd Weißheit vnd Danck vnndPreiß32ChriſtlichePreiß vnd Krafft / vnd Stercke ſey vnſerm GOtt von ewigkeit zu ewigkeit / Jn der OffenbahrungJoh. 7, 18. Johannis Cap. 7. v. 18. GOTT hilff vns al - len / das wir muͤgen wirdig erfunden werden / zu ſein vnter der Schar der Außerwehlten / ſo da ſtehen fuͤr dem Stuel GOTtes / angethan mit weiſſen Kleidern / vñ Palmzweige in vnſern Henden haben / GOtt loben vnd ſagen: Heil ſey dem der auff dem Stuel ſitzet vnſerm GOtt vnd dem Lamb / Amen / Amen.

NAchdem wir nun Geliebte vnd Andechtige im HErrn / vom zuſtande des ewigen Le - bens / vnd auch wie es vorher in dieſem Le - ben mit den Chriſtgleubigen beſchaffen / gehandelt haben / ſo wollen wir nun ferner / nicht vnzeitigen Ruhms / ſondern Chriſtlichen angedenckens hal - ber / kurtze meldung thun / von dem Herkommen / Leben vnd Wandel des in Gott ſelig verſtorbenen jungen Geſellens / GEORGII BRESLERI, welcher in der bluͤhet ſeiner jugend / nemblich im 19. Jahr ſeines Alters / durch den zeitlichen Todt auß dieſem muͤhſeligen Lebende abgefordert. Daran zu erſehen / wie bald / wie kurtz / wie ſchleunig vnnd geſchwinde es mit vns Menſchen gethan / das / ehe wir vns dafuͤr huͤten auff vnd davon muͤſſen / vnd das es recht heiſſet / wie der Prediger Salomo ſagt Cap. 9. v. 12. Der Menſche weiß ſeine zeit nicht /ſon -33Troſtpredigt. ſondern wie die Fiſche gefangen werden mit einem ſchedlichen Hamen / vnd wie die Vogel mit einem Stricke gefangen werden / ſo werden auch die Men - ſchen beruͤcket zur boͤſen zeit / wen die ploͤtzlich vber ſie faͤlt. Jſt derowegen kein Menſche ſeines Lebens geſichert ein eintzige Stunde / viel weiniger einen Tag / Monath oder Jahr / welches auch die Hey - den wol verſtanden vnd auß der erfahrung geſagt: Nemo poteſt ſibi polliceri craſtinum, Niemand kan ſich verſichern oder verheiſſen denn morgenden Tag / daß er denſelbigen ableben wird / wir hoffen ja wol alle des beſten / das vns GOtt der HERR noch lenger werde friſten vnd geſund ſparen / aber verſichern vnd vergewiſſern koͤnnen wir vns nicht / weil GOtt der HErr vnſer Leben in ſeinen Henden hat / der es kan verlengern vnd verkuͤrtzen nach ſei - nem willen vnd wolgefallen.

Ein Exempel haben wir / wie geſagt / an dem Jungen Geſellen Georgio Breslero, welchem wir fuͤr der Predigt das geleide biß an ſein Ruhebetlein gegeben haben / derſelbige iſt auß der Schleſien her buͤrtig / auß der fuͤrnehmen vnd Heuptſtadt deſ - ſelbigen Landes Breßlaw genandt / von fuͤr - nehmen vnd wolhabenden Eltern / welche noch je - tziger zeit beym leben / vnd dieſen jhren Sohn vn - vermuthlichen Todt / ohn zweiffel mit ſchmertzen werden vernemen. Der Vater iſt genant Georgius Breßler / ein vornemer wolhabender Kauffherr. DieEMut -34ChriſtlicheMutter Maria Crain / welche dieſen jhren Sohn anfenglich durch die H. Tauffe dem HErrn Chri - ſto zugefuͤhret / vnd ferner nach der Vermahnung S. Pauli / in der Zucht vnnd Vermahnung zum HErrn aufferzogen haben / vnd weil von Kindes - bein auff ein fuͤrtreffliches Ingenium an jhme ge - ſpuͤret / haben ſie auch ferner der gebuͤhr nach jhn mit Gelahrten vnd fleiſſigen Præceptoribus verſehen / durch welcherer information, vnnd fuͤrnemblich durch Gottes benediction, gedeyen vnd ſegen / er nicht allein in Schola patria ſein fundamentum gelegt / in liguis & artibus, in guten Kuͤnſten vnd Sprachen / beſondern auch ferner nebenſt ſeinem al - hie zu gegen geliebten Bruder Balthaſaro Bresle - ro, auff die Hohen Schulen oder Academien von den Eltern verſchicket worden / darauff ſie dann fer - ner jhren ſtudijs fleiſſig vnd loͤblich nachgeſetzet / wie dann der nunmehr ſeliger Georgius, nebenſt dem ſtudio Philoſophico ſich hat begeben ad Faculta - tem Juridicam, zu der Juriſprudentz, vnd wens GOtt alſo geliebet / daß er jhn hette lenger friſten wollen / auch in kurtzen in derſelben Facultet einen ſchein ſeines profects geben koͤnnen vnd wollen. Weil es aber GOtt dem HErrn anders gefallen / der vnſer Leben in ſeinen Henden hat / vnd damit diſpenſiret wie er wil / hat er jhn in eine beſſere vnd hoͤhere Academiam, nemblich / die Himliſche Hohe Schule ins ewige Leben verſetzet / alda er jtzo hoͤretpro -35Troſtpredigt. profitiren, die Heilige / Hochgelobte Dreyfaltig - keit / Gott Vater / Sohn vnd H. Geiſt / vnd iſt in kurtzer zeit vollenkommen geworden / aldieweil er jtzo anſchawet Gott den HErrn von Angeſicht zu Angeſicht / vnd auß ſolchem anſchawen mit vollen - kommener erkenteniß / in allerley geheimnuß / iſt er - fuͤllet worden.

Soͤ viel ſein Leben belanget / nach dem ich von denſelbigen die mit jm converſiret vnd vmbgegan - gen / berichtet bin / iſt er geweſen ſe dati ingenij, e[i]nes ſtillen / ſanfftmuͤtigen Gemuͤts / fromb vnd Gotts - fuͤrchtig / nuͤchtern vnd meſſig / geduͤltig vnd nicht rachgirig / daferne jhm etwas zu wider geſchehen / hat es verſchmertzet vnd die Rache Gott dem HErrn befohlen / welches auch wol das beſte iſt / dadurch man auch kan vielem vnd groſſem vnheil vorbawen / Wiewol es gar ſelten in junge Leute ein wil / welche ſich nicht leichtlich koͤnnen vberwinden / weil noch das Gebluͤte hitzig iſt. Wie nun iſt geweſen ſein Leben / alſo iſt auch geweſen ſein ende / nemblich / ſanfftmuͤ - tig. Denn da er etwa fuͤr 8. oder 9. Tagen mit einer Kranckheit befallen / welche ſich zwar anfeng - lich zimlich angelaſſen / alſo das auch der Medicus ſelber gute hoffnung gehabt / iſt ſie doch entlich in ein ſtetiges Fieber außgelauffen / vnd jhm ſo hefftig zu - geſetzet / auch dermaſſen an krefften abgemergelt / das er 6. Tage hernach daran geſtorben. Dieſel - bigen ſo in ſeinem letzten vmb vnd bey jhm geweſen /haben36Chriſtliche Troſtpredigt. haben jhm fuͤr gebetet: Er ſelber hat mit groſſem eif - fer vnd ernſt Gott den HErrn angeruffen / vnd ge - beten daferne es Gottes wille / vmb friſtung ſeines Lebens / weil es aber Gott dem HErrn anders gefal - len / hat er ſich ſeinem willen vntergeben / vnd da jhm ſein Stubengeſelle vnnd Landsman vnter andern Troſtſpruͤchen / dieſen vorgeſagt: HErr Jeſu du haſt mich erloͤſet / HErr du getrewer Gott / hat er dieſe Wort auff ſich gedeutet / vnd zu vnterſchiedli - chen mahlen widerholet dieſe Wort: Mich / mich / mich hat er erloͤſet / darein dẽ liebe Chriſten der rechte praxis ſtehet / der nucleus oder Kern / das wir vns das verdienſt Chriſti / ein jglicher fuͤr ſeine Perſon in wahrem feſtem Glauben an jhn appliciren vnd zu - eigenẽ / Vnd iſt dar auff ſelig vñ ſanfftmuͤtig an ver - ſchienen Montage vmb 2. vhr des Morgens / in Gott dem HErrn entſchlaffen / ſeines Alters im 19. Jahr. Gott der Herr troͤſte die hochbetruͤbte Eltern / Bruder /[Schweſtern /1] vnd andere ſo ſeines toͤdlichen abganges halber bekuͤmmert ſein / vnd verleyhe jhme an jenem Tage ein froͤliche aufferſtehung / vnd vns ſemptlich eine ſe - lige Heimfahrt / Amen.

About this transcription

TextChristliche Leich vnd Trostpredigt
Author Johannes Corfinius
Extent36 images; 7349 tokens; 2169 types; 47417 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationChristliche Leich vnd Trostpredigt Vber dem seligen Absterben vnd Begräbnuß Des Ehrbarn vnd Wolgelahrten Jungen Gesellen/ Georgii Bresleri Johannes Corfinius. . 36 Joachimus PedanusRostock1627.

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Universitätsbibliothek Breslau Universitätsbibliothek Breslau, 4 S 138/15 / 523883

Physical description

Fraktur

LanguageGerman
ClassificationGebrauchsliteratur; Leichenpredigt; Gebrauchsliteratur; Leichenpredigt; ready; aedit

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  • dta@bbaw.de
  • Deutsches Textarchiv
  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
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ImprintBerlin 2019-12-10T09:36:08Z
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ShelfmarkUniversitätsbibliothek Breslau, 4 S 138/15 / 523883
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