PRIMS Full-text transcription (HTML)
[1]
Glaubens Prob Bringt ſieg vnd Lob.
Auß der Hiſtorien Jſaacs / wie ihn ſein Vater aufopfern ſolte /
Beim Begraͤbnuß des wolgezogenen fromen Knabens / vnd Gottſeligen fleiſſigen Schuͤllers LUCÆ Reinhards Des weiland Edlen Ehrenfeſten vnnd wolbenambten Herrn Lucæ Reinhardts der Roͤm: Kay: May: Obriſten Einnemers der Biergefelle im Briegiſchen Fuͤrſtenthumb / vnd Buͤrgers zum Brieg / (ſeligen) hinderlaſſenen Soͤhnes.
(Eſaiæ 56. v. 13. )
Die gerechten werden weggerafft fuͤr dem vngluͤck. ꝛc.
Gedruckt in der Fuͤrſtlichen StadtBrieg/ durchCASPARVM SIGFRIDVM. Ao. 1616.
[2]

Der Erbahren viel Ehr vnd Tugentreichen Frawen Mar - thæ / gebohrnen Schreerin von Franck - ſtein / des Weiland Edlen Ehrenfeſten vnd wolbenambten Herrn Lucæ Rein - hardts / der Roͤm. Kay. May. Obri - ſten einemer der biergefaͤlle / im Brie - giſchen Fuͤrſtenthumb / (ſeligen /) hin - terlaſſenen Witfrawen / ſeiner in ehren vielguͤnſtigen Frawen Gevatterin.

uͤbergiebet nach jhrem willen vnd begeren ſolche Predigt. J. N. F.

Chriſt -[3]

Chriſtliche Leichpredigt.

A zu den zeiten Koͤnig Salemonis el -1. Regum.[3]à v 16 usque28. ne trewe Mutter hoͤrete / das jhr Sohn / wel - cher jhr bey eit[e]l[e]m ſchlaffe in der Nacht genom - men / vnnd an ſeine ſtadt ein todter hingeleget war / ſolte nach des Koͤniges vrtheil / (damit er auff dieſen weg / das Natuͤrliche Mutterhertz des lebendigen Kindes erkennen moͤchte) mit einem ſcharffen Schwert in zwey theil zur hawen / vnnd den beyden zanckenden Weibern / je - derer ein theil deſſelben zugeſtellet werden / wallete der Rechten vnd Natuͤrlichen Mutter jhr liebreiches hertz gegen dem Kinde dermaſſen in jhrem leibe das ſie mit weinenden augen zum Koͤnige ſaget. Ach mein Herr gebt dieſer / meiner wiederſacherin / das Kind lebendig / vnnd toͤdtet es nur nicht: Denn jhr Muͤtterliches hertz war jhr entbrand uͤber jhrem Sohne / das ſie jhn nicht kondte alſo jaͤmmerlich zertheilet ſehen. Darauß denn der Koͤnig die rechte Mutter des lebendigen Kindes pruͤfet / vnd es derſelben friſch vnd geſund wiederumb zuſtellet.

Mit was hertzlichen liebes vnnd leides thraͤnen die fromeLucæ 7. 12. 13. 14. Mutter zu Nain / jhrem geſtorbenen Sohne das geleite zur Stadt hinauß zu ſeinem begraͤbnuͤß gegeben / iſt E. L. aus dem Evangelio bekandt / das auch Chriſtus / ohne hertzliches mitleiden vnnd erbarmen ſie nicht anſehen kan / ſondern muß ſie troͤſten vnd jhr helffen.

Mit was trawrigem Mutterhertzen heute die betruͤbte Fraw Wittib jhrem lieben Sohne ſein begraͤbnuͤß außrich -A ijtet /[4]tet / vnnd jhn todt auff der Bahre da ſehen muͤſſe / bedencke / wer ein trewes redliches aufftichtiges Vater vnnd Mutter - hertz hat gegen ſeine liebe Kinder. Ach Kinder ſterben leſt ſich nicht ſo ſchlecht vnd leicht vorſchmuͤrtzen / wie vnbeſunne - ne Leute meinen / ſondern es greifft ins inwendige hienein / in die geheimeſten Kammern des hertzens / da es den Eltern wehe thut / vnd ſuchet den ſchmertzen wo er am hefftigſten iſt / das das gantze hertz voller angſt / das gantze angeſicht voller thraͤnen / vnd der gantze Menſch mit allen ſeinen ge - berden voller leides vnd traurigkeit geſehen wird. Zumahl / wann ſich der Sohn wol angelaſſen / des Vaters Nahmen getragen / vnd von ſich nichts anders / denn allen kindlichen gehorſam mit Chriſtlichen gutten tugenden hat blicken laſ - ſen / wie allhie bey dieſem ſelig vorblichenen Knaben geſche - hen. Da wird warlich / der hertzbetruͤbten Fraw Mutter / das leid vnd hertzens angſt vernewert / die kaum fuͤr dreyen Jahren / jhren lieben Herrn vnd Eheliches haupt / als jhr trewes hertz vnd teuerſten ſchatz zugrabe beleitet. Nun die verfloſſene zeit den Jammer ein wenig geſtillet / vnd ſie vor - meinet / an dieſem jhrem Elteſten Sohne einen andern Vater (der auch feinen Namen gefuͤhret / vnd ſich ſehr wol angelaſſen / an dem ſie einen rechten Augenſpiegel vnnd her - tzensfreude gehabt) auffzuziehen / ſo kompt nach des gerech - ten Gottes vntadelichem gericht vnnd Rath / der todt auch uͤber denſelbigen / reiſſet jhn inn ſeiner beſten bluͤtte der Ju - gend dahin / das er ſeine Seele außblaſen vnd zur leich ewer - den muß. Wie koͤnte ſie ſich der ſchmertzlichen liebesthraͤnen enthalten / das ſie nicht klagen ſolte wie die Naemi. AchRuth. v 20 der Herr hat mich ſehr betruͤbt / meinen lieben Mañhat[5]hat er mir genommen / nun muß ich auch ſeines vnnd mei - nes Sohnes beraubet werden. O elend vber alles elend.

Wann es aber nun nicht kan geaͤndert / noch der ver - ſtorbene Juͤngling durch vnſere klage wiederumb in diß zeit - liche leben gebracht werden / ſondern Gottes vnwandelba -Eſa 46. v 10 ret wille muß den vorzug behalten vnd fortgehen / als wollen wir von vnſerer klage ein wenig ſtille halten / vnd bey des Herren wort vns Rathts vnd troſts erholen / das wird vns in ſolchem fall trefflich wol dienen

Damit wir aber an hertz vnd Seel dardurch erquicket vnd erfriſchet werden moͤgen / wollen wir alle zuſammen ſetzen / vnd von grund vnſers hertzens beten / Vnſer Vater / ꝛc.

Textus Geneſ. 22. à 1. ad 15. usq;.

NAch dieſen Geſchiechten verſuchte Gott Abraham / vnd ſprach zu jhm. Abraham / vnd er antwortet / hie bin ich. Vnd er ſprach. Nim Jſaac deinen einigen Sohn / den du lieb haſt / vnnd gehe hin inn das land Morija / vnd opffere jhn daſelbſt zum Brandopffer / auff einem Berge den ich dir ſagen werde.

Da ſtund Abraham des morgens fruͤh auff / vnd guͤrtet ſeinen Eſel / vnd nam mit ſich zween Knaben / vnd ſeinen Sohn Jſa -A iijac /[6]ac / vnnd ſpaltet holtz zum Brandopffer / machte ſich auff / vnd gieng hin an den ort davon jhm Gott geſaget hatte. Am drit - ten tage hub Abraham ſeine augen auff / vnd ſahe die ſtet von ferne / vnd ſprach zu ſeinen Knaben / bleibet jhr hie mit dem E - ſel / ich vnnd der Knabe wollen dorthin ge - hen / vnd wenn wir angebetet haben / wol - len wir wieder zu euch kommen.

Vnnd Abraham nam das holtz zum Brandopffer vnd legts auff ſeinen Sohn Jſaac / Er aber nam das fewer vnnd Meſ - ſer in ſeine hand / vnd giengen die beyde mit einander. Da ſprach Jſaac zu ſeinem Va - ter / Abraham / Mein Vater: Abraham antwortet / hie bin ich / mein Sohn / vnd er ſprach / ſtehe hie iſt Fewer vnd Holtz / wo iſt aber das Schaff zum Brandopffer? A - braham antwortet / mein Sohn / GOtt wird jhm erſehen ein Schaff zum Brand - opffer / vñ giengen die beyde mit einander.

Vnd als ſie kamen an die ſtett / die jhm Gott ſaget / bawet Abraham daſelbſt ei -nen[7]nen Alter / vnd leget das holtz darauff / vnd band ſeinen Sohn Jſaac / leget jhn auff den Altar / oben auff das holtz / vnd recket ſeine hand auß / vnd faſſet das Meſſer / das er ſeinen Sohn ſchlachtet.

Da rieff jhm der Engel des Herren vom Himmel / vnd ſprach / Abraham / Abra - braham / Er antwortet / hie bin ich. Er ſprach: Lege deine hand nicht an den Kna - ben / vnd thue jhm nichts / denn nu weiß ich das du Gott fuͤrchteſt / vnd haſt deines ei - nigen Sohnes nicht verſchonet / vmb mei - net willen. Da hub Abraham ſeine au - gen auff / vnnd ſahe einen Widder hinder jhm inn der Hecken mit ſeinen Hoͤrnern hangen / vnd gieng hin / vñ nam den Wid - der / vnd opfferte jhn zum Brandopffer an ſeines Sohnes ſtat. Vnnd Abraham hieß die ſtete der Herr ſiehet. Daher man noch heutiges tages ſaget auff dem Berge da der Herr ſiehet.

Außlegung.

Waß[8]

Pſal. 111 v 2W von den wercken GOttes der Pſalm ſagt / Groß ſind die wercke des Herrn / wer jhr achtet hat eitel luſt daran / das kan ſon - derlich ſehr wol vnnd fuͤglich vorſtanden werden von dieſemGeneſ. 22. 1. werck Gottes dadurch er den glaubigen Abraham ver -Rom 4. v 18 & ſeqq. ſuchet / vnd ſeinen groſſen glauben / alß gewiß vnd be - werth jederman fuͤr die augen ſtellet / dadurch er auß aller angſt vnd anfechtung herauß ſchwimmet / vnd obſieget:1. Tim. 6. 12. Damit wir an jhm lernen auch den gutten kampff des glaubens uͤben / dadurch wir alles / was vnns zu wieder1. Ioh. 4 v 4 iſt / von Teuffel vnnd Menſchen uͤberwinden moͤgen /Marci 9. v 23. ſintemal dẽ glaubigẽ alle ding moͤglich ſind: Vñ der1. Ioh. 5 v 4 glaube der ſieg iſt / der die gantze welt uͤberwindet:2. Tim. 2. v 5. Dem auch entlich die Siegskrone gebuͤhret / vnnd dem kaͤmpffenden glaubens Ritter auffgeſetzet wird.

Je mehr aber ein Gottfuͤrchtiges hertz ſolcher groſſen wundergeſchicht nach dencket / je anmuttiger vnnd lieblicher ſie jhm wird / das es derſelben ſich nimmer genungſam er - luſtigen kan / ſie giebt jhm immer zu mehr ſaffts vñ kraffts / auß der allmechtigen Weißheit vnnd guͤttigkeit GOttes /Pſal. 4. v 4 der ſeine heiligen wunderlich fuͤhret / Leſſet ſie er -Pſal. 71. 20. fahren viel vnnd groſſe angſt / holet ſie aber auch1. Sam. 2. v 6 wieder auß der tieffe der Erden herauff. Er toͤd - tet vnd macht lebendig: Fuͤhret in die Helle vnndPſal. 73. 24. wiederumb herauß / vnd nimbt ſie entlich mit Eh -1. Cor. 10. 13. ren an / denn er iſt trew / vnd leſſet ſie nicht uͤber vor -moͤgen[9]moͤgen verſucht werden: Sondern machet das die verſuchung ſo ein ende gewinne / das ſie es koͤn - nen ertragen. Dannenher auch wir mit allen heiligen auff jhn (den Herrn vnſern Gott) vnſers hertzens zu - vorſicht ſetzen / vnnd in aller noth zu jhm zuflucht ha -Pſal. 62. v 9 ben / der vnſer ſchirm vnnd ſchildt iſt / vnter welchesPſal. 71. v 7 fluͤgel ſchatten wir beſchirmet werden vnd ſicher blei -Pſal. 91. v 4 ben als vnter einem ſtarcken Schilde / den kein PfeilPſal 17. v 8. durch bohren kan. Pſal 7. v 11Epheſ. 6. v 16.

Das ich aber dieſe wundergeſchicht bey begehrter Leich - predigt zu handeln fuͤrgenommen / iſt nicht plumbsweiſe / oder vngefehr geſchehen / ſondern habe hirzu ſondere zwo wichtige vrſachen Eine das von der betruͤbten Fraw Mut - ter / durch jhren abgefertigten erbetenen Anwalden / mir die - ſe Hiſtoria / ſelbſt iſt Nahmkuͤndig gemacht / vnnd gleich - ſam inn die hand gegeben worden. Die andere das der ſelig verſtorbene Knabe / inn ſeiner Bibliſchen lection zu hauſe an dieſer groſſen geſchicht / ſeine ſondere luſt vnnd groſſe freu - de gehabt / das er dieſelbige offt uͤberleſen / vnnd ſo weit ſich ſein vorſtand in ſeinem kindlichen alter erſtreckt / ſeine Geiſt - liche gutte gedancken daruͤber gehabt. Weñ man nun den be - truͤbten jhr begehren uͤbel abſchlagen / vñ den ſelig verſtorbe - nen jhre gutte gedancken vnnd uͤbungen billich nachruͤhmen ſol / habe ich es nicht vnbillich zu ſein erachtet / dieſes falß mich jhnen zu bequemen / zumal / weil ſich dieſe geſchicht (wie ob Gott wil ſol gehoͤret werden /) auff ſolchen todes fall ſehr fein appliciren leſſet.

Damit wir nun dieſelbte deſto richtiger vorſtehen / vnndBbeſſer[10]beſſer faſſen moͤgen / wollen wir von dreyerley hochwichtigen ſachen reden / die hierinnen ſonderlich begriffen ſind. Alß

Erſtlich / von dem gantz wunderlichen / vnnd fuͤr aller vernunfft / aͤrgerlichem befehl GOttes / an den Ertzvater Abraham in dem Er jhm befiehlet / ſeinen einigen Sohn / den er lieb hat / zu opffern.

Zum andern von dem groſſen wundergehorſam / den der großgleubige Abraham / dem Goͤttlichen befehl geleiſtet.

Zum dritten von der wunderbarlichen errettung des ſchon gebundenen / vnd zum Opffer zubereiteten Jſaacs / das er le - bendig bleibet / vnd nicht durchs Opffer verbrand wird.

Malach. 3. 1.Der groſſe Engel des bundes / deſſen Namen heiſſetEſa. 9. v 6. Wunderbahr / Rath Krafft ꝛc. Gebe vns durch ſei - nen heiligen Geiſt Weißheit vnd verſtand / das wir von die - ſen dreyen wunderbaren dingen / recht vnnd wol reden / viel lernen / vnd ſolches zu vnſerm groſſen wundertroſt ſeliglich behalten vnd gebrauchen moͤgen Amen.

Das Erſte ſtuͤck.

OB wol dieſe Hiſtoria ſehr lehr-vnd troſtreich / das ſo viel davon zu reden wehre / das man etliche viel Pre - digten hieraus machen koͤnte / vnd gantz lieblich an - zeigen / wie inn dieſer geſchicht Chriſtus / mit ſeinem blutti - gen verſoͤhnopffer am Creutz vorgebildet wuͤrde / wie mans denn zur Faſtenzeit / in den Paſſions Predigten pfleget ein - zubringen. So wollen wir doch zu dieſem mahl / nur diß hirauß behertzigen / was bey inſtehendem Chriſtlichen Leich - begaͤngnuͤß / zu vnſerm propoſito oder fuͤr haben / vnd denbetruͤbten[11]betruͤbten zum troſt vnd lehre erſprießlichen ſein wird / alß in den vorgenommenen dreyen ſtuͤcken wird zuvernemen ſein vnter denen das erſte iſt. Der gantz wunderliche vnd fuͤr aller vernunfft aͤrgerliche befehl Gottes / darinnen Er dem Abra - ham befihlet vnnd aufferleget / das er ſeinen einigen Sohn / den er lieb hat / ſchlachten vnd opffern ſolle.

Welche vernunfft iſt hie ſo geſchieckt / die ſolchen befehl Gottes faſſen / welcher verſtand iſt ſo witzig / der es begreif - fen moͤge / Es ſtreitet wieder alle Natur / vnnd derſelbigen eigenſchafften / das ein fromer Gottſeliger Vater / ſeinen lie - ben vnd einigen Sohn erwuͤrgen / ſchlachten vnnd im opffer ve[r]brennen ſolle. Dringets doch den Eltern durch Marck vnd Bein hertz vnd ſinnen / wenn ſie jhre Kinder kranck fuͤr jhnen ſehen muͤſſen / das ſie im kummer daher gehen / wiſſen nicht was ſie thun oder laſſen ſollen / vorgeſſen vor leide auch wol eſſens vnd trinckens / wie in Davids Hiſtorien zuſehen /2. Sam. 12 16. 17. da jhm ſein kleines Soͤhnlein todt kranck liegt / kan er fuͤr leide nirgendt bleiben / legt ſich auff die Erden / ſtellet ſich vber alle maſſe wehmuͤtig vnd traurig / das er fuͤr wei - nen vnnd thraͤnen weder eſſen noch trincken kan / alle ſein hertz ſtehet jhm nach des krancken Kindes geſundheit vñ leben / darum̃ er ſo emſig bittet obs GOttes wille ſein moͤchte / das es wiederumb geſund wuͤrde. Auch uͤber ſeinen vngerahtenen boͤſen vnnd auffruͤhriſchen Sohn / ſtelt er ſolch trauren / das er ſein heupt verhuͤllet / gieng hin vnnd2 Sam. 16 4. cap. 15. v 33 her mit gewundenen henden / vnd thraͤnenden au - gen / rieff vnd ſchrey laut / Ach mein Sohn Ab - ſolon mein Sohn / mein Sohn / wolte Gott ichB ijmuſte[12]cap. 16. v 5.muſte fuͤr dich ſterben / das jhm Joab ſein Kriegs Rath vnd Feld oberſter deß halben zimlich hart einreden muſte.

W[i]e klaͤglich that Jacob alß jhme boͤſe / vnnd doch fal -Geneſ. 37. v 34. 35. 36. ſche zeitung kam / als wehre ſein Sohn Joſeph vmbkom - men / da er doch noch eilf lebendige Soͤhne behielte / da zer - reiſt er ſeine Kleider / leget einen Sack oder trawer Rock vmb ſeine lenden / vnd tregt leid vmb ſeinen Sohn lange zeit: Vñ ob wol alle ſeine andere Soͤhne vnd Toͤchter aufftreten / jhn zu troͤſten / wil er ſich doch nicht troͤſten laſſen / ſondern gibt jhnen einen klaͤg - lichen beſcheidt vnd ſpricht / Jch werde mit leid hinun - ter fahren in die grube zu meinem Sohne. VnndIerem 31. 15. 16. da beim Propheten die Ertz Mutter Rachel mit jhren thraͤ - nen eingefuͤhret wird / wie ſie jhre Kinder beweinet / vnd ſich nicht wolle troͤſten laſſen / wird daſelbſt vor - meldet / wie ſolche Muͤtterliche liebes vnnd leides thraͤnen GOtt ſelbeſt ſein Vaterhertz durch weichet haben / das er jhr troſt zu ſpricht mit ſolchen worten / Laß dein ſchreyen vnd weinen / vnnd die thraͤnen deiner Augen ꝛc. Wie kompt denn vnſer vielgetrewer Gott hie darauff das er dem Abraham befihlet / Er ſol ſeinen einigen vnnd lieben Sohn ſchlachten vnd opffern ꝛc.

Es macht aber das ergernuͤß der vernunfft uͤber dieſem befehl Gottes noch groͤſſer / das Goͤttliche geſetz ſelbſt / darinnen Gott außdruͤcklich defihlet / du ſolt nit toͤdten /Exodi 20. v 13. hie aber befihlet er ſtracks das wiederſpiel / Abraham ſol toͤd - ten vnd ſchlachten / vnnd darzu ſeinen einigen Sohn den erlieb[13]lieb hat. Hat denn nu Gott ein wolgefallen an vnſchuldi - gem blutvergieſſen? Der ſo ernſtlich ſolches der ObrigkeitNum. 35. 30. & ſeqq. zuſtraffen einbindet / das ſie auch keine verſoͤhnung nemen ſol uͤber dem der zur Freyſtadt geflohen iſt / Ja er wil mit ſolchem vnſchuldigen blut das Land ſtracks vngeſchaͤndet haben / vnnd kan dem Lande nicht wiederumb vorſoͤhnet werden / ohne durch das blut deß / der es vergoſſen hat? Wie kompt denn A - braham darzu das er jetzt vnſchuldig blut vergieſſen ſol / vnd darzu ſeines hertzlieben Sohnes.

Darzu kompt noch diß / ob man einwenden wolte / es ſolte ein Opffer ſein / derowegen ſey ſich darob nicht zuer - gern / ſo hat GOtt ebener maſſen / die Menſchen zu opf - fern hart verboten / wenn er ſagt. Du ſolt auch deinesLevitic. 18, 21. cap, 20. v 2. ſamens nicht geben / das er dem Molech verbrand werde. Da fern aber ſolches jemand thun wuͤrde / ſolte er des todes ſterben / das volck im Lande ſolt jhn ſtei - nigen. Vnd da etliche Koͤnige in Jſrael vnnd Juda ſolche greuelopffer anſtelleten / hat ſolches GOtt der Herr an jh - nen / vnd am gantzen Lande ſehr ſchrecklich geſtrafft wie die Exempel an Achas / Manaſse, vnd anderen außweiſen /2. Reg. 16 3. cap 21. v 6. darwieder die Propheten ſo hefftig geprediget haben / als ei - nen ſchendlichen grewel / onderlich Ieremias an vielen o[r]tẽ /Ierem: 7. 31. cap 19 v 5. 6. 7. darumb ſtotzet hie alle vernunfft / verwundert vnd ergert ſich an ſolchem befehl Gottes / vñ weiß ſich nicht drein zuſchicken.

Aber Moſe begegnet allen ſolchen vernuͤnfftigen ein - wuͤrffen mit einem wort / da er im eingang dieſer geſchichtB iijſagt /[14]ſagt / Gott verſucht den Abraham alſo. Gleich als wolte er vns alle alſo anreden. Niemand ſtoſſe oder aͤrge - re ſich darob / das ich jetzund ſchreiben werde / wie GOtt be - fohlen hat Abraham ſeinen Sohn Jſaac opffern ſolte / EsScholaſtici diſtingvunt inter volun- tatem Signi & Benepla citi, hanc immutæbi - lem & effi - cacem, illamverò condi - tionalem et mutabilem aſserunt, vide Lomb. lib. 1. diſti 45. war der wille Goͤttliches wolgefallens mit nichten / das Abraham ſeinen Sohn Jſaac / den er liebte / als den einigen / gantz vnd gar ſolte ſchlachten / vnd im opffer verbrennen / ſon - dern es war ſein Vaͤterliches verſuchen / das zwar der Abraham ſeinen lieben vnd einigen Sohn nehmen / auß dem hauſe an einen frembden ort fuͤhren / binden / auffs holtz le - gen / vnnd mit jhm ſo weit gebehren ſolte alß wann er nun jetzt auch ſein meſſer an ſeine gurgel ſetzen / vnd jhn ſchlachten wolte / aber kein leidt ſolte er jhm thun / an ſeinem leben / ſondern durch ſolches ſein werck ſeinen groſſen wundergleu - ben / vnnd vberaus ruͤhmlichen gehorſam gegen Gott be - zeugen / dabey als bey einem offentlichen zeichen alle welt lernete wie feſt vnd trew der Abraham an Gottes wort vnd befehl halte. Da Gott ſolchen glauben vnnd gehorſam auch in offentlicher that erlanget / iſt er alßbald da vnnd zeiget dem Abraham an / was der wille ſeines wolgefallens ſey / mit dem wort. Thue dem Knaben nichts / ꝛc.

Mercket aber hie / das Moſe ſagt / Gott verſuchte den Abraham: Nicht aber das Abraham den Herren verſucht habe / denn ſo wenig ein Sohn ſeinen Vater / oder ein Knecht ſeinen HErren / ſo wenig / vnnd noch viel weniger darff ein Menſch ſeinen GOTT verſuchen / wie geſchrieben ſtehet /Deut. 6. v 16. du ſolt GOtt deinen HErren nicht verſuchen / vnd da ſich die alten Jſraeliten ſolches zuthun vnterſtun -den /[15]den / ſind ſie grewlich druͤber zu bodem gegangen / das jhnenNum. 14. 21. & ſeqq. GOtt auch ſchwur / ſie ſolten nicht eingehen zu ſei -Pſal. 95. v 11 ner ruhe / darumb jhre leiber inn der wuͤſten verfal -Num. 14. 29. len / das ſie in die ruhe des gelobten landes nicht kommen ſein. Aber im gegentheil mag wol ein Vater oder Mutter jhre Kinder / oder eine Herrſchafft jhr Geſinde probiren / ob ſie jhnen recht trew / from vnd gehorſam ſein oder nicht. Wie - viel mehr aber hat GOtt rechts vber die Menſchen / der Schoͤpffer vber die Creaturen / ſie zu verſuchen / oder auff die probe zu ſetzen / wie feſt ſie an jhm halten / vnd auff ſeine verheiſchung ſich gruͤnden oder nicht. Zwar nicht hat es mit Goͤttlicher verſuchung dieſe meinung / als wehren jhm der Menſchen hertzen vnd gedancken verborgen / oder wuͤſte Er nicht jhren glauben vnnd vertrawen / denn wie ſolte dem der hertzen vnnd nieren pruͤfet / etwas verborgen ſein /Pſal. 94. 9, 11. oder nicht wiſſen / was der Menſch in dem inwendigen ſchil - de ſeines hertzen fuͤhret / guttes oder boͤſes. Freylich bedarffIerem. 17 10. Ers nicht das jhm jemand zeugnuͤß gebe von ei -Ioh. 2. v 25. nem Menſchen / denn Er weiß vorhin wol was im Menſchen iſt wie von Chriſto der Evangeliſt redet. Sondern Gott verſucht die ſeinen entweder vmb jhren ſelbſt willen / daß ſie jhre eigene ſchwacheit erkennen / vnnd vmb Goͤttlichen beyſtand deſto embſiger beken / auch fuͤrſichtiger vnd Gottfuͤrchtiger jhren wandel fuͤhren lernen ohne fleiſch - lich vermeſſenheit / die ſie ſonſt ins verterben ſtuͤrtzen wuͤrde / wie Petro geſchach / der ſich hohes dinges vermaß / wie feſt er auch biß in todt bey Chriſto halten wolte / aber da es zum treffen koͤmpt / fuͤr einer Magd dermaſſen er -ſchrickt /[16]ſchrickt / das er ſeinen Herrn dreymal verleugnet / vnd ſich daruͤber verfluchet vorſchweret / er kennePſal. 90. 7. 8. 9. des Menſchen nicht. Davon ſagt David: Jch ſprach da mirs wol gieng / Jch werde nimmermehr dar - nieder liegen ꝛc. Aber da du dein Antlitz verbar - geſt / erſchrack ich. Jch wil HErr ruffen zu dir / dem Herren wil ich flehen. Oder Er verſucht ſie vmbLuc. 2. v 35. anderer willen / das jhr glaube vnnd heilige zuvorſicht jhres hertzens auff den HErrn offenbar / der TeuffelApocal. 12. 10. der die heiligen Gottes verklaget tag vnnd nacht / ſampt der verleuͤmbdriſchn boͤſen Welt zu ſchanden / die fro - men aber in jhrem vertrawen zu Gott geſtercket / vnd vnter dem Creutz in gedultiger hoffnung beſtendig erhalten wer - den. Alſo ward Jjobs glauben vnd rechtſchaffene hertzens froͤmigkeit / durch die verſuchung des Creutzes vnnd anfech - tung / frey offentlich ans tagelicht bracht / vnd dagegen des Teuffels verleumbdriſche anklage / vnd der freunde boß - hafftige verdammung (als wenn Jjob ein lauterer heuch -Ijob. 1. v 9. cap. 20 v 11 cap. 22 v 5 & ſeqq. ler vnd nur vmbs zeitlichen genieſſes willen from we - re / oder etwan ein heimlich bubenſtuͤck vnnd groſſe ſuͤnde gethan habe / darumb jhm Gott als ein feind be - gegne / vnnd zur ſtraffe ziehe) zu ſchanden gemacht. Alſo wird hie durch dieſe verſuchung / Abrahams groſſer glaube gegen GOtt / vnnd hertzliches vertrawen auff ſeine verhei - ſchung / jederman frey fuͤr die augen geſtellet / das er als einRom. 4. v 16 gemeiner Vater aller gleubigen / der da geglaubetibid. 18. hat auff hoffnung da nichts zuhoffen war / billichvon[17]von S. Paulo außgeruffen wird / vns zum Exempel / das wir die augen der vernunfft feſt zudrucken / vnnd nur am wort der verheiſchung mit glaubigem hertzen hangen / ſo wirds nicht fehlen / wir werden erhalten vnd erlangen / was vns das wort des Herrn zuſaget / denn Er kan auch denibid. 1〈…〉〈…〉. todten Jſaac wieder lebendig machen / vnnd dem ruffen / das nicht iſt / das es ſey.

Es iſt aber allhie nicht mit ſtillſchweigen zu uͤbergehen / wie gleichwol vnſer Herr Gott ſolche verſuchung dem Abra - ham faſt ſehr geſcherffet gehabt / das ſich hoͤchlich darob zu - verwundern / dergleichen auch inn der gantzen H. Schrifft nicht geleſen wird / vnd hat dieſe drey ſtuffen. Alß

Erſtlich / das Gott dem Abraham befihlet / Er ſol ſei - nen eigenen Sohn wuͤrgen / vnnd ſchlachten. Nun iſts aber gar eine abſchewliche Mordthat / einen vn - ſchuldigen Menſchen / ob er gleich nur ein armer Knecht weh - re / erwuͤrgen / noch abſcheulicher iſts ſeinen blutsverwand - ten ohne vrſach / boͤßlich toͤdten / Am aller ſchendlichſten aber ſo ein Vater ſeinen eigenen vnnd einigen Sohn vmbbrech - te. Bedenckts nur ſelber / wer ein trewes Vaterhertz hat / wie jhm zu mutte ſein wuͤrde / wann er gleich zehen oder zwoͤlff Soͤhne hette / wie Jacob / vnnd nur einen der -Geneſ. 15. v 22. ſelbigen zu ermorden vbergeben ſolte / etwa einem fremb - den / wuͤrde jhm das trewe Vaterhertz nicht wallen im lei - be / vber ſolchen erbaͤrmlichen abgang ſeines Sohnes? Wie war jener Vater zu Theſſalonich ſo beſtuͤrtzt / da ſeine zwe - en Soͤhne mitte gefangen / vnnd zum tode vervrtheilet wah -Sozomenuslib. 7 cap 24. ren / vnter den 7000. die Keyſer Theodoſius alle zuwuͤrgen verurtheilet hatte / das keiner an dieſer anzahl mangelnCdurffte.[18]durffte. Da nu das wuͤrgen angieng / trat der Vater die - ſer zweyer gefangener Bruͤder herfuͤr / bittet auffs embfig - ſte / das jhrer moͤchte geſchonet vnnd das leben geſchencket werden / er wehre erboͤtig / nicht allein alle ſein Gut fuͤr ſie dem Keyſer abzutreten / ſondern auch ſein eigen leben dar - zu fuͤr dieſe ſeine zween Soͤhne / jhm nemen zulaſſen / dieſe des Vaters trewe gegen ſeine gefangene Soͤhne / bewegt die Kriegßleute / das ſie etwas zu ruͤck halten / vnd weil ſie an der zahl der 7000. die jhnen zu wuͤrgen befohlen war / keinen durfftẽ mangeln laſſen / ſo geben ſie entlich dem bitten - den betruͤbten Vater dieſen beſcheid. Beyde koͤnten ſie durch ſeine einige Perſon nicht errettet werden / denn es muͤſte die zahl der 7000. fuͤr wol dem Kayſer berechnet werden / einen aber vnter jhnen moͤchte er loß machen / wenn er ſich fuͤr denſelben ertoͤdten lieſſe / der arme Vater ſiehet ſeine beyde Soͤhne trawriglichen an / fellet einem nach dem andern vmb den halß / ſiehet bald auff dieſen / baldt auff den andern / weiß nicht welchen er fuͤr dem andern erretten ſol / denn ſie ſein jhm beyde gleich lieb / vnnd hette ſie gerne beyde erret - tet / aber in dem er ſich ſo lange friſtet vnd bedencket / fahren die Kriegsgurgeln zu / vnd erwuͤrgen ſie alle beyde. Wie mus aber dem Abraham ſein vmbs hertz geweſen / da er ſeinen einigen Sohn / nicht durch eines fremdden / ſondern durch ſeine eigene hand erwuͤrgen vnnd ſchlachten ſol / wunder wehre es nicht geweſen / das er fuͤr hertzenleide in einer ohn - macht vergangen wehre / das mag mir je eine ſcharffe ver - ſuchung ſein.

Darnach macht dieſe verſuchung noch ſchaͤrffer / das Gott nicht ſchlechts ſaget / toͤdte deinen Sohn / ſondern befi[h]let jhme nach darzu / das er jhn ſol zum Brandopfferopffern.[19]opffern. Wie muß jhm Abraham doch immermehr hie gedacht haben? Solte er ſich nicht etwan mit ſolchen gedan - cken geplagt haben: Was iſt mir das fuͤr ein newes? Was hoͤre ich da fuͤr einen abſcheulichen befehl? Solte diß GOt - tes ſtimme ſein? Wenn hat GOtt luſt gehabt an dem grauſamen blutvergieſſen vnſchuldiger leute? Der ſo ernſt - lich gebeut / wer Menſchenblut vergeuſt / des blutGeneſ. 9. v.〈…〉〈…〉 ſol wieder vergoſſen werden durch Menſchen. Wie wann diß wehre des Teuffels ſtimme / der ein Moͤr -Iohan. 9 44. der iſt von anfang / vnd luſt hat an vnſchuldigem wuͤr - gen vnnd toͤdten / der dich vnter dem ſchein vnnd geſtalt Goͤttlichen befehls gerne wolte verſuchen / das du vnſchul - dig blut auff dich luͤdeſt / vnnd damit in Gottes zorn vnnd ſtraffe ſtuͤrtzeteſt das Er die verheiſchung wiederumb von dir nehme? Du muſt nicht ſo bald alle ſtimme fuͤr Gottes ſtimme vnd befehl halten / gedencke wie es der Even ge -Geneſ. 8. gangen iſt / die auch vnter ſolchem ſchein der Teuffel betro - gen hat.

Wie dann fuͤrs dritte das aller ſchaͤrffeſte in dieſer verſuch - ung iſt / das Gott nicht ſchlecht ſagt / nim deinen Sohn den du lieb haſt / welches er vielleicht auff den Jſmael den er von der Hagar gezeuget hatte / hette ziehen koͤnnen / ſon -Geneſ 16. v 15. dern ſetzet außdruͤcklich / Nim deinen Sohn Jſaac ꝛc. Das war der Sohn der verheiſchung / auff dem derGeneſ. 18. v 10. Eyd GOttes / von dem verheiſchenen ſamen / Chriſto /Rom 9. v 9 inn dem alle Voͤlcker auff Erden ſollen geſegnetGeneſ. 12. 3. werden / beruhete. Darumb wird hie der glaub Abra -Gal. 3 v 16C ijhams[20]hams angefochten / den er hatte auff die verheiſchung GotGeneſ. 21. v 12. tes / inn Jſaac ſol dir der Same geneñet werden. Denn es hatte fuͤr aller vernunfft das anſehen / alß wenn durch dieſen befehl Gottes / von der ſchlachtung vnnd auff - opferung Jſaacs / die verheiſchung von dem geſegneten Sa - men ſolte gantz Caſsiret vnd auffgehaben werden.

Darumb hat Abraham hie abermals dencken moͤgen / ſiehe Gott hat zuuor zu mir geſaget / das in dieſem meinem Sohne Jſaac mir der Same ſolle geneñet werden /Geneſ. 17. 19. Dieſen meinen Sohn wolte er ſegnen vnd ſeinen Ewi - gen bund mit jhm auffrichten / vnnd mit ſeinem Samen nach jhm / Nun ich nu gehoffet / das die zeit faſt verhanden / das ſolcher ſegen im werck angehen ſolte / ſiehe ſo wil er zu ſchaum vnd gar zu nichte werden / daß wil ſich ja nirgend zuſammen reimen / Geſchlachtet vnnd verbrand werden: vnd gleich wol auch noch Kin - der zeugen / darumb muß derer eines ſein / Entweder Gott iſt wieder ſich ſelbſt vnd ſeine Warheit / welches aber ein grauſames abſurdum iſt / das nicht beſtehen kan / oder ich habe etwan was groſſes vorſehen / vnnd mich ſchrecklich vorſuͤndiget / dadurch ich Gott alſo erzuͤrnet / das Er ſeine verheiſchung vnd bundt wiederumb wil zuruͤcke ſetzen / deſſen Jch mir aber mit nichten bewuſt bin / oder muß ja dieſes nicht Gottes / ſondern des Teuffels befehl ſein / der nur dar - auff trachtet / wie er mir die hoffnung Goͤttlicher verhei -Ioſ: 7. v 5. ſchung gantz vnd gar zu waſſer machen / vnd auß dem her - tzen reiſſen moͤchte.

Jn den Ebraiſchen Commentariis der Rabinen wirdein[21]ein gantz geſpraͤch geleſen / wie Gott vnnd Abraham uͤber dieſem befehl ſich vnterredet / welches zum gewicht vnnd er - klaͤrung aller wort / die in dieſem Goͤttlichen mandat ſtehen / von jhnen erfunden iſt. Alß / da Gott geſagt. Nim dei - nen Sohn / habe Abraham gefraget / ich haber jhrer zween welchẽ ſol ich auß dieſen beiden nemẽ? Gott habe jhm geant - wortet / den einigen / darauff Abraham geſprochen / ein jegli - cher vnter dieſen beyden / iſt ein einiger / ſo viel die Mutter betrifft / Einer von der Hagar / der ander von der Sara. Darauff GOtt weiter geſagt / den du lieb haft / Abra - ham habe geantwortet / Jch habe ſie beyde lieb / alß mein fleiſch vnnd blut / Entlich habe GOtt dieſe rede beſchloſſen / mit außdruͤcklichem Namen des Sohnes / Nemlich. Nim Jſaac / der iſt billich der einige / nicht allein / wegen der Mutter Sara / die ſonſt kein ander Kind gebohren / alß die - ſen einigen Sohn Jſaac / ſondern auch wegen der verheiſch - ung / welche / (wie droben gemeldet) auff dem Jſaac beru - hete. Darzu war der Jſmael ſchon außgeſtoſſen / außGeneſ. 21. v 12. Abrahams hauſe / Jſaac aber alß der einige Er - be von Gott ſelbſt beſtetiget. Dannenher nun wol zu - vornemen / was dieſes dem Abraham fuͤr eine ſcharffe ver - ſuchung muͤſſe geweſen ſein.

Auß dieſem allen aber ſehen wir / wie Gott pflege die ſei - nigen zuverſuchen / vnd anzugreiffen / in den dingen die jhnen am aller liebſten ſind / vnd die ſie nicht gerne ver - lieren wolten / wie er hie den Abraham verſucht / wie ange - hoͤret / da jhm gewißlich Abraham viel eher vnnd lieber ſein eigen leben denn ſeinen Sohn Jſaac wuͤrde haben nemenC iijlaſſen /[22]laſſen / wann es nach ſeiner eigenen wahl vnnd ſinnen hette gehen ſollen. Aber dem befehl Gottes darff er nicht wieder - ſtreben / ſondern muß gehorſam halten. Alſo leſſet der ge - rechte GOtt / nach ſeiner vnerforſchlichen Weißheit noch manchen boͤſen buben vnnd mutwilligen ſtrick beim leben / wenn Er die aller froͤmeſten leſſet ſterben / urſach ſetzt das Buch der Weißheit. Seine (des fromen) Seele ge -Sap. 4. v 14 felt GOtt wol / drumb eilet Er mit jhm auß die - ſem boͤſen leben.

Ein ſtuͤck ſolcher verſuchung Gottes fuͤhlet heute auch die betruͤbte Fraw Mutter / dieſes ſelig verblichenen Juͤng - lings. Der jhr gewiß auch ein lieber Sohn geweſen / ein Spiegel in jhren augen / vnd ein teurer ſchatz vund wehrtes pfand in jhrem hertzen / den ſie jhr inn warheit nicht gerne jemandes hette nemen laſſen / ſie hette eher jhr eigen leben fuͤr jhn eingebuͤſſet / wenn es bey jhr geſtanden: Aber ſoEſa. 33. v 6 muß es ſein GOtt Vater Sohn vnd H. Geiſt / ſol vnſerDeut. 6. v 5 hoͤchſter ſchatz vnnd vnſers hertzens freude ſein / den wir vber alle ding fuͤrchten lieben vnd jhm vertrawen ſollen / wiein explicat. 1. precep. Catechiſmi Ezech. 24. 16. D. Luther redet. [Wenn] wir aber ſehr faul vnd traͤge ſind / in der liebe Gottes / vnd haben offters mehr das hertz bey den Kindern denn bey Gott / ſo kompt denn vnſer Herre Gott / reiſſet vns vnſern Augenſpiegel vnd hertzens freude die lieben Kinder von der Welt hin weg / vnnd nimbt ſie zu ſich inn den Himmel hinein / auff das er vns vnſere hertzen immer mehr vnd mehr von der Welt abreiſſe / vnd zur HimleſchenColoſ. 3. v 1 begierde erhebe / das wir lernen ſuchen was drobenRom. 8. 34. iſt / da Chriſtus ſitzet / zur Rechten hand Gottesvnd[23]vnd vertrit vns / vnd wenn auch das nicht geſchehe / ſo wuͤrden wir offters ſehr wenig an den Himliſchen Schatz gedencken / darumb nimbt vnns Gott vnſere liebe hertzens ſchaͤtzlein / die lieben Kinder zu ſich / in die ſchoß Chriſti auff das alſo durch vnſere Kinder / vnſere hertz ins Himliſche weſen in die ſchoß Chriſti gefuͤhret / vnd in vns angerichtet werde / das / was Chriſtus ſagt / wo eur ſchatz iſt / daMatth. 6 21. iſt auch ewer hertz.

Vom andern ſtuͤck.

NVn die verſuchung Gottes greifft dem Abraham ſehr ſcharff ins hertze / darob man ſich nicht gnung verwundern kan / wie vnſer HErr GOTT ein Menſchlich hertz das doch voller gebrechligkeit / ohn -Ierem. 17. 9. mechtig vnnd verzagt iſt / ſo hoch kan auff die prob ſetzen: Aber nicht weniger iſt ſich hirob zuverwundern / wie der H. Ertz Vater Abraham ſolche prob ſo gehorſamlich ange - nommen / vnd ſo Ritterlich außgeſtanden hat / davon nun Moſe weitern bericht thut / vnnd ſaget. Da ſtund A - braham des Morgens fruͤh auff. Er machte nicht viel auffzuͤge / vnnd vorgebene außfluͤchte / wie die jenigen / die mit vnwillen ein ding verrichten / ſondern ſo bald er Got - tes willen vnnd befehl verſtanden / ſtehet er auff als ein ge - horſamer fromer Knecht / ſeines Herrẽ befehl außzurichten / beſpricht ſich gar nichts daruͤber mit fleiſch vnd blut /Gal. 1. 16 oder mit ſeinem Weib vnnd Geſinde / die jhn ohne zweiffel wuͤrden zuruͤck gezogen haben / ſondern eilet gleichſam / inſchleuni -[24]ſchleunigem gehorſam / GOtt ſeinen Sohn zu ſchlachten vnd zu opffern / weil jhm der befehl von GOTT gegeben war. Welches er nach art der Goͤttlichen offenbarung / vnd eigenſchafft ſeiner rede / gantz gewiß war / darzu das zeug - nuͤß ſeines inwendigen Geiſtes im hertzen / jhme diß gewal - tig confirmirete / drumb (denckt er) gebuͤhret dir nicht lange bedenckzeit zunemen / ſondern biſt ohne alles mittel1. Sam. 25. 〈…〉〈…〉. zugehorſamen ſchuldig. Denn gehorſam iſt beſſer denn opffern / vnnd auffmercken beſſer / denn das fette von Wieddern.

Darnach ſchreibt Moſe / Abraham habe ſeinen E - ſel geguͤrtet / Er meldet nicht / das Abraham ſolches al - lererſt ſeinem Knecht befohlen / ſondern habe es ſelbſt ver - richtet / wie Rabbi. Salomo meldet / nur das er ſchleunig / vnnd vnvorhindert fort kommen moͤge / denn den geboten Gottes / muß man gehorchen / vnnd nicht allererſt davon diſputiren. Vielleicht hat Abraham den Eſel gebraucht / das er das holtz zum opffer / vnnd andere ſachen ſo zur reiſe gehoͤreten / auff jhn laden vnnd deſto beſſer fortbringen moͤchte.

Fuͤrs dritte zeiget Moſe an / Er habe mit ſich ge - nommen / zween ſeiner Knaben / oder Knechte / welche er fuͤr andern ſonderlich trew befunden / darzu auch ſeinen Sohn Jſaac / denn auff jhn war der Goͤttliche befehl gerichtet / drumb konte er jhn nicht daheime laſſen / ſondern muſte jhn mit ſich fuͤhren. So wegert ſich deſſen Jſaac gar nichts / ſondern iſt willig vnd bereit mit ſeinem Vater gehorſamlich fortzuziehen / wer aber die zween Knechte gewe -ſen /[25]ſen / dauon die Rabbinen vnnoͤtigen kummer fuͤhren / vnnd dẽ Elieſer Abrahams Haußvogt ſampt dem Jſmael / hieGeneſ. 15. v 2. namkuͤndig machten / das laſſen wir fahren / denn die ſchrifft ſagt nichts davon / ſo dienets auch nichts zur ſache: genung iſts das wir wiſſen / das Abraham / in allem gehorſam Got - tes / ſich zur Reiſe geſchieckt gehabt.

Zum vierden berichtet Moſe / wie Abraham auch das holtz zum Brandopffer geſpalten / vnd mit ſich ge - nommen habe / denn er iſt ſo im gehorſam des glaubens auff GOttes befehl entbrand / das er auch das wenigſte nicht vnterlaſſen wil zuuorſchaffen / das zu außrichtung / des befehls GOttes dienen kan / damit nur kein hinder - nuͤß fuͤrfallen moͤchte / welches etwan auch aus mangel des holtzes / (wenn jhm vielleicht ein Steinfelſichter ort ohne holtz gezeiget wuͤrde / da er das Opffer halten ſolte /) erwachſen koͤnte wiewol die Ebreiſchen Commentatores ſchreiben / das Abraham eine ſondere art des holtzes / das da wol reuchet / vnd das er zu einem ſolchen Opffer fuͤrs taug - lichſt geachtet / mit ſich gefuͤhret habe. Mit ſolcher zube - reitung / (ſagt Moſe ferner /) habe ſich der Abraham auff den weg gemacht / vnd ſey alſo fortgezogen biß an den drit - ten tag.

Alſo muß Abrahams hertz wol durch arbeitet / vnd biß an dritten tag mit allerley gedancken vber dieſem befehl Gottes ſtarck vmbgetrieben werden / auff das es nicht bey den nachkommenen das anſehen gewinne / als hette Abra - ham ex præcipitantia, oder tollkuͤnem verblenkem mutt ſolches gethan / ſondern gantz wolbedechtig / damit ſein gehorſam deſto herrlicher erkandt vnnd beruͤhmet wuͤrde /Dda[26]Luther ſu - per hũc lo - cum. Miror ſanè Patrẽ nõ extinctũ eſſe illo tàm acerbo & diuturno dolore, quia iter tridu conficiẽdũ fuit[:]ſi uniꝰ aut alteriꝰ horæ agon ille fuiſſet, facilius〈…〉〈…〉 ſu - peraſſet. Vide Coſ - mograp. Munſt. ſol. 1312. in de - ſcriptione urbis Me - cha. Geneſ. 21. v 33. annotante Muſculo ſu - per hũc lo - cum, Gene - ſeos. 2. Chro. 3 1.da habe er den ort von ferne geſehen / welches ort oben Namkuͤndig gemacht / vnnd genennet iſt das Land Morija. Hie wolten zwar gerne die Saracener vnnd ver - fluchte Mahometiſten die leute bereden / das Land Mori - ja ſey die gegend der Stadt Mecha / da jhr Luͤgenprophet innen begraben iſt / nicht weit dauon pflegen ſie jhren Pil - gersleuten / die da kommen das Grab Mahomets zu beſu - chen / ein berglin zu zeigen / auff welchem der Abraham (ſa - gen ſie gantz vorwegentlich) ſeinen Sohn Jſaac habe ſchlach - ten vnnd opffern ſollen / Aber das wil ſich mit der geſchicht gar nicht reimen / denn Mecha / welches in Arabia liegt / wuͤrde von Berſeba, da Abraham zurſelben zeit gewohnet / in dreyen tagen nicht zuerreichen ſein geweſen / ſondern etli - che wochen darzu gehoͤret haben / weil man von Damaſco inn viertzig tagereiſen mit Kamelen kaum darzu gelangen koͤnnen / Berſabe aber noch ein gutheil weiter davon abgele - gen deñ Damaſcus, wie wird ſich dieſes mit den dreyen ta - gen / dauon hie in der Hiſtorien ſtehet vorgleichen. Das iſt aber auß allen Hiſtoricis, vnd der Schrifft ſelbſt gewieß / das Morija iſt geweſen zu Jeruſalem ein Berg / der alſo geheiſſen / auff welchen Salomo hernach den Tempel gebauet hat / auff welchem Berge vorzeiten die heiligen Ertzvaͤter / Adam, Abel, Noah, vor der Suͤnd - flut ſollen geopffert haben / daher dieſem Berge / vnd vmb - liegenden Landſchafft der name erwachſen / das er genandt worden Morija, das iſt Gottes furcht / (wie die Gelehrten jhre Grammaticas derivationes hie auffſuchen / jedoch ei - ner anders denn der ander) weil die Gottfuͤrchtigen jhre op - fer vnd Gottes dinſt / an dieſem ort verrichtet vnd auch jhrewohnung[27]wohnung ſollen gehabt haben: dieſer ort liegt von Berſeba in die zehen Deutſcher Meilen / das Abraham / ob er gleich langſam fortgezogen / am dritten tag fruͤh jhn wol hatt ſe -Vide Ite - nerar. Bun - tingi, latin. part. 1. pag. 184. hen / vnd auch dahin kommen vnd opffern moͤgen. Welches der Warheit auch gantz ehnlich vnd gemeß iſt / drumb wir dieſe meinung vom Lande Moria vor die gewiſſeſte halten / vnd dagegen die Mahometiſche Fabel alß ein luͤgengeticht fahren laſſen.

Da nun Abraham alſo nahe zu dem beſtimbten ort des Opffers angelanget / braucht er hie abermals heilſame vor - ſichtigkeit / das jhme auch in ipſo actu ſacrificii, kein hindernuͤß fuͤrkommen moͤge. Befihlet derowegen ſeinen Knechten / denen ohne zweiffel die bindung vnnd ertoͤdtung des fromen Jſaacs wuͤrde wunderlich fuͤrkommen ſein / das ſie den Abraham als wehre er vnſinnig worden / wuͤrden an - gefallẽ / das Meſſer außgewundẽ / vñ den gehorſam gewehret haben / das ſie dieſe halbe bleiben / vnd mit dem E - ſel ſo lang vorwarten / biß ſie noch vollendung des Gottes dinſt vnnd Opffers / wiederumb zu ruͤck kommen. Darinnen nicht allein fuͤrgebildet wird / wie Chꝛiſtus zur zeit ſeines leidens ſich wuͤrde von ſeinenMatth. 26. 37. Juͤngern im Oelgarten reiſſen / vnd alleine beten / wieMarci 14. v 53. der Evangeliſt meldet: Sondern iſt auch zu gleich angedeu - tet worden / der Juden groſſe blindheit / denn ſie mit demLucæ 22. 41. groben vnvorſtendigen Eſel / warten vnnd gaffen noch im - mer im thal jhres Thalmuds / auff einen zukuͤnfftigen Meſ - ſiam / gantz vorgebens / Aber auff den Berg des Evange - lij wollen ſie nicht ſteigen / durch den glauben / das ſie desD ijopffers[28]opffers Chriſti / des himliſehen Jſaacs / das iſt ſeines leidens vnd ſterbens frucht genieſſen moͤchten.

Dieſem nach / nimbt Abraham das geſpaltene holtz / das bißher ohne zweiffel der Eſel getragen / vnd legts ſei - nem Sohn Jſaac auff / Er aber nimbt das Fe - wer vnd Schlachtmeſſer in ſeine hand / vnd gehen alſo beyde mit einander fort / auff den angedeuteten vnndVide Mun - ſterum, in Coſmo: de Mecha c. v. tate, fol. 1312. gezeigeten Berg Morija. Hie ſagen abermals die Sarra - ceniſchen / vnd Tuͤrckiſchen Buben / Es ſey Jſaac ſeinem Vater nicht ſo gleich gefolget / ſondern habe ſich etwas verſpaͤtet / vnd zimlich weit dahinden blieben / vnd da er alſo alleine / im hinauffgehen / ſey jhm der Teuffel begegnet / inItem. Reißbe - ſchrei - bing / Hanß wil dens / von Nuͤrm - berg / an - ders teils cap. 20, 21. geſtalt eines gutten freundes / vnd jhn gefraget / wo er da hinauß wolle / vnd als er geantwortet / Er wolle zu ſ[e]inem Vater Abraham auff den Berg ſteigen. Da habe der Teuf - fel zu jhm geſprochen / gehe nicht hinauff / zu deinem Va - ter / denn er wil dich erwuͤrgen / vnd Gott opffern. Aber Jſaac habe jhm getroſt geantwortet vnd geſagt / Laß jhn machen / iſts Gottes wille / ſo geſchehe es. Auff ſolche antwort habe ſich der Teuffel ein kleines dauon gemacht / aber bald darauff ehe er noch zu Abraham kommen / ſey jhm der Boͤſewicht noch einmal begegnet / vnd ebener maſ - ſen jhn abgemahnet. Darauff Jſaac ſich erzuͤrnet / vñ jhn mit ſteinen ins angeſicht geworffen / vnd alſo von ſich gejaget. Daher bey jhnen noch im brauch ſein ſolle / ſo offte jhre Pil - gersleute dieſen ort beſuchen / auff jhrem kleinen Berglen / deſſen droben gedacht / ſo heben ſie ein jeglicher einen ſtein auff / vnd werffen ſie auff den hauffen / den ſie daſelbſt ge - ſchuttet haben / vnd meinen / das ſie mit dieſem ſteinwurff /alſo[29]alſo bald den Teuffel von ſich preſchen vnd verjagen. Sol -Vido Mu - ſcul ſuper hunc locũ, pag. 536. in Gen. che gedicht vnnd luͤgen muͤſſen erdencken die / welche die Schrifft vorwerffen / die ſagt von ſolchem Lappenwerck gar nichts / ſondern meldet / das die beyde / nemblich Abraham vnd Jſaac mit einander (nicht weit von einander) ge - gangen ſein.

Im gehen aber habe Jſaac mit ſeinem Vater ein ſon - derlich Geſpraͤch gehalten / vnnd jhn angeredet. Mein Vater / wie tieff diß wort dem liebreichen Abraham ins hertze gefallen / bedencke ein jeder fromer Vater bey ſich ſelbſt / ohne zweiffel hat Abraham damals gleich ſeine tief - fe gedancken gehabt / vnd ſich bekuͤmmert / vber der ſchlach - tung vñ auffopfferung ſeines Sohnes / das er mit ſchmertz - lichem wehemut jhn offt wird angeſehen haben / vnnd ſich verwundert vber dem gehorſamen willen den er im Holtz -Matth. 15. 3: tragen ſonderlich bewieſen / vnd offt dieſe gedancken gefuͤh - ret. Ach mein Sohn / mein Sohn / wie biſtu mir ſo ein lie -Actor. 5. v 29. bes Kind / ein fromer vnd gehorſamer Sohn / wie gerne wolte ich dich beim leben behalten / vnd deiner ſchonen / Aber was ſol ich thun? Gottes befehl muß meinen willen vorgehen / darumb wenn es Gott alſo haben wil / das ich dich ſchlachten vnnd opffern ſol / ſo muß ich mir ſolchen ſei - nen willen nur gefallen laſſen / vnnd jhm gehorſam leiſten / wer weiß was Gott thun wird / Er kan jhm doch wol außGeneſ. 21. v 12. deiner verbrandten aſchen den ſamen erwecken der inn dir genennet iſt / das ſein wort vñ verheiſchung feſt bleibe /Rom. 4. 16. ſintemal es vnmuͤglich iſt das Gott liege. Mitten inEbr. 6 v 18. ſolchen gedancken gehet dem Jſaac das wort aus ſeinemD iijMunde /[30]Munde / Mein Vater / drumb antwortet Abraham hinwiederumb gantz ſehnlich. Hie bin ich mein Sohn / Gleich als ſpreche er: Ach mein Son wie krenckeſtu mir meinIudic. 11. 31. hertz / wie betruͤbeſt vnnd beugeſtu mich / wie dort Jephtha der Richter ſagte. Deine worte gehen mir wiePſa. 52. v 4 ſcharffe Schermeſſer in mein hertze / vnnd verwunden mir daſſelbige ſehr ſchmertzlich / deñ wir werden hinfort nicht lange mehr vmbeinander ſein / vnd wirſtu etwas mehr nach fragen / wirſtu mich wol in eine ohnmacht jagen / ich fuͤhle wol wie mir das hertze pufft / vnd wie michs krencket das ich mit meiner eigenen hand dich toͤdten ſol. Denn die heiligen Patriarchen ſein nicht kloͤtzer / ſondern liebreiche leute / die groſſe vnd gewaltige affectus haben wie D. Luther redet.

Jſaac fragt weiter vnd ſpricht / Siehe hie iſt Fewer vnd holtz / wo iſt aber das Schaff zum Brand - opffer. Das greifft abermal das trewe Vaterhertz Abra - hams an / denn er wird beſprochen / vber dem / das er opffern ſol / das war Jſaac ſein Sohn. Wie mus er doch hiruͤber be - ſtuͤrtzt worden ſein / vnnd bey ſich ſelbſt gedacht haben? Ach mein Sohn / das iſt ja ein ſchweres das du frageſt / du meineſt etwan ich gehe in gedancken / vnnd vergeſſe was ich fuͤr habe / vnd werde nichts zu opffern haben / Ach ich bin ſo vnbeſunnen nicht / ich ſage dirs nur nicht gerne / du mein lie - ber Sohn / ſolſt ſelber das opffer ſein. Aber ich wil dich jetzt nicht betruͤben / ſondern ſparen / biß wir an den beſtimbten ort vollend gelangen / da wirſtu es innen werden / in deſſen / laß dir genuͤgen an dem das jhm Gott ſein opffer wol ver -ſehen /[31]ſehen / vnd ſchaffen wird / alſo gehen ſie immer fort biß ſie oben auff den Berg kommen.

Daraus wir dann zuvornemen / wie hoch wir Menſchen Gott verpflichtet / vnd zum gehorſam verbunden ſein / das wir auch das jenige / das vns ſehr bitter vnd herbe eingehet / nicht ausſchlagen duͤrffen / oder dawieder reden / ſondern muͤſſen mit dem fromen Abraham in groſſem glauben vnnd gedult ſagen / Hie bin ich Herr / Vñ wenn Gott Abra - hams Sohn zum opffer haben wil / darff er nichts darwie - der excipiren, ſondern muß auffſtehen / vnnd ſich zum ge - horſam ruͤſten / Alſo ſind alle Chriſtliche vnnd Gottſelige Eltern auch ſchuldig vnd pflichtig / des Herren willen in al - len dingen anzunemen / es ſey zur freude oder zum leide / ſoAct. 21. v 14 muß es heiſſen / des Herren wille geſchehe. Wann dem - nach der gerechte Gott auch vns auff die probe ſtellet / vnd verſucht vnſere hertzen / das ans tagelicht komme / was fuͤr glaube vnd liebe Gottes darinne ſey / vnd reiſſet vns das jenige / was vns liebet / Ehegenoſſen oder Kinder auß den augen hinweg / vnd legets auff die todten bahr / ſollen wir ſolchen willen Gottes vns auch gefallen laſſen / denn vnſere liebe muß ſeiner liebe weichen / derowegen nach fleiſchlichem liebes affect, gegen die vnſere / nicht wieder jhn murren / ſondern ſagen / Hie bin ich vnd die Kinder die du mirEſa. 8. v 18. gegeben haſt / ich bin dein / meine Kinder ſind auch dein /Ebr: 2. v 13. du haſt fug vnnd recht vber vnnd zu vns / nach alle deinem wolgefallen mit vns zugebahren. Darumb was du thuſt / vnd mit vns fuͤrnimeſt / iſt alles recht vnd gut / dein Name ſey gepreiſet. Alſo that Jjob / da jhm alle ſeine Kinderſieben[32]Ijob. 1. v 2.ſieben Soͤhne vnd drey Toͤchter / in einer ſtunde vmb -cap. 2. v 10. kamen / ſprach er / haben wir guttes empfangen von der hand des Herrn / warumb wolten wir danncap. 1. v 20. das boͤſe nicht auch annehmen / der HErr hats gegeben / der HErr hats genommen / wie es dem Herrn gefellet / ſo iſt es geſchehen / der Name des Herrn ſey gelobet. So that auch David / da jhm ſeinSam. 12. v 17 kleines Soͤhnlein kranck war / faſtet vnnd betet er / obs nach dem willen Gottes wiederumb moͤchte geſund werden /ibid. v 20. da es aber geſtorben / ſalbet er ſich / leget andere klei - der an / vnd gehet in des Herren hauß / vnnd betet an. Das iſt / er dancks Gott vnd ſpricht / was ſol ich ſagen. Es hat meinem Gott alſo gefallen / ich werdeibid. 23. nicht wieder jhn ſtreben / kan auch mein Soͤhnlein nicht wiederumb holen / ich werde wol zu jhm fahren / es kompt aber nicht wieder zu mir. Wel - ches die betruͤbte Fraw Mutter heute vber jhrem / nach Gottes willen verbliechenen Sohne / auch nur wird practi - ciren muͤſſen. Denn alſo vnnd nicht anders hats GOtt gefallen. Drumb wird ſie ſich in demuͤttigem glaubens ge - horſam dißfals zu friede geben / vnnd das leid in gedult ver - ſchmuͤrtzen.

Das dritte ſtuͤck.

NVn laſt vns fuͤrs dritte auch kuͤrtzlich vernemen / wie der frome vnnd gehorſame Jſaac ſo gantz wunder - barlich errettet vnd beim leben erhalten wird.

Es[33]

Es kompt nun darzu / das dieſe beyde / Abraham vnnd Jſaac miteinander kommen auff den Berg Morija, an den ort / da das Opffer ſol gehalten werden. Da iſt A - braham mit groſſem ernſt vnd hertzlicher andacht her / vnd bawet einen Altar / tregt vielleicht etliche Steine zuſam - men / oder legt etlich Raſen auffeinander / das es etwas von der Erden erhaben wird / da muß Jſaac zweiffels ohne dar - zu trewlich helffen / damit man deſto ſchleuniger zum Got - tes dienſt vnnd Opffer gelangen moͤge. Da nun der Altar auffgefuͤhret / leget Abraham das geſpalten holtz / das bißher der Jſaac getragen / oben drauff / wie man pfleget bey beſtellung der Opffer zuthun. Was vnter deſſen fuͤr ſehnliche vnd heilige reden zwiſchen dem Vater vnnd Sohn moͤgen gefallen ſein / uͤber dem Opffer / woher mans entlich nemen ſolle / vnnd wie Abraham dem Jſaac zugeſprochen / vnnd jhm Gottes willen vnd befehl eingeredet / was der J - ſaac drauff geantwortet / vnnd wie er ſich mit gehorſamen geberden / worten vnd hertzen erzeiget / meldet Moſe hie nicht.

Es iſt aber kein zweiffel / das Abraham eine ſehr ſchoͤ - ne vnd hertzbrechende ſermon wird gethan haben / darinnen er dem Jſaac zugeſprochen / vnd Gottes befehl fuͤrgehalten / welchem er ſich nur werde gehorſamlich vnterwerffen / vnnd nun zum tobe ergeben muͤſſen.

Wer kan aber die wort ermeſſen / die der großgleubige A - braham in dieſer ſermon gebraucht mag haben. Vielleicht hat er etwan auff dieſen ſchlag geredet. Nun mein lieber Sohn / ich habe dich daheime außgefuͤhret / vnnd mit mir hieher gebracht / weil mir Gott befohlen / das ich an dieſerEſtet[34]ſtet jhme ein ſonderliches vnnd angenemes Opffer thun ſol - te / gehorſam biſtu mir geweſen / vnd meinem befehl bißher trewlich gefolget / das holtz zum Opffer haſtu / da ich den Eſel mit den beyden Knechten vnten am Berge gelaſſen / auff deinem Ruͤcken biß hieher gebracht / du haſt mir den Altar auch helffen auffrichten / nun fehlet nichts mehr / als das wir das Opffer anſtellen vnter weges bekuͤmmerſtu dich / vnd fragteſt nach dem Schaff zum Brandopffer / das hette ich zwar gerne alsbald dir ſagen wollen / wie es damit bewand / aber es war noch nicht zeit / ich moͤchte dir dein junges hertz nicht verzagt vnnd feige machen / ſagte dir aber vnter deß / das Gott durch ſeine aller weiſeſte vorſichtigkeit diß alles wol verſchaffen wuͤrde. Nun aber iſt zeit / das ich dir anzeige / was der HErr / mein vnd dein Gott / mir be - fohlen hat. Ach mein Sohn / du biſt mir wol ein wunder Sohn / wunderbarlich biſtu mir von Gott gegeben / nicht da ich noch in voͤlliger lebens krafft / vnd deine Mutter noch jung / vnd zum Kinderzeugen tuͤchtig geweſen / ſondern da ichGeneſ. 18 v 11. veraltet / vnnd deine Mutter betaget / das keine einige hoffnung mehr da war / mit einander einen Sohn zu zeu - gen / da aber ſchaffets Gott wieder alle vernunfft / vnnd gab mir dich zu einem geſchencke / mit der zuſagung wie innGeneſ. 21. v 12. dir die verheiſchung von vermehrung meines Samens / vnd dem rechten gebenedeyeten Samen Chriſto / dem Meſ -ibid. 10. 11. 12. ſia / ſolte geneñet ſein / alſo das ich auch Jſmael meinen Sohn / mit ſeiner Mutter auß dem hauſe laſſen muſte.

Nun aber habe ich vber dir wiederumb einen rechten wun - der befehl bekommen / darauß ich gewiß erkenne / das derHErr[35]HErr vnſer Gott ſonderlich an dir ſeine wunderbahre weiß - heit vnd groſſe krafft / darneben auch groſſe geheimnuͤß al - len vnſern nachkommen wil fuͤr die augen vnnd hertzen ſtel - len / ſiehe du mein trauter vnd hertzliebſter Sohn / du ſelbſt ſolt das Opffer ſein / GOtt hat mirs befoh - len / ich ſol dich jhme zum Brandopffer opffern. Wie nu GOtt ſeine verheiſchung / die auff dir beruhet / gleichwol werde in wuͤrcklicher that erfuͤllen / habe ich keine ſorge / Er iſtRom. 2. 4 warhafftig / drumb wird Er ſeine zuſage feſt hal -Micheæ 7. v 20. ten / vnd nicht endern was aus ſeinem Munde ge - gangen iſt / denn er bleibt vnwandelbar / Er iſt auchPſal. 89. v 35 allmechtig / drumb wirds jhm an krafft ſein wort wahr zuMalach. 3. 6. machen / gar nicht fehlen. Weiß ich vnd du nicht mas vndGeneſ. 17. 2. weiſe / wie Er ſolches erfuͤllen moͤge / wenn du nu geopffertIjob. 9. 4. wirſt / ſo iſt Er weiſe gnung vnd die Weißheit ſelber / derRom 4. v 17 wirdts wol wiſſen / denn er auch die todten lebendigibid. 21. macht / vnnd rufft dem das nicht iſt / das es ſey. Mir iſts genung / das ichs weiß auffs aller gewiſſe - ſte / was Gott verheiſchet / das kan Er auch thun? Darumb / O du mein einiger Sohn / laß vns GOtt dieIerem. 13. 16. Ehre geben / vnd ſeinen befehl außrichten / das wirdPſal. 69. 32. Gott beſſer gefallen / denn ein Ochſe der Hoͤrner vnd Klawen hat / vnnd wird vns bey allen vnſern nach - kommen zu vnſterblichen Ruhm vnnd Ehrenzeugnuͤß ge - langen.

Auff ſolchen ſchlag mit gantz Pathetiſchen worten / wird zweiffels ohn der Abraham ſeinem Sohne Jſaac das hertzE ijgeſucht /[36]geſucht / vnd GOtt zum willigen gehorſam zubereitet ha - ben / darauff ſich denn auch Jſaac gantz williglich ergeben / Haͤnde vnnd Fuͤſſe von ſich geſtreckt / das jhn ſein Vater binden / auffs holtz legen / vnd mit jhm thun moͤchte / was jhme Gott befohlen.

Hie bedencket abermals wie das frome Vaterhertz Abra - hams hat muͤſſen in angſt ſtehen / da er dieſen ſeinen einigen vnd hertzlieben Sohn / mit ſeiner eigenen hand alſo gebun - den / mit auffgerichten angeſicht die hende gegen dem Him - mel erhaben / vnnd entbloͤſetem halſe / hat anſehen muͤſſen / der ſich / als ein ſterbender / Gott zu gnaden befohlen / vnd er nichts ſiehet / noch erwartet auff dieſer Welt / als das jhm das Meſſer an die Gurgel geſetzt / vnd er wie ein Lamb abgeſtochen werde / wie denn Abraham das Meſſer allreit gefaſſet / vnd nu mit der ſchlachtung dran wil.

Deut: 33. v 3Aber hoͤret doch weiter / wie der guͤttige GOtt / vnnd liebhaber der Menſchen / den gebundenen Jſaac ſo wunderbarlich loß machet vnd beim leben erhelt / das jhm kein leid wiederfahre. Denn nach dem nun Abraham ſeine glaubens probe richtig außgeſtanden / vnd in allem gehor - ſam des Herrn trew erfunden worden / darauff denn Gott eigentlich geziehlet mit ſeiner verſuchung / wil Er dem A - braham weiter nichts vorſtatten / mit ſeinem Sohne fuͤrzu - nemen / ſondern ruffet jhm vom Himmel vnd ſagt / Abra - ham / Abraham / zwey mal nach einander ruffet er jhm bey ſeinem eignen Namen / anzuzeigen / Einmal / das er von Gott ſonderlich geliebet / vnd in groſſer gnade behaltẽ werde.

Denn wie von den Gottloſen geſchrieben iſt / das derHErr[37]HErr jhren Namen in ſeinem Munde nicht fuͤh -Pſal. 16. v 4 ren wolle / alſo hinwiederumb ſtehet von den fromen /Iohan. 10. v 3. 14. das ſie der HErr alle kenne mit Namen. Denn ſieLuc. 10. 20. ſeind im Himmel / oder im Buch des lebens ange -Apocal 21. 27. ſchrieben / darumb ſol jhrer nim̃er vergeſſen werden.

Darnach auch / das durch ſolch zwiefaches ruffen / Abra -Pſal. 112, v〈…〉〈…〉 ham von der Schlachtung ſeines Sohnes / die er nu gentz - lich fuͤr hatte / alßbald zuruͤck zogen vnd auffgehalten wuͤrde.

Hie fragt ſichs aber / wie das beſtehen koͤnne? Vorhin iſt gemeldet / das Gott dem Abraham befohlen / ſeinen Sohn zu ſchlachten / vnd auffzuopffern / Nu aber ſagt hie Moſe / das der Engel des Herrn jhme ſolches verboten vnd abgeſchafft habe? Jſt denn das nicht wieder einander? Nun iſt droben gemeldet / wie Gottes befehl an den Abraham / ſey nichts anders / denn eine Vaͤterliche verſuchung gewe - ſen / alſo das Gott nicht eigentlich gewolt / das der Jſaac ſolte geſchlachtet vnd geopffert werden / ſondern / das Abra - hams gehorſam offentlich erkant wuͤrde / da ſolte nu Abra - ham den Jſaac zwar aus ſeinem hauſe auff den Berg Mo - rija fuͤhren / daſelbſt binden / auffs holtz legen / das Meſſer faſſen / vnd es ſo weit mit jhm machen / das keine Creatur / vnd Er ſelbſt der Abraham ſampt dem Jſaac nichts anders ſehen noch wiſſen koͤnne / als nu ſolte dem Sohne die Kehle abgeſtochen werden / damit ſolte Abraham frey offentlich mit handgreifflicher that ſeines hertzen zuvorſicht vnd glau - ben jederman kundt thun / Aber weiter ſolte er in dieſem a - ctu nicht procediren, ſondern weil hierauß genungſam er - kandt worden / ſeine rechtſchaffene trewe an Gott / ſolte der Jſaac wieder loß geſaſſen / vnd beim leben erhalten werden. E iijWelches[38]Welches zwar ehe denn Gott ſolches mit ſeinem ruffen vnd abmahnen / offenbahret / keine Creatur wuſte noch verſte - hen kundte / Aber nu in eventu, im außgang klar wird / das der wolgefellige Gottes wille ſey geweſen / Jſaac ſolte nicht verbrandt werden im Opffer / ſondern frey vnnd loß außgehen.

Die alten Lehrer bezeugen das der Engel des Herrn an dieſem ort / wie auch ſonſt inn der Schrifft ſey geweſen derEſa. 9. 6 Sohn Gottes / welcher iſt der Engel des groſſen Rha -Malach. 3. 1. tes / wie jhn die Chaldaiſche Bibel nennet / oder der En - gel des bundes wie er im Propheten genennet wird / vnd haben dabey jhre ſchoͤne gedancken / welche ſie alſo von ſich geben / vnd ſagen. Gottes ernſte vnnd ſcharffe gerechtigkeit erfodere alles fleiſch / oder Adams Kinder vmb der ſuͤnde wil - len / zum tode / das ſie ſollen gewuͤrget werden / Aber JE - ſus Chriſtus / der da heiſſet der Engel des Bundes / ſey ins mittel getreten / vnnd errette ſein Volck vom tode / das ſie nicht ſterben / ſondern ſelig werden / iſt fein vnd wol von jh -Eſa. 53: v 9. nen geredet / vnnd ſtimmet mit der Schrifft vber ein / welcheibid 8. bezeuget / das Gott auff Chriſtum alle vnſere Suͤnde geworffen / vnd an jhm geſtraffet habe / auff das wir durch ſeine ſtrimen heil wuͤrden / vnnd Er der HErrMatth. 20 18. Chriſtus ſelber ſaget / Er gebe ſein leben zur Erloͤſung vor viele.

Das Er aber weiter ſagt / Lege deine hand nicht an den Knaben / vnd thue jhm nichts / dardurch wird be - zeuget / das vnſer Herr GOtt nu mehr nach ſeinem wolge - fallen das jenige von dem Abraham erlanget / worauff Erdieſe[39]dieſe ſeine Vaͤterliche verſuchung gerichtet / welches Er mit folgenden worten bewehret / wenn Er ſpricht / Nun weiß ich das du Gott fuͤrchteſt / vnnd haſt deines eige - nen Sohnes nicht verſchonet vmb meinet willen. Jſt eben als wenn GOtt ſagete. Nun habe ich ans tage - liecht gebracht alles vertrawen deines hertzens / vnnd allen glauben den du zu mir tregeſt / vnnd auff mein wort vnnd verheiſchung ſo feſt gruͤndeſt / das du auch wieder alle ver -Rom. 4. v 18 nunfft vnd ſinnen darauff ſteheſt / vnd nicht wanckeſt / obGeneſ. 15. 4. du auch deinen einigen Sohn / den Erben der verhei -Gæl. 4. v 23 ſchung mir gleich zu ehren / vnnd gehorſam geopffert het - teſt / deñoch der verheiſchene Same deiner poſteritetGeneſ. 15 5. vnd nachkommenen / ſampt dem Herren Meſſia / laut meiner warhafftigen vnd allmechtigen zuſage erfolgen maſſe / darob werden ſich alle deine glaubens KinderRom. 4. v 11 hoͤchlich verwundern / vnd deinen glauben hochruͤhmen / denGalat. 3. v 7 du in dieſem deinem gehorſam gegen mir / frey vnd offent - lich bezeuget haſt. So ſoltu nu nicht vmb ſonſt geglaubet haben / ſondern erhalten alles / was du mir in meinem wort zugetrawet haſt. Siehe Jſaac dein gebundener / vnd ſchon zum tode ergebener Sohn / ſol leben / vnnd meine verheiſch - ung an jhm erfuͤllet werden / das inn deinem SamenGeneſ. 12 〈…〉〈…〉. alle Geſchlecht auff Erden geſegnet werden. Sie - he alſo wird Abraham inn ſeinem Vaͤterlichen geengſteten hertzen wiederumb getroͤſtet / vnd Jſaac errettet. Denn2. Petri 2. 9. der HErr weiß die Gottſeligen aus der verſuch - ung zuerloͤſen / die vngerechten aber zubehalten /zum[40]zum tage des Gerichtes zu peinigen.

Damit aber gleichwol der Altar nicht vergebens gebauet vnd das zubereitete Opffer nicht gar hinterzogen wuͤrde / zei - get vnſer Herr GOtt dem Abraham einen Wieder der mit ſeinen Hoͤrnern an einer Hecken behanget / denſelbigen nimbt Abraham vnd opffert jhn zum Brandopffer an Jſaacs ſtat / vnd neñet dieſen ort / jhme zu ſteter erinnerung vnd ſtandhafftigem gedechtnuͤß / der HErr ſiehet / welcher Name biß zu Moſe zeiten die - ſem Berge blieben / das man jhn geneñet / den ort oder Berg da der HErr ſiehet. Deñ der großglaubige Abraham / hatte es in der that erfahren / das der Herr ſeines opffers ein gewiſſer vnd genawer zuſeher geweſen / vnnd es nach ſeiner Ewigen Weißheit determiniret, wie weit es gehen / vnd was fuͤr ein außgang deſſelbigen erfolgen ſolle. Habe jhm auch den Wieder durch ſeine Goͤttliche Providentz daſeliſt hin verſchaffet / den er zu rechter zeit erſehen / (wie er droben geſagt hatte / GOtt wird jhm erſehen ein Schaff zum Brandopffer /) damit er alſo ſeinen Gottes dinſt recht vorrichten koͤnte.

Eſa. 28. v 29Siehe alſo gehet dieſe ſchwere vnnd ſcharffe verſuchung herrlich hinauß / das Abraham mit ſeinem Sohne froͤ - lich vnd getroſt wiederumb zu hauſe kompt / vnnd erlanget darauß die hohe Lehre vnd troſt / wie entlich der Herr Meſ -Eſa: 53 v 8. ſias, an vnſer Stadt ſolte geopffert werden / das wirRom. 8, v 21 Ewige freyheit vnnd ſeligkeit erlangeten. Davon er ſich zweiffels ohne / mit ſeinem fromen Sohne vnter wegesſehr[41]ſehr lieblich wird beſprachet haben / vnd jhn etwa alſo ange - redet.

Ach mein Sohn / gedencke ja dein lebenlang an den tag an welchem du hetteſt ſollen geopffert werden / vnnd doch frey worden biſt / vnd vorgieß ſolcher geſchicht nimmermehr / denn darinnen hat vns vnſer Gott groſſe geheimnuͤß fuͤrge - ſtellet. Sie du biſt ja mein einiger Sohn den ich lieb habe / in dem mir der ſame genennet iſt / aber Gott befahl mir / das ich ſolte dich jhme zum Brandopffer opffern / Jch war bereit dem befehl GOttes nachzukom - men / vnd gieng mit dir an den ort den mir der Herr zeigete / das holtz zum Opffer legte ich dir auff / das du es ſel - ber trugeſt / vnd da ich kam dahin ich ſolte / band ich dich / vnd faſſet das Meſſer / das ich dich auffm holtz ſchlachte - te vnd opfferte / Aber der Herr rieff mir vnnd wolte es nicht geſchehen laſſen / Er zeigete mir aber einen Wieder / mit ſeinen Hoͤrnern an einer Hecken hangend / den opffert ich an deiner ſtat / Meineſtu das diß vergebens geſchehen ſey? Ach nein: Sondern GOtt hat vns als in ei - ner Taffel fein fuͤr die augen gemahlet / wie vnſer verhei - ſchener Same / der wahre Meſſias / ſich werde fuͤr vnnsIohan 17. v 19. vnſerm Gott auffopffern / auff das wir vom Ewigencap. 1. 1[9] tode befreyet wuͤrden / dieſer iſt der eingeborne SohnMatth. 3. 17. ſeines himliſchen Vaters / den Er lieb hat / als den erPſal 2. v 7. von Ewigkeit aus ſeiner Subſtantz vnnd weſen gezeu -Gal. 4 4. gethat / der wird zu beſtimbter zeit aus vnſern nachkom -Fmen /[42]men / wahre volkomene Menſchliche Natur an ſich nemen /Eſaiæ 53. 12. vnnd wiewol Er niemanden vnrecht gethan / auch kein betrug in ſeinem Mande erfunden iſt / ſo wird er doch vmb vnſern willen die wir vmb Adæfalles / vnd der Suͤnde willen des todes vnd Teuffels bande / ja des hel - liſchen fewers ſchuldig wahren: gleich wie der Wieder / ſich gefangen geben / das man jhn binden vnnd zur ſchlach - tung fuͤhren wird / da wird Er / gleich wie du / ſein holtz vnd Creutz tragen / an dem er wird behangen bleiben gleich wie der Wieder mit ſeinen Hoͤrnern an der Hecken / denn es wird Chriſtus nicht eine guͤldene / ſondern eine doͤrnerneIoh. 9. v 17 Kron tragen / als deſſen Reich auff erden iſt ein Reich desibidem v 5. Creutzes / doran er vnnd ſeine gleubige gliedmaß ſtetz gepei - niget vnnd angenagelt werden / an demſelben wird jhnDeut. 32. 22. das fewer Goͤttliches zornes / das biß in die uͤnter - ſte Helle brennet dermaſſen durchbrennen / darzu die bruͤnſtige liebes Flamme inn ſeinem hertzen / die er zu vnſerCant. 8. 6 ſeligkeit treget / vnnd eine rechte fewerglutt in jhm iſt / wird mitte zuſchlagen / daß er druͤber des todes wird ſein muͤſſen / wie der Wieder den ich zum Brandopffer an dei - ner ſtadt geopffert habe. Aber dadurch wird Er vnns von1. Ioh. 1. v 7 allen vnſern ſuͤnden / vom zorne Gottes vnnd Ewi -Rom. 5, v 6. gen tode gantz frey vnd loß machen / das wir lebendigOſee. 13 14. außgehen / gleich wie du von deinem brand vnd banden biſtHebr. 2. 14. loß worden vnd beim leben blieben / alſo ſollen wir durch jhnPſal. 22. v 27 Ewiglich leben / Ja gleich wie du vom holtz vnnd Altar biſt geſund wiederkommen / Alſo wird vnſer Meſſiaswann[43]wann Er ſein leben zum Schuldopffer gegebenEſa. 52. v 13 hat / auch wiederumb auß der angſt vnd gericht ge -ibid. 13. riſſen werden / vnd ein Ewiger Koͤnig ſein / der alleLuc. 1. v 33. ſeine vnd vnſere Geiſtliche feinde / die Suͤnde / den zorn Got - tes / den fluch des Geſetzes / den Todt / Teuffel vnd Helle zu ſeinen Fuͤſſen getreten / vnns von jhrer gewalt entle -Pſal. 110. v 1 diget / jhme auß dem Menſchlichen Geſchlecht / durch die Predigt des Evangelij vnnd krafft des heiligen Geiſtes eine Ewige Kyrche ſamlet / darinnen Er allen vnnd einemRom. 5. v 22 jeglichen gleubigen vergebung der Suͤnden / gerechtig - keit / vnnd Ewiges leben / ſchencket vnnd vorſichert / durch1. Cor. 1. 22 das pfand des Erbes / den heiligen Geiſt / den erEpheſ. 1. 14. außgeuſſet in jhre hertzen / vnd bewahret ſie durch ſeine macht im glauben zu jhrer ewigen ſeligkeit / das1. Pet. 1. v 5. wird / mir / dir / vnnd allen gleubigen hertzen / fried vnndRom. 5. 1. 4. freude / troſt vnd erquickung in vnſer inwendiges gewiſſen bringen / das wir mitten im tode werden das Ewige leben erblicken / vnd zu demſelbigen durch den zeitlichen TodtIoh. 5. v 24 als durch eine thuͤre eingefuͤhret werden.

Siehe / alſo gehet die Goͤttliche verſuchung mit den gleu - bigen gantz lieblich auß / dadurch ſie groſſen gewin / vnnd Geiſtlichen reichthumb an jhrer Seelen / mit gewaltiger vermehrung des glaubens erlangen / das ſie froͤlich vnd ge - troſt dem Herrn dancken hie zeitlich vnd dort Ewiglich.

Es wolle aber die heutige hertzbetruͤbte Fraw Mutter / dieſes in Gott verbliechenen Juͤnglings / ſolches auch in jh - rem leide betrachten / vnnd zu jhren troſt gebrauchen / alßF ijdie[44]Luc. 13. v 16die auch Abrahams glaubige Tochter iſt. Darumb ſie auch mit jhm etwas von ſeiner verſuchung tragen vnd er - fahren muß. Meinets doch Gott nicht anders mit jhr / als mit dem Abraham / der war jhm ſonderlich lieb / Er fordert aber von jhm ſeinen lieben Sohn zum Brandopffer / den kundte jhm Abraham nicht vorhalten / ſondern muſte jhm jhn nur einſtellen / wie ſchmertzlich wehe es jhm inn ſeinem Vaterhertzen gethan / Alſo liebet Gott auch in warhafftiger trewe dieſe hertzbetruͤbte Fraw Mutter / als die auch durch Chriſtum mit jhm verſoͤhnet iſt. Er hat aber jhren Erſten froͤmſten vnnd liebſten Sohn abgefodert / dadurch hat er zwar jhr einen ſchmertzlichen Rieß inn jhr trewes Mutter -Pſal. 90. v 3 hertz gethan / Aber wie ſol ſie jhm thun / es iſt des Herrn wille alſo geweſen / dem muß ſie nur weichen / vnnd GOtt jhren Sohn willig folgen laſſen / Er iſt zwar gewi - ckelt vnd verbunden in ſein todten geraͤhtlein / wie der Jſaac auff dem Altar vnd holtze / Aber GOtt wil jhm kein leidtEſa 26. v 20 cap. 56. v 14 wiederfahren laſſen / er iſt fuͤrm vngluͤck vnnd wetter verborgen / vnd ruhet in ſeiner Kammer / welche iſtSap 4. v 13. 14. ſein grab durch Chriſti begraͤbnuͤß geheiliget / Er iſt bal -Act. 3. v 19. 21. de balde volkommen worden / darumb hat Gott mit jhm geeilet aus dieſem boͤſen leben / Es kompt aber der tag der erquickung / da alles wieder ſol zu - recht gebracht werden / da werden auch dieſem fromen / vnd jetzo durch den zeitlichen todt / Gott geopfferten Soh -Pſal. 116. 16. ne die bande des todes vnd Grabes wieder auffgeloͤſet werden / daß er / wie der Jſaac ſeiner Mutter wird lebendig wieder geſchenckt werden / da werden ſie im Himmelreich inewiger[45]ewiger klarheit einander froͤlich anſchawen / vnd wird an jh - nen erfuͤllet werden / das hie ſtehet / der HErr ſiehet / denn er wird ſie dort ewiglich anſehen / mit lauter guͤttig - keit vnd freundligkeit / vnd ſie werden mit jhren augen jhn ſchawen / vnd fuͤr ſeinem angeſicht mit allen auſſer -Ijob 19. v 2[8] wehleten ewige freude vnd wonne haben / mit dieſem troſt / wird ſie alle jhre angſt vnd ſchmertzen in jhrem trewen Mut - terhertzen durchſuͤſſen / vnnd vberzuckern / das ſie es Chriſt - lich vertragen vnd vorſchmuͤrtzen wird.

Der GOtt alles troſtes / vnnd Vater aller2. Cor. 1. v 3 barmhertzigkeit wolle ſolchen troſt vnnd hertzens labſall in vns allen reichlich ergieſſen / auff das wir wieder allerley truͤbſall / ſchrecken vnd furcht des todes außgeruͤſtet / entlich in ſeinem hauſe / oben im Himmel bey jhm bleiben /Pſal. 23. v 6. von angeſicht zu angeſicht jhn ſchawen / vnnd mit1 Cor. 13. 12: allen auſſerwehleten / mit Ewigem preiß vnd danck verehren moͤgen / Amen.

Memoria defuncti.

DJeſer in Gott ruhender Knabe / oder junge Studen - te / welchem wir jtzo zu ſeinem Ruhbetlein das Chriſt - liche geleite gegeben / iſt von Weiland / dem Edlen Ehrenfeſten vnd Wolbenambten Herrn Lucas Reinhar - ten Roͤm: Kay: May: Oberſten Biergefelle einnemern / dieſes Briegiſchen Fuͤrſtenthumbs / vnd denn von der viel Ehr vnnd Tugendtreichen Frawen Martha / gebohrnen Schreerin / Anno 1602. den 29. Novembris erzeuget vnnd gebohren / von welchen er auch inn wahrer Gottes -F iijfurcht /[46]furcht / zucht vnd Chriſtlichen tugenden aufferzogen / wie dann ſolches ſeinen lieben Præceptoribus mit mehrem be - wuſt / das er in ſeinen lectionibus fleiſſig / vnd in der Kyr - chen andechtig geweſen / inmaſſen denn ſolches nu mehr je - derman kundt vnnd offentlich / Jch auch ſelbſt mit meinen augen geſehen / vnnd von deswegen jhme guttes zeugnuͤß geben kan / wie fleiſſig er ſich des Sontags bey dem Altar / bey auſpendung des hochwuͤrdigen Abendmals hat pflegen einzuſtellen / vnd ſeine ſondere luſt vnd freude gehabt / dem Ampt auffzuwarten vnnd zu dienen / das wol viel geringerer leute Kinder offters nicht gerne doran wollen / aber jhm war nichts liebers / als wann er ſein Chorkittelchen anlegen / vnd zur adminiſtration des H. Abendmals dienen ſolte.

Die gehoͤrten Predigten / hat er / ſo viel jhm nach ſel - nem alter moͤglich / fleiſſig nachgeſchrieben / vnnd zu hauſe hernachmals / nach ſeiner art / mit groſſer andacht repeti - ret, Ja nicht allein hat ſich dieſer / in Gott ruhende Kna - be / mit groſſer luſt zur Schulen gehalten / ſondern auch teglich ſich Gott dem Herrn mit gebet befohlen / ſeinem an - dern Geſchwiſter mit guttem Exempel vorgegangen / A - bendts vnd Morgens / vor Tiſch vnnd nach Tiſch hertzlich vnd andechtiglich gebetet / vnnd vnter dieſen alle wege auch dieſes eingemiſchet. Jch gehe aus oder ein / ſo ſtehet der todt vnnd wartet mein / hat auch ſein Geſchwiſter ſtets ermah - net zu beten.

Was die Kinderzucht belanget / iſts gewiß das die be - truͤbte Fraw Mutter / Goͤttlichem befehl nach / jhr dieſelbige mit groſſem fleiß hat laſſen angelegen ſein / vnd ſolche mit gutten vnnd ſcharffen worten fortgepflantzet / doch aber da - bey die Muͤtterliche trew mit nichten ſincken laſſen / ſondernalles[47]alles zum beſten gemeinet. So hat ſolche diſciplin vnnd Haußzucht dieſer Knabe / mit kindlichem gehorſam ange - nommen / vnd ſeine Fraw Mutter / gleich wie zuuor ſeinen Herrn Vater / weil er noch im leben in gebuͤhrendem re - ſpect allezeit gehalten / vnd ohne jhr vorwiſſen ſich nicht vn - terſtanden / da oder dorthin zu gehen. Er iſt ſo Ehrerbietig geweſen das er ſeine Fraw Mutter / offters muͤndlich / vmb eines oder das ander anzuſprechen (die jhme doch mit aller Mutterlichen affection jederzeit wol verwand geweſen) ſchew getragen / ſondern hat ſie ſchrifftlich auffs aller demuͤt - tigſte erſucht / vnd was jhme hierinnen gewilliget / oder nicht gewilliget worden / jhme Kindlich wolgefallẽ laſſen / wie ſeine briefflein / mit eigener hand geſchrieben / noch verhanden ſind. Zur Schulen iſt er 7. Jahr mit groſſen freuden ge - gangen / vnd ſeine Jugend mit lernung der Himliſchen weiß - heit vnd gutter freyer Kuͤnſte wol zugebracht / alſo das er auch zu hauſe die Biebel ſchon vber die helffte durchleſen / vñ ſolchen fleiß darauff geleget / das er ſeiner Fraw Mutter aus allerley Bibliſchen ſpruͤchen / einen Troſtſpiegel inn jh - rem einſamen Witwenſtand zuſtellen angefangen.

Den 17. Auguſti iſt er von GOtt dem Allmechtigen mit kranckheit anheim geſucht worden / darauff denn die be - truͤbte Fraw Mutter / nechſt Gott auch alsbald erfahrne Doctores, vñ ordentliche mittel der Artzney gebrauchet / die denn vnbeſchweret ſich erzeiget / den Knaben alſo bald be - ſucht / vñ nachmals bey jhme allen moͤglichen fleis angewen - det / vnd es an nichts erwinden laſſen / wie denn durch vorlei - hung Goͤttlicher gnaden / vñ des Herrn Doctoris fleis ſichs mit dem Knaben etlicher maſſen gebeſſert / das er wiederumb angefangen in der Schul ſich einzuſtellen / aber es wehret nitlange /[48]lange / er kompt kranck wiederumb aus der Schulen anheim / dieweil jhn ein Fieber angeſtoſſen / vnd darneben ein gewalti - ges ſtechen im heupte / daruͤber wiederumb die Fraw Mut - ter ſehr erſchrocken / vnd es Gott geklaget / vnd gebetet / dar - neben abermals eines geuͤbten / vnd hochgelahrten Medici Rahts gepflogen / der dann in gleichem auch an ſeinem fleis nichts erwinden laſſen. Nach dem aber es anders nit hat ſein koͤnnen / ſondern was Gott in ſeinem rahte beſchloſſen / hat muͤſſen erfuͤllet werden / hat die kranckheit ſich mercklich vor - mehret. Jn wehrender teglicher ſchwacheit iſt gemelter Knabe / gar ein gedultiger Creutztraͤger Chriſti geweſen / ſich ſeinem Erloͤſer Chriſto teglich vnd fleiſſig befohlen / vnd ſtets den 17 Pſalm Herr erhoͤre die gerechtigkeit / merck auff mein geſchrey ꝛc. vnd andere gar ſchoͤne gebet vnd Pſalmen / derer er dañ ei - ne zimliche anzahl gekund / vnd ſpruͤche gebetet. Die mit woch darvor / wie er auff den Doñerſtag hernacher ſo ſehr ſchwach worden / hat die Fraw Mutter zu jhm geſagt / je Lucas mein Sohn / wirſtu mir doch ſterben / darauff er zur antwort gege - ben / wie Gott wil / ich habe meine ſache zu GOtt geſtelt ꝛc. vnd ſolches gar außgebetet biß zu dieſem geſetze / Es ſeind ge - zehlt all haͤrlein mein / es felt keins ohn den willen ſein. Jn ſumma die Fraw Mutter hat viel ſchoͤne gebete jhm vorge - betet / wañ ſie jhn gefragt. Verſteheſtu es auch / Lucas gib ein zeichen / darauff er hertzlich geſeufftzet / vnd der Fraw Mutter die hand gedruckt. Den 30. Octobris, zwiſchen 10. des mor - gens / iſt er ſanfft vñ ſeliglich entſchlaffen / nach dem er 13 wo - chen kranck gelegen. Sein alter erſtrecket ſich auff 13. Jar.

Der allmechtige Gott troͤſte kraͤfftiglich die hertzbetruͤbte Fraw Mutter / vnd Geſchwiſter / vnnd lindere jhr Creutz vnnd betruͤbnuͤſz / helffe auch vns vnſere Reiſe ſeliglich beſchlieſ - ſen / vnd fuͤhre vns entlich aus allem kampff vñ ſtreit / in den Triumph des ewigen lebens / Amen.

[49]

LACRVMÆ INVALDE IM - MATVRAM ET LVCTV - OSAM EXMISERRIMO HV - IVS VITÆ CVRRICVLO AD Æ - TERNA BEATARVM ANIMARVM COLLEGIA TRANSLATIONEM, ADOLESCENTIS LVCÆ Reinhart. SPECTATISSIMI ET PRV - DENTISSIMI VIRI DN. LVCÆ REINHART SENATORIS QVON - DAM REIPVBLICAE HVIVS MERITISSMI, RELICTI FILII. Fuſæ ab Amicis & condiſcipulis.

ALveolos effunde tuos, & ſuffice fletus
Odera, lugendi ſontica cauſa ſubeſt.
Fermentata, meis humeris infeſta, Mephitis
Luctûs, exſugit robore membra ſuo.
GMors[50]
Mors ſecuit vitæ tibi licia, ſancte Puelle,
Qui mihi cognato ſangvine iunctus eras.
Scilicet hanc lethi cladem fortaſsis adegit
Climacter, mortis nuncius indomitus.
Ipſa meos torquet febris quartana lacertos:
Quî nunc exequias ire tibi potero?
Proh dolor! appendam lugubrem, in limine templi,
Pullatam triſti carmine Næniolam.
Vellem, ſi poſsem, graphio deſcribere prompto
Indolis effigiem, ſancte Puelle, tuæ.
Amundi illecebris fueras ſeiunctus hiulcis:
Te non armabat, curva Megæra, dolis.
Non incæſtabat mentem famoſa Vacuna,
Tempus Erinnæa garrulitate terens.
Aptabas mentem divinis rebus ovantem,
Mente, columbiná ſimplicitate, piâ.
Maternis monitis fueras parere paratus:
Doctorum iuſsis obſequioſus eras.
In te ſumma fuit ſolertia: ſumma cupido
Diſcendi: ſummus Relligionis amor.
Hinc etiam ornavit te turba Novenſilis æquè,
Profectu in ſtudijs, dotibus ingenij.
Hoc[51]
Hoc oſtenderunt Quinquertia menſtrua: tendit
Huc Præceptorum calculus unanimis.
Imò latina docet mihi nuper epiſtola miſsa:
Hanc ſi penſiculo decidit unda genis.
Hic exercitium præſcribi nempe iubebas,
Ingenij poſses edere quò ſpecimen.
Me præeunte etiam cupijſti lingere labris
ECiceronéis Romula mella favis.
Hocce tuis condiſcipulis ſit calcar: ut inde
Diſcant Palladijs in vigilarè operis.
Quò feror anfractu? quò me dolor anxius urget?
Cur nece præproperâ, ſancte Puelle, cadis?
Cur Caries feretro fœdum non inijcit hircum?
Cur tibi non parcit, qui pietate vales?
Nonne tibi ſuccurrêrunt Chironis alumni
Et morbo medicas adhibuêre manus?
Nil iuvat, ut rigidê medicæ culpentur opellæ:
Fato obſtante etenim nulla medela iuvat.
Nonne feram Clothûs rabiem caſtiſsima Mater
Hic potuit votis mitificare ſuis?
Forficibus, de te conceptam, ſicne protervis
Amputat heu! nobis, ſpem, Libitina ferox?
G 2Sed[52]
Sed quid? fallor, manes, è valle ſepulcri,
Audio, defuncti, talia verba loqui.
Me recreant auræ céleſtis Eteſia: fletu
Ergo cur geritis turgidulos oculos?
Elidens vitam mors monſtrat originis arctam
Mentagram noſtri non ſine dedecore,
Hæc phthiſis è vetito Pomonæ pullulat eſu:
Mortis ſpeléum nemo poteſt fugere.
Maternâ quando fueram rudis embryo in alvo
Præfixus vitæ circinus iſte fuit.
Eſt meliùs, pacale citis intrare veredis
Regnum, quam longis impeti in orbe malis.
Gramineus poſthac ſacratæ hic ambitus ædis
Conſecrata meis manibus area erit.
His in cimmerijs ſpecubus ſine fine quieſcam,
Vſꝙ tuæ ad clangens Chriſte celeuſma tubæ.
Sum digito Iov ae divinum ſcriptus in album:
Scriptum haud delebit mortis avara manus.
Angelicasꝙ́ inter, gymnaſmata mille, catervas
Laudandi Iovam, chromate, diſco, pio.
Vos ut ad aligeros me præmiſiſtis ephébos:
Sic fors, quâ me, cras, hora, ſequamini, erit.
O Muſæ[53]
O Muſæ guttas ſtillantes cortice myrrhæ
Spargite: hic Eléo dignus honore Puer.

Abraham Schweitzer.

Auff meines ſeelig verſtorbenen Vaͤttern hochbetruͤbten Fraw Mutter Begehren in deutſche Reim gebracht.

ACh Oder laß dein ſtrom flieſſen /
Das ich kan thraͤnen vergieſſen /
Zu weinen mit groſſem klagen /
Weil ich billich leidt muß tragen.
Vor leid ich thu gantz erzittern /
Die Lenden ſich im Leib ſchittern:
Die Todtenglock ſolch leidt anſtimbt /
Welchs den gliedern jhr kraͤfft benimbt.
Der Todt mit ſeiner Saͤnſe hart
Dir abſchneidet dein leben zart
O fromer Knab: du / wie bekandt /
Mir mit Blutfreundſchafft warſt verwandt.
Vieleicht das du ſtirbſt zu der friſt
Das Wechſeljahr ein vrſach iſt:
Welche Jahr ſonſten / wie man meint /
Des todes boͤß vorboten ſeint.
G iijDas[54]
Das viertaͤgliche Fieber / Ach!
Mich jetzo hat gemacht ſehr ſchwach:
Jch darff nicht auſſem hauß ſchreiten:
Wie ſol ich dich zu grab gleiten?
Doch wil ich in die Kirchenthuͤr /
Wie ſonſten breuchlich iſt allhier /
Zum gedechtnuͤß / nicht ohn klagen /
Ein grabſchrifft laſſen anſchlagen.
Jch wolte gern / wenn ich nur kuͤnt /
Abmahlen fein / O fromes Kind /
Dein Ehrnrhum vnd tugendzeichen:
Wenig ſind jetzt deines gleichen.
Von der Weltlichen vppigkeit
Wareſtu abgeſondert weit:
Du warſt nicht / wie leider geſchicht /
Auff falſch vnd arges abgericht.
Du warſt nicht ein Gaſſenrenner /
Vnd vnnuͤtzer Muͤſſiggenger /
Der nur die zeit mit Naͤſcherey
Zubringet / vnd mit waͤſcherey.
All dein gedancken vnd tichten
Nur auff Gottes wort theſt richten /
Gott zu dienen das war dein will /
Du warſt from / einfeltig / vnd ſtill.
Deiner Fraw Mutter wareſtu
Gehorſam /[55]
Gehorſam / wie dir zimte zu:
Gelehrte leut waren dir lieb /
Jhr Lehre dich zum fleis antrieb.
Sehr fleiſſig warſtu / das iſt war /
Auffs lernen warſtu gantz vnd gar
Geneigt: Drumb nach gewonter weiß
Des betens wartſtu ab mit fleiß.
Weil du giengſt auff Gottes wegen /
Gab Gott zu deim lernen ſegen /
Zierte dich mit feinen gaben
Des gemuͤts / die viel nicht haben.
Das haſtn in der Schul fuͤrwar
Alle Monat bewieſen klar
Mit ſonderm lob / wie dir eben
Dein Schulmeiſter zeugnis geben.
Der Lateiniſche Brieff zimlich
Fein an mich geſchrieben newlich
Solchs lehrt: wenn mein gemuͤt nachſint /
Threnwaſſer aus den augen rint.
Da begerſtu nemlich von mir
Das ich dir wolte ſchreiben fuͤr
Vom fleiß / der dir thet belieben /
Das du dich zu hauß moͤchſt vben.
Du hatſt das ich dir weiſen wolt
Wie man Lateiniſch reden ſolt
Zierlich /[56]
Zierlich / kuͤnſtlich / vnd nach der weiß
Der alten / mit beſonderm preiß.
Diß den Schuͤllern ein ſporn ſol ſein /
Der ſie ſolt all auffmuntern fein /
Zulernen kuͤnſte vnd tugendt /
Weil jhn noch gruͤnt jhre Jugend.
Was mach ich vor vmbſchweiffens doch?
Wohin treibet mich der ſchmertz noch?
Warumb ſcheidſtu / O fromes Kind /
Aus dieſem leben ſo geſchwind?
Warumb doch nicht des todes macht
Einen ſtinckenden Bock abſchlacht?
Warumb ſchont nicht des todes liſt
Deiner / der du ſtill[und] from biſt?
Sind nicht beruͤmbte Ertzte fein /
Bey dir geweſt mit viel Ertznein /
Die fleiſſigen vorſchub gethan /
Das die kranckheit moͤcht abelan?
Es wil billich hier nicht gelten /
Das man auff die Ertzt wolt ſchelten:
Denn da hilfft gar keine Ertzney /
Wenn Gottes gluͤck nicht iſt dabey.
Hat dein Fraw Mutter mit bitten /
Vnd tugendhafftigen ſitten /
Den todt nicht koͤnnen bewegen /
Das[57]
Das er dich hett laſſen leben?
Das Gott aus dir hett werden lan /
Jn der Welt einen fromen Man /
Hofften wir all mit verlangen
Ach ſolch hoffnung iſt vergangen.
Aber was? mich deuchtet eben /
Das ich den verſtorbnen reden
Hoͤr / aus des finſtern todesthal /
Dieſer troͤſtlichen worte ſchal.
Die Himliſche gluͤckslufft geſund
Mich erquicket jetzt dieſe ſtund:
Warumb thut jhr denn ſo zagen /
Vnd ſo ſchmertzlich mich beklagen?
Der todt der vnſers lebens krafft
Aus ſaugt / vnd aus der Welt wegrafft /
Der zeiget vns allen behend /
Vnſer kranckheiten vnd Elend.
Als wir von eim Apfel genaſcht /
Da hat vns all der todt erhaſcht /
Niemand kan von des todes pein
Geſichert vnd befreyet ſein.
Eh ich zur Welt gebohren ward /
Als bald Gott meinem leben zart
Hat ein Circkel lan vmbſchreiben /
Den kan ich jetzt nicht vmbſchreiten.
HEs[58]
Es iſt beſſer in dieſem fal
Eingehen in des Himmelsſal /
Als lange auff dieſer Erden
Jaͤmmerlich geplaget werden.
Dieſer Kirchhoff / auff den ich hin
Getragen jetzo worden bin /
Wird meim verſtorbnen Coͤrper ſein
Ein bequemes Ruhbettelein.
Jm Grab / da wil ich ruhen fein /
Biß zum gewuͤnſchten ſtuͤndelein /
Da der Poſaun Chriſti brauſen
Mir wird in den Ohren ſauſen.
Jm Buch des lebens allezeit
Jch werde bleiben einverleibt:
Aus dem Buch mich mit vngeſtuͤm
Nicht leſchen kan des todes gruͤm.
Nu werde ich mein lebenlang
Gott meinem Herren ſagen danck
Vor all wolthat / vnd mit klingen
Mit den Engeln jhm lobſingen.
Gleich wie jhr mich jetzt mit klagen /
Habt laſſen zu grabe tragen:
Alſo kuͤnt morgen ſein die zeit /
Das man euch auch zu grabe leitt.
Jhr Gelehrten jetzt euch gebirt /
Das[59]
Das jhr diß Leichbegengniß zirt /
Beſtrewet mit Myrrhen das Grab /
Wol wuͤrdig iſt es dieſer Knab.

Abraham Schweitzer.

EHeu quàm acerbis ſubdita fluctibus
Stat vita noſtra hæc! neſcia cùm ſuo
Regumq; turres, pauperumq;
Mors pede pulſet atrox tabernas.
Et diſcrepat nil â volitantibus,
Vel piſcibus! quos captat arundine
Piſcator hamo vel latente:
Quas volucres citò fallit auceps.
Sic præter omnem ſpem venit omnibus
Mors deſtinata, & quando pericula
Nulla extimeſcunt, falce curvâ
Mox iuuenesq́; ſenesq́; demit.
Ergo irrigas quid fletibus ora? cur
Tantis obortis vel lacrymis ſinum
O Mater imples mœſta! cerne
Exequias populum ſequentem.
Electus eſt non ex vario ordine?
Ornatus eſt non dotibus optimis?
Horum aſt manebit quis ſuperſtes
Seculo & hebdomadis decem actis.
H 2Sed[60]
Sed pœnitet forſan iuvenilium
Te annorum? ego ſed dico, Deus quem amat
Dum floret annis, eripitur malis
Lætitiasq́; capit perennes:
Nam turpe ſemper turpiter eſt mori:
Non turpe verò eſt eximiâ mori
Cum laude, ſanctâ oratione
Relligione, piaq́; mente.

Condolenti animo parentabat Chriſtophorus Naſsoviuſ Sveboſ. Sileſius.

KLAGE THRENEN Vber ein gruͤnes Zweigelein / ſo aus dieſem jrdiſchen Garten in das ewige Paradeiß fortgeſetzet vnd gepflantzet iſt.

ACh leider / das doch die wir lebn /
Muͤſſen in ſo viel vngluͤck ſchwebn /
Muͤſſen ausſtehn manchn ſawren wind /
Der ſich aus allen orten find /
Das klaglichſt aber iſt gewiß /
Vor allen andern ſag ich diß:
Das wir nicht wieſſn die zeit vnd ſtund /
Wenn vns der Todt reiſt in ſein ſchlund.
Das[61]
Das wir nicht wieſſn / ob er einſchleich
Zum Armen bald oder zum Reichn.
Ob er anklopff eins Bawern thuͤr
Odr ins Koͤnigs Schlos nein wil.
Ob er ein Juͤngling aus dem hauß
Wil haben / odr ein alten drauß.
Vnd koͤnnen ſo nit mehr erwiſchn
Vom todt / als die Voͤglein in puͤſchn /
Welch auch ſo eilig fallen hin /
Gleich wie ein Boltzen fehrt dahin.
Denn wenn ſie in den gruͤnen Waͤldn
Sitzen / oder in blancken Feldn.
Vnd ſuchen jhrem Leib zu eſſn /
Thun auch / als ſie gar ſicher ſeſſn.
Sih da mit was fuͤr ſtrick vnd tuͤck /
Geſchwind in einem augenblick
Sie werdn erhaſcht / vnd muͤſſn jhr lebn
Ohn all Barmhertzigkeit auffgebn.
Wir wiſſn nicht mehr des Todes zeit /
Denn die Fiſch / ſo in waͤſſern ſeind /
Wenn die ſicher wolln ſpeiſe fangn
Bleiben ſie an der Angel hangn.
Wann ſie wolln lauffen fuͤr vnd fuͤr
Nach der art vnd weiß jhrer Natur:
H iijSo[62]
So ſind ſie ſchon im Netze drinn /
Vnd koͤnnen nicht wiedrumb entſpringn
Muͤſſen ſo auch im Netz jhr lebn /
Geſchwind vnd vnverſehns auffgebn.
Alſo gehts mit vns Menſchen zu
(Welcher Exempel ſpat vnd fruͤ)
Wenn wir ſagn dieſe zeit vnd Jahr /
Hat es mit vns gar kein gefahr /
Vnd ſingen lauter SJCHERHEJT
Jn wollebn vnd in froͤligkeit /
So kompt der Todt mit ſeinem ſtrick
Vbr felt vns in eim augenblick /
Da wir den tag geſchworen hettn /
Wir wuͤrden vns vom Todt errettn:
Denn tregt man vns hin auff der Bahr /
Vnd giebet vns die letzte Ehr.
Derwegn Fraw Wittib / was ſo ſehr
Betrůbt jhr euch / vnd immermehr /
Was ſol das ſein fuͤr eine weiß
Ewrn Mund mit heiſn thraͤnen zu ſpeiſn.
Ach ſeht doch an die groſſe zahl
Aus allen Staͤnden vberall.
So jetzt giebt ewerm Soͤhnelein /
Die Ehr zu ſeim Ruhbettelein.
Iſts[63]
Jſts nicht ein auſſerleſen Volck
Aber wer iſt? der ſagen wolt /
Das alle vber hundert Jahrn
Sie moͤchten noch jhr leben ſparn /
Ja ſolln jhr ſechs noch vbrig ſein
So wers geweſt ein prophecey.
Aber / Fraw Wittib / moͤcht jhr ſprechn /
Man mus aber die Jahr außrechn /
Welchr noch ſind gar wenig geweſen /
Hett derwegn wol koͤnnen geneſn /
Vnd mir zu guttem troſt vnd frewd
Noch leben eine lange zeit.
War iſts: er iſt jung weggenomn /
Aber vielem vngluͤck entkomn.
Denn wen Gott liebet allezeit /
Den nimpt er jung aus dieſem leid /
Vnd ſetzt jhn in ein ſolche frewd /
Die wehrt in alle ewigkeit.
Weil denn nach ſeinem gutten Raht /
Gott ſelber jhn verſetzet hat /
Wollet jhr ewern willn drein gebn
Vnd diß zum letzten btrachten eben.
Schand iſts allzeit ſehr / ſchaͤndlich ſterbn:
Loͤblich aber / den todt erwerbn
Mit[64]
Mit einem ſanfftmuͤttigen gbet /
Mit allr andacht zur Himmel ſtet /
Durch den glauben an JEſum Chriſt /
Welcher euch troͤſt zu aller friſt.

Christophorvs Nassovivs von Schwiebſen.

SENECA IVVENEM MORI POSSIBILE Est, Senem Necessario.

CEdere confectus longâ durâq́; ſenectâ
Cogitur è vitâ, Seneca doctus ait.
Et fieri potis eſt, ſubeat quò ſpicula mortis,
Mollis adhùc iuvenis: Seneca doctus ait.
Exemplum talis vivum dictaminis ecce
Mortuus hic oculis exhibet ipſe tuis.
Hic licet ætatis tetigiſset lumina vernæ,
Mors tamen haudquaquam terra pepercit ei.
Hic licet Aonio ſudarit ſemper in agro,
Mors tamen haud quaquam tetra pepercit ei.
Hic licet aſsiduê calcârit templa IEHOVAE,
Mors tamen haudquaquam tetra pepercit ei.
Tu verò Genitrix, ne ſic impenſa beati
Gnati deplores Fata beata necis.
Aurea nam ſolio ſtellantis culmina cœli
Accipit, ac artes diſcit in arce bonas.
Es[65]
ES ſagt wol war der SENECA,
Notwendig iſt / das ſterbe da
Ein Alter wolbetagter Man /
Ein Juͤngling mus wol auch daran.
Ein ſolch Exempel haben wir /
Jn dieſer Leiche / welche hier
Wir legn in ſein Ruhbettelein /
Das dem ſo / vnd nicht anders ſey.
Dieſr Juͤngling obr erreichet zwar
Sein Jugend / mus doch auff die Bahr:
Ob er gleich hat fleiſſig ſtudiert /
Wird er doch zum Grab hingefuͤhrt.
Ob er gleich fleiſſig Gott angrufft
Mus er doch hinein in ſein Grufft.
Gott hats ſo gwolt / es mus ſo ſein /
Darumb gebt nur ewrn willen drein /
Fraw Wittib / vnd nicht alſo ſehr
Beweint ewrn Sohn / er iſt nun mehr
Jm Himml / da er ſtudieret fein
Die Kuͤnſte mit den Engelein.

Chriſtophorus Student Sveboſinas S. Gymnaſij Bregenſis alumnus.

PArca fetox, omnes adigis cur fulmine ad umbras?
Ordinis atq́; ævi funera mixta facis?
Cur illud, terris quod ſpectas utile, tollis?
Cur pejora ſinis? Cur meliora rapis?
IScilicet[66]
Scilicet ipſus Adam decerpſerit arbore fætus
Dæmone deceptus, triſtia fata tulit.
Hinc mala homo tot habet, quot in æthere ſidera lucent,
Parvaq́; quot ſiccus corpora pulvis habet.
Hinc ſua cuiq́; dies ſtat, & irreparabile tempus
Omnibus eſt vitæ, quos levis aura fovet.
Quas Reinhard, technas mundi compertus acerbas,
Qui cepit Phæbi caſtra ſubire, Lucas.
Nam plures poterat vixiſse diutius annos,
Corpus adhuc firmum; Spiritus acer erat.
Sed cadit ante diem, cadit heu dilecta luventus:
Flacceſcit veluti vix roſa, nata, die.
Nunc tumulum facite & tumulo ſuperaddite carmen:
Florea nunc tumulo ſerta dediſse decet.
Dicite ſælix morte ſuâ, jam ſignat honore
Te Summus, vitam quo dedit ætheriam
AEternumq́; loco quàm molliter oſsa quieſcant
Et rurſus ſurgant buccina quando ſonet.

Klagliedt.

O Todt was iſt das fuͤr ein Sach /
Das du ſo zornig vnd ſo gach
Hinreiſt vnd wuͤrgſt all Menſchenkind /
Achſt nicht wes ſtandt vnd lebn ſie ſind?
Was iſts / das du beraubſt die Erdn
Der / ſo du meinſt jhr mutz zu werdn /
Das du die fromen abhaun thuſt /
Die boͤſen aber gruͤnen leſt?
Aus[67]
Aus Erden war ein Menſch gemacht /
Der vns vom leben zum Todt bracht /
Jn dem Er abbrach / die Frucht
Welche von Gott jhm war verflucht.
Dannher der Menſch iſt vberall
Vnterworffen Creutz vnd Truͤbſal
Alſo das noth mit großt gefahr /
Weit vbertrifft der Sternen ſchar /
Dannherr der todt wehn er trifft an /
Friſt / kein Alter nicht helffen kan /
Alln nur das leben gliehen iſt /
Fleucht ſchnell dahin hat kleine friſt.
Welch Elend / Furcht / Truͤbſal / vnd leid /
Der boͤſen welt in gſchwinder zeit /
Reinhard / zu letzt auch todes noth /
Jn ſeinr Jugend erfahren hat /
Dann dieſer hett noch lange zeit
Koͤnnen leben ohne ſchwacheit /
Dieweil ſein Leib vnd Gliedr fuͤrwar
Jn ſtaͤrck vnd Jugend bluͤten gar.
Abr Er vorgehet gleicher mas
Wie ein kraut oder gruͤnes Gras /
Das bald welckt / obs fruͤ ſchoͤne bluͤt
Zabend gemeit vordorren thut.
Drumb all ſo dieſer fall betruͤbt /
Betrachtet doch welche Gott liebt /
Die rafft er weg aus dem Elend /
Vnd nimbt jhr Seel in ſeine hend.
Nun legt den Leib ins Grab hinein /
Vnd richtet auff ein ſchoͤnen Stein /
u〈…〉〈…〉[68]
Thut auch als bald Verß drauff ſchreiben /
Das ſein gedechtnis hier moͤg bleiben
Ewr hertz nun wieder vom traurn reiſt /
Vnd dieſe Seele ſelig preiſt /
Das ſie mit ehren ſchoͤn gezirt
Gott hat ins Ewig lebn gefuͤrt.
Wuͤnſcht das ſein Leib ohn alle klag /
Sanfft ruhe biß an Juͤngſten tag /
Vad von der Erd wider auffſteh /
Wann Gottes Poſaun ſchall angeh.

â Iacobo Scribonio Landeccio Sileſio.

[figure]

About this transcription

TextGlaubens Prob Bringt sieg und Lob
Author Johannes Neomenius
Extent68 images; 14330 tokens; 4211 types; 93877 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationGlaubens Prob Bringt sieg und Lob Auß der Historien Jsaacs/ wie ihn sein Vater aufopfern solte/ Beim Begräbnuß des wolgezogenen fromen Knabens/ vnd Gottseligen fleissigen Schüllers Lucae Reinhards Johannes Neomenius. . 68 Casparus SigfridusBrieg1616.

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Universitätsbibliothek Breslau Universitätsbibliothek Breslau, 4 S 140/17 / 523923

Physical description

Fraktur

LanguageGerman
ClassificationGebrauchsliteratur; Leichenpredigt; Gebrauchsliteratur; Leichenpredigt; ready; aedit

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