PRIMS Full-text transcription (HTML)
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Deſiderabile oculorum Lugentium Dei filiorum Abitum beatè defunctorum.
Eine Chriſtliche Leich - vnd Ehrenpredigt aus dem 24. Capitel des heiligen Propheten Ezechielis / von der himli - ſchen Augenluſt glaͤubiger Kinder Gottes / welche ſie in verluſt jhrer zeitlichen Augenluſt haben ſollen.
Zu ſtetswehrendem Ehrengedaͤchtniß gehalten Bey Adelicher Sepultur vnd Leich - begaͤngniſſe Der weiland Edlen Wol - vnd VielEhren - Tugendreichen Frawen Eliſabeth / gebornen Eckwrichtin von Starrwitz / Des auch Edlen / Geſtrengen / Ehrenveſten vnd Wolbenambten Herrn Georg von Reideburgs vnd Krayn auff Algerßdorff viel - vnd hertzgeliebten Haußfrawen / numehr in Gott ſeligen. Als dieſelbe den 12. Decemb. abgelauffenen 1619. Jahres Morgens fruͤhe zwiſchen 8. vnd 9. der halben Vhr ſe - liglich verſchieden / vnd hernach den 16. Ianuarij folgenden Jahres in die Kirch S. Oſvvaldi zu Krommendorff mit einem Adelichen Ehrlichen Comitat zur Erden beſtattet worden.
LIPSIÆTypis Lambergianis, Jn VerlegungDavid Muͤllers Buchh.Anno1621.
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Dem Edlen / Ge - ſtrengen / Ehrenveſten vnd Wol - benambten Herren / Georg von Reideburg vnd Krayn / auff Algersdorff / mei - nem inſonderheit großguͤnſtigen viel - geliebten Herren vnd be - foͤrderer. Gottes Gnad / reichen Troſt / Segen vnd alle zu Seel vnd Leib erſprießliche Wolfarth durch Chriſtum.

EDler / Geſtrenger / Eh - renveſter vnd Wolbenambter großguͤnſtiger Herr / die Liebe iſt ſtarck wie der Todt / ſagetCant. 8. v. 6. wol vnd recht der weiſeſte Koͤ - nig Salomon / worinnen er eine wunderbare collation vnd vergleichungA ijanſtel -[4]Vorrede.anſtellet / zwiſchen zweyen ſonſt zwar ſehr vn - gleichen / aber doch bey Menſchlichen Lebens Vollziehung beiderſeits ſtarcken vnd maͤchti - gen dingen: Eines iſt die vngefaͤrbte Liebe vnd Trew / in welcher Menſchliche gemeinſchafft beruhet / das ander aber der zeitlich Tod vnd Außgang dieſes Lebens. Starck vnd allzu - ſtarck iſt / ach leider Gott geklagt / der zeitliche Tod vmb der Suͤnde willen.

Er friſt verſchlingt all MenſchenKind /
Wie er ſie find /
Fragt nichts wes Standes oder Ehren ſie ſind.

Seiner Staͤrcke mag nicht entwerden / der geſchwindeſte Haſaël, der ſchoͤnſte Abſolon, der ſtaͤrckſte Simſon, der weiſeſte Salomon, der gewaltigſte Nebucadnezar, der reicheſte Cræ - ſus, der aͤrmſte Lazarus.

Nullus tam fortis, cui parcant ſpicula mortis. ()

So ſtarck vnd maͤchtig iſt er / daß er auch die Bande / ſo der allerhoͤchſte ſelber zwiſchen Eltern vnd Kindern / zwiſchen frommen Ehe - Hertzen vnd andern vertrawteſten Freunden gewircket vnd geknuͤpffet hat / die Bande / ſo kein Menſch loͤſen vn̄ ſcheiden ſol / ſo geſchwin -de als[5]Vorrede.de als der ſtarcke Simſon ſeine ſpannewe Stri - cke / mit denen er gebunden war / Judic. 15. v. 14.Iud. 15. v. 14. zerreiſſen kan / ſo ſtarck iſt er / daß er auch die klaͤglichſte διχοτομίαν vn̄ Hertzſpaltung machen / vnd jhr zwey in einem Fleiſch beyſam̄en woh - nend von einander trennen kan / ſo ſtarck / daß er auch die behertzigſten ſchwechen / trawrig vnd voll Jammers machen kan. O der groſſen Macht vnd Staͤrcke des Todes / welche vmb der Suͤnde willen zu allen Menſchen durchge - drungen / Rom. 5. v. 12. Rom. 5. v. 12.

Starck aber wie der Todt / ach ja wol ſtaͤr - cker als der Todt / iſt frommer Chriſten / beſon - ders trewhertziger liebreicher Ehegenoſſen Lie - be / durch welche jhre Hertzen zuſammen ge - wachſen / vnd eines worden ſind / denn O wie ſtreitet die Liebe mit des bittern Todes Vor - boten vnd Kranckheiten / wenn die vnſrigen ſtracks darnieder liegen / vnd leſt ſich anſehen / ſamb wir jhrer liebſten gemeinſchafft ſollen verluſtig werden / wie hilfft die Liebe ſo hertz - lich beten / vnnd wil durchaus den empfange - nen Schatz nicht verlieren / ſo ſtarck iſt die Lie - be / daß ein trewes Ehehertz anders nicht den -A iijcket /[6]Vorrede.cket / als koͤnne jhme kein groͤſſer Elend auſſer dem verluſt ſeines nechſt Gott hoͤchſten Klei - nods widerfahren. So ſtarck iſt die Liebe / daß ſie auch im Todte einander nicht moͤgen vergeſſen / ſie laſſen jhnen jhre Liebe nachfol - gen / ſie bemuͤhen ſich einigſt dahin / daß ſie auch nach dem Tode ein offentliches Zeugniß jhrer treweſten Liebe haben. Ach wie ſehen ſie offt den Himmel mit ſehnen an / vnd begehren aus Liebe deſto mehr dahin / wo ſie jhren lieb - ſten Schatz voran geſchicket haben.

Falſch vnd Heidniſch iſts / daß die Poeten vorgeben / die Menſchen weren ex oſsibus ma gnæ parentis das iſt / aus den Steinen der Er - den herkommen / welche Deucalion vnnd ſeinOvid. lib. 1. Metamorph f[a]b. 11. Weib hinter ſich vber Haͤupt geworffen / daß Menſchen daraus wuͤrden / vnnd ſey alsbald geſchehen / daß:

Saxa (quis hoc credat, niſi ſit pro teſte vetuſtas) Ponere duriciem cæpêre ſuumꝙ́ rigorem, Inꝙ brevi ſpatio ſuperorum numine ſaxa Miſſa viri manibus faciem traxere virorum &c. Inde genus durum ſumus. ()

1. Ioh. 4. v. 9.Nein / Nein / Gott der die Liebe ſelber iſt / 1. Joh. 4. Der hat die natuͤrliche ſtarcke Storgasvnd[7]Vorrede.vnd Liebesflammen in vnſer Hertz gepreget / vnd vns zur gemeinſchafft erſchaffen / daß wir vnſere Affecten vnd bewegungen haben / vnd es nicht laſſen koͤnnen / daß wir wieder des To - des ſtaͤrcke in vnſerm Hertzeleid / nicht vnſer Liebesſtaͤrcke an Tag geben ſolten.

Beydes habt jhr / Edler / Geſtrenger / Eh - renveſter vnd wolbenambter beſonders groß - guͤnſtiger Herr / erfahren / wie ſtarck der Tod / wie ſtarck die Liebe im Tode ſey. Denn da der allgerechte Gott E. G. nach ſeinem weiſeſten Rath / newlicher zeit eben tieff ins Hertz ge - griffen / hat er die bittere Todesſtaͤrcke bey de - ro ſelig verſtorbenen / Adelichen / Hertzgelieb - teſten Augenluſt wol geſehen / welche jhme in beſter Bluͤte jhres Alters / vnd als er kaum 1. Jahr vnd 21. Wochen bey jhr gelebet / mit hoͤch - ſtē Hertzbetruͤbnis entzogē. Die bittere Todes - ſtaͤrcke hat er geſehen / wenn auch alle Menſch - liche Huͤlffe vnd Mittel vergebens / vnd ſie dem gerechten willen / des vnwandelbaren Gottes hat pariren muͤſſen: Ach wie ſtarck / wie ſtarck iſt hie geweſen / des Herren vnd der adelichen ſeinigen Liebe gegen jhre hertzliebſteAugen -[8]Vorrede.Augenluſt Ehegemahlin vnd Mutter: Wie wolte jhre ſuͤſſe Hertzensliebe ſie ſo gern in die - ſem Leben behalten. Wolan des Todes Macht vnd Staͤrcke drang zwar durch / doch bleibet ewre vngefaͤlſchte Hertzensliebe die ſtaͤrckeſte / die zwang vnd drang ewre Hertzen / daß ſie lacrymas ſtipendiarias vnd jre ſchuldige thraͤ - nen muſten folgen laſſen / ſie trieb E. G. dahin mit dem lieben Abraham / auff ein ſtatlich A - delich Begraͤbnis zudencken. Die Lieb iſt noch ſo ſtarck bey dem Herren / daß er ſeiner ſeligen Augenluſt nicht wird vergeſſen / die Liebe ver - urſachts / daß er derſelben auch nach dem Tod μνημνεῖον mentem monens, wie Auguſtinus re - det / ein Denck - vnd Ehrenmal bey ſich haben wil / vnd dannhero von mir vnwuͤrdigen be - gehret / die gehaltene Leich - vnd Ehrenpredigt ad mundum abzuſchreiben / vnd jhme zu vber - geben.

Ob ich nu wol / großguͤnſtiger Herr / hier ob billiches bedencken gehabt / zumal weil ich nit allerdings parat vnd gefaſt / vnd zwar in mei - nem damals ſelbeſt bekuͤmmerten Zuſtande / zu der Adelichen ſelig verſtorbenen Frawen /letztem[9]Vorrede.letzten Ehrendienſt aufftreten muͤſſen: Den - noch weil E. G. Trewe vnd wolgeneigte Af - fection, wie auch zugleich E. G. hertzliebſten ſeligen Haußfrawen Zuneigligkeit ich in vie - len Gutthaten empfunden. Alſo habe des Herren Petito zu deferirn mich ſchuldig em - pfunden / vnd wie nu die gethane Leichpre - digt vnter vielen geſchaͤfften abgeſchrieben / jhme zum Zeugnuͤß Chriſtlichen Mitleidens vnd ſchuldiger Danckbarkeit / ſo gut der Al - lerhoͤchſte durch Beyſtand ſeines Gnaden - Geiſtes ſie gegeben / vberantwortē / mit dinſt - licher Bitt / ſelbige mit geneigtem Hertzen an - zunehmen / vnnd zu ſeinem vnd der ſeinigen Troſt zugebrauchen.

Hiermit den Herrn S. G. ſampt alle den liebſten ſeinigen Goͤttlicher protection vnd Obacht / mich aber vnd die meinigen zube - harlichem favor E. Geſtr. trewlichſt befelend. Datum Priborn / den 28. Aprilis Anno 1620.

E. G. Gebetswilliger. M. Chriſt. Rauſſendorff Pfarrer daſelbſt.

BThema[10]Chriſtliche Leichpredigt / aus dem

THEMA CONCIONIS

(Ezech. 24. cap. à v. 15. ad 19. )VNd des HErren Wort geſchach zu mir vnnd ſprach / Du Men - ſchenkind / Sihe ich wil dir deiner Augenluſt nehmen / durch eine Pla - ge. Aber du ſolt nicht klagen noch weinen / noch eine Thraͤne laſſen / heimlich magſtu ſeufftzen / aber keine Todenklage fuͤhren: Sondern du ſolt deinen Schmuck anlegen / vnd deine Schuch anziehen / du ſolt deinen Mund nit verhuͤllen / vnd nicht das Trawrbrod eſſen. Vnd da ich des Morgens fruͤhe zum Volck redete / ſtarb mir zu Abend mein Weib. Vnd ich thet des andern Morgens / wie mir befohlen war.
Pro -[11]24. Cap. des Propheten Ezechielis.

Proloquium.

DAs walte Jeſus Chriſtus / ein HErr vber Todte vnd Leben -Rom. 14. v. 9 dige / welcher von Gott ſeinem Himliſchen Vater geſand dieEſa. 61. v. 1. zerbrochenen Hertzen zuverbinden / vnd zu troͤſten alle trawrigen / der troͤſte auch jetzo die allerſeits anweſenden hochbe - truͤbten Adelichen Trawrhertzen / vnd erfuͤlle an jhnen durch die Krafft ſeinesIoh. 16. v. 7. H. Geiſtes / ſein Evangeliſches Troſt - wort: Selig ſind die da Leide tragen /Matth. 5. v. 4 denn ſie ſollen getroͤſtet werden / Amen.

ANdaͤchtige außerwehl - te in dem HErren / Als dem frommen Gottſeligen Alt - vater Bernhardo / ſein lieber Bruder Gerhard nach dem vaͤterlichen willen des allgewaltigen Gottes mit Tode abgangen / hat er jhn vnter andernB ijmit[12]Chriſtliche Leichpredigt / aus demmit dieſen ſehnlichen Worten zum hoͤchſten be - trawret vnd beklaget: Ademtum doleo fide - le auxilium hat er geſagt: Ach es iſt mir von Hertzen leid / daß mir meine liebſte vnnd trew -Serm. 25. ſu - per Cant. eſte Huͤlffe entzogen vnd weggenommen wor - den iſt / denn weil wir gleichſam ein Hertz vnd eine Seele geweſen / iſt warlich ein ſchneident Schwerd durch beyder Seelen gedrungen / vnd hat vns ſo ſchmertzlich von einander ge - ſpalten / daß das eine Stuͤck hinieden auff Er - den verlaſſend / das ander Stuͤck im Himmel erhabend / zwar nicht betrawren / aber doch denſelben mit bruͤnſtiger vnnd ſehnlicher Lie - bes begierde nach ſehen muß / weil eines in Herrligkeit vnd Frewde ſchwebet / das ander aber im Koth der Erden bleibet. Ego ſum por - tio illa miſera in cœno jacens trūcata parte ſui. Ach ich / ich eben / ich bin daſſelbe elende Stuͤck / ſo hier im Koth liegend verlaſſen / vnnd habe den beſten Theil verlohren. Dieſer Lamen - tation vnnd Jammerklage des heiligen Bern - hardi zugedencken verurſachet vns leider ge - genwertige vor vnſern Augen alldar ſtehende Adeliche vnd ſelige Leiche / der Weyland Edlenwol[13]24. Cap. des Propheten Ezechielis.wol vnd viel - Ehrentugendreichen Frawen / Eliſabethæ / geborner Eckwrichtin von Star - witz / des Edlen / Geſtrengen / Ehrenveſten vnd Wolbenambten Herren / Georg von Rei - deburg vnd Krayn auff Algersdorff / Hertzge - liebten numehr ſeligen Haußfrawen / welche der gerechte alleinweiſe Gott / in deſſen Haͤn - den nach Davids Ausſpruch / vnſere zeit ſte - het / vnd der alleine Gewalt hat vber Tod vnd Leben / nach ſeinem vnerforſchlichen Rath / vnd gantz gnaͤdigem Vater willen / heute ver - gangen 5. Wochen / war der 12. Decembris fruͤ Morgens zwiſchen 8. vnd 9. der halben Vhr in hertzlicher anruffung / warem Glauben vnnd beſtendiger Erkentnis vnd Bekentnis / jhres vnd vnſers Erloͤſers Chriſti Jeſu / ſanfft vnd ſtill von hinnen aus dem muͤhſeligen Angſtle - ben / durch den zeitlichen Todt zu ſich in ſein ewiges Himmelleben abgefordert / vnd nun - mehr von vns aus Chriſtſchuldiger Liebe vnd hertzlicher Condolentz anhero zu jhrem Ruhe - bettlein begleittet worden.

Denn ſolten wir in dieſer vnſerer Adelichen Trawer-verſamlung / da wir faſt nichts ſehen /B iijals[14]Chriſtliche Leichpredigt / aus demals allerhand ſchmertzliche vnnd hertzliche Trawerzeichen / ſolten wir / ſag ich / die Vrſach itzigen groſſen Leides von anweſend hochbe - truͤbten Hertzen erkuͤndigen / fuͤrwar ſie wer - den vns anders nichts antworten / als mit Bernhardo klagen: Ademtum dolemus fidele auxilium. Ach ſolten wir nicht groß Leid ha - ben / weil vns vnſer treweſte Huͤlffe vnd lieb - ſter Schatz nechſt Gott ſo bald entfallen / vnd von der Seite weggeriſſen worden iſt / vnſerThr. 1. v. 20. Hertz iſt ja ſehr betruͤbet / vnd wallet in vnſerm Leibe. Der Herr hat vns gar ein hartes erzei - get / vnd vns einen Trunck Weins gegeben / daß wir taumeln moͤchten.

Pſal. 60. v. 5.Warlich ein hartes / ein ſchmertzliches vnd allzuſchmertzliches / darbey dem hinterlaſſenē Adelichen Herrn Wittiber / ſeine Augen vorThr. 5. v. 17. trawren finſter werden / weil die Sonne vndGen. 2. v. 18. Zierde ſeines Hauſes vntergangen / vnd er nu -Ezech. 24. v. 16. mehr ſeiner trewen Gehuͤlffin / ſeiner taͤglichēSir. 26. v. 21. Augenluſt / derer er doch kaum recht gewar worden / ſo bald wieder durch den zeitlichen Todt beraubet ſeyn / vnd klagen muß / Adem - tum doleo fidele auxilium. Es thut mir Her -tzen[15]24. Cap. des Propheten Ezechielis.tzen weh / daß ich meine beſte Trewe vnd liebe - ſte Gehuͤlffin muß fahren laſſen / Ach mein Hertz iſt geſchlagen / vnnd iſt verdorret wie Graß / daß ich auch vergeſſe mein Brod zu eſ - ſen / Jch bin wie ein einſamer Vogel auff dem Dache / Jch eſſe Aſchen wie Brod / vnd miſchePſ. 102. v. 5. & 8. meinen Tranck mit weinen.

Den Adelichen mehrentheils von Vater vnd Mutter verwaiſeten / theils noch vnerzo - genen Kindern / ſteiget gewiß ſolches auch ſehr tieff zu Hertzen / daß ſie jtzt vor jhren Augen liegen ſehen / jhre verblichene Hertzgeliebte Fraw Mutter / derer Muͤtterlichen Trewe / vorſorge / pflege vnd wartung ſie noch gar wol bedorfft / vn̄ derer ſie noch lange zeit zugenieſ - ſen gehoffet: Ach ſie ſeufftzen jtzt mit ſchmer - tzen / Ademtum dolemus fidele auxilium. WirPſ. 25. v. 16. ſind einſam vnd elend / die Angſt vnſers Her - tzen iſt groß. Vater vnd Mutter verlaſſen vns / O daß vnſere Augen Thraͤnenquelle we -Pſ. 27. v. 10. ren / daß wir vnſern Jammer beweinen moͤch -Ier. 9. v. 1. ten / O du grimmiger vnbarmhertziger Men - ſchenwuͤrger / in was Hertzeleid haſtu vns ver - ſetzet / vnſern einigen Augentroſt / den wirnechſt[16]Chriſtliche Leichpredigt / aus demnechſt Gott in der Welt hatten / haſtu vns ge - nommen.

Ob nun aber gleich / jhr Adelichen Trawr - hertzen / ewer betruͤbnis ſehr groß / ſo iſt doch1. Ioh. 3. v. 20 Gott viel groͤſſer / von dem wir in der Angſt2. Cor. 1. v. 4 reichlich getroͤſtet werden durch Chriſtum /Pſ. 68. v. 20. der vns zwar eine Laſt auffleget / aber auch wieder hilfft. Deſſen gnaͤdigen willen ſollet jhr euch in Chriſtlicher gedult vntergeben / vn̄Pſ. 119. v. 50. mit dem lieben David in ewrem Elende das Wort des Herren ewren beſten Troſt ſein laſ -1. Theſ. 4. v 13 ſen / damit jhr nicht trawret wie die Heiden ſoSir. 38. v. 17. keine Hoffnung haben / ſondern euch nach Si - rachs Vermahnung widerumb troͤſtet / vber ewrer ſelig verſtorbenen / weil ſie doch als eineSap. 4. v. 7. gerechte in der Ruhe liegt. Vnd zu ſolchem Wort des Herren / wollen wir vns jetzt ohne weitern vmbſchweiff wenden / vnd daraus in hoc honore ſupremitatis (wie Marcellinus ein ehrlich Begraͤbnis nennet) bey gegenwerti - gem Adelichen Leichbegaͤngnis etwas mit ein - ander auffſchlagen / vnd daß es allermeiſt dem Allmaͤchtigen Gott zu Lob vnd Preiß / vns aber zu kraͤfftigem Troſt gereiche / wollen wirzufor -[17]24. Cap. des Propheten Ezechielis.zuforderſt den allguͤtigē Gott vmb das kraͤff - tige directorium vnd beyſtand ſeines heiligen Geiſtes anſprechen / von Hertzen betend / ꝛc.

Exegeſis.

WEnn der Geiſtreiche Pro - phet Eſaias vnſerm newgebornen Ehrenkoͤnige Chriſto / ein beſon - ders Onomaſticon von allerhandEſa. 9. v. 6. ſchoͤnen vnd vber aus troͤſtlichen Ehrentitteln ſtellet / nennet er jhn vnter andern auch Wunderbar / nicht allein propter inauditam generationem wegen ſeiner vnerhoͤrten Wun - dergeburt / ſondern auch propter admirandam ſuorum gubernationem, wegen der gantz ſon - derlichen vnd wunderlichen regierung / ſo er bey ſeinen glaͤubigen Reichsgenoſſen zufuͤh - ren pfleget / vnnd gar ſtets an jhnen war ma - chet / was David ſagt: Der Herr fuͤhret ſeinePſal. 4. v. 4. Heiligen wunderlich. Denn fromme Chri - ſten / iſt das nicht wunderlich gehandelt / daß der Herr ſeinen glaͤubigen zuſaget / er wollePſal. 37. v 4. jhnen geben / was jhr Hertz wuͤnſchet / jhr An -Cgeſicht[18]Chriſtliche Leichpredigt / aus demPſ. 34. v. 6. & 11.geſicht ſolle nit zu ſchanden werden / ſie ſollen keinen mangel haben an jrgend einem Gute /Pſa. 145. v. 18. er wolle thun was die gottfuͤrchtigen begeh - ren / jhr ſchreyen hoͤren / vnd jhnen helffen / vn - terdeß aber verſchonet er jhrer gleichwol gar nicht mit dem lieben Creutze / ſondern ſchicketPſ. 71. v. 20. jhnen viel Truͤbſal / Angſt vn̄ widerwertigkeit zu / er leſſet ſie er fahren viel vnd groſſe Angſt /Pſ. 73. v. 14. dz ſie geplagt werden taͤglich / vnd jhr Vngluͤck wird alle Morgen new / er ſpeiſet ſie mit Thraͤ -Pſal. 80. v. 6. nenbrod / vn̄ traͤncket ſie mit groſſem Maß vollEſa. 30. v. 20. Thraͤnen / er gibt jhnen in Truͤbſal Brod / vnd in aͤngſten Waſſer / daß ſeine Creutz flutten da -Pſal. 42. v, 8. her rauſchen / vnd hie eine tieffe / da eine tieffe prauſet / vnd ein jeglicher Tag hat ſeine eigneMatth. 6 v. 34 Plage. Vnd welche Gott am liebſten vnd ne - heſten ſind / die hertzet vnd druͤcket er bißweilēGen. 32, v. 25. ſo hart / daß jnen nit allein wie Jacob die Huͤfft verrencket wird / ſondeꝛn auch dz Heꝛtz im Leibe kracht vnd bricht / vnd die Seele wie der RahelGen. 35. v. 18. gar daruͤber ausfehret. Ein augēſcheinlich Ex - empel deſſen haben wir am H. Prophetē Eze -Exech. 1. v. 28 chiel / in vnſerm verleſenē Leichtext. Wer ſtund beſſer mit dem Allmaͤchtigen Gott / als dieſer Prophet / welchem der Herr ſeine glaͤntzendeHerr -[19]24. Cap. des Propheten Ezechielis.Herrligkeit gezeuget / ja den Brieff ſeinesEzech. 2. v. 9 Worts ſelber in ſeinen Mund geleget / dem hatte auch Gott zu ſeinen beſchwerlichen vnd gefaͤhrlichen Ampte / ein recht Deſiderabile o - culorum, vnd eine trewe Augenluſt / ein recht from̄es vnd tugendhafftes Eheweib beſcheret / derer er ſich hertzlich erfrewete / vnd gedachte eine gute zeit biß ins grawe Alter an jhr eine trewe pflegerin zu habē. Aber ach wie ſind ſei -Eſa. 55. v. 8. ne Gedancken gar nicht Gottes Gedancken: Den̄ allzugeſchwind vn̄ gar vnverſehens be - koͤmpt er aviſo von Gott / es ſolle jme durch ei - ne Plage ſeine liebſte Augenluſt genom̄en wer - den / welche jhme auch bald zu Abend ſtirbet / nach dem wort des Herꝛen / vn̄ ſol der Prophet noch dazu gleichſam guts Muths ſeyn / weder klagen noch weinen / er muß ſeinen Prieſterli - chen Schmuck anlegen / vn̄ ſein Ampt verrich -Eſa. 45. v. 15. ten. Sol er nicht ausruffen / fuͤrwar du biſt ein verborgner Gott / du Gott Jſrael der Heyland. Jch meyne ja / das heiſt wunderlich gefuͤhret.

Vnd eben ſolche wunderbare Regier - vnd fuͤh - rung des HErren / haben auch erfahren muͤſſen / die gegenwertigen / hochbetruͤbten / Adelichen Trawrhertzen: Welchen nicht allein diß vnver -C ijſehene[20]Chriſtliche Leichpredigt / aus demſehene mortis nuncium vnd Todespoſt / new - lich recht ſchmertzlich heim kommen / der Herr wolle jhnen jhre Augenluſt nehmen / ſondern es iſt alſo bald drauff der vnwandelbareEbr. 9. v. 27. Schluß Gottes an jhr erfuͤllet / vnd hat dero Adeliche hertzgeliebte Ehefraw vnd Mutter / vnverzuͤglich dem willen des allerhoͤchſten pa - riren muſſen.

O eine ſchmertzliche Chriſtbeſcherung vnd ſehr bittere Myrrhen / derer ſie ſich zu dem newgebornen Wunderkindlein nicht verſe -Pſ. 118. v. 23. hen / iſt aber gleichwol vom Herren geſchehen /Rom. 11. v. 33 deſſen Gerichte vnbegreifflich vnd ſeine Wege vnerforſchlich ſind.

Daß demnach die hochbetruͤbten / ſich in ſolch wunderbares Regiment jhres Jmma - nuelis mit dem Propheten Ezechiel recht ſchi - cken lernen / wollen wir zum verleſenen Text ſchreiten / vnd bekenne ich zwar meines theils / daß ich heute lieber einen andern allhier hoͤren wolte / zumal weil ich noch vor wenig TagenPræoccupa - tio. nicht vermuttet / dz dis Chriſtliche Liebewerck auff mich fallen ſolte / ich auch in Warheit in froͤlicherm falle den Adelichen Trawerhertzenlieber[21]24. Cap. des Propheten Ezechielis.lieber dienen wolte. Wenn aber gleichwol der allgewaltige WunderGott ſein wunder - lich Regiment auch hierin gefuͤhret / daß wider verhoffen mein geliebter Schwager vnd trew - er Achates, Herr Caſpar Feige dieſer Ort or - dentlicher Pfarrer / dieſe Tage durch eine ge - ſchwinde vnd Todtſuͤchtige Kranckheit heim - geſucht worden / daran er auch geſtern fruͤh vmb 3. Vhr nach dem gerechten willen des al - lerweiſeſten Gottes / in rechter Seligmachen - den Erkaͤntnis Chriſti Jeſu / vnnd frewdiger Bekaͤntnis der einigen Himliſchen / Luthriſchē warheit / ſeliglich Todes verfahren / bey deſſen ſchmertzlichen Haußcreutz vnd Siechbettlein / ich die meiſte zeit zugebracht. Als habe durch dieſen geſchwinden Todtesfall genoͤtigt / we - gen vnſer nahen verwandnis / ich mich in die zeit ſchicken / vnd dis officium pietatis an ſeiner ſtat auff mich nehmen muͤſſen / bevoraus weil auch die Adelichen hochbetruͤbten Trawerleu - te mich ſelber darumb bittlichen angelanget. Wir wollen aber in einem Punct reden:Propoſitio.

De mortalium ad Immortalis nun - cium reſponſo.

C iijWie[22]Chriſtliche Leichpredigt / aus dem

Wie wir ſuͤndliche Erdenwuͤrmlein dem ge - rechten Gott auff den geſchickten Todesboten antworten / vnd woruͤber wir denn vnſere Au - genluſt haben ſollen / wenn vns der Herr vn - ſere jrrdiſche Augenluſt durch den zeitlichen Todt wegnimpt. Bereitet ewre Hertzen zu fleiſſiger auffmerckung / vnd helffet beten:

HERR Jeſu du vnſterblicher Le - bensfuͤrſt / gib vns ſterblichen Men - ſchen hierzu deines Geiſtes Weiß - heit / vnd leite vns aus dieſer muͤhe - ſeligen ſterbligkeit / zur ſeligen vn - ſterbligkeit / vnd vnſterblichen Se - ligkeit / Amen.

Loci Explicatio.

JHr meine Geliebten / Weil al - le Adams vnd Evæ Kinder dem vn - wiederrufflichen Decret des aller -Gen. 3. v. 19. hoͤchſten vnterworffen / vnd dieſe Menſchen - freſſende Worte / wie ſie der Herr Lutherusnen -[23]24. Cap. des Propheten Ezechielis.nennet / Terra es, & in terram reverteris, vber ſich muͤſſen gehen laſſen / du biſt Erde / vnd ſolt zur Erde werden / als weiß auch der Herr vn - ſer Gott / der da iſt Vita & longitudo dierum noſtrorum vnſer Leben vnd langes Alter / derDeut. 30, 20 Pſ. 139. v. 15. vnſere Tage in ſein Buch geſchrieben / der vnsIob. 14. v. 5. Ier. 1. v. 5. in Mutterleibe gekand / vnd vnſere Monden gezehlet / in welchem wir leben / weben vn̄ ſind /Act. 17. v. 28. 2. Cor. 1. v. 8 der weiß am beſten / wie vnd wen̄ er vns ſterb - lichen Menſchen ἀποκρίματα τοῦ ϑανάτου die Boten des Todesſchicken / vnd ſagen laſſen ſol / Diſpo - ne domui tuæ, Beſtelle dein Hauß / denn duEſa. 38. v. 1. muſt ſterben. Lernen wir derowegen heute billich / wie dem allgewaltigen auffgebitten - den Gott wir arme Menſchen auff ſeine To - despoſt gehorſamlich antworten / vnnd was vor Augenluſt wir bey verluſt vnſerer jrrdi - ſchen Augenluſt haben ſollen.

Vnd erſtlich zwar muͤſſen wir dem vnſterb -1. lichen antworten / Divinorum dictorum ſub - ſcriptione, mit vnterſchreibung ſeines gnaͤdi - gen willens vnd Befehls an vns / daß wir vns ſein Auffgebot nit allzuſchrecklich vnd fremb - de vorkommen laſſen / ſelbigen zu widerſtre -ben /[24]Chriſtliche Leichpredigt / aus demben / ſondern vns vnterthaͤnigſt vntergeben /Durum hoc Dei verbū, quod Pro - pheta audit vnd vnſer Augenluſt an ſeinen ſprechen habē.

Mein GOtt / welch eine trawrige Poſt be - kompt der Prophet Ezechiel / Des HErren Wort geſchach zu jhm vnnd ſprach: Du Menſchenkind / Sihe ich wil dir deiner Augenluſt nehmen / durch ei - ne Plage. O des harten vnd bittern Be - fehls des Schoͤpffers an ſein Geſchoͤpff: Ge - hets doch ſonſt Menſchlichen Hertzen ſchwer ein / wenn ſie in andern Glaubensartickeln / dem Dixit Dominus, der Herr ſprach / vnter - ſchreiben ſollen / wir ſehens bey dem einigen Articul vnſers Glaubens / vom hochwuͤrdi - gen Abendmal des Herren / da der Herr ſprach: Nehmet / eſſet / das iſt mein Leib / ꝛc.

Hilff Gott wie viel ſpaltungen ſind hieruͤ - ber / es ſol nicht heiſſen / das iſt mein Leib / ſon - dern es bedeutet meinen Leib / es iſt ein Zeichen vnd Figur meines Leibes / es iſt eine repræſen - tatio vnd bedeutung meines Leibes: Wie vielSap. 2. v. 23. bitterer gehets vns ein / die wir von Gott zumewi -[25]24. Cap. des Propheten Ezechielis.ewigen Leben erſchaffen / wenn der Herr ſpricht / er wolle durch eine Plage vns oder vn - ſere Augenluſt wegnehmen / Warlich hierob moͤchten einem manchmal alle Haar zu Berge gehen / vnd alle Blutstroͤpfflein verſtehen.

Zum Propheten wird geſagt / Du Men - ſchenkind / Jch der Herr des Lebens vndRepetitio nuncij. Sir. 11. Todes / der allein die Menſchen ſterben leſt /Pſal. 90. ich wil nicht dich erfrewen / nicht deines ſchwe - ren Ampts dich befreyen / nicht die Laſt vnnd vberluſt des Volcks der vngehorſamen Kirch - kinder von dir nehmen / ſondern ich wil dir dei - ner Augenluſt nehmen / durch eine Plage. Du -Excuſatio Prophetæ. rus profectò cantus, ein harter vnd ſchmertzli - cher Grabgeſang iſt es / ſol der heilige Prophet nicht hierauff alle euſerſte entſchuldigungen herfuͤr geſucht / ſol er nit alles was jhm vmbs Hertz geweſen / prætendirt vnd gebeten haben.

Ach treweſter Gott ſchone doch / du wirſt dir1. à conjugij integritate. ja nicht ſelber zuwieder ſeyn / du ſagſt je / Es iſt nicht gut / daß der Menſch allein ſey / drob ha -Gen. 2. v. 18. ſtu mir ſelber dieſen gehuͤlffen zugeordnet.

Schawe doch barmhertziger Gott / denn die2. à Dei bo - nitate. Barmhertzigkeit iſt hertzlich / Luc. 1. Sie iſt ſoLuc. 1. v. 78. Sir. 2. v. 2.Dgroß[26]Chriſtliche Leichpredigt / aus demSap. 11 v. 26. & 24.groß als du ſelber biſt / du haſt ja luſt zum Le - ben / du Liebhaber des Lebens / vn̄ haſſeſt nichts was du gemacht haſt.

3. à conjugij brevitate. Ach liebſter Gott / es iſt ja zu fruͤhe / ich bin meins Ehegattens kaum recht gewar worden / (denn der Prophet hatte ſie jetzt erſt 11. Jahr gehabt / vnd ſolte noch 19. Jahr in ſeinē ſchwe -Onomaſt. Chytr. 4. Ab officij gravitate. ren Ampte bleiben / wie der Herr Chytræus be - zeuget.) Mein GOtt / weiſſeſtu nicht / wie ich Tag vnd Nacht mit dem Kopff arbeite / vnd in meinen Amptsgeſchaͤfften groſſe Sorgen fuͤh -Eccl. 12. v. 12 ren / vielfaltige wiederwertigkeit ausſtehen muß / vnd durch viel predigen meinen Leib muͤ -5. à conjugis fidelitate. de mache. O welch eine trewe gehuͤlffin vnd ſtarckē beyſtand hab ich gehabt / wie hat ſie vor mich ſo hertzlich geſorget / wie hertzlich gebetet /Sir. 26. v. 2. & 16. mein Hertz hat ſich auff ſie verlaſſen / meine Augen haben ſich an jr erluſtiget / wie manchēPſal. 68. v. 13 Troſt hat ſie mir zugeſprochen / ſie iſt meine Haußehre / meine Frewde geweſen / welch ein armer elender vnd verlaſſener Mann werde6. à priori adverſitate. ich nu ſein. So weiſtu auch gar wol / welch vn - gehorſam Volck meine Zuhoͤrer / vnd wie viel moleſtien vnd verdruß ſie mir gemacht / VinūSodo -[27]24. Cap. des Propheten Ezechielis.Sodomæ biberūt, Jhr Weinſtock iſt des Wein - ſtocks zu Sodom / vnd ruͤhmen ſich jrer Suͤn -Deut. 32. v 32 de / vnd du wolteſt den betruͤbten noch mehr be -Eſa. 3. v. 9. truͤben. Zu deme ſo iſts jetzt am meiſten von7. á precum neceſsitate. noͤthen / daß wir mit einander hertzlich beten / vnd vns zur Mawer machen / wieder das ein -Ezec. 22. v 30 herrauſchēde Vngluͤck / eine dreyfaͤltige ſchnu -Eccl. 4. v. 12. re wird deſto ſtaͤrcker halten / vnd wenns jetzt8. ab impor - tunitate. ſeyn ſolt / ſo geſchehe es ja gar zur vnzeit / jtzt iſt alle Trewe / Lieb vnd Glaube verloſchen. Hor -Mat. 14. v. 12 rori eſt mihi vita, quia nolo dimidius vivere, vnd was iſt mir nu mein Leben nuͤtze / nim mich nur auch mit / oder je Serves Domine dimidi - um animæ meæ. Erhalt mir meinen liebſten Eheſchatz / wie Lyricus nach dem Zeugniß Hi - eronymi vor ſeinen guten Freund bittet.

Warlich kein Wunder were es geweſen / ſoRatio. I. der heilige Prophet alſo excipirt, vnd ſich ge - wegert hette / denn Nullius rei poſſeſsio jucun - da absq; tali amico, quo cum omnia ſicut te - cum loqui audeas, Jſt doch nichts lieblichers / als einen ſolchen Freund haben / mit welchem du als mit diꝛ ſelbeſt reden / vnd jhme vertraw - en darffſt.

D ijZu[28]Chriſtliche Leichpredigt / aus dem

II. Gen. 2. v. 18.Zu deme iſt kein feſter Liebeband / als wel - ches Gott ſelbſt geknuͤpffet hat. Es iſt nicht gut daß der / ꝛc. Ja Chriſtus ſelber ſagets / wieMat. 19. v. 6. groß Eheleibliche Liebe ſey / ein Mann wirdSir. 38. Vater vnd Mutter verlaſſen: Ach wie muß ſcheiden ſo weh thun / es iſt gewiß kein groͤſſer Weh als Hertzeleid.

Der Herr D. Eberus zu Wittenberg ſagte / wenn jhm ein Kind geſtorben / ſo were es jhm ſo ſchmertzlich / als wenn ein Glied von ſeinem Leibe geloͤſet wuͤrde / da jm aber ſeine hertzlieb - ſte Haußfraw geſtorben / hett es jhn gedaucht / als wenn jhm eine Riebe aus der Seite ge - nommen / oder das Hertz entzwey geſchnitten worden.

Obedientia Prophetę. Aber Nein / der Prophet thets nicht / er ac - quieſcirt in Gottes willen / er bezeuget ſeine animoſitet, als ein rechter Jehezkiel / der von Gott ſtarck worden / ergibt ſich in groſſer ge - dult / wie ſchmertzlich jhme es iſt / wil Gottes Gerichte nicht anbellen / vnd hat ſeine Augen - luſt an Gottes wollen.

Applicatio. Was ſollen nu gegenwertige Adeliche Trawrhertzen ſagen / wenn Gott vor 5. Wo -chen[29]24. Cap. des Propheten Ezechielis.chen vber jhre liebſte Augenluſt geboten / vnd jhnen gleiches nuncium mortis zukom̄en laſ - ſen / Du Menſchenkind / ich wil dir deiner Au - genluſt nehmen / ja weil er ſchon ſolch ſein velle vnd willen ins Werck gerichtet.

Sollen ſie ſich nicht mit dem Propheten aus aller Macht wehren / vnd obberuͤrte Kla - gen alle / ja wol mehr derſelben de novo repeti - ren vnd einwendē / natuͤrlich were es / Menſch - lich were es. Aber wie ſchmertzlich weh jhnen geſchehen / ſo iſts doch das beſte / daß ſie dem Dixit Dominus der Herr ſprach gedultig / vn - terſchreiben vnd ſagē / Fiat voluntarium, quod futurum eſt neceſſarium, wie Judas ſagt / was1. Maccab. 3. v. ult. Gott im Himmel wil / das geſchehe / denn was ſchuldig iſt / das muß mir auch in Truͤbſal ge - dultig ſeyn / vnd hilfft doch auch kein Rath wi - der den Herren / ſo bleibt je Gott gerecht / vndProv. 21. v 30 ſeine Gerichte ſind recht.

An dieſem Goël vnd maͤchtigen Lebenser -Pſ. 119. v. 137. loͤſer ſollen ſie jhre Augenluſt haben / weil jnen jhre zeitliche Augenluſt nicht cæca fortunæ manu durch das blinde Geluͤck / ſondern von dem Herren genommen / welcher der allerge -D iijrech -[30]Chriſtliche Leichpredigt / aus demrechteſte der niemand vnrecht thut / der aller - getreweſter der ſeinen glaͤubigen nicht gern dz wenigſte Leid wolt wider fahren laſſen / der al - lerreicheſte / der ſie am beſten verſorgen / der al - lermaͤchtigſte / der ſie wider allen anlauff des Teuffels / vnd der Welt ſchuͤtzen vnnd rettenVotum. kan. Was dieſem Herren gefallen / das gefal - le auch jhnen: O from̄er Gott gib jnen gedult in Leidenszeit / gehorſam ſeyn in Lieb vnd Leid.

II. Vors andere / wen̄ der allerhoͤchſte vns vn - ſer Deſiderabile oculorum vnd Augenluſt / vn̄ was vns hier im Hertzen lieb geweſt / wegnim - met / vnd einen ſo bitteren Todesboten vns zu - ſchicket / ſollen wir jhme ſolche folgen laſſen / Fatorum humanorum inſpectione mit an - ſchawung vnd betrachtung Menſchlichē Jam - mers vnd Elendes / dz es doch endlich mit vnsPſ. 90. v. 10. armen Erdenwuͤrmlein dahin komme / daß wenn wir ſchon lange gelebet / ſo ſey doch vnſerIob. 14. v. 1. Leben nur Muͤhe vnd Arbeit / es ſey voller Vn -Iob. 17. v. 14. ruhe / vnd wenn der Artzt ſchon lang an vns geflicket / ſo muͤſſen wir doch endlich die verwe - ſung vnſern Vater / vnd die Wuͤrm vnſer Mut - ter vnd Schweſtern nennen.

Das[31]24. Cap. des Propheten Ezechielis.

Das deutet vns der Allmaͤchtige Gott anI. 〈…〉〈…〉ab〈…〉〈…〉 mor -[bo]deſpera - to laboravit in ſeinem mortis nuncio vnnd Todespoſt ein - mal durch das Woͤrtlein Menſchenkind / Limumq; parentem nomine prodit homo. Freylich ſind wir elende Menſchen / die wir nit nur von der Erd den Nahmen haben / ſondernGen. 18. v. 27 auch endlich durch vielfaltige Kranckheiten gar wider eingeaͤſchert werden / vnnd ſind nur Staub vnd Aſche / ein armes Gemaͤchte / Ma -Pſ. 103. v. 14. den vnd Wuͤrme / wie ein Wind vnnd Schat -Pſal. 90. v. 6. ten / wie ein Strom vnd Schlaff.

Andermal zeiget vns Gott ſolches an mitII. dem Wort Plage / warlich muß es eine ge - ſchwinde Plage geweſen ſeyn / durch welche dē Propheten auch bald auff den Abend / ſeine Augenluſt genommen worden. Ach ja wer wils ausſprechen / wie vielerley Plagen vmb der Suͤnden willen wir arme Menſchen vn - terworffen ſind. Jſts nicht ſo / wenn wir offt an vnſern Ehegenoſſen / offt an vnſern Kin - dern / offt an vnſern beſten Freunden / vnſere groͤſte Augen vnd Hertzensluſt gehabt / vn̄ mit rechter Augenluſt geſehë / jre Liebe / jre Trewe / jhre freundligkeit / jre gottſeligkeit / jre heußligkeit:

Ach ſo[32]Chriſtliche Leichpredigt / aus dem

Ach ſo kompt der gerechte Gott vnverſehens mit einer ſchmertzlichen Plage / vnnd ſpricht / Jch wil dir deiner Augenluſt nehmen / vnnd wird vns vnſere Augenluſt / zur rechten Her -Ier. 9. v. 1. tzenslaſt / zum rechten Augenweh / daß wir kla - gen muͤſſen. Ach daß ich Waſſer gnug hett in meinem Haͤupte. Vnſere Wohnung iſt einIoh. 11. v. 1. recht Bethania Trawrhauß vnd Algersdorff. Vnſere ſtaͤte Peiniger ſind / Algor & Angor / Angſt vnd Schmertzen / vnd der Tag der vnsIob. 1. v. 13. offt am froͤlichſten anlachet / der iſt voll Traw - rigkeit.

Marc. 9. v 49Vnd wenn wir denn mit dem Fewer des Creutzes gnung durchſaltzen ſind / wie Chri -Pſ. 40. v. 13. Pſ. 73. v. 14. ſtus redet. Vnnd vnſer leiden iſt ohne Zahl / vnſere Plage alle Morgen new / vnd wir ha - ben das Jammerthal gnung durchwandert /Pſal. 84. v. 7. Pſal. 39. v. 7. Pſal. 90. v. 5. ſo heiſts doch endlich / wie gar nichts ſind alle Menſchen / denn du Herr leſſeſt ſie dahin fah - ren wie einen Strom. Vnd iſt hier niemandEſther 1. v. 1. Zechfrey / weder der reichſte Cyrus, noch der aͤrmſte Irus, auch der gewaltige Ahaſverus, nicht wenn er ſchon 126. Laͤnder dem Tode ein - reumen / vnd nur eins vor ſich behalten wolte.

Plinius[33]24. Cap. des Propheten Ezechielis.

Plinius ſchreibt zwar von Locris vnd Cra - tone, daß an denen Orten keine boͤſe Peſtilen - tziſche Plage regiere / aber das iſt zweiffels oh - ne ſo war / als wenn man ſagen wolte / daß in der Jnſel Maltha keine Schlangen / Ottern /Ier. 9. v. 21. oder Vngezieffer ſey / da ſie doch deſſen aller - voll iſt / denn der Todt iſt allenthalben zu vn - ſern Fenſtern eingefallen / Daß / wenn man ſchon alle Land der gantzen Welt Creutzweiſe durchzuͤge / zu Waſſer vnd Lande / ſo wuͤrde es doch allenthalben heiſſen / wie Keyſers Con -Hormisda. ſtantini Hofferath Hormisda bekandte: Hîc æquè moriuntur homines, Ach wie wird vns auch vnſere Augen - vnd Hertzen Luſt / zu einer ſchweren vnd ſchmertzlichen Augen - vnd Her - tzensLaſt.

Wer mags ohne Augenthraͤnen ſehen / wenn der Menſch ſeine beſten Freunde / ſeinen Schatz auff Erden / ſein Hoff vnd Hauß ver - laſſen muß? Wer kans ohne Augenthraͤnen ſehen / wie ſeine AugenLuſt im Tode ſo jaͤm - merlich zugerichtet wird? Es verlauffen kaum vier vn̄ zwantzig Stunden / da faͤngt ein Tod -Auguſt. ter an / ſich vnter ſeinem Angeſicht zu ferben /Evbel[34]Chriſtliche Leichpredigt / aus demvbel zu riechen / vnnd zu faulen. Keyſer Au - guſtus begehrte Alexandri Magni Leichnam zu ſehen / der vor viel Jahren begraben war / da er ins Grab kam / ſtob vnd flohe es alles von jhme / vnd koͤnte er an dem Leichnam nichts er -Pſal. 31. v. 13. kennen. Ach es hieß: Mein iſt vergeſſen im Hertzen / wie eines Todten / Jch bin worden wie ein zerbrochen Gefaͤſſe.

Die vnſere Augenluſt geweſen / mit de - nen wir auffs freundlichſte vmbgegangen /Iſidorus. die werden vns im Tode eine furcht / grawen / vnd ſchrecken / vnnd wird wahr was Iſidorus ſaget:

Quorum in vita adſpectus jucundiſ - ſimus, eorum in morte adſpectus fœdiſsimus:
Die vns im Leben han erfrewt /
Der Angeſicht im Tode man ſchewt.
Wenn es denn mit vns allen heiſt:
Es iſt allhier ein Jammerthal /
Angſt / Noth vnd Truͤbſall vberall /
Des bleibens iſt eine kleine Zeit /
Voll Muͤheſeligkeit /

Vnd wers bedenckt / bleibt jmmer im ſtreit.

Applic. Wolan / Ferendum, quod mutari nequit, ſo muͤſſen wir nur in gedult in ſolchen menſch -lichen[35]24. Cap. des Propheten Ezechielis.lichen Zuſtand vns richten. Was ſchuͤldig iſt / muß nur geduͤldig ſeyn / Vnſer AugenLuſt an Gottes Willen haben / vnd bey den ſelig Ver - ſtorbenen dencken / daß Chriſtus jhr Leben /Phil. 1. v. 21. Sterben jhr Gewinn / vnnd wenn ſie laͤnger hetten leben ſollen / weren ſie auch laͤnger ge - quelet worden. Vnd werden demnach auch die jetzigen Adelichen TrawrHertzen / von jh - rer entfallenen AugenLuſt in Gedult ſagen: Quòd ſi hoc tempore diem ſuum non obijſſet, tamen paulò poſt ipſi moriendum erat, Wenn ſie ſchon dieſes Lagers geneſen / hette ſie doch bald vnlaͤngſt hinfallen koͤnnen / wie der wei - ſe Heyde Servius Tullius Ciceronem, beym abgang ſeiner Tochter getroͤſtet:

Ach Herr lehr vns bedencken wol / Daß wir ſind ſterblich allzumal / etc.

Endtlich vnd vors dritte / ſollen wir demIII. Dolorum noſtrorum moderatio - ne. Allweiſen GOtt / auff ſeine vnverſehene To - des Poſt antworten / Dolorum noſtrorum moderatione, Daß wir vnſere Schmertzen / Hertzleid vnd Betruͤbnuͤß meſſigen / vnd nicht thun wie die Heyden / die keine Hoffnung ha -1. Theſ. 4, 13. ben: Denn das wil der Allmaͤchtige GOttE ijvnd[36]Chriſtliche Leichpredigt / aus demvnd Herr / von vns ſeinem Geſchoͤpff auch haben / daß wir vnſere Augen wenden / nicht nur auff die zeitliche verlorne Augenluſt / vnd vns daruͤber zu ſehr kraͤncken / Sondern viel - mehr ſehen auff die Himliſche Augenluſt / der Glaͤubigen Kinder Gottes / vnnd alſo vnſern Jammer verſchmertzen: Zum Propheten ſa -Text. get GOtt: Du ſolt nicht klagen noch wei - nen / noch einige Thraͤnen laſſen / du ſolt keine TodtenKlage fuͤhren / keine TrawerKleider anziehen / kein TrawerBrod eſſen / deinen Mund nicht verhuͤllen.

O der klaͤglichen Noth / ſoll der Prophet nit weinen / hats jhme doch der gerechte Gott nie neher gebracht / zumahl weil er auch bald ſelber eine klaͤgliche LeichPredigt thun vnnd ſchreiben muß: Et mortua eſt mihi veſperi uxor mea, Vnnd des Abends ſtarb mir mein Weib. Warlich hette er auch dieſes falls viel vnd allzuviel inferirn vnd eintragen koͤnnen.

Mein Gott / ſoll ich nicht weinen / haſtuExceptio - nes Prophe - . doch den Menſchen ſelber die natuͤrliche Liebe1. eingepflantzet / biſtu denn dir ſelber zu wider / vnd ein vnleutſeliger μισάνθρωπος, vnd Men -ſchen -[37]24. Cap. des Propheten Ezechielis.ſchen feind worden. Soll ich nicht weinen /2. 〈…〉〈…〉â radice〈…〉〈…〉 ferventi a - nimo deſi - deravit. haſtu mir doch ſelber meinen lieben Eheſchatz / eine Augenluſt genennet /〈…〉〈…〉 ſtehet in ſei - ner Sprach / das heiſt eine ſolche Hertzens - Frewde vnd Augen Troſt / nach welcher einer aus recht hertzlicher Liebe gleich brennet / ohn welche jm ein jeglicher Augenblick wil zu lang werden. Soll ich nicht queruliren vnd kla -3. gen / Tu hîc ſi eſſes, aliter ſentires, Kanſtu doch einen frommen Eheman nicht herter angreif - fen / als wenn du jhme die Sonne vnd Zierde ſeines Hauſes wegreiſſeſt. So hat ſie es ja4. auch wol verdienet / daß ich jhr lacrymas ſti - pendiarias, vnd ſchuͤldige LiebesThraͤnen laſ - ſe nachfolgen. Ach ſoll ich nicht klagen / mag5. auch ein Holtz geſpalten werden / da nicht Splitter bleiben / Nun haſtu mir ja das Hertz geſpalten: Trawen / mir iſt kein Huͤnlein ge - ſtorben. Soll ich nicht weinen / were ich doch6. aͤrger als ein Vnmenſch / wie Tacitus von Ti - berio ſchreibet / daß er einſtes eine Mutter / ſo vber dem abſterben jhres Sohnes ſo klaͤglich weinete / habe toͤdten laſſen. Soll ich nicht7. mein Thraͤnen Brod eſſen / ein Freund koͤmptSyr. 41. v. 23.E iijzum[38]Chriſtliche Leichpredigt / aus demzum andeꝛn in der Noth / aber Man̄ vnd Weib8. viel mehr. Soll ich nicht weinen / muß doch der Menſch / weil er Fleiſch antraͤget / ſchmer -Iob. 14. v. 22. tzen haben / vnd weil ſeine Seele noch bey jhm iſt / muß er Leide tragen.

Zwar / was den heiligen Propheten an - langet / hat der Allmaͤchtige ſeine wichtige Vr - ſachen / warumb er diß Verbott gethan / weil er das Juͤdiſche Volck / ohne weiters Mitlei - den / in ſeinen Zorn heim zu ſuchen drewete.

Was aber trawrende Chriſt Hertzen an -Luctus mo - deratùs conceſſus. reichet / iſt diß Wort des HErrn / Weine nicht / Non prohibentis, ſed conſolantis, Nicht ein1. Verbot / ſondern TroſtWort: Denn da be -Syr. 38. v. 16. fihlet einmal der liebreiche Gott ſelber / daß / wenn vns jemand ſtirbt / wir weinen vnd kla - gen ſollen / als wenn vns groß Leid widerfah -2. ren. So gebens auch die Exempla der heili - gen Patriarchen / wie jammerich ſie ſich vber den toͤdtlichen hinfall der Jhrigen geſtellet / Vnd haben auch die Juͤden (wie Joſephus be -Ioſeph. zeuget) Patriam legem, ein Vaͤterlich Geſetz gehabt / die jhrigen ſieben Tage zu beweinen: Vielleicht haben ſie hiermit auff die groſſenſechs[39]24. Cap. des Propheten Ezechielis.ſechs WeltTage geſehen / nach welchen die Frewde der Außerwehlten angehen ſol. Vnd3. beſtetigts doch auch der Herr Chriſtus mit ſeinem Exempel / Da jhm vber ſeines trewenIoh. 11. v. 34. Freundes Lazari Tode / die Augen vbergehen /Luc. 19. v. 41. Vnd als er buſta Hieroſolymorum angeſehn / wie die Stadt Gottes in dur gehen ſolt / wei - net er vber ſie. So wol als auch die Heyden4. der jhrigen Jam̄er beklaget / denn Scipio kan ohne weinen die brennende Stadt Carthagi - nem nicht anſehen. Vnd da Julius Cæſar das abgeſchlagene Heupt ſeines Feindes Pompeij geſehen / iſt er beweget worden. Denn auch5. die Drachen reichen die Bruͤſte jhren Jun -Thren. 4. v. 3 gen / vnd ſeugen ſie / ſaget Jeremias.

Manch leichtfertig Hertz achtet ſeines Ehegattens ſo viel / als wenn jhme eine ledige Taſche entfallen / Laut geſchryen / bald ver - geſſen / ſagen wir im gemeinen Sprichtwort: Aber bey frommen trewen Ehehertzen / gehet warlich ſcheiden nicht ohne leiden / vnd je lie - ber Hertz / je groͤſſer Schmertz / wenn man ſol - cher Augenluſt entberen ſoll.

Doch ſol vnſer weinen vnd trawren nichtHeyd -[40]Chriſtliche Leichpredigt / aus demHeydniſch ſeyn / noch vmb der Todten willen / kein Mahl am Leibe geriſſen / noch Buchſta - ben gepfetzet werden / wie Gott bey Moſe ge -Lev. 19. v. 28 ordnet hat. Wie Artemiſia jhr lebetage von der Aſche jhres verſtorbenen Herren getrun - cken. Vnd die Jndianiſchen Weiber lieſſen ſich mit jhren verſtorbenen Maͤnnern begra - ben. Vnd die Koͤnigin Panthea entleibete ſich ſelber / wegen des toͤdtlichen Abganges jhren Herrn Abradatæ. Ach die haben keine Hoff - nung des andern Lebens / vnd ſind die elende - ſten Leute.

1.Sondern vnſer Trawren ſollen wir meſ -Pſal. 9. v. 4. ſigen / vnſere Hertzen ſollen wir mit Gedult faſſen / vnſer Augenluſt ſollen wir haben ein - mahl in Dei juſſu, an Gottes Befehl. Er ſprichts: Jch wil dir deine Augenluſt nemen / Er iſt der Herr / der die Menſchen leſſet ſter - ben / vnd ſpricht / kommet wieder Menſchen - Kinder.

2.Vnſere Augenluſt ſollen wir andermahl haben / in Mortis eventu, daß der Todt glaͤu -Pſal. 116. v. 〈…〉〈…〉5 biger Chriſten werth gehalten ſey vor Gott / vnd ſey nur Effugium miſeriarum, wie Arta -banus[41]24. Cap. des Propheten Ezechielis.banus redet / eine entfliehung alles Jammers / der letzte vnd beſte Artzt des krancken Leibes / wie Euripides bezeuget / Ein Gewinn ſagetPhil. 1. v. 21. Paulus / Ein eingang zum ewigen Leben / einIoh. 16. v. 5. hingang zum Himliſchen Vater: Bona, me - lior, optima, ſaget Bernhardus. Gut / wegen der Reihe dazu man koͤmpt / beſſer wegen der ernewerung zum ewigen Leben / am allerbe - ſten / weil der Menſch hierdurch vor aller Fein - de Anſtoß befreyet wird.

Drittenmals / in Beatorum ſtatu, Daß3. wir bedencken / wohin vnſere ſelig verſtorbe - ne translocirt worden / denn ſie haben freylich alle Noth vnd Elend vberwunden / Ceſsit vi - ctoria victis, ob ſie ſchon hie von vielem Creutz vberwaͤltiget geweſen / vnd ſind nun ſelig / àApo. 14. v. 13 Sap. 3. v. 1. modò, von nun an / vnd ruhen in der Handt Gottes / ja ſie empfangen ein herrlich Reich /Sap. 5. v. 16. & 17. von der Hand des Herrn / vnd eine ſchoͤne Kron / denn der Herr iſt jhr Lohn / jhr ſehrGen. 15. v. 2. groſſer Lohn:1. Cor. 2. v. 9.

Jm Himmel ſollen ſie haben /
O Gott wie groſſe Gaben.
Solche Augenluſt / die kein Auge geſehen /
Fkein[42]Chriſtliche Leichpredigt / aus dem

kein Ohr gehoͤret / vnd iſt in keines Menſchen Hertz kommen / das Gott bereitet hat / denen die jhn lieben. Da wird alles gut werden / wie jene Krahe im Capitolio oder Koͤniglichen Burg zu Rom in Griechiſcher Sprache aus - ſchrie / da nach dem grewlichen Wuͤterich Do - mitiano, Trajanus ſolte Keyſer werden.

Pſal. 27. v. 13.Wir werden ſehen das gute im Lande derCant. 2. v. 12. Lebendigen / wenn der Regen vnd Paroxiſmus alles Vngluͤcks vberhin ſeyn / vnd der HerrEſa. 25. v. 8. die Thraͤnen von allen Angeſichten abwi - ſchen / ewige Frewde vnd Wonne vns ergreif -Eſa. 35. v. 10. fen / vnd alle Schmertz vnnd Seufftzen wird weg muͤſſen. Ach ja / eine vnaußſprechliche Augenluſt werden wir haben an GOtt / den1. Ioh. 3. v. 2. wir ſehen werden wie er iſt / wie Johannes troſtlich redet. Eine vnaußſprechliche Au -Iob 19. v. 26 genluſt an Chriſto vnſerm Bruder vnd Se - ligmacher / den wir in vnſerm Fleiſch ſchawenMatth. 22. v. 30. werden. Eine herrliche Augenluſt an der ge - meinſchafft der heiligen Engelein / denen wir gleich ſollen werden. Eine ewige Augenluſt an vnſer eigenen Herrligkeit. Eine Augen - luſt an allen Himliſchen Guͤtern. O gar einherr -[43]24. Cap. des Propheten Ezechielis.herrlich Leben / mit ſolcher Frewd / Wonn vnd Luſt / die auch kein Menſch hat je gekoſt / noch nie kein Hertz erfahren.

Zu ſolcher Augenluſt werden wir vnſern ſelig verſtorbenen nach / bald folgen / denn derEzech. 37. 4. 14, HErr redets vnd thuts auch / der HErr hat geſchworen (Niſchbah ſepties juravit) es wird jhn nicht gerewen. An dieſe Augenluſt ſol -Pſal. 110. v. 4 len alle betruͤbte Hertzen / bey verluſt jhrer zeitlichen Augenluſt / gedencken / vnd mit Au - guſtino ſeufftzen: Moriar Domine, ut te vide - am, Ach Herr laß mich auch ſelig hinnach fahren / daß ich dich ſehe.

Hier mit wolle nun gegenwertiger Ade -Applicat. licher hochbetruͤbter Herr Wittwer / hiermit wollen die verwayſeten Adelichen Kinder / jhre geſchlagene Hertzens Wunde heylen / vnd die ſchmertzliche Todes Bottſchafft abferti - gen / ſie vernehmens / daß jhr liebſter Schatz vnd Troſt in der Welt / aus dem Tode kom̄en zu GOtt / da ſie jhre Augen ſpeiſet ewiglich / aus jhrem Algers - vnd Angſtdorff zum hoch - gewuͤnſchten Friedersdorff kommen / Da ſie den jhrigen mit frewden zuſchreyet: Jch binF ijwor -[44]Chriſtliche Leichpredigt / aus demworden vor den Augen des Herrn / als dieCant. 8. v. 10 Friede funden hat / Jch werde nicht ſterben / ſondern leben / vnd des Herrn Werck ver -Pſal. 118. v. 17 kuͤndigen.

Geſegne euch Gott der Herrn mein /
Jhr mein liebſter Eheſchatz Kinder vn̄ freunde
Helffe Gott daß wir im Him̄elreich /
(mein /
Ein ander wieder ſehen zugleich.

Alldar werden ſie auch in die reſtitutio - nis, am Tage der wiederbringung / mit Frew - den wieder zuſammen kom̄en / vnd jhr ewiges TriumphLiedlein ſingen: Invenimus, quem anima noſtra deſideravit, Ey Gott gelobet in ewigkeit / wir haben gefunden / den vnſer SeelPſal. 84. v. 1. & 11. begehrete. Wie lieblich ſind deine Wonungen O HErr Zebaoth / ein Tag in deinen Vorhoͤf - fen iſt beſſer / denn ſonſt tauſend. O wie heilig iſt dieſe Stete / hie iſt nichts anders / den̄ Got -Gen. 28. v. 17 tes Hauß / hier iſt die Pforte des Him̄els / vnd iſt noch nicht erſchienen / was wir ſeyn werden /1. Ioh. 3. v. 2. ſaget der heilige Evangeliſt Johannes.

Welchen Troſt der Allerhoͤchſte / in jhrem vnd vn - ſern Hertzen / verſiegelen vnd erhalten wolle / zu ewiger Frewd vnd Seligkeit. Das verleyhe vns die heilige Dreyfaltigkeit / gepreyſet in Ewigkeit / Amen.

Ehren -[45]24. Cap. des Propheten Ezechielis.

EhrenPreiß / der ſelig ver - ſtorbenen Adelichen Frawen Eliſabeth / ꝛc.

WJr wenden vns nunmehr zu vnſerer ſelig verſtorbenen Frawen Eliſabeth / Derer Adelicher verblie - chener Coͤrper / alldar vor vnſern Augen ſte - het / vnd bald in ſein Ruhekaͤmmerlein ſoll ge - leget werden. Ehe vnnd zuvor daſſelbe ge - ſchiehet / wollen wir zum ſeligen Valete / auff jhr RuheHaͤußlein / jhr Ehrenbluͤmlein nach wolhergebrachtem Brauch auffſtrewen / vnd in dieſer Adelichen Volckreichen Proceſſion / jhr EhrenLob / deſſen ſie warhafftig werth iſt / nach folgen laſſen / mit vermeldung / jhrer A - delichen Ankunfft / Chriſtlichen Lebens / vnd ſeligen Abſchiedes / weil doch der heilige Geiſt ſelber den Brauch helt / daß er mit erzehlung der glaͤubigen Geſchlechts Regiſter / offt gan - tze Bletter in der Bibel voll gemacht.

Vnd erſtlich: Jhre Adeliche AnkunſſtI. betreffend / iſt ſie gezeuget vnd geboren wor - den / zu Starwitz im Ottmachaviſchen gel[e]-F iijgen /[46]Chriſtliche Leichpredigt / aus demgen / aus dem vhralten loͤblichen Geſchlechte derer von Eckwricht.

Jhr Herr Vater ſeliger iſt geweſen / der weiland Edle / Geſtrenge / Ehrenveſte / vnd Wolbenampte Herr Niclas von Eckwricht / aus dem Hauſe Seiffersdorff im Ottmacha - viſchen gelegen.

Jhres Herrn Vatern Fraw Mutter / ei - ne geborne Niemitzin / aus dem Hauſe Dirß - dorff / im Nimtſchen Weichbilde gelegen.

Jhres Herrn Vatern Fraw Großmut - ter / eine gebohrne Sitſchin / aus dem Hauſe Baucke / im Ottmachaviſchen gelegen.

Jhres Herrn Vatern Fraw Großmut - ter / eine geborne Kottelnitzkin / aus dem Hau - ſe Friedeberg / im Ottmachaviſchen gelegen.

Jhre Fraw Mutter ſelige / iſt geweſen die weiland Edle / Wol - vnd viel Ehr vnd Tu - gendreiche Fraw Martha / geborne Nimitzin / aus dem Hauſe Wilckaw / im Nimtſchen Weichbilde gelegen.

Jhrer Fraw Mutter Mutter / eine ge - borne Schindelin / aus dem Hauſe Newdorff / im Jauriſchen Fuͤrſtenthumb gelegen.

Jhrer[47]24. Cap. des Propheten Ezechielis.

Jhrer Fraw Mutter Großmutter / eine geborhne von der Heyde / aus dem Hauſe GroßElgot / im Reichenbachiſchen Weichbil - de gelegen.

Jhrer Fraw Mutter Großmutter Mut - ter / eine geborne Schindelin / aus dem Hau - ſe Langenhelmsdorff / im Jauriſchen Fuͤrſten - thumb gelegen.

Von dieſen Adelichen vnd Chriſtlichen Eltern / iſt nun dieſe ſelige verſtorbene Fraw gebohren worden / im Jahr 1587. den 6. De - cembris / war der Tag Nicolai. Wie denn die Adeliche Eltern diß jhr liebſtes Toͤchter - lein / bald nach Chriſti Befehl vnd Ordnung / zur heiligen Tauffe befoͤrdert / darmit es den HErrn Jeſum anziehen / vnd in ſein Gnaden - reich moͤchte verſetzet werden. Vnd ob gleich nach dem willen Gottes jre liebe Fraw Mut - ter durch den zeitlichen Todt jhr gar fruͤh ent - fallen / da ſie kaum zwey Jahrt Alt geweſen / hat dennoch jhr ſeliger Herr Vater nicht vn - terlaſſen / ſie nach Pauli vermahnung / in der Zucht vnd ermahnung zum HErrn / trewlich auffzuerziehen / in den Haͤuptſtuͤcken Chriſtli -cher[48]Chriſtliche Leichpredigt / aus demcher Lehre / vnd warer Gottesfurcht ſie vnter - wieſen / ſie zum ſeligen Erkentnuͤß Gottes / in den Schrifften der heiligen Propheten vnnd Apoſtel / wie dnen auch im Catechiſmo des Herrn Lutheri / vber welchem ſie / als vber ei - nem guͤldenen Kleinoth feſt gehalten / verfaſ - ſet / So wol zu allen andern Chriſtlichen Ade - lichen Tugenden / von Jugend auff gehalten / vnnd gewehnet / daß ſie auch in jhrer zarten Jugend / bald ſolche angeerbte Semina virtu - tis & pietatis, hat herfuͤr leuchten laſſen / dan - nenhero ſie in jhrer aufferziehung / ein Chriſt - lich / zuͤchtig / vnnd Gott ſelig Leben gefuͤhret / viel ſchoͤner Spruͤchlein vnnd Gebetlein jhr colligirt vnd geſamlet.

II. Biß ſie zweiffels ohne / aus ſonderlicher providentz vnd ſchickung des Allerhoͤchſten / vnd mit rath vnd verwilligung jhres Herren Vatern vnd Freunde / ſich zum erſten mahl in heiligen Eheſtandt begeben / da ſie denn im vierzehenden Jahr jhres Alters / ehelich vnd Chriſtlich zugeſagt vnd verſprochen worden / dem weiland Edlen / Geſtrengen / Ehrenve - ſten vnnd Wolbenambten Herrn Heinrichvon[49]24. Cap. des Propheten Ezechielis.von Gurckwitz vnd Kuſchdorff / auff Algers - dorff / wolverordneten LandesEltiſten / des Monſterbergiſchen Fuͤrſtenthumbs / vnnd Franckſteiniſchen Weichbildes / welchem jrem hertzlieben Herrn vnd Ehemanne ſie trawen ein recht deſiderabile oculorum vnd Augen - troſt geweſen / vnd als eine rechte Haußehre mit jhme in hertzlicher Liebe vnd Friede eine geruhige Gott wolgefaͤllige Ehe beſeſſen 14. Jahr / vnd haben ſie mit einander von dem all - guͤtigen Gott reichen Segen / nicht allein an zeitlichen Gute / ſondern auch den leiblichen Eheſegen reichlich geſpuͤret / in deme jhnen der allmaͤchtige Gott beſcheret hat / 7. Adeliche Ehepflaͤntzlein / 6. Toͤchter vnd einen Sohn / welcher aber mit 2. Toͤchtern / durch den zeitli - chen Todt der Fraw Mutter ins ewige Leben vorangegangen / Vier Toͤchter aber ſind noch am Leben / welche der Vater aller Gnad vnd Barmhertzigkeit gnaͤdigſt in ſeine tutel vnd pflege auffnemen / troͤſten / benedeyen / ſchuͤtzen vnd verſorgen wolle.

Demnach aber der allerhoͤchſte ſeinen gleubigen Frewd vn̄ Leyd immer vntereinan -Gder[50]Chriſtliche Leichpredigt / aus demder menget vnd ſie bald zur Helle ſtoͤſſet / bald1. Sam. 2. v. 6 wieder heraus holet / wie die gottſelige Hanna bekennet / alſo hat er freilich vnſerer ſeligver - ſtorbenen Frawen Eliſabeth Ehe vnd Ehren - ſtand mit viel bittern Myrrhen ſonderlich am Ende deſſelben erfuͤllet / in deme er nach ſeinem allerweiſſeſten vnd gerechteſten Rath jhren hertzliebſten Herrn jhre hoͤchſte Augen - vnd Hertzensluſt durch den zeitlichen Todt von jh - rem Hertzen abgeriſſen / vnd ſie in den trauri - gen Wittwenſtand verſetzet / auſſer welchem freylich / beſonders das Weibliche Geſchlecht betreffend / nichts elenders vnd erbaͤrmlichers1. Tim. 5. v. 5. iſt. Jn welchem jhrem Wittwenſtande ſie ſich nichts anders als einſam die jhre Hoffnung zu Gott allein geſtellet / vnd im gebet vnd flehen Tag vnd Nacht geblieben / erzeiget hat gantzer dritthalb Jahr. Biß der allmaͤchtige Gott inPſ. 31. v. 16. deſſen Haͤnden vnſere Zeit vnd wohlſtand ſte - het / jhr Hertz anderweit gelencket / vnd zur an - dern Ehe zuſchreiten geurſachet hat / da ſie ſich denn auch vermittelſt Goͤttlicher ſchickung auff Rath jhrer Adelichen Anverwanten in heiligen Eheſtand eingelaſſen / mit dem EdlenGeſtren -[51]24. Cap. des Propheten Ezechielis.Geſtrengen Ehrenveſten vnd wolbenambten Herrn / Georg von Reideburg vnd Krain auff Algerßdorff gegenwertigen hinterlaſſenen hochbetruͤbten Wittwer / mit welchem ſie nach Gottes Willen zwar in turturum concordia eine recht friedliche liebreiche Gott / Engel vnd Menſchen wolgefellige Ehe beſeſſen / vnd iſt ſie jhme / mit einem Wort zuſagen / eine rechte Hertzbrecherin vnd Augentroſt geweſen. Aber ach daß ich weiter nichts ſagen doͤrffte / (denn hier ſtutze ich mit meiner Rede) geweſen / ſagte ich leider Gott / kaum 1. Jahr 21. wochen vnd 1. Tag / iſt ja vnter liebreichen Hertzen / nichts anders als ein einzehler Tag / wie hier der Prophet ſaget / vn̄ des Abends ſtarb mir mein Weib. Jn welchem jhrem Eheſtande ſie auch der allmaͤchtige Gott mit einem Toͤchterlein ſo noch im Leben / erfrewet / deſſen ſich der Va - ter aller Waͤißlein gnaͤdigſt erbarmen / Mut - terſtell verwalten vnd es heben / tragen retten vnd helffen wolle biß ins Alter. Eſa. 46.

Jhren Chriſtenſtand anreichend / hat ſieIII. ſich einmal gegen Gott anders nicht als eine1. rechte Chriſtin jhrem Erloͤſer Chriſto zu Eh -G ijren[52]Chriſtliche Leichpredigt / aus demren fleiſſig zur Predigt ſeines Wortes vn̄ zum Brauch ſeines allerheiligſten Abendmals ge - halten / jhre Menſchliche Feiltritte mit hertzli - cher Rew erkent / mit vielen ſeufftzen Gott ab - gebeten / jre Beicht in Demuth vnd Andacht verrichtet / jhren Troſt / Glauben vnd Zuver - ſicht auff das blutige Leiden vnd ſterben Chri - ſti Jeſu einig fundiret vnd geſtercket / vnd jhre heilbegierige Seele kraͤfftig geſpeiſet vnd er - quicket mit dem warhafftig gegenwertigem Leib vnd Blut des HErrn / zur Vergebung jh - rer Suͤnden / vn̄ verſicherung jrer Seligkeit.

Nach der vnfeilbaren tabeltur vnd richt - ſchnur Goͤttlichen Wortes hat ſie auch nach moͤgligkeit jren euſerlichen Wandel angeſtel - let / aller mengerey vnd ſchwermerey war ſie feind / gleubte ſchlecht vnd recht den Worten der einſetzung Chriſti vnnd blieb auff ſeinem Munde vnd jhrer Seeligkeit grunde feſt be - ſtehen.

Danher war eine beſondere pietet vnd Gottſeligkeit in jhr / welche nicht allein aller Tugenden fundament vnd vrſprung ſondern jhr auch nu die beſte Grabſchriefft machet.

Ander -[53]24. Cap. des Propheten Ezechielis.

Andermalß gegen jhrem Nechſten / gegen deme ſie ſich Chriſtlich vn̄ wol verhalten. Ach wer iſt jhr neher geweſen / alß jhr hertzliebſter Juncker vnd Eheman / gegen welchem ſie ſich nach Pauli vn̄ Petri Lehr aller beſcheidenheit Gehorſams / Trewe / Liebe Freundligkeit vnd Gedult gebrauchet hat / vnnd jhme ein recht deſiderabile oculorum vnd AugenLuſt ohne welche jhme jetz alle Augenblick eine ſchwere Laſt ſeyn / geweſen. Wer war jhr lieber vnd ne - her alß jhre Adeliche Kinder / mit denen ſie es recht Muͤtterlich vnd hertzlich gemeinet / ſie ſind jhr eine AugenLuſt geweſen / hat trewlich vor ſie geſorget vnd gebetet / daß ſie nun frei - lich auch jhrer AugenLuſt vnd treweſten ſcha - tzes entberen muͤſſen. Gegen das Heilige Predigampt vnd deſſen zugehoͤrigen hat ſie ſich nicht allein mit Worten / ſondern auch in der that milde wolthaͤtig vn̄ freygebig erzeigt / vnd einen trewen Mundboten Chriſti wol ſo gern / (wie ich vnwuͤrdiger jhr ſelbſt nachſagen muß) als jhre nechſten anverwanten in jhrem Hauſe geſehen. Gegen jhre Vnterthanen hat ſie ſich aller billigkeit beflieſſen / jnen vielmehrG iijdas[54]Chriſtliche Leichpredigt / aus demdas Wort geredet / als ſie drengen vn̄ beſchwe - ren helffen: Gegen arme krancke vnd noth - leidende ſich wilfehrig mitleidig freygebig er - wieſen / alſo daß freilich zu wuͤntſchen / wenn der allmaͤchtige Gott jhr noch eine lange Zeit das Leben friſten moͤgen.

IIII. Weil aber der allweiſe Gott nach ſeinem beſten Rath vnd willē ein anders vber ſie beſchloſ - ſen / als muͤſſen wir beſchließlichen auch jres Angſt vnd Todesſtandes gedencken. Vnd iſt die ſelige A - deliche Fraw Eliſabeth / ſo viel mir wiſſend / im Mo - nat Novembri erſtlich mit einem boͤſen hitzigen Feber vnd hefftigen Huſten angegriffen / aus wel - chem hernach / wie der außgang bezeuget / die Ma - ſern entſproſſen / an welchen ſie ſehr gefehrlich etli - che Tage laborirt vnd kranck gelegen. Weil aber die Natur ſo ſtarck nicht geweſen / daß ſie ſelbige gar ej[iei]rn vnd außtreiben koͤnnen / vnnd ſich alſo gleichwol maligna materia vmb die Bruſt vnd Hertz verhalten / iſts endlich ſo weit kommen / daß eine gefehrliche plevritis vnd entzuͤndung in Seiten bey ſteten ſchweren huſten zugeſchlagen / dadurch ſie allerſeits dermaſſen abgemargelt / biß ſie / weil auch die adhibirte medicamenta, an denē kein fleiß geſparet worden / nichts fruchten wollen / endlich gantz vnd gar ſuccumbiren muͤſſen / zumal weil der Herr des Lebens biß hieher jhren Lebens - Lauff determinirt vnd verordnet hatte. Wie loͤb - lich vnd Chriſtlich ſie ſich in jhrem zugeſchicktemAngſt -[55]24. Cap. des Propheten Ezechielis.Angſtſtande verhalten / ſolte zwar jhr Seelenſor - ger / der nach Gottes willen jetzt auch ſchon im ſar - ge lieget / weitleufftig ſagē. Ach ich an ſeiner ſtat re - de es aus ſeinem Munde / daß ſie groſſe Gedult in jren Leibesſchmertzen gehabt / vnnachleſſig vnd hertzlich gebetet / dz der allguͤtige Gott wie es gut vnd ſelig / mit jhr ſchicken wolle. Jhrem Heylande Chriſto hat ſie ſich gar ergebē / vn̄ Pauli wort offt nachgeſprochē / leben wir / ſo leben wir dem Herrn Rom. 14. vnd obs wol Fleiſch vn̄ Blut offt ſchwer vnd bitter eingehet / diß zeitliche Leben zu reumen / zumal wo viel vnerzogener Kinderlein mit thraͤnē vmbs Siechbette ſtehen / den̄och hat ſie dem gnaͤdi - gen willen Gottes ſich kindlich ergeben / vn̄ je neher jr Todesſtuͤndlein / je hertzlicher ſie im̄er gebetet / O Herre Gott in meiner Not ꝛc. O Herr biß du mein zuverſicht ꝛc. Herr Jeſu Chriſt ich weis gar wol / ꝛc. O Jeſu Gottes Laͤmbelein ꝛc. vnd viel andere ſchoͤ - ne Gebetlein: Biß endlich den 12. Decemb. jr letztes Angſt vnd Todesſtuͤndlein herbey kam / da ſie ſich auff der vmbſtehenden erinnerung jrem Herrn Chriſto gantz befohlen / HErr Jeſu dir leb ich / dir ſterb ich ꝛc. Vnd iſt alſo in warem erkentnuͤß jhres Heylandes ſanfft vnd ſtill ohne einige vngeberde von dieſer boͤſen welt abgeſchieden / den 12. Decem. des morgens zwiſchen 8. vnd 9. der halben Vhr jhres Alters 32. Jahr vnd 6. Tage.

Wie ſchmertzlich dieſer vnverhoffte doch ſelige Todesfall dem hinterbliebenen Adelichen hochbetruͤbten Herren Wit - wer / vnd jhren hinterlaſſenen Adelichen Liebſten Kindern ſey /wiſſen[56]Chriſtliche Leichpredigt / aus demwiſſen die am meiſten / denen dergleichen Noth vn - ter handen geſtoſſen: Fieri enim non poteſt ut eorū mors non amara ſit, quorum vita & adſpectus fuitAuguſtin. jucundiſſimus. Sagt Auguſtinus. Es iſt unmoͤg - lich / daß wir vns vber derer Abgang nicht hoͤchlich betruͤben ſolten / die vns im Leben die liebſten ge - weſen: Demnach muͤſſen ſie dem Willen des allge - waltigen Gottes ſtill halten / vn̄ ſeine Gerichte nit anbrummen / in volliger Zuverſicht / der HErr des Todes vnd Lebens habe ſie zu ſich genommen cum pacto de reſtituendo mit gnaͤdiger verheiſſung / dz er ſie jnen allerſeits mit frewden widergeben wol - le / da denn ſie vnd wir in vnausſprechlicher Frew - de Gott ſchawen vnd lieblich weſen zu ſeiner rech - ten haben werden ewiglich. Wolan das verhelffe vns allen die allerheiligſte Dreyeinigkeit hochge - preiſet in Ewigkeit / Amen Amen.

Precatio poſt concionem.

O HErre Gott wenn dirs gefellt / So nim mich weg von dieſer Welt. Erhalt mich in Erkentnuͤß dein / Vnd laß mich ſelig ſchlaffen ein. Stercke mich du trewer frommer Gott / Mit deinem Geiſt in ſterbensnoth. Laß mich O HErr wie Simeon / Jn friede vnd frewde fahren davon. AMEN.

ENDE.

About this transcription

TextDesiderabile oculorum Lugentium Dei filiorum Abitum beate defunctorum
Author Christoph Raußendorff
Extent56 images; 8977 tokens; 3037 types; 61832 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationDesiderabile oculorum Lugentium Dei filiorum Abitum beate defunctorum Eine Christliche Leich- vnd Ehrenpredigt [...]. zu stetswehrendem Ehrengedächtniß gehalten Bey Adelicher Sepultur vnd Leichbegängnisse Der weiland Edlen Wol- vnd VielEhren-Tugendreichen Frawen Elisabeth/ gebornen Eckwrichtin von Starrwitz Christoph Raußendorff. . 56 LambergLeipzig1621.

Identification

Universitätsbibliothek Breslau Universitätsbibliothek Breslau, 4 S 144/7 / 523939

Physical description

Fraktur

LanguageGerman
ClassificationGebrauchsliteratur; Leichenpredigt; Gebrauchsliteratur; Leichenpredigt; ready; aedit

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Editorial principles

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Publisher
  • dta@bbaw.de
  • Deutsches Textarchiv
  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
  • Jägerstr. 22/23, 10117 BerlinGermany
ImprintBerlin 2019-12-10T09:36:09Z
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Holding LibraryUniversitätsbibliothek Breslau
ShelfmarkUniversitätsbibliothek Breslau, 4 S 144/7 / 523939
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