PRIMS Full-text transcription (HTML)
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Chriſtliche Leichpredigt /
Von der huͤlffe aus Zion; vber den Siebenden verß des 14. Pſalms:
Gehalten Jn der Fuͤrſtlichen Stadt Liegnitz / Bey der OberKirchen zu S. PetriPaul / Am dritten Weinacht Feyertage / als den 27. Decembris des Ablauffenden 1621. Jahres / Bey dem Volckreichen Chriſt - Ehrlichen Begraͤbnuͤß / Des Weiland Ehrenfeſten / Wolbe - nambten vnd Kunſtrei - chen Herren / Nicolai Schneiders / Ehrlichen Alten Buͤrgers / vnd trew - fleiſſigen Buchdruckers daſelbſt:
Gedruckt zurLiegnitz/ Jm Jahr1622.
[2]

I. Der Ehrbaren / Ehrentugend - reichen Frawen / Dorotheen Schneiderin / von der Zittaw / II. So wol / Dem Ehrbaren vnd Kunſtreichen Herrn / Tobiæ Schneidern / Buͤrgern vnd Goldſchmiede zur Liegnitz / III. Wie auch Der Ehrbaren Ehrentugendſamen Frawen / Roſinen / Deß Ehrenfeſten / Wolbenahmbten Herrn / Melchior Poleys, Buͤrgers vnd Handelsmans allhier / Eheli - chen Haußfrawen / IIII. Vnd. Nicolao, Suſannæ / Blandinæ Geſchwieſtern / Als Herrn Nicolai Schneiders ſeligen / hinterbliebnen / Hobetruͤbten Frawen Witwen / vnd Waiſen / Meinen geliebten / Gottſeligen Kirchkindern / vnd Freunden / Gottes Gnade vnd Troſt ſampt wuͤnſchung eines Gluͤckſe - ligen Neuen Jahres / vnd aller Heilwertigen Lei - bes vnd Seelen wolfart / zuvor.

Ehr -[3]

EHrbare / Ehrentugendreiche Fraw Wit - we / So wol Ehrbarer / Kunſtreicher Herr / Wie auch Ehrbare / Ehrentugendreiche Fraw / vnd jhr drey liebe Kinder / beſonders liebe Freunde vnd Gottſeli - ge Kirchkinder.

Das der Tod / ſo von Gott / vber alles Fleiſch verord - net / Sir. 41. v. 5. Einem alten / ſchwachen / Gottſeligen Chriſten der nichts beſſers zugewarten hat / wol thue; ibid. v. 3. vnd 4. habet jhr an eurem ſeligen Herren / vnd Vater / in der that befunden.

Denn nach dem jhn der Allmaͤchtige / aus ſeinem Vaͤ - terlichen raht / vber vorige / bey gehendem Leibe / halbjaͤh - rige ſchwachheit / von vorgangnem Laurenti an / in die Neunzehnde wochen ſtets auff dem Siechbette gehalten / hat er ja hertzlich ſich geſehnet / vnd auff ſeines Leibes er - loͤſung gewartet / Rom. 8. v. 23. vnd weil er feſtiglich ge - glaͤubet / das allein Chriſtus ſein Leben / vnd Sterben ſein gewin ſey / hat er innigliche luſt gehabt abzuſcheiden / vnd bey Chriſto zu ſein. Phil. 1. v. 23. Darumb jhn auch Gott endlich erhoͤret / vnd den 18. Decemb. deß abgewiechenen 1621. Jahres / ¼ auff 9. vhr deß Abends / ſelig abgefordert.

Weil jhr auch darauff / aus ſchuldiger Ehlicher trew / vnd Kindlicher liebe / bey ſeiner Chriſtlichen Sepultur, eine Leichpredigt / Amptes halben von mir begehret / habe ich mich / wie ſchuͤldig / ſo willig / darzu finden laſſen; vnd / ſo viel Gott / bey anderer Amptsvorrichtung gnade geben / auch ich mich / wegen der Heiligen Weinacht Feyertage /A ijdarauff[4]Darauff gefaſt zumachen / zeit nehmen koͤnnen treulich vor - richtet; Hette auch nicht vormeinet / das auff dieſesmahl / etwas weiter / von euch / ſolte gemutet werden.

Jn dem jhr aber / beydes ſelber / ſo wol durch andere / nach vorflieſſung der Feyertage; bey mir anhalten laſſen / ſolche geringe vnd ſchlechte LeichSermon, Eurem ſeligen lieben Herrn vnd Vater / zum Ehrengedaͤchtnuͤs Euch aber zu troſte / zum Druck zuvbergeben: wolte ich / der ich doch meine tenuitêt erkenne / nichts liebers wuͤnſchen / als das ich damahls / ſolchen Text / beſſer zu elaboriren, mehr zeit vnd gelegenheit haben koͤñen. Denn anders / als ſie damals gefallen / herraus zugeben / ich bedencken trage / darumb auch mich etlich mahl gegen euch entſchuldiget.

Weil jhr aber nicht abgelaſſen / Als hab ich / damit ich nicht fuͤr den / ſo ſein pfund behalten / Luc. 19. v. 20. oder vorbergen wolte / Matth. 25. v. 25. angeſehen wuͤrde / eurer bitte / entlichen ſtatt gegeben.

Vbergebe ſie demnach / Euch ſaͤmptlichen / hiermit / freundlich bittende / Jhr / ſo wol / der Chriſtliche Leſer / wolle ſie nicht anders / als es gemeinet / Nehmlich GOtt zu lobe / dem ſeligen Herrn Buchdrucker zum Ehrenge - daͤchtnuͤs / Euch allen zu Troſt vnd vnterrichtung / auff vnd annehmen.

Hiermit Euch ſaͤmptlich / dem Vater / aller fromen Witwen vnd Waiſen zu Troſt / Schutz / vnd Segen / treu - lich empfelende. Liegnitz / auff dem Pfarhofe zu S. PetriPaul / den 22. Januarii deß angehenden 1622. Jahres.

Euer / Jn gebuͤhr Trewfleißiger Seelſorger Abraham Frieſe Pfarrer.

Cum[5]
Cum Deo.
  • Gnade ſey mit euch / vnd friede / von Gott dem Vater vnd vnſerm HErrn Jeſu Chriſt / der ſich ſelbs fuͤr vnſer Suͤnde gegeben hat / das er vns errettet / von dieſer gegenwertigen argen Welt / nach dem wil - len Gottes / vnd vnſers Vaters / welchem ſey Ehre / von ewigkeit / zu ewigkeit / Gal. 1. v. 3. 4 5. Amen.

ANdaͤchtige Chriſten / Außerweh - lete vnd geliebte im HErrn / Wir ſind jetz / im Namen GOttes / welcher die Men - ſchen leſt ſterben / vnd ſpricht / kompt wieder Men - ſchen Kinder / Pſal. 90. v. 4. zuſammen kommen / den ſeligen abgeleibten Coͤrper / deß Weiland Eh - renfeſten / Wolbenambten vnd Kunſtreichen Her - ren / Nicolai Schneiders / Alten Gottſeligen Buͤr - gers / vnd treufleiſſigen Buchdruckers / dieſer Fuͤrſt - lichen Stadt / ehrlich vnd Chriſtlich zur Erden zube - ſtatten; dem wir billich den Ehrentittel geben koͤn - nen / welchen der Gelahrte Mann Georgius Bru - ſchius, dem fuͤrtreflichen Buchdrucker / Johanni Oporino gegeben / vnd jhn Notarium Dei Optimi Maximi, Gottes deß Allerhoͤchſten Notarium, nen - nen. Weil freilich dieſe loͤbliche Kunſt / wenn ſie recht gebraucht wird / eine teure Gabe Gottes iſt.

A iijDamit[6]

Damit aber / ſolch Chriſtlich Begraͤbnuͤs / recht gefoͤrdert werde / Jſt nicht noth / von der antiqvitêt dieſer Kunſt zureden / wie ſie Anno 1440. von Jo - hanne Guttenbergern zu Straßburg erfunden / von Johan Mentelio, vnd Sixto Ruͤſingern exco - lirt, vnd nach Neapolis gebracht / So wol von Vl - rich Hanen / einem Deutſchen / vmbs Jahr Chriſti. 1471. zu Rom angerichtet / darvon die Gelaͤhrten / was Buchholzerus, in ſeinem Indice Chronologi - co, pagin. 434. vnd Sethus Calviſius, in ſeiner Chronologi, in 4to, pagin. 910. aus Herrn Wim - phelini Capite 65. ſchreiben / leſen koͤnnen: Wiewol der alte Herr Matheſius in ſeinen Hochzeitpredig - ten / fol. 90. ſetzet / Das ein Goldſchmied zu Mayntz / Schaͤfler genant / ſolche Kunſt erſtlich in Deutſch - land / ſol erfunden haben.

Sondern wir wollen / aus dem beſten Buch / der lieben Biebel / ein ſchoͤnes Spruͤchlein / Gott zu lob / vns vnd den betruͤbten Leidetragenden / zur Lehre vnd Troſt / dem ſeligen verſtorbnen Herrn Buchdrucker / zum Ehrengedaͤchtnuͤs / handeln vnd erklaͤhren.

Welches damit es nicht ohne frucht vnd nutz abgehe / wollen wir GOtt den Vater / im Namen /deß[7]deß Neugebohrnen Kindleins / vnſers lieben Jeſu - leins / vmb die Gabe deß Heiligen Geiſtes / mit einem glaͤubigen vnd andaͤchtigen Vater vnſer anruffen.

Textus.

(Pſal.[141] . 7. )ACh / das die Huͤlffe aus Zi - on vber Jſrael kaͤme / vnd der HErr ſein gefangen Volck er - loͤſete / ſo wuͤrde Jacob froͤlich ſein / vnd Jſrael ſich frewen. ()

GEliebte Chriſten / recht vnd wol lauten die bekanten Verß.

Navita de ventis, de tauris narrat arator; Enumerat miles vulnera, paſtor oves. ()

Das iſt:

Der Schiffman redet gerne von Winden / der Ackerman vom Zugviehe / der Soldate von groſ - ſen ſtreichen vnd wunden / der Hirte von Schaffen / vnd ein jeder von dem / darmit er vmbgehet. Alſohat[8]hat vnſer ſeliger Herr Buchdrucker / gerne von Buͤchern geredet: Aber vnter allen / iſt jhm keines lieber vnd bekanter geweſen / als die liebe Bibel / wel - che Sirach 24 v. 32. Das Buch deß Bundes vnd Lebens nennet / darinnen auch Chriſtus vns for - ſchen heiſt / weil ſie von jhme zeuget / vnd wir das Ewige Leben drinnen haben / Joh. 5. v. 39. 40. Da - her / der alte Kirchenlehrer / Gregorius libr. 6. Epiſt. 189. die heilige Schrifft / Epiſtolam Omnipotentis Dei, ad Creaturam ſuam nennet / Einen Brieff deß Allmaͤchtigen Gottes / an ſeine Creaturen.

Vnd haben freylich auch wir Deutſchen Gott ſonderlich zu dancken / das er vns / die liebe Bibel / in offnem Druck / durch die Dolmetſchung / deß theuren Mannes Lutheri / vnd ſeiner getreuen Mit - gehuͤlffen / in vnſerer Mutterſprach gegeben; Wie denn der alte Herr Mattheſius, in der 13. Predigt / vom Leben vnd Wandel deß Herrn Lutheri / fol. 15. von ſolcher translation, wie Anno 1540. darmit procediret, ſchoͤne ſchreibet: Ja der Chriſtliche Held / Mauricius Hertzog von Sachſen vnd Chur - fuͤrſt / ꝛc. hat geſaget / Wittenberg muſte billich er - halten werden. Denn alles / was auff derſelben Uni - verſitêt fundation vnd erhaltung gangen / hette ſiemit[9]mit ausarbeitung vnd Druck der Deutſchen Bi - bel / reichlich eingebracht. Wie denn Jhrer Chur - fuͤrſtlichen Gnaden / Herr Bruder / Auguſtus, auch Churfuͤrſt zu Sachſen / ꝛc. ſie ſo lieb gehabt / das er ſie / jnnerhalb vier Wochen / fuͤr ſeinem ſeligen ab - leiben / gantz durchleſen. Vnd iſt numehr durch die loͤbliche Drucker Kunſt / die liebe Bibel / ſo gemein worden / das ſie ein jeder Haußvater / vmb ſchlech - tes Geld / zeugen vnd brauchen kan; Aber darvon zur andern zeit.

Wie nun in der Heiligen Bibel / derer einiger Meiſter / wie S. Petrus 2 Epiſt. cap. 1. v. 21. bezeu - get / Gott der Heilige Geiſt iſt; Allerley ſchoͤne Lehr vnd Troſtbuͤcher / begriffen; Alſo iſt auch darinnen / das allerſchoͤneſte koͤſtlichſte Gebetbuch / der liebe Pſalter / welchen / laut CHriſti eignen worten / Matth. 22. v. 43. der Heilige Geiſt dem Koͤnige Da - vid in den Mund vnd Feder / dictirt vnd geben.

Dieſes iſt vnſers ſeligen Herrn Buchdruckers / liebeſtes Manuale, vnd taͤgliches Handbuͤchlein ge - weſen / daraus er ſich in ſeiner langwirigen nieder - lage / troſtes erholet / auch vnter andern / aus vorle - ſenem Spruch / ſtets vmb huͤlffe vnd ſelige ErloͤſungBvon[10]von ſeinen Leibes vnd Seelenbanden zu GOTT ernſtlich geſeufftzet.

Weil denn / von der Hochbetruͤbten Fraw Wit - wen / vnd jhren vorweiſeten Kindern / ſolcher ſpruch zuerklaͤren / Mir an die hand gegeben: Als wollen wir ohne weitern vorzug / denſelbten in der furchte Gottes erwegen / vnd nach anleitung deß Textes / von Dreyen Stuͤcken reden.

1.

  • Erſtlich / Jn wie groß elend wir alle / durch den Fall der erſten Eltern ge - rahten.

2.

  • Zum Andern / Wie vnd durch wehn / wir darvon erloͤſet.

3.

  • Zum Dritten / Was wir denn GOtt darfuͤr zu thun ſchuͤldig ſein.

GOtt wolle vns hierzu / ſeinen Heiligen Geiſt geben / vmb Chriſti / vnſers Heilandes willen / Amen.

I. An[11]

I.

ANlangend das Erſte Stuͤcke / ſol Euer Liebe mercken / das / nach dem David / im 14. Pſalm / vns Menſchen / wie wir nach dem Fall / vom Fleiſch gebohren werden / Joh. 3. v. 6. ſehr artig beſchrieben / Er in dieſem letzten Verß / alles fein richtig zuſam - men faſſet / was von vnſerm groͤſten elend / vnd hoͤch - ſten troſte / kan geſaget werden / vnd ſpricht / Ach / das die huͤlffe aus Zion vber Jſraël kaͤme / vnd der HErr ſein gefangen Volck erloͤſete. Jn welchen worten / wir Erſtlich / auff das wort / Gefangne / fleißige achtung geben ſollen / vnd es wol mercken. Denn mit demſelben / Er / all vnſer Elend / es ſey Leiblich oder Geiſtlich andeutet: Welches / wer es nicht recht verſtehet / ſchwerlich ſich vmb die huͤlffe bekuͤmmert / wie Chriſtus ſelber bezeuget / Matth 9. v. 12. da er ſaget: Die ſtarcken duͤrffen deß Artztes nicht / ſondern die Krancken. Jch bin kommen / die Suͤnder zur Buſſe zu ruffen / vnd nicht die fromen.

Nicht das vnter den Menſchen / etliche von Na - tur from weren / weil ſie alle abgewichen vnd vn - tuͤchtig ſind / wie im 3. Verß ſtehet; Sondern das ſich etliche vermeſſen / das ſie from ſein / vnd andere neben jhnen verachten / Luc. 8. v. 9. da ſie doch ſoB ijwol[12]wol als jene gefangne ſind / allein das ſie es nicht er - kennen. Daher auch wir / aus dem Geiſtreichen Ge - ſange / deß Herren Lutheri ſeligen / Nu freut euch lieben Chriſten gemein / mit der Kirchen GOttes ſingen:

Dem Teufel ich gefangen lag /
Jm Tod war ich verlohren;
Mein Suͤnd mich quelet nacht vnd tag /
Darin ich war gebohren:
Jch ſiel auch immer tieffer drein /
Es war kein gutts am Leben mein /
Die Suͤnd hatt mich beſeſſen.

I. Wird demnach / durch das Woͤrtlein Gefan - gne / verſtanden / Erſtlich / Captivitas Spiritualis, Das Geiſtliche Gefaͤngnuͤs / da wir alle aus ſuͤndli - chem Samen gezeuget / in Suͤnden empfangen vnd gebohren / Pſ. 51. v. 7. Von Natur Kinder deß zorns / Eph. 2. v. 3. ſo von Mutterleibe an irren / Pſ. 58. v. 4. vnter die Suͤnde beſchloſſen / Rom. 3. v. 23. vnd verkaufft ſind / Rom. 7. v. 14.

1. Denn da iſt fuͤr eins / Captum judicium, vnſer verſtand gefangen / das Gott niemanden findet / der da klug ſey / vnd nach jhm frage. v. 2. ſondern gehen al - le in der jrre / wie die Schaffe / Eſ. 53. v. 6. Vnd weiſetein[13]ein Blinder dem andern den weg / das ſie beide in die gruben fallen / Lucæ 6. v. 40 Jn dem der Natuͤrli - che Menſch nichts ver nimmet vom Geiſte Gottes / ja es jhm eine thorheit iſt / vnd es nicht erkennen kan / 1. Corint. 2. v. 14. Denn wir muͤſſen alle bekennen / das wir im gemuͤht vnd vorſtand / allerley Jrrtumb / von Gott / ſeinem weſen / wercken vnd willen befin - den / vnd aus Natuͤrlichen kraͤfften / Gott nicht ſe - hen / Johan. 1. v. 18. noch kennen / Matth. 11. v. 27. Denn Fleiſch vnd Blutt kan es vns nicht offenbah - ren / Matth. 16. v. 17.

2. Fuͤrs Ander / iſt auch Capta Voluntas, vnſer wille gefangen / das er in Gottes ſachen nicht mehr libera, frey / ſondern Se[r]va, dinſtbar iſt / wie wir ſingen:

Der frey will haſſet Gottes Gricht /
Er iſt zum gutn erſtorben;
Die angſt mich zuvorzweifeln treib /
Das nichts denn ſterben bey mir bleib /
Zur Hellen muſt ich ſincken.

Denn fleiſchlich geſinnet ſein / iſt eine feindſchafft wieder Gott / Roman 8. v. 7. Weil vnſer tichten vnd trachten boͤſe iſt / von jugend auff / Genef. 6. v. 6. vnd capit 8. v. 21. Wiſſen auch nicht / wie offt wir fehlen / Pſalm 19. v. 15.

B iijZum[14]

Zum Dritten ſind auch / Captæ præſtandi fa - cultates, vel conatus, Die kraͤfften vñ vermoͤgen ge - fangen / Jn dem keiner nichts gutts thut / vnd alle in GOttes ſachen vnvorſtendig ſind / Roman. 3. v. 11. Auch das gutte / ſo wir wollen / nicht volbringen / Ro - man. 7. v. 19. Vnd daher alle billich thoren vnd traͤ - ge hertzen / wie die Juͤnger Lucæ. 24. v. 25. genen - net werden / ja die Kinder dieſer Welt / kluͤger ſind als wir / Lucæ 16. v. 8. Weil wir das Liecht im ge - muͤtte / den freyen willen zum gutten / vnd die kraͤffte des Geiſtes ſolches zu volbringen / verlohren haben. Daher vnſer gemuͤth vorfinſtert / vnſer Hertz vnd wille / voller boͤſer luſt ſteckt / wieder GOttes gebot vnd befehl: Ja wenn wir gleich das gutte hoͤren vnd wiſſen / ſind wir doch darzu kalt / faul / vntuͤchtig vnd vngeſchickt / zum boͤſen aber leider allzu willig / Der Glaub iſt ſchwach / die Liebe kalt / ja faſt gar erfro - ren / das wir billich aus der Pfingſt Proſa / beten vnd bekennen: Sancte Spiritus, ſine tuo numine, Nihil eſt in homine, Nihil eſt innoxium,

Heiliger
Geiſt Ohn dein Goͤttlich Majeſtat /
Nichts gutts der Menſch kan noch hat /
Suͤndig iſt all ſeine thatt.

Vnd koͤnnen aus eigner vornunfft vnd krafft / nichtan[15]an Jeſum Chriſtum gleuben / oder zu jhm kommen / wie das Summarium des dritten Artickels vns lehret / ſind dem Geſetz GOTtes nicht gehorſam / ja vermoͤgen es nicht / Roman. 8. v. 7. Sondern ſitzen im Finſterniß vnd ſchatten des Todes / Jn der ge - walt vnſerer Feinde / in den Haͤnden derer / die vns haſſen / Luc. 1. v. 71. & 79. Vnd wenn wir es gleich leugnen wolten / vberzeuget vns doch mit Paulo / Rom. 7. v. 23. vnſer eigen Gewiſſen / Jn dem Gott vnſer vnerkante Suͤnde / ins Liecht ſtellet fuͤr ſein Angeſicht / Pſalm. 90. v. 9, vnd die that es ſelber be - zeuget. Denn was iſt ein Menſch / das er ſolte rein ſein / vnd das er ſolte gerecht ſein / der vom Weibe ge - bohren iſt? Siehe / vnter ſeinen Heiligen / iſt keiner ohn taddel / vnd die Himmel ſind nicht rein fuͤr jhm. Wie viel mehr ein Menſch / der ein greuel vnd ſchnoͤ - de iſt / der vnrecht ſeufft wie Waſſer / Hiob 15. v. 14. 15. 16. Daher groſſe Leute auch feilen / Pſal 62. v. 10 vnd jedes vnter vns Calignem mentis, averſio - nem voluntatis, & Contumaciam Cordis, Die tunckelheit ſeines gemuͤttes / die abwendung ſeines willens / vnd die halsſtarrigkeit ſeines hertzens be - klaget / ja wir ſind ſo verterbet / das wir ſolche vnſere Geiſtliche bande nicht erkennen / ſondern noch mitden[16]den Dienern Gottes / ſo ſie vns weiſen vnd zeygen / zoͤrnen / vns von GOtt abwenden / in ſicherheit da - hin gehen / Fuͤr Gott in vnſern Suͤnden / wie Adam vnd Eva fliehen / Geneſ. 3. v. 8. ſie vermenteln vnd vorleugnen / Pſalm 32. v. 3. Da doch die werck des Fleiſches offenbahr / vnd Galat. 5. v. 19. 20. 21. klar beſchrieben ſind: Auch jederman weis / das die ſolches thun / das Reich GOTtes nicht ererben / 1. Corinth. 6. v. 9. 10. wir doch gerade das wiederſpiel thun / vnd von vns ſelber / als von vns ſelber / 2. Co - rinth. 3. v. 5. nicht anders thun koͤnnen. O wir elen - den Leute! Summa / gleich wie ein koͤſtliches Vhr - werck oder Schlagſeiger / der vorruckt / vorzogen vnd vorterbet iſt / weder recht gehet / noch recht ſchlaͤ - get / Alſo hat der leidige Teuffel / vns / als ein wolbe - ſtalte Schlagvhr Gottes / gantz verzogen vnd ver - terbet. Denn er hat vnſern vorſtand nicht allein verhindert / ſondern auch gar verblendet.

Jn Gottes ſachen / vnſern willen Gott ab / vnd jh - me zugewant / das wir alles mit luſt vñ willen thun / was Gott verbotten / dargegen aber laſſen / was er vns gebotten hat. Denn wir muͤſſen doch beken - nen / was Gott mißfelt / das gefelt vns von Natur / vnd was Gott gefelt / das mißfellet vns / vnd ſteckenvnſre[17]vnſere hertzen voller boͤſer luſt vnd begierden. Die - ſes vnſer elend / ſollen wir erkennen / hertzlich leid druͤber haben / vnd damit vns GOtt erleuchte / vnd regiere / auff das wir ſeinen willen erkennen / vnd demſelben / ſo viel moͤglich / in lieb vnd leid / gemeß le - ben / ſo ſollen wir offt hertzlich beten:

O HErr Nim von mir /Was mich wendet von dir /
O HErr gieb mir /Was mich kehret zu dir /
O HErr nim mich mir /Vnd gieb mich gantz eigen dir.

Solches nun / was bißher geſaget / ſollen wir wol behalten / 1. Erſtlich / wieder die Pelagianer, die dem freyen willen / des Menſchen nach dem Fall / in Geiſtlichen ſachen / zuviel zu ſchreiben / weil er / wie genungſam bewieſen / fuͤr der bekehrung / vielmehr Serva als Libera, gebunden als frey iſt.

2. Darnach wieder die Juſtitiarios, Werckheiligen / ſo mit jhren wercken vormeinen Gott zuvorſoͤhnen / da doch wir alleſampt ſind wie die vnreinen / vnd alle vnſere gerechtigkeit / iſt wie ein vnflaͤtig Kleid / Eſ. 64. v. 6. darmit warlich niemand pranget: Vnd wenn wir vns gleich nichts boͤſes bewuſt ſein / ſind wir doch darumb fuͤr GOtt nicht gerechtfertiget / 1. Corinth. 4. v. 4.

Ja wenn wir gleich alles gethan hetten / vndCnoch[18]noch theten / was vns befohlen / da es doch nieman - den moͤglich / noch muͤſſen wir ſagen / wir weren vn - nuͤtze Knechte vnd Maͤgde / Lucæ 17. v. 10. Ein ge - fangener Mann / iſt ja ein armer Man / der in har - ten banden liegt / vnd nichts thun kan; Was ſolten denn wir armen leute gutes vermoͤgen / oder thun koͤnnen / die wir wegen vnſer groſſen Suͤnden ſchuld Matth. 18. v 25. in ſolche bande vnd gefaͤngniß ge - rahten / vnd alle des ruhmes mangeln / den wir an GOtt haben ſollen / Roman. 3. v. 23. Haben auch nicht zuzahlen / ſondern muſten Ewig in Schuldt - thurm gefangen liegen bleiben / Matth. 18. v. 34. So mag auch Silber vnd Golt nicht erretten / am tage des zorns des HErren / Zeph. 1. v. 18 wenn wir es gleich hetten / ja niemand kan vns erloͤſen / wenn es gleich ein Bruder wehre denn es koſtet zuviel / Pſalm 49. v. 8. Bleiben demnach gefangen / koͤn - nen ohne Chriſtum nichts thun / Joh. 15. v. 8. Son - dern weil wir von Natur boͤſe Baͤume ſind / koͤnnen wir nicht gutte / ſondern arge fruͤchte bringen / Matt. 7. v. 18. Daher ſinget die Kirche Gottes recht:

Von Adam her ſo lange zeit /
War vnſer Fleiſch vormaledeit;
Leib vnd Seel biß in Tod vorwund /
Am gantzen Menſchen nichts geſund.
[19]
Vns hett vmbfangen groſſe noth /
Vber vns herſchet Suͤnd vnd Tod /
Wir ſuncken in der Hellen grund /
Vnd war niemand der helffen kund.

II. Fuͤrs ander iſt auch / Captivitas Corporalis, Ein leiblich gefaͤngniß. Denn der Tod / (wie auch ſeine vorbotten) iſt der Suͤnden ſolt / Rom. 6. v. 23. vnd iſt zu allen Menſchen durch gedrungen / dieweil ſie all geſuͤndiget haben / Rom. 5. v. 12.

Hilff lieber Gott / wie viel vnd mancherley fin - den ſich hier bande vnd ſtricke / darinnen wir liegen / vnd billich mit Moſe / aus dem 90. Pſalm / v. 10. ſingen: Ach wie elend iſt vnſer zeit / allhier auff die - ſer Erden / wie auch mit dem Patriarchen Jacob / Geneſ. 47. v. 11. wenig vnd boͤſe / iſt die zeit meines Lebens. Vnd damit niemand / jhm guͤldene berge treumen laſſe / ſticht Sirach vns den ſchwaͤr auff / capit. 40. v. 1. ꝛc. vnd ſpricht: Es iſt ein elend jaͤm - merlich ding / vmb aller Menſchen leben / von Mut - terleibe an / biß ſie in die Erden begraben werden / die vnſer aller Mutter iſt. Da iſt jm̃er ſorge / furcht / hoffnung / vnd zu letzt der Tod. So wol bey dem / der in hohen Ehren ſitzt / als bey dem geringſten auff Erden. So wol bey dem / der Seiden vnd KronC ijtreget /[20]treget / als bey dem / der einen groben kittel an hat / da iſt immer Zorn / Eiver / wiederwertigkeit / vnfried vnd Todes gefahr / Neid vnd Zanck. Vnd wenn ei - ner des Nachtes / auf ſeinem Bette ruhen vnd ſchlaf - fen ſol / fallen jhm mancherley gedancken fuͤr. Wenn er gleich ein wenig ruhet / ſo iſt es doch nichts. Deñ er erſchrickt im traum / als ſehe er die Feinde kommen / vnd wenn er auffwacht / vnd ſiehet / das er ſicher iſt / ſo iſt jhm / als der aus der ſchlacht entrunnen iſt / vnd iſt wunder froh / das die furcht nichts iſt geweſen. Solches wiederfehret allem Fleiſch / beyde Menſchen vnd Vieh / aber den Gottloſen ſieben mahl mehr.

Deñ weil Gott ſpricht Deut. 27. v. 26. Vor flucht ſey / wer nicht alle worte dieſes geſetzes erfuͤllet / das er darnach thu / Wir aber fleiſchlich ſind / vnter die ſuͤn - de vorkaufft / Rom. 7. v. 14. wie ſolten wir denn / nicht allen ſtraffen / ſo Levit. 26. vnd Deuter. 28. den vbertrettern des Goͤttlichen geſetzes gedrewet wer - den / vnterworffen ſein / vnd propter malum culpæ, wegen der Suͤnden / auch malum pænæ allerley ſtraffen zu fuͤrchten haben. Darumb wir beten:

Daher koͤmpt ſo viel vngemach /
Vngluͤck vnd Kranckheit tauſent fach /
Biß endlich durch die letzte noth /
Vns reiſt hinweg der bittre Tod.
Vnd[21]

Vnd muͤſſen mit Moſe bekennen / Pſal. 90. v. 10. Wenn vnfer Leben auffs koͤſtlichſte geweſen / das es muͤhe vnd arbeit geweſen. Aber was ſol man hier viel worte machen / da es die that einem jeden vnter vns gnungſain bezeuget? Solches aber / Geliebte im HErren / muß offt geſaget / wiederholet vnd betrachtet werden / damit wir vnſer Geiſtlich vnd Leiblich elend / bande vnd Gefaͤngniß / ja vns ſel - ber recht erkennen / vnd vrſach nehmen / mit Paulo zuſchreien / Roman. 7. v. 24. Jch elender Menſch / wer wil mich erloͤſen von dem Leibe des Todes / Auch mit David hertzlich zu Beten / Pſal. 143. v. 11 Lehre mich thun / nach deinem wolgefallen. Denn du biſt mein Gott / dein gutter gutter Geiſt / fuͤhre mich auff ebener Bahn. Vnd ſo viel vom Erſten Stuͤcke.

2.

Fuͤrs Ander / weil denn durch Adams Fall / gantz iſt vorterbt / Menſchlich Natur vnd we - ſen / So fragen vnd bekuͤmmern wir vns billich wie vns geholffen werde.

1. Nehmlich / das wir vns ſelber nicht helffen koͤn - nen. Denn die ſchrifft hat alles beſchloſſen vnter die Suͤnde / Galat. 3. v. 22. Daher auch die HeiligenC iijGottes[22]Gottes es bekennen / wie denn David Pſal. 19. v. 15. ſaget: HERR wer kan mercken / wie offt er fehlet. Denn wir in Gottes Gerichte nicht beſtehen / Pſal. 130. v. 3. noch Gerecht ſein koͤnnen / vnd Pſal. 143. v. 3. Wie es denn der liebe Hiob / vber ſein hoffen / endlich / als Gott / Cap. 38. zu reden anfieng / erfah - ren vnd ſelber / das er zu leichtfertig geweſen / weil er es nicht gleuben wollen / bekennen muͤſſen. Was ſol - ten denn wir thun? Oder wie ſolten wir vns helf - fen koͤnnen?

2. So kan vns auch das Geſetz nicht helffen / da - rinnen vns der Wille der Gerechtigkeit GOttes offenbahret wird / darfuͤr wir erſchrecken vnd erzit - tern / Ja es iſt jhm vnmoͤglich / Rom. 8. v. 3. Denn wenn ein Geſetz gegeben were / das da koͤnte Leben - dig machen / ſo kaͤme die Gerechtigkeit / warhafftig aus dem Geſetze / Galat. 3. v. 21. Aber die mit deß Geſetzes werck vmbgehen / ſind vnter dem Fluch / ibid. v. 9. Jſt demnach offenbahr / das durchs Ge - ſetze niemand gerecht wird fuͤr GOtt / v. 11. Alſo ge - hen Prieſter vnd Levit fuͤrvber / Luc. 10. v. 21. & 32. vnd laſſen vns in vnſerm elende liegen / ob ſie vns gleich ſehen.

3. Aber das Heilige Evangelium / giebt vns ent -lich[23]lich raht / Troſt / vnd huͤlffe / Jn dem es vns den wil - len der Barmhertzigkeit GOttes offenbahret / vnd anzeiget / wie wir vor Gott / gerecht vnd ſelig wer - den. Solches thut auch David in dieſem Spruch / I. Vnd ſetzet Erſtlich / zum fundament vnd grund vnſerer Seligkeit / Gratiam Dei, die Gnade GOt - tes / das er ſich ſeines armen Gefangnen Menſchli - chen Geſchlechtes erbarmet. Das beſtetiget Chri - ſtus vnſer Heyland / Joh. 3. v. 16. da er ſaget: Alſo hat GOtt die Weld geliebet / Vnd Sanct Paulus zun Epheſern / Cap. 2. v. 4. & 5. Gott der da reich iſt von Barmhertzigkeit / durch ſeine groſſe Liebe / damit er vns geliebet hat / da wir Todt waren in Suͤnden / hat er vns ſampt Chriſto Lebendig gema - chet: Denn aus genaden ſeid jhr Selig worden. Vnd v. 8. & 9. Aus gnaden ſeidt jhr ſelig worden / durch den Glauben / vnd daſſelbe nicht aus euch / Gottes gabe iſt es / nicht aus den wercken / auff das ſich nicht jemand ruͤhme. Desgleichen Tito 3. v. 4. & 5. Da aber erſchein / die freundligkeit vnd leutſe - ligkeit Gottes vnſers Heilandes / Nicht vmb der wer - cke willen der Gerechtigkeit / die wir gethan hatten / Sondern nach ſeiner Barmhertzigkeit macht Er vns Selig. Daher auch die Kirche Gottes ſinget:

Da Jammert Gott in Ewigkeit /
Mein Elend vber maſſen;
[24]
Er gdacht an ſein Barmhertzigkeit /
Er wolt mir helffen laſſen.
Er wand zu mir ſein Vater hertz /
Es war bey jhm fuͤr war kein ſchertz /
Er ließ ſein beſtes koſten.

So ſpricht auch Gott ſelber / Eſai. 43. v. 1. Jch habe dich erloͤſet / Jtem: v. 11. Jch / Jch bin der HErr / vnd auſſer Mir iſt kein Heiland / Jtem: v. 25. Jch / Jch tilge deine vbertretung / vmb Meinet willen / vnd gedencke deiner Suͤnde nicht. Jſt alſo auſſer Gott / kein helffer / kein raht / kein troſt / keine huͤlffe. Wie darnach S. Paulus Epheſ. 1. v. 5. 9. & 12. dem wolgefallen ſeines gnedigen willens / vnd dem Reich - thumb ſeiner gnaden / alles allein zuſchreibet / in dem es nicht an jemandes wollen oder lauffen / ſondern an Gottes erbarmen lieget / Roman. 9. v. 16. Da - rumb wir alle billich mit S. Paulo ſagen / Rom. 11. v. 33. 34. & 35. O welch eine tieffe des Reichthumbs / beyde der weißheit vnd erkaͤntnuͤß Gottes / wie gar vnbegreiflich ſind ſeine Gerichte / vnd vnerforſchlich ſeine wege! Denn wer hat des HErren ſinn erkant? Oder wer iſt ſein Rathgeber geweſen? Oder wer hat jhm etwas zu vor gegeben / das jhm werde wieder vergolten? Denn von jhm / vnd durch jhn / vnd in jhm / ſind alle ding / jhm ſey Ehre in Ewigkeit / Amen.

II. Zum[25]

II. Zum Andern / weiſet vns das liebe Evangelium / auff den Mitler / durch welchen vns Gott erloͤſet / Nehmlich / vnſern HErrn vnd Heiland Jeſum Chriſtum / auf welchen vns auch hier David weiſet / vnd jhn Salutare Zionis, oder Dei, die huͤlffe / oder den Helffer aus Zion nennet; Auff welchen auch der Patriarch Jacob / auff ſeinem Todtbette gewartet / vnd Geneſ. 49. v. 18. geſaget / Expecto Domine Salutare tuum, HErr ich warte auff dein Heil / Wie denn auch der Koͤnig David / Pſal. 119. v. 166. & 147. Eben dieſen Hertzwunſch wiederholet; Vnd der Alte Simeon / Luc 2. v. 30. lehret vns / daß das Chriſtkindlein / ſey daſſelbe Salutare, derſelbe Heiland: Vnd weil er ſolches mit Glaubens augen geſehen vnd erkant / begehr er ſelig zu ſterben:

Ja Chriſtus ſelber / Joh. 8. v. 57. bezeuget / Das Abraham fro worden / das er im Geiſt / ſeinen Tag ſehen ſollen / ja das er ſich gefreuet / als er jhn geſehen. Darumb es der Apoſtel Sanct Paulus / zun Gal. 4. v. 5. fein zuſammen zeucht / vnd ſpricht: Da die zeit erfuͤllet war / ſandte GOtt / ſeinen Sohn / gebo - ren von einem Weibe / vnd vnter das Geſetz gethan / auff das Er die / ſo vnter dem Geſetz waren erloͤſete / das wir die Kindſchafft empfingen. Vnd ChriſtusDſelber[26]ſelber / Joh. 3. v. 16. Alſo hat GOtt die Weld geliebet / das er ſeinen eingebornen Sohn gab: Wie nun Moſes in der Wuͤſten / Num. 21. v. 9. eine Schlan - ge erhoͤhet hat / alſo muſte deß Menſchen Sohn er - hoͤhet werden / Johan. 3. v. 14 & 15. Nehmlich am Creutze / da er ward ein Fluch fuͤr vns / auff das er vns vom Fluch deß Geſetzes erloͤſete / vnd der ſegen Abrahæ vnter die Heiden kaͤme / in Chriſto JEſu / vñ wir alſo den vorheiſchenẽ Geiſt empfingen / durch den Glauben / Gal. 3. v. 13. & 14. Darumb er auch / 2. Cor. 5. v. 18. & 19. bezeuget / das ſolches alles von GOtt ſey / der vns mit jhm ſelber verſoͤhnet hat / durch Jeſum Chriſt: Jn dem er jhn / der von keiner ſuͤnde wuſte / fuͤr vns zur Suͤnde gemacht / auff das wir wuͤrden in jhm die Gerechtigkeit / die fuͤr Gott gilt / v. 21.

III. Endlich weiſet vns das Evangeli - um modum & medium applicationis, Wie wir der Gnaden GOttes / vnd deß Vordienſtes Chriſti / theilhafftig werden / Nehmlich / per fidem, durch rechten / wahren Glauben. Darmit ſtimmet nun David in dieſem ſpruch / da er die Glaͤubigen nen - net GOttes Volck / ſo nach dem Heiland hertzlich vorlanget / weil ſie jhr elend erkennen / der vorhei -ſchung[27]ſchung GOttes glaͤuben / vnd als Geiſtliche Jſra - eliten / Gal. 6. v. 16. nach der Regel deß Evangelii einher gehen. Denn ohne Glauben iſt vnmoͤglich Gott zugefallen Ebr. 11. v. 6. Weil ſeine augen nach dem glauben ſehen / Jer. 5. v. 3. Daher / was nicht aus dem Glauben gehet / Suͤnde iſt / Roman. 14. v. 23. Drumb auch Chriſtus ſaget / Johan. 16. v. 9. das der H. Geiſt / fuͤrnehmlich die Weld vmb die Suͤnde / das ſie nicht an jhn gleuben / ſtraffen werde / vnd Jo - han. 3. v. 36. Wer an jhn nicht gleube / der werde das leben nicht ſehen / ſondern der Zorn Gottes blei - be vber jhm / Ja er ſey ſchon gerichtet / v. 18. vnd ver - dammet / Marc. 16. v. 16. Vnd das iſt es / das S. Pau - lus ſpricht 1. Tim. 4. v. 10. Gott iſt der Heiland aller Menſchen / ſonderlich aber der Glaͤubigen. Wie er denn ſolches / was bißher / von der Gerechtfertigung eines armen Suͤnders fuͤr Gott / geſaget iſt / gar ar - tig zuſammen faſſet / in den guͤldenen ſpruch / Rom. 3. v. 24. & 25. Wir werden ohn verdtenſt gerecht / aus ſeiner gnade / durch die Erloͤſung / ſo durch Chri - ſto Jeſu geſchehen iſt. Welchen Gott hat fuͤrgeſtelt / zu einem Gnadenſtuel / durch den Glauben / in ſei - nem Blutte / damit er die Gerechtigkeit / die fuͤr jhm gilt / darbiete / in dem / das er Suͤnde vergiebt / VndD ijſchleuſt[28]ſchleuſt darauff v. 28. So halten wir es nu / das der Menſch gerecht werde / ohn des Geſetzes Werck / al - lein durch den Glauben.

Sollen demnach dieſen 7. verß deß 14. Pſalms / lieb vnd werth haben. 1. Erſtlich / Ut Oraculum Spiritus Sancti, Als eine Weiſſagung vnd vorhei - ſchung deß Heiligen Geiſtes / vom HErren JEſu Chriſto / vnd ſeinem lieben Evangelio / ſo von Jeru - ſalem oder Zion / in die gantze Weld / ausgehen ſolte / wie Eſ. 2. v. 3. vnd Mich. 4. v. 2. geweiſſaget / vnd durch Chriſti Apoſteln / Matth. 28. v. 19. vnd jhre Predigten erfuͤllet / Rom. 10. v. 19. Denn / allein durch Chriſtum / die vorterbnuͤs vnſer Natur / die bande der Suͤnden / vnd das Gefaͤngnuͤs deß Todes vnd Teuffels / hinweg genommen / Jn dem Er darzu erſchienen iſt / das Er die Wercke deß Teuffels zerſtoͤ - re / 1. Johan. 3. v. 9. vnd hat durch ſeinen Tod / die macht genommen dem / der deß Todes gewalt hatte / das iſt dem Teuffel / Ebr. 2. v. 14. Ja er iſt vns von Gott gemacht / zur Weißheit / zur Gerechtigkeit / zur Erloͤfung / 1. Cor. 1. v. 30. Welches auch ſein hoch - troͤſtlicher Name JEſus bezeuget / wie jhn der Engel auslegt / Matth. 1. v. 21. Das Er ſein Volck ſol ſelig machen von allen jhren Suͤnden.

Damit[29]

Damit aber nicht jemand meine / wir vorwan - deln einen wunſch / in eine vorheiſchung / iſt allhier zubehalten / Quod omnis precatio Spiritus Sancti vim habeat promiſſionis, Das iſt: So offt der Heilige Geiſt etwas bittet / Er allezeit eine gewiſſe vorheiſchung mit einſchleuſt / Jn dem Er nichts bit - tet / das Gottes willen zu wieder / ſondern die Heili - gen vortrit / nach dem das GOtt gefelt / Rom. 8. v. 27.

1. Es iſt aber Chriſtus / Salutare Sionis, Das Heil oder die Huͤlffe Sionis / oder ſeiner Kirchen / auff Dreyerley weiſe / Erſtlich / Imputatione, Vnd dieſes nicht allein / perſoluto λύτρῳ, Das Er ſein Le - ben / zur Ranzon fuͤr vns gegeben / Matth. 20. v. 28. als das Lamb Gottes / das der gantzen Weld Suͤn - de treget / Iohan. 1. v. 29. Denn das Blutt JEſu Chriſti / des Sohnes Gottes / macht vns rein von allen vnſern Suͤnden / 1. Iohan. 1. v. 8. Das wir aus gleubigem hertzen ſagen koͤnnen: Dein Todt ſol mir das Leben ſein / Du haſt fuͤr mich bezahlet / 2. Sondern auch reſtitutione juſtitiæ, Das Er die Suͤnde vnd Tod von vns nimbt / vnd vns ſeine Gerechtigkeit / Leben vnd Seligkeit / mittheilet / weil er nicht bloß vmb vnſer Suͤnde willen dahin gege -D iijben /[30]ben / ſondern auch vmb vnſer Gerechtigkeit willen aufferwecket / Roman. 4. v. 23. Vnd das iſt es / das Gott ſelber / Eſai 53. v. 11. nach dem Er nach der len - ge vom Leiden Chriſti geredet / zeuget / vnd ſpricht: Durch ſein erkaͤntnuͤß / wird er / Mein Knecht / der Gerechte / viel gerecht machen. Denn er traͤget jhre Suͤnde.

2. Darnach iſt auch Chriſtus vnſer huͤlffe vnd heil / Inchoatione, das Er vns ſeinen heiligen Geiſt / giebet / der vnſer ſchwachheit auffhilfft / Rom. 8. v 26. vns vortrit / v. 27. vns ernewret / Tit. 3. v. 5. Das wir durch deſſelben Gnade Gerecht vnd Erben ſein / des Ewigen Lebens / v. 7. vnd anfangen GOTT zu dienen / in Heiligkeit vnd Gerechtigkeit / die jhm ge - fellig iſt / vnſer Lebenlang / vnd zwar ohn alle furcht / Luc. 1. v. 74. & 75. Jn dem wir vns nichts foͤrchten doͤrffen / wegen des Kindlichen Geiſtes / ſo wir em - pfangen haben / durch welchen wir ruffen / Abba lie - ber Vater: Ja er giebt zeugniß vnſerm Geiſt / das wir Gottes Kinder / Erben vnd MitErben Chriſti ſind / Roman. 8. v. 15. 16. & 17. Auch nicht die wer - cke des Fleiſches / ſondern des Geiſtes / wie ſie Galat. 5. v. 22. & 23. beſchrieben werden / vollbringen: Nicht zwar aus vnſern krefften / ſondern durch ſeine gna -de. Al -[31]de. Allein / das wir auch ernſtlich darumb bitten / Mit David / Pſalm. 51. v. 12. Schaff in mir Gott ein rein Hertz / vnd gib mir einen newen gewiſſen Geiſt / Jtem der freudige Geiſt enthalte mich / v. 14. vnd im 143. Pſalm v. 11. Lehre mich thun nach dei - nem wolgefallen! Denn du biſt mein Gott / dein gut - ter Geiſt fuͤhre mich auff ebener bahn.

3. Fuͤrs dritte / Jſt auch Chriſtus vnſer heil / huͤlffe vnd Gerechtigkeit / Confummatione, Weil er vns endlich aus dieſem Elend wird erloͤſen / das vnſer wif - fen vnd thun / nicht mehr wird ſtuͤckwerck / ſondern volkommen ſein / im Ewigen Leben: vnd wir jhn nicht mehr vnter der decke / oder im tunckeln wort / ſondern von Angeſicht zu Angeſicht ſehen werden / wie er ſelber iſt / 1. Corinth. 13 v. 12. Vnd mit newer volkomner Gerechtigkeit / Heiligkeit / Geiſt / Krafft / Stercke / Licht vnd Klarheit begabet / 1. Corinth. 15. v. 43. & 44. Jhn loben / preiſen / vnd bey Jhm ſein allezeit / 1. Theſſal. 4. v. 17.

II. Darnach / ſollen wir dieſen ſpruch halten / ut Votum Davidis, als einen ſehnlichen Hertzwunſch des lieben Davids / darinnen er bittet / das Gott / ſol - che ſeine vorheiſchung vnd zuſage / gnaͤdig erfuͤllen /Den[32]Den verheiſchnen Meſſiam ſenden / vnd ſeine gefan - gne Erloͤſen wolte.

Daraus denn zuſehen / wie mit hertzlicher be - girde / die gleubigen / im alten Teſtament / des ver - ſprochenen Weibes ſamens gewartet / vnd nach jhm vorlanget / wie auch Chriſtus Lucæ 10. v. 24. bezeu - get / vnd zuvor beweiſet. Vnd ſolches nicht vnbillich! Denn es iſt in keinem andern Heil / Jſt auch kein ander Name / den Menſchen gegeben / darinnen wir ſollen Selig werden / Actor. 4. v. 12. Vnd wie nur ein Gott iſt / alſo iſt auch nur ein Mitler zwiſchen Gott vnd Menſchen / Nehmlich der Menſch JEſus Chriſtus / der ſich ſelbſt gegeben hat fuͤr alle zur Er - loͤſung / 1. Timoth. 2. v. 5. & 6.

Jſt alſo auſſer jhm / kein Heiland / Eſai. 43. v. 11. Sondern alle Zungen ſollen bekennen / das JEſus Chriſtus der HErr ſey / zur Ehre Gottes des Va - ters / Philip. 2. v. 11. Denn GOtt hat jhn bereitet fuͤr allen Voͤlckern / Ein Liecht zuerleuchten die Hei - den / vnd zum Preiß ſeines Volckes Iſraël / Lucæ 2. v. 31. & 32. Daher wir gleuben / durch die Gnade des HErren JEſu CHriſti / ſelig zu werden / gleicher weiſe wie auch vnſere Vaͤter / Actor. 15. v. 11. Denn von Ihm zeugen alle Propheten / das durch ſeinenNamen /[33]Namen / alle die an jn gleuben / vergebung der Suͤn - den empfahen ſollen / Actor. 10. v. 43. Wer ſich nun an Chriſtum helt / vnd jhn durch den Glauben in ſeinem Hertzen wonend / Epheſ. 3 v 17. Ja in jhm lebend hat / Galat. 2. v. 20. An dem ſol vnd kan nichts verdamliches ſein / Roman. 8. v. 1. Vielweni - ger jhn etwas von der liebe GOttes ſcheiden. ibid. v. 35. & 36. Da wir ſonſt durch furcht des Todes / im gantzen leben / knechte hettẽ ſein muͤſſen / Hebr. 2. v. 15. III. Zum Dritten / ſollen wir Jhn auch anſehen ut votum piorum, als einen Hertzwunſch der Gleu - bigen / vnter dem Creutz vnd Truͤbſal dieſes muͤhſe - ligen Lebens / vmb die endliche Erloͤſung / entweder durch ein ſeliges Ende / oder den lieben Juͤngſtentag / Denn / Licet Chriſtus jam venit in humilitate, venturus tamen eſt in claritate, ſpricht Auguſti - nus, vber die worte dieſes Pſalmes / das iſt: Ob Chriſtus gleich kommen iſt / in niedrigkeit vnd de - mut / wird er doch auch kommen in klarheit.

Darumb / ob wir wol / mit den Glaͤubigen deß Alten Teſtaments / nicht doͤrffen vnſer Rorate ſin - gen / aus Eſaia, 45. v. 8. Treuffelt jhr Himmel von oben herab / vnd jhr Wolcken regnet die Gerechtig - keit / Oder Cap. 64. v. 1. Ach das du den HimmelEzuriſſeſt /[34]zuriſſeſt / vnd herab fuͤhreſt; Noch auff die Zukunfft Chriſti ins Fleiſch hoffen / Weil dieſelbe fuͤr 1622. Jahren nach gemeiner rechnung geſchehen / da die zeit / ſo GOtt darzu beſtimbt / Galat. 4. v. 4. erfuͤl - let geweſen:

So ſollen wir vns doch ſehnen / vnd vorlangen / nach der freyheit der Kinder GOttes / vnd vnſers Leibes erloͤſung / darnach ſich alle Creaturen ſeh - nen / Rom. 8. v. 22. Wie wir denn teglich darnach ſeufftzen / wenn wir im Vater vnſer bethen / Erloͤſe vns vom boͤſen. Vnd das iſt auch vnſer hoͤchſter Troſt / in allem Creutz / Truͤbſal / vngluͤck vnd Elend / das als denn / vnſer traurigkeit / ſol vnd wird in freu - de verkehret werden / Joh. 16. v. 20. das vns GOtt nach dem heulen vnd weinen / wird mit freude vber - ſchuͤtten / Tob. 3. v. 22. Alle vnſere thraͤnen von vn - fern Augen abwiſchen / Apoc. 7. v. 17. vnd vns ge - ben / Freude die fuͤlle / vnd lieblich weſen / zu ſeiner rechten / jmmer vnd Ewiglich / Pſal. 16. v. 11. Ja dar - nach ſeufftzen alle Glaͤubigen / mit dem beſchluß der gantzen Bibel / Apoc. 22. v. 20. Kom HErre JEſu / Wie wir auch ſingen: Ey kom HERRE JEſu / ſchick dein armes Volck zu / das es deinen willen thu / vnd darnach in deiner ruh / Lobe deinen Namen / in ewigkeit Amen. Vnd ſo viel vom andern ſtuͤcke.

[35]

III.

ANreichend nun das Dritte Stuͤcke: Weil vns GOtt nicht vmb der Wercke willen / die wir gethan hetten / Tit. 3. v. 5. ſondern aus lauter Gnade vnd Barmhertzigkeit / Epheſ. 2. v. 8. von ſolchem vnſerm Elend erloͤſet / vnd durch ſeinen lie - ben Sohn JEſum Chriſtum / den Er / da die zeit erfuͤllet / Gal. 4. v. 5. der Weld gegeben / Joh. 3. v. 16. Vns vom Fluch befreyet / Galat. 3. v. 14. So fragt ſichs billich / was wir GOtt darfuͤr zu thun ſchul - dig ſein?

Darauff antwortet David im abgeleſenen Spruch / da er ſpricht: So wuͤrde Jacob froͤlich ſein / vnd Jſraël ſich frewen / das iſt: Die Chriſt - liche Kirche / vnd alle frome Glaͤubigen / als das rechte vnd Geiſtliche Jſraël / Gal. 4. v. 31. vnd Gal. 6. v. 16 wird ſich ſolcher groſſen wolthat Gottes hertz - lich freuen / Wie Paulus auch Philip. 4. v. 4. vor - mahnet / vnd jhm darfuͤr demuͤttig dancken / Jhn Loben vnd Preiſen. Wie denn / im 50. Pſalm v. 9. 10. 11. &c. Gott ſelber von vns erfodert / da er ſaget: Jch wil nicht von deinem Hauſe Farren nehmen / noch Boͤcke aus deinen Staͤllen. Deñ alle Thier imE ijWalde[36]Walde ſind mein / vnd Vieh auff den Bergen / da ſie bey Tauſenden gehen. Jch kenne alles Gevoͤgel auff den Bergen / vnd allerley Thier auff dem Felde iſt fuͤr mir. Wo mich hungerte / wolt ich dir nicht darvon ſagen? Denn der Erdbodem iſt mein / vnd alles was drinnen iſt. Meineſtu das ich Ochſenfleiſch eſſen wolte / oder Bocksblut trincken? Opffere GOTT Danck / vnd bezahle dem Hoͤchſten deine Geluͤbde / Vnd ruffe mich an in der noth / ſo wil Jch dich erret - ten / ſo ſoltu mich preiſen. Sol vns darumb ſolche Gnade vnd Erloͤſung Gottes / ſo vns im Wort vnd Sacrament angeboten / vnd offeriret wird / viel ſuͤſ - ſer ſein / als Honig vnd Honigſeim / Pſal. 19. v. 13. Ja viel lieber als Gold / vnd fein Gold / Ob gleich die vnglaͤubigen / Aberglaͤubigen vnd Scheinglaͤubigen es vorachten / vorlachen / vnd darob keine Freude em - pfinden / Wie man ſaget:

Quod latet ignotum eſt, ignoti nulla Cupido. ()

Das iſt:

Was einer nicht weis oder verſtehet / das erfreut jhn nicht / ja achtet oder begehret deſſen nicht. Daher Chriſtus ſpricht / Matth. 9. v 12.Die ſtarcken doͤrf - fen des Artztes nicht / ſondern die Krancken. Nicht das es ſolchen Leuten nicht angeboten vnd geſagetwuͤrde /[37]wuͤrde / wie Paulus Rom. 10. v. 19. aus Chriſti eig - nen worten Joh. 15. v. 22. ſie vberweiſet; Sondern das ſie den Raht Gottes vber ſich verachten / Lucæ 7. v. 30. Das Himmelreich von ſich ſtoſſen / Actor. 13. v. 46. Vnd ſich Chriſtum nicht wollen vnter ſei - ne Fluͤgel verſamlen laſſen / Matth. 23. v. 37. Da - rumb ſie ſich ſelber in vngluͤck bringen / Oſe. 13. v. 9. Da dargegen die Gleubigen / wenn ſie nur Chri - ſtum haben / Nichts nach Himmel vnd Erden fra - gen / Ja wenn jhnen gleich Leib vnd Seele ver - ſchmacht / ſo iſt vnd bleibet doch allezeit Er jhres her - tzens troſt vnd jhr theil. Pſal 73. v. 25. & 26. Da - ruͤber ſie ſich allein / mit Zacharia, Maria, Simeo - ne, vnd allen Heiligen hoͤchlich vnd hertzlich freuen / Qvid enim eſt lætari, niſi mirari ſuper his, qvæ non poſſunt effari, daß iſt: Was heiſt ſich frewen / als vorwundern vber dem / ſo man nicht kan ausſpre - chen. Sollen demnach / Geliebte im Herren / alle - ſampt / ſo dieſe Freude rechtſchaffen bey vns ſein ſol / auch vorwundern / 1. Erſtlich vber vnſerm groſſen vns verterbnuͤß / das vnſer ſchade ſo vorzweifelt boͤſe iſt / Jer. 30. v. 12. Das auch Eſ. 1. v. 5. & 6. ſaget: Das gantze Haupt iſt kranck / das gantze Hertz iſt matt / von der Fußſolen biß auffs Haͤupt iſt nichtsE iijgeſun -[38]geſundes an jhnen / ſondern Wunden vnd Strie - men vnd Eiterbeulen / die nicht gehefftet noch ver - bunden / noch mit oͤle gelindert ſind: Sondern lie - gen alſo halb Tod / Luc. 10. v. 30. Darumb wer es nicht erkent / vnd vber ſein Elend vñ Gefaͤngnuͤß / mit David allhier ſeufftzet / ſondern ſaget / Er habe kei - ne Suͤnde / der verfuͤhret ſich ſelbes / vnd die War - heit iſt nicht in jhm / 1. Joh. 1. v. 8. Denn / Ach wie offt thun wir vnwiſſend / was wir laſſen / vnd laſſen / was wir thun ſollen? Wie offt zweifeln wir an Got - tes gnade in vnſern noͤthen? Es leufft auch im Creu - tze allerley vngeduldt gewaltig mit vnter. Aber wer kan die Suͤnde bedencken oder erzehlen / die auch in den Geheiligten vnd Wiedergebohrnen Gleubigen Chriſten hinterſtellig ſein / vnd mit vnterlauffẽ? wel - che auch warhafftige ſchwere verdamliche Suͤnden ſein / wenn der liebe Gott / vmb vnſers HErren Jeſu Chriſti willen / nicht gnade gegen vns einwendete.

Das / ſage ich / ſollen wir mit verwunderung betrachten / vns nicht Engelrein duͤncken / Sondern mit S. Paulo Roman. 7. v. 14. usq́; 25. ſolch vnſer Elend beklagen / vnd Gott den Vater / im Namen ſeines Geliebten Sohnes / vnſers Erloͤſers vnd Mitlers Chriſti willen / bitten / das Er vnſere Suͤn - den / ſie ſein jnnerlich vnd euſſerlich / wiſſentliche /heimliche[39]heimliche vnd verborgene vergeben wolle / Auch vns eines Gott wolgefelligen Lebens befleiſſen / vnd zuſe - hen / wie wir es / an vnſerm letzten Ende / vnd Juͤng - ſten Gericht / vorantworten wollen.

2. Darnach ſollen wir vns auch vorwundern / 1. vber der vnausſprechlichen Liebe GOttes deß Va - ters / das Er vns verlohrnen verdampten Suͤndern / ſeinen hertzallerliebſten Sohn gegeben hat / das wir nicht verlohren werden / ſondern durch den Glauben an jhn / das Ewige Leben haben ſollen Johan. 3. v. 16.

2. Vber der groſſen Liebe / deß Sohnes Gottes / aus welcher Er ſein Leben / guttwillig fuͤr vns auff - gegeben / Joh. 10. v. 18. Auch wie Er vmb vnſer ſuͤn - de willen dahin gegeben / alſo vmb vnſer Gerechtig - keit willen wieder aufferwecket / Rom. 4. v. 23.

3. Vber der Gnade Gottes deß Heiligen Geiſtes / das Er vns erleuchtet / erneuret / durchs Wort vnd Sacrament wieder gebuͤhret / vnd den rechten Glau - ben giebet vnd vormehret / durch welchen wir / ſolche groſſe wolthaten ergreiffen / vnd vns zu vnſer Selig - keit appliciren vnd zueignen.

Thun wir nun das von Hertzen / wie wir ſchul - dig ſein / ſo wird es nicht fehlen / ſolche verwunderung vnd Gottſelige betrachtung / wird auch rechte Her -tzens -[40]tzensfreude in vns erwecken / wie in Abraham / von dem Chriſtus ſelber / Joh. 8. v. 57. ſaget / das Er ſich hertzlich gefreuet / als er im Geiſt / ſeinen tag geſehen.

Ja ſolche Hertzensfrewde in vns / wird nicht ver - borgen liegen bleiben / ſondern verbis & factis her - aus brechen in dem man / ſo man von hertzen gleu - bet / gerecht / ſo man aber mit dem Munde bekennet ſelig wird / Roman. 10. v. 11 Vnd alſo ſind David / Zacharias, Maria, Simeon / Paulus / Petrus / Ja alle Gottes Heiligen / Gott danckbar geweſen / vnd jhre Freude nicht allein lingua & verbis, mit Zung vnd Mund / ſondern auch factis & operibus mit der that vnd wercken / beweiſet / froͤlich in Hoffnung / ge - duldig in Truͤbſal blieben / Rom. 12. v. 12. Sich der - ſelben geruͤhmet / Rom. 5. v. 3. Die wercke des Geiſtes / wie ſie Galat. 5. v. 22. beſchrieben werden / durch ſeine gnade volbracht / vnd nicht nur hoͤrer / ſondern thaͤter des Wortes Gottes geweſen / Jacob. 1. v. 22. Alſo ſollen wir nun auch thun. Denn wir ſind Got - tes werck / geſchaffen in Chriſto Jeſu zu gutten wer - cken / zu welchen GOtt vns zuvor bereitet hat / das wir darinnen wandeln ſollen. Eph. 2. v. 10. Jſt aber nicht genung / das wir wol anfangen / zu vben gutte Wercke: Sondern muͤſſen auch biß an vnſer Endedarin[41]darin verharren / wollen wir anders das Ende vn - ſers Glaubens / der Seelen Heil vnd Seligkeit er - langen / 1. Pet. 1. v. 9 Sehe alſo ein jeder zu / das er nicht zuruͤck pralle / ſtehen bleibe / oder gar wieder ab - falle / wie die bluͤte / oder das wurmſtichichte Obſt von Baͤumen: Auch nicht die Doͤrner dieſer Weld / Geitz / ſorge der Nahrung / vnd wolluͤſte / den Sa - men Goͤttliches Wortes erſtecken vnd dempfen laſ - ſe / Lucæ 8. v. 14. Sondern in ſteter Gottesfurcht ſtehe / wacker vnd munter ſey zum Gebete / 1. Pet. 5. v. 8. Jm Stande gutter Werck ſich finden laſſe / Tit. 3. v. 14. ein jedes nach ſeinem Beruff / auch Gott vmb beſtaͤndigkeit biß an ſein Ende demuͤttig anruffe / deßgleichen fuͤr allem dem / das vns zum abfall vnd ſuͤnden vervrſachen moͤchte / ſich fleißig huͤtte / damit wir nicht Gottes gnade verliehren / ſon - dern alle mit furcht vnd zittern ſchaffen / das wir ſe - lig werden / Phil. 2. v. 12. So koͤñen wir mit Eſaia c. 61. v. 10. ſagen / Jch freue mich im HErren / vnd meine Seele iſt froͤlich in meinem Gott. Denn er hat mich angezogen mit Kleidern deß Heiles / vnd mit dem Rocke der Gerechtigkeit gekleidet. Denn Chriſtum mit Glauben ergreiffen bringet Friede / Gerech - tigkeit vnd Freude im Heiligen Geiſt / Roman. F5. v. 1.[42]5. v. 1. & 2. vnd cap. 14. v. 17. Jn dem wir feſtiglich glaͤuben / das GOtt vnſer Vater / Chriſtus vnſer Erloͤſer / der Heilige Geiſt vnſer Troͤſter / Ja der Himmel / Leben / vnd Ewige Seligkeit vnſer iſt / vnd alſo koͤnnen wir getroſt beten / geduldig leiden / ſelig ſterben / vnd froͤlich wieder aufferſtehen / vnd mit Job ſagen / wie es in der alten translation ſtehet / cap. 13. v. 16. HErr / wenn du mich gleich toͤdteſt / ſo wil ich doch auff dich hoffen / vnd cap. 19. v. 25. Jch weiß das mein Erloͤſer lebet / vnd er wird mich hernach aus der Erden aufferwecken / vnd werde darnach mit dieſer meiner Haut vmbgeben werden / vnd werde in mei - nem Fleiſch GOtt ſehen / denſelbigen werde ich mir ſehen / vnd meine Augen werden jhn ſchawen / vnd kein Frembder / Ja wir koͤnnen einmuͤttiglich mit ei - nem Munde Loben GOtt / vnd den Vater vnſers HErren Jeſu Chriſti / Rom. 15. v. 6. Denn iſt Gott fuͤr vns / wer mag wieder vns ſein: Ja wer mag vns ſcheiden von der Liebe Gottes / Roman. 8. v. 15. &c. Alſo iſt Chriſtum lieben / vnd ſich in jhm frewen / beſſer als alles wiſſen / Eph. 3. v. 19. Wer aber Chri - ſtum nicht lieb hat / vnd ſich in jhm frewet / bleibt Ewig vorflucht vnd vermaledeyet / 1. Corinth. 16. v. 21. & 22.

Vnd[43]

Vnd alſo haben wir in aller kuͤrtz vnd einfalt aus vorleſenem Spruch angehoͤret vnd betrachtet /

  • Erſtlich vnſer Geiſtlich vnd Leibliche Gfaͤng - nuͤs vnd Bande / auch warumb ſolches taͤg - lich ſol betrachtet werden.
  • Zum Andern / die Huͤlffe aus Zion / dadurch wir erloͤſet.
  • Zum Dritten / die Geiſtliche Hertzensfreude / ſo wir vnd alle Glaͤubigen daruͤber haben / vnd darfuͤr GOtt Loben vnd Preiſen.

Helffe nun der trewe GOtt / der vns erloͤſet hat von vnſern Feinden / vnd von der hand aller / die vns haſſen / das wir ſolches erkennen / mit Glauben er - greiffen / vnd jhm dienen / ohne furcht vnſer Leben - lang / in Heiligkeit vnd Gerechtigkeit / die Jhm gefaͤllig iſt / vnd jhn hernach in Ewigkeit / ſampt allen Engeln vnd Außer - wehleten Loben vnd Preiſen / Amen / Amen.

ANlangende Nun / Den Ehrenfe - ſten! Wolbenahmbten vnd Kunſtreichen Herrn / Nicolaum Schneidern / ſeli - gen / Weiland Buͤrgern vnd trewgeweſenen fleiſſt -F ijgen[44]gen Buch Drucker / dieſer Fuͤrſtlichen Stad: Jſt derſelbte zu Goͤrlitz / Jm Marggraffthumb Ober - Laußnitz / Anno 1560. von frommen Gottsfuͤrchti - gen Eltern / Als dem Ehrbarn / Wolgeachten Georg Schneidern Buͤrgern vnd Tuchmachern daſelbeſt / vnd Frawen Claren Heinrichin ſeinem Eheweibe / auff dieſe Weld gezeuget vnd gebohren: Auch von jhnen dem HErren Chriſto / durch die Heilige Tauf - fe / zugetragen / vnd der Chriſtlichen Kirchen einvor - leibet / Nachmahls alles fleiſſes / in aller Gottſelig - keit vnd Ehrbarkeit aufferzogen / vnd zur Schulen gehalten worden.

Anno 1576. Als er im Sechzehenden Jahre ſei - nes Alters / beſondere luſt vnd liebe / zur Loͤblichen Kunſt der Druckerey getragen / Jſt er von obgedach - ten ſeinen lieben Eltern / Mit zuthuung / Herren Johann Wincklers der Kirchen vnd Schulen da - ſelbſt treuen Cantoris, als damals ſeines lieben Præ - ceptoris ſeligen / Deſſen Ehrenhalben hier gedacht wird / darzu befoͤrdert / vnd Herrn Ambroſio Frit - ſchen / Wolverordnetem Buchdrucker zu Goͤrlitz ſehligen / Auff Sieben Jahr / zu trewfleiſſiger vnter - weiſung vbergeben.

Anno 1583. Als Er ſolche Lehr Jahr vberſtrebet /hat[45]hat er ſich in die Frembde auffgemacht / vnd an vie - len vnterſchiedenen Orten / in weitberuͤhmbte vnd wolbeſtalte Druckereyen begeben / vnd ob mehrer er - kuͤndigung ſolcher Loͤblichen Kunſt / gantzer Vier Jahr / auffgehalten.

Anno 1587. Als er von ſeiner Wanderſchafft zu Hauſe gelanget / Jſt Er von E. E. W. Raht der Stadt Zittaw / zu derſelbten Loͤblichen Druckerey erfordert / auff vnd angenommen / vnd jhme ſolche gaͤntzlich vortrawet.

Anno 1589. Hat Er ſich anhero nach der Lignitz begeben / vnd iſt jhm die Loͤbliche Druckerey / von Weiland / Dem Durchlauchtigen / Hochgebornen Fuͤrſten vnd Herrn / Herrn Friedrichen dem Vierden dieſes Nahmens / Hertzogen in Schleſien / zur Lie - gnitz vnd Brieg / Hochmilder gedaͤchtniß / vortrauet / vnd hirzu gnedigſt beſtetiget worden / Derer er auch numehr 32. Jahr / Nach allem vermoͤgen in treuen / vnd vngeſpartes fleiſſes vorgeſtanden / ſie ruͤhmlich vnd wol beſtelt / Das jedermaͤnniglich / bevohr die Herrn Inſpectores derſelbten ein guttes begnuͤgen / Fuͤrnehmlich aber J. F. Gn. Vnſer Gnaͤdiger Lan - des Fuͤrſt vnd Herr / Ein ſonderbahres Gnaͤdiges gefallen dran gehabt vnd getragen.

F iijSei -[46]

Seinen Ehſtand belangende / hat Er ſich Anno 1587. Aus beſonderer Schickung Gottes vnd wolgepflogenem Rahte beyderſeits Freundt - ſchafft / Zur Zittaw in denſelbten eingelaſſen / Mit der / damals Ehrbahren / Tugendſamen Jungfrau - en / Dorotheen / Weiland des Ehrenfeſten / vnd Wolweiſen / Herren Bernhart Schneiders / Wol - verordneten Waiſen Herrens daſelbſten ſehligen / hiñachgelaßenen Ehleiblichen Tochter / mit genehm - habung / guttem willen vnd wolgefallen Jhrer Wol - vorordneten Herren Vormuͤnden / Der Weilandt / Ehrenfeſten / Wolweiſen / vnd Wolbenambten Her - ren / Michael Kroloffs / vnd David Rodocks beyder BuͤrgerMeiſter / ſeligen. Jn welchem er denn durch Gottes reichen Segen / gezeuget vnd jhm gebohren worden 14. Kinder / Als 7. Soͤhne vnd 7. Toͤchter. Derer 9. Als 5. Soͤhne vnd 4. Toͤchter / Gott wie - derumb zu ſich genommen: Fuͤnff aber / Als 2. Soͤh - ne vnd 3. Toͤchter noch bey Leben / Denen Gott ſei - nen Segen vnd alle erſprießliche Leibes vnd Seelen wolfahrt geben vñ verleihen wolle. Haben auch die - ſen jhren Eheſtand / in guttem Friede / Liebe vnd Ei - nigkeit Chriſtlich vnd Gottſelig / biß ins 35. Jahr mit einander gefuͤhret.

Seinen[47]

Seinen Wandel vnd Leben betreffen - de / iſt derſelbe jedermaͤnniglichen wolbekant / das viel hier von zumelden vnnoͤtig / ſintemahl kund - bar / das er die Predigten Goͤttliches Wortes / ſo viel es ſein koͤnnen / beſtes fleiſſes beſucht / ſeine Suͤnden vnd Menſchliche ſchwachheiten GOtt geklagt / deß H. Hochwirdigen Abendmahls deß HErren / zum offtern / wie auch in ſeiner Niederlage / mit Ehrerbie - tung gebraucht / vnd ſein Chriſtenthumb / fleißig / ja Gottſelig geuͤbet vnd gefuͤhret / vnd weil er ja ger - ne vnd fleißig mit zu Beygrab gangen / hat jhm auch GOtt hinwieder ein Ehrliches Volckreiches Begraͤbnuͤs beſcheret.

Was aber ſeine Leibesſchwachheit vnd ſeliges Ableiben anlanget / Hat ſich ſeine Schwach - heit gleich furm Jahre / an den Heiligen Weihnacht Feyertagen angefangen / Da er die Erſten zween Feyertage / der Predigt Goͤttliches Wortes / noch bey wohnen koͤnnen; Den dritten aber / ſich ſchon daheim halten muͤſſen / vnd lagerhafftig blieben: (welches wie es der außgang beweiſet / bedeutet / das er vber ein Jahr denſelbten / als heut erfolgt / in die Kirche vnd von dannen in ſein Ruhkaͤm̃erlein ſol -te ge -[48]te getragen werden.) Denn ob jhm zwar GOtt wiederumb hernach genaͤdig auffgeholffen / das er vmbgehen / vnd das ſeine verrichten koͤnnen / haben ſich doch jm̃erzu allerhand beſchwerung bey gehen - dem Leibe geheuffet / biß jhn der liebe Gott / nach ſei - nem Vaͤterlichen willen vñ wolgefallen / abgewiche - nen Laurenti, inſtehendes 1621 Jahres / gaͤntzlich auff das Sichbette geleget vnd behalten. Jn welcher langwirigen Niederlage / Er ſich in geduld ſeinem HErren Jeſu Chriſto hertzlich vnd gaͤntzlich befoh - len / gantz vnd gar ergeben / Auch mit vielen ſchoͤnen Spruͤchen Heiliger Schrifft / andaͤchtigen Pſal - men / Gebethen vnd Geſaͤngen / getroͤſtet / vnd auff - gerichtet; Mit Gott vnd ſeinem Neheſten von her - tzen vorſoͤhnet / Auch erſt neulich / zu ſtaͤrckung ſei - nes Glaubens / das Heilige Sacrament deß wah - ren Leibes vnd Bluttes / vnſers HErren Jeſu Chri - ſti empfangen / vnd alſo der ſeligen auffloͤſung vnd ſeines Abſchiedes / mit freuden vnd groſſem vorlan - gen erwartet. Biß am Sonnabend vorgangen Acht tage / als den 18. Decembris, deß Abends / ein Viertel auff 9. vhr / Gott der Allmaͤchtige jhn / ſanfft vnd ſeuberlich / ja gantz ſeliglich / vnter andaͤchtigem Gebethe vnd ſeufftzen / der lieben ſeinigen / von dieſerWeld /[49]Weld / zu ſich in ſein Himliſch Freudenreich / nach der Seelen abgefodert / Seines Ehſtandes / ins 35. Seines gantzen Lebens aber 62. Jahr / vnd 16. Wo - chen. Dem Chriſtſeligen vorblichnen Coͤrper aber / Bittet die betruͤbte Fraw Witwe / ſampt jhren vor - weiſeten Kindern Eure Liebe / follend das Chriſtli - che geleite / hinaus auff den GottesAcker zu ſeinem Ruhkaͤmmerlein zugeben / welches ſie auch in allen Ehren / beſtes fleiſſes / zuvordienen wollen beflieſſen ſein. Dem Allmaͤchtigen GOtt ſey von Hertzen gedancket / das er dieſen Ehrbarn Hausvater / in rechtem Glauben / beſtaͤndiger Geduld / vnd wahrer anruffung / biß an ſein ſeliges Ende erhalten / der wolle / als ein Vater der Witwen vnd Weiſen / alle betruͤbte Leidtragende Hertzen troͤſten vnd verſor - gen / Dem ſeligen abgeleibten ein ſanffte ruhe / vns zu ſeiner zeit / eine ſelige hienachfart / vnd endlich an dem bald folgenden Juͤngſten tage / vns / jhm / vnd allen Glaͤubigen / eine froͤliche Aufferſte - hung / zum Ewigen Leben / geben vnd vor - leihen / Hochgelobet vnd geliebet in alle Ewigkeit / AMEN / AMEN.

GDarauff[50]

Darauff wollen wir vns auch zu einem Ster - beſtuͤndlein ſchicken / die noth der gantzen Chriſten - heit / ſo wol die noth vnſers lieben Vaterlandes / Jnſonderheit die betruͤbte Witwe / vnd jhre Leidtra - gende Kinder vnd Weißlein ins Gebet einſchlieſſen / vnd von Hertzen mit einander Beten:

JCh armer Menſch / bin gar nichts werth /
Hab keinen troſt / im Himml vnd Erd;
Denn das du HErr Chriſt mir zu gutt /
Haſt angenommn mein Fleiſch vnd Blutt.
So laß mich HErr am Leibe dein /
Durch Glauben / ein recht Gliedmaß ſein;
Das ich dein Sacrament vnd Wort /
Stets halt fuͤr meinen hoͤchſten hort /
Regier mich auch durch deinen Geiſt /
Das ich mich draus troͤſt allermeiſt:
Wenn ich werd / nach dem willen dein /
Kommen in Creutz vnd Todes pein.
Damit Jch vngeſcheiden bleib /
HErr JEſu Chriſt / von deinem Leib /
Sondern fein ſanfft mein Leben end /
Vnd mein Seel befehl in dein haͤnd.
Meinen[51]
Meinen Leib / welcher nach dem Tod /
Jn der Erd wird zu ſtaub vnd kot /
Weck wieder auff am Juͤngſten tag /
Nach deiner heiligen zuſag.
Vnd fuͤhr mich in dein Himmelreich /
Das Jch dich dort moͤg Ewiglich
Loben fuͤr deinem Angeſicht /
HErr Chriſt / die Biett verſag mir nicht.
AMEN.

About this transcription

TextChristliche Leichpredigt/ Von der hülffe aus Zion; vber den Siebenden verß des 14. Psalms
Author Abraham Friese
Extent51 images; 8971 tokens; 2636 types; 58761 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationChristliche Leichpredigt/ Von der hülffe aus Zion; vber den Siebenden verß des 14. Psalms Gehalten In der Fürstlichen Stadt Liegnitz/ Bey der OberKirchen zu S. PetriPaul/ Am dritten Weinacht Feyertage [...] Bey dem Volckreichen Christ-Ehrlichen Begräbnuß/ Des Weiland Ehrenfesten/ Wolbenambten vnd Kunstreichen Herren/ Nicolai Schneiders Abraham Friese. . 51 s. e.Liegnitz1622.

Identification

Universitätsbibliothek Breslau Universitätsbibliothek Breslau, 4 S 231/20 / 525077

Physical description

Fraktur

LanguageGerman
ClassificationGebrauchsliteratur; Leichenpredigt; Gebrauchsliteratur; Leichenpredigt; ready; aedit

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Editorial principles

Publication information

Publisher
  • dta@bbaw.de
  • Deutsches Textarchiv
  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
  • Jägerstr. 22/23, 10117 BerlinGermany
ImprintBerlin 2019-12-10T09:36:16Z
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Holding LibraryUniversitätsbibliothek Breslau
ShelfmarkUniversitätsbibliothek Breslau, 4 S 231/20 / 525077
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