PRIMS Full-text transcription (HTML)
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Ein Chriſtliche Leichpredigt /
BEy der trawrigen Leich vnd Begraͤbnuß weiland der Edlen / vieltugenthafften Fraw Margreten von Ber - lebſch / gebornen von Doͤꝛingenberg / deß Strengen / Edlen vnd Ehrnveſten Eittel von Berlebſchen / Fuͤrſtlichen Heßſiſchen Raths / vnd Hoff - gerichts Aſſeſſoris, vielgeliebten Haußfrawen: Welche den 14. tag Novembris, deß Jahrs 1613. ſelig im HERRN / zu Dittershauſen entſchlaf - fen / vnnd folgends den 23. tag / deſſelbigen Monats / in fuͤrnemer Adelicher vnnd Chriſtlicher verſammlung / Chriſtlichem ge - brauch nach / zu Dreyß / in der Kirchen zun Bruͤ - dern / ehrlich zur Erden beſtattet worden.
Gedruckt zuMarpurg/ DurchPaul Egenolff/ Jm JahrM DC XIV.
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Dem Geſtrengen / Edlen vnd Ehrnveſten Eittel von Berlebſch / Fůrſtlichem Heßſiſchen Rath / deß Hoffgerichts Aſſeſſori, &c. meinem großguͤnſtigen Junckern.

GEſtrenger / Edler vnnd Ehrnve - ſter / großguͤnſtiger lieber Juncker: Nach dem billich zwiſchen allen Gottſeligen Eheleuten / ein vnſterbliche liebe ſeyn / vnd nach der Lehr Syr. 7. eins dem andern auch im Todt wolthat beweiſen ſoll / ſo haben E. Str. demſelben auch loͤblich gefolget / vnd jhrer im Herrn entſchlaffenen vielgeliebten Haußfrawen nicht allein im leben / ſondern auch nach jrem ſeligen abſchied / alle gebuͤrliche Ehr / Lieb / Trew vnd Wolthat bewieſen / in dem ſie nit allein jhren Leichnam ehrlich / vnd mit Ade - licher gebraͤuchlicher ſolennitet zur Erden beſtatten laſſen / ſondern auch ferꝛner zu jhrer letzten Ehren der Leichpredigt Abſchrifft / dieſelbige in offenen Truck zu verfertigen / von mir begeret haben / darzu ich dann willig vnnd ſchuldig mich erkannt habe / auff daß dar -A ijdurch /[4]durch / wie billich / vnd Salomon Prov. 31. von einem tugentſamen Weib gedencket / andern zu nachfolg vnd Exempel / gerůhmet werden die Fruͤcht jhrer Haͤnde / vnnd gelobt werden jhre Werck in den Thoren. Vber - ſchicke demnach E. Str. ich dieſelbige / iiſdem forma - libus, von Wort zu Wort / wie ſie bey der Leichbe - gaͤngnuß verꝛichtet worden / dienſtlich bittend / es wol - ten E. Str. jhnen dieſelbige guͤnſtiglich gefallen laſſen. Welche ich hiermit in den gnedigen Schutz deß Her - ren befehle. Geben zu Dreyß / den 12. tag Janua - rii, Anno M DC XIV.

E. Str. vnd Ehrnv. dienſtwilliger Johannes Rauſchenberg / Pfarꝛ - herꝛ daſelbſt.

Textus[5]

TEXTUS CONCIONIS.

(Gen. 23. )
SAra war 127. Jahꝛ alt / vnd ſtarb / ꝛc. finis, zum Erbbegraͤbnuß von den Kin - dern Heth.

ES hat vns der allein weiſe / Rom. 16. gnedige vnnd gerechtt Gott anhero ins Klaghauß zuſammen gebracht / da / nach deß weiſen Koͤnigs Salomons Lehr / Eccleſ. 7. das ende aller Men - ſchen betrachtet wirdt / vnd der vernuͤnfftig nimpts zu Hertzen. Dann der Gott aller Welt / Eſa. 54. der Herꝛſcher vnder vns Menſchen / dem wir leben vnd ſterben / hat nach ſeinem Goͤttlichen Rath / vnnd heiligen Willen / von vns zu jhm ſelbſt / vndalſo auß dieſem Jammerthal der Welt / in ſein ewig vnver - gaͤnglich Reich abgefordert / die Edle vieltugenthaffte Fraw Mar - gretam von Berlebſch / geborne von Doͤꝛingenberg / deß Strengen / Edlen vnnd Ehrnveſten / Eittel von Berlebſch / Fuͤrſil. Heßſiſchen Raths / vnd Hoffgerichts Aſſeſſoris, vielgeliebte Haußfraw / deren GOtt an jenem groſſen Tag der zukunfft vnnd erſcheinung deß groſſen Gottes / vnſers Herrn Jeſu Chriſti / ſampt allen auß - erwehlten ein froͤliche aufferſtehung verleihen woͤlle / Amen.

Weil dann jhr Leichnam jetzt allhie zu deſſen verordneten Ruhſtatt beygelegt werden ſoll / biß daß der Sohn Gottes ſich vomA iijHim -[6]Himmel offenbaren wirdt / mit den Engeln ſeiner Krafft / 2. Theſſ. 1. denſelbigen von dem Staub der Erden aufferwecken / verklaͤren / vnd zur vnendtlichen Frewd / Ehr vnd Herꝛligkeit vernewern wirt / Dan. 12. Phil. 3. Wir aber bey dieſer trawrigen zuſammenkunfft / auß Gottes Wort Chriſtliche erinnerung / troſt vnd vermahnung anhoͤren moͤgen / hab ich darzu erwehlet die vorgeleſene Hiſtorien / darauß wir betrachten woͤllen dreyerley: 1. Die zeit / wenn Sara / deß Ertzvatters Abrahams Weib geſtorben ſey. 2. Wie / vnd auff welche weiß Abraham ſeinem lieben Eheweib die letzte Ehr erzeygt vnnd bewieſen habe. 3. Von der Form der alten Leichbegaͤng - nuſſen / vnd derſelbigen application auff die Perſon / leben vnd ab - ſchied deren im Herrn entſchlaffenen Matronen. Von dieſen dreyen Puncten fruchtbarlich vnd erbawlich zu handeln / woͤlle der Allmechtige Gott die gnad ſeines H. Geyſts darzu verleyhen vnnd geben / Amen.

Erſte Theyl.

ANfaͤnglich macht Moſes die zeit namhafftig / wenn Sara geſtorben ſey / nemlich im 127. Jahr jhres Alters / weiſet vns hiermit auff das geſetzte beſtimmte Ziel aller Menſchen / davon Job 14. ſagt: Der Menſch hat ſein beſtimpte zeit / ꝛc. Denngleich wie Gott den Joſiam 350. Jahr ehe dann er geboren ward / mit Namen nennet / kennet / vnd verkuͤndigen laͤßt / was er auff Erden thun vnd verꝛichten werd / 1. Reg. 13. Vnnd den Cyrum, ehe man in der Welt etwas von jhm wußt / kennet / vnd zum anfaͤnger der andern Monarchiæ beſtellet / Eſa 44. 45. vndſagt zum Propheten Jeremia: Jch hab dich gekannt in Mutterleib / vnd erwehlt ehe du geboren wareſt / Jer. 1. Vnd wie er vns alle geſchaffen hat / vnd nicht wir vns ſelbſt / Pſal. 100. hat vns auß Mutter Leib ge - zogen / Pſal. 71. ſeine Haͤnd haben vns gearbeytet / vnd alles gemacht was wir vmb vndvmb ſind / er hat vns mit Haut vndFleyſch angezo - gen / mit Beynen vnd Adern zuſammen geſetzt / leben vnnd wolthatan[7]an vns gethan / Job 10. vnnd waren alle vnſere Tag auffgeſchrieben in ſein Buch / nemlich in das Buch ſeiner Goͤttlichen Providentz vnd verſehung / wie viel derſelben ſeyn ſolten / da noch keiner da war / Pſal. 139. er wußt die zeit wann wir ſolten geboren werden / vnnd wie viel vnſer Tage ſeyn wuͤrden / Job 38. Alſo ruͤfft er vns auch wider / wenn wir ſollen dieſe Welt verlaſſen / vnd mit dem Herrn Chri - ſto heym zum Vatter gehen / Joh. 16. vnnd fuͤhret vns auß dieſem muͤheſeligen leben / als auß einem Kercker / Pſal. 142. welches wir bey dieſem Alter der Saræ / da hie geſagt wirdt / ſie ſey geſtorben da ſie 127. Jahr alt worden / vns erinnern / vnnd mit David auß dem 31. Pſalm ſagen ſollen: Herr / mein zeit ſtehet in deinen Haͤnden. Darnach ſehen wir hierauß / wie vngleich es Gott halte mit abfor - derung der Menſchen auß dieſem Jammerthal / etlichen kuͤrtzt er ſein leben ab wie einen Weberfaden / rafft ſie weg vor dem vngluͤck / laͤßt ſie zum Fried kommen / vnd ruhen in jhren Kammern / Eſa. 26. 56. gleich wie er den Joſiam mit frieden in ſein Grab ſammlen ließ / auff daß ſeine Augen nicht ſehen ſolten das vngluͤck / das Gott vber die Einwohner deß Landts wolte kommen laſſen / 2. Chron. 34. Die andern aber laͤßt er lang das Elend bawen / ſaͤttiget ſie mit langem leben / Pſal. 91. wie er Hißkiæ 15. Jahr ſeinen leben zuſetzt / Eſa. 38, laͤßt ſie mit David erfahren viel vnd groſſe angſt / Pſal. 71. laͤßt ſie in Fewr vnd Waſſer kommen / Pſal. 66. das iſt / allerley noth vnnd ge - faͤhrligkeit außſtehen / wie mit Sara geſchehen iſt / welche viel Creutz vnd Truͤbſal vor jhrem / vnd mit Abraham jhrem lieben Ehemann außgeſtanden hat / da ſie erſtlich mit jhm von Vr auß Chaldea ge - zogen gen Haran / Gen. 11. daſelbſt kam Theurung vnnd Hungers - noth ins Land / daß ſie mit Abraham in Egyptenlandt ziehen muͤſ - ſen / daſelbſt aber kam ſie in groſſe gefaͤhrligkeit jhrer Zucht vnnd Ehr / Gen. 12. wie auch hernach geſchach bey dem Koͤnig Abime - lech zu Gerar / alſo daß Abraham zu rettung ſeines lebens ſie vor ſein Eheweib verleugnet / vnd ſagt / ſie were ſein Schweſter / welches ohn naſſe Augen nicht hat abgehen koͤnnen / Gen. 20. ohn was ſieſonſten[8]ſonſten vor Creutz vnd widerwertigkeit von jhren boͤſen Nachbarn / vnder denen ſie gewohnet hat / deßgleichen von jhrer Magd Hagar / vnd jhrem ſpoͤtter Iſmaël hat taͤglich leiden muͤſſen / Gen. 21. vnnd hat erfahren was Auguſtinus ſagt: Tota vita hominis Chriſtia - ni martyrium eſt: Lang leben iſt in vngluͤck ſchweben.

Lehr vnd Troſt bey dieſem erſten Theyl.

ERſtlich werden wir darauß erinnert Menſchlicher muͤheſe - ligkeit / vnnd vergengligkeit in dieſer Welt / darvon Paulus Rom. 5. ſagt: Durch die Suͤnde iſt der Todt in die Welt kommen / vnd weil alle Menſchen Suͤnde haben / vndin jrem Fleyſch nichts gutes wohnet / Rom. 7. ſo dringt auch der Todt zu allen Menſchen hindurch / vnd muͤſſen alle ſterben / Rom. 5. Schrecklich iſt es / daß vmb die einige Suͤnde Achabs vnnd Jeſabels / wider den frommen Naboth begangen / hundert vnd ſechzehen namhaffte Koͤ - nigliche Perſonen auß dem Hauß Achabs erbaͤrmlich vmbgebracht worden ſind / 1. Reg. 22. 2. Reg. 9. vnd 10. cap. Aber viel grewlicher vnd erſchrecklicher iſt es / daß vmb Adams vnd Evæ Suͤnd willen / das gantze Menſchliche geſchlecht toͤdtlich vnnd ſterblich iſt / vnnd fehrt dahin / wie der Prophet Oſeas vom Koͤnig zu Samaria / ſei - nem Pracht vnd Herꝛligkeit redet / wie ein Schaum auff dem Waſ - ſer / Oſe. 10. vergleicht ſein vnd aller Menſchen leben einer Waſſer - blaſen / dann wie dieſelbige auff dem Waſſer daher fehrt / iſt auffge - blaſen / ſchoͤn vnd wolgeſtalt / aber es iſt vmb ein kleines Luͤfftlein oder anſtoͤßlein zu thun / ſo zerſteubt ſie. Alſo iſt der Menſch nichts / Gal. 6. gar nichts / Pſal. 39. weniger dann nichts / Pſal. 62. vnnd wer das nicht erkennt / ſondern laͤßt ſich duncken / er ſey etwas / der betreugt ſich ſelbſten / Gal. 6. Dann daß dem alſo ſey / bezeugt erſtlich die gan - tze H. Schrifft / welche nichts anders vom Menſchen / vnd aller ſei - ner herꝛligkeit redet / als nihilum & inane, nichts vnd eitel / Eccleſ. 1. Es bezeugets die StimmGottes / Eſa. 40. die da ſagt: Predige / Alles Fleyſch iſt Hew / vnnd all ſein guͤte wie ein Graßblum. Es bezeugtsnicht[9]nicht allein das Exempel Saræ im vorgeleſenen Text / ſondern auch das Exempel der Altvaͤtter / welche biß nahe an die tauſent Jahr gelebt haben / aber ſie ſind geſtorben. Dann wo iſt Mathuſa - lem / der aller elteſte / welcher 969. Jahr auff Erden gelebt hat? er iſt geſtorben / Gen. 5. Wo iſt Salomon / der aller weiſeſte? der voll weißheit vnd verſtandt war / wie ein Waſſer das Landt bedeckt / Syr. 47. Wo iſt Samſon / der aller ſtaͤrckſte? von welchem die Schrifft ſagt / daß man jhn hab weder fangen / zwingen noch binden koͤnnen / Jud 16. Wo iſt Abſalon / der aller ſchoͤnſte? 2. Sam. 16. Wo iſt Aſa - hel / der Bruder Joabs / der aller behendeſte? welcher von ſo leichten Fuͤſſen geweſen / vnd ſo ſchnell lauffen koͤnnen / wie ein Reh auff dem Felo / 2. Sam. 2. Wo iſt Crœſus der aller reichſte? Wo iſt Irus der aller aͤrmbſte? ſie ſind dahin gangen wie alle Welt / den Weg alles Fleyſches / Joſ. 23. 1. Reg. 2. wie es vom Herrn verordnet iſt vber alles Fleyſch / Syr. 41. Denn wo iſt doch ein Menſch der da lebt / vnnd den Todt nicht ſehe? Pſal. 89. oder ob ich gleich lang warte / ſpricht Job / ſo weyß ich doch / daß endtlich das Grab mein Hauß iſt / vnd im finſtern mir mein Beth gemacht iſt / die verweſung heyß ich meinen Vatter / vnnd die Wuͤrm meine Mutter / vnnd meine Schweſter / Job 17. Wiewol nun dieſe betrachtung deß Todts bit - ter iſt / Syr. 41. ſo iſt ſie doch gleichwol ſehr nothwendig / in allem was wir thun / auff daß wir nicht ſuͤndigen / Syr. 7. denn ſie wircket bey den Menſchen odium peccati & reſipiſcentiam, daß ſie der Suͤn - den feind vnd gram werden / vnnd hinfurt der Suͤnden nicht dienen / Rom. 6. wie wir deſſen ein Exempel haben an David / welcher / als er ſeiner Suͤnden halben in angſt vnnd noth kommen / Pſal. 119. daß er der Hell nahe / vnnd ſein leben ſchier war zum Todt verſuncken / da ward er der Suͤnden feind / vnnd ſagt / er wolt hinfort ſeinen Fuͤſ - ſen wehren alle boͤſe Weg / vnd deß Herrn Wort halten: Jch ſchwere / vnd wils halten / ſagt er / Pſal. 119. Sie wircket weiter ein ware Demuth deß Hertzens / daß ein Menſch in ſich ſchlegt / vnnd mit dem weiſen Mann Syrach ſagt: Quis ſum ego? Wer binBich[10]ich doch? was wil ich arme Erde vnnd Aſchen mich viel erheben? Syr. 10.

Troſt.

WIr haben aber hierbey auch dieſen Troſt zu mercken / daß / gleich wie GOtt die Saram endtlich auß allem jh - rem Creutz erloͤfet hat / durch einen ſeligen abſchied alles jhres Leyds vnnd Jammers ein ende gemacht / Pſal. 57. Alſo muß zwar der gerecht viel leiden / aber der Herr hilfft jhm auß dem allem / Pſal. 34. Er muß zwar ſein Brot eſſen in ſorgen / vnnd ſein Waſſer trincken in elend / Ezech. 12. aber der Herr wil jhn nicht verlaſſen: Jch wil dich nicht verlaſſen / ſpricht der Herr zu Jo - ſua: Foͤrchte dich nur nicht / ſey getroſt vnnd vnverzagt / Joſ. 1. vnnd wil ſie endlich mit Paulo / Phil. 1. auffloͤſen von den Stricken deß Tods vnnd Hellen angſt / auß allem Jammer vnnd noth jhre Seel erꝛetten / Pſal. 116. dieſelbige auffnemen in ſeine Hand / da ſie kein Qual ruͤhret / Sap. 3. den Leib aber in ſeiner Schlaffkammer verber - gen ein kleinen Augenblick / biß der Zorn voruͤber ſey / Eſa. 26. vnnd darinnen alle jhre Gebeyn bewahren / daß nicht eins vmbkomme / Pſal. 34. biß auff den Tag der widerbringung / diem reſtitutio - nis, Act. 3. da wil er dann jhre verdorꝛete Beynlein vnd Staͤublein herwider bringen / mit ſeinem Geyſt ſie anblaſen / daß ſie leben / vnd erfahren ſollen / daß er der Herr ſeye / Ezech. 37. daß ſie ſehen ſol - len das gut im Land der lebendigen / Pſal. 27. ſollen jhre luſt an ſeiner Gnad ſehen / Amos 7. vnnd ſoll jhnen Schmuck fuͤr Aſchen / Frew - denoͤl vor Trawrigkeit / ſchoͤne Kleyder vor ein betruͤbten Geyſt ge - geben werden / Eſa. 61. da ſie als dann ſagen werden: Nun ſey wider zu frieden / meine Seel / denn der Herr thut dir guts / er hat deine Seel auß dem Todt geriſſen / deine Augen von Thraͤnen / deinen Fuß vom gleyten: Nun wil ich wandeln vor dem Herrn / im Landt der lebendigen / Pſal. 116. So viel vom erſten.

Ander[11]

Ander Theyl.

ZVm andern / wie nun Abraham ſeiner im Herrn entſchlaffenen lieben Sara die letzte Ehr erzeygt habe / davon berichtet der vorgeleſene Text dreyerley: Erſtlich hat er ſie beklagt vnd beweynet. 2. Hat er ſie ehrlich begraben. 3. Hat er ſich auch wider getroͤſtet.

Erſtlich thut er was ſich gebuͤret / helt mit ſeinen Kindern vnd Geſind ein luctum vnnd Klag / ſetzt ſich bey die Leich nider auff die Erden / nach Lands brauch vnd gewonheit. Vnd iſt wol zu verwun - dern / daß Abraham ein ſo tapfferer Held / der vnerſchrocken war in allem andern ſeinem Elend / der den Loth Mañlich auß ſeiner Feind Hand erꝛettet hat / Gen. 14. er war auch vnverzagt ſeinen einigen Sohn Jſaac auff Gottes befehl zu opffern / Gen. 22. Hie aber / da jhm Gott ſein liebes Weib nimpt / kan dieſer Held deß weynens ſich nicht enthalten. Was iſt denn die vrſach deſſelbigen? Erſtlich / be - denckt er ſeine Einſamkeit / weil er nunmehr ſeinen Troſt vnd beſten Freund auff Erden verlohren hat / vnnd er nunmehr die vier Waͤnd im Hauß einſam vnd elendiglich anſchawen muß. Dann zwar auch ein Freund dem andern in noͤthen troͤſtlich iſt / wie Syrach ſagt: Ein Freund kompt zwar zum andern in der noth / aber Mann vnnd Weib viel mehr / Syr. 41. Ein guter Freund iſt / wie Cicero ſagt / tanquam alter idem, mit welchem man alſo vmbgehen kan / wie mit ſich ſelbſten / vnnd ein ſolcher Freund iſt ein ſtarcker Schutz / ein groſſer Schatz / ein troſt deß lebens / vnnd wirdt allein dem gegeben / der den Herrn foͤrchtet / Syr. 6. Aber die Eheliche Lieb vber - trifft weit alle andere Lieb / Trew vnnd Freundtſchafft der Men - ſchen / denn in der Menſchen freundſchafft heyßt es / wie der Poet ſagt: Qui duo corporibus mentibus unus erant. Zwiſchen gu - ten Freunden ſind zween Leib / vnd ein Hertz / ein Sinn / aber zwiſchen Mann vnnd Weib iſt ein Leib / ein Hertz / ein Sinn / vnnd ſind zwey ein Fleyſch / Epheſ. 5. 2. Betrawret vnd beweynet Abraham ſeineB ijSaram /[12]Saram / weil kein groͤſſer Haußcreutz iſt / dann in den betruͤbten Witwenſtandt / ſonderlich / wenn zwey eine friedliche gute Ehe mit einander beſeſſen haben / gerathen / vnd wenn ſich die ſcheyden ſollen / die mit einander ein Hertz vnnd Seel / Act. 4. geweſen ſind. 3. Be - klaget er / daß er verlohren hat ſeine getrewe Gehuͤlffin in der Hauß - haltung / die jhm ſeine Nahrung hat helffen trewlich fortſetzen vnnd verbeſſern / daß er an Gold vnd Silber / an Vieh vnd Geſind ein rei - cher Mann worden iſt / Gen. 24. darumb ließ ſie ſich auch fleiſſig in jhrem Hauß oder Huͤtten finden / denn als Abraham im Hayn Mamre an der Thuͤr ſaß / vnd Gott vor das Hauß kam / vnd fragt jhn / wo ſein Weib Sara were? da antwortet er / drinnen in der Huͤt - ten / Gen 18. Wie daher David ein haͤußlich Weib ein Haußehr nennet / Pſal. 68. 4. Bedenckt Abraham / wie ſein liebe Sara Lieb vnnd Leyd mit jhm gelitten vnd außgeſtanden / ſey geweſen omnis fortunæ ſocia, mit jhm das Elend gebawet / vnnd nicht viel guter Tag auff Erden gehabt habe. Daß aber die Sara ein ſolch Weib / wie jetzt nach einander erzehlt worden / geweſen / bezeuget Petrus / da er dieſe Saram allen. Chriſtlichen Cheweibern zu einem Exempel vnd Zuchtſpiegel vorſtellet / vnnd ſagt: Sie ſollen Saræ Toͤchter ſeyn / 1. Petr. 3. Dieſes alles gehet nun dem Abraham alſo zu Her - tzen / daß er weynens vnd klagens ſich nicht enthalten kan / ſondern ſein Hertz iſt betruͤbt / ſeine Augen ſind finſter worden / vnnd flieſſen mit Waſſer / wie die Waſſerbaͤch / Thren. 1. 5. Er klaget daß ſeine Augen mit Thraͤnen rinnen / vnnd ſeine Augenlieder mit Waſſer flieſſen / Jer. 9.

Zum andern ſagt der Text / daß Abraham einen Acker er - kaufft hab von Ephron / dem Sohn Zoar / vnder den Kindern Heth / im Land Canaan / vmb 400. Seckel Silbers / zum Begraͤbnuß ſei - ner lieben Saræ / als der nicht allein im Geyſt geſehen / daß auch Chriſtus der Meſſias an dem Ort werde begraben werden / ſondern auch auß ſtarckem Glauben / vnnd gewiſſer hoffnung der froͤlichen aufferſtehung / wie noch billich iſt / daß vmb deß Troſts vnnd Arti -ckels[13]ckels willen vnſers Chriſtlichen Glaubens / von der Aufferſtehung deß Fleyſches / bey den Chriſten ehrliche Begraͤbnuß vnd Ruhſtaͤtt mit allem fleiß reynlich vnd ſauber erhalten werden / als dahin man Chriſto / dem Sohn Gottes / ſein Gliedmaſſen / Coloſſ. 2. ſein Erb - theyl / Pſal. 2. ſein Volck vnd Eygenthumb / Tit. 2. auffhebt / beylegt vnnd verwahret / vnnd die er auch nicht allda wil ligen laſſen / ſon - dern auß dem Staub der Erden wider aufferwecken / Job 19. wil jhre Graͤber auffthun / ſein Volck auß denſelbigen herauß holen / Ezech. 37. daß ſie das Reich deß Hoͤchſten einnemen / vnnd ewig be - ſitzen ſollen / Dan. 7. Dieſes verſtehet vnd glaubt Abraham / darumb laͤßt er ſich kein Gelt tawren / auff daß er ein ehrliche Ruhſtatt vnnd Begraͤbnuß haben moͤchte.

Zum dritten / ob gleich Abraham hertzlich ſeine liebe Saram beklagt / vnd ſich auff die Erden nider bey die Leich geſetzt hat / vnnd ſchmer[tz]lich betruͤbt geweſen / iſt er doch nicht darbey ligen blieben / ſondern da er gnug geklagt vnnd geweynet hat / iſt er wider auffge - ſtanden / vnd ſich getroͤſtet / ſeinen willen in den Vaͤtterlichen willen GOTtes heymgeſtellet / als der wol gewußt / daß trawren hat ſeine zeit / vnd alles hat ſeine zeit / Eccleſ. 3. vnd in dieſelbige zeit ſoll ein wei - ſer Mann vnnd frommer Chriſt ſich ſchicken / nach der Lehr Pauli / Eph. 5. Alſo thet Koͤnig David / da ſein Sohn kranck lag / da traw - ret er / lag die gantze Nacht auff der Erden / faſtet vnd betet / als er aber geſtorben war / ſtund er auff von der Erden / wuſch ſich / vnnd ſalbet ſich / zog andere Kleyder an / gieng in das Hauß deß Herrn / vnd troͤſtet ſich wider / 2. Sam. 12. Eben das vermahnet Syrach 38. Troͤſte dich auch wider / daß du nicht trawrig werdeſt / denn von trawren kompt der Todt / vnd deß Hertzen trawrigkeit ſchwaͤcht die Kraͤffte / laß die trawrigkeit nicht in dein Hertz / ſondern ſchlag ſie von dir / vnd denck an das End / vnnd vergiß nicht / dann da iſt kein widerkommen / es hilfft jhn nichts / vnd du thuſt dir ſchaden.

B iijLehr /[14]

Lehr / Troſt vnd Vermahnung bey dieſem andern Theyl.

I. Lehr.ERſtlich lernen hierauß Eheleut / vnnd alle Chriſten / wie ſie auch im Todt einander Lieb / Trew vnnd Wolthat beweiſen ſollen / Syr. 7. vnd 1. ſie beweynen vnnd beklagen / als ſey vns groß leyd geſchehen / Syr. 38. vnnd hindert nicht daß der Prophet Jeremias ſagt: Weynet nit vber die todten / vnnd gremet euch nicht darumb / Jer. 22. denn er ſelbſten mit allen Saͤngern vnd Saͤngerin in Jſrael beklaget vnnd beweynet hat den frommen Koͤnig Joſiam / 2. Chron. 35. Alſo war Saul Davids aͤrgſter Feind / der jhm nach Leib vnd Leben geſtanden / noch dennoch da er todt war / vnd ſtarb in ſeiner Miſſethat die er wider den Herrn gethan hat / 1. Chron. 10. hielt er ſich / als were er ſein Freund vnnd Bruder / vnnd gieng trawrig / wie einer der da leyd traͤgt vber ſeiner Mutter / Pſal. 35. dann er zerꝛeiß ſeine Kleyder / trug leyd / vnnd weynet vber jhn / vnd ſchrieb jhm ein ſonderlich Klaglied / welches GOtt dem H. Geyſt ſo wol gefallen / daß er es in die Bibel hinein ſetzen laſſen / 2. Sam. 1. Alſo Tobias ſein Brot mit trawren / wenn er fand die todte Leich - nam ſeiner Bruͤder / Tob. 1. 2. vnnd was deſſen viel andere Exempel mehr an Jſaac / Gen. 25. Jacob / Gen. 35. Joſeph / vnd der Jſraeliten / Gen. 49. 50. Num. 20. Deut. 34 deß Herrn Chr iſti ſelbſten / Johan. 11. vnnd dergleichen in der Schrifft fuͤrhanden / vnnoͤtig zu erzehlen.

II. Lehr.Zum andern iſt hierauß zu lernen / daß man die im Herr n entſchlaffene ehrlich zur Erden beſtatten ſolle / denn ſolches die Schrifft ein werck der Liebe nennet / Tob. 1. 2. 12. Die Heyden / ſo kein hoffnung haben / 1. Theſſ. 4. haben vnvernuͤnfftig mit jhren todten vmbgangen / etliche verbrannten ſie / wie die Aegyptier / vnd auch der Sylla bey den Roͤmern verordnet hatte / etliche ſotten / brieten vnnd fraſſen ſie wie die Maſſagetæ, etliche wurffen ſie den Voͤgeln vnnd Thieren vor / wie die Taxili vnnd Parther / etliche ſchlepten ſie mitPferden[15]Pferden auß / wie die Hircaner. Aber Abraham begraͤbt hie ſeinen Todten / wie er auch hernach ſelbſt von ſeinen Soͤhnen / Jſaac vnd Jſmael ehrlich iſt begraben worden / Gen. 25. vnnd Joſeph begrub ſeinen Vatter Jacob in ſein Grab / welches er jhm ſelbſt zuvor be - reytet hat / vnd alle Knecht deß Koͤnigs Pharao / vnd alle Elteſten in gantz Aegyptenland zogen mit jhm zum Begraͤbnuß / mit Roſſen vnd Wagen / vnnd mit einem groſſen Heer / Gen. 50. Vnnd dieſer brauch wirdt noch heutiges tags in der Kirchen Gottes ehrlich ge - halten / vnnd Gott ſelbſt hat jhm denſelben gefallen laſſen / da er den verſtorbenen Moſen begraben hat / vnd niemand hat das Grab er - fahren koͤnnen / biß auff dieſen Tag / Deut. 34.

Troſt vnd Vermahnung.

D / gleich wie Abraham endtlich von der Leich wider auff - geſtanden / vnnd ſich getroͤſtet hat: Alſo ſollen alle Chriſten in jhrem leyd vnnd trawren gebuͤrliche maß nicht vber - ſchreiten / in betrachtung / daß die Todten / ſo in dem Herrn ſter - ben / ſelig ſind von nun an / vnd ruhen von jhrer arbeyt / Apoc. 14. ſie ligen in der ruhe / Syr. 38. ſie ſind im fried / Sap. 3. ſie ruhen in jhren Kammern / Eſa. 56. ſie haben nur jhre ſterbliche Huͤtten abgelegt / 2. Petr. 1. vnnd eingenommen die ſichere Wohnung / da jhre Huͤtten fried haben / Job 5. nemlich in der Huͤtten Gottes / da der Herr abwiſchen wirdt alle Thraͤnen von jhren Augen / vnnd der Todt wirdt nicht mehr ſeyn / noch leyd / noch geſchrey / noch ſchmertzen wirdt mehr ſeyn / Apoc. 21. es wirdt nicht mehr gehoͤret werden die Stimmdeß weynens / noch die Stimmdeß klagens / Eſa. 65. ſondern die Tag jhres leyds werden ein ende haben / Eſa. 60. vnnd der vorigen Truͤbſal wirdt nicht mehr gedacht / der vorigen angſt iſt vergeſſen / Eſa. 65. dargegen iſt ewige frewde vber jhrem Haupt / frewd vnnd wonne hat ſie ergriffen / trawren vnnd ſchmertzen iſt ferꝛn von jhnen / Eſa. 35. vnnd 51. Vnnd dahin werden wir auch zu jhnen kommen / ſie kommen nicht wider zu vns / wir aber werden zu jhnen kommen / ſagtDavid /[16]David / 2. Sam. 12. daher aller Chriſtglaͤubigen abſchied genennet wirdt ein Widerkunfft zu Gott / Eccl. 12. ein verſammlung zu jhrem Volck / ein verſammlung zu jhren Vaͤttern / Gen. 15. 25. 49. Nun war groß die frewde Joſephs / daß er auch fuͤr frewden laut weynet / da ſeine Bruͤder / vnd hernach ſein Vatter zu jhm in Aegyptenland ka - men / Gen. 45. Groß war die frewd Jacobs / da er ſeinen Sohn Jo - ſeph / von welchem er in 20. Jahren anders nicht gewußt / dann daß er von den wilden Thieren zerꝛiſſen ſeye / in Fuͤrſtlicher herꝛligkeit in Egypten geſehen hat / Gen. 46. Groß war die frewd deß Vatters / da er ſeinen verlornen Sohn wider geſehen hat / Luc. 15. Aber was iſt das gegen der groſſen frewd vnnd herꝛligkeit / da wir dort bey dem Herrn nicht allein vnſere im Herrn entſchlaffene gute Freunde wider ſehen werden / vnd vnſer Hertz wirdt ſich frewen / vnd ſolche frewde wirdt niemandt von vns nemen / Joh. 16. ſondern wer - den auch Gott ſelbſt ſehen von Angeſicht zu Angeſicht / 1. Cor. 13. nicht mehr im glauben / ſondern im ſchawen / 2. Cor. 5. vnnd werden jhn ſehen wie er iſt / 1. Joh. 3. Allhie muͤſſen alle Zungen verſtummen / vnd bekennen / daß all vnſer wiſſenſchafft vnd erkanntnuß ſey lauter Stuͤckwerck / denn es noch kein Aug geſehen / kein Ohr gehoͤret hat / vnnd in keines Menſchen Hertz kommen iſt / was Gott bereytet hat denen / ſo jhn lieben / 1. Cor. 2. von der Welt her iſts nicht gehoͤret mit Ohren / hats auch kein Aug geſehen / ohn dich Gott / was geſchehen ſoll denen / die auff dich harꝛen / Eſa. 64.

Das iſt der Troſt / darvon Paulus 1. Theſſal. 4 ſagt / daß wir vns damit vnder einander troͤſten ſollen / es iſt der Steck vnd Stab / Pſal. 23. darmit wir durch den finſtern Thal deß Todts wandern ſollen zum ewigen Leben. Es iſt das rechte Wiſchtuͤchlein / darmit wir alle Angſtthraͤnen von vnſern Augen truͤcknen / denn gleich wie GOTT dort in jenem leben alle Thraͤnen von vnſern Augen ab - wiſchen / alle Schmach ſeines Volcks in allen Landen auff heben / vnd den Todt ewiglich verſchlingen wil / Eſa. 25. Alſo iſt dieſer Troſt von Gott allen Chriſtglaͤubigen darzu gegeben / daß ſie darmit alleThraͤ -[17]Thraͤnen der Trawrigkeit von jhren Hertzen abwiſchen / vnd durch gedult vnd troſt der Schrifft hoffnung haben / Rom. 15. vnd daß ſie nicht in jhrem Muth matt werden vnd ablaſſen / Hebr. 12. So viel auch vom andern.

Der dritte Theyl.

ZVm dritten bezeugen die Hiſtorien / daß bey vnndOrig. lib. 3. in Job. Naz. Orat. funeb. in Ju - lian. nach der Apoſtel zeiten / bey offentlichen Leichbegaͤngnuſſen fuͤrnemlich dieſes nach einander verhandelt worden iſt. I. Jſt ein erinnerung geſchehen von deß Todts vrſprung / wie derſelbig durch die Suͤnde in die Welt kommen / vnd zu allen Menſchen ein - gedrungen / Rom. 5. zu vnſern Fenſtern eingefallen / vnnd in vnſern Pallaſt kommen iſt / Jer. 9. II. Ward wider die Heydniſche vnge - dult vnnd kleinmuͤtigkeit rath vnnd troſt gezeygt wider die forcht / ſchrecken vnnd trawrigkeit deß Todts / nemlich / wie vnſer Herr vnnd Heyland Jeſus Chriſtus habe den Todt im Sieg verſchlun - gen / Eſ. 25. vnnd durch ſeinen Todt / dem Todt ſeine macht genom - men / vnd das Leben vnnd vnvergaͤngliches Weſen an das Liecht ge - bracht hat / 2. Tim. 1. Hebr. 2. III. Ward ein klag gehalten vber frommer vnd wolverdienter Leut abgang / vnd man bekuͤmmert ſich vmb den ſchaden Joſephs / Amos 6. IV. Ruͤhmeten ſie auch jhrer in GOtt ruhenden mit Chriſten guten vnnd wolgeendeten Lauff / hieltens fuͤr recht vnd billich / daß man Gottes Gnad vnnd Gaben an jhnen preiſete / nach der Lehr Tob. 12. auff daß auch andere nach - folgen moͤgen dem Wandel derer / die durch den Glauben vnnd ge - dult die verheyſſung ererbt haben / Hebr. 6. Was aber Menſchliche Schwachheit vnnd Fehltritt an jhnen geweſen / haben ſie mit dem Grab zugedeckt / vnnd nicht gedacht / als die jhnen in der Abſolution vergeben vnd erlaſſen worden / nach der verheyſſung deß Herrn Chriſti / Joh. 20. Wie dann Gott der H. Geyſt ſelbſt Davids fall vnd Vbertrettung / nach ſeiner Buß vnnd Bekehrung / nicht mehr in der Schrifft gedacht hat / vnd ſagt / Mich. 7. daß die Suͤnde derCBuß -[18]Bußfertigen in die Tieffe deß Meers geworffen ſeyen / daß jhrer vor GOttes Angeſicht nimmermehr ſoll gedacht werden / Eſa. 43. Alſo ruͤhmet Lucas von der Tabea nach jhrem Todt / wie ſie voller guten Werck vnd Allmoſen geweſen ſey / Act. 9. Alſo hat Gott der H. Geyſt dem David ein ſolche Leichpredigt beſchreiben laſſen / daß er das Volck Jacob geweydet hab mit aller trew / vnnd regiert hab mit allem fleiß / Pſal. 78. Vnnd da der Taͤuffer Johannes bald von hinnen ſcheyden ſolt / thet jhm der Herr Chr iſtus ein ſolche Leichpredigt / nemlich / er ſey kein Rohr / kein Weychling geweſen / ſondern ein trewer Vorgaͤnger vnnd Diener GOttes / Matth. 11. Vnnd als Chriſtus am Creutz verſchieden war / mußte der Heyd - niſche Hauptmann aufftretten / vnnd von jhm zeugen / vnnd ſagen: Warlich dieſer iſt ein frommer Menſch / vnd Gottes Sohn gewe - ſen / ꝛc. Vnd endtlich zum fuͤnfften / rieffen ſie einmuͤtiglich zu Gott vmb ein ſeliges Stuͤndlein / vnd daß ſie im Reich vnd Buch deß Le - bens / darinn ſie mit den gerechten angeſchrieben ſind / Pſal. 69. durch Chriſtum / vnd regierung deß H. Geyſtes erhalten werden moͤgen.

APPLICATIO AD PERSONAM.

ALſo / belangendt die Edle / vieltugenthaffte Fraw Margret von Berlebſch / geborne von Doͤringenberg / deß Geſtrengen / Edlen vnd Ehrnveſten / Eittel von Berlebſchen / Fůrſt - lichen Heßſiſchen Raths / vnd Aſſeſſoris deß Fuͤrſtl. Heßſiſchen Hoffgerichts / geliebte Haußfraw / die wir jetzt anhero zu jhrem verordneten Ruhbettlein beley - tet: Jſt dieſelbige geboren im Jahr nach Chriſti vnſers Erloͤſers vnd Seligmachers Geburt / 1577. den 17. Ja -nuarii,[19]nuarii, von dem auch weiland Geſtrengen / Edlen vnd Ehrnveſten / Carlen von Doͤringenberg / Fuͤrſtli - chen Fuldiſchen fůrnemen Rath / vndAmptmannzu Fůr - ſteneck / vnd Anna Catharina / geborner von Schach - ten / magni illius VVilhelmi, deſſen Schleidanus in ſeinen hiſtoriis gedencket / Tochter. Von jhren lie - ben Eltern ſeligen iſt ſie aufferzogen zu dem ſeligma - chenden erkañtnuß Gottes / fleiſſiger anhoͤrung Goͤtt - liches Worts / gebrauch der heiligen Sacramenten / Gebet / vnd andern Chriſtlichen Tugenden / vnd ſon - derlich zu der rechten Haupttugent / der Forcht deß Herrn / welche iſt der Weißheit anfang / vnd woh - net im Hertzengrund bey den außerwehlten Weibern / Syr. 1.

Anno 1602. iſt ſie mit jhrer lieben Eltern rath vnd willen in den H. Eheſtand getretten / mit dem Ge - ſtrengen / Edlen vnd Ehrnveſten / Eittel von Berleb - ſchen / jhrem nunmehr hinderlaſſenen hochbetruͤbten Junckern / vnd wie ſie zuvor von jhren lieben Eltern zu aller Tugent vnnd Gottſeligkeit aufferzogen worden / alſo hat ſie auch in jhrem Eheſtandt / wie einer Chriſt - lichen / vnnd Weibsperſon vom Adel wol anſtehet / ſich verhalten. Dann gegen Gott hat ſie mit Maria / der Schweſter Martha / den beſten Theyl erwehlet / der nimmermehr von jhr ſoll genommen werden / Luc. 10. C ijGot -[20]Gottes Wort lieb gehabt / vnd mit fleiſſigem gebrauch deß H. Abendtmals in vnſer Gemeyn / vielen andern mit gutem Exempel vorgangen. Gegen den Armen iſt ſie geweſen ein Tabea / Act. 9. voller guten Werck vnd Allmoſen / mildt vnnd barmhertzig gegen den armen nottůrfftigen / wie ſolches das gemeyne Seufftzen vnd klagen der Armen in dieſer Statt / die ein gutthaͤtige Mutter an jhrer Tugendt verloren / bezeugen. Dann den duͤrfftigen hat ſie nicht jhr Begird verſagt / die Au - gen der Witwen hat ſie nicht ſchmachten laſſen / jhren Biſſen hat ſie nit allein geſſen / ſondern die Wayſen mit genieſſen laſſen / Job 31. Hat auch vor dieſelbige noch zum aller letzten / vnd in jhrem Lager vnnd Schwach - heit / eine Chriſtliche milte Stifftung gemacht / vnnd 300. Guͤlden / Jaͤhrlich darvon die Zinß / auff den 24. Sontag Trinitatis, vnder die Armen zu Dreyß vnd Dittershauſen außzutheylen / veroꝛdnet / welchs heili - ge Werck vnd Allmoſen feynd / darvon geſchrieben ſte - het / daß ſie hinauffkommen ins gedaͤchtnuß vor Gott / Act. 10. ſind ein ſuͤſſer Geruch / ein angenem Opffer / Gott gefaͤllig / Phil. 4. bringen ein reiche Ernde / zeitli - che vnnd ewige belohnung. Gegen jhrem lieben Jun - ckern iſt ſie geweſen ein Tochter Saræ / 1. Petr. 3. vnnd ein vernuͤnfftige Abigael / 1. Sam. 25. die mit vernunfft / vnd ſittiger beſcheydenheit / in lieb / fried vnd einigkeitjhrer[21]jhrer. Str. beygewohnet / alſo / daß der betruͤbte hinder - laſſene Juncker ſelbſt ſagt vnnd bekennt / er wiſſe nicht / daß er die gantze zeit / ſo ſie im Eheſtandt bey einander gelebt / jemals von jhr ſeye beleydiget vnd erzuͤrnet wor - den. Jn der Haußhaltung iſt ſie jhrem lieben Junckern geweſen eine trewe Gehůlffin / vnd ein Seule / derer er ſich troͤſten koͤnnen / wie Syr. 37. darvon redet: Wer ein Haußfraw hat / der bringt ſein Gut in rath / vnnd hat ein getrewe Gehuͤlffin / vnnd ein Seule / der er ſich troͤſten kan. Mit welchen Worten der weiſe Mann an - zeygt / was fuͤr ein trewen groſſen Schatz ein Hauß - vatter bekomme / dem ein Gottsfoͤrchtig verſtaͤndig Weib von GOtt beſcheret iſt / denn von einem ſolchen Weib ſagt Syrach 26. Ein tugendtſam Weib iſt edler dann die koͤſtliche Perlen / vnnd wie die Sonne / wenn ſie auffgangen iſt / in dem hohen Himmel deß Herrn ein Zierd iſt / alſo iſt ein ſolch tugentſam Weib ein Zierd in jhrem Hauß / ſie iſt viel edler dann die koͤſtliche Per - len / vnnd jhres Manns Hertz darff ſich auff ſie verlaſ - ſen / ſie thut jhm liebs / vnd kein leyd / ſein lebenlang / ſie thut jhren Mund auff mit Weißheit / vnnd auff jhrer Zungen iſt holdſelige Lehr / Prov. 31. Vnd wie vbel dar - gegen ein Haußvatter verliere / wenn der ewige Gott ein ſolche Seule in ſeinem Hauß vmbreiſſe / vnnd jhm fein getrewen Gehuͤlffen durch den zeitlichen Todt ent -C iijziehe /[22]ziehe / welches auch den Geyſtreichen Mann Abraham betrůbt vnnd weynend macht / Gen. 23. Daruͤber auch der jetzige betruͤbte Juncker / dem der Herr auch die Seul ſeines Hauſes / ja ſeines Hertzens vnd Augenluſt / Ezech. 24. hingenommen / wol mit Nahemi ſagen moͤcht: Deß Herrn Hand iſt vber mir außgangen / vnnd der allerhoͤchſte hat mich hoch betruͤbt / Ruth 1.

Jn jhrem Eheſtandt hat ſie GOtt mit jhrem lie - ben Junckern mit zweyen Soͤhnen / vnd dreyen Toͤch - tern gnedig geſegnet / hat aber dem lieben GOtt nach ſeinem vnerforſchlichen Rath vnnd Willen gefallen / die beyde Soͤhn durch den zeitlichen Todt / in jhrer Kindheit vnnd bluͤhenden Jugent zu ſich in die jmmer - wehrende frewd vnd ſeligkeit abzufordern. Die drey Toͤchter aber muͤſſen beneben jhrem betruͤbten Vatter das Elend bawen / ſo lang es dem lieben Gott gefellet.

Gleich aber wie die fromme Gottſelige Sara in jhrem Leben / vnnd ſonderlich in jhrem Eheſtandt / wie zuvor vermeldet worden / viel Creutz vnnd Elend auß - geſtanden / alſo / daß ein jeglicher Tag bey jhr ſein eygne Plag haben muͤſſen / Matth. 6. Pſal. 73. Alſo hat vnſer Gott / von welchem alles herkompt / gluͤck vnd vnglůck / Syr. 11. Liecht vnd Finſternuß / fried vnd vbel / Eſa. 45. denn wer darff ſagen / daß etwas geſchehe ohn deß Herrn Befehl / vnnd daß weder guts noch boͤſeskom -[23]komme auß dem Mund deß allerhoͤchſten / Thren. 3. allzeit die Suͤnde außgenommen / vnd der allein den Creutzbecher vnd Kelch in ſeiner Hand hat / vnd einem jeden ſein Truͤncklein darauß einſchenckt / Pſal. 75. auch hiermit der jetzt im Herrn entſchlaffenen Matro - nen nicht vberſehen / ſondern ein ſtarcken Trunck auß ſeinem Becher trincken laſſen / vnd mit langwiriger Leibsſchwachheit Vaͤtterlich heymgeſucht / dardurch jhr mit dem Job elender Nacht viel worden ſind / Job 7. daß / wann ſie gleich hoffte / jhr Beth ſolte ſie troͤſten / jhr Lager ſolte jhre Schmertzen lindern / Job 7. ſo war es doch vergeblich / vndes ſchonet jhr doch der Schmertz nicht / Job 16. daß ſie recht mit David auß dem 38. Pſal. hat ſagen koͤnnen: Herr / deine Hand trucket mich / es iſt nichts geſundes an meinem Leib / meine Lenden verdorꝛen gantz / es iſt mit mir gar anders / mein Hertz bebet / meine Krafft hat mich verlaſſen / vnd das Liecht meiner Augen iſt nicht bey mir. Vnd mit Job: Wenn man meinen Jammer woͤge / vnd all mein Elend zu - ſammen auff eine Wage legte / ſo wuͤrde es viel ſchwe - rer ſeyn / dann der Sand am Meer / Job 6. daß auch jhr betruͤbter Juncker / auß Chriſtlichem mitleiden / vndtrewhertziger vorſorg / jhrer Tugenden vnderſchiedene Predigten vom Troſt in Creutz vnd Trůbſal zu Hauß thun laſſen. Aber ſie hat ſich darbey jederzeit hertzlicherin -[24]erinnert / daß jhr ſolch Creutz nicht von vngefehr zu - handen komme / ſondern auß gnedigem Rath vndWil - len deß Allmaͤchtigen / zwar zur Straff jhrer Sůnd / fuͤrnemlich aber zur pruͤffung jhrer gedult vnd beſtaͤn - digkeit / auch erweckung rechtſchaffener Demuth / vnd verleydung deß zeitlichen / von dem lieben Gott auffge - legt / welcher auch dem langwirigen Creutz / Truͤbſal / Angſt vnd Schmertzen / jhr gewiß Ziel geſteckt hette. Hat ſich vnder anderm gantz beweglich getroͤſtet deß ſchoͤnen Spruchs / da Gott ſagt / Job 38. Jch brach dem Meer ſeinen Lauff mit meinem Damm/ vndſetzt jhm Rie - gel vnd Thuͤr / vnd ſprach / biß hieher ſoltu kommen / vnd nicht weiter / hie ſollen ſich legen deine ſtoltze Wel - len. Mit welchem Spruch ſie ſich getroͤſtet / daß / gleich wie Gott dem wilden Meer / Damm/ Thuͤr vnd Riegel geſetzt hat / daruͤber es nit kommen / noch durchbrechen kan / vnd die gantze Welt vberſchwemmen / wie zur zeit der Suͤndflut in der erſten Welt geſchehen iſt: Alſo hab er auch jhrer Kranckheit vnd Schmertzen ein Ziel vnd Maß geſetzt / daruͤber ſie nicht werde verſucht wer - den. Derowegen auch vnſer Gott / der den ſeinen eine Laſt aufflegt / vnd hilfft jhnen auch / Pſal. 68. der da ken - net den Weg der gerechten / vnd die Tag der frommen / vnnd laͤßt ſie nicht zu ſchanden werden zur boͤſen zeit / Pſal. 37. der da ſihet vnd ſchawet jhren Jammer vnndElend /[25]Elend / Pſal. 10. Alle jhre Thraͤnlein vnd Troͤpfflein / die auß jhren Augen flieſſen / die zehlet er / vnnd faßt ſie in ſeinen Sack / Pſal. 56. der hat an jhr bewieſen was er ſagt im Propheten Eſaia: Du ſolt nit heyſſen die ver - laſſene / Eſa. 62. denn ob ich dich gleich ein kleinen Au - genblick verlaſſe / ſo wil ich doch mit groſſer Barmher - tzigkeit dich wider ſammlen / Eſa. 54. Denn er jhr durch troſt / krafft vnd beyſtand deß H. Geyſtes verliehen hat / daß ſie jhre Seel mit gedult gefaßt / Luc. 21. mit Kindt - lichem gehorſam gegen der Vaͤtterlichen zuͤchtigung deß Herrn. Vnnd ob wol jhr lieber Juncker / auß hertzlichem mitleiden vnd betruͤbnuß allerley muͤgliche vnd Menſchliche mittel der Artzney bey jhr angewen - det / hat ſie doch bald vernommen / was der liebe GOtt mit jhr im Sinn habe / vnd hat nach dem Rath Syr. 38. ſich nach dem rechten Himmliſchen Artzt vmbgeſehen / den der Koͤnig Aſſa in ſeiner Kranckheit ſitzen lieſſe / 2. Chron. 16. vnd mit der Abſolution vnd H. Abendtmal ſich troͤſten vnd verſehen laſſen / welches iſt ein Speiß der betruͤbten Seelen / wie Ambroſius ſagt: Ein Speiß der vnſterbligkeit / laut der verheyſſung deß Herrn / Joh. 6. Wer mein Fleyſch jſſet / vnnd mein Blut trincket / nemlich mit dem Mund ſeines glaubi - gen Hertzens / der hat das ewig Leben / vnnd ich werde jhn aufferwecken am Juͤngſten Tage / daß / gleich alsDMoſes[26]Moſes ſterben ſolte / da zeyget jhm GOtt von ferꝛnen das heilige gelobte Land / darinn Chriſtus der Meſſias werde geboren werden / leiden / ſterben / vnnd aufferſte - hen / jhme zum troſt wider die forcht deß Todts / Deut. 34. Alſo hat Gott auch jhr zuvor auß ſeinem Woꝛt vnd H. Abendtmal gezeyget den rechten troſt von Chriſto / dem Fuͤrſten deß Lebens / Act. 3. vnd dem rechten heili - gen gelobten Land deß ewigen Lebens / darinn nicht Milch vnd Honig fleußt / wie im Land Canaan / Deut. 6. ſondern darinn frewde die fuͤlle iſt / vndliebliches We - ſen zur Rechten GOttes ewiglich / Pſal. 16. Als nun darbey jhre Tugend erinnert worden / daß / gleich wie vnſer Herr vnd Heyland Jeſus Chriſtus hat můſ - ſen leiden / ſterben / vnnd alſo in ſeine Herꝛligkeit einge - hen / Luc. 24. Alſo můſſen wir auch durch viel Truͤbſal eingehen in das Reich Gottes / Act. 14. Vnnd wie der Herr Chriſtus Gott ſeinem lieben Vatter gehorſam worden biß zum Todt / ja zum Todt deß Creutzes / Phil. 2. alſo wolte ſie auch / als ein gehorſame Tochter / dem Willen Gottes jhres Himmliſchen Vatters im leben vnd ſterben mit gedult ſich vnderwerffen / deren troͤſtlichen zuverſicht / daß / gleich wie GOtt ſeinen lieben Sohn nicht allweg hat am Creutz ſtehen laſſen / ſondern jhn auß der Angſt geriſſen / Pſal. 22. vnnd gekroͤnet mit Preiß vnnd Ehren / Hebr. 2. Alſo werde auch eben derGott /[27]Gott / der bey vns iſt / Pſal. 91. der in vns iſt / Joh. 4. der fůr vns iſt / Rom. 8. der nahe iſt bey denen die zerbro - chens Hertzens ſind / vnnd hilfft denen auß / die ein zer - ſchlagen Gemůth haben / Pſal. 34. gewißlich jhrer Tu - gent gnedig außhelffen / vnd nach der Anfechtung troͤ - ſten / auß der Truͤbſal erloͤſen / nach der Zuͤchtigung gnad beweiſen / Tob. 3. Deßgleichen wie der Herr Chriſtus das H. Abendtmal zu ſeinem gedaͤchtnuß ein - geſetzt / alſo ſolte ſie in gedaͤchtnuß behaltenJeſum Chꝛi - ſtum / der aufferſtanden iſt von den Todten / 2. Tim. 2. welches alles ſie mit andacht angehoͤret / demſelben zu folgen verheyſſen / auch GOtt angeruffen / daß er / als der anfaͤnger vnd vollender vnſers Glaubens / Heb. 12. jhren ſchwachen Glauben ſtaͤrcken / in gedult vnnd be - ſtaͤndigkeit erhalten woͤlle.

Nach dem aber die Schwachheit von Tag zu Tag vberhand genommen / die Leibskraͤfften aber verfallen vnd abgenommen / hat ſie endlich mich beruffen laſſen / vnd das Bekanntnuß jhres Glaubens an Jeſum Chꝛi - ſtum mit kurtzen / aber verſtendigen Worten gethan / vnnd geſagt / ſie wolte durch Gottes gnad ſtandhafftig darbey verharꝛen / vnnd deſſen ſolte ich jhr ein Zeuge ſeyn am Jůngſten Tag / vor Gottes Angeſicht / ꝛc. Als nun jhrer Tugendt ich ſolches verheyſſen / vnnd ferꝛner angemeldet / wie ein ſolch Bekanntnuß nicht herkom -D ijme[28]me von Fleyſch vnd Blut / wie der Herr Chꝛiſtus zu Petro ſagt / Matth. 16. ſintemal niemand Jeſum einen Herrn nennen kan / ohn den H. Geyſt / 1. Cor. 12. vnd daß ich auch ſelbſten mit einem ſolchen Bekanntnuß getroſt vor GOttes Richterſtul am Juͤngſten Tag er - ſcheinen / vnd wol beſtehen woͤlle / laut der verheyſſung deß Herrn Chriſti / Joh. 5. 6. 8. Warlich / warlich ich ſage euch / wer an mich glaubt / der hat das ewige Le - ben / er kompt nicht ins Gericht / ſondern iſt vom Todt zum Leben hindurch gedrungen / ꝛc. Hat ſie ferꝛner ſelb - ſten darbey bewogen die vergaͤngligkeit vnd můhſelig - keit dieſes Lebens / vndwie lang leben nichts anders ſeye / als in vnglůck ſchweben / offtmals gewuͤndſchet / daß GOTT wolte nachfolgen / vnnd zu verkuͤrtzung jhrer Schmertzen das Sanduͤhrlein anregen / damit ſie al - ſo bald mit Paulo auffgeloͤßt / bey Jeſu Chriſto ſeyn moͤge / Phil. 1. Als ſie nun weiter erinnert worden / ſie ſolte gedencken an die groſſe frewd vndſeligkeit / die auff diß zeitlich muͤhſelig Leben erfolgen ſoll / darvon der Herr Chriſtus ſagt / Joh. 16. jetzt habt jhr zwar traw - rigkeit / aber ewere trawrigkeit ſoll in frewde verwan - delt werden / ꝛc. redet ſie ein / vnnd ſagt: Jch hab wol Kranckheit vnnd Schmertzen / aber kein Trawrigkeit / ſondern troͤſte mich mit dem gnedigen Willen Gottes / darvon auch Jac. 1. geſchrieben ſtehet: Achtet es vor ei -tel[29]tel frewd / wenn jhr in mancherley anfechtung fallet / ꝛc. Dann ſelig iſt der Mann / der die Anfechtung erdul - det / denn nach dem er bewehret iſt / wirdt er die Cron deß Lebens empfahen / ꝛc. Sie hat weiter darbey gantz beweglich ſich erinnert der groſſen vielfaͤltigen Wol - thaten / die GOtt der Vatter deß Liechts von oben her - ab / Jac. 1. zeit jhres lebens reichlich widerfahren laſſen / aber auch gern erkannt vnnd bekannt Menſchliche ſchwachheit / maͤngel vnnd gebrechligkeit / darvon Job ſagt: Auch vnder den Heiligen iſt keiner ohn Tadel / vnd kan nicht gerecht ſeyn ein Menſch / der vom Weib gebo - ren iſt / Job 15. noch reyn ſeyn eines Weibes Kind / Job 25. daher ſie jhrem lieben Gott nie recht were danckbar / noch / wie ſie ſchuldig / gehorſam geweſen / ſeye derowe - gen ein armer ſuͤndiger Menſch / troͤſte ſich aber deß verdienſts Jeſu Chriſti / der die verſoͤhnung vor jhre / vnnd der gantzen Welt Suͤnde worden ſeye / 1. Joh. 2. der vnſer Kranckheit getragen / vnſer Schmertzen auff ſich geladen / die Straff auff ſich genommen / auff daß wir fried hetten / ꝛc. Eſa. 53. welche Wort ſie troͤſtliche Wort nennet / vnd ſagt: Wenn wir dieſen Troſt nit het - ten / ſo weren wir arme Menſchen / ſie troͤſtet ſich auch / ſagt ſie / der Abſolution vnd H. Abendmals / vnd wider - holet den Troſtſpruch deß Herꝛn Chriſti / Joh. 6. Wer mein Fleyſch jſſet / vnd mein Blut trincket / der hat das ewig Leben / ꝛc.

D iijIn[30]

Jn ſolchem troſt / hoffnung vnd vertrawen iſt ſie auch beſtendig verharꝛet / biß daß endlich der getrewe Gott / der vnſern Athem / vnd alle vnſere Weg in ſeiner Hand hat / Dan. 5. der zwar betruͤbet / aber er erbarmet ſich auch wider / Thren. 3. der zwar Kranckheit vnnd Trůbſal den ſeinen zuſchickt / aber er ſtehet hinder der Wand / vnd ſihet durchs Fenſter / Cant. 2. das iſt / er hat ein gnediges Aug auff ſie / der auch ſein Wort nicht feh - len laͤßt / vnnd ſeine verheyſſung nicht liegen / Ezech. 12. ſondern erfuͤllet dieſelbige zu ſeiner zeit / Hab. 2. Ja / der die Menſchen ſterben laͤßt wenns jhm eben iſt / Pſal. 90. hat endlich erhoͤret das Seuffzen ſeiner klagenden Tochter / vnnd ſie erꝛettet / daß / gleich wie Noah ſeine Taub zu ſich in die Archen auffname / da ſie auff Erden nicht fand da jhr Fuß ruhen kondt / Gen. 8. Alſo hat ſie der Herr zu ſich auß der vnruhe in die Himmliſche Archen auffgenommen / von jrer langwiriger Schwach - heit / vnd erlittenen Schmertzen / vnd von allem Vbel erloͤſet / vnd jhr außgeholffen zu ſeinem heiligen Reich / 2. Tim. 4. hat jhres Jammers ein ende gemacht / vnnd jhren Geyſt weggenommen im friede / Pſal. 57. Tob. 3. daß ſie Sontags den 14. tag Novembris, als ſie eben ſich dem lieben Gott gantz jnniglich vnd andaͤchtig be - fohlen / vnnd zu erweckung mehrer andacht / etliche Chriſtliche Gebet vorleſen laſſen / in ſolcher devotionvnd[31]vnnd andacht in einen ſůſſen ſanfften Schlaff geſun - cken / darinnen ſie jhre Seele in die gnedige Hand deß allerhoͤchſten/ darein ſie ſie jederzeit gantz andaͤchtig be - fohlen / vberlaſſen / vnd alſo gantz ſelig / ohne anzeyg ei - niger ſchmertzen / von dieſer betruͤbten / muͤhſeligen vnd erbaͤrmlichen Welt / in die ewigwehrende frewd vnd ſe - ligkeit auffgenommen worden / vnnd iſt an jhr erfůllet / was Syrach 1. Cap. ſagt: Wer den Herrn foͤrchtet / dem wirdts wolgehen / auch in der letzten Noth / vnnd wirdt endlich / das iſt / in Todsnoͤthen / den Segen be - halten / vnd was David ſagt / Pſal. 112. Dem gerechten gehet das Liecht auff im Finſternuß / das iſt / wenn jhm ſchon die Augen brechen / vnd es ſchwartz / finſter vnnd dunckel wirt vor ſeinen Augen / ſoll jhm doch das Liecht deß Troſtes auffgehen in ſeinem Hertzen. Woͤllen dem - nach die Seele / die noch lebet / vnd eingebunden iſt im Bůndlein der lebendigen / bey dem Herrn vnſerm Gott / 1. Sam. 25. befehlen in die Hand deß Herrn / darinn ſie kein Qual ruͤhret / Sap. 3. Dem Leib aber wuͤndſchen wir von Hertzen ein ſelige Ruhe / in gegen - wertigem ſeinem Schlaffkaͤmmerlein vnd Ruhebett / vnd ein froͤliche aufferſtehung am Juͤngſten Tag / da er mit der Seele vnzertrennlich wirdt vereiniget werden / vnnd bey dem Herrn ſeyn vnnd bleiben allezeit / 1. Theſſ. 4.

Laßt[32]

Laßt vns auch zum Beſchluß den barmhertzigen Gott vnd Vatter von Hertzen anruffen / vnnd bitten / daß er den hinderlaſſenen hochbetruͤbten Junckern / ſampt der gantzen Adelichen trawrigen Freundſchafft durch ſeinen H. Geyſt troͤſten / vnd gnad verleihen woͤl - le / jhren Willen in ſeinen guten / gnedigen / Vaͤtterli - chen / wolmeynenden Willen zu ſtellen. Vns aber allen ein ſelige Stund geben zu warer Buß / andaͤchtigem hertzlichem Gebet / zum rechtem Glauben / beſtendiger Hoffnung / zum Chriſtlichen leben / ſeligen ſterben / vnd zur froͤlichen aufferſtehung am Juͤngſten Tage / vmb Jeſu Chriſti ſeines eingebornen lieben Sohns / vnſers Herrn vnd Heylands willen / Amen.

ENDE.

About this transcription

TextEin Christliche Leichpredigt
Author Johann Rauschenberg
Extent32 images; 7502 tokens; 2194 types; 49157 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationEin Christliche Leichpredigt Bey der trawrigen Leich vnd Begräkbnuß weiland der Edlen/ vieltugendhafften Fraw Margreten von Berlebsch Johann Rauschenberg. . 32 Paul EgenolffMarburg1614.

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Universitätsbibliothek Breslau Universitätsbibliothek Breslau, 4 S 312/40 / 526037

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Fraktur

LanguageGerman
ClassificationGebrauchsliteratur; Leichenpredigt; Gebrauchsliteratur; Leichenpredigt; ready; aedit

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  • dta@bbaw.de
  • Deutsches Textarchiv
  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
  • Jägerstr. 22/23, 10117 BerlinGermany
ImprintBerlin 2019-12-10T09:36:17Z
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