PRIMS Full-text transcription (HTML)
[1]
Chriſtliche Vnd in Gottes Wort gegruͤndete Leichpredigt /
von dem Geiſtlichen Schmuck vnd Ehrenkleidt / aller Ehrentugentſamen Gottſeligen Chriſtlichen Jungfra - wen / auch aller rechtglaubigen Chriſten: Damit ſie auß Gottes gnaden ſollen geſchmuͤcket ſein / Zum zeichen das jhnen das Him̃liſche Ehrenkleid / Chriſti verdienſt zuge - rechnet ſey / dariñ ſie auch die Zeit jhres Lebens wandeln / ſterben / vnd auff den Juͤngſten Tag / fuͤr dem Richterſtuel Chriſti erſcheinen ſollen: Zu Gottſeliger erjnnerung allen Gottſeligen Chriſten / vnd Erbaren Jungfrawen /
Bey der begraͤbnuͤß der Erbarn vnd Ehrentugentſamen Jungfrawen Anna / deß Ehrwůrdigen / Wohl - gelaͤhrten Herꝛn Georgii Buchers / Teut - ſchen Pfarꝛherꝛs zur Olaw / vnd deſ - ſelbigen Weichbildes trewen Senioris, Ehelichẽ geliebtẽ Tochter / Gethan den 5. Ianuarii An. 1598.
(Epheſ. 4.)
So leget nun von euch abe / nach dem vorigen wandel den alten Menſchen / der durch Luͤſte in Jrꝛthumb ſich verterbet / Ernewert euch aber im Geiſt ewers Ge - müts / vnd ziehet den newen Menſchen an / der nach Gott geſchaffen iſt / in rechtſchaffner Heyligkeit vnd Gerechtigkeit.
Getruckt Jm Jahr Chriſti /1598.
[2]

ANNAE BVCHERIANAE Virgini perpiæ.

HAEC quoꝙ́ Virginibus prudentibus addita Virgo
Ad thalamum Sponſitranſiit, ANNA, ſui.
Scin cujus? Chriſti: thalamum quem? cœlica tempe,
Monſtrat ad hæc greſſum quæ via? fax Fidei.
Sponſe ſacer, pie Nate DEI, quando hora diesꝙ́
Nos fugit adventus, maxime Chriſte, tui.
Fac ut in excubijs tua ſtemus ad oſtia ſemper,
Nec lampas oleo noſtra flagrante vacet.
Sedibus ut tecum placitis capiamur, ubi almæ est
Lætitiæ multum, triſtitiæꝙ́ nihil.

M. Melchior Tileſius, Illuſtris Gymnaſii Bri - genſis Rector: Viduus mœſtiſſimus.

[3]
Dem Ehrwuůrdigen / Wohlgelehrten / Herꝛn Ge - orgio Bucher / Teutſchen Pfarꝛherꝛ zur Olaw / vnd des O - lawiſchen Weichbildes Ehrwürdigen Prieſterſchafft trewen Senioris: Meinem guͤnſtigen Herꝛn Seniori, Freunde vnd Bruder in Chriſto. Wuͤnſcheich Gottes gnade in Chriſto Jeſu / durch den H. Geiſt / neben entbietung meiner willigen Dienſt zuvoran.

EHrwůrdiger Wohlgelehrter Herꝛ Senior, Gün - ſtiger Freund vñ Bruder in Chriſto / Demnach Pſal. 112. geſchrieben ſtehet. In memoriaæterna erit iuſtus. Deß Gerechtẽ wird nim̃ermehr vergeſſen. Als iſt vnter den recht - glaubigen Chriſten von alters her / nicht allein derhalben der brauch gehalten worden / bey der begraͤbnuͤß der Gottſeligen Chriſten Leichpredigt zuhalten / das man ſich danckbar gegen den verſtorbenen erzeige / die ſich vmb vns wol verdienet ha - ben / Sintemal geſchrieben ſtehet / das vnglück ſoll nit weichẽ von dem Hauſe deß vndanckbaren / auch nit allein das durch erwehnung der verſtorbenen Tugenden vñ Gottſeligkeit / der verſtorbenen in Chriſto / guter Nahme vnd Chriſtliche Ge - daͤchtnůß erhalten werde / die noch lebendigen auch moͤchten erweckt werden / Chriſtlich alſo zu leben / vnd in der Selig ver - ſtorbenen Fußſtapffen zutretten / ſich entlich auff dergleichen Seliges ſterbſtůndlein zu bereitten / erjnnert wůrden (deñ ein guter vor gaͤnger gibt einen guten nachgaͤnger) ſondern auch dz man ſeine liebe / gegen dem verſtorbenen damit erklaͤre vnd kund mache / den weil die liebe ſoll ewig wehren / vnd im kuͤnf - tigen leben erſt recht angehen wird / Als ſoll freylich dieſelbige gegen den Todtẽ nicht mit geſtorbẽ ſein: Sage mir jemands from̃es / iſts nit war? Weñ einer ſeines liebẽ Vatters / Mut - ter / Kindes / Weibes / Mannes / guten trewen lieben Freun - des / etlich wenig tag oder wochen entperen ſoll / ob man nicht alle ſtunden vnd minuten pflegt zu zehlen? Ja freylich ge - ſchicht es. Wie viel weniger ſollen wir vnſer lieben vergeſſen /A ijdie[4]Vorꝛede. die zwar nach dem Leib / von vns abgeſchieden / vnd vrlaub ge - nom̃en / aber wir mit jhnen im Himmel wider froͤlich zuſam - men kom̃en ſollen / welch wieder kom̃en den auch macht / das man ſcheiden nit acht: Solcher zuſamenkunft ſollen wir vns nun taͤglich erinnern / durch das abſterben der vnſerigen / da - mit alſo vnſer liebe gegen jhnen nit gar verleſche / wie vns mit ſeinem Exempel vermahnet Dauid. 2. Sam. 12. Jch werde wol zu jm fahren / aber er kompt nicht zu mir. Vnd Martha Ioan. 11. Troͤſtet ſich auch vber jhrem verſtorbenen Bruder Lazaro vñ ſpricht: Jch weiß wol das er aufferſtehen wird in der auff - erſtehung am jůngſten tage. Auff das aber die Lebendigẽ / ſol - che liebe gegen jhren lieben verſtorbenen zu beweiſen / vnd der froͤlichẽ zuſamenkunft / ſich deſto oͤffterzu erjnnern vrſach ha - ben moͤgen: Als laſſen jhnen jhr viel an dem nit geniegen / das jhren verſtorbenen in Chriſto bey jhrem begraͤbnuß ein ehr - lich vnd gut Zeugnuß geben werde / ſondern ſie laſſen ſolch Zeugnuß auch in Truck verfertigen / andern zur Seligen er - jnnerung / vnd der gerechten gedaͤchtnuß zu erhalten.

Demnach den auff begehr E. E. W. bey ewer vielgeliebtẽ nun in Gott ruhendẽ Tochter / der Erbarn vñ Ehrentugent - ſamẽ / Jungfraw Anna begraͤbnuͤß / Jch dieſe Leichpredigt nach verleihung Goͤttlicher huͤlffe / vñ meinem vermoͤgen ge - than habe / auch vermeinet hette / es wuͤrde hieran genung ge - weſen ſein / aber wieder mein gedancken vnd verhoffen von E. E. W. freundlich begehret worden / ſolche Schrifflich zu faſſen / welchejhr neben ewern Herꝛn Freunden vnd Schwaͤ - gern (zum zeugnuß der Vaͤtterlichen liebe gegen ewer verſtor - benen Tochter / vñ ſtetter erjñerung der Himliſchẽ zuſamen - kuuft) woltet laſſen in Truck geben. Ob wol ich aber ſolches zu thun bedencken getragen / das dieſe meine geringe emfaͤltige Predigt deß Truckens nicht wol werth ſey (deñ die Iudicia der Leute ſind gar zu ſeltzam vnd mancherley) Jedoch weil Chri -ſtus[5]Vorꝛede. ſtus befiehlet / Negociamini donec venero: Chriſtus auch auß dem Munde der vnmündigen vñ ſaͤuglingen jhm pflegt ein lob zu zurichtẽ / vnter welchen ich mich auch rechne / ja fuͤr den geringſten vnter den Negociatoribus welche Chriſtus in ſeiner Kirchẽ brauchet zehle: Als hab ich mich ewer bitte hier - zu bewegen laſſen / dieſelbige Schrifftlich zu faſſen / vnd was ich in der eile bey der begraͤbnuß nit habe ſagen koͤnnen / mei - nem verheiſſen nach daſſelbige addiret. Sonderlich weilich võ E. E. W. vernom̃en / dz der gantzẽ loͤblichen Freundtſchafft ſolchs auch zu willen vnd gefallen geſchehe / der hoffnung vnd zuverſicht / der trewe liebe Gott / werde ſolche Predigt võ mir einfaͤltigen vñ lallen den Diener ſeines worts in ſeinem Nah - men durch ſeines H. Geiſtes huͤlffe gethan / bey etlichen nicht gar ohne nutz vnd frucht abgehen laſſen. Eigene vnd dedicire alſo E. E. W. dieſe Leichpredigt gantz vnd gar zu / Welche ich auß verleihung Goͤttlicher gnad / auß H. Schrifft vnd hoch - erleuchter Maͤñer ſchrifften (nach dem gemeinen ſprichwoꝛt. Nil dictum quod non ſit dictũ prius) mit meinem fleiß dis - poniret vnd zu ſam̃en gezogen / damit beyde jhr dieſelbige ne - ben ewer vielgeliebten Haußfrawen / vñ der gantzen Freund - ſchafft leſend / euch der froͤlichen vnd Himliſchen zuſammen - kunft mit ewer lieben Tochter Anna erjnnern: Vnd auch e - wer noch lebendige Kinder / ſonderlich aber die Toͤchter / durch ſolche in jhrer verſtorbenen Schweſter Fußſtapfen zutretten / allen fleiß anzuwenden / vrſach haben moͤchten.

Bitte E. E. W. ſampt all den ewrigen / an dieſer meiner meinung keinen mißfallen tra - gen wollen / ſondern mit freundlichen willen auff vnd annehmen. Thue hiemit E. E. W. ſampe ewer vielgeliebten Haußfrawen / Kindern vnd der gantzen loͤblichen Freundſchafft dem trewen lieben Gott in ſeinen gnaͤdigen Schutz vnd Schirm von Hertzen befehlen / Datum Olaw den 5. Ianuarii Anno 1598. E. E. W. Dienſtwilliger. Ioannes Franciſci Bolniſcher Prediger zur Olaw.

A iijDer[6]Chriſtliche

DEr Ewige / Allmaͤchtige / Warhafftige / eini - ge Gott / der Vatter vnſers Herꝛen Jeſu Chriſti / der da iſt ein Vatter alles troſts / Gnad vnd Barmhertzig - keit / der vns nicht geſetzet hat zum Zorn / ſondern die Selig - keit zu beſitzen / durch vnſern Herꝛn Jeſum Chriſtum / auff das wir wachen / ſchlaffen / lebendig oder todt ſein / mit jhm leben ſollen / der troͤſte / regiere / erhalte / gegenwaͤrtige be - truͤbte Chriſtliche Eltern / ſampt all den jhrigen / auch vns allen / in ſeiner gnad zum ewigen Leben. Amen.

GEliebte vnd andaͤchtige im Herꝛen Chriſto / Syrach. 7. Leſen wir am ende dieſe wort. Bedencke dz ende ſo wir - ſtu nim̃ermehr vbel thun. Mit dieſen worten ſtimmen die wort. S. Auguſtini lib. exhortationum. Nihil ſic revo - cat à peccato, ſicut frequens meditatio mortis. Nichts zeucht den Menſchen von Suͤnden alſo zu ruͤcke / als die be - trachtung deß Todes. So iſt es ein gewiß kennzeichen / eines verſtaͤndigen vñ Gottſeligen Menſchen / wañ er oft deß To - des gedenckt / wie Gregorius der alte Kirchenlehrer ſaget. To - ta vita prudentis, debet eſſe meditatio mortis, quia ut homo in bono proficiat, & à malis ſibi caveat, valet fre - quens meditatio mortis. Eines rechten weiſen Mannes weißheit / ſoll ſein die betrachtung deß Todes / denn damit der Menſch im guten zunehme / vnd ſich vom boͤſen lerne hůten / dienet hierzu nichts beſſers / als oft vnd ſtets an den Todt ge - denckẽ. Hieron. ſpricht auch fein. Memento diẽ mortis tuæ, & non peccabis, & qui ſe quotidiè moriturum recordatur, contemnit præſentia, & ad futura feſtinat. Gedenck an den Tag deines Todes / ſo wirſtu nit ſuͤndigen / vñ wer taͤglich be - denckt / das er ſterblich ſey / der veracht gegenwaͤrtige Welt freude / eylet vnd ſehnet ſich nach der zu künfftigen vnd Him - liſchen. Pſal. 90. Bettet der erleuchte Mann Gottes Moſes,Herꝛ[7]Leichpredigt. Herꝛ lehre vns bedencken / das wir ſterben muͤſſen / auf dz wir klug werdẽ: Auß dieſen jetzt erwehnten wortẽ vernemen wir / das die groͤſte weißheit vnd klugheit ſey / oft an ſein ende geden - cken / die groͤſte aber vñ gefaͤhrlichſte thorheit / weñ man ſo ſi - cher dahin lebet / vnd ſo gar wenig vnd ſelten an den Tod den - cket / wie doch faſt der mehrer theil auff Erden thut. Etliche hoͤren auch vngern das man deß Todes gedencket / bekennen auch frey / man mache ſie damit traurig / diß iſt nũ wie geſagt ein gefaͤhrliche thorheit. Wenn aber jemand alſo in Gottes furcht lebet / bedenckt das ſein leben ein Ziel hat / vnd er davon muß / er ſich auch alſo gefaſt macht / das wenn das ſtuͤndlein da iſt / er Selig vnd mit freuden abſcheiden koͤnne / das iſt eine ſonderliche vnd Selige weiß heit.

Mit dieſer Seligen weißheit iſt von Gott auch begna - det geweſen / die Erbare / Tugentſame / Verſtorbene / vnd nun in Gottruhende Jungfraw Anna, Herꝛn Georgii Bu - chers Teutſchen Pfarꝛherꝛs / allhie zur Olaw / vñ deß Olaw - iſchen Weichbildes Prieſterſchafft trewẽ Senioris, Eheliche vnd Vielgeliebte Tochter / Denn dieſe in betrachtung jhrer ſterbligkeit / ſich auch mehr in die zukuͤnfftige newe Welt den Him̃el geſehnet / den lang allhie zu leben / Derhalben ſie auch alle zeitliche Freude vnd wolluſt fuͤr geringſchetzig ge - halten / vnd dieſelbige nach Hieronymi Spruch / verachtet / vnd nach der Ewigẽ hertzlich geſeufftzet. Solchem Exempel nach dieſer verſtorbenen Jungfraw Anna, ſollen wir auch gerne / vnd oft an den Todt gedencken / damit wir nicht in die gefaͤhrliche thorheit gerahten.

Auff das wir aber Vrſach bekommen moͤgen / deſto oͤffter an den Todt zugedencken / als ſollen wir gerne bey den begraͤbnuſſen Gottſeliger Leuhte vns ſehen vnd finden laſſen / Sintemahl es beſſer iſt / in das Klaghauß gehen / als in das Trinckhauß / deñ injenem iſt das ende aller Menſchen /vnd[8]Chriſtliche Leichpredigt. vnd der lebendige nimpt es zu Hertzen / es iſt beſſer trauren den lachen / denn durch das trauren wird das leben gebeſſert. Eccleſ. 7. Denn ſage mir jemandt from̃es / iſts nicht wahr? Das ein Menſch / der nur nicht gar in der ſicherheit erſoffen iſt / ſich etwas anders vnd beſſers bedencke / Wenn er bey den begraͤbnuſſen der Todten / ſiehet vnd hoͤret / wie dieſer oder jhene geſtorben / da muß er traun gedencken: Hodie tibi cras mihi. Vnd weil Heb. 9. geſchrieben ſtehet: Es iſt dem Men - ſchen einmahl geſatzt zu ſterben / ſo wird ja keiner ſo blind ſein / weil nichts gewiſſers iſt / als der Todt / nichts vngewiſſers a - ber als die Stunde deß Todtes / das er nicht auch wirdt den - cken / buſſe zu thun / vnd ſich auff ein Seligen abſchied zube - reiten: Wie denn vnter andern vrſachen die Leichpredigten auch darumb gehalten werden / nicht allein / das man die be - truͤbten troͤſte / ſondern auch die Leute von Suͤnden abmah - ne / vnd zu einem Seligen abſchied ſich je ehe je beſſer zu berei - ten vermahne. Demnach ich dañ auch angeſprochen worden bin / bey der verſtorbenen vnd nun in Gott ruhendẽ Tugent - ſamen Jungfrawen Anna, eine Chriſtliche Leichpredigt zu halten / als wollen wir anfaͤnglich mit andacht vns zu Gott dem Allmaͤchtigen wenden / Vnd vmb ſeligen Troſt den be - truͤbten Eltern / auch vmb nuͤtzliche handlung / vnd Se - lige anhoͤrung ſeines Worts / im Nahmen vnd auff das verdienſt Chriſti / im Geiſt vnd in der Warheit anruffen / kniet derowe - gen nieder vnd bettet mit mir ein andaͤchtig Vatter Vnſer.

Die[9]Chriſtliche Leichpredigt.

Die wort deß zuerklaͤren vorgenomme - nen Texts / ſindt beſchrieben im XIV. Ca - pitel der Offenbarung S. Johannis / alſo lauttendt:

VNd ich ſahe ein Lamb ſtehen auff dem Berge Zion / Vnd mit jhm hundert vnd vier vnd viertzig Tauſendt / die hatten den Namen ſei - nes Vatters geſchrieben an jhrer Stirn. Vnd hoͤ - ret eine Stim̃ vom Himmel / als eines groſſen Waſſers / vnd wie eine Stim̃e eines groſſen Don - ners. Vnd die Stimme die ich hoͤret / war als der Harpffenſpieler / die auff jhren Harpffen ſpielen. Vnd ſungen / wie ein New Lied / fůr dem Stuel / vnd fůr den vier Thieren / vnd den Elteſten. Vnd niemandt kund das Lied lernen / ohn die hundert / vnd die vier vnd viertzig Tauſend / die erkaufft ſind von der Erden. Dieſe ſinds / die mit Weibern nicht befleckt ſind / Denn ſie ſind Jungfrawen / vnd folgen dem Lamb nach / wo es hin gehet. Die - ſe ſind erkaufft auß den Menſchen / zu Erſtlingen Gotte / vnd dem Lamb. Vnd in jhrem Munde iſt kein falſches funden / Denn ſie ſind vnſtraͤfflich fuͤr dem Stul Gottes.
BNicht[10]Chriſtliche

NJcht vnbillich entſetzt vnd betruͤbt ſich ein Gottfuͤrchtig from̃ Menſch / vber dem groſſen truͤb - ſal / Jammer / Kranckheit / Elend / vnd endlich dem Tode / welchem wir Menſchen alle in dieſem Jammerthal / vor vielen andern vn vernuͤnfftigen Thieren / můſſen vnter - worffen ſein / denn ſolch Jammer mit worten / nicht auß zu ſprechen / derhalben auch beydes die Heiligen Gottes / vnd die Weltweiſen Heyden hefftig druͤber geklagt / als Gen. 47. lieſet man von dem Ertzvatter Jacob / da er von Pharaone dem Koͤnige Egypti gefraget worden / Wer er geweſen was ſein zu ſtand / vnd alter ſey / hab er geantworttet / die Tage meiner wohlfarth ſind 130. Jahr / wenig vnd boͤſe iſt die Z[eit]meines Lebens. Pſal: 90. beſchreibet der Mann Gottes vn - ſer Leben mit gar klaͤglichen Worten / wie alda nach der len - ge zu leſen. Eſa. 40. ſtehet: Alles Fleiſch iſt Hew / vnd alle ſeine guͤte / iſt wie eine Blume auff dem Felde / das Hew ver - dorꝛet / die Blume verwelcket / denn deß HErꝛen Geiſt blaͤ - ſet darein / ja das Volck iſt Hew / aber das wort vnſers Got - tes bleibet ewiglich. Pſal. 103. Ein Menſch iſt in ſeinem Le - ben wie ein Graß / er bluͤet wie eine Blum auff dem Felde / wenn der Wind daruͤber gehet / ſo iſt ſie nimmer da / vnd jhre ſtaͤtte kennet ſie nicht mehr. S. Jacobus cap. 4. vergleichet vnſer Leben einem Dampff oder Rauch / der eine kleine Zeit wehret / vnd darnach verſchwindet / Was iſt aber nicht tigers vnd vergaͤnglichers als der Rauch? Der breittet ſich zwar breit / vnd hoch auß / aber ehe man ſein gewahr wird / ver - ſchwindet er vor den augen deß Menſchen / Alſo iſt der Menſch jetzt ſchoͤn / Roth / Starck vnd Geſund / bald kompt ein boͤſes vngeſundes Lůfftlein / oder etwas anders / ſo wird der Menſch bleich / kranck / vnd ſtirbet wol gar dahin. Von Solone lieſet man bey dem Herodoto, als er mit Cræſo von deß Menſchen Jammer diſputirte, habe er zum beſchlußgeantwortet:[11]Leichpredigt. geantwortet: Hoc totum quod homo eſt, eſt calamitas, Lauter Jammer vnd Elend iſt der Menſch / ſo vil ſeiner iſt. Homerus ſpricht auch: Nullum miſerius homine nutrit terra, omnium eorum animantium, quæ & aërem inſpi - rant, & ſuper terram gradiuntur; Auff Erden iſt kein elen - der Thier / vnter allen die auff Erden leben vnd wallen / als eben der Menſch. Euripides: Humana vita revera non eſt vita, ſed calamitts, Gewiß iſt deß Menſchen leben nicht fuͤr ein leben zu achten / ſondern fůr eitel Jammer vnd Elend. Plinius: Omnes miſerias dixeris, cum hominem dixeris, Wer mit einem Namen alles elend außſprechen wil / der nen - ne nur einen Menſchen. Wiewol aber die Weltweiſen ſich hefftig bekuͤmmert haben / was doch die vrſach ſolches Jam - mers ſey. Jedoch haben ſie dieſelbigen niemals gruͤndlich er - fahren kůnnen. Jn Gottes Wort aber alleine wirdt vns dieſelbige Vrſach angezeigt / Daß nemlich ſolches Jam - mers / die einige vnd vornemſte Vrſach ſey die Suͤnde / Pſal. 90. Denn vnſer Miſſethat ſtelleſtu vor dich / Vnſer vner - kante Suͤnde ans Liecht fuͤr dein Angeſicht. Rom. 6. Der Suͤndẽ ſold iſt der Tod. Darum̃ auch die Weltweiſen / weil ſie ſolche Vrſach nicht gruͤndlich gewuſt / ſich entweder in jh - rem Creutz / nicht haben koͤnnen zu frieden geben / vnd auff Gott grewlich geſcholtẽ vñ gemurꝛet / oder gar verzweyffelt / vnd ſich entleibet / wie von Catone vnd Bruto zu leſen. Die Heiligẽ Gottes aber / ob ſie võ Gott gleich hart heimgeſucht werden / ſo demuͤtigen ſie ſich doch vnter die gewaltige Hand Gottes / bekennen jhre Suͤnde / bitten Gott vmb gnade mit dem Propheten Michęa cap. 7. ſprechende / Irã Dei portabo, quia peccaviei, Jch wil deß Herꝛen Zorn tragen / deñ ich hab jhm geſuͤndiget. Itẽ Pſ. 145. Der Herꝛ iſt gerecht in allen ſei - nen wegen / vñ heilig in allen ſeinen wercken: Huͤten ſich auch ſo vil menſchlich vñ moͤglich fuͤr g[r]oben euſſerlichẽ Suͤnden:B ijVnd[12]ChriſtlicheVnd dieſen Proceß ſollen wir auch nuh halten / ſonderlich weil von tag zu tag / aller Jam̃er vnter vns Menſchen groͤſ - ſer wird / wegen vnſer groſſen Sůnden vnd Miſſethaten / als ſollen wir auch in betrachtung deſſelbigen auff hoͤren zu ſůn - digen / Gott die begangene Suͤnde abbitten / die wol verdien - ten Straffen gedultig leyden / vmb linderung vnd abwen - dung der wolverdienten ſtraffen gar ernſtlich anruffen / da - neben vnſer Leben beſſern vñ einer dem andern die wercke der liebe erzeigen / aller gutẽ werck / Gott zu ehren / vns befleiſſen / damit wir vns die ſtraffe von Gott nicht heuͤffen / wie den in den verleſen Worten / wir auch zu dergleichen guten wercken vermahnet werden / denn in denſelbigen S. Johannes nicht allein die Jungfrawen mit jren eigenſchafften vns beſchrei - bet / ſondern auch in gemein alle Menſchen / nach den eigen - ſchafften Gottſeliger Jungfrawen / Chriſtlich vnd Gott - ſelig zu leben vermahnet.

Auff das wir aber nuhn bey ſolchen Worten vrſach ha - ben moͤgen auffgewiſſe Lehr ſtuͤck achtung zugeben / als wol - len wir nach folgende. 11. Stuͤck mit einander betrachten vnd anhoͤren.

Erſtlich / weil wir einer frommen Gottſeligen Jung - frawen / jetzt das geleite zu jhrem Ruͤhbettlein geben / vnd im verleſenen Text / in ſonderheit der Jungfrawen gedacht wird / was vor eigenſchafften / Tugenden / vnd Schmuck / alle Gottſelige Ehrenthugentſame Jungfrawẽ an ſich ha - ben ſollen / dabey man ſie als rechte / Gottſelige / vnd Tu - gentſame Jungfrawen erkennen / vnd ſie jhrem Breutti - gam Chriſto gefallen moͤgen / auch was ſolche Jungfrawen / vor einen vorzug vnd Privilegia, vor allen andern / die jhnen nicht gleich ſein / zugewarten haben. 2. Weil die verleſene Wort in gemein auch ſollen verſtanden werden / von allen rechtglaudigen Chriſten, welche die liebe Braut deß SohnsGottes[13]Leichpredigt. Gottes ſind / vnd dieſelbigen in jhrem Geiſtlichen ſchmuck angethan / Chriſto auß gnaden gefallen: Als / woͤllen wir anhoͤren / mit was vor tugenden oder guten wercken / Gott - ſelige / rechtglaubige Chriſten ſich ſchmuͤcken ſollen / damit ſie Chriſto dem Him̃liſchen Bteuttigam / ſampt ſeinẽ Him̃ - liſchen Vatter / vnd heiligen Geiſt gefallen moͤgen. Zum Beſchluß denn auch der verſtorbenen Jungfraw Anna Ge - burth / Alter / Chriſtliches leben / Seligen abſchied vermel - den. Gott verleihe zu ſolcher Stuͤck handlung ſeine Gnad / vnd deß heyligen Geiſtes beyſtand durch Jeſum Chriſtum / AMEN.

Vom Erſten.

VOR zeiten hat man im Bapſtthumb Hoch - gepreiſet die Jungfrawen / welche ſich in die Kloſter begeben / vnd ewige Keuſchheit gelobeten / die doch (et - lich wenig auß genommen) Vnmuͤglich zu halten war / vnd iſt eine ſchwere laſt deß Gewiſſens von dem Antichriſt den Leuhten aufferlegt geweſen / Nun weiß aber beyde altes vnd newes Teſtament / auch die gantze wahre Catholiſche / Apo - ſtoliſche Kirche von ſolcher Jungfrawſchafft gar nichts / ſondern es beſchreibet vns die Jungfrawen mit gar vil an - dern Tugenden vnd eigenſchafften / wie auß dem verleſenen Text / vnd anders wo zu leſen / Deñ erſtlich bezeuget S. Jo - hannes das aller Ehrentugentſamer Gottſeliger Chriſtli - cher Jungfrawen (welcher lob nicht vergehet) eigenſchafft vnd Ampt ſey / ſich zu dem vnbefleckten Lamb Chriſto Jeſu (welcher auff dem Berge Zion / das iſt / in der Chriſtlichen Kirchen ſtehet) ſtets zu halten / den weil jhm Chriſtus ſeine Kirche durchs Wort vnd Sacrament in krafft deß heilige[n]Geiſtes ſamlet / auß Juden vnd Heyden / Sintemal er von ſeinem Vatter zum Koͤnige vber den berg Zion / das iſt / vberB iijdie[14]Chriſtlichẽdie Chriſtliche Kirche geſetzt. Eſa. 11. Pſal. 2 Er ſich auch ver - bunden in derſelbigen zu ſein: als halten ſich ſolche Jung - frawen auch ſtets mit wahrem Glauben / fleiſſigem gehoͤr Goͤttliches worts / ernſten Gebett vnd Danckſagung zu dem vnbefleckten Lamb Chriſto / gehen jhm auch nach / wo er hin - gehet / beruffen ſich auff ſein verdienſt allein / eigenen jhnen mit wahrem Glauben daſſelbig zu / dienen jhm daneben trew - lich nach ſeinem willen vnd gebotten / Vertrawen ſich auch entlich jhm allein mit Leib vnd Seel / vnd werden von jhm geſchuͤtzt / genehret / vnd geſegnet / vnd ewig Selig gemacht / Ioan. 10. Meine Schafe ꝛc. Vnd wenn ſie alſo durch den Glauben an das Lamb Chriſtum mit Gott verſoͤhnet wer - den / ſo laſſen ſie auch euſſerlich ſolchen jhren Glaubẽ in gu - ten wercken ſpůren.

Sollen dergleichen noch heute alle Jungfrawen zu thun vermahnet ſein / denn welche wil / Gottes deß Vatters / Chriſti / ſampt deß H. Geiſtes huld / gunſt / foͤrderung / ſchutz vndſegen haben / vnd deſſelbigen hie zeitlich vnd hernach E - wig / auß gnaden genieſſen / die muß ſich die Zeit jhres lebens / gerne zu dem vnbefleckten Lamb Chriſto vnd ſeiner Kirchen / Wort vñ Sacrament halten. Dieſe erſte tugend iſt nun die aller edelſte vnd ſchoͤnſte / die ſie am aller ſchoͤnſten Zieret / vor Gott / vnd allen Gottſeligen Menſchen.

2Hernach weil neben dem gehoͤr Gottliches Worts / die Schrifft vns auch befuͤhlet / mit Geiſtlichen Liedern / Pſal - men / vnd Lobgeſaͤngen / dem Herꝛen zu ſingen / in vnſern Hertzen / Coloſ 3. Als bezeuget S. Johannes / das ſonder - lich Gottſelige Jungfrawen / auch die Tugend an jhnen ha - ben / das ſie das newe Lied / das iſt / Geiſtliche Lieder gerne ſingen / welche der vernunfft gar new / das iſt / vnbekand ſind / d[e]nn der natuͤrliche Menſch vernimpt nichts / was deß Gei - ſtes Gottes iſt / drum̃ koͤñen ſie es auch alleine ſingen: Andereaber[15]Leichpredigt. aber / ſo Judiſches / Heidniſches / Tuͤrckiſchen / Papiſtiſchen Glaubens ſein / als welche nit wahre glieder der wahren Kir - chen Gottes ſind / ja auch alle Maulchriſten / welche Gottes wort gering achten / die wiſſen von diſem newẽ Lied nichts / vnd ob ſie etwas davon wiſſen / iſt es jhnen doch zu hoch vnd ſchwer zu ſingẽ / deñ es wil ſich mit der Vernunft nit reuͤmẽ / vñ wie lang diſe alle von der gemeinſchafft der 144000. derer im verleſenen Text gedacht (Vnd die wahre Kirche dadurch bedeutet wird) ſich enthalten / koͤnnen ſie zu dem rechten ver - ſtand deß newen Lieds nicht kommen / man ſche nur an all jhre rede vnd wort / ſo ſind ſie dem newen Lied / der Ehren - tugentſamen Jungfrawen gar zu wider.

Solcher Tugend / nemlich gerne Geiſtliche Lieder zu ſingen / ſollen ſich noch heute / vnd zu jederzeit / alle fromme ehrliebende Jungfrawen auch befleiſſen / nit allein / das L〈…〉〈…〉 Chriſtum / ſampt ſeinem Vatter vnd H. Geiſt zu loben / das er nach ſeiner groſſen guͤte jhm eine Kirche ſamlet / durch deß Lambs blut dieſelbige erloͤſet vnd reiniget / auch durchs wort vnd H. Geiſt erleuchtet vnd heiliget / vnd ob er d〈…〉〈…〉 ſelbige mit mancherley Creutz b[e]lade / demnach wunderbarlich wider die Tyrañen ſchuͤtzet / erhelt / vnd endlich ewig Selig machẽ wil / ſondern auch deßhalben ſollen ſich wie geſagt from̃e Jung - frawen / der Pſalmẽ / vnd Lobgeſaͤngen befleiſſen / auff das je - derman jhr Glaubẽ / Religion vñ Gottſeligkeit / bekand wer - de / Ja andere zu gleicher Religion vñ Gottſeligkeit derſelbigẽ ſich zu befleiſſen / moͤgen dadurch gereitzet werden: Denn die Exempel vil bey allen Menſchen thun vñ außrichten. Gleich wie ſie aber alleine Geiſtliche Lieder allzeit ſingen ſollen / alſo ſollen ſie ſich auch auffs fleiſſigſte huͤten / vor Vnzuͤchtigen / ergerlichen Liedern / Denn dadurch der heilige Geiſt betruͤ - bet / vnd verjagt / der boͤſe Geiſt aber der Teuffel zu gaſte ge - laden wird.

3. Neben[16]Chriſtlichẽ

3. Neben jetzt erwehnten Tugenden / ſchreibet S. Jo - hannes den Ehrentugentſamen Jungfrawen die Fuͤrſich - tigkeit zu / vnd wil das ſie fuͤrſichtig ſein ſollen / das iſt / ſie ſol - len ſich fleiſſig huͤten vnd bewahren / damit ſie nicht mit Hu - rerey befleckt werden / vnd das ſtehet auch ſonderlich Tugent - ſamen Jungfrawen ſehr ſchoͤn an / daß zieret ſie gewaltig - lich / Wann ſie nemlich Zůchtig vnd Keuſch ſein / in worten / wercken vnd geberden / vnd ſich fleiſſig huͤten / damit ſie nicht / wie geſagt / mit Hurerey ſich beflecken / wie Dina Jacobs Tochter Gen. 34. Sondern daß ſie jhre Jungfrawſchafft (welche jhren ewigen Rhum vnd Lob hat) nicht allein ohn tadel an ſich ſpuͤren laſſen / ſondern auch in der That bewah - ren / dazu denn gehoͤret / ſo ferne Ehrentugentſame Jung - frawen / ſolche jhre Jungfraͤwliche Keuſchheit vnverꝛuckt bewahren wollen / ſie allen boͤſen ſchein meiden / nicht an ver - dechtige oͤrter gehen / vnd ſich da finden laſſen / auch nicht mit Mannsperſonen vnd jungen Geſellen allein / offt / vnd lang ſein / damit ſie nicht in ein boͤſe geſchrey / vnd wol gar vmb jhre Jungfrawſchafft kommen / denn wie Fewer vnd Stro / leicht bey einander ſich entzuͤndet / alſo bloͤſet der boͤſe Geiſt / deß Menſchen boͤſe luſt vnd brunſt / eines gegen dem andern leicht auff / wen ſie ſtets vnd lang bey einander ſein / wie wir deſſen ein Exempel haben / an Ammon vnd Thamar, Bru - der vnd Schweſter / die allein bey einander geweſen / ſich freuͤndlich mit einander vnterꝛedend / gegen einander entzuͤnd ſind worden / vnd Blutſchande begangen / wiewol die Tha - mar nicht darein gewilliget / 1. Sam. 13. Darumb ſtehet nicht vergebens / Prov. 6. Kan auch jemand ein Fewer im buſen be - halten / das ſeine Kleider nicht brennen? Wie ſolt jemand auff Kolen gehen / das ſeine Fůſſe nicht verbrandt wůrden? Alſo gehets / wer zu ſeines Nechſten Weib gehet / es bleibt keiner vngeſtrafft der ſie berů[h]ꝛet / Vnd Auguſtinus ver -mahnet[17]Leichpredigt. mahnet junge Geſellen vnd alle Mansperſonen / vñ ſpricht: Brevis ſermo & aſper, cum virginibus eſt habendus: We - nig vnd ernſtlich ſoll man mit Jungfrawen reden. Vnd ob jemand wolte dencken oder ſagen: Ey warumb wolte oder ſolte man nit mit ehrlicher Leute Kind / vnd ehrlichen Jung - frawen reden / man werde drumb nicht bald zur Huren oder Schelm werden? R. Die erfahrung bezeugt: Das je groͤſ - ſers Geſchlechtes, Namens vnd ehrlichen verhaltens ein〈…〉〈…〉 iſt / je eher die boͤſe luſt durch ein ſolches entzuͤndet werde / deñ off - ters vnter einem ſchem g[r]oſſer Froͤmigkeit vnd Keuſchheit / groſſe verbottene Brunſt verborgenligt. Harnach ſollen ſich ehrentugenſame Jungfrawen / der Vnkeuſchheit zu wehren auch befleiſſen der nuͤchterkeit / oder maͤſſigkeit / in eſſen vnd trincken / vnd ſich huͤten vor vollbrettigkeit / denn dieſelbige Vrſach gibt zur Vnkeuſchheit. Ezech. 16. vnd Hier. 5. ſtehet: Nun ich ſie gefůllet habe / treiben ſie Ehebruch / vnd lauffend ins Hurenhauß / vnd ein jeglicher wiehert nach ſeines Nech - ſien Weibe / wie die vollẽ muͤſſigẽ Hengſte. Gregorius der al - te L[e]hrer ſpr[i]cht: Dum venter non reſtinguitur cunctæ vir - tutes obruuntur. Wenn mañ den Bauch zu ſchr fuͤllet / ſo werden alle tugenden im Menſchẽ verdempt / Auguſt. Faci - lius conſervatur ignis & aqua in uno vaſe, quam cum ſu - perfluitate continentia. Item: Sobrietas eſt cuſtos divino - rum ſtudiorum, & diſciplina morum: Leichter iſt Fewer vnd Waſſer bey einander in einem Gefaͤß zuerhalten / als bey vollbrettigkeit die Keuſchheit. Denn nuͤchterkeit bewahret die luſt zu Gotter wort / vnd iſt eine Zuchtmeiſterin aller zuͤchti - ger geberde / vnd ſitten. Hieron. Vinum e〈…〉〈…〉 virginitatis ve - nenum, Der Wein iſt ein Gifft aller Jungfrawen / Dann weñ Jud[i]th hette ſollen Wein trincken mit Holeferne / wehꝛe ſie vnbefleckt von jhm nicht blieben / Derhalben vermahnet S. Paulus Tit. 2. Das wir ſollen das Vngoͤttliche we -Cſen[18]Chriſtlicheſen verleugnen / ſampt den Weltlichen luͤſten / vnd Zuͤchtig / Gerecht vnd Gottſelig leben in dieſer Welt. 3. Vber diß ſo dienet der vnkeuſchheit zu ſtewren / wirtlich / haͤußlich / vnd arbeitſam ſein / allezeit etwas vorhaben / vnd nimmer muͤſſig gehen / damit man ſich neben andern Leuten ehrlich ernehren moͤge / den aller boͤſen vnnuͤtzen Gedancken / Anfechtung / Suͤnden / vnd boͤſer werck anfang der Muͤſſiggang iſt. Bern - hardus. Otium eſt pulvinar Satanæ. Itẽ: Otium eſt mater nugarum, & noverca virtutũ: Aller vnnuͤtzen reden Mut - ter / vnd wiederwertige Stiffmutter aller tug[e]nden / iſt der Muͤſſiggang. Derhalben ſpricht eben derſelbige Bernhardꝰ: Qui in labore hominum non ſunt, in labore Dœmonum erunt. Welche ſich nicht wollen in Gottſeliger arbeit Gott zu ehren vnd jhn ſelbſt zum beſten vben / die werden dem Teuffel dienen oder arbeiten muͤſſen. Nam homines nihil agendo malè agere diſcunt. Et otia dant vitia. &c. Quæ - ritur AEgyſthus quare ſit factus adulter? In promtu cau - ſa eſt, deſidioſus erat. Syrach 30. ſaget: Zeüch dein Kind vnd laß es nit muͤſſig gehen / vnd Hieron. ſpricht: Semper aliquid operis facito, ne te Diabolus inveniat otioſum: Du ſolt ſtets etwas arbeiten oder fuͤrhaben / damit der Teuf - fel dich nicht muͤſſig finde.

4Endlich dienet auch Gottſeligen Jungfrawen jhre Jungfrawſchafft zu bewahren / Demuͤtig vnd nicht ſtoltz zu ſein / gegen Gott im Hertzen / vnd euſſerlich gegen den Leu - ten / wie Judith. 9. Eſther. 2. Rebecca Gen. 24. Vnd ſonder - lich Maria / ſolche demuͤtige Jungfrawen geweſen / Luc. 1. Drumb ſaget Bernhard: Audeo dicere, quod nec virgini - tas Mariæ, placuiſſet Deo, ſine humilitate. Jch mag wol ſa - gen / das die Jungfraw Maria Gott nicht gefallen hette / Wo ſie nicht wehre demuͤtig geweſen. Vnd Aug: Audio di - cere, ſuperbis utile eſſe cadere, utin co quo extolluntur,humi -[19]Leichpredigt. humilientur, quia plus expedit virginem non eſſe, quàm de virginitate inſoleſcere, vel ſuperbire. Jch mag wol ſa - gen / das es den Hoffertigen dienet / das ſie fallen / damit ſie vrſach bekommen jhres Fals halben ſich zu demuͤtigen / den beſſer iſt kein Jungfraw ſein / als ſich ſeiner Jungfrawſchaft vber heben / vnd darin ſtoltzieren wollen: Es iſt wol mancher Jungfraw ſchwer demuͤtig zu ſein / Denn von vnſer allge - meinen Großmutter Eva den Weibesbildern die Hoffart noch ſehr anhenget / aber was Chriſtliche Gottſelige Jung - frawen ſind / die brechen jhren ſtoltzen Muth / vberwinden ſich durch beyſtand deß heiligen Geiſtes / vnd ſind demuͤtig /[n]uͤchtern / meſſig / haͤußlich / arbeitſam / keuſch vnd zuͤchtig: Nicht allein aber ſollen Gottſelige Jungfrawen / an jhrem Leibe jhre Jungfraͤwliche keuſchheit zubewahren jetzt erwehn - t〈…〉〈…〉 ſtuͤck zu mercken / zu thun / vnd zu laſſen / ſchuldig ſein / ſondern auch im Hertzen die Keuſch heit vnd Zucht zu lieben / vnd aller boͤſen brunſt auffs fleiſſigſte zu widerſtreben / Denn es mit der Jungfrawſchafft eine gelegenheit hat / wie mit der Seyden / alsbald dieſelbe einmal in den kot faͤllet / vnd beſu - delt wird / kan ſie keinmal wider ſo ſchoͤn zu recht gebracht werden / als ſie erſt geweſen: Alſo wenn ein Jungfraw ein - mal jhre Jungfrawſchafft verleüret / kan ſie dieſelbige / weil ſie lebet / nicht wider vnverꝛuckt bekommen. Daher Hieren. ſaget: Audenter loquor cum omnia poteſt Deus, ſuſcita - re virginem non poteſt, poſt ruinam, poteſt quidem li - berare de pœna, ſed non vult coronare corruptam. Am - broſ. lib. de virg. DEVS non quærit pulchram carnem, ſed pulchram mentem. Hugo de bona Conſcient. Deus qui eſt amator mundiciei, cor pollutum peccatis non poteſt inhabitare. Vnd ſolches deſto beſſer zu thun / ſol - len ſich Jungfrawen mit ſchoͤnen Worten nicht laſſen einnehmen / ſondern jhren Leib vnd Hertz in ehren be -C ijhalten /[20]Chriſtlichehalten / Vnnd an das Lamb Chriſtum vnd ſein wort ſich halten / vñ demſelbigen folgen / ſo werden ſie nit betrogen / vñ wo jhr Hertz vnd Augen auff den einigen Chriſtum vnd ſein wort wird gerichtet ſein / ſo wird derſelbige ſie warnen / vnd bewahren / vor aller Vntugend vnd Suͤnde: Vnd eine ſol - che Jungfraw iſt denn auch aller ehren werth / derhalben ſo befleiſſige ſich ein jedere fromme / Gottſelige Jungfraw / jhꝛ Jungfraͤwliche Keuſchheit biß in den Eheſtand vnd an jhr ende vnverꝛuckt zu bewahren / wie nachfolgende Spruͤche vermahnen / 1. Theſ. 4. Das iſt der wille Gottes ewer Heyli - gung / das jhr meidet die Hurerey / vnd ein jeglicher vnter euch wiſſe ſein faß zubehalten in Heyligung vnd ehren / nicht in der luſt ſeuche / wie die Heidẽ / welche von Gott nichts wiſ - ſen. Hugo der alte Kirchenlehrer ſpricht: Si virgo es, cuſtodi quod habes diligenter, nam iſte theſaurus continetur in vaſe fragili, Biſtu eine Jungfraw / ſo bewahre deine Jung - frawſchafft fleiſſig / denn diſer ſchatz in gar einem ſchwachen gefaͤß verwahret wird. Auguſt. de vita Chriſtiana. Quò ſublimior eſt gloria, maior ad cuſtodiendum debet eſ - ſe cura. Je hoͤher einer wil geehret werden / je fleiſſiger er ſoll ſorgen ſolche ehre zubewahren.

Ambroſius de viduitate: Cuſtodi virgo vias tuas, ut non delinquas in lingua tua, Gib gut achtung auff dich / vnd ſonderlich auff deine Wort / liebe Jungfraw / damit du nicht mit worten / dich verſůndigeſt. Item ſupra Lucam: Diſce virgo vitare laſciviam, Maria enim verebatur ſalu - tationem angeli, & pudicitiæ ingerit timorem. Hieron. Sit ſermo virginis rarus & pudicus, Nam virgo quæ quæ - rit Chriſtum, non debet eſſe vulgaris in foro, non in pla - teis, non in vocegarulla, non oculis vaga, non greſſu lu - brica. Fromme tugentſame Jungfrawen die Chriſtuͤm ſu - chen / vnd jhm nachgehen wollen / die ſollen wenig vnd Zůch -tig[21]Leichpredigt. tig reden / ſollen nicht gernen auff dem Ring oder den Gaſſen ſich ſehẽ laſſen / ſollen nit weſcherhafftig ſein / die Augen nit hin vnd herumb werffen / auch nicht leichtfertig im gehen ſich erzeigen. Bernhard: Virgines ſemper debent pavere, nun - quam ſecure vivere, ſcientes ſe in vaſe victili pretioſum theſaurum portare: Die Jungfrawen ſollen ſtets bloͤd vnd forchtſam ſein / betrachtend dz ſie ein groſſen ſchatz in ſchwa - chen gefaͤſſen tragen. Ariſtoteles Politicor: Silentium mu - lieri ornamentum præſtat: Es zieret Weibesbilder vber die maſſen ſehr / wenn ſie verſchwiegen ſein / vnd nicht gern plau - dern vnd waſchen. Welche Jungfrawen nun diſem bericht vnd vermahnung nach folgen / vnd jhre Jungfrawſchafft vnverꝛuckt bewahren werden / die werden nicht allein aller ehren werth gehalten / ſondern auch ſonſt / deſſen groſſen nutz vnd frommen haben. Deñ wie der Adler vnter den Voͤgeln / der Morgenſtern die andern Stern alle / ein Edelgeſtein an - dere gemeine Steine vbertrifft / alſo iſt vber alle vnzuͤchtige zu loben eine Keuſche vnd zůchtige Jungfraw: Von einer keuſchen Jungfrawen / hat vnſer aller Breutigam Chriſtus woͤllen geboren werden. Beda ſuper Lucam: Sicut Chriſtus in ſum ma pace natus eſt, vt ſe pacem diligere oſtenderet, ita de virgine caſta natus eſt, ut ſe caſtitatem virginalem di - ligere monſtraret.

Gleich wie Chriſtus vnſer Heyland zur Zeit deß allge - meinen Landf[r]iedes geboren iſt worden / anzuzeigen / das er liebe den Fried vnd alle Friedfertige: Alſo hat er woͤllen von einer keuſchen / reinen Jungfrawen geboren werden / damit zubezeugen / das er jhm die Jungfraͤwliche keuſch heit gefal - len laſſe. Keuſche Leute werden Gottes liebe Freunde genen - net: Qui diligunt mundiciem, habebunt regem am[i]cum, ſagt Salomon in ſeinen Sprichwoͤrtern. Bedencke was das fuͤr ehre ſey den Him̃liſchen Koͤnig zum Freunde habẽ / durchC iijdie[22]Chriſtlichẽdie Keuſchheit werden wir den Engeln am aller meiſten ver - gliechen: Chryſoſtomus ſupra Matthęum: Licet omnes virtutes ſpirituales ſint res angelicæ, ſpecialiter tamen vir - ginalis caſtitas eſt angelica virtus, per hanc enim ferè & præc puè homines angelis aſſimilantur. Wiewol alle Ge ſiliche tugenden engliſcher art ſein / Jedoch iſt inſonder - heit die Jungfraͤwliche keuſchheit / ein engliſche Tugendt / den faſt am eheſten in dieſer wir Menſchen den Engeln ver - gliechen werden / Solcher tugend neben den andern ſollen ſich nun wie geſagt alle Gottſelige Jungfrawen befleiſſen / denn alle vnkeuſche vnzuͤchtige verhurte Leute / ſich in zeitlichen vñ ewigen ſpott / ſchaden / vnd ſchande bringen / wie die Exem - pla Heydniſcher vnd Goͤttlicher Schrifft außweiſen: Son - derlich aber ſollen auch alle Jungfrawen neben betrachtung der erwehnten ſtuͤck Gott Hertzlich bitten / er wolle jhren Leib vnd Hertzen / keuſch vnd zuͤchtig erhalten / denn Gott ſolche keuſch heit geben muß vnd kan. Sap. 7. Matth. 19.

4Vber diß bezeuget. S. Johannes in verleſenen wor - ten / das kein falſches / in frommer Chriſtlicher / Gottſeligen / Jungfrawen Munde ſey / Denn ſie ſeyen auffrichtig / vnd warhafftig / was ſie reden / das gehet jhnen von Hertzen / es iſt jhnen ein gantzer ernſt / vnd kein ſchertz / wer ſich zu jhnen helt / der darf nicht dencken / das er betrogen vnd vmbgefuͤhret wer - de / ſie teuſchen nicht / aͤffen nicht die Menſchen / durch gleiſ - ſenden ſchein / ſind nicht von Flandern / vnd geben einen vmb den andern / Wie jetzt derſelbigen viel gefunden werden. Diß iſt nun abermahls eine ſchoͤne herꝛliche Tugend / vnd Zierde an Chriſtlichen Jungfrawen / derhalben ſich mit ſol - cher alle Jungfrawen auch zieren vnd ſchmůcken ſollen die Zeit jhres Lebens / Nemlich warhafftig vnd ſtandhafftig ſein /〈…〉〈…〉 cht Luͤgen ſagen / Vnd was ſie guts zu ſagen / auch feſt vnd ſteiff halten.

5. Spricht[23]Leichpredigt.

5. Spricht. S. Johannes das ſich auch fromme Gottſe - lige Jungfrawen befleiſſen / vnſtraͤflich zu erſcheinen / vor dem Stuel jhres Gottes / das iſt / wie Gottſelige Jungfra - wen jhre Zucht / die ſie in jhrem Hertzen lieben vnd hoch hal - ten / auch in reinigkeit jhrer Kleider mercken laſſen / Alſo be - fleiſſen ſie ſich auch in euſſerlichem leben heilig vnd gerecht zu Leben / denn ſo wenig das Fewer ſeine hitze / ſampt dem Liecht verleugnen kan / ſo wenig koͤnnen ſolche recht - glaubige / tugendſame Jungfrawen / jhre Gottſeligkeit vnd gute werck / welche jhres glaubens an Chriſtum rechte fruͤchte vnd zeichen ſein / verbergen vnd vnterwegen laſſen / ſondern ſchmuͤcken ſich damit durch beyſtand deß heiligen Geiſtes / auff das ſie jhrem Gott dem Himmliſchen Vatter / jhrem Breuttigam Chriſto / ſampt dem heiligen Geiſt / auß gna - den gefallen / vnd andern Leuten zu ſeliger nachfolgung / ein anreitzung ſein moͤgen / wie ſolche geweſen ſind / Rebecca, Sara, Iudith, Eſther, Suſanna, Anna Samuels Mutter / Anna die Prophetin / Elizabeth vnd andere mehr / Vnd auch die verſtorbene Jungfraw Anna, wie wir hernach hoͤ - ren werden. Solcher vnſtraͤffligkeit befleiſſet euch nun aber - mahl jhr tugentſamen Gottſeligen Jungfrawen / Seit nicht abgoͤttiſch / aberglaubiſch / verdroſſen vnd ſeumig zum Ge - bet / vnd danckſagung / dem Gottesdienſt / der Predigt Goͤtt - liches worts / vnd der heiligen Sacrament gebrauch / ſcheltet vnd fluchet nicht / ſeid auch ewern Predigern / Eltern / Vor - münden / nechſten Freundẽ / vnd denen die euch guts rahten nicht vntrew / nicht widerſpenſtig / noch vbermůttiſch / nicht eigenwillig / halßſtarꝛig / mutwillig / nit eigen - ſinniſch / frech / nicht zaͤnckiſch / haͤſſig / neidiſch vnd vnbarmhertzig / nicht zornig / faul / nachlaͤſſig / hof - fertig / nicht waͤſcherhafftig / verleumderiſch / betrieglich / vorteilhafftig / ſondern rechtglaubig / luſtig vnd willig zumGebet /[24]ChriſtlicheGebet / dem Gottes dienſt / vñ Gottes wort vnd der Sacra - ment gebrauch / guͤnnet vnd wuͤnſchet jederman alles gutes / vñ kein boͤſes / ehret ewer Prediger / Eltern / Obrigkeit / Vor - muͤnde / nechſte Freundſchafft / ſeid denſelben gehorſam / Vn - terthaͤnig / Trew / brecht ewern willen / vnd ſeyet demuͤtig / friedlich / friedfertig / ſanfftmuͤtig / holdſelig / guͤtig / wolthaͤ - tig / barmhertzig gegen den Armen / gerecht / heylig / rein / keuſch / zuͤchtig / warhafftig / ſo werdet jhr es ewigen Lob / nutz / ehr vnd frommen haben: Denn das iſt gewiß / das ſol - che Jungfrawen groſſen Vorzug haben werden / vor allen andern / die jhnen in erwehnten tugenden vnd ſchmuck nicht gleich ſein worden.

Als erſtlich / weil ſich Gottſelige Jungfrawen ſolcher tugenden / wie geſagt / Durch huͤlff vnd beyſtand des heiligen Geiſtes befleiſſen / ſo wird der Name Gottes deß Vatters / an jhre Stirn geſchrieben / das iſt / ſolche werden fuͤr Gottes Kinder vnd Toͤchter erkand vnd angenommen / denn alle die dem Lamb Chriſto nachfolgen / das iſt / ſein Wort gerne hoͤ - ren vnd lernen / demſelbigen glauben / jhr Leben auch nach Chriſti wort anſtellen / die bekommen die macht / daß ſie Gottes Kinder werden. Iohan. 1. vnd Exod. 6. ſtehet. Jch wil euch annemen zum Volck / vnd wil ewer Gott ſein / Rom. 8. Jhr habt einen Kindlichen Geiſt empfangẽ / durch welchẽ wir ruffen Abba lieber Vatter / derſelbige Geiſt gibt Zeugnuß vnſerm Geiſt / das wir Kinder Gottes ſind: Solches Vor - zugs vnd Privilegii ſollen ſich Gottſelige Jungfrawen hoͤch - lich frewen / Nemlich das jhre Name / in Gottes Buch ſind eingeſchrieben / Wie deñ Chriſtus auch befielt ſeinen Juͤn - gern hieruͤber ſich zu frewen / Luc. 10.

2Jſt das aller Gottſeligen Jungfrawen Privilegium, das ſie erkaufft ſind von der Erden / das ſie ein ſonderliches auſſerleſenes haͤuflein Gottes deß Herꝛen ſind / als die es nitmit[25]Leichpredigt. mit den andern Menſchen (welche an dem jrꝛdiſchen kleben / vnd auff dieſe Welt jhr datum ſetzen) halten / ſondern haben jhren Sinn vnd Hertz zu dem Lamb / auff dem Stuel ſitzend / ſtets auffgerichet / trachten nach dem was droben iſt / Coloſ. 3. Sind nicht jrꝛdiſch ſondern am meiſten Geiſtlich geſinnet. Von ſolchen redet. S. Auguſtinus lib. 1. de Trinitate: Quan - magis homo, de temporalibus ad æterna ſe extendit, tantò ſimilior erit DEO: Je mehr ſich der Menſch vmb das ewige bekuͤmmert / je neher er Gott kennet. Vnd ob auch gleich ſolche Gottſelige Jungfrawen / Derhalben / das ſie es mit der Gottloſen Welt nit in allem halten wollen / muͤſſen manchem elende vnterworffen ſein / jedoch werdẽ ſie in kuͤrtz / in die ewige Freude / mit jhrem Breutigam Chriſto eingehẽ / Denn darumb hat ſich Chriſtus (an den ſie glauben / vnd wel - chem ſie im glauben dienen) fuͤr ſie dahin gegeben. 1. Pet. 1 Eph. 1. Coloſ. 1. Matth 20. Tit. 2. 1. Tim. 2. Auff das ſie ſein eigen ſein ſollen / als denen auch das recht zum Him̃liſchen vnvergaͤnglichen erbe allein gebuͤhret / derowegen ſie auch ſein eigenthumb ſein vnd bleiben ſollen. Exod. 19. Jhr ſolt mein eigenthum̃ ſein / vnd bleiben fuͤr allen Voͤlckern. Iohan. 10. Meine Schafe hoͤren meine Stim̃e / vnd ſie folgen mir / vnd ich kenne ſie / vnd gebe jhnen das ewige Leben / vnd nie - mand wird ſie auß meiner Hand reiſſen.

3. Weil die recht glaubigen Gottſeligen Jungfrawen / den nahmen jhres Gottes an den Stirnen tragen / auch deß Sohns Gottes tewres erkaufftes gut ſein / ſo ſollen ſie hiemit Privilegieret werden / das ſie auch vnſtraͤflich fuͤr dem Stuel Gottes erſcheinen ſollen / das iſt / ſie ſollen vnd werden durch den Geiſt Gottes / Wort / vnd Sacrament / newgeborẽ / jhre Sůnde ſollen jhnen vergeben / vnd zu gedeckt ſein / in die tieffe deß Meers geworffen / vnd Chriſti vnſchuld / vnd gerechtig - keit jnen zu gerechnet werdẽ. Eph. 5. Pſal. 32. 1. Cor. 6. Mich. 7. DDaher[26]ChriſtlicheDaher heiſſen ſie die Heiligen vnd Gerechten / wegen Chriſt[i]zu gerechenter heiligkeit / vnſchuld vnd gerechtigkeit / Vnd weil ſie nun alſo mit den Kleidern deß Heils / auch dem Rock der gerechtigkeit Chriſti / geſchmückt fuͤr Gottes angeſicht ſcheinen / leuchten / vnd Gott der Vatter vmb Chriſti willen / nichts deñ alles guts vnd liebes von jhnen weiß / als werden ſie auch (weñ jhre Zeit kom̃en wird) auß dieſer Welt / als liebt Toͤchter Gottes / von jhrem Breutigam Chriſto / durch die heiligen Engel in die ſchoß Abrahæ / das Paradiß / den Him - mel / zu gleicher beſitzung aller Himliſchen guter als miterben Chriſti / ein Voriꝛet werden / Derhalben Selig ſind nun ſol - che todten / die im Herꝛen ſterben ſpricht der Geiſt / ſie ruhen von jhrer Arbeit / vnd jhre werck folgen jhnen nach. Apocal. 14. O Vnſelige Leute aber ſind alle / welche im Herꝛen nicht alſo einſchlaffen / denn ſolche / ſollen kein theil am reich Got - tes haben / ſondern von Gottes Angeſicht / in abgrund der Hoͤllen verſtoſſen werden / da wird ſein heulen vnd zeen klap - pern ewiglich / dazu ewige Hoͤlliſche marter vñ pein / O mar - ter vber alle marter / vnd pein vber alle pein / die Gottſeligen aber ſollen das Himmelreich einnehmen / vnd als die Gebe - nedeyeten ewig beſitzen / jmmer vnd ewiglich / Da wird ſein lieblich weſen / vnd die Freude die fuͤlle ewiglich. Dan. 6. Pſal. 16. Kurtz geſagt / wie ſie dem Lamb Chriſto bey leibes leben ge - folget / vnd gerne vmb daſſelbige geweſen: Alſo werden ſie auch bey demſelbigen bleiben vnd ſchweben ewiglich / deñ die Herꝛligkeit Gottes erleuchtet ſie / vnd jre leuchte iſt dz Lamb / ſie werden vmb ſonſt getraͤncket / von dem Brun deß Lebens / ſie ſind vnd bleiben Gottes Volck ewig / der jhre threnen von jhren augen abwiſchen wird / Warlich diß ſind nun herꝛliche groſſe Privilegia, derer ſich alle Gottſelige Jungfrawen / vnd alle rechtglaubige Chriſten neben jhnen zu frewen vnd zu troͤ - ſten haben / vnd ſo viel von dem Erſten Stuͤcke.

Vom[27]Leichpredigt.

Vom Andern.

WEil gewiß in den verleſenen Worten / nicht allein die Gottſeligen Jungfrawen mit jhren eigen - ſchafften vnd Privilegiis beſchrieben werden / ſondern in gemein vns auch darin angemeltet wird / der zuſtand / vnd ampt der wahren rechtglaubigen Chriſten / beyde in dieſem vnd zu kuͤnfftigem Leben. Sintemal die liebe Chriſtenheit iſt die Braut deß Sohnes Gottes / vnd alle jhre lebendige Glieder ſind die ſchoͤnen holdſeligen Jungfrawen / welche in jhrem Geiſtlichen ſchmuck angethan / Chriſto dem Him - liſchen Breutigam gefallen / Als wird nicht vnbillich ge - fragt / Worinn ſich denn nuhn Chriſten / in gemein jhrem Breutigam Chriſto zu ehren / vnd andern zur Seligen an - reitzung ſchmuͤcken vnd zieren ſollen / vnd auch die Zeit jh - res Lebens darinnen wandeln / damit ſterben / vnd letzlich fuͤr den Richter Stuel Chriſti darinn erſcheinen / vnd auß gna - den Gott vmb Chriſti willen gefallen moͤgen. Erſtlich aber ſollen wir Gott bitten / das er auß gnaden ſich vnſer erbar - men / vnſere Suͤnde verzethen / vnd das verdienſt oder voll - kommenen gehorſam ſeines Sohnes Chriſti vns zu rechnen wolle / Dann Chriſti aller heyligſter Gehorſam / verdienſt / Geburth / Leiden / Sterben / Aufferſtehung vnd Himmel - farth / allen ſeines Vatters Zorn geſtillet / dem Geſetz ein genuͤgen gethan / vnd vns die ewige Seligkeit erworben: Solcher Gehorſam vnd Verdienſt Chriſti / iſt auch der al - ler ſchoͤnſte ſchmuck ſo im Himmel vnd auff Erden ſein mag / an ſolchem hat Gott der Vatter ſein hoͤchſte Luſt vnd Freu - de / ſolcher iſt auch die erfuͤllung deß Geſetzes / vnd iſt die Bezahlung fuͤr vnſere vnd der gantzen Welt Suͤnde: Wem nuhn ſolcher gehorſam Chriſti wird zu gerechnet der iſt vnſtraͤflich / Heilig vnd Gerecht fuͤr Gott / hat das rechteD ijehren[28]Chriſtlicheehꝛen vnd hochzeitliche Kleid an / vnd iſt geſchmuckt zur Him̃ - liſchen freuden. Wie von ſolchem Kleide zu leſen. Rom. 3. 2. Cor. 5. Phil 3. Eſa. 61. Kein Breutgam iſt ſo herꝛlich ange - than / kein Prieſter iſt ſo ſtattlich gezieret / kein Braut iſt ſo ſchoͤn geſchmuͤcket / als der Chriſt der von Gott gezieret iſt / mit dem verdienſt Chriſti / vnd dem Gott ſeines Sohnes ge - rechtigkeit zu gerechnet: Weil wir aber ſolch ehrẽ Kleid durch den Glauben an Chriſtum Jeſum allein anziehen / welcher Glaube die begangene vnd anklebende Suͤnde beſeufftzet / be - rewet / Gott abbittet / ſich der genugthuung vnd bezahlung Chriſti wieder allerley anfechtung troͤſtet / glaubet das jhn Chriſti Blut reinige von allen Suͤnden / das jhm Chriſtus alle ſeine gerechtigkeit ſchencke / das er damit fůr Gottes An - geſicht ſicher erſcheinen moͤge / der Suͤnde auch feind iſt vnd derſelbigen widerſtrebet / als ſollen alle rechtglaubige Chriſtẽ mit den tugenden derer der Text erwehnet / vnd andern mehr in Gottes wort beſchrieben / beweiſen / ſich drinnen vben / vnd alſo in heiligkeit vnd gerechtigkeit die jhm gefaͤllig iſt / chriſto dienen jhr lebenlang / dieſelbigẽ tugenden aber ſind wie folget.

1Erſtlich ſollen ſich alle Chriſten ſchmucken / zieren vnd da - rin ſich ſehen laſſen / das ſie ſich zu dem vnbefleckten Lamb Gottes / Chriſto Jeſu vnd ſeiner Kirchen / Wort vnd Sa - trament / ſtets / gerne vnd mit luſt halten / deñ Chriſtus in ſei - ner Kirche vom Berge Zion / bey ſeinem Wort vnd Sacra - ment ſtets kraͤfftig vnd gegenwaͤrtig iſt / ſtifftet alda ſeines Namens gedaͤchtniß / hoͤret alle die jhn daſelbſt im Geiſt vnd in der Warheit anruffen / nehret / ſchůtzet / vnd bewahret alle Glaubigen / vnd macht ſie entlich Selig. Vnd das iſt gewiß / welche Perſonen / ſie ſeyen Maͤñliches oder Weibliches ge - ſchlechts / Gottes Wort neben dem wůrdigen vnd rechten brauch der heiligen Sacrament hoch / lieb / vnd werth halten / dem Lamb Chriſto wo er hingehet nachfolgen / das iſt / hoͤrenſeine[29]Leichpredigt. ſeine holdſelige Stimme gerne / brauchen ſich der H. Sacra - ment wuͤrdiglich / halten ſich an Chriſtum / ſein Wort vnd Sacrament / mit feſtem glauben vnd vertrawen / erkennen Chriſtũ nach ſeiner Perſon / Ampt vñ wolthaten recht / glau - ben das er jhre Suͤnde getragen / vnd weg genom̃en / frewen ſich Chriſti vnd ſeiner wolthaten / allein von Hertzen / reden vnd ſingen gerne von jhm / ſind allezeit auch Chriſto danck - bar / fuͤr ſeine vielfaͤltige wolthaten / vnd verlaſſen ſich ſteiff auff Chriſtum im leben vnd ſterben / aͤngſten vnd plagen auch inſonderheit nicht / Chriſti trewe Diener vnd Prediger / ſon - dern dancken Gott fuͤr ſie / damit ſie nicht mit ſeufftzen / ſon - dern mit freuden jhren dienſt verꝛichten moͤgen / bey denen allein iſt Chriſtus auch gewiß gegenwaͤrtig vnd kraͤfftig / mit ſeiner Gnade vnd Geiſt / Schutz vnd Segen / wil ſie erneh - ren / heyligen vnd erleuchten / vor dem ewigen Tod behuͤten / vnd ewig Selig machen / Wie geſchrieben ſtehet. Coloſ. 3. Laſſet das wort Chriſti reichlich vnter euch wohnen / wo das wort Chriſti lauter vnd rein neben dem brauch deß Sacra - ments iſt / da iſt auch gewiß Chriſtus ſelbſt. Luc. 11. Selig ſind die Gottes wort hoͤren vnd bewahren. Iohan. 8. War - lich ich ſage euch / wer mein Wort wird halten / der wird den Tod nicht ſehen ewiglich.

Gregorius der alte Kirchenlehrer Super Ezechielem ſpricht auch. Omnes qui viã vitæ deſiderant, verba vitæ au - dire debẽt. Wer den weg deß Lebens wiſſen wll / der ſoll Got - tes wort / welches ein wort deß Lebens iſt / gerne hoͤren vñ ler - nen / Darumb ſo ſchmuͤcke ſich nun ein jeder auß vns / mit dieſer erſten Tugend / halte ſich ſtets vnd gerne im glauben zu Chriſto / ſeinem Wort vnd Sacrament / ſo wird er deſſen / Lob / Ehr / Nutz vnd Rhum haben mit allen Auſſerwaͤhlten. Hab. 2. Hier. 5. Eſa. 26. Ioan. 14.

2. Soll ein jeder Chriſt er ſey auch wer er wolle / bereitD iijſein /[30]Chriſtlichẽſein / zur offentlichen bekaͤntnuß Chriſti vnd ſeines Worts / vor aller Welt / ohne einige forcht der verfolgung / oder auch hoffnung einiger gunſt / nutzes / oder befoͤrderung. Wenn ſonderlich es die Zeit / Perſonen / Ohrt / andere vmbſtaͤnde / vnd Chriſti ehre erfoꝛdert / Deñ alſo ſpricht Chriſtus. Matth. 10. Wer mich bekennet für den Menſchen / denn wil ich be - kennen fuͤr meinem Him̃liſchen Vatter. Rom. 10. So man von Hertzen glaubet / wird man gerecht / vnd ſo man mit dem Munde bekennet / wird man Selig: Solch Confeſſion oder offentlich bekaͤntnuͤß wird vns in verleſenen Worten ange - deutet / durch das new Lied / welches die Jungfrawen von ſich fuͤr dem Stuel Gottes hoͤren laſſen / das aber auch S. Johannes ſpricht: Der Jungfraw Stim̃ ſey wie ein rau - ſchen / eines groſſen Waſſers vnd Donners / auch wie ein lieblich Melodey / der Harpffen ſpiel: Wil er dadurch an - ders nichts angezeiget haben / als das ſich rechte Chriſten zũ andern alſo ſchmuͤcken ſollen / da mit ſie bereit ſein / die Lehre deß Geſetzes vnd Evangelij vnerſchrocken zu bekennen / vnd ſich ja derſelbigen beyden Lehre nicht ſchemen / Denn durch den Donner das Geſetz / durch das Harpffen ſpiel das Evan - gelium angemeldet wird / Dieſe beyde Lehꝛen / wird ſich der Teuffel hefftig vnterſtehen zu verfaͤlſchen vnd zu verfolgen / aber die Chriſten ſollen beſtaͤndig nur ſehen / auff der Elteſten / vnd der vier Thieren zeugniß / das iſt / ſie ſollen jhr Bekaͤnt - nuͤß vnd Glauben gruͤnden auff die Schrifften der Prophe - ten / Evangeliſten vnd Apoſteln / Darumb ſingen auch die Jungfrawen jhr new Lied / welches der Menſch nach ſeiner Vernunfft nicht verſtehet / Vor den Elteſten vnd den vier Thieren: alſo ſoll wie geſagt auch noch biß an der Welt ende aller Chriſten Bekaͤntniß beſtehen / auff den Schrifften der Propheten / Evangeliſten vnd Apoſteln / Das iſt / aller Chriſten Bekaͤntniß ſoll gleichfoͤrmig ſein / dem einhelli -gen[31]Leichpredigt. gen Conſens aller derer / welche zuvor im Glauben Chriſti Gelebt vnd Selig geſtorben ſind / Betrifft ſich nuhn derhal - ben / heute oder morgen / das einer oder der ander / Grundt oder rechenſchafft ſeines Glaubens geben / vnd entweder Haab / Ehr vnd Gut / auch das Leben verlaſſen ſoll / wo er das Evangelium Chriſti nicht wolte vbergeben / oder in dem oder in etwas anders machen / als ſoll ein jeder bereet ſein / the jhm alles laſſen zu nehmen / auch das Leben / ehe er ſolte das Evangelium vbergeben / oder etwas wieder daſſelbige an - nehnem / oder auch in etlichen ſtuͤcken weichen / die wieder das außgedruckte wort Gottes moͤchten ſtreitten / Deñ ein Ma - meluck werden iſt eine groſſe Suͤnde / ſchande vnd ſpott. Solch bekaͤntniß zu thun erinnern vns auch die Weyſen auß Morgenland / von welchen wir morgen wils Gott hoͤ - ren werden / Dann dieſe ohne ſchew vnd einige forcht / nach dem Newgebornen Koͤnig zu Jeruſalem vor Herode ge - fragt: Von dieſen ſagt der alte Kirchenlehrer Chryſoſt fein. Sciebant benè Magi quod in Hieruſalem regnaret Hero - des, intelligebant etiam Iuſtitiam Legis, quod quicunq; Rege vivente, alterum nunciaret, quaſi inimicus punire - tur in ſanguine: Sed ſic conſiderabant Regem futurum, quod non timebant præſentem. Es wuſten die Weyſen auß Morgenlandt wol das Herodes zu Jeruſalem Regie - ret / Sie wuſten auch die ſcherffe deß Geſetzes / das wer bey Leben deß Koͤniges einen andern auff werffen / oder meldung von jhm thun wuͤrde / derſelbige ſolt als ein Feind am Leben geſtrafft werden / Aber ſie gedencken alſo deß zukuͤnfftigen Koͤniges / das ſie nicht den gegenwertigen fuͤrchten.

3. Sollen ſich alle Chriſten ſchmuͤcken mit Zucht / Ehre / vñ Keuſchheit: fuͤr allerley Vnzucht / Hurerey vñ Ehebruch huͤ - ten / wie droben von den tugentſamen Jungfrawen geſaget /Derowegen[32]ChriſtlichẽDerowegen auch ein jeder die erwehnte ſtuͤck der Vnzucht vñ Hurerey zu ſtewren / ſich hoͤchlich befleiſſen ſoll / vnd denn ſonderlich ſich auch huͤten / vor falſcher Lehr vnd Abgoͤtterey / welche in der Schrifft die Geiſtliche Hurerey genennet wird / Wie nuhn derhalben eine fromme Jungfraw neben dem Glauben an Chriſtum / der forcht Gottes oder der Gottſelig - keit / nichts ſo ſchoͤn zieret als jhre zucht / vnd Jungfraͤwliche keüſchhen: alſo zieret einen Chriſten nichts mehr / als wenn er recht vñ rein in der Religion / vnd Glauben Chriſti iſt. Gleich wie aber auch erbare Jungfrawen ſich mit ſchoͤnen Worten nicht laſſen einnemmen / jhre zucht vnd ehre in die ſchantz zu ſetzen / ſondern folgen dem Lamb nach / wo es hingehet / halten ſich an ſein einiges wort / bleiben vnbefleckt vnd vnbetrogen / alſo ſollen fromme Chriſten / ſich von der rechten ban Chriſti vnd ſeinem remen wort auch niemand abfuͤhren laſſen durch gleiſſende wort / ſondern jhr augẽ vnd hertz ſoll allein auff den einigen Chriſtum / vnd ſein wort gerichtet ſein / deñ er iſt auch der einige weg / die warheit vnd das Leben: Joh. 14. Ja wie eine tugentſame Jungfraw jhre reine keuͤſchheit jhr nicht laßt abſchwaͤtzen / ſonder bewahret jhren Leib in ehren / alſo ſollen fromme Chriſten das kleynoth jhres Glaubens vnd Chriſti Worts / neben der H. Sacrament rechtem Brauch vnd ver - ſtand / beſtaͤndig / rein vnd vnverfaͤlſcht bewahren / vnd jhn dieſem fall nicht achten einige freũndſchifft / gunſt / genieß / befoͤrderung / auch nicht fragen nach einigem ſchaden / zorn / verfolgung / widerwillen der freunde / oder der feinde / denn es heißt: Selig iſt der da wachet / vnd haltet ſeine Kleyder / daß er nicht bloß werde / vnd man ſeine Schande ſehe. Endtlich wie eine zuͤchtige keuſche Jungfraw / aller ehren werth iſt / al - ſo ſind die rechtglaubigen Chriſten / welche ſich mit keinem Jrꝛthum̃ beſudeln / aller ehren werth: Demnach ſo ſey ein jeder vermahnet / ſich fuͤr falſchen Propheten / vnd falſcherLehr[33]Leichpredigt. Lehr zu huͤten / als fuͤr dem Teuffel ſelbs / denn falſche Lehre vmb ſich friſt / wie der Krebs / vnd bringt den Menſchen / der jhr anhaͤngig wird / in Zeitlich vnd Ewig verderben.

4. Sollen ſich rechtglaubige Chriſten ſchmuͤcken jhren Breutigam Chriſto zu ehren vnd andern zum guten Exem - pel / mit warheit / denn er ſelbſt iſt die warheit / Wil demnach auch das wir ſeine Chriſten ſollen warhafftige Leute ſein. Chryſoſtomus: Veritas ſole ſplendidior eſt. Schoͤner zie - ret die Warheit einen Menſchen denn die Sonne leuchtet.

Hieron. Tantus ſit in te veritatis amor, ut quidquid dixeris iuratum putes. So hoch ſoll ein jeder die Warheit lieben / das alles was er redet / er daſſelbige ſo achte / als hette er es mit einem eyde betheuret. Mercket demnach dieſe tugend wol / lieben Chriſten / Auffrichtige vnd warhafftige Leute ſollen die Chriſten ſein / wz ſie redẽ / das ſoll ihnẽ von Hertzen gehen / es ſoll jhnen ein gantzer ernſt ſein / vnd kein ſchertz / da - mit niemand von jhnen betrogen werde / was ſie mit dem Munde reden / das ſoll jhnen von Hertzen gehen / ſo wol in der Leute abweſend als in jhrer gegenwaͤrtigkeit. Kurtz ge - ſagt / wie ſie glauben vnd reden / alſo ſollen ſie auch bey jhnen beſchlieſſen / zu leben / zu ſterben / vnd am Jungſten tage auff - zuſtehen / Daher ſpricht der Prophet Zeph. 3. Die auff deß Herꝛen Namen trawen / die werden kein boͤſes thun / noch falſch reden / Vnd man wird in jhrem Munde kein betriegli - che Zunge finden / darumb ſollen ſie auch weiden vnd ruhen ohn alle forcht / das iſt fried vnd freud in jhrem Hertzen habẽ / ſie leben oder ſterben. Darumb ſo befleiſſige ſich nun ein jeder Chriſt / die warheit zu reden mit jederman / dieſelbige auch zu befoͤrdern / wie Chriſtus Matth. 5. befuͤhlet / Vnſer wort ſoll ja ja / nein nein ſein / Eph. 4. Leget die Luͤgen ab / vnd re - det die warheit ein jeglicher mit ſeinem Nechſten / Meyde ja ein jeder alle Luͤgen / als den Teuffel ſelbs / den Luͤgen redenEiſt gar[34]Chriſtlicheiſt gar ein Teuffliſch ſtuͤck vud werck / als der von anfang ge - logen / vnd aller luͤgner Vatter iſt. Ioan. 8. Durch Liegen macht ſich der Menſch bey ehrliebendẽ Leuten ſehr vnwehrt / ob er auch gleich ſonſt in einem groſſen anſehen oder ampt iſt / Daher gilt ſolcher ſo wenig bey andern Leuhten / als boͤſe Muͤntz / wie den vorzeiten die Luͤgner boͤſer Wuͤntze verglie - chen ſind worden. Wie nun boͤſe Müntze niemand achtet / ſie gehoͤrt auch nirgend beſſer hin / als ins Fewer / alſo gehoͤꝛt ein Luͤgner nir gend beſſer hin / als ins hoͤlliſche Fewer / zu ſei - nem Vatter dem Teuffel / Jch wil itzt geſchweigen / wie die luͤgen auch dem Menſchen ſo ſchaͤdlich ſind / an ſeinem guten Nahmen / Haab / Ehr vnd Gut / Denn wie ein vergieffter Menſch / wo jhm nit gerahten wird / in der Zeit ſterben muß / alſo werden durch Luͤgen / vnd verleumbdung / viel frommer Leute beſchaͤdiget / an Leib / Haab / Ehr / Gut / vñ gutem Nah - men / drumb ſtehet nicht vergebens. Sap. 1. Der Mund der da Leugt der toͤdtet die Seele. Prov. 10. Das Maul der ver - kerten wird außgerottet. Prov. 19. Wer frech luͤgen redet wird vmbkommen. Ambroſ. Omnes qui amant mendacium ſunt filii Diaboli. Demnach weil denn ſo groſſer nutz folget wenn man wahr redet / ſo groſſer ſpott / ſchade vnd ſchande aber / wenn man leuget: ſo laſſe ſich niemand weder gunſt / noch vngunſt / ſchaden oder gefahr bewegen / die Warheit zu verſchweigen / vnd zu Luͤgen / auch ſoll niemand andere ſol - ches zu thun verurſachen: Denn es heiſt Secundum Auguſt. Quisquis metu cuiuslibet poteſtatis veritatem occultat, iram DEI ſuper ſe provocat, Vterq; reus eſt, & qui verita - tem occultat, & qui mendacium dicit: ille quia prodeſſc non vult, iſte quia nocere deſiderat. Ein jeder welcher auß forcht einiger Gewalt die Warheit verſchweiget / der ladet Gottes Zorn auff ſich / beyde der jenige / der die Warheit verſchweiget / vnd auch der leuget / Dieſer das er nichtwil[35]Leichpredigt. wil ſeinem Nechſten dienſtlich ſein / durch Offenbarung der Warheit / der ander das er denckt / ſeinem Nechſten durch Luͤ - gen zu ſchaden.

5. Sollen wir Chriſten vns befleiſſen vnſtraͤflich zu ſein / fůr Gott vnſern Herꝛen / vnd allen Menſchen / denn wie ei - ne tugendſame Jungfraw jhre zucht / die ſie in jhrem Hertzen liebet vnd hoch helt / auch in reinigkeit jhrer Kleider ſehen leſt / wie droben geſagt. Wie auch ein guter Baum auß ſeinen guten fruͤchten erkandt wird / vnd angenehm iſt / Alſo thun die Chriſten auch / welche Chriſtum recht lieben / vnd durch rechten Glauben an Chriſtum / mit Gott ſich haben verſoͤh - net / vnd dencken in Chriſto mit Gott verſoͤhnet zu bleiben / die beweiſen jhren Glauben / als rechte liebe Kinder Gottes / mit guten Wercken / von Gott befohlen / ſie ſtellen jhr gantz leben / in jhren Worten / Wercken / vnd Geberden alſo an / das Chriſto ſtets von jhnen zu ehr vnd danckbarkeit gedienet werde / vnd ſie als Gottes Kinder moͤgen erfunden werden / das iſt / ſie ziehen den alten Menſchen mit ſeinen wercken auß / vnd ziehen den newen an / der da vernewert wird zu der Erkaͤntnuß / nach dem Ebenbilde deß / der jhn geſchaf - fen hat. Coloſ. 3. Vnd das ſiehet man denn auch an jh - rem Hertzlichen erbarmen / freundligkeit / ſanfftmuth / de - muth / gedult / als den fruͤchten deß Geiſtes. Galat. 5. Darumb vermahnet vns auch die Schrifft / vnſern beruff mit guten Wercken zu Zieren / vnd feſt zu machen. Tit. 3. Laſſet die vnſern auch leinen / das ſie im ſtandt guter Werck ſich finden laſſen / wo man jhr bedarff / auff das ſie nicht Vnfruchtbar ſind. Auguſtinus ſpricht: Sicut lampades Vitreæ ſunt translucidæ, ita etiam noſtra bona opera coram aliis lucere debent. Gleich wie die glaͤſſerne Lam - pen durchſichtig ſind / Alſo ſollen vnſere gute Werck vorden Menſchen leuchten. Iſidorus: Beatus eſt qui rectè credit,C ij& cre -[36]Chriſtliche& credendo benè vivit, & benè vivendo rectam fidem cu - ſtodit, Selig iſt der / welcher recht glaubet / vnd rechtglau - bend / Gottſelig lebet / vnd denn Gottſelig lebend / den wah - ren rechten Glauben bewahret: Solche Gottſeligkeit gefelt den Gott im Himmel auch wol von vns / wegen der zuge - rechneten heyligkeit vnd gerechtigkeit Chriſti / Darumb da - mit wirnun alle die wir Chriſten getaufft ſein vnd genennet werden / vnſers Chriſtenthumbs / vor allen vnſern Feinden / Juden / Heyde[n /]Tuͤrcken / Papiſten vnd andern Maulchri - ſten / hie zeitlich vnd hernach im Himmel / Lob / Ehr / Rhum / vnd Nutz haben moͤgen / ſo laſt vns meiden allerley Aberglau - ben / Abgoͤtterey / Zauberey / Gotteslaͤſterung / Hoffart / Vn - gedult im Creutz / vbermuth im gluͤck vnd wolſtand / vber - druß deß Gebets vñ der Danckſagung zu Gott / verachtung / verſaumung Goͤttliches worts / vnd vnluſt zu der H. Sacra - ment gebrauch / alle vndanckbarkeit / wiederwaͤrtigkeit gegen trewen Predigern / vngehorſam / vntrew / mutwillen / halß - ſtarꝛigkeit / vndanckbarkeit gegen Eltern / Obrigkeit / Herꝛen vnd Freunden / zanck / hader / vnwillen / raachgirigkeit / feind - ſchafft / haß / neid / feindſeligkeit / vnfreundligkeit / vnbarm - hertzigkeit / betrug / luͤgen / verleumbdung / vngerechtigkeit / verfortheilung gegen dem Nechſten vñ ſonderlich dem Duͤrf - tigen / vnd Armen / Jtem trunckenheit / faulheit / muͤſſig - gang / vnzucht / hurerey / Ehebruch / freſſen / ſauffen / vnd dergleichen Suͤnden mehr. Laßt vns aber dagegen befleiſſen / aller Tugend / Erbarkeit / vnd Gottſeligkeit / recht glauben / in Gottes furcht leben / demuͤtig im glůck / vnd geduldig ſein in allerley Creutz vnd Leiden / gerne betten / Gott fuͤr ſeine wolthaten dancken / das wort Gottes lieben / gerne hoͤren / be - foͤrdern / der H. Sacrament offt wuͤrdig gebrauchen / dane - ben trewe Prediger ehren / vnd jhnen nach vermoͤgen dienen / vnd alles guts thun / vnſern Eltern vñ Obrigkeit gehorſam /vnter -[37]Leichpredigt. vnterthaͤnig / danckbar / trew / willig / vnd ja nicht widerſpen - ſtig / vndanckbar oder ſchaͤdlich ſein / Jtem / friedlich leben mit jederman / freundlich / ſanfftmuͤtig / barmhertzig / guͤtig / wolthaͤtig / dienſthafftig ſein / gegen vnſern Nechſten vnd ſonderlich dem důrfftigen vñ Armen / auch nuͤchtern / meſſig / keuſch / zuͤchtig / auffrichtig / warhafftig / gerecht vnd heylig ſein / Laſſe jhm ein jeder an dem was Gott gibt vnd wie er es ſchickt genuͤgen / ſo werden wir auff den Jungſten tag / vmb Chriſtiverdienſt willen / welchem wir zu ehren vnd danck bar - keit ſolche gute Werck gethan / vnd fuͤr den verbottenen Suͤn - den vns gehütet / wiederumb bey Gott groſſen vorzug vnd vortheil haben / ſo wol als die rechtglaubigen Jungfrawen / von welchen wir im erſten ſtuͤck geſaget. Jnſonderheit aber ſollen wir / denen Chriſti gerechtigkeit durch den Glauben zu gerechnet iſt worden / vns mit dem ſchmuck vnd zierde / zu ſchmůcken / darin zu wandeln / ſterben vnd aufferſtehen be - fleiſſen / in welchem eine fromme ehrliebende Braut / jhrem auch frommen ehrliebenden Breutgam pfleget zugefallen / wie derſelbige ſchmuck vns beſchrieben iſt. Tob. 10. Denn da leſen wir / das nach dem Raguel ſampt ſeiner Haußfrawen jhre Tochter Saram, deß Jungen Thobiæ Braut / zum Va - lete gekuͤſſet / vnd ſich mit jhr geſegnet / ſo habe er jhr nach - folgende Lehr gegeben.

1. Solte ſie jhres Breutigams Eltern ehren / vnd denen vmb jhres Breutgams willen gehorſam ſein: Alſo ſollen wir vmb Chriſti willen dem Him̃liſchen Vatter auch gehorſam ſein / durch vnſern gehorſam jhn ehren / all vnſer thun / vnd vornehmen / zu Gottes ehre vnd wolgefallen anſtellen / ſo wird vns Chriſtus / vnſer Him̃liſcher Breutigam / auch wie - der lieben / ſo wol als ein Breutgam ſeine Braut liebet / Weñ ſie nemlich vmb ſeinet willen ſeine Freundſchafft / vnd ſon - derlich ſeine Eltern liebet / vnd ehret / deß haben wir ein Ex -E iijempel[38]Chriſtlicheempelan der Ruth / welche derentwegen wol ankommen mit dem Boas, das ſie vnſers Herꝛn Chriſti Mutter worden iſt / weil ſie von jhres verſtorbenen Mannes Mutter / nicht wei -[ch]en wolte / ſondern derſelbigen trew vnd gehorſam war.

2. Befiehlet Raguel ſeiner Tochter / ſie ſolle jhren Breu - tigam lieben / vnd jhm trew ſein / ſo wuͤrde ſie jhr Breutigam wieder lieben / denn es heiſt Vt amcris amabilis eſto, Weil den〈…〉〈…〉 un Chriſtus vns auch ſo hoch geliebet / das er ſein Leben fuͤr vns in den Tod deß Creutzes dahin gegeben / als ſollen wir Chriſtum vnſern Breutigam auch hinwider lieben. Die Lieb aber gegen Chriſto ſollen wir am meiſten hiemit beweiſen / dz wir jhn mit verbottenen Sůnden nit erzuͤrnen / ſondern auß lieb gegen jhm / fuͤr allen Suͤnden ſo viel muͤglich vns huͤten / vnd deñ auch ſein wort gerne hoͤren / befoͤrdern vñ fuͤr vnſern hoͤchſten Schatz halten / tag vnd nach damit vmbgehen / ſo wil vns Chriſtus wieder lieben. Iohan. 14. Vnd alles das je - nige erzeigen / Wie im erſten ſtuͤck geſagt / von denen welche dem Lamb Chriſto beſtendig nach folgen werden: Allein das wir auch alle vermahnet ſein / beſtendig Chriſtum zu lieben / vnd mit keinem andern zu bulen / vnd weder in lieb noch leid vns von jhm trennen laſſen: Deñ ſondert ſich doch ein from̃ Weib nicht bald von jhrem Manne / weñ vnglück ins Hauß kompt / der Mann iſt wunderlich / wil der Frawen den willen nicht laſſen / ſtrafft ſie wegen jhres fuͤrwitzes / vnachtſamkeit / nachleſſigkeit / faulheit: Ja wenn ſie gleich zu einer Thuͤr von threm Mann hinauß geſchlagen wird / ſo gehet ſie zur andern wieder hinein. Warumb ſollen wir vns den bald von Chri - ſ[t]o vnd ſeinem wort abſchrecken laſſen / wenn wir etwa deſ - ſelbigen halben vnſerer Suͤnden oder anderer vrſach halben / von Chriſto moͤchten mit Creutz heimgeſucht werden / er mei - n[e]ts doch nicht boͤſe mit vns / ob er ſich gleich bißweilen alſo ſtellet /[er]wil mit vns gerne geduldt haben / vns wider anneh -men /[39]Leichpredigt. men / vnd glauben halten / vnſer Suͤnd zu gut halten / verge - ben / allein das wir nicht mutwillig wider das Gewiſſen ſuͤn - digen vnd darinne verharꝛen / vnd ſo wir geſuͤndiget / nur je ehe je beſſer vns zu jhm bekehren vnd buſſe thun.

3. Gleich wie Raguel ſeiner Tochter befiehlet / wolle ſie von jhrem Breutgam geliebet / geehret / vnd beſchuͤtzt werden / ſo ſolle ſie auch eine gute Wirtin ſein / das Geſinde fleiſſig vnd verſtendig regieren / jhr die Wirdtſchafft laſſen angelegen vñ ein ernſt ſein / mit dem Geſind nit ſchertzẽ / ſpielen / heucheln / vber den Mann auch nicht klagen / nicht fuͤrwitzig / vnacht - ſam / vergeſſen / faul / nachlaͤſſig / ſchlaͤfferig ſein / entlich durch hoffart / vollbrettigkeit / nachleſſigkeit auch nicht durchbrin - gen / was andere erworben / vnd ſie im Hauſe gefunden.

Alſo ſollen wir vnſerem Breutigam Chriſto zu ehren / auch alſo vns ſchmücken vñ zieren / das ein jeder an ſeinem ort vnd ſtelle / durch ſein Ampt vnd Beruff / Chriſto die Wirdt - ſchafft helffe beſtellen / das iſt / fůr allen dingen ſoll ein jeder drauff dencken / vñ ſein gewiſſen vñ Hertz alſo in acht nehmẽ / auff dz es dariñ / in ſeinem ampt / arbeit / haußhaltung reine vñ nit vnfletig ſey / auch nichts ſtinckendes noch rauchendes / das iſt / nichts ſündliches vermercken laſſen / deñ ein jeder ſchuldig iſt darauff zu trachten / damit alles / was er in ſeinem beruff / ampt / handwerck / handel / arbeit / fürnimpt / dz daſſelbige al - les alſo gethan werde / nach Gottes deß Herꝛen willen / fleiſſig vñ trewlich / auff das es Gott zu ehren / vñ gnedigem gefallẽ / vns vñ vnſerm Nechſten aber zum beſten gereichen moͤge.

4. Gleich wie Raguel ſeiner Tochter befiehlet ſie ſolle ſich ſelbſt zuͤchtiglich halten / das iſt / vor ſchandbaren / vnzuͤchti - gen worten / geberden / vñ wercken ſich huͤten / damit Kinder / Geſinde vnd andere Leute / dadurch nicht moͤchten geaͤrgert werden / alſo ſollen wir Chriſto vnſern Breutigam zu ehren / vns auch huͤtẽ / fuͤr allem dadurch andere moͤgẽ geaͤrgert wer -den /[40]Chriſtlichẽdẽ / wie vns befohlẽ wird. Matth. 18. & alibi, Dem nicht allein gut iſt / einem jeden Menſchen / zuͤchtig / erbar / auffrichtig / vnd Gottſelig ſich zu halten / aͤrgernuß zuverhuͤten / ſondern auch / das er Gottes gnade nicht verliere / die heiligen Engel nicht betruͤebe oder wol gar veriage / Gott vnd der Obrigkeit nicht in die ſtraffe falle / welches geſchicht / weñ man vnzuͤch - tig / Gottloß iſt / vnd lebet / vñ das ſind nun die vornembſten tugenden / dariñen wir Chriſto vnſern Breutigam / zu ehren geſchmuͤckt gehenſollen biß an vnſer ende / deñ er ſolches vmb vns hoch verdienet / als der ſich nicht allein mit vns verlobet. Oſea. 2. Eph. 5. Sondern auch vnſerthalben viel boͤſes auß - geſtanden / damit er vns nun zur ewigen Seligkeit dienſtlich ſein moͤchte. Was ſonſt mehr hie von wehre zu ſagen / laß ich gerne dißmahl anſtehen / damit es nicht zu lang werde.

Beſchlieſſende nun heute dieſe vorgenom̃ene Predigt / vermahne ich erſtlich euch Jungfrawen / darnach alle / in ge - mein / die jhr Chriſten genennet werdet / vnd ſein wolt / das jhr dieſe erwehnte ſtuͤck oder tugenden zu vnſerm Geiſtlichen ſchmuck gehoͤrende / vnd denſelbigen bezeugende / in acht neh - men / behalten / vnd mit denſelbigen Chriſto dem Him̃liſchen Breutigam / euch zu ehren ſchmuͤcken / vnd in dieſem Geiſt - lichen ſchmuck wandeln wollet / biß an ewer ende / damit alſo niemand den nahmen vnſers Herꝛen Chriſti vergebens / ja wol Chriſto zu ſpott trage / ſondern alſo lebe / auff das er deſ - ſen ewigen Rhum / lob vnd ehre habe.

Laſt vns aber alſo zu ſchmuͤcken / vnd in ſolchen Geiſt - lichen ſchmuck zu wandeln / nicht warten biß auff vnſer letzte Stunde / ſondern heute fahe ein jeder an vnd halte ſolchen ſchmuck an ſich / biß an ſein ende / denn vnſer Zeit iſt kurtz lie - ben Chriſten / vnſer leben fleucht dahin wie ein ſchatten / vnd ein ſprew / ein junges ſtirbt ſo bald als ein altes / ein reich - ſo wol als ein armes / ein geſundes ſo wol als ein kranckes.

Wer[41]Leichpredigt.

Wer nun traun nicht wird in ſolchem ſchmuck gefun - den werden / wird ſich auch nicht geſchuͤrtzt / ſeine Lampen nit bereitet / wird kein brennendes Liecht in ſeinen Haͤnden habẽ / nach Chriſti wort / der wird einen harten zuſtand außſtehen muͤſſen / wie oben am ende deß erſten ſtücks erwehnt.

Sey derowegen ein jeder von dem ſchlaff der ſicherheit vnd all erley Sünde gewarnet / hoͤre / behertzige / vnd bilde ein jeder ihm fleiſſig ein / die trewhertzige warnung Chriſti. Apoc. 3. Welche ich lieb habe die züchtige vnd ſtraffe ich / ſo ſey nun fleiſſig vndthue buſſe / Siehe ich ſtehe fuͤr der Thuͤr / vnd klo - pfe an / ſo iemandt mein Stim̃e hoͤren wird / vnd die Thuͤr auff thun / zu dem werde ich eingehen / vnd das Aben dmal mit ihm halten / vnd er mit mir / vnd ich wil ihm geben / mit mir auff meinem Stuel zu ſitzen / Wer Ohren hat zu hoͤren der hoͤre / So aber auch iemand / durch Gottes gnade hat ange - fahen / der bitte Gott / das er ihn biß ans ende beſtaͤndig erhal - ten wolle / vnd laſſe auß ſeinem Hertz vnd Ohren nicht die Stim̃e Chriſti. Apocal. 22. Wer boͤſe iſt der ſey immerhin boͤße / Wer Heilig iſt der ſey immerhin Heilig / ſihe ich kom - me bald / vnd mein lohn mit mir / zu geben einem ieglichen / wie ſeine werck werden ſein.

Der ewige allmaͤchtige guͤtige Gott vnd Vatter vn - ſers Herꝛen Jeſu Chꝛiſti / Vorſiegle ſolche angehoͤrte Lehre in vnſern Hertzen / durch ſeinen H. Geiſt / erinnere vns der - ſelbigen taͤglich. Verleyhe vns auch krafft vnd ſtaͤrcke / dar - nach zu leben / vnd ſolchen Geiſtlichen ſchmuck taͤglich anzu - ziehen / darin zu wandeln / damit zu bette gehen / darin auff zu ſtehen / vnd zu ſterben / vñ endlich mit freuden vnd ehren auff den Jungſten Tag / fůr dem Richter Stuel Chriſti darinnen zu erſcheinen / durch Jeſum Chriſtum vnſern allgemeinen Breutigam / hochgelobet wahrer Gott / ſambt Chriſto ſei - nem Sohn vnd H. Geiſt in Ewigkeit / AMEN.

F[42]Chriſtliche

BElangende nun die Erbare Tugent - ſame verſtorbene vnd in Gott ruhende / Jung - fraw Anna, So iſt dieſelbige geweſen deß Ehrwuͤrdigẽ Wol - gelehrten Herꝛn Georgii Buchers / Teutſchẽ Pfarꝛherꝛs all - hie zur Olaw / vnd deß Olauiſchen Weichbildes trewen Se - nioris vielgeliebte eheliche Tochter / zu Scheidelwitz im Brie - giſchen Weichbilde gebohren Anno 1580. den 10. Martii, welches war der Doñerſtag vor Lætare, eine ſtunde vor Mit - tags. Dieſe iſt von jhrẽ Chriſtlichen liebẽ Eltern ſo viel moͤg - lich in aller Gottſeligkeit erzogen worden / vnd wie ich berich - tet bin / Jn der Maͤgdlein Schule zu Wolaw / da erwehnter Herꝛ Georgius Bucher / etlich Jahr Pfarꝛherꝛ geweſen / eine fleiſſige Schulerin geweſen / das ſie nicht allein in kurtzer Zeit fertig leſen vnd ſchreiben / ſondern auch jhren Catechiſmum zu ſampt der außlegung / neben andern Pſalmen / Chriſtlichẽ gebetten / Geiſtlichẽ liedern / fleiſſig vnd geſchwinde gelernet / darneben eine liebhaberin geweſen Gottes wort vnd der H. Sacrament / ſonderlich auch deß H. Pſalters Davids / auß welchem ſie mehr den 40. Pſalmen auſwendig gekundt / ohne alle andere Spruͤche Goͤttliches worts / Geiſtliche Geſaͤnge / mancherley Gebet / ſo jetzt in gegenwaͤrtiger Noth der Chri - ſtenheit / von jhren lieben Vatter vnd andern geſtellet / welche ſie taͤglich Abends vnd Morgens / neben jhren lieben Eltern / vnd Geſchwiſtern geſungen vnd gebettet / wo ſie nur mit fug darzu kom̃en kuͤñen / ſonderlich aber an Sontagen / hat ſie jhꝛ ergoͤtzligkeit dran gehabt / vnd wiewol ſie alle Pſalmen gelie - bet / ſo ſind jhr doch die liebſten geweſt. 6. 23. 25. 46. 51. 79. 133. Dieſe hat ſie auch den Tag fuͤr jhrem abſterbẽ recitiret: Dem - nach auch jhr lieber Herꝛ Vatter die Maͤgdlein Schul allhie zur Olaw angerichtet / damit ſie neben jhrem Geſchwiſter vñ andern Maͤgdlein Gottſelige vbung haben / vnd deſto mehrdarinne[43]Leichpredigt. darinne zu nehmen moͤchten / ja das der Pfarꝛhof eine rechte Schule / Kirche Gotts / gebet vnd Engelhauß wehre / Sinte - mal da Gott wohnet / ſampt den H. Engeln / wo die Chriſten Kinderlein verſamlet / fleiſſig betten: So hat jhr Jungfraw Anna auf jhres liebẽ Vattern befehl / neben jhrer liebẽ Mut - ter / die Maͤgdlein ſchul fleiſſig laſſen angelegẽ ſein / die Pſal - men / ſpruͤch vnd gebetlein / neben dem leſen / die Maͤgdlein fleiſſig gelehret / derhalbẽ kein zweiffel / jhre Seele ſey / jtzt auch in der Himliſche ſchule / da ſie recht hoͤret die Engel ſingen / vñ den Sohn Gottes predigen / davon ſie mit vnaußſpechlicher freud erfůllet wird / vnd dafür ſie nit nehme aller Welt freude vnd herꝛligkeit / Drum̃ ſie auch billich vnter die Gottſeligen Jungfrawẽ / derer S. Johañ es im verleſenen Text gedacht / zu zehien / als welche zu Chriſto Jeſu / dem Lamb Gottes ſich gerne gehalten / ſeine holdſelige ſtim̃e / als jhres Hirten gerne gehoͤret / ſeiner Sacrament ſich oft gebraucht / jhr vertrawen auf jhn allein geſetzt / von Chriſto gerne geſungen / geredet / fuͤr ſeine wohlihaten jhm gedancket / vnd mit andern ſchoͤnen tu - genden / jhren glauben an Chriſtum bewieſen / ſonderlich auch mit jhrem Kindlichen gehorſam / deſſen jhre lieben Eltern / jhr ein gut zeugnuß gebẽ / als denen ſie gehorſamlich gefolget / vñ ſo oft ſie zum tiſch deß Herꝛẽ gegangẽ / jhnen hertzlich (wo mit ſie dieſelbigen erzuͤrnet) abgebettẽ / dadurch ſie den auch zuver - ſtehen gegebẽ / dz jhr die wuͤrdige nieſſung deß H. Abendmals ein ernſt geweſen / ſich dardurch der gnaden Gottes / vnd aller Himliſcher gůter / durch Chriſtũ vns erworben / im Glauben zuverſichern. Wie für ſichtig auch Jungfraw Anna geweſt / als die ſich fleiſſig bewahret vnd in acht genom̃en / jhre Jung - fraͤwliche keuſchheit / vnverꝛuckt zubehalten / iſt auch an jhr růhmlich / deñ ſie keinen boͤſen ſchein einiger vnzucht weder in worten vnd geberden an ſich mercken laſſen / ſondern jhr hoͤch - ſtes Kleinod jhre Jungfraͤwliche keuſchheit / auffs fleiſſi[gſt]eF ijbewahret /[44]Chriſtlichebewahret / Darumb ſie ohn zweiffel auch von Chriſto dem Himliſchen Breutigam / für vielen andern jtzt geehret wird: Auffrichtig vnd warhafftig iſt verſtorbene Jungfraw Anna auch geweſen / denn dieſe niemanden betrogen / niemanden mit vergebenen worten vmbgefuͤhret / wie derſelbigen viel ge - funden werden. Kurtz geſagt / ſie hat ſich ſo viel jhr muͤglich / mit den Kleidern deß newen Menſchen / Chriſti vollkommen gehorſam vnd verdienſt dem einigen Ehrenkleid / vnd andern guten wercken / als gewiſſẽ zeichẽ deſſelbigen Ehrenkleides deß Herꝛẽ Chriſti an jhr gekleidet / jhrem Breutigam Chriſto auß gnadẽ / auch jhren lieben Eltern vnd vielen darin zugefallen. Vber diß Chriſto mit einfaͤltigen Hertzen gedienet / in Got - tes furcht gelebet / vnd der jetzigen Welt Pracht / Hoffarth / vnd andere Vppigkeit / jhr gar nicht gelieben laſſen / darumb ſie auch Chriſtus der Herꝛ / fuͤr einem langen laͤger auß gna - den behuͤtet / vnd ſie mit gar einem Seligen ende begnadet / (Quia non memini mala morte extinctum ſagt Hierony - mus qui ſe exercuit in operibus pietatis) Denn da dieſe Jungfraw Anna der Allmaͤchtige Gott nach ſeinem Raht vnd willen / am verſchienen Chriſtabend mit Leibes Kranck - heit angegriffen / hat ſie ſich bald in Gottes willen zum ſterbẽ ergeben / jhr Kranckheit mit groſſer gedult ertragen / vnd ohn vnterlaß jhre Pſalmen / vnd ander Gebet geſprochen / auch mit vielen Troſtſpruͤchen ſich getroͤſtet: Dieweil aber dieſer Jungfraw Anna Chriſtliche Eltern geſehen / das jhr Kranck - heit vberhand genommen / haben ſie Mich zu Jhr gefordert / dieſe mit der Seelen Artzney / der heiligen Communion deß wahren Leibes vnd Bluts Chriſti / zuverſehen / welches dann auch die vergangene Mꝛtwochen geſchehen / da ſie auff fol - genden Donnerſtag dieſe Welt friedlich vnd ſelig geſegnet. Ehe ſie aber Cõmuniciret, hat ſie ſich in meiner gegenwart / mit jhren lieben Eltern / Geſchwiſtern / auch der Dienſtmagdmit[45]Leichpredigt. mit wol bedachten wortẽ verſoͤhnet / alſo das Mich ſelbs Jhr gejammert / ſonderlich da ſie mich auch vmb verzeihung ge - betten. Den troſt der Abſolution vnd die genieſſung deß Leibs vnd Bluts Chriſti / hat ſie mit freuden angenom̃en vnd Gott gedancket / als Jch von Jhr kom̃en ſolle ſie geſaget ha - ben / ſie hette auch nach andern mehr ſchicken ſollen / die viel - leicht auff ſie einen Zorn haben moͤchten / jhnen abzubitten / aber gebetten / man wolte hernach in der Kirchen allen es ab - bitten / wie denn Jch derhalben heute an ſtatt dieſer verſtorbe - nen vmbverzeihung euch alle bitte / man wolle verſtorbener Jungfraw Anna verzeihen vnd vergebẽ alles / wo ſie jemand auß euch erzuͤrnet hette / deßgleichen hat ſie auch gethan: Den Tag zuvor / ehe nun offt erwehnte Jungfraw Anna Selige geſtorben / hat ſie vnter andern zu jhrer Mutter geſagt: Liebe Mutter / Jch walt euch etwas ſagen / wenn jhr euch nit wolt betruͤben. Als die Mutter drauff gedrungẽ ſie ſolte es ſagen / hat ſie geantwortet / jetzt hat mir Gott geoffenbahret / dz Jch ſterben werde: Da ſie die Mutter druͤber betrůbt geſehen / hat ſie jhr ſolches wieder außgeredet. Nich langſt darnach / nach dem newen Jahr gefraget / vnd wieder die Mutter geſagt / Jch werde wol ein froͤlich new Jahr haben / aber Jhr vnd der Vatter ein betruͤbtes / Wie denn dieſe Propheceyung auch war worden / Darauff hat ſie angefangen den 25. Pſalm zu betten / aber vor Schwachheit nit koͤnnen außbetten / ſondern die Mutter gebetten / das ſie jhr denſelben wolte außbetten / denn der Vatter ſeines Ampts halben nicht allemahl bey Jhꝛ ſein koͤnnen: Da ſie die Mutter weinend vnd betruͤbt geſehẽ / hat ſie gebetten / man wolt Jhr doch goͤnnen / was Jhr Gott goͤnnete / Wenn ſie gleich Jhr leben mit einem Heller erloͤ - ſen koͤnte / ja mit einer Knoͤfelnolde / ſo wolt ſie es doch nit thũ / denn es ſtuͤrbe viel elend mit Jhr / Vnd wenn ſie vbel Freyen ſolte / ſo wuͤrden die Eltern / vnd ſie groſſer Hertzeleid haben /F iijreci -[46]Chriſtlicherecitiret darauff die wort auß dem 90. Pſalm / Vnſer leben wehret 70. Jahr. Jtem Rom. 14. Leben wir ſo leben wir dem Herꝛen / ſterben wir ſo ſterben wir dem Herꝛen. Beklagt auch die jetzige betruͤbte Zeit vnd ſagte / Werdet jhr doch mir nicht lengſt hernach folgen: vnter deß kompt jhr auch ein der Spruch deß 25. Pſalms: Die angſt meines Hertzens iſt groß / darauß abzunemen / das ſie dieſen Pſalm gebettet / hat auch kurtz fůr jhrem ende jhren lieben Eltern / hertzlich gedanckt / vor alle das gute das ſie jhr erzeiget / vnd gethan hetten / vnd geſagt / Gott wuͤrde es jhnen viel tauſend mahl tauſend beloh - nen. Da ſie die jhrigeu betruͤbt geſehen / hat ſie den Tag fůr jhrem ende auch geſagt / Sie hette jhr Ziel das jhr Gott ge - ſteckt / erreicht / jhr Stuͤndlein wuͤrde kommen vnd drauff an - gefangen zu betten: Wenn mein Stuͤndlein vorhanden iſt / vnd ſoll hin fahren mein ſtraſſen / ſo beleit du mich Herꝛ Jeſu Chriſt ꝛc. Jtem Leben wir / ſo leben wir dem Herꝛen / ꝛc. Das die Eltern mit groſſer wehmut ohn Hertzliches mitleiden vnd threnen nicht genugſam haben zu hoͤren koͤnnen: Da es aber auff den Abend kom̃en / vnd die Kranckheit ſampt der Hitze mit gewalt hat zugenom̃en / hat ſie ernſtlich gebettet / vnd ſich viel vnd mancherley Hertzbrechende wort vernehmen laſſen / die nit alle zu erzehlen / auch das Gebett Herꝛ Jeſu Chriſt / ꝛc. angefangen / vnter denſelben / mit auffgehabenen Haͤnden ge - ſprochen / O Bettet lieben Kinder bettet / vnd darnach im Gebet ſo fort gefahren / offt an den 25. Pſalm gedacht / vnd drauß die wort die angſt meines Hertzens iſt groß ꝛc. Oft mit auffgehabenen Haͤnden geſprochen. Drauff gebettee O Herꝛ biß du mein Zuverſicht ꝛc. Jtem / Herꝛ Jeſu Chriſte / in deine Haͤnde / befehle ich dir meinen Geiſt. Herꝛ Jeſu Chriſt du trewer Gott / Hilff mir auß aller meiner Noth / durch deine Heilige Fuͤnffwunden roth / Darauff ein weil ſtill geſchwie - gen / entlich tieff geſeufftzet / vnd geſagt / drauff ſprechen wirdas[47]Leichpredigt. das Amen fein / Vnd das iſt ihr letztes wort geweſen / das man ihr vornehmen kuͤnnen / drauß leicht abzunehmen / was ſie ſelbſt bey ihr gebettet / drauff ſie dieſen Beſchluß geſprochen / darnach vollends jhre Lippen gereget / vnd auch bißweilen laut geredet / aber gar vn vernemlich / vnd ſtets bey guter Vernunfft geweſen / biß das ihr Stuͤndlein kommen / vnd der Zeiger fůnff geſchlagen / iſt ihr die Sprach gar entfallen / vnd vmb dieſelbige fuͤnffte Stunde / der nechſten Mittwoch / gegen morgen dem newen Jahrs tage / gar ſanfft vnd ſtille / ohne einige bewegung ihres Leibes / als wenn ſie ein ſchlieffe / jhr Seel dem Sohn Gottes auffgegeben / im 18. Jahꝛ ihres Alters / vnd hat alſo ihrem Ehrenbreutigam den HERren Chriſto / als dem ſie in der heiligen Tauffe zu einer lieben Braut iſt vertrawet worden / eine reine Seele / durch ſein / deß Herꝛen Chriſti Blut gereiniget / zu gebracht / da ſie nun vor ihm ihr Himliſche Hochzeit helt / vnd vber ſeinem Tiſch mit dem rechten Himmelbrodt / Engliſchen tranck vnd ſpei - ſe / Nemlich mit ewiger Freude vnd Seligkeit geſpeiſſet vnd getraͤncket / ja auch all ihrer erlittenen Angſt vnd ſchmer - tzen ergetzet wird. Jetzt leuchtet an ihrer Stirn / der Nah - me deß Vatters vnſers HERꝛen Jeſu Chriſti geſchrieben / den ſie Gottes liebe Tochter / durch Chriſtum worden / dieſer Nahme / wird auch an ihrer Stirn in Ewigkeit nicht außge - tilget werden. Apoc. 3. Luc. 10. Jetzt iſt die verſtorbene Jungfraw Anna vnter dem Himliſchen haͤufflein / Welches der Himliſchen freuden ſampt den heyligen Engeln / ohn auff hoͤren theilhafftig wird / im Reich der Herꝛligkeit / da ſie mit allen Rechtglaubigen / Lieblich weſen vnd Himliſcher freude geneuſt: Jetzt erſcheinet ſie vnſtraͤflich vor dem Stuel Gottes / weil ſie durch den Geiſt Gottes / ſein Wort vnd Sacrament Newgebohren / vnd Geheiliget iſt worden / ihre Suͤnden ſind ihr vergeben / zu gedeckt / vnd mit ChriſtiBlut[48]Chriſtliche Leichpredigt. Blut auß geleſcht. Pſal. 32. 1. Cor. 6. Eph. 5. Da pranget ſie im Rock deß Heils / vnd dem Kleid der Gerechtigkeit Chriſti / Eſa. 61. Darumb ſind ja Selig ſolche Todten / die im Herꝛen alſo ſterben.

Der Allmaͤchtige Gott vnd Vatter aller Gnaden / der vnſer aller Leben vnd Zeit in ſeinen Haͤnden hat / deſſen wir alle ſind / wir leben oder ſterben / derſelbe trewe / liebe / from̃e Gott / erhalte dieſer verſtorbenen Jungfrawen Seele / im Buͤndlein der Lebendigen / verleihe Jhr / in ſeiner Hand / ein ſanffte Ruhe / biß auff den Jungſten Tag / laſſe dieſelbige als deñ in Herꝛligkeit vnd Klarheit auff wachen / vnd her fuͤr ge - hen zum Ewigen Leben. Troͤſte die betruͤbte Eltern / Ge - ſchwieſter vñ gantze ehꝛliche Freundſchafft / laſſe ſie dieſelbigẽ mit freuden vnd ehren / im Him̃el wider ſehen: Vns aber / die wir in dieſem elenden vnd muͤhſeligen Leben wallen / Verlei - he derſelbe Gott ein bußfertig Hertze / wahren Glauben an Chriſtum / Bewahr vnd erhalte vnſer Leib vnd Leben / Kin - der vnd Gefreunde / in ſeinem gnaͤdigen Schutz vñ Schirm / Vor allem Vbel Leibs vnd der Seele / vnd denn wens Stuͤndlein verhanden iſt / beſchere er vns ein Seli - ges Ende / Vnd nehme vnſere Seele auff in ſeine Haͤnde / Wer das begert der ſpreche von Hertzen Amen / A - men / Lieber Herꝛe Jeſu Chriſte Amen. ): (

ENDE.

Nænia[49]

NÆNIA FVNERATIONI ANNAE BVCHE - RIANAE Virginis Piiſſimæ & modeſtiſſimæ, ab amicis decantata.

SCire potest ne hîc quis ſe vivere? qualibet hora
Qui vel mille modis morte perire potest.
Scire potest hîc quis ſeſe ſupereſſe ſuosq́;?
Quos rapere in terram quælibet hora potest.
Scire hæc nemo potest: tantùm quia certa ſciuntur,
Et quæ non aliter ſeſe habuiſſe queunt.
Sed benè ſcire poteſt: ſibi quod ſuper axe Redemptor
vivat, qui Chriſti dognata ſanctatenet.
Is quoꝙ́ ſcire potest ſe morte perire ſuoſꝙ́
Non poſſe: æternum at ſe ſupereſſe necì.
Is quoꝙ́ ſcire potest, tùm demum vivere vitam
Se incipere, hæc vita hîc quando peremta cadit.
Scire potest, intrare ſuos in limina vitæ
Veræ, quando illos invida mors rapit hinc.
Scire potest, illos ſe non amittere, ſed præ
mittere, ubi ſanctis vita perennis eat.
Scire potest, ſe tùm carne, oßibus hisꝙ́ receptis,
Quæ nunc in terram vermibus eſca cadunt,
eſſe Redemptorem viſurum, ipſis & ocellis
His hîc quæ letho claudere fata jubent.
Ergò quis quis amas Chriſtum, qui dogmata Chriſt&ti;,
Nolis ſcireea quæ ſcire negata tibi.
Non ſint certa tibi, voluit quæ incerta Redemptor
Eſſe tuus: Spes ſit nulla locata tibi hic.
Ergò quis quis amas Chriſtum, qui dogmata Chriſti,
Scire velis, mandat quæ tua ſcire ſalus.
[S]ic tua certa fides, ſic non jactata procellis
Spes erit: at certò fixa tenaxꝙ loco.
GHac[50]
Hac benè Vir tu ſcis Venerande, hæc ſcire tuosꝙ́
Ritè doces: grex hæc ſcit benè id unde tuus.
Nam Tuus hæc dixit Deus, hæc Tuus ipſe Redemptor,
Immotè verum cuius abore fluit.
Ne concede modò neſcire ut luctus id ipſum
Te doceat, benè quod ſcire doces alios.
Ne concede modò, te ſcire ut luctus id ipſum
Velle velit, quod tu ſcire vetas alios.

M. Iohannes ab Hæckelshoven, Scholæ Magdaleæ in urbe Vratislavia Conrector.

HEu MORS, indomitâproſter nens omnia falce!
Heu minimè parcens invida Parca metu:
Cur adeò properat veſtræ violentia legis?
Naſci hominem ſcimus! ſcimus eumꝙ́ mori.
Si morimur! quorſum confuſio tantaſuperbit?
Cur natus primò, nec prius emoritur?
Cur immaturum decerpitur arbore pomum?
Cur ſeges hæc potius, quàm data ſpica placet?
Sæpè rogat mortem fruſtrà, moribunda ſenectus:
Sæpè diu vivit vir nocuusꝙ́ nimis.
Ah juvenile decus fato inſervire ſiniſtro
Cogitur, ac frugis ſpem reſecare bonæ.
In lacrumas ſolvar! totusꝙ́ in flumina fletu:
Si queat his aliquod luctibus eſſe decus.
Vosimò, vos ò juvenes imploro, querelâ
Ornate æternâ funeris exequias.
Ite, dolete! Vrnam pariter conduntur in unam,
Sancta fides, pietas, gratia, forma, pudor.
Ferte roſas! ſacro date candida lilia buſto.
Ah vive extremo FLOS tener in tumulo.

ANDREAS BIRNERVS, Illuſtris Scholæ. Brigenſis Collega

Fatales[51]
FAtales cogit caſus natura dolere?
At pietatis erit cum ratione dolor.
Nam ſic jure ſuo perdit Natura! quod ante
Ad vitam fovit: Mortis ab imperio.
Hinc eadem luctus ſpargit per funera multos;
Hinc ſunt ſub læt is triſtibus atꝙ́ vices!
Hinc eadem quicquid nobis indulſit ab ortu
Mortali, tandem, fine ſequente, rapit.
Et nobis veluti quædam divina faviſſa
Vitæ immortalis maxima dona parit.
Ergò modus lachrymis, certus ſit deniꝙ́ luctus,
Cum ſit per mortem janua aperta po[li]:
Mânibus atꝙ́ pijs, charos vos quæſo parentes,
Fœdera cœleſt is firma favete chori.
Et tibi, quot moriens liquiſti, filia, planctus,
Sint totidem vitæ gaudia perpetuæ.
Verùm præſtantes animæ, ſub flore juventæ
Quas prôh Parca ferox meſſuit ante diem.
At magè divino ſacratæ atꝙ́ inſitæ amori
Quas properante vocant, Fata beata, pede.

Leonhardus Prauſerus, Notarius Olavienſis.

Omnis nempe quid eſt homo[?]nihil quam
Mixtum fece lutum. Tenella noſtra
Quid vita? hæmina ſanguinis calentis
Simplex; rumpere quam levis repentè
Caſus quisq́; pote〈…〉〈…〉; puſilla febris
Quam corrumpere; non timemus ulla
Quando funera, funeris malignum
Punctum, quam ſubitò poteſt delere.
Diſrumpit velut explicata textor
Sumptâ fila manu: ſecat virentes
Meſſor falceq́;, floſculos in agris:
Concordes benĉ, ſic ſevera Clotho,
Fratres, rumpit amiculoa, ſorores,
Canis cum ſenibus, iuvenculosq́;.
Huius vi, decus & puellularum,
Virgo candidula, & nimis modeſta,
Hæc defuncta iacet; iacet fereq́;
Spes, ſolatiolum, quies parentum.
Aſt in morte nihil mali: ſit acta
Purè vita modò, fideq; clauſa
Solâ iuſtificâ〈…〉〈…〉 pius pudicæ
Sicut finis huic puellæ.
G ijErgo[52]
Ergo ſit lachrymis modus: Dolores
Et ſuſpitia deſinant. Gemiscis
Quis quis funus ob elegantiotis
Natæ, læticiam invidere ceſſa.
Nam vespillo licet cadaver eius
Verè condit humo: tamen ſtatuta
Hæc lovæ omnipotentis eſt voluntas:
Et non ut periiſſe eam putemus,
Accerſens animam tuetur idem.
In ſumman fruitur perennitatem
〈…〉〈…〉 hic læticia: ſuoq́; ſponso
Cum Chriſto roquiem domus fuper〈…〉〈…〉
Vivens percipit ac amænitatem.
Rurſum fata doles ob avocatæ
Quis quis tàm citò, fac modum do loris
Dic gratansq́; magis: Vale trimnphans
Aeternum pia virgo, vive, gaude.
Nam nunquam repetes ſeio malorum
Hanc vallem; neq́; germinis ſativi
Stirpem. Nosweniemus aſt ovantes,
Tecum carmina dulciora, vultu
Et plauſu parili, DEO daturi.

Martinus Grundman Bregenſis.

Eheu, præpete vita noſtra fertur
Curſu, vix tenerum notamus ævi
Ver: vix Virgincos adimus annos,
En hand admoniti〈…〉〈…〉 ubemur atræ
[D]eteſtanda ſubite iura mortis -
Mortis, quæ æqua fores quatit iuventæ
Tanquam decrepitæ ſenum tabernas,
Quæq; immune nihil ſinit, quod usquã
Sol in Orbe ſuo perertat igne.
Hunc tautum tetricæ necis rigorem
Primi prôh dolor, int〈…〉〈…〉 lerê mundo
P[a]tres, iuſſa ſacrata negligentes
Et mandara ſalutis expuentes:
Hinc morbi, hinc labor, hinc mala,
Mortis ſpicula virulenta noſtrum
Invasêre genus, nihilq́; certum
Et durabile manſit hinc in Orbe,
Mortales igitur vagisq́; ſortis
Subiecti vicibus, mori ſubinde
Diacamus, terimus dies caducos
Dum vitæ huius adhuc, Deoq; verè
Cliriſti ſalvifico placere lytro.
Hanc ut poſt fragilem brevemq́; vitam
Cœli gaudia conſequamur alta.
Hoc dum ſedula, virgo, præſtitiſti
In vivis, pia, adliuc agis ſerena
Viræ tempora, iam tegenda terræ
Sis quamvis, nitidas colensq́; Cœli
AEdes, læticias capis beatas
Non per ſecula mille finiendas.

Iohannes Shvvab Bregenſis, Sacrarum literarum Studioſus.

FINIS.

About this transcription

TextChristliche Vnd in Gottes Wort gegründete Leichpredigt/ von dem Geistlichen Schmuck vnd Ehrenkleidt
Author Johannes Francius
Extent52 images; 13943 tokens; 4258 types; 96964 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationChristliche Vnd in Gottes Wort gegründete Leichpredigt/ von dem Geistlichen Schmuck vnd Ehrenkleidt [...] Bey der begräbnüß der Erbarn vnd Ehrentugentsamen Jungfrawen Anna Johannes Francius. . 52 s. e.Oels1598.

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Universitätsbibliothek Breslau Universitätsbibliothek Breslau, 4 W 1770 / 539213

Physical description

Fraktur

LanguageGerman
ClassificationGebrauchsliteratur; Leichenpredigt; Gebrauchsliteratur; Leichenpredigt; ready; aedit

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Publisher
  • dta@bbaw.de
  • Deutsches Textarchiv
  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
  • Jägerstr. 22/23, 10117 BerlinGermany
ImprintBerlin 2019-12-10T09:36:19Z
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Holding LibraryUniversitätsbibliothek Breslau
ShelfmarkUniversitätsbibliothek Breslau, 4 W 1770 / 539213
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