PRIMS Full-text transcription (HTML)
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TRIAS PRIMITIARUM Das iſt: Drey Chriſtliche Predigten / derer:
I. Pædagogia Matrũ Judaicarũ imitanda: ex Marco c. 10.
Gehalten 30. Aprilis Anno 1616. bey der Adelichen Se - pultur Jungfraw Anleins Schlaherin / jhres Alters 1. Jahrs 26. Wochen 5. Tage.
II. Hercules Chriſtianus coronandus, ex 2. Tim. 4.
Gethan 14. Maij ejuſdem Anni, bey Leichbeſtattung Johan Chri - ſtophori Schlahers / ſeines Alters 3. Jahr 37. Wochen 5. Tag.
III. Infans Paralyticus Baptizandus, ex Evang. Matth. 9.
verrichtet Domin. XIX. poſt. Trin. war der 30. Octobris Anno 1614. als drauff den folgenden Tag / erſt Todesbli - chenes vnd nunmehr ſeligen J. Anlein Schlaherin / dem HErꝛn Chriſto durch die H. Tauffe zugefuͤhret vnd einverleibet worden.
Vnd: Zu beſondern Ehren vnd wolgefallen / wie denn auch zu krefftigen vnd beſtendigen Troſt / Den Edlen / Geſtrengen vnd Ehrenveſten / Eleazaro Schlahern / von der Nimka / Erbherrn auff Cloͤſterlein vnd Cella: Vnd S. G. vielgeliebten Gemaͤhlin / etc. Welche binnen 14. Tagen obberuͤhrte zwey jhre liebe Kin - derlein muͤſſen zu Grabe begleiten / vnd jhre abgeſeelte Coͤrperlein in der Kirchen zum Cloͤſterlein / der Erden / vnſer allgemei - nen Mutter / reſtituirn laſſen.
Leipzig/ Jn verlegungAbraham Lambergs / vnd Caſpar Cloſemans
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Dem Edlen / Beſtrengen vnd Ehrnveſten / ELEAZARO Schla - hern / von der Nimka / Erbherrn auff Cloͤſter - lein vnd Cella Meinem großguͤngſtigẽ Junckern / hoch - geehrten Patrono / vnd lieben Herrn Gevattern / vnd S. Geſtr. vielgeliebten Hauß Ehr / Der Gottfuͤrchtigen Edlen / vnd Tu - gendreichen Frawen OTTILIEN, ge - bornen Klingerin / etc. Meiner in Ehren-lieben Fr. Gevatterin vnd geneigten Gutthaͤterin / Wie denn auch deroſelben anjetzo eini - gen vnd Hertzlieben Sohne / bonæ indolis & magnæ ſpei adoleſcentulo, JOHANNI - HEINRICO Schlahern / Allen meinen Andechtigen vnd fleiſſigen KirchenKindern / Wuͤnſche ich von Gott / dem Vater aller Barm - hertzigkeit vnd Troſtes / beſtendige Leibes Geſundheit / vnd hertzerquickenden Troſt / zuſampt meinen andaͤchtigen Gebet vnd Vater Vnſer / ſtets trewen fleiſſes zuvor.

EDler / Geſtrenger / vnd Ehrnveſter inſonders großguͤnſtiger Juncker / vnd hochgeehrter Patron / auch Gottfuͤrchtige / Edle / vnd Tugendreiche Fraw / beyde liebe Ge - rattern / vnd trewe Freunde.

A ijMir2Vorrede.

Mir zweiffelt nicht / es werden E. G. als fleiſſige KirchenKinder / vnd ſehr Andaͤchtige Hertzen / ſich noch erinnern koͤnnen / des ſeligen Troſts / welchen deroſelben ich vnwirdig / aus GOttes vnfehlbahrn Worte / nach anleitung der begehrten Bibliſchen Texte / vnd aus dem vermoͤgen / ſo Gott dargereichet / vorgehalten habe / als GOtt der Herr / in deſſen Buch alle vnſere Tage auffgezeichnet ſind / vnlengſt an dieſelbe E. G. wie ein gewalti - ger lauffen / vnd jhnen / durch den zwiefachenPſ. 139. v. 15. riß vnter jhren lieben Kinderlein / eine WundeIob 16. v. 14. vber die andere machen thete: Oder aber / da jhnen etwa ausgefallen were (wie wir denn alle in terra oblivionis wandeln) ſich / als fleiſſige Schuͤler Gottes des heiligen Geiſtes / anderweit vnd mehrers Troſts / aus heiliger Goͤttlicher Schrifft / aus welchen aller vnſer Troſt / gleich als aus einem ſtarcken Quel vnd HauptBrunnen / entſpringen vnd herflieſſen thut / erholet / vnd damit wider alle vbermuͤtige Gedancken gnungſam præſerviret haben: Da - hero es vielleicht des Abdrucks meiner gehalte - nen einfaͤltigen Predigten nicht ſo gar ſehr be -durfft3Vorrede. durfft hette. Vnd ich bezeuge im grunde der Warheit / daß ich niemals willens geweſen / dieſelbe zu divulgirn, ſondern mir daran gar gerne gnuͤgen zulaſſen / wann nur E. G. hier - durch in jrem betruͤbnis moͤchte getroͤſtet / vnd ne - ben der Ehre Gottes / ſolche Predigten von meinen damals geweſenen Chriſtlichen vñ ſtatlichen Au - ditorio, mit andacht vnd Chriſtlichen Eyver (wie ich nicht zweiffele) auffgenommen worden ſeyn.

Demnach aber E. G. alſobalde damals / als Gott / der Herr vnſers Lebens / daß liebe vnd nunmehr ſelige Hans Chriſtofflein abgefodert hat / vnd ich auff erfoderung bey derſelben auff - warten thete / einmuͤtig begehrten / auch ſeydhero bey mir vnterſchiedlich angehalten / daß dieſelben jhnen durch den Druck communicirt vñ ertheilt werden moͤchten / vielleicht zu einem Memorial vnd Gedaͤchtnis jhrer ſeligen lieben Kindlein: Als haben E. G. ich billich gratificirn / vnd zu willen leben ſollen: vngeachtet die wuͤnderlichen judicia, etlicher Empæctarum, quorum hîc fer - tilis admod〈…〉〈…〉 & ſeges & ager eſt, Jch weiß zwar ſubſtwol / vñ darff mirs niemand allererſt ſagen / daß in dieſen meinen Predigten wenig[A iij]Kunſt4Vorrede. Kunſt zu finden iſt: Darumb ich auch wol mit denſelben hette daheime bleiben moͤgen / vnd ſie vnter meinen andern Scartecken in occulto liegen laſſen: Aber wie kan E. G. die ein anders von mir begehren / ich widerſtreben? Denn dieſelben beyderſeits / ſich / nicht allein / den wah - ren Gottesdienſt in jhrer Kirchen zum Cloͤſter - lein zubefoͤdern / vnd das arme GottesHaus deſto beſſer anzurichten vnd zuſchmuͤcken / mit auffwendung vieler koſten / hoͤchlich bemuͤhen / ſondern auch mir vnd den meinigen / vber das ordentliche ſalarium, ſo ich Jaͤhrlich von E. G. zugewarten habe / mit ſo vielfeltigen gut - vnd wolthaten erſcheinen / daß ich nechſt Gott / vnd meinen lieben Eltern / E. G. vor meinen groͤſſe - ſten Gutthaͤter halte / vnd darumb mit hoͤchſter danckbarkeit gegen dieſelbe mich zuerweiſen mich pflichtſchuͤldig erkenne.

Ob ich aber nun wol von Hertzen wuͤnſchen wolte / wenn wuͤnſchen gelten ſolte / daß ich E. G. in etwas andern vnd froͤlichern begehren hette wilfahren ſollen: Wañ es aber doch der ho - hen Goͤttlichen Majeſtet alſo beliebet / vnnd numehr nicht zu endern iſt / was nach ſeinemGoͤtt -5Vorrede. Goͤttlichen willen geſchehen iſt: So mag ſolcher Abdruck vnd Dedication dieſer meiner einfelti - gen Leichpredigten / wie ich ſie / durch Gottes gna - de / gehalten / (wie denn auch noch einer andern / welche ich alſo / auff eignes gutachtẽ / Gott / zu Ch - rẽ E. G. zu Troſt / vñ meinen anbefohlenen Kirch - Schaͤfftein zũ vnterricht verrichtet habe / vnd den erſten zweyen / propter materiæ convenientiam, zugleich mit affigiren laſſen / welches E. G. nicht anders als wolgemeinet erkennẽ vnd auffnemen wolle) im Namen Gottes fortgehen vnd E. G. vnd deroſelben anjetzo einigen vnd Hertzlieben Soͤhnlein Hans Heinrichen / jetzo vnd in kuͤnff - tigen ein Memorial jhrer Hertzlieben Kinder - lein vnd Geſchwiſterlein ſeyn: Mir aber auch zu - gleich darzu dienen / daß ich hiermit bey denſel - ben meinen Gratial, vor alle allbereit geſchehene / vnnd noch kuͤnfftige wolthaten moͤge deponiren vnd einantworten.

Der getrewe vnd Barmhertzige Gott verleihe E. G. beyderſeits / vnd jrem lieben Soͤhnlein / fer - nere Geſundheit / vnd langes Leben / troͤſte ſiein9[6]Vorrede. in noch waͤrenden betruͤbnis / vnd be[huͤte ſie]vor allem Leid vnd Vbel / laſſe auch ſonſten ſein Gna - den Antlitz ſtets vber ſie erhoben vnd erleuchtet ſeyn / daß ſie mit Sara / Tob. 3. ſich troͤſten / vndTob. 3. v. 21. ruͤhmen koͤnnen: Das weis ich fuͤrwar / wer Gott dienet / der wird nach der anfechtũg getroͤſtet / vnd aus der truͤbſal erloͤſet vnd nach der zuͤchtigung findet er gnade / deñv. 22. du haſt nit luſt an vnſerm verderbẽ. Deñ nach dem vngewitter leſſeſtu die Sonne wider ſcheinen / vñ nach dem heulen vnd weinen vberſchuͤtteſtu vns mit frewden. v. 23.Deinem Namẽ ſey ewiglich Ehr vñ Lob / du Gott Jſrael. Das helffe Gott euch / vnd al - len frommen vnd gleubigen Chriſten / Amen.

Datum zur ObernSchlema / am Schneberg gelegen Dominica XII. p. Trin. an welchen wirMarc. 7. 37, hoͤren vnd berichtet werden / daß der HErr Jeſus alles gut vnd wol machen thut: war der

E. Edlen Geſtr. vnd Tug. Getrewer Seelſorger vnd Gevatter / M. Gabriel Güttenerus, der Juͤnger.

Die7

Die Erſte Predigt / D. O. M. S. PÆDAGOGIA MATRUM Judaicarum Imitanda.

Eingang vor der Predigt.

Die Gnade vnd Friede vnſers Herrn vnd Heylandes JEſu Chriſti / die Liebe Gottes des Vaters / vnd die Gemeinſchafft des H. Geiſtes / ſey vnd bleibe mit vns allen / zu allen vnd ewigen zeiten / Amen.

ANdaͤchtigen vnd Geliebten FreundeExordium generale à γιώμῃ Davidica Pſal. 75. v. 9. in Chriſto dem Herrn: Wir leſen Pſ. 75. daß Aſſaph der Capellmeiſter des Koͤnigli - chen Propheten Davids / vnſern lieben Gott vnd Vater im Himmel in ſeinem Gericht vnd Wunderbarlichen Regierung / vnter andern auch ein - fuͤhret / als einen Gaſtwirt vnd Speiſemeiſter / der ſeine Gaͤſte nach wuͤrden zu tractirn / vnd einem jeden ſein de - menſum vnd gewiſſes beſcheidenes theil / aus ſeinem Becher / zu reichen vnd geben pflege / vñ ſpricht alſo: Der HErr hat einen Becher in der Hand / vnd mit ſta[r]cken Wein voll eingeſchencket / vnd ſchencktBaus8Die Erſte LeichPredigt. aus denſelben: Aber die Gottloſen muͤſſen alle trincken / vnd die Hefen ausſauffen. Mit dieſen Worten zeiget vns Gott der H. Geiſt durch Aſſaph an /Gott ſchenck[e]t aus ſeinem Creutzbecher. daß zwar Gott de HErꝛ / in der taͤglichen abſpeiſung ſei - nes Volck[s]vnd aller Menſchen / keinen mit den Creutz - becher verſchone / ſondern nach ſeinen willen vnd wolge - fallen / einen jeden / welchen er haben wil / zur rechten zeit herfuͤr fordere / jme den Becher biete / vnd jhm einen gu - ten trunck draus thun laſſe. Es halte aber hierinnen vn - ſer lieber Gott vnter den Gleubigen vnd Vngleubigen / vnter den Frommen vnd Gottloſen / einen groſſen vn -1. Den Gleubi - gen vnd from - men. terſcheid. Denn ſeine frommen vnd gleubigen nimpt er bey zeit / das iſt / hier auff dieſer Welt vnd Erden / weil ſie noch ſuͤndigẽ koͤnnen / herfuͤr / vnd leſt ſie einen oder den andern trunck aus dieſem Angſt Kelch verſuchẽ. Aber das iſt noch das beſte / es ſind die Flores vnd Bluͤmlein / welche oben auff ſchwimmen / vnd jhnen zu vielfeltigen nutzen vnd frommen gereichen.

α Advitæ e -[m]enda[ti]o -[r]em. 1. Cor. 11. v. 32.1. Zwar: ad vitæ emendationem, zur beſſerung jhres boͤſen Lebens / darein auch ſie / bißweilen / als ar - me Menſchen / gerathen koͤnnen: Wie denn daher S. Pau - lus ſpricht / 1. Cor. 11. Wenn wir gerichtet werden / ſo werden wir von dem HErrn gezuͤchtiget / auff daß wir nicht ſampt der Welt verdampt werden.

β. Ad fidei pro - bationem. Syr. 2 v. 5.2. Ad fidei probationem, zu pruͤffung vnd vbung jhres Glaubens / denn Syrach ſagt c. 2. Gleich wie das Gold durchs Fewer / alſo werden die ſo Gott gefallen / durchs Fewer der Truͤbſal bewehret.

γ. Ad precum excitatio - nem. 3. Ad precũ exeitationẽ, zur auffmunterung im Ge - bet vnd wahrer anruffung Gottes / denn es heiſt / wieEſaias9Die Erſte LeichPredigt. Eſaias ſagt c. 26. Herr wenn truͤbſal da iſt / ſo ſuchtEſa. 26. v. 16. man dich / wenn du ſie zuͤchtigeſt / ſo ruffen ſie eng - ſtiglich. Daher wird auch ſolcher Creutzbecher der Got - tes fuͤrchtigen vnd gleubigen genennet: Calix ſalutaris, ein heilſamer Kelch / Pſ. 116. Jn welcher betrachtungPſ. 116. v 13. denn alle gleubige Hertzen ſolchen Creutztrunck mit ge - dult vertragen / vnd mit David ſagen koͤnnen ex Pſ. 119. Pſ. 119. v. 71.Bonum eſt mihi, Domine, quod humiliaſti me, Es iſt mir gut / HErr / daß du mich gedemuͤtiget haſt / daß ich deine Rechte lerne. Wann es aber mit dieſen2. Den Vnglen - bigẽ vñ Boͤſen. Creutzbecher auff die Neige vnd Hefen koͤmpt / da muͤſſen denn auch herfuͤr / die boͤſen / vngleubigen vnd gottloſen / die ſich ſonſten der Welt gar redlich genietet haben / vnd mit dieſen Angſtkelch vnd Creutzbecher eine geraume zeitAd interitum & æternam damnationẽ. ſeind verſchonet blieben: Die muͤſſen alsdann alle ſauf - fen / vnd die Hefen verſchlucken / welche jhnen ſo herbe vnd bitter werden fuͤrkom̃en / daß ſie hiervber vergehen / dau - meln / vnd in Abgrund der Hellen / mit jenem gottloſenLuc. 16. Schlampampen / Luc. 16. fallen werden.

Daher dieſer Becher der Gottloſen genennet wird Calix fu -Eſ. 51. v. 17. & 22. rori der Kelch des grimmes / vnd ein Daumel Kelch / Eſ. 51. einIer. 25. v. 15. Becher vol zorns / bey Jeremia c. 25. Ein Wein des zorns GottesApoc. 14. v. 10. Apoc 14. Ein Kelch des Weins von ſeinẽ grim̃igen zorn / Apoc. 16. Apoc. 16. v 19.

Zu dem erſtẽ Creutztrunck hat Gott anfenglich gezogẽ / vnſere erſte Groß Eltern / viel heiliger Patriarchen vnd Propheten / jaVide etiam Ierem. 12. v 3. ſeinen lieben Sohn Jeſum Chriſtum / der ſich ſelbſt in ſeinẽ Angſt -Malach. 3. v. 18. ſchweiß verlauten lieſſe: Er wolle den Kelch gar gerne trin -Syr 41. v. 8. cken / den jhm Gott ſein himliſcher Vater hette eingeſchenckt. 1. Pëtr 4. v. 17. 18.

Darumb trinckt er auch denſelbẽ hernach zu / den beydẽ KindernLuc. 23. v. 31. Zebedæi / zu welchen er ſagte Matth 20. Meinen Kelch ſolt jhrMatth 26. v. 39 & 42. trincken / das alles aber iſt ein klarer vnd lauter Wein geweſen / darumb er jhnen auch zum beſten vnd jhren frommen gereichet iſt. Matth. 20. v. 23.

B ijDie -10Die Erſte LeichPredigt.

Dieſen Angſt Kelch vnd Creutz Becher hat nun auch anjetzo vnſer lieber Herr Jeſus Chriſtus voll einge - ſchenckt vnd zugetruncken / dem Edlen / Geſtrengen / vnd Ehrnveſten Eleazaro Schlahern von der Nimka / auff Cloͤſterlein vnd Cella / vnd S. Geſtr. Tugendrei - chen Gemaͤhlin / beyden meinen hochgeehrten vnd lieben Gevattern / in deme er jhnen ein rechtes Hertzklaͤmmer - lein auffgezogen / vnd jhr einiges vnd vielgeliebtes Toͤchterlein / Jungfraͤwlein Anlein / am verſchienen Sonnabend fruͤe vmb halb ſechs Vhr / nach ſeiner har - ten vnd ſchweren Weinbergsarbeit / durch einen ſanff - ten vñ ſeligen Simeonis Schlaff von dieſer muͤheſeligen vnd bedrengten Welt abgefodert / vnd ſeinem Seelichen nach / in ſein ewiges EhrenReich verſetzet hat: Vber weichen ſtarcken vnd herben Creutztrunck jhnen frey -Pſal. 60. v. 5. lich wol beyde jhre Augen vbergehen / daß ſie ſagen moͤch - ten mit David / Pſalm 60. Du haſt vns / du lieber Gott / ein hartes erzeigt / du haſt vns einen Trunck Weins geben / daß wir daumeln.

ϖρο[παρα -] σ[α]ευὴ. Concionis. Weil vns aber in alle wege gebuͤhren wil / auch in die - ſer vnſer verſamlung / da numehr das Leid faſt am groͤ - ſten / jhren Adelichen Gemuͤthern / vnd hochbekuͤm̃ertenIer. 16. v. 7. Hertzen / mit dem TroſtBecher Goͤttliches Worts zu - begegnen / jhnen zuzuſprechen vnd aus derſelben darzu - thun / daß ſolcher jhr Creutztrunck ein rechter lautererPſ. 116. v. 13. Liebestrunck ſey: Wider welchen ſie ſich nicht ſetzen oder ruͤmpffen / ſondern denſelbẽ vielmehr gar gern annemẽ / vnd mit David ſagen ſollen: Calicem ſalutarem acci - piam, & nomen DOMINI invocabo, Jch wildenheil -11Die Erſte LeichPredigt. heilſamen Kelch des HErꝛn nemen / vnd ſeinen Namen verkuͤndigẽ vnd anßbreiten: Vnd aber wir / ohne huͤlffe vnd beyſtand des H. Geiſtes / nichts koͤnnen oder vermoͤgen / ſo iſts ja billich vnd recht / daß wir zufoͤ - derſt den ewigen vnd Barmhertzigen Gott in demut anſprechen vnd bittẽ / daß er vns hierzu aus gnaden ver - leihen wolle / die krafft vñ beyſtand ſeines H. Geiſtes / da - mit ſolchs wol vnd gluͤcklichen gerathẽ moͤge / befoͤrderſt ſeiner Goͤttlichen Majeſtet zu Lob / Ehr / vnd Preiß / den hochbekuͤmmerten Hertzen zu kraͤfftigen Troſt vnd vns allen zu trewẽ vnterricht / zu beſſerung vnſers ſuͤndhaff - ten Lebens vnd Wandels / vnd endlich zu ewiger Seelen Heil vnd Seligkeit.

Solches von Gott / dem Vater vnd Gott alles Troſtes vnd Segens zuerlangen / ſo betet mit mir aus andaͤchtigem Hertzen / ein gleubiges vnd an - daͤchtiges / Vater vnſer / ꝛc.

E. Chriſtliche L. wolle in der furcht Gottes anhoͤren / einen ſchoͤnen Text vnd Hiſtori / wel - che wir zum grund inſtehender Leichpredigt vor vns nehmen / vnd betrachten wollen / die wird vns beſchrieben von Marco c. 10. Vnd lauten derſelben Wort alſo:

TEXTUS.

Ex Matco cap. 10. v. 13. &c.

VNd ſie brachten Kindlein zu Je -Marc. 10. v. 13. ſu / daß er ſie anruͤhrete. Die Juͤn -v. 14.B iijger12Die Erſte LeichPredigt. ger aber fuhren die an / die ſie trugen. Da es aber Jeſus ſahe / ward er vnwillig / vnd ſprach zu jhnen: Laſſet die Kindlein zu mir kommen / vnd wehret jnen nicht /v. 15. denn ſolcher iſt daß Reich GOttes. War - lich / ich ſage euch / wer das Reich Gottes nicht empfehet als ein Kindlein / der wirdv. 16. nicht hienein kommen. Vnd er hertzet ſie / vnd leget die Haͤnde auff ſie / vnd ſeg - nete ſie.

Außlegung.

Exordium ſpeciale à cõ muni Pro - verbio. Kinder kom̃en von Hertzen / vnd gehen wie - der zu Hertzen Cujus. ANdaͤchtigen vnd Geliebten Freunde in Chriſto dem HErrn: Es iſt zwar ein all - gemeines / aber doch warhafftiges Sprich - wort / wenn man ſagt: Kinder kommen von Hertzen / vñ gehen wit der zu Her - tzen: Da durch vns zuverſtehen gegeben wird / die groſ -I. Explicatio ϖ αραφρα - ςικὴ. ſe affection vnd liebe / ſo alle Chriſtliche Eltern zu jh - ren lieben Kindern / als zu jaem eignen Fleiſch vnd Blut haben vnd tragen. Denn weil ſolche jhre Kinder / nechſt Gott den Allmechtigen / von jhnen das Natuͤrliche Leben haben / ſo koͤnnen ſie es nicht vbers Hertz bringen daß ſie derſelben ſoltẽ vergeſſen / ſie verlaſſen / vñ fuͤr ſie nicht ſor - gen / wenn ſie in ein Creutz oder widerwertigkeit ge - riehten: ja das es jhnen nicht ſchmertzlichen wehe thunſolte13Die Erſte LeichPredigt. ſolte / wenn ſie gantz vnd gar von dem grimmigen Menſchenwuͤrger / dem Tode / hinweg vnd aus jhren Augen geriſſen werden. Daher verwundert ſich auchII. Confirma - tio per die Goͤttliche Majeſtet ſelbſt Eſai. 49. wie es doch wolα. Dicta. Eſa. 49. v. 15. Pſal. 103. v. 13. muͤglich ſeyn koͤnne / daß eine leibliche Mutter jh - res Kindes vergeſſen ſolle? Pſal. 103. ruͤhmet auch Gott der Herr die groſſe liebe / die die Vaͤter gegen jhre Kinder haben / vnd gefellet jhme daſſelbe ſo wol / daß er auch ſeine trewe Vatersliebe gegen daß gantze Menſchliche Geſchlecht / darinne vergleichen thut. Wird alſo hiemit volkoͤmlich beſtetiget / was auch S. PaulusEph. 5. v. 29. ſagt Eph. 5. Niemand hat jemals ſein eigen Fleiſch gehaſſet / ſondern er nehret es / vnnd pfleget ſeyn / das iſt / er hat eine hertzliche liebe vnd trewe fuͤrſorge vor daſſelbe.

Vnd daß deme alſo ſey / daß beweiſen auch / nebenβ. Exempla. der taͤglichen Experientz vnd Erfahrung / die Exempel heiliger Goͤttlicher Schrifft.

Nemet vor euch ex 2. Sam. 18. den lieben Koͤnig1. DAVIDIS. 2 Sam. 18. v. 33. vnd Propheten David: Da der die Poſt bekoͤmpt / daß ſein Sohn Abſolon / der doch gar ein vngehorſamer ſtrick vnd boͤſe blatter war / von Joab mit dreyen Rennſpieſ - ſen were durchſtochen worden / hilff Gott / wie klaͤglich thut doch der liebe Vater / wie winſelt vnd weheklagt er: Mein Sohn Abſolon / mein Sohn / mein Sohn / wolte Gott / ich muͤſte fuͤr dich ſterben.

Sehet an die arme Witwe zu Naim / wie klaͤglich thut2. Viduæ Naimiticæ. Luc. 7. v. 13. doch dieſelbe / als jr lieber Sohn / deſſen ſie ſich / nechſt Gott als eines baculi ſenectutis, getroͤſtet hatte / Todes ver - blichen / vnd nunmehr zum Stad Thor aus / vñ zu ſeinemGrab -14Die Erſte Leich Predigt. Grabſtaͤdtlein getragen wuͤrde / darumb es auch den Herrn Chriſtum ſo ſehr jammert / daß ers nicht laſſen konte / er muſte jhr helffen.

4. Matrum Bethlehemi - ticarum. Matth 2. v. 17 ler. 31. v. 15.Da die armen vnſchuͤldigen Kinderlein zu Bethle - hem / von dem grimmigen Tyrannen vnd Bluthunde Herode Aſcalonita jaͤmmerlich erwuͤrget vnd nieder - geſebelt wurden / hilff ewiger Gott / wie klaͤglich geber - deten ſich doch jhre armen vnd betruͤbten Muͤtter / alſo daß ſie ſich auch nicht wolten troͤſten laſſen / Jer. 31. Matth. 2.

4. Iairi. Bünting. in Itin. f. 22. & 25.Betrachten wir Jairum, den Oberſten der Schulen zu Capernaum (oder / wie Büntingius in ſeinem Itine - rario gewiſſer davon ſchreibet / zu Cæſarea Philippi,) ſo ereignen ſich an jhme ſonderliche affectus, da es vmb ſein liebes Toͤchterlein gar mißlich ſtunde: denn als daſſelbe kranck vnnd lagerhafftig wurde / ewigerMatth. 9. v. 18 Gott / wie jammert es doch den lieber Vater / wie rennet vnd leufft er doch nur / vñ ſucht mittel vnd wege / wie ſol - chen ſeinem lieben Toͤchterlein wider moͤge auffgeholf - fen / vnd daſſelbe beym Leben erhalten werden: Ja da es allbereit verſtorben / vnd alſo fuͤr Menſchlichen Augen alle huͤlffe vnd mittel aus vnd verlohren waren verſucht er doch noch ſein heil bey Chriſto / ob daſſelbe von jhme wider ins Leben verſetzt werden moͤchte.

5. Syrophœ - niſſæ. Matt. 15 v. 22.

Das arme Cananæiſche Weiblein thut dergleichen / da jhr liebes Toͤchterlein vom boͤſen Feinde vbel tra - ctirt vnd geplaget wurde: Wie ſehniglich bittet ſie dochv. 25. nur Chriſtum vmb huͤlffe? Wie inſtendig helt ſie dochv. 27. bey jhme an? Vngeachtet / daß er ſie zu vnterſchiedenenmahlen15Die Erſte LeichPredigt. mahlen mit rauchen Worten abweiſet / ſie auch endlich gar fuͤr einen Heydniſchen Hund proclamirt vnd auß - ruffet.

Eben eine ſolche Natuͤrliche Eigenſchafft fuͤhlenIII. Applica - tio ad præſen - tes Defunctæ parentes. nun auch anjetzo die hochbekuͤmmerten Eltern / die - ſes Adtlichen Jungfraͤwleins / die ſolch jhr liebes Toͤchterlein vnd Spielvoͤglein mit heiſſen Zeeren / vnd verwundeten blutigen Hertzen / anhero begleitet haben / vnd deſſen durch den Todt abgeſeeltes Coͤrper - lein der Erden / als vnſer allgemeinen Mutter / re - ſtituirn vnd wider vbergeben wollen. O wenn da derSyr. 14. v. 1. rechte Leibes vnd Seelen Artzt JEſus Chriſtus alſo / wie bey der Syrophœniſſa, wie bey Iairo, vnd der Wit - wen zu Naim, mit ſeiner huͤlffe keme / vnd jhr viel -Exclamatio. geliebtes Anlein bey der Hand neme / daſſelbe aus ſei - nem Saͤrglein fuͤhrete / vnd den betruͤbten Eltern wider lebendig vber antwortete! Hilff Gott / was frewde vnd wonne wuͤrde ſich in jren Hertzen ereignẽ? Wie wuͤrden auch die lieben Bruͤderlein ſo froh ſeyn / dz ſie jhr liebes Schweſterlein wieder hetten? Aber was nicht ſeyn kan /Proverb. da wende vns GOtt vnſern Sinn davon. Quod differ - tur, non auffertur: Am Juͤngſten Tage wird ſichs al - les wol finden.

Vnter deſſen muͤſſen wir troſt auffſuchen aus GottesNarratio cõ - tinens. 1. Tractatio - nis futuræ ne - ceſsitatem. Wort / vnd ſolche hochbekuͤmmerte Hertzen erinnern / daß jhren lieben Toͤchterlein nicht vbel / ſondern gar wol geſchehen. Vnd daß es nicht der weiten vnd breiten Welt Gut neme / vnd wieder zu vns in dieſes Elende Qual vnd Jammerthal / wie lieblich wir Lebendigen vns auchCdaſſelbe16Die Erſte LeichPredigt. daſſelbe einbilden moͤgen / kom̃en thete. Hievzu iſt aber / von den hochbekuͤmmerten Eltern ſelbſt / fuͤr gut an -2. Textus oc - caſionem. geſehen worden / dieſer abgeleſene Text / aus dem Evangeliſten Marco: Darinnen vns fuͤrgehalten wird /3. Summam & argumen - tum Textus prælecti. eine gantz wunderliche Action vnd Geſchicht / ſo ſich zwiſchen dem Herrn Chriſto vnd ſeinen Juͤngern begeben vnd zugetragen hat / wegen der lieben Hertz - wuͤrmlein / der kleinen Kinderlein. Denn als dieſelben von jhren Muͤttern / aus Chriſtlicher affection vnd zu - neigung zu Chriſto hauffen weiſe gebracht vnd getra - gen worden / mit bitte / daß er jhnen von jhren gepre - ſten wieder helffen wolle: So wil ſolches den Juͤngern Chriſti / die jhren lieben Herrn vnd Meiſter nicht gerne zuviel wolten moleſtirt vnd beſchweret wiſſen / verdrießlich fuͤrkommen / davumb ſie auch dieſelben ab - weiſen / vnd jhnen den Paß verlegen. Aber das wil Chri - ſto / dem trewen Kinderfreunde / keines weges gefallen / lieſet jhnen derowegen ein gutes derbes Capitel / vnd vnd vertrit die lieben Kinderlein mit einer vberaus herrlichen vnd ſchoͤnen Apologia vnd Schutzrede / dar - innen er jhnen / mit gar hellen vnd deutlichen Worten / daß ewige Leben vnd Seligkeit zuſchreibet: Vnd darne - ben ſeine Juͤnger verwarnet / daß wo ſie nicht den kleinë Kindevlein gleich ſeyn wuͤrdẽ / wuͤrdẽ ſie keines wegs / wie ſie / ewig gerecht vñ ſelig werdẽ. Fordert darauff die lie - ben Hertzwuͤrmlein wider zu ſich / nimpt ſie auffn Arm / halſet vnd hertzet ſie / vnd ſegnet ſie an Leib vnd Seel.

Propoſitio tripartita. Conſiderabi-ams:

Damit wir nun ſolche ſchoͤne Kinder Hiſtoriam wol behalten / vnd zu vnſern nutzen anwenden moͤgen / wol - len wir ſie abtheilen nach den jenigen Perſonen / die vnsdar -17Die Erſte LeichPredigt. darinnen fuͤrgehalten werden. Denn da wollen wir fuͤr vns nemen:

  • I. Die Chriſtlichen vnd frommen Eltern /
    I. Parentes adducentes.
    vnd an jhnen betrachten / mit was groſſen eyver vnd fleiß ſie jhre liebe Kinder zu Chriſto gebracht / vnd fuͤr ſie gebeten
  • II. Die Juͤnger des HErrn Chriſti / vnd
    II. Diſcipulos murmurantes.
    wie dieſelbe dieſe trewhertzige Eltern gar vbel an - gefahren / vnd jhnen dem Paß / zu Chriſto zu kom - men / verlegt haben.
  • III. Den HErrn Chriſtum ſelbſten / wie
    III. Chriſtum increpantem, liberosque promtiſsimè ſuſcipientem.
    derſelbe vber dieſem vnbilligen beginnen ſeiner Juͤnger ein Hertzlich mißfallen tregt / vnd dero - wegen die lieben Kinderlein wider ſie / mit einer gewaltigen Apologia vnd Schutzrede vertrit die Kinderlein auch ſelbſt wider zu ſich fodert / vnd jh - nen alle Liebe vnd Freundſchafft erweiſet.

Was vns nun bey jeder Perſon / an Lehr / Troſt vnd Vermanung noͤtig wird zubehalten ſeyn / ſol mit weni - gẽ / vnd was die zeit wird leiden wollen / beruͤhret werdẽ.

Der Barmhertzige Gott verleihe vns hierzuVOTVM. die krafft vnd gnade ſeines H. Geiſtes / vmb Jeſu Chriſti / des groſſen Kinderfreundes willen / Amen.

DE PRIMA PERSONA.

BElangende / Geliebte / die erſte Part derI. Perſona. Parentes. Perſonen / nemlich die Chriſtlichen Eltern vnd from̃en Muͤtter / die jhre liebe Kinder zu Chriſto gefuͤhret / vnd fuͤr ſie eine trewe Collect vnd fuͤrbitteC ijeinge -18Die Erſte LeichPredigt. eingelegt / ſo ſagt davon der Evangeliſt Marcus alſo: Vnd ſie brachten Kindlein zu JEſu / daß er ſie an - ruͤhrete. Hie haben wir L. C. abermals ein Exem - pel / oben angezogenen Sprichworts: Kinder kommenOccaſio & cauſa Facti. von Hertzen / vnd gehen wieder zu Hertzen. Denn es ſey gleich / daß dieſen Chriſtlichen Muͤttern jhre liebe Kinder ſiech vnd kranck / vnd alſo gar lagerhafftig wer - den / welches denn ſolchen kleinen Kinderlein / wegen jrer weichen vnd zarten Natur / gar leichte bereitet iſt: Oder aber / daß ſie ſonſten in Hoffnung geſtanden / ſolche jhre liebe Kinder wuͤrden in kuͤnfftigen deſto beſſer gera - then / fromm werden / vnd gediegene Leute an Leib vnd Seel ſeyn vnd bleiben / wenn nur Chriſtus der HErꝛ / welcher ſich bißher im gantzen Juͤdiſchen Lande mit Lehren vnd Wunderwercken gewaltig herfuͤr gethan / vnnd jhme einen groſſen zulauff gemacht hatte / keine Gnadenhand auff ſie legen / ſie anruͤhren / vnd ſeinen Goͤttlichen Segen vber ſie ſprechen wuͤrde: So nemen ſie traun dieſes groſſen Wunder Prophetens wol war / vnd weil ſie erfahren / daß er eben jetzo gar nahe vnd zur ſtelle ſey / ſo machen ſie ſich auff / nemen jhre liebeFactũ ipſum. Hertzwuͤrmlein eins theils auff jhre Arme / eins theils auch wol auff jhren Hals vnd Ruͤcken / eilen damit zu Chriſto / vnd bitten jhn in demuth / er wol ſich doch jh - rer / vnd jhrer lieben Kinder erbarmen / ſich derſelben annehmen / vnd ſie curiren vnd heilen / oder aber ſie ſonſt mit Gnaden benedeyen vnd ſegnen: Sintemal ſie doch des ſtarcken vertrawens zu jhme leben / es werde jhme / als einem allmechtigen Herrn / zuthun nichtgroſ -19Die Erſte LeichPredigt. groſſe muͤhe vnd arbeit koſten / ſondern wenn er nur ſei - ne Allmechtige Gnadenhand außſtrecken / vnd ſie an - ruͤhren werde / ſo werde jhren lieben Kinder alſobalde an Leib vnd Seel gerathen vnd geholffen ſeyn. WirdVaticinij Prophetici impletio. alſo durch dieſe fromme vnnd trewhertzige Muͤtter er - fuͤllet / was der heilige Prophet Eſaias viel hundert Jahr zuvor im Geiſt geſehen vnd Propheceyet hatte /Eſa. 49. v. 22. cap. 49. So ſpricht der Herr Herr: Sihe / ich wil meine Haͤnde zu den Heyden auffheben / vnd zu den Voͤlckern mein Panier auffwerffen / ſo werden ſie deine Soͤhne in den Armen herzu bringen / vnd deine Toͤchter auff den Achſeln her - tragen.

USUS. VSVS.

Hierbey / lieben Chriſten / haben alle Chriſtliche1. Νουϑετικὸς De piorum Parentum of - ficio. Eltern ſollen j - re Kinder Chri - ſto zufuͤhren. Eltern / eine feine warnung vnd erinnerung zubehal - ten / daß ſie auch ſchuͤldig ſeyn / dem Exempel dieſer from - men Muͤtter nachzufolgen / vnd ſich jhrer lieben Kinder anzune[m]en / ſie zu Chriſto zufuͤhren / vnd ja nicht von jhme abzuhalten. Denn da ſtehet der klare vnd auß - druͤckliche befehlich Chriſti / darinnen er ſolchs gar ernſt - lich erfordert: Laſſet die Kindlein zu mir kommen /α. Propter Man - dati divinia reverentiam. vnd wehrets jhnen nicht / deme mus man ja gehor - chen / wil man anders die hulde vnd gunſt Chriſti / daran vns ſehr viel gelegen / haben vnd behalten. Es erfo -β. Propter in - natam φιλοςοργίαν derts auch jhre eingepflantzte Natuͤrliche Liebe / die ſie als Eltern gegen jhre Kinder haben vnd tragen ſollen. Wie koͤnnen ſie aber jhre Kinder mehr lieben / als wenn ſie jhnen alles liebes vnd guts goͤnnen / welches ſie traun warhafftig bey Chriſto finden vnd erlangen: Denn daC iijliebet20Die Erſte LeichPredigt. liebet er ſie nicht alleine / halſet vnd kuͤſſet dieſelbe / ſon - dern gibt jnen auch gar dz ewige Leben vñ Reich Gottes / welches ein Schatz vber alle Schaͤtze iſt. Darumb ja bil - lich dieſe zufuͤhrung jhrer Kinder ſolle fuͤrgenommen vnd zugelaſſen werden.

II. Παιδευτικὸς Q. De medijs. quibus pij pa - tentes liberos ſuos Chriſto adducere poſ - ſunt. Durch was mittel oder wege aber / moͤchte ein einfeltiges Vater oder MutterHertz fragen / kan ich mein liebes Kind zu Chriſto fuͤhren vnd bringen? Ja / wenn er mir auch ſo nahe / als dieſen Muͤttern / were / oder gleich noch einen guten weg weiter / es ſolte mich traun keine muͤhe koſten / tawern oder rewen: dieſen einfelti - Chriſtus iſt vns nahe. gen wil ich mit einfeltigen vnterricht aus Gottes Wort begegnen / Chriſtus der rechte Kinderfreund / iſt vns traun nicht weit / ſondern gar nahe vmb vnd bey vns / ob wir jhn gleich nicht alſo ſehen / vnd anlauffen koͤnnen / wie hier dieſe lieben Muͤtter / laut ſeinen troͤſtlichen ver -Ier. 23. v. 23. heiſſungen: Jerem. 23. Bin ich nicht ein Gott / der nahe iſt / vnd nicht ein Gott / der ferne ſey / bin ichs nicht / der Him̃el vnd Erden erfuͤllet: Vnd Matth.Matth. 28. v. 20. c. 28. Jch bin bey euch alle tage / bis an der Welt ende. Darumb duͤrffen wir nicht weit rennẽ oder lauf - fen / wir duͤrffen auch keinen groſſen Vnkoſten auffwen -Eltern koͤnnen jhre Kinder Chriſto zufuͤh - ren. den / ja wir duͤrffen auch nicht vnſere Kinder gleich alſo bey Haͤnden vnd Armen nemen / vnd ſie von ort zu ort fuͤhren: Sondern ſolch zu fuͤhren kan geſchehen auff nachfolgende art vnd weiſe:

I. Pijs preci - bus & arden - tiſsimis ſu - ſpirijs:I. Erſtlichen: Per piarum & ardentiſsimarum precum interceſſionẽ, durch ein fleiſſiges andech - tiges Gebet vnd vorbitte / wenn ſie nemlich dieſelbenim21Die Erſte LeichPredigt. im Gebet jhren lieben Gott fuͤrtragen / beydes vor vnd nach der Geburt / vnd denn auch hernach in jrem gantzenQuæ α. Neceffariò requiruntur. Ob multipli - cis periculi evidentiam. leben. Denn man betrachte doch nur ein wenig / was es wol fuͤr muͤhe / ſorge vnd gefahr hat nicht alleine mit der KinderGeburt / ſondern auch mit der KinderZucht ſo wird man befinden / daß es ja zum hoͤchſten von noͤthen thu / daß man fleiſſig bete. Wie bald kan ein Kindlein1. In gravidi - tate. verwarloſet vnd verletzt werden / auch noch vnter Muͤt - terlichem Hertzen? Was hat es doch nur fuͤr ſorge vnd2. In partu. gefahr in der Geburt? Was muͤhe vnd arbeit nimpts3. In educati - one. doch / daß ſie von boͤſen Sitten / leichter Geſellſchafft / vnd ergerlichem leben abgehalten / vnd dargegen in Gottes - furcht vnd Chriſtlichen Tugenden erzogen werden / damit ſie Gott vnd ſeiner Kirchen / wie denn auch jhrem Nechſten / vnd dem gemeinen Nutz koͤnnen dien ſtlich vnd nuͤtzlich werden / auch die lieben Eltern an jhnen / ehre vnd frewde in jhrem Alter haben vnd erleben moͤgen? Sol dieſes alles wol gerathen / ſo mus traun das liebe Gebet das beſte bey der ſachen thun.

Vnd daſſelbe ablegirn vnd fertigen auch alle Chriſt -β. Promtiſsimè in pijs exci - tantur. liche Eltern deſto lieber zu Gott abe / dieweil ſie wiſſen / daß es ſo dann nicht vergebens vnd vmbſonſt ſeyn / ſon - dern einen groſſen nutz ſchaffen werde. Denn wenn1. Ob ſingu - laris effectus confidentiam. Gebet der El - tern vor jhre Kinder ſol nit vmbſonſt ſeyn. die Gerechten ſchreyen / ſo hoͤret der HErr / vnd er - rettet ſie aus aller jhrer noth / Pſal. 34. Vnd dieſe ver - troͤſtung hat vns Chriſtus ſelbſt geben / bey thewren Eyde / Joh. 16. Warlich / warlich ich ſage euch / wasPſal. 34. v 17. jhr den Vater bitten werdet in meinen Namen / dasIoh. 16. v. 24. wird er euch geben. Darumb kom̃et billich vnd wil -Pſal. 65. v. 2. lig auch alles Fleiſch zu jhme / Pſal. 65.

Wie22Die Erſte LeichPredigt.

Wie wir denn auch deſſen viel Augenſcheinliche Exem -2. Ob exem - plorum præ - cellentiam. MONICAE, ad cujus pe - titionem fi - lius Auguſti - nus, à Deo per Spiritum S. illuminatus[a]Manichæiſ - mo ad fidem Chriſtianam convertitur. Ambroſius de Auguſti - no. pel haben in Bibliſchen vnd andern Hiſtorien hin vnd wider. Betrachtet nur Monicam, die Mutter des heiligen Auguſtini, dieſer jhr Sohn war ſo ſehr in dem Manichæiſchen Schwarm erſoffen / daß bald menniglich an ſeiner Bekehrung zweiffelte. Aber weil die Mutter ſo inſtendig vnd bruͤnſtig bey Gott fuͤr dieſen jhrem Sohn bate / ſo muſte es auch heiſſen / wie jhr Ambroſius Propheceyete: Impoſſibile eſt, ut filius tot lachrymarũ pereat, vnmuͤg lich iſts / daß ein Kind / fuͤr welches ſo viel heiſſer zeeren vñ Threnẽ vergoſſen werdë / ſolte in ſeinem Jrrthumb gelaſſen / vnd durch denſelben verdampt vnd verlohren werden.

ABRAHAE Gen. 17. v. 18.So betet Abraham fuͤr ſeinen Sohn Jſmael / Gen. 17. HANNAE, 1. Sam. 1. v. 28So that Hanna fuͤr jhren Sohn Samuel / 1. Sam. 1. SoIOBI, Cap. 1. v. 5. heiligte Job alle Tage ſeine Kinder / Job 1. Laſſet vns auch dergleichen fuͤr vnſere Kinder thun / ſo bringenϖροτρο ϖὴ ad Parentes. wir ſie Chriſto wol zu vnd haben einen guten anfang gemacht.

παραμυϑίαVnd ob ſchon hernach ein Kind vor oder in der Ge - burt Todes verbliche / ehe es das Sacraments der H. Tauffe habhafftig werden koͤndte / ſo koͤnnen ſich doch in ſolchem fall allezeit Chriſtliche Eltern troͤſten / ſie haben jhr liebes Kind nit verſeumet / ſondern daſſelbe auch nach ſeiner Geburt geheiliget / durch ein andechtiges Gebet vnd Vater Vnſer: Darumb ſie denn auch an ſeine Se -Syr. 35. v. 21. ligkeit im geringſten nicht zuzweiffeln haben: Denn dz Gebet der Elenden dringet durch die Wolcken / vnd leſt nicht abe / bis es hinzu komme / vnd hoͤret nicht auff / bis der Hoͤchſte drein ſehe / Syr. 35.

II. Koͤnnen23Die Erſte LeichPredigt.

II. Koͤnnen auch alle Chriſtliche Eltern2. Baptiſmi aſperſione. jhre liebe Kinder dem Herrn Chriſto zufuͤhren: Per citiſſimam Baptiſmi aſperſionem, durch ſchnelleNutz der bekli - gen Tauffe. befoͤrderung jhrer zur H. Tauffe. Denn daß heili - ge Hochwuͤrdige Sacrament der Tauffe iſt ja der rechte Gnadenbund / den Gott der Herr mit vns im Newen Teſtament hat auffgerichtet. Da iſt Gott der Vater / der ſie in derſelben zu ſeinen lieben Gnaden Kindern auff vnd annimpt. Jeſus Chriſtus jhr Erloͤſer iſt da / der waͤſcht vnd reiniget ſie von jhren Suͤnden / mit ſeinen Roſinfarben tewren Blute. Da iſt Gott der heilige Geiſt / der wircket in jhren zarten Hertzlein ei - nen rechten / wahren vnnd ſeligmachenden Glauben / durch welchen ſie / als Edle Reben / dem rechten le -Ioh. 15. v. 1. 4. bendigen Weinſtock Jeſu Chriſto incorporirt vndEſa. 61. v. 11. einverleibet werden / da ſie mit Kleidern des Heils angezogen / vnd mit dem Rock der Gerechtigkeit bekleidet / auch aller ſeiner andernGuͤter vñ Wolthaten fehig vnd theilhafftig gemachet werden. Vnd gleich wie ſich Gott der Vater von ſeinem lieben Sohne Jeſu Chri -Matth. 3. v. 7 ſto in ſeiner Tauffe am Jordan verlauten lieſſe: Hic eſt Filius meus dilectus: Das iſt mein lieber Sohn / an dem ich wolgefallen habe: Alſo iſt kein zweiffel / daß auch Gott der Herr zu allen getaufften Hertz - wuͤrmlein gleich ſage vnd ſpreche: Diß iſt mein liebesProv. 8. v. 31. Kind / mein lieber Sohn / meine liebe Tochter / an wel - chem ich wolgefallen / ja alle meine Luſt vnd Frewde habe.

Welch Vater - vnd MutterHertz koͤndte nun ſolcheDhohen24Die Erſte LeichPredigthohen Gnaden Schaͤtze / welche jhre lieben Kinder in der H. Tauffe bekom̃en vnd erlangen / betrachten / vnd die - ſelben lange von ſolcher Tauffe abhalten / vnd etwa vr - ſach geben / daß ſie dieſelben durch jhre verwarloſung verluſtig werden moͤchten? Denn es heiſt doch wie Chri -Ioh. 3. v. 5. ſtus ſagt / Joh. 3. Es ſey dann / daß jemand geboh - ren werde / aus dem Waſſer vnd Geiſt / kan er nicht in das Reich Gottes kommen.

De Infanti -[b]us, ante Baptiſmum extinctis. Mit denen Kindern aber / die entweder in Mutterlei - be / oder balde nach der Geburt ſterben / vnd alſo die hei - lige Tauffe nicht erlangen koͤnnen / hat es eine andere gelegenheit / vnd iſt / wie oben gedacht / an jhrer Seelig - keit nicht zu zweiffeln. Denn da gilt die Regul: Non privatio, ſed contemtus Sacramenti damnat: Nicht der verluſt / ſondern die verachtung der H. Sacrament wird zur verdamnis zugerechnet.

3. 3. Honeſta educatione. Quæ 1. jube - r. III. Kan die zufuͤhrung der Kinder zu Chri - ſto geſchehen: Per piam diſciplinam ac educationem, Durch eine fleiſſige vnterweiſung vnd Kinder zucht / zu welcher S. Paulue alle Chriſtliche ElternEph. 6. v. 4. 2. Docetur, ratione ordi - nis. vermahnet / Epheſ. 6. Jhr Vaͤter / ziehet ewre Kin - der auff in der Zucht vnnd Vermahnung zum HErrn. Dieſe Kinderzucht ſol billich den anfang ha -In α. Pietare. ben von der lieben Gottesfurcht / denn wie S. Paulus ſagt / 1. Tim. 4. So iſt dieſelbe zu allen dingen nuͤtze /2. Tim 4. v. 8. vnd hat verheiſchung dieſes vnd des zukuͤnffti - gen Lebens. Drumb ſollen ſie dieſelben jhre Kinder inβ. Bonis mori - bus. den Haͤuptſtuͤcken Chriſtlicher Lehre gruͤndlich vnter - richten / vnd hernach ſie auff Zucht / Tugenden vñ Erbar - keit leiten vnd fuͤhren: Sie auch zu etwas ehrliches hal -ten /25Die Erſte LeichPredigt. ten / damit ſie den gemeinen Nutz koͤnnen dienen / vnd mitγ. Liberalibus artibus. der zeit ſich vnd die jhrigen ehrlich verſorgen. Denn1. Tim. 5. v. 8. wer die ſeinen nicht verſorget / der iſt erger denn ein3. Probatur ab Exemplis. Heyde / vnd hat den Glauben verleugnet. Darumb ſehen wir / wie trewlich der alte Tobias ſeinen Sohn leh -α. TOBIAE c. 4. v 2. ret / vnd jhn zu allen guten vnterweiſet / Tob. 4. Elka - na vnd Hanna thun dergleichen mit jhrem Soͤhnlein /β. Elkanæ & Hannæ. dem kleinen Samuelichen / lehren jhn nicht all eine ſelbſt zu Hauſe / ſondern vbergeben jhn auch dem alten Prie -1. Sam. 1. v. 26 ſter Eli zu fleiſſiger inſtitution vnd vnterweiſung. Welches alle Chriſtliche Eltern auch thun ſollen / weil ja vmb des willen Chriſtliche Schulen verordnet / vnd erhalten werden.

Sol aber die Kinderzucht wolgerathen / vnd bey den4. Promove - tur Bonitate parentum. Kindern einen gluͤcklichen fortgang gewinnen / ſo muͤſ - ſen die Eltern ſelbſt from̃ vnd Gottfuͤrchtig ſeyn / vnd ſich Chriſtlich vnd Erbar verhalten damit die Kinder nicht geergert vnd verderbet werden / weil ſie doch ſind / wie Zunder / welche das Fewer aller vnart viel eher vnd mehr / als Tugend vnd Erbarkeit / aufffangen: Vor welches hernach die Eltern Chriſto am Juͤngſten Ge - richt ſchwere rechenſchafft zugeben haben. Denn wieMatth. 18. v. 6. 7. Chriſtus ſagt Matt. 18. Wehe dem Menſchen / durch welchen ergernis koͤmpt / Jtem: Wer ergert dieſer geringſten eines / die an mich gleuben / dem were beſſer / daß ein Muͤhlſtein an ſeinen Hals gehen - cket wuͤrde / vnd er erſeufft wuͤrde im Meer / da es am tieffſten iſt.

IV. Endlich vnd zum beſchluß / ſo koͤnnen auchPræmaturæ mortis appro - batione. D ijalle26Die Erſte LeichPredigt. alle Chriſtliche Eltern jre liebe Kinder dem HErꝛn Chri - ſto zufuͤhrẽ: Per præmaturæ Mortis approbationem, durch hertzliche Gedult vber jren ſeligẽ ableiben / wenn ſie nemlich nicht wider Gott gruntzen oder mur - ren / vngeduͤldig werden / vnd oben aus fahren wollen /Quam ſuadet ſondern es vertragen / vnd mit gedult geſchehen laſſen / wenn Gott koͤmpt / vnd jhre liebe Kinder durch ein ſeli -1. AEquitas ges einſchlaffen von dieſer boͤſen Welt abfodert. Denn was wollen ſie ſich doch auch zeihen / vnd was wollen ſie doch draus machen? Seind ſie doch nur ein bonumEltern koͤnnen Gou jhre Kin - der nicht fuͤr - hatten. communicativum, non poſſeſſivum, Gott hat ſie jnen ja nur geliehen vnd vertrawet / ſind ſein geliehen PfandPſal. 127. v. 4. vnd Gabe: Wenn er nun dieſes Pfand wieder zu ſich haben vnd loͤſen wil / wer kans jhme denn vorhalten?2. Sempiterne liberorum ſecuritas. fromme Eltern wiſſen doch / daß ſie nicht verlohren / ſondern bey Chriſto ſeyn / da ſie wol verſorget vnd be - wahret / vnd fuͤr aller Angſt vnd Qual / betruͤbnis vnd Hertzleid / Kranckheit vnd Todt geſichert vnd befreyet ſeyn.

3. Exemplo - rum authori - tas. Drumb am allerbeſten / man ſtelle / in ſolchen fall vnd zuſtande / ſein Hertz zu frieden / halte den liebenα. Maccabeæ, referente Na - zianz. in ora. de Maccab. Gott mit hertzlicher Gedult aus / vnd ſage mit der from - men Maccabæerin: Theſaurum meum Deo meo tradidi: Jch habe meinen lieben Schatz / mein liebes Kind vnnd Toͤchterlein / Gott wieder vberantwortet /β. Iob. c. 1. v. 21. weil er mir doch daſſelbe nur geliehen vnnd vertra - wet hatte. Du biſt doch / du mein liebes Kind bey Gott am allerbeſten verſorget: Non enim extincta, ſed Deo oblata es, non perijſti, ſed al〈…〉〈…〉 ò migraſti.

Jtem27Die Erſte LeichPredigt.

Jtem / mit David / als jhme ſein Soͤhnlein geſtor -β. Davidis. 2. Sam. 12. v. 23. ben: Was ſolich machen? Kan ichs auch wieder holen? Jch werde wol zu jhme fahren / es koͤmpt aber nicht wieder zu mir (verſtehet / in dieſes zeitliche Leben / vnd drangſal.)

Mit Job: Dominus dedit, Dominus abſtu -γ. Iob. eap. 1. v. 21. lit, ſit nomen Domini Benedictum: Der HErr hatte mir mein liebes Kind gegeben / hat er mirs nun anjetzo wieder genommen / ſo ſey der Name des HErrn gelobet vnd gepreiſet.

Auff dieſe maß vnd weiſe koͤnnẽ vñ ſollen alle Chriſt - liche Eltern / nach dem Exempel dieſer Chriſtlichen Muͤtter in vnſerm Text / jre liebe Kinder zu Chriſto brin - gen / vnd ſeinen Segen vber ſie an Leib vnd Seel er - langen. Vnd das iſt zumercken bey der erſten Perſon.

DE SECUNDA PERSONA.

VOrs andere / was die Juͤnger des HerrnII. Perſona Diſcipuli. Chriſti betrifft / ſo ſagt hievon S. Marcus in ver - leſener Hiſtoria alſo: Die Juͤnger aber fuhren dieTEXTVS. Cujus 1 Explicatio ϖαραφρα - ςικὴ. an / die ſie trugen. Jn dieſen Worten wird vns nun zuverſtehen gegeben / mit was vngeſtuͤm ſich die Juͤn - ger Chriſti wider ſolch freundliches zufuͤhren der Kin - derlein gelegt / vnd wie mit harten vnd rauchen Wor - ten / ja auch mit ernſten bedrewungen / ſie jhre Chriſt -Luc. 18. v. 15. liche Eltern angefahren / vnd ſie dermaſſen abgewuͤr - tzet haben / in Hoffnung / daß ſie ſich hinfuͤro nicht wi -1. Facti ἀφορμὴ, quæ poteſt eſſe. der ſo leicht zu jhnen hetten begeben ſollen. Ob ſie nun ſolches thun / aus verachtung der kleinen Kinderlein /D iijwie28Die Erſte LeichPredigt. wie denn das kleine vnd geringe der Welt die Augen je -α. Puerorum deſpectio. mals hat fuͤllen koͤnnẽ / oder gleich aus guter meinung / daß vielleicht jhr lieber Præceptor Chriſtus Jeſus nicht ſo vbrig ſehr moleſtirt vnd beſchweret werden moͤchten. β. Præceptoris ſublevatio. So handeln ſie doch auff beyden Seiten ſehr vnbeſchei - den vnd vnrecht. Darumb es auch jhnen der Herr Chriſtus gar hoͤchlich verweiſet wie wir ſo dann hoͤren wollen. Sie hetten vielmehr / als Geiſtliche Herrn / in dieſer ſachen gute befoͤrderer ſein / vñ den armen vnmuͤn - digen Kinderlein / jhrer Seligkeit halben / willig vnd trewlich dienen ſollen: Wie denn Chriſtus hernach Pe -Luc. 22. v. 33. tro inſonderheit befehl thete / Luc. 22. Wenn du der - mal eins dich bekehreſt / ſo ſtercke deine Bruͤder.

VSVS. USUS.

1. δοκιμα - ςικὸς De infirmita - te ſanctorum. Aber da ſehen wir / daß auch groſſe heilige Leute koͤn - nen fehlen vnd fallen: Wie David ſagt Pſal. 62. Groſ - ſe Leute fehlen auch / ſie wegen weniger den nichts ſo viel jhrer iſt. Darumb iſt ſich auch auff Men -Pſal. 62. v. 10 Hine. ſchen nicht zuverlaſſen / ja der dis thut / vnd GOtt2. Νουϑετι - κὸς hindan ſetzt / der iſt verflucht von Gott / wie Jer. 17. ſte - het: Verflucht iſt der Mann / der ſich auff Men -Pſal. 118. v. 8. ſchen verleſt / vnd helt Fleiſch fuͤr ſeinen Arm / vndIerem. 17. v. 5. mit ſeinen Hertzen vom HErrn weichet.

3. Ε᾽λεγκ - τικὸςEs ſind aber dieſen Juͤngern Chriſti nicht vngleich / an einem theil / die Werckheiligen vnd Papiſten / welche fuͤrgeben vnd lehren / daß die jenigen Kinderlein /α. Pontificio - rum. ſo fuͤr empfangener Tauffe / vor oder nach der Geburt / in jhren angebornen Erbſuͤnden ſterben / von Chriſto nicht ſeyn erloͤſet worden / welchs ſie wegen jhrer vn - ſchuld auch ſo gar ſehr nicht bedurfft hetten: Darumb kemen ſie auch nicht in den Himmel / vnd wuͤrden ſelig:ſondern29Die Erſte LeichPredigt. ſondern an ein ſolches Ort / da jhnen weder wol noch we -Bonavent. 14. ſentent. diſtinct. 45. he ſey: Welches die Scholaſtici Limbum puerorum, Item: Partem inferiorem nennen / den vnterſten ort / ſo vber der Hellen iſt. Denn vber die Helle zimmern ſie noch drey Conclavia auff / zu erſt vnd vnterſt ſol ſeyn / Limbus puerorum, der vnſchuͤldigen Kinder Kam̃er: Mitten / das Purgatorium vnd Fegfewer: Zu oͤberſt a - ber / Limbus Patrum, der jenige ort / da die liebẽ Patri - archen vnd Ertzvaͤter / ſampt allen H. des alten Teſta - ments / haben jñen ſitzen / vñ die alte Adams ſchuld buͤſſen muͤſſen / biß ſie durch Chriſtum in ſeiner Hellenfart vnd Aufferſtehung aus denſelbẽ ſind ausgefuͤhret / vñ alsdeñ ins ewige Leben verſetzt woꝛdẽ. Sie laſſen jhnen aber nit dran gnuͤgen / daß ſie die armen vnſchuͤldigẽ Hertzwuͤrm - lein vnd jhre Seelẽ aus den Him̃el ſioſſen / ſondern da laſ - ſen ſie auch jre todte Coͤꝛperlein anbeſondere vñ abgelege - gene oͤꝛter begraben / damit ſie ja auch im tode jnen ſo gar nahe nicht ſeyn moͤgen. Das ſind arge Kinderfeinde / welche die armen Kinderlein ohn alle ſchew verdam̃en / vnd jhnen die Seligkeit abſprechen / do ſie doch jhr Hertz vñ Gewiſſen ſelbſt vberzeugt / daß ſie es ohne verletzung deſſelben / ſo abſolutè nicht thun koͤnnen.

Noch erger machen es am andern theil die Wieder -β. Anabaptiſta - rum, taͤuffer, die verſagen nicht alleine jhren eignen Kindern die Tauffe / ſondeꝛn ob auch eines ſchon getaufft were / ſa - gen ſie doch / es ſey ſolches alles vergebens vnd vmbſonſt / koͤñe auch kein ſolch Kind ſelig werden / es wuͤrde denn in ſeinen verſtendigen Jahren wieder getaufft. Das ſind abermals arge Kinderfeinde / die in jhrer Boßheit der - maſſen verſtockt / daß ſie auch jhre eigne Kinder denHelliſchen30Die Erſte LeichPredigt. helliſchen Moloch auffopffern / vnd dem leidigen Teuffel leibhafftig zu eigen ergeben.

γ. Caiviniano - rum. Am aller ergſtẽ aber machen es auch noch heutiges ta - ges die Gottesleſterlichen Calviniſten / deñ einmal hal - ten ſie die Kinder der gleubigen Chriſten / mit den Pe -Confer cum hiſce, Bezæ, coryphæi Sa - cramentario - rum, emble - mata, egregia ſane & aurea, ex colloquio Mompelgar - denſi. lagianern / ſo gerecht vnd heilig / daß ſie des zufuͤhrens zu Chriſto gar aus nicht beduͤrffen / darumb ſie denn auch inſonderheit / ſo gar wenig von der Tauffe halten / daß ſie nichts nachfragen / es werden jhre Kinder getaufft oder nicht. Bald ſchneiden ſie jnen abe den wahren vnd ſelig - machenden Glauben (ebener maſſen / wie obgedachte Wi - dertaͤuffer auch thun) vnd alſo conſequenter des ewi - gen Leben vnd ſeligkeit. Sintemal es heiſſet / wieEbr. 11. v. 6. Ebr. 11. ſtehet: Es iſt vnmoͤglich ohne den GlaubenMar. 16. v. 16. Gott gefallen. Vnd wie Chriſtus ſagt / Mar. 16. Wer nicht gleubet / der wir verdampt. Ja dz noch mehr / ſo geben ſie auch vngeſchewet fuͤr / Gott habe viel Kinder nicht etwa vmb verdieneter ſachen willen / ſondern allein darumb / dieweil es jhme alſo beliebt vnd wolgefallen / zum ewigen Tode vnd Verdamniß deputirt vnnd ver - ordnet.

Das heiſſet ja nicht alleine gute Kinder Feinde geben / ſondern auch ein rechtes Crimenlæſæ Majeſtatis begehen / vnd das jenige Gott zumeſſen / welches ſie der - mal eins in Abgrund der Hellen ſtoſſen vnd zerſchm et - tern wird. Denn wie ſolches Gott vnd ſeinem Sohne JEſu Chriſto gefallen muͤſſe / lehret nunmehr daß dritte Stuͤck.

Denn da iſt die Frage:

DE31Die Erſte LeichPredigt.

DE TERTIA PERSONA.

VOrs dritte: Wie verhelt ſich aber auff dißIII. Perſona. Ieſus Chri - ſtus. vngleiche beginnen / der Juͤnger / vnſer lieber HErr vnnd Heyland JEſus Chriſtus?Τ. Qui indig - nationem ad - verſus Difci - pulos ſaris ab undè decla - rat. der Evangeliſt ſpricht: Da es aber JEſus ſahe / ward er vnwillig / vnd ſprach zu jhnen: Laſſet die Kind - lein zu mir kom̃en / vnd wehret jhnen nicht: Denn ſolcher iſt das Reich Gottes. Da hoͤren wir / liebe Chriſten / daß der Herr Chriſtus an ſolchen boͤſen be - ginnen ſeiner Juͤnger ein groſſes mißfallen tregt / alſo /1. Geſtaum ſeveritate. daß er ſich nicht allein an Geberden gegen ſie dermaſſen erweiſet / daß ſie daraus ſeinen Zorn vnd Vnwillen wol ſpuͤren vnd vermercken koͤnnen: Sondern er geuſt jhnen2. Verborum gravitate. quorum pro - poſitio. auch auff / gar eine herbe vnd ſcharffe Lauge: Laſſet die Kindlein / ſpricht er / zu mir kommen / vnd weh - ret jhnen nicht: Henget auch zugleich mit die Vrſach hinan / warumb ſie es thun ſollen / vnd ſpricht: Dennα. Confirmata à cauſa. jhrer iſt das Reich Gottes: gleich als wolte er zu jh - nen ſo viel ſagen: Lieben Juͤnger vnnd Bruͤder / jhr duͤrfft nicht wehren oder vermeinen / ich ſey nur vmbβ. Explicata παραφρα - ςικῶς. der Alten willen auff dieſe Welt vnd Erde kommen / vnd Menſchlich Fleiſch vnd Blut an mich genommen / oder werde etwa allein fuͤr euch vnd fuͤr ewre Suͤnde dermal eins leiden vnd ſterben: Nein gar aus nicht / ſon - dern ich ſage euch / daß mein verdienſt die jungen / klei - nen / vnmuͤndigen vnd vnerzogenen Kinderlein / ja ſo wol angehe als euch alte: Darumb ich auch jhnen zuLuc. 2. v. 12. 21. troſt vnd frewde / ſelbſt ein kleines Kindlein worden /Evnd32Die Erſte LeichPredigtEſa. 9. . 6.vnd gebohren bin: Jſt auch ſonſten Gottes meines Himliſchen Vaters ernſtlicher Will vnd Mey -Matt. 18. v. 14 nung / daß nicht jemand von dieſen kleinen ver - lohren werde / Matth. 18.

γ. Amplificata, à modo ac - quirendi vi - tam æternam. Vnd damit vnſer lieber HErr Chriſtus die armen Kinderlein / wie denn auch jhre hertzliebe Eltern / in jhren Glauben / wegen jhrer Seelen ſeligkeit / deſto beſ - ſer ſtercken vnd bekraͤfftigen moͤge / ſo ſetzt er hinzu vndΤ. ϖαράφρα - σις textꝰ. ſpricht: Warlich ich ſage euch / Wer das Reich Gottes nicht empfehet als ein Kindlein / der wird nicht hinein kom̃en. Jn vnd mit dieſen worten be - kraͤfftiget der Sohn Gottes / auch per juramentum, vñ durch einen hohen vnd thewren Eydſchwur / daß die Se - ligkeit der lieben Hertzwuͤrmlein vnd kleinen Kinder - lein / ſo gewiß ſey (vngeachtet / ob ſolches ſeine Juͤnger / oder andere hochtra bende Geiſter / in jhre hochfahrende Gedancken nicht bringen / vnd daher die liebe Jugend wol verachten moͤchten) alſo / daß auch wir groſſen vnd alten nicht eher dieſelbe erlangen ſollen / es ſey denn / das wir vnſern Kindeꝛn nachfolgen / vnd jhnen in vielen ſtuͤ - cken / ſonderlich in wahrem Glauben / in Liebe / in Ein - falt vnd Chriſtlicher Demut vnd dergleichen gleichfoͤr - mig werden. Das heiſſet ja / lieben Chꝛiſten / mit den El - tern das Depoſuit ſpielen / vnd jhnen jhre eigne Kinder / in dieſem fall / zu hochgeehrten Præceptorn vnd Lehr - meiſtern vorſtellen.

3. Facti con - trarietate. Endlich / damit der HErr Chriſtus ſeine groſſe Lie -Chriſtus enim pueros, prius à ſe depulſos, revocat; bra - be gegẽ alle liebe Hertzwuͤrmlein vollend gar ausſchuͤt - te / vnd aller Welt offenbare / wie er gegẽ ſie affectionirt vnd geſinnet ſey / ſo meldet der Evangeliſt: Er habe dieKinder -33Die Erſte LeichPredigt. Kinderlein / ſo zuvor ſeine Juͤnger Haͤuptſchew gemacht /enits & hume - ris ſuis impo - nie, baſiis ex - cipit, & omni - bus blanditiis fovet, tan〈…〉〈…〉 illis efficaciſ - ſimè benedi - cit. vnd von jhm gejagt hatten / gar mit freundlicher vnd holdſeliger Stim̃e / wieder zu ſich geruffet / habe ſie auff ſeine heilige Arm genom̃en (ἐιαγκαλισαμρυος τὰ αὐτὰ) ſie an ſeine holdſelige Waͤnglein vñ Baͤcklein gedrucket / vnd jhnen viel hertzlicher Liebeskuͤßlein gegeben / end - lich auch ſeine Gnadenhand vber ſie geſtrecket / vnd ſie an Leib vñ Seel geſegnet. Wird alſo auch hier durch Chri - ſtum noch weiter erfuͤllet was droben der Prophet E - ſaias in ſeinem Vaticinio, von dieſer KinderHiſtoria inVaticinij im - pletio, der Perſon Chriſti gedacht c. 49. Du wirſt erfahren /Eſa. 49. . 23. daß ich der Herr bin / an welchem nicht zu ſchanden werden / ſo auff mich harren.

USUS. VSVS.

O wie viel herrliches dinges ſteckt hierinnen verbor -1. Διδασκα - λικὸς. gen / lieben Chriſten. Aber damit maſſe / die zu allen din - gen gut iſt / gehalten werde: ſo mercket alleine allhierDe ſum - ma & verè admiran - da Iesu Christi dieſe Lehr / Von der groſſen leutſeligkeit vñ freund - ligkeit vnſers lieben HErrn vnd Heylandes Jeſu Chꝛiſti / welche er hat vnd tregt / nicht nur allein ins ge - mein gegen alle glaͤubige Kinder Gottes: daher er ſichφιλαιθρω - πία. verlauten leſſet Prov. 8. Delitiæ meæ cũ filiis hominũ: Jch habe alle meine luſt / als meine frewde vndProv.[8]. . 31. wolgefallen an den Menſchenkindern: ſondernκαὶ ϖαιδοφι - λία. auch voꝛnemlich vñ inſonderheit / gegẽ vnſere liebe Hertz - wuͤrmlein / die kleinen Kinderlein. Titus Veſpaſianus wurde vorzeiten genennet Amor & delitiæ generis hu -Hiſtoria T. Veſpaſiani. mani, aller Welt liebichẽ / darum̃ / dieweil er mit meñig - lich ſo freundlich vm̃ging: daher er ſich auch mit waꝛheit ruͤhmte / es were niemals einiger Menſch võ jhm betruͤbtE ijoder34Die Erſte LeichPredigt. oder trawrig hinweg gangen: Hie hetten die armenApplicatio. vnſchuͤldigen Kinderlein balde ein leere ſchicht fah - ren / vnd mit ſchaͤlen Augen vnd betruͤbten Hertzen ſollen abgewieſen werden: Aber ehe ſolches geſchehenIoh. 15. v. 14. ſolle / eher hette der Herr Chriſtus ſeinen eignen Juͤngern / die er doch vor ſeine liebſten Freunde hiel - te / den Peltz gar redlich gewaſchen / vnd jhnen die Blat - ter auffgeſtochen. Darumb er ja billich / vnd mit al -Chriſtus die rechte Kinder - Nenne. len fug vnd recht / Amor & Delitiæ puerorum, die rech - te Kinder Nenne / vnd groſſe Kinder Freund mag ge - nennet werden.

Hiſtoria Age - ſilai Regis Lacedæmo - niorum. Ageſilaus, gar ein vornehmer Koͤnig der Sparta - ner / ſetzte ſeine Junge Herrlein gar in ein ſchoͤnes Ge - mach / auff ſeinem Koͤniglichen Schloſſe / daß ſie allda miteinander ſpielen / vnd jre kurtzweil haben moͤchten: Er ſelbſt auch gieng zu jhnen in jhre Stuben / vnd ritte mit jhnen auff einen Stecken herumb: Welches jhme doch von ſeinen Raͤthen gar verweißlich gehalten wurde.

Aber vnſer Herr vnd Heyland Jeſus ChriſtusApplicatio. reumet vnſern lieben Kindern / wenn die oberzehlter maſſen zu jhm gebracht werden / ein / viel ein herrlicher Palatium, nemlichen ſeine Himliſche Wohnung /Ioh. 14. v. 2. Joh. 14. Vnd ein ſolches himliſches Haus / daß nicht2. Cor. 5. v. 1. mit Haͤnden gemacht iſt / ſondern das ewig iſt vnd bleibet / 2. Cor. 5. Er ſelbſt gehet auch mit jhnen auffs freundlichſte vmb / nimpt ſie auff ſeineEſa. 40. v. 11. cap. 46. v. 3. Arme / ja tregt ſie gantz vnd gar in ſeinem Buſem / wie ein Laͤmblein / Eſa. 40. & 46. Nimpt ſie wiederher -35Die Erſte LeichPredigt. heraus / vnd druͤckt jhnen viel liebes Hertzlein: Vnd in Summa / thut mit jhnen ſo freundlich / daß man nicht gnung ſagen kan.

Ob wir jhme nun wol ein ſolches in keine wegeII. Θανμαςι - κὸς. fuͤr vbel halten / wie Ageſilao geſchehen / ſo verwun - dern wir vns doch nit vnbillich vber ſolcher ſeiner groſ - ſen freundligkeit vnd leutſeligkeit / vnd ſagen mit Da - vid ex Pſalm 8. Was iſt doch der Menſch / daßPſal. 8. v. 5. du ſeiner gedenckeſt / vnd des MenſchenKind /Ebr. 2. v. 6. daß du dich ſeiner ſo ſehr annimmeſt / Jtem ex Pſal. 34. Schmecket vnd ſehet doch / wie freund -Pſal. 34. v. 9. lich der Herr iſt / O wol allen / die auff jhn trawen?

Wenn aber jhr / jhr Chriſtlichen lieben Eltern / alſo von der groſſen leutſeligkeit vnd liebe Jeſu ChriſtiIII. ἐϖιϑυμίτι - κὸς pro parenti - hus. Eltern haben ſich der Kinder - liebe JEſu Chriſti zutroͤ - ſten. gegen die Kinder hoͤret reden vnd predigen / ſo braucht daſſelbe zu einem beſtendigen vnd Hertzerquickenden Troſt / wegen ſolcher ewer Kinder. Denn es ſchickt es Gott der Allmechtige mit euch / oder mit ewren Kindern wie er wolle / oder es fuͤr gut anſehen moͤge / ſo wiſſet jhr doch / daß dieſelben wol verſorget ſeyn.

Muͤſſet Jhr dieſe Welt geſegnen / vnd ewre Kinder1. Jn jhren To - de / wenn ſie ſelbſt ſterben vnd die Kinder nach ſich ver - laſſen. als arme Waͤißlein hinter euch verlaſſen / ſo iſt der liebe Kinderfreund Jeſus Chriſtus da / der wil ſich jhrer gar[trewlich] annehmen / er wil ſie gegen menniglich ver - treten / vnd jhnen das Wort reden / er wil ſie ernehren vnd verſorgen / er wil ſie handhaben vnd ſchuͤtzen / gleich wie er allhier dieſelbẽ vor ſeinẽ eignẽ Juͤngern geſchuͤtzt hat: Jn Summa / alle liebes ſtuͤck wil er jhnen bewei -E iijſen36Die Erſte LeichPredigt. ſen / vnd jhnen beyſpringen / wann / wie / oder worzu ſiePſal. 68. v. 6. nur ſeiner huͤlffe beduͤrffen werden. Darumb nennetPſal. 10. v. 15. jhn auch David Pſal. 68. & 10. Patrẽ & adjutorem or - phanorum, einen Vater vnd Helffer der Waiſen: damit anzuzeigen / das ob gleich dẽ armen Kindern / Va - ter vnd Mutter von dieſer Welt vnd Erden abſterben / ſo wolle dennoch ſo dañ Chriſtus der HErr allererſt recht an Vatersſtelle treten / vñ ſich jrer / als ſeiner eignen lie - ben Kinder / gar hertzlich vnd trewlich annemen / daß esPſal. 27. . 10 recht heiſſen ſolle: Vater vnd Mutter verlaſſen mich / das iſt / ſie koͤnnen mir nicht helffen / wie gerne ſie es ſonſt thun wolten: Dominus autem ſuſcipiet me, aber der Herr nimmet mich auff / vnd wird mich / als ein Vater wiſſen zu ſchuͤtzen vnd zu verſorgen.

2. Bey dem abſchied vnd ſterben jhrer Kinder.Begibt ſichs denn nach Gottes Willen alſo / daß die Eltern im Leben bleiben vnd mit traurigen vnd weh - muͤtigen Hertzen / jhrer lieben Soͤhnlein oder Toͤchter - lein einem die Euglein zudruͤcken / mit der Witwen zuLuc. 7. v. 12. Naim den ſchmertzen Trawer Mantel vmbnehmen / vnd daſſelbe zu Grabe begleiten muͤſſen: ſo iſts abermals von Gott dem HErrn gar wol gemacht: Denn da iſt flugsLuc. 23. . 43. vnd alsbald da der Herr Chriſtus / als die heiligeApoc. 2. . 7. Kinder Nenne / der leſt jhr liebes Seelichen tragen / inSap. 3. . 1. das Paradeiß / in die Hand des Herrn / in denPſal. 31. . 6. Schoß Abrahæ / vnd ins Buͤndlein der Lebendi -Luc. 16. . 22. gen. Vnd deutſch davon zu reden / in den Himmel / ins1. Sam. 25. . 29. Reich Gottes / vnd in die ewige Seligkeit.

Nutzdesfruͤẽ abſterbens vnſer Kin - derlein.Da ſind als denn die lieben Eltern vieler Muͤhe vnd ſorge / die ſie ſonſten in jhren letzten Todeszuͤgen / jhrer Kinder halben gehabt hetten / befreyet vnd benommen:ſintemal37Die Erſte LeichPredigt. ſintemal ſie wol wiſſen / was fuͤr einen ſeligen wechſelReſpectu Pa - rentum; Multarum cu - rar〈…〉〈…〉 levatio. Reſpectu li - berorum: Omniumæ - rumnarum & malorum ſu - peratio. Simile. ſie gethan: vnd was fuͤr elend vnd wiederwertigkeit ſie numehr vberwunden / vnd zu ruͤcke getrieben haben. Denn es iſt freylich war / wie die lieben Alten geſagt: Wenn ein Kind vff den allerhoͤchſten Berge in der Welt ſtuͤnde / vñ fuͤr jm alle ſein Creutz vñ vnruh / welche es die zeit ſeines Lebens hie vff dieſer Welt ausſtehẽ ſolte / liegẽ hette / ſo koͤnte es dennoch daſſelbe nicht vberſehẽ / darum̃ / dieweil ſein ſo gar viel were Denn wohin man ſich nurWechſel im Tode. in dieſem Lebẽ wendet / allda iſts labor & dolor, muͤhe vnd arbeit: Dieſes alles aber haben vnſere liebe Kin -α à labore ad requiem. derlein vberwunden / vnd ſind hindurch: ſind dargegen / durch jhr ſanfftes ein ſchlaffen / zur Ruhe kommen / wiePſal. 90. v. 11. Sap. 4. ſtehet: Der Gerechte ob er gleich zu zeitlichSap. 4 . 7. ſtirbt / iſt er doch in der Ruhe: Vnd Apocal. 14. Se - lig ſind die Todten / die im HErrn ſterben / πάβτι,Apoc. 14. v. 13 von nun an: ja der Geiſt ſpricht / daß ſie ruhen von aller jhrer arbeit.

Hier in dieſer Welt hetten ja wol jhre liebe Kinderβ. à caducis di - vitiis ad æter - nas delitias. (wie etliche Eltern meinen) zu etwas Ehren vnd Wuͤr - den / zu ſtatlichem vermoͤgen vnd Reichthumb / vnd der - gleichen / koͤnnen gebracht werden: Aber das alles iſt einEccleſia. vergenglich thun: Weltlich Ehr vnd zeitlich Gut / Wolluſt vnd aller Vbermuth / Vergehet wie ein Graß: Aller Pracht vnd ſtoltzer Ruhm / Verfellt wie eine Wieſenblum. O wer bedencket das? Bey Chꝛiſto aber habẽ ſie das ewige Gut / dz macht rechtẽ mut: da haben ſie einen Sabbath nach dẽ andern / Eſ. 66.Eſa. 66. v. 23. ewige frewde iſt vff jrem Haͤupte / frewd vñ woñehaben38Die Erſte LeichPredigt. Eſa. 35. v. 10.haben ſie ergrieffen / Eſai. 35. Da gehet jhnen auff die Sonne der Gerechtigkeit / vnd heil vnterMalach. 4. v. 2. deſſelben Fluͤgeln / da gehen ſie aus vnd ein / vnd nehmen zu / wie die Maſtkaͤlber / Malach. 4.

γ. Ex ignomi - nia Mundi, ad gloriam & ſocietatem Angelorum. Euſeb. ad Da - maſc. de mor - te Hieron. ò mors dulcis & jucunda, quæ veram largiris vitã, quæ fugas morbos, quæ febres & vul - nera ſanas, quæ famem & ſitim ex - tinguis, ò mors, tu es pia bonis, aſpera maiis: per te itur de tribu - latione ad conſolatio - nem, de miſe - ria ad lætitiã, de labore ad requiem. Digreſsio ad noſtra tempo - ra, ſatis de - ploranda. Hier in dieſer Welt hetten jhre liebe Kinderlein nach jhren (der Eltern) Tode / als vnmuͤndige Puſilchen / in vielen dingen wol koͤnnen ſchumpfieret / vnd nur fuͤr mennigliches Fußhader gehalten werden / ſintemal doch die hochtrabende Welt / wol geringe iſt / veꝛnichtet vnd verachtet: Dort aber ſind ſie bey der hold - reichen Kinder Nenne JEſu Chriſto / die thut ſo ſchoͤn mit jhnen / daß es freylich wol war iſt / wenn Chriſtliche Eltern in jhren Hertzen ſolch liebreiches Mutterhertz Jeſu Chriſti betrachten / vnd was gna - de vnd gunſt allda im ewigen Leben die lieben Kinder - lein von jhme haben vnd nehmen / daß ſie wuͤntſchen ſolten / ſie hetten jhre liebe Kinder alle vor ſich hinge - ſchickt / ſie zu dieſem KinderFreunde JEſu Chriſto ge - bracht / vnd alſo verſorget.

Zumal jtziger zeit / da alles mit der Welt auff die Grundſuppen vnd neige koͤmpt / vnd es gewißlich in der - ſelben alſo ſtehet / daß man wol ſagen vnd fragen moͤch - te mit Chriſto / Luc. 18. Meineſtu auch / daß des Menſchen Sohn / wenn er kommen wird / Glau - ben / liebe vnd trew / zucht vnd Erbarkeit / etc.Luc. 18. v. 8. werde finden auff Erden? Denn zugeſchweigen derReſpectu 1. Mundi & Naturæ. groſſen Truͤbſal / Angſt vnd Noth / welche es nunmehr mit der Welt / als mit einem alten bawfelligen Hau -Matth. 24. v. 21. ſe / vnd zerriſſenen Pechhuͤtten / daran alles knacket vndkrachet /39Die Erſte Leichpredigt. krachet / ſampt allen Creaturen gewonnen hat / daßMatth. 24. v. 21. ſich freylich wol alles mit vns ſehnen vnd engſtenRom. 8. v. 22. moͤchte: wie viel Jrrthumb / Ketzerey vnd verfuͤhri -2. Eceleſiæ. ſche Lehre iſt doch nur bey der ſtreitenden Kirchen zu fin - den / da koͤmpt jmmer ein Gottesleſterlicher Schwarm nach dem andern auff / da ſol Chriſtus balde hie /Matt 24. v. 23 balde dort / balde in der Wuͤſten / balde in der Kammer ſeyn: vnnd da bringt ein jeder das ſeine ſo ſpecioſè vnd mit einem ſolchen ſchein fuͤr / daß frey -Marc 13. v. 21 lich auch wol / wo es muͤglich were / die Außer - wehlten in Jrrthumb verfuͤhret werden moͤch - ten. Jm Weltlichem Regiment wil Gericht vnd Ge -3. Politiæ. rechtigkeit mehr fallen / die Armen werden vnterdruͤckt / vnd hat der Gottloſe vberhand: alle Laſter vnd Vn - tugendt bleiben vngeſtrafft / vnd wird von tage zu ta - ge vbel aͤrger. Was Gottloſes vnd boͤſes Geſindlein /4. Communis vitæ. was fuͤr ſchaͤdliche vnd ergerliche Exempel / was leicht - fertigkeit vnd vppigkeit / iſt doch nur im gemeinen Le - ben bey menniglich: ſonderlich bey der Jugendt in al - len Staͤnden / man kehre ſich hin / wo man nur wolle: Auch wol bey dem Ehrlichen Adelſtande: daß es zuDehoneſtatio Nobilitatis. beklagen. Der Adelſtandt iſt gar ein ehrlicher vnd vornehmer Standt / vnd iſt vor dieſer zeit alleine mit Tugend vnd Erbarkeit / vnd mit Rittermaͤſſigen Tha - ten erwo[r]ben worden: O wie vbel wird ſolcher vorneh - mer Sta[n]dt jetzo / auch wol durch der juͤngſten Bluͤti - gen eins theils / dehoneſtirt vnd verunehret? Sinte - mahl an jetzo grob vnnd ſewiſch gnung ſeyn / ehrliche vnd alte Leute gar weitlich tummeln koͤnnen / Wein -Fvnd40Die Erſte Leichpredigt. vnd Bier Krieger ſeyn / vnd mit ſchoͤnen Damen vndEſa. 5. v. 12. Weibsbildern zur luſt vnd gnuͤge vmbgehen koͤnnen / darneben ſich auff fluchen vnnd Gottesleſtern / auff ha - dern vnd balgen / vnd dergleichen / wol verſtehen / das ſol bey jhrer vielen recht Edel heiſſen. Nun haben traun auch vornehmer Leute Kinder jhr Fleiſch vnd Blut /Sap. 4. v. 12. vnd die reitzende luſt an ſich / dadurch jhre arme vn - ſchuͤldige Hertzen koͤnnen verkehret werden: vnd ob ſie wol ſolchen jhren boͤſen luͤſten / durch fleiſſiges Gebet / vnd entſchlagung boͤſer Geſellſchafft / zuentge - hen vermeinen / ſo wil es doch bey den jetzigen Puͤrßlein nicht angeſehen ſeyn: ſondern der ſolches thut / der muß verbernheutert vnd durchechtet / veraffet vnd verpfaf - fet / vnd auff art vnd weiſe / die man nur erdencken kan / vexiret vnd tribulirt werden.

Von dieſen allen aber / vnd was noch mehr / werdenSap. 4. v. 10. v. 11. v. 12. vnſere lieben Kinderlein befreyet / weñ ſie in jrer jugend durch den zeitlichen Tod aus dẽ leben vnter den Suͤn - dern weggenom̃en werdẽ: da kan die boßheit jren verſtand / vñ die reitzende luſt jre vnſchuͤldige Her - tzen nicht verkehren / falſche Lehre kan jhre SeeleIoh. 14. v. 6. nit betriegen / ſintemal ſie anhoͤren / den HimliſchenAmbroſ. de bono mortis: Quid eſt mors, niſi ſe - pulchrum vi - tiorum, & ſu - ſcitatio virtu - tum? Doctorẽ Jeſum Chriſtum / der die Warheit ſelbſt iſt. Die boͤſen Exempel koͤnnen jnen das gute nit ver - derben / vnd ſie verfuͤren: ſondern da bekom̃en ſie zu jren Geſellen / die H. Engelein vñ Ertzengel / die derer Suͤndẽ keiner ergeben / ſondern one allen tadel vñ mangel ſeyn.

Concluſio: ἀποδεικτι - κὴ.Sehet L. Chriſten / was fuͤr krefftigen Troſt alle Chriſtliche Eltern nehmen koͤnnen / aus der leutſelig - keit vnd freundligkeit Jeſu Chriſti gegen die Kinder /es41Die Erſte Leichpredigt. es komme auch mit jhrem leben oder ſterben / wie Gott wolle.

Das ſollen ſie nun wol behalten / vnd in jhren Her -2. ϖροτρε - πτικὴ. tzen erwegen: denn wo diß geſchicht / ſo werden ſie auch / ſo es ja Gott alſo beliebte / ob den Abſcheidt jhrer lieben Kinder / jhre Hertzen deſto eher koͤnnen zu frieden ge - ben: vnd denſelben viel mehr jre ſelige Ruhe vnd Frew - de bey Chriſto goͤnnen als mißgoͤnnen: vnd durch vber - meſſige Trawrigkeit ſich an allen Leibeskrefften ſelbſt nicht alſo ſchwechen vnd abmergeln.

MEMORIA DEFUNCTÆ.

WAnn es denn nunmehr der hohen Goͤttli -Applicatio ſpecialis; ad Funus. chen Mayeſtet alſo beliebt vnd wolgefallen / daß auch gegenwertigs Edles / vnnd nunmehr ſeliges Jungfrewlein / Anlein / des Edlen / Geſtrengen vndJunfraw An - lein Schlahe - rin. Ehrnveſten / Eleazari Schlahers / von der Nimka / auff Cloͤſterlein vnd Cella / meins vielgeliebten Jun - ckern vnd Gefattern / einigs vñ hertzliebes Toͤchterlein / am verſchienen Sonnabend / fruͤe vmb halb 6. vhr / nach außgeſtandenen groſſen ſchmertzen / ſo von den beſchwer -Placida eiuſ - dem ex hac æremnoſa. vita emigra - tio. lichẽ huſten / vnd hieraus erweckten Freſel / entſtanden / durch ein ſanfftes vnd ſeliges Einſchlaffen / von dieſer Welt vnd Erden abgefordert worden: ſo kan es zwar freylich / wie zu erachten / bey den Chriſtlichen Eltern vñ Bruͤderlein / ohne betruͤbung vnd hertzeleid / ja wol ohne heiſſe Zeeren vnd Threnen nicht abgehen: ſintemal esLocus auch ein ſtuͤck jres Hertzens / Fleiſches vnd Bluts gewe -παιδευτι - κὸς de cauſis miti - gandi doloris. ſen: Es koͤnnen aber doch ſie / als Chriſtliche vnd Gottſe - lige Hertzen / durch beyſtand des H. Geiſtes / dieſen jhrenF 2luctum42Die Erſte Leichpredigt. Chriſtliche Ei - tern koͤnnen jhre Trawrig - keit maͤſſigen / wenn ſie be - dencken:luctum gar leichtlich moderirn, vnd jhre Trawrigkeit fahren laſſen / wenn ſie bedencken:

1. Daß ſolch jhr liebes Toͤchterlein nicht et -I. Voluntatis divinæ im - mutabilitatẽ. wa ohn gefehr dieſem zeitlichen Tode vnd Einſchlaf - fen ſey vntergeben worden: wie ſonſten die Gottloſen Epicurer vnd Weltkinder ſich verlauten laſſen / Sap. 2. Sap. 2. v. 2.Ohn gefehr ſind wir gebohren / ohn gefehr fahren wir wieder dahin / als weren wir nie da geweſen. SondernIob. 1. v. 21. do iſt ſolches geſchehen / nach dem gnedigen willenPſal. 68 v. 20. vnd wolgefallen vnſers lieben Gottes: Gott hat -Pſal. 75. v. 9. te es jhnen gegeben: Eben der HErr vnd Gott hat es jhnen jtzo euchwiedergenommen: GOtt hat jh - nen dieſe Laſt auffgelegt: Der HErr hat jhnen dieſen Angſtkelch vnd Creutzbaͤcher eingeſchen - cket. Wer kan nun ſeinem willen vnnd wolge - fallen widerſtreben: oder wider denſelben etwas anfan -Tob. 3 v. 20. gen? Sintemal des HErrn Raht nicht in Men - ſchen gewalt ſtehet / Tob. 3. Hier muß man jhme1. Sam. 3. v. 18 traun ſtille halten / vnd mit Eli ſagen 1. Sam. 3. Es iſt2. Sam. 10. v. 12. der Herr / Er thut / was jhme wolgefellet: Mit1. Maccab. 3. v 6〈…〉〈…〉. Juda Maccabæo: Was Gott im Himmel wil / dasMatth. 6. v. 10 geſchehe: Mit Chriſto vnd Paulo: Des HerrnAct 21. v. 14. Eccleſia. wille geſchehe: Was mein Gott wil / das geſche - he allezeit / ſein will der iſt der beſte.

II. Status, per Mortem ade - pti, felicita - tem. 2. Sie bedencken ferner / wohin denn wol die - ſes jhr liebes Anlein kommen ſey? das abgeſeelde Coͤrperlein ligt zwar noch allhier auff der Baar / vndα. Corpus. wird gar balde der Erden / vnſer allgemeinen Mutter reſtituirt werden: Doch ſollen alle ſeine Steubleinvnd43Die Erſte Leichpredigt. vnd Gebeinlein gar wol bewahret ſeyn / daß der -Sir. 41. v. 1. ſelben keines ſol verlohren oder zerbrochen wer -Pſal 34. v. 20. den / vnd am Juͤngſten Tage ſollen ſie wieder wie einEſa. 66. v. 14. ſchoͤnes Graß / gruͤnen. Seinem Seelichen aber nach /β. Animam. iſt es jetzo ſchon bey Chriſto / dem lieben Kinder Freun -Eſa. 32. v. 18. de / vnd geneuſt mit jhme ewiger Frewde vnd Wonne / es ſitzt in pulchritudine pacis, in herrlicher vnd ſtol - tzer Ruhe / Eſa 32. da kan nichts mehr auff dieſes jhrApoc. 7. v. 16 17. liebes Toͤchterlein fallen / die Sonne oder jrgend ei - ne hitze: denn das Lamb mitten im Stuel weidet es / vnd leitet es zu den lebendigen WaſſerBrun -III. Triados - leſtis efficio - ſitatem nen. Gott Vater ſelbſt wiſchet abe von ſeinen aͤug - lein / alle Zeerlein vnd Thraͤnlein / welches das liebe Kind / hier auff dieſer Welt in ſeinen ſchmertzen hat ver -Apoc. 7. v. 17. gieſſen muͤſſen. Apoc. 7. Jeſus Chriſtus der halſetMarc. 10. v. 16 vnd kuͤſſet es / druͤckt vnd gibt jhme viel liebes ſchmetz - lein / vnd leſt es bey jhme im ewigen Segen ſeyn. Gott der heilige Geiſt der troͤſtet es / wegen auß geſtandenerEſa. 66. v. 13. noht: vnd iſt alſo dieſes ſelige liebe Anlein ein recht lie - bes Spielvoͤglein der gantzen hochgelobten Drey - faltigkeit.

Vnd hieran duͤrfft jhr / jhr hochbekuͤmmertenΑ᾽ποςροφὴ παραμυϑη - τικὴ ad parentes - ſtiſſimos, I. De Beatitu - dinis Filiolæ infallibilita - te: quæ pro - batur. Chriſtlichen Eltern / im geringſten nit zweiffeln: Sin - temal jhr ja wiſſet / daß jhr ſolches ewer liebes Toͤchter - lein ewerm Herrn vnd Erloͤſer Jeſu Chriſto ober - zehlter maſſen gar trewlich zugefuͤhret habt. Denn do habt jhr es ja alſo balde vor ſeiner Geburt GOtt dem Herrn durch fleiſſiger Gebet / nicht alleine privatim ſelbſt zugebracht / ſondern daſelbſten auch publicè inF iijoͤffentli -44Die Erſte Leichpredigt. 1. Ex fideli ad Chriſtum ad - ductione. oͤffentlicher Kirchen verſamlung jhme zufuͤhren laſſen: ſolch ewer Gebet auch / vor ewer liebes Kind / taͤglich vndα. Per interceſ - ſionem tam publicam, quàm priva - tam. biß an ſein ſeliges Ende continuirt. Jhr wiſſet ja auch / daß es mit andaͤchtigen Hertzen / (da von ich vnwirdig / meiner Perſon wegen / nach gewiſſen rede) dem Herrn Chriſto in der heiligen Tauffe iſt zugefuͤhret / von ſei -β. Per Biptiſmi regeneratio - nem. nen Suͤnden gewaſchen / dem HErrn Chriſto incorpo - rirt / vnd Gott dem Herrn zu einem lieben Chriſten Anlein iſt gemacht / auch mit dem Rock der Gerech -Eſa. 61. v. 11. tigkeit Jeſu Chriſti angezogen / vnd mit Kleidernγ. Per debitam edueationem. des Heils bekleidet worden. So habt jhrs auch / ſo viel ſein weniges Alter leiden wollen / in ewrer ſchoͤnen vnd ja recht Chriſtlichen Kinderzucht nicht verſeumet / ſondern gethan / was Chriſtlichen Eltern gegen jhre liebe Kinder gebuͤhret.

2 Ex eviden -[tiſsi]mo addu - ctionis effe - ctu. So viel auch das ſelige liebe Anlein betrifft / ſo hat ja Gott der heilige Geiſt auch in ſeinem zarten vnd jun -α. Fide, & β. Patien - tia. gen Hertzlein einen wahren ſeligmachenden Glauben gewircket / welcher ſich dann auch an jhme gar merckli - chen an tag gegeben / in deme / daß es ſeine groſſe ſchmer - tzen mit hertzlicher vnd groſſer gedult vertragen / vnd ſich ſonſt mit gar feinen Chriſtlichen geberden erwei -3. Ex deſide - rato Filiclæ defunctæ in cœlis conſor - tio. ſet hat. Darumb es denn auch Chriſto dem HErrn deſto lieber geweſen / daß er deß wegen aus Bruͤderlichem Her - tzen verurſacht worden / deſto eher daſſelbe zu ſich zu neh - men / vnd es zu ewiger Ruhe vnd vollſtendiger Frewde bey jme zu bringen. Jtzo ſtehet nun gleich Chriſtus all - hier / vnd weil er ſiehet / daß jhr Chriſtliche Eltern hier - ob etwas betruͤbt vnd trawrig worden / ſo redet er euchgleich45Die Erſte Leichpredigt. gleich ein / mit dieſen worten: Laſſet doch ewer liebes Anlein zu mir kommen / (vnd gebt euch zu frieden) vnd wehrets jhme nicht: denn ſeiner iſt das Reich Gottes / (das werdet jhr jhme nicht mißgoͤnnen.) II. De reti - nenda ani - moruin fir - mitate.

Habt jhr nun jhr frommen Chriſtlichen Eltern / auff obberuͤhrte drey maſſen ewer liebes ſeliges Toͤch - terlein Chriſto zugefuͤhret / vnd zwar mit willigen Her - tzen / ſo laſts auch vors vierde geſchehen / daß ſolch ewer liebes Toͤchterlein beyChriſto ſeyn / vnd mit jhme in vn -Cujus gratia inſpergitur: getheilten Erbe ſitzen moͤge: allda es denn auch iſt beyα. odalitij -〈…〉〈…〉 is conſi - natio. allen heiligen Engelein in lieblicher vnd Bruͤderlicher Geſellſchafft / da es iſt / bey allen Heiligen vnd Außer - wehlten Gottes Menſchen / Patriarchen / Koͤnigen vnd Propheten / in angenehmer Freundſchafft / da es iſt / bey ſeinen lieben GroßEltern / vnd vorhin geſchickten ſeli - gen Schweſterlein Annen-Ottilien / in holdſeliger Ge - meinſchafft: Jn ſumma / da es hat Friede die fuͤlle / vndPſal. 16. v. 11. liebliches Weſen / zur Rechten Gottes jmmer vnd ewiglich.

Bekuͤmmert es euch / Chriſtliche Eltern / daß es ewernβ. Ad tacitam objectionem ceſponſio. De Annorum paucitate. Ex dicto. beduͤncken nach / allzu jung vnd zeitlich geſtorben / oder todes verblichen ſey ſintemal es ſein Alter hoͤher nicht bracht / als auff ein Jahr / 26. Wochen / 5. Tage vnd 12. ſtunden: Bedencket was der Geiſt GOttes ſagt / Sap. 4. Das Alter iſt ehrlich / nicht / das lange le -Sap 4. v. 8. 9. & 13. bet / oder viel Jahr hat: Klugheit vnter den Men - ſchen iſt das rechte grawe Haar / vnd ein vnbe - fleckt leben iſt das rechte Alter: Er iſt balde voll -Cujus breviſ - ſima appli - catio. kommen worden / vnd hat gar viel Jahr erfuͤllet. O liebe Hertzen / der Allmechtige Gott kan mit ſolchenzarten46Die Erſte Leichpredigt. zarten Kinderlein freylich ſo vmbgehen / daß ſie balde vollkommen werden / vnd jhre Menſur vnd Maaß des Glaubens / ſampt andern Geiſtlichen Gaben / ſo zur Se -Per ſimile Exemptum. ligkeit noͤtig / gleich ſo wol vnd ſo balde bekommen / alsNum. 17. v. 8. wenn ſie lange gelebt hetten. Aaronis ſtecken gruͤne - te vnd bluͤhete in einer Nacht / vnd trug friſche vnd reif - fe Mandeln / andere Beume beduͤrffen Jahr vnd Tag darzu: Eben ſo compendiosè kan Gott der HErr auch noch handeln mit den kleinen lieben Kindern: bey jh -Applicatio. nen kurtz hindurch gehen / vnd das jenige / was er bey andern allgemach thut / bey jhnen alſobalde vnd mit weniger zeit verrichten. Vnd do ja ewerm ſeligen lie - ben Toͤchterlein hier in dieſem zeitlichem Leben etwas were abgangen / das ſol jhme dort im ewigen Leben garVotum. reichlich erſtattet vnd eingebracht werden.

Wir wuͤnſchen dem ſeligen lieben Anlein / vnd ſeinem Todtsverblichenen Coͤrperlein / eine ſelige Ruhe / vns allen / wenn zeit vnd ſtunde ver - handen / eine friedſame Heimfahrt / vnd denn am Juͤngſten Tage / ſampt allen gleubigen vnd Auß - erwehlten eine froͤliche Aufferſtehung zum Ewi - gen Leben / Amen.

Gott dem Vater / Sohne / vnd heiligen Geiſt / der heiligen hochgelobten DreyEinig - keit / ſey Lob / Ehr / vnd Preiß ge - ſagt / in alle Ewigkeit. AMEN.

Die47Die Ander Leichpredigt.

Die Ander Predigt. D. O. M. S. HERCULES CHRISTIANUS CO - RONANDUS.

Eingang vor der Predigt.

Die Gnade vnd Friede vnſers lieben Herrn vnd Heylands Jeſu Chriſti / die Liebe Gottes des Vaters / vnd die Gemeinſchafft des heili - gen Geiſtes / ſey vnd bleibe mit vns allen / zu al - len vnd ewigen zeiten / Amen.

ANdaͤchtige vnd geliebte Freunde inExordium generale à facto. Chriſto dem Herrn: Heute ſind es viertzehen Tage / da wir auch eine ſolche1. Præterito. trawrige LeichenProceſsion gehalten / vnd anhero zu ſeinem Ruhe - vnd Grabeſtaͤdlein gebracht vnd begleitet haben / des Edlen / Geſtrengen vnd Ehren - veſten / meines großguͤnſtigen Junckern vnd lieben Ge - fattern / Eleazari Schlahers / vnd S. G. vielgeliebten Gemahlin / einiges vnd vielgeliebtes Toͤchterlein / Jungfraw Anlein / daruͤber zwar freylich ſie / als Na - tuͤrliche Eltern / in groß betruͤbnis vnd trawrigkeit verſetzt worden. Wenn ſie aber / als hochverſtendi - ge / vnd in Gottes Wort wolgeuͤbte vnd erfahrne Chri -Gſten /48Die Ander Leichpredigt. ſten / auch andaͤchtige Kirchkinder vnd Zuhoͤrer / ſich da - mals erinnern laſſen / daß gedachtes jhr liebes Toͤchter - lein dem HErrn Chriſto / als dem groſſen Kinderfreun - de / auch ſehr lieb vnd angenehme geweſen / daruͤmb ers auch ſo zeitlich vnd balde zu ſich in ſein ewiges Ehren - Reich von hinnen abgefodert / auff daß er daſſelbe auffMarc 10. ſeine Gnaden Arme nehmen / vnd jhme viel lieber hertz - lein vnd kuͤßlein geben moͤge: Als haben ſie jhme daſſel - be willig folgen laſſen: vnd ſolten ſie nunmehr verhof - fentlich jr hertz zu frieden geſtellet haben / weil jnen wiſ - ſend / daß doch dieſes jhr liebes Toͤchterlein bey Chriſto / als ſeinen Himmels Breutigamb / gar wol vnd viel beſ - ſer / als bey jhnen / in dieſem Jammer vnd Zeerenthal / verſorget ſey / vnd weil auch Gott der HErr mit jhnen domals noch gar gleich getheilet / alſo dz er zwo jre Toͤch - terlein zu ſich in ſein Reich abgefodert / jhnen aber die lieben Soͤhne / noch in gleicher anzahl / gelaſſen hette.

2. Præſenti. Jtzo aber / liebe Chriſten / greifft Gott in etwas wei - ter / vnd wil mehr haben / als jhnen laſſen: ſintemal er auch am verſchienen Sonnabend / gegen 5. vhr / nach Mit - tage / jr juͤngſtes liebes Soͤnlein / Hanſen-Chriſtoph ergreiffen / vnd daſſelbe ſeiner Seelen nach / zu ſich in ſein Himliſches Paradies vnd ins ewige Leben / auff vnd ein - genommen / vnd zu ſeinen zweyen lieben Schweſterlein gebracht hat: daruͤmb deñ auch ferner wir heutigs tages abermals vnſere Klaglieder intoniren / vnd die betruͤb - ten Eltern die ſchwartzen Trawrkleider wieder vmb - nehmen / vnd jres lieben ſeligen Soͤhnleins abgeſeeltes Coͤrperlein anhero zu ſeiner Ruhe begleiten muͤſſen.

Ach49Die Ander Leichpredigt.

Ach wie ſchwere Fuͤſſe muß jhnen jtzo dieſer ſchmer -Exclamano παϑητικὴ. tzensgang machen? O wie muß jetzo jhr liebes Hertz im Leibe wallen / vnd ſich kochen? O wie vol heiſſer Zeeren vnd Threnen muͤſſen jhnen jetzo / vnd eine zeitlang hin - fuͤhro / jhre Augen ſtehen? Denn zwey fromme vnd hertzliebe Kinder in 14. tagen zu Grabe begleiten / jhre Coͤrperlein allda verſcharren laſſen / vnd zwo ſchwartze TodtenBahren neben ein ander eine zeitlang ſtehen ſe - hen: ſolte das nicht ſchwere Fuͤſſe: wallendes vnd mat - tes Hertz / vnd naſſe Augen machen? Jch meine ja / lie - be Chriſten / das heiſſet abermahls einen ſtarckenPſal 75. v. 9. Trunck thun / aus dem Creutzbaͤcher vnſers lie - ben Gottes?

Wann man aber Gott dem Herrn in ſein gerech -Remedium adverſus han[c]tentationem alias fatis acebam. Mauritius Imperator. ex tes Gericht nicht eingreiffen / vnd ſich wider jhn auffleh - nen / ſondern viel mehr ſagen ſolle mit den frommen Keyſer Mauritio: Juſtus es Do mine, & rectum judi - cium tuum: Herr du biſt gerecht / vnd alle dei - ne Gerichte ſind recht: Als muͤſſen auch dieſe hochbe -Pſal. 119. v. 137. truͤbte Eltern jhren lieben Gott in dieſer ſeiner gerech - ten / vnd doch auch noch Vaͤterlichen heimſuchung geduͤl - tiglich außhalten / vnd ſich dennoch allezeit troͤſten deſ - ſen / was S. Paulus ſagt Rom. 8. Wir wiſſen / daß de -Rom. 8 v 38. nen / die Gott lieben / alle dinge zum beſten dienen.

Weil wir denn nun auch zugleich bey dieſem luctu vnd conductu, Gottes ſeligmachendes Wort mit einan -ϖροπαρα - σκευὴ concionis futuræ. der zu handeln vnd zubetrachten geſinnet ſeyn: So wol - len wir zuvor den Vater aller gnaden vnd barmhertzig - keit demuͤtigſt erſuchen vnd bitten / daß er vns hierzu dieG ijkrafft50Die Ander Leichpredigt. krafft vnd beyſtandt ſeines heiligen Geiſtes / ohne wel - che ſonſt alles vergebens vnd vmbſonſt geſchicht / mil - diglichen verleyhen wolle / auff daß ſolch vnſer Chriſtli - ches vnd wol fuͤrgenommenes Werck gereichen moͤge / befoͤrderſt jhme / dem ewigen vnd barmhertzigen Gott zu Lob Ehr / vnd Preyß ſeines heiligen Namens / zu ſterckung vnſers ſchwachen Glaubens / zu Troſt vnſers bloͤden vnd erſchrockenen Hertzens vnd Gewiſſens / zu beſſerung vnſers ſuͤndhafften Lebens vnd Wandels / vnd endlich zu vnſer aller Seelen ewigen Heil vnd Se - ligkeit. Solches von GOtt dem Herrn vnge - zweiffelt zuerlangen / ſo betet mit mir / aus andaͤchti - gem Hertzen / ein gleubiges vnd ſtarckes: Vater vn - ſer / ꝛc.

TEXTUS.

2. Timoth. 4 v. 7. & 8. JCh habe einen guten Kampff gekempffet / ich habe den Lauff vollendet / ich habe Glauben ge - halten. Hinfort iſt mir bey - gelegt die Krone der Gerechtigkeit / wel - che mir der HErr an jenem Tage / der ge - rechte Richter / geben wird: Nicht mir aber allein / ſondern auch allen / die ſeine erſcheinung lieb haben.
Auß -51Die Ander Leichpredigt.

Außlegung.

ANdaͤchtige vnd geliebte Frennde inExordium ſpeciale. à γνώμη Davidica Pſal. 34 v. 20. Chriſto dem Herrn: Wenn der Koͤnigli - che Prophet David vns den zuſtand aller glaͤubigen vnd from̃en Chriſten / den es mitα. Commendatá & explicat〈…〉〈…〉 per membra. Monet euim nos David de tribus: jhnen hat hie in dieſem Leben / beſchreiben vnd zuerken - nen geben wil / ſo ſpricht er Pſal. 34. alſo: Multæ tribu - lationes Juſtorum: Der Gerechte muß viel leiden. Nicht mehr als drey Woͤrtlein ſind dieſes / L. Chriſten / aber alle drey ſind ſehr wol zu behertzigen. Denn

I. Werden wir dadurch erinnert / daß vnſer LebenI. De vitæ hu - manæ quali - tate. hie auff Erden nichts anders ſey / als nur ein rechtes leyden / odeꝛ wie Moſes ſagt Pſal. 90. labor & dolor,Pſal. 90: v. 11. Muͤhe vnd Arbeit: da man allerley vngemach / noht vnd ſchmertzen muß außſtehen / vnd ſich vnter denſel - ben / wie ein arme Made / winden vnd drehen.

II. Das ſolches leyden nicht wenig oder gering ſey /II. De tribulatio num huma - narum multi - plicitate. ſondern deſſelben gar viel: da jmmer eines dem andern die handt zu bieten / vnd von allen ſeiten her / zur rech - ten vnd zur lincken / auff einander mit ſchnellem fuſſe zuSeneca: Vni - us mali finis, eſt p〈…〉〈…〉 cipiñ alterius. folgen pflege.

III. Daß ſolch vielfeltiges leyden nicht nur etwa be -III. De tribula - tionum obje - cto. treffe die gottloſen vnd boͤſen / ſondern viel mehr vnd am allermeiſten die Gerechten / das iſt / die frommen vnd gleubigen / die ſich jres lieben HErrn Jeſu Chriſti vnd ſeines Verdienſts / wie denn auch ſonſt aller ſeiner Guͤte vnd Trew jederzeit von hertzen frewen vnd troͤſten.

Daß aber deme alſo ſey / bedarff keines langen vndβ. Confirmatâ Exemplis. außfuͤhrlichen Beweiſes / denn es bezeugets der taͤglicheG iijAugen -52Die Ander Leichpredigt. Augenſchein / auch alle Exempel der from̃en vnd Gleu - bigen im Alten vnd Newen Teſtament. Denn daß wir1. lacobi Pa - triarchæ. zu dieſem mahl vbergehen / den lieben Patriarchen vnd Ertzvater Jacob / welcher traun nicht nur allein ein groſſer Heilige / ſondern auch ein recht groſſer Creutz - traͤger geweſen iſt / die gantze zeit ſeines lebens durch vñ durch / daß er dort bey Pharaone / dem Koͤnige in Egy -Gen. 47. v. 9. pten nicht vnbillich ſagt: Wenig vnd boͤſe iſt die zeit meines lebens. Gen. 47. So nehmet fuͤr euch den jeni - gen / deſſen Namen vnd gedechtnis wir heute in vnſerm Calendario verzeichnet haben: das iſt der fromme vnd2. Iobi; en - jus memoriã Faſti annales boͤdie nohis - fuggetunt. geduͤltige Job / demſelben gibt zwar Gott der Herr ſelbſt ein ſolch herrlich vnd ſtadtlich zeugniß c. 1. & 2. daß ſeines gleichen nicht imLande ſey / ſintemalerIob. 1. v. 1. c 2. v 3. ſchlecht vnd recht vnd Gottfuͤrchtig ſey / er meide das boͤſe / vnd halte gar feſte an ſeiner froͤmmig - keit: Aber wie viel er ſich gleichwol darneben habe lei -Der liebe Job leidet verluſt. den muͤſſen / das gibt ſeine gantze Hiſtoria. Denn do koͤmpt jmmer ein hinckender Bote nach dem andern / derα. An Guͤtern vnd Rindern c. 1. v. 15. 17. boͤſeBrieffe bringet: balde daß ſeine Rinder / Eſel vnd Cameel jhme von den Arabern vnd Chaldeern / als vntrewen vnd boͤſen Nachbarn / wehren geraubet / vnd hinweg getrieben / vnd die Hirten mit der ſcherffe des Schwerts geſchlagen worden: bal -v. 16. de / daß das Fewer Gottes vom Himmel gefal - len ſey / vnd Schaff vnd Knaben verbrandt vndβ. Am〈…〉〈…〉 Geſinde vnd Kindern. v. 19. verzehret habe: balde / daß alle ſeine Soͤhne vnd Toͤchter durch einen ploͤtzlichen einfallen des Hauſes / darinnen ſie froͤlich geweſen / weren er -ſchlagen /53Die Ander Leichpredigt. ſchlagen / vnd alſo in einem huy vnd Augenblick vmb jhr junges leben bracht worden. Es bleibetJob leidet ſchmertzen: aber dabey nicht / ſondern er muß auch viel leiden auß -γ. An ſeinenteig nen Leibe. c. 2. v. 7. 8. ſtehen / an ſeinem eignen Leibe: denn aus Gottes ver - hengnis vnd zulaſſung fehret der Satan zu / vñ ſchlegt jhn mit boͤſen Blattern vnd Schweren / von der Fuͤßſolen an / biß auff ſeine ſcheitel / alſo daß er ei -VVell, in c. 2 Iobi. ne ſcherben nehmen / ſich damit ſchaben / vnd in die Aſchen ſetzen / das iſt / ſeine Klag - vnd Trawrlie - der intoniren muß. Ja das noch mehr / da er in ſolchenJob muß ſich leiden. ſeinem groſſen Haußcreutz vnd Leibsbeſchwerung anδ. Von ſeinem eignen Weibe. v. 9 10 Auguſtinus. ſeinem Weibe hette haben ſollen / Conſolatricem, ei - ne Troͤſterin / die mit jhme ein hertzliches mitleiden het - te haben / vnd mit Troſt jhme in ſeinem leiden begegnen ſollen / ſiehe ſo muſte er an jhr haben / Diaboli adjutri - cem, ein getrewe Gehuͤlffin des Teuffels / in deme ſie jn in ſeinem Creutz noch ſelbſt verhoͤnete / ſeine froͤmmig - keit jhme exprobrirte, vnd ſonſt jme manchen ſtich zum Hertzen gabe. So lieſſen es auch ſeine andern Bluts - freunde vnd Verwandten an vielen Sarcaſmis in jhrer Diſputation, ſo ſie mit jhme hielten / nicht mangeln / daß auch endlich Job / als er durch ſein Fleiſch vnd Blut /c. 3. v. 3. & c. wie denn auch durch ſo manchen anlauff des Teuffels / ein wenig vbereilet worden / den Tag ſeiner Geburt verfluchen thete. Jch meine ja / lieben Chriſten / das hieſ - ſe recht: Der Gerechte muß viel leiden. 3. D. Pauli Act. 9. v. 15.

Eben ein ſolch Exempel haben wir auch im Newen Teſtament an S. Paulo / den außerwehlten Ruͤſtzeuge Jeſu Chriſti. Denn in was groſſes leiden er / auch alſo balde nach ſeiner Bekerung geratẽ / wiſſen E. L. gar wol:vnd54Die Ander Predigt. vnd er ſelbſt erzehlet deſſelben ſehr viel vnd in groſſer2 Cor. 11. v. 23 menge 2. Cor. 11. Daß er nemlich offt ſey gefangen / vnd in Todesnoͤthen geweſen: von den Juͤdenv 24. habe er empfangen fuͤnffmahl / 40. ſtreiche / weni - ger eins: drey mahl ſey er geſteupet / vnd ein mahlv. 25. geſteiniget wordẽ: dreymal habe er Schiffbruchv. 26. erlitten / Tag vnd Nacht habe er zugebracht in der tieffe des Meers: Er habe offt gereiſet: Er ſey in fehrligkeit geweſen zu Waſſer / in fehrligkeit vnter den Moͤrdern / in fehrligkeit vnter den Juͤden vnd Heyden / in fehrligkeit in Staͤdten vnd Wuͤſten / in fehrligkeit auff dem Meer / vnd vnter den falſchenv. 17. Bruͤdern: in muͤhe vnd arbeit / in viel wachen / in hunger vnd durſt / in viel faſten: in froſt vnd bloͤſ -c. 2. v. 7. ſe / vnd ob er wol vieler herꝛlicher Offenbarungen des HEerrn ſich zu ruͤhmen hette / ſo ſey jme doch auch jnnerlich ein Pfal ins Fleiſch gegebẽ / Nem - lich des Sathans Engel / der jn mit feuſten ſchla - ge / auff daß er ſich derſelben nit vberheben moͤ - ge. Jch meine ja / das heiſt auch / ſich viel leiden muͤſſen:2. Cor. 7. v. 5. druͤmb ſagt er freylich recht 2. Cor. 7. Foris pugnæ, in - tus pavores, außwendig ſtreit / inwendig furcht.

Tranſitio ad Textum. Eben dieſer ſeiner Muͤhſeligkeit vnd leydens erweh - net er nun auch etlicher maſſen allhier in vnſerm verle -Summa ad argumentum. ſenen Spruͤchlein / in deme er ſeines geiſtlichen Streits vnd Kampffs gedencket / den er mit ſeinen Feinden habe halten vnnd kempffen muͤſſen: biß gar zu ende ſeines Lebens / da er nunmehr gar balde werde auffge - opffert / vnd zu einem ſeligen Abſchiede aus dieſer Welt befoͤrdert werden: Jn welchem Kampff er ſich doch /durch55Die Ander Leichpredigt. durch Gottes huͤlffe vnd beyſtand ſo Ritterlich vnnd Mannlich gehalten / daß er Glauben vnd gutes Gewiſ - ſen biß an ſein ende behalten / darumb er auch nunmehr das rechte Ehren Kroͤnlein davon bringen / vnnd bey Chriſto in ewiger Heriligkeit ſeyn vnd bleiben werde.

Das ich nun dieſen Text vff dieſes mahl zu erklaͤ -Cauſa & oc - caſio Textus explicantur. ren fuͤr mich nehme / welcher ſonſten mehr / von einem alten Kaͤmpffer vnnd Soldaten in dem Geiſtlichem kriege wieder Suͤnde / Teuffel / die Welt vnd vnſer ei - gen Fleiſch vnd Blut / als von einem ſo jungen vnd klei - nem Kinde / wieder welches ſich jetztgedachte Feinde / noch ſo gar vbrig hart nicht aufflehnen / handeln thut:α Nobiliſs Dn. Parentis pe - titio So geſchicht ſolches dem hochbekuͤmmerten Herrn Va - ter des verſtorbenen Knaͤbleins / zu willigem gehorſam vnd gefallen. Wenn der berichtet / das dieſes ſein ſe - liges liebes Soͤhnlein bey Lebenszeiten die gewonheit gehabt: Wenn es etwa vmb ſeiner verbrechung willen hat ſollen geſtaͤupet werden / (wie denn billich ein jeder Chriſtlicher Vater ſein Kindt ſo er recht liebet / vn -Prov. 13. v 24 vide Syr. 30. NB. ter der Zucht vnd Ruthen halten thut /) ſo ſey es jhme in die Arme vnd Ruthen gefallen / vnd gantz ſeh -& q; niglichen geruffen/ Nimme thun / nimme thun: O& q; Glaube halte / Glaube halte. Welche Soͤhnliche Zuſage dann dem lieben Junckern ſo wol gefallen / daß er offt wol vmb geringer Vrſachen willen / nur zum ſchein die Ruthe gezuckt / auff daß er dieſe ſchoͤne Zuſage vnd bekentniß ſeines lieben Soͤhnleins offte hoͤren moͤchte. Damit er ſich nun an jtzo nach ſeinem ſeligen abſcheide aus dieſer Welt / deſſelben deſto beſſer erin -Hnern /56Die Ander Leichpredigt. nern / wie denn auch ſich dabey im Geiſtfrewen vnd troͤ - ſten koͤnne / daß ſolch ſein liebes Soͤhnlein dem HErrn Chriſto / deme es in der heiligen Tauffe einverleibet worden / recht Glauben gehalten habe / hat jhme belie - bet / einen ſolchen Text zuerwehlen / der von dem Glau - ben halten eigentlich handele: Vnter welchen dann dieſer vor andern fuͤrs beſte iſt erkandt vnd behalten worden.

β Futura ex eo - ipſo Applica - tio. Es wird vns aber auch eben dieſer Text koͤnnen fein dienſtlich ſeyn / aus demſelben die hochbekuͤmmer - ten Hertzen der Eltern zuermahnen / das ſie auch nach dem Exempel Pauli / Ritterlich vnd wol kempffen / vnd jhrem trewen frommen Gott mit jhrem lieben Soͤhn - lein Glauben halten ſollen / in dieſen gar harten Scharmuͤtzeln vnd ſchweren Kaͤmpffen / vnd Creutzgaͤn - gen ſo ſie nun dieſe 14. Tage anhero / mit jhren eignen Fleiſch vnd Blut / wegen dieſer trawrigen Faͤlle jhrer lieben Kinderlein haben halten muͤſſen / auff daß ſie auch dermal eins davon bringen moͤgen das rechte Bra - beion vnd Ehren kraͤntzlein / welches ſonſten alle rechte vnd gleubige Ritter vnd Soldaten Jeſu Chriſti zuge - warten haben.

Propoſitio bipartita. Damit wir nun dieſen ſchoͤnen Worten S. Pau - li recht vnd in guter ordnung nachdencken moͤgen / ſo ſollet jhr acht haben auff nachfolgende zwey Puͤnct - lein:

I. De memora - bili Pauli E - pitaphio. I. Wollen wir ſagen: De memorabili Pauli Epitaphio, Von dem ſchoͤnen vnd denckwuͤr - digen Ruhm vnnd Ehrenzeugniß S. Pauli /welches57Die Ander Leichpredigt. welches jhme Gott der heilige Geiſt in ſeinem Her - tzen gibt / vnd zu ewigen gedechtniß / gleich zum Epi - taphio vnd Grabſchrifft ſtellet / wegen ſeines Chriſt - lichen verhaltens in ſeinem gantzen leben vnd wan - del / biß in den todt: Vns allerſeits zu einem feinen Exempel / daß wir jhme in demſelben auch nachfol - gen ſollen / wenn wir von Chriſto die Krone der Ge - rechtigkeit haben vnd erlangen wollen.

II. De æterno ſibi & omnibus pijs paratoII. De æterno o - mnibus pijs parato Bra - beio. Brabeio, Von dem herrlichen Kleinodt vnnd Himliſchen Ehrenkroͤnlein / welches er vnd alle gleubigen / die Chriſti erſcheinung lieb haben / von Chriſto im ewigen leben zugewarten haben.

Hiervon mit nutz vnd frucht etwas zu handelnVotum. vnd anzuhoͤren / gebe vns der getrewe vnd barmhertzi - ge Gott die krafft vnd gnade des heiligen Geiſtes / vmb Jeſu Chriſti willen / Amen.

DE PRIMO.

BElangende Geliebte / das erſte Puͤnctlein /De Primo. Nemlich / von dem ſchoͤnen vnd denckwuͤr -Memorabili cilicet Pau - i Epita - phio. digen Ruhm vnd Ehrenzeugniß S. Pauli: ſo hatte bißher S. Paulus ſeinen rechtſchaffenen Sohn im Glauben / vnd lieben juͤnger Timotheum / den jun -ἀφορμὴ & occaſio ejusdem. gen Biſchoff vnd Superintendenten zu Epheſo / gantz trewlich vnd mit hohem fleiß in beyden Epiſteln / ſon -1. Tim. 1. v. 2. derlich in dieſem letzten Capitel vermahnet / daß er ja1. Tim. 1. v. 1. ſein Ampt / darzu er nach dem willen Gottes beſtellet worden / gantz fleiſſig vnd redlich außrichten / vnd dasH ijjenige /58Die Ander Leichpredigt. 2. Tim. 4. v. 2. 5. 6.jenige / was einem rechten Evangeliſchen Prediger zu - ſtehe / thun / auch alles gantz geduͤltig vnd willig leiden vnd ausſtehen ſolle / was jhme boͤſes vnd widerwerti - ges in demſelben / nach Gottes willen begegnen vnd wi - derfahren moͤchte. Damit er aber jhn deſto eher vnd vnd mehr zu ſolcher trew vnd fleiß in ſeinem Ampt brin - gen / vnd darinnen ſtandthafftig wieder alles Creutz vnd verfolgung erhalten moͤge / ſo ſtellet er jhme ſich ſelbſt zu einem Exempel fuͤr / das Timotheus bedencken ſolle / wie viel widerwertiges er wol (S. Paulus) het - te erfahren vnd ausſtehen muͤſſen / vnd hette doch ſich noch allezeit gantz ſtandthafftig in ſeiner trew vnnd glauben gegen Chriſto verhalten / auch noch jetzo / da er doch ſchon wuͤſte / mit was grewlicher Marter vnd ſchrecklichen tode er von dem grawſamen wuͤtrich vnd Tyrannen Nerone (vor welchem er auch allbereit da -2. Tim. 4. v. ult. mals / als er dieſe Epiſtel an Timotheum geſchrieben / zum andern mahl dargeſtellet wird /) wuͤrde belegt werden: Darumb er jhme billich auch ſolle nachfolgen / in ſeine Fußſtappen treten / vnd ſich im geringſten nicht von der Bekentniß Jeſu Chriſti abfuͤhren laſſen. Al - ſo koͤmpt S. Paulus auff dieſe Wort / wenn er ſagt:

T.
Bonum certamen certavi: Jch habe einen guten Kampff gekempffet / ich habe den Lauff vollen - det / ich habe Glauben gehalten.

Vnd daß iſt das herrliche ſchoͤne Epitaphium vnd Grabmahl / welches der heilige Geiſt aus ſeinem (des heiligen Pauli) hertzen gleich heraus drucket / vnd jhme zu ehren / vns allen aber zum Exempel dernachfol -59Die Ander Leichpredigt. nachfolge heiliger Schrifft hat einverleiben laſſen / dar - aus zu erſehen / wie trew vnd redlich er ſich in ſeinem Apoſtelampt / vnnd gantzen Lebenslauff verhalten habe. D. Paulus in hoc Epitaph. ſeipſum conſi derandum proponit; tri bus mod〈…〉〈…〉

Es fuͤhret ſich aber in dieſem Epitaphio S. Pau - lus / durch Gottes des heiligen Geiſtes getrieb vnd an - regung / ſelbſt ein auff dreyerley weiſe:

I. Tanquam Boni certaminis certorem,I. Tanquam bo ni certamini[s]certatorem. als einen ehrlichen vnd redlichen Kaͤmpffer. Jch (ſpricht er) habe einen guten Kampff gekaͤmpf - fet. Es hat aber nicht die meynung / als hette SanctT. Explicatio κατ᾽ ἀφα - ρεσιν. Paulus jmmerdar auffn Fechtplatze gelegen / vnd ſich der Klingen vnd ſeines Degens / wieder ſeine Antago - niſten vnd Wiederwertigen / gar weidlich gebrauchet / entweder zur Rache / oder zu Ritterlicher luſt vnd v - bung: Wie ſonſt damahls zu Rohm / von dannen er dieſe ſeine Epiſtel an Timotheum geſchrieben vnd ab - gefertigt / im gebrauch geweſen: Nein / liebe Chriſten / ſondern er redet von dem Geiſtlichen Kampff vnd ſchar -μετα ϑέσιν. De ſpirituali ἀγωνιά. muͤrzel / den er die gantze Zeit ſeines tragenden Predig - ampts mit ſeinen Feinden vnd Wiederwertigen hat ausſtehen vnd kaͤmpffen muͤſſen. Denn weil er durchs Wort dem Herrn Chriſto eine Chriſtliche Kirche vnd Gemeine an vielen orthen geſamlet / ſo iſt ſolches freylich dem Teuffel durch Marck vnd Bein gangen / darumb er ſich denn auch mit hoͤchſter macht vnd gewaltHoſtes Pauli. darwieder gelegt / vnd an allen orthen viel Ketzer / Rot -1. Hæretici. ten vnd Secten erwecket / die ſeiner Lehr wiederſpro - chen / vnd ſeine Pſarkinder jhme wiederſpenſtig vndH iijabguͤn -60Die Ander Leichpredigt. Rom. 16. v. 17abguͤnſtig gemacht / ja dieſelben gentzlichen wieder vonGal. 1. v. 6. 7. c. 5. v. 1. 11 jhme auff die alte Geige vnd vorigen Wege der Gottlo -2. Theſ. 3. v. 6 ſen zu bringen vermeynet haben. Darumb hat jhme freylich nicht anders gebuͤhren wollen / denn daß er mit ſolchen Ketzern vnd Schwetzern getroſt zu Felde ziehen / jhnen ſeinen Mund vnd Feder bieten / Chriſto ſeine eh - re vnd lehre retten / vnd alſo viel tauſend Seelen erhal - ten / vnd zum ewigen leben durch ſeinen dienſt befoͤrdern2. Satanæ ange - lus. moͤge. Jch wil geſchweigen / daß jhme auch der Satan ſelbſt hefftig zugeſetzet / vnd jhn durch ſeinen Engel2. Cor. 12 v. 7 mit Faͤuſten ſchlagen laſſen / auff daß er ſich der hohen Offenbahrung nicht vberheben moͤchte:3. Caro propria. Ja daß auch in jhme ſein eigen Fleiſch vnd Blut nicht gefeyret / ſondern auff jhn ſo hefftig vnd ſehr gedrun - gen / daß gute zu laſſen / vnd das boͤſe zu vollbringen / daß er auch ſelbſt gar klaͤglich daruͤber lamentiren vndRom. 7. v. 18 weheklagen muß / Rom. 7. Jch weiß / daß in mir / das iſt / in meinem Fleiſche / nichts gutes wohnet: Wollen / habe ich wol / aber vollbringen das gu -verſ. 19. te / finde ich nicht. Denn das gute / das ich will / das thue ich nicht / ſondern das boͤſe / das ichverſ. 22. nicht wil / das thue ich. Jch habe wol luſt an Gottes Geſetz / nach dem inwendigen Menſchen /verſ. 23. Jch ſehe aber ein ander Geſetz in meinen Glie - dern / das da wiederſtreitet dem Geſetz / in mei - nem Gemuͤthe / vnd nimmet mich gefangen in derverſ. 24. Suͤnden Geſetz / welchs iſt in meinen Gliedern. Luth. in gloſ - ſa marginali. Jch elender Menſch / wer wird mich erloͤſen von dem Leibe dieſes Todes? Nemlich von dem jammer vnd muͤhe / in dem ſtreit mit der Suͤnde. Da hat nuntraun61Die Ander Leichpredigt. traun S. Paulo abermal gebuͤhren wollen / ſich mit fleiſſigem Gebet vnd ſtarcken Glauben / (daher dieſer Kampff auch ein Kampff des Glaubens genennet wird / 1. Timoth. 6.) als mit dem rechten Geiſtlichen1. Tim. 6. v. 12 Schild / Wehr vnd Waffen / wieder dieſe arge vnd boͤſeEphe. 6. v. 16 Feinde zu legen / den Sathan zuverjagen / vnd ſeinen Leib zu beteuben vnd zehmen / auff daß er nicht andern Predige / vnd ſelbſt verwerfflich werde / wie er ſelbſt redet / 1. Cor. 9. 1. Cor. 9. v. 27

Vnd zwar ſo hat es jhme auch noch allezeit garModus certa - minis Pauli - ni. wol gelungen / Darumb er auch ſolchen ſeinen Kampff vnd Streit nicht vnbillich nennet: Bonum certamen,Eonum certa - men. einen guten Kampff / in welchem er / durch Gottes Se - gen vnd Krafft / alle ſeine Wiederwertigen gar redlich vberwunden / vnd ſie zu Spott vnd Schanden gemacht hat.

USUS.

Wir lernen aber hierbey / lieben Chriſten / was es[πρᾶξις] 1. Διδα - σκαλικὴ. De perpetua vitæ humanæ militia. wol mit vns armen Menſchen hie in dieſem leben vor et - ne gelegenheit habe / daß wir nemlich / taͤg lich zu Felde liegen / ſtreiten vnd kempffen / vnd vns der Feinde weh - ren muͤſſen / ſo von allen ecken vnd orthen gegen vns einziehen vnd einſchlagen. Daher nennet Job vnſer Leben / per petuam militiam, einen taͤglichen ſtreit /Iob. 7. v. 1. Cap. 7. vnd ſpricht: Muß nicht der Menſch jm - mer dar im ſtreit ſeyn auff Erden? Vnd es ſind ge - meln vnd bekand die ſchoͤnen Verßlein Proſperi:Proſpet.

Nunquam bella pijs, nunquam certamina deſunt: Et quo cum certet, mens pia ſemper habet: ()Den62Die Ander Leichpredigt.

Den frommen vnd gleubigen mangelts zu kei - ner Zeit an feinden / ſondern ſie finden derſelben taͤglich voll auff / vnd zur genuͤge an allen orthen.

Hoſtium mi - litis Chriſtia - ni Catalogus. Ach freylich lieben Chriſten feinde gar genug / Denn da iſt:

I. Sathanas πανοῦργος καὶ μυριο - τεχνί της.1. Der boͤſe Feind / der Teuffel / der helliſche Leviathan / vnnd Fewrſpruͤends Drache / der gehet vmbher / wie ein grimmiger vnd bruͤllender Le - we / vnd ſuchet / welche er verſchlingen moͤge. 1. Petr. 5. v. 8Darumb ſpricht auch S. Paulus Epheſ. 6. Wir ha -Ephe. 6. v. 12 ben nicht nur ſchlechts mit Fleiſch vnd Blut zu - kempffen / ſondern mit Fuͤrſten vnd gewaltigen / Nemlich / mit dem Herrn der Welt / die in der Finſterniß dieſer Welt herrſchen / mit den boͤſen Geiſtern vnter dem Himmel. Dieſer Geiſt iſt nun nicht nur allein grimmig vnd boͤſe / ſondern auch ein abgefeindter Bube / vnd rechter tauſend Kuͤnſtler / der mit ſo viel liſt vnd tuͤcken beladen iſt / wie ein Quackſal - ber mit Buͤchſen. Darumb auch der Kamff vnd ſtreit wieder jhn am herteſten vnd gefehrlichſten iſt. Denn do gehets mit einem frommen Chriſten / der mit jhme zu Felde ligt / balde zu / wie mit dem Hercule / von wel -Hercules po - eticus. chem die Poeten fabuliren / Wenn derſelbe mit dem grawſamen vnd erſchrecklichen Thiere / Hydra genant / zu Kampff gezogen / vnd jhm ſchon eins ſeiner Koͤpffe hinweg gehawen / ſeynd jhrer doch alſo balde drey ande -Hercules Chriſtianus. re an deſſelbẽ ſtatt gewachſen: Alſo / ob wir jme / dem hel - liſchen Drachen gleich auch einmahl in ſeiner liſt bege - gnen / hat er doch derſelben alſo balde mehr / die bringt erher fuͤr63Die Ander Leichpredigt. herfuͤr vnd zu Marckte / in hoffnung / vns dadurch zube - triegen vnd zu fellen.

2. Der andere Feind / iſt die gottloſe vnd boͤſe2. Mundus, in maliguo poſitus. Welt / die ligt nun im argen / vnd iſt darinnen gar er - ſoffen / 1. Joh. 5. vnd die fichtet vnd ſtreichet mit jhren ergerlichen Leben vnd boͤſen Exempeln / mit jhren euſ -1. Ioh. 5. v. 19. ſerlichen anſehen Macht vnd Herrligkeit / hefftig vnd gewaltig auff vns arme Menſchen zu / daß ſie vns garSap. 4. v. 12. leichte bethoͤren / zu ſich in jhr Netz vnd Garn bringen / vnd vns das gute verderben kan / Sap. 4.

3. Der dritte Feind iſt: vnſer eigen Fleiſch vnd3. Caro & ſanguis. Blut / welches wir am halſe haben vnd tragen. Denn ob wir wol in der H. Tauffe von vnſern Suͤnden gewa - ſchen vnd gereinigt ſeyn / alſo daß dieſelbe an vnſer Se -Sap. 4. v. 11. ligkeit vns nicht ſchaden koͤnnen: dennoch aber bleibet die Suͤndenwurtzel in vns kleben / die wallet vnd bricht jmmer oben aus / alſo / daß viel boͤſer Fruͤchte darnach kommen / vnd entſtehen / dadurch vnſere vnſchuͤldige Hertzen verkehret werden / Sap. 4.

4. Der vierde Feind iſt: vnſer boͤſes Gewiſſen /4. Conſcien - tia ſauciata. Denn wenn wir dem Teuffel in ſeiner liſt / der Welt in jhren boͤſen Exempeln / vnd vnſerm Fleiſch vnd Blute in ſeiner luſt vnd begierde folgen / vnd nachahmen / ſo bricht auch dermal einſt herfuͤr / das boͤſe Gewiſſen / das iſt zumahl eine boͤſe Beſtia / vnd die rechten Furiæ, quæ faciunt hominem ſtare contra ſeipſum. Vnd das klagt einen nicht nur an bey Gott / dem gerechten Rich - ter / zu Haut vnd Haar / zu Halß vnd Bauch: ſondern es vberzeucht einen auch in ſeinen letztenTodesnoͤhten / daßJer das64Die Ander Leichpredigt. er des Helliſchen Fewers wirdig vnd werth ſey: vnd daruͤmb billich vnd mit gutem Recht von Gott vnd ſei - nem H. Angeſicht verſtoſſen werde: woruͤber einẽ frey - lich ſo angſt vnd bange wird / als weren jhme Himmel vnd Erden zu enge. Daruͤmb wird auch der KampffΑ᾽γὼν. der Chriſten in der Griechiſchen Sprache allhier genen - net ἀγὼν. ein ſolch certamen, quod quadam cum diffi - cultate & periculo ſuſcipitur, welcher mit groſſer ge - fahr vnd beſchwer wird fuͤrgenommen.

5. Mors. 5. Der fuͤnffte Feind iſt der Todt: der ſetzt man - chen auch ſo hefftig vnd harte zu / daß man ſich fuͤr jhme fuͤrchtet vnd entſetzet / vnd nicht gerne hoͤret / wenn man deſſelben gedencket: wil geſchweigen / mit was angſt vnd ſchrecken mancher denſelben erleidet vnnd außſte -Ariſto. 3. Ethi. het / wenn zeit vnd ſtunde des abſchieds verhanden iſt. Nic. c 6.Daher er auch von Ariſtotele, dem weiſen Heyden ge - nennet wird: πάντων φοερῶν φοβερώτατον, das allerſchreck - lichſte vnd grawſamſte ding / vnter allem dem / was dem Menſchen grawſam vnd erſchrecklich kan vnd mag fuͤrkommen.

Sollen wir nun / lieben Chriſten wieder ſo viel Feinde vns auffhalten / mit S. Paulo einen guten Kampff kempffen / vnd dermal einſt im ewigen Leben das rechte Ehrenkroͤnlein davon bringen / da wil traun kunſt vnd arbeit von noͤthen ſeyn.

II. παιδευ - τικὴ. De legitimo certaminis modo. ubi requiriturWie iſt aber den ſachen zu thun? Oder wor - mit kan ein frommer Chriſt dieſen Feinden abbre - chen? Ach traun / lieben Chriſten / dafuͤr hilfft kein ge - weyhetes Waſſer / geweyhetes Saltz / Kertzen oder Kreu -ter /65Die Ander Leichpredigt. ter / kein balſamirn oder ſchmieren / wie die Papiſten meynen: ſondern es wil hierbey von nothen ſein:

I. Animi firmitas, ein rechter Heroiſcher Hel -α. Animi firmi - mitas. denmuth / daß man einig vnd allein ſich mit ſtarcken vnd wahrem Glauben verlaſſe auff den rechten Feld - Oberſten vnſern HErrn JEſum Chriſtum / vnd auff denſelben / als auff einen ſtarcken Ruͤckenhalter / trotze /Pſal. 18. v. 29. ſagende mit David ex Pſal. 18. Mit dir kan ich Kriegs volck zerſchmeiſſen / vnd mit meinen Gott vber diev. 33. Mawern ſpringen. GOtt / du ruͤſteſt mich mit krafft / vnd machſt meine wege ohne Wandel: duv. 34. macheſt meine Fuͤſſe gleich den Hirſchen / vnd ſtelleſt mich auff meine hoͤhe. Du lehreſt mei - ne Hand ſtreiten / vnd lehreſt meinen Arm einenv. 35. ehrnen Bogen ſpannen. Vnd gibſt mir den ſchild deines Heils / vnd deine Rechte ſtercket mich: Du machſt vnter mir raum zu gehen / daß meine knoͤ -v. 36. chel nicht gleiten. Jch wil meinen Feinden nach - jagen / vnd ſie ergreiffen / vnd nicht vmbkehren / biß ich ſie vm̃bracht habe. Jch wil ſie zerſchmeiſ -v. 37. ſen / vnd ſollen mir nicht widerſtehen / ſie muͤſſenv. 38. vnter meine Fuͤſſe fallen / ꝛc. Jtem ex Pſal. 73. Weñ ich nur dich / Herr / habe / ſo frage ich nichtsPſal. 73. v. 25. nach Himmel vnd Erden / vnd wenn mir gleichv. 26. mein Leib vnd Seel verſchmachtet / ſo biſtu doch Gott meines Hertzen Troſt vnnd mein Theil. Jtem / mit der Chriſtlichen Kirchen: Vnd wenn dieEccleſia. Welt voll Teuffel wehr / vnd wolten vns gar ver - ſchlingen / etc.

J ijJtem:66Die Ander Leichpredigt.

Jtem:

Eccleſia.
Mein Troſt vnd Huͤlff iſt Gott allein /
Jhme thue ich mich ergeben:
Jch bin vnd bleib der Diener ſein /
Jm Todt vnd auch im Leben:
Vnd wenn mir gleich zu wieder wehr /
Die gantze Welt mit jhrer Ehr /
Von Gott wil ich doch laſſen nicht
Dieweil mein Zung ein woͤrtlein ſpricht:
Welt wie du wilt /
Gott iſt mein Schildt:
Darauff ſteht mein vertrawen.

Durch einen ſolchen Heroiſchen Heldenmuth iſt der Kampff ſchon halb gewonnen. Weil aber derſelbe nicht wechſet in vnſern Adamiſchen Fleiſch vnd Blut / ſondern durch Gott den H. Geiſt in vnſern Hertzen er - wecket vnd gepflantzet wird / ſo wil auch vors andere hierzu von noͤthen ſein:

β. Balſami bo - nitas. 2. Balſami bonitas, ein guter nuͤtzlicher Balſam. Denn gleich wie es bey den edlen Roͤmern der brauch war / weñ man im Kampff gegen einander gehen wolte /Mos Roma - norum. ſo balſamirte vñ ſalbete man ſich zuvor mit einem koͤſt - lichen Oel an allen Gliedmaſſen / auff daß man an den - ſelben hierdurch nicht alleine geſtercket / ſondern auch durch deſſelben ſchlipffrigkeit fein geſchmeide vnd glat wuͤrde / daß man dem Feinde deſto eher entwiſchen vnd entgehen moͤchte: Alſo / lieben Chriſten wil auch vns / als geiſtlichen Kempffern / von noͤhten ſeyn / das rechteBalſamoͤhl /67Die Ander Leichpredigt. Balſamoͤhl / Gott der heilige Geiſt / welcher vnsBalſamoͤel / Gott der H. Geiſt. nicht alleine an Hertz vnd Muth ſtercken / ſondern auch wol mittel vnd wege zeigen kan / wie vnd wordurch wir vnſern Feinden entwiſchen vnnd entgehen koͤnnen. Druͤmb ſollen wir ja vmb ſolches Frewdenoͤl Gott den Herrn inſtendig anruffen / vnd mit David ſagen exPſaſ. 51. v. 12.Pſal. 51. Cor mundum crea in me Deus: Schaff in in mir Gott ein rein Hertz / vnd gib mir einen ne - wen gewiſſen Geiſt: Verwirff mich nicht von dei - nem Angeſicht / vnd nim deinen heiligen Geiſt nicht von mir. ()

Jtem:

Du heilige Brunſt / ſuͤſſer Troſt /
Eccleſia.
Nun hilff vns froͤlich vnd getroſt /
Jn deinem dienſt beſtendig bleiben /
Die Truͤbſal vns nicht abtreiben:
O Herr durch dein krafft / vns bereit /
Vnd ſterck des Fleiſches bloͤdigkeit /
Daß wir hie ritterlich ringen /
Durch Todt vnd Leben zu dir dringen.

3. Das dritte / das ein rechter Kempffer haben muß /γ. Dimicandi conſtantia & fidelitas. ſo er ſeinen Feinden obſiegen wil / iſt: Dimicandi con - ſtantia & fidelitas, eine Hertzenshaffte beſtendig - keit / daß man nicht flugs ablaſſe / wenn einem ein ſtreich nicht gelungen / oder etwa ein feiltritt begangen wor - den / ſondern daß man ſich wider auffraffe / getroſt fort - fahre / vnd ſeinen Mann durch Gottes krafft / redlich / biß ans Ende / beſtehe. Denn ſonſt heiſts wie S. Pau -2. Tim. 2. v. 5. lus ſagt 2. Tim. 2. Nemo coronabitur, niſi qui priùsI 3legi -68Die Ander Predigt. legitimè certavit: Niemand wird gekroͤnet / er kempffe denn recht: Wer aber beharren wird / biß ans Ende / der ſol das Ehrenkrentzlein vnnd den Preyß erlangen / wie Apoc. 2. ſtehet: Eſto fidelisApoc. 2. v. 10 uſque ad mortem: Sey getrew biß in den Todt / ſo wil ich dir die Krone des Lebens geben.

Sehet / L. C. das iſt das erſte Muſter vnd Moni er / nach welchen ſich S. Paulus hier in ſeinem Epitaphio ſelbſt einfuͤhret / vnd vns zubetrachten fuͤr augen ſtellet.

II. Tanquam alacrem cur - ſorem. II. Fuͤhret er ſich auch ein: Tanquam alacrem curſorem, als einen frewdigen vnd guten Wette -T. Explicatio κατ᾽ αρσἴν. leuffer. T. Jch habe den lauff vollendet. Diß L. C. iſt nu auch nit alſo zuverſtehen / als hette S. Paulus ſich mit den Curſoribus in die Schrancken begeben / vnd mit jhnen nach dem auffgeſteckten ziel / das Kleinodt zuer - langen / gelauffen: wie ſonſten ſolch Wettlauffen beyPlutarchus in vita Graecho - rum. den Roͤmern / vnd Griechen / als Plutarchus ſchreibet / ſehr gebꝛeuchlich geweſen: vnd deſſen auch S. Paulus erwehnet 1. Cor. 9. Nein / ſondern durch den lauff / den1. Cor. 9. v. 2 4 er hie vollendet / verſtehet er:

1. Curſum miniſterij, den lauff ſeines Predig - ampts vnd dienſtes / darein jhn Gott immediatè ge -κατ ϑέσιν. De eurſu. ſetzt hatte. Denſelben lauff hat er richtig vollbracht / in1. Miniſt erij. dem er vmbher gezogen zu Waſſer vnd Lande / vnd denAct 9. v. 15. Namen Gottes fuͤr menniglich / auch vnter die Heyden getragen: vnd es in ſumma / an ſeinem fleiß im gering - ſten nicht mangeln laſſen: hette er auch ſchon hieruͤber ſein eigen Leib vnd leben einbuͤſſen ſollen / wie auch ge -Act. 20. v. 23 ſchehen. Daruͤmb ſpricht er auch ſelbſt Act. 20. Bande vnd Truͤbſal warten mein / Aber ich achte der kei -nes /69Die Ander Leichpredigt. nes / ich halte mein Leben auch nicht ſelbſt the - wer / auff daß ich vollende meinen lauff mit frew -v. 24. den / vnd das Ampt / das ich empfangen habe / von dem HErrn Jeſu / zubezeugen das Evange - lium von der gnade Gottes. 2. Vitæ.

2. Verſtehet S. Paulus durch ſeinen lauff: Cur -Act 20. v. 24. 25. ſum vitæ, den lauff ſeines lebens: mit welchen er auch nunmehr zum rande vnd ende kommen / als ein Wett - laͤuffer zu ſeinem vorgeſteckten ziel: do es denn alſo heiſ - ſet: Hic terminus eſto. Von dieſem ſeinem Lebenslauff redete er auch eben jtzo / ex Act. 20.

USUS. Vſus.

Hierbey / liebe Chriſten / wird vns abermals ein particul vnd ſtuͤck vnſers Chriſtlichen verhaltens fuͤrI. Διδασκα λικὸς. Augen gemalet / nach welchen wir vns bezeigen muͤſſen /De fideli cur - ſus noſtri con - ſummatione. Curſus autem hominis Chriſtiani eſt duplex. wenn wir dermal eins mit S. Paulo das Kroͤnlein der Gerechtig keit erlangen wollen. Das iſt nun dieſes / daß wir auch acht haben auff vnſern Beruff vnd Ampt / dar - ein vns Gott geſetzt hat: vnd demſelben getrewlich nachkommen. Denn das ſind eben die rechten Schran -1. Vocationis. cken / da mit vns Gott von einander in dem lauff dieſer Welt vnterſcheidet: Einen ſetzt er in dẽ Kirch vñ Schul - ſchrancken: den andern in den Rahts - vnd Regierſchran -II. παιδευ - τικὸς. cken: den dritten in den Haußſchrancken. Jn einem jeden muß vnd ſol nun ein jeder bleiben / wie es vonAd felicem hujua curſus conf[ect]ionem pertiner: Gott beſtellet iſt / vnd thun / was er jhme hat auffge - tragen vnd befohlen. Er hat jhme aber befohlen: inſolchen70Die Ander Leichpredigt. α. Fideli - tas. ſolchen Schrancken zu lauffen / mit groſſer Trew vnd fleiß / vnd nicht abzulaſſen / man habe denn das vorge - ſtreckte ziel erreichet / vnd das rechte Ehrenkroͤnlein des ewigen Lebens darvon gebracht: mit welchen man denn freylich die gantze zeit ſeines Lebens zubringen muß. Das iſt der rechte lauff / mit welchen wir auch endlich das fuͤrgeſtreckte ziel oder zweck im Glauben erlangen koͤnnen: wie vns denn alleſampt zu ſolchen lauff S. Paulus an einem andern ort vermahnet / da er ſpricht:Rom. 12. v. 81 Hat jemand ein Ampt / der warte des Ampts: Regieret jemand / ſo ſey er ſorgfeltig: Das iſt / es neh - me ſich ein jeder ſeines Ampts trewlich / vnd mit groſſem1. Per. 4. v. 11. fleiß an. Jtem / 1. Pet. 4. Hat jemand ein Ampt / ſo thue ers aus hoͤchſtem vermoͤgen / das Gott dar - reichet / auff daß in allen dingen Gott gepreiſetSir. 3. v. 22. werde. Syr. 3. Was dir Gott befohlen hat / des nim dich ſtets an.

β. Prudentia. Solchen lauff aber vnſers Beruffs gluͤcklich zu vollbringen / gehoͤret darzu nicht fuͤrwitz / ſondern gu -Simile à cur - ſoribus. te beſcheidenheit. Denn gleich wie es mit den Wettleuf - fern beſchaffen iſt / daß dieſelben nicht aus einem Schran - cken in den andern lauffen / oder ſich hie vnd da vmbſe - hen / vnd Gehnaffen feile haben duͤrffen / wenn ſie in jh - rem lauff wol vnd gluͤcklich fortkommen / vnd das Klei - nodt davon bringen wollẽ: Alſo lieben Chriſten / taugs nicht zu befoͤrderung vnſers Beruffs / daß wir vnſern Schrancken / darein vns Gott geſtellet hat / verlaſſen / vnd vns nach einem andern groß vmbſehen / oder aber auch nur einem andern ſeinem eingereumbten Schran -cken71Die Ander Leichpredigt. cken mißgoͤnnen wollen. Denn das befoͤrdert traun vn - ſern curſum vocationis nicht / wenn der Pfarrer vonIII. ἐπα - νορϑωτικὸς τῆς ἀλλο - τριοεπι - σκοσίας καὶ πολυπρα - γμοσύνης. ſeiner Cantzel abſchreiten / vnd ſich nach dem Rahts - ſchrancken vmbſehen / vnd alſo ad utrumque paratus ſeyn wil: oder der Juncker / Schoͤſſer / Buͤrgermei - ſter vnd Richter den Kirch - vnd Cantzelſchrancken be - lauffen / vnd den Predigern ziel vnd maſſe ſetzen wol - len / wie ſie jhr Ampt fuͤhren vnd verrichten ſollen: ſo bringts auch wenig nutz / wenn Vnterthanen den Re - genten fuͤrgreiffen: der Buͤrger / Bawer oder Schoͤp - pe / ꝛc. Richter: vnd der Kuͤſter oder Caplan / Pfarrer ſeyn wil: deñ das heiſt / ſeinen Schrancken verlaſſen / vnd ſich in ein frembde Ampt vnd Hendel einmengen / darzu Gott keinen Segen geben wil. Darumb ſollen wir ai -IV. ϖρο - τρεκτικὸς. leſampt folgen der trewen Vermahnung des weiſen Manns Sirachs / c 3. Was Gott dir befohlen hat /Sir 3. v. 22. v. 23. v. 24. v. 25. des nim dich ſtets an: denn es frommet dir nichts daß du gaffeſt / nach dem / das dir nicht befohlen iſt: vnd was deines Ampts nicht iſt / da laß dei - nen fuͤrwitz / denn dir iſt vor mehr befohlen / we -1. Cor. 7. v. 18. v. 20. der du kanſt außrichten. Vnd S. Paulus ſagt 1. Cor.Epheſ. 4. v. 1. 7. Ein jeglicher wie jhm der Herr beruffen hat: alſo wandele er: Er bleibe in dem Beruff / darinnen er beruffen iſt. Jtem Eph. 4. Jch ermah ne euch in dem Hrrrn / daß jhr wandelt / wie1. Theſ. 4. v. 11 ſichs gebuͤhrt / ewern Beruff / darinnen jhr beruf - fen ſeyd. Alſo 1. Theſſ. 4. Ringet darnach / daß jhr ſtille ſeyd / vnd das ewre ſchaffet.

Sonderlichen aber / weil wir alle ins gem ein von2. Pietatis. Gott in den Schrancken des wahren ChriſtenthumbsKgeſtellet72Die Ander Leichpredigt. geſtellet ſeyn / ſo ſollen wir zuſehen / daß wir vnſern curſum pietatis alſo vollbringen / vnd vns in allerTit. 2. v. 12 v. 13. Gottes furcht dermaſſen bezeigen moͤgen / damit das vngoͤttliche Weſen / vnd die Weltliche luͤſte ver - leugnet werden / vnd wir dargegen zuͤchtig / ge - recht / vnd gottſelig in dieſer Welt leben / vñ war - ten moͤgen / auff die ſelige Hoffnung vnd Erſchei - nung der Herꝛligkeit des groſſen Gottes / vnd vn - ſers Heylandes Jeſu Chriſti / Tit. 2.

III. Tanquam fi - delem debi-torem. III. Fuͤhret ſich auch S. Paulus in dieſem ſeinem Epitaphio ein: Tanquam fidelem debitorem, als ei -Metaph. 1. nen trewen vnnd glaubwuͤrdigen Diener oder Schuldman: der mit ſeinem Herrn oder Creditore gar trewlich / erbar vnd auffrichtig / ohne allen heimli - chen Betrug vnd Vortheil vmbgehet: nicht etwa viel zuſaget / hernach aber ſeinen fidem, Trew vnd Glauben an Nagel hengt / ein new paar Schue nimpt: vnd ſiehet / wo der Mewrer oder Zimmerman das Loch vnd Kuͤhe - fenſter gelaſſen hat. Oder aber / wie mancher Knecht in2. Zuͤgen thut / der zu ſeinem Obriſten / zum Regiment vñ Fahnen ſchweret / vnd Trew vnd Glauben / Leib vnd Le - ben zuſagt / damit er nur Geld auff die Fauſt bekommen moͤge: Hernach aber / menn er die Haut dran ſtrecken ſol / vnd er ſiehet / daß es kappen geben wil / da wirfft er das Haſenpanier auff / leſt alles im ſtich / vnd wird Meiney - dig vnd zum Schelmen: Nein / alſo thut S. Paulus nit / ſondern er ſagt: Fidem ſervavi: Jch habe Glauben gehalten.

1. Worauff der G aube S. Pauli ſtehe?Es beſtehet aber der Glaube S. Pauli nicht etwa auff eine namhaffte ſumma Geldes vnd jrꝛdiſche Guͤter /oder73Die Ander Leichpredigt. oder auff andere geringe vnd liederliche dinge: ſondern auff den wahren ſeligmachenden Glauben / welchen er alsbalde im anfang ſeines Miniſterij geſchworen hat / ſeinem einigen Erloͤſer vnd Heylande Jeſu Chriſto: daß er bey jhme vnd ſeiner erkandten Warheit feſte hal - ten / vnnd davon in keine wege / weder in lieb noch in leidt / in gluͤck noch vngluͤck / abweichen wolle. Sol - chen Glauben hat er gar trewlich gehalten.

Denn ob man jhme wol nicht alleine mit gutenOb S Paulus Glauben ge - halten? vnd ſuͤſſen worten / ſondern auch mit bedrawungẽ vieler Leibs vnd Lebens gefahr zu Damaſco / Jtem bey He -Act. 9. v. 24 25. 26. rode Agrippa / Felice vnd Feſto zugeſetzet / der vrſach / ob man jhn in ſeiner Religion jrr machen / vnd auff der Juͤden verkehrten ſinn / vnd verfuͤhriſche Lehre brin - gen moͤchte: hat er doch ſtandhafftig vnd wie eine Ma - wer bey Chriſto gehalten / ſeinen fidem Trew vñ Glau - ben bey jhme liberirt vnd geloͤſet / vnd ehe ſich wollen auff ſtuͤcken zerreiſſen / als jhme Chriſtum ſeinen tre - wen HErrn vnd Erloͤſer / vnd den Grund vnd Troſt ſei - nes Worts aus dem Hertzen nehmen laſſen.

USUS. Vſus.

Das iſt nun das dritte Stuͤck / welches wir auchVbi tertius & præcipuus Locus an vns ſollen finden laſſen / wenn wir das rechte Ehren - Kroͤnlein des ewigen Lebens davon bringen wollen. παιδειας Chriſtiani Herculis. Denn weil auch vnſer getrewer HErr vnd Feldobri - ſter JEſus Chriſtus in der heiligen Tauffe zu ſeinenK ijDiener74Die Ander Leichpredigt. De fidei & conſcientiæ retentione. Dienern vnd Knechten / ja zu Kindern vnd Erben des Himmelreichs hat auff - vnd angenommen / ſo haben wir jhme auch hinwider gehuldigt vnnd geſchworen / demWas vnſer Glauben ſey / den wir Gott vnd der gan - tzen H. Drey - faltigkeit in der H. Tauffe ge - lobet haben. Vide agen - da Eccleſia - ſtica, in loco; Von der Tauf - fe. Teuffel vnd allen ſeinen Luͤgen / Geſpenſt / Wercken vnd Weſen nicht bey zupflichten / ſondern jnen ſpinnen feind vnd gram zu werden / vnd jhnen mit hoͤchſter macht vnd gewalt zu widerſtreben. Dargegen aber haben wir zu - geſagt / auff Gott vnſern Glauben zu ſetzen / demſel ben auch mitten im Creutz fuͤr vnſern lieben Vater / vnd ge - trewen Erretter zu halten / vnd gewiß zu ſchlieſſen / daß wir ſeines Reichs Erben / vnd ſeines Sohnes J. C. Mit - erben ſeyn vnd bleiben ſollen. Wir haben zugeſagt / vnſern Glauben zuſetzen auff J. Chriſtum ſeinen lie - ben Sohn / als der vns mit ſeinem Blut / leiden vnnd ſterben erloͤſet / dem Vater verſuͤhnet / vnd zum ewigen Leben gebracht hat: daruͤmb wir jhn auch ehren vnnd lieben / ſeinen willen in vnterthaͤnigen gehorſamb / ſo viel vns armen Menſchen in dieſer ſterbligkeit muͤglich / vollbringen / vnd von jhme in lieb vnd leidt / in angſt o - der frewde nit abweichen wollen. Wir haben zugeſagt / vnſern Glauben zu ſetzen / auff GOtt den heiligen Geiſt / denſelben allein zu erkennen / fuͤr vnſern rechten Meiſter / Lehrer / Leiter / Troͤſter / vnd das Pfand vnſer Seligkeit / der vns fuͤhre vnd leite durch Chriſtum zum Vater / biß wir kommen zur vollkommenen Erloͤſung von Suͤnden / Aufferſtehung des Fleiſches / vnd ins ewi - ge Leben. Das iſt vnſer Glaube / den wir der hohen Goͤttlichen Mayeſtet in vnſer Tauffe gelobt vnd zuge - ſagt haben.

Wie75Die Ander Leichpredigt.

Wie nun einem ehrlichen Schuldener / Knecht oderSimile à de - bitoribus. Soldaten / obliegen vnd gebuͤhren wil / ſeinem Credito - ri vnd Gleubiger / ſeinem Herren vnd Obriſten / Trewe vnd Glauben zu halten. Alſo lieben Chriſten ſollen auchInſperſio Νουϑεσίας de præmio pietatis. & contrà. wir thun / vnd glauben halten / dem jenigen Herrn / deme wir glauben geſchworen haben. Denn was groſ - ſen nutz vnd frommen wir hiervon haben vnd erlangenPſal. 130 3. werden / wird vns der andere Punct vnſerer PredigtIob 9. 3. lehren vnd zuerkennen geben. Auff wiedrigen fall aber kan man ſeinen Meineyd fuͤr Gott nicht vertheydigen / vnd beſchoͤnen: ſintemal jhme nicht eins auff tauſendt zu antworten iſt. So kan man auch jhme vnd ſeiner Straffe nicht entwiſchen / wie Panckerottirer vnd boͤſePſal. 139. 7. 8. 9. Cavallier: Fuͤhre man gleich gen Himmel / ſo iſt er da: bettete man jhm gleich in die Helle / ſo iſtAmos 9. 2. 3 er auch da. Nehme man gleich Fluͤgel der Wor - gen Roͤthe / vnd bliebe am euſſerſten Meer / ſo wuͤr - de einen doch die Hand Gottes daſelbſt fuͤhren / vnd die Rechte des Herrr einen halten / Pſa. 139. So iſt er auch ein ſolcher He rr / der macht hat nicht nurMatt 12. . 28 allein vber vnſer Leib vnd Leben / ſondern auch vberLuc. 10. . 5. vnſere Seele / dieſelbe zu gleich in abgrund der Hellen zuſtoſſen.

So viel ſey geſagt vom Erſten Stuͤck.

DE SECUNDO. DE II. A Eterno ſei〈…〉〈…〉 Pauio & o - muibus pijs parato βραβείῳ.

VOrs 2. was anlanget dz herꝛliche Brabeion vnd Kleinod deſſen ſich S. Paulus vñ alle Gleubige /K iijnach76Die Ander Leichpredigt. nach außgeſtandenem Kampff vnd vollbrachten lauff / bey Gott im ewigen Leben zugetroͤſten haben: ſo ſagt9. er ſelbſt hiervon in nachfolgenden wortẽ alſo: Hinfuͤ - ro iſt mir beygelegt die Krone der Gerechtigkeit / welche mir der He rr an jenem Tage / der gerechte Richter / geben wird / Nicht mir aber alleine / ſon - dern auch allen / die ſeine erſcheinung lieb haben. Explicatio. I. συγκρι - τικὴ.Jn dieſen worten verbleibet S. Paulus nochmals in dem entlehneten Gleichnis / von Kemffern vnd Wett - leuffern genommen. q. d. Gleich wie es mit denſelben bewandt iſt / daß ſie / nach außgeſtandenem Kampff vnd Wettlauffen / eine Beute davon bringen / ſolte es auch nicht mehr / als ein Kraͤntzlein / oder etwas anders ſeyn / nach dem man es haben kan / vnd es zeit / ort vnd ande - re gelegenheit mitbringet: Alſo iſts auch beſchaffen mit mir vnd allen geiſtlichen Kempffern vnd Soldaten Je - ſu Chriſti / da ſollen wir auch ohne ſonderbare herrli - che Belohnung nicht abziehen / ſondern ein ſolch herrli - ches Kleinod davon bringen / daruͤber wir vns nicht gnug werden erfrewen koͤnnen.

II. περιςα τικὴ. ubi obſervan - da. Solches Kleinod aber wird genennet Corona ju - ſtitiæ, die Krone der Gerechtigkeit. Diß muͤſſen wir neben etlichen andern Vmbſtenden mehr / ein wenig beſſer betrachten.

1. βραβείου deſcriptio: α. ἐξ ὸνό - ματος.1. Das Kleinodt ſelbſt belangende / ſo vergleicht es S. Paulus einer Kronen / nicht darumb / als were ſolch Kleinod von Silber oder Gold verfertigt / vnd mit Per - len vnd Edelgeſteinen auffs herrlichſte verſetzet / als et - wa eines fuͤrnehmen Keyſers oder Koͤnigs Krone auffdieſer77Die Ander Leichpredigt. dieſer Welt ſeyn mag: Nein / ſondern er thuts deß wegen / weil die alten Roͤmer jre tapffere Helden / die im KampffCorona. vnd Scharmuͤtzel wider jhre Feinde ſich ritterlich ge - halten / vnd die Victori vnd den Sieg davon gebracht hatten / gemeiniglich mit Kronen / oder / wie wirs nennẽ / mit Kraͤntzen / die in die runde herumb gewunden vnd gebunden ſeyn / begabten. Daher wird dieſes KleinodSap. 5. 17. 1. Pet. 5. 4. Apoc. 2. 10. Iac. 1. 12. 〈…〉〈…〉 auch anderswo in H. Schrifft eine Krone genennet Sap. 5. Jtem eine vnverwelckliche Krone 1. Pet. 5. vnd eine Krone des lebens / Apoc. 2. Jacob. 1. ſonſten iſt dieſe Krone / an jhr ſelbſt / nichts anders / als das ewige Leben / vnd aller herrlicher Ehrenſchmuck / damit alle Gleubigen vnd Außerwehlten in derſelben ſollen ange - than werden.

Es legt aber S. Paulus dieſer HimmelsKronenβ. ἐπιϑέ - τως. C[u] jus ἐπιϑέτου. Juſtitia ἀφαίρεσις nõ imcutata. gar ein herrlich ſchoͤn Epitheton zu / vnd nennet ſie Co - ronam Juſtitiæ, eine Krone der Gerechtigkeit / weil all vnſer Heil vnd Segen in der Gerechtigkeit ſtehen vñ beruhen wird. Dieſe Gerechtigkeit aber iſt nicht Ju - ſtitia imputata, die zugerechnete Gerechtigkeit / welche vns Chriſtus der wahre Sohn Gottes / durch ſein Ver - dienſt / bitter leyden vnd ſterben erworben hat / vnd her - nach dieſelbe vns arme Evæ Kindern / ohne vnſer ver - dienſt / auch noch in dieſem leben / ſchencket vnd zurechnet / alleine aus Gnaden vnd Barmhertzigkeit / wie davon Eſa. 53. ſtehet: Durch ſein erkentnis wird er meinEſa. 53. 11. Knecht / der Gerechte viel gerecht machen / denn er tregt jhre Suͤnde. So iſts auch nichtNon Inchoa - ta. Juſtitia Inchoata, die angefangene Gerechtigkeit / da wir / durch beyſtand des heiligen Geiſtes / anfahen / vnsfuͤr78Die Ander Leichpredigt. fuͤr Suͤnden zu huͤten / den fleiſchlichen luͤſten zu wider - ſtreben / vnd dargegen vns der Gerechtigkeit vnd Hey -Matth. 5 v. 16 ϖροκατ〈…〉〈…〉 - ληψις. ligkeit / ſo viel vns in dieſer ſterbligkeit muͤglich / zube - fleiſſigen / vnd vnſer Licht des Glaubens leuchten zu laſſen / in guten Wercken / vnd Gott wolgefelligen Tugenden Matth. 5. Denn ob wol dieſes auch gar herꝛ - liche Kleinod ſeyn: ſo ſind ſie doch noch vnvollkommen /Gal. 5. 17. weil das boͤſe noch jmmerdar im Hertzen ſtecket / vnndPſal. 143. 3. von dannen wieder den Geiſt vnd die Seele ſtreitet: al - ſo daß auch die groͤſſeſten Heiligen bitten vñ beten muͤſ - ſen: Ach HErr / gehe nicht ins Gericht mit dei - nẽ Knecht: deñ fuͤr dir iſt kein lebendiger gerecht. Jtem: Wenn wir ſchon alles gethan haben / wasLuc. 17. . 10. wir hetten thun ſollen / muͤſſen wir doch ſagen: Servi inutiles fuimus, Wir ſind vnnuͤtze Knechte geweſen.

θέσις. Sed conſum - mata: quæ, ἐν π αρόδῳ eſt. Was iſts denn vor eine Gerechtigkeit / derer allhie S. Paulus gedencket? Es iſt / liebe Chriſten / allein: Ju - ſtitia conſummata, die vollkom̃ene Gerechtigkeit / mit welcher alle Gleubigen / allererſt im ewigen Leben / ſollen begabet vnd verehret werden. Die iſt nun viel herꝛlicher vnd groͤſſer / als davon mit Menſchlichen Zun -1. Cor. 2. 9. gen kan geredt werden. Denn kein Auge hat geſe -Eſa. 64. 4. hen / kein Ohr hat gehoͤret / vnd iſt nimmermehr in einigs Menſchen Hertz kom̃en / das Gott berei - tet hat / denen / die jn lieben. Gar kuͤrtzlich aber davon / nach anweiſung der Altẽ / zu reden ſo wiſſet jr / L. C. daß offt eine guͤldene Koͤnigs krone mit viel ſchmuck vñ koͤſt - lichẽ Edelgeſteinen auffs ſchoͤnſte verſetzt vñ gezieret iſt /daß79Die Ander Leichpredigt. daß ſich drob zu verwundern: Alſo hat auch die Krone der Gerechtigkeit im ewigen leben / viel herrliches Eh - renſchmucks / deſſen wir an Leib vnd Seel theilhaff -[in]Corpore. tig werden / vnd genieſſen ſollen.

An vnſern Leibern zwar wird ſich ereignen:α AEterna im - mortalitas. 1. Æterna immortalitas, ewige Vnſterbligkeit / Denn die Gerechten / vnd die an Chriſtum gleu -Sap. 3. v. 4. ben / ſollen ewiglich leben / vnnd nimmermehrIoh. 11. v 25. 26. ſterben / Sap. 3. Joh. 11. Sintemal bey jhnen derApoc. 21. v. 4. Todt weg ſeyn wird / Apoc. 21.

2. Pepetua ſanitas, ewigwehrende Geſund -β Perpetua ſa - nitas. heit. Denn weil die Suͤnde / als die vrſach der kranckheitEſai. 35. v. 10 vnd des ſchmertzens weg iſt / ſo wird auch der ſchmertz vnd ſeufftzen ſelbſt weg muͤſſen / Eſa. 35. Sublata enim cauſa, tollitur effectus.

3. Ineffabilis claritas, Vnausſprechlicheγ Ineffabilis claritas. Klarheit / Denn wie Chriſtus ſelbſt ſagt / Matth. 13. Matt. 13. v. 43Die Gerechten werden leuchten wie die Sonne /Dan. 12. v. 3. in jhres Vaters Reich. Vnd Dan. 12. Sie wer - den leuchten / wie des Himmels Glantz / vnnd wie die Sternen jmmer vnd ewiglich.

4. Admiranda potentia & agilitas, gantzδ Admiranda potentia & agilitas. wunderbare Krafft vnd Geſchwindigkeit / Denn ſo balde wir nur durch die Stimme des Ertzengels / vnd mit der Poſaunen Gottes am juͤngſten Tage von den Todten werden erwecket werden / da werden wir alſo balde den gerechten Richter Jeſu Chriſto in die Lufft entgegen kommen / in den Wolcken des Him - mels / vnd werden bey jhme allezeit ſeyn vnd blei -Lben /80Die Ander Leichpredigt. 1. Theſ. 4. v. 16. 17.ben / 1. Theſſ. 4. Ja / wir werden daher fahren /Sap 3. 7 Auguſtinus. wie Flammen vber den Stoppeln / Sap. 3. Vnd wird mit vns heiſſen / wie Auguſtinus ſagt: Ubicun - que voluerit eſſe ſpiritus, ibi protinus erit & corpus: wo wir nur hingedencken vnnd wuͤndſchen werden / da werden wir alſo balde mit dem Leibe / vnd allen Glied - maſſen ſeyn.

Alles vieres faſſet S. Paulus gar rund vnd fein1. Cor. 15. 34 zuſammen vnd ſpricht / 1. Cor. 15. Es wird geſeet verweßlich / vnd wird aufferſtehen vnverweß - 44. lich. Es wird geſeet in Vnehre / vnd wird auff - erſtehen in Herrligkeit. Es wird geſehet in Schwachheit / vnd wird aufferſtehen in Krafft. Es wird geſeet ein Natuͤrlicher Leib / vnd wird aufferſtehen ein Geiſtlicher Leib. Jn Summa / vnſer Leiber werden alsdenn gleichfoͤrmig werdenMat. 22. 30 den heiligen Engeln / in dem verklerten Leibe JEſuPhil. 3. . 20 Chriſti ſelbſt / wie Chriſtus ſagt Matth. 22. Vnd ſich deſſen S. Paulus troͤſtet Philip. 3. Vnſer Wandel 21. iſt im Himmel / von dannen wir auch warten des Heylandes Jeſu Chriſti des HErrn / wel - 22. cher vnſern nichtigen Leib verklaͤren wird / daß er ehnlich werde / ſeinem verklaͤrtem Leibe / nach der Wirckung / damit er jhme auch alle ding kan vn - terthaͤnig machen.

In Anima. Was denn vnſere Seelen betreffen thut / ſo wer - den auch dieſelben an der HimmelsKrone jhre ſonderli -Perſecta ſapi - entiæ & co - gnitionis ve - ritas. chen Ornamenta vnd Ehrenſchmuck erlangen.

1. Das erſte Ornamentum iſt: Perfecta ſapientiæ & cognitionis veritas, eine vollkom̃ene wathaffti -ge Weiß -81Die Ander Leichpredigt. ge Weißheit vnd wiſſenſchafft von Gott / 1. Joh. 3. Eſai. 11. 9 Jer. 3. 34 1. Ioh 3. 2 Ioh. 16. 23Jer. 31. Eſa. 11. von ſeinem Wort / vnd deſſen geheim - nuͤſſen / Joh. 16. ja von allen Himliſchen vnd natuͤrli - chen dingen / die vns zuvor verborgen geweſen ſeynd.

2. Juſtitiæ & ſanctitatis integritas, eine recht -β. Iuſtitiæ & ſanctitatis in - tegritas. ſchaffene vnd vnwandelbare Gerechtigkeit vnndPſal. 45 14. 15 heiligkeit / mit welcher wir inwendig gantz herrlich / vnd gleich mit guͤldenen ſtuͤcken / wie eine Koͤnigs Toch - ter / werden gekleidet ſeyn / vnd mit derſelben / als ge - ſtickten Kleidern / zu vnſerm Ehren Koͤnige Jeſu Chri - ſto einprangen koͤnnen / wie David redet Pſal. 45.

3. Gaudij & lætitiæ ſuperfluitas, ein ſteter vber -γ. Gaudij & - titiæ ſuper - fluitas. fluß von aller Frewde vnd Wonne / Denn ewige Frewde wird vber vnſerm Haͤupte ſeyn / FrewdeEſa. 35. 10 vnd Wonne werden wir ergreiffen / Eſa. 35. Wir werden vns frewen mit vnausſprechlicher vnd1. Pet 1 8 herrlicher Frewde / 1. Pet. 1. vnd ſolche frewde wird niemand von vns nehmen / Johan. 16. Ioh. 16. 22

4. Omnium bonorum perennitas, ein ſtetswe -δ. Omnium bo - norum peren - nitas. rende Ewigkeit alles guten / lieblichen vnd Him - liſchen weſens. Denn wie David ſagt / Pſal. 16. ſo ſolPſal. 16. 11 die voͤllige Frewde vnd liebliches weſen / zur rechten Gottes ſeyn vnd bleiben / jmmer vnd ewiglich. Darumb wirds auch geneñet eine ewige frewde / Eſa. Eſa 35. 1035. Jtem immarceſsibilis gloriæ corona, eine vnver - welckliche Krone der Ehren / 1. Pet. 5. 1. Pet. 5. 4

Sehet jhr allerliebſten Gotteskinder / ſo viel herꝛ - liches EhrenSchmucks erlanget man an Leib vnd Seel / von dieſer Kronen der Gerechtigkeit / die allen gleubigẽ im ewigen Leben bereitet vnd beygelegt iſt / Wer wolteL ijnicht82Die Ander Leichpredigt. nicht von Hertzen wuͤntſchen / daß er dieſelbe nur an - ſchawen / wil geſchweigen / warhafftig erlangen / vnndEccleſia. vollkoͤmmlich genieſſen ſolte? Eya weren wir da.

2. Βρα〈…〉〈…〉 ευτοῦ aſsignatio. II. Neben vieſer Beſchreibung des Ehrenkroͤn - leins wird vns auch vors andere Kamhafftig gemacht:4. Eſdræ 2. Brabeuta, wer dañ der geber vnd austheiler ſey dieſes herrlichen Kleinods vnd Ehrenkroͤnleins / nemlich / der HERR / der gerechte Richter. Das iſt nun derqui deſcribi - tur. 1. à dignitate & potentia HERR. Sohn Gottes / den man in der Welt bekand hat / Es iſt der HERR aller Herrn Jeſus Chriſtus / deme hat der Vater Macht vnd Gewalt gegeben / im1. Tim. 6. v. 15 Apoc 19. v 16 Matt. 28. v. 18 Ioh. 5 v. 23 27 Act. 17. v. 31. Himmel vnd auff Erden / auch das Gerichte zu halten / weil er des Menſchen Sohn iſt / Matt. 28. Johan. 5. Das iſt der Mann / in welchen Gott beſchloſſen hat / zu richten den Kreiß des Erdbo - dems mit Gerechtigkeit / Actor 7. Dieſen HErrn2. à Iuſtitia, propter amo - liendam ſu - ſpitionem. beſchreibt vns S. Paulus à juſtitia, von ſeiner Ge - rechtigkeit / vnd nennet jhn einen Gerechten Rich - ter / damit anzuzeigen / daß er nicht ſeyn werde ϖροσ〈…〉〈…〉 -α. ωροσω - ποληψίας πολήπτης, ein anſeher der Perſonen / der etwa ſein Eh - renKroͤnlein alleine hohen vnd fuͤrnehmen Stands - Perſonen außtheilet / vnd die Armen vberhuͤpffen wer -β. δωροφα γίας. de / er ſey auch nicht δωροφάγος, ein Geld Richter / derPſal. 7. 12 2. Cor. 5. 10 jhme die Guͤldnen Kronen / geharniſchte Maͤnner / vnnd weiſſen Thaler ſo lieb ſeyn laſſe / daß er auch den Fi - nantzoniſten die HimmelsKrone geben duͤrffe: Nein / ſondern da ſey er ein Gerechter Richter / der da vrthei - len / vnd einem jeden geben were / wie er verdienet ha - ben wird.

III. Wird83Die Ander Leichpredigt.

III. Wird vns auch zu erkennen gegeben:3. Temporis notatio. Tempus, die Zeit / wann denn ſolch βραβεῖον vnd Eh - renKroͤnlein wird gegeben vnd ausgetheilet werden? Nemlich / an jenem Tage / das iſt / am Zukuͤnfftigen juͤngſten Tage / da Gott der HErr ſeinen lieben Sohn2. Cor. 5. 10 Jeſum Chriſtum ſenden wird / zu vergelten einem je - den / wie er gehandelt hat bey Leibesleben / es ſey gut oder boͤſe. Darumb man an jetzo in ſeinem CreutzeΝουϑεσία, breviſs. hic inſperſa. Chriſto geduͤltig aushalten / vnd dieſes Tages ſeiner Kroͤnung mit groſſen Frewden warten / auch billich nach demſelben ein hertzliches verlangen tragen ſol.

IV. Endlich / ſo werden vns auch allhier ſpeci -4. Coronando - rum ipecfi - catio. quorum ſub - jectum. ficirt vnd zu bedencken fuͤrgeſtellet: Coronandi; die Candidaten vnd jenigen / ſo mit dieſem vnverwelckli - chem βραβείω vnd EhrenKroͤnlein ſollen begabt vnnd verehret werden. Da ſpricht S. Paulus: Welche& q; mir der Gerechte Richter geben wird / nicht aber& q; alleine mir / ſondern auch allen / die ſeine erſchei -α Individuum. Paulus ipſe〈…〉〈…〉 in quoducet ϖληρο - φορία fidei. nung lieb haben. S. Paulus nennet erſtlich ſich: vnd ſchreibet jhme vor allen andern diß EhrenKroͤn - lein zu: Denn das iſt die ſtercke ϖληροφορία fidei, die gewiſſe Zuverſicht / welche ein gleubiges Hertz zu Chri - ſto haben / vnd feſte ſchlieſſen ſol / daß alle ſeine Guͤtt vnd Wolthaten auch jhme in ſpecie angehoͤren / vnd daß all ſein Verdienſt auch jhme inſonderheit zu gute kom - men ſol.

Hernach aber ſetzet er ſeine Conſorten vnd Ge -β. Speciale: O - mnes adven - tum Chriſti d[i]ligentes ubi notanda. ſellen / die auch dieſes EhrenKroͤnlein fehig werden ſollen / daß ſind alle / die die erſcheinung ChriſtiL iijlieb84Die Ander Leichpredigt. Expoſi[tio]1. φρασεως.lieb haben. Solches aber ſeynd keine andere Leute / alsSecundum 2. eben die jenigen / die nach dem Exempel S. Pauli / wieTextus oben gedacht / einen guten Kampff des Glaubens kempf -Paulini 3. χειραγωγί αν παι - δείαν. fen / in jhren anbefohlnen Schrancken bletben / vnd dar - innen jhren Lauff vollbringen / die auch endlich jhrem lieben He rrn vnd Erloͤſer Jeſu Chriſto / deme ſie in der heiligen Tauffe gehuldiget haben / Glauben halten / vnd von jhme in Gluͤck vnd Vngluͤck nicht abweichen / alſo / daß ſie gutes Gewiſſen haben vnd behalten koͤn - nen / vnd ſich fuͤr der Erſcheinung JEſu Chriſti am juͤngſten Tage nicht ſchewen vnd fuͤrchten duͤrffen / ſon - dern nach derſelben / als nach jhrer endlichen Erloͤſung /Eccleſia. ein hertzliches verlangen tragen / vnd mit der Kirchen ſagen vnd beten moͤgen:

Der Juͤngſte tag iſt nun nicht fern /
Komm Jeſu Chriſte lieber HErr /
Kein Tag vergeht / wir warten dein /
Wolten gerne bald bey dir ſeyn.

ϖρᾶξις 1. Διδακτι-κή.USUS.

Da ſehen wir / lieben Chriſten / daß Gott derDe larga pie - tatis temune: ratione. HErr / vnd ſein lieber Sohn Jeſus Chriſtus jhme nicht wolle vmbſonſt dienen laſſen / von ſeinen gleubigen Rit - tern vnd Soldaten. Denn ob es wol an deme iſt / daßPræoccupat. wir bey jhme mit vnſern Wercken nichts im geringſten verdienen koͤnnen / wil geſchweigen / daß EhrenKroͤn -Rom. 3. 28. lein der Gerechtigkeit / das ewige Leben vnd Seligkeit / welches alleine mit warem Glauben an Chriſtum mußHabac. 2. v. 2 erlanget werden: Darumb denn auch S. Paulus / vndaller85Die Ander Leichpredigt. aller glaͤubigen Glauben halten / daß beſte bey denGal. 3. v. 21. 21. 26. ſachen thun muß / ſintemal daſſelbe eben der Sieg iſt / der die Welt / den Tenffel / vnd alles Vngluͤck1. Ioh. 5. v. 4 vberwindet: Dennoch aber wil jhme Gott ſolchesEphel. 5. v. 16 wolgefallen laſſen / vnd ſeinen glaͤubigen jhren ange - wandten fleiß der Gottſeligkeit gar reichlich / auch im ewigen Leben vergelten. Wie denn daher S. Paulus auch ſonſten ſagt / 1. Tim. 4. Die Gottſeligkeit iſt1. Tim. 4. v. 8 zu allen dingen nuͤtz / vnd hat verheiſſung dieſes vnd des zukuͤnfftigen lebens.

Darumb ſollen wir hierbey Vrſach nehmen / vnsII. Νουϑε - τικὴ, deſumpta ex verbis prece. T. jederzeit der wahren Gottſeligkeit zubefleiſſigen / vnd nach S. Pauli vermahnung / einen guten Kampff des Glaubens kempffen / den Lauff vollenden / vnd Glauben vnd gutes Gewiſſen behalten / auff daß wir mit frewden vnd vnerſchrocknem Gemuͤt die erſcheinung Jeſu Chri - ſti erwarten / anſehen / vnd ſolch Ehrenkroͤnlein in vnge - zweiffelter hoffnung erlangen vnd vberkom̃en moͤgen. Denn wie viel wagt doch ſonſten manch junges Bluͤt -Amplificata argumento â minori. lein / vnd ſetzt offt Leib vñ Leben dran / vnd in die ſchan - tze / damit es nur vor der Welt / Ehr vnd Preiß / neben1. Cor. 9. v. 25 26. einem geringen Kleinodt / davon bringen moͤge / Wel - ches doch alles jrꝛdiſches vnd vergengliches thun iſt: Wie viel tauſendmal mehr ſollẽ wir keine muͤhe vñ fleiß ſparen / da mit wir daß rechte Him̃el Kroͤnlein von Chri - ſto erlangen / vñ dermaleins anhoͤren moͤgen die troͤſtli -Matth. 25. v. 21. 23. 24. che ſtimme: Euge ſerve fidelis, Ey du from̃er vnd ge - trewer kneche / gehe ein in deines HErrn frewde / ererbe das Reich / das dir vñ allen gleubigen vonanbe -86Die Ander Leichpredigt. Luc. 19. . 17anbegin der Welt her bereitet iſt. O wol vnd aber wol den jenigen / ſo ſolche holdſelige Stimme JEſuOrnata in exclamatione 1. παϑητικῇ Chriſti / neben darreichung dieſes EhrenKroͤnleins / hoͤren vnd vernehmen werden! Wehe aber vnd in ewig - keit wehe / denen / ſo es in jhrem Lebenslauff alſo ma - chen / daß ſie fuͤr der erſcheinung Jeſu Chriſti gleich er - ſchrecken / vnd ſich entſetzen / die werden vor dieſe Ehren - Kron empfangen / den helliſchen Pechkrantz / der mit Fewer vnd Schweffel in ewigkeit brennen wird / Vnd vor die holdſeligen Lippen Jeſu Chriſti werden ſie ſei -Matt. 25. 41 nen Mayeſtetiſchen Donnerſtral anhoͤren muͤſſen: Di - ſcedite à me maledicti, Weichet von mir jhr Ver - fluchten Vbelthaͤter / trollet vnd packet euch ins ewi - ge helliſche Fewr / das euch vnd allen Teuffein in ewigkeit bereitet iſt. Hie werden ſo denn ſeyn / die2. διαιρε - τικῇ. helliſchen Rußkoͤhler vnnd Schlotfeger die Teuffel / ſampt allen Gottloſen vnd Verdampten: Dort aber im ewigen Leben die glaͤubigen vnd außerwehlten inApoc. 7. 9. jhren Schneweiſſen Roͤcken vnd gruͤnenden Pal - men / die heiligen Engel vnd Ertzengel / ja die heilige Goͤttliche Dreyfaltigkeit ſelbſten. Hie / bey den Gott -Eſa. 66. 14 loſen wird ſeyn / eytel helliſch Fewer / welches nicht ausleſchen wird / ein Fewerſpruͤhender Drachen -Marc. 9. 44 Wurm / der nicht ſterben wird: Dorte aber die Sonne der Gerechtigkeit JEſus Chriſtus / vnndMalac. 4. 2 heylvnter deſſelben Fluͤgeln: Bey den Verdam - pten wird ſeyn / ein taͤgliches Zetergeſchrey vnd Wolffs -Eccleſia An - gelica. heulen: Dort aber bey den Glaͤubigen / die Himliſche Cantorey vnd Muſica, dabey ein Te Deum laudamusnach87Die Ander Leichpredigt. nach dem andern / ein Sanctus nach dem andern / einEſa. 6. 3 Apoc. 4. 8 Luc 2. 14 Pſal. 6 1 Gloria nach dem andern / wird intonirt vnd figurirt werden: Jn Summa / da wird ſeyn Frewde die fuͤlle / vnd liebliches Weſen zur Rechten Gottes jmmer vnd ewiglich.

MEMORIA DEFUNCTI.

Z[v]ſolch er ewigen vnd vollkommenen Frew -Commen[ta]- tio Perſonæ tefunctæ. de / vnd Himliſchen EhrenKroͤnlein / iſt nun auch nach Gottes Rath vnd gnedigen Willen / durch den Zeitlichen Todt befuͤrdet worden / am verſchienen Sonnabend vmb 5. Vhr nach mittage / das weyland[I]ohann. Chri - ſtophori Schlaheri. Edle vnd from̃e Knaͤblein / Hans Chriſtoff Schlaͤ - her / vnſers lieben Junckern Eleazari Schlahers /à〈…〉〈…〉. Boni certa -[mini]s decer - tatione. etc. juͤngſtes Soͤhnlein. Daſſelbe hat nun traun auch in ſeinen jungen Jahren / manchen harten Kampff vnd Scharmuͤtzel außſtehen muͤſſen / wegen des beſchwerli -2. Fidei & conſcientiæ[re]tentione quæ proba - tur. chen keuchens / vnd anderer kranckheiten / wie denn auch wegen des biß daher wehrenden Huſtens / vnd darauff erfolgten freſeln.

α. Ex immacu -[lat]a vitæ vir - ginitate.

Es hat aber doch ſeinen Glauben / den es in der heiligen Tauffe / durch ſeine Tauffpaten dem Sohne Sottes Jeſu Chriſto geſchworen / vnd redlich vnd trew - lich gehalten. Denn wer wolte hieran jrgend zweif - feln / ſintemal ja das liebe Kind noch faſt in ſeiner H. vnſchuld (gemeiner weiſe alſo davon zu reden) gelebet / da ſich die Erbſuͤnde vnd verderbte Natur in jhme noch nicht ſo vbrig ſehr wittern vnd mercken laſſen / das alſo ſein Glaube / den Gott der heilige Geiſt in ſeinem jun -Mgen88Die Ander Leichpredigt. gen Hertzen gewircket / etwa mit groben euſſerlichen Suͤnden wieder das Gewiſſen / hette koͤnnen ausgeſteu - bet werden / wie ſonſt wol von vns Alten / denen der Teuffel / die Welt / vnd vnſer eigen Fleiſch vnd Blut allezeit hefftiger / als der Jugend zuſetzen / zugeſchehenβ. Ex fructuum fidei chari - tate. pfleget. Daher hat es auch ſolchen ſeinen Glauben mit den ſchoͤnen fruͤchten / als liebe der Eltern / vnd vnter - thaͤnigen gehorſam / auch mit dem Gebet vnd Vaterγ. Ex inſtitutio - nis fidelitate. vnſer / vnd dergleichen / gar mercklich ſcheinen vnd fuͤn - ckeln laſſen. So haben es auch ſeine Chriſtliche Eltern bey jhme / an fleiſſiger Inſtitution vnnd vnterweiſung zu allen guten / nicht mangeln laſſen.

3. à felici cur - ſus conſum - matione. Vnd nach deme es nun mehr ſeinen Kindlichen Lauff vollendet / ſeines lauffs / 3. Jahr / ſieben vnd dreiſſig Wochen / vnd fuͤnff Tage / So iſt nun kein zweiffel / daß es jtzo vnter den Haͤnden des groſſen Him - mels Koͤnigs Jeſu Chriſti ſtehet / der jhme denn das vn - verwelckte EhrenKroͤnlein der vollkom̃enen Ge - rechtigkeit auffſetzet / vnd es zu ſeinem werthen RitterExclamatio. in ſeinem Paradieß ſchleget. O wie wird jhme das ſo eine groſſe Ehre / vnd ſeinen beyden ſeligen Schweſter - lein / Annen-Otilien vnnd Anlein / eine frewde ſeyn? Denn vor 14. Tagen / war noch eins von dem andern getrennet: Jetzo ſeynd ſie beyſammen / vnd genieſſenΑ᾽ ποςροφὴ generalis, ad parentes ſanè benè mœſtiſ - ſimos, qua eis monûrantur & porrigun - tur ex arma - gleicher Frewde vnd Wonne.

Euch frommen vnd Chriſtichen Eltern fel - let nun wol ſolch zweyfacher riß vnter ewren lieben Kinderlein gantz ſchmertzlichen fuͤr / vnd kommen euch hieruͤber manche ſeltzame vnnd wunderliche Gedanckenein /89Die Ander Leichpredigt. ein / als auch jedes Vater vnd Mutterhertz / gar wol vndmentario ſpi - ritus &. arma tàm σκεπα - στήρια, qu[a]ἀμυντήβία adverſ[us]ten - tationem gra - viſsimarum obſervata ſpi - cula. leicht erachten kan: Denn dieſes iſt der rechte Kampff vnd Scharmuͤtzel / darein man in ſolchem zuſtande gar leichte gerathen kan: Aber da ſehet zu / daß jhr kempf - fet einen guten Kampff des Glaubens.

Kommen euch dieſe gefehrliche Gedancken ein / als wolte euch Gott nicht mehr alſo in Gnaden anſehen / wie er hiebevorn gethan / ſondern vielleicht wol imDe occulta[ti]one & nega -[ti]one gratiæ &[miſercor]- diæ divinæ. Zorn gar die Handt von euch abziehen / vnnd euch ver - laſſen / weil er ſo inſtendig mit ſeinem Creutz vnnd AngſtBecher bey euch anhielte: So wiſſet / das in die - ſem Kampff viel heilige Leute vor euch geweſen ſeyn /Tentatio hoc puo gravior & periculoſi - or, eo com - munior, quod probantur ex - emplo. Wie klaget vnd ſeufftzet doch nur hieruͤber Koͤnig Da - vid / Pſal. 77. Wird denn der HErr ewiglich ver - ſtoſſen / vnd keine Gnade mehr erzeigen? Jſts denn gar aus mit ſeiner Guͤte / vnd hat die verheiſ - ſung ein ende? Hat den Gott vergeſſen gnedigα Davidis. Pſal. 77. 8. 9. 10. zu ſeyn / vnd ſeine Barmhertzigkeit fuͤr Zorn ver - ſchloſſen? Sol denn vmbſonſt ſeyn / das mein Hertz vnſtraͤfflich lebt / vnnd ich meine Hen -Pſal. 73. 13. Pſal. 6. 4 Pſal. 13. 1. 2. 3. de in vnſchuld waſche? Jch din geplaget taͤglich / vnnd meine ſtraffe iſt alle Morgen da. Ach du HErr / wie lange? Wie lange wilſtu mein ſo gar vergeſſen? Wie lange verbirgſtu dein Antlitz fuͤr mir? Wie lange ſol ich ſorgen in meiner Seelen / vnd mich engſten in meinem Hertzen taͤglich? β Chriſti.

So hat auch CHriſtus ſelbſt an dieſem harten Kampff vnd Scharmuͤtzel treten muͤſſen: Denn da erM ijam90Die Ander Leichpredigt. am Creutze henget / vnd neben ſeinem aͤngſtlichen leiden auch noch groſſen hohn vnnd ſpott ausſtehen muß / daPſalm[22]. 1 rufft er auch / Mein Gott / mein Gott / warumb ha -γ ECCLESIæ ſtu mich verlaſſen? Wie leſt ſich doch auch noch heu - tiges tages offtmals das liebe Zion / das iſt / die Chriſt -Eccleſia. liche Kirche ſo klaͤglich hoͤren:

Eſa. 49. 14
Hertzliebſter Gott / haſtu mich nu
Verlaſſen / vnd kanſt ſehen zu /
Das groß Vngluͤck muß leiden ich /
Wilſt nicht / wie vor / dencken an mich?

Applicatio. Eſai. 64. 15Ein Particul vnd ſtuͤck dieſes betruͤbten Zions /〈…〉〈…〉 ſeyd jhr nun auch an jtzo liebſte Eltern / weil ſich die groſſe hertzliche Barhertzigkeit GOttes gegen euch eben harte halten thut: Darumb troͤſtet euch / daß jhrs nicht all eine ſeyd / die etwa ein ſolch / das ander desgleichen Creutz betreffen thut.

Reſponſio Negativa. Wiſſet gleichwol aber hierneben / das Gott mit nichten ewer feind ſey / mit euch zuͤrne / oder euch verlaſ - ſen habe.

Gott iſt nicht ſeindt.Denn wie ſolte er ewer Feindt ſeyn / in deſſen Freundſchafft jhr euch taͤglich vnd Stuͤndlich mit fleiſ - ſigem vnd andechtigem Gebet inſinuiret? DarumbPſal. 91. 14 gilt auch euch / was er ſagt / Pſalm. 91. Er begehret mein / ſo wil ich jme aushelffen: Er kennet mei -verſ. 15. nen Namen / darumb wil ich jhn ſchuͤtzen: Er rufft mich an / ſo wil ich jhn erhoͤren / ich bin beyverſ. 16. jhme in der noth / ich wil jhn heraus reiſſen / vnd zu ehren machen. Jch wil jhn ſettigen mit lan - gem leben / vnd wil jhm zeigen mein Heyl.

Wie91Die Ander Leichpredigt.

Wie ſolte Gott mit vns zurnen / weil jhr ſo einenGott zurnet nicht. trewen Advocaten vnd Fuͤrſprecher bey jhm habt /1. Ioh. 2. 1 nemlich / Jeſum Chriſtum / der gerecht iſt. VndEſa. 27. 4 der es dahin bringet / das Gott nicht mehr mit euch zuͤr - net? Darumb kaſt hier viel mehr bey euch gelten / denEſa. 54. 9 10. thewren Eydſchwur Gottes / Eſa. 54. da er ſpricht: Al - ſo habe ich geſchworen / das ich nicht vber dich zuͤrnen / noch dich ſchelten wil: Denn es ſollen wol Berge weichen / vnd Huͤgel hinfallen / Aber meine Gnade ſol nicht von dir weichen / vnd der Bundt meines Friedes / ſoll nicht hinfallen / ſpricht der HErr dein erbarmer. Vnd was Joel 2.Ioel. 2. 13 geſchrieben ſtehet: Der HErr iſt gnedig / barm - hertzig / geduͤltig vnd von groſſer Guͤte / vnd re - wet jhn balde der ſtraffe. Wie ſolte euch Gott ver -Gott verleſſet vnd vergiſſet nicht. laſſen / oder ewer vergeſſen / weil er auch euch in ſeine Gnadenhand / als gleich in ein Memorial vñ Denckzet - tel / ſo eigen hat auffgezeichnet? Jhr ſprecht wol in ew - rem hertzen / mit dem betruͤbten Zion: Der HErr hat mich verlaſſen: Der HErr hat mein vergeſ -Eſa. 49. 14 ſen / Eſa. 49. Aber kan auch eine leibliche Mutter jhres Kindes vergeſſen / das ſie ſich nicht erbar - me vber den Sohn jhres Leibes? Vnd ob ſieverſ. 15. ſchon deſſelben vergeſſe / ſo kan doch Gott ewerverſ. 16 nicht vergeſſen: Deñ er auch euch in ſeine Hende hat eingezeichnet. Darumb ſchlaget alle ewre traw -Affirmati[v]a. rige vnd ſchwermuͤtige Gedancken aus ewrem hertzen / vnd erinnert euch viel mehr aus Gottes Worte / daßGott iſt im Creutz. jhr auch mitten in dieſem Creutzſtande an Gott habt:

M iij1. Einen92Die Ander Leichpredigt.

1. Ein trewher - tziger erbarmer1. Einen trewhertzigen Erbarmer / der ewer elend vnd betruͤbten zuſtand wol ſiehet / vnd jhme daſſel - be ſo ſehr zu Hertzen gehen leſſet / als wenn es jhm ſelbſtIer. 31. 20 betreffen thete, Leſſet ſich derwegen gleich auch an je - tzo von euch vernehmen / was er ſonſt ſagt / Jer. 31 Bi - ſtu nicht mein lieber Sohn? Biſtu nicht mein trawtes Kind? Denn ich gedencke ja noch wol dran / was ich dir geredt habe: Drumb bricht mir mein Hertz gegen dir / daß ich mich deiner erbarmen mus.

2. Ein ſtarcker Nothheiffer.2. Jhr habt an Gott einen ſtarcken Nothelffer / der euch aus dieſen noͤthen allen wol helffen wil: DennEſa. 41. 10 da ſagt er euch zu vnd ſpricht / Eſa. 91. Fuͤrchte dich nicht / ich bin mit dir / weiche nicht / denn ich bin dein Gott: Jch ſtercke dich / ich helffe dir auch / ich errette dich / durch die rechte Handt meiner Gerechtigkeit.

3. Krefftiger Troͤſter.3. Jch habe an Gott einen krefftigen Troͤſter / der wil euch troͤſten / wie einen ſeine Mutter troͤ -Eſa. 66. 13 ſtet / Eſa. 66.

4. Ein groſſer Liebhaber.4. Jhr habt an Gott einen groſſen Liebhaber / Denn eben das iſt das rechte Zeugniß ſeiner groſſen Liebe gegen euch / welches jhr auch ſelbſt / ewer auſſage nach / in ewrem Wollſtande von Gott begehret habt / Denn welche ich lieb habe / die ſtraffe vnd zuͤchti -Apoc 3. 19 ge ich / ſpricht er ſelber Apoc. 3. Darumb vermahnet auch daher Salomon ſo trewlich zur gedult vnd ſpricht /Prov. 3. 11. 12. Pro. 3. Mein Kind / verwirff die zucht des HerrnEbr. 12 6 nicht / vnd ſey nicht vngeduͤttig vber ſeiner ſtraffe:Denn93Die Ander Leichpredigt. Denn welchen der HErr liebet / den ſtraffet er / vnd hat wolgefallen an jhme / wie ein Vater am Sohne.

5. Jhr habt Gott mitten in dieſem ewrem Creutz5. Ein liebreicher Vater. zum liebreichen Vater / denn wie Ebr. 12. ſtehet / So ſteupet er einen jeglichen Sohn / den er auffnim̃t. Ebr. 12. 6.So jr nun die zuͤchtigung erduldet / ſo erbeut ſichverſ. 7. traun euch Gott / als Kindern: Denn wo iſt einverſ. 8. Sohn / den der Vater nicht zuͤchtiget? weret jhr aber ohne zuͤchtigung / ſo weret jhr Baſtarte vnd nicht Kinder.

Beduͤncket euch liebe Eltern / Gott zucke ſeine RuteII. De crucis ma - gnitudine & diuturnitate, Reſponſio ἀντιπαρα βολικὴ. zu offte / vñ mache euch das Creutze eben ſchwer / ſo beden - cket / wie ein viel ſchweres viel heiliger Leute vor euch ge habt haben / vnnd daß diß ewer Creutz gegen jhres noch gar guͤlden / vnd wol durch vnd durch vberzuckert ſey.

Jhr habt aus ewren Augen nur verlohren (alſoAnderer Hei - ligen Creutz iſt viel groͤſſer. zu reden) zwey liebe Kinder / die ſind in jhrer zarten Ju - gend vnd heiliger vnſchuld / fuͤr ewren Augen / daheime zu Hauſe / ſanfft vnd ſelig / vnd zum theil / ohn alles ach vnd wehe eingeſchlaffen: Aber was iſt vnſern erſtenα πρωτοπλά ςων. Eltern wiederfahren? Die haben nicht mehr / als zwey Kinder: Der boͤſe Cain fellet vber den from̃en Abel / vndGen. 4. v. 9. erſchleget jn / Er der thaͤter / wird druͤber zum verzweif - felten Hellebrand / vñ muͤſſen ſich alſo dieſe liebe Eltern beider verzeihen. : Ach wie muß daß ſchmertzen? Derβ. 1. Sam 4. 1〈…〉〈…〉 Prieſter Eli hatte zween Soͤhne / die kom̃en auff einen Tag in der Schlacht allebeyde vmb: Vnd das waren auch boͤſe Buben / deswegen auch / jhrer ſeligkeit wegen wenig zuhoffen war.

Job94Die Ander Leichpredigt.

γ. Iob. c. 1. 19Job hatte zehen Kinder / die kommen alle auff einen Tag vmb / vnd werden erſchlagen durch den einfall desδ Maccabææ. &. Mac. 7. Hauſes. Die fromme Maccabeerin hatte 7. Soͤh - ne / gar fromme vnd gehorſame Kinder / die kommen al - le auff einen Tag vmb / durch die allergrewlichſte Mar - ter / die nur vom Antiocho / dem grawſamen Wuͤterich vnd Tyrannen / hat koͤnnen erdacht werden: Da wer - den jhnen die Zungen außgeſchnitten / Haͤnde vnd Fuͤſ - ſe abgehawen / ſie werden verbrand vnnd geſotten / ſie werden mit Haut vnd Haar geſchunden / ſie werden ge - geiſſelt / vnd auffo ſchendlichſte tractiret vnd gehandelt / vnd muß die arme Mutter ſtehen / vnnd noch zuſehen. Ach were doch nicht wunder geweſen / das ſie vor groſſem leyde jhr ſelbſt hat zum Hertzen gexaumet / vnd der Mar - ter abgeholffen? Dieſes alles / liebe Eltern / iſt viel tau - ſendmal ein ſchwer harter / oder bitter Creutz / als ew - res ſeyn mag.

Πόρισμα. 1.[παραμυ -] ϑητικὸνDerowegen gilt auch hier bey euch / was David ſagt / Pſal. 118. Der HERR zuͤchtiget euch wol /Pſa. 128 18 aber er gibt euch dem Tode nicht: Er richtet euchEſa. 27. 8 mit maſſen / Eſa. 27. Er zuͤchtiget euch / doch mit maſſen / vnd nicht im Grim̃ / auff daß er euch nichtIer. 10. v. 24 auffreibe / Jer. 10. Vnd Gott iſt ja auch noch bey euch getrew / daß er euch nicht leſt verſuchen vber ewerwermoͤgen / ſondern macht / das die Verſu - chung ſo ein ende gewinnet / daß jhrs noch koͤn -1. Cor. 10 13 net ertragen / 1. Cor. 10.

Darumb ſtellet ewer wehe muͤtiges Hertz zu frieden /2 ϖροτρε - πτικὸν. vnd ſagt abermal mit Eli: Es iſt der HErr / er thutwas95Die Ander Leichpredigt. was jhme wolgefellet: Mit Job: Dominus dedit,1. Sam. 3. v. 18. Dominus abſtulit, ſit nomen Domini benedictum,Iob. 1. v 21. Der Herr hat es gegeben / der Herr hat esNazian〈…〉〈…〉 de Maccab. genommen: der Name des Herrn ſey geprey - ſet: Mit der Maccabæerin: Theſaurum meum Deo tradidi: Jch habe meine Kinder / als meinen lieben Schatz / Gott befohlen: Bey deme ſind ſie gar wol ver -2. Macc.[7]. v. 29. ſorget / vnd der wird mir ſie am Juͤngſten Tage wol wie der lebendig machen / vnd mir widergeben / 2. Maccab. 7.

Betruͤbt es euch / daß Gott / ewern beduͤncken nach /III. De inæqua - bili libero〈…〉〈…〉 chariſsimorũ par[ti]tione. Numero Deus impare gan - det. Virg. Eclog. 8. in etwas vngleich mit euch moͤchte getheilet haben: ge - dencket / daß vnſer lieber Herr Gott auch billich das meiſte haben ſol: jtzo hat er nun ſein Kleeblaͤtlein voll. Was jr noch habt / wird er euch ja nunmehr / vngezweif - felter Hoffnung / ſo es gut ſein ſol / wol laſſen: vnd euch wol einen oder mehr Segen noch auffgehoben haben: wie euch denn auch hierauff vertroͤſtet Joel / c. 2. do erIoel. 2. v. 14. ſpricht: Wer weiß / es mag jhn wieder gerewen / vnd einen Segen hinter ſich laſſen?

Duͤrffet derowegen / Jhr Chriſtlichen liebenπόρισμα παιδευτι - κὸν. Eltern / nicht viel fragen: wie jhr euch verhalten: wie jhrs machen / oder angreiffen ſollet / in dieſem ewern betruͤbten Zuſtande? Stellet euch nur jetzt angehoͤrtenWie ſich in ſolchen betruͤb - ten Fall zuver - halten? Troſt in ewer Hertz / vnd damit kempffet einen guten Kampff wieder alle einfaͤlle / vnd trawrige gedancken. Gedencket auch hierneben / daß GOtt nur in dieſem1. Armorum hactenꝰ mon - ſtratorum uſurpa[tio]. Creutz ein wenig mit euch / als ein Vater mit ſeinen lie - ben Kindern / ſpiele. Dieſes Spiel geht euch nun wol /Nals96Die Ander Leichpredigt. 2. Beneplaci - ti divini re - cordatio. als Fleiſch vnd Blut / ſehr wieder zahm ein / vnd wol - let nicht gerne dran. : Aber Gott hat zu dieſem Spiel vielleicht ſo erhebliche vrſachen gnung / daß wir jhn hieruͤmb nicht ſtraffen koͤnnen. Viel ſolte mir nicht fehlen / ich wolte die vornembſte darunter wol er - rahten.

Α᾽ποςροφὴ ſpecialis, ad Nobilits. Dn. parentem. Euch lieben Vater / hat es wolgefallen / wenn jhr nur von ewers ſeligen lieben Soͤhnleins Glaube - halte habt hoͤren ſollen: daruͤmb jhr auch offt ohne er - hebliche vrſache / die Ruthe gezuckt / damit deſſelben GlaubensBekentnis alſo moͤchte extorquirt werden: Gedenckt / daß es Gott auch ſehr wolgefallen muͤſſe / wenn er nur viel von ewern Glauben-halten hoͤrenEſa. 28. v. 19. ſolle: vnd damit ers nur offt vnd viel hoͤren moͤge / ſoEſa. 26. v. 16 muß dieſes Ruͤhtlein vber euch gezuckt werden. Denn vexatio dat intellectum, ſagt Eſaias c. 28. Anfech -3. Moris Fili - oli demortui imitatio: in α. depre catione. β. Fide. γ. Patien tia. tung lehret auffs Wort mercken: Anfechtung ma - chet gute Chriſten: Vnverſuchte vnd vnerfahrne Leu - te ſind eitel vnnuͤtze zeruliſten. Daruͤmb ſpricht auch Eſaias c. 26. Herr / wenn Truͤbſal da iſt / ſo ſuchet man dich / weñ du ſie zuͤchtigeſt / ſo ſchreyen ſie engſtiglich.

Folget derowegen auch ewern ſeligen Soͤhnlein nach: fallet Gott / ewern lieben Himliſchen Vater / in ſeine gezuckte arm vnd Ruhten / mit andechtigem fleiſſi - gen Gebet: vnd haltet jhme Glauben: darzu denn gehoͤret / daß jhr mit ewrem lieben Gott in lieb vnd leid / gluͤck vnd vngluͤck / vorlie[b]nehmet: vnd von jhm in kei -Iob. 13 v. 15. ne wege abweichet: ſondern ſagt mit Job: Etiamſi oc -ciderit97Die Ander Leichpredigt. ciderit nos Dominus, tamen ſperabimus in eum, Vnd wenn vns auch der Herr gleich toͤdten wuͤrde / ſo wollen wir dennoch auff jhn hoffen.

Der Gott alles Troſtes beſtetige dieſen an -Votum & Conclutio. gehoͤrten Troſt vnd Vnterricht in ewren Her - tzen: vnd verleyhe vns allerſeits ſeine Gnade / daß wir durch beyſtandt ſeines heiligen Geiſtes / hier ritterlich ringen / Glauben vnd gut Gewiſſen be - halten / vnd endlich davon bringen moͤgen / die gewuͤnſchte Krone der Gerechtigkeit. Darzu ver - helffe euch / vnd mir / vnd allen / die die Erſchei - nung Chriſti lieb haben / Gott Vater / Sohn vnd heiliger Geiſt / hochgelobt in alle Ewigkeit / Amen / Amen.

N ijDie98Die Dritte Predigt.

Die Dritte Predigt. D. O. M. S. JNFANS PARALYTICUS BAPTI - ZANDUS. Proœmij loco, conſueta παρασκευὴ, & debita Numi - nis divini præmiſſa eſt invocatio.

TEXTUS.

DA trat JEſus in das Schiff / vnd fuhr wieder heruͤber / vnd kam in ſeine Stadt. Vnd ſiehe / da brachten ſie zu jme einen Gichtbruͤch - tigen / der lag auff einem Bette. Da nun Jeſus jhren Glauben ſahe / ſprach er zu den Gichtbruͤchtigen: Sey getroſt / Mein Sohn / deine Suͤnde ſind dir vergeben. Vnd ſiehe / etliche vnter den Schrifftge - lerten ſprachen bey ſich ſelbſt: Dieſer le -ſtert99Die Dritte Leichpredigt. ſtert Gott. Da aber Jeſus jhre gedan - cken ſahe / ſprach Er: Waruͤmb dencket jhr ſo arges in ewren Hertzen? Welches iſt leichter zu ſagen: Dir ſind deine Suͤn - de vergeben? Oder zu ſagen: Stehe auff vnd wandele? Auff daß jhr aber wiſſet / daß des Menſchen Sohn macht habe / auff Erden / die Suͤnde zu vergeben / ſprach er zu dem Gichtbruͤchtigen: Stehe auff / he - be dein Bette auff / vnd gehe heim. Vnd er ſtundt auff / vnd gieng heim. Da das Volck das ſahe / verwundert es ſich / vnd preyſete Gott / der ſolche Macht den Men - ſchen gegeben hat.

(Evangelij Domin XIX. poſt Trinitatis. Matth. 9. à v. 1. ad 9. )

Außlegung.

ANdechtige vnd Geliebte Freunde inExordij Chriſto dem Herrn: Wir haben / des1. πρόϑεσις â ſingul〈…〉〈…〉 eoꝙ́ dup[li]ci quoiundam Evangelio - rum in nobis effectu. Jars vber / viel Evangelia / die vns zum theil ſehr erſchrecken / zum theil auch ſehr vnd hoͤchlich erfrewen. Denn do iſts vns freylich an einem theil ſehr trawrig vnd ſchrecklich zuvernehmen / wenn2. ἀποδεί - ξις primi effectus. wir hoͤren / in was groſſer gefahr / elend vnd betruͤbnißN iijdas100Die Dritte Leichpredigt. das Menſchliche Geſchlecht / wegen der Suͤnden / ſtecken muͤſſe / alſo / daß einer balde lahm / der ander blind / der dritte taub / einer Waſſerſuͤchtig / der andere Gicht - bruͤchtig / aber ein ander Auſſetzig / oder ſonſt todtkranck iſt / ja offt wol gar auff die TodtenBaar dahin geſtre - cket / vnd den Wuͤrmen zur ſpeiſe apponirt vnd fuͤrgeſe - tzet wird: vnd daß es freylich allerdings alſo gehet / wieSir. 40. v. 1. Sirach der weiſe Mann / klagt vnd ſagt c. 40. Es iſt einv. 2. elend jaͤmmerlich ding / vmb aller Menſchen Le - ben / von Mutterleibe an / biß ſie in die Erde be -v. 3. graben werden / die vnſer aller Mutter iſt: da iſt jmmer Sorge / Furcht / Hoffnung / vnd zu letztv. 4. der Todt: So wol bey dem / der in hohen Ehren ſitzt / als bey dem geringſten auff Erden: So wol bey dem / der Seiden vñ Kron tregt / als bey dem / der einen groben Kittel an hat. Aber da iſts vnsἀπόδειξις ſecundi effe - effectus. am andern theil hinwieder ſehr anmutig vnd troͤſtlich / daß wir auch hoͤren / wie noch allezeit vnſer lieber HErr vnd Seligmacher Jeſus Chriſtus allen betruͤbten vnd nothleidenden Creutztraͤgern mit Gnaden vnd Barm - hertzigkeit erſchienen / jhnen noch alle mahl geholffen / vnd ſie nicht troſtloß gelaſſen hat: alſo daß freylich nochPſal. 145. v. 18 v. 19. heutigs tages erfuͤllet wird / was David von jhme ſaget Pſal. 145. Der Herr iſt nahe / allen / die jhn an - ruffen / allen / die jhn mit ernſt anruffen. Er thut / was die Gott fuͤrchtigen begehren / vnd hoͤret jhr ſchreyen / vnd hilfft jhnen.

3. παρά - ϑεσις.

Ein ſolchs Evangelium / liebe Chriſten / haben wir auch an jetzo / dadurch wir zum theil erſchreckt / zum theilaber101Die Dritte Leichpredigt. aber auch gar hoͤchlich erfrewet vnd getroͤſtet werden. Denn erſtlich / hoͤren wir von einem armen vnd elen -Argumentum & ſumma Evangelij præſentis, expli[c]ata & demonſtra[ta]ſimul παρα - ϑέσει quoad effectum β. Primũ den Menſchen / der durch die reiſſende Gicht ſo vbel zuge - richtet worden / daß er auch weder Haͤnde noch Fuͤſſe re - geñ / oder etwa einen ſchritt fortgehen koͤnnen: ſondern er hat von jhrer vieren zu CHRJſto muͤſſen getragen / vnd in ſeine Chur befohlen werden. Wenn wir nun dieſes recht bedencken / ſo fehlets nicht / vnſer Hertz po - chet vns / vnd erinnert vns vnſer Gewiſſen / daß es nir - gend anders wo herruͤhre / als von vnſer Suͤnde / damit wir Gott taͤglich erzuͤrnen vnd beleidigen: wenn auch wir / ſo wol als allhier dieſer Gichtbruͤchtige / allen Creutz / Elend / vnd Betruͤbnis / ja endlich dem Todt ſelbſt / vnterworffen ſeyn muͤſſen: weil Moſes / der MannPſal. 90. v. 8. Gottes ſpricht Pſal. 90. Das macht dein Zorn / daß wir ſo vergehen / vnd dein grim̃ / daß wir ſo ploͤtz -v. 9. lich dahin muͤſſen: denn vnſer Miſſethat ſtelleſtuv. 10. fuͤr dich / vnſere vnerkante Suͤnde ins Liecht fuͤr deinem Angeſicht: darum̃ fahren alle vnſere Ta - ge dahin / ꝛc. Hernach / vernehmen wir auch / wie der Sohn Gottes Jeſus Chriſtus ſich dieſes armen Men - ſchen ſo trewlich angenommen / daß er jhme nicht nurβ. Secun - dum. an ſeinem krancken leben alleine / ſondern auch an ſeiner todtkrancken Seelen geholffen / vnnd jhme ſeine Suͤnde vnnd Schuldt / aus welcher / gleich als aus einem boͤſen Brunnen / alles vbel vnd Kranck - heit herflieſſen thete / vergeben hat / wenn wir nun auch dieſes recht bedencken / ſo fehlets nimmermehr /vnſer102Die Dritte Leichpredigt. vnſer Hertz wird druͤber gleich luſtig vnd froͤlich ge - macht / daß wir vns auch fuͤr groſſen frewden mitPſal. 13. v. 6. David verlauten laſſen ex Pſalmo 13. Jch hof - fe darauff / daß du ſo gnedig biſt / meinv. 7. Hertze frewet ſich / daß du ſo gerne hilffeſt. Jch wil dem Herrn ſingen / daß er ſo wol an mir thut.

πρᾶξις Evangelij generalis de γλυκυπι - κρίᾳ Vitæ humanæ. Alſo pflegt vnſer lieber Gott mit dem Zuſtande Menſchliches Lebens gemeiniglich eine mixtur zu hal - ten / vnd frewd vnd leidt bey denſelben in einander zu mengen / damit wir in eitel Creutz vnd Elend nicht zu kleinmuͤtig: in lauter gluͤck vnd froͤligkeit aber nicht zu vbermuͤtig werden moͤgen.

Damit wir aber dieſes Evangelium zu vnſern nu - tzen auch fruchtbarlich anwenden vnd gebrauchen moͤ -Propoſitio πενταμε - ρὴς. De perſonis Evangelij. gen / ſo wollen wir im Namen Gottes fuͤr vns nehmen / nachfolgende Perſonen / ſo vns in dem ſelben fuͤrgehal - ten werden / zu betrachten:

  • I.
    I. Den armen Menſchen / mit ſeiner Kranck - heit.
  • II.
    II. Die guthertzigen Leutlein / die dieſen Pa - tienten Chriſto zufuͤhren / mit jhrer Barmhertzig - keit.
  • III.
    III. Den ewigen Sohn Gottes Jeſum Chri - ſtum / der bereit iſt / jhnen allen zu helffen / mit ſeiner wilfertigkeit.
  • IV.
    IV. Die murrenden Phariſeer / die Chriſtum wegen ſeines Ampts leſtern / mit jhrer feindtſe - ligkeit.
V. Das103Die Ander Leichpredigt.
  • V. Das andaͤchtige Voͤlcklein / welches Chriſti Allmacht gar herrlichen ruͤhmet / mit jhrer danck - barkeit.

Bey dieſen Perſonen wollen wir vns auff gegen -Docilitas. wertige gelegenheit dieſes orts alſo accommodirn vndἐυχὴ. bequemen / daß ewer Chriſtliche Liebe verſtehen ſolle: Jn was groſſem Elende vnſere kleinen Kinderlein vnd Hertzwuͤrmlein vor jhrer heiligen Tauffe ſte - cken: vnd wiederuͤmb / in was groſſer Ehre vnd Herrligkeit ſie leben vnd ſind / wenn Chriſtus koͤmpt / vnd durch ſein Roſinfarbes Blut / im Ba - de der wiedergeburt / ſie von jhren Suͤnden ab - waͤſchet vnd reiniget: Auch wie wir vns allerſeits / als Chriſtliche vnd guthertzige Leutlein bey jhrer H. Tauffe / nicht muͤrriſch / ſondern dienſthafftig vnd danckbarlich verhalten ſollen.

Hiervon nun mit nutz vnd furcht zu handeln / gebe der liebe Gott vns allen ſeine Gnade vnd Segen / vmb Jeſu Chriſti willen / Amen.

DE I. PERSONA. Prima Per - ſona, Paralyticus. T.

BElangende nun / jhr meine Geliebten / die erſte Perſon / Nemlich den armen Menſchen mit ſei - ner Kranckheit / ſo ſtehet davon im Evangelio alſo: Der Herr Jeſus kame in ſeine Stad / vnd ſie - he da brachten ſie zu jme einen Gichtbruͤchtigen / der lag auff einem Bette. Jn dieſen worten wird vns dieſer arme Menſch beſchrieben mit ſeiner Kranck - heit / die wird genennet die Gicht. Jn GriechiſcherOSprache104Die Dritte Predigt. Deſcriptio morbi ἡμι - πληγίας vel παρα - λύσεως.Sprache wird dieſe Kranckheit genennet ἡμιπληγία o - der παράλυσις, der halbe Schlag: vnd das iſt eine ſolche Kranckheit / do ein Menſch / der damit beladen / gleich al - ler ſeiner Sinnen beraubet / vnd zu allen dingen vn - tuͤchtig vnd vngeſchickt gemacht wird. Denn wenn ſich die groben / kalten vnd waͤſſerichten Humores, ſoD. Iac. Cocus c. 33. ſect. 4. affectu 10. ſuæ Α᾽νϑρωπο - λογίας. ſich in den ventriculis cerebri, oder im Gehirn des Menſchen / geſamlet haben / herunter begeben / ſo wer - den gleich alle Nerven vnd Adern bey einem Menſchen entweder obſtruirt vnd verſtopffet: oder doch alſo von einander zerriſſen / daß man ſich faſt im geringſten nicht beregen oder bewegen kan / ſondern da muß man bleiben / wohin man einen hebt / legt / oder tregt / vnd muß vnſaͤgliche qual vnnd ſchmertzen leiden / ſo ſehrApplicatio. vnd ſchwer / als wenn man gleich an allen Gliedern mit dem Rade zerſtoſſen were. Vnd daß deme alſo ſey / das ſehen wir auch allhier an dieſen armen Men - ſchen im Evangelio / der iſt traun ſeiner / auch im geringſten nicht mechtig / er kan ſich ſelbſt nicht auff - machen / vnd zu CHRJSTO gehen / ſondern er muß auff ſeinem Lager vnnd Siegbette liegen blei - ben / vnd warten / biß er durch guthertzige Leutlein zu CHRJſto gebracht vnd gefuͤhret wird: darneben muß er in ſolchem Elend vnd ſchmertzen Haußhalten / daß es wol einem harten Stein in der tieffen Erden er -Simile exem - plum. [I]ohan. 5. barmen moͤchte. Ein ſolcher armer Menſch war auch jener Johan. 5. welcher / wegen ſeiner groſſen vnver - muͤgligkeit / gantzer 38. Jahr zu Jeruſalem fuͤrmSchaffteich105Die Dritte Leich predigt. Schafteich Betheß da liegen / nirgends dahin kommen / ſondern allein auff Chriſtum vnd ſeine huͤlffe warten muſte.

USUS. Vſus.

Bey dieſer leiblichen Kranckheit des armen Men -1. Διδασκα λικὸς. De ſumma noſtre naturæ per peecatum originale cor - ruptione. ſchen / wird vns nun ein feines Muſter vnd Abriß fuͤr - geſtellet / des groſſen ſchadens / den wir geiſtlicher wei - ſe an vns haben. Denn was dieſer arme Menſch an ſei - nem Leibe hat / das haben wir alleſampt geiſtlicher wei - ſe an vnſerer armen Seelen: Dieſer ſchade iſt nun nichts anders / als die Erbſuͤnde / darein wir durch den Fall vnſerer erſten Eltern gebracht / vnnd dadurch ſoGen. 6. v. 5. heßlich vnd vbel zugerichtet ſeyn / daß auch all vnſer tich -Gen. 8. v. 21. ten vnd trachten wieder Gott vnd ſeinen willen iſt vndPſal. 51. v. 7. leuffet: vnd zwar alſo balde von vnſerer Empfengnis vnd Geburt an / wie David ſpricht Pſal. 51. Ecce, in iniquitatibus conceptus ſum: Siehe / ich bin aus Suͤndlichen Samen gezeuget / vnd meine Mut - ter hat mich in Suͤnden empfangen.

Es kan aber die Erbſuͤnde nicht vnfoͤrmlich mit derComparatio peecati origi - nalis cum Pa - ralyſi. Gicht oder dem Schlage verglichen werden / vmb nach - folgender vrſachen willen:

1. Ratione originis, Wegen jhrer Ankunfft o -I. Ratione o. riginis. der Vrſprung. Denn / wie jetzo gemeldet / ſo erei -α. Ex Pituitoſo & craſſo hu - more, in cere - bro collecto. & demum delapſo. gnet ſich die Gicht / oder der Schlag / daher: wenn die kalten Fluͤſſe vnnd duͤnſte aus dem Ge - hirn ſich in den Leib begeben / dadurch hernach alleO ijAdern106Die Dritte Leichpredigt. Humor & la - pſus πρωτο - πλάστων craſsiſsimus. Adern verletzet / verſtockt / vnd zu allen dingen gantz vntuͤchtig gemacht werden. Alſo iſts auch mit der Erb - ſuͤnde beſchaffen: denn weil vnſere erſte Großeltern ein - mahl jhr Gemuth gegen Gott dem Herrn vnd ſeine Liebe erkalten laſſen / ſo ſind ſie auch hernach von ſeinen Geboten abgewichen / haben dem Teuffel vnd jhren eig -Propagatio peccati origi - nalis in o - mnes eoium poſteros. nen willen gefolget / vnd ſind alſo in die Erbſuͤnde ge - rahten. Dieſer ſchaden gehet nun nicht alleine vber ſie / ſondern er theilet ſich auch aus in alle jhre Adern / dasRom 5. v. 12. iſt / in alle jhre Nachkommen / biß an den zukuͤnfftigen Juͤngſten Tag: Druͤmb ſpricht S. Paulus Rom. 5. Durch einen Menſchen iſt die Suͤnde kommen in die Welt / vnd durch die Suͤnde der Todt: vnd iſt alſo der Todt zu allen Menſchen hindurch ge - drungen / die weil ſie alle geſuͤndiget haben.

β Ex inordina - ta diæta. Die Medici ſagen auch / daß ſich die Gicht oder der Schlag daher ereigne / wenn ſich ein Menſch im eſſen vnd trincken gar vnmeſſig helt: aus welchen vnordent - lichẽ Dieth hernachmals ſich obgedachte kalte Humores mit hauffen entſpinnen / vnd alſo die Nerven vnd Span - Adern durchkriechen vnd verletzen: das iſt abermals ein feines Bildnis der Erbſuͤnne / vnd jhres vrſprungs: denn weil ſich vnſere erſte Großeltern auch ſehr vnmeſ - ſig gehalten / nach dem verbotenen Baum gegriffen / vnd deſſelben Fruͤchte gegeſſen / ſo hat ſich daraus freylich auch dieſer groſſe vnraht entſponnen / daß nicht allein ſie / ſondern wir alleſampt noch heutiges tages von der Erbſuͤnde durchkrochen ſeyn / daß wir gnung daran zu kewen haben.

II. So107Die Dritte Leichpredigt.

II. So wird auch die Erbſuͤnde mit der Gicht ver -II. Ratione eſſe - ctus ſive ope - rationis. glichen: Ratione effectus ſive operationis, wegen jh - rer krafft vnd wirckung. Denn die Gicht / wie jetzo be - ruͤhret / macht einen Menſchen an allen Gliedern vnd Adern lahm / vnd zu allen dingen vngeſchickt: alſo daß freylich ein ſolcher Menſch nichts anders iſt / als ein tod - ter Menſch / ohne daß nur ein wenig Othem noch aus jh - me gehet: Alſo iſts auch beſchaffen mit der Erbſuͤnde / die durchkreucht einem Menſchen Marck vnd Bein / vnd verderbet jhn an allen Gliedmaſſen / alſo / daß er zuCorruptio torius natmæ. nichts gutes taug vnd nuͤtze iſt: wenn Gott nicht koͤmpt vnd jhn ſelbſt / durch ſeinen H. Geiſt / zum guten tuͤchtig machet. Denn im Gemuͤthe iſt er alſo verderbet / daßα. in mente, quæ excæcata. er freylich Gott den Herrn / als ſeinen Schoͤpffer / weder nach ſeinem Weſen noch Willen / erkennen / noch jrrgendt etwas in Geiſtlichen vnd Goͤttlichen dingen verſtehen kan: Daher S. Paulus ſpricht 1. Corinth. 2. Der Natuͤrliche Menſch vernimmet nichts vom1. Cor. 2 v. 14. Geiſte Gottes / es iſt jhm eine Thorheit / vnd kan es nicht verſtehen. Jn ſeinem Willen iſt auch derβ. In voluntat〈…〉〈…〉, quæ v〈…〉〈…〉 ata. Menſch dermaſſen verderbet / vnd durch die Erbſuͤnde ſo vbel zu gerichtet worden / daß er auch Gott vnd ſeinem Willen gantz vnd gar zu wieder iſt: Denn Fleiſchlich geſinnet ſeyn / (Φρόνημα τῆς σαρκὸς) ſpricht S. Paulus Rom. 8. Das iſt eine Feindſchafft wider Gott / ſintemal es dem Geſetze Gottes nicht vnterthan iſt / denn es vermag es auch nicht / die aber fleiſch -Rom. 8. v. 7. v. 8. lich geſinnet ſeyn / die muͤgen Gott nicht gefallen. Jn ſeinem Hertzen iſt der Menſch durch die ErbſuͤndeO iijſo vbel108Die Dritte Leichpredigt. ſo vbel verderbet: daß er von jhme ſelber nicht tuͤch -γ In corde: quod à vita Dei alienatũ. tig iſt / etwas gutes zugedencken / als von jhme ſelber: ſondern daß alles ſein tichten vnd trachtenRph. 4. v. 18. boͤſe iſt jmmerdar: Daher auch Chriſtus ſelbſt ſagtGen. 6. v 8. Matth. 15. Aus dem Hertzen kommen arge gedan -Matt. 15. v. 19 cken / Mord / Ehebruch / Hurerey / Dieberey / fal - ſche Zeugnis / Leſterung: vnd das ſind die ſtuͤck /δ In viribus o - mnibus: quæ a Deo averſæ. die den Menſchen verunreinigen. In ſumma / in al - len ſeinen krefften vnnd gantzen Natur iſt der Menſch durch die Erbſuͤnde ſo hoch verletzet vnd verderbet / daß auch aus jhme nichts anders kan vnd vermag herfuͤr zu kommen / ohne alleine / was boͤſe / vnrecht / vnd Gott vnd ſeinem willen zu wieder iſt: daß auch daher S. PaulusRom. 7. v. 18 ſpricht / nach ſeiner Bekehrung / Rom. 7. Jch weiß / daß in mir / das iſt / in meinem Fleiſche / nichts gutsEſa. 1. v. 6. wohnet / Alſo ſpricht auch der Prophet Eſaias c. 1. Das gantze Haͤupt iſt kranck / das gantze Hertz iſt matt: von der Fußſolen biß auffs Heupt iſt nichts geſundes an vns: ſondern Wunden vnnd Striemen / vnd Eiterbeulen / die nicht gehefftet / noch verbunden / noch mit Oel gelindert ſeyn.

III. Ratione incu - rabilitatis. III. Wird die Suͤnde mit der Gicht comparirt vnd verglichen: Ratione incurabilitatis: Wegen der vn - heilſamkeit. Denn die Gicht / wenn die einmahl bey einem Menſchen ſich recht ereignet hat / vnd eingewur - tzelt iſt: ſo kan ſie durch keine Medicamenta vnnd mittel curirt vnd geheilet werden: ſondern es muß ein ſolcher Menſch nur auff den Todt warten: es keh - me denn Gott / vnd machte jhn wieder alle Menſchlichehuͤlffe109Die Dritte Leichpredigt. huͤlffe vnnd gedancken geſundt / vnnd huͤlffe jhme ein wenig wieder auff die Beine. Alſo iſts auch mit der ErbSuͤnde beſchaffen: die kan traun kein Engel noch Menſch von vns nehmen / vnnd vns von derſelben befreyhen / ſondern es muß ein jederman an jhme ſelbſt vnd an allen Creaturen verzagen / vnnd weil er vmb deß willen nichts anders vor augen ſiehet / als den zeitlichen vnd ewigen Todt / vnd Verdamniß / ſo muß einig vnd alleine Jeſus Chriſtus / als der rechte LeibesExo. 15. v. 25. vnd SeelenArtzt / vnd beſte Meiſter zu helffen: bey vns das beſte thun: wie wir jetzo ferner hoͤren wollen.

Dieſes alles nun / Geliebte im Herrn / ge - dencke ich darumb / auff daß wir hieraus ſehen vnd ver - nehmen moͤgen / in was groſſen ſchaden vnd gefahr wir alleſampt / biß vber die Ohren ſeyn vnd ſtecken / daß wir auch vmb deſſelben willen ewig verdampt vnd verlohren ſeyn muͤſten / wo vns nicht durch CHRJ - ſtum eine gnedige Chur were verordnet / vnd raht ge - ſchaffet worden.

Das konten jnen traun vorzeiten die Pelagianer /II ἐλεγ - κτικὸς, Pelagiano - rum & Pon - tiſiciorum. vnd jtzo vnſere Papiſten / nimmermehr einbilden: Denn jene verleugneten die Erbſuͤnde gar / vnd legten ſie nur alleine auff Adam: Dieſe aber extenuirn dieſel - be / vnd ſagen: Es ſey nicht ein ſo gar boͤſe ding vmb die Erbſuͤnde / als wir ſie wol machen: ſondern es ſey nur ein ſchlechter vnd anfliehender ſchade / es ſey gar ein geringer klecken oder flecken / der da leichtlich ſey abzuwiſchen: ja der vns an vnſer Seligkeit ſo gar hinderlich nicht ſey / daß er vns vielmehr vrſachvnd110Die Dritte Leichpredigt. vnd anleitung gebe / wider das boͤſe zu kempffen vnd zu ſtreiten: vnd die Krone des Ewigen Lebens zuerlangen. Aber wie das mit Gottes Wort / als dem grunde der Warheit / vberein ſtimme / das habt jhr jtzo gehoͤret.

Infantes no - ſtri, nondum baptizati, ni - hil aliud ſunt, quàm paraly - ci. Jn dieſem grewlichen Erbſchaden ſtecken nun nicht nur alleine wir / die wir erwachſen vnd zu Jahren kom - men ſeyn: ſondern auch / vnd zwar fuͤrnemlich vnſere arme kleine Kinderlein / vnd liebe Hertzwuͤrmlein / denn vns anlangende / ſo ſind wir von ſolchem ſchaden / Gott lob / erloͤſet / vnd von demſelben in der H. Tauffe / mitPræo[c]cupa - tio. dem Roſinfarbenen Blute Jeſu Chriſti abgewaſchen vnd geheilet: daß / ob wir wol die ſchramme vnd ſchmar - re / neben vielen boͤſen Eiterbeulen vnd Fluͤſſen / noch an vns haben / vnd vns damit biß in die gruben ſchleppen muͤſſen / jedoch iſt die gefahr mit vns noch nirgendt ſo groß / als wie mit den kleinen Kinderlein / vor jhrer hei - ligen Tauffe. Denn ob ſie wol nicht fuͤr vnſelig vnd verdampt zu halten / wenn ſie entweder noch in Mutter - leibe / oder balde in der Geburt / ohne die heilige Tauf - fe / dahin ſterben / vnd jhr junges leben einbuͤſſen muͤſ - ſen: aus vrſachen / davon E. L. zur andern zeit hoͤret: Jedoch hat Chriſtus die heilige Tauffe verordnet / daßIoh. 15. v. 5. die lieben Kinderlein jhme / als die edlen Raͤblein jhrem Weinſtocke / durch dieſelbe ſollen inſerirt vnnd einge - pfropffet werden / als durch ein Bild / dadurch wir von vnſern Suͤnden abgewaſchen / gereiniget / vnd zu ange - nehmen Kindern Gottes / vnd Erben der ewigen Selig -Ioh. 3. v. 5. keit / auffs newe gebohren werden. Druͤmb ſpricht auch Chriſtus ſelbſt zu Nicodemo Joh. 3. Warlich / War -lich111Die Dritte Leichpredigt. lich / ich ſage dir: Es ſey denn / daß jemand ge - bohren werde / aus dem Waſſer vnd Geiſt / ſo kanv. 6. er nicht in das Reich Gottes kommen. Denn was vom Fleich gebohren wird / das iſt Fleiſch / vnd was vom Geiſt gebohren wird / das iſt Geiſt.

Das ſolten wir bedencken / vnd vmb deſſelben wil -III. ωρο - τρεπτικὸς. len das hochwuͤrdige Sacrament der Tauffe thewr vnd werh halten: vnd Gott dem Herrn von Hertzen gar hoͤchlichen dancken / daß er ein ſolch ſeliges Mittel ver - ordnet hat / dadurch wir von der alten Adams Schuld koͤnnen quittirt vñ befreyhet / vnd zu Gottes lieben Kin - dern / vnd Erben des Himmelreiche gemacht werden. Das ſey gnung geſagt / von der erſten Perſon.

DE II. PERSONA. Secunda Per - ſona. Baiuli, qui deſcribuntur.

DJe andere Part der Perſonen iſt oder ſind / die guthertzigen Leutlein / die den armen Men - ſchen CHRJſto zu fuͤhren / vnd bey jhme huͤlffe bitten vnd ſuchen / mit jhrer Barmhertzigkeit. Da - von ſtehet im Text alſo: Sie brachten zu jhme einen Gichtbruͤchtigen / der lag auff ſeinem Bette. Vnd Jeſus ſahe jhren Glauben. Jn dieſen worten wer - den vns dieſe Leutlein beſchrieben:

I. A ſingulari miſericordia, Von jhrer ſonder -1. A ſingulari miſericordia. lichen Barmhertzigkeit vnd mittleiden / welches ſie zu dieſen armen vnd gebrechlichen Menſchen getragen haben. Denn weil ſie ſehen / daß er / wegen ſeiner groſ - ſen ſchmertzen / ſo gar vnbehuͤlfflich iſt / daß er nicht ſelbſtPzu112Die Dritte Leichpredigt. zu Chriſto gelangen / vnd Mittel vnd Weg zu ſeiner ge - ſundheit ſuchen kan: vmb deßwillen er denn auch in ſolchen ſeinen noͤhten ſterben vnnd verderben muͤſte / wenn ſich niemand ſeiner annehmen wuͤrde: ſo laſſen ſie jhnen ſolches ſehr zu hertzen gehen: vnnd weil ſie eben hoͤren / daß CHRJſtus zur ſtelle were / ſo faſſen ſie jhn auff / vnd tragen jhn hin / der meinung / daß er ſie bey CHRJſto vmb huͤlff vnd Curirung die - ſes armen Patienten anhalten wollen. Vnd do be - kuͤmmern ſie ſich nichts vmb / daß er jhnen nicht etwa mit Blutfreundſchafft oder Schwaͤgerſchafft zugethan ſey / vmb des willen ſie ſich denn ſonſt ſeiner billich fuͤr allen andern anzunehmen hetten / viel weniger aber / daß er ſie auch darumb niemals gebeten vnd angeſpro - chen hatte: ſondern da greiffen ſie zu / vnnd nehmen jhn mit Bette vnd Strohe: vnd gehen zu CHRJſto. Daraus wir denn ja augenſcheinlich ſehen / wie wil - lig vnd gerne dieſe Leutlein ſich der Noth jhres Nech - ſten angenommen / vnd jhme dienſtlich vnd behuͤlfflich geweſen ſeyn.

2. A fidei con - ſtantia. II. A fidei conſtantia, Von jhren ſonderbarenMarc. 2. v. 4. feſten vnd ſtarcken Glauben. Denn do berichten vnsLuc. 5. v. 19. hiervon die andern Evangeliſtẽ / ſo viel / daß ſie anfangs den Herrn Chriſtum nicht auff der Gaſſen angetrof - fen / ſondern do ſey er in ein Hauß eingegangen gewe - ſen: vnd weil ſich vnter des gar ſehr viel Volcks zu jhme verſamlet hatte / ſo ſey / wegen des groſſen gedrenges / mit dieſen armen Menſchen / weder in / noch vor dem Hauſe / zu Chriſto zu kommen geweſen. Das hetteſie nun113Die Dritte Leichpredigt. ſie nun wol gar von jhren fuͤrnehmen abhalten koͤn - nen: Aber nein / weil ſie gerne geſehen hetten / daß die - ſen armen Patienten moͤchte gerahten vnd geholffen werden: ſo werden ſie eins / vnd ſteigen mit einander auff das Dach des Hauſes / vnd weil die Juͤdiſchen Haͤu - ſer oben auff nicht ſo ſcharff mit Sperrhoͤltzern vnd Seitendaͤchern / wie jetzo vnſere Haͤuſer / zugebawet / ſondern mit ſchoͤnen breiten Quadratſteinen gar gleich vnd vierecket zugepflaſtert / vnd mit lehnen auff den ſeiten heruͤmb verwahret waren / alſo / daß man auch / ohn alle gefahr / drauff vmbgehen vnd wandeln kon - te: ſo heben ſie ein ſtuͤcke des Dachs auff / vnd machen ein loch / binden das Bette mit allen vier zipfeln an / vnd laſſen alſo den armen Menſchen an ſeilen vnd ſtri - cken hinab / dem Herrn CHRJſto zun Fuͤſſen. Daraus ja augenſcheinlichen zu vernehmen / wie Gott - fuͤrchtige vnd gleubige Hertzen dieſe Leutlein muͤſſen geweſen ſeyn / welche dieſen armen Menſchen dem Herrn Chriſto zugebracht haben: die nur dafuͤr ge - halten haben / wenn nur Chriſtus diß arme Menſch ſe - he / er werde es vber ſein Barmhertziges Hertz nicht bringen koͤnnen / daß ers huͤlff / vnd troſtloß laſſen / vnd jhme nicht helffen vnd rahten ſolte.

USUS. Vſus. παιδευτι - κὸς, inſperſa ſuo loco ἐπανορ - ϑώσει contrarietatis

Hierbey haben wir gar feine zwo Lehren oder vn - terrichtung zu behalten / die zu vnſern fuͤrhaben dienen: vnd derer die eine angehet vns alle ins gemein / aus welcher wir ſehen / wie wir vns alleſampt vnſersP ijnothleiden -114Die Dritte Leichpredigt. nohtleidenden Nechſten annemen / vñ jn in ſeinem Creu - tze vnd elend nit verlaſſen ſollen ſonderlich aber betrifft ſie die jenigen Perſonen / ſo zu ehrlichen Gevatter - ſchafften erſucht vnd gebeten werden: Die andere aber gehet Vater oder Mutter der jungen Teufflin - ge vnd Kinderlein an die ſolche Perſonen haben vnd er -Ma[c]c. 10. v. 10 ſuchen muͤſſen. Denn weil jhme vnſer lieber Herr vnd Heyland Jeſus Chriſtus ſehr wolgefallen laſſen / do er noch ſichtbarer weiſe auff dieſer Welt gewandelt / wenn man jhme die kleinen Kinderlein zugebracht / zu - gefuͤhret / vnd vor ſie eine Collect vnd Fuͤrbitte einge -De more ac - cer[i]endi pa - trinos. legt hat: auch dieſer Gebrauch / daß man zur Tauffe ſei - ner Kinder etliche Tauffpaten oder Gevattern / als Zeugen ſolcher Kinder Tauffe / erbittet / nunmehr faſtCur obſer - vandus & re - tinendus in Eccl[e]ſia. vor 1500. Jahren / in der Kirchen Gottes gehalten wor - den / ſo bleiben wir billich auch noch heutigs tages bey ſolcher gewonheit / vnd leben der troͤſtlichen hoffnung / daß wenn alſo jrer zween oder drey im Namen Got -Matt. 18. v. 20 tes verſamlet ſeyn / Chriſtus der Sohn des Aller - hoͤchſten als denn ſelbſt gegenwertig ſeyn / vnd Gebet vnd flehen erhoͤren / auch den Teuffling zum Kinde vnd Erben der Gnaden vnd Seligkeit auffneh - men werde.

I. Παιδεία pro pat init & αναδόχοιςWenn nun dieſes geſchicht / vnnd[m]an alſo von Chriſtlichen Eltern zu ſolchen ehrlichen ſachen erſucht vnd gebeten wird / ſo ſol man daſſelbe willig vnnd hertzlich gerne thun: vnd GOTT dancken / daß mander115Die Dritte Leichpredigt. der Ehren werth gehalten / vnd alſo fuͤr Gottes / vnd al - ler Welt Angeſicht / zu einem Vorbitter des lieben Kindes / vnd Zeugen ſeiner empfangenen Tauffe / her - fuͤr gezogen wird. Was GeldtNarren vnd WeltRa - tzen ſeyn / die nur auff den lieben Heller erpicht ſeyn / vnd die es flugs jam̃ert / weñ ſie zu ehren einen Pfenning außgeben / vnd flugs dargegen nicht drey oder vierfach wider einnehmen ſollen: die achten zwar dieſer Ehre we - nig / wie ſie denn diß zu jhren Reim jederzeit fuͤhren: Es iſt eine kleine Ehr / vnd reumet den Beutel ſehr. Aber fromme Chriſten die achten dieſe Ehre nicht geringe / ſondern bedencken / daß ſie ſolcher Perſo - nen auch ſelbſt beduͤrfft haben / vnd daß derſelben auch jhre Kinder nicht entrahten koͤnnen: wenn ſie zur H. Tauffe ſollen geleitet vnd gebracht werden Derowe - gen thun ſie auch ſolch Chriſtliches Werck willig vnd hertzlich gerne / vnd bedencken / was Chriſtus ſagt: Al -Matth. 7. v 12 les was jhr wollet / das euch die Leute thun ſol -Luc. 6. v. 31. len / das thut jhr jhnen auch.

Das iſt ein vnterricht. 2. Pro paren - tibus infantũ.

Hernach ſollen auch alle Chriſtliche Eltern wol zuſehen / durch wem ſie jhre liebe Kinderlein dem Herrn Chriſto zutragen / vnd bey dieſen hohen vnd heiligen fachen fuͤr GOTtes Angeſicht treten laſſen: Nemlich es ſollen ſeyn gleubige Chriſten / das iſt / recht - ſchaffene fromme vnd Gottfuͤrchtige Leute / die ſich aller Gottes furcht vnd Chriſtlicher Tugenden in wahren Glauben befleiſſigen / vnd ein gut zeugnis derſelben jrer Gottes furcht / von ſelbſt Gottfuͤrchtigen vnd ehrlichenP iijLeuten116Die Dritte Leichpredigt. Leuten haben. Die Weltkinder aber achten deſſen auch nicht gar viel: ſondern weil ſie nur auff gunſt / vnd andere genießlein ſehen / duͤrffen ſie wol bitten / zu weme ſie kommen / oder zu wen ſie jhr Geldſuͤchtiges Hertz tregt: vnd nicht nachfragen / ob einer boͤſe oder fromm / gottfuͤrchtig oder gottloſe / ehrlich oder vnehrlich / ver - ſtendig / oder ſelbſt noch wol gar Kindiſch ſey. Aber da - durch werden die H. hochwuͤrdigen Sacramenta ver - ſchimpfieret vnd verachtet / vnd den lieben Kindern gar wenig mit genuͤtzet vnd gedienet: Jch wil geſchweigen der groſſen gefahr / ſo jhnen hierdurch faſt vbern Hals gezogen wird. Denn wie koͤnnen ſolche Leute / ſo ſelbſt Gottloß ſeyn / vnd mehr dem Teuffel / als GOtt dem Herrn / dienen / dem Teuffel an des Kindes ſtatt ab -Lutherus. ſagen? vnd zu Gott fuͤr des Kindes jammer vnd noth andaͤchtiglich ſeufftzen vnd beten? Daruͤmb ſagt D. Lu - therus nicht vnbillich in der Vorrede vber das Tauff - buͤchlein / vnd ſpricht: Jch beſorge / daß daruͤmb die Leute nach der Tauffe ſo vbel gerahten / dieweil man ſo kalt vnd leſſig mit jhnen vmbgangen / vnd ſo gar ohne rechten ernſt fuͤr ſie gebeten hat / in der Tauffe. Aber / was fromme Hertzen ſeyn / vnd de - nen jhrer lieben Hertzwuͤrmlein Noth recht angelegen iſt / die bitten vnd nehmen ſolche Leute zu dieſen hohen Werck / die auch gleubig / das iſt / recht fromb vnd Gott - fuͤrchtig ſeyn: durch dieſelben laſſen ſie jhr Gichtbruͤch - tiges Kindlein dem HErrn Chriſto fuͤrtragen / vnd durch jhren Glauben jhn erweichen / daß er auch das arme Hertzwuͤrmlein in gnaden auffnehmen /vnd117Die Dritte Leichpredigt. vnd jhme allen zeitlichen vnd ewigen Segen mitthei - len wolle.

Denn ob es wol war iſt / was der Prophet Haba -Præoccupa - tio ex Habac. 2. v. 4. cuc c. 2. ſagt: Daß der Gerechte ſeines eignen Glaubens lebt / vnd freylich kein frembder Glaube einen zur Seligkeit verhelffen kan: daruͤmb denn auch allhier der Herr CHRJſtus nicht ſo ſehrDe ſidei〈…〉〈…〉 lie - e proprie - tate & eſſica -〈…〉〈…〉 ia. den Glauben der Traͤger / als den Glauben des ar - men Menſchens ſelbſt anſiehet: Jedoch kan ein fremb - der Glaube einem andern Menſchen wol darzu die - nen / daß er jhme von GOTT viel andere Geiſtliche vnnd Leibliche Gaben erlanget / als erkentnis ſeiner Suͤnden / erleuchtung des Heiligen Geiſtes / vermeh - rung des ſchwachen Glaubens / Jtem / langes Leben /Simile â Me - dico. Geſundheit / vnd alle andere gluͤckliche Wolfahrt. Denn wie zwar ein Medicus oder beruffener Artzt ſeinem Patienten nichts geben kan / von ſeiner eignen Geſund - heit: aber doch durch ſeine Kunſt vnd geſchickligkeit / kan er jhme / nechſt GOtt / wol darzu helffen: Alſo ob wir zwar einem andern zu ſeiner Seeligkeit nichts ge - ben koͤnnen / ſo vermoͤgen wir jhme doch durch vnſern Glauben vnd Gebet darzu wol dienſtlich vnd foͤrderlich1. Ioh. 5. v. 16. erſcheinen: wie ſolches 1. Johan. 5. beſtetigt wird / auch daſſelbe allhier an dieſen Traͤgern / vnnd an andern Chriſtlichen Perſonen mehr / in andern Evangeliſchen Hiſtorien zu ſehen iſt.

Wie viel Paten aber man zur Tauffe ſeiner Kin -De numero patrinorum. der bitten ſolle / das iſt nicht geſetzt / ſondern frey gelaſſen: denn es an einem Ort jmmer andersgehal -118Die Dritte Leichpredigt. gehalten wird / als am andern / daß man auch daher Sprichworts weiſe zu ſagen pflegt: Laͤndlich / ſittlich / So wollen auch fuͤrnehme Stands Perſonen fuͤr an - dern gemeinen Leuten allezeit gerne einen fuͤrzug ha - ben: welchen wir / die wir in der Kirchen ſeyn / jhnen wol goͤnnen vnd zulaſſen koͤnten / wenn nur bißweilen der vbermuͤtige Pracht bey vielen vermieden / vnd der Hohen Obrigkeit / als der Kirchen Pfleger vnndEſa 49. v. 23. SeugAmmen / wol bedachte Außſchreiben nicht vio - lirt wuͤrden: denn do iſt es in Gottes Wort nicht auß - druͤcklichen verboten / darzu nimpts dem hochwuͤrdi - gen Sacrament der Tauffe oder dem Kindlein nichts / ſondern hilfft jhme viel mehr / wegen der einhelligen Vorbitte der Paten. Aber allhier wird von dieſem Gichtbruͤchtigen bey den andern Evangeliſten gemel -Secundum Evangelij hujus inſtru - ctionem In - fans paralyti - cus à quatuor bajulis ad Chriſtum poteſt adduci. det / daß er von jhrer vieren zu CHRJſto ſey getra - gen worden. Kan derowegen auch ein jedes armes Gichtbruͤchtiges Kindlein dem Herrn Chriſto zu - gebracht werden / durch nachfolgende vier Traͤger vnd Mittelperſonen.

1. Der erſte Traͤger ſol ſeyn / Vater vnd Mut -1. Per paren - te[ſ]. ter / die ſollen jhr liebes Kindlein GOtt dem Herrn mit fleiſſigem Gebet fuͤrtragen / nicht nur alleine / wenn es zur Welt gebohren iſt / vnd zur H. Tauffe geleitet wird / ſondern auch ſo balde es in Mutterleibe empfan - gen worden / vnd das Leben in jhnen vermercket wird.

2. Per Eccle - ſiæ miniſtros. 2. Der andere Traͤger ſol ſeyn / alle Chriſtliche Prediger / derer Ampt vnd Pflicht denn inſonderheit iſt / daß ſie fuͤr jhre liebe Schaͤflein in Noth vnd Todt / inFrew -119Die Dritte Leichpredigt. frewde vnd leid beten / vnd ſie Gott dem HErrn zu tre - wen ſchutz vnd ſchirm befehlen ſollen.

3. Der dritte Traͤger iſt vnd ſollen ſeyn / des Kin -3. Per patrinos des TauffPaten / die ſollen auch neben dem Paten - Groſchen jhren lieben Tauff Paten inſonderheit mit einbinden / ein einbruͤnſtiges Gebet vnd Vater vnſer / daß Gott in jhre zarte Hertzlein durch ſeinen heiligen Geiſt erleuchten / wahren Glauben vnd Gottesfurcht in jhnen anzuͤnden / vnd allen Zeitlichen vnnd Himliſchen Segen jhme an Leib vnd Seel geben vnd mittheilen wolle.

4. Der vierdte vnd letzte Traͤger iſt vnd ſoll ſeyn /4. Per Eccleſi - am. die gantze Chriſtliche Kirche vnd Gemeine / ſon - derlich die jenigen / ſo mit zur Tauffe erſucht vnd einge - laden werden. Denn weil ein Chriſt fuͤr den andern zu beten ſchuͤldig iſt / ſo werden ſolche Perſonen nicht vmb Freſſens vnd Sauffens willen / oder aber wegen des Morgenden Brandeweins / zum Kindteuffen gebe - ten / Sondern vielmehr vmb des lieben Gebetts wil - len.

Wenn nun traun ſo viel Traͤger zuſammen ſe - tzen / vnd in wahrem Glauben Chriſto die noth eines armen Gichtbruͤchtigen Kindleins fuͤrtragen / Wie koͤnte es denn wol fehlen / daß GOTT nicht ſein Hertz auffſchlieſſen / vnnd erhoͤrung / erfolgung laſſen ſolte: Wie wir nun jetzo ferner berichtet werden wollen.

DE III. PERSONA. Tertia Per - ſon[a.]

DEnn da iſt die dritte Perſon in dieſem Evange -Qlio /120Die Dritte Leichpredigt. leſus Chri - ſtus, verus ϑεαύϑ ρω - πος, & animarum noſtrarum medicus. lio / der Ewige vnnd Allmechtige Sohn Gottes Jeſus Chriſtus mit ſeiner Willfertigkeit. Davon ſagt der Evangeliſche Text alſo: Da nun Jeſus jh - ren Glauben ſahe / ſprach er zu dem Gichtbruͤch - tigen: Sey getroſt / mein Sohn / deine Suͤnde ſeynd dir vergeben. Hie hoͤren wir / wie willfertig ſich zwar der HErr Chriſtus dieſem armen Patienten vnd Traͤgern erzeiget / aber doch darneben gantz wunder - lich / vnnd wider alle jhre Gedancken: Denn da baten ſie jhn nicht vmb vergebung ſeiner Suͤnden / ſondern al - leine vmb heylung ſeiner krancken Schenckel / vnd zer - riſſenen Glieder. Aber Chriſtus gezwaget jhnen alles beydes / vergiebt dem armen Patienten die Suͤnde / vnd hilfft jhme auch wieder auff die Beine.

VSVSUSUS.

1. Διδα - σκαλικὸς prior, obiter ſaltem mon - ſtratus. Vnnd lehret vns alſo: Woher wol alle vnſere Kranckheiten vnd Leibes beſchwerungen fuͤrnemlichen kom̃en? Nemlichen / von der Suͤnde. Denn der Tod /De cauſa mor borum omni - um ωροηγου μϑύη. vnnd alles / was fuͤrm Tode hergehet / als Kranckheit vnd Leibesſchwachheit / iſt der Suͤnden Solt / Rom. 6. vnd S. Paulus ſpricht 1. Cor. 11. Daß auch bey denRom. 5. 12. Corinthiern ſich alleine vmb jrer Suͤnden willen / ſo vielRom. 6. 23 Kranckheiten erreget haben. Syrach ſagt auch cap. 38. 1. Cor. 11 30Wer fuͤr ſeinen Schoͤpffer ſuͤndiget / der muß demSyr. 38. 15. Artzt in die Hende kommen. Aber hiervon hoͤren wir zur andern Zeit.

Poſterior. aliquantulum diductus. Jetzo bleiben wir alleine bey vnſerm fuͤrhaben - den Scopo, vnd bekuͤmmern vns nicht vnbillich: Weſ -ſen121Die Dritte Leichpredigt. ſen ſich denn Chriſtus der HERR reſolvire vndDe ſumma leſu Chriſti παιδοφι - λία. erbieten thue / wenn alſo viel fromme glaͤubige Chriſten kommen / vnnd jhme ein armes Gicht - bruͤchtiges Kindlein fuͤr tragen? Fuͤrnehme Her - ren bekuͤmmern ſich vmb anderer Leute Kinder gar we - Con〈…〉〈…〉 io exemplo. nig / vnd ſoltens jhnen wol fuͤr hohen Schimpff anzie - hen / wenn man ſie mit kleinen Kindern viel wolte moleſtirn vnnd belaͤſtigen: Aber dieſes thut die tre - we Charitas JEſus CHriſtus nicht / ſondern wie er jederzeit an ſolchen kleinen Hertzwuͤrmlein Hertzliche Frewde / Luſt vnnd Wolgefallen getragen hat / vmb des willen er ſie auch ſelbſt zu ſich locket vnnd fodert /Mar. 10. 14 Mavci 10.

Alſo bezeiget er ſich auch noch heutiges Tages / gegen ſie auffs freundlichſte / vnnd weſſen er ſich allhier dieſen armen Menſchen im Evangelio erbeut / deſſen er - beut er ſich auch allen kleinen Kinderlein in jhrer heili -Ejusque erga omnes infau - tes baptiza - tos πολυ - δωρία, quæ hoc in loco dupliciter demonſtratur gen Tauffe.

Es werden aber allhier fuͤrnemlich Zweyerley herrliche Kleinodia Namhafftig gemacht / damit Chri - ſtus alle liebe getauffte Kinderlein in jhrer Tauffe be - gabet. I. Promtiſsima in ſilios adc - ptione.

I. Das erſte Kleinod iſt: Promtiſsima in ſi - lios adoptio, die willige Auffnehmung ſolcher Kinderlein zur Kindtſchafft GOttes. Das zei -Quæ com - mendatur ar - gumento mi - nori. get Chriſtus an / in deme daß er dieſen Gichtbruͤchtigen ſeinen Sohn nennet: T. Sey getroſt mein Sohn. α. àDas iſt nu gar ein edles vñ herrliches Kleinod / welchesQ ijmit122Die Dritte Leichpredigt. mit keinem Vngeriſchen oder Arabiſchen Golde zube - zahlen iſt. Denn ein Fuͤrſten Herrlein oder Adeliches Toͤchterlein gebohren werden / vnd fuͤrnehme Leute zu Eltern / zu Vater vnd Mutter haben / das iſt zwar eine groſſe ehre: Aber ſie iſt nichts gegen der ehre / daß wirβ. Ab in debito. Gott zum Vater haben / vnd in der heiligen Tauffe zu Gottes Kindern angenommen werden. Vnd zwar / auß lauter Gnaden vnd Barmhertzigkeit / ohne alle vnſer verdienſt vnd wuͤrdigkeit. Denn denckt jhm nach lieben Chriſten / ob es wol wahr iſt / daß wir von Gott alleſampt erſchaffen ſeynd / vnd alſo Gott / von Natur vnd rechtswegen zum Vater haben ſolten: Jedoch ha - ben wir vns / wegen vnſers ſchweren Suͤndenfalls / nicht gegen jhm / als fromme Kinder gegen jhren Vater ver - halten / ſondern vns durch denſelben ſelbſt muthwilliger weiſe auß vnſern KinderRecht geſetzet. Derowegen wir wol verdienet hetten / daß wir in alle ewigkeit von ſeinen Vaters Augen verſtoſſen wuͤrden: Aber da er - barmet ſich vnſer / der einige Sohn Gottes Jeſus Chri - ſtus / der tritt an vnſere ſtelle / vnd leiſtet dem Geſetze gehorſam / machet vns alſo mit Gott eins / vnd nimbt vns wieder an zu ſeinen lieben Kindern.

Solcher vnſer Kindtſchafft der verſichert er vns in der heiligen Tauffe / vnd machet dadurch allen heili - gen Engeln im Himmelsthron / eine rechte Himmels -Luc. 15. 24 frewde / nicht anders / als der Vater des verlohrnen Sohns / ſeinen Nachbar[n] eine gewuͤnſchte Kindes frew - de anrichtet / da ſein Sohn wieder auß frembden Lan -den123Die Dritte Leichpredigt. den kame / vnd wieder zum Kinde vnnd Sohne ange - nommen wurde.

II. Das andere Kleinodt iſt / Gratuita peccaII. Gratuita pec - catorum re - miſsionc. torum remiſsio, die gnedige vergebung aller ſei - ner Suͤnden. Davon ſagt Chriſtus zu dem Gicht - bruͤchtigen: Dir ſeynd deine Suͤnde vergeben:1. Quæ pro - batur autho - ritate Catech. Luth. Das iſt nun auch gar ein herrliches Kleinodt / welches vnſere liebe Kinderlein in der heiligen Tauffe erlan - gen / davon auch vnſer Catechiſmus redet: Denn wenn wir fragen / Was giebt oder nutzet die Tauffe? ſo beantwortet er vns / vnd ſpricht: Sie wircket ver - gebung der Suͤnden / erloͤſet vom Tode / vnnd Teuffel / vnd giebt die ewige Seeligkeit. Was kan aber vnſern lieben Kinderlein nuͤtzlicher ſeyn / als2. Quæ com - mendatur ab utilitate. vergebung jrer Suͤnden? Denn wo vergebung der Suͤnden iſt / da iſt auch ewiges Leben / vnnd der Seelen Heyl vnd Seeligkeit. Darumb auch Chri -Marcr. 16. 16. ſtus ſelbſt ſagt / Marc. 16. Wer da glenbet vnd ge - tauffet wird / der wird ſelig. Vnd David preyſet auch ſolcher Leute Seligkeit gar hoch / wenn er ſpricht /Pſal. 32. 1. verſ. 2. Pſalm 32. Wol deme / deme die Vbertrettung vergeben ſeynd / deme die Suͤnde bedecket iſt: Wol dem Menſchen / deme der HErr die Miſſe - that nicht zurechnet. Freylich wol / vnd vber wol / iſt ſolchem Menſchen / nicht alleine in dieſem / ſondern auch in dem ewigen Leben: Denn hie koͤnnen ſie jhr Hertz / nach vergebung jhrer Suͤnden zu frieden geben / da ſie zuvor / wegen jhres boͤſen Gewiſſens / ſich wol vorPſa. 16. 11 einem rauſchenden Blatt entſetzet hetten: Dort aberQ iijſollen124Die Dritte Leichpredigt. ſollen ſie haben / Frewde die fuͤlle / vnd liebliches Weſen / zur Rechten GOttes jmmer vnd in alle Ewigkeit.

II. Θἀυμαςι - κὸς.Wer kan nun die Freundſeligkeit vũ Leutſeligkeit Jeſu Chriſti / des ewigen Sohns Gottes / gnugſam ruͤh - men vñ preyſen / daß er ſo ſchoͤne thut mit vnſern kleinen vnmuͤndigen Kinderlein / vnd Hertzwuͤrmlein in der H. Tauffe? Kein Engel noch Menſch / noch einige Creatur / weder im Himmel noch auff Erden. Ageſilaus, jenerHiſtoria. fuͤrnehme Koͤnig zu Sparta / ritte mit ſeinem jungen Herrlein / als ein Vater / wol auff Stecken herumb / Aber das iſt Kinderſpiel vnd Lappenwerck: Denn nach ſeinem Tode iſt ſeine Vaterſchafft außgeweſen / ſo hat er auch ſeinen Kindern nicht die Suͤnde vergeben / vnnd ſie ins Himmelreich verſetzen koͤnnen: Aber das thut Chriſtus in der heiligen Tauffe. Darumb erheben wir billich vnſer Hertz vnd Mund / vnd ſagen mit Da -Pſal. 8. 5 vid / Pſalm. 8. Was iſt doch der Menſch / daß du ſeiner gedenckeſt / vnd des Menſchenkind / daß du dich ſeiner alſo in Gnaden vnd Barmhertzig -Pſal. 103. 1 keit annimmeſt? Jtem / Pſalm 103. Lobe den HERRN meine Seele / vnd alles was in mirverſ. 2. iſt / ſeinen heiligen Namen. Lobe den HErrnverſ. 3. meine Seele / vnd vergiß nicht / was er dir gutes gethan hat: Der dir alle deine Suͤnde vergibt /verſ. 4. vnd heylet alle deine Gebrechen: Der dein Le -III. ωαραμυ - ϑητικὸς. ben vom verderben erloͤſet / der dich Kroͤnet mit Gnade vnd Barmhertzigkeit.

Hierneben koͤnnen ſich des trewen VaterhertzensGottes125Die Dritte Leichpredigt. Gottes / vnd jhrer Kindſchafft troͤſten / nicht alleineα. Pro liberis. die Kinder ſelbſt: Vnnd deswegen ſingen mit der Chriſtlichen Kirchen:Eccleſia.

Weil du mein Gott vnd Vater biſt /
Dein Kind wirſtu verlaſſen nicht /
Du Vaͤterlichs Hertz.

Sondern auch jhr liebe Eltern im leben vnd imβ Pro parenti - bus. ſterben. Den leben ſie / ſo iſt Gott jhrer lieben Kinder Vater / der wird ſie wol wiſſen zuverſorgen / ob gleich das Kloſter arm / vnd der Bruͤder viel werden wolten. 1. In vitaJener Philoſophus, mit Namen Aulus, erſeuffte ſeinProverb. Kindlein / weil er außrechnete / daß es eben viel ver -Hiſtoria. zehren wuͤrde / auch nur in taͤglichen Waſſerſuppen / weñ es eine kleine Zeit nur leben ſolte. Aber das iſt vn - Chriſtlich / der Troſt beſtehet: Wie ſich ein VaterPſal. 103. 13 vber Kinder erbarmet / ſo erbarmet ſich der Herr2. In morte. vber die / ſo jhn fuͤrchten. Sterben denn die Eltern / ſo iſts abermals jhnen ein Troſt / daß Gott von ſeinen Vatershertzen nicht werde abſetzen / ſondern auch nach jhrem tode ſich gegen jhre Kinder / als ein trewer Va - ter / zu jederzeit bezeigen / vnd jnen alle Vaͤterliche huͤlf - fe vnd ſchutz leiſten / vnd wiederfahren laſſen / laut ſei - ner troͤſtlichen verheiſſung / zu ſeiner Braut der Kir - chen alſo / da er ſpricht:D. Selnec ex Eſa. 49. 15

Mags denn auch ſeyn /
Daß ein Mutter jhrs Kindleins klein /
Von Hertzen nicht erbarmet ſich /
Vnd pflegt deſſelben mildiglich.
Doch laß ſie ſeyn ſo harter arth /
Vnd Mutterhertz in jhr erſtart /
Daß126Die Dritte Leichpredigt.
Das ſie jhrs eigen Kinds vergiſt /
Vnd all natuͤrlich Lieb verliſcht /
So ſoll doch meine Lieb zu dir /
Sich endern nimmermehr in mir.
Du ſolſt die liebſte Tochter mein /
Zu allerzeit bleiben / vnd ſeyn /
Sieh / hie biſtu gezeichnet an /
Jn mein Hand / daß ichs mercken kan /
Daß ich dir allzeit helffe bald /
Regier / vnd ſchuͤtz / vnd dich erhalt.
Mein Augen ſeynd auff dich gericht /
Vnd liegſt mir ſtets in meim Geſicht.
Wie du jtz biſt die liebſt / fuͤrwar
So ſoltus bleiben jmmerdar.

DE IV. PERSONA.

Quarta Per - ſona Phari - ſæi. DJe vierdte Part der Perſonen ſeynd die grun - tzenden vnd murrenden Phariſeer / davon ſagt der Evangeliſt alſo: Vnd ſiehe / etliche vnter den Schrifftgelehrten ſprechen bey ſichEorumque tacita Pla - ſphemiæ in - ſimulatio. ſebſt / dieſer leſtert Gott. Hie hoͤren wir / wie ſchoͤne die Freundligkeit Jeſu Chriſti von den vornehmſten vnter den hauffen / derer zu Capernaum ſey excipirt vnd auffgenommen worden / Nemlich / fuͤr nichts an - ders / als fuͤr eine Gottesleſterung: Denn weil ſie Chri - ſtum nicht fuͤr jhren Meſſiam / vnd den wahren Sohn Gottes / ſondern alleine fuͤr einen bloſſen Menſchen hiel - ten: Das hohe Werck aber / der vergebung der Suͤn - den / alleine Gott zuſtehet / ſo laſſen ſie ſich beduͤncken /cken / es127Die Dritte Leichpredigt. cken / es ſey gar eine grawſame Gottesleſterung / daß jh - me Chriſtus dieſe Ehre nehme / vnnd ſich dieſes hohen Wercks anmaſſe / darzu er doch von jhnen weder geſal - bet noch beſchmieret worden ſey.

USUS.

Da ſehen wir nicht alleine / die groſſe FeindſchafftVſus. 1. Διδασκα λικὸς. der Gottloſen Welt wieder Chriſtum / vnd wie ſie jhme jederzeit gantz auffſetzig geweſen / vnnd die Ehre der Gottheit jhme nicht gegoͤnnet habe: Sondern auch jhreDe odio Sa - tænæ & Mun - di adverſus Chriſtum, ei - usꝙ́ Eccleſiã. grobe vnd groſſe vnwiſſenheit / daß ſie der Teuffel ſo ſehr geblendet / daß ſie niemals luſt gehabt ſich vmb den hohen Articul von der Perſon Chriſti / vnd Mayeſtet / Ampt vnd Wolthaten zubekuͤmmern. Damit aber thun ſie nichts anders / als Chriſtum von den Thron Goͤttlicher Mayeſtet herunter reiſſen / jhme ins Ange - ſicht wiederſprechen / jhn verachten / vnd ſeinen heiligen Namen ſelbſt leſtern.

Derowegen darffs vns heutiges tages nicht großII ἐλεγ - κτικὸς, Calviniano rum. wundern / daß auch die Calviniſten / als die tieffſinni - gen Schrifftgelerten / ſich wieder Chriſtum / ſeine Ma - yeſtet vnd freundligkeit / die er vns vnd vnſern Kindern in der H. Tauffe bezeiget / ſo wiederſinniſch aufflehnen / jhnen jederzeit Luͤgen ſtraffen / vnnd ſeine Wort fuͤr Gottesleſterung anziehen. Als zum Exempel. Wenn Chriſtus gleich ſagt Johan. 3. Was vom Fleiſch gebohren iſt / das iſt Fleiſch: vnd kan das ReichIoh. 3. v. 6. Gottes nicht ererben: ſo ſprechen doch die Calviniſtẽ:1. Cor. 15. v. 50REs128Die Dritte Leichpredigt. Es ſey nicht war: denn do halten ſie dafuͤr / daß die Kin - der / ſo von heiligen Eltern gebohren werden / ſchon in Mutterleibe in den Gnadenbund Gottes auffgenom - men ſeyn / vnd faſt keine Suͤnde in jhrem Fleiſche ha - ben / die ſie verdammen koͤnte: Alſo / wenn ChriſtusMarc. 16. v. 16 ſagt: Marc. 16. Wer da nicht gleubet vnd getaufft wird / der ſolle verdammet werden: So muß dieſes den Calviniſten auch heiſſen: Chriſtus leſtert GOtt: denn do fagen ſie / ſie halten dafuͤr / die Tauffe ſey nicht ſo noͤtig zur Seligkeit / als man bißher gemeinet habe: doher ſie es auch jhnen hoͤchlich mißfallen laſſen / daß jhrer etliche ſo ſehr mit jhren Kindern zur Tauffe eilen. Marc. 16. v. 16Wieder / wenn CHRJſtus ſagt: Wer da gleubet vnd getaufft wird / der werde ſelig / Marc. 16. SoSimile Cal - vinianorum, ridiculum ſane. ſagen die Calviniſten rundt: Chriſtus liege vnd leſtere Gott: Es ſey nicht war / daß die Tauffe ſo groſſe krafft vnd wirckung haben ſolle: ſondern do ſey ſie nur ein euſ - ſerliches bloſſes Zeichen / dabey man einen Chriſten er - kennet: denn wie man etwa einen Muͤnch erken - nen koͤnne / an ſeiner Kappen / oder grawen Kutten: eben alſo erkenne man auch einen Chriſten an ſeiner Tauffe. Alſo: wenn Chriſtus durch S. Paulum /Gal. 3. v. 27. als ſeinen Außerwehlten Ruͤſtzeug ſagt Gal. 3. Wie viel ewer getaufft ſeyn: die haben Chriſtum an - gezogen: vnd alſo jhn zum Vater bekommen: So muß beydes Chriſtus vnd S. Paulus den Calviniſten lie - gen: vnd Gott leſtern: denn do ſagen vnd ſchreiben ſie oͤffentlich: Wenn die Kinder nicht in der zahlder129Die Dritte Leichpredigt. der Außerwehlten ſeyn / ſo helffe ſie es nichts / wenn ſie ſchon tauſendt vnnd aber tauſendt mahl getaufft wuͤrden.

Sehet / lieben Chriſten / das iſt die ſchoͤne Theo - logia, der tieffſinnigen Schrifftgelerten der Calvini - ſten / von der Tauffe vnſerer kleinen Kinderlein. Heiſt aber das nicht / allhier mit den Gottloſen Phariſeern vmb die wette gelauffen / Chriſto ins Angeſicht wider - ſprechen / jhn / mit groſſer Gottesleſterung / ſelbſt aller Gottesleſterung beſchuͤldiget / vnd oͤffentlich luͤgen ge - ſtrafft / auch gantz vnd gar von ſeiner Goͤttlichen War - heit vnd Wuͤrden gebracht. Aber die Calviniſten ha - ben einen breiten Ruͤcken / die koͤnnen wol mehr in Tag hinein ſchreyen vnd ſchreiben / Gott gebe / es mag bey - des hie im Gewiſſen / vnd dort fuͤr Chriſti Rechenbaͤnck - lein verantwortet werden / oder nicht. Wir laſſen vns vmb jhre Gottesleſterung ferner vnbekuͤmmert: vnd ſchreiten zur fuͤnfften Part der Perſonen.

DE V. PERSONA. Quinta per - ſona.

DJe iſt nun das andaͤchtige Voͤlcklein / mit jh -Cœtus piorũ. rer danckbarkeit: von welchen der Evangeliſt ſo viel ſagt: Da das Volck das ſahe / verwun - derte es ſich / vnd preyſete Gott der ſolche Macht den Menſchen gegeben hat.

Hie hoͤren wir / daß jhme Gott der Herr gleich - wol noch ein Heufflein / wie geringe vnd veracht daſ - ſelbe auch jmmermehr geweſen / vbrig behalten habe /R ijwelches130Die Dritte Leichpredigt. welches ſeine hohe Wolthaten gar herrlich geruͤhmet / vnd mit vollem Munde gepreyſet hat / die er jhnen in deme bezeiget / daß er jhnen die Suͤnde vergeben leſſet / vnd zwar durch Menſchen / das iſt / durch Chriſtum / den rechten ϑεάνθρωπον vnd GottMenſchen / der ja ſo volle macht habe / als er ſelbſt hette / wenn er ſichtbarer weiſe zur ſtell were. Wird alſo wahr / Was DavidPſal. 8. v. 3. Pſal. 8. ſagt: Aus dem Munde der jungen Kinder vnd Seuglinge haſtu dir eine Macht zugerich - tet / ꝛc.

VSVSUSUS.

1. Διδα - σκαλικδς De perpetua Eccleſiæ in his terris con - ſervatione. Ein ſolch andaͤchtiges heufflein wil jhme Gott auch noch allezeit erhalten / biß an den zukuͤnfftigen Juͤng - ſten Tag. Denn der Sohn Gottes ſitzet zur Rechten ſeines Himliſchen Vaters / vnd hat einPſal. 110. v. 1. ewiges Reich / ſeine Herrſchafft wehret fuͤr vndPſal. 145. v. 13 fuͤr. Druͤmb muͤſſen allezeit Leute ſeyn / die jhme / als ſeine Vnterthanen / dienſt vnd Ehre erzeigen: Ja erPſal. 110. v. 2. herrſchet auch mitten vnter ſeinen Feinden / dar -Matt. 16. v. 18 uͤmb ſol ſeine Kirche bleiben / vnnd von der Hel - lenpforten auch nicht vberweltiget werden. Matth. 16.

II. ωροτρε - πτικὸςZu dieſen andaͤchtigen Hertzen bekennen wir vns auch L. C. vnd weil Gott der Herr / vnd ſein lieberα. Ad gratitudi - nem pro con - ſervatione Miniſterij. Sohn JEſus CHRJſtus das heilige Miniſterium vnd Predigampt hat eingeſetzet / vnd es darzu verord - net / daß vns durch daſſelbe / an ſeiner ſtatt / die Suͤn - den ſollen verziehen vnd vergeben werden: ſo danckenwir131Die Dritte Leichpredigt. wir jhme billich auch von Hertzen / daß er ſolche Macht ſeinen armen Dienern vnd Menſchen gegeben hat. Vnd wenn wir derowegen ein kleines Kindlein / ſehen teuf -β. Ad fidei con - ſervationem. fen / in den Todt / vnd auff das Verdienſt Jeſu Chri - ſti: Jtem / wenn vns in der Predigt Goͤttliches Wor - tes in gemein: oder aber im Beichtſtuel einem jeden in - ſonderheit / von einem ordentlichen Prieſter / die Gna - de Gottes / vnd vergebung der Suͤnden angekuͤndiget wird: ſo zweiffeln wir nicht / ſondern gleuben feſtiglich vnd von Hertzen / daß ſolches alles guͤltig vnd krefftig ſey / ſo wol als wenn Chriſtus ſelbſt zur ſtelle were / vnd ſagte: Confide Fili, Sey getroſt lieber Sohn: ſey getroſt liebe Tochter / deine Suͤnde ſind dir ver - geben. Vnd do ergern wir vns nicht an der einfelti - gen vnd geringen Perſon der Prediger / denn der Ma - yeſtet Brieff / den GOtt jhnen allen gegeben / der iſt zu maͤchtig: Johan. 20. Welchen jhr die SuͤndeIoh. 20. v. 23. vergeben werdet / denen ſollen ſie vergeben ſeyn / vnd welchen jhr ſie behalten werdet / denen ſollen ſie behalten ſeyn.

Sehet lieben Chriſten / das habe ich zu dieſem mahl von dieſem Evangelio reden / vnd E. Chriſtlichen L. vorhalten wollen: weil vns hierzu gegenwertige zeit gleich gute gelegenheit gegeben hat.

Helffe der getrewe Barmhertzige GOtt /Concluſio conſtans τῇὲυχὲ καὶ ἀνακε - φαλαιώ - σει. daß wir alles / was jetzo geſagt / wol mercken: vnſern groſſen ſchaden zwar in hertzlicher De - muth erkennen: Aber doch vns jederzeit vnſer hei - ligen Tauffe / der Kindſchafft Gottes / vnd verge -R iijbung132Die Dritte Leichpredigt. bung vnſer Suͤnden troͤſten: vnd GOTT dem Herrn hoͤchlichen dancken / daß er auch noch heute das heilige Predigampt erhelt / vnd durch daſſelbe ſeiner lieben Chriſtenheit ſolche edle Klei - nodt vnd Gnadenſchaͤtze fuͤrtragen leſſet: Hoch - gelobet mit ſeinem Sohn Jeſu Chriſto / vnd dem heiligen Geiſt / in alle Ewigkeit / Amen / Amen.

Δ. Τ. Θ.

THRE -133

THRENODIÆ In gratiam & conſolationem, Nobilißimo & Amplißimo viro Dn. ELEAZARO SCHLA - HERO, à Nimka, Hære ditario in Cloͤſterlein / ꝛc. pignora ſua cariſsima longèq́; deſideratiſsima, Annam & Jan-Chri - ſtophorum, in ipſo ætatis flore & pauciſsimorum die - rum interſtitio placidiſſimè extincta, Iugenti, Scriptæ & conſecratæ ab Amicis.

EPITAPHIUM. I.

HAc tua, mi fili, recubant nunc oſſa ſub urnâ,
Rurſus in extremo vivificanda die:
Quanta tenes animâ jã gaudia, tanta capeſſent
Oſſula, in aſtriferum mox revocanda polũ,
Certius hoc certo: ME ſpes fovet illa, fideli
Cuilibet in cœlo jàm ſupereſſe locum.

II.

HJe ruht in ſeinm Schlaffkaͤmmerlein
Gar ſanfft Eleazar Schlahrs Soͤhnlein
Mit ſeinem Leib: die Seel bey Gott
Jn frewden lebt: Nach vnſerm Todt
Nimb134
Nimb vns auch an / HERR Jeſu Chriſt /
Bey dir die beſte Wohnung iſt.

Nomine Parentis mœſtiſsimi filio ſuo Jano-Chri - ſtophoro, memoriæ ergò, poſuit M. F. H. S. P.

III. Grabſchrifft Jungfraͤwleins ANNÆ, &c.

HJe in meinem Schlaffkaͤmmerlein
Ruhe ich ewr liebes Toͤchterlein /
Die Jhr habet ANNAM genannt /
Dem HERREN Chriſto wol bekandt /
Dem ich war recht verleibet ein
Wol durch die heilge Tauffe rein:
Den ich auch lernnt anruffen fein /
Jn meinem zarten Hertzelein:
Mein Haͤndichn ich auffheben thet /
So offt man hielt Chriſtlich Gebet:
Wenn man mir ſagt vom heilgen Chriſt /
Da hoͤrt ich zu mit Frewd vnd luſt /
Wie er mit ſeinen Engelein
Zu mir bald kommen wuͤrd herein /
Vnd mir bringen viel Gaben fein /
Als man thut frommen Kinderlein.
Da ich in dieſer Welt nicht gar
Gelebet hatt zwey gantzer Jahr /
Vnd135
Vnd offt in Leibes Schwachheit lag /
Gar wenig hatte guter tag /
Ward mir verkuͤrtzt des Todes peyn /
Thet friedlich vnd ſanfft ſchlaffen ein.
Nun ruh ich fein in Chriſti Schoß /
Jn vnaußſprechlichr Frewde groß /
Kein Qual mich jetzt mehr ruͤhret an /
Hab Himliſch Ehr / Frewd / Fried vnd Wonn.
Druͤmb / O jhr liebſten Eltern mein /
Vmb mich jhr nicht ſolt trawrig ſeyn /
Denn nuͤtzlich mir mein abſcheid iſt /
Weil ich zu meim HERRN Jeſu Chriſt
Nun kommen bin zur Herrligkeit /
Die allen ſeelign iſt bereit:
Gott hat mir es zum beſtn gethan /
Daß er mit mir eylet davon /
Damit mein Hertz nicht werd bethoͤrt /
Mit ergerniß vnd Suͤnd verfuͤhrt /
Wies in der boͤſen Welt zu geht /
Welchs jhr auch ſelber wolverſteht.
Bald wird vns Chriſt mit groſſem ſchall
Jn ſeim Reich zuſamn bringen all.
Darumb laſt ewer trawern fahrn:
Fuͤr allem Leid euch Gott bewahr /
Biß jhr auch kommt zu mir hieher /
Jn Himliſch Wonn / Ruh / Freud / vnd Ehr.

IV. Epitaphium JANULO-CHRISTO - PHORO poſitum:

〈…〉〈…〉Qualis136
QValis in aprico viridis ſtat roſmaris horto,
Vicinum & grato replet odore locum:
Talis ego, dum vita mihi terrena manebat,
Floſculus olim etiam conſpiciendus eram,
Dulciter aſſurgens primis ego parvulus annis,
Multa tuli Matrigaudia, multa Patri.
Sed tener in pictoceu floſculus occidit agro
Vomere ſitactus prætereunte fuit:
Sic me jucundo primæ ſub flore juventæ
Immitis ſævâ parca manu rapuit.
Sed benè habet: calathi flos rurſus pandit honorem,
Cum ſe purpureo vere remittit humus.
Et me a denati ſocius calor oſſa reviſet,
Æterni quando tempora veris erunt.
Intereà, nullos quia mors fera ſupputat annos,
Aßiduè diſcas, qui legis iſta, mori.

à M. Fabiano Heydeno Biſchoffsvver - denſi, in Nivoſis Mont. Paſtore.

V. Memoriæ JOHANNIS-CHRISTO - PHORI SCHLAHERI &c.

PLangite Pierides, docti lugete ſodales
Mens quibus in luctus officioſa pios.
Plangite137
Plangite non genuit duris quos cautibus horrens
Caucaſus, ah queruli cauſa doloris adeſt:
Jam vobis puerum mors abſtulit invida, qui non
Parva fuit veſtri fama decusq́ue chori;
Illi cura fuit, primis pietatis ab annis
Summus amor Chriſti juſſa verenda ſequi;
Cum ſocio ſtudij factis certabat honeſtis
Doctrinæ vita conveniente Dei.
Illius in vultu generoſa modeſtia lu xit,
Om nibus in factis, colloquiisq́ue pudor.
Ergone Mors pueri primis non parcis in annis
Tem pore qui longo vivere dignus erat?
Sed quoniam cuncti naturæ lege tenemur,
Cum fugiat nullus ſpicula dira necis.
Quod ſuit in fatis & quod vitabile nulli eſt,
Ante ſenectutem vincere præſtat iter.
Siſte igitur lachrymas, puero cariſsima Mater
Et fer ſidereo quæ placuere Deo:
Caſibus hic multis, vitæ curisq́ue ſolutus
Filius eſt nactus cælica regna tuus:
De ſine flere Pater, jam caſſus lumina vitæ
Gnatus arenoſa qui tumulatur humo,
Vivifico audito tandem clangore tubarum
Suiget, & æternæ pars erit am pla ſcholæ.

M. Paulus Rabenſtein / Eccleſiæ in Nivoſis montibus Diaconus.

S 2Qualiter138

VI.

QValiter Eoo prædives thure Sabæus
Nachoriden (ſanctâ quem pietate notat
Spiritus Arrha Dei) ſpoliarit gente miniſtr â
Armentûm & lectà lanigerûmꝙ́ grege,
Vndecies cujus numerat lacra pagina mille,
Chaldæe adjutus fraude maligne tuâ:
Qualit er ac natis natabus & omnibus illum
Privarit rapidâ, ſole micante, manu
Æolus, horrendo ventorum carcere rupto
Diſijciens patrij culmina celſa laris:
Lux infauſta monet, vice quâ Schlahere ſecundà
Hauſiſti undantem gutture Tu pateram,
Dextera quam Domini Tibi tum porgebat Amico
Cum faceres Gnato debitæ juſtatuo.
Nachoridi luctu quò conformeris in iſto,
Nachoridi in Faſtis lux ea ſacra monet:
Triſte quidem vulnus Tibi vulnere, clade repletur
Clades, mors ſubit â morte, dolore dolor,
Sed quoniam cœlo firma hæc ſententia ſedit,
Dicendum est, animo perpatiente, TIBI:
Hæc ego quæ poſui modò pignora chara ſepulchro,
Illa dedit Dominus pro bonitate prius:
Sed139
Sed poſtliminio Sibi dum quoque Chara repoſcit,
Laudetur toto Nomen in orbe ſuum.

Dn. Compatri ac Fautori ſuo longè chariß. honoratiß. paſtor. M. Gabriel Guttenerus Delitianus.

VII. Leſſus geminus.

PRIOR Super obitu ANNÆ filiolæ unicæ, viri Nobilis & ſtre - nui Eleazari Schlaheri In Cloͤſterlein ad Sude - tummontes denatæ 27. Aprilis 1616.

MOre, modoq́ue novi floris; quem termite læto
Progerminant nunc arbores,
Vix ubi de calyce enatus ſtat, Solis amico
Horni tepore procitus;
En modò vis Februarl, aut querquera febris Aprilis
Vix germinantem diſcidit:
Sic SCHLAH ERIADUM vix floſculus unus in auras
Prognatus orbis lucidas,
Vix hiat è calyce, ipſum mox ningvidus aër
Necis memordit floſculum.
Eſt ſic, incipimus nati denaſcier, eſt ſic,
Renaſcimur demortui;
Naſcendo morimur, motiendo naſcimur ævo
Alteri quod eſt ſublimius.
[S 3]Ergo140
Ergo quid lacrumæ, quid & hæc ſuſpiria proſunt
Huic Gnatulæ tenelluæ?
In letho, lætum voſmet celebretis honorem
Dum juſta, Gnatæ ſolvitis
A letho cepit ſed enim lætarier ipſa,
Sepolta ſtellis cœlicis,
A queis non unquam ciſpulſa, exſultat in ævum
Divina gaudimonia.
Inter ubi Indigetes cœli proceresq́ue diurnat,
Divûm fruiſcens commodis.
Huic potius flori, per cœlica tem pea mixtim
Sato tenello, & Nobili
Non lacrumæ voſtræ, Genitores, pluris aquæ vim
Sparſum ite: Verùm floſculos
Moltaq́ue per tumulum viridantia gramina, moltùm
Decoris oggerentia.
Sic tumuli herbitium Gnatæ fas eſto videri,
Et hortulanam nobilem.
Sic fas indugredi Gnatam veſtram inter odorum
Has ſvavitates floridas
Svaviùs & membris quæ per floreta recumbunt
Vale, vale, precarier.
Ah vale! naturæ ductu docti inde ſequemur
Te, ſi Deus vocaverit.

POSTERIOR Super obitu Filioli natu minoris, ſororculam nimis cito abitu inſequentis, Iohannis-Christophori, de - nati 11. Maij. Anno 1616.

Προσ -141

Προσ-φωνήσει MOLDULÆ fluvij præterlabentis ſepoltorum ſepol - cra ad Mortam, immitem pignorum chariſsimo - rum detrectatricem, fictus & confectus.

QVidruis in teneros temeraria Morta puellos?
Fœdaꝙ fœni-ſeca vulnera falce facis?
Est abſterſa genis nondum lacrumabilis unda
Filiolæ ob raptum, Filiolum inde rapis:
Deſine mordaci vulnus infligere dente
Deſine Schlaheri cum-maculare genus!
Quis novus in lacrumas armat furor? abſtine falcem
Abſtine bacchari præteneram in ſubolem!
An monet hoc orci Te depugnator Iesus?
An victa illius verbera torta times?
An monet hoc ſtygiis immerſus Pluto lacunis?
Cui contunſa jacent timpora calvitij.
Illum olim tinctæ juverunt Morte ſagittæ;
Nunc victum facti pœnitet usꝙ ſui.
Parcas Chriſtiadûm Gnatos violare parentum!
Te per victorem poſco tui, ac ſatanæ
Ars ſua quemꝙ juvat: non te necuiſſe puellos
Non fas infantum polluere almam animam!
Scilicet142
Scilicet! hos ſumtos quondam Servator in ulnas
Sprevit & abjecit, cœlica regna negans:
An neſcis quanto ipſe frequentamenta ſonore
Ammonitus, gratos intulit ore ſales?
Elyſius comtis campus florentibus annis
Vitæ æternantis hiſce videre datur.
Hic ubi ritè Deum, freti dulcedine lingvæ
Ævum facunda ſvaviter arte canant.
Chriſtum non puduit ſic omni oſtendere ſeclo
Quantus amos puerûm, quantus honos puerûm.
Certent ergo Senum lingvis juvenilibus auſæ!
Quarum ori Chriſtus ſubdidit hoſce favos.
Quos igitur magnus non averſatur JOVA
Totaſacrata TRIAS quêis favet, atꝙ́ fovet,
Ec-quur lethæo Morta ô comitata ſopore
Potus bis infers de Phlegethontis aqua?
Ec-quur Morta feris hos, Veſpillone, ſorore
Atropo atra, denſo contumulante ſolo?
Nimirùm hinc mores in nos〈…〉〈…〉 tua ſævaꝙ́ mentis
Vis, hinc & fœdo livor in ore patent.
Heu quæ Schlaheri ſtirpem contagia lædunt!
Fallor an ira Dei talia forſan hiat?
Fallor, an immiſit cladem puero atꝙ́ puellæ?
Talia monſtra etenim gignere Morta ſoles.
JOVA143
IOV Apotens! cujus monitis hic advena fixit
Ædes, & ſedes, conſtituitꝙ́ lares:
A ripis talem noſtris avertito peſtem,
Trans mare vim rapidam Mortis abire jube!
Vltrices huc ferto manus, votoꝙ́ ſequaci
Huic patri benedic, cum Genetrice proba.
Creſcat, & augeſcat ſibi quò ſtirps inꝙ́ noteſcat
Orbi, non numero dinumer anda, recens.
Vosꝙ́ umbræ inſontes pueri, pueræꝙ́ tenellæ,
Queîs Lacheſis ſtamen rupit avara coli,
Viſceribus Matris Terrai membra tenella
Impoſitæ ſomnum carpite melli-fluum.
Vos animæ inſontes, quas jam lethale venenum
Ante diem ſtygias ire coegit aquas
O vos convexi certißima ſidera ſummi
Gaudia, ſalva anima carpite perpetua!

LUCTUS PATRIS.

Ἀσπετός ἔστι γόος δὴ ἐμοι Γεννήτορι σαυτοῦ
Φίλτατον τεκνὸν κῆρα τὰ σεῖο ἰδὼν
Κτεινομένον σ 'ἐλεεινὰ λυποῦμαι, καὶ τεῦ ἀδελφήν
Ἔμμενναι ὠκυμόρους ἐν νεότητι γόνους.
οὐλομενος ϑάνατός γε γοήμονα ῥήξατο φωνήν
ὥς μεν τεκνὰ τέκον, μὴ δὲ τά ἐστι τρέφειν.

M. Johannes Zechendorff Rector Scholæ Chionurinæ.

TVIII. Triſtes144

VIII.

TRiſtes triſte decet carmen comprendere verſu
Pertriſti; & lachrymis contemerare genas.
Suadet naturæ lex hoc, ſacra pagina mandat
Et quiſquis ſapiens comprobat ore ſuo.
Ergo age Muſa graves gemitus de pectore prome,
Et tua largifluo lumina rore riga.
Occidit ah pueri flos intemerata tenelli
Schlaheri ſuboles nobilis atq; pia.
Dicere vix potuit quiſquam virtutis avitæ
Præbuerit ſpecimen nobile quale puer:
Nam poſtquam tinctus baptiſmi flumine ſancti,
Tunc Chriſto totus deditus vſque fuit.
Nunquam Muſarum neglexit turpiter artes,
In ſtudijs vixit non ſine laude bonis.
Servavit memori Matris pia pectore dicta,
Nec tamen à juſsis vilus abire Patris.
Humanus, facilis, divinæ pacis amator,
Formoſus, placidus, ſedulus atq; fuit.
O ſpes fallaces! ô Mortis & invida jura,
Sub leges vivum quæ vocat omne ſuas.
Si non ante diem pueri Mors fila fecaſſet;
Proh Jovam, quemnam hunc viderit omnis homo.
Sed145
Sed quoniam cunctis Mortis ſubeunda poteſtas,
Hunc etiam rapuit vis trepitanda necis.
Oinfauſta dies nunquam redeunda ſub auras,
O nobis lachrymis flenda ſubinde pijs!
Omnia cum rident nunc, & Philomela querelas
Perdulces renovat, luxuriantq́; greges,
Omnia nunc mœrent altis in vallibus hiſce,
Morte ſuper pueri nobilis omne dolet.
Schlaheriana domus gemit, & ſonat arduus æther
Planctu, quin ſylvæ clamq́; palamq́; dolent:
Piſcinæ mœrent, tabeſcunt florida prata,
Et grex triſtitiæ publica ſigna refert,
Omibus ijdem oculi, mœrent juvenesq́; ſenesq́;,
Servi atq; ancillæ nil niſi triſte ſonant:
At Pater & Mater macerant ſua corcula planctu
Ingenti, & lachrymis pectora mœſta fovent;
Diſcurrunt triſtes, nec in una ſede morantur,
Clamant: ô ſuboles quò miſeranda ruis?
O amor, ô noſtri cordis pars maxima! noſtræ
Delitiæ! oculus quò miſerande ruis?
Heu modò tantus ubi es? Charam ſequeriſné ſororem
Bis ſeptem ante dies quæ tumulata Polo?
Sed quid? ſi voluit Deus hoc, qui cuncta creavit,
Condita prudenti dirigit atq; modo:
T 2Mittite146
Mittite nunc lachrymas, quæ peſtis pectoris, atq;
Commendate bono fata cruenta Deo.
In cœlis etenim vivunt pia pignora veſtra,
Hîc ubi perpetuò gaudia, riſus, amor;
Hîc ubi cuncta vigent, atq; unde redire recuſant,
Propter, quæ capiunt, præmia magna Dei.
Namq́; ubi corrumpunt hîc morbi corporis artus,
Illic eſt requies perpetuusq́; vigor.
Multo ubi divitias hîc quis corradit anhelu,
Illic has gratis poſsidet atq; tenet.
Nil ubi perfectè rerum cognoſcimus hîcce,
Plena illic uti cognitione licet:
Mixta malis ubi ſunt recta hîc, ſine fine vireſcunt
Illic cuncta, almum concelebrantq́; Deum.
Ergò hilares eſtore, animumq́; aſſumite, namq́;
Nunc ſunt in dextra pignora veſtra Dei.

M. Chriſtoph Kerl Conrector Scholæ Schnebergenſis.

IX. Decaſtichon conſolatorium Ad Nobiliſsimum &c. Dn. parentem de obitu Filiolæ.

AV dijt en benè quondam Eleazarus ille miniſter
Thariadæ, ut gnati pronubus ejus erat.
Gen. 24.
Nec147
Nec vacuus laude eſt Eleazarus ille Aaronis
Filius, ut debet munus obire patris.
Tertius eſt ſenio conſtans Eleazarus, almas
Non temerè hic leges vult violare patrum.
His pietate es par, conſtanti & corde, Schlahere,
Implens menſuram nominis ipſe tui.
Verbere nomen habes activa voce deinceps,
Mente dolans omnes qui pietate carent.
Iam verò inversè & paßiva voce moleſtum
Verbere nomen habes ipſe, nec immeritò.
Verbera dura etenim pateris cordiſꝙ́ dolores.
Sentis haud parvos, filia chara ut obit.
Hunc etiam antè viri ſancti ſenſere dolorem,
Verbera dia animo & ſuſtinuere bono.
Hos imitare lubens, vir præſtantißime, miti
Menteꝙ́ fer mitis verbera tanta Dei.
Hoc ſolamen habens, Gnatam modò funere raptam
Reſtitui exacto tempore poſſe tibi.

X. Replica Ἀκροστιχὴς καὶ Α᾽ριϑμολογικὴ In obitum Iohannis-Chriſtophori Schlaheri, ſepulti pridie Idus Maij, Anno, quem literæ initia - les repræſentant.

T 3Dona148
Dona Dei eſſe refert ſocialis pignora lecti
Vates, Regali qui nomine ſplenduit olim,
Rectè igitur magno amplectuntur amore parentes
Aſe prognatos, divino ita munere adaucti.
Naſcitur at magnus dolor his in cordibus ægris
Decerpunt generis plantas ubi ſpicula mortis,
Omnia tigna domus luctu complentia acerbo.
Percipis hinc etiam luctum, Vir Nobilis, acrem
Rerum quod Dominus duo pignora chara duabus
Vitibi ſurri puit dia hebdomadis: dolor unde
Detonuit tibi prægrandis, caſtæq́; maritæ,
Et vobis fato luctum geminavit iniquo,
Nunc ubi Filiolæ defunctæ corpus amati
Terræ etiam Gnati mandandum jungitur: eheu,
Eheu, quod generis ſpes triſti ita concidit ictu.
Res ſed adhuc ſalva eſt, ſupereſt quia Filius alter,
Vivere quem jubeat vegetum divina voluntas,
Impleat ut ſtabiles grandævi Neſtoris annos.
Nunc decet, ut facili toleres, vir nobilis, ore
Cuncta, Deus tibi quæ impoſuit, licet aſpera ſint hæc;
Expectans faciem Phœbi poſt nubila claram:
Sic etenim miſcere ſolet Deus aſpera glabris.

Συμπα ϑείας ἕνεκα F. ἀυτοχεδίας M. Petrus Lemmelius Schnebergenſis, patriæ civis, & Scholæ inibi collega.

Klag -149

XI. Klag vnd Troſtſchrifft / An die Edle vnd EhrenTugentſame Fraw Schlaherin zum Kloͤſterlein ꝛc. Aus dem 127. Pſalm genommen.

D avid der Koͤnig vnd Prophet
I n ſeinem Pſalmbuch gar fein redt /
E r ſpricht: daß die klein Kinderlein
M it Warheit Gottes Gaben ſeyn.
I ſt nun jemand / den Gott der HERR
T hul im Eheſtand Kinder beſchern /
T refflich er Gottes Segen ſpuͤrt /
H iemit auch gleich erinnert wird /
R echt auffzuziehn ſolch Gottes Gabn /
E hr vnd Frewd einmahl dran zu habn.
N un iſts war / daß nicht ohn gefehr
E ltern die Kinder lieben ſehr /
N ein / ſondern Goͤttlich Majeſtat
S olch lieb in ſie gepflantzet hat.
E s kan ſich aber offt begebn
E in folches Creutz in dieſem lebn /
N emlich daß Gott Eltern mit pein
VV egnehmen thut die Kinderlein:
E r leſt ſie ſterben jung vnd bald /
R eiſt ſie aus der Welt wilden Wald /
D adurch Eltern (iſt nicht erlogn)
E in groß Hertzleid wird zugezogn /
Nun150
N un kan man wider Gott nicht ſtreittn /
M an muß ſolch Creutz geduͤltig leidn.
I n ſolcher weiß / Edle Matron /
T hut euch Gott nehmen Ewern Sohn.
F uͤrwar / es iſt zu glaubn / daß euch
R echt ſchmertzen machet ſolche Leich.
E s wer Creutzs gnung geweſt daran /
VV eil jhr die Tochtr muſt ſterben lahn.
D och weil es Gott alſo gefelt /
E wren willn in ſein willen ſtellt.
N icht boͤß meinets der fromme Gott /
E r ſchickt euch zu zwiefache noth.
R echt wird er euch bald vnd auffs new /
N ach ſeiner Guͤt / wieder erfrewn.
D Denn frewdauff leid hier in der Welt
T hut komn: des jhr auch warten ſolt.
E s woll vns endlich Gott alln gebn /
N ach dieſer zeit das ewig Lebn. Amen.

Idem.

XII. Παραμυϑία Ad mœſtiſsimum Dn. Parentem.

QVem, Fautor, diræ modò, præſtantißime, mortis
Vis Gnatum patrio ſurripuit gremio:
Non velut amiſſum fas eſt tibi plangere, cujus
Maxima ſpes ſupereſt ſidera celſa ſuper:
Inno -151
Innocuam mentem perverti noluit eius
Illecebris mundi præſtigiisꝙ́ Deus.
Hunc Deus eripuit, mala ne venientia cernat,
In tutum cœli conſtituitꝙ́ ſinum.
Ergò modum lachrymis ſtatuens, ſic dicere tenta:
O Nate, in Domini, care quie ſce manu.

XIII.

Epitaphium Filioli.

HIc ego Christophorus jaceo puer ortus amante
De Patre: De Matris pectore: carus eram.
Me tenerum rapuit ſævæ violentia mortis,
Quò citior, tantò gratior illa fuit.
Namq́ue ſolo ereptus menſuram nominis implens
Nunc vivo: Chriſti ſanguine mundus ero.

Das iſt /

HJer lieg ich Johanns Chriſtoff fein /
Herrn Schlahers liebes Soͤhnelein:
Der Todt / ehe ich noch vier Jahr
Auff dieſer Welt erreichet gar /
Reiß mich in Tag vnd Nacht dahin
Welchs doch gereichet mir zu gwin.
Denn ich nun nach dem Namen mein
Den HErrn Chriſt hab getragen fein /
Leb bey jhm in der Seeligkeit /
Jn alle Ewig ewigkeit.
VAliud152

XIV.

Aliud Epitaphium.

VNdenus Maij mea crux fuit ultima: Vitam
Quo linquo, reddens hanc, pie Chriſte, tibi.
Mole ſub hac igitur tumuli præſente quieſco.
Mundatum proprio ſanguine, Chriſte, bees.

Das iſt:

DEr Eilffte Tag in Mayn trat /
Mein Vngluͤck alls geendet hat /
Mein Leben in der letzten Ruhe /
Stellt ich dir mein HERR Chriſte zu:
Hier vnter dieſem Grabeſtein /
Ruh ich nun Johanns-Chriſtoff fein /
Gereingt von Suͤndn durch Chriſti Blut /
Welchs mir ewigs Heyl erwerben thut.

XV.

Valetgeſprech des verſtorbenen mit ſeinen Eltern.

KLagens vnd Weinng / liebſt Eltern mein /
Laſſet doch nur ein〈…〉〈…〉 aſſe ſeyn /
Aus dieſem Lebn von Suͤnden loß /
Daß mich Gott fodrt in Abrahams Schoß /
Todt153
Todt iſt mein gwinn: bins Lebens ſatt
Mein Vngluͤck alls ein ende hat.
Heut iſts an mir / hier gilt kein ſtreitn /
Diß Ziel hab ich nicht ſolln vbrſchreitn /
Auſſm Jammr vnd Elend dieſer Welt /
Kam ich in ein recht guͤldens Zelt.
Reiß zu ſich / wers mag / zeitlich Gutt /
Daß ewig allein mir gfallen thut /
Jm Himmel mein HERR Jeſu Chriſt
Meins leidns ein recht erquickung iſt /
Nichts mir die Welt koͤnt beſſers gebn /
Er bleibt mein theil / vnd auch mein lebn.
Ach Vatr / ach liebſte Mutter mein /
Gleubt mir doch ewerm Soͤhnelein /
Jetzt werd ich als ein willkomner /
Mit Chriſto meim HERRN haben ehr /
O Gluͤck vnd Heyl zu dieſer friſt /
Wer Chriſtum hat / recht ſelig iſt.
Solchs Schatzes ich mich ruͤhm allein /
Ach / was koͤnt mir doch liebers ſeyn?
Jhr lieben Eltern gehabt euch wol /
Wiſt / daß ich bin der frewden voll /
Nichts mit ewerm klagn mir gholffen wird /
Ein ewig Frewd der Todt gebirt.

Corollarium.

DEr iſt ein recht verſtendig Mann /
Der Gott im Creutz außhalten kan /
V ijTregt154
Tregt ſolches fein mit ſanfftem Muth /
Was Gott thut / das iſt recht vnd gut:
Der Todt beſchleuſt all angſt vnd leyd /
Vnd iſt die Thuͤr zur Seligkeit.
Druͤmb ſolln wir all auß der Welt Stall /
Vns ſehnen nach des Himmels Saal /
Da ewig Frewd vnd Leben iſt /
Darzu hilff vns HERR Jeſu Chriſt.

Daniel Herman Schaffſted / S S. Theol. Stud. Sachſenfeld. Nobil. Rüdig. jam nunc privatus informator.

XVI.

〈…〉〈…〉
〈…〉〈…〉155
〈…〉〈…〉

Heinricus Stempelius Bergenſis.

XVII.

TErrigenæ ſoliti talem proferre loquelam:
Sortem ſectari, ſortem atram paßibus æquis.
Hoc ipſum vero minimè pugnare videmus.
Exemploꝙ́ tuo generoſe Schlahere probatur.
En vix bis ſeptem noctes abiere, diesꝙ,
Cum Gnatam tibi dilectam temeraria Morta
Suſtulit, in primo lactantis flore juventæ.
Quod tibi non viles mœrores corde paravit.
Fletibus ast eheu nondum lacbrymis ꝙ́ remißis,
Ecce tuum rapuit fera Mors de pectore Gnatum,
Vnde magis creſcunt vobis ſub pectore luctus.
Atqui quando modus facto ſervandus in omni:
Pectora non nimio ſingultu veſtra coquatis,
Nec nimiis lachrymis effuſis ora rigetis,
Ob lethum Gnati veſtro de ſtemmate nati.
Iſte licet prima belle florente juventa,
Plena crucis diræ guſtavit pocula mortis.
V 3Neglectis156
Neglectis tamen his, conſtanti corde tenete;
Vos veſtrum Gnatum minimè amiſiſſe, ſed illum
Immiſiſſe polo, quo tendimus unus & alter.
Sed quid multa? Deo piacuit ſic, hunc dedit ipſe,
Abſtulit & rurſum, cui gloria lausꝙ́ perennis.

Chriſtophorus Eckſtein Mariæ - bergenſis, Scholæ Schneberg. alumnus.

XVIII.

DUcitis ergò graves iterum de pectore fletus,
Vos, ô vos Patres nobilitate proba.
Nuper enim Mors dente ſua frendente memordit
Selectam Gnatam, quam tulit ante diem.
Jam ſubitis pedibus Gnatos invadit, & aufert
Gnatum qui ſtirpis ſtamina pulchra ſiet
Nonne hic ſint fletus juſtò, lachrymæ, atq́ue dolores,
Singultusq́ue frequens? talia quando cadunt.
Non nimijs verò maceretis pectora veſtra
Curis, ſolamen ſed retuliſſe juvet:
Quod non amiſsi, ſed miſsi ad tecta polorum,
Ex mundo immuudo, ſunt ubi multa mala.
Hic ubi coll[a]udant Dominum, qui cuncta gubernat,
Laudibus immodicis: & ſine fine manent.

Chriſtianus Godſchalcus Schnebergenſis.

XIX.

MVltiplicata venit tibi crux, vir Nobilis, ipſum
Dum tibi Mors rapuit tener um blandumꝙ́ puellum.
Sifte157
Siſte Pater lachrymas, Mater compeſce querelas,
Nam Deus ipſe bonus, clemens Deus atꝙ benignus,
Terrigenis onus imponit, perferre valent quod:
Ipſe dedit Dominus Gnatum, Deus abſtulit illum,
Lætitiâ æternâ quo tempus in omne fruatur,
Illum felicem poſuit in regna beata.

Simon Stegerus Oderâ Myſus.

XX.

EST homo, dum vivit miſer, inſtar graminis herbæ,
Eſt velut in pingui quæ roſa floret agro.
Quam quando tangunt fremebundi murmura venti,
Mox emarceſcit, præq́ue calore cadit:
Sic homo mox rapitur ſubitæ vi mortis amara,
Nec valet intenſam vim pepuliſſe necis.
Schlaheri cernas in Gnato Nobilis, hicce
Qui jacet, & jam nunc contumulandus humo!
Flos veluti flagrans, in amœnis floruit arvis,
In vida mors illum ſed ſubitò rapuit.
Aſt vos non ipſum, Patres, perijſſe putetis,
Qui ſaltem magnum dormit ad usq́ue diem.
Conſurget gelido revocatus morte ſepulchro,
Et dabitur vitæ commodiore frui.
Ergò mœſtitiam procul hinc dimittite triſtem,
Dicite, mi fili, vive, quieſce, Deo.

Petrus Gûntherus Leſnicenſis.

Eheu158

XXI.

EHeu quam miſerum, quod mors inopina nefandè
Dilectæ Gnatæ ſtamina diripuit.
Heu miſerum! miſerum ſalis! eheu! nonne fuiſſet,
Tollere Gnatam unam? ſuſtulit & puerum.
Sedplacitum Domini fuit, & divina voluntas,
Qui vobis ſubolem progenerare dedit.
Propterea haud fluctus lachrymarum fundite multos,
Nam veſter charus filius ipſe polo est.
Prælargas ubi partus opes, ſedesꝙ perennes,
Non morietur enim, credite, deinde magis.

Johannes Frœbenius Lobenſteinenſis.

XXII.

LUctus amaros fundite:
Sic quando morte cæſus eſt
A ſtirpe præclariſsima
Flos, qui fuit ſpes unica
Matris, Patrisq́uegaudium.
Eheu dolor quantus manet,
Pater tibi Nobliſsime!
Eheu dolor quantus manet,
Mater tibi lectiſsima!
Sed159
Sed ecquid? inquit ipſemet
Summus Deus: Tu pulvis es,
In pulverem & revertier
Neceſſe ſic mortalibus:
Quo ſic polorum limina
Remeare detur cœlica.
Ergò parentes Nobiles
Nolite mœrore affici,
Beata namq; gaudia
Gnatus tenet nunc in polo;
Quin & beabit prole vos
Deus, nova mox florida.

Gangolphus Bucbnerus Frömbſte - denſis Thuringeta.

Folget ein ſchoͤner Geiſtreicher Geſang / Von den herꝛlichen vnd Troſtreichen Worten / Chriſtus iſt meinLeben: Sterben iſt mein Gewin. Jn eine vier ſtimmige Motet gebracht / vnd mit betruͤbtem Gemuͤth geſungen Von Heinrico Spilnero Magdeb. auffn Schneberg Cantore.

XChriſtus[160]
CANTUS.
[figure]
CHriſtus der iſt mein Leben / ſterben iſt mein Gewin / dẽ thu ich
ALTUS.
[figure]
JCh hab nun vberwundẽ / Creutz / Leiden / Angſt v. not / durch
TENOR.
[figure]
WEñ mein Hertz v. gedanckẽ / zergehn als wie ein Liecht / dz hin
BASIS.
[figure]
VNd laß mich an dir kleben / wie ein klette am Kleid / v. ewig
[161]
CANTUS.
[figure]
mich ergeben / mit fried fahr ich dahin /ijfahr ich dahin /
ALTUS.
[figure]
ſeine heilg 5. Wunden / bin ich verſoͤhnt mit Gott mit Gott /ij
TENOR.
[figure]
v. her thut wancken / wenn jm die flam gebricht /ij
BASIS.
[figure]
bey dir leben / in Himliſcher Wohn v. Frewd /ijij
Xij[162]
CANTUS.
[figure]
Mit frewd fahr ich von dannẽ / zu Chriſt / zu Chriſt dẽ Bruder mein / auff dz
ALTUS.
[figure]
Weñ meine kreffte brechen / brechen / mein Athem geht ſchwer aus / v. kan
TENOR.
[figure]
Als denn fein ſanfft vnd ſtille / HErr laß mich ſchlaffen ein / Nach dei -
BASIS.
[figure]
Hierauff thu ich euch ſegnẽ / Herr Vatr / Fraw Mutter wert / thut euch
[163]
CANTUS.
[figure]
ich zu jhm komme /vnd ewig bey jhm ſey /ijauff
ALTUS.
[figure]
kein Wort mehr ſprechen / HErr nim mein ſeufftzen auffijvnd
TENOR.
[figure]
nem Raht vnd Willen / wenn koͤmpt mein ſtuͤndelein /ijNach
BASIS.
[figure]
ja nicht betruͤbenvmb mich / auff dieſer Erd /ijthut
Xiij[164]
CANTUS.
[figure]
daß ich zu jhmkommevnd ewig bey jhm ſey /ij
ALTUS.
[figure]
kan kein Wort mehr ſprechen / HErr nim mein ſeufftzen auff /ij
TENOR.
[figure]
deinem Raht v. Willen / wenn kompt mein ſtuͤndlein /ij
BASIS.
[figure]
euch ja nicht betruͤbenvmb mich / auff dieſer Erd /ij
[165]
CANTUS.
[figure]
vnd ewig bey jhm ſey.
ALTUS.
[figure]
HErr nim mein ſeufftzen auff.
TENOR.
[figure]
wenn koͤmpt mein Stuͤndelein.
BASIS.
[figure]
vmb mich auff dieſer Erd.
Coro -[166]

Coronidis loco Sind nachfolgende Deutſche Rithmi auff die Namen der beyder ſelig Todsverblichenen Kinderlein gerichtet / vnd den betruͤbten Chriſtlichen Eltern zum gedechtnis vnd kreff - tigen Troſt mit angehefftet.

Koͤnnen auch geſungen werden.

I. Letzung vnd abſegnung eines frommen Vaters / oder Chriſtlichen Mutter mit jhren ſterbenden Kindelein. Jm Thon: Jn dich hab ich gehoffet Herr / ꝛc.

1.
A Ll deine Frewd / HERR Jeſu Chriſt /
Sind die Kindlein zu aller friſt:
Zu jhn ſich neigt dein Hertze:
Dein Augenlicht
Auff ſie gericht
Jſt ſtets ohn alles ſchertzen.
2.
Nach groſſer Guͤt vnd Kinder Trew /
Wuͤrdſtu ſelber / ohn alle ſchew /
Ein Soͤhnlein klein gebohren:
Maria zart /
Dein Mutter ward /
Die Jungfraw außerkohren.
3.
Nach Kindes art im Wiegelein
Legſtu mit lachendn Muͤndelein /
Du[167]
Du ſpieltſt auff dem Erdreiche /
Der du doch biſt /
HERR Jeſu Chriſt /
Die Weißheit ſeuberleiche.
4.
An Kindern haſtu dir bereit /
Ein ſtetigs Lob vnd Herrligkeit /
Denn dir der Mund der Jungen
Sehr wolgefelt /
Du ſtarcker Helt / Vnd jhr lallende Zungen.
5.
Sprichſt auch: laſt all jhr Eltern fein
Zu mir kommen ewr Kinderlein /
Vnd thuts jhn ja nicht wehren /
Jhn iſt bereit
Die Seligkeit /
Jn meinem Reich der Ehren.
6.
Chriſte mein HERR vnd ſtarcker Hort
Mich thut jetzt treffen auch dein Wort /
Du wilſt mein Kindlein haben:
Jns Paradeiß / Zu deinem Preyß /
Sol es werden erhaben.
7.
Haſtus denn ſo fuͤr gut erkandt /
Was ſol ich machn? Es iſt dein Pfandt /
Welchs iſt von dir herkommen:
YNimbſtus[168]
Nimbſtus von mir /
Wider zu dir /
Bin ich der ſorg benommen.
8.
L dir ſein Seel befohlen ſeyn:
Vnd ſie durch deine Engelein /
Jn deinen Schoß eintragen:
Denn ſie dein Blut /
Befreyen thut /
Vom Tod vnd ewign Plagen.
9.
Ade / Ade / mein Kindlein fromb /
Dich hat erkohren Gottes Sohn
Zu ſeiner Braut gar eben:
Von Ewigkeit /
Dir iſt bereit /
Die Kron im Ewign Leben.
10.
Hie biſt ein armes Wuͤrmelein /
Dort aber bey den Engelein:
Hie iſt nur angſt vnd leiden /
Dort aber iſt /
Zu aller friſt /
Die ewig Wonn vnd Frewden.
11.
Eitel verachtung / hohn vnd ſpott
Viel Muͤhe / Kranckheit / vnd letzt der Todt /
Jſt nur auff dieſer Erden:
Jm Himmelreich
Sol alles gleich
Von dir genommen werden.
12. Rein[169]
12.
Rein ab von deinen Waͤngelein
Wird Gott Vater all Thraͤnelein /
Aus groſſer guͤt / ſelbſt wiſchen:
Vnd dich lan ſeyn
Lieb Gaͤſtelein
An aller Heilgen Tiſche.
13.
Recht ſchoͤn dich auch empfangen wird /
Jeſus Chriſtus / dein trewer Hirt /
Mit halßn vnd lieben kuͤſſen:
Vnd dich / als ſein
Lieb Laͤmmelein
Selbſt tragn in ſeinem Buſen.
14.
Jn groſſer lieb auch allermeiſt
Dich troͤſten wird der heilig Geiſt:
Daß du nun biſt entronnen
Allr Angſt vnd Noth /
Vnd ſtets bey Gott
Kanſt ſeyn in ewiger wonne.
15.
Nun gſegn dich Gott / mein Toͤchterlein /
Hie muß es doch geſchieden ſeyn:
Dort kommen wir zuſammen
Jn ewig Frewd /
Da wir allbeyd
Stets werden bleiben / Amen.
Y ijII. Geiſtli -[170]

II. Geiſtlicher Durſt / vnd Sehnſucht einer abgematteten See - len / aus dem Kampff dieſer Welt / zu Chriſto ins ewige Leben. Jm Thon: Hertzlich thut mich verlangen / nach einem ſeligen End / ꝛc.

1.
H ertzlich mein Seel thut duͤrſten
Nach dir HErr Jeſu Chriſt /
Meins Heils / vud Lebens Fuͤrſten:
Wie ein lechzenden Hirſch /
Der ſich beym kuͤlen Brunnen
Lieblich erquicken thut /
Wenn er gejagt von Hunden /
Vnd iſt in groſſer Noth.
2.
A uff dich mein Fuß thut lauffen /
HErr Chriſt / war Gottes Sohn /
Wenn mich mit macht vnd hauffen
Viel Hund thun greiffen an /
Allein du kanſt mich laben /
Du biſt der Brunnen gut /
Wer dich nur ſtets thut haben /
Der fragt nach keiner noth.
3.
N ach meiner Seelen ſtellen /
Viel Feind mit groſſer liſt /
Vnd wollen mich gantz fellen /
Von dir HErr Jeſu Chriſt:
Du aber biſt mein Schatten /
Mein Burg v ſtarcker ſchutz /
Daß ich fuͤrcht keines ſchaden
Noch aller Feinde Trutz.
4.
S chrecklich auff mich thut eilen
Sathan der Boͤſewicht /
Mit ſeim verlipten Pfeilen:
Doch mir diß ſchadet nicht /
Dein Wort dz thut mich ruͤſtẽ /
Das gibt mir Lebens krafft /
Wenn Satan mit ſein liſten
Mich bringen wil in hafft.
5.
C hriſtlich auff Erden leben /
Der Welt gar nicht gefellt /
Nach Geld vnd Pracht nur ſtreben /
Vor hoͤchſt Weißheit ſie helt:
Solchs alls aber vergehet /
Fleucht wie ein Rauch davõ:
Das Himliſche beſtehet /
Bey dir / O Gottes Sohn.
6. Hart[171]
6.
H art thut auff mich einſetzen /
Mein ſuͤndhafft Fleiſch vnd Blut /
Wil mich zum argen hetzen /
Vnd bringen von dem Gut:
Aber du ſtehſt zur ſeiten
Bey mir HErr JeſuChriſt /
Nach deinm Wort wirſtu leitẽ
Mich gern zu aller friſt.
7.
R uͤckt denn herbey mein Ende /
Vnd koͤmpt mein Stuͤndelein /
Daß ich aus dem Elende
Zu dir ſol fahren ein:
Da hebt ſich kampff vnd fechtẽ /
Ein jedes haben wil
Ein theil / nach allen Rechten /
An meiner armen Seel.
8.
I n ſolcher noth vnd ſtunde
Fliehe ich zu dir / O HERR /
Vnd ſchließ mich in dein Wunden /
So von Blut trieffen fehr /
Das iſt die recht Steinhoͤle /
Da ſich verbirget ein /
Mein Geiſt / in angſt vnd quaͤle / Wie ein TurtelTaͤublein.
9.
S o du mir nun hilffſt kempffen /
Kan ich beſtehen wol.
Vnd all mein Feinde dempffen /
Das keiner ſchaden ſol:
Der Hellen fluth vnd rauſchen /
Die Stricke Belial /
Des Todes ſchreckn vñ grauſen /
Vergehen allzumal.
10.
T ieff wird zwar in die Erden
Mein Leib verſcharret ein:
Doch ſolln bewahret werden
All Staͤublein vnd Gebein /
Keins ſol werden verlohren:
Wenn du O Richter groß
Wirſt kommen außerkohren /
Solln ſie gruͤnen / wie Graß.
11.
O wie verkleret ſchone
Werden ſie leuchten gantz /
Gleich wie die helle Sonne /
Vnd aller Himmelsglantz:
Jn krafft werden ſie leben /
Jn vnverweßligkeit /
Jn ſteten Ehren ſchweben /
Vnd lauter Herrligkeit.
12.
F reundlich wirſtn auffnehmen /
Mit Le[i]b vnd Seel vereint /
Mich ins ewige Leben
HErr Chriſt / du lieber Freundt:
Vnd mir auff ſetzen ſchoͤne /
Sampt aller gleubigen gut /
Der Gerechtigkeit ein Krone /
So vns verdient dein Todt.
Y iij13. So[172]
13.
S o werd ich dann vollkommen
Jn dem Erkentnis dein /
Recht / Heilig / vnd gantz frombe /
Bey ewigr Frewde ſeyn:
Auff / auff / Jeſu mein HErre /
Loͤß mich von dieſer Welt /
Bring mich zu ewigr Ehre /
Jn dein Himliſch Gezelt.
14.
C reutztragen / vnd viel leiden /
Mit Feindn ſich ſchlagen vmb:
Solt eim ja wol erleiden /
Die Welt / vnd alln jhrn Ruhm:
Auff / auff / HErr Chriſt behende
Fuͤhr mich von dieſer Erd /
Schlag mich mit eignen Haͤndẽ /
Zum Him̃els Ritter werth.
15.
H imliſche Frewd vnd Ehre /
Ewige Seligkeit /
Solt eim ja machen ſehre
Zu dir ein groſſe Frewd:
Auff / auff / HErr Chriſt / la〈…〉〈…〉
kommen /
Dein heilge Engelein,
Vnd tragen in dein Throne Mein liebes Seelele[i]n.
16.
L ieb Freund laß ich zwar bleiben
Nach mir / auff dieſer Welt /
Welchen wehe thut mein ſcheiden:
Doch mir viel baß gefelt
Das ewig vnd Himliſch weſen /
Da meine Seel fehrt hin:
Die Geſellſchafft außerleſen /
Vnd ſchoͤn Engliſche ſtim̃.
17.
A de / Ade / jhr lieben /
Geſegn euch Gott der HErr /
Thut euch ja nicht betruͤben
Vber mein Abſchied ſehr:
Mein Ruhm / mein Ehr / vnd
Frewde
Thut mir mißgoͤnnen nicht /
Durch vbermaͤſſig leide /
Vnd trawrig Angeſicht.
18.
H offnung thut vns erquicken /
Daß wir in kurtzer zeit /
Einander wiedr anblicken
Werden mit groſſer Frewd:
Vnd ſtets bleiben beyſammen
Ohn alle Trawrigkeit /
Fuͤr Gottes heilign Throne /
Jn ewigr Herrligkeit.
19. Ewr[173]
19.
E wer wird vnter deſſen
Der fromb getrewe Gott
Jn keinen weg vergeſſen /
Odr euch verlahn in noth /
Zu euch thut er ſtets tragen
Ein trewes Vater Hertz:
Als ſein Wort klar thut ſagen i
Dem gleubt ohn allen ſchertz.
20.
R uͤck nun / HErr Chriſt / auffs gleiſe
Mit meinem Seelelein:
Fuͤhr ſie ins Paradeiſe /
Zu deinen Engelein:
Jhr ſtimm hoͤr ich ſchon klingen
Mein Hertz fuͤr frewden lacht.
Ade / Ade von hinnen:
Zu ta[u] ſend guter Nacht.

M. Gabriel Guͤttenerus Delitianus, Pfarrer zur ObernSchlema vnd Cloͤſterlein.

About this transcription

TextTrias Primitiarum
Author Gabriel Güttner
Extent175 images; 37195 tokens; 9084 types; 250607 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationTrias Primitiarum Das ist: Drey Christliche Predigten Gabriel Güttner. . 175 Abraham Lamberg und Caspar ClosemanLeipzig1616.

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Fraktur

LanguageGerman
ClassificationGebrauchsliteratur; Leichenpredigt; Gebrauchsliteratur; Leichenpredigt; ready; aedit

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  • dta@bbaw.de
  • Deutsches Textarchiv
  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
  • Jägerstr. 22/23, 10117 BerlinGermany
ImprintBerlin 2019-12-10T09:36:01Z
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Holding LibraryUniversitätsbibliothek Breslau
ShelfmarkUniversitätsbibliothek Breslau, 4 S 119/18 / 523543
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