PRIMS Full-text transcription (HTML)
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TRIAS PRIMITIARUM Das iſt: Drey Chriſtliche Predigten / derer:
I. Pædagogia Matrũ Judaicarũ imitanda: ex Marco c. 10.
Gehalten 30. Aprilis Anno 1616. bey der Adelichen Se - pultur Jungfraw Anleins Schlaherin / jhres Alters 1. Jahrs 26. Wochen 5. Tage.
II. Hercules Chriſtianus coronandus, ex 2. Tim. 4.
Gethan 14. Maij ejuſdem Anni, bey Leichbeſtattung Johan Chri - ſtophori Schlahers / ſeines Alters 3. Jahr 37. Wochen 5. Tag.
III. Infans Paralyticus Baptizandus, ex Evang. Matth. 9.
verrichtet Domin. XIX. poſt. Trin. war der 30. Octobris Anno 1614. als drauff den folgenden Tag / erſt Todesbli - chenes vnd nunmehr ſeligen J. Anlein Schlaherin / dem HErꝛn Chriſto durch die H. Tauffe zugefuͤhret vnd einverleibet worden.
Vnd: Zu beſondern Ehren vnd wolgefallen / wie denn auch zu krefftigen vnd beſtendigen Troſt / Den Edlen / Geſtrengen vnd Ehrenveſten / Eleazaro Schlahern / von der Nimka / Erbherrn auff Cloͤſterlein vnd Cella: Vnd S. G. vielgeliebten Gemaͤhlin / etc. Welche binnen 14. Tagen obberuͤhrte zwey jhre liebe Kin - derlein muͤſſen zu Grabe begleiten / vnd jhre abgeſeelte Coͤrperlein in der Kirchen zum Cloͤſterlein / der Erden / vnſer allgemei - nen Mutter / reſtituirn laſſen.
Leipzig/ Jn verlegungAbraham Lambergs / vnd Caſpar Cloſemans
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Dem Edlen / Beſtrengen vnd Ehrnveſten / ELEAZARO Schla - hern / von der Nimka / Erbherrn auff Cloͤſter - lein vnd Cella Meinem großguͤngſtigẽ Junckern / hoch - geehrten Patrono / vnd lieben Herrn Gevattern / vnd S. Geſtr. vielgeliebten Hauß Ehr / Der Gottfuͤrchtigen Edlen / vnd Tu - gendreichen Frawen OTTILIEN, ge - bornen Klingerin / etc. Meiner in Ehren-lieben Fr. Gevatterin vnd geneigten Gutthaͤterin / Wie denn auch deroſelben anjetzo eini - gen vnd Hertzlieben Sohne / bonæ indolis & magnæ ſpei adoleſcentulo, JOHANNI - HEINRICO Schlahern / Allen meinen Andechtigen vnd fleiſſigen KirchenKindern / Wuͤnſche ich von Gott / dem Vater aller Barm - hertzigkeit vnd Troſtes / beſtendige Leibes Geſundheit / vnd hertzerquickenden Troſt / zuſampt meinen andaͤchtigen Gebet vnd Vater Vnſer / ſtets trewen fleiſſes zuvor.

EDler / Geſtrenger / vnd Ehrnveſter inſonders großguͤnſtiger Juncker / vnd hochgeehrter Patron / auch Gottfuͤrchtige / Edle / vnd Tugendreiche Fraw / beyde liebe Ge - rattern / vnd trewe Freunde.

A ijMir2Vorrede.

Mir zweiffelt nicht / es werden E. G. als fleiſſige KirchenKinder / vnd ſehr Andaͤchtige Hertzen / ſich noch erinnern koͤnnen / des ſeligen Troſts / welchen deroſelben ich vnwirdig / aus GOttes vnfehlbahrn Worte / nach anleitung der begehrten Bibliſchen Texte / vnd aus dem vermoͤgen / ſo Gott dargereichet / vorgehalten habe / als GOtt der Herr / in deſſen Buch alle vnſere Tage auffgezeichnet ſind / vnlengſt an dieſelbe E. G. wie ein gewalti - ger lauffen / vnd jhnen / durch den zwiefachenPſ. 139. v. 15. riß vnter jhren lieben Kinderlein / eine WundeIob 16. v. 14. vber die andere machen thete: Oder aber / da jhnen etwa ausgefallen were (wie wir denn alle in terra oblivionis wandeln) ſich / als fleiſſige Schuͤler Gottes des heiligen Geiſtes / anderweit vnd mehrers Troſts / aus heiliger Goͤttlicher Schrifft / aus welchen aller vnſer Troſt / gleich als aus einem ſtarcken Quel vnd HauptBrunnen / entſpringen vnd herflieſſen thut / erholet / vnd damit wider alle vbermuͤtige Gedancken gnungſam præſerviret haben: Da - hero es vielleicht des Abdrucks meiner gehalte - nen einfaͤltigen Predigten nicht ſo gar ſehr be -durfft3Vorrede. durfft hette. Vnd ich bezeuge im grunde der Warheit / daß ich niemals willens geweſen / dieſelbe zu divulgirn, ſondern mir daran gar gerne gnuͤgen zulaſſen / wann nur E. G. hier - durch in jrem betruͤbnis moͤchte getroͤſtet / vnd ne - ben der Ehre Gottes / ſolche Predigten von meinen damals geweſenen Chriſtlichen vñ ſtatlichen Au - ditorio, mit andacht vnd Chriſtlichen Eyver (wie ich nicht zweiffele) auffgenommen worden ſeyn.

Demnach aber E. G. alſobalde damals / als Gott / der Herr vnſers Lebens / daß liebe vnd nunmehr ſelige Hans Chriſtofflein abgefodert hat / vnd ich auff erfoderung bey derſelben auff - warten thete / einmuͤtig begehrten / auch ſeydhero bey mir vnterſchiedlich angehalten / daß dieſelben jhnen durch den Druck communicirt vñ ertheilt werden moͤchten / vielleicht zu einem Memorial vnd Gedaͤchtnis jhrer ſeligen lieben Kindlein: Als haben E. G. ich billich gratificirn / vnd zu willen leben ſollen: vngeachtet die wuͤnderlichen judicia, etlicher Empæctarum, quorum hîc fer - tilis admod〈…〉〈…〉 & ſeges & ager eſt, Jch weiß zwar ſubſtwol / vñ darff mirs niemand allererſt ſagen / daß in dieſen meinen Predigten wenig[A iij]Kunſt4Vorrede. Kunſt zu finden iſt: Darumb ich auch wol mit denſelben hette daheime bleiben moͤgen / vnd ſie vnter meinen andern Scartecken in occulto liegen laſſen: Aber wie kan E. G. die ein anders von mir begehren / ich widerſtreben? Denn dieſelben beyderſeits / ſich / nicht allein / den wah - ren Gottesdienſt in jhrer Kirchen zum Cloͤſter - lein zubefoͤdern / vnd das arme GottesHaus deſto beſſer anzurichten vnd zuſchmuͤcken / mit auffwendung vieler koſten / hoͤchlich bemuͤhen / ſondern auch mir vnd den meinigen / vber das ordentliche ſalarium, ſo ich Jaͤhrlich von E. G. zugewarten habe / mit ſo vielfeltigen gut - vnd wolthaten erſcheinen / daß ich nechſt Gott / vnd meinen lieben Eltern / E. G. vor meinen groͤſſe - ſten Gutthaͤter halte / vnd darumb mit hoͤchſter danckbarkeit gegen dieſelbe mich zuerweiſen mich pflichtſchuͤldig erkenne.

Ob ich aber nun wol von Hertzen wuͤnſchen wolte / wenn wuͤnſchen gelten ſolte / daß ich E. G. in etwas andern vnd froͤlichern begehren hette wilfahren ſollen: Wañ es aber doch der ho - hen Goͤttlichen Majeſtet alſo beliebet / vnnd numehr nicht zu endern iſt / was nach ſeinemGoͤtt -5Vorrede. Goͤttlichen willen geſchehen iſt: So mag ſolcher Abdruck vnd Dedication dieſer meiner einfelti - gen Leichpredigten / wie ich ſie / durch Gottes gna - de / gehalten / (wie denn auch noch einer andern / welche ich alſo / auff eignes gutachtẽ / Gott / zu Ch - rẽ E. G. zu Troſt / vñ meinen anbefohlenen Kirch - Schaͤfftein zũ vnterricht verrichtet habe / vnd den erſten zweyen / propter materiæ convenientiam, zugleich mit affigiren laſſen / welches E. G. nicht anders als wolgemeinet erkennẽ vnd auffnemen wolle) im Namen Gottes fortgehen vnd E. G. vnd deroſelben anjetzo einigen vnd Hertzlieben Soͤhnlein Hans Heinrichen / jetzo vnd in kuͤnff - tigen ein Memorial jhrer Hertzlieben Kinder - lein vnd Geſchwiſterlein ſeyn: Mir aber auch zu - gleich darzu dienen / daß ich hiermit bey denſel - ben meinen Gratial, vor alle allbereit geſchehene / vnnd noch kuͤnfftige wolthaten moͤge deponiren vnd einantworten.

Der getrewe vnd Barmhertzige Gott verleihe E. G. beyderſeits / vnd jrem lieben Soͤhnlein / fer - nere Geſundheit / vnd langes Leben / troͤſte ſiein9[6]Vorrede. in noch waͤrenden betruͤbnis / vnd be[huͤte ſie]vor allem Leid vnd Vbel / laſſe auch ſonſten ſein Gna - den Antlitz ſtets vber ſie erhoben vnd erleuchtet ſeyn / daß ſie mit Sara / Tob. 3. ſich troͤſten / vndTob. 3. v. 21. ruͤhmen koͤnnen: Das weis ich fuͤrwar / wer Gott dienet / der wird nach der anfechtũg getroͤſtet / vnd aus der truͤbſal erloͤſet vnd nach der zuͤchtigung findet er gnade / deñv. 22. du haſt nit luſt an vnſerm verderbẽ. Deñ nach dem vngewitter leſſeſtu die Sonne wider ſcheinen / vñ nach dem heulen vnd weinen vberſchuͤtteſtu vns mit frewden. v. 23.Deinem Namẽ ſey ewiglich Ehr vñ Lob / du Gott Jſrael. Das helffe Gott euch / vnd al - len frommen vnd gleubigen Chriſten / Amen.

Datum zur ObernSchlema / am Schneberg gelegen Dominica XII. p. Trin. an welchen wirMarc. 7. 37, hoͤren vnd berichtet werden / daß der HErr Jeſus alles gut vnd wol machen thut: war der

E. Edlen Geſtr. vnd Tug. Getrewer Seelſorger vnd Gevatter / M. Gabriel Güttenerus, der Juͤnger.

Die7

Die Erſte Predigt / D. O. M. S. PÆDAGOGIA MATRUM Judaicarum Imitanda.

Eingang vor der Predigt.

Die Gnade vnd Friede vnſers Herrn vnd Heylandes JEſu Chriſti / die Liebe Gottes des Vaters / vnd die Gemeinſchafft des H. Geiſtes / ſey vnd bleibe mit vns allen / zu allen vnd ewigen zeiten / Amen.

ANdaͤchtigen vnd Geliebten FreundeExordium generale à γιώμῃ Davidica Pſal. 75. v. 9. in Chriſto dem Herrn: Wir leſen Pſ. 75. daß Aſſaph der Capellmeiſter des Koͤnigli - chen Propheten Davids / vnſern lieben Gott vnd Vater im Himmel in ſeinem Gericht vnd Wunderbarlichen Regierung / vnter andern auch ein - fuͤhret / als einen Gaſtwirt vnd Speiſemeiſter / der ſeine Gaͤſte nach wuͤrden zu tractirn / vnd einem jeden ſein de - menſum vnd gewiſſes beſcheidenes theil / aus ſeinem Becher / zu reichen vnd geben pflege / vñ ſpricht alſo: Der HErr hat einen Becher in der Hand / vnd mit ſta[r]cken Wein voll eingeſchencket / vnd ſchencktBaus8Die Erſte LeichPredigt. aus denſelben: Aber die Gottloſen muͤſſen alle trincken / vnd die Hefen ausſauffen. Mit dieſen Worten zeiget vns Gott der H. Geiſt durch Aſſaph an /Gott ſchenck[e]t aus ſeinem Creutzbecher. daß zwar Gott de HErꝛ / in der taͤglichen abſpeiſung ſei - nes Volck[s]vnd aller Menſchen / keinen mit den Creutz - becher verſchone / ſondern nach ſeinen willen vnd wolge - fallen / einen jeden / welchen er haben wil / zur rechten zeit herfuͤr fordere / jme den Becher biete / vnd jhm einen gu - ten trunck draus thun laſſe. Es halte aber hierinnen vn - ſer lieber Gott vnter den Gleubigen vnd Vngleubigen / vnter den Frommen vnd Gottloſen / einen groſſen vn -1. Den Gleubi - gen vnd from - men. terſcheid. Denn ſeine frommen vnd gleubigen nimpt er bey zeit / das iſt / hier auff dieſer Welt vnd Erden / weil ſie noch ſuͤndigẽ koͤnnen / herfuͤr / vnd leſt ſie einen oder den andern trunck aus dieſem Angſt Kelch verſuchẽ. Aber das iſt noch das beſte / es ſind die Flores vnd Bluͤmlein / welche oben auff ſchwimmen / vnd jhnen zu vielfeltigen nutzen vnd frommen gereichen.

α Advitæ e -[m]enda[ti]o -[r]em. 1. Cor. 11. v. 32.1. Zwar: ad vitæ emendationem, zur beſſerung jhres boͤſen Lebens / darein auch ſie / bißweilen / als ar - me Menſchen / gerathen koͤnnen: Wie denn daher S. Pau - lus ſpricht / 1. Cor. 11. Wenn wir gerichtet werden / ſo werden wir von dem HErrn gezuͤchtiget / auff daß wir nicht ſampt der Welt verdampt werden.

β. Ad fidei pro - bationem. Syr. 2 v. 5.2. Ad fidei probationem, zu pruͤffung vnd vbung jhres Glaubens / denn Syrach ſagt c. 2. Gleich wie das Gold durchs Fewer / alſo werden die ſo Gott gefallen / durchs Fewer der Truͤbſal bewehret.

γ. Ad precum excitatio - nem. 3. Ad precũ exeitationẽ, zur auffmunterung im Ge - bet vnd wahrer anruffung Gottes / denn es heiſt / wieEſaias9Die Erſte LeichPredigt. Eſaias ſagt c. 26. Herr wenn truͤbſal da iſt / ſo ſuchtEſa. 26. v. 16. man dich / wenn du ſie zuͤchtigeſt / ſo ruffen ſie eng - ſtiglich. Daher wird auch ſolcher Creutzbecher der Got - tes fuͤrchtigen vnd gleubigen genennet: Calix ſalutaris, ein heilſamer Kelch / Pſ. 116. Jn welcher betrachtungPſ. 116. v 13. denn alle gleubige Hertzen ſolchen Creutztrunck mit ge - dult vertragen / vnd mit David ſagen koͤnnen ex Pſ. 119. Pſ. 119. v. 71.Bonum eſt mihi, Domine, quod humiliaſti me, Es iſt mir gut / HErr / daß du mich gedemuͤtiget haſt / daß ich deine Rechte lerne. Wann es aber mit dieſen2. Den Vnglen - bigẽ vñ Boͤſen. Creutzbecher auff die Neige vnd Hefen koͤmpt / da muͤſſen denn auch herfuͤr / die boͤſen / vngleubigen vnd gottloſen / die ſich ſonſten der Welt gar redlich genietet haben / vnd mit dieſen Angſtkelch vnd Creutzbecher eine geraume zeitAd interitum & æternam damnationẽ. ſeind verſchonet blieben: Die muͤſſen alsdann alle ſauf - fen / vnd die Hefen verſchlucken / welche jhnen ſo herbe vnd bitter werden fuͤrkom̃en / daß ſie hiervber vergehen / dau - meln / vnd in Abgrund der Hellen / mit jenem gottloſenLuc. 16. Schlampampen / Luc. 16. fallen werden.

Daher dieſer Becher der Gottloſen genennet wird Calix fu -Eſ. 51. v. 17. & 22. rori der Kelch des grimmes / vnd ein Daumel Kelch / Eſ. 51. einIer. 25. v. 15. Becher vol zorns / bey Jeremia c. 25. Ein Wein des zorns GottesApoc. 14. v. 10. Apoc 14. Ein Kelch des Weins von ſeinẽ grim̃igen zorn / Apoc. 16. Apoc. 16. v 19.

Zu dem erſtẽ Creutztrunck hat Gott anfenglich gezogẽ / vnſere erſte Groß Eltern / viel heiliger Patriarchen vnd Propheten / jaVide etiam Ierem. 12. v 3. ſeinen lieben Sohn Jeſum Chriſtum / der ſich ſelbſt in ſeinẽ Angſt -Malach. 3. v. 18. ſchweiß verlauten lieſſe: Er wolle den Kelch gar gerne trin -Syr 41. v. 8. cken / den jhm Gott ſein himliſcher Vater hette eingeſchenckt. 1. Pëtr 4. v. 17. 18.

Darumb trinckt er auch denſelbẽ hernach zu / den beydẽ KindernLuc. 23. v. 31. Zebedæi / zu welchen er ſagte Matth 20. Meinen Kelch ſolt jhrMatth 26. v. 39 & 42. trincken / das alles aber iſt ein klarer vnd lauter Wein geweſen / darumb er jhnen auch zum beſten vnd jhren frommen gereichet iſt. Matth. 20. v. 23.

B ijDie -10Die Erſte LeichPredigt.

Dieſen Angſt Kelch vnd Creutz Becher hat nun auch anjetzo vnſer lieber Herr Jeſus Chriſtus voll einge - ſchenckt vnd zugetruncken / dem Edlen / Geſtrengen / vnd Ehrnveſten Eleazaro Schlahern von der Nimka / auff Cloͤſterlein vnd Cella / vnd S. Geſtr. Tugendrei - chen Gemaͤhlin / beyden meinen hochgeehrten vnd lieben Gevattern / in deme er jhnen ein rechtes Hertzklaͤmmer - lein auffgezogen / vnd jhr einiges vnd vielgeliebtes Toͤchterlein / Jungfraͤwlein Anlein / am verſchienen Sonnabend fruͤe vmb halb ſechs Vhr / nach ſeiner har - ten vnd ſchweren Weinbergsarbeit / durch einen ſanff - ten vñ ſeligen Simeonis Schlaff von dieſer muͤheſeligen vnd bedrengten Welt abgefodert / vnd ſeinem Seelichen nach / in ſein ewiges EhrenReich verſetzet hat: Vber weichen ſtarcken vnd herben Creutztrunck jhnen frey -Pſal. 60. v. 5. lich wol beyde jhre Augen vbergehen / daß ſie ſagen moͤch - ten mit David / Pſalm 60. Du haſt vns / du lieber Gott / ein hartes erzeigt / du haſt vns einen Trunck Weins geben / daß wir daumeln.

ϖρο[παρα -] σ[α]ευὴ. Concionis. Weil vns aber in alle wege gebuͤhren wil / auch in die - ſer vnſer verſamlung / da numehr das Leid faſt am groͤ - ſten / jhren Adelichen Gemuͤthern / vnd hochbekuͤm̃ertenIer. 16. v. 7. Hertzen / mit dem TroſtBecher Goͤttliches Worts zu - begegnen / jhnen zuzuſprechen vnd aus derſelben darzu - thun / daß ſolcher jhr Creutztrunck ein rechter lautererPſ. 116. v. 13. Liebestrunck ſey: Wider welchen ſie ſich nicht ſetzen oder ruͤmpffen / ſondern denſelbẽ vielmehr gar gern annemẽ / vnd mit David ſagen ſollen: Calicem ſalutarem acci - piam, & nomen DOMINI invocabo, Jch wildenheil -11Die Erſte LeichPredigt. heilſamen Kelch des HErꝛn nemen / vnd ſeinen Namen verkuͤndigẽ vnd anßbreiten: Vnd aber wir / ohne huͤlffe vnd beyſtand des H. Geiſtes / nichts koͤnnen oder vermoͤgen / ſo iſts ja billich vnd recht / daß wir zufoͤ - derſt den ewigen vnd Barmhertzigen Gott in demut anſprechen vnd bittẽ / daß er vns hierzu aus gnaden ver - leihen wolle / die krafft vñ beyſtand ſeines H. Geiſtes / da - mit ſolchs wol vnd gluͤcklichen gerathẽ moͤge / befoͤrderſt ſeiner Goͤttlichen Majeſtet zu Lob / Ehr / vnd Preiß / den hochbekuͤmmerten Hertzen zu kraͤfftigen Troſt vnd vns allen zu trewẽ vnterricht / zu beſſerung vnſers ſuͤndhaff - ten Lebens vnd Wandels / vnd endlich zu ewiger Seelen Heil vnd Seligkeit.

Solches von Gott / dem Vater vnd Gott alles Troſtes vnd Segens zuerlangen / ſo betet mit mir aus andaͤchtigem Hertzen / ein gleubiges vnd an - daͤchtiges / Vater vnſer / ꝛc.

E. Chriſtliche L. wolle in der furcht Gottes anhoͤren / einen ſchoͤnen Text vnd Hiſtori / wel - che wir zum grund inſtehender Leichpredigt vor vns nehmen / vnd betrachten wollen / die wird vns beſchrieben von Marco c. 10. Vnd lauten derſelben Wort alſo:

TEXTUS.

Ex Matco cap. 10. v. 13. &c.

VNd ſie brachten Kindlein zu Je -Marc. 10. v. 13. ſu / daß er ſie anruͤhrete. Die Juͤn -v. 14.B iijger12Die Erſte LeichPredigt. ger aber fuhren die an / die ſie trugen. Da es aber Jeſus ſahe / ward er vnwillig / vnd ſprach zu jhnen: Laſſet die Kindlein zu mir kommen / vnd wehret jnen nicht /v. 15. denn ſolcher iſt daß Reich GOttes. War - lich / ich ſage euch / wer das Reich Gottes nicht empfehet als ein Kindlein / der wirdv. 16. nicht hienein kommen. Vnd er hertzet ſie / vnd leget die Haͤnde auff ſie / vnd ſeg - nete ſie.

Außlegung.

Exordium ſpeciale à cõ muni Pro - verbio. Kinder kom̃en von Hertzen / vnd gehen wie - der zu Hertzen Cujus. ANdaͤchtigen vnd Geliebten Freunde in Chriſto dem HErrn: Es iſt zwar ein all - gemeines / aber doch warhafftiges Sprich - wort / wenn man ſagt: Kinder kommen von Hertzen / vñ gehen wit der zu Her - tzen: Da durch vns zuverſtehen gegeben wird / die groſ -I. Explicatio ϖ αραφρα - ςικὴ. ſe affection vnd liebe / ſo alle Chriſtliche Eltern zu jh - ren lieben Kindern / als zu jaem eignen Fleiſch vnd Blut haben vnd tragen. Denn weil ſolche jhre Kinder / nechſt Gott den Allmechtigen / von jhnen das Natuͤrliche Leben haben / ſo koͤnnen ſie es nicht vbers Hertz bringen daß ſie derſelben ſoltẽ vergeſſen / ſie verlaſſen / vñ fuͤr ſie nicht ſor - gen / wenn ſie in ein Creutz oder widerwertigkeit ge - riehten: ja das es jhnen nicht ſchmertzlichen wehe thunſolte13Die Erſte LeichPredigt. ſolte / wenn ſie gantz vnd gar von dem grimmigen Menſchenwuͤrger / dem Tode / hinweg vnd aus jhren Augen geriſſen werden. Daher verwundert ſich auchII. Confirma - tio per die Goͤttliche Majeſtet ſelbſt Eſai. 49. wie es doch wolα. Dicta. Eſa. 49. v. 15. Pſal. 103. v. 13. muͤglich ſeyn koͤnne / daß eine leibliche Mutter jh - res Kindes vergeſſen ſolle? Pſal. 103. ruͤhmet auch Gott der Herr die groſſe liebe / die die Vaͤter gegen jhre Kinder haben / vnd gefellet jhme daſſelbe ſo wol / daß er auch ſeine trewe Vatersliebe gegen daß gantze Menſchliche Geſchlecht / darinne vergleichen thut. Wird alſo hiemit volkoͤmlich beſtetiget / was auch S. PaulusEph. 5. v. 29. ſagt Eph. 5. Niemand hat jemals ſein eigen Fleiſch gehaſſet / ſondern er nehret es / vnnd pfleget ſeyn / das iſt / er hat eine hertzliche liebe vnd trewe fuͤrſorge vor daſſelbe.

Vnd daß deme alſo ſey / daß beweiſen auch / nebenβ. Exempla. der taͤglichen Experientz vnd Erfahrung / die Exempel heiliger Goͤttlicher Schrifft.

Nemet vor euch ex 2. Sam. 18. den lieben Koͤnig1. DAVIDIS. 2 Sam. 18. v. 33. vnd Propheten David: Da der die Poſt bekoͤmpt / daß ſein Sohn Abſolon / der doch gar ein vngehorſamer ſtrick vnd boͤſe blatter war / von Joab mit dreyen Rennſpieſ - ſen were durchſtochen worden / hilff Gott / wie klaͤglich thut doch der liebe Vater / wie winſelt vnd weheklagt er: Mein Sohn Abſolon / mein Sohn / mein Sohn / wolte Gott / ich muͤſte fuͤr dich ſterben.

Sehet an die arme Witwe zu Naim / wie klaͤglich thut2. Viduæ Naimiticæ. Luc. 7. v. 13. doch dieſelbe / als jr lieber Sohn / deſſen ſie ſich / nechſt Gott als eines baculi ſenectutis, getroͤſtet hatte / Todes ver - blichen / vnd nunmehr zum Stad Thor aus / vñ zu ſeinemGrab -14Die Erſte Leich Predigt. Grabſtaͤdtlein getragen wuͤrde / darumb es auch den Herrn Chriſtum ſo ſehr jammert / daß ers nicht laſſen konte / er muſte jhr helffen.

4. Matrum Bethlehemi - ticarum. Matth 2. v. 17 ler. 31. v. 15.Da die armen vnſchuͤldigen Kinderlein zu Bethle - hem / von dem grimmigen Tyrannen vnd Bluthunde Herode Aſcalonita jaͤmmerlich erwuͤrget vnd nieder - geſebelt wurden / hilff ewiger Gott / wie klaͤglich geber - deten ſich doch jhre armen vnd betruͤbten Muͤtter / alſo daß ſie ſich auch nicht wolten troͤſten laſſen / Jer. 31. Matth. 2.

4. Iairi. Bünting. in Itin. f. 22. & 25.Betrachten wir Jairum, den Oberſten der Schulen zu Capernaum (oder / wie Büntingius in ſeinem Itine - rario gewiſſer davon ſchreibet / zu Cæſarea Philippi,) ſo ereignen ſich an jhme ſonderliche affectus, da es vmb ſein liebes Toͤchterlein gar mißlich ſtunde: denn als daſſelbe kranck vnnd lagerhafftig wurde / ewigerMatth. 9. v. 18 Gott / wie jammert es doch den lieber Vater / wie rennet vnd leufft er doch nur / vñ ſucht mittel vnd wege / wie ſol - chen ſeinem lieben Toͤchterlein wider moͤge auffgeholf - fen / vnd daſſelbe beym Leben erhalten werden: Ja da es allbereit verſtorben / vnd alſo fuͤr Menſchlichen Augen alle huͤlffe vnd mittel aus vnd verlohren waren verſucht er doch noch ſein heil bey Chriſto / ob daſſelbe von jhme wider ins Leben verſetzt werden moͤchte.

5. Syrophœ - niſſæ. Matt. 15 v. 22.

Das arme Cananæiſche Weiblein thut dergleichen / da jhr liebes Toͤchterlein vom boͤſen Feinde vbel tra - ctirt vnd geplaget wurde: Wie ſehniglich bittet ſie dochv. 25. nur Chriſtum vmb huͤlffe? Wie inſtendig helt ſie dochv. 27. bey jhme an? Vngeachtet / daß er ſie zu vnterſchiedenenmahlen15Die Erſte LeichPredigt. mahlen mit rauchen Worten abweiſet / ſie auch endlich gar fuͤr einen Heydniſchen Hund proclamirt vnd auß - ruffet.

Eben eine ſolche Natuͤrliche Eigenſchafft fuͤhlenIII. Applica - tio ad præſen - tes Defunctæ parentes. nun auch anjetzo die hochbekuͤmmerten Eltern / die - ſes Adtlichen Jungfraͤwleins / die ſolch jhr liebes Toͤchterlein vnd Spielvoͤglein mit heiſſen Zeeren / vnd verwundeten blutigen Hertzen / anhero begleitet haben / vnd deſſen durch den Todt abgeſeeltes Coͤrper - lein der Erden / als vnſer allgemeinen Mutter / re - ſtituirn vnd wider vbergeben wollen. O wenn da derSyr. 14. v. 1. rechte Leibes vnd Seelen Artzt JEſus Chriſtus alſo / wie bey der Syrophœniſſa, wie bey Iairo, vnd der Wit - wen zu Naim, mit ſeiner huͤlffe keme / vnd jhr viel -Exclamatio. geliebtes Anlein bey der Hand neme / daſſelbe aus ſei - nem Saͤrglein fuͤhrete / vnd den betruͤbten Eltern wider lebendig vber antwortete! Hilff Gott / was frewde vnd wonne wuͤrde ſich in jren Hertzen ereignẽ? Wie wuͤrden auch die lieben Bruͤderlein ſo froh ſeyn / dz ſie jhr liebes Schweſterlein wieder hetten? Aber was nicht ſeyn kan /Proverb. da wende vns GOtt vnſern Sinn davon. Quod differ - tur, non auffertur: Am Juͤngſten Tage wird ſichs al - les wol finden.

Vnter deſſen muͤſſen wir troſt auffſuchen aus GottesNarratio cõ - tinens. 1. Tractatio - nis futuræ ne - ceſsitatem. Wort / vnd ſolche hochbekuͤmmerte Hertzen erinnern / daß jhren lieben Toͤchterlein nicht vbel / ſondern gar wol geſchehen. Vnd daß es nicht der weiten vnd breiten Welt Gut neme / vnd wieder zu vns in dieſes Elende Qual vnd Jammerthal / wie lieblich wir Lebendigen vns auchCdaſſelbe16Die Erſte LeichPredigt. daſſelbe einbilden moͤgen / kom̃en thete. Hievzu iſt aber / von den hochbekuͤmmerten Eltern ſelbſt / fuͤr gut an -2. Textus oc - caſionem. geſehen worden / dieſer abgeleſene Text / aus dem Evangeliſten Marco: Darinnen vns fuͤrgehalten wird /3. Summam & argumen - tum Textus prælecti. eine gantz wunderliche Action vnd Geſchicht / ſo ſich zwiſchen dem Herrn Chriſto vnd ſeinen Juͤngern begeben vnd zugetragen hat / wegen der lieben Hertz - wuͤrmlein / der kleinen Kinderlein. Denn als dieſelben von jhren Muͤttern / aus Chriſtlicher affection vnd zu - neigung zu Chriſto hauffen weiſe gebracht vnd getra - gen worden / mit bitte / daß er jhnen von jhren gepre - ſten wieder helffen wolle: So wil ſolches den Juͤngern Chriſti / die jhren lieben Herrn vnd Meiſter nicht gerne zuviel wolten moleſtirt vnd beſchweret wiſſen / verdrießlich fuͤrkommen / davumb ſie auch dieſelben ab - weiſen / vnd jhnen den Paß verlegen. Aber das wil Chri - ſto / dem trewen Kinderfreunde / keines weges gefallen / lieſet jhnen derowegen ein gutes derbes Capitel / vnd vnd vertrit die lieben Kinderlein mit einer vberaus herrlichen vnd ſchoͤnen Apologia vnd Schutzrede / dar - innen er jhnen / mit gar hellen vnd deutlichen Worten / daß ewige Leben vnd Seligkeit zuſchreibet: Vnd darne - ben ſeine Juͤnger verwarnet / daß wo ſie nicht den kleinë Kindevlein gleich ſeyn wuͤrdẽ / wuͤrdẽ ſie keines wegs / wie ſie / ewig gerecht vñ ſelig werdẽ. Fordert darauff die lie - ben Hertzwuͤrmlein wider zu ſich / nimpt ſie auffn Arm / halſet vnd hertzet ſie / vnd ſegnet ſie an Leib vnd Seel.

Propoſitio tripartita. Conſiderabi-ams:

Damit wir nun ſolche ſchoͤne Kinder Hiſtoriam wol behalten / vnd zu vnſern nutzen anwenden moͤgen / wol - len wir ſie abtheilen nach den jenigen Perſonen / die vnsdar -17Die Erſte LeichPredigt. darinnen fuͤrgehalten werden. Denn da wollen wir fuͤr vns nemen:

  • I. Die Chriſtlichen vnd frommen Eltern /
    I. Parentes adducentes.
    vnd an jhnen betrachten / mit was groſſen eyver vnd fleiß ſie jhre liebe Kinder zu Chriſto gebracht / vnd fuͤr ſie gebeten
  • II. Die Juͤnger des HErrn Chriſti / vnd
    II. Diſcipulos murmurantes.
    wie dieſelbe dieſe trewhertzige Eltern gar vbel an - gefahren / vnd jhnen dem Paß / zu Chriſto zu kom - men / verlegt haben.
  • III. Den HErrn Chriſtum ſelbſten / wie
    III. Chriſtum increpantem, liberosque promtiſsimè ſuſcipientem.
    derſelbe vber dieſem vnbilligen beginnen ſeiner Juͤnger ein Hertzlich mißfallen tregt / vnd dero - wegen die lieben Kinderlein wider ſie / mit einer gewaltigen Apologia vnd Schutzrede vertrit die Kinderlein auch ſelbſt wider zu ſich fodert / vnd jh - nen alle Liebe vnd Freundſchafft erweiſet.

Was vns nun bey jeder Perſon / an Lehr / Troſt vnd Vermanung noͤtig wird zubehalten ſeyn / ſol mit weni - gẽ / vnd was die zeit wird leiden wollen / beruͤhret werdẽ.

Der Barmhertzige Gott verleihe vns hierzuVOTVM. die krafft vnd gnade ſeines H. Geiſtes / vmb Jeſu Chriſti / des groſſen Kinderfreundes willen / Amen.

DE PRIMA PERSONA.

BElangende / Geliebte / die erſte Part derI. Perſona. Parentes. Perſonen / nemlich die Chriſtlichen Eltern vnd from̃en Muͤtter / die jhre liebe Kinder zu Chriſto gefuͤhret / vnd fuͤr ſie eine trewe Collect vnd fuͤrbitteC ijeinge -18Die Erſte LeichPredigt. eingelegt / ſo ſagt davon der Evangeliſt Marcus alſo: Vnd ſie brachten Kindlein zu JEſu / daß er ſie an - ruͤhrete. Hie haben wir L. C. abermals ein Exem - pel / oben angezogenen Sprichworts: Kinder kommenOccaſio & cauſa Facti. von Hertzen / vnd gehen wieder zu Hertzen. Denn es ſey gleich / daß dieſen Chriſtlichen Muͤttern jhre liebe Kinder ſiech vnd kranck / vnd alſo gar lagerhafftig wer - den / welches denn ſolchen kleinen Kinderlein / wegen jrer weichen vnd zarten Natur / gar leichte bereitet iſt: Oder aber / daß ſie ſonſten in Hoffnung geſtanden / ſolche jhre liebe Kinder wuͤrden in kuͤnfftigen deſto beſſer gera - then / fromm werden / vnd gediegene Leute an Leib vnd Seel ſeyn vnd bleiben / wenn nur Chriſtus der HErꝛ / welcher ſich bißher im gantzen Juͤdiſchen Lande mit Lehren vnd Wunderwercken gewaltig herfuͤr gethan / vnnd jhme einen groſſen zulauff gemacht hatte / keine Gnadenhand auff ſie legen / ſie anruͤhren / vnd ſeinen Goͤttlichen Segen vber ſie ſprechen wuͤrde: So nemen ſie traun dieſes groſſen Wunder Prophetens wol war / vnd weil ſie erfahren / daß er eben jetzo gar nahe vnd zur ſtelle ſey / ſo machen ſie ſich auff / nemen jhre liebeFactũ ipſum. Hertzwuͤrmlein eins theils auff jhre Arme / eins theils auch wol auff jhren Hals vnd Ruͤcken / eilen damit zu Chriſto / vnd bitten jhn in demuth / er wol ſich doch jh - rer / vnd jhrer lieben Kinder erbarmen / ſich derſelben annehmen / vnd ſie curiren vnd heilen / oder aber ſie ſonſt mit Gnaden benedeyen vnd ſegnen: Sintemal ſie doch des ſtarcken vertrawens zu jhme leben / es werde jhme / als einem allmechtigen Herrn / zuthun nichtgroſ -19Die Erſte LeichPredigt. groſſe muͤhe vnd arbeit koſten / ſondern wenn er nur ſei - ne Allmechtige Gnadenhand außſtrecken / vnd ſie an - ruͤhren werde / ſo werde jhren lieben Kinder alſobalde an Leib vnd Seel gerathen vnd geholffen ſeyn. WirdVaticinij Prophetici impletio. alſo durch dieſe fromme vnnd trewhertzige Muͤtter er - fuͤllet / was der heilige Prophet Eſaias viel hundert Jahr zuvor im Geiſt geſehen vnd Propheceyet hatte /Eſa. 49. v. 22. cap. 49. So ſpricht der Herr Herr: Sihe / ich wil meine Haͤnde zu den Heyden auffheben / vnd zu den Voͤlckern mein Panier auffwerffen / ſo werden ſie deine Soͤhne in den Armen herzu bringen / vnd deine Toͤchter auff den Achſeln her - tragen.

USUS. VSVS.

Hierbey / lieben Chriſten / haben alle Chriſtliche1. Νουϑετικὸς De piorum Parentum of - ficio. Eltern ſollen j - re Kinder Chri - ſto zufuͤhren. Eltern / eine feine warnung vnd erinnerung zubehal - ten / daß ſie auch ſchuͤldig ſeyn / dem Exempel dieſer from - men Muͤtter nachzufolgen / vnd ſich jhrer lieben Kinder anzune[m]en / ſie zu Chriſto zufuͤhren / vnd ja nicht von jhme abzuhalten. Denn da ſtehet der klare vnd auß - druͤckliche befehlich Chriſti / darinnen er ſolchs gar ernſt - lich erfordert: Laſſet die Kindlein zu mir kommen /α. Propter Man - dati divinia reverentiam. vnd wehrets jhnen nicht / deme mus man ja gehor - chen / wil man anders die hulde vnd gunſt Chriſti / daran vns ſehr viel gelegen / haben vnd behalten. Es erfo -β. Propter in - natam φιλοςοργίαν derts auch jhre eingepflantzte Natuͤrliche Liebe / die ſie als Eltern gegen jhre Kinder haben vnd tragen ſollen. Wie koͤnnen ſie aber jhre Kinder mehr lieben / als wenn ſie jhnen alles liebes vnd guts goͤnnen / welches ſie traun warhafftig bey Chriſto finden vnd erlangen: Denn daC iijliebet20Die Erſte LeichPredigt. liebet er ſie nicht alleine / halſet vnd kuͤſſet dieſelbe / ſon - dern gibt jnen auch gar dz ewige Leben vñ Reich Gottes / welches ein Schatz vber alle Schaͤtze iſt. Darumb ja bil - lich dieſe zufuͤhrung jhrer Kinder ſolle fuͤrgenommen vnd zugelaſſen werden.

II. Παιδευτικὸς Q. De medijs. quibus pij pa - tentes liberos ſuos Chriſto adducere poſ - ſunt. Durch was mittel oder wege aber / moͤchte ein einfeltiges Vater oder MutterHertz fragen / kan ich mein liebes Kind zu Chriſto fuͤhren vnd bringen? Ja / wenn er mir auch ſo nahe / als dieſen Muͤttern / were / oder gleich noch einen guten weg weiter / es ſolte mich traun keine muͤhe koſten / tawern oder rewen: dieſen einfelti - Chriſtus iſt vns nahe. gen wil ich mit einfeltigen vnterricht aus Gottes Wort begegnen / Chriſtus der rechte Kinderfreund / iſt vns traun nicht weit / ſondern gar nahe vmb vnd bey vns / ob wir jhn gleich nicht alſo ſehen / vnd anlauffen koͤnnen / wie hier dieſe lieben Muͤtter / laut ſeinen troͤſtlichen ver -Ier. 23. v. 23. heiſſungen: Jerem. 23. Bin ich nicht ein Gott / der nahe iſt / vnd nicht ein Gott / der ferne ſey / bin ichs nicht / der Him̃el vnd Erden erfuͤllet: Vnd Matth.Matth. 28. v. 20. c. 28. Jch bin bey euch alle tage / bis an der Welt ende. Darumb duͤrffen wir nicht weit rennẽ oder lauf - fen / wir duͤrffen auch keinen groſſen Vnkoſten auffwen -Eltern koͤnnen jhre Kinder Chriſto zufuͤh - ren. den / ja wir duͤrffen auch nicht vnſere Kinder gleich alſo bey Haͤnden vnd Armen nemen / vnd ſie von ort zu ort fuͤhren: Sondern ſolch zu fuͤhren kan geſchehen auff nachfolgende art vnd weiſe:

I. Pijs preci - bus & arden - tiſsimis ſu - ſpirijs:I. Erſtlichen: Per piarum & ardentiſsimarum precum interceſſionẽ, durch ein fleiſſiges andech - tiges Gebet vnd vorbitte / wenn ſie nemlich dieſelbenim21Die Erſte LeichPredigt. im Gebet jhren lieben Gott fuͤrtragen / beydes vor vnd nach der Geburt / vnd denn auch hernach in jrem gantzenQuæ α. Neceffariò requiruntur. Ob multipli - cis periculi evidentiam. leben. Denn man betrachte doch nur ein wenig / was es wol fuͤr muͤhe / ſorge vnd gefahr hat nicht alleine mit der KinderGeburt / ſondern auch mit der KinderZucht ſo wird man befinden / daß es ja zum hoͤchſten von noͤthen thu / daß man fleiſſig bete. Wie bald kan ein Kindlein1. In gravidi - tate. verwarloſet vnd verletzt werden / auch noch vnter Muͤt - terlichem Hertzen? Was hat es doch nur fuͤr ſorge vnd2. In partu. gefahr in der Geburt? Was muͤhe vnd arbeit nimpts3. In educati - one. doch / daß ſie von boͤſen Sitten / leichter Geſellſchafft / vnd ergerlichem leben abgehalten / vnd dargegen in Gottes - furcht vnd Chriſtlichen Tugenden erzogen werden / damit ſie Gott vnd ſeiner Kirchen / wie denn auch jhrem Nechſten / vnd dem gemeinen Nutz koͤnnen dien ſtlich vnd nuͤtzlich werden / auch die lieben Eltern an jhnen / ehre vnd frewde in jhrem Alter haben vnd erleben moͤgen? Sol dieſes alles wol gerathen / ſo mus traun das liebe Gebet das beſte bey der ſachen thun.

Vnd daſſelbe ablegirn vnd fertigen auch alle Chriſt -β. Promtiſsimè in pijs exci - tantur. liche Eltern deſto lieber zu Gott abe / dieweil ſie wiſſen / daß es ſo dann nicht vergebens vnd vmbſonſt ſeyn / ſon - dern einen groſſen nutz ſchaffen werde. Denn wenn1. Ob ſingu - laris effectus confidentiam. Gebet der El - tern vor jhre Kinder ſol nit vmbſonſt ſeyn. die Gerechten ſchreyen / ſo hoͤret der HErr / vnd er - rettet ſie aus aller jhrer noth / Pſal. 34. Vnd dieſe ver - troͤſtung hat vns Chriſtus ſelbſt geben / bey thewren Eyde / Joh. 16. Warlich / warlich ich ſage euch / wasPſal. 34. v 17. jhr den Vater bitten werdet in meinen Namen / dasIoh. 16. v. 24. wird er euch geben. Darumb kom̃et billich vnd wil -Pſal. 65. v. 2. lig auch alles Fleiſch zu jhme / Pſal. 65.

Wie22Die Erſte LeichPredigt.

Wie wir denn auch deſſen viel Augenſcheinliche Exem -2. Ob exem - plorum præ - cellentiam. MONICAE, ad cujus pe - titionem fi - lius Auguſti - nus, à Deo per Spiritum S. illuminatus[a]Manichæiſ - mo ad fidem Chriſtianam convertitur. Ambroſius de Auguſti - no. pel haben in Bibliſchen vnd andern Hiſtorien hin vnd wider. Betrachtet nur Monicam, die Mutter des heiligen Auguſtini, dieſer jhr Sohn war ſo ſehr in dem Manichæiſchen Schwarm erſoffen / daß bald menniglich an ſeiner Bekehrung zweiffelte. Aber weil die Mutter ſo inſtendig vnd bruͤnſtig bey Gott fuͤr dieſen jhrem Sohn bate / ſo muſte es auch heiſſen / wie jhr Ambroſius Propheceyete: Impoſſibile eſt, ut filius tot lachrymarũ pereat, vnmuͤg lich iſts / daß ein Kind / fuͤr welches ſo viel heiſſer zeeren vñ Threnẽ vergoſſen werdë / ſolte in ſeinem Jrrthumb gelaſſen / vnd durch denſelben verdampt vnd verlohren werden.

ABRAHAE Gen. 17. v. 18.So betet Abraham fuͤr ſeinen Sohn Jſmael / Gen. 17. HANNAE, 1. Sam. 1. v. 28So that Hanna fuͤr jhren Sohn Samuel / 1. Sam. 1. SoIOBI, Cap. 1. v. 5. heiligte Job alle Tage ſeine Kinder / Job 1. Laſſet vns auch dergleichen fuͤr vnſere Kinder thun / ſo bringenϖροτρο ϖὴ ad Parentes. wir ſie Chriſto wol zu vnd haben einen guten anfang gemacht.

παραμυϑίαVnd ob ſchon hernach ein Kind vor oder in der Ge - burt Todes verbliche / ehe es das Sacraments der H. Tauffe habhafftig werden koͤndte / ſo koͤnnen ſich doch in ſolchem fall allezeit Chriſtliche Eltern troͤſten / ſie haben jhr liebes Kind nit verſeumet / ſondern daſſelbe auch nach ſeiner Geburt geheiliget / durch ein andechtiges Gebet vnd Vater Vnſer: Darumb ſie denn auch an ſeine Se -Syr. 35. v. 21. ligkeit im geringſten nicht zuzweiffeln haben: Denn dz Gebet der Elenden dringet durch die Wolcken / vnd leſt nicht abe / bis es hinzu komme / vnd hoͤret nicht auff / bis der Hoͤchſte drein ſehe / Syr. 35.

II. Koͤnnen23Die Erſte LeichPredigt.

II. Koͤnnen auch alle Chriſtliche Eltern2. Baptiſmi aſperſione. jhre liebe Kinder dem Herrn Chriſto zufuͤhren: Per citiſſimam Baptiſmi aſperſionem, durch ſchnelleNutz der bekli - gen Tauffe. befoͤrderung jhrer zur H. Tauffe. Denn daß heili - ge Hochwuͤrdige Sacrament der Tauffe iſt ja der rechte Gnadenbund / den Gott der Herr mit vns im Newen Teſtament hat auffgerichtet. Da iſt Gott der Vater / der ſie in derſelben zu ſeinen lieben Gnaden Kindern auff vnd annimpt. Jeſus Chriſtus jhr Erloͤſer iſt da / der waͤſcht vnd reiniget ſie von jhren Suͤnden / mit ſeinen Roſinfarben tewren Blute. Da iſt Gott der heilige Geiſt / der wircket in jhren zarten Hertzlein ei - nen rechten / wahren vnnd ſeligmachenden Glauben / durch welchen ſie / als Edle Reben / dem rechten le -Ioh. 15. v. 1. 4. bendigen Weinſtock Jeſu Chriſto incorporirt vndEſa. 61. v. 11. einverleibet werden / da ſie mit Kleidern des Heils angezogen / vnd mit dem Rock der Gerechtigkeit bekleidet / auch aller ſeiner andernGuͤter vñ Wolthaten fehig vnd theilhafftig gemachet werden. Vnd gleich wie ſich Gott der Vater von ſeinem lieben Sohne Jeſu Chri -Matth. 3. v. 7 ſto in ſeiner Tauffe am Jordan verlauten lieſſe: Hic eſt Filius meus dilectus: Das iſt mein lieber Sohn / an dem ich wolgefallen habe: Alſo iſt kein zweiffel / daß auch Gott der Herr zu allen getaufften Hertz - wuͤrmlein gleich ſage vnd ſpreche: Diß iſt mein liebesProv. 8. v. 31. Kind / mein lieber Sohn / meine liebe Tochter / an wel - chem ich wolgefallen / ja alle meine Luſt vnd Frewde habe.

Welch Vater - vnd MutterHertz koͤndte nun ſolcheDhohen24Die Erſte LeichPredigthohen Gnaden Schaͤtze / welche jhre lieben Kinder in der H. Tauffe bekom̃en vnd erlangen / betrachten / vnd die - ſelben lange von ſolcher Tauffe abhalten / vnd etwa vr - ſach geben / daß ſie dieſelben durch jhre verwarloſung verluſtig werden moͤchten? Denn es heiſt doch wie Chri -Ioh. 3. v. 5. ſtus ſagt / Joh. 3. Es ſey dann / daß jemand geboh - ren werde / aus dem Waſſer vnd Geiſt / kan er nicht in das Reich Gottes kommen.

De Infanti -[b]us, ante Baptiſmum extinctis. Mit denen Kindern aber / die entweder in Mutterlei - be / oder balde nach der Geburt ſterben / vnd alſo die hei - lige Tauffe nicht erlangen koͤnnen / hat es eine andere gelegenheit / vnd iſt / wie oben gedacht / an jhrer Seelig - keit nicht zu zweiffeln. Denn da gilt die Regul: Non privatio, ſed contemtus Sacramenti damnat: Nicht der verluſt / ſondern die verachtung der H. Sacrament wird zur verdamnis zugerechnet.

3. 3. Honeſta educatione. Quæ 1. jube - r. III. Kan die zufuͤhrung der Kinder zu Chri - ſto geſchehen: Per piam diſciplinam ac educationem, Durch eine fleiſſige vnterweiſung vnd Kinder zucht / zu welcher S. Paulue alle Chriſtliche ElternEph. 6. v. 4. 2. Docetur, ratione ordi - nis. vermahnet / Epheſ. 6. Jhr Vaͤter / ziehet ewre Kin - der auff in der Zucht vnnd Vermahnung zum HErrn. Dieſe Kinderzucht ſol billich den anfang ha -In α. Pietare. ben von der lieben Gottesfurcht / denn wie S. Paulus ſagt / 1. Tim. 4. So iſt dieſelbe zu allen dingen nuͤtze /2. Tim 4. v. 8. vnd hat verheiſchung dieſes vnd des zukuͤnffti - gen Lebens. Drumb ſollen ſie dieſelben jhre Kinder inβ. Bonis mori - bus. den Haͤuptſtuͤcken Chriſtlicher Lehre gruͤndlich vnter - richten / vnd hernach ſie auff Zucht / Tugenden vñ Erbar - keit leiten vnd fuͤhren: Sie auch zu etwas ehrliches hal -ten /25Die Erſte LeichPredigt. ten / damit ſie den gemeinen Nutz koͤnnen dienen / vnd mitγ. Liberalibus artibus. der zeit ſich vnd die jhrigen ehrlich verſorgen. Denn1. Tim. 5. v. 8. wer die ſeinen nicht verſorget / der iſt erger denn ein3. Probatur ab Exemplis. Heyde / vnd hat den Glauben verleugnet. Darumb ſehen wir / wie trewlich der alte Tobias ſeinen Sohn leh -α. TOBIAE c. 4. v 2. ret / vnd jhn zu allen guten vnterweiſet / Tob. 4. Elka - na vnd Hanna thun dergleichen mit jhrem Soͤhnlein /β. Elkanæ & Hannæ. dem kleinen Samuelichen / lehren jhn nicht all eine ſelbſt zu Hauſe / ſondern vbergeben jhn auch dem alten Prie -1. Sam. 1. v. 26 ſter Eli zu fleiſſiger inſtitution vnd vnterweiſung. Welches alle Chriſtliche Eltern auch thun ſollen / weil ja vmb des willen Chriſtliche Schulen verordnet / vnd erhalten werden.

Sol aber die Kinderzucht wolgerathen / vnd bey den4. Promove - tur Bonitate parentum. Kindern einen gluͤcklichen fortgang gewinnen / ſo muͤſ - ſen die Eltern ſelbſt from̃ vnd Gottfuͤrchtig ſeyn / vnd ſich Chriſtlich vnd Erbar verhalten damit die Kinder nicht geergert vnd verderbet werden / weil ſie doch ſind / wie Zunder / welche das Fewer aller vnart viel eher vnd mehr / als Tugend vnd Erbarkeit / aufffangen: Vor welches hernach die Eltern Chriſto am Juͤngſten Ge - richt ſchwere rechenſchafft zugeben haben. Denn wieMatth. 18. v. 6. 7. Chriſtus ſagt Matt. 18. Wehe dem Menſchen / durch welchen ergernis koͤmpt / Jtem: Wer ergert dieſer geringſten eines / die an mich gleuben / dem were beſſer / daß ein Muͤhlſtein an ſeinen Hals gehen - cket wuͤrde / vnd er erſeufft wuͤrde im Meer / da es am tieffſten iſt.

IV. Endlich vnd zum beſchluß / ſo koͤnnen auchPræmaturæ mortis appro - batione. D ijalle26Die Erſte LeichPredigt. alle Chriſtliche Eltern jre liebe Kinder dem HErꝛn Chri - ſto zufuͤhrẽ: Per præmaturæ Mortis approbationem, durch hertzliche Gedult vber jren ſeligẽ ableiben / wenn ſie nemlich nicht wider Gott gruntzen oder mur - ren / vngeduͤldig werden / vnd oben aus fahren wollen /Quam ſuadet ſondern es vertragen / vnd mit gedult geſchehen laſſen / wenn Gott koͤmpt / vnd jhre liebe Kinder durch ein ſeli -1. AEquitas ges einſchlaffen von dieſer boͤſen Welt abfodert. Denn was wollen ſie ſich doch auch zeihen / vnd was wollen ſie doch draus machen? Seind ſie doch nur ein bonumEltern koͤnnen Gou jhre Kin - der nicht fuͤr - hatten. communicativum, non poſſeſſivum, Gott hat ſie jnen ja nur geliehen vnd vertrawet / ſind ſein geliehen PfandPſal. 127. v. 4. vnd Gabe: Wenn er nun dieſes Pfand wieder zu ſich haben vnd loͤſen wil / wer kans jhme denn vorhalten?2. Sempiterne liberorum ſecuritas. fromme Eltern wiſſen doch / daß ſie nicht verlohren / ſondern bey Chriſto ſeyn / da ſie wol verſorget vnd be - wahret / vnd fuͤr aller Angſt vnd Qual / betruͤbnis vnd Hertzleid / Kranckheit vnd Todt geſichert vnd befreyet ſeyn.

3. Exemplo - rum authori - tas. Drumb am allerbeſten / man ſtelle / in ſolchen fall vnd zuſtande / ſein Hertz zu frieden / halte den liebenα. Maccabeæ, referente Na - zianz. in ora. de Maccab. Gott mit hertzlicher Gedult aus / vnd ſage mit der from - men Maccabæerin: Theſaurum meum Deo meo tradidi: Jch habe meinen lieben Schatz / mein liebes Kind vnnd Toͤchterlein / Gott wieder vberantwortet /β. Iob. c. 1. v. 21. weil er mir doch daſſelbe nur geliehen vnnd vertra - wet hatte. Du biſt doch / du mein liebes Kind bey Gott am allerbeſten verſorget: Non enim extincta, ſed Deo oblata es, non perijſti, ſed al〈…〉〈…〉 ò migraſti.

Jtem27Die Erſte LeichPredigt.

Jtem / mit David / als jhme ſein Soͤhnlein geſtor -β. Davidis. 2. Sam. 12. v. 23. ben: Was ſolich machen? Kan ichs auch wieder holen? Jch werde wol zu jhme fahren / es koͤmpt aber nicht wieder zu mir (verſtehet / in dieſes zeitliche Leben / vnd drangſal.)

Mit Job: Dominus dedit, Dominus abſtu -γ. Iob. eap. 1. v. 21. lit, ſit nomen Domini Benedictum: Der HErr hatte mir mein liebes Kind gegeben / hat er mirs nun anjetzo wieder genommen / ſo ſey der Name des HErrn gelobet vnd gepreiſet.

Auff dieſe maß vnd weiſe koͤnnẽ vñ ſollen alle Chriſt - liche Eltern / nach dem Exempel dieſer Chriſtlichen Muͤtter in vnſerm Text / jre liebe Kinder zu Chriſto brin - gen / vnd ſeinen Segen vber ſie an Leib vnd Seel er - langen. Vnd das iſt zumercken bey der erſten Perſon.

DE SECUNDA PERSONA.

VOrs andere / was die Juͤnger des HerrnII. Perſona Diſcipuli. Chriſti betrifft / ſo ſagt hievon S. Marcus in ver - leſener Hiſtoria alſo: Die Juͤnger aber fuhren dieTEXTVS. Cujus 1 Explicatio ϖαραφρα - ςικὴ. an / die ſie trugen. Jn dieſen Worten wird vns nun zuverſtehen gegeben / mit was vngeſtuͤm ſich die Juͤn - ger Chriſti wider ſolch freundliches zufuͤhren der Kin - derlein gelegt / vnd wie mit harten vnd rauchen Wor - ten / ja auch mit ernſten bedrewungen / ſie jhre Chriſt -Luc. 18. v. 15. liche Eltern angefahren / vnd ſie dermaſſen abgewuͤr - tzet haben / in Hoffnung / daß ſie ſich hinfuͤro nicht wi -1. Facti ἀφορμὴ, quæ poteſt eſſe. der ſo leicht zu jhnen hetten begeben ſollen. Ob ſie nun ſolches thun / aus verachtung der kleinen Kinderlein /D iijwie28Die Erſte LeichPredigt. wie denn das kleine vnd geringe der Welt die Augen je -α. Puerorum deſpectio. mals hat fuͤllen koͤnnẽ / oder gleich aus guter meinung / daß vielleicht jhr lieber Præceptor Chriſtus Jeſus nicht ſo vbrig ſehr moleſtirt vnd beſchweret werden moͤchten. β. Præceptoris ſublevatio. So handeln ſie doch auff beyden Seiten ſehr vnbeſchei - den vnd vnrecht. Darumb es auch jhnen der Herr Chriſtus gar hoͤchlich verweiſet wie wir ſo dann hoͤren wollen. Sie hetten vielmehr / als Geiſtliche Herrn / in dieſer ſachen gute befoͤrderer ſein / vñ den armen vnmuͤn - digen Kinderlein / jhrer Seligkeit halben / willig vnd trewlich dienen ſollen: Wie denn Chriſtus hernach Pe -Luc. 22. v. 33. tro inſonderheit befehl thete / Luc. 22. Wenn du der - mal eins dich bekehreſt / ſo ſtercke deine Bruͤder.

VSVS. USUS.

1. δοκιμα - ςικὸς De infirmita - te ſanctorum. Aber da ſehen wir / daß auch groſſe heilige Leute koͤn - nen fehlen vnd fallen: Wie David ſagt Pſal. 62. Groſ - ſe Leute fehlen auch / ſie wegen weniger den nichts ſo viel jhrer iſt. Darumb iſt ſich auch auff Men -Pſal. 62. v. 10 Hine. ſchen nicht zuverlaſſen / ja der dis thut / vnd GOtt2. Νουϑετι - κὸς hindan ſetzt / der iſt verflucht von Gott / wie Jer. 17. ſte - het: Verflucht iſt der Mann / der ſich auff Men -Pſal. 118. v. 8. ſchen verleſt / vnd helt Fleiſch fuͤr ſeinen Arm / vndIerem. 17. v. 5. mit ſeinen Hertzen vom HErrn weichet.

3. Ε᾽λεγκ - τικὸςEs ſind aber dieſen Juͤngern Chriſti nicht vngleich / an einem theil / die Werckheiligen vnd Papiſten / welche fuͤrgeben vnd lehren / daß die jenigen Kinderlein /α. Pontificio - rum. ſo fuͤr empfangener Tauffe / vor oder nach der Geburt / in jhren angebornen Erbſuͤnden ſterben / von Chriſto nicht ſeyn erloͤſet worden / welchs ſie wegen jhrer vn - ſchuld auch ſo gar ſehr nicht bedurfft hetten: Darumb kemen ſie auch nicht in den Himmel / vnd wuͤrden ſelig:ſondern29Die Erſte LeichPredigt. ſondern an ein ſolches Ort / da jhnen weder wol noch we -Bonavent. 14. ſentent. diſtinct. 45. he ſey: Welches die Scholaſtici Limbum puerorum, Item: Partem inferiorem nennen / den vnterſten ort / ſo vber der Hellen iſt. Denn vber die Helle zimmern ſie noch drey Conclavia auff / zu erſt vnd vnterſt ſol ſeyn / Limbus puerorum, der vnſchuͤldigen Kinder Kam̃er: Mitten / das Purgatorium vnd Fegfewer: Zu oͤberſt a - ber / Limbus Patrum, der jenige ort / da die liebẽ Patri - archen vnd Ertzvaͤter / ſampt allen H. des alten Teſta - ments / haben jñen ſitzen / vñ die alte Adams ſchuld buͤſſen muͤſſen / biß ſie durch Chriſtum in ſeiner Hellenfart vnd Aufferſtehung aus denſelbẽ ſind ausgefuͤhret / vñ alsdeñ ins ewige Leben verſetzt woꝛdẽ. Sie laſſen jhnen aber nit dran gnuͤgen / daß ſie die armen vnſchuͤldigẽ Hertzwuͤrm - lein vnd jhre Seelẽ aus den Him̃el ſioſſen / ſondern da laſ - ſen ſie auch jre todte Coͤꝛperlein anbeſondere vñ abgelege - gene oͤꝛter begraben / damit ſie ja auch im tode jnen ſo gar nahe nicht ſeyn moͤgen. Das ſind arge Kinderfeinde / welche die armen Kinderlein ohn alle ſchew verdam̃en / vnd jhnen die Seligkeit abſprechen / do ſie doch jhr Hertz vñ Gewiſſen ſelbſt vberzeugt / daß ſie es ohne verletzung deſſelben / ſo abſolutè nicht thun koͤnnen.

Noch erger machen es am andern theil die Wieder -β. Anabaptiſta - rum, taͤuffer, die verſagen nicht alleine jhren eignen Kindern die Tauffe / ſondeꝛn ob auch eines ſchon getaufft were / ſa - gen ſie doch / es ſey ſolches alles vergebens vnd vmbſonſt / koͤñe auch kein ſolch Kind ſelig werden / es wuͤrde denn in ſeinen verſtendigen Jahren wieder getaufft. Das ſind abermals arge Kinderfeinde / die in jhrer Boßheit der - maſſen verſtockt / daß ſie auch jhre eigne Kinder denHelliſchen30Die Erſte LeichPredigt. helliſchen Moloch auffopffern / vnd dem leidigen Teuffel leibhafftig zu eigen ergeben.

γ. Caiviniano - rum. Am aller ergſtẽ aber machen es auch noch heutiges ta - ges die Gottesleſterlichen Calviniſten / deñ einmal hal - ten ſie die Kinder der gleubigen Chriſten / mit den Pe -Confer cum hiſce, Bezæ, coryphæi Sa - cramentario - rum, emble - mata, egregia ſane & aurea, ex colloquio Mompelgar - denſi. lagianern / ſo gerecht vnd heilig / daß ſie des zufuͤhrens zu Chriſto gar aus nicht beduͤrffen / darumb ſie denn auch inſonderheit / ſo gar wenig von der Tauffe halten / daß ſie nichts nachfragen / es werden jhre Kinder getaufft oder nicht. Bald ſchneiden ſie jnen abe den wahren vnd ſelig - machenden Glauben (ebener maſſen / wie obgedachte Wi - dertaͤuffer auch thun) vnd alſo conſequenter des ewi - gen Leben vnd ſeligkeit. Sintemal es heiſſet / wieEbr. 11. v. 6. Ebr. 11. ſtehet: Es iſt vnmoͤglich ohne den GlaubenMar. 16. v. 16. Gott gefallen. Vnd wie Chriſtus ſagt / Mar. 16. Wer nicht gleubet / der wir verdampt. Ja dz noch mehr / ſo geben ſie auch vngeſchewet fuͤr / Gott habe viel Kinder nicht etwa vmb verdieneter ſachen willen / ſondern allein darumb / dieweil es jhme alſo beliebt vnd wolgefallen / zum ewigen Tode vnd Verdamniß deputirt vnnd ver - ordnet.

Das heiſſet ja nicht alleine gute Kinder Feinde geben / ſondern auch ein rechtes Crimenlæſæ Majeſtatis begehen / vnd das jenige Gott zumeſſen / welches ſie der - mal eins in Abgrund der Hellen ſtoſſen vnd zerſchm et - tern wird. Denn wie ſolches Gott vnd ſeinem Sohne JEſu Chriſto gefallen muͤſſe / lehret nunmehr daß dritte Stuͤck.

Denn da iſt die Frage:

DE31Die Erſte LeichPredigt.

DE TERTIA PERSONA.

VOrs dritte: Wie verhelt ſich aber auff dißIII. Perſona. Ieſus Chri - ſtus. vngleiche beginnen / der Juͤnger / vnſer lieber HErr vnnd Heyland JEſus Chriſtus?Τ. Qui indig - nationem ad - verſus Difci - pulos ſaris ab undè decla - rat. der Evangeliſt ſpricht: Da es aber JEſus ſahe / ward er vnwillig / vnd ſprach zu jhnen: Laſſet die Kind - lein zu mir kom̃en / vnd wehret jhnen nicht: Denn ſolcher iſt das Reich Gottes. Da hoͤren wir / liebe Chriſten / daß der Herr Chriſtus an ſolchen boͤſen be - ginnen ſeiner Juͤnger ein groſſes mißfallen tregt / alſo /1. Geſtaum ſeveritate. daß er ſich nicht allein an Geberden gegen ſie dermaſſen erweiſet / daß ſie daraus ſeinen Zorn vnd Vnwillen wol ſpuͤren vnd vermercken koͤnnen: Sondern er geuſt jhnen2. Verborum gravitate. quorum pro - poſitio. auch auff / gar eine herbe vnd ſcharffe Lauge: Laſſet die Kindlein / ſpricht er / zu mir kommen / vnd weh - ret jhnen nicht: Henget auch zugleich mit die Vrſach hinan / warumb ſie es thun ſollen / vnd ſpricht: Dennα. Confirmata à cauſa. jhrer iſt das Reich Gottes: gleich als wolte er zu jh - nen ſo viel ſagen: Lieben Juͤnger vnnd Bruͤder / jhr duͤrfft nicht wehren oder vermeinen / ich ſey nur vmbβ. Explicata παραφρα - ςικῶς. der Alten willen auff dieſe Welt vnd Erde kommen / vnd Menſchlich Fleiſch vnd Blut an mich genommen / oder werde etwa allein fuͤr euch vnd fuͤr ewre Suͤnde dermal eins leiden vnd ſterben: Nein gar aus nicht / ſon - dern ich ſage euch / daß mein verdienſt die jungen / klei - nen / vnmuͤndigen vnd vnerzogenen Kinderlein / ja ſo wol angehe als euch alte: Darumb ich auch jhnen zuLuc. 2. v. 12. 21. troſt vnd frewde / ſelbſt ein kleines Kindlein worden /Evnd32Die Erſte LeichPredigtEſa. 9. . 6.vnd gebohren bin: Jſt auch ſonſten Gottes meines Himliſchen Vaters ernſtlicher Will vnd Mey -Matt. 18. v. 14 nung / daß nicht jemand von dieſen kleinen ver - lohren werde / Matth. 18.

γ. Amplificata, à modo ac - quirendi vi - tam æternam. Vnd damit vnſer lieber HErr Chriſtus die armen Kinderlein / wie denn auch jhre hertzliebe Eltern / in jhren Glauben / wegen jhrer Seelen ſeligkeit / deſto beſ - ſer ſtercken vnd bekraͤfftigen moͤge / ſo ſetzt er hinzu vndΤ. ϖαράφρα - σις textꝰ. ſpricht: Warlich ich ſage euch / Wer das Reich Gottes nicht empfehet als ein Kindlein / der wird nicht hinein kom̃en. Jn vnd mit dieſen worten be - kraͤfftiget der Sohn Gottes / auch per juramentum, vñ durch einen hohen vnd thewren Eydſchwur / daß die Se - ligkeit der lieben Hertzwuͤrmlein vnd kleinen Kinder - lein / ſo gewiß ſey (vngeachtet / ob ſolches ſeine Juͤnger / oder andere hochtra bende Geiſter / in jhre hochfahrende Gedancken nicht bringen / vnd daher die liebe Jugend wol verachten moͤchten) alſo / daß auch wir groſſen vnd alten nicht eher dieſelbe erlangen ſollen / es ſey denn / das wir vnſern Kindeꝛn nachfolgen / vnd jhnen in vielen ſtuͤ - cken / ſonderlich in wahrem Glauben / in Liebe / in Ein - falt vnd Chriſtlicher Demut vnd dergleichen gleichfoͤr - mig werden. Das heiſſet ja / lieben Chꝛiſten / mit den El - tern das Depoſuit ſpielen / vnd jhnen jhre eigne Kinder / in dieſem fall / zu hochgeehrten Præceptorn vnd Lehr - meiſtern vorſtellen.

3. Facti con - trarietate. Endlich / damit der HErr Chriſtus ſeine groſſe Lie -Chriſtus enim pueros, prius à ſe depulſos, revocat; bra - be gegẽ alle liebe Hertzwuͤrmlein vollend gar ausſchuͤt - te / vnd aller Welt offenbare / wie er gegẽ ſie affectionirt vnd geſinnet ſey / ſo meldet der Evangeliſt: Er habe dieKinder -33Die Erſte LeichPredigt. Kinderlein / ſo zuvor ſeine Juͤnger Haͤuptſchew gemacht /enits & hume - ris ſuis impo - nie, baſiis ex - cipit, & omni - bus blanditiis fovet, tan〈…〉〈…〉 illis efficaciſ - ſimè benedi - cit. vnd von jhm gejagt hatten / gar mit freundlicher vnd holdſeliger Stim̃e / wieder zu ſich geruffet / habe ſie auff ſeine heilige Arm genom̃en (ἐιαγκαλισαμρυος τὰ αὐτὰ) ſie an ſeine holdſelige Waͤnglein vñ Baͤcklein gedrucket / vnd jhnen viel hertzlicher Liebeskuͤßlein gegeben / end - lich auch ſeine Gnadenhand vber ſie geſtrecket / vnd ſie an Leib vñ Seel geſegnet. Wird alſo auch hier durch Chri - ſtum noch weiter erfuͤllet was droben der Prophet E - ſaias in ſeinem Vaticinio, von dieſer KinderHiſtoria inVaticinij im - pletio, der Perſon Chriſti gedacht c. 49. Du wirſt erfahren /Eſa. 49. . 23. daß ich der Herr bin / an welchem nicht zu ſchanden werden / ſo auff mich harren.

USUS. VSVS.

O wie viel herrliches dinges ſteckt hierinnen verbor -1. Διδασκα - λικὸς. gen / lieben Chriſten. Aber damit maſſe / die zu allen din - gen gut iſt / gehalten werde: ſo mercket alleine allhierDe ſum - ma & verè admiran - da Iesu Christi dieſe Lehr / Von der groſſen leutſeligkeit vñ freund - ligkeit vnſers lieben HErrn vnd Heylandes Jeſu Chꝛiſti / welche er hat vnd tregt / nicht nur allein ins ge - mein gegen alle glaͤubige Kinder Gottes: daher er ſichφιλαιθρω - πία. verlauten leſſet Prov. 8. Delitiæ meæ cũ filiis hominũ: Jch habe alle meine luſt / als meine frewde vndProv.[8]. . 31. wolgefallen an den Menſchenkindern: ſondernκαὶ ϖαιδοφι - λία. auch voꝛnemlich vñ inſonderheit / gegẽ vnſere liebe Hertz - wuͤrmlein / die kleinen Kinderlein. Titus Veſpaſianus wurde vorzeiten genennet Amor & delitiæ generis hu -Hiſtoria T. Veſpaſiani. mani, aller Welt liebichẽ / darum̃ / dieweil er mit meñig - lich ſo freundlich vm̃ging: daher er ſich auch mit waꝛheit ruͤhmte / es were niemals einiger Menſch võ jhm betruͤbtE ijoder34Die Erſte LeichPredigt. oder trawrig hinweg gangen: Hie hetten die armenApplicatio. vnſchuͤldigen Kinderlein balde ein leere ſchicht fah - ren / vnd mit ſchaͤlen Augen vnd betruͤbten Hertzen ſollen abgewieſen werden: Aber ehe ſolches geſchehenIoh. 15. v. 14. ſolle / eher hette der Herr Chriſtus ſeinen eignen Juͤngern / die er doch vor ſeine liebſten Freunde hiel - te / den Peltz gar redlich gewaſchen / vnd jhnen die Blat - ter auffgeſtochen. Darumb er ja billich / vnd mit al -Chriſtus die rechte Kinder - Nenne. len fug vnd recht / Amor & Delitiæ puerorum, die rech - te Kinder Nenne / vnd groſſe Kinder Freund mag ge - nennet werden.

Hiſtoria Age - ſilai Regis Lacedæmo - niorum. Ageſilaus, gar ein vornehmer Koͤnig der Sparta - ner / ſetzte ſeine Junge Herrlein gar in ein ſchoͤnes Ge - mach / auff ſeinem Koͤniglichen Schloſſe / daß ſie allda miteinander ſpielen / vnd jre kurtzweil haben moͤchten: Er ſelbſt auch gieng zu jhnen in jhre Stuben / vnd ritte mit jhnen auff einen Stecken herumb: Welches jhme doch von ſeinen Raͤthen gar verweißlich gehalten wurde.

Aber vnſer Herr vnd Heyland Jeſus ChriſtusApplicatio. reumet vnſern lieben Kindern / wenn die oberzehlter maſſen zu jhm gebracht werden / ein / viel ein herrlicher Palatium, nemlichen ſeine Himliſche Wohnung /Ioh. 14. v. 2. Joh. 14. Vnd ein ſolches himliſches Haus / daß nicht2. Cor. 5. v. 1. mit Haͤnden gemacht iſt / ſondern das ewig iſt vnd bleibet / 2. Cor. 5. Er ſelbſt gehet auch mit jhnen auffs freundlichſte vmb / nimpt ſie auff ſeineEſa. 40. v. 11. cap. 46. v. 3. Arme / ja tregt ſie gantz vnd gar in ſeinem Buſem / wie ein Laͤmblein / Eſa. 40. & 46. Nimpt ſie wiederher -35Die Erſte LeichPredigt. heraus / vnd druͤckt jhnen viel liebes Hertzlein: Vnd in Summa / thut mit jhnen ſo freundlich / daß man nicht gnung ſagen kan.

Ob wir jhme nun wol ein ſolches in keine wegeII. Θανμαςι - κὸς. fuͤr vbel halten / wie Ageſilao geſchehen / ſo verwun - dern wir vns doch nit vnbillich vber ſolcher ſeiner groſ - ſen freundligkeit vnd leutſeligkeit / vnd ſagen mit Da - vid ex Pſalm 8. Was iſt doch der Menſch / daßPſal. 8. v. 5. du ſeiner gedenckeſt / vnd des MenſchenKind /Ebr. 2. v. 6. daß du dich ſeiner ſo ſehr annimmeſt / Jtem ex Pſal. 34. Schmecket vnd ſehet doch / wie freund -Pſal. 34. v. 9. lich der Herr iſt / O wol allen / die auff jhn trawen?

Wenn aber jhr / jhr Chriſtlichen lieben Eltern / alſo von der groſſen leutſeligkeit vnd liebe Jeſu ChriſtiIII. ἐϖιϑυμίτι - κὸς pro parenti - hus. Eltern haben ſich der Kinder - liebe JEſu Chriſti zutroͤ - ſten. gegen die Kinder hoͤret reden vnd predigen / ſo braucht daſſelbe zu einem beſtendigen vnd Hertzerquickenden Troſt / wegen ſolcher ewer Kinder. Denn es ſchickt es Gott der Allmechtige mit euch / oder mit ewren Kindern wie er wolle / oder es fuͤr gut anſehen moͤge / ſo wiſſet jhr doch / daß dieſelben wol verſorget ſeyn.

Muͤſſet Jhr dieſe Welt geſegnen / vnd ewre Kinder1. Jn jhren To - de / wenn ſie ſelbſt ſterben vnd die Kinder nach ſich ver - laſſen. als arme Waͤißlein hinter euch verlaſſen / ſo iſt der liebe Kinderfreund Jeſus Chriſtus da / der wil ſich jhrer gar[trewlich] annehmen / er wil ſie gegen menniglich ver - treten / vnd jhnen das Wort reden / er wil ſie ernehren vnd verſorgen / er wil ſie handhaben vnd ſchuͤtzen / gleich wie er allhier dieſelbẽ vor ſeinẽ eignẽ Juͤngern geſchuͤtzt hat: Jn Summa / alle liebes ſtuͤck wil er jhnen bewei -E iijſen36Die Erſte LeichPredigt. ſen / vnd jhnen beyſpringen / wann / wie / oder worzu ſiePſal. 68. v. 6. nur ſeiner huͤlffe beduͤrffen werden. Darumb nennetPſal. 10. v. 15. jhn auch David Pſal. 68. & 10. Patrẽ & adjutorem or - phanorum, einen Vater vnd Helffer der Waiſen: damit anzuzeigen / das ob gleich dẽ armen Kindern / Va - ter vnd Mutter von dieſer Welt vnd Erden abſterben / ſo wolle dennoch ſo dañ Chriſtus der HErr allererſt recht an Vatersſtelle treten / vñ ſich jrer / als ſeiner eignen lie - ben Kinder / gar hertzlich vnd trewlich annemen / daß esPſal. 27. . 10 recht heiſſen ſolle: Vater vnd Mutter verlaſſen mich / das iſt / ſie koͤnnen mir nicht helffen / wie gerne ſie es ſonſt thun wolten: Dominus autem ſuſcipiet me, aber der Herr nimmet mich auff / vnd wird mich / als ein Vater wiſſen zu ſchuͤtzen vnd zu verſorgen.

2. Bey dem abſchied vnd ſterben jhrer Kinder.Begibt ſichs denn nach Gottes Willen alſo / daß die Eltern im Leben bleiben vnd mit traurigen vnd weh - muͤtigen Hertzen / jhrer lieben Soͤhnlein oder Toͤchter - lein einem die Euglein zudruͤcken / mit der Witwen zuLuc. 7. v. 12. Naim den ſchmertzen Trawer Mantel vmbnehmen / vnd daſſelbe zu Grabe begleiten muͤſſen: ſo iſts abermals von Gott dem HErrn gar wol gemacht: Denn da iſt flugsLuc. 23. . 43. vnd alsbald da der Herr Chriſtus / als die heiligeApoc. 2. . 7. Kinder Nenne / der leſt jhr liebes Seelichen tragen / inSap. 3. . 1. das Paradeiß / in die Hand des Herrn / in denPſal. 31. . 6. Schoß Abrahæ / vnd ins Buͤndlein der Lebendi -Luc. 16. . 22. gen. Vnd deutſch davon zu reden / in den Himmel / ins1. Sam. 25. . 29. Reich Gottes / vnd in die ewige Seligkeit.

Nutzdesfruͤẽ abſterbens vnſer Kin - derlein.Da ſind als denn die lieben Eltern vieler Muͤhe vnd ſorge / die ſie ſonſten in jhren letzten Todeszuͤgen / jhrer Kinder halben gehabt hetten / befreyet vnd benommen:ſintemal37Die Erſte LeichPredigt. ſintemal ſie wol wiſſen / was fuͤr einen ſeligen wechſelReſpectu Pa - rentum; Multarum cu - rar〈…〉〈…〉 levatio. Reſpectu li - berorum: Omniumæ - rumnarum & malorum ſu - peratio. Simile. ſie gethan: vnd was fuͤr elend vnd wiederwertigkeit ſie numehr vberwunden / vnd zu ruͤcke getrieben haben. Denn es iſt freylich war / wie die lieben Alten geſagt: Wenn ein Kind vff den allerhoͤchſten Berge in der Welt ſtuͤnde / vñ fuͤr jm alle ſein Creutz vñ vnruh / welche es die zeit ſeines Lebens hie vff dieſer Welt ausſtehẽ ſolte / liegẽ hette / ſo koͤnte es dennoch daſſelbe nicht vberſehẽ / darum̃ / dieweil ſein ſo gar viel were Denn wohin man ſich nurWechſel im Tode. in dieſem Lebẽ wendet / allda iſts labor & dolor, muͤhe vnd arbeit: Dieſes alles aber haben vnſere liebe Kin -α à labore ad requiem. derlein vberwunden / vnd ſind hindurch: ſind dargegen / durch jhr ſanfftes ein ſchlaffen / zur Ruhe kommen / wiePſal. 90. v. 11. Sap. 4. ſtehet: Der Gerechte ob er gleich zu zeitlichSap. 4 . 7. ſtirbt / iſt er doch in der Ruhe: Vnd Apocal. 14. Se - lig ſind die Todten / die im HErrn ſterben / πάβτι,Apoc. 14. v. 13 von nun an: ja der Geiſt ſpricht / daß ſie ruhen von aller jhrer arbeit.

Hier in dieſer Welt hetten ja wol jhre liebe Kinderβ. à caducis di - vitiis ad æter - nas delitias. (wie etliche Eltern meinen) zu etwas Ehren vnd Wuͤr - den / zu ſtatlichem vermoͤgen vnd Reichthumb / vnd der - gleichen / koͤnnen gebracht werden: Aber das alles iſt einEccleſia. vergenglich thun: Weltlich Ehr vnd zeitlich Gut / Wolluſt vnd aller Vbermuth / Vergehet wie ein Graß: Aller Pracht vnd ſtoltzer Ruhm / Verfellt wie eine Wieſenblum. O wer bedencket das? Bey Chꝛiſto aber habẽ ſie das ewige Gut / dz macht rechtẽ mut: da haben ſie einen Sabbath nach dẽ andern / Eſ. 66.Eſa. 66. v. 23. ewige frewde iſt vff jrem Haͤupte / frewd vñ woñehaben38Die Erſte LeichPredigt. Eſa. 35. v. 10.haben ſie ergrieffen / Eſai. 35. Da gehet jhnen auff die Sonne der Gerechtigkeit / vnd heil vnterMalach. 4. v. 2. deſſelben Fluͤgeln / da gehen ſie aus vnd ein / vnd nehmen zu / wie die Maſtkaͤlber / Malach. 4.

γ. Ex ignomi - nia Mundi, ad gloriam & ſocietatem Angelorum. Euſeb. ad Da - maſc. de mor - te Hieron. ò mors dulcis & jucunda, quæ veram largiris vitã, quæ fugas morbos, quæ febres & vul - nera ſanas, quæ famem & ſitim ex - tinguis, ò mors, tu es pia bonis, aſpera maiis: per te itur de tribu - latione ad conſolatio - nem, de miſe - ria ad lætitiã, de labore ad requiem. Digreſsio ad noſtra tempo - ra, ſatis de - ploranda. Hier in dieſer Welt hetten jhre liebe Kinderlein nach jhren (der Eltern) Tode / als vnmuͤndige Puſilchen / in vielen dingen wol koͤnnen ſchumpfieret / vnd nur fuͤr mennigliches Fußhader gehalten werden / ſintemal doch die hochtrabende Welt / wol geringe iſt / veꝛnichtet vnd verachtet: Dort aber ſind ſie bey der hold - reichen Kinder Nenne JEſu Chriſto / die thut ſo ſchoͤn mit jhnen / daß es freylich wol war iſt / wenn Chriſtliche Eltern in jhren Hertzen ſolch liebreiches Mutterhertz Jeſu Chriſti betrachten / vnd was gna - de vnd gunſt allda im ewigen Leben die lieben Kinder - lein von jhme haben vnd nehmen / daß ſie wuͤntſchen ſolten / ſie hetten jhre liebe Kinder alle vor ſich hinge - ſchickt / ſie zu dieſem KinderFreunde JEſu Chriſto ge - bracht / vnd alſo verſorget.

Zumal jtziger zeit / da alles mit der Welt auff die Grundſuppen vnd neige koͤmpt / vnd es gewißlich in der - ſelben alſo ſtehet / daß man wol ſagen vnd fragen moͤch - te mit Chriſto / Luc. 18. Meineſtu auch / daß des Menſchen Sohn / wenn er kommen wird / Glau - ben / liebe vnd trew / zucht vnd Erbarkeit / etc.Luc. 18. v. 8. werde finden auff Erden? Denn zugeſchweigen derReſpectu 1. Mundi & Naturæ. groſſen Truͤbſal / Angſt vnd Noth / welche es nunmehr mit der Welt / als mit einem alten bawfelligen Hau -Matth. 24. v. 21. ſe / vnd zerriſſenen Pechhuͤtten / daran alles knacket vndkrachet /39Die Erſte Leichpredigt. krachet / ſampt allen Creaturen gewonnen hat / daßMatth. 24. v. 21. ſich freylich wol alles mit vns ſehnen vnd engſtenRom. 8. v. 22. moͤchte: wie viel Jrrthumb / Ketzerey vnd verfuͤhri -2. Eceleſiæ. ſche Lehre iſt doch nur bey der ſtreitenden Kirchen zu fin - den / da koͤmpt jmmer ein Gottesleſterlicher Schwarm nach dem andern auff / da ſol Chriſtus balde hie /Matt 24. v. 23 balde dort / balde in der Wuͤſten / balde in der Kammer ſeyn: vnnd da bringt ein jeder das ſeine ſo ſpecioſè vnd mit einem ſolchen ſchein fuͤr / daß frey -Marc 13. v. 21 lich auch wol / wo es muͤglich were / die Außer - wehlten in Jrrthumb verfuͤhret werden moͤch - ten. Jm Weltlichem Regiment wil Gericht vnd Ge -3. Politiæ. rechtigkeit mehr fallen / die Armen werden vnterdruͤckt / vnd hat der Gottloſe vberhand: alle Laſter vnd Vn - tugendt bleiben vngeſtrafft / vnd wird von tage zu ta - ge vbel aͤrger. Was Gottloſes vnd boͤſes Geſindlein /4. Communis vitæ. was fuͤr ſchaͤdliche vnd ergerliche Exempel / was leicht - fertigkeit vnd vppigkeit / iſt doch nur im gemeinen Le - ben bey menniglich: ſonderlich bey der Jugendt in al - len Staͤnden / man kehre ſich hin / wo man nur wolle: Auch wol bey dem Ehrlichen Adelſtande: daß es zuDehoneſtatio Nobilitatis. beklagen. Der Adelſtandt iſt gar ein ehrlicher vnd vornehmer Standt / vnd iſt vor dieſer zeit alleine mit Tugend vnd Erbarkeit / vnd mit Rittermaͤſſigen Tha - ten erwo[r]ben worden: O wie vbel wird ſolcher vorneh - mer Sta[n]dt jetzo / auch wol durch der juͤngſten Bluͤti - gen eins theils / dehoneſtirt vnd verunehret? Sinte - mahl an jetzo grob vnnd ſewiſch gnung ſeyn / ehrliche vnd alte Leute gar weitlich tummeln koͤnnen / Wein -Fvnd40Die Erſte Leichpredigt. vnd Bier Krieger ſeyn / vnd mit ſchoͤnen Damen vndEſa. 5. v. 12. Weibsbildern zur luſt vnd gnuͤge vmbgehen koͤnnen / darneben ſich auff fluchen vnnd Gottesleſtern / auff ha - dern vnd balgen / vnd dergleichen / wol verſtehen / das ſol bey jhrer vielen recht Edel heiſſen. Nun haben traun auch vornehmer Leute Kinder jhr Fleiſch vnd Blut /Sap. 4. v. 12. vnd die reitzende luſt an ſich / dadurch jhre arme vn - ſchuͤldige Hertzen koͤnnen verkehret werden: vnd ob ſie wol ſolchen jhren boͤſen luͤſten / durch fleiſſiges Gebet / vnd entſchlagung boͤſer Geſellſchafft / zuentge - hen vermeinen / ſo wil es doch bey den jetzigen Puͤrßlein nicht angeſehen ſeyn: ſondern der ſolches thut / der muß verbernheutert vnd durchechtet / veraffet vnd verpfaf - fet / vnd auff art vnd weiſe / die man nur erdencken kan / vexiret vnd tribulirt werden.

Von dieſen allen aber / vnd was noch mehr / werdenSap. 4. v. 10. v. 11. v. 12. vnſere lieben Kinderlein befreyet / weñ ſie in jrer jugend durch den zeitlichen Tod aus dẽ leben vnter den Suͤn - dern weggenom̃en werdẽ: da kan die boßheit jren verſtand / vñ die reitzende luſt jre vnſchuͤldige Her - tzen nicht verkehren / falſche Lehre kan jhre SeeleIoh. 14. v. 6. nit betriegen / ſintemal ſie anhoͤren / den HimliſchenAmbroſ. de bono mortis: Quid eſt mors, niſi ſe - pulchrum vi - tiorum, & ſu - ſcitatio virtu - tum? Doctorẽ Jeſum Chriſtum / der die Warheit ſelbſt iſt. Die boͤſen Exempel koͤnnen jnen das gute nit ver - derben / vnd ſie verfuͤren: ſondern da bekom̃en ſie zu jren Geſellen / die H. Engelein vñ Ertzengel / die derer Suͤndẽ keiner ergeben / ſondern one allen tadel vñ mangel ſeyn.

Concluſio: ἀποδεικτι - κὴ.Sehet L. Chriſten / was fuͤr krefftigen Troſt alle Chriſtliche Eltern nehmen koͤnnen / aus der leutſelig - keit vnd freundligkeit Jeſu Chriſti gegen die Kinder /es41Die Erſte Leichpredigt. es komme auch mit jhrem leben oder ſterben / wie Gott wolle.

Das ſollen ſie nun wol behalten / vnd in jhren Her -2. ϖροτρε - πτικὴ. tzen erwegen: denn wo diß geſchicht / ſo werden ſie auch / ſo es ja Gott alſo beliebte / ob den Abſcheidt jhrer lieben Kinder / jhre Hertzen deſto eher koͤnnen zu frieden ge - ben: vnd denſelben viel mehr jre ſelige Ruhe vnd Frew - de bey Chriſto goͤnnen als mißgoͤnnen: vnd durch vber - meſſige Trawrigkeit ſich an allen Leibeskrefften ſelbſt nicht alſo ſchwechen vnd abmergeln.

MEMORIA DEFUNCTÆ.

WAnn es denn nunmehr der hohen Goͤttli -Applicatio ſpecialis; ad Funus. chen Mayeſtet alſo beliebt vnd wolgefallen / daß auch gegenwertigs Edles / vnnd nunmehr ſeliges Jungfrewlein / Anlein / des Edlen / Geſtrengen vndJunfraw An - lein Schlahe - rin. Ehrnveſten / Eleazari Schlahers / von der Nimka / auff Cloͤſterlein vnd Cella / meins vielgeliebten Jun - ckern vnd Gefattern / einigs vñ hertzliebes Toͤchterlein / am verſchienen Sonnabend / fruͤe vmb halb 6. vhr / nach außgeſtandenen groſſen ſchmertzen / ſo von den beſchwer -Placida eiuſ - dem ex hac æremnoſa. vita emigra - tio. lichẽ huſten / vnd hieraus erweckten Freſel / entſtanden / durch ein ſanfftes vnd ſeliges Einſchlaffen / von dieſer Welt vnd Erden abgefordert worden: ſo kan es zwar freylich / wie zu erachten / bey den Chriſtlichen Eltern vñ Bruͤderlein / ohne betruͤbung vnd hertzeleid / ja wol ohne heiſſe Zeeren vnd Threnen nicht abgehen: ſintemal esLocus auch ein ſtuͤck jres Hertzens / Fleiſches vnd Bluts gewe -παιδευτι - κὸς de cauſis miti - gandi doloris. ſen: Es koͤnnen aber doch ſie / als Chriſtliche vnd Gottſe - lige Hertzen / durch beyſtand des H. Geiſtes / dieſen jhrenF 2luctum42Die Erſte Leichpredigt. Chriſtliche Ei - tern koͤnnen jhre Trawrig - keit maͤſſigen / wenn ſie be - dencken:luctum gar leichtlich moderirn, vnd jhre Trawrigkeit fahren laſſen / wenn ſie bedencken:

1. Daß ſolch jhr liebes Toͤchterlein nicht et -I. Voluntatis divinæ im - mutabilitatẽ. wa ohn gefehr dieſem zeitlichen Tode vnd Einſchlaf - fen ſey vntergeben worden: wie ſonſten die Gottloſen Epicurer vnd Weltkinder ſich verlauten laſſen / Sap. 2. Sap. 2. v. 2.Ohn gefehr ſind wir gebohren / ohn gefehr fahren wir wieder dahin / als weren wir nie da geweſen. SondernIob. 1. v. 21. do iſt ſolches geſchehen / nach dem gnedigen willenPſal. 68 v. 20. vnd wolgefallen vnſers lieben Gottes: Gott hat -Pſal. 75. v. 9. te es jhnen gegeben: Eben der HErr vnd Gott hat es jhnen jtzo euchwiedergenommen: GOtt hat jh - nen dieſe Laſt auffgelegt: Der HErr hat jhnen dieſen Angſtkelch vnd Creutzbaͤcher eingeſchen - cket. Wer kan nun ſeinem willen vnnd wolge - fallen widerſtreben: oder wider denſelben etwas anfan -Tob. 3 v. 20. gen? Sintemal des HErrn Raht nicht in Men - ſchen gewalt ſtehet / Tob. 3. Hier muß man jhme1. Sam. 3. v. 18 traun ſtille halten / vnd mit Eli ſagen 1. Sam. 3. Es iſt2. Sam. 10. v. 12. der Herr / Er thut / was jhme wolgefellet: Mit1. Maccab. 3. v 6〈…〉〈…〉. Juda Maccabæo: Was Gott im Himmel wil / dasMatth. 6. v. 10 geſchehe: Mit Chriſto vnd Paulo: Des HerrnAct 21. v. 14. Eccleſia. wille geſchehe: Was mein Gott wil / das geſche - he allezeit / ſein will der iſt der beſte.

II. Status, per Mortem ade - pti, felicita - tem. 2. Sie bedencken ferner / wohin denn wol die - ſes jhr liebes Anlein kommen ſey? das abgeſeelde Coͤrperlein ligt zwar noch allhier auff der Baar / vndα. Corpus. wird gar balde der Erden / vnſer allgemeinen Mutter reſtituirt werden: Doch ſollen alle ſeine Steubleinvnd43Die Erſte Leichpredigt. vnd Gebeinlein gar wol bewahret ſeyn / daß der -Sir. 41. v. 1. ſelben keines ſol verlohren oder zerbrochen wer -Pſal 34. v. 20. den / vnd am Juͤngſten Tage ſollen ſie wieder wie einEſa. 66. v. 14. ſchoͤnes Graß / gruͤnen. Seinem Seelichen aber nach /β. Animam. iſt es jetzo ſchon bey Chriſto / dem lieben Kinder Freun -Eſa. 32. v. 18. de / vnd geneuſt mit jhme ewiger Frewde vnd Wonne / es ſitzt in pulchritudine pacis, in herrlicher vnd ſtol - tzer Ruhe / Eſa 32. da kan nichts mehr auff dieſes jhrApoc. 7. v. 16 17. liebes Toͤchterlein fallen / die Sonne oder jrgend ei - ne hitze: denn das Lamb mitten im Stuel weidet es / vnd leitet es zu den lebendigen WaſſerBrun -III. Triados - leſtis efficio - ſitatem nen. Gott Vater ſelbſt wiſchet abe von ſeinen aͤug - lein / alle Zeerlein vnd Thraͤnlein / welches das liebe Kind / hier auff dieſer Welt in ſeinen ſchmertzen hat ver -Apoc. 7. v. 17. gieſſen muͤſſen. Apoc. 7. Jeſus Chriſtus der halſetMarc. 10. v. 16 vnd kuͤſſet es / druͤckt vnd gibt jhme viel liebes ſchmetz - lein / vnd leſt es bey jhme im ewigen Segen ſeyn. Gott der heilige Geiſt der troͤſtet es / wegen auß geſtandenerEſa. 66. v. 13. noht: vnd iſt alſo dieſes ſelige liebe Anlein ein recht lie - bes Spielvoͤglein der gantzen hochgelobten Drey - faltigkeit.

Vnd hieran duͤrfft jhr / jhr hochbekuͤmmertenΑ᾽ποςροφὴ παραμυϑη - τικὴ ad parentes - ſtiſſimos, I. De Beatitu - dinis Filiolæ infallibilita - te: quæ pro - batur. Chriſtlichen Eltern / im geringſten nit zweiffeln: Sin - temal jhr ja wiſſet / daß jhr ſolches ewer liebes Toͤchter - lein ewerm Herrn vnd Erloͤſer Jeſu Chriſto ober - zehlter maſſen gar trewlich zugefuͤhret habt. Denn do habt jhr es ja alſo balde vor ſeiner Geburt GOtt dem Herrn durch fleiſſiger Gebet / nicht alleine privatim ſelbſt zugebracht / ſondern daſelbſten auch publicè inF iijoͤffentli -44Die Erſte Leichpredigt. 1. Ex fideli ad Chriſtum ad - ductione. oͤffentlicher Kirchen verſamlung jhme zufuͤhren laſſen: ſolch ewer Gebet auch / vor ewer liebes Kind / taͤglich vndα. Per interceſ - ſionem tam publicam, quàm priva - tam. biß an ſein ſeliges Ende continuirt. Jhr wiſſet ja auch / daß es mit andaͤchtigen Hertzen / (da von ich vnwirdig / meiner Perſon wegen / nach gewiſſen rede) dem Herrn Chriſto in der heiligen Tauffe iſt zugefuͤhret / von ſei -β. Per Biptiſmi regeneratio - nem. nen Suͤnden gewaſchen / dem HErrn Chriſto incorpo - rirt / vnd Gott dem Herrn zu einem lieben Chriſten Anlein iſt gemacht / auch mit dem Rock der Gerech -Eſa. 61. v. 11. tigkeit Jeſu Chriſti angezogen / vnd mit Kleidernγ. Per debitam edueationem. des Heils bekleidet worden. So habt jhrs auch / ſo viel ſein weniges Alter leiden wollen / in ewrer ſchoͤnen vnd ja recht Chriſtlichen Kinderzucht nicht verſeumet / ſondern gethan / was Chriſtlichen Eltern gegen jhre liebe Kinder gebuͤhret.

2 Ex eviden -[tiſsi]mo addu - ctionis effe - ctu. So viel auch das ſelige liebe Anlein betrifft / ſo hat ja Gott der heilige Geiſt auch in ſeinem zarten vnd jun -α. Fide, & β. Patien - tia. gen Hertzlein einen wahren ſeligmachenden Glauben gewircket / welcher ſich dann auch an jhme gar merckli - chen an tag gegeben / in deme / daß es ſeine groſſe ſchmer - tzen mit hertzlicher vnd groſſer gedult vertragen / vnd ſich ſonſt mit gar feinen Chriſtlichen geberden erwei -3. Ex deſide - rato Filiclæ defunctæ in cœlis conſor - tio. ſet hat. Darumb es denn auch Chriſto dem HErrn deſto lieber geweſen / daß er deß wegen aus Bruͤderlichem Her - tzen verurſacht worden / deſto eher daſſelbe zu ſich zu neh - men / vnd es zu ewiger Ruhe vnd vollſtendiger Frewde bey jme zu bringen. Jtzo ſtehet nun gleich Chriſtus all - hier / vnd weil er ſiehet / daß jhr Chriſtliche Eltern hier - ob etwas betruͤbt vnd trawrig worden / ſo redet er euchgleich45Die Erſte Leichpredigt. gleich ein / mit dieſen worten: Laſſet doch ewer liebes Anlein zu mir kommen / (vnd gebt euch zu frieden) vnd wehrets jhme nicht: denn ſeiner iſt das Reich Gottes / (das werdet jhr jhme nicht mißgoͤnnen.) II. De reti - nenda ani - moruin fir - mitate.

Habt jhr nun jhr frommen Chriſtlichen Eltern / auff obberuͤhrte drey maſſen ewer liebes ſeliges Toͤch - terlein Chriſto zugefuͤhret / vnd zwar mit willigen Her - tzen / ſo laſts auch vors vierde geſchehen / daß ſolch ewer liebes Toͤchterlein beyChriſto ſeyn / vnd mit jhme in vn -Cujus gratia inſpergitur: getheilten Erbe ſitzen moͤge: allda es denn auch iſt beyα. odalitij -〈…〉〈…〉 is conſi - natio. allen heiligen Engelein in lieblicher vnd Bruͤderlicher Geſellſchafft / da es iſt / bey allen Heiligen vnd Außer - wehlten Gottes Menſchen / Patriarchen / Koͤnigen vnd Propheten / in angenehmer Freundſchafft / da es iſt / bey ſeinen lieben GroßEltern / vnd vorhin geſchickten ſeli - gen Schweſterlein Annen-Ottilien / in holdſeliger Ge - meinſchafft: Jn ſumma / da es hat Friede die fuͤlle / vndPſal. 16. v. 11. liebliches Weſen / zur Rechten Gottes jmmer vnd ewiglich.

Bekuͤmmert es euch / Chriſtliche Eltern / daß es ewernβ. Ad tacitam objectionem ceſponſio. De Annorum paucitate. Ex dicto. beduͤncken nach / allzu jung vnd zeitlich geſtorben / oder todes verblichen ſey ſintemal es ſein Alter hoͤher nicht bracht / als auff ein Jahr / 26. Wochen / 5. Tage vnd 12. ſtunden: Bedencket was der Geiſt GOttes ſagt / Sap. 4. Das Alter iſt ehrlich / nicht / das lange le -Sap 4. v. 8. 9. & 13. bet / oder viel Jahr hat: Klugheit vnter den Men - ſchen iſt das rechte grawe Haar / vnd ein vnbe - fleckt leben iſt das rechte Alter: Er iſt balde voll -Cujus breviſ - ſima appli - catio. kommen worden / vnd hat gar viel Jahr erfuͤllet. O liebe Hertzen / der Allmechtige Gott kan mit ſolchenzarten46Die Erſte Leichpredigt. zarten Kinderlein freylich ſo vmbgehen / daß ſie balde vollkommen werden / vnd jhre Menſur vnd Maaß des Glaubens / ſampt andern Geiſtlichen Gaben / ſo zur Se -Per ſimile Exemptum. ligkeit noͤtig / gleich ſo wol vnd ſo balde bekommen / alsNum. 17. v. 8. wenn ſie lange gelebt hetten. Aaronis ſtecken gruͤne - te vnd bluͤhete in einer Nacht / vnd trug friſche vnd reif - fe Mandeln / andere Beume beduͤrffen Jahr vnd Tag darzu: Eben ſo compendiosè kan Gott der HErr auch noch handeln mit den kleinen lieben Kindern: bey jh -Applicatio. nen kurtz hindurch gehen / vnd das jenige / was er bey andern allgemach thut / bey jhnen alſobalde vnd mit weniger zeit verrichten. Vnd do ja ewerm ſeligen lie - ben Toͤchterlein hier in dieſem zeitlichem Leben etwas were abgangen / das ſol jhme dort im ewigen Leben garVotum. reichlich erſtattet vnd eingebracht werden.

Wir wuͤnſchen dem ſeligen lieben Anlein / vnd ſeinem Todtsverblichenen Coͤrperlein / eine ſelige Ruhe / vns allen / wenn zeit vnd ſtunde ver - handen / eine friedſame Heimfahrt / vnd denn am Juͤngſten Tage / ſampt allen gleubigen vnd Auß - erwehlten eine froͤliche Aufferſtehung zum Ewi - gen Leben / Amen.

Gott dem Vater / Sohne / vnd heiligen Geiſt / der heiligen hochgelobten DreyEinig - keit / ſey Lob / Ehr / vnd Preiß ge - ſagt / in alle Ewigkeit. AMEN.

Die47Die Ander Leichpredigt.

Die Ander Predigt. D. O. M. S. HERCULES CHRISTIANUS CO - RONANDUS.

Eingang vor der Predigt.

Die Gnade vnd Friede vnſers lieben Herrn vnd Heylands Jeſu Chriſti / die Liebe Gottes des Vaters / vnd die Gemeinſchafft des heili - gen Geiſtes / ſey vnd bleibe mit vns allen / zu al - len vnd ewigen zeiten / Amen.

ANdaͤchtige vnd geliebte Freunde inExordium generale à facto. Chriſto dem Herrn: Heute ſind es viertzehen Tage / da wir auch eine ſolche1. Præterito. trawrige LeichenProceſsion gehalten / vnd anhero zu ſeinem Ruhe - vnd Grabeſtaͤdlein gebracht vnd begleitet haben / des Edlen / Geſtrengen vnd Ehren - veſten / meines großguͤnſtigen Junckern vnd lieben Ge - fattern / Eleazari Schlahers / vnd S. G. vielgeliebten Gemahlin / einiges vnd vielgeliebtes Toͤchterlein / Jungfraw Anlein / daruͤber zwar freylich ſie / als Na - tuͤrliche Eltern / in groß betruͤbnis vnd trawrigkeit verſetzt worden. Wenn ſie aber / als hochverſtendi - ge / vnd in Gottes Wort wolgeuͤbte vnd erfahrne Chri -Gſten /48Die Ander Leichpredigt. ſten / auch andaͤchtige Kirchkinder vnd Zuhoͤrer / ſich da - mals erinnern laſſen / daß gedachtes jhr liebes Toͤchter - lein dem HErrn Chriſto / als dem groſſen Kinderfreun - de / auch ſehr lieb vnd angenehme geweſen / daruͤmb ers auch ſo zeitlich vnd balde zu ſich in ſein ewiges Ehren - Reich von hinnen abgefodert / auff daß er daſſelbe auffMarc 10. ſeine Gnaden Arme nehmen / vnd jhme viel lieber hertz - lein vnd kuͤßlein geben moͤge: Als haben ſie jhme daſſel - be willig folgen laſſen: vnd ſolten ſie nunmehr verhof - fentlich jr hertz zu frieden geſtellet haben / weil jnen wiſ - ſend / daß doch dieſes jhr liebes Toͤchterlein bey Chriſto / als ſeinen Himmels Breutigamb / gar wol vnd viel beſ - ſer / als bey jhnen / in dieſem Jammer vnd Zeerenthal / verſorget ſey / vnd weil auch Gott der HErr mit jhnen domals noch gar gleich getheilet / alſo dz er zwo jre Toͤch - terlein zu ſich in ſein Reich abgefodert / jhnen aber die lieben Soͤhne / noch in gleicher anzahl / gelaſſen hette.

2. Præſenti. Jtzo aber / liebe Chriſten / greifft Gott in etwas wei - ter / vnd wil mehr haben / als jhnen laſſen: ſintemal er auch am verſchienen Sonnabend / gegen 5. vhr / nach Mit - tage / jr juͤngſtes liebes Soͤnlein / Hanſen-Chriſtoph ergreiffen / vnd daſſelbe ſeiner Seelen nach / zu ſich in ſein Himliſches Paradies vnd ins ewige Leben / auff vnd ein - genommen / vnd zu ſeinen zweyen lieben Schweſterlein gebracht hat: daruͤmb deñ auch ferner wir heutigs tages abermals vnſere Klaglieder intoniren / vnd die betruͤb - ten Eltern die ſchwartzen Trawrkleider wieder vmb - nehmen / vnd jres lieben ſeligen Soͤhnleins abgeſeeltes Coͤrperlein anhero zu ſeiner Ruhe begleiten muͤſſen.

Ach49Die Ander Leichpredigt.

Ach wie ſchwere Fuͤſſe muß jhnen jtzo dieſer ſchmer -Exclamano παϑητικὴ. tzensgang machen? O wie muß jetzo jhr liebes Hertz im Leibe wallen / vnd ſich kochen? O wie vol heiſſer Zeeren vnd Threnen muͤſſen jhnen jetzo / vnd eine zeitlang hin - fuͤhro / jhre Augen ſtehen? Denn zwey fromme vnd hertzliebe Kinder in 14. tagen zu Grabe begleiten / jhre Coͤrperlein allda verſcharren laſſen / vnd zwo ſchwartze TodtenBahren neben ein ander eine zeitlang ſtehen ſe - hen: ſolte das nicht ſchwere Fuͤſſe: wallendes vnd mat - tes Hertz / vnd naſſe Augen machen? Jch meine ja / lie - be Chriſten / das heiſſet abermahls einen ſtarckenPſal 75. v. 9. Trunck thun / aus dem Creutzbaͤcher vnſers lie - ben Gottes?

Wann man aber Gott dem Herrn in ſein gerech -Remedium adverſus han[c]tentationem alias fatis acebam. Mauritius Imperator. ex tes Gericht nicht eingreiffen / vnd ſich wider jhn auffleh - nen / ſondern viel mehr ſagen ſolle mit den frommen Keyſer Mauritio: Juſtus es Do mine, & rectum judi - cium tuum: Herr du biſt gerecht / vnd alle dei - ne Gerichte ſind recht: Als muͤſſen auch dieſe hochbe -Pſal. 119. v. 137. truͤbte Eltern jhren lieben Gott in dieſer ſeiner gerech - ten / vnd doch auch noch Vaͤterlichen heimſuchung geduͤl - tiglich außhalten / vnd ſich dennoch allezeit troͤſten deſ - ſen / was S. Paulus ſagt Rom. 8. Wir wiſſen / daß de -Rom. 8 v 38. nen / die Gott lieben / alle dinge zum beſten dienen.

Weil wir denn nun auch zugleich bey dieſem luctu vnd conductu, Gottes ſeligmachendes Wort mit einan -ϖροπαρα - σκευὴ concionis futuræ. der zu handeln vnd zubetrachten geſinnet ſeyn: So wol - len wir zuvor den Vater aller gnaden vnd barmhertzig - keit demuͤtigſt erſuchen vnd bitten / daß er vns hierzu dieG ijkrafft50Die Ander Leichpredigt. krafft vnd beyſtandt ſeines heiligen Geiſtes / ohne wel - che ſonſt alles vergebens vnd vmbſonſt geſchicht / mil - diglichen verleyhen wolle / auff daß ſolch vnſer Chriſtli - ches vnd wol fuͤrgenommenes Werck gereichen moͤge / befoͤrderſt jhme / dem ewigen vnd barmhertzigen Gott zu Lob Ehr / vnd Preyß ſeines heiligen Namens / zu ſterckung vnſers ſchwachen Glaubens / zu Troſt vnſers bloͤden vnd erſchrockenen Hertzens vnd Gewiſſens / zu beſſerung vnſers ſuͤndhafften Lebens vnd Wandels / vnd endlich zu vnſer aller Seelen ewigen Heil vnd Se - ligkeit. Solches von GOtt dem Herrn vnge - zweiffelt zuerlangen / ſo betet mit mir / aus andaͤchti - gem Hertzen / ein gleubiges vnd ſtarckes: Vater vn - ſer / ꝛc.

TEXTUS.

2. Timoth. 4 v. 7. & 8. JCh habe einen guten Kampff gekempffet / ich habe den Lauff vollendet / ich habe Glauben ge - halten. Hinfort iſt mir bey - gelegt die Krone der Gerechtigkeit / wel - che mir der HErr an jenem Tage / der ge - rechte Richter / geben wird: Nicht mir aber allein / ſondern auch allen / die ſeine erſcheinung lieb haben.
Auß -51Die Ander Leichpredigt.

Außlegung.

ANdaͤchtige vnd geliebte Frennde inExordium ſpeciale. à γνώμη Davidica Pſal. 34 v. 20. Chriſto dem Herrn: Wenn der Koͤnigli - che Prophet David vns den zuſtand aller glaͤubigen vnd from̃en Chriſten / den es mitα. Commendatá & explicat〈…〉〈…〉 per membra. Monet euim nos David de tribus: jhnen hat hie in dieſem Leben / beſchreiben vnd zuerken - nen geben wil / ſo ſpricht er Pſal. 34. alſo: Multæ tribu - lationes Juſtorum: Der Gerechte muß viel leiden. Nicht mehr als drey Woͤrtlein ſind dieſes / L. Chriſten / aber alle drey ſind ſehr wol zu behertzigen. Denn

I. Werden wir dadurch erinnert / daß vnſer LebenI. De vitæ hu - manæ quali - tate. hie auff Erden nichts anders ſey / als nur ein rechtes leyden / odeꝛ wie Moſes ſagt Pſal. 90. labor & dolor,Pſal. 90: v. 11. Muͤhe vnd Arbeit: da man allerley vngemach / noht vnd ſchmertzen muß außſtehen / vnd ſich vnter denſel - ben / wie ein arme Made / winden vnd drehen.

II. Das ſolches leyden nicht wenig oder gering ſey /II. De tribulatio num huma - narum multi - plicitate. ſondern deſſelben gar viel: da jmmer eines dem andern die handt zu bieten / vnd von allen ſeiten her / zur rech - ten vnd zur lincken / auff einander mit ſchnellem fuſſe zuSeneca: Vni - us mali finis, eſt p〈…〉〈…〉 cipiñ alterius. folgen pflege.

III. Daß ſolch vielfeltiges leyden nicht nur etwa be -III. De tribula - tionum obje - cto. treffe die gottloſen vnd boͤſen / ſondern viel mehr vnd am allermeiſten die Gerechten / das iſt / die frommen vnd gleubigen / die ſich jres lieben HErrn Jeſu Chriſti vnd ſeines Verdienſts / wie denn auch ſonſt aller ſeiner Guͤte vnd Trew jederzeit von hertzen frewen vnd troͤſten.

Daß aber deme alſo ſey / bedarff keines langen vndβ. Confirmatâ Exemplis. außfuͤhrlichen Beweiſes / denn es bezeugets der taͤglicheG iijAugen -52Die Ander Leichpredigt. Augenſchein / auch alle Exempel der from̃en vnd Gleu - bigen im Alten vnd Newen Teſtament. Denn daß wir1. lacobi Pa - triarchæ. zu dieſem mahl vbergehen / den lieben Patriarchen vnd Ertzvater Jacob / welcher traun nicht nur allein ein groſſer Heilige / ſondern auch ein recht groſſer Creutz - traͤger geweſen iſt / die gantze zeit ſeines lebens durch vñ durch / daß er dort bey Pharaone / dem Koͤnige in Egy -Gen. 47. v. 9. pten nicht vnbillich ſagt: Wenig vnd boͤſe iſt die zeit meines lebens. Gen. 47. So nehmet fuͤr euch den jeni - gen / deſſen Namen vnd gedechtnis wir heute in vnſerm Calendario verzeichnet haben: das iſt der fromme vnd2. Iobi; en - jus memoriã Faſti annales boͤdie nohis - fuggetunt. geduͤltige Job / demſelben gibt zwar Gott der Herr ſelbſt ein ſolch herrlich vnd ſtadtlich zeugniß c. 1. & 2. daß ſeines gleichen nicht imLande ſey / ſintemalerIob. 1. v. 1. c 2. v 3. ſchlecht vnd recht vnd Gottfuͤrchtig ſey / er meide das boͤſe / vnd halte gar feſte an ſeiner froͤmmig - keit: Aber wie viel er ſich gleichwol darneben habe lei -Der liebe Job leidet verluſt. den muͤſſen / das gibt ſeine gantze Hiſtoria. Denn do koͤmpt jmmer ein hinckender Bote nach dem andern / derα. An Guͤtern vnd Rindern c. 1. v. 15. 17. boͤſeBrieffe bringet: balde daß ſeine Rinder / Eſel vnd Cameel jhme von den Arabern vnd Chaldeern / als vntrewen vnd boͤſen Nachbarn / wehren geraubet / vnd hinweg getrieben / vnd die Hirten mit der ſcherffe des Schwerts geſchlagen worden: bal -v. 16. de / daß das Fewer Gottes vom Himmel gefal - len ſey / vnd Schaff vnd Knaben verbrandt vndβ. Am〈…〉〈…〉 Geſinde vnd Kindern. v. 19. verzehret habe: balde / daß alle ſeine Soͤhne vnd Toͤchter durch einen ploͤtzlichen einfallen des Hauſes / darinnen ſie froͤlich geweſen / weren er -ſchlagen /53Die Ander Leichpredigt. ſchlagen / vnd alſo in einem huy vnd Augenblick vmb jhr junges leben bracht worden. Es bleibetJob leidet ſchmertzen: aber dabey nicht / ſondern er muß auch viel leiden auß -γ. An ſeinenteig nen Leibe. c. 2. v. 7. 8. ſtehen / an ſeinem eignen Leibe: denn aus Gottes ver - hengnis vnd zulaſſung fehret der Satan zu / vñ ſchlegt jhn mit boͤſen Blattern vnd Schweren / von der Fuͤßſolen an / biß auff ſeine ſcheitel / alſo daß er ei -VVell, in c. 2 Iobi. ne ſcherben nehmen / ſich damit ſchaben / vnd in die Aſchen ſetzen / das iſt / ſeine Klag - vnd Trawrlie - der intoniren muß. Ja das noch mehr / da er in ſolchenJob muß ſich leiden. ſeinem groſſen Haußcreutz vnd Leibsbeſchwerung anδ. Von ſeinem eignen Weibe. v. 9 10 Auguſtinus. ſeinem Weibe hette haben ſollen / Conſolatricem, ei - ne Troͤſterin / die mit jhme ein hertzliches mitleiden het - te haben / vnd mit Troſt jhme in ſeinem leiden begegnen ſollen / ſiehe ſo muſte er an jhr haben / Diaboli adjutri - cem, ein getrewe Gehuͤlffin des Teuffels / in deme ſie jn in ſeinem Creutz noch ſelbſt verhoͤnete / ſeine froͤmmig - keit jhme exprobrirte, vnd ſonſt jme manchen ſtich zum Hertzen gabe. So lieſſen es auch ſeine andern Bluts - freunde vnd Verwandten an vielen Sarcaſmis in jhrer Diſputation, ſo ſie mit jhme hielten / nicht mangeln / daß auch endlich Job / als er durch ſein Fleiſch vnd Blut /c. 3. v. 3. & c. wie denn auch durch ſo manchen anlauff des Teuffels / ein wenig vbereilet worden / den Tag ſeiner Geburt verfluchen thete. Jch meine ja / lieben Chriſten / das hieſ - ſe recht: Der Gerechte muß viel leiden. 3. D. Pauli Act. 9. v. 15.

Eben ein ſolch Exempel haben wir auch im Newen Teſtament an S. Paulo / den außerwehlten Ruͤſtzeuge Jeſu Chriſti. Denn in was groſſes leiden er / auch alſo balde nach ſeiner Bekerung geratẽ