PRIMS Full-text transcription (HTML)
Die Herrnhuterey in ihrer Schalkheit /
wo die ſchaͤdliche Irgeiſterey des Herrn Grafen von Zinzendorf aus deſen neueſten Schriften entdecket wird
Zweiter Theil.
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Gieſen/ beyJoh. Philipp Krieger.1747.

Vorrede.

STreitſchriften ſind mein liebſtes geſchaͤfte nicht. Aber ich liebe doch die warheit, und ſetze mei - nen beruf nicht fuͤrſetzlich aus den augen. Wenn man in dem benachbarten Herrnhag, oder Marien - born koͤnte ſtille ſeyn, ſo wolte ich mit freu - den ſchweigen. O wie vollkommen wuͤr - de mein wunſch erfuͤllet, wann ſich die warheit endlich an denen bezeugen wolte, die ſich ein geſchaͤfte daraus machen, ſie mehr und mehr zu unterdruͤken. Aber ſeit vielen jahrhunderten weiß man keine ſekte, welche mit groͤſerer argliſt das letzte unter - nommen hat, als die ſynagoge des Herrn Grafen von Zinzendorf. So nennet er ſelbſt die parthie verfuͤhrter menſchen, die er faſt in allen theilen der welt, mit ſeinem wink regieret. Man muß ihm das zeug - nis geben, daß er das maas eines recht groſen irgeiſtes, uͤberfluͤßig erfuͤllet hat. Unter ſo vielen falſchen apoſteln und pro - pheten, die von zeit zu zeit in die welt aus - gegangen ſind, wird kein einziger ſeyn; der ihm den rang duͤrfte ſtreitig machen. Herrnhut. II. Th.) (SoVorrede. So verſchmitzt iſt er zu werke gegangen, ſeinen plan zu entwerfen! ſo viel kunſte hat er im vorrath, dasjenige durchzutrei - ben, wodurch ein ganzes vor ihn gemacht werden kan! Seit deme er etwas veſter, als im anfang ſitzet; hat ſich eine neue art von ungemeſſener unverſchaͤmtheit ſei - ner gleisnerei an die ſeite geſtellet. Er fuͤhlet ſich, und gehet nicht mehr leiſe, ſon - dern faͤhret frech daher, uͤber alles, was ſeinem reich im wege ſtehet: ſolte es auch der Heiland und ſeine apoſtel ſeyn. Ich halte ſeine predigen / die er nach und nach durch den druck unter die leute bringen laͤ - ſet, vor einen ſeiner ſchaͤdlichſten griffe. Man merket ſehr deutlich, daß die meiſte, ſonderlich die neueren, recht darzu ausge - ſonnen ſind, daß er die geheimniſſe ſeiner ſchalkheit / in der form erbaulicher ſchrif - ten, algemein machen will. Dieſes koͤnte nicht ſo fuͤglich geſchehen, wenn jene in ei - nem naketen lehrgebaͤude aufgedeckt erſchei - nen ſolten. Hier aber kan er einen guten gedanken darunter mengen. Er kan zwei - deutiger ſprechen, er kan einen ſpruch der ſchrift voranſetzen, und ſeine triegerei zu deſen inhalt machen. Mit dem letzterenhatVorrede. hat er es ſoweit gebracht, daß er gar nicht mehr ſchamroth wird, wenn er alles wa - get. Doch es haben ſeine predigen vor ſei - nen plan, noch einen andern nutzen. Sie ſollen, wie man offenbarlich ſiehet, zum theil die ſtelle einer wiederlegung ſeiner gegner, vertreten. Weil er dieſen aufrich - tig unter die augen zu gehen nicht getrauet, und es ſelber vor unmoͤglich halten muß; ſo koſtet es ihm nicht viel muͤhe, in ſeiner ſynagog uͤber ſie zu triumphiren, da ein unbedingter gehorſam die regel der warheit iſt. In ſeinen verſamlungen, wo er als ein prediger auftrit, ſind die ohren und herzen der zuhoͤrer, durch gewiſſe vorberei - tungsmittel einer ſinnlichen andacht, ganz unverruͤkt vor ihn eingenommen. Er hat ſie ohnehin mit dem vorurtheil einer un - fehlbarkeit geblendet. In dieſen umſtaͤn - den wird ihnen alles zum abſcheu, was er als einen ſatz ſeiner gegner beſchreibet. Sie halten es ohne anſtand vor giftig und vor hoͤlliſch, ehe der Graf noch ausgeredet hat. Er braucht keinen beweis darzu. Beweis gnug, wenn man hoͤret, daß es der Graf haben, oder nicht haben will. Mir ſind wiederum verſchiedene ſolcher predigen zu -) (2gefer -Vorrede. gefertigt worden. Das halte ich vor eine ſtille erinnerung zu dem, was durch ge - genwaͤrtige blaͤtter bewerkſtelliget wird. Es duͤrfte vielleicht etwas beitragen, die tiefen der argheit in dem herrnhutiſchen reich, weiter aufzudecken, und die ehre der goͤttlichen warheit zu retten. Zwar es ſcheinet dieſe meine bemuͤhung weniger ins ganze zu gehen, als die erſte. Dann ich nehme nur graͤfliche predigen zu mei - nem gegenſtand. Der Herr Graf kan irren, ſchwaͤrmen, laͤſtern, und darum thut es die gemeine nicht. So moͤchte man wohl glauben. Allein ich hoffe grund zu haben, warum ich in dieſem fal anders denke. Der Herr Graf iſt ſtifter der ge - meine, und ſie ein werk ſeiner haͤnde. Das werk tadelt ſeinen meiſter nicht. Der Herr Graf prediget dieſes oͤffentlich, und laͤſet es in der drukerei der gemeine, nem - lich zu Marienborn, zum nutzen der bruͤ - der, und zum aͤrgernis der Chriſten, in die welt laufen. Einiges davon ſtehet im lehrbuͤchlein, oder bekentnis der gemeine. Das meiſte iſt eine beſchreibung deſen, was in der gemeine, nach ihrer weſentli - chen verfaſſung geſchiehet, gelehret, undgebilli -Vorrede. gebilliget wird. Ja es waͤre ganz wun - derlich, den Herrn Grafen von der gemei - ue zu unterſcheiden. Er hat ſeine verdek - te tyranney, und den blinden gehorſam, ſo hoch getrieben, daß in keiner geſchichte ſeines gleichen iſt, und die nachwelt darob erſtaunen wird. Man leſe die 73. beilage in ſeinem creutzreich / ſ. 216. wo die ge - meine ihm uͤber den ganzen grundplan, in lehre und leben, eine unumſchrenkte voll - macht ertheilet, und das im namen GOt - tes, des allerhoͤchſten: ja ſie ſpannet ſeine unfehlbarkeit ſo hoch, daß ſie vermittelſt ei - nes von ihme, auf den fal ſeines hintrits, zu beſtellenden oberhauptes, auch nach ſei - nem tode, von ihm will regieret ſeyn. Und der Herr Graf haͤlt es gar vor eine belei - digung ſeiner erzmeiſterſchaft, wenn je - mand die grundſaͤtze der gemeine, von den ſeinen unterſcheiden will. Der um die kirche GOttes ſo ſehr verdiente Herr D. Baumgarten / hat dieſes, nebſt vielen andern graͤflichen mishandlungen, an ſei - nem theil erfahren. Mit deſen gewiſſen - haften beſcheidenheit war dem Herrn Gra - fen nicht gedienet: er wolte nicht anders als Paulus angeſehen ſeyn. Gleichwie man) (3ausVorrede. aus den ſchriften Pauli / die lehrſaͤz - ze der Chriſtlichen gemeinen / mit ge - wisheit behaupten kan; alſo will der Herr Graf, daß man die gemeinen, die ſich zu ſeinen grundſaͤzzen bekennen / noth - wendig auch nach ſeinen ſchriften richten und ſchlichten ſoll. Er will leute haben, die(*)Siehe Herrn D. Baumgarten theol. be - denken / St. 24. ſ. 158. ganz mit ihm ſind. Daher iſt es gekommen, daß die gemeine, wie ich im erſten theil erwieſen habe, die ſchaͤnd - lichſte unwarheiten des Herrn Grafen, auf ihre rechnung genommen, und in ei - ne Apologie ihres glaubens verwandelt hat. Und eben das iſt die urſache, war - um die ſaͤmtliche ſogenannte maͤhriſche kir - chen, bereits im jahr 1745. alle die graͤf - liche betriegereien, die von erſtgedachtem Herrn D. Baumgarten ſo gruͤndlich, als redlich entdekket worden, als ein ſchuld - opfer uͤbernommen hat. Dann weil der Herr Graf, der ſeinen gegnern mit nichts, dann laͤſterungen antworten kan, ſogar blos und beſchaͤmt ſtehen muſte, daß er ge -genVorrede. gen die wafen des lichts ſich nicht mehr ſe - hen laſſen durfte: ſiehe, ſo trat die liebe kreutzgemeine ganz gehorſamlich an ſeine ſtelle. Die unmuͤndige uͤbernahm die vor - mundſchaft vor ihren vormund, und(*)Es iſt 1745. unterm 6. Aug. nahmens der geſamten maͤhriſchen kirche, ein ſchreiben in 4to, an Ihro Koͤnigl. Maj. in Preuſſen abgefaſſet worden: in welchem der Herr Graf ſeine ſooft entdeckte betriegereien, und zwar an manchen orten auf eine ſeltſame art, erneuert. Die macht der warheit, welche Herr D. Baumgarten ihn fuͤhlen laſſen, ſuchet er unter dem namen der ganzen kirche durch ſchimpfen und verklagen zu entkraͤften. der weltliche arm ſolte ihre zuflucht wer - den, als trug und liſt ſie nicht mehr ſchuͤ - tzen wolte. Hieraus wird hoffentlich zu erſehen ſeyn, daß die wenige blaͤtter des gegenwaͤrtigen theilgens, ebenfals wieder das ganze zu gehen, ſich verſichert halten koͤnnen. Wiewohl es kan mir dieſes gleichguͤltig ſeyn. Gnug, daß die aͤrger - liche predigen des Grafen, in das ganze laufen, und nicht nur die proteſtantiſche kirchen, ſondern uͤberhaupt die Chriſtliche,zuVorrede. zu vergiften ſuchen. Ich wuͤrde meinem eigenen gewiſſen nicht antworten koͤnnen, wann ich gegen ſolche ſchaͤndliche gebur - ten, die ſich in dieſen gegenden, und an orten meiner aufſicht, ausbreiten, ohne daß eine hoͤhere hand dieſem frevel ſteuren will, allerlei, ſonderlich unverwahrte le - ſer, ohne warnung lieſe; zumalen da mir manche ſamlung dieſer predigen ohne mein zuthun uͤberliefert, und meine Amtsſor - ge dadurch aufgefodert wird. Daß uͤbri - gens verſchiedene ſtuͤke dermalen zuruͤke bleiben muͤſſen, das iſt wieder mein ver - muthen geſchehen. Der HErr der maͤch - tig iſt, und des name heilig iſt, wolle ſich gefallen laſſen, des ſatans trug und liſt zu ſteuren, und ſeine warheit zu erhalten. Gieſen, den 26. Jenner, 1747.

Die
1

Die Herrnhuterey in ihrer Schalkheit.

I. Des Graf Zinzendorfs Predig von dem eigentlichen Geſchaͤfte der Boten des Lammes gehalten zu Marienborn am Himmelfahrts - Feſt 1745. den 27. May.

Erſtes Hauptſtuͤk. Die Schalkheit im Geſang.

Inhalt.

  • 1) Die Befugnis neue Lieder einzufuͤhren / und deren Schranken §. 1. 2. 3.
  • 2) Das ſchaͤdliche und ſchalkhafte in den neu - en Liedern der Zerrn - huter / uͤberhaupt / §. 4.

  • 3) Neue Proben davon in dem Geſang der die - ſer Predigt beygedrukt worden / §. 5.
  • 4) Enrdeckung und Wie - derlegung derſelben / §. 6. 7.

§. 1.

ICh habe nicht noͤthig, uͤberhaupt zu erinneren, daß die Herrnhutiſche Sekte ſich eigene Lieder gemacht und noch taͤglich mache, um ſich von allem was evangeliſch heiſer, deſto ſichtbarer zu unterſcheiden. Herrnhut. II. Theil. ADaß2Herrnhuterey in ihrer SchalkheitDaß die innere Gemeinſchaft des Geiſtes unter den Gliedern Chriſti, gar wohl beſtehen koͤnne, wann gleich beſondere Heerden, nicht alle und jede Stuͤcke, von der Art und Weiſe, oder Zufaͤl - ligkeiten des aͤuſerlichen Gottesdienſtes, worzu der offentliche Gebrauch der Lieder gehoͤret, un - tereinander gemein haben; das verſtehet ſich von ſelbſten. So lange aber die gebraͤuchliche und in dem gantzem evangeliſchen Zion eingefuͤhrte Lieder, zu ihrem Zweck tauglich, geſchickt, und hinreichend, auch ſo zu reden ein Bekentniszei - chen derjenigen Verbindung ſind, in welcher alle beſondere Gemeinen deſſelben, ſtehen und behar - ren; ſolange iſt man verbunden, aus Liebe zur Eintracht, und zum Beweis der Ubereinſtimmung, ſowol mit den ehemaligen, als jedesmal gegen - waͤrtigen Gliedern der aͤuſerlichen Gemeine, die Fruͤchte ihrer Andacht gemeinſchaftlich zu genie - ſen, mithin auch in gewiſſem Verſtande hier ein - gedenck zu ſeyn, was der Heilige Geiſt in noch wei - term Sin und Umfang befielet, daß wir mit ei - nem Munde loben ſollen GOtt und den Va - ter unſers HErrn JEſu Chriſti.

§. 2.

Wer den HErrn Chriſtum lieb hat, mithin ſein Wort haͤlt, und daher ſein koͤnigliches Ge - bot von der Liebe, und dem Band des Friedens gebuͤhrend verehret; bey demſelben wird vorge - dachte Verbindlichkeit deſto groͤſer, je mehr er wahrnimt, daß aus der Liederneuerung, wegen anderer miteinflieſenden Umſtaͤnde, ein Tren -nungs -3anderer Theil. nungsgeiſt nicht unbillig gemuthmaſet werden kan. Ja woferne nur ein eintziger ſchwacher Bruder Anſtos daran nehmen wuͤrde, um wel - ches willen Chriſtus geſtorben iſt; ſo haͤtte ich kein Bedencken, dieſen Misbrauch einer allen - fals unlaugbaren Freiheit, unter diejenige Ver - gehungen zu rechnen, deren Paulus in ſeinen Briefen hin und wieder gedencket.

§. 3.

Wer eine Gabe dem HErrn zu dichten und zu ſpielen, empfangen hat, dem iſt freilich eben da - durch die Befugnis ertheilet, ſie dem HErrn und ſeiner Gemeine zum Opfer zu bringen. Aber das kan ohne Neuerung geſchehen. Und die Ex - empel ſovieler alten und neuen geiſtreichen Dich - ter, lehren uns, wie es geſchehen muͤſſe. Hin - gegen ſehe man die Herrnhutiſche Gewonheit an. So manche neue Predig, ſo manches auf die Sekte gerichtetes und ſogleich eingefuͤhrtes Lied. Aus dieſen Geſaͤngen nimt man ſodann die Loſun - gen, oder deren Beyſchrift, man fuͤhret ſie in Predi - gen ſtat der Bibel an. Wer die Spuren einer Selbſtgefaͤlligkeit, und geflieſentlichen Trennung hier nicht ſiehet, zumalen wann er die neue Bibeluͤ - berſetzung, den neuen Catechiſmus, nebſt den uͤbri - gen duͤrftigen Satzungen dieſes Volcks, daꝛzu nimt, der muß ſich vorgenommen haben, nichts zu ſehen.

§. 4.

Das ſchlimmſte aber bey dieſer neuen Lieder - ſucht iſt noch uͤbrig. Es beſtehet nicht darinnen, daß allerley kauderwelſche Woͤrter, Zinzen -A 2dorfiſche4Herrnhuterey in ihrer Schalkheitdorfiſche Formeln, griechiſche, lateiniſche, frantzoͤiſche, ja gar judiſche(*)Aus Herrnhutiſchem Geſang-Buch XII. Theil Num. 1997. pag. 1901. 1. Am Schabbas ſind wir ſtille, Und reden in der K’hille Wir thun uns was zu gut Wir acheln von dem Tolah Der fuͤr uns ward ein Olah Und trincken auch von ſeinem Blut.2. Er ward fuͤr uns zum Fluche Drum haben wir Menuche Wir ſind gebenſchte Leut Er macht in uns Hadloke Und ſein Sechus und Z’doke Iſt unſer Schmuck und Schabbas Kleid.3. Die Ausdruͤcke, und was eine verruͤkte Phantaſie ſonſt vor Ausſchwei - fungen ausheken kan, haͤufig in den Herrnhuti - ſchen Singreimen zu finden ſind: obgleich die - ſes ſo laͤppiſche und nie erhoͤrte Flickwerk, zu - mal bey der heutigen Reinigkeit unſerer Mutter - fprache einen an ſich noch ſo geiſtreichen Inhalt eines Kirchenliedes, abgeſchmackt und veraͤchtlich machet. Ja wer kan es einem Leſer verargen, wann er dencket, es habe der Verfaſſer eines teutſchen Kirchengeſangs, der wie ein Bettlers - mantel, nebſt dem teutſchen, aus judiſch, frantz - maͤnniſch, lateiniſch, und anderen Lappen zu - ſammen geflickt iſt, mit geiſtlichen Sachen ge - flieſentlich ſein Geſpoͤtte, wenigſtens eine Kurtz - weil treiben wollen?

§. 5.5anderer Theil.

§. 5.

Aber, wie gedacht, das iſt nicht das aͤrgſte. Der neue Reimſprecher in Herrenhut, hauchet noch uͤberdas ſein Gift in ſolche unſeelige Poeſien. Im gegenwaͤrtigen Lied ſtehet dieſer Satz aus - druͤcklich: die Herrnhutiſche Gemeine (als Herrnhutiſch, und von andern Religionspar - thien unterſchieden) iſt diejenige / welche Chri - ſtus meinet / wann er die Verheiſung gibt / es ſolle dieſelbe auf einem Grunde ſtehen / der von den Pforten der Hoͤllen nimmermehr -A 3berwun -(*)3. Die Parſche und Haphtore Iſt immer nur die B’ſore Daß GOttes ein’ger Sohn Am Creutz vor uns geſtorben Und uns mit Blut erworben Man ſingt und darſchet nur davon.Num. 1999. 1. Der Bore iſt erſchienen Seiner armen Berje zu dienen Er half ihr aus der Noth Er hat ſich makriv geweſen Col echad kan geneſen Wer glaubt und achelt von ſeinem GOtt.2. Sein Boſer iſt die Achile Das Korben fuͤr die Mechile Die K’hile lebt davon Sein Dam iſt die Schetije Das ihm an der Telije Aus ſeiner ofnen Seite ronn.3. Wir gehn bey ihm zu Tiſche Der Iſch mit ſeiner Iſche Aguddas Bocherim Und ſeine liebe Jonah Die Alme und Almonah Die Olelim Vejonekim. 4. Wohl6Herrnhuterey in ihrer Schalkheitberwunden werden koͤnne. Dann er redet von einer Gemeine, von welcher Herrenhut der Erſt - ling ſeye v. 5. wo es anfangs durch manches Gewirre ſchlimm gegangen v. 6. bis endlich beym Streitereſſen und heiligen Wunden - tranck / der alte Meinungszanck vergeſſen / und man ein Hertz und eine Seele worden ſeye v. 6. Zu der Stunde ſoll dieſe Gemeine allererſt entſtanden ſeyn / v. 7. 8. Da iſt ſie zu der Ge - meine worden die noch heute ſtehet / und durch den Eingang ſovieler Bruͤdern und Schweſtern vormehret wird v. 9. die mit ihrer Predig / daß wir mit Blut bezahlet ſind / die Seelen in al -len(*)4. Wohl dem der ſich ſo nehret Und von dem Tolah zehret Sein Boſer Vedam genießt Der ſtirbt nicht addrabba Er hat veſt olam habba So veſt Techijas hammeſim iſt.Pag. 1907. N. 2011. Mel. Wer JEſum bey ſich hat. 1. Nichts iſt doch freundlicher als unſer Herr - gen Nichts liebet ſich ſo ſehr als ſeine Naͤrr - gen.2. Nichts predigt kraͤftiger als Wunden Pfaͤrrgen Nichts ſinget lieblicher als JEſu Lerchen.3. Drum bleib ich unverruckt im Bund der Naͤrrlein Und liebe ewiglich der Naͤrrlein Herrlein.7anderer Theil. len Landen und an jedem Ort bereits in Brand geſtecket. (*)v. 5. Du haſt erfahren was JEſus Gnade thut, Von vielen Jahren in unſers Herren - huth, Dem Erſtling unſerer Gemeinen Der dich noch oft macht vor Freuden weinen.v. 6. Durch manch Gewirre giengs da im An - fang ſchlimm Durch das Gekirre der treuen Hirtenſtimm, Das brachte ſeine arme Schaafe, Bald zu dem ſanfteſten Glau - bens-Schlafe.v. 7. Beym Streitereſſen und heilgen Wun - dentranck Da ward vergeſſen der alte Meinungs-Zanck, man ſang dem Lamm mit froher Kehle, Und ward ein Hertz und eine Seele.v. 8. Das war die Stunde, die ſich das Lamm erſehn, Daß auf dem Grunde die Kirche ſolte ſtehn, Den Satan und die gantze Hoͤlle, Nimmer bewege von ſeiner Stelle:v. 9. Sie ſteht noch heute, die ſeelige Gemein, Erwehlte Leute gehn taͤglich zu ihr ein, Und ihren Schweſtern allenthalben, Kirchen ſind Suͤndern wies Neſt den Schwalben.v. 10. Und ſeit die Warheit daß wir mit Blut bezahlt, Mit ſolcher Klarheit in den Ge - meinen ſtrahlt, So wird faſt alles hinge - riſſen, Und man will nichts als die Wun - den wiſſen.v. 11.Das iſt die Beſchreibung vonA 4Her -8Herrnhuterey in ihrer SchalkheitHerrenhut, theils wie es anfangs von dem graͤf - lichen Schwarmgeiſt ausgebruͤtet, theils wie es bis auf dieſen Tag von eben demſelben geſaͤuget, genehret, und je mehr und mehr mit immer neuen Trebern des Irſals recht ausgefuͤttert worden. Und darauf zielet dann der groſe Lobſpruch und der goͤttliche Freibrief: v. 8. daß ſie die Kirche ſeye, auf den Grund gebauet, den der Satan und die gantze Hoͤlle nimmermehr wanckend machen, vielweniger uͤberwaͤltigen ſolle. Ich will es aus ſeinen Worten noch etwas deutlicher zeigen.

§. 6.

Die Gemeine, welche zu derſelben Stunde / in Herrnhut ihren Anfang genommen hat, iſt kei - ne andere, als die von dem Herrn Graf Zinzen -dorf(*)v. 11. Wir koͤnnen ſagen, daß faſt in jedem Land, In dieſen Tagen die Seelen ſtehn im Brand, Und man an einem jeden Orte Hoͤren will von dem Verſoͤnungs-Worte.Den Inhalt des 10. und 11. Vers beſinget der Graf in einem eigenen Lied, mit hochpran - genden Namen der frembden Voͤlcker und Nationen, auf eine recht eitele Art ange - fuͤllet. Herrnh. Geſangb ſ. 2034. Wie ſind wir doch ſo herzlich ſchlecht ꝛc. und eben daſelbſt: O Haupt vom Kirchen-Spren - gel! ꝛc.9anderer Theil. dorf geſtiftet worden. Er iſt ihr Haupt, ihr Fuͤhrer, ihr groſer Goͤtze; was er lehret, ſetzet, ordnet, und befielet, das iſt Gottes Wort und Heiliger Geiſt bey dieſem Volck; wie die Er - fahrung bezeuget, und die Schriften wackerer Leute; welche den Greuel des Herrnhutiſchen Frevelgeiſtes bisher entdecket, und unwieder - ſprechlich dargethan haben. Dieweil nun hier die Herrnhutiſche Kirche, ſoferne ſie Herrnhutiſch iſt, oder zu Herrnhut ihren Anfang genommen hat, von dem Grafen betrachtet wird, nicht aber ſoferne noch ein und die andere evangeliſche War - heit bey ihr unvergiftet geblieben: ſo ſiehet man hieraus, wie frech und verwegen der Graf ſeine eigene Brut erhebet, wie unverſchaͤmt und hoch - farend ſein Rottengeiſt ſich geberdet, da er ſein Geſindel abſingen laͤſet, dieſer verblendete Sek - tenſchwarm, ſofern er eine Sekte und zu Herren - hut von einem unruhigen leichtſinnigen Menſchen gezeuget worden iſt, ſeye die Kirche, welche ei - nen Grund habe, den der Satan mit allen hoͤlli - ſchen Heeren nicht von der Stelle bewegen ſolle?

§. 7.

Iſt aber dieſes Beginnen nicht ſchaͤndlich und vor dem wahren Heiland unverantwortlich? ſiehet man nicht deutlich hieraus, auf was fuͤr Hoͤhen der graͤfliche Geiſt von dem Verſucher ſich fuͤhren laſſen? Was Herrnhutiſch bey ſei - nem Volck iſt, (und davon redet er an dieſem Ort §. 6.) von wem komt das anders, als von ihm ſelber? Iſt nicht Er, der Graf durch ſeineA 5unum -10Herrnhurerey in ihrer Schalkheitunumſchrenkte Verwegenheit / der Grund, der Anfang, der Stifter, der Vater, der Saͤmann von allem dieſem Ubel? Hat nicht ſeit der Stun - de / die er ſelber als die Geburtsſtunde ſeines Reichs angibt (§. 5.) dieſer ſogenante Erſtling des Graͤflichen Unweſens, ein gantzes Heer von gleichem Ungeziefer ausgehekt? Hat ſich nicht eine Tiefe der Bosheit nach der andern offenba - ret? Iſt nicht Luͤgen, Irſaal, Tuͤcke, Betrug, Mordbegierde, Laͤſterung gegen GOtt und Men - ſchen die Grundveſte ſeiner Herrſchaft uͤber die Seelen? Der Zaun und die Mauer um ſein Her - renhag? ſein Bollwerck und Geſchuͤtz gegen goͤtt - lich - und menſchliche Warheiten und Geſetze? Iſt das nicht das Feuer bis daher geweſen, mit welchem er uͤberall ſo manches in Brand geſteckt? wie ſeine Worte lauten (§. 5.). Und ſiehe, dieſer Grund ſoll der Heiland ſeyn! dieſer Grund ſoll vor den Satan und die gantze Hoͤlle ſo fuͤrchter - lich ausſehen, daß ſie ihre Hoͤrner daran ablau - fen muͤſſen! Eben als wan von der Herrnhuti - ſchen Stunde an, der Satan ſich in einen Fel - ſen, und Heiland der Gemeine verwandelt, mit - hin ſeine alte Maximen geaͤndert haͤtte, und mit ihm ſelbſt uneins worden waͤre, das zu beſtuͤrmen, welches er doch ſelbſt gebauet hat, und noch taͤg - lich zu Trotz dem Heiland, bauet; welches die - ſer maͤchtige Heiland wie Holtz, Heu und Stop - peln zu ſeiner Zeit gewiß verzehren wird.

Das11anderer Theil.

Das andere Hauptſtuͤk. Schalkheit in Erwehlung des Textes.

Inhalt.

  • 1) Urſachen / warum der Graf dieſe Worte Chriſti / und keinen Lammes-Text dieſes - mahl erwehlet hat / §. 8. 9. 10. 11.
  • 2) Warum er Luthers Uberſetzung geaͤndert / und ſeine eigene einge -fuͤhret hat / §. 12. 13. 14.
  • 3) Ungrund der Graͤfli - chen Uberſetzung / §. 15. 16. 17.
  • 4) Des Grafen Unfug in dieſer Sache / wird entdecket / §. 18.

§. 8.

AUf den heiligen Himmelfahrtstag erſcheinet dieſesmal weder Lammestext noch Lo - ſung wie ſonſt geſchiehet. Was muͤſſen die Bruͤder von ihrem Prediger hiebei gedacht ha - ben? Doch dieſe Frage iſt bei ihnen leicht beant - wortet. Es war der Herr Graf der Prediger. Wer wuͤrde ſich erkuͤhnen, ihn zu fragen: war - um thuſt du das? Hat er doch die Lammestexte und die Loſungen, gleichwie alles uͤbrige, ſelbſt geboten. Wie ſolte es ihm nicht frei ſtehen ſein Gebot, wan und wie es ihm gefaͤllet, wieder aufzuheben? Nicht allein was er gebietet und fuͤrſchreibet, ſondern auch was er thut, iſt ein Geſetz: und der Gehorſam ſeiner Leute gibt ſichvon12Herrnhuterey in ihrer Schalkheitvon ſelbſten, eben deßwegen, weil ſie ſeine Leute ſind, die er hernach, wann ſie ihm gehuldiget ha - ben, des Heilandes Leute nennet.

§. 9.

Doch die Idee und der Plan des Herrn Gra - fen bei Erwelung dieſes Textes, hat ſich ſehr deutlich geaͤuſert. Nemlich ſein Hauptplan iſt dieſer, daß alles was der Heiland geſeegneres, ſeeliges, vorzuͤgliches, von ſeiner Gemeine gere - det, verheiſen, oder derſelbigen befolen, und verordnet hat, auf niemand anders, als den Herrn Grafen und ſein Reich zu deuten ſeye. Wann er ſeinem Volk dieſes einpraͤgen und recht lebhaft einbilden kan, ſo iſt ſein Zwek voͤllig er - reichet. So muß alles was auſer Herrenhut, Religion iſt und heiſet, unter des neuen Hei - land Zinzendorfs Fuͤſen liegen, hingegen das Herrnhutiſche Reich in allen ſeinen Maximen, Wegen und Unternehmungen gerade und weſent - lich dasjenige ſeyn, was der HErr Chriſtus als ſein eigenes abgemalet hat.

§. 10.

Der Herr Graf, dichtet demnach und ſtudie - ret eintzig darauf, wie man es machen muͤſſe, damit des Heilandes Worte zum Behuf der Bosheit ſolange gefoltert werden, bis obgedach - ter Plan ſich darinnen bilden moͤge; damit ſeine Bruͤder den Betrug ſeiner eigenen Schalksgriffe deſto weniger merken, und gegentheils ſie deſto - mehr vor ein Werk GOttes und des Heilandes anbeten ſollen. Deswegen hat er den gegenwaͤr -tigen13anderer Theil. tigen Ausſpruch des HErrn JEſu zu dieſer ver - zweifelten Mishandlung bequemer, als irgend ei - nen Lammestext / erachtet. Er hat geglaubet, man koͤnne hier unter dem Namen des Heilandes und mit ſeinen Worten, theils die evangeliſche Kirchen vor der Herrnhutiſchen Gemeine geiſſeln, theils dem Beginnen der Herrnhutiſchen Land - ſtreicher aus der Hand JEſu einen Freibrief und ſchriftlichen Beruf verſchaffen, damit ſie jeder - man vor wuͤrkliche damals von Chriſto beſtelte Apoſtel und des Heiligen Geiſtes Stellbetreter, ungezweifelt halten, aufnehmen und verehren moͤge. Wie ſogleich aus dem Anfang der Predig ſ. 6. 7. 8. deutlich erhellet.

§. 11.

Mit dieſem ſchaͤndlichen Fuͤrſatz iſt der Graf - am Tage der Himmelfahrt JEſu, auf die Herrn - hutiſche Kantzel getreten. Und dieſe vorher aus - gebruͤtete boshafte Fabel, hat er unter dem Schein und Namen einer Predig uͤber JEſu Worte, ſeinem Volk vor dieſesmal aufgebunden. Waͤ - re es nicht beſſer, er naͤhme des Eſopus Fabeln vor? Der Betrug bliebe einerlei, die Worte des Heilandes aber kaͤmen unmißhandelt davon, und die Verantwortung waͤre ertraͤglicher als ſie nun iſt, da man die allerheiligſten Ausſpruͤche des Erloͤſers, zum Vorſchub ſeines Gauckelwerks wiſſentlich und fuͤrſetzlich auf die Folter ſpannet, und eine daraus erzwungene Luͤgenrede, vor eine bibliſche Warheit verkaufet.

§. 12.14Herrnhuterey in ihrer Schalkheit

§. 12.

Hier muß ich beilaͤufig noch etwas erinnern, welches zu einem neuen Beweis der Herrnhuti - ſchen Redlichkeit dienen kan. Bei Gelegenheit, daß der Graf das neue Teſtament auf eine ſehr leichtfertige Art uͤberſetzet, und ſein Geſelle, Na - mens Muͤller, den ſie ihren Biſchof nennen, die - ſer Verwegenheit in einer offentlichen Schrift, auf ausdruͤcklichen Befehl GOttes, wie dieſer Muͤller heiliglich behauptet, nicht nur das Wort geredet, ſondern auch als ein vom heiligen Geiſt dem Grafen befolenes Werck ſie gebilliget und geprieſen hat, iſt auch des S. Luthers Uberſetzung in Betracht gekommen. Man hat unſerer ſeits billig gefraget, warum doch der Graf, der ſich bei aller Gelegenheit einen Lutheriſchen Prediger nennet, in gedachter Uberſetzung ſoweit gegan - gen ſeye, daß er faſt nicht eine Sylbe von des S. Luthers Dolmetſchung beibehalten, ſondern alle Ubereinſtimmung mit derſelben, auch ſogar in der geringſten und gleichguͤltigſten Redensart, auf das ſorgfaͤltigſte vermieden habe?

§. 13.

Hierauf gabe der Graf, und ſein Biſchof Muͤller, folgendes zur Antwort: Erſtlich: die graͤfliche Uberſetzung ſeye eine Schuͤlerprobe, dabei der Herr Graf nur habe gewahr werden wollen, wieviel griechiſch er koͤnne, und wie ſich griechiſch gegen teutſch verhalte. Mit nichten aber ſeye es eine Uberſetzung, die man in der Kir - che oder ſonſt als ein neues Teſtament gebrau -chen15anderer Theil. chen ſolle. Zum andern hat man alle evangeli - ſche Lehrer aufgefodert, nur eine eintzige Probe zum Exempel anzufuͤhren, wo man in Herrnhuti - ſchen Verſamlungen, nicht Luthers ſondern des Grafen Uberſetzung, gebrauche? Nun habe ich dieſe verwegene Ausfluͤchte, im Zinzendorfiſchen Unfug (lerna Z.) und in einer beſondern Diſpu - tation, das Zinzendorfiſche Predigaͤrgernis (noxa homil. Z.) der Gebuͤhr nach abgewieſen, und mehr dann eine Stelle beigebracht, wo man Luthers Uberſetzung, theils in der Herrnhuter Catechismus, theils in ihren Predigen, ausge - muſtert, und die graͤfliche ſogenante Schuͤlerpro - be eingefuͤhret hat. Es iſt demnach das treuher - tzige Vorgeben dieſer Leute offentlich bekant, und vor den Augen einer nur buͤrgerlichen Ehrlichkeit, blos geſtellet worden.

§. 14.

Gleichwol aber haben dieſe offene und gerade Bruͤder, eine ſo unerſchrockene Stirne, daß ſie aus ihrer eigenen ſchriftlichen Proteſtation eben keine ſo fuͤrchterliche Regel machen, die man ih - rem Gewiſſen aufbuͤrden muͤſſe. Dan was die Verleſung des gegenwaͤrtigen Textes, Act. I, 7. 8. belanget, ſo ſiehet einjeder, daß des S. Lu - thers Uberſetzung abermal wiſſentlich ausgemer - tzet, und eine neue graͤfliche an jener Stelle ge - brauchet worden.

Wer kan aber Leuten eine Warheit zu - trauen, welche ſich alſo auffuͤhren? Sie ſagen: es iſt eine Verlaͤumdung der Kreutzgemeine, wennman16Herrnhuterey in ihrer Schalkheitman die Welt weiß machet, man gebrauche nur ein einigmal in offentlicher Verſamlung eine an - dere als des S. Luthers Uberſetzung. Sie zeh - len dieſe Nachrede zu dem vielfaͤltigen Unrecht, welches dem Suͤnderkirchlein und den Leuten des Heilandes, muthwillig von uns evangeliſchen Re - ligionsleuten zugefuͤget werde. Und doch betrit man ſie bei aller Gelegenheit wiederum auf fri - ſcher That, und wird gewahr, daß der Geiſt der Luͤgen ſie alsdann am meiſten zu ſeinen Dien - ſten habe, wann ſie dieſen Frohndienſt, mit dem Vorwand der Unſchuld und des Marterthums, am beweglichſten abzulehnen ſuchen.

§. 15.

Man ſiehet alſo gar deutlich eine neue herrn - hutiſche Warheit, in der Vorleſung dieſes Tex - tes. Aber auch eine Leichtfertigkeit und Neue - rungsſeuche. Dann liebet! was hat doch der S. Luther in dieſem Vers verſehen, das von dem Grafen haͤtte verbeſſert werden muͤſſen? Hat Luther den griechiſchen Text nicht getrofen? oder hat er einen unverſtaͤndlichen Ausdruk im teut - ſchen gebraucht, den man deutlicher und mit ei - ner beſſeren Redensart geben muͤſte? Wandieſes waͤre, ſo wolte ich kein Wort mehr ſagen. Al - lein ich ſehe das Gegentheil. Wo der Graf vom Luther abgewichen iſt, da iſt er auch von der Grundſprache und vom Sin des heiligen Geiſtes abgewichen. Und wo er es deutlicher hat machen wollen, da komt es unverſtaͤndlicher heraus.

§. 1617anderer Theil.

§. 16.

Der griechiſche ausdruk ομχ ὑμν ςι, heiſet in ſeinem ganzen verſtande ſoviel, als in Luthers Uberſetzung ſtehet: es gebuͤhret euch nicht. Es iſt uͤber euren horizont, ihr ſeyd zu gering darzu, es iſt uͤber eure wuͤrdigkeit, zu erkundi - gen und zu wiſſen, was die weiſe Allwiſſenheit des Allerhoͤchſten ſich vorbehalten hat. Der Graf ſpricht: es iſt euer Amt nicht / ihr ſeyd diſpen - ſiret / es wird von euch nicht gefodert. Aber das iſt es nicht, was Chriſtus ſagen wolte. Nicht allein war dieſes das Amt der Apoſtel nicht: ſie waren nicht nur davon diſpenſiret / es war nicht nur eine Sache, die nicht von ihnen gefodert wurde: ſondern es war ſogar ein Vorrecht der goͤttlichen Weisheit, Macht und Allwiſſenheit, daß kein Menſch und kein Engel, ja gar des Men - ſchen Sohn nicht, (in ſeiner Erniedrigung) ir - gend eine zeit und ſtunde wiſſen ſolten, die der Vater ausdruͤcklich ſeiner Macht alleine vorbe - halten hatte. Es kan jemand vieles wiſſen, das eben ſein Amt nicht erfodert, oder das er zu ſei - nen Amtsverrichtungen nicht nothwendig zu ge - brauchen hat, obgleich dieſes wiſſen nicht nur moͤg - lich ſondern auch ruͤhmlich iſt. Wer demnach ſaget: dieſes zu wiſſen iſt deines Amtes nicht, der ſpricht deswegen dem andern ſein wiſſen nicht ab. Chriſtus aber hat es ſeinen Juͤngern hier ſchlechterdings abgeſprochen. Nicht nur weil es nicht ihres Amtes, ſondern weil es durchaus un - erlaubet, und nach dem goͤttlichen RathſchlußHerrnhut. II. Th. Vunmoͤg -18Herrnhuterey in ihrer Schalkheitunmoͤglich ware, daß ſie dieſes wiſſen ſolten. Weil aber der Graf ſeine Landlaͤufer an die ſtel - le derjenigen ſetzet, die der HErr Chriſtus da - mals angeredet hat; und gleichwol jedermaͤn - niglich bekant iſt, daß dieſe Schwaͤtzer, obwol ſie Wunderthaͤter ſeyn wollen, dennoch das nicht wiſſen, was der Vater ſeiner Macht vorbehal - ten hat: ſo dencket er, es ſeye ſeinem Plan ge - maͤſer, daß Chriſtus ſagen muͤſſe: es iſt eurer Amt nicht / ihr ſeyd davon diſpenſiret. Son - ſten aber ſiehet man aus ſeiner Predig (ſ. 15.) gar deutlich, daß nicht allen Herrnhutern dieſe Wiſſenſchaft, die Chriſtus ſeinen Juͤngern ab - ſpricht, verſaget ſeye. Dann ein anders iſt ein herrnhutiſcher Juͤnger oder Apoſtel, ein anders der herrnhutiſche Heiland, der ihn ſendet. Die - ſem und jenem ſeinem Knecht kan es der Hei - land / wann er Macht und Erlaubnis darzu hat von ſeinem Vater / erklaͤren / es iſt genug daß es dieſer Knecht weiß / und andern gele - gentlich ſaget. ꝛc. Daß aber der Heiland im Stande ſeiner Erhoͤhung (davon hier offenbar - lich die Rede iſt) von dem himmliſchen Vater erſt Macht und Erlaubnis erhalten muß, wann er ſeinen Knechten etwas offenbaren will; das gehoͤret zu den herrnhutiſchen Glaubenslehren, die wir unten beleuchten wollen.

§. 17.

Der andere Ausdruck in dieſem Zinzendorfi - ſchen neuuͤberſetzten Text, iſt dieſer, daß der Va - ter im Himmel, obgedachte Zeiten und Stun -den19anderer Theil. den in ſeiner eigenen Hand behaͤlt. Ich weiß nicht ob dieſes zierlicher, oder deutlicher, oder beides zugleich, hat ſeyn ſollen, als des S. Lu - thers Ausdruck. Das aber iſt gewiß, daß es am natuͤrlichſten lautet, wie es der S. Luther gege - ben hat. Der Vater hat es ſeiner Macht vor - behalten. So iſt es meines Erachtens auch deutlich gnug, und zierlich gnug, nach unſerer teutſchen Sprache. Und ſo ſtehet es ausdruͤck - lich im Grundtext. Weil aber der Herr Graf durch einen dreiſigſaͤhrigen Gebrauch unſeres von dem S. Luther uͤberſetzten neuen Teſtamen - tes, es meiſt auswendig gelernet hatte, (wie an - derswo ſeine Worte lauten) und er doch gleich - wol kein rechter Reformator ſich zu ſeyn beduͤn - ket, wenn er dem alten Luther etwas ſtehen lieſe; ſo ſchaffet er ſich lieber neue Redensarten, die ganz und eben ſo ſein eigen ſind, wie ſeine uͤbri - ge Satzungen. Dieſe Texte prediget er, und erklaͤret den vor einen Satan und Bruͤderſeind, der ſich nur erkuͤhnet zu ſagen: Der Graf Zin - zendorf behaͤlt Luthers Uberſetzung nicht.

§. 18.

Aber die Schalkheit dieſes Verfahrens verraͤth ſich von ſelbſten. Haͤlt es der Graf vor billig, nothwendig und loͤblich, und dringet ihn ſein Gewiſſen darzu, daß er mit Hintanſetzung der Lutheriſchen Dolmetſchung, eigene Uberſetzun - gen bei offentlichem Gottesdienſt gebrauchet; wie er dan wuͤrklich ſolches thut: warum will er, wann es zur Sprache kommt, dieſes nicht ge -B 2than20Herrnhuterey in ihrer Schalkheitthan haben, ſondern die Leute bereden, daß er bei dem Luther bleibe? Hat man ſich etwa deſen zu ſchaͤmen, was man aus Trieb ſeines Gewiſ - ſens gethan hat, und taͤglich thut? Der Graf thut es: und wann er fertig iſt, und die Leute ſe - hen es, ſo ſpricht er: ich habe es nicht gethan, wer es mir nachredet, iſt ein Luͤgner. Heiſet aber dieſes nicht, eine und eben dieſelbe Sache werkthaͤtig billigen, und mit Worten vor unan - ſtaͤndig und unbillig erklaͤren? Und wo iſt ein red - licher Man, der dieſes ohne Verletzung der wah - ren Aufrichtigkeit thun und unternehmen darf? Iſt aber gegentheils der Graf in ſeinem Gewiſ - ſen uͤberzeuget, daß es unrecht ſeye, ſich vor ei - nen Lutheriſchen Prediger, und ſeine Gemeine vor Lutheriſch auszugeben, gleichwol aber eine gemeinſchaftliche Uberſetzung der Lutheriſchen Kir - che eigenmaͤchtig abzuſchaffen, und manchesmahl nicht einen einzigen gleichguͤltigen Ausdruk davon zu behalten: warum thut er dann gegen dieſe Uberzeugung, ſo oft es ihm einfaͤlt? das iſt, war - um ſuͤndiget er muthwillig gegen ſein Gewiſſen? Und was noch mehr iſt, warum haͤufet er dieſe Suͤnde mit offenbaren Luͤgen, und laͤugnet un - verſchaͤmter weiſe, was man ſiehet und hoͤret? ja warum uͤberhaͤufet er auch dieſe Argheit mit Verlaͤumdung ſeines Nechſten, und nennet die - jenige Laͤſterer und ſalſche Zeugen, die nur ſagen und bemerken, was er ohne ſcheu und bedenken offentlich begehet? Warum will er mit Schmaͤ - hen und Bannen erzwingen, daß man ihm zugefallen21anderer Theil. gefallen luͤgen und betriegen ſoll? Er urtheile ſelbſt, ob man dieſes von einem ehrbaren Heiden jemals vermuthet hat.

Das dritte Hauptſtuͤk. Schalkheit in der beigefuͤgten Erklaͤrung des Textes.

Inhalt.

  • I. Der wahre Sinn der Worte Chriſti / §. 19 2[)].
  • II. Die ſpoͤttliche Mis - deutung des Grafen
    • 1. Beſchaffenhen der Seelen / welche bekehret werden ſol - len / §. 25-32.
      • 1) Schalkheit des Grafen bei dieſer falſchen Erklaͤ - rung / §. 32.
      • 2) Noch eine ſchalk - heit / §. 33. 34.
      • 3) Wiederlegung derſelben / §. 35. 36.
    • II. Von der Art der graͤflichen Bekeh - rung / §. 37.
      • 1) Zuſtand der Wil - den / als angeblich bekehrten / wird
        • a) vom Grafen erdichtet / §. 38.
        • b) iſt eine fanatiſche Schwaͤrmerei / §. 39-44.
    • a) Die Bekehrung ſelbſt /
      • a) Erſter Greuel der ſchalkheit / die Entkraͤftung des goͤttlichen Worts / §. 44. 45.
      • b) Zweiter Greuel / der Betrug in die - ſer Bekehrung / §. 46. 47.
      • c) Dritter Greuel / die Zuflucht zu ei - ner abermaligen fanatiſchen Of - fenbarung / §. 48. 49. 50.
      • d) Vierter Greuel / Misbrauch der H. Schrift / zu dieſer Betriege - rei / §. 51.
      • 22
      • e) Fuͤnfter Greuel / von den geſchliffenen und geſpaltenen Ohren /ſubtiler Stimme und ſanften Sauſen des Geiſtes / §. 52.

§. 19.

VOrlaͤufig haͤtte der Herr Graf beſtimmen ſollen ob unſer Heiland, in dieſer ſeiner Antwort, die Aufrichtung des Reichs Iſrael ein - geraͤumet oder verworfen, ingleichem, wann er ſie eingeraͤumet habe, in welchem Verſtande ſol - ches geſchehen ſeye? Dann dieſes hat einen ſtar - ken Einfluß in die nachmalige Abhandlung und Anwendug dieſer Zinzendorfiſchen Predig, damit nicht bald das(*)Das hat der Graf ſehr liſtig angegriffen. Nemlich, er drehet es dahin, daß er nicht nur denen, welche das tauſendjaͤhrige Reich glauben, in ſeiner Synagog die Brand - marke gibt, und ſie Zeichendeuter nennet, ſ. 15. 16. f. ſondern auch uͤberhaupt auf die privat-Zuſammenkuͤnfte faͤllet, ja auf die Erwekungen insgeſamt, die nicht herrnhu - tiſch ſind. Er ſtellet dieſe Sachen als eine ſeit 60. oder 70. Jahren geſuchte neue Re - formation, vor, ſ. 9. und leitet die Folge dar - aus, daß man Quacker / Inſpirirte und Naturaliſten dadurch mache, ſ. 20. Er gehet bis dahin, daß er ſeinen Bruͤdern er - zehlet, ſ. 28. Man habe wuͤrklich in denletzten eine, bald das andere von die -ſen23anderer Theil. ſen beiden angenommen werde, je nachdem es zu einer gewiſſen Abſicht vortheilhaftig ſcheinet.

B 4§. 20.

(*)letzten 50. Jahren geglaubet: am Glau - ben fehlete es nicht / wann wir nur dar - nach thaͤten. Dieſes, und dergleichen, ſchildert er ſo verhaßt, ſchaͤndlich, gefaͤhr - lich, und der Obrigkeit nachtheilig, ab, daß eine nicht geringe Bitterkeit und bos - hafte Abſicht, ſich uͤberall zu tage leget. Seine Synogoge ſoll ſoviel von ihm hoͤren: Die Lutheriſche Kirche hat laͤngſt eine Re - formation noͤthig gehabt. Aber die beſte unter ihnen, die etwa noch reformiren wol - ten, haben die Sache durch Unwiſſenheit, und ſchaͤdliches Beginnen, erſt recht ver - dorben. Bis wir Herrnhuter gekommen ſind. Bisher alſo nimt er an, daß die Wor - te Chriſti: Euch gebuͤhret nicht zu wiſ - ſen ꝛc. von keiner Reformation der Zeiten handeln: und daß diejenige ſich gewaltig ir - ren, und Rebellionen anſtiften, ſ. 20. wel - che Chriſto dergleichen Prophezeiung an - dichten wolten. Hingegen gibt er doch den Bruͤdern nicht undeutlich zu verſtehen, daß vor die Herrnhuter und deren kuͤnfrige er - wuͤnſchte Schickſaale, etwas herrliches in dieſen Worten liege. ſ. 19. Vielleicht wer - den ſie denken / ſie haben uns (die Herrn -huter)

24Herrnhuterey in ihrer Schalkheit

§. 20.

Die Frage der Juͤnger (v. 6.) heiſet alſo: Die aber, ſo zuſamenkommen waren, fragten ihn, und ſprachen: HErr / wirſt du auf dieſe Zeit wieder aufrichten das Reich Iſrael? Darauf antwortet der Sohn GOttes (v. 7.) Es(*)huter) vertilgt / ſie werden denken / wie ſie 100. Jahr von den Boͤmiſchen Bruͤ - dern gedacht haben / es ſind keine mehr. NB. In dem point de vuë muͤſen wirs an - ſehen; wenns darnach auf einmal nicht wahr ſeyn wird / wann ſie ſich darnach auf einmal in ihrer Hofnung werden be - trogen finden / da ſie gedacht haben / es waͤren NB. keine Chriſten mehr: ja / her - nach kan man leicht denken / was daraus entſtehen wird. Es wird das daraus entſtehen / daß ſie uns werden in Ernſt vertilgen wollen: und das wird nicht angehen / da werden ſie zu kurz langen. Nichts ſinnreichers aber haͤtte der Herr Graf erfinden koͤnnen, als die herrliche An - merkung, die er in dieſer Predig der Sy - nagoge mittheilet. Wann er ſie nemlich mit der artigen Fabel unterhaͤlt, es ſeye die ſogenante allzufruͤhe Reformation ſeit 60. Jahren, aus dem dreiſigjaͤhrigen Krieg entſtanden. ſ. 10. f. Das iſt erquiklich zu lefen! weit ſchoͤner als der Eulenſpiegel.25anderer Theil. Es gebuͤhret euch nicht zu wiſſen Zeit oder Stunde / welche der Vater ſeiner Macht vor - behalten hat (v. 8.) Sondern ihr werden die Kraft des heiligen Geiſtes empfahen / welcher auf euch komen wird / und werdet meine Zeu - gen ſeyn zu Jeruſalem / und in gantz Judaͤa und Samaria / und bis an das Ende der Er - den.

§. 21.

Daß die Juͤnger Chriſti, welche dieſe Frage thun, als gebohrne Juͤden, uͤbel von dem Meßia berichtet waren, kan als eine bekante Sache vorausgeſetzet werden. Sie hatten von ihren Judiſchen Lehrern dieſes ſchaͤdliche Vorurtheil mit der Muttermilch eingeſogen. Kurtz vor dem Leiden JEſu, da Er ſeiner tieſeſten Erniedrigung am nechſten war, gedachten ſie an die weltliche Hoͤhen, und trieben ſich um den Vorzug der oberſten Staats-Bedienungen in ſeinem Koͤnig - reich. Luc. 22, 24. Nach ſeiner Auferſtehung, die ſie noch nicht glauben konten, bedaureten ſie faſt nichts mehr, als daß die Hofnung von ei - ner Erloͤſung Iſraels durch ſeinen Todt fehl ge - ſchlagen und verſchwunden ſeye Luc. 24, 21. Die vielfaͤltige Belehrungen des HErrn, waren nicht vermoͤgend, dieſe Thorheit endlich zu be - ſiegen, und ihnen ein noͤthiges Licht zu geben. Deswegen verſparet es der weiſe Lehrer bis auf die voͤllige Erleuchtung, worzu die ſeelige Zeit taͤglich naͤher trate. Dieſesmal aber geſellet ſich zu obgedachtem eitelen Wahn, eine neue, undB 5noch26Herrnhuterey in ihrer Schalkheitnoch niemal geaͤuſerte Verwegenheit. Sie ſe - tzen voraus, und nehmen vor bekant an, das weltliche Reich Chriſti ſeye nun veſt geſtellet, durch die Auferſtehung und den Triumph ihres Oberherren. Aber ſie begehren nun naͤhere Nach - richt davon. Sie wollen auch die Zeit und Stun - de wiſſen, wann es mit allen feierlichen Ceremo - nien eintreten ſolle? Dieſes kan der Heiland nicht unbeantwortet laſſen. Ihre Frage hat zwei Stuͤke in ſich. Die Zeit des Reichs, und das Reich ſelber. Beides fertiget die Weisheit JE - ſu, kurtz und nachdruͤcklich ab. Erſtlich begeg - net er den neuen Fuͤrwitz, den ſie dermahlen mit der alten Blindheit verknuͤpfen. Sodann der blinden Einbildung, die er ſchon manchesmal mit Wehmuth bemerket hatte.

§. 22.

Demnach iſt dieſes der Inhalt ſeiner verweis - lichen Antwort: Daß ihr die Unbeſonnenheit ſo weit gehen laſſet, und ſogar Zeit und Stunde beſtimmet haben wollet; das iſt bei dem Uber - bleibſel eurer juͤdiſchen Blindheit vollends un - ertraͤglich. Dann von ſolchen groſen Werken, wie ihr euch das ertraͤumte Reich Iſraels einbil - det, gebuͤhrete allenfals keinem Menſchen die Zeit und Stunde zu forſchen: weil uͤberhaupt die Ausfuͤhrung groſer Anſtalten, dem goͤttli - chen Rath vorbehalten, und ſolange den Men - ſchen ein Geheimnis bleibet, als der alweiſe Vater es in ſich ſelbſt verborgen haͤlt. Joh. 2, 4. Am allerwenigſten ſchikt ſich dieſes Zeit - forſchen27anderer Theil. forſchen fuͤr die gegenwaͤrtige Verfaſſung. Dann ihr habt meine Verheiſung, kraft de - ren, in dieſen Tagen ein gantz anderes Werk erfolgen ſoll. Soweit gehet die Antwort, womit uͤberhaupt das fuͤrwitzige Forſchen der Rathſchluͤſſe GOttes / und deren eigentlichen Offenbahrungs-Zeit / geahndet wird, ohne noch auf das zu ſehen, was die Ausſchweifung der Frage zum Gegenſtand hatte.

§. 23.

Damit aber der Irthum ſelbſt, nicht unbe - ruͤhret bleiben moͤge, ſo wird auch demſelben die noͤthige Gegenbelehrung nicht verweigert. Sie haͤtten ſonſt denken moͤgen, mit dem Weltreich habe es ſeine Richtigkeit, und der auferſtandene Heiland gebe wuͤrklich zu, was er nicht wieder - leget haͤtte. Es ſolle nur die Zeit ein Geheimnis bleiben, das Reich aber ſeye veſtgeſtellet. Dem - nach heiſet es weiter in der Antwort Chriſti: Was aber die grundloſe Gedancken von dem irdiſchen Reich Iſraels betrift, ſo wiſſet, daß ich weit hoͤhere Sachen auszufuͤhren habe. Nicht ein Reich in den Grentzen Iſrael, iſt meine Abſicht, ſondern ein Reich das ſich aus - breiten muß bis an das Ende der Erden. Nicht ein Reich darzu ich groſe Staatsbediente noͤthig habe, ſondern Zeugen an die Suͤnder. Ihr werdet keine Regenten und Stadthalter, keine gewaltige und gnaͤdige Herren / ſondern meine Zeugen ſeyn. Keine weltliche Pracht und Erhebung in glaͤntzende Wuͤrden, iſt hierzu noͤthig,28Herrnhuterey in ihrer Schalkheit noͤthig, ſondern die Kraft des heiligen Gei - ſtes davon es licht wird in den Seelen, und dadurch die Blindheit und Bosheit nebſt dem Unglauben der Welt maͤchtiglich bezwungen werden ſoll: Mund und Weisheit, Lehre und Wunder, werden eure Wafen, die Ehren - zeichen meiner Herrſchaft und die Siegel eurer Bedienung ſeyn ꝛc. ꝛc.

§. 24.

Hieraus erhellet, daß dieſe Verheiſung un - mittelbar auf die damalige Juͤnger des HErrn gerichtet ſeye: Die ſind es, welche die Kraft des heiligen Geiſtes / anſtat der eingebildeten Vor - zuͤge und Staatsbedienungen im Reich Iſraels, durch ein Wunder, Apoſtelg. 2, 1. empfangen ſolten. Die ſind es, welche zu Jeruſalem / in gantz Judaͤa und Samaria / und bis ans En - de der Erden das Zeugnis von JEſu ausge - breitet haben. Dieſe Vorzuͤge koͤnnen die heuti - ge Zeugen des HErrn nicht auf ſich deuten. Sie ſollen uͤberhaupt die noͤthige Gaben des heiligen Geiſtes empfangen, in ihrer Maaſe, und durch die hinreichende Mittel die ſeine Weisheit ver - ordnet hat. Keinesweges aber ſoll der heilige Geiſt uͤber ſie kommen auf eine ſolche Art, welche in dieſem beſonderen Ausdruck der Uber - kunft lieget. Sie ſollen Chriſti Zeugen ſeyn, ein jeder in ſeiner Ordnung, und in ſeinen ange - wieſenen Schrancken. Demnach kan dieſes Verheiſungswort in keine Weiſſagung verwan - delt werden, welche noch itzt oder kuͤnftighin,nach29anderer Theil. nach erſtgedachten Beſonderheiten, erfuͤllet wer - den muͤſte. Das wuͤrde man vergeblich hoffen, weil in der Rede Chriſti ſo wenig Grund zu einer ſolchen Hofnung vorhanden iſt, als die Juͤnger Grund hatten, das Reich Iſrael zu hoffen.

§. 25.

Dieſes vorausgeſetzt, ſoll der Herr Graf nun reden. Ich gehe vorbei, was er von Jahrhun - derten / groſen Zeitlaͤuften / und Special-Pe - rioden prediget. Der S. Luther ſtimmet beſſer mit dem Lucas. Er nennet Zeiten und Stun - den / weil der Heiland hier uͤberhaupt redet; nemlich von allen ſonderbaren Werken GOttes, die aus den Tiefen ſeines unerforſchlichen Raths, wann ihre beſtimte Zeit und Stunde komt, her - fuͤrbrechen. Er nennet kein beſonderes Werk, davon er eine eigentliche Prophezeiung ſtellen wolte. Sonſt haͤtte er von Zeiten und Termi - nen in der Zahl der Vielheit nicht geredet. Es waͤre ſchicklich geweſen einen Termin, und nicht viele zu nennen.

§. 26.

Um ordentlich von der graͤflichen Dolmetſchung oder Deutung zu reden, ſo laſt uns erſtlich die Beſchaffenheit der Seelen erwegen, an welche das Zeugnis der Apoſtel ergehen ſoll. Er ſpricht es wuͤrde (ſ. 7.) das menſchliche Geſchlecht ſeyn. Doch beſtimt er den Augenblick dieſe Re - densart, und nennet ſolche Leute / die ſeine ſubtile Stimme noch nicht hoͤren koͤnnen / die noch nicht ſolche geſchliffene und geſpalteneOhren30Herrnhuterey in ihrer SchalkheitOhren haben / daß ſein ſanftes Sauſen durch - dringen und ſich verſtaͤndlich machen koͤnte. Ihr werdet aber wohl wiſſen / daß ihr nur ſo des heiligen Geiſtes ſeine vices, ſein Amt auf euch habt / daß ihr nur da oder dort hin geſchickt ſeyd und zu ſolchen Leuten / da der heilige Geiſt ſchon angeſchlagen hat / die er ſchon hat / da es aber doch noͤthig iſt / daß man auch menſchlich mit ihnen redt / um der Schwachheit und Menſchlichkeit willen / da wird man euch rufen / da ſolt ihr geholt wer - den / da wird euch der heilige Geiſt (wie es z. e. im nachfolgenden mit dem Philippo ge - ſchehen Apoſtelg. 8, 26.) nehmen / und euch dahin ſtellen dorthin ſtellen / an jenen Men - ſchen. Das werden aber eben doch lauter Seelen ſeyn / die ſchon nach Gnade ſuchen und verlangen / die ſchon ſo was gemerkt ha - ben die nur noch ſagen / wie ſollen wirs ver - ſtehen / da wir niemand haben der es uns aus - legt, und wan ihr werdet ſagen das iſts / ſo wirds ihnen gleich ſo ſeyn. Sie werden ſchon lange haben glauben wollen / und werden nur nichts gewuſt haben zu glauben / und wann ihrs ihnen nun werdet nennen ohne weitere argumentæ; ſo werden ſie ausrufen(*)Eine Judianiſche Manier / mit Ver - wunderung auszudrucken / daß man ver - ſtehe / was gemeinet iſt. Alſo gloßiret der Herr Graf das Kehelle! ſ. 8. Kehelle! das31anderer Theil. das wars / das iſts: HErr nun laͤſſeſt du dei - nen Diener im Friede fahren / dann nun hoͤr ichs / ich ſehe es nun / nun weiß ichs / nun verſtehe ichs / nun iſt mirs klaar / was ich ſo lange bey mir herum getragen habe; ich habs nun erlebt / nun weiß ich nichts was ich mehr veriangen ſoll? mich beſchwemmt die Gnadenfluth.

§. 27.

Sehet doch, wie vollkommen herrnhutiſch der liebe Heiland auf Befehl des Herrn Grafen re - den muß! Sogar das Indianiſche Kehelle! muß auch in ſeinen Worten ſtecken. Das iſt den Apoſteln nicht zu verzeihen, daß ſie ſo herrliche Sachen ausgelaſſen, und die Rede des HErrn nicht mit dem Indianiſchen Zuruf an die graͤfli - che Landſtreicher beſtaͤtiget haben: da doch die Erfuͤllung ſolcher Rede in dem Kehelle! ſonnen - klar vor Augen lieget. Doch wir wollen eines nach dem andern durchgehen.

§. 28.

Unſer Heiland ſoll ſeine Zeugen an ſolche Leu - te abgeordnet haben, mit welchen der Graf in Indien ſeine Sekte vermehret, oder die er durch ſeine Teuſcherei beruͤkt zu haben glaubet. Die ploͤtzlich durch das Kehelle ſagen / zu Herrnhu - tern geworden ſind. Die Weiſſagung Chriſti geher nach dem Inhalt ſeiner Rede, der aus den damaligen Umſtaͤnden begreiflich wird, (§. 24.) aufs genaueſte auf die Apoſtel, und iſt durch die Predig derſelben, an den benahmten Orten,erfuͤllet32Herrnhuterey in ihrer Schalkheiterfuͤllet worden, zu Jeruſalem / in ganz Ju - daͤa und Samaria / und bis ans Ende der Erden / ſo daß ihr Schall in alle Land ausge - gangen / und in alle Welt ihre Worte / wie ſchon Paulus zu ſeiner Zeit bezeuget Rom. 10, 18.

§. 29.

Ich laͤugne damit nicht, was an ſich unlaug - bar iſt. Nemlich, daß alle wahre und von Chri - ſto berufene Lehrer, noch itzt und kuͤnftig an die Menſchen ſein Zeugnis uͤberbringen, und zu ſol - chem Ende die Kraft ſeines Geiſtes uͤberkommen. (§. 24.) Aber es iſt auch keiner unter ihnen ſo frevelhaft, daß er alle Eigenſchaften der Apoſtel, die in dieſer Weiſſagung enthalten ſind, auf ſich und ſeine Verrichtungen deuten wolte. Ich mei - ne, daß er ohne goͤttlichen Beruf in die Gren - zen Samaria und Judaͤa, oder in Indien lau - fen, und daſelbſt die Stelle des heiligen Gei - ſtes vertreten wolte. Vielweniger wird ſich je - mand erfrechen, dem Sohne GOttes nachzuaͤf - fen, eine Juͤngerſchaft aus allerlei zuſammenge - raften unerfahrnen Leuten aufzurichten, ihnen die Kraft des heiligen Geiſtes, ſogar auch die Wun - derkraft mitzutheilen, und ſolcher Geſtalt, ſie in ſeinem Nahmen auszuſenden. Dieſes alles thut immittelſt der Graf Zinzendorf, unter dem Vor - wand der Gemeine. Er ruͤhmet, daß Wun - der in der Gemeine geſchehen, davon er der Stif - ter iſt. Er ordnet eine Juͤngerſchaft, einen Strei - ter - und Zeugen-Plan, er laufet mit, wann esſeine33anderer Theil. ſeine Abſicht erfodert, und treibt mit aller Macht auf das Kehelle! bei den Indianern. Und wann das gerufen iſt, ſo lehret er ſein Geſinde, hier ſeye das erfuͤllet worden, was der Sohn GOt - tes gewelſſaget habe. Da ſind die graͤfliche Sek - tenknechte, nach allen Eigenſchaften des Lam - mes Boren. Dieſe aufgerafte, blinde, unge - gruͤndete, aber mit unſaͤglicher Schwulſt aufge - blehete Schleicher und Muͤßiggaͤnger, muͤſſen ſodan in ihrem Wahnſinn erhalten und geſtaͤrket werden, damit ſie fortfahren ſich vor Apoſtel zu halten. Darum mahlet er ſie ab als ſolche, die der Heiland gerade und perſoͤnlich vor Augen ge - habt, als er ſagte: Ihr werdet die Kraft des heiligen Geiſtes empfangen / und meine Zeu - gen ſeyn.

§. 30.

Doch wieder auf die Sache zu kommen: die Menſchen, an welche das Zeugnis ergehet, ſind ganz nach des Grafen ſeiner Idee oder Plan ge - bildet; deswegen muß ſie auch der Heiland in ſeiner Verheiſung juſt alſo abgeſchildert haben, wie ſie der Graf haben will: obwol der wahre Heiland nicht ein Wort davon gedenket. Ja er wuͤrde nichts weniger als ein Heiland ſeyn, wann er dem heiligen Geiſt ſo ſichtbarlich, wie ihm der Graf andichtet, wiederſprochen haͤtte. Es ſol - len Leute ſeyn, die der heilige Geiſt ſchon hat. Was er damit ſeinen Herrnhutern ſagen wolle, das iſt wohl zu mercken. Damit ich ehr -Herrnhut. II. Th. Clich34Herrnhuterey in ihrer Schalkheitlich mit ihm umgehe, ſo ſollen ſeine eigene Wor - te die richtigſte erklaͤrung geben.

§. 31.

Leute, die der heilige Geiſt ſchon hat / ſind ſolche, die das Kehelle! ſagen. Dann das Wort iſt das eigentliche Kennzeichen dieſer Leu - te. So heiſt es ſ. 30. Der heilige Geiſt hat ſchon dran gemacht / und alle Schwierigkei - ten und Hinderniſſe aus dem Wege geraͤumet / und ſchon eine Converſation angezettelt mit der Seele / und ſie ſind ſchon lange gezehlte Leute / es fehlet nur noch jemand / der komt und fraget ſie: was hat dir dann der heilige Geiſt geſagt? Antwort: ach wann ichs ſa - gen koͤnte! Ich will dirs ſagen: Hat er nicht ſo und ſo geſagt? Ja / Kehelle! Das iſt auch wahr / das hat er geſagt. Es iſt als wann einer ſeinen Traum vergeſſen haͤtte / und haͤt - te ihn wiedergefunden. Und ſ. 23. Aber wir / wann wir einem Wilden ſeinen Heiland predi - gen / ſeinen Schoͤpfer der ihn erloͤſet hat / ſo iſt der heilige Geiſt gewiß ſchon zehen Jahr vorher da geweſen / und wann wir alſo nur koͤnnen ſo weit kommen / ein geſcheut wort mit dem menſchen zu reden / ein deutliches / vernemliches wort / ſo ſind wir nur Zeugen von dem Lamm / von ſeinem fuͤr ihn am Kreutz geſchlachteten Schoͤpfer; ſo ſind wir Zeugen des heiligen Geiſtes / wir verſicherns ihm / wir bekraͤftigens ihm / wir druͤken das ſiegel auf das / was er ſchon lange hatte / und nur nichtleſen35anderer Theil. leſen oder ausſprechen koͤnnen. Wir ſchaffen ihm weder kopf / noch hand / noch fus / noch herz / ſondern wir geben ihm einige Inſtru - mente / machen ihm gedanken und worte / die den vorigen helfen / und lehrens ihn an - wenden.

§. 32.

Man ſiehet aus dieſer waſcherey, worauf die herrnhutiſche Schalkheit ziele. Nemlich die von dem heiligen Geiſt vorgeſchriebene Bekehrungs - art / ſol dadurch in eine herrnhutiſche kaperey verwandelt werden. Wan jemand zu den Zin - zendorfiſchen Juͤngern, die er Lammesboten nennet, Kehelle ſaget, und mit dieſem Loſungs - wort ein herrnhutiſcher Bruder zu werden ſchei - net; ſo ſoll er auch ploͤtzlich bekehret, und des Heilandes Juͤnger ſeyn. Der Herr Graf ſpot - tet ſonſten der Evangeliſchen, und dichtet ihnen an, was er nimmermehr erweiſen wird. Er ſpricht:(*)Sein brief ſtehet in Herrn S. Winklers Zinzendorfiſchen Unternehmungen ſ. 57. Warum bin ich ſoviele Jahre eine uner - muͤdete Pfaffenſtuͤtze geweſen / und habe meine Bruͤder geaͤngſtiget / ſich mit ih - nen zu ſchlieſen. Habe ichs nun gleich aus guter hofnung mit den Pfarrherrn gehalten / ſo habe ich doch niemals be - gehret / meinem Heiland etwas zu verge -ben / ſie erkenneten die Leute vor neuge -C 2bohrne /36Herrnhuterey in ihrer Schalkheitbohrne / weil ſie uͤbereinſtimmen / und vor un -gegruͤn -(*)ben / dann ich will nimmer eins werden mit dem ſchaͤdlichen Stuhl / der das Ge - ſetz uͤbel deutet / der die Leute vor neuge - bohrne erkennet / weil ſie einſtimmen / und fuͤr ungegruͤndet / weil ſie diſſen - tiren. Wolte irgend der Herr Graf ſagen, er verſtehe dieſes uͤbereinſtimmen nicht von dem beifall, den man der warheit, ſondern den Sekten und Parthien gebe: ſo wird er bedenken muͤſſen, daß er von den Pfarrern der evangeliſchen, oder von den Lehrern, die keine Herrnhuter ſind, uͤberhaupt rede, ſo - ferne ſie Pfarrer, oder Prediger der evan - geliſchen warheit ſind. Geſetzt aber, er re - dete von einer uͤbereinſtimmung mit Par - thien, (welches jedoch ſein vortrag nicht lei - det) ſo bliebe doch dieſes unſtreitig, daß er ſelbſt thue, was er an andern ſchilt, ja was er vor eine urſache ausgibt, warum man von ihnen ausgehen muͤſſe. Dann das Ke - helle ſagen, iſt nicht einmal bis dahin zuver - laͤſig, daß es eine ernſte und gruͤndliche bei - ſtimmung verſichern moͤchte, ich geſchweige eine vollkommene bekehrung. Es ſoll nach ſeiner eigenen erklaͤrung (§. 26. *) nur die verwunderung anzeigen, die jemand bli - cken laͤſet, wann er einen vortrag verſtehet. Dieſes37anderer Theil. gegruͤndet / weil ſie nicht einſtimmen. Wann dieſes jemand von uns thun wuͤrde / ſo hieſe es leichtſinnig, ungegruͤndet, betrieglich und ſchaͤd - lich. Dann obwohl das letzte wahr iſt, daß nie - mand gegruͤndet ſeyn kan, welcher mit der heil - ſamen Lehre nicht ſtimmet / 1. Tim. IV, 1. ſo kan doch das erſte deswegen nicht gelten. Es ſtimmen manche buchſtaͤblich uͤberein, und blei - ben auſer Chriſto. Das bekennen wir alle, und der Herr Graf bleibet nicht bei der warheit, wann er obiges gegen die Prediger, die er Pfaffen nennet, behaupten will. Aber ſiehe, wie ihn die Eingenliebe geblendet hat. Er haͤlt ſeine Wilden fuͤr ploͤtzlich bekehrte, wann ſie Kehelle! ſagen. Bekehrt werden, und wuͤrklich oder auch nur dem ſchein nach, herrnhutiſch werden, iſt bei ihm einerley.

§. 33.

Doch, wir wollen den graͤflichen Zeugenplan naͤher beleuchten. Die Wilden / die er ſo ſchnell bekehret haben will, ſoll der heilige Geiſt zehen Jahre zuvor ſchon gehabt haben. Es ſoll nur noch noͤthig ſeyn / daß man auch menſchlich mit ihnen redet. (§. 26.) Das erklaͤret er ſ. 7. noch ferner, und leget dem Heiland folgende wor -C 3te(*)Dieſes iſt noch vielweniger ein zeugnis der neuen Geburt / als die uͤbereinſtimmung mit der warheit, ein ſolches unbetriegliches zeugnis heiſen kan.38Herrnhuterey in ihrer Schalkheitte in den mund: da ſolt ihr (herrnhutiſche Lam - mesboten) an ſeine ſtelle treten / und das zeug - nis / das der Heil. Geiſt von meinem Leiden und Creutz / und von der einzigen ſuͤnde der welt / daß ſie nicht an mich glaubet / bei der welt ablegen will / das ſolt ihr in worte faſ - ſen / in foͤrmelchen vortragen / das ſolt ihr nach ihrem verſchiedenen begrif / nach der mancherley faſſung des menſchlichen gemuͤths an der Leute herz legen / daß ſie ſich werden einbilden / ihr habt ſie uͤberzeugt / daß ſie werden denken / ihr habt ſie gewonnen fuͤr mich.

§. 34.

Man iſt jetzt im ſtande, die andere ſchaͤdliche abſicht dieſer ſchwaͤrmerei, leichter zu entdecken. Nemlich, in dem Plan des Zinzendorfiſchen ge - werbes, iſt dieſes eine hauptmaxime, man muͤſſe zu Seelen gehen / die ſchon erweckt ſeyen / und die von den Religionsmaͤnnern, als Donatiſten und Dienern Moſis / nicht recht bearbeitet wer - den koͤnten. Dan den Leuten(*)Siehe den Erſten Theil, ſ. 161. Erkaͤntniſſe beizubringen / das iſt nicht ſein Plan. Durch dieſe betriegerei hat er manche redliche Seelen, ihren Lehrern, von welchen ſie auf eine goͤttliche art erwecket, und zu einer weiteren fuͤhrung vor - bereitet worden, argliſtig entwendet. Das wiſ - ſen die Bruͤder, und zum theil ſind ſie ſelber zeu -gen39anderer Theil. gen davon. Wann er nun gleichwol zu den Wil - den gehet, und daſelbſt vor ſeine Sekte werben will, ſo moͤchten ſeine Boten ſtutzig werden, und ihn fragen: wie? wer gibt uns dann erweckte herzen bei den rohen Indianern? und wer kan ſie erwecket haben, da kein Wort GOttes unter ih - nen wohnet? Dieſen Zweifel zu heben, muß der Herr Graf ein Mittel erfinden. Und damit er keinen weitern beweis brauche; ſo laͤſt es ſich mit dem Heiland machen. Wann dieſer zu ſeinen Apoſteln ſpricht: Ihr werdet die Kraft des heiligen Geiſtes empfangen / und werdet mei - ne zeugen ſeyn bis ans ende der erden / ſo hei - ſet das ſoviel: ihr Herrnhuter werdet von eurem Meiſter dem Grafen Zinzendorf, zu ſolchen voͤl - kern geſendet werden, die mein Geiſt ſchon hat, und die nichts weiter als foͤrmelchen beduͤrfen, die er euch fuͤrgeſchrieben hat. So verwegen, unverſchaͤmt, und argliſtig, mißbrauchet dieſer Man den Heiland, wann er ſeine ſchaͤdliche grife nicht anders bei ehren erhalten kan.

§. 35.

Es bedarf dieſe Schalkheit deſto weniger wie - derlegung, je deutlicher des HErrn Chriſti wor - te ſind, und je weniger anlaß zu einer ſolchen ver - drehung ein nur vernuͤnftiger Menſch darinnen finden wird. Es lieget 1) nicht eine ſylbe von der Graͤfl. traͤumerey in dieſer Verheiſung unſers Erloͤſers, ſondern der Graf hat es aus dem, was in ſeinem reich uͤblich iſt, freventlich hinein - geſchoben, und auf des Heilandes credit geſchrie -C 4ben,40Herrnhuterey in ihrer Schalkheitben, wie er gewohnt iſt. So ſtreitet auch 2) dieſe freche unwarheit mit der wuͤrklichen Amtes - fuͤhrung der Apoſtel. Dann dieſe giengen zu den voͤlkern, welche in heidniſcher blindheit, finſter - nis und abgoͤtterey, in juͤdiſcher verſtockung, und teufliſchen wercken der bosheit gefangen la - gen. Denen das kreutz des HErren JEſu ein aͤrgernis und eine thorheit war, 1. Cor. 1, 23. Man leſe doch die Geſchichten der Apoſtel / von anfang bis zu ende. Cap. 5, 33. 13, 50. 14, 19. 16, 19. 17, 5. 6. 18. 32. 18, 17. 18. 19, 29. 20, 22. 21, 30. ꝛc. ꝛc. Man vergleiche damit, was ſie ſelber bekennen, daß bande und truͤbſaal ihr lohn geweſen, daß wiederſpruch, laͤſterung, ſchlaͤge, gefangnis, und endlich ein ſchmaͤhlicher todt ihnen zu theil geworden. Man halte die[weiſſagung] Chriſti dagegen Joh. 15, 20. 16, 1. welche dieſen erfolg deutlich gnug beſchreibet. Gewiß, wann ſie nur zu ſolchen ſeelen waͤren geſchiket worden, welche der heilige Geiſt ſchon ſo lange gehabt, und welche nur noch auf herrn - hutiſche Foͤrmelgen gewartet haͤtten, ſo waͤre es mit ihrem amte ſo blutig nicht abgelaufen. So haͤtte es keine muͤhe gebraucht ihnen erkentniſſe beizubringen. So haͤtte Paulus keine argu - mente noͤthig gehabt bei den Heiden zu Lyſtra / denen er die bekehrung prediget von den fal - ſchen, zu dem lebendigen GOtt, mithin das erſte Gebot Apoſtelg. 13, 15. und ſogleich den erſten Artikel von der Schoͤpfung v. 15. 16. 17. zum grunde leget. So haͤtte er nicht einen au -genblick41anderer Theil. genblick bei den Heiden zu Athen bleiben, viel - weniger argumente gebrauchen und ſie zur buſe ermahnen duͤrfen, wie er doch gethan hat Apoſt. 17, 22. Dann hier faͤngt er 1) mit ſtrafen an, gegen ihren aberglauben v. 22. 23. 24. Weiter, braucht er 2) argumenten von der Schoͤpfung und Erhaltung v. 24 -- 28. und von dem zeugnis ihrer eigenen lehrer v. 28. 29. auch von dem ernſten willen GOttes daß die Heiden buſe thun ſolten, ingleichem, von der goͤttlichen langmuth v. 30. Und endlich vom letzten gerich - te v. 31. Zuletzt von dem geſtorbenen und auf - erweckten JEſu / und von der heilsordnung / nach welcher allen Menſchen der glaube darge - boten werde v. 31. Dieſe Predig war voll geiſt und leben. Dennoch hatten es einige ihren ſpot; andere wurden geruͤhret, etliche aber hien - gen Paulo an, und wurden glaubig v. 32. 33. 34. Wie ſchlecht aber haͤtte ſich Paulus zu ei - nem graͤflichen juͤnger, und zu dem ſtreiterplan geſchickt? Er wuͤrde gewiß von dem herrnhuti - ſchen Heiland ausgemuſtert worden ſeyn. Dann dieſer nennet ſolche bekehrungsart ein breitſchla - gen(*)ſ. 22. Wann ihr werdet ſagen; liebe ſeele! es iſt ein Lamm vor dich geſchlach - tet / aber ein GOtteslamm / dein Hei - land iſt fuͤr dich geſtorben / dein Schoͤpfer hat ſein Leben fuͤr dich gelaſſen / er hatdich (ein ausdruk aus der ſprache der gau -C 5diebe42Herrnhuterey in ihrer Schalkheitdiebe und raͤuberbanden) ja er iſt ſeiner ſache ſo gewiß, daß er den lammesboten ganz zornigbefielet:(*)dich erloͤſt; da denkt bei leibe nicht / daß euch der Heide oder der wilde fragen wird: was iſt das? wie kan das moͤglich ſeyn? und daß ihr da erſt werdet alle eure Phi - loſophie zuſammen nehmen / und alles was ihr euer tage gelernt habt; und wenn ihr eins nicht koͤnnet / daß ihr die ande - re methode nehmen muͤſſet / und wenn ein argument nicht helfen wolte / ihr ein anders nachſchlagen muͤſſet / und alle moͤgliche argumenta aufſuchen / bis ihr endlich das findet / was fuͤr den Man iſt / womit ihr den menſchen auf kurz oder lang / breitſchlagen koͤnnt / darum weil er das noch nicht zu beantworten weiß. So raiſoniren die leute / die kei - ne geiſtliche koͤpfe / und keine geiſtliche herzen haben. Aber wir / wann wir ei - nem wilden ſeinen Heiland ſchon predi - gen / ſeinen Schoͤpfer / der ihn erloͤſet hat / ſo iſt der heilige Geiſt gewiß ſchon zehen Jahre vorher da geweſen ꝛc ꝛc. Nemlich, der Herr Graf hat dieſe me - thode ſehr noͤthig. Dann er und ſeine lam - mesboten wuͤrden ſehr uͤbel dran ſeyn, wann die Heiden ſolten grund der hofnung ſodern. Wann ſie mit warheiten, ich will nicht ſa -gen43anderer Theil. befiehlet: gehet geſchwind fort! gleich gehet fort! wann die wilden nicht auf euch gewartethaben,(*)gen der vernunft, ſondern der ſchrift, und mit einem ordentlichen zuſammenhang der heilsordnung wolten uͤberzeuget ſeyn. Sei - ne boten wiſſen weniger davon als die wil - den. Sie ſind rohe elende leute, die der Graf zu Apoſteln macht, weil ſie ſeiner leichtſinnigkeit und verwegenheit theilhaftig worden: das heiſt, den heiligen Geiſt von ihm empfangen haben. Darum macht er ihnen die gruͤndliche Erkentnis GOT - TES und ſeines worts auf alle weiſe ver - haſt: und nennet es eine kunſt, die leute breit zu ſchlagen. Nach ſeinen grundſaͤ - tzen muß man diejenige, welche in irthum ſtecken, und gruͤnde der gewisheit fodern, in ihrem elend verderben laſſen, und gleich / gleich / geſchwind / geſchwind / davon laufen. Was Paulus auf befehl GOt - tes von den wahren boten des Lammes fo - dert, daß ſie zu rechter zeit und zur unzeit anhalten / wiederlegen draͤuen und ermah - nen ſollen mit aller gedult / 2. Tim. 4, 2. daß ſie den frechen und unnuͤtzen ſchwaͤ - tzern / die ganze haͤuſſer verkehren / und lehren das nicht taugt / das maul ſtopfen ſollen / Tit. 1, 10. 11. daß ſie eben ſo maͤchtig ſeyn ſollen, die wiederſprecher ein -zu -44Herrnhuterey in ihrer Schalkheithaben, und ſprechen: ey willkommen! ey! wie haben wir auf den Man gewartet! Seine worte ſtehen unten (§. 45. *) Er verſichert ſogar, weil er ſich nicht mehr ſchaͤmet, daß er dieſen befehl vom Heiland habe.

§. 36.

Daß aber 3) je zuweilen auch erweckte ſeelen ſich gefunden haben, die eine weitere belehrung von den Apoſteln erwarteten, das hat ſeine rich - tigkeit. Dergleichen war der Kaͤmmerer der koͤ - nigin Candaces, Apoſtelg. 8, 27. und Corne - lius Cap. 10, 1. Aber deren ſind wenige: undes(*)zutreiben / als die unwiſſende zu lehren, Tit. 1. 9: ja, was unſer Heiland ſelbſt unzehligmahl mit ſeinem beiſpiel beſtaͤtiget, da er die gegengruͤnde der Phariſaͤer, Sad - ducaͤer ꝛc. wiederleget: das alles verbietet der Graf ſeinen boten, mit dem groͤſten Ei - fer. Und damit niemand gegen dieſes ver - bot muchſe; ſo ſetzt er dabei: ſo ſpricht der Heiland. Dadurch gewinnet er auf zwei ſeiten. Erſtlich das, daß ſeine lammesbo - ten nichts zu lernen brauchen, als die for - mul: dein Schoͤpfer iſt dein Heiland. Da - bei ſind ſie dennoch ſtatthalter des H. Gei - ſtes. Zum andern, daß niemand dieſe fre - che ſchwaͤtzer wiederlegen darf. Dann das wiederlegen heiſt nach der graͤflichen ſprache nur ein breitſchlagen. 45anderer Theil. es iſt eine geflieſentliche ſchalkheit, aus dieſen ſo ſeltenen exempeln einen ſchlus zu machen, der al - ſo heiſen ſoll: ihr zeugen der goͤttlichen lehre, ſol - let nur dahin gehen, wo die leute ſchon laͤngſt haben glauben wollen / wo ſie der heilige Geiſt ſchon hat / wo ihnen die geſpaltene ohren nur noch fehlen / mit welchen ſie ſeine ſubtile ſtim - me / das iſt, die foͤrmelchen des herrnhutiſchen handgrifs, vernehmen ſollen. Und gleichwol iſt der Graf ſo ehrerbietig gegen den Heiland der welt, daß er ihn zum weiſſager ſolcher ſchaͤdli - chen erfindungen macht, und ſeine den Apoſteln gegebene ſo theuere verheiſung in dergleichen mis - geburten einer verduͤſterten argliſt verwandelt, blos zu dem ende, damit ſein verfuͤhriſches unwe - ſen und vermeſſenes beginnen, apoſtoliſch und goͤttlich heiſen ſolle.

§. 37.

Bisher haben wir die beſchaffenheit derer ſeelen (§. 26.) erwogen, an welche die lammes - boten geſendet werden muͤſſen. Das andere das wir noch zu ſehen haben, gehet auf die art der bekehrung / welche der Graf hier beſchreibet, und womit er ſeine ſchalkheit abermal bei denen, welche den geiſt der pruͤfung haben, allzudeutlich verrathen hat. Es komt hierbei auf zwei dinge an: 1) auf den zuſtand der vermeintlich bekehr - ten aus den wilden, vor der angeblichen bekeh - rung, 2) auf die art ihrer bekehrung.

§. 38.46Herrnhuterey in ihrer Schalkheit

§. 38.

1) Was den zuſtand dieſer leute betrift, in welchem ſie der Herr Graf gefunden haben will, ſo erhellet derſelbe aus deſen eigenen beſchreibung, die wir oben (§. 26. 31. 33 ) mitgetheilet haben. Wo man alles zuſammen nimt, was er daher - plaudert, ſo komt ſoviel heraus:(*)Dieſe zwei ſaͤtze liegen deutlich in des Gra - fen worten. Der erſte wird alſo von ihm vorgetragen: (§. 31.) Der heilige Geiſt hat ſchon daran gemacht / und alleſchwie - rigkeiten und hinderniſſe aus dem wege geraͤumet / und eine converſation ange - zettelt mit der ſeele / und ſie ſind ſchon lange gezehlte leute. Der heilige Geiſt hat ihnen NB. das ſchon lange geſagt / was die herrnhuter ihnen ſagen ſollen. Es iſt ihnen nur ſo / wie einem / der ſeinen traum vergeſſen hat / den ein an - derer / der den traum weiß / nur wieder daran erinnern muß. Ingleichem: der H. Geiſt iſt ſchon zehen Jahre zuvor da geweſen. Durch die herrnhuter wird nur das ſiegel darauf gedruckt / was ein ſol - cher menſch ſchon lange hatte / aber nur nicht leſen oder ausſprechen konte. Wie - derum, (§. 26.) es ſind Leute, bei welchen der H. Geiſt ſchon angeſchlagen hat / die er ſchon hat / die nur ſolche geſpalteneund dieſe leutewaͤren47anderer Theil. waͤren 1) durch innere offenbarungen des hei - ligen Geiſtes ſchon ſoweit erleuchtet / daß es2)(*)und geſchlifene ohren noch nicht haben / daß ſein ſanftes ſauſen durchdringen / und ſich verſtaͤndlich machen koͤnne. Der andere ſatz, lautet mit des Grafen worten alſo: wann wir nur koͤnnen ſo weit kom - men / ein geſcheutes wort mit einem ſol - chen menſchen zu reden / ein deutlich ver - nemliches wort / ſo ſind wir nur zeugen von dem Lam / von ſeinem fuͤr ihn am kreutz geſchlachteten Schoͤpfer / ſo ſind wir zeugen des H. Geiſtes / wir verſi - cherns ihm / wir druͤckeu das ſiegel auf das / was er ſchon lange hatte. ꝛc. ꝛc. Dieſes geſcheute, deutliche, vernehmliche wort, nennet er anderswo gewiſſe foͤrmel - chen / (§. 32.) an welche man das zeug - nis des H. Geiſtes von dem kreutz Chri - ſti / und von dem Unglauben der welt / abzufaſſen habe. Und faſt noch deutlicher redet er (§. 31.) Sie ſind ſchon lange ge - zehlte Leute / mit denen der H. Geiſt ei - ne converſation angezettelt hat; NB. es fehlet nur noch jemand / der komt und fraget ſie / was hat dir dann der H. Geiſt geſagt? Antwort: ach wan ichs ſagen koͤnte! Ich will dirs ſagen: Hat er nicht ſo und ſo geſagt? Ja / Kehelle! das iſtauch48Herrnhuterey in ihrer Schalkheit2) an nichts weiter fehle / als daß man ihnen das mit worten und foͤrmelchen nenne / was ſchon in ihren herzen liege.

§. 39.

Laſſet uns nun dieſen von dem Grafen abge - mahlten zuſtand ſeiner wilden, die er geherrnhu - tert, oder nach ſeinem vorgeben, bekehret hat, bei dem lichte der goͤttlichen warheit betrachten. Wann(*)auch wahr / das hat er geſagt. Oder: man muß nur menſchlich (§. 26.) mit ih - nen reden / um der ſchwachheit und menſchlichkeit willen ꝛc. Am allerdeut - lichſten aber bindet er dieſes ſeinen juͤngern ein, ſ. 31. bei dem ſchluß ſeiner predig: Und wenn wir nun in dem treu bleiben / und verhuͤten / unſerm geſchwiſter / und NB. allen leuten auf dem erdboden / din - ge zu predigen / die uns nicht befohlen ſind / und werden hingegen mit allem ernſt dabei halten / was der H. Geiſt den leuten ſchon auf geiſtlich / in der gnaden - ſprache / in des lieben GOttes ſeiner na - turſprache geſagt / und wir werden nur kommen / und werdens ihnen in ihrer ſprache ſagen / da werden wir ſehen / daß wir einen wahren / obgleich nicht ſo weit - laͤuftigen / nicht ſo haͤufigen / nicht ſo lermhaftigen / aber auch einen bleiben - den ſeegen haben. 49anderer Theil. Wann es leute ſind, die der heilige Geiſt ſchon lange, ſchon von zehen jahren hatte, und denen er eben das ſchon geſaget hatte, was die herrn - huter ihnen von neuem ſagen; ſo entſtehen drei fragen hierbei. 1) Was ihnen der heilige Geiſt eigentlich geſagt haben muͤſſe? die antwort hier - auf iſt leicht zu finden. Dann er hat ihnen eben das geſagt, was ihnen die bruͤder ſagen. Die - ſe aber ſagen wie der Graf bekennet, nichts an - ders, als dein Schoͤpfer iſt fuͤr dich am kreutz geſchlachtet, und der heilige Geiſt zeuget da - von / und zugleich von dem unglauben der welt. 2) Die andere frage: Ob denn dieſe Leute noch wiſſen, was der heilige Geiſt ihnen geſaget habe? Die antwort des Grafen iſt etwas zwei - deutig. Einmal ſpricht er: Ja, ſie wiſſen es, es fehlet nur an jemand / der ſie es ausſpre - chen lehret. Wir druͤcken das ſiegel auf das / was ſie ſchon lange hatten. Ein andermal heiſet es, es waͤre ihnen wie einem, der ſeinen traum vergeſſen haͤtte / den man wieder daran erinnern muͤſſe. Seelen, (§. 26.) die ſchon nach gnade ſuchen und verlangen / die ſchon ſo was gemerkt / und ſchon lange was bei ſich herum getragen haben / das man ihnen nur nennen muͤſſe. Die ſchon lange haben glau - ben wollen / und nur nichts gewuſt haben zu glauben / bis man es ihnen nennet.

3) Wie und auf was art der heilige Geiſt ih - nen dieſes geſaget habe? Dieſe frage hat die graͤf - liche ſchalkheit uneroͤrtert gelaſſen. Dann hierHerrnhut. II. Th. Dlieget50Herrnhuterey in ihrer Schalkheitlieget ein geheimnis ſeiner argheit verborgen, wel - ches wir nun beleuchten werden.

§. 40.

Es redet der Herr Graf von den wilden, wel - che das Kehelle! ſagen. Wann der heilige Geiſt dieſen menſchen ſchon eben das geſagt hat, was ihnen die herrnhuter ſagen, ſo und dergeſtalt, daß ſie der heilige Geiſt ſchon hat / und daß ſie nach gnade hungern und verlangen: ſo lie - get ein verborgener glaube in ihren herzen, der nur noch weitere erweckung brauchet. Und da gehet keine eigentliche bekehrung vor, ſondern ei - ne vermehr - und ſtaͤrkung des glaubens, der nach ſeinem anfang, bereits vorhanden iſt. Dann die bekehrung begreifet Buſe und Glauben in ſich, als ihre zwei weſentliche ſtuͤcke. Da nun dieſe wilden keine buſe, oder zerknirſchung des herzens noͤthig haben, wie der Herr Graf traͤu - met: ja, da ihnen der heilige Geiſt bereits das evangelium von JEſu geprediget, und einen hun - ger nach gnade bei ihnen dadurch erwecket hat: ſo iſt nicht begreiflich, warum dieſer heilige Geiſt noch eines herrnhutiſchen bruders noͤthig haben ſoll, der ihnen mit foͤrmelchen, oder menſchlichen worten eben das und nichts anders ſagt, als was er ſelbſt ihnen bereits geſaget hat. Dann, wenn dieſes geſchehen iſt, ſo hat der heilige Geiſt ſon - der zweifel es beſſer, oder wenigſtens eben ſo gut, ihnen ſagen koͤnnen, als der herrnhuter, der zu ihnen komt. Er hat eben ſo menſchlich, und for - melmaͤſig reden koͤnnen, wann dieſes zu der be -kehrung51anderer Theil. kehrung ſo unumgaͤnglich war; er hat ſich nach der ſchwachheit der wilden eben ſo gut richten koͤn - nen, als der Graf mit ſeiner ganzen Synagoge. Dann lieber! warum ſoll der heilige Geiſt den wilden das hauptwerk ins herz gegeben, und das nebenwerk der foͤrmelchen davon gelaſſen haben, davon das hauptwerk nur einen namen bekomt? warum ſoll er ihnen auf geiſtlich / in des lieben GOttes ſeiner gnadenſprache und naturſpra - che es ſchon lange geſaget, und die mutterſprache dieſer wilden, nur noch vergeſſen und weggelaſſen haben? vielleicht hat er die mutterſprache dieſes volks nicht ſo gut verſtanden, als die bruͤder?

§. 41.

Noch beſſer wird ſich dieſes laͤutern, wann wir die dritte frage werden unterſuchet haben; als worzu wir nunmehro ſchreiten muͤſſen. Wann der heilige Geiſt den wilden das vorlaͤngſt geſa - get hat, was ein herrnhuter ihnen noch einmal ſaget: ſo iſt ſolches entweder unmittelbar oder mittelbar / geſchehen. Unmittelbare offenbarun - gen des evangelii zu behaupten, zu einer zeit, da GOttes wort in aller welt erſchallet, und da alle voͤlker gelegenheit haben, ſeiner theilhaftig zu wer - den, ja, da nach des Grafen eigenem angeben wuͤrklich die boten des friedens kommen, und nach dem weiſen rath GOttes, Chriſtum und die heils - ordnung verkuͤndigen: das heiſet nichts anders als fanatiſche haͤndel anfangen, und das pro - phetiſche amt Chriſti verkleinern, das er mittel - bar durch ſein verordnetes kraͤftiges wort undD 2durch52Herrnhuterey in ihrer Schalkheitdurch die Sakramenten fuͤhret. Daß aber der heilige Geiſt mittelbar / das iſt, durch ſein wort und deſen verkuͤndigung, zu den wilden geredet haben ſoll, das kan mit dem lehrgebaͤude des Grafen(*)So lauten ſeine worte ſ. 8. 9. So ſiehets mit den leuten aus / die wir bekehren / mit den nationen der heiden / mit den einzelnen menſchen. Es iſt eine ganz verdrehte / verkehrte Idee / daß man denkt / wann wir nicht kaͤmen / ſo wuͤrde aus den leuten nichts. Wann wir nicht kaͤ - men / ſo kaͤme jemand anders: wann kein menſch kaͤme / ſo ſchickte er wieder einen Engel: wann kein Engel kaͤme / und wann keine andere gelegenheit waͤre an eine ſolche ſecle / ſo erloͤſete ſie der H. Geiſt von gewiſſen beſchwerlichen hin - derniſſen / daß ſie unmittelbar hoͤren koͤn - ten / das iſt gewiß. nicht beſtehen. Dann waͤre es mit - telbar auf jetztgedachte art geſchehen; ſo muͤſte es auch in der ſprache geſchehen ſeyn, in welcher die wilden das Kehelle ſagen. Solcher geſtalt muͤ - ſten dan die menſchliche worte und foͤrmelchen / an welchen es nur noch fehlen ſoll, ſchon damals ihnen bekant geworden ſeyn, als der heilige Geiſt angeblich mit ihnen geredet hatte. Dann der glaube komt aus der predig / und das predi - gen aus dem wort GOttes. Rom. 10, 17. Wieſollen53anderer Theil. ſollen ſie aber glauben / von dem ſie nichts ge - hoͤret haben? wie ſollen ſie aber hoͤren ohne prediger? wie ſollen ſie aber predigen / wo ſie nicht geſandt werden? v. 14. 15. Was haͤtte doch den heiligen Geiſt bewegen ſollen, auf die herrnhuter wohl zehen jahre (wie der Graf ver - ſichert) zu warten? Konten dann die erſte zeugen der warheit, durch welche er den wilden ſchon eben das geſaget hat, was jetzt die bruͤder ſagen, nicht eben ſowol ein geſcheutes wort reden als die juͤngerſchaft und der zeugenplan, den der Graf errichtet hat? Warum hat nicht der heilige Geiſt ſchon damals dieſen plan gemacht? Warum hat er die arme wilden ihren traum wieder vergeſſen laſſen, bis der plan fertig war? Gewis der Graf muß kein mittelbares ſagen des heiligen Geiſtes zugeben. Sonſt waͤren alle ſeine worte gegen ihn. Er muß ein inneres ſprechen des heiligen Geiſtes verſtehen, das kein Apoſtel, wann er zu den wilden kame, vorgefunden hat. Dieſe wah - re und berufene zeugen JEſu, predigten Buſe und Glauben. Sie fanden ihre wilden in lau - ter tod und finſternis, Eph. 2, 1. und in des Sa - tans gewalt, Apoſtelg. 26, 17. 18. 1. Cor. 12, 2.

§. 42.

Wir ſehen hieraus, wie der Graf, da er die liebe zur warheit einmal verabſcheuet hat, aus gerechtem verhaͤngnis GOttes in kraͤftige irthuͤ - mer verfallen muß / daß er den luͤgen glaubet / 2. Theſſ. 2, 10. 11. und ein werkzeug wird, ſol -D 3che54Herrnhuterey in ihrer Schalkheitche immer mehr auszubreiten. Dann weil ihn der wahnwitz vorerſt bethoͤret hat, die goͤttliche wuͤrkungen durch das Geſetz, von der buſe gaͤnz - lich auszuſchlieſen: ſo wird er dadurch genoͤthi - get, auf die ſchaͤdlichſten abwege zu gerathen. Er muß ſeine juͤnger bereden, der heilige Geiſt habe ſchon uͤberal, wo ſie hinkommen, den glau - ben unmittelbar den leuten eingepflanzet, und das verhalte ſich wie ein traum / an welchen man ſie durch die foͤrmelchen von dem lamm, erinnern muͤſſe; ſo ſeye es den augenblick geſchehen. Re - helle! HErr nun laͤſeſtu deinen diener im frie - de fahren! mich beſchwemmt die gnaden - fluth!

§. 43.

Sehr ſchaͤdlich iſt es, daß nun ſogar die heili - ge Schrift zu dieſer ſchalkheit misbrauchet wird. Dann er nimt das, was der heilige Geiſt von Philippo und dem Kaͤmmerer erwehnet, (§. 26.) und machet es zu der einzigen maasregel aller be - kehrung uͤberhaupt. Seine ſchlusfolge gehet da - hin: Wie Philippus den Kaͤmmerer bekehret hat, ſo werden alle Menſchen bekehret, welche zu gnaden kommen. Nun aber iſt jener oh - ne geſetz, blos durch die predig vom marterlam bekehret worden: demnach geſchiehet es gleicher weiſe bei allen menſchen, die zu Chriſto kommen. Das iſt ſein argliſtiger grif, mit welchem er ſein gottloſes beginnen zu beſchoͤnigen ſuchet. Weil dieſe luͤgenhafte ausſchweifung bereits anders -wo55anderer Theil. wo(*)Im erſten Theil / ſ. 96. 97. von uns entdecket worden iſt, da wir bewieſen haben, daß der Kaͤmmerer durch den gebrauch der ordentlichen gnadenmittel, in die heilsordnung getreten ſeye, ehe und bevor ihn Philippus geſehen hatte; ſo iſt nicht noͤthig wei - ter davon zu ſprechen.

§. 44.

Nachdeme wir den zuſtand derer erwogen ha - ben, welche der Graf bekehret haben will: (§. 37.) ſo wird die art ſolcher bekehrung noch kuͤrzlich zu pruͤfen ſeyn. Der ſchaͤndlichſte Greuel, welcher ſich hierbei offenbaret, muß zuerſt bemerket wer - den. Nemlich, da der Graf dieſen fanatiſchen grundſatz einmal angenommen hat, daß bei leu - ten, die man bekehren ſoll, der heilige Geiſt ſchon vorlaͤngſt die ſache richtig gemacht, und zu den ſeelen eben das geredet habe, was man nur mit foͤrmelchen ihnen noch einmal ſagen ſolle: (§. 41.) ſo iſt leichtlich hieraus zu ermeſſen, wieviel kraſt und wuͤrkung dem worte des HErrn, als dem einzigen bekehrungsmittel, uͤbrig bleibe. An das geſetz wird mit keinem wort gedacht, weil er die - ſes vorlaͤngſt als eine giftig ſchaͤdliche lehre vor die aus den heiden /(**)Im erſten Theil / ſ. 126. erklaͤret hat. Und das Evangelium iſt nichts weiter, als ein geſcheu - tes menſchliches wort / ein foͤrmelgen / (§. 38. *) deſen man ſich bedienet, das was wuͤrklich in demD 4men -56Herrnhuterey in ihrer Schalkheitmenſchen lieget, ihme verſtaͤndlich zu machen, und ihn zu lehren, wie er ſolches ausſprechen ſol - le. Es iſt ein leeres werkzeug, das dem guten blos einen namen gibt, damit der menſch das was er ſchon lange in ſich hat / leſen und aus - ſprechen lerne. So heiſen des Grafen worte. Auf das hoͤchſte, iſt es ein bloſes erinnerungsmit - tel deſen, was der heilige Geiſt ſchon laͤngſt wie einen traum / in die Seele geleget hat. Und ſo viel thut es nicht einmal, bis ein herrnhutiſcher dienſtbote ſeines Grafen, es in foͤrmelchen faſſet, und ſo an die herzen leget. Alsdann ſollen ſie ſeyn wie leute / die wieder zu ſich ſelbſt kom - men / welche der Alp zuvor druͤcket / wie ſei - ne worte lauten. ſ. 29. Kan aber der Heiland und ſein evangelium aͤrger geſchimpfet werden, als durch dieſe boshaftige verkehrung geſchiehet?

§. 45.

Das iſt nun der erſte greuel der ſchalkheit, wel - cher in dieſer bekehrungsart des graͤflichen reichs verborgen lieget. Es wird nemlich dem ſeelig - machenden wort GOttes ſeine kraft geraubet. Ein arger grif des boͤſen geiſtes! deſen er ſich je - desmahl zur grundlegung eines ſeelengefaͤhrlichen plans bedienet hat. Wer auf die macht der fin - ſternis acht gibt, wie ſie von anbegin bis auf die - ſe ſtunde, in die kirche jedesmal eingedrungen iſt; der wird finden, daß kein einziger fal vor - handen ſeye, wo ſie nicht mit geringhaltung des goͤttlichen worts, und deſen vorbeigehung in ſa - chen, welche die ſeeligkeit betreffen, ihren betruͤb -ten57anderer Theil. ten anfang genomgenommen, und nachher wie das dunkel in Egypten, ſich ausgebreitet hat. Nach des Grafen erfindung, kan die ganze Bibel hin - geleget werden. Man darf nur zu dem Suͤnder ſagen: dein Schoͤpfer iſt dein Heiland / oder dieſes in eine formul einkleiden, ſo iſt alles ge - ſchehen, was zur bekehrung und Heiligung er - fodert wird. Um die(*)So ſpricht der Graf, ſ. 25. Ihr werdet meine zeugen ſeyn / ſagt der Heiland. Der Heiland ſagt nicht: ihr werdet den leuten die H. Dreieinigkeit klaar machen / ihr werdet den leuten erklaͤren koͤnnen / wie das und das capitel in der Offenba - rung Johannis / oder im Propheten Da - niel u. ſ. w. zu verſtehen ſeyn wird; ihr werdet koͤnnen zeigen / was in dem accent vor eine kraft liegt / und was in der con - ſtruction fuͤr eine emphaſis iſt; ſondern ſo: wo iſt jemand / da der H. Geiſt geweſen / da der H. Geiſt ſich gemeldet hat? ich ſoll ihm was ſagen. Und wann ihr werdet kommen / ey werden die ſpre - chen / willkommen / ey! wie haben wir auf den Man gewartet / ey! wie haben wir ihn verlangt. Und wann ſie euch das nicht ſagen / ſpricht der Heiland / ſo gehet geſchwind wieder fort / gleich ge - het fort / haltet euch nicht auf / dann eswird uͤbrige eben ſo theureD 5warhei -58Herrnhuterey in ihrer Schalkheitwarheiten bekuͤmmert man ſich nicht. Ja die obgedachte, daß der Schoͤpfer am kreutz fuͤr uns geſtorben ſeye, ſoll nicht mehr darzu dienen, wor - zu ſie verordnet iſt. Sie ſoll den glauben nicht pflanzen, nicht den geiſt reichen, wie Paulus Galat. 3, 2. davon bezeuget; ſondern nur anzei - gen, wie ein wilder den ſchon lange bei ſich ge - tragenen glauben, nennen muͤſſe. Auf dieſe art iſt Geſetz und Evangelium zugleich verlohren. Dann wer wird das ein evangelium, eine kraft GOttes zur ſeeligkeit Rom. 1, 16. nennen duͤr - fen, was nur ein leeres benennungswort derjeni - gen wuͤrkung iſt, die der heilige Geiſt ſchon ze - hen jahre vor dieſer predig,(**)So erklaͤret ſich der Graf nochmals ſ. 24. So iſts mit der bekehrung wir at - teſtiren die goͤttliche warheiten / und le - gen ſie aus / wir expliciren ſie / und ma - chen ſie faßlich / die durch des H. Gei - ſtes ſeine wuͤrkung im herzen erreget ſind / und die ſich kaum mehr halten koͤnnen. Wir ſagen: der unſichtbare prediger hat recht / ſo wahr ich dein freund den du ſieheſt und lieb haſt / ein ehrlicher Man bin 1. Joh. 4, 20. Und das iſt eineOeco - in der ſeele voll - fuͤhret hat?

§. 46.

(*)wird nichts ſeyn. Gebt euch nicht erſt die muͤhe / und bleibt ein paar tage da / und beredt die leute ꝛc. ꝛc.

59anderer Theil.

§. 46.

Wie nun die graͤfliche bekehrung beſchaffen ſeyn muͤſſe; das laͤſet ſich hieraus leichtlich er -meſſen.(**)Oeconomie / daruͤber werden ſich die Theo - logi und Philoſophi todt ſtudiren / und todt lehren / und todt ſchreiben / und werden nicht eine geſcheute definition heraus bringen / von der wuͤrkung des H. Geiſtes an den ſeelen / bis ſies ſelbſt erfahren haben / und aus den klaren und deutlichen worten des Heilands einmal die natur der ſache ein bisgen einſehen lernen. Ich glaube jedoch, der Herr Graf kan dieſer letzteren furcht uͤberhoben ſeyn. Wann er ſeine verwirte phantaſie nur erſt in eine natuͤrliche ordnung bringen wolte, ſo koͤnte er ein bisgen verſtehen lernen, daß der heilige Geiſt mit dem wort, und durch das wort dasjenige wuͤrke, was er aus der erfahrung, die aber falſch und erlogen iſt, ſo hoch uͤber alle Theologen und weltweiſen gelernet haben will. Wann der gute Man erſt lernen wolte, ehe er nicht nur lehren, ſondern auch richten, ſchmaͤhen und verur - theilen will; ſo koͤnte er aus den klaren zeug - niſſen GOttes die gefaͤhrlichen gaͤnge ſeines ſchwarmgeiſtes einſehen. Die heilſame er - kentnis iſt von der erfahrung unzertrennlich. Und60Herrnhuterey in ihrer Schalkheitmeſſen. Sie iſt oben (§. 40.) ſchon zum theil be - ſchrieben. Nemlich, ſie beſtehet darinnen, daß man den leuten, die der heilige Geiſt ſchon hat / nur worte machet, und foͤrmelchen beibringet, die dem kind den namen geben. Die neue geburt lebet ſchon durch eine fanatiſche innere ausſprache des heiligen Geiſtes. Er zeuget ſie nicht durch das wort der warheit, wie er zu der Apoſtel zei - ten bis daher gethan hat, ſondern, ſeitdeme herrn - hutiſche Ohrenſchleifer da ſind, zeuget er ſie durch innere offenbarungen: worzu das ordentliche gna - denmittel nichts beitraͤget, als den namen und die erinnerung an das, was wohl zehen jahre zu -vor,(**)Und die Erleuchtung, wodurch jene entſte - het, iſt von dem gebrauch des goͤttlichen worts unzertrennlich. Dieſe Erleuchtung iſt eine wuͤrkung des heiligen Geiſtes, wie unſer Catechismus aus der Schrift lehret. Wer aber ſolche wuͤrkungen behauptet, ehe das wort GOttes ſie herfuͤrbringet, der wie - derſpricht dem heiligen Geiſt auf eine fana - tiſche art, und laͤſtert, was er nicht verſte - het, oder aus boͤſen Abſichten nicht verſte - hen will. Die bruͤder ſind erhabene leute, da ſie in den graͤflichen predigen hoͤren, wie weit ſie mit ihrem meiſter uͤber alle Theolo - gen und Philoſophen hinauf geſtiegen ſind. Wolten ſie doch Paulum hoͤren 1. Timoth. 1, 7.61anderer Theil. vor, da geweſen iſt. Das evangelium: dein Schoͤpfer iſt dein Heiland / iſt nur ein mittel zum ohrenſchleiffen und ohrenſpalten. Dann es fehlet bei denen, die bekehret werden ſollen, weiter nichts, (§. 26.) als daß ſie die ſubtile ſtimme des heiligen Geiſtes / (das ſind die foͤr - melchen / und das geſcheute menſchliche wort!) noch nicht hoͤren koͤnnen / daß ſie noch nicht ſolche geſchliffene und geſpaltene ohren haben / daß ſein ſanftes ſauſen durchdringen / und ſich verſtaͤndlich machen koͤnne. Mit einem wort, es iſt eine bekehrung ohne buſe, ohne heilsord - nung, ohne erkentnis ſeiner ſelbſt, und GOttes, und Chriſti, ohne geſetz und evangelium. (§. 44. 45.) Das iſt der hauptgrund der herrnhutiſchen bosheit, worauf das ganze reich als auf die grund - ſaͤule gebauet iſt. Die predig Chriſti und der Apo - ſtel: thut buſe / und glaubet an das evange - lium / iſt hier gaͤnzlich ausgethan, und das rin - gen / einzugehen durch die enge pforte / in ein ſpielendes Kehelle verwandelt. Wann nun Paulus die Heiden bekehret von der finſternis zum licht / und von der gewalt des Satans zu GOtt / Apoſtelg. 26, 17. 18. ſo iſt offenbar, daß ſeine und des Grafen bekehrungasart him - melweit von einander unterſchieden ſind. Dann Paulus findet ſeine wilden in des Teufels ge - walt und in der Finſternis. Die graͤfliche oh - renſpalter haben an ihren wilden lauter ſolche leute, die das zeugnis und die kraft von JEſu ſchon lange bei ſich herum getragen haden /denen62Herrnhuterey in ihrer Schalkheitdenen es der heilige Geiſt ſchon lange geſaget hat / bei denen man nur darauf das ſiegel druͤ - cket / was ſie ſchon lange hatten. Paulus findet noͤthig ſeinen heiden die augen aufzuthun / daß ſie die gewalt des Satans ſehen, von wel - chem ſie gefeſſelt ſind in ihrer finſterniß. Das heiſt, er muß ihnen das geſetz verkuͤndigen. Der Graf und ſeine boten, beduͤrfen dieſes nicht. Seine wilden ſind ſchon durch ein inneres wort, das der heilige Geiſt zu ihnen geredet hat, ſoweit fertig gemacht, daß ihnen nur noch die formein fehlen, und das ausſprechen dieſer formeln iſt die bekehrung. Das Kehelle ſagen iſt der beweis, daß ſie ploͤtzlich die formeln verſtehen, das iſt, vollkommen bekehret ſind. Ich mag alſo dieſe bekehrung nach ihren wuͤrkenden urſachen / oder nach dem welen / oder nach ihren kennzeichen anſehen, ſo iſt ſie ein leerer betrug des boͤſen gei - ſtes. Dann 1) die wuͤrkende urſachen ſind ein bloſer traum des Grafen. Die vorgaͤngige ein - gebungen des heiligen Geiſtes ſind vorſetzlich von dem Grafen erdichtet. Das geſcheute und menſch - liche wort der bruͤder, iſt weder geſetz, noch das kraͤftige evangelium, (§. 44.) in ſeinem gehoͤri - gen Umfang. 2) Das weſen dieſer vermeinten bekehrung beſtehet in einer gleichfals erdichteten erinnerung an die ehemalige einſprache des H. Geiſtes, und in einer benennung derſelben, (§. 40.) worzu keine innere hauptveraͤnderung kommen ſoll. (§. 26. *) Das kennzeichen dieſer bekehrung iſt das wort Kehelle. Man gehe nun alle predigenChriſti,63anderer Theil. Chriſti, der Apoſtel und Propheten durch, und ſehe, ob man dieſe bekehrungsart bei ihnen finde.

§. 47.

Wenn man des Grafen ſchalkheit aus nichts anders erweiſen koͤnte; ſo waͤre dieſe leichtfertige bekehrungsart der ſicherſte beweis davon. Wer will glauben, daß ein ſolcher menſch von GOtt geſendet ſeye, das reich Chriſti zu bauen, der mit dem goͤttlichen wort und hochwichtigen bekeh - rungsgeſchaͤfte ein ſolches Gaukelſpiel zu treiben ſich erfrechen mag? wer ſiehet nicht die hand - greifliche betriegereien, wann dieſer ſpotgeiſt die form einer apoſtoliſchen gemeine von auſen nach - aͤffet, darbei aber alles, was Chriſtus und ſei - ne Apoſtel, zur ſeeligkeit der menſchen gethan, ge - lehret und verordnet haben, ganz freventlich mit fuͤſen trit? ſich ſelbſt zu einem ſtifter einer neuen bekehrungsweiſe aufwirft, dadurch dem heiligen Geiſt und ſeinen zeugen ins angeſicht wiederſpro - chen, die wahre bekehrung in ein dockenwerk, und in eine arbeit von einer halben(*)So heiſt es ſ. 30. Es ſoll dem wilden ſeyn, wie einer frau zu muthe iſt, wann ſie in dem moment erfaͤhret, ihr Man lebe noch, den ſie vor todt gehalten. So iſt den gnadenhungrigen ſeelen / wann ſie die predig vom kreutz hoͤren / wann ſie eine halbe minute davon reden hoͤren / wannſie minute,ver -64Herrnhuterey in ihrer Schalkheitwandelt, und die allerheiligſte Religion der Chri - ſten auf das aͤuſerſte verſpottet wird?

§. 48.

Der betrug wird ſich naͤher zeigen, wenn man den Grafen fragen darf: woher ihm doch bekant ſeye, daß die wilden ſchon ſo lange vom heiligen Geiſt unterrichter worden, ehe er ihnen die ohren durch ſeine juͤnger ſchleifen laͤſet? Hat ihm etwa der heilige Geiſt durch eine gleiche innere offenba - rung das ins ohr geſaget: dort ſind leute von den wilden, die ich ſchon vor zehen jahren habe, mit denen ich laͤngſt eine converſation angezettelt hat - te? Es fehlet nur daran, daß die bruͤder hinlau - fen, und das ſiegel darauf druͤken, was ſchon da iſt? Auf demnach! und ruͤſte deine ſtreiterbande, daß ſie dort ihren angrif thun! Gewis, der Graf muß ſich dieſes einbilden. Deswegen vergleicht er ſeine elende kreaturen mit dem Philippo,(§. 26.)(*)ſie drei zeilen davon leſen hoͤren. Und wo - mit beweiſet er dieſes von ſeinen wilden? mit nichts anders, als ſeinem alten fanati - ſchen traum: dann ſie haben, oft ſchon ze - hen jahre / daruͤber gedacht. Und wie haben ſie als wilde, daruͤber denken koͤn - nen? antwort: der heilige Geiſt hat ſchon druͤber gearbeitet / der heilige Geiſt hat ſchon dran gemacht / und alle ſchwierig - keiten und hinderniſſe aus dem wege ge - raͤumet ꝛc. ꝛc. 65anderer Theil. (§. 26.) welchem der heilige Geiſt, und ein En - gel, den ausdruͤklichen unmittelbaren befehl er - theilete, ſich eilends zu dem Kaͤmmerer zu verfuͤ - gen Apoſtelg. 8, 26. 29 : Dann ſolche beſonde - re umſtaͤnde der ſeelen, kennet niemand, als der Herr, der herzen und nieren pruͤfet. Der kan allein wiſſen, ob und welche herzen er zubereitet habe, wann dergleichen zubereitung wuͤrklich ge - ſchehen waͤre. Der kan es allein denen offenba - ren, die er allenfals zu einer weitern ſeelenfuͤh - rung gebrauchen wolte. Aber wo hat der Graf, der dieſe ſchleicher alleine ruft und(*)Er ſorget, man moͤge dieſen betrug mer - ken, darum beuget er vor, ſ. 22. wißt ihr meine bruͤder / was ihr zu thun kriegt? ihr werdet eine vollmacht kriegen vom H. Geiſt: euch wird aufgetragen werden von der theuren und lieben kirchenmut - ter: Gehet hin / es hat da eine ſeele / dort eine ſeele. Und die ſeele wird nicht nur bei euch in der nachbarſchaft ſeyn / ſon - dern es kan ſeyn / daß ihr nach der einen ſeele muͤſſet laufen bis ans ende der er - den ꝛc. Wer iſt aber dieſe theure und lie - be kirchenmutter? die eine ſo ſchaͤdliche und dem Heiland wiederſprechende bekehrungs - art ihren boten eingepraͤget hat? Iſt das der heilige Geiſt? ſo muͤſte der Graf Zinzen -dorf ſendet, eine ſolche verheiſung empfangen, daß GOtt aufder -Herrnhut. II. Th. E66Herrnhuterey in ihrer Schalkheitdergleichen art mit ihm reden, und ihm befehl er - theilen wolle, wohin er ſeine bruͤder ſchiken ſolle, und wie es mit den ſeelen ausſehe, denen ſie hel - fen wollen? Aus der offenbarung in der ſchrift, kan er dieſes unmoͤglich wiſſen. Er muß dem - nach in dieſem ſtuͤk wiederum auf fanatiſche Ein - gebungen verfallen, und einen ſchwaͤrmeriſchen traum mit dem andern ſchuͤtzen. Kan er aber nicht erweiſen, daß ihm der heilige Geiſt dieſes offen - baret habe: ſo verraͤth er hiedurch augenſchein - lich, daß ſein ganzes werk auf luͤgen und falſchen traͤumen beruhe, die wieder GOttes wort, und ſeine ordnung ſind.

§. 49.

Wolte er etwa ſagen, er habe merkmale da - von, an dieſen leuten ſelbſt, die er bekehren will, gefunden: ſo wird er am allerwenigſten damit auskommen, und gegentheils ein neues traum - werk dichten. Dann die angezettelte converſa - tion des heiligen Geiſtes mit den wilden, und die innere anſprache deſſelben an ihre herzen, iſt eine freche erfindung des Grafen, die gegen die heili - ge ſchrift, und gegen das prophetiſche amt des Sohnes GOttes laufet, als welcher in den ta - gen des neuen teſtamentes ſein geoffenbartes wort zur anſprache an die menſchen gebrauchet, und keine unmittelbare eingebungen in ſeinem reich ge - ſtattet. Was demnach gar nicht vorhanden iſt,davon(*)dorf der heilige Geiſt ſeyn. Da ſeye der HErr fuͤr!67anderer Theil. davon kan auch der Graf kein merkmal ſehen. Ja, was das meiſte iſt, ſeine vorgeſpiegelte be - kehrungsart hat ſelber offenbare merkmale der ſchalkheit. (§. 46.) Wie kan aber der heilige Geiſt leute an die ſeelen beſtellen, welche nichts anders thun, als ſich ſelbſt ſamt den ſeelen, auf das erbaͤrmlichſte betriegen? wiewol auch keine merkmale ſtat haben, wo eine vorlaͤufige ſendung behauptet wird (§. 48.)

§. 50.

Spricht er: die wilden werden doch gleichwol von den bruͤdern geruͤhret. Dann ſobald jene ihre foͤrmelchen ausgeſprochen, und ein geſcheu - tes wort zu ihnen geredet haben, ſo hoͤret man die wilden flugs ihr Kehelle ſagen. Das heiſet ſo - viel: HErr / nun laͤſeſt du deinen diener im frieden fahren! mich beſchwemmt die gnaden - fluth! So iſt dieſe marktſchreierei kaum wuͤr - dig, daß ein vernuͤnftiger darauf antworten ſoll. Dann 1) ſtehet es noch dahin, ob, und wievie - le Indianer das Kehelle ſagen. Wer wird die - ſes einem manne zu gefallen glauben, der mit den wichtigſten religionsſachen ſo untreu und be - trieglich umgehet? Nechſt deme ſo hat der Graf 2) zu erweiſen, wann die wilden ihr Kehelle! ſagen, was ſie damit anzeigen wollen? das wort leget er ſelbſt beliebig aus, (§. 26. *) und es ge - faͤlt ihm vielleicht deswegen, weil er es das erſte mahl bei einer ſuͤſſen einbildung gehoͤret, oder weil es ein Indianer mit ſolchen minen begleitet hat, die dem Grafen artig und wunderbar vor -E 2ge -68Herrnhuterey in ihrer Schalkheitgekommen ſind. Geſetzt aber, 3) es heiſe das, was der Graf darunter verſtehet, und es ſeye ihm bei uͤberſetzung der Indianiſchen ſprache mehr zu glauben, als wann er ſogar das wort GOttes nach ſeiner phantaſie uͤberſetzet: ſo ſa - gen ja die wilden mit ihren Kehelle nichts anders, als daß ſie verſtuͤnden / was gemeinet ſeye - und das mit einiger verwunderung. Auf dieſe art konten alle Feinde Chriſti und ſeiner Apoſtel, das Kehelle ſagen: Dann ſie verſtunden oft gar zu wohl, was gemeinet waͤre. Und die zu Naza - reth, die ſich an Chriſto aͤrgerten, ſagten eben - fals mit verwunderung: woher komt dem dieſe weisheit? iſt er nicht der zimmermann? Marci 6, 3. Wer heiſet dann den Grafen daraus den ſchlus machen, ſie haͤtten deswegen das innere wort des heiligen Geiſtes nunmehr voͤlliger ver - ſtanden, das er etwa zehen jahre zuvor in ihnen ausgeſprochen? Wer heiſet ihn einen bleibenden ſeegen daraus machen, den er dem wahren ſee - gen einer goͤttlichen bekehrung entgegen ſetzt, und vor den ohren ſeiner Synagogiſten, ſo hoch uͤber den letzteren erhebet. Dann der andere ſeegen, der nicht im Kehelle lieget, ſoll zwar weitlaͤuf - tiger / haͤufiger und lermhaftiger / aber doch ſo kein wahrer und bleibender ſeegen ſeyn, ſ. 31. Iſt das nicht ein leichtfertiger ſprung, von ei - nem ſolchen ſchluͤpferigen ſtufen auf eine ſolche zinne, die in der luft ſchwebet? Sagen doch viele HErr / HErr / zu Chriſto, und ſind doch gleichwol deswegen keine leute, die der heiligeGeiſt69anderer Theil. Geiſt ſchon hat, und mit denen die voͤlli - ge Bekehrung zu ſtande gekommen. Siehe oben (§. 32.)

§. 51.

Aber was ſoll ich von der verwegenheit ſagen, daß der Graf die worte der heiligen ſchrift zu die - ſem ſeinem unfug fo freventlich misbrauchet? Ein Indianer, der Kehelle ſpricht, iſt in ſeinen augen ploͤtzlich ein Simeon, den die gnadenflut beſchwemmet, und der von der ſtelle gen himmel fahren ſoll. Das Kehelle heiſet jetzt nicht mehr, ich verſtehe, was ich hoͤre, ſondern: HErr! nun laͤſeſt du deinen diener im frieden fahren. Ehe Simeon dieſes ſagen konte, war er durch die ordentliche gnadenmittel erleuchtet und gehei - liget worden. Er war fromm und gottesfuͤrch - tig, und wartete auf den troſt Iſraels, Luc. 2, 25. und der heilige Geiſt war in ihm ꝛc. Wer kan ſich aber traͤumen laſſen, daß ein wilder, wann er zum erſtenmal eine formul, oder ge - ſcheutes wort der herrnhuter ausſprechen hoͤret, ehe er eine ſylbe von Buſe, Glauben, Heils - ordnung, und ewigen Leben, vernommen hat, ſogleich urploͤtzlich in den himmel eilen wolle, und in die ewige herrlichkeit, die er zeit ſeines lebens noch keinmal hat nennen hoͤren. Der Graf muß ſich dieſer ſeelenbetriegerei ſelbſt ſchaͤmen. Dar - um hat er das fanatiſche maͤhrlein erdacht, dieſe leute waͤren ſchon zehen jahr zuvor, vom heiligen Geiſt belehret worden.

E 3§. 52.70Herrnhuterey in ihrer Schalkheit

§. 52.

Von den geſchlifenen und geſpaltenen ohren noch etwas zu beruͤhren. Dieſe werden den wilden abgeſprochen, bis die herrnhuter daran geſchliffen und geſpaltet haben. Sobald das geſchiehet, ſo koͤnnen ſie die ſubtile ſtimme und das ſanfte ſauſen des heiligen Geiſtes al - lererſt wahrnehmen, daß es ihnen verſtaͤndlich wird. Sehet misgeburten von einfaͤllen und von ausdruͤcken! wer meinet wohl, daß der Sohn GOttes ſo gedacht und geredet haben ſolle, wie der Graf ihn redend einzufuͤhren ſich nicht ſchaͤ - met? Dan dieſes ſoll der ſinn der worte Chriſti ſeyn, da er zu ſeinen Apoſteln ſaget: ihr wer - det die kraft des heiligen Geiſtes empfangen / und meine zeugen ſeyn. (§. 26.) Ein klein we - nig weitlaͤufiger heißts / (ſo ſpricht der Graf ſ. 6.) ihr ſolt des H. Geiſtes ſeine dolmetſcher ſeyn an leute / die ſeine ſubtile ſtimme noch nicht hoͤren koͤnuen / die noch nicht ſol - che geſchliffene ꝛc. Wenn der Graf ſich doch erklaͤren wolte, wie das zugehen muͤſte. Vor ze - hen jahren ſoll der heilige Geiſt ſchon bei den wil - den geweſen ſeyn, und das zu ihnen geſaget ha - ben, was die bruͤder ſagen, wann ſie hinkom - men. Hatte dann dieſer heilige Geiſt damals noch keine ſubtile ſtimme, als er ohne zuthun der herrnhuter, und zwar auf geiſtlich / in des lieben GOttes ſeiner gnaden - und naturſpra - che / (§. 38.) mit dieſen heiden redete? war ſein ſauſen noch nicht ſanft und verſtaͤndlich? iſt dieſtimme71anderer Theil. ſtimme der graͤflichen leute ſoviel ſubtiler, und ihr ſauſen ſanfter als jenes, das doch gleichwol vom heiligen Geiſt ſich herſchreiben ſoll? ich daͤch - te, wem der heilige Geiſt ins herz geredet, mit - hin ihm das herz geoͤfnet hat, (wie vor bekant angenommen wird,) bei dem ſeye das ohrenſpal - ten und ſchleifen eine vergebliche muͤhe. Dann was bedarf der heilige Geiſt der ohren, wann er einen unmittelbaren weg in das herz genommen hat? Gewiß, dem waͤren die ohren gnug geſchlif - fen, wer den heiligen Geiſt in dem heiligthum des herzens reden hoͤret. Man erwege doch das leichtfertige gewaͤſche dieſes predigers. Die lam - mesboten ſollen des H. Geiſtes ſtelle vertreten. Dieſes thun ſie, wann ſie mit den wilden ein ge - ſcheutes und ein menſchliches wort reden in der ſprache dieſes volks: nachdem der H. Geiſt ſein geiſtlich wort ſchon ehedem in des lieben GOt - tes naturſprache zu ihnen geredet hat. Wann nun die herrnhuter ſolcher geſtalt ihr wort thun, ſo iſt das die ſubtile ſtimme und das ſanfte ſau - ſen des H. Geiſtes. Alſo war die erſte anſpra - che des H. Geiſtes weder ſanft, noch ſubtil, und doch war es die geiſtliche anſprache, die natur - ſprache GOttes. Die ſoll ſo grob und un - ſanft geweſen ſeyn, bis der Graf leute gefunden hat, die durch ihr geſcheutes und menſchliches wort / ihr das ſanfte und ſubtile verleihen, wo - durch die ohren recht ausgeſchliffen, und zaͤrter geſpaltet werden, als von dem H. Geiſt geſche - hen ſeyn ſoll. Wer ſiehet nicht, daß dieſe ganzeE 4erfin -72Herrnhuterey in ihrer Schalkheiterfindung des Grafen nur dahin zielet, daß er ſeine werkzeuge, nicht aber den heiligen Geiſt, verklaͤren will. Dieſe ſchleifer ſollen erſt das ſie - gel drauf druͤken / und das ganz machen, was der heilige Geiſt nur halb vollfuͤhret hat. Dar - um ſpricht er getroſt: ſie waͤren des heiligen Gei - ſtes ſtellbetreter / und haͤtten zu dieſem ſpalten die kraft des heiligen Geiſtes empfangen.

II. Von den Laͤſterungen des Grafen gegen die heilige Schrift.

Inhalt.

  • I. Verbindung dieſes ſtuͤks mit dem erſten / §. 53.
  • II. Laͤſterung des Gra - fen gegen die heilige Schrift / daß ihre ſchreibart rabbiniſch / duͤſter / und miſerabel ſeye / daß niemand oh - ne aufſchlus des H. Geiſtes daraus klug werden koͤnne / §. 54.
  • III. Wiederlegung / 1) viele bibliſche buͤcher ſind aͤlter als die Rab -binen / und der Graf iſt 2 weder der Rab - binen noch der grund - ſprachen ſo kundig / daß er davon uꝛtheilen koͤn - te / §. 53. Es redet 3) der H Geiſt ſelbſt in der Schrift / §. 5. und 4) die angegebene ſon - derliche geiſteswuͤr - kung iſt erdichtet / §. 57. dieweil ſie ſtreitet
    • a) gegen die deut - lichkeit der ſchrift /
    • 73
    • b) gegen die goͤttli - che weisheit und guͤte / § 58.
    • c) wieder die erfah - rung / §. 59.
    • d) wieder alle ge - wisheit der erklaͤ - rung. Demnach iſt ſie fanatiſch / §. 60.
    • e) wieder die innere kraft des goͤttli - chen worts / §. 61.
  • IV. boshafte ſchalkheit des Grafen bei dieſer laͤſterung wird aufge - deckt und wiederleget /§. 62. Verbotenes bi - belleſen. Beſchuldi - gung Pauli; angege - bene irthuͤmer der Apoſtel.
  • V. Bemaͤntelung dieſer ſchalkheit. Ob die H. ſchrift gelehrt geſchrie - ben ſeye? §. 63. Ob ſie zuſammenhaͤnge? §. 64. Warum der Graf den zuſammen - hang nicht leiden will? §. 65. Ob der Graf geiſt und leben in der ſchrift zugebe? §. 66.

§. 53.

WIr haben in dem erſten ſtuͤk dieſes zweiten theils, den fanatiſchen frevel des graͤfli - chen ſchwarmgeiſtes entdeket. Er ſchaͤmet ſich nicht, eine einſprache des heiligen Geiſtes in die herzen, zu erdichten, ohne daß die ſchrift darzu noͤthig ſeye. Damit ſeine bosheiten deſto deutli - cher eingeſehen werden, ſo will ich nun ſein ohn - geſcheutes laͤſtern auf die heilige ſchrift, aus ſei - nen eigenen worten erweiſen.

§. 54.

Ich bin erſtaunet, als ich den abſchaum ſeiner giftigen gegen die goͤttliche, in der heiligen ſchrift liegende offenbarung, zum erſtenmal erbliket ha - be. Was von jeher auf das theure wort GOt -E 5tes,74Herrnhuterey in ihrer Schalkheittes, von deſen abgeſagteſten feinden, gelaͤſtert worden iſt, das hat der geiſt, welcher den Gra - fen treibet, welcher ſein herz und ſeine feder re - gieret, ganz ohne ſcheu ausgeſtoſſen. So heiſt es in des Grafen von Zinzendorfs theologi - ſchen bedenken / in dem eventual-teſtament vom 27. Decomb. 1738. ſ. 173. Es iſt eine unverantwortliche thorheit / die bibel ſo aus - kuͤnſteln / daß man wieder allen ſinn und ver - ſtand glauben ſoll / daß ſie gelehrt / zuſam - menhangend / und nach unſerer art / metho - diſch geſchrieben ſeye / da doch ihr goͤttlicher geiſt und leben / in die geſtalt und form eines miſerablen Hirten-Fiſcher - und Viſitator-ſtyli / oder / welches noch unangenehmer vor die oh - ren iſt / in eine claßicaliſche duͤſterheit und ſchul-terminologie der alten Rabbinen / ein - gewikelt iſt / daraus unſere zeiten nimmer - mehr klug werden wuͤrden / wann nicht der geiſt / der die heilige zeugen ſchreiben machte / auch uns leſen und hoͤren machte / und ſein wort ſelber erklaͤrete.

§. 55.

Wir wollen dieſe giftige pfeile des Satans auseinander legen. 1) Er redet von der bibel. Dieſe beſtehet aus dem alten und neuen teſtament, nach dem bekentnis aller Chriſten. Iſt ihre ſchreibart miſerabel, duͤſter, hirtenmaͤſig, und rabbiniſch: ſo muß Moſes, David, Salomon, Jeſaias, ꝛc. wenn wir dieſe maͤnner auch blos nach ihren natuͤrlichen eigenſchaften betrachten,in75anderer Theil. in den ſchulen der alten Nabbinen geweſen ſeyn, wo ſie dieſe claßicaliſche duͤſtere ſchreibart geler - net haͤtten. Wo waren aber die alte Rabbi - nen / als dieſe maͤnner GOttes durch eingebung des heiligen Geiſtes, ſchreiben muſten? dem Gra - fen lieget ob, aus den alterthuͤmern zu erweiſen, ob diejenige, welche die Juden ihre Nabbinen nennen, und die bekantlich in den neueren jahr - hunderten der juͤdiſchen kirche, allererſt aufge - kommen, ſchon zu Moſis, und der alten Pro - pheten zeiten, ja noch vorher, gelebet, Moſen nebſt den Propheten, zu ſchuͤlern gehabt, und nachher durch eine Pythagoriſche ſeelenwande - rung, in den ſpaten zeiten wieder aufgelebet ha - ben. Oder, ob der heilige Geiſt dieſe rabbini - ſche broken ihnen mit fleis eingegeben habe, um den Rabbinen vorzuſpielen, und ihre claßicali - ſche duͤſterheit, vorlaͤufig zu canoniſiren. Wer hat aber dieſes den Grafen weiß gemacht? oder was will er vor gruͤnde angeben, welche uns da - von uͤberzeugen ſollen? 2) Man muß ſich wun - dern uͤber die kentnis vom alterthum, der rabbi - niſchen ſprache, lehrart und kunſtwoͤrter, welche in dem ungemeſſenen umfang der graͤflichen weis - heit ſich ſehen laͤſet. Es gibt heut zu tage nicht gar zu viele gelehrten, welche mit den Rabbinen ſo bekant ſind, daß ſie derſelben kunſtſprache und ſchulterminologie, ſo puͤnctlich wiſſen, und ſo gluͤklich entdeken koͤnnen. Und wieviel wuͤrde darzu erfodert, wo man ſogar die griechiſche ſchreibart des neuen teſtaments, in ihren beſon -deren76Herrnhuterey in ihrer Schalkheitderen ausdruͤken, mit der claßicaliſch duͤſteren ſchulſprache der Rabbiner, ſo ſcharfſinnig verglei - chen, und die uͤbereinſtimmung ſo witzig bemer - ken ſolte. Ich glaube, der Graf wuͤrde ſich die - ſer verwegenheit ſchaͤmen, wann er ſich mit dem maas ſeines talents meſſen, und nicht wie ein ſinnloſer marktſchreyer, uͤber das ziel erheben wolte. Was verſchiedene gelehrte maͤnner von den ausdruͤken der Evangeliſten und Apoſtel, in den ſchriften des N. T., in vergleich mit den for - meln, oder ſprachgewonheit der juͤdiſchen kirche, angemerket haben, das iſt loͤblich, und nuͤtzlich. Aber es flieſet aus anderen quellen, und der geiſt, der den Grafen treibet, hat kein theil daran. Es ſind auch dergleichen ſtellen ſo wenige, gegen die ganze bibel gerechnet, daß man die bosheit des graͤflichen ſchluſſes mit haͤnden greiſen kan.

§. 56.

Der Hirten-Fiſcher - und Viſitator-ſtylus / der in den augen des Grafen ſo miſerabel aus - ſiehet, iſt 3) ebenfals ein ſolcher einfall, den er dem eingeben des luͤgengeiſtes ſo gewiß zu danken hat, als gewiß und ausgemacht es bei den Chri - ſten iſt und bleibet, daß die heilige Schrift von GOtt eingegeben iſt. Waren unter den maͤn - nern GOttes Hirten und Fiſcher; ſo war doch der heilige Geiſt der redner, der ihre zunge wie einen grifel brauchte, und ſowol die Gedanken in das herz, als die worte in den mund gab. Welches ich, als ſonſt erwieſen, hier um des - willen annehmen kan, weil ſelbſt der Graf esanders -77anderer Theil. anderswo nicht laͤugnen will. (*)In Penſ. Reden / ſ. 200. f. Es haben die H. maͤnner in der zierlichkeit nichts geſucht; wann man aber auf die accu - rateſſe der gedanken / auf die puͤnktlich - keit und unfehlbarkeit des ausdruks ſie - het / den ſie gebraucht / dann trift mans / darum / weil ſie ihre NB. ausdruͤke nicht ſelber gemacht / ſondern die ſind ihnen vom H. Geiſt ſelbſt gemacht worden. Redete aber der heilige Geiſt durch ihre zungen, was hatte er noͤthig, einen miſerablen ſtylum mit fleis zu er - wehlen, woraus unſere Zeiten nicht klug wer - den koͤnnen? Anderswo ſpricht der Graf, es ha - be der Herr JEſus ſelbſt / als ein zimmerge - ſell / ſeine redensarten und baͤuerliche ausdruͤ - ke / von den handwerkspurſchen zu Narareth oft entlchnet / und ſolche den Evangeliſten und Apoſteln hernach eingegeben / alſo und dergeſtalt / daß wir itzt ganz andere Sachen darinnen ſuchten / weil wir die ſprachgewon - heit dieſer handwerksgeſellen nicht verſtuͤn - den. (**)So ſpricht der Graf in der erinnerung an ſeine gegner / ſ. 23. Die Apoſtel ha - ben ſehr ſchlecht griechiſch geſchrieben / und ich will nicht ſagen ebraͤiſche redens - arten / (ebraismos) NB. davon ſie wohl wenig moͤgen verſtanden haben / ſondernſyriſche /Heiſt aber dieſes mit der heiligenSchrift,78Herrnhuterey in ihrer SchalkheitSchrift, und den reden JEſu beſſer umgegan - gen, als der Satan damit umgehet? Sind die - ſe laͤſterungen geringer, als die, welche die hei - den und unglaubige Juden von zeit zu zeit darge - gen ausgeſchaͤumet haben?

§. 57.

Nach des Grafen bekentnis, hat der H. Geiſt die ſachen und die worte den heiligen menſchen GOttes eingegeben. (§. 56. *) Er hat aber ei - nen rabbiniſchen duͤſtern miſerablen hirten - und fi - ſcher-ſtylum mit fleis erwehlet. Wir wollen dan 4) fragen: warum doch der heilige Geiſt, deme es an weisheit, guͤte, und macht nicht gefehlet haben kan, lieber eine ſolche duͤſtere und elende ſchreib -art(**)ſyriſche / mit einflieſen laſſen. Ich glau - be / unſer Heiland ſelbſt mag ſehr platt geredet / und vielleicht manche Bauern - ausdruͤke gebraucht haben / dahinter wir jetzt etwas ganz anders ſuchen / weil wir die leibſprache (idiotismum) der hand - werkspurſche zu Nazareth nicht wiſ - ſen. Dann der Heiland war ein zim - mergeſell zu Nazareth. Deswegen lehret auch der Graf ſeine bruͤder alſo ſingen:Komt alle / und buͤcket euch nieder zur ſchwellen Des gnadenſtuls JEſu / des zimmer - geſellen. 79anderer Theil. art erwehlet habe, als eine ordentliche, deutliche, verſtaͤndliche, welche nach Davids zeugnis, die alberne weiſe machen ſoll? die antwort iſt ſogleich bei der hand, womit der Graf dieſes behaupten will. Nemlich, unſere zeiten ſollen aus dieſer duͤſterheit, und elendein ſchreibwerk nicht klug werden, bis der heilige Geiſt uns ſein wort le - ſen und hoͤren mache / und ſelbſt erklaͤre. (§. 54.)

§. 58.

Dieſes laſet uns genauer an die richtſnur der warheit halten. 1) Wann wir nicht ehe aus dem ſo dunkel und elend geſchriebenen wort GOt - tes klug werden, bis der heilige Geiſt uns leſen / und hoͤren machet, und es erklaͤret; ſo iſt es unmoͤglich, daß jemand nur den buchſtaͤblichen verſtand des goͤttlichen worts, aus eigenen kraͤf - ten faſſen koͤnne. Dann der heilige Geiſt ſoll uns erſt die claßicaliſche duͤſterheit, und die ſchul-ter - minologie der alten Rabbinen verſtehen lehren. Sonſt wird kein menſch zu unſern zeiten klug dar - aus. Mithin hat die heilige Schrift nicht ein - mal ſoviel klarheit, als eine menſchliche ſchrift, die vernuͤnftig, und nach der Gewonheit einer uͤblichen ſprache, abgefaſſet worden. Ich will folgendes dabei zu uͤberlegen geben. Es laufet dieſes 2) wieder die goͤttliche weisheit, und guͤ - tigkeit. Ein mittel zur ſeeligkeit, wie die heilige Schrift unſtreitig iſt, in einer gewiſſen ſprache vorzulegen, und dennoch zu machen, daß diejenige, welchen dieſes mittel beſtimt iſt, wegen geflieſent -lich80Herrnhuterey in ihrer Schalkheitlich verurſachter duͤſterheit, es nicht verſtehen, noch daraus klug werden koͤnnen, bis er ſelbſt mit einer neuen offenbarung darzu komt. Der heilige Geiſt konte deutlich reden; aber nach des Grafen meinung wolte er nicht. Alſo war er nicht ſo guͤtig gegen die menſchen, als er haͤtte ſeyn muͤſſen, wann ſie ihn verſtehen ſolten. Wie ſtimmet das mit der weisheit des heiligen Gei - ſtes, daß er eine goͤttliche ſchrift verfertigen ſolle, die zuvor dem leſer, wegen ihrer ekelhaften duͤ - ſterheit, zum abſcheu werden muß, ehe ſie dieſel - be zu leſen begehren? machte ſich der heilige Geiſt nicht ſelbſt dadurch ein hindernis, das er durch ein neues wunder erſt wieder heben muͤſte, ehe nur der leſer einen vernuͤnftigen verſtand aus die - ſem wort herausbringen koͤnte? Iſt nicht die ver - derbte menſchliche natur vorhin wiederſpenſtig gnug, gegen alles, was geiſtlich heiſet? Muß der heilige Geiſt, da er dieſen wiederwillen heben will, erſt neue gelegenheit zu einem billigen eckel verſchaffen? Muͤſte ſein wort nicht laͤcherlich wer - den, wann es wahr waͤre, daß er ohne alle noth und urſache, von einer zunſt thoͤrichter und blin - der Rabbinen, die art der ſprache erborget haͤt - te, mit welcher alle voͤlker belehret, und zur ſce - ligkeit klug gemacht werden ſolten, 2. Tim 3, 15.

§. 59.

Doch, man nehme nur 3) die eigene Erfah - rung zu huͤlfe. Ich frage einen jeden, welcher das neue teſtament lieſet, ob er die claßicaliſchewort -81anderer Theil. wort-kuͤnſtlerei (terminologie) der alten Rabbi - nen erſt lernen muͤſſe, ehe er deſen warheiten ver - ſtehen, und daraus klug werden kan. Es ſind geſchichten und lehrſaͤtze in demſelben enthalten. Man darf nur der ſprache kundig, und des ge - brauchs ſeiner vernunft maͤchtig ſeyn, ſo verſte - het man, was der heilige Geiſt ſagen will. Ti - motheus konte es von kind auf begreifen. 2. Tim. 3, 15. in ſolchen jahren, da man die kunſt-woͤr - ter der elaßicaliſchen duͤſterheit zu begreifen noch nicht faͤhig iſt. Sogar die abgeſagten feinde die - ſes worts, die kein rabbiniſch buch jemahls geſe - hen hatten, waren dennoch im ſtande, das zu verſtehen, was in den heiligen buͤchern ſtunde. Sonſt haͤtten ſie es ſo ſchrecklich nicht verlaͤſtern koͤnnen. Die lebendige, uͤbernatuͤrliche Erkent - nis des goͤttlichen worts, entſtehet freilich durch die mit und in demſelben wuͤrkende kraft des hei - ligen geiſtes, der uns erleuchtet. Aber keine er - leuchtung iſt uns darzu verheiſen, daß wir erſt die ſprache ſelbſt, und deren natuͤrliche bedeu - dungskraft, durch eine unmittelbare einſprache des heiligen Geiſtes erlernen ſollen. Das waͤre ſonſt eben ſoviel, als wann der heilige Geiſt bei der Taufe, nicht allein das himliſche, das mit dem waſſer verbunden iſt, in uns wuͤrken, ſon - dern auch jedesmal durch ein wunder, das waſ - ſer, das ſchon da iſt, ſchaffen, oder es erſt zu galle machen, und ſodann ploͤtzlich wieder in waſ - ſer verwandeln muͤſte.

Herrnhut. II. Th. F§. 60.82Herrnhuterey in ihrer Schalkheit

§. 60.

Aber es kommen 4) noch ſchlimmere folgen hieraus. Dann wo es wahr ſeyn koͤnte, daß ei - ne ſolche rabbiniſche duͤſterheit das wort des HErrn umzogen haͤtte, welche zu vertreiben, der heilige Geiſt unmittelbar hand anlegen muͤſte: ſo bliebe uns keine richtſchnur der warheit forthin uͤbrig. Ein ſpruch der ſchrift, der noch ſo deut - lich waͤre, koͤnte von einem ſo, von dem andern ganz wiedrig erklaͤret werden. Womit wolte ei - ner gegen den andern die gewisheit ſeiner ausle - gung behaupten? es wuͤrde einjeder ſagen: die worte dieſes ſpruchs, ſind eine duͤſtere ſchul-ter - minologie der alten Rabbinen, ein fiſcher - und hirten-ſtylus. Mir hat der heilige Geiſt ihn ſo erklaͤret, wie ich ſage. Er hat mich leſen, hoͤren, und verſtehen gemacht. Der andere wuͤrde den gegentheiligen verſtand behaupten, und ſeinen heiligen Geiſt, nebſt deſen rabbinerſprache, fuͤr eben ſo guͤltig halten. Wer ſolte hier den ſtreit ſchlichten? Die alte Rabbinen aus Olam Habba wieder zu rufen, und ſie zu richtern uͤber die ſpra - che der bibel zu machen, wuͤrde wohl niemand rathen. Ja ich ſorge, ein heutiger verſtokter Jude, der ſich in der wortkunſt ſeiner Rabbinen ziemlich veſtgeſetzet haͤtte, muͤſte uns Chriſten am beſten eintreiben, und aus allen ſpruͤchen des N. T. machen koͤnnen, was ihm einfiele. Dann er duͤrf - te nur den graͤflichen erklaͤrungsſchluͤſſel nehmen. Er duͤrfte nur ſagen: euer Meßias und Paulus haben dieſes auf gut rabbiniſch geredet.

§. 61.83anderer Theil.

§. 61.

Ja, was wuͤrde 5) das geſchriebene wort GOttes nuͤtze ſeyn? es iſt nach des Grafen aus - ſpruch nichts, dann eine duͤſtere decke der alten(*)Es laͤſet ſich hieraus begreifen, warum der Graf rabbiniſche kirchenlieder mache. Davon wir eine probe im erſten ſtuͤk bei - gefuͤget haben. Er meinet nemlich dem hei - ligen Geiſt damit nachzuaͤffen, damit der ſtylus ſeiner kirchenlieder dem rabbiniſchen heiligen Geiſt, den der Graf erfunden hat, nichts nachgeben moͤge. Rabbinerſprache. Das waͤre noch aͤrger, als eine decke Moſis / die uns der heilige Geiſt geflieſentlich vor die augen gehaͤnget haͤtte. Pau - lus duͤrfte die Juden nicht mehr beſchuldigen, daß ſie aus fuͤrſatz ſelbſt muthwillig, 2. Cor. 3, 14. 15. herzen und augen in die decke Moſis ein - gehuͤllet haͤtten. Dann der Graf bezeuget, daß der heilige Geiſt eben dieſes gethan habe. Bei gelegenheit, daß jemand die decke(**)Es waͤre auch eine uͤberfluͤßige muͤhe vor den H. Geiſt, wann er erſt die rabbiniſche decke wegthun muͤſte, die er den ſeelen ſelbſt vorgeſpannet haͤtte, und hernach erſt wuͤr - ken koͤnte. Oder es koͤnte und muͤſte der H. Geiſt bei einem jeden ſpruch eine jede wuͤrkung verrichten, ohne den inhalt des ſpruchs zu dieſer wuͤrkung zu gebrauchen. Und anſiehet, komtF 2der84Herrnhuterey in ihrer Schalkheitder heilige Geiſt, und lehret ihn etwas ver - ſtehen, und gibt ihm heilige gedanken ein, die er noͤthig hat, wann er ſeelig werden will. Hie -ſe(**)Und dieſes letztere ſtehet dem Herrn Grafen nicht uͤbel an. Seine haͤßliche Oſterpredig iſt ein zeugnis davon. Da heißt es ſ. 4. vom jahr 1744. Die condeſcendentz des Hei - landes iſt ſo gros: daß / wann auch manchmal ein falſch verſtandener ſpruch / ein ungeſchikter ort / auf was gedeutet wird / wo er gar nicht hingehoͤrt / ſo hats deswegen nicht allemahl den effect / den die vernuͤnftigen leute / die nichts glauben / davon haben / es wird nicht allemal ein geſpoͤtte daraus: ſondern das herz / das dem Heiland nicht entgegen iſt / das hat manchmal aus der gering - ſten gelegenheit einen nutzen und ſeegen / und wird durch einen ſpruch uͤberzeugt / der das gar nicht beweiſt. Und daraus ſiehet man die groſe macht JEſu aufs herz / und ſeine treue gegens herz / und daß es ihm nicht darauf ankomt / daß die worte richtig uͤberſetzt und an - gebracht ſind: ſondern / wo nur ein herz da iſt / das faͤhig iſt / die gnade aufzu - faſſen / ſo wirds dem einen NB. unter dem ſaͤftgen / dem andern unter jenem vehiculo / beigebracht. 85anderer Theil. ſe dann ſolcher geſtalt das ſeelige wort des HErrn, eine kraft GOttes, die menſchen zu bekehren? ein licht, das da ſcheinet in einem dunkelen ort? 2. Petr. 1, 19. ein lebendiger ſaame, 1. Petr. 1, 23. aus welchem wir wiedergebohren werden?

§. 62.

Man ſiehet demnach, wohin die boshafte ſchalkheit, bei dieſer verlaͤſterung des goͤttlichen worts, abziele. Er ſuchet es auf alle weiſe ver - aͤchtlich, kraftlos, und verabſcheuenswuͤrdig zu machen, damit ſeine enthuſiaſterei an ſtat deſſel - ben gelten moͤge. Er verraͤth ſich nach und nach handgreiflich. Man weiß nun, warum er mit der uͤberſetzung des N. T. ſo leichtfertig umge - gangen iſt. Warum er bekehrungen dichtet, die der heilige Geiſt zehen jahre vorher vorgenom - men haben ſoll, ehe das wort GOttes darzu ge - kommen iſt. Er verbietet(*)Es ſpricht der Graf in ſeinem theologi - ſchen bedenken: ſ. 187. Ich komme auf den wichtigen punkt der H. Schrift. Es iſt wahr / ich habe vielmal ſorge ge - tragen / daß das bibel-leſen / wann es mit einer genauen collation / erforſchung / und art eines ſtudirens verknuͤpfet iſt / der gemeine eher ſchaͤdlich / als nuͤtzlich ſeyn koͤnne / vor jetzige zeit. (pro nunc) Das iſt aber aus reſpect vor die bibel ge - ſchehen / um ihren misbrauch zu verhuͤ - ten / weil ich zu der gnade des Heilandshoͤffe / es ſeinen bruͤdernF 3zu86Herrnhuterey in ihrer Schalkheit(*)hoffe / er werde eine zeit kommen laſſen / (die iſt nun kommen) daß kein wort in der ſchrift ſeyn werde / das unſerer ge - meine nicht von auſen und innen bekant / und mit unſerer ſalbung und ganzen fuͤh - rung in der ſchoͤnſten harmonie ſeye. Bis dahin wuͤnſche ich / daß der generalgeiſt der ſchrift / des geſetzes / der pſalmen / der weiſſagungen / der geſchicht von JE - ſu / des kirchenplans / der(*)Von dieſem ſchaͤdlichen unterſchied / der grund - und ſpecial-lehren der Apoſtel / ſiehe unten / §. 84. grund - und ſpecial-lehren der Apoſtel / in unſerer ge - meine lebe: und uͤberall der aufſchlus / (commentarius) der ſpruͤche / und die bibel ein woͤrterbuch (levicon) ſey / dar - innen wir aufſchlagen und finden koͤn - nen / was wir in lehr und weſen taͤglich und ſtuͤndlich brauchen. Es iſt ohn - moͤglich / daß ich dieſen gedanken nach ſeiner wichtigkeit gnugſam ausdruͤken kan. Ich will aber weiter nichts hin - zuthun ꝛc. Anderswo in der neujahrsre - de 1746. heiſet es, ſ. 12. vom alten teſta - ment: Uberhaupt iſt die heilige ſchrift / und die leſung derſelben / nicht auf die art gaͤng und gaͤbe geweſen / wie heut zu tage; und alſo darf man ſichs gar nicht concipiren / daß die leute ſo tief nachge - dacht haben. Man darf nur ein Chriſt, und kein ge - lehrter ſeyn, ſo faͤllet der frevelhafte wieder -ſpruch87anderer Theil. (*)ſpruch gegen GOtt und ſein wort, uͤber welches der Graf ſich eine unumſchrenkte macht herausnimt, von ſelbſt in die augen. Dann folgende warheiten ſind goͤttlich, 1) der HErr hat uns ſein wort gegeben, daß wir ſoviel von ſeinem ſinn und willen dar - aus erkennen, als er hinein geleget hat. Das heiſt, es ſoll reichlich unter uns woh - nen / mit aller weisheit. Col. 3, 6. Es ſtehet keinem menſchen, keiner gemeine frey, ſoviel davon zu leſen, und zu lernen, als ihr beliebet. Sogar iſt der ſeelig / der da lieſet und behaͤlt die worte der weiſſa - gung Offenbar. 1, 3. Sodann iſt es 2) ausgemacht, daß ein fleißiges forſchen, zu - ſammenhalten (collation) derer ſtellen, die einander aufſchlieſen, und erklaͤren, oder ein ſtudiren in dem buch des HErrn, zu einer dem zwek der ſchrift gemaͤſen erkentnis erfodert werde. Das nennet Paulus ein pruͤfen des guten / wohlgefaͤlligen / und vollkommenen willens des HErrn. Rom. 12, 2. Und dadurch waͤchſet man in dem erkentnis Chriſti / in aller weisheit, erfa - rung und fruchtbarkeit zu guten werken, wel - ches GOtt befolen Col. 1, 8. 10. 12. und die ganze ſchrift darzu verordnet hat, daß wir daraus lehre / wiederlegung / beſſerung / zuͤchtigung in der gerechtigkeit, als aus ei - ner reichen vorrathskammer, hernehmen ſollen, 2. Tim. 3, 16. 17. Weil nun eine,undF 488Herrnhuterey in ihrer Schalkheit(*)und eben die warheit, in mancherlei buͤ - chern und ſtellen der ſchrift vorkommt, und bald ausfuͤhrlicher an einem, bald kuͤrzer am andern ort, bald deutlicher und leichter, bald etwas ſchwerer, vorgetragen wird: ſo hat der weiſe urheber der ſchrift, keine an - dere abſicht hierbei, als daß wir eine ſtelle mit der andern vergleichen ſollen, ſonder - lich das alte mit dem neuen teſtament; Matth. 22, 31. 32. 43. 1. Cor. 15, 1. 3. 4. das heiſt die collation; daß wir daruͤber nachdenken, die darinnen verborgene ſchaͤtze der weisheit, mittelſt fleis und gebet ſo tief als moͤglich, einſehen, und auf unſern zu - ſtand ziehen ſollen; das heiſt erforſchen und ſtudiren / Joh. 5, 39. daruͤber nachden - ken / forſchen, ſuchen, Matth. 24, 15. Jeſa. 34, 16. Dieſes iſt 3) die pflicht al - ler menſchen / ſie moͤgen in der gemeine / oder auſer der gemeine, anfaͤnger oder ſtar - ke, ſeyn. Dann die heilige ſchrift macher die alberne weiſe / Pſal. 19, 9. und ſoll von kind auf ſtudiret werden, 2. Tim. 3. 15. Und an den neubekehrten zu Berrhoen, wird das taͤgliche forſchen in der ſchrift, uns zur nachfolge geruͤhmet, Apoſtelg. 17, 11. Dieſen goͤttlichen warheiten wiederſpricht der graͤfliche ſchwindelgeiſt, mit einer ver - wegenen herſchſucht, und verbietet ſeiner Synagoge, was GOtt geboten hat. Er ſpricht 1) das erforſchen, vergleichen, ſtu -diren,89anderer Theil. (*)diren, ſeye ein misbrauch der ſchrift, mehr ſchaͤdlich / als nuͤtzlich. 2) Er ſetzet nach ſeinem gefallen eine zeit / wielange ſolches unterbleiben ſolle; und wann 3) dieſe zeit vorbei iſt, wie er dann ſie vorbei zu ſeyn achtet: ſo ſoll ein generalgeiſt in ihnen ſeyn, und ohne dieſes vorgaͤngige erforſchen und leſen, ſogleich das alles den bruͤdern auf - ſchlieſſen, und entdecken, was im alten und N. T. ſtehet, alſo, daß durch eine vorgaͤn - gige ſalbung, ihnen alles von wort zu wort bekant werde, und ſie die bibel nur wie ein lexicon brauchen ſollen, welches ihnen woͤr - rer machen, und die innere ſchon vorhande - ne ſalbung, vom erſten grundſatz der lehre, bis auf den herrnhutiſchen kirchenplan, be - nennen ſoll, damit hernach alles, was man in der heiligen Schrift ſiehet und lieſet, lau - ter herrnhutiſcher lehr - und kirchenplan ſeyn moͤge. Das iſt ein recht ſataniſcher En - thuſiaſtengrif, der nur dahin abzielet, daß der Graf, als der generalgeiſt, erſt die ar - men leute nach ſeinen ſchaͤndlichen grundſaͤ - tzen bilden und formen, und ſodann, wo zuvor alle gelegenheit, ſolcher verfuͤhrung kun - dig zu werden, ihnen mittelſt warnung vor dem bibel-leſen, entzogen worden, mit dieſen vorgefaßten meinungen ſie in die ſchrift ſchi - cken will, welche uͤberall, wie ein woͤrter - buch, das ſagen ſoll, was er ihnen vorher ſchaͤdliches eingepflanzet hat. Das iſt ſeinwich -F 590Herrnhuterey in ihrer Schalkheitzu leſen. Er findet ſogar(**)Die worte heiſen alſo: Es iſt ſehr merkwuͤrdig / daß der H Geiſt nicht ein - mal das habe ſein werk bei der Schrift ſeyn laſſen / daß er in den hiſtoriſchen umſtaͤnden / den heiligen maͤnnern GOt - tes / einen wunderbaren beſonderen auf - ſchlus und erkentnis gegeben haͤtte. Daher es NB. gar nichts neues iſt / wenn man / was die hiſtoriſche umſtaͤnde be - trift / in der Schrift vielmal ſolche din - ge findet / die einander gerade wiederſpre - chen. Penſ. reden / ſ. 200. f. Ich irthuͤmer und fal -ſche(*)wichtiger gedanke / den er ohnmoͤglich gnugſam ausdruken kan. Dann es liegt ihm alles daran, dieweil, wie er ſpricht, die zeit dieſes general-irgeiſtes / oder Anti - chriſten, wuͤrklich vorhanden iſt. Und das heiſet ſein angeruͤhmter reſpect vor die bibel! welcher darinnen beſtehet, daß ſie niemand ehe leſen ſoll, er ſeye dan von dem Grafen vorher bezaubert worden, daß er der war - heit nicht gehorche / wie Paulus von der - gleichen verfuͤhrern redet Gal. 3, 1. So muß man es machen, wann die Schrift der eigenen auslegung eines boshaftigen men - ſchen unterworfen werden ſoll, wie Petrus von den letzten zeiten geweiſſaget hat 2. Petr. 1, 20.91anderer Theil. ſche nachrichten in demſelben. Er ſpricht, Pau -lus(**)Ich merke hierbei an: wenn die hiſto - riſche umſtaͤnde in der Schrift einander wiederſprechen, ſo faͤllet die glaubwuͤrdig - keit des geſchichtſchreibers nothwendig hin - weg. Dann GOtt verbietet uns mittelſt der geſunden vernunft, keine geſchichte vor wahr, vielweniger vor goͤtttlich anzuneh - men, welche ihren ungrund durch wieder - ſprechende umſtaͤnde ſelbſt an den tag leget. Und es iſt ein unlaugbares kennzeichen der hoͤhern offenbarung, daß ſie ſich ſelbſt nicht wiederſprechen muß. Wann die hiſtori - ſchen umſtaͤnde der ſchrift, einander wieder - ſprechen, ſo faͤllet unſer ganzer glaube da - hin. Dann es beruhet die ganze lehre von den anſtalten GOttes zu unſerm heil, auf hiſtoriſchen umſtaͤnden. Daß Chriſtus zu der zeit des kayſers Auguſti, in Bethlehem gebohren iſt. Daß er am dritten tage auf - erſtanden, daß er vierzig tage geſehen wor - den, daß ſein leiden und todt unter Pon - tio Pilato erfolget iſt ꝛc. ꝛc. Die Apoſtel ſind in ihren ſchriften die zeugen davon. Zeugen, die ſich in den hiſtoriſchen umſtaͤn - den wiederſprechen, ſind verdaͤchtig. Ein glaube, der auf einer verdaͤchtigen zeugen - ſage beruhet, iſt ein aberglaube. Ein aber - glaube iſt kein mittel zur ſeeligkeit. Hatder92Herrnhuterey in ihrer Schalkheitlus habe das ungluͤk(***)Auch dieſes ſaget der Graf, ohne ſich zu beſinnen, in den Penſ. reden / ſ. 134. Paulus / weil er ein gelehrter / hat das ungluͤk gehabt (alſo iſt die goͤttliche einge - bung ein ungluͤk vor ihn, dann er getraute nichts zu reden, das nicht Chriſtus in ihm wuͤrkete, 1. Cor. 2, 4. 13. 2. Cor. 13, 3. ꝛc. ꝛc. ) daß er am wenigſten verſtan - den wird / dann wann er eine warheit hingeſchrieben / ſo iſt ihm gleich einge - fallen / was kuͤnftig dagegen koͤnte ein - gewendet werden / daher er mit lauterfurcht gehabt, unverſtaͤnd -lich(**)der heilige Geiſt kein antheil an ſolchen hi - ſtoriſchen umſtaͤnden, die einen theil der ſchrift ausmachen; ſo kan eben ſo leicht ge - laͤſtert werden, daß er auch an den uͤbrigen ausſpruͤchen der ſchrift keinen antheil habe. Und ſo muß nicht mehr wahr ſeyn, daß die ganze ſchrift von GOtt eingegeben iſt / 2. Tim. 3, 16. Der Graf trit durch ſeine recht laͤſterliche bosheit, ohngeſcheut auf die ſeite der unglaubigen juͤden, heiden, naturaliſten und ſpoͤtter, welche von alters - her darauf ausgegangen ſind, wiederſpre - chende umſtaͤnde in der heiligen ſchrift zu finden. Der neue laͤſterer in dem Moſes mit aufgedektem angeſicht / iſt ſein treuer gehuͤlfe in dieſem unſinn.93anderer Theil. lich und mit lauter furcht zu ſchreiben, weil er eingelehr -(***)furcht geſchrieben / und geſucht hat / durch das eine wort das andere zu verwahren. Das haben die andere nicht noͤthig ge - habt / ſondern ſie haben ihre ſachen weggeſchrieben / wie es ihnen war / und habens dem HErrn uͤberlaſſen / wie ſie kuͤnftig wuͤrden verſtanden werden / und die hat GOtt einfaͤltig laſſen hinhan - deln / und eigentlich nur in lehrſachen / mit fermetaͤt aufſchreiben laſſen / was wahr iſt / das andere aber ihrer natuͤr - lichen notiz uͤberlaſſen. GOtt hats al - ſo geſchehen laſſen / daß ſie die natuͤrli - che / leibliche ſachen / nicht anders ha - ben ſchreiben koͤnnen / als ſie ſelbige ge - wuſt haben / und wenn es ein anderer anders gewuſt hat / ſo hat ers wieder anders geſchrieben. Wenn nun die zwei zuſammenkommen ſind / und haben ih - re buͤcher gegeneinander gehalten / ha - ben ſie dieſelbe dennoch nicht corrigiret / ſondern aus reſpect vor der goͤttlichen gnadenarbeit / ſo gelaſſen / wie ſie einem jedem gerathen war ꝛc. Wir wollen dieſe gottslaͤſterliche frevelre - den ein wenig zergliedern. 1) Paulus hat aus eingeben des H. Geiſtes, und zwar mit groſer freudigkeit geſchrieben. Weilwir94Herrnhuterey in ihrer Schalkheitgelehrter geweſen waͤre. Die Apoſtel haͤtten mitfleis(***)wir eine ſolche hofnung haben / (daß un - ſer amt ein amt des geiſtes iſt, v. 5. 6. ) brauchen wir groſe freudigkeit / ſo bezeu - get er 2. Cor. 3, 12. Dem Graſen aber hat ſein generalgeiſt gerade das gegentheil eingegeben; daß nemlich Paulus das un - gluͤk habe, nicht verſtanden zu werden, und zwar deswegen, weil er ein gelehrter war / und mit lauter furcht ſchriebe. Weshal - ben auch der Graf die worte Petri, 2. Petr. 3, 16. durch antrieb eben dieſes generalgei - ſtes, der ihn alle worte der ſchrift ſoll ver - ſtehen lehren, ſo ſchaͤndlich uͤberſetzet hat: Paulus hat etliche ſachen undeutlich vorgetragen. Siehe ſeine uͤberſetzungs - probe des N. T. an gedachtem ort. 2) Die heilige maͤnner GOttes haben durch eben den heiligen Geiſt geredet, der ſie nach Chriſti verheiſung in alle warheit leiten ſol - te, 2. Petr. 1, 21. Johan. 16, 13. alſo, daß ihr wort ein goͤttliches wort der war - heit iſt, 1. Theſſ. 2, 13. Joh. 17, 17. kein evangelium zum irthum / 1. Theſſ. 2, 3. Hieruͤber wird nun die graͤfliche ſal - bung / und ſein generalgeiſt, zu einem aus - leger (comentario) folgender maſen: die andere apoſtel haben zwar keine ſolche furcht / wie Paulus / noͤthig gehabt:ſie95anderer Theil. fleis irthuͤmer in ihren ſchriften ſtehen gelaſſen, aus reſpect vor ſolche gnadenartbeit.

§. 63.

(***)ſie haben nicht beſorget / es moͤchten gruͤnde des wiederſpruchs in ihren ſchrif - ten geſuchet werden. Aber Paulus hat mit lauter furcht / und deswegen dun - kel geſchrieben. Warum? Er hat a) als ein gelehrter / mithin nicht als ein erleuch - teter vom heiligen Geiſt, geſchrieben. b) Er hat etwas gethan, das die andere apo - ſtel, als ungelehrte, nicht noͤthig hatten. c) Die andere apoſtel haben ihre ſachen weggeſchrieben / wie ihnen war. Pau - lus aber hat anders geſchrieben, als ihm war. Wie war dann den uͤbrigen, wann ſie ſchrieben? ohne zweifel war ihnen alſo, wie der heilige Geiſt ſie haben wolte, und wie er ſie lehrete, wann ſie ſchrieben. Aber dem gelehrten Paulu war nicht al - ſo / wann er ſeine briefe an die Chriſten ſchriebe. Wer will dann, wo dieſes wahr iſt, was der Graf lehret, dem H. apoſtel Paulo glauben? d) Die andere habens dem HErrn uͤberlaſſen / wie ſie kuͤnftig wuͤrden verſtanden werden. Paulus hat dieſes nicht gethan. Anſtat es dem HErrn zu uͤberlaſſen, hat er ſeinen eigenen geiſt der furcht und kuͤnſtlerei, gegen das vertrauen auf den HErrn, in ſich herrſchen laſſen,und

96Herrnhuterey in ihrer Schalkheit

§. 63.

Nun ſuchet zwar der Graf dieſer laͤſterung ei - nigen ſchein zu geben. Er will das anſehen ha -ben,(***)und dadurch das ungluͤk gehabt / daß er ein wort durch das andere verwahren wollen / und damit iſt es geſchehen, daß er am wenigſten verſtanden / mithin in der that unbrauchbar wird. e) GOtt hat die uͤbrige apoſtel einfaͤltig laſſen hinhan - deln; aber Paulum nicht; den hat GOtt, weil er gelehrt, und voller furcht war, aus dieſer einfalt ſeiner mitbruͤder, auf ei - genes wuͤrken verfallen laſſen. f) Insge - ſamt hat GOtt die heilige maͤnner nur in lehrſachen / mit gewisheit und zuver - laͤßigkeit / (fermeté) ſchreiben laſſen / und zwar das, was wahr iſt: das andere hat er ihrer natuͤrlichen notiz uͤberlaſſen. Da - her iſt es g) gekommen, daß einer in die - ſen ſachen dem andern wiederſprochen hat, weil ſein natuͤrliches wiſſen, dem natuͤrli - chen wiſſen eines andern apoſtels, ſchnur - ſtraks entgegen war, mithin einer von bei - den unrecht und falſch ſchreiben muſte. h) Solche einander wiederſprechende, ſind dann manchesmal zuſammen gekommen, und haben ihre ſchriften gegeneinander ver - glichen. Was ſoll geſchehen? wann ſie nur von natuͤrlicher ehrlichkeit waren,ſo97anderer Theil. ben, als eifere er nur gegen den wahn derer, wel -che(***)ſo wird jederman von ihnen hoffen, daß ei - ner dem andern ſeinen fehler gezeiget, und die falſche natuͤrliche notiz, mit einer wah - ren natuͤrlichen notiz verwechſelt haͤtte? dann zu was ende haben ſie ſonſt ihre ſchrif - ten gegeneinander gehalten? aber der Graf weiß es viel beſſer, wie ſie es gemacht ha - ben. Nichts haben ſie corrigiret. So wenig war dieſen maͤnnern GOttes an der warheit gelegen! ſo gleichguͤltig war es ih - nen, ob wir ſie als luͤgner, oder warhaf - tige, in ihren ſchriften finden moͤchten. Ja, ſie muſten nach des Grafen einſicht, vol - ſtaͤndige und ganze luͤgner werden. Sie haͤtten corrigiren koͤnnen, was ſich bei der vergleichung beiderlei ſchriften, falſch be - funden hatte. Aber ſie lieſen das wohl bleiben. Sie berichteten demnach mit fuͤr - ſatz, und gegen beſſere belehrung, was un - gegruͤndet war. Und einer wiederſpricht dem andern geflieſentlich, auf den heurigen tag. Aber wie komt das? antwort, das, was ſie haͤtten corrigiren koͤnnen, weil es wiederſprechend war, muſte, als einmal niedergeſchrieben, alſo ſtehen bleiben. Auch dieſes falſche und irrige war eine goͤttliche gnadenarbeit / die muſte ſo gelaſſen wer - den / wie ſie einemjeden gerathen war. UndHerrnhut. II. Th. G98Herrnhuterey in ihrer Schalkheitche die unverantwortliche thorheit begiengen,die(***)Und das erfoderte der reſpect vor ſolche goͤttliche gnadenarbeit. Sie haͤtten demnach eine goͤttliche gnadenarbeit ver - ſchimpfet, wann ſie das irrige weggethan, und das falſche verbeſſert haͤtten. Gnug, daß die goͤttliche gnadenarbeit nicht beſſer gerathen war. Die zuſammenkunft ſol - cher zwei goͤttlichen maͤnner, die gegenein - anderhaltung ihrer ſchriften, und die ent - dekung manches wiederſpruchs und ir - thums, welche bei dieſer gelegenheit geſcha - he, dienete nur zum zeitvertreib; und ſie lerneten dabei, daß die goͤttliche gnadenar - beit, das iſt, die eingebung GOttes, auch irthuͤmer, und ſachen wider die warheit, haben wolle. Ja, dieſer geiſt des irthums, erfoderte einen ſolchen reſpect, kraft deſen man ſich nicht erkuͤhnen durfte, den irthum wegzuſchaffen, ob man ihn gleich mit haͤn - den grife. Dieſen grundſatz hat ſich der Graf veſt - geſtellet, und wann er kuͤnftig ſelber dieſem exempel nachfolget, irthuͤmer und unwar - heiten, wiſſentlich und mit fuͤrſatz, in die welt zu ſchreiben, ſo muß kein menſch ſich in den ſin kommen laſſen, ihm zu ſa - gen: heiliger vater! warum thuſt du die - ſes? Er wird gleich fertig ſeyn mit der ant -wort:99anderer Theil. die Schrift auszukuͤnſteln / daß man wider al - len ſinn und verſtand / glauben ſolle / ſie ſeye gelehrt / zuſammenhangend / und nach unſe - rer art / methodiſch geſchrieben / (§. 54.) Allein, dieſer ausweg iſt uͤbel ausgedacht. Wenn man nur ſagen will, es ſeye thoͤricht, an der ſchrift zu kuͤnſteln; ſo iſt gar nicht noͤthig, daß man ſieG 2deswe -(***)wort: ſo haben es ja die apoſtel gemacht. Es iſt eine goͤttliche gnadenarbeit / die muß man aus reſpect laſſen / wie ſie ge - rathen iſt. Ja, was wird man antwor - ten koͤnnen, wann kuͤnftig eben das auf die heilige Schrift von jemand gezogen wird, was der Graf den ſymboliſchen buͤchern, und religionsleuten vorwirft: deſto liederli - cher iſts / dergleichen aus goͤttlicher vor - ſehung / mit ſichtbaren kennzeichen der menſchlichkeit verſehene geburten (pro - ductiones) zu canoniſiren. Predig vom Vater / dem GOtt der gemeine / ſ. 8. Das ſind nun die geſalbten einfaͤlle des Grafen. Das iſt ſein generalgeiſt / der ihm alle worte der ſchrift erklaͤret hat. GOtt gebe doch, daß dieſe teufliſche ſpoͤtte - rei gegen ſein wort, welche nicht verruchter ſeyn koͤnte, die tuͤken dieſes menſchen bei al - len, die nur noch eine natuͤrliche ſcheu vor goͤttlichen ſachen haben, moͤge kennbar ma - chen.100Herrnhuterey in ihrer Schalkheitdeswegen als ein rabbiniſch, miſerables, mit allerlei irthuͤmern angefuͤltes buch, beſchreibe. Dann dieſe thorheit iſt ja noch weit ſchlimmer, und bringet ungleich mehr verantwortung, als die erſte, welche alle eigenſchaften einer laͤſterung hat. Man ſiehet alſo deutlich, daß der Graf nicht im ſinn hat, einen an der ſchrift begangenen fehler zu ſtrafen, ſondern der ſchrift ſelbſt die ſchaͤnd - lichſten fehler aufzubuͤrden. Was kan die ſchrift darzu, wenn jemand eine lehrart ihr anmeſſen will, die dem H. Geiſt nicht beliebet hat? Aber folget dann daraus, daß ſie weder gelehrt / noch zuſammenhangend geſchrieben ſeye? Sie iſt nicht allein gelehrt, ſondern uͤber alle vernunft und gelehrtigkeit. Die heimliche weisheit GOt - tes ſpiegelt ſich in derſelben, und das geheimnis des goͤttlichen willens / 1. Cor. 2, 6. 7. Epheſ. 1, 9. Sie hat auch natuͤrlichbekante warheiten, welche den gelehrteſten ein licht anzuͤnden koͤnnen. Sie ſchlieſet uns in deutlichen ſaͤtzen auf, was die ſchaͤrfſte vernunft, durch muͤhſames nachſinnen als wahr und richtig befunden hat, wann ſie oh - ne dieſes uͤbernatuͤrliche licht, von GOtt und von der welt richtig zu urtheilen, bemuͤhet war.

§. 64.

Daß man aber laͤugnen will, die ſchrift ſeye nicht zuſammenhangend geſchrieben, weil etwa ein fuͤrwitziger menſch, ihr einen frembden und erdichteten zuſammenhang aufbuͤrden will, das iſt, wann ich mit den graͤflichen worten reden ſoll,eine101anderer Theil. eine unverantwortliche thorheit. Es haͤnget al - les, was in der ſchrift ſtehet, dadurch zuſam - men, daß es zum glauben an Chriſtum, zur gott - ſeeligkeit, zur ewigen wolfahrt ein mittel iſt; ein - jedes in ſeiner maaſe. Es iſt, alles zuſammen - genommen, ein - und eben das mittel zum heil der ſuͤnder. Iſt das nicht ein edler zuſammenhang aller warheiten dieſer offenbarung? Es haͤngt al - les zuſammen, da ein zeugnis das andere erklaͤ - ret, erlaͤutert, beweiſet. Wie dann alles, was wahr iſt, mittelbar und unmittelbar zuſammen - haͤnget. Der heilige verfaſſer eines jeden buchs, und einer jeden materie, hat alles, entweder nach der natur und beſchaffenheit der ſache, oder nach ſeiner weiſen abſicht, auf GOttes eingeben, aneinader gehaͤnget, und verbunden. Einjede geſchichte in der ſchrift, haͤnget zuſammen, ſo, daß ein umſtand aus dem andern verſtanden wird, und kein wiederſpruch aus eben dieſer urſache ent - ſtehen kan. Obgleich der Graf dieſes letztere nicht leiden will. Die glaubenslehren haͤngen derge - ſtalt zuſammen, daß man erklaͤrungen, beweis - gruͤnde, anwendungsgruͤnde, mit vergnuͤgen ſie - het, und die weisheit des hoͤchſten verfaſſers be - wundert. Kan doch ein boshafter menſch ſeine raͤnke in einen zuſammenhang bringen, ſo, und dergeſtalt, daß eine tuͤke der andern, eine luͤge der andern, wenigſtens auf eine zeit lang, und bei den verfuͤhrten und verblendeten, nach den ab - ſichten des betriegers, vorſchub thut. Warum ſolte dann die himliſche weisheit ihre warheitenG 3nicht102Herrnhuterey in ihrer Schalkheitnicht zuſammenhaͤngen koͤnnen? oder warum ſol - te ſie das nicht thun wollen?

§. 65.

Ich wuß doch ſagen, wo es dem Herrn Gra - fen ſtekt, wann er den zuſammenhang ſo uͤbel lei - den kan. Nemlich, ſein generalgeiſt, wie oben erinnert worden, (§. 62. *) bringet ihm ein lehr - gebaͤude, und einen kirchenplan in das gehirne, ehe man noch die ſchrift zu leſen brauchet. Im fal nun die heilige ſchrift nachher in dieſe form paſſen ſoll; ſo iſt unmoͤglich, daß ihr zuſammen - hang mit jenem zuſammenhang ſtimmen koͤnne. Einzelne ſtuͤke der ſchrift lieſen ſich zur noth von ihm(*)Wie unzehligemahl dieſes geſchehen ſeye, ja, wie alle freche reden des Grafen, die er predigen und gemeinreden nennet, faſt nichts anders, wo ſpruͤche der heiligen ſchrift angefuͤhret werden, als eine gewaltſame mishandlung des goͤttlichen wortes ſind, das liegt am tage. Siehe das erſte ſtuͤk. Eine andere ſchaͤndliche probe davon, ſtehet in der rede auf das kirchweihfeſt der maͤh - riſchen bruͤder / ſ. 10. da heiſt es alſo: es iſt bekannt / daß die juͤden in dem wahn ſtunden / ſie waͤrens allein / und wuͤr - dens bleiben. David macht ſelbſt das epiphonema: So ehut er keinen heiden /noch martern, und in die ſchnur des general -geiſtes103anderer Theil. geiſtes flechten. Aber der zuſammenhang, den der wahre heilige Geiſt gemacht hat, iſt eben demG 4lieben(*)noch laͤſet ſie wiſſen ſeine rechte. Hallelu - jah! anſtat daß wir heut zu tage / und vor uns ſchon die apoſtel / wenigſtens Paulus / ſingen koͤnnen: Mein GOtt / du ſiehſt ſie weiden / und dich vermei - den / durch ſatans bloſes neiden / und dir zum hohn / ꝛc. ꝛc. das klinget ſo ein bisgen weinerich: ſo ſang David / der Patriarch: du laͤſeſt die heiden ihre wege gehen / du laͤſeſt ſie deine rechte nicht wiſſen / Hallelujah! GOtt lob und dank! Der zuſammenhang der worte Davids mit dem vorheꝛgehenden, faͤlt einem kind in die augen. Nemlich, David preiſet den HErrn vor die unausſprechliche wolthat, daß er die juͤden vor allen andern voͤlkern, zu ſeinem eigenthum erwehlet hatte. Es iſt der 147. Pſalm. Man leſe daſelbſt, v. 1. 2. 12. 19. Der Graf aber preiſet in dieſer rede die vor - zuͤge ſeines herrnhuts, und fuͤrnemlich die - ſen, daß es die heiden bekehre. Damit nun die bruͤder ſich deſto groͤſer darauf duͤnken moͤgen, ſo ſetzet er den herrnhutiſchen ge - ſang, dem loblied Davids entgegen. Je - ner iſt apoſtoliſch, oder zum wenigſten (dann die uͤbrige Apoſtel ſcheinen ihm kaum ſoviel verſtand zu haben,) aus dem geiſtedes104Herrnhuterey in ihrer Schalkheitlieben Grafen der ſtarke zaun, den er nicht durch - brechen kan; die kette, die er mit ſeinen loſenſtriken(*)des Paulus. Die herrnhuter ſingen wei - nerig / oder mit weinen und erbarmen, daß die arme heiden ſo in der irre gehen. Aber der David, der doch ein Patriarch ſeyn will, und noch mit dem juͤdiſchen wahn geblendet iſt, ſinget das mit froloken, und ſpricht, hallelujah! GOtt lob und dank, daß die heiden ſo blind dahin gehen! was war nun David, wann dieſes wahr ſeyn ſoll? 1) er wird zum exempel, eines juͤdi - ſchen wahns, angefuͤhret. Alſo redet er in dieſem Pſalmen, den ihm der geiſt GOttes eingegeben hat, als ein blinder juͤde. 2) Folglich misbrauchet er auch den namen GOttes nicht wenig, und iſt ein ſchaden - froh uͤber das ungluͤk der heiden. Dann er meinet, die juden waͤrens allein / und wuͤr - dens bleiben. Und weil die heiden ihre we - ge gehen, ſo ſinget er GOtt lob und dank! da er doch mit den herrnhutern weinen, und des Grafen ſein lied haͤtte ſingen ſollen. Ich glaube nicht, daß unwiſſenheit, und mangel der einſicht, den Grafen auf dieſe ſchaͤndliche abwege bringen. Es muͤſte dann die rabbiniſche deke ihm vor den augen haͤn - gen. Es iſt vielmehr eine argliſtige bosheit. Seine ſynagoge uͤber alles zu erheben, alswohin105anderer Theil. ſtriken nimmermehr durchfahren wird. Daher ihm viel lieber waͤre, man ſchafte das buch derG 5ſchrift(*)wohin ſeine thaten und werke einzig abzie - len, muß David, und der H. Geiſt, der durch David geredet hat, ein armer ſuͤnder ſeyn. 1) David lobſinget dem GOtt Iſrael fuͤr die wolthaten, womit die goͤttli - che barmherzigkeit das volk des eigenthums, vor allen voͤlkern der welt, begnadiget hat. Dahin gehet ſein Hallelujah. Das zeuget der zuſammenhang des ganzen Pſalmen. Der Graf aber iſt ſo ſchwuͤlſtig und feindſee - lig, daß er ihn ſchriftlich verlaͤumdet, und ſein Hallelujah, als eine wuͤrkung ſeines ſchadenfrohen herzens, uͤber das elend der heiden, angibt. 2) David ſoll einen juͤ - diſchen wahn damit verrathen. Und wer wuſte beſſer von der bekehrung der heiden, aus trieb des H. Geiſtes zu ſingen, als Da - vid? wer hat ſich im geiſte mehr daruͤber erfreuet? wer ſpricht von dem Meßias: heiſche von mir / ſo will ich dir die heiden zum Erbe geben / und der welt ende zum eigenthum? Pſalm 2, 8. Man leſe doch Pſ. 67, 3. 47, 9. 82, 8. 117, 1. Wer weiß nicht, daß Paulus dieſe letzte ſtelle, als ein zeugnis aufuͤhret, die bekehrung der heiden damit zu erweiſen, Roͤm. 15, 11. Dieſen David, den Paulus mit groſemreſpect,106Herrnhuterey in ihrer Schalkheitſchrift gaͤnzlich ab, und lieſe das armſeelige rab - binen-hirten - und fiſcherzeug, im finſtern liegen. Dieweil aber dieſes noch zur zeit gar zu plump heraus kaͤme: ſo laͤſt er es dermalen noch bei uͤberſetzungsproben, duͤſterheiten, irthuͤmern, ver - bieten des leſens und erforſchens, ſalbungen, fuͤh - rungen, und bei dem generalgeiſt, bewenden. Kuͤnftighin wird es ſich ſchon beſſer fuͤgen. Er ſchmaͤlet oft gegen die gelehrten, gegen argumen - ten / und endlich gegen Paulum, der ein wort mit dem andern verwahret / alles ſo genau zu - ſammenhaͤnget, und aneinander ſchlieſet, daß man ohne zerſchellen des herrnhutiſchen kopfs, nicht wohl durchdringen kan. Die uͤbrige Apo - ſtel gelten in ſo weit, als ſie mit fermeté, ſchrei - ben, das iſt, in ſoweit ſie der Graf vor guͤltig und zuverlaͤſig erkennet. Das ſind des Herrn Grafen ſeine gnadenvolle cautelen / die er ſon - ſten nur in der Augſpurgiſchen confeßion, zum gluͤklichen ſymboliſiren, gefunden hat, (theol. bedenk. ſ. 166.) nun aber, in dem bibelbuch ebenſo(*)reſpect, als einen zeugen dieſer warheit, auf - fuͤhret, ſchaͤmet ſich ein ſolcher elender ſchwin - delgeiſt ſogar nicht, mit ſchmach zu belegen! und ſeine heilloſe haͤndel mit den wilden, vor eine groſe heidenbekehrung auszugeben. Doch, darin gebe ich ihm beifal, daß we - der David, noch der heilige Geiſt, dieſe be - kehrung beſingen konte.107anderer Theil. ſo weislich anbringet. So kan man die irthuͤ - mer der Apoſtel weglaſſen / und alle noͤthige warheiten hinzuthun / das iſt, in der duͤſtern claßicalterminologie der alten rabbinen, mittelſt der ſalbung, alles zu einer warheit machen, was in dem miſerablen buch ſonſt niemand finden wird.

§. 66.

Doch, der Graf hat vielleicht mehr reſpect vor die ſchrift, als wir glauben. Er ſpricht doch gleichwol, ihr goͤttlicher geiſt und leben ſeye in obgedachte miſerable windeln eingewikelt. Dem - nach geſtehet er dem wort GOttes einen goͤttli - chen geiſt und leben. Es iſt wahr, daß er durch dergleichen untermengte ſchoͤne lobſpruͤche, man - chen barmherzigen leſer zu blenden ſuchet. Al - lein, man halte nur dagegen, was er oben ge - aͤuſert hat, ſo wird auch dieſe ſchalkheit hand - greiflich werden. Erſtlich, nimt er ſich ohne ſcheu die freiheit, das wahre und das irrige in der ſchrift, nach belieben zu beſtimmen. Wie kan aber geiſt und leben in denen ſtellen ſeyn, die er ſelbſt vor irrig ausgibt? wie kan er den lehrſchrif - ten Pauli, geiſt und leben zutrauen, wann ſich Paulus bei aufzeichnung ſeiner ſaͤtze, ſo uͤbel auf - gefuͤhret hat, wie der Graf oben gegen ihn kla - get. Zum andern, wie kan geiſt und leben in der ſchrift ſeyn, wann, ehe ſie geleſen, und be - trachtet werden darf, der generalgeiſt erſt geiſt und leben in das herz bringen muß, die ſchrift aber ſodann zu einem woͤrterbuch dienen ſoll? Was108Herrnhuterey in ihrer SchalkheitWas er demnach von dem goͤttlichen geiſt und leben ruͤhmet, das gehet auf nichts anders, als auf ſeinen generalgeiſt, den er erſt in die ſchrift hineintragen, und in deren rabbiniſche Lumpen einwikeln muß. Wann dieſes geſchehen iſt, ſo hat er den handgrif, ihn wieder heraus zu wik - keln. Das iſt dann der ganze hochgeruͤhmte re - ſpect / den der Graf vor die bibel traͤget. So, wie ein Apoſtel des andern unwarheiten, als ei - ne gnadenarbeit, reſpectiret haben ſoll, (§. 62. ***)

III. Vom Vater, dem GOtt der gemeine. Predig in der Schloskirche zu Marienborn / den 19. Decemb. 1745.

Erſtes Hauptſtuͤk. Verlaͤumdung der ſymboliſchen Buͤcher.

Inhalt.

  • Eingang dieſer predig / und abſicht deſſelben / §. 67. 68. Die GOt - tesvergeſſenheit die - ſes eingangs / der ſtat des gebets / aus lau -te! verlaͤumdungen be - ſtehet / §. 69.
  • (1) Vorwuͤrfe gegen die ſymboliſche buͤcher / werden abgelehnet / nemlich / daß ſie ir -thuͤmer109anderer Theil. thuͤmer in ſich faſſen / §. 70. Daß wir alle moͤgliche warheiten darinn ſuchen / §. 71.
  • (2) Vorhabende abwei - chung des Grafen von dieſen buͤchern / §. 71. num. 4.

  • (3) Ausſchlieſung der ev - angeliſchen / aus der chriſtlichen kirche / §. 72. num. 5.
  • (4) Angemaßte ausſpruͤ - che des H. Geiſtes / zu beſchoͤnigung der ſchaͤndlichen irlehren / num. 6.

§. 67.

IN dieſer rede gedenket der Herr Graf etwas rechts vorzutragen, einen glaubensartikel vom erſten rang. Er ſiehet 1) voraus, daß es ſehr ſchwer ſeyn werde, die gedanken in der rich - tigen ordnung zu halten. Darum faͤngt er mit dieſen worten an: Die wichtigkeit der heuti - gen materie iſt ſo gros / daß ich nur wuͤnſche / daß die gedanken einander in der richtigen ordnung folgen / ſ. 3. Dann es gehoͤret aller - dings etwas darzu, ſolche unſeelige gedanken in der ordnung zu halten, welche der geiſt der un - ordnung erzeuget hat. Wann Paulus leute von zerruͤtteten ſinnen beſchreibet, ſo nennet er die, welche mit ſolchen gedanken ſchwanger ge - hen. Das iſt demnach der voreingang zu ſeiner predig. Der rechte eingang handelt 2) von der ſyſtematiſchen theologie, oder von denen aus der ſchrift geſamleten warheiten, welche in einem zu - ſammenhangenden lehrgebaͤude ſtehen. Daruͤber critiſiret er ſehr ungnaͤdig, wie auch uͤber das be - ten aus dem kopf, ſ. 3. 4. Und komt endlichauf110Herrnhuterey in ihrer Schalkheitauf die Bekentnis-Buͤcher der Religionen: zuletzt aber auf die Augſpurgiſche Confeſ - ſion, ſ. 6. 7. Er meinet, der plan dieſes Aug - ſpurgiſchen kirchenbuchs, ſeye keines weges der, daß man gewiſſe lehren habe veſt ſetzen / ſon - dern / daß man nur zeigen wollen / wie man dieſe und jene irthuͤmer nicht habe. Und das letzte ſeye der nutzen / der von dem rechten ge - brauch dieſerlei verſehungen zu hoffen waͤ - re / ꝛc. ꝛc. ſ. 7.

§. 68.

Man hat billige urſachen, hierbei nachzuſin - nen. Warum faͤngt doch dieſer prediger von den bekentnisbuͤchern, inſonderheit von der Aug - ſpurgiſchen conſeßion, ſeinen vortrag an? dann ſein text hat mit dieſen ſachen die geringſte ver - wandſchaſt nicht. Er heiſet: Ich fahre auf zu meinem vater / und zu eurem vater / zu mei - nem GOtt / und zu eurem GOtt / Joh. 20, 17. wie er ſ. 3. der predig vorgedrukt worden. Die drei Chriſtliche religionen, und ihre bekent - nisbuͤcher, verſtehen dieſen ſpruch voͤllig nach dem ſinn Chriſti, und es iſt gar kein ſtreit daruͤber. Allein, es erfodert kein tiefes nachdenken, die abſicht des geiſtlichen redners gleich zu errathen. Der Graf hat ſich ehedem zur Augſpurgiſchen con - feßion bekennet, und macht nicht wenig ruͤhmens davon, wie im erſten theil gezeiget worden. Da er nun, aus obgedachten worten, ſeiner gemeine ihren Vater darſtellen will; ſo muß er ohne zwei -fel111anderer Theil. fel voraus merken, daß es der Vater nicht ſeyn werde, den man in der Augſpurgiſchen conſeßion findet, nemlich, GOtt Vater, Sohn, und H. Geiſt. Alſo war es noͤthig, von dieſer ſchaͤdli - chen confeßion, ſich zum voraus wieder loszuſa - gen, und ſie den bruͤdern theils als eine(*)Er erinnert zuvor, ſ. 7. welch ein groſer ſchade es ſeye, daß man ſolche bekentniſſe der bibel gleich ſetze. Er wird aber auch wiſſen, daß in unſerer kirche kein menſch dieſes zu thun begehre. Sonſt muͤſte er, in einer ſo heiligen rede, ſeine bruͤder ge - flieſentlich mit unwarheiten berichten. Wir verabſcheuen das als einen greuel, wann jemand menſchliche, an ſich auch gute und heilige buͤcher, der heiligen ſchrift gleich ſe - tzet. Noch viel ſchaͤndlicher iſt das in un - ſern augen, wann jemand die heilige ſchrift viel aͤrger als ein menſchlich buch, mis - handelt, (ſiehe das zweite ſtuͤk) und ſei - ne boshafte erfindungen, der heiligen ſchrift entgegen ſetzet, ja dieſelbe noch weit uͤber die ſchrift erhebet, wie wir bald ſehen wer - den. Wir glauben demnach, und ſehen offenbar, daß dem Herrn redner die hoch - achtung vor GOttes wort, ſo ſehr nicht am herzen liege, wie er vorgeben will: ſonſt muͤſte er ganz anders davon ſprechen, als oben geſchehen iſt. Hierauf folgen nundie mis -geburt,112Herrnhuterey in ihrer Schalkheitgeburt, abzumahlen, theils die gnadenvolle cau - tel (§. 65.) ihnen beizubringen, daß gedachte bekentnis die veſtſetzung der warheiten, nicht zur abſicht habe. (§. 67.)

§. 69.

(*)die ſchoͤne Gedanken des Grafen von den confeßionen: 1) daß in einerjedweden of - fenbare fehler ſtehen / daß faſt in einer jedweden falſch uͤberſetzte / auch wohl nur vergriffene ſpruͤche ſtchen / daßſpruͤ - che angefuͤhret werden / die entweder nicht ſo / oder gar nicht in der bibel ſte - hen / daß zuweilen einem Apoſtel zuge - ſchrieben wird / was ein Prophet ge - ſagt hat / oder etwa dem apoſtel Pau - lus / was nur Petrus / (nur Petrus! der iſt gewiß anitzt geringer in des Grafen au - gen, als Paulus) autores angefuͤhrt / die ihr lebtag nicht in der welt geweſen ſind / ſpruͤche auf eine art exegeſirt wer - den / von welchen kein profeſſor auf ei - niger univerſitaͤt / kein ſchulrector / kein tertius / das herz in ſeinem leibe nichr haͤtte / die auslegungsregeln zu unter - legen / weil er gewiß weiß / da es nicht zutrift. 2) Daß man das nun eingeſte - het / das iſt gut / aber deſto liederlicher iſts / gar 3) zu behaupten / daß alle warheit drinnen iſt / von Chriſti ge - burt an / bis auf den juͤngſten tag / unddaß

113anderer Theil.

§. 69.

Es iſt recht gut, daß uns der Herr Graf zum eigentlichen verſtand ſeiner Predig, ſo treuherzighat(*)und daß NB. die wuͤrklich 4) darinnen befindliche warheiten bei taͤglichem an - wachs der einſicht / und der demonſtra - tion / mit eben den modificationen muͤſ - ſen fortgeprediget werden / die damals gegolten haben / und das / was um die goͤttlichen warheiten herum zu beden - ken / und zu deuten / und manchmal ein annexum ihres grundes iſt / in dieſelbi - ge ſchranken mit eingeſchloſſen werden muͤſſe / und daß man in der art / um die ſachen begreiflich zu machen / ſich nicht einmal einer bequemern und beſſern me - thode bedienen duͤrfe / wann ſie gleich / nach einer ſchon algemeingewordenen art zu denken / nun anders und beſſer praͤſentiret. Sehet 5) dergleichen Ideen ſind kirchenfehler / exitialfehler / die die religionen durch die ungluͤkſeeligen fol - gen / von dem recht / eine kirche Chriſti zu ſeyn / ausſchlieſen / (welches eine mi - ſerable ſache iſt) die 6) dem H. Geiſt zum voraus alle gelegenheiten praͤripi - ren / jemals ſelbſt zu predigen / jemals ſelbſt lehrer zu ſeyn / und in ſeiner ſpra - che zu reden / weil es gewiſſe leh -renHerrnhut. II. Th. H114Herrnhuterey in ihrer Schalkheithat vorbereiten wollen. Dann dieſer eingang gehet ſchon bis auf die neunte ſeite, und noch wei - ter. Und wir haben noch kein wort von ſeinem text: Ich fahre auf zu meinem Vater ꝛc bis daher vernommen. Obgleich die herrliche war - heiten dieſer worte JEſu, ihm ſachen gnug an hand gegeben haͤtten. Waͤre dann nicht ohn - maßgeblich ein kleiner ſeufzer, zu GOtt dieſem Va - ter, oder allenfals auch ein gebet aus dem kopf und herzen / viel ſchiklicher geweſen, als dieſes gewiſſenloſe geſchwaͤtz, das nicht allein aus einem zerruͤtteten kopf, ſondern erzverlaͤumderiſchen her - zen flieſet, wo man theils die ſachen, theils die abſichten deſſelben, betrachtet. Wie konte die andacht der bruͤder dadurch erweket, und auf die ſo theuren worte des Erloͤſers, gerichtet werden? der getreue GOtt wird verhuͤten, daß auf die kanzeln der Lutheriſchen kirche, ſolche gottesver - geſſene, liederliche plauderer, in ewigkeit nicht ſteigen duͤrfen.

§. 70.

Doch, von der ſache nur einige worte zu ſpre - chen. 1) Die vorwuͤrfe, (§. 68. * num. 1.) ſind ſo kennbar gegen die ſymboliſche buͤcher ge -richtet,(*)ren gibt / die man mit der groͤſten praͤ - caution und praͤciſion / in ausdruͤken lehren muß / ſonſt werden aus den theu - reſten warheiten / in des hoͤrenden ge - muͤth / irthuͤmer. 115anderer Theil. richtet, aber auch ſo verlegen, verrochen, und abgeſtanden, daß der Graf, ohne beſtrafung ſei - nes gewiſſens, ſie unmoͤglich hat aufwaͤrmen koͤn - nen. Aber man ſiehet, daß er recht im eifer iſt, und mit allem ernſt ſpotten will. Daß (num. 2.) eingeſtanden wird, es haͤtten die theure bekenner, ein und andere ſtellen der H. ſchrift, nicht ſo ſcharf verſtanden, als wir es etwa nunmehr koͤn - nen, nachdeme ſie uns den weg gebahnet haben; das hindert ja die warheit ihrer ſaͤtze nicht. Der Graf iſt ſo gottlos, daß er in der heiligen ſchrift irthuͤmer dichtet, und eben ſo verlaͤumderiſch auf Paulum, und alle Apoſtel redet, (ſiehe das 2. ſtuͤk /) als hier auf die ſymboliſche buͤcher. Nach dieſer ſeiner laͤſterhaften meinung, waͤre die heili - ge ſchrift eben das, was dieſe ſo verhaſtgemach - te bekentnisbuͤcher ſeyn ſollen. Und er will den - noch den namen haben, dieſer angeblichen irthuͤ - mer ohngeachtet, ſie vor GOttes wort zu hal - ten, das ſie wuͤrklich iſt.

§. 71.

Es iſt 3) noch niemanden in den ſin kommen, zu behaupten, daß in dieſen bekentnisbuͤchern, alle warheiten enthalten waͤren, von Chriſti geburt an / bis auf den juͤngſten tag. Er will mit dieſer verlaͤumdung nur ſeine bruͤder gegen die bekenner der warheit, und deren nachfolger verhetzen, und dieſe in den augen ſeiner ſynagoge laͤcherlich machen. Man findet dieſe betriegerei beſtaͤndig in ſeinen ſchriften wider die gegner. An - ſtat ihre zurechtweiſung anzunehmen, und dieH 2vorge -116Herrnhuterey in ihrer Schalkheitvorgeſtelte warheit aus GOttes wort zu erken - nen, wann ſie ihm unwiederſprechlich gezeiget worden, hilft er ſich mit einer art der bosheit, die ſeinen abſichten ganz natuͤrlich iſt. Er ver - wandelt nemlich die goͤttlichen lehren in einen ab - geſchmakten wahn, und in eine ausſchweifung von der mittelſtraſe auf einen abweg, den er ſo - dann mit hoͤhniſchen worten abmalet, damit die bruͤder ſich nicht einmal die muͤhe nehmen ſollen, der warheit nachzudenken. Welche argheit ſich kaum in eine zeche, ich geſchweige auf die kanzel, vor einen prediger ſchiket, der die verehrenswuͤr - digſte warheiten des Erloͤſers abgeleſen, und zu erklaͤren, ſich vorgenommen hat. Allein, er trauet auch ſelbſt dieſer fabel nicht. Deswegen gehet er (num. 4.) dieſen buͤchern noch naͤher auf den leib, und will ſoviel ſagen, die aufgeklaͤrte einſichten der jetzigen zeit, leiden nicht mehr, daß man bei ſo altfraͤnkiſchen buͤchern bleiben duͤrfe. Dann das boͤſe gewiſſen erinnert ihn an ſein lie - derliches vorhaben, nicht ſowol von dieſen buͤ - chern, als von der lehre der heiligen ſchrift, oh - ne alle ſcheu und furcht GOttes, abzuweichen. Er gibt vor, das ſeye nur von der lehrart / nicht aber von der ſache / abgegangen, und nur eine beſſere art zu denken, mit der ſchlechteren ver - tauſchet. Gerade, als ob in unſerer kirche je - mand an gewiſſe formuln einer gezwungenen lehr - art gebunden, und nicht vorlaͤngſt manche be - quemlichkeiten, der ſache ſelbſt unbeſchadet, ja zum wachsthum und vorſchub der warheit, durchGOttes117anderer Theil. GOttes gnade, verſchaffet worden waͤren. Zu welchem behuf, der elende und unlautere ver - wirrungsgeiſt eines falſchen propheten, ohnehin untauglich bleibet.

§. 72.

Er bricht endlich los, und kan den ſchalk nicht mehr bergen: (num. 5.) wir haͤtten uns durch dergleichen ideen / (welche doch nur ideen ſeines boͤſen herzens ſind,) aus der kirche Chriſti ausge - ſchloſſen, weil er voraus ſiehet, daß die ausfuͤh - rung ſeines ſchaͤndlichen fuͤrſatzes in diſer predig, von der wahren Chriſtlichen kirche nicht anders, als ein greuel, angeſehen werden muͤſſe: ſo bauet er argliſtig vor, und lehret die bruͤder den ſchluß machen: wann kuͤnftig dieſe herrnhutiſche reli - gionsſaͤtze, an irgend einem Chriſten einen gegner finden werden, ſo muß man ſicher glauben, es ſeye einer von denen, die excommuniciret ſind: er gehoͤre zu den heiden: es ſeye eine miſerable ſache mit ihm: er verdiene mehr mitleiden, als gehoͤr und antwort. Zuletzt (num. 6.) ſiehet er wohl, daß man ſeine wahnwitzige, in aben - theurliche woͤrter eingekleidete fratzen, ohnmoͤg - lich ohne eckel wuͤrde leſen koͤnnen. Deswegen verwahret er die bruͤder mit dem befehl, ſie ſol - ten es als lehren des H. Geiſtes annehmen, de - me die religionsleute bisher alle gelegenheiten, in ſeiner ſprache zu reden, und recht geſalbte aus - druͤkke zu gebrauchen, abgeſchnitten haͤtten. Das iſt das geheimnis der bosheit, das in dieſem ein - gang der predig, verborgen lieget: der grif derH 3falſchen118Herrnhuterey in ihrer Schalkheitfalſchen Apoſtel, die ſich, ſchon zu Pauli zeiten, durch verlaͤumdung der warheit, und der diener Chriſti, einen eingang in die herzen zu machen, bemuͤhet waren. Dieſe nennet Paulus des Sa - tans apoſtel, wann ſie gleich wie engel des lichts, einhergiengen. Der brief an die Corinther, und Galater, zeuget davon.

Zweites Hauptſtuͤk. Schaͤndliche ſchwaͤrmerei, gegen die lehre, von dem Vater JEſu Chriſti, und von der Gottheit des Sohnes.

Inhalt.

  • Die worte des Grafen werden angefuͤhret / §. 73. von dem Vater JE - ſu Chriſti.
  • I.) Ob dieſe warheit im A. T. ſtehe? boshaf - tes laͤugnen des Gra - fen / §. 74. u. vorgeben /
    • 1) Daß den ſpruͤ - chen des A. T. ge - walt geſchehe / §. 75.
    • 2) daß nur der Zei - land im A. T. be - kant geweſen / §. 76.
    • 3) daß aus dem na - men Jehova Elo - him / etwas unge - wiſſes zu ſchlieſen geweſen / §. 77.
    • 4) daß das leſen des A. T. nicht uͤblich geweſen / wie heut zu tage / §. 78.
  • II.) Ob die offenbarung der Gottheit Chriſti an die welt / ein grundir - thum ſeye / aus wel - chem die verlaͤugnung der Gottheit Chriſti entſtanden? §. 79. 80.

Vier119anderer Theil.

  • Vier ſaͤze des Grafen / §. 81. und wiederle - gung /
    • 1) des eꝛſten ſazes / daß die warheit / von der Gottheit Chriſti / al - lein in Panli briefen ſtehe? §. 82. 83
    • 2) des zweiten / daß dieſe warheit nur vor die geſchwiſter gehoͤre / §. 84. 85. 86. 87.
    • 3) des dritten / daß die bekantmachung dieſer warheit /aus den briefen Pauli / ein verſchul - den ſeye / §. 88. 89. 90.
    • 4) des vierten / daß die Chriſten ſchuld an verlaͤugnung der Gottheit Chriſti / und die Socinianer zu entſchuldigen ſeyen / §. 91. 92. 93. Socinianiſche bos - heit / und religions - betrug des Grafen / §. 93. **

§. 73.

DOch der Graf, nachdem er mit dem geiſ - ſeln, ſchelten, ud begraben der bekentnis - buͤcher, fertig worden, komt nun allmaͤhlich auf ſeinen plan. Es faͤlt ihm ein, daß Paulus et - lichmal geſaget habe, der Vater unſers HErrn JEſu Chriſti. Ihr wißt / (ſpricht er,) was die venerable kirchenwarheit / die in den epi - ſteln Pauli etlichmal ſtehet / von dem GOtt und Vater unſers HErrn JEſu Chriſti / nach der zeit / da die epiſteln Pauli publiciret wor - den / und in aller menſchen haͤnde kommen ſind / angerichtet: ihr wißt / was ſich auf den ſpruch: wir haben nur einen GOtt / den Vater / von welchem alle dinge ſind / und ei - nen HErrn / JEſum Chriſt / fuͤr eine groſe /H 4weit120Herrnhuterey in ihrer Schalkheitweit um ſich greifende ſecte / in der Chriſten - heit wuͤrklich berufen hat. Erſtlich / die Aria - ner / darnach die Saracenen / ꝛc. Pauli wort iſt eine goͤttliche warheit / eine unwiedertreib - liche warheit / aber man bedenkt nur nicht / an wen ſie geſchrieben iſt. Nachdem nun das aus den epiſteln Pauli herausgenommen / und zum algemeinen lehrſatz gemacht iſt; ſo haben die arme kopfgelehrten gedacht / ſieha - ben die ſache bei allen vier zipfeln / ſie haben gedacht / das kan nicht fehlen / die andern menſchen muͤſſen doch nicht geſcheut ſeyn / keine augen im kopf haben / daß ſie nicht ſe - hen koͤnnen / daß / wann man den HEern JEſum zum GOtt macht / ſo trit man der ehre des Vaters zu nahe. Iſts nicht wahr / meine geſchwiſter / man kan das den alten und neuen Umtariis ſo uͤbel nicht nehmen / oder man muß ihren irthum in dem grundirthum ſuchen / daß die theologie nicht auseinander geſetzt iſt / daß kein menſch auf des Heilands klare worte achtung gibt: ich habe deinen namen meinen juͤngern klar gemacht / und de - nen will ich ihn ferner kund thun / (dann das iſt ein himmliſch leben / wann dich eins vor ſeinen genuinen GOtt / und mich fuͤr ſeinen kirchenengel anſehen kan /) ſondern / daß / da die apoſtel / aus einer beſondern gefaͤlligkeit / (complaiſance) an ganze gemeinen ihr herz ausgeſchuͤttet / man die / an die oder jene ge - meine geſchriebene herzeroͤfnung / aller kreaturin121anderer Theil. in der ganzen welt / in die haͤnde gegeben hat / das evangelium fuͤr die geſchwiſter / zur theo - logie der welt gemacht / wieder des Heilands ausdruͤklich verbot: ihr ſolt das heiligthum nicht den hunden geben / und eure perien ſolt ihr nicht vor die ſaͤue werfen. ſ. 9. f.

§. 74.

Wir wollen uns dieſe geheimnisvolle rede in etwas bekant machen. Daß die erſte Perſon der Gottheit, ein Vater ſeye unſers HErrn JEſu Chriſti, das iſt freilich eine verchrenswuͤrdige warheit. Deſto heiliger ſoll ſie von jederman gehalten werden. Deſto noͤthiger iſt es, daß je - derman, der ſeelig werden will, ſie aus der ſchrift lerne, und zur gemeinſchaft mit Chriſto, und ſei - nem Vater gebrauche. Deſto mehr ſind wir ver - bunden, ſie nach dem ſinn des H. Geiſtes, rein und unveraͤndert zu behalten, und unſern nach - kommen zu uͤbergeben. Wir wollen aber hoͤren, wieviel ehrerbietung der Graf vor dieſelbe traͤget. 1) Er ſetzet voraus, daß die lehre von GOtt / dem Vater unſers HErrn JEſu Chriſti / gleich - wie von der ganzen heiligen Dreieinigkeit eine im(*)Dieſer in unſerer kirche ſchon laͤngſt ver - worfene, und der ſchrift zuwieder laufende ſatz des Grafen, erhellet auch daraus, daß er dieſe warheit vor ſo geheim ausgibt, daßnicht alten teſtament meiſt unbekante ſache geweſen,H 5mithin,122Herrnhuterey in ihrer Schalkheitmithin, daß die glaubige alten teſtaments, ohnedie(*)nicht einmal im N. T. alle menſchen dieſel - be wiſſen ſolten, weil ſie eine kirchenwar - heit, die nicht vor die ſaͤue zu werfen, und die ganz unvorſichtig, durch die ſchriften Pauli, unter die leute gebracht worden ſeye. Er hat dieſes bereits in ſeinem herrn - hutiſchen catechismus gelehret. Die alten ſeyen auf den unterſchied zwiſchen Vater und Sohn gefallen / aber Chriſtus ha - be zuerſt den menſchen etwas deutliches davon geſaget. Das A. T. rede ordent - licher weiſe von dem Sohn / dem Icho - va / der unſere gerechtigkeit iſt / fr. 91. 92. f. ſ. 45. vom Jahr 1742. Aber noch ſchoͤner ſpricht er davon in der neujahrsrede / 1746. von der haushal - tung des Lammes, in dieſer zeit / ſ. 4. Bei uns (herrnhutern) wird vorausge - ſetzt / daß die theologie vom Vater / vom Geiſt / und uͤberhaupt von der H. Dreieinigkeit / eine im alten teſtament meiſt unbekante ſache / geweſen iſt / die heutiges tages mit gewalt in die ſpruͤ - che hineingezogen wird / daran aber die alten vaͤter wohl nicht gedacht haben. Man hat damals von einem GOtt ge - wuſt / auf den ſind alle zehen gebote / alle glaubrnsartikel / alle opfer und got -tesdienſte123anderer Theil. die erkentnis des Vaters JEſu Chriſti, ſeelig worden ſeyen. Ich ſehe nicht, wie ihme ſolcher geſtalt dieſe ſogenante kirchenwarheit / ſogar verehrenswuͤrdig ſeyn muͤſſe. Dann nach ſei - nem plan, iſt ſie entbehrlich zur ſeeligkeit. Da ſonſten, nach dem zeugnis der ſchrift, derjenige den wahren GOtt nicht erkennet, der ihn nicht als Vater / Sohn und heiligen Geiſt / erken - net, ſo weiß der Graf eine zeit, nemlich das al - te teſtament, wo den glaubigen nur die perſon des Sohnes / bekant geweſen. Da beſtunde dasewige(*)tesdienſte gegangen / und das iſt JE - ſus Chriſtus geweſen / der hat damals Jehovah geheiſen. Wann einer haͤtte den geiſt der heiligen Goͤtter gehabt / daß er haͤtte koͤnnen in das geheimnis des namens Jehova Elohim / hineinſe - hen / und haͤtte es wollen erklaͤren: Je - hova / unter den Goͤttern / ſo waͤre es eben kein groſer irthum geweſen / es wuͤr - de aber ein tiefes nachdenken gemacht haben / dem / ders geſagt haͤtte mit ver - ſtand / und dem / ders obſerviret haͤtte. Uberhaupt iſt die heilige ſchrift / und die leſung derſelbigen / nicht auf die art gaͤng und gaͤbe geweſen / wie heut zu tage; und alſo darf man ſichs gar nicht concipiren / daß die leute ſo tief nachge - dacht haben. 124Herrnhuterey in ihrer Schalkheitewige leben nicht darinnen: daß ſie dich Vater / daß du allein wahrer GOtt biſt / und den du geſandt haſt / JEſum Chriſtum / erkennen. Joh. 17, 3.

§. 75.

Hierbei waͤre kuͤrzlich anzumerken, 1) wann die lehre von der H. Dreieinigkeit / mithin von GOtt dem Vuter / mit gewalt heutiges ta - ges in die ſpruͤche hineingezogen wird / ſo wird den ſpruͤchen des alten teſtaments gewalt gethan, und ihnen ein verſtand irrig aufgedrungen, den ſie nicht haben. Nun aber hat unſer Heiland ausdruͤklich gelehret, daß David im 110. Pſalm / v. 1. einen HErrn, den Jehova / redend ein - fuͤhre, und zwar alſo, daß dieſer Jehova zu dem HErrn Davids, oder zu dem Sohn des Jeho - va, zu dem Meßias, ſage: ſetze dich zu meiner rechten. Matth. 22, 43. 44. Alſo hat Chriſtus erkannt, daß der Geiſt GOttes, durch David, von dem Vater / und dem Sohn rede. Und kein Phariſaͤer konte ein wort darauf antworten, v. 47. ſondern ſie muſten dieſen beweis vor die Gottheit des Sohnes, gelten laſſen. Dannen - hero muͤſte ja der Sohn GOttes ſelbſt, dem aus - ſpruch des heiligen Geiſtes gewalt gethan, und einen irrigen verſtand hineingeſchoben haben. Und eben ſo verhaͤlt es ſich mit Paulo, Ebr. 1, 5. Dieſer fuͤhret den ſpruch Davids an, Pſalm 2, 7. da ſpricht GOtt der Vater zu dem Sohn: du biſt mein Sohn / heute habe ich dich gezeu - get. Dieſes erklaͤret Paulus in eben dem ver -ſtand,125anderer Theil. ſtand, in welchem es der heilige Geiſt geredet hat. Nemlich, der Vater habe dieſes zu dem Sohn geſaget, und dadurch uͤber alle engel ihn unendlich erhoben. Alſo muͤſte Paulus auch von denen ſeyn, die heut zu tage einen falſchen ſinn in dieſes zeugnis Davids hineingezogen, und die ſchrift dadurch verkehret haben, daß ſie den Va - ter und Sohn im alten teſtament ſchon offenba - ret ſehen. Vom heiligen Geiſt vergleiche man Jeſa. 34, 16. und 2. Sam 23, 2. 3. mit 2. Petr. 1, 21. wo Petrus bezeuget, daß der, durch wel - chen die heilige maͤnner GOttes geredet haben, die dritte Perſon der GOttheit, nemlich, der hei - lige Geiſt ſeye. Folglich hat auch Petrus einen ſolchen, ſo zornig vom Grafen ausgeſcholtenen falſchen dolmetſcher abgegeben. Dann die hei - lige maͤnner GOttes im A. T. ſagen ausdruͤk - lich, der GOtt Iſraelis, der heilige Geiſt, ha - be durch ſie geredet. Und Petrus erklaͤret dieſes eben ſo, wie ſie es meinen, nemlich, von der drit - ten Perſon der H. Dreieinigkeit.

Doch, der Herr Graf kan den beweis noch naͤher haben. Er fuͤhret ſelbſt den ſpruch Pauli an - 1. Cor. 8, 6. Wir haben doch nur einen GOtt / den Vater / von welchem alle dinge ſind / und einen HErrn / JEſum Chriſtum / durch welchen alle dinge ſind. Hier wird der Schoͤpfer der welt genennet GOtt der Vater. Nun aber nennet Moſes den Schoͤpfer 1. Buch Moſ. 1, 1. den Jehovah / von welchem alle din - ge ſind. Demnach bezeuget Paulus hiedurchganz126Herrnhuterey in ihrer Schalkheitganz deutlich, daß derjenige, den Moſes den Schoͤpfer und den Jehova nennet, nicht der Sohn allein, ſondern gleichmaͤſig der Vater ſeye. Hat dann nun abermal der heilige Geiſt durch Paulum einen ſo ſtraf baren misgrif gethan, daß der Graf ihn deshalben ſtaͤupen muß?

Hieraus moͤchte der Graf ohnſchwer ſehen, daß es nicht damit gnug ſeye, wann er ſpricht: es wird von uns vorausgeſetzt / daß die lehre von der H. Dreieinigkeit / mit gewalt in die ſpruͤche hineingezogen wird. Dann wer heiſet ihn etwas vorausſetzen, das dem heiligen Geiſt wiederſpricht? dergleichen dinge ſetzet er ſoviel voraus, und bauet hernach ſeine gaukeleien dar - auf, daß man mit gutem grund vorausſetzen kan, er habe ſich ordentlich vom luͤgengeiſt zu einem tuͤchtigen werkzeug vor ſein reich, beſtellen laſen.

§. 76.

2) Man hat damals von einem GOtt ge - wuſt / der hat Jehovah geheiſen / auf den ſind alle 10. gebote / alle glaubensartikel / alle opfer und gottesdienſte gegangen / und das iſt JE - ſus Chriſtus geweſen.

Aber (1) haͤtte man deswegen dann von zwei Goͤttern gewuſt, wann auch der Vater dieſes Je - hova bekant geweſen? ſpricht dann eben dieſer Je - hova nicht: ich und der Vater ſind eins? (2) Wann der Heiland im alten teſtament, als Je - hova bekant geweſen, der Vater aber nicht: ſo folget daraus, daß dieſer Jehovah nicht als die andere Perſon der Gottheit, mithin nicht als derSohn127anderer Theil. Sohn des ewigen Vaters bekant geweſen ſeye. Ohne erkentnis des Vaters, iſt es unmoͤglich ge - weſen, den Sohn zu erkennen. Wie konte er ein Sohn ſeyn, ohne Vater? wer aber dieſen Jehovah nicht als den Sohn erkennet, und we - der den Vater weiß, noch den heiligen Geiſt; der erkennet gar keine Perſon der Gottheit. Und wann es wahr iſt, daß im alten teſtament alles von dem Jehovah / und nicht von dem Vater, handelt; ſo konte auch niemand im alten teſta - ment von der Perſon des Vaters belehret wer - den. Er muſte demnach auf die frage: ob es noch eine Perſon in der Gottheit gebe, die Va - ter ſeye? mit nein antworten; mithin den Va - ter laͤugnen. Gleichwie es nun eine ewige war - heit iſt, 1. Joh. 2, 23. wer den Sohnlaͤugnet / der hat auch den Vater nicht: alſo gilt es auch umgekehrt: wer den Vater laͤugnet / der hat auch den Sohn nicht. Dann wie kan er ſich einen Sohn vorſtellen, ohne vorſtellung eines Va - tes? wann nun alle glaubensartikel / und alle Gottesdienſte auf einen ſolchen Jehova gegan - gen ſind, der weder als Vater, noch als Sohn, noch als heiliger Geiſt, erkant worden iſt: was muͤſſen das vor glaubensartikel, und vor ein got - tesdienſt, geweſen ſeyn? was muͤſſen die leute im A. T. gedacht haben, wann der Vater durch David zu den Sohn ſagte: du biſt mein Sohn / heute hab ich dich gezeuget? wann Michas / 5, 1. dieſes wiederholte, der Herzog uͤber mein volk Iſrael / iſt derjenige, des ausgang vonanfang /128Herrnhuterey in ihrer Schalkheitanfang / und von ewigkeit her geweſen iſt: muß nicht der unglaube ꝛecht gros geweſen ſeyn, der dieſe zeugniſſe vor nichts gehalten hat? was fuͤr einen GOtt muͤſſen eben dieſe Propheten, und ihre zuhoͤrer, ſich vorgeſtellet haben, wann es hieſe: Siehe / ich komme / im buch ſtehet von mir geſchrieben / deinen willen / mein GOtt / thue ich gerne / Pſalm 40, 8. wer war der GOtt, deſen willen der Meßias gerne thut? Es wirft zwar der fromme Graf mit atheiſten um ſich, wann die Chriſten heut zu tage, ſowol dem Vater, als dem Sohn, die ſchoͤpfung zuſchreiben. Allein, es iſt ganz natuͤrlich, daß er dieſes thun muß. Dann unter dem ſchein, daß er dem HErrn Chri - ſto die ſchoͤpfung, und Gottheit zuſchreibet, die kein Chriſt ihm jemals abgeſprochen hat, laͤugnet er die Gottheit des Vaters dadurch augenſchein - lich, da er ihn vor keinen Schoͤpſer haͤlt. Und dabei denkt er, es gebuͤhre ſich, die bekenner des wahren GOttes, atheiſten zu ſchelten, damit er ſeinem eigenen wahren titel vorbeugen moͤge. In der predig, 1746. den 30. Januar. vom aͤlte - ſtenamt des Heilandes / heiſet es, ſ. 7. wir wiſſen / daß / wenn ein natuͤrlicher menſch / anſtat dieſes JEſu / einen andern fuͤr ſeinen Schoͤpfer haͤlt / fuͤr den Jehova unter den Elo - him / fuͤr den GOtt im ungrunde / von dem es heiſt: non erat, ubi non eras; wer irgend ei - nem andern manne / als dem kinde in zerriſ - ſenen windeln / die fundamenta aller Monar - chien zuſchreibt / und daß alles durch ſeinenothem129anderer Theil. othem entſtanden / ſo mag er darnach einen GOtt / den er den himliſchen Vater heiſt / an - beten / oder ſonſt einen heiligen Geiſt / ſo hab ich mich ſchon oft erklaͤrt / daß ein ſolcher / nach meinem erkentnis, von einem diener des Jupiters ꝛc ꝛc. Wir waren ohne Chriſto / das ſind Pauli eigene ausdruͤke / da waren wir Atheiſten. Ich mache den ſchlus hieraus: wer Chriſtum nicht vor den Schoͤpfer erkennet, der iſt ein atheiſt, und goͤtzendiener. Wer den Va - ter JEſu Chriſti, nicht vor den Schoͤpfer erkennet, der iſt eben dieſes. Nun haben die glaubige im A. T. nach des Grafen wahn, den Vater nicht gekannt, mithin nicht vor den Schoͤpfer gehal - ten: alſo waren ſie lauter atheiſten, und goͤtzen - diener. Ja, es will der Graf ſelbſt nicht haben, daß man dem Vater die ſchoͤpfung zuſchreiben ſoll: alſo macht er durch ſeine lehre lauter atheiſten.

§. 77.

3) Er meinet endlich, aus dem namen Je - hova Elohim / haͤtten die alten etwas muth - maſen koͤnnen. Darzu aber waͤre zweierlei noͤ - thig geweſen. Erſtlich, es muͤſte einer den geiſt der heiligen goͤtter gehabt haben. Hatten aber die propheten den geiſt GOttes nicht? ich ſage, den geiſt GOttes: nicht einen wahrſagergeiſt, den etwa die heiden von ihren goͤttern erwarte - ten. Hatten die propheten den geiſt GOttes nur vor ſich, oder ſolten ſie das volk lehren, und die zur ſeeligkeit noͤthige geheimniſſe ihnen offen - baren? konten ſie den namen Jehova ElohimHerrnhut. II. Th. Jnicht130Herrnhuterey in ihrer Schalkheitnicht erklaͤren? wurde nicht durch ihren dienſt, der HErr ſeinem volk bekant? zum andern, haͤlt er fuͤr noͤthig, daß einer, der allenfals den geiſt der goͤtter gehabt, den namen Jehova Elohim haͤtte erklaͤren muͤſſen: Jehova unter den goͤt - tern. Aber, was haͤtte dann dieſe erklaͤrung taugen koͤnnen? a) der geiſt der heiligen goͤtter haͤtte ja ſolch einen groben ſchnitzer gegen die mut - terſprache, nicht machen duͤrfen. Er haͤtte ver - ſtehen muͤſſen, daß es wieder die natur des namens Jehova ſeye, ſich alſo mit Elo - him zuſammenſetzen zu laſſen. Das weiß man heut zu tag blos aus der grammatik, wenn man noch ein ſchuͤler iſt. Wie ſoll dann der geiſt der goͤtter ein ſolcher ignorant ſeyn, und doch die leu - te ein geheimnis lehren wollen? ich glaube, das iſt der geiſt der goͤtter, der ganz in den Grafen gefahren iſt, und man ſiehet, wie der Graf in ſeinem ebraͤiſchen ſo veſte ſitzet: wie geſchickt er ſeye, die terminologie der Rabbinen heraus zu ſuchen, wie er oben, (im erſten ſtuͤk) angeruͤh - met hat. b) Doch, wir wollen ihm dieſes zu gut halten. Was waͤre dann herausgekommen, wann jemand die ebraͤiſche redensart ſo tiefſinnig erklaͤret haͤtte: der Jehova unter den goͤttern? hieſe das ſoviel, als der Sohn GOttes, unter den zweien andern goͤttern? das waͤre eine herr - liche Dreieinigkeit; ſo, wie der Graf ſie zuwei - len beſchreibet, wann er den Sohn GOttes nen - net den Jehova in der Gottheit. Das hieſe: die Gottheit in der Gottheit. Dann der HerrGraf131anderer Theil. Graf wird hoffentlich wiſſen, daß Jehovah ein name des weſens, nicht aber ein unterſchiedsna - me der perſonen iſt. c) Wiewohl er verlaͤſt ſich auch ſchlecht auf dieſe Erfindung. Dann es faͤllt ihm gleich dieſes bei: wann jemand dieſe erklaͤ - rung gemacht haͤtte: Jehova unter den goͤt - tern: der haͤtte eben keinen groſen irthum be - gangen. Alſo braucht man einen geiſt der goͤt - ter darzu, damit man nur irthuͤmer vom zweiten rang begehe. Und dennoch haͤtte dieſer irthum mit verſtand geſagt werden / und ein tiefes nachſinnen verurſachen muͤſſen. Sind das nicht ſchoͤne ſachen vor eine predig im herrenhaag, die uns die heilige Dreieinigkeit erklaͤren ſoll!

§. 78.

4) Allein, man muß hierbei wiſſen: daß die heilige ſchrift im A. T. nicht auf die art Jaͤng und gaͤbe geweſen / wie heut zu tag: und die leſung derſelben auch nicht. Und alſo darf man ſichs gar nicht vorſtellen / daß die leute ſo tief nachgedacht haben. Herrliche anmer - kung! oben ſtunde, alle glaubensartikel im alten teſtament waͤren auf den Jehova Meßias ge - gangen / mithin kein glaubensartikel auf GOtt den Vater. Da hatte der geiſt GOttes die ſchuld, daß er die ſache nicht anders und beſſer offenbaren wollen, bis der HErr Chriſtus im neuen teſtament ſie erſt entdeket habe. Jetzt aber heiſt es, die ſchrift / und deren leſung waͤre nicht ſo gaͤng und gaͤbe geweſen / wie bei uns. J 2Hie -132Herrnhuterey in ihrer SchalkheitHiedurch komt der ſchaͤndliche unfleis der maͤn - ner GOttes, und der glaubigen im A. T. in die ſchuld. Hat es dann GOtt, der ihnen die ſchrift gegeben, etwa ſo haben wollen? oder war es viel - mehr ſeiner abſicht zuwieder, daß ſein wort nicht gaͤng und gaͤbe werden konte? a) will der Graf das erſte ſagen: ſo muͤſte GOtt im alten teſta - ment eben ſo treulos und heimtuͤkiſch geweſen ſeyn, wie der Graf iſt. Dann oben (im zweiten ſtuͤk) haben wir gehoͤret, daß dieſer Herr Graf das bibel-leſen / und das tiefe nachdenken / als ei - nen ſchaͤdlichen misbrauch der ſchrift, ganz abge - ſchaft wiſſen will, wann ſein herrnhaag im flor bleiben ſoll. Ja, daß heut zu tag ſo eine boͤſe ſekte in der Chriſtenheit entſtanden, das ſchreibet er dem fuͤrwiz zu, daß man die ſchriften Pauli ſo gemein gemacht, und die warheit, von dem Va - ter unſers HErrn JEſu Chriſti, vor einen alge - meinen lehrſaz ausgegeben habe. (§. 73.) Ich haͤtte aber noch eins zu erinnern. Wann damals die ſchrift nicht ſo gaͤng und gaͤbe war: wie komts, daß die altteſtamentiſche kinder GOttes, den Jehova in der Gottheit ſo genau kennen lerneten? und zwar, ohne den Vater? ich bins zufrieden, wann der Graf ſoviel dadurch ſagen will, ſie haͤt - ten dieſen glaubensartikel aus der ſchrift nicht her - genommen. Dann ich weiß gewiß, daß er nicht darinnen befindlich iſt, wann ſie auch noch ſo gaͤng und gaͤbe bleibet. b) War aber dieſes der abſicht GOttes zuwieder, daß man die ſchrift ſo liegen lieſe, und zwar in allen zeiten des A. T. ſomuͤſſen133anderer Theil. muͤſſen die altvaͤter recht verruchte leute geweſen ſeyn, daß ſie durchgehends das wort des Hoͤch - ſten ſo unverantwortlich unter die bank geſteket, und nicht einmal die erſte grundſaͤtze, von GOtt dem Vater, Sohn, und heiligen Geiſt, ſich und andern bekant gemacht. So muß dann nicht wahr ſeyn, daß immer erleuchtete maͤnner GOttes vorhanden geweſen, die fleiſig mit dem worte GOttes umgien - gen. Warum ruͤhmet aber David von ſich, daß er tag und nacht darinnen forſche, und die zeug - niſſe des HErrn, als ſeine rathsleute gebrauche, wie im 119. Pſalm zu finden. Warum gibt der HErr Chriſtus den damaligen juͤden, die doch in vergleich gegen die erſtere zeiten des A. T., in ziemlichen verfall gerathen waren, das zeugnis: ihr forſchet in der ſchrift / Joh. 5, 39. Dann ich nehme jetzt die uͤberſetzung des Grafen an. Die heiſet alſo: ihr gruͤbelt in der ſchrift: au - ſer daß hierbei angemerket werden kan, worauf er mit dem wort gruͤbeln / tuͤckiſch gezielet habe.

Das ſind nun die ſchaͤndlichen raͤnke miteinan - der, darauf der Graf ſeine recht boshaftige ab - ſichten, aber ſehr ungluͤklich, gebauet hat.

§. 79.

Wir kommen 2) auf den andern grundſatz der graͤflichen predig. (§. 74.) Der iſt ſo auserleſen, neu, und ausgekuͤnſtelt, daß man ſich daruͤber verwundern muß. Ich will ihn kurz zuſammen ziehen: das ganze unheil / daß verlaͤugner der gottheit Chriſti in der welt entſtanden ſind /J 3ſchrei -134Herrnhuterey in ihrer Schalkheitſchreibet ſich daher / daß die theologie nicht recht auseinander geſetzet iſt: das iſt / daß man die zeugniſſe Pauli / von GOtt dem Va - ter / in aller menſchen haͤnde kommen laſſen / daß man die herzenseroͤfnung der apoſtel / an die / oder jene gemeine / aller kreatur in der ganzen welt / in die haͤndegegeben / das evan - gelium vor die geſchwiſter / zur theologie der welt gemacht / wieder des Heilands ausdruͤk - lich verbot: ihr ſolt das heiligthum nicht den hunden geben / und eure perlen ſolt ihr nicht vor die ſaͤue werfen. (§. 73.)

§. 80.

Das laͤſt ſich ſich nun treflich hoͤren. Die theologie iſt nicht recht auseinander geſetzt / darum ſind ſoviele feinde der Gottheit Chriſti ent - ſtanden. Das iſt ja nun eine ſchmach, und eine ſchande! wer ſoll aber die theologie auseinander ſetzen? warum ſagt uns doch der Herr Graf die rechte kunſtgriffe nicht, wie man dieſe auseinan - derſetzung gluͤklich bewuͤrken ſolle? doch, er hat ja dieſes gethan. Dann es ſtehet dabei: iſts nicht wahr / meine geſchwiſter / man kan das den alten und neuen unitariis / (feinden der Gottheit Chriſti, und des H. Geiſtes) ſo uͤbel nicht nehmen / oder man muß ihren irthum in dem grundirthum ſuchen / daß die theolo - gie nicht auseinander geſetzt iſt / daß kein menſch auf des Heilands klare worte achtung gibt: ich habe deinen namen NB. meinen juͤn - gern klaar gemacht / und den will ich ihnenferner135anderer Theil. ferner kund thun ꝛc. (§. 73.) Daß man nun dieſes aller welt hat kund gemacht, und das, was eine bloſe kirchenwarheit / und ein evangelium vor die geſchwiſter / hat ſeyn ſollen, den hun - den und ſchweinen, die keine geſchwiſter ſind, hin - geworfen: das iſt der grundirthum / woraus der irthum der Arianer, und Socinianer, den man ihnen nicht ſo uͤbel nehmen kan / (hier muß das geſchwiſter ja ſagen: iſts nicht wahr / m. g.) entſproſſen iſt. Ich will dieſe klage des Lutheri - ſchen predigers, in deutliche ſaͤtze ſaͤſſen, da - mit man einen nach dem andern einſehen koͤnne.

§. 81.

Hier findet ſich nemlich ein vierfaches geheim - nis der ſchalkheit. Das erſte / daß er das ge - ſchwiſter bereden will, ob ſtuͤnde obgedachte war - heit nur etlichemal in den briefen Pauli. Das andere / es gehoͤreten dieſe zeugniſſe nur vor die geſchwiſter, und nicht vor die andere menſchen, vor die kreatur, hunde, und ſaͤue. Das dritte / es ſeye eine groſe verſuͤndigung vorgegangen, oder eine verwirrung der theologie, und ein grundirthum, daß man dieſe kirchenwarheit, den leuten in die haͤnde gegeben. Das vierte / in dieſem grund - irthum ſeye der irthum der Socinianer zu ſuchen, welche die Gottheit des Sohnes, und H. Gei - ſtes, verlaͤugnen. Man koͤnne dieſen leuten es daher nicht ſo uͤbel nehmen, daß ſie auf derglei - chen irthum verfallen waͤren.

J 4§. 82.136Herrnhuterey in ihrer Schalkheit

§. 82.

Was nun das erſte betrift, daß die warhei - ten, von GOtt, dem Vater unſers HErrn JE - ſu Chriſti, nur etlichemal in den briefen Pauli ſtehen, (§. 81.) das iſt eine ſo freche unwarheit, daß ein ſinnloſer menſch nichts frechers erdenken kan. Das zu geſchweigen, was wir oben von eben dieſer warheit, ſchon aus dem A. T. ange - fuͤhret haben, ſo iſt ſie in allen Buͤchern des N. T. zu finden. Nur etwas zu gedenken: 1) als der Heiland ſein lehramt anfieng, ſo wurde dieſe warheit, an das ganze menſchliche geſchlecht, vom himmel bezeuget. Der Vater ſprach aus den wolkem, Matth. 3, 17. Das iſt mein lieber Sohn / an dem ich wolgefallen habe. Johan - nes der taͤufer, und vorlaͤufer Chriſti, predigte ſie offentlich, Joh. 1, 34. 36. 2 ) Der Heiland hat den Juden, als den erzſeinden ſeiner Gott - heit, dieſe warheit, daß er GOttes Sohn, mit - hin der GOtt Iſraelis, der Schoͤpfer aller din - ge, ſein Vater / und daß er und der Vater eins ſeyen / daß er wuͤrke / was der Vater wuͤrke / mithin die Schoͤpfung und Erhaltung, Ihm ſo - wol, als dem Vater zukomme, ſo oft, ſo deut - lich, ſo nachdruͤklich bezeuget, daß ſie endlich, zum behuf der laͤſterung, und peinlichen klage ge - gen Chriſtum, dieſes unter andern herfuͤrſuche - ten: Er habe ſich ſelbſt dadurch zu GOtt ge - macht, daß er ſich fuͤr den Sohn GOttes aus - gegeben, Joh. 5, 18. 19. 8, 38. 49. 54. 10, 33. 36. Ja, was iſt 3) bekanter, als der befehl des Heilandes, den er nach ſeiner auferſtehungden137anderer Theil. den apoſteln gab? wie heiſet derſelbe? Gehet hin in alle welt / lehret alle voͤlker / und tau - fet ſie im namen GOttes des Vaters, Soh - nes / und heiligen Geiſtes, Matth. 28, 19. Marc. 16, 15. Man leſe 4) die briefe aller Apoſtel, ſo wird eben dieſe grundlehre, ſich uͤber - all darſtellen, weil ſie, und Paulus, durch ei - nen, und eben denſelben heiligen Geiſt, redeten, und die ſeeligmachende lehre, von dem Vater und Sohn, Joh. 17, 3. unmoͤglich verſchweigen konten, Jac. 1, 27. 2, 1. 1. Petr. 1, 3. 4, 11. 5, 10. 2. Petr. 1, 17. Johannes aber laͤſet in ſeinem evangelio dieſes ſein hauptwerk ſeyn, daß er den Sohn GOttes, als das wort des ewi - gen Vaters / anpreiſet, und das Schoͤpfungs - werk, beiden mit unzertheiltem recht zuſchreibet. Joh. 1, 1. Und in ſeinen briefen redet er faſt in jeder zeile von dem Vater, und dem Sohn, mithin von dem Vater unſers HErrn JEſu Chriſti, der durch den Sohn auch unſer Vater werden muͤſſe, 1. Joh. 1, 3.

§. 83.

Dieweil nun die bekantmachung dieſer war - heit, daß der Heiland der Sohn des ewigen Vaters, mithin der Vater gleichmaͤſig ein Schoͤpfer der ganzen welt, und durch den Sohn unſer Vater ſeye, keines weges den ſchriften Pauli alleine, beizumeſſen iſt, ſondern der H. Geiſt in allen ſchriften der evangeliſten, apoſteln, (§. 82.) und propheten, (§. 75. f.) dieſe haupt - warheit, als nothwendig zu aller menſchen ſeelig - keit, bezeuget hat; ſo offenbaret ſich darinn dieJ 5graͤfliche138Herrnhuterey in ihrer Schalkheitgraͤfliche ſchalkheit ganz handgreiflich, wann die - ſer Man ſich nicht ſchaͤmet, die ganze Chriſten - heit zu bereden, ob haͤtte Paulus nur in einigen ſtellen, die man geheim halten muͤſte, dieſelbe lehre vorgetragen. Nemlich, ſeine gottloſe ab - ſicht gehet dahin, daß er die ſchriften Pauli, wel - che ihm am allerwenigſten anſtehen, ſeinem eige - nen gutachten unterwerfen, ſich als ein wie - derchriſt, freventlich uͤber dieſelbe erheben, und zum richter ſetzen will. Dann, wo dieſe grund - regel einmal angenommen wird, daß ein leicht - fertiger menſch, dieſem und jenem apoſtel eine be - ſondere, geheime lehre, andichten darf, welche bekant zu machen, oder zu verſchweigen, von ſei - nem befehl und gutbefinden, abhangen ſoll; da iſt es um das goͤttliche anſehen der heiligen ſchrift geſchehen; und der Satan kan nichts bequemers vor ſein reich erfinden, als dieſe bosheit, wodurch der grund aller glaubenslehren, auf einmal um - geriſſen wird. Alſo hat der Satan, den Gra - fen zu einem recht ausnehmenden werkzeug, aus - erſehen, dieſen verzweifelten kunſtgrif zu probi - ren, deſen ſich ſeine vorige apoſtel noch etwa ge - ſchaͤmet haͤtten.

§. 84.

Das andere / was der Graf erfindet, iſt von gleicher art. Es ſoll die warheit, von dem Va - ter unſers HErrn JEſu Chriſti / nur eine kir - chenwarheit / oder evangelium / vor die ge - ſchwiſter / nicht aber eine theologie der welt / ſeyn; er nennet ſie ein heiligthum / das vor dieſaͤue139anderer Theil. ſaͤue nicht gehoͤre. (§. 81. 73.) Oben (§. 62. *) macht er deswegen einen unterſchied zwiſchen den grundlehren und ſpeciallehren der apoſtel. 1) Der Herr Graf theilet abermal nach ſeiner ge - wonheit. Das ganze menſchliche geſchlecht be - ſtehet aus zwei claſſen; in der einen ſind die bruͤ - der, oder das geſchwiſter, in der andern die welt, oder die ſaͤue. Doch dabei wollen wir uns nicht aufhalten, weil dieſe eintheilung bereits zu Chriſti zeiten uͤblich war; aber nur bei den Pha - riſaͤern. Dieſe machten den unterſchied zwiſchen ihren mitbruͤdern, und zwiſchen dem volk, das verflucht waͤre, Joh. 7, 47. 49. Aber der Hei - land theilet doch wieder anders, Matth. 23, 13. 15, 14.

§. 85.

2) Die ſache ſelbſt, komt auf dieſen ſchlus an: wie ſich GOtt in der heiligen ſchrift offenbaret hat, alſo muß er von den menſchen erkant wer - den. Nun aber hat er ſich offenbaret, als Va - ter, Sohn, und heiliger Geiſt; deshalben muß er auch von den menſchen ſo erkant werden.

Daß aber die unbekehrte ſolange mit dieſer er - kentnis warten ſollen, bis ſie bekehret worden ſind; das iſt ein ſatz, den der Graf beweiſen muß; entweder durch einen ausdruͤklichen befehl GOt - tes in der ſchrift, oder durch das exempel Chri - ſti, und der maͤnner GOttes. Wo hat aber der Graf dieſen beweis gefuͤhret? welche ſchriftſtelle hat er darzu beigebracht? ſein bloſes dichten und ſagen, ſoll einen ſchaͤndlichen wahn zu glaubens -lehren,140Herrnhuterey in ihrer Schalkheitlehren, zu ſpeciallehren der apoſtel, machen. Iſt aber dieſes nicht der antichriſt? ich will noch ei - nen ſchlus beifuͤgen: die warheit, welche von Chriſto, und den maͤnnern GOttes, im alten und neuen teſtament, zur bekehrung der unbe - kehrten, gebrauchet worden iſt; muß vor alle menſchen, vor die welt, und vor die kinder GOt - tes gehoͤren. Die warheit aber von GOtt, als dem Vater JEſu Chriſti, iſt alſo gebraucht wor - den. Dann das haben wir (§. 75. 82. ) deutlich erwieſen. Alſo muß auch dieſe warheit, vor be - kehrte, und unbekehrte, nach der goͤttlichen ab - ſicht, gehoͤren. Mithin muß derjenige zu einem dieb und moͤrder an den ſeelen werden, Joh. 10, 8. der das den unbekehrten entziehet, was die barmherzigkeit GOttes, zu ihrer ſeeligkeit, als ein theures, reitzendes, und mit goͤttlicher kraft beſeeltes evangelium, verordnet hat, und wel - ches zu dem ganzen Rath GOttes gehoͤret, den man den ſuͤndern zu ihrer bekehrung, verkuͤndi - gen ſoll, Apoſtelg. 20, 27.

§. 86.

3) Nun will der Graf zwar den ſchein anneh - men, als ob er dieſe fanatiſche lehre in der ſchrift gefunden habe. Allein, daß ich ſeine worte ge - brauche, er hat ſich ſo ganz auſer allen reſpect geſetzer / gegen den heiligen Geiſt, welcher in der ſchrift redet, daß er alle ausſpruͤche des goͤttli - chen worts, mit ſeinen ſchaͤndlichen gloſſen zu ver - giften ſuchet. Er beruͤhret keinen ſpruch mehr, ohne ihn auf die abſcheulichſte weiſe zu verkehren,und141anderer Theil. und zum behuf ſeiner bosheit zu gebrauchen. Die meiſterſchaft uͤber GOttes wort, welche er im an - fang ſeiner ſchwaͤrmerei, argliſtig zu verbergen wuſte, bricht nun von tag zu tage voͤllig heraus, und iſt der letzte pfeiler ſeines reichs. Die worte Chriſti, welche er martert, ſtehen Joh. 17, 6. 26. Ich habe deinen namen offenbaret den men - ſchen / die du mir von der welt gegeben haſt. Es iſt wahr, der heiland redet hier von ſeinen juͤngern, hauptſaͤchlich, durch deren wort ande - re an ihn glauben ſolten / v. 20, und aus de - ren zahl keiner verlohren ward, als der einzige Judas / v. 12. Er bezeuget in dieſem gebet, zu ſeinem Vater, wie Er, des himmliſchen Vaters namen / ihnen offenbaret habe. Was heiſer aber 1) der name des Vaters? alles, wodurch der Vater im werke der ſeeligkeit, ſich kennbar gemacht, und nach den umſtaͤnden der damaligen zeit, und perſonen, ſich offenbaret hatte. Nicht das bloſe benennungswort: Vater[´]konte es ſeyn. Auch war es nicht blos und allein dieſe warheit: ich bin der Sohn GOttes, des Vaters: ſondern, daß um des Sohnes willen, dieſer Va - ter ihr liebreicher Vater geworden ſeye, oder, daß ſie den vaternahmen, als glaubige kinder, durch Chriſtum, in der that und wuͤrkung ſelbſt, erfahren konten. Joh. 16, 27. 1, 12. Eph. 1, 6. Was iſt nun 2) dieſe offenbarung? nicht die bloſe bekantmachung an ſich ſelbſt. Dann dieſe war ſchon im A. T., auch bereits von Johanne dem taͤufer, und von Chri - ſto, offentlich geſchehen, ſogar an die aͤrgſtenfeinde142Herrnhuterey in ihrer Schalkheitfeinde des reichs Chriſti, (§. 75. 82. ) ſondern die offenbarung, in ſoferne dadurch ein lebendiges erkentnis, und erfahrung dieſer warheit, in den herzen der juͤnger, entſtanden war. So wurde Chriſtus, nebſt dem Vater, ihnen offenbar, und nicht der welt / Joh. 14, 21. 22.

Nun halte man die graͤfliche foͤlgerung darge - gen. Weil die glaubige, von einer geoffenbar - ten warheit, eine lebendige erkentnis und empfin - dung haben: ſo folget daraus, daß eine ſolche goͤttliche warheit, keinem andern duͤrfe bekant ge - macht werden, als der ſchon an Chriſtum glau - bet. Was wolte aus der H. ſchrift werden, wann dieſes gelten ſolte? ſo koͤnte ich mit eben dem recht ſchlieſen: weil das wort von der buſe, und vom glauben, nur bei denjenigen, mit eige - ner erfahrung verſtanden wird, welche wuͤrklich bekehret ſind, und an Chriſtum glauben, ſo ſoll man ſich huͤten, daß ja keinen andern, als den bekehrten und glaubigen, die texte von der buſe und glauben, bekant werden moͤgen. Und weil die herrnhuter allein, zwar nicht busfertige, dann ſie wiſſen von keiner buſe,) aber doch glaubige bruͤder ſeyn wollen, mit ausſchlieſung aller an - dern: ſo wuͤrden ſie auch, nach dieſer grundleh - re ihres abgotts, allein die bibel behalten, und allerlei, was ihnen einfiele, aus derſelben ma - chen wollen, wie ſie an dem exempel ihres mei - ſters, ſchon wuͤrklich ſehen.

§. 87.143anderer Theil.

§. 87.

Was den andern mißbrauchten ausſpruch Chriſti betrift: ihr ſollet das heiligthum nicht den hunden geben / und eure perlen ſolt ihr nicht vor die ſaͤue werfen / ꝛc. Matth. 7, 6. ſo iſt das verfahren des Grafen eben ſo liederlich, wie es oben war, (§. 86.) dann die warheit von dem Vater unſers HErrn JEſu Chriſti / iſt vom heiligen Geiſt aller welt kund gemacht wor - den, (§. 75. 82.) Alſo kan der heilige Geiſt an dieſem orte nicht verbieten, was er ſelbſt ohnlaug - bar gethan hat. Das heiligthum vor die hunde werfen, heiſet nichts anders, als boshaftig wie - derſtrebende, rachgierige feinde der warheit, in dieſem ihrem zuſtande ſeelig preiſen, den theuren evangeliſchen troſt ihnen zueignen, der vor ihre herzensbeſchaffenheit nicht gehoͤret. Auch wird von Chriſto ſo viel befohlen, daß man die geheimniſſe des himmelreichs, bei ſolchen leuten, welche in der hoͤchſten raſerei ihrer affecten, oder andern arten der ſchaͤndlichſten unreinigkeiten, be - grifen ſind, und von denen man mit grund be - fuͤrchten kan, auch ſchon die probe hat, daß ſie nur zum ſpotten, laͤſtern, und verfolgen, dadurch aufgebracht werden, keines weges verſchwenden, ſondern die noͤthige klugheit vielmehr gebrauchen folle. Das heiſt ja nicht, was der Graf will: den leuten die ſchrift verbieten, und ſeeligma - chende warheiten verheelen, weil ſie keine herrn - hutiſche bruͤder ſind. Bei ihme iſt der ſogleich ein kind der welt, ein hund und ſchwein,wer144Herrnhuterey in ihrer Schalkheitwer nur tiefer in die ſchrift ſiehet, als ihm lieb iſt.

§. 88.

Das dritte / (§. 81.) woruͤber der Graf ſo bitterlich klaget, beziehet ſich auf die ſchaͤdlichen leute, welche die warheit von GOtt / und dem Vater unſers HErrn JEſu Chriſti / aus den epiſteln Pauli heraugenommen / und da die epiſteln Pauli publiciret worden / mithin in aller menſchen haͤnde kommen ſind / zum al - gemeinen lehrſatz / zur theologie der welt ge - macht / da es doch ein evangelium vor die ge - ſchwiſter bleiben ſollen. Dadurch hat man gegen des Heilands ausdruͤklich verbot / ſich verſuͤndiget: ihr ſolt das heiligthum ꝛc. (§. 73.)

Hier iſt nun der Graf in ſeinem rechten ele - ment. Er ſitzet auf ſeinem richtſtuhl, und die ur - theile fallen fuͤrchterlich. Erſtlich / verklaget und verurtheilet er die ganze heilige Dreieinig - keit. Dann ſein ſchlus gehet alſo: wer die war - heit von dem Vater unſers HErrn JEſu Chri - ſti / aller welt in die haͤnde gebracht / und ſie nicht vor die bruͤder, als ein eigenthumlich evan - gelium, zuruͤkbehalten, der hat ſich wieder den befehl Chriſti verſuͤndiget, und hat die theologie in(*)Dann ſo heiſet es: der Socinianer ihren irthum / muß man in dem grundirthum ſuchen / daß die theologie nicht ausein -ander confuſion gebracht. Nun aber iſt obenerwie -145anderer Theil. erwieſen werden, daß der dreieinige GOtt, als urheber der H. ſchrift, dieſe zur ſeeligkeit ohnent -behrliche(*)ander geſetzt iſt / ſ. 10. Und noch weiter ſ. 11. 12. da iſt die theologiſche confu - ſion draus worden / die am tage iſt. Da ſind die miſerablen hundert und zwanzig / oder 130. machtſpruͤche jung worden / die man vor die urewige Gott - heit Chriſti hat angefuͤhret / davon ih - rer nicht zehen beweiſen / und davon ih - rer etwa ſechs und neunzig / das gegen - theil zu beweiſen ſcheinen. Das iſt die natuͤrliche folge des gemeinmachens / (catholiſation) tiefer / und vom H. Geiſt ſich vorbehaltener herzwarheiten / und deren eintrichterung in die koͤpfe. Ob jemals ein Arianer, Socinianer, oder ge - flieſentlicher religionsſpoͤtter, ſo freventlich und boshaftig gegen die zeugniſſe der heili - gen ſchrift, geredet habe, das will ich dem chriſtlicher leſer anheungeben. Jedoch re - det dieſer verwirte menſch, bei ſeinen bruͤ - dern, ſo oft es ihm nur einfaͤlt, von der confuſion der theologie. Sein erſtes wort, das er im jahr 1746. in der verſamlung hoͤren laͤſet, und damit er, anſtat eines ge - bets, ſeine predig anhebet, iſt ein giftiger hohnſpruch, gegen die warheiten der chriſt - lichen religion: meine geſchwiſter! wie -derHerrnhut. II. Th. K146Herrnhuterey in ihrer Schalkheitbehrliche warheit, allen menſchen bekant gemacht hat. Alſo wird er ſich dem urtheil des Grafen gedultig unterwerfen muͤſſen.

§. 89.

Nechſt dem HErrn unſerm GOtt, kommen nun diejenige in das graͤfliche gericht, welche die briefe Pauli, ohne die obgedachte warheiten her - aus zu thun, aller kreatur in der ganzen welt / in die haͤnde gegeben haben. (§. 73.) Alſo will der Herr Graf, man ſolte entweder alle briefe Pauli geheim gehalten, und unterdrukt, oder ſie doch wenigſtens an denen orten caſtrirt haben, wo die obgedachte warheiten befindlich ſind. Er gibt hiedurch zu verſtehen, wie er es gemacht ha - ben wuͤrde, wann er in den erſten jahrhunderten, nach der apoſtel zeiten, gelebet haͤtte. Dann er wuͤrde die heilſame verfuͤgung vor die Chriſten - heit gethan, und ſorgfaͤltigſt verhuͤtet haben, daß die briefe Pauli, oder wenigſtens diejenige ſtel - len derſelben, welche von dem Vater JEſu Chri - ſti, und von der Gottheit des Sohnes, handeln, gewis in die haͤnde aller menſchen, nicht gekom - men waͤren. Er haͤtte ſelbſt eine bibel gemacht, wie er wuͤrklich thut. Daß nun die barmherzig -keit(*)der die groſe confuſion der theologie / iſt nicht viel zu erinnern. Neujahrsrede von der haushalt. des lammes ꝛc. ꝛc. den 1. Januar. 1746. in Bethlehem / bei Ma - rienborn. 147anderer Theil. keit GOttes, einen ſolchen boͤſewicht und kirchen - raͤuber, damals nicht aufkommen laſſen, das iſt eine wolthat vor ſeine Chriſtenheit, dafuͤr ſie ihn ewig preiſen wird. Dann nunmehr wird es dem Satan wohl unmoͤglich bleiben, durch den Gra - fen auszufuͤhren, was er ſich vorgenommen hat. Dieſer vater der luͤgen hat ihm zwar verſchiede - nes ins herz gegeben, (das ſind ſeine herrnhuti - ſche herzwarheiten /) aber es komt viel zu grob heraus. Die apoſtel ſollen die zeugniſſe von der Gottheit Chriſti, aus purer gefaͤlligkeit gegen gewiſſe gemeinen / (§. 73.) offenbaret haben. Wo iſt aber der beweis davon? wann dieſes von einer apoſtoliſchen warheit zugegeben wuͤrde, was wolten wir von den andern ſagen? koͤnte es dem Satan nicht einfallen, von allen andern warhei - ten, endlich eben dieſes zu ſagen? ſo wuͤrde man zuletzt die bibeln aus der ganzen welt zuſam - men tragen, und den herrnhutiſchen bruͤdern uͤber - liefern muͤſſen. Dann die andere menſchen ſind nur hunde und ſchweine, vor welche dieſe perlen nicht gehoͤren. Und was wuͤrde man in herrn - hut mit der bibel machen? da der Graf ohnehin nicht leiden will, daß ſeine bruͤder ſie leſen ſollen, bis er mit ihnen fertig iſt, und ſie vorlaͤufig in ſei - nen plan geformet hat, wie oben (im 2. ſtuͤk) gezeiget worden. Die leichtfertige uͤberſetzung des N. T., die der Graf verfertiget hat, kan uns eine billige vermuthung geben, was vor ſchickſa - le die bibel in den haͤnden der Geſchwiſter haben moͤchte.

K 2§. 90.148Herrnhuterey in ihrer Schalkheit

§. 90.

Ehe ich dieſes beſchlieſe, muß ich dem Grafen ſein noch uͤbriges gewiſſen ruͤgen. 1) Das ev - angelium ſolte aller kreatur, auf befehl Chriſti, geprediget werden, Marc. 16, 15. zu dieſem ev - angelio gehoͤrete die taufe, die im namen GOt - tes des Vaters, des Sohnes, und des H. Gei - ſtes, zu verrichten war, nach der einſetzung un - ſers HErrn, Matth. 28, 19. So muſte dem - nach alle kreatur, oder alle voͤlker, die man tau - fen ſolte, dieſe warheit nothwendig hoͤren, die ohnehin auch der Vater vom himmel, an das ganze menſchliche geſchlecht ergehen laſſen: der GOtt der Chriſten ſeye der Vater unſers HErrn JEſu Chriſti, der Sohn des Vaters, und der heilige Geiſt. Alſo muß dieſe warheit kein vor - behalt vor die bruͤder ſeyn. Und der HErr Chri - ſtus, mit ſeinem Vater, muß die theologie nicht verwirret haben. 2) Wer etwas von dieſen warheiten nimt, oder etwas darzu thut, mithin ein anderes verſtuͤmmeltes evangelium, den un - bekehrten, oder bekehrten leuten prediget, der iſt verflucht. So ſpricht der HErr, Offenbar 22, 18. 19. 5. B. Moſ. 4, 2. 12, 32. Gal. 1, 7. 8. 3 ) Was Paulus, und ſeine mitgehuͤlfen, den gemeinen geprediget haben, das muſten ſie thun auf befehl GOttes, und unter vermeidung des fluchs, welcher den untreuen knechten gedrohet iſt. Wehe mir / wann ich das evangelium nicht predigte / ſpricht Paulus, 1. Cor. 10, 16. Daß ſie demnach, aus bloſer gefaͤlligkeit, vor einund149anderer Theil. und andere gemeinen, ihr herz eroͤfnet haben ſol - len; das iſt eine herrnhutiſche erfindung. Waͤ - re dann die warheit von dem Vater unſers HErrn JEſu Chriſti, ſo hoͤchſtnoͤthig zur ſeeligkeit, wie die ſchrift doch davon bezeuget, wann es bei der gefaͤlligkeit, (complaiſance §. 73.) der apoſtel ge - ſtanden haͤtte, ſie nur ein und anderer gemeine zu offenbaren? Und 4) wie komt es, daß Paulus aus einer ſolchen gefaͤlligkeit ſie den Corinthern / 1. Cor. 8, 6. ꝛc. ꝛc. eroͤfnet haben ſoll, von denen doch der Graf ſo veraͤchtlich redet, daß er die herrnhuter, als wahre kinder GOttes, von je - nen unterſcheidet. Dann es ſollen ja(*)Dieſer ſchoͤne Lobſpruch, welchen der Herr Graf, nebſt ſeinem ſehr feinen biſchof Muͤl - ler, den Corinthern beileget, iſt unterſuͤcht, und deſen greuel entdeckt worden, im Zin - zend. unfug, (lerna Z.) ſ. 304. huͤn - diſche lehren und greuel bei der Corinthiſchen gemeine gaͤng und gaͤbe geweſen ſeyn. Solcher geſtalt muͤſte Paulus ſelbſt das heiligthum den hunden vorgeworfen haben.

§. 91.

Die vierte klage, nebſt dem graͤflichen urtheil, (§. 81.) iſt gegen die Chriſten, wegen ihres vor - ſchubs, welchen ſie den feinden der Gottheit Chriſti gethan, gerichtet. Es iſt eine klage wie - der die Chriſtliche kirche, und zugleich eine ver - antwortung, und ſchutzrede vor die Socinianer,K 3worzu150Herrnhuterey in ihrer Schalkheitworzu die geſchwiſter, das amen zu ſagen, be - fehliget werden. Die Chriſtenheit hat darinnen einen grundirthum begangen, daß ſie die war - heit, von dem Vater und Sohn, mithin von der Gottheit Chriſti, unter die leute gebracht, die keine bruͤder ſind, (§. 88. * 73.) Dieweil aber die Chriſtenheit hiermit nichts anders gethan hat, als was die ganze heilige Dreieinigkeit, und alle maͤnner GOttes gethan, und der Chriſtenheit zu thun befohlen haben, (§. 82. 74. f.) ſo mag der Herr Graf dieſe beſchuldigung, mit GOtt und ſeinen zeugen auf erden, ausfuͤhren, und ſehen, wie er an jenem tage mit dieſen gegnern zurechte kommen wird. Wann der lebendige GOtt ei - nen ſolchen grundirthum begangen, und einen andern irthum der Socinianer dadurch veranla - ſet, mithin urſache darzu gegeben hat, daß die Gottheit des Sohnes verlaͤugnet, und verlaͤſtert worden: ſo muß GOtt noch viel aͤrger gehandelt haben, als die feinde der Gottheit Chriſti. Dann ſein irthum iſt ein grundirthum, und jene bege - hen nur einen gemeinen geringern irthum, der jedoch aus dem grundirthum GOttes erzeuget wird. Demnach wird der Herr Graf darauf bedacht ſeyn muͤſſen, was er allenfals vor eine buſe ihm auferlegen, oder wie er ihn gar aus dem herrnhag, ſamt ſeinen apoſteln und evangeliſten, verbannen will, wo es etwa nicht bereits geſche - hen iſt.

§. 92.151anderer Theil.

§. 92.

Es iſt aber doch kuͤnſtlich ausgedacht: man hat die warheiten von dem Vater JEſu Chriſti, der welt bekant gemacht. Alſo kan man es den So - cinianern ſo uͤbel nicht nehmen, daß ſie dieſe war - heit angefeindet, und verworfen haben, (§. 73.) was wollen wir nun weiter haben? Aber wie waͤre es dann gegangen, wo dieſe warheiten kein anderer menſch, als die bruͤder, zu ſehen bekom - men haͤtte? waͤren dann bei verheelung dieſer war - heit, keine Socinianer entſtanden? oder muͤſſen die leute nothwendig Socinianer ſeyn und blei - ben, bis ſie bruͤder worden ſind? wann die wil - den durch das wort bekehret werden: dein Schoͤ - pfer iſt dein Heiland! wie der Herr Graf will: wiſſen ſie dann ſogleich, ob dieſer Schoͤpſer der Vater, oder der Sohn, oder der heilige Geiſt ſeye? iſt derjenige dann beſſer, als ein Socinia - ner, der nur von einer perſon der Gottheit weiß, die er den Schoͤpfer, und den Heiland nennet? Iſt das nicht ein herrlicher ſchlus: weil die war - heit offenbar worden, welche von den feinden dieſer warheit verlaͤugnet wird, ſo iſt die offen - barung der warheit ein grundirthum, daraus die verlaͤugnung derſelben entſtehet. Wann der Graf fortfaͤhret, ſolche folgerungen zu machen, ſo kan er bald zum ende kommen. Er kan mit eben dem grund ſagen: weil der Schoͤpfer ſeine ewige kraft und Gottheit, durch die hervorbrin - gung einer ſichtbaren welt, allen und jeden men - ſchen, auch den heiden, offenbaret hat, Koͤm. 1, 19. K 4ſo152Herrnhuterey in ihrer Schalkheitſo hat er einen grundirthum dadurch begangen, woraus der irthum der atheiſten, und der abgoͤt - ter, entſtanden iſt, und es kan dieſen leuten ihr verfall ſo uͤbel nicht genommen werden. Ferner: weil GOtt ſein geſetz offenbaret hat, ſo iſt dieſe offenbarung ein grundirthum, woraus die ſuͤnde ih - ren urſprung hat, dadurch das geſetz uͤbertreten wird, und man kan einem ſuͤnder es ſo uͤbel nicht nehmen, als man es dem geſetzgeber nehmen muß. Und dergleichen exempel ſind mit tauſen - den anzufuͤhren.

§. 93.

Die bosheit haͤtte den graͤſlichen verſtand nim - mermehr ſoweit verruͤken koͤnnen, wann nicht ſeine giftige feindſchaft gegen alles, was nicht hernhutiſch iſt, auf den hoͤchſten grad geſtiegen waͤre. Dann mit dieſer unverſchaͤmten tollheit ſuchet er den Chriſten, die ſchuld der Gottesver - laͤugnung des Sohnes, voͤllig beizumeſſen, und den Socinianern das wort zu reden, wodurch er aber zum laͤſterer des wahren GOttes wird, wie oben erwieſen worden. (§. 91. 82. 74. f.) Ja, man erwege nur, wieviel ihm ſelbſt daran gelegen iſt, daß die feinde der Gottheit Chriſti(*)Man leſe noch zur probe ſein geſpoͤtte, das er mit dem ausdruck Johannis treibet: im anfang war das wort und das wort ward fleiſch / ꝛc. ꝛc. Joh. 1, 1. 14. in recht behalten. Dann nachdeme man (wieer153anderer Theil. er vorſetzlich dichtet,) gegen den befehl Chriſti, die warheit, daß er der Sohn des ewigen Va -K 5ters(*)in einer adventspredig / den 28. Nov. 1745. gehalten zu Marienborn / ꝛc. Da heiſer es gleich mit dem erſten wort der pre - dig: Man kans bei uns nicht gut ver - tragen / wenn man den Heiland / ohne gute erlaͤuterung / GOttes Wort nen - net das wort λόγος ſcheinet darum genommen zu ſeyn / weil es nichts ei - gentlich heiſt / und doch alles heiſt wir nennen ihn alſo das Gottesding wer weiß / wo Johannes das wort λόγος gehoͤret hat: er hats vielleicht bei einer philoſophiſchen demonſtration / vom weſen aller weſen / gehoͤret / und es hat ihm gefallen / und hat gedacht / es ſchikt ſich gut / den leuten ein biſſel einen be - grif zu machen / wer mein Herr iſt / daß ſie doch nicht einen engel / miniſtre - oder eigenſchafes-begrif bekommen: ich will ihn lieber mit einem philoſophiſchen ter - mino nennen / bis wir was beſſers ha - ben. Jetzt nehme man das zeugnis Jo - hannis, und uͤberweiſe damit einen Soci - nianer, von der Gottheit Chriſti, wie der heilige Geiſt durch Johannem gethan hat. Der Graf geſtehet ſelbſt, daß die herrnhu - ter das wort nicht gut vertragen koͤnnen,und154Herrnhuterey in ihrer Schalkheitters ſeye, kund gemacht, ſo ſoll den ſpruͤchen theils die kraft benommen, theils andern einekraft,(*)und gibt dem Socinianer alle moͤgliche ausfluͤchten an die hand. Dann es ſoll nichts bedeuten / und doch alles / was man will. Es ſoll das Gottesding hei - ſen. Das ſoll der name des Sohnes GOt - tes ſeyn. Und wer weiß / wo es Johan - nes her hat: nicht vom heiligen Geiſt, der durch ihn redet. Dann das haͤlt der Herr Graf vor ein bloſes maͤhrlein, daß Johan - nes durch eingebung des H. Geiſtes hier geredet haben ſoll. Der heilige Geiſt iſt ſein lehrmeiſter nicht geweſen, ſondern Jo - hannes hat dieſes ſo ohngefehr bei einem heidniſchen weltweiſen aufgefangen. Er will es nur zum behelf gebrauchen, bis wir was beſſers haben. Ohne zweifel will der Graf eine beſſere bibel machen, und ei - ne neue Dreieinigkeit. Wer kan veraͤchtli - cher von GOttes wort reden, als dieſes geredet iſt? ein heidniſcher ſcribent, der die vermuthung vor ſich hat, daß er nicht ganz ohne vernunft geſchrieben, wird gewis von keinem ausleger ſo mishandelt, wie der heilige Geiſt, der durch Johannem gere - det hat, von dem liederlichen ſinn und maul des Grafen mishandelt wird. Und das geſchiehet auf der kanzel, vor den oh -ren155anderer Theil. kraft, die ſie nicht haben, von den auslegern ge - geben worden ſeyn. Da ſollen die miſerablen 120. machtſpruͤche jung geworden ſeyn / (§. 78. *) davon ihrer 96. das gegentheil zu be - weiſen ſcheinen. Dann wo dieſes wahr waͤre, wer koͤnte alsdann einem feind der Gottheit Chri - ſti uͤbel nehmen /(**)Es iſt kein wunder, daß der Herr Graf es mit den Socinianern ſo treuherzig mei - net. Dann er ruͤhmet ſich, ſie ſeyen herrn - huter worden. Welches ich ihm glaube, wann es auch umgekehrt wird. Dann der ſtrengſte Socinianer / ſolange er auch die Gottheit Chriſti noch laͤugnet, iſt ein guter herrnhuter, wann er nur vom blut redet, und in die verſamlung der bruͤder komt. Er iſt gleich bekehret, ob er wohl die Gott - heit Chriſti noch anfeindet. Er kan ſich inder daß er eine lehre nichtglaube -(*)ren einer gemeine, die chriſtlicher, als an - dere, heiſen will. Es offenbaret ſich hie - durch ſein geheimnis der bosheit, wann er von dem erkentnis GOttes in ſeinen ſieben letzten reden ſchreibet, ſ. 7. Alles / was ſonſt von der Gottheit geſagt / und ge - ſchrieben wird / das iſt von heiden her / von irgeiſtern / von thoren / oder fal - ſchen weiſen / mit deren beſchreibung ſich die theologi oft noch behelfen muͤſſen / weil ſies nicht beſſer koͤnnen / ꝛc. 156Herrnhuterey in ihrer Schalkheitglaubete, deren gegentheil durch 96. machtſpruͤ -che(**)der lehre, vom verdienſt Chriſti, bei den bruͤdern, veſt ſetzen, davon uͤberzeuget wer - den, und doch ein verlaͤugner der Gottheit JEſu bleiben. So heiſt es in ſeiner rede von der bruͤderkirche / ꝛc. oder, von des lammes ſeiner Eſther / gehalten 1746. den 2. Jannar. ſ. 24. Da die Socinia - ner uͤberzeuget waren / daß ſie muͤſten ums bluts JEſu willen / zu gnade kom - men / daß man nicht koͤnte ſeelig wer - den / als aus dem verdienſt Chriſti: ſo - bald das nur unter den Socinianern an - fieng / zwei leuten deutlich und klar zu werden / da ſie im uͤbrigen noch die ſtrengſte verlaͤngner des Sohnes / und H. Geiſtes / (unitarii) waren / ſo war ihr erſter gang zu den bruͤdern. So hat mancher groſer theologus unter ih - nen / jahr und tag hintereinander / es hat ſchneyen oder regnen moͤgen / keine bruͤderverſamlung verſaͤumet / um ſich in der lehre / vom verdienſt Chriſti / veſt zu ſetzen. Das muͤſſen gewiß wichtige bruͤder geweſen ſeyn, welche den ſtrengſten Soci - nianern ſo nahe an das herz gegriffen. Se - het, wie ſo mancher groſer theologus un - ter den Socinianern, auf eine ſo wunder -ſame157anderer Theil. che ſchiene bewieſen zu werden. Ja zu deren be -weis(**)ſame weiſe, von den bruͤdern umgegoſſen, und durch regen und ſchnee, in die verſam - lungen gezogen wird! Was muͤſſen dann wohl dieſe reſpectable bruͤder in ihren verſamlungen geprediget haben? das blut, und das lamm? dann die bruͤder duͤrfen ja nichts anders predigen. Ich daͤchte aber, die religionsleute, die keine bruͤder ſind, haͤtten das den Socinianern ſchon lange aus der heiligen ſchrift mit nachdruk geprediget. Und nun muͤſſen die bruͤder allererſt die kraft darzu geben, daß ſo gro - ſe lehrer dieſer Heilands-wiedrigen ſecte, erſt vom blut Chriſti uͤberzeuget / und nach dieſer uͤberzeugung, in den verſamlungen der bruͤder, veſt geſetzet werden. Doch, der Herr Graf hat uns dieſen kunſtgrif zu entdecken beliebet. Nemlich, die bruͤder ſind mit den Socinianern, in dieſem ſtuͤk vollkommen einig, daß man von der Gott - heit des Sohnes nicht viel weſens machen, ſondern vom blut reden ſolle. Und kein Socinianer hat jemals das blut gelaͤugnet. Ein Socinianer kan immer ſagen, er wol - le um des blutes JEſu willen, und aus deſen verdienſte, zu gnaden kommen. Wann er nur im uͤbrigen noch der ſtrengſte feind der Gottheit Chriſti bleiben kan, wie derHerr158Herrnhuterey in ihrer Schalkheitweis man nichts anders, als verſchiedene, ichweiß(**)Herr Graf von den Socinianern, welche einen theil der bruderverſamlung ausge - macht, ganz offenherzig bezeuget. Nem - lich, daß Chriſtus blut vergoſſen, und ein groſes verdienſt vor das menſchliche ge - ſchlecht habe, das ſagten alle Socinianer, ehe die herrnhutiſche bruͤder in die welt ka - men. Aber dieſes verdienſt Chriſti ſuchen ſie darinnen, daß der JEſus von Naza - reth, durch ſein allerheiligſtes exempel, uns den weg zu GOtt zeige, daß er zur rechten GOttes ſitze, und uns vertrete. Ja, ei - ne parthie der Socinianer iſt ſoweit ge - gangen, daß ſie Chriſtum vor anbetens - wuͤrdig erklaͤret hat. Und gewiß hat die - ſe mehr gethan, als der Graf ſeine bruͤder lehret. Dann er will nicht haben, daß ſie Chriſtum anbeten ſollen: und das deswe - gen, weil er, der Heiland, wie ein ande - rer bruder, wie ein aͤlteſter, ein kirchendie - ner, anzuſehen ſeye. Dann ſo ſchreibet der Graf, der auf ſeine blut-theologie ſo gewaltig trotzet: in eben dieſer predig vom GOtt der gemeine / die aber in der that eine ſchmaͤhſchrift auf den Sohn GOttes iſt, ſ. 18. da er die worte des Erloͤſers: ich fahre auf zu meinem GOtt / nach ſeiner eigenen deutung alſo gibt: das iſteben159anderer Theil. weiß nicht, wo jung gewordene / und noch dar -zu(**)eben der GOtt / den ihr durch mich habt kennen gelernet / und welcher nun / weil ich ein purer menſch bin / weil ich vor menſch beſtehen kan / nach leib / ſeele / und geiſt / auch mein GOtt worden iſt. Dann in dieſem gnadenreich, ſoll der Sohn GOttes nichts anders bei den bruͤdern ſeyn, als das lam, und der mitbruder der herrn - huter. Und ſeine glaubige / heiſt es ſ. 19. haben das vorrecht allein / ſeinen Vater zum GOtt zu haben / oder, wie er ſich noch frecher ausdruͤket, in der neujahrs - rede / von der haushaltung des lammes / 1746. ſ. 8. wann ihr die Gottheit wer - det anbeten / ſo wies die ganze welt bis - her auch gethan hat / da ſolt ihr mei - nen Vater / euren GOtt nennen / da ſolt ihr meinen Vater NB. fuͤr einen einigen kirchengott / anbeten / darinn ſolt ihr privilegirt ſeyn vor der welt. Und ſ. 7. lautet es alſo: ich will nicht anders von euch tractiret ſeyn / als daß ihr mich euer gebeine nennen ſolt. Ich will ordinarius unter euch ſeyn. Und damit ſie ja verſtehen moͤchten, wer gemeinet ſey, ſo fuͤget er hinzu: ich meyne uns / das iſt die herrnhuter. Wer demnach ein herrn - huter wird, der erlanget von dem heilandZinzen -160Herrnhuterey in ihrer Schalkheitzu miſerable machtſpruͤche / anzufuͤhren haͤtte? heiſet(**)Zinzendorf, das privilegium, oder den frei - brief, den Sohn GOttes nicht anzubeten, nicht als GOtt zu tractiren; ſondern das uͤberlaͤſet man immittelſt der welt / und be - tet nur den Vater an. Wer alſo den Sohn GOttes, als GOtt anbetet, der iſt ein weltmenſch, ein unglaubiger, und aus - geſchiedener aus der gemeine. Wer aber einig und allein den Vater anbetet, und den Sohn blos vor ſein gebeine, vor ſeinen bruder, und biſchof haͤlt, der iſt ein aͤchter und weſentlicher bruder. Waͤre es dann nun ein ſo groſes wunder, wann die Soci - nianer unter den herrnhutiſchen bruͤdern ei - nen kirchenſtand haͤtten? ich bin ſonſt ver - ſichert, daß der Graf hier waker dichtet, wann er die groͤſte lehrer der Socinianer unter ſeine bruͤder zehlet. Dann ſeine ge - wonheit iſt bekant. Aber er will doch ſo - viel ſagen, daß niemand ſich beſſer zu einem herrnhuter ſchicke, als ein Socinianer. Und darinn hat er recht. Nur muß ein So - rinianer alsdan noch ein wenig weiter her - unter gehen, als es ſeine ſecte mit ſich brin - get. Er muß nemlich den geringen vorzug fahren laſſen, den er dem Heiland vor an - deren gemeinen menſchen, kraft ſeiner reli - gion, noch zugeſtehet. Das iſt einem Soci -nianer161anderer Theil. heiſet das nicht, aus antrieb einer fanatiſchenargheit,(**)nianer wohl noch moͤglich, wann er recht leichtſinnig ſeyn, und den Sohn GOttes, mit huͤlfe des Herrn Grafen, noch kleiner machen will, als er ihn zuvor gemacht hat, da er ihm ſeine Gottheit geraubet. Jetzt ler - nen wir, was der Graf mit den folgenden worten ſagen will: von der gemeine zu herrn - hut, oder des lammes ſeiner Eſther / ſ. 24. Der Heiland hat in der menſchen ihren herzen / in allen religionen / die nicht di - rect gegens evangelium angehen / ſon - dern ſich mit dem evangelio behelfen wol - len / in aller herzen ſage ich / die idee ge - leget / man koͤnne ſich der bruͤder NB. ohne gefahr bedienen / ſie ſind nur die - ner / ſie werden mir NB. keine confuſion in meiner religion / in meiner kirche ma - chen / ich kan ſie zu dem zweck brauchen / den mir GOtt in mein herz gegeben / ꝛc. Ich muß dieſe tiefe des ſatans ein wenig entdecken. 1) Einejede religion kan die bruͤ - der ohne gefahr brauchen / weil ſie ihm in der religion keine verwirrung machen wer - den. Das iſt, die bruͤder laſſen den So - cinianer bleiben was er iſt, ſie machen ihm in ſeiner religion, dadurch er von andern religionen ſich unterſcheidet, die geringſte irrung nicht. Nun iſt der Socinianerglaube,Herrnhut. II. Th. L162Herrnhuterey in ihrer Schalkheitargheit, die zeugniſſe des goͤttlichen worts verlaͤ -ſtern,(**)glaube, eben dadurch eine eigene religion, weil er die H. Dreieinigkeit, und die gnug - thuung Chriſti verlaͤugnet. Das gehet aber die bruͤder nicht an. Das laſen ſie gelten, und wann nur der Socinianer den bruͤdern guͤnſtig iſt; ſo werden die bruͤder ſeine die - ner, und mitbruͤder, nur mit dem beding, daß der Socinianer Kehelle rufet, und vom blut redet. Sind aber die bruͤder, kraft dieſer graͤflichen beſchreibung, nicht grund - boͤſe buben, und algemeine betrieger aller religionen? zumal, da ſie ſich vor Luthe - raner / mit ihrem Grafen bekennen, und die Augſpurgiſche confeßion, wann es ihre boͤſe abſicht erfodert, vor ihre glaubensbe - kentnis ausgeben? ſiehet man nicht hieraus mehr als zu deutlich, warum es ihnen zu thun ſeyn muß? daß ſie nemlich alle religio - nen, ohnabgeaͤndert ihrer irthuͤmer, herrn - hutiſch machen wollen, wann ſie nur eine herrnhutiſche formul gelten laſſen? 2) Das abſcheulichſte bei dieſer bosheit, beſtehet dar - innen, daß, wann ſich die bruͤder als werk - zeuge darſtellen, die ſich von einerjeden re - ligion, zu einem beliebigen zweck gebrau - chen laſſen: der Herr Graf dieſes vor ein goͤttlich werk ausgiebet. Dann er ſaget zweierlei davon. a) GOtt gebe den reli -gionen163anderer Theil. ſtern, und den feinden die Chriſtliche religion, als eine elende geburt, zum hohngelaͤchter preis geben?

L 2IV.

(**)gionen dieſes ins herz / worzu ſie die bruͤ - der, als zu einem zweck / gebrauchen, b) GOtt habe ſogar allen menſchen / in al - len religionen / die ſich mit dem evange - lio behelfen / dieſes ins herz gegeben / daß ſie der bruͤder / zu einem ſolchen zweck / ſich bedienen ſolten. Das heiſt: GOtt habe den menſchen dieſe regel, wie ein na - turgeſetz, in ihre herzen geſchrieben, daß ſie ſich vom Graf Zinzendorf und ſeinen werk - zeugen betriegen laſſen, und die ganze welt durch den dienſt der bruͤder hinwiederum be - triegen ſolten. c) Wer das nicht glauben will, der iſt, nach dem graͤflichen evange - lio, ein menſch, welcher ſchnurſtracks dem evangelio zuwieder iſt, oder, wie ſeine wor - te lauten, welcher directe gegen das ev - angelium angehet. Sehet! ſo muͤſſen die teufliſche tuͤcke, mit welchen der Graf die arme ſeelen verblendet, eingebungen des heiligen Geiſtes bedeuten. Allen menſchen ſollen ſie ins herz gepflanzet ſeyn, welche nur noch einen ſchein des evangelii behalten wollen!

164Herrnhuterey in ihrer Schalkheit

IV. Entdecktes Geheimnis der Bosheit, in der Herrnhutiſchen Lehre, von GOtt dem Vater, und dem Sohn.

Inhalt. Urſache der benennung dieſer lehre / §. 94. Die lehre ſelbſt / in ih - rem zuſaminenhang / der erſte ſatz derſel - ben / §. 93. Der zwei -te / §. 96. Der dritte / §. 97. Der vierte / §. 98. Der fuͤnfte / §. 99. Der ſechſte / §. 100. Der ſiebende / §. 101. Der achte / §. 102.

§. 94.

ES iſt noͤthig, den herrnhutiſchen greuel noch beſſer in ſeinem zuſammenhang außude - cken, welcher ſich, in anſehung ihrer unſinnigen ſchwaͤrmerei, herſuͤrthut, waun ſie von GOtt dem Vater, und dem Sohn reden. Ich habe es mit bedacht ein geheimnis der bosheit ge - nennet. Man ſiehet mit verwunderung, wohin es der ſatan bringe, bei leuten, welche vernunft und offenbarung an die ſeite ſetzen. Dann ohne dieſes gedoppelte licht, iſt es unmoͤglich, auf dem wege der warheit zu bleiben. Wer nun beides mit fuͤſen trit, der handelt boshaftig gegen GOtt und menſchen. Und dieſe bosheit, wo ſie noch andere verſtekte abſichten hat, oder wenigſtensder165anderer Theil. der ſatan, als ihr urheber, noch immerfort mehr boͤſes dadurch ſtiften will, als bereits ausgebro - chen, iſt ein geheimnis der bosheit. Es iſt ein herrnhutiſch geheimnis, weil die barmherzigkeit GOttes, alle Chriſtliche religionen bisher gnaͤ - diglich dafuͤr bewahret, und keine, mit den Zin - zendorfiſchen leuten, etwas davon gemein hat. Kein vernuͤnftiger heide / kan auf dieſen wahn - ſin verfallen, ſolange er auf die ſtimme der natur achtung gibt, von welcher Paulus zeuget, Koͤm. 1, 19. Kein Chriſt / wann er die heilige ſchrift gelten laͤſet. Weshalben auch die drei Chriſtli - chen religionen, und deren bekentnisbuͤcher, in der allgemeinen warheit, die von dem Grafen hier verſpottet wird, durchgehends einig ſind, und die wiederlegung, die ſonſt beizufuͤgen waͤre, mir dermahl erſparen.

§. 95.

Laſet uns dieſe unerhoͤrte verwegenheit, und ihre brut, in ihrer rechten geſtalt betrachten. Sie lieget in folgenden ſaͤtzen abgemahlet. 1) Im alten teſtament iſt ein GOtt bekant geweſen / der heiſet Jehovah. (*)Dieſes ſtehet in des Grafen neujahrsre - de / von der haushaltung des lammes in dieſer zeit / gehalten in Bethlehem / den 1. Jan. 1746. ſ. 4. Man hat damals, (im A. T.) von einem GOtt gewuſt auf den ſind alle zehen gebote / alle glaubens -artikel /Das iſt der SohnL 3GOttes. 166Herrnhuterey in ihrer SchalkheitGOttes. Von deſen menſchwerdung und verſoͤhnung / von ſeinen menſchlichen aͤmternund(*)artikel / alle opfer und gottesdienſte ge - gangen / und das iſt JEſus Chriſtus ge - weſen / der hat damals Jehovah gehei - ſen. Und daſelbſt, ſ. 5. Die ſpuren / die man im A. T. vom N. T. findet / die ge - hen eigentlich alle auf die menſchwerdung GOttes / auf dieſelbe groſe verſoͤnung / die GOtt ſelbſt machen wuͤrde zu ſeiner zeit / aufs Heilands menſchliche aͤmter und herrlichkeiten. Das ſind propheti - ſche ſachen / davon haben die leute kei - nen zuſammenhang gehabt / ſie haben nur ein woͤrtgen davon ſagen hoͤren / und auch ein wenig geſehen / wie der Heiland ſagt: Abraham hat meinen tag geſehen. Aber / uͤber ſeine Gottheit / uͤber ſeine al - gnugſamkeit / uͤber ſeine hoͤchſte herr - ſchaft / und alleinige gewalt (pantocra - tie und monarchie) uͤber alle welten / uͤber ſeinen ſchoͤpfersrechten / hat ſich kein menſch beſonnen / das iſt eine ausge - machte ſache geweſen. Das war nun ſo der GOtt / den ſie hatten / der GOtt / der ſie aus Egypten gefuͤhret hatte. Das war der GOtt Abraham / Iſaac / und Jacob / und ſie durften keinen andern GOtt anbeten / keinen andern GOtt eh -ren. 167anderer Theil. und herrlichkeiten / hat man im alten teſtament einige ſpuren gehabt / aber nichts ganzes. L 4Allein /(*)ren. Sie muſten ſich damals lediglich an den GOtt halten / der ſie erſchaffen hatte / an den GOtt / der mit Adam im paradies geredet hatte / der ihnen den Meßias verſprochen / an den GOtt / mit dem die altvaͤter converſiret / an den GOtt / der den Moſes geſandt hatte / und er war immer einer / der Heiland. Man merke hierbei, 1) wann die altvaͤ - ter den Jehovah, als ihren GOtt angebe - tet haben, ſo iſt derſelbe weder GOtt der Vater, noch der heilige Geiſt geweſen: 2) Wann die altvaͤter GOtt den Vater, oder den heiligen Geiſt angebetet haͤtten, ſo wuͤrden ſie einen andern GOtt angebetet haben, welches ihnen nicht erlaubet war. Wann ſie waͤren ſo wunderlich geweſen / und haͤtten ſeinen Vater entdecken wol - len / haͤtten wollen den heiligen Geiſt entdecken / ſo haͤtten ſie vielleicht noch zwei oder drei darzu gemacht / es waͤre dabei nicht geblieben. Alſo ſetzet der Graf gleich darzu, ſ. 6. 3 ) Der GOtt, der ſei - nem volk im A. T. den Meßias verſprochen hat, iſt der Sohn GOttes, (den ſie aber als Sohn / nicht kannten, weil ſie nichts von ſeinem Vater wuſten,) und der Mes -ſias,168Herrnhuterey in ihrer SchalkheitAllein ſeine Gottheit / und ſein ſchoͤpfungs - recht iſt bekannt geweſen. Sie erwarteten von dieſem Jehovah einen(**)Eingangspredig zum erſten gemein - tag / 1746. gehalten in der ſchloskirche zu Marienborn / den 9. Jan. ſ. 9. So - lang Jehovah noch nicht anders bekannt war / als der GOtt uͤber alle welt / und noch kein menſch wuſte / daß der Schoͤ - pfer ihr Heiland ſeyn wuͤrde / ſo wuſte auch noch niemand / daß er einen Vater haͤtte / ſondern ſahen immer den Jeho - vah Elohim fuͤr einfach an / fuͤr dasje - nige guͤtige weſen / das ihnen einmal ih - ren Heiland ſchicken wuͤrde / welchen ſie aber an einem geſchaffenen individuo / (einzelnen perſon /) an einer / ob auch gleich uͤbermenſchlichen und engliſchen / doch auch nicht GOttesperſon / ſondern als ein Etwas erwarteten / das nicht Er ſelber waͤre: dann was bei uns alle kin - der wiſſen / das iſt damals keinem got - tesgelehrten / (theoſopho /) deutlich und nett eingefallen; ſo konte es nicht anders ſeyn; oder es muſte eine unnatuͤrliche und uͤbernatuͤrliche kraft uͤber die leute kom -men / Heiland / denſie(*)ſias, iſt eine perſon, die von dem Sohn GOttes verſprochen wurde, wie ſogleich folgen wird.169anderer Theil. ſie aber vor ein bloſes geſchoͤpf hielten / vor ein etwas / das nicht Er ſelber waͤre.

L 5§. 96.

(**)men / um ſie zu dem grundſatz zu brin - gen / um ihnen das gefuͤhl zu machen / daß ihr Schoͤpfer ihr Heiland waͤre. Das thut nun mein Vater / ſagt JEſus: es kan niemand zu mir kommen / es ſey dann / daß ihn ziehe der Vater / der mich ge - ſandt hat. Und wieder an einem an - dern ort: daß du weiſt / daß ich GOt - tes Sohn bin / daß dein Heiland GOt - tes Sohn iſt / daß dein bruder / dein mitgenoß / dein anfuͤhrer / dein hausva - ter / GOttes Sohn iſt / das hat dir nicht fleiſch und blut / das hat dir kein ſterb - licher menſch / weis gomacht / das hab ich dir ſelbſt nicht geſaget / das haſt du unmittelbar von meinem Vater. Hierbei iſt anzumerken: 1) nach der graͤflichen bibel ſind Abraham, Iſaac, Ja - cob, David, ꝛc. lauter Socinianer gewe - ſen. Dann ein Socinianer glaubet eben ſo - viel, als dieſelbige: er glaubet, es ſeye ein einfaches, d. i. in einer perſon beſtehendes guͤtiges weſen, welches man Jehovah nen - ne, weder Vater noch Sohn, ſondern Je - hovah, und von welchem der Meßias, ge - ſchickt worden. Dieſer Meßias ſeye ein Etwas, aber keine goͤttliche perſon. 2) Durch

170Herrnhuterey in ihrer Schalkheit

§. 96.

Dieſen GOtt / haben nun 2) die Vaͤter im alten teſtament / mit ausſchlieſung der andern goͤttlichen perſonen / anbeten muͤſſen. Ja / es iſt ihnen nicht einmal erlaubt geweſen / denVater /(**)Durch einen ſolchen Sociniauiſchen glau - ben kan man ſeelig werden. Dann er wird hoffentlich zugeben, daß Abraham ſeelig worden, als welcher ein Vater aller glau - bigen genennet wird, in deſen ſchoos wir ſollen getragen werden. 3) Er verbietet den bruͤdern, (wie bald folgen wird,) den Heiland im N. T. als GOtt zu verehren. Die gemeine ſoll ihn als einen bloſen men - ſchen anſehen, und den Vater vor ihren GOtt. Das thun die Socinianer unge - heiſen. Ja es iſt bekannt, daß die eine par - thie der Socinianer, ſogar vor die anbe - tung Chriſti ſtreitet, folglich ihm noch mehr verehrung goͤnnet, als der Herr Graf er - lauben will. 4) Man ſiehet hieraus, weil ſolcher geſtalt die glaubige des alten und neuen teſtamentes, Socinianer geweſen ſeyn muͤſſen, daß ich dieſe grafliche ſchwaͤrmerei, auch um dieſer urſache willen, mit recht ein ein geheimnis der bosheit nenne. Dann ſolcher geſtalt hat er die ganze ſekte der So - cinianer in ſeiner gemeine, oder, (wie ſein wort heiſt,) im kirchenſprengel. 171anderer Theil. Vater / und den heiligen Geiſt zu entdecken. (*)Die worte des Herrn Grafen ſtehen ſchon (§. 95. *) die er weder mit vernunft, noch ſchrift beweiſet, wie auch unmoͤglich blei - ben wird. Alſo treibet er mit dieſen, zur ſeeligkeit ohnentbehrlichen warheiten, nur ſein poſſenſpiel, und ſuchet ſie zum gelaͤch - ter zu machen. Es laͤſt ſich aus die - ſen graͤflichen ſaͤtzen das erklaͤren, was in ſeinem lehrbuͤchlein, oder catechismus, etwas verſteckter, oder wenigſtens kuͤrzer vorgetragen iſt, wann von GOtt dem Va - ter, von der rechtfertigung der glaubigen im A. T. u. ſ. w. gehandelt wird. Dann der Graf ſucher ſogar in einem bekentnis - buch, ſeiner ſekte, (wie dieſer catechismus iſt,) einen ſolchen ausgeſchaͤumten unflat ſeiner vom verwirrungsgeiſt aufgewuͤhlten garſtigen phantaſie, zum glaubensbetent - nis zu machen.Sonſt waͤre das auf eine abgoͤtterei hin - ausgelaufen / ſie haͤtten vielleicht noch zwei oder drei goͤtter darzu gemacht.

§. 97.

Nachdeme aber 3) der Schoͤpfer menſch geworden / da hat ſich eine(*)So lieſet man in der neujahrsrede / von der haushaltung des lammes / in dieſer zeit / den 1. Jan. 1746. ſ. 6. Da nunderſelbe andere haus -haltung /172Herrnhuterey in ihrer Schalkheithaltung / (oͤconomie) mit ſeiner perſon ange -fangen. (*)derſelbe Schoͤpfer menſch wurde / und das ewige gut ſich in unſer armes fleiſch und blut verkleidete / und der die fulle der Gottheit in ſich hatte / der der inbegrif der theologie / die hauptſumme der gan - zen lehre von unſerer ſeeligkeit war / JE - lus Chriſtus / ſich als menſch praͤſenti - rete / GOtt offenbaret wurde im fleiſch / da gieng eine andere haushaltung, (oͤco - nomie /) mit ſeiner perſon an / und er wol - te unter ſeinen kindern / kuͤnftig nicht als GOtt tractiret ſeyn / ſondern als ihres gleichen / als ihr fleiſch und blut. Bis die Chriſtin beim Chriſt wird ſeyn / ſolte ſie GOtt ihr fleiſch und bein nennen. Was der Herr Graf mit dieſen worten ſagen wolle, iſt wohl zu merken. Dann daß die perſon des Sohnes GOttes in der fuͤlle der zeit, die menſchliche natur ange - nommen habe, das meinet der Graf nicht, wann er ſpricht, es ſeye mit der perſon des Sohnes / eine neue oͤconomie ange - gangen. Dann daß dieſes wuͤrklich geſche - hen ſeye, iſt bei allen Chriſten ausgemacht. Sondern die graͤfliche oͤconomie beſtehet dar - innen, daß der Sohn GOttes von ſeinen bruͤdern, oder von den herrnhutern, gar nicht mehr als GOtt wolle tractiret ſeyn;und173anderer Theil. fangen. Waͤhrend dieſer zeit / will dieſer Je -hovah /(*)und das nicht allein im ſtande ſeiner tiefen erniedrigung, (dann damals waren ja die herrnhuter noch nicht in der welt, und waͤh - rete ſogar, nach des Grafen bekentnis, das alte teſtament noch) ſondern in der ganzen zeit des neuen teſtamentes, bis zur wieder - bringung aller dinge. Das bezeugen des Herrn Grafen worte in der vorhabenden predig / vom Vater / dem GOtt der ge - meine / ſ. 21. Bis die Chriſtin beim Chriſt wird ſeyn / haͤlt ſie den Jehovah der ganzen welt / (das iſt, den Sohn GOt - tes) fuͤr ihr fleiſch und gebein / glaubt an ihn / bis ſie ihn ſieht / und unterdeſſen ehret ſie den GOtt der gemeine / (den Vater,) der die beſondere barmherzigkeit fuͤr das weib des lammes / fuͤr die ge - meine JEſu Chriſti hat / ihr GOtt zu ſeyn; den GOtt / den JEſus Chriſtus / als Mann der kirche / auch zu ſeinem GOtt hat / zu ſeinem partieulier-GOtt / zu ſeinem ſpecial-GOtt / zu ſeinem amts - GOtt / und ſolange dazu haben / und dafuͤr erkennen wird / bis er ihm alle ſchoͤpfung / bis er ihm / wie oben geſagt / die ganze armee ſeiner creatur / wird ge - ſchenkt haben / ꝛc. Da wird er / ſ. 19. ſeinem Vater die ganze ſchoͤpfung praͤſen -tiren /174Herrnhuterey in ihrer Schalkheithovah / unter ſeinen kindern nicht mehr alsGOtt(*)tiren / wird gleichſam den ſponton neh - men / und vor allen creaturen der zeit und NB. ewigkeit hergehen / und ſagen: lieber Papa! du haſt eine kleine heerde gehabt / und eine groſe guarde: aber da bring ich dir alles / du biſt fertig mit dei - nen ſiegen fuͤr mich / da haſt du alles wieder zuruͤkke / was mein iſt / da ſie - heſtu / daß ich NB. fuͤr alles / auſer GOtt / (ſo mishandelt er den ſpruch Pauli, Ebr. 2, 9.) geſtorben bin. Und ſ. 17. Darauf be - ziehet ſich das ganze 17. cap. Johannis / da der Heiland klaar und deutlich zeiget / daß er und wir / einerlei GOtt haben / und daß / wann wir wollen rechte ſeelige leute ſeyn / ſo muß es mit uns dahin kom - men / daß wir zu ihm ſagen: meine ge - beine / und zu ſeinem Vater: mein GOtt! Hieraus ſiehet man 1) daß Chriſtus der Mann der kirche ſeyn ſoll, blos nach ſeiner menſchlicher natur. 2) Daß dieſes ſolange waͤhren ſoll, bis die Chriſtin, oder das weib Chriſti, beim Chriſt wird ſeyn: das iſt, bis ins andere leben. Da ſoll man erſt anfan - gen, den Sohn als GOtt, zu verehren. 3) Daß Chriſtus der Mann der kirche ſeye, mittelſt einer ſolchen verbindung, dadurch er ihr fleiſch und bein heiſet.175anderer Theil. GOtt tractiret ſeyn / ſondern als ihres glei - chen / als ihr bruder / als ihr fleiſch und blut / als ein wuͤrklicher(**)Predig vom aͤlteſtenamt des Heilan - des / ſ. 9. ſpricht der Graf: man muͤſſe das fein grob hin glauben / nicht allein / daß GOtt Schoͤpfer / ein wuͤrklicher natuͤr - licher menſch geweſen iſt / zu ſeiner zeit / ſondern daß er nach ſeiner heiligen menſch - heit / nicht anders / als da er der zim - merman von Nazareth war / nicht an - ders / als da er zu ſeiner eltern hauſe her - ausgieng / und ſich von Johanne taufen lies / mitten unter uns (die herrnhuter) getreten iſt / wandelt mit dem blut’gen ſchrein / hier in ſeiner huͤtten. Und ſ. 14. bekennet er dieſen groben glauben noch deut - licher: wie man den bruder Anton / bruder Johannes / oder wie ſo ein bruder ſonſt heiſen mag / oder onſt einen arbeiter un - ter uns / ſich vorſtellet / nahe / ſimpel / gemeinſam / ꝛc. ſo iſt der aͤlteſte / der Mann der kirche / unter uns. Nur daß in an - ſehung der ehe / einjeder mann ein vice - chriſt iſt / weil ihm der Heiland das kin - derzeugen abgetreten hat. Doch, von die - ſem ſchaͤndlichen geheimnis ſcheue ich mich, etwas weiter beizufuͤgen. Siehe den erſten theil / ſ. 160. und 143. Es ſcheinet zwardem herrnhutiſcher aͤlteſter. Und176Herrnhuterey in ihrer SchalkheitUnd wann das geſchwiſter mit Paulo dieſenJehovah(**)dem Grafen nicht lieb zu ſeyn, daß / (wie er ſpricht) dies aͤlteſtenamt / daß der Hei - land unter uns / (herrnhutern) uͤbernom - men hat / auf einen augenblik / (ſ. 9.) eine publique ſache worden / das ſonſt / und an ſich betrachtet / unter die geheimniſ - ſe / unter die perlen und heiligthuͤmer der gemeine gehoͤrt / die man den ſchweinen und hunden nicht preis machen muß: aber er bildet ſich doch ein, die weisheit GOttes habe es zu einem realen nutzen der menſchen / die keine herrnhuter ſind, gefuͤget / daß es herausgekommen. Dann es ſoll zu ihrer ewigen errettung gerei - chen; welches ſich ſonderlich bei leuten ereignen koͤnne / die von den herrnhutern glauben / daß ſie weder auf die koͤpfe ge - fallen / noch auch betrieger ſind. Gera - de, als ob man beides nicht zugleich glau - ben, und erweiſen koͤnne, theils, daß die erfinder dieſes geheimniſſes der bosheit, gro - ſe land-und ſeelen-betrieger, theils, daß die uͤbrige, die ſich von ihnen betriegen laſſen, recht hart auf die koͤpfe gefallen ſind. Dieſer entſetzliche betrug des teufels, kan ohne erſtaunen nicht geleſen werden. Ein herrnhutiſcher aͤlteſter, iſt eine bloſe menſch - liche kreatur, eine erfindung, die in desGrafen177anderer Theil. Jehovah einen HErrn nennet / ſo bedeutetdieſes(**)Grafen gehirne gewachſen iſt. Und nun ſoll der Sohn GOttes, der zur rechten des Vaters erhoͤhet iſt, und den alle engel an - beten, ohne betracht ſeiner Gottheit, und ohne daß ein bruder ihn anbeten duͤrfe, als ein bloſer menſch, in der geſtalt eines herrn - hutiſchen aͤlteſten, mit dem blutigen ſchrein, da herumgehen, wo der Graf ſeine capellen und colonien errichtet hat; ſo, daß er wie bruder Anton, und Johannes, als zimmer - man von Nazareth, von den andern bruͤ - dern betrachtet werden muͤſſe. Ja, dieſer verfluchte wahn ſoll ein ſolches geheimnis ſeyn, das zur ewigen errettung anderer leute, die keine herrnhuter ſind, durch ei - nen beſonderen rathſchlus der goͤttlichen weisheit / gereichen muͤſſe; und das den - noch vor die herrnhuter eigentlich, nicht aber vor hunde und ſchweine, gehoͤre. Dieſe ſe unverſchaͤmte bosheit, (das fleiſchliche mit Chriſto betriebene gnoſtiſche ehegeheim - nis / das noch abſcheulicher iſt, zu geſchwei - gen,) hat dem Grafen ſeine ſinnen dergeſtalt zerruͤttet, daß er endlich ſelbſt auf den ge - danken faͤllt, ob nicht einjeder nur vernuͤnf - tiger menſch, der dieſe ſchandluͤgen hoͤret, ihn entweder vor einen ausnehmenden be - trieger / oder im kopf verruͤkten waͤſcher,hal -Herrnhut. II. Th. M178Herrnhuterey in ihrer Schalkheitdieſes wort ſeine Gottheit nicht / ſondern nur ſoviel / als einen Mann /(***)Davon will ich ſeine worte beiſetzen. In der vorhabenden predig komt es zweimal vor: erſtlich, ſ. 14. Meine bruͤder! das iſt es eigentlich / was auch in der lehre von unſerm Vater / von dem einigen GOtt der gemeine / von unſerm einigen manne / den wir mit der Sara / in eben der abſicht / wie ſie den Abraham / un - ſern Herrn nennen / nicht weil er uͤber NB. uns regieret / nicht weil er das regiment uͤber die welt hat / nicht weil er unſer Schoͤpfer iſt / ſondern weil er unſer mann iſt / aus ehe-reſpect / ꝛc. Das andere ſte - het ſ. 20. Itzt iſt nun die zeit / da wir aus gnaden ſagen koͤnnen / wir haben nur einen GOtt / den Vater / von welchemalle und die ehre /welche(**)halten muͤſte. Deswegen iſt das der einige grund, den er zum glauben an ſein geheim - nis legen kan, daß nemlich die leute, de - nen er daſſelbe aufbinden will, ein fuͤr alle - mal glauben muͤſſen, der Graf ſeye weder ein betrieger / noch auf den kopf gefal - len / wann er den Sohn GOttes vor einen ſolchen bruder Anton ausgibt. Wer nun zuerſt dieſen glauben hat, der iſt ſodann fer - tig gemacht zu dem andern glauben an das graͤfliche geheimnis ſelber.179anderer Theil. welche ihm durch dieſes wort geſchiehet / iſt nichts anders / als eine vorzuͤglichkeit / der - gleichen ein eheweib ſeinem manne einraͤumet.

M 2Gleich -

(***)alle dinge ſind / und wir in ihm / (vom lam ſtehet Joh. 17. Ich in ihnen / und du in mir / auf daß ſie ſich untereinan - der ſeyn / wie wir uns ſind /) und einen HErrn / einen mann / einen ehegatten / einen eheherrn / JEſum Chriſtum / durch den alles fabriciret iſt / ꝛc. Dieſe ganze brut der graͤflichen teuſche - rei, iſt ſo abſcheulich, und gotteslaͤſterlich gegen den Heiland, daß ich es vor ganz un - verantwortlich halte, mitten in der Chri - ſtenheit, und der proteſtantiſchen kirche, der - gleichen ſchaͤndliche ſchmaͤhſchriften auf die GOttheit, frei und ohngehindert druken zu laſſen, da man doch, wie billig, gegen die laͤſterer der weltlichen majeſtaͤt, und ande - dere pasquillanten, ein behoͤriges einſehen, in allen, auch heidniſchen ſtaaten, zu gebrau - chen pfleget. Man denke doch, wie dieſes tolle volk ſich bruͤſten muß, wann es ſich einbildet, der Sohn GOttes, ohne auf die unzertrennlichkeit der drei perſonen, in - gleichen ſeiner zwo naturen / und auf die uͤberhimliſche erhoͤhung ſeiner menſchlichen verklaͤrten natur, im geringſten zu denken, ſeye dergeſtalt in die herrnhutiſche bandenund

180Herrnhuterey in ihrer Schalkheit

Gleichwie demnach im A. T der Vater nicht angebetet worden; alſo ſoll im N. T. der Sohn von dieſer anbetung / in den bruͤdergemeinen /wie -(***)und neſter gebannet, Matth. 24, 23. 26. daß ſie ihn als einen puren menſchen betrachten, folg - lich duꝛchaus nicht anbeten, ſondern als ihren bruder Hans, und Anton, ja leiblich, oder ſo - matiſch / (wie unten vorkommen wird,) als ihr fleiſch und bein, mit ihnen zuſam - menhangenden aͤlteſten, tractiren muͤſten. Sie erheben ſich damit, uͤber alle engel und auserwehlten, uͤber alles, was im himmel und auf erden iſt, das ſeine Majeſtaͤt mit tiefſter demuth verehret. Sie entkraͤften, zu dieſem ende, die wichtigſten zeugniſſe der heiligen ſchrift, welche ihn wegen der ſchoͤ - pfung und erloͤſung, wodurch theils die ganze welt weſentlich, theils die menſchen eigenthuͤmlich, und die glaubige ſeeliglich - von ihm abhangen, einen HErrn / GOtt / und Jehovah nennen. Da Paulus ſpricht: 1. Cor. 8, 6. Wir haben einen HErrn / JEſum Chriſtum / durch welchen alle dinge ſind: ſo ſoll dieſer JEſus nicht ein HErr, wegen des ſchoͤpfungsrechts, nicht weil er alles regieret, ein anbetenswuͤrdi - ger GOtt, ſondern ein ehemann und bru - der heiſen, den man nicht als GOtt tra - ctiren muͤſſe. Iſt nicht die weiſſagung Pe -tri181anderer Theil. wieder abgeſetzt / und hingegen der Vater an - gebetet werden.

§. 98.

Dieweil nun 4) ſolcher geſtalt die herrn - huter / vor den Sohn GOttes / den ſie zuM 3einem(***)tri hier eingetroffen: Sie verlaͤugnen den HErrn / der ſie erkauft hat / 2. Petr. 2, 1. Gewis, der ſatan ſelbſt, hat zu gewiſſen zeiten, mehr eherbietung vor den Sohn GOttes blikken laſen, Marci 1, 24. als der Graf ihm unter ſeinen anhaͤngern uͤbrig laſſen will. Und jederman wird hieraus ermeſſen, was vor ein glaube an JEſum, was vor ein Gottesdienſt, unter dieſem volk im ſchwange gehen muͤſſe, wo die an - betung des HErrn JEſu verboten, und vor ein kennzeichen der hunde und ſchweine, (das iſt derer, die keine herrnhuter ſind,) aus - gegeben wird. Es ſolte wohl niemand ge - denken, daß ein menſch ſeinen frevel ſoweit treiben koͤnte. Um ſeinen anhang recht ſtolz, die ſogenante aͤlteſten untrieglich, und ſeine betriegereien gros, auch bei verlaͤug - nern der Gottheit Chriſti geltend und alge - mein zu machen, ſcheuet er ſich nicht, den Sohn GOttes nach ſeiner ehre zu greifen, und alles, was der heilige Geiſt in der ſchrift dagegen zeuget, muthwillig unter die fuͤſe zu treten.182Herrnhuterey in ihrer Schalkheiteinem bloſen bruder / mann / und aͤlteſten ge - macht / wieder(*)So lautet es ohne ſcheu, in des Grafen mehrgedachten neujahrsrede / 1746. ſ. 7. Er wolte von ſeinen kindern kuͤnftig nicht mehr als GOtt tractiret ſeyn / ſon - dern als ihres gleichen / als ihr fleiſch und blut. Bis die Chriſtin beim Chriſt wird ſeyn / ſolte ſie GOtt ihr fleiſch und bein nennen. Da ſagte nun der Heiland: ihr muͤſt wieder einen GOtt haben: ich will euch einen geben / ich will euch einen nennen / ich habe einen Vater / der euch gezeuget hat / und das will ich euch / als ein groſes geheimnis / ſagen / ich ſags euch ins ohr / ich hab einen Vater. Woraus man ſiehet, wie - weit die herrnhuter in ihrem gaukelſpiel ge - hen, das ſie mit der H. Dreieinigkeit trei - ben. Sie ſagen ſich dergeſtalt los von der Gottheit des Sohnes, daß ſie ſogar einen andern GOtt an deſen ſtelle noͤthig haben, wann ſie nicht mit grund verdaͤchtig wer - den ſollen, daß ſie gar keinen GOtt mehr haͤtten. Die abſichten des ſatans bei die - ſem geheimnis der bosheit, ſind zwar ſo weit ausſehend, daß man, auch in dieſembetracht, einen GOtt an ſeiner ſtel - le noͤthig zu haben ſcheinen / damit ſie doch nicht gaͤnzlich ohne einen GOtt ſeyn moͤgen:ſo183anderer Theil. ſo hat ihnen der Heiland wieder einen GOtt gegeben. Das iſt dann die urſache / und der eigentliche urſprung einer neuen offenbarung /M 4ver -(*)betracht, dafuͤr erſtaunen muß. Indeſen fuͤhret der Herr Graf, als ſein getreuer apoſtel, dieſes zugleich im ſchilde, daß er den Socinianern, als verlaͤugnern der Gottheit Chriſti, dadurch luft machen, und die thuͤr zu ſeinem herrnhaag deſto weiter oͤfnen will. Vom alten teſtament halten die Socinianer nicht viel. Das iſt dem Grafen bekant. Deswegen arbeitet er ſo angelegentlich, die welt zu bereden, daß im A. T. die Gottheit des Sohnes geglaubet worden, jedoch ſo, und dergeſtalt, daß die erkentnis des Vaters, und heiligen Geiſtes dabei unterblieben ſeye. Das kan nun der ſtrengſte Socinianer leicht geſchehen laſſen, zumal unter den bedingungen, die ihnen der Graf oben (§. 95.) an hand gegeben hat. Aber im N. T. braucht man den Heiland nicht anders, als einen puren menſchen an - zuſehen, will man nicht unter die hunde und ſchweine gehoͤren: und man ehret nur den Vater als GOtt. Was heiſet dieſes aber anders, als an der Gottheit JEſu zum verraͤther werden, und die erkentnis derſelben aufs moͤglichſte verhindern, nur damit man ſeine parthie verſtaͤrken, undden184Herrnhuterey in ihrer Schalkheitvermittelſt welcher / der Heiland ſeinen Vater den bruͤdern kund gemacht / jedoch dieſes nur ins ohr geſagt hat / damit es die hunde und ſchweine / das iſt / alle / die keine herrnhuter ſind / nicht erfahren / noch ſich des Vaters / als ihres GOttes / annehmen moͤgen.

§. 99.

Gleichwie nun 5) die bruͤder / bei ſo be - wandten dingen / der Gottheit Chriſti ent - uͤbriget / und ſeiner puren bruͤderſchaft theil - haftig worden: alſo koͤnnen doch die andere menſchen / und alle kreaturen / der Gottheit des Sohnes nicht loß(*)In ofterwehnter neujahrspredig / ſ. 8. wird der Heiland alſo von dem Grafen re - dend eingefuͤhret: Dann die welt muß mich behalten ewiglich / die welt und alle kreaturen koͤnnen mich nicht los wer - den / ſolange bis alle kreaturen einen mund / eine ſtimme / einen ſinn hat / ein Heil erfahren hat. Darnach will ich ſie in euer recht einfuͤhren / da will ich vorangehen / und will die ganze kreatur meinem Vater praͤſentiren / und will den menſchen und engeln / und allen / wiſ - ſen laſſen / wie hoch ich meinen Vaterliebe / werden / ſonderndie(*)den verdamten goͤtzen ſeiner eigenen ehre, an Chriſti ſtat, auf den thron ſetzen moͤge. Iſt das weniger, als der antichriſt?185anderer Theil. die muͤſſen ihn als GOtt behalten / bis zur wiederbringung aller dinge. Nach welcher jedoch wiederum eine abaͤnderung folget.

M 5§. 100.

(*)liebe / wie hoch ich ihn ehre / wie hoch ich ihn ſchon im ungrunde geehret habe. Aber bis dahin iſts ein geheimnis / das nur fuͤr euch gehoͤrt. Und in unſererer obhabenden graͤflichen predig / vom Vater / dem Gott der ge - meine / heiſet es, ſ. 18. Sehet meine ge - ſchwiſter / darauf bezieht ſichs auch / wann manchmal im vorbeigehen geſagt wird / daß eine zeit kommen wird / da auch wir / (die herrnhuter,) ihn werden muͤſſen zu unſerm ausdruͤklichen Gott ha - ben / da auch wir / ihm creatuͤrlich zu fuͤſen liegen / da auch einmal die glau - bigen / in conformitaͤt der ganzen uͤbri - gen creatur / in den aͤonen der ewigkeit / vor ſeinem thron niederfallen / und vor ſeinem Schemhamphoraſch / (heiligen namen,) kindlich beben werden. Da - mit auch er ſeinen turnum / (wechſel,) habe / ſogar auch bei ſeinen glaubigen. So wie er vorher ohnedem aller welt Gott geweſen iſt / ehe der welt grund geleget war / ſo wird einmal das NB. geweſene lamm / auch uns das numen catholicum / (der algemeine GOtt,) ſeynund

186Herrnhuterey in ihrer Schalkheit

§. 100.

Wann demnach 6) die bruͤder eine Gott - heit zur anbetung haben wollen / ſo wird ih - nen befolen / in ihren zuſammenkuͤnften(*)Neujahrsrede / ſ. 8. Da redet abermal der Heiland aus des Grafen mund alſo: Aber wann ihr (bruͤder) werdet zuſam - menkommen / wann ihr die Gottheit werdet wollen anbeten / ſo wies die gan - ze welt bisher auch gethan hat; da ſolt ihr meinen Vater euren GOtt nennen / da ſolt ihr meinen Vater vor euren NB. ei - nigen kirchengott anbeten. Darinn ſolt ihr privilegiret ſeyn vor der welt. Dann die welt muß mich behalten ewiglich / die welt und alle creaturen koͤnnen mich nicht los werden / ſolang ꝛc. den(*)und heiſen〈…〉〈…〉 muͤſſen / wann einmal alle ſeelige creaturen ꝛc. ꝛc. Dann itzo / (ſ. 19.) iſt er noch aller welt Gott / und ſeine glaubige haben das privilegium allein ſeinen Vater zum Gott zu haben. Aber (ſ. 20.) das waͤhret eben wieder aͤonen / und es komt eben der turnus wieder aufs lamm / auf den H. Geiſt / und ſchlieſt zuletzt mit der ganzen H. Drei - einigkeit in folle, auf die fuͤlle / die itzt in Chriſto wohnt / und ihn zum Gott aller welt NB. alleine macht. ꝛc. 187anderer Theil. den Vater / als ihren einigen kirchengott an - zubeten / und ſie ſollen darinnen vor der welt privilegiret ſeyn / daß die welt / nach wie vor / den Sohn; die geſchwiſter hingegen / nur den Vater anbeten / den Sohn aber als einen(**)In der gegenwaͤrtigen predig, vom Va - ter / dem GOtt der gemeine / ſ. 18. ſoll der Heiland alſo reden: Ich fahre auf / zu eurem GOtt / das iſt eben der GOtt / den ihr durch mich habt kennen gelernt / und welcher nun / weil ich ein purer menſch bin / weil ich vor menſch beſte - hen kan / nach geiſt / leib und ſeel / auch mein GOtt worden iſt / und ſolange mein GOtt ſeyn wird / als dieſelbe gan - ze ewigkeit / dieſelbe ganze reihe der aͤo - nen beſtehen wird / die ich itzt mit mei - nem leiden und ſterben angefangen habe / und die ich mit der zeit / mit ganz was neuem / mit einer oͤconomie / die das vorige gute und ſeelige alles beiſammen / auch / und noch unausſprechlich mehr darzu / haben wird / wieder beſchlieſſen werde. Hieher gehoͤret auch das graͤfliche lied, in der predig vom aͤlteſtenamt des Hei - landes / ſ. 5. v. 2. Er iſt zwar nach den zahren / der aͤltſte unſrer ſchaaren / undnach puren menſchen / vor ihren bruder halten.

§. 101.188Herrnhuterey in ihrer Schalkheit

§. 101.

Es beſtehet 7) die bruͤderſchaft mit dem Heiland / als dem gemeinaͤlteſten / dem zim - merman von Nazareth / beſonders darinnen / daß die bruͤder / des Heilandes fleiſch und(*)Dieſes ſagt der Graf unzehlichmal, z. e. in der predig vom Vater / dem GOtt der gemeine / ſ. 17. Wann wir wollen rechte ſeelige leute ſeyn / ſo muß es mit uns dahin kommen / daß wir zu ihm ſa - gen: mein gebeine! und zu ſeinem Va - ter: mein GOtt! woraus man ſiehet, daß nur die recht ſeeligen leute zu dem Heiland ſagen koͤnnen: mein gebeine! es muß dem - nach der grund dieſer verbindung nicht ſeyn, daß der Sohn GOttes aller menſchen natur, und warhaftigen leib, angenommen hat, in welcher abſicht er unſer aller fleiſch und gebeine worden iſt, wie die kinder fleiſch und blut haben / Ebr. 2, 14. So ſchrei - bet auch der Graf, ſ. 15. Daß / welche eben den Vater zum GOtt haben / den der Hei - land hat / mithin welche bruͤder ſind, de - ren annehmung an kindes ſtat bringe et -wasbein(**)nach dem merito: allein bei unſern choͤ - ren / erweiſt man ihm die ehren / als ſonſt einem ſuppoſito. Das heiſt, man thut dem Heiland keine andere ehre an, als ſonſt einem bruder.189anderer Theil. bein ſind / welches diejenige / die keine bruͤderſind /(*)was mehr mit ſich / als ein bloſes recht; ſie faſſe etwas koͤrperliches in ſich / (et - was ſomatiſches) Und in der oben an - gefuͤhrten ſtelle, aus der neujahsrede / heiſt es, ſ. 7. Der Heiland wolte unter ſeinen kindern kuͤnftig nicht als GOtt tractiret ſeyn / ſondern als ihres gleichen / als ihr fleiſch und blut: bis die Chriſtin beim Chriſt wird ſeyn / ſolte ſie GOtt ihr fleiſch und bein nennen. Darinnen beſte - het alſo das vorrecht der kinder GOttes, vor den andern, daß Chriſtus ihr fleiſch und bein wird. In der predig von dem mann der ſeele / ſtehet folgendes, ſ. 9. Die worte 1. B. Moſ. 22, 17. Dein ſaame be - ſitze die thore ſeiner feinde / ſind ein com - pliment der gemeine an den Vater. Sein ſaame / d. i. unſer mann ſelbſt / und un - ſers mannes ſchweſter / die kirche / die ſich fuͤhlt als ſeinen ſaamen / als das fleiſch und gebein ſeines kindes / die / bis ſie einmal beim Chriſt ſeyn wird / an GOtt / als ihr fleiſch und gebein glaubt / und alſo durch den glauben ein heilig und keuſch vermaͤhlungsrecht hat am Jehovah im fleiſch ꝛc. Dieſes erklaͤret er beſſer in der com - munionpredig / 1745. den 15. Aug. ſ. 9. Daß190Herrnhuterey in ihrer Schalkheitſind / nicht ſagen koͤnnen. Dieſe koͤnnenauch(*)Daß eine ſolche vereinigung der gebeine wird mit der menſchheit JEſu / und mit ſeinem marterleichnam / und daß unſer blut mit ſeinem gebluͤt vermenget wird. Es iſt ſehr zu beſorgen, daß dieſe ausdruͤkke aus dem groben glauben der herrnhuter, (wie der Graf ihn oben nennet,) ihren ur - ſprung haben. Dann das geheimnis der wahren vereinigung mit JEſu, beziehet ſich zwar auf die menſchliche natur deſſelben zu - gleich, und unſer leib wird ebenfals dadurch geheiliget, worzu der genus des leibes und blutes Chriſti im H. abendmal ein geſeegne - tes mittel iſt, und bleibet. Aber mir grauet billig vor dem graͤflichen geheimnis, wann er den zuſammenhang der bruͤder mit der menſchheit JEſu, in eine vermengung un - ſeres gebluͤtes / fleiſches und gebeines, mit dem nunmehr zur rechten GOttes erhoͤheten Heiland, ſetzet. Zumahlen, da er dieſen Heiland, in dieſer vereinigung mit den bruͤ - dern, als einen puren menſchen betrachtet, wie er ſich im vorigen erklaͤret hat. Man halte die neujahrsrede / ſ. 13. dagegen, wo er ſpricht: wer das recht zu herzen nimt / dem wird freilich ſein chriſtenſtand / ſeine kindſchaft / ſein zuſammenhang mit dem lam / ſein geſchlecht / bein von ſeinem bein /und191anderer Theil. auch ihre gebete nicht ſchlieſen mit denwor -(*)und fleiſch von ſeinem fleiſch zu ſeyn / un - ausſprechlich gros. Mein GOtt! wie geſchiehet mir / wann ich auf die gnaden - gabe achtung habe / des / der meine ſeele kennt / tochter nennt / und ſie zu den ehe - ſachen / mit dem lam will mannbar ma - chen: augenblikke / (dann das iſt was / das will was ſagen / das reiſt das ganze gemuͤth hin das beugt vorm lam in ſtaub) augenblikke komt behend. Gewiß, die vereinigung des Heilandes mit der ſeele, beruhet auf einem beſtaͤndigen einflus ſeiner goͤttlichen kraft, (deren auch die menſchliche natur theilhaftig iſt,) in un - unſere ſeelen, und gehoͤret zum reich GOt - tes in uns. Soferne aber der Heiland mit den bruͤdern zuſammenhangen ſoll, wird er als bloſer menſch betrachtet, und ſein reich unter ihnen, ſoll in nichts anders beſtehen, als daß der menſch JEſus Chriſtus / ein ordinarius zu herrnhut, und in den bruder - gemeinen ſeye, wie die eingangspredig am erſten gemeintage / 1746. ſ. 8. bezeuget. Und in der neujahrspredig / ſ. 13. heiſet es: wann ich das reich des geſalbten nenne / das reich des Heilands / ſo nenne ich die oͤconomie / die er als erſter diener im hei - ligthum / die er als prieſter / als ordina -rius192Herrnhuterey in ihrer Schalkheitworten: durch deinen lieben Sohn JEſumChriſtum:(*)rius des ganzen kirchenweſens / als haupt des ganzen gemeinleibes / ſo taͤglich vor ſich hat ꝛc. Und ſ. 7. ſoll der Heiland ſagen: weil ich nun zukuͤnftig euer bruder ſeyn werde / euer herz / und werde unter euch wohnen alle tage / und euer hoherprieſter ſeyn im al - lerheiligſten / der erſte zeuge / der aͤlteſte der kirche / der hauptliturgus eurer reli - gion / ſo will ich nicht anders von euch tractiret ſeyn / als daß ihr mich eure ge - beine nennen ſolt / ihr ſolt mich anſehen als einen boten GOttes / als den erſten engel unter euch / als einen erzengel von Philadelphia / und von allen kirchen. Ich will ordinarius in Epheſus und Smirna / und in allen gemeinen zugleich / ich will or - dinarius unter euch ſeyn / ich meyne uns ꝛc. Ja man gehet ſoweit, daß man dem erhoͤ - heten Heiland zweierlei gedanken / reden und wollen zuſchreibet, welche ſoweit als himmel und erden von einander unterſchie - den ſeyn ſollen. Nemlich, in anſehung ſei - ner Gottheit und menſchheit. Und die eine art ſoll nur gelten, wann er als der aͤl - teſte betrachtet wird. Welches eine ernie - drigte, oder vielmehr von der Gottheit ge - trennte menſchheit vorausſetzet, ohnerachtetman193anderer Theil. (*)man dieſes mit leeren worten wieder zu ver - tuſchen ſuchet. Eingangspredig 1746. ſ. 8. Es iſt bekannt / (aber nirgends als bei den herrnhutern,) daß der Heiland auf zweierlei art denkt / redt und will / die einander nicht entgegen / aber ohngefehr ſoweit wie der himmel von der erden / un - terſchieden ſind / in anſehung der obgleich unzertrennten / doch auch inconfuſen / mithin / wenigſtens in praxi divers ge - henden idiomatum ſeiner Gottheit und menſchheit. Mit der praxi der Gottheit wollen wir uns jetzt nicht tief einlaſſen / und mit dem geſchaͤfte / das er im himmel und auf erden / und in allen tiefen betreibt / ſondern wir wollen nur anſehen / wie GOtt unſer Mann / ſich als menſch freut / wie er ſich als haupt ſeines kirchleins freut ꝛc Die - ſes zeiget offenbaꝛlich, daß man die verrichtun - gen der Gottheit JEſu, im ſtande ſeiner erhoͤ - hung, nur zum regiment des naturreichs rech - net, hingegen den zuſammenhang Chriſti mit den gemeinen, blos aus ſeiner menſchheit her - leitet, nach welcher ſein denken, wollen, und re - den, von dem denken, wollen, und reden der goͤttlichen natur, him̃elweit unterſchieden ſeyn ſoll. Als welches ohne trennung der perſoͤnli - chen vereinigung, und aufwaͤrmung des Ne - ſtorianiſchen irthums, mithin ohne wieder - ſpruch gegen die ſchrift, und Augſpurgiſche confeßion, nicht behauptet werden kan. (**) SoHerrnhut. II. Th. N194Herrnhuterey in ihrer SchalkheitChriſtum:(**)So lauten davon die worte, in der neu - jahrsrede / ſ. 8. Alle anbetung des Va - ters / alle gebete / die ſich endigen: durch deinen lieben Sohn J. C. oder / um dei - nes lieben Sohns J. C. willen / und wer - den von einem unbekehrten menſchen aus - geſprochen / der den geiſt aus GOtt nicht hat / der mit dem Heiland nicht ein herz / der nicht ſein fleiſch und gebein iſt / die werden nicht anders angeſehen in der ewigkeit und vor GOtt / als wann die nonne den lateiniſchen pſalter / und der papagey / aller augen warten auf dich HErr / betet. Nun iſt zwar dieſer ſatz eine der ganzen Chriſtenheit bekannte warheit, daß kein un - glaubiger deswegen erhoͤret, oder zu einem kind GOttes wird, weil er ſpricht, er be - te im namen JEſu des Sohnes. Aber nach des Grafen ſinn iſt es ganz anders, und ſein ſatz enthaͤlt einen ſchaͤdlichen irthum. Dann er ſetzet voraus, ein unglaubiger ha - be kein recht, den Vater JEſu Chriſti zu wiſſen und anzurufen. Welches er aus - druͤklich vor verboten ausgibt, wie oben ge - zeiget worden. Warum ſoll aber der un - bekehrte den Sohn GOttes ohne verſuͤndi - gung anbeten duͤrfen, und nur dadurch ſuͤn -digen, weil ſie kein recht haben / et -was195anderer Theil. was von dem Vater JEſu Chriſti zu wiſſen.

N 2§. 102.

(**)digen, wann er ſeine anbetung auf den Va - ter richtet? wann die verſuͤndigung blos darinnen beſtuͤnde, daß ein gottloſer die un - rechte perſon der H. Dreieinigkeit ſich zum gegenſtand ſeines gebets erwehlet haͤtte: ſo muͤſte die ehre der anbetung unter die goͤtt - liche perſonen vertheilet ſeyn. So muͤſten die eigenſchaften der perſonen unterſchieden, folglich nicht mehr ein und eben das goͤttli - che weſen in den drey perſonen ſeyn. Ein ſolches gebet iſt wenigſtens ein gutes und ſchriftmaͤſiges bekentnis der H. Dreieinig - keit, und wegen des richtigen begrifs, den ein unglaubiger mit ſolchen ſchriftworten ver - bindet, mit nichten dem bloſen wort eines papageyen zu vergleichen. Dann ein ſol - ches gebet iſt ein ſtuͤk des goͤttlichen wortes, und kan bei einem unglaubigen, zumal wann er den Vater JEſu Chriſti um die buſe anrufet, auch indeme er betet, ſeine kraft beweiſen. Weshalben man es nicht verbie - ten, ſondern zum beſten aller menſchen, auch der ſuͤnder, einſchaͤrfen, und nur den mis - brauch verhuͤten, keines weges aber den un - glaubigen gleichſam bei ſtrafe anweiſen ſoll, daß er mittelſt verehrung des Sohnes / nur einen GOtt glauben moͤge, als ob es ein anderer GOtt ſeye, wann jemand nebſtdem

196Herrnhuterey in ihrer Schalk heit
(**)dem Sohn, auch den Vater bekennet. Das heiſet nicht vor dem misbrauch des gebets warnen, ſondern GOtt ſeine ehre rauben. Der Graf entdecket ſeine hierunter hegende ſchalkheit in dem liede bei der predig vom Vater / dem GOtt der gemeine / ſ. 24. v. 8. Drum iſt ein generalvorbot / fuͤr alles / was natuͤrlich / zu glauben mehr als einen Gott / und den nicht eh figuͤrlich / bis daß du erſt - lich inne biſt / daß der Gott fleiſch gewor - den iſt / dann ehr ihn NB. creatuͤrlich / v. 10. was aber aus dem Gottes todt erlangt ein neues leben / das hat hinfuͤhro kein verbot / und darf ſein herz erheben / zu hoͤren was der liebe GOtt / der mann mit den 5. wun - den roth / ihm will zu hoͤren geben / v 11. Der hoͤrt / daß noch ein Vater iſt / vom ſchoͤpfer aller dinge ꝛc.
  • 1) Was natuͤrlich iſt, d. i. die menſchen, die keine bruͤder ſind, ſollen nicht mehr als ei - nen GOtt, glauben, nemlich den Sohn Got - tes. Folglich ſchilt der Graf das eine vielgoͤt - terei, wenn wir drei goͤttliche perſonen glau - ben, und haͤlt einjede perſon der Gottheit, vor einen beſonderen GOtt, der mit ausſchlieſung der zweien uͤbrigen, als andern Goͤtter, ge - glaubet werden koͤnne und muͤſſe.
  • 2) Es ſoll ein allgemeines verbot in die welt ausgegangen ſeyn, kraft deſen die natuͤr - liche menſchen nur einen GOtt, das iſt, eine perſon glauben ſollen. Gleichwol hat der
wahre
(**)197anderer Theil.
(**)
  • wahre GOtt kein ſolches generalverbot irgend - wo gemacht; ſondern im gegentheil ſich in ſei - nem wort als den Vater, Sohn, und heiligen Geiſt, in einem unzertrennlichen weſen offenba - ret. Und wer zu GOtt kommen will / mithin auch diejenige, die noch nicht mit GOtt vereini - get ſind, muͤſſen glauben, daß der dreieinige GOtt / der wahre GOtt ſeye, Ebr. 11, 6. und muͤſſen in ihren ſuͤnden ſterben / wann ſie nicht glauben, daß der Heiland GOttes Sohn ſeye, Joh. 8, 18. 19. 24. 27. mithin nach ſeiner goͤtt - lichen natur einen Vater habe. Alſo hat nie - mand dieſes generalverbot gegeben, als der Herr Graf, der ſich uͤber alles was GOtt iſt, er - hebet, 2. Theſſ. 2, 4. und der ganzen welt ſich ſelbſt zu einem generalgoͤtzen aufdringen will.
  • 3) Wenn man erſt inne geworden, daß die - ſer eine Gott / nemlich der Erloͤſer, menſch gewor - den iſt, das heiſet ſoviel: wenn man ihn vor ſei - nen bruder und aͤlteſten angenommen hat, als - dann hoͤret die anbetung auf. Dann ehret man ihn nur creatuͤrlich und figuͤrlich / wie das weib ſeinen mann ehret, als eine creatur ihres glei - chen, nur daß er ihr haupt iſt.
  • 4) Und wann dieſes geſchehen, ſo hat man anſtat des einen GOttes, nemlich JEſu Chri - ſti, (der nun als ein bloſer bruder angeſehen wird,) wieder einen GOtt, nemlich den Va - ter. v. 11. Der hoͤrt / daß noch ein Va - ter iſt / ꝛc.
(*) Pred.
(**)
N 3198Herrnhuterey in ihrer Schalkheit

§. 102.

In ſoferne 8) der Heiland ein menſchiſt / wie andere menſchen / die noch keine bruͤder ſind / hat er(*)Pred. vom Vater / dem Gott der gemeine / ſ. 16. Der Heiland hat als wahrer menſch / denſelbigen Gott / den alle menſchen haben / nemlich Sich; und in anſehung / daß er ein menſchenkind iſt / ſo iſt er der knecht ſeiner eigenen Gottheit. Und es iſt gar nicht ungeſchickt / wenn man die ſtellen / da der Hei - land Gottes knecht genennet wird / ſo nimt / daß man den knecht fuͤr Chriſtum / als JEſum haͤlt / und Gott fuͤr eben den Chriſtum / als Jehovah / und ſei - ne menſchheit an denſelben orten ſeiner Gottheit ſubordiniret / (unterwirft /) und zum miniſter / die - ner /) ſeiner Gottheit macht. In welchem ſinn der vers bei uns geſungen wird / weil der knecht Gottes / Chriſtus / des Zern Jehovah ſein ſchelten aufs lam gewendet hat / aufs Jeſulein. ſich ſelbſt zum Gott / wie die welt ihn zum Gott hat. In ſoferne aber der Heiland nach ſeiner menſchheit ein herrnhutiſcher(**)Eben daſelbſt, ſ. 17. Aber in anſehung ſei - ner menſchheit / in ſoferne er ein bruder der glau - bigen iſt / in ſofern er ein ſeeliger menſch iſt / ſofer - ne er nicht nur in abſtracto ein menſch / ſondern ins beſondere / in ſpecie / ein ſeeliger glaubiger menſch geweſen iſt / der durch ſeinen Vater gelebt hat in der welt / der unter ſeines Z. Geiſtes hand gegan - gen iſt / und in deſſelben kraft: der gebetet / und geflehet / und ſich abgeaͤngſtiget hat / wie wir / und in tauſend proben treue bewieſen hat / wie wir ſie beweiſen koͤnnen / der endlich aus der zeit in die hand ſeines Vaters ganz menſchlich uͤbergangeniſt / bruderiſt /199anderer Theil. iſt / ein glaubiger und ſeeliger menſch; da iſt er nicht ſein eigener Gott; ſondern er hat den Va - ter / als den Gott der gemeine / zu ſeinem Gott / wie die bruͤder. Und das iſt der aufſchlus von dem geheimnis / daß der Heiland und die bruͤ - der einerlei Gott haben / den ſie beide anbeten / und der Heiland eben die(***)Neu ahrsrede / ſ. 9. Wann hingegen die kin - der GOttes mit dem Vater JEſu Chriſti reden / ſo nimt er ihren Gottes dienſt an / und ſein Sohn iſt der erſte unter dem haufen / der fuͤrſt unter den Li - turgis / unter den anbetern Gottes im geiſt und in der warheit. Dann er macht ſich eine freude dar - aus / daß er mit ſeinen glaubigen einerlei religion hat. Ich fahre auf zu meinem Vater und zu eurem Vater / zu meinem Gott und zu eurem Gott. Dieſer achte ſatz, muß nun ein wenig zerglie - dert werden. Nachdeme der Herr Graf alles in ſeine gemeine zu bringen beſchloſſen hat, was auf erden iſt; ſo gehet er auch in den himmel, und ſuchet den lieben GOtt unter die herrnhuti - ſche bruͤder zu treiben. Er glaubet, er habeſonſt religion hat / wel - che die bruͤder haben / folglich ein vollſtaͤndiger herrnhutiſcher bruder iſt.

(**)iſt / wie wir nun in ſeine hand: in anſehung deſen / ſag ich / iſt er nicht ſein eigener Gott / ſondern in an - ſehung deſen hat er ſeinen Vater zum Gott / wie wir. Und darauf beziehet ſich das ganze[1]. cap. Johannis / da der Heiland klaar und deutlich zeigt / daß er und wir einerlei Gott haben / und daß / wann wir wollen rechte ſeelige leute ſeyn / ſo muß es mit uns dahin kommen / daß wir zu ihm ſagen: mein gebeine! und zu ſeinem Vater / mein Gott!

N 4200Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
(***)ſonſt nichts rechts geſtiftet, wann er nichts dann menſchen unter ſein joch gezwungen, und den HErrn, der im himmel wohnet, alleine frei ge - laſſen haͤtte. Deswegen muß die heilige Drei - einigkeit flugs herrnhutiſch werden. Ein ur - gott / ein Gott im ungrunde / ein Jehovah, der der Schoͤpfer iſt, mit ausſchlieſung des urgotts / ein ſchwiegervater der herrnhuter, eine mutter / eine gemahlin des urgotts / ein herrnhutiſcher aͤlteſter. Der urgott ſoll geſchlafen haben, als der Jehovah die welt ausgeſonnen, und her - nach geſchaffen hat. Bisweilen ſollen dieſe Goͤtter ein liebesmahl untereinander halten, ſich einander kuͤſſen / und einer gewiſſen luſt pflegen. Siehe das herrnhutiſche lied / bei der predig vom Vater, dem Gott der gemeine, ſ. 23. v. 3. Als Gott dein Sohn und dein gemahl / ſich einmal heilig kuͤß ten / vielleicht bei ihrem liebesmahl / und gottgelaſſen luͤſt ten / der urgott aber goͤttlich ſchlief / formirte ſich ein perſpectiv / von tauſend weltgeruͤſten. v. 4. Da brachte der welt architect / der zeit und ewigkeiten / in einen moͤglichen proſpect / vors urgotts un - grundheiten ꝛc. ꝛc. ()Ob es nun die alten Gnoſtiker und Valenti - nianer, ſo weit mit der Gottheit getrieben ha - ben, das uͤberlaſſe ich denen zu beurtheilen, welche dieſer tieſen des ſatans kundig ſind. Damit wir auf die zergliederung des achten ſatzes in dieſem §. 102. wieder einlenken, ſo wird1) Chriſtus
(***)201anderer Theil.
(***)1) Chriſtus als menſch, auf zweierlei art betrachtet. Einmal, ſoferne er ein menſch iſt, in abſtracto, das iſt, aus leib und ſeele beſtehend, wie andere menſchen. Sodann in ſoferne er ein heiliger und ſeeli - ger menſch iſt, wie die bruͤder. Es lieſe ſich dieſer unterſchied noch entſchuldigen, wann der ſchreckliche misbrauch davon ge - ſondert bliebe, welcher ſogleich hinzu geſe - tzet wird, und davon wir hernach reden wollen. Es kan die menſchheit Chriſti be - trachtet werden, ſoferne ſie aus ſeele und leib beſtehet, ohne an die obwol von beiden ſtuͤ - ken unzertrennte heiligkeit und unſuͤndlich - keit, auch ohne an die perſoͤnliche vereini - gung, und theilnemung der goͤttlichen herr - lichkeit, in anſehung der menſchlichen natur, zu gedenken: ohne endlich den ſtand der er - niedrigung und erhoͤhung in betracht zu zie - hen. Aber 2) der Graf ſetzt die menſchheit Chriſti, welche gedachter maſen betrachtet wird, in eine beſondere klaſſe mit andern kreaturen, die GOtt den Vater nicht zum GOtt ha - ben. Und zwar in die klaſſe der unbekehr - ten menſchen / die deswegen den Vater nicht zum GOtt haben, weil ſie fleiſchliche, natuͤrliche menſchen ſind. Er betrachtet ihn in zweierlei verhaͤltnis. Entweder als einen menſchen, oder als einen heiligen ſeeligen menſchen. Das iſt der grund, warum ernicht
(***)N 5202Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
(***)nicht den Vater / ſondern ſich ſelbſt zum GOtt haben ſoll; dieweil die weltmenſchen, die weder heilig noch ſeelig ſind, nicht den Vater, ſondern den Sohn zum GOtt ha - ben, deſen ſie nicht los werden koͤnnen, wie oben ſein ausdruk lautet. Jetzt / ſpricht er, (vom Vater / dem Gott der gemeine / ſ. 19.) iſt der Sohn noch aller welt Gott / und ſeine glaubige haben das privilegium al - lein / ſeinen Vater zum GOtt zu haben. Alſo hat der Heiland, nach der graͤflichen bibel, eben die verhaͤltnis gegen ſich ſelbſt, welche die unbekehrte menſchen, als unbe - kehrte, gegen ſeine Gottheit haben. Und in dieſem verhaͤltnis hat er kein privilegium, ſeinen Vater zum GOtt zu haben. Sol - chergeſtalt hat dann der Heiland um ſeines menſchlichen weſens willen, (welches als nicht heilig / und nicht ſeelig angeſehen wird) nicht aber weil ihm unſere ſuͤnden zugerech - net ſind, wobei er gleichwol nicht aufhoͤret ein heiliger ſeeliger menſch zu ſeyn, ein ſol - ches verhaͤltnis gegen ſeinen Vater, kraft deſen er ihn weder zum Vater, noch zum GOtt hat, ſondern er gehoͤret unter die zahl der ſuͤnder, welche der Gottheit des Soh - nes nicht los werden koͤnnen, ſolange ſie nicht heilige und ſeelige menſchen ſind. Die - ſe laͤſterung gegen den Heiland, zu verſte - ken, ſpricht der Graf, es werde die menſch - heit Chriſti in abſtracto betrachtet. Hieſedas
(***)203anderer Theil.
(***)das ſoviel: ſie wird als ein geſchoͤpf GOt - tes nach leib und ſeele, betrachtet; (wie doch der zuſammenhang der graͤflichen wor - te nicht geſtattet,) ſo ſind ja in dieſem ver - ſtande alle menſchen gute geſchoͤpfe GOttes. Die zwei verſchiedene weſen, leib und ſeele, ſind vollkommenheiten, welche der Dreiei - nige GOtt, als Schoͤpfer und Erhalter, her - fuͤrgebracht hat, und woruͤber wir im er - ſten artikel des Chriſtlichen glaubens, mit dem S. Luther ihn preiſen: Ich glaube / daß mich GOtt / (die erſte perſon,) ge - ſchaffen hat / mir leib und ſeele ꝛc. Alſo muß ein menſch, der ſolchergeſtalt in ab - ſtracto betrachtet wird, das iſt, ohne das gute oder boͤſe, welches aus ſeinen freien handlungen herkomt, oder auch, ohne an das ebenbild GOttes und deſen verluſt zu gedenken, nothwendig den Dreieinigen GOtt zu ſeinem GOtt, Vater und Schoͤpfer ha - ben, wie dann der Vater im himmel, als der Vater JEſu Chriſti, den menſchen als ſeinen geſchoͤpfen gutes thut, Matth. 5, 45. Apoſtelg. 14, 17. Hat nun Chriſtus, (ſol - chergeſtalt in abſtracto betrachtet,) den Va - ter nicht zum GOtt, ſo verlaͤugnet er den Schoͤpfer ſeiner menſchheit. Noch weiter, wenn es erlaubet iſt, den Heiland auf eine ſolche art in abſtracto zu betrachten; ſo duͤr - fen wir ſonder zweifel auch die herrnhutiſche bruͤder alſo betrachten. Alſo muͤſten ſie jaebenfals
(***)204Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
(***)ebenfals a) den Vater, in dieſer verhaͤltnis nicht zum GOtt haben, b) den Sohn GOt - tes im gegentheil als GOtt tractiren, wie die menſchheit Chriſti ihn zum GOtt haben ſoll. Oder hoͤren die bruͤder auf menſchen zu ſeyn, ſobald ſie bruͤder werden? wel - ches man faſt glauben ſolte. Doch wie - der auf das erſte zu kommen: wer hat ſol - che ſchandlehren jemals erhoͤret, daß ein menſch, weil und ſoferne er ein heiliger menſch wird, von dem verhaͤltnis gegen GOtt den Sohn, als ſeinen ſchoͤpfer und erloͤſer, mithin von dem verhaͤltnis, das er, auch als ein wahrer menſch hat, los - geſprochen ſeyn, und dennoch im gegen - theil, einjeder menſch, der noch nicht an Chriſtum glaubet, unter der regierung des Sohnes, ohne den Vater zum GOtt zu haben, ſtehen ſoll? Und das ſind gleich - wol die graͤfliche glaubensartikel, die we - der vernunft noch ſchrift, ſondern der geiſt der luͤgen, und der atheiſterei, aus - hecket. 3) Dieweil der Graf dem betrug und eingeben des ſatans einmal platz gegeben hat, es ſeye GOtt der Vater im alten te - ſtament nicht bekannt geweſen; ſo hat ihn dieſer meiſter der luͤgen, den er anſtat Got - tes zum lehrer annimt, noch weiter gefuͤh - ret. Nemlich wann der himmliſche Va - ter im A. T. den Sohn ſeinen knecht nen -net:
(***)205anderer Theil.
(***)net: Siehe mein knecht wird weislich thun / ꝛc. Jeſa. 52, 13. ſo ſoll die Gott - heit des Sohnes daſelbſt von ihrer menſch - heit reden. Jetzt nehme man den obigen lehrſatz des Grafen darzu, ſo muß dieſes der verſtand ſeyn: der knecht, der weis - lich gethan hat, iſt die menſchheit Chriſti, in ſoferne ſie ein knecht der Gottheit des Sohnes iſt; oder in ſoferne ſie ihren eige - nen Jehovah zum GOtt hat. Nun aber wird die menſchheit Chriſti in ſolcher ver - haͤltnis nicht anders als in abſtracto betrach - tet. Das heiſet nach des Grafen erklaͤ - rung ſoviel, ſie wird weder als heilig / noch ſeelig / nicht in der perſoͤnlichen ver - einigung, nicht einmal ſo gut als ein herrn - hutiſcher bruder, nicht wie ſie den Vater zum GOtt hat, betrachtet. Und dennoch ſoll ſie in dieſer verhaͤltnis das erloͤſungs - werk vollfuͤhren, weislich thun / ꝛc. Sie - oben (not. *) wo es ausdruͤklich heiſet, es werde der Heiland ſolchergeſtalt als JEſus betrachtet. Wodurch dann eine verviel - faͤltigung der perſonen, trennung der per - ſoͤnlichen vereinigung, vernichtung der ver - dienſtes JEſu, mithin ein voͤlliger umſturz des hauptgrundes unſerer ſeeligkeit verur - ſachet wird. Aber das alles hat der Herr Graf thun muͤſſen, weil ſich der Heiland in die herrnhutiſche form anders nicht ge - ſchicket haͤtte. Der Graf fuͤhret ſeinen be -weis
(***)206Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
(***)weis (not. *) mit einem liede, das unter den herrnhutern uͤblich iſt, wie er dann die hei - lige ſchrift laͤngſt bei ſeite geleget, und ſeine lieder, oder doch eine falſche deutung untadel - hafter alter lieder, mithin uͤberall ſeine traͤu - me, zu beweisgruͤnden macht. Der verwir - rungsgeiſt iſt in der deutung dieſes liedes handgreiflich. Der Jehova iſt der Sohn GOttes, wie daſelbſt im folgenden ſtehet. Der knecht GOttes ſoll Chriſtus ſeyn, in abſtracto betrachtet, in ſoferne er ein knecht ſeiner eigenen Gottheit iſt, und das lamm iſt eben der Chriſtus, in ſofern er ein herrn - hutiſcher bruder oder aͤlteſter iſt, der nicht als ein GOtt tractiret werden darf, der einmal aufhoͤren wird ihr lamm zu ſeyn, wie es in der predig vom Vater ꝛc. heiſet, ſ. 18. Es wird einmal das geweſene lamm auch uns der algemeine GOtt (nu - men catholicum) ſeyn und heiſen muͤſſen / wann einmal alle ſeelige creaturen ꝛc. ꝛc. 4) Daß der Graf das ganze ſiebzehen - de cap. Johannis / und alſo die letzte reden JEſu, zum behuf dieſer laͤſterungen mis - brauchet, das iſt ein neuer beweis von der groſen macht des ſatans, und von dem goͤtt - lichen gericht uͤber ſolche ſeelen, welche den weg der warheit einmal verlaſſen haben. Wir befehlen die ſache dieſem Heiland, der maͤchtig iſt, ſeine ehre zu retten. Der trete den ſatan unter ſeine fuͤſſe.
(***)
[207]

Drukfehler.

Der geneigte Leſer wolle die einge - ſchlichene Drukfehler nicht unguͤtig deu - ten, in Betracht, daß der Abdruk aus - waͤrts geſchehen, und von dem Verfaſ - ſer nicht durchſehen werden koͤnnen. So iſt es z. e. wider alles Vermuthen und gegen die deutliche Vorſchrift des Con - cepts geſchehen, daß

  • Vorrede §. 6. eine Rotte verfluchter Men - ſchen, an ſtatt verfuͤhrter Menſchen geſetzt worden, ſiehe ſ. 75. Man iſt ge - wohnt lieber zu ſeegnen als zu verfluchen.
  • ſ. 22. ließ Corpori, ingleichen, unterſte - hen wuͤrden.
  • ſ. 33. lin. 6. ließ: und unterſcheidet ihn von dem Sohn.
  • ſ. 57. lin. 8. ließ der Vater und der H. Geiſt, und eben ſo lin. 15.
  • ſ. 95. ließ faßlichern vor faͤlſchlichen Wor - ten.
  • ſ. 132. ließ nicht mittelbar.
  • ſ. 139. lin. 4. ließ: heiligen Geiſt ſelbſt.
  • ſ. 144. ließ Moment an ſtatt Monat ꝛc.

Das uͤbrige wird der Guͤtigkeit des Leſers uͤberlaſſen.

About this transcription

TextDie Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
Author Johann Hermann Benner
Extent218 images; 42285 tokens; 6683 types; 288735 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationDie Herrnhuterey in ihrer Schalkheit wo die schädliche Jrgeisterey des Herrn Grafen von Zinzendorf aus desen neuesten Schriften entdecket wird Zweiter Theil Johann Hermann Benner. . [5] Bl., 206 S. [1] Bl. KriegerGießen1747.

Identification

SUB Göttingen SUB Göttingen, 8 H E ECCL 894/15:2

Physical description

Fraktur

LanguageGerman
ClassificationFachtext; Theologie; Wissenschaft; Theologie; core; ready; china

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Editorial principles

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.

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  • dta@bbaw.de
  • Deutsches Textarchiv
  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
  • Jägerstr. 22/23, 10117 BerlinGermany
ImprintBerlin 2019-12-09T17:28:59Z
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ShelfmarkSUB Göttingen, 8 H E ECCL 894/15:2
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