PRIMS Full-text transcription (HTML)
Die Hôchdeutſche Kantzeley,
darinnen des von Serre / und viel andere hoͤf - liche / kurtz - und wohlgefaſte / hóch - deutſche / reine Briefe oder Sendſchreiben / auf itzt uͤbliche / neue Art; in allerhand taͤglich fuͤrfallenden Angelé - genheiten; dann auch Liebes Sachen; beides in Freid und Leid / nuͤtzlich und anmuh - tig zugebrauchen: nében vorgeſaͤtzter Schreibrichtigkeit oder Rechtſchreibung; ſo auch einem Unterrichte / zu dergleichen Schreiben Stellung:
ausgefertiget; und aufgelégt zu finden / in ſeinem habenden Perfertiſchen Búchladen / zu Breßlau / und Leipzig.
Cum Gratiâ & Privilegio.
Gedrukt bey. Timothey Ritzſchen/Anno 1649.
1Dienſtantragende Freundſchafts Brieflein.

Allerhand hoͤfliche beſuch - und andere Brief - lein / auf itztuͤbliche Art / nach beſchaffenheit der Sachen und Faͤlle / nuͤtzlich zu ge - brauchen.

1.

EHrenfeſter / Wolfuͤrneh - mer / inſonders Großguͤnſtiger / Vielgeehrter Herr / und zuver - laͤßiger ſehr wehrter Freund.

Jn Antrag unterdienſtlicher Gefliſſen - heit / und Vorwuͤndſchung alles ſelbſtbe geh - renden Wolergehens / Wird dieſe meine erſte / gegen dem Herrn abgelégte Schul - digkeit / genug und ſatſam zu erkennen gé - ben / daß Jch niemals ſolche / ſeinem Ver - dienſte nach / gleichwuͤrdige Perſchonen / aus meinem Gedaͤchtnuͤſſe fahren laſſe: ſinte - mahl ſich daſſelbe / in dergleichen andenken dermaſſen erfreuet / daß unter allen einfal - lenden Gedanken / dieſe mir am behåglich - ſten. Jch begéhre zwar nicht / durch ſolche vernunfts - und grundmaͤßige Urſachen der uͤmſchweifigen Worte / den Herrn verbuͤnd - licher zu machen / mich deswegen etwa mehrA azu2Hoͤfl che Beſuch - und Freundſchafts Brieflein /zu lieben und hoͤher zu achten; ſondern l[e]be ein gund alleine ruhig in der Zufriedenheit / die Ehre ſeiner Wolgewogenheit / biß an mein ſeliges Ablében / in voͤlligungeaͤndertem Beſitz zu haben / als

Meines Herrn Diener N. N.

2.

EHrenfeſter / Wohlgeachter / in - ſonders Großguͤnſtiger / Vielgeehrter Herr / nébenſt Vorwuͤndſchung alles er - ſprißlichen Wohlſtandes; bin / und verbleibe dem Herrn Jch / zu behaͤglichangenehmen Dienſten / biß in Tod / euſerſtes Vermoͤgens verbunden: und weiß nimmermehr / noch finde moͤglich / muͤde oder verdroſſen zu wer - den / die / zu Ablégung erſprislich angeneh - mer Dienſte / tragende Beunruhigung / Jh - me wirklich fuͤrzutragen / und ausfuͤhrlich er - kennen zu gébe[n]: bin auch eintzig und alleine begierig dahin bedacht / daß meine / gegen ſei - ner Perſchon abgelégte dienſtverſicherung / den wirklichen Ausgang einſt erreichen / und Jch mich mit gutem Fug und Rechte nen - nen moͤchte

Seinen Diener N. N.

3. Wohl -3im Perfertiſchen Buchladen zu finden.

3.

WOhledler / Geſtrenger / Hochbe - nahmter Herr /

Gegen meinem großgeehrten Herrn / ver - harre Jch / in voriger Dienſtwilfaͤhrigkeit / biß an mein Ende / gantz treulich. Und habe dieſem nach demſelbten / zu Anmerckung mei - ner unterdienſtlichen treuhertzigen Zunei - gung / durch dieſes unwuͤrdige Brieflein auf - zuwarten / und die Haͤnde zu kuͤſſen keinen Ůmgang nehmen ſollen / noch wollen: Wie treueifrig wuͤndſchende / daß ſich mein Herr / nach ſeines Hertzens beſten Vergnuͤgung / befinden moͤchte; alſo auch zuverſichtigen Vertranens lébende / und mehr als dienſtlich bittende / ſolches / wie es von mier wohl ge - meinet / ingleichem zu vermercken; und in guͤnſtigem Befehlich und Schutze zu halten

Seinen ergébenen / treuen Diener S. B.

4.

ALl mein Vermoͤgen / wahrer und aufrechttreuer Freundſchaft / mit beſtem Willen zuvor.

Tit. Dieſe meine Pflicht und Gebuͤhr / wird des Herrn Gemuͤht anmahnen / mich den Seinigen ferner zu wuͤrdigen; und den Unmuth / ſo Jch von Jhme neue Zeitung zuA a ijha -4Dienſtliche Beſuch - und Freundſchafts Briefl. haben / und dadurch ſeiner guten Geſundheit / welche mier ében ſo lieb und angenehm / als die meinige ſelbſt / mich zu verſichern / em - pfinde / zu ſtillen: dabey dienſtfreindlich bit - tende / ſolches von mier feſt zu glauben; und daß Jch / in was Ohrt und Ende es auch ſey / ſtets ein unfehlbahres Kenzeichen hinter mier verlaſſe /

Seines mehr als willigen / N. N.

5.

EHrenfeſter / Fuͤrnehmgeachter / inſonders Guͤnſtiggeehrter Herr und Freund / ꝛc.

Der Bereitſchaft meiner Dienſte / ſey der Herr verſichert; beynében eines treuen Wundſches von dem Hoͤchſtgetroͤhn - ten Gott / alles das jénige / was Jhn ver - gnuͤgen mag / zu uͤberkommen. Und ſihet der Herr demnach / daß Er aus meinem Ge - daͤchtnuͤſſe keines wéges entfallen: geſtalt deſſen / zu weit ſichererm und mehrerm zeug - nuͤſſe / Jch auch dieſes anitzo uͤberſende; und ins kuͤnftige / zu noch ſtaͤrckerer Vergewiſſe - rung / viel andere mehr: darinnen Jch aber alzeit befunden werden ſoll

Sein bereitwilligſter / N N.

6. Eh -5im Perfertiſchen Buchladen zu finden.

6.

EHrenfeſter / Fuͤrnehmer / freund - lich-vielgeliebter Herr N. Nében An - erbiet[un]g meiner iederzeit ſchuldwilligſten Dienſte; goͤnne dem Herrn Jch alles Wol - ergehen / nach ſeinem ſelbſteigenen Wundſch und Begéhren: Und habe hierbey nicht un - terlaſſen koͤnnen / ſollen / noch wollen / Jhn / mit dieſem meinem ſchlecht - und geringſchaͤ - tzigen Brieflein / zu begruͤſſen; und mich hierdurch ſeines / und aller der lieben Seini - gen / ob GOtt will / gewuͤndſchten Zuſtan - des / zu erkuͤndigen: Dienſtfreundlich bitten - de / Er wolte ſolches / in keinem Argen auf - nehmen; ſondern mich / ſolch ſeiner Beſchaf - fenheit halber / welche Jch Jhme / auf viel lange Jahre beſtens zu ſeyn treulich vergoͤn - ne und wuͤndſche / durch etlich-wenige Zeilen (demnach Jch / nach deſſen Wiſſenſchaft / ein ſehnliches Verlangen trage) mit naͤch - ſter Poſt / zuruͤck berichten. Hierzwiſchen verharre Jch / mit zugeſaͤtzter gebuͤhrlichen Begruͤſſung ſeiner vielvertrauten Hauß - ehre /

Des Herrn / und der lieben Seinigen Wohl - und ehrenbefliſſener Lébenslang. N. N.

A a iij -6Dienſtantrag-beſuch - und Freundſchafts Br.

7.

Nêben Bereitſtellung dienſtlicher Befliſſenheit; Wuͤndſche dem Herrn Jch / alle zu Sel / und Leib gedeilich - und er - freuliche Wohlfahrt / nicht weniger und an - ders / als mier ſelbſt.

Tit. Dieſes mein ſchriftliches Angeden - ken ſeiner Perſchon / ſol Jhn einig und allei - ne / meiner vor dehm getahnen Gemuͤhtser - klaͤrung / wie daß mier nehmlich bey Jhme / unter allen ſeinen beſten Freunden / der Vor - zug billich gebuͤhret / nochmals vergewiſſern: maſſen denn auch dieſe meine Worte als - dann erhaͤrtet werden ſollen / wenn / vermit - tels ſeines Anbefehlnuͤſſes / im Werke ſol - ches zuerweiſen / und zuvollziehen / in acht be -〈…〉〈…〉 ommen wird.

Sein Stets wohlbefliſſener / N. N.

8.

EDler / Wohlehrenfeſter / Vor - achtbahrer / und Hóchbenahmter /

Jnſonders großguͤnſtrger / freindlich viel - geliebter Herr Bruder / veꝛtrauter Hertzens - Freund / Nachdehm der Hoͤchſte mier / mit Gluͤk von Wien / wieder anher zu den lie - ben Meinigen geholfen; habe dem Herrn Bruder Jch / wie daß Er / aus meinem Ge - daͤchtnuͤſſe keines wéges entfallen / hier - durch zu erkennen gében; und dabey / wegenſei -7im Perfertiſchen Buchladen zu finden. ſeines / annoch habenden / hoffentlich ge - wuͤndſchten Zuſtandes / Gewisheit einho - len wollen: Denn mier die Ehre / ſeiner / nechſt zu Teſchen verbuͤndlich gemachten / recht bruͤden ichen / treuen Kund - und Freind - ſchaft (doch mit / und unabgeſondert der Wuͤrdigkeit /) Jhn dermaſſen behaͤglich fuͤrgeſtellet / daß Er itzo / und ins kuͤnftige / den Platz eines ſôlchen / in meinem Hertzen beſitzen wird / den Jch am meiſten ehre und liebe: maſſen Jch denn nicht ehender werde zu frieden ſeyn / bis es irgends durch wirkli - che dienſtleiſtung / von mier erwieſen wor - den: gedenke auch an nichts anders / als wie bekwehme Mittel / zu freindlichangeneh - mer Wilfaͤhrigkeit / ergriffen werden moͤch - ten: Welcher Volziehung / und taͤhtlichen Zuwerkſetzung denn / dieſe meine geringſchaͤ - tzige / doch wolgemeinte Worte / zum Zeug - nuͤſſe ſolange ſtehen ſollen / biß des Herrn Bruders Anbefehlnuͤß / ſo hierinnen alles vermag / zu meiner Schuldigkeit / was an die Hand liefern wird: Deſſen Gunſt Jch denn auch hierbey / mit angehaͤfter treuher - tzigen Begruͤſſung / verlaͤngend erwarte / da - mit ich nicht vergéblich den Nahmen fuͤhren moͤge.

Des Herrn Bruders -Breßlaw / den 1. Mey / dieſes 1642 ſtē ſahres. dienſtbereitwilligſter S. B.

A a 4Tit. 8Allerhand kurtze Brieflein /

Tit. Herrn Chriſtian Cun - raden / Keyſ. gekroͤhnten Poeten; Jhrer Fuͤrſtl. Gn. zu Teſchen Leib - Medico, und des Fuͤrſtentuhmes Ordinario, Meinem ꝛc.

9.

EHrenfeſter / Wohlvornehmge - achter / Großg. Herr / ꝛc.

Jn treuemſiger Vorwuͤndſchung / ſeines Hertzens Vergnuͤgung; ſtehen zu des Hu. befehlich / meine Dienſte iederzeit offen. Die - ſe meine Pflichtſchuldigkeit / wird dem Hn. wégen der andern / ſo Jch / Jhme willigſt dienend / zu erweiſen begieriggefliſſen / verſi - chern: zugleich weinetwégen bittende / mich unausfaͤllig in ſeinem Andencken zuhaben / als eine Perſchon / ſo dem Herrn / nach ſei - nem Anſinnen / und belieblichem Willen / moͤglichſt zu dienen / ihr vor einen ſonderli - chen Ruhm haͤlt; und verbleiblich beharret

Meines Großg. Herrn / in aufrechter Treu ergébe - ner Diener / N. N.

10.

VJelvertrauter Herr Bru - der.

Seinem befehlich dienſtlich nachzulében / erkenné Jch mich biß ins Gráb / gantz ſchul -dig:9dienſtlicher Zuneigung. dig: Wuͤndſche ihme auch / aus trewem Hertzen / alles das ſénige / was ſeine Gedan - ken vergnuͤgen mag. Und ſol demnach dieſes mein Schreiben / neue Zeitung von ſeiner Geſundheit einholen; mich / nach dero Be - ſchaffenheit / entweder hertzlich zuerfreuen / oder ſchmertzlich zubetruͤben: denn mich die / ihme verbuͤndlich gemachte hoͤchſtvertreuli - che Freundſchafft / den Lauf ſeines Gluͤkkes (es ſey oder falle wie es wolle) unweiger - lich zu folgen / ſo ſteiff verknuͤpffet; daß auch zu keiner Zufriedenheit / wofern der Herr Bruder derer nicht allbereit erfuͤllet / gelan - gen kan /

Sein treubeſtaͤndig-Bruͤder - Freund / und Diener / N. N.

11. Hoͤfliche Erinnerung ei - ner Schuldigkeit; mit Ver - trêtung ſeines verlaufenen Stil - ſchweigens; und dienſtlicher Zueneigung: an den Herrn zu Niederpanlwitz / in Oberſchleſien.

WOhlgebohrner / genaͤdi - ger Herr / E. Gn.

Ewigſchuldiger Diener / wil hiermit ſeine Wenigkeit liefern / und zu erkennen gében /A a vwie10Allerhand hoͤſtiche-kurtze Schreiben[:]wie Jhme / unter andern die / wegen unſerer - laͤngſtvolbrachten / hartrauen Wiener rei - ſe / verheiſchene Gnade / in ſtétem Angedaͤn - ken ſey: mit troͤſtlicher Hofnung / ſelbiger dermahleins wuͤrcklich zugenuͤſſen; und foͤr - derſt / wiewol von Wenigkeit viel zuſchlecht / iedoch aus Schuldigkeit / der nidrigſte Die - ner beſtaͤndig zuverbleiben. Zwar werde Jch wohl / durch mein verlauffenes Stil - ſchweigen / in die Schuld / des Zung - und Féderſtéten Sigalions / und Harpokratens gefallen; hingegen aber hiervon / wégen de - rer bekanten / und von der Warlofskiſchen / Krumhaͤlſichten leichten Rotte / mier vor dieſem in Jaͤgendorf / hinteruks / gewaltſa - mer Weiſe zugefuͤgten und angetahnen noch unverwundenen ſchwehren verwundungen; alſo beydes der Neiſniſch - und Briegi - ſchen / naͤchſt aufeinander erfolget - und aus - geſtandenen harten Belaͤgerungen / zuent - ſchnldigen ſeyn. Welche angegliederte Ů - bel / und teils ſolcher huͤlfloſe Verlaſſungen denn auch / in die unvergaͤngliche Zedern / des unvergeslichen Gedaͤchtnuͤſſes / billich einzuhauen. Wuͤndſche hierauf E. Gn. ſamt dem gantzen Hauſe / und allen Unter - gébenen / ſo viel / als Sie Jhnen allerſeits belieben und gefallen laſſen: ſtandhaftig mich verſichert haltende / daß / wenn ſeiner Gn. Jch itzo mit meiner Wenigkeit wieder aufwarten ſol / Sie auch gnaͤdig anſéhen /und11im Perfertiſchen Buchladen zu finden. und in Schutz aufnehmen werden /

DeroBreslau / den 1. Tag Monats Auguſti / die - ſes 1642ſten jahres. treuverbleich - lich-ſchuldi - gen Diener / S. B.

12.

EDler / Ehren - und Manfeſter / Jnſonders großg. vielgeehrter Herr.

Die Schuldigkeit meiner dienſte / habe Jch / nébenſt hertzlichem Wundſch / ſelbſtbegeh - render Gluͤkſéligkeit / zu ſeinem Befehlich geſtellet: Und wirde mir ſchwér / ja unmoͤg - lich fallen / eine ſolche / als Er / von der guͤti - gen Natur ſo ſchoͤn begabte Perſchon / aus meinem Gemuͤthe fahren zu laͤſſen: Denn dieſes Andechtnuͤs ſo ruhmwuͤrdig / daß da - durch auch meine Gedanken gleichſam gea - delt / und Himmelan erhoben werden: Dan - nenhero denn auch von nun an / und fuͤrohin / mein Gedaͤchtnuͤs anders nichts / als ein geweihet und heilig gemachter Tempel ſei - nes abſonderlichen Andenkens ſeyn / und ge - nennet werden ſoll / darinnen Jch unauf hoͤr - lich alle ſchuldige Pflicht / und meine Ge - danken / ſeiner ſonderbaren / und unveraleich - lich-hohen Wuͤrdigkeit halber: ſo wohl al - len Gehorſam / wegen ſeines Anbefehlens /A a vjauf -12Zu Gewinnung Freundſchaftaufopffern werde; begehrende zu lében / und zuſterben

Meines Großg. vielgeehrten Hn. unterdienſtgefliſſenſter.

13.

TIt. Dem Herrn behaͤglich zu die - nen / befleiſſe Jch mich: nében treuher - tziger Wuͤndſchung / gedeylicher Wohlfahrt. Die Ehre ſeiner Freundſchaft zuhaben / und derer faͤhig zu ſeyn / iſt mier ſo lieb / und ange - nehm / daß Jch nimmermehr an etwas an - ders gedaͤnke / als bekwehme Mittel zuer - greifen / ſelbige durch angenehme Wilfaͤh - rigkeit beſtens abzugelten: Die Gelégenheit aber / ſolches zuerlangen / iſt gegen mier ſo ſeltzam / daß Jch mehr Urſach habe daran zu verzweifeln / als einige zuuͤberkommen; wo nicht ſein Anbefehlnuͤs / als welches einig und alleine hierinnen alles vermag / eine wirckliche Ůbung / meiner Schuldigkeit an die Hand liefern wird. Erwarte dannen - hero dieſer Gunſt / damit Jch nicht ſtets / oh - ne einigerwieſene Dartuhung / den Namen haben darf

Meines Herrn / Pflichtſchuldigen. N. N.

14.

EHrenfeſter / Fuͤrnehmer / ꝛc.

Jn treuer Vorwuͤndſchung hertzerfrei -lichen13Hoͤfliche / kurtze Brieflein. lichen Wolſtandes / ſey der Herr meines dienſtfertigen / und gegen Jhme alzeit wohl - gewogenen Gemuͤhtes / eigentlich verſi - thert. Dieſemnach muß Jch frey bekennen / wie ſeine wohlbekante Verdieuſte / und Tu - genden / die Ehre ſeines Andenkens zuerhal - ten / mein Gedaͤchtnuͤß dermaſſen verpflich - tet / daß es ehender ſeiner ſelbſt vergeſſen / als Jhn aus Gedanken laſſen; dieſes mein Schreiben auch ein Zeugniß ſeyn wird / daß es von nun an / mit weit ſtaͤrkern / und meh - rern Verſicherungen begleitet werden ſol: dienſtlich bittende / ſolchen von mier vor ge - wies zuglaͤuben; und daß Jch / Zeit meines Lébens / ſeyn und verbleiben werde /

Meines Herrn Schuldwilligſter N. N.

15.

Tit. Naͤchſt erbietung dienſtlicher Angenehmigkeit / und Vorwuͤndſchung aller erſprislichen Wohlfahrt; wird dieſes / des Herrn Sorgfaltigkeit / mit Lehrung al - les deſſen / was hierinnen vorgelaufen / ver - gnuͤgen / und zu frieden ſtellen. Er ſéhe da was neues / und hier was altes: dieſes zwar / daß Jch bin / und verbleibe

Des Herren ergébener Diener / N. N.

A a vij16. Eh -14Allerhand hoͤfliche / kurtze Schreiben /

16.

EHrenfeſter / Wohlgelehrter / Wohlbenahmter / inſonders Großg.

Herr / Demſelben allen ſelbſtliebenden Dienſt zu erweiſen / werde Jch meiner Schuldigkeit gemaͤs / iederzeit willig und bereit erfunden. Und hat mier / die Ehre ſei - ner erlangten Kund - und Freundſchaft / ſei - ner Perſchon Andenken / dermaßen annehm - lich vorgeſtellet / daß Jch mier / vor Jhme / keinen lieberen Freund zu erkieſen weis: bin auch einig dahin bedacht / durch behaͤgliche Dienſtfaͤhrigkeit / mich Jhme ferner ange - nehm zu machen. Jmmittels verpflichtes ſich / ſein ſonſt ergébener / (gleich wie Er ei - nes Leibes / und einer Selen Hertze) / daß Er nimmermehr von dieſer gemachten Freundſchaft etwas fallen laſſen wil; ſo - wahr Er iſt / und bleibet

Der Beſtaͤndige.

17.

P. P. Naͤchſt andern / Jhme zuge - ſchikten Schreiben / wird Jhn dieſes aufs neue verſichern / daß Jch ſein Die - ner: geſtalt Jch / einen ſonderbahren Ver - druß uͤber den Worten trage; weil Jch ſol - che in wirkliche Volziehung nicht ſaͤtzen kan; und daher endlich einer unter ſeinẽ nutzbarſtẽ Dienern geſchatzt und gerechnet zu werden.

18. Tit. 15im Perſereiſchen Buchladen zu finden.

18.

Tit. Demſelben goͤnne Jch / nében Bereitſtellung unterdienſtlicher Ge - fliſſenheit / alle gluͤklich - und ſelbſtbegehrende Wohlfahrt / aus treuem Hertzen: und uͤber - fuͤge dieſes / als ein wahres Zeugnuͤs / mei - nes ſtéten. Eindenkens / ſeiner Perſchon; Jhn auch damit zu beſuchen / und zu verge - wiſſern / daß Jch mich / wégen des langen wartens / einer Jhme zu dienen erſprislichen Gelégenheit / (ſo Jch doch alles Fleißes ſu - che) heftig betruͤbe: mit angehaͤfter Bitte / ſolches ſicherlich zu gleuben; Daruͤm / weil es der beſte unter ſeinen Freunden / ſo Jhn deſſen vergewiſſert / iſt; und ſterben wil.

Sein getreuſter / N. N.

19. Woher Jch mich der Macht / die - ſer Beſchwehrung gebrauche: an ei - nen bruͤderlichen Freund.

MEin Bruder /

Jch erbiete mich zuvoran dier zu die - nen: und wirſt mier vergében / daß Jch Dich / mier etwas zu wilfahren / beſchweren muß. Unſere Freundſchaft hat mich darzu bewogen / die Uns beyden vor dieſem / faſt zu leiblichen Bruͤdern gemacht. Es ſey nochnichts16Bertreuliche Freundſchafts Brieflein /nichts darã vergeſſen / ob Uns gleich die Zeit das Anſchauen eine Weile uͤber verbohten. Bey mier iſt ſie ſo neu / als wie ſie heute erſt - lich aus treuem Hertzen gebohren wehre. Jch habe naͤchſt vergangen ſchon deine Be - ſchwehrung mit jéner muͤh befoͤdert; ſo bin Jch hieruͤm wieder der deinige: denn es hat mich mein williger alzeit wieder zu ſeinem Diener zu nutzen. Jtzo wolte Jch gerne ver - gewiſſerung haben / ob / und wie die Sache beſtalt ſey / wo du dich / mier ſo viel zu beant - worten / bemuͤhen wolteſt: nébenſt dieſem in - liegendes zu beſtellen / und uͤm Gegenſchrift zu bitten; damit Jch einsmahls gewiſſer werden moͤchte / ob Jch bleibe / der Jch ge - wéſen / und bin; oder / ob Jch werde das / was ich hoffe. Jch habe gar keinen Tróſt empfangen / daß Du bald zu Uns kommen werdeſt: wo es geſchicht / und Jch noch an - zutreffen / werde Jch einen liebſten Freund empfangen; und dich wird anwéſend be - gruͤſſen der / der dich itzo abwéſend begruͤſſet haben wil; und verbleibet

Dein treuer Freund und Bruder / N. N.

20.

P. P. Jch erachte die Beſitzung ſeiner geneigten Gunſt / vor eine ſolcheEh -17im Perfertiſchen Buchladen zu finden. Ehre / daß Jch auf nichts mehr ſinne und trachte / als wie Jch ſolcher / in der Taht wuͤrdig zu ſeyn / erfunden werden moͤchte: wie aber dahin zu gelangen; ſeyn mier Mit - tel und Wége unbekant: Dann / ob Jch Jhn ſchon ehre / und fuͤr allen andern liebe; ſo tuh / und begehe Jch doch hierinnen nichts / als was meine Schuldigkeit erfodert; in - dehme mich ſeine wohlſtaͤndige Verdienſte und wuͤrdigkeit / hierzu verknuͤpffen: Dahero mus und ſol Jch Jhme auch anitzo / und hin - fuͤhro dienen; daß alſo / wégen meiner ange - légten Zuneig - und Dienſtleiſtung / Jch eine Urſach / welche mier zu einem Schein / uͤm ewig / dieſe beliebſame genuͤſſung ſeiner Gunſt / in voller Bluͤhte zu erhalten / dienen wird / erzwingen moͤge / als

Sein Diener.

21.

P. Tit. Dieſe meine Gebuͤhr / iſt nichts anders / als eine Bekraͤfti - gung / derer / gegen Jhme vielfaltig-abgelég - ten Bezeugnuͤßen; nehmlich beſtaͤndig zu lé - ben / und zu ſterben / unter allen ſeinen Die - nern

der doͤhmuͤttig-getreuſte.

22. P. P. 18Allerhand hoͤfliche / kurtze Schreiben /

22.

P. P. Dieſes wahre Kenzeichen / meines an Jhme unausſetzlichen An - denkens / ſol Jhn / wie daß / an was Ohrt und Ende mich auch das Geluͤkke zu fuͤhren gewohnet / Jch Jhn nie aus dem Sinne und Gedanken fallen laſſe / ſondern ſtets dieſelben zu Jhme gerichtet habe / und fuͤr - nehmlich das heftige Verlangen mit ſeinen Anbefehlungen geehret zu ſeyn / meinetwé - gen vergewiſſern; dieweil ſeine wohlgewo - gene Gunſt / meine Gehohrſamkeit bezeugen wird / daß Jch ſey /

des Herren bereit willigſter Diener / weil Jch lébe / und heiſſe / N. N.

23.

TIt. Jch habe dem Herren ſo viel - faltig mahl geſaget / wie daß Jch ſein Diener: bin auch faſt mat / muͤde und uͤber - druͤßig / ſolches ſo eine lange Zeit hér / und zwar nur mit Worten zu bezeugen. Er ehre mich doch / ſo es ſein Belieben / mit Befeh - lungen; damit Jch Jhn deſſen einſt wirk - lich verſichern koͤnne / daß Jch ſey /

Des Herren Diener / der Jhn deswégen bitlich anlanget.

24. Cum19im Perfertiſchen. Buchladen zu finden.

24.

CUm Tit. Dieſes heiſt gar zu lan - ge auf das Gluͤkke gewartet / und doch nicht einige Gelégenheit / Jhme zu dienen / ergriffen zu haben: Es erfodert die Noht - durft / daß / gleichſam durch ungeſtuͤmmes anhelligen / ſeine Anbefehlungen mier ſolche erteilen: denn Jch lébe mit Ungedult / Jhn. zu verſichern / daß Jch ſterben werde.

Sein. Diener.

25.

P. P. Es iſt numehr hohe Zeit / daß demſelben Jch / den vorlaͤngſt ge - lóbten Gehorſaͤm / wirklich zu erweiſen / ein Mittel ergreife: das / Jhme zu dienen / ha - bende Verlangen / verdreuſt mich; indehm es nicht durch zufaͤllige Gelégenheit zu Werke gezogen werden kan; als die eifrig / wégen meines Geluͤkkes / und Vergnuͤ - gung / haben wil / fortwuͤrig / und zwar recht - maͤßig den Titul zu fuͤhren;

Des Herren. Diener.

26.

TIt. Die / zu ſeinen Dienſten un - aufhoͤrlich bißher gefuͤhrte Begierde / ſendet Jhme dieſes / als einen Bohten / wel - cher Jhn mit einem Worte verſichern wird / daß ich / wie bisanher lange Zeit / der Sei -ni -20Dienſtantraͤgliche Brieflein /nige; und daß zu aller Stunde Er uͤber mich / als ſeinen Knecht / gebieten moͤge; der Jch bin /

des Herren getreuſter unter allen der Seinigen.

27.

P. P. Jch ſchehme mich / daß Jch Jhme ſo oft und vielmahl vorgetra - gen / wie Jch ſein Diener ſey; der Jch doch ſtets aller Mittel / Jhme ſolches durch mei - ne wilfaͤhrig-erſprisliche Dienſte zu bezei - gen / weit entfernet: wil Jhme daher auch keine Verſicherung mit Worten mehr ertei - len; ſondern / weil es numehr Zeit / zu wirk - licher Volziehung zu ſchreiten / vielmehr er - warten / uͤm mier zu befehlen / in der Taht zu erſcheinen

Sein D.

28.

TIt. Jch habe / oder weis bey mir nichts / ob dem Herrn Jch wohl viel zu leiſten ſchuldig / alles das jénige / ſo mier ab - zugelten oblieget / zu tuhn moͤglich: iſt es a - ber mit einem Worte zu ſagen / ſo hat der Herr volkoͤmlich zu befehlen /

Seinem Diener.

29. P. P. 21Proteſtation / der Freundſchaft / und Gehorſ

29.

P. P. Das uͤbergroße / und heftige Verlangen / ſo / demſelben zu dienen / Jch trage / hat mich angefriſchet / Jhn / daß Er mich dieſer Gunſt wuͤrdigen moͤchte / hiermit zu behelligen: hingegen verſichern - de / daß Jch euſerſte Bemuͤhung / uͤm eine Gelégenheit mich zu rechnen / anwenden / und daher nicht ſterben werde als undank - bar / ſondern vielmehr

Des Herrn aufrechttreuer Diener.

30.

P. P. Nimmermehr werde Jch koͤnnen zu frieden ſeyn / daß mier das Gluͤk - ke nicht eintzige Gelégenheit an die Hand giebet / Jhme das getragene Verlangen al - lerhand beheglich-angenehme Dienſte zu leiſten / zuerkennen zugében: wahrhaftig / Jch lébe mit Ungedult uͤber dieſer Erwar - tung / eifrig ohne Prob / die Ehre zu tragen

Seines Dieners.

31.

MEin Freund /

Worzu dienen meine vielfaͤltige Wor - te / wahrer Freundſchaft / wenn das wider - ſinniſche Geluͤkke / mier fort fuͤr fort alle Mittel der wirklichen Volziehung / an das helle Liecht zubringen / benimt? Der / deswé -gen22Proteſtation Schreiben der Freundſchaft /gen empfundene Unmuth / wird Jhme aufs wenigſte zur Vergnuͤgung / und mier zu ruh - me dienen / als der Jch mich uͤberhébe / mir guttem Fug und Rechte zutragen den Titul

Seines Dieners.

32.

P. P. Jch habe die Ehre / des Herrn Freundſchaft wuͤrdig zu ſeyn / in ſol - cher Beobachtung / daß nicht ein Tag / Zeit meines Lébens hinfluͤſſen wird / woran Jch nicht uͤm derer Erhaltung mein Gebeht gen Himmel ſende: nichts minders iſt Er ge - recht / daß Jch befuͤrchte / weil Jch das nicht verdiene / Er wird mich deſſen ber anben; wie Er denn das / aus habender Urſach / wohl tuhn kan / wofern Er es beſchloſſen. Der Herr ſtelle mich aber in dieſem in die Mit - ten; in Betrachtung / des Unmuths / wel - chen Jch / uͤm ihn bedient zu ſeyn / erdulde / als

Sein alzeitwilligſter.

33.

EHrenfeſter / Wohlgeachter / Wohlbenahmter / inſonders Großg. Vielgeehrter Herr / nében treuer Vorwuͤnd - ſchung von den Hoͤchſtgetroͤhnten / ſelbſtbe - gehrender Gluͤckſéligkeit / erkenne Jch mich zu ſeinen Dienſten euſerſt verbunden. Die Ehre in des Herrn Freundſchaft einverlei -bet23mit dienſtlichen Zuneigungen. bet zu ſeyn / verpflichtet mich zu wirklicher Wiedergeltung dermaſſen / daß von geneig - tem Willen Jhme zudienen / Jch zwar gantz angefuͤllet / noch zur Zeit aber mangelhaf - tig / ſolchen taͤhtlich zu erweiſen: iedoch wer - de Jch auf Zeit / und bekwehme Gelégen - heit warten / zu dem Ende / damit Jch ver - mittelſt ſeines Anbefehlens / meiner gehor - ſamen Schuldigkeit / ſonderbahre Zeugnuͤſ - ſe erſcheinen laſſe / die dann alzeit / und wel - ches Ohrtes Jch ſeyn werde / an Tag gé - ben wird / uͤm weſſentwégen Jch mich alda anfinde / zu ſeyn

Des Herrn / mehr als wohlbe - fliſſenſter.

34.

P. P. Des Herren hoͤchſte Ver - gnuͤgung beſtehet einig und alleine / daß Er die / ſo Jhme ohne dis aufs genauſte mit Pflichten verknuͤpffet / ie mehr und mehr verbuͤnden mag: deſſen bin Jch ein wahr - haftes Zeugnuͤs; und ſeine Hoͤfligkeit die Erfahrung: geſtalt Jch mich des Herren verpflichteter Diener / iedoch auſer aller hof - nung / der uͤberfluͤſſig und vielfaltig mier er - wieſenen Gunſten / mit gleichmaͤßigen zu be - gegnen / zu ſeyn / erachte: nichts deſto min - der / wann die gewaltſame Bewégnuͤs / und zeither gefuͤhlte Beunruhigung / Jhme be -lieb -24Neu Schwaͤgerliche Freundſchafts verſich:liebte Dienſte zu leiſten / an ſtat meiner er - mangelung / Jhme ſolches erſaͤtzen kan / ſo nehme Er ſie / bitte ich unterdienſtlich / auf und an / weil ſolche herfleußt / von

Seinem Diener.

35.

TIt. Hôchgeehrter Herr Schwa - ger / demſelben zu dienen / nach all ſeinem Befehlich / hat die Schuldigkeit bey mier; nében hertztreulicher Vorwuͤndſchung beſt - erfreulichen Zuſtandes. Die Ehre in des Herren Freundſchaft zu gelangen / iſt mier ſo lieb / und angenehm / daß Jch nim - mermehr gluͤkſéliger / als dieſes mahl / da Jch derſelben fehig worden / mich ermeſſe. Dieſe meine Schuldigkeit und Gebuͤhr / wird Jhme zum Erkentnuͤße ſtellen / in was Ehre ſich ſeine Perſchon bey mier befindet; ſo mier auf einmahl zugleich / nébē dem Ver - langen Jhn zu kennen / und den Willen / Jhme zu dienen / zu handen gegeben. Jch ha - be keinen andern Unmuht in meiner Sele; noch keine andere Ehrſucht in meinem Vor - nehmen; Dieſes alles iſt es / was ich wuͤnd - ſche und erwarte; aber mit ſolcher Ungedult / daß mier (bey einer ſo ſuͤſſen Dienſtbar - keit) uͤbrig verbleibet / treu zu lében und be - ſtaͤndig zuſterben

Des Herrn Schwagers doͤhmuͤttigſter / unter al - len ſeinen Dienern.

25Kurtze Bittſchreiben / mit dienſtl. Zuneigung.

36.

Jn Breßlau / den 26ſten Tag / Mo - nats Julii / des laufenden 1647ſten Jahres.

Tit. Dieſes mein Schreibẽ wird an den Herrn auf einmal zwo Bitten be - gehren; eine / mir in dieſer N. Sache bey - ſtaͤndig zu ſeyn: Zum andern / mich ſeines Anbefehlens zu wuͤrdigen; damit durch wirkliches volbringen der Letzteren / Jch mich vor die erſte in der taht gleichſam nen - nen moͤge

Seinen Diener.

37.

P. P. Jch flehe des Herrn bey - wohnende Hoͤf - und Freundligkeit an / mier dieſe Gunſt zu erweiſen / daß ſie ihr mich weiter verpflichtet mache; deſſen Erinne - rung ſtets / und biß zum wirklichen erwie - dern / in meinem Gemuͤhte verbleiben wird: Denn dem Nahmen / welchen Jch / als des Herrn Diener trage / wird niemals der Zu - nahme eines Undankbahren / koͤnnen beyge - fuͤgt werden. Und dieſe Wahrheit werde Jch mit meinem gewoͤhnlichen Titul ver - ſiegeln / als

Des Herrn doͤhmuͤtiger Diener.

B b38. Er26Ein nachdenkliches Schreiben /

38.

Er wil ſich / das / auf ſeinen Reiſen / unter den Halb Chriſten ge - ſehene Wohllében / in ſeinem uͤber - ſchwehren Hauskreutze / nicht verab - leiten laſſen: ſondern haͤlt ſich des Vaterlandes / und Apoſtoliſchen Glaubens; mit hoͤchſtem vertrauen zu Gott / zu rechter Zeit gerettet zu werden: An ſeinen vertrauteſten Hertzensfreund zu Nams - lau / Herrn M. Joh. Lehman.

P. P. Bey meinen aufge - nommenen / und mehrenteils volbrachten Reiſen / habe Jch viel fuͤrnehme oͤrter be - ſtrichen; und das vorher getreumte Wohl - lében daſelbſt / taͤhtlich geſéhen und erfah - ren. Wie uͤberſchwehr mier aber auch mein widerſinniſcher Hausſtand iſt; ſo ſoll mich ſolcher doch / zu gefaͤhrlicher Verwechſelung des Vaterlandes / nicht verleiten: Denn Jch viel lieber in Kreutz und Vngeluͤkke / den Kopff voller Muͤh / und Arbeit / unter mei - nen Glaubens genoſſen / mit gutten; als in blindem Geluͤkke / die Haͤnde voller Geld und Gutt / unter Verfolgern ApoſtoliſcherLeh -27wegen ſeines ſchwehren Hausſtandes. Lehre / mit boͤſen Gewiſſen / haben wil. Der ungezweifelten Hofnung / Gott werde mich / von der ſo langen / uͤberheuften Unruh / in ei - ne etwas gelindere zu rechter Zeit ſaͤtzen: Dabey wuͤndſchende / wofern ja die We - nigkeit meiner Jahre / in unruhiger Muͤh - ſéligkeit ſolle zubracht werden / daß es viel - mehr bey Euch / denn dieſer Ohrte geſchehen moͤchte. Bin darauf endſchloſſen / ſo bald mier der Hoͤchſte geſunden Ruͤkweg von hier verleihet / bey dier / auf dein ferneres er - laubnuͤs / einzutreten; und in Rechtsſachen mich ferner bedient zu machen: Alſodann wird dich deſto froͤlicher anwéſend begruͤſſen der / der dich itzo abwéſend ſehr begruͤſſet ha - ben / und ewig verbleiben wil /

DeinNiklasburg in Maͤhren / den 24. Jan. 1642. treuer Freund / Bru - der / Schwager / und Gevatter / S. B.

39.

P. P. Der Herr ſéhe alhier / meine anderweit abgelegte Schuldigkeit / welche von meinen Haͤnden / ſeine Hoͤfligkeit mit ſeinen Schreiben zu ehren / und zubegruͤſſen / aufzumuntern entſchloſſen. Nicht ohne groſſe Muͤh kan die Heftigkeit des Verlan - gens / ſo Jch / des Herrn Geſundheit zu er - fahren / (uͤm derer erhaltung / Jch auch taͤg -B b ijlich28Bieſchreiben / uͤm Antwort. lich tauſent eifrige Seufzer gen Him̃el ſen - de) hinterziehen: naͤchſt anhangender Bit - te / ein ſolches ſicherlich zuglauben / und mich unauf hoͤrlich der Ehre ſeiner gutten gunſten zuwuͤrdigen / in der Geſtalt /

Seines getreuſten Dieners.

40. Schreiben / darinnen gebehten wird / auf hiebevorgetahne zuantworten.

P. P. Dieſes mein Schreiben begehret nur Antwort / wégen ſeiner / hiebe - vor an Jhn abgeſendeten Geſellen: mit be - gierde / von Jhme neue Zeitung zu haben. Er gewehre mich doch deſſen / nach ſeinem belieblichen Verweilen; und erwiedere alle die / in meinem Schreiben Jhme erzeigte Schuldigkeit / und Vermoͤgen / durch die Gunſt / eines der Seinigen. Und hier zu be - ſchwehre den Herrn Jch / durch die / Jhme verſprochene Dienſte / als

Sein beharlicher / ꝛc.

41. Jt.

P. P. Nimmermehr werde Jch meine Hand / auch wo es nothwendig / daß Jch ſein getreuer Diener ſey / zu verſichern / an die Féder zulégen / muͤde und verdroſſen;ſin -29im Perfertiſchen Buchladen zu finden. ſint emahl der Nahme oder die Geſtalt / ſo Jch deswegen trage / und fuͤhre / mier ſo lieb und wehrt / daß Jch darans eine ſolche Nichtigkeit / nimmermehr einen glórwuͤr - digen Titul zu habē / erzwinge. Entzwiſchen verlanget mich / uͤm Zeitung einzufangen / nach ſeinen neuen Briefen: Die alten / ſo mich bereitet / fortwuͤrig in deſſen Gunſten zu lében / und zu ſterben / ſeyn alzeit in guter Schaͤtzung bey

des Herrn Diener.

42. Verwunderung / waruͤm Er Freundſchaft vergeſſen / und nicht antwortet: An ſeinen bruͤderlichen Freund.

MEin Bruder /

Sol Jch mich verwundern uͤber dis / daß du mein vergeſſen; oder ſol Jch geden - ken / es moͤchten dich deine nohtwendige Verhinderungen verhindert haben? Dann Jch mus zweifeln / daß meine juͤngſte Schreiben / in ſo einer wohlbeſtaͤlten Poſt - kammer / unbefoͤdert blieben ſeyn. Es erin - nere ſich mein Bruder unſerer Vertreulig - keit / und wuͤrdige mich doch einmahl ſeine Hand zu ſéhen / welches doch etlichen an - dern hier wohl wiederfahren iſt: ſo Jch aber dieſes nicht erhalten ſolte / wil Jch hoffen /B b iijdaß30Erinnerung Schreiben / uͤm Antwort. daß Jch dich bald muͤndlich beſprechen wil. Naͤchſtmals hatte Jch großen Troſt em - pfangen / uͤm daß Jch deine Hérkunft hoffe - te: itzo faͤllt mier mit der Zeit auch der Troſt hinweg; und kan mich nicht verſichern / ob auch noch ein Stuͤkke von unſerer alten Freundſchaft / bey dier uͤbrig ſey. Meines Teils trage keinen Zweifel / und ob du wol eine gutte zeit hero nichts als Worte zur Vergewiſſerung geféhen haſt; dennoch wiſſe / daß Jch ſo begierig / dier taͤhtig zu dienen bin / und noch mehr / als Jch dich ſchriftlich verſichern kan: Jnzwiſchen mit Worten der deine / bis Jch mit der Taht erweiſen werde / daß Jch bin / und verbleibe

Dein treubeſtaͤndiger.

43. Ein Schreiben an einen gutten Freund / wégen ſeines Stilſchweigens.

Tit. Jn antraͤglicher Wiederhoh - lung dienſtlicher Schuldigkeit / hette Jch nimmermehr gemeinet / oder / wann mier es iemand geſaget / gegleubet / daß die Luft zu Hófe ſo ſuͤchtig / und deinem Gedaͤchtnuͤße ſo gefaͤhrlich / daß es dier auch das Anden - ken einer Perſchon / ſo dich ſo inbruͤnſtig / und in allen Arten der Liebesheftigkeit liebet / auszuwinden vermoͤchte. Die Bezeugnuͤße /ſo31Ein Verweis / wegen alzulangen ſtilſchweigens. ſo du / mein Bruder / vor deinem Abzuge / un - abgeſondert von der Ehre deiner bruͤderli - chen Freundſchaft / mier hingegen abgeléget / verbieten mier ſolches zugleuben. Nun Jch aber ſpuͤhre / daß meine vorhér an dich ge - tahne Schreiben / unter welchen dieſes an der Zahl das ſiebende iſt / noch nicht von dier einige Wiederantwort erlangen moͤge; ſo trage Jch den geringſten Zweifel nicht mehr. Und dieſes geſchiehet nicht etwa deine angewoͤhnte Vergeßligkeit / durch dieſe meine gefuͤhrte herbe Klagen zu aͤndern; denn mier beliebet mehr in deinem Hertzen / als in deinem Gedaͤchtnuͤße zuſeyn: Und wenn gleich mein Ungeluͤkke den Platz von allen beiden einnehme und erhielte / wirde mier es doch ein Mittel an die Hand gében / daß Jch / wo es anders ſeyn koͤnte / noch ſorgfaͤltiger auf Mittel und Gelégenheit trachtete / durch meine anderweit willige Dienſte / die Ehre zuverdienen: aber / glen - be nicht / daß Jch dier disfals im wenigſten nachoͤhme; obwohl du mier ſonſt in allen andern Sachen / vor ein wahres und un - ſcheltbahres Exempel dieneſt. Jch gedenke zum oͤfteren an dich; und ſonderlich mier / wie daß du mich gantz aus deinem Sinn und Gedanken fahren laſſen / zum Wieder - gedaͤchtnuͤße: nicht / daß Jch meine Schrei - ben an dich / da es dier angenehm / einſtellen ſolte; ſondern / ſo Jch an dich ſchreibe / ge -B b iiijſchie -32Erinnerungs Schreiben uͤm Antwort. ſchiehet es / uͤm dich zuverſichern / daß / ob gleich du an mich nimmermehr ſchreibeſt / Jch dier nicht weniger / als ich denn ſol / ver - bunden / und gantz ergében ſeyn wil: be - trachtende / daß die Zeit deinen Sinn / nicht aber deine Verdienſte aͤndern kan: geſtalt ſie es alzeit ſeyn / an welche Jch dieſe meine gebuͤhrende Schuldigkeit / iedoch daß ſelbige an deine Perſchon uͤberfuͤgt werden / ablé - gen wil. Verzeih mier / daß Jch dein Ge - muͤht und Geiſt / mit einer / zu deſſen Nah - rung gantz unwuͤrdigen Speiſe / zu unter - halten mich bemuͤhet.

Jch werde dieſes mein Schreiben endi - gen / uͤm etlichen ſuͤßen Gedanken / die dier ei - ne vielangenehmere Unterhaltung erteilen / Raum und Platz zuverſtatten: aber dieſes wird geſchéhen / nachdehme Jch tauſend - mahl / die unverbruͤchlich abgelegte Eide wiederhohlet / treu zu lében / und beſtaͤndig zu ſterben /

Dein unabtrinniger Freund / und innigſt vertrauteſter Bruder.

44. Endſchuldigung / wanniemand ſeine gutte Freunde mit Briefen nicht erſuchet.

P. P. Wann das Erkentnuͤs mei -nes33Endſchuld. der nicht beſchehen: Briefl. beſuch:nes verfehlens / ſolches geringern / oder ab - wiſchen kan / ſo bitte Jch die rechtmaͤßige Erfuͤndnuͤs deſſelbigen / ſo der Herr / indehm Jch Jhme ſo lange Zeit nicht geſchrieben / und dannenhero meine Schuldigkeit hierin - nen entzogen / zuſaͤnftigen: Die Schande / ſo wol Bereuung bleibet mier; darnében den Willen inkuͤnftig meiner Schuldigkeit mit mehrerm Ernſte und Fleiße nachzuſaͤ - tzen: und dieſes koͤmt her / von

Seinem Diener.

45. Jt.

P. P. Dieſes wird ſtat meiner / uͤm Verzeihung bitten / daß Jch Jhn / feid - her unferes voneinander ſcheidens / nie in Schriften erſuchet: Dann Jch laſſe mich von dem Lauf meiner Geſchefte dermaßen leiten und fuͤhren / daß Jch kaum ſo viel Zeit und weile habe / an mich ſelbſt / geſchweige dann an Jhn / welchen Jch doch unendlich liebe / zugedaͤncken. Jch bitte aber hier aus keine Folge zuerzwingen / welches der / Jh - me ſo teuer gelobten / treuen Wohlgewogen - heit zum Nachteil gereichen moͤchte: denn dadurch wuͤrde er meinen Willen / deſſen Wirkligkeit ſtuͤndlich zu erweiſen / Jch be - gierig / vor gewaltigen. Die Prob deſſen / be - ruhet auf ſeinem Befehlich: Zu deſſen Vol -B b vzie -34Endſchuldig: der nicht beſchehenẽ briefl. Beſuch:ziehung Jch mich werde finden laſſen / als

Sein bereitwilligſter.

46. Schreiben an einen verreiſeten gutten Freund / deſſen Ruͤkkunft verlangend erwartet wird.

LJebſter Freund /

Jch kan und weis Jhme nicht zu entdek - ken / mit was Unmuht Jch ſeine Abwéſen - heit erdulden mus: alleine die einige / Jhme gelobte treue Freundſchaft / (dero Gewalt und Staͤrke Er mehr als zu wohl kennet) kan ſolche ausſprechen / beredt ſeyn. Er neh - me doch ſeinen Ruͤkweg bald zuruͤk / meinen erduldeten Unmuht zu mindern / ſo fern es Jhme anders beliebet: nicht zwar Jhn zu verpflichten (denn Jch Jhme vorhin alles ſchuldig); ſondern zubefriedigen / und zu troͤſten / als einer /

Seiner beſten Freunde / und Diewer.

47. it.

P. P. Des Herrn abreiſen / walr mier etlicher Maſſen unter der gruͤnenden und ſuͤßen Hofnung ſeines ehiſten Zuruͤ[k]kehrens / ertraͤglich: aber / zu dieſer Stunde / da die Zeit ſeiner Anhérkunft vorbey; ſo fa - he Jch an in deſſen Erwartung mich ſo zu -be -35An verreiſete Freunde uͤm ders Ruͤkkunft. beunruhigẽ / daß mier nicht wiſſende / weſſen Jch mich endſchluͤſſen ſol. Dannenhero ſo komme Er ie ehe / ſo moͤglich / zuruͤk; uͤm den / Jhme gelobt - und verheiſchenen Gehorſam etwas taͤglicher Verrichtungen zuerteilen; und verbleibe geneigt dem / der da iſt /

Sein D.

48. Antwort Schreiben auf beide vorgehende; wégen des ſo lan - gen auſſenbleibens.

Es iſt unmoͤglich / mein zuruͤkrei - ſen / mit mehrer Beunruhigung / als Jch tuh / zubegehren / und zubefoͤdern; weil es mehr Jhn / denn mich betrift / und angehet: der Jch doch alzeit der vorige in der Wohl - gewogenheit; und meines gleichen in der Treue nicht habe. Er hoͤre doch einmahl auf / ſich uͤber mich zubeklagen; weil dieſes meine Schuldigkeit erheiſchet / ſo entfernet / wie Jch bin von der Perſchon / ſo Jch am mei - ſten ehre / zu ſeyn: verharrende

Des H. immerwehrender Freund.

49. it.

Jch habe mehr erhebliche urſachẽ / mich uͤber mein / in dieſen Landen ſo uͤberlan - ges verwarten zubeklagen / als Er; denn ſei - ne Angelégenheit iſt mir an der AbſonderungB b vjei -36Beantwortung auf beklagtes Auſſenbleiben. eines ſeiner gutten Freunde: Dieſes aber iſt hoͤherer Wichtigkeit / als welches von ſeiner Abweſenheit herruͤhret / und folgends von allem dem / welches Jch am meiſten in der Welt liebe / und Jch billich mehrers be - hertzigen ſol. Solches wolle Er glauben / wofern Er die Muͤhe zugedenken auf ſich niemet / zu was Ehre mier der Titul gerei - chet / welchen Jch trage /

Seines volkommenen Freundes.

50. Endſchuldigung / waruͤm Er / bey ſeinem ab - und wegrei - ſen von ſeinem Verwandten und gutten Freunde keinen Abſchied genommen.

Ehrenfeſter / Fuͤrnehmer / Groß - guͤnſtiger Herr N.

Jn hertztreulichem Vorwundſch der aller - volkommenſten Gluͤkſéligkeit; wundere Er ſich nicht / daß von Jhme / bey meinem juͤng - ſten wegſcheiden / Jch keinen Abſchied / oder Uhrlaub genommen; weil es mier nur an Hertzhaftigkeit und Muhte gemangelt; in reifer Behertzigung / daß die genaue Ver - einigung unſerer Hertzen / gleicher geſtalt unſere Leiber / durch die Ůmfahung bey ſol - chen abſcheiden / zuvereinbahren angeſtren - get / und dingpflichtig gemacht hette: es wir -de37Entſchuldig: wegẽ nicht genom̃enẽ abſchiedsde auch unmoͤglich gefallen ſeyn / ſie von ein - ander zuſondern / und felbige wehreſo noht - wendig als verdruͤßlich. Wofern Jch nun hierinne einen Fehltrit begangen; ſo iſt mei - ne Gemuͤhtsbewégung an dieſem Fehler der Miſſetaͤhter: dannenhero Jch / an ſtat und von wégen ſelbiger / uͤm guͤnſtige Ver - zeihung bitte / der Heftigkeit und Hitze mei - nes Eifers zuzulaſſen / daß ſolches anders nicht / als uͤberaus groß und brennend zu ſeinen Dienſten ſeyn kan; weil ſolche hér - ruͤhret / von

Seinem treuen Diener.

51. it. Edler / Ehren - und Manfeſter / in - ſonders Großg. vielgeehrter Herr /

Es wird Jhme vieleicht be - fremdlich vorkommen / daß Jch bey meinem abreiſen zuvor keinen Uhrlaub genommen: anders aber habe Jch ihm zu tuhn nicht er - finden koͤnnen / wofern Jch mich nicht von meiner Reiſe ruͤckwendig machen wollen; aus denen Urſachen: weil die Trennung von denen Perſchonen / welche Jch ſo hóch als Jhn ehre / mier ſo ſchmertz - und hertz - empfindlich / daß Jch auch ſolche mit ſtandfe - ſtẽ Gemuͤhte zuerdulden / die ſchwerſte Muͤh von der Welt ertragen mus: iedoch unter - laſſe Jch entzwiſchen nicht / der jenige zuB b vijſeyn /38Wegen nicht genom̃enen urlaubs endſchul. ſeyn / ſo Jch bisher gewéſen / nemlich

Meines Herrn gehorſamſter unter ſeinen Dienern.

52. Er nimt ſchriftlichen Vhrlaub / von ſeinem gutten Freunde.

P. P. Dem Herrn uͤberſende Jch dieſes / ſtat meiner von Jhme Uhrlaub zu néhmen: weil mich meine Verrichtungen nacher N. (dahin Jch nohtwendig verrei - ſen mus) beruffen und haben wollen. Hette nun mein Herr dahin mier etwas aufzu - tragen; ſo bin Jch willigſt / ſolches / und ver - hoffentlich mit guttem Fortgange / zuverrich - ten. Eintzig und alleine aber tauert mich / ſo ferne von Jhme zuſcheiden: doch wird es nur mit dem Leibe ſeyn / weil Er ſonſt alzeit durch die ſtétige vor Augen hab - und zu - neigung / die Jch beyde zugleich unver - bruͤchlich erhalten werde / im Gedaͤchtnuͤße und Hertzen lieget

Seinem Diener.

53. it.

Tit. Jch nehme hiermit von dem Herru Uhrlaub / weil es die Nohtwendig - keit meiner Sachen / alſo erfodert: Er ſey nun mit ſeinen Anbefehlungen / die mein Ge - horſam auszurichten alzeit geſchikt / bereit:und39Schriftlichen Vhrlaub zu nehmen. und mache Jhme keine andere Rechnung / als daß / an welchem Ohrte Jch mich fin - den / zugleich hinter mier laſſen werde / ein wahrhaftiges Denkmahl

Seines Dieners.

54. it.

P. P. Dieſes mein Schreiben / wird dem Herrn / mein / an dieſem oder jé - nem Ohrte vorgenommenes verreiſen / zu wiſſen machen: des / von ſeiner Perſchon Entfernung halber empfundenen Schmer - tzens / wil Jch nicht gedenken / ſintemahl ſol - che auszuſprechen / oder mit Worten genug - ſam von mier zugében / mier gar zu nahe zu Hertzen gehet. Jch beruhe immittels bey der Empfindnuͤs / uͤm die Beglaubigung Jhme zulaſſen; darnében zutragen den Titul eines

Seiner beſten Freunde / und Diener.

55. Einer begiebet ſich ins Klôſter; uñ nimt ſchriftlichen Abſchied von ſeinẽ Freunde.

MEin Freund

Die / zu Euch / ſtets unverfaͤlſcht ge - tragene Freundſchaft / verbuͤndet mich gegen Euch / dieſe meine letzte Schuldigkeit und Pflicht abzulégen; Euch damit zuverſi -chern /40Abſchied eines ins Kloſter begebenden. chern / welcher geſtalt Jch dieſe Welt mit betrauren / daß Jch mich darinnen ſolange verweilet / nunmehr verlaſſe: aber Jch bin alzugluͤkſélig / daß Jch darinnen laͤnger zu wohnen / keine Hofnung oder Beliebnuͤs trage: weil deſſen Wirkligkeit von mier ſol zur hand genommen werden: Derowégen Jch tauſendmahl tauſend Dankſagungen zu dem guͤttigen GOtt gen Himmel ſende; ſonderlich aber / daß Er meines Lébens Lauf / ſo lange zu ſeinen Dienſten zugebrau - chen / auf gehalten: ſo handhabe Jch ſolches ferner zu meiner Séligkeit. Jch werde numehr von der Zeit an / meine Tage zu zeh - len / den Anfang machen; weil Jch itzo aller - erſt zulében anfange / und den Tag meiner Gebuhrt anders nicht benedeye / als unter der Hofnung meines Grábes / ſo doch mei - ner jugend zuwider.

Entzwiſchen lebet Jhr in volkoͤmlicher Zufriedenheit / und Gluͤkſéligkeit: Jch laſſe Euch in dieſer argen Welt / nachdehm Jch ſelbige zuvor verlaſſen: Wier haben beide einen Weg zu wandern vor uns; Jch reiſe den aller kuͤrtzten / aber auch den allermuͤhſé - ligſten und ſtiklichſten; nichts wenigers wird die Vergnuͤgung meine Muͤh / und erduldete Arbeit erſaͤnftigen / und belohnen: es were nohtwendig / mich ſelbſt beſten an - zulégen. GOtt befohlen / mein Freund: beklaget Euch uͤber meiner Wohlfahrtnicht;41Abſchted / eines ins Kloſter begebenden. nicht; denn euere Klágen als unrecht / belei - digen Euch ſelbſt: habt mich aber ſtets in euerem Gedaͤchtnuͤße; und ihr ſollet in mei - nem treueifrigen Gebehte unausgelaſſen ſeyn: denn Jch ſterbe

E. treuer Vorbitten zu Gott.

56. Abmahnung vom Klôſterlében; an ſeinen guten Freund.

LJebſter Freund /

Ohne alle Empfindung wirde ich lében / wann Jch geduldig das misfallen der Ab - wéſenheit / welche mier ſo unlieb als die eu - rige / erdulden koͤnte. Die / zu Euch unver - rukt getragene Freimdſchaft / ſtehet; und meine eigene Zuneigung zu ewern Dien - ſten ſtreitet darwider: alſo / daß alle mein Wille und Meynung / euerem Vorhaben ſich widerſaͤtzet. Jch bin alzeit mit und né - ben Euch auferzogen worden, euer Tuhn und vorhaben auch haben mier zu einem wahren Exempel gedienet: Kuͤrtzlich habe Jch eine ſolche Gemeinſchaft / euerer Gegen - wart / ſtets zugenuͤſſen / eingefangen / daß dieſe Gewonheit ſich in die Na - tur veraͤndert: an euerer Abforderung von mier / henget mein Lében. Vieleicht wird es etliche beduͤnken / daß Jch meine Wohl -fahrt42Abmahnung vom Kloſter leben /fahrt der eurigen vor - und durch ſo ſchwache Behertzigung meiner Zufriedenheit / euer Séligkeit mier zuwider ſaͤtze; aber gantz und gar nicht: Denn ſo wenig auf den ſtat - lichſten Doͤrnern und Hoͤkken wolriechende Roſen wachſen; ében ſo wenig koͤnnet Jhr in dem allergroͤſten Elende / und Angſt der Welt / die ſanfte Beruhigung eueres Gei - ſtes finden / und in dieſen des Ungluͤcks Lehr - jahren / euere Stunden euch zu gut und dien - ſte anſtellen / und richten. Ein hertzhaftiger / tapferer Hauptmann / bemuͤhet / und trach - tet nicht nach ſchlechten und unanſehlichen Siegen / uͤm deſſentwegen nur geringe Eh - renkrohne davon zu tragen: alſo / wann Jhr die Reitzung uñ Bezauberung der Erden - berwunden / ſo wird Euch / euer Triumff im Himmel deſto groͤßer ſeyn. Endert derohal - ben euere gefaſte Meinung; die Urſach deſ - ſen / iſt alzuerheblich; und noͤhtig / daß Jch noch laͤnger auf dieſer Welt / uͤm Zurfrie - denheit deſſen / ſo die Urſach / daß ihr darin - nen gebohren / lebe: euer Vater nehmlich lébet / deſſen noch uͤbrige Lébenstage an den eurigen zu hengen ſcheinen: wégen euerer Frau Mutter / derer einige Hofnung / Stek - ken und Troſt / ihres Alters Jhr ſeyd; und letzlich / wégen aller euerer Freunde / und Die - ner / darunter meine Neigung die erſte Stel -le43Endſchuld. wegen nicht beſchehener Heimſuch. le und Ohrt einnehmen wird: verbleibende /

E. gutwilliger Freund / bis ins Gráb.

57. Endſchuldigung Schreibẽ / daß einer ſeinen gutten Freund / wie Er ihm verſprochen / nicht heimgeſucht.

P. P. Wann erhebliche / und grundmaͤßige Urſachen / einen von ſeiner ge - tahnen Pflicht loßwirken; ſo bin Jch von der / Jhme getahnen Zuſage / wégen mier unverhoft zuhanden geſtoßener wichtiger Geſchefte / billich frey zu zehlen: nichts we - nigers misfaͤllet / und gehet mier es ſehr zu Hertzen / daß Jch meine / von mier geſtelte Zuſage / nicht gehalten: aber beydes der Misfallen hierob / und mein geneigter Wil - le / koͤnnen und ſollen Jhme billich Gnuͤge leiſten: Jch wil mier aber dieſes Gluͤk / Jhn eheſtes zu ſéhen / und dieſe Ehre / Jh - me zu dienen / erteilen: weil Jch bin

Sein doͤmuͤttigſter Diener.

58. Eines fuͤrnehmen Herrn / der ſich ins Klóſter begében / an ſei - ne Liebſte zuvor getahnes Schreiben.

Da -44Eines ins Kloſter begebenden /

DA mit Jch nun meine Freyheit deſto baͤſſer fuͤhren moͤge; wil Jch mich zu einem Leibeigenen / an einem einſahmen Orte / gebrauchen laſſen / und die Welt ge - ſegnen; welches beſchiehet / indehm Jch Sie / ô Schoͤnſte / verlaſſe: Sie war vor dieſem das allerliebreichſte Vorbild meiner Ge - danken; Aber numehr der allertraurigſte Zwek meiner Frewde und Wolluſt: Denn Jch trage zu dero Schoͤnheit keine Belie - bung mehr; vielweniger zu ihren Tugen - dē einige Ehrerbietung; weil mier allezeit das jénige heimlich / welches die Ehre und Preiß offentlich hóch achtet / zu ehren und teuer zu - ſchaͤtzen vergoͤnnet. Sie lébe dannenhero vergnuͤget / und Jch gluͤkſélig: Sie zwar in der Welt; Jch aber in einem Kloſter: und ſo Sie Ahtem fuͤhret / oder wégen meiner angedaͤchtnuͤs ſeuftzet / daß dieſes nicht / mich damit zubeklagen / geſchéhe: Denn ſolche ih - re klage und Leidtragen / beleidigt Sie ſelbſt; weil ſie aus einer unrechtmaͤßigen Sache entſpringen. Wie es nun die Nohtdurft / Sie zuverlaſſen / erfodert; ſo iſt auch recht / daß Sie ſolches geduldig erleidet / und ie mehr dero Empfindung ihr zu Hertzen ſtei - get / ſo viel wird dero Einwilligung wuͤrdig ſeyn: So ſtille Sie ſich mit dieſem / daß Sie meine Dienſte eingeerndtet; Jch a - ber / daß Jch ſolche an die wuͤrdigſte Jung -frau45Schreiben an ſeine Liebſte. frau der Welt / ſo wohl angewendet / ohne ihr einige Pein / als die Andenknuͤs; noch mier ein ander genuͤgen / als die Ver - geſſenheit / hinterlaſſend. Sie ſtráfe dieſen meinen Wechſel / weil ſelbiger von nichts anders als der Beſtaͤndigkeit hérruͤhret / gar nicht: Denn wie Jch vormahls ein Liebhaber war / ſo bin Jchs noch; nicht zwar in ein Geſchoͤpffe; ſon - dern an dem Schoͤpfer: Nicht an einem toͤdlichen Werke; ſondern an ein unertoͤd - liches Wéſen: Nicht an einer Abgoͤttin / ſondern an dem wáhren Unſterblichen GOTT: Eine Sache / ſo alzuwuͤrdig iſt / daß ſolches mier vergoͤnnet werden ſolle: alzuruhmwuͤrdig; daß man ſich nicht uͤber ſolche zuverwundern: Alzuwunderlich; daß man ſolche nicht emſig begéhren ſolte: und alſo heftig / und begierlich; daß man auch nur nicht bey dem eintzigen Vorbilde / deſſen Schatten gantz und gar eingenom - mē werdē ſolte / uñ deſſen Lieb ich anitzo in den ſuͤſſen Dornen meiner Einſamkeit uͤmfaſſe, GOtt befohlen / meine allerholdſéligſte! Jch hinterlaſſe Sie aber allezeit der Welt fuͤr ein Wunder: Jch kwittire Sie vor eine wunderbarliche Sache auf der Erden; und vor eine Hofnung im Himmel / Sie einſt zubeſitzen; weil Jhr dero Nahme an - gebohrner Weiſe / zum Nachkommer ihrer Ausbeute und Raubes vorſtellet. NunSie46Allerhand Bittſchreiben. Sie gehabe ſich wohl! und ſey zuletzt be - gruͤſſet / von

Jhrem gebehtswilligen.

59. Bitt Schreiben.

Hóchwohlgebohrner Frey Herr / Genaͤdiger Herr /

Jch beklage nicht unbillich / daß mier / das fluͤchtige Geluͤkke ſo viel nicht ge - goͤnnet / E. Gn. vor dero ſuͤngſten Abreiſe von hier / in Perſchon aufzuwarten; bevor / weil mein vergnuͤgendes Anſinnen / und feſtes Vertrauen / zu dero anwartenden Foͤderung ſtehet: da denn E. Gn. Jch unterdienſtlich zubitten habe / Dieſelbte geruhen genaͤdig / und wollen mich bey itzo angezielter Vergé - bung des N. Amtes alhier ꝛc: meine We - nigkeit / vor andern / beobachten; und / weil es fuͤr meinen habenden Zuſtand ſehr be - kwehm / hierzu moͤglichſt befoͤrdern. Unrecht iſt es zwar / daß dieſe meine ſo kuͤhne Bitte / dem Dienſte vorgehen ſol; und daß die Ge - légenheit / E. Gn. ehender zubeunruhigen / denn deroſelbten angenehme Dienſte zuer - weiſen / mier aufgeſtoßen; weil es aber nicht zuaͤndern / ſo trage Jch die Schuld; und wo nicht das ſehnliche Verlangen / ſo zu dank - bahrer Abdienung Jch habe / Dero Gn. foͤr - derliche Gunſt anzulangen / mich erfriſchete /wir -47Allerhand Bittſchreiben. wirde Jch willig den Schaden / ſolcher be - raubt zuſeyn / erdulden: So geſchiehet es alſo / durch Gunſt und Zulaſſung deſſen / daß E. Gn. Jch mier eine ſolche Gnade zuerweiſen; mich eines ſolchen teilhaftig zu machen anflehe: mit zugeſaͤtzter Beglau - bung / daß / wie Jch ſolches zu bitten / mehr als kuͤhn gewéſen; alſo nicht weniger be - ſtaͤndigen Willen und Vorſatz bey mier be - finde / dieſe foͤrderlich erhaltende Gnaden - wohltaht / zu aller fuͤrfallenden Begében - heit / treulich zuerwiedern / und abzugelten. Die Zuwerkſaͤtzung deſſen / wird meine Worte wahrhaft machen: iedoch alzeit un - ter dem Nahmen /

E. Gn. in beſtaͤndiger Treu / ergébenen Diener - und Knechtes / S. B.

60. it.

Tit. Wann Jch weis den Herrn mit bitten anzulangen; ſo weis Jch Jhme auch zugehorſamen: weil aber an ſeinem be - fehlen der Mangel erſcheinet; ſo wil mir obliegen / Jhn mit bitten zubehelligen; und ſonderlich dieſer / ꝛc: Wofern nun meine Bitte erhoͤret / werde Jch mich hingegen nicht und ankbar erweiſen; ſondern bin mich wégen dieſer erteilten Freundſchaft / durch ſorgfaͤltige Suchung ſeiner Gelégenheit /zu48Allerhand Bitſchreiben. zu rechnen / ében ſowohl als durch den Ver - druß / ſo Jch habe / ſo lange Zeit / und zwar[unn]uͤtzlich zutragen / begierig /

des Herrn D.

61. Jt.

Tit. Mich beduͤnket / Jch ſey zu nichts anders auf dieſe Welt / als dem Herrn ſtets beſchwerlich zu ſeyn / gebohren: denn die meiſten an Jhn abgelaufene Brief - lein / nur eitele Bitſchreiben ſeyn: inmaßen dieſes bezeuget / wodurch Jch Befoͤrde - rung / wégen der bekanten Sache / ſtets an - flehe; den Herrn aber zuberichten / daß Jch ſolches zuverſchulden / Mittel und Wége ſuchen wolle / ſeyn dieſes meine taͤgliche Verſicherungen: nichts deſto weniger / ſo habe Jch anders nichts / als die Worte; doch ſolche / welche den Herrn alle Stun - den und Augenblik beſchwehren / mier anzu - befehlen / weil Jch alzeit mich bereit befinde / ſolchen gehorſamlich nachzulében: iedoch ſtets unter dem Nahmen /

Seines ergébenen Dieners.

62. Jt.

P. P. Die Nohtwendigkeit / ſo mier / ſeine Befoͤrderung zu genuͤßen / vor - gefallen / hat mich gleichſam angetrieben / Jhn in einer gewiſſen Sache / deroſelben einge -49im Perfertiſchen Buchladen zu finden. gering und kleinen Teil mier wiederfahren zulaſſen / anzuflehen: bitte daher / mier die - ſe Freundſchaft nicht zuverweigern / damit Jch / meiner Wenigkeit nach / verbuͤndlich werde

Des Herren Diener.

63. Er bittet ſeinen Bruder zu ſich / uͤm der Freude / und Augen - weide / bey der Seinen / mit zugenuͤßen.

MEin Bruder /

Wieſehr Jch mich erfreuen werde / wann Jch deines Lébens und Geſundheit verſichert bin / kanſt du leicht abnehmen: wie du mich denn und die Meinen / bey al - lem Wohlſtande wiſſen ſolſt. Uns wehre am liebſten / wenn wier den Unvergeſſenen bey Uns hetten; es ſolte alles / mein Bru - der / das deine ſeyn: wier wolten Uns gerne unſeres Habes begében / und dier alle das unſrige zu dienſte laſſen. Genuͤße doch mei - ner Freude / und beſchaue / mit deinem Ge - fallen / was meinem Gefallen alhier ſowohl gefaͤlt: alsdann kanſt du ſagen / ob Jch wol getauſcht / und recht gewechſelt: du wirſt mier Beyfall gében / daß uͤm dieſes / der an - dern dreyfaches zulaſſen ſey. Jch wil dier nicht alleine Dero Schoͤnheit weiſen; ſon -C cdern50Er bittet ſeinen Bruder / auf eine Luſt zu ſich. dern ihre Lippen werden dier dartuhn / daß die Natur unvergeslich an Jhr gearbeitet habe. Daruͤm / ſo komme doch / und genuͤße die Helfte meiner Freude: Jch wil dier ein - mahl die Helfte deines Leides (wofuͤr dich alles Gluͤkke ſchuͤtzen wolle!) hingegen tragen helfen. Zur Verſicherung unſerer Freundſchaft / verſéhe Jch mich deiner ge - wies / ſo wahrhaftig Jch dein ewiger Freund ſterbe; und lébe

N. N. Zu Handen meines Bruders / des Unvergeſſenen.

64. Eine Bitte / uͤm Jhn / in un - rechter Bezichtigung und boͤ - ſer Nachrede zuentſchuldigen.

TReuer Freund /

Mier iſt zwar am beſten wiſſende / und habe den fuͤrnehmen Zeugen meines gutten Gewiſſens / daß Jch an bekanter Sache nicht Teil habe. Aber es huͤlft und ſchuͤtzt mich ſo wenig fuͤr der Leute Réde / daß aus Vielheit des Geſchreyes / mier endlich die Luͤgen zur Wahrheit angehaͤftet werden wil: denn / von einer boͤſen Nachréde blei - bet alzeit was hangen. Daruͤm nun / ſo lau - fe Jch zu deiner Freundſchaft / und erinnere dich / wie wohl wier einander bekant; daher du leicht abzunehmen / daß meine Unſchuldda -51Er bittet / Jhn der Bezuͤchtigung zuentſchuld. daraus zu erſchaffen ſey. Boͤſe Leute / trauen meiner Endſchuldigung nicht; deñ ſie wiſſen ihre ſelbſteigene verlogene Woͤrter / auf ihrer Zunge / und meinen / es muͤſſen aus allen an - dern Hertzen dergleichen gebohren werden. Aus dieſen Urſachen / lége Jch mein Ver - trauen zu dier / hoffend / meine Unſchuld wer - de aus deinem Munde wachſen / und zuneh - men / gleich wie unſere Freundſchaft taͤglich waͤchſt und zunimt in dem Hertzen

Deines Treuen Bruders.

65. Antwort / auf Bitſchreiben.

Jch verwundere mich nicht we - nig / daß Er / meine Perſchon / bitweiſe an - langet / deren Er doch volkoͤmlich zubefehlen Macht und Gewalt hat. Jch trage Ver - langen / iedoch mit beklagen / daß Jch ſelbi - ges mit einer ſo geringen Sache uͤmſchrenkt befinde / zuwerke gerichtet. Der Herr brauche mich zu ſeinen Dienſten / wofern Er anders mich gegen Jhme dingpflichtig ſéhen wil: denn alle meine Zufriedenheit lieget einig und alleine andehm / mich aller Ohrten fin - den und verſpuͤhren zulaſſen /

Des Herrn Diener.

C c ij66.52Antwort / auf Bitſchr eiben.

66. Jt.

DJeſes mein Schreiben / wird dem Herrn hoffentlich zu erkennen gé - ben / wie Jch alle ſeine getragene Verrich - tungen / und zwar mit einer ſonderbahren Freude / zuwerk ſaͤtze; weil ſie von Jhme / und alſo der Perſchon / die Jch auf dieſer Welt am meiſten / ſowohl aus genugſamen Urſachen / ehre / herruͤhren. Er befehle mier demnach / wann es Jhme gefaͤllig / zu aller Stunde; Damit Jch Jhme deſto oͤfter wilfaͤhrig erſcheinen moͤge: Denn Jch halte mier es vor eine ſonderbahre Ehre / zufuͤhren den Nahmen /

Des Herrn Diener.

67. Jt.

P. P. Mein Herr ſéhe alhier das wirkliche Volbringen / ſeines brennenden Verlangen / und Anbefehlens; ſo wohl mei - nes Gehorſams zugleich: Jch bitte uͤm ver - zeihung / daß Jch darmit ſo lange verwei - let: Jch werde aber kuͤnftig / mit ſeiner Be - liebung / viel wichtigers deſto eher volbrin - gen und ausrichten; iedoch alzeit in geſtalt

Seines doͤmuͤttig gehorſamen Dieners.

68. 53im Perfertiſchen Buchladen zu finden.

68. Jt.

Tit. Jch verwundere mich / daß der Herr Bitworte braucht / gegen einer ſol - chen Perſchon / der Er doch voͤllig zubefehlen befugt: Es iſt mier auſer allem Zweifel / Er werde ſolches ſeiner Hoͤfligkeit zueignen; a - ber es lauft alzeit wider ſeine Gebuͤhr: deſ - ſentwegen Jch denn auch bitlich begehre / die Urſach zuwiſſen; Denn / wofern Er mich nur zubefehlichen beraubt / ſo entzeucht Er mier die Ehre / ſo Jch trage zu ſeyn /

Des Herrn gehorſamer Diener.

69. Jt.

JCh wil des Herrn Bitten fort - hin nicht mehr ſtat gében; ſondern alles ſeinem Befehlich heimſaͤtzen. Er erkuͤhne ſich doch einſt / meinen Gehorſam zuuͤben / zu dem Ende / damit Jch mit ſattem Grunde nennen moͤge /

Sein Diener.

70. Vorſchrift; oder Vorbitſchreiben.

P. P. Wofern meine Bitt / und be - gehren ſo hóch / als Jch des Herrn Anbefeh - len halte; zweifelt mier nicht / Er werde Jhme dieſe / ſo wégen meines gutten Freundes / ſeine Geſchaͤfte angelégen zu haben / Jch hiermit anbringe / gefal -C c iijlen54Bedankung Schreiben. len laſſen: worgegen der Herr ihn verpflich - tet; mich aber willigſt haben wird

Seinen wohlbefliſſenen Diener.

71. Bedankung Schreiben.

P. P. Jch werde ſchahmroht / an die / Jhme zutuhn pflichtſchuldige Dienſte zugedaͤnken; weil ſelbige ſo groß / daß Jch ſolche / mit meiner wenigen Dienſtfaͤhrig - keit / annehmlich und dankbar zuerwiedern / mich von Unkraͤften befinde: Und obwohl mein Verlangen / die / von Jhme mier erteil - te foͤrderliche Gunſt abzugelten / gantz uͤber - fluͤßig; ſo bin Jch doch an Gelégenheiten darzu zukommen / ſo erlégen / daß Jch end - lich gezwungen werde zuſeyn

Des Herrn treuſchuldigſter Diener.

72. Jt.

Tit. Es tuht mier weh / und ver - dreuſt mich / daß Jch die / von Jhme mier bezeigte Dienſte und Freundſchaft / mit nichts anders / als bloſſen Worten vergel - ten / und erſaͤtzen kan: Jch bekenne / daß / als Dankbarkeit zu erzeigen / Jch im Werke ge - wéſen / mich gleichſam aufs neue unaufloͤs - lich gebunden; und noch mehrers zuverbuͤn - den / mier alle erſprisliche / oder / zur Wieder - geltung dienliche Mittel / auſer Handen ge -wir -55Bedankung Schreiben. wirket. Wann Jch nun undankbar erfun - den werde / ſo iſt hieran der Ůberfluß ſeiner / mier erwieſenen Ehre / vornehmlich die Ur - ſache; weil der alzugroſſe Ůberfluß der Gun - ſten / mich zwinget / alle mein Lébtage den Zunahmen eines Undankbaren zutragen; ſowohl als dieſen /

Meines Herrn Dieners.

73. Jt.

P. P. Jch geſtehe mein unvermoͤ - gen / die / von dem Herrn mier erwieſene / al - zugroſſe Gunſten zuerwiedern; éhener maſ - ſen glaubend / daß Jch ſolcher nicht wuͤrdi - ger / als mit dieſer Zulaſſung / daß mir nim - mermehr einige derer Wuͤrdigkeit gleich - maͤßige Abgeltung zuhaͤnden ſtoſſen werden / genuͤge leiſten kan. Sey dannoch der Herr / ſo Jhme beliebet / mit dieſem Fehler / (weil Er daran Urſach / damit ſolcher geſtalt die jénige / welche Jhme mehr als Jch verbun - den / zuverknuͤpffen / daß dannenhero noht - wendig / einſt ſolches zuwiedergelten / Sie verzweifeln muͤſſen) zufrieden: und Jch werde deſſen ſtetig ein Muſter und Exem - pel ſeyn / unter dem Namen / ſo Jch trage /

Seines Dieners.

74. Jt.

Tit. Jch habe nichts mehr / als den Willen / des Herru / mir bezeigte vielfaͤl -C c iiijtige56Dankſchreiben / zu dienſtlicher Abgeltung. tige Dienſte / gleichmaͤßig zuvergelten: mus aber nothwendig von dem Gluͤkke / einer er - wuͤndſchten Gelégenheit / durch welche den Herren Jch / daß wie Er mich zuverpflich - ten / Jch hergegen ſolches dankbarlich zuer - kennen begierig / gnugſam bezeugen koͤnne / erwarten. Wann nun der Herr hierinnen / durch ſein Anbefehlẽ / meiner Perſchon vorge - het / und die Bahn bricht / ſo werde Jch / mit ſeinem Belieben / die Proben / durch gehor - ſames Volbringen / taͤhtlich ſéhen laſſen / und verbleiben

Sein Diener.

75. Ein unvergeslicher Dank / vieler Wohltahten: An eine herr - liche Frau.

Hôchwohlgebohrne / genaͤdige Frau / DEro Gnaden /

Ewig ſchuldiger Diener / wil noch - mahls ſeine Wenigkeit hiermit liefern / und bezeugen / wie Jhme alle erwieſene Gnade / noch im Munde und Gedaͤchtnuͤſſe liege / und wie Er dieſe zuvergeſſen / ehe ſeines Lé - bens nicht gedaͤnken wird: J. Gn. nochmals bittende / nicht ewas von Jhrer Gnade / ih - rem doͤhmuͤtigen Knechte zunehmen; ſon - dern Jhn noch immer bey dieſem Troſte zu - erhalten / daß Er / wiewohl von Wenigkeitviel57Ein Dank / vieler Wohltahten. viel zuſchlecht / iedoch Schuldigkeit halber / J. Gn. geringſter Diener bleiben duͤrfe. Un - danks wehre bey J. Gn. Jch wohl anzugé - ben; hiervon ſoll mich aber mein Armuht endſchuldigen; und muͤſſen es die Worte ihren genaͤdigen Augen vortragen: indehm Jchs aber erwiedern wil / was mier genaͤ - diges wiederfahren / ſo mag Jch mit nichts anders / als durch Ruhm und Gedaͤchtnuͤs ſolches nicht verleſchen zulaſſen; werde es auch in mein Hertze ſchreiben / daruͤm / daß nur das Gedaͤchtnuͤs nicht eher / als Jch ſelbſt verſterben moͤchte: Es wird mich auch ſicherlich J. Gn. Grund und Boden (den ich doͤhmuͤtig kuͤſſe) wann Jch denſelben noch von ferne ſéhen / oder auch davon hoͤ - ren werde / erinnern / deſſen / was Jch nim - mermehr vergeſſen ſol; wil auch alzeit / wo Jch nur duͤrfen werde / dahin zukommen / und mich ferner zubedanken nicht unterlaſ - ſen. Wuͤndſche hierauf J. Gn. und allen denen genaͤdigen Jhrigen / wie auch denen / die unter J. Gn. lében / ſo viel / als ſie Jh - nen zuwuͤndſchen belieben laſſen werden; al - zeit hoffend erfreut / daß / wenn J. Gn. Jch wieder ſéhen werde / Sie auch genaͤdig an - ſchauen wird /

Jhren armen / und verbleiblich ſchuldigen Diener.

C c v76.58Dankſagung / fuͤr gehabte Muͤh.

76. Eine Dankſagung fuͤr gehabte Muͤ - he: an ſeiner gutten Freunde einen.

TReuer Freund /

Du haſt numehr die Wageſchale vol - lends volgeléget / und wolteſt viel lieber den Ausſchlag der Freundſchaft bey dier / als bey mier wiſſen. Jch erkenne dieſes aber mit be - danken; und wil es meinem Hertzen unver - geſſen machen. Es fodere mein Liebſter wie - deruͤm ein Stuͤkke meiner Zuſage auf die Prob zuſaͤtzen: Er ſtreiche mich auf den ge - faͤhrlichen Stein / einer boͤſen Sache; und betrachte darnach die Beſtaͤndigkeit meiner Treue. Jch habe keine andere Urſache / mei - ne eigene Freundesdienſte zuruͤhmen / als die deinige / damit Jch dich nur Wiedertahts - halber verſichere / und dich bey deiner freind - lichen Dienſtfertigkeit behalte. Bleibe dem - nach / mein Freund / in ſeiner Treu / der mei - nige; ſo verbleibe Jch / in der meinen der Deinige / weil Jch lébe / und heiſſe

N. N.

77. Dem volkommenen tapfferen Hel - de / ſo ſeiner Hoheit ſo viel nachlaͤſt / daß man hierdurch reiche wohltaͤhtigkeit gegen Bekanten / nachruͤhm - lich ſéhen kan.

Wohl -59Dank / fuͤr Wohltaͤhtigkeit.
WOhlgebohrner / genaͤdiger Herr Herr /

Ob Jch mich gleich uͤber hundert Jahre noch in dieſer Welt befinden wuͤrde / koͤnte Jch doch nicht vergeſſen / aller derer Gna - de / welche mir von J. Gn. wiederfahren iſt: aber / ſo unmoͤglich dieſe Lebenszeit auf mich kommen kan; ſo gewies ſol doch unterdeſſen / biß an mein Gráb / dis Gedaͤchtnuͤs unver - loſchen ſeyn. Es bleibe demnach meiner Dienſte Willigkeit alzeit in der Gnade / meines genaͤdigen Herrn / ſo lange Jch lé - ben und bleiben werde /

J. Gn. treuer Knecht.

78. Dankſchreiben;

P. P. Jch vergewiſſere den Herrn einig und alleine durch dieſes / daß gegen Jhm / bey eheſter Gelégenheit / wégen der / von ſeiner Hoͤfligkeit genoſſenen Gunſt / und geneigten Willens / Jch in der Taht mich dankbar erweiſen werde: Dann Jch an meinem Teile die Bezeugung groͤßlich ver - werfe / ob ſelbige gleich noch mit ſo praͤchti - gen Worten beſchiehe[t]: nicht wenigers / ſo gleube Jch / daß die Werke bereitet ſeyn / und erfunden werden ſollen. Zu dieſem wilC c vjJch60Dankſchreiben. Jch mich halten / und werde Jhn mit keiner andern Muͤntze bezahlen: Dieſes iſt

des Herrn Diener / der Jhn die - ſes verſichert.

79. Jt.

Tit. Dieweil in allewége noht - wendig / daß die Dankſagung etlicher maſ - ſen mit dem / was man einem zu willen ge - weſen / oder guttes getahn / uͤbereinſtimmig und aͤhnlich ſey; ſo gébe dem Herrn Jch da - hero zuvernehmen / daß meine Zuwerkſtel - lungen / Jhn / wegen der / mier erwieſenen vergeltenden Gunſtbezeigungen / dankbar - lich verſcheinen / und ſich erhellen werden: und dis wird nichts ſeyn / als die / gegen Jh - me ſchuldige Dienſte ins Werk zuſaͤtzen / wie

Sein doͤhmuͤttigſter Diener.

80. Antwort Schreiben / auf beſchéhe - ne Bedankungen.

P. P. Mier einig und alleine wil es in alwége / dem Herrn / daß Er mier vor eine ſo ſchlechte und geringe Sache / die es nicht wuͤrdig / Dank ſaget / geziemen und ob - liegen: Denn die Ehre zudanken meiner Dienſte in dieſer Sache zugebrauchen / ver - knuͤpffet mich im gegenteil als ſeinen Schul -di -61Dankſchreiben / und Antwort darauf. digern / daß Jch dieſe Dienſtleiſtung an die Stelle der dem Herrn noch abzulégen ſte - hende Schuldverſicherungen / wie recht und billich / ſaͤtze: mit dienſtfreundlicher Bitte / ſolches ſicherlich zuglauben; und daß Jch nimmermehr den Namen ſeines Dieners fuͤhren werde / als mit dem Zunahmen

Des Herrn Schuͤldigers.

81. Jt.

P. P. Der Herr hat die Pflicht - ſchuldigkeit / welche Jch Jhme / durch die / gegen mich abgelégte Dankſagung erwie - ſen / ſo teuer erkauft / daß Jch befuͤrchte eines Meineides beſchuldiget zu werden / wofern Jch ſolche nicht in hohem Preis erkenne. Er empfahe und nehme doch alle ſeine Verfah - rung an ſtat der Dankſagung an / weil mei - ne Gebuͤhr und Pflicht ſo geringgeltig / daß Jch ſchamroth / ſolche nach dem Worte ſei - nes Bedankens zuverkaufen / oder vielmehr ſelbige ſeiner Hoheit vorzutragen; wofern dieſes nicht beſchéhe / unter der Geſtalt

Seines Dieners.

82. Jt.

P. P. Es hat ſich der Herr zu gut - ter Stunde gegen mier bedanket; in Be - glaubung / als ob Er von wégen Freund -C c vijſchaft /62Antwortſchreiben / auf Bedankungen. ſchaft / welche demſelbten Jch / aus obtra - gender Schuldigkeit und Pflicht erwieſen / mier verbunden: Wofern Er nun dieſe Be - glaubung bey Jhme erſchoͤpffet / bitte Jch ſolche / daruͤm / weil es mir unmoͤglich fallen wil / ob Jch es wohl erreicht / oder zuverrich - ten mier moͤglich / eine / dem Herrn gleich - wuͤrdige Perſchon / zuverbuͤnden fahren zu laſſen: einig und alleine iſt dieſes meine hoͤchſte Zufriedenheit / Jhnen nach Gefallen zu dienen: abſonderlich aber dem Herrn / weil Jch bin

Sein Pflichtſchuldiger D.

83. Wieder Antwort Schreiben / auf beſchehene Dankſagung.

P. P. Jch erachte davor / daß der Herr nicht baͤſſer / die / Jhme von mir erwie - ſene Gebuͤhr und ſchuldigkeit wiederuͤm ver - gelten kan / als wann Er ſolche aus ſeinem Gedaͤchtnuͤſſe jaget: Daruͤm / weil Jch be - gierig / Jhme mehrere ſo weit wichtigerer / und zwar ohne Zahl / zu leiſten; und alſo billiche Bereuung / daß dieſe ſo germgfuͤgi - ge / in ſein Gedaͤchtnuͤs den Ohrt und Stel - le / wohin doch die weitannehmlichere ſolten abgelegt werden / innen haben und beſitzen ſollen. Jch bitte Jhn / dieſe grundmaͤßigeUr -63Antwort / auf beſchehene Dantſagung. Urſache in reife Obacht zu nehmen / als her - fluͤßend / von

Des Herrn Diener.

84. Jt.

Tit. Sein / an mich beſchéhenes freundliches Dankſagen / vor die / Jhme ab - gelegte Schuldigkeit / hat mich ferner weit dermaſſen verbuͤndlich gemacht / daß mier es bald die Féder / Jhme zudanken / aus den Haͤnden gewirkt; ſowohl / daß ſeine Verſi - cherungen / das Anſéhen beſtaͤrken und kraͤf - tigen werden / welche Jch habe naͤchſt dem Namen ſeines Dieners zufuͤhren /

Mein Herr / Deſſen / der Jhm verpflichtet.

85. Auftrags Schrift / An die Hoͤchſtloͤbliche / Fruchtbrin - gende Geſellſchaft.

Hoͤchſt - und Hóchgeehrte / von Frucht und Zucht Edle Herren /

So iemand Genade fuͤr dero Augen funden / und ſich erkuͤhnen darf / ihrer hóch - anſehlichen vielfruchtenden Geſelſchaft / ſei - ne unermuͤdete Dienſte / in Vntertaͤhnigkeit aufzutragen; ſo wird ſich meine Wenigkeit nicht ſchaͤmen duͤrfen / auch dieſes wenige zu ihren Fuͤſſen zulégen: mit beygefuͤgter Bit - te / daß Sie / die Gnadenhand zubieten / undes64uͤbereignungs Schrift. es guͤnſtig aufzunehmen / geruhen wolten: Dafuͤr Jch mich denn / wie ſchon vorlaͤngſt in geheim / alſo auch hinfuͤhro offendlich er - weiſen werde / wie daß Jch ſey / und zuver - bleiben wuͤndſche /

Der hóchpreiswuͤrdigen / Fruchtbringenden Ge - ſelſchaft / Untertaͤhniger alzeit fertiger Knecht.

86. uͤbereignungs Schrift / An etliche ſeiner gutten Freunde.

Tit. Jn Bereitſtellung dienſtli - cher Gefliſſenheit / und Vorwuͤndſchung al - les ſelbſtbegehrenden Wohlergehens / moͤch - te Dieſelben Jch ſehr gerne des gewies ver - ſichern / was die Schwachheit meiner Lip - pen muͤndlich beweiſen wollen; bin aber ſo hóch nicht geſegnet / den Willen verſtaͤnd - lich / zugeſchweigen taͤhtlich zuvolziehen: Dennoch den Schatten darvon anzuhaͤften / und nur von weiten mein dienſtfaͤhriges Ge - muͤhte zueroͤfnen; uͤbergébe Jhnen dieſes wenig angezuͤndete Opffer / Jch / zu dero Schutze: und verbleibe / naͤchſt Goͤttlicher Gnaden Empfehlung / zu behaͤglichange - nehmen Dienſten

Jnen ſtets bereit / S. B.

87. 65Neue Zeitung Schreiben.

87. Neue Zeitung Schreiben. 1647. in Breslau / an H. Pfingſten / in eil.

EHrenfeſter / Fuͤrnehmer / Groß - guͤnſtiger Herr N.

Dieſes mein Schreiben / wird ſeine ſorg - faltigkeit ſtillen / indehm Jch Jhme die / itzi - ger Zeit ſchwébende / juͤngſt eingelaufene Zeitung mitteile; nehmlich ꝛc. Er ſéhe da / was am allerneulichſten vorgangen; und ſéhe hier / das allerwahrhaftigſte / welches iſt / daß Jch bin / weil Jch auf Erden lébe und bin /

Des Herrn treubeſtaͤndiger.

88. Jt.

P. P. Das Verlangen / von dem Herrn Neue Zeitungen zu erfahren / diene[n]mier zu einer gewuͤndſchten Gelegenheit / Jhn andere zuberichten. Und iſt demnach zu berichten / ꝛc. Dieſes alſo ſeyn die itzige / die - ſes Ohrtes paßirende Zeitungen / welche dem Herrn / einer von ſeinen alten Dienern / zu ſeiner baͤſſerẽ zufriedenheit beybringt / als

Sein alttreuer D.

89. Er macht ſeinem gutten Freunde zu wiſſen / wie daß Er ſich verehlichet.

P. P. 66Vberfuͤgnuͤs einer Verehligung.
P. P. Vielgeehrter Herr /

Weil Jch die Ehre / ſein gutter Freund und Diener zuſeyn / vor langen Jahren her ge - habt; ſo erfodert meine Schuldigkeit / den - ſelben teilhaftig zumachen der Begnuͤgung / welche Jch aus meiner volzogenen Vereh - ligung empfunden / und genoſſen. Verſiche - re Jhn demnach / die Erlangung einer ge - wies beſtaͤndigen Liebhaberin meiner Per - ſchon; und einer Ehrendienerin meines Herrn / als Braut

Seines Dieners.

90. Gluͤkwuͤndſchung Schreiben / an Neuverehlichte.

Tit. Die Neue Zeitungen wê - gen ſeiner Ehlichen Verpflichtung / ſeyn mier ſo lieb / und angenéhm geweſen / daß Jch nie / bis demſelben Jch einen geringen Teil / der / davon empfundenen Vergnuͤ - gung zuerklaͤhren / die Féder angeſaͤtzt / beru - higet ſeyn koͤnnen. Jch ſage einen geringen Teil; denn es wirde mier ſehr ſchwer / ja gantz unmoͤglich fallen / Jhme die Empfin - dung der Freude / ſo deswégen bey mier ent - ſtanden / volkoͤmlich in Schriften zufaſſen / oder vorzuſtellen: nichts deſto weniger / ſo wird es Jhme etlicher maßen zuentwerfen unſchwer fallen / wann Er wohl bedenket /wer67Gluͤtwuͤndſchung Neuverehlichter. wer Jch ſey / nehmlich ein ander ſeines Ge - muͤhtes Nachoͤhmer / und in Gehorſam / der allerwilligſte und getreuſte unter allen

Seinen Dienern.

91. Jt.

P. P. Jch habe eine hertzliche Freude empfangen / daß der Herr / vermit - telſt ſeiner gluͤkſéligen Verehligung / ver - gnuͤget worden: bittende / ſeiner numehr Hertzliebſten die Helfte / und nicht die gantze Zuneigung zuuͤberlaſſen; ſondern einen we - nigen Teil / meine gehorſame Schuldigkeit damit zu uͤben / mier vorzubehalten. Er ver - binde ſeine Freyheit / in dieſen beliebenden Gefaͤngnuͤs / mit ſolcher maßen / daß Er / aufs wenigſte die Freyheit / mier zubeféhlen / behalte: als der Jch fortfuͤrfort bereitwilligſt bin / meinem vielguͤnſtigen Herrn alle behaͤg - lich angenehme Dienſte zubezeugen / in der geſtalt

Seines D.

92. Jt.

Nach der Stunde / als Jch der gluͤklichen Zeitung des Herrn Verehligung vergewiſſert worden / habe Jch die Féder / Jhme deswégen gluͤkzuwuͤndſchen / an die Hand gefaſt / mich neben Jhme von wégen der Zuſriedenheit / ſo Er dadurch empfan -gen /68An Reuverehlichte / Gluͤkwuͤndſchungen. gen / und voͤllig genoſſen / zuerfreuen. Jch bitte / ſeine Liebſte zuverſichern / daß / indehm Sie den Herrn zu ihrem Ehgatten auf - und angenommen / Sie gleicher geſtalt mich zu ihrem gebuͤhrlichen Diener erworben / als

Des Herren N.

93. Er berichtet ſeinen Zuſtand:

An einen Fuͤrnehmen Herrn.

Hóchwohlgebohrner / genaͤdiger Herr /

Ob auch J. Gn.

Jhres Dieners vergeſſen haͤtten / deſto mehr wirde Jch michs zuerinnern haben / in bedenken / daß doch jénes unſterbliche nicht zuverleſchen ſeyn wirde: aber Jch er - laſſe nicht meine Gluͤkſéligkeit an Jhre Gn. zu offenbahren / und vermelde / daß Jch nu - mehr mit himmliſcher Huͤlfe dis erlanget / was Jch gewuͤndſcht: Jtzo gewies hoffen - de / es wird mich ein luſtig / und herrlich Bey - lager / zu Jhr. Gn. bringen / damit Jch noch - mals wiſſen koͤnne / wie begierig meine Fer - tigkeit zu ſeinem Willen ſey: inzwiſchen bin ich mehr mit Wunder / als mit einiger Sa - chen wégen J. Gn. beſten Freundes wun - derbahren Ungluͤk uͤmgében geweſt: haͤtte wohl wuͤndſchen moͤgen / daß Jch geſehen / wie viel gelachet uñ geweinet worden weh -re.69Er berichtet ſeinen Zuſtand. re. Jch werde mit J. Gn. vielerley muͤnd - lich zuſprechen bekommen / woruͤber denn be - ſondere Luſtigkeiten entſtehen ſollen: unter - deſſen bittende / daß Gott J. Gu. Woler - gehen ſtaͤrken; biß zu obgedachter ſchoͤner Luſt erhalten; und mich in ſeiner Gnade bleiben laſſen wolle / weil Jch lébe

N. N.

94. Ein Verweis Schreiben / wégen uͤbeler Uhrteilung.

DAs Uhrteil / ſo Jhr / wégen ge - tahner meiner Verfahr - und Hand - lung gefaͤllet / verſichert mich zu glauben / daß Jhr mit wenig reifem Verſtande und nach - ſinnen begabt ſeyn muͤſſet: Weil Jhr nicht wiſſet / was die Unbilligkeit iſt; wie koͤnt ihr denn / was deme zu entgegen lauft / erken - nen? Es iſt unſchwer / Euch / weil Jhr un - ter dem boͤſen und guten kein Unterſcheid zu halten wiſſet / zuberuͤkken. Mich betreffen - de / verzeih Jch euch / als der Jch mich zube - leidigen unféhig: Jhr werdet hinfuͤhro / was Jhr mier zu leiſten ſchuldig / und pflichtig / er - kennen: alsdann bin Jch wieder / der

Eurige.

95. Feindlicher Anſage Zettel an ei - nen / der Jhme ſeine Liebſte eh - lich entriſſen.

Mein70Feindſchafts Anſage wegen der Liebſten.

MEin Herr / was Jhr Euch habt geluͤſten laſſen / ſol euch teuer genug in der Bezahlung ankommen. Jhr habt eue - rem Stande einen Flek angemahlt / den man billich in euere Waffen mit einbringen ſolte. Die Herren laſſen ſich Schelmereyen belieben / und vergleichen ſich denen Raͤu - bern: aber / ſo wahr Jch redlich gebohren / ſol meine Hand nicht ruhen / Sie fechte dañ uͤm dieſe Miſſetaht: und verſéhet Euch nur nichts anders / zu mier / als zu einem Feinde / der Jch dann auch ſeyn / und bleiben wil / ſo lange ich heiſſe

N. N.

96. Er bittet uͤm Verzeihung / wégen ei - nes Misverſtandes / oder auch be - gangenen Fehlers.

P. P. Man hat mier ſicherlich zu - bracht / wie daß der Herr / meine mit dieſem / oder an einem ſolchen Ohrte und Stelle ge - habte Schertzréden in ungleichem Verſtan - de aufgenommen: Jch bitte zu glauben / daß ſolche Meinung von keinem / als meinen Feinden / zu ſeinem Nachteile kan ausge - légt werden: und / zu Vermeidung alles Un - gemachs / ſtelle den Herrn Jch ſelbſt zum Richter; in betrachtung der / gegen ihme ge - habten Verſicherungen / die mich zu viel an -dern71Abbirt - und Verſoͤhnungs Schreiben. dern als ſolchen Gedanken verbuͤnden und fuͤhren. Dieſe / bisanher gehabte falſche Meinung / bitte Jch numehr fahren zu laſ - ſen / wofern Er nicht aufſaͤtzig iſt dieſem / der da wahrhafftig iſt /

Sein getreuſter.

97. Jt.

Tit. Wann es mit Wahrheit ein - ſtimmig / daß die innerliche Meinung / die Beleidigung urſachet / ſo bin Jch von der / welche Er mir zumißt / loß und lédig gezelt / als der Jch niemals einigen Willen noch Vorſatz / viel weniger einige Gedanken ge - habt / den Herrn zubeleidigen / oder zubetruͤ - ben. Jch gébe dem Herrn diß zu einer un - fehlbaren und ſtandhaften Verſicherung; ja / wann es Jhme angenehm / ſo wil Jch ſolches hinfuͤhro mit meinen bereiteſten dien - ſten bezeugen / als der Jch bin

Des Herrn mehr als williger.

98. Jt.

H óchgeehrter Herr /

Demſelben habe Jch das Bekuͤmmer - nuͤs meines / gegen Jhme begangenen Feh - lers / unterdienſtlich vorzutragen; nében in - nerlicher Bereuung / daß ſolches von mier beſchéhen / dadurch deſto eher Genade und Verzeihung zu erlangen; mit welcher michzueh -72Entſchuldigung / der nicht gehaltenen Zuſage. zuehren / Jch fléhentlich bitte / auf daß Jch mit mehrer Urſache ſeyn moͤge

Meines hóchgeehrten Herrn ſchuldwilligſter.

99. Endſchuldigung Schreiben / waruͤm man das Verſproche - ne nicht halten koͤnnen.

P. P. Wofern genugſame und er - hebliche Entſchuldigungen / eines Verſpre - chen und Zuſagen / auf hében; ſo bin Jch in der / ihme bewuſten Sache / (worinnen Jch zwar alles / was mich darzu noͤthig und dienlich beduͤnket / willig / doch uͤmbſonſt und vergébens angewendet) durch Anziehung meines Unvermoͤgens / als ſatſame Ent - ſchuldigung von meiner Zuſage / nicht un - billich loßgezéhlet. Der geneigte Wille a - ber ſolches zuverrichten / bleibet mier nichts wenigers / welchen ich auch fortwuͤrig in ſei - nem richtigen Beſtande / einen Weg als den andern erhalten und naͤhren wil / uͤm eheſt ei - ne ander und baͤſſere Gelégenheit zuergrei - fen / da Er und Jch mehr gluͤkſéliger ſeyn werden: Er zwar meine angelégte Muͤh und Dienſte mit Nutzbarkeit zu empfinden; Jch aber Jhme ſolche zuerteilen / als

Sein getreuer Freund und Diener.

100. 73Wegen nicht gehaltener Zuſage / entſchuldig:

100.

Tit. Dieſes mein Schreiben / wird dem Herrn meine Entſchuldigung un - ter Augen ſtellen / weil Jch nicht meine Zu - ſage / in der beſtimten Zeit / gehalten / und zur Wirkligkeit bracht: Er weis / daß das wol - len / und der Vorſatz von den Menſchen ge - ſchéhen; dero Volbringen aber an dem Ge - luͤkke gelégen: Jch wil der Wahrheit naͤher zutreten / ſagen / daß die gluͤkliche Fortgaͤnge der Sachen und Vorhaben / einig und allei - ne an des Hoͤchſten Willen / den wier / als ſeine Kreaturen / anbéthen / hangen; welcher nicht zugelaſſen und vergoͤnnet / daß meine Gebehte zu ihrem Fortgange ſchreiten ſol - ten / derer Bereuung mier einiglich in meiner Sele verbleiben wird / nében dem Verlan - gen zulében und ſterben

Sein Diener.

101. Die Verachtung des Soldaten Wéſens / fuͤr das Hó - felében: An einen fuͤrnehmen Hófmann.

GEehrter Herr /

Wiewohl Jch mich / noch zur Zeit / uͤber kein widerwertiges Geluͤkke ſo groß zu beſchwehren weis; dennoch die Wahr -D dheit74Verachtung des Soldaten Lebens. heit zu ſagen / treibt mich die Ungebuͤhr / mit welcher die gantze Welt unſeren Soldaten Stand bezuͤchtiget / davon ab / dz ich viel lie - ber die Muͤhſéligkeit des Hófes / als die gluͤkſéligkeit dieſer allgemeinen verachtung / dafuͤr haben wil. Jch wil lieber den Kopff voller Muͤh und Arbeit mit gutten / als alle Haͤnde voller Geld uñ Gutt mit boͤſen Ge - wiſſen haben. Deſſen hin ich auch abſonder - lich hieruͤm ſatt / weil allezeit mehr ungerech - tigkeit als Gerechtigkeit dabey erwaͤchſt; alſo / daß man das letzte kaum davor ſéhen kan. Allezeit habe ich noch gehoft / mein lieb - ſter Gott ſolle mich von dieſer gar zu boͤſen Unruh / in eine etwas gelindere bringen; wuͤndſche auch noch / daß / ob ich die Wenig - keit meiner jahre alſo unruhig zubringen und zuſaͤtzen muͤſte / es vielmehr bey Hófe / als im Kriege geſchéhen moͤchte. Bitte hier auf nochmals meinen Befoͤderer / erſtlich uͤm vergébung / daß ich ihme ſo viel Muͤhe und Widerwart mit meinem Schreiben erſchaf - fe: nachmals / daß Er doch meiner im beſten zugedenken / nicht vergeſſen wolte: dann es itzo gleichzeit / worinnen Jch am fuͤglichſten meiner Verſprechung abkommen / und alſo - dann eintreten koͤnne in die Dienſte / worin - nen ich ſeinem und meinem genaͤdigen Fuͤrſtẽ treue / Jhme aber angenehme Willigkeit er - weiſen moͤchte; alzeit verbleibende /

Meines geehrten Herrn Gefliſſener.

102. 75Wegen neuer Kriegsbeſtallung / Gluͤtwuͤndſ.

102. Gluͤkwuͤndſchung / wégen der neuen Krieges Beſtallung: An einen Grafen.

Hóchwohlgebohrner Graf / Genaͤdiger Herr Graf.

GLeich wie die Farbe dem Mahler / und der Mahler der Farbe ein Lób erwir - bet; alſo wollen Jhre Gn. dem Kriege / und der Krieg Jhr. Gn. einen Ruhm erwerben: Und es iſt zumahl ruͤhmlich / wo Tugend / durch Tugend verbaͤſſert wird: deñ / indehm Jch alle meine Vollkommenheit / der Faul - heit uͤbergében / mag Jch dieſelbe weder er - friſchen / noch verbaͤſſern: Alſo wollen Jhre Gn. ihr beſitzendes Habe nicht ſchwaͤchen; doch aber auch nicht ihr eigen Lób ſuchen; ſondern nur das Seinige ermuntern / und des Feldfuͤrſtens vermehren helfen. Hieruͤm nun / wuͤndſche Jch darzu / was zu wuͤnd - ſchen; und wolte gerne / daß mich meine itzi - ge Gelégenheit erlieſſe / ſo fuͤhrte Jch mein Blut und Hertz / zu ſeiner Gn. Dienſten: er - gébe mich alſodann / als ein Mittel / wo - durch entweder Jhr. Gn. zuretten / oder in ſeiner Sterbligkeit (wo doch der ſtarcke Himmel vor ſeyn wolle) zubegleiten wehre; Denn ohne meinen genaͤdigen Herrn / Jch weder ſeyn / noch lében moͤchte: nochmals verbleibende

Seiner Gn. beſtaͤndiger Diener.

D d ij103.76Von der Werbung / an einen Hauptmann.

103. Von der Werbung / an einen Hauptmann.

EDler / Manfeſter /

Jch bin numehr / zu unſerer beider wohl - fahrt / biß in die vierde Woche / nach neuen Kriegern / uͤmgezogen; und finde ihrer zwar genug / die der Aufgábe begierig; aber des Mitzuges verdrůslich ſeyn. Geld iſt uͤberall angenehm; aber / wo Jch ſo unvorſichtig mit handeln wolte / moͤchte Jch mier nur da - durch Schehnen ſamlen / die nach empfan - genem Gelde / ihre Ehre den Fuͤſſen befeh - len / und mier den Ruͤkken / und léren Beu - tel zubeſchauen / hinterlieſſen.

Mein Bruder weis ſelbſt baͤſſer / wie es itzo mit unſerer Werbung beſchaffen: ſol ich alte entkommene Knechte aufréden / ſo fo - dert Sie / ohne Entgeld / ſein erſter Beſi - tzer / in unſer naͤchſten Zuſammenkunft wie - der. Jhrer ſechs liefere Jch / nében dieſem Briefe; Welche / weil Sie von gutem Ge - ſchichte / und bloß aus tragender Luſt zu mier getreten / ſich feſte halten werden / alſo / daß ihre ſelbſt eigene Ehre / welche Sie lieben / darbey erwachſen wird. Mein Bruder er - innere auch unſeren Herrn Obr. (neben die - ſer Zulage an Jhn) muͤndlich / damit Jch / ſo wol ſchriftlich / als auf ſeine woͤrtliche zu -ſage77uͤmb Erlaſſung an ſeinen Obriſten. ſage / moͤchte erlaubet ſeyn; denn Jch meiner Jugend Gluͤk denen Fuͤrſten vollends geló - bet habe: So werde Jch dier / wie vor die - ſem / zu dienen verpflicht / alſo auch noch / aus vertreulicher Freundſchaft / angenehm zu ſeyn / begierlich erſcheinen / als

Dein Bruder.

104. uͤm Erlaſſung / an ſeinen Obriſten.

Wohl Edelgebohrner Hóchgelóbter Kavalier /

Seit Jch meinen vielgeehrten Herrn Obriſten verlaſſen / habe Jch mich deſſen wieder erinnert / was Er mier ſo oft muͤnd - lich verſprochen. Jn Wahrheit aber muß Jch gedenken / daß Jch mich ohne dieſes Regiment ungerne wiſſen mag; iedennoch gebuͤhret mier mehr zu folgen dem / der unſer Land das Seine / und mich ſeinen Unter - tahnen nennet; erachtende / daß mich GOtt und Geſetze darzu anhalten / ſolcher Pflich - ten nicht zuvergeſſen. Es weis mein Herr Obriſter zum beſten / wie ungerne Jch meine Geſellen / abſonderlich aber die Genuͤſſung ſeines Krieges-Unterrichts / entuͤbrige: wil mier aber hoffendlich einbilden / daß mier das Geluͤkke ſo wohl noch tuhn wird / eines - mahls Sie ſaͤmtlich wieder zuſprechen / undD d iijbey78uͤm Erlaſſung / an ſeinen Obriſten. bey meinem groſſen Befoͤrderer einen ſchul - digen Handkuß abzulégen; wormit Jch dann hier gebehten haben wil / mich mit einer ſchriftlichen Erlaubnuͤs zubeſchenken / damit Jch ſolches einsmals / zu Sicherheit meiner Fortkommung / und Beweiſes meiner ehrli - chen Schuldigkeit und Pflicht / gebrauchen koͤnne. Solches / wie es mier der Herr O - briſte ſchon muͤndlich erteilet / wil Jch itzo ſchriftlich erhoffen: verbleibende zu getreuer Dienſtwilligkeit

Des Herrn Obr. beſtaͤndiger Diener.

105. Ermahnung / Feindes Dienſte zu - verlaſſen: an einen gutten Freund.

LJebſter Freund /

Wiewohl Uns das unterſchiedliche Hér - kommen / auch doppeltes Vermoͤgen nicht ſo genau verknuͤpft haben wil / als ſonſt natuͤr - liche Bruͤder ſeyn koͤnnen; dennoch iſt unſe - re Freundſchaft ſo kraͤftig gewéſen / daß Sie Uns faſt darzu gemacht hat: Nun jammert mich nur / daß Uns / unſere unterſchiedene Dienſte trennen ſollen: und zwar (mein Freund vergébe mier daß ich réde) / ſo ſéhe ich nicht ſo viel Urſache / als Luſt an dier zum dienen: Denn Jch weiß wohl / daß du den algemeinen Friede mehr / als dein Lében lie -beſt /79Abmahnung von Feindes Dienſten. beſt / wann du nur nicht beſchwatzet wehreſt / der baͤſſere Titul zum Kriege / ſey bey Euch. Liebe doch die Fußſtapffen deiner Vorfah - ren / die loͤblich ihres Keyſers Diener geblie - ben ſeyn: oder / lége doch mit mier zugleich die Waffen nieder / und begieb dich in die ru - higen Feldzuͤge deines Eigentuhms. Es ſcheinet gleich / als wie du deinen Nahmen / dein Lében / und dein Guit noch druͤm gében wolteſt / nur damit du Gott und deiner hoͤch - ſten Obrigkeit zuwider lében moͤchteſt: Be - denke / was deine arme Bezahlung ſeyn wird / ſo du ſtandhaftig deines itzigen Herrn Diener bleiben wirſt; Denn Er ſelbſt ſol noch erwerben / die belohnung ſeines ſchweiſ - ſes; wie langſam ſolte es denn an dich ge - langen! Komme doch wieder / meine Se - le / und erfreue deinen verlaſſenen Leib: dei - ne Erde wird ſich deſſen freuen; und unſer Keyſer wird dier Ruhe ſchaffen: So wer - de Jch dann deſto froͤhlicher deinem Gebie - ter / und dier dienen; und alſo mit baͤſſerem Gewiſſen ſeyn und bleiben koͤnnen

Dein Treuer Br.

106. Es wird ein gutter Freund gewar - net / weil Er bey Hófe ſehr uͤbel angegoſſen worden / und aufgehoben werden ſol / daß Er ſich alsbald aus dem Staube machen ſolle.

D d iiijMein80Warnung Schreiben / vor Haft.
MEin Freund /

Jch weis nicht von der Wahrheit / wormit du beſchuldiget wirſt: aber einmahl iſt es gewies / daß man es dier wahrhaftig zutrauet / was das gemeine Geſchrey aus - breitet: Unſer Groſſer daruͤm erzuͤrnet / wil Morgen befehlen / dich zugreifen / und feſt zumachen: Alſo warte du nicht der jenigen / die dich ſuchen; denn du wirſt dich nicht ger - ne finden laſſen; und traue nur dieſen Wor - ten

Deines treuen Freundes.

107. Der / aus getreuer Warnung / und fuͤr Furcht der ůbereilung / Entwichene / ent - ſchuldiget ſeine Unſchuld gegen dem Fuͤrſten.

Durchleuchter / Hôchge - bohrner Fuͤrſt /

OB wohl Jhr. Fuͤrſtl. Durchl. mich / aus dero Fuͤrſtenthume / und meinem Hauſe zuweichen / gemacht haben; bitte Jch dennoch / daß es deroſelben / und denen ſaͤmtlichen Fuͤrſtlichen Jhrigen / alzeit wohl und ſélig ergehen muͤſſe. Und mag Jh - rer Fuͤrſtl. Durchl. Jch / zu meiner hoͤchſten Nohtdurft / nicht bergen / wie daß Jch vor GOtt / und der gantzen Welt zu unrechtebe -81Des Fluͤchtigen Entſchuldigung. beſchuldiget worden bin; denn es ja Son - nenklar bezeuget / ꝛc. Dieſes alles nun / werden Jhre Fuͤrſtliche Durchl. mit meh - rem erkennen / und / ſeiner Fuͤrſtl. Gn. nach / mich ſo ploͤtzlich nicht toͤdten; ſondern / nicht alleine verſchonend / mit ſeiner Fuͤrſtlichen langen Hand / an dem uͤbelen Anguͤßer / des Schimpfes wegen / raͤchen. Solches alles verbitte Jch / und die Meinen / mit Andacht bey dem Himmel / vor Dero langes Lében / und gluͤkliche Regierung / ſo lange wier Ah - tem ſchoͤpfen koͤnnen; und verbleiben alzeit unterſchiedlich

Jhrer Fuͤrſtl. Durchl. Zugetahne / und dienſter - gébene Knechte.

108. Ein vertrautes Warnung Schrei - ben; zu fernerer Freundſchafts Pflégung.

P. P. Jhr werdet euch zu erin - nern wiſſen / derer mannigfaltigen Verſi - cherungen / ſo Jch Euch / Freundſchaft zuer - weiſen / abgeleget: und deſſen ſéhet Jhr hier eine Probe / welche von der / Euch in der N. Sache gébenden Warnung herfleußt; ſo Jhr dann mit gleichmaͤßiger Vorſichtig - keit / als Jhr ſonſt in dergleichen Verrich - tungen zutuhn gewohnt / aͤndern werdet: Jch bin wohl vergnuͤget / mich ein wenig vonD d vdem /82Ein Verweis Schreiben wegen beleidigung. dem / ſo ich euch zutuhn und zuerweiſen ſchul - dig / losgewirkt zu haben / als

E. Freundwilliger.

109. Er beklaget ſich / uͤber die / Jhme an - getahne Beleidigung / in maͤßi - ger Abſtrafung.

MEin Freund /

Euere eigen ausgeſtoßene Worte / beleidigen Euch ſelbſt hóch; und deroſelben wirkliches volbringen noch hoͤher: Jch tra - ge billiches Mitleiden mit allen beiden: ei - nes giebet euch zu erkennen als einen Wan - kelmuͤhtigen; das andere als einen vermeſ - ſenen Menſchen: Jch ſtehe im Glauben / ſolches zubereuen / ihr keine Ohren haben werdet: aber / der eine ůbelthat begangen / wird nicht / es ſey denn daß er wahre Reu und Leid daruͤber traͤgt / losgeſprochen / und davon entbunden; ſo iſt auch noͤhtig / daß Er daruͤber wahrhafte Buße wirke. Jch neh - me ſolches nicht vor Schimpf und Schertz auf und an / wenn man mich gar zu ſehre an meiner Ehre / und wohlhergebrachtem Nah - men angreift und zwakt: Wann Jhr hier - an zweifelt / ſo ſéhet alhier meinen Nah - men / welcher meine Worte beſtaͤrken wird

Der / ꝛc.

110.83Klage / uͤber die Herſchafft.

110. Er beklaget ſich uͤber ſeinen Herrn.

P. P. Nachdehm Jch viel gedul - dig / und zwar ohne alle Hofnung einiges Abhelfens / erlitten; ſo werden dannenhero letzlich die beduldigſten Gemuͤhier geſchwaͤ - chet. Jch réde aus ſatſamen Urſachen; weil durch die Erfahrung Jch deſſen ein unver - werflicher Zeuge: Deñ ich werde ſagen / dz alle die Ungelégenheiten / welche einem / mit meinem Zuſtande begabtem Menſchen / zu - erdulden moͤglich / mier alzeit vor Augen; und wie daß Jch auch keinen andern Troſt in meinem Ungeluͤkke habe / als den Glau - ben / daß Jch nimmermehr arbeitſ[e]liger ſeyn kan. Uhrteilet / in was Stand Jch mich itzo befinde / Jch kan es ſelber nicht erzehlen; Jhr aber koͤnnet es wohl erwégen / und Euch denſelben einbilden / werdet ihr anders die Erbarmnuͤs in eurer Sele empfinden / denn die iſt eine Nachfolgung / ſo von euerer gutten Natur entſpringet / und alſo euch ſelbſt / von euch ſelbſt / verpflichtet / mier wie - der alles guttes zutuhn / welches Jch auch verhoffe; nében dem Verlangen / nicht un - dankbar zulében / ſondern wohl

E. D.

Ddvj111.84Mitleid; an eines Amtentſaͤtzten.

111. Mitleidtragend Schrei - ben / an einen gutten Freund / der von ſeinem Amte ver - ſtoſſen worden.

MEin Freund /

Die / zu euch / vom erſten Tage an meines Lebens getragene Freundſchaft / ver - anlaſſet mich / eueren zugeſtandenen Unfall / bis aufs Lébendige zuempfinden; und zwar / daß wie Jch ſchuldig / ſolches zubeklagen / ſo erteile Jch auch dieſe meine Pflicht / ench mein mitempfundenes Misfallen zuerken - nen zugében / welches mier ében aus den Ur - ſachen zu Hertzen gehet. Wann Euch zu troͤſten Jch mich gleich unterfinge / wirde es doch alzulangſam ſeyn / weil Jhr in allen eueren Volfuͤhr - und Handlungen kuͤhn; Dieſe Werkzeuge auch ſo ſchwach / daß ſie die Kraͤfte eneres Geiſtes und Gemuͤhtes nicht leichtlich aͤndern koͤnnen. Denn / wann euere Tugenden euch zu ſolcher Hoheit er - hoben / ſo werden euch ében dieſelben noch darinnen in voller Bluͤhte erhalten: Und ob es wohl an dehme / daß Jhr deroſelben nur ein teil beſitzet / ſo verlieret ihr doch hier - an mehr nicht / als die bloſſe Nuͤtznug / auf ſolche Maß / daß / wann Jhr die Stráfe /eue -85Eines / in ungenaden verſtoſſenen / Zuneigung. euere Ehre und Wuͤrde kwittiret / ſo wer - det ihr doch im wenigſten von ſelbiger ab - ſteigen / ſondern vielmehr in euern erſten Wuͤrden verbleiben. Dieſer Grund nun ſol und wird euch troͤſten: in dieſer wahr - hafter Beglaubung / werdet Jhr mier zuge - fallen genug tuhn / daß Jch bin / und Zeit meines Lebens ſeyn werde /

Euer N.

112. Ein hóchbewêglich / zuneigendes Schreiben / an ſeinen Herren / der Jhn / in Vngenaden / doch ohne Urſachen / von ſich verſtoſſen.

GEnaͤdiger Herr /

Wiewohl / nach ſo viel und mannigfal - tig empfangenen Genaden / Jch numehr das ſchmertzliche Ungluͤk / dero Geſichte mich zu euſern / und zubegében / erdulden / und nohtdringlich ausſtehen mus; ſo ſol doch ſtetswuͤrig mein Wille / zu deroſelben ge - richtet ſeyn; und ſolte Jch gleich dero Ver - gnuͤgung mit dem betrauerlichen Verluſt meines Lébens fortſaͤtzen: Jch werde mich auch ſelbſt ſtráfen und ſchelten / daß Jch / wiewol unwiſſende der Urſache / mit Hin - dauſetz - oder Verwerfung alles deß / wo - ruͤber Jch mich zubeklagen gehabt / einen Fehler begangen: Denn Jch bin / und findeD d vijmich86Eines / in Vngenaden verſtoßenen / zuneigung /mich zuerhaltung ihrer Ehre dermaßen eif - rig / daß / ungeacht es nicht / doch viel lieber Jch ſchuldig ſeyn / und geſcholten werden / als Sie ungerecht halten wil: ſo groß / Ge - naͤdiger Herr / iſt meine Zuneigung / die gleichſam von Dero hohen Tugenden ernaͤh - ret und geſpeiſet / Jch auch / bis an den kuͤh - len Tod / erhalten und anlenden werde. Wohlan / wann E. Gn. beliebet / durch Ge - horſam mich zum Anfange eines gluͤkſéligen Standes zuerhében / ſo wehre Jch deswé - gen Dero genaͤdigen Guͤttigkeit ſchuldiger; und wie Sie mich nun in meinen erſten Stand wieder uͤmgeſaͤtzt / ſo geſchiehet ſol - ches / hierdurch Jhre habende Macht und Gewalt zuerkennen: Dieſe Erkennung aber war nicht noͤhtig / weil Jch daran nie ge - zweifelt; uñ iſt nichts wenigers der Verluſt meines Gluͤkkes / ſo in mier viel Jahre hér genaͤdig auferbauet / anitzo aber in einem Au - genblik wieder eingeriſſen / vieleicht der Mei - nung daß dieſes ein alzuvolkommenes Werk wehre / aus dero Haͤnden zu gehen. Jch be - guͤttige mich an allen dieſen mier erwieſenen Ungenaden; werde auch die Urſachen deſſen allezeit hóch und teuer ſchaͤtzen / und mich da - rob nimmermehr beklagen; Jch wolte mich deñ zugleich ſelbſt anklagen / weil es von E. Gn. herlauft / und nicht anders als wuͤr - diglich erlitten werden mus. Alles dieſes / ſo Jch am meiſten betraure / iſt / daß / nach - dehm Jch ſo lange Zeit / unter der Ehre E. G.87im Perfertiſchen Buchladen zu finden. G. Dienſte / meinen Lébenslauf gefuͤhret / mich der guͤttige Gott / ohne den Tod abge - fodert zuwerden / davon entſaͤtzet: Denn / worzu wird mier ferner zu leben / nuͤtzen und dienlich ſeyn? Jch werde auch die Tage deſ - ſelben nicht zehlen; nachdehm und weil E. G. Jch nicht mehr Gehorſam leiſten kan: und ſchaͤtze Jch mich von nun an und fuͤrohin auf der Welt zu ſchwében / als der E. Gn. Jch nicht mehr angenehme Dienſte zubezei - gen fehig / unnutzbar: Jch werde auch mei - ne Begierde mit dem Grábe uͤmgraͤntzen / denn deſſen einig zugenuͤßen / numehr meine groͤſte Beunruhigung. Jndehm Jch nun mein Ungluͤk / in Verleihung dero Gnad / wohl behertzige / ſo kraͤnket und bekuͤmmert mich das einige Andenken dermaßen / daß folches deſto ſchmertzlicher und hertzgruͤndli - cher zufuͤhlen / auch alle Arten der Pein und Marter ſelbſt / mitleidentlich ſich verſpuͤh - ren laſſen / weil ſie verachten / mich noch meh - rers zu kwaͤhlen / und zubelaͤſtigen: auch iſt dieſes ein treflicher Verluſt / ja ein Verluſt / deſſen Gewien mier ſo lieb und angenehm war / daß alle unerſchaͤtzliche Reichtuͤhmer der Welt / meines Ermeſſens / vor nichts dargegen zuachten. Zu Goͤttlicher Obhand befohlen! Genaͤdiger Herr / E. G. gében ſich zufrieden; und / werde Jch vieleicht durch Erbarmnuͤs wuͤrdiger geachtet wer - den / in Dero Gedaͤchtnuͤs zukom̃en / ſo wird einig und alleine dieſe Gunſt / mein Elendmin -88Abmahnung von uͤbernaͤchtiger Schwelg. mindern / und beſaͤnftigen; weil dis Anden - ken / mit meinen alzeit gehorſamen Dienſten / unzertrenlich ſeyn wird / und die Jch auch alzeit zuvermehren / in Erwartung E. Gn. mier laſſen angelégen ſeyn; die Jch zwar als ein Ungluͤkſeliger / nicht verhoffen / oder / als ein Schuldiger begehren kan; aber wohl / als

E. Gn. N.

113. Ein Abmahnung Schreiben / von der uͤbernaͤchtigen Schwelgerey / an ſeinen Handels Diener / den Chriſt. G.

MJch beſtuͤrtzet / und macht wa - chende; Andere tauert / daß Jhr / zu - mahl mit ſtets unbegruͤßtem naͤchtlichẽ Auſ - ſenbleiben / Euch / an ungleiche Bacchus und Tabak Bruͤder / zuſehr haͤngen / und die ſchoͤne Bluͤhte / eueres Lébens / in der un - wiederbringlichen Fruͤhlingszeit / muhtwillig erſtoͤkken wollet. Wie ſich einer haͤlt in der Jugend / ſo gehet es Jhme im Alter: hat man im Fruͤhlinge nichtigen Sámen ausge - ſtreuet / ſo iſt es unmoͤglich / zur Herbſtzeit gutte Fruͤchte einzuerndten / oder dieſer auf den rauen Winter zugenuͤſſen. Jhr wiſſet / was vor Schaden aus dergleichẽ Schwel - gereyen der Selen; dem Leibe; der Ehre;gut -89Mitteidtragend ſchreiben / an einen Kranken. guttem Nahmen; Háb und Guͤttern / zu - entſtehen pfléget: und daß alle gutte Raht - ſchlaͤge dadurch verhindert; der Verſtand verterbet; in einem / das boͤſe dem gutten; das Zeitliche dem Ewigen / vorgeſaͤtzt wer - de.

Beſcheidet Euch derohalben hierinnen ſelbſt / zu einem eingezogenern / maͤßigern Wandel / uͤm euerer ſelbſteigenẽ Wohlfahrt willen; und gébet gehoͤrige Folge und Ehre Dem / der mit treuer Vorſorge iſt /

Euer Herr / S. B. Breßl. den 8. Febr. 1647.

114. Mitleidtragend Schreiben / an ei - nen Kranken.

P. P. Dieſes mein Schreiben / wird den Herrn meinetwégen heimſuchen / und zugleich des Schmertzens / welchen Jch wégen ſeiner Leibesbeſchwérung und widri - gen Geſundheit ausſtehe / verſichern: Hette zwar nichts liebers ſéhen und wuͤndſchen moͤgen / als der Bohte ſelbſt zuſeyn; aber die Nohtwendigkeit meines alhierſeyns / wird mier ſeinem Belieben zu einer Endſchuldi - gung dienen; nicht zwar einer erheblichen / wofern Er mich anders nochmals bey ſichzu -90Mirteidend Schreiben / an einen Kranken. zuhaben eine Nohtdurft ermiſſet: denn Er wohl weis / daß ſeine Anbefehlnuͤße / in mei - nem Gehorſam nim̃ermehr einige Ausflucht finden / oder antreffen / weil Jch bin

Des H. getreuer / unter allen ſeinen Dienern.

115. Jt.

P. P. Seidhér die traurige Zei - tung / Seiner Krankheit und Leibesbeſchwe - rung Jch erfahren / iſt mier unmoͤglich ge - weſt / mich vor geſund zuachten: bitte Jhn dannenhero / ſeine Huͤlfmittel / die Er / vorige Geſundheit hinwieder voͤllig zuerlangen / hat / den meinigen beyzufuͤgen; weil ſeine Baͤßerung mein Troſt und Erkwikkung:

Dieſe Bitte iſt von des Herrn Diener.

116. Ein Troſtſchreiben / in gefaͤhrlicher Zeit / an einen Bekuͤmmerten.

Tit. Es iſt zwar ſo / daß Uns itzo die Noht gar zu Hauſe koͤmt / indehm weder Friede / Geſundheit / noch Gnuͤge verhan - den: Dennoch aber lieget das Eiſen im Feuer / und ſtehet bey unſerem Hoͤchſten / ob Er hier aus einen Spies des Verterbens / oder eine nuͤtzliche Pflúgſchár machen wer - de. Laßt Uns doch nicht ſo bald verzagen indem91Troſt an einen / ſchwehrer zeit halben / bekuͤm̃. dem Auf hében unſerer wohlverdienten Rut - te / und bittet uͤm Gedult / mitten im Schla - gen: es wird Jhn ſein Zorn gereuen / wo wier nur die Urſachen abſchaffen; und wird die Rutte verbreñen. Vertrauet doch noch / wie vor dieſem unſere Vaͤter Gott vertrau - eten; ſonſt trétet Jhr auf das erſte Geboht; und Er iſt alsdann auch nicht ſchuldig / Euch zu weiſen / daß Er heifen kan.

Wehn hat Er iemals verlaſſen / der auf Jhn gehoffet? Daruͤm zweifele Jch nicht / Er iſt der Ewige Wohltaͤhter; ſeiner Kin - der Vater und Artzt: Er wil und wird Uns gutt / fuͤr das Boͤſe ſeyn / wo wier Uns nur nicht auf Menſchen verlaſſen / und von dero Geſchrey boͤben und zagen: Denn / Jch bin gewies ſeiner Worte / und auſer Zweifel / Er werde euer Bekuͤmmernuͤs nicht alleine laſſen: und gleich wie Er euch einen Troſt wird zuſchikken; alſo wird er mich bey mei - nem Vertrauen erhalteu / damit Jch alzeit ſeyn und bleiben kan / der

Eurige. N. N.

117. Ein ausfuͤhrlich / und hertz - bewégliches Klag Schreiben / uͤber das vielfaͤltige Elende des Men - ſchen / in dieſer Welt.

Mein92Anfuͤhrung des Elendes dieſer Welt.
MEin Freund /

Wann Jch bey mier ſelbſt / den unſé - ligen und élenden Zuſtand / aller Menſchen / in reife Erwégung ziehe / ſo verzéhret und verwirret ſich mein Geiſt in dem Jrgange dieſer meiner Gedanken dermaßen / daß mit ſonderbahrer Muͤhe / Jch kaum den Aus - gang erfinden kan: Denn / wann Jch die Natur der Eigenſchaft oder Wirkungen zubetrachten innenſtehe / ſo verfinſtern dieſe drey Einwuͤrfe dermaßen die Augen meines Verſtandes / und meiner Kraͤfte / daß alles was mier zuerkennen moͤglich / indehm Jch nehmlich nimmermehr der unzehlich / ihnen begierlich nachfolgenden und unvermeidli - chen Ungluͤkſéligkeiten / ſchreiten kan / nicht erkennen mag; und biete Jch auch denen allerſinreicheſten Einbildungen der allervor - treflichſten Geiſt - und Gemuͤhter Trotz / die Wahrheit / ſo darinnen beſtehet / ſatſam zu - faſſen. Jch wil / daß man bis zu dieſes Kwaͤlles Uhrſprung ſchreite / und den Men - ſchen in ſeiner Wiegen wohl behertzige / da wird man ihn ſéhen / ohne alle Geſtalt / un - verſtaͤndig / gleichſam als aller tugendrei - chen Kuͤnſte und fuͤrtreflichen Sele gantz be - raubet; ja auch mit einer ſolchen Schwach - heit und Bloͤdigkeit behaftet / daß Er zu nichts / als nur zu weinen; und ſich / daß wie ſeine Angſt und Noht mit ihme zugleich indie93Des Menſchen Elende in dieſer Welt. die Welt kommen / alſo zum Alter aufwach - ſend in ſolcher Art und Weiſe mit ihm ver - groͤßert werden / zubeklagen geſchikt.

Kaum hat Er ſeine Muttermilch verlaſ - ſen / da Er anfaͤhet zuwandeln und zu gehen / oder vielmehr zufallen: Denn ſeine waklich - te und ſtrauchlende Schritte dreuen ihm / durch eine fortwuͤrige Erfahrung / ſtuͤndlich ſeinen Fall an. Weis Er nun zugehen / und ſeiner Fuͤße ſich zugebrauchen / ſo iſt ihme un - wiſſende / wohin; oder / da Er gehet / geſchie - het es in Begleitung zur andern Zeit ſeiner Kindheit; wil man Jhme nun eine rechte Form und Wiſſenſchaft einguͤßen; ſo wer - den mit deſſen Eindruͤkkung / ſo viel Zeiten und Muͤhe / von dénen / ſo es tuhn oblieget / angewendet / daß es faſt ungleublich. Hat Er nun etwas von den weltlichen Kuͤnſten und Wiſſenſchaften erlernet / und wo dieſe wiſſenſchaft wahrhaftig / ſo wird ſie ihn leh - ren; und wann Er zugleich weis / ſo weis Er ſie doch nicht / und alles / was Sie nicht verſtehet / und ihr unbewuſt / kan nimmer - mehr / wann Er gleich ſo viel Lében / als Menſchen auf der Welt / hette / gelernet werden. Und dis iſt noch nicht alles; Kaum hat Er ſich von der Gefahr ſeiner Kindheit losgewirket / ſo faͤllet Er in eine andere ſei - ner Jugend. Und dieſes iſt ſowohl zubewei - ſen / daß in dieſem Alter voller Feuer / es ſich gaͤntzlich verzehret: geſaͤtzt / daß es vermie -den94Betrachtung des Menſchlichen Elendes. den wird / iſts doch nur eine zeitlang / denn / auf welche Seiten zugehen Er ſich lenket / betrit Er doch den Weg zum Tode; da Jhme beymehlichen das graue Alter nicht ohne die verdruͤsliche Enge / alles menſchli - chen Elendes / welches auch den allerhertz - haftigſten eine Furcht einjaget / durch zu - paſſiren / nachfolget: aber das iſt noch das wenigſte. Laſſet Uns den Pfening uͤmwen - den / den Leib dieſes Schattens in Zerreiſ - ſung dieſer Gelégenheit / weil dieſes das wahre Bildnuͤs unſerer ſelbſt / baß eigentli - cher zuſchauen / und deſto klaͤrer und deutli - cher mit obiger Urſach und Grund von die - ſem zu rédem nichts wenigers / ſo laͤſſet Uns / in Betrachtung / wie vielerley Ungeluͤkke wier auf dieſer Welt unterworfen / und daß dieſe Rechnung mit Zahlen auszuſaͤtzen / unnuͤtzlich angewendet / andeuten. Und wañ die Exempel / Uns ſolche vorzuſtellen / vergê - bens / und alſo unſere Unvermoͤgen eintzig und alleine / etlicher maßen ſolches zu ent - dekken / beredt und geſchikt ſeyn kan; ſo iſt / welches die Bekuͤmmerten und angefochte - nen Perſchonen in dieſem troͤſtet / dieſes die Wiſſenſchaft / daß alle Menſchen gleiche Bruͤder / eines Loſes / und alle ſolchem Un - geluͤkke unterworfen: und mag ſich allein der ausſchluͤßen / welcher das Tageliecht noch me geſéhen; oder der in ſeiner zarten Kindheit zu Grábe geleitet worden. Jchwol -95im Perfertiſchen Buchladen zu finden. wolte / daß der allervergnuͤgteſte Menſch / ſo anitzo auf dieſer Welt lébet / auf einem Schauplatz / mich luͤgen zuſtráfen erſcheinen ſolte / und zwar dieſe Urſachen im Munde fuͤhren / daß Er nicht wiſte / was Ungluͤk o - der Elend wehre; und daß in ſolcher ſeiner honigſuͤßen Unwiſſenheit / nicht alleine die Fruͤhlingszeit / ſondern auch den Sommer / und ein Teil von dem Herbſt ſeines Alters Er durchpaſſiren ſolte. Es gehet zwar alles wohl bis hieher; aber ohne Schluß: denn / was verfloſſen / kan nicht von dem zukuͤnfti - gen ſchluͤßen: und obwohl dieſes / daß / wañ Jhn gleich das Ungeluͤkke und Elende faſt bey Endung ſeines Lébens angreifet / ie - doch die Zeit / ſolchen Schmertzen zuverleug - nen fehlen / auch der Tod / ſo alwége dem Al - ter nachfolget / deſſen Lauf abkuͤrtzen wirde / gluͤkſélig zuſeyn ſcheinet; ſo iſt doch dieſem zubegegnen / ſpricht die Wahrheit / mit un - verwerflich beſtaͤndigem Grunde / daß in ei - nem eintzigen Tage / unſeres Lébens / man eine Prob der allerſchmertzlichſten Pein / welche iemals eine Sele kwaͤhlen und mar - tern / ablégen und dulden koͤnne. Und was fuͤr ein Gluͤk obiges ſey / ſo kan niemand / als am Ende ſeines Laufs / weil viel und oftmals auch am Port die Schiffe zu druͤmern ge - hen / ſich gluͤkſélig nénnen. Nichts weni - gers wil Jch weiter fuͤrſtreichen und ſa - gen / daß / wann gleich ein Menſch auf derWelt96Des gantzẽ Menſchẽ Zuſtand / wie er beſchaff. Welt in ſolcher Gelégenheit ſich finde / der nicht fortwuͤrig auf ſeinem Lébens Sief durch die anmuhtige Winde ſeiner Wohl - luſt / und Freuden / auf dieſem unſtimmigen Weltmére niemahl Ungewitter erlitten zu - haben / fortgetrieben worden; ſondern auch ohne unterlaß die Suͤſſigkeit des ſtillen Weters / durch den Schatten der Ruhe ſeiner Zufriedenheit genoſſen; ſo iſts an dehme / daß dieſes Lében voller Roſen / zu ſeinem Tode voller ſtachlichter Doͤrner / ſei - nen Anfang machet: Denn die Beraubung aller dieſer wohlluſt und Freude / bringet dem Beſitzer lauteren Unmuht und Schmer - tzen / die man viel ehe erdulden und ausſte - hen / als mit Worten ausſprechen und er - zehlen kan: Dieſes iſt durch die taͤgliche Erfahrung abzunehmen / und durch die un - fehlbarliche gewiſſe Regel / daß ie mehr die Vergnuͤgung vergroͤſſert / deſto mehr auch dero Unmuht und Schmertzen in der Be - raubung ſich anheufet / zu beſtaͤrken: geſtalt - ſam / daß / gleich wie der Gewinn die Em - pfindung der Freuden / alſo auch hernach - mahls der Verluſt / durch ſeine unterſchied - liche Wirkung / und Schmertzen / dieſes her - bringet: Dieſes verpflichtet mich / mein vor - angeſaͤtztes Fuͤrnehmen zubehaupten / daß kein Menſch im Lében / der nicht / wie gluͤk - ſélig Er auch immer ſey / des Ungluͤks Be - cher kredentzet hette: Dieſem werde ich mei -ne97im Perfertiſchen Buchladen zu finden. ne meinung beyſaͤtzẽ / dz nehmlich die ungluͤk - ſéligſten auf dieſer Welt / die Gluͤkſéligſten / daruͤm / weil gemeiniglich auf einen ungeſtuͤ - men Wind / ein ſtilles Weter; auf den Tag die Nacht; der Sonnenſchein auf den Re - gen; und die Freude auf den Unmuht / nach der allgemeinen Regel des Himmels und der Erden / zu folgen pfléget: Der Unter - ſcheid hierinnen beruhet / daß auf der Welt alles gute begrentzet; in der andern und zu - kuͤnftigen aber unendlich und unbegreiflich ſey. Jch wende mich wieder zu dem oban - gezeigeten unſerem zuſtande / uͤm euch deſſen Elend / und hoͤchſtbeſchwerliche Noht / noch mehr / und in reifliches Bedenken zu uͤber - weiſen. Die Zeit brauchet ſich ſolches vor ein Spiel; das Ungluͤk vor ein Ziel; und das ůbel vor eine Liegeſtadt: Die Hofnung betreuget es / der Ehrgeitz ſpottet ihr; alle Laſter ſeyn deſſen Kinder; die Tugend aber deſſen abgeſagte Feinde: Die Wolluſt ver - fuͤhrets; das Fleiſch verſuchets; das Reich - tuhm beſitzts; und letzlich beſtreitets der hoͤl - liſche Geiſt ohne Ermuͤdung biß ans Ende. Séhet nun ſein Ende / und uhrteilet / ob dañ die Hoffahrt uns / in Betrachtung aller die - ſer Maͤngel wohlfuͤget und anſtehet: Jch erſchrckke nicht fuͤr dehm / daß die Doͤh - muht die fuͤrtrefflichſte unter den Tugenden / weil die auf geſchwollene Vermeſſenheit der Haupt grund aller dérer Laſter. Jch gébe ei -E enem98Des gantzẽ Menſchẽ zuſtand / wie er beſchaffẽ. nem weisheit erfahrnen / welcher in und mit einer kurtz und aus allen Kuͤnſten zuſammen gefaſter Lehre / einig in dieſem Geboht / ſich nehmlich ſelbſt zuerkennen / beſtehet / Bey - fall: und wahrhaftig wer dieſes wohl weis / iſt nicht ungelehrt. Laſſet uns nun / mein lieb - ſter Freund / erkennen; Der Weg / dahin wier zielen und fortdruͤkken muͤſſen / iſt alzu - fern / uͤm zu dem Ziel / dahin wier ſeuftzen / zukommen. Es iſt viel nuͤtzlicher / durch Ver - mittelung einer tapfferen Erklaͤhrung / die Welt / und was darinnen / zu kwittiren / als / daß Uns die Welt verlaͤſſet: ie ehe es nun zu Werke gebracht / ſo iſt doch die Volzie - hung in einer ſo ruhmwuͤrdigen Unterfa - hung / gar zu ſpaht. Jch wuͤndſche / daß mein Exempel viel eher / als meine Worte mich hierzu anſuͤſſen moͤgen: Deñ meine zuwerk - ſetzende Taͤhtligkeiten / werden viel beredſa - mer / als meine auf die Bahn gefuͤhrte Ré - den ſeyn. Goͤttlichem Schutz befohlen: Jch erwarte mit Ungedult den Tag / welcher ehe / denn Jch die Schuld der Natur abſtatten ſol / mich die Welt ewig zuverlaſſen / anſchei - nen wird. .

118. Ankuͤndigung Schreiben, wégen ſeiner geliebten Hauß - ehre Sel. Hintrits: an ſeinen gutten Freund.

Mein99Er berichtet ſeiner Haußfrauen Tod.
MEin Freund /

Jch weis nicht / wie Jch es anfahen ſol / Jhme mein uͤber großzugeſtoßenes Un - gluͤk zuentdekken: ſolches mit Worten von mier zuſtellen / geſchiehet / wenn Jch es ver - ſchweige: ſolches in der Taht zuerweiſen iſt / wann Jchs nicht erzehle: ſintemahl deſſen Heftigkeit meine Gedanken uͤberwieget / und nichts auf dieſer Welt / als mein ſchmertzli - cher Unmuht ſolches begreifet. Er uhrteile nun / mit was traurigem Zuſtande Jch be - tréten: aber / es iſt noͤhtig / daß Er die Urſach deſſen / welches der alzufruͤhzeitige Tod mei - ner Haußfrauen iſt / wiſſe. Ach / der Herr verzeihe mier / es mangelt mier an Worten / weil meine Seuftzer gleichſam verſtoͤren / und meine Zaͤhren ausleſchen alles / was Jch ſchreibe / nicht anders / als wann meine Angen die Erzehlung meines Elendes em - pfindeten. Er laſſe ſich dannenhero an dehm begnuͤgen / daß Jch zu ſeinen Dienſten ében ſo geneigt / als wégen meines zugefallenen Ungeluͤkkes bekuͤmmert / und betruͤbet: Jch weis oder mag Jhme in Wahrheit eines o - der des andern weiter zuerkennen gében / nicht mit mehrerm behelligen / als daß Jch ſey und bleibe

Sein alzeit gefliſſener.

E e ij119.100Troſtſchreiben in ungeluͤkke.

119. Troſtſchreiben / bey un - gluͤcklich zugeſtoſſenem Vnfalle.

GRoßg. Herr /

Jch habe die traurige neue Zeitung / ſeines zugeſtandenen Ungluͤkkes / mit meh - rem / und zwar ſchwerer Beaͤngſtigung / ver - nommen: Er hat aber ſelbſt in baͤſſerem Wiſſen / als Jch / daß man deſſen Abhel - fung / nohtwendig von dem / der uns ſolche allein zuſchikt und beſtraft / geduldig hoffen muß: Jch wil ſagen / daß die Zeit / durch ih - re Unbeſtaͤndigkeit ſelbſt / alle Sachen aͤn - dert / und deſſen immerwehrende Verneue - rung / und veraͤnderliche Abwechſelung / ſol - che wieder erſaͤtzet / und in alten Stand lei - tet: zwar ſolcher maſſen / daß ében dieſe Wa - fen / welche dis ůbel verurſachet / zu gleicher Weiſe auch die Artzney in ſich haben / und herbey fuͤhren / Jhn / mit vernuͤnftigen gruͤn - den / und habenden Urſachen zu troͤſten; ſo befinden ſich die Seinigen ſo groß / und hóch / uͤber alles das Jhn betreffende Un - gluͤk und Widerwertigkeit / daß man ihnen nicht mehrers / als es im voͤlligen Beſitz zu haben / erwuͤndſchen kan. Jch habe dis / zu meiner ſchuldigen Gebuͤhr / ablégen wollen;nicht101im Perfertiſchen Buchladen zu finden. nicht zwar aus der Urſachen Jhn zu troͤ - ſten / als der Jch von Unkraͤfften / Er aber am allerfaͤhigſten / ſondern Jhn zuverſi - chern / daß ſein Ungluͤk mich gleichmaͤßig be - tréten / und verwundet; und wie Er nicht alleine in ſeinem Ungeluͤkke ſich befindet / und den Verluſt darob empfindet; denn al - le ſeine gutte Freunde haben ihren Teil da - von: Er uhrteile von meinen Anforderun - gen / durch den Titul / welchen Jch mit gut - tem Rechte fuͤhre / Einer / unter

Seinen beſten Freunden / und Dienern.

120. it.

DJe traurige neue Zeitungen / wégen ſeines zugefallenen Ungeluͤk - kes / haben mich dermaſſen gekraͤnket / daß Jch meine Féder / aus Furcht / es moͤchte[n]bald meine Zehren das ſénige / ſo Jch ſchrie - be / ausleſchen / faſt nicht an die Hand légen koͤnnen: Letzlich aber habe Jch an Jhn zu - ſchteiben / mich entſchloſſen; nicht zwar ſol - ches wenigſten teils anzufuͤhren; ſondern die Begierde Jhn zu troͤſten / an Tag zu - ſtellen: Denn allein die Zeit / als der ei - nigſte und bewehrteſte Artzt / iſt faͤhig / ſol - ches (iedoch mit Huͤlff und Beyſtand ſei - nes Verſtandes / als der zur Prob wider des Ungluͤkkes Stiech und Streiche die -E e iijnet)102Mitleid / uͤber ſeiner Freundin Tod. net) zuverrichten: Dahero laſſe Jch nuer begnuͤgen / Jhme nur zuſagen / daß Jch von ſeinem Betruͤbnuͤs / auch meinen Teil fuͤh - le / und habe / als

Sein ꝛc.

121. Mitleid / über einer Eh - frau / als ſeiner Freun - din Tod.

JCh kan mich mit guttem Rechte uñ Titul / ungluͤkſélig / (weil Er darmit begriffen /) neñen und ſchelten: Denn all ſein Unfall und Bekuͤmmernuͤs / gehet mier ſo empfindlich zuhertzen / daß Jch nicht Worte finden kan / die Groͤße deſſen / wie es an ihm ſelbſten iſt / auszuſprechen. Der guͤttige Gott hat Uns auf einmahl beide zugleich zubetruͤ - ben / aus dem Mittel gereumet; dem Herrn zwar eine Ehe -; mier aber eine gebietende Freundin. Jch bin nicht geſinnet von dem / welcher unter Uns beiden durch ihr Ableiben am meiſten verlohren / mit dem Herren mich in einen weitleuftigen Streit zu laſſen; ſin - temahl Jch wohl weis / daß der Eheſtand / eine ſolche unaufloͤsliche Zuneigung gebuͤh - ret / und hervor bringt / daß derſelben Zerrit - tung ohne ſonderbahrẽ Ůberfluß der ſchmer - tzen / bey dem noch lébenden geſchéhen kan. Jſt derohalben noͤhtig / hiervon ie ehe / ſo baͤſſer / und zwar unſerer eigenen Wohlfahrthal -103Troſtſchreiben wegen ſeines Sohnes Tod. halber / abzuſtehen: Er wiſche demnach ſeine Traͤhnen ab / wofern Er anders begierig / daß die Bách meiner Zehren / vertroknen ſoll: Er gébe Endſchaft ſeinen Klágen; ſo werde Jch meinem Unmuhte abdanken; nachfolgend in dieſem / wie auch ſonſt in al - lem andern / ſeinen Willen; uͤm damit ſtets geſchaͤtzt zu werden

Des Herren gehorſamſter unter allen ſeinen Dienern.

122. Troſtſchreiben / an einen gutten Freund / uͤber den toͤdlichẽ Hin - tritt / ſeines aͤlteſten Sohnes.

MEin Freund /

Daß Jhn / das Ungeluͤkke / durch To - des Hinraffen ſeines aͤlteſten Sohnes / be - ſuchet / und uͤberfallen; habe ich mit ſchmertz - lichem Wehmuht erfahren: und wil dis ſa - gen / daß / ob zwar die Zufaͤlle des Todes ge - mein ſeyn / doch andehme / daß ſie Uns zum oͤftern uͤnertraͤglich fuͤrkommen / wégen des Schadens und Schmertzens / ſo wier des - wégen empfinden. Dieſes wird Er / an ſei - nem Ohrte / durch Erfahrung / itzt auch fuͤhlen; Jch aber habe dieſes ſelbſt vor langer Zeit verſucht. Was Urſachen leiten Uns an / wider den Himmel zu murren? Keine andere / als deſſen Don -E e iiijner -104Troſtſchreiben / wegen ſeines Sohnes Tod. nerkeil / zu unſerem endlichen Untergange / zubefoͤdern: Denn / wie Er gerecht; alſo beſchieet auch nichts ohne habende Urſache: Sich aber uͤber ſolche grundmaͤßige Urſa - then zubeklagen / giebet Zeugnuͤs / daß wier der Vernunft ermangeln. Weſſen ſollen wier ſich aber entſchluͤſſen? Die Geduld zuerfaſſen iſt zwar das allerhoͤchſte und be - wehrteſte Mittel; aber auch das aller - ſchmertzhafteſte / zu unſeren Wunden: den empfundenen Schmertzen durch Weinen zu erſaͤttigen / gebuͤhret zwar unſerem Un - muhte etwas Troſt; allein dieſes iſt auch ein Mittel / andere dadurch zuerrégen. Auf welchen Ohrt und Seiten / kan / und ſol mau ſich aber lenken? Jch / meines teils / achte darvor / daß / wann wier die Bitter - keit unſeres Gemuͤhtes / und Hertzen / durch die Waſſerleitung unſerer Augen / auslé -[r]en / und durch heftige Klágen / unſeren Un - muht zerſtoͤren / ſey das beſte und bewehrte - ſte Mittel und Artzney: iedoch in gewiſſer Hofnung / es werde letzlich die Zeit / die gan - tze Heilung volſtaͤndig zu machen / ihre be - huͤlfliche Hand darzu mit anlégen / und ſich gebrauchen laſſen. Und dieſes geſchiehet zwar / mein liebſter Herr / nicht ſeine Zaͤh - ren / und aufſteigende Seuftzer zubeſtaͤrken: Sie werden zwar zuentſchuldigen / und Jh - me zu Troſt / (wofern ſolche behoͤrlicher / und gebuͤhrlicher maſſen / hierinnen keinenůber -105im Perfertiſchen Buchladen zu finden. uͤberfluß begangen) annehmlich ſeyn: aber derſelben Ůberfluͤſſigkeit verdammet ihre Wehrung: Urſache iſt / daß Schade und Unheil leichtlich hierdurch erwekket werden / und entſpringen kan. Es iſt mehr als ge - nug / den Zuſtand eines gluͤkſéligen Men - ſchen / welcher auſſer allem Zweifel ſeine fuͤhrende Klagen / und vergoſſene Zehren belachet / beweinet zu haben. Daß ſelbi - ger nun / mit allerley Gluͤkſéligkeit angefuͤl - let / kan Uns ſein gefuͤhrtes Lében vergewiſ - ſern / und ſein Abſterben glaubwuͤrdig vor - bringen. Er mache numehr einen Anſtand ſeines Klágens / weil die Vernunft ſolches befihlet: ſonſt aber bittet /

Des Herrn ſtets Wohlbefliſſener.

123. Ein Troſtſchreiben / ſo an eine fuͤrnehme Frau / derer Eh - gemahl Todes verblichen / ihr Diener abgehen laſſen.

GEnaͤdige Frau /

Jch weis nicht / wér unter Uns am meiſten verlohren / Sie; oder Jch? Sie hat zwar keinen Gemahl; Jch aber habe kei - nen Herren mehr. E. Gn. verzei henmei - nem Hertzen / daß ſichs uͤber der Groͤſſe desE e vVer -106Troſt / an eine Bewittibte / von ihrẽ Diener /Verluſts / mit Jhr in Streit léget: Wenn dieſes Jhr unertraͤglich / ſo befindet ſichs bey mier nicht weniger. Nimmermehr werde Jch Jhr in Empfindung des Schmertzens / weichen; Jch taͤhte es denn aus Hoͤfligkeit: Denn die Wahrheit machet mier meinen Unmuht dermaßen empfindlich / daß Jch ſolches ehe mit Stillſchweigen vorbey ge - hen / als ſolches herauſer zu gében laſſen mus. Sie kan nichts minders hiervon uhr - teilen / indehm Sie ſich ſelbſt uhrteilet: oder / Sie ziehe vielmehr die Heftigkeit von ihrem Bekuͤmmernuͤße / die Nachfolge meines Ungluͤks / alſo / wann Sie ſich ungluͤkſélig erkennen / Sie hingegen mich élendig nennen wird; Daruͤm / weil mich beduͤnket / dieſes ſey eine Nohtwendigkeit / daß Jhr Unmuht und Schmertzen / meine Traurigkeiten ſeyn: Aber / was kan Jch vorbringen / oder aus - richten / Jhr mit Troſte behuͤlflich zu ſeyn / weil Jch mich ſelbſt mangelhaftig befinde / mit Troſte zu erfreuen? Meine hóchbetruͤb - te: Sele hat nichts / denn die bloſſe Bewé - gung / als die allerwégen deſſen Unmuht verwirret. Ungluͤkspeinigung / und meine von Zehren gantz eingenetzte Augen / haben vergeſſen / das Tageliecht anzuſchauen: zu - dehm / ſo ſcheinet auch ihre helle Sonne nicht mehr auf dieſer Welt; ſolcher geſtalt / daß Sie alle dasjénige hat und beſitzet / was Jch auch nur zugeben weis. Sie behaltenun107im Perfertiſchen Buchladen zufinden. nun unverbrichlich und ſtandfeſt ihren Un - muht / ſo wil Jch meine Traurigkeit einig - lich bey mier verſpuͤhren: Zudehm / ſo iſt die Perſchon / uͤm deren Willen es geſchiehet / allzuwuͤrdig / ſolches auch ewig in keine ver - geſſenheit zuſaͤtzẽ: Und dieſes geſchiehet / von

Meiner Frauen Diener.

124. Ein Troſtreiches Schrei - ben / an eine Mutter / uͤber ihres Sohnes Ablében; Darinnen die fluͤchtige Zeit / und des Men - ſchen Zuſtand ange - fuͤhrt wird.

EHrenguͤnſtig-geliebte Fr.

Von der Zeit an / als mier das toͤdliche Ableiben ihres Sohnes / zur Wiſſenſchaft kommen / habe Jch gegleubet / daß ein ſolch zufaͤlliges Ding nimmermehr anders / als die liebe Geduld zur Artzney nach und hin - ter ſich truͤge; doch dieſes ein alzuſchwacher Troſt wehre / daß durch deſſelben Macht und Staͤrke empfundenes Hertzenleid ſolte gemaͤßiget und beſaͤnftiget werden. Die Vernunft wird Jhr hierinnen zu einem Ge - ſaͤtze dienen; das Geſaͤtze der Standhaftig - keit / uͤm die Wechſelung der Zeit zuuͤbertra - gen / deſſen Lauf alle Dinge vernichtiget /E e vjund108Muttertroſt / wegen ihres verſtorb. Sohns /und algemach ſich ſelbſt aufhébet. Alles was ſein Wéſen hat / lauft zum Ende: Die Welt hat ihre gezehlte Jahre; Die Sonne hat ihre uͤmmerkende Tage / und der Mond ſeine uͤmzirkte Naͤchte: Die Luft verzehret ſich von ſich ſelbſt; Das Waſſer verſenket ſich in die Tiefe oder Hoͤhle ſeiner Wellen; und das Feuer verbrennet ſich in ſeiner Be - wégung. Alles zielet auf ſeinen Mittel - punkt; dieſer Mittelpunkt hat ſein Ende; und dieſes Ende hat ein Nichts; und wo - fern dieſes Nichts auch noch begriffen wer - den koͤnte / wirde es ſeinen Abſprung auf ein ander eingebildetes Nichts nehmen. Sie uhrteile nun hieraus / meine Frau / daß / was wier auf dieſer Welt ſeyn koͤnnen / weil al - les das jénige / was Uns in der Welt er - haͤlt / auf ſeine Endſchaft zielet. So bald wier gebohren werden / fahen wier an zu ſter - ben: Der erſte Tag unſeres Lébens / iſt der erſte Tag unſeres Todes: Begében wier Uns aus der Wiegen / ſo folget Uns ſchon das Begraͤbnuͤs: unſere Tage erhellen un - ſere Naͤchte; und unſere Naͤchte vermin - dern unſer Alter: Alſo wird durch dieſe wé - ſentliche und natuͤrliche Veraͤnderung / alles durch die Urſach der Ewigkeit zeitig und reif.

Was wird die Frau ſagen? Jhr Herr Sohn iſt tod: iſt denn das zu unſern Zei -ten /109im Perfertiſchen Buchladen zu finden. ten / und in unſern Jahren ein Wunderzei - chen / weil die Monaten / die Tage / die Stunden / Minuten / und Augenblikke / ſol - ches ſo gemein / und in dieſe toͤdliche Noht - wendigkeit ſo immerwehrend vorſtellen / und unſere Augen mit keiner andern Sache / noch dero Erkentnuͤs mit einer andern Wahr - heit geweidet / und geſpeiſet werden kan. Sie wird mier hingegen einſtreuen / Er habe nicht lange genug gelébet: Nicht; ſondern genug / weil Er geſtorben. Die Jndianer ſchaͤtzen die vor hóch / und daß Jhnen ihre Goͤtter am meiſten guͤnſtig wehren / welche in ihrer Jugend abſterben; weil Sie hier - durch des Alters Unbekwehmligkeit / als welches ein ſtetswehrender rauher Win - ter / befreiet wuͤrden. Und dieſes hat den Socratem zuſagen veranlaſſet / daß Er Jhm gewuͤndſchet / wiedergebohren zu wer - den / ob Er gleich verſichert / daß Er / ſo bald er von der Wiegen kehme / ſterben muͤſte: wohlwiſſende / daß nichts mehrers auf die - ſer Welt ſo ſuͤß / und annehmlich / als nur die Milch ſeiner jugend. Dahero iſt dér gluͤk - ſélig / welcher nicht weis / was Ungluͤk iſt / und der da ſtirbet ohne erkennung der Noht - wendigkeit zuſterben. Angſt / Elend und vie - lerley Noht / fuͤhren Uns mehr unter die eisgraue Háre / als unſere lange Jahre: ſo unterdrukken Sie Uns auch mehr / als un - ſer Alter: der Stekken / ſo unſere Schwach -E e vijheit110Troſtſchreiben an eine betruͤbte Mutter /heit ertraͤgt / und unterſtuͤrtzet / zubricht unter ihrer Laſt: alſo auch ihre Staͤrke befindet keinen andern Widerſtand / als an unſerem endlichen Untergange.

GOtt befohlen: Jch laſſe Jhr unter / deſſen die Vernunft / daruͤm / weil ſelbige den Ůberfluß maͤßiget / und die Heftigkeit mit Geduld vertragen machet. Jch betruͤbe mich uͤber mich ſelbſt / daß ich Jhr mit Troſte genugſam zuſtatten nicht kommen / noch be - huͤlflich erſcheinen kan: Verharrende aber

Jhr ſtetstreuer Freund.

125. Ein Troſtſchreiben an ei - ne Mutter / uͤber das fruͤhzeiti - ge Abſterben / ihrer eini - gen Tochter.

MEine Frau /

Sie verwerfe dieſes folgende mein Troſtmittel / ob Jch wohl der Meinung / dz / wie es ében der Natur und Eigenſchaft als anderer / ſo man Jhr ihre tiefe ſchmer - tzens Wunden darmit zuheilen und zuver - binden geordnet / iedoch etwas unterſchieden ſeyn werde. Denn / meine Frau / mich ver - langet nicht alſobald Sie zutroͤſten; ſon - dern im Gegenteil Sie mehr zubetruͤben / wo anders ihr Ungluͤk vergroͤſſert werden kan; indehm Jch die Urſach / dahero Jhrun -111dero einige Tochter geſtorben. Ungluͤk entſproſſen / Jhr zum Wieder ge - daͤchtnuͤs bringe und vorſtelle. Es iſt wahr / ihre eintzige Tochter hat dieſem verdruͤsli - chen Jammertahle abgedanket; die eintzige wahrhaftig / nicht alleine in der Zahl / ſon - dern auch in Tugenden: und dannenhero / wie unſchwer zu ſchluͤßen / iſt all ihre Freude und Luſt mit ihr ableibig / und in die kuͤhle Erde verſcharret worden: Was Ůberfluß alles Ungluͤks iſt dieſes? Der eintzige Zwek ihrer allerſuͤßeſten Hofnung / und in - bruͤnſtigen Verlangens / hat ſich vor dero Augen verfinſtert; aber ſolcher maſſen / daß Jhr ſelbige nicht wiederuͤm herfuͤr ſcheinen wird. Ach was Art des Ungeluͤkkes iſt dieſes? Es iſt ſchluͤßlich das Lében von ihrem Lében (in Erwégung / daß nach ih - rem Ableiben Sie ohne Unterlas ſtirbet) ausgeleſchet / und keine Hofnung / daß dieſe Fakkel ſich wieder anzuͤnden werde: Ach was hoͤchſtbetrauerlicher Unfall iſt dieſes! und traͤget die hoͤchſte Wahrheit auf dem Ruͤkken / daß / welcher wégen eines ſolchen zuhandenſtoßenden Ungluͤks / ſeine bittere Zehren und aͤchtzende Seuftzer nicht uͤber - fluͤßig hervor ſenden / viel unmenſchlicher / als die unmenſchliche Grauſamkeit ſelbſt ſeyn wirde: ſintemahl die Natur ſelbſt aus ge - nugſamen Urſachen Uns zu ſolcher klaͤglichen Gebuͤhr und Schuldigkeit anſtrenget und erfodert. Derowégen bekraͤftige Jch derFrauen112Troſt / an eine Mutter. Frauen ihren Unmuht / und zwar ſolcher maſſen / daß / wo Sie ſich nicht zuſehr be - truͤbet / (welches aber von ihr geſchiehet) Jch ihr Ungluͤk deſto geringer achtete / und durch ſolche rechtmaͤßige und wohl zu Siñ - gefaſte Beglaubung / wirden Jch und Sie den Ruhm deſſen / waruͤm ſolches geſchie - het / belaͤſtigen. Sie weine nun / meine Frau / daß / wie man zuſagen pfléget / ein Zehren den andern ſchlage / wégen einer toͤdlichen Hinreiſſung ihrer / und zwar einer ſolchen Tochter / die zweifacher weiſe die einige / und ohne Exempel / der betruͤbten Mutter wohl anſtaͤndig: Aber nach dieſem allen / ſo nehme Sie ſich nach ihrem beliebẽ / wohl in acht / dz das Feuer / der / zu dieſer ſelig abgeſtorbener / tragender hitzig - und bruͤnſtigen Liebe / Sie nicht / betruͤglicher weiſe / gemach verzehre / weil es ſich eines / wider deſſen Natur lau - fenden Mittels / (ſo da ſeyn die Zehren; de - rer Ůberfluß letzlich ihrem Lében einen ge - faͤhrlichen und endlichen Schie[f]bruch bey - bringen duͤrfte) gebraucht. Es erheiſchet die Nohtdurft / und iſt ihr hieran hóch gelégen / daß eine iedwedere Tugend zu ſeiner Zeit regiere; und zwar itzo ihre Tugend / der Großmuͤtigkeit / uͤm vernuͤnftig das / was von Rechts und Billigkeit wégen zubeklá - gen iſt / zubetrauren / und ſeine Perſchon in einem ſolchen Tranerſpiel / mit Ruhm vor - zuſtellen / welches dann auch dero Weis -heit113dero einige Tochter geſtorben. heit / ſo itzo auf dem oͤffentlichen Platze er - ſcheinen ſol / indehm Sie mit einer Hand den Steuer Ruder ihres Lébens Schiffes / ſo numehr / eine geraume Zeit / auf dem unge - ſtuͤm̃en Mér ihrer Zehren / nach willen der Winde ihrer Seuftzer / ſchwim̃et / uñ ſolches an den erwuͤndſchten Ufer / da die edle Ver - nunft ihrer wartet / anzulenden / ergreifet / ausweiſen wird. Hiermit Uns alle Goͤttli - cher Obhut empfehlende / verbleibe Jch /

Meiner Frauen gebuͤhrlicher Diener weil Jch lébe.

126. Ein Troſtſchreiben eines Bruders / an ſeine Schweſter / uͤber dem fruͤhzeitigen Ableiben ihrer beyder Muͤtter.

HErtzvielgeliebte Schwe - ſter /

Dieweil es an dehme / daß mier die mildguͤttige Natur / oder vielmehr dero Schoͤpfer / einen Geiſt und Gemuͤht / wider die ungeſtuͤmme Sturmwinde und Wellen / des Ungluͤkkes zugebrauchen / erteilet; wer - de Jch / einen Teil derer Macht und Staͤr - ke / nachdehm Jch mich ſelbiger unfruchtbar - lich / uͤm deine / ob unſerer beyderſeits hertz - liebſte Mutter / Hertzenleid und Kummerzu -114Ein Bruder troͤſtet ſeine Schweſter /zubeſtreiten / angewendet / uͤberlaſſen. Jch ſage nur zubeſtreiten / und nicht zuuͤberwin - den / daruͤm / weil die Zugemuͤhtfuͤhrung des Leides und Schmertzens / ſo recht und bil - lich / daß Jch mich mehrers ob dem Lében / als ſolches mit geduldigem Gemuͤhte aus - zuſtehen / beklage. Nun wohlan / die Macht und Staͤrke / ſo Jch dier zuerteilen willens / entſpringet aus nachgeſaͤtzten Urſachen: daß nehmlich einem ieden unter Uns der lie - ben Mutter / lieblichſcheinender Lébenstag / und eine verdruͤßliche / ſtokfinſtere Nacht / ihres Todes angedreuet / und daß / wie Sie zur Welt gebohren / ihr albereit das Gráb / uͤm darein eingehuͤllet zuwerden / anbereitet; Dahin ihr hohes Alter vor ſich zwar gar zu - langſam Sie begleitet / vor uns aber gar zu - fruͤhzeitig; aus aller dieſer Urſache / weil ein ſolches Lében billich vor den Tod frey und entlaͤſtiget ſeyn ſolte. Auf ſolche Maß / daß die / wégen ihres Ableibens bey Uns haben - de / ſtetswuͤrige Vorſorge Uns ſolches mit ſanftigſtem Gemuͤhte zu ertragen / ankuͤhnen ſol / iedoch nicht ſo ſtandhaftig / daß derer An - daͤnken und ihres Todes Bedreuung nicht in die Gedaͤchtnuͤskirchen unſerer Hertzen einverleibet ſeyn und bleiben ſolte; aber die - ſes iſt noch nicht alles; ſondern auch dis anitzo wohl zubehertzigen / daß / gleich wie unſere Mutter Uns zum gutten gebohren / und weil Sie den erwuͤndſchten Anfuhrtauf115uͤber dero beiden Mutter Sel. Ableben. auf dieſem brauſenden ungeſtuͤmmen Welt - mére / wor auf Sie nun in ſechtzig jahr / durch die Gnade der Ungluͤkswellen heruͤm geſe - gelt / angetroffen; ſo iſt ja ein gutt Gluͤk vor Sie; vor Uns aber ein Exempel / ihr gleicher Maßen mit ſtilfrohmem Lében / uͤm eines ſo ſuͤßen und ſchoͤnen Todes wuͤrdig zuſeyn / nachzuſchlagen. Als eine treuhertzige Mut - ter / hat Sie Uns den Wég zeigen / und in deſſen erſtem Verbrechen / Uns ſelbigen ge - baͤhnter vorſtellen wollen: Laß nun / Jhr zufolgen / Uns zubereiten; ſa von nun an die Zeit vor unnuͤtzbarlich / wo es nicht damit beſchiehet / angewendet zuſeyn / erachten: Denn bald / oder langſam / mus man doch dieſen Weg wandern; und ie laͤnger man dieſe Reiſe aufſcheubet / und nicht bevorſie - het / wie man ſich mit einem unerſchrokkenen Heldenmuhte darzu bereiten moͤge / ie mehr ſchwébet man in Gefahr / zu hoͤchſtem / un - wiederbringlichen Schaden zugedeyen. Laß Uns / liebe Schweſter / mehr unſer Lében / als ihren Tod beweinen: Sie befindet ſich nun an dem ſichern Port / wier aber uns unter der genade der ungeſtuͤmmen Wellen: geſtalt - ſam / daß unſer Leidfuͤhren und klágen / keine andere Urſach / als ſelbige / daß wier nem - lich in ihrer Verlierung / unſeren Piloten / und Schifmann verlohren / welches Uns billich anfriſchen ſol / daß Wier Jhr in al - lem / ſo Sie Uns gelehret / und damit SieUns116Troſtſchreiben wegen des erſchoſſenen Br. Uns an den hoͤchſten Freuden Port der ewi - gen Séligkeit (da Sie nimmermehr die Anker ihres muͤden Lében Schiffes ein - ſenken / und Grund gében wird) begleiten moͤchte / zum Exempel vorgeſtellet / fleißig nachoͤhmen. Laß nun ihr Andenken in unſe - rem gedaͤchtnuͤße / und ihre Tugenden in un - ſere Sele taͤglich eingeſaͤnkt verbleiben / da - mit wier / gleichwie Sie / eines Tages die Krohne der Ewigwehrenden Freud und Wonne / am Ziel und Ende unſeres Laufes / empfahen. Aller dieſer / dier zuerteilen vorge - habte Troſt / beruhet darinn / daß du dich / - ber ihren Tod nicht beklageſt: Denn von dem Unmuhte dieſer Betruͤbnuͤſſe / wirſt du eine ſolche Wohltaht empfahen / die dier ge - wiſſe Hofnung der ewigen Freude (wohin wier ohne Unterlaß / als nach dem eintzigen Zwek unſerer Gluͤkſéligkeit ſeuftzen) ein - guͤſſen wird: Gott befohlen.

Dein treuer Bruder.

127. Ein Troſtſchreiben / an ei - ne Frau / wégen ihres / von ei - ner Kugel / aus einem groben Ge - ſchuͤtze / ertoͤdteten Bruders.

MEine Frau /

Wolte Gott / es wehre der Hertzruͤh -ren -117Jm Perfertiſchen Buchladen zu finden. rende Schmertz / welchen Jch / wégen ihres Hr. Bruders Tode / als ein Diener erdulde / ſo empfindlich / daß Er mier ſowohl eine an - dere Zunge / ſolches auszuſprechen / als ein ander Hertze / es deſto mehr und wuͤrdiger / wie vieleicht das ihrige / in Anſehung die Natur ſelbſt mehrere Grauſamkeit nicht finden kan / zuerleiden entlehnete. Wann Jch mich deſſen erinnere / ſo verliere Jch da - ruͤber meine Gedanken; und weil nur dieſes taͤglich beſchiehet / ſo werde ich mich hiervon nimmermehr entlaͤſtigen und loßwirken koͤn - nen / nicht zwar / daß Jch ſein Gluͤkke nicht benedeyen ſolte / denn wer wolte Jhme / mit - tels eines ſo ruͤhmlichen Todes / laͤnger im Lében zuverbleibẽ anwuͤndſchen? Ach / dieſes beſchiehet und ruͤhret her aus der Heftigkeit meines Unmuhts / welcher durch ſeine ſtum - me Sprache / wider die Vernunft / Worte ausgeußt: Jch bin hierinnen zuweit fortgé - brochen / meine Frau / und nichts wenigers begehre Jch mich von dieſem Jrtuhm zube - freyen. Es iſt ja nicht vergoͤnnet und zuge - laſſen / zuſterben / damit man ſich nur von ſei - nem Ungeluͤkke entlédige: Dieſes ſeyn die Muͤhe und Arbeit / welche den Lorbérbaum gruͤnend machen. Was koͤnte deñ auf dieſer Welt Gluͤk genennet werden / wenn auch kein Ungeluͤkke darinnen zubefinden? Sie halte derowégen mit Verguͤßuug ihrer Zeh - ren zuruͤk: und ob Jch Jhn mit meinemKlá -118Troſtſchreiben / wegen desKlágen keine Endſchaft erteile / ſo folget doch nicht / daß Sie meinem Exempel nach - oͤhmen ſolle: Und ob es auch wohl an deh - me / daß einerley U ſache unſeren Unmuht zuwége bringet, ſo ſeyn wier doch in derſel - ben gar ungleich: Dañ Jch bin zu ſchwach / ſolchen Fall / mit Heldenmuͤhtiger Stand - haftigkeit zuertragen; und ihre Tugend iſt nicht gewohnt des Ungluͤkkes Streich aus - zuſchlagen: Alſo hat Sie heilſame Artzney zu ihrem Ůbel; Jch aber nichts / als Mate - rien / meine Wunden und Schmertzen zu vermehren. Aber / wier wollen von den Blaͤt - tern ablaſſen / und zu den Zweigen greifen; Wier wollen die Zweige fahren laſſen / und den Baum ergreifen; und den Baum ſelbſt / darmit von der Wurtzel zuréden. Es iſt ja dieſer Held geſtorben; und wer hat Jhn aus dem Mittel gereumet? Seine Hertzhaf - tigkeit / und alſo / zuſchluͤßen / ſeine Ehre; O gluͤkſéliges Ableiben / welches auch die aller - groͤßeſten neidẽ uñ haſſen! Aber / der mus ein Sohn des Kriegesgottes / oder vielmehr der Krieges Gott ſelbſt ſeyn / welcher ſo ein glór - wuͤrdiges Gráb zu uͤberkommen / oder ſeiner Heroiſchen Tapferkeit / faͤhig ſeyn wil: Er mus / wann Er ſeinem Verdienſte wil gleichaͤhnen / auch von der Minerva geliebt / ja die Minerva ſelbſt ſeyn / uͤm ſeine Wiſ - ſenſchaft zuhaben; Die Wiſſenſchaft nehmlich / welche der gantzen Welt klar er -hel -119erſchoſſenen Bruders. hellet / und zu wiſſen macht / daß Er das / was man verlieren koͤnnen / oder ſollen / ver - lohren; und folgends alles das / was man ſonſt gewinnen koͤnnen und moͤgen. Nun / man laſſe Uns dieſe unſere beiderſeits Ver - lierung / auf eine Seite ſtellen / und von der ihrigen inſonderheit réden. Sie hat vier Bruͤder gehabt / der allerjuͤngſte darunter / hat des Todes Gift empfunden: Was wol - len wier nun ſagen? Gott hat es alſo ge - wolt; und durch was hat Er es haben wol - len? Wehr und waffen / als die ſeinem Ge - ſaͤtze und Befehlich unterwuͤrfig / haben nichts / welches ſo ſcharf und ſpitzig / Jhme Schaden zuzufuͤgen / in ſich haben / oder empfinden koͤnnen: eine Kugel aus einem großen Stuͤk / welches auch die Tappfer - keit ſelbſt zu erzittern bewegt / und dehme die Macht ſelbſt nicht Widerſtand tuhn kan / hat Jhn / und zwar ohne uͤberwinden / uͤber - wunden; Denn Er ſelbſt ſich uͤberwunden. Je mehr Jch ſchreibe / ie mehr habe Jch Ur - ſache die Féder abzutuhn: Die Traurigkeit begéhret nicht mehr klaͤgliche Worte / noch die Bekuͤmmernuͤs / daß Sie mehr bewei - ne. Sie laſſe Jhr dieſes / meine Frau / genug ſeyn / daß Er mit dem Nahmen und der Taht unſterblich: Deñ / weil Er nicht lébet / kan Er auch nicht mehr ſterben: ihre Kla - gen beleidigen ſeine Ehre und Ruhm: Ei - nes Wohlfahrt darf man nicht ewiglich be -ſeuftzen /120Troſtſchr. uͤber des Bruders Helden Tode. ſeuftzen / weil Er dehrmahleins nach ſeinem Tode wieder lébendig hervorkommen wird. Die Erde war nicht mehr ſeiner Ehre wuͤr - dig; noch ſeine Ehre wuͤrdiger denn Wier: Gott / welcher gerecht / und ohne deſſen al - lerweiſeſtes und alwiſſenſtes Verhaͤngnuͤß nichts geſchiehet / hat Jhme nach Verdienſt vergelten wollen: eines hat ſich dem andern gegében. Aber Jch weis warlich nicht / wel - ches unter Uns beiden am meiſten hierinnen gewonnen / oder verlohren; Denn wann Er gleich ihr Bruder / ſo iſt Er mein Herr gewéſen. Daher Jch alſo ſchluͤßig / ſein Un - tergébener; und

der Frauen doͤhmuͤtigſter Diener.

128. Ein Troſtſchreiben an einen gutten Freund / uͤber dem toͤdlichen Hin - tritte ſeines Bruders.

MEin Freund /

Mich beduͤnket / daß dieſe meine Ge - buͤhr / ehe als Zeit / hervor bricht / und Jch die Sichel ehe als es reif / an das Getreide lége; wil ſagen / daß dieſes wenige Troſt - mittel / welches Jch uͤber euere Wunden zu - ſchlagen geſinnet / gar zu unzeitig und un - dienlich; aus Urſach des heftigen Gifts an - gewendet werde: nichts wenigers / weil das Gluͤk / wann es immer in guttem Wohlſtan -de121im Perfertiſchen Buchladen zu finden. de beſtehet / ſeine Art nicht aͤndert; Dieſe Artzney auch / als ein ſolches / wañ es euch ie keinen Troſt beifuͤgen kan / ſo wird es auch keinen Schaden und Nachteil bringen: Nehmet doch dieſes euch uͤberliefert / und von der ſo heiligen unzertrenlichen eueren Tugenden gelobt und geſchworner Freund - ſchaft herruͤhrend Geſchenke / vor bekant an. Euer Bruder iſt geſtorben; Was koͤnnet Jhr ſagen / weil ein ieder Tag ſeines Lébens / euch die verdruͤßlich-ſtokfinſtere Nacht ſei - nes Ableibens angedrenet: ſeine Natur und Stand / haben euch nicht anders / als das vorgepredigt; und wann ſeiner Jugend lieb - liche Fruͤhlingszeit / ſich zum rauhen Win - ter geneiget / ſo iſt dieſes ein Streich Goͤt - lichen Willens / welcher / weil Er unver - meidlich / billich das klágen vermindern ſolle: Denn Euch iſt wohl wiſſende / daß der Ein - trag unſeres Lébens gewébet wird / nach Belieben des Hoͤchſtẽ Anfaͤngers und Uhr - hébers unſeres Lébens und daß eine iede Art des Lébéndigen / ein abſonderliches Kleul hat / deren eines groͤßer als das andere; und zwar nichts / denn die Zeit / laͤſſet darunter einen Unterſcheid verſpuͤhren. Aber wie iſt es mit dieſer Zeit bewand / ſaget miers / ſo es euch gefaͤlt? Was Vergnuͤgen werdet ihr empfindẽ / wañ ihr auch gleich auf die hoͤchſte Stafel des Alters geſtiegen / ſo lange euer Alter zu gebrauchen zuhaben? Jhr werdet /F fZwei -122Troſtſchreiben uͤber des Bruders Ableiben. Zweifels frey / ſo denn euere Jahre / deren Tag ſo uͤbel zugebracht zuhaben / hertzlich be - reuen / und derer Tage / wégen beſorgender hierauf unvermeidlich folgender Rache des Todes / an welcher ihr Rechenſchaft gében muͤſſet / und zwar eine genaue rechenſchaft / nicht allein von alleueren abgelébten Jah - ren / ſondern auch noch / welches wohl zube - hertzigen / von allen Minuten der Stundẽ / ſo darinnen verfloſſen / ſowohl / daß ie laͤnger einer gelébet / ie tiefer Er ſich in dem Suͤn - den Regiſter eingezeichnet / aber hergegen deſto weniger Mittel und Wége ſeine Schulden abzutragen / findet. Jhr werdet mier dargegen auf die Bahn bringen / daß das Lében eines todliebenden uñ rechtſchaf - fenen Menſchen / auſer allen Tadel uñ Ver - weiſung / als der deſſen vergewiſſerung mit und nében ſich fuͤhret / und daß auf die Wei - ſe iſt laͤnger deſſen Lébenszeit / ie mehr ſeine Tugenden behaufet / und vergroͤßert wirde: Dannenhero erfolge / daß eueres Herren Bruders voller Tugend und mit iedermans Verwunderung gefuͤhrte Lébenszeit / uͤm daſſelbige in der Mitte ihres Laufs in das Gráb geſtuͤrtzet / nicht unbillich / und zwar ſchmertzlich zubetrauren. Jch bekenne / daß die Fruͤhlingszeit / ſeines Alters / einen lieben Sommer / einen ſchoͤnen Herbſt / und liebrei - chen Winter / anverheiſchen: Aber ſiehet man nicht auch die / von mancherley Farbenge -123im Perfertiſchen Buchladen zu finden. gezierte Hofnungsbluͤmlein fruͤh aufgehen / auf den Abend aber verwelken? Unſere Tu - genden ſeyn iederzeit mit Laſtern uͤmlagert; Solchen nun zu widerſtehen / iſt zwar tuh - lich / aber gantz zu uͤberwinden iſt ſehr ſchwehr / wo nicht gantz unmoͤglich: Denn unſere Art iſt mit einer Schwachheit behaf - tet / daß Uns ſolche oft zum Anſtoß leitet. Jch verneine dieſe Geſtalt und Anſéhen nicht / daß euer Herr Bruder mit und nében ſich / ſeine von Kindheit auf ihm gelobte tu - gendhaften Zuneigunge nicht ins Gráb ge - bracht haben ſolte: Aber dieſe Beſcheinigung beſchleußt nicht / man kan damit nichts / als nur eine Anzeigung / daß es vom Zweifel ab - geſondert / vorſtellen / denn man findet taͤg - lich ében ſo volkommene / als Er / die doch ſich von ſtund an in eine enge Freundſchaft mit den Laſtern einſpannen / und alſo von ih - rer erſten Zuneigung abſpringend / verlaſſen ſie mit einem Ůberfluß / daraus ſie ſich oh - ne eine ſonderbahre gnaͤdige Verguͤnſti - gung nicht loßwirken koͤnnen. Nicht zwar wird dieſes von mier auf die Bahn ge - bracht / daß ein ſolches aus obigem Be - ſchluß / wider euern Hn Bruder / deſſen mier wohlbewuſte mehrfaltige Tugenden / Eigen - ſchaft und Natur vielzubeſtaͤndig / ſich dieſer Veraͤnderung unterworfen zuhaben / be - dienſam erſcheinen ſolte; ſondern es iſt ge - nug / nur zubetrachten / daß ein ſolches wohlF f ijmoͤg -124Freundes Troſt /moͤglich / und alſo zubefuͤrchten. Laſſet Uns nun einſt dieſen ungluͤkſéligen Fall auf eine Seite ſaͤtzen / und bekennet mier die Wahr - heit / daß Jhr nicht vielmehr ſein Lében als ſeinen Tod / indehm ihr / welches tauſend - mahl unertraͤglicher / als der Tod ſelbſt / durch die helle Kriſtallen euerer Zehren / Jhn taͤglich hat muͤſſen ſterben ſéhen / zubereuen Urſach gehabt: und ihr beklaget anitzo euch uͤber dieſes / daß der Allerhoͤchſte Gott / den wier aubehten / euch von aller dieſer Sorge / durch Hinwegnehmung der Urſach / entfrey - et und entlédiget: was vor erhebliche Urſa - chen habt Jhr denn wohl zu euern klagen? Jſt es denn nicht baͤſſer / daß Er mit der Ehrenkrohne gekroͤhnet / abgeſtorbẽ / als daß Er noch lébend in Wagnuͤs ſtehen ſolte / ſelbige gaͤntzlich zuverlieren? Waruͤm / wer - det ihr wohl ſagen / war Alexandro der Nah - me des Großen zugelegt / und Pompejus der Ungluͤkſélige geneñet wordẽ / obwohl an - dehm / daß in der Taht Sie beide an Hertz - haftigkeit / und unerſchrokkener Manheit / einander gleichehnlich geweſen? Dis iſt die Urſach / daß ſéner gleich im Mittel ſeines Laufs / als ſieghaft geſtorben / der ander a - ber an ſeinem Ende uͤberwunden worden: Uhrteilet dahero / ob ihr nicht des einen Un - gluͤk / dem andern vórziehen werdet. Nun wohlan / euer H. Bruder iſt dieſer große A - lexander; Denn Er auch / als ſéner / imMit -125uͤber ſeines Bruͤders Tode. Mittel ſeines Laufs / nicht zwar mit den Lorbérkraͤntzen ſeiner ruhmwuͤrdigen und tapferen Verrichtungen / ſondern wohl mit dem Palmen ſeiner tugendhaften Handlun - gen / gekroͤhnet / abgeſtorben; und uͤber dieſes noch gluͤkſéliger; indehm Er / nicht zwar wie ſéner / alle Voͤlker der Erden uͤberwun - den / und Jhme unterworfen; ſondern durch einen großen ruͤhmlichen Sieg / alle Laſter zugleich: ſo hat Er auch nicht als jéner ſich / und zwar vergeblich / die Erde zudurchgra - ben / und eine andere Welt zufinden / bemuͤ - het; Er aber hat ſeine Hand und Arbeit an ein ander lóbwuͤrdiges Werk geléget; hat auch nicht uͤmſonſt und vergébens eine an - dere Welt ſuehen wollen; aber wohl gluͤk - ſélig hat Er den Himmel funden / da Er an - itzo der unausſprechlichen / Uns anverhei - ſchenen / Freud und Wonne genuͤſſend / ſich befindet. Jch gébe euch dieſen Troſt / als ein Pflaſter eines Artztes; gebrauchet ſolches zu euerer Wunde / wo Jhr anders nach de - ro Heilung Verlangen habt: Hiermit Gott mit uns allen! verharre Jch /

E. gutwilliger Freund.

129. Ein Troſtſchreiben / an einen fuͤr - nehmen Herren / wegen toͤdlichen Hin - trits ſeiner hertzvielgelieb - ten Hausehre.

F f iijP.P. 126[T]roſtſchr: wegen ſeiner verſtorbenẽ Hausfr.

P. P. Jch vermag / oder weis des Herren Unmuhte mit nichts anders / als ſeuftzen; noch ſeiner ſchwehren Traurigkeit als mit Zehren zuhelfen: in ſonderbahrer Erwégung / daß ſeinem Ungeluͤkke keine an - dere Artzney als klagen; noch kein ander Troſt / als Reu und Leyd: Nichts weni - gers ſo ertrage Er dieſe toͤdliche Verwech - felung mit maͤnlicher ſtandhaftigkeit; denn dieſes mus Er auch noch erleiden / anden - kend / daß die Nohtwendigkeit zu ſterben / einem ieden gemein / welcher alle Menſchen in der Welt nicht entgehen koͤnnen. So ſol Er auch hiernaͤchſt behertzigen / daß / wie Jh - me der guͤttige Himmel / ein ſo liebſéliges Gutt / als ſeine Hauschre gewéſen / aus ge - naden beſchehret / und dann ſolche andern ih - res gleichen in allen weit vorgangen; ſo〈…〉〈…〉 tzwuͤrig auch derer Wartung alhier ſeyn〈…〉〈…〉 nen / ſintemahl es ſeltzame Natur Sachen / daß ſie nicht lange ſich alhier bey Uns aufhalten; und daß / gleich wie Sie Jhme zu gutte gebohren / alſo auch Sie ihr ſelbſt zum beſten abſtérben moͤgen. Daß Sie aber Jhme anitzo vorgeſchritten / iſt hieruͤm beſchéhen / Sie / als heftig beaͤngſtiget / wé - gen ſeiner Liebe / Jhme den Weg uͤm ſelben deſto gebahnter ihren Fußſtapffen nachzu - folgen / zubereiten. Wofern auch ſeine Oh - ren / wégen des Lauts ſeiner Klagen / nicht ſo belaͤſtiget; ſo wirde Er durch Einbildungoh -127Jm Perfertiſchen Buchladen zu finden. ohne Zweifel dieſe Worte zu Jhme / von Jhr anhoͤren: Er laſſe den Bách / mein al - lerliebſter Schatz / vertruknen; denn deſſen Zehren ſeyn unrechtmaͤßig / und die Urſache unerheblich; Er beſeuftzet meinen Tod; und Jch beklage ſein Lében: Er beweinet mein abſcheiden; und Jch betraure ſein noch in der Welt habende Wohnung: letzlich ver - goͤnnet Er mier / daß der Himmel mich beſi - tzet / und Jch bin eiferſuͤchtig / Jhn noch auf Erden zuféhen. Er fuͤhre wégen meiner / nu - mehr genoſſenen Freud und Wonne / keine Klágen / denn dieſelbe iſt ſo unermeslich / daß Er auch mit genauer Noht ſolche hof - fen kan: Sein Unmuht iſt mier wégen mei - ner empfundenen Herligkeit verdruͤßlich / wann Er / wégen Nohtwendigkeit de[r]Welt / uͤm meinen Leib Trauren fuͤhret;[ſo]trage Er auch inwendig in ſeinem Búſen Freude / weil meine Sele ſo gluͤkſélig / und in Freuden lébet. Mit ſolchen und derglei - chen Réden / Herr / wirde Sie Jhme ſeine Traurigkeit auswinden und benehmen. Er wiſche die Trehnen ab / damit ſeine Augen den Ohrt / wo Sie nun wohnet / beſcheinen; und ſterbe taͤglich von ſeinem Unmuhte; deñ auch wier des Himmels / und deſſen unaus - ſprechlicher freude zugenuͤſſen / abſterbend faͤ - hig ſeyn. Je laͤnger aber einer ſeine Lébens - tage erſtrekket / ie laͤnger hat Er den Weg darzu noch vor ſich. Jch wil dieſe mei -F f iiijnem128Troſtſchreiben / wegen ſeinernem Schreiben / und zwar mit angehaͤfter Bitte / zugleich ſeinen Unmuht und ſchmer - tzen zu ſaͤnftigen und zu ſtillen / Endſchaft er - teilen: nichts wenigers wird es die Zeit verrichten / weil ſie alle Sachen aͤndert; aber nicht zwar auch im allergeringſten das Gemuͤhte

Meines Herren Dieners.

130. Ein Troſtſchreiben an einen gutten Freund / wègen des Abſterbens ſeiner Hausfrauen.

LJebſter Freund /

Jch habe die hóchbetrauerliche Zeitung deiner Geliebten Hausfrauen Abſterben er - fahren; und du kanſt den / bey mier empfun - denen Unmuht / leichtlich aus dem / ſo du lei - deſt / in ſonderbahrer Erwegung / daß un - ſere gemeine / und in unſeren Hertzen ehr - liche Freundſchaft / ſowohl gluͤkſéligen Wohlſtand / und anfallendes Ungluͤk / als alzugenau untereinander vereinbahret / es zugleich ausgeteilet / fuͤhlen; dergeſtalt / daß / ſo lange du deine Klágen erſtrekkeſt / Jch / zu gleicher weiſe / mein Leid / und ge - ſchoͤpfte Traurigkeit erlaͤngern werde; mier uͤber dieſes noch fuͤr einen Ruhm achtend / dem Ungluͤk ſatſam zubeſeufftzen: Und weil Jch alſo nimmermehr / als in deinem Troſt /Ru -129Hausfrauen Abſterben. Ruhe und Ergetznng finden kan; ſo wirſt du mier ſelbſt zu einer Erkwikkung guͤtlich verſtatten / dich zu troͤſten. Wiſſe daher / mein Freund / daß Jch den wehrt deines Verluſts / dier nicht zurauben / uͤm die Em - pfindung durch deſſen Verachtung zu ſaͤnf - tigen / gedenke; ſondern im Gegenteil / wil Jch ſagen / daß / weil du alzuviel verlohren / du keklich dem Ungeluͤkke / und deſſen Zufall / dich nehmlich ein mehrers zuber auben / trotz bieten kanſt: aber mit dieſem kan Jch dier keinen Troſt beybringen; dahero Jch uͤm Verzeihung bitte / ob es wohl an dehm / daß aus dem Vberfluß deines verlierens / du ei - nen unausſprechlichen Gewien erlangen kanſt / bekuͤmmert wegen deſſen / weſſentwé - gen du dich bekuͤmmerſt / daß nehmlich / wider dein Verlangen und Begehren / der Wille Gottes erfuͤllet ſey: deñ auff ſolchen ſchlag beweinend / was du beweineſt / wirſt du deine Schmertzen und Unmuht / rechtfertigẽ; und in dieſer rechtfertigung das heilſame Wund - kraut zu deiner Wunde finden. Du duͤrf - teſt nuer zwar einſtreuen / dz ein ſo ſchmertz - liches Betruͤbnuͤs / wie du fuͤhleſt / Uns der - maſſen gaͤntzlich einnimt uñ beherſchet / dz ſie Uns nichts anders vergoͤñet / als nur unſern empfundenen Unmuht und Schmertzen (uͤm ſelbe Wehrung in das Buch der Ewigkeit einzuzeichnen) zu heufen; und zwar alſo / daß keine Freyheit / als unſer Ungluͤk zube -F f vſeuff -130Troſt / wegen ſeiner Hausfranen Abſterben. ſeuftzen uͤbrig gelaſſen: Nun gebe Jch dier in dieſem Beyfall; allein du muſt auch aus Noht einreumen / daß du nun nicht traurig ſẽyn kanſt / du fuͤhreſt dann unausſaͤglich in friſchem Gedaͤchtnuͤße die Urſach derſelben / welches iſt der alzufruͤhzeitige Tod deiner lieben Hausfrauen: Nun bringeſt du dieſes Ableiben vor eine Urſache deines Weinens an / ſo kan ében auch dieſe Urſache deine Zeh - ren abzudruͤkken dich anhalten: Denn deine Frau iſt geſtorben / daruͤm / weil Sie nicht unſterblich gewéſen; und wann du / wie daß ihre Lébens Uhr in dieſer Welt nicht lange gelaufen / dich beklageſt / ſo haben hierinnen ihre fuͤrtrefliche Tugenden / die Eigenſchaft ſeltzamer Sachen / welche hierunten auf Erden nicht lange verbleiben / an ſich gezo - gen. Sie war alzuvolkommen / ſo lange als andere zulében / in Behertzigung / daß gemeiniglich die allerwuͤrdigſten und koͤſt - lichſten Dinge von kurtzer Wehrung; und du darfſt derowégen gar nicht leidig ſeyn / daß Sie ſich in dieſem Trehnen Tahl nicht mehr befindet / wo du ihr anders ihr ſéliges Lében nicht vergoͤnnen wilſt: denn ihr Lé - ben fuͤhret die vermuhtliche Nachfolge ih - res Todes mit ſich. Was wirſt du nun wohl / deinen Unmuht zubeſtaͤrken und zube - kraͤftigen / vor und auf die Bahn bringen? daß du nehmlich Sie / als ein liebwuͤrdiges Ding / gar zu heftig liebeſt? du kanſt ſolcheLie -131im Perfertiſchen Buchladen zu finden. Liebe in mehr vermehrende / gar wol fort ſtel - len / daruͤm / weil Sie nun mit mehr unſterb - lichen / und Goͤtlichen Tugenden / als vor - hin begábet: Dann mit Veraͤnderung der Wehrung / hat Sie zugleich ihre Gelégen - heit verwechſelt; und der letzte Augenblik ihres Lébens / hat den erſten ihrer Unſterb - ligkeit hervor gebracht: ja / wann du ihre Abweſenheit beklageſt / ſo behertzige / daß dei - nes Lébens Schief / ohne Aufhoͤren in die - ſem tóbenden Weltmér / an dem Ufer eines gewuͤndſchten Anfurts zugelangen / heruͤm ſchweift; und daß du fort fuͤr fort abſtir - beſt / biß ſo lange du / gleich wie Sie / gantz dem Tode in ſeinen Rachen geſchoben wirſt. Die Zeit wébet den Faden unſeres Lé - bens / aber mit dermaßen fluͤchtiger Ge - ſchwindigkeit / daß / wie eilig du dich ſolches; bevor zuſéhen befleißigſt / doch keine Zeit dich darzu zubereiten / haben kanſt; und ehe du ſolches fortſtelleſt / wird es doch langſam ſeyn / wo du anders nicht zu gutter Stunde dich darſchikkeſt. Verzeihe mier / daß Jch frey und ungeſcheut herauſer réde; denn die geſchwohrne Zuneigung verpflichtet mich hierzu: Stelle dieſe obangezogene Gruͤn - de deiner Vernunft vor / ſo wirſt du dich groͤßlich getroͤſtet empfinden. GOtt be - fohlen! Schaffe / daß die Vernunft / wo du anders frey und ungehindert aus dieſem ver - druͤßlichen Jrgange (darein dich deineF f vj.Traur -132uͤber ſeiner Geliebten Abſterben / Troſtſchr. Traurigkeit gefuͤhret) her auſer kommen wilſt / der Fade deiner Begleitung ſeyn moͤ - ge: Denn die Artzney der Beſtaͤndigkeit / iſt das eintzige und fuͤhrtreflichſte Mittel / dei - ne ſchmertzen zulindern und zuſtillen: Ver - bleibe dabey der Meinige; wie ich bin / der

Deinige.

131. Ein Troſterkwikkendes Schreiben / an einen Liebhaber / wégen Abſter - ben ſeiner Liebſten.

MEin Herr erſchrekke nicht / uͤber dem / daß Jch Jhme behuͤlflichen Troſt zuzuſchreiben / die Féder zur Hand gebracht: Jch weis zwar alzuwohl / ſeines Ungeluͤkkes eigenſchaft / wie daßſelbige keine andere artz - ney / als die / welche die Zeit ihr beybringen wird / erdulden kan: Jch gébe zu / daß ſein al - zugroſſer Verluſt / Jhme alle bevorſorgnuͤß von nun an / zu gleichem Schaden zugedey - en / auswinden wird: obwohl andehme / daß das gluͤk ſich ie und allezeit gegen Jhme als eine Freundin geſtellet; ſo vermag Er doch keklich deſſen Zorn und Grim̃ abſagen / und Jhn mit noch mehrerem Ungluͤkke / als da - mit Er albereit erfuͤllet / zubelégen / trotz bie - ten. Mein Gemuͤht und meinung iſt nicht / Jhn bey ſolchem ſchmertzẽ etwa zubeſchmei - cheln; dann Jch befinde ſelbigen ſo heftig / daß auch alles Ungluͤk zuſam̃en geſchlágen / deſſen Pein und Angſt nicht erreichen moͤ - gen: nichts deſto weniger ſo iſt noͤhtig / Jhnzwar133im Perfertiſchen Buchladen zu finden. zwar nicht zuheilen (denn es nicht in meinen Kraͤften und Vermoͤgen ruhet); ſondern durch Mittel der Vernunft / als die ſeinem Verſtande behaͤglich und gefaͤllig / zu troͤſtẽ / mich zubemuͤhen. Es iſt mehr als wahr / daß der unerſaͤtliche / heishungerige Tod / Jhn ſeines Hertzens einiger Herſcherin beraubet (oder vielmehr eine helfte von ihme ſelbſt) / welches das andere in ſeiner Botmaͤßig - keit; und dieſes iſt gewies ein ſchwehr - und untraͤgliches Vngluͤk: nichts minders / ſo gleube Jch dieſes noch heftiger zu ſeyn / daß Er gantz keinen Troſt an ihme verfangen laſſen wil / und alſo wider ſein Leben ſelbſt im Zorne brennet: ſeine / in Wind gelaſſene Seuftzer / bejam̃ern gleichſam / daß ſie un - nuͤtzlich angewendet; und ſeine vergéblich vergoſſene Zehren / tragen Leid uͤm ſeinen Unmuht; denn der unerbitliche Tod / ſaͤtiget ſeinen hungrigen Magen / mit unſerem Lei - de / und verlachet unſer Klagen; weil Er verſichert / daß Er Uns keine Urſach wégen ſeiner Grauſamkeit / als wider die billigkeit / beybringen kan; indehm dz dieſes Geſaͤtze der Nohtwendigkeit zu ſterbẽ / ſo natuͤrlich / nicht uͤberſchritten werden kan / beſtaͤrket wird. Mein Herr wird mier dargegẽ einwendẽ / dz der Zwek ſeiner Verdienſte und zuneigung / welches numehr im grábe / ihn fuͤrohin nichts anders / als nach deſſen begraͤbnuͤs ſeuftzend machen werde; und daß ſeine Traurigkeit viel ſtaͤrker als ſeine Vernunft / auch widerF f vijWil -134uͤber ſeiner Geliebten Abſterben / Troſtſchr. Willen darzu anleite und fuͤhre: Er habe wohl acht auf ſeinen nachlaͤßigen Unfleiß / und denke an die unempfindliche Freude / welche Er / aus Urſach ſeines vermeynten gerechtſamen Unmuhts fuͤhret: Es iſt zwar gar unſchwer / indem Er den Mangel ſeiner Waffen erkennet / Jhn / wider alle dieſe an - fallende Streiche / durch Huͤlfe einer neuen Kraft / ſo Er von der Beſtaͤndigkeit / ent - lehnen kan / unuͤberwindlich zumachen; denn in allen unſern vorhabenden Verfahrungen / ſollen wier ie und allezeit den Zwek / worauf es zielet / uͤm deſſen Verdienſte oder Maͤn - gel zuerkennen / zubehertzigen uns bearbeiten. Er beweinet und beſeuftzet den Tod ſeiner al - lerliebſten / welches zwar loͤblich; iedoch mit angehaͤftem Bedinge / daß es auch mit ge - buͤhrender Maß geſchéhe: aber / wie die ůberſchreitung deſſen / von dem geſtekten Ziel ſich viel zu weit ableiten laͤſt / ſo wird aus einer gerechtſamen / eine unbilliche Sa - che; und deſſen Scheltung gereicht zu ſei - nem Schimpf und Schaden / weil Er als ein Werkzeug in dieſem gebraucht wird. Was hoffet Er wohl mit ſeinem unaufhoͤr - lichen Klagen auszurichten? Der Himmel kan ſeinen einmahlgefaſten Schluß / ſo un - ruͤktreiblich / nicht uͤberſchreiten: Das / was Jhme auf dieſem Weltbau am liebſten / iſt todt: Er verwundere ſich hieruͤm im wenig - ſten nicht / weil auch Er / von ſeiner Kindheitan /135Vater Troſt / uͤber ſeines Sohnes Abſterben. an / ohne aufhoͤren / und unausgeſaͤtzt / ab - ſtirbet. Er eile ihrer Straſſe nach / ſo zwei - felt mier nicht / daß all ſein Leid nur allein / weil es ihr nicht ſo bald gefolget / dáher uhr - ſpruͤnglich entſtanden; aber dieſes hat ſein groſſer Mangel verhindert; denn / wann Er auf dieſe Reiſe wohlgeſchikt / kan Er al - le Stunden abſcheiden. Er bekwehme und bereite ſich hierzu: und / zu deſſen Anfange / ſo beweine Er / daß Er ſo viel geſeuftzet; Er beklage ſeine gefuͤhrte Klagen / oder vielmehr wégen des damit begangenen ůberflußes. Dieſer mit Gluͤk gemachte Anfang / wird Jhme ein gluͤkſéliges Ende verheiſehen: und ſolches koͤmt her / von

Seinem Diener.

132. Ein Tróſtſchreiben / an einen Va - ter / wégen ſeines / mit Tode ver - fahrenen Sohnes.

MEin Freund /

Ob euch wohl erhébliche Urſachen zu - beklagen vorſtehen / ſo habt ihr euch doch de - ren mehr zutroͤſten; ſintemahl kein Ungluͤk und Schmertzen in der Welt / davor nicht Linderung zu finden. Euer Sohn hat zwar / wie man ſagen moͤchte / dem Tode ſeinen Tribut erléget; iſt er aber nicht gluͤkſélig / daß Er von dém / Uns ſtetig auf dem Halſeſchwe -136Bater Troſt / uͤber ſeines Sohnes Abſterb:ſchwébenden Elende / befreyt / und ſich deſſen entbrochen? Worzu dienets / vor dem die Flucht zunehmen / welchen wier doch nicht uͤmgehen / oder Uns deſſen entfreyen koͤn - nen? Er iſt ſolchem in der Suͤſſigkeit ſeiner Jahre vorbey gegangen: Jung iſt Er auf dieſe Welt kommen; jung iſt Er wieder - uͤm aus derſelben geflohen: Der Fruͤhling ſeiner Jahre hat Jhn auf die Welt geboh - ren / und ében dieſelbe Zeit ſterben ſéhen: Er hat bey ſeiner Lébenszeit nichts als lieb - liche Roſen geſéhen; und deſto weniger ſtachlichte Dornen in ſeinen Naͤchſten. Jhr beklaget wohl eueren Verluſt; Er aber er - freuet ſich uͤber ſeinem Gewien: Jhr bewei - net ſeinen Tod; und Er betrauret euer Le - ben: Er iſt die verdruͤßliche Gegend / und Gefaͤhrligkeit der Natur vorbey gangen / und ſiehet nun aus ſeinem gewuͤndſchten Port und Anfuhrt / euer / in dieſer Welt auf - ſteigende Ungeſtimmigkeit; welche euch ver - urſachet / das ſenige zufuͤrchten / was Er al - bereit vermieden und uͤberwunden. Gébet demnach Uhrlaub euerem Unmuhte / und ge - daͤnket nicht mehr an ſein / ſondern vielmehr an euer Gráb: Er ſtirbet hinfuͤro nicht mehr; Jhr aber muͤſſet ſterben: und dieſes iſt der Vorteil / den Er vor Euch behaͤlt. Sokrates achtete ſich niemals ungluͤkſeliger / als in ſei - nem Alter; der Meynung / es ſey der / ſo in ſeiner bluͤhenden Jugend / von dieſer Weltab -137im Perfertiſchen Buchladen zu finden. abſchiede / vor Gottes Allerliebſten zuſchaͤ - tzen. Jch tuh euch unrecht / mit ſo vielfalti - gen / vernuͤnftigen Urſachen zu troͤſten; gleich als ob ihr wégen eueres Verluſts be - kuͤmmert ſeyn ſoltet: Jhr verguͤßet euere Zehren nach Gewohnheit / und nicht aus Nohtwendigkeit: Es iſt genug; aber nicht zuviel / euch immer ie mehr zu dienen / als

E. Schuldwilliger.

133. Ein Troſtſchꝛeiben / ſo an einen Va - ter / wegen toͤdlichen Abtrits ſeines Sohnes / ergangen.

LJebſter Herr Schwager /

Die / euch ſo hóch / und vielfaͤltige / treu - lich gelóbte Schuldigkeit / hat mich veranlaſ - ſet / daß Jch die Feder zur Hand genom̃en / und neben Euch / auch vielmehr mich / wégen des / euch angeſtoßeuen ſchwehren Ungluͤks / zu troͤſten / unterwunden. Dann / wahrhaftig geſaͤtzt / daß euer Ungluͤk gantz gemein; ſo be - finde Jch mich doch in meinem Sinu alſo verwirt / Euch / und zwar von aller huͤlflichẽ Artzney entfernet / etwas Troſt beyzubringẽ; weil Jch zumahl / an ſtat euch ſolche zuertei - len / ſelbſt von euch ſehnlich erwarte: nichts minders euch troͤſtend / zu deſſen Verrichtung Jch mich ſelbſt mit Troſt erfreueu / weil ein UngluͤksPfeil138Παϱαμύθια. Pfeil Uns alle beyde zugleich / in hoͤchſttrau - erliches Ungeluͤkke geſtuͤrtzet. Euer Sohn iſt tod; ſeine Gebuhrt hat euch / wie nicht un - billich / dieſen unvermeidlichen Zufall / zu - vor ſagen ſollen; denn ſein Lében hat deſſen Abſterben auff dem Ruͤkken gefuͤhret: aber / Er wird vieleicht gar zu eine wenige Zeit gelébet haben? Mit nichten / denn / wann ihr ſeine / mit ruhmwuͤrdigen Verfahr - und Handlungen zugebrachte Lébenstage zéh - let / ſo werdet ihr befinden / daß ſeines Lé - bens nicht laͤnger ſeyn moͤgen. Wer wohl lébet / der hat lange genug gelébet; und iſt viel baͤſſer jung / und darzu mit Weisheit begabt ſterben / als in hohem Alter; dieweil / wer auf ſolche Maß ſein Ende beſchleuſſt / mit Jhme zugleich den Ruhm / daß der Erndte des Alters in ſolcher vorkommen / hinweg traͤgt / und durch Vorteil allen dieſem ehr - wuͤrdigen Alter zuſtehende Vorteil gaͤntzlich aus dem Wége verwirft: Und zwar / als euer Sohn allen dieſen Vorteil in ſeiner zarten Jugend / genuͤslich empfunden / ſo iſt auch nicht noͤhtig geweſen / daß Er ében eue - rer Zufriedenheit halben / ſein Alter verlaͤn - gern ſollen / weil albereit ſeine Tugenden Jhn als einen alten Greiß vorgeſtellet: o - der ſaget Jhr / es ſey euch doch nichts min - ders ſein Ableiben unertraͤglich / weil Jhr ſeiner gegenwart ſolt beraubet ſeyn: Auf die -ſes139im Perfertiſchen Buchladen zu finden. ſes werde Jch Euch einſtreuen / daß die ver - gnuͤgung ſeines Lébens / ohne Tadel / und ohne alle Verwunderung alzufuͤhrtreflich / daß es lange wehren ſolte: und laſſet Euch an dem begnuͤgen / daß gleicher Weiſe / was Jhr zu Werke gerichtet / die Natur verrich - tet: ohne zwar im wenigſten Euch den Ruhm euerer Arbeit verrichtend; unter hundert tauſend euerer Perſchon gleichwuͤr - digen Menſchen / wird vieleicht ein ſo gluͤk - ſéliger / als Jhr / nicht anzutreffen ſeyn: deñ euer Ungluͤk / wenn es wohl betrachtet / euch nicht ſo rau / als andern / die dergleichen Leid fuͤhlen / und dieſe ſeyn / wégen Heftigkeit ih - rer Beunruhigung / in etwas zuentſchuldi - gen.

Es ſey ein Baum ſo ſchoͤn anzuſchauen als Er wolle / ſo kan man doch das wenigſte von ſeinen Fruͤchten / als wann Sie vol - koͤmlich reif / uhrteilen; nicht deſto weniger ſo findet ſich alhier das fuͤhrnehmſte falſch / weil aus der frucht eueres Baumes / ehe uñ bevor Er ſeine Zeitigkeit erlanget / nicht al - leine man albereit von deſſen Fuͤrtrefligkeit zu uhrteilen / ſondern auch / durch Bezeug - nuͤs des liebs anmuhtigẽ Geſchmacks / wel - ches ein Zeuge ohne Tadelung / man albereit uͤber deſſen Guͤtte ſich zuverwundern ange - fangen: uͤber wz duͤrfet ihr euch deñ beklagẽ? Der Himmel kont euch ſolchen / ohne daß er nicht dem Tode uͤberliefert wirde / nicht ſovol -140Ein Vater Troſt /volkommen anfuͤgen; angeſehen / daß auch der allerkoͤſtbarlichſten Dinge / der Welt Ei - genſchaft iſt / nicht lange ihre Wohnung in dieſer Welt hervorbringt / weil ſolche der Veraͤnderung unterworfen / ſo muͤſſen auch nohtwendig alle verwunderliche / darin ge - bohrene Dinge / den Lauf dieſer hinfaͤlligen Nichtigkeit nachoͤhmen / wofern der Him - mel / als erſter Anfang zu gutter Stunde / uͤm ihre Volkommenheit zuerhalten / ſelbige nicht vor dieſer Erde wegraubet: wie er deñ zu bekwehmer Zeit euch eueren Sohn hin - weg gefuͤhret / und von der Welt / oder viel baͤßer / aus dieſer verkehrten / und gantz zu Grunde verterbten Erden / welche ſein Lé - ben zu veraͤndern gedreuet / abgeſtohlen und weggeſchaffet; ſo da billich die Natur eue - rer Zehren veraͤndern ſolte / und euch betruͤ - ben / daß ihr euch uͤm eine Sache / ſo aller Freude wuͤrdig und wehrt / mit Truͤbnuͤs be - faͤlliget. Und wofern alle dieſe obangezeigete Gruͤnde / euch nicht gefallen / ſo verwerfet Sie deswégen nicht / ſondern habt ſie fuͤr ein andermahl zum Hinterhalt / und zwar ſo lange / bis die Zeit euch ſolchen von Unmuht eitelhaften Sinn / ſo eueren Geſchmak ver - faͤlſchet / auſer Sinne bracht. Jch ſage die Zeit / daruͤm / weil ſolche ein ſo bewehrter Artzt / daß Sie aller Krankheit / maßen ihr an euch fuͤhlet / mit heilſamer Kuhr / zu Huͤl - fe koͤmt: Und ob ihr wohl deſſen Artzneyver -141wegen ſeines Sohns Abſterben. verachtet; ſo wird ſie doch unempfindlich in Euch / und zwar / ohne eueren Dank / wirken; Ja / ob ihr gleich daran im wenigſten geden - ket / was Gegenwehr ihr gleich anſtellet / heilen. Dieſes vergewiſſere Jch euch / durch Erfahrenheit / wofern Jhr euch unterfahet / mier anderweit einzuſtreuen / wie daß eines mit des andern Unruh gantz unterſchieden / und wie eine mehr / die andern weniger lie - ben; ſo gébe Jch dieſes alles wohl zu; aber alzeit mus man zu deſſen Zwek ſchreiten / welcher iſt / daß wier Uns taͤglich durch eine Fluͤchtigkeit / ſo ſich ſehr nach unſerer Na - tur ſéhnet / und zu dero begierig iſt / veraͤn - dern. Alles / was uͤm und an Uns iſt / es ſey durch Zufall oder anderwerts / verwechſelt und veraͤndert ſich; ein Teil nehmlich laͤſſet ſich ſolches / ſein gantzes Wéſen / aber ein anders bewégen. Nichts wenigers / ſo weis Jch / daß Jhr mier ében das / was ihr andern vermeldet / auf die Bahn bringen werdet; nehmlich / daß / wann Jhr auch hun - dert Jahr lében wirdet / Jhr nichts anders / als uͤm Leid / daß Jhr nicht ſterben koͤnnet / weil Jhr von der Welt / nach abſcheiden eu - eres alzuſtarken und erkwikkenden Troſtes / ein Verluſt und Ekel abſtirbet / euch bekuͤm - mert. Alle dieſe Réden kwaͤllen von der Heftigkeit euers Bekuͤmmernuͤßes hér: man hat wohl andere / in der Genade der Wellen auf dem Zéhren Mér / und wie ſieder142Vater Troſt / wegender Wind ihrer Seuftzen / ohne den Ruder der Vernunft / und Steuer Ruder der Be - ſtaͤndigkeit / kaum zweyer Finger breit / von dem erbaͤrmlichen vor Augen ſtehenden Schiefbruch gefuͤhret / dahero ſeglénd geſé - hen; nichts deſto minder haben Sie doch an den gewoͤhnlichen Port der edlen Gedult an - laufen muͤſſen / da aller Bekuͤmmerten und Troſtlóſen Hertzens Schiffe / nach erdulde - ten ungeſtimmigen Sturmwinden und Un - gewittern / alles ungluͤks / Angſt / und Noht / ihren Anker benétzen muͤſſen. Entfliehet nun von ſolchen / ſo weit ihr geſinnet / oder entfer - net euch von dieſem Haufen / vorſetzlicher Weiſe / wie ihr wollet / ſo muͤſſet Jhr euch doch dahin machẽ / wo anders ihr nicht gantz mit der Verzweifelung behaftet / welches Jch zwar nimmermehr gleuben wil / denn das Gluͤk hette euch nicht ſo hóch ans Bredt geholfen / wann es euch nicht ſolche Suͤßig - keit mit etwas Bitterkeit vermiſchet: Zu - dehm / wozu dienet Euch ſonſt euer unver - zagtes Hertze? als ritterlich anzugehen / und ſich beſter Maßen zu wéhren; abſonderlich aber ſolche und dergleichẽ gefaͤhrliche Strei - che auszunehmen: ůber dieſes / daß auch eu - er von grauen Alter / mit ſolchem / uñ derglei - chen Gefahr und Ungluͤk zugebrachter Ver - ſtand Euch / wie nicht unbillich / alle ſolche unvermeidliche zufaͤllige Dinge / Er durch die Bevorſéhung / welche Jhr vor derer An -kunft143ſeines Sohnes Abſterben. kunft albereit gehabt / ertraͤglich verbringen ſolte. Jch wil numehr mit fernerem Tro - ſte euch nicht mehr aufhalten; alles / was Jch oben vorbracht / iſt aus keiner andern Meinung geſchéhen / als euch deſſen / was ihr in einer ſolchen Sache erſprislich und heilſam wiſſet / anzuerinnern; und daß euer gantz irriges Gedaͤchtnuͤs / euch / nicht deſſen Geſtalt und Form / als Urſach der uͤberheuf - ten eueres Ungluͤks Heftigkeit / vorſtellen moͤchte. Séhet da meine Entſchuldigung / und alhier meine langwierige Bezeugung / ſo da iſt / daß unter der großen Zahl dérer / welche euere unausſprechliche Tugenden / euch zu Dienern und Freunden erworben / doch keiner / der mier in der Treu gleichgehen ſol / zufinden ſeyn wird. Jch bitte euch / ſol - ches zugleuben; und gleubend / dieſe meine euch ſchuldig-abgelégte Gebuͤhr / nicht zwar als eine Troͤſtung (weil Jhr deſſen nicht be - duͤrftig) ſondern als ein ſchwaches und ge - ringfuͤgiges Bezeugnuͤs / in was hóhem Wehrt / euerer Perſchon Behertzigung / ſich bey mier findet / und mit was Art Jch euer wehmuͤtigen Schmertzen erdulde / in geſun - dem Verſtande / auf und anzunehmen. Das iſt aller wahren Freunde Eigenſchaft / daß das gluͤkke einen / ohne Beſtreitung des an - dern / nicht antaſten kan: Und wie deſſen Sieg in der ůberwindung deſto ſcheinlicher; alſo iſt auch ihr Troſt deſto heilſamer / und er -kwik -144Vatertroſt / wegen ſeines Sohne Abſterben. kwikkender / daß ſie alſo habẽ / ũm ihre gleich - éhnliche / hertzliche Zuneigung / mit Troſte zubeſtaͤrken. Steuret euch derowégen / in eu - erer Schwachheit / mit der Helfte auf mich; und erteilet mier die Freyheit meines Teils / euer Ungluͤk zu beklagen; meine Zéhren werden den eurigen huͤlflich erſcheinen / wo Jhr anders / wie recht und billich / mier die Helfte eueres Unmuhts uͤberlaſſet; gleich wie Jch auch in Wahrheit die Helfte / euch ſelbſt / in der Wohlgewogenheit bin; und zwar unter dem Nahmen / den Jch fuͤhre /

Seines Dieners.

134. Ein Troſtſchreibẽ / an einen gutten Freund / welcher merklichẽ Scha - den an dem Seinen erlitten.

P. P. Nohtdraͤnglich mus Jch be - kennen / daß die traurige Zeitung / eueres zu - geſtandenen Ungluͤks / mich dermaßen er - ſchrekket / daß Jch / von demſelben beruͤhret / wégen des großen / daher empfundenen Schmertzens / Muͤhe gehabt / wieder zu mier ſelbſt zukommen. Jch heuchel / oder lieb - koſe euch / bey ſolchem euerem ſchwehren Zu - ſtande nicht; denn Jch erachte ſolchen un - traͤglich / und gleube / daß es natuͤrlich / ob es wohl in allen Arten der huͤlflichen Artzney - berfluͤßig / ſich doch mangelhaftig ohne Mit -tel145im Perfertiſchen Buchladen zu finden. tel / zu euerer Heilung / finden laſſen wirde. Dahero iſt es von hoher Nohtwendigkeit / indehm die Erde / ſo ſolchen Verluſt gehabt / ihr ſolches wieder zu ſchaffen / und herein zu - bringen / gantz ohnmaͤchtig / ſondern man mus viel hoͤher ſeine Gedanken ſchwingen laſſen / und von dem Himmel / als dem eintzi - gen und allerbewehrteſten Artzt / ſolcher Krankheit / huͤlfliche Hand / fléhentlich er - werben: Und Jch rahte uͤm euch / an ſtat ei - ner Leiter / bey dieſer Betrachtung dienend / daß alles / was hierunter / es ſey welcher Natur und Eigenſchaft es wolle / mit und nében ſich die Nohtwendigkeit ſeiner Ab - wechſelung fuͤhret. Die Zeit ſelbſt / ſo doch alles verwechſelt / in Zunichtmachung ande - rer Sachen / verſtoͤret Sie ſich; und iſt das Ungluͤk eine Frucht der Erden / ében ſowohl als die Diſtel und Doͤrner: Und wie alles des Menſchen zu handen ſtoſſendes Elend / Angſt und Noth / unſere Seugammen / oder vielmehr unſere Stiefmutter ſeyn / als ver - lobete / mit den ungluͤkſéligen unſeres Lé - bens Tagen / uͤber die das Ungluͤk die hoͤch - ſte Gewalt zu ordnen hat; ſo iſt auch in die - ſem brauſenden und tóbenden Weltmér / unmoͤglich / an ſicheren Port zum Schutz des Ungeſtuͤmmes / ja auch mit genauer Noht / uͤm den Schiefbruch zuvermeiden / wo Uns nicht die Vorſichtigkeit zum Steu - errnder dienet / zufinden. Was noch mehrG giſt /146Troſtſchreiben bey ungluͤklichen Zufaͤllen. iſt / dienen unſere Heupter hierunten auf Er - den / nicht zu einem Blát / worauf der Him - mel all unſeren begangenen Laſtern zur Rach gefertigte Pfeile abdruͤkket; Wier moͤgen Uns nun / wie wier wollen / zu verbergen / o - der zu entfliehen unterſtehen / ſo kan Er Uns doch / wann es Jhme gefaͤllig / ergreifen und zernichten: daruͤber zu murren / iſt nichts an - ders / als einen Untergang uͤber den andern / Uns gaͤntzlich zu unterdruͤkken / uͤber den Hals leiten. Wier ſeyn in dieſe Welt ge - bohren / daß wier zu einem Spiel ſeines Verlangens dienen; Der Faden unſeres Lébens iſt in ſeinen Haͤnden / Er mag ſelben abreiſſen / nach ſeinem Gefallen / und deſſen Willen; Dehme nicht zu widerſtreben / ver - knuͤpffet auch den unſrigen Jhm zu ſolchem Gehorſam / daß unuͤmgaͤnglich wier unſeren Hals unter ſein Joch neigen muͤßen; ja / deſſen Dienſtbarkeit ſo angenehm / als ruͤhmlichen ermeſſen. Zu allem ůberfluß / ein Menſch / und zugleich ungluͤkſelig ſeyn / iſt ein unzertrenlicher Schlueß / und Nachfolge unſerer Eigenſchaft und Natur / als wel - ches mit der bitteren Galle des Elendes dieſer Welt eingenetzet und begoſſen. Jch wolte / daß alle das gutte und gluͤkſélige Ge - ſtirn / bey der Gebuhrt etlichen Menſchen / wider die Moͤgligkeit den obriſten Gewalt hetten / und die zuſammenſaͤtzung / ihrer aller -be -147Jm Perfertiſchen Buchladen zufinden. beſten Zuneigungen / ihme zu einer bewehr - ten und kraͤftigen Artzney / wider alles Un - gluͤk / ſeyn moͤchte! Nichts weniger / wann Er lébét / ſo empfindet Er doch die Bitter - keit; ja unterſchiedliche Veraͤnderung und Wechſel / ſeines Zuſtandes: denn / beſage einer unfehlbahren Regel / mus der / welcher zum Gluͤksrade beruffen / und darauf ge - ſaͤtzt / ſich nohtwendig mit heruͤm drehen laſ - ſen / und als von dem obriſten Gipffel / gróſ - ſer Ehre und Herligkeit / bisweilen zur un - terſten Stafel der Niedrigkeit herab fah - ren. Es iſt nichts beſtaͤndiges / als die einige Unbeſtaͤudigkeit ſelbſt / welche dienet zu einer Form deſſen / was von allen Dingen nicht geordnet werden kan. Die allerungluͤkſélig - ſten ſeyn die / welche am wenigſten die Gall des Ungluͤkkes koſten; Weil / nach Beſage der gemeinen und gewiſſen Regul / ein Lében voller Róſen / einen Tod voller ſcharfſtachlichter Dornen hervor bringt: Denn man kan nicht von einem Ende zum andern / ohne Beruͤhrung der Mittelſtráſ - ſen / gelangen. Jch wil ſagen / daß durch die Wohlluͤſte dieſer Welt / man nicht zum Himmel / wier leutern denn unſere gantz - verterbte Natur / durch das Diſtilier - gláß unſerer Strafe / welches unſeren La - ſtern auferléget / wandern koͤnne: geſtaltſam (alle dieſe Behertzigungen zubeſchluͤßen /) G g ijJch /148Troſtſchreiben bey zugeſtoſſenem Schaden. Jch / bey euerem Ungeluͤkke / euch ſélig ſchaͤ - tze / daß unſer lieber Gott / zu gutter Stunde / euch in der Kapell des Betruͤb - und Kuͤm - mernuͤßes / als das Gold geleutert / uͤm auf das eheſt / nicht zwar durch die wohlluſtbar - liche Freude dieſer Welt / (denn Jhr ſolche ſehr wenig genoſſen /) ſondern durch Muͤh / und ſehr gefaͤhrliche Wége / zu der ewigweh - renden Gluͤkſéligkeit / in den Himmel zu fuͤh - ren. Jhr wiſſet / daß der Weg zur Tugend rauch / ſtachlicht / und voller Doͤrner; waruͤm erſchrekket Jhr denn / ſo tugendſam als Jhr ſeyd / den ſchauren und ungebaͤhnten Weg zu wandern? Nicht allen in dieſer Welt wiederfaͤhret die Gnade / den Willen darzu zu haben / oder / ob ſie gleich den Willen ha - ben / auch ein Mittel ſeine Tugend zu uͤben / gluͤklich anzufinden / bis ſo lange wier / nicht zwar mit vergaͤnglichen Lorbéren / oder Pal - men zugerichteten Krohnen / ſo von der Zeit wieder aufgerichtet / durch ihre Unbeſtaͤn - digkeit verwelken; ſondern mit der ſtets gruͤ - nenden Ehren Krohne des Ewigen Lébens gekroͤhnet werden. ůber dieſes alles ſage Jch nóch / daß Jch Euch ſélig / bey dieſem euerem Ungeluͤkke ſchaͤtze; wiſſende / daß die Marter und Pein / auch unſerem treuen Heilande / alle ergetzliche Luſt und Freude / benommen; Es geſchehe nun bald oder langſam / ſo muß man deſſen Kreutz / mit williger Geduldigkeit / auf ſich nehmen / weiles149im Perfertiſchen Buchladen zufinden. es der Schluͤſſel zum Himmel: Und wo es ja geſchéhen ſolte / daß euer boͤſer Geiſt mit Aufreißung der Ruͤnſte / ſo uͤber die Wun - den eueres boͤſen Gewiſſens gewachſen / wi - der den Himmel zu murren / euch aufmun - tern und erkuͤhnen wirde / ſo ruffet euer Ge - daͤchtnuͤs / in Bedaͤnkung deſſen maͤchtigen Strahlen / und euer Hertz doͤhmuͤttigend; ſo erniedriget euer Haupt / uͤm den Hals un - ter das Jóch ſeiner Geſaͤtze / die ſo gerecht / als hóch zubringen / und euch mit wahren Gruͤnden zuzahlen / auch eueren Klágen end - ſchaft zuerteilen / zuverbuͤnden; ſo behertziget wohl ein Krutzifix: hernach betrachtet mit den Augen eueres geiſtlichen Verſtandes / mit ſonderem Aufmerken wohl / die Ungleich - heit eurer / und unſers Heilandes / und Se - ligmachers erlittene Schmertzen und Mar - ter / die Er erduldet: Sonder einigen Zwei - fel werdet Jhr nimmermehr zu klagen Ur - ſach haben. Und dis iſt der wohlgemeinte Raht / welchen Euch erteilet /

E. gutter Freund / und Diener.

135. Ein Troſtſchreiben / an einen gutten Freund / wégen eines / unver - muhteter Weiſe / Jhme zugeſtoßenen ungluͤklichen Falles.

G g iijDie150Troſtſchr. bey ſchaͤdlichen ungluͤks Zufaͤllẽ.

DJe Schuldigkeit meiner Dienſte / ſeyn zu des Herren wohlgefaͤlligem Gebie - ten dar geſtellet. Ehrenfeſter / ꝛc.

Es iſt untuhlich / und faſt ſchwehr / die Bekuͤmmerten / wie ſowohl auch die / vom Elende uͤberſchwemte / zutroͤſten; Denn die / ſonſt in gemein verordnete Artzney Mittel / fruchten nichts; die Geduld verzuͤrnet Sie mehr; Urſachen / daß ihre Schmertzen nicht koͤnnen mit heilfamer Artzney geſaͤnftiget werden. Des Herren Bekuͤmmernuͤs mus uͤberaus groß ſeyn / weil deſſen Urſach un - ausſprechlich; und nichts deſto minder em - pfaͤhet ſie den Werth von ſeinem Willen; und ihren Preis / und hóchhaltung von deſ - ſen Beglaubung; daruͤm / weil wier nim - mermehr ungluͤkſélig / als nur durch einge - bildete Meinung; und indehm wier alles vor Ungluͤk achten / was nicht nach Her - tzens Wundſch vor ſich gehet und wohl ge - linget: Die zufaͤlligen dinge ſeyn natuͤrlich / und errégen ſich / als der Zwek ſeiner Urſach / in uns fortwuͤrig; aber / man mus mit dem Hóchweiſen Heiden Sokrates / dz die Be - ſtaͤndigkeit auch die Zeit trotze / bekénnen: mit welcher Wahrheit Er darſtellen wol - len / daß man bey Zerſchuͤtterung und Be - wégung der weltlichen dinge / damit man ſich nicht an ihrem Abnehmen teilhaftig ma - che / ſtandfeſt und unbeweglich beruhen und austauern ſoll. ůber dieſes / ob gleich die Ge - ſaͤtze der Abwechſelung / keinen auszug nébenſich151Jm Verfertiſchen Buchladen zufinden. ſich fuͤhren, ſo iſt es doch an dehme / daß / wie Diogenes ſchreibet / das Geluͤkke niemals zu deſſen verfahrungẽ ſein geſichte aͤndert: deñ die Standhaftigkeit ſeines vorhabens / laͤſ - ſet auch deſſẽ heruͤmlaufendes Rad inne uñ ſtille ſtehẽ: alsdañ / wañ ſich das Ungeluͤkke zu uns naͤhern wil / muͤßẽ wier ihme / mit un - verzagtem Gemuͤhte / entgegen ſchreiten; zu dieſem Ende / damit deſſen Macht uñ ſtaͤr - ke / ſolches auf Uns zu néhmẽ / Uns nicht an - ſtrengẽ / ſondern gebrochen werde. Der fuͤr - ſichtige Seneka fochte und ſtritte mit uner - ſchreklicher Manheit / wider die / der gantzen Welt augebohrne Furcht / des heisgierigen Todes; uñ ſamlete alſo ſeine / voller Dornẽ uñ Diſtel befindliche Erndte / auch ohne zu - tuhn der Augenlieder / ein uñ zu ſich. Je oͤfter die ungeſtim̃e Winde und Ungewitter einem entgégen ſchlagen / ie erfahrner und bewehr - ter wird der Schiefmañ auf dem Mér / al - ſo auch / wañ die ſterbliche Zufaͤlle / eine Se - le / mit den unertraͤglichen Waffen ihrer Strengigkeit beſtritten / ſo widerſtehet Sie letzlich aus Gewohnheit uñ erfahrung der - ſelbẽ macht / ſolches mit ſtandhaftẽ Gemuͤhte zu uͤbertragen. Dieweil der Herr denn nun - mehr auch ſein Alter / in Erkentnuͤß der En - ge dieſer Welt fortgeſtaͤrket; ſo ſol Er zwei - fels ohne auch mehrfaͤltig die Gefahr des Gluͤkkes gekoſtet haben; geſtaltſam / daß die euſerſte Noht / worinn die WagnuͤßG g iiijJhn152Troſtſchreiben bey zugeſtoßenem ungluͤkke. Jhn gefuͤhret / nicht ſo uͤberhaͤufig / daß Er nicht von ſeiner erſten Huͤlfe etwas Bey - ſtand verhoffen ſolte. Wann der untoͤdliche Gott / dem Herrn das / was Er Jhme guͤ - tiglich geliehen / hinweg geraffet / iſt ohne Verfehlens; uͤm / daß Er Jhme nicht den ſchuldigen Zins davon abgeſtattet / beſché - hen: Warlich / dieſes iſt eine ſonderbahre und hóhe Gnade / daß Er den Hn / unter ſo viel Ungluͤk erhalten; und ein groͤſſer Ge - wien / daß Er ſeinen Schaden verhindert und abgefuͤhret. Es iſt nutzbarlicher / daß der Herr ſein Geld und Gut verlohren / als daß Er durch daſſelbe / demſelben ſelbſt / das endliche Verterben uͤber den Halß und Kopff geſtuͤrtzet hette. Der weiſe / und unter allen ſterblichen Menſchen allerreichſte Bias / war ihme ſelbſt der Kaſten / darinn alle ſein Geld und Gutt verwahret lag; uͤm klaͤrlich zubezeugen / daß nichts vergaͤngliches und fluͤchtiges Geld noch Gutt; ſondern die Ge - ſchikligkeit und Wiſſenſchaft der Menſchen einiges und wahres Reichtuhm: Dahero auch jéner kunſtreiche Mahler die Armuht in einem gantz guͤldnen Leibe / mit alten Lum - pen bekleidet / vorgebildet und abgemahlet; damit anzudeuten / daß es nur in dem bloßen Schein beruhe / und in dem tunkelen beſtehe: Denn alle Schaͤtze und Reichtuͤhme der Welt / koͤnnen dem Menſchen mehr nicht uͤberreichen / als nur den Namen Reich / ſodoch153im Perfertiſchen Buchladen zu finden. doch nichtig und fluͤchtig / weil vor dem Tohr ſeines Grábes / Er wiederuͤm den Nahmen eines armſéligen / mit welchem Er denn auch anfaͤnglich auf die Welt kom - men / an ſich nimt. Der große Werkmeiſter der Natur / welcher auf der rundgewoͤlbten Erde ſeine unerſchoͤpfliche / und unendliche Schaͤtze / mit maͤnnigliches hoher Verwun - derung ausſtreuet / hat nicht vor ruͤhmlich ermeſſen / daß die Erde / als das geringſte ſeiner rechtſchaffenen Werke / iemanden reich zu machen ſolte faͤhig ſeyn; ſondern Er / als einig Almaͤchtiger / hat Jhme ſolches vorbehalten; und als unendlich groß / gezie - met es Jhme einig / uns ſolche Mittel uͤm unſere Nidrigkeit zu erhoͤhen; wie Er es denn auch willig tuht / zuerteilen: Denn die ruͤhmliche Tugenden ſeyn die Schaͤtze; und nur dieſer allein / nach der Lehre des goͤtli - chen Platons / kan man ſich reich nennen / und ſolcher ruͤhmen. Dieſes hat auch der Roͤmiſche Rédner ohne verféhlen darfuͤ - gen wollen / wann Er in ſeinen Wunderge - ſchichten vorgiebet / daß nur der jénige wahrhaftig reich / welcher mit dem / was Jhme der guͤttige Himmel erteilet / zufrie - den wehre; iedoch / daß dieſe Zufriedenheit von der Tugend entſpringe; daruͤm / weil in der gantzen Welt keine andere / als dieſe zufinden: Jch ſage / keine andere / welche ſo volkoͤmlich vor eine Zufriedenheit und Ver - gnuͤgung gehalten werden kan. Dieſes iſt /G g vmein154Troſtſchreiben / bey erlittenem Schaden. mein Herr / welches mich beduͤnket / wie daß Er nichts verlohren; ja / noch ſo reich von Tugenden iſt / als iemals hiebevor. Der Zu - lauf des Geluͤkkes hat Jhme allerley Reich - tuhm und Guͤtter zugefloͤſſet; der Ablauf aber ſolche wieder hinweg gefuͤhret. Dieſes ſeyn die Streiche / von der unvermeidlichen Zeit / und Gewohnheiten des Ohrtes / worinnen Er ſeine Herberge: Er weis wohl / daß unſere Heupter den Ungluͤks - Pfeilen zum Ziel dienen muͤſſen / und daß Er alſo zu hóch / auf daß Er am erſten getrof - fen werden muß / aufgeſtekket. Die aller - hoͤchſten Eichbaͤume werden am meiſten und ungeſtuͤmmeſten von den Winden getrieben und bewéget; Je naͤher man ſich zur Son - nen macht / ie mehr werden die Augenlieder náß / und gefeuchtet: und die allerhoͤchſten Gebeude / muͤſſen der ſchuͤßenden Strálen und Donnerſteinen ſich am meiſten befuͤrch - ten: Dahero Er / wie nicht unweißlich / be - vorſorgen ſollen / daß gleich Jhn das Gluͤks - rad / auf den oberſten Gipffel der Hoͤhe / worinnen er ſich angefunden / geſaͤtzet / daſ - ſelbige auch hinwiederuͤm laufen / geſtaltſam Jhme beſchéhen / herunter werfen koͤnnen; daruͤm / weil alles / was in / und unter dieſem ſchnelfluͤchtigem Rade begriffen / ſeinem uͤm - uñ wieder heruͤmlauf unterworfen. Ob auch wohl an dehme / daß der Herr / durch ſeine Bevorſéhung / dieſen Streich nicht ausnéh -men155Jm Perfertiſchen Buchladen zufinden. men koͤnnen / ſo hat Er doch aufs wenigſte Jhme nicht ſo ſchmertzempfindlich vorkom - men moͤgen. Nu wohlan / von der Krankheit wollen wier / zu der heilſamen Artzney fort - ſchreiten; nichts wenigers werde Jch Jh - me annoch vermelden / daß der gluͤkſélig / welcher es nie gewéſen; daruͤm / daß alle luſtbarliche Freude / und genoſſene Gutes / auf dieſer Welt alhier die nachfolge ſeines Unheiles und Ůbels nach und mit ſich auff dem Ruͤkken fuͤhret; in jéner aber eine ge - naue und ſcharfe Rechenſchaft / die Er in der Zeit / ſeiner gehabten Nuͤſſ - und Beſi - tzung ablégen mus. Die Zeit erteilet uns nichts / welches ſie uns nicht wieder hinweg reiſſt / oder / ſo es Uns ſelbige nicht entfuͤh - ret / ſo raubet ſie Uns von ſelbigen: Dahero man ſaget / daß auf dieſer Welt und Erde kein gluͤkſéliges Wohlergehen / ſo nicht mit der bitteren Gall und Wermuht des Un - gluͤkkes befeuchtiget und vermiſchet: Und Jch gébe Beyfal jénem Wetßheit Liebha - bern / der da recht ſaget: dz auch in der groͤſ - ſe ſeines Unfalles / und Krankheit / Jhme die Hofnung / geheilet zu werden / viel ſuͤßer / als gantz in Reichtuhm und Ehre; weil Er ſich deſſen Beraubung und Verlierung / angen - bliklich befuͤrchtẽmuͤſte: und letzlich ſchleußt: dz ihme viel behaͤglicher / ein unertraͤgliches / iedoch mit Hofnung der Heilung / begleitetes Ungluͤk / ohne aufhoͤren / geduldig zu leiden;G g vjals156Troſtſchreiben an einen /als ein groſſes Gluͤk / und alles volauf zu haben / dabey aber mit ſteter Furcht und Sorge / ſolches zuverlieren / gleichſam ohne aufhoͤren / gebrennet zu ſeyn. Und beduͤn - ket mich / daß dieſe Meinung / als wohl an - gewendet und ausgelégt / von vielen thulich und angenéhm erachtet werde: denn wahr - haftig ein Menſch / welcher mit Gutt / Geld / und anderen Weltgierigen und luſtbahren Dingen / von dem Gluͤkke befaͤllet / iſt in ében der Angſt / als einer / der in peinlichen Sachen beklaget werden kan / und ſich vor dem Tageliechte / aus Befuͤrchtung Jhn die Sonne ſonſt offenbahren moͤchte / heimlich verbirget: Die ernſthafte Roͤhte der Ge - rechtigkeit / machet ihn gantz bleich ein weni - ges Geſchrey oder Gereuſche erſchrekket Jhn; ja / wann Er einen Schuldigen in ge - faͤngliche verhaftung ziehen ſiehet / ſo greift ihn ſein Gewiſſen dermaßen hart an / dz Er gleichſã ſtaͤrker im gefaͤngnuͤße ſeines eigenẽ Leibes / als etwa im kerker der Obrigkeit ge - ſchéhen moͤchte / verhaftet / und eingefeſſelt. Eben dieſes kan man auch gar fuͤglich von einer Kreatur des Gluͤkkes dar gében: denn / wie dieſelbige in guttem wiſſen / daß Sie al - lerley Guttes / Reichtuhm / ſo des Gluͤkkes nicht eigen / oder ewig / empfangen / weil Sie nichts eigenes / als ihre ſelbſt Unbeſtaͤndig - keit / ſo befuͤrchtet Sie ſich / es moͤchte ihr ſol - che aus den Zaͤhnen geriſſen werden: und indie -157der Schaden erlitten. dieſer Bevorſorgung / ſeyn die Erzehlung des Elendes / lauter Donnerkeile ſeinen Oh - ren; und die Elende / als eine Peſtilentziſche Seuche / ihren Augen. Auf dieſe Maß / daß ſeine Aekker Jhme mehr ſcharfe Doͤrner / als Getreidigkoͤrner hervor bringen; und Er / in ſeinem Garten / mehr verdruͤßliche Sorg - blumen / als wohlrichende Violen findet. Anitzo aber / Großg. Hr / iſt es Jhme deſſen eine wahrhaftige Prob / uͤm / daß Er ſolches gleube / auf die Bahn zubringen / unnoͤhtens; weil er gantz neu aus dẽ Ohrte / da man alle die ſcharfſtechende doͤrner fuͤhlet / uñ alle die - ſe Sorgblumẽ zuſéhén anlendet. Er ſol ſich vielmehr ob dehm / zu dieſer Stunde daraus entſprungen zuſeyn / als daß Er ſich uͤber de - rer Entfreyung beluſtiget / bekuͤmmern und beklagen: Den Schmertzen ſeines Ungluͤk - kes / hat ſeine Bevorſorgung geheilet / wel - cher nun unter dieſen beyden der vertraͤglich - ſte zuſchluͤßen / weis Jch nicht: Aber wohl werde Jch Jhme ſagen / daß / nachdehm Er das / was Er verlieren muͤßen / verlohren / es baͤßer / daß ſolches alzugeſchwinde / denn zu langſam erfolgen muͤſſen. Wenn das / wie Jch nicht zweifele / wahr / daß in kuͤnftig al - les Ungluͤk / unſerer begangenen ſchwehren Suͤnden / wir bekennen und hertzlich bereu - en / wie dann auch die wahren Zeichen unſe - res / auf dieſer Welt erlittenen Schiefbru - ches / wier erſéhen / ſo laſſen wier die AugenG g vijun -158Troſtſchreiben wegen erlittenen Schadens. unſerer Hertzen nach dem Himmel ſchuͤßen; und von daran / nuͤtzen und gebrauchen wier ſolchen vor unſeren ſicheren Faros / oder Wachturn / ſo lange wier noch auf dem ſauß - und brauſenden / ungeſtuͤmmen Welt - mére heruͤm ſchwében / da wier nicht ſiche - rer / als an den Port und Anfurt unſeres Grábes / aus Ufer / und ſicheren Hafen ein - laufen.

Nimmermehr wéhre der geduldige Job / der allergerechteſte unter allen Menſchen / wenn Er nicht im Gegenteil auch der aller - geplagteſte gewéſen / geſchaͤtzet worden: ja / wann Er nicht auf dem Miſthaufen / in Staub und Aſchen / mit den ſcharfen Doͤr - nern ſeiner Unfaͤlle / Angſt und Peinigung gekroͤhnet worden; hette Er nimmermehr die Krohne der Ehren erhauptet. Der Hr. glaube mier / daß die wahre Kenzeichen unſe - res Leidens / in dieſer Welt / die unfehlbarli - che unſerer Beſéligung ſeyn; weil der Wég zum Himmelreich / der allerſtichlichſte und ſteinigſte: und Er beſchwére ſich gar nicht / als ob Er einige Urſach / ſich alhier auf Er - den / billicher Weiſe zubeklagen; daruͤm / weil die Zéhren der Bekuͤmmerten / und die heiße Klagen der Elenden und Troſtlôſen / ſich im Himmel alle in immerwehrende Wonne / und un - ausſprechliche Freude uñ frohlokkẽ /wo -159Jm Perfertiſchen Buchladen zufinden. wohin zuſteigen wier Uns heftig / wie ſchwér Uns auch ſelbigen zuſteigen ankomt / bemuͤ - hen ſollen / verwechſeln. Eine ſonderbah - re / zu Hertzen ſteigende Freude / erfaſſe Jch / in Léſung einer geiſtreichen Hiſtori / da Jch gleich / als auf einem offentlichen Schau - platz erſéhe / daß auch die allerheiligſten auf dieſer Welt / keine andere Perſchon / als der euferſtbekuͤmmerten geſpielet; und daß in ih - rer Pilgramſchaft / Sie keinē andern Wég / als des Armuhts und Elendes / uͤm letzlich bey dem Ende ihres Laufs / waͤhre / unver - welkliche / und nim̃er vergehende Reichtum anfinden / vor ſich genommen. Aus dieſem werde Jch dem Hm ohne liebkoſen / frey und ungeſcheut / bejáhen und geſtehén / wie daß Jch Jhn / indehm Er ſo ungluͤkſélig / gluͤk - félig erachte und ſchaͤtze: Und wann die / Jhn bey allen ſolchen unvermeidlichen Zu - faͤllen / gewoͤhnlich begleitete Beſtaͤndigkeit / ſich in dieſer euſerſten Gefahr / darinnen Er ſtekket / von Jhme nicht entfluͤchtiget / ſo wird Er ſeine Zéhren / bey Endigung ſeines Laufs / beweinen; und die herausgeſtoßene Seuftzer / daruͤm / daß Er ſolche / in ſeinem hoͤchſten Betruͤbnuͤß wider den guͤttigen Himmel / als welcher verſtattet / daß Er ſo ungluͤkſélig / auf dieſer Erden ſeyn mus / getahn hat / hertzlich beklagen und be - reuen. Die Heiligen Vaͤter / ſtéllen Unsun -160Troſtſchr. wegen erlittenen Schadens. unterſchiedene Zeichen der goͤttlichen Ver - ſéhung vor: aber die allerunfehlbarlichſten und gewiſten ſeyn die hertzliche Betruͤbnuͤß und Elende; daruͤm / weil nach der Natur und Zeit gewiſſe Regeln / dieſes Lébên / als mit lauter verdruͤßlichen Doͤrnern angefuͤl - let / einen Tod / voller lieblichen Roſen her - vorbringet. Weiter wil Jch mit Troͤſtungen nicht fortſchreiten; wohlwiſſende / daß der Allerhoͤchſtgetroͤhnte Gott / mit reifem Ver - ſtande / den Herren / auch wider des Geluͤk - kes Streich und Stiech / begábet. Dz / was dem Hn. Jch auch vorgeſaget / dienet zu nichts anderem / als das / was Er in guttem wiſſen / in Wieder andenknuͤs zubringen. Er benedeye ſein Ungluͤk; Er halte hoch ſeinen Schmertzen; Er habe ſein Armuht lieb / und lóbe Gott uͤm ſolche Gnade: Denn letzlich wird Jhn die Erfahrung zum Bekentnuͤß anleiten / daß nicht allen auf dieſer Welt mit Ungluͤk behaftet zuſeyn / zuſtehet; daruͤm / weil die allerélendeſte / und uͤbelgeplagteſte Menſchen auf dieſer Welt / die allerſéligſten in den zukuͤnftigen ewigen Herrligkeiten: Jedoch mit dem Bedinge / daß Sie dem Exempel dieſes Armen / und unter allen Menſchen / ſo in dieſe Welt geſtiegen / ge - plagteſten / aber auch des gluͤkſéligſten / ſo ie - mals geméſen / und geduldigſten Jobs / un - ausgeſaͤtzt nachoͤhmen. Schluͤßig bitte den Hn. Jch dienſtlich / mich nimmermehr ausſei -161Der Vater begibt ſich ins Kloſter / ꝛc. ſeinem Gedaͤchtnuͤße fallen zulaſſen / auch - meine Dienſte zu achten / nicht zwar als wel - che das Gluͤk Jhme entfremden koͤnne / ſon - dern einig die Schweſtern des Todes: denn - Jch ein unverbruͤchliches Geluͤbde angelé - get / getreu zulében / und beſtaͤndig zu ſterben.

Des Hn. Diener.

136. Ein Schreiben eines / die Welt ge - ſégnenden / und ſich ins Klóſterlébén begébenden Vaters; an ſei - nen Sohn.

LJeber Sohn / wie der guͤttige Him̃el / dier deine Mutter entzógen; ſo beraubt dich anitzo die Erde deines Vaters; aber mit und durch dermaßen anmuhtige Waffen / daß meine Verlierung / dier ein ſonderlicher Gewinn: Denn / indehm Jch dich verliere / bringe Jch mein Lében auſer aller Gefahr. Jch abſégne der Welt / ehe dann Sie mich verlaſſen; aber wohl alzu - ſpaͤht: So werde Jch auch nicht ſo lange lében / uͤm ſolches ſatſam zu bereuen: iedoch wird aufs wenigſte mein geneigter Wille ſolchen Mangel erſaͤtzen / und dieſes an dich abgelégte begéhren / meiner Schuldig - keit / daß nemlich alle meine vorgegangene Handlungen / eine Verachtung ſeyn / deines Andaͤnkens / damit du nimmermehr meinen begangenen Jrtuhm und Féhler / zu Ge -daͤcht -162Der Vater begibt ſich ins Kloſter / ꝛc. daͤchtnuͤs fuͤhreſt; aber wohl an meiner / da - ruͤberfuͤhrenden Reu und Leid / und daß du nicht meiner Suͤnden / ſondern vielmehr den Wég meiner verliehenen Gnaden nachoͤh - meſt: Siehe alhier das gutte / ſo Jch von dier fodere. Nun wohlan / ſaͤtze das Werk / auf daß / indeſſen volkoͤmlicher Beſitzung / Jch ſolches von dier mehrers zuwuͤndſchen / keine Urſach / damit alſo Jch unwuͤrdig ei - nes ſolchen Sohn / du aber viel wuͤrdiger ei - nes andern Vaters; Ein Vater / welcher / nachdehm Er zuvor zur Welt gebohren / ſich ſelbſt davon entzeucht und abſondert: Er iſt darinnen gebohren worden / aber Er begehret nicht darinnen den Lébens Tribut abzuſtatten: Er hat hierinnen ſeine Wiegen gehabt; aber ſein Gráb alda begéhret Er nicht; ein Klóſter wird die Klarheit ſeines Lébens uͤmſchrenken / da Er lébend abſtirbet; und ſterbend lébet: aber mit einem ſo ſanft und ſuͤſſen Tode / und ſolchen bezauberten Lé - ben / daß es auch noͤhtig / daß die ſtumme ſtilſchweigenheit ſelbſt / uͤm ſolches verſtaͤn - dig hervorzugében / réden mus. Gott befoh - len / mein allerliebſter Sohn! Jch laſſe dich zwar einen Waiſen; denn wie deine Mut - ter albereit im Grábe eingeſcharret / alſo iſt auch dein Vater nicht mehr auf der Welt anzutreffen: Gehab dich wohl!

137. 163Er geſegnet die Welt / und ſeine Tochter / ꝛc.

137. Eines vornehmen Herren / ſo die Welt kwittiret / an ſeine Tochter / die eine Nonne / getahnes Schreiben.

Hertzliebſte Tochter / weil alle Ar - ten der Vergnuͤgung und Zufriedenheit / durch ein wéſentliches und natuͤrliches Ge - ſaͤtze / die Nohtwendigkeit ſeines Endes ver - muhten; ſo habe Jch gegleubet / daß auch die Wiegen / und alſo die Kindheit / ſich mit dem Grábe angrentzete / und daß alſo / bey Ab - nehmung meiner Tage Abend / Jch meine ſtokfinſtere verdruͤßliche Naͤchte beſorgen muͤſſe: Geſtaltſam / daß / nachdehm Jch alle euſerſte Gefahr meines Lébens durchlaufen / mich doch ie und zu aller Zeit an das Ziel uñ Ende meines euſerſten Verterbens / wieder - uͤm angefunden. Alles neiget ſich zur kuͤhlen Erde / in das Gráb / und alſo wuͤrdig / des Ableibens / als des ewigen Todes / ſowohl daß mein erlittenes Ungluͤk mier die Welt / und was darinnen / ſo volkoͤmlich zum Er - kentnuͤß vorgeſtellet / daſſelbe Jch letzlich verlaſſen und verachtet: Aber es iſt dieſes / als du Sie bereit auſer Augen geſaͤtzt / von mier zu Werke gezogen worden; von dier zwar willig; von mier aber aus Zwang: Denn die alzugroße Nohtwendigkeit hat mich hierzu verpflichtet. Und an ſtat mierob -164Eines Vaters / ſo die Welt kwittiret. obligen ſollen / dier den Weg zu brechen und vorzubauen / haſt du mier hierinnen vorge - ſchritten: und mich beduͤnket / wie Jch dein Vater / du dich hierinnen als meine Mutter bezeigen wollen; indehm du mich das / was Jch dich anweiſen ſollen / gelehret: O gluͤk - ſélige Unterweis - und Lehrung! und noch gluͤkſéliger der Vater / der dier zum Lében / und zu Bedienung des Himmels / verholfen! Und gebenedeyet ſey der Himmel / welcher durch die Verdienſte der Toͤchter / den Va - ter zu Reu und Leid / uͤber ſeine begangene Suͤnden angefuͤhret! Dén Vater / welchen auch die Sonne nie anders / als einen élendẽ Menſchen erſehen; anitzo aber wohl ver - gnuͤgt / weil Er / ſowohl du / ſich nicht mehr in der Welt befinden. Nu wohlan / wier wollen beyde unſere begangenes Verſehen und Fehler / inniglich reuend beſeuftzen: mei - ne Sele erfodert ſolches von deinem Her - tzen / und meine Augenzehren / von den Dei - nigen; uͤm damit ihre Unſchuld mich loß und ledigzéhle. Gott befohlen! Jch ſage dich Gott befohlen / uͤm Gott gaͤntzlich ergében und eigen zuſeyn.

Der1uͤbereignung / an die Breßlauiſ. Venuskinder.

Der Hóchdeutſchen Briefe / oder Sendſchreiben Ander Theil / in Liebes Sachen.

1. uͤbereignung Schrift. Dênen belóbt - und beliebt Schoͤ - nen Frauen und Jungfrauen / zu Breß - lau; in Bezeigung ſeiner Ehren / und ge - buͤhrenden Dienſte / gegén Dieſelben / uͤber - giebet dieſe ſeine Worte / Dero Schoͤnheit gefangener. Edle; an Ehren und Tugend ſehr Reiche / und von dem guͤttigen Himmel / mit den ſchoͤnſten Gáben der Na - tur / gezierte /

Hóchgebietende Frauen / und Jungfrauen /

JHre ſelbſteigene Schoͤnheiten bezeugen es / daß Sie eine abſonderli - che Vortrefligkeit / vor Andern / haben / So Jhnen der Himmel daruͤm zugeeignet / da - mit iemand alhier / der da gleichſam der Ge - buͤhr ſeiner Wuͤrde inzwiſchen einſamlete / zufinden wehre: da denn mier auch indenkA a awird /2uͤbereignung / an etliches Frauenzimmer. wird / wie Jch zwar noch nie vergeſſen; aber doch zuweilen nicht genugſam volkommen darinne gewéſeu: und wolte nun ſehr gerne / mit dem hierbey gefuͤgtem wenigen / meine Schoͤne Gebieterinnen ehren und bewuͤr - den; wo ein ſolch Papierenes Geſchenke nicht zuklein / an ſolche Hóheit zugelangen: Dafern aber bey Jhnen bitlich ſo viel zu er - halten / ſo verguͤnſtigen Sie geneigt / daſſel - be zu dero ſchoͤnen Fuͤßen niderzulégen; uͤm nachzuruͤhmen / daß ihre Hóheit / meine Un - wuͤrdigkeit nicht geſchmehet; ſondern mich zu ihrem geringſten Diener und Knechte auf und angenommen: Worfuͤr Jch / zur Erſe - tzung / keine Moͤgligkeit ſpahren wil / Die - ſelben behaͤglich angenehm Lébenslang zube - dienen; und dero ſchoͤnes Lób bis an den Himmel zu nageln / ſtandfeſt verbleibende /

Dero bereitfertigſter / treuer Diener und Knecht.

2. Eine dienſtzuneigige Vber - eignung; an etliches Frau - enzimmer.

SChoͤnes Volk /

Demnach Jch / ſchon vor geraumer Zeit / dahin geſonnen / wie Denenſelben Jch / die unnachbleibliche Gunſtgewogen -heit /3Jm Perfertiſchen Buchladen zufinden. heit / welche mich die Natur zu Jhnen un - verrukt tragen heiſt / mit wirklichem Beweis darzutuhn / und ihre Gegéngunſtbeharrung (uͤber dero Auſſenbleibung Jch mich noch zur Zeit (der genaͤdigẽ Venus ſey Dank!) nicht zubeklágen habe) mit Bezeigung mei - ner begierigen Dienſte / reitzen moͤchte; Als habe Jhnen Jch / in Anmaßung dieſer mei - ner doͤhmuͤtigen Ergébenheit / beygeſchloſ - ſene Schrift / als ein geneigt - und keuſches Opffer meiner Gunſtgewogenheit / in mehr willig als vermoͤgendẽ dienſtẽ / freundlich - berreichen / und unterdienſtlich zu ihren ſchoͤ - nen Fuͤßen légen wollen: mit gebuͤhrender Ehrenbezeigung unterdienſtlich bittende / Sie geruhen / Selbige ihrer lieblichen Augen zu wuͤrdigen; uñ mier ferner mit erwuͤndſch - ter Liebesgewogenheit beygetahn zuverblei - ben: maßen denn auch / zu dero angebohrnen guͤttigen Mildigkeit / Jch das troͤſtliche Vertrauen ſchoͤpffe / Sie werden Jhnen / deſſen Jnhalt / zu guͤnſtigem Gefallen gerei - chen; und mier ſolches fuͤr ein ſatſames Zeugnuͤs / meiner / gegen Jhnen tragenden dienſtbeharligkeit dienẽ laſſen. Solche bezei - gende Gnadenerweiſung / und hóhe Beſéli - gung / Dénenſelben / in allen vorgehenden Begébenheiten / nicht alleine mit angenéh - mer Dienſtfaͤhrigkeit / hoͤchſtem Vermoͤgen nach / zuerwiedern; ſondern auch wirklich abzudienen / wil Jch euſerſt ſtets befuſſenAaa ijſeyn /4Zuſchrifften / an das Frauenzimmer. ſeyn / damit Sie Mier auch ſelbſt dieſes Zeugnuͤs werden beylégen koͤnnen / daß Jch ſey / und verbleiblich beharre

Dero mit gebuͤhrender Dienſtbe - gierligkeit Beygetahner.

3. Eben dergleichen.

P. P. Dieſe meine wenige Arbeit / wil zu Euer Liebe ſchoͤnen Fuͤßen / Jch doͤh - muͤhtigſt uͤbergében / und aufs ſchoͤnſte ge - behten haben / Sie wolten dero genaͤdige Augen darauf légen; Jhnen ſolche zu ihrer Luſt zu Nutze machen; und dabey ihres Dieners nicht vergeſſen: Der Jhnen denn / mit ſchuldiger Ehrerbietung / die Haͤnde kuͤſ - ſend / nochmals verſpricht / alzeit zuver - bleiben /

Dero mit unauf hoͤrlicher Dienſt - beharligkeit ergébener Knecht.

4. Die Vorréde und Zuſchrifft / des Getichtſchreibers / der neuerbau - ten Schaͤferey: an das Hóchadeliche / Liebloͤbliche Frauen / und Jungfernzimmer.

Aller -5Zuſchrifften an das Frawenzimmer.
ALlerſchoͤnſtes / Liebzwingendes Venus Volk /

Unter andern nuͤtzlichen Schriften / wel - che tiefſinnig - und freymuͤhtige Geiſter / ſo wohl zu Schaͤrfung ihres Verſtandes / als Ermunterung der Gemuͤhter der Men - ſchen / in Deutſcher Zunge geſchrieben / und gleichſam als weiſe Richtſchnuren des Lé - bens uns vorgeſtellet haben / duͤnken mich nicht die geringſten ſeyn / die Geſchichte der Verliebten / oder Liebes Hiſtorien / welches ofters wahrhaftige Geſchichte / ſo unter dem Vorhang eines anmuhtigen Getichtes verborgen und mit entlehnten Nahmen vor - gehalten werden: Denn Sie dienen der bluͤ - henden Jugend / eines Teils / an ſtat eines hellen Spiegels / in welchem Sie ſchauen koͤnnen / wie Sie ihr Lében / mit zuwachs Heroiſcher Sitten / ohne Verletzung des ed - leu Selénſchatzes / des Gewiſſens / weiſlich vorſtellen / und an anderer Leute Gluͤk und Ungluͤk / Jhnen ein beyſpiel néhmen: andern teils aber / wie Sie in der Liebe (im fall ihr bluͤhender / und noch unweiſer Verſtand / der Gewalt der Liebe zu ſteuern nicht vermag) gewiſſe Máß halten / und dieſelbe auff der Wage des Gewiſſens abwégen ſollen / da - mit Sie / mit Ůberſchreitung des Zieles der Maͤßigkeit im lieben / ihre zeitlich - und ewi - ge Wohlfahrt nicht etwa aus den AugenB b bſaͤtzen6Zuſchriften / an das Frauenzimmer. ſaͤtzen moͤchten. Dieſe oratoriſche oder viel - mehr poëtiſche Art zuſchreiben / hat mier / wé - gen ihrer unerſchoͤpflichen Nutzbarkeit / ſo man hieraus / wie aus einem kwaͤlreichen Brunne / ſchoͤpffen kan / nicht uͤbel gefallen / und / (als der Jch ohnedis / ſo viel ohne ver - letzung des Gewiſſens geſchéhen kan / mehr der Politiſchen Froͤhligkeit / als der Eremi - tiſchen Traurigkeit gewiedmet) ihr / mit vol - lem Fleiße nachzuhangen / ſolche Luſt erwek - ket / daß Jch / zu Volziehung des / mier von der ſchoͤnen Amena aufgelégten Befehls / mit dieſer Liebes Hiſtorien / ſo Jch unter ent - lehntem Nahmen / und mit weniger Veraͤn - derung etlicher Ůmſtaͤnde / zu Papier bracht / vor Jhnen / Allerſchoͤnſte Damen / gehor - ſamſt zuerſcheinen / Anlaß genommen habe. Demnach Jch aber / allerſuͤßeſtes Venus - volk / ſchon vor geraumer Zeit / dahin geſon - nen / wie Dénenſelben Jch / die unnachbleib - liche Gunſtgewogenheit / welche mich die Natur unverrukt zu Jhnen tragen heiſt / mit wirklichem Beweis darzutuhn / und ihre Gegéngunſtbeharrung (uͤber dero Auſſen - bleiben Jch mich noch zur Zeit (der genaͤ - digen Venus ſey Dank!) nicht zubeklagen habe /) mit Bezelgung meiner begierigen Dienſte / reitzen moͤchte; So habe Jch / in Anmaßung ſolcher meiner doͤhmuͤhtigen Er - gébenheit / dieſe hiſtoriſche Liebesbeſchrei - bung der verliebten Amena / als ein keuſchge -neig -7Jm Perfertiſchen Buchladen zu finden. neigtes Opffer meiner Gunſtgewogenheit / nébenſt meinen mehr willigen / denn vermoͤ - genden Dienſten / Jhnen freundlich uͤberrei - chen / und / als dero aufzudienen bereitfertig - ſter Kuecht / untertaͤhnigſt zu ihren Fuͤßen lé - gen wollen: unterdienſt - und ehrenfreund - lich bittende / Dieſelbe geruhen / dieſe ſchoͤne Amena / ihrer genaͤdigen Augen zu wuͤrdigen; und mier ferner / mit erwuͤndſchter Liebesge - wogenheit beygetahn zu verbleiben: maßen Jch denn auch zu Dero angebohrnen guͤtti - gen Mildlgkeit / das troͤſtliche Vertrauen ſchoͤpffe / Sie werden Jhnen den Jnhalt / zu genaͤdigem Gefallen gereichen / und mier ſolches fuͤr ein ſatſames Zeugnuͤs / meiner / gegén Sie habenden Dienſtbeharligkeit / dienen laſſen. Dieſe mier erwieſene hóhe Beſéligung / und angetahne Gnadenerwei - ſung / wil Dénenſelben Jch / in allen Faͤllen nicht alleine mit behaͤglichangenéhmer Dienſtfertigkeit / nach hoͤchſtem Vermoͤgen / taͤhtlich zu erſaͤtzen / ſo gefliſſen befunden werden / daß / Allerſchoͤnſte Damen / Sie mier ſelbſt dieſes Zeugnuͤs gében werden / daß Jch ſey /

Dero / allerſchoͤnſte Damen / ergébener treuer Diener und Knecht.

Bbb ij5. Et -8Dienſte dem Frauenzimmer anzubieten.

5. Etliche Schreiben / dem Frauen - zimmer ſeine Ehrendienſte anzubieten.

EDle / Vielehrentugendreiche /

Jn Gebuͤhr Großg. vielgeehrte Jung - frau / Jn hertztreulichem Vorwundſch der al - lerſchoͤnſten Fortun / und volkom̃enſten Gluͤk - ſéligkeit / wolle Sie Jhr belieben laſſen / ſich nicht zuerzuͤrnen / wann Jch anitzo / durch an - trag meiner Ehrendienſte / als ein / mier ob - liegendes Opffer / ihr Altár entheilige; weil Jch / in meiner doͤhmuͤhtigen Ergébenheit / keiner Gábe / ſo erhéblicher / als dieſes Hab - haft ſeyn / oder erfinden koͤnnen: nichts deſto weniger iſt mier in guttem Wiſſen / daß es eine alzufreche Kuͤhnheit / Jhr ſo ein gerin - ges zu liefern; indem Jch aber bey mier nichts wuͤrdigers befinde / wird Sie mich hoffentlich vor entſchuldiget halten / ſonder - lich / wann Sie eine kleine Zeit / die Rei - tzung / und Liebesfaͤhige Bezauberung / ſo ihre Schoͤnheit begleiten; dann auch die wohlanſtaͤndige Lieb - und Leutſéligkeit / wel - che dero Wandel und Vornehmen allent - halben lébhaft machen; und letzlich alle dieſe Tugenden / ſo die Volkommenheit in Jhr hervorſcheinen laſſen / in vergeſſen ſtellet: auf ſolche Máß / und wann Sie alle ober - zehlte (dieſe ihr ohne Erempel zu ſeyn / vor -brin -9Jm Perfertiſchen Buchladen zu finden. bringen und ſtellen) Tugenden bey feit ſaͤ - tzet / wird Sie ſich / zweifels ohne / viel min - der erweiſen / mier obangerégte Beleidi - gung zu verzeihen / als kuͤhn Jch gewéſen / meine Dienſte Jhr anzutragen; hierzwi - ſchen verharre Jch

Jhr Ehrendienſtergébener.

6. it.

ALlervolkommenſte /

Sie ſéhe alhier / dieſe erſte Pflicht / mei - ner Dienſtbarkeit / ſo ihren unerſchaͤtzlichen Tugenden / Jch heutiges Tages ablége. Mier iſt in guttem Wiſſen / daß es eine Vermeſſenheit / Jhr / déro Perſchon nach / unwuͤrdige Sachen anzubieten: ſo weis Jch auch / daß dieſe Vermeſſenheit / wo Jch mich beduͤnken lieſſe / ihr mehrere zubezeigen / daruͤm / weil alles in meinen / und aller Men - ſchen der Welt / Kraͤften und Sinnen beru - het / es ſey auch was es wolle / nicht wehrt / ihr uͤberfuͤgt zu werden. Sie klage derohal - ben / wégen Mangelung dieſer Gáben / ihre Volkommenheit an, und erachte ſolche nicht als annéhmlich / es fluͤße denn hér / von dem allergetreuſten Liebhaber / ſo anitzt in dieſer Welt Ahtem faͤhet /

N. N.

Bbb iij7. it. 10Dienſte dem Frauenzimmer anzubieten.

7. it.

MEin Schatz /

Siehe alhier nun letzlich / das Ge - ſchenke / meiner ſtets getreuen / unausfaͤlligẽ Dienſte / welches der blaue Himmel eine zeitlang deinen Tugenden / oder vielmehr dein Diener aufgehoben: Siehe / deſſen Willen zu deinen Fuͤſſen liegend / ſein Hertze in ſeinen Haͤnden / uͤm es den deinigen / als welches einig und alleine dier gehoͤrig / und zuſtehet / zuuͤbereignen.

N. N.

8. it.

P. P. Demnach mich das Gluͤk / und ihre Weltkuͤndige Tugenden / anhero gezogen; ſo uͤberbringe derſelben Jch zu - gleich meine treue Gemuͤhts Zuneigung / ſo da ein feſtbuͤndliches / und dero einigen / ja ohne Exempel leuchtender Schoͤnheit ewig - geſchwohrnes Geloͤbnuͤs: geſtaltſam Jch auch meines gleichen nicht habe in der Liebe und Treue. Derohalben / ſo laſſe Sie Jhr belieben / ſolchen Tribut anzunehmen / wel - chen Jch / ſo lange auch meines Lébens Lauf ſeyn wird / beſtetigen wil / mit dem Titul

Jhres ein treuen Dieners; ſonſt genennet N. N.

11Jm Perfertiſchen Buchladen zu finden.

9. it.

ALlerſchoͤnſte /

Sie ſchaue / mit Belieben / allhier einen / durch dero helleuchtende Euglein verwun - deten / welcher von Jhr eine Artzney / zu ſei - ner Wunde ſehnlich bittet; und zwar zu er - freuendem Troſte / nicht aber zur Heilung; Denn Er Jhme fuͤr einen ſonderbahren Ruhm haͤlt / wégen diefer Wunde / weil Sie hieran Urſacherin / zuſterben: in verguͤn - ſtiger Geſtalt

Jhres Dieners.

10. it.

SChoͤnſte Jungfrau / ꝛc.

Dieweil es die Nohtdurft erheiſchet / ſeinen empfundenen Schmertzen dem Artzte anzuzeigen und zueroͤfnen; ſo entdekke auch Jch Derſelben / als die einig und alleine mei - nen Schmertzen ſtillen und beſaͤnftigen kan / daß meine Leibes Schwachheit von dero / mit aller andern unvergleichlichen / und uͤber die Máß liebreichen Schoͤnheit hér ent - ſproſſen: Weswégen Jhr zuſtehet und ge - buͤhret / mier hierinnen eine Artzney zuverord - nen: unter welchen doch / meines erachtens / und ſo mier vergoͤnnet / Jhr meine Empfin - dung oder Anliegen vorzutragen / dero / mich einig bewegende Gunſt / das allergroͤſte und herlichſte Mittel; welches von Hertzẽ ſéhn - lich wuͤndſchet

Jhr gantz ergébener.

Bbb iiij11. 12Dienſtantrags Brieflein /

11. it.

GEehrte Jungfrau /

Die Liebesfaͤhige Anreitzung ihrer Schoͤnheit / hat mich dermaßen von mier ſelbſt geraubet / daß mein Hertze gantz in dem ihrigen; mein Gehorſam in ihren Anbefeh - lungen; ja / mein gantzer Wille und Mei - nung in den ihrigen geſchloſſen: letzlich ha - be Jch nichts mehr bey mier frey / als nur die Worte / uͤm mich zu nennen

Dero Diener.

12. it.

P. P. Weil die Natur / als eine mildguͤttige Mutter / Sie / zu einem glór - wuͤrdigen Altár / die Opffer gebuͤhrlicher Dienſtbarkeit darauf zu légen / gewiedmet und verordnet; ſo opffere Derſelben / Jch die meinige / nében volkoͤmlicher Gewalt / uͤber meinen Willen / nach ihrem Gefallen / zugebieten; als der Jch im Nahmen und in der That bin

Jhr Leibeigener Diener.

13. it.

GRoßmaͤchtigſte Hertzenszwin - gerin /

Dero / durch Mark und Bein dringen - de Eugelein / haben mier ehe / als Jch Mit -tel13gegen das Frauenzimmer. tel und Wége / Jhr ſolches zuuͤbereignen / finden moͤgen / das Hertze entfremdet: So behalte Sie nun ſolches / weil es gantz das ihrige / in dem ihrigen / durch das Geliebde / ſo Derſelben Jch abgeleget / als

Jhr ewiger Diener.

14. it.

Es iſt numehr Zeit / meine Lieb - ſte / daß Jch mich / vermittelſt der durchdrin - genden Waffen / ihrer einig unvergleichli - chen Schoͤnheit / uͤberwunden zu feyn bekén - ne: Sie befahe entzwiſchen meine Niderla - ge / bis dero Sieg Jch mit dem Titul mei - ner Dienſtbarkeit / oͤffentlich ausſchreye: worbey Jch beſtaͤndig verbleibe

Jhr D.

15. it.

MEine liebſte Jungfrau /

Von der Stunde an / als vermittels ihrer Schoͤnheit / déro wohlanſtaͤndige Tu - genden / Jch erkant / habe Jch gleichſam et - liche heimliche Kraͤfte / So gar ſaͤuftig mei - nen Willen / Sie zu ehren / und mein Her - tze / nach dero Liebe zu ſeuftzen angeleitet / empfunden. Weil Jch nun die Aufrichtig - keit meiner Dienſte / zu ihren anbeféhlungen verordnet / uͤm die Ehre / Jhr zu gehorſa - men / zu erlangen; So bekraͤftige SieBbb vbe -14Dienſtantrags Brieflein /beliebend / mit Einwilligung / den Vorſatz

Jhres Dieners.

16. it. Der Wohledelgebohrnen N. N. ſeiner Gebieterin. Er entdekket einer Dame ſein inniges Her - tze / und ergibt ſich Jhr zu eigen.

SChoͤnſte Dame /

Jch weiſe bald auswendig / was in - wendig zugedaͤnken Jch mich nicht erkuͤh - nen wolte. Jch ſchreibe es meiner Liebe zu / die weniger zuhalten vermag / als Jch ſelbſt. Und ſo iſt es auch wahr / was Jch geſchrie - ben; denn Jch ſonſt kein Gebot leiden mag / als das ihrige. Sie vergébe der Kuͤhuheit in Worten / und ſtráfe ja nicht meine Lippen druͤm; denn in Wahrheit das Hertze mehr Schuld dabey haben wird. Wann Jch doch ſo gluͤkſelig ſeyn koͤnte / von meiner ſchoͤ - nen Gebieterin ein Geboht zuerleben; wo es auch mein Leben betrefe / ſol es doch nicht unterbleiben. Jch bitte nur dieſes / mich in dehm gluͤkſelig zu machen / und zu verguͤnſti - gen / daß Jch mich dero Diener neñen darf: denn ohne das / werde Jch nicht gluͤkſélig lében; aber doch ſterben / und bleiben.

Jhr Diener.

17. it. 15gegen das Frauen zimmer.

17. it. An die Edle N. N. feine gróſſe Freundin. Er giebet Jhr / ſeine / gegén Sie tragende Liebe / mit Furchten zuerkennen / und unter - wirft ſich Jhr / zu knechtlicher Bedienung.

DArf Jch wohl ſchriftlich / ſchoͤne Dame / wo es nicht muͤndlich zuunter - ſtehen / ſagen / was ſo lange in meinem Her - tzen verſchwiegen iſt? Wo Sie mich nicht ſtráfte / ſo wolte Jch ſagen / daß Jch Sie von Grund aus / hertzlich liebte: Aber Sie wird genaͤdig ſeyn / einem / der ohnedis bey der gantzen Welt alle Genade verlohren hat; dieweil Sie auch ſchon die Erbarmung gehabt / und mich Armen / von den Seinen vertriebenen / in das Jhrige / auf und ange - nommen. Hiervor nun / dieſer Genade nicht zu vergeſſen / wil Jch mich / zu knechtlicher Bedienung / meiner ſchoͤnen Gebieterin / un - terwirflich machen: mag auch nicht mehr leiden / daß von Jhr Jch hinfuͤhro als ein Gaſt gehalten werde; ſondern wil alzeit ſeyn und bleiben

Deroſelben / und ihres Hauſes Knecht.

18. it. Er giebet einer Dame / ſein verliebtes Hertze zu erkennen.

Bbb vjEdle /16Ehrendienſt - und Liebesantrags Brieflein.
EDle / ꝛc.

Daß gegén Sie / mein Hertze verliebt / mus Jch frey bekennen: in Wahrheit aber kan Jch nicht / ob nehmlich déro Schoͤnheit mich mehr / oder ihre Tugenden bezaubert / verliebt zu ſeyn gezwungen / bejahen; weil beyde auf einmahl mich des beſten / meines Lébens teils / und zwar eher / als Jch die Mittel / Jhr ſolches ſelbſt zuuͤberfuͤgen / er - greifen koͤnnen / beraubt: iedoch kan Jch Sie / wie es an meinem Willen nicht er - mangelt / verſichern; und da mich gleich ei - nes dérer / Jhr / zeit meines Lébens zu die - nen / unterwuͤrfig gemacht / ſo wird doch das andere / meine auffrechte Dienſtleiſtung / in der geſtalt / Jhr getreuſter Dieuer zu ver - bleiben / in der Gedaͤchtnuͤs Tafel aufzeich - nen.

N. N.

19. it. Ein hoͤfliches Dienſtantrags Brief - lein / an ſeine N.

berſchoͤne / Holdſélige / ꝛc.

Dieweil die barmhertzige Mutter der Natur / Sie zu einem Altár / darauf die Opffer treuer Liebe und Dienſte zu opfern verordnet: So opfere Jch Jhr auf / alle die getreuſte meines Hertzens Zuneigung; und unterwillige Jhr / einmahl teuer gelóbte Dienſtbarkeit / als

Jhr Leibeigener.

20. 17Des Frauenzimmers Beantwortungs Briefl.

20. it.

HEute iſt / Allerſchoͤnſte / der Tag / daran Jch Jhr zum allererſten die Huldigung und Pflicht / meiner treuen Dien - ſte / ſo Derſelben Jch vorlaͤngſt gelobt und aufgeopfert / abgeléget: Aber nébenſt dieſer Beklagung / daß Sie mit Huͤlfe der maͤch - tigen Waffen / ihrer alzeit obſiegenden Schoͤnheit / mier mein Hertze und Gemuͤh - te / ehe Jch die Mittel Jhr ſolche ſelbſt ein - haͤndig zu machen / erhaupten koͤnnen / ent - fremdet. Nichts minders aber / weil Sie meinen vorgefaſten Gedanken in dieſem vorkommen / ſo werde Jch hingegen zu einer Wiedervergeltung / dero Verlangen und Hofnung hierinnen moͤglichen Vorſchub tuhn / Sie / in voͤlliger Beſitzung alles mei - nes Vermoͤgens / den Nutz ewig / brau - chen und genuͤſſen laſſen / unter dem Nah - men

Jhres Dieners.

21. Des Frauenzimmers Antwort - Schreiben / auf die Jhnen uͤberſchikte Dienſtanbietungs Brieflein.

EDler / Ehren - und Manfeſter Herr /

Sein Schreiben habe Jch / auch mit und in demſelben genugſame Ehre / durch welcheB b b vijJch18Des FrauenzimmersJch ſeine / wie Er vorgiebet / zu mier tragen - de Neigung / verſtanden / wohl empfangen / welche doch zu glauben / teils ſeiner Tugen - den / teils meiner vielfaͤltigen Maͤngel Er - kentnuͤs verwéhret; auf ſolche Máß / daß / ob er gleich durch Hoͤfligkeit / den Nahmen meines Dieners / Jhme zugeeignet / Jch doch nicht unterlaſſen werde / aus Schul - digkeit zu ſeyn

Seine Ehrendienerin.

22. it. Ehrenfeſter / Wohlfuͤrnehmer / Eh - renguͤnſtiger Herr /

WOfern ſeine Liebe keinen andern Grund / als meine Schoͤnheit / ſo iſt folches eine nur ein gebildete Urſache: Er uhrteile dahero / in was Betrachtung dieſer Ausgang ſeyn werde / ſo wohl / daß aller Beunruhigung befreyt / ſeine Dienſtbarkeit freywillig / und die meine nohtwendig / hér - ruͤhrend von ſeinen hóchſchatzlichen Tugen - den / welche mich verpflichtet / zufuͤhren den Nahmen

Seiner Ehrenbefliſſenen.

23. it.

DEm Herren iſt gar unſchwér / mier / wie daß Er mich liebet / zuent -dek -19Beantwortungs Brieflein. dekken; ſehr ſchwéhr aber / daß Jch ſolches glaͤube / mich zu beréden. Er hat gutt ſá - gen; aber nimmermehr werde Jch glenben / mich deſſen wuͤrdig zuermeſſen: und weil mier unmoͤglich ſolches zuverdienen / ſtelle Jch auch hierein keinen Glauben; aber wohl habe Jch das Verlangen zuleben und zu - ſterben

Seine Dienerin.

24. it.

Edler / Ehrenfeſter / Wohlvor - nehmgeachter /

JN Gebuͤhr Großg. vielgeehrter Herr / in hertztreulichem Ruͤkwundſch alles ſelbſtbegehrenden Wohlergehens / er - achte Jch die Verehrung / ſo dem Herren / mit Anbietung ſeiner Dienſte / meiner We - nigkeit anzutuhn beliebet / dermaßen hóch und wehrt / daß Jch ſolche ſchlechter dinge nicht annehmen kan: Dannenhero uͤberfuͤge Jch Sie dem Herren wiederuͤm / zu dem Ende / Jhme zu gehorſamen / an ſtat Er ſonſt uͤber ſich zubefehlen begehret / in der geſtalt

Seiner Dienerin und Magd.

25. it. auf das 16 de.

MJch wundert Geuaͤdiger Herr / dz er mier verwunderung machen wil /in -20Des Frauenzim̃ers Antwort Brieflein / aufindehm Jch mier von ſo herrlichen groſſen Dienſten / eine vergebliche Einbildung er - bauen ſol: Jch bin aber nicht ſo einfaͤltig / als ungeſtalt; und vergreife mich nicht an denen Sternen / die Jch nicht erreichen / und nur beſchauen kan. Daruͤm habe Jch zu bit - ten / daß Er mein genaͤdiger Herr verbleiben wolle; ſo wird ſich deſſen zuerfreuen haben

Seine Dienerin.

26. it. auf das 17 de. Sie uͤbergiebet Jhme zugleich die Regierung ihres gantzen Hauſes. An den Kavalier N. mei - nen Freund.

ES mag wohl ſeyn / mein Kava - lier / daß Er aufs wenigſte keinen Haſſ auf mich traͤget / denn Jch mich nicht zube - ſinnen weis / wo Jch Jhme Leides ange - tahn haben ſolte. So iſt dis ſchlechter Be - dankung wuͤrdig / wormit Jch / aus Schul - digkeit / Freunden verpflichtet bin; ſol alſo wohl billich einem Nachbar darmit bedie - net ſeyn. Das uͤbrige / wil Jch gantz und gar nicht / worzu Er ſich erbeut; und Er ſol hin - fuͤhro weder Gaſt / noch Knecht ſeyn: Er ſol aber die Regierung meines gantzen Hauſes / auf ſich néhmemdeñ mit dieſem wil Jch Jhme mehr zutuhn gében / als wann Erein21beſchehene Liebesdienſtanbietungen. ein Knecht alles meines Geſuͤndes wéhre: So werde Jch auch unter Jhme lében; und mag Er alsdann wohl ſagen / was ge - buͤhrlich tuhn ſoll /

Seine Magd.

27. it. Einer Damen holdliebe Antwort / an ihren Geliebten.

EDler / Glorwuͤrdiger Ka - valier /

Sein / an mich getahnes Schreiben / ha - be Jch / nicht an ſtatt einer Holdigung ſeiner Dienſte / ſondern vielmehr als ein / von ſeiner beywohnenden Hoͤfligkeit uͤberſendetes Ge - ſchenke / auf und angenommen: déhme / mit Gleichmaͤßigkeit zu begégnen / Jch dieſes hinwieder abgehen laſſen / welches Jhn gruͤndlich / wie daß Jch mich von Jhme hóch geehrt befinde; und daß dieſes mein einiger Wundſch / Seine / in Ehrengebuͤhr treue Dienerin zuſeyn / berichten wird.

N. N.

28. Eine ſchriftlichverſprochene Be - ſuchung / in ſeiner Einſamkeit / eines fuͤrnehmen Kavaliers / an ein Frenlein.

Hóchwohlgebohrnes / genaͤdi - ges Freulein /
Jhrer22Er lobet ſeine Dame / und ergibt ſich Jhr.
JHrer Gnaden

Schuldiger / uñ bis in tod verpflichtet er Diener / wil Deroſelben / zugefagter maſ - ſen / mit dieſer ſeiner armen Wemgkeit / auf - warten: und verlanget Jhren Diener zuer - fahren / was Jhre Gn. vor kurtze / oder lan - ge Weile genuͤßen / und wie Sie ſich anitzo bey Freuden / und Jch mich in dero Gnade befinde? Jhr. Gn. verzeihe aber meinen gróben Muhtwillen / daß Jch mich nach dieſen zufragen / geluͤſten laſſe; Denn es hat mich die lange Kundſchaft einer Gnade ſi - cher gemacht / hieruͤm Jch dieſes deñ wieder gedaͤnke / und mit dem unvergeslichen Ge - daͤchtnuͤße bey Jhrer Gnade / mich alſo ein - pflantzen wil / daß Dero genaͤdigen Gunſt / Jch mich offt zu getroͤſten hette: Bitte auch hiermit / zum doͤhmuͤttigſten / Jhres Dieners in Genáden nicht zuvergeſſen / und dero / Jhm gegébenes genaͤdiges Wohlwollen / ſtets zu verneuern / damit Er gleichwohl bey ſeiner grauſamen Einſamkeit / noch die - ſes Tróſtes lében koͤnne / daß Seiner nicht uͤberall vergeſſen ſeyn wirde: Verbleibe und ſtérbe alſo / Jhr. Gn. Haͤnde kuͤßend /

Dero alzeit treuer Knecht.

29. Er lóbet ſeine Dame / und ergibt ſich Jhr.

Al -23Jm Perfertiſchen Buchladen zu finden.

ALlervollkom̃enſtes Sinnenbild / Deine uͤbermenſchliche / uñ unvergleich - liche Schoͤnheit / ſo der guͤnſtige Himmel / und die mildreiche Natur / heufig uͤber dich ausgegoſſen / urſachet mich / meine Féder an dich aufzuſaͤtzen; Denn man dich ja mit gut - tem Titul nennen koͤnte: ein volkommenes Meiſterſtuͤkke des Himmels; einen Aus - zug / oder eine Sele aller him̃liſchen Schoͤn - heiten; einen Trumpff der Natur; ein Wunder des Erdbódens; ein Werk aller Volkommenheit; ein keuſches Wohnhaus der Gratzien: weil du mit allen nur erſinli - chen Schoͤnheiten / ſo eine Dam kan ver - wunderlich machen / gekroͤhnet biſt / daß man dich mit nichts anders / als mit dier ſelbſt vergleichen kan. Ja / du biſt ein Wunder - bild / von der Mutter aller Dinge / der genaͤ - digen Natur / mit ſolcher Volkommenheit beſéliget / daß auch die Misgunſt ſelbſt / oder vielmehr der ſcharfſinnige Argus / keinen Féhler merken kan. An Schoͤnheit biſt du der Venus; an Reichtuhm der Juno; an Froͤhmigkeit und Keuſchheit der Dianen; an reifem Verſtande der Pallas / nicht nur zu vergleichen / ſondern weit weit vorzuziehen: daß Jch dergeſtalt deine Volkommenheit freywillig bekennen mus. Denn / mit wel - chen hóhen Lóbeserweiſungen Jch dich auch erhében und beſchreiben wolte / ſo wirde Jchdoch24Er lobet ſeine Dame / und ergiebt ſich Jhr. doch vieleher meine unvermoͤgliche Vermeſ - ſenheit / als dero Trefligkeit darſtellen: Ja / Jch erkenne mich / wann Jch auch ſchon des Demoſtenes verguͤldete Wohlrédenheit entlehnet hette / ſolches ins Werk zu richten / und deine Hóheit zur Genuͤge zubeſchreiben / weniger geſchikt; als wenig der unbedacht - ſame und vergeſſene Faëton den Sonnen - wágen ſeines Vaters zu regieren / vermoͤg - lich gewéſen iſt: Und Jch wirde auch / da ſchon meine ſchwache Fauſt ſolches zu ver - richten genugſam wéhre / eher meine Féder muͤde machen / als deine unendliche Schoͤn - heit zur Genuͤgebeſchreiben. Dérowégen wil Jch ſolches die jénigen verrichten laſ - ſen / dénen der geneigte Merkurius mehr Geſchikligkeit / als Mier / darzu verliehen und geſchenket: Und laſſe mich itzo abwéſend vergnuͤgen / mein Hertz und Gemuͤhte in dei - ner Volkommenheit zu weiden; bis daß ſelbſt anwéſend deine zarte Haͤndlein / und Zukkerſuͤßes Korallen Muͤndlein / mit ei - nem verguͤnſtigten Kuͤßlein zu beehren / das Gluͤkke beſéligen wird / den / der ſich Dier / ô Fuͤrſtin meiner Sinnen / bey angehaͤfter holdreichen Begruͤßung / zu aller beſtaͤndi - gen Liebesbeharrung / in ergébener tiefſten Doͤhmuht / treulich empfiehlet /

N. N.

30. 25Jm Perfertiſchen Buchladen zufinden.

30. Schreiben / darinnen einer / ſeiner Liebſten / die / zu Jhr tragende Liebeszunel - gung zuerkennen giebet.

Schoͤnſte Jungfrau /

Nimmermehr werde Jch / wie daß Jch Sie / und zwar ſo ſtark liebe / daß auch die allerhoͤchſten Kraͤfte meiner Selen von dieſer Beunruhigung aufgerichtet werden / Jhr zu vermelden / uhrdruͤßig mich anfin - den. Meine / mich alzeit behérſchende / und dieſer Schuldigkeit ſich unterwerfende al - lerhoͤchſte Vernunft / beſtétiget / Sie / wé - gen dero Hold - und Liebſéligkeit / mit unver - rukter Beſtaͤndigkeit zu lieben / als eine ge - rechtſame Sache: So iſt auch / Jhr / uͤber dieſes letzlich zubekennen / noͤhtig / wie daß Jch auf keine Sache / Sie habe Nahmen wie Sie wolle / meine Gedanken gerichtet / oder annoch richte und ziele / daran Jch in der Zeit Jhren Nutzen nicht befunden; dar - uͤm / weil mein Geiſt / als die keine beliebſa - mere Vorbildungen / denn die / ſo von dero verwunderlichen Schoͤnheiten hérſcheinen / begreift / alle Gedanken zu dero vorteil aus - léget. Und ob es wohl das Anſéhen / daß Sie ihrer volkoͤmlichen Natur entgegen ſtehen; ſo vermehret ſich doch ſolches der - maßen / daß letzlich alles zu ihrem Ruhm und Ehren auslauft / und beſchloſſen wird. Sie uhrteile hieraus die Héftigkeit meinerLie -26Keuſcher Liebe Zuneigungen. Liebe / uͤm damit die Uhrteilung Sie / zu ei - ner Gegénliebe verpflichte und anſtrenge; wofern Sie anders erhalten wil / das / albe - reit in Tódes letzten Zuͤgen liegende Lében /

Jhres Allerliebſten.

31. Dergleichen.

WAnn Sie / meine Schoͤne / Wiſſenſchaft truͤge / in was euſerſte Gefaͤhrligkeit ihre Liebe mich geſtuͤrtzet / ſo gleubete Jch / daß die eintzige Erzéhlung meines Ungluͤkkes / Sie / zu meinen Klágen empfindlich zuſeyn / anfriſchen wirde. Sie wiſſe nun / daß ſeidher des erſten Tages / als déro Erkentnuͤs Jch gehabt / dérer Stren - gigkeit / oder vielmehr Grauſamkeit / mich dẽ allerſchmertzlichſten Unmuht / welchen man auf dieſem Gewoͤlbe der Erden / dulden und austauern kan / zuverſuchen untergében: Denn / wañ gleich die allerlieblichſten Som - mertáge ſcheinen / ſo werde Jch doch / durch die Gewalt meiner Beunruhigung / auch die aller abwégſamſte heimlichſte Oerter zu ſu - chen beruͤhret; uͤm mit deſto mehrer Freyheit in ſolcher meiner Dienſtbarkeit mich zu be - klágen / und zugleich in den ſtokfinſteren Naͤchten (wohl wiſſende / daß der Schláf ein Vater der Treume) bearbeite Jch mich zu ſchlafen / uͤm Sie / in Treumen deſto mehr /da27Jm Perfertiſchen Buchladen zufinden. da es anders zuvermehren moͤglich / mier einzubilden und vorzuſtellen; aber zwar al - les vergeblich und uͤm ſonſt: deñ der Schláf fleucht von meinen Augenliedern / ob Sie wohl durch ihre ſtumme Spráche / indehm Sie ſich bald auf / bald zú ſchluͤßen / demſel - ben ohne aufhoͤren zu ruffen; ſowohl / daß die Nacht / da Jch ruhen ſol / mier nichts an - ders / als ein trauriger Tag aller Beunru - higung / daran ich von ihrẽ Liebesfuͤnkelnden Augen beraubt / mich ſéhen mus / vorbringet. Was wird aber endlich / meine Schoͤne / aus mier werden / wenn ſie fortwuͤrig das baim - hertzige Mitleiden / aus ihrer Sele / und die Liebe aus dem Hertzen zu verjagen geſin - net / und damit unaufhoͤrlich fortfaͤhret? Hiergegén aber Jch ſtétigs ſo verliebt; ge - ſtaltſam ich mich als ein unbewéglicher / har - ter Fels / in der Beſtaͤndigkeit fórtwuͤrig be - finde / und davor iederzeit geſchaͤtzt wérden wil: Denn Jch habe bey Verlier - und Ab - kuͤrtzung meines Lébens / mier féſt vorge - ſaͤtzt / meine Liebe ie mehr und mehr zuver - groͤßern; und zwar ſo lange / bis daß das liechterlohe ausſchlagende / und ohne aufhoͤ - ren héftig brennende Feuer / mich gantz und gar verzéhret / und einaͤſchert / zwar alzeit unter dem Nahmen

Jhres L. D.

32. 28Liebreitzende Brieflein /

32. Eben dergleichen.

JCh weis nicht / meine Liebſte / zu was ich mich / ſie ſo inbruͤnſtig liebend / aber hérgegen nicht geliebet zu werden / end - lich entſchluͤßen ſolle; Denn mich von ihren Augen / uͤm die daraus entſtehende Wunden zu vermeiden / zu entziehen / wéhre mier gantz unnutzbarlich / weil Jch albereit verwundet / und den Pfeil / welcher mier dieſe Wunden verurſachet / ſtetigs in mier fuͤhle; ſo wirde Jch auch hierdurch meine Pein uñ Schmer - tzen im wenigſten vergeringern. Mier zu verwéhren / Sie nicht mehr zuſéhen / ſowohl alle Gelégenheit Jhr aufzuwarten zu flie - hen und zu meiden / friſchet mich keine haben - de erhébliche Urſache an; einig und alleine iſt dis meiner Selen Ruh / und Erkwik - kung / ſtétig uͤm / und nében Jhr zu lében / uñ wohnen. Meinem Hertzen Befehl zu ertei - len / hab Jch mich albereit zwar unterſtan - den / allein es hat mier hierauf geantwortet: Jhm wéhre verborgen / ob dieſes von Jhr nicht vielmehr in Schertz aufzunehmen; in Behertzigung / daß nun keine Zeit ſolches zu leiſten mehr obhanden; vielweniger ſtinde in deſſen Freyheit / ſintemahl das Vorbild ihrer Schoͤnheit ſo liebſélig / daß es die Kraͤfte ſeiner Zuneigung damit ewig fort - zuſaͤtzen noͤhtigte; und daß alſo / wie oft es wégen meiner / auf dieſer Welt ahtnete / ih - retwégen ſeine Seuftzer heraußer triebe undfah -29Jm Perfertiſchen Buchladen zu finden. fahren ließe. Hieraus nun hat maͤnniglich genugſam zu ſchluͤßen / und abzunéhmen / mit waſerley Liebes Jnbruͤnſtigkeit mein Her - tze / gegén ihre Perſchon ſich verknuͤpft be - findet: Dahéro habe Sie / meine Schoͤne / Mitleiden / ſowohl mit Jhm / als auch mier; und in ſolchem Jrgarten der Zweifel - haftigkeit / was iſt denn dieſes / worzu Jch endlich kommen werde? Ach / ſo ſey Sie doch meine Liebſte Ariadna; Hiergegén wil Jch ein ander / und zwar getreuer Theſeus mich finden laſſen: Auſer dieſen / wird mein Lében / welches einig und alleine zu ihren Dienſten gewiedmet / zu einem gewiſſen Raub / und Speiſe der grauſamen Beſtia der Verzweifelung dienen. Dieſes iſt / meine Liebſte / der allergetreuſte unter ihren Die - nern / der Sie hierzu beſchwéhret / aber viel - mehr zu dero Vorteil / als zu meinem Scha - den und Verterbnuͤs; Daruͤm / daß / wenn Sie mich verleuret / zugleich die Perſchon / welche Sie auf dieſer Erden am meiſten eh - ret uñ liebet / hierdurch betruͤbet ſeyn werde / und zwar aus ſatſamhabénden Gruͤnden / weil ihre Tugenden in dieſem die erhéblichſte und liebreichſte Urſache iſt. Hiermit Gott mit Uns! verharre Jch / nében angehaͤfter treuhertzigen Begruͤſſung

Dero Treuer Diener lébenslang.

Ccc33. 30Mit Verſchikkung ſeines Gedichtes /

33. Ein Lób und Liebes Brieflein; An die Allerſchoͤnſte dieſer Welt.

ALlerliebſte /

Jch wil Sie / anderer geſtalt nicht / uͤm dieſelbe zuerkennen / alſo nénnén / weil ſolches ihr rechter Nahme iſt: Denn auch Die / mit Schoͤnheit begabte / allerfuͤrbuͤndigſten die - ſer Zeit / ihre Schoͤnheit nichts zuſeyn er - achten / wo dieſelbe nicht ein Siegszeichen vorſcheinen laͤſſet: vielweniger auch die al - lertugendhafteſten / wégen ihrer Tugend / wann Dero verwunderliche / nicht deſſen ein Modell und Muſter. Und das aus Urſa - chen: indehm ihre Volkommenheit nicht mehr in Zweifel gezogen wird / angeſéhen / daß auch die allerkluͤgeſtẽ uͤm darvor gehal - ten zu wérden / hiervon alſo geſchloſſen: Ja / die Vernunft ſelbſt / uͤm dieſe liechte Wahr - heit zu beſtaͤrken / hat daran nie gezweifelt. Sie liebe dahero einig / weil Sie Nieman - den als Jhr ſelbſt / ehnlich. O Liebſtes Vor - bild meiner Liebe / wofern Jhr zu gutter Stunde gefaͤllig / einen der allerſtatlichſten zu dieſer Zeit / durch Gunſt und Gnade (indehm Sie auf dieſer Welt keinen / der deſſen vor ſich ſelbſt wuͤrdig; auch in der Liebe getreu uñ beſtaͤndig ſeyn ſolle /) antref - fen wird / So lébe ich in Hofnung / das Vor -teil31An eine volkommene Frau. teil uͤber alle / weil Sie gerecht / zu behaup - ten; als der Jch der Allergetreuſte Liebha - ber / ſo iemals auf dieſer Welt hat ſeyn koͤn - nen; auch lébend ſterbe

Meiner Herzlichſten Jnnigſt ergébener /

34. Mit verſchikkung ſeines Gedichtes; an eine volkommene Frau.

SChoͤne Dame /

Jch wolte Sie ſehr gérne erſtlich der Verwunderung benéhmen / wodurch Sie mich denn augenbliklich uͤm die Kuͤhnheit ſtrafen moͤchte / die Jch an Sie zu ſchreiben gebrauche. Sie wiſſe demnach / daß mich mein Verſprechen zu dieſer Gróbheit ange - mahnét / nach dem was zugeſagtes gehalten ſeyn wil. Jch erfreue mich aber zum hoͤchſten hieruͤber / daß meine wenige Geſchikligkeit / die Jch nur in Weitwéſénheit anderer eine nennen darf / ſolches wéhrts ſeyn wird / daß Sie dero ſchoͤnen Uhrteil unterworfen ſeyn ſol. Meine volkommene Richterin laſſe ihre geréchte Augen / auf die nichtige We - nigkeit meiner Sache / und lége die Jahre meiner jungen Weile gegénuͤber; verbaͤſſere ſolches durch ihre kluge Gedanken; ſo wird ihre Stráfe zu meiner Verbaͤſſerung die - nen. Es erzuͤrne ſich aber ja nicht wiederuͤm ihre billiche Rache / in Erinnerung des Ló - bes ihres Feindes; ſondern laſſe ſich dieCcc ijBi -32Mit verſchikkung ſeines Gedichtes. Bibliſche Liebe uͤbermeiſtern / ihrem Feinde auch das beſte willig zu uͤberlaſſen. Sonſt wird mich meine oberzéhlte Urſache / zu ei - nem gluͤkſéligen Menſchen machen; Denn ſolche Gnade und Kühnheit / an Sie zu ſchreiben / wéhre mier nimmermehr zugelaſ - ſen / noch ungeſtraft hingangen / wo Jch nicht die fréche Beſchoͤnung meines Ver - ſprechens / an ſtat einer Mummerey ge - braucht haͤtte. Gluͤkſélig bin Jch auch / daß Jch mein verſchwiegenes Hertze etwas lau - ter gehén laſſen darf. Jch fuͤrchte auch deſto weniger Zuͤchtigung / ob Jch gleich ſagen wirde / ich liebte ſie mehr als andere, doch wil Jchs nicht geſagt habẽ: wo es aber geſagt / auch nicht wieder uͤmkehren. Gewies iſts / mich erfreuet die meiſte Berédung von oder mit Jhr ſelbſt; von welchem Letztern Jch a - ber ſélten was genuͤſſen mag: Mier mus doch unverbohten bleiben / und ob es gleich nicht zugegében werden wolte / daß Jch lieb habe das jenige / was mich zu lieben geluͤſtet; nichts achtend / ob ich darvon verachtet oder nicht zugelaſſen bin. Und alſo gébe es nun meine Schoͤne Gebieterin zu / oder nicht / ſo beluͤſtige Jch mich doch inzwiſchen zu nén - nen

Dero gebuͤhrlichen / und Treuen Diener.

35. 33Eine uͤberreichte Liebes Tafel.

35. Eine hoͤfliche / und zu geneigter Wie - dervergeltung uͤberreichte Liebes Ta - fei: An ein par irdifche Himmeis Schweſtern.

EDle / an Ehren / und Tugend ſehr Reiche / von dem vielguͤttigen Himmel mit den allerfuͤrtreflichſten Gáben der mild - reichen Natur / in fuͤrbuͤndigſter Schoͤnheit beſchenkte Hertzenszwingerinnen / Liebloͤb - liches Schweſterliches Pár / Koͤniginnen aller Jungfrauen / Dieſes iſt die Wir - kung dero uͤberirdiſchen Verdienſte / daß auch das geringſte Zeichen ihres beliebens / Uns (die wier / in Anſchauung ihrer Fuͤrtrefligkei - ten / unſerer ſelbſt vergeſſen) ein unverbruͤch - liches / und mehr als mit Bluhte beſchriebe - nes Geſaͤtze ſey. Derohalben / ſo ſey Jhnen / O Unvergleichliches Par / dieſe ſchon laͤngſt gelóbte Liebes Tafel / in dem Tempel / wel - cher auf dem Ekberge ihrer ewigen Volkom - menheiten erbauet / aufgericht: Und ob gleich dieſelbe weder Marmeln / noch aus Zederu; ſo wird Sie doch von der Freſſerin aller Dinge / und ihrer ſelbſt / der Zeit / nicht getil - get; noch verzehret; ſondern durch die Macht dero unvergleichlichen Hoheiten / der grauen Ewigkeit einverleibet wer - den. An ſtat der Wiedervergeltung / koͤnten E. E. Liebe an dehm / worzu Sie / inCcc iijuͤber -34Eine zugeſagte Verſchikkung /uͤberkommener Goͤttinnen Macht / Uns Sterblichen alhier unten gezeiget werden / oder doch / zum wenigſten / im Brauche ha - ben / nehmlich / die getreue Selen zu peinigẽ / und ein neu Geſaͤtze der Undankbarkeit / und Unbarmhertzigkeit aufzurichten / in etwas nachlaſſen; dofern wier ſie anders / ſo wohl als die andern Goͤtter / von welchen E. E. Liebe entſproſſen; ja / welche da die hóhe Lie - bes Goͤttin / und ihr Kind / den Bezwinger aller Hertzen / Kupido / alhier auf Erden ver - tréten / auch bitten / und anflehen duͤrfen: ſtandhaft beharrende

E. E. Liebe und Hóheiten in tiefſter Doͤhmuht ergébener treuer Diener und Knecht.

36. Eine zugeſagte Verſchikkung; an eine Herliche Frau.

Hóchwohlgebohrne / genaͤdige Frau.

JHrer Gnaden /

Verbleibe Jch unaufhoͤrlich nach Wil - len zu dienen; und volbringe das Armuht meiner Zuſage in dieſem / was Jch verſpro - chen; ſo unangenéhm / und widerwaͤrtig Déroſelben auch dieſe Nichtigkeit vorkom - men wird; wuͤndſchende / mich den Verſtaͤn -di -35Jm Perfertiſchen Buchladen zu finden. diger meines Vérſtandes / bey Jhr. Gn. ſelbſt zu ſeyn; erkentlich zu machen / was das Finſternuͤs meiner Jugend vertunkelt. Jn - dehm aber Jhr. Gn. Volkommenheit Jch beſinne; muß Jch wieder zu ruͤkke gehén / und meine begangene Fehler oͤffentlich be - kénnen; weil Jch mich zu lehrén anérboh - ten / da doch volkommene Weisheit vérhan - den. Es beſchaue nun Jhre Gn. genaͤdig / meine nichts wuͤrdige Wiſſenſchaft; und verbleibe gnaͤdig Dem / Der ſich ihrer Gna - de vertroͤſtet; und hoffét ſo lange

Jhr. Gn. Treuer Knecht zu ſeyn / weil Er lébet / und iſt / N. N.

37. Eine dergleichen Verſchikkung; an eine Fuͤrnehme Frau.

Hôchwohlgebohrne ge - naͤdige Frau /

JHrer Gnaden /

Wolte Jch gern nochmals das verſi - chern / was Jch ſo oft mit der Schwachheit meiner Lippen muͤndlich beweiſen wollen. Wiewohl Jch nun aber hier viel zu arm / und noch noch nicht ſo hóch geſégnét bin / daß Jch meinen ſchuldigen Dank recht ver - ſtaͤndlich / geſchweige taͤhtlich volziehen kan; tedennoch den Schatten davon anzuſaͤtzen /Ccc iiijund36Er lobet ſeine Liebſte / und gibt ſich Jhr. und nur von ferne mein Gemuͤhte zueroͤf - nen / uͤbergebe Jch hiermit mein ſchuldiges Opffer / welches Jch ſo lange ſchon zu ent - zuͤnden gelóbet und geliebet. Meine Gn. Fr. ſaͤtze nur alle Hindernuͤße beyſeiten / und laſſe ſich einmahl dieſen wenigen Dank be - rédẽ / als wie er Sie alle der jénigen Wohl - tahten erinnern koͤnte. Es beliebe aber J. Gn. dieſe Armuht fuͤr Wiedertaht zu erkén - nen; Denn ein Unvermoͤgender giebet nicht mehr als Er vermag: mit dem Jch denn gaͤntzlich verbleibe

Jhr Gn. Schuldiger Diener.

38. Er ſtreicht ſeine Liebſte aufs ſchoͤn - ſte héraus; und léget ſich zu ihren Fuͤſſen.

NJchts haben / als nur eine Sele / Ste / Allerliebſte / anzubéhten; als ein Hertze / Sie zu lieben; und nur ein Leben / uͤm Sie zu dienen / iſt die groͤſte Gluͤkſelig - keit von der Welt: Und zwar Sie / déro Schoͤnheit ſo viel Verzauberungen; und dé - rer Tugend ſo viel Anreitzungen mit und né - ben ſich fuͤhret / daß auch die / deswégen aufs haͤrteſte gefangene / die ſonſt maͤnniglich an - genéhme Freyheit ihr Lében zubeſchluͤßen vermaledeien. Vor allen dingen / wenn man von Wunderwerken redet / ſo iſt Siedérer37Jm Perfertiſchen Buchladen zu finden. derer einig Exempel; und wenn man von ei - nem Wunder ſagen wil / kan man es nur mit Jhr vergleichen. Letzlich / iſt Sie ſo vol - kommen / daß die Natur / und Kunſt mit ein - ander in Streit gerahten / welches unter beiden Sie auf dieſe Welt gebracht. Mich nun itzo Jhr Diener zuſeyn erkennen / wehre mier alzuhóher Nahme; mich einen Schla - ven zu nennen / wehre auch noch ein alzu ruhmwuͤrdiger Titul. Sie ſehe alhier / meine Schoͤne / den Zunahmen / und eigne ein zu einem Taufnahmen / der Jhr beliebet / und gefaͤllig.

N.

39. Eines aus fremden Landen zuruͤck kommenen / liebtragendes Schrei - ben / an ſeine Liebſte.

ALlerſchoͤnſte auf Erden /

Nachdehm Jch einen gutten Teil der Welt / uͤm damit meinen Ungluͤkſeligkeiten / ſo mier ſtets auf dem Fuſſe nachfolgeten / mich zu entfernen / wohl durchwandert; So komme Jch nun wieder auf das Altár ihres Hertzens / weil Jch nicht / in allen Tempeln / eine Goͤttin / welche ſo wuͤrdig als Sie / zu zieren / haben finden koͤnnen. Sie empfahe nun / ſo es Jhr beliebet / mein Anerbietnuͤs / in dem Wehrt / und dergeſtalt / welche ich habe /

Deroallergetreuſter Diener zu ſeyn / weil Jch bin N. N.

Ccc v40. 38Ein ſchoͤn geſteltes Liebes Schreiben.

40. Dem Allervolkom̃enſten / und ſchoͤnſten paar Schwéſtern / welches von der Guͤttigkeit des Himmels / ſo hóch begnadet / daß Sie aller Welt Damen / von Schoͤnheit und Tugend / wo nicht uͤber - treffen / doch nichts be - vor gében.

WOhl Edle / Schoͤne Damen /

Jn Beſinnung / daß mich ihr ſchoͤner Winter enthalten / und mier / die verfluchte Miſgunſt / den Sommer nicht vergoͤnnen wolte / habe Jch mich doch noch zu der Zeit erinnert / was bey jéner geſchéhen: und er - freuet mich noch das Gedaͤchtnuͤs / wann Jch bedenke / daß Jch einesmahl dér war / dér Jch nimmermehr ſeyn / noch wérden kan. Alle Gnade war unverſchloſſen / auch Dé - roſelben; und meine genaͤdige Gebieterin ſa - he ihres Knéchtes Dienſte / mit Gnaden an / und ward Jch / uͤberaus wohl mit einem gutten Geſichte / und gérne geſéhen vergnuͤ - get. Der Herren Genade war meine Ge - meinſchaft / und Jch wuſte vor groſſem Gluͤkke kein Ungeluͤkke zuerkennen: Zuſam - men / Jch ward erhóben / bis an das Gewé - be der Himmel; und es loͤſeten mich die Zungen herab zufallen; woruͤber Jch denn / doch in eine hoffendlich gnaͤdige Ungenadekom -39Jm Perfertiſchen Buchladen zu finden. kommen bin; denn Jch mag mier nicht weis machen laſſen / daß Gottes Ordnung und Geboht iemand erzuͤrnen koͤnne / die in ſol - chen lében: Wo Sie aber dieſes nicht ger - ne ſéhen / waruͤm haben Sie es denn ſelbſt mit ſo treflicher Liebligkeit beſchauet? Und noch mehr: Sie helfen mit einer Hand Ge - bohte erbauen; und wollen mit der andern dieſelbe zerreißen: Sie beluſtigen ſich wé - gén eines Verbuͤndnuͤßes / und brechen das andere: So iſt es auch Tohrheit / wider Gott zu lében; denn ſeine Allmacht unge - meiſtert bleiben mus. Es lége ſich numehr der Zorn / und bluͤhe die Genade wieder: es verwelke die angemahlte Verunglimpfung; und erwachſe eine andere Freundſchaft / daß ſich erfreuen die Betruͤbten; und die Ver - laſſenen noch zu hoffen haben / daß die naßen Augen abgewaſchen / und die geaͤngſtigten Gemuͤhter einsmahls erfreuet werden. Meine Schoͤne Gebieterinen aber / kéhren doch wieder uͤm / und beſinnen ſich / was in ihrer Andacht zulétzt ſtehét; Sie vergeſſen ſelber Zeit und Búchſtaben nicht; und ſey die Vertreuligkeit nicht geringert. Was vor dieſem nicht zu geringe / ſey itzo nicht zu ſchlecht; und es komme kein Stoltzer zur Doͤhmut / damit nicht etwa den Armen hin - fuͤhro mehr / als dem Reichen die Tuͤhre ge - ſperret gewieſen werde. Jch habe wohl tau - ſend / und aber tauſendmahl / unter DéroCcc vjTu -40Liebneigende Schreiben /Tugénden / die Leutſéligkeit / vor die vol - kommenſte geſchaͤtzet; denn bey hóhen Ge - muͤhtern alzeit Doͤhmut geprieſen worden iſt: ſo wil Jch auch hoffen / es wérde die zeit / das Gluͤkke / und ein ſchoͤn Kleid / nicht zu - gleich auch die Veraͤnderung in ihren Beſi - tzern bezeugen / und mit angenom̃ener Schoͤ - ne / und Hóheit / auch Stoltzheit erbauen. Vérgéſſen kan Jch nicht der Zunge / welche ſo ruͤhmlich gleißende Gottesdienſte verrich - tet / und doch nie bedaͤnket / daß das andere Geboht dem erſten gleich ſey: die auch ihren hoͤhern Naͤchſten unter die Bank ſtekken wil / und ſeine Tugenden zu Laſter macht: die ihre Gebieter unwiſſend verunehret / und die ſchoͤnſten Worte in ihrem beyſeyn aufſtrei - chet. Sie druͤkket und buͤkket ſich vor ihren groͤßern; und wuͤndſchet Jhnen / gedaͤnkend / die Hélle. Es kan Dérſelben nicht wohlge - hen / uͤm meine Bekuͤmmernuͤs; und der ge - réchten Seuftzer ſchikken ihre Suͤnde fuͤr Gott. Es bleibet aber wohl bey ſeinem Er - kentnuͤs; deñ Er forſchet der Lippen Wahr - heit am beſten. Urſach habe Jch es / und tuh es auch / daß Jch vor Sie / und dero gantze Hofſtadt / keines ausgeſchloſſen / (denn Jch meinen Freunden ébén ſo wohl guttes goͤn - ne /) noch taͤglich bitte; wuͤndſche auch noch - mals / daß Sie ſaͤmtlich déro Hófbediente und Untertahnen / zu aller Wohlfart / Sé - gén / und Gedeyen / friſch und geſund erhal -ten41Jm Perfertiſchen Buchladen zufindenten werden moͤgen: Verharre alſo / Jhnen dabey die Haͤnde doͤhmuͤhtig kuͤſſend /

Dero Treuer Diener.

41. Des Filidors Liebreitzendes Schreiben; an die Klitia.

ALlerſchoͤnſte Gebieterin meines Hertzens / alhier ſehe Sie die Schluͤſſel zu dem Gefaͤngnuͤſſe / worein dero große Verdienſte / mein Gemuͤht geſchloſſen / wel - ches ſeyn / die unverbruͤchliche Geliebde / zu - ſammen geſaͤtzt / mit unwiederruflichen Ei - desleiſtungen / welche Jch getahn / nichts mehr auf dem Weltkreis zu lieben / denn Sie; als

Dero doͤhmuͤhtig getreuſter Diener.

41. Eine andere Dienſtzuneigung.

P. P. Dieſer iſt nichts anders / als eine Beſtaͤrkung des Geluͤbtes / ſo Jch ge - tahn / keine andere / als Sie / in dieſer Welt zu lieben / in der Geſtalt / und Wuͤrdigung ihres allerdoͤhmuͤhtigſten Dieners: Sie vergoͤnne mier doch dieſe Ehre / ſolches an - zunehmen; und verſtatte mier / ſo es Jhr beliebet / dero Verguͤnſtigung zum Ti - tul; das iſt die allergroͤſte Zufriedenheit /Ccc vijdie42Liebneigende Schreiben /die Jch wérde / in wéhrenden meinem Lében zugenuͤßen haben: Dabey verharrende

Meiner Gebieterin Treubeſtaͤndiger.

42. Der Klitien Antwort / an den Fili - dor; mit hoͤflichem Einwurfe / dérer Liebhaber unbeſtaͤndigkeit.

Edler / Ehren - und Man - feſter Herr /

DJe Geliebde dérer Liebhaber / ſeyn alzuſehr der Unbeſtaͤndigkeit / uͤm ſolche anzunehmen / unterworfen; nicht zwar / dz Jch Seine / nicht vor eine beſondere Gunſt ſchaͤtze / weil die Verſicherung / wel - che Jhme / mier / nében der Wohlgewogen - heit / ſo Er / dem Berichte nach / gegén mich traͤget / zu gében beliebet / nicht gar auf einem bloßen Grunde beſtehét; Doch aber wird Er mier viel grundmaͤßigere Beweiſungen einzubringen zúlaſſen: und in Erwartung Derſelben / mich unterdeſſen vielmehr Sei - ne Dienerin / als Gebieterin nénnen.

Klytia.

43. Ein ander Schreiben des Filidors / an die Klytia; Darinnen Er ſich alzu - hart abgeſtraft zuſeyn / beſchwehret.

Aller -43Der Damen Antwort darauf.
ALlervolkommenſte /

Jn Hertztreulichem Vorwundſch der allerſchoͤnſten / und volkom̃enſten Gluͤkſélig - keit / beduͤnket mich / daß dieſes mit alzugroſ - ſem Ernſte / die jénige / ſo mit allerhand au - genſcheinbahren Erweiſungen / als Jch ge - tahn / Sie lieben / belégen heiſſe. Jch bin nicht eifrig wégen der Gunſten / ſo Sie dem N. erteilet; begéhre auch nicht ſeine Ver - dienſte / (welche hérlich und groß / und deß - wégen zu ruͤhmen) ſondern vielmehr ſein guttes Gluͤk zu neiden: Beklage mich aber einig und alleine in dem Stuͤkke / daß Sie / aus ihrer Kund - und Freundſchaft / mich / als einen Unwuͤrdigen Derſelben / auszu - ſchluͤßen / nicht alleine darmit zufrieden; ſon - dern auch noch darzu ſo gar unbarmhertzig ſtrafet; gleich als weñ es in meiner Macht / ein ſo teueres Gutt / als da iſt die Beſitzung ihrer Gunſten / nicht zubegéhrẽ / Abwéhrung zu tuhn. Jch ſage Jhr noch uͤber dieſes / mei - ne Schoͤne / daß mier im Sinne / wie Sie mich alzu ſcharf angegriffen / weil meine Un - terwindung von keinem andern an - und auf - gemuntert / als von der Liebe / ſo Jch Jhr gelóbet / in geſtalt

Jhres ergébenen Dieners.

44. Der Klytien hoͤfliche Wiederantwort / und Entſchuldigung; an den Filidor.

Mein44Der Klytien Entſchuldigung Schreiben /
MEin Herr /

Er laͤßet ſich beduͤnken / als ob Jch Jhn / mit alzugroßer Schaͤrfe angegriffen; und im widrigen gleube Jch / nicht nur auf den bloßen Schein / und Einbildung / ſondern auf die Wahrheit ſelbſt / daß dieſes gar zu gunſtreichlich / und mit alzugroßer Suͤßig - keit beſchehen / gegruͤndet ſeyn. Er kan kei - nen Eifer / uͤber die Gunſt und Freundſchaft / welche Jch N. wie Er meldet / erwieſen ha - ben ſol / empfinden; weil ſolche nur von bloſ - ſer Einbildung ſeyn: und Jch widerſpreche ſeiner Nichtigkeit / ſo lange / bis Er geſchikt ſey / auch das allergeringſte Gepraͤnge / wel - ches Er von mier empfangen / zu machen: Die Zeit wird Jhme mein Gemuͤhte zuer - kennen geben / und folgends ſein unbedacht - ſames Verſehen / wie Er alzuleicht gegleu - bet / daß Jch mich / einen Favor zu erteilen / hette verlauten laſſen; da Jch doch in die - ſem ſo karg / daß die allergroͤßte / ſo Jch ie - mals erteilet / dieſe alhier / ſo Jch dem Her - ren uͤbereigne; weil auch ſolche / mehr wegen Ehrerbietung / denn vernunftsgemeßeren Urſachen / als die Jch in allem dem / wormit Er mich beſchuldiget / unwiſſend / herfleußt / und geſchiehet.

Klytia.

45. Schrei -45Bitſchr. uͤm Antwort / an das Frauenzimmer.

45. Schreiben / Wiederantwort vom Frau - und Jungfernvolke zubegehren.

SChoͤnſte Jungfrau /

Dieſes haͤlt wégen ſeines an Sie ab - gefertigtẽ Geſellens / inſtaͤndig uͤm Antwort an / den endlichen Ausſpruch ſeines Todes oder Lébens begehrend. Sie ſpreche und faͤl - le ſolchen kuͤhnlich; Denn auf was Weiſe und Art ſolcher gefaͤllet / wird Sie nicht ver - wéhren koͤnnen zu ſterben

Jhr Diener.

46. it.

GEehrte Jungfrau /

Nachdehm Dieſelbe Jch / meinen eh - rendienſtzuneigigen Willen / und bitliches Begehren verſtaͤndiget / ſo erwarte Jch mit faſt ungeduldigem Verlangen / der Ehre / ih - re zu erlangen. Ach! Sie verweigere mier doch / ſo es Jhr beliebet / dieſe Gunſt uñ Ge - nade nicht; ſondern nehme im Gegenteil an / die Gábe und Geſchenke / meiner / Jhr vor - laͤngſt gelobten Dienſtbarkeit / ſo erteile Sie mier die Ehre / dero Befehlich anzuhoͤren / uͤm ſelber Wirkung zur gutten Stunde blik - ken und erhellen zu laſſen. Dieſes geſchiehet von ihrem willigen Diener / iedoch mit Dero Erlaubnuͤs / meine Schoͤne / welcher Sie daruͤm bittet / und beſchwehret.

N. N. 47. 46Bitſchr: uͤm Antwort / an das Frauenzim̃er /

47. it.

JCh weis nicht / Schoͤnſte Jung - frau / ob Jhr auch das Schreiben / wel - ches Jch vordieſem an Sie ablaufen laſſen / eingehaͤndiget worden? Wann es / wie ſol - ches das Anſéhén giebet / beſchéhen; ſo be - gehre Jch an ihre Hoͤfligkeit einer Wieder - antwort: auf den Fall der nicht Erfahrung / wiederhohle Jch die Gábe / meiner / ihren Tugenden gelóbten Dienſtbarkeit / in der Eigenſchaft

Dero Doͤhmuͤtigen Dieners.

48. it.

Ehrentugendreiche / viel - guͤnſtige Frau /

OB Dêro Stilſchweigen Jch vor ein gut Zeichen deuten / und auslé - gen ſol / weis Jch nicht; oder / ob ihre Hoͤf - ligkeit / die Sie gegén mier / in Bezeugung der Gunſt ihrer Wiederantwort karg zu ſeyn / veranlaßet / Jch anzuklágen habe? Je - doch wil bey der erſten Wiederantwort Jch das Uhrteil faͤllen / welche zwar nimmer - mehr als gar zu ſpaht zu meiner Zufrieden - heit anlenden wird; und ſchluͤßlich / wégen

Jhres Doͤhmuͤtigſten Dieners.

49. Ein Liebesſchreiben / zu ſéhnlich-erwarten - der Gegenliebe / und Wiederantwort.

47Jm Perfertiſchen Buchladen zu finden.
HErtzliebſte /

Jch werde ſolcher geſtalt / indehm Jch Sie ſo inbruͤnſtig liebe / hérgegén aber von Jhr im geringſten keine Gegenliebe verſpuͤh - ren kan / nicht mehr meines Lébens Lauf fuͤh - ren koͤnnen: es erfodert die Nohtwendigkeit / daß Sie / entweder durch Mitleiden / durch Liebe / oder durch habende Urſachen und Gruͤnde / mier alles das / was Sie in ihrem Gemuͤhte hat / weil Jch Jhr auch alles / was in meinem Hertzen verborgen gelégen / hatte herauſer und von ſtund an zu wiſſen ge - gében / entdekket. Sie aufs neue / wie daß Jch Sie liebe / zu beréden / erachte Jch vor unnuͤtzlich; weil Sie / zu aller Zeit und ſtun - de / in ihren Spiegel ſchauend / ſich uͤber die allerſuͤßeſte Suͤßigkeit / die mich darnach zu ſeuftzen veranlaſſet / dieſes wohlgeſtalte Ant - litz / ſo mich verwundet / uñ dieſe zur Lieb rei - tzende blik / ſo mich ertoͤdtẽ / verwundern kan. Und letzlich / uͤm alles auf einmahl zu ſagen / ihre fuͤrbuͤndige / und zwar ſo volkommene Schoͤnheit / nach dem Urteil der gantzen Welt / erfodert / frey heraus / und ohne ſcheu zubekéñen / daß zum oͤftern Jch mich daruͤber zu verwundern / aus Furcht / ſelbige volkom - men zu erſéhén / daß es nicht eine genugſam érhébliche Urſache ſey / uͤm mier das verlan - gẽ / ſolche eines Tages in Beſitz zubekom̃en / abzuſchneidẽ / und zu verwehren / nicht anna -hen48Des Frauenzimmers Antwortſchreiben /hen darf: aber zum wenigſten / weil es Jhr unmoͤglich iſt / die Liebe zu empfahen / daruͤm / weil Sie gleichſam eine Beſitzung machet / ſolche der gantzen Welt auszuteilen / ſo laſſe Sie ſich durch Mitleiden und Erbarmnuͤs darzu bewegen / uͤm nur einmal meinetwegen zu ſeuftzen / damit Jch hernach inniglich ſeuf - tzen moͤge. Jch begehre von Jhr keine ande - re Wiedergeltung: ſtandfeſt verharrende /

Jhr ergebener / treuer Diener und Knecht.

50. Der Dianen Antwort Schreiben / auf die Liebtragende Zuneigung; und das / an Jhr entworfene Mistrauen.

Hochedler / Glorwuͤrdiger Kavalier /

ER wil nun / daß Jch Jhme mei - ne Rede frey und oͤffentlich entdekken ſol; Jch werde Jhn / mit gewoͤhnlicher Freyheit verſtaͤndigen / daß / wo ſeine / zu mier tragende Neigung / eben ſo inbruͤnſtig / in ſeiner Sele / als Sie auf dem Papiere le - bendig / erſcheinet / daß wahrhaftig Er hertz - treulich liebet: aber wenn zu Beſtaͤrkung dieſer Beglaubung / Jch mich im Spiegel beſchaue / ſo ſehe eben darinnen Jch das Widerſpiel / als welcher mich von denen / ſomier49Jm Perfertiſchen Buchladen zufinden. mier zuzulégen Jhme beliebet / weit entfer - net; geſtaltſam / daß / wofern Er ſo argli - ſtig und kuͤnſtlich / Jch wil nicht ſagen ſo un - wahrhaftig im uͤbrigen / als in dieſem ſeyn und erfunden wird / Jch wenige Urſach ha - be / ſeinen Worten Glauben zuzumeſſen: Die Zeit aber wird an Verfahrung ein wahrhafter Richter ſeyn: entzwiſchen bitte Jch zu glauben / daß ſonderbahre Zunei - gung traͤgt / Jhn zu ehren uñ hóch zu ſchaͤtzẽ /

Seine D.

51. Des Silvanders Liebſeufzende Gegenantwort; an die keu - ſche Diana.

SO iſt es nun einmahl / Schoͤne und keuſche Diana / geſchéhen / dz Sie frey / uͤm mier Uhrlaub zuerteilen / zu mier geré - det / und zwar mit ſolchen angeſuͤßetẽ Wor - ten / daß wahrhaftig ein Hylas nicht Urſach hette / ſich daruͤber zu beklagen; aber wohl ein Sylvander / deſſen gutte Zuneigung nicht inbruͤnſtiger / die Treue nicht groͤſſer / noch die Hoͤfligkeit fuͤrſichtiger / und mit mehrer Beehrung ſeyn und erfunden wer - dẽ kan. Er hat Urſach / uͤber ſich ſelbſt zu kla - gen / weil Er ſeine Dienſte / ſowohl als ſeine treue Liebe verwirft: Denn Sie hat in guttem wiſſen / daß Er kein ander verdienſt / als nur einig und allein von Jhr geliebtzu50Liebes Antwort Schreiben. zu werden / ſuchet; und entzwiſchen giebt Sie Jhme ſuͤße unmenſchliche / doch nichts als Ehrenworte / gleich als wenn Er an ihren Verdienſten iemahls gezweifelt: und wehm haͤlt Sie nur ihre Gemuͤhtsneigung bevor? vieleicht einẽ andern / der deſſen mehr wuͤr - dig als Jch. Nun wohlan / Jch bin / weil es nicht zu aͤndern / zufrieden; aber aufs we - nigſte werde Jch den Vorteil / Sie am erſten geliebt / und vielmehr / als Jéner tuhn wird koͤnnen / geehrt zu haben / behaupten / nach - dehm Jch alle die aus einem von Liebe liech - terloh brennende Hertzen hérruͤhrende Zu - neigung und allem / von einem doͤhmuͤtigen Geiſt und Gemuͤhte hérruͤhrende Beeh - rung / Jhr uͤbereignet. Ůber dieſes alles wer - de Jch die wahre Beglaubung beyfuͤgen / nie nichts getahn / oder den Willen noch zu tuhn gehabt zu haben / wo es nicht tauſendmahl zu ihrem Vorteil gelangén ſollen.

S.

52. Eine Dame giebet ihrem Jnnigſt - geliebtẽ / in freundlicher Antwort / zu verneh - men / wie freudig Sie / uͤber ſeiner Ankunft worden / und Seiner verlan - gend erwartet.

Hôchgeliebt - und gelóbter Herr Liebhold /
Die51Jm Perfertiſchen Buchladen zufinden.

DJe uͤbergroße Freude / welche ſein beliebtes Schreiben / meinem faſt halberſtorbenen Gemuͤhte erwekket / kan we - der meine ſchwache Fauſt / noch meines Her - tzens getreue Dolmétſcherin / die Féder / vol - koͤmlich dartuhn. Was ſol Jch ſagen? es koͤmt mier ſo ploͤtzlich / ſo unverhoft / daß Jch ungezwungen bekénnén mus / mein Freund ſey mier und meinem / mit bitteren Traͤhnen - wéllen uͤberſchwémtem Hertzen / eine rechte Freuden Sonne / Der mich / ſchier abgelébte / durch die Strahlen ſeiner annehmlichen Bohtſchaft / belébet macht. O welch eine liebliche Bohtſchaft! O welch eine annehm - liche Poſt! Kan wohl einer verliebten Jungfrau etwas empfindlichers ſeyn / als dieſes / wenn Sie ihres Galanes / den Sie uͤber alle rittermaͤßige Perſchonen erhébet und liebet / kurtzkuͤnftiger Anwéſenheit ver - ſtaͤndiget wird? warlich nichts / als die An - wéſenheit ſelbſt. Je beſſer ſich Stratonitze dem jungen Antiochus naͤhert / ie héftiger faͤnget der Liebespuls anzuſchlagẽ / daß auch der Hócherfahrne Eraſiſtratus die Urſachen / ſeiner ſchwéhren Krankheit / der verborgenen Liebesheftigkeit / wohl erachten kan: alſo / ie naͤher mier mein Freund / ie heftiger Verlan - gen habe Jch / die Liebesvergnuͤgung zu ge - nuͤßen: und wie ein Artzt mit ſeiner heilſamen Artzney / dem Kranken / oder des Wundartz -tes52Einer Damen Lieberfreuendes Antwortſchr:tes Salbe dem Verwundten; ſo iſt die un - gefaͤrbte Gegenliebe des Búhlen / einer / von Liebe lagerhaftẽ Sele. Jch ſchaͤtze mich nun vor allen andern gluͤkſélig / weil Jch ohne mein Verdienſt / ſeine unverweigerte Liebe / aus dieſen hertzfluͤßenden Worten / un - ſchwéhr vermerken kan. Sein williges Ver - ſprechen / welches Er / ohne Verzug / taͤht - lich erweiſen wil / machet mich ſo kuͤhn / daß Jch / als ſeine treue Fillis / bey ſeiner Gegen - wart / mich werde unterſtehen doͤrfen / meinen einigẽ Hertzensinhaber / als den treflichen Fi - lander / mit einer / Jhme vieleicht annehmli - chen Muͤhwaltung / zu belaͤſtigen / welche Jhme noch ſo lange ſol verborgen bleiben / bis Uns der guͤttige / unſeres einigen Wundſches gewéhren wird: Jmmittels verſichere Jch meinen Einighertzgeliebten / daß Er ſich / ſo eines unbarmhertzigen Anſinnens von mier / nicht verſehen ſol / wie der Mantuaner Fuͤrſt Galeatzius von dem jénigen Freulein / auf deſſen Geheis Er / und aus inbruͤnſtiger Lie - besvergnuͤgung / ſeinen jungen Leib / in vol - lem Ungeſtuͤmm / den Wellen hat aufopfern muͤſſen: Nein / nein! Jch wolte lieber die - ſen meinen Leib / in das euſerſte Verterben wagen / ehe Jch meinem Liebſten einiges Un - heil goͤñen oder wuͤndſchen / geſchweige ſelbſt zufuͤgen wolte. Schluͤßlich / daß mein einiger Beherſcher ſchreibet / Er wolle mier ſein Bildnuͤs ehſtes uͤberſenden / vernehme Jchzwar53Jm Perfertiſchen Buchladen zu finden. zwar gérne; Doch hat es ſolche große eyle nicht / weil Jch das Uhrſprungswerk / zu - ſamt dem Bilde / in kuͤrtzen zuſehen verhof - fe: Hierzwiſchen lébe mein Schatz / nach ſeinem Begehren / und vergeſſe nicht / ſeine Hertzliebſte juͤngſthin anweſend zu erfreuen; Die ſich zu ſeyn / und ewig zu bleiben ver - pflichtet

Meines Hóchgeliebt - und gelóbten Hertzvertraute / gantz ergébene / ſo lange Sie ahtemet / Friedholdin / von Liebentahl.

53. Ein Liebhaber bekénnet / und er - kennet / daß Jhn ſein Liebchen recht liebe.

HOldreiche / Allerſchoͤnſte /

Sol Jch ein ſo unermesliches Gutt / von Jhr geliebet mich zu ſehen / verſchwei - gen; oder ſolches / uͤm deſto mehr zu vergroͤſ - ſern / oͤffentlich ausbreiten? Nein / meine ſtumme Verſchwiegenheit wird ſolche mehr ehren; aber nichts minder meine Worte dieſelbe deſto ruhmwuͤrdiger vorſtellen: Denn / indehm Jch es ausbreite / werde Jch deſſen Gedaͤchtnuͤs / in das Búch der E - wigkeit einverleiben laſſen. Jch wil und be - géhre numehr / daß mein Mund / zu deſſenDddBe -54Von Liebe angegoſſene Schreiben /Bekentnuͤs / unaufhoͤrlich offen; mein Ge - muͤht / mit deſſen Angedaͤnkung / begriffen; uñ meine Sele / wégen ſeiner Einbildung / ent - zukket ſey: und alſo meine Gebuhrt / wegen des / von Jhr herfluͤßenden Gluͤkkes bene - deyend / Jhr Tod / mein Gráb; entzwiſchen alle meine Ehre und Ruhm den Nahmen fuͤhren

Jhres Treuen Dieners.

54. Etliche von Lieb angegoſ - ſene Schreiben.

MEine Schoͤne /

Wenn Amor ſelbſt / von déro Hertz - bléndenden Schoͤnheit gefangen; was ſol Jch denn / mit meinen Augen / welche mich / in Jhr ſo viel zu ſéhen / zu verwundern an - reitzen / anfahen? Mich / einen Liebhaber zu nénnen / iſt viel zu geringe / uͤm meiner Liebe Heftigkeit auszuſprechen; einen Verwund - ten zuſeyn bekénnen / ſeyn auch / wégen der / gegen Sie hertzlich tragenden Zuneigun - ge / viel zu wenige Worte: Sie gleube mier / daß / gleich wie Sie volkommen; Jch ében desgleichen zu ihren Dienſten geneigt und zugetahn bin: verbleibende

Dero beygetahner Diener.

55. 55Jm Perfertiſchen Buchladen zu finden.

55. it.

LJeben / und nicht wieder geliebt werden / iſt nichts anders / als ohne Hof - nung lében / und ſchluͤßig abſterben: denn die Hofnung des Lébens angenéhmſte Nahrung iſt. Hat Sie nun aber meinen Tod / und / alle meine Dienſte verwerfend / die ſchandlóſe Vergeſſenheit / vor eine Wie - dererſtattung / mier zuzufuͤgen / bey ihr be - ſchloſſen; ſo wéhre dieſes / von einer ſo ſchoͤ - nen Dame / eine alzugroſſe Grauſamkeit / welches Sie auch eines Tages / aber alzu ſpaht / zu ihrer Bereuung / erkennen und be - kennen wird / als zu dér Zeit / wenn auf der Erden nicht mehr zufinden

Meiner ehrengeliebten Jungfrau doͤhmuͤtigſter Diener.

56. it.

MJer zu verbieten / Sie nicht mehr zu lieben; viel weniger Sie zu ehren / zu unterſagen! an was gedaͤnket Sie doch nur? Es wirde nohtwendig ſeyn muͤſ - ſen / zuvor mein Hertze ſelbſt zu verwechſeln / ehe Jch Sie / meines Hertzens einige Her - ſcherin / verwechſeln ſolte: Denn Jch habe ein feſtes Geluͤbnuͤs abgelégt / zu ſeyn / ſo lange Jch auf dieſer Welt lében werde /

Jhr Treubeſtaͤndiger Diener.

Ddd ij57. 56Liebneigende Beſuchbrieflein /

57. it.

ES iſt leicht und unſchwéhr / ei - nen lieb zu haben; aber ſehr ſchwehr / getreu zu ſeyn. Ein iedweder kan lieben; aber nicht alles geduldig erleiden und ausſtehen: Die Beſtaͤndigkeit gehet aller Muͤh / Ar - beit und Pein weit vor. Was mich anbe - trift / erdulde Jch genug; aber ſehr wenig nach ihren Tugenden: Jch erwuͤndſche tauſend Lében zu haben / uͤm auch ſo viel mahl in dero Dienſten abzuſterben; doch habe Jch nicht mehr als ein Gráb / ein Hertze / und eine Sele: eine Sele / uͤm ſie anzubehten; ein Hertze / uͤm Sie zu lieben; und ein Gráb / uͤm meinen Leib darinn verſcharren zu laſ - ſen; nachdehm Jch / unter der Ehre ihrer Anbefehlungen / zum Alter kommen: verhar - rende

Jhr getreuſter unter allen ihren Dienern.

58. Des Kleanders erſtes Schrei - ben / an die unpaͤßliche Klytia; mit dienſtlicher Zunei - gung.

Hoͤchſtgeehrte / Schoͤnſte Klytia /
Die -57Jm Perfertiſchen Buchladen zu finden.

Dieſes hat den Befehl / nachdehin es Jhr meinetwégen die zarten Haͤnde gekuͤſ - ſet / einen gluͤkſéligen Morgen (denn mier ſolchen / Jhr mitzuteilen / unmoͤglich und ver - ſagt) zu wuͤndſchen; nében Verſicherung / daß die Hertzbetruͤbte / wégen déro Krank - heit / erfahrene Zeitung / mich ſolcher geſtalt kraͤnket / daß / wofern Sie ihre Geſundheit nicht eilig wieder erlanget / Jch erſt ſtérben werde. Verbleibe alſo / unter allen ihren Dienern / der aller beſtaͤndigſte bis ins Gráb.

N. N.

59. Das andere.

DJeſes hat ébenmaͤßige / wie das vorgeſandte / beféhlich / Jhr / wégen meiner / die Alabaſterne Haͤndlein / mit einem Kúße zuberuͤhren; nében Anwuͤndſchung ei - nes gluͤkſéligen Morgens / und Bittung / moͤglichſten Fleis / uͤmb ihre gutte Geſund - heit eheſt zu erlangen / anzuwenden; in Be - trachtung (auſer ihres ſelbſt eigenen Nu - tzes /) der Pein und ſchmertzlichen Betruͤb - nuͤs / welche dero Kranckheit dénen / ſo die Ehre / Sie zu lieben / verurſachet; unter wel - chen / Sie haben auch Nahmen wie Sie wollen / Jch die erſte Stelle erhalte / und be - ſitze; als der Allergetrenſte / unter allen Lieb - habern / ſo iemals die Erde betréten.

Ddd iij60. 58Zuneigende Liebes Brieflein

60. Das dritte.

DJeſes dritte / nachdehm es Jhr / meinem gewoͤhnlichen Brauche nach / einen erfreulich gutten Morgen gewuͤnd - ſchet / wird Deroſelben / ein friſches Hertz und Gemuͤhte erwekken / daß Sie nicht mehr an ihr ausgeſtandenes Ůbel / daraus mier auch meine Krankheit érwachſen / ſondern vielmehr an die neuangehēde Freude / welche mein Hertze / déro erlangten Geſundheit wé - gen / uͤmfangen ſol / gedenken wird; welche Jch Jhr auch nicht genugſam / wegen dero ungleublichen Groͤße / ausdruͤkken kan. Gut - te Nacht / ohne gutte Nacht; Denn alle Augenblikke Sie zu ſehen / iſt mein hoͤchſter Wundſch / einiges Begéhren / und ſtétiges ſeuftzen.

61. Das vierde.

UNmoͤglich wirde mier es ſeyn / ei - nen eintzigen Morgen / ohne ſolchen gluͤk - ſéligen Wundſch / vorbey fluͤßen zu laſſen; ſo wuͤndſche Jch Jhr nun ſolchen / aus grund meines Hertzens / als den allerfroͤhlichſten / und beſten unter andern: mit beygehaͤfter freundlicher Bitte / déro Ůbel / mit ſo ében - maͤßiger Beſtaͤndigkeit / zu uͤbertragen / als Jch / uͤm dero Abweſenheit tuhn mus; be - géhrend / ſo lange im Lében zu verbleiben / bis ſich etwa eine Gelégénheit / da / zu déroDien -59Jm Perfertiſchen Buchladen zu finden. Dienſten Jch mein Lében beſchluͤßen koͤnte / ereignen werde.

62. Das fuͤnfte.

NJmmermehr kan Jch Jhr das / was Jch ſchuldig / uñ verpflicht / zuzu - ſtellen / ermuntert werden: Und ob derſelben Jch zwar einen gutt Morgen / ohne Schrei - ben wuͤndſchen koͤnte; ſo iſt es doch an dehm / daß Jch niemals einige meines Hertzens Beruhigung finde / als ſo dann / wenn Jch von der taͤglichen / Jhr gebuͤhrlich angetah - nen Schuldigkeit / mich lóß und entfreit befinde / die Jch Jhr / nében dieſes Wund - ſches Begleitung / daß die Jhrigen moͤgen erfuͤllet werden / uͤbereigne.

63. Das ſechſte.

SO deroſelben Jch / mit meinen Schreiben / beſchwerlich; ſo klage Sie hierinnen meiner Liebe Bruͤnſtigkeit an: Jch wirde gantz ſchámhaft das groſſe Auge der Welt anſchauen / wo nicht alle Tage / bey deſſen aufgehen / Jch Jhr nicht ein Ge - ſchenke / meines heftigen Verlangens / daß Jhr ſolcher gluͤkſélig ſeyn moͤge / uͤberreiche - te. Sie néhme doch meine Kuͤhnheit / in Betrachtung deſſen Urſache / welches iſt die Liebe / und die beſtaͤndige Treu / ſo Jhr / mit aufrechter Hand / und wahrem Munde / ge - lobt / und verheiſchet /

Déro Kleander.

Ddd iiij64. 60Einer Dahmen Buhler Brief /

64. Das Siebende.

DJeſes Siebende / wird Jhr / wie alle ſeine vorhergehende Geſpielen ver - richtet / einen gluͤkſeligen Morgen / ihrem Gebrauch nach / wuͤndſchen; die / an Sie ge - tahne freindliche Bitte wieder erneuern / und Dero Geſundheit zu ergreifen; uͤm wel - cher willen Jch alle Stunden tauſend / und aber tauſendmahl heilige geliebde dem Him - mel aufopfere; als zu dém / welcher ein ſon - derbahres / in Erhaltung ihrer Geſundheit / intereße hat; der auch nicht zúlaſſen kan / daß der Tod / das einige Zieraht ſeiner Wun - der / verwuͤſten ſolte; deſſen lebéndiges Mu - ſter und Exempel Sie iſt / als die einige in Volkommenheit; und Jch in Treu / und Beſtaͤndigkeit.

Kleander.

65. Eine Dame traͤgt einem Kavalier / ihr verliebtes Hertze vor; und beſtaͤlt ihn zu ſich.

Edler / Lóbwuͤrdiger Kavalier / eintziger Ůberwinder meines nunmehr ver - liebten Hertzen /

Demſelben / nében Verſicherung meiner unzergaͤnglichen Gewogénheit / erwuͤndſche Jch ſo viel Zuſriedenheit / als viel ſich Jh - me mein Hertze / mit wohlmeinender Gena - de verpflicht befindet.

Ed -61Jm Perfertiſchen Buchladen zu finden.
EDleſter / und Schoͤnſter Kavalier /

Aus Zwang / ſeiner unvergleichlichen / und mit verwunderlicher Hoͤfligkeit verbun - denẽ Schoͤnheit / wie denn auch / beides auf Geheis / und Verantwortung des kleinen Hertzenszwingers / habe Jch vor dismahl mich erkuͤhnen muͤſſen / meine Féder einen Poſtbohten an Denſelben zu ſeyn laſſen / und Jhme hieſige Worte / welche mier ange - regter Gott der Liebhabenden / in den Mund gegében / zu vermelden. Es erwek - ket mich aber die Liebreitzende Freundligkeit / welche aus ſeinen Augen leuchtet / ungezwei - felter Zuverſicht / es werde derſelbe / dieſes mein Unterfangen / nicht als eine vermeſſene Unhoͤfligkeit / ſondern / in Betrachtung / daß mich meine habende Liebe ſolches heiſſet / vielmehr als eine Hoͤfligkeit / mier beymeſ - ſen; und in mehrerer Erwégung / daß Er ein trengeneigtes Gemuͤhte bey mier fin - den werde / die Heftigkeit meiner Lie - be / mier vor eine genugſame Entſchuldi - gung dienen zu laſſen. Und wiewohl mei - ne ſchwache Hand / lieber ein kaltes Ei - ſen / mich zu toͤdten / als eine weiche Fé - der / Demſelben zu ſchreiben / hette faſſen ſollen / aus tragender Beyſorge / Jch moͤchte etwa mit Erklaͤhrung meiner ren - gemeinten Liebe / Demſelben eine Beleidi -Ddd vgung62Einer Damen Buhler Brief /gung beyfuͤgen; ſo habe Jch doch / als eine Dam / welche aus alzugroſſer Liebesberuͤh - rung uͤberwaͤltiget / ſolches zuverrichten / und alſo dem getahnen Befehl / mehrerwehnten Gottes / mit erklaͤhrung meiner Liebe / noͤhti - ger maßen geruhen muͤſſen. Wann mich denn aber / ô Allerſuͤßeſter Behérſcher mei - ner verliebten Sele / beides ſeine Liebzwin - gende Schoͤnheit / ſo wohl die loͤb - und lieb - reiche Holdſéligkeit / Jhme mit offenhertzi - ger / und ungefaͤrbter Liebe verbunden haͤlt / und zwar ſolcher maßen / daß Jch mich nun Jhm / als meinem einiggeliebten Hertzens Koͤnige / von gantzer Sele / und allen Gemuͤhtes Kraͤften / vor die / mier juͤngſt erwieſene freundliche Liebes Begruͤſſung / mehr noch / als die Androme - da ihrem Perſeus / vor die Errettung vom Mérwunder / verpflichtet befinde: Als habe Jch / die uͤbermaͤßige / gegén Jhm tragende Liebe / Jhme nicht ferner bergen moͤgen; ſondern treumeinender maßen / erklaͤhren wollen: Denſelben / ò Allerſchoͤnſter Kava - lier / unfehlbar verſichernde / daß Er dieſen meinen Worten kuͤhnlich Glauben ſaͤtzen / und nicht etwa meine erklaͤrte Liebe / in zwei - fel ziehen duͤrfte / ſintemahl nie keine Gedan - ken / welche etwa falſche und zerbruͤchliche Liebe begriffen / in meinem verliebten Ge - muͤhte gebohren worden. Und es beréde ſich mein Hertzengebiet er ungezweifelt / daßEr63Jm Perfertiſchen Buchtaden zu finden. Er gewies keine eidbruͤchige Helena; ſon - dern eine treue Ariadna / an mier finden werde. Dofern nun / Schoͤner Kavalier / demſelben (welches der Gott der Liebe gnaͤ - digſt verfuͤgen wolle!) meine erklaͤhrte / und unnachbleibliche Liebesgewogenheit anzu - nehmen belieblich / und Er ſolche / mit Ge - genwechſelung gleichmaͤßiger Beſéligung / mit ſeiner Dienerin / zu erwiedern geneigt iſt; So beſchiehet an Denſelben mein freund - liches Erſuchen / ſelbiger wolle morgendes Tages / uͤm acht Vhr fruͤh die Muͤhwal - tung auf ſich nehmen / und mier / in Erwei - ſung hoͤchſter Annehmligkeit / in mein Loſa - ment / da denn ſchon eine / zwar zugelehnte / doch eroͤfnete Tuͤhre / ſeiner erwarten wird / auf ein freundliches Geſpraͤche zúſprechen.

Jm uͤbrigen aber bitte Jch freindlich / ſelbiger wolle dieſes Brieflein / in den Schrancken ſeines Hertzens / oder vielmehr ſeiner Treu / feſt einſchluͤßen / damit ſolches nicht etwa iemanden zu Haͤnden kommen / und alſo mit unſerer beider hoͤchſtem Nach - teile / eroͤfnet werden moͤchte. Solche hohe / mier erwieſene Begnadung / wil Jch Dem - ſelben / in allen vorgehenden Begébnuͤßen / ſonderlich aber / bey unſerer wartenden Zu - ſammenkunft / mit treugeneigter Liebes Er - weiſung zuerwiedern / mehr befliſſend / dann vermoͤgend befunden werden / und Jhme dieſes mein Verſprechen im Werke ſelbſtDdd vjkund64Beantwortung / an ſeine Liebſte. kund machen / daß Er erfahren ſol / wie Jch ſey / und beharlich verbleibe /

Meines Einiggeliebten Hertzens Beherſchers / Nichts minder mit unaufhoͤr - licher Treuverbleibung / als mit keuſcher Hertzens Liebe beygetahne / N. N.

66. Der Kavalier giebet dieſer Da - me / auf dero eingereichtes / hoͤchſtan - nehmliches Liebes Schreiben / in holdreicher Antwort / ſein gegénverliebtes Hertze zu ei - gen; und wil ſich / zu fernerer Erklaͤhrung reiner Liebe / an den beſtimten Ohrt / zu recht einſtellen.

Allerſchoͤnſte Dam / Holdſe - lige Gebieterin meines verliebten Hertzen / und volmaͤchtige Behén - ſcherin meiner Selen /

Nében wieder Verſicherung un - nachbleiblicher Gegenliebe / erwuͤndſche Derſelben Jch hingegen ein ſo treues Ge - muͤhte / als ſuͤße die Worte in ihrem Schrei - ben gewéſen: Und fuͤge demnach / ò ſuͤße Selenherſcherin / Derſelben dienſtlich zu vernehmen / daß mier Déro zugeliefertesLieb -65Jm Perfertiſchen Buchladen zu finden. Liebbringendes Schreiben / (welches Jch / nach Erheiſchung meiner Schuldigkeit / mit tiefer Ehrerbietung empfangen / und vor die gnadenreiche Liebeserklaͤhrũg / an ſtat ihrer / mehrmals gekuͤßet) von ihrer Dienerin / wohl uͤberreicht worden. Wie hertzergetzlich mier nun ſolches gewéſen / kan weder die Schwachheit meiner Fauſt / noch die We - nigkeit meiner Féder / derſelben ſatſam ent - werfen: Vor welche erklaͤhrte Wirdigach - tung denn / gegen Derſelben / nach erziemen - den Schuldigkeit / Jch mich unterdienſt - freundlich bedanke: Habe demnach / in An - maßung obliegender Pflicht / meiner Schoͤ - nen Gebieterin / meine auch ungefaͤrbte Ge - genliebe / durch ſchriftliche Beantwortung / zuerklaͤhren / Sie auch / mit einem / vieleicht annehmlichen antwortbringendem Brief - lein / hinwiederuͤm zu erfreuen / und mich bei - nében / vor die angetahne Beſéligung / dienſtlich zu bedanken / nicht uͤmgang nehmen moͤgen; verhoffende / Jch werde bey meiner Hertzensbeſitzerin ein Gemuͤhte / welches nicht angemaßte / ſondern offenhertzige / und dabey verſchwiegene Liebe / in ſich beſchloſſen haͤlt / antreffen: maßen Jch denn auch zu dé - ro Hóheit das troͤſtliche Vertrauen ſchoͤpf - fe / es werde Jhr tugendſam̃es Hertze / wel - chem das meine mit einem Bande / ſteifer Gegenliebe verknipft iſt / ihrer Gunſtreitzen - den Augen (dérer flattirende FreindligkeitDdd vijmier66Liebes Beantwortung Schreiben. mier noch zur Zeit nichts als treumeinende Liebe zuerkénnen gegében) nicht abſtaͤndig ſeyn: und wil nicht hoffen / daß Dieſelbe (wie zuweilen das Liebvorgébende Venus Volck zutuhn pfléget) unter der betruͤgli - chen Larve oder falſchem Scheine / ange - maßter Liebe / mit etwa einem Falſtrick / mich in das Netze / maͤnniglicher Verach - tung zu bringen / zu ſtellen gemeinet ſey. Demnach mier aber / meine ſchoͤne Gebiete - rin / ihre Gunſtgeneigte Liebe / ſowohl mit freundlicher Begruͤßung / als hieſigen Wor - ten / rund zu erkennen / und in Beharligkeit ihrer Gunſtgewogenhelt / beſage ihres Schreibens / zuvernehmen gegében; Als wil Derſelben Jch / mit Gegenmeldung ſtei - fer Liebe / eine ſo erfreiliche Antwort ertei - len / als ergetzlich mier déro Schreiben ge - weſen: Und Jch verſichere Dieſelbe / daß viel eher mein Lében / als die brénnende Be - gierde / Dieſelbe zu lieben / erléſchen werde.

Daß mich aber / meine Gebieterin / in ih - rem zugelieferten Schreiben / morgendes Tages / in ihre Behauſung erbehten / bedan - ke Jch mich gegén Derſelben / vor die aner - bohtene Gnade / unterdienſtlich; und wil / auf ernente Zeit / gehorſamſt zuerſcheinen / mich nicht ſeumen / ſondern ſo eilends / als ritte Jch auf des Bellerophons ſchnellem Pférde / mich unfehlbar einſtellen; Und als - dann Derſelben / meine reine Liebe / fernermuͤnd -67Jm Perfertiſchen Buchiaden zufinden. muͤndlich zu erklaͤhren / anlaß nehmen. Ent - zwiſchen wil meine Schoͤne Behérſcherin / Jch Goͤttlicher Pflége; mich aber Derſel - ben / zu verbleiblicher Liebe / ergében; und kuͤße / (doch mit ihrem Erlaubnuͤs) zu Be - zeigung meiner unnachbleiblichen Liebes Treu / ihre ſchoͤne Haͤnde / verbleibende /

Meiner Schoͤnen Gebieterin Zu aller nur erſinlichen Liebes bezeigung ergé - bener; und / in Ergé - bung verharrẽder Die - ner; auch / weil Jch le - be / Jhr Liebſter / N. N.

67. Ein / von Liebe angefeuchtetes ſchrei - ben / an eine Liebhaberin; auf Dero Begehren.

Sie erfodert / meine Schoͤne / von mier / wahre und ſcheinliche Zeugnuͤße / meiner / Jhr gelobten / treuen Wohlgewo - genheit: Wie kan Jch Jhr nun groͤßere fuͤr - ſtellen / als daß Jch ihren Nahmen ohn un - terlaß im Munde fuͤhre? An / und auf nichts anders / als Sie gedenken; und nicht / als ihretwegen zu ſeuftzen; auch / wie daß mier nichts gefaͤllig / als Sie nur eintzig zu ver - gnuͤgen / und zwar mit aller Sorgfalt derWelt68Liebes beantwortung Schreiben. Welt die Gelegenheit darzu zuſuchen / un ſolche mit aller Ungedult zu erwarten; was kan / oder vermag Sie mehr von mier begeh - ren? Sie denke doch nur / (Jch bitte dero klugen Verſtande Trotz) auf ſolche Mittel bedacht zu ſeyn / ſo faͤhig und kraͤftig den Zweifel / welchen Sie wégen meiner Zunei - gung traͤget / zuzurichten. Alles dieſes ge - ſchiehet aus Vorhaben / Sie / durch Begég - nung einer ihr wuͤrdigen Prob / weil Sie deſſen die Urſache / zu befriedigen. Sie befeh - le mier nun unbeſchwehrt alles das / was in Dero Belieben; wann es auch wehre mein Leben zu durchbrechen / und mein Blutt her - auſer zu laſſen / ſo ſchwehre ich bey demſelbi - gen / ſolches alle Stund und Augenblik wil - liglich / uͤm / zu dero Vergnuͤgen und Dien - ſten aufzuopfern. Und dieſes ſeyn keine zu Hófe gebreuchliche / von bloßen Worten an - geſuͤßete Beehrungen; noch ſolche / ſo von meiner Beunruhigung herlaufen; ſondern die lautere / gruͤndliche Wahrheit / ſo aus dem tiefſten Grunde meiner Selen heraus gezogen: und beurſachet aus derer Empfin - dung / mehr als Jch bishero gemeidet / ſo es anders vervielfaͤltiget werden kan / zutuhn und ins Werk zuſaͤtzen. Jch laſſe Jhr die Freyheit / wann es Jhr beliebet / die Prob ge - gen mich / vorzunehmen; entzwiſchen / daß Jch die / von ihrer Tugend mier auferlegte Nohtwendigkeit / Jhr / in der Geſtalt ihresLeib -69Strafſchr. der nicht beſchehenen Beſuchung. Leibeigenen zu gehorſamen / fortwuͤrig erhal - ten werde. Empfehle ſie alſo in der Goͤtter Schutz; mich aber in Dero beharliche Lie - besgewogenheit: und verbleibe

Jhr Treuer Liebhaber.

68. Kleander lêget der Florida / wégen dér / ſo lange Zeit unterlaſſenen brieflichen Beſuchung / zu einer Strafe auf / alle Tage ein Brieflein an Jhn / mit Weile / zu verfertigen.

DJeſes mein Schreiben wird Sie / weil Sie mich / ſo langwierig ver - ſtoßene Zeit / mit einigem Schreiben / wo - rinnen Jch dero Zuſtand zur Wiſſenſchaft bringen koͤnnen / nicht gewuͤrdiget / der weni - gen gegén mich tragenden Sorge / anſchul - digen. Zur verwirkten Stráfe / ſol Sie / wofern dero obliegende Geſchefte ſolches zu - laſſen / mich hinfuͤhro alle Tage mit ihren Schreiben erſuchen; Sintemahl in dem anitzo mich anfindlichen Zúſtande / mier kei - ne groͤſſere Vergnuͤgung wiederfahren kan / als wann Jch nachrichtliche Gewisheit / ſo wohl von ihrer Geſundheit / als meiner Lie - be / erfahre. Gott mit Uns!

Kleander.

69. 70An ein liebſiegendes Par.

69. Dem Allergluͤkſêligſten verliebten Pár / So endlich / nach vielen wunderbahren Gluͤksverwandlungen / nachdehm Sie aufs be - ſtaͤndigſte geliebet / und geduldig darinnen beharret / zu volkommener Ergetz - ligkeit gelanget.

Allerſchoͤnſtes / und Gluͤk - ſéligſtes Pár /

DJer faͤlt der fuͤrtrefliche Ruhm / der allerbeſtaͤndigſten Beſtaͤndigkeit zu / nachdehm du den / ſonſt gewoͤhnlichen Unbeſtand in Lieben verlaſſen haſt / und dich / auf deinen ſicheren Anker begében / gantz nicht foͤrder zu ſchiffen / es hetten ſich denn zuvor die ſtuͤrmenden Winde und Wéllen geléget / auf daß du alſodann mit Ruhe / den gewuͤndſchten Port / erlangen moͤchteſt. Dier ſtießen auf / die neidiſchẽ Anverwandts - Winde / und gedachten dier weder die Luft / noch den Ahtem zu vergoͤnnen; hier kam die Welle eines Mitbuhlers / und vermeynte in einem Nu das Schief in den gehoften Háfen zu werfen; ward aber dadurch in das weite Mér verruͤkt; das Schlef auch ſelbſt / ſtieß oft auf die Eifers Duͤnen / und wehre zum oͤftern gaͤntzlich darauf ſitzen blieben / wenn ſeiner Woͤrter Wind / nicht ſo kraͤftig geweſen / daſſelbe wieder darvon abzuſaͤtzen. Eins fuͤr alles, dier war der Port / allem An -ſehen71Eine Entſchuldigung an ſeine Vertraute. ſehen nach / ſehr entfernet / und in der Naͤhe gaͤntzlich verſchloſſen; ſchien auch unmoͤg - lich dahin zu kommen; doch machte endlich / die Urſacherin alles Gluͤkkes / die Beſtaͤn - digkeit / daß / ob ſich gleich die Eroͤfnung des Hafens verweilete / daher doch ſo viel deſto mehr anſehliche Stuͤrme derſelbẽ ſo welt zu - ſaͤtzten / daß der tapfere Portbeſitzer bewegt wurde / dich / zu deiner Gluͤkſéligkeit einfah - ren zu laſſen. Lebe alſo in Freuden / und zwar begnuͤgter als der jenige lebet / der dier dieſes wuͤndſchet / und iſt

Dein Treubeſtaͤndiger.

70. Eine Entſchuldigung halber Dien - ſte; an ſeine Vertraute.

SChoͤne Freundin /

Hier hat Sie / was Jch wegen kuͤrtze der Zeit vermag: das uͤbrige wird / ihrer teuren Gebohte Angedaͤchtnuͤs / mier anbe - fehlen. Die Schuldigkeit hat mich zwar er - mahnet / bey der fuͤrnehmen Pflicht / allen Jungfern zu dienen; dennoch verbeut mier es dismahl meine neidiſche nohtwendigkeit der Verrichtungen / daß Jch mier dadurch ſelbſt einen unhoͤflichen Nahmen erſchaffen mus. Sie erkenne aber aus dieſer Wenig - keit der Woͤrter / die Vielheit der Tahten /wor -72An ein Liebſiegendes Par /wormit Jch der Jhrige verbleiben wil / ſo lange Jch bin

N. N.

71. Eines Liebhabers Schreiben / an ſei - ne abwéſende Liebſte, zu Dero ver - langend erwartenden Ruͤk - kunft.

LJebſte Freundin /

Werde Jch denn nun fort und fort von denen ſchoͤnſten Tagen meines Lebens / als der Jch itzo von ihren Englein entfernet / mich beraubet ſehen muͤßen? Jch befinde alſo abweſend von Jhr / mich auſer mier ſelbſt. Ja / gleich wie die Zufriedenheit ein Leben von unſern Leben; ſo vermag auch Jch zu keiner Zufriedenheit / als bey Jhr / gelangen; und kan mit rechtem Wahrheits - grunde vermelden / daß Dero Abweſenheit / mier ein Tod; und daß alſo von Jhr abge - ſchieden / Jch zugleich von meinem Leben / als dem einigen Zwek / der ſolches im Leben be - haͤlt / geſondert. Sie nehme doch / Schoͤnſte Freundin / ihren Weg eilfertig ruͤkwerts / uͤm dero arbeitſeligen Liebhaber / So ſeit he - ro / den ungluͤkſeligen Tag / ihres von hier reiſens / abgeſtorben / wiederuͤm aus dem tiefen Tódesſchláf aufzuerwekken; und ver - ſtatte ja nicht / daß Er laͤnger in dem ver - druͤslichen Grábe ſeiner Pein und Marter eingeſcharret / aus Furcht / daß deſſen Ab - ſterben Jhr nicht ébener maßen / ſtraks dem Tode uͤberfuͤge / verbletben moͤge.

S.73Das Verlangen / ſeiner abweſenden Liebſten.

72. it.

JCh kan Sie / liebſte Freundin / mit Grund und Wahrheit vorgewiſſi - gen / daß / wie mich déro Perſchoͤnliche Ge - genwahrt heftig verwundet; alſo ihre Ab - wéſenheit hérgegen des Todes Stachel empfinden laͤſſet / und daß alſo Sie liebend / Jch vielmehr bey déro voller tiefen Liebes - wunden als den geringſten und leichſten Tod ihrer Abwéſenheit zu ertrauen belaͤſtiget und angefuͤllet ſeyn wil. Sie eile doch / mit ihrem Belieben / zuruͤk; nicht zwar / mich ferner zu verwunden / denn Jch albereit dérer ſchmer - tzen heftig fuͤhle; ſondern mier mit erfreuen - der Heilung / weil Sie meine einigheilſame Artzney / Rettung und Huͤlfe zu leiſten / ſo Sie anders / nicht zwar mich mehrers / als der Jch ohnedis alles ſchuldig zu verpflich - ten begierig; ſondern zu troͤſten den allerge - treuſten unter ihren Dienern /

N. N.

73. it.

EDle Jungfrau / Liebſte Freundin /

Déro Abwéſenheit laͤnger zu tragen / iſt mier gantz unmoͤglich; geſtalt dieſes mein Schreiben Sie deſſen verſichern wird / mit angehaͤften freundlichen Bitten / eheſtén ih - re ruͤkkunft anhéro fortzuſtellen; oder ſie da - ſelbſt heimzuſuchen / mier beféhlich zu tuhn; denn ſolcher maſſen von Jhr entfernet / binJch74Das Verlangen / ſeiner abweſendẽ Liebſten. Jch zugleich aller Freude und Luſt der Welt beraubt: im Fall mich auch ihrer Perſchon ſtetigsſuͤßes Angedaͤchtnuͤs nicht urteilete / ſo hette mein kraftlóſes Hertze vorlaͤngſt die Pein meiner bitterfuͤhlenden Schmertzen und uͤberhaͤufter Traurigkeit / durch die ab - helfende Artzney des Tódes / geſtillet / und befriediget. Sie ſtelle demnach ihre ruͤk - wartsreiſe eilig fort; und komme / zu retten /

Jhren Diener.

74. it.

NEin / mier iſt fuͤrohin unmoͤg - lich / mein Leben zufuͤhren / dofern Jch nicht die helleuchtende Klarheit ihrer Eug - lein / als einige / der Tage meines Lebens / Sonne / genuͤßlich empfinden ſolle. Waruͤm wartet Sie denn / uͤm einem arbeitſeligen Liebhaber / (der ſo ſehr / wegen des / von ihrer Abweſenheit herruͤhrenden Unmuhts bekuͤm - mert / alſo daß Er faſt alle Tage / wegen Be - reuung / nicht ſo bald ſterben koͤnnen / abſtir - bet; und der / von der Pein ſeiner Liebe / die Jhn auch weder Tag noch Nacht beruhigen laͤßet /) mit erkwikkendem Troſte zu Huͤlfe zu kommen? Sie eile doch geſchwinde zu ruͤk / uͤm ſeinen / von wegen ihrer Abweſenheit alzeit naßen / und mit Traͤhnen uͤberfuͤlten Au - gen / wiederuͤm ihren vorig gehabten Schein und Glantz zu erteilen; wo Sie anders be -gie -75Jm Perfertiſchen Buchladen zufindengierig zu erhalten das Leben deſſen / welcher nicht lebet / als zu ſterben

Jhr Diener.

75. Einer abwéſenden Damen Ant - wort Schreiben / auf ihres Galanen zugeſchriebenes Verlangen nach Jhr.

EHrenguͤnſtiger Herr /

Jch weis ſein Vorhaben gantz nicht: a - ber / wofern Er Jhme / mich zu bereden / daß meine Abweſenheit / nach Jnhalt ſeines Schreibens / Jhme tauſenderley Arten alles Unmuhts verurſachen ſolle / vorgenommen / ſo wird Er / zu ſeinem vermeinten Zwek nicht gedeien; Daruͤm / weil / aus gnug er - heblichen Urſachen / ſeines gleichen Perſchon unterſchieden / mich befindend / Jch nicht gleuben kan / daß Er daher Urſach / Jhme ei - nen Unmuht meinetwegen zu zuziehen / oder aber an mich im wenigſten zu gedenken; es geſchehe denn unter dem Nahmen

Seiner Dienerin.

76. it. Einer Jungfrauen wohlgeneigte Antwort / an ihren Liebhaber: dero Abweſenheit halber.

P. P. Er beklaget ſich wégen mei - ner Abwéſenheit; und Jch mich / wégen derSei -76Des Liebhabers Wiederantwort. Seinigen: Er wuͤndſchet meine gegenwahrt zu genuͤßen; aber ſolches verbent Jhme ſo wohl ſeine Hoͤfligkeit / als mier das wider - ſinnige und unterwégſtehendes Gluͤk / Jhn zu ſehen: mein Vermoͤgen ſaͤtzet ſich darwi - der / ſolcher maßen / daß ſeine fuͤhrende Klá - gen / weil ſelbige zwiſchen Uns gleich ausge - teilet / hierdurch billich geringert werden; a - ber nicht im geringſten der Nahme / So Jch fuͤhre /

Seiner Magd.

77. it. Ein dergleichen faſt ungeneigtes Antwort Schreiben / der Abgereiſe - ten Jungfer / an ihren Auf - warter.

MEin Herr /

Jch kan nichts anders / als nur liſtig - und betruͤgliche Heilungsmittel / zu einer ſol - chen / als ſeine iſt / eingebildeter Krankheit uñ Marter / erteilen und vorſchreiben: Denn meine Abwéſenheit alzuwenig / in Jhme Un - muht zu verurſachen. Jch kenne meine Maͤngel; und ſeine Tugenden; und aus dieſem Erkentnuͤs ziehe Jch mier den grund / ehe zu gleuben den Titul zu fuͤhren

Seiner Magd; als Liebſten.

78.77Mit Liebes Sachen angeſuͤßete Schreiben.

78. Eines Liebhabers / auf ſeiner Lieb - ſten Begéhren / an Sie getahnes be - ſuch - und Liebes Brieflein.

MEin Augen Troſt /

Es erfodert meine Schuldigkeit / wie daß Jch mier / ehe und bevor Jch muͤndliche Unterrédung mit Jhr gepflogen / Sie in Schriften nicht zu verſuchen / Urſach ihrer Wuͤrdigkeit / vorgeſaͤtzt / zubekénnen: denn / nachdehm mit einem ſolchen kluͤgen und ſcharffinnigen Verſtande / ſo iemals einige Kreatur / oder Leib / bewéget / Jch Sie be - gábet befunden / bevorſorget Jch ihren hoͤchſtverwunderlichen Verſtand / weil Jch in ſchreiben / nichts denn meine gróbe Maͤn - gel und Féhlnuͤße / Jhr vorſtellen und dar - bringen wuͤrde. Aber dis alles unangeſéhen / ſo hat doch Déro Beféhl / alle dieſe Sor - gung uͤberwogen; indehm Jch wohl / und auſer Wége gereumet / behertziget / daß Jch ein unverbrichliches Geluͤbde / Jhr gehor - ſam zuſeyn / nicht aber Sie niemals in Schreiben zubegruͤßen / getahn und abgelé - get; und daß alſo Jch mehr déro Willen und Meinung zu volbringen / als meinem Vorſatz nachzuhaͤngen / verpflichtet. Sie ſehe nun alhier eines meiner Schreiben / o - der vielmehr ein ſolch Werk / da Jhr alles das / was Sie ſonſt von Natur / (nehmlichE e edie78Mit Liebes Sachen angeſuͤßete Schreiben. die Maͤngel und Verféhlen anderer zu aͤn - dern uñ zu verbeſſern) mit zur Welt bracht zu Werk richten kan. Sie léſe aber ſolches nicht / (geſtaltſam ich ſie daruͤm flehentlich als die Féder in Haͤnden haltend / bitte) wo - fern Sie anders in der allerſchoͤnſten Hand - lung / in welcher Sie die Vernunft ſéhen kan / ſich uͤben wil: Daruͤm / weil déro Tu - gend / vermittels der Chriſtlichen Liebe / mier ſolchen Verweis zu leiſten ſchuldig: Jch verhoffe / und zwar nicht allein daß von der - ſelben / ſondern auch das Erkentnuͤs / wel - ches Jch weis / Sie wegen der / Jhr / in der Geſtalt ihres leibeigenen Knechts gelobten Dienſten und Zuneigungen / gegen mier traͤ - get / und forthin verſpuͤhrẽ laſſen wird. Hier - mit Gott mit Uns!

N. N.

79. Ein ander / von Liebes Sachen an - geſuͤßetes Schreiben.

WEnn Sie mich / meine Schoͤ - ne / befehlichet / Sie oftmals in ſchrif - ten zu erſuchen / allermaßen ihr das Gegén - teil anzudeuten beliebet / wirde Jch Sie alle Stunden mit meinem Schreiben behélli - gen und heimſuchen: aber Sie zu bitten / ge - gén mier entwedér etwas gelinder / oder a - ber noch grauſamer / ſo es anders mehrers ſeyn kan / zu verfahren / damit Jch unter derBley -79Jm Perfertiſchen Buchladen zu finden. Bleyſchwehren Marter - und Pein Buͤrde / So Jch / Sie hertzlich liebend / erdulde / zu Grunde ſinken / und bald erliegen moͤge; ſo ſchwehre Jch Jhr doch / daß auch wegen meines Tódes / den gleich ihre Strengig - keit verurſachet / Jch dennoch keine Bereu - ung oder Schmertzen fuͤhlen wirde; weil Jch einen feſten Eyd / alles das / was von Jhr hérgehet / und fleußt / anzubehten / gelei - ſtet und abgeleget. Sie gebiete und ordne nun uͤber mein Lében / nach gefallẽ: Jch ver - heiſche Jhr alle die abgefaßte und von Jhr wider daſſelbe ausſprechende letzte Tódes Uhrteil / und wann Jch gleich ſolche nie ge - léſen oder angehoͤret / mit meinem Blutte zu beſiegeln: ja / alſo hóch habe Jch mich / déro Willen unweigerlich folge zu tuhn / ergében / daß auch mein Gehorſam hierinnen allezeit ohne einige Ausfluͤchte ſeyn / und verſpuͤhret werden wird. Jch gruͤße und kuͤße / mit〟 ihrer Verguͤnſtigung / tauſend und aber tauͤ - ſend mahl / déro Schneweiße / und mich ſo〟 viel feſt gebundene / und ſanftiglich oft be-〟 ruͤhrte Haͤnde; und wenn dieſes mier vor〟 eine alzugroße Kekheit geſcholten wirde / ſo〟 unterwerfe Jch mich Déro verſtaͤndigem〟 Gutachten / uͤm die / deswégen verdiente〟 Stráfe zu erdulden / und auszuſtehen: ſtand-〟 feſt verbleibende

Jhr Treuer Freund und Diener.

E e e ij80.80Liebes Beſuchbrieflein

80. Ein Verſicherungsſchreiben / ſtand - féſttreuer Liebe; an ſeine Liebhaberin.

ENdlichen hat dieſe ſchoͤne Hand / dieſe Kérkérmeiſterin meiner Freyheit / dieſe wunderwuͤrdige Hand / deren wunder - ſame Handlung ihr taͤgliches Handwerk; Dieſe Hand / uͤber welche man ſich nicht / oh - ne aus Liebe / ſtokblind zu werden / aber mit einer von Lieb angegoſſener / und uͤber alle Maß héftiger Beunruhigung / verwundern kan; Dieſe Hand / ſage Jch / an welcher die Kunſt und Natur durch Nohtwendigkeit gedrungen / alles das / was Sie am fuͤrtref - lichſten und herlichſtẽ auf dieſer Welt hérvor zu bringen geſonnen / angewendet / hat mier zu ſchreiben / und uͤber dieſes auch noch / daß Déro meine Dienſte gefaͤlligen / mich zu ver - ſichern / die Muͤhe und Arbeit auf ſich ge - nommen: So ſchwehre Jch durch die Vol - kommenheit / daß Jch / zu Wiedererkennung der Ehren mier erzeigten Gunſt / einen Ge - daͤchtnuͤs Tempel / Jhr darinnen / ohne muͤd - wérden und aufhoͤren / Jch die Berenung / Jhr deſſentwegen nicht nach Wuͤrden / (deñ es mier unmoͤglich zu leiſten) aufopfern / und aufrichten wil. Aber / nach der Gelégen - heit deſſen / ſo Jch vermag / und in meinen Kraͤften beſtehet / abzulégen / ſo wiederhohle Jch abermahls meine Eidesleiſtung / uͤm ſel -bige81Jm Perfertiſchen Buchladen zufinden. bige deſto unverbruͤchlicher vorzuſtellen: Und weil alles dieſes von meiner Schuldigkeit hérruͤhret / auch recht und billich ein mehrers / wo es anders ſeyn koͤnte / vor eine ſolche Wohltaht zur annehmlichen Dankbarkeit / und Wiedervergeltung zu erweiſen; So wiederhohle ich nochmals das verbuͤndlich - ſte Geluͤbde / Treu / und Beſtaͤndigkeit / Jhr Diener zu lébén und zu ſterben. Sie ſéhe al - les das / was am meiſten in meiner Macht und Gewalt beruhet / und hérgegén das wenigſte / ſo Jch zu verrichten ſchuldig. Ach! volkom̃enes Hertze / Sie nehme dieſe meine Maͤngel und Féhler an / weil Sie deſſen ei - nige Urſach; und betrachte / daß alles / was von hóhem Wehrt erachtet wird / ſeinen Preis / ſo dann / wann es Jhr uͤberreichet / dofern es nicht in deſſen Geſichte und Stir - ne das oͤffentliche Bekentnuͤs ſeiner Unwuͤr - digkeit vorſtellet / verleuret. Gott befohlen / meine Schoͤnſte; Denn Jch befuͤrchte déro helleuchtende Euglein auf dieſem Papier gar zu lange aufzuhalten; und daß dadurch ihr klúger und ſcharfſinniger verſtand und Geiſt / von andern / Jhr angenéhmern gedankungs - unterhaltungen / abgeleitet und zuruͤkgezogen werde: Sie bleibe alſo die Meinige: wie Jch bin der

Jhrige / weil Jch lébe / und heiſſe N. N.

E e e iij81.82Liebbringende Schreiben /

81. Ein Lób uñ Liebbringendes Schrei - ben; an eine uͤber Schoͤne Dame.

HErtzgebietende / Schoͤn - ſte Freundin /

Die Nohtdurft erfodert es / und wil mier nicht anders obliegen / noch geziemen / als zu bekénnen / daß die Heftigkeit der Freude / und die Entzuͤkkung ihrer Schoͤnheit Bezaube - rung / meine Sele und Gemuͤht / hóch auf - gebláſen und eingenommen: Dieſes ſeyn die / von hertzlicher Freude angefeuchtete Empfindungen / welche man / mit bloßen Worten nicht ausdruͤkken / viel weniger mit Stilſchweigen einfangend (in Anſéhung / daß auch die Einbildung ſelbſt nicht den we - nigſten Teil derer ſuͤßen Liebligkeit /) ſatſam verſtehen kan.

Dieſes geſchah geſtern Abends / als Jch mich uͤber Sie / in der / beiderſeits Uns be - findlichen Zuſammenkunft / verwundert: und zwar / fand Jch Sie mit ſolcher Schoͤn - heit erfuͤllet / daß man die Volkommenheit und Freude ſelbſt angeſchauet. Und ob Sie wohl / aus natuͤrlicher Eigenſchaft / kei - ne Vergleichung / als mit ihr ſelbſt / erdul - den kan; ſo iſt / und wird Sie doch / ſich des hélglaͤntzenden Spiegels ihres Angeſichtes /uͤm83Jm Perfertiſchen Buchladen zu finden. uͤm die Jhrige darinnen zu beſchauen / weil zumahl deſſen helſchießende Blikke ihre Pfeile / aus dérer Bezauberung zugebrau - chen / genothdrenget. Jch ſchmeichele oder liebkoſe Sie hierinnen gar nicht / wiewohl Jch vor Liebe gantz uͤmgekehrt; iedoch ſo an - finde Jch mich anitzo in meinen Worten deſſen gantz frey und loß: Denn Jch ent - dekke Jhr nicht alleine das / was ich gedaͤn - ke / und was Jch gleube; ſondern auch das jénige / was Jch fuͤhle / und im Hertzen em - pfinde: Und zwar auf ſolche weiſe / daß noch uͤber das unwiderſtoßliche Zeugnuͤs / mei - ner Gedanken und Beglaubung / Jch mich auch ſelbige meiner Empfindung / die denn ohne Tadel / uͤbereigne und zu Haͤnden ſtel - le. Aber / waruͤm empfahe Jch Freude / Sie mit Lób héraus zu ſtreichen / woran Sie doch eine Unluſt und misfallen / da mier in guttem wiſſen / daß Sie das uͤbermaͤßige Lób / ſo ſehr / als die Laſter felbſt haſſet / weil die Doͤhmuͤtigkeit / als eintzige Herſcherin aller ihrer andern Tugenden / zu Erkentnuͤs ihrer ſelbſt zu gelangen; auch nicht verſtat - tet / und zwar aus Beſorgung / damit die funkelnde Blikke / ihrer verwunderlichen Schoͤnheit / auch nicht ſelbſt / gleich wie dem ungluͤkſéligen Nareiſſo geſchéhen / zum To - de befoͤrdern; und alſo Sie / als eine Goͤ - tzendienerin / ihrer ſelbſt / nicht zugleich dem Altár / ſowohl auch zum Opfer dienen muͤſſe. E e e iiijWas84Ein Lob - und Liebes Brieflein /Was ſage Jch / Jhr tiefverſtaͤndiger / und von aller Sinn - und klugreichſten dieſer Welt / unvergleichlich ſchaͤtzender Verſtand / wird Jhr ja wol vor dem Jrgarten / in ihr ſelbſt / mit Liebe entzuͤndet zu ſeyn / verwéh - ren / uñ Sie abhalten: Und ob folcher es auch zu tuhn von Unkraͤften; ſo hat doch ihr Ver - ſtand / vermittels der guͤttigen Natur / Jhr den Faden der Ariadnen / uͤm den Ausgang anzufinden / verehret und zu Handen geſtel - let. Sie laſſe Uns nun mit dieſer obangeſetz - ten unwiderſprechlichen Wahrheit zu Ruhe ſtellen / uͤm offentlich dieſes zu aller Erkent - nuͤs zu ſaͤtzen; daß Jch bin / und in meinem wéhrenden gantzen Lében der allerdoͤhmuͤ - tigſte / getreuſte / und gehorſamſte / unter al - len ihren Dienern verbleiben werde; bitte auch déro Anbeféhlungen Trotz / mich hierin - nen des Laſters / des Meineides / im wenig - ſten zu beſchuldigen: GOtt mit Uns!

N. N.

82. Er entdekket / in treuer Dienſtbeſtaͤndigkeit / ſeiner abweſenden Liebſten / das unertraͤg - liche Verlangen nach Jhr.

ES iſt mier / von Jhr entfernet zu ſeyn / und im Leben zu verbleiben / fuͤh - rohin auſer aller Moͤgligkeit: und dringet mich die Nohtwendigkeit / Sie taͤglich zu ſehen; oder / in Unterlaſſung dieſes / alle Au - genblik zu ſterben; ſintemahl von ihrer Ge -gen -85Jm Perfertiſchen Buchladen zufinden. genwahrt / alle meine Zufriedenheit und Vergnuͤge; hergegen von dero Abweſenheit alle meine Schmertzen und Pein herſprin - gen und fluͤßen. Jch habe mier wohl fuͤrge - ſaͤtzt / durch die liebe Geduld / mich hiervon zu bréchen; aber Jch wechſele mit guttem Wil - len ſtuͤndlich; und bin nicht vergnuͤget / als nur in dem Punkt / Jhr Diener zu ſterben. Jch gebe zu / daß die Zeit alles aͤndere / wechſele uñ wieder verwechſele; meine treue Beſtaͤndigkeit aber / wird von dieſen al - gemeinen Regeln der Abwechſelung abfal - len / und ſich deſſen entbrechen: auch Ver - dreuſt mich nicht wenig / daß die zuwerkſaͤ - tzung nicht eher als meine Worte zur Wirk - ligkeit gedeyen ſollen: Denn nimmermehr werde ich / als zu der Zeit / da durch Anfal - lung einer gewuͤndſchten Gelégenheit / Jch den Zweifel und Verdacht / den vieleicht meine ſterbliche Gelégenheit / von meiner Vnbeſtaͤndigkeit Jhr eingében koͤnte / be - nommen / vergnuͤgt ſeyn. Sie réde dan - nenhéro nach ihrem Belieben fuͤrohin nichts mehr / als nur mier anzubeféhlen; auf daß / gleich wie zu aller Zeit Jhr zu gehorſamen / Jch bereit / Jch auch ohne Unterlas Jhr ge - horchẽ / und meine / Jhr nochmals anbieten - de Dienſte zu uͤben und abzugében / Gelégen - heit haben moͤge / als

Déro gantz ergébener.

E e e v83. Ein86Liebesdienſt Brieflein /

83. Ein Liebesdienſt zúneigendes Hand - Brieflein; an eine belóbte Dame.

ALlerliebſte /

Nimmermehr bin und werde Jch / als bey und nében Jhr / vergnuͤgt ſeyn / und ver - bleiben koͤnnen: Jch biete kéklich allen Wol - luͤſten / zeitlicher Freude der Welt / wann ſie gleich alle in einen Klumpen geſchmeltzet / trotz / mich / auſer ihrer Gegenwahrt zu be - gnuͤgen: Denn / wañ und an welchem Ohr - te Jch mich von Jhr entfernet befinde / ſo ſeuftze und gehabe ich mich dérmaßen uͤbel / dz Jch an meinem Lében ſellſt einen Verdrus und Ekel: Und / zweifels ohne / wann Jch Jhr ſo viel annéhmliche Dienſte / als Jch ſelbe zu volbringen begieriger / erweiſen koͤn - te / wirde Jch uͤber meinen Tod / weil Sie déſſen Urſach / keine Reu / oder Klage zu fuͤhren / anlaß finden. Alles das / was Jch von Jhr bitlich ſuche / iſt mier fuͤhrohin etwz hold - und liebſéligers; oder aber mit mehre - rer Strengigkeit als Sie bißhero veruͤbet / wo es auch mehrers ſeyn kan / mich zu belé - gen / damit mich entweder die Hofnung troͤ - ſte / oder die Bleyſchwére Laſt der Ver - zweifelung gantz unter und zu Bóden richte und druͤkke: Das Lében und der Tod findetbey87Jm Perfertiſchen Buchladen zufinden. bey mier keinen Unterſcheid; Was Jhre Freud und Luſt / iſt mein einiger Wille und Belieben: Zu mehrer Treu und gewiſſen Verſicherung / wil Jch neubezeugende Ge - muͤhtserklaͤrungen von mier ſtellen; und zwar / alles in der geſtalt / als

Jhr Leibeigener Diener.

84. Er verkuͤndiget einer Jungfer / daß / durch dero Holdſeligkeit / und ſchoͤne Berédſamkeit / zu ihrem Diener / Er gemacht / und unaufloͤslich ver - féſſelt ſey.

BElóbt Schoͤne Jungfrau /

Die holdſélige Liebligkeit / und liebliche Holdféligkeit ihrer Unterhaltung / haben meine Sele dérmaßen mit Bezauberungs Banden gefeſſelt / daß deſſen gewaltſame / die albereit durch Liebe ihrer Behérſchung unterworfen / auch durch ihre / von Honig an - gefeuchtete Berédſamkeit / gleicher maßen obgedachter Herſchung / und zwar noch meh - rers unterléget / dérmaßen / daß / wie ihre Schoͤnheit mich gleichſam geraubet; alſo auch dero Wohlrédenheit mich bezaubert; und auf dieſen Sehlag / bin Jch zwey mahl der Jhrige. Aber / dieſes alles iſt unnoͤhtig: Denn / wann Jch mier die Ketten meiner Dienſtbarkeit durch Unmuht zu erbrechen /E e e vjun -88Liebes Schreiben. unterwinden tehte / ſo wirde meine Sele ſolch mein Beginnen mit Kraͤften widerſte - hen / ſowohl mein Hertze zu dérer Beſchuͤ - tzung ſich bewafnen; welches Sie dann zu glauben / wie daß Jch gantz und gar kein Teil / als dén Sie mier zu erteilen geruhet / uͤber mich habe und fuͤhre / verpflichten wird. Sie uhrteile anitzo durch dieſen Schluß / auf was Art und Weiſe deroſélben Jch zuge - tahn und verbunden: und verbleibe die Mei - ne / wie Jch bin der

Jhrige N. N.

85. Er bittet ſeine Liebſte / als déro Lie - besgefangener / uͤm gleichgeneig - tes Wohlwollen.

LJebſte Freundin /

Es iſt Jhr verſtaͤndlich genug beybracht / daß déro holdſélige Anblik / und Liebesfaͤhi - ge Bezauberung / in Begégnung einer ſo freyen Sele / wie die meinige / gantz ſorgge - faͤhrlich: Und dieſes habe Jch dahmals / als Jch Sie ins Geſichte bekommen / bevor geſéhen / oder vielmehr mich daruͤber ver - wundert; und doch ſolches nicht vermeiden / noch aͤndern koͤnnen. Was ſol Jch nun itzo. anfahen? Es mus nach ihrem Willen und Wohlgefallen (weil Jch gantz der Jhrige zu lében) ein Schlueß gefaſt ſeyn. Sie laſ - ſe Jhr doch nun belieben / déro Hertze mierzu89Jm Perfertiſchen Buchladen zu finden. zueroͤfnen / damit Jch mein Lében / nach ihren Geſaͤtzen / anſtellen koͤnne: Sie entdekke mier ihren Willen / und gefaͤllige Meynung; ſo wil Jch hergegén meinen Gehorſam Jhr zum Erkentnuͤs ſtellen: iedoch in der Ge - ſtalt / welche Jch / mit aller Doͤhmuͤtigkeit fuͤhre

Jhres Dieners und Knechts.

86. Ein Abreiſender / bittet von ſeiner Liebſten Erlaubnuͤs / mit dienſttreuer Ergebung.

EDle / an Ehren und Tugend rei - che / Hertzliebſte Jungfrau /

Jn hertztreulichem Vorwundſch der al - lerſchoͤnſten Fortun / und volkommenſten Gluͤtſéligkeit / erheiſchet es meiner Sachen Nohtwendigkeit / mich eine zeitlang von Jhr zu entfernen; aber / vor eine unertraͤgli - che Sache ſcheinet es mier / Sie in allem zu befriedigen. Sie eroͤfne mier demnach ihren Willen; ſintemahl Jch ehe nicht / bis Jhr Befehlnuͤs es mier vergoͤnnet / abreiſen werde. Jch uͤbereigne Jhr ſelben; iedoch mit Bereuung / wégen einer ſo geringen Sache Sie ſelbiger mit einem Eide zuverſi - chern. Denn / das Geluͤbde meiner beſtaͤndigen Treu / begreift und haͤlt in ſich alle die gewiſſen Verſicherungen / welche Jch Jhr / von nu an / und fuͤhrohin /Eee vijmich90Der Liebesverwundte / bittet Erbarmnuͤs /mich nicht des geringſten / als das was Jhr gefaͤllig (in Betrachtung / daß all mein Vergnuͤgen in dehm / Jhr zu gehorſamen / beſtehet) zu unterziehen / erteilen kan und vermag / in der Geſtalt / welche durch Hoͤf - ligkeit Sie mier zu fuͤhren / vergoͤnnen wird /

Jhres Dieners.

87. Der / von Liebe verwundte / bittet ſeine Liebſte uͤm Erbarmnuͤs; und unterwirft ſich Jhr.

SChoͤnſte Freundin /

Nim̃ermehr hette Jch mich mit Wor - ten vernéhmen laſſen / daß Jch iemals durch ihre Liebe verwundet werden koͤnnen / wo nicht die wahrhafte Erfahrung / als welche aller Menſchen beſte und weiſeſte Lehrmei - ſterin ſelbſt / mich deſſen uͤberfuͤhret. Wie ſol Jch aber nun meine Sachen anſtellen; denn / ie mehr Jch Sie aus Furcht ihrer Wunden fliehe / ie mehr anfinde Jch mich von ſelben heftig verwundet? Sie habe Er - barmung mit mir / und ſey mit meiner dienſt - barkeit zu frieden / weil déro wohlanſtaͤndige Wuͤrdigkeit und Tugend / wie daß ſolche e - wig wéhrend / Sie vergewiſſern. Mein Lében ſelbſt erheiſchet keine andere Nah - rung / als ihre Gunſt und Liebe; oder / wo es dérer unwuͤrdig; ſo teile Sie ſolche aus /ent -91Er ſtellet ſeine Dienſte zur Probevor. entweder durch Gunſt / oder Erbarmen des Mitleiden. Es beſehéhe nun auf welche Art und Weiſe es wolle / ſo werde Jch Jhr doch wégen ſelber / mit Lób und Dankſa - gung / mein dankbahres Gemuͤhte darzei - gen / und wirklich erweiſen / als

Déro in aufrechter Treu / beyge - tahner Diener.

88. Er wil ſeiner Liebſten / den / bey - derſeits habenden Liebes Zweifel be - nehmen; und ſtellet ſeine gehorſame Schul - digkeit / zu ihren Befehlungen / auf die Prob.

ALlerholdſéligſte Gebieterin mei - nes Hertzeus /

Sie traͤget Beyſorge / als ſey Jch unbe - ſtaͤndig; und Jch befuͤrchte / Sie ſey wan - kelmuͤhtig. Auf was Weiſe wollen wier Uns nun beiderſeits gemeinen Zweifel be - néhmen? Das einig nutzbarlich anfindende Mittel iſt / wie eines dem andern mit mehr beſtaͤndiger Treu / und Gegenliebe zu begeg - nen / ſich bemuͤhe. Die meinigen / ſo Derſel - ben Jch anbieten kan / und vermag / beſtehen und ruhen in ihren Anbefehlungen: denn / was Sache Sie von mier zur Prob meiner Liebe und Beſtaͤndigkeit begehret / werde Jch meine gehorſame / und verpflichteteSchul -92Gehorſams Verſicherung. Schuldigkeit / ſelbe ins Werk zu ſaͤtzen / an - ſtrengen: Sie / an ihrem Ohrte / mag tuhn was Jhr beliebet; die Gebuͤhr wird hierin - nen unſer Richter und Schiedesman ſeyn: Goͤttlicher obhand empfohlen! Jch kuͤße / mit Erlaubnuͤs / ihre zarte Haͤnde; iedoch be - reuend / daß dero korallen farbenes Muͤnd - lein / Jch gleicher Geſtalt / mit dem Kuße meines Mundes / nicht beruͤhren kan.

N. N.

89. Er wil ſeiner Vertrauten in allem / auſer dem Befehlich Sie nicht mehr zu lieben / willigſtgehor - ſamen.

LJeb - und Lóbwuͤrdig Schoͤnſte Dame /

Sie erfodert und begéhret von mier / mit An - fuͤhrung dieſes Grundes / daß Jch ein un - verbrichliches Geliebde / Sie / in allen Din - gen / ohne Ausflucht zu gehorſamen / abge - légt / nicht mehr zu lieben: und dieſes bejahe Jch; aber alle Urſachen der Welt koͤnnen mich zu keinen unmoͤglichen Sachen ver - knuͤpfen. Zu dér Zeit / als Jch Jhr all dem jenigen / was Jhr gefaͤllig / ohne Widerre - de zufolgen / uñ nachzuſaͤtzẽ / Treu geſchwoh - ren / habe Jch allezeit in denen Gedanken geſtanden / wie daß Sie nichts / als was tuhlich / von mier erheiſchen wirde; Aber / Sienicht93Jm Perfertiſchen Buchladen zufinden. nicht mehr zu lieben / muͤſte man mier viel ehe das Hertze aus der Bruſt reißẽ: iedoch ver - ſichere ich mich / daß ſelbige[s]auch auſer mei - nen Leibe / wann es ihre〈…〉〈…〉 tig / uñ zwar ſo heftig liebend / ſeuftzen〈…〉〈…〉 de. Sie befehle mier dannenhero vielmehr zu ſterben / und in dieſem wil derſelben Jch gehorſamen: Sie ſtehe aber deswegen nicht im Glauben / daß meine Liebe zugleich mit dem Leben dieſe Welt geſegnen werde; denn das Feuer / meines / Jhr gelobten Wohlwollens / wird unter meiner Aſche / ewig verborgen zu fin - den ſeyn: So kan Jch auch nicht wohl gleuben / daß Sie mier / Sie fuͤhrohin nicht mehr zu lieben / anbefohlen hette / wann es nicht aus dieſem Vorſatz beſchehen / dadurch meinen Ungehorſam / vor einen volkoͤmlichen aufzunehmen; und durch die Widerſtehung / welche Jch wider ihren Willen und Ge - boht verſpuͤhren laſſen werde / die Aufrichtig - keit deſſen / ſo Jch / uͤm ihre Dienſte und Lie - be / die von mier in die Gedaͤchtnuͤs Tabell der Ewigkeit eingezeichnet werden ſollen / dofern auf dieſer Welt etwas ſo ewigwie - rig anders zu finden / ſeyn kan / bey mier er - halte / auf die Prob zu ſtellen. Hierbey Uns goͤttlicher Obhut bepfehlende / empfahe Sie dieſes Schachtelchen voller gutter Tage / aus Haͤnden

Jhres doͤhmuͤhtig gehorſamſten Dieners.

94Liebes Schreiben.

90. Er entdekket ſeiner Geliebten / die Heftigkeit / der / gegen Sie tra - genden Liebe.

ALlervolkommenſte / Schoͤnſte Freundin /

Jch kan nicht mehr reden; und vermag auch nicht zu ſchweigen; denn / wann der Liebes - gott gleich blind; ſo iſt Er doch nicht ſtumm; und weil es zúgelaſſen / Sie zu lieben; ſo iſt es auch vergoͤnnet / ſolches zu ſágen: dan - nenhero / ſo liebe Jch Sie / und zwar mit heftiger Beunruhigung: und wann Jhr dieſes zu gefaͤlligem Belieben nicht ſtehet / und durch die Heftigkeit meiner Liebe Sie beleidiget / ſo wird dieſes weiße Papier / we - gen meiner Schám / mit Roͤhte gleichſam anlaufende / ſich faͤrben; weil es meinen Nahmen in ſich haͤlt und fuͤhret /

Jhres wohlbefliſſenen Dieners.

91. Jn Mangel gleicher Wiedervergel - tung / derer / von ſeiner Liebſten / Jhme be - ſchehenen wohltaͤhtigen Gunſt; er - giebet Er ſich zu ihrem dienſt - ſchuldpflichtigen.

VJelgeneigte / Schoͤnſte Jung - frau /
Mit95Jm Perfertiſchen Buchladen zufinden

Mit was wirklicher Dankſagung kan oder ſol Derſelben Jch / wegen des / mier zuerzei - gen / Jhr beliebten Gunſtgewogenheit / ent - gegen und an die Hand gehen? Je mehr und tiefer Jch an die Wohltaht gedaͤnke / ie we - niger finde Jch mich von Kraͤften / auch die allerwenigſte Abgeltung hingegen zu leiſten. Sie empfahe nun / mit dero Gefallen / den Mangel meiner Reden / und ſelbigen mei - nes Vermoͤgens zu Widergeltung; iedoch mit angehaͤftem Bekentnuͤs / wie Derſelben Jch dermaßen dienſtpflichtig / daß / wann Jch auch gleich dieſe Stunde Jhr behaͤg - lich - angenehme und nutzbarliche Dienſte zu bezeigen anfienge / ja ſelbige ewigwehrend / iedoch Sie nimmermehr / ihrer / mier vielfaͤl - tig-bezeigter / hoͤflicher Freundſchaft / zu ver - gleichen; derer auausgeſaͤtzte Andenkung al - bereit eine ſolche Wohnung in meinem Ge - daͤchtnuͤs gegruͤndet / daß es nicht / als mit und neben mier ſelbſt abſterben wird; naͤchſt angeknuͤpfter Vergewiſſerung / daß Jch auch mich / aller Ohrten und Enden / den allerver - pflichteſten unter ihren Dienern / taͤhtlich zu erweiſen / hoͤchſt befleiſſigen wil / und zwar als den Unwuͤrdigſten; angeſehen / daß aus Ůberfluͤßigkeit der Gunſt / Jch trage den Nahmen

Jhres treuen Dieners.

92. Er96Liebverſoͤhn - und Verſicherungs Schreiben.

92. Er beniemet der Liebſten den Zwei - fel / ſeiner / zu Jhr tragenden Liebe; und vergleicht beider Gemuͤhter / zu Lieb - treuer Einigkeit.

LJebſtes Hertze /

Sie ſtehet in Sorgen / als ob gegen Sie / Jch mit Liebes Flammen nicht mehr behaf - tet wehre; und indehm Sie meine Perſchon in weniger Acht gehabt / mus Jch die / daher empfundene Wirkligkeiten / bekraͤftigen: Sie hat auch inn / und mit dieſem meinem recht - maͤßigen Klágen / uͤm deſſen ſonſt unuͤmſtoͤſ - liche Gruͤnde zu ſchwaͤchen / zu vor laufen wollen: denn / davor haltend / daß Sie die / mier aufbuͤrdete Laſt ſelbſt zu tragen ſchul - dig / hat Sie das / was Sie mier ſelbſt ver - ſprochen / von mier erhetſchen wollen. Man laſſe Uns / mein Schatz / mit einander ver - gleichen; Sie erteile mier eine ſolche / als derſelben Jch gelóbet / unverbruͤchliche Lie - bes Zuneigung; und ob zwar wohl meine Verdienſte mit dem wenigſten den ihrigen zu vergleichen; ſo liebe Sie mich doch / bit Jch / ſo viel moͤglech: Nichts wenigers bin Jch verſichert / daß / wann treue Liebe man / mit gleich ehnlicher Gegenliebe verſchulden ſol und mus / daß ungeachtet deſſen allen / und was fuͤr Gunſt Sie zu mier traͤget / ie - doch Sie alzeit mier noch im Reſt zu ſeyn / erfunden wird. Sie gebe dannenhero ſolcherihrer97Jm Perfertiſchen Buchladen zufinden. ihrer Beſorgnuͤs Urlaub / denn Jch in Wahrheit bin / und verbleibe / nicht ſowohl mein ſelbſt / als

Dero alzeit Getreuer.

93. Er uͤberfuͤhret ſeine Liebſte / mit dé - ro liebreitzenden Schoͤnheit / daß Jhme / von der / zu Jhr einmahl getragenen Schoͤnheit / abzuſaͤtzen unmoͤglich.

HErtzliebſter Schatz /

Jch erſtumme faſt / daß / nach vielen oͤffentlich - und ſcheinbahren Zeugnuͤßen / o - der Proben / meiner treubeſtaͤndigen Liebe / Sie daran noch Zweifel fuͤhret: Und zwar werde deswegen Jch nicht muͤde noch ver - droſſen / Jhr dieſelbe ſtuͤndlich zu bezeugen; Sie befehle mier nur / ſo wil Jch Sie auch mit Verwunderung / daß keine Beſchwer - ligkeit und Gefahr dabey ſo groß / die Jch nicht als ein gering und unſchwehres ermeſ - ſe / ſcheinen und ſehen laſſen. Waruͤm traͤget Sie denn an meiner Liebe Zweifel? geſchie - hets daruͤm / daß der meiſte Teil der Maͤn - ner wankelmuͤhtig? Jch habe zwar ein Mannes Haupt / bin aber nicht unter dem Haufen: Ůber dieſes / wenn mich gleich der Unmuht / Sie fahren zu laſſen / bewaͤltigen ſolte / ſo iſt doch dero Schoͤnheit mit ſo viel liebreitzender Bezauberung beſéliget / daßSie98Schreiben / den Liebeszweifel zu benehmen /Sie die Gedanken meiner Verwechſelung aͤndern werden / in einen zwar ſtandfeſten und unveraͤnderlichen Vorſatz / Sie ewig zu lieben. Der geringen und gemeinen Schoͤn - heit / ſeyn ſolche Zweifelhaftigkeiten und Argwohn zu verzeihen: aber Jhr / (derer Tugendketten die Selen Aller / wie auch Jhr untertaͤhnig machen und einfeſſeln / daß ſelbige ihre Freiheit nicht / dann in Verlie - rung des Lébens / wieder erwérben / und zu ſich bringen koͤnnen) iſt auch nicht der we - nigſte Schein verhanden / es nur in Ge - danken zu faſſen. Sie erkénne / meine Schoͤne / ſich ſelbſt; ſo wird Sie auch Jhren Jrtum erſéhen: Denn / wie es gantz unmoͤglich / Sie / ohne mit Liebespfei - len getroffen ſeyn / zu ſehen; ében alſo iſt auch von Unmoͤglichkeit / daß der / welcher Sie einmahl geſéhen / ſeine Freyheit / welche ihre ſuͤfreitzende Blikke ihme benommen / wieder habhaft werden ſolte: Und dieſes muß uͤm deſto mehr Jch ſelbſt beglauben / weil Jch es fuͤhle und empfinde. Sie laſſe Uns nun wieder zu ihren Klágen ſchreiten / uͤm deſſen Urſach zuzufuͤhren: Sie zweifelt noch an meiner Liebe / und beſtaͤndigen Treu: alles das / was Derſelben Jch vermelden kan / iſt / daß Jch Sie darzu ſo lange Zeit / als Jhr ſelbſt beliebet / auf ſolche Mittel / die Jhr am begleichſten und fuͤglichſten ſcheinen / zu denken / erteile / da durch man ſolchen Pro -ben /99Jm Perfertiſchen Buchladen zufinden. ben / ſo alles Tadels und Verwerfung frey / ſchreiten und kommen moͤge: Mein Ge - horſam wird Jhr hierinnen Gnuͤge leiſten: Deſwegen Jch Sie denn vergewiſſere zu ſeyn

Jhr aufrechttreubeſtaͤndi - ger / weil Jch bin / und heiſſe N. N.

94. Er bekeñet ſeiner Erkohrnen / (doch mit Beyſorge déro Gegenwehr) die / zu Jhr hertzlich tragende Liebe; und verknipft ſich Jhr.

HOldſéligſte Freundin /

Jch werde gleichſam gezwungen / Jhr zu bekennen / wie daß Jch inn / und mit der Liebe zu Jhr / eine ſonderbahre und hóhe Vergnůgung: hingegen aber auch einen großen Unmuht und Schmertzen empfinde / indehm auf einer Seite die ſtets gruͤnende Hofnung / Sie eines Tages in volligen Beſitz zu erlangen / mich hoͤchlich vergnůget; andern Teils aber die Beyſorge / Sie eines Tages zu verlieren / uͤbermaſſen peiniget: Und wie mier das Geluͤkke / Sie gemeßlich zu verſuchen / helſcheinen / und bey mier an - langen mag; alſo kan auch das widerſinnige Gluͤk / Sie verlierend / mier durch déro Tod /auch100Das verlangẽ wegẽ der Liebſtẽ Abweſenheit. auch mein Leben in Lehtes Netze ſenken: Geſtaltſam Jch mich nimmermehr ruhig er - meſſe / bis Jch alle meine Beunruhigung / in ihre Schoß / niedergeſchuͤttet; und daß wier beide / in ihren Ketten und Banden ge - feſſelte / Schlaven gleich ehnlich / nicht zwar nach unſerer Freyheit / ſondern vielmehr nach der Langwierigkeit unſerer ſo ſuͤßen Dienſt - barkeit / aͤchtzen und ſeuftzen moͤgen. Sie verzeihe mier / daß Jch Sie mit ſolchen / von meiner Liebheftigkeit herfluͤßenden Worten unterhalte: dieſes iſt ein Stiech und Streich meiner Liebe; wann Er Sie verwundet / ſo wird es nicht ehe ſeyn / als wenn er mich al - bereit getroffen: Aber dieſe Wunde wird nicht toͤdlich ſeyn; in Betrachtung / daß er ſelbſt / (indehm er mier behuͤfliche Mittel erwieſen) heilen und zur Geſundheit verhel - fen werde. Jch erwarte dieſe Gunſt / mit der hoͤchſten Beunruhigung der Welt; und von nun an werde Jch nach anders nichts / als nach der Hofnung dieſes Gluͤkkes Seuftzer ſenden. Gott befohlen! Sie liebe mich; denn nimmermehr werde Jch Sie haſſen; ſon - dern lében und ſterben

Jhr ergébener treuer Diener und Knecht.

95.101Jm Perfertiſchen Buchladen zufinden.

95. Er uͤberfuͤgt ſeiner Liebſten / auf Déro Begehren / was vor Liebſehnliche lange Weile Er / bey dero Abweſen - heit / nach Jhr gehabt.

P. P. Sie verlanget zu wiſſen / was / ſeithero ihrer Abwéſenheit / Jch vor - gehabt / und worinnen Jch meine Zeit ver - trieben: Dieſes wil derſelben Jch zu wiſſen fuͤgen / daß nehmlich mein Hertze unaufhoͤr - lich geſeuftzet; meine Augen taͤglich ihre bit - tere Zaͤhren mildiglich erteilet und fluͤßen laſſen; und daß meine / von ihrer Liebe léb - haftig gerůhrt / und getroffene Sele / Sie / in meiner Einbildung / mit ihren Gedanken / darinnen Sie aufs kuͤnſtlichſte vorgebildet / und entworfen / ſtets angebehtet. Ob nun / zwar wohl dieſes meiner bloßen Einbildung Abdruk; ſo empfinde Jch doch déren Liebes - reitzende Blikke / und Bezauberungen / ében mit ſolchen Schmertzen / als wehre Jch na - he bey Jhr. Sie ſéhe nun meine Ůbung; wann Jhr ſolches annehmlich / wil Jchs ferner hin alſo volfuͤhren / weil mein Lébén und Tod in Déro Haͤnden; und zwar mit uͤbergébener volkoͤmlicher Macht / darmit / nach ihrem Willen zugebahren / und darinn Jch mich von der Stunde an / als Jch mich zu ihren Dienſten gelóbet und ver - bunden / beruhet. Goͤtlichem Schutze befoh - len! Jch ergreife hiermit die Kekheit / ihreF f fSchne -102Er uͤberſchikt ſeiner Liebſtẽ das Siegeszeichẽ. Schneweiße Haͤnde / und zwar aus Freude / daß Sie mich ſo kraͤftiglich und ſtark gebun - den / zu kuͤſſen; verharrende

Meiner Liebſten Treubeſtaͤndiger; weil Jch lébe und bin N. N.

96. Des ſiegenden Terſides Liebesſchrei - ben; mit uͤberſendung ſeines erhalte - nen Lorberkrantzes / an die Schoͤ - ne Klytia.

SJe ſéhe alhier / einige meines Willens und Lébens Koͤnigin / das Lehngeld oder Tribut / So / Déro unver - gleichlichen Tugenden / Jch heute zu eigne: Dieſes ſeyn die / wégen ihres Sieges uͤber - kommene Lorberkraͤntze; denn mich Fortu - na zu keinem Ůberwinder (es ſey denn / daß Jch meine ergriffene Sieges Zeichen / auf déro Altaͤren aufopfere) machen wollen. Jch gehorche / wie billich / und unterwerfe mich / mit unausſprechlicher Vergnuͤgung / ſeinen Geſaͤtzen / weil auch Dero Ehre und Wuͤr - digkeit / bey mier viel hoͤher / als mein Lében ſelbſt / geachtet wird; und ſolches Jhr in der Wirkligkeit zuerweiſen / als Sie mit bloßen Worten deſſen nur zu verſichern / iſt mier mehr belieblicher.

N. N.

97.103Der Klytien Liebes Antwort Schreiben.

97. Der Klytien erfreuliche Antwort darauf; mit Gegénſendung eines Liebes Zeichens.

GLórwuͤrdigſter Kavalier /

Die neue Zeitung / ſeiner erhaltenen Obſiegung / iſt mier viel angenehmer / als die Empfahung / des / daher uͤberkommenen Lorberkrantzes; in Anſehung / Jch der Freude des einen / billich zugenuͤſſen; aber nicht die Ehre des andern zu begehren. Das Gluͤkke (oder / baͤßer zu ſagen / ſeine / bey dergleichen Ůbungen habende Glůkſéligkeit) nichts deſto minder / macht mich des erſten Suͤßigkeit verſuchen; und ſeine Ehre eignet mier den Vorteil des andern zu; ſo wohl / daß Jch mich auch gegén Jhme / als die einige Haupt - urſache / alles dieſes Ausganges / verbunden erméſſe. Jch uͤberſende Jhme hierbey eine andere Verehrung; nicht zwar in Gleichheit des Seinigen / als welches durch Ritterliche Tugenden erlanget; Nichts deſto minder wird ſolches / als fuͤr ein unfehlbahres ſeiner Tugend gelobtes Liebeszeichen und Erkent - nuͤs / auf - und anzunehmen ſeyn: zur Erſaͤ - tzung der Großhaltung / welche Jch / zu ei - nem denkwuͤrdigen / dieſer ſeiner / mit Ritter - lichem Héldenmuhte erjagten Ehre und Ruhms Merkzeichen / ſeiner Perſchon zú - méſſe.

Kl.

Fff ij98.104Das Verlangen nach ſeiner Liebſten.

98. Das große Verlangen; an ſeine ab - wéſende Liebſte.

OWonne meines Hertzens!

Was vor Arten / ſie ſeyn auch wie ſie immermehr erdacht worden / oder noch er - dacht werden moͤchten / aller Marter und Pein / kan und ſol Jch doch erzéhlen / die ſich nur mit der geringſten Kwahl / welche Déro Abwéſenheit mier verurſachet / vergleichen koͤnten: Denn / in der Taht alle die Schmer - tzen / alles Ůbel / und alles Ungluͤk der Welt zuſammen getragen / und vereiniget / koͤnnen ſich mit dem / ſo Jch aus Mangel und Ein - ziehung ihrer Perſchon / ausſtehe / im wenig - ſten nicht vergleichen! Das ſeyn nicht / von meiner Bennruhigung hérruͤhrende bloße Erzehlungen; ſondern / und vielmehr von meinem Hertzen / So mier / weil es wohl ge - ſehen / daß Jch die Féder in die Hand / uͤm Jhr zu ſchreiben / genommen / Sie durch die Zahl / ohne Zahl der inbruͤnſtigen Seuftzer / welche es alle Augenblik heufig in die Luft / durch und von wégen ihrer Liebe ſendet / mit Jhm / entweder Mitleiden zu haben / oder ſolches / nach der Hand einzuåſchern / zu be - ſchwehren / ausdruͤklich befehliget / und auf - getragen.

N. N.

99.105Der Liebhaber in Antwort.

99. Der Liebhaberin teils mitleidtra - gende Antwort; wégen des / ihrer Abweſenheit halber / habenden Verlangens.

P. P. Es iſt hieraus mehr als ge - nugſam abzunéhmen / daß ſeine Beunruhi - gung / Jhme das an mich uͤberſendete Schreiben / in die Féder gegében; weil Er gar zu viel rédet / ſo allerdinges nicht wohl zu glauben: Aber / das iſt eine gewiſſe Richtſchnuer / welche von den Verliebten taͤglich veruͤbet wird / ihre Zunge / mit honig - ſuͤß - durchdringender Wohlredenheit / uͤm damit ihre eingebildete Marter auszudruͤk - ken / und die Gemuͤhter / ſo deſſen am meiſten fehig / zue mitleiden zu bewégen / taͤglich an - zufeuchten / und zu uͤben: Meine Art und Zuneigung aber / haben von Natur / wider dérer Bezauberung / ein ſtarkes Artzney Mittel; ſolcher maßen / daß mein Wider - ſtand mehr Gewalt / als Jhr vermoͤgen: Nichts wenigers aber wil Jch etlicher maſ - ſen / ein Mitleiden uͤber ſein Hertze haben; und Jhme / nach dem jénigen / weſſen Er ſo inbruͤnſtig und unaufhoͤrlich begéhret / zu feuftzen / bis ſo lange der guͤttige Himmel ſei - ne Geluͤbde erfuͤllet / zúlaſſen.

N. N.

Fff iij100.106Er bittet uͤmb Liebes Entbuͤndung:

100. Er wil viel lieber den Tod leiden / als in der Liebe ſich ſo lange beaͤngſtigt auf - halten laſſen: Bittet demnach derer endliche Entbuͤndung.

ALlervolkommenſte / Schoͤnſte Freundin /

Wie lange wird Sie doch eine / Sie ſo gar hertzlich liebende / uñ in allen Ehrẽ halten - de Perſchon / wie bisher geſchehen / aͤngſten und kwaͤhlen? Was fuͤr Beurſachung hat Sie hierzu? Wann es daruͤm geſchiehet / mich alſo unablaͤßlich zu bekuͤmmern / nur uͤm meine Beſtaͤndigkeit zu priefen; ſo ſam - le Sie zu haufe / die allerſtahlféſteſten Spi - tzen ihrer Stréngigkeit / und drukke ſelbige alle zugleich auf einmahl mit einem Strei - che in mein Hertze: auf ſolche Weiſe wirde meine Pein nur eine kurtze Zeit; meine Lie - be aber immer und ewig wehren: Sie kan in dem / beides mier genug tuhn / und darné - ben Jhr auch ſelbſt vergnuͤgen leiſten. Wañ Sie erſt die gewiſſe / und Jhr / wégen mei - ner Treu gefaͤllige Verſicherung / uͤm ohne Unruh zu lében / erkant; ſo wird Sie ſich alsdann ſelbſt / zweifels ohne / mich mit Ver - nunft zu lieben / und liebend uͤber meine ſchwéhre Pein / die aus erdener Liebe mier zúwaͤchſt / Erbarmung zu haben / verbunden zu ſeyn ermeſſen. Es iſt numehr ſo einelan -107Jm Verfertiſchen Buchladen zufinden. lange Zeit verfloſſen / (derſelben aber noch gar zu wenig /) daß Jch unter dem ſuͤſſen Jóch ihrer Dienſtbarkeit / zwar ohne Hof - nung einiges Entſatzes gelégen: So laſ - ſe Sie doch nicht zú / daß déro alzuunbarm - hertzige Grauſamkeit / mich hierinnen verſu - che / wider die Gotheit ihrer Liebesreitzung und Blik / zu fluchen / und mit meinen ſchelt - worten zu entheiligen; dérer Tugend zwar meiner unſaͤglichen Pein und Marter gantz zu wider; meine Augen / meinen Geiſt / und / mit einem eintzigen Worte / alles das / was in mier iſt / auſer meine Pein / zu bezaubern: geſtaltſam / daß Jch auch meines Lébens Faden aus - und uͤm keiner andern Urſache wégen / laͤnger fortzuſpinnen begéhre / als ei - nig und allein uͤm Sie unablaͤßlich zu lieben; und folgends alle die / hieraus entſtehende Marter und Unmuht zu dulden: und nichts minders / ſo ermeſſe Jch mich noch ſonders gluͤkſélig / wann am Ende meiner gehabten ſchwehren Muͤh und Arbeit / Jch die lieb - riechende Róſen / aus den ſtachlichten Doͤr - nern / abpflokken / und brechen werde. Hier - mit Uns Goͤtlicher Obhut empfehlende / lé - be und ſterbe Jch

Jhr getreuer D.

F f f iiij101.108Er bittet uͤm Liebes Entbuͤndung.

101. Der Jungfrauen ſcharfgeſpitzte / uñ angehaͤrtete Antwort darauf; mit verbliemter Zuneigung.

WJe ſo lange behélliget Er mich; und zwar ſo vergéblich / in einer gantz unmoͤglichen Sache / die Er von mier be - gehret? Jch laſſe mich duͤnken / meine Gelé - genheit ſey Jhme verborgen; oder vielmehr / wie daß Er mein Gemuͤhte / ſo Jch zu Gunſt ſeiner Tugend / uͤm Jhme alles guttes zu wuͤndſchen und zu tuhu / frey zu ſeyn / unwiſ - ſend heruͤm traͤgt: Denn in dieſem Stan - de / darinnen Jch mich befinde / wird man auch die allerkeuſcheſten Zeichen / gutter Wohlgewogenheit / vor laſterhaftig aus - ſchreyen; wenn man ihr einige andere Gunſt / als heilig - und ehrlicher Freundſchaft / von mier zu erhaupten / gedenket. Gewislich / der Herr erwartet das / was Jhme nim - mer wiederfahren wird: Jch begéhre und erfodere zwar keine augenſcheinliche ſei - ner Beſtaͤndigkeit Proben / denn Jch an ſel - bigen nicht zweifel; uͤberdis auch / was fuͤr Sicherung Jch wégen derſelben habe / ſo werde Jch mich doch nimmermehr von mei - ner Gebuͤhr hinterziehen / oder abwenden laſſen. Er weine fort fuͤr fort; Er ſeuftze ohn Unterlaß / und beklage ſich ohn aufhoͤren; ſeine Zehren / ſein ſeuftzen / ſein klágen / wer - den mich nim̃ermehr zu einer andern Erbar -mung109Der Jungfr. angehaͤrtete Antwort darauf. mung und Mitleiden bewégen; als / Jhme / zwar aus Chriſtlicher Liebe / wie daß Er al - le angewandte Zeit / mich zu erweichen / ver - geblich verleuert / und unnuͤtzlich brauchet / hiermit verſtehen zu gében: Er nenne mich gehorſam / ſo oft und vielmahl Er wil / ſo wird doch der geneigte / in meiner Sele / ſei - ner Dienſte wégen wohnende Wille / mich des widrigen bey mier ſelbſt / uñ gegen maͤn - niglichen verſichern: welcher Jhn auch / (dofern Er ſich anders von der Vernunft leiten laſſen wil /) alle die / mier zugeeignete Nahmen / als Unerbitlich / Grauſam / und Unbarmhertzig / in den holdſéligen Titul ſei - ner wohlgewogenen Dienerin / (ſo mier an ſtat eines Troſtes) zu veraͤndern / gewislich verbuͤnden wird. Jch habe Jhme ſolches die - ſer Meinung halben geſchrieben / uͤm Jhn / auf daß Er mich mit ſolchen und dergleichen Schreiben / aus tragender Beyſorge der gróßen Gefahr / welche mier hieraus / da ſeine aufgefangen / und geſehen werden ſol - ten / erwachſen koͤnte / fuͤhrohin verſchonen moͤchte / zu bitten: Und hat mier auch aus oberzehlten Urſachen / beliebet / meine Ant - wort ében auf dieſes Papier / welches Jch von Jhme empfangen / einzuziehen.

102. Ein / aus Lieb ſterbender / uͤberſen - det der Liebſten ein Abbildnuͤs ſeines Leibes und Hertzens.

F f f vSchoͤn -110Liebbrennende Schreiben /

SChoͤnſte / Allervolkommenſte Kreatur /

Amor gehét mit euferſter Gewalt / Sie des Allergetreuſten Dieners / den Sie ie - mals in der Welt gehabt / durch meinen toͤd - lichen Hintrit / zu berauben: Und Jch mus taͤglich / ohne einiges aufhoͤren / in dem un - ausleſchlichen Feuer / welches déro liebrei - tzende Euglein / in meiner Sele angezuͤndet / brennend dahin ſterben. Alle Gunſt und Freundſchaft / ſo Jch von Jhr begehre / iſt / mich nur bald einzuaͤſchern: auf daß Jch auch noch im ſterben / die guthertzige Erbar - mung / zu den großen Zahlen ihrer hertzli - chen Tugenden / uͤm damit Sie / als die Al - lervolkoͤmlichſte Kreatur / uͤber welche man ſich iemals zu verwundern gehabt / bey ieder - man in ſolcher hohen Wuͤrde zu ſaͤtzen / bey - bringen moͤge: Und wil Jhr hiermit ein Abbildnuͤs meines Leibes / als zu ſeiner Se - len / nében dem Abdrukke meines Hertzens / darinnen Sie ſich ſelbſt / nicht zwar mit den jénigen Blikken / ſo mich verwundet; ſon - dern mit den ebenmaͤßigen Kraͤften / welche mich ihrer beherſchung ũterwuͤrfig gemacht / lébhaftig abgemahlet ſéhẽ wird / uͤberſenden: ſintemahl Jhr verklaͤrtes Bildnuͤs ſelbſt die Ehrenkette der unendlichen Dienſtbar - keit iſt / welche mich machet / zu

Jhrem Schlaven.

103.111Einer Damen Liebhuͤlfliches Antwortſchr.

103. Jn liebſchoͤnſter Antwort / uͤberſen - det Jhme ſeine Liebſte / zur bewehrten Artz - ney / wider des Todes Pfeile / eine / aus ihren Haren geflochtene Kette / und uͤbergiebt ſich Jhme zu eigen.

TEurer Held /

Hier ſéhe Er wider die vergifte Mord - pfeile und unerſaͤtliche Wuͤrg - und Fres - ſenſen des Todes / eine bewéhrte und gewiſ - ſe Artzney / welche Jch Jhme / mit / und unter einer Kette / von meinen eigenen Háren / zu - bereitet / dérer ſtetige Brauch und Anhaͤn - gung / Jhn von dem Blutduͤrſtigen Todes - ſtachel / und deſſen beſorglichen Pein / (do - fern die eidbruͤchige Haͤnde / der treuloſen Wankelmuͤhtigkeit / durch das zweyzungige Maul der wéterwendiſchen Unbeſtaͤndig - keit / mit glatgeſchmierten Worten ange - trieben / ſolche Kette wieder zu zerſprengen / ſich nicht bemuͤheten /) entfreien wird / alhier uͤberſende. Jch hette Jhme zwar ſehr ger - ne auch ein Geſchenke / zum freindlichen An - denken / mit meinem Bildnuͤße tuhn wollen; Aber / weil daſſelbe albereit mit lébéndigen Farben in ſeinem Hertzen / ſehr kuͤnſtlich abge - mahlet; ſo iſt ſolches ſtuͤndlich fuͤr ſeinen Augen gegénwaͤrtig / und derhalben unnoͤh - tig / Jhme ſolches zu uͤberſenden. Er er - zwinge und faſſe ja doch / uͤm ſeiner und mei -F f f vjner112Die Dame beſtellet ihren Liebſten zu ſich. ner Wohlfahrt willen / keinen andern Vor - teil / erhobener Gunſt und Zúneigung / als nur einig und alleine dieſen / daß Jch Jhn hertzlich gerne vor meinen Diener / nach ſei - nem Begehren; aber / nach meinem Wil - len / vor meinen hoͤchſten Schatz und Her - tze / naͤchſt GOtt / halten und ehren wolle: nur allein / daß Er auch Mich / zur Wieder - geltung meiner verſprochenen Treu / vor ſein Liebchen gleichsfals erwéhlen / und nim - mermehr verlaſſen wil.

N. N.

104. Eine verliebte Dame / erbittet Jh - ren Galan in geheim zu ſich / uͤm déro treue Liebe Jhme zu bezeigen.

EDler / ꝛc.

Seine ruhmwuͤrdige Verdienſte / durch und mit vorſchublichem Behuf ſeiner ſchoͤ - nen / von der mitwirkenden Natur ſelbſt / als einer ſorgfaͤltig-muͤhſamen Mutter / an - und aufgeérbeten Geſchikligkeitẽ / haben ei - ne Dame / Jhn ewig zu lieben / Jhnen unter - wuͤrfig gemacht: Wofern ihre Wohlgewo - genheiten nun / und / zu allen treuen Dienſten ſteter Liebe / und ungefaͤrbter Freundſchaft / der Gebuͤhr und Stande nach / iederzeit ſehr wohlgeneigtes Gemuͤhte / Jhm annehm - lich / ſo wird Er auf morgenden Tag / uͤm N. Uhr / in unſeres guthertzigen Nachbars Be - hauſung / da Sie ſeiner mit ſehnlichem Ver - langen / und hertzbrechendem Seuftzen / ůmda -113Jm Perfertiſchen Buchladen zufinden. damit Jhme / in der Taht und Wahrheit / alle gewiſſe Verſicherungen ihrer gegén Jhm tragenden Liebe / zu bezeugen / erwar - tet / in ſelbſt eigener Perſchon unbeſchwehrt zu erſcheinen / die Muͤhe auf ſich zu nehmen gebehten. Jhr Nahme iſt und heiſt: Seine treue Dienerin; und Jhr Zúnahme: Die Allerbeſtaͤndigſte / welche iemals in dem Kreiß des groſſen Weltbaues / von der hel - len Sonne / am hóhen Firmament des Him - mels / mit ihren klaren Euglein iſt erblikket und geſéhen worden.

P. S. Er laſſe ja unſer Tuhn und Vorha - ben / unter der ſtummen Dekke / der Sprách - loſen Verſchwiegenheit alſo liegen / und ru - hen / wie gluͤkſélig Jhn die Liebe ſelbſt / mit dem heilſamen Schatten ihrer weichen Fluͤ - gel bedekket / und verbirget.

Die Ungenandte; doch Wohlbekandte N. N.

105. Weil dieſe angeſtelte Liebes Zuſam - menkunft nicht fortgaͤngig; ſo uͤberſchikt die Dahme / ihrem Liebſten / ein Schachtel - chen voller gutter Tage.

SChoͤnſter Kavalier /

Eben dieſe Dame / ſo Jhme hiebevor ihr Hertze zur Liebe / und eigen uͤbergében / uͤberreicht Jhme eine Schachtel / von viet tauſend Hertzens Seuftzern erfuͤllt / welche Sie bey ſich / weil ſie ihn vergéblich zu ihr zu kom̃en / uͤm die gewiſſe unverletzliche Verſi -Fff vijche -114Entſchuldigung des unterlaſſenen Bekent:cherung / der / gegen Jhme in der geſtalt ei - ner Liebhaberin und Dienerin zugleich / ge - lóbeten vertreulichen Zuneigung und Wohl - gewogenheit zu empfahen / bemuͤhet / fuͤhlet / und ſchmertzlich empfindet.

P. S. Jch werde Jhme mit eheſtem / und ſo bald ſich nur eine / zu unſerem Vorhaben und Wundſch ergébige Gelégenheit fin - den laſſen wird / von mier Zeitung wieder - fahren laſſen.

N. N. die Vorige.

106. Eine Entſchuldigung / waruͤm Er ſo lange das Bekentnuͤs erlaſſen muͤſſen: An eine fuͤrnehme Frau.

VJelehrentugendreiche Schoͤne Frau /

Jch weis nicht / ob mich die Zeit / oder die Ungelégenheit entſchuldigen wird / wo Jch ja einer Vergeſſenheit beziehen werden ſolte / welches doch bey Jhr nur als eine Vergeſ - ſenheit gewéſen ſeyn wird / bey mier aber ſtets wehmuͤhtige Gedanken; daruͤm / daß Jch ſo uͤbel bey Gelégenheit / meine Unver - geſſenheit zu entdekken: So ſeyn auch ſech - tzig Meil wéges nicht genug / die mich dah - mals von Jhr geſondert haben; iedennoch aber keine Gedanken verhindern koͤnnen. Nachdehm Jch nun zwar uͤbel auf / ins Va -ter -115Jm Perfertiſchen Buchladen zu finden. terland kommen / auch ſtraks Willens gewe - ſen bin / vollends zu Ruhe abzuverretſeu / bin Jch doch immer uͤbeler zu paſſe worden: Unter andern aber einsmahls uͤm déro Wohlergehen mich erkuͤndigen wollen / gleich das Gluͤkke zu meiner Frage einwil - lig / und mier eine Perſchon wieſe / welche in ihrer Kundſchaft geliebet hat / mich beant - wortete / was ihr hiervon wiſſende: machte Jch alſo dahmals mit dieſer angenehmen Réde / aus einem kranken / einen halben gu - ten Tag. Kommende Nacht beſchluͤße Jch dieſes / was Jch hier getahn habe / bey mier; und erinnere meine Schoͤne Frau noch mit Liebe / wie jénes ſchwartz - und weiße an dem linken Diener laͤngſt vermodert: Ob Sie aber einig Schreiben / darinnen etwas gelé - gen / von N. aus bekommen / habe Jch nie wieder erfahren. So mich meine Krankheit verlaſſen wird / wil Jch auch dieſen ohrt ver - laſſen / und nicht weit von Jhr ſeyn / zu erken - nen zu gében / daß Jhr noch treu / und in ge - buͤhr aufwartet

Jhr Diener.

107. Déroſelben Antworts Antwort; und waruͤm Er Sie noch nicht beſu - chen koͤnnen: an ében die - ſe Frau / ꝛc.

Tu -116Entſchuldigung des Nichtbeſuchens.
Tugendreiche / Volkommene / Schoͤne Frau /

Hoffentlich wird Sie mir wohl glauben koͤnnen / daß Jch jénen erſten Brief mit ver - ſoffeuem Verſtande geſchrieben / wann Sie dieſe nuͤchterne Búchſtaben darnében hal - ten wird: Jch habe nichts zur Antwort ge - féhen / daß Jch mit einem Worte verglei - chen koͤnte: Jch danke aber Dérſelben zum allerſchoͤnſten / daß Sie mich itzt ſo wohl be - worten und erfreuen wollen / nachdehm Jch noch allezeit von meiner Unpaͤsligkeit be - truͤbter als betruͤbt ſeyn mus / und mich des Artztes nicht begében darf: wiewohl Jch zwar etwas heruͤm gehen kan; ſo iſt mier doch das Reiten verbohten. Jch achte aber nun meiner Krankheit ſo wenig als nichts / weil mich Jhr Hertzfreund getroͤſtet / daß Sie hoffentlich noch dieſe Woche herkom - men moͤchte; ſo dann / und ob Jch gleich noch krank ſeyn werde / wil Jch doch wohl der Unpaͤßligkeit vergeſſen. Jch mus nicht gerne vernéhmen / daß Sie mier ſo wenig Glauben zuteilet; indehm Sie auch noch an der Verwechſelung ihres und meines lieben Baͤndleins zweifelt; ſo iſt doch gewies / daß in vergangener weile wohl zwey deroſelben zu ſolcher Sterbligkeit hetten gelangen koͤn - nen: Jch wolte auch meinem letzten Ver - ſprechen nachgelébet haben / wo ich nur dieStrá -117Jm Perfertiſchen Buchladen zu finden. Stráfe laͤnger zu kranken / nicht haͤtte beſor - gen muͤſſen: Denn in bishéro gewéſenem boͤſen Weter zu verreifen / mier meine Ge - ſundmacher nicht zúlaſſen wolten. Vieleicht habe Jch die Gnade / Sie wiederuͤm dahin zu beleiten / wann Sie bey Uns gewéſen ſeyn wird: Wo Sie ſelbſt nicht koͤmt / ſo erhoffe Jch eine Antwort; und verbleibe

Jhr Treuer Diener.

108. Ein Liebklagendes Schreiben; an ſeine Liebſte.

EDle / &c.

Wo anfinde Jch endlich unter ſo viefaͤl - tigen liebſamen Beunruhigungen / welche meinen Geiſt Tag und Nacht / ohne Nach - laſſen / aͤngſtigen und kwaͤhlen / ſuͤße Ruhe / und ſanfte Linderung? Jch laufe aller Ohr - ten mit der Liebe behaft / gleich einer ver - wundten Hindin / welcher der giftige Pfeil noch in der Wunde ſtekt / uͤm den heilſamen Diktanus vor meine Wunden zu ſuchen und anzufinden / uñ zwar aller vergeblich heruͤm: Denn meine Wunden ſolcher Art und Ei - genſchaft / daß auch in der gantzen Natur keine Artzney / uͤm ſelbige zu heilen / zu uͤber - kom̃en. Was ſol Jch deñ nun anfahen / wañ die Hofnung einiges Troſtes mier gaͤntzlich abgeſtrikt und benommen? Wo ſol Jch hin -ge -118Ein Liebklagendes Schreiben /gehen / wenn auch die helleuchtende Sonne allenthalben / wo Jch mich arbeitſeligen zu verbergen in willens / mit mier aufgehet? Und letzlich / was wird aus mier werden / weil auch der bleiche Tod / der doch ſonſt der allerungluͤkhafſten einige Zúflucht iſt / zu meinem ſchreyen / taub und hoͤrloß iſt? Ach! wird mier denn gar nicht zu ſterbẽ vergoͤnnet ſeyn; ſintemahl mier ferner zu lében verboh - ten, oder doch mit einem ſolchen Lében / ſo tauſendmahl aͤrger als der Tod ſelbſt? Man haͤlt dafuͤr / daß die Hofnung nach Uns glei - cher geſtalt abſterbe: wann dieſes wár; ſo iſt es eine geraume Zeit / daß ſelbige albereit von mier weg geflohen; indehm Jch keine andere Hofnung / als die / daß Jch alle meine Kwál / marter uñ Pein / zugleich mit in mein Gráb verſcharren koͤñen / haben und ergreif - fen kan. Jch ruffe déro Erbarmung zu deſſen Empfindung nicht an: Jch bin zu frieden / daß zu Trotz / Jch Sie deswégen nicht an - flehe: Alle die / von Jhr begehrende Genade und Gunſt / iſt / nach meinem kalten Ableiben / mich ihrer Gunſt wuͤrdig zu ſeyn / zu glaubẽ; und / zu deſſen Andaͤnken etliche Zehren zur Wiedervergeltung / der in meinem Lében ih - retwégen in Wind geſtoßener Seuftzer / zu verguͤßen: Gott befohlen!

N. N.

109.119Ein Liebverſicherungs Brieflein.

109. Ein Liebverſicherungs Brief - lein.

Schoͤnſte Jungfrau /

Es iſt nicht noͤhtig / Jhr / wie daß Jch Sie liebe / weitleuftig zuentdekken; weil all mein Tuhn und Vornehmen dahin gerich - tet / Jhr nichts anders zu erkennen giebet: daher Jch / an ſtat der bloßen Worte / die Zuwerkrichtung réden / und Jhr ſelbſt ver - melden laſſen wil / daß in der Taht / die gan - tze Zeit meines Lebens / Jch ſeyn / und er - funden werde /

Jhr ehrengefliſſener Diener.

110. Ein Liebzuneigendes Brieflein; an eine Schoͤne Jungfer.

HOchgebietende / Schoͤnſte Jung - frau /

Jn hertztreulichem vorwundſch der allervol - kommenſten Gluͤkſeligkeit / habe Jch ſolche natuͤrliche Zuneigung / Sie zu lieben / und ſo viel leidend Jhr zu dienen / daß mier keine andere Gedanken / als dieſe / annehmlicher: noch einiger Wille in meiner Sele ſtaͤrker: Zudehm / ſo bin Jch nur daruͤm zur Welt ge - bohren und verſehen / Jhr zu gehorſamen:in -120Liebzuneigende Brieflein /indehm die eintzige Ehre ihrer Anbefehlungẽ / alle meine Hofnungen uͤmgraͤntzet. Sie ge - brauche ſich dannenhéro oft meiner dienſte / wo Sie anders aufs neue zuverpflichten ge - ſinnet /

Jhren Treuen Diener.

111. Ein ſcharf Verweis und Liebesab - ſag Schreiben / ſo ein Frauenbild / an ihren Liebgehabten / als der Sie in Vnehren gemeinet haben ſol / abgehen laſſen.

AUf was Weiſe / und mit was Worten Jch letztverfuͤhrte / euer Vor - haben zu ſchelten / und zu ſtráfen / entdekken und ausſprechen ſol / kan Jch in meinem Sinne nicht faſſen / viel weniger durch mei - ne Féder von mier ſtellen: zumahl / weil die uͤberfluͤßig disfals habende unhintertreibli - che Gruͤnde und Urſachen / mier ſelbſt die Freyheit / ſolche Worte / ſo der von Uns ge - brauchten unverantwortlichen ſtráfbahren Vermeſſenheit gleich ehnlich / und / beſchaffe - nen Sachen nach / gehoͤrig / zu erfinden ent - fuͤhren und auswinden: Geſtaltſam / daß Jhr hieraus die unſaͤgliche Beleidigung / durch die rechtmaͤßige disfals in mier em - pfindende und beurſachte Ůberfluͤſſigkeit / mit mehrern ſehẽ / uñ zu erkeñen habt. Was dañ nun / Jhr habt euch dieſe Gedanken gefaßt? Was121Jm Perfertiſchen Buchladen zufinden. Was ſage Jch / das iſt noch viel zu wenig; ſondern vielmehr iſt euer Verlangen uñ ein - mahl geſchloſſener Wille meine ehre (ſo mier doch tauſend uñ aber tauſendmahl lieber als mein Leben ſelbſt) zu beraubẽ / dahin gerichtet geweſen: Ja / welches das alleraͤrgſte / ſo ſeyd Jhr hieran nicht geſtillet / ſondern vom Willen zur Wirkligkeit ſchreitende / habt Jhr Euch / ſolches zu volbringen / und zwar mit hoͤchſter und augenſcheinlicher Gefahr Leibes uñ Lebens / auch bis in meine Schláf - kammer einzutreten / unterwunden. Was noch mehr und deſſen allen unerachtet / duͤrft Jhr ſo kek / und unverſchaͤhmt / alß wann Jhr mier alles Liebes und guttes goͤnnet / Mier zuſchreiben / und mich dadurch (aber vergeb - lich) zubereden unterſtehen! Endert dero - halben dieſe euere / wider Wahrheit lauf - fende Rede / bevorab Jhr die / mier vormals gelobte Treu und Rédligkeit gebógen / und ſchaͤndlich verwechſelt: Und / damit Jhr auch / mit dem ſchaͤudlichen Maule der Un - wahrheit mich beſchuldiget zu werden / ſelbſt veranlaſſet / ſo offenbahret aller Ohrten / daß niemals in eurem Hertzẽ eine ſo heftige Be - gierde / iemand Leid uñ Ungemach zu zufuͤgẽ / als nur wider meine Perſchõ allein / (mit an - gehefter dieſer Beyfuͤgung / dz es wider alle billichmaͤßige / und gerechtſamhabende Urſa - chen) geſtiegen / und in beſitz gehabt: oder / da Jhr ſolche zu habẽ Euch bereden wollet;daß122Einer Jungfr. ſcharfes Verweisſchreiben /daß ſolches aus euerm ungleichen humor, welcher Euch / in Erwegung / derer Euch mehrfaͤltig erwieſenen Gunſt - und Freindbe - zeigungen / nicht alleine zu einer unverant - wortlichen Undankbarkeit / ſondern noch viel - mehr zu einer ſolchen grauſamen Begierde / auch denen / welchen Jhr doch zum hoͤchſten verbunden / und durch deroſelben Tod und Hinrichtung Euch von der behoͤrigen wieder ungeltlichen Belohnung zu entbrechen / das Lében zu nehmen / angetrieben. Aufs wenig - ſte / ſo verbleibet mier doch dieſer Troſt ruͤkſtaͤndig / daß Jch noch in ſolchem meinem Ungluͤkke / (worinnen Jhr mich mit alzu - groſſer Unfreundligkeit einvertieffet) das Gluͤkke alles das / was Jhr in enerer Sele und Gemuͤhte habt / zu meiner Wiſſenſchafft gebracht zu haben / wodurch Jch dann Euch aufs euſerſte zu haſſen / und mich vor derglei - chen ungluͤkſéligen Begegnungen beſter maſſen vorzuſéhen / angeleitet / gefuͤhret und getrieben werde: Geſtaltſam / daß / ob Jhr Euch zweifelsfrey durch ſolche euere Taht in meinem Hertzen deſto tieffer einzuſenken / vorhabens geweſen / ſo habt Jhr Euch hier - durch deſto mehr herauſer getrieben; weni - ger nicht iſt Euch numehr alle Hofnung / ſol - ches wieder im geringſten zubeſitzen / hiermit gaͤntzlich verſaget und abgeſchnitten. Ach / wann der guͤttige Himmel doch nur geſtat - ten und verhaͤngen wolte / daß Jch alle die /Euch123Jm Perfertiſchen Buchladen zu findenEuch vormals ſo inbruͤnſtig und hertzlich lie - bend / hauffenweis vergoſſene Zaͤhren / und die / in den Wind heuffig heraus geſtoßene Seufftzer / ja alle das deſſentwégen unzeh - lich viel gefuͤhrte herbbittere klágen mit Darſetzung und williger Aufopfferung mei - nes Bluttes / zuruͤk ziehen / und an mich brin - gen koͤnte. Dann / ohne die Hindanſaͤtzung der Wahrheit / gleube Jch nicht / zeit meines Lebens / ſo eine groſſe Suͤnde begangen zu haben / als dahmals / wie Jch alle dieſe mei - ne Opffer auf dẽ Altár euerer Verdienſte / ſo freywillig dargereichet / da Jhr doch vor dis - mal ſolchen durch die ſchandbuͤbiſche ſchmeh - liche verfahrung uñ begangenes vornehmen / als iemals ein Gemuͤht veruͤben koͤnnen / zu Grunde geléget / zerſtoͤhret / und uͤber einen Hauffen geworffen. Deſſen unerachtet / ſo troͤſtet mich noch dieſes / daß / ob Jch wohl hiebevor euere volkoͤmliche Tugend / mit mei - nem Seufftzen / zaͤhren uñ Klágen verehret / und hóch gewuͤrdiget; Jch Euch doch nu - mehr / daß Jch ſolche ſo uͤbel und unnuͤtzlich angewendet / Ungenade / ſeufftzend und bekla - gend auszuwinden und zu entziehen / mich be - fleiſſigen werde. Zum Beſchluß / dafern Jch ja uͤber Euch noch etwas Macht und Bohtmaͤßigkeit haben ſolte / bitte Jch / alle die an Euch getáhne Schrifften / dem Vul - can durchs Feuer zu opfern: auf den Fall a - ber Jch ſolche Gunſtbezeigung von Euchnicht124Abmahnung von dem alzugroſſen Abſtraf:nicht erhalten wuͤrde / ſo wil Jch durch die - ſes / alle hiebevorige gaͤntzlich auf gehobẽ / ab - getahn / ungiltig gemacht; und dieſes Ge - luͤbde beſtaͤndig zu halten (und zwar mit die - ſem feſt vorgeſatztem Willen an Euch nim̃er - mehr zu gedaͤnkẽ) hiermit in beſtbeſtaͤndigſter Weiſe abgeleget haben.

N. N.

112. Einer Friedliebenden Freundin Ab - mahnung Schreiben / an dieſe Frau / wégen dero / gegen unſchuldigen N. ge - brauchten alzugroßen Schaͤrfe.

ACh Schoͤnſte und Holdſéligſte Freundin / das iſt eine alzuernſthaffte Verfahrung: warlich / das von ihrem Lieb - ſten begangene Verſéhen / iſt mehr gegén ih - rer Perſchon / als Sie es Jhr vieleicht nicht einbildet / ein / aus uͤberheftiger Hertzensliebe entſproſſener Fehler / welcher / weil Sie hie - rinnen die ſelbſt ſchuldige Urſacherin / deſto ehender einer genaͤdigen Verzeihung wuͤrdig und wehrt. Dann unlaugbar / daß / wenn Sie nicht mit ſo unvergleichlicher wahrer und wunderſahmen Schoͤnheit von dem Mildguͤttigen Gott uͤberfluͤßig gezieret und begabet / ſo wirde Jhr Liebſter dérer Fruͤchte abzubrechẽ uñ zugenuͤſſen / ſo vermeſſen nicht gewéſen ſeyn. Wolte Sie nun gleich ferner auf die Bahn bringen / daß eine ſo hóch em -pfind -125Jm Perfertiſchen Buchladen zufinden. pfindliche Beieidigung / keiner Verzeihung wuͤrdig; ſo bitte Jch doch reifflich zubeher - tzigen / daß Er nicht ſolchen Vorſatz und be - ſtaͤndige Gedanken in dieſer ſeiner Unter - nehmung gehabt / Jhr weder die Ehre / viel - weniger das Lében gewaltſamer weiſe zu - entnehmen / zumahl es unmuͤglich / daß zu - gleich die Liebe / ſowohl die Grauſamkeit bey einander ſtallen koͤnnen; ſondern nur al - leine das Verlangen / ſeine Jhn (nachdehm von derſelben Jhm albereit die Augen ver - bunden) bey der Hand fuͤhrende und leiten - de Beunruhigung / zubeguͤttigen und zu ſtil - len: Dannenhero Er die bevorſtehende her - aus gewies entſpringende Gefahr zu ſéhen / Jhm gaͤntzlich verſagt und abgeſchnitten: Geſtaltſam / daß / wann Sie Jhr dieſen Lieb - haber / mit ernſter / und unnachlaͤßlicher ſtrá - fe zubelégen vorgeſaͤtzt / ſo muß ſolches in der geſtalt / welche eine Liebhaberin gegen ihrem Geliebten zuveruͤben pfléget / vorge - nommen werden; uͤm damit déro hertzliche Zuneigung / die Sie zur Zuͤchtigung vor - habende Stráfe / in etwas ihre Strengig - keit brechen und maͤßigen moͤge. Dafern es nicht geſchéhen ſolte / ſo wuͤrde Sie Jhr doch mit dem ſchaͤndlichen Nahmen einer Unbarmhertzigen und grauſamen (indehm Sie ſich durch die Beunruhigung der Ra - che / bewégen und antreiben laſſen / ſonder - lich / weil dieſer ſein begangener Fehler ausGggnichts /126Abbittſchreiben /nichts / als wégen uͤbergroßer Liebe ent - ſproſſen /) mit rechtem Titul beléget wer - den. Hiermit Gott mir Uns.

N. N.

113. Des Liebhabers Schreiben an ſeine Geliebte / darinnen Er die Mishandlung geſtehet; und ſich Jhrer Stráfe unterwuͤr - fig macht.

GEbietende und Hertzge - liebte / meine Schoͤne Frau / daß Sie ſich / neue Worte und Arten / uͤm veruͤbte meine letztere Verhandlung zu ſchelten und zu tadeln / auszuſinnen und zuerfinden be - muͤhet / iſt ohne einige Nohtwendigkeit / ſintemahl ſolche von und an ſich ſelbſt ſtráf - wuͤrdig: Und weil Jch numehr ſelbſt ſolche frey bekenne; auch / daß keine Beſtráfung / (wie heftig und ernſtlich mier ſolche ange - tahn wuͤrde) ſo gleichmaͤßig mit einer ver - uͤbten Mishandlung zu vergleichen / frey - willig geſtehe und bejahe; ſo wil Jch hoffen / hierdurch meinen unermeßlichen Fehler / ſat - ſam (zwar mit bußwirkender Reu) geof - fenbahret zu haben. Daß Jch Jhr zuͤchti - ges und reines Ehbette / mit meinem lieb - ſeligen Vorhaben beflekket und verunreini - get / bekenne Jch; aber auch / daß Jch ſol -ches127wegen eines Verfehlens. ches menſchmoͤglichſter maßen auszule - ſchen / auf alle das wenige in meinen Adern befindliche Blutt / aus willigem Hertzen dargebohten. Allein / weil Sie annoch die einige Beherſcherin meines Lébens iſt / und Jch Sie davor erkenne; Ach / ſo beruhe Sie / nach ihrem eigenen Willen / und nach der Ůberfluͤſſigkeit der Liebe / daſſelbe mit unnachlaͤßiger und ernſtlichwirklicher ſtrá - fe zubelégen. Jch biete ihrer Hartſinnigkeit Trotz / die / (alles das / was Jhr beliebet / mit geduldigem / und ſonder murren gedul - digem Hertzen auszuſtehen und zuuͤbertra - gen) mier vorgefaſte Beſtaͤndigkeit / zube - wégen und zuerſchuttern: iedoch wil Jch hierbey die Beraubung ihrer gutten Gunſt / (als ohne die mier einigen Augenblik im Leben zuverbleiben unmoͤglich) ausdruͤklich bedinget und ausgeſchloſſen haben. Ja / Sie wird / wofern die / in ihren Brief ge - fuͤhrte Worte mit dem Ausgange uͤberein kommen ſollen / worinnen Sie in Zweifel ſtellet / ob Jch Sie die Kuͤhnheit / daß Jch Sie inbruͤnſtig ferner liebete / zuerhaͤrten mich unterwinden wuͤrd / als gewißlich und erklaͤrlich / (zwar mit dem Verluſte und Einbuß meines Lebens) in der Prob und Taͤhtligkeit ſéhen / empfinden und verſpuͤ - ren. Dannenhero / ſo iſt mein innigliches Bitten / zugleuben / daß Jch fuͤrohin ſolches ſcheinbarlicher und augenſcheinlicher inGgg ijWor -128Abtrag / eines Verfehlers /Worten und Werken wil von Mier vorſcheinen laſſen; allermaßen Jch dann hiermit / und Kraft deſſen / daß Jch Sie al - leine ſo hóch und inbruͤnſtig als es in eines Menſchen Gemuͤhte und Hertzen ſeyn kan / liebe und ehre; auch niemanden in dieſer Welt / als Sie / die wehrende Tage meines Lébens / mit Liebe zuuͤmgreifen / gedenken werde; wormit Jch Jhr / das hiebevor an - gelégte Geliebde / durch die itzo mit neuen Eidleiſtungen bekraͤftiget haben wil. Wann Sie gleich alles mitleidentliche Erbarmnuͤß aus ihrem Gemuͤhte / und alle Liebe aus dé - ro Hertzen gaͤntzlich / uͤm zu allen meinen lei - denden Schmertzen unempfindlich zu ſeyn / austreibet / ſo werden doch alle / ihrer un - menſchlichen Grauſamkeit / wider mich fuͤh - rende Waffen / die feſtverknipfte Ketten und Bande / meiner Dienſtbarkeit / zuzerreiſſen und zuzerbrechen / unkraͤfftig angewendet werden. Ob Sie numehr / ihrem Vorgében nach / fuͤrohin nicht mehr an mich zugedaͤn - ken / Jhr feſt vorgeſaͤtzt / ſo wird Sie doch / deſſen allen unerachtet / das eintzige Fuͤrbild meiner Gedanken ſeyn: daß dieſem auch von mier unfehlbar nachgeſaͤtzt werden ſol / ſchwére Jch / bey ihren Liebesblinkenden Euglein; derer Schein und heller Glantz uͤm meinet willen gantz mit dem ſchwartzen Trauer Tuche der Fuͤnſternuͤſſe uͤmgében: doch beſchiehet noch zu meiner vergnuͤgung /daß129Jm Perfertiſchen Buchladen zu finden. daß mier noch ſo viel Scheines und Liech - tes / mein Gráb anzufinden / vergoͤnnet wor - den. Zum Befchluß / ſo ſenke Jch mich nu - mehr mit meiner / aus Hertzengrund ent - ſproſſenen gutten Willen / zu déro Fuͤſſen / uͤm hieruͤm (wofern Sie mich derer wuͤrdig zu ſeyn erachtet) Gnade und Verzeihung (nachdehme Jch wégen der / Jhr angetah - nen Beleidigung albereit ſatſam geſtraft worden) zuerlangen: Auf den Fall aber die Verzeihung mier zuverweigern / Sie aber - mahl entſchloſſen / ſo werde / und wil Jch mich ſelbſt / mit ſolcher grauſamen Marter und Pein zuͤchtigen; daß / wann Jch ie mein Lében gefuͤhret / ſo Stráfe verdient / Jch doch / durch mein Ableiben / von ſolcher ent - bunden und loßgeſprochen / wuͤrdig geſchaͤ - tzet zu werden verhoffe. Hiermit Goͤttlicher Bewahrung empfehlende / erinnere Sie ſich taͤglich / daß Sie nimmermehr aus ſei - nen Gedanken laſſen werde

Jhr Treugelóbter.

114. Ein Liebbeklagendes Schreiben ge - gen ſeine Liebſte.

SChoͤnſte Wohnung mei - nes Hertzens / wird Sie denn nimmer - mehr muͤde noch verdroſſen / mich ſo viel Marter und Pein leiden zuſéhen? JchGgg iijmuß130Ein liebklagendes Schreiben. muß Jhr nohtwendig bekennen / daß ſeit der Zeit / als Jch Sie liebe / mier alle andere Sachen / auſer meinen Gedanken / (weil ſel - bige ſtets zu Jhr gerichtet /) gleichſam ver - haſſet / und abſcheulich vorkommen. Wann auch ihrer Perſchon Andaͤnkung / nicht un - abſonderlich mit meinem Gedaͤchtnuͤße / ſo wuͤrde Jch meiner ſelbſt alſo vergeſſen / daß Jch alle Tage vor Leid zulében / mich von dem ſuͤßen Zwek ihrer Andenknuͤß / beraubt zu ſéhen / meinen Geiſt aufgében wuͤrde. Jch habe gewaltig erhebliche Urſachen / mich / in ſuchung einer andern beliebſamern Sache / von Jhr abzuwenden; denn Jch befinde nie etwas ſchoͤn / als wann Jch mier eingebildet / daß es etliche zeichen ihrer Ehn - ligkeit an ſich habe: aber es iſt das aͤrgſte / daß unter der Freude / dieſer ſuͤßen Einbil - dung / ich zugleich / die / mich ſtechende Doͤr - ner / empfinde: Dann / indehm Sie mier ihre fuͤrtrefliche Schoͤnheit fuͤrſtellen / ſo bringen Sie mir zugleich den Pfeil / der mich verwundet / und zwar ohne Hofnung einiger Heilung. Sie uhrteile und ſchluͤße hieraus / ob meine Pein und Kwahl nicht heftig; und / nach angefaſtem deſſen ſchluſ - ſe / ſo habe Sie Erbarmung und Mittlei - den mit

Jhrem ergébenen Diener.

115.131Ein Liebſehnlich Klagſchreiben.

115. Ein ander Liebklagendes Schrei - ben an ſein Liebchen.

WErde Jch denn nimmer - mehr das Ende meiner Marter / Angſt und Noht / erſéhen? Es beduͤnket mich / meine Schoͤne / daß / ie laͤnger Jch lé - be / ie laͤnger ſich auch meine Tage erſtrek - ken; und / daß zugleich verliebt und ungluͤk - ſélig Jch noch laͤnger im Lében bleiben ſol und muß. Was ſol Jch anfahen? Déro alzugroße Haͤrtigkeit leitet mich zu ſolchen euſerſten Mitteln / daß ich ſelbſt an meinem Lében einen Verdruß fuͤhre; und liebend nach meinem Tode ſeufftze; weil Jch dieſes vor das bewehrteſte Mittel und Artzney meiner Pein empfinde. Sie uhrteile / ob Jch nicht ſtund fůr ſtund / als von der Klahr - heit ihrer Augen / welche die wahrhafte Sonne meines Lébens / beraubt / ein Ekel fuͤr dem Tage haben ſol; und ob nicht die finſtere und dunkele Naͤchte / meine Tage ſeyn; und ſchluͤßlich / die Traurigkeit und hertzruͤhrender Unmuht meine Freude. Mich verlanget nicht / daß dieſe meines Ungluͤkkes Erzehlung Jhr zu Mitleiden anfeuchten ſol: denn / ohne déro Gefallen / iſt das Lé - ben mier verdruͤßlich / und der Tod an - nehmlich. Sie eile doch geſchwinde fort /Ggg iiijmier132Ein Klagſchreiben / uͤber ſeinermier vom Lében zu helffen; weil ihre Augen hierzu albereit den Anfang gebaͤhnet; damit déro Grauſamkeit (nachdehm ſelbe mich eingeſenket) das Gráb zufuͤllen moͤge. Alle die Gnade / welche Jch an Sie begehre / iſt: anders mit mier nicht zu verfahren; dann Jch nichts darnach frage / ungluͤkſélig zu ſterben; in Anſéhung Jch treu und be - ſtaͤndig mein Ende beſchluͤſſe.

N. N.

116. Er beklágt ſich uͤber ſeiner Liebſten Strengigkeit; und unterwirft ſich Jhr.

WJrd Sie dañ fortwierig unerhoͤrlich zu meinen Bitten / und grauſam gegén meiner Liebe erfunden wer - den? Wird nicht die Zeit / welche ſonſt alle Sachen zuveraͤndern pfléget / dieſen / uͤm mich ohne aufhoͤren zu kwaͤlen und aͤngſti - gen / ſtets habenden Ernſt und ſtrengen Humor aͤndern und verwechſeln? Aufs we - nigſte ſo verwégere Sie mir nicht / (welches auch ſonſten den aller ſchandhaftigſten ver - goͤnnet und zugelaſſen wird) die begangene uͤbelthat und Verbrechen Jhnen zu eroͤff - nen und anzudeuten: dann / daß Jch Sie etwas beleidiget / ſo wil Jch ſolches / zu be - foͤderung ihres Nutzes / mit meinem Lébeu herein bringen und erſetzen. Sie entdeketmier133Liebſten Strengigkeit. mier mein begangenes Verfehlnuͤß; wann es iſt / Sie mit alzuweniger Volkommen - heit geehrt zu haben / ſo befinde Jch ſolches nében der gantzen Welt / wahr zuſeyn; weil es umnoͤglich / auch bey der Doͤhmuht ſelbſt ihrer Tugenden aͤhnliche Ehrerbietunge an - zufinden / oder Sie / aus dieſer Mangelung / gnung bruͤnſtig zu lieben; dann dieſes alles iſt in Betrachtung ihrer Volkommenheit / wohl zu entſchuldigen. Und hierinnen weis Jch mich nur einig und alleine ſchuldig; aber déro hóchberuͤhmte Vernunft / ſol und iſt mir billich / wégen dieſes Fehlers / Gnade zu erteilen ſchuldig; Weil Sie gerecht / das Vermoͤgen aber bey mier mehr als Jch al - bereit getahn / zu gering und ſchwach: Jch biette / meine Liebſte / ihrem klugen Verſtan - de Trotz / mich ſonſten in einem andern vor t[a]delhaft zu ſchaͤtzen. Sie maͤßige doch in etwas ihre Strengigkeit; und erweiſe ſich fuͤrohin gegen mier weniger ſtrenge / aber wohl guͤnſtiger und geneigter; und erlaͤnge - re die Lébens Tage deſſen / uͤber welches Lé - ben Sie / (wo es anders iſt / daß ſeine dien - ſte Jhr belieblichen) einig und allein was Jhr gefaͤllig / zu ordnen und zu befehlen: dann / von dieſer Stunde an / bekraͤftige Jch noch die volkoͤmliche Macht und Gewalt / welche Jch Jhr unter der geſtalt erteile /

Jhres doͤmuͤttigen Dieners.

Ggg v117.134Allerhand Liebesbrieflein.

117. Ein Gemuͤht - und Liebrégendes Brieflein / an ſeine Liebſte.

SJe hat wohl / Allerlieb - ſte / meines gleichen / in der Liebe und beſtaͤndigen Treu zuſuchen Urſach; aber oh - ne Zweifel wird Sie letzlich bereuen / daß Sie / meine Dienſte / ſo gantz verworfen; und in ſolcher Bereuung / daß Sie mich / zu der Zeit / als Jch Sie / wie Jch déro Liebe wégen dahin ſterben wolte / verſichert / vor einen Luͤgner erachtete / in raͤhtliches Beden - ken ziehen. Jch weis wohl / daß Jhre un - vergleichliche Tugenden / ſolche / die mit meh - rern Verdienſten begabtere / und nicht in dé - ro Wohlgewogenheit und Gehorſam / an - treffen und finden koͤnnen; aber mit Darſaͤ - tzung und Gefahr meines Lébens / werde Jch wider alle und iede / Sie ſeyn wer ſie wollen / die erſte Stelle / unter ihren gehor - ſamſten und getreuſten Dienern / zuvertre - ten / und zufuͤhren / erhaupten und behaͤrten.

N. N.

118. Ein Liebklágendes Schreiben / eines beſtaͤndigen Liebhabers / an ſeine wan - kelmuͤhtige Liebſte.

JCh ſagte Jhr / meine ſo Schoͤne / als Liebſélige / gar wohl / daßSie135Jm Perfertiſchen Buchladen zu finden. Sie letzlich den Stand einer Liebhaberin anzunehmen / genohtdrenget wuͤrde / weil dé - ro Freyheit / als eine ſo glorwuͤrdige Dienſt - barkeit / allzu hóch / daß ſolchen von der alge - waltigen Regierung Amors / ſich befreyen / und deſſen entziehen ſolte / oder koͤnte: die - ſes / Sie bisanhero ie und allezeit zu einer ſieghaften Ůberwinderin machende Kind / laͤſſet Sie ietzo durch die Waffen der Tu - gend eines andern und neuen Liebhabers / als uͤberwunden ſéhen; und in dieſer meiner Dienſtbarkeit empfahe Jch uͤber déro Ge - faͤngnuͤß eine ſonderbahre Hertzensfreude: Von Jhr anietzo einige behuͤlfliche Artzney zu erfodern / wuͤrde auſer unſerm Vorhaben ſeyn / und ſich hieher gantz nicht reimen weil Sie von Jhr ſelbſt nicht vermag / Jhr mit erſprießlichen Mitteln zu ſtatten zu kom - men: Sie ſiehet ſich numehr / als vor die - ſem eine Kerkermeiſterin / itzo ſelbſt eine Ge - fangene; und von einer Beherſcherin fuͤro - hin eine Magd; ob Jch wohl fortwuͤrig / trotz aller déro Verachtung / den Nahmen ihres Dieners / und iederzeit ſo beſtaͤndig als Sie wandelbar / zu ſeyn pfléget / zu fuͤh - ren / ein feſtes Geluͤbde abgeléget.

N. N.

119. Ein Klágſchreiben an eines Liebſte / wégen Jhrer Unbeſtaͤndigkeit.

G g g vjVon136Klagſchreiben uͤber der Liebſten unbeſtaͤnd.

VOn der Zeit an / als Jch beglaubet / daß die beſtaͤndigkeit ſelbſt / uͤm niemals zu wechſeln / nur Jhr nachoͤh - men ſolte / ſo hat die zeit ſich nicht von einer ſo ſchoͤnen Huldigung und Gehorſam / als die ihrige iſt / berauben laſſen wollen / ſon - dern Jhr ſaͤnfftiglich angeſuͤßet / dem Geſaͤ - tze ſo déro Geſchlechte angebohren / nachzu - haͤngen und Folge zu tuhn: So hat Sie ge - glaubet / daß / gleich wie Sie mich geliebet / hergegén mich auch fuͤrohin haſſen muͤſſe / uͤm damit nicht in die Gedanken zugerathen / wenn ſolche Liebe fortgewehret / daß mich das Ungluͤk gantz nicht betréten koͤnte. Jch bekraͤfftige und halte dero Stréngigkeit vor recht und billich; aber nichts wenigers be - klage Jch mich wégen der Urſach: dann / wie es nur von bloßer Einbildung / und un - begruͤndetem Berichte / womit Sie verlei - tet / und ihr geſunder Verſtand uͤberwogen worden / her kwillet; ſo kan es auch nichts warhafftes hervorbringen. Und alſo iſt dieſes / was Jch wégen der Liebe zu Jhr und ſchluͤßlich uͤm die Allervolkoͤmlichſte der Welt / erdulde und leide / wahrhaftig und oh - ne Tadel: Dabey Jch bis in Tod ver - harre

Jhr Treubeſtaͤndiger.

120.137Lob - und Liebes Schreiben.

120. Ein Lób - in Lieberhobenes Schrei - ben; an ſeine Liebſte.

ALlervolkom̃enſte Schoͤn - ſte Jungfrau /

Wann die Volkommenheit ſelbſt wegen nichts anders auf dieſer Welt / als Jhr verwunderlich; wenn Amor nicht Amor iſt / als nur Sie von iederman geliebt zu ma - chen; ja / wenn die Opfer auf der Erden nicht werden erkennet / als Sie einig anzu - béten; wer kan Sie denn ohne Verwunde - rung anſchauen? Wer ſich uͤber Jhr kan verwundern ohne Liebe; und Sie lieben oh - ne anbehten; wird ohne Augen / ohne Hertz und ohne Séle ſeyn. Nun wohl an / wann meine Augen ſich uͤber Jhr verwundern / ſo erfoderts meine Schuldigkeit; wenn mein Hertze Sie liebet / ſo befiehlet mier es die Vernunft; und wenn meine Séle Sie an - behtet / ſo laͤſſet der blaue Himmel zu / auf Maß / daß dieſe drey Nohtwendigkeiten / eine Schuldigkeit und Gebuͤhr in mier wir - ken / und eine Geſtalt gében: ſolche uͤberfuͤge derſelben / Allerſchoͤnſte und Liebſte Jung - frau /

Jhr gehorſamer Diener. N. N.

Ggg vij121.138Einer entfuͤhrten Damen Liebes Vngluͤk.

121. Einer entfuͤhrten Damen Liebes Ungluͤk; an dero gewéſenen Liebſten.

VErtrauter Bruder / Nun mus Jch wohl / ob Jch gleich nicht wil / in offenbahrung eines Ungluͤks dier be - ſchwehrlich ſeyn: Deine / welche wohl nicht mehr die Deinige ſeyn wird / nicht daß Sie tod / ſondern geſtorben; nicht daß Sie ge - ſtorben / ſondern tod; iſt / in Ůberſehung ih - rer Freude / des beſten Schatzes beraubet worden: Sie hat zwar alles / was Sie vor dieſem gehabt / auch noch ein mehrers / aber dennoch iſt der kleine. Raub groͤſſer dann Sie ſelbſt. Jch weis nicht wer ſich der Kuͤhnheit dieſes Stehlens gebrauchet hat / und ob auch ſelbſt deine Anſchlaͤge darbey ge - weſen? Jedennoch lebt Sie ohne Kum - mer / wégen des Verluſts; und hat das An - ſéhen / als wie Jhr Betruͤbnuͤß und ſein eigen Unrecht / der Gewien beweinen můſſe. Du kanſt nicht gedenken / was Wunder die Leute beſchuͤttet hat: Etliche ſprechen / Sie ſey aus ihrem Lager gefallen / und haͤtte das Verſetzen vergeſſen: Andere / es were Jhr von lóſen Leuten getahn: jéne / es w[ä]hre nur auf eine Prob angeſéhen geweſen: Die - ſe / es muͤſte der Dieb den Schaden wiederer -139Klage uͤber einer Jungf. Strengigkeit. erſaͤtzen: Die Obrigkeit forſchet nach dem Taͤhter; Der betruͤbte Galgen hoft erfreuet zu werden; Der Prieſter ſuchet und machet einen Strik; Gott helffe daß es mit Spiel - leuten zugehe! So trinken wier auf des Spilers Geſundheit / und kan die Urſache ſelbſt mit zuſehen. So du nun dieſer Trau - rigkeit mit beywohnen wilſt / daß du nicht etwa auch gehangen zu werden darbey zube - denken haſt / ſo komme mit eheſten zu

Deinem Treuen N. N.

122. Ein Schreiben an eine Jungfrau wégen déro alzuheftiger Strén - gigkeit.

SChoͤnſte / Hochgebieten - de Jungfrau /

Wann die Liebe und die Grauſamkeit zwey wider einander laufende Dienge ſeyn / ſo iſt unſchwer zu ſchluͤßen / daß ihre Liebe nur bloß eine angenommene Weiſe ſey / weil déro Strengigkeit warhaftig iſt: Sie gébe doch einſt die Endſchaft / damit Jch nicht ſtets ſolchen Schmertzen erdulden muͤſſe / ſo werde Jch / wie daß Sie mich liebet / gleu - ben: Denn die Liebe und Grauſamkeit ſeyn alzuſehr wider einander / daß Sie in ein Horn getrieben werdẽ / und beyſammen ver -blei -140Er liebet und leidet zugleich. bleiben koͤnten. Sie behertzige dieſe Gruͤn - de / und aͤndere ſolche Art; entzwiſchen / daß Jch beſtaͤndig lében werde /

Jhr Treuer Diener N. N.

123. Er liebet / und leidet zugleich.

ALlerſchoͤnſte Jungfrau / Sie an - ſchauen / ohne Verwunderung / iſt eine Unmoͤgligkeit; uͤber Sie ſich zuverwun - dern / und zugleich zu lieben / iſt eine Noht - wendigkeit; aber Sie zu lieben und zugleich zu leiden / iſt eine gewiſſe folge: Dann Sie iſt mit ſo vielfaͤltigen wohlanſtaͤndigen Tu - genden gezieret / daß nicht leichtlich ſolcher mehr erwuͤndſchet und begehret werden koͤnne; aber nicht die Hoffnung zu haben / die Ehre déro gutten Gunſt zu erfaſſen. Sie uhrteile hieraus / wér ihr nach wuͤrdig - keit bedienet ſeyn und aufwarten kan; und zwar ein ſolcher mus auch noch gebohren werden; aber ſo getrenlich als Jch / daruͤ - ber werde Jch mein Lében / iedoch alles mit ihrem Erlaubnuͤß / weil Jch gantz und gar der Jhrige bin / verpfaͤnden / verbleibend

Jhr Ergébener Diener.

124.141Ein Liebes Klag Schreiben.

124. Ein Liebes Klág Schreiben eines Liebhabers an ſeine Liebſte.

SChoͤnſte Freundin / Ge - ring halten ſo Sie ehren; unwuͤrdig ſchaͤtzen / die / ſo Sie lieben; gantz nichts ach - ten / die / So Jhr doch mit ſo getreulicher Liebe ergében; ſeyn dañ ſolche eines ſo vor - trefflichen Gemuͤhts / als ihre wohlanſtaͤn - dige Verfahrungen; oder ſeyn nur dieſes Ehrenworte und Verſicherungen / daß Sie an mich gedaͤnket? Ach / das heiſt alzu ge - ſtrenge verfahren! Sie bejahe ſolches an ſtatt Reu und Leid / uͤm den / welcher von Jhr nicht abwéſend ſeyn kan / zubefriedigen /

Liebſte Jungfrau als Jhren Treubeſtaͤndigen Diener.

125. Eine Jungfrau verweiſet Jhrem Liebhaber ſeine Unbeſtaͤndigkeit.

MEin ehrenguͤnſtiger Herr /

Man pfléget ſonſten alwége unſerem Geſchlechte den ſchaͤdlichen Flek der Unbe - ſtaͤndigkeit anzukleiben; und nichts deſto weniger / ſo muß Jch dieſes Geſaͤtze von Jhme itzo erlérnen: Er behauptet / daß ſeine abgelégte verbuͤndliche Eide / ein ſo feſtes Zeugnuͤß ſeiner Beſtaͤndigkeitmier142Verweis des Liebhabers unbeſtaͤndigkeit. mier erteilen / daß Jch daran / Jch wolte mich denn ſelbſt beleidigen / nicht zu zweifeln; und nichts minders ſo hat der Wind ſolche Worte auf und darvon gefuͤhret / nicht aber ſeiner Liebe / ſintemahl Er ſelbe nie empfun - den oder ie gehabt; geſtaltſam daß Jch an - itzo Jhn / uͤber mich ſelbſt zuͤrnend / Jhme ſo leichtlich glaubt zu haben / ſtrafe; werde mich auch ins kuͤnftige Jhn auf ſolche Wei - ſe nachzuoͤhmen / lóben; iedoch alwége mit dieſer Bereuung / daß Jch Jhme erſtlich ſelbſt nicht zu einem Exempel gedienet; ſin - temahl es mier / als damahlige Beherſche - rin / Jhm vorzugehen / vernuͤnftig / und nicht unbillich gewéſen wehre; anitzo aber

Seine Ehrendienerin.

126. Er begéhret Gegenliebe.

Schoͤnſte Jungfrau / Es iſt hiervon unſchwér / wie daß Sie bey ſich die Liebes Hitze gantz nicht fuͤhlet / weil Sie ihre Augen / meine Maͤngel und Feh - ler zu erkénnen offen / zu erhaͤrten: dann A - mor iſt blind; alſo hette Sie auch meine we - nige Verdienſte zu ſéhen / und daß Sie (in - dehm Jch Sie treulich liebe und eifferig als die Allerſchoͤnſte und volkoͤmlichſte in der Welt anbehte) ſich gegén mier bezeugen ſollen / ſintemahl die Liebe ſol und muß durchGe -143Jm Perfertiſchen Buchladen zu finden. Gegenliebe wieder erkant werden: Sie ſey demnach die Meinige / wie Jch bin der

Jhrige N. N.

127. Er wil ſich von ſeiner Liebſtẽ nichts abwenden laſſen.

LJebſte Freundin /

Weil dero Tugenden mier Marter und Pein verurſachen; ſo werde Jch mich darob nimmermehr beklagen: dann ie mehr Sie Verdrus an mier hat / ie mehr werde Jch unausgeſaͤtzt die Beſtaͤndigkeit an mier hel - ſcheinen laſſen; dann ihre Verachtung brin - get nichts anders hervor / als gebuͤhrliche Ehre; ihr kaltes Eiß / lauter hitziges Feuer / und all ihr verwirtes und mier abgeſaͤtztes Gemuͤhte / untertaͤhnige ſchuldige Ehrerbie - tungen: dann Jch habe (trotz der Zeit und deſſen Unbeſtaͤndigkeit) ein unverbruͤchli - ches Geluͤbde abgeléget / zu ſeyn

Jhr Doͤhmuͤhtigſter Diener / weil Jch lóbe.

128. Ein Verweis - und Abſag Schrei - ben an eine Jungfrau / wégen ih - rer Unbeſtaͤndigkeit.

Weil144Der Jungfrauen unbeſtaͤndigkeit.

WEil nun euere Eidlich-abge - légte Verſprechnuͤße / Euch des Meineides / und eure Anverheiſchungen der Untreu beſchuldigen; ſo uͤberfuͤge Jch Euch / eure / mier vordeſſen gelobte Treu und Glau - ben / ob Jhr wohl derer nicht beduͤrfftig / in Erwegung / daß ſie Euch zu nichts anders / als die ſo auf Euch und eure Geloͤbnuͤße bauen / und trauen zubetriegen / dienen. Jch habe zu ieder Zeit euren wankelmuͤttigen Sinn und Art / So / nach Erfoderung der Zeit / bald zu / bald abzunehmen pfleget / wohl zuvor geſéhen; aber ſo heftig verliebt als getreu / hab Jch dieſes nohtwendige Ungluͤks Ůbel / zu meinem frohmen / nicht vermeiden / und auſer Wege tréten koͤnnen; Weil Jhr Euch aber eines Tages aͤndern ſollet / ſo wehre es baͤſſer / daß ſolches baß ehe als gar zu langſam / uͤmb ſich von der Berenung zu befreyen / ins Werk geſaͤtzet wuͤrde. Ungeacht deſſen / weis Jch nicht / wie Jch mier / Euch hinfuͤro nicht mehr zu lieben / verwéhren oder abbrechen ſolle; dann mein Hertze iſt uͤm und nach Euch ſehnlich zu ſeufftzen ſo gewohnt / daß es mier ſolcher Ůbung aus meinem Gedaͤchtnuͤße zu bringen / gantz unmoͤglich fallen wil: dann / ie mehr Jchs darzu anſtrenge / ie mehr es mier zu wider leuft; und mit einem Wor - te / ſo widerſtehets mier ſelbſt; maſſen dieswo145Ein Liebzuneigendes Schreiben /wo Jch ſolches zuerkaͤlten geruhete / es die Nohtwendigkeit erfodert / ihm euer kaltes Eiß zu einem Schutze vorzubieten; anders wird es mit ſeinen hitzigen Flammen mich gantz zu Aſchen verbrennen. Meine Hand iſt / Euch fuͤro mehr zu ſchreiben / mein Hertz Euch mehr zu lieben / meine Séle Euch fer - ners anzubehten / meine Zunge Euch zu ló - ben / und Jch letzlich ferner Euch zu dienen gantz ermuͤdet und verdroſſen / weil Jch fuͤ - rohin nicht ſeyn kan /

E. Getreuer.

129. Eines / an der Gunſt und Gna - de ſeiner uͤber Jhn / aus unrecht - maͤßigem Verdacht / erzuͤrnten Liebſten / gantz verzweiffelten Liebhabers / an Sie getahnes zuneigendes Schreiben.

ALlerliebſte Jungfrau / Worzu dienet es / daß Sie mich / nachdehm Jch zuvor Jhre Liebrichende / und ſuͤß-ſchmek - kende Bluͤmlein / abgebrochen / dérer ſtachliche Doͤrner anitzo zuempfinden /ver -146Ein Liebzuneigendes Schreiben. veranlaſſet? Waruͤm verunehret Sie den mit Worten / welcher ihre Ehre und Ruhm in der Taht ſuchet / und ſolche ſtets gruͤnend zu erhalten / ſich hoͤchſtes Fleiſſes / emſig be - muͤhet; und ſchilt ohn Urſache den / welcher Sie nicht / denn rechtmaͤßiger Weiſe lóben kan? Sie meßige doch ihre Strengigkeit / daruͤm / weil Sie Sich vielmehr beleidiget / als mich verwundet. Jch habe tauſend und aber tauſend mahl widerſprochen / daß / ihrer Meynung nach / Jch niemals etwas gegen Sie mishandelt / welches aber / weil Sie ein anders glaͤubet / vergeblich und uͤm ſonſt angewendet worden. Dieſes einig iſt mier genug / daß Jch nicht allein deſſen Warheit verſichert / ſondern und vielmehr daß Jch mich auf alle moͤgliche Art und Weiſe / Jhr dieſes mit ſattem Grunde vor Augen zu ſtellen / aber leider allvergeblich / gemuͤhet: Nun / meine ſo Schoͤne als grau - ſame / Goͤttlicher Obſicht befohlen! Wann Sie mier uͤber die wuͤrdigſte Perſchon der Welt zu trinmfiren vergoͤnſtiget / ſo laſſe Jch Sie auch eine Ůberwinderin ſeyn /

Jhres Allergetreueſten Liebhabers.

130. Die Liebe duldet alles.

Hold -147Die Liebe duldet alles.

HOldſelige / ſchoͤnſte Jung - frau /

Dieweil Jch alles / was in und an Jhr iſt / liebe; ſo ſchaͤtze Jch auch alles das / was von Jhr (ob wohl ſolches nichts iſt / als ſtrenge Grauſamkeit) herkwillet / in hóhen Wehrt; iedoch verwundere Jch mich / daß bey einer ſo vortreflichen Schoͤnheit auch zugleich eine ſolche Grauſamkeit haftet / und gefunden werde: Sie ziehe meine Pein und Schmertzen zu erkentlichen Erwegnuͤß / ſo wird Sie zugleich ihre / gar wider eine ſo - berfluͤßig der Liebe laufende ſtrenge Un - freundligkeit erkennen: aber was? Sie kan doch nicht anders erfunden werden / als wie ſie ſich bisher gegén mier erwieſen; ében ſo wenig als Jch / der Jch bin / und welcher iſt

Jhr getreuer Diener.

131. Ein / von Liebe angezukertes ſchrei - ben / eines Liebhabers / an ſeine / wider Jhn / mit Unrecht erzuͤrne - te Liebſte.

MJer iſt unwiſſend / ob Jch mich wégen erſten Erkentnuͤßes ihrer Perſchon / in dehm mich dieſelbe / anitzo zu ſolchen euſerſten Mitteln mein gefuͤhrtes Lében zu bereuen / und meinen Tod zu wuͤnd - ſchen / zubeklágen habe? Es iſt wahr / daßdie /148An die / mit unrecht erzuͤrneté Liebſte. die / von Jhr empfangene Gunſten und Wohltahten / unbegreiflich; hergegén aber / ſo iſt das Ungluͤk / welches Sie mier an - tuht / ſchwerlich zuertragen: Auf maß / daß wann Sie zugleich / wie Sie mich vor die - ſem geliebt / alſo auch itzo zu haſſen bey ſich beſchloſſen; ſo iſt noͤhtig / daß Jch mein Hertze / gleich wie Sie ihre Séle / und fol - gends mein treues Lében / verwechſele und aͤndere: Auch glaube Jch / daß / uͤberdruͤßig meiner Lébens Tage / Sie / mit meinem wi - derſinnigen Gluͤkke / zu meinem gaͤntzlichen Verterb ſich vereinbahret / und wann dieſes in Wahrheit ſich alſo verhaͤlt / ſchelte Jch nur das Kunſtſtuͤklein / und nicht das Vor - haben / weil es von Jhr herruͤhret. Sie ver - ziehe ihre Rache nicht laͤnger / ſondern ſtrafe mich bald / damit Jch zur gutten Stunde Reu daruͤber trage / und mier nur dieſes / nach ſo vielen truͤbſeligem Ungluͤkke / Jhr ei - nes Tages zu verzeihen uͤbrig verbleibe / oder vielmehr Sie ſelbſt uͤm Gnade und Verge - bung (nachdehm Jch zuvor Buße gewir - ket) anzufléhen. Jch begehre mich vor ihr nicht zu rechtfertigen; und ob Jch gleich nichts begangen oder verfehlet / ſo wil Jch doch viel lieber vor wahr es glauben / als Jhr zuwiderſprechen / und alſo mich ſelbſt ohne Wiſſenſchafft ſtrafen und zuͤchtigen. Jch habe iederzeit durch die / in der Welt im brauch laufende unbeſtaͤndige Dinge / wohlvor -149Jm Perfertiſchen Buchladen zu finden. vorgeſehen / daß all unſeres Vergnuͤgen / ei - nes Tages ein Ende nehmen / und zu grun - de geſtoſſen werden muͤſſe: Aber / nimmer - mehr hette Jch geglaͤubet / daß auch Sie die Zeit / dem Geſaͤtze ihrer Unbeſtaͤndig - keit zu folgen / (da Sie doch ſonſt es der gantzen Welt vorzuſchreiben pfleget) mit Gewalt angeſtrenget / Jedoch aber ſol Jch mich hieruͤber nicht verwundern und entſaͤ - tzen / dann die / ihres Geſchlechts haben nichts natuͤrlichers als die Verwechſelung; noch etwas widerwertiges als die Beſtaͤn - digkeit und Feſthaltung: Sie lébe nun / wégen meiner Klagen und Schmertzen / mit gutter Zufriedenheit; dann nimmermehr werde Jch / ob wehre Sie grauſam gegen mier geweſen / vorgében; oder da Jch mich beklaget / geſchiehet es nur aus Reu / daß Jch nicht ſattſam klagen koͤnne: dann Jch trage an meinem Lében / weil mein Tod Jhr angenehm / ein ſonderliches Mißfal - len: und Jch bin déro Willen einig und al - lein Volziehung zu tuhn / ſo gewehnet und begierig / daß auch uͤber mich ſelbſt Jch keine andere Macht / als nur Jhr einig zu gehor - ſamen: Geſtaltſam / das wo Sie bey ſich / mich zu verlieren beſchloſſen / ſo werde Jch nimmermehr mich hiervon zubefreyen in vorhabens begriffen ſeyn. Das Gráb wird mier belieblich vorkommen / wo anders Jhr Befehlich mich dieſes zugenuͤßen / vorlaͤug -H h hſten150Verſoͤhnungs Schreiben. ſten dazu gewiedmet: Sie gedenke nur nach meiner Beſtrafung ein wenig hieran / daß Jch unſchuldig; und Sie mich viel - mehr durch Liebe / als durch Bereuung / Sie beleidiget zu haben / zu ſeufftzen bewé - get: dieſes / welches Jch nicht vermeiden kan / iſt mit ſatſamen Gruͤnden beſtritten; Sie hat albereit mein Hertze angezuͤndet / alſo wird Jhr eheſt mein Leib eingeaͤſchert werden: erwuͤndſche und erwarte nunmehr auch anders nichts / als den Tod / werde alſo den Fehler / welcher von Jhr (indehm Sie glaͤubet ob gegen Sie / Jch was geſuͤndiget und begangẽ /) eintzig zuruͤk geſetzt worden / mit Aufopferung meines unſchuldigen Blu - tes / abwaſchen: Gott befohlen!

P. S. Wann Sie ſich ſelbſt liebet / ſo iſt auch billich / daß / was davon herruͤh - ret / mier gefaͤllig ſeyn muͤſſe; und zwar / (dieſes anſehnliche Heiligtum) wofern Sie gegen dieſelben / als der Jch Jhr Vater / ei - ne Mutter zuſeyn verwirft / ſo beweiſe Sie doch mehr Erbarmung als Liebe / und tuh dieſes aus Gnaden / was Jhr ſonſt / wann Sie mier getreu verblieben / durch ſchuldig - keit zu tuhn verpflicht gewéſen

N. N.

132.151Der Jungfrauen Strengigkeit.

132. Er klaget ſeiner Liebſten alzuharte Strengigkeiten an.

MEine Schoͤne / Jch habe in Wahrheit etliche Urſachen / mich uͤber ihre Strengigkeit zu beklagen / indehm Sie mich Tag und Nacht aͤngſtiget und kwaͤhlet / der Jch doch keine andere Beleidi - gung / als Sie treu beſtaͤndig zu lieben / be - gangen / oder deſſen uͤberfuͤhret werden kan: Und in dieſem iſt Sie die einige Urſacherin / daruͤm / weil das Fuͤrbild ihrer Schoͤnheit die gewaltſame meiner Gunſt ihr dermaſ - ſen unterworffen / daß man / unangeſehen was krāftigen Wiederſtand ſie tuhn / nichts anders / als etwas Friſtung zu ſuchen / kei - nes wéges aber dérer Niederlage gaͤntzlich zuvermeiden / ausrichten kan: dahero mich beduͤmket / daß Sie / indehm Sie mich wégen eines Fehlers / welchem zubegégnen Sie mich verpflichtet / Pein und Angſt zu erlei - den / zuſiehet / gantz ungerechtmaͤßig verfaͤh - ret. Jch ſage / daß es mich ſo beduͤnket / denn Jch Sie ſonſt ſo volkommen erkénne / und vor eine ſolche anbehte / daß durch den Schluß / ſo Jch wégen ihrer Verfehlung gefaſſet / meine Gebrechen und verſehen / als durch ein Endurteil beſtaͤrket und ausge - ſprochen werden. Entzwiſchen ſo unterlaſſeHhh ijSie152Doͤhmuht / fuͤr der JungferSie nicht / wo es Jhr beliebt / alle obange - deutete ſtarke Zeugnuͤße / welche Sie der Grauſamkeit anſchuldigen wollen / zu wi - derlégen / und auszureuten; dann meine Lie - be bittet Sie daruͤm; meine Jhr ſo teuer ge - lóbete Dienſte beréden Sie deſſen; und alle meine innerliche Zúneigungen zugleich / die Jch / uͤm déro Ehre willen ernaͤhre und er - halte / beſchweren und anſtrengen Sie hier - zu.

N. N.

133. Er klaget bey ſeiner Hertzliebſten déro anhaͤrtige Strengigkeiten an; und léget ſich zu ihren Fuͤſſen.

ALlerſchoͤnſte / Jch habe kaum ſoviel Kraͤfte und Vermoͤgen / die Féder uͤm Jhr nachgeſaͤtzter Worte / als welche ſo viel rechtmeßige Klágen der Pein und Marter / die ihre anhaͤrtige Strengig - keit mich zu erdulden angefuͤhret / in Schrif - ten zu eroͤfnen / an Haͤnden zu néhmen. Jch bin numehr uͤber acht Tage hér mit dem Fie - ber / welches mich taͤglich angreift / behaftet; und ob wohl dieſe Kranckheit gnug ſchmer - tzen mier verurſachet / ſo empfinde Jch doch derer keinen: Aber dieſen / welchen Sie in mier einig und alleine urſachet / iſt mier un - ertraͤglich; und zwar ſolcher geſtalt / daß dieeine153Strengigkeit. eine meinen Leib / die ander aber meine Sé - le / Tyranniſcher weiſe / kwaͤhlet und aͤngſti - get: wo nun auch dis mein Abſterben zube - foͤrdern / nicht kraͤftig / ſo entſpringet heraus ein Drittes / und zwar weit groͤßeres und fuͤhlendes Ůbel: Dann vor der / als mier wiſſend / daß ihre Strengigkeit meinen Lé - bensfaden abzureißen und zubrechen vorha - bens / ſo trage Jch an meinem Lében Ver - drus: Sie fahre fort / meine Schoͤne / Jch werde vielmehr nach meinem Tode / als nach déro mitleidentlichem Erbarmen / ohne zwar im wenigſten / Sie / wégen meines Abſter - bens / ob Sie wohl deſſen die eintzig - und uhrſpringliche Urſach / anzuſchuldigen / ſeuf - tzen. Jch erinnere Sie des abgelegten Ge - luͤbdes / indehm Jch Sie als die einige Goͤt - tin meines Hertzens / anbehte / dis alles / was von Jhr herruͤhret / hóch und wehrt zu haltẽ / welches Jch nochmal bekraͤftige / uͤm ſolches deſto unverbruͤchlicher / iedermaͤnnig - lich / und zwar mit dieſer Verſicherung vor - zuſtellen / ſolches mit dem einigen Hertzen / wormit Jch Sie liebe / und mit ében der Sé - le / wormit Jch Sie anbehte / zu uͤmfahen / und ihren Willen / uͤm ſelbigen von ſtund an durch meinen Gehorſam in der Taht und Wirkligkeit vorſcheinen zu laſ - ſen / und ohne Mißhorchen zu erfuͤllen: Be - teure auch mit einem Eidſchwur / ſolches zu volbringen / und als der volkoͤmlichſteHhh iijhier -154Erkuͤndigung der Vrſachehierinnen erfunden zu werden: Gott befoh - len! Es erfodert die Nohtwendigkeit / daß / nachdehm Jch meine Haͤnde / an Sie ſchrei - bend / zu Ruhe geſtellet / Jch zugleich meine Augen / indehm Jch Jhnen zu weinen und mein Hertze zu ſeuftzen vergoͤnnet / befriedi - ge. Sie ſéhe / meine Schoͤne / in was Ůbung / uͤm ihrer Strengigkeit und gegen mier uͤben - der Grauſamkeit vergnuͤgen zu leiſten / weil ſelbige mit keinem andern / als meiner Seuf - tzen und Zaͤhren abgeſaͤttiget werden kan / Jch begriffen: Jch weis nicht / ob der Zu - fall / des noch wehrenden Fiebers mich kwit - tiren; aber dis iſt gewies / daß das heisbren - nende Fieber meiner Liebe mich nimmermehr biß in mein Gráb verlaſſen wird / zu ſeyn

Jhr treubeſtaͤndiger Diener.

134. Er bittet von ſeiner Liebſten / die Urſache ihres Meineides / Jh - me zuentdekken.

MJt nichten / meine Lieb - ſte / hette Jch iemals gegleubet / daß unermeſſend die vielfaͤltig-abgelégten Eid - Schwuͤre / welche / wie nicht unbillich / unter der Verſicherung ihrer Treu und Glau - bens / Jhr Hertze zu meiner Liebe verpflich - ten ſollen / in Wechſelung ihres Liebhabens / Sie mit dem ſchaͤndlichen Flek des Mein -ei -155ihres Meineides. eides beſudeln / und faͤhig machen ſolte. Aufs wenigſte / wann. Sie noch die Muͤh / mier den Fehler ſo Jch begangen / zuentdekken / auf ſich nihmet (wie denn dieſe Gnade auch dem aller ſtráfwuͤrdigſten vergoͤnnet) ſo wol - te Jch mit deſto beſtaͤndigerm Hertzen / mei - ne Pein und Schmertzen ausſtehen; aber auf einmahl mich der Ehren ihrer gutten gunſt / und zwar unvermeldet der Urſachen / zu entſaͤtzen / iſt nicht anders / als das albe - reit gefuͤhlte Hertzenleid / Sie zuverlieren / mit noch einem vielſchmertzlichern / (indehm Jch nicht weis waruͤm) zuhaufen. Sie er - teile mier doch / meine Schoͤne / dieſe Gunſt / nehmlich die Urſach mier zueroͤffnen / herge - gen verheiſche Jch Jhr / daß / obgleich ſol - ches eine von bloßer Einbildung / oder als von Jhr herruͤhrend / und von ihrem Sinn beſchloſſen / Jch doch ſolche vor rechtmaͤßig erkennen / und mich vielmehr uͤber mein Un - gluͤk / als uͤber ſie beklagen wil; und hieruͤm beſchwehre Jch Sie / durch déro / von Na - tur angebohrne / und in ſo hohem Wehrt und Achtung gehabte Keuſchheit: Begehre auch von Jhr der erwieſenen vielfaͤltigen Dienſte halber / keine andere Wiedergel - tung: Jm uͤbrigen bin Jch wégen dieſer verachtung mehr als zuviel vergnuͤget. Sie gébe mier folches / entweder wégen der Jhr verſprochenen Liebe / oder wégen des gegén meiner Perſchon gefaſten Haſſes; es ge -Hhh iiijſche -156Mitleid uͤber dem Betruͤbnuͤßſchehe nun dieſes durch Gunſt / oder er - barmliches Mitleiden / ſo werde Jch doch nicht Jhr / aus habenden Urſachen verbuͤnd - lich zu ſeyn / ſo anders das gegen Sie ha - bende Geloͤbnuͤs vergroͤßert werden mag / daruͤm weil Jch bin / auch ewiglich ſeyn und bleiben werde /

Jhr trener Diener.

135. Ein Lieb-ſuͤßes Brieflein / an ſeine Betruͤbte Liebſte.

ALlerliebſte / meine Séle / iſt die N. welche ſtetig ihr Geſichte ih - ten helglaͤntzenden Angeſichte / als ihrer ein - tzigen Sonne / wendet und richtet: Jch wil damit andeuten / daß alles / was derſelben Jch zu tuhn ſchuldig / mich verpflichten / kei - ner anderer Bewegnuͤße / als dieſe / welche ihre Empfindligkeiten mier zu erteilen belie - bet / nachzuhengen. Und was vor eine be - unruhigung Sie / es ſey entweder Freude oder wie itzo / die / Sie betretene Traurig - keit / fuͤhret / werde Jch mich doch ſtetigs durch die Macht ſeiner Staͤrke dahin lei - ten und ziehen laſſen: Befinde mich dan - nenhero / meine Schoͤne / mit Traurigkeits Banden uͤmfaſſet / weil Sie damit anietzo begriffen: Und ob mier wol die Urſache ih -rer157der Liebſten. rer Betruͤbnuͤß und Schmertzen gantz un - wiſſend / ſo beklage Jch dennoch deſſen Ver - luſt / in Behertzigung / daß Sie daruͤber ſenftzet. Und dieſes / welches mich in al - len Handlungen / deſſen einig Muſter und Exempel Sie iſt / troͤſtet / iſt / daß ob dero - ſelben Jch gleich nachoͤhme / iedoch keinen Fehler begehen koͤnne / weil eine ſo volkom - mene Kreatur / wie Sie nimmermehr fehlen und irren kan oder mag. Sie weine oder lache nun / meine Liebſte / ſo bin Jch zu aller Zeit zu beiden geſchikt; Jhre Freude wird meine Zufriedenheit: die Traurigkeit mei - ne Unluſt / und Leid; der uͤbele Zuſtand mein Ungluͤk; und letzlichen Jhr Tod / mein kaltes Ableiben; ja wo es auch muͤglich / Jhr Toden Begaͤngnuͤß mein Grád / ſeyn und erfunden werden: dann Jch befinde mich dermaßen in déro Gunſten verwik - kelt / daß Jch nicht zulaſſen kan / daß auch die Zeit nur einen Augenblik meinen Geiſt von ihrer / bey mier / in ſo hohem und teuren Wehrt haltenden Gedaͤcht - nuͤße / anders wohin zu leiten bekant ſeyn ſolte. Jch wuͤndſche / weil Jch ſol - che Jhr von mier ſelbſt zu erteilen ohn - maͤchtig / eine gluͤkſelige / ruhige gutte Nacht; und verharre dabey:

Jhr treuer Diener.

H h h v136.158uͤber das traurig verblaſte Angeſichte der

136. Eine Dame wird uͤber dero traurig verblaßtem Angeſichte / von ihrer Ho - femeiſterin urſaͤchlich befraget.

GEnaͤdiges Freulein /

Die traurige Bleichheit / ſo von ihrer Stirn abgemahlet geſéhen worden / verſi - chert mich unfehlbar / daß déro Gemuͤht / mit etwa einem heimlichen Kummer muͤſſe ver - unruhiget ſeyn: Dérowégen haͤlt mich die pflichtſchuldige / uͤber Sie habende Pflége verbunden / mein genaͤdiges Freulein daruͤ - ber zubefragen; denn Jch nicht gerne wol - te / daß Jhr etwas widriges begégnen moͤchte; maßen denn auch zu derſelben Jch das troͤſtliche Vertrauen ſchoͤpfe / Sie wer - de mir ſolches / in Erwegung / daß Jhr / meine ſichere Verſchwiegenheit wol be - wuſt / nicht verhalten: und verharre alſo /

Meines Genaͤdigen Freuleins / in tiefſter Doͤhmut / und treuer Ver - ſchwiegenheit / ergé - bene Dienerin / N. N.

137.159Dame. Die Antwort darauf.

137. Die darauf getahne Antwort / dar - innen Sie anheiſchig wird / die Urſach ihrer Verblaſſung / ingeheim doch / daß es Jhr Herr Vater ja nicht er - fahre / zuentdekken.

Der traurige unmuht / wel - cher / liebe Hofmeiſterin / aus meinem Angeſichte vermerkt worden / hat ſich nicht ohne ſonderbahre Urſache / in meinem Ge - muͤhte erhoben / welchen Jhr denn vor ein gewiſſes Merkmahl inſtehenden Ungluͤks halten moͤget. Und wiewol Jch / aus erheb - lichem Bedenken / weder Euch / noch ſonſten iemanden / ſolches zueroͤfnen bey mier ent - ſchloſſen war / ſo kan Jch doch / auf Anré - gung / meiner / Euch habenden Wohlmei - nung / euerm anbegehren geruhende / ſolches Morgen zueroͤfnen / und in hoͤchſter geheim zuvertrauen / nicht Ůmgang nehmen; doch mit dem ausdruͤklichen Vorbehalt / daß Jhr ſolches / bey Leibe / meinem Herren Vater nicht vor Ohren kommen laſſet / worbey Jch Euch ferner geneigt vorbleibe.

N. N.

138. Schreiben wégen ſeiner Liebſten Unbeſtaͤndigkeit.

H hh viLieb -160Der Liebſten Vnbeſtaͤndigkeit.
LJebſte Freundin /

Jſt der Schne / oder Sie ſelbſt am un - beſtaͤndigſten: Leichter tauern die Flokken des Himmels / als die Liebe ihres falſchen Hertzens; Denn jéne zum oͤftern uͤber die Zeit eines halben Monats liegen; ihre be - ſtaͤndigkeit aber kan nicht dreyer Tage Abend erwarten: weſſen habe ich mich denn nun zu Jhr / in ihrer angelégten Kameleons Haͤut / zu verſehen? Jch werde gewies bald wie - der bey Jhr ſeyn; alſodann gébe ſie zur Ant - wort / wie Sie hinfuͤhro halten wil

Déronoch zur Zeit voͤllig Ergébenen.

139. Einer Liebhaberin / an ihren unge - treuen Liebhaber / von dem Sie betro - gen / aus Verzweifelung getah - nes Schreiben.

MEin Freund /

Léſet kuͤhnlich dieſes mein Schreiben / als das letzte / welches / von meiner Hand / Euch zukommen wird: Dieſes hat den klaͤg - lichẽ inhalt / wégén euerer Untreu; aber gantz unnuͤtzlich angewendet / weil / che und bevor dieſe meine anſehnliche Seuftzer und heu - len / vor euern Ohren erſchallet / ſelbiges / ſo - fern es rèchtmaͤßiger Weiſe abgefaſſet / viel trauriger aber aufgezeichnet und vorgeſagt / ja klaͤglich geſchrieben / albereit in Charonts -rin -161An den ungetreuen Liebhaber. rinnender Nache geliefert ſeyn wird. Jhr habt mier nun euer foͤrderliches wiederkeh - ren / auf ſolches mehr zu warten / als zu hof - fen / anverheiſchen; dahero erwarte Jch ſol - che fuͤhrohin nicht mehr / viel weniger hoffe Jchs; fuͤrchtende / in dieſem mich ſelbſt / als ihr mich betrogẽ / hinter das Liecht zu fuͤhrẽ.

Dieſen / mit Gluͤk angefuͤlleten Tag / der mich euerer Gegénwart gewislich erfreuen ſollen / haben ſeine ſtokfinſtere Naͤchte zuruͤk gezogen; und / auf dieſe furchtſame Naͤchte / haben dérer tauſend tage / und ſo viel Naͤch - te nachgefolget / weil die eintzige Soñe / eue - rer helglaͤntzender Augen / meine Arbeit / und erbaͤrmliches Lében er halten und erklaͤhren wird. Jhr fahret wohl / indehm Jhr von mier geſchieden / mier gute Nacht zu ſagen; daruͤm / weil ich Euch nicht mehr ſéhen wer - de: und anitzo verbaͤßert Jhr es / mich durch euer alzulanges wiederkehren / euer Abwé - ſenheit zu erdulden / anzugewehnen; in Be - trachtung / dz ſolche ewigwehrend ſeyn mus. Unterfahet Euch numehr nicht ſchnell zu ei - len; denn / ie ehe es geſchéhen / iſt es doch zu ſpaht / uͤm mich im lében zu finden: Jhr habt mit und nében Euch mein Hertze hinweg ge - fuͤhret; was bleibet Euch deñ wohl / das Jch mit meiner Selen vernehmen ſol? wañ Jhr meine helfte wehret / koͤnte ich von der uͤbrigẽ Helfte nicht lében; wo Jhr es aber gantz; ſo bin Jch ferner nichts: aber / weil ihr gantzH h h vijund162An den betruͤglichen Liebhaber. und gar an mier nichts mehr befindet / ſtehet Euch frey / zu ieder und aller Stunde zu kommen; denn Jhr habet mich in den irri - gen Gang der uͤbelen Nachréde dérmaßen verwikkelt / daß zu der Zeit / als Jch mich in mier ſelbſt ſuchte / Jch mich doch nicht finden koͤñen. Ůberdis / bin ich nicht mehr was Jch gewéſen; mein Nahme hat durch mein ver - féhlen / ſein gut Gerichte verlohren / und be - halte den / welchen euere Untreu / mier zúge - eignet / und gefuͤget: ach weh! was hab Jch / als alles guttes geleiſtet! Jſt denn das ein Fehler / ſo mier widerwertige Dinge verur - ſachen ſolle? Meine / Euch erzeigete Gunſt - beehrungen / erwekken ſie denn euere Stren - gigkeit? meine Liebe / euere Grauſamkeit? meine gunſt / euere verraͤhterliche Hindanſaͤ - tzung? und meine Beſtaͤndigkeit / euere Treulóſigkeit / und Meineid? Ach! was moͤget Jhr / in wehrender Abwéſenheit ge - daͤnken? Vieleicht an mich; ſo iſt und ge - ſchiehets ſonder verfehlens daran ferner nicht zu gedaͤnken; oder aber aus Reu / ſol - ches in euer Hertze ſo oft ſteigen zu laſſen / nur gedacht zu haben: Jch moͤchte wohl wiſſen / wann man nach mier forſchet / was Jhr hierauf antworten werdet? Vieleicht / daß Jhr mich nie geſéhen: iſts nicht wahr / oder daß Jhr mich gantz und gar nicht ken - net? O weh! uͤm daß Jhr mich alzuſehr er - kant / ſo ſaͤtzet Jhr mich zu dieſer Stundegar163Jm Perfertiſchen Buchladen zu finden. gar zu weit von euerem Gedaͤchtnuͤße: uͤber - dis / obwohl euere abgelegte Eide / mit dem Meineide itzo behaftet; ſo werden ſie doch zu euerem gaͤntzlichen Untergange und Falle wahrhaftig ſcheinen: Jhr koͤnnet und moͤget zwar meine Gegenwahrt fliehen; aber nicht die Beſtráfung eueres begangenen Fehlers vermeiden: Denn / wer uͤbels tuht / iſt der Stráfe unterworfen. Kommet doch wie - der zu mir / uͤm zu euch ſelbſt zu kommen; nicht zwar / mich zu ſeuftzen anzulernen / an - geſéhẽ / daß mein Hertze keine andere Ůbung / noch uͤm aus meinen Augen Trehnen zu er - zwingen / weil ſolche mier eine beſitzung ma - chẽ / auch ſolche der gantzẽ Welt / mit Ůber - fluß zu erteilẽ; ſondern die Zuͤchtigung eue - res Laſters zu entfliehen. Wañ ich an euere treuloſe Ůmfahung gedaͤnke / dahmals / als euere honigſuͤſſe Kuͤße auch meine Sele / auf meine Lippen zogen und lokketen / und euere Seuftzen (durch Gunſt des Windes ihrer lieblichen Ahtens) ſolche in mein Her - tze zu ſteigen den Paß vergoͤnneten; ſo ſter - be Jch vor Bereuung / daß Jch in ſolcher ſuͤßen Luſt und Freude nicht ſterben koͤnnen; angeſéhen / daß itzo dérer beraubt zu ſeyn / mier unzehlbare Todesaͤngſte / die auch grauſamer als der Tod ſelbſt / verurſachen. Aber / ach was! Jch mus mich zu dem ver - ſtehen und bekwehmen / was zu aͤndern nicht in meinen Kraͤften: mein Ungluͤk iſt groͤſſerdenn164Des Liebhabers Vntreu. denn euere Beſtaͤndigkeit; es mus / es mus ſeyn / daß Jch ſterbe: waruͤm befinde Jch mich denn nicht albereit an dem Ohrte / wo - hin mein Verlangen mich beruffet; und / da meine Hofnung meiner albereit erwartet? vor dem Tage trage Jch eine Abſchen; das Lében iſt mier verdruͤslich / und gedrukt von der bleyſchwéhren Laſt meines Ungluͤkkes; ſo ſeuftze Jch nach nichts anders / als nach der kuͤhlen Erde: denn / weil Jch die fuͤr - nehmſte Urſacherin meiner Beleidigung; ſo wil Jch auch die Rache von mier ſelbſt neh - men; und / zur Beſtrafung / daß Jch euerem Willen geglaubet / keine ander / als ſelbige meines Fehlers / bey mier vorgehen laſſen. Ům / Euch geliebt zu haben / wil Jch alles / ſo liebſélig iſt / haſſen: uͤm / daß Jch Euch hóch in Ehren gehalten / wil Jch meiner fuͤh - rohin nichts achten: und letzlich / uͤm / daß Jch Euch vergnuͤget / wil Jch vor meinem toͤdlichen hinſcheiden / auch die heftigſte Schmertzen und Unluſt / welche man bey wehrendem Lében empfinden koͤnnen / verſu - chen und koſten. Gott befohlen! Meine Hand iſt muͤde vom Schreiben; ungedul - dig / in Erwartung der Artzney / welche aller meiner Pein und Marter zu ſtatten kom̃en koͤnte: mein Geiſt verirret ſich / meine Sele gehet dahin; alle dérer Kraͤfte ſeyn ge - ſchwaͤchet / und leihen mier ihre Huͤlfe nicht / als nur zu Befoͤrderung des Todes / dieſeswe -165Jm Perfertiſchen Buchladen zu ſinden. wenige mier noch zu ruͤk verbliebene Lében zu beſtreiten / uͤm damit es uͤber deſſen Raub und Ausbeute triumfiere. Dieſes iſt das eintzige mein Vngluͤk zu uͤberwinden behaͤg - liche / uñ mich auf ſolche Art gantz zu zernich - ten erſpriesliche Mittel / in Betrachtung / daß das Gráb in Einſcharrung meines Lei - bes / auch zugleich all meine Angſt / Marter / und verurſachte Pein / in das Leilach einbin - den werde. Noch einmal Gott befohlen; und zwar ewig! Alles mangelt mier / durch Mangelung meines Lébens.

N. N.

140. Einer Dame Schreiben / an einen Printzen / der Sie / gegen Jhr Verlieb - ten / ins Gefaͤngnuͤs zu wer - fen befohlen.

Hóchwohlgebohrner Genaͤdiger Herr /

Ein Unſchuldiger darf oder ſol ſich keiner Stráfe niemals befuͤrchtẽ: und ob es wohl andehm / dz Er vom Eifer zu ſolcher Fuͤhlung angeleitet; ſo ſol Er doch dieſen mangel des Leibes / durch die Volkom̃enheit ſeiner Sele / indehm Er ſeine ſtandfeſte Tu - gend / dieſem Ungluͤt entgegẽ ſtellet / aͤndern. Jch166Die Kerkermeiſterin ſolJch habe meine Augenlieder nie vor den Schein meines Ungluͤkkes zugeſchloſſen; weil ie und allezeit Jch der ungezweifelten Beglaubung geſtanden / daß mein Hertze von deſſen Empfindung / als unrechtmaͤßig geehret wirde, und bedacht / daß die Wahr - heit hierdurch den Gebrauch der Réde / uͤm ſolches ſelbſt von ſich zu ſtellen / und die / ob - wohl ſonſt maͤchtige Vernunft eine neue Kraft / ſolche es der gantzen Welt zu beré - den / mich unterwinden; da doch / Genaͤdiger Herr / kein Menſch / als Er einig und allei - ne daran im wenigſten zweifelt: und in die - ſem Zweifel / hat Er mich zur gefaͤnglichen Haft zubringen / Befehl er gehen laſſen: und geſchiehet ſolches vielleicht daruͤm / daß / weil Jch hiebevor E. Gn. ſelbſt in meinem Gefaͤngnuͤſſe zu halten / die Ehre gehabt / an mier itzo ihre Abgeltung zu nehmen. Aufs wenigſte erinnere Jch mich / daß / als E. Gn. in mein Gefaͤngnuͤß gerathen / dero mein Hertz zu einem ſuͤßen Kerker gedienet / von derſelben anitzo gleichmaͤßige Verfah - rung zu hoffen / oder mich deſſen zu getroͤſten / ſolches verbieten mier nicht allein meine al - zuviel an mier befindliche Maͤngel und Ge - brechen; ſondern das / mich itzo betreffen - de / und darin befindende ſchwehre Ungluͤk / benimt mier alle Hofnung. Zu welcher Zu - friedenheit werde Jch denn endlich gelan - gen koͤnnen? Zu keiner andern / als alles /was167Gefangene werden. was Jhme gefaͤllig / mit aller Geduldſam - keit zu ertragen: fuͤhle auch ſchmertzliche Reu / daß Jch nicht in dieſem Gefaͤngnuͤſ - ſe / ehe und zuvor Er daran gedacht / mich befinden ſollen; uͤm dadurch die Freude / welche E. Gn. ohne Zweifel durch die Be - fehlung mich zur gefaͤnglichen Haft zu zie - hen / in Gedaͤchtnuͤs fuͤhren / daß auch Jch hiebevor ſeine Kerkermeiſterin gewéſen / ge - noſſen / deſto eilfertiger fortzuſaͤtzen. Aber / Jch bin wohl zu frieden / meinen Lébenstri - but zu erlégen: iedoch in alwége mit dieſem angehaͤftem Bedinge / daß ſem Koͤniglicher Mund / ſich aufzutuhn / uͤm mein Gráb / in Ausſprechung des Enduhrteils meines To - des / welchen ich mier als nuͤtze und erſpries - lich / weil Er mich darein verſtoͤſſet / zu ſeyn beglaubet / zu eroͤfnen und zuzurichten geru - hen wolle. So iſt auch dieſes vernuͤnftig / daß / weil Jch uͤm ſeiner Zufriedenheit auf dieſe Welt gebohren / gleicher geſtalt zu deſſen Vergnuͤgung mein Lében Jch endi - gen und beſchluͤßen ſolle / und muͤſſe: Und daß hierdurch Jch den erſten und letzten meines Lébens Seuftzer / Jhme zu einem wahren und unzweifelhaften Zeugnuͤße / dér / gegen Jhme habenden getreuen Liebe erteile und verſichere / ohne Erzehlung der ſénigen Seuftzer / die mir unzehlich ſeine un - vergleichliche Tugenden in den Wind zu ſtoßen / zugefuͤgt uñ eingegoſſen: Jch ſage inWind;168An ſeine kranke Liebſte. Wind; weil Er albereit derer Angedaͤcht - nuͤs in Vergeſſenheit ſaͤtzende / verlohren / ſeine vorgedachte Liebhaberin und Gelieb - te; und von nun an ungluͤkſelige Magd / und unterwuͤrfige Dienerin.

N. N.

141. Eines Liebhabers Schreiben / an ſeine / mit Krankheit begrif - fene Liebſte.

LJebſte Freundin /

Wann auch die Allerſchoͤnſten ihre vor - trefliche Schoͤnheiten; und die Allervol - koͤmlichſten ihre Tugenden neiden und haſ - ſen / ſo iſt dahero alles von déro Liebesrei - tzung begriffen und gefangen. Die Schoͤn - heit ſelbſt hat ſich unter die Gewalt ihrer feurigen und gunſtreitzenden Blikken gelé - get / auf ſolche Maß / daß / weil Sie itzo Sie verwundet / ſo entſpringet ſolche einig von den Wunden / welche Sie ſelbiger zu - vor albereit zúgefuͤget / die ſich Jhr denn zur volkoͤmlichen Beſitzung unter gében; hier - durch gleubend / daß in ſolcher Nuͤſſ - und Gebrauchung Sie zugleich ihren Nahmen veraͤndern werden / weil Sie durch Liebe / vor das ſchoͤnſte / und faſt hoͤchſte Gut auf dieſer Erden gehalten wird / als iſt Siebei -169Jm Perfertiſchen Buchladen zu finden. beides wégen ihrer Liebe / als auch ge - brauchter Liſt / ob ſelbige Jhr gleich ernſt - haftig fuͤrkoͤmt / verzeihens wuͤrdig: Und dieſes geſchiehet aus keiner andern Urſache / als wégen ihrer alzugroßen Strengigkeit. Sie tuh derowegen ein kraͤftiges Geluͤb - nuͤs / hinfort nicht mehr ſo grauſam zu ſeyn; anders hat Sie ſich nichts / als die groͤſte Gefahr ihres Lébens zu verſéhen / und zu getroͤſten. Nichts minders aber wird die Behertzigung / ein ſolch wunderliches ding / indehm es Jhr verterben wirde / zu nicht / und uͤber haufen zu werfen; deſſen Vorha - ben aͤndern / und zu ruͤk ziehen. Sie trage deswégen / meine Schoͤne / keine Vorſor - ge; denn Amor iſt viel ſtaͤrker als der Tod / weil zum oͤftern als eine Artzney Er Uns ſelbſt dienet / daruͤm Er auch ſorge vor ihr Lében haben wird / als welches von Jhme zu einem ſcharfſchneidenden Schwerdte gebrauchet wird / dadurch Er ſich zu aller Stunde einen Sieger und Triumfierer uͤber die Freyheit der Menſchen kroͤhnen kan: und dieſes réde Jch aus Erfahrung / als der Jch bin

Jhr Leibeigener.

142.170Der Jungfrauen unbeſtaͤndigkeit.

142. An eine Jungfrau / wégen ihrer Unbeſtaͤndigkeit.

NJmmermehr werde Jch gleuben / ob man gleich vorgiebes / daß die Treu in der Welt wohne / weil die Aller - getreuſte / nach Anzeigung der keuſchen ver - ſicherung / ſo Sie zu gében pfléget / mit bre - chung ihres Eides / auch an ihrem Glauben bankrotiret. Ach! wo ſeyn dann die gewiſſe Verſprechungen euerer Beſtaͤndigkeit / und aufrechten Treu hingeflohen? Dieſe Be - ſchwehrung bey den Him̃elſtrahlen / ſo Jhr / zur Zuͤchtigung und Stráfe eueres Eid - bruches angeruffen / ja wenn auch nur ein eintziger Gedancke euer Gemuͤht damit be - tréten ſolte! Jch weis nichts zu ſagen / denn Jch hette ehe / daß die helſchimmernde Sonne ihren taͤglichen Lauf aufgeſchoben / und zuruͤk gehalten / als daß die Unbeſtaͤn - digkeit in euer hertze ſich eingepflantzt haben ſolte / mier gleublich eingebildet. Pakt euch weg von mier / Jhr Grauſame; Jch uͤber - fuͤge Euch eueren Glauben wiederuͤm / ob Jhr wol deſſen nicht von noͤthen / Er euch auch zu nichts / als die ſo Euch trauen / zu beruͤkken / und aufs Narren Seil zu ſetzen / tuͤgen. Jch l[ie]be euer Verwechſelung wé - gen meines Nutzes / ob ſie wohl vor und anſich171An Seine / wer weis obs wahr iſt. ſich ſelbſt ſcheltwuͤrdig / weil es die Krank - heit der Liebe / die Jch vor unheilſam hielte / an mier heilet und ſtillet. Ach / gluͤkſélige Unbeſtaͤndigkeit / die mich von nun an ſtand - feſt und unbewéglich in dieſem Vorſatz haͤlt / nimmermehr auf euer wankelmuͤhtiges Ge - ſchlechte / dérer Hertz ein Segel / ſo ſich nach allen Winden der Liebe wendet / zuvertrau - en. Euer Verwechſelung der Gunſt / wird doch letzlich mit Leid und Reu / daß Jhr ſo gewechſelt / hienaus laufen; weil durch eue - re Unbeſtaͤndigkeit Jhr verlohren / den ge - treuſten Liebhaber / ſo ie auf der Welt ge - wéſen.

N. N.

143. An Seine / wer weis obs wahr iſt.

MUß Jch mich denn nun / Aller - liebſte / ſelbſt toͤdten; und / wie mag ſie zúgében / daß Jhr ſo ein treuer Diener ab - ſtirbet? Der Eifer laͤſt meinem Hertzen kei - ne Zúnahme; ſondern zehret an demſelben wie an ſeiner Nahrung: Wo Sie mier nicht den weiſſen Troſt geſchikket / hette mier die Volante geſtern den letzten Trunk zu trinken gegében. Sie laſſe mich doch nicht ſéhen / wodurch Jch mich ſelbſt verletze; under -172An den gewiſſen ihren Liebſten /erfreue hinfuͤhro allezeit mit beréden und be - ſchauen /

Jhren bis in Tod treuen Diener.

144. An den gewiſſen meinen Liebſten.

WAnn Jch mich / liebſter Herr / an ſeiner Traurigkeit ſchuldig befinde - te / was wirde Jch mir vor ein unruhiges und boͤſes Gewiſſen machen? Von ſeinem geſtrigen Vorſatze uhrteile Jch / daß Er ſich dénen Kindern gleich machen wil / auch noch wohl gar toͤhrichter in dieſem Falle gelébet hat: Er vergébe aber meiner Beſtráfung; und ſo Er dadurch verletzt iſt / ſo laſſe Er ſich wieder verbuͤnden /

Seine Treue Liebſte.

145. Ein Verweis Schreiben / an eine Dame / welche den / an Sie Verliebten / mit der Naſe gantz vergeblich / uͤbel heruͤm fuͤhret.

SChoͤnſte Jungfrau /

Was fuͤr Spitz ſinnigkeiten und kunſt - griffe brauchet und hat Sie / uͤmb den ſchmertzlichen Unmuht thres getreuen N. doch173Jm Perfertiſchen Buchlaben zu finden. doch ohne zeigung eintziger Mittel und Artz - ney / zu heilen / und zu troͤſten? Unannehm - lich iſt Jhr ſeine Dienſtbarkeit / doch ſchmie - det Sie taͤglich ſelbſt neue Feſſel und Ket - ten / uͤm Jhn aufs neue ie mehr und mehr zu verknipfen: Seine ausgeſtoßene Seuftzen beleidigen Sie; und iſt doch gegen uͤber / ſol - che in Jhme zu erwekken / hertzlich vergnuͤ - get: Etlicher maßen traͤget Sie wégen ſeines Schmertzens Mitleiden; hingegen heufet Sie ſolche taͤglich durch ihre alzu - große Strengigkeit: Letzlich / an einer Sei - te zerſtoͤhret ihre Verachtung wider ſeine Perſchon ſeine Hofnung; an der andern dienet déro Holdſéligkeit ſeinem Verlangen zu einer Nahrung. Wahrhaftig / Sie be - ſitzet / und zwar gantz uͤberfluͤßig / mehrfal - tige Tugenden / denn eintzig und alleine ihre Schoͤnheit / hat gantz ungleiche Liebesblin - kende / und gunſtreitzende Blitz / welche alle mit einander verwunderns wuͤrdig: mit die - ſen wirde ſie bald die allerunempfindlichſte Selen; und mit den andern die aller aufge - blaſenſten Hertzen zaͤhmẽ; alſo / daß auch ihre Tugenden / wann déro Augen / Liebe aus - teilen / zu gleicher Zeit die Furcht / und den Reſpect / dem Exceß dieſer Wohlgewo - genheit nachzufolgen / herbey fuͤgen.

Was kan oder ſol man doch im̃ermehr / keuſches Bild / auch hertzmbruͤnſtig liebend / hoffen / weil N. der Allergetreuſte unter al -J i ilen174Verweisſchreiben an ſeine Liebſte / die Jhnlen ihren Dienern / mit alzuuͤberhaͤnfter Un - gelégenheit belégt / und angezaͤpffet wird? Sie wolle mier / ſo es ihr beliebet / Sie des Laſters der Grauſamkeit anzuſchuldigen / und deſſen mit wahrem Zengnuͤße ihrer ei - genen Verfahrung zu uͤberweiſen / verſtat - ten; Denn / wann Sie eimnahl alle Dienſt - erreichungen / ſo Jhr einige Perſchon / in der Geſtalt eines Liebhabers erzeigen koͤnte / zu verwerfen / gefaſt iſt; ſo ſol Sie / wie mich beduͤnket / nicht allein ſeinem Anlaufen kraͤf - tig widerſtehen; ſondern vielmehr / wo es Jhr moͤglich / gantz wehrloß machen / und Jhme damit / alle Hofnung uͤber Sie / nur das aller geringſte Vorteil zu behaupten / entnehmen; zu dem Ende / daß / wann Er aller Hofnung ſich beraubet ſihet / Er Sie ferner zu verfolgen unterlaſſen moͤge / ab - ſchneiden / und aus dem Wége reumen. Sie erkénne und bekénne doch dieſe Wahrheit / daß Sie einen Knecht / ſo bald Sie ver - merket / daß Er Jhr unnuͤtzlich / und nicht gefaͤllig ſey / bald wieder beurlaubet: war - uͤm verfaͤhret Sie denn wider ihre Buhler und Aufwaͤrter mit mehrer Schaͤrfe und Strengigkeit / als ében wider ihre Haus - knechte; indehm Sie dieſe / als unnuͤtze Dienſtbohten verwirft; jéne aber nur zu ei - nem Pfande ihrer Gunſten behaͤlt / ob Sie Jhr gleich weniger als nichts nuͤtzlich und nohtwendig ſeyn? aus keiner andern / denndie -175vergeblich mit der Naſe heruͤm fuͤhret. dieſer Urſachen alleine / damit Sie taͤglich vor ihren Augen ein Vorbild / welches die Macht ihrer Schoͤnheit an Tag gébe / uͤm / und mit Erſeufzung / wegen der groſſen Wunden / welche ſelbige Jhm gehauen / ſé - hen und haben moͤge: Denn dieſes iſt aller ſchoͤnen Damen Art und Eigenſchaft / daß Sie ſonderliches Belieben ſchoͤpfen / mit ih - ren Blikken freye Selen zu blenden; ja die Allerkeuſchten ſelbſt / laſſen ſich dieſe Ver - gnuͤgung verfuͤhren / welches zwar in der Taht hóch; darnében aber auch ſehr ge - faͤhrlich: denn in dieſem Liebes Spiele iſt ſolches gar gemein / daß / ie mehr einer ſel - bige von ſich ſcheinen laͤſſet / ie mehr Er auch ſolcher empfaͤhet; und mag ſich wol ein ieder darwider / ſo gutt als er immer kan / ohne Gegenwehre ſtellen / bevorab / und indehm nie keine ſo ſtahlfeſtgehaͤrtete Sele / welche dieſer Beunruhigung aus / und mit menſch - lichen Kraͤften allein widerſtehen koͤnne / ge - funden worden; daruͤm / weil alles was in Uns / zugleich auch wider Uns iſt: Denn wier von Natur hierzu / alles das / was ſchoͤn und holdſélig / zu lieben / angefuͤhret werden: und in dieſem / hat die Bernunft keine Spráche / Uns ihre Meinung und Gutduͤnken zu erteilen / und wislich zu ma - chen; urſachen / weil der Wille ihrer ſelbſt eigenen Bewégung ſich an ſein Object un - abſonderlich haͤnget / welches denn etlicher Maßen / und von Uns ſelbſt zu SchlavenJ i i ijma -176Vrlaub an ſeine Liebſte:machet; zumahl / weil mier die Freyheit / in Gegenwahrt zu ſéhen was ſchoͤn oder hes - lich / zu erkicſen nicht vergoͤnnet. Hiermit Gott mit Uns! verbleibe Sie die Memi - ge / wie Jch bin der

Jhrige N. N.

146. Er giebet ſeiner gewéſenen Liebſten uhrlaub.

MEine Schoͤne / doch grauſame / Laſſet Euch dieſes / weil es mein letz - tes Schreiben an Euch ſeyn wird / nicht be - laͤſtigen; es ſol bey Euch meinen Abſchied nehmen; und darnében von dem ſchmertzli - chen Leide (weiches Jch daher / daß Jch / nach euerem alzuſtrengen Anbefehlen / mich / von dem ruhmwuͤrdigen Vorhaben / Euch ſtetswuͤrig zu dienen / abſtehen muͤſſen / em - pfunden) gleichſam aufgemuntert / meine Klágen vor Augen ſtellen.

Jhr ſollet dahero / meine Emſthafte N. wiſſen / daß Jch nimmermehr eine ſo uͤbele Strengigkeit euerer Traktirung verhoffet: denn es ſey gleich / daß Jch erwége / auf ei - ner Seiten / die / Euch gelóbte meine hertzli - che Zúneigung / und geleiſteten Gehorſam; auf der andern die Zaͤhren / ſo Jch mildig - lich vergoſſen; die Seuftzen / ſo Jch in Wind geſendet; die Beunruhigungen /wel -177Jm Perfertiſchen Buchladen zu finden. welche mein Gemuͤhte ſo ſehr geaͤngſtiget; dann die Muͤhe und Noht / ſo Jch / und zwar alles in Bedienung euerer Perſchon / erlitten; ohne Erzehlung der ſtachlichten Doͤrner / ſo euer harter und ernſthafter Siñ / in meiner Selen hervor bracht; So habe Jch von dieſem allen die Donnerkeile / eue - rer Stráfe und Zuͤchtigung nicht bevor ge - ſéhen / weil Jch auch nie den wenigſten Schein / und Blitz vernehmen koͤnnen: aber nun werde Jch ſagen / daß die Zufrieden - heit / ſo Jch vorhin / in Beſitzung euerer gut - ten Gunſt / gehabt / als alzugroß; mich zwar mit etwas Sorgen / dasſelbe zu verlieren / beruͤhret und betroffen; iedoch hette Jch nimmermehr gegleubet / daß Jhr / als wel - che ſolche in mier erbauet / die Urſach hier zu gewéſen: Nichts weniger ſo iſt es doch / wie Jch itzt aus eigener Erfahrung / ſo nicht Luͤgen geſtraft werden kan / befinde / mehr als zu war / und anders nicht; aber vor dieſe Krankheit iſt kein giltig Mittel zu erha - ſchen. Vergéblich habe Jch mich eueren Knecht genénnet / wann Jch nicht in wil - lens / Euch zu gehorſamen: ie und allezeit habe Jch geſchwohren / und beſtetige es anch noch / daß Euer Wille und Belieben mein Verlangen: und ſolten Sie auch ſich bis in den Tod erſtrekken / wolte Jch doch das Uhrteil ohne léſen / auch mit dem reineſten Blutte / ſo in meinen Adern zu finden / be -Jii iijſie -178Der Jungftauen Vhrlaub /ſiegeln. Jhr wollet / daß Jch Euch nicht mehr dienen ſoll; nun wohlan / Jch wil Euch in der Taht meine Dienſte entzichen; aber nicht ewig den Willen und Vorſatz / Euch ſolche zu leiſten. Jhr verbleibet mier und die Eigenſchaft mit dem Nahmen eueres Dieners hinfuͤhro zu fuͤhren / verheiſche Jch Euch; aber wohl werde Jch unausgeſaͤtzt / die Ehre / nében dem Verlangen / ſolches ſtuͤndlich in Ůbung zu haben / in ihrer Bluͤht erhalten. Das iſt auch noch nicht alles; denn / Jhr erfodert noch uͤber dieſes / Euch nicht mehr zu ſéhen; hierinnen wil Jch auch meinen willigen Gehorſam erſcheinen laſ - ſen / aber was dann / wann mier gleich mit den Augen meines Leibes Euch anzuſchauen verbohten: ſo werden doch dieſelbigen mei - ner Selen ohne Aufhoͤren uͤber Euch ſich zu verwundern / eroͤfnet ſeyn: Ůber diß befehli - chet Jhr mich noch / Euch gantz aus meinen Gedanken zu ſchlagen / und von Euch weiter nicht zu reden; ja / wo es ſeyn koͤnte / auch nimmermehr an Ench zu gedenken: Hier - innen wil Jch Euch auch genuͤgen leiſten; Denn mein Gedaͤchtnuͤs ſol / nicht zwar Euch (weil es ihm gantz unmoͤglich) aber wohl das jénige / ſo von Euch / benentlich euere grauſame Strengigkeit / vergeſſen. Meine Zunge verſichert euch / auch durch meine Hand / oder vielmehr durch meine Fé - der / von Euch nimmermehr zu réden; aber /die -179Jm Perfektiſchen Buchladen zu finden. dieſes wird aus Furcht / von ſelbigen nicht genugſam wuͤrdiglich zu réden / geſchéhen. Meine Gedanken betreffende / ſo werden ſich dieſelbigen Euch auch nicht uͤm ében ob - erwehnte Furcht / eure Voliommenheiten zu entheiligen / zueignen: Und betreffend / das abſonderliche Geboht / Euch mehr nicht zu lieben; ſo habe Jch meinem Hertzen / Euch disfals auch zu gehorſamen / anbefohlen; a - ber es hat durch heisvergoſſene Traͤhnen und Seuftzer / mich erſucht und gebehten / Euch vorzubilden / wie daß ſeine Liebe zu Euch / als Búchſtaben mit bluhtigem Grif - fel und Farben / dermaſſen tieff in ſeinem Eingeweide geſchrieben wehren / daß weder Zeit noch der Tod ſelbſt ſolches auszuleſchẽ / iemals kraͤftig oder maͤchtig genug ſeyn: Ja / ſo lange daſſeibe in dieſer Welt meinet - wegen Athem fuͤhren / auch euerthalben zu - gleich feuftzen wirde. Die Flamme wird dermaßen heimlich zu ſehen ſeyn / daß / wann Jch gleich zu lauter Aſchen verkéhret / doch dérer Fuͤnklein vor enern Augen fliegend / nimmermehr / uͤm deſto mehr Euch zu befrie - digen / erſcheinen: Ja / ein mehrers werde Jch uͤber dieſes tuhn; dann / wann Jhr in furchten / daß das erbaͤrmliche / billiche Mit - leiden / als eine Wihrtin aller ſchoͤnen Se - len / in behertzigung meiner Pein und Kwahl / in Euch ein Mitleiden erwekken wird / ſo wil Jch doch in meinem Angeſichte ſo vielJii iiijFreu -180Vrlaub ſeiner Liebſten:Freude und Froͤhligkeit / als Jch Schmer - tzen und Trůbnuͤs im Hertzen befinde / (nur damit die Urſache meiner Traurigkeit Euch nicht betruͤben moͤge) verfpuͤhren laſſen, und daß alſo Jhr viel eher die neue Zeitung von meinem kalten Ableiben / als von meiner Krankheit / erfahren und vernehmen ſollet. Sehet / meine Grauſame / was Jch / nur Euch zu befriedigen / zu aller Stunde / auch bey geringſter euerer Erfahrung und Wil - len / zu tuhn / und wirklich zu leiſten / mich er - biete. Jch komme wiederuͤm zu meinem Ab - ſcheiden: aber / was wil Jch darmit andeu - ten / als daß meine Hand mier zur Stunde erzittert; meine zu ſchreiben wohlgeuͤbte Fé - der / nicht mehr auf Papier zeichnen kan; auch meine Zaͤhren ſolches ausleſchen; und daß mein hertze / durch das heftige Geſchrey meiner Seuftzen / meinem Geiſt / uͤm Euch zu geſégnen / und gutte Nacht zu gében / vorzuſagen / verhindert. Ach / meine Grau - ſame / es iſt ohne Zweifel ein Streich A - mors / welcher féhend / feine Ketten / durch die Grauſamkeit eueres Befehlichs zerreiſ - ſen / ſolchen anszunehmen / ſich unterwun - den / auch nicht wil von Euch Abſchied und Uhrlaub zu nehmen! Nichts wenigers / ſo mus man mehr der Liebeswuͤrdigen Be - herſcherin / als der Liebe ſelbſt / folgen. Gott befohlen / Allerſchoͤnſte / aber Allergrauſam - ſte der Welt / ſo iemals ſeyn koͤnnen: Jchver -181Jm Perfertiſchen Buchladen zu finden. berlaſſe Euch / mit und nében euerer un - barmhertzigen Strengigkeit / nachdehm Jch ſolche zuvor alle empfindend / ertragen muͤſ - ſen. Lébet vergnuͤgt / wegen meines Un - muhts; und gluͤkſélig / uͤber meinem Ungluͤk - ke: entzwiſchen / daß Jch den Faden meines traurigen Lébens / welches Jch fuͤhrohin einen wahrhaften Tod nennen werde / als abgeſondert von Euch ewig; und ſchluͤßlich von allem / was Jch auf dieſer Welt am liebſten habe / zu wében anfahen werde.

N. N.

147. Der Damen hoͤfliche und zúnei - gende Antwort / auf ihres Bedienten Uhrlaub Schreiben.

MEin hoͤflicher Kavalier /

Jch hette in ungezweifelter Hofnung geſtanden / Er wirde mit mehrem Muhte / als daß Er ſich auf den erſten Angrief / ohne Kampf und Streit / ſo fluͤchtig und leicht er - légen laſſen / begabt ſeyn: An dieſem / wie Jch ſéhe / iſt Er mehr gehorſam / als ver - liebt, daruͤm / weil auf erſtbeſchéhene meine Anbefehlung / mier nicht zu dienen / Er ſo bald gehorfamet; welches mich dann / wie daß Er nicht tief / in der / als Er vorgiebet / mier gelóbten Dienſtbarkeit / verknuͤpffet; oder doch die Ketten / uͤm ſelbige innen zu halten / zu ſchwach / zu gleuben beurſachet. Jii vEin182Der Damen Antwort /Ein Liebhaber / ſo von Liebesfeuer heftig erhitzt / laͤſſet nimmermehr ihme die Ehre ſeiner Liebſten / wie grauſam und unbarm - hertzig auch dieſelbe / treulich zu dienen / ent - fremden / oder aus den Haͤnden winden; ſondern im Gegenteil / wann etwa aller - hand Beſchwerligkeit und Hindernuͤße fei - nem Vorhaben ſich entgegen ſaͤtzen / ſo fri - ſchen Sie Jhn an / daß Sie endlich zu ſei - ner Vergnuͤgung wohl hinaus ſchlagen und gelingen werden: Daher in ſeinem groͤßten Betruͤbnuͤße und Marter dieſen Troſt / daß auch die Allerernſthaft - und Unbarm - hertzigſten / ſich durch unverruͤkte Beſtaͤn - digkeit erweichen laſſen / zu einer unfehlbar - lichen Regel hat. Er kan hier aus ermeſ - ſen / daß Jch vielmehr ſeine keuſche / als von Jhme genandte Grauſame bin; dergeſtalt / daß ſeine Klágen mier dienen / weil Er aus einer / ſo gar auf ſaͤndigem Grunde gebante Urſache / ſich uͤber mich zu beklagen / unter - fangen. Jch habe vielmehr uͤber Jhn mich ſelbſt zu beklagen; denn / weil ſeine vorgan - gene handlungen untadelhaft / und die Wor - te ohne Strafung / ſo hat Er keine Urſach / ſich einiger Zuͤchtigung zu beſorgen. Daß Er auch / ſich als einen Unſchuldigen zu ſtrá - fen / von mier beglaubt / hat Er / beides mei - nen Sinn und angebohrne Einbildung / ſo bielmehr den Schuldigen zu verzeihen / als ſolche zu beſtrafen / gefallens / beleidiget:Und183Jm Perfertiſchen Buchladen zu ſinden. Und zwar Jhme ſolches klaͤrlich durch die Erfahrung zu erweiſen / ſo vergébe Jch Jh - me dieſen grobverſéhenen Féhler / damit er / in Meinung / Jch Jhn ohne eintzig began - genes Laſter ſtráfen wolte / viel zu weit ge - gangen: und bin fortwuͤrig ében dieſe Lieb - ſélige / oder vielmehr heftige in des Herren dienſte tief verliebte; dén Jch grauſam / uͤm daß Er mier einen ſo ſchaͤndlichen Nahmen zuweltzen wollen / billich nénne: Dannenhe - ro ſage Jch gutte Nacht zu ſeinem Ab - ſcheiden; aber ein Abſcheid / ſo ewig wéh - rend; denn Jch wil nicht mehr / daß ſolche verdrůßliche Réden / vor meinen Ohren er - ſchallen ſollen: Er fahre nur fort / mier be - ſtaͤndig zu dienen; denn Jch trage ében ſo gróſſen Gefallen / Jhn / als Er mich / hertz - lich zu lieben; und gleube / daß / gleich wie Jhme / mich zu haſſen / unmoͤglich / ében Jch nur Jhme alles Liebes und Gutes zu goͤn - nen / nicht verhinderlich ſeyn / oder verwéh - ren kan. Jch tuh / oder ſage Jhme nun was Jch wolle / ſo habe Er doch dieſe Verſiche - rung gewies / daß in meinem Hertzen Jch eine reine und keuſche Zuneigung zu Jhm fuͤhre; aber in der Eigenſchaft bin / und ſtandfeſt verharre / nicht ſeine Beherſcherin; ſondern

Seine Dienerin.

Jii v j148.184Ein Liebbrennen des Schreiben:

148. Ein / von Liebes Feuer angebrendtes Schreiben; an Seine Liebſchoͤ - ne Freundin.

HOldſelige / Schoͤne Freundin / Daß Jch / ohne Sie lieb zu haben / lé - ben ſolte; ach zu was wirden Jhr ihre ſo liebreichmachende Volkommenheiten die - nen / und nuͤtze ſeyn? Sie verwuͤſte / und ma - che den Zwek ihrer Verdienſte zu nichte / wo ſte anders die Macht meiner liebreichen zu - neigung / aus dem Grunde auszurotten be - gierig: denn / ſo lange Sie dieſe zwo Tu - genden / nemlich die Schoͤnheit und Fuͤrtref - ligkeit / als die eintzige Uhrhébere der Liebe / in ruhigem Beſitz geneußt / ſo werde Jch Sie lieben; und aller / von mier / Menſchli - chem Vermoͤgen nach / angewendeter Wi - derſtand / uͤm von ſolcher mich loßzuwirken / wird unfruchtbbar angewendet ſeyn: aus Urſachen / daß ihre Macht und Staͤrke un - bezwinglich. Daher / ſo widerruffe Sie / das / mier / Sie nicht mehr zu lieben / aufgelégte Geboht; daruͤm / weil Sie mich zu ihrer ſcheinbarlichen Unmoͤgligkeit zu verknuͤpf - fen gefinnet; und ſey vergnuͤget an dem / mier hiedurch zugefuͤgten Unmuht / und Misfaͤlligkeit; wogegen dieſelbe Jch ſo hertzhruͤnſtiglich liebe. Dieſes geſchiehetzwar185Jm Perfertiſchen Buchladen zu finden. zwar nicht / daß Jch mit Heftigkeit / mich / Sie fuͤrohin nicht weiter zu lieben / weil Sie es ſelbſt alſo gehabt haben wil / bemuͤhen ſol - te; aber es nicht mehr Zeit / ſolches mier zu verbieten / weil viel moͤglicher / mein Hertze aus meinem Búſen zu reichen / als die Búchſtaben ihrer Zúneigung aus ſeinem Eingeweide zu leſchen. Jch bin wohl Un - gluͤkſélig / daß Jch in einem ſolchen Gefaͤng - nuͤße / da die Kerkermeiſterin meine groͤſte Freundin / gefangen bin: Aufs wenigſte be - weiſe Sie mier dieſe Gnade / und ſtelle mich nimmermehr auf freyen Fuß: denn mein Lé - ben misfaͤllet mier / weil Jhr mein Tod be - haͤglich. Sie fahre mit ihren Verachtun - gen fort / ſo lange Sie wil; und vergroͤſſere ihre Grauſamkeit / ſo wird Sie doch ehen - der laſſ werden / mier Ungluͤk anzutuhn / als Jch uͤberdruͤßig / ſolches zu leiden Jch frage und trage nach nichts Verlangen / als nur ſie hertzlich zu liebén: Sie fliehe von mir; Sie verberge ſich vor mier; Sie laſſe Jhr meinen Nahmen nicht mehr in ihr Gedaͤcht - nuͤs kommen; ſo ſchwehre Jch Jhr doch / dz der ihrige nim̃ermehr aus dem meinẽ flie - hen; oder meine doͤhmuͤhtigkeit wégen ihres uͤbermuhts; meine Ehrérbietung wégen ih - rer Verachtung; und meine untertaͤhnige Bezeigung / uͤber dero ſo widrigen Sinn / laſſ und muͤde werdẽ ſol. Ach / wie wuͤndſchte J i i vijJch186Der Liebe Gefaͤngnuͤs:Jch von Grund meines Hertzens / daß Jch ſo viel Lében / als Sie mich ſelbiges zu be - rauben verlangens / hette / Jch wolte ſolche auf einmahl auf den Bóden ihres Anbe - fehlnuͤs Altáres / und zwar mit hoͤchſter Gluͤkſéligkeit / daß Jhr ſolches Opffer moͤchte angenehm ſeyn / aufopfern! Sie ſéhe / meine Grauſame / was Jch ihrethal - ben in meiner Sele; und das / ſo Jch in meinem Hertzen habe / welches iſt eine hertz - liche Zuneigung zu Jhr / zwar wider die Zeit und ihre Kraͤfte ſo ſtarck / daß Jch der Macht / uͤm ſolches nimmermehr auch nur das wenigſte zu aͤndern abſage / und Kampf anbiete: Der heisgierige Tod auch ſelbſt / mit allem ſeinem Eis / wird nimmermehr dérer Hitz ausleſchen koͤnnen / weil dérer Feuer / nach meinem Abſterben / unter mei - nen Aſchen verborgen / anzutreffen ſeyn wird. Gutte Nacht / ohne gutte Nacht: denn / ob Sie mier gleich Urlaub gében / wer - de Jch Sie doch nicht verlaſſen; ſondern rhe mich von mier ſelbſt ſcheiden.

N. N.

149. Ein Liebhóchtragendes Schreiben; an einen gutten Freund.

VJelgeehrter Herr /

Jch nehme das raͤhtliche Bedenken / mich nicht alzuſchr in der Liebe zu vertiefẽ / ingeſun -187Lob der Liebe:geſunden Verſtande / auf / und an: Aber hergegen werde Jch Euch einſtreuen / daß dieſe Beunruhigung / als die hoͤchſte Ge - walt / nicht kan beherſchet werden: ja / daß alles habende Vermoͤgen / und Macht / von der / ſo Sie Uns erteilet / herruͤhret und fleußt: Auf mas / daß unſer Wille / ſeinen Gebohten / nachdehm Sie ſolchen ofters bezeuget / nicht entgegen wandeln kan / ſon - dern man mus taͤglich / und zwar mit Be - reuung deſſen Geſaͤtzen / nicht Folge geleiſtet zu haben / Jhr gehorſamen. Jhr werdet zwar hergegen anfuͤhren / daß wier Herr - ſcher und Meiſter / uͤber Uns ſelbſt; und daß unſere Vernunft / dieſe blinde Beunrnhi - gung / Uns unter die Fuͤſſe legen ſolte: wor - auff Jch Euch wieder antworte: daß es mit der Wahrheit beſtehe / uͤber Uns ſelbſt (entzwiſchen aber die Liebe keinen Platz in unſern Hertzen haͤlt) Herr zu ſeyn: Aber / nachdehm Sie ſolchen in Beſitz bekommen / ſo faͤſſelte ihre Gewalt / als Goͤtlich / unſere Selen; erteilet Uns auch keine Verguͤnſti - gung / als ſelbige / nach ihrem Geſaͤtze zu ge - horſamen. Das Gegénteil zu behaupten / ſo benimt die taͤgliche Erfahrung dieſen Zweifel; maßen / daß die eintzige zu dieſer Krankheit behuͤlfliche Artzney iſt / ſelbiger ihren Lanf zu laſſen; weil einig die Zeit der bewehrteſte und beſte Artzt. Jch uhrteile gantz wohl / daß euere Sinne Euch ein wi -dri -188Lob der Liebe:driges anitzo beréden wollen; und / als frey / verſpottet Jhr aller deſſen Gefangene: A - ber / man hat ſo Ůbermuͤhtige und Stoltze / als Jhr ſeyn moͤget / durch dieſes Kind nie - der gelégt; und welche ſeine Gnade anflehen muͤſſen / geféhen. Ein Zeuge deſſen / iſt der vortrefliche Edle Roͤmer Markus An - tonius / So der fuͤrnehmſten Monarchen einer / der in der Welt Gewalt gewéſen / welcher uͤm ein weniges Stuͤklein Erde / alle ſeine Laͤnder und Provinzien verlaſſen; und liebend / war es Jhme viel angenehmer / einer fuͤrbuͤndigen Schoͤnheit Gefangener / als volkoͤmlicher Beherrſcher der gantzen Welt zu ſeyn.

Jch gébe Beyfall jénem Weisheit Liebhaber / welcher erhaͤrtete / daß ein Wei - besbild das allerſtaͤrkſte / und maͤchtigſte Ding auf der Welt wehre / weil ihre / zur Liebe reitzende Blikke und Schoͤnheit / Uns gleichſam bezaubert / daß ſie nach nichts / als nach Jhr einiglich ſeuftzen. aͤndert dero - halben euere habende Beglaubung; und ſaͤ - tzet die Liebes Angſt nicht an die Reihe der andern; denn ihre Natur und Eigen - ſchaft iſt / die unſrige zu beherſchen: die jéni - ge / ſo widerſtehen / ſeyn am allerleichſten zu uͤberwinden; daruͤm / weil keine Waffen / wider ſeine feſtgeſtaͤhlte Pfeile beſtehen / o - der ſolche anfhalten koͤnnen: und hieran zweifelt gantz nicht / aus Beyſorge / daßJhr189Jm Perfertiſchen Buchladen zu finden. Jhr ſelbſt / durch Erfahrung / ſolches zu gleuben verpflichtet werden moͤget. Wer ein Hertze im Lében traͤgt / iſt faͤhig zur Lie - be; iſt es von Eiſen / ſo iſt die Liebe der Ma - gnet / uͤm ſelbiges an ſich zu ziehen / bereit: ſo es von Eis; ſo verwandelt ſich die Liebe in Feuer / ſolches zu verzehren. Letzlich / ſeine ſiegreiche Waffen triumſteren uͤber alles: welches Euch denn zu gleuben bewegen ſol / daß / als ein gehorſamer Vaſall / Jch / mei - ner hoͤchſten Obrigkeit / kein Gebot vor - ſchreiben kan; und daß alſo euer / mier erteil - ter Raht / an mier unnuͤtzlich angewendet; auch zu nichts anders dienen koͤnnen / als zu einem Bezeugnuͤs des geneigten Willens / welcher Euch meinetwégen zu haben belie - bet; ſelbige wil Jch durch meine Dienſtbe - zeigung / bey eheſt anfallender Gelégenheit herein bringen: verharrende

E. treuer Diener / weil Jch bin und heiſſe N. N.

150. Der / am Liebesjóch Gefangene / un - terwirft ſich / zu gehorſamer Bedienung / Seiner Liebſterſehenen.

Vol -190Er unterwirft ſich der Liebe.
VOlkommenſte / Schoͤnſte Jung - frau /

Jch trage ein emſiges Verlangen / Jhr die Héftigkeit / und Ůberfluß meiner Liebe / uͤm daß Sie an meiner Pein und Marter keinen Zweifel fuͤhret / zu entdekken: Jch erdulde nach der Gleichheit wie Jch Sie liebe; und nichts kan ſich meiner Marter und Angſt / als nur meine Liebe / ver gleichen. Sie néhme dahéro eilfertig die Proben / der / ihr gelóbten Zúneigung / daß / von Be - glaubung derer Warheit / die Pein entſprin - get / welche / Sie liebend / Jch ausſtehe. Sie befehle mir dannenhero ohne alle Ausflucht / alles das / was Jhr gefaͤllig; mein Gehor - fam befindet ſich hierzu iederzeit willig und bereit: ie geſchwinder es geſchiehet / ſo iſt es doch vor meine Zufriedenheit gar zu lang - ſam; begehrend ohne Urſach die Ehre / dérer Jch mich / Jhr Diener zu ſeyn / gewuͤrdi - get / nicht zu fuͤhren / und zu tragen.

Meiner Hertz - liebſten ergebener Diener.

151. An Seine / Wégen déro geoffenbahrten / un - ruͤhmlichen Art zu lieben / Abgeſagte.

Liebſt -191An ſeine Abgeſagte.
LJebſtgewéſene Freundin /

Jhr haltet ſehr viel von euerer Mit - ſchweſter; da Sie doch anitzo euerer un - ruͤhmlichen Art zu lieben / eine ruͤhmliche Verraͤhterin worden iſt: Jhr werdet Euch vieleicht fremde ſtellen / als ob Euch weni - ger denn nichts hiervon bekant ſey; aber / ſeid ſicher / daß Jch mier euer Gemuͤhte ha - be alſo beſchreiben laſſen / daß Jch es nun / ohne Muͤh / wohl abzumahlen / wiſſen wil. Euch kan vor der Welt keine Urſache ent - ſchuldigen / als wann Jhr die Unwahr - heit erweiſen moͤchtet; ſo verbleibe Jch auch noch der Eurige: andern Falles / muͤſſet Jhr mier verzeihen / wann euer Beſchaffenheit nichts anders haben wil / als daß Jch mich nennen mus / und ſol / der / von

Euch Abgetahne.

152. Er erzéhlet / daß Er von Einer ſey abgeſchaft; und bittet ſeine Mutter zu werden: An eine Frau.

EDle / Volkommene / Schoͤ - ne Frau /

Jch weis nicht / ob Jch ſol? doch / in be - ſinnen / daß Sie es mier erlaubet / wil Jches192Er bittet ſeine Mutter zu werden. es tuhn / und dis (iedoch daß Sie mier ver - zeihen wolle) an Sie ſchreiben: Jénes iſt mehr als gewies; aber Sie hat es ihrer ei - genen Unbeſtaͤndigkeit zu danken; und mich hat es hieruͤm deſto weniger verdroſſen. So der Himmel auch die beſtaͤndigen Gemuͤh - ter unbeſtaͤndig machen kan / ſo wird Er mier wohl an ſtat der Traurigkeit / wieder - uͤm Freude ſchaffen koͤnnen. Sie ſey hin; Jch er getze mich doch uͤber ihrem Anſchau - en; aber Sie wird durch mein Geſichte be - truͤbt; und dieſes iſt der Unbeſtaͤndigkeit Lohn. Jch verhoffe mich noch tauſendmahl mehr zuergetzen / als Sie ſich mit dieſem er - freuen wird. Hinfuͤhro werde Jch ſicherer lieben; oder es zuſammen gar bleiben laſſen: doch / wer weis / wenn Jch mein Betruͤben begrábe / ob nicht etwa die Freude doppelt aufgehen moͤchte. Sie lébe ſicher / daß Jch itzo zwar gantz mein eigen; aber Jch werde doch nimmermehr ſo maͤchtig ſeyn / hinfuͤhro von mier ſelbſt eine mehr zu lieben / wo Jch nicht ihrer / als einer / und meiner liebſten Frau Mutter Gutachten dabey ha - ben werde. Sie erlaube mier doch / ům unſerer Freundſchaft willen / Sie hinfuͤhro Frau Mutter zu heiſſen; Hierdurch wird Sie Jhr ihren erſten und froͤhmſten Sohn erſchaffen: Jch verſpreche hierbey / ſo Sie meine liebſte Frau Mutter ſeyn wil / als Jhr gehorſamſtes Kind zulében / un gering -ſten193Jm Perfertiſchen Buchladen zu finden. ſten nichts zu verrichten / wo Jch nicht zu - vor ihren Willen haben werde: alle mei - ne heimliche Hertzens Gedanken / mit in ihr eigen Hertze zu ſchluͤſſen / und alſo mehr Jh - re / als meine zu ſeyn. Wolte nur Gott / Sie ſolte mich einsmahls recht treu befun - den haben / ſo wirde Sie mier dieſes nicht abzuſchlagen wiſſen, So Jch aber tanſen - derley Gefahr uͤm Sie ausſtehen werde / ſol es genug ſeyn / einen frohmen Sohn dar - aus zu erkennen. Was Jch nicht getahn habe / liebe Fran Mutter / wil Jch noch tuhn: Sie trage mier / Jhr zu dienen / das ſchwerſte und heimlichſte auf / mier ſol es zu verrichten gar leicht / und gantz gegen nie - manden zu gedenken ſeyn: Wirde Sie a - ber einige Vertreuligkeit von mier offen - bahrt wiſſen; ſol ſie mich nicht allein hier zeitlich verachten; ſondern mier auch den ewigen Tod wuͤndſchen: An mier ſollen alle die Fluͤche war werden / die eine Mutter ihrem ungehorſamen Kinde wuͤndſchen kan Und Jch ſelbſt wolte lieber todt ſeyn / als in einigem darwider handeln. Jch wil mier unterdeſſen nur einbilden / ob gébe Sie mier ihre ſchoͤne Hand hierauf / mich zu verſi - chern / daß Jch hinfuͤhro eine Mutter an ihr haben ſolte / und ich hinkegen kuͤſte in Gedan - ken dieſelbe ſchoͤne Hand; und beſinne nichts mehr / als daß ich die Schoͤnſte / und froͤmſte mutter der welt bekom̃en habe. Wér iſt dochwohl194Ein ſchoͤn Lob keuſcher Liebe:wohl gluͤkſéliger als Jch / ſo Sie mier es nicht verſagen wird? Jch lébe / deucht mich / ſchon unter ihrer gelinden Rutte / und fuͤrchte mich faſt ſehr / ohne ihren Willen ei - nige Schoͤnheit zu beſchauen / Jch geſchwei - ge zu lieben: Jhre Worte ſollen hinfuͤhro uͤm alle Schritte Erlaubnuͤs zu gébén / Macht haben / oder dieſelben verbieten. Jn gemein / mit Worten mag ich es hier nicht beſchreiben / wenn Jch Jhr nur die Taht zeugen ſolte: Hier empfaͤngt Sie gutge - meinte Worte / aber das Hertze meinet es ſo viel baͤſſer / als Jchs beſchreiben kan. Sie empfahe nun dieſes / liebſte Frau Mutter / als ihres liebſten Sohnes Hertzens - und Handſchrift / die Er / Jhr zu gehorchen / von ſich geſtellet hat: Sie laſſe aber ihren Sohn nicht vergébens hoffen; ſondern gébe Jhm / in einer Beantwortung / die Gnade / und Erlaubnuͤs / daß Er Sie kuͤnlich alſo nén - nen darf; ſo dann ſchreibe Jch mich mit Rechte

Jhr gehorſamer Sohn und Diener.

153. Ein himmelhóhes Lób der keuſchen Liebe; An ſeinen Hertzens Frcund / als Bruder.

Hertz -195Jm Perfertiſchen Buchladen zu ſinden.
HErtzvertrauter / Bruͤderlicher Freund /

Nachdehm du mich mit den Kraͤften der Liebe angegriffen / werde Jch dier / mit ében derſelben Macht widerſtehen; denn ſelbige behauptet auf der Welt eine ſolche Hoheit / daß man aus Noht / deſſen Macht ſich entgegen zu ſaͤtzen / ében ſelbiger Waffen vor die Hand nehmen muß. Jch werde dir ſagen / daß unter allen heftigen Bewégun - gen / mit welchen unſere Selen koͤnnen be - ruͤhret werden / die jénigen / ſo von der Liebe entſtehen / die Allerhóchadelichſten: und er - ſtumme hieruͤber / daß es eine Pein genennet wird; in Betrachtung / daß unſer Leiden voller Maͤngel und Gebrechen; hingegen die Liebe als lauter Goͤtlich / und an ſich nichts Jrdiſches / als die Wirkung habend / keines wéges vor ein Mangel oder Fehler / ſondern vielmehr vor eine ſolche Volkom - menheit / deren Art und Eigenſchaft ſo vol - koͤmlich / daß man auch uͤber deſſen verwun - derlichen Sachen / ohne Erſtummung / ſich nicht ſatſam verwundern kan / zu achten iſt. Jn dieſem beduͤnket mich / ſey es hoͤchſtnoͤh - tig / dieſes Goͤtliche Wéſen der Liebe nicht untereinander zu mengen; in Betrachtung deſſen Uhrſprung und Kwaͤlle / mit ſelbiger fruͤhzeitigen Gebuhrt der Wohlluſt / welche aus Jrrung und groben Verſehen / auch dieLie -196Ein ſchoͤn Lob keuſcher Liebe:Liebe genennet wird / wohl zu unterſcheiden. Denn / auf dieſe Weiſe / wirden wier durch des einen Tugend die Laſter des andern wohl erkennen; und die gantz wider einan - der laufende / werden Jhuen auch zweyer - ley Nahmen zueignen: Dannenhero ſage Jch dier / daß die wahre Liebe ein Strahle / von der helleuchtenden ewigen Sonne / die wier anbehten; und eine Lim von dieſem Mittelpunkt / ſo keinen Ůmkreis / dahin ſich alles grentzet / und von welchem alles als lauter Goͤtlich hérfleußt / und ſemen Uhr - ſprung empfaͤhet. Ja / nach meinem Sinne / iſt dieſes die Sele / von unſern Selen: denn / von Zeit an / da Sie der Erkentnuͤs und Biegung faͤhig / iſt Sie auch zur Liebe ge - ſchikt / ohne welche Sie nichts als nur ein Viehiſch Lében fuͤhren koͤnte. Wann Jch die mannichfaltige Beſchreibungen / ſo un - terſchiedliche hiervon getahn / léſe / mus Jch mich entſaͤtzen fuͤr dem / daß die ſterblichen Menſchen ein unendliches Ding / in den Grentzen ihrer Gedanken zu erfaſſen / und gleichſam als andere Rieſen den Himmel der Gotheit / uͤm das Erkentnuͤs ſeines Ge - heimnuͤſſes abzuſtehen / zu erſteigen ſich un - terwunden: Auch haben Sie durch ihr Be - ſchreiben mehr ihre grobe Fehler / und Un - verſtand / als dérer Eigenſchaft / zum Er - kentnuͤs geſaͤtzt; und alles / was Jch des - wégen vorbracht / ſeyn nichts anders / alsVer -197Jm Perfertiſchen Buchladen zu ſinden. Vermehr - und Zueignungen des Ruhms / ſo Jch Jhr zúſchreibe / und deſſen Abmah - lung gleichſam als eine Schattirung / uͤm die Linien ihrer Volkommenheit / den Augen der Allerunverſtaͤndigſten und Unkentlich - ſten / deſto ſcheinbar - und leibhaftiger vorzu - bringen / Jch mich bemuͤhe: Daruͤm Jch alzeit / ob gleich die Natur in allen Sprá - chen fruchtbar / iedoch nicht ſatſam / dérer wunderliche Sachen / oder vielmehr rechte Wunderwerke / (weil in aller dérer Wir - kungen die Vernunft nicht den wenigſten Blik ſiehet /) offentlich ausruffen werde.

Jch wil mich wieder zu meinem erſten Zwek kehren / dier / daß die wahre Liebe kei - ne Pein (in Erwégung / daß alle dieſelbi - gen nach ſich ihre Maͤngel und Gebrechen fuͤhret) zu ſagen; denn alles in dieſer liebſe - ligen Macht / als púr lauter Goͤtlich / vol - koͤmlich / und ohne Tadel: Wann wier zu dérer Kwaͤlle und Uhrſprung Uns anfuͤ - gen / werden wier befinden / daß die aller - hoͤchſte Volkommenheit / welche wier an - behten / deſſen Anfang und Urſach. Betrach - tet man deſſen Wirkung / ſo iſt das gutte der Zwek; denn es iſt nicht als nur deſſentwé - gen erſchaffen worden / weil ohne Liebe man das / was gutt / nicht zu lieben gewuſt: Al - lein es iſt hóchnohtwendig / nachgeſaͤtzten Unterſcheid zwiſchen der wahren und fal - ſchen Liebe zu ſtellen. Die WahrhafteK k kſtel -198Ein ſchoͤn Lob keuſcher Liebe:ſtellet ihrer Zúneigung kein ander / als der Tugend Ziel; und liebet das / was man Ur - ſach zu lieben: aber die Falſche faͤllet aller Ohrten ohne Unterſcheid an / und folget / als blind / keinen andern Weg / als ihres eigenen Sinnes: Aller Ůberflus geſchiehet gewalt - taͤhtiger Weiſe; erkennet auch kein andere Vernunft / als ihrer ſelbſt Empfindnuͤs.

Und dieſes iſt die Liebe / ſo man eine Pein nennet / als welche von allen Gebrechen an - gefuͤllet; und welche wier nicht unbillich in Vermeidung deſſen / ſo es verurſachet / flie - hen / und aus dem Wége treten ſollen. Deñ anfaͤnglich machet ſie ſich zu einer Meiſte - rin unſerer Sinne / uͤm damit die Kraͤfte un - ſerer Selen / welche durch Sie bewéget / hin und wieder gewieben werden / angeſtrenget / ihrer Bewégung / wie boͤs und ſchaͤndlich Sie auch ſey / zu folgen; dadurch wier dann von Uns ſelbſt zu leibeigenen Kuechten ge - macht werden. Wier tragen in unſerem Búſen / unſere Ketten und ſchwehre Ge - faͤngnuͤße Unſere Freyheit hat nichts an - ders / als mit ſeiner Dienſtbarkeit zu frieden zu ſeyn; und unſere Vermmft in ében ſelbi - gen Ketten ein gefeſſelt / wird veraͤcht - und ſpoͤtlicher Weiſe in Triumf eingefuͤhret; ja welches noch das argſte / mus es ſeiner Jr - kinn ſelbſt beſtaͤrken / und gutheiſſen. Ach / was uͤberfluͤßige Heftigkeit der Tyranney iſt dieſes! Nichts wenigers ſo ſeyn auchdieſes199Jm Perfertiſchen Buchladen zu ſinden. dieſes die geringſte Wirkligkeiten dieſer Pein / und dérer Kranckheit doch die mei - ſten unheilſamlich / und koͤnnen nicht als mit zeitlichem Tode geheilet werden: Nur al - lein verwundere und entſaͤtze Jch mich / daß Sie ſo gefaͤhrlich / und gleichwohl ſo ge - breuchlich ſeyn ſolle! Alles boͤſe wird von der Natur verachtet und verworfen; Al - lein / weil dieſe blinde Pein / dénen / ſo damit behaftet / die Augen des Verſtandes gleich - ſam ausgeſtochen / ſeyn Sie / durch ihre Bande ſo verwikkelt / daß Sie den Weg zu den Róſen nicht finden koͤnnen / ſondern ihr bis an das Ende folgen / da man die Doͤr - ner alles Leides und Bereuung / ſo ſtatlich findet / daß (weil ſonſt gemeiniglich die Ver - zweifelung hierinn das beſte Huͤlfmittel) ſolche Schmertzen zu ertragen / eine mehr als menſchliche Beſtaͤndigkeit erfodert wird. Jch entſaͤtze mich / mein Freund / - ber die Maßen / vor dieſer Pein; und zwar ſo ſehr / daß / ob gleich die Liebe mein einiges Element und Geſtirn / (indehm ohne Liebe Jch nicht lében kan) ſo brauche Jch doch / ehe Jch mich darinnen vertiefe / ſolche ver - ſicherung / daß allezeit mein Wille / die Schluͤßel zu deſſen Ein - und Ausgange in Haͤnden behalten moͤge: Und / wie Jch nicht vergnuͤget / meine hertzliche Zúneigung / vor meinem Verſtande und Meinung zu recht - fertigen / damit die Vernunft ſelbige nichtK kk ijver -200Ein ſchoͤnes Lob der keuſchen Liebe:verdamme; ſo betrachte Jch die Verdienſte der jenigen / worzu ſelbige gerichtet. Und nachdehm Jch ſolchen zum Zwek die Tu - gend / und alles guttes geſaͤtzet / ſo werde Jch in Sie ja ſo verliebt / als in die Sache / So Sie lieben. Siehe / wie Jch mich in meiner zúneigender Wohlgewogenheit ver - trage / begehre mich auch derer Regel fort - wuͤrig zu bedienen: Obwohl andehm / daß meine bloſſe Einbildung mier oftmals einen Auszug einfloͤßen wil / von nun an dem jéni - gen Ungíuͤk / ſo mich allbereit angegriffen / und welches das aͤrgſte / auch unter allen Krankheiten des Gemuͤhtes / die allerun - heilſamſte iſt / mit dieſer blinden Pein der Liebe uͤberwunden hat / zu entfliehen. Die - ſes kan Jch zwar mit hoͤchſtem Leide durch ſelbſt Erfahr - und Pruͤfung verſichern; denn Jch mit dieſer viehiſchen Pein ſo tieff als einiger Menſch der Welt behaftet; und wann Jch bey mier ſelbſt / das Lében / ſo Jch fuͤhre / bedencke / ſo iſt keine Wolluſts Roſe in dieſer Zeit / welche Jch mier nicht eine Zahl ohne Zahl ſtachlichter Doͤrner / und ében ſo viel Sorge / durch déren Angedaͤcht - nuͤs / in meiner Bruſt hervor bringet: maſ - ſen Jch mich denn ſelbſt haſſe / eine ſo haͤßige Sache alzuſehr geliebt zu haben; und wo mein / vor die Augen gebundenes Band nicht zu einer Entſchuldigung mier dienſam ſeyn wird / als ein Freund gegen mier ſelbſt /wér -201Jm Perfertiſchen Buchladen zu finden. werde Jch mein Hertze aus meiner Bruſt reißen / und es zu einem Leid und Reuungs Opffer / daß Jch ſo viel tauſend Opffer den uͤbertuͤnchten Abgoͤttinnen / welche meinen natuͤrlichen Verſtand / uͤm ſelbige anzubeh - ten / bezaubert / albereit dargegeben / auf den Altar légen. Und ob mier wol dieſes ein uͤberaus großes Ůbel geweſen / war es doch von keiner langen Wérung: Die Zeit / ſo alle Sachen zu aͤndern pfléget / verwuͤſtet allmehlich dieſe Pein; und durch Erkent - nuͤs der Krankheit / funde Jch letzlich die er - ſprieslich - heilſame Artzney; Jch wil ſa - gen / die Tuͤhr / dieſes irrigen Luſtgartens / worein mich mein Ungluͤck ſo tieff eingefuͤh - ret / daß Jch ohne den Faden einer goͤtlichen Verguͤnſtigung / den grauſamen Wurm und Drachen der Verzweifelung zu einer Spei - ſe gedeyen muͤſſen. Gluͤkſélig nun / ja wohl tauſendmahl gluͤrſélig kan Jch mich anitzo nénnen / indehm Jch ſéhe / den Port und Stemfelſen / welchem Jch entgangen!

Es mag numehr auf dieſem iederzeit im - geſtuͤmmen Weltmér donnern / und von der irdiſchen Lieb Winde ſich tóbend erweiſen / ſo werde Jch mich nimmermehr in ihre St begeben, ſondern mein Gráb nahe dem Port aufrichten: Weil Jch darinnen alzeit den Anker meines Lébens Schiefes genaͤſſet.

Entzwiſchen verzeih du mier / daß Jch dich mit einem Gerichte / ſo nach deinemKkk iijGe -202Lob der keuſchen Liebe:Geſchmak vieleicht nicht gefertiget / abſpei - ſe: Jn dieſem habe Jch meinem Sinn und Meinung gefolget / ohne Erwégung / daß Jch alzulange deinen hóhen Verſtand in dieſem Papier mit dem aufgehalten / deſſen mier gefaͤllige Befriedigung / daß dier ſol - cher auch annehmlich / mich zu gleuben anfri - ſchet; daruͤm / weil meine Narheiten euer Weisheit zu tuhn gében werden / uͤm aus Chriſtlicher Liebe meine Maͤngel und Fehler zu ſtráfen.

Nun wohlan / das Werkzeug iſt zuge - richtet; mache nun hieraus / durch gutte Verbaͤſſerung deines Beliehens / eine Form / welche mich / die vergangene Zeit zu bereuen / und die Gegenwaͤrtige / durch eine ſtetswaͤrige Beyſorge wieder in ſolchen er - littenen Schaden und Gefahr abermahls zugerathen / zu behertzigen / anfuͤhre. Jch werde deines gutten Rahts / nében der Eh - re / deine Anbefehlungen / damit durch meine Dienſte Jch zum Teil deine mier erzeigte Gunſt wieder erkennen moͤge / erwarten: verbleibende

Dein treuverknuͤpfter bruͤder - licher Freund.

154. Er erzehlet ſeinen Liebes Lauf der Búhlſchaft; Seinem vertrau - ten Freunde.

Lieb -203Er erzehlet ſeinen Lebens Lauf.
LJebſter Freund /

Naͤchſt Anerbietung meiner gantz willi - gen und gefliſſenen Dienſte / bin Jch / mit deinem Belieben / dich eine Stunde / in Sa - chen / meine Liebe betreffende / die Jch gluͤk - ſélig nénnen werde / ob Sie wohl / aus de - den daraus erfolgenden Wirkungen un - gluͤklich / zu unterhalten willens: und dier das / was du allbereit weiſt / zum Andenken bringen. Kaum fieng Jch gleich einem an - dern ungluͤkſeligen Orfeo an / die letzte Seuf - tzer / wégen des hóchſchmertzlichen Ablei - bens meiner hertzliebſten Euridize in Wind zu ſtoßen / daher Jch einem abgelégenen und einſamen Ohrte / zu meiner Rúhe und Ver - treibung trauriger Gedanken / heruͤm ſpa - tzieret; ſihe / da werde Jch einer fuͤrbuͤndi - gen / und mit aller zu Lieb reitzenden Schoͤn - heit angefuͤlletẽ Perſehon anſichtig / zu wel - cher Jch mich / iedoch mehr aus Hoͤfligkeit / als Liebe nahete; dann mit ſonderbahrer Beſcheidenheit Sie zu begleiten / und mit Réden zu unterhalten / mich verband; und darnében / mit allen Ehrerbietigen Worten / welche man bey den Damen vorzubringen pfléget / mich bedient machte / auch zugleich Jhr meine willige Dienſte ehrengebuͤhrlich anmeldete; mit ernſter Bemuͤhung / Sie / wie daß Jch dieſes nicht aus ungefaͤrlicher Bewégung / oder gebraͤuchlicher Hoͤfligkeit /Kkk iiijſon -204Er erzehlet ſeinen Liebes Lauff. ſondern aus einem / lange bey mier beſchloſ - ſenen Vorſatze / herruͤhreten / zu bereden: Solches gleubete Sie / und verpflichtete mich hingegen Jhr dermaſſen / unempfind - lich / daß Jch auch ehe gefangen / als des Garns inne wurde. Wie Jch nun / und zwar ehe Jch vermeynte / verliebt / wuchs ſolches in mier beymehlichen / durch ſtetige Gegenwahrt des Zweks / welcher es ver - urſachet / und die Jch auch zu aller Stunde im geſichte hatte / ſowohl / daß / als ein Lieb - haber / Jch geaͤngſtet wirde. Was beging Jch weiter / denn Jch nicht in déme / daß Jch meine Dienſte dieſer neuen Dame / an - gebohten / beguͤtiget und zu frieden / bis Jch uͤm Jhr dieſes Opfer anzutuhn / auch ein Schreiben (worauf Jch zwar bald / doch eine ſolche Antwort bekam / die an meinem Mitbuhler / So dier bekant / geſtellet) an Sie abgehen lies; So Sie uͤm ihre liſtige Betruͤgligkeit deſto mehr zubeſchoͤncn und zu faͤrben / ſelbſt angeſchrieben.

Schluͤße aus dieſer ihrer Verfahrung / ob Jch auch hinwieder geliebt worden? Nichts wenigers ward mier ihrentwegen dieſes Schreiben zu handen geliefert; denn die gutte Meinung / ſo durch die Zúneigung meines Geiſtes / Jch von Jhr gefaſſet / ver - anlaſte mich / daß / wie Sie es geſchrieben / alſo auch ſelbſt auf geſaͤtzt / ſicherlich zu gleu - ben: iedoch gebahr ſolches mit der Zeit /(und205Jm Perfertiſchen Buͤchlaben(und weil ihre Rede mit dem Schreiben nicht das wenigſte uͤbereinſtimmeren) in mier etwas Misglauben; Daunenhero Jch / die rechte Wahrheit eigentlich zu er - kuͤndigen / Jhr deſto ofter ſchrieb / uͤm daß Jch nur Wiederantwort darauf erlangen koͤnnen: welches denn meinen Zweifel alſo vermehret / und vergewiſſert / daß Jch mich letzlich / was daran wehre / auch von meinen Mitbuhler ſelbſt / welcher dieſe Poſten / ſo - wohl abgeleget / und ſich darinnen unver - droſſen erwieſen / zu erfahren entſchloſſen / welches mier dann fo wohl zu Gluͤk und ſtatten fiele / daß Jch mehr / als Jch zu er - fahren begierig / zu wiſſen bekam. Jch ver - barg / und hielt mit meiner Empfindung zu ruͤk; und / damit Jch mich raͤchen moͤchte / ſatzte Jch mier vor / Urlaub und Abſchied von Jhr zu nehmen / auch nimmermehr in ihre Dienſte mich wieder einzulaſſen: Und nun / dieſen meinen Vorſatz / zu wirklicher Taͤhtligkeit zu fuͤhren / ſo geſegnete Jch Sie eines Tages / mit Anfuͤhrung nachfolgender Urſachen: Daß / wann meine Dienſte Jhr angenehm / und beheglich / ſo ſolte Sie ſolche mit einem andern Valet / nehmlich der un - zweifelhaftigen Verſicherungen / die man ſonſt einem / feiner Damen Liebe und Gunſt alleine beſitzenden Liebhaber zu erteilen pflé - get / erkennen und annehmen; welches Jch denn rechunaͤßiger Weiſe von Jhr als JhrKkk vDie -206Seiner Buhlſchaft Fortgang /Diener erfoderte; Sie auch anzufuͤhren / mier zúlieſſe / mit und nében der Verſiche - rung ihrer Wohlgewogenheit / wo es an dehm were / daß Sie ſolches / uͤm meinet wil - len / maßen Jch uͤm Sie / hette. Hierauf er - klaͤrete Sie ſich nach der Hand / zúſagende / Sie wolte mier in gar kurtzer Zeit / daß Jch bey Jhr in hóhem Wehrt und Obacht / au - genſcheinlich zu erkennen. gében: Und weil Jch mich auch / mit ſo von bloßen Worten verſuͤßeten Erinnerungen / nicht befriedigen laſſen wolte / erteilete Sie mier durch Schrifften ſo feſt verbuͤndlich / daß Jch dar - an nimmermehr zweifeln koͤnnen oder ſollen.

Alles gieng bishéro wohl ab; aber / auf den Morgen gedachte Sie nicht mehr an ihr getahnes Verſprechen; ſondern im Ge - genteil verneinete Sie alles / was Sie ver - ſprochen gehabt; ja / Sie unterhielte und be - légte mich mit ſolcher Strengigkeit / daß Jch / liebſter Freund / gleichſam gezwungen mier vorſatzte / mich von ihrem Dienſte zu entlaͤſtigen / und nimmermehr in dergleichen Liebe / wo das Ungluͤk der eine Reu und Leid / aber Ausgang iſt / einzulaſſen. Jch lóbe deine unbeſtaͤndige Art und Natur hoͤchlich; denn du liebeſt allezeit / ob es wohl an dehm / daß du nicht liebeſt: der Zwek dei - ner Liebe / zielet zu keinem andern Ende / als deine Luſt und Freude daran zu haben; wel - ches denn von deinem unbeſtaͤndigen Sinnhér -207Jm Perfertiſchen Buchlaben zu finden. hérruͤhret und entſpringet. Ach! daß Jch doch deine natuͤrliche Neigung nicht habe; im Gegenteil begéhre Jch deine Verdienſte nicht: Jch ſchatze dich ſtandhaftig / weil du es nicht biſt; denn deine ſtétige Abwechſel - und Veraͤnderung / iſt ein unbewéglicher fe - ſter Riegel und Schoß / alzeit zu wechſeln. Und dieſes iſt das eintzige Mittel / dieſen Blinden mit ſeinem ſelbſteigenen Bande zu verblenden / und dieſen Tyrannen mit ſeinen ſelbſt eigenen Streichen und Stichen zu verletzen / weil ſo wohl einer als der ander unkraͤftig / deine Freyheit Jhnen zu unter - werfen. O gluͤkſélige N. Jch verzage nicht / daß dein Hertze nicht weis was ſeuf - tzen iſt; die Artzney der Unbeſtaͤndigkeit hei - let alle Kranckheit der Liebe. Lébe vergnuͤgt in ſolchem deinem Sinn / und zwar nicht oh - ne Neid und Abgunſt; denn es unmoͤglich; aber wohl ohne Pein. Die Sorgbluhmen werden nimmermehr in deinem Garten / wie imgleichen auch die verdruͤßliche Doͤrner aufwachſen. Verwundere dich uͤber deiner Gluͤkſéligkeit; und / fortfahrend zuverwech - ſeln / ſo wechſele alzeit hierunten auf Erden / biß ſo lange / die wahre Beſtaͤndigkeit / am Port deines Todes / wo du bald oder lang - ſam anfahren muſt / erlanget: und bleib hin - fuͤhro der Meinige / wie Jch bin der

Deinige / N. N.

Kkk vj155208Der ungluͤkliche Lieb und Lebeuslauf /

155. Er erzehlet ſeinen ungluͤklichen Lieb - und Lébẽns Lauf / Seinem liebſten Freunde.

VErtrauter bruͤderlicher Her - tzens Freund /

Nachdehm Jch aus der / bis anher mit dier gepflógenen Vertreuligkeit / mich deiner Aufrechttreu - und wahren Freundſchaft wohlgewies verſichert halten kan; ſo wil Jch dich / iedoch nach deinem Belieben / auf ein Stuͤndlein / mit Erzehlung des / von meiner Gebuhrt und Jugend an / mier zu Handen geſtoßenen vielfaͤltigen Ungluͤks / behelligen / und gleichſam hierdurch aus dei - nem Hertzen benehmen / was Jch in dem meingen fuͤhle; ausgenommen die / dier ge - lobte Treue Zúneigung / welche gleichſam mit Blutte geſchriebenen. Buchſtaben in dem innerſten Grunde meines Hertzens verzeichnet. Wiſſe dannenhero / als Jch kaum von meiner zarten Kindheit entkom - men / daß der bleiche Tod / mich meines lie - ben Vaters / und ſchluͤßig der Stuͤtzen und Aufenthalt meines Gluͤkkes / ber aubete. Zu dieſem groſſen Verluſt / ließ Jch nichts / denn unſchuldige Seuftzer / und kindliche Trehnen / welche vielmehr die Gewohn - heit oder Exempel / als die Behertzigungmei -209Jm Perfertiſchen Buchlaben zu finden. meines Ungluͤkkes / mier aus den Augen riſ - ſen / fahren und fluͤßen. Als nun aber in treuer Vorſorge / mich andere zum Stu - dieren und der Polniſchen Sprache fleißig hielten / ward Jch Anfangs nach P. dann auf B; und folgends / mein Studierẽ wohl fortzufuͤhren auf die Univerſitet W. ver - ſchikt; alda Jch mich gantzer fuͤnf Jahr nach einander in fleißigem Studieren aufgehal - ten / und mein Geluͤkke bauete; ſo mier aber in Zuruͤkziehung ins Vaterland wieder ent - fiel: denn / es ward mier alsbald / und gantz unverhoft / eine / zwar mit allen wohlanſtaͤn - digen Tugenden dermaßen gezierte Dame / dérer Lében ein ewiges Exempel allen ihres Geſchlechts / uͤm die Tugend zu lieben / und ſelbiger nach zuhaͤngen / verehlichet; da denn bald bey Anfang ihrer Genieſſnng / welche groß und unſprechlich / Jch Sorge truge / Sie zu verlieren; und ließ ſolche Sorge fah - ren / biß Jch Sie verlohren / ſo ſehr befurch - te / Jch mich / Sie zu verlieren: Ein Ver - luſt / der mier ſo ſchmertzempfindlich / daß deſ - ſen Bereuung ewig in meiner Sele einge - drukt ſeyn wird; maſſen auch das Anden - ken in meinem Gedaͤchtnuͤs. Dieſer Ver - luſt entſtand mier / nach verfluͤßung weniger Zeit / an dem Ohrte / da Jch meine Wohl - fahrt haben ſolte. Und nachdehm Jch tau - ſend und aber tauſend bluhtige Trehnen / als wahre Zeugen meiner Traurigkeit / und ébenKkk vijſo210Der ungluͤkliche Lieb - und Lebens Lauf /ſo viel Seuftzer / ihr Grab mit dieſen meinen ſchmertztraurigen / gebuͤhrenden Schuldig - keiten zu Ehren / vergoſſen / und mildiglich fluͤßen laſſen; ward ich ungluͤkſelig in eine vortrefliche Schoͤnheit / nichts wenigers ohne Vorhaben / als nur Jhr zu dienen / und Sie zu ehren / ob es wohl ihr Humor / oder vielmehr der Meinige nicht zulaſſen oder geſtatten koͤnnen / verliebt; Sowohl / daß alle getahne beteuerliche Eide / nach Ableiben der jénigen / welche Jch ſo bruͤnſtig geliebet / nimmermehr zu lieben / gebrochen worden; aber durch Urſache und Arbeit einer hóhen Gewalt / die mich / wider meinen Willen / aller Kraͤfte meines Widerſtandes / darzu anfuͤhret / und leitete.

Séhet mich nun mit ſonderbahrer Hef - tigkeit verliebt; ohne / daß Jch im wenigſten mich zu einem Knechte machen laſſen: denn der Wille / mich nimmer mehr in liebe zu ver - tiefen / war noch frey und loß; Nichts min - ders / ſo dienete Jch dieſer Schoͤnheit / mit allen der Liebhaber gewoͤhnlichen Ehrerbie - tungen; zwar vier oder fuͤnf Monat / bey déren Ablauf / die Goͤttin der Zwietracht / Uns auch von einander teht. Dier deſſen Urſach uͤmſtaͤndlich zu entdekken / wirde die Zeit vergéblich angewendet ſeyn; in Erwé - gung / du deſſen nicht unwiſſend. Jch laſſe mier (weiter zu ſchreiten) an dehm begnuͤ - gen / daß du / als ein Zeuge / meine Unſchuldder211Jm Perfertiſchen Buchladen zu finden. der gantzen Welt zu erkennen zu geben / die - nen kanſt. Jch genoſſe / und erndtete von dem ausgeſtreuten Sámen meiner Dienſte keine andere Frucht / als Reu und Leid; weil Jch ſolche auf einen unfruchtbahrẽ Akker ge - worfen; oder / da er gleich traͤchtig / doch nicht anders hervor bracht / als allerhand Doͤrner / welche meinem Hertzen Wunden zugefuͤgt / und numehr ſolche wieder zu hei - len / lauter Muͤhe verurſachen / indehm Sie fort fuͤr fort / wégẽ ſchmertzlichen Unmuhts / in dieſer verachtens wuͤrdiger Sache / auf - bréchen und rinnen. Jch war kaum von dieſer Dienſtbarkeit entlaͤſtiget / nahm Jch mier vor / dieſe undankbahre Dame zu ver - laſſen / déro Mangel und Gebrechnuͤs / Jch nicht ehe / als von meinen Augen das Band hinweg geruͤkt / erſahe; Und dérer Erkent - nuͤs uͤbernahm mich wieder des Andenkens / Sie geliebt zu haben / mit Haſſ alſo ein / daß Jch nicht mehr an Sie / als in Entſchluͤſ - ſung nimmermehr Sie in meine Gedanken zu faſſen / denken wolte. Dieſen Schlues ſatzte Jch ſchleunig zu Werke / und entfer - nete mich durch mein Abreiſen / in Hofnung meines Unmuhts lóß zu werden / von dieſer Grauſamen; gaͤntzlich achtend / daß die Gé - genwart / und der Ohrt ihrer Wohnung mier gleichmaͤßig widerwertig / und ungluͤk - ſélig wehren. Nichts wenigers aber al - les vergeblich: denn / das / im Lauf / mich fer -ner212Der ungluͤkliche Lieb - und Lebens Lauf /ner zu verfolgen / erhitzte Ungluͤk / erreichete mich letzlich / und verletzte durch das alzu - fruͤhzeitige Abieiben memer hertzliebſten Mutter / mein Hertze / mit einer ſo toͤdlichen Wunde / daß / wañ mein Lében alhier gleich ewig wehrend / doch der empfundene Schmertz eben ſo ſeyn muͤſſen. Mit ſolcher enſerſten Noht uͤmfangen / lebe Jch nun bis dieſe Stunde alhier; aber nichts minders mit Unmuht und Traurigkeit beladen: denn in Erwegung meines Ungluͤks / habe Jch ei - nen Verluſt an dem / ſo mier gefaͤllet; und ſchaͤtze hóch das / welches mier unangenehm. Die allerliebſte Geſelſchaften / ſeyn mier lau - ter verdruͤsliche Unterhaltungen / und in den aller abgelégenſten Ohrten / ſtelle Jch meine gewoͤhnliche Wohnung an.

Siehe / mein hertzvertranter Freund mei - nes ungruͤkſeltgen Lebens wahres Bild - nuͤs: Jn meiner zarten Kindheit habe Jch meinem Vater / in meiner Jugend meine Zeit; in meinem Maͤnlichen Alter menz liebes Eheweib; welche auch zwey Kinder vorangefchikt; und amtzo meine Mutter verlohren: Seyn nun das nicht Verluͤ - ſte / die ein Hertze / durch Erleidung derſel - ben / che es abſterben koͤnnen / jaͤmmerlich aͤngſten und kwaͤhlen?

Haſt du / Zeit deines wehrenden Lebens / auch einen / mit mehrern Ungluͤkſeligkeiten beſchwertern Meuſchen geſehen? Manhaͤlt213Jm Perfertiſchen Buchladen zu ſinden. haͤlt davor / daß die Hofnung erſt nach un - ſerem Abſterben zu Grábe geleitet werde: Aber / Jch kan durch die Erfahrung der Em - pfindnuͤs / welche denn ihre Verſicherung mit ſich auf dem Růkken fuͤhret / ſagen / daß der toͤdliche Abſchied derer / welche Jch am liebſten in der Welt gehabt / nur durch glei - chen Streich / die Hofnung nében ihrem Lé - ben / beraubet / abgenommen / und in ein Gráb eingeſcharret. Es erhaͤrte wer da wolle / daß alle dieſe abſonderliche Ungluͤkſeligkeiten / uͤm daß Sie alzuheftig / nicht koͤnten eine Vergleichung / als mit Jhr ſelbſt / erleiden; So ruffe und lade Jch alle in dieſer Welt lébende / mit Ungluͤk betroffene Menſchen / auf den Renplatz dieſes Laufs der Welt / Sie mit den Kraͤften meines Ungluͤks da - hin zu halten / daß Sie bekennen / es ſey kei - ner Ungluͤkſéliger / als Jch; und wann es gleich Tantalus ſelbſt wehre / ſo ſolte Er doch / daß ſeine Marter und Pein / mit dem meinen im wenigſten nicht zu vergleichen / geſtehen: Denn / ob Er wohl mit einem hef - tigen Durſte geplaget / im kuͤhlen Waſſer / biß an ſeine Lippen ſich befunden / hat Er doch ſolchen nicht ableſchen noch ſtillen koͤn - nen;

So iſt doch dieſes noch nichts gegen meiner Pein zu rechnen / daruͤm / weil ſeines / daß Er nicht trincken kunte / hérruͤhrete; das meine aber / weil Jch alles / was das Un -gluͤk -214Der ungluͤkliche Lieb - und Lebens Lauf /gluͤkke vor Gall und bitterkeit hatte / ansge - trunken / und eingeſchlukket: maßen die Hi - tze eines brennenden heftigen Durſtes / jénen armſéligen / wégen Unvermoͤgen zu trinken / verzehret und zernichtet; hergegen der ein - genommene Gift dieſes Trankes mich in einer toͤdlichen / ja noch grauſamer als der Tod ſelbſt / liechterlohe aufſchlagenden Flammen abringert und verzehret. Jch laſſe dis / mein ſonders vertrauter Freund / ſonſten nichts als nur vor deinen Ohren er - ſchallen; denn dem lieben Gott wirde es gantz nicht gefallen / daß Jch ſelbige wider den Himmel ausſtoßen wolte / uͤm Jhn in Beſtrafung meiner Laſter der grauſamen Unbarmhertzigkeit / zu beſchuldigen: denn / ob Jch gleich dulde / ſo leide Jch es billich / und werde meinen Hals / unter das / mier aufgelégte Jóch / wann es auch gleich ſtren - ger / als die / ſo Jch erleide / und albereit ver - trage / willig légen; und mein Wille begeh - ret ſolches zu erdulden. Hette Jch die Be - ſtaͤndigkeit mehr und Reue / Pein zu ertra - gen / ſo wirde Jch auch mehr in der Helle und Marterkammer / als nach Troſte und Erkwikkung deſſen / ſo Jch erleide / ſeufftzen. Es ſeyn auf dieſer Welt viel Wége / die nach dem Himmel begleiten und weiſen; a - ber der kuͤrtzte / und wenigſt gefaͤhrlichſte iſt mit Doͤrnern und ſtachlichtem Geſtreuche beſaͤtzt; und der / welchen unſer einiger Hei -land215Jm Perfertiſchen Buchladen zu finden. land fort fuͤr fort gewandelt. Auf ſolche Maß / daß in Nachfolgung deſſen / man letzlich die Herberg der Ewigkeit / dahin un - ſer aller brennendes Verlangen zielet / anzu - treffen man nicht fehlen kan: welches mich dann veranlaſſet / auch die allerſtachlichſten und ſchaͤrfſten in meinem vergaͤnglichen Lé - ben aufſtoßende Doͤrner / unter meine Fuͤße / mit ſonderlicher Beſtaͤndigkeit zu tréten: Und / ie mehr ſich ſolcher am Wége finden laſſen / ie gewiſſer bin Jch / daß Jch nicht irre gehen werde / verſichert; weil bey An - ſindung des letzten Dornſtrauches / des To - des / wier allererſt die wohlriechende Ró - ſen / als gewiſſe Zeichen des Endes / unſe - res Elendes / Angſt und Noth befinden. Es ſtehet nicht einem iedwedern in der Welt zu / mit Beſtaͤndigkeit ungluͤkſélig zu ſeyn; daruͤm / daß des Ungluͤks Ůbel / mit dieſer vortreflichen Tugend verknuͤpft / eine ſon - derliche Gnade und Gunſt iſt / die nicht von bloſſen Gluͤk / ſondern von dem guͤtigen Himmel hérruͤhret; welcher Uns die gruͤ - nende Hofnung / daß wier nehmlich nach der vergaͤnglichen und kurtzwierigen Kwahl / Marter und Pein / dieſes unſeres wider - wertigen Gluͤks / mit einer ewigwehrenden Stille / aller Gluͤkſéligkeit / Freud und Wonne / genuͤßlich empfinden werden / er - teilet. Jch ſey oder diene nun gleich zur Wohnung alles Elendes; und zum Sitzdes216Der ungluͤkliche Lieb - und Lebens Lauf /des Ungluͤkkes; oder zum Roſen Stok / alle Doͤrner des Ůbels und Marter der gantzen Welt hievor zubringen; ſo begehre Jch doch darwider und uͤber ſolchen Feund zu ſiegen / keine andere Wafen / als die liebe Gedult; und dieſe Wafen verſagen ihre Huͤlfe / ei - nem / Sie daruͤm anflchenden Hertzen nicht: Welches mich denn vor dem Streit mit der Siegs Krohne beſchenkt; weil Jch mein gebeht / ſolcher habhaft zu werden / einig und alleine abſende. Wañ Jch mier den Kreutz - traͤger Job / vor meine Augen ſtelle / ſo er - ſtarre Jch / zu ſéhen / daß ſein Leib auf eine ſo niedrige Tafel / alles Elendes geſaͤtzet; hin - gegen in ében ſelbiger Zeit / ſein Hertze auf den hoͤchſten Wipfel der Beſtaͤndigkeit er - hoͤhet; da Er aller Gefahr / (ungeacht Er albereit biß uͤber die Ohren darinnen / inglei - chen dem Ungluͤk / indehm Er ſchon euſerſt vertieft / und anderm Ungeſtimmen / wie - wohl in der mitten alles ſaus - und brauſen - den Sturmwindes) abgeſaget und Trotz beut. Du wirſt mier vieleicht einſtrenen / daß in der gantzen Welt nicht mehr ein ſol - cher / als dieſer geduldige Job anzutreffen / oder ein ſolcher geweſen ſey: Aber / hier - auf werde Jch dier antworten: Es ſey nicht unmoͤglich / daß dergleichen in der Welt un - zehlich viel anzutreffen und / foͤrders gehend / werde Jch dier andeuten / daß es an nie - mand / als uns ſelbſt ſeine Beſtaͤndigkeitund217Jm Perfertiſchen Buchladen zu finden. und Gnade zu haben / beruhet / und hanget; daruͤm / weil der liebe Gott es / niemand / ſo Jhn daruͤm inniglich angeruffen / verſaget. Laſſet uns nun dieſe Materien zuſammen nehmen / und daraus eine Form zúrichten. Ein Ehrliebender / rédlicher Mann / kan al - les / was Er wil / daruͤm / daß ſein von Ge - rechtigkeit angefuͤlleter Wille ſtetiges von deſſen Gunſt / und mit derer huͤlflichen Bey - ſtande geſtaͤrket / uͤberſiegen. Daß iſt / mein lieber Freund / waruͤm Jch keine andere Artz - ney / und erſpriesliches mittel / meine natuͤr - liche Neigung wider die Streiche des Gluͤkkes zu befeſtigen / einig dieſes / wie ei - nen Chriſtlichen Ehrliebenden Menſchen gehoͤret und zúſtehet / zu lében / erfinden kan? Dann wahrhaftig ein Menſchꝛ / ſo keine andere Stuͤtze / und Beſitzung hat / als nur ſeine bloße Staͤrke / wirde wohl tau - ſend mahl bey ſolchem anſtoßenden / als mich betreffendem Ungluͤk / ſich uͤberwunden ge - gébén haben. Nicht zwar geſchiehet die - ſes von mier / daß daehro Jch / weil mei - ne Beſtaͤndigkeit den Sieg daruͤber erhau - ptet / einen Schlues / ein untadelhaftiger und ehrlicher Mann zu ſeyn / erzwin - gen wolte; ſondern dieſe Behertzigung wil Jch dier uͤberlaſſen / daß es der Al - guͤttige GOTT / aus meinem darzu haben - den Willen / nach - und zúgelaſſen / und als der unendlich freygebig / hat Er ſolchendurch218Der ungluͤkliche Lieb - und Lebens Lauf /durch Vorſchub / mier ſolche Gedanken / uͤm mich noch mehrers aufzumuntern / ihn der Taͤhtligkeit hervor zu bringen eingegében. Gluͤklich nun iſt mein Ungluͤk; daruͤm / weil Jch als ein anderer Job / durch gemeine Verlierung deſſen / ſo Jch auf dieſer Welt am liebſten gehabt / in die Aſchen alles Elen - des und Ungluͤks geſaͤtzt / und an einem fremden Ohrte gleichſam von meinen Freunden verſtoßen; die Augen gantz mit Traͤhnen genetzet; das Hertze die Helfte durch gewaltſamen Wind ſeiner Seuftzen herauſer geriſſen; die Séle mit dem ſchmer - tzen aller Schmertzen beruͤhret und getrof - fen; auch nicht ahtemet / als mit halbge - daͤmpfter Stimme meiner Klágen; ja / in dem groͤſten und grauſamſten Ungeſtuͤm al - les dieſes Ungluͤks / ihre Traurigkeit und ſcharfes Verfahren / zu verachten / und ſelbi - gen unter meine Fuͤße zu tréten; meine Zaͤh - ren / Seuftzen und Klágen / vielmehr der Natur als meinem Ungluͤk / uͤm nicht unem - pfindlich mit einem ſo fleiſchlichen Hertzen / zu ſcheinen zúzuſchreiben. Seyn dann dieſes nicht mehr als menſchliche Staͤrke / auch kommen ſolche von oben herab; und mein Hertze wird von nun an / ohne Aufhoͤren / in der Sache / euer zwar toͤdlichen / aber mei - nem Vermoͤgen gleichaͤhnlichem Wieder - erkentnuͤs / bemuͤhet ſeyn. Entzwiſchen / mein Liebſter Freund / iſt es Zeit / etwasSchat -219Jm Perfertiſchen Buchladen zu finden. Schattirung dieſem meinem Bildnuͤße / uͤm deſſen Linien deſto mehrers liebhaftig zu machen / und zu erhoͤhen / beyzubringen: Und zu deſſen Fortſtellung / wil Jch mich der ver - nuͤnftigen Urſachen / welche Jch / meine be - gangene Handlung zu beſtaͤrken / in Haͤnden habe / gebrauchen / und ſagen: nehmlich die Tadlung dérer / welche etwas Nutz an mei - ner Erhaltung haben / und ſelbige / wider die - ſe meine Art zu lében / die Sie doch nimmer - mehr verſucht / entgegen geſaͤtzt / zu vernich - ten. Sie greifen mich mit den Waffen nachfolgender Ein - und Gegenwuͤrfe an; weil Jch nehmlich in dieſer Welt mich ſo vertiefet / ſolte Jch mich bemuͤhen / nach Art des Gluͤkkes / wider die Streiche der Zeit / auch ihrer Zufriedenheit und Nutzes hal - ben / aufzurichten; damit eine / meiner Art und Natur nachoͤhmende Perſchon / ohne Sorge Lébend / auch ohne Ehre ihr lében zúbrechte / und alſo meine Verfahrungen mit etwas Zwek der Nutzbarkeit geéndiget werden moͤchte: Zu welchem Angrief / Jch mit dem Schild der Vernunft / Jhnen wi - derſtehe / daß / wann gleich meine Neigung und Schlues allezeit hin und wieder wan - kend / und mein Vorhaben unvolbringlich vor der Welt; ſo geſchiehet doch ſolches aus Urſach / daß Jch alhier meine Woh - nung ſaͤtzen oder anſtellen ſol. Das verhofte Gluͤk beruhet an dem / ſolches nimmermehrins220Der ungluͤtliche Lieb - und Lebens Lauf /ins Werk zu richten; daruͤm / weil ſeine Gunſt und Gnade / als liebreitzende Bezau - berungen / dermaßen wider meine natuͤrliche Neigung laufen / und mier nicht verſtatten / daß Jch / meines Lebens muͤdes Schief / dieſem ſo ungeſtuͤmmen Weltmér / gében / und ankern ſolte; auch die vergaͤnglich bloſ - ſe Reichtuͤhmer ſo verachtend / Jch nichts der Verachtung aͤhnlicher finden moͤge. Man wird mier ſagen / daß dieſe / von Ver - achtung angefuͤhrte Worte / nicht tuhlicher als in einem Klóſter ſeyn. Und Jch werde wieder antworten / daß Sie dénen / So den Weg dahin zu reiſen / gehen / zur Entſchul - digung dienen. Auf dieſe meine Zeit hat mier GOtt die Gnade meine Rechnung in allen meinen Vornehmen zu finden verlie - hen / Ob wohl an dehm / daß man mier groͤb - lich die Rechnung verfalſchen wollen: Deñ zu dieſer Stunde / nach ſo vielem unterſchied - lichen Verluſt / befinde Jch mich mehr als iemals vergnuͤget / und zu frieden. Worzu dienets / daß Jch groß Reichtuhm geſam - let / ſo mier in meinem Leben nur zur Ver - achtung dienete? Waruͤm ſolte Jch dem Gluͤkke nachhaͤngen / wann Jch mier nie - mals vorgeſaͤtzt / mich in deſſen uͤmlaufendes Rad / uͤm ſeine Abwege zu vermeiden / ein - zuſaͤtzen / und zu wagen?

Es folge ihm nach / wehm es beliebet / man kan doch nichts / als ſein ſelbſt Verluſtge -221Jm Perfertiſchen Buchladen zu ſinden. gewiñen: Mier iſt lieber / dem jenigen nach - zufolgen / welcher ſeine Fehler / wann Er wil / vermeiden und einſtellen kan / auch deſ - ſen begruͤndete Urſachen dartuht / weil ſelbi - ge faͤhig / es vorzubilden: und Jch laſſe dier / mein lieber Freund / das Urteil.

Behertzige dannenhero bey deiner weile / dieſes meines Lébens Bildnuͤs / welches ich dier / nicht nach den Linien gezogen / noch mit Oehl / ſondern mit der Dinten / und eiſernen Pinſel verfertiget / zúſende. Ein Gemaͤhlde welches auch die Zeit auszuleſchen nicht maͤchtig ſeyn wird; Verzeihe mier / daß Jch dich mit einer ſo geríngen Nahrung abge - wieſen: Jch anbiete dier / die / deswegen ha - bende Reuung zum Labſal: aber dieſes ge - ſchiehet in der Eigenſchaft

Deines wohlgeneigten und ge - treuſten Freundes.

156. Einer betruͤbten Dame Schrei - ben / an ihren / in Verhaftung gehal - tenen Liebſten / anzeigende / daß Sie an nichts / als an ſeiner Perſchon Mangel leide.

GEnaͤdiger Herr /

Jch lébe / dem Himmel ſey Danck / in Geſundheit meiner Ehren / und des Leibes noch wohl; und habe wenigen Mangel anL l lir -222An ihren verhafteten Liebhaber. irgends einer Sache / wenn Jch nur nicht den groſſen Verluſt haben ſolte / déroſelben Perſchon zu meiden. Seine Verhaftung be - langende / habe Jch mich uͤber alles was Himliſch iſt / zu beſchwehren: und wil ohne Aufhoͤren wuͤndſchen / daß Sie mier mein Tage keine andere Freude geſtatten wollen / als bey E. Gn. Erloͤſung; auf welche Jch alle meine / mit Trehnen begleitete Seuf - tzer und Wuͤndſche richte: indeſſen bleibe Jch die Allerbetruͤbteſte; doch aber

E. Gn. Ergébene.

157. Des verhafteten Liebhabers kurtzgefaſte / bewegliche Antwort / an ſeine Liebſte.

DEin Schreiben / ſchoͤnſte Won - ne meines Hertzens / iſt mein einiger Tróſt / nachdehm Jch weis / daß weder Dier / noch deiner Ehre / einige Gefahr zú - geſtanden: Nun ſorge Jch weder vor mein Lében / noch vor die Erloͤſung; denn Jch ſterbe mehr als gerne / in der Liebe / meiner Schoͤnen / als

Jhr Diener.

158. Er uͤberfuͤgt ſeinem Freunde / daß dieſe Da - me / weil Sie ſeiner nichts geachtet / von den Goͤttern gerochen ſey: ermahnet Jhn da - bey / Jhrer gaͤntzlich zu vergeſſen.

Jn223Sie iſt von Goͤttern gerochen.

JN hertztreulichem Vorwundſch alles ſelbſtbegehrenden Wohlergehens / wil meine und deine Freundſchaft / vertrau - teſter Freund / nichts anders / als daß wier ſich alles gutten / immer ie mehr und mehr beyderſeits vorgewiſſern: deine Schmách / nehmlich / daß dich deine Liebſte ſeidher ſo wenig geachtet / iſt von den Goͤttern ſatſam gerochen: indehm Sie / Jhr zu ewigem Schimpfe / das / im Tempel aufgehangene Bildnuͤs / haben verſchwartzen laſſen. Nu - mehr werdẽ die Untreuen einen Spiegel; die Treuen aber eine reiche Ergetzligkeit an Jhr haben: Und ob Sie zwar anitzo wieder uͤm - gekehret ſeyn wil / dennoch ſchreibe Jch dier dieſes / daß / wo Jch der wehre / den Sie al - ſo beleidiget hette / wolte Jch Sie ſo gaͤntz - lich vergeſſen / ſo volkommen / als Jch gantz wohl genennet werden mag / und bin

Der Unvergeſſene.

159. Der / zuruͤkverlaſſenen Dame / Liebes Treh - nen / in ſtandfeſter Treuverſicherung / An den unbeſtaͤndigen.

MEin Liebſter /

Seyn denn Kavaliers Haͤnde ſolcher Leichtſinnigkeit / daß Sie nicht weiter hal - ten / als was die betruͤgeriſche Augen verſte - hen wollen? Mein Hertze kan alleine bezeu -Lll ijgen /224Der Damen Liebes Trehnen. gen / daß Jch anderer Aufwartung wenig geachtet: denn / was geſchehen / iſt nur des - wegen / ohne Verdacht zu leben / vorgenom - men worden: hinfuͤhro ſollen mich keine an - dere Lippen und Haͤnde / als die ſeinẽ / ber uͤh - ren; und wird wenig vorgehen / daß ein Mund ſo gluͤkſelig werden mag / von mei - ner Zunge einige Antwort zu erlangen. Mein liebſter lebe unterdeſſen ſicher / daß unaufhoͤrlich die Trehnen meiner Wangen / und die Begierde / Jhn wieder zu ſehen / meinen Háren viel Leides zúrichten wer - den / bls die Wiederkunft ſeiner angeneh - men Perſchon / mit einem Liebeskuße hin - wieder abwiſchen wird / die faſt verweinte Augen /

Der Ungluͤkſeligen N. N.

160. Er bittet von einer Schoͤnen Frauen / Jhn / als déro dienſter gé - benen / aufzunehmen; oder aber / unverhoften widrigen Falles / ſolches mit dem ſchwar - tzen Rokke der Verſchwiegen - heit zu dekken.

Hóchgebietende meine Frau /

Daß Derſelben Jch in dem Zúſtande worinnen ſie ſich anfindet / mit meinem un -an -225Er unterwirft ſich der Damen. annehmlichen Schreiben / zu belaͤſtigen mich unterwinde / bitte Jch / mier guͤnſtig zu ver - zeihen / und dißfals keinen Widerwillen auf mich zu werfen / zumahl Jch hierinnen kei - nen andern mich hierzu antreibenden Zwek / als uͤm Verguͤnſtigung zu bitten / damit Jch Sie fuͤrohin ungehindert / mit dem Jhr ſchuldig gehoͤrigen / und déro Verdienſten gewiedmete Wirde / zu lieben fortfahren moͤ - ge. Jm Fall meine Zuneigungen Jhr un - annehmlich fallen ſolten / ſo verheiſche Jch Jhr ſolche / wie Sie denn auch aus meinem keuſchen Rokke der Verſchwiegenheit zu be - dekken / nicht aber ſolche aus der Wurtzel und Grunde auszurotten / ſintemal Jch oh - ne Sie nicht lében: noch durch etwas an - ders / als ihren Tod / ſterben kan.

N. N.

164. Des Frauenzimmers / in ge - hoͤfter Zúneigung / Liebes Ant - wort Brieflein / hier auf.

EDler / Manfeſter Herr /

Daß in meinem Vermoͤgen und Kraͤf - ten / die gutte Zúneigung / wormit Er mich wuͤrdiget / zu ehren / nicht beruhet / daruͤber fuͤhre und trage Jch ſonderbahres / zu Her - tzen ſteigendes Leid; ſchaͤtze und erachte mich ſo lange Ungluͤkſélig / bis Jch eine an -L l l iijfal -226Er lobet ſeine Liebſte:fallende Gelégenheit / uͤm mich / wégen der / mier durch Jhn erwieſenen Gunſtbezeu - gung zu entlédigen / ergreifen werde / Jch mich anitzo in einem ſolchen Zúſtande zu ſeyn befinde / das Jch Jhme nichts mehr / als meinen / gegén Jhme geneigtfuͤhrenden Willen darbieten kan: entzwiſchen / ſo er - warte Er von mier den Ausgang; iedoch alzeit in der Eigenſchaft /

Seiner Treuen Dienerin.

162. Er erhébt ſeiner Liebſten ſonderbahre Lieb - reitzungen / in dienſtlicher Zuneigung ſehr hoch.

Wunderſchoͤne Dame /

Jch habe von meinen Kindes Beinen an / und zwar mit ſatten Wahrheits Gruͤn - den / daß Sie / an Jhr / uͤber und vor andere ihres Geſchlechtes ſonderbahre Liebesrei - tzungen hat / uͤm hierdurch die allerunbendig - ſten und wildeſte Hertzen / aller maßen Sie denn tuht / Jhr untertaͤhnig zu machen / ie - derzeit der Hofnung gelébet: denn / weil dé - ro ernſtliche Strengigkeiten / und ſtrenge Unbarmhertzigkeit ſelbſt / voller Liebe und Holdſéligkeit / auch déro Verachtungen voller Ehrerbietung; mus man hierdurch nicht bekentlich geſtehen / daß Sie an Jhr ſelbſt ſo bezauberliche Anreitzung / auch die Allerheiligſten zu Abgoͤtern werden. Michbe -227Der Damen Antwort. betreffende / ſo bin Jch in Jhrer Dienſtbar - keit / woriñen déro unerſchaͤtzliche Verdienſte mich verwikkelt / und ében dieſe Verdienſt - nuͤße mich alzeit verarreſtiret / und gefangen halten / alſo vertieft / daß Jch ſelbſt die Ge - danken zu meiner Erlédigung zu faſſen / haſ - ſe / und tuh hiermit abermahls / das / darin - nen zu lében und zu ſterben abgelegte Geluͤb - de; iedoch mit dem Bedinge / daß Jhr ſol - ches gefaͤllig / beſtaͤrken.

N. N.

163. Der Damen wieder antwortliches Schreiben / ſo Sie / mit vorgeſchuͤtzter Un - wuͤrdigkeit / dieſes / Jhr angetahnen Ruhms / auf vorſtehendes zuruͤk uͤberfugt.

WOhledler ꝛc.

Wie mich beduͤnket / ſo hat Er ſein Abſéhen / mich / durch ſeine ſtuͤndlich-wieder - hohlete / mier zuneigende Lób - und Preiſung / der ſcheltwuͤrdigen Undankbarkeit / zu - berweiſen / und zu uͤberzeugen; Allein / wird Er mier Glauben beyzumeſſen gebehten / und zur wiedervergeltlichen Belohnung / nichts anders / als daß Jch ſelbſt bekentli - chen / ſolches mier zugeſchriebenes Lób / nim̃èrmehr wuͤrdig geſchaͤtzt zu ſeyn / ſtehen werde / ſich zu getroͤſten haben: zudehm / ſoLll iiijbin228Er bittet uͤm einen Kues. bin der / mier zúgeeigneten. Nichtigkeiten / Jch nicht faͤhig; ſintemahl an mier nichts lóbpreisliches zu finden / denn nur der mier feſtgefaſte Vorſatz / in wehrenden meinem gantzen Lében mich befinden zu laſſen / zu ſeyn.

Seine Magd / und treue Dienerin.

164. Er bittet uͤm einen Kues; an eine uͤberſchoͤne / von einem Alten bediente Dame.

WOhl Edle / Schoͤne Jungfrau /

Jch erkénne zwar wohl die Stráfe / mei - ner Verwegenheit / daß Jch jénem unbeſon - nenen Juͤnglinge / gleich / dieſem Papier waͤchſerne / und nicht genugſam wohlgeſtal - te Fluͤgel / der Zierligkeit angehaͤftet / da Jch doch wohl weis / daß es zu dem Trohn aller Tugenden / und vor dem Glantz allerhoͤfli - chen Wiſſenſchaft / anlenden ſol / welcher mit ſeinem erſten Anblik / Jhm den Verdienſt abzuſtatten / und es zu einem feurigen Tode verdammen wird: Daruͤm wehre wohl baͤſ - ſer / der Ungeſchikte lieſſe das fluͤgen / ſo duͤrf - te Er ſich keiner gefaͤhrlichen Abſtuͤrtzung in das bittere Mér / ſolcher Verachtung be -ſor -229Jm Perfertiſchen Buchladen zu finden. ſorgen: aber / wer wil doch ungelóbet laſſen / dz / wz man ungeliebet nicht anſchauen kan? Jch mag den Schmertzen meines Hertzens nicht verhoͤlen / und ſo Jch koͤnte / wuͤrde ſich derſelbe durch viel klaͤgliche ſeufzer / in die be - kante Welt fehlen. Jch geſtehe eine Wunde / ſchoͤne Wuͤrgerin / die Jch von ihrer Schoͤn - heit halben habe / welche auch mit meiner Séle Gemeinſchaft haͤlt / und iſt zu beſor - gen / wo Sie nicht ſo eilfertig zu helfen als zu verwunden / Sie werde meinem Geiſte die Tuͤhre aufmachen / durch welche Er ſich aus meinem élenden Koͤrper verlieren kan. Sol denn Tod und Hoͤlle alle ihre treuen Dinner beſolden / und wird Jhnen denn nichts anders als Schmertzen und Angſt auf die Hand / und zur Unterhaltung gege - ben? Sie laſſe doch einmahl die Liebe das Urtheil faͤllen / und verdamme mich hernach zu einem iedwedern Tode / wo Jhr ja mit unſerm Sterben ſo wohl iſt. Solte Sie nur wiſſen / meine Luſt zum Tode / Sie muͤ - ſte ſich verwundern / warumb Jch ſo lange und in Bekuͤmmernuͤß gelébet hette. Ob gleich die Heupter mit verſtaͤndigen Háren / in ihrer granen Weisheit unſere Tugend tadeln / und durch die ſcharfe kriſtallene Auf - ſicht ſo viel Anfaͤnge als Enden / in ihren Gedanken / uͤber unſerem Beginnen machen / wier auch dieſes gerne billichen und folgen wolten, Dennoch reitzet uns immer AmorLll vwie -230Jm Perfertiſchen Buchladen zu finden. wieder / und zuͤndet die ausgepluͤnderten Flammen aufs neue an / nur damit wier ih - rem ſchlechten Urteil zuwider lében ſollen. Es uͤmfaſſe doch / meine Schoͤne / ihren Ei - fer / denſelben zu zukkern / und begnade ihren Knecht ſeines Lébens Uhr aufzuziehen / da - mit Er auch einmahl in ſeiner truͤben Stun - de / einer Froͤhligkeit genuͤſſen moͤge. Sie weis noch wohl allen Zorn vergeſſen / wie - viel ſich der beſéliget heiſſet / wann Er auch nur bey déro Worten ſich aufhaͤlt / und gé - be numehr zu bedenken / wie hóch Er ſich halten wirde / wo Er Sie zu kuͤßen erlangen ſolte / welches denn hiermit durch dieſen ſei - nen papiernen Vorrédner erbehten haben wil /

Déro wie verliebter / alſo beſtaͤndiger D.

165. Aus uͤbergróßer Liebes Angſt / gedaͤnket Er in ferne Lande zu fliehen.

ACh Schoͤnſte /

Amor und Fertuna zugleich / haben uͤber meinen Ruin / und endlichen Untergang zu - ſammen geſchwohren / daß alſo meine Be - ſtaͤndigkeit / uͤm ihrer grauſamen Macht /ſat -231Die uͤberheftige Liebes Angſt. fatfamen Widerſtand zu tuhn / ihnen nicht gewachſen genug ſeyn. Jſt derentwegen kein ander Mittel / noch Wég / mich zu ret - ten / mehr uͤbrig / denn alleine dieſe Stadt und Ohrt zu kwittiren / und in fernen Lan - den mein Feuer und Hérd wieder aufzurich - ten. Aber / wo ſol Jch hinfliehen / daß Jch von den ſcharfen Pfeilen des Amors geſi - chert ſeyn moͤchte? Denn / wenn gleich For - tuna mit guͤnſtigen Augen mich wiederuͤm gar freundlich anblikkete / auf ihre Fittichen ſaͤtzete / und an das euſerſte Ort der Welt begleitete / wuͤrden doch die lange und breite Haͤnde Amors mich daſelbſt ergreifen / und unter ihr hartes Pein - und Angſt Jóch / zum ewigen Knechte mit Gewalt bringen / drin - gen und zwingen. Es iſt numehr mit aller Huͤlfe aus und verlohren, doch wil Jch mich mit dieſem einigen Ruhme / daß Jch durch das allerſchoͤnſte Auge / ſo dahmals auf dem gantzen Erdkreis gewéſen / gantz toͤdlich verwundet worden / ſelbſt berahten / troͤſten / und aufrichten. Und wann Jch in des uner - ſaͤtlichen Charons blutige Todtenkahn ein - gelegt werden ſol / ſo wil Jch ſterbend offen - bahren / daß Jch in meinem gantzen Lében / eines ſo ruͤhmlichen Todes teilhaftig zu wer - den / nicht verdienet. Gutte Nacht ohne gutte Nacht; weil Jch / Sie / auch kwitti - rend / keine Zeit verlaſſen kan.

N. N.

Lll vj166.232Der Damen Antwort Schreiben.

166. Einer hoͤflichen Dame beant - wort Schreiben hierauf; darinnen Sie Jhn mit ſehr Lieb-Lób - und Tróſtrei - chen / hóchſteigenden Worten / von ſeiner fuͤrgeſaͤtzten Abreiſe / zu - ruͤk haͤlt.

AUertapferſter und Teuer - ſter Kavalier /

An welch Ort und Ende der Welt wil Er ſich doch immermehr / da Er in hoͤherem Wehrt und Ehren / als ében alhier / ſolte ge - halten werden / hinlenken und begében? Jn welchem Lande / ſage er mier doch / ô Mañ - und Streithafter Kavalier / wird Er Jh - me mehr Lorbér / Myrren / und Palmen - Kraͤntze / mit herlicher Gluͤkwuͤndſchung des gantzen Volkes / heimhohlen / als ében alhier bey Uns / da ſeine anſehlige. Verdien - ſte / auch von dem Allervolkoͤmlichſten / mit hoͤchſter Verwunderung gepreiſet / und ſeine Volkoͤmligkeiten auch / von ſeinen ſelbſt eige - nen Feinden geehret werden. Was Ungluͤk kraͤnket Jhn doch / ò mein Allerliebſter und Schoͤnſter Kavalier? Er verhalte mier es doch / ům ſeiner und meiner Wohlfahrt wil - len / nicht! Weis Er nicht / daß der Lorbér - baum / ein rechtes Mittel / und ſtarkerSchutz /233Jm Perfertiſchen Buchladen zu ſinden. Schutz / wider die Donnerſchlaͤge iſt; und daß ſein Haupt derhalben mit demſelben un - zehlich gekroͤhnet / alle Streiche und Stoͤße des wuͤttenden Gluͤkkes gar wohl werde ab - und zuruͤk treiben. Die Liebe betreffende / ſo Sie Jhn etwas kraͤncket / und beaͤngſtet / ſo troͤſte Er ſich durch hertzlabende Be - trachtung ſeiner herrlichen Tugenden / und Geſchikligkeit / die Jhn ſo angenehm und liebreich bey allen Menſchen machen; ge - wies gleubend / daß / wann eine Frantzoͤſi - ſche Dame / Jhn beunruhiget / auch ſeine weltkuͤndige Tugenden Er nichts deſto we - niger hinwiederuͤm die groͤſſeſte Pein und Schmertzen verurſachen / weil dieſelbe ében ſo wol andere zu lieben / als von Jhnen ge - liebt zu werden / faͤhig / willig und bereit dar - zu: Daß alſo / geſtalten Sachen nach / Er durchaus keine rechtmaͤßige. Urſache hat / ſich uͤber die groſſe Pein und Schmertzen / welche Er / ſeinem Vorgében nach / erleiden muß / zu beklagen. Er kan ſich derohalben numehr auf allen ſeiten / auf den erwuͤndſch - ten / und ſanften Polſter / ſtoltzer Ruhe und Befriedigung ſelbſt ſaͤtzen und bringen. Was noch uͤbrig / ſo koͤmt mein / in Gebuͤhr gantz freundliches Bitten / fuͤr die Tuͤhr ſei - nes liebreichen Hertzens / mit aller Zuver - ſicht getréten / und angeklopft; flehentlich begehrend / daß Er doch unbeſchwehrt das - ſelbe eroͤfnen / und obangefuͤgte bewéglicheLll vijUr -234Jm Perfertiſchen Buchladen zufinden. Urſachen / in das herliche Gemach deſſeiben / einlaſſen / und nachbarliches Kwartier - ben wolle: Und ſolches alles nicht deswé - gen / daß Er wider ſeinen Willen / welcher ie / und allezeit ſehr gutt gewéſen / gaͤntzlich alhier bleiben ſolle (denn Jch beſorge gar ſehr / daß Jch ſein Vergnuͤgen und Zufrie - denheit / weil Jhn ſolches an einen andern Ohrt beruft / und haben wil / nicht zur Sat - ſamkeit werde ſtillen koͤnnen) / ſondern nur einig und alleine daruͤm / daß Er doch ſeinen Abſcheid in etwas / da Er anders mich / als eine Dienerin / Jhme bis in meinen Tod zu verbuͤnden begierig und geſonnen / erlaͤngern und aufſchieben wolle: worbey Jch ver - harre

Seine treue Dienerin / bis ans Gráb.

167. Von ſeiner eigenen / und der begruͤßten Perſchon Bekuͤmmer - nuͤs / und Trennung; An ſeine / Jhm Allerliebſte Schwe - ſter.

EDle / an Ehren und Tu - gend Reiche / Schoͤne und Allerliebſte Schweſter /

Noch zur Zeit habe Jch nichts mehr / als den beſchwerlichſten Anfang von dieſerTren -235Von ſeinem Bekuͤmmernuͤs. Trennung gekoſtet; werden mier aber die / noch uͤbrigen einſamen Tage / viel Bitterkeit verurſachen. Jch mag itzo nicht der kuͤm̃ern - den Abſonderung gedaͤnken / die mich bey ihrer Zeit noch wohl kraͤnken wird: Jedoch iſts war / GOtt wil dier und mier hiermit weiſen / wie ſchwehr unſer Scheiden alsdañ ſeyn werde. Mier iſt mehr als wohl bekant / daß dier nichts anders / als mier ſeyn kan / in dehm Jch bedenke / daß wier / mit bruͤderli - cher Liebe einander verwand. Es kan wohl kein Hertze ſo nahe mit dem andern verbun - den ſeyn / als meines mit dem deinen / weil es itzo gleich wie auſer mier / und bey dier zu lé - ben ſcheinet. Und zwar / in Wahrheit / Schoͤne Liebſte Schweſter / ſo lébe Jch itzo faſt wie ohne Hertze; denn aus dem Hertzen der Geiſt / und viel Seuftzer ſich zu dier abſchwingen / alſo / daß Jch kaum ſo viel Lufts behalte / vor dich zu behten und zu bit - ten. Heute koͤmt die dritte Nacht / daß Jch / mit allen meinen Gedanken wieder auf die Wache ziehen mus: Jch bilde mier wohl ein / indehm Jch ſo viel trukkene Seuftzer verlohren ausſchikke / wañ Sie zu dier kom - men / daß Sie deine Augen ohne Kwaͤlwaſ - ſer nicht finden werden / und ſich alſo erfri - ſchen koͤnnen: denn unſer einem nicht wohl anſtehen wirde / wann Er ſeinen Wundſch mit Trehnen / Weibiſch verſéhen / und alſo abſchikken ſolte. Sie bringen mier aberdie236Jm Perfertiſchen Buchladen zu finden. die Antwort / von deinem Betruͤbnuͤs; wie ſol Jch denn eine froͤhliche Stunde / in mei - ner Einſamkeit haben / wenn Jch dich alſo von Freuden wiſſen mus? So ziehe Jch mier auch zu Sinne / du werdeſt von deiner Gewonheit nicht laſſen / und in deinen ge - braͤuchlichen melancholiſchen hin und wieder gehen / mehr Seuftzer / und Gedanken / als Schritte und Tritte machen; Denn Jch weis wohl / daß Jch dich viel oͤfter aus treu - em Hertzen habe weinen / als lachen ſéhen. Du biſt mier aber mit dieſem nur zuwider / (da Jch doch ſonſt wohl weis / daß du mier nicht zuwider ſeyn wirſt) wann du dich mit vielem Graͤhmen und Trehnẽabmatteſt / dei - ner Speiſe abbrichſt / und alſo auch an dei - ner Schoͤnheit Schaden leideſt; die Jch zwar ohnedis / aber doch bey ihrer vorigen Volkommenheit baͤſſer lieb habe. Daruͤm / mir zu Liebe / enthalte dich deines Kum̃ers; Jch wil mich deſto oͤfter bey dier ſchriftlich finden laſſen: Jndeſſen lebe nach Wundſch und Begehren; und verſichere dich der Treu /

Deines biß in Tod beſtaͤndigen Bruders.

168.237Von ſeiner Trennung /

168. Von ébén dieſer Trennung / der an - dere Brief / auf ſeiner Schwe - ſter Antwort.

EDle / Vielehrentugendrei - che / Schoͤne und Allerliebſte Schweſter /

Jch befinde mich noch bey allem gutten / wann Jch nur deiner nicht mangeln ſolte: Jndehm Jch aber dich / als ſo was liebes / muͤſſen mus / iſt der Verluſt groͤſſer / als alle das gutte / was Jch genuͤße. Meine Hof - nung verterbet auch noch uͤm einen Tag o - der mehr / der gar zu heftig-grauſame Win - ter; indehm Jch mich weder jéner / noch die - ſer Zúkunft troͤſte / weil Sie das uͤbele An - ſchauen des kalten Himmels / noch wohl bey dem Ofen behalten wird. Jch wuͤndſche / und wuͤndſche doch vergébens / mit dier zu réden; muß alſo noch dis Mittel gebrau - chen / und deine Augen mehr / als deine Oh - ren / mit meiner ſchriftlichen Stimme erfuͤl - len. Es weis dis niemand baͤſſer / wie oft Jch deiner Gedaͤnke / als die Perſchon / die dier und mier viel guttes goͤnnet; und bey - nében Uns auch viel boͤſes leiden mus. Jch breche dier nichts in meinen Gedanken / an deinem Morgen - und Abendwundſche ab; ſondern gedaͤnke dier eben ſo viel Guttes /mit238Jm Perfertiſchen Buchladen zu finden. mit einem eingebildeten Handkuße zu / als wenn ich in der Wahrheit dich recht begruͤſ - ſete. Meine Allerliebſte Schweſter / ver - zeih doch meinem / aus treuem Hertzen kom - mendem Worte / und entſchuldige mich mit deiner Wohlwiſſenheit / daß Jchs aus hertzlicher Gewohnheit tuh / indehm Jch dich ſo gleich Du heiſſe: Schaͤmen mus Jch mich zwar / daß dein Brieflein hoͤflicher ſeyn wil / als das meine / und mich / als einen Fremden / mit dem Worte Derſelbe / anrédet: So haſt du mich an die wuͤrdige Stelle / deines Bruders gelaſſen / das mich am beſten bey dier entſchuldigen mus; denn / indehm Jch ſo offenhertzig réde / gébe Jch nur ie mehr und mehr meine rechtbruͤderliche Liebe mit an Tag. Aber / Jch weis / daß du es mier zu Liebe rechnen / und in andern mich gleich ſo zu nénnen / nicht unterlaſſen wirſt / weil wier doch auch rédend / Uns niemals ſolcher unbekanten gleiche Worte gebraucht haben. Jénes Heilige / habe ich vollends ge - ſchrieben / welches deiner Froͤhmigkeit wohl - gefallen wird; und nun bleibet mier nichts uͤbrig / als deſto ſtéter in Gedanken zu lé - ben / welches Jch dann dier am meiſten auf - opfern wil / und nimmermehr vergeſſen / daß Jch bin und bleibe /

Meiner Allerliebſten Schweſter Treuer Bruder und be - ſtaͤndiger Diener.

239Ein Liebes Pfand - und urlaub Brieflein.

169. Eines Galánen Liebes Pfand - und urlaub Brieflein / an ſeine hertz - liebſte / vor ſeinem Abreiſen / auf wenige Zeit.

LJebſte Freundin /

Jch weis nicht / ob Jch auch dieſen Tag zu den andern meines Lébens / zehlen ſolle / weil es der Tag / ſo mich / von Jhr abſonde - rend / auch gleichſam von mier ſelbſt ſcheidet / daß mier iederzeit das widerwaͤrtige Gluͤk - ke hat die Gelégenheit meines Abreiſens / auf die Bahn bracht / nur nicht von dénen / So Jch am heftigſten Liebe / zu entfernen / und zwar mit ſolcher eilfertigen Nohtwen - digkeit / daß Jch keine erhebliche und ſutſame Urſachen / als ſelbige meiner Liebe / die doch von dénen / welche die Natur uͤber mich zu gebieten / geſaͤtzt / nicht angenommen wer - den wollen / verwenden kan: dergeſtalt / daß Jch Sie / meine Schoͤne / wider allen mei - nen Willen / eine zeitlang zu kwittiren / gedrungen werde; hierzwiſchen aber / ſo kurtz es auch ſeyn kan / ſo wird meine Em - pfindligkeit eine Probe des allerſchwe - reſten Unmuhts / So ie eine Séle in die - ſer Welt ausſtehen koͤnnen / tuhn und ab - légen muͤſſen: Durch dieſes mein Schrei -ben /240Ein Liebes Pfand und urlaub Brieflein /ben / begehre von derſelben Jch freundlichen Urlaub; mit angehaͤngter Bitte / meine Schuldigkeit / dérer Geſaͤtz Jch unausſaͤtz - lich folge leiſten mus / reiflich zu behertzigen. Sie laſſe Jhr / mit ihrem Belieben / dieſes genug ſeyn / daß / wo Jch mich befinden / o - der wohin. Jch verreiſen werde / Sie doch allezeit mit und neben mier ſeyn ſolte; aus Urſachen / weil Jch albereit déro Angedaͤcht - nuͤs in meine Gedanken; und ihre Liebe in mein Hertze / nicht nur einen Tag / oder ein Jahr / fondern die gantze Zeit meines weh - renden Lébens / eingeſtammet und gepfrop - pfet: Denn meine Beſtaͤndigkeit ſaget der Zeit / und ihrer fortwuͤrigen Verwechſe - lung ab; mit gefaſter Erklaͤrung / tauſend / und aber tauſend mahl / wo es anders moͤg - lich / ehe ſich zu aͤndern / das Lében den Schweſtern des Todes aufzuopfern. Jch bitte Sie / Schoͤnſte Freundin / zu glaͤuben / daß auch der Tod ſelbſt / (deſſen kaltes Eis alle Arten des Feuers ausleſchen) nimmer - mehr das / ſo ihre Schoͤnheit in meinem Hertzen angezuͤndet / austilgen / ſondern wie es denn unſterblich iſt / mit der Unſterbligkeit begleitet ſeyn werde. Sie erteile mier dan - nenhero Uhrlaub / weil Jch mit / und nében Jhr / mich auf den Wég begébe / da mein Hertze das wahre Bildnuͤs ihrer Schoͤn - heit; meine Séle ihrer Wuͤrdigkeit; und mein Gedaͤchtnuͤs das ihrer aller beide / mitſich241Jm Perfertiſchen Buchladen zu finden. ſich hinweg niemet; Solcher geſtalt / daß / wann Jch in Jhr / wie Sie in mier / wahr - haftig lében koͤnte / ſo wirde der grauſame Tod / ihre Abwéſenheit / mier ein ſuͤß - und liebliches Wéſen ſeyn. Dieſes beruhet / Schoͤne Freundin / nur an Jhr; Sie ver - zeihe mier / Jch wil Sie / zu unmoͤglichen Dingen verknuͤpfen; denn meine große Maͤngel und Fehler / koͤnnen nicht ihren Stand / nében und mit déro Verdienſten fuͤhren: Nichts wenigers eigne Jch mier Sie zu / und laſſe mier an dem genuͤgen / daß Jch nur in Jhren Gedanken / weil Jch ſol - chen im Hertzen / zu haben / unwuͤrdig / ein Platz und Raum finden moͤge: alzeit in der Eigenſchaft

Meiner Liebſten Freundin / Doͤmuͤhtig - und Ge - treuſten Dieners.

174. Die Dame befiehlet / Jhme / in Wiederantwort / ſeine Abreiſe einzuſtellen / und bey Jhr zu bleiben.

MEin Herr /

Weil in ſeinem Abreiſen / meine Zu - friedenheit und Ruhe / Verluſt und Scha -de /242Sie begehret / daß Er ſeine Reiſe laſſen ſoll. de / erleiden mus; wil Jch ſeine vorgebrach - te Entſchuldigung / nicht genugſam hinſtrei - chen laſſen / und mich der / uͤber ſeinen Wil - len / mier freymuͤhtig verſtatten / Gewalt gebrauchen; Kraft welcher Jch Jhme hiermit anbefehle / ſeine Reiſe einzuſtellen: und daß Er mier hierinnen gehorſamen ſol / wil Jch Jhme ſatſame Urſachen anzei - gen. Jch bin wohl vergnuͤgt / daß dieſes Ungluͤk / woruͤber Er ſich beklaget / mier anitzo vor ein erſprisliches Mittel dienet: ſeine / wie Er ſelbſt vorgiebet / mier ſo teuer geſchwohrne Dienſtbarkeit / in Erfuͤllung meines Begehrens / zu probieren: Die Be - glaubung / ſo Jch deſſentwégen habe / laͤſſet mier nicht zu / Jhme / auf alle und iede / in ſeinem Schreiben angefuͤhrte Réden / (die mich / als ſolt Jch / an was Ohrten und Enden Jhn auch das Gluͤk hinfuͤhren moͤch - te / nimmermehr aus ſeinen Augen / Hertz / Sinn und Gemuͤht kommen ſolte / beréden wollen) mit Wieder Antwort zu begégnen. Aber / Er kan daſelbſt nicht wohl ſeyn; denn wann Er mich eine zeitlang zu verlaſſen ge - ſonnen / ſo wil Jch Jhn Ewig verlaſſen: dadurch wil Jch auch ſehen / ob die Liebe / oder die Natur in Jhme kraͤftiger und ſtaͤr - cker; Jch wil ſagen / der Gehorſam / ſo Er ſeinem Vater zu leiſten ſchuldig / oder die ſchuldige Pflicht / ſo Er mier / als ſeiner eini - gen Herſcherm gelóbt und geſchwohren. Erbe -243Jm Perfertiſchen Buchladen zufinden. bezahle mich nur nicht mit bloßen Entſchul - digungen; denn / wie rechtmaͤßig und er - heblich ſie auch zu ſeyn ſcheinen / ſo werde Jch Jhn doch verdammen; und wird die Stráfe ſo bald auf das ausgeſprochene Urteil erfolgen. Er ſéhe an / meinen end - lichen Schlues / und gébe mier den Seini - gen zuerkennen; iedoch gleube Jch ſolchen ſchon zu wiſſen / und daß alle Geboht nicht maͤchtig genug / die / mier geſchwornen / und eidlich verſprochenen Dienſtbarkeit / welche Jhn / keinem anderen Willen / als dem Mei - nigen nachzulében / verknuͤpfet / nicht zu uͤbertréten. Daher Jch alzeit eine Ge - wehrſchaft / wégen meiner uͤber Jhn er - langten Macht / mier feſt vorſaͤtze / Jhn al - hier zu verbleiben / zu befehlichen: nicht zwar / mier Dienſte zu erweiſen; ſondern mit dem Nahmen ſeiner Magd und Dienerin be - faͤlliget zu werden: worbey Jch verblei - be

Seine Treugewogene.

171. Des Galánen Wieder Ant - wort hierauf / an ſeine Liebſte; zu ge - horſamer Folge dieſer / und aller dé - ro anderen Befehlungen gerichtet.

Lieb -244Er beantwortet ſeine Liebſte.
LJebſélige Freundin /

Jch bereue nichts mehr / als nur die Muͤ - he / deren Sie ſich disfals / und meine vor - genommene Reiſe / ruͤkwendig zu machen / unternommen! Wann Jch ihre / daher em - pfundene Pein / nur in etwas zu vorgeſéhen / hette mein Gehorſam / ihren Gedanken nach der Hand folgen ſollen / damit déro Verlan - gen alsbald wirklich wehre erfuͤllet worden. Eines teils bin Jch ſehr wohl vergnuͤgt / daß Sie die / uͤber mich habende unwider - ſprechlich volkommene Gewalt ſo wohl braucht; anderſeits aber uͤbel / daß die Sa - che / deſſen nicht von hoͤherer Wichtigkeit / deſto anſehlicher mittel zu ergreifen / damit / was Jch in meiner Séle / ſowohl zu ihrer Zufriedenheit / als andern Dienſten habe / ſcheinlich bezeugen / und dartuhn koͤnnen: hier durch verbuͤndet Siemich / Jhr kraͤftig - lich wiſſend / daß Jch Jhr ohne das gantz uͤbereignet und ergében; mier auch noch das / ſo Jhr am aller gefaͤlligſten / in Befehlich zu erteilen: denn / Sie ſchluͤße nur ſelbſt / ob Jch Sie mit ſolcher Heftigkeit der Pein liebend / ein annehmlichers / und báßgefaͤlli - geres Vergnuͤgen / als die Ehre ihrer ſteti - gen Gegenwahrt / (die in der Taht alle mei - ner Freude iſt / und darinnen beruhet) zu ge - nuͤßen verhoffen oder ergreifen kan. Nun / weil Sie wil / daß Jch meine Reiſe nicht fortſtellen ſol / ſo verheiſche ich Jhr / nicht al -lein245Jm Perfertiſchen Buchladen zufinden. lein in dieſem / ſondern auch in allen andern diugen / mit dieſem Endſchluß / mich nimmer - mehr / auch nur in den wenigſten mit den Gedanken von Jhr zu entfernen / Gehor - ſam zuleiſten. Jch erſtumme / daß Sie / ob entweder Amor / oder die Natur (Jch wil das Wort / ſo ſie gefuͤhret / brauchen); ob der Gehorſam / oder das Anſehen deſſen / durch welches Vermittelung ſie zur Welt gebohren; oder der / Jhr ſo feſt verſproche - ner Gehorſam / in mier die Oberhand behal - ten wirde / in Zweifel gezogen: Denn wohl zu behertzigen / daß der / durch welches Mit - tel Jch gebohren / mich nicht / als nur Jhr zu dienen / und ſchluͤßlich Jhr / als meiner ei - genen Herſcherin zugehorſamen in die Welt bracht; maſſen Jch Jhr gehorſa - mend / anders nichts / als was derſelben Jch von Rechts - und Gebuͤhr wégen / zutuhn verpflicht / erweiſe; und wie dieſes aus dienſtlicher Schuldigkeit hérfleuſt / ſo bin Jch / wann Jch dero Anbefehlungen den ſeinigen vorſaͤtze / aller Stráfen frey. Letz - lich beruhet meine Erklaͤrung auf der ihri - gen / in allen dingen; und hieran kan und vermag Sie ohne Verminder - und Belei - digung meiner Treu / die doch zu Trotz der Zeit / beſtaͤndig und feſt verbleiben ſol und wird / nicht zweifeln: Jch wil / daß die Taͤht - ligkeit beſtaͤrcken und verſiegeln ſol / die Worte

Jhres Dieners.

M m m172.146Er bittet ſeine Liebſte /

172. Er rédet ſeine Liebſte / uͤm eine Scharpe an / zu einem Sieges - Opfer.

ALlergluͤkſéligſte dieſer Welt /

Wann Sie / ihren Liebhaber / auch - ber das Geluͤkke ſie gend / ſéhen und begeh - ren wil / ſo verehre Sie Jhn (ſo es Jhr be - liebet) mit einer Scharpe: Denn / gleich wie Jhr / uͤber alles zuſiegen / angebohren / und alſo das / ſo von Jhr hérruͤhret / unuͤber - windlich; ſo erwarte Jch ſolcher / uͤm mich / an ſtat eines / wider mein alzeit beywohnen - des Ungluͤk / bewehrtes Mittel / zu gebr au - chen / und Sie / iedoch durch déro Befoͤrde - rung / und Beyſtand / anch daß Jch dannen - héro mehr Urſachen / die Krohn zu uͤberci - gneu; weil auch die Goͤtter mich zu einem Ůberwinder hierinnen zu machen Vorleiter werden ſeyn / die Lorbér Kraͤntze / dieſes Sie - ges / zu einem annehmlichen Opfer / auf Jhr Altár / gehaͤftet zuſehen.

N. N.

173. Jn Antwort / uͤberſchickt Jhme ſei - ne Dame / die begehrte Scharpe; bloß zu ſeiner Befriedigung.

GLórwuͤrdiger Kavalier /

Demſelben uͤberſchikke Jch hiermitdie /147uͤmb eine Scharpe. die / von mir begehrte Scharpe; nicht zwar zu vermeynter ſeines Sieges Befoͤderung; denn / weil Jch ſelbiger nicht faͤhig / ſo kan Jch ſelbige auch nimmermehr austeilen; ſondern uͤm Jhn zu befriedigen; denn es eine ſo geringe Sache / dieſes Sieges Nahmen zu haben. Es ſtehet numehr / ſolche / entwe - der zu einer Gunſt / oder Verbuͤndung eini - ger Sache aufzunehmen / zu ſeinem Beluͤb - nuͤs; doch wird es ein gewiſſes Kenzeichen / Jhme / daß Er bey mier in hohem Wehrt ſeyn; weil / (Jhn verſichernde) ſeine Tu - gend / und gutter Fortgang / in allen Hand - lungen / bey mier in ſolchem Aufmerken / daß Jch mehr Freude / und Zufriedenheit / mich ſeine treue Dienerin / als Allerliebſte zu nen - nen / einnéhme und empfahe.

N. N.

174. Die / wégen ihrer / anderweit ver - meint verſchenkter Scharpe / beſtuͤrtzte Da - me / verwechſelte ihrẽ Diamantiſchen Hertz - ring / unwiſſende mit einem Freunde: ver - ſpricht aber ihrem Liebſten ei - nen baͤßeren.

MEin Schatz /

Jch wil mier nimmermehr einbilden / daß Er / ſeinen Kam̃eraden / mit der Schar - pe / welche Jch Jhme / wégen ſeiner ruͤhmli - chen Gluͤkſeligkeit erkennung / zueinem Ge -M m m ijſchen -148Liebverwechſeindes Schreiben /ſchenke zúgeeignet / geehret und gewuͤrdiget hat: So iſt doch ſonnenklár / daß Er ſich am Tage des Rénnens damit gezieret; oder mit einer ébenmaͤßig Gleichen / mich zube - ruͤkken / ins Werck geſaͤtzt; in feſter Be - glaubung / Er / und kein ander wehre derſelbe uͤberwuͤnder: Und ſeine iederzeit bey der - gleichen Veruͤbungen davon gefuͤhrte Ehre und Preis / hat Jhn verrahten; dann / weil mier nicht / wie daß Er iedesmahl zuſiegen pfléget / unbewuſt; auch anderes Teils mei - ne / Jhme zúgeſendete Scharpe erkante / lies Jch mich heimlich / doch wahrhaftig / ob man euch ſchon eines widrigen beréden wolte / daß Er den Preis davon gefuͤhret / beduͤn - ken: Und mit dieſen Gedanken umbgébend / war Jch kann nach Hauſe gelanget / daß nicht ſo bald eine / meiner Jungfrauen / (ie - doch wégen meiner Frau Mutter Gegen - wahrt / heimlich und unvermerckt) einen Brief / ohne Berichtung / woher / oder von wehm er kommen / mier in die Hand gab; bey deſſen Abléfung / Jch mier nichts anders ein - bildete / als daß ſolcher (indehm Jch den / wégen erworbenen Preis erlangten Ring / darinnen fand) vom Jhm: nahm es al - ſo zu beſonderer Gunſt auf und an / alſo / daß / (unerachtet meine Hoͤfligkeit mier es nimmermehr / viel weniger meine Fꝛeyheit zúlaſſen wolte /) Jch Jhme / zu einer Wie - dervergeltung ſeines Geſchenckes / den Dia -man249Jm Perfertiſchen Buchladen zufinden. manten Hertz Ring / welchen Jch / an mei - nem kleinen Finger zu tragen pflégete / zu ſchenken / zugleich in mein Wiederantwort - Schreiben einfuͤgete. Und warlich / Jch betraure hoͤchlich / daß ſolcher gluͤklich in die Hand / eines ſo unrechtmaͤßigẽ Beſitzers ge - fallen! Aber / Jch bitte Jhn / uͤm ſeine Ver - gnuͤgung / zu betrachten / daß Er zwar nichts von mier / als ein Diamantiſches / ſeiner Na - tur nach / hartes Hertze empfangen; daß al - ſo auch fuͤhrohin Jch mich / gegen ſeine Seufftzer und Klagen / ſo hart und ſcharf / als ein Diamant / bezeigen und erweiſen werde. Jch aber wil Jhme / mein einiges Hertze / und Haupt / einen andern / viel herrli - chern / und ſeiner Liebe wuͤrdigern vorbehal - ten / wann Er zu ſeiner groſſen Tugend zahl / damit er gekroͤhnet / noch dieſe ſchoͤne tugend / ewig verliebt und getreu zu ſeyn / anfuͤget.

S. N. N.

175. Er danket ſeiner Liebſten / vor das / aus ihren Háren geflochtene / Jhme - berſendetes Armband: und ver - buͤnd ſich Jhr.

LJebſélige Freundin /

Waruͤm hat Sie mich mit einer / von ih - rem Hár gewirkter Kette verehret? wird es vielleicht geſchében ſeyn / mich Jhr nochM m m iijUn -150Dankſchreiben / fuͤr einUnterthaͤniger und verknuͤpfter zumachen? Es bedarf dieſes nicht / weil in meiner ſo fuͤſ - ſen Dienſtbarkeit / Jch nichts frey habe / als nur die bloſſe Worte; und zwar ſolche / da - mit Jch mich ſelbſt anklage / uͤm daß Jch nicht ehe mich in ihr Gefaͤngnuͤß geſtellet. Dann wahrhaftig / ehe dann Jch die Ehre Sie zu érkennen erhauptet / war Jch das Ziel / darnach alle des Ungluͤks Pfeile tra - fen: Aber / nachdehm mier der tauſendmahl - gluͤkſélige Tag / Sie zu érkénnen / erſchie - nen / hette Jch etwas am Gluͤkke / wégen der / mier allbereit angefuͤgten Schmach und Unbilligkeit / auch was mier es ins kuͤnftige zúſenden moͤchte / zu verzeihen / maßen mier von der Zeit an / als Jch angefangen / Sie zu lieben / das gutte Geluͤkke allezeit nach ge - folget; auch iſt Sie ſelbſt die eintzige Gluͤk - ſéligkeit / der Welt. Jch kehre wieder zu ihrer Kette / Jhr / daß Jch damit meinen Arm uͤm - bunden / und mein Hertze allbereit damit be - ſchloſſen / zu zeigen: Jch habe es auch unzeh - lich oft gekuͤſſet / weil Jch die Freude / ſo Jch in meiner ſuͤßen Dienſtbarkeit empfinde / als meine Bande / derer Zuſammenzwing - und haltung / ewig ſeyn werden / nicht an Tag gében kan. Dieſes geſchicht nicht / meine holdreiche Freundin / daß / ehe und zuvor Jch dis Geſchenke ihres liebreichen Hárbandes empfangen / Jch nicht Jhr Leibeigner Die - ner geweſen wehre. Denn es bedarf keinerBand151Haren Armband. Band und Ketten / mich als einen unſinni - gen in ihre Dienſtbarkeit zuverſtrikken / weil eintzig ihre Tugenden und Verdienſte / auch die Allerwiderwertigſten Gemuͤther hierzu anzwingen koͤnnen. Sie gleube dannen - hero Verſicherlich / daß / ſo lange Jch in die - ſer Welt lében / Jch doch nimmermehr ein - tzig andere Beherſcherin / als Sie / erkennen werde: Mein Hertze hat deswégén einen betheuerlichen Eid abgelégt / meine Seele hat auch ſelbigen volzógen / und bekraͤftiget dieſes hochheilige Geluͤbde / zu ſeyn / ſo lan - ge Jch im Lében /

Jhr Allergetreuſter.

176. Eines Liebhabers Abmahnung Schreiben / an ſeine Liebſte / uͤm daß Er keinen Mitbuhler leiden koͤnne.

Tugendreiche / Volkommene / Schoͤnſte Jungfrau /

Sie laſſe Jhr nicht befreindlich fuͤrkom - men / daß Jch keinen Mitbuhler / in ſolcher meiner Liebesheftigkeit / neben mir erdulden kan; denn / wie ihres gleichen nicht zu finden / alſo iſt mier auch dabey einen Mitgeſellen zu haben / unmoͤglich; in ſonderlicher Beher -tzigung /152Er kan keinen Mitbuhler leiden. tzigung / daß hierunter ihr Nutzen lauft / dar - uͤm / weil mit Hindanſetzung alles Ruhmes / Jch warlich einig und alleine mehr gehor - ſam / als alle andere Menſchen zugleich / Jhr leiſten und zu erkénnen gében werde: Deſſen Pruͤfung lieget an ihrem Anbefehl - nuͤße / an dérer zur Wirkligkeit Saͤtzung / Jhr die Taͤhtligkeit dieſer meiner Worte erweiſen wird.

Jhr gehorſamer Diener.

Zu erinnern:

Weil / wégén énge der Zeit / an dieſen Briefſtellungen ein ziemli - ches abgeſchnitten werden muͤßen; ſo erfolget mit naͤchſt / was itzt noch vorbehalten; und dabey das Jn - halt Regiſter; als

ENDE.

About this transcription

TextDie Hochdeutsche Kantzeley
Author Samuel von Butschky
Extent418 images; 68832 tokens; 11403 types; 497965 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationDie Hochdeutsche Kantzeley darinnen des von Serre/ und viel andere höfliche/ kurtz- und wohlgefaste/ hochdeutsche/ reine Briefe oder Sendschreiben/ auf itzt übliche/ neue Art Samuel von Butschky. . [1] gef. Bl., [1] Bl., 113, XV, 164, 152 [i.e. 252] S., [2] Bl., 240 S. RitzschBreslauLeipzig1652.

Identification

Staatsbibliothek München BSB München, Epist. 141 d-2

Physical description

Fraktur

LanguageGerman
ClassificationGebrauchsliteratur; Briefsteller; Gebrauchsliteratur; Briefsteller; core; ready; china

Editorial statement

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.

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  • dta@bbaw.de
  • Deutsches Textarchiv
  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
  • Jägerstr. 22/23, 10117 BerlinGermany
ImprintBerlin 2019-12-09T17:29:43Z
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ShelfmarkBSB München, Epist. 141 d-2
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