PRIMS Full-text transcription (HTML)
Der Lieflaͤndiſchen Chronik Erſter Theil
von Liefland unter ſeinen erſten Biſchoͤfen, welcher die alte Geſchichte der Ruſſen, Deutſchen, Schweden, Daͤnen, Eſthen, Liven, Letten, Litthauer, Curen und Semgallen erleutert.
Oder die ORIGINES LIVONIÆ SACRÆ ET CIVILIS,
wie ſolche der koͤnigl. Hofrath und Bibliothekarius zu Hannover Herr Johann Daniel Gruber, aus einem alten Manuſcript Lateiniſch herausgegeben und mit gelehrten Roten verſehen, nunmehro aber aus andern Handſchriften ergaͤnzet, mit der noͤthigſten Anzeige der verſchiedenen Leſearten wie auch mit kurzen Anmerkungen begleitet und ins Deutſche uͤberſetzet
Halle im Magdeburg.gedruckt bey Joh. Juſtinus Gebauer.1747.

Der Allerdurchlauchtigſten Großmaͤchtigſten Kaiſerin und Groſſen Frau, Frauen Eliſabeth der Erſten Kaiſerin und Selbſtherrſcherin aller Reuſſen, zu Moſcau, Kiow, Wlodimer, Rovogorod, Czaarin zu Caſan, Czaarin zu Aſtrakan, Czaarin in Siberien, Frauen von Pleskow, und Großfuͤrſtin von Smolensk, Fuͤrſtin von Eſthland und Liefland, Carelen, Twer, Jugorien, Perm, Wetka, Bolgovien, wie auch anderer, Frauen und Großfuͤrſtin von Rovogorod der Riederlanden, zu Czernichow, Reſan, Roſtow, Bielaſersk, Udorien, Obdorien, Condinien und der ganzen Nordſeite Gebieterin, Frauen des Jveriſchen Landes, der Cartaliniſchen und Gruſiniſchen Czaaren und des Cabardiniſchen Landes, der Czerkaßiſchen und Goriſchen Fuͤrſten und anderer Erbfrauen und Beherrſcherin, meiner Allergnaͤdigſten Kaiſerin und Groſſen Frau.

Geſalbte, Deren Gnadenblick,
Den jeder demuthsvol verehret,
Das Wohl von Liefland und ſein Gluͤck
Beveſtiget, erhaͤlt und mehret,
Laß Dir von Deiner Laͤnder Schmuck,
Monarchin, den geringen Druck
Der alten Chronik wohlgefallen,
Die Lieflands Urſprung gruͤndlich weiſt,
Die Deines Scepters Gnade preiſt;
Solch Werk gebuͤhret Dir vor allen.
bDie
Die Zwietracht hatte ſonſt dis Land
Jn ſchwere Kriege hingeriſſen,
Bis uns der Ruſſen Friedensband
Auf ewig ſich verbinden muͤſſen.
Geprieſen ſey das frohe Jahr,
Das unſrer Wohlfart Anfang war,
Da Petrus ſiegreich uns bezwungen;
Da Sein geuͤbtes Kriegesheer,
Dem keine Gegenmacht zu ſchwer,
Jn Wal und Mauren eingedrungen.
Frau, wer die Liebe ſchildern kan,
Darf nur das treue Liefland mahlen;
Wer Rußlands Adler unterthan,
Wuͤnſcht Gut und Blut fuͤr Dich zu zahlen.
Die Freude macht die Herzen warm,
Die Treue traͤgt Dich auf dem Arm,
Die Andacht laͤſt die Seufzer fliegen,
Die Demuth ſinkt zun Fuͤſſen hin;
Denn Du biſt, Groſſe Kaiſerin,
Des Landes Troſt, des Reichs Vergnuͤgen,
Dein tapfrer Adel waͤhlt ein Zelt,
Und eilt zum Schutze Deiner Rechte
Auf Wahlſtatt, Schanze, Veſtung, Feld,
Fuͤr Dich ins blutigſte Gefechte.
Jhn haͤlt kein praͤchtig Rittergut;
Er laͤſt den kriegeriſchen Muth
Den Feinden Deines Reiches fuͤhlen.
Wenns nur Dein hoher Wink begehrt,
Muß ſein zum Sieg gewohntes Schwerdt
Den Frevel, Stolz und Hitze kuͤhlen.
Ein
Ein Prieſter geht ins Heiligthum,
Und preiſet in des HErren Tempel,
Monarchin, Deines Lebens Ruhm,
Und Deiner Tugenden Exempel.
Wir bringen Herz und Knien mit,
Daß jeden Tag, daß jeden Schrit
Des Hoͤchſten Engel Dich bediene.
Die Jnbrunſt nimt ihr groͤſtes Theil,
An Dein und Deines Peters Heil,
Und der Durchlauchtigſten Cathrine.
Der frohe Landmann fuͤhrt den Pflug
Jns neue Land vergnuͤgt im Friede.
Der Thiere vorgeſpanter Zug
Wird, wie er, keiner Arbeit muͤde.
Er weiß kaum, wie er danken ſol.
Was macht ihm Haus und Scheune vol?
Dein Schutz, Holdſeligſte der Erden.
Lebt, ſpricht er, meine Kaiſerin,
So mag das Leben immerhin
Mir ſauer, Jhr vol Anmuth werden.
Monarchin, ſo verehrt Dein Land
Die Groͤſſe Kaiſerlicher Guͤte,
Und dankt fuͤr ſeinen Segensſtand
Mit allertreueſtem Gemuͤthe.
So lang ein Stern am Himmel brent,
Sol fuͤr Dein gnaͤdigſt Regiment
Uns Lieb und Eifer nicht erkalten.
Die Dichtkunſt der Akademie
Wird in der ſchoͤnſten Poeſie
Dein Lob der Rachwelt aufbehalten.
b 2Dort
Dort bey der Duͤne ſchnellem Fluß,
An Thaten, Gluͤcke, Stamm und Orden,
Erlauchter Graf, der zum Genuß
Des Friedens uns verliehen worden.
O moͤchte Deine Lebensfriſt,
Die treuen Buͤrgern ſchaͤtzbar iſt,
Gleich friſchen Cedern lange gruͤnen,
Und weil dein Alter GOTT erhoͤht,
Der Kaiſerlichen Majeſtaͤt
Bis in die ſpaͤtſten Zeiten dienen.
Auch Dir, der wichtigſten Provinz
Von Eſthland oberſter Verwalter,
Dir wuͤnſcht Dein Volk, Durchlauchter Prinz,
Ein ruhig Leben, ſpaͤtes Alter.
Die Liebe, die im Herzen flamt,
Wil, daß Dein hohes Richteramt
Roch laͤnger viele gluͤcklich mache.
Dein Sorgen wache fernerhin,
Fuͤrs Recht der Groͤſten Kaiſerin,
Und fuͤr die algemeine Sache!
Fuͤrs Reich, den Hof, das Cabinet,
Fuͤr Rußlands Helden, Deine Raͤthe,
Volkommenſte Eliſabeth,
Liegt Liefland gleichfals im Gebete.
Rimm an, was Demuth, Pflicht und Luſt,
Aus einer tiefgeruͤhrten Bruſt
Zum Pfande der Verehrung geben:
Du ſolſt noch oft Dein Kroͤnungsfeſt,
Das ſich von neuem ſehen laͤſt,
Mit Millionen Luſt erleben.
Vorrede

Vorrede des Ueberſetzers.

Liefland hat nie eine dauerhafte Ruhe genieſſen koͤn - nen, als bis es das Gluͤck hatte, unter Rußi - ſchen Scepter zu kommen. Peters des Groſ - ſen Kaiſerliche Majeſtaͤt, Glorwuͤrdigſten Andenkens, ſchenkte als Sieger dieſem Lande den Frieden; und zugleich die Gluͤckſe - ligkeit, welche durch ſo viele Jahre unterhalten, und von deſ - ſen Allerdurchlauchtigſten Prinzeßin, Eliſabeth Petrowna, Unſerer Allergnaͤdigſten Kaiſerin, vermehret und beveſtiget worden. Ein gutes Theil dieſer Provinz, wie auch Litthauen, war, nach den Berichten dieſes vortreflichen Werkes, Ruß - land ſchon in den aͤlteſten Zeiten zinsbar, und Liefland wurde damals auch mit dem Namen Rußland beleget. Allein, die vielen kleinen Koͤnige der weitlaͤuftigen Rußiſchen Nation ver - mochten bey ihrer durch die Theilung geſchwaͤchten Macht nicht, dieſes Land hinlaͤnglich zu ſchuͤtzen. Es iſt leicht zu erachten, daß eine ſo herrliche Provinz, um deren voͤlligen Beſitz ſich ein - heimiſche, obgleich ſonſt ſehr verſchiedene Nationen gezanket, eincZank -Vorrede des Ueberſetzers. Zankapfel der ſtreifenden Litthauer, Curen, Semgallen, und ein Tummelplatz auswaͤrtiger Voͤlker werden muͤſſen. Doch der oberſten Vorſicht, welche die zertheilten kleinen Rußiſchen Koͤnigreiche wieder unter einem Monarchen vereinbarte, haben wirs zu danken, daß ſie fuͤr eine ſouveraine und unumſchraͤnkte Gewalt dieſes unermeßlichen Reichs, und folglich dadurch mit fuͤr die Beſchirmung von Liefland geſorget hat, unter der wir uns einer ſichern und ſtandhaften Ruhe getroͤſten koͤnnen.

Die gedruckten und geſchriebenen Chroniken von Liefland reichen nicht bis in dieſe gluͤckliche Zeiten. Sie ſind in ihrem Anfange theils gar zu mager, theils zu unrichtig, ſowol in den Begebenheiten, als derſelben Jahrzahl; uͤberdem in den Haͤnden weniger Beſitzer, und dabey ſo anhaͤngiſch und partheiiſch, daß wir ſie ſchon als fremde Geſchichte leſen. Da nun dergleichen Erzaͤhlungen eine ganz andere Umſchmelzung verdienet, auch ei - nige Kenner und Befoͤrderer der Geſchichte ihres Vaterlandes darauf vielleicht bedacht geweſen; ſo iſt doch ſolches Vorhaben lange ausgeblieben, bis endlich der koͤnigliche Hofrath und Bi - bliothekarius zu Hannover, Herr Gruber, ohnlaͤngſt der Welt ein Lateiniſches Werk in Folio durch den Druck bekant gemacht, ſo folgenden Titel fuͤhret: Origines Liuoniœ ſa - cræ et ciuilis, ſeu Chronicon Liuonicum vetus, continens res geſtas trium primorum Epiſcopo - rum: quibus deuictæ a Saxonibus et ad ſacra Chriſtianorum traductæ Liuoniœ abſoluitur hiſto - ria: a pio quodam ſacerdote, qui ipſe tantis re - bus interfuit, conſcripta, et ad annum Chriſti nati ⅼↄ CC XXVI deducta. E codice MS. re - cenſuit, ſcriptorum cum ætate, tum locis vici - norum teſtimoniis illuſtrauit, ſiluamque docu - mentorum et triplicem indicem adjecit Johann Daniel Gruber. A. B. Francofurti et Lipſiœ. Anno M D CC XL.

Dieſe gelehrte Arbeit fand nicht nur bey denen Beyfal, welche das Latein verſtunden, ſondern auch ſchon die Nachricht da -vonVorrede des Ueberſetzers. von erweckte bey andern das Verlangen, ſie in Deutſcher Sprache zu leſen, denen der Lateiniſche Text entweder ganz un - bekant, oder nicht ſo gelaͤufig, und daher verdrießlich war.

Nun haͤtten ſich Maͤnner finden koͤnnen, die zur Ueberſetzung dieſer alten Chronik groͤſſere Geſchicklichkeit und mehrere Zeit ge - habt als ich. Es ſind aber gleichwol ſchon ſieben Jahre verfloſſen; und die Exempel der vielen geſchriebenen und nicht zum Druck gelangten Chroniken von Liefland, haben manchen von dieſer Bemuͤhung abgeſchrecket.

Mir waͤre es bald nicht beſſer ergangen. Jch ſahe zwar, daß etliche angeſehene Haͤuſer, denen Ruſſov zu alt, und Kelch in alten Zeiten zu mangelhaft gerathen, Muͤhe und Koſten an - wandten und angewendet hatten, aus geſchriebenen Nachrichten einen klaͤrern und hinlaͤnglichern Bericht einzuziehen; befand aber auch, daß ſie das nicht funden, wornach ſie ſuchten; und wuſte es doch ſelbſt nicht eher, als bis ich das Gruberiſche Werk einige mal durchgeleſen. Allein, die Bekantmachung ſolcher alten Geſchichte war ſo vielen Schwierigkeiten, ſelbſt ge - gen mein Denken, unterworfen, daß alle Hofnung verſchwand von hieſigem Orte aus ſie in Druck zu geben.

Dieſe Hinderniſſe fielen auf einmal weg, als mein Anliegen dem von Jhro Kaiſerlichen Majeſtaͤt hochverordneten Herrn Landhauptmann der Provinz Oeſel und der Stadt Arens - burg zu eroͤfnen Gelegenheit ſuchte. Dieſer um Reich und Vaterland ſowol, als um die Geſchichte deſſelben wohlverdiente Herr, erbot nach ſeiner Gewogenheit gegen gelehrte Bemuͤhun - gen, aus ſeiner zahlreichen Buͤcherſamlung nicht nur denjenigen Vorrath ſeiner Abſchriften an, die hiermit zuſammen gehalten worden, ſondern auch dasjenige Manuſcript, woraus die Luͤcke der vier Blaͤtter in der Gruberiſchen Ausgabe ergaͤnzet wer - den koͤnnen; ohne der uͤbrigen Befoͤrderung zu erwehnen, deren dieſes ſchoͤne Werk durch ſeine Hand gewuͤrdiget iſt, welche Verdienſte hier mit oͤffentlichem Dank ganz gehorſamſt zu ruͤh - men mich pflichtmaͤßig verbunden achte.

c 2DenVorrede des Ueberſetzers.

Den Werth dieſes beliebten Buchs und die dabey ange - brachte Beleſenheit des Herrn Hofrath Grubers findet der Leſer in des Herrn Herausgebers eigener Vorrede, darauf mich hier be - ziehe; die ihrer Gruͤndlichkeit halber leſenswuͤrdig iſt, und mir daher die Muͤhe unnoͤthig macht, etwas weiter davon zu gedenken. Jch wende mich alſo zur Ueberſetzung, von welcher vorlaͤufig et - was zu erwehnen habe.

Jn Liefland ſind manche Manuſcripte von dieſer Chronik, doch nur auf Papier. Wo eine pergamentne, oder auch die Urſchrift zu finden, habe nicht in Erfahrung bringen koͤnnen. Die noch vorhandenen Abſchriften, deren einige ziemlich alt ſind, haben doch bey aller Aufmerkſamkeit ihrer Abſchreiber ſolche Wort - verwechſelungen, Auslaſſungen, Verſchiedenheit der Ausdruͤcke, dunkle Stellen, oder Unrichtigkeiten des Lateins, daß die Ge - duld des begierigſten Leſers dabey ermuͤden konte.

Wer in den Geſchichten damaliger Zeiten nicht recht be - wandert, oder nur obenhin erfahren war, verſtand nicht ein - mal von der Wuͤrde dieſes Manuſcripts zu urtheilen. Kurz, es gehoͤrte ein Mann dazu, der Wiſſenſchaft und Erfahrung in der Hiſtorie und Schreibart mitlerer Zeiten, und zugleich eine auserleſene Bibliothek beſaß, aus der er das Ungewiſſe wahrſcheinlich machen, das Zweifelhafte entſcheiden, das Un - volkommene verbeſſern, und das Richtige mit mehrern Zeug - niſſen beſtaͤtigen konte. Dis und mehreres war in der Perſon des Herrn Hofrath Grubers beyſammen anzutreffen.

Meine Schuldigkeit haͤtte erfordert, aus dem Vorrath geſchriebener Buͤcher die Anmerkungen uͤber dieſe Schrift in ſol - chen Stellen zu erweitern, die eigentlich Liefland angehen. Man erwartet ſolches von einem einheimiſchen Schriftſteller eher als von einem auswaͤrtigen. Jch fand aber bey allem Nachſuchen von dieſen Zeiten gar nichts, oder ſo unerhebliches und unſtreitig unrichtiges, daß die gelehrte Arbeit des Herrn Grubers mit dieſer unnoͤthigen Bemuͤhung nur wuͤrde verun - zieret haben; doch ſind etlicher Orten einige Anmerkungen vonmirVorrede des Ueberſetzers. mir angebracht, die mit einem *) Sternchen bezeichnet ſind. Die eigenen Namen der Doͤrfer auszuforſchen, war um die Geographie ein ſo ſchlechtes Verdienſt, als es um die Gena - logie ſeyn duͤrfte, wenn jemand die Namen der Baueraͤlteſten und ihre heutigen Nachkoͤmlinge in Tabellen bringen wolte. So geht es auch mit der Materie von dem Urſprung der Voͤl - ker, der Liven, Letten und Eſthen; dabey es mir rathſa - mer geſchienen, lieber mit einem ſo groſſen Mann, wie Herr Gruber iſt, zu ſchweigen, als mit andern ſeichte Muthmaſ - ſungen und ungewiſſe Einfaͤlle nachzubeten. Dabey laſſe doch auſſer der kleinen Diſſertation des Herrn Hermelins de ori - gine Liuonum, auch des Herrn Fridrich Menius ungedruck - tes Syntagma hiſtoricum de origine Liuonorum, Dorpati. 1632 in ſeinen Wuͤrden, worinne dieſer fleißige Mann manches in Wahrſcheinlichkeit ſetzet, und woraus gewiß was angefuͤhret haͤtte, wenn nicht die vielen Schreibfehler den Sinn und Zu - ſammenhang dieſer ſonſt artigen Schrift mir verworren, von der mir gerne eine richtigere Abſchrift wuͤnſchte.

Des Mauritius Brandis, Secretarien der Ritter - ſchaft des Fuͤrſtenthums Eſthen, Lieflaͤndiſche Geſchichte 1626, und des Fuͤrſtlichen Curlaͤndiſchen Superintendenten, Paul Einhorns, Beſchreibung der Lettiſchen Nation 1649, ſind beyde nur in Manuſcript, und in alten Zeiten ohne Licht, dabey aber doch die Urheber, auf welche ſich die folgenden Scri - benten in vielen Stuͤcken bezogen haben.

Des Thomas Hiaͤrne Eſth - Lief - und Lettlaͤndiſche Geſchichte, die beynahe aus zweyhundert Bogen beſtehen, ſind noch die volſtaͤndigſten, weil der Verfaſſer aus unſerm Manu - ſcript einen ziemlich weitlaͤuftigen Auszug gemacht. Es nimt ſich dieſe Schrift durch gar feine Urtheile aus, zumal in Sa - chen, worauf Herr Hiaͤrne ſich verſtanden. Bey der Arbeit aber an den Materien, die das Gruberiſche Werk enthaͤlt, iſt leicht zu erſehen, daß ihm die Einſicht gefehlet, den rechten Nutzen davon zu erkennen, und er daher den Kern oftmals lie - gen gelaſſen; welches dieſem ſonſt ſehr brauchbaren Scribenten freylich nicht zu veruͤbeln ſtehet.

dDerVorrede des Ueberſetzers.

Der kurze Auszug der Geſchichte, die ſich in Eſth - Lief - Lett - Curland und Semgallen bis 1677 zugetragen von Guſtav von Lode, Mannrichter und Ritmeiſtern ꝛc. hat wegen reifer Beurtheilungen und tuͤchtiger Documente viel Lieb - haber gefunden, wie denn auch das Werk durch die Feder ſei - nes Hofmeiſters und nachmaligen Hauspredigers bey des Herrn von Plater, Staroſten zu Duͤneburg Excellenz, David Werners, ins Lateiniſche uͤberſetzet worden. Allein in al - ten Sachen hat dieſer Auszug weder was beſonders noch gelehr - tes, man muͤſte denn diejenigen Griechiſchen und Lateiniſchen Stellen dahin rechnen, worinne ſein Jnformator ihm fortge - holfen, die doch ſo wichtige Sachen nicht entdecken. Jn ſpaͤtern Zeiten ſind die Daͤniſchen Scribenten, Pontanus und Huitfeld, gleichſam ſeine Kirchenvaͤter. Uebrigens verdienet er in Sachen ſeiner Zeit allerdings ſein gehoͤriges Lob.

Bey der Ueberſetzung habe mich zweyer Abſchriften be - dienet. Die erſte, welche ich die Rigiſche nenne, war alt, deutlich geſchrieben, aber ſehr mangelhaft, und ging nur bis ins Jahr CHriſti 1207. Dieſe traf mit dem Gruberi - ſchen Manuſcript in allem, auch ſogar in den Gloſſen uͤber - ein. Sie hatte am Rande die Jahre CHriſti, war auch mit einigen Anmerkungen, doch ſehr ſparſam, verſehen, die aber ſehr mat herauskamen, und auf Muthmaſſungen mehren - theils hinausliefen. Die andere, ſo ich die Revelſche heiſſe, war eine neue Abſchrift von alten Papieren, ganz volſtaͤndig, und ſchien dem Grundtexte am naͤchſten zu treten. Denn ſie hatte nicht nur keine Gloſſen, ſondern faſte ſich auch hier und da kuͤrzer, und druͤckte ſich runder aus, als das andere Manuſcript, welches mit unnoͤthigen, und uͤber - fluͤßig deutlichen Zwiſchenſaͤtzen angefuͤllet war, die faſt den Gloſſen gleichen.

Es ſind keine opera Ciceronis, welche nach Gronoviſcher Critik die verſchiedenen Lesarten darſtellen ſollen, daher man auch durchgaͤngig ſolche Wortveraͤnderungen unbemerkt gelaſſen, auſſer, wo etwas daran gelegen geſchienen. Zur Probe derAb -Vorrede des Ueberſetzers. Abweichung moͤgen die erſten Hefte dienen, auf denen folgende Worte verwechſelt ſind:

Fuͤrliſt das Revelſche Manuſcript
ProuidensPræuidens
Opportuno temporeOpportune
MouenturMouerunt
Pacem feritfecit
Admodum breue tempusAd modicum tempus
CommittentesCommendantes
In ſeculaIn æternum
MerſepoleMetſepole
AduocatiaAduocatio
PudoremVerecundiam
Mortuus eſtDefunctus
LætiTuti
DEI miſericordiamOmnipotentis auxilium et clementiam
Lignorum diſpoſitionecollectione
Rex ante dictusRex piæ memoriæ
Conſolatio laborisdoloris
Ideo confidentesIn Deo confidentes
Veloces efficiuntur in fugameffunduntur
EtiamClam
QuiaNam
ConſciiConſocii
Deos conjurantesQuærentes
Onus prœliiPondus
Bona ablataMerces ablatas
CladesInterfectio
ReſipiſcereReſpicere
FratribusFidelibus
In omnibus virtutibus inſtitutumOmnibus virtutibus repletum
DiſertusDiſcretus
Non valentesNolentes
YconiasIcones
Per comitatusPer ciuitates
Fuerunt comportantes magnas ligno - rum ſtruesFecerunt magnas lignorum comporta - tiones
Hoc temporeEodem anno
Omnem ſenſum ſiniſtrumOmen ſiniſtrum
Multa et incendiaMulta et prœlia et incendia
Veſter, a, umNoſter, a, um.
d 2DasVorrede des Ueberſetzers.

Das Hannoͤveriſche Manuſcript behaͤlt inzwiſchen einen gewiſſen Vorzug, ob es gleich noch ſeine Gebrechen leidet. Es hat nicht allein an vielen Stellen die Zunamen gewiſſer Pilger nie - driges Standes und einiger Rigiſchen Buͤrger, davon das Re - velſche nur die Taufnamen hat, ſondern auch in den eigentlichen Namen der Oerter weniger Schreibfehler. Ueberdem verknuͤ - pfen unſere Abſchriften den Text ohne die gewoͤhnlichen Unterſchei - dungszeichen oft ſo zuſammen, daß der Sinn manchmal zweydeu - tig, und unter dem Leſen die Aufmerkſamkeit und das Nachden - ken des Verſtandes ſtark unterbrochen wird.

Der Text iſt Moͤnchslatein, weil der Verfaſſer nach der Schreibart derer Biblia vulgata ſich ausdruͤcket, und von keinen andern Verbindungswoͤrtern viel mehr weiß, als von ſeinem Und, welches im Ueberſetzen hindert, indem man den Nachſatz oft zum Vorſatz erſt ſuchen muß, wenn man die Rede auf andere Manier zuſammen fuͤgen wil, um dem Ekel abzuhelfen. Zwar meinte durch eine freye Ueberſetzung dieſem Verdruß aus dem Wege zu ge - hen; allein bey dem Verſuch ſelbſt merkte ich gleich, daß damit nicht fortzukommen waͤre. Jch wurde unvermuthet bald durch eine Reihe einfaͤltiger Gedanken, und niedriger Ausdruͤcke, bald durch gehaͤufte Wiederholung gleichbedeutender Redensarten uͤbereilet, denen nicht wohl ausbeugen konte, wenn anders die Sachen nach den Ausdruͤcken des Verfaſſers vorgetragen werden, und es nicht meine Arbeit, ſondern des Auctors ſeyn ſolte; welches von einem Ueberſetzer doch erfordert wird. Man konte aber auch den Le - ſer der Anmuth nicht berauben, das alte in ſeiner natuͤrlichen und ungekuͤnſtelten Schoͤnheit zu betrachten. Man ſiehet bey ſolchen Alterthuͤmern mehr auf den Jnhalt, als auf die Beluſtigung des Gehoͤrs, welches letztere Liebhaber blos angenehmer Schriften um wolfeilern Preiß vergnuͤgen koͤnnen; wiewol einfaͤltige Be - ſchreibungen, wenn ſie unerwartet kommen, auch ein Vergnuͤ - gen erwecken.

Sonderlich darf man unter dem Leſen an den meiſten Stellen ſich keine groſſen Vorſtellungen von Armeen, Schloͤſſern, Schlach - ten, Staͤdten und ſolchen Woͤrtern machen, die eine Vielheit oder Groͤſſe bedeuten, weil der Zuſammenhang weiſet, daß ſiebenPer -Vorrede des Ueberſetzers. Perſonen eine Menge heiſſen, von denen gar noch viele auf dem Platze geblieben. Aber eben das alles gibt dem Alter dieſes Werks und der Aufrichtigkeit des Schreibers das beſte Zeugniß, weil ſol - che Schreibart in die finſtern Zeiten gehoͤret, da die hiſtoriſche Beredſamkeit ſowol, wie die uͤbrigen ſchoͤnen Wiſſenſchaften, bey den Moͤnchen unter den Fuͤſſen lagen.

Deſto ſchoͤner hingegen lauten die vortreflichen Anmerkungen des Herrn Hofraths im Lateiniſchen, und ich habe mich bemuͤhet, an den mehreſten Orten ſeinen Sinn zu treffen. Bey der gar unvergleichlichen Zueignungsſchrift aber an des Koͤnigs von Eng - land Majeſtaͤt, die bey Kennern ſolcher Schriften gewiß fuͤr ein unverbeſſerliches Meiſterſtuͤck paßiren kan, darf nicht leugnen, daß wol gerne ſolches Muſter in der praͤchtigen und erhabnen Art zu ſchreiben nachgeahmet haͤtte, wenn mirs moͤglich geweſen waͤre, dieſe Schoͤnheit ohne Zwang zu erreichen; ſo aber muſten manche ausnehmende Zierraten verſteckt bleiben.

Der vom Herrn Hofrath geſamlete und hinten angehaͤngte Vorrath von Documenten iſt hier eingeſchrenket. Jch glaubte dazu Grund zu haben. Documente beweiſen erſtlich nichts, wenn ſie nicht im Original angefuͤhret werden. Zum andern, ſind ſol - che Urkunden darunter, die nur einzelner Perſonen wegen geſam - let worden. So noͤthig ſolche den Gelehrten thun, ſo unnoͤthig ſind ſie dem Deutſchen Leſer, und wuͤrden dabey ziemlich fremde und altvaͤteriſch klingen. Drittens, waͤre das Buch hoͤher im Preiſe gekommen, den man ohne Noth nicht ſteigern konte, indem nur gar wenige Exemplarien gedruckt worden. Doch iſt kein ein - zig Document, das Liefland angehet, verſchwiegen, ſondern ſeinem Jnhalt nach erzaͤhlet, und die nothwendigſten mit ihrem ganzen Text angebracht worden. Wer aber die Formalien einer Urkunde wiſſen wil, die doch keinen hiſtoriſchen Umſtand betreffen, muß ſich an das Gruberiſche Werk ſelbſt halten.

Regiſter hat Herr Gruber drey. Das erſte, uͤber die un - bekanten Lateiniſchen Woͤrter, kan mit dem dritten zuſammen ge - zogen werden. Das andere, uͤber die angezogenen Schriftſteller und ihre Schriften, deren uͤber zweyhundert ſind, nuͤtzet nur Ge - lehrten. Das letzte, ſo die Perſonen, Oerter und Begebenhei -etenVorrede des Ueberſetzers. ten enthaͤlt, verſparen wir bis zum andern Theile, wo man beyde in eins ziehen wird, weil uns die Entlegenheit der Druckerey dar - an gehindert.

Der andere Theil, wozu verſchiedene Goͤnner ſchon manches beyzutragen beliebet, und der eigentlich die Fortſetzung dieſes Werks ausmachet, ſol die mitlere Geſchichte von Liefland unter ſeinen Heermeiſtern enthalten, und die Begebenheiten der folgen - den Biſchoͤfe voraus abhandeln. Es ſol die Einrichtung deſſelben mit dem moͤglichſten Fleiſſe geſchehen, damit es weder eine trockne Erzaͤhlung alter Urkunden, die doch in ihrer Art unentberlich ſind, noch ein bloſſer Schauplatz jaͤmmerlicher Mordgeſchichte wer - de, um derent willen ſonſt manche die Chroniken hoch ſchaͤtzen.

Wenn dieſes Gruberiſche Werk einige Erinnerungen noͤ - thig hat, ſo werden Leſer mich hoͤchlich verbinden, wenn ſie ſelbi - ge an mich einzuſenden belieben, da denn in der Vorrede des an - dern Theils die untergelaufenen Fehler freymuͤthig entdecken und das Ausgelaſſene ergaͤnzen wil. Die Herren Gelehrten, ſonder - lich diejenigen Herren Prediger in Lief - und Eſthland, die zum theil meine Lehrer, zum theil meine Mitſchuͤler geweſen, erſuche um dieſen Beytrag und ihre Fuͤrſprache bey andern Beſitzern al - ter Documente, aufs verpflichteſte.

Die goͤttliche Obhut wolle die Macht von Rußland noch ferner ſegnen, damit das getreue Liefland unter einer ſo gluͤckſe - ligen Regirung ſich uͤber ſeine Sicherheit und ſeinen Wohlſtand durch einen ewigen Frieden erfreuen koͤnne!

Uebrigens hoffe, der Leſer werde mit der Zierlichkeit und Rich - tigkeit des Drucks zufrieden ſeyn, deſſen beharlichem Wohlwollen mich ergebenſt empfehle. Geſchrieben zu Arensburg auf der Jnſel Oeſel, an Jhro Kaiſerlichen Majeſtaͤt Kroͤnungsfeſte den 25 April 1747.

Des

Des Herrn Hofrath Grubers Zueignungsſchrift an den Koͤnig von England. Dem Allerdurchlauchtigſten, Großmaͤchtigſten Fuͤrſten und Herrn, Herrn Georg dem Andern Koͤnige von Großbritannien, Frankreich und Jrrland, Beſchuͤtzer des Glaubens, Herzogen zu Braunſchweig und Luͤneburg, des heil. Roͤm. Reichs Erzſchatzmeiſter und Churfuͤrſten, dem guͤtigſten, gluͤcklichſten und hoͤchſten Regenten, Vater des Vaterlandes, ſeinem Allergnaͤdigſten Herrn, Leben, Heil und Sieg!

Allerdurchlauchtigſter Großmaͤchtigſter Koͤnig, Allergnaͤdigſter Herr!

Ew. Koͤniglichen Majeſtaͤt lege mich zun Fuͤſſen und dasjenige Liefland, ſo von und aus den Provinzen Dero Reichs unſerm Welt - theile zuerſt entdecket, gleich drauf mehr als 30 Jahre lang beſtritten, und mitten unter den Waffen zu einer ma -e 2nierlichenDes Herrn Hofrath Grubers Zueignungsſchriftnierlichen Lebensart und zum Chriſtenthum gebracht worden. Liefland, ſage ich, ſo den alten Einwohnern dieſes veſten Landes lange unbekant, und lange unbeſucht geblieben; davon aber das Gluͤck die Zeit und Ehre der Entdeckung und Beſichtigung deſſel - ben, ſo wie viel andere Dinge, auf die Zeiten Heinrichs des Loͤwen, jenes groſſen Bezwingers der Slaven, verſparet hatte. Denn da dieſer ſehr berufne Held, der ungezweifelte Stamherr Dero Geſchlechts, der Sachſen Oberhaupt war, und in dem gluͤcklich bezwungenen Slavenlande jenſeit der Elbe 3 Bisthuͤ - mer errichtete; ſo kamen die Bremer Kaufleute, welche die Oſt - ſee befuhren, als ſie eben ihren Cours nach der beruͤhmten Han - ſeeſtadt Wisbu nahmen, zuerſt unter allen, die diſſeits der See wohnen, ich weiß nicht von ungefaͤhr, oder mit Vorſatz, durch den Sund bey Domsnes an die Muͤndung der Duͤne, und folg - lich nach Liefland ſelbſt, gleichſam in eine neue Welt. Nachdem ſie lange dahin gehandelt hatten, nahmen ſie zuletzt etliche from - me Prieſter mit ſich, die das heidniſche rohe Volk, ſo ohne GOtt, Geſetz und Koͤnig lebte, zur Menſchlichkeit, zum Chri - ſtenthum und zur Gerecht - und Billigkeit anfuͤhren ſolten. Die - ſe zu ſchuͤtzen, und zugleich des Landes ſich zu bemeiſtern, gingen Leute beyderley Standes, Edle und Unedle, in groſſer Anzahl aus den beyden Sachſenlaͤndern dis - und jenſeits der Weſer, als neue Einwohner, jaͤhrlich nach Liefland zu Schiffe. Der groͤſte Theil derſelben nahm mit der Folge der Zeit die Verfaſſung einer Kriegesgeſelſchaft, und den Namen der Ordensbruͤder von der Ritterſchaft Chriſti an; und damit man ſehen moͤchte, daß ſie die Liven auch durchs Schwerdt zu Unterthanen machen wolten, ſo lieſſen ſie auſſer dem bey allen heiligen Feldzuͤgen ge - woͤhnlichen Kreuz, noch das Zeichen des Schwerdts vorne auf ihre Kleider naͤhen, daher ſie Schwerdttraͤger hieſſen. Der Tod hat verhindert, daß dieſer Heinrich, den Ew. Koͤnig - liche Majeſtaͤt mit unter Dero Ahnherren rechnen, nicht ſelbſt die Hand an ein ſo wichtig Werk legte. Doch trit ein vorneh - mes Paar ſeiner Miniſter, deren einer den Armeen dieſes Hein - richs, der andere ſeinem Cabinet vorgeſtanden, aus ſeiner Hel - denſchule auf dieſen Schauplatz, wo ihre Tapferkeit, ihr Eifer und ihr Geiſt ſich vor andern ſehen laſſen. Ew. Koͤnigliche Majeſtaͤt erlauben allergnaͤdigſt, daß ich wegen Anmuth der Begebenheiten die Namen und das Andenken derſelben wieder beybringe, obgleich nichts von den Thaten des Loͤwen Ew. Koͤniglichen Majeſtaͤt unbekant, weil Dieſelben alle groſſe Thaten Dero Vorfahren in der fertigſten Erinnerung haben. Ew.an den Koͤnig von England. Ew. Koͤnigliche Majeſtaͤt ſehen ohne Zweifel zum voraus, da ich die vornehmſten Miniſter Heinrichs des Loͤwen, nem - lich ſeinen oberſten Feldmarſchal, und ſeinen groͤſten Cabinets - rath nenne, daß meine Rede von dem Grafen von der Lip - pe, Bernharden, und dem Erzbiſchof zu Bremen, Hartwichen, ſey. Dieſer Hartwich Utleden, das heiſt, aus dem alten Dorfe Lyd gebuͤrtig, ſtamte aus einer uradlichen Fa - milie her, die davon den Namen fuͤhret, und noch im Herzog - thum Bremen im Anſehen iſt. Sein Gluͤck aber hatte er Heinrich dem Loͤwen zu danken. An deſſen Hof war er erzogen, und kam ſtufenweiſe, wegen der an ſeinem Herrn er - wieſenen Treue und ſeiner groſſen Staatsklugheit, ſo hoch ans Bret, daß man ihm nachgehends ſo ein Amt in der Republik an - traute, das mit Ertheilung der Rathſchlaͤge, mit gerichtlichen Ausſpruͤchen, und mit Ausfertigung der Befehle des Regenten zu thun hat. Wir tituliren jetzo den einen Kanzler, welchen die Ur - kunden ſelbiger Zeit des Fuͤrſten Notarius nennen. Auf Befoͤrderung dieſes ſeines Herrn ward er in das Collegium der Bremiſchen Domkirche aufgenommen, und erhielt nach dem Abſterben Sifrids, eines Sohns des Albertus Urſus, wegen ſeiner Verdienſte und bekanten Froͤmmigkeit, den Biſchofshut. Ob er nun gleich in dieſem Amte mit ſeinem Herrn einerley Schickſal hatte, und wegen ſeiner ihm in Widerwaͤrtigkeiten ge - leiſteten treuen Dienſte ein Jahr in England, die uͤbrige Zeit am Braunſchweigiſchen Hofe, als ein des Landes Verwieſener, ſich aufhalten muſte, wenn anders das Leben bey ſeinem alten Herrn eine Landesverweiſung genennet werden kan; ſo hat er doch das Wohl der Lieflaͤnder ſich angelegen ſeyn laſſen, und ganz allein mit ſeltenem Gluͤck die drey erſten Biſchoͤfe, von deren Geſchich - ten dieſes Buch handelt, erwaͤhlet, ſie ſelbſt eingeweihet, und nach Liefland geſchickt. Der Graf von der Lippe aber, Bern - hard, ſtiftete bey den Seinigen ein ſeltenes, und bey der ganzen Nachwelt merkwuͤrdiges Denkmal. Denn dieſer Herr, welcher geraume Zeit des Henricus Leo Generalißimus geweſen, zog ſich ſeines Herrn Ungluͤck dergeſtalt zu Gemuͤthe, daß er allen Leuten aus den Augen ging, Lager und Reſidenz, Gemahlin und Kinder fahren ließ, und nackt und bloß ſich in die Einſam - keit, als in den Hafen ſeiner Wohlfahrt retirirte; daß er ſeinen Feldherrnrock ab - und eine Moͤnchskutte anlegte; daß er unter den Ciſtercienſermoͤnchen lag, und alsdenn erſt anfing, Wiſſen - ſchaften zu erlernen, und zum Predigtamte ſich zuzubereiten. Als nun dieſer muntre Alte ſich hierzu tuͤchtig merkte, zog er mit an - dern frommen Maͤnnern nach Liefland, wo er als Abt des Klo -fſtersDes Herrn Hofrath Grubers Zueignungsſchriftſters Duͤnemuͤnde ſo groſſen Fleiß auf die Bekehrung der Liven und Semgallen anwandte, daß man ihn wuͤrdigte, zum erſten Biſchof von Semgallen zu machen, dazu er von ſeinem Sohne, dem Biſchof von Utrecht, eingeweihet ward. Es ſcheinet, daß des Leo Prinzen, was ſie vor ſich durch das widrige Geſchicke ihres Vaters auszurichten verhindert worden, durch ihre Schwe - ſter Gertrud zu Stande gebracht, ſo an den juͤngern Canutus, Koͤnig von Daͤnnemark, vermaͤhlet geweſen. Denn ihr, glau - be ich, muß der Ruhm beygemeſſen werden, daß der Daͤniſche Hof den dritten Biſchof von Liefland mit ſeiner Macht dergeſtalt unterſtuͤtzet, daß ſelbiger ſeine erſte Reiſe nach Liefland mit einer Flotte von drey und zwanzig Segeln verrichten konte. Welches ich alles zu dem Ende erwehne, damit man ſehe, wie viel Muͤhe ſich des Leo Familie, Miniſter, Freunde und Clienten gegeben, damit Liefland, ſo vorher abgoͤttiſch und theils ein freyes Land, theils Rußiſch war, Deutſch wuͤrde und zugleich Chriſtlich.

Wie diß alles zugegangen, wie die Maͤnner, die ſichs in die - ſer Kriegesſchule ſauer laſſen werden, geheiſſen; welches Amt ſie bekleidet; welche Staͤdte damals erbauet, welche Schloͤſſer er - obert, welche Laͤnder eingenommen, welche Gerichte angeordnet worden, und dergleichen tauſend andere Dinge, die in Errich - tung einer neuen Republik, und in Fortpflanzung der chriſtlichen Religion muſten veranſtaltet werden; ja wie grauſam man ge - gen dieſe armen Leute mit Feuer und Schwerdt verfahren, da - von man den groͤſten Theil noch nicht wuſte: dieſe Stuͤcke ins - geſamt berichtet ein Lieflaͤnder, der bey allem zugegen geweſen, zwar in ſchlechter und nach ſeiner Zeit ſchmeckender Schreibart; aber ſo aufrichtig, ſo deutlich, ſo umſtaͤndlich, daß in den An - fangsgruͤnden des geiſtlichen und weltlichen Lieflandes, weil mei - nes Wiſſens nicht viel Republiken ſolch Gluͤck haben, wenig iſt, was jemand mit Fug daran vermiſſen und ausſetzen koͤnte.

Und dieſes Werk eines Auslaͤnders, ſo die Welt bisher nicht geſehen, errette ich aus einer Gefangenſchaft von mehr als fuͤnf - hundert Jahren, und laſſe es unter Ew. Koͤniglichen Majeſtaͤt Regirung, durch meine Umſorge und Fleiß, in etwas verbeſſert ans Licht treten. Jch weiß ganz gut, meine Kraͤfte zu beur - theilen, und was groſſen Monarchen uͤberreichet zu werden an - ſtaͤndig iſt. Jn Erwegung deſſen muͤſte ich beſorgt ſeyn, wenn mit einem Fuͤrſten zu thun haͤtte, der ungelehrt, unwiſſend, und von dieſen unſern Wiſſenſchaften abgeneigt waͤre, und der ſich auf keine andere Vorzuͤge ſteifete, als welche ein hoher Stand zu ertheilen pfleget. Wie viele Eigenſchaften und Gemuͤthsga - ben aber beſitzen Ew. Koͤnigliche Majeſtaͤt nicht, ſo Die - ſelben weder der hohen Geburt noch dem Gluͤck zu danken ha -ben,an den Koͤnig von England. ben, ſondern ſich ſelbſt durch eigenes Vermoͤgen des Verſtan - des, durch die anhaltende Bildung Dero von Natur erhabenen Geiſtes nach dem, was rechtmaͤßig erhaben iſt, durch Leſung guter Buͤcher und Werke von allerley Art zu wege gebracht, ſelbſt mitten unter den vielfaͤltigen Reichsſorgen, die mit Be - herrſchung ſo vieler Voͤlker im Krieg und Frieden verknuͤpfet ſind. Jch habe es aus dem Munde eines Mannes, der einer von De - roſelben Hofmeiſtern geweſen, daß Ew. Koͤnigliche Majeſtaͤt ſchon in jugendlichen Jahren ſo der Arbeit gewohnt, und der Ge - rechtigkeit und Billigkeit ergeben geweſen, daß Dieſelben die oͤf - fentlichen Vertraͤge der neueſten Zeitlaͤufte mit ſelbſteigener Be - muͤhung in einen Auszug gebracht, und ſie ins Gedaͤchtniß ge - faſt, damit Ew. Koͤnigliche Majeſtaͤt bey Deroſelben Er - hebung auf den Thron, auf welchem wir Sie herrſchen ſehen, ge - nau wuͤſten, wie viel Dieſelben jedem ſich verpflichten, und was Sie von jedem hinwieder mit Recht zu fordern haben. Was iſts alſo Wunder, wenn auſſer andern Wiſſenſchaften dieſe Nach - richt des Alterthums, das Licht der Zeiten, die Schule guter Exempel und die Mutter der Staatsklugheit, die Hiſtorie nem - lich, Dero Vergnuͤgen geworden? Und hier gruͤnde mich nicht auf das Zeugniß anderer; ſondern auf die untruͤgliche Empfin - dung meiner eigenen Ohren und Augen. So oft Ew. Koͤ - nigliche Majeſtaͤt dieſen Jhren meiner Aufſicht anvertrauten Buͤcherſchatz in hohen Augenſchein nehmen, und mich Dero Un - terredung wuͤrdigen; das geſchicht aber allezeit, wenn Dieſelben aus Dero Koͤnigreich in dieſe Stadt kommen: ſo fragen Dieſel - ben nach unſerm neuen hiſtoriſchen Vorrath, ſehen die wichtigſten Werke mit begierigen Blicken uͤber, urtheilen davon, leſen die Handſchriften, auch die alleraͤlteſten, mit groſſer Fertigkeit, wiſ - ſen den Jnhalt unſerer vorraͤthigen Urkunden eher, als ſie vorge - holet werden, und fuͤhren uͤber die noch vorhandenen Nachrichten von Hochdero Vorfahren ſo gelehrte Unterredungen, daß wir, die wir bey ſolchen Papieren blas und bleich werden, nicht beſſe - re fuͤhren koͤnnen.

Das ruͤhme ich nicht in der Abſicht, als gedaͤchte ich nur durch dieſe einigen Stuͤcke das ganze Bild Dero Tugenden vol - kommen zu entwerfen. Es waͤren weit mehr Dinge zu erweh - nen, die ſowol die Regirungskunſt, als Kriegeswiſſenſchaft, ſo Denenſelben ruͤhmlichſt eigen iſt, betreffen, und darunter die Schlacht bey Oudenarde, welche zuerſt Dero Britanniern ge - wieſen, wer Dieſelben einmal ſeyn wuͤrden, wenn Ew. Koͤnig - liche Majeſtaͤt ganz mit Dero Farben allen abzuſchildern ich mich unterfangen haͤtte. Vor allen andern verdiente Ew. Koͤ -f 2niglichenDes Hrn. Hofr. Grubers Zueignungsſchr. an den Koͤnig von England. niglichen Majeſtaͤt ungemein vaͤterliche Huld gegen Dero groͤſ - ſeres Vaterland mit einem lebhaften Pinſel gemahlet zu werden, die Denenſelben mit Ausgang dieſes Fruͤhjahres Fluͤgel gemacht, um zur Erquick[u] ng der Unterthanen, welche die Strenge des vori - gen Winters hart mitgenommen, zu rechter Zeit hinzueilen: wo - bey Ew. Koͤnigliche Majeſtaͤt dieſen Vortheil von Dero al - lerhoͤchſten Gegenwart und Mildthaͤtigkeit genoſſen, daß das aus allen Provinzen und Oertern haufenweiſe herbey gelaufene Volk Dieſelben nicht als ihren uͤber die See angekommenen Landes - herrn, ſondern als einen Landesvater anſahe, den ihnen der Him - mel zugeſandt, und ſich kaum halten konte, daß nicht faſt jeder De - nenſelben, wie ehedem ein dankbares Roͤmiſches Volk einer ihm be - ſonders huͤlfreichen Gottheit, Sitz und Stelle in einem Tempel zu - rechte machte. Jch wuͤrde mir zu viel heraus nehmen und uner - traͤglich fallen, wenn, Allerdurchlauchtigſter Koͤnig, ich dieſe groſſen und vortreflichen Vorzuͤge nach Ew. Koͤniglichen Majeſtaͤt Verdienſten hier erzaͤhlen wolte. Sie werden aber bey den nunmehro lebenden im Andenken bleiben, man wird ſie unſern Kindern und Kindeskindern berichten; ſie werden durch Er - zaͤhlungen ausgebreitet, in die Geſchichtsbuͤcher verzeichnet, und, wie ich hoffe, verewiget werden. Nun ſolte ich Rechenſchaft ge - ben von der Dreiſtigkeit, mit der dieſes Werk Ew. Koͤnigli - chen Majeſtaͤt allerhoͤchſtem Namen zuzuſchreiben mich unter - wunden. Da Dieſelben an neuen Buͤchern, durch welche das Reich unſerer Hiſtorie erweitert wird, allergnaͤdigſtes Belieben zu finden geruhen: ſo wird auch dieſe mir in hoͤchſten Gnaden zu gute gehalten werden, welches unfehlbar verſichert iſt

Allerdurchlauchtigſter Großmaͤchtigſter Koͤnig, Ew. Koͤnigl. Majeſtaͤt allerdemuͤthigſter und allerunterthaͤnigſter Knecht, Johann Daniel Gruber.

Vorrede des Herrn Hofrath Grubers.

Da ich die Schriften der alten Zeit hier und da aufſucheSeltenheit dieſer Chro - nik. und zuſammen leſe, die etwa zu unſerer Geſchichte dienen, und den ehemaligen Zuſtand des alten Nie - derſachſens erlaͤutern koͤnten: ſo gerathen mir manch - mal einige in die Haͤnde, davon ich nicht allein, ſondern andere mehr, nicht wuſten, daß ſie einmal in der Welt waͤren. Von dieſer Art iſt auch gegenwaͤrtige alte Chronik von Liefland, die kein Scribent diſſeits der See jemals geſehen, und die gewiß von keinem angefuͤhret worden: man muͤſte denn glauben, ſie ſtaͤcke unter dem Titel eines Buͤchleins von der chriſt - lichen Religion in Liefland verborgen, von welchem der ſehr gelehrte Herr Bernhard von Montfaucon*)Libellus de religione Chriſtiana in Liuonia. Jn ſeiner Bibliotheca Manuſcriptorum tom. I. p. 120. n. 5469. bezeuget, daß es aus der Bibliothek des Alexander Petavius in die Vaticaniſche geſchaffet worden. Denn was der juͤngere Schurzfleiſch von dem Orden der Schwerdtbruͤder beylaͤufig ſaget, daß alle ſich auf eine alte Lieflaͤndiſche Chronik beru - fen; das gehet nicht auf unſere, ſondern entweder auf Balthaſar Ruſ - ſovs Chronik, welche unter allen von Liefland gedruckten Chroniken die erſte und aͤlteſte iſt; oder iſt bloß von dem neueſten Verfaſſer der Lieflaͤn - diſchen Hiſtorie, Chriſtian Kelchen, zu verſtehen. Denn dieſer allein erwehnet im Anfang ſeines Werks nur obenhin der geſchriebenen Lieflaͤn - diſchen Chroniken, und fuͤhret aus ſelbigen die Namen derer Liven, wel -gcheVorrede des Herrn Hofrath Grubers. che die erſten Taͤuflinge geweſen, richtig an, ſchreibet ſie auch recht Doch deswegen kan mich noch nicht uͤberreden zu glauben, daß er unſere Chronik gehabt, weil es ein Unverſtand geweſen, das Anſehen dieſes als ei - nes zu gleicher Zeit lebenden Geſchichtſchreibers, dem Ruſſov nachzuſetzen, und nach verlaſſener Quelle aus einer unreinen Pfuͤtze zu ſchoͤpfen*)Daß der geſchickte und gelehrte Herr Paſtor Kelch dis Manuſcript gehabt, zeigen nicht nur p. 51 die Lateiniſchen Worte, welche er aus ſelbigem anfuͤhret, ſondern auch etliche an - dere Begebenheiten, und der Ort p. 57, wenn er ſie nicht aus dem Hiaͤrne genommen. Die ſchlechte und unverſtaͤndliche Abſchrift aber hat ihn entweder am Gebrauch deſſelben gehindert, oder er hat auch ſeinem Schatz nicht den rechten Werth zu geben gewuſt; wie denn dazu eine ungemeine Beleſenheit gehoͤret, mit alten Handſchriften ſo umzugehen, als der Herr Hofrath Gruber mit dieſer gethan, worinne gewiß ein Meiſterſtuͤck einer gruͤnd - lichen Gelehrſamkeit abgeleget worden..

Und deren Vortreflich - keit.
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Jch nenne aber nicht unbillig ein ſolch Buch eine Quelle, deſſen Ver - fertiger ausſaget, daß er bey den Begebenheiten, die er erzaͤhlet, zugegen geweſen, und ſie alle entweder geſehen, oder von andern, die es geſehen, gehoͤret habe. Er erzaͤhlet nemlich, wie und wenn die Sachſen zuerſt nach Liefland gekommen; wie das heidniſche Liefland ausgeſehen; wer die geweſen, welche das wilde Volk entweder durch die Waffen gebaͤndi - get, oder mit Vorhaltung der Belohnung des ewigen Lebens zur Menſch - lichkeit und zum Chriſtenthum, theils mit Gewalt, theils durch Lehre und Unterricht gebracht; was es mit der Stiftung der Ritterſchaft Chriſti vor eine Bewandniß gehabt; wie ſchwach der Anfang des Schwerdtbruͤder - ordens geweſen; was vor Staͤdte damals erbauet; welche Schloͤſſer, und auf was Art ſie erobert; welche Schlachten gehalten; wie eine Nation, die auſſer dem Hausſtande von den uͤbrigen Vortheilen des geſelſchaftli - chen Lebens nichts gewuſt, ihre erſte Obrigkeit und Anordnung der Ge - richte von den Geiſtlichen erhalten, uud zu einer foͤrmlichen und ordent - lichen Republik geworden. Dieſes alles, obſchon es mit wenig Worten und ungeſchminkt vorgetragen wird, iſt um deſto anmuthiger und nuͤtzli - cher zu leſen, je rarer die Gruͤndung der Republiken, ihrer geiſtlichen und weltlichen Einrichtnng nach, aufgezeichnet worden, oder je haͤufiger ſolche Nachrichten wieder verloren gegangen.

Muthmaſ - ſung von dem Auctor, der ein Ein - laͤnder iſt.
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Fraͤgt man nach dem Verfaſſer; ſo kan ich nichts gewiſſes angeben, weil er nach der Mode ſeiner Zeit ſeinen Namen nicht heraus ſagen wollen: indem er mehr auf die Ehre der groſſen Maͤnner, die Liefland bezwungen und zum Chriſtenthum gebracht, als auf ſeinen Selbſtruhm geſehen. Doch daß er ein Pfaffe und den Biſchoͤfen guͤnſtiger als den Rittern, inſon - derheit aber ſeinem Albert ungemein zugethan geweſen; laͤſt ſich auch dar - aus abnehmen, daß er die Geſchichte in Liefland, nicht nach den Jahren nach CHriſti Geburt, welches doch in Verfertigung der Chroniken die al - leruͤblichſte und bequemſte Art iſt, ſondern nach den Jahren des Bi - ſchof Alberts, eintheilet. Allein mich deucht, ich finde an dieſem Chronik - ſchreiber nicht einen Mann von hoher Wuͤrde; ſondern nur einen geringenundVorrede des Herrn Hofrath Grubers. und niedrigen Moͤnch; weil er nichts von den geheimen Rathſchlaͤgen, wo - zu er nicht gezogen worden zu ſeyn ſcheinet, ſondern nur das erzaͤhlet, was in die Sinne faͤlt, und was das oͤffentliche Geruͤchte am Hofe des Biſchofs ausgebracht. Jch finde keinen andern, auf wen ſich das mit dem folgen - den, ſo ich noch ſagen wil, paſſe, als auf denjenigen Heinrich, einen Let - ten, des Biſchofs Scholaren, der in den geiſtlichen Stand erhoben wor - den, und deſſen erſt beym Jahre 1211 n. 3 Erwehnung geſchiehet. Ei - nen Letten, ſage ich, weil er beym Jahr 1211 n. 3 ausdruͤcklich Heinrich von Lettland, und des Ratzeburgiſchen Biſchof Philipps Prieſter und Dolmetſcher genant wird. Die Biſchoͤfe aber, welche in Liefland herum reiſeten, hatten die Gewohnheit, daß ſie von den Barbaren, wann ſie um gut Wetter und um Friede baten, ihre jungen Burſche zum Unterpfande der Treue begehrten und auch erhielten: dieſe ſchickten ſie nach Sachſen, vertheilten ſie in die Kloͤſter, und lieſſen ſie nicht allein im chriſtlichen Glauben, ſondern auch in den niedern und hoͤhern Wiſſenſchaften, nach der Faͤhigkeit daſiger Zeiten, unterweiſen. Wenn nun dieſe in der Gottes - gelehrſamkeit und den freyen Kuͤnſten etwas begriffen, ſo holten ſie ſelbige wieder in ihr Vaterland, und brauchten ſie theils zu Dolmetſchern, wenn ſie eine Predigt oder Kirchenverſamlung der Liven hielten, theils ertheil - ten ſie ihnen den geiſtlichen Stand, und machten ſie bey denen Gemeinen, die zu Lande ſchon fuͤr den Heiland geſamlet waren, oder noch geſamlet werden ſolten, zu Predigern. Dieſen Rath gab auch Chriſtian, der er - ſte Biſchof von Preuſſen, welcher an den Pabſt ſchrieb: Er ſey entſchloſ - ſen, wenn nur das Vermoͤgen dazu da waͤre, Schulen fuͤr die Preuſ - ſiſchen Bauerjungen anzulegen, die zur Bekehrung dieſer Nation erbauli - cher predigen lernen, und das Evangelium von unſerm Herrn JEſu Chri - ſto verkuͤndigen ſolten, als die Auslaͤnder*)Man ſchlage Raynalden nach beym Jahre 1218 n. 43 und 44.. Aus der Zahl ſolcher Bur - ſche war auch der Lette, Heinrich, der den angenehmen Namen eines Scholaren des Biſchofs hatte, weil er auf Koſten des Biſchofs unter - richtet, und durch deſſen Vorſorge zu den Wiſſenſchaften und der Theolo - gie angefuͤhret worden. Der Verdacht iſt ſtark, daß dieſer davon Auctor ſey, weil vom Heinrich dem Letten nicht nur vieles erzaͤhlet wird; ſon - dern auch einiges, was auſſer ihm niemand wiſſen konte. Wir haben ſchon geſehen, wie er als Dolmetſcher dem Ratzeburgiſchen Philipp ſtets an der Seite geweſen. Da nun von der gefaͤhrlichen Reiſe dieſes Phi - lipps nach Deutſchland, von ſeinem Austreten auf Gothland; von der Krankheit und dem Tode dieſes Mannes in der Fremde beym Jahr 1214 und 1215 ſo viel vorgebracht wird, und zwar in der Perſon eines Schrei - bers: ſo hat es von keinem andern als einem Reiſegefaͤhrten aufgezeich - net werden koͤnnen. Was hierauf beym Jahre 1219 von einem Letti - ſchen Prieſter weitlaͤuftig erzaͤhlet wird, der nach Wirland gegangen, aber um den Streit uͤber die Landesherrſchaft ſich wenig bekuͤmmert, ſon -g 2dernVorrede des Herrn Hofrath Grubers. dern mit ſeinem Gehuͤlfen das ganze Land durchgezogen, ſein Amt fleißig abgewartet, und Haus und alles durch eine von den einfallenden Eſthen verurſachte Feuersbrunſt eingebuͤſſet, wer anders wuͤrde wol ſichs der Muͤ - he zu verlohnen geglaubet haben, dis mit ſo vielen Worten zu melden, als eben dieſer Heinrich? denn es iſt kaum moͤglich, daß in Beſchreibung ſol - cher Dinge, daran der Verfaſſer einigen Antheil hat, nicht gleich ohnge - faͤhr zu ſehen ſeyn ſolte, was er fuͤr ſeine Perſon gethan und auch gelitten habe.

Beſchrei - bung des Manuſcripts auf Papier, und der Be - wegungs - grund, ſelbi - ges in Druck zu geben.
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Jch habe ein Manuſcript bekommen, das weder das beſte noch das ſchlechteſte iſt. Es iſt auf Papier in Folio, und wenn mich das Ausſehen nicht truͤget, vor 250 Jahren geſchrieben, von einem Menſchen, der al - lem Anſehen nach mehr auf die Zuͤge der Buchſtaben, als auf die Erzaͤh - lung der Sachen geſehen, und das daher nicht frey von Fehlern iſt. Die denen Blaͤttern wiederfahrne Beſchaͤdigung zeiget, daß es als eine Lieflaͤn - diſche Beute aus der Hand eines pluͤndernden Soldaten gerettet ſey, der ſich auf den Werth ſeines Schatzes nicht recht verſtanden. Denn der Heft, wo die vier Bogen ausgeriſſen ſind, ſo die Geſchichte des 1220ſten Jahres in ſich halten, zeiget die Spuren der auf ihn getretenen Fuͤſſe und des Pul - vers ganz offenbar. Als ichs unter mehreren andern von geringerm Wer - the, die man vorigen Sommer oͤffentlich zum Verkauf anbot, fand, und mit begierigen Augen durchblaͤtterte; ſo wurde ich gleich gewahr, daß der Anfang von der Kirche und Republik in Liefland nicht allein volſtaͤndiger, ſondern auch ganz anders hier erzaͤhlet werde, als gewoͤhnlich geſchiehet, und erkante es vor wuͤrdig, daß mans oͤffentlich leſe, und es in die Haͤnde aller derer kaͤme, welche wiſſen, daß der Hauptnutzen der Hiſtorie in Er - kentniß des Anfangs der heutigen Dinge, und in Herleitung der Urſachen der gegenwaͤrtigen aus den vergangenen beſtehe: die man durch keine Kraft der Vernunft, noch durch die Bemuͤhung eines noch ſo ſehr angeſtrengten Gemuͤths erreichen kan. Dis eben machts, daß denen, ſo groſſer Herren Sachen unter den Haͤnden haben, und ſie wiſſen wollen, die Leſung ſchlechter Lateiniſcher Scribenten nuͤtzlicher iſt, wenn ſie uns unſern An - fang zeigen, als das Leſen der Roͤmiſchen und Griechiſchen: ohnerachtet ſie durch ihre Zierlichkeit der Rede, durch die Vortreflichkeit der Urtheile, und durch Mannigfaltigkeit und Wichtigkeit der Erzaͤhlungen den Leſer un - gemein vergnuͤgen und erbauen; ſo tragen ſie doch nichts bey zur Kentniß der Reiche und Staaten, die nach Untergang der Roͤmiſchen Monarchie hie und da empor gekommen und noch in ihrer Bluͤte ſtehen.

Was man bey dieſer Ausgabe ge - leiſtet und nicht gelei - ſtet.
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Damit aber dieſes Buch nicht roh und unausgearbeitet ans Licht tre - ten moͤchte, weil es bloß mit den Jahren des Biſchof Alberts bezeichnet war; ſo habe ich die Begebenheiten jedes Jahrs in beſondere am Rande mit Numern bedeutete Abſchnitte eingetheilet, und den Jnhalt derſelben in gewiſſen kurzen Saͤtzen jedem Jahre vorgeſetzet. Fuͤrs andere, da ichvielesVorrede des Herrn Hofrath Grubers. vieles dunkele angetroffen, habe einen Verſuch mit einigen Anmerkungen gemacht, obsgleich wider den Gebrauch derer laͤuft, die noch nicht gedruck - te Schriften ans Licht bringen. Denn weil dieſes mehrentheils bey Aus - gabe groͤſſerer Werke zu geſchehen pfleget; ſo wuͤrde das Zuſammentragen der Anmerkungen mehr Zeit wegnehmen, als Leute von Geſchaͤften darauf verwenden koͤnnen. Doch habe ich darin auch meine Vorgaͤnger. Jch hatte Bangerten, Gelen, Hartknochen vor Augen. Dieſen Anfuͤhrern bin ich nachgegangen; ich folge ihnen aber nur von ferne. Jch weiß es wohl, ein guter Ausleger und Herausgeber muß unterſchiedene Manuſcripte gegen einander halten; er muß allenthalben die wahre und urſpruͤngliche Leſeart eines jeden Scribenten aufſuchen und wieder herſtellen; er muß denen nicht uͤberal deutlichen Stellen ihr hinreichend Licht geben; er muß endlich nach den Geſchichten derſelben Zeit und der benachbarten Voͤlker die Auſſage des Verfaſſers pruͤfen: und wiederum aus der Ausſage des Verfaſſers andere Geſchichtſchreiber entweder widerlegen, oder vereinigen, oder erlaͤutern. Das erſte Stuͤck meines Amts konte ich nicht erfuͤllen: denn ich hatte kein ander Manuſcript als dieſes einzige, und weiß auch nirgends eins zu finden, weil es von keinem Scribenten wo angezeiget worden. Hierinne habe ich mit Hartknochen gleiches Schickſal, der ebenfals nicht mehr als ein Duis - burgiſches Manuſcript zur Hand hatte, und das zumal nicht alt genung war, als er ſich an die Herausgebung der Preußiſchen Chronik machte. Aber ihm kamen doch noch einige Deutſche Ueberſetzungen ſeiner Chronik zu ſtatten. Jch muß auch dieſer Beyhuͤlfe entbehren und in der Finſterniß tappen. Daher komts, daß ich eine ganz volſtaͤndige und richtige Ausgabe nicht verſprechen kan. Denn obs gleich handgreiflich iſt, daß der Abſchrei - ber an einigen Orten von der Urſchrift abgewichen; ſo habe doch lieber in den unten geſetzten Anmerkungen anzeigen was ich meine, als aͤndern wol - len, was ich geſchrieben gefunden. Dieſer Bedenklichkeit habe ich faſt auf eine aberglaͤubiſche Art nachgehangen. Denn obgleich, zum Exempel, Wen - deculle, Memeculle, Jmmecuͤlle, einerley Ort zu bedeuten ſcheinen; ſo habe doch deſſen unterſchiedene Schreibarten und Weiſe nothwendig beybe - halten, weil es mir nicht zukomt zu errathen, welches der rechte Name des Orts, und die eigentliche Leſeart ſey. Das andere Stuͤck, deucht mir, habe nach Moͤglichkeit in Erfuͤllung gebracht, wenn die Leſeart, nach der mich unumgaͤnglich richten muͤſſen, nicht manchmal falſch iſt. Doch aber auch hier muſte etliches dann und wann mehr beruͤhren als gruͤndlich aus - machen. Die Probe mag man an Neronia haben, in der der Biſchof Phi - lipp von Ratzeburg geſtorben und begraben ſeyn ſol. Hingegen habe manch - mal fremde Woͤrter erklaͤret, die unſer Auctor hier und da mit einſtreuet, auch viele Eſthniſche. Hierinne hat mir das Eſthniſche Woͤrterbuch und die an die Eſthniſche Grammatik angehaͤngte Eſthniſche Beſchreibung der Oerter gute Dienſte gethan, die ein Ungenanter verfertiget und Eberhard Gutsleff, Prediger zu Revel in Eſthland*)Nunmehriger Superintendens der Jnſel Oeſel. , in Druck gegeben. Wenn vonhLief -Vorrede des Herrn Hofrath Grubers. Lief - und Lettland was dergleichen vorhanden, ſo ſolte ich deſſen Gebrauch nicht beyſeite geſetzet haben. Nun muß man Geduld tragen, bis die Herrn Rigiſchen ſich durch das Beyſpiel der Revelſchen ermuntern, und eine gleiche Kentniß ihrer Sprache und ihres Landes ans Licht treten laſſen. Das dritte Stuͤck hat mir hauptſaͤchlich zu thun gemacht. Denn unter dem Leſen fielen mir viele gleiche Faͤlle ein, die ich anderwerts geleſen; die ich genau aufgezeichnet, und daraus gleichſam dieſe Abhandlung entſtanden iſt, wel - che nicht allein zur Erlaͤuterung der Saͤchſiſchen, ſondern auch der Rußi - ſchen, Schwediſchen und Daͤniſchen Hiſtorie etwas wird beytragen koͤn - nen. Und zwar haben jene drey groſſen Herren, die einer nach dem andern denen Prinzen Heinrichs des Loͤwen ihr vaͤterlich Erbe uͤber der Elbe ent - riſſen, mir Gelegenheit gegeben, demjenigen Theil von der Saͤchſiſchen Ge - ſchichte ein neues Licht mitzutheilen, der noch nicht gnug aufgeklaͤret gewe - ſen. Jch habe mich der Zeugniſſe ſolcher Scribenten bedienet, die ſo wol in Abſicht der Zeit als der Gegenden nahe waren. Unter dieſen ſtehet Arnold von Luͤbek oben an. Hierauf folgen Albert von Stade; Gottfried von Coͤln; Alberich, ein Moͤnch des Kloſters des trois fontaines; Caͤſarius von Heiſterbach; Peter von Duisburg, und wer ſie ſonſt aus ſelbiger Zeit ſeyn: dabey ich denn zugleich gedruckte und ungedruckte Urkunden zu Huͤlfe genommen, als welche der Kern und das Mark der ganzen Geſchichte ſind. Die Daͤniſchen und Schwediſchen Geſchichte werden mehr Licht von un - ſerm Chronikſchreiber uͤberkommen, als ihre Scribenten dem unſern erthei - len, indem ſie dieſe Zeit gar nicht als nur im Vorbeygehen beruͤhren.

Wunſch, daß die Scriben - ten von Rußland mitlerer Zeit moͤchten in Druck kom - men.
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Des Abts Theodoſius Chronik von Kiow, und aus dem 13ten Jahrhundert die Chronik eines ungewiſſen Verfaſſers, davon uns der be - ruͤhmte Herr Muͤller in der Samlung der Rußiſchen Geſchichte einige Blumen gepfluͤckt, wuͤrden uns zur groſſen Beyhuͤlfe dienen, wenn ſie im Druck laͤgen, und wuͤrden bey weitem das nuͤchterne Werk uͤbertreffen, welches unter dem Titel der Moſcoviſchen Scribenten herumgetragen wird. Denn in dieſem werden nur die Kriege ſeit 200 Jahren; in jenem die Begebenheiten der erſten Herzoge und kleinen Koͤnige, wie auch die an - ſehnlichſten Striche Landes von ihrem erſten Urſprung her beſchrieben, an welchem zu wiſſen mehr gelegen iſt, als wenn man die genaueſte Kunde von den neuern Kriegen haͤtte. Sie wuͤrden auch Auslaͤndern nicht unan - genehm fallen, weil ſie in Lateiniſcher Sprache abgefaſſet ſeyn. Wir ma - chen uns Hofnung, die Akademie der Wiſſenſchaften zu Petersburg, die wir unter andern Uebungen groſſer Geiſter auch mit der Landesbeſchreibung dieſes groſſen Reichs beſchaͤftiget ſehen, werde auch ſich zur Rußiſchen Ge - ſchichte mitlerer Zeiten wenden, welche von der Landeskentniß kaum getren - net werden kan, und werde fortfahren, durch Herausgebung ſolcher Chro - niken ſich um allerhand unbekante Sachen verdient zu machen.

Uebrigens muß ich was von dem Vorrath meiner Urkunden ſagen. DieVorrede des Herrn Hofrath Grubers. Die Nothwendigkeit der Sache ſelbſt und deren Nutzen hat mir die Sam -Zu was Ende die Ur - kunden an - gehaͤnget worden. lung derſelben angerathen. Der Noth halben muſten die hauptſaͤchlichſten Erzaͤhlungen von dem Anfange Lieflands beygebracht werden, damit man erſehe, worinne das bisher erzaͤhlte abgehe, und worinne es mit un - ſerm Chronikſchreiber uͤbereinſtimmig ſey. Dergleichen haben wir drey. Die erſte, des Arnolds von Luͤbek ſeine, iſt wahr, die aber von den Lieflaͤndiſchen Scribenten wenig nachgeſchlagen worden. Die andere, ſo dem Chronikon des Deutſchen Ritterordens einverleibet worden, wel - ches im Manuſcript lange vorher herum ging, ehe Antonius Matthaͤi es drucken ließ, hat viele Unrichtigkeiten. Weil aber Ruſſov dieſer einzig in alten Dingen gefolget iſt, gleichwie die folgenden wieder Ruſſoven; ſo muſte ich die Quelle oͤfnen, woraus alle getrunken haben, und wenn man dieſe gekoſtet, ſo kan man, was den kurzen Umfang dieſer Zeit betrift, des Nachſuchens der kleinern Baͤche uͤberhoben ſeyn. Denn in neuern Sa - chen mag ich weder Ruſſovs, noch eines andern Scribenten von Lief - land Ruhme was abkuͤrzen. Die dritte zeiget, daß ſelbſt im Oliviſchen Frieden, wo man doch hauptſaͤchlich von Liefland handelte, der Anfang der Bekehrung von Liefland nicht deutlich genung ſey bekant geweſen. Jch mag nicht eigentlich unterſuchen, was man den damals vorgelegten Urkun - den vor Glauben ſchuldig ſey, ob ich gleich nicht begreife, wie Anno 1224 hat koͤnnen verſtattet werden die Stadt Riga anzulegen, die ſchon im An - fang deſſelben Jahrhunderts war erbauet worden*)Man ſehe nach beym Jahre 1224 am Ende die letzte Note.. Die uͤbrigen folgen - den Jnſtrumente geben den Beweiß her, was in den Noten geſagt wor - den, und gehen bis auf den Anfang des Erzbisthums von Riga. Hierbey war unſere Abſicht, daß keine Beweißſchrift ausgelaſſen wuͤrde, die zu dem Urſprung der Kirchenverfaſſung in Liefland zu rechnen, die wir wenigſtens in unſerer Gewalt haben, oder die zu unſerer Kundſchaft gelanget, und daß der Leſer in Liefland, dem vielleicht die Buͤcher nicht zur Hand ſind, eine Lieflaͤndiſche Bibliothek habe, die richtig erklaͤre, wie Liefland al - maͤlig Chriſtlich und Saͤchſiſch geworden, und wie und wenn das Rigi - ſche Bisthum zum Erzbisthum erhaben ſey. Dieſe gleichſam aus dem Schifbruch geretteten Ueberbleibſel legen wir zum theil aus gedruckten, zum theil geſchriebenen Buͤchern vor Augen, weil von ſelbigen in Liefland nichts mehr befindlich ſeyn ſol; indem das Archiv der Rigiſchen Biſchoͤfe ſchon lange bey Eroberung des Schloſſes Kokenhuſen verbrant, und die uͤbrigen alten Urkunden, bey einem durch viele hundert Jahre anhaltenden Kriege, hier und da von den Flammen verzehret worden**)Wie Herr Chriſtian Kelch in der Lieflaͤndiſchen Chronik p. 142 bezeuget..

Anfaͤnglich ſtund ich bey mir an, was ich vor einen Titel vor das BuchUrſachen des Titels. ſetzen ſolte. Der Verfaſſer ſelbſt nent es eine Hiſtorie. Der Ab - ſchreiber hat es lieber die alte Lieflaͤndiſche Chronik tituliren wollen. h 2WeilVorrede des Herrn Hofrath Grubers. Weil es aber ſolchergeſtalt gegen die Abſichten des Scribenten ſeinen Na - men haͤtte, und doch auch keine rechte Hiſtorie iſt: ſo habe mich nach dem Jnhalt gerichtet, und ihm den Titel Origines Liuoniœ ſacræ et ciuilis endlich geben wollen; doch daß ich beyde Benennungen, ſowol einer Hi - ſtorie als Chronik, beybehalten. Und ich meinte, an eines andern Man - nes Werk lieſſe ſichs ohne Charlatanerie thun, je mehr ichs in meinem eigenen bleiben gelaſſen haͤtte. Denn wenn ſonſten Buͤcher die praͤchtige Aufſchrift Origines fuͤhren, nach deren Leſung wir vergewiſſert werden, daß der Verfaſſer den verſpochenen Urſprung ſelbſt nicht wiſſe, warum ſol - te der Name Origines ſich nicht zu einem ſolchen Werke ſchicken, das offen - bar den Anfang erzaͤhlet, obgleich es von ſeinem Verfaſſer mit der Ueber - ſchrift Origines nicht geſchmuͤcket worden.

Wunſch zur Aufnahme der Drucke - reyen.
6

Eine Sache iſt mir nicht lieb. Weil ich ſelbſt bey dem Druck nicht zugegen ſeyn koͤnnen; ſo ſind einige Druckfehler mit eingeſchlichen, ſon - derlich in die Ziffern, die ein aufmerkſamer Leſer deſto leichter beſſern wird, je groͤber ſie ſind. Es ſollen 300 Jahr ſeit Erfindung der Buch - druckerkunſt verlaufen ſeyn; obgleich Trithemius, der aus eigenmuͤndi - gem Bericht des erſten Buchdruckers ihren Anfang aufgezeichnet, 10 Jahr weniger rechnet*)Chron. Hirſaug. plenior. beym Jahre 1450.. Es waͤre ein gar ſchoͤnes und laͤnger als Erz dauer - haftes Denkmal dieſer 300jaͤhrigen Jubelfreude, wenn auf Verordnung der Buchdruckerinnung, oder beſſer der Obrigkeit, verboten wuͤrde, daß kein Junge kuͤnftig mehr aufgedungen werden ſolte, der auſſer ſeiner Mutterſprache nicht wenigſtens Lateiniſch gelernet haͤtte. Durch dieſe Einrichtung wuͤrden die Herren Buchdrucker ſowol ihren Vortheil haben, als auch die Herausgeber der Buͤcher eines groſſen Verdruſſes uͤberheben. Nun muͤſſen wir mit dieſem zufrieden ſeyn, ſo gut als es hat ſeyn koͤnnen. Geſchrieben zu Hannover, den 23 Jun. 1740.

Alte
[1]

Alte Lieflaͤndiſche Chronik, welche die Geſchichte der drey erſten Biſchoͤfe enthaͤlt.

[2][3]

Geſchichte des erſten Biſchofs, Meinhards, von 1184 bis 1196.

§. 1.

Die Vorſehung GOttes, ſo an Rahab und an Babylon,1184 das heiſt, an das verwirte Heidenthum dachte, hat die ab - goͤttiſchen Liven in unſern jetzigen Tagen aus dem Schlaf der Abgoͤtterey und der Suͤnde ſolchergeſtalt durch das Feuer ihrer Liebe aufgewecket.

§. 2.

Es lebte ein Mann von einem unſtraͤflichen Wandel, ein ehrwuͤrdiger Greisa) und Prieſter aus dem Orden des heiligen Auguſtinus in dem Kloſter Sige - bergb). Dieſer kam blos um Chriſti willen, und nur Predigens halber mit ei - ner Geſelſchaft von Kaufleuten nach Lieflandc). Denn es pflegten die deut - ſchend) Kaufleute, die kurz vorher mit den Liven Bekantſchaft gemacht hatten, auf der Duͤne oft nach Liefland zu ſchiffen.

a)§. 5. heiſt dieſer Mann Meinhard*)Jn dem Revelſchen Manuſcript ſteht der Name Meinhard dabey.. Wie ſein Zuname geheiſſen, woher er gebuͤr - tig, und ob er aus adlicher oder buͤrgerlicher Familie geweſen, iſt unbekant. Denn die Alten melden nichts davon, und ſelbſt die Neuern, wie es doch ſonſt meiſtentheils ge - ſchiehet, bringen hier weder einige Muthmaſſungen noch Fabeln an: ſo gewiß ein ſelten Exempel ihrer Behutſamkeit iſt.
a)
b)Es ſind in Deutſchland zu der Zeit 2 Kloͤſter faſt gleiches Namens bekannt geweſen. Das eine lag im Erzbisthum Coͤlln an dem Siegflus, davon es die Benennung hat. Das andere im Bremiſchen Stifte jenſeit der Elbe, unten am Schloſſe Sigeberg in Wagrien. Jenes erbauete der Erzbiſchof von Coͤlln Anno, zur Zeit Kaiſer Heinrichs des 4ten, und ſetzte aus dem Kloſter Frudelle, im Gebiet Canaveſe, zum Bisthum Jvrea gehoͤrig, (worinne vormals der Koͤnig Ardoinus ſein Alter zuge - bracht,) Benedictinermoͤnche dahin, und zwar ſolche, die eine ſtrengere Ordensregel beobachteten, als die andern damals in Deutſchland zu haben ſchienen. Siehe Lam - berten von Schafnaburg beym Jahr 1075 und beym Jahre 1070 zu Ende. Des Hn. Martene Collect. ampliſſ. tom. I. p. 978. Dieſes ward nach Erbauung des Schloſ - ſes Sigeberg auf einem Berge, ſonſt der Aelberg genant, auf Koſten des Kaiſers Lotharius aufgebauet, der den Vicelinus daruͤber ſetzte, welcher kurz vorher das benachbarte neue Kloſter nach der Regel des heil. Auguſtinus angeleget, nach der auchA 2das4Geſchichte des erſten Biſchofs Meinhards,1186das Sigebergiſche Kloſter ſeine Verfaſſung bekam; wie auſſer der Hollſteiniſchen Chronik beym Herrn von Leibniz S. 22. und Alberten von Stade beym Jahre 1134 am Ende, auch die Stiftungsbriefe des Kaiſers Lotharius erweiſen, die Heinrich Muͤhlius in der Hiſtorie des Kloſters Bordisholm S. 544, 546 aus dem kaiſerl. Hand - ſchreiben, ſeiner Auſſage nach, am erſten in Druck gegeben. Denn das Sigebergi - ſche (diploma) hatte ſchon der aͤltere Meibom abdrucken laſſen, in den Anmerkungen zu Lerbeks Schauenburgiſcher Chronik, Scriptor. tom. I. p. 524. und Bangert in den Anmerkungen zu dem Chron. Slauor. l. 1. c. 53. not. c). Aus welchen von bey - den Kloͤſtern dieſer Meinhard geweſen, wuͤrde eine kuͤtzliche Frage ſeyn, wo ihn nicht unſer Auctor einen Prieſter des heil. Auguſtinerordens nente, und weiter bezeugete, daß von ihm das erſte Collegium der Geiſtlichen in Liefland, woraus nach und nach die Biſchoͤfliche Kirche in Riga erwachſen, nach der Ordensregel des heil. Augu - ſtinus angeordnet worden ſey. Denn hieraus erhellet, daß er aus dem Hollſteini - ſchen Kloſter Sigeberg gekommen, und daß der Ruhm der erſten Ausbreitung des Chriſtenthums in Liefland denen regulairen Auguſtinerordensbruͤdern, insbeſondere denen zu Sigeberg in Hollſtein unter dem Bisthum Bremen, oder beſſer, Luͤbek, zugeſtanden werden muͤſſe. Denn ob ſchon zur Zeit der Stiftung des Kloſters Sige - berg noch kein Bisthum in Luͤbek war, und deswegen Vicelinus, der erſte Probſt daſelbſt, unmittelbar unter dem Erzbiſchof von Bremen ſtand; ſo iſt doch dieſes Klo - ſter nicht lange nachher zum Bisthum Luͤbek geſchlagen worden, als Vicelinus ſelbſt zum erſten Biſchof bey dem wieder neu angelegten Dom in Oldenburg gemacht ward, den Heinrich der Loͤwe nachgehends nach Luͤbek verlegte. Daher, deucht mir, mags gekommen ſeyn, daß die Auslaͤnder dieſen Meinhard einen Luͤbeckiſchen Prieſter nennen, den unſer Auctor fuͤr einen Prieſter aus dem Kloſter Sigeberg ausgiebt. Wie des Anſelmus Chronicon zum Exempel thut, ſo bey dem Sigebertus Gemblacenſis in Piſtor. Scriptor. German. tom. I. p. 995. der neueſten Auflage, angehaͤngt iſt; ingleichen Alexander Guagninus Chronograph. Polon. p. 64. der Meinharden einen in der Stadt Luͤbek wegen Froͤmmigkeit und Heiligkeit des Lebens angeſehenen Mann nennet.
b)
c)Man muß die Zeit, da Meinhard zuerſt nach Liefland gekommen, wohl unterſchei - den von der, da die deutſchen Kaufleute angefangen den Lieflaͤndiſchen Meerbuſen zu beſuchen, und auf der Duͤne zu ſchiffen. Die letztere wird daher gewiß, weil un - ſer Auctor beym Jahr 1224 behauptet n. 9. daß damals ſchon 67 Jahr verfloſſen, ſeit dem der Lieflaͤndiſche Hafen von den Kaufleuten entdecket worden. Denn wenn man dieſe 67 Jahr von Anno 1224 abziehet, ſo faͤlt der Kaufleute erſte Ankunft in Liefland in das Jahr 1157 oder 1158; welches ich doch nur von dem Hafen oder der Muͤndung der Duͤne will verſtanden wiſſen, weil Adamus Bremenſis l. 2. c. 13. und von der Lage Daͤnnemarks n. 75. 76. 77. ſchon allein erweiſen kan, daß die Deutſchen lange vor - her nach Samland in Preuſſen, nach Curland, ja nach Eſthland und Jnger - manland gefahren. Die erſtere Zeit, da nemlich Meinhard anfaͤnglich fuͤr ſich und aus eignem Triebe mit Kaufleuten nach Luͤbek gegangen, und unter den Liven den Samen des goͤttlichen Worts auszuſtreuen angefangen, iſt ganz ungewiß, und kan we - der aus unſerm noch einem andern alten und glaubwuͤrdigen Schriftſteller, die wenig - ſtens bekant ſind, ſicher beſtimmet und auſſer allen Zweifel geſetzet werden. Jch ſtehe bey mir an, ob ich das Jahr 1170 oder 1186 annehme. Jener Jahrzahl kommen einiger - maſſen zu ſtatten, theils die Worte unſers Verfaſſers: Kurze Zeit vorher; theils ei - ne Sage unter der Nation, welche uns, obgleich nicht lauter, Balthaſar Ruſſov. Chron. Liv. part. 1. f. 3. ſcheinet aufbehalten zu haben, wenn man nur nicht, wie er, den Anfang des Bisthums Meinhards von demſelben Jahre an rechnet, wie auch Bangert thut uͤber das Chronic. Slav. lib. 7. c. 8. wo er deswegen vorgiebt, Mein - hard habe der neuen Kirche 23 Jahr als Biſchof vorgeſtanden; welches doch unrichtig iſt. Die Jahrzahl 1186 aber anzunehmen, moͤchte uns wol rathen, theils Mein - hards hohes Alter, theils die Lebenszeit des Koͤnigs Wlodimir von Polocz, die weit ins folgende Jahrhundert hineingehet; theils auch nicht nur Cranzens Anſehn, der Vandal. lib. 6. c. 9. dieſes in die letzten Zeiten Kaiſer Fridrichs des 1ſten bringet, ſondern auch und zwar hauptſaͤchlich die Anſelmiſche Chronik beym Piſtor. l. c. wel - che den Anfang ſeiner Predigt in dieſes Jahr ſetzet, und das Biſchofsamt Meinhards in die folgenden Jahre weiter hinaus ſetzet. Denn ſo lieſet man daſelbſt beym Jahre 1186: Die Liven fiengen an Chriſtum zu erkennen, durch die Predigt Meinhards, eines Luͤbeckiſchen Prieſters; der nachher zum (erſten) Lieflaͤndiſchen Biſchof verordnet worden. Ja unten beym Jahre 1224 n. 1. ſagt unſer Schriftſteller, die Liven haͤt - ten damals eine ſolche Ruhe genoſſen, dergleichen ſie faſt ſeit 40 Jahren ſo algemeinnicht5von 1184 bis 1196. nicht gehabt; weil die Litthauer und andre Nationen ſo wol vor der Verkuͤndigung1186 des Wortes GOttes in Liefland, als nach ihrer (der Liven) Taufe ſie niemals zu - frieden gelaſſen. Er zeiget mit dieſen Worten an, daß der Anfang dieſer Beunruhi - gung in die Zeiten gefallen, die vor der Predigt des goͤttlichen Worts vorhergegangen, und dennoch in das Jahr 1184. Woraus man ſchlieſſen kan, Meinhard habe vor dieſem Jahre Liefland nicht betreten. Setzen wir nun mit Anſelmen deſſen erſte An - kunft in das Jahr 1186, ſo haben wir von dem Jahre 1184 an, bis auf das Jahr 1224 einen Zeitlauf von 40 Jahren, davon ein Theil, nach der Meinung unſers Schriftſtellers, vor der Zeit vorhergehet, ehe das Wort GOttes in Liefland geprediget worden.
c)
d)Es iſt auſſer Zweifel, daß die Niederſaͤchſiſchen Kaufleute, als die Luͤbecker, Bre - mer und Hamburger, zur Zeit Meinhards Liefland befahren haben. Was aber die fuͤr Landsleute eigentlich geweſen, ſo zu erſt auf der Muͤndung der Duͤne angelanget, iſt noch nichtausgemacht. Bangert entſcheidet die Sache an angef. Ort fuͤr ſeine Luͤbecker, und beſchuldiget die eines Jrthums, welche dieſe beſondre Ehre den Bremern beylegen, wie fuͤrnemlich der angefuͤhrte Ruſſov thut. Den Urſprung dieſes Jrthums meint Bangert in der Unwiſſenheit der Gegenden zu finden, worin die notwendig muͤſten ge - ſtanden haben, welche, da ſie gehoͤret, daß die Biſchoͤfe von Luͤbek unter dem Erz - biſchof von Bremen geſtanden, auch die Ehre des entdeckten und zuerſt beſuchten Lief - landes eben dieſen Kaufleuten und Landsleuten dieſes Erzbiſchofs zugeſchrieben haben. Es komt ihm auch nicht warſcheinlich vor, daß die Bremer um daſige Zeit die Oſtſee der Handlung halber beſchiffet haͤtten. Hartknoch uͤber des Duisburgs Preußiſche Chronik part. 3. c. 28. nimt die Meinung dieſes Mannes nicht allein an, ſondern bekraͤf - tiget und ſchmuͤcket noch der andern ihre Hiſtoͤrchen von Meinharden ſehr aus, als, daß er von dem Pabſt Jnnocentius II. zum Biſchof gemacht, und der Orden der Schwert - bruͤder vom Pabſt Alexander III. geſtiftet worden ſey. Allein Bangerten widerleget un - ſer Auctor bey dem Jahr 1224 n. 9. wenn er mit deutlichen Worten bejahet, daß der Lief - laͤndiſche Hafen von den Bremiſchen Kaufleuten zuerſt entdecket worden. Fuͤrs andre, ſehe ich nicht, wie unſer Verfaſſer oder auch Ruſſov aus Unwiſſenheit in den Oertern fehlen, oder dieſer Fehler der hiſtoriſchen Wahrheit Eintrag thun koͤnnen; da doch daraus nicht einmal folget, weil einige Meinharden einen Luͤbeckiſchen Prie - ſter heiſſen, daß die Luͤbeckiſchen Kaufleute fuͤr die erſten Erfinder der Schiffart nach Liefland gehalten werden muͤſten. Hierzu komt noch, daß damals, wie der Lief - laͤndiſche Hafen von den Bremern ſoll erfunden worden ſeyn, Luͤbek gleichſam noch in der Wiege gelegen, und auch nachher bey ſeinem Anwachs ohne die Bremer nicht auf der See gefahren Anno 1190, (ſiehe Albert. Stadenſ. bey dieſem Jahre,) in welchem Jahre es zugleich mit dieſen bey Acra Gelegenheit und einen gluͤcklichen Anfang zur Stiftung des deutſchen Ordens veranlaſſet, wie Peter von Duisburg bezeuget, Preußiſcher Chronike part. 1. c. 1. welches auch Bangert ſelbſt nicht in Abrede iſt ad Chron. Slav. libr. 3. c. 36. not. b). Man brauchte auch in dieſen alten Zeiten, wenn man auf der Oſtſee fahren wolte, nicht eben von Luͤbek oder Travemuͤnde auszu - laufen. Denn ganz anders beſchreibet Adamus Bremenſis lib. 2. c. 13. die Einrichtung dieſer Reiſe: Der Weg (nach Semland) gehet ſo, daß man von Hamburg oder von der Elbe ab in 8 Tagen zu Lande nach der Stadt Julin kommen kan. Denn wenn man uͤber See und zu Schiffe gehet, von Sliaswig oder Olden - burg ab, nach Jumin: ſo kan man in 43 Tagen, wenn man gerade von die - ſer Stadt abſegelt, in Rußiſch Oſtragard ſeyn. Und von der Lage Daͤnne - marks ſchreibt er n. 74: Schleswig liegt an einem Arm der fremden See, wel - cher die Slia (Schley) genant wird, daher die Stadt den Namen fuͤhret. Aus dieſem Hafen pflegen Schiffe auszufahren nach Schalauen (Slauaniam), oder nach Schweden, oder Semland, ja gar bis nach Griechenland, das iſt, Rußland. Doch iſt Luͤbek nicht lange nachher der Haupthafen und die Stapelſtadt der Oſtſee geworden, indem der Bayern und Sachſen Herzog, Heinrich der Loͤwe, ſich die Sache recht angelegen ſeyn ließ, welcher auch den Kaufleuten von Wisby aus Goth - land Anno 1163 herliche Privilegien ertheilte, damit ſie uns (ſo ſchreibt Adamus Bre - menſis,) und unſer Land vor andern mehr lieben, und unſern Hafen in Luͤbek fleißiger beſuchen moͤchten. Den Freiheitsbrief hat Lambecius Orig. Hamburg. l. 2. in der Beilage der Documenten, und aus ihm der groſſe Leibniz Scriptor. Brun - ſuic. tom. 3. in der Einleitung p. 29. beygebracht. Von dieſer Zeit an pflegten die Deutſchen von Luͤbek abzufahren und zu Wisby ihr Gewerbe zu treiben, ſo wie die Kaufleute aus Norden zu Luͤbek. Daher da Arnold Chron. Slau. l. 7. c. 9. n. 5. Bbezeu -6Geſchichte des erſten Biſchof Meinhards,1186bezeuget, daß die Kriegesmacht des andern Biſchofs in Liefland, Bertolds, zu Luͤ - bek angeworben worden, und von da nach Liefland geſegelt ſey; ſo mag ich dem nicht widerſprechen, was Cranzen beliebet Vandal. l. 6. c. 10. daß auch Meinhard von Luͤbek abgefahren, als er nach Liefland geſchiffet; obgleich das deutliche Zeugniß un - ſers Auctors im Wege ſtehet, daß dem Bangert wegen des Lieflaͤndiſchen Hafens nicht beypflichten kan, als ob die Luͤbeckiſchen Kaufleute ihn zu erſt und vor allen an - dern befahren haben ſolten.
d)

§. 3.

Wie nun obbemeldter Prieſter von dem Koͤnig Woldemar von Ploſce - kee), dem die annoch heidniſchen Lieflaͤnder zinsbar waren, Erlaubniß und Geſchenke dazu erhalten: ſo grif er das Werk GOttes beherzt an, predigte den Lieflaͤndern, und bauete eine Kirche in dem Dorfe Ykeskolaf).

e)Die Liven, die an der Duna wohnen, hatten gegen Weſten, oberhalb den Semgal - len, die Samogeten zu Nachbaren, welche Kadlubko hiſt. Polon. l. 4. c. 19. ſchlecht - weg Geten nennet; gegen Mittag die Litthauer, welche unſer Auctor oft Lettones benamet, und ſie von den Lettis, die Einwohner Lieflands waren, unterſcheidet; ge - gen Morgen aber die Pleskoviſchen Ruſſen; die auch damals ſchon dem Chriſtli - chen Glauben und den Gebraͤuchen der griechiſchen Kirche zugethan waren. Die er - ſte Erwehnung dieſes Volks komt beym Ptolemaͤus vor l. 2. c. 11. da er die Guten und Levonen unter die Einwohner Scandiens zaͤhlet. Siehe Ortelii Nomenclat. Ptolemaic. p. 15. Olaus Hermelin, der anfaͤnglich auf der Akademie in Doͤrpt, hernach bey Hofe und im Felde in den wichtigſten Bedienungen geſtanden, hat verſucht, den Urſprung und die Geſchichte dieſer Nation in einer akademiſchen Abhandlung von dem Urſprung der Liven zu unterſuchen. Dieſer Woldemarus, welchen unſer Verfaſſer Koͤnig von Ploſceke nennet, heiſt bey den Ruſſen Wlodomir, und hat nicht uͤber die von Pleskaw, ſondern uͤber die von Polocz an der Duͤne geherſchet, (Siehe bey dem Jahr 1211 n. 2.) welche heutiges Tages das Litthauiſche Palatinat ausmachen, ſo ehemals unter den Ruſſen geſtanden, auch noch jetzo von Ruſſen bewohnet wird. Demnach haben die Daͤniſchen Geſchichtſchreiber Unrecht, denen Ioh. Iſaac Pontanus rer. Dan. lib. 6. p. 290. gefolget iſt, wenn er ſchreibet: Walde - marus I. Koͤnig in Daͤnnemark, habe Liefland zu der Zeit beſeſſen, und Mein - hard habe auf deſſen Verguͤnſtigung bey dem Ufer des Rubo (der Duͤne) eine Kapelle erbauet, auch ſchon damals angefangen den Samen des goͤttlichen Worts auszuſtreuen. Daß dieſes aber auf den Rußiſchen Koͤnig Wlodomir muͤſſe gedeutet werden, lehret unſer Chronikſchreiber, und Pontanus haͤtte ſich nur duͤrfen von Arnold. Lubec. lib. 7. c. 9. n. 10. belehren laſſen. Es iſt wenig bekant, ob die Lieflaͤnder vermoͤge eines Vergleichs, oder kraft des Unterwerfungsgeſetzes den Ruſſen Tribut entrichtet. So viel erhellet aus unſerm Auctor, und Arnold leugnet es auch nicht an angefuͤhr - tem Orte, daß die Chriſtlichen Liven durch Weigerung dieſes Tributs manchmal die Ruſſen gegen ſich in Harniſch gebracht. Meinhard iſt beſcheiden. Er will mit den Liven nichts zu thun haben ohne Erlaubniß des Oberherrn. Denn wir leſen nirgends, daß die Liven einen gewiſſen Fuͤrſten oder ein Oberhaupt aus ihrer Nation gehabt haͤt - ten. Die Aermern muſten den Reichern Gehorſam leiſten, die unſer Auctor die Aelte - ſten (Seniores et Maiores natu) tituliret, niemals Edle, Fuͤrſten oder Koͤnige: weil ihre Mutterſprache kein dergleichen Ehrenwort hat, und ſie das Wort Kaͤnings und Kunninges aus der deutſchen Sprache entlehnet haben.
e)
f)Ykeskola, heutiges Tages Uxkul, iſt ein Schloß an der Duͤne, oberhalb Riga und Kirchholm, worin Meinhard nicht nur eine Kirche erbauet, ſondern auch eine Geſelſchaft von Auguſtinermoͤnchen errichtet, welche gleichſam ein Capitul vorſtellen ſolten, wenn er ſelbſt zum Biſchof wuͤrde gemacht ſeyn. Jn dieſem Orte iſt erſt Mein - hard, und nachher Bertold beerdiget. Der darauf folgende dritte Biſchof Albert hat dieſes Capitul nach Riga verlegt, das er erbauet, und den biſchoͤflichen Sitz da - ſelbſt beveſtiget, welcher vorher zu Ykeskola geweſen. Siehe beym Jahr 1201 n. 3. 4. Daher werden alle Lieflaͤndiſche Schriftſteller widerleget, welche melden, die erſte Kirche ſey zu Kirchholm, oder in Dalen, oder wie Pontanus l. c. ſetzet, an dem Orte, wo nun Riga ſtehet, auferbauet worden.
f)
§. 4.7von 1184 bis 1196.

§. 4.

1186
1

Aus demſelben Dorfe waren Ylo, des Kulewene Vater, und Viezo, Alons Vater, die erſten, die getauft wurden, auf welche nach und nach andre folgten.

§. 5.

Den naͤchſten Winter darauf verheereten die Litthauerg) Liefland, und fuͤhrten ſehr viele in die Gefangenſchaft. Der Prieſter Meinhard wolte mit ſeinen Leuten aus Yxkul ihrer Wuth Einhalt thun, und lieferte dieſen Feinden eine Schlacht in dem Gehoͤlze. Wie die Litthauer ſich zuruͤck zogen, ſo beſtraf - te obbeſagter Meinhard die Einfalt der Lieflaͤnder, daß ſie bisher keine Ve - ſtungen gehabt haͤtten oder haben wolten. Endlich verſprach er ihnen Schloͤſſer zu bauen, wenn ſie den Vorſatz haͤtten Kinder GOttes zu werden und zu bleiben. Durch GOttes Eingeben lieſſen ſie ſichs gefallen, verſprachen es, und beſtaͤtigten mit einem Eide, die heilige Taufe anzunehmen.

g)Der Autor nennet diejenigen Lettonen, welche bey uns Litthauer heiſſen. Ray - nald in ſeinen Jahrbuͤchern lieſet manchmal Lectouia und Luctouia, wann er ihr Land anzeigen will. Das beweiſet, wie auch in den paͤbſtlichen Regeſten die Namen wenig bekanter Voͤlker von den Schreibern ſehr verſtellet ſeyn. Die Geſchichte dieſes Volks, die Matthias Stryikowsky Oſoſtewiz, ein Domherr in Samogitien, in polni - ſcher Sprache beſchrieben, hat uns der Jeſuite Albertus Wuͤuk Kojalowicz ins Lateiniſche uͤberſetzet, die wir aber nichtsdeſtoweniger nicht ſonderlich nutzen koͤnnen, weil ſie in den Begebenheiten dieſer Zeit mangelhaft, und faſt gar kein Licht zu geben vermoͤgend iſt.
g)

§. 6.

Demnach wurden den naͤchſten Sommer aus Gothland allerhand Kuͤnſt - ler und Steinhauer geholet. Jndeſſen ſchwoͤren die Lieflaͤnder zum andern ma - le, daß ſie aufrichtige Glaubensgenoſſen ſeyn wollen. Ehe das Schloß Ykesko - le angefangen ward, ließ ſich ein Theil des Volks taufen, und die ganze Gemeine verſprach, obgleich luͤgenhaftig, wenn das Schloß fertig waͤre, ſich auch taufen zu laſſen. Alſo wurden die Mauren von Grund an aufgefuͤhret. Der fuͤnfte Theil des Schloſſes fiel Meinharden zum Eigenthum zu, ſo wie es auf ſeine Ko - ſten errichtet ward, und er hat damit zu erſt der Kirche einige Guͤter verſchaft. Wie das Schloß zuletzt zu Stande kam, ſo fielen ſie ab, und die noch nicht getauft waren, weigerten ſich den Glauben anzunehmen. Doch Meinhard ließ ſich in ſeinem Vorſatz nicht ſtoͤren. Um dieſelbe Zeit kamen die Semgallen, Heiden aus der Nachbarſchaft, welche von dieſem ſteinernen Bau gehoͤret hatten, und nicht wuſten, daß er durch Kalk ſo veſte waͤre, mit groſſen Schifstauen, und meinten ihren naͤrriſchen Gedanken nach das Schloß in die Duͤne zu zerrenh). Jedoch die Steinſchuͤtzen*)Balliſtarii, Steinſchuͤtzen oder Steinſchleuderer, ſind Leute, welche die balliſtas gebrauchten. Balli - ſtae aber waren die bekanten groſſen Schleudern, welche Steine, Balken, Feuertoͤpfe und dergleichen ſchmiſſen, und durch mechaniſche Raͤder zum Wurf regiret wurden, die Mauren oder Planken, als den ſchwaͤchſten Theil einer Veſtung umzuwerfen, und die Feinde zu beſchaͤdigen; da man hingegen das untere veſtere Theil mit Mauerbrechern durchboren muſte. Sie heiſſen in dieſem Buche auch oft - mals Patherellen. Die kleinſten warfen etwan eine Laſt von 5 Lispfund, die groͤſten auch wol ein Schifpfund. Sie trugen aber nicht viel weiter als 500 Schritte, dabey ſie doch die Kraft hatten, al - les zu zerſchmettern, und was ſie ſchlugen, einige hundert Schritte und weiter in die Luft zu prellen. Man verkroch ſich vor ihrem Schuß hinter lederne mit Spreu gefuͤlte Saͤcke, und ausgeſpante Segel - tuͤcher. Manchmal wurden aus ſelbigen auch ſolche Balken geworfen, die vorne ſpitzig gemacht und mit Eiſen verſehen waren; daß alſo patherella, balliſta und catapulta einerley, (und nur der Gewalt und Groͤſſe nach verſchieden) ſind. machten ihnen die Koͤpfe blutig, und ſie muſten mit Scha - den abziehen.

h)Das erſte ſteinerne Gebaͤude in dieſem Lande war alſo das Schloß Ykeskole. Denn der Einwohner Haͤuſer ſollen auch jetzo noch nur aus Balken zuſammen gefuͤget, und da - her leicht von ihrem Ort zu bewegen ſeyn.
h)B 2§. 7.8Geſchichte des erſten Biſchof Meinhards,
1192
2

§. 7.

Die Kirchholmer, welche Nachbaren waren, hintergiengen ſchon erwehn - ten Biſchof Meinharden mit gleichem Verſprechen. Sie baueten ſich ein Schloß, ſo ſie durch dieſen Betrug erhielten. Sechſe*)Jn der Gruberiſchen Ausgabe ſtehet ſed, in beiden Manuſcripten aber ſex. lieſſen ſich gleich anfangs taufen, ihre Abſicht mochte uͤbrigens dabey geweſen ſeyn, welche es wolle, deren Namen ſind Viliendi, Uldenago, Wade, Waldeko, Gerweder und Viezo.

§. 8.

Waͤhrend der Erbauung der beyden beſagten Schloͤſſer, Yxkul nemlich und Holmi), wird Meinhard von dem Erzbiſchof von Bremen, Hartwich, zum Biſchof ordiniretk).

i)Die Worte: Uskul nemlich und Kirchholm ſcheinen eine Gloſſe**)Nach dem Revelſchen Manuſcripte ſind ſie es auch, obgleich das Rigiſche die Gloſſe heibehaͤlt. Denn Ykeskola iſt die rechte und aͤlteſte Schreibart. Der Herr Paſtor Kelch leitet es von uͤr kuͤl ein Dorf her, weil ihm der alte Name nicht angeſtanden, da es doch gleich in die Augen faͤlt, daß mans uͤx kool eine Schule geheiſſen. Es iſt kaum zu erinnern noͤthig, daß die Kloͤſter bey den Alten den Namen der Schulen gefuͤhret. Jnzwiſchen iſt an der alten Benennung etwas zu wiſſen gelegen. Lin - denbrog Script. Septemtr. p. 164. fuͤhrt eine Bulle von Clemens III. an, in welcher er dem Erzbi - ſchof Hartwich von Bremen auſſer den Bisthuͤmern Luͤbek, Schwerin und Ratzeburg auch das Jxcolanenſiſche beſtaͤtiget. Wie Staphorſt hiſt. eccleſ. Hamburg. tom I. p. 595. dieſe Bulle abge - ſchrieben, ſo haͤngt er hinten die Frage an, was das Jxcolanenſiſche Bisthum ſey. Jn dem beyge - fuͤgten Lemma aber geſtehet er, er wiſſe es nicht. Es geſtehens auch andre, wiewol ſie lieber das Js - laͤndiſche leſen. Es iſt aber handgreiflich, daß es das Jxkoliſche ſeyn ſoll, ſo der Biſchof Mein - hard ſich zur Reſidenz erſehen. Der Herr Hofrath Gruber macht dieſes Worts halber dennoch die ganze Bulle verdaͤchtig, weil der Biſchof nicht nach ſeinem Schloſſe oder gewiſſen Sitze, ſondern nach ſeinem Volke mit einer am paͤbſtl. Hofe gewoͤhnlichen Titelatur der Lieflaͤndiſche genennet werden muͤſte. zu ſeyn, die vielleicht am Rande geſtanden, und durch Dumheit des Abſchreibers in den Text gera - then. Zu welcher Meinung nicht nur deswegen veranlaſſet werde, weil ſie uͤberfluͤßig ſind, indem ein noch ſo ſchlaͤfriger. Leſer gnugſam ſiehet, von welchen Schloͤſſern die Rede ſey; ſondern auch hauptſaͤchlich deshalben, daß der Gebrauch des Worts Uxkul in die neuern Zeiten faͤllt, und unſer Verfaſſer nichts davon gewuſt, als der uͤberall das Wort Ykeskola gebrauchet.
i)
k)Hier laͤſt uns der Auctor voͤllig in Ungewißheit, und zeiget uns weder das Jahr der Or - dination, noch die Jahre des Amts, noch das Todesjahr eines ſo groſſen Mannes an. Jch mache meine Rechnung ſo: Berthold, Meinhards Nachfolger, ſtarb im Ju - lius 1198 im andern Jahre ſeines Amts. Alſo trat er ſeinen Dienſt mit Ausgang des 1196ſten Jahrs an. Daß nach Meinhards Tode ſeine Stelle nicht lange ledig geſtan - den, erhellet aus den Berichten Arnolds l. 7. c. 9. Meinhard mag alſo 1196 geſtor - ben ſeyn. Nun muͤſſen wir uns noch nach einer glaubwuͤrdigen Urkunde umſehen, wor - aus die Jahre des Bisthums Meinhards zu erſehen, damit deſſen Anfang oder die Zeit ſeiner Einweihung gewiß beſtimmet werden koͤnne. Jch ſehe zwar, daß Arnold von Luͤbek l. c. dis ins Jahr 1186 ſetzet. Aber da wird entweder der Antrit ſeines Pre - digens, und der Anfang des Bisthums Meinhards mit einander verwechſelt, oder die Jahrzahl iſt verfaͤlſchet; die ich lieber mit Worten ausgedruckt als mit Ziffern an - gegeben zu ſeyn wuͤnſchte. Zwar deucht mir, ich ſehe die mehreſten hier die Achſeln zu - cken, die ſolche vorgeſchuͤtzte Unwiſſenheit tadeln, und mir eine mehr als critiſche Ver - wegenheit vorruͤcken, bey ſo groſſer Uebereinſtimmung aller von Bangerten zu Rath ge - zogenen Manuſcripte. Bey mir aber, der ich aus der Erfahrung gelernet, wie leichte von einem fehlerhaften Buche die Schnitzer in mehrere Exemplare uͤberſchrieben werden, hat dergleichen Uebereinſtimmung wenig Anſehen. Die Leſer belieben doch hier eben dieſen Arnold nachzuſchlagen lib. 4. c. 23. n. 6. wo alle Handſchriften des Bangerts das Jahr 1184 haben, in welchem die Ankunft der Gebeine des heil. Bern - wards, Biſchofs zu Hildesheim, ſoll gefeiert worden ſeyn. Und doch erweiſet das vierte Jahr des Pabſts Coͤleſtinus des dritten, und das vierte Jahr Kaiſer Heinrichs des ſechſten augenſcheinlich, daß die Jahrzahl in allen Handſchriften falſch geweſen, und in dem Original fuͤr 1184 das Jahr 1194 geſtanden habe. Unten beym Jahr 1216, wo von dem Orlamuͤndiſchen Grafen Albert etwas muß geſaget werden, wollen wir mit einem andern Exempel erweiſen, wie die Verwechſelung des einigen Buchſtabens omit9von 1184 bis 1196. mit a nicht nur in alle Thuͤringiſche Geſchichtſchreiber, ſowol gedruckte als ungedruckte1192 eingeſchlichen; ſondern auch ganz allein die Geſchlechtslinien der alten Thuͤringiſchen Landgrafen, wie auch der Grafen von Dhabsburg und Orlamuͤnde verworren ge - macht, die wir l. c. von dieſem anſehnlichen Fehler reinigen werden. So viel iſt gewiß, das, was Arnold zu Anfang des 9ten Cap. anbringet, haͤlt nicht Stich, da er ſo wol Meinhards Biſchoͤflichen Sitz nach Riga ſetzet, als auch deſſen Amtsfolger Bertol - den in der Stadt Riga, welche damals noch nicht in in der Welt geweſen, begraͤbet, und fuͤrgiebt, unter Pabſt Caͤleſtinus dem IIIten haͤtten die heil. Zuͤge ins gelobte Land ih - ren Anſtand oder ihr Ende genommen, da doch ſelbſt ſowol aus Arnolden l. 5. c. 1. als auch aus andern Schriften aller Chronikenſchreiber derſelben Zeit bewieſen werden kan, daß dieſelben unter keinem Pabſt eifriger veranſtaltet worden. Jch berufe mich ſowol auf die Breve des Pabſts; als auf des Kaiſers Briefe ſelbſt: davon jene Baronius tom. 12. beym Jahre 1195. n. 22, dieſe aber Gottfried von Coͤlln bey eben dieſem Jahr liefert. Dieſer erzaͤhlet an angefuͤhrter Stelle, der Pabſt habe deswegen 2 Cardinaͤle nach Frank - reich und aller Orten umher, abgeſchickt. Es gingen auch die Kreuzfarer eben zu der Zeit ins gelobte Land, da Bertold nach Liefland zog, und kamen um die Zeit, da jener im Treffen blieb, wieder in ihr Vaterland. Das dienet uns dazu, daß man ſehen kan, Arnold habe mehr von Hoͤrenſagen, als nach der Ordnung die Begebenheiten der 2 er - ſten Biſchoͤfe von Liefland uns aufgezeichnet. Das Geruͤchte aber pflegt nur uͤber - haupt Begebenheiten, nicht aber derſelben Ordnung zu erzaͤhlen. Ein deutlicher Licht ſcheinen uns die Verschen zu ertheilen, ſo auf Meinhards Grabmal ſtehen, welche uns Chytræus Saxon. lib. 31. f. 980 aufbehalten, die ihm von Einem Hochedl. Rath in Riga zugeſchickt worden, dieſes Jnhalts:
Hac ſunt in foſſa Meinardi præſulis oſſa.
Nobis primo fidem dedit annis quattuor idem.
Actis millenis centenis nonaquegenis
Annis cum ſenis, hic ab his it ad æthera pœnis.
Zwar will ich wol nicht glauben, daß die Aufſchriften, die in dem Bilderſaale des Schloſſes Ronneburg unter jedem Bildniß der Rigiſchen Biſchoͤfe ſtehen, mit den Biſchoͤfen ſelbſt gleiches Alters ſeyn. Doch dieſe Verschen, die von der Aufſchrift unter Meinards Bilde ganz unterſchieden, ſind aͤlter, und ſchmecken nach der Einfalt und Schreibart des damaligen Jahrhunderts. Welches uns der bloſſe Gebrauch des Worts pœnæ fuͤr Qual, auf Franzoͤſiſch peines, ſo unten beym Jahr 1205. n. 5. und 1211. n. 1. wieder vorkomt, belehren kan. Jn welcher Bedeutung diejenige Woche, in der Chri - ſtus nach Faſten und ſaurer Arbeit ſich kreuzigen laſſen, damals hebdomas pœnoſa, (die Marterwoche,) auf Franzoͤſiſch la ſemaine peneuſe, genennet worden, nicht allein in Frankreich, ſondern auch in den Nordlaͤndern. Denn ſo heiſts in der von Joh. Schef - fern herausgegebenen Chronik der Erzbiſchoͤfe von Upſal, S. 216: Ausgenommen 4 Wochen, nemlich, die hebdomas pœnoſa*)Jn dieſem Verſtande komt es auch in des Emmo und Menco Omlaͤndiſch-Friſiſcher Chronik vor, die im 13 Jahrhundert geſchrieben worden, beym Jahr 1208 p. 434: Jn der Marterwoche (hebdomada pœnoſa) nach dem Palmen Sonntage reiſten ſie ab, und kamen den heiligen Oſtertag nach Muͤnſter. vor Oſtern ꝛc. wo Scheffer dabey ſetzt: So recht deutlich wird geleſen. Es iſt aber die hebdomas pœnoſa, die gleich vor dem Oſterfeſt vorhergehet, und gemeiniglich chara heiſſet, nemlich in Stras - burg, Scheffers Geburtsſtadt, die Char - oder Karwoche. Wenn man auch ganz und gar zugibt, die Grabſchrift ſey lange nach gedachtem Feſt gemacht; ſo konte doch bey den Rigiſchen das Andenken beſagter Jahre aus den Todtenzetteln vorhanden ſeyn, oder aus andern noch nicht bekant gemachten Schriften. Nun, da die Zeit ſeines Todes, welchen die Grabſchrift ins Jahr 1196 ſetzet mit obengeſetzter Rechnung uͤbereintrift; ſo ſolte man ihr auch in den Jahren ſeines Biſchoͤflichen Amtes trauen, deren ſie Mein - harden nur viere beyleget; ſo daß Meinhards Ordination zum Biſchof ins Jahr 1192. fallen muß. Welche Jahrzahl man um ſo viel williger annehmen kan, je zuverlaͤßiger der Fortſetzer des Sigeberts den Anfang von Meinhards Bisthum hinter das Jahr 1186 ſetzet, und je deutlicher der aͤlteſte Schriftſteller der Pohlen, wenn ich den Kad - lubko ausnehme, der doch dieſe Zeiten nicht beruͤhrt, Dlugoſſus lib. 4. pag. 318. Mein - hards Bisthum in die Zeiten Pabſts Caͤleſtinus des dritten rechnet, von dem bekant, daß er erſt Anno 1191 Pabſt worden, wenn er ſchreibt: Zur Zeit des Pabſts Caͤle - ſtinus des dritten, iſt Liefland durch den Dienſt Meinhards, des Lieflaͤndi - ſchen Biſchofs, zum chriſtlichen Glauben gebracht worden. Wo ich doch nichtCnur10Geſchichte des erſten Biſchof Meinhards,1192nur in der Leipziger Ausgabe, ſondern auch in der zu Dobromil p. 288. fuͤr das Jahr 1191 wohin der Pabſt Caͤleſtinus der 3te und Kaiſer Heinrich der 6te gehoͤrt, die Jahrzahl 1091 unrichtig geſetzt ſehe. Denn auch andere Chronikenſchrei - ber nennen hier die Zeit Kaiſer Heinrichs des 6ten, welche in die Zeit Caͤleſtinus des 3ten faͤlt. Als nemlich die Luͤneburgiſche Chronik bey Eccarden Script. tom. 1. p. 1407. Bi deſſelven Keiſer Vriderikes Tiden erhof ſic de Kerſtenheit to Pruten. Bi ſines Vader Keiſer Heinrikes Tiden ward Liflanden Kerſten, unde bedwungen van den Saſſen. Das iſt: Zu deſſelben Kaiſer Friedrichs Zeiten kam das Chriſten - thum in Preuſſen empor. Zu ſeines Vaters, Kaiſer Heinrichs des 6ten Zeiten, wurde Liefland chriſtlich, und von den Sachſen bezwungen. Daß Meinhard erſt Anno 1200 gelebt, ſagt Alexander Gaguinus p. 64. da er ſich vielleicht durch Cranzens Anſehen verleiten laſſen, welcher Vandal l. 6. c. 10. ſchreibet, Meinhard ſey ein wenig vor Ende des 1200ten Jahrs mit Kaufleuteu nach Liefland gezogen. Das iſt aber theils falſch, theils alzu unbeſtimt, und gibt uns nicht das eigentliche Jahr der Einweihung Meinhards. Denn die von uns angehaͤngten Urkunden belehren, daß ſchon zur Zeit Clemens des III, der vor Caͤleſtinus dem III. geſeſſen, und 1189. Pabſt geworden, Meinhard Biſchof, und zwar zu Ykeskola, ſey tituliret worden; daß alſo das Jahr ſeiner Einſegnung eben ſo ungewiß iſt, als das erſte Jahr ſeines Abzugs nach Liefland, bis neue Schriften zum Beweis gefunden werden.
k)

§. 9.

Als das andere Schloß aber*)Grub. hat autem; das Revelſche Manuſcript ante: nachdem vorher auch das zweite Schloß fertig worden. zu Stande war, vergaſſen die Gottloſen ih - res Eidſchwures, und haben ſich ſelbſt zum Schaden gelogen: denn es war auch nicht ein einziger, der den Glauben hatte annehmen wollen. Das Gemuͤthe die - ſes Prieſters ward daruͤber ziemlich unruhig, zumal, da ſie ihm nach und nach das ſeine genommen, ſeinen Leuten mit Schlaͤgen begegnet, den Schlus faſſeten, ihn des Landes zu verweiſen, und die Taufe, die ſie in dem Waſſer empfangen, in der Duͤna wieder abzuwaſchen, und (ſie) wieder nach Deutſchland zuruͤck zu ſchicken meinten.

§. 10.

Nun hatte dieſer Biſchof einen Mitarbeiter am Evangelio, den Bruder Theo - doricus, Ciſtercienſer Ordens; nachmaligen Biſchof in Eſthlandl), dieſen wolten die Lieflaͤnder von Treyden ihren Goͤtzen aufopfernm), und zwar deswegen, weil auf ſeinen Feldern das Getreide gar zu ſchoͤn ſtand, und ihre Saat durch den haͤufigen Regen zunichte ging. Das Volk ward zuſammen gerufen, und man befragte ſei - ner Aufopferung wegen die Goͤtter durchs Loos. Man ſtellete eine Lanze hin, das Pferd trat zun), doch auf GOttes Verhaͤngniß ſetzte es den Fuß voraus, der ſeine Erhaltung bedeutete. Dieſer Bruder betete mit ſeinem Munde, und mit der Hand ſegnete er. Der Wahrſager gab vor, der Gott der Chriſten ſaͤſſe dem Pferde auf dem Ruͤcken, und ruͤcke ſelbſt den Fuß vor, man ſolle deswegen des Pferdes Ruͤ - cken abwiſchen, damit dieſer Gott herunter fieleo). Da nun hierauf das Pferd den Fuß des Lebens wieder vorſetzte, wie vorher, ſo ward der Bruder Dietrich beym Leben erhaltenp). Einsmals ward dieſer Bruder nach Eſthland verſchickt, wo er unter den Heiden viele Lebensgefahr ausſtund, einer Sonnenfinſterniß hal - ben, die ſich am Tage Johannis des Taͤufers ſehen ließ; da ſie vorgaben, er fraͤſſe ihnen die Sonne aufq). Zu eben der Zeit begehrte ein gewiſſer Live von Trey - den, der verwundet worden war, von dem Bruder Dietrich geheilet zu werden, und verſprach, wenn er geſund wuͤrde, ſich taufen zu laſſen. Dieſer Bruder aber ſtieß Kraͤuter zuſammen, ob er gleich von ihrer Kraft und Wirkung nichts ver - ſtund, ſondern rief nur den Namen des HErrn uͤber ihn an, und machte ihn am Lei - be, und durch die Taufe an der Seele geſund. Und das war der erſte aus den Vornehmſten von Treyde, der glaͤubig ward. Ein andrer Patient ließ den Bru - der Dietrich zu ſich kommen, und begehrte die heilige Taufe. Doch die freche Hartnaͤckigkeit der Weiber hielt ihn von dieſem heiligen Vorſatz ab. Wie aber dieKrankheit11von 1184 bis 1196. Krankheit heftiger ward, ſo wurde der Unglaube dieſer Weiber uͤberwunden. Er1186 ließ ſich taufen, und GOTT im Gebet empfelen. Die Seele dieſes Verſtorbenen ſahe und erkante ein anderer Neubekehrter, der auf 7 Meilen Weges davon war, von den Engeln in Himmel tragen*)Die Scharfſichtigkeit dieſes Neubekehrten verdienet bey dem Leſer ein deſto gelinder Urtheil, weil es ſelbſt den Altbekehrten der damaligen Zeit nicht beſſer ergangen. Anno 1188. ſahe der Prior des Ma - rienordens vom Berge Carmel, Bertold, gar viele Seelen ſeiner Moͤnche, die von den Saracenen ermordet waren, durch eine Menge heiliger Engel in Himmel tragen..

l)Dieſer Dietrich war einer von Meinhards vornehmſten Gehuͤlfen, der das Volk uͤber der Aa zu allererſt zum chriſtlichen Glauben gebracht, und von der Gegend, ſo Thorcida heiſſet, in welcher Treyden gelegen, den Zunamen bekommen, damit man ihn von an - dern Theodoricis unterſcheiden koͤnne. Der Biſchof Albert ſetzte ihn uͤber ein bey der Muͤndung der Duͤne von ihm neuerbauetes Kloſter Ciſtercienſer Ordens, ſo er den Berg des heiligen Nicolai nante. Nach vieljaͤhrigen Bemuͤhungen und Reiſen, die er nach Rom that, ward er beym Pabſt Jnnocentius dem III. bekant, und er - hielt mehr den Titel als das wirkliche Amt eines Biſchofs von Eſthland, wie unſer Verfaſſer nachher alles vollſtaͤndiger unter jedwedem Jahre vortraͤget.
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m)Es iſt auch aus andern Scribenten bekannt, daß die Barbaren nach Norden zu ſo gut wie die uͤbrigen, von denen Caͤſar vom Galliſchen Kriege l. 6. c. 16. Lactantius diu. inſtit. l. 1. c. 21. und Lagerloͤoͤf von den Druiden c. 2. §. 7. p. 45. ſeq. handeln, ihren Goͤttern mit Menſchenblut, und ſonderlich mit Chriſtenblut geopfert. Es iſt abſcheulich, was Adam aus Bremen von den Sveonen erzaͤhlet, von der Lage Daͤnnemarks n. 94. und vor ihm von den Daͤnen und Normaͤnnern Ditmar von Merſeburg, libr. 1. am Ende, wo er ſetzet, man habe alle 9 Jahr 99 Menſchen, mit eben ſo viel Pferden, Hunden und Haͤnen geopfert. Daher ein gewiſſer Chriſt Adamen berichtet, er habe in einem Walde bey Upſal Hunde - und Menſchenkoͤrper untereinan - der haͤngen ſehen. Dieſer entſetzliche Anblick erinnert mich an das Leichengepraͤnge des cumaniſchen Koͤnigs Jonas; als der in ein ſehr tiefes Grab verſcharret ward, ſo wurden zu ſeiner Rechten und Linken 8 Waffentraͤger lebendig gehenket, die als frey - willig in den Tod gingen, und daneben wurden 26 Pferde gleichfals lebendig aufge - knuͤpfet, wie Alberic bezeuget beym Jahr 1241. p. 579. Eben dieſer Adam meldet, daß auch die Eſthen ſich nicht enthalten Menſchen zu opfern, n. 75. da er ſpricht: Sie er - handeln die Menſchen von den Kaufleuten, und ſehen vorher genau nach, daß ſie ja kein Maal am Leibe haben, und opfern ſie. Manchmal pflegte der Ruͤgier Prieſter einen Chriſten zu opfern, und gab dabey vor, die Goͤtter vergnuͤgten ſich ungemein an derglei - chen Blute, wie Helmold ausſaget Chron. Slauor. l. 2. c. 12. n. 9. Peter von Duis - burg erwehnet ein gleiches von dem Criwe, den die Preuſſen als ihren Pabſt geehret, part. 3. c. 5. Denn da der erſte chriſtliche Biſchof zu ihnen kam, waren ſie ſo grauſam, daß ſie alle Kinder weibliches Geſchlechts, die ihnen geboren wurden, auſſer einem Maͤgd - gen, umbrachten, und ihre Gefangenen den Goͤttern opferten, in deren Blut ſie Schwerdt und Lanzen tauchten, um gutes Gluͤck zu haben. Dieſe Unmenſchlichkeit machte Pabſt Honorius der III allen Biſchoͤfen kund, bey Raynald Jahr 1218. n. 43. Welches ſich auch mit auf die Liven erſtrecket, weil nach Ausſage dieſes Peters von Duisburg, nicht die Preuſſen allein, ſondern auch die Letten und andere Lieflaͤndiſche Nationen, den Befehlen dieſes Criwe unterworfen waren.
m)
n)Saxo Grammaticus, der eben nicht allezeit fabuliret, erzaͤhlet, Hiſtor. Dan. l. 14. daß man bey den Ruͤgiern im Gebrauch gehabt, mit einem weiſſen Pferde ungefehr ſolcher Geſtalt ſich von dem Ausgang kuͤnftiger Dinge zu erkundigen. Vor dem Tempel, ſchreibt er, pflegte eine 3fache Reihe Spieſſe von den Opferbedienten hingeſtellet zu wer - den; in jeder derſelben waren 2 und 2 gegen einander uͤber geleget, ſo, daß die Spitzen in der Erde ſtacken, und zwiſchen beyden Reihen allezeit ein gleich weiter Zwiſchenraum blieb. Zu ſelbigen ward ein Pferd nach vorhergegangenem feyerlichen Gebet von dem Prieſter aus dem Vorhofe mit Sattel und Zeug hervor gefuͤhret, wenn es nun uͤber die vor ſich habenden Reihen eher mit dem rechten als linken Fuſſe ſchritte, ſo nahm mans fuͤr ein gluͤcklich Zeichen an. Wenn es aber auch nur einmal den linken Fuß vor den rechten voraus geſetzet hatte, ſo aͤnderte man ſein ganz Unternehmen. Von den Liuticiern, die mit zu den Ruͤgiern gehoͤren, erzaͤhlet Ditmar von Merſeburg ein gleiches l. 6. p. 382, es habe nemlich ein heiliges Pferd, welches man uͤber die in die Erde geſtochenen Spitzen zweyer Spieſſe gefuͤhret, deren Schaͤfte in einander gegangen, allen Ausſpruͤchen der Goͤtter den letzten Ausſchlag gegeben. Daß auch die StetinerC 2dieſem12Geſchichte des erſten Biſchof Meinhards,1192dieſem Aberglauben ergeben geweſen, bezeuget der ungenante Verfaſſer der Lebensbeſchrei - bung des heiligen Otto lib. 2. c. 32 ſo den Titel fuͤhret: Von dem prophetiſchen Pfer - de und Spieſſen. Cranz geſtehet, Vandal. lib. 5. cap. 12. er habe den Saxo ausgeſchrie - ben; doch druͤckt er die ganze Sache kuͤrzer und beſſer aus: Wenn es die bezeichnete Stelle mit dem rechten Fuſſe beruͤhret: ſo vermuthen ſie was gutes;