PRIMS Full-text transcription (HTML)
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GEORGICA CURIOSA.
Das iſt: Umſtaͤndlicher Bericht und klarer Unterricht Von dem Adelichen Land - und Feld-Leben / Auf alle in Teutſchland uͤbliche Land - und Haus-Wirthſchafften gerichtet / hin und wieder mit vielen untermengten raren Erfindungen und Experimenten verſehen / einer merck - lichen Anzahl ſchoͤner Kupffer gezieret / und in Zweyen abſonderlichen Theilen / deren jeder in Sechs Bůchern beſtehet / vorgeſtellet; Alſo und dergeſtalt / daß in dem Erſten Theil Der Landguͤter Zugehoͤrungen und Beobachtungen / wie ſich Chriſtliche Hausvaͤtter und Hausmuͤtter in ihrem gantzen Beruff / ſowol inner - als auſſerhalb des Hauſes / in allen Begebenheiten und fuͤrfal - lenden Veraͤnderungen / als auch durch das gantze Jahr / mit allen Arbeiten und Anſtellungen / im Haus und Felde / und gegen Jederman zu verhalten / auch wie die Weinberge / Obſt-Kuchen - Artzney - und Blumen-Gaͤrten auf das beſte einzurichten / zu warten und zu genieſſen / enthalten. Jm Andern Theil Wie der gantze Feldbau auf das leichteſte / beſte und nuͤtzlichſte anzuordnen / ſowol in den Ge - ſtuͤttereyen / die Pferdzucht und Abrichtung / als auch in den Mayerhoͤfen alles Vieh / groß und klein / zu beſtellen / aufzubringen / zu pflegen / zu genieſſen / und der Wieſenwachs / auch die Bienen und Seidenwuͤrme / mit gutem Vortheil zu verſorgen / allerley Waſſerluſt mit Bronnen / Ciſternen / Canalen / Waſſerkuͤnſten / auch Ausfluͤſſen / Seen / Teichen / Weyhern / Baͤchen und Fiſchereyen zu ſchoͤpffen / die Gehuͤltze zu pflantzen / zu hayden / zu verbeſſern; auch allerhand Weid - werck / mit groſſem und kleinem Wildpret / Wald - und Feldgefluͤgel zu treiben / abgehandelt wird. Durch ein Mitglied der Hochloͤbl. Fruchtbringenden Geſellſchafft ans Liecht gegeben.
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Nuͤrnberg /Jn VerlegungJohann Friederich Endters/und Michael EndtersSeel. nachgelaſſenen Wittib und Erben. Jm Jahr Chriſti1682.

Zuſchrifft / An die Hochloͤblichen / beeder Ertzhertzogthum Oeſterreich Unter - und Ob - der Ennß / geſamte Herren Herren Staͤnde.

JCH komme nicht / mit dieſem / Hochwehrteſte Herren / Herren / Eur Gunſt und Freundſchafft einigen Unterricht in der Haushaltung und Wirthſchafften (welche ohne diß / die meiſten unter Jhnen haubtſaͤchlich verſtehen / und von denen ich ſelbſt beſſere information nehmen / als Jhnen geben koͤnte) vorzuſchreiben; ſondern vielmehr dieſe meine Gedan - cken / deren geneigtem Urtheil und willfährigem Schutz zu unteꝛgeben und zuzueignen. Jch will allein hier melden / daß die geſchickliche Wiſſenſchafft recht Haus zu halten / nach der Himmliſchen Seelen - Nahrung die allernoͤhtigſte ſey / angeſehen unſer menſchliches Leben / woferne wir die wahre Chriſtliche Liebe und Einigkeit in uns einge - wurtzelt haͤtten / einander nicht beleidigten / unterdrůckten / oder uͤber - vortheilten / keiner andern Obrigkeit / als GOttes / keiner Rechtsge - lehrten / als der eingepflantzten Billigkeit / was man ſelbſt gern oder ungerne hat / und keiner Aertzte / als nur der Maͤſſigkeit bedoͤrffen wuͤr - den; da hingegen GOtt der oberſte Schoͤpfer / Erhalter und Haus - vatter Himmels und der Erden / dem Menſchen / noch im Stande der Unſchuld / als ſeinem Verwalter / Pfleger und Obervogt / nicht allein die Mayrſchafft und Obſicht / uͤber alle ſeine / auf dem gantzen Erdbo - den / in Lufft und Waſſern befindliche Geſchoͤpfe / ſondern auch das liebliche Paradiß anvertrauet / und daſelbſt eingeſetzt und inſtallirt hat / nicht daß er muͤſſig darinnen herum Luſt-wandeln / und alſo ſeine - ge in Muͤſſiggang verzehren ſolte; ſed ut operaretur & cuſtodiret illum, daß er ihn bauete und bewahrete. Jnmaſſen denckwuͤrdig / daß Moſes nicht meldet / als ob GOtt dieſen holdſeligen Freuden-Ort (wie ſeiner Allmacht ſehr leicht geweſen waͤre) aus Nichts / wie das andere groſ - ſe Weltgebaͤue erſchaffen / ſondern gleichſam mit abſonderlichem belie -a ijbigenbigen Luſt und Fleiß / zu anmutigſter Gelegenheit ſelbſt gepflantzt / und fuͤr den Menſchen zubereitet haͤtte. Es läſſet auch dieſer Menſchen - liebende Himmliſche Hausherꝛ noch nicht ab / die groſſe Welt-Oeco - nomiam noch immerdar mit ſchoͤnſter und richtigſter Ordnung unauf - hoͤrlich zu beſtellen / zu beleben / zu nähren / zu mehren / zu leiten / zu fuͤh - ren / und zu regieren; daher die Ewige Weißheit billich ausruffet: De - litiæ meæ inter Filios Hominum, alſo / daß ein jeder Chriſt dieſem gůtigen Vatter fuͤr ſeine immerwährende Fuͤrſorg und Gutthat zu dancken deſto mehr verbunden lebet.

Jch habe Euer Gunſt und Freundſchafft / als ein unwuͤrdiges Mitgliede / dieſe meine geringe / doch gutgemeinte Wirthſchafftshand - lung (daraus ein langes und immerwaͤhrendes Regiſter des Him - mel-Segens erhellet) hiemit widmen und zueignen wollen / Sie wer - den hoffentlich / nach ihrer weltbekañten Guͤte / Hoͤflichkeit und Diſcre - tion, wo etwan was mangelhafftes / ſchlechtes oder ungereimtes mit untergelauffen waͤre / ſolches gnaͤdig uͤbertragen und entſchuldigen / helffende / gleichſam mein Perſeus zu ſeyn / und mit dem Schilde Palladis dieſes Werck / wider die Gifft-Zähne der neidigen Meduſe zu uͤberſchat - ten / und zu beſchirmen. Ut ſub magni Nominis umbrâ deliteſcat.

Mich betreffend / weil es ſcheinen moͤchte / ich hätte Oeſterreich die - ſer Zeit verlaſſen / habe hiemit dennoch bezeugen wollen / daß obſchon itzund mit dem Leib abwefend / ich gleichwol mit der Lieb / Affection und Angedencken / mit unvergeßlicher Treu und allerſchuldigſten Gehor - ſam / gegen meinem allergnaͤdigſten Lands-Fuͤrſten und wehrteſten Vatterland die Zeit meines Lebens beſtaͤndig verharren werde; mich zu Euer Gunſt und Freundſchafft beharꝛlichen Favor, Dieſelben aber Goͤttlicher Gnaden-Obhut ergebend / und verbleibe

Euer Gunſt und Freundſchafft Treu-verpflichter und Schuld - willigſter Diener Wolff Helmhard Herr von Hohberg Freyherr.

Vorrede

Vorrede an den großgůnſtigen Leſer.

JCH muß frey bekennen / daß ein ſolch weitlaͤuffiges Werck von der Oeconomia zu ſchreiben / ich niemaln / aber wol vor etlich und zwanzig Jahren die Georgica auf das kuͤrtzeſte Verſweiſe aufzuſetzen willens geweſen / wie ich aber das letztere bald geendet / und etlichen guten Freunden und Goͤnnern / als ſondeꝛlich / denen numehr beeden ſeeligen Kunſtliebenden und Ungluͤckſeligen / wie auch andern unterſchiedlichen gewieſen / und ihre Meinung verlangt / haben ſie ihnen zwar meine Arbeit nicht mißfallen laſ - ſen / doch aber dieſes beygefůgt / daß dergleichen Scripta Didactica beſſer und amuthi - ger in freyer / als gebundener Rede moͤgen gehandelt werden; alſo daß ich nothwen - dig in Proſa Beymerckungen anhencken ſolte. Und ob ich wol ihrem Urtheil und Willen nicht widerſprochen / habe ichs doch zu vollfuͤhren viel Jahr aufgeſchoben / biß ich letzlich mich ſamt den Meinigen in die vornehme Kayſerliche freye Reichs - ſtadt Regenſpurg begeben / und allda

hoſpita Muſis Otia, & exemptum curis gravioribus ævum

haben und genieſſen koͤnnen / alſo indem ich die vorige gantze Zeit uͤber / allerley vor - nehme zur Wirthſchafft gehoͤrige Sachen / theils aus guten bewaͤhrten allerhand Sprachen Authoren / theils mit Beyhuͤlff anderer guter Freunde / nicht wenig auch aus eigner Beobachtung / Fuͤrmerckung und Erfahrenheit geſam̃let / habe ich mich endlich daruͤber gemacht / und dieſes Werck in Proſa, nach und nach in ein paar Jah - ren / neben denen Prodromis ligato Sermone, verfertigen / und dem guͤnſtigen Leſer hiemit communiciren und mittheilen wollen.

Damit man aber nicht vorwerffen moͤge / ich handle von der Wirthſchafft / und melde nicht / was ſie ſey / hat es mich anfangs datum unnoͤtig gedaucht / weil es oh - ne diß ein Jederman bekanntes Ding iſt / ohn welches das menſchliche Leben nicht beſtehen kan / damit es aber auf das kuͤrtzeſte geſchehe / iſt die Oeconomia nichts an - ders / als eine weiſe Vorſichtigkeit / eine Hauswirthſchafft begluͤckt anzuſtellen / zu fuͤhren / und zu erhalten / und wird ſich nicht uͤbel herreimen / was der gelehrte Plu - tarchus in ſeinem Gaſtmahl der ſieben weiſen Griechen erzehlet / daß als Periander von den andern ſich erfragt / welche Hauswirthſchafft recht gluͤcklich zu achten ſey? habe darauf erſtlich Solon geantwortet / diejenige ſey es / worinnen kein unrecht er - worbenes Gut zu finden / welches zu erhalten kein Mißtrauen / und auszuſpenden keine Reue nach ſich ziehe. Bias habe geſagt: in welcher der Hausvatter aus frey - willigem Hertzen ſich alſo verhaͤlt / wie er / von auſſen zu leben / durch die Geſetze an - geleitet werde. Thales habe vermeint / wann der Hausvatter die mehreſte Zeit koͤnne muͤſſig ſeyn / nemlich wo das Geſinde fleiſſig und arbeitſam / ſich nicht erſt durch viel Gebot antreiben laſſe. Cleobulus habe vermeldet / dieſe Hauswirthſchafft ſey am beſten beſtellet / in welcher mehr ſeyen / die den Hausvatter lieben / als die ihn fürch - ten. Pittaci Ausſpruch war / in welcher nichts unnothwendiges und uͤberfluͤſſiges begehrt / auch nichts nothwendiges zu verlangen ſeye. Endlich habe Chilon geſchloſ - ſen / dieſe waͤre die gluͤckſeligſte Wirthſchafft / die beſtellet ſey gleich einer Stadt / dar -a iijinneninnen ein weiſer Regent die Obſicht habe; und ſind zwar dieſes von weiſen Leuten gute und ſcharffſinnige Gedancken. Ein anderer aber iſt in der Meinung geſtan - den / daß dieſe Haushaltung zu ruͤhmen / darinnen keine unnothwendige Arbeit ge - than / und keine nothwendige unterlaſſen wuͤrde. Aliud agere enim parum differt à nihil agendo, vel à malè agendo. Und eben dieſes alles zu erhalten / und recht anzu - ſtellen / haben ſich ſo viel alte und neue Rei ruſticæ Scriptores bemühet / gewiſſe An - leitungen und Lehrſaͤtze vorzuſchreiben / nach denen man den rechten Zweck / dieſe Gluͤckſeligkeit zu erlangen und zu erhalten / erreichen moͤchte.

Jch will von denen gar alten Græcis, Punicis & Romanis itzo nichts gedencken / und allein vom Kayſer Conſtantino Pogonato, wie D. Ludovicus Rabus und Janus Cornarius, oder Porphyrogenito, wie Conringius will / der Anno Chriſti 906. zu Henrici Aucupis und Ottonis Magni Zeiten gelebt / und über 39 Jahr lang regirt hat / anfangen / dieſer hat ſeine Geopanrca durch etliche gelehrte und erfahrne Maͤn - ner verfertigen / oder aus aͤltern beruͤhmten Authoribus in Griechiſcher Sprach aufſetzen / in ein Werck zuſammen tragen / und in zwantzig Buͤcher abtheilen laſſen / die hernach ins Lateiniſche / Welſche / Teutſche und andere Sprachen ſind ůberſetzt worden. Der naͤchſte nach dieſem (meines Wiſſens) iſt ein Jtaliaͤner / Pietro de Creſcentii, von Bologna, und ein Rahtsherr daſelbſt / wie es Aldrovandus in ſeiner Ornithologiâ an etlichen Orten bezeuget / dieſer hat zur Zeit Caroli II. Cunctatoris oder Claudi gelebt / welcher zum Koͤnige in Sicilien und Jeruſalem Anno 1285 ge - kroͤnet worden / und Anno 1309 geſtorben iſt / und eben dieſem Carolo II. hat erſtbe - meldter Autor ſein Werck d Agricoltura zugeſchrieben / daraus zu ſchlieſſen / daß er vor dreyhundert und neunzig Jahren muͤſſe gelebt haben. Es iſt aber dieſes ſein O - pus ins Teutſche / unter dem Titul: Neu Feld - und Ackerbau / zu Straßburg von einem hochgelehrten / des Feldbaues wolerfahrnen Mann verſetzt / und Anno 1602 daſelbſt in Verlegung Lazari Zezners gedruckt / auf unſer Clima applicirt / und mit vielen nahmhafften Sachen vermehrt und gebeſſert worden.

Dieſem alten Jtaliaͤner nun ſind folgends viel andere ſeiner Landsleute nach - gegangen / und von der Hauswirthſchafft ihre Memorialien und Unterricht aufge - ſetzt / darunter vor andern billich zu loben der müheſame Breſcianiſche Edelmann Meſſer Agoſtino Gallo, der in zwanzig Geſpraͤchen / die er Giornate benamſet / ſehr fein und artlich alles / was in einer Wirthſchafft nothwendig / nuͤtzlich und erfreulich iſt / beſchrieben hat. Jngleichen Marco Buſſato von Ravenna in ſeinem Giardino d Agricoltura, darinnen doch von den Gaͤrten / Baͤumen und Weinſtoͤcken das meiſte / das wenigſte aber von andern Wirthſchafften gehandelt wird / und Anno 1612 zu Venedig iſt gedruckt worden. Alſo auch hat Herr Vincenzo Tanara ſieben Buͤcher L’Economia del Cittadino in villa, zu Venedig Anno 1674 durch den Druck her - aus gegeben. Vor dieſem / und noch um das Jahr Chriſti 1566 hat zwar kurtz / aber gut / einen Ricordo d Agricoltura denen Venetianern zugeſchrieben / Meſſer Camillo Tarello, welcher am juͤngſten Anno 1629 zu Venedig ans Tages-Licht kommen iſt / darinnen er viel Mißbraͤuche des Feldbaues / neben der Weiſe / wie ſolche zu verbeſ - ſern / andeutet / und der / wo nicht in allem / doch in vielen Stuͤcken ſo wol gegruͤndete und wahrſcheinige Rationes fürbringet / daß er ein groſſes Liecht giebet / wornachſich einſich ein fleiſſiger Feldmann in vielen richten kan / wie deſſen in meinem ſiebenden Buch mit mehrern Umſtaͤnden ſoll gedacht werden. Noch ſind zwey Wercke vom Feldbau / als Agricoltura del Barpo in quart zu Venedig Anno 1633 / und Guzzii Ruſticatio Tuſculana in octav Anno 1669 zu Rom gedruckt / vorhanden / de - ren ich aber bißher keines (wiewol ich ſehr fleiſſig darnach getrachtet) haben koͤnnen.

Unter den Latinern findet ſich / auſſer der gar alten / Catonis, Varronis, Virgilii, Plinii, Collumellæ und Palladii, der gelehrte und wolerfahrne Juͤlchiſche Fuͤrſtliche Raht und Doctor Jurisprudentiæ Conradus Heresbachius, der in vier Buͤchern / (welche zu Coͤlln am Rhein An. 1571 gedruckt worden) Geſpraͤchweiſe die Wirth - ſchaffts-Geſchaͤffte zierlich und wol beſchrieben hat. Wie auch Joh. Baptiſta Porta, der curioſe Neapolitaner in zwoͤlff Buͤchern / die er Villam intitulirt / das erſte wird genannt Domus, das andere Sylva cædua, das dritte Sylva glandaria, das vierdte Cultus & Inſitio, das fünffte Pomarium, das ſechſte Olivetum, das ſiebende Vinea, das achte Arbuſtum, das neundte Hortus Coronarius, das zehende Hortus olitorius, das eilffte Seges, das zwoͤlffte und letzte Pratum.

Nicht weniger hat auch D. Carolus Stephani Prædium ruſticum Lateiniſch in dreyzehn Buͤchern ſehr wol und nuͤtzlich beſchrieben / welches er hernach / und nach ihm ſein Tochter-Mann D. Jean Libault zwar mit einer andern Austheilung und trefflicher Verbeſſerung in Franzoͤſiſcher Sprach / unter der inſcription Maiſon ru - ſtique, heraus gegeben / welches von dem alten und wolberuͤhmten Straßburgiſchen Medico D. Melchiore Sebizio erſtmals ins Teutſche verſetzt / und hernach durch D. Georgium Marium und D. Johann Fiſcharten wol vermehrt / zu Straßburg unter - ſchiedlich gedruckt und aufgelegt worden. Und ob zwar dieſes Franzoͤſiſche Werck groſſen applauſum gefunden; ſo iſt es doch hernach von des Herꝛn Olivier de Serres (der ein Bruder des weitberuͤhmten Herꝛn Jean de Serres geweſen) herꝛlichen und leßwuͤrdigen Buch / das er Theatre d Agriculture nennet / und in acht Locos oder Buͤcher eintheilet (auſſer des Weidwercks und Jagten / deren Herꝛ de Serres gantz nichts der Muͤhe wehrt gedencket) nach vieler Feldverſtaͤndiger Urtheil weit uͤber - troffen worden. Er hat es dem weltberuͤhmten Helden Henrico IV. ſeinem Koͤnig / dedicirt / und iſt das letzteremal (meines Wiſſens) zu Roan 1635 heraus gegeben worden / und dieſe ſind die zwey vornehmſten Wercke / ſo / als viel mir bekannt iſt / bey den Franzoſen in der materia vom Feld - und Ackerbau zu finden ſind.

Unter den Spaniern / weiß ich ſonſt Niemanden / der von dem Feld-Leben et - was haͤtte ausgehen laſſen / ohne den einigen Don Gabriel Alfonſo de Herrera, das hat hernach Mambrino Roſeo da Fabriano in die Welſche Sprach vertirt / iſt in ſechs Buͤcher eingetheilt / und meiſtentheils aus den alten Rei ruſticæ Scriptoribus, ſowol Griechen als Roͤmern / auch viel aus Creſcentio und Agoſtino Gallo genommen / doch mit vielen neuen Beyſaͤtzen augirt / welches zu Venedig Anno 1608 gedruckt worden. Dann wiewol der beruͤhmte Spaniſche Biſchoff Don Antonio de Gue - vara das Lob des Land-Lebens kurtz / aber gut / verzeichnet hinterlaſſen hat / ſo iſt doch (die Warheit zu ſagen) ſolches mehr einem Oratori und Philologo, als einem Oeconomo dienlich.

a iiijBey

Bey den Africanern / wie Johannes Leo Africanus in D. Dappers umſtaͤndli - cher Africaniſchen Beſchreibung meldet / findet man ein groſſes Buch in drey Theil getheilet / welches ſie die Schatzkammer des Landbaues nennen / dieſes hat man zu Manſors des Granadiſchen Herꝛn Zeiten / aus dem Lateiniſchen in das Arabiſche uͤbergetragen / und darinn ſtehet alles / was den Landbau betrifft / begriffen / nemlich die Veraͤnderung der Jahrszeiten / die Weiſe zu ſaͤen / und dergleichen ſonderbare Dinge mehr .. Sonſten ſind unter den Lateiniſchen auch andere Authores zu fin - den / ſo von der Hauswirthſchafft Anregung gethan haben / als der gelehrte Schul - mann und Jeſuit P. Jacobus Pontanus, der in ſeinem Opere Progymnaſmatum Vo - luminis tertii, parte priore de re ruſticâ, anmuthigen und ſchoͤnen Unterricht in zehen Dialogis mitgetheilet hat. Jngleichen hat Herꝛ Ægidius van der Myle anno 1633 ein kleines opuſculum, das er Oblectationem vitæ ruſticæ nennet / an den Tage ge - geben / darinnen er alle Geſchaͤffte und Luſtſachen / was ſich in der Wirthſchafft zu - traͤgt / artlich in Lateiniſcher Sprach beſchreibet. Nicht weniger hat der Polniſche Jeſuit P. Adalbertus Tylkowski in ſeiner erſt anno 1680 herausgegebenen Philoſo - phiâ curiosâ. parte IV. de re agrariâ. abſonderlichen Unterricht von allen zum Haus - ſtand und der Wirthſchafft gehoͤrigen Sachen fuͤrgeſchrieben.

Unter den Niederlaͤndern hat noch anno 1621 Herꝛ Petrus Hondius ein Buch vom Lob des Land-Lebens (welches er Muſeſchanz intituliret) herausgegeben / dar - innen er die taͤgliche Wercke und Ubungen in dem Land-Leben / von einer Zeit zur andern in Reimen beſchreibet. Alſo hat auch der Herꝛ von Zuylichem ſeinen Mayr - hof Vitaulium, mit trefflichen Verſen Poetiſch / item der Herꝛ von Weſterbaen ſei - nen Hof Ockenburgh, und Herꝛ Jacob Cats das Land-Leben und Garten-Gedan - cken gar fein beſchrieben / und an den Tage kommen laſſen.

Unter den Engellaͤndern ſind etliche nuͤtzliche Wercke neulich an des Tages Licht kommen / als Syſtema agriculturæ in Myſteriis Oeconomiæ detectis, cui additur Ca - lendarium & Dictionarium Oeconomicum in Fol.

  • Item: Inſtructiones datæ à Nobili quodam Filiis ſuis, pro commodo Regionis ſterilis, & planitiei in Anglia & Wallia, in quarto.
  • Item: Epitome artis œconomicæ, comprehendens omnes inſtructiones neces - ſarias, pro utilitate ejus, videlicet arandi, ſerendi, inſerendi, hortos colendi, cum dis - curſu de uſu & naturâ equorum, boum, vaccarum, alles Engliſch. Sed præcedens Tractatus etiam in latinam verſus eſt linguam, cui annectitur, tanquam appendix nova Methodus plantandi arbores frugiferas, cum directionibus pro capiendis, ordinandis & informandis oſcinibus, & aliis additamentis utilibus.
  • Item: North Obſervationes & Conſilia œconomica in octav. Engliſch.
  • Item: Smithii Intereſſe Angliæ redivivum, in tractatione omnis generis œco - nomiæ & negotiorum, terrâ, mariquè, experimentis triginta annorum illuſtratum, Lib. VI. in quarto Engliſch.
  • Item: Tuſſeri Quingenta puncta Oeconomiæ bonæ, correcta & nuper aucta, in quarto Engliſch. Item: Auch andere / von Gaͤrten und Weingaͤrten Tractaten mehr / die in fine anni octavi curioſ. miſcell. Germaniæ, in einem Catalogo zu finden ſind / deren ich aber bißher keines habhafft werden koͤnnen.
Das

Das erſte Opus von der Hauswirthſchafft unter uns Teutſchen iſt das oben - gedachte Werck vom Feldbau Kayſers Conſtantini IV. geweſen / welches durch D. Michael Herren ins Teutſche verſetzt / und von D. Ludovico Rabus revidirt und ver - beſſert worden.

Die naͤchſten nach dieſem ſind / die verteutſchten Opera Petri de Creſcentiis und Caroli Stephani, davon ſchon oben Meldung geſchehen.

Das vornehmſte und bekannteſte aber unter allen iſt M. Johannis Coleri in Teutſchland allenthalben uͤbliches groſſes Werck / Calendarium perpetuum, und Hausbuch / darinnen er / in zwanzig Buͤchern / ſeines Vatters D. Jacobi Coleri Manuſcripta und Collectanea in eine Ordnung gebracht / und alles / was zu einer Haushaltung gehoͤrig iſt / an den Tage gegeben hat / und er iſt der erſte geweſen / der proprio Marte in dieſer materia ſeinen Landsleuten einen guten Unterricht hin - terlaſſen hat.

Sonſt ſind auch noch die ins Teutſche vertirte Columella und Palladius vor - handen / die von Theodoro Majo in unſer Mutterſprach ſind geteutſcht und uͤber - ſetzt worden. Wiewol dergleichen auf die alten Zeiten und Gebraͤuche gerichtete Authores den ungelehrten Bauleuten wenig Nutzen ſchaffen; die Gelehrten aber / die der Alten Wirthſchaffts-Anſtellungen zu erforſchen verlangen / lieber ad Fon - tes Authorum zu gehen pflegen / daher auch nichts ſonderliches daraus zu hoffen. Auch iſt von dem Haushalten ein kleines Opuſculum zu finden / deſſen Titul iſt: Stratagema Oeconomicum, oder Acker-Student / Herꝛn Salomonis Guberti anno 1649 zu Riga gedruckt worden / der gedenckt in ſeiner Vorrede eines groſſen weit - laͤuffigen Werckes D. Zachariæ Stopii, unter dem Titul / Lieflaͤndiſche Oecono - mia, davon ich aber weiter nichts / als den Titul / geſehen.

Gleichermaſſen hat in Meiſſen ein vernuͤnfftiger Feldbaukündiger von Adel / Herꝛ Abraham von Thumshirn / auf Anbefehlen Jhro Churfuͤrſtl. Durchl. zu Sachſen / vor Zeiten / ein kleines Tractaͤtlein oder Oeconomiam verfertigt und aufgeſetzt / ſo hernach von Caſparo Jugelio heraus gegeben / und mit einem beyge - fuͤgten Unterricht vom Maulwurffsfang vermehret worden / ſo zwar kurtz / aber doch in ſeiner Lands-Art wol nuͤtzlich und compendios iſt.

Noch iſt auch unter dem Titul Balthaſar Schnurrens Anno 1676 ein Kunſt - Haus - und Wunder-Buch / darinnen allerhand zur Haushaltung nuͤtz - und dien - liche Sachen begriffen. Und ein anders / genannt Oeconomiſcher Wegweiſer / von Chriſtoph Heringen erſt anno 1680 ans Liecht gegeben worden.

Noch anderer dreyer oder vier guter Authoren aber haͤtte ich ſchier vergeſſen / als Herꝛn Geoͤrg Andræ Boͤcklers / der erſt im verwichenen 1678 Jahr / ſeine nůtz - liche / nicht übel intitulirte Haus - und Feld-Schul heraus gegeben; auch Herꝛn Joh. Eraſmi Wegeners Oeconomiam Bohemo-Auſtriacam, welche beede in dieſem Wercke ſchon ihren gebuͤhrenden Ruhm finden werden; Als auch Herrn Joh. Wilhelm Wuͤndſchens Memoriale Oeconomico-Politico-Practicum, welches erſt neulich zu Franckfurt und Leipzig gedruckt / und ohne Jahrzahl heraus gegeben worden. Darzu gehoͤren nicht weniger die Regulæ œconomicæ Herꝛn Achatii Sturmens / die neulich zu Leipzig gedruckt worden.

Was

Was ſonſten andere Teutſch-gedruckte Raplaturen und Centones ſind / die aus andern alten und neuen Buͤchern / ſonderlich aus Jugelio, Colero, Creſcen - tio, Carolo Stephani, dem Hollaͤndiſchen Gaͤrtner / und vielen andern zuſammen geraſpelt / von Wort zu Wort abgeſchrieben / und cum ſuppresſione nominis veri Authoris, mit einer andern falſchen Larven (tanquam Cornicula Æſopica) ſind be - kleidet / und dem Leſer obtrudirt worden / ſind der Muͤhe nicht wehrt / daß man ih - rer gedencken / ſondern vielmehr ihr plagium deteſtiren und ſtraffen ſolle.

Es haben mir auch ſonſt zu dieſem Werck nicht wenig gedienet etliche Manu - ſcripta, als das von dem gelehrten und vortrefflichen Cavalier Herꝛn Heinrichen von Ranzau / weiland Koͤniglichen Daͤhniſchen Stadthaltern in Holſtein / theils eigenhaͤndig / theils auf ſeinen Befehl / von ſeinen Bedienten zuſammen geſchrie - benes Haus-Buch / ſo zwar in keiner Ordnung / doch aber nuͤtzliche und gute Ma - terien (wiewol das wenigſte vom Haushalten / das meiſte aber von der Medicin) begreiffet; dieſes nun habe ich theils abgeſchrieben / viel mehr aber abſchreiben und collationiren laſſen. Dann als die Unſern in dem alten Daͤhniſchen Kriege Anno 1627 das Ranzauiſche Schloß Bredenberg in Holſtein eingenommen / und geplůndert / hat Herꝛ Beit Kitzing / damals Stuck-Haubtmann / nachmaln Obri - ſter von der Artigleria, dieſes Buch unter andern aus der Bibliotheca daſelbſt ge - nommen / und habe ich ſolches von ſeinem Tochtermann Herꝛn Hanns Georg Vog - ten / damals des Knoͤringiſchen Regiments Obriſten Wachtmeiſtern / als er anno 1645 mit etlichen commandirten Voͤlckern in Droſendorff an der Teya im Vier - tel Ob-Mainhardsberg im Unter-Oefterreich gelegen / zu leihen bekommen / und weil wir / vor dieſem / im Feld gute Freunde und Cameraden geweſen / aus ſei - ner Verwilligung / wie gedacht / mit Fleiß / theils copirt / und theils copiren laſſen.

Das andere Manuſcriptum iſt ein geſchriebenes Hausbuͤchlein von etlichen Boͤgen / ſo weyland Herꝛ Philipp Jacob von Gruͤntall zu Krembsegg und Zei - lern / fuͤr ſich und die Seinigen hinterlaſſen / welche aus allerhand nuͤtzlichen und meiſtentheils im Land Ob - der Ennß uͤblichen Wirthſchafft-Stucken beſtehet.

Das vornehmſte / ſo ich erſtlich haͤtte melden ſollen / iſt die bey dem Fuͤrſtlichen Liechtenſteiniſchen hohem Hauſe gebraͤuchige Pflegers-Inſtruction und Monat - Regiſter oder Jahrs-Memorial, was Monatlich in der Wirthſchafft zu Hauſe / in den Gaͤrten / auch Weingebürgen / Waͤldern und Baufeldern zu verrichten / dabey dieſe merckwuͤrdige Aufmunterung / mit folgendem Nota bene, beygefuͤgt ſtehet: Dieſes Monats-Memorial ſoll keinesweges nicht ſtaͤubicht werden / ſondern das Monat / in welchem man iſt / allzeit offen auf des Haubtmanns / Pflegers oder Verwalters Tiſche liegen. Wie dann dieſes Hohe Fuͤrſtliche Hauſe in wolbe - ſtellter Oeconomia in Oeſterreich / Maͤhren / Boͤhmen und Schleſien / das vor - nehmſte und wol-meritirte Lob von langen Zeiten her gehabt / und noch hat.

Aus dieſen allen nun / wie auch aus allerhand Teutſchen und fremder Spra - chen Büchern / von allerhand erdencklichen Wirthſchaffts-Ubungen / ſonderlich vom Gartenwerck (wie dann faſt kein Theil in der gantzen Oeconomia iſt / als eben die Gaͤrtlerey / davon in allen Sprachen ſo vielerley beſchrieben gefundenwird)wird) habe ich dieſes Hausbuch zuſammen getragen / und die Authores (wo es nicht etwan aus Vergeſſenheit und Eile waͤre uͤberſehen worden) candido & ſincero animo beygefuͤgt / dann mir des alten beruͤhmten Juriſten Bartoli Sentenz allzeit hat wolgefallen: Ego (inquit) de omnibus mentionem facio, ut quod eorum eſt, furari non arguar, & in eo, quod meum eſt, agnoſcar.

So ſind auch unterſchiedliche unter den Cavalieren und andern vortrefflichen Leuten / gute Goͤnner und Freunde / mir mit allerhand zur Sache dienenden Schrifften und Informationen willfaͤhrig geweſen / unter welchen ich Ehren - und Danckbarkeit halber billich nenne (Titul:) Herꝛn Grafen Frantz Chriſtophen Grafen Khevenhuͤllern / ꝛc. der mir die Bildnuſſen und Abriß von den raren und edlen Fiſchen / die im Cammer - oder Atterſee / ſamt dem Bericht / die Zeit und Art ſie zu fangen betreffende / mitgetheilt; Herꝛn Hanns Ehrnreich Geymann / Freyherꝛn; Herꝛn Grafen Frantz Benedict Perchtolden / Herꝛn zu Ungerſchuͤtz; Herꝛn Wilhelm Balthaſarn zu Loͤwenfeld / der Roͤmiſchen Kayſerlichen Majeſtaͤt Ober-Oeſterreichiſchen Regiments-Raht / und Dero Ertzhauſes / bey dem noch waͤhrendem Reichstag zu Regenſpurg wolverordneten Abgeſandten; Herꝛn Ge - org Ferdinand Pernauern Freyherꝛn von Perney; Herꝛn Chriſtian Knorren von Roſenroth / Pfaltzgraͤviſchen Sultzbachiſchen Hof - und Juſtitien-Raht; Herꝛn Martin Chriſtoph Metzgern / Medicinæ & Philoſophiæ Doctorem, der mir un - terſchiedliche curioſe Buͤcher / eines nach dem andern / geliehen / und viel andere mehr / die mir treuhertzig und gutwillig in vielen an die Hand geſtanden; ſo we - nig aber (wie im Sechſten Buch am 111. Capitel gefragt und beſtaͤttet wird) ein vollkommenes Blumenbuch zu hoffen iſt; ſo wenig iſt zu vermuthen / daß auch mit hoͤchſt-angelegtem Fleiß einiges ſo vollkommenes Hausbuch zu verfertigen waͤre / darinnen gar nichts ſolte ermangeln. Nulla enim Profesſio amplior, quàm Oeconomia, quæ Fundamentum & origo eſt omnium Statuum: Ja ſie iſt gleich - ſam ein Ocean, in welchen von allen Faculteten und Wiſſenſchafften / die Canales, Stroͤme und Baͤche von ſich ſelbſt einflieſſen / und von dannen wieder in ihre Ur - ſpruͤnge dort und da / perpetuâ quaſi pericycloſi, von einem in das andere ſich einlei - ten und austheilen.

Die Anordnung des gantzen Wercks iſt in zwey Theil / und jedes derſelben in Sechs / alſo zuſammen in Zwoͤlff Buͤcher unterſchieden / und in Capita abge - theilet / auch zuletzt mit genugſamen Regiſtern beſchloſſen worden; alſo daß alles und jedes / nach Jnbegriff derſelben / leichtlich und ohne ſonderliche Beſchwerung aufzuſuchen bequem iſt.

Denen die Poëſien in denen Georgicis nicht anſtaͤndig / moͤgen ſolche wol aus - laſſen / weilen ſie in der Proſa alles ausfuͤhrlicher und nachrichtlicher finden wer - den / dann dieſe allein ſind genugſam / einen ergaͤbigen Bericht in allen Wirth - ſchafften vorzuſtellen. Jch habe aber auch beſagte / in Verſen geſchriebene Geor - gica, das Dulce vondem Utili nicht abzuſondern / gleichwol zu jedem Theil der Proſa die Helffte anhaͤngen und nachſetzen wollen / damit der guͤnſtige Leſer / nach ſeinem Guſto, eines oder das andere erwehlen moͤchte / dann weil ohne diß in beedenThei -Theilen vielmals von einerley Materia gehandelt wird / kan man die Verſe / wer nicht ſonderbares Belieben darzu hat / wol gar auslaſſen.

Anderen / die einſtreuen und fuͤrwenden moͤchten / diß Wirthſchaffts-Buch waͤre allein auf die unter dem Oeſterreichiſchen Climate befindliche Provinzien ge - ſtellet / moͤge derohalben im Roͤmiſchen Reich nicht fruchtbarlich gebraucht wer - den / gebe ich zu vernehmen / daß zwar etliche Sachen / ſonderlich im Erſten Buch / was etwan die Lands-Gebraͤuche / Grundbuchs-Handlung / Gerichts-Ord - nungen / Einſtand-Recht / Taxa-Maͤſſigung und Anſchlaͤge der Guͤlten / auch ſo viel das Eyſenwerck und Gewerckſchafft betrifft / eigentlich auf Oeſterreich einge - richtet ſeye / diß ſind aber nur wenige Singularia; hingegen iſt das uͤbrige alles ein Univerſal-Werck / welches man im gantzen Teutſchland und naͤchſt daran benach - barten Laͤndern / darinn die Elevatio Poli um 4 oder 5 gradus aufs hoͤchſte nicht unterſchieden iſt / wol gebrauchen kan / dann was die Anbau-Zeit und andere Wirthsſchaffts-Beſtellungen anlanget / wird ohne diß ein verſtaͤndiger Haus - wirth / nach Gelegenheit ſeiner Lufft und dem Land-Gebrauch / leichtlich zu - und nachgeben koͤnnen: Alſo daß man es aller Orten / mit geziemender Diſcretion und vernuͤnfftiger Anordnung / nach Beſchaffenheit der Gruͤnde / der Lufft / der Zeiten / und des Gewitters / heilſam und nuͤtzlich denen darinnen gegebenen Axiomatibus nachfolgen kan / wie davon im Andern Buch am neunten Capitel mehr zu fin - den iſt.

Schließlichen / was anlanget meine Prodromos, muß ich dem wolgeneigten Leſer / mit dem letzten Diſticho aus des alten Palladii vierzehendem Buch alſo an - ſprechen:

Carmina tu duros inter formata bidentes Aſpera, ſed miti Ruſticitate legas.

Den großguͤnſtigen Leſer hiemit der Goͤttlichen Obhut / mich aber ſeiner Gewo - genheit empfehlende.

PRO -[1]

PRODROMUS LIBRI PRIMI. PRÆDIUM.

QUisquis compoſitam Ruri vis degere vitam,
Qui villas, agros, hortos, frondentia Tempe,
Delitiasquè adamas ſvaves, vitamquè beatam:
Huc ades, inſtituam breviter, quis rebus agendis
Sit modus in Campis. Certas ſibi figere ſedes
Perſuadet Ratio. Stationes Bruta requirunt,
Speluncasꝙ́ adeunt, cùm frigidus ingruit Imber;
In quibus hybernos poſſunt traducere Menſes.
Si fas eligere, & ſuperest tibi tanta Facultas,
Præcipuè Bonitatem ejus circumſpice Fundi;
Fertilis injectum num Fœnore reddat honeſto
Semen, an herboſis adoleſcant Gramina Pratis.
Signa tibi Nemorum Fœtus certißima prodent,
Si procera altas ſeſe ſuſtollit in Auras,
Luxuriante Comâ, Ramisquè patentibus Arbor,
Et rigui Fontes, & pingui littore Rivi,
Cura ſecunda etenim ſequitur Virtutis aquarum;
Quippe in res plures harum diffunditur uſus;
Quæ verſare molas & ferri tundere maſſas,
Atquè ſecare trabes ſerris, adaquarequè Campos
Effuſis urnis, albareꝙ́ Lintea poſſunt.
Aëris hinc Ratio teneatur, ſæpe Lacunis
Inficitur, ſtagnisꝙ́ humecta paluſtribus aura,
Sæpè Intemperies & Frigoris atꝙ́ Caloris
AEt2Prodromus Libri I.
Et mollis varias Auſtri Languentia mortes
Flabra halant, perpende omnes per ſingula Caſus.
Annuus an Cenſus, grandes ſibi poſcere ſumptus?
Sive Magiſtratus nimiùm velit? ære graventur
Prædia fortè alieno, & prona pericula ſubſint?
Quod primum ſciviſſe juvat, Vicinia qualis?
Num mala? vel dubios vexet Contentio fines?
An monumenta adſint? & nullâ Lite moleſta?
Quot pecudes? & quot ſtabulum mulctralia quâque
Luce ferat? ſatis an fœniquè, herbæquè ſuperſit?
Si Nemora & ſaltus? licita an venatio Cervi?
Aut tantum Leporum? an Vivaria piſce probato?
Aut Fluvii propè ſint, exili aut margine Rivi?
Eluvie faciles in proxima currere plana?
Num generentur Equi? Num ſint Vineta feraci
Vendibilique Mero? An multo Caldaria zytho?
Quantus ager? Quot triticeas ſua jugera quovis
Menſuras dent anno? & num frumenta ſerantur?
Num deſint autumnali pomaria fructu?
Si ſtruere ipſe tibi proprias vis ditior ædes,
His diffide viris, quêis mercenaria vita est,
In ſua nec promptos tu conſule commoda Fabros,
Promittunt faciles moderata Incommoda ſumptus,
Sed rebus ſemel inceptis Impendia creſcunt.
Quin potiùs prudentem adeò conteris Amicum,
Ille tibi inſidias verſutæ deteget Artis,
Quâquè viâ utendum, ſolida ratione monebit.
Non anguſta nimis ſurgat domus, aut nimis ampla,
Crimen utriquè ſubest; ſed primò convehat omnem
Materiam, Calcem, Sabulum, Lapidesquè Trabesquè.
Concinna multum fiat domus omnis Amusſi.
Fornicibus pars inferior camerata recinctis,
Cella cui ſubſit Vinaria, poſta ſub Arcto.
Cœtera condendi menſura cuilibet eſto
Libera, dum modo ſit robuſta & idonea rebus.
Maximè & illud agas, tantum quodcunque neceſſe est
Ædifices,3Prodromus Libri I.
Ædifices; non quod tumido ſit inutile faſtu;
Ornatumquè uſumquè habeat, ſed quatenus offert
Conditio nativa Loci; non poſſumus omnes
Cuncta, ſed & rurſus non omnes cuncta velimus,
Egregias affert animi moderatio Dotes.
Sed quæ mutari nequeunt, ſi mente ferantur
Æqua & prudenti, Ingenium nonnulla reponit,
Quæ primo intuitu Locus ipſe negare videtur.
Sed quia nonnunquam divinus contulit uni
Prædia plura Favor, nec ſufficit omnibus unus;
Principis aut aliò commiſſa Negotia ducunt;
Sive grave officium merito Reſpublica confert;
Seu morbi impediant, ſeu Campos oderit uxor,
Quæ vitæ civilis amans, ſit inepta gerendis
Rebus agri, & villæ, & quidcura domeſtica poſcat.
Eligat ergo virum inſignem pietate fideque
(Si poterit) benè qui culturas norit agreſtes,
Campeſtresque probè ſolers intelligat artes,
Quem timeant omnes, & cujus facta ſequantur
Imperia & juſſum, qui illis moderamine præſit.
(quod difficile est) talem reperire licebit,
Elocet is villam, conductorique relinquat,
Pro juſto precio; ſed & hîc ſunt omnia plena
Curarum; unusquisque ſibi benè conſulit uni,
Addubitans nihil, alterius ſtraviſſe ſalutem.
Defrugat, nocuo ſulcos ſi ſemine complet
Vel nimio, vel quando oner averit Arva quotannis
Absque ulla requie, vel ſi lætamine nullo
Impinguet, vel non colat apto tempore campos.
Hoc omne excipiat ſcriptis, aliquosquè, propinquè
Qui curam intendant, habeat, referantque periclum
Mæture, ut damno venienti occurrere posſit.
Vendere ſi melius! mores Emptoris, opesque
Noveris ante ſagax; nec te unquam Evictio longa
Vinciat Annorum ſerie, ſed Terminus adſit
Conveniens, ſimilique ligata ſolutio jure.
A 2Can -4Prodromus Libri I.
Candidus ante aperi, ſi controverſia quævis
Exagitet Fundum, ne te incuſare deinde
Fraudis forte queat, ſatius, ſi Limite primo
Atque ſuo, atque tuo placito componere posſis.
Principio ſecurus agas, ſcriptoque ſigilloque
Indubitata tuæ reddas præludia ſortis.
Sed meliùs ſi quando tuo potes ipſe præeſſe,
Inque Hærediolo felices condere Soles:
Tranſitus hîc puri liberrimus aëris afflat,
Non (ut in Urbe ſolet) paries vicinus obumbrat
Proſpectumque rapit, læti hîc in vallibus amnes
Et Vineta ſuos onerant prægnantia colles.
Hîc Montes riguis cum fontibus, hîc ſata blandam
Propulſant ſegetem, Zephyris criſpantibus undas,
Gramine prata virent ubertim, floribus horti,
Piſciculis Rivi, arboribus Pomaria rident.
Hîc habitat Virtus & mentis ſemen honeſtæ,
Et ſecura quies, & fraudis neſcia vita.
Omniparens tellus, quæ confert omnibus eſcam,
Eſt commune penu, nihil iſtâc gratius unquam
Eſſe potest, centum pro granis, mille rependet.
Nos gerit, & dulci mortales ubere nutrit,
Ægrotos variè ſolans medicantibus herbis;
Tandem etiam Fato functos & morte peremptos
Suſcipit ipſa ſinu, pòst, ceu fidißima Nutrix
Noſtra, jubente DEO, tandem quoque Corpora reddet.
Jnhalt5Jnhalt der Capitel des I. Buchs.

Jnhalt aller in dieſem erſten Buch begriffenen Capiteln.

Caput

  • I. Was ein Haus-Vatter zu thun / daß ſein Beruff wolgedeye.
  • II. Vom Unterſcheid der Guͤter.
  • III. Wie in Erkauffung die Sicherheit zu bedencken.
  • IV. Was die Gerechtigkeit und Freyheit betrifft.
  • V. Was die Wohnung und den Meyer-Hof betrifft.
  • VI. Was die Zugehoͤrungen und Einkommen betrifft.
  • VII. Was die Unterthanen anlanget.
  • VIII. Wie diß alles zu gebrauchen.
  • IX. Was man vor dem Kauff thun ſolle.
  • X. Was in der Kauff-Handlung zu thun.
  • XI. Was nach der Einantwortung zu thun.
  • XII. Urſachen / warum ein Gut zu verkauffen.
  • XIII. Was vor dem Verkauff zu bedencken.
  • XIV. Was bey dem Verkauff zu thun.
  • XV. Was nach dem Verkauff zu thun.
  • XVI. Vom Einſtand-Recht.
  • XVII. Was in Beſtandnehmung eines Gutes zu thun.
  • XVIII. Was in Beſtand-Verlaſſung zu bedencken.
  • XIX. Vom Bauen ins gemein.
  • XX. Wie der Ort ſeyn ſoll / wohin man bauen will.
  • XXI. Zeuge und Angehoͤrungen zum Gebaͤue.
  • XXII. Von dem Gebaͤue an ſich ſelbſt.
  • XXIII. Abtheilungen des Gebaͤues geſchicklich zu machen.
  • XXIV. Handwercker / ſo darzu gehoͤren.
  • XXV. Wirthſchafft auf weit-entlegenen Meyerhoͤfen.
  • XXVI. Was zu thun / wann man ſchuldig iſt.
  • XXVII. Was zu thun / wann man andren leihen ſolle.
  • XXVIII. Was zu thun / wann man gerichtlich klagen muß.
  • XXIX. Von der Schaͤtzung und Taxa.
  • XXX. Einantwortung / und was dem anhaͤngig.
  • XXXI. Was bey Un-Nachbarſchafften und Eingriffen zu thun.
  • XXXII. Von den Regalien.
  • XXXIII. Von den Land-Gerichten.
  • XXXIV. Vom Wildpaan.
  • XXXV. Vom Raisgejaid.
  • XXXVI. Von Lehenbahren Guͤtern.
  • XXXVII. Von Uberlaͤnd-Dienſten.
  • XXXVIII. Von Zehenden.
  • XXXIX. Von den Grundbuͤchern.
  • XL. Grundbuchs-Handlungen.
  • 6
  • Caput
  • XLI. Von Grund-Rechten.
  • XLII. Von den Vogteyen.
  • XLIII. Von Robathen und Fron-Dienſten.
  • XLIV. Von Urbarien und Protocollen.
  • XLV. Von den Waiſenbuͤchern.
  • XLVI. Unterthanen - und Dienſt-Boten-Regiſter.
  • XLVII. Von Braͤuhaͤuſern.
  • XLVIII. Vom Maltzhauſe.
  • XLIX. Von Weinſchencken und Wirhtshaͤuſern.
  • L. Von den Maͤuten.
  • LI. Von Jahr - und Wochen-Maͤrckten / auch Kirch-Taͤgen.
  • LII. Von den Unterthanen.
  • LIII. Von Guͤlten / Steyren / und Anlagen.
  • LIV. Vom Land-Hauſe.
  • LV. Von Maͤſſigung der Guͤlten.
  • LVI. Wie Anſchlaͤge uͤber Guͤter zu machen.
  • LVII. Von den Ziegel-Huͤtten und Oefen.
  • LVIII. Vom Kalchbrennen.
  • LIX. Von den nahend am Hof wohnenden Handwerckern.
  • LX. Von den Glashuͤtten.
  • LXI. Von den Doͤrr-Stuben zum Obſt.
  • LXII. Von den Eyßgruben.
  • LXIII. Von den Thier-Gaͤrten.
  • LXIV. Von den Koͤniglein.
  • LXV. Wie der Ort fuͤr die Koͤniglein zu bereiten.
  • LXVI. Wie damit umzugehen; und vom Schnecken-Garten.
  • LXVII. Von Waſſer-Gebaͤuen / als Bruͤcken.
  • LXVIII. Von den Muͤhlen.
  • LXIX. Von allerhand Sorten der Muͤhlen.
  • LXX. Von Papier-Polier - und Schleiff-Muͤhlen.
  • LXXI. Von Saag-Hammer-Stampff - und Walch-Muͤhlen.
  • LXXII. Von Oel-Bohr-Blas-Mang-Gewůrtz - und Lohe-Muͤhlen.
  • LXXIII. Von den Bleichſtaͤtten.
  • LXXIV. Von Saliter-Hütten und Pulver-Muͤhlen.
  • LXXV. Von Steinbruͤchen / Marbelſteinen und dergleichen.
  • LXXVI. Von Bergwercken / und von der Wuͤnſch-Ruten.
  • LXXVII. Wie ſie aufzurichten ſind.
  • LXXVIII. Vom Eyſen-Gewerckſchafft in Oeſterreich und Steyermarck.
  • LXXIX. Von den Bedienten / ſo zum Bergwerck gehoͤren.
  • LXXX. Aus Eyſen Kupffer / und aus Kupffer Meſſing zu machen.
  • LXXXI. Wie die Grund-Stuͤcke abzumeſſen.
  • LXXXII. Wie ein Gut zu verbeſſern.
Des7

Des Adelichen Land - und Feld-Lebens Erſtes Buch. Land-Gut.

[figure]

Caput I. Was ein Haus-Vatter zu thun / daß ihm ſein Beruff wolgedeye.

ALle Haus - und Feld - wirthſchafft beſtehet vornemlich (wann ſie gluͤcklich und nach Wunſch ſolle gefuͤhrt und unter - halten werden) in dreyen Din - gen: Das erſte und fuͤrtreff - lichſte iſt / GOttes Segen / ohn welchen nichts nutzbar oder gu - tes zu verrichten. Dieſer nun iſt mit emſigen Gebet / beharꝛlicher und zu allen Dingen vortraͤglicher Gottesforcht / und Chriſtlichem aufrichtig - und redlichem Wandel / in allem unſerm Thun und Laſ -ſen zu erwerben und zu erhalten. Und ſolches zu erwei - ſen / leget uns die H. Schrifft vor / beedes liebliche Verheiſſungen / daß GOtt unſerm Lande zu ſeiner Zeit Fruͤh - und Spat-Regen geben wolle / daß wir ſollen ein - ſamlen unſer Getrayd / Moſt und Oele; Er wolle uns ein gutes Land verleihen / darinnen See / Bronnen / Baͤche und Fluͤſſe ſind / die an den Bergen und in den Auen flieſſen / ein Land / darinnen Waitzen / Gerſten / Weinſtoͤcke und Feigenbaͤume ſind / ja er wolle ſeine Fußſtapffen vom Fette trieffen laſſen: Als auch im Ge - gentheil / woferne wir GOtt / mit halsſtarrigen Suͤnden / muthwillig und fuͤrſaͤtzlich erzoͤrnen / verkuͤndet das Goͤtt -liche8Des Adelichen Land - und Feld-Lebensliche Geſetze / gleichfalls hin und wieder / ernſtliche und er - ſchreckliche Bedrohungen / wo wir nicht gehorchen der Stimme des HERRN unſers GOttes / werden wir verflucht ſeyn / in der Stadt / auf dem Acker / in allen un - ſern Vornehmen und Vermoͤgen / verflucht ſoll ſeyn die Frucht unſers Leibes / unſers Landes / unſers Viehes / der Himmel uͤber unſerm Haupt ſolle aͤhern / und die Er - de unter uns eiſern ſeyn; Der HErꝛ werde unſerm Land Staub und Aſchen fuͤr Regen geben; viel Samen wer - den wir auf das Feld fuͤhren und wenig einſammlen / biß wir ausgetilget / verſchmachten muͤſſen. Aus welchem allem erhellet / wie gut / wie nutzlich und hochnothwendig es ſey / mit Chriſtlichem kindlichem Gehorſam / GOTT den obriſten Haus-Vatter / in ſeinem gnaͤdigen guten Willen / beharꝛlich zu erhalten / oder da Er erzoͤrnet und beleidiget worden / durch ernſthaffte Buß und Lebens - Beſſerung wieder auszuſoͤhnen und zu beguͤtigen.

Zum Andern / muß ein Haus-Vatter ſeines Grun - des Beſchaffenheit / Eigenſchafft / Guͤte / und Maͤngel wiſſen / damit er das erſte erhalten und mehren / das letz - te aber verhuͤten und wenden koͤnne; auch betrachten / was fuͤr Lufft / Waſſer und Gewitter allenthalben zu fin - den und zu gewarten; ſo wol auch / hat er die Art und Fruchtbarkeit des Landes zu bedencken / und was fuͤr Be - quemlichkeiten zu Waſſer und Land es habe / Getrayd / Wein und andere Wahren / als Wolle / Flachs / Lein - wath / Saltz / Wachs / Hoͤnig / und dergleichen / zu verfuͤh -ren und zu verkauffen; Jtem / ob die Wohnung und das Land in guter Sicherheit ſtehe / ob nicht bißweilen an - graͤnzender barbariſchen und rauberiſchen Voͤlcker Ein - bruch und Uberfall zu fuͤrchten; ſchließlich / ob das Land wol bewohnt / Volckreich und vermoͤglich ſey / weil von dieſen meiſtentheils auch die vorigen herruͤhren und ent - ſpringen; wiewol dieſes mehr zu bedencken / ehe man ſich an einen Ort niderlaſſe: denn wo man ſchon wohnet / iſt alles zu ſpat und vergeblich.

Drittens muß ein Haus-Vatter / vor allen Dingen / Luſt / Kunſt und Vermoͤgen darzu haben; das erſte wird durch die Natur / das andre durch Ubung und Er - fahrenheit / das letzte aber durch Fleiß und Arbeit zu we - gen gebracht. Wo nun dieſer eines oder das andre feh - let / iſt wenig erſprißliches zu hoffen. Er muß die Zeiten wiſſen zu unterſcheiden und einzutheilen; wie / wann / und mit welcherley Vortheil / er ſeine Gruͤnde pflegen und warten / alle Geſchaͤffte und Bau-Arbeiten recht gelegen - ſam verrichten / Dienſtboten und Unterthanen regieren / im Hauſe / und auſſerhalb bey der Nachbarſchafft / Frie - den und Einigkeit / auch Freundſchafft und Vertraͤglich - keit fortpflantzen und unterhalten ſolle. Von dieſem allem ſoll in dem erſten und folgenden Buͤchern auf das kuͤrtzeſte und gruͤndlichſte / mit moͤglichſter Verhuͤtung aller un - nothwendigen laͤhren weitlaͤufftigen Um - und Aus - ſchweiffe / gehandelt werden.

Cap. II. Vom Unterſchied der Guͤter.

DJeſe kommen entweder durch die Eltern auf die Kinder / oder durch Bluts-Freunde erblich auf die Naͤchſt-geſipten; oder aber durch ver - machte Teſtament / und letzten Willen. Bißweilen durch wolgedeyliche oder guͤtig-erkennte erwieſene Dien - ſte / und darauf folgende Lands-Fuͤrſtliche oder Obrig - keitliche Begnadigungen / zu Zeiten durch gerichtliche Executionen / wegen Geld-Schulden / offt auch durch Ceſſionen und Contrabanden / welches letztere aber ehr - lichen tugendſamen Gemuͤthern hoch bedencklich / daher auch zu meiden. Jn erſt-erzehlten Faͤllen nun laͤſt ſichskeine / oder doch ſehr wenig / Ausſtellungen machen / ſon - dern man muß damit zufrieden ſeyn / und es annehmen / wie es an ihm ſelbſten iſt / und muß / was man nicht aͤn - dern kan / mit Gedult ertragen. Auſſer daß man aus theils folgenden Bedencken / zu Vermehrung des Guten und Ausbeſſerung des Boͤſen / eines und das andere ver - nuͤnfftig gebrauchen kan: wo es aber frey ſtehet / und man Mittel und Luſt hat / ihm ein Landgut um ſein Geld / und nach ſeiner Wahl / zu kauffen / ſollen billich folgende Erinnerungen in Obacht genommen werden.

Caput III. Was zu bedencken in Erkauffung der Guͤter / ſo viel die Sicher - heit betrifft.

  • 1. OBs Lehen / oder Freyſaigen? wann es Le - hen / obs geiſtlich oder weltlich? Lands - Fuͤrſtliches oder Herren Lehen? obs Manns - oder Kunckel-Lehen? was beylaͤuffig die Taxa ſey / auch ob man in Lehenſtuben Scrupulos, oder obs leicht ab - zukommen? wanns in Oeſterreich ein auswendiges Le - hen / und kein Lehen-Probſt (wie es ſeyn ſolle) im Land iſt / ſich zu huͤten / daß man an der Staͤnde Privilegien nichts vergebe.
  • 2. Wann es Lehen / ob der Kauffer des obern oder des untern Stammens / ſecundum Feudi Naturam & Requiſitum Soͤhne oder Toͤchter / oder in geringer An - zahl / oder in gaͤntzlichen Mangel derſelbigen Vettern und nahe Bluts-Freunde habe? auch ob ſie ſimultaneâInveſtiturâ moͤchten dem Lehen-Brief mit einverleibet werden? & poſito hoc, wie und auf was geſtalt er ſich mit ihnen vergleichen / und vorher durch gnugſame Revers und Schadloßhaltung verſichern laſſen koͤnne; damit kuͤnfftig ſein geneigter Wille / weder ihm ſelbſten / noch den ſeinigen / verfaͤnglich fallen moͤge.
  • 3. Ob es im Land-Hauſe richtig / nicht etwan alte Ausſtaͤnde im Einnehmer-Amt und Buchhalterey? Ob nicht irgends alte Schulden und Anſaͤtze darauf hafften / bey dem Weiſpoten-Ammt nachzufragen / ſo gewißlich ei - ne von den vornehmſten und nothwendigſten Betrachtun - gen zu halten iſt?
  • 4. Wie viel Steyer / Dienſt / Robatgeld und An - lagen die Unterthanen jaͤhrlich geben? Ob dieſe Rentleauch9Erſtes Buch / Land-Gut. auch richtig einkommen / oder ob groſſe Ausſtaͤnde ver - handen? Ob die Unterthanen alle in der Einlage; oder ob etwan an Haͤuſern und an der Steuer ein Uberſchuß / und wie viel? Ob alles im Land-Hauſe / wegen der Ein - lage / und Aufſandung richtig iſt?
  • 5. Was fuͤr alte und neue Lehen - und Kauff-Brie - fe / Urbaria, Protocoll, Waiſen-Buͤcher / Documenta, gefertigte Inſtrumenta, Gnaden - oder Frey-Brief / Erb - Einigungen / pactata inter Familiam verhanden / in Originali oder glaubwuͤrdigen Abſchrifften zu ſehen / item woferne Vogteyen / Lehenſchafften / Jura Patro - natus, aut præſentandi, uͤber Pfarr-Kirchen / Gottes - Haͤuſer / Waͤiſen - und Spital-Haͤuſer ſind / ſich zu er - kuͤndigen?
  • 6. Hat man auch zu erforſchen / ob das Gut ein Stammen-Gut / dabey er von den Freunden das Ein - ſtand-Recht zu beſorgen / oder obs ein ſonſt erheuratet oder erworben Gut? Auf den erſten Fall / muß er ſich der Bluts-Freunde Gelegenheit / Mittel / und Vorhaben er - kundigen / und vor allen Dingen ſich entſchlieſſen / etwas uͤber den Wehrt zu geben / hernach ſolches durch denVerkauffer / denen Bluts-Freunden die Anfailung in gleichem Wehrt thun laſſen / dann da ſie es abſchlagen / ſteht er kuͤnfftig deſto ſicherer.
  • 7. Was um das Gut herum fuͤr Nachbarſchaff - ten naͤchſt angraͤntzen? Deßgleichen auch ob ſie fried - fertig oder zaͤnckiſch? ob ein groſſer Herr in der Naͤhe wohne / das Land-Gericht habe / ob er ſelbſten da / oder nur einen Pfleger / oder Landsgerichts-Verwalter hal - te? Ob die Ausmarckungen / Graͤntzen / Rain und Stei - ne richtig oder nicht? Wann es mit der Nachbarſchafft Jrrungen hat / vorher wol auskundſchafften / wer Urſach darzu gegeben? Was die ſtreitende Parthey fuͤr eine Beſchaffenheit / ob ſie bey Hof / bey Gericht in groſſem Anſehen / Freundſchafft / in vornehmen Dienſten? Und / wo moͤglich / dahin trachten / ut res controverſa per Ter - tium intervenientem, Litigioſæ parti non ingratum, componi poſſit, Darnach / was die Strittigkeit an - trifft / bedencken / ob viel oder wenig daran gelegen ſey? Nunquam uti ſummo Jure, wo / oder wann etwas nachzugeben oder nicht / vernuͤnfftig zu betrachten.

Cap. IV. Was zu beobachten / ſo viel die Gerechtigkeiten und Freyheiten betrifft.

  • 1. ZU erforſchen / ob ein Land-Gericht verhanden / und wie weit es ſich erſtrecke; oder da keines / wohin das Land-Gericht gehoͤre? Obs keine Strittigkeit und Eingriff dabey habe? Wie weit der Burg-Frieden ſich erſtrecke? wie / und auf was Geſtalt / und wohin / die Malefitz-Perſonen zu liefern? Was man vor Fang-Geld gebe? Jtem / ob es Marckt-Frey - heit / Straffen / Stand-Geld und dergleichen Gerech - tigkeiten habe / und ob ſie unanſpruͤchig / oder in geruhiger Poſſeſſion?
  • 2. Ob es ein Braͤuhaus oder Hopffen-Garten ha - be? Von Braͤuzeuge / Pfannen und Keſſeln / auch an -dern darzu nothwendigen Geſchirꝛ / genugſam / nach Not - turfft verſehen ſey? Wieviel man auf einmal braͤuen kan? Ob ſich das Bier lang halten laͤſt? Ob es guten Abgang in den Tafernen / oder in der Nachbarſchafft? Ob mans in die naͤchſte Staͤdte fuͤhren und verkauffen darff?
  • 3. Ob es Hof-Tafernen und andere Wirtshaͤuſer? Ob man ſelbigen alles Getraͤncke / Wein / Bier und Preß-Moſt ſelbſt vorlege; oder nur eine gewiſſe Anzahl / oder gar nichts? Wer den Daͤtz und das Ungeld habe? Was der Wirth davon Beſtand gebe / wenn er das Ge - traͤncke kauffen darff wo er will?

Cap. V. Was zu betrachten / ſoviel die Wohnung und Mayer-Hof betrifft.

  • 1. WJe der Grund und Boden herum beſchaf - fen / ob er fruchtbar oder nicht / ſo man an den angebauten Feldern / Wieſen / Gaͤrten / ſonderlich aber an den Baͤumen ſihet / wann ſie hoch und frech / auch auf den Bergen aufzuwachſen pflegen? Wie der Situs loci beſchaffen / ob er huͤgelicht / auf einem Ber - ge / oder in der Ebene? ob die Gruͤnde und das Hauſe nicht nahend an einen flieſſenden offt unnachtbarlichen ſchaͤdlichen Waſſer / nicht zu nahend an einer Veſtung? Ob nicht in der Naͤhe ein groſſe Volckreiche Stadt / da es Wochen - und Trayd-Maͤrckte abgibt? ob man das Getrayd und andere Wirthſchafft-Sachen zu Waſſer / welches bequemer / oder zu Lande verſchleuſſen kan? Ob es Baͤche / und friſche geſunde Bronnenquellen / oder faule moraſtige Suͤmpffe und Pfuͤtzen habe / daraus die Lufft leichtlich kan angeſteckt werden? Ob geſunde Lufftda / und nicht zu Zeiten anſteckende Seuchen daſelbſt zu beſorgen?
  • 2. Wieviel Kuchel-Obſt - und Kraut-Gaͤrten / Flachs - und Ruben-Felder da ſeyen? ob ſie traͤchtig / al - le wol eingefriedet und verwahret / von ſchoͤnen / friſchen / auserleſenen edlen Obſt-Baͤumen (da denn am beſten den genauen Augenſchein ſelbſt einzunehmen) beſetzt ſind? Die Specification von dem Gaͤrtner zu begehren / aller - ley Sorten des guten Obſtes / was und wieviel es bey - laͤuffig trage / auch ob die Obſt-Gaͤrten Grasreich / wol gegen der Sonnen gelegen / eben / ungleich / abhaͤngicht / oder zum Theil bergicht ſeyen.
  • 3. Wie die Wohnung beſchaffen / ob ſie groß / klein / praͤchtig oder ſchlecht / wol bey Bau oder baufaͤllig? ob es handſam gebauet / mit genugſamen ſtarcken Gewoͤl - bern / Kellern / Kaͤſten / Mayrhoͤfen / und Stallungen /BRoͤhr -10Des adelichen Land - und Feld-LebensRoͤhr - und Schoͤpff-Bronnen oder Ciſternen gnugſam verſehen? Obs weit auf der Landſtraſſen / oder weit da - von entlegen / an einem luſtigen oder verdrießlichen Ort? ob es viel u Zreiſens gebe? ob groſſe Staͤdte und Jahr - Maͤrckte nahend / dahin man alles verfuͤhren koͤnne?
  • 4. Ob der Mayrhof nahend an der Hand / wolge - bauet / Vieh - und Pferd-Staͤlle / Taubenkobel / Doͤrr - Stuben / Waſch-Haͤuſer / Schmidten / Eysgruben / Milchkeller / Milch - und Fiſchbehalter verhanden? Wie - viel man Melch - oder galtes Vieh erhalten / wieviel Och - ſen und Schweine jaͤhrlich maͤſten und verkauffen / auch ob man nicht allein im Sommer gnugſame Weide / ſon -dern auch im Winter genug Heu und Stroh haben kan? ob die Weiden Grasreich / weit oder nahe entlegen?
  • 5. Wie der Schaͤfer-Hof beſtellt ſey? wie viel man Schafe mit gehoͤrigem Unterhalt uͤberwintern kan? ob es geſunde / trockene / und unanſpruͤchige / oder mit andern gemeine Trifften habe? Wie es mit dem Schaͤ - fer-Volck beſchaffen / was ihre Beſoldung und Ver - richtung / ob ihnen die Schaf um ein gewiſſes Geld ver - laſſen werden? wie die Wolle im Kauff? ob die Schafe weiß / braun oder geſcheckicht? ob ihnen die Weid wol anſchlage / oder ob ſie gerne aufſtoͤſſig werden? Wie und wan mann ihnen jaͤhrlich die Lecke gebe?

Cap. VI. Was zu erforſchen / ſoviel die Zugehoͤrungen und Einkunfften betrifft.

  • 1. WJe viel Joch-Acker in allen dreyen zum Gut gehoͤrigen Feldern in jedem inſonderheit / ſich befinden? was fuͤr einen Grund ſie haben? ob ſie wol bey Bau ſeyen? nahe beyſammen / oder zerſtreuet und weit voneinander entlegen? ob nicht Landſtraſſen durch die Felder gehen / dardurch bey boͤſem Wetter groſ - ſer Schade geſchihet / und offt ſtarcke Neben-Straſſen mit Verwuͤſtung des lieben Korns gemacht; bey duͤrren trocknen Wetter aber der zarte jung-aufgehende Sa - her / alſo eingeſtaͤubt wird / daß / wo nicht bald durch den Regen eine Abwaſchung erfolget / die Saat nicht wol ge - deyen kan. Wie viel man auf jedes Feld uͤber Winter und Sommer anbaue? Wie viel ſie beylaͤuffig bey mittern Jahren tragen? ob nicht das Feld zu erweitern oder zu verbeſſern? wie viel Korn / Waitz / Habern ꝛc. gemeiniglich / und wie hoch / koͤnne verkaufft werden? Jtem / ob / und wie viel es Zehenden habe? ob er gantz / oder nur die Helffte / oder das Drittel mit Fremden ge - theilet ſey? wer darinn den erſten Angriff habe? ob die Zehende weit / oder nahe / in guten oder boͤſen Wegen zu holen? Um Koͤrner / oder Geld / auf Treu / oder ein ge - wiſſes verlaſſen werden / und wie hoch eines und das an - dere bey einem Gleichen ſich erſtrecke? ob das Wildpret / oder nahend angraͤntzende Waſſer und Feld-Guͤſſen an den Grundſtuͤcken nicht zu Zeiten / offt oder ſelten / ſcha - den / und ob dieſem nicht vorzubauen?
  • 2. Wie viel Gehoͤltze zu dem Gut gehoͤrig ſey? ob es weit oder nahe gelegen? guter oder boͤſer / ebner / oder unebner Wege dahin ſey? ob es nicht abgeoͤdet / wol mit ſchoͤnen dicken / oder ſchwachen Staͤmmen bewachſen? ob es Bau - oder Brennholtz? ſonderlich ob Eychen und Buchen darinnen? ob guter Schweintrieb / geſunde Weide von Graſe und guten Kraͤutern darinnen? ob das Holtz gute Anwehrt / wie viel man jaͤhrlich zur Haus - notturfft bedoͤrffig / und wie viel jaͤhrlich koͤnne / und wie hoch / verkaufft werden? ob es mit fremder Vieh-Huͤtung nicht beſchwert ſeye? ob man in dieſen ſeinen Waͤldern den Wildbahn ſelbſten / oder nur das Raisgejaid / allein / oder mit andern gemein habe? wie viel beylaͤuffig rothes und ſchwartzes Wildpret / wie viel Fuͤchſe / Haſen / Dachſen / Feder-Wildpret jaͤhrlich zu bekommen / in den Jagt-Regiſtern nachzuſehen? ob man Sultzen und Le - cken / Wolffsgruben / in ſeinem Gehuͤltze doͤrffe aufſchla - gen / und machen zu laſſen berechtiget?
  • 3. Wie viel Tagwerck Wieſen zu dem Gut ge - hoͤren? ob ſie ein - oder zwiemaͤttig? wie viel ſie bey mit - tern Jahren Faͤhrte Heu und Grunmath geben? ob ſie ſumpffig / moraſtig / mit Baͤchen und Bronnquellen durchfloſſen / offt verguͤſſt oder drocken ſeyen? ob man ſie kan waͤſſern / ob ſie nahe oder weit / enge beyſammen oder zerſtreuet ligen / eben oder Berg-auf / bey guten oder boͤſen Wegen heimzubringen?
  • 4. Ob man Fiſch-reiche Waſſer-Fluͤſſe und Baͤ - che habe / ob man das Fiſch-Recht allein / oder neben andern getheilt genieſſe / ob man auf allen beeden Ufern / oder nur an einem allein biß auf die Helffte fiſchen darff? was fuͤr Sorten Fiſche / und in was Menge / ſo wol an Krebſen jaͤhrlich zu bekommen? wie eine / oder die andere Art im Kauff gehe? ob ſie weit oder nahe / verlaſſen / und wie hoch / oder ſelbſt gefiſchet werden?
  • 5. Ob und wie viel Teiche darzu gehoͤren? mit wie viel Schock Brut jeder beſetzt wird? ob ſie gut einge - dammt? genug Waſſer den Sommer uͤber halten? ob die Fiſche gerne darinnen wachſen? nicht mueren - zen? was fuͤr Art? ob keine Raubfiſche darinnen? ob ſie viel Geroͤhricht haben? ob auf den Daͤmmen / oder nahend dabey / ein Haͤuſel ſey / darinn jemand wegen der Aufſicht und des Aufeyſens halber wohnen koͤnne? ob ſie einen guten Rechen und Ablaß haben / daß die Fiſche alle koͤnnen zuſamm gebracht / und mit leichter Muͤhe gefiſchet werden? ob der Grund leimicht / kiſicht oder maraſtig ſey? ob die Guͤſſe leicht Schaden thun? ob ſie weit oder nahend entlegen? obs im Herbſt gute Aentenbuͤrſch gebe? ob ſie im Winter gefrieren oder nicht?
  • 6. Obs / und wie viel Viertel oder Tagwerck Weingaͤrten es habe? ob ſie wol gelegen / bey gutem Bau und fruͤchtigen guten Stoͤcken? wie der Grund be - ſchaffen? ob die Weinberge hoch / abhaͤngicht oder eben ligen? ob man den Zehenden und Bergrecht / und wohin / geben muͤſſe / oder ob mans ſelbſt habe? ob ein Grund - Buch verhanden / darzu fremde Uberlende dienen muͤſ - ſen? wie hoch ſich die Nutznieſſung erſtrecke? ob die Dung leicht / oder hart einzubringen? was es fuͤr Ge - waͤchſe ertrage? ob der Wein gutes Kauffs? ſich wol vierdigen und aufheben laſſe? ob die Reiffe und Froͤſte leichtlich ſchaden? ob ſie mit alten oder neuen Stoͤcken / und von waſerley Art beſetzt ſeyen? wieviel man jaͤhrlichgrube?11Erſtes Buch / Land-Gut. grube? und was man jaͤhrlich von einem Viertel zu bauen gebe? obs durch Robbat oder Lohn verrichtet wer - de? ob man die Grund-Obrigkeit oder Berg-Oeffnung ſelbſt daruͤber habe / oder nicht?
  • 7. Woferne Hof-Muͤhlen verhanden / zu erfor - ſchen / von wie viel Gaͤngen ſie ſeyen? ob das Waſſer - Gebaͤu tauerhafft und gut? ob ſie ober oder unterſchlaͤch - tig ſind? ob die Raͤder bey groſſem Eys und Waſſer - guͤſſen koͤnnen aufgehangen werden? ob ſie Winters uͤber auch genugſam Waſſers? ob es daſelbſt viel oder wenig zu mahlen gebe? obs gute Wege / hin und wider zu kom - men? ob ſie im Beſtand / und wie hoch auf Getrayd oder Geld zu verlaſſen? ob der Muͤller nicht ſchuldig Schwei - ne / und wie viel / in die Maſt zu nehmen? ob darneben auch Staͤmpffe / Sag-Walck - und Hammer-Muͤhlen ſeyen / ob die Wehr / die Raͤder und das Fluder / ſtarck / oder leicht durch Guͤſſen verwuͤſtet und zerriſſen werde? wann es keine eigene Waſſer-Muͤhlen / ob nicht etwan Hand-Muͤhlen / Roß - oder Pferd-Muͤhlen / oder Wind - Muͤhlen verhanden und zuzurichten waͤren? oder ob et - wan eine Muͤhl in der Naͤhe / dahin man ſein Malter bey guten Wegen bringen und haben koͤnne?
  • 8. Ob Stuͤtereyen / und wie groß an der Zahl /und von was Art / verhanden? obs genugſame gute / ge - ſunde Weide / und Waſſer / auch den Winter uͤber / mit ſattem gutem Futter koͤnne verſehen werden?
  • 9. Ob Leimgruben oder Geſtetten verhanden / da man Tohn und Leimen / der gut und tauglich zum Ziegel - brennen / oder Hafner-Geſchirr ſeye? Jtem ob Ziegel - Staͤdel und Oefen / Kalchſtein / Kalchoͤfen / Glashuͤtten / wo uͤberfluͤſſiges Holtz / Mergel und Schuͤttgruben auf die Felder zufuͤhren / auch Sand zu Gebaͤuen ſey? Jtem ob Holtz zu Schindeln / Latten und Laͤden verhanden / und ob es weit zu bringen? ob etwan in der Naͤhe Bronnen - quellen / die durch Roͤhren hineinzuleiten / auch ob Foͤhren - Holtz zu den Roͤhren ſeye?
  • 10. Das Einnehmen in genere & ſpecie auf drey oder mehr Jahr zu begehren / was das Gut ſummariter in Geld / Getraydicht / Wein / und allerhand Regalien und Einkommen / ſo wol in der Wirthſchafft / als der Unterthanen ordinari und extraordinari Gefaͤllen ge - tragen? Und weil die Jahr ungleich / den dritten ꝛc. Theil davon zu extrahiren / ſo wird man bald mercken / ob man mit Nutzen oder Schaden kauffen / und das Intereſſe von ſeinem angelegten Capital haben koͤnne / oder nicht.

Cap. VII. Was noͤthig zu wiſſen / ſo viel die Unterthanen betrifft.

  • 1. OB und wie viel arme / reiche / oder mittel - maͤſſige Unterthanen bey dem Gut ſeyen? wol auszuforſchen / ob ſie groſſe / mittere / oder kleine Guͤter? wie viel ſie jaͤhrlich eintragen?
  • 2. Ob die Unterthanen keine groſſen Ausſtaͤnde / oder andere verbriefft - oder unverbrieffte Schulden ha - ben? auch ob ſie Solvendo ſind? ob ſie die Anlagen ge - wiß und jaͤhrlich bezahlen koͤnnen? wie viel es gantze Bauren / Zwiroͤßler / Hofſtetten und kleine Haͤuſel habe? Jtem was fuͤr Haͤuſel dabey verhanden / die man nicht verſteuren darff / als Baͤder / Haarſtuben / Jaͤgerhaͤuſel / Schmidten / Potten-Fiſcher - und Tagwercker-Haͤuſel? ob die Bauren-Guͤter mit Getrayd und Geld-Dienſten nicht uͤberſetzt ſind?
  • 3. Ob die Unterthanen alle / oder nur gewiſſe Rob - bathen verrichten / oder ob / und wie viel ſie Robath-Geld geben? ob ſie An - und Abfahrt / Frey-Geld / Sterb - Haubt / Brief-Geld und dergleichen geben? ob die Waiſen eine gewiſſe Zeit dienen muͤſſen? ob nicht Uber - lend-Lehen verhanden / da ſie die Lehen und Lehen-Brief um gewiſſe Taxa empfangen muͤſſen?
  • 4. Bey jedlichen Unterthanen iſt in particulari in acht zu nehmen / daß die Specification der Taxa uͤber ſei - ne Schulden (auch Guͤlten und Guͤter) nie ſollen groͤſſer ſeyn als die Helffte ſeines Vermoͤgens / wiewol ſich die - ſes alles in Erkauffung der Guͤter / als wann ſie allbereit in Poſſeß ſind / nicht ſo leicht practiciren laͤſſet; doch kan beylaͤuffig hernach erfragt werden 1. ſeines Hauſes Kauff-Schilling / 2. ob er unter Obrigkeitlicher oder ei - gener Fertigung Schuld-Brief hinaus gegeben / und wie viel? 3. Ob und wie viel er traͤchtige Aecker habe / oder ob ihnen was mangelt / auch ob er Gelegenheit habe / Schlier / und anders Kot / oder Schuͤtt hineinzubringen / auch ob es genug Thung haben kan? 4. Ob ſein Hausgemauret / wie es bey Dach ſey / ob er Baum - und Kraut - Garten / Wiſen / Waid / Bau - und Brennholtz / und wie viel eines jedlichen Tagwerck dabey / ob er einẽ Bronn im Hauſe habe / und ſeine Wieſen waͤſſern koͤnne? 5. Wie viel Fahrt Heu und Grunmath er beylaͤuffig zu fechsnen? obs ſuͤß oder ſaures Futter ſey? 6. Wie viel er Vieh an Pferd / Ochſen / Kuͤhen / und galten Vieh halten koͤnne? 7. Ob er von fremden Unterthanen Schuld-Brief habe? wie hoch / und ob ſie richtig ſind? wann ſie un - richtig / ob nicht von ſelbiger Herrſchafft Unterthanen auch Schulden an ſie zu fordern? wie ſie beſchaffen / und ob nicht eine Compenſation zu machen / dardurch dem ſeinigen moͤchte geholffen werden? 8. Ob er ſonſt nieman - den als ſeiner Obrigkeit dienſtbar ſeye? 9. Wem der Zehend auf ſeinen Feldern gehoͤrig? ob er ſolchen beſtehe / und was er beylaͤuffig davon reiche? 10. Ob er keine Uberlaͤnd oder Auszughaͤuſel habe? 11. Ob er von ſeinen Grundſtucken niemanden nichts verſetzt / oder von an - dern im Verſatz habe? 12. Wie viel er Gaben / Frey - Geld / An - und Abfahrt / Sterbhaupt / wann der Mann / oder das Weib ſtirbt / gebe / und ob er einen Erb-Brief habe; daher auch ſonſten ihre Schrifften zu beſehen. 13. Was er fuͤr Gaben / Anlagen / Kuchel-Dienſt oder Ruͤſt-Gelder und Anſchlaͤge gebe / und ob er ſeinen Amt - mann jaͤhrlich was / und wie viel / reichen muß? 14. Ob er einen Jn-Mann / und was derſelbe jaͤhrlich der Obrig - keit gibt oder leiſtet? 15. Wie viel er jaͤhrlich in den groͤſſern / kleinern und mittern Feldern anbauet / Waitz / Korn / Wicken / Gerſten / Habern und dergleichen / uñ wie viel er beylaͤuffig fechsnet / Jtem wie viel er in ſei - nem Garten und Peundten (ſo Zehend-frey) kan ſaͤen und erndten? 16. Wann Waiſen verhanden / ob ſie fremde oder von der Obrigkeit geſetzte Gerhaben haben? ob ſie der Waiſen Erbgut in Handen / und jaͤhrlich treu -B ijliche12Des Adelichen Land - und Feld-Lebensliche und genugſame Rechnung darum thun? ob ſie auch das Gut zu der Waiſen Nutzen recht und wol anlegenund auf Zinß auslehnen / damit ihr Capital nicht gerin - gert / ſondern vermehret werde.

Cap. VIII. Wie dieſes alles zu gebrauchen.

ALle dieſe bedenckliche Erinnerungen ſind nicht dergeſtalt allhier fuͤrgeſtellet / daß man ſie in al - len und jeden Puncten genau ſuchen / oder wo eines oder das ander nicht iſt / (wie dann kein Gut / daran nicht etwas fehlet) Neceſſario haben / und alſo vergeb - lich ſcrupuliren muͤſte und wollte; ſondern allein darum / daß ein verſtaͤndiger Haus-Vatter / Omiſſis omittendis, & Requiſitis requirendis, ein kurtzes Me - morial und Mahn-Zettel haͤtte / wornach er ſich zum Theil richten / in den vorkommenden Anſchlaͤgen zugeben oder abbrechen / ſeinem kuͤnfftigen Unheil vorbauen / viel Un - gelegenheiten verhuͤten / ihme ſelbſt / den ſeinigen / oder an - dern guten Freunden (auf Begehren) vigiliren / nichtsvortheilhafftiges ihme ſelbſt oder andern aufbuͤrden / und alſo Chriſtlich / ehrlich und beſcheidentlich allenthalben handeln / das beſte / nuͤtzlichſte und gereimteſte mit kluger Fuͤrſichtigkeit daraus klauben / und auf allerhand fuͤrfal - lende Begebenheiten / fuͤr ſich / die ſeinigen und ſeine ge - treue gute Freunde und Goͤnner / aͤndern / beyfuͤgen / genieſſen und brauchen moͤge. Wer mehr dergleichen Obſervationen / wie es an andern Orten in Sachſen braͤuchig / und was bey Einkommen der Guͤter zu beob - achten / wiſſen will / der beſehe Herrn von Seckendorff Teutſchen Fuͤrſten-Stat; und Herrn Naurath de Ra - tionariis.

Caput IX. Was man vor dem Kauff thun ſoll.

AUf dreyerley iſt vornemlich zu ſehen; Erſtlich muß man ſeine Mittel und Gelegenheit mit des Gutes Wehrt uͤberſchlagen / ob man auch ſo viel aufbringen moͤge / das Gut auf einmal zu bezahlen / welches zwar in richtigen Guͤtern darum das beſte iſt / weil man gemeiniglich am Kauff-Schilling etwas er - ſparen und abbrechen kan / wo die Erlag auf einmal voͤl - lig geſchihet: Aber bey unrichtigen und zweifelhafften Handlungen iſt es weit ſicherer auf zwey oder drey Wehrungen ſich vergleichen: damit / woferne eine ſchaͤd - liche oder weit ausſehende Jrrung und Anſpruch ander - wertsher entſtuͤnde / man etwas in Haͤnden / dabey ſich zu ſchermen / und ſein regreß zu finden / haben koͤnne.

Zum andern iſt zu ſehen auf das Gut ſelbſt / darzu nun dienen alle in vorhergehenden Capiteln geſchehne Erinnerungen und Bedencken / mit deren Huͤlff man ſich aller und jeder Beſchaffenheiten zu gnuͤgen informiren / und daraus ſeinen Conto unfehlbar machen kan / ob ſein anlegendes Capital auch die billiche und gebuͤhrliche Ver - zinſungen / wenigſt 5 pro Cento ertragen moͤchte / da dann vor allen (wenn man in dergleichen Sachen un - geuͤbt) ein vernuͤnfftiger / treuer / in ſolchen Haͤndeln er - fahrner Freunde vonnoͤthen / mit deſſen Rath / Beyſtand und Vermittlung alles anzufangen / zu mitteln und zu enden. Es iſt auch nicht genug des Verkauffers oder ſeiner Beyſtaͤnde und Beamten muͤndlich gegebener Un -terrichtung allein zu trauen; man kan ſich auch vorhero ſelbſt / oder durch ſeine Leute / bey den Benachbarten / ſon - derlich bey denen / die nicht allzuwol mit dem Verkauffer ſtehen / erkundigen laſſen; ob gleich nicht alles durchge - hend wahr iſt / was Feindes Mund ausſpricht / hat man doch eine ungefaͤhrliche Erinnerung daraus zu ſchoͤpffen / auf den rechten wahren Grunde zu kommen; ſo kan man auch den Augenſchein in den Gebaͤuen / Mayrhoͤ - fen / Gaͤrten / Wieſen / Waͤldern / Feldern / Teichen und dergleichen / zu einer Zeit / (wo moͤglich) wann alles Trayd in den Feldern ſtehet / ſelbſt einnehmen / ob alles bey gutem Bau / was im Frieden ſeyn ſolle / wol ver - wahrt / und nichts verwahrloſet / oder abgeoͤdet ſey.

Drittens / hat man auch des Verkauffers Beſchaf - fenheit und natuͤrliche Eigenſchafft zu betrachten / ſeine Art oder Unart / ob er von boͤſem oder gutem Nahmen / warhafftig / aufrichtig / redlich / teutſch / oder aber geitzig / falſch / vortheilhafftig / betrogen und Gewiſſens-loß ſey / ob ſeine Wort / gegebene Verheiſſung und Verſicherun - gen / mit Zuverſicht / oder Zweifel aufzunehmen. Denn kein Menſch kan ſeine natuͤrliche Anmuth alſo gantz ver - bergen / daß ſie nicht durch ſeine Handlungen / Thun und Laſſen ſolte herfuͤr leuchten / und bey andern ſich verrathen. Auf dieſes alles nun / hat man ſich / mehr oder weniger zu trauen / als auf einen mittelmaͤſſigen Grund zu verlaſſen / und ſeine Handlung darnach einzurichten.

Caput X. Was in dem Kauff-Handel ſelbſt zu verrichten.

D iſt nun die rechte Zeit / darinn man ihm ſelbſt hoͤchlich vortragen oder ſchaden kan. Wenn der Vergleich in allen und jeden Puncten billich und ſicher eingerichtet / oder dafern es Lehen / cum præ - ſuppoſito Domini Feudi conſenſu (wiewol es beſſer /er ſey verhanden oder doch verſprochen) geſchloſſen wor - den / dardurch alle kuͤnfftige Anſuchungen / Strittigkeiten und Zwitrachten muͤſſen verhuͤtet ſeyn. Erſtlich zu be - dencken (wiewol dieſes alles ein Vorarbeit ſeyn / und nicht auf die Tractation ſelbſt verſpahret werden ſolle) ob13Erſtes Buch / Land-Gut. ob der Verkauffer / ohne Jrrung / Zuſpruch / und Ein - ſtand ſeiner Freunde und Verwandten / das Gut zu ver - alieniren macht habe? ob nicht pactata Familiæ, Fidei - commiß, Majorat und dergleichen im Wege ſtehen? obs nicht gantz / oder zum Theil / andern ver hypothecirt / und cum quibus conditionibus?

Wann dieſes richtig / muß zum Andern die Tracta - tion um den Kauff-Schilling / durch gute Freunde / Bey - ſtaͤnder und Unterhaͤndler alſo modificirt und vermittelt werden / daß weder dem Verkauffer / noch dem Kauffer / zu kurtz geſchehe / ſondern beederſeits die Chriſtliche Bil - ligkeit den Ausſchlag gebe / alſo daß keiner ſich zu beſchwe - ren Urſach finde.

Zum Dritten / muͤſſen die Wehrungen / imfall man / das Gut auf einmal zu bezahlen / Bedencken / oder nicht Mittel hat / alſo eingerichtet ſeyn / daß beyde Theil dabey ſich vergnuͤgen / und ihre Beſtellung darnach kuͤnfftig ein - richten koͤnnen; Sonderlich wann die Wehrungen weit hinaus langen / iſts nicht unchriſtlich / ſondern recht und billichmaͤſſig / daß der Kauffer / der des Gutes voͤllige Nutzung in ſeinem Gewalt hat / auch dem Verkauffer / pro ratâ des in Handen habenden Kauff-Schillings / mit den Verzinſungen an die Hand gehe.

Zum Vierdten / iſt der Schermungs-Punct der vor - nehmſte / dadurch die meiſten Strittigkeiten ſo wol verur - ſachet / als verhuͤtet werden koͤnnen / dahero ein Gut / das in vielerley Haͤnde / in einem Sæculo, oder bey Menſchen Gedaͤchtnis kommen / und unterſchiedliche Herren ge - habt hat / viel mehr und groͤſſere / ſo wol der Unrichtigkeit / als Ungeſundheit und Unfruchtbarkeit / Bedencken und Argwahn nach ſich ziehet / als eines / das lange unerdenck - liche Zeiten bey einem Geſchlecht unanſpruͤchig in conti - nuâ ſerie geblieben; oder wann ſchon allbereit wiſſent - liche Forderung und Anklagen bey Gerichte ſich ereignen / darnach ſich dann vornemlich zu richten / und mehr oder weniger Schermungs-Jahr / auch geringere oder beſſere / auch gar Gerichtliche Verſicherungen zu begehren. Die perpetuirliche oder indeterminirte Schermung zu be - gehren / iſt zum Theil unbillich / theils auch unmoͤglich undunnothwendig / weil kein Menſch fuͤr kuͤnfftiger Zeiten Veraͤnderungen / ungluͤckliche Zufaͤlle / oder auch anderer Muthwill und Eingriff zu caviren genugſame Kraͤfften oder Vermoͤgen hat; daher am beſten etliche gewiſſe Jahre (nachdem man ſich vergleichen kan) auszuwerffen / und die Evictions-Terminen daran zu binden / wie lang die Schermung / und mit welcherley Conditionen und Bedingnuſſen ſie waͤhren oder expiriren ſolle.

Fuͤnfftens / ſolle der Kauffer die nottuͤrfftige Kauff - Briefe / Kauffs-Quittungen / Protocoll / Urbarien / wie auch alle Landſchaffts-Quittungen / Documenta und Ur - kuͤnden (woferne darwider kein erhebliches Bedencken) bey der Einantwortung ihme einhaͤndigen laſſen.

Sechſtens / wegen des Viehes / der Vechſung / und allerhand anderer Fahrnus (wann es nicht vorher unter dem Kauff-Schilling bedingt worden /) ſich zu verglei - chen; daß es um billichen Wehrt uͤberlaſſen / oder da man ſich darum nicht vereinigen kan / auf gewiß-determinirte Zeit weggebracht werde / und ſonderlich das vorbehalte - ne Vieh bald aus dem Futter komme.

Zum Siebenden / zu vermelden / wie und wann die Einantwortung ſolle vorgenommen werden / daß die Un - terthanen bey Angeluͤbung zugleich ihre Schulden-Regi - ſter und Abraitungen einer nach dem andern fuͤrweiſen ſollen / damit ſie / mit der von dem Verkauffer uͤbergebe - nen Reſtanten-Liſta koͤnnen confrontirt und examinirt werden / da vorher zu handeln / ob das Drittel oder die Helffte derſelben mit einem Nachlaß / und was Geſtalt und auf was Termin ſelbige dem Verkauffer mit / oder ohne Verzinſungen abzutragen.

Zum achten / alle uͤbrige Puncten und Bedingnuͤſſen ſind / nachdem die Guͤter und dero Zugehoͤrungen be - ſchaffen / oder nachdem man in einem und dem andern / mehr oder weniger nach - und zugeben kan / nicht Plumpsweiſe oder unbedacht / ſondern nach Anregung / Gutbefindung und Vermittlung / guter / und beederſeits getreuer aufrechter Freunde und Beyſtaͤnder / erbar / ohn Gefaͤhrde / und der Gerechtigkeit gemaͤß aufzuſetzen und einzurichten.

Cap. XI. Was nach der Einantwortung zu thun.

DAs Erſte iſt / daß ein fleiſſiger Haus-Vatter alſobald ſich bey denen Benachbarten / ſonder - lich wo er weiß / daß ſie tugendſam und ver - nuͤnfftig ſind / bekannt und beliebt mache / durch Hoͤflich - und Leutſeligkeit ſie zur Gegenfreundſchafft verbinde / und alſo einen guten Eingang vorbereite / deſto friedſamer und vertreulicher kuͤnfftig mit - und neben ihnen zu leben / ſie bißweilen um Rath anſpreche / ob ers ſchon nicht vonnoͤ - then / damit ſie / durch dieſe gezeigte Hochachtung / deſto mehr verpflichtet werden / und werden offt unvermeint beſſere Vorſchlaͤge gegeben / als man ſonſt gethan haͤtte. Allerhand nachbarliche auch kleine Dienſtleiſtungen und Willfaͤhrigkeiten obligiren die Edel-geſinnten Gemuͤther zu freundwilliger Wiedergeltung / daher offt aus dem Sa - men gemeines Wolwollens und Gutgoͤnnens / die ſchoͤne Tugend-Pflantze der warhafftigen Freundſchafft er - wachſen kan.

Zum andern / ſoll er erſtlich alle mit fremden Herꝛſchaf -ten ſeiner naͤchſten Nachbarſchafft / anrainende Graͤn - tzenſtein und March / mit (durch bittliches Anſinnen) geſchehener Zuordnung vertrauter / wolerfahrner / fried - fertiger und bekannter Leute abermal bereiten und beſichti - gen / damit er und ſie dardurch verſichert ſeyen / daß alles erbar / und ohne falſche Liſt zugehe / wo geringe Mißhellig - keiten ſind / ſich nachbarlich vergleiche / oder einem un - partheyiſchem Drittmann zu billicher Entſcheidung heimgebe.

Zum dritten / ſoll er die Unterthanen nacheinander vornehmen / die Protocoll / Steyer und Dienſte revidi - ren / die Robathen austheilen / die Unterthanen (ſo viel moͤglich und loͤblich) bey dem alten Herkommen bleiben laſſen / und keine Neuerung aufbringen / ſonderlich ſoll er denen Pflegern / Richtern und Amtleuten befehlen / nach laut des im 7 Capitel enthaltenẽ 4 Puncts / der Unterthanẽ Haͤuſer / Gruͤnde / Vermoͤgen und Schulden vom Hoͤch - ſten bis zum Kleineſten aufzeichnen / und in ein beſondersB iijBuch14Des Adelichen Land - und Feld-LebensBuch ordentlich eintragen zu laſſen / darmit man darnach ſehen koͤnne / ob einer oder der andere mit den jaͤhrlichen Anlagen zu viel beſchwehret ſey; Auch ſoll er die Unter - thanen gern und willig hoͤren / ihre billiche Anbringen vernehmen und gewehren / und ſich freundlich und ernſt - hafft / nach Erforderung der unterſchiedlichen Faͤlle / gegen ihnen verhalten.

Vierdtens / wo er das Gut auf Wehrungen gekaufft hat / ſoll er zeitlich vorher darob ſeyn / damit die Zahlungs - Erlagen auf verſchriebene Termins-Friſten / ſamt den verfallenen Intereſſe, gleichesfalls / ſo er anticipando anderwerts etwas entnommen haͤtte / treulich und ohneAbgang mit gutem gangbaren Geld abgeſtattet und be - zahlt / und alſo ſein guter Credit erhalten und vermehret werde.

Zum Fuͤnfften / wann die accordirte Evictions - Zeit kurtz / nur auf zwey oder drey Jahr waͤhret / kan man wol / daferne etwa kuͤnfftige Anforderungen zu beſorgen / ein gerichtliches Edict ans Land-Hauſe anſchlagen / und alle und jede / die an das erkauffte Gut rechtmaͤſſig zu for - dern haben / inner Gerichts-uͤblichen Termin citiren / auch diß alles in das Land-Gedenck-Buch ad perpe - tuam rei memoriam einzeichnen laſſen.

Cap. XII. Welche erhebliche Urſachen / ein Gut zu verkauffen / bewegen koͤnnen?

WJewol es eine Anzeigung / weit beſſerer Wirth - ſchafft iſt / Guͤter kauffen / als verkauffen / ſo ſind doch offtermals bey den letztern / aus gewiſſen Zufaͤllen / beſſere Vortheil / als bey den erſten / wann man der Guͤter Ertragnus / durch langwuͤhriges Jnnha - ben / gegen des angebotenẽ Kauff-Schillings Verzinſung / leichtlich vergleichen / und / da bey den letzten beſſeren Vor - theil / ſicherer handeln kan; hingegen aber der Kauffer / die gewiſſen Intereſſe mit ſamt dem Capital zwar bald aus den Haͤnden gibt / aber nicht / als erſt nach vieljaͤhri - ger Erfahrung / den Schluß machen kan / ob er ſein Geld wol oder uͤbel angelegt; zudem auch bey Frieden und ge - ruhigen Zeiten diß darzu kommt / daß man bißweilen die Guͤter uͤberzahlt / alſo daß der Kauffer mehr und geruhi - gern Genuß von dem angebotenen Kauff-Schilling / als von dem Gut ſelbſt / aufs wenigſte / nicht ſo viel Bemuͤ - hung hat / das Geld gleich wiederum an gewiſſe Ort an - legen / daher auch / wann es an unterſchiedlichen Orten ſeyn kan / weniger Gefahr dabey iſt / woferne er nicht Plumpweiſe / ſondern mit guten Rath hierinnen verfaͤhret. Alſo auch wann man anderwerts ein beſſer und ertraͤgli - chers Gut zu kauffen ſchon im Vorſchlag weiß / oder ſich / um gewiſſer und nachdringlicher Urſachen willen /gar aus dem Lande anderwerts begeben will; Auch wann etwan ſelbiger Orten ein groſſes und gefaͤhrliches Kriegs-Wetter / Lands-Obrigkeit-Veraͤnderung / oder andere vielfaͤltige Ungelegenheiten und Zufaͤllen ſich er - eigneten; wann man offt (ohne Schuld) eine ungnaͤ - dige Lands-Obrigkeit / oder boͤſe / unverſohnliche Nach - barn hat; wann das Gut an einem ungeſunden Ort ligt / nicht gut Waſſer und Lufft hat / da offt anſteckende Seuchen zu wuͤten pflegen; wann die Gruͤnde unfrucht - bar / hin und wider zerſtreuet / und ungelegenſam zu bauen ſind; wann man ſchon vorhin / anderwerts ein beſſer und nutzbarers Gut hat / das weit mehr eintraͤgt / und all - da die diſtrahirte und unterzogene Abweſenheit mehr ver - lieren als hier gewinnen macht / ſonderlich wann eines von dem andern weit entlegen / daß man allzeit mit Un - gelegenheit und Unkoſten von einem zu dem andern rei - ſen muß; ſo wol auch / wann man Alters und Schwach - heit halber der Wirthſchafft (wann ſie beſchwerlich und muͤheſam) nicht mehr recht abwarten kan; oder wann man keine Kinder und nahe Bluts-Freunde; oder da ſie ungehorſam / laſterhafft / ungerathen / auch einiger Sorge fuͤr ſie / wegen ihres boͤſen Thun und Laſſens / nicht wehrt ſind.

Cap. XIII. Was vor dem Verkauff vorzuarbeiten und zu betrachten.

DAbey iſt das vornehmſte Abſehen auf des Kauf - fers Perſon / Art und Eigenſchafft zu richten / Erſtlich / von was Condition der Kauffer / ob er groſſes Anſehens / vornehm in Freundſchafft und Dien - ſten / an Reichthum und Vermoͤgen maͤchtig; oder etwa deines gleichen / oder noch weniger / und dennoch bey gu - ten Mitteln / ob er alt / jung / erfahren oder nicht / ſeye; auf dieſes alles hat ein guter Haus-Wirth ſeine reflectio - nen zu machen / den Verkauff alſo einzurichten / damit er allerſeits dabey geſichert / und von allzuſpater Reu un - belaͤſtiget bleibe; Ob er das Gut zu bezahlen ſelbſt genug - ſame Mittel / oder guten Credit habe bey andern aufzu - nehmen / darauf gleichwol (wann es auf Wehrungen ge - het) eine gefaͤhrliche und ungewiſſe Wagnus.

Zum andern / ob er kein Schwaͤtzer oder Aufſchnei - der ſey / gerne bezahle / die Unbilligkeiten haſſe / nicht un - nothwendige / vergebliche / und verdrießliche Gripplereyenliebe und ſuche; ſondern ob er von wenig Worten / treu und warhafftig / von jederman ein gutes Zeugniß habe? Oder ob er ein hinterliſtiger / falſcher / zaͤnckiſcher / geitziger und unbillicher Mann ſey / der viel verſpreche / wenig hal - te / alles auf Schrauben ſtelle / hinter den Berge halte / gern Ausfluͤchte und Schlupffwinckel ſuche / und in Sum - ma / deſſen Hertz und Mund nicht uͤbereinſtimmen. Auf dieſe nothwendige Vorwiſſenſchafft / hat man ſeine gan - tze Handlung vernuͤnfftig zu gruͤnden / um / ſich genug - ſam / wegen der Wehrungen / Schermung / und andern Umſtaͤnden vorzuſehen / die Nodos Gordios, daraus ein Zwiſpalt auskeimen moͤchte / gleich anfangs beyſeits zu thun / und ſich vor angedrohtem Wetter zu verwahren.

Drittens / ſoll man alle Documenta, Urbarien / Protocollen / Lehen - und Kauff-Brief / Landſchaffts - Quittungen und dergleichen Briefs-Urkunden / die noͤtig zum Gut gehoͤren / in ein Liſta und gute Ordnung brin -gen /15Erſtes Buch / Land-Gut. gen / ingleichen mit den Unterthanen / wegen ihrer Steuer / Dienſt und Reſtanten / ordentliche und billiche Abrech - nung pflegen / jedwedern ein Buͤchlein oder Regiſter / zu ſeiner und des Kauffers richtigen Wiſſenſchafft / hinaus geben / das ſie bey der Einantwortung vorweiſen / und (zu ihrem beſten) uͤber die Billigkeit / nicht mehr zahlen / oder der Abkauffer mehr fordern doͤrffe / alſo keines we - ges moͤgen geſteigert und uͤbertrieben werden.

Zum fuͤnfften / ſoll man alle Zimmer / Vorhaͤuſer -Gemach / Keller und Gewoͤlber im Wohn-Hauſe / auch im Hof / Gaͤrten und Mayrhof / von aller Unrei - nigkeit ausſaͤubern / jedes ordentlich an ſein gehoͤriges Ort bringen; Rindviehe / Ochſen / Schaf / und an - ders Vieh vorher wol ſaͤubern und fuͤttern; weil bey dem Beſchau dem Abkauffer damit ein Luſt und Anrei - tzung / im widrigen aber / ein Eckel und Abſcheu leicht ent - ſtehen / und hierdurch der Kauff befoͤrdert oder gehindert werden kan.

Cap. XIV. Was man / bey dem Verkauff / in Bedencken zu ziehen.

WAnn die Wehrungen (ſo doch ſelten geſchihet) auf einmal erlegt werden / ſind zwar Verkauffer und Kauffer von gleicher Bedingung; Wann aber die Wehrungen ſich weit hinaus erſtrecken / der Kauffer das gantze Gut (wie es nicht anders ſeyn kan) in ſeine Nutznieſſung nimmt; dem Verkauffer aber nur die Helffte / oder das Drittel / oder noch weniger bezahlt wird / hingegen um den Uberreſt / nur mit papierener Verſicherung verlieb nehmen muß; da hat er / die War - heit zu ſagen / nicht unbilliche Urſach / ſich deſto beſſer zu verwahren und vorzuſehen / auch einen vernuͤnfftigen / treuen Freunde zum Beyſtand zu erbitten; damit er in einen und andern nicht vervorthelt / uͤbereilet / ihme ſelbſt oder den ſeinigen einen unwiderbringlichen Schaden auf den Halſe buͤrden / und ſich in allem und jedem / nach des Abkauffers guten oder boͤſen Namen und Eigenſchafft / richten und verhalten moͤge.

Erſtlich / wann der Kauff-Schilling richtig / ſoll er mit den Wehrungen je eher je beſſer heraus trachten / und eine ſolche Angab des erſten Erlags / ſamt dem ge - buͤhrlichen Leitkauff / fordern / daß / wo nicht die Helffte / wenigſt das Drittel erleget werde / von dem Reſt / der verflieſſenden und de finirten Termin eine pro rato gewiſ - ſe Verzinſung verſchreiben laſſen / und dabey / biß zu voͤl - liger Auszahlung / ihm nicht allein das gantze Gut pro ſpeciali; ſondern auch alle ſeine des Kauffers ſonſt aller Orten habende / ligende und fahrende Guͤter / pro Ge - nerali Hypothecâ, in optimâ formâ, more ſolito, ver - pfaͤnden laſſe.

Zum Andern / weil die unbedachtſame Evictions - Verſchreibung / dem Verkauffer tauſenderley Unluſt / Aufzug und Zaͤnckereyen verurſachen kan / ſoll er in die - ſem Punct / am allergewahrſamſten wolbedaͤchtlich gehen / und eine indeterminirte / weit ausſehende / ihme und den ſeinigen præjudicirliche und hoͤchſtſchaͤdliche Scher - mung / nimmermehr (ſonderlich wo der Kauffer ver - daͤchtig und beſchryen iſt) einwilligen / ſondern lieber eher den Kauff gantz ausſchlagen / als ſich in ſothane Egypti - ſche Dienſtbarkeit eigenwillig ſtuͤrtzen.

Drittens / wann der Verkauffer die Schermung auf gewiſſe / drey / ſechs / mehr / oder weniger Jahr uͤber ſich nimmet / ſoll dieſe Limitation und exception dem Contract beygeſetzt werden / daß er allein die Schermung zu leiſten ſchuldig / ſo viel das Utile Dominium oder An - ſpruch deren im Urbario und Anſchlag uͤbergebenen Guͤlten / Guͤter und Unterthanen betreffe / auf die Weiſe / wie er ſolche ſelbſt genoſſen hat / wann ſie von andern ſoll - ten angefochten oder widerſprochen werden / ſoll er ſolche zu ſchermen ſchuldig ſeyn: daferne aber der neue Abkauf -fer bey allen Unterthanen insgemein / oder bey jedlichen inſonderheit / kuͤnfftig / wegen der Robathen oder Frohn - Dienſte / Zehenden / Dienſten / Vogtey-Jus, alten Her - kommen und Gebraͤuchen / aut quocunquè modo & ca - ſu, einige Neuerung oder Staigerung / die Zeit uͤber / ſo lang die Schermungs-Zeit waͤhret / ungebuͤhrlich einfuͤh - ren wolte / und daruͤber Mißverſtaͤndniß / Klagen und Rechtshaͤndel erwuͤchſen / ſoll es ohne Entgelt des Ver - kauffers berechtiget werden / Jtem / imfall dieſes Gut / vor Ausgang der verſchriebenen Schermungs-Jahr / der Kauffer auf weitere Hand ſolte uͤberlaſſen oder verhand - len; oder auch Tempore ſuæ poſſeſſionis die alten March-Graͤntzen / Rain und Stain / Gebraͤuche und Vergleiche / in einem und andern uͤberſchritten und violi - ret / dardurch ſo wol bey der Nachbarſchafft / als Untertha - nen / Eintraͤg / Neuerungen und Rechtsbehelligungen veranlaſſet wuͤrden / ſolle ſolches alles der Kauffer / ohne Entgeld des Verkauffers / proprlis ſumptibus, auszufuͤhren / ſchuldig ſeyn.

Vierdtens / ſolle in waͤhrender Tractation der Ver - kauffer nicht tergiverſiren oder zuruck halten / ſondern candidè, apertè und warhafftig / alle und jede Jrrun - gen / Eingriff oder Anſpruͤche / mit allen Umſtaͤnden und Beſchaffenheiten auf das ausfuͤhrlichſte und klaͤreſte vor - tragen / und daruͤber mit dem Kauffer in einem und an - dern ſich vergleichen / alles aber ſpecialiter der Kauffs - Abrede mit Namen einverleiben laſſen; ſoll auch hierinn bey der Einantwortung gantz aufrichtig handeln / keinen hinterliſtigen Vortheil / wider den Vergleich / im gering - ſten weder ſelbſt / noch durch die ſeinigen ſuchen / was er an Farniß / Vieh / eingemauerten Keſſeln und Hafen / Getrayd / Heu und Stroh / und dergleichen / nichts ver - ſchlagener Weiſe / auswechſeln / abzwacken oder beyſeits bringen / ſondern nach Chriſti Ausſpruch gedencken: quod tibi non vis fieri, alteri ne feceris, damit der Kauffer mit Warheit kuͤnfftig nicht ſagen moͤge / man habe ihm diß und das verſchwiegen / entzucket / oder hin - terliſtig mit ihm gehandelt / den Contract nicht gehalten / ihn vervortheilt und betrogen / alſo daß offt aus einer ge - ringen Sache / die ein ſchlechtes austraͤgt / langwuͤhrige / ſchaͤdliche und viel Jahr und zehenmal ſo viel austragen - de Unkoſten nach ſich ziehende Zwitracht und Berechti - gungen entſpringen / ja die Wehrungen ſelbſten angeſpro - chen / gehemmet und aufgehalten werden moͤchten.

Fuͤnfftens / ſo lang nun der Verkauffer die Eviction leiſten muß / ſo lang ſoll er auch die ſchrifftlichen Noth - turfftẽ / Kauff-uñ Lehen-Brief / Landſchafft-Quittungen / alte Documenta und Vertraͤge in Haͤnden behalten. Wo aber je der Kauffer eines oder des andern bedoͤrfftigwaͤre /16Des Adelichen Land - und Feld-Lebenswaͤre / als Urbaria, Protocoll / Unterthanen-Steuer - Zehend-Forſt - und Raisgejaid-Regiſter und dergleichen / ſoll man ihms gegen Quittung zuſtellen; vorher aber eine Verzeichnus machen laſſen / aller ſchrifftlichen Notturff - ten und Jnſtrumenten / die er bey Endſchafft der Scher - mung / dem Kauffer einhaͤndigen und uͤberliefern ſolle / und dieſes ſoll zweymal zu ſtaͤnden geſchrieben / von beeden Contrahenten gefaͤrtigt / und jedwederm ein Theil gelaſ - ſen werden. So weiß der Kauffer / was er zu fordern / und der Verkauffer / was er zu uͤberantworten / dardurch unnoͤtiger Hader / und unrechtmaͤſſige Anforderungen abgeſchuitten werden.

Sechſtens / iſt auch diß nicht zu vergeſſen / woferne wider Verhoffen / das lange Geld (wie es Anno 1620 im Schwang gegangen / dardurch mancher ehrlicher Mann / unſchuldiger Weiſe / zum Bettler worden) zwi - ſchen oder vor Endung der Zahlungs-Terminen aufkom - men moͤchte / ſolle der Verkauffer / an dieſer Kauff-Sum - ma / das Geld in ſolcher Staigerung / zu ſeinem und der ſeinigen Schaden und Verderb / nicht ſchuldig ſeyn anzu - nehmen / ſondern ſolle das Capital (es beliebete dann dem Verkauffer ſelbſt anders / und er ſolches wieder auf ligende Guͤter anlegen koͤnnte / dabey er dann hierdurch ſoll frey und ungebunden ſeyn) biß zu beſſerer Muͤntz auf Intereſſe liegen verbleiben.

Zum Siebenden / ſoll man eine geraume Zeit vor - hero ehe die Einantwortung geſchicht / mit allen Unter - thanen (wie von rechtswegen auch ſonſt jaͤhrlich zu thun) wegen der Ordinari - und Extraordinari-Gefaͤlle / billich und ordentlich zuſammenrechnen / ihnen richtige Abrait - Briefe / darinn ihre Reſtanten und Ausſtaͤnde begriffen ſind / hinaus geben / beynebens andeuten / man werde dem kuͤnfftigen Kauffer ſo viel nachlaſſen; ſo dann etliche un - ter ihnen ſind / die mit gleichem Nachlaß ihre Schulden an ſich loͤſen wollen / kan man eine gewiſſe Zeit noch vorder Einantwortung ihnen benennen / damit diß Benefi - cium den Unterthanen ſelbſt zu gut komme / und der Ausſtaͤnde deſto weniger werden: doch iſt zu mercken / daß man dieſes gleich aufangs / ſobald man ſich das Gut zu verkauffen entſchlieſſt / thun ſolle / und nicht auf die letzte warten; weil es ſonſt das Anſehen und den Nachklang hat / als haͤtte man die richtige Schulden eingebracht / die unrichtige aber dem Abkauffer uͤberlaſ - ſen; ſo einen Verdruß und Schwuͤrigkeit leicht verurſa - chen koͤnnte.

Zum Achten / ſoll auch der Verkauffer ihm diß im Contract vorbehalten / daß der Kauffer ihm ſchuldig ſeye / ſo wol Capital als Intereſſe an ein gewiſſes / beeden nicht allzuungelegenſames / Ort / ohn ſein / des Verkauffers / Entgelt abzurichten / ſolle auch ihme / durch die Unter - thanen / ſeine Farnis / Vorbehalt und Mobilien / auf ei - ne gantze oder halbe Tag-Reiſe / wohin es gelegenſam (und zu einer Zeit / wann nicht noͤthige Feldarbeiten) uͤbergebracht / hingegen ihnen und ihren Zuͤgen / mit Brod und Futter begegnet werden.

Zum Neundten / wiewol die Peenfaͤlle unter den Adelichen Contrahenten nicht uͤblich / iſt es doch am ſi - cherſten / zu eines und des andern beſſerer Vergewiſſung / daß einer bedingt und geſetzet werde / der beyde Par - teyen gleich zur Veſthaltung verbinde / und davon die Helffte dem loͤblichen Gericht / und die Helffte dem halten - den Theil von dem Verbrecher zu erlegen; will man noch ſicherer gehen / kan man wol den Contract von dem loͤb - lichen Land-Marſchalliſchen Gericht / oder von der Lands - Hauptmannſchafft mit dem Gerichts-Jnſigel / mitferti - gen laſſen / muß aber zuvor zu Ende der Kauffs-Notl ſol - ches vermeldet / und oben her / uͤber der Principalen und Beyſtaͤnder Fertigung (die vorher geſchehen muß) ein genugſames Spatium zu dem gerichtlichem Sigill laͤhr gelaſſen / und folgends dieſe gerichtliche Fertigung durch ein Memorial erſucht werden.

Cap. XV. Was nach dem Verkauff zu thun.

DAs vornehmſte iſt / daß ein Haus-Vatter dahin trachten ſoll / daß er die empfangene Wehrung und Erlag wieder nuͤtzlich auf Verzinſung an ſi - chere gute Ort lege. Darnach iſt es am rahtſamſten (ſonderlich wo etliche Jrrungen und Strittigkeiten ver - handen) in der Naͤhe und an der Hand zu ſeyn / alles / was mißhellig iſt / deſto gelegenſamer auszuarbeiten und auszuſoͤhnen. Wiewol ein vernuͤnfftiges gutes Gemuͤth nicht ſo lang warten ſoll / fondern ſich vorhero / wie auch zu aller Zeit (ſo viel es ſeyn kan) befleiſſen / daß weder Un - nachbarſchafften noch Mißverſtaͤndniß ſich ereignen moͤ - gen / oder da etwas entſtehet / die gemachte Scharten oh - ne Verzug auszuwetzen / und es ja nicht anſtehen zu laſſen. Zudem auch / wann er in der Naͤhe wohnet / kan er zu - gleich auf ſeines Abkauffers angehende Wirthſchafft / Thun und Laſſen / ein wachendes Auge haben / imfall er noch Wehrungen einzufordern; denn wann er gantz bezahlt iſt / hat er ſich wenig darum zu bekuͤmmern. Alſo wie ein guter Haus-Wirth dem Verkauffer eine gute Hoffnung gibt / des ſeinigen deſto eher und gewiſſer hab - hafft zu werden; alſo ſtehet im Gegentheil bey einemnachlaͤſſigen / faulen / unverſtaͤndigen Hauswirth / ſein dabey noch hafftendes Capital und Verzinſung auch in beſorgender Gefahr / daher der Kauffer / ihm ſelbſt zum beſten / bevorſtehendem Ungemach vorbauen / eines und das andere wolmeinend / mit anſtaͤndiger Beſcheiden - heit / erinnern / und die Darlag der uͤbrigen Wehrun - gen (ſonderlich wann der Abkauffer nur das Gut allein hat / und ſonſt von andern Nebenmitteln enthloͤſt iſt / ja noch wol von andern darzu hat anticipiren muͤſſen) deſto weniger verſchieben oder bergen kan. Hernach ſoll der Verkauffer die Documenta und ſchrifftlichen Notturff - ten / ſo bey Ausgang der Schermung zu uͤberantworten / nach Jnnhalt der aufgeſetzten Cap. præcedente N. 5. zweymal gefertigten ſpecification, fein ordentlich / wie ſie nacheinander geſchrieben ſind / Numeriren / und in ei - ne wolverwahrte Kiſten faſciculweiſe einlegen / damit er alles und jedes / zu begebenden Notturffts-Faͤllen / deſto eher finden / und hernach finito Evictionis Termino deſto leichter und bequemlicher ſeinem Abkauffer / gegen Quittung und Renunciation ferners Anſpruchs / uͤber - antworten koͤnne. Es ſoll auch der Verkauffer nicht ſau -men17Erſtes Buch / Land-Gut. men die Aufſandung zum Guͤlt-Buch unverlaͤngt zu thun / und die Umſchreibung (nachdem es im Kauff-Brief ausgenommen) entweder ſelbſt ſollicitiren / oder ſeinemAbkauffer hierinn zur Hand gehen / daß keine Verſaum - nis ihm moͤge zugemeſſen werden.

Cap. XVI. Vom Einſtand-Recht.

DJeſes Einſtand-Recht haben nicht die Freunde von der Muͤtterlichen Linea, viel weniger die mit Schwaͤgerſchafft verwandt ſind; ſondern nur die naͤchſten Bluts-Freunde vom Vaͤtterlichen Stammen / Bruͤder und Bruͤders Kinder / & linea eorum deſcen - dens, die haben ſo wol nach den geſchriebenen Rechten / als auch nach dem Oeſterreichiſchen Landes-Brauch / das Jus Prothomiſeos und Einſtand-Recht / alſo / wo - fern jemand ſeine liegende Stamm-Guͤter / als Haͤuſer / Gaͤrten / Felder / Auen / Waͤlder / Weingebuͤrge / Tei - che / Fiſch-Waſſer / Mauten / Bruck-Geld / Bergwerck / ewigen Zins / Vogteyen / Kirchen-Lehen / Zehend / Berg - Recht / und alles was ligend und unbeweglich iſt / auf fremde Hand weggeben wolte / ſolle er von Rechtswegen ſolches erſtlich ſeinen naͤchſten Freunden anfailen; dann wo diß von ihm unterlaſſen / und das Gut auf Auswen - dige verkaufft wird / ſo haben die Freunde inner Jahrs - Friſt / von der Zeit an / da ſie es erfahren haben / Macht / in den Kauff zu ſtehen / doch muͤſſen ſie den Kauff-Schil - ling / ſamt dem Leutkauff / auf einmal / oder Wehrungs - weiſe (wie der Contract mit dem Fremden lautet) iis - dem planè Conditionibus, innerhalb 30 Tagen ab - ſtatten. Dieſes nun hat nur im Verkauffen ſein Ge - brauch; und wiewol es theils Rechte auch auf die Be - ſtand-Guͤter extendiren wollen / iſt es doch / in unſerm Lande / nie in uſu geweſen.

Zum Andern / daferne ein Gut durch partita, Con - trabanden oder Scheinhandlung an einen Fremden ge - langen ſollte / koͤnnen die Bluts-Freunde den Verkauffer und Kauffer wol auf einen Eyd treiben; wo aber dieſer præſtirt wird / muͤſſen ſie ihr Einſtand-Recht bleiben laſſen. Solte aber hernach ohngefaͤhr der Betrug / daß ſie falſch geſchworen / entdecket werden / ſo haͤtten beede der Verkauffer das Gut / der Kauffer aber den Kauff - Schilling verlohren / welches beedes dem Fiſco heimfie - le / der gleichwol ſchuldig die Abloͤſung denen Freunden zuzulaſſen. Wann auch zum Schein ein uͤbermaͤſſig ho - her Kauff-Schilling vorgewandt / auch in dem Schein - Contract denominirt wuͤrde / koͤnnten die Freunde wol eine moderation und Schaͤtzung vom Gericht aus be - gehren. Sonſt koͤnnen ſie / wanns ihnen nicht vorhin / durch dem Verkauffer / iſt angefailt worden / inner Jahr und Tag ihres Juris Prothomileos, oder Congrui, ſich bedienen / doch daß ſie das Geld / wie oben gemeldt / inner 30 Tagen erlegen / woferne ſie nicht durch wichtige Ur - ſachen daran verhindert werden; & quidem non nudis verbis & inani promiffionum oſtentatione, ſed pe - cuniâ opus eſt, ſonſt werden ſie weiter / wo ſie die ob - beruͤhrten Friſten verſaumen / hernach nicht mehr zu - gelaſſen.

Zum Dritten / diß Einſtand-Recht hat nicht allein in frey-eignen / ſondern auch in Lehen-Guͤtern ſtatt / ſon - derlich in Lands-Fuͤrſtlichen / darinn nach Jnnhalt der Lehens-Gnade / auf Abſterben des Manns-Stammens / auch ſexus ſequior & fœmineus das Jus Prothomiſeos ergreiffen moͤgen.

Vierdtens / wird dieſes Einſtand-Recht allein im Kauffen und Verkauffen zugelaſſen / dann wo einer ein liegendes frey-eigenes Gut auswechslen / verſchen - cken / verpfaͤnden / verheurathen / in einem Teſtament verſchaffen / oder ſeine Gelder in ſolidum geben / oder das Gut durch einen Vertrag einem Fremden erfolgen laſſen wolte / koͤnnen ihn ſeine Bluts-Freunde (laut der Land-Rechte) nicht daran verhindern / iſt ihnen auch ei - nige Anfailung zu thun nicht ſchuldig.

Zum Fuͤnfften / dieſes Jus Congrui gilt auch allein in den Stammen-Guͤtern / die von Eltern / Vor - Eltern und Befreunden ererbet ſind; was aber von neuen erkaufft / erdient / erheurathet / oder ſonſt er - worben / haben die Freunde ihr Jus nicht dahin zu ex - tendiren. Wann aber der Verkauffer aus gewiſſen Urſachen einen Verdacht hat / der naͤchſte Bluts-Freund wolle unter dem Schein des Juris Prothomiſeos, das Gut nicht vor ſich ſelbſt / ſondern es einem Fremden zu - ſchantzen / kan er ebenmaͤſſig begehren / ihm einen Eyd aufzulegen / darinn er verſichere / daß er das Gut allein fuͤr ſich ſelbſt und fuͤr keinen Fremden wolle; mag auch ſein Kauffer (dem man einſtehen will) derhalben bey Ge - richt proteſtiren / und zu ſeiner Sicherheit einen Meld - Brief ausbringen.

Zum Sechſten / muß ein Bluts-Freund / der einſte - hen will / dem erſten Kauffer nicht allein (wie ſchon ge - dacht) den Kauff-Schilling und Leutkauff / ſondern auch alle Unkoſten / ſo er auf den Kauff gewendt / paar bezah - len; woferne aber er eines oder das andere verwaiger - te / ſo hat der Kauffer Macht / ſein erkaufftes Gut zu be - halten.

Zum Siebenden / daher / wann ein Fremder ein ſolches / dem Einſtand unterworffenes / Gut behaupten will / iſt am beſten / daß er bonâ Fide, nicht ſimulatè oder cum limitatione & ſubornatione handele / den Kauff-Schilling alſo hoch / und doch billich mache / daß die Freunde keinen Luſt noch Urſach haben / (ſon - derlich wann es ihnen gleich verkuͤndet wird / wie er dann durch den Verkauffer unverlaͤngt thun ſolle) mit Schaden oder groſſen Unkoſten ſich ihres Rechts zu be - dienen.

CCap. 18Des Adelichen Land - und Feld-Lebens

Cap. XVII. Was in Beſtand-Nehmung eines Gutes zu beobachten.

WJewol zu Zeiten ein Gut / das man im Beſtand laſſen will / aus gewiſſen Urſachen nicht zu ver - kauffen / ſonderlich was Lehen-Guͤter ſind / ſo geſchicht doch oͤffter / daß die meiſte ſolche Guͤter allein darum verlaſſen werden / weil ſich kein Kauffmann dar - um finden will. Daher meines Erachtens der jenige / der ein ſolches Gut zu kauffen vorhat / vernuͤnfftig han - delt / wenn er ſeinen Willen anfangs diffimul rt und ver - hehlet / und allein vorher um einen Beſtand (darzu er mit freygebigen Beſtand-Geld leichtlich gelangen kan) ſich anmeldet / da er dann (wann es ſchon nur ein Jahr lang iſt) des Gutes gelegen - oder ungelegenſame Be - ſchaffenheit; alles Einkommen / ſo wol von Untertha - nen / Vieh / Gaͤrten / Wieſen / Feldern und Waͤldern behutſam und gleichſam ſchlaffend aus dem Grund erler - nen / der Unterthanen Vermoͤgen erfahren / der Nach - barn gute oder boͤſe Neigungen abmercken / und hernach deſto ſicherer / wanns die Muͤhe austraͤgt / zum Kauff ſchreiten / oder nach Befund Verluſtes ſelbigen unterlaſ - ſen kan. Was nun ein kuͤnfftiger Beſtand-Jnnhaber vorhero / im Werck ſelbſten / und hernach zu bedencken / das kan er alles aus etlichen Anmerckungen / ſo in den vorhergehenden Abtheilungen / dieſen / die ein Gut kauf - fen wollen / zum beſten und unmaßgaͤbigen Unterricht vor - geſchrieben / abnehmen; ob er wol / die Warheit zu geſte - hen / das wenigſte dabey fuͤr ſich zu appliciren / und bloß allein mit der Ertragung und Nutznieſſung zu ſchaffen hat; daß / wann er ſein Beſtand-Geld (mit einem klei - nen Vortheil fuͤr ſeine Bemuͤhung) aus dem Gut wieder haben und ziehen kan / er den Contraci ohne weitere Sor - ge ſchlieſſen; und weitere Sorgen wegen des Einſtands und anderer von auſſenher zufaͤlligen Ungluͤcke / nicht ha - ben darff.

Doch iſt vorhero / Erſtlich / eine genaue Beſichti - gung / nicht allein des Gutes / ſondern auch aller Zugehoͤ - rungen vonnoͤthen / damit wann etwas / ſonderlich Dach und Gebaͤue / auch Waͤlder abkommen / uͤbel verſorgt / ausgeoͤdet / die Felder ſchlecht gebauet / Ofen und Fenſter baufaͤllig / das Vieh uͤbel gewartet; oder im Gegentheil alles wol und ruͤhmlich beſtellt iſt / eines ſo wol / als das andere ad Notam genommen werde.

Zum Andern / muß eine beederſeits gefertigte und doppelt-abgeſchriebene Liſta / aller / in jedlichem Gemach / Gewoͤlberu / Kellern / Kaͤſten / ꝛc. verbliebenen Fahrniß / alles groſſe und kleine Viehe aufgezeichnet / auch was allenthalben ſich befindet / und der Beſtand-Jnnhaber bey ſeinem Abzug wider zuruck laſſen muß / ordentlich / wie auch des Hauſes / des Gartens / Felder und Waͤlder / ob ſie uͤbel oder wol gebauet / oder gar ungebaut / aufge - ſchrieben / und beedes von den Principalen unterſchrie - ben werden.

Drittens / hat der kuͤnfftige Beſtand-Mann diß ver - nuͤnfftig zu betrachten / um wie viel Dienſt-Boten (alser ſonſt bedoͤrffte) er alsdann nothwendig halten und verſorgen muß / denn weil er der Dienſtboten ſonſt nicht vonnoͤthen / iſt habender Uberſchuß / allein im Feld-Bau / Staͤllen und Gaͤrten (ſonderlich wo die Unterthanen nicht mit verlaſſen oder gantz keine verhanden) zu gebrau - chen; als muß er ſo wol ihre Beſoldung / als die Koſt / und was ſonſt zu Erhaltung Dach und Fach nothwendig iſt / ſo viel als fuͤr nichts halten / weil was der Pflug ge - winnt (dem Sprichwort nach) auch wieder verzehret; Alſo / wann er zu recht kommen will / muß er / was an Lohn und Koſt / auf das Uberleye ſonſt unbedoͤrfftige Haus-Stall - und Acker-Geſinde aufgehet / von der Er - tragnus / bey ſich ſelbſt / vorhero defalciren / und den ver - bleibenden Uberſchuß / erſt fuͤr das Æquipollens ſeines Beſtand-Geldes ihme zurechnen / und woferne er nur keinen Schaden leidet / kan er deſto fuͤglicher ſich zu frie - den geben.

Vierdtens / wann er die warhafftige Ertragung des gantzen Gutes drey oder vier Jahr lang ſehen und haben kan / ſo wird er ſeinen Conto deſto unfehlbarer machen / und dadurch den Beſtand erhoͤhern oder verringern koͤn - nen; welches er (wann Unterthanen ſind / die gewiſſe Robathen zu verrichten ſchuldig) deſto leichter und be - quemer eingehen kan. Wo aber alles durch eigenes Ge - ſinde muß verrichtet werden / hat man deſto mehr Maͤuler das Jahr durch zu ernehren und zu beſolden; Muß es dann durch Tagwercker / dem Gebrauch nach / gethan ſeyn / gehet deſto mehr Geld auf / ſie zu belohnen / darff auch (will man nicht ſein Geld mit Untreu und Muͤſſiggang vergolten ſehen) deſto fleiſſigers Nachſehen / und alſo mehr Muͤhwaltung / und weniger Nutzen zu hoffen iſt.

Zum Fuͤnfften / muß er alle cafus fortuitos, die nicht aus ſeiner / oder der ſeinigen Schuld und Nach - laͤſſigkeit herruͤhren / als Feuersbrunſt von boͤſen Leuten / oder Ungewitter aus Goͤttlicher Verhaͤngnus / Jtem durchgehende Schauer-Wetter / verderbliche Wolcken - bruͤche / Guͤſſen / Waſſer-Schaͤden / Raubereyen / Pluͤn - derungen / Land-Sterben / Umfall unter dem Vieh und Schafen wol ausnehmen und excipiren; daß es ohne ſein Entgeld ſeyn ſolle / dann woferne er ſolches alles zu reſtitu ren ſich wuͤrde verbinden / koͤnnte er in einem Jahr zum Bettler werden; weil die Erlegung des Beſtands zu dem Ende verſprochen / wann der Genuß und Brauch wircklich erlangt worden / omnem enim vim, cui reſi - ſti non poteſt, Dominus Colono præſtare debet. Bar tolus. ff. locat. Jndem es keine Billigkeit waͤre / wenn ein Beſtand-Jnnhaber das Jahr durch ſo viel Unko - ſten / Zeit und Muͤhe anwenden / ſeine Nahrung und Unterhalt dabey verlieren / und dennoch den Beſtand / gleichſam fuͤr nichts / voͤllig erlegen muͤſte / alſo wann zween de damno vitando miteinander ein Recht fuͤhren / iſt der jenige billich vorzuziehen / der den meiſten Schaden haͤtte.

Cap. 19Erſtes Buch / Land-Gut.

Cap. XVIII. Was in Beſtand-Verlaſſung eines Gutes zu betrachten.

ES begibt ſich bißweilen / daß ein Gut (obs ſchon nicht gar fail iſt) dennoch wegen unterſchiedlicher Urſachen willen im Beſtand ausgebotten und um ein gewiſſes Geld vermiethet wird: Als wann der Ei - genthumer ein anders / mehr eintragendes / und etwa fern entlegenes Land-Gut hat; wann er in vornehmen Hof - oder Land-Dienſten / die ihm Ehr und Gut eintragen / und welche ſeine meiſte Gegenwart erfordern; oder wann er in Kriegs-Dienſten begriffen / oder ſonſt keine Liebe zur Wirthſchafft / auch ſeine Haus-Wirthinn weder Luſt noch Verſtand hat / mit dergleichen gluͤcklich und wirthlich umzugehen / weiß nichts zu rath zu halten und zu ſpahren; oder wann eines ſo wol als das andere / wegen Leibs - Unpaͤßlichkeit den nothduͤrfftigen Haus-Geſchaͤfften uͤbel abwarten und nachkommen kan; ihnen die Lufft da - ſelbſt (ihrer Meinung nach) nicht wol bekommet; des Gutes / wegen ſtetiger Abweſenheit / wenig genieſſen koͤn - nen / und ſich hingegen ein Beſtand-Mann angibt / der bekannt / von gutem Leben und Wandel / der Haus - Wirthſchafft wolerfahrẽ / der eine ehrliche Sum̃a Geldes jaͤhrlich zu geben ſich anbietet: Alsdann iſt es nicht un - rahtſam / auf das beſte mit ihm ſich zu vergleichen / und das Gut auf gewiſſe Jahr / mit leidlichen Bedingungen / im Beſtande zu verlaſſen. Wann aber das Gut ein ſchoͤnes / angenehmes / geſundes Lager hat / alles fried - lich / fruchtbar und wol beſtellet iſt / Haus-Vatter und Mutter beede groſſen Luſt und Verſtand die Wirth - ſchafft zu fuͤhren ſelbſt haben / friſch und geſund ſich befin - den / gern etwas zu thun haben; ſonſt kein ander Gut oder Geſchaͤffte ſie daran verhindert; So iſt allwege beſſer ſeinem Gut ſelbſten vorzuſtehen / und beede des Luſtes und Vortheils / den ein Fremder daraus zie - het / ſelbſten zu genieſſen. Wo aber je der Schluß feſte ſtehet / das Gut im Beſtand auszulaſſen / ſo muß der Ei - genthumer.

Erſtlich / und vor allen Dingen / den angegebenen kuͤnfftigen Beſtands-Jnmann in reiffe Betrachtung zie - hen / ob er genugſame Mittel habe / den Beſtand jaͤhrlich abzurichten / ſattſamen Verſtand die Haus-Wirthſchafft alſo zu beſtellen / daß er ſelbſt keinen Schaden leide / Aecker / Wein-Gebuͤrge / Gaͤrten und Gebaͤue nicht aboͤ - de und verderbe / und dardurch auf viel Jahr hinaus die Felder und Gruͤnde unfruchtbar und untraͤchtig mache; ob er nicht ein Aufſchneider / Maulmacher / betrogen / von aͤrgerlichem Leben?

Daher zum Andern rathſam / den Beſtand erſtlich nur auf wenige kurtze / 3. 4. oder mehr Jahr einzugehen / dieſe clauſulam reſervantem im Vergleich beyzurucken: da es ſich befinden ſolle / daß er Notoriè uͤbel / untreulich oder verfaͤnglich hauſen / in einem oder andern Jahr den Beſtand nicht richtig / dem Accord gemaͤß / abfuͤhren / oder ſonſt mit der Nachbarſchafft / oder Unterthanen / loſe / Ehrenruͤhrige / weit ausſehende Haͤndel anknuͤpffen wuͤrde / man den Beſtand vor der Zeit aufkuͤnden doͤrffte.

Drittens / ſolle man dem Beſtand-Nehmer eine doppelt-abgeſchriebene / beederſeits gefertigte Liſta von aller des Hauſes und der Zimmer Beſchaffenheit / wie es bey Fach und Dach / Zimmern / Kellern / Gewoͤlbern ꝛc. und was in jedem fuͤr Fahrnus; alles Viehe groß und klein in den Staͤllen; wieviel man allerley Sorten Ge - trayde / Saamen / Heu und Streu / Bau - und Garten - Zeug / Bretter / Latten / Schindel / Kalch / Ziegel / und alles was in Kellern / Staͤdeln / Wagenhuͤtten / und an - derwerts groß und klein verhanden / davon ihme das eine geben / das ander Exemplar aber behalten / damit beeder - ſeits keine unbilliche Forderungen zu ſorgen oder zu fuͤrch - ten ſeyn moͤchten.

Zum Vierdten / ſoll expreßè ausgenommen und bedingt ſeyn / die Weinſtoͤcke / wider den alten Brauch / nicht auf zu viel Augen / nur zu eignen Nutzen / ſondern alſo zu ſchneiden / damit ſie deſto laͤnger waͤhren und dauren / nicht das erſte Jahr hundert / das andere und dritte Jahr aber zwantzig / oder wol nur zehen tragen / und letzlich gar verderben moͤchten; auch ſoll er jaͤhrlich eine gewiſſe Anzahl zu Gruben und Bogen legen zu laſſen verbunden ſeyn; So wol auch ſoll er die Felder / die das Sommer-Getrayd getragen / uͤber Winter und biß zur Herbſt-Anbau-Zeit / in der Brach ligen laſſen / daß ſie auch ſo wol als die Weinberge und Gaͤrten gebuͤhrliche Dung - und Wartung empfangen / und alle Gruͤnde in dem Stand verbleiben / als wie er ſolche empfangen.

Zum Fuͤnfften / ſoll er im Obſtgarten nicht Macht haben / friſche Aeſte abſtuͤmmlen zu laſſen / ſondern al - lein die Waſſer-Zweige / und was verdorret iſt. Hin - gegen aber / muß man ihm die Baͤume auch vorher ſauber ausputzen / und alſo uͤberlaſſen / wie es recht und billich iſt / auch ſoll er zu rechter Zeit die Baͤume ab - wuͤrmen / und alle Gaͤrten-Arbeit / Fride / Graͤben / Ge - haͤge und Zaͤune / mit Wartung und Ausbeſſerung ver - richten laſſen.

Sechſtens / ſoll ihm in die Kuchen und in den Ofen / eine gewiſſe Anzahl Brennholtz verwilligt ſeyn / und das Hacker-Lohn (ſo beſtimmt iſt) ſoll er ſelbſt bezahlen und fuͤhren laſſen; oder da Unterthanen verhanden / ſollen ſie ihm ſolches / vor oder nach dem Feld-Bau / zu gelegener Zeit heimfuͤhren. Zum Verkauffen aber / weder von Bau - oder Brennholtz / ſoll er nicht Macht haben / einigen Stammen wegzugeben / auſſer was etwa im Haus und Garten ſelbſt / zu nothwendigen Sachen unentbehrlich / und darauf ſollen die Foͤrſter angeluͤben und gute Ach - tung geben.

Zum Siebenden / wann Unterthanen verhanden / ſollen ſie / die ſonſt gewoͤhnliche Dienſte und Robathen (die man ſo wol Hand - als Zug-Arbeit aufzeichnen ſolle) zu rechter Zeit verrichten; damit der Beſtand-Nehmer wiſſe / worauf er ſich zu verlaſſen / und die Unterthanen / was ſie in einem und andern thun muͤſſen; auf daß ſie nicht moͤgen uͤbertrieben noch uͤberſetzt werden / alſo beederſeits weder Ausflucht noch Entſchuldigung uͤberbleibe.

Achtens / wegen der muthwillig oder nachlaͤſſig durch ihn oder die ſeinen erleidende Schaͤden; als in Feuers - bruͤnſten / wann Teiche abbrechen / da die Daͤmme nicht wol ſind verwahrt worden; Jtem / Muͤhlwehren / die aus Nachlaͤſſigkeit / daß mans nicht ausbeſſern laſſen (ohne wann es durch gaͤhe Land-kuͤndige Wolckenbruch und Waſſerguͤſſen geſchihet) zerriſſen werden; Jtem Holtz -C ijAb -20Des Adelichen Land - und Feld-LebensAboͤdungen durch eigne und fremde Leute / wann er Marck und Steine verrucken lieſſe / ſonderlich wofern er das / was er im Land-Hauſe / Vitzthum-Amt / oder ſonſt be - zahlen ſolle / anſtehen / und alſo ſchaͤdliche und gefaͤhrliche præjudicia erwachſen lieſſe; ſolle Beſtand-Jnnhaber ſchuldig ſeyn / den Schaden / nach billicher Erkaͤnntniß / zu bezahlen. Und obwol nach dieſen Bedencken in al - len / nicht jederzeit (in Anſehung von unterſchiedlichen Angehoͤrungen und Ertragungen) kan ſtrictè gehandelt werden / hat man doch ein Modell / wornach man ſich / wo nicht in allen / doch in den vornehmſten Stuͤcken re - guliren und richten koͤnne. Alle und jede Contracte ſind zwar frey / doch koͤnnen ſie nicht eher zum Vergleich ge - deyen / als biß zweyer ungleicher Humor, durch Vermitt -lung guter Freunde und Beyſtande vereiniget und accor - dirt werden.

Zum Neundten und letzten / ſoll er auch / in derſelbi - gen naͤchſten Nachbarſchafft / einen vertrauten guten Freunde haben / der vor ſich ſelbſt / oder durch geſchickli - che / warhafftige Abgeordnete / ſonderlich im erſten und andern Jahr / auf des Beſtand-Jnnhabers Thun und Laſſen / wie er vornemlich ſich mit den Waͤldern / Fel - dern / Gruͤnden und Gaͤrten verhalte / von auſſen her / ge - naue acht haben / ſo bald ſie etwas unrechtes und ſchaͤd - liches vermercken / es ſtracks dem Beſtand-Verlaſſer an - zeigen / damit er ſelbſt zuſehe / und / auf Befund / diß alles ehiſtens remediren und in guten Stand bringen koͤnne.

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Cap. XIX. Von dem Bauen ins gemein.

OB es zwar gewiß / daß ein guter Haus-Wirth vor vielen ſonderlich unnothwendigen Gebaͤuen (weilen es groſſe Wiſſenſchafft / mannigfaͤltige Vorbereitungen / unverdroſſenen Fleiß / emſiges Nach - ſehen / anhaͤbige Gedult / und einen offenen Beutel er - fordert) ſich huͤten ſoll / und ſolches nur groſſen Herren / und reichen Prœlaten zuſtehet: So ſind dennoch zu Zei - ten erhebliche Urſachen / daß man gezwungen bauen muß. Geſchihet nun diß / ſoll man zum Bauen (wo moͤglich) ſchoͤnes Wetter / lange Taͤge und wolfeile Zeiten erweh - len / vor allen Dingen das nohtwendige / darnach das nutzbare / und letzlich das angenehme im Bauen vor die Hand nehmen. Alſo muß man erſtlich ein Jahr vorher alle darzu gehoͤrige Materialien zu bequemer Zeit bey - bringen und an die Hand ſchaffen / damit weder an Holtz / Ziegeln / Stein / noch Sand und Kalch / bey angehendemWercke / kein Abgang / ſondern genugſamer Vorrath und Abkommen verhanden ſey; damit hernach keine Hinderung fuͤrfalle / und alles deſto ſchleiniger von ſtatten gehe. Es ſcheinet aber / als haben entweder die Bienen / mit ihrem ſchoͤnen und artlichen Wachs-Gebaͤu / den Menſchen ihre Wohnungen / ſonderlich Staͤdte; oder doch die Schwalben und anders Gefluͤgel / mit ihren wolverwahrten und bekleibten Neſtern / zu den Privat - Haͤuſern Anlaß / und gleichſam eine Vorſchrifft und Mo - dell gegeben. Wiewol die Nothturfft in dieſen und an - dern Sachen der beſte und ſicherſte Lehr-Meiſter geweſen.

  • Zum Andern / muß er vorher ſeinen vernuͤnfftigen Uberſchlag machen / wieviel ihm beylaͤuffig an allem und jedem aufgehen / und ob er erkleckliche Mittel darzu im Vorrath haben moͤchte.
  • Drittens / muß er alles mit einem treuen / bewaͤhrten /weiſen21Erſtes Buch / Land-Gut. weiſen Freunde vorhero zu Rath ziehen / ihm ſein Vor - haben / Meinung und Anſtalt entdecken / ſein Urtheil ver - nehmen / und nach Befund eines und anders anſtellen oder aͤndern.
  • Zum Vierdten / muß er / wo er etwa in der Nach - barſchafft / oder ſonſt im Land / ein oder mehr ſchoͤne / wolgebaute Haͤuſer weiß / die ihm wolgefallen / ſolche / cum licentiâ & bonâ veniâ poſſeſſoris, beſichtigen / von einem diß / von dem andern das abnehmen / durch des guten Freundes / auch des Bau-Meiſters Rath / daſſelbe vorher conſultiren / hernach in eine Ordnung bringen laſſen.
  • Zum Fuͤnfften / muß er ſich um einen erfahrnen / be - ruͤhmten / kuͤnſtlichen und gewiſſenhafften Bau-Meiſter umſehen / ſeine Meinung mit wenigen entdecken / und ſeines Raths begehren; der wird den Anſchlag ver - nuͤnfftig und geſchicklich wiſſen auseinander zu bringen / ein jedes an ſein gehoͤriges Ort wolanſtaͤndig ordnen /und davon den Grund-Riß / Auf-Riß und Modell (da - mit alles in ſchoͤne Ordnung / gewiſſe Abmeſſung und Zierlichkeit komme) dem Bau-Herren vorzuſtellen / darinn er / wo eines oder das andere nicht beliebig waͤre / es ohn allen Schaden leichtlich aͤndern und verſetzen koͤn - ne. So kan man auch / wann man die Hoͤhe / Breite und Dicke / ſo wol der Haupt-als Schied-Mauren / wie auch das Dach genau abmiſſet / deſto leichter und gewiſ - ſer den Uberſchlag machen / was die Bau-Unkoſten / an Geld und Zeuge / beylaͤuffig austragen moͤchten; wiewol es ſelten / oder / die Warheit zu ſagen / ſchier niemals bey dem erſten Entwurff / den der Bau-Meiſter (offt mit Fleiß weniger / den Bau-Herꝛn nicht abzuſchrecken) gibt / ſein Verbleiben hat. Sondern ein Haus-Vatter ihm vorher ſchon den Conto machen ſoll / daß / wo der Bau - Meiſter 1000 fl. fordert / er jederzeit noch 500 fl. darzu deputiren / alſo auch in allen Materialien auf ein meh - rers gefaſſt ſeyn ſolle.

Cap. XX. Was bey Beſchaffenheit des Orts / wohin man bauen will / zu bedencken.

AN dieſem / weil der Grund und die Dauerhaff - tigkeit des Gebaͤues daran hafftet / iſt nicht wenig gelegen. Die Alten haben vorzeiten gerne auf hohe Berge / der Sicherheit halben / gebauet / daraus endlich Raub-Schloͤſſer worden / die aber meiſtens zerſtoͤret worden und abkommen; wie deſſen allenthal - ben die alten Rudera und verfallene oͤde Gemaͤuer Zeug - nus geben. Zudem / weil die Wege ungelegenſam / die Ab - und Einfahrt beſchwerlich / das Waſſer (auſſer wo Ciſternen ſind) hart zu bekommen / und die kalten Winde mit ihren unangenehmen Prauſen ſehr zu pfeif - fen pflegen / als hat man jetzo guten theils dieſe Bau-Art verlaſſen / und entweder ebnes Land / oder etwas erhoͤhte fruchtbare Huͤgel darfuͤr erwehlt. Vor allen Dingen nun / muß der Boden hart und feſte / traͤchtig und geſund ſeyn / darinn die eingeſenckten Fundamenta ſtarck ein - greiffen und unbeweglich dauren moͤgen. Des Bodens Art kan man am beſten erforſchen / wann man vorhero Gruben / Schoͤpff-Bronnen und Keller graͤbt / damit man ſehe / ob die Feſtigkeit anhaͤbig beyſammen / und nicht durch darzwiſchen ligende Sand-Fleck / oder durch einbrechende / durchſtreichende Lucken und Hoͤhlen / von einander getrennet werde. Kiſichter / ſandechter / wei - cher / ſumpffiger und ungleichmaͤſſiger Grund iſt zu fliehen: Sonderlich aber ſoll man ſich huͤten / in tieffe ſchattechte Thaͤler / zwiſchen hohe / nahanliegende Berge zu bauen / weil ſie im Sommer von Waſſerguͤſſen / im Herbſt mit ungeſunden Nebeln / und im Winter mit Schnee offt uͤberfallen / bey entſtehenden Erdbeben / offt von der Ber - ge Uberſchuͤttung und Zerberſtung / erbaͤrmlichen Unfaͤllen unterworffen ſind / friſcher geſunder durchwaͤhender Lufft nicht genieſſen / den Sonnenſchein / wegen der widerbro - chenen und zuruck ſtrahlenden Hitze / allzuhefftig / oder we - gen der ſchattichten Berge / allzuwenig haben.

Zum Andern / iſt die Lufft zu beobachten / daß ſie rein / helle / und geſund ſey / von den Winden moͤge frey durch - ſtrichen und gereiniget ſeyn. Welche Eigenſchafft man zum Theil aus der Mittelmaͤſſigkeit der Kaͤlte und der Hitz / Jtem aus den Winden (davon die Nordwindeloͤblicher / die Sudwinde gefaͤhrlicher) welche gemeinig - lich daſelbſt zu herꝛſchen pflegen / ob ſie vom Auf - oder Nidergang / Mittag oder Mitternacht gewoͤhnlich her - kommen / und ob die ordinari-Wind ihren Strich in freyen Wieſen und Feldern / oder uͤber ſumpffichte und moraſtige Ort hernehmen / da ſie dann viel ungeſundes auffaſſen / und zu der Jnwohner Schaden und Kranck - heit anhauchen / weil die Lufft ſo wol einẽ Balſamum vitæ, als auch venenum mit ſich fuͤhret und bringet; theils aus der Geſtalt und Angeſichtern der Jnnwohner. Wiewol Plinius ſchreibet / Salubritas loci, non ſemper incola - rum colore detegitur, quoniam aſſueti etiam in peſti - lentiis durant. Prætereà ſunt quædam, partibus anni ſalubria. Nihil autem ſalubre eſt, niſi quod toto anno ſalubre; dennoch hat man einen guten Vorboten er - wuͤnſchter Geſundheit / wann die Jnnwohner wolgefaͤrbt / ſtarck und hurtig; daher zu betrachten / ob ſie abfaͤrbig / bleich / matt und traͤge ſcheinen / ob viel aͤngbruͤſtige / doͤrr - ſichtige / podagramiſche / ſeberhaffte; oder aber geſunde / friſche / ſchoͤne und arbeitſame Menſchen zu finden; wann das Viehe leibicht / ſtarck und muthig / die Waͤſſer und Baͤche voller Krebſen und Fiſch-reich / viel Wildpret und Gefluͤgel in den Waͤldern / Auen / und Feldern / iſts alles eine Anzeigung friſcher und geſunder Lufft.

Drittens / weil wir ſo wenig ohne Waſſer / als ohne Erden und Lufft leben koͤnnen / iſt auch ſolches in billiche Obacht zu ziehen; wie der Ort / dahin wir bauen wol - len / damit verſehen ſey / habe vielerley Gebrauch und Nutzbarkeit / zum Getraͤnck und Kochen / zum Waͤſſern und zu begieſſen; zu kuͤhlen und zu erquicken; Muͤhlen / Hammer / Stampff und Saͤgen zu treiben; zu Fiſche - reyen / auch wo ſie flieſſend und Schiff-reich ſind; zum Reiſen / und die Wahren hin wider zu bringen / davon wird im folgenden / ſonderlich im eilfften Buch / gedacht / und ein mehrers abgehandelt werden. Hier wollen wir allein von dem erſten und andern Anregung thun. Viel wollen zwar / das Regenwaſſer ſey das ſubtileſte und be - ſte / weil es aber nicht allzeit friſch zu bekommen / allein in Ciſternen aufbehalten wird / daſelbſt von der Lufft nichtC iijkan22Des Adelichen Land - und Feld-Lebenskan gereiniget werden / alſo ohne Bewegung offt lang ſtehen muß; duncket mich das Quellbronnen-Waſſer / ſonderlich was aus Bergen und erhabenen Huͤgeln ent - ſpringet / ſey das geſuͤndeſte und bequemlichſte; ſonder - lich wann es die anſtaͤndige Eigenſchafften alle an ſich hat / daß es friſch und kuͤhl / wolgeſchmack / lauter an der Farb / und leicht am Gewichte / ohn allen fremden Ge - ſchmack und Geruch / gerne ſiedet / und keine Unſauberkeit am Boden laͤſſet / davon das Brod ſauber ausgebacken / und alle Zugemuͤſſe bald und wolgekocht / bald warm / bald wider kalt wird / im Winter laulicht / im Sommer kalt / das in denen aus der Quelle herroͤhrenden Baͤchlein keinen Moß / noch Schleim anlegt / wo die Leute / die da - von trincken / eine gute Farbe haben; daher die alten Roͤmer / wann ſie eine Stadt oder langwuͤhriges Kriegs - Lager irgends haben anrichten wollen / vorhin ein Vieh /das von ſelbigen Waſſer von Jugend auf getraͤnckt worden / geſchlachtet / eroͤffnet / und das Jnngeweide / Lungen und Leber ꝛc. beſehen / und durch ihre Aruſpices wol betrachten laſſen / woferne ſolche anbruͤchig / faul / unrein / mangelhafft / haben ſie ohne Verzug den Ort verlaſſen / und einen andern und beſſern / der mit ihren Proben uͤbereingetroffen / geſucht. Die Bronnquellen / ſo gegen Morgen liegen / ſind geſuͤnder und edler / als die jenigen / ſo gegen Nord und Sud liegen. Die Schoͤpff - bronnen / woferne nur die Quelle gerecht und geſund iſt / und ſie taͤglich durch das oͤfftere Schoͤpffen bewogen werden / ſind auch nicht zu verachten. Alſo wo der Grund / die Lufft und das Waſſer / mit eines Bau-Herrn Vor - ſchlag uͤbereinſtimmen / kan er deſto getroſter in ſeiner Arbeit fortfahren.

Cap. XXI. Der Zeuge und Angehoͤrungen zu einem anfangenden Gebaͤue.

DEs Holtzes kan man zu keinem Gebaͤue entra - then / als zu den Mauer-Baͤncken / Dachſtul / Durchzuͤge / Sperren / Traͤmme / Riemling / Fenſtergeſtelle und Rahmen / untern und obern Boden / Laden / Latten und Schintel betreffend / da iſt das vor - nehmſte / daß es zu rechter Zeit / wann der Safft wieder zuruck in die Wurtzen gewichen / als im Herbſt / in ab - nehmenden Monden / in guten Zeichen / (daran doch nicht ſo viel / als an ſchoͤnem Wetter / gelegen) gefaͤllet / das Bau-Holtz bald ausgehackt / und an ein luͤfftiges wol - verdecktes Ort gelegt werde; daſelbſt es deſto beſſer austrocknen / und von keiner Feuchtigkeit betroffen wer - den mag / indem dieſe die einige Urſach / warum es zu faulen anfaͤnget. Man ſoll es auch / wenigſtens vor einer Jahrs-Friſt (wohin es ſey) niemal gebrauchen; Auſ - ſer / was unters Waſſer / bey Muͤhlwerck und ſonſt an - dern Waſſer-Gebaͤuen (da es gantz unter das Waſſer kom̃t) genommen wird / dieſes mag man wol gantz gruͤn / wann es abgehauen worden / brauchen / indem es im Waſſer deſto laͤnger waͤhret. Herꝛ Boͤckler / in ſeiner neuen Haus - und Feld-Schul / ſagt / wann er Zimmer - Holtz bedoͤrfft / habe er im November, December, Ja - nuario, in abnehmenden Monden die Baͤum unterſt am Stammen / rings herum ſo tieff einhauen laſſen / nur daß der Baum noch genugſame Haltnus gehabt / daß er ſtehen blieben / und nicht gefallen iſt / dieſe hab er ſo lang ſtehen laſſen / biß er gemerckt / daß kein Waſſer mehr durch den Stammen herab komme / alsdenn ſolche gar faͤllen laſſen. Andere wollen / man ſoll einen Stamm zum Gebaͤu / auch rings herum ſeine Aeſte abſtuͤmmeln / ſo trockne er noch beſſer aus. Sonſt vermeinẽ etliche / daß man das Holtz zu Brettern / und Thuͤren (wann es ſchon an einem trocknen luͤfftigen Ort ligt) vor dreyen Jahren nicht nehmen ſolle. Alles nun zum Gebaͤue taugliches Holtz / ſoll man nicht aus dem Lager / wo man es aufbehalten / fruͤh morgens im Tau / oder ſonſt naſſen Wetter wegfuͤhren / ſondern es ſolle bey trockner Zeit / Nachmittage geſchehen. Jns gemein haben die unfruchtbaren wilden Baͤume zum Bauen ein kraͤffti - ger und ſtaͤrcker Holtz / als das jenige / was Frucht traͤgt / und in den Gaͤrten waͤchſt / und was in hohen Gebuͤrgenund Bruͤchen ſtehet / iſt beſſer als das Auholtz / oder was an fetten fruchtbaren Orten waͤchſt; auch iſt das Holtz beſſer / was bittere / als das / was ſuͤſſe Fruͤchte bringet; und was einen kleinen Kern hat / iſt haͤrter / als worinnen ein groſſes Marck iſt. Das beſte Bauholtz iſt allerley Art von geraden Eichen-Baͤumen / Linden / Erlen / Eſchen / Lerchen-Baum / Dannen / Foͤhren / Nußbaum / Miſpel-Baum / Aſpen / Keſten / Eiben-Baum; der Ruſt - Baum / die Eichen und der Nuß-Baum / taugen nicht zu den Legbrettern / weil ſie leicht zerbrechen. Der Ler - chenbanm erhaͤlt die Laſt eines Gebaͤues gar feſt / und langwuͤhrig / wird nicht leicht faul oder wurmſtichich. Zu den Staffeln ſoll man nehmen Haynbuchen und Ahorn.

Zum Andern / die Ziegel / die macht man von al - lerley Sorten groß / klein und mittelmaͤſſig / hohl und flach; zum Gewoͤlben / Pflaſtern / und Schied-Mauren / muͤſſen ſie aus gutem zaͤhen Dohn (der uͤber Winter auf - geheufft gelegen / durch die Gefeuer wol durchgangen / wol geſchlagen / mit Spreuern vermiſcht / und abgeknet - ten iſt) gemacht werden; muͤſſen den Sommer uͤber in einem luͤfftigen Ziegel-Stadel wol austrocknen / ehe man ſie brennet / ſind zur Zier / Geſchwindigkeit und Dauerhafftigkeit dienſam / wann ſie ſtarck gemacht und wol ausgebrennt ſind; Plat-Ziegel ſind leichter und beſſer als die Hohl-Ziegel / kan ſich nicht ſo viel Unſau - berkeit hinein legen / und beſchweren ein Gebaͤu nicht ſo hefftig.

Zum Dritten / die Steine kommen aus unterſchied - lichen Bruͤchen / deren theils hart / theils aber weich ſind; weiche Steine muͤſſen nur (woferne man nicht Ziegel hat) zu Schied-Mauren; die harten aber / die ſich nicht gerne zerſchlagen laſſen / zum Grunde und Haupt - Mauren gebraucht; muͤſſen im Sommer / nicht im Win - ter gebrochen / und ein Jahr oder zwey vorher in der freyen Lufft offen gelaſſen werden / damit ſie von der Lufft erhaͤrtet / des Ungewitters und Regens Angriff deſto leichter gewohnen / und deſto weniger nachgeben. Was zerfaͤllt / und nicht gantz bleibt / kan man innerhalb des Hauſes / wo es das Gewitter nicht beruͤhren mag / wo - hin man will / nehmen. Lapides albi, fuſcis ſunt fa - ciliores, tralucidi opacis ductiliores; Salem imi -tantes23Erſtes Buch / Land-Gut. tantes intractabiliores, arenâ inſperſi ſunt aſperi, quibus ſcintillæ aureæ intermicant, contumaces, ni - grantibus ſcatentes punctis indomiti, guttis angula - ribus inſperſi firmiores, quàm qui rotundis; & quò minores guttæ, lapis tolerantior; & quò cuiquè color purgatior ac limpidior, magis æternus; quò minus venarum habet, integrior. Die Marber - ſtein ſoll man bald / wann ſie aus dem Steinbruch kom - men / zurichten und polieren; weil ſie alsdann weicher ſind / wofern ſie aber lang an der Lufft unausgearbei - tet bleiben / ſind ſie zum aushauen unbequemlicher; wei - che Steine zum Bauen ſoll man vorher ein paar Jahr unter freyem Himmel offen liegen laſſen / ſo erharten ſie beſſer.

Man ſoll auch ſonſt einen groſſen Vorrath von alten zerbrochenen Ziegeln / alten Stuͤcklein von Mauerſtein und Dachſteinen / Jtem gemeine Feldſteine / aus den Aeckern zuſammen fuͤhren laſſen / die Lucken damit aus - zufuͤllen / damit man nicht groſſe gute Steine zerſchla - gen darff / oder die Hoͤhlen in der Mauer / gar mit gutem Zeuge ausfuͤlle / oder gar unausgefuͤllet laſſe / darauf dann der Bau-Herꝛ / wo er ſelbſt nicht dabey ſeyn kan / taͤglich ſeinen Aufſeher haben ſolle.

Zum Vierdten / iſt am beſten / daß ein Haus-Wirth / der etwas nahmhafftes zu bauen gedencket (wofern er Kalch-Stein haben kan) ihm ſelbſt ſo wol einen eige - nen Kalch-als Ziegel-Ofen und Stadel zurichten laſſe / da er zu ſeiner guten Gelegenheit / ein Jahr oder zwey vorhers / genugſame Vorbereitungen ſchaffen kan. Man brennt zwar wol aus den Kißling-Steinen / die in den Baͤchen gefunden werden / auch guten Kalch / doch iſt der - ſelbe beſſer / der aus einem weiſſen feuchten Stein - Bruch gegraben wird. Wann er geleſcht und zum Moͤr - tel-anmachen genommen iſt / wird ein Theil davon / mit drey Theilen gegrabenes Sandes; aber nur mit zweyen Theilen Bach - oder Ufer-Sandes angemacht. Der Kalch / der nicht Stuckweiſe wie gantze Steine / ſondern zerrieben und zerpulvert aus dem Ofen kommt / taugt nichts. Welcher Kalch ſchoͤn / weiß / leicht / und klingend iſt / der ſtarck duͤnſtet / wann man ihn mit Waſſer be - geuſſt / der iſt gut. Man glaubt / daß der Kalch / wann er zu den Steinen gebraucht wird / die aus ſeiner Geburts - Gruben kommen ſind / weil ſie einerley Spiritum & Fer - mentum coagalationis & concretionis haben / viel ſtaͤr - cker halten ſolle. Was man nun im Vorrath machet / muß man aus dem Ofen in groſſe weite Gruben ſchuͤtten / ableſchen / und hernach mit Sand wol zudecken laſſen / ſonſt verdirbt er in die Laͤnge. Der Kalch aus Schifer - Steinen (wie Herꝛ Sandrart in ſeiner Mathematiſchen Beſchreibung ſagt Cap. 5.) muß / ſo bald er genetzt wird / auch ſtracks verbraucht werden / ſonſt verbrennt er / und verzehrt ſich ſelbſt / alſo / daß er hernach nicht hafftet / und gantz untuͤchtig wird. Je haͤrter die Steine ſind (ſagtHerr Boͤckler) je beſſer iſt der Kalch. Aus Marberſtein / ſo ſchwaͤrtzlich grau geſprengt / von unterſchiedlichen Far - ben (wie man ſie hin und wider / in den Grafſchafften Wied und Jttſtein / wie auch zu Durlach in groſſer Men - ge bricht / auch auf dem Feld findet) wird der ſchoͤneſte weiſſeſte Kalch / der ſo wol zum Mauren / als zum Tuͤn - chen gut und dienlich iſt.

Zum Fuͤnfften / muß man auch zu den Geruͤſten / Boͤcke / Bretter / Stangen / Laitern / und Zeuge / die Gewoͤlber daruͤber zu machen / im Vorrath vorher ver - ſchaffen.

Was zum Sechſten den Sand anbelangt / iſt deſſen zweyerley / einer / der aus der Erden und Gruben gegra - ben wird / der iſt zaͤhe und fett / und haͤlt feſte; und der an - der / der am Geſtad der Fluͤſſe und Baͤche gefunden wird / davon iſt der am beſten / den man (nachdem die erſte oberſte Haut weggethan) aufhebet / ſoll fein / wann man ihn zwiſchen den Fingern reibt / rauſchen und krachen; Wann man ihn an ein weiſſes Tuch wirfft / ſoll er ſelbes nicht beflecken. Der gegrabene Sand iſt / nach Palladii Meinung / Lib. 1. Cap. 10. am beſten zu brauchen / wann er friſch gegraben wird / iſt auch der Vernunfft am aͤhn - lichſten / daß der gegrabene Sand wegen ſeiner trockenen und kleberichten Art beſſer ſey / weil die Gewoͤlber / Mau - ren und Zimmer / die davon gemauret ſind / nicht alſo ſchwitzen / naſſen und anlauffen; wie in dieſen / ſo vom Bach - und Ufer-Sand gemacht worden. Daher kommt / daß offt manches Zimmer und Gewoͤlbe / es ha - be Lufft wie es wolle / dennoch allzeit naß und feucht / auch deſto ungeſuͤnder und unbrauchſamer iſt / weil alles / was man darinnen hat / ſchimmlich und unſauber wird / ſon - derlich zur Zeit / wann groſſe Guͤſſen und Waſſer-Fluten des verbrauchten Sandes locum natalem uͤberſchwem - men. Cauſam Sympathias tam occultæ & efficacis enucleent Curioſi Nataræ Indagatores; Wiewol le - cundum ſitum loci, & aëris, ſivè ſalubris ſivè putre facientis, ſolches auch aus andern Urſachẽ geſchehen kan. Der Sand ſoll nicht allzulang an der Lufft gelegen ſeyn / ſonſt imprægnirt er ſich davon / und wachſen hernach Ge - ſtraͤuche und Baͤumlein in dem Gemaͤuer / ſo ihm ſchaͤdlich iſt. Der gegrabene Sand taugt zu den Gewoͤlben und Haupt-Mauren / der Bach-Sand aber zum bewerffen.

Zum Siebenden / was die uͤbrige Materialien / die zum Gebaͤue erfordert werden / als Eyſen zu Gattern / Stangen / und allerhand groſſen / kleinen und mittern Naͤgeln / Jtem Bley zum decken / zu Waſſer-Roͤhren und Laitungen / auch das Eyſen damit zu befeſtigen / und Klammern einzugieſſen; das weiſſe Bley iſt das beſte / das ſchlechteſte iſt das ſchwartze / und das mittelſte das graue; Jtem Glasſcheiben / Dachfahnen-Knoͤpffe / Schloſſer - und Hafner-Arbeit / und dergleichen betrifft / ſoll ihm ein jeder weiſer Bau-Herꝛ nach und nach vorhero im Vorrath zuſammen bringen.

Cap. XXII. Von dem Gebaͤue an ihm ſelbſten.

ES haben zwar etliche / die von der Wirthſchafft ihre Verzeichniſſen hinterlaſſen / eine gewiſſe Form und Modell vorgeſchrieben / wie und was Geſtalt ein Land-Gut koͤnnte eingerichtet werden. Es iſt aber in dieſem Fall ſo ein groſſer und mercklicher Unter -ſcheid unter den menſchlichen Gemuͤthern / daß nie mal / oder doch gar ſelten einem recht iſt / was dem an dern beliebet / und was der andere verwirfft / der drit - te fuͤr hoch haͤlt. Ob vielleicht die zur Freyheit ange - borne blinde Liebe unſerer Natur ſich veraͤchtlich undunedel24Des adelichen Land - und Feld-Lebensunedel zu machen vermeinet / da ſie eines andern Meinung / gleichſam gezwungen / folgen ſollte. Da - her / glaube ich gewiß / ſolte einer auch die vollkommen - ſte / bequemlichſte / ſchoͤneſte und leichteſte Bau-Art und Eintheilung vorgeben / wuͤrde es doch eine vergebene / verhaſſte und unnuͤtze Arbeit ſeyn / die allenthalben mehr Tadel und Ausſtellungen / als Nachfolge und Danck hoffen und einerndten doͤrffte; daher wird jedwedern / der bauen will / frey geſtellt / nach ſeiner eigenen Einbildung ihm eine Wohnung zu verſchaffen. Jch will nur etliche kleine Erinnerungen hie beyfuͤgen / was nach der alten Weiſen Bau-Meiſter Bericht / fuͤr Wol - und Ubelſtand zu machen und zu meiden / da gleichwol jeder vollkom - mene Wahl hat / was er thun oder laſſen wolle.

  • Erſtlich / muß der Platz / darauf das Gebaͤu ruhet / einen ſtarcken und feſten Grunde haben / viereckicht oder rund / oder ablaͤngicht / oder nach Belieben; Will mans klein / und ohne einen inwendigen Hof haben / nur in ei - nem Stock / ſo bedarff es zwar weniger Dach-Werck; iſt aber nicht ſo geſund / als wann die Zimmer ſo wol in - wendig gegen dem Hof / als auswendig ihre Fenſter ha - ben / und von der freyen Lufft durchſtrichen werden / doch muß der Platz groͤſſer ſeyn. Die Hoͤfe inwendig zu verzieren / koͤnnen die Reichen und Vermoͤglichen aller - ley Columnen, Statuen, und Seulen / wie auch in der Mitte der Roͤhr-Bronnen / ſich bedienen.
  • Fuͤrs andere / muß der Platz in ſeine gewiſſe Fel - dungen / und wie die Zimmer groß oder klein / viereckicht / langlecht oder rund / mit oder ohne Thuͤrn / mit Waſſer - graͤben und Zwingern oder nicht / mit einer wolanſtaͤndi - gen Symmetria eingetheilt / und jedes gegen den Theil des Himmels / wohin es ſchicklich / gerichtet werden / daß nichts verwirret / ungeſtaͤltig / oder ungelegenſam / nichts zu viel / oder zu wenig / nichts zu hoch oder zu nider / ſon - dern wolgereimt / zierlich / nutzbar / und zum Gebrauch bequem ſey.
  • Zum Dritten / die Haupt-Mauren muͤſſen nicht al - lein / das gantze Hauſe zuſammen haltend / alle Wohnun - gen in ſich begreiffen; ſondern auch das gantze Dach - Werck tragen; denen muß nun ein gutes ſtarckes kraͤff - tiges Fundament unterſtuͤtzt werden / darauf ſie unbe - weglich und ſtandhafftig ruhen koͤnnen. Die Tieffe des Fundaments ſoll den ſechſten Theil der Hoͤhe des Ge - baͤues erreichen. Die Pfaͤle / ſo man zum Grund ins Waſſer braucht / ſollen den achten Theil der Hoͤhe des Gemaͤuers haben / und dieſer Laͤnge der zwoͤlffte Theil ſoll die Dicke ſeyn; man muß ſie ſo dicht in einander ſchla - gen / daß nichts darzwiſchen moͤge / muͤſſen auch ſo hart als immer moͤglich eingeſtoſſen ſeyn; die Unterſtuͤtzung muß in der Mitten etwas ſchwaͤcher als auſſen herum ſeyn. Herr Boͤckler will / die Pfaͤhle ſollen nicht weiter als einen biß zween Schuhe voneinander eingeſchlagen werden. Auf gedachte Pfaͤle ſoll man Kalch mit groben Sand und Grieß fuͤhren und ausfuͤllen / alſo daß die Pfaͤle damit gleich bedeckt ſeyen / und nach der Setzwag ausgeebnet werden koͤnnen; Auf diß Fundament kan man alsdann ferner Mauren / und das Gebaͤu darauf ſe - tzen. Die Grund-Veſte ſoll ſonſt doppelt ſo dick ſeyn als die Mauren / und die Haupt-Mauren muͤſſen im er - ſten Stock dicker als in dem andern / und im andern di - cker ſeyn / als in dem dritten. Sehr Lob-wuͤrdig ſind an groſſen Mauren (ſagt Herꝛ Sandrart) etliche Lufft - Loͤcher / welche durch das dicke Gemaͤuer von dem Grundan / biß an das Dach gefuͤhret werden / weil durch ſolche der Wind ſeinen Ausgang gewinnen / und dardurch dem Gebaͤu weniger Schaden zugefuͤgt werden kan; Sie verringern (ſagt er ferner) die Unkoſten / und ſind ſehr nuͤtzlich / wann man ſelbige auf Schneckenſtiegen-Art verfertigt / welche von der unterſten Grund-feſt an / biß zu oberſt des Gebaͤues hinauf langen. Muͤſſen alſo die Hauptmauren ſo wol die rechte Dicke / als auch Hoͤhe haben / und iſt hier rathſamer im Exceß als Defect zu fehlen. Weil zwar das erſte mehr Zeuge fordert / je - doch ſtaͤrcker und anſehnlicher wird / das letzte aber ſchwaͤ - cher und veraͤchtlicher ſcheinet. Dieſe nun aufzurichten / muß man gleich im erſten Fruͤling anfangen / ſo bald die Froͤſte aufhoͤren / und biß zu Ende deß Junii, nachdem alle Materialien vorbereitet worden / fortſetzen / damit ſie den Sommer uͤber deſto beſſer austrocknen koͤnnen. zu dieſen Mauren iſt der groͤblichte Sand beſſer und ſtaͤr - cker / als der gar kleine. Hernach muß man ſie erſtlich mit einem zaͤhen ſtarcken Moͤrtel dick bewerffen / daß es das Gemaͤuer wol beyſammen halte; der andere Wurff mag gelinder / und zum drittenmal mit guten Kalch ge - tuͤnchet und ausgeputzt werden. Diß geſchiehet am nutzlichſten / wann die warmen Mittags-Winde / mit ihrem trockenen Anhauchen zu wehen pflegen: der Mit - ternacht-Winde ſchaͤrffeſter Anfall macht / daß die Be - werffung leicht voneinander reiſſt / und nicht beſtaͤndig bleibt. Hernach iſt am beſten / daß das Haupt-Ge - maͤuer oben her interim mit zuſammgeſetzten Laͤden alſo verdeckt werde / damit ſolches / biß zu Aufſetzung des Dachs / durch das Regen-Wetter / nicht einge - weicht werde.
  • Zum Vierdten / die Schied-Mauren muͤſſen nach der Abtheilung des Modells alſo eingerichtet ſeyn / daß der erſte und unterſte Stock / darinnen Geſinds-Stuben und Kammer-Speis - und Hausrahts-Gewoͤlbe / Bach - und Waſch-Kuchen / voͤllig und durchaus / ſamt dem un - tern Vorhauſe wol ausgewoͤlbet / und alſo deſto ſtaͤrcker / und fuͤr Feuers-Gefahr ſicherer ſey. Die Schied - mauren in dem mittlern Stock muͤſſen ſtaͤrcker und di - cker ſeyn / als die im obern / und etwas duͤnner als die unterſten / doch alſo geſetzt ſeyn / daß der Grunde der obern Schiedmauren / gerad auf den unterlegten Schiedmau - ren im untern und mittlern Stock oder Gaden beſtehe; und keine auf freyen Boden / ſine inferiori ſuſtentaculo, zu Schaden des Gebaͤues / gemacht werde. Und iſt ſonderlich in acht zu haben / daß den Gemaͤuren / ſo na - hend an die Kuchen und Rauch-Faͤnge angraͤntzen / kein hoͤltzener Balke (wie etliche Unfuͤrſichtige zu thun pfle - gen / auch viel von den Alten gethan haben) in die Mauer eingelegt ſey; weil ſich dieſelben vom nahenden Feuer offt alſo erhitzen / daß ſie anfangen zu gluͤhen / und zu Zeiten groſſes Ungluͤck verurſachen koͤnnen.
  • Zum Fuͤnfften / das Dach iſt das hoͤchſte und oberſte Theil des Hauſes / eine Decke / und Schirm / alle uͤble Witterung abzutreiben / und ſo wol das Gemaͤuer / als die Jnnwohner zu verwahren; ſind am beſten im Herbſt gemacht / dann die Sonnen zerreiſſt ſonſt die neuen Daͤcher ſehr. Der Dachſtuhl wird vorher / der Groͤſ - ſe und Proportion nach / mit Balcken und Sparren zu - ſammen gefuͤgt / hernach / mit Geſchicklichkeit / durch ge - uͤbte Zimmerleute hinauf gebracht / wieder zuſamm ge - bunden / mit Latten beſchlagen / und entweder mit Schin - deln / oder Ziegeln / hohlen oder flachen / (die beſſer unddauer -25Erſtes Buch / Land-Gut. dauerhafftiger wider Feuers-Gefahr) oder mit Schifer - ſtein (an Orten / wo er gegraben wird) bedeckt / und al - ſo das gantze Hauſe ins Trocken geſetzt und verſichert. Die Daͤcher muͤſſen nicht gar zu flach ſeyn / damit Schnee und Regen deſto leichter abſchieſſen / auch nicht gar zu gaͤhe / weilen ſie nothwendig hoͤher aufſteigen / und alſo von der Winde Sturm deſto ſchaͤrffer angeſprengt wer - den; muͤſſen auch von innen und auſſen mit eingefuͤgten guten Rinnen / darein das von den Daͤchern abflieſſende Gewaͤſſer moͤge rinnen / verwahret / und ſolches von des Hauſes Grund-Veſte weggeleitet werden. Dieſe nun liegen am beſten / wann ſie gerad von Weſten gegen Oſten / oder / wie die Bauren in Oeſterreich reden / vom un - tern Wind gegẽ dem obern nach der Laͤnge gerichtet ſeyn / daß man durch gemachte Khagfenſter / ſie auszuraumen / und auszuputzen / wol darzu kommen / und alſo Schnee und Eys / und andere Unſauberkeiten daraus fortſchaffen koͤnne. Unferne von den Rauch-Faͤngen ſollen weite Khagfenſter ſeyn / damit man im fall der Noth von auſſen - her geſchwind darzu koͤnne. Das Dach ſoll das Ge - maͤuer zwey oder drey Schuch mit der Breiten uͤbertref - fen / damit man keine Fenſter-Daͤchlein bedoͤrffe / und der Regen nicht alſo zur Grund-Veſte ſchlagen moͤge.
  • Zum Sechſten / das unter-irrdiſche Theil des Hau - ſes / ſoll die Keller in ſich begreiffen / die ſollen Mitter - nachtwerts ihre Oeffnung haben / je tieffer / je beſſer und kuͤhler / wolgewoͤlbt / und von allen Unſauberkeiten / wie ſie auch Namen haben moͤgen / entfernet: Daher von - noͤthen / daß die Abtritt und Secret weit davon geſetzt / auch die Ausguͤſſe und Moͤrungen alſo gefuͤhret ſeyen / daß ſie von des Kellers Nachbarſchafft entaͤuſſert / nichts von ihrem Geſtanck und Wuſt / zu Schaden und Ver - derb der im Keller aufbehaltenen Sachen und Getraͤn - cke / mittheilen moͤchten.
  • Zum Siebenden / die Oeffnungen des Hauſes ſind Thor / Thuͤren und Fenſter / die muͤſſen nicht an den E - cken (worinnen der Hauptmauren groͤſte Staͤrcke be - ſtehet) ſondern in die Seiten / vornemlich das Haupt -Thor an ein gelegenes Ort / wohin man von allen Orten fuͤglich kommen kan / ſoll ſchoͤn und praͤchtig ſeyn / weil es von auſſen dem Hauſe ein ſchoͤnes Anſehen gibt. Die Stiegen und Aufgaͤnge / je weniger Platz ſie von dem Hof einnehmen / je geſchicklicher ſie dem Gebaͤue beyge - fuͤgt ſind / je ſchoͤner ſteht es / ſollen weit / und / wo es ſeyn kan / mit Unterſaͤtzen / darauf man allzeit / nach uͤberſtie - genen etlichen Staffeln ruhen mag / gemacht werden; ſollen auch mit kleinen Fenſtern verſehen ſeyn / um deſto mehr Liecht einzulaſſen. Die Fenſter / ſo das gantze Hauſe erleuchten / beluͤfftigen und auszieren / und alles / was ſchoͤn iſt / deſto beſſer zeigen / ſollen in den vornehm - ſten Wohnzimmern gegen Orient und Mitternacht ge - richtet ſeyn. Darnach muß ein Haus gewiſſe Ausguͤſſe von der Kuchel und Badſtuben / Jtem Rauchfaͤnge / de - ren Mantel ziemlich hoch uͤber dem Heerde / ſich ſo leicht nicht entzuͤnden moͤge; dieſe ſollen obenher Thuͤrlein mit eiſernem Drat angemacht haben / die man / wann der Rauchfang brennen wuͤrde / ſtracks zuziehen / und dar - durch verhuͤten kan / daß das Feuer nicht ins Dach kom - me. Hieher muß ich des Jul. Cæſ. Baricelli Meinung anziehen / zu verhuͤten / daß ein Rauchfang nicht rauche; ſeine eigene Worte lauten alſo fol. 301. Struatur caminus, cujus ſuperius faſtigium rotundum ſit, ibiquè foramen lapidibus fictilibus conſtructum ſit, mox ahenum inſtar Tympani ex ære, in cujus latere feneſtella extracta ſit, ſuper lapides affigito, ſty - lisq́ue ferreis ſubcingito, ita tamen, ut intus vagari moveriquè commodè poſſit, apta demum, ſuper fer - reos ſtylos & lebetem ex ære inſuper vexillum, quod feneſtellam ſub ſe directò habeat, taliquè induſtria, ut à quolibet vexilli motu moveatur, & Caldarium in gyrum, ita profectò è feneſtellâ ventis oppoſitâ fu - mus erumpet, & non deſcendet. Alſo wirds im Hauſe nicht leicht rauchen / es waͤhe ein Wind / welcher wolle. Jtem / heimliche Gemaͤcher zur Nothdurfft an einem abgeſonderten Ort / daraus der Unflat durch Moͤ - rungen und Canal fortgebracht / und das Hauſe vor Ge - ſtanck moͤge verwahrt werden.

Cap. XXIII. Wie die Abtheilung des Hauſes geſchicklich anzuſtellen.

DAs erſte und noͤthigſte iſt / nach des Landes war - mer oder kalter Lufft-Art und Witterung / auch des Hauſes vornehmſtes Ausſehen und Fronte (wie es die Welſchen nennen) zu ordnen. Jſt es zur Kaͤlte geneigt / kan es ſeyn gegen Suden oder Oſt-Su - den; Jſt es hitzigem Wetter unterworffen / gegen Mit - ternacht; Jn mittelmaͤſſiger temperirten Lands-Art / gegen Morgen oder Abend / damit man den beſten Theil der Wohnungen / von des Wetters gewoͤhnlichem unge - ſtuͤmmen Eingriff befreyen / oder doch etwas lindern moͤ - ge. Jn Oeſterreich / weil es von Mitternacht her mit dem Boͤhmiſchen / von Mittag aber von den Steyermaͤr - ckiſchen Gebuͤrgen eingeſchloſſen iſt / daher kommen ſelbi - ge Winde ſelten / und regieren daſelbſt meiſtestheils der Oſtwind / der Kaͤlte / und ſchoͤnes Wetter; und der We - ſtenwind / der Regen und Ungewitter zu bringen pflegt / indem ſie der Donau nach geraden Strich und Wider - ſtrich nehmen moͤgen. Daher ſind viel der Meinung / man ſolle der Gebaͤue Laͤnge / nach dem Obern / das iſt /Weſten-Wind einrichten / und die beſten Zimmer an ei - nen Ort gegen Mittag / die ſchlechteſten Gemaͤcher aber / wie auch die kleineſten Fenſter / gegen Nidergang kehren.

Unter der Erden nun / ſind des Hauſes Grund-Le - gung / die Keller / die Moͤrungen / das iſt / ſteinerne Roͤhren / oder von gutem Zeuge gemaurete Canalen / und die Cloaken. Der Grunde ſoll veſt nach des Hauſes Schweren / und in gehoͤriger Tieffe gelegt ſeyn. Die Keller muͤſſen ihre Oeffnungen gegen Mitternacht haben / und iſt gut / wann man auch (neben dem rechten Thor) aus der Wohnſtuben eine Stiege hinab haben kan. Die Milch-Keller / die mit lauter Steinen ohne Kalch oder Zeuge gemacht ſind / ſollen / den Sommer uͤber / ſo kuͤhl als im Winter ſeyn; und die Cloaken muͤſſen weit da - von alſo geſetzt werden / damit der Wuſt (wo Gelegen - heit darzu iſt) in ein Waſſer / oder ſonſt durch Roͤhren / die man von oben hinein mit eingegoßnem Waſſer reini - gen / und alſo den Unluſt forttreiben kan / mag abgeleitet werden. Die Winter-Zimmer ſollen ihre Fenſter ge -Dgen26Des Adelichen Land - und Feld-Lebensgen Oſt-Suͤden / wie auch die Bad-Stuben haben; die Sommer-Zimmer aber gegen Mitternacht / die Schlaf - Gemaͤche und Bibliotheca, ſollen nacher Orient gehen; die Vorhaͤuſer ſollen liecht und zierlich ſeyn / moͤgen wol die Fenſter gegen Suden wenden / worvon ſie im Winter deſto waͤrmer. Die Thuͤren ſollen nach rechter Propor - tion nicht zu klein / in einem gleichen Stock / in denen nach einander gehenden Zimmern / Schnur-gerad aufeinan - der deuten. Und ſollen die wolausgearbeiteten Thuͤr-Ge - ſtelle (wofern es der Unkoſten ertraͤgt) mit ſaubern / zierlichen Schloͤſſern / die von einem Haupt-Schluͤſſel koͤnnen geoͤffnet / auch Baͤndern / und anderm Eiſen-Ge - zeuge verſehen werden.

Die Alten haben den Gebrauch gehabt / ihre Wohn - ſtuben mit Tiſchier-Arbeit / Laͤden und Tafelwerck zu be - kleiden / der Meynung / daß ſie deſto beſſer die Waͤrme halten ſollen; Jſt aber / die Warheit zu ſagen / mehr ei - ne Gelegenheit und Unterkommen fuͤr Maͤuſe und Ra - tzen; alſo beſſer auch um viel liechter die Mauern ſau - ber ausweiſſen zu laſſen; weil es ſo wol zu Tapezereyen / als auch zu Bildern viel geſchicklicher und tauglicher iſt. Wann man inwendig oder auswendig an die Mauren etwas will mahlen laſſen / muß es in den Moͤrtel und Kalch alſo in Freſco geſchehen / daß ſie noch feucht ſey; und muß mehr auf einmal nicht bewerffen laſſen / als der Mahler mahlen kan; ſo vereinigt ſich die Farb mit dem Moͤrtel / und bleibt beſtaͤndig; wann der Kalch tro - cken wird / ſo taugt er nicht mehr zu dieſem / die Farb ſchehlet ſich ab / und faͤllt weg; Es muͤſſen aber darzu lauter Erdfarben / als gebrannter Kalch / gelb Ocker / braunroth / Terra verde, Oltramarin, oder blau Lazur, Smalta, braun Ocker / Ombra, Kienruß / und dergleichen Farben / die der Kalch nicht aufzehren kan / hingegen Lack / Schuͤttgelb und andere von Saͤfften gemachte Farben verſchwinden gleich / Zinober aber / Mennig / Bleygelb und dergleichen verſchwartzen. Zu dieſer Mahlerey gehoͤrt eine geſchwinde Hand / muͤſſen auch kei - ne Leinfarb / noch mit Eyergelb / Gummi oder Dragant angemachte / darzu kommen / weil die Farben abſtehen. Vide plura bey Herrn Joach. de Sandrart in der Teut - ſchen Academia der Bau-Bild - und Mahlerey-Kuͤnſte / part. 1. lib. 3. cap 3.

Die obern Stubenboͤden moͤgen ſo wol mit Tiſch - lerwerck / als Gips (mit gehoͤriger Fuͤrſichtigkeit) aus - ſtaffiret / wie auch die unter-Boͤden / nach Belieben / mit Brettern oder Ziegeln / oder Maͤrbelſtein ausgepflaſtert werden; ohne daß von der erſten Art die Zimmer waͤr - mer / von den letzten zweyen aber kaͤlter ſind. Die Ge - woͤlber moͤgen mit eiſernen Thuͤren uñ Fenſter-Laͤden ver - ſehen ſeyn / die kan man in Feuers-Noth mit Miſt bewerf - fen. Der Hof ſoll / nach Vermoͤgen / groß / und ſauber gepflaſtert ſeyn / einen Roͤhr - oder andern Bronnen in der Mitten haben / mit herumwerts bedeckten Gaͤngen / Gewoͤlbern / Stallungen / Geſinds-Stuben und Kam - mern verſehen; Die Kuche ſoll nahe bey dem Wohn - zim̃er ſtehen / ſo wol die Speiſen warm zur Tafel zu brin - gen / und der Haus-Mutter die Beſuchung derſelben be - quemer zu machen / als auch des Geſindes Vitztumhaͤn - del / und fremder Leute Ein - und Ausgang allda zu beob - achten und abzuſtellen.

Die Gaͤrten ſollen billich (wo es ſich ſchicket) im Proſpect und vor den Augen liegen / ſonderlich der Blu - men-Garten / weil es nicht eine geringe Anmuthigkeit im Fruͤling und Sommer iſt / der holdſeligen vielfaͤrbig - geſchmeltzten Blumen / und anderer raren und ſchoͤnen Gewaͤchſe Anſchauen uͤber das Fenſter hinab zu genieſſen; wiewol viel / in dieſem Fall / beſſer achten / es ſey der Mayrhof dahin geſtellet / ſo kan doch beedes verglichen / und der Garten auf der einen / der Mayerhof aber auf der andern Seiten geſtellt / und alſo beeden ihr Recht (weil ſie gleiche Obſicht bedoͤrffen) gelaſſen werden. Al - le Boͤden / darauf man Kaͤſten / oder Fahrniß-Kammern abſondern kan / ſollen mit guten ſtarcken ſaubern Aeſtrich geſchlagen ſeyn / und daß nichts von Holtzwerck durchge - he / wegen des Feuers. Das Ober-Geſims an der Hauptmauer ſoll gar biß unters Dach ausgeſchifert ſeyn / damit kein Wind / noch Gefluͤgel / noch Ungezifer hinein moͤge.

Cap. XXIV. Von den Handwerckern / die darzu gehoͤren.

WEr unter ſeinen Unterthauen ſelbſt / Maurer / Zimmerleute / Schmide und dergleichen zum Bauen dienſtliche Handwercks-Leute haben kan / mag mit dem Gebaͤue deſto beſſer und geſchwinder zu Ende kommen / ſie halb mit Geld / halb mit Trayd be - zahlen / ihre Reſtanten nach und nach mit einrechnen / ſo doͤrffen ſie auch nicht alſo (wie die Fremden bißweilen thun) ausſetzen / ſondern muͤſſen anhaͤbig bey der Arbeit ſeyn / und muͤſſen deſtomehr Sorge auf ihre Herrſchafft haben. Wo aber diß ermangelt / muß man Fremde / mit richtig-gefertigten Span-Zetteln und Dingnuſſen an die Haͤnde bringen. Etliche dingen mit den Maurern nach der Klaffter / etliche nach dem Tagwerck / et - liche aber uͤberhaupt / und darff eines ſo wol als das an - dere / ſtaͤtswaͤhrende genaue Aufſicht / damit ſie mit dem Gezeuge recht und geſpaͤhrig umgehen / die Lucken nicht mit Moͤrtel / wie ſie offt pflegen / ſondern mit Steinen ausfuͤllen / nicht gar in dem Gemaͤuer laͤhre und unaus - gefuͤllte Lucken laſſen. So bald ſie anfangen zu mau -ren / muͤſſen vorher / Almern Fenſter / Thuͤr-Stoͤcke / und alles / was vom Holtz und Steinen in die Waͤnde muß eingemauret werden / bey der Hand ſeyn / dann ſonſten muß man ſie davon abſonderlich zahlen / gibt auch nur Verſaumnis mit aller Arbeit. Jtem ſoll man das Aus - bereiten und Tuͤnchen gleich anfangs mit eindingen; das muß aber erſt hernach / wann das Gemaͤuer wol aus - getrocknet iſt / geſchehen; ſo kan man auch beynebens ſe - hen / ob die Mauren recht ausgeſchifert ſind. Die neu - getuͤnchten Zimmer ſoll man nie bald bewohnen / ſondern ſie vor wol ausduͤnſten und abtroͤcknen laſſen / ſind ſonſt ſehr ungeſund. Will man weiſſen / ſoll man ein wenig Leim in das Kalch-Waſſer / oder ein wenig Saltz darein werffen / ſo laͤſt ſich das Weiſſe nicht abreiben / und be - fleckt man die Kleider nicht darmit.

Steinmetzen muͤſſen Steine zu Fenſtern und Thuͤ - ren / Jtem Columnen / und was ſonſt begehrt und ver - langt wird / ebenmaͤſſig vorhero vorbereiten; doch muß man das Lucken-ſchlagen gleich mit eindingen / und imSpan -27Erſtes Buch / Land-Gut. Span-Zettel melden / ſonſt muß mans nicht allein ab - ſonderlich zahlen / ſondern verderbt auch / (wann man in den ſchon eingemaurten Steinen viel klopffen und Lucken ſchlagen laͤſt / ſo vorhin viel leichter geſchehen kan) die neuen Mauren. So kan man auch mit dem Steinbre - cher / nach der Klaffter / oder nach der Anzahl Zollſtuͤcke vorher dingen / alles lang vorhero / ehe man anfaͤngt zu bauen. Gut iſt es auch / wann man ins Span-Zett - lein einrucket / daß man ihm zwar (wenn er weit entlegen) Fuhren verſchaffen wolle / die Werckſtuck herzubrin - gen / doch muß er ſolche auf - und abladen / auch unterwegs dabey bleiben / und / wo etwas zerbrochen wuͤrde / dafuͤr gut ſeyn / ſo wird er ſorgfaͤltiger ſeyn / und beſſern Fleiß brauchen.

Die Schloſſer muͤſſen Thuͤren und Fenſter / mit Handhaben / Schnallen / Schloͤſſern / Reibeln / und Be - ſchlaͤchten verſehen / Jtem Gitter groß und klein vor die Fenſter vorher machen / doch ſoll man allenthalben das Anmachen auch mit eindingen. Deßgleichen mit dem Zimmer-Meiſter iſt auch am beſten uͤberhaupt um alle Arbeit / ſamt dem Aufſetzen und Decken gedungen / die herabgehackte Spaͤne / und alles Holtz / ſo abgehauet wird / ſoll des Bau-Herrn bleiben. Theils brauchen dieſen Vor - theil / geben dem Meiſter fuͤr ſeine Muͤhe / und daß ers angibt / das Geſinde bekommt / und einen guten Polierer ſtellt / wochentlich einen Thaler / er ſey ſtets dabey oder nicht / doch daß er dem Geſinde vorſage / er habe gedingt. Der Bau-Herr aber zahlt das Geſinde wochentlich aus / alſo wird das Gebaͤu befoͤrdert / das Geſinde iſt deſto fleiſſiger / wird wol was damit erſpahret / das wol letzlich eines guten Fuͤrſt-Weins (wie ſie ihn nennen) wehrt iſt.

Mit dem Tiſchler kan man auch alſo dingen / daß er alles / ſamt dem Fuͤrniſſen / gantz verfertige und einmache. Theils laſſen nach der Wochen arbeiten / theils dingen uͤberhaubt / theils nach dem Taglohn / theils nach dem Stuck. Die Fuß-Boͤden ſollen allezeit drey Laͤden zu - ſammen geleimet / und das erſte und andere Jahr nicht genagelt / ſondern / wann ſie zuvor dieſe Zeit uͤber wolge - flohen ſind / alsdann erſt zuſammen getrieben und gena - gelt werden. Die hoͤltzernen Boͤden / weil ſich ſonſt gern Maͤuſe darunter aufhalten / muͤſſen inwendig mit trocke - nen Saͤgſpaͤnen / Flachs - oder Korn-Spreuern / Aſchen / Jtem duͤrren Craneweth-Graſe ausgefuͤllt ſeyn / ſo koͤn - nen die Maͤuſe nicht einniſten.

Deßgleichen auch mit den Hafnern muß man din - gen / alle Nohtwendigkeiten zu verfertigen; die glatten Kachel ſind beſſer / als die getruckten / nehmen nicht ſo viel Staube an ſich; die Oefen ſollen im alten Monden ge - ſetzt / auch der Leim im alten Monden genommen und nicht beregnet werden. Das Ausbereiten und Abreiben ſoll man / wann man den Ofen kaufft / mit ausnehmen; ſonſt muß man beſonders davon zahlen. Die Oefen muͤſſen / nach Proportion des Zimmers Weite oder Hoͤhe / ein - ſtimmen. Von Rechtswegen ſollen die Zimmer / darin - nen Oefen ſind / ziemlich hohe und nicht nidere Boͤden ha - ben / ſonſt ſchlaͤgt die Hitz dem Menſchen in das Haupt / verurſachet Fluͤſſe und Cathaͤrr. Der Ofen muß nicht gar zu weit ſeyn / daß ſich die Hitze drinnen koͤnne concen - triren / und von daraus in das Gemach durchdringen. Der Ofen-Fuß muß nicht zu hoch ſeyn / damit die Waͤr - me auch den Boden betreffe / auch das Ofenloch nicht zu hoch und zu weit ſeyn / ſonſt ſchlaͤgt die Hitze zuruck aus / und kommt wenig in die Stuben.

Die Glaſer finden auch bey neuen Gebaͤuen nicht ge - ringe Arbeit / ingleichen bißweilen die Mahler / Klampffe - rer / Gipß-Arbeiter und Gaͤtterſtricker / nicht weniger die Schmide / wann ſie ein wenig ſauber arbeiten / koͤn - nen offt die Gaͤtter (wie die Schloͤſſer) ſonderlich die Creutz-Gaͤtter / vor die Gewoͤlber und Zimmer im un - tern Gaden machen.

Unter dieſen allen nun / was zu Erbauung eines Hauſes nothwendig iſt / haben die Maurer und Zimmer - Leute die meiſte und groͤſte Arbeit. Alſo ſoll ein Haus - Vatter gleich ein Bau-Regiſter aufrichten; Alle Namen der Meiſter / Geſellen und Tagwercker aufzeich - nen / ſo wol ihre Tagwercke / als auch den Empfang ei - nem jeden inſonderheit vormercken / und mit Fleiß ſich huͤten / daß er ihnen vorau nie zu viel hinaus gebe; weil ſie den Luſt zur Arbeit verlieren / und alſo ſein Werck dar - durch geſaumet wird. Wann man einige Taferne und Wirthshaͤuſer in der Naͤhe hat / kan man wol zu Zeiten / fuͤr Fleiſch und Bier / eine kleine Schuld fuͤr ſie ausbor - gen; aber nicht fuͤr Wein / denn ſie gewohnen des Sauf - fens / vernachlaͤſſigen die Arbeit / ſuchen unnoͤthige Feyer - taͤge / und machen groſſe Ausſtaͤnde. Dahero dem Wirth zu befehlen / ihnen Wein / ohne paar Geld / nicht zu bor - gen / und wochentlich einen Abrait-Zettel einzugeben / wie viel ihm dieſer oder jener ſchuldig / aufdaß der Bau-Herr alles wiſſe / und es wochentlich abziehen koͤnne.

Cap. XXV. Wann jemand weit-entlegene Mayrhoͤfe hat / die er weder verkauffen noch verlaſſen will / wie er ſeine Wirthſchafft daſelbſt an - ſtellen ſolle.

ES finden ſich zu Zeiten weit abgelegene / uͤbelbe - queme Guͤter und Mayrhoͤfe / die man aus gewiſ - ſen Urſachen nicht verkauffen / und einem Beſtand - Jnnhaber (wegen Beyſorg der Aboͤdung) auch nicht gerne vertrauen / ſondern daruͤber ſelbſt die vornehmſte Obſicht und Herrſchafft behalten und haben will: da iſt die beſte Weiſe / wann man um einen treuen / guten / in der Wirthſchafft erfahrnen und bekannten Meyer (deſ - ſen Weib mit dem Viehe / Garten und Geſpunſt wol weiß umzugehen) ſich bewirbet / ihme entweder ein ge - wiſſes Geld / Korn / Waitz / Erbeiß / Gerſten / Saltz /Schmaltz und dergleichen Victualien zur jaͤhrlichen er - klecklichen Beſoldung machet; davon er aber alle be - doͤrfftige Dienſtboten ſelbſt belohnen / und wol alles Vie - he beſtellen / als auch auf die Wieſen / Gehoͤltz und Gruͤn - de ſeine Aufſicht haben; in den Feldern ſo wol den Win - ter-als Sommer-Bau verrichten / das Korn einbrin - gen / dreſchen laſſen / und alſo ein gewiß benenntes Schmaltz von jeglicher Kuhe / ſo wol als eine Summa von allerley Getrayd der Herrſchafft jaͤhrlich liefern / und alſo dem gantzen Hausweſen vorſtehen muß. So aber gleichwol (weil die Treu ein ſeltzam Wildpret / wenigD ijrecht -28Des Adelichen Land - und Feld-Lebensrecht-fromme Leute / und die Wagniß mißlich) von we - nigen practicirt wird.

Sondern ſo ſie Unterthanen nahend dey dem Mayr - hof haben / geben ſie dem Mayer weniger Beſtallung / und gewiſſes Heu / Gruͤnmath und Strohe / und darff er allein auf das Viehe die Obſicht uͤber ſich nehmen / und allein das Stall-Geſinde beſolden / reicht dem Herrn von jeglicher Kuhe drey Achtel oder 30. Pfund (mehr oder weniger) Schmaltz / muß jaͤhrlich gewiſſe Kaͤlber abnehmen / die uͤbrigen / ſamt allen kleinen Viehe / ver - rechnen. Die Unterthanen aber muͤſſen / aus Anſchaf - fung des Amtmanns / oder des Richters / zu rechter Zeit das Brachen / Dungen / Anbau / Schnitt / Einfuͤhren und Dreſchen verrichten / und dem Herrn auf den Ka - ſten liefern; Jtem die Wieſen abmaͤhen / Heu einbringen / dem Mayer ſeine gebuͤhrliche Portion an Heu / Stroh und Gruͤnmath beſonders uͤberantworten / und das uͤbri - ge muß der Amtmann oder Richter / wie auch alles Ge - trayd in ſeine Verwahrung und Verantwortung neh - meu; doch gleichwol der Mayer auf alle Scheunen undKaͤſten von auſſen / das Aufſehen / und gleichſam die Wa - che / auch im Hauſe / wegen des Geſindes / Dienſtboten / Robather / auch wegen Feuers und Diebſtahls die Ob - hut haben / und darum Rechenſchafft geben ſolle.

Was nahend um Wien liegt / da werden die Wirth - ſchafften vom Viehe / den Kaͤsmachern / die offt 5. 6. oder 7. mehr oder weniger Gulden von einer Kuhe geben / und dennoch das galte und kleine Viehe fuͤttern muͤſſen / al - ſo werden auch daſelbſt gantze Schaͤfereyen den Schaͤ - fern um Geld verlaſſen / die zu 30 Kr. und manchmal mehr von einem Schaf / und noch darzu eine gewiſſe An - zahl Laͤmmer / und Kaͤſe geben; hingegen die Milch und Wolle zu ihren Nutzen / wie ſie koͤnnen und moͤgen / aufs beſte gebrauchen. Es werden auch ſonſt gewiſſe Condi - tiones und Bedingungen ausgenommen / die nach jed - weder Lands-Art / oder darnach die Zeiten wolfeil oder teuer ſind / oder nachdem eine groſſe Stadt / treffliche An - wehrung und bequemliche Verfuͤhrungen ſind / muͤſſen moderirt oder geſteigert werden.

Cap. XXVI. Was ein Haus-Wirth zu thun / wann er ſchuldig iſt.

WEr Guͤter mit Schulden behaupten will / muß nicht allein einen guten Credit haben / ſondern auch denſelben anhaͤbig behalten. Wer ein Gut mit eitel Schulden annimmt / und nichts daran be - zahlen kan / begeht ein verwegenes Wagſtucke / und iſt mehr fuͤr einen Pfleger / als Eigenthumer zu halten / der jaͤhrlich / wann er nicht zuhaͤlt / abgeſetzt / und ſeines Dien - ſtes entlaſſen ſeyn kan. Wer aber auf gutes Vertrauen und Einſprechung ſeiner Freunde / einen Theil des Gu - tes biß an die Helffte bezahlen / und aus dem Gut das Intereſſe von dem Kauff-Schilling wieder erobern / der Wirthſchafft fleiſſig obligen / wie er alles zu verbeſſern trachten / auch an ſeiner Ausgab (auſſer der aller-noth - wendigſten und unumgaͤnglichſten) ſo wol am Leib als am Maul was erſpahren / jaͤhrlich etwas zu Abſtattung der Capitalien zurucke legen / und alſo nach und nach an den Verzinſungen ſich abledigen und erleuchtern kan / der wird (mit Beyſtand Goͤttlicher Huͤlffe) ſehen / daß es ihm von Jahr zu Jahr ertraͤglicher fallen wird. Den Credit nun zu erhalten / muß er die accordirten Termin / neben richtigen Intereſſen / gewiß abſtatten / gutes und gaͤbiges Geld auszehlen / guͤtig / freundlich und demuͤtig jederzeit gegen ſeine Creditoren ſich finden laſſen / und niemal zwey Jahrs-Zinſungen laſſen zuſammen kom - men; dann ob ſchon der Creditor ſo guͤtig iſt / daß er Ge - dult hat / und ſtillſchweigt / ſo iſts doch der erſte Grad zum Verderben / und kommt hernach die Abſtattung doppelt ſchwerer an.

Es vermeinen etliche / und / meines Erachtens / nicht ohne Grund / es ſey beſſer / wann junge angehende Haus - Wirthe Guͤter mit theils Schulden annehmen; als daßſie gleich anfangs in gantz-ausgezahlte Guͤter ſich einſe - tzen / weil das erſte Sorgfalt / Fleiß / Wachſamkeit und gute Wirthſchafft auf dem Rucken traͤgt / dardurch junge Eheleute allgemach der Wirthſchafft und Haͤusligkeit gewohnen / die ihnen hernach die Zeit ihres Lebens an - haͤngig und nutzbar iſt; hingegen wann ſie ohne Sorgen / Schulden und Kummer in einem Gut die Meiſterſchafft haben / werden ſie offtmals faul / nachlaͤſſig / fuͤrwitzig / un - ſorgſam / nehmen ſich des Haus-Weſens nicht ſo eiferig an / uͤberſehen und verſaumen viel aller Orten / vernach - laͤſſigen dort und da etwas / und gedencken / es habe keine Noth / und veraͤrgern und ringern dadurch von Jahr zu Jahr ihre Einkommen. Wann dann darzu kommt / daß man ſich praͤchtig ſehen laſſen / allen Fuͤrwitz teuer bezahlen und einkauffen / und es denen (die um viel rei - cher ſind) gleich thun will / ob wol das Abnehmen nur Fuß fuͤr Fuß kommt / daß man anfangs nicht merckt oder mercken will / daß ſein Capital kleiner wird / ſo iſt es doch gewiß / wo man einmal das Haupt-Gut angreiffet / Quod Egeſtas veniat tanquam viator, & paupertas tanquam Vir armatus, manu videlicet tàm forti, ut ei reſiſti amplius nequeat. Daher hat ein junger Haus-Wirth ſich vor der Nachlaͤſſigkeit in ſeinem Be - ruff beſter maſſen zu huͤten / und ſeine Ausgaben nach den Einkommen alſo zu richten / daß ihm wenigſt ein kleiner Uberſchuß (den er zu extraordinari fuͤrfallenden Aus - gaben behalten mag) im Reſt verbleibe; daß er alſo ſei - nen guten Namen und Credit erhalte / auch ſeinen Nach - kommen und Bluts-Freunden alſo hauſe / damit er hier eine ehrliche Gedaͤchtnis / dort aber die Krone der Seelig - keit davon bringen moͤge.

Cap. XXVII. Was zu thun / wann man andern ausleihen ſolle.

  • HJerzu iſt groſſe Fuͤrſichtigkeit und vernuͤnfftige Abwegung aller Umſtaͤnde in Betrachtung zu zie - hen. Erſtlich / ob die jenige Summa / die be -gehrt wird / groß / und alſo beſchaffen / daß / in Fallirung derſelben / der Darleher in hoͤchſte Gefahr / ja gar an den Bettelſtab gebracht werden moͤchte; da dann die Be -ſchaffen -29Erſtes Buch / Land-Gut. ſchaffenheit des jenigen / der zu leihen begehrt / vors An - dere / nicht weniger apertis oculis zu ponderiren / ob er von einem guten / offenen / redlichen / aufrichtigen / oder boshafften / heimtuͤckiſchen unerkenntlichen argliſtigen Gemuͤthe? Ob er das Geld / ein Gut zu kauffen / und dardurch ſein Vermoͤgen und Gluͤck zu beſſern / oder an - dere Schuldner abzufertigen / oder nur zu einen koſtbaren unnoͤtigen Gebaͤu / und ſonſt das Geld anzubringen und zu verthun / geſonnen ſey aufzunehmen? Wie nun zu den erſten zweyen weniger bedencken: Alſo hat man ſich in den letzten zweyen Stucken (wer anders fuͤr ſein und der ſeini - gen Gluͤck und kuͤnfftiges Wolergehen vigiliren / und ihm nicht ſelbſt / mit eigner Gutwilligkeit / Undanck und Scha - den einkramen will) wol fuͤrzuſehen und zu huͤten / daher vor allen auf des jenigen / der zu leihen begehrt / Gemuͤth und Inclination die meiſte reflection zu machen / ob er auch ſchon ſonſt Mittel genug haͤtte zu bezahlen / iſt aber dabey geitzig / malitioſus, argliſtig / zahlt ungern / grip - pelt und zancket gerne / ſo iſt es beſſer mit ihm unver - worren ſeyn.
  • Zum Dritten / iſt auch das Unterpfand oder Hypo - theca zu beſchauen / obs nicht etwa ein Majorat, Fidei - commiſſum, Lehenbar / von wem / und wie; oder ob ſeine Gemahlinn einen groſſen Heiraths-Brief / ſtarcken Un - terhalt / viel Paraphernal zugebracht; weil ſie die præ - cedenz hat / und allen juͤngern Creditorn vorgeht. Jm - fall es aber ein Abbt oder Prœlat iſt / ob es mit Conſens und Mitfertigung des Convents geſchehe / weilen / im wi - drigen Fall / keine Sicherheit kuͤnfftig darauf zu ſetzen. Jtem ob es nicht ſchon vorher ſchweren und groſſen An - ſatz habe / daß nicht viel uͤberbleiben moͤchte: dann ob man wol ins gemeine glaubet / man ſtehe gantz auſſer Gefahr / wann man in Unter-Oeſterreich bey dem loͤblichen Land - Marſchalliſchen Gerichte einkommen / daß es neben der gerichtlichen Fertigung auch einen Inhibitions-Befehl an den Weißpoten ausfertigen wolle / und weil man auf diß oder jenes Gut / ein gewiſſes Capital angelegt / er Weißpot ſolches in ſein Protocoll / der Ordnung nach / fuͤrſchreiben / und biß ſolches voͤllig abgelegt und befridigt worden / keinen andern Anſatz fuͤhren oder exequiren ſolle: So ſteht doch allezeit dieſe Clauſula darzwiſchen / daß diß alles / den jenigen / ſo aͤltere Anſaͤtze und Fuͤrmer - ckungen haben / an ihrem Recht und Hypothec unpræ judiclrlich; daher in ſolchen Faͤllen das beſte iſt / gerau - me Bedenckzeit zu begehren / entzwiſchen um alle des Gutes Eigenſchafften / Wehrt und Einkunfften ſich wol erkundigen / bey Gericht und dem Weißpoten-Ammt; Ob Anſaͤtze und Fuͤrmerckungen / im Land-Haus Ab - und Ausſtaͤnde / und wie hoch ſolche verhanden ſeyen / mit Fleiß / und ohne Erſpahrung darzu befoͤrderender Un - koſten erlernen / und nach Befund der Sachen / ſein Ver - ſprechen zu thun oder zu laſſen. Wann nun keine Unſi - cherheit zu beſorgen / kan man wol auf ſothane gerichtli - che Fertigung / mit dem Inhibitions-Schein ſich un - ſchaͤdlich einlaſſen.
  • Zum Vierdten / ſoll ſich keiner uͤberreden laſſen / um eine nahmhaffte ergaͤbige Poſt / die an einem Ort ange - legt wird / ihm mehr / als nur einen einzigen Schuldbrief ausfertigen / uñ bey dem Weiſpoten fuͤrmercken zu laſſen. Dieweil er (wann er um 10000. fl. 10. Schuld-Brief haͤtte) ihm ſelbſt kuͤnfftig dieſe Ungelegenheit auf denHalſe ziehen kan / daß er um jedlichen Schuld-Brief à parte klagen / und die Taxa fuͤr jedern abſonderlich be - zahlen muß / welches er ſonſt unter einem haͤtte richten / auch Zeit und Unkoſten erſpahren koͤnnen.
  • Zum Fuͤnfften / weil bey itzigen unruhigen gefaͤhrli - chen Zeiten das Geld offt wandelbar / und ſchlimmes fuͤr gutes im Schwang gehet / wie dann zwiſchen Anno 1622 und 1623 der Reichsthaler biß auf zehen Gulden / und der Ducaten noch ſo hoch gegolten / dardurch manche gute treuhertzige Leute / ſo das ihrige in gutem Gelde / den Reichsthaler per 1 fl. 30 Kr. und den Ducaten per drey Gulden ausgeliehen / hernach an ſtatt zwantzig tauſend Gulden / tauſend Ducaten / das waͤr hernach drey tau - ſend Gulden annehmen / und alſo ſiebenzehen tauſend Gulden verlieren muͤſſen / daher auch / weil das Geld gleich darauf wieder abgeſchlagen / und auf vorigen Wehrt iſt reducirt worden / daruͤber in hoͤchſtes Verder - ben und Armuth gerahten; daher keiner zu verdencken / wann er ihm in den Schuld-Brief dieſe reſervations - clauſulam (deren auch vorher ſchon gedacht worden) hineinſetzen laſſe: Woferne / wider verhoffen / uͤber kurtz oder lang / eine kupfferne und falſche Muͤntze / oder das lange Geld (wie mans zu nennen pflegte) und der Tha - ler und Ducaten uͤber jetzigen Wehrt / hoch geſteigert zu werden / aufkommen ſolte / er ſein ausgeliehenes Geld in ſolcher Muͤntz-Verfaͤlſchung und Staigerung anzuneh - men nicht ſchuldig ſeyn ſolle; ſondern ſoll ſolches Capi - tal biß auf beſſere Muͤntz / interim auf Intereſſe (es kaͤme dann / daß dem Darleiher dieſes Haupt-Guts / an ein ligendes Gut / oder ſonſt zu ſeinem beſſern Nutzen anzu - wenden belieben wuͤrde / welches ihm allerdings freyſte - hen ſolle) ſtille liegen verbleiben.
  • Zum Sechſten / muͤſſen die Conditiones alſo deter - minirt und geſetzt werden / damit ſo wol Capital als Intereſſen verſichert ſeyen; als wann die Hypothec ein Lehen-Gut / einen Conſens von den Lehens-Herrn vorhero zu erfordern; oder wann eine Ehefrau ihrem Mann ein groſſes Gut zugebracht / muß ſie / als Selbſt - Zahlerin / ſich neben dem Mann und einem Doctore Ju - ris und geſchwornen Advocaten und Notario Publico als Anweiſern (der ihr dieſes genugſam vorhalte) mit Handſchrifft und Pettſchafft verſchreiben / ſich der Lands - braͤuchigen præcedenz, auch aller und jeder weiblichen prærogativen / Freyheiten und Privilegien gaͤntzlich und allerdings (biß diß Capital ſamt allen Intereſſen bezahlt ſey) verzeihen und begeben. Jngleichen auch muß das Convent neben dem Abbten / mit des Convents Jnſiegel uñ des Pater Priors / an ſtatt des Convents / Nebenferti - gung / ſich verſchreiben; es kan auch nicht ſchaden / wann die Urſach des Darlehens mit ausdruͤcklichen Worten (Nullum enim Debitum pro liquido habetur, ubi de cauſâ Obligationis non conſtat) als zu Erkauffung gewiſſer Guͤlten und Guͤter / Abſtattung dieſer oder je - ner Schulden / kuͤrtzlich beruͤhrt wird. Der Ort / wohin die jaͤhrliche Verzinſung / und das Capital ſelbſt / ſoll ab - geſtattet werden / muß auch bedingt ſeyn / damit nicht hernach einer zu Lintz das Geld erheben / der ander aber es zu Wien auszahlen will; dardurch nur Wider - ſinnigkeiten / und Verwirrungen erweckt werden.
D iijCap. 30Des adelichen Land - und Feld-Lebens

Cap. XXVIII. Was zu thun / wann man zu gerichtlicher Klage genoͤthiget wird.

DEr Geld im Ausleihen hat / muß ein wachendes Auge auf ſeinen Schuldner haben / zu erfahren / wie es mit ſeiner Wirthſchafft beſtellet iſt? Ob ſie gut und haͤuslich / oder nachlaͤſſig und verthulich ſeye? ob er im Land-Hauſe jaͤhrlich alle Richtigkeit pflege / und nichtes anſtehen laſſe? mit was Unkoſten / und auf was Weiſe er ſein Haus-Weſen fuͤhre? ob er ſonſt von andern mehr anticipirt habe? und diß iſt ſonderlich ein gewiſſeſtes Merck-Zeichen / wann er ihm die Intereſſen alle Jahr ordentlich abrichtet; dann nicht zu rahten / daß man viel (weil es hernach noch beſchwehrter hergehet) zuſamm kommen laſſe. Es ereignen ſich zwar / im menſchlichen Leben / allerley Ungluͤcksfaͤlle; als Brun - ſten / Waſſers-Noth / Pluͤnderungen / Fehl-Jahr / theu - re Zeiten / Kriegs-Nuin und Land-Sterben / die offt ei - nen ehrlichen Mann alſo zurncke ſchlagen / daß er / wie gern er wolte / ſeine Gebuͤhr abzulegen verhindert wird; und da ſoll ein Ehr-liebender Creditor die Chriſtliche Lie - be in obacht nehmen / Gedult tragen / und nicht alſo rigo - roſè ein unmoͤgliches heraus preſſen / und ihn gleich vor Gericht ſchleppen und citiren wollen.

Wann er aber mercket / und weiß / daß keine haupt - ſaͤchliche Verhinderung / ſondern mehr ſeines Schuld - ners boshafftes Gemuͤthe / groſſer unnoͤthiger Pracht / Spielen und Praſſen / auch uͤble Wirthſchafft / dieſes verurſachen / ſoll er auch nicht feyren / vornemlich wann er weiß / daß mehr Creditoren verhanden / und periculum in Morâ, ſoudern alſobald Erſtlich ſein Capital / ſamt den ausſtaͤndigen Intereſſen / durch einen geſchwornen Ge - richts-Botten / aufkuͤnden (imfall er ſich keiner ſchrifftli - chen Antwort von ihm getroͤſten darff) und ihm die dar - aus entſtehende Gefahr mit hoͤchſter Beſcheidenheit an - deuten; wann er nun den Executions-Schein der Auf - kuͤndung / darinn der Tag und das Ort der beſchehenen Uberantwortung vermeldet wird / oder ſeine Antwort oder Recepiſſe in Handen / ſoll er den Schuldner noch ein - mal zum Uberfluß freundlich erſuchen / ihn auf geſetzten Termin zu bezahlen / und eine cathegoriſche Antwort ſchrifftlich oder muͤndlich begehren / ſucht er Aufzuͤge und Ausfluͤchte zur Verlaͤngerung / dardurch er nur Zeit ge - winnen will / muß er / Zum Andern / alſobald den Ori - ginal-Schuld-Brief bey dem Land-Schreiber vidimi - ren laſſen / und dieſes Authentiſche Vidimus, neben dem Aufkuͤndungs-Schein (nach verfloſſenem Termin) bey dem Land-Marſchalliſchen Gericht / mit ſamt ſeinem Klag-Libell auf Capital / Jntereſſe und Unkoſten fuͤr - bringen / und einen Gebots-Brief begehren. Auf dieſes / wanns eine liquidirte undiſputirliche Schuld-Forde - rung / recht aufgekuͤndet / aber zu geſetztem Termin nicht abgefuͤhrt worden / gibt das loͤbliche Gericht unverwei - gerlich einen Befehl oder Gebots-Brief / darinn dem Schuldner gemeſſen auferlegt und anbefohlen wird / die - ſe Schuld / darum geklagt worden / innerhalb vierzehen Tagen / die den naͤchſten Tage / nach der beſchehenenExequirung zu rechnen ſind / zu bezahlen. Wann der De - bitor weit abgeſeſſen / in loco Fori keinen Bedienten oder Advocaten haͤtte / kan man wol in primo Libello begeh - ren / einen Advocaten am ſelbigen Ort / innerhalb weni - ger Zeit namhafft zu machen / dem man alle Sachen exe - quiren koͤnne / dardurch kan man viel Zeit und Unkoſten erſpahren.

Drittens / wann nun / nach Verſtreichung dieſes Termins / keine Befriedigung erfolgt / kommt der Klaͤger abermal ein / und begehrt den Anſatz; darauf wird ihm noch ein Befehl oder Warnungs-Rathſchlag ausgefer - tigt / darinn dem Beklagten die Vollziehung des Gebot - Briefs / inner acht Tagen auferlegt wird; wann dieſe nun / à tempore factæ Executionis, ohne Wirckung / fruchtloß fuͤruͤber / kommt /

Zum Vierdten / der Klager um den Anſatz bey Ge - richt ein / der auch / woferne Gegentheil nichts erhebliches fuͤrzubringen / bald verwilligt wird. Dieſen Anfatz - Befehl nun / ſtellet man dem Weiſpoten / neben einem ge - fertigten Special-Gewalt / darinnen die Guͤter / die er anſetzen ſoll / begriffen und genennet ſind / in Originali zu; der reiſet nun auf die benannten Guͤter / zeigt den An - ſatz / und gibt Abſchrifften davon / wie auch von ſeineŕ Vollmacht / und hauet aus des Schloſſes oder Richters und Amtmanns Thor / oder Haus-Thuͤr / einen Span / henget dieſen an ſeine ſchrifftliche Execution, druckt ſein Pettſchafft mit rothen Wachs an das Ort / und wann er ſchon an dieſem allen / durch widerſaͤtzlichen Gewalt oder Betrug / verhindert wuͤrde / gilt doch ſeine Relation eben ſo viel / als haͤtte er den Span wircklich genommen / und hat hierdurch der Klaͤger auf dieſen Guͤtern das Pignus Prætorium erhalten.

Zum Fuͤnfften / wann vierzehen Tage nach geſcheh - ner Spaͤnung fuͤruͤber / kan er um fernere Execution ein - kommen / als um Anbott und Edict; darinn dem Schuld - ner noch ſechs Wochen gegeben werden / die angeſetzten Guͤter auszuloͤſen / damit er Zeit genug habe / Geld ent - zwiſchen aufzubringen / und ſeine Erb-Guͤter / durch gute Zahlung / nicht in fremde Haͤnde kommen zu laſſen; das Edict gibt auch den Freunden gleichmaͤſſig dieſe ſechs Wochen / ſich zu bedencken / ob ſie den Anſatz abloͤſen wollen. Und dieſes hat noch biß auf das Urlaub ſeine Statt / nach welchem der Klaͤger / keine Abloͤſung wei - ter einzugehen / kan angehalten werden. Alſo wird /

Zum Sechſten / das Urlaub / oder ſecundum De - cretum, dardurch dem Klager das Eigenthum der ange - ſetzten Guͤter zuerkennt und zugeſprochen wird / & ſic ac - cepto ſecundo Decreto, reditus ad bona, in quæ Im - miſſio facta eſt, Reo amplius non conceditur. Wann nun dieſes fuͤruͤber / haben weder der Beklagte / noch ſeine Freunde / (wann ſie hernach gleich das Geld zu Gericht erlegen wollten) einigen Zuſpruch mehr zum Gut / ſondern es verbleibt in des Klaͤgers Gewalt.

Cap. 31Erſtes Buch / Land-Gut.

Cap. XXIX. Von der Schaͤtzung und Taxa.

DAs naͤchſte iſt / daß man die Commiſſarien be - gehrt oder benennet / die das geurlaubte Gut ſchaͤ - tzen und einantworten ſollen; dieſes geſchiehet zugleich mit dem Urlaub / die muͤſſen nun dem Beklagten / durch die erſte Verkuͤndung vierzehen Tage / durch die andere acht Tage / und durch die dritte (ſo doch nicht alle - zeit nothwendig) ingleichen acht Tage ausſchreiben und exequiren / und wol vorſichtig ſeyn / daß alle ihre gege - bene Termin / nicht in die gerichtliche Ferien einfallen; dann wo dieſes uͤberſehen / oder auf kuͤrtzere Zeit verkuͤn - det wuͤrde / wird die Einantwortung eingeſtellt / und die Verkuͤndung gantz aufgehebt.

Die Gerichtliche Schaͤtzung betreffend / iſt ſie vor die - ſen (wie Herr Johann Baptiſta Suttinger U. J. D. und Nider-Oeſterreichiſcher Regiments-Cantzler in ſeinen Obſervationibus practicis, Obſervatione 126. daraus dieſes meiſten Theils genommen / bezeuget) viel ſchlechter geweſen / als die Lands-braͤuchiche. Nunmehr aber iſt ſie faſt gleich; daß alſo der Beklagte dardurch nicht gantz ruinirt / und dem Klaͤger nicht mehr / als ihm gebuͤhret / zugeſprochen wird.

Die Taxa, wie ſie Anno 1635 vom Keyſer Ferdi - nando II. unſerm weiland Allergnaͤdigſten Herrn / Lob - wuͤrdigſter Gedaͤchtniß / reſolvirt worden / iſt folgende:

  • 1. Das Robath-Geld / oder die Robath / als ein per - tinens zum Pfund-Geld iſt weiter nicht anzu - ſchlagen.
  • 2. Das Pfund-Geld freyes eignes per 60. fl.
  • 3. Der Uberlend-Dienſt per 50. fl.
  • 4. Die Lands-Fuͤrſtliche Lehen per 40. fl.
  • 5. Die Afftern und andere Lehen per 32. fl.
  • 6. Die Hoͤltzer / ſind nach der Groͤſſe / der Baum-Art und des Anwehrts in unterſchiedlichen Vierteln / auch ungleich / anzuſchlagen.
  • 7. Grund-Gewehr-Schreib - und Fertigungs-Gelder / auch alle dergleichen ordinari - und extraordinari - Gefaͤlle / ſind ins gemein auf 100 fl. zu moderi - ren; doch muß man ſich hiebey der ſichern Ertra - gung erkundigen / ein Jahr dem andern zu Huͤlffe nehmen / und die Nutzung per Pauſch hoͤher oder ringer anſchlagen / weil die Ertragnus und das Einkommen in einem Viertel beſſer als in dem andern; auch die Braͤuche unterſchiedlich.

Sonſt wird insgemein geſchaͤtzt / doch mit Diſcretion der unterſchiedenen ſchlech - tern oder beſſern Vierteln.

  • Ein Frey-Hof oder Edelmanns-Sitz / nachdem er gebaut und privilegirt / Lehen oder frey eigen / von 1000 biß 1200. und 1500. fl.
  • Ein Schloß / ſo frey eigen und wolerbaut / von 3. 4. biß 5000. fl.
  • Mayer-Hof / nachdem er erbaut / von 3. 4. biß 600. fl.
  • Aecker / welche Dienſt - und Zehend-frey / auch freyes ei - gen ſind / das Joch 20. 28. 30. fl.
  • Ein Dienſt - und Zehendbares Joch / ſo frey eigen / von 15. biß 20. fl.
  • Hof-Garten jedes Tag-Werck von 15. 20. biß 30. fl.
  • Traͤchtige und zwiemaͤtige Wieſen von 20. biß 24. fl. doch muß man ſich erkuͤndigen / wie ſonſt in ſelbiger Ge - gend ein Joch Acker / oder Tagwerck-Wieſen im mitt - lern Werth erkaufft oder verkaufft wird.
  • Braͤuhauſes Gebaͤu und Freyheit von 2. biß 300. fl. die Nutzung davon zu 5. per Cento.
  • Hof-Tafern und Schenck-Haus / naͤchdem es iſt / von 2. biß 300. fl. mehr oder weniger / ſo geleitgebt wird / auf den Emer 3 ß / mit 5 per Cento, iſt aber daſelbſt das Weinſchencken ſchlecht / nur auf 2 ß angeſchlagen.
  • Geſtuͤtt / der Nutzung nach / mit 5 per Cento.
  • Fleiſchbanck desgleichen.
  • Wein-Garten nach Orts / Gebuͤrges / Gewaͤchſes und Anwehrungs Gelegenheit / das Viertel von 10. 20. biß 60. 70. fl. angeſchlagen.
  • Vieh - und Schaf-Dienſt frey eignes per 50. belehnetes per 40. fl.
  • Jtem Haar-Kaͤs-Schmaltz - und Kucheldienſt / 1. Ca - paun per 12. Pfennig / ein Huͤnlein per 6. Pfen. 10. Eyer p. 4. Pfen. das Pfund-Geld frey eignes per 50. fl.
  • Wein-Zehend den Emer per 3. ß. das Pfund-Geld / frey eignes per 50 / das Lehen aber per 40. fl.
  • Bergrecht den Emer per 4. ß. das Pfund-Geld / weil es ein gewiſſes Einkommen per 50. fl.
  • Weid / die Ertragung zu 5. per Cento.
  • Ziegel-Kalch-Oefen / Glashuͤtten / Steinbruͤch nach Er - tragung / die Nutzung davon zu 5 per Cento.
  • Die Beſtand-Wieſen / werden als ein Eigenthum / dem Tagwerck nach / wie es ſelbiger Orten braͤuchig / ange - ſchlagen; weil jedwederm Herrn frey ſtehet / ſie ſelbſt zu genieſſen / oder im Beſtand zu verlaſſen.
  • Teiche / nach dem ſie beſetzt / das Drittel in Verluſt / das uͤbrig auf jedes Schock Nutzung 3. ß / das Pfund - Geld per 40. fl.
  • Gehuͤltz / nachdem es / der Gelegenheit nach / gute Anweh - rung / nachdem es Bau - oder Brennholtz / zu Schin - deln und Weinſtecken dienlich / ein Joch ins andere von 9. biß 15. 20. fl.
  • Wild-Bahn / nachdem er auf roth und ſchwartzes Wild - pret / eng oder weit / iſt per Pauſch anzuſchlagen / nach - dem man jaͤhrlich viel bekommt.
  • Das Reißgejaid auch alſo; ſo es aber im Beſtand ver - laſſen wird / zu 5 per Cento zu ſchaͤtzen.
  • Geiſtlich und weltliche Lehen / nachdem es nutzbar / per Pauſch angeſchlagen von 5. 6. biß 800. fl.
  • Fiſch-Waſſer / ſo die Herrſchafft braucht / nachdem es Fiſch-reich / und was fuͤr Fiſche es nehret / per Pauſch / wirds aber im Beſtand verlaſſen / die Nutzung zu 5 per Cento, uͤber der Herrſchafft Nothdurfft.
  • Vogt-Trayd / den Metzen per 1 ß 10 Pfen. Habern per 24. Pfen. Waitz per 2. ß. den Forſt-Habern in fimi - li, und das Pfund-Geld per 40. fl.
  • Dorff Obrigkeit auf jedes Haus 1. fl. 4. ß. Maut-Ertra - gung / Urfahr / Vogt-Dienſt und Tracht-Geld zu 5 per Cento, das Pfund per 40. fl.
  • Marckt-Freyheit auf jedes Hauſe 2. fl. das Stand-Geld mit 5. per Cento.
Land -32Des Adelichen Land - und Feld-Lebens
  • Land-Gericht iſt auf jedes Hauſe 3. fl. Straff und Wandel iſt unter dem Land-Gericht verſtanden / da - her weiter nicht anzuſchlagen.
  • Zehend-Getrayd iſt ein ungewiſſes Einkommen / daher aus den Zehend-Regiſtern die naͤchſten 3. oder 6. Jahr zuſamm zu rechnen / was das dritte oder ſechſte Theil austraͤgt / ſo / ein Jahr dem andern zu Huͤlffe / ſo gar weit (auſſer wann voͤllige Mißwachſe kommen) nicht fehlen wird; kan alſo der Metzen Korn / wie das Vogt-Trayd / angeſchlagen / und das Pfund zu 40. fl. geachtet werden.
  • Die Jurisdiction und Burg-Freyheit / hat ein jeder Grund-Herr eines Landmanns-Guts in Oeſterreich / auſſer malefiz und etliche andere vorbehaltene Straf - fen / als vom Ehebruch / ſonſt hat er alles Jus wie einLand-Gerichts Herr; denn wer wider einen Unter - thanen klagen will / muß es bey dem Grund-Herrn thun / der hat die Verhoͤr / Abtheilung / Abhandlung / und zum Nohtfall die Execution, Jtem Steyer / Muſterung / Robbath / Beſchauen / Straffen / Jnven - tur / uñ was ſonſt deme anhaͤngig / Jtem Malefitz-Per - ſonen einzuziehen / doch am dritten Tage in das naͤchſte Land-Gericht zu liefern; Jtem das Frey-Geld und Sterb-Haupt nach Gelegenheit der Jnventur / und verhandenen Vermoͤgens / ein Roß / oder die beſte Ku - he / ſo man mit Geld bezahlt / und wird gemeiniglich zu 5. 6. oder wol mehr Gulden angeſchlagen. Dieſe Nutzungen muß man aus den Protocollen / von drey oder ſechs Jahren her / zuſammen rechnen / und die Nutzung davon zu 5 per Cento anſchlagen.

Cap. XXX. Von der Einantwortung / und was deme anhaͤngig.

DEnen Einantwortungs-Commiſſarien muß das Urlaub / oder ſecundum Decretum, bey der Ein - antwortung Originaliter fuͤrgezeigt werden / da - mit ſie die Limites Mandati, oder den Modum Exe - cutionis daraus erſehen / und nicht uͤberſchreiten / auch nie mehr ſchaͤtzen und einantworten / als ſpecialiter im Urlaub-Brief begriffen iſt.

  • Dieſe nun muͤſſen Erſtlich ſich keine proteſtationes oder Exceptiones des Beklagten aufhalten laſſen / weil dieſes zu gerichtlicher / und nicht ihrer Erkaͤntnis / gehoͤrig iſt / und ſie allein da ſind / ihren gemeſſenen Befehl zu ver - richten / davon ſie ſich auch nicht abhalten laſſen ſollen.
  • Fuͤrs Andere / iſt man fuͤr die erſte Verkuͤndung je - dem Commiſſario 3. fl. fuͤr die uͤbrigen aber nur 1. fl. 30. Kr. und mehr nicht / zu geben ſchuldig / ſonſt ſollen ſie zwar die Partheyen mit hohen Zehrungs-Unkoſten / Tax und Verehrungen nicht beſchweren / es kan aber nie ſo genau ſeyn / daß nicht bißweilen ſo wol von des Klaͤgers Gut - willigkeit / als der Excquirenden Ungeſtuͤmm und Geitz excedirt werde.
  • Drittens / muͤſſen ſie einen Gerichtlichen Poſſeſſoren den Unterthanen und Bedienten interim vorſtellen / deß - gleichen das ernſtliche Mandat und Pœnfall auf die Unge - horſamen und Gewaltthaͤtigkeiten fuͤrhalten / ſo am Geld / und wol auch am Leibe / an den widerſaͤtzigen ge - ſtrafft wird. Dem poſſeſſori wird fuͤr ſeine Verpflegung von Gericht aus / jedes Tages 36. Kreutzer gemacht.
  • Zum Vierdten / woferne ſich aber die Commiſſa - rien der Schaͤtzung halber nicht vereinigen uñ accordiren koͤnnten / ſonderlich wann einer es viel zu hoch / der andere viel zu nieder achten wolte / muͤſſen ſie es dem Loͤblichen Gericht unverlaͤngt vorbringen; welches / nach uͤberſehe - nen Relationen und angefuͤhrtẽ Bewegnuͤſſen / ex officio einen Wehrt ausſpricht / und gemeiniglich den mittlern Wege zu gehen pfleget.
  • Fuͤnfftens / imfall die eingeſchaͤtzten Guͤter mehr wehrt / als die Anforderung des Klaͤgers austraͤgt; muß er den Uberſchuß alſobald zu Gericht erlegen / oder / ſo fer - ne der Beklagte beweiſen koͤnnte / das Gut ſey mehr werht / kan er eine Uberſchaͤtzungs-Commiſſion auf andere Per - ſohnen begehren / dardurch nun wird die vorige Schaͤ - tzung reformirt und aufgehebt; es kan auch wol derKlaͤger ſelbſt / wann die Commiſſarien die Schaͤtzung / wider Billigkeit / zu hoch ſpannen wollten / ſich daruͤber beſchweren / und eine Uberſchaͤtzung begehren / muß aber vor Ausgang Jahr und Tag ſeyn / hernach hat ſie keine ſtatt mehr.
  • Zum Sechſten / imfall der Beklagte nicht pariren / und die zu der Schaͤtzung nothwendige Inſtrumenta, Ur - baria, und andere Herꝛſchaffts-Buͤcher und Regiſter her - aus geben will / ſo begehrt man / neben der andern Einant - wortungs-Com̃iſſion, einen Pœnfaͤlligẽ Parirungs-Be - fehl wider den Beklagtẽ / wie auch einẽ Gehorſam-Brief an die widerſaͤtzige Unterthanen / welches dann beedes / erſtlich alles Ernſtes; 2. mit mehrerm Ernſt; Fol - gends / bey Betrohung; und endlich bey gewiſſen ho - hen Pœnfall; wider die Unterthanen aber der Profoß verwilliget wird / der mit ſeinen zugegebenen Soldaten / die Unterthanen zum Angeluͤben noͤtigt / oder die Wider - ſpenſtigen in Band und Eyſen nach Wien fuͤhrt / und biß ſie dem Gericht gehorſam leiſten / ſie darinnen behaͤlt; die widerwertigen Land-Leute / werden mit Arreſten und Pœnfaͤllen zum pariren angetrieben.
  • Zum Siebenden / wird um die Gerichts-Urkund / als ein offentliches Authentiſches Zeugnis / uͤber ein er - haltenes Recht und ausgefuͤhrte Execution angehalten. Daraus man zeigen kan / daß alles ordentlich und recht hergegangen / welches einer rechtmaͤſſigen Beſitzung ge - nugſame Proba iſt; und nutzen dieſe nicht allein zur Rich - tigkeit der eingeſchaͤtzten Guͤter / ſondern wircken auch / daß der Gegentheil (nach erlangter Gerichts-Urkund / wann ihm die vorhergegangne zwey Vorwiſſen or - dentlich exequirt worden / und er darwider nichts er - hebliches einbringen koͤnnen) weiters nicht gehoͤret / noch zu einiger Uberſchaͤtzung zugelaſſen wird.
  • Zum Achten / dieſe Gerichts-Urkunden aber koſten viel Geld / nach dem Wehrt / darum die erhaltenen Guͤter taxiret worden / als von jedem tauſend Gulden / was das Capital anlangt / oder die Schaͤtzung austraͤgt / zwantzig Gulden / und ſtehet doch bey dem Land-Schrei - ber / hierinnen eine Moderation zu gebrauchen / und denen Parteyen / nach Beſchaffenheit der Sachen / etwas nachzulaſſen; woferne ſie ſich aber mit dem Land-Schrei - ber nicht vergleichen koͤnnten / ſtehet endlich der Ausſpruch bey dem loͤblichen Gericht.
Cap. 33Erſtes Buch / Land-Gut.

Cap. XXXI. Was zu thun / wann ſonſt Unnachbarſchafften und Eingriffe geſchehen.

WAn ſagt im gemeinen Sprichwort / es kan nie - mand laͤnger Frieden halten / als ſein Nachbar will / und die menſchlichen Gemuͤther ſind ſo wunderſeltzam geartet / daß mancher mit keiner Hoͤflich - keit / Freundſchafft uñ Dienſten zu gewinnen; ſondern offt durch gezeigte Guͤtigkeit / mehr / Frevel und Muthwillen zu uͤben und zu continuiren / angeſpornet wird. Nun ſoll man zwar erſtlich alle Mittel und Wege ergreiffen / daß durch Unterhandlung beederſeits beliebter und verſtaͤndi - ger Freunde und Nachbarn / dem ſchuldigen Theil ſein Unrecht fuͤr Augen geſtellet / und mit gebuͤhrlicher Mode - ration, der gehoͤrige Abtrag oder Wieder-Erſtattung / durch einen guten und unpræjudicirlichen Vergleich zu - erkennt / und Fried und Einigkeit / ſamt guter Nachbar - ſchafft / wieder aufgerichtet werden moͤge. Wann aber ſolche ſtoͤrrige unbillige Saturnus-Koͤpffe / mit keiner Bewegnis zu Erkaͤnntnis ihres Unrechts zu bringen / kan man anders nicht / als gerichtlich ſich daruͤber zu be - ſchweren / und ihm ſeine Ungebuͤhr / mit Schad und Schanden / in den Buſen zu treiben.

Nun waͤre zwar wol zu wuͤnſchen / daß ein jedes edles Gemuͤthe / wo nicht die Jura ſtudirt / doch die Landes - und Gerichts-Braͤuche verſtuͤnde / wie eines und das andere recht anzuſtellen / auch wol und gluͤcklich hinaus zufuͤhren; weil aber dieſes nicht allzeit ſich befindet / und es ſchlecht beſtellt iſt / wo man denen Advocaten (die mehr zu Aufzuͤgen und Procraſtinirung / als zu Beſchleunigung und Endung der Proceſſen geneigt ſind) allein in die Haͤnde ſehen / und ihres Raths allerdings nachleben muß. Daher zu rathen / daß man ſich um alte / vernuͤnffti - ge / Lands-Braͤuch-Kuͤndige gute Freunde und Nach - barn bewerbe / ihnen alles vortrage / und ihre Meinungen (wie auf das baͤldeſte und fuͤglichſte heraus zu kommen) vernehme / und ihrem guten und treuen Rath Folge leiſte / ſich mehr auf ihre Erfahrenheit und Gewiſſen / als auf der Advocaten Vorſchlaͤge (doch mit gewiſſer Diſcretion) verlaſſe und fuſſe.

Weil es aber an dieſen offtmalen gebricht; theils die koͤnnten / wollen nicht; und theils die wollten / koͤnnen nicht / indem der wahren Freunde Abgang uͤberall in der Welt beklagt wird; als ſoll ſich ein Edler Haus-Vatter um Mutos Conſiliarios umſehen / und / vor andern / in ſeinem Hauſe / Herꝛn Bernhardi Walteri J. U. D. & Inferioris Auſtriæ Cancellarii, Manuſcripta, und ge - ſchriebene Lands-Rechten (ſo in vieler Handen) und Gerichts-Ordnungen / ihm abſchreiben laſſen / und ſich / was in einem und andern zu thun / oder zu laſſen / wolumſehen; oder / welches noch beſſer / die erſt vor weni - gen Jahren mit ſonderbarem Fleiß colligirte und in Wien Anno 1650. gedruckte Obſervationes practicas Herꝛn Joh. Baptiſtæ Suttingers / der Rechten Doctors, Roͤm. Keyſerl. Majeſt. Rathes / und Nider-Oeſter - reichiſchen Regiment-Cantzlers / zu ſeinem Unterricht einkauffen / darinnen er kurtz und nervofè die Gebraͤuche und Proceduren bey dem Land-Marſchalliſchen Ge - richt (dabey er etliche Jahr Land-Schreiber geweſen) auch die Nider-Oeſterreichiſche Land-Rechten / ſamt den alten und neuen Keyſerlichen Generalien / Man - daten und Reſolutionen / auch Landes-Fuͤrſtlichen Re - ſcripten / Berathſchlagungen / Abſchied / Declaration und Reviſions-Urtheilen / viel und unterſchidliche / in vorgelauffenen Handlungen / taͤglich fuͤrkommene Ob - ſervationes kurtz und gut / fuͤrgemerckt / und zuſammen getragen hat / daraus ſo wol die Partheyen ſehen koͤnnen / ob die Advocaten recht handlen / als auch die Advo - caten / wie alles recht hinaus zu fuͤhren / alſo im Hauſe / als ein Mutus quidem, ſed tamen Optimus Conſilia - rius nicht unbillich zu halten / ſoll ihm alſo ſolche ein je - der wol bekannt machen / damit er ſich in fuͤrfallenden Haͤndeln zu guberniren wiſſe.

Vor allen Dingen muß er ſich um einen getreuen / fleiſſigen und gewiſſenhafften Advocaten / ſo viel als moͤglich iſt / bewerben / ihm den Caſum, wie er iſt / aufrichtig und warhafft / ohne Zuruckhaltung oder Be - maͤntelung der geringſten Umſtaͤnde / fuͤrhalten / ſeinen modum procedendi & Conſilium Rem perficiendi, ihm ſchrifftlich geben laſſen / dieſen Aufſatz mit verſtaͤndi - gen Freunden communiciren und berathſchlagen / her - nach in Gottes Namen ſeine Sache anfangen / mitteln und enden / ſo bald die Termin verſtrichen / ſtracks wieder einkommen / ſchmidten (wie das Sprichwort lautet) weil das Eyſen gluͤhend iſt / und das Werck durch ſeine Anhaͤ - bigkeit und Inſtigation alſo forttreiben / daß es je eher je beſſer zu Ende gebracht werde.

Wann aber etwan der die Gefahr merckende Ge - gentheil zum Creutz kriechen / und einen billichen Ver - gleich offeriren ſollte / iſt der beſte Raht / denſelbigen anzu - nehmen / zugleich ſeine Empfindung in unbillichen / als auch ſeine Guͤte in leidlichen Sachen zu erzeigen; dardurch werden andere von frevelhafften Zumuthungen allerley Eingriff gewarnet und abgeſchreckt / und kan man mit deſto mehrerm Friede / Ruhe und Vergnuͤgung des ſeini - gen genieſſen.

Cap. XXXII. Von den Regalien.

DJe Regalien werden eigentlich nur die jenigen Freyheiten und Gerechtigkeiten / durch die Rechts - Gelehrte verſtanden / die dem Roͤmiſchen Keyſer / als Ober-Haupt des H. Roͤmiſchen Reichs / oder einem Souverain herrſchenden Koͤnige / und ex concesſione, auch folgends andern Landes-Fuͤrſten und Reichs -Staͤnden gehoͤrig ſind; Als der Gewalt und Voll - macht Zeug-Haͤuſer aufzurichten / die Landſtraſſen in acht zu nehmen / und uͤber die darauf fuͤrgehende Faͤlle und Begebenheiten zu richten und zu erkennen / auch ſolche zu bereiten und verſichern zu laſſen / Jtem die Schiff-reichen Waſſer-Fluͤſſe / Meer-Port und Hafen / Geſtatt undEUfer -34Des Adelichen Land - und Feld-LebensUfer-Recht / Mauten / Zoll und Aufſchlaͤge / uñ deren Ver - fahrungen uñ Uberfahrungen; ſo wol auch die Muͤntz-Ge - rechtigkeit uñ Abſtraffung der falſchen Muͤntzer; Jtem alle Geld - und Leibs-Straffen / erledigte Guͤter uñ Erb-Aem - ter / wann keine rechtmaͤſſige Erben verhanden / ſo wol auch faͤllige Guͤter / quæ Leges indignis eripiunt, Jtem Land-Robathen mit Pferden / Waͤgen und Leuten / Im - ponirung neuer Anlagen in neuen fuͤrkommenden Faͤllen / Jtem Gerichtliche Obrigkeiten ab und einzuſetzen; Jtem gehoͤren unter die Regalien Bergwerck-Sachen / Fiſche - reyen / Saltz-Pfannen / eine gewiſſe Portion an den ge - grabenen Schaͤtzen / und andern ohngefaͤhr gefundenen Sachen / und endlich auch der Wild-Bahn und Forſt - Gerechtigkeit / wiewol etliche dieſes widerſprechen / und den Wild-Bahn unter die Regalia eigentlich nicht rech - nen wollen.

Dennoch aber ſind viel Regalien / die von dem Roͤ - miſchen Keyſer / als Ober-Haupt des Reichs / andern Reichs-Staͤnden / auch privatim ſeinen Land-Staͤnden und Vaſallen / um gewiſſer Urſachen willen / verliehen und nachgeſehen werden / entweder aus Conceſſion und bedingten Privilegien / die proprio motu und mit Vor - wiſſen geſchehen / und ſchrifftlich bezeugt werden muͤſſen; oder aber aus langer Præſcription unausdencklicher Zei - ten / denn dieſe ſo lang-genoſſene Poſſesſion ſcheinet eben ſo viel / als ſey es mit Land-Fuͤrſtlichem Conſens und Einwilligung anfangs gegeben worden; doch hat keiner / der einerley der benannten Regalien genieſſet / ſich auch darum der andern Unbenannten zu gebrauchen / ſonderndarff den alten Gebrauch und hergebrachte Gewonheit nicht uͤberſchreiten / oder die geringſte Neuerung anfan - gen. Tantum enim dici poteſt conceſſum, quantum expreſſum, & tantum habetur præſcriptum, quan - tum eſt poſſeſſum. Daher werden bey den belehneten Guͤtern dergleichen Concesſiones mit Namen benennet / oder durch andere Privilegien bey den frey-eignen Herr - ſchafften ſtabiliret / doch alſo / daß dieſe verliehene oder ge - ſchenckte Regalien ausdruͤcklich mit Namẽ erzehlet ſeyen.

Die dem Lands-Fuͤrſten allein gebuͤhrende excipir - te Jurisdiction wird allenthalben ausgenommen / weil der Keyſer derſelben ſine jacturâ Reputationis cum De - core nicht renunciren kan / oder keiner von geringerm Stande derſelben von Rechts wegen faͤhig iſt.

So werden auch alle dergleichen Verleihungen und Concesſionen / ſinè præjudicio Tertii, mit Vorbehalt der Straff / da man deſſen mißbrauchen ſollte / gegeben und verfertigt / daruͤber der Landes-Fuͤrſt jederzeit die Ob - ſicht haͤlt / nachdem die Perſon / die Sache / der Ort / und die ausdruͤcklichen Wort alle Umſtaͤnde und motiven fuͤr Augen ſtellen / und eines oder das andere an die Hand geben.

Unter den Regalien / die / vom Landes-Fuͤrſten / den Land-Staͤnden und Vaſallen verliehen werden / ſind die Land-Gerichte / Forſt-Recht / Wild-Bahn / Fiſchereyen / Mauten / Affterlehenſchafften und dergleichen / doch daß bey den alten hergebrachten Gebraͤuchen ſein Verbleiben / auch keiner Macht habe / neue Mauten und Zoͤll / oder ſonſt einige Innovationen anzurichten.

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Cap. XXXIII. Von den Land-Gerichten.

DJeſe ſind zu Erhaltung der Gerechtigkeit / zum Schutz der Frommen und Unſchuldigen / und zum Abſcheu und Schrecken der Boshafftigen /hin und wieder auf den Herrſchafften geordnet und an - geſtellet. Damit aber unter den Land-Gerichten und Grund-Herrſchafften keine Jrrung und Mißverſtandſich35Erſtes Buch / Land-Gut. ſich ereignen moͤchten / haben etliche Roͤmiſche Keyſer und Landes-Fuͤrſten gewiſſe Land-Gerichts-Ordnungen verfertigen laſſen / damit keiner dem andern eingreiffen / ſondern der billichen Juſtitiæ der freye Lauff gelaſſen wuͤrde.

Weil nun die Land-Gerichts-Haͤndel / ſonderlich was Malefitz-Sachen und peinliche Fragen betrifft / ei - nem edel-muͤthigen Hertzen unanſtaͤndig / und doch beyne - bens ein Lapis Lydius, daran man den goldenen Strich der Warheit meiſtens erkennen kan / alſo daß die Barm - hertzigkeit nicht weichmuͤhtig und kleinhertzig / die Gerech - tigkeit aber nicht grauſam und tyranniſch werde: Als iſt nothwendig / daß die Herrſchafft ſich um einen frommen / verſtaͤndigen / erfahrnen und gewiſſenhafften Mann um - ſehe / der ihr mit Pflichten verbunden ſey / an ihrer Statt alles und jedes zu verwalten / wie er ihms an jenem ſtren - gen und erſchrecklichen Gerichts-Tage vor dem Allerhoͤch - ſten Welt-Richter trauen werde zu verantworten; der doch nichts hauptſaͤchliches / was Leib / Leben und Gut antrifft / ſchließlich decidiren doͤrffe / er habe dann vor - hero gerichtlich etliche darzu beruffene Aſſeſſoren erbe - ten und adhibiret / vor allen aber ſeiner Herrſchafft alle Proben / Vota, Motiven / Urſachen und Indicien erlaͤu - tert und fuͤrgelegt / auch deren Ausſpruch erwartet; denn welche Obrigkeit ihren Landgerichts-Verwalter ſimpli - citer alles heimſtellen und auf ſein Gewiſſen bloß hin - geben will / er handle recht oder unrecht / die thut ihrem Beruff kein Genuͤgen / und muß / was im Land-Gericht aus ihrer Connivenz und Nachlaͤſſigkeit geſchiehet / vor Gottes Welt-Gericht kuͤnfftig alles verantworten / denn es heiſſet: Quod quis per alium facit, per ſe feciſſe putatur.

So ſoll auch die Herrſchafft eine Inſtruction und gewiſſe Limites geben / die der Verwalter nicht uͤber - ſchreiten / alles nach der Land-Gerichts-Ordnung anſtel - len / und auſſer dieſen / in der Nachbarſchafft und angraͤn - tzenden Grund-Obrigkeiten / keine Neurungen / Eingriff und Gewaltthaͤtigkeiten / dardurch nur Unfried / Zanck / Klagen und Weitlaͤufftigkeiten erweckt werden / intenti - ren oder zumuthen ſolle.

  • Erſtlich hat ſich das Land-Gericht in Civil-Sachen / was Geld-Klagen / oder Grund und Boden betrifft / auch allen andern Faͤllen / die nicht malefiziſch ſind / gegen an - derer Grund-Obrigkeiten Unterthanen nichts anzumaſ - ſen; ſondern der Grund-Herr hat vollkommenen Ge - walt / deßwegen zu handeln / zu ſtraffen / zu thun und zu laſſen / wie es ſein Gewiſſen und der Oeſterreichiſche Lands-Brauch von Alters her mit ſich bringt. Die Ver - brechen aber / welche fuͤr Malefiziſch erkennt werden / ſind die folgenden:
    • Wer freventlichen Mord begehet.
    • Wer wider ſeine Lands-Obrigkeit oder Herrſchafft Verraͤtherey uͤbet.
    • Wer ſeine Eltern ſchlaͤgt.
    • Wer ſich ſelbſt entleibt / er ſey dann unſinnig.
    • Wer mit Befehdungen / Nothzwang oder Brand ſei - nen Naͤchſten verletzt.
    • Wer ſich mit Gifft oder Kinder-verthun vergreifft.
    • Wer Brief oder Muͤntz / Gold oder Silber faͤlſcht / falſche Stein / fuͤr gute / wiſſentlich verkaufft.
    • Wer Ehebruch / Blut-Schand oder Sodomiterey be - gehet.
    • Wer falſchen Eyd ſchwoͤret / oder falſche Zeugnuß gibet.
    • Wer Zauberey / Dieberey / Kirchen-Raub / Kinder - und Eheweiber-Entfuͤhrung / Straſſen-Rauberey / und dergleichen offenbare Thaten / uͤbet.
  • Den kan der Land-Richter / wo er ihn auf der That oder auf der Straſſen findet / gefaͤnglich annehmen / und her - nach ſeinen Grund-Herrn / Pfleger oder Amtmann dar - zu verkuͤnden. Wo aber einer nur in muthmaͤßlicher ge - meiner Jnnzicht und Verdacht iſt / ſoll der Landgerichts - Verwalter ſeiner Grund-Obrigkeit die Indicia fuͤrbrin - gen / und die Stellung begehren.
  • Zum Andern / ſoferne die Grund-Obrigkeit den Ver - dacht fuͤr genugſam haͤlt / die bezuͤchtigte Perſon zu ſtellen / und daruͤber mit dem Land-Gericht in Zwietracht kom̃t / ſoll das Land-Gericht ihre Indicien auf den Verdaͤchti - gen fuͤr die loͤbliche Regierung bringen / und bey derſelben Verbeſcheidung ſoll es bleiben; die Grund-Obrigkeit aber ſoll / biß zu Austrag der Sachen / den Verdaͤchtigen in ſicherer guter Verwahrung halten / und ihme nicht (bey Straff) forthelffen.
  • Drittens / wann eine Grund-Obrigkeit (ohne daß ein Land-Gericht davon Nachricht hat) einen Thaͤter auf ihren Grund und Boden weiß / ſoll ſie denſelben auf - heben / dem Land-Gericht denunciren / und an dem Ort / wo es braͤuchig / ausantworten.
  • Zum Vierdten / das Land-Gericht ſoll keinen ihme von der Grund-Obrigkeit uͤberantworteten Ubelthaͤter (ob er ſchon das Leben nicht verbrochen) gleichwol nicht lauffen laſſen / ſeine Herrſchafft wiſſe dann darum / und werde mit genugſamer Uhrfehde ſeinethalben verſichert.
  • Zum Fuͤnfften / wuͤrde eine Grund-Obrigkeit / einige Malefitz Perſon dem Land-Gericht zu liefern ſich verwei - gern / oder ſolchen ſchieben und entkommen laſſen / wann ſie ein Landmann iſt / wuͤrde ſie in der hohen Obrigkeit Straff gefallen ſeyn; iſt ſie aber kein Land-Mann / ſolle ſie dem Land-Gericht 32. fl. verfallen ſeyn / und dennoch / wo was weiters daraus entſtuͤnde / in des Lands-Fuͤrſten Straffe kommen. Doch ſoll man einen Jngeſeſſenen allein uͤberliefern / wie er mit der Guͤrtel umfangen iſt / mit den 72. Pfenningen Fuͤrfang-Geld. Einen fremden Landſtreicher aber ſoll man mit Leib und Gut / unbeſucht / dem Land-Gericht uͤberantworten.
  • Sechſtens / wann dergleichen Ubelthaͤter gefoltert werden / muß man der Grund-Obrigkeit darzu verkuͤnden / die mag jemanden abordnen / gegenwaͤrtig dabey zu ſeyn / um die Ausſage zu vernehmen; Es ſollen auch ſonſt aufs wenigſte ſechs verſtaͤndige und taugliche Perſonen / von Amt-Leuten / Staͤdten und Maͤrckten / darzu erfordert ſeyn / in ihrem Anweſen die peinliche Frage fortzuſetzen.
  • Zum Siebenden / ſoll ein Land-Gericht / vor allem die Juſtitia, nach den Rechten / mit guten Gewiſſen aus - uͤben und adminiſtriren / keine Freundſchafft / Gabe / noch anders anſehen / ſondern jedem die Gebuͤhr widerfahren laſſen. Wo ein Klaͤger verhanden / und der Beklagte juſtificirt wuͤrde / ſolle Klaͤger den halben Unkoſten zah - len; iſt aber klein Klaͤger da / ſo ſoll das Land-Gericht den Unkoſten ſelbſten tragen / und nicht des Reichen / wann er gnug Geld gibt / oder des Armen / weil es die Unkoſten nicht austragen / in halsbruͤchigen und haupt - ſaͤchlichen Laſtern verſchonen / oder die Unſchuldigen mit Gewalt unterdrucken / und unter dem Schein des Rech - tens verletzen.
  • Zum Achten / in Sachen / ſo nicht pur-lauter male - fitziſch ſind / als wann in Wegen und Stegen / ZaͤunenE ijund36Des adelichen Land - und Feld-Lebensund Gehaͤgen / Eroͤffnung der Felder / Abkehrung der Waſſer-Laͤuffe / Abhauung der geziegelten Baͤume / Stigeln / Gattern / ſchlagenden und ſchadhafften Viehe / mit Verruckung der Raine und Zaͤune / Ausgrabung der Marckſteine / Entfremdung der angebauten Fruͤchte / Diebſtahl / ſo nicht uͤber fuͤnff Gulden / Fuͤrwartung auf dem Wege / mit Rumoren / Jtem mit Elen / Gewicht und Maß ſich vergriffe und beklagt wuͤrde / hat die Grund-Obrigkeit die erſte Inſtanz, und ſolle dem Land - Gericht / laut der Lands-Fuͤrſtlichen Ordnung / eine ge - wiſſe Straffe davon abrichten laſſen.
  • Zum Neundten / welche Indicien genugſam ſeyen / darauf die peinliche Fraͤge mag fuͤrgenommen werden; wie ſolche beſcheidentlich und mit Vernunfft anzuſtel - len; was pur-lauter malefitziſch / ſo die Lands-Fuͤrſt - liche Obrigkeit als Crimen læſæ Majeſtatis allein zu ſtraffen; Wie das Malefitz-Recht zu beſitzen / und was dergleichen Sachen mehr ſind / hat man ſich alles in unterſchiedlichen / aus Land-Fuͤrſtlicher Verordnung / ausgangenen Land-Gerichts-Ordnungen zu erkundigen / und / nach deren Jnnhalt / in einem und andern / ſich zu verhalten.
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Cap. XXXIV. Vom Wild-Bahn.

DEr Wildbahn wird heutiges Tages darum hoch mißgebraucht / daß man / durch allzuvieles Ver - ſchonen und Uberheuffung des Wildprets / der ar - men Unterthanen Felder / Gruͤnde und Wieſen alſo verderbet und ringert / daß ſie durch unglaubliche groſſe Muͤhe / hefftigen Verluſt / vergebliches Wachen und empfindliche Verwuͤſtung Tag und Nacht gequaͤlet / und in Verderbung und Armuth geſtuͤrtzet werden: da - her wol zu wuͤnſchen waͤre / daß Chriſtliche Obrigkei - ten dieſe ſonſt zwar zulaͤſſige und edle / durch Ubermaß aber allzuſchaͤndliche Ubung in etwas moderiren moͤch - ten / damit es nicht das Anſehen gewinne / ein Stuck Wild ſey ihnen lieber / als ein fleiſſiger Unterthan und Neben-Chriſt; weil es kuͤnfftig vor dem Gericht / da kein Anſehen der Perſon / des Standes / oder Be - maͤntelung gelten und durchdrucken kan / eine ſchwere und Seelen-gefaͤhrliche Verantwortung abgeben wird.

Der Wildbahn iſt eines von den ſchoͤneſten / nuͤtz - lichſten und anmuͤtigſten Regalien und Zugehoͤrungen /die auf einem Gut oder Herꝛſchafft zu finden ſind. Es ſind viel Herꝛſchafften und Land-Guͤter in Unter - und Ober-Oeſterreich / die ſich dieſer Freyheit bedienen / theils haben ſolche erblich von ihren Vor-Eltern her empfangen / theils aus Donation und Lands-Fuͤrſtli - cher Begnadung; etliche habens Kauffweiſe / als ein pertinens zu dem Land-Gut / das darauf ſein Ver - bleiben hat / ob es ſchon in ein andere Hand koͤmmet. Wann nun der Beſitzer ein Land-Mann iſt / wiewol es in dergleichen Freyheiten eine gewiſſe und determinirte Limitation hat / daruͤber keiner bey Verluſt ſeiner Ge - rechtigkeit ſchreiten darff; ſo ſinds doch nur ſolche recht - maͤſſige uñ vernuͤnfftige Bedingungẽ / die der Lands-Fuͤrſt ſelbſt in ſeinen eignen Forſt-Aemtern zu obſerviren und zu halten befihlet / als / daß man ausgezeigte und beſtimmte Zeiten zu jagen oder nicht zu jagen beob - achten / und zur Unzeit das Wildpret nicht zu ſeinen ſelbſt-eignen Schaden jagen oder buͤrſten muß.

  • Der hohe Wildbahn nun iſt Erſtlich von dem Reis -gejaid37Erſtes Buch / Land-Gut. gejaid darum unterſchieden / daß jener allein auf das hohe rothe und ſchwartze Wildpret / und Beeren / wie auch an theils Orten auf Trappen / Auerhanen / Berghuͤ - ner / Schwanen und Raiger; das Raisgejaid aber auf Rehe / Fuͤchs / Haſen und Feder-Wildpret zu verſte - hen / daher ſich jener weiter / dieſes aber etwas enger extendirt und ausſtrecket.
  • Zum Andern / wer nun beweiſen kan / daß er der - gleichen Wild-Bahn von unerdencklichen Jahren her in ruhiger Beſitzung genoſſen / nicht mit Gewalt / oder heimlich / unbewuſt des Grund-Herrns / oder Bitt - weiſe / aus Connivirung der Nachbarſchafft / ſondern aus habendem Recht / durch briefliche Urkunden / Lands - Fuͤrſtliche Belehungen / und wiſſentlich / doch ungehindert von dem Grund-Herren / von vielen Jahren her / durch ſeine Vorfahren / oder Gutes-Jnnhabere jederzeit ge - jagt / ſonderlich dieſen Actum mit gehoͤrigen Solenni - taͤten verrichtet / als wann eine gantze Gemein / offentlich am Tage / mit Geſchrey / vielen Hunden und Netzen / und auch wol in des Grund-Herren oder Nachbars Bey - ſeyn und Gegenwart / und ſolches meiſtestheils alle Jahr zu gewoͤhnlicher Zeit exercirt und getrieben habe / ſo iſts ein genugſamer Beweiß / daß die Poſſeſſion des Jagens undiſputirlich.
  • Drittens / gibt es zwar in dieſen Freyheiten offt groſſe und beſchwerliche / ſo wol durch Eigen-nutz und Hoffart / als auch durch der Bedienten Muthwillen und Frevel / viel und mancherley Uberſatz und Wider - ſprechens / dardurch offt gantze Nachbarſchafften ver - unruhiget / bemuͤhet / und zerruͤttet werden; als waͤre es freylich zu wuͤnſchen / daß Niemand einem andern zu - muthen moͤchte / was er ſelbſt nicht gerne von andern gedulten wolte; weil aber die Welt immer Welt bleibt / der hoͤlliſche Stoͤren-Fried allerley Unkrauts-Sahmen unter den Chriſten auszuſtreuen geſchaͤfftig / das menſchliche Gemuͤthe unruhig und ſehr zum Boͤſen ge - neigt iſt: Als iſts kein Wunder / daß offt entweder der Genuß beneidet und verſauret / oder aber die Gedult verachtet / verletzet / und endlich erboſſt und angeflam - met werde.
  • Zum Vierdten / wann nun zwiſchen dem Forſt - und Grund-Herren ſothane Mißhelligkeiten entſtehen / iſt neben den ſchrifftlichen Documenten der naͤchſte und kraͤfftigſte Beweiß / der aͤlteſten / naͤchſt angraͤnzenden / und von unparteyiſchen Herꝛſchafften hergenommenen Nachbarſchafft gewiſſenhaffte und redliche Auſſage / als: daß ſie es nicht anders wiſſen / noch von ihren El - tern und Vor-Eltern anders gehoͤrt haben; es habe niemand ſonſt daſelbſt gejagt; haben es ſelbſt geſehen / Garn und Zeuge / Leut und Hunde ſeyen dahin ge - bracht / das Wildpret gefaͤllt / verfuͤhrt / die Sultzen ge - ſchlagen / der Forſt-Habern eingenommen / die Forſt - Befehl wegen ſo wol des Wildprets / als des Forſtes / ausgefertigt / und die Ubertretter geſtrafft worden / al - ſo daß hieraus die Beſitzung vel quaſi Poſſeſſio leicht - lich zu behaupten / und der Gegentheil abzutreiben.
  • Fuͤnfftens / will ich mich mit dergleichen zanckſuͤch - tigen und ſtreitgierigen Parteyen hier laͤnger nicht auf - halten / ſondern ſie an gehoͤrige Richter gewieſen haben. Wer aber in geruhiger Poſſeſſion iſt / hat ſich dennoch zu befleiſſen / daß er ſeines Wild-Bahns Graͤntzen und Marckſteine / mit Zuziehung der Nachbarſchafft / fleiſſig beobachte / einſchlieſſe / aufſchreibe / und gleichſam auf - zeichnen laſſe / weil nicht allezeit Baͤume / Stoͤcke und Marckſteine / ſondern auch bißweilen Doͤrffer / Hoͤl - tzer / Landſtraſſen / Haͤuſer / Wieſen / Felder / Baͤche / Fluͤſſe / Gebuͤrge / Thaͤler / Leuten / Teuche / Seen / und dergleichen die Gebiete und Jurisdictionen unter - ſcheiden / ſo bey etlichen Herꝛſchafften nicht allein ſchrifft - lich aufgezeichnet / ſondern auch / gleichwie eine Land - Karten / mit Signirung aller der herumligenden Graͤn - tzen / Merck-Orten und Anrainungen / ſehr nutzlich zu beſſerer Nachrichtung verfertigt wird.
  • Sechſtens / weil nun dieſe Abſonderung / wann es / mit der Nachbarſchafft Beyſeyn / wenigſt alle andere Jahr beritten / und dardurch befeſtet wird / viel Weit - laͤufftigkeiten und Zaͤnckereyen verhuͤtet / als ſoll ein Forſt - Herr ſeinen Bedienten dieſe Limites wol einbilden und einbinden / daß ſie nicht zu weit greiffen / und jedem das ſei - ne unangefochten laſſen / nie auf ihres Herrn Gewalt / und anderer Ringſchaͤtzung / mehr / als gebuͤhrt / ſich unterſtehen / ſondern da etwa ein Jrrthum und Ver - ſtoß geſchehen waͤre / es bald abtragen und vergleichen.
  • Siebendens / gute gerechte Jaͤger / Wild-Schuͤ - tzen und Forſt-Knechte / werden zu Genieß - und Be - hauptung eines Wild-Bahns erfordert / die zu beſtimm - ter Zeit dem Wildpret nachſpuͤhren / kein boͤſes fuͤr ein gu - tes / kein traͤchtiges fuͤr ein galtes faͤllen; Jtem Hunds - Jungen / die den Hunden warten / putzen / ſie ankuplen und fuͤhren. So gehoͤren auch darzu gute gerechte Leit - Hunde / Jagt-Hunde / Blut-Hunde / Schwein-Hunde und groſſe Ruͤden. Sonderlich liegt dem Jaͤger ob / auf die heimliche Wildpret-Dieb und Nacht-Schuͤtzen fleiſſig acht zu haben / ſie auszuſpuͤhren / einzubringen / wo ſie Faͤll-Baͤume / Selbgeſchoß / Zain / Maͤſchen und dergleichen legen / hinwegzunehmen / Jtem Marck - ſteine / Baͤume und alle anrainende Graͤntzen offt - mals beſuchen / ſo auch irgends einiger Mangel ſich wie - ſe / alſobald anzudeuten; Jtem / daß die am Forſt an - ligende Bauren ihren Hunden Knuͤttel anlegen / oder gar an Ketten ſchlieſſen / ſie in das Gehoͤltze / ſonderlich wann die Hirſch-Kaͤlber jung ſind / nach ihren Gefal - len nicht lauffen laſſen; wo ſie aber uͤber Verbot der - gleichen Hund antreffen / ſolche todt ſchieſſen; Jtem / daß die Zaͤune um die Felder eine gewiſſe Maß und Hoͤ - he / keine ſcharffe Spitzen und Stachel haben.
  • Schließlich / ſoll ſich keiner mehr Gerechtigkeit an - maſſen / als ſo viel von Alters her im Gebrauch gewe - ſen / daher auch alle ſchaͤdliche præjudicirliche Neuerun - gen und unnachbarliche Feindſeligkeiten zu verbieten und zu ſtraffen.
E iijCap. 38Des Adelichen Land - und Feld-Lebens
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Cap. XXXV. Vom Raisgejaid.

  • ERſtlich / unter dem Namen des Raisgejaids wer - den verſtanden Rehe / Haſen / Woͤlffe / Luͤchſe / Otter / Biber / Fuͤchſe / Dachſen / wilde Katzen / Marter / Eltiß / Feld-Huͤner / Schnepffen / Gaͤnſe / Endten / und dergleichen Waſſer-Gefluͤgel; Jtem wilde Tauben allerley Arten / Krammets-Voͤgel / Lerchen und alles uͤbrige kleine Gefluͤgel / ſo mit dem Leim-Baum / Netzen / Maͤſchen und Schlingen / aut quocunque modo, gefangen oder geſchoſſen wird.
  • Zum Andern / dieſer Freyheit nun / haben ſich aus vie - ler Keyſer / Ertzhertzogen und Landes-Fuͤrſten Indult, Clemenz und Gnade / alle und jede Land-Leute / ſie ſeyen alt oder neu / ſo eigenthuͤmliche Edelmanns-Sitze und Guͤter im Lande haben / zu gebrauchen. Die andern a - ber / welche ſolche Guͤter im Lande nicht beſitzen / ob ſie gleich des Herrn oder Ritter-Standes / haben ſich allein des Hetzens und Paiſſens zu rechter Zeit / nach Adelichem Luſt und alten Herkommen gemaͤs / zu betragen. Die jenigen aber / ſo Buͤrgerliche Gewerbe in Staͤdten trei - ben / ob ſie gleich Nobilitirt ſind / doch zugleich Edel und Burgerlich ſeyn wollen / ſind nicht allein von dem Rais - gejaid / ſondern auch von des Hetzens und Paiſſens Ge - rechtigkeit / laut der Lands-Fuͤrſtlichen Verordnungen / gaͤntzlich ausgeſchloſſen.
  • Zum Dritten / die Fuͤchſe ſollen vor S. Michaelis nicht gejagt / oder geſchoſſen; auch die Gejaider Bur - gern / Bauren / oder gemeinem Geſinde nicht verlaſſen werden / auſſer an weit-entlegnen und gebuͤrgigen Or - ten / wo man mit Hunden und Netzen nicht jagen kan.
  • Vierdtens / ſoll keiner ſeine Nachbarſchafft oder Befreunde / mit Netzen / Hunden und Leuten / zurHerbſt-Zeit / zu ſich beruffen / ſondern mit ſeinen ſelbſt - eignen Hunden / Leuten und Netzen in ſein Gejaid kom - men / bey der Straffe / wo ers zum drittenmal thut / er das Raisgejaid ſolle verfallen haben; man ſoll auch das gefangene Wildpret (auſſer der Baͤlge) anderwerts nicht verkauffen.
  • Zum Fuͤnfften / jedweder Land-Mann darff einen Diener halten / der puͤrſchen koͤnne / doch ſolle ſolches dem hohen / rothen und ſchwartzen Wildpret unſchaͤd - lich geſchehen / und ſo er darwider handeln wuͤrde / waͤ - re der Jnnhaber des Raisgejaides ſchuldig / ſolche Ver - brecher / dem Forſt-Herꝛn und Wild-Bahns-Eigen - thumer / auf ſein Erſuchen und Begehren / in die Straffe zu liefern.
  • Zum Sechſten / wann es ſich zutruͤge (wie im Land ob der Enns / auch in Unter-Oeſterreich / in den Frey - und Gemein-Gejaidern oͤffters geſchihet) daß zween Land-Leute / mit ihren Jaͤgern bey einem Holtz (da - bey einer ſo viel Jus als der andere) zuſammen kaͤmen / ſo ſolle allweg der / ſo am letzten kommt / dem erſten zu weichen ſchuldig ſeyn / da ſie aber zugleich kaͤmen / ſollen ſie das Gejaid miteinander verrichten; doch iſt ausdruͤcklich verbotten / daß keiner in der Nacht ausziehen / oder vor Tages die Netze aufrichten ſolle / auſſer der Hoch-Netze ſo zum Rebhuͤner-Fang gebraucht werden.
  • Zum Siebenden / die Land-Leute in Unter-Oe - ſterreich haben meiſtentheils ihre ausgezeigte Oerter / auf ihren und ihrer Unterthauen / bißweilen auch auf frem - der Herrſchafft / Gruͤnden und Waͤldern unvermengt / daß ihnen kein anderer einjagen darff / auſſer / wo etwan freye und Gemein-Gejaider ſind / da zwey / drey oder mehrangraͤn -39Erſtes Buch / Land-Gut. angraͤntzende benachbarte jagen / da denn die Ordnung / wie kurtz vorhero begriffen / gehalten wird. Jm Land ob der Enns aber / iſt allen angenommenen Land-Leuten (ob ſie gleich kein ausgezeigtes Raisgejaid haben) von allen ihren anererbten oder erkaufften Veſten und Edelmanns - Wohnungen / ſich deſſen zu gebrauchen / unverwehret / doch daß ſie dergeſtalt die Maß halten / daß keiner dem andern zu nahend jage; darnach / daß ſie mit ihren Leuten und Hunden alle Nacht wieder zu Hauſe kommen / und dem Ubertretter ſoll erſtlich ein Jahr lang / das andermal zwey Jahr lang / des Raisgejaids ſich zu enthalten / zur Straffe auferlegt / zum drittenmal aber ſoll er der Rais - gejaids-Gerechtigkeit auf ewig entſetzt werden. Doch ſind die jenigen hier ausgenommen / die den Wild-Bahn auch beynebens poffidiren / die ſollen in den Graͤntzen ih - res Wild-Bahns nicht (aber wol auſſerhalb auf frem - den Gruͤnden) hierein gezogen ſeyn / wo ſie nemlich das hohe Wildpret zu jagen nicht Macht haben. Hier ſind auch excipirt die jenigen Land-Leute / die vorhin und vor Alters / uͤber Nacht auszubleiben Macht und Lagerſtaͤtte gehabt / denen ſolle ſolches ferner zu thun / unverbotten ſeyn.
  • Achtens / damit das kleine Wildpret nicht allzuſehr ausgeoͤdet werde / ſo hat der Lands-Fuͤrſt in ſeinen Rais - gejaid-Ordnungen / alles Abſchrecken / Wohnſaͤſſen / Selbgeſchoß / Faͤllbaͤume / Zaͤune / Schnuͤr / Gattern / Wißbaum / und alle andere dergleichen ungebuͤhrliche Weidmannſchafften verboten; und wer darwider han - deln wuͤrde / iſt er ein Land-Mann / ſollen ihme die / im vorigen ſiebenden Paragrapho, angedeutete Straffen zuerkennt werden; Jſt er aber kein Land-Mann / ſoll er dem jenigen Land-Mann / auf deſſen Gruͤnden und Waͤldern er ſolche Aß-Jaͤgerey veruͤbet / allen Zeuge verfallen ſeyn / und noch darzu / nach Erkanntnis / Pfand - maͤſſig gehalten werden; doch ſind auf die ſchaͤdliche Thiere / Woͤlffe / Luxen / und dergleichen / Selbgeſchoß / Faͤllbaͤume / und andere Arten / ſie zu fangen / (wo es von Alters her gebraͤuchig geweſen) noch ferner erlaubt. Wer mehr wiſſen will / beſehe die von unterſchiedlichen Keyſern und Ertz-Hertzogen publicirten Raißgejaids - Ordnungen / aus welchen diß alles auf das kuͤrtzeſte gezo - gen worden.

Cap. XXXVI. Von den Lehenbaren Guͤtern.

  • DJe Lehens-Herren / ſie ſeyen geiſtlich oder welt - lich / haben gleichſam uͤber die Guͤlten und Guͤter / die ſie andern verleyhen / das Dominium dire - ctum, und die Vaſallen die Nutznieſſung / oder / wie es die Juriſten nennen / das Dominium utile. Daher dann / Erſtlich / alles / was er aus ſeinen Lehen-Guͤtern erhauſet / erobert / gewinnt / erſpart / das gehoͤrt ihm frey - ledig und Eigenthuͤmlich zu / und hat daruͤber der Lehens - Herꝛ keinen Anſpruch. Dieſe Guͤter nun / muͤſſen ordent - lich verliehen / die Lehens-Taxa bezahlt / die Pflicht ab - gelegt / und der Lehen-Brief ihm zugeſtellt; auch bey al - len beederſeits ſich ereignenden Faͤllen / die Anmeldung und neue Lehens-Inveſtitur geſucht werden.
  • Zum Andern / was Herren und Ritter-Standes Perſonen verliehen wird / heiſt man Ritter-maͤſſige Lehen; was aber Burgern / oder ſonſt gemeinen Leuten / verlie - hen iſt / nennt man (weil ſie in gewiſſen Faͤllen eine Lehens - Steuer in das Vitztum-Amt reichen muͤſſen) Beutel - Lehen: die Lands-Fuͤrſtlichen Lehen ſind Haupt-Lehen; die Affter-Lehen aber / werden andern von dem Lands - Fuͤrſten verliehen / doch daß ſie der erſte empfangende Vaſall zu eignen Nutzen nicht poſſidiren / ſondern an - dern ferner verleihen ſolle. Etliche Lehen ſind auf den Manns-Stamm allein / etliche auf Mann und Weibe zugleich / etliche nur auf eine abſteigende Linea, etliche aber auf den gantzen Namen und Stammen / etliche ruͤhren von auslaͤndiſchen Fuͤrſten / etliche von denen im Land angeſeſſenen Prœlaten und Herren her.
  • Drittens / die fremde Fuͤrſten nun ſind ſchuldig / ei - nen Lehen-Probſten im Land zu halten / bey dem / wann ſich Faͤlle ereignen / man die Lehen erſuchen koͤnne; weil kein Vaſall ſolche auſſer Landes zu empfangen ſich unter - ſtehen darff / ſollen auch die Land-Leute mit neuen Re - verſalien und Taxen nicht beſchwehrt / oder ihnen neue Conditionen / als Erſcheinung auſſer Landes / aufgebuͤr - det werden / und da man in einem oder andern darwider handelte / kan der Vaſall bey der Regierung daruͤber klagẽ.
  • Zum Vierdten / die Lehen nun werden unterſchied - lich erlangt / als
    • 1. Aus Gnaden und umſonſt / zu Vergeltung treu-er - zeigter Dienſte.
    • 2. Durch Kaͤuffe / ſo mit Conſens des Lehens-Herꝛn geſchehen.
    • 3. Mit Erb-Recht / nach des Lehens Art und Con - dition.
    • 4. Krafft Lands-Fuͤrſtlicher Lehens-Gnade und der Abloͤſung.
    • 5. Durch erſtes Anzeigen eines verſchwiegnen oder verfallenen Lehens.
    • 6. Mit Præſcription oder Verjaͤhrung.
    • 7. Werden auch itziger Zeit die Lehen durch gerichtli - che Anſaͤtze erlangt.
  • Wie aber dieſes alles weitlaͤuffig zu verſtehen / und ſich in allem zu verhalten / kan aus Herrn Bernhardi Walteri geſchriebnem Lehen-Buch des Ertzhertzogthums Oeſter - reich unter der Ennß / ſo in vieler Handen befindlich / er - ſehen / und genugſame Information in einem und andern daraus genommen werden.
  • Fuͤnfftens / die Lands-Fuͤrſtliche Lehens-Gnad iſt nach und nach vermehrt und verbeſſert / erſtlich / wann ein Landsmann mit todt abgieng / der ein Vaſall iſt / und keinen maͤnnlichen Erben hat / ſoll ein Viertel (bald dar - auf iſt die Helffte verwilligt worden) denen Toͤchtern / oder naͤchſten Befreundten beederley Geſchlechts erfolgen. So hernach gar auf drey Viertel / und folgends auf das gantze Lehen von Rudolpho II. den 10. Febr. Anno 1587 / wie auch von hernach regierenden Roͤmiſchen Key - ſern iſt erweitert und extendirt worden. Jn dieſem Fall aber / ſchlieſſt der Manns-Stamm den weiblichen ſo lang aus / ſo lang er waͤhret; ſo er aber abgieng / kommt es auch auf die Toͤchter und ihre Succeſſion. Dieſe Lehens-Gnade aber / hat allein im alten Stamm - und Vaͤtterlichen Lehen ſtatt; wenn aber einem Vaſallen Lehen-Guͤter von neuem verliehen werden / und er keineSoͤhne /40Des Adelichen Land - und Feld-LebensSoͤhne / ſondern nur Toͤchter und andere Befreundten hinter ſich lieſſe / moͤgen ſich ſelbige dieſer Lehens-Gnade nicht behelffen / ſondern faͤllt dem Lands-Fuͤrſten ohne Mittel heim; Es ſey dann ſolches neues Lehen / aus ſonderbarem Favor, mit beygefuͤgter Clauſel der Lehens - Gnad / ausdruͤcklich verliehen worden. Hernach gilt dieſe Lehens-Gnad auch nicht / wann ein Lehen-Gut durch Fellonia oder Verwirckung confiſcirt wird / oder wann es inner Jahres Friſt nicht geſucht / ſondern ver - ſchlaffen worden / ſo werden auch auslaͤndiſche und andere Herren-Lehen dardurch nicht gebunden.
  • Zum Sechſten / es hat auch (wie oben ſchon mit we - nigen gedacht) die Præſcription in Lehens-Guͤtern ſo weit ihre Statt / daß / wann ein Lehens-Faͤhiger ein Lehen - Gut gantzer dreyſſig Jahr / ohn alle Interruption, oder ohne des Lehens-Herrn Widerrede / innen hat / nutzet und gebrauchet / ſo kan dem Jnnhaber (wann er ſchon mit keinem Lehen-Brief verſehen iſt) das Gut von dem Lehens-Herrn dennoch nicht genommen werden. Kein eigenthuͤmliches Erb - oder frey-eignes Gut kan es gleich - wol nicht ſeyn / es waͤre dann hundert gantzer Jahr / nach -einander / ohn alle Interruption, oder Contradiction, poffidirt worden.
  • Zum Siebenden / die juͤngſten Lehen-Briefe ſol - len ſich allezeit mit den aͤltern conformiren / und wann die alten das Lehen auf Soͤhn und Toͤchter zugleich con - feriren / koͤnnen ſolche in den juͤngern inveſtituren nicht ausgeſchloſſen werden. Wann ein Lehen vielen Perſo - nen zugleich / oder einem Weibsbild / oder unvogtbaren Erben / verliehen wird / muͤſſen ſie einen qualificirten Lehen-Trager ſtellen. Jn Affter - und groſſen Stammen - Lehen / iſt meiſtes der Aelteſte unter ihnen Lehen-Trager / oder wie es die Pactata Familiæ ausweiſen.
  • Zum Achten / ſoll keiner ſein Lehen-Gut / ohne Conſens des Lehen-Herrn / in langwuͤhrigen Beſtand verlaſſen / doch ſoll erlaubt ſeyn auf kurtze Jahr (wann ſie nur nicht uͤber zehen Jahr ſind) ſolches Lehen-Gut unverfaͤnglich zu verlaſſen. Wer nun mehr in dieſer Ma - teria zu wiſſen verlangt / kan ſich aus Herrn Walteri U. J. D. und Nieder-Oeſterreichiſchen Cantzlern ge - ſchriebenem Lehen-Buch und Land-Rechten / Raths er - hohlen.

Cap. XXXVII. Von Uberlend-Dienſten.

DJe Uberlend-Dienſte ſind dieſe / daß auch offt unter fremden Herrſchafften / und an nahen o - der weit-entlegenen Orten Grundſtuͤcke / Wieſen / Aecker / Gehuͤltze und dergleichen / wegen unterſchiede - nen Urſachen mit einem gewiſſen von Alters her gewohn - ten und hergebrachten Dienſt und andern Servituten der Obrigkeit verbunden ſind. Dieſe ſind nun von zweyer - ley Gattungen / Lehenbahr und freyeigen; was Lehen - bahr iſt / wird bey allen Faͤllen und Veraͤnderungen / (wie ſonſt das gemeine Lehen-Recht erfordert und mit ſich bringet) mit einem neuen Lehen-Brief verſehen; was aber freyes Eigen iſt / wird wieder in 2. Theil ge - theilet / in gemeine und verzickte Dienſte: Die Gemei - nen kommen meiſtes theils etwas hoͤher / haben aber deſto weniger Gefahr / wann nur die Jaͤhrliche Ge - buͤhr auf einen oder den andern Termin, nach diſcre - tion der Obrigkeit / und Moͤgligkeit des Vaſallen ab - gerichtet wird. Die verzickte Dienſte ſind meiſtes theils geringe / und treffen nur etliche Pfenning an / ſind aber deſto fleiſſiger zu beobachten / weil periculum in morâ, daß / im fall auf einen beſtimmten Jahrs-Tag / Geor - gii / Michaelis / und welcherley Tag benennet wird /vor Untergang der Sonnen der beſagte verzickte Dienſt vergeſſen und nicht abgelegt wird / das gantze Grund - ſtuck der Obrigkeit dardurch verfallen wird / welches einen nachlaͤſſigen oder vergeßlichen Hauß-Vatter in groſſen Schaden und Verderben bringen kan / woferne nicht die gewiſſenhaffte langmuͤthige Herrſchafft aus Gnaden etwas nachlaͤſſet. Welche Guͤter ihre Grund - Buͤcher (davon hernach abſonderlich tractirt wird) halten und beſitzen / da werden auch dieſe Uberlend - Dienſte gebuͤhrlich in eine ſonderbare Claſſen eingetra - gen / und daſelbſt die Jaͤhrliche Erlegung des Dienſtes eingezeichnet / und bißweilen wol auch dem Abſtatter / wegen der Richtigmachung / ein Scheinlein heraus ge - geben / ſonſt aber haben die Grund-Buͤcher (faſt wie der Kauffleute Buͤcher) Vim probandi in ſich / und kan ſich jeder keck darauf beruffen / und daraus ſein Recht probiren. Wo man aber keine Grund-Buͤcher haͤlt / kan man dieſe Dienſt nur in die Urbarien und Un - terthanen Regiſter zuletzt abſonderlich einſchreiben / und von Jahr zu Jahr die Abſtattung gebuͤhrlich und treulich einverleiben.

Cap. XXXVIII. Von den Zehenden.

DJe Zehenden ſind auch ein ſchoͤnes und nutzba - res pertinens zu einem Land-Gut / da man auf gewiſſen Feldern / Aeckern / und Grundſtucken (darunter auch der Wein-Zehend und Berg-Recht ge - hoͤrig) den voͤlligen / bißweilen nur den halben / dritten oder vierdten Theil am Zehend in gewiſſer Maß zu er - heben hat.

  • Zum Erſten / iſt Lands-braͤuchig / daß man von al -lem dem / was mit dem Pflug / mit der Hauen / oder Hand zu Feld allenthalben auf den Zehendbaren Gruͤnden er - baut worden / den Zehenden reiche und bezahle / es ſey Wein / Saffran / Weitz / Korn / Gerſten / Habern / Lin - ſet / Hanff / Hirsbrey / Mahen / Arbeis / Wicken / Kraut / Zwibel / oder andere Fruͤchte / ſolle auch auſſer den uralten Haus-Gaͤrten kein Grund oder Gut / es habe auch Na - men / wie es immer wolle / welches nicht daruͤber authen -tiſche41Erſtes Buch / Land-Gut.
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    tiſche Documenta und ſonderbare Freyheiten aufzuzei - gen / oder aber die Præſcriptiones und Verjaͤhrungen zu beweiſen / vom Zehend freygelaſſen ſeyn.
  • Fuͤrs Andere / da auch auf den Zehend-Aeckern zum andernmahl in einem Jahr / als Kraut / Ruben / Haar / Brein / und dergleichen gebaut wuͤrde / muß nichts deſto weniger der gebuͤhrliche Zehend auch zum andernmahl abgerichtet werden.
  • Zum Dritten / wann ein zehendbarer Baugrund von neuem zu einer Wieſen gemacht wuͤrde / muß nicht weniger die zehende Matt von Heu und Grunmat ge - reicht werden / es waͤre dann zu beweiſen / daß ſolcher A - cker auch vorhin ein Garten oder Wieſen geweſen / davon man keinen Zehend gegeben haͤtte.
  • Vierdtens / die Neubruͤch (dafuͤr allein dieſe zu hal - ten / wo hievor keine Furch geſehen / auch nie angebauet worden) die hernach umgeriſſen / ausgeſtoͤckt und gebaut werden / ſo ſie auf einem zehendbaren Grunde liegen / ſind allein das erſte Jahr Zehend-frey / die ſie hernach wie andere Zehend-Felder reichen und abfuͤhren muͤſſen.
  • Zum Fuͤnfften / kein Getrayd ſolle / unbewuſt des Zehend-Herrn / heimgefuͤhrt / und der Zehend / nach Gut - duncken / im Feld gelaſſen werden; ſondern man ſoll die ordentliche Auszehendung begehren / und / nach deren Ver - richtung / das ſeinige heimbringen / den Zehenden aber verwahrlich halten / damit kein Vieh hinein getrieben / und Schaden verurſacht werde.
  • Zum Sechſten / wann jemand den Zehenden / wider des Zehend-Herrn Willen / aus dem Feld einfuͤhrt / und ihm den zu geben verweigert / ſoll der Zehend-Herr dop - pelten Zehenden zu heben befugt ſeyn / wann er in langer richtiger Poſſeß deſſelben geweſen / wo er aber ſtrittig waͤre / und die wirckliche Poſſeß in Zweifel gezogen wuͤr - de / ſoll man daruͤber gerichtlicher Erkanntniß (die dochSummariffimè ausgefuͤhrt und verſcheidet werden ſolle) zu erwarten ſchuldig ſeyn / und dem ſelbigen nachleben.
  • Zum Siebenden / ob auch ein Zehend-Herr / auf ei - nes andern Grund-Herrn Grund und Boden / zu Erhal - tung ſeiner Gerechtigkeit / und zu Einbringung ſeiner vor - enthaltenen und entzogenen Zehenden / einige oder mehr Handlungen vornehme / ſoll derſelbige doch wider keinen Grund-Herrn / Land-Gericht oder Obrigkeit nichts ge - frevelt oder verbrochen / ſondern des alles Fug und Recht haben; doch ſolle ihm (auſſer der Zehend-Gebuͤhr) ei - nige andere Jurisdiction (uͤber den Zehenden) am we - nigſten nicht zuſtaͤndig ſeyn.
  • Zum Achten / die jenigen / ſo bißhero den Haus - Zehend von vierfuͤſſigen und Feder-Viehe gegeben / ſol - len (wie es vor Alters herkommen) noch forthin / dem - jenigen / dem er billich gebuͤhrt / treulich und ohne Wider - ſatz reichen / wuͤrden ſie aber in der Anſag oder Lieferung falſch und ſtraͤfflich erfunden werden / ſollten ſie auf jedes ſolches Verbrechen den Zehenden doppelt reichen / darzu ſie auch die Grund-Obrigkeit auf des Zehends-Herrn Anlangen gebuͤhrlich halten / und nicht Unterſchleiff geben ſolle; oder ſoll der Herr ſelbſt beklagt / und nach Erkannt - niß des Gerichts geſtrafft werden.
  • Zum Neundten / dem Zehend-Herrn ſtehet frey ſei - ne Zehend ſelbſt heimzufuͤhren / oder jemanden andern um Geld oder Koͤrner zu verlaſſen / dahero die Jnnhaber der Zehendbaren Gruͤnde ſchuldig / wann das Getrayd abgeſchnitten / ſolches dem Zehend-Herrn drey Tag vor - her anzuzeigen / damit er hernach auszehenden / und laͤngſt inner fuͤnff Tagen den Zehenden vechſnen und das Feld raumen moͤge. Da auch mehr Zehend-Herren waͤren / ſolle es jedem inſonderheit angedeutet werden / doch da derſelbẽ einer oder der ander / uͤber eine Meil We - ges von den Zehendbaren Gruͤnden entlegen / und keinFAmt -42Des adelichen Land - und Feld-LebensAmtmann oder Abgeordneter / dem die Anſag und Aus - zehendung geſchehen moͤchte / verhanden waͤre / ſolle der Zehend-Unterthan die Anſag weiter zu thun nicht ſchul - dig ſeyn / ſondern den Zehenden treulich abſondern / lie - gen laſſen / und biß zur Abfuͤhrung (die doch in kurtzer Zeit folgen ſolle) verwahren / auch kein Vieh entzwiſchen darinn treiben.
  • Zum Zehenden / im ſchwehren Getrayd ſoll der Ze - hend-Mann das Mandel zu funffzehen / und den Schober zu ſechtzig gleichmaͤſſigen Garben aufrichten; nachdem ſoll der Herr des Zehends ſelbigen nach Gefallen / doch nach Billigkeit / ausſtecken / und ohne Verhinderung des Zehend-Manns heimfuͤhren laſſen. Das Sommer - Trayd aber / wo es nicht in Garben gebunden wird / ſteht dem Zehend-Herrn frey / die zehende Matt / oder den ze -henden Hauffen (die / ſo viel als moͤglich gleich ſollen ge - macht ſeyn) fuͤr ſich auszuſtecken und zu erheben.
  • Zum Eilfften / aller und jeder Zehend ſoll / ohn eini - gen Abzug des Bau-Unkoſtens / von den erbaueten Fruͤch - ten gereicht werden / wie auch ſolche Zehend-Reichung vor allen andern Gefaͤllen und Schuldigkeiten von dem Zehendbaren Gut / in der Bezahlung von Rechts wegen den Vorgang haben ſolle. Wer mehr Erlaͤuterung ver - langt / kan die von unterſchiedlichen Land-Fuͤrſten viel - faͤltig publicirte Zehend-Ordnungen (daraus dieſes al - les genommen) leſen und zu Rath halten. Doch ſind die Gebraͤuche an einem Ort anders / als an dem andern / daher vornemlich auf die alten Herkommen zu ſehen / und in dieſen und dergleichen Sachen nicht leichtlich eini - ge Neuerung einzufuͤhren.
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Cap. XXXIX. Von den Grund-Buͤchern.

DJe Grund-Buͤcher ſind eines unter den nutzba - ren Einkunfften der Land-Guͤter und Herr - ſchafften / meiſtes theils darum aufgerichtet / da - mit / wegen der fremden Unterthanen / die unbehauſte Guͤ - ter / Wieſen / Weinberge / Aecker und Waͤlder unter des Grund-Herrn Bottmaͤſſigkeit / durch Erbſchafft / Wechſel / Cesſion, Kauff und dergleichen Veraͤnderun - gen an ſich bringen / daſelbſt richtig eingezeichnet / kuͤnfftig allzeit daſelbſt eine Nachricht haben / ſowol auch des Grund-Herrn Gebuͤhr und Gerechtigkeit nichts entzie - hen koͤnnten. Zu dem Ende wird bey den meiſten Obrig - keiten jaͤhrlich ein gewiſſer Tag / als S. Georgii / S. Michaelis / S. Martini / und dergleichen beſtimmet / da - hin alle und jede Parteyen / Fremde und Unterthanen erſcheinen / ihre Gebuͤhr abzahlen / woferne Veraͤnderun -gen in einem und andern vorbey gegangen / ſolche andeu - ten und aufzeichnen laſſen / damit keine Unbilligkeit / Be - trug oder Verwirrung ſich ereignen / das Recht nicht un - terdruckt / noch die unrechtmaͤſſige Anforderungen befor - dert werden moͤchten. Und dergleichen dienſtbare Guͤ - ter werden in den Rechten Bona Emphyteutica genen - net / darinn dem Beſitzer nicht das Directum, ſondern allein das Utile Dominium zuſtehet / und werden ver - liehen entweder erblich / oder auf gewiſſe Leibe / oder auf beſtimmte Jahre; und dieſe Erblichen moͤgen ſie genieſ - ſen / innhaben / verteſtiren / verkauffen oder vergeben / fallen auch auf ſeine naͤchſte Erben / doch dem Grund - Herrn an ſeinem Jus unſchaͤdlich: Auf die letzten zwey Arten werden Beſtand - und Leibgeding-Brief aufge - richtet / nach deren Jnnhalt alles zu reguliren iſt. Dieſenun43Erſtes Buch / Land-Gut. nun ſind behauſet oder unbehauſet; und daruͤber wer - den gewiſſe Grund-Buͤcher aufgerichtet. Wer ſich nun bey dem Grund-Buch anmeldet / und wegen eines Grundes ihme eine Gewehr zu verleihen begehret / der muß ſein Jus erſtlich aufweiſen / daſſelbe wird vorher exa - minirt / obs genuſam / oder nicht; ob nicht auf das begehr - te Grund-Stuck Dienſte / Vogt - und Berck-Recht aus - ſtaͤndig ſeyen / ob nicht Saͤtz oder Verbott darauf hafften; dieſes alles muß man vorher bezahlen und abledigen / deßwegẽ deñ die Nothdurfften uñ Quittung aufzuweiſen / oder in derer Ermanglung / wann ſie durch Ungluͤck wiſ - ſentlich verlohren / Toͤdt-Brief einzureichen. Hernach wird ſein Begehren dem Grund-Buch einverleibt / alleConditionen und Bedingungen beygefuͤgt / ſo ſind auch die zum Grund-Buch erlegte Gerechtigkeiten und brief - liche Urkunden / als Teſtament / Freundſchaffts-Be - weiſungen und Sippſchafften / Aufſandungen / Cesſio - nen / Kauff-Brief / Vermaͤchte / Satz-Briefe uñ derglei - chen / ordentlich aufgehebt / und ein richtiges Regiſter daruͤber / damit jedes zur Nothdurfft zu finden / aufgerich - tet. So muß man auch dieſe Grund-Buͤcher fleiſſig verwahren / und ſolche niemanden / als getreuen Leuten / untergeben / damit nicht / wie durch boͤſe eigennuͤtzige und geſchenckſuͤchtige Leute bald geſchehen kan / durch Ver - faͤlſchung / Ausrottirung oder Beyſatz eines oder des andern intereſſirten Recht moͤchte in Zweiffel kommen.

Cap. XL. Was bey Handlungen des Grund-Buchs zu beobachten.

  • ERſtlich muͤſſen im Grund-Buch alle Saͤtze / ſo zu Zeiten auf einen oder den andern Grund geſche - hen / eingezeichnet ſtehen / und wann man jeman - den einen Gewehr-Auszug folgen laͤſſet / muß ſolches ne - ben der Gewehr eingeſchrieben / und ſamt allen Wand - lungen vorgemerckt werden. Und hat zwar jeder Land - Mann die Macht / ſeine frey-eigene Guͤter zu Erb-Guͤtern auszulaſſen; wie gleichfalls auch der Lands-Brauch zu - laͤſſet / daß es in Lehen-Guͤtern ſeyn kan / doch mit dieſer Beſcheidenheit / daß das Lehen-Gut dardurch nicht de - teriorirt werde / welches dann auch mit dieſer Ausnahm / auf Conſens des Landes-Fuͤrſten / dem Kloſter zu thun er - laubt iſt. Wer nun einen ſolchen dienſtbaren Grund durch Erbſchafft ſuchet / der muß erſtlich die Sippſchafft in glaubwuͤrdiger Zeugſchafft / oder das Teſtament / oder einen Autentiſchen Extract von einem Rath / Land - Gericht oder Obrigkeit einliefern / und bey dem Grund - Buch liegen laſſen; wird es aber von der Partey wieder hinausgenommen / ſo wirds doch eingeſchrieben / und muß ſich / wann kuͤnfftig Strittigkeit entſtuͤnde / die Partey ſelbſt ſchermen. Wuͤrde aber Nachricht einkommen / daß mehr Erben oder Anforderungen vorhanden / muß man / die Gewehr zu verfertigen / innen halten / es gebe denn der Prœtendent einen genugſamen Scherm-Brief / das Grund-Buch ſchadloß zu halten; Jmfall auch wegen ei - nes Grund-Stucks die Partheyen allbereit fuͤr Recht laͤ - gen / wird die Ausfertigung der Nutzen und Gewehr biß zu Austrag der Sachen verſchoben. Es braͤchte denn ein Theil genugſame Gerechtigkeit und Documenten zum Grund-Buch / und wollte den Grund-Herrn alles Schadens halber vertretten und ſchermen. Fuͤrs andere / wer dergleichen Grund-Stuͤcke / die zu einem Grund - Buch dienſtbar ſind / kaͤufflich an ſich bringt / der muß von dem Verkauffer die Aufſandung / wie Lands-braͤu - chig / fuͤrbringen; da aber etwan der Verkauffer vor Fertigung der Aufſandung abſtuͤrbe / oder auſſer Lands abweſend waͤre / und der Kauffer durch die Kauffs-Notel / lebendige Zeugen / oder ſonſt auf andere Weiſe probiren koͤnnte / daß ihm das Gut redlich und aufrichtig verkaufft worden / ſo ſoll man ihm / ungehindert / wie billich / die Aus - fertigung der Gewehr zuſtellen.
  • Drittens / wer allein an der Gewehr ſtehet / deſſen gantzer Grund faͤllt nach ſeinem Tod auf ſeine Erben / wenn aber einer ſeine Hausfrau mit einſchreiben laͤſt / ſo faͤllt nach ſeinem Tod das Erbe nur die Helfft auf ſeineErben / die andere Helfft aber verbleibt der Hausfrauen / & vice verſa; auſſer es ſey die Gewehr auf Uberleben geſtellt / ſo kommt das Grund-Stuck dem uͤberlebenden Theil allein; ſind aber zwey Eheleute / oder andere Per - ſonen zugleich um einen Grund an die Nutz und Gewehr geſchrieben / ſo ſoll eine ohne des andern Wiſſen und Wil - len den Grund nicht veralieniren / oder die Gewehr ver - aͤndern / auch ſoll ſolches durch den Grund-Herrn nicht geſtattet werden.
  • Vierdtens / im Grund-Buch muß ſo wol des Grund - Herrn / als des Gewehrnehmers Namen / ſamt allen Be - dingungen und Urſachen / ob es durch Ubergab / Wechſel / Erbſchafft / Heurath / Schaͤtzung oder Gerichts-Urkund beſchehen iſt / nicht weniger auch die naͤchſt-gelegenen itzi - gen Nachbar-Gruͤnde / Graͤntzen / Gebuͤrge / mit Anzei - gung der March und Stein / namentlich eingezeichnet ſeyn / und wie viel und zu welcher Zeit man den Dienſt abzurichten ſchuldig.
  • Zum Fuͤnfften / wann ein Grund zu einem Gotts - hauſe / Kirchen oder Spital vermacht worden / kan der Grund-Herꝛ eine gewiſſe Zeit beſtimmen / darinn der Grund wieder einer weltlichen Perſon verkaufft werde / oder muͤſſen zuſagen / ſo offt ein Prœlat / oder Pfarrherꝛ / oder Spital-Meiſter dahin kommt / allweg die Gewehr in 10 Jahren von dem Grund-Herrn von neuen zu neh - men / oder (welches braͤuchlicher) ſolches zu thun / ſo offt ſich mit ihnen eine Veraͤnderung zutraͤgt. Was aber die Zechen / Zuͤnfften / Bruͤderſchafften und Gemeinden anlanget / die ſollen die Gewehr allweg in 10 Jahren ein - mal wieder ausfertigen laſſen / darnach ſich denn die Grund-Buͤcher meiſtentheils richten.
  • Zum Sechſten / wiewol eines Zins-Manns Namen / ohne Benennung ſeiner Erben / meiſtens in den Gewehren einverleibt wird / koͤnnen doch ſeine Erben / auf begeben - den Fall / davon nicht ausgeſchloſſen werden / doch muͤſ - ſen ſie die Gewehr von neuen empfangen.
  • Wer ein Grundſtuck / ſo ins Grund-Buch dienſtbar iſt / durch billiche Mittel erlanget / der muß die Gewehr dar - um inner Jahrs-Friſt empfangen; waͤren aber 2. Ehe - leute auf Uberleben eingeſchrieben / und eines gehet mit Tode ab / ſo darff der uͤberbliebene Theil nicht von neuen ſich an die Gewehr ſchreiben laſſen; diß ſind auch die Erben nicht ſchuldig / wann ſie in der Gewehr vorhin mit einverleibt ſind / welches ſonderlich bey den Leibs-Erben in acht genommen wird.
F ijCap. 44Des Adelichen Land - und Feld-Lebens

Caput XLI. Von Grund-Rechten.

WAnn eine Faͤlligkeit / was Urſachen es ſey / ſich ereignet / kan der Grund-Herꝛ das Grund - ſtuck fuͤr ſich ſelbſt nicht einziehen / ſonſt vergiebt und verliert er ſein Jus, und muß ſich des Gewalts halber abfinden; ſondern er muß ein Grund-Recht durch unverdaͤchtige darzu erbettne Unparteyiſche Per - ſonen beſetzen / um deſſen Erlaubnus aber / vorher bey der Lands-Fuͤrſtlichen Obrigkeit / oder deren Regie - rung / einkommen / welches denn in folgenden Faͤllen gebraͤuchig iſt / wann 1. der Zinß oder Dienſt in dreyen Jahren nicht abgerichtet wird / ſo aber die Geiſtlichen Grund-Herren gleich das andere Jahr / wañ ihnen der Dienſt nicht gereicht wird / Macht haben / und hindert daran nicht / wenn gleich ein Theil des Dienſtes be - zahlt worden / wiewol bey den meiſten Grund-Buͤchern die Chriſtliche moderation beobachtet wird / daß ſie um die Ausſtaͤnde ſich nach Billigkeit vergleichen / es waͤre dann / daß man halsſtaͤrrig / den gebuͤhrenden Dienſt zu erlegen / ſich widerſetzen wollte; geſchehe aber dieſer Jrrthum aus Unwiſſenheit / Armuth und andern erheb - lichen Urſachen / und man waͤre erbietig die Bezahlung zu thun / ſo ſtehet das Grund-Buch meiſtes in Gedult / und laͤſſt ihr Recht aus Chriſtlicher Liebe ſchwinden.

Es haben aber die Geiſtlichen Grund-Obrigkei - ten dieſen Vortheil / daß ihnen / wegen der ausſtaͤndigen Dienſt / nicht allein die Einziehungen des Grundes / ſondern auch die Bezahlung der ausſtaͤndigen Dienſte zuerkannt wird; was aber weltliche ſind / laſſen ſich mei - ſtestheils an dem Grund-Stuͤck begnuͤgen / weil ihnen alle melioration, ſo der Jnnhaber auf ſolches Stuck ge - ordnet hat / mit verfaͤllt. 2. Jſt diß auch eine Urſach der Faͤlligkeit / wañ ein Zinsmann ſeinen Erb-Grund in Ab - bau und Veroͤdung kommen laͤſſet / daß er mercklich ver - derbt worden / als wann ein Weinberg in 2. oder 3. Jahren nicht geſchnitten / oder ein Feld nicht gedungt worden / und ſolches kein Ungluͤck / Kriegs-Gefahr o - der Ungewitter / ſondern allein des Jnnhabers Faulheit und liederliches Leben verurſachet. Es darff auch / drit - tens / ein Grund-Herr / wegen ausſtaͤndiger Dienſte einen Holden nicht erſt beklagen / ſondern (wie es bey etli - chen Grund-Buͤchern das Herkommen und Gebrauch iſt) mag ſich ſelbſten darum pfaͤnden / diß muß aber auf des Holden eigenem Grund / und nicht auf einem frem - den geſchehen / muß auch die Pfaͤndung mit dem Auß - ſtand eine gebuͤhrliche Proportion haben / und nicht zu hoch oder uͤbermaͤßig geſteigert werden.

  • Vierdtens / ob ſchon ein Grund-Stuck durch Erdbeben / Hagel / Ungewitter / und Waſſerguͤſſe ver - derbt wuͤrde / kan doch dem Grund-Herren der gebuͤh - rende Dienſt deßwegen nicht abgeſprochen ſeyn / wofern er nicht gutwillig ſelbſt etwas nachſehen will; weil auch die Landſteuer von ſolchen unbehauſten Gruͤnden und Guͤtern nicht von dem Jnnhaber / ſondern von der Grund-Obrigkeit gefordert uñ entrichtet wird / auch von ſolchen Uberlend-Guͤtern ein Unterthan zu robathen nicht ſchuldig iſt / es waͤre dann / daß er ſolche Robath / vor Alters her / gethan haͤtte.
  • Was nun / Fuͤnfftens / die Grund-Dienſt an ſichſelbſt / es ſey nun Trayd / Wein / oder anders / anlan - get / iſt ein Grund-Herꝛ nicht ſchuldig nachzuſchickẽ / oder ſolche abzuholen / ſondern der Zinßmann iſt ſchuldig / den Dienſt / auf ſeinen eignen Unkoſten / ohne Entgeld / dem Herꝛen ſelbſt heimzubꝛingen und zu uͤberantworten; doch was das Berg-Recht antrifft / iſt der gemeine Lands - Brauch / daß man ſie von den Herꝛſchafften vor dem Wein-Garten ſelbſt abhohlet / welches alſo nach der alten Gewonheit zu beobachten und darnach ſich zu rich - ten. So darff man auch den Grund-Dienſt nicht ſteigern.
  • Sechſtens / ſtehet jedem Zinß-Mann frey / ſeinen Grund der Obrigkeit heimzuſagen / uñ kan man ihn nicht zwingen ſolchen zu bchaͤlten / es waͤre dann / daß er vor der Obrigkeit noch unverglichene uñ uneroͤrterte Rechts - Sachen haͤtte / iſt die Obrigkeit einen ſolchen vor Aus - trag der Sachen abzulaſſen nicht ſchuldig / er ſtelle dann genugſame Buͤrgſchafft / das Recht auszufuͤhren / und der Erkantnus des Urtheils Vollziehung zu leiſten.
  • Zum Siebenden / was die Anfeilung betrifft / wann jemand ſein dienſtbares Grund-Stuͤck verkauffen will / ob ſie vorher der Grund-Obrigkeit beſchehen ſolle / ſo iſt ſich nach den alten Gebrauch zu richten / damit / wo es vor nie uͤblich geweſen / auch ferner keine Neurung eingefuͤhrt / ſondern jeweder in ſeinem Recht / ohne Be - ſchwerung / gehalten werde.
  • Achtens / wo jemand um beweißliche Schulden be - klagt / und dem Klaͤger das Recht Obrigkeitlich zuer - kennet wird / ſo mag ſolcher des Beklagten dienſtbare ſo wol / als freyeigene Guͤter anſetzen laſſen / und wo - ferne der verluſtigte Theil den Grund aus dem Anſatz zu gebuͤhrender Zeit nicht loͤſet und ablediget / ſo iſt der Grund-Herr ſchuldig / dem obſiegenden Theil Nutz und Gewehr / um ſolchen Grund zu geben und folgen zu laſſen / doch muß vorher ein Compaß-Brief dem Grund - Herrn von dem Gericht / davon das Urtheil ergan - gen / eingeliefert / und darauf erſt die Execution ver - williget werden.
  • Zum Neundten / wann ein Dienſtmann / der keine Bluts-Freunde oder geſippte Erben hinterlaͤſt / ohne Teſtament mit Todt abgeht / ſo faͤllt das Grund-Stuck dem Herrn ohne Mittel heim / ſamt aller Vexung / ſo der Zeit einige verhanden waͤre / ſonderlich wann die Præſcription darzu kom̃t / daß ſich innerhalb 10 Jahren kein Jnnlaͤnder / und in 32 Jahren kein Auslaͤnder deß - wegen anmeldet / und mit dieſen Conditionen mag auch ein ſolcher Grund von der Herrſchafft ferner verliehen werden.
  • Zum Zehenden / wann Waiſen und ungevogte Kinder verhanden / und ein ihnen zugehoͤriges Grund - Stuck um ihres beſſern Nutzen Willen verkaufft wird / ſoll der Kaufſchilling zum Grund-Buch erlegt / oder an ein richtiges gewiſſes Ort angelegt / daneben auch or - dentliche Gerhaben beſtellt werden / welche die Verant - wortung deßwegen kuͤnfftig leiſten muͤſſen / und nichts / ohne Conſens der Obrigkeit / ſonderlich was Hauptſaͤch - lich iſt / fuͤrnemen doͤrffen.
  • Zum Eilfften / wenn Schulden halber gewiſſeSaͤtze45Erſtes Buch / Land-Gut. Saͤtze bey dem Grund-Buch vorgemerckt werden / ſo gehen ſie denen vor / die nur Hypothecam tacitam dar - auf haben / und koͤnnen ſolche / weil ſie nicht mit Vor - wiſſen und Bewilligung eines Grund-Herrn geſchehen / hierinnen keine Hindernis bringen / hat man ihnen auch / wann der Grund heimfiele / oder einem Dritten verkaufft wuͤrde / keine Verantwortung deßwegen zu erſtatten / weil ſie unkraͤfftig und ungnugſam / des Grund-Herrn Jus nicht ſchmaͤlern moͤgen.
  • Zum Zwoͤlfften / die Schaͤtzung ſolcher dienſtba - ren Grund-Stuͤcke / ſoll allwege mit Vorwiſſen / Befehl und Einwilligung von den geſchwornen Bergmaiſtern / Richtern oder geſchwornen Schaͤtzern geſchehen / ſonſt hats nicht Krafft; wirds aber befohlen oder zugelaſſen / ſo muͤſſen ſie alles bey ihren Treuen und Ehren / auch an geſchwornen Eydsſtatt thun / und wann die Schaͤtzung begehrt und verwilligt worden / eine gefertigte Urkund derentwegen von ſich geben. Alſo werden auch die begehrten Beſchau / wegen deteriorirung der Grund - Stuͤcke / vorgenommen.
  • Zum Dreyzehenden / wann jemand ein Verbot / ei - nigerley rechtmaͤſſiger Urſach halber / auf ein Grundſtuck thun will / muß er ſich iñerhalb 14 Tagen bey dem Grund - Buch anmelden / und genugſamen Schein bringen / wie auch Erinnerung von einem Gericht / daß er des Ver -bots Fug und Recht habe; alſo kan der Grund-Herr biß zu Austrag der Sachen / mit Ausfertigung der Ge - wehr / innen halten; wo man aber den Termin verſaumt / und nicht genugſam erhebliche Beweiß aufzeucht / iſt der Grund-Herr nicht ſchuldig einen Stillſtand deßwegen zu halten.
  • Zum Vierzehenden / die Gewehr muß alſo formirt ſeyn / 1. Von wem ein Gut und Grund / und mit was Gerechtigkeit und Titel es auf den andern kommt. 2. Wo und an welchem Ort der Grund gelegen / und wie er heiſſe. 3. Wie viel Joch er habe / und wie groß er ſey. 4. Wohin / wann / und wieviel er diene. 5. Wor - auf der Jnnhalt der Gewehr zu richten / obs auf geſam̃ - te Hand / auf Uberleben / Ubergab / erkaufft und ver - kaufftes / ererbt / vermachtes / vertauſchtes oder faͤlli - ges Gut ſey.
  • Zum Fuͤnffzehenden / die Taxa betreffend / wie auch die Formular der Gewehr und Saͤtze / und andere meh - rere Umſtaͤnde / ſind in des Herꝛn Bernhardi Waltheri J. C. und Nieder-Oeſterreichiſchen Regierungs-Cantz - lers denckwuͤrdigen Manuſcriptis, die nicht in jeder - mans Haͤnden / daraus auch dieſer meiſte extract ge - nommen worden / zu finden / allhier aber / wegen Ver - huͤtung der Weitlaͤufftigkeit / unterlaſſen worden.

Cap. XLII. Von den Vogteyen.

DJe Vogteyen ſind in unſern Oeſterreichiſchen Erblaͤndern zweyerley / Bet-Vogteyen und Erb - Vogteyen / die erſten ſind vor Alters zu Kriegs - und Unfrieds-Zeiten entſtanden / wann ein Geiſtlich oder Weltlicher Grund-Herꝛ ſeine Unterthanen nicht beſchuͤ - tzen koͤnnen / hat er ſolche einem Maͤchtigern in ſeinen Schutz und Schirm untergeben / dafuͤr ſie dann ein gewiſſes Schutz-Geld erlegen; und wiewol dieſe Bett - Vogteyen / den Land-Rechten nach / jederzeit moͤgen dem Vogt-Herrn aufgekuͤndet werden / ſo iſt doch bey den meiſten die Verjaͤhrung (ſo ſonſt hierinẽ keinẽ Platz finden ſolle) durch Mißorauch alſo zu einen Recht gedigen / daß heutiges Tages zwiſchen den Bet - und Erb-Vog - teyen faſt kein Unterſchied iſt / die Erb-Vogteyen ſind theils zu weltlichen / die meiſten aber zu geiſtlichen Han - den alſo uͤbergeben / daß ſie fort und fort alſo bleiben / theils aber werden alſo gewidmet / daß ihm der Stiff - ter die Vogtey vorbehaͤlt; und dieſes muß alles mit ſchrifftlichen Documenten verſichert ſeyn / ſamt dem / was ein ſolcher Vogthold jaͤhrlich reichet / und daruͤber ſoll er auch nicht beſchweret werden / mit der Land - Steuer iſt es unterſchiedlich / zu Zeiten giebt man ſie dem Vogt-Herrn / zu Zeiten auch dem Grund-Herrn / und wie es vor dieſem gehalten worden / als hat es auch dabey ſein Verbleiben. Der Vogt-Unterthanen ſind dreyerley Art. 1. Sind etliche / die dem Vogt - Herrn weder mit Steuer / Robathen / Stifft / Sperr und Fertigung / auch mit keinen Verwandlungs Gefaͤl - len / noch ſonſt einiger andern Obrigkeitlichen diſpoſition nichts unterworffen / als nur mit einem bloſſen und ſchlechten Vogt-Dienſt / bißweilen nur mit einer Hen - nen auf gewiſſe oder verzickte Zeit / da wird das Pfund Geld im Anſchlag nur per 25. fl. angeſchlagen. 2. SindVogt-Unterthanen / die neben dem Vogt-Dienſt auch Robat-Geld / Steuer / Ruſt-Geld / auch Stifft / Sperr und Fertigung der Vogt-Obrigkeit geben; ohne daß die Grund-Obrigkeit den Grund-Dienſt / und auf jede Verwandlung das Frey - und Stall-Geld voͤllig ein - nehmẽ / uñ bey den Verhandlungen ihrẽ Amtmann oder Verwalter auch gegenwaͤrtig haben; ſolch des Vogt - Herrns Einkommen wird auf 3. Jahr ſummirt, das Drittel davon gezogen / und fuͤr ein jaͤhrliche Nutzung in die Anſchlaͤge gebracht und angeſchlagen. 3. Sind Vogtholden / bey welchen die Vogt - und Grund-Ob - rigkeit in allen Einkommen und Gefaͤllen / jeder halben Theil / zugleich auch die Stifft / Sperꝛ und Fertigung mit einander haben. Jn ſolchen Faͤllen wiꝛd der bloſſe Vogt - Dienſt / ſo er frey eigen / nicht geringer / als wie andere voͤllige Obrigkeits-Guͤlten / nach dem Pfund-Geld an - geſchlagen.

Welche auch Vogtey-Herren uͤber Pfarꝛ-Herren uñ Beneficia ſind / die bleiben gleicher Geſtalt bey alt-her - gebrachter Gewohnheit / daß ſie / auf vorfallende Todes - faͤlle / die Sperr und Inventuren gebuͤhrlich vornehmen / die Verlaſſenſchafft recht verwahren / keine zu groſſe Un - koſten zugeben oder verurſachen / damit jedermaͤnniglich / der an des Verſtorbenen Guͤter Spruͤch uñ Anforderung hat / moͤge bezahlt / und die natuͤrlichen Erben / wo die verhanden / oder andere / denẽ ſolche Verlaſſenſchafft durch Teſtament verordnet / das ihrige erlangen / wie auch alle Dieſt-Botten bezahlt werden moͤchten. Zu dem Ende ſoll man auch / vor Richtigmachung dieſes / den Erben nicht geſtatten / ihre Paarſchafft uñ fahrende Habe wegzufuͤh - ren / ſonderlich wañ der Pfarrhoff durch Nachlaͤßigkeit des Verſtorbenen waͤre in Abbau kom̃en / ſoll von dem Gut der Verlaſſenſchafft ſolches erſetzt uñ gebeſſert ſeyn. So ſollF ijauch46Des Adelichen Land - und Feld-Lebensauch ein Vogt-Herr die Zechleute und Kirchen-Proͤbſt jaͤhrlich die Rechnung thun laſſen / und entweder ſelbſten dabey ſeyn / oder jemand tauglichen an ſeine Statt darzu ordnen. Dieſe Raittungẽ geſchehen meiſtestheils bey den Kirchen und Pfarrhoͤfen / und ſollen von der Vogt-Obrig - keit / wider das alte Herkommen / nicht an andere Ort / ihres Gefallens / betagt / ſondern bey dem Alterthum und lang-hergebrachten Gebrauch jederzeit gelaſſen und ge - ſchuͤtzet werden. Den Kirchen-Vaͤttern und Zech - Proͤbſten ſoll nie geſtattet werden einige zur Kirchen ge -hoͤrige liegende Guͤter und Gruͤnde zu veralieniren / aus den Kirchen-Hoͤltzern / auſſer des Pfarrers oder zum Kir - chen-Bau Nothdurfft / nichts hauen und verkauffen laſ - ſen. Wann ſie im Gottes-Kaſten ſo viel uͤbrig / ſollen ſie ſolche / mit Vorbewuſt der Vogt-Obrigkeit / und Pfarꝛherꝛn / auf gute Pfand oder unafficirte Grund - Stuͤck ausleihen / und die Verzinſungen davon jaͤhrlich verrechnen. Alle dergleichen Ordnungen und Rechnun - gen / verſtehen und erſtrecken ſich auch auf die Spittal und arme Haͤuſer / und deren Einkommen.

Cap. XLIII. Von Robbathen oder Frohn-Dienſten.

DJe Robbathen und Frohn-Dienſte ſind bald nach dem erſten Suͤnden-Fall Adams aufkom - men / da zwar GOtt ins gemein befohlen / daß man ſein Brod im Schweiß ſeines Angeſichts eſſen / das Feld bauen und arbeiten ſolle: nachdem aber / durch Ver - mehrung des menſchlichen Geſchlechts / der Ubermuth und Unordnung auch mit gewachſen / die Staͤrckeren die Schwachen / Einfaͤltigen und Huͤlff-loſen nach ihrem Willen gezwungen / und daher viel Zanck und Moͤrde - reyen entſtanden / hat endlich die Noth den Menſchen die - ſen Rath gegeben / daß ſie fuͤr beſſer gehalten / wann ſie ſich / auf gewiſſe Bedingungen / einem ſtarcken und be - ruͤhmten Helden untergeben / der ſie fuͤr aͤuſſerlichen An - ſprengungen frevelhaffter Buben beſchuͤtzen koͤnnte; als wann ein jeder fuͤr ſich ſelbſt frey leben / doch die Krafft ſich ſelbſt zu vertheidigen nicht haͤtte / daher jederman frey ſtuͤnde / der mehr Staͤrcke haͤtte / ihn ungeſcheuet zu verun - ruhigen; alſo ſind nun die Koͤnigreiche / Fuͤrſtenthum und Herrſchafften entſprungen / und gewiſſe Geſetze auf unterſchiedliche Weiſe verfaſſet worden / daraus der Vor - zug und Anſehen der Obrigkeit / und der Gehorſam der Unterthanen ſich ereignete. Aus dieſem Bronnen nun / ſind auch die nunmehr in aller Welt uͤbliche Frohn - Dienſte und Robbathen entſprungen. Jn unſern Oeſterreichiſchen Landen wirds damit nicht auf einer - ley Weiſe gehalten / wo die Unterthanen leibeigen ſind / als in Boͤhmen und Maͤhren / da muͤſſen ſie / ſo offt man ihnen anſagt / bereitet ſeyn; Jn den fuͤnff Erb - laͤndern aber wird meiſtestheils die Robbath nur von den behauſten Guͤtern gefordert / deren ſich keiner weigern kan / er waͤre dann von der Obrigkeit mit brieflichen Ver - ſicherungen abſonderlich befreyet und eximirt; wofern aber ein Unterthan / etwan wegen Entlegenheit / Vergeß - lichkeit oder andern unbewuſten Urſachen vor Alters nie gerobbathet / und doch derenthalben keine abſonderliche Befreyung vorzuweiſen haͤtte / ſo iſt er / dem Land-Brauch nach / der Obrigkeit / auf ihr Erſuchen und Anſagen / jedes Jahrs 12 Tage zu robbathen ſchuldig / doch ſoll ſie nichtauf eine Zeit nacheinander / ſondern durch alle viertel Jahr eingetheilet / abgefordert und geleiſtet werden; man ſoll auch in ſolchem Fall den Unterthanen ihre gebuͤhrliche Unterhaltung reichen; wie auch mit dem Un - terſchied / daß die allein mit den Zuͤgen / mit Ackern und Fuhren dienen ſollen / die Gruͤnd und Felder zu ihren Haͤuſern beſitzen / die aber keine Gruͤnde haben / allein die Hand-Robbath verrichten ſollen. Was aber die Unter - thanen betrifft / die vor Alters her mehr oder weniger / ge - wiſſe oder ungewiſſe Zeiten zur Hof-Arbeit gehabt / da - bey wirds nach einer jedwedern Herꝛſchafft Herkom̃en uñ Gebrauch billich gelaſſen. Wann nur das Ne quid Ni - mis, mit Chriſtlicher Lieb und Beſcheidenheit / beobach - tet / der arme Unterthan nicht uͤbertrieben / viel weniger ſeine eigne Gruͤnd und Felder zu beſchicken verhindert / und dardurch der Obrigkeit Segen in einen Fluch ver - wandlet wird: Alſo hat es auch wegen der Unterhaltung der Robbather bey den Alten ſein Verbleiben / und iſt ei - ner gewiſſenhafften Herrſchafft weit ruͤhmlicher / dißfalls etwas zuzugeben / als abzubrechen. Von den Uberlend - Gruͤnden aber / iſt ins gemein kein Unterthan ſchuldig ei - nige Robath zu thun / es waͤre dann von Alters her ſchon im Gebrauch geweſen / und ſollen keine Neuerungen diß - falls aufgebracht werden. Wann ein Grund-Herr ei - nen oͤden Grund / darauf eine Behauſung aufzurichten / einem Unterthanen aufgibt / ſo iſts gebraͤuchig / daß er den - ſelbigen die erſten drey Jahr / der Steuer / Zins und Ro - bath befreyet / damit er deſto mehr Zeit habe ſeiner Arbeit abzuwarten / und mit den Unkoſten leichter klecken kan.

Welche Unterthanen ſehr fern entlegen / oder daß man ohne diß uͤberfluͤſſige Robath oder nicht gar zu weite Bau-Felder hat / da wird von denen Unterthanen / an ſtatt der Robbath / ein gewiſſes an Geld gefordert / und Robbath-Geld geneñet / und wann ſie diß abrichten / koͤn - nen ſie ferner zu einiger Robbath nicht getrieben wer - den / wiewol etliche Obrigkeiten darwider handeln / wird doch ſolches auf erfolgende Klag / von der Lands - Fuͤrſtlichen Obrigkeit mit Ernſt und Billigkeit abgeſtellt.

Cap. XLIV. Von Urbarien und Protocollen.

DJe Urbarien ſind nichts anders / als ein ordentli - ches Regiſter aller und jeder zu einem Land-Gut gehoͤrigen Unterthanen / daraus man ſehen kan / was Lehen oder freyeigen / wie auch was fuͤr Stuͤcke / Guͤlten / Einkommen / auch Freyheiten / Jura und Gerech -tigkeiten darzu gehoͤren / und dieſe werden meiſtestheils / damit ſie deſto glaubwuͤrdiger erſcheinen / von der Obrig - keit / auch manchesmals darzu erbettenen Beyſtaͤnden ge - fertigt / darinnen werden nun / nach eines jeden Belieben / unterſchiedliche Ordnungen gehalten. Erſtlich / wird dieWoh -47Erſtes Buch / Land-Gut. Wohnung beſchrieben / wo ſie gelegen / obs feudum oder allodial, mit allen darzu gehoͤrigen Herrlichkeiten / Frey - heiten und Nutzungen / wie ſie von Alters her ſind innen gehabt / genuͤtzt und genoſſen / mit Aeckern / Gruͤnden / Weiden / Gaͤrten und Wieſen / Wein-Gebuͤrgen / Hof - muͤhlen / Ziegel-Staͤdeln / Kalch-Oefen / Teichen / Jagten / verlaſſen und unverlaſſen / beſucht und unbeſucht / Burg-Frieden / Gehuͤltz / Fiſch / Waſſern / Schenck-Recht / auch allen andern benennts und un - benenntes / inmaſſen ſolche die Poſſeſſores ruhig innge - habt und genoſſen haben. Jngleichen wird das Land - gericht / Einkommen an Vogteyen / Fiſch-Waſſern / Ge - trayd / Aecker - und Muͤhl-Zins / Wein-Zehenden / Berg - Recht / Kuchel-Dienſt / Robbathen / Kirch-Lehen und Vogteyen / Wild-Bahn / Waiden-Lehen und Uber - lend-Gruͤnde / Zehenden / und dergleichen / ſamt beylaͤuf - figer Ertragung zu mittern Jahren oder Beſtand-Ein - kommen beygeſetzt.

Fuͤrs andere werden die gantzen und halben Lehner mit Namen / auch wo die Haͤuſer gelegen / und wie ſie heiſſen / ſamt ihrer Steuer / Zins / Dienſt und Kuchel - Dienſte aufgeſchrieben. Etliche Herrſchafften ſetzen auch wol gar zu jedem Hauſe das Kauff-Recht und die Schulden / daraus man gleich eines jedwedern Vermoͤ - gen urtheilen kan / ſo zwar eine feine Nachrichtung / aber mehr ins Unterthanen-Regiſter gehoͤrt / dieweil ſich derentwegen offtmals Veraͤnderungen zutragen / und man das Urbarium entweder bemailigen / oder in Un - gewißheit derhalben ſtehen muß / ſo man / weil es ein Scriptum und Documentum Autenticum ſeyn ſolle / nicht leichtlich thut.

Drittens / werden die Hofſtaͤtter / und was ſie jaͤhr - lich fuͤr Ordinari-Herren-Forderungen an Steuer und Dienſt / entweder implicitè, oder wol auch explicitè geben muͤſſen / ordentlich nacheinander geſchrieben und eingezeichnet. Hernach werden gleicher Geſtalt die Klein-Haͤusler / die vererbten ledigen Zehend / Aecker und Grund-Stuͤcke / Vogt-Unterthanen / verzickte Dienſte / wie auch die Berg-Recht / Wein - und Trayd -Zehend / ob ſie gantz / oder nur zum Theil gehebt werden / Jtem Sack-Geld / Marckt-Futter und in Summa die gantze Nutzung einverleibet und ordentlich aufgeſchrie - ben / damit ſo wol die Obrigkeit / als auch Unterthanen wiſſen moͤgen / was zu fordern und zu geben.

Die Protocoll aber werden in gewiſſe Jahr einge - theilt / daraus man alle Veraͤnderungen der Untertha - nen und Grund-Stuck ſehen und erkennen / auch die Protocolls-Gefaͤll / als Freygelder / Sterb-Haupt / Ab - und Anfahrt wiſſen kan. Darunter die Jnventuren das fuͤrnehmſte Stuck ſind / dabey die Obrigkeit entwe - der ſelbſt / oder durch ihre Pfleger / Bediente und Amt - leute wol acht haben ſoll / damit weder den Pupillen / noch Creditoren / noch auch ihrer Gerechtigkeit nichts verfaͤngliches betrieglicher Weiſe vorgenom̃en uñ aufge - merckt werde; da wird nun erſtlich das liegende Grund - ſtuck / was es wehrt iſt / ausgeworffen / hernach die Fahr - nuß / wie es Namen hat / Jtem die Schulden zum Ver - moͤgen / und wird daraus ein Quantum gemacht / da - von werden nun abgezogen die Obrigkeitlichen Anfor - derungẽ / auch andere Prioritet und Corrent-Schulden / und der Uberreſt unter die Erben vertheilt. Jn dieſes Buch kommen auch die Kaͤuff und Verkauff / ſamt denen deßwegen aufgerichteten Jnſtrumenten / Jtem alle Abwechslungen / Schuld-Brief / Abſchied / Geburts - Brief / Vertraͤge / Vergleiche / Klagen / Verhoͤr - und Injurien-Haͤndel / Wehrungs-Zettel / Heurats-Brief / Kauffs-Erbſchaffts - und Zahl-Quittungen / Donatio - nen / Teſtament / Beſtaͤtt - und Lehen-Brief / Pett-Zet - tel / Abraitungen / Beſtand-Verlaſſung - und Nehmun - gen / Ubergab / Schaͤtzungen / und was dergleichen mehr Handlungen an einem oder andern Ort / dem Lands - Brauch nach / uͤblich iſt / das wird von einem Jahr zum andern in gewiſſe Buͤcher eingetragen / dieſelben ordent - lich in Claſſes eingetheilt / und in ein Regiſter gebracht / daraus man bey allen fuͤrfallenden Haͤndeln und Bege - bungen eine ſichere Nachricht haben und geben kan / ſo offt ſolches vonnoͤthen ſeyn wird.

Caput XLV. Von Waiſen-Buͤchern.

WEil die Pupillen / verwaiſte Vatter - und Mutter - loſe / ſonderlich unmuͤndige und unvogtbare Kin - der / ſo wol in der H. Schrifft / als allen geiſtlich - und weltlichen Rechten / einen billichen beſondern Favor, Schutzhaltung / und ſo wol an Leib / Seele / Gemuͤthe / als auch in Anlegung ihrer Guͤter / eine nothduͤrfftige Verſor - gung haben ſollen: Als wird bey allen Chriſtlichen Ehr - und Tugendliebenden Herrſchafften vornemlich darauf geſe - hen / daß in dieſem Fall alſo gehandelt werde / damit ſie kuͤnfftig vor Gott / der ſich einen Beſchuͤtzer und Richter der Wittwen und Waiſen erklaͤret / an jenem groſſen Ge - richts-Tag Rechenſchafft geben koͤnnen; und je elender und Troſt-loſer / auch bey groſſem Vermoͤgen / derglei - chen Perſonen ſich befinden / je mehr ſoll man Fleiß an - wenden / daß ſie ſo wol an Gottesfurcht / guten Sitten / rechter Auferziehung / als auch an ihrem Gut vermehret und gebeſſert werden moͤchten.

Zu leichterer Ein - und Nachrichtung deſſen / werden bey guten und Chriſtlichen Herꝛſchafften ſonderliche Wai -ſen-Buͤcher aufgerichtet / darinnen man / von Jahr zu Jahren / die Waiſen / ſamt ihrem Vermoͤgen / zuſamt denẽ ihnen von Obrigkeits wegen verordneten Vormuͤn - dern / einzeichnet (woferne die Eltern nicht ſelbſt in ih - rem letzten Willen den Kindern deßwegen vorgeſehen) und muß im Waiſen-Buch einverleibt ſeyn der Pupillen Na - men und Alter / wer ihre Eltern / wo ſie / und wann ſie ge - ſtorben / was fuͤr Gerhaben ſie gehabt oder habẽ / was eines jeden Vermoͤgen / wo es angelegt ſey / wo ein jeder ſich aufhalte / was fuͤr Handthierung er lerne oder treibe / ob die Rechnung der Zinſen jaͤhrlich einkom̃e und recht angelegt werde / darzu denn ſolche Leute zu erkieſen / die von einem guten Ruff / ehrlichem Leben und Wandel / auch guter Vernunfft / und nicht boͤſe Haushalter ſind / welche / mit Vorwiſſen der Obrigkeit / die Gelder anlegen / die Schuld - Brief bey der Herrſchafft fertigen / die Kinder entweder ſelbſt um leidliche Verkoſtung auferziehẽ / oder an gute Ort bringen / und wegen der nach uñ nach eingehenden Zinſun - gen Red und Antwort / auch jaͤhrlich bey der Herꝛſchafft /oder48Des Adelichen Land - und Feld-Lebensoder Pflegern die Rechnung abfuͤhren / und muͤſſen beſagte Gerhaben vorher der Obrigkeit an Eydes-Statt ange - loben / daß ſie fleiſſig und treulich ihrem Amt nachkom̃en / und der Pupillen Nutzen und Frommen ſuchen und befoͤr - dern wollen und ſollen; oder ſind ſie nicht ſelbſt angeſeſſen oder genugſam beguͤtert / ſollen ſie / durch Buͤrgen / Cau - tion und Verſicherung der Guͤter halben zu geben ſchuldig ſeyn. der Waiſen Alter / Vermoͤgen / und der Ort / wo es angelegt / muß inſonderheit bey einem jeglichen beyge - zeichnet werden / damit die Zeit ihrer Vogtbarkeit erhelle / oder wann ſie erſtarcken / auf Handwercke gedinget / oder in gute ehrliche Dienſte gebracht werden moͤchten. An den meiſten Orten zwar iſt der Gebrauch / daß die nun - mehr zu Dienſten tuͤchtige Pupillen bey der Obrigkeit ei - ne gewiſſe Zeit dienen muͤſſen / und wird ihnẽ an vielen Or - ten ein ſo ſchlechte geringe Beſoldung / oder ſo ſchlechte Koſt gegeben / daß ſie ſich dabey nicht erhalten koͤnnen / und offt aus hoͤchſter Noth entlauffen muͤſſen / ſo von gei - tzigen / ungewiſſenhafften und Gottloſen Obrigkeiten darum geſchicht / damit man ihnen hernach ihr Erbſchafft einziehen / und ſich damit bereichern moͤge / welches aber eine Himmel-ſchreyende Suͤnde iſt / und keinen Seegen / aber gewiſſe Verdamnus auf den Rucken traͤgt. Wo aber gute ehrliche Herrſchafften ſind / die halten ſie in ge - buͤhrlicher Koſt und Beſoldung / und bringen dardurch zu - wegen / daß ſie nicht allein ihre ſchuldige Waiſen-Jahr / ſondern auch noch mehr Jahr daruͤber aus gutem Willen dienen / deſtomehr Lieb und Zuneigung haben / und deſto treuer und aufrichtiger dienen / damit mancher Unrath abgeſtellt / mancher Nutzen befoͤrdert / der gute Name ei -nes Herrn oder Frauen geruͤhmet / und ſonderlich Gottes Seegen und Gedeyen erlanget wird.

Die Gerhaben ſollen nicht allein / wie oben gedacht / der Pupillen Geld auf Verzinſungen bringen / ſondern auch / da etwan ſolche Fahrnis verhanden waͤre / welche durch Liegen verderbt oder ſonſt verringert wird / ſoll ſolche Fahrnis / nach Jnhalt des Inventarii, (ſo allweg eher aufzurichten) durch erbare und geſchworne Leute ge - ſchaͤtzt / zu Geld gemacht und verkaufft / und auf Intereſſe angelegt werden. Vor 20. Jahren werden den Pupillen die Guͤter nicht eingeantwortet / und wo ſie liederlich und verthulich waͤren / nicht vor 22. Jahren / welches alles auf Vorwiſſen und Gutbefund der Obrig - keit geſchehen ſolle. Wo aber bey den Pupillen aus Unverſtand oder Leichtfertigkeit keine Beſſerung mit den Jahrẽ zu hoffen waͤre / werden ihnẽ von Obrigkeits wegen Curatores bonorum vorgeſtellet / uñ werden alle Aliena - tionen oder Anticipationen / ſo dergleichen verthuliche Kinder fuͤrnehmen moͤchten / ex officio, und bey Verluſt der Schulden / verbotten.

Wann den Kindern etwas Muͤtterliches / oder Sei - tenwerts her ein Erbgut zufaͤllet / und ihr Vatter noch im Leben iſt / und eines guten Wandels / ſoll er biß zur Kinder Vogtbarkeit das Gut zwar genieſſen / aber alſo - bald / ehe ers antritt / inventiren und beſchreiben laſſen / damit ihnen das Haupt-Gut ungeſchmaͤlert kuͤnfftig wie - derum zu den Handen moͤge geſtellt / und treulich uͤber - antwortet werden / die Stieff-Vaͤtter aber werden / dem Lands-Brauch nach / hiervon gaͤntzlich ausgeſchloſſen.

Cap XLVI. Von Unterthanen - und Dienſt-Botten Regiſtern.

GLeichwie durch Unordnung alle gute Anſtellungen verhindert und zerruͤttet: alſo werden auch durch weißliche Vorſorg alle Haus-Wirtſchafften zu gutem Fortgang und Zunehmen gebracht / daß alles ſo wol die Groſſen / als die Kleinen / leichter ankoͤmmt / und alle Verwirrungen verhuͤtet und abgeſchnitten werden. Die Unterthanen-Regiſter werden entweder jaͤhrlich ver - neuret / oder zu jeden ſo viel Raum gelaſſen / daß mans auf etliche Jahr brauchen koͤnne / die macht jede Herr - ſchafft nach ihrem Beduncken; theils ſchreiben erſtlich zu jedwederm die alten reſtanten / hernach die Ordinari - Gaben / und die auf ſelbiges Jahr gemachten Anſchlaͤ - ge / und Landhaus-Forderungen / was bezahlt oder nicht bezahlt wird / doch daß ein jedes Jahr von dem andern ſeparirt wird. Theils geben / um beſſerer Richtigkeit willen / einem jeden Unterthanen ein kleines Buͤchlein von ein paar Boͤgen / ſchreibẽ ihm jaͤhrlich hinein / was von je - dem Hauſe gefordert / und was von ihme erlegt worden / welches den Unterthanen nicht unannemlich / damit ſie ſich deſto leichter ihrer Schuldigkeit erinnern moͤgen / und groſſe Anßſtaͤnde deſto weniger erwachſen laſſen / auch inder Meinung ſind / es geſchehe ihnen ſolcher Geſtalt de - ſto weniger Unrecht / weil / ob ſie ſchon ſelbſt nicht leſen koͤnnen / dennoch ihnen ſolches von andern koͤnnen vorleſen laſſen. Die Unterthanen-Regiſter werden am richtigſten nach Ordnung des Protocolls aufgeſetzt / und von Jahr zu Jahr alſo continuirt / auſſer daß jaͤhrlich die Land-An - lagen ſich offt aͤndern / bald groͤſſer und bald geringer wer - den. Die Dienſtboten-Regiſter ſind auch einem Hauß - Vatter ſo wol als den Bedienten eine feine Nachricht / da nicht allein die vornehmen / ſondern auch die geringen Bedienten / maͤnn - und weiblichen Geſchlechts / mit ihrem Tauf - und Zunahmen / wann ſie eingeſtanden / was ihr Lohn iſt / was ſie nach und nach empfangen / eingezeichnet werden / und wird jaͤhrlich mit ihnen zuſammgerechnet / und der Reſt ausgezahlt / oder ihnen aufs kuͤnfftige Jahr zugeſchrieben. Theils geben ſonderlich den Mannsbildern ihre Span-Zettel noch zum Uberfluß / darinn eben das jetzt-gemeldte jaͤhrlich verzeichnet und eingeſchrieben wird; wie nun eines oder das andere im Gebrauch iſt / alſo hat es auch dabey ſein Bewenden.

Cap. XLVII. Von Braͤu-Haͤuſern.

JNsgemein haben die Staͤdte das Braͤu-Recht / daß auf eine Meil wegs herum niemand (ohne ſpecial Privilegium) ein Braͤu-Haus aufrichtenſolle / uñ iſt mehr ein Jus reale als perſonale, haben auch - etliche Guͤter dieſe Freyheit / der Poſſeſſor ſey wer er wol - le. Wiewol ſonſt auf ſein Haus-Nothdurfft zu braͤuenjedem49Erſtes Buch / Land-Gut. jedem Edelmann und Geiſtlichen frey ſtehet / doch ſollen ſie nichts verkauffen oder ausſchencken / ſie haben dann eine Præſcription oder ſonderbahre Conceſſion. Jch rede aber hier nur von denen Guͤtern / welche die Gerech - tigkeit haben / nicht allein fuͤr ihre Haus-Nothdurfft zu braͤuen / ſondern auch das Bier auf ihren Tafernen und Wirtshaͤuſern auszugeben und weiter zu verfuͤhren. An vielẽ Orten haben die Lands-Fuͤrſten diß Recht / ſonderlich das weiſſe Bier zu machen / als ein ſonderbares Regale an ſich gezogen / und doͤrffen weder die Land-Staͤdte / noch der Adel / hierinn einigen Eingriff thun / traͤgt auch jaͤhr - lich etwas anſehnliches: Jn Oeſterreich aber ſind die Braͤu-Haͤuſer allein bey den Guͤtern geſtattet / die alte Gerechtigkeit darzu haben / oder / die neue Freyheiten deßwegen erhalten; wie dann in wenig Jahren her / um Wien viel Braͤu-Haͤuſer ſind aufgerichtet wor - den; wiewol es der Orten / ſo wol des haͤuffig-wachſenden Weinshalber / als auch anderweꝛts wegen des Aepffel-uñ Birnen-Moſtes / keinen ſo abſonderlichen groſſen Profit bringẽ kan; in Maͤhren aber / uñ vornemlich im Koͤnigreich Boͤhmen / wo die meiſten Herꝛſchafften das Braͤu-Recht haben / traͤgt es Cento per Cento Verzinſung. Und ſetzt davon ein Boͤhmiſcher Herrſchaffts-Verwalter oder Hauptmann / wie ſie daſelbſt genennt werden / Herꝛ Johann Eraſmus Wegener / in ſeinem kleinen Tractaͤt - lein von der Oeconomia, folgende Worte: Will man wiſſen / wie groß der Nutzen vom Braͤu-Haus iſt / ſo ſetze auf ein Gebraͤu von 20. Faß / jedes von 4. Emern / 40. Strich / darein kan die Beſoldung des Maͤltzers gerechnet werden / weilen jeder Strich Gerſten ein Viertel Auswachs gibt. Den Strich zu 1. fl. Rheiniſch iſt 40. fl. Hopffen 3. Strich / iſt 3. fl. wiewol man ge - meiniglich bey allen Herrſchafften den Waitz / Gerſten und Hopffen ſelbſt haben und bauen ſolle / alſo daß auf ein Gebraͤu Bier von 20. Faſſen uͤber 50. fl. Unkoſtennicht aufgehen / wann man die Sachen darzu kauffen muß. Herentgegen wird jedes Faß zu 8. fl. wieder aus - geben / iſt 160. fl. daß alſo der Gewinnſt uͤber 100. fl. ſich belaufft. Wann man nun alle Wochen einmal braͤuet (welches auf vielen Herrſchafften geſchiehet) be - laufft ſich das Einkommen uͤber 6000. fl. Diß iſt nun ein herrliches Einkommen / und ſind die Braͤu - und Wirtshaͤuſer wol zu beobachten. Hactenus ille. Das waͤre von ein hundert Gulden Unkoſten oder Capital zweyhundert Intereſſe; wir wollen aber den Conto ſo hoch nicht ſpannen / weilen die Beſoldungen der Braͤuer und Braͤuknecht / Maͤltzer und dergleichen / auch nicht ein Geringes austraͤgt / ein groſſer Speſa auf Erhaltung des Braͤu-Hauſes / der Keſſel / der Bodingen und an - dern darzu gehoͤrigen Gezeuges aufgehet; man auch zu Zeiten ſo wol mit dem Maltz / als auch in Braͤuung des Biers Schaden leidet / uñ nicht allzeit ſo gute Anwehrun - gen findet / als man verlangt; offt viel geborgt / und nicht alles bezahlt wird / zugeſchweigen anderer ungluͤcklicher Zufaͤlle und ungetreuer Bedienten; daher wollen wir allein diß vermelden / wann uͤber alle Unkoſten und Schaͤ - den / ein Jahr dem andern zu Huͤlffe / nur die Helffte Ein - kommens / als 50 per Cento traͤgt / ſo iſt es ein ſolches denckwuͤrdiges Mittel / ſich ohne Wucher zu bereichern / daß man dergleichen Vortheil weder von anderm Ge - trayd / noch von Wein-Gaͤrten jaͤhrlich haben und ge - nieſſen kan; daher dieſes nutzliche und woltraͤchtigte Theil der Wirthſchafft deſto fleiſſiger und beſſer in acht zu nehmen. Die Groͤſſe und Weiten des Braͤu-Hauſes ſoll ſeyn nach Proportion des Vermoͤgens und des Ver - ſchleuſſes / damit die rechte Mittelmaß getroffen / und das Gebaͤu weder zu enge noch zu weit werde. Was fer - ners bey dem Bierbraͤuen in acht zu haben / davon ſoll im ſiebenden Buch ausfuͤhrlicher Bericht folgen.

Cap. XLVIII. Vom Maltz-Hauſe.

GLeichwie man ohne Maltz nicht braͤuen kan: al - ſo muß auch bey dem Braͤu-Hauſe ein Maltz - Hauſe beygefuͤgt werden. Das muß nun nach jenes Groͤſſe / auch ſeine gebuͤhrliche Weitſchafft haben / die darinnen hoͤltzerne oder von Steinen gemauerte / aus - getuͤnchte und verkuͤttete Weickbodingen / muͤſſen ſo groß ſeyn / als man Getraydes zu einem Braͤu bedarff auf 20 oder 30 Metzen; daß ſelbiges auf einmal einzuwei - cken genugſamen Platz habe / ſo kan alles fein zugleich fortgehen / und gibt zum Braͤuwerck nicht eine geringe Befoͤrderung; zu unterſt der Weickboding / ſoll es ein Zapffen-Loch haben / dabey man das Waſſer / nach ge - nugſamen eingeweickten Getrayde / wieder ablaſſen kan. Jn dem Maltz-Hauſe muß zum andern auch eine ſchoͤne weite Maltz-Tenne ſeyn / darauf man ſo viel Trayd oder mehr maltzen moͤge / als man zu einem / zweyen und mehr Braͤuen bedarff / die wird nun von zaͤhem / veſten / wolab - geboͤrten und durch arbeitetem Leim geſchlagẽ / allerdings wie gewoͤhnlich die Tennen in den Scheuren und Staͤ - deln zum Treſchen zugerichtet ſind. Wann nun der Tenn aus friſchem Leim alſo geſchlagen iſt / ſoll der Leim mit einer Gabel wol durchſtochen / und in die Loͤcher /auch ſonſt allenthalben uͤber der gantzen Maltz-Tennen Saltz geſtreuet / hernach ſoll der Tenne fein glatt und dick vergleicht / und / wie in Scheuren braͤuchig / recht und wol zugeebnet werden. Aus dieſer Urſach aber haͤlt mans fuͤr gut / daß der Tenn mit Saltz beſtreuet werde / damit / wann er nun gantz und gar trocken iſt / er nichts deſtoweniger eine geſaltzene wolgeſchmacke Feuch - tigkeit von ſich in das Getrayd oder Maltz uͤber ſich gebe / und ſolches daher deſto beſſer und muͤrber davon werde; ohne Zweifel auch von boͤſen Geſchmacken und Faͤulung / durch des Saltzes Erhaltungs-Schaͤrffe und gleichſam Lebens-Balſam / deſto laͤnger und beſtaͤndiger bleibe. Zum Dritten gehoͤrt auch in das Maltz-Haus ein Schwelck-Binne oder Boden / der mag von zuſamm - gefaltzten ſtarcken / und dichte zuſam̃-getrungenen Bret - tern / oder aber von Eſtrich / von Leim oder Moͤrtel (ſo beſſer iſt) geſchlagen ſeyn / darauf man das Maltz / nach - dem es genug gewachſen iſt / ſchwelcken koͤnne. Von dem Maltz-Doͤrren / auch andern zum Bierbraͤuen / Maltzen und Doͤrren gehoͤrigen Umſtaͤnden / wird im ſieben - den Buch weitlaͤuffiger gehandelt.

GCap. 50Des Adelichen Land - und Feld-Lebens
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Cap. XLIX. Von Weinſchencken und Wirths-Haͤuſern.

WO die Unterthanen bey fuͤrfallenden Jnventu - ren / Kauffen und Verkauffen / auch andern der - gleichen Handlungen die Zehrungen halten / wie im Land ob der Enns / und im Viertel ob Wiener Wald an Theils Orten der Gebrauch iſt / da muß die Hof - Tafern nicht gar zu weit vom Schloß ſeyn; damit ſo wol / ob der Hof-Wirth ſeine Gaͤſte gebuͤhrlich tractire / und nicht uͤberſetze / beobachtet / als auch / wann Ungele - genheiten fuͤrfielen / ſolche deſto eher und fuͤglicher moͤch - ten abgeſtellt / oder vorgebaut / und alſo viel Unheil ver - huͤtet werden. Damit aber die Zehrungen von den Wirthen nicht gar zu hoch geſpannt / und alſo die Unter - thanen / ihres Gefallens / ausgeſaugt ſeyen / wird durch die meiſten Obrigkeiten bey der Abhandlung etwas ge - wiſſes ausgeworffen / dabey es ſein Verbleiben haben ſol - le / jener nicht zu grob ſchinden / dieſe aber nicht allzuſcharff geſteigert werden; ſonderlich wann die Obrigkeit darob haͤlt / und die Ubertretter gebuͤhrlich ſtrafft / da dann bey vielen dieſe Nachſehung oder Connivenz geſchiehet / daß ſie alle Sonn - und Feyertaͤge auf die Dantz-Boͤden kom - men / und mit Zechen / Dantzen und Springen / ja wol auch mit Schelten / Fluchen / und andern ungebuͤhrlichen leichtfertigen Haͤndeln / die GOtt gewidmete und heilige Zeit verzehren und mißbrauchen / nur damit das Schenck - Haus deſto mehr trage / ſo doch / meines Erachtens / eine ſchroͤckliche Suͤnde iſt / die nichts anders als den Fluch der zeitlichen Nahrung / ja wol gar die ewige Verdam̃ - niß nach ſich ziehen kan. Was die uͤbrigen Wirths - haͤuſer anlanget / ſind deren wieder zweyerley / etlichen wird das Getraͤnck von der Herrſchafft fuͤrgelegt / und da iſt zu beobachten / wann ſie ſonderlich an guten Orten /auf den Land-Straſſen / und nahe bey groſſen Staͤdten liegen / daß ſie ſo wol mit ſaubern Gemaͤchern / reinem Bett-Gewand / warmen Stallungen / und friſchen Kellern; vor allem aber mit gutem gerechten Getraͤnck und anderer dienlicher Accommodirung / als auch guten Chriſtlichẽ / fleiſſigen und erfahrnen Wirthsleuten verſe - hen ſeyn / die den Gaͤſten freundlich zuſprechẽ / den Trunck nit verfaͤlſchen / uñ ſie auch mit der Koſt ſauber und leident - lich verſehen / alſo zur balden Wiedereinkehrung einen gu - ten Willen machen / und die Leute dahin gewehnen / und nicht abtreiben; anreitzen / nicht einen Abſcheu machen. Den Hof-Wirthen iſt ſonderlich zu unterſagen / daß ſie dem Hof-Geſind und Unterthanen nicht allzuviel borgen / damit ſie alle Quartal ihre Gebuͤhr im paaren Geld ab - ſtatten und bezahlen koͤnnen. Etliche Wirth aber geben ein gewiſſes Vorlag-Geld / und kauffen ihnen das Ge - tranck / wo ſie wollen; auf dieſe nun / iſt nicht ſo genaue acht zu geben / denn wann ſie einen ſtaͤten Gewinn ſuchen / und zu ihrem beſtaͤndigen Nutzen hauſen wollen / muͤſſen ſie wol der Leute willige und oͤfftere Einkehr / mit gebuͤh - render billicher Verpflegung / an ſich ziehen. Auf ſolche iſt allein diß nachzuſpehen / wie viel und waſerley Getraͤn - cke ſie haben / damit nichts verſchwiegen / und / neben dem Vorlag-Geld / ſo wol der Daͤtz / als das Ungeld abgefuͤhret ſey. Auf die uͤbrigen aber muß man oͤffter nachſehen laſ - ſen / ob ſie auch ein Getraͤnck im Keller haben / und wo es mangelt / ſie damit zu verſehen; ob ſie es nicht faͤlſchen / ob ſie ſonſt recht und ſauber damit umgehen / wie ſie die Gaͤſte halten / und tractiren / ob ſie es in Kellern / in den Zim - mern / Kammern / Bettgewand / Tiſch-Zeug und anderm Hausrath und Kuchel-Geſchirꝛ reinlich halten; ſo manſo wol51Erſtes Buch / Land-Gut. ſo wol von denen Unterthanen / welche die Zehrungen da - ſelbſt haben / als auch von den Fremden / durch ſein Ge - ſinde erfragen / ausforſchen / und innen werden / und da was Ungebuͤhrliches oder Unrechtes vorgegangen waͤre / warnen / ſtraffen und abſtellen kan / ſonderlich iſt ihnen auch zu befehlen / daß ſie gut Brod / friſches Fleiſch und andere Nothdurfften haben / dañ wann dieſes mangelt / uñ kommt darzu / daß das Haus uͤbel gedeckt / daß es allent - halben einregne / unſaubere / unausgekehrte Zimmer / Kammern und Stall finſter und voller Spinnenweben / Natzen / Maͤuſe / und Grillen / Wantzen und Floͤhe / an - zickes / truͤbes / kuͤmmiges Getranck / aller Hausrath /Tiſch / Stuͤhle / Teller und Better unflaͤtig / Kannen und Glaͤſer mit einer ſchwartzen Grund-Suppen beflecket / ein ſauerſehendes Geſicht / und uͤbermaͤſſige Rechnung / daſelbſt wird ein Gaſt uͤber einmal nicht einkehren. Hin - gegen wo alles ſauber / ordentlich und billich hergehet / wird mancher Reiſender ſeine Reiſe entweder fruͤher beſchleu - nigen / oder ſpaͤter antretten / damit er nur des Nacht-Laͤ - gers / oder wenigſt des Mittag-Mahls daſelbſt genieſſen moͤge / ſo nicht allein den Wirthsleuten / ſondern auch der Obrigkeit zu Ruhm und Ehren gedeyet / daß man auch offt in fernen fremden Laͤndern von ihnen zu ſagen weiß.

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Caput L. Von den Maͤuten.

WJewol die Zoll und Maͤuten meiſtentheils ein Regale des Lands-Fuͤrſten / finden ſich doch viel Herrſchafften / die auf ihren Guͤtern / wo Land - Straſſen durchgehen / oder wo Uberfuhren bey den Fluͤſ - ſen ſind; oder wo die Schiff auf Schiff-reichen Waſ - ſern auf - und ab-gehen / die dieſer Gerechtigkeit ex con - ceſſione & privilegio Principis wol genieſſen / und wel - cher ſich ohn dieſen Special-Conſens unterſtehen wuͤrde / einige Maut von den Reiſenden abzufordern oder zu er - zwingen / lege Juliâ, de ambitu & de vi publicâ tenetur; wiewol dergleichen Mauten / wann man ſich deren von Alters her gebraucht hat / auch wegen der Præſcription und Verjaͤhrung gedultet werden. Der Urſprung der Mauten iſt aus dem gemeinen Nutzen und der Billigkeit hergefloſſen / weil man die Straſſen / Bruͤcken / Paͤſſe und Waͤlder / ſo wol mit Ausbeſſerung / als auch Scher - mung vor Straſſen-Raubern / und vor Unſicherheit / ver - ſorgen und verwahren muß / und weil dardurch mehr Fremde und Auslaͤndiſche / als die Jnwohner / mehr diereichen Kauffleute / Wein-Haͤndler / und Kraͤmer / als die armen Bauren / mehr die Fahrenden als die Gehen - den getroffen ſind. Und wann ſolche Handels-Leut gu - te Wege / wol zugerichte Bruͤcken / recht beſtellte Schiff - fahrten finden / und aus dem Lande ihren Nutzen ſchoͤpffen / iſts nicht unbillich / daß ſie ſolches mit einer klei - nen Erkanntnis erwidern und danckbarlich erſetzen.

Diß iſt hingegen zu beobachten / daß keine unbilliche Steigerung / Ubermaß oder Neuerung / wider die alt - hergebrachte Gewohnheit und Billichkeit / mit unterlauf - fe / und kein / oder doch gar geringer Zoll von Sachen / ſo zu des Landes Nutz und Nothwendigkeit dienen / geſucht ſey. Dieſe Mauten nun werden bißweilen andern in Beſtand verlaſſen / die muͤſſen doch angeloben / daß ſie ſich der Schaͤtzung / die ihnen von der Obrigkeit vorge - ſchrieben worden / durchaus und in allen Stuͤcken gemaͤſ - ſe halten wollen. Damit aber dem Geitz / und Bosheit etlicher Reiſenden geſteuret und begegnet werde / haͤlt man / nach dem die Maut ertraͤglich / einen oder mehrG ijUber -52Des adelichen Land - und Feld-LebensUberreuter / die auf den naͤchſten Straſſen acht haben / und die Ubertretter und Maut-Verfahrer anhalten / und zur Straff in die Maut bringen / daß es dann auch wol gethan und deſto richtiger hergehet / wann man denen / die ihre Maut bezahlet / gewiſſe Maut-Zettel oder Zeichen / auf Papier oder andere Materi geſtampt / zuſtellet / die ſie den Uberreutern / wann ſie wolten angeſprochen und auf - gehalten werden / vorweiſen / und alſo dieſer Ungelegen - heit befreyet ſeyn koͤnnen. Offtmals werden auch die Lands-Fuͤrſtlichen Land - und Waſſer-Maͤute in Be - ſtand / oder um ein gewiſſes darauf entlehnetes Geld verlaſſen. Diß aber iſt vornemlich dabey zu bedencken / daß ein Maut oder Zoll / wo man leidentlich mit den Leu -ten handelt / mehr eintraͤgt / als wann man ſie uͤberſetzt; denn wie alle Land-Maͤute der Lands-Fuͤrſtlichen Ord - nung folgen muͤſſen / alſo wenn ſolche mit einer billichen Moderation vorgeſchrieben und daruͤber gehalten wird / ſo werden die Kauffleute ihre Wahren deſto lieber und oͤffter durchfuͤhren; hingegen / wann ſie mehr Maut - Geld geben ſollen / als ihr Gewinn austraͤgt / bleiben ſie gar aus / daher deſto weniger einkommt / wie ein gema - cher Regen mit kleinen Tropffen viel beſſer und frucht - barer die Erden beſprenget / als wann eine gaͤhe Guͤſſe oder Wolckenbruch herabfaͤllet / der die Frucht-Felder uͤberſchwemmet / und der Erden mehr Schaden als Nu - tzen bringet.

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Cap. LI. Von Jahr - und Wochen-Maͤrckten / auch Kirch-Taͤgen.

JAhr-Maͤrckte ſind auch eine ſonderbare Frey - heit / da man im Jahr einen oder mehr gewiſſe Taͤge hat / darinnen ſo wol Kauffer als Ver - kauffer zuſammen kommen / und wo in Staͤdten und Maͤrckten gute Ordnung und beliebiges Unterkom - men / auch die Kauffleute einmal dahin gewohnen / da werden ſolche Maͤrckte / nicht allein von der Nachbar - ſchafft / ſondern auch von (auf etliche Meilen) entfer - neten Orten fleiſſig beſucht / und kan dabey nicht allein die Burgerſchafft groſſen Nutzen haben / ſondern auch ei - ne Herrſchafft kan von der Marck-Hut uñ Stand-Geld / als auch von Außleitgebung ihres Getraͤncks / nicht we - nig gebeſſert und bereichert werden. Wiewol dieſe Maͤrckte meiſtes den Lands-Fuͤrſtlichen Staͤdten zuſtaͤn - dig / ſo ſind doch auch viel Herren-Staͤdte und Maͤrck - te oder Flecken / wie ſie anderwerts genennt werden / die ſolche Freyheiten haben. Die Wochen-Maͤrck - te / Trayd-Viehe-Obſt - und Speis-Maͤrckte ſindnoch eintraͤglicher / weil die Herrſchafft oder Jnwoh - ner meiſtes den Vorkauff haben / und alſo ſich zu rech - ter Zeit / wenn das Getrayd am wolfeileſten iſt / ſonderlich die Becken / ſich verſehen und einen Vorrath zuſammen bringen koͤnnen. So gibt es auch nach jedlichen Orts Gebrauch / andere Zufaͤlle / Meß-Geld / Sack-Geld / Ein - ſetz-Geld / Straff-Geld und dergleichen; daher muͤſ - ſen bey zuſam-lauffendem haͤuffigen Poͤvel / und offter - mals ſich ereigneten Ungelegenheiten und Rumoren / aufſichtige Wachen und Marckt-Diener beſtellt ſeyn / da - mit Mord und Schlaͤgereyen vorgebaut werde / die ſolche zanckſuͤchtige Unthier bald einfuͤhren / und damit manches Ungluͤck verhindern. Alle dergleichen Haͤndel nun / werden vor der Obrigkeit / Richter oder andern Bedien - ten vorgebracht / entſchieden und abgeſtrafft / und / nach Befund der Sachen / geſchaͤrfft / weil dergleichen Ort allzeit privilegirt ſind / daß man keinen Degen bloͤſſen ſolle; alſo wer ſolches uͤbertritt / und wol gar einenandern53Erſtes Buch / Land-Gut. andern mit Verwundung verletzet / der muß hernach abbitten / ſich wegen des Schadens vergleichen / und bey der Obrigkeit Gefaͤngnis oder andere Straffen aus - ſtehen. So iſt auch ſelten ein groſſer Marck ohne Dieb / und Huren-Geſinde / daher man auf dergleichen ver - daͤchtige muͤſſige Lumpenleute eine deſto ſchaͤrffere Ob - ſicht zu halten; wie dann auch mit den Bettlern / Marckt - Schreyern / Gart-Bruͤdern / gute Ordnung zu machen; und iſt ſonderlich bey und in den Tafernen / Garkuchen und Wirthshaͤuſern ein wachendes Auge zu haben / und was etwan verdaͤchtig ſcheinet / zu beobachten. Mit den Kirch-Taͤgen hat es gleiche Beſchaffenheit / da das gemeine Geſinde an gewiſſen Tagen zuſammen kom - men / und bey Lebzeltern und geringen Hafften - undNeſtel-Kraͤmern / Becken / Garkuͤchen und Tafernen / vielmehr aber bey dem Dantz-Baum und Spilleuten ihre Zeit-Vertreib ſuchen / in ſolchen ſoll wenigſt dieſe Ordnung gehalten werden / daß man der Sonntaͤge verſchone / und ſie lieber auf andere Taͤge verlege. Der Mißbrauch aber iſt ſo gar eingeriſſen / und weil man glaubt / daß an Sonntaͤgen / weil das Poͤvel-Volck ohnediß muͤſſig iſt / und gern in die Wirtshaͤuſer laufft / eine deſto groͤſſere Menge zuſammen komme / daher man die meiſten Kirchtaͤge oder Kirch-Weyhen auf Sonn - und Feſttaͤgen anſtellt / welches jedweder bey Gott kuͤnff - tig wird verantworten / und obs ihm mehr Fluch oder Seegen bringen wird / erwarten muͤſſen.

Cap. LII. Von Unterthanen.

DJe Unterthanen ſind ein ſolches vornehmes Theil der Guͤter / daß / nach deren Vermoͤgen und An - zahl / der Werth derſelben ergroͤſſert oder verrin - gert wird; es ſind wol nicht wenige Wirthſchafften / die von Unterthanen gantz gering verſehen / oder gantz entbloͤſſet ſind / dieſe ſind aber mehr vor Hoͤfe oder Frey - hoͤfe / als Landmanns-Sitz zu halten / ob ſchon ihre Poſſeſſores die Landmanns-Freyheit haben / und ihre Steuer und Anlagen ins Land-Haus abrichten / weil bey ſo kleinen Guͤtern viel Arbeit und ringer Genuß / und alles das / was man mit eignen Zuͤgen bauen muß / offt mehr Arbeit als Belohnung hat / wie das gemeine Sprichwort lautet: was der Pflug gewinnt / das ver - zehrt er wider; nichts deſtoweniger muß ſich jeder nach der Decken ſtrecken / und mit dieſem vorlieb und gut nehmen / was ihm Gott gegeben hat. Dieſe Untertha - nen nun / ſind ihren Herrſchafften auf vielerley Weiſe / etliche mehr / und etliche weniger / unterworffen; in Maͤhren und Boͤhmen ſind ſie leibeigen / ſo aber in den Teutſchen Laͤndern nicht uͤblich iſt / ſondern geben ge - wiſſe Dienſte / Steuer / Anſchlaͤge / Freygelder / Sterb - haupt / Ab - und Anfahrt / nach dem eines jeden Orts Gewohnheit und Herkommen iſt; an theils Orten robbathen ſie gewiſſe Zeiten und Taͤge / anderwerts aber muͤſſen ſie ſo offt und vielmal zur Arbeit kommen / als offt es von der Obrigkeit begehrt wird. Wie nun hie - rinnen ein groſſer Mißbrauch zu ſehen / als ſoll ein Chriſt - liche Obrigkeit ſich billich huͤten / die armen bedrangten Unterthanen nicht zu uͤberladen / ſondern mit ihrer bil - lichen Schuldigkeit fuͤr lieb nehmen / ſie nicht mit U -berſatz und Neuerungen ſteigern / ſondern ſie ſchuͤtzen / befoͤrdern / und ihnen / wie ſie kan und mag / helffen / die Gerechtigkeit befoͤrdern / die Frevelhhaffte zaͤhmen / die Unterdruckten retten / ihre Freyheiten und alt-her - gebrachte loͤbliche Braͤuche nicht wegreiſſen und ver - gewaͤltigen / ſie willig hoͤren / ſanfftmuͤtig verabſcheiden / ſich mit keinem Ausſpruch / vor Vernehmung und Un - terſuchung beeder Parteyen Recht / præcipitiren; nie nach eignen Begierden / ſondern nach Billigkeit han - deln / und allzeit gedencken / daß wie ſie gegen ihre Un - terthanen / alſo auch GOtt gegen ſie verfahren werde. Sonderlich ſoll ſie auf die Pfleger und Beamten ein Obſicht haben / ob ſie die Unterthanen nicht mit Ge - walt und Unrecht beſchweren / welches ihr deſto leich - ter zu verwehren / wann ſie wiſſen / daß der Unterthan jederzeit des Herrn Ohr hat / und er fuͤrkommen kan / ſo offt er will / dardurch die Bedienten von mancher - ley Muthwillen abgehalten und verhindert werden. Vor allen ſoll eine Chriſtliche Obrigkeit nicht geſtatten / daß die Unterthanen ihre Erbguͤter zerreiſſen / theilen / ver - kauffen / vertauſchen / oder / auf was Weiſe es ſey / ſchmaͤ - lern / weil es in den Gaben und Steuren groſſe Unord - nung und Zerruͤttung verurſachet. So ſoll ſie auch nicht zugeben / daß ein Unterthan / ob er ſchon das Vermoͤ - gen hat / mehr Guͤter (darauf ſich ſonſt 2. oder 3. neh - ren koͤnnten) zuſammen kaufft / und zu Uberlaͤnden macht / denn dardurch wird der Feldbau nicht gebeſſert / und die Mannſchafft verringert; auch verbieten / daß ſie kei - ne Jmleute annehmen / die ſie nicht vorher bey der Herr - ſchafft angeben / und ihre redliche Abſchiede vorweiſen.

Cap. LIII. Von Guͤlten / Steuren und Anlagen.

DJe Guͤlten ſind alle Einkommen / ſo die Herr - ſchafft von ihrem Vermoͤgen einſam̃let / darunter ſonderlich die Dienſte der Unterthanen gehoͤren; die werdẽ nun auch auf unterſchidene Weiſen entrichtet: im Land ob der Enß / geben etliche Unterthanen ſo groſ - ſe Trayd-Weitz - und Haber-Dienſt / daß ſie manches - mal kaum ſo viel bauen koͤnnen / ſo meiſtestheils in den Empoͤrungen und Bauren-Kriegen aufkommen / und nunmehr / als præſcribirt, von den Nach kommencontinuiret wird. Auf ſolchen uͤberdienten Guͤtern nun / iſt es ſchwer fortzukommen / und ſind hart Stifftleute zu bekommen; wiewol ſie auch deſto fleiſſiger ſind / ihre Gruͤnde und Aecker wol anzubringen und zu beſſern / mit Vieh-Zucht / Haar und Leinwat-Handel offt ſo wol hauſen / daß ſie ſich und die ihrigen damit erhal - ten moͤgen / ſo wol auch mit Preßmoſt vom Obſt / daß mancher Bauer ſeine Steur und Gaben davon abſtat - ten kan. Die Geld-Dienſte ſind gemeiniglich nichtG iijhoch54Des Adelichen Land - und Feld-Lebenshoch / und werden jaͤhrlich auf gewiſſe Terminen / als Georgii, Michaelis, Martini und dergleichen Zeiten abgefuͤhrt / und dieſe ligen gemeiniglich in der Einlag / die hernach / doppelt gerechnet / die Land-Steuer ma - chen / und einfach machen ſie die Herren-Guͤlt / auf wel - che in Unter-Oeſterreich manchmal ein Anſchlag kom̃t / die der Herr aus eigenem Seckel bezahlen ſoll. Jm Land ob der Enns aber / habens die Staͤnde noch biß - her nicht gethan / und bleiben bey ihren alten Ruͤſtgel - dern / die ſie (nachdem das Begehren von Hof iſt / oder wann Einquartierungen im Land ſind) 2. 3. und mehr - fach verdoppelen / daß ein jeder Unterthan ſchon weis / wann ein halbes oder gantzes / ein doppelt oder drey - faches Ruͤſt-Geld begehrt wird / wieviel auf ihn kommt. Jn Unter-Oeſterreich aber / wann die Anſchlaͤg ſtarckoder gering ſind / werden jaͤhrlich 2. 3. oder mehr Gul - den aufs Haus geſchlagen / die von der Obrigkeit erſt eingetheilt / und in einen moderirten Anſchlag / damit der Reichere den Aermern uͤbertrage / gebracht / auch nach Eiu - bringung deſſen / ins Land-Haus / gegen Quittung / muͤſſen geliefert werden / dahin auch die Land-Steuer ohne Mittel bezahlt wird. Das Pfund-Geld ſoll zwar die Obrigkeit ohn Entgelt der Unterthanen abſtatten / ſind aber dennoch etliche / die das Pfund-Geld alſo in die andern Anſchlaͤge vertheilen / damit ſie laͤhr durch - gehen / und die Laſt allein den Unterthanen auf den Hals komme; weil es aber wider alle Billigkeit ſo wol / als der Staͤnde Schluß lauffet / wird ihnen alles zu ihrer Verantwortung heimgeſtellt.

Cap. LIV. Vom Land-Haus.

WEil wir jtzund der Steuren / Guͤlten und An - ſchlaͤge gedacht haben / die ins Land-Hauſe muͤſ - ſen entrichtet werden / iſt es nicht unrecht / wann wir mit wenigem des Land-Hauſes gedencken. Das Land-Hauſe iſt in Unter-Oeſterreich zu Wien / und im Land ob der Enns zu Lintz / ein groſſes Gebaͤu / mit genugſamen Stuben / Cammern / Saͤhlern / Gemaͤchern auf das beſte verſehen / darinn die Staͤnde in den aus - geſchriebenen Land-Taͤgen ſich verſammlen / ſo im Jahr einmal / bißweilen auch wol oͤffter / geſchihet; unterdeſ - ſen aber die vom Prælaten / Herren und Ritter-Stand / in Ober-Oeſterreich auch der vierdte Stand aus jedem Orden zween / taͤglich / oder doch woͤchentlich / etliche mahl zuſammen kommen / alle vorkommende Anbrin - gen / Begehren und Fuͤrfallenheiten examiniren und verbeſcheiden; ihren Einnehmer / Secretarium, Ex - peditorn, Regiſtratorn, Gegenhandler / Buchhalter und Canzeley (welche meiſtentheils / nebẽ den aͤltiſten Herren Verordneten als Præſidenten im Land-Hauſe woh - nen) halten; aller Guͤter und Herrſchafften nach al - len Vierteln / wieviel Steuer ſie geben / und wieviel Haͤuſer ſie haben / verzeichnet halten / und alle Anſchlaͤg / Anlagen und Landtags-Verwilligungen ausſchreiben / und jeder Herrſchafft ihre Steuer-Brief / durch die Land - Tag-Boten / zuſchicken / auch die erlegte Gelder / durch ihre Einnehmer / zehlen und quittiren laſſen. Darnach in einem Land-Tag / darzu alle Staͤnde / nicht von den Herren Verordnetẽ / ſondern vom Lands-Fuͤrſten ſelbſt / durch ein geſiegeltes und eigenhaͤndig-unterſchriebenes Außſchreiben beruffen werden / kommen die Staͤnde geſammt in der Rath-Stuben zuſammen / da denn die Propoſition von Hof aus / welches meiſtentheils Geld und Verwilligungen / zu Unterhalt - und Befeſtigung der Graͤntz-Haͤuſer / Widerſtand des Erbfeindes / und an -dern Nothdurfften / antrifft / gethan / von dem Herrn Land-Marſchallen und den Staͤnden daruͤber conſul - tirt / uñ die Reſolution hernach wieder bey Hof angedeu - tet wird / da man dann / wann man mit der Staͤnde Offerten nicht zufrieden iſt / wieder replicirt / alſo daß ſich dieſe Deliberation offt lang verziehet / und viel Staͤnde / ſonderlich welche weit entlegen / ſich nicht biß zu Ausgang des Land-Tags in loco aufhalten koͤnnen; daher werden gewiſſe Ausſchuͤſſe erwehlt / die neben dem Herrn Land-Marſchall und Herren Verordneten den Schluß machen / darauf denn dieſe letztere / nach Propor - tion der Verwilligung / die Anſchlaͤge / Austheilungen und Termin machen / und in den Steuer-Briefen (wie oben gedacht) ſolches die geſamten Staͤnde erinnern / und haben dieſe Landſchafft-Schulden ein groſſes Privi - legium / alſo daß ſie nicht allein allen Creditoren vorge - hen / ſondern auch / daß ſie 10 per Cento einzufordern / und den Saumſeligen dieſes Intereſſe aufzurechnen be - rechtigt ſind; daher ein vernuͤnfftiger Haus-Vatter ſich auf alle Weiſe befleiſſt / keine Reſtanten zu machen / ſondern alles richtig abzufuͤhren / ſich darum quittiren / und die Quittungen fuͤrmercken zu laſſen / auch ſolche von Jahr zu Jahr ordentlich und fleiſſig aufzuheben / damit / bey entſtehender Jrrung / er ſolche fuͤrweiſen / und ſich darauf beruffen und damit gerechtfertiget werden koͤnne. Wo etwann durch Ungluͤck oder Feuersbrunſt ſolche ver - lohren waͤren / kan er bey denen Herren Verordneten einkommen / um Auflag an den Buchhalter / damit ſelbi - ger von Anfang her aufſuche / die voͤllige Abrechnung ma - che / und wann keine Reſtanten / und alles richtig bezahlt iſt / eine gefertigte Atteſtation unter Handſchrifft und Pettſchafft ertheile / ſo ſteht er / und ſeine Erben / damit ſicher / daß nichts mehr deßwegen koͤnne gefordert wer - den.

Cap. LV. Von Maͤſſigung der Guͤlten.

DJe Maͤſſigung der Guͤlten / Dienſten und Zehen - den / iſt bißweilen ſo wol in Unter - als Ober-Oe - ſterreich veraͤndert worden / da man denn von den Herrſchafften alle Trayd-Kuchen-Geld - auch andereDienſte hat eingegeben / da iſt nun ein Metzen Korn / Gerſten und Erbſen per 16. Pfenning / Waitz per 20. Pfen. Habern per 10. Pfen. Mahen per 40. Pfen. und ſo fort an; Ein Ochs zum Kuchen-Dienſt fuͤr 2. fl. ein55Erſtes Buch / Land-Gut. ein Schwein per 2. ß. ein Schaf per 20. Pfen. ein Friſchling per 2. Pfen. ein Kalb per 32. Pfen. ein Gans per 8. Pfen. ein Aechtring Dienſt-Fiſch Grundel und Pfrill per 10. Pfen. Koppen per 12 Pfen. ein Karpffen per 5. Pfen. ein Capaun per 4. Pfen. ein Henne per 3. Pfen. ein junges Hun per 2. Pfen. ein Kaͤs per 2. Pfen. 10 Eyer per 1. Pfen. ein Achtel Schmaltz und Hoͤnig / per 32. Pfen. ein Haſelhun per 5. Pfen. ein Pfund Wachs per 16. Pfen. ein Pfund Baumoͤl per 6. Pfen. ein Hahn per 4. Pfen. ein Mader-Balg per 32. Pfen. tauſend Wein-Stecken per 3. ß. ein Fuchs-Peltz per 24. Pfen. tauſend Schindel per 2. ß. ein Fuder Holtz per 8. Pfen. ein Fuder Heu per 32. Pfen. ein Fuder Grunmath 24. Pfen. ein Fuder Stroh per 16. Pfen. ein Fuder Schaͤb 32. Pfenning / und dergleichen Sachen viel mehr; wie dann in den Dienſten wunderliche Sa - chen offt einkommen. Diß alles wird alſo ring geſchaͤtzt und fuͤr die Guͤlt eingelegt / was aber trockene Pfenning - Dienſt ſind / wann von den Unterthanen 30. fl. einkom - men / ſo wird das dritte Theil davon gemaͤſſigt / und kommen nur 20. fl. an die Guͤlt. Jtem / Schaͤfereyen und Gaiß / ſo man auſſerhalb der gewoͤhnlichen Mayer - und Schaͤferhoͤfe haͤlt / von 100. Stuck gibt man 1. fl. von Beſtand-Kuͤhen / von jedlichem Stuck / 30. Pfenn. Beſchließlichen ſollen alle Behauſungen / Uberlend / Guͤl - ten und Zins / es ſey freyeigen oder Lehen / als Maut / Un - geld / Holtz-Zins / Zehend / Eichel-Keſten-Wald - und Kohl-Zins / Hammer-Werck-Geld / Uberſchuß der Muͤhlen / Burg-Rechten / Land-Gerichten / Alm - und Wieſen-Dienſt / Weid-Gelder / Vogteyen / See-Fiſch - Waſſer / und alles / nichts ausgeſchloſſen / daruͤber man jaͤhrlich Zins nimmt / und bißher noch in die Einlag nicht angeſagt worden / 12. ß. fuͤr einen Gulden geben; darin - nen ſind ausgeſchloſſen die Mayerhoͤfe / ſamt ihren Bau - Gruͤnden / Almen / (ſo meines Erachtens den Urſprung von den Alpibus und groſſen Gebuͤrgen hat / weil die Al - men allein in hohen Gebuͤrgen) Wieſen / Aecker undGruͤnden / die nicht Zins tragen / die ſind frey / und darff man ſie nicht einlegen; Von Wein-Gaͤrten / und Berg - Recht / was trockene Dienſte ſind / alſo auch von Ge - trayd - und Kuchen-Dienſten wird das dritte Theil ab - gezogen; Von den Zehenden aber / weil ſie vorher im ringen Anſchlag ſind / wird nichts nachgelaſſen; hinge - gen die Geld-Dienſt von den ledigen Uberlend-Gruͤn - den oder Burg-Rechten werden zwey Pfund auf eines gemaͤſſigt. Nun von dieſen eingelegten Pfund-Geld / oder Guͤlten / kommt die ordinari Land-Steuer / als wann einer mit 100. Pfund Guͤlten in der Einlag liegt / ſo muß er doppelte Guͤlt / das iſt / die Land-Steuer geben 200. fl. und weil diß alles vor vielen Jahren her geſchehen / wird nicht leicht etwas davon mehr geaͤndert / ſondern bleiben die meiſten Guͤter bey der alten Einlag / auſſer es werden Guͤlten (wie offt geſchiehet) von einem Gut auf das an - dere verkaufft / ſo wird es durch gebraͤuchige eingege - bene Aufſandungen dem Verkauffer ab - dem Kauffer zu - bey der Buchhalterey aber vorgeſchrieben / und ein ge - fertigter Schein deßwegen heraus gegeben. Die alte Einlag ſcheinet zwar vielen ſeltzam; weilen aber offt die Dienſt / als Fiſch-Dienſt / Grund-Dienſt / Zehend und dergleichen / von einer Herrſchafft der andern gegeben werden / koͤnnte ſich offt Verweigerung und Zanck zwi - ſchen zweyen gleichen Parteyen erheben / wann aber der Dienſt / wie gering er auch ſey / in des andern Einlag ligt / ſo kan der ander nichts anfangen / und muß es bey dem alten bleiben laſſen / weil der Poſſeſſor von dem Guͤlt - Buch geſchermet wird. Wer weiter die Maͤſſigung der Einlag wiſſen will / der beſehe die Vergleichung der fuͤnff Nider-Oeſterreichiſchen Lande / und Fuͤrſtlichen Grafſchafft Goͤrtz / ſo Anno 1542. gedruckt worden. Je hoͤher aber der behauſten Guͤter Dienſt kommen / je ringer werden ſie angeſchlagen / weil ſie uͤberdient ſchei - nen / und je geringere Steuer die Unterthanen reichen / je hoͤher wird er angeſchlagen.

Cap. LVI. Wie die Anſchlaͤge ůber die Gůter zu machen.

DJe Anſchlaͤge recht einzurichten und zu machen / iſt eine dreyfache Nothdurfft / erſtlich darum / wann man etwas kauffen will / daß man wiſſe / was man eigentlich bekomme / weil die alten Anſchlaͤ - ge meiſtens auf das Pfund-Geld und die Guͤlten gerich - tet ſind / von welchen man aus den drey naͤchſt-vorher - gehenden Capiteln genugſamen Bericht haben kan / wiewol allweg beſſer ein Gut nach der Nutzung kauf - fen: denn wann die Einkommen eines Guts drey / fuͤnff oder mehr Jahr zuſammen ſummirt werden / und ein Jahr in das andere (wie die Zeiten und Fruchtbar - keiten ungleich) 2500. fl. Einkommen traͤgt / ſo kan ſich niemand beſchweren oder betrogen werden / wann er 50000. fl. darum gibt / weil es klar / daß ers zu 5. per Cento wieder genieſſen kan. Fuͤrs andere / iſts auch da - rum gut / der Anſchlaͤge Beſchaffenheit zu wiſſen / wann man verkauffen will / daß man wegen der Schermung deſto ſicherer ſtehet / wann man zeigt und glaubwuͤrdig beſcheinen kan / daß die Herrſchafft / oder das Gut / ſo viel Einkommen hat / und es aus ſo vielen nachein - ander folgenden / wiewol ungleichen / Jahrs-Nutzungenerweiſen kan. Drittens / wann auch weder eines noch das andere waͤre / ſo iſts doch einem Chriſtlichen Hauß - Vatter darum nicht ſchaͤdlich / daß er ſeinem einfaͤlti - gen und unwiſſenden Naͤchſten / der Rath bey ihm ein - holet / mit Ein - und Abrathen dienen / die Fehler zei - gen / und kuͤnfftigen vortheilhafftigen Betrug von ſich und andern ableinen / und geſchicklich vermeiden kan.

Die Anſchlaͤge / die aufs Pfund-Geld gemacht ſind / werden im Land ob der Enns / wo die Frey-Gelder durchgehend uͤblich / ſchon hoͤher als in Unter-Oeſter - reich / und das Freyeigne hoͤher als die Lehen ange - ſchlagen. Die Schloͤſſer und adelichen Wohnungen ſchlaͤgt man / nachdem ſie gelegenſam / praͤchtig / waͤhr - hafft / wolerbauet und zierlich ſind / von 1500. biß 5. oder 6000. fl. an / die Gaͤrten werden nach dem Tagwerck / eines per 50. fl. ein Tagwerck-Wieſen und Acker gleich ſo hoch / wann ſie freyes eigen / ein Tagwerck Teiche per 25. fl; Gehoͤltze / was Brenn-Holtz iſt / als Buͤ - chens / Erlens / und dergleichen / wanns nicht abgeoͤdet iſt / und die Klaffter um einen Gulden kan verkaufft werden / ſchlaͤgt man das Joch an per 20. fl / iſts aberBauholtz56Des Adelichen Land - und Feld-LebensBauholtz per 30. fl. Fiſch-Waſſer / wann ſie ergebig / und eines um 20. fl. kan verlaſſen werden / ſchaͤtzt man um 600. fl. Vogteyen und Lehenſchafften uͤber eine Pfarr - kirchen ſchlaͤgt man an per 1500. fl. Wild-Bahn wird der Weiten und des Wildes Beſchaffenheit nach / nach - dem er Wild-reich / angeſchlagen per 1000. fl. Land - Gericht / nachdem ihm viel Haͤuſer unterworffen / von einem Hauſe 3. fl. Reiß-Gejaid wird angeſchlagen auf 300. fl. Marck-Freyheiten und Straffen per 400. fl. Brau-Gerechtigkeit / ſo ein Jahr 150. fl. Uberſchuß traͤgt / anzuſchlagen per 3000. fl. alſo werden auch Hof - muͤhlen / Schmidten / Tafernen / Zehend / Treyd-Dienſt / und dergleichen / nach der Ertragung angeſchlagen; wie auch Uberſchuß der Steuer / des Ruſt-Gelds / Beſtand von Gruͤnden / Waſſern und Waidwerck / Freygeld / Winckel-Steuer / Ziegelſtaͤdel / Kalchoͤfen / Steinbruͤch / was man Uberſchuß an Heu und Stroh hat / Maut oder Ungeld / Mayrhoͤfe / nachdem ſie gelegenſam / und wol erbaut / Teich und Seen / Weingaͤrten / Maͤrck-Frey - heiten / Berg-Recht / Schaͤfereyen / Alpen oder Almen / Geſtuͤtte / Urfahr / Forſt-Habern / Sack-Geld / Grund - Buchs-Gefaͤlle / Maͤrckt / Kirch-Taͤge / Straffen / Faͤll und Wandel / Saffrangaͤrten / Anfeilung und der - gleichen / wird nach billiger Nutzung geſchaͤtzt und ange - ſchlagen. Weil aber droben im 29. Capitel allbereit von der Taxa und Schaͤtzung genugſam gedacht worden / will ich allhier weiter davon nicht gedencken / ſondern nur allein dieſes beyfuͤgẽ / daß die von ſich ſelbſt gemachtẽ An - ſchlaͤge allzeit hoͤher / als die Gerichtlichen Einſchaͤtzungen kommen / hingegen auch um etwas ringer erkaufft uñ be - zahlt werden; darnach daß die Oeſterreichiſchen Lands - Fuͤrſtlichen Lehen um 10. fl. uñ die Herren-Lehen um 15. fl. wolfeiler / als die freyeignen Guͤlten zu ſchaͤtzen. Wie auch wann eine Herrſchafft groſſe Wirthſchafften hat / (die nicht eingelegt) und alles durch der Unterthanen Robath kan angebauet werden / oder wann ſonſt die Herrſchafft gering in der Einlag iſt / und an einem luſtigen / und ſolchen Ort liget / wo alles theuer kan verſilbert ſeyn / oder wo Acker / Wein-Gebuͤrge / Wißmathẽ traͤchtig / das Gehuͤltz wol geſchont / theuer und reichlich abgaͤngig / Lufft undWaſſer geſund / von der Herrſchafft keine Dienſtbarkeit auf andere / die Gruͤnde zehendfrey / und vermoͤgliche Unterthanen hat / die Graͤntzen richtig / die Guͤter nicht uͤberdient / bey Steuer / Daͤtz und Ungeld ein Uber - ſchuß / werden die Guͤter / nach Befund der Sachen / auch hoͤher angeſchlagen.

Das Schloß-Gebaͤu iſt zu bedencken / obs gelegen - ſam / nicht baufaͤllig / wol bey Dach und Fach / obs einen Roͤhrbrunnen / gute Kaͤſten und Keller / Frucht - reiche Gaͤrten / nicht gantz oder halb Lehen / unſtrittig / und darnach wird mehr oder weniger darum gegeben. Der Leutkauf wird meiſtens ein per Cento, als auf 10000. Kauf-Schilling 100. fl. Leutkauf geſetzt. End - lich wird auch betrachtet / wann es Lehen / obs einerley oder mehr Lehens-Herren hat / ſo wol zu ſcheuhen / Jtem boͤſe oder gute Nachbarn; wo das Gewaͤſſer und Wildpret ſchaden kan; wo viel Zureiſens iſt; wo man weit in vornehme Staͤdte und nahend keinen Marck hat; wo die Unterthanen keine / oder wenig und nicht genugſame Zuͤge haben / die Grund-Stuck / Wie - ſen / Felder und Waͤlder weit von der Hand / und man alles Berg - auf fuͤhren muß: wo man viel einfridten und verzaͤunen muß; wann ein Haus baufaͤllig / ob Stein / Kalch / Holtz / Ziegel und Sand ſchwer und theuer zu bekommen und weit herzu bringen; alle dieſe Umſtaͤnde machen / daß die Anſchlaͤge einen guten und ergaͤbigen Nachlaß thun muͤſſen / wollen ſie anders mit dem Ver - kauff fortfahren. Die ſicherſte Weiſe / einen An - ſchlag zu machen / iſt das Urbarium / Grund-Buch / Protocoll / und andere Einnahm und Ausgaben in Origi - nali fuͤr ſich zu nehmen / der Unterthanẽ Ertragnis / Feld - Bau / Zehend / Dienſt und Gefaͤlle zu betrachten / ſo von 3. oder mehr Jahren nacheinander geſchehen / und her - nach das dritte Theil davon extrahirt werden kan / aus welcher Quota leichtlich zu ſehen / wie hoch man ein Gut mit Billigkeit anſchlagen / und der Kauffer ohne Unbilligkeit nicht widerſprechen kan / wann man ihm ſo viel richtiges Intereſſe Einkommen fuͤrlegt / als er Ca - pital fuͤr den Kauff-Schilling herzehlen muß.

Caput LVII. Von denen Zuͤgel-Huͤtten und Oefen.

WO man guten zaͤhen Leimen / Sand / und Brennholtz hat / da iſt ein Ziegel-Stadel und Ofen ein uͤber aus nutzliches Weſen bey einem Hauſe / nicht allein / daß man ſich ſelbſt zum Gebaͤu und eigner Bequemlichkeit deren bedienen kan / ſondern auch / wann ſie wol gebrannt ſind / daß ſie auch bey den Benachbarten gute Anwehrung finden / daß man Dach - Ziegel / zum Pflaſtern / Gewoͤlben / und Gebaͤuen noth - wendig derſelben bedarff / und ihrer zu vielerhand Sa - chen nicht wol entrathen kan: darzu gehoͤren dann eigne Leute / die ſich wol darauf verſtehen / denen gibt man von einem Ofen voll zu machen und zu brennen 10. 12. 15. mehr oder weniger Gulden / wie es im Gebrauch iſt / lie - fert zu einem jeden Ofen gewiſſe Klaffter Holtz / darum muͤſſen ſie die Ziegel verfertigen; je fruͤher im Lentzen man darzu anfaͤnget / je beſſer es iſt / wiewol man den gantzen Sommer durch arbeiten kan; was aber imHerbſt geſchlagen wird / muß den Winter durch / in einem luͤfftigen Ziegel-Stadel ligen bleiben / wie auch allezeit / daß ſie vorher im Schatten wol austrocknen / ehe ſie ge - brennt werden. Und iſt ſonderlich im Sommer darauf zu ſehen / da ſie die gaͤhe anhaͤbige Hitze auſſenher bald / dem Schein nach / ausdoͤrret / da ſie doch innwendig noch voller Feuchtigkeit ſtecken / ſie muͤſſen aber wol durch und durch austrocknen / darzu ſie dañ Zeit bedoͤrffen. Wañ es die Noht erfordert / daß man muß Winters-Zeit Ziegel machen / ſo ſoll man ſie alſobald mit trocknen duͤrren Sand verdecken / im heiſſeſten Sommer aber / ſoll man feuchte Spreuer daruͤber ſtreuen / ſo zerſchricken ſie nicht leicht / und werden nicht krumm. Das beſte iſt / wann man im Fruͤling biß zu Ende des Junii anfaͤngt / fort und fort Ziegel ſchlaͤgt / wann deren ſchon 3. oder 4. Oefen voll werden / brennt hernach im Julio und folgenden 2. Monaten anfangs die erſtgemachten / und ſo folgends /ſo wird57Erſtes Buch / Land-Gut.

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ſo wird man gute und tauerhaffte Ziegel kriegen. Den Leim / den man darzu braucht / muß man in groſſer An - zahl im Herbſt zuſammen ſchlagen / ihn wol durcharbei - ten / und ihn die Kaͤlte folgends durchkochen laſſen / ſo kan man kuͤnfftigen Fruͤhling deſto eher anfangen. Gutertrockener Sand iſt vonnoͤthen / ſo geht es leichter von ſtatten / denn je laͤnger die gemachten Ziegel in der Lufft liegen und allgemach im Schatten austrocknen / je beſ - ſer / waͤhr - und dauerhafftiger ſind hernach die Ziegel / darzu man denn geuͤbter Leute vonnoͤthen hat.

Cap. LVIII. Vom Kalch-Brennen.

WEil in Zuſammenfuͤgung und Feſthaltung eines Gemaͤuers nichts tauglichers als der Kalch iſt / indem er aus Steinen gebrannt / mit ſeiner klebrichten und zaͤhen Krafft / wann man ihn mit Sand gebuͤhrlich vermiſchet / die Steine zuſammen haͤlt und gleichſam leimet / ja endlich in der Lufft getrocknet gar wieder zu einem Stein wird / auch ſo feſt haͤlt / daß offt die Steine ſelber eher zerbrechen / als der aus Kalch und Sand verhartete Moͤrtel: daher ein jedlicher Haus - Vatter ſich befleiſſen ſolle / ſelbſt einen Kalch-Ofen zu ha - ben / damit er nicht allein zur Haus-Nothdurfft Zeug er - lange / ſondern auch den Uberſchuß anderwerts ver - kauffen koͤnne. Ein wolgebrannter Kalch / ſoll um das drittte Theil leichter waͤgen / als die Steine gewogen haben / daraus er iſt gebrannt worden; die Stein / ſo man darzu nimmet / ſollen nicht mit Erden vermiſcht ſeyn / weil der Kalch davon unrein wird / auch nicht duͤrre / faule und alt abgelegene Steine / ſondern aus fri - ſchen ſchattechten und feuchten Stein-Bruͤchen / Jtem aus weiſſen / harten und ſehr zaͤhen Felſen-Steinen o - der aus Kiſel-Steinen / welches den beſten Kalch gibet zu Gewoͤlbern und Schwibboͤgen. Der Kalch aus loͤ - cherichten Steinen iſt gut zum Ubertuͤnchen und Aus - weiſſen / weil er ſich gern laͤſt ausziehen; alſo wird auchaus den aufgeklaubten / runden / rothbraͤunlichten und har - ten Bach - und Fluͤß-Steinẽ ein guter Kalch bereitet / wie - wol die ausgegrabene und erſt vom Stein-Bruch ausge - hauene Steine beſſer ſind. Der Kalch muß dritthalbe Taͤge im Feuer ſtehen / daher muß ihm das Feuer vor der Zeit nicht entzogen werden; und wann der ausge - nommene Kalch ſich zertheilet und Broͤsleinweiſe kommt / ſo iſt er undienlich; wenn er aber Stuͤckweiſe / weißlicht / leicht und klingend iſt / auch wann man ihn mit Waſſer beſprenget / viel und groſſen Dunſt von ſich gibt / der iſt gerecht und gut / ſonderlich wann er mit einem Geraͤuſche ſiedet. Cardanus vermeinet lib. 2. de Subtilitate fol. 40. daß der beſte Kalch aſchenfaͤrblecht und nicht weiß ſeyn ſolle / weil in dem weiſſen das innligende Feuer ſchon von der eingedrungenen Lufft ausgetrieben ſey / und je feſter und haͤrter die Steine ſind / daraus der Kalch gemacht iſt / je beſſer wird die Hitz darinnen erhalten. Denck - wuͤrdig iſt / was Scaliger de Subtil. exercit. 101. §. 19. ſchreibet: daß in ein Geſchirr voll Kalch / ohne Uber - flieſſen / ſo viel Waſſer koͤnne gegoſſen werden / als ſonſt in daſſelbige Geſchirr haͤtte kommen koͤnnen. Jtem was er Exerc. 104. §. 17. ſchreibt: Calcem in for - nace tectâ vidimus adeò turgeſcere, ut tigna atque tegulas ſuſtolleret, quaſi fermento reor hoc illi tumHconti -58Des adelichen Land - und Feld-Lebenscontigiſſe. Das iſt / daß der Kalch in einem zugemachten Ofen das Dach und die Balcken hinweg ſchmeiſſe / ſo zweifels ohne / durch die hefftigen Daͤmpffe / die mit Gewalt die Lufft ſuchen / geſchiehet; und ſoll der Kalchmit den Bau-Steinen viel feſter und lieber zuſam - men halten / wann ſie beede aus einem Stein-Bruch genommen ſind.

Cap. LIX. Von denen Handwerckern / ſo nahe am Hof wohnen ſollen.

WO bey den Schloͤſſern ein Marckflecken nahend angelegen / da iſt es leicht / daß man allerley nothwendige Handweꝛcks-Zuͤnfften dariñen auf - richte / deren man ſich zu taͤglich-vorfallenden Noth - duͤrfften bedienen kan / als Schneider / Schuſter / Metz - ger / Schloſſer / Glaſer / Hafner / Schreiner und der - gleichen; wo aber die Schloͤſſer allein / und weit von Staͤdten oder Maͤrckten entlegen ſind / da ſoll man ſich aufs wenigſt um dieſe bewerben / deren man faſt nicht wol entrathen kan. Vor allen dingen iſt ein Hof-Schmidten nahe am Schloß aufzurichten / da der Schmidt nicht allein die Pferde mit Huffeiſen und Naͤgeln verſehen / ſich auf die Artzeney / wann gaͤh ein Pferd aufſtoͤſſig wird / wol verſtehen / die Pferd mit Maulraumen / Nifelnehmen / Aderlaſſen / Einguͤſſen / und Wundartze - neyen verſorgen / die Huͤfe wol warten / und allen deren Zufaͤllen zu begegenen wiſſe; ſondern er iſt auch darum noͤthig / weil er in die Staͤlle die Vieh - und Pferd - Ketten / die Hof - und Mayrwaͤgen mit Beſchlaͤchten / die Pfluͤge mit Eyſen / ſolche neu zu machen / oder zu ſpitzen und zu ſchaͤrffen / die Unterthanen mit Senſen und Sicheln bewaffnen / zum Gebaͤu Schindel-Ver - ſchlag - und Latten-Naͤgel vorbereiten / das Haus und die Oefen mit Gittern / eiſenen Thuͤren und Fenſter - Laͤden / und alles was von Eiſen iſt / im Vorrath ar - beiten moͤge; dann es nicht zu glauben / welche Un - gelegenheit es verurſache / wann von einem Gut oder Mayrhof ein Schmid entfernet iſt. So iſt auch / wo man Wild-Bahn und Reisgejaid hat / und man die Jaͤger nicht ſelbſt in der Koſt und Hofdienſt unterhaͤlt / vonnoͤthen / daß der Jaͤger nicht weit vom Schloß abge - legen ſeine Wohnung habe; nicht allein / daß man ihn zu allen vorfallenden Nothdurfften beruffen / ſondern auch / daß man wiſſen moͤge / ob er auch den Wild - Bahn fleiſſig beſuche / und nicht mit Spielen / Sauffenund Muͤſſiggang auf der Baͤrnhaut liege / ſo kan man auch wiſſen / was fuͤr Leute bey ihm aus - und eingehen.

Sonderlich iſts ein erwuͤnſchte Gelegenheit in ei - nem Hausweſen / wann die Muͤhle nahe ſeyn kan; oder wo es der Situs & conſtitutio Loci nicht leidet / auf wenigſt guter / ebner und nicht allzuferner / oder allzu boͤ - ſer Wege dahin gehe. Nicht weniger ſind auch die Weber in der Naͤhe zu halten / weil die ſorgfaͤltigen Haus-Muͤtter viel darauf halten / wann ſie / indem ſie Leinwath / Zwilch / Bett-Zeug / Tiſch-Gewand / und dergleichen machen laſſen / daß ſie ſelbſt / wegen na - henden Ortes / offt daſelbſt zuſchauen / die Traͤgen an - treiben / und durch ihre oͤfftere Gegenwart ihre Arbeit be - foͤrdern koͤnnen. Wo man groſſes geſchlachtes Ge - huͤltz hat / werden auch eigne Schnidelmacher beſtellt / die ſollen auch nahe am Hof-Zaun wohnen / nicht allein zur Haus-Nothdurfft ihr ausgezeigte Arbeit / ſondern auch zum Verkauff zu verfertigen; ſonderlich wo man guten Abgang oder ein flieſſend Waſſer nahe haben kan / dar - auf man ſie zu Schiff / an andere Ort / in groſſe Staͤdte und Maͤrckte verfuͤhren kan. So ferne man auch Maurer und Zimmerleute mit Wohnungen oder eignen Haͤuſern in der naͤhe kan verſehen / ſo hat man / bey fuͤr - fallenden Gebaͤuen / einen groſſen Vortheil fuͤr andern / die ſich fremder Handwercker bedienen muͤſſen; ſonſt halten etliche eigne Hof-Zimmerleute / die jaͤhrlich Ro - batfrey / und ein gewiſſes Korn haben / wegen Obſicht auf die Bruͤnne und Roͤhren / Jtem Schmidt wegen Spitzung der Pflug-Eyſen und Baumann-Zeuges / weil dieſe nicht allein um ringern Lohn / ſondern auch beſſer und beſtaͤndiger ihre Wercke verfertigen; und / ob ſie ſchon fremde Arbeit dazumal haͤtten / oder haben koͤnnten / dennoch ihrer eignen Obrigkeit / fuͤr andern / muͤſſen aufwaͤrtig ſeyn / ſo bey Fremden nicht allezeit zu erlangen.

Cap. LX. Von den Glas-Huͤtten.

DAs Glas iſt ein uͤberaus angenehmes Geſchirr / wegen ſeiner durchſichtigen Reinigkeit / daß man allerley Getraͤncke / Olea, Liquores, Spiritus, mit ihrer eigentlichen Farbe / Truͤbe / oder Lauterkeit / auch deren Fermentirung / Abſonderung / und waſerley Aenderungen ſie auch haben und an ſich nehmen / eigent - lich vernimmet und ſihet / und alſo der Natur Spiel - Werck und Eigenſchafft mercklich unterſcheidet. Man macht ſo wol zum Getraͤncke / als zur Speiſe Ge - ſchirr daraus / Jtem Glas-Uhren / Wetter-Glaͤſer / Augen-Glaͤſer / Feuer-Glas / Perſpectiv, Tubos, ſel - tzame / hole / Berg-formige und glatte Spiegel / Las - Koͤpffe / Ventoſen / Microſcopia, Teleſcopia, allerley gefaͤrbte Kugeln / die Zimmer und Gemaͤcher zu zieren /Cameras obſcuras, drey-eckichte Regenbogen-Glaͤſer / die ein gelehrter Engellaͤnder / Paradiſum Stultorum heiſſet / weil Kinder und Narren die groͤſte Freude da - mit zu haben pflegen / Jtem Hals-Betten / Corallen / Ohrgehaͤnge / Fenſterſcheiben / Phiolen / Ausbrenn-Zeu - ge und Glaͤſer / alle koͤſtliche Artzeneyen und Saͤffte auf das beſte zu bewahren / ſo werden ſie auch gebraucht das Silber und Gold zu ſcheiden. Das Glas nimmt allerhand metalliſche Farben an ſich aus - und inwendig / darum iſt es zu den Gemaͤhlen ſehr bequem. Wann ein glaͤſerne einer Nuß groſſe Kugel mit Mer - curio gefuͤllt / und ins Feuer gelegt wird / ſo laufft ſie hin und wieder mit einem hellen und ſcharffen Getoͤſe: und zu verwundern iſt / daß ein Glas nicht roſtig wird.

Wann59Erſtes Buch / Land-Gut.
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Wann ein Trinck-Glas / darinn Waſſer iſt / mit dem Finger an dem Rand geſchicklich herum gerieben wird / ſo gibt es einen lautenden Thon / bald ſcharff / bald gelinde / nachdem des Waſſers viel oder wenig iſt / von ſich / und macht / daß ſich das Waſſer bewegt und aufwallet. Wann ſie aus der Kaͤlte gaͤhe zum Feuer kommen / zer - ſpringen ſie. Helmontius ſagt: Wann das Glas etli - che wenige Jahr unter der Erden liegt / ſo zergehe es / und werde zu Waſſer / das doch nicht alles Glas / ſondern nur die Cryſtallen thun. Was nun die Glas-Huͤtten betrifft / ſo iſt zu bedencken / daß / wo nicht weit-ſchuͤchtiges uͤberfluͤſſiges groſſes Gehoͤltz iſt / und ſolches ſonſt kei - nen Abgang haben kan / da ſey es nicht zu rathen / einige Glas-Huͤtten aufzurichten; weil es ein offener Rachen iſt / der in kurtzer Zeit eine ziemliche Holtz-Statt aboͤden oder verſchlingen kan. Wo man aber ſonſt mit dem Holtz nichts weiß vorzunehmen / da iſt es eine nuͤtzliche und wol eintragende Wirthſchafft / eine Glas-Huͤtten zu machen / ſo wird das ſonſt nichtsguͤltige Holtz teuer genug bezahlt; und das geſchiehet am beſten an dieſen Orten / wo man gantze Waͤlder abraumen / und zu Feldern und Wieſen verkehren will / und dennoch an Brenn - und Bau - Holtz keinen Mangel hat. An etlichen Orten iſt verbotten Glas-Huͤtten auſſer Lands-Fuͤrſtlichen Conſens aufzu - richten / weil es in den Waͤldern groſſen Schaden thut. Die Materi des Glaſes beſteht aus weiſſen / reinen / klein gepulvertem Kiſel-Stein / oder Kiſel-Sand / aus Aſchen von Rohr oder andern darzu dienlichen Holtz. Zu Mu - ran bey Venedig / wird der Aſchen aus Franckreich / noch mehr aber aus Soriâ, welcher auch der beſte iſt / her - gebracht / und aus Sale Petræ oder Chali. Wann nun dieſes Saltz mit reinem Aſchen und pulveriſirten Sand vermiſcht wird / ſo entſpringt / vermittels des Feuers / das ſchoͤne und reine helle Glas daraus. Die Materi des Glaſes nun / wird vom hefftigen Feuer zerſchmoltzen /aber nicht verzehret / ſondern zaͤhe / zuͤgig / und anhaͤngig gemacht / klebet gleich an dem Eiſen / und laͤſſet ſich in dem hohlen Jnſtrument durch den Athem zu einem hohlen Corpore blaſen / und wann es noch heiß iſt / kan man formiren was man will / iſt allzeit durchſcheinend / es ſey kalt oder warm / iſt hart / und laͤſſet ſich allein vom Schmergel und dem Diamant einſchneiden / wird auch vom Scheid-Waſſer nicht diſſolvirt / und nimmt von dem eingegoſſenen Bier / Wein / ſauren oder ſuͤſſen / bit - tern oder ſcharffen Saͤfften keine Theilhafftigkeit noch Farb an ſich. Jſt auch Wunder / daß ein Glas vom langen Gebrauch nicht geringert noch abgerieben wird / wie die Metallen. Diß alles wird nach Proportion zuſammen gemiſcht / in dem Ofen geſchmeltzt / wieder ab - gekuͤhlt / gereinigt / aber zerlaſſen / und hernach in Form theils geblaſen / und theils in Modell gebracht.

Man hat dreyerley Oefen / der erſte hat die groͤſte Hitze / darinnen wird die zum Glas gehoͤrige Materia geſchmoltzen / in dem andern Ofen wird die Materia zertheilt / in groſſe Schmeltz-Tiegel eingeſetzt / und aber - mal zerſchmoltzen / da thut der Glas-Macher ein hohles Eiſen in den Tiegel / ſo haͤngt daran etwas vom Glas viel oder wenig / nachdem ers tief oder ſeicht hinein ſtoͤſſet / lang oder kurtz darinnen laͤſſet / das haͤngt nun daran wie eine zaͤhe leimichte Materia / in rundlichter Form / das blaͤſt er hernach durch den hohlen Kolben zu einer Blaſen / wie eine Schweins - oder Rinderne Blat - ter / groͤſſer oder kleiner; er muß aber den Athem nicht wieder zuruͤcke an ſich ziehen / daß er ſich nicht verbren - ne / ſondern er muß / ſo bald er geblaſen / den Kolben eilend vom Munde abſetzen. Wanns genugſam auf - geblaſen iſt / ſchwinget er den Kolben etliche mahl ums Haupt / daß die Blaſe ſich beedes verlaͤngere und ab - kuͤhle; wird hernach in einen gewiſſen Form / viereckicht / rund / oder wie man will / eingedruckt / und dem Mei -H ijſter60Des Adelichen Land - und Feld-Lebensſter uͤberanwortet / der fein ſaͤnfftiglich den Theil oder Hals / der am Kolben hangt / abzwickt / macht das Glas enger / weiter / hoͤher / niederer / wie er will / ſetzt einen Fuß und Handhaben daran / und macht eine Ge - ſtalt / wie ihme gut duncket. Es muß bey jedem Schmeltz - Tiegel ein Geſell ſtehen / der wegen groſſer Hitze das Haupt etwas bedecken und offt ſechs Stunden daſelbſt arbeiten muß / biß er ſeine Zahl verfertiget hat / dar - nach muß ihn ein anderer abloͤſen / das waͤhret ſo lang ein Glas in dem Tiegel iſt. Wegen dieſer groſſen un - ertraͤglichen Hitze / leben die Leute / ſo damit umgehen / ſelten lang / werden ſchwaches Haupts / leichtlich voll / und ſind bleicher Farbe; wiewol Herꝛ Johann Kunckel das Widerſpiel bezeuget. Das Feuer muß von guten / harten / duͤrren Holtz ſeyn / und der Rauch / ſo viel moͤg - lich / verhuͤtet werden / weil das Glas davon unſauber und dunckel wird / ſonderlich in dem andern Ofen / worinn die Schmeltz-Tiegel allzeit offen ſtehen. Die beſte Aſchen / ſo die Jtaliaͤner Rochetta (welches bey den Glas-Machern insgemein ein Puͤlverlein genannt wird) nennen / wird aus Orient und Syrien / von Alexandria und Tripoli, von einem daſelbſt haͤuffig-wachſenden Kraut Kali gemacht und hergebracht / und ſchreibet Bel - lonius in ſeiner Orientaliſchen Reiſe / Lib. 2. cap. 24. daß eine halbe Meil von Alexandria, dieſes Kali (von den Griechen Anthillis genannt) auf einer ſandechten Ebene ſo haͤuffig wachſe / daß ſie die Einwohner daſelbſt (in Ermanglung Holtzes) doͤrren und zum Feuer brau - chen / ſonderlich zum Kalchbrennen / den ſie nach Alexan - dria fuͤhren; der Aſchen aber davon / den ſie Soldam heiſſen / erharte wie ein Stein / und wird deſſen ſo viel zu - ſammen gebracht / daß die Kauffleute gantze Schiff da - mit beladen / und ſolche nach Venedig und Muran brin - gen / daſelbſt ſie die Glas-Macher mit den Waſſer - Steinen aus dem Fluß Ticino, der von Pavia gebracht wird / vermiſchen / und davon die Materia zu den reinen Cryſtallinen Glaͤſern formiren. Hactenus Bellonius. Davon wird das Glas viel ſcheinender / weiſſer und rei - ner / als von der aus Hiſpanien kommenden Aſchen / da - von es etwas blauer wird. Von dieſem Aſchen wird das Sal Alcali extrahirt. Alle Kißling-Steine / die / wann ſie geſchlagen werden / Feuer geben / ſonderlich ſind die Speck-farben und falben Feuer-Steine / die man auf die Fuſil und Flinten braucht / (doch muß er auch laͤnger im Feuer ſtehen) ſehr bequem zum Glas-machen / die aber kein Feuer geben / taugen hiezu nicht / und ſind nur zum Kalchbrennen gut. Das Saltz zum Glas-machen wird aus Farrenkraut / Bonenſtroh / Kohlſtengeln / ex rubo ſpinoſo oder Brombeerſtauden / Buchsbaum / Jtem aus Haidenſtroh / Ried und Geroͤhricht / nachdem alles wol zeitig / und der Saame heraus iſt / Jtem ex Algâ anguſtifoliâ, womit die Venediſchen Glaͤſer ein - gemacht ſind / Jtem aus Diſteln / Hanffſtengeln oder Reben / Jtem aus Maulbeer-Holtz / ſtachlechten Gine - ſter / Wein-Schaͤrlingſtauden / wie auch aus allen bit - tern Kraͤutern / Wermuth / Cardobenedict / Centaur / Enzian / Stabwurtz / Tanaceto, Glaſto, Tabac - ſtengeln / omnium Leguminum ſtramine, Jtem aus den Kraͤutern / die Milch geben; ex ligno Fraxini, ex Teſtaceis & Cruſtaceis, ut Oſtreis & Cancris ge - macht und gebraucht. Aus Eichen-Aſchen wird das Glas groͤber. Das Glas muß zwey oder drey Tage im Ofen bleiben / ſo wirds hell / rein / und ohne Blat -tern / je laͤnger es darinnen bleibt / je beſſer iſts. Das purificirte Sal Tartari gibt das ſchoͤneſte Cryſtall - Glas.

Wer nun mit der Glas-Huͤtten Nutzen ſchaffen will / der muß erſtlich um kuͤnſtliche bewaͤhrte gute Mei - ſter und Glasmacher trachten; weil nicht ein jeder die helle Cryſtallen-faͤrbige Reinigkeit und Glantz den Glaͤ - ſern weiß zu geben; und die meiſten nur grobe / Meer - gruͤn-dunckle / undurchſichtige Wald-Glaͤſer formiren / welche nicht wehrt ſind auf Herren-Tafeln zu kommen / und werden nur in Tafernen und gemeinen Wirthshaͤu - ſern fuͤr die Bauren und gemeine Leute gebraucht / ſo allein an der unrechtmaͤſſig-gegebenen Proportion der Ingredientien; an der zu uͤbermaͤſſigen oder allzu - wenigen Kochung und Schmeltzung der Materi gelegen iſt. Das iſt gewiß / je beſſer das Glas ſchmeltzet / je zaͤr - ter / durchſichtiger und ſubtiler es wird; und je leichter und beſſer iſt damit umzugehen / welches allein die guten und bewaͤhrten Meiſter / mit rechter Maß und Weiſe / wie es am beſten ſich ſchicket / zu thun wiſſen.

Fuͤrs andere / wann man gute Anwaͤhrung verlangt / muͤſſen auch ſchoͤne / wolgemachte Proportionen und Formen der Glaͤſer / es ſey von Trinck-Glaͤſern / Keſ - ſeln / Schalen und dergleichen / verfertigt werden; und diß iſt deſto leichter zu erhalten / wann der Meiſter ohne - diß kuͤnſtlich iſt / und vorgegebenen fremden Glaͤſern / oder auch nur von Abzeichnungen / eine gleich maͤſſige Art nach - ahmet / da man denn von den Venetianiſchen oder an - dern kuͤnſtlichen Glas-Huͤtten / die wolgemachten beliebi - gen Modell fuͤrſtellen kan.

Drittens / iſt nothwendig / auſſer der reinen Cryſtall - hellen durchſichtigen Schoͤnheit / noch andere ſchoͤne Farben zu geben wiſſen / welches meiſtes durch Metal - len und Mineralien geſchiehet / die werden calcinirt und mit dem zerſchmeltzten Glaſe incorporirt; das Eyſen gibt die rothe / Zinn die weiſſe / Kupffer die gruͤne / und Bley die gelbe Farbe / und werden itzo uͤberaus kuͤnſtliche Fluͤſſe / von Topas und andern Farben gemacht / daß ſie auch mit den Edlen Steinen ſcheinen zu competiren; ob aber der Tranck in (aus dergleichen mineraliſchen Fluͤſſen gemachten) Glaͤſern und Geſchirren / nicht eine heimliche Malitiam in ſich ziehet / ſo der Geſundheit nicht fuͤrtraͤglich / laß ich dahin geſtellet ſeyn. Es wird auch gebraucht / die Glaͤſer zu reinigen / ein dunckel-grauer Stein / ſchier wie ein Magnet / daher er auch Magneſia genennt wird. Den beſten / wie er zu Muran genommen wird / bringt man aus Piemont, und nimmt deſſen ein wenig / ſo werden die Glaͤſer hell und rein / nimmt man mehr / ſo werden ſie Purpurfaͤrbig. Wie aber die Glaͤ - ſer ſonſten Aquamarin-faͤrbig / blau / gruͤn / Smaragd - Farb / Jtem wie ein Chalcedonier, Jaſpis, Achat, Jtem Gold-Granaten-Amethyſten-Farb / Saphir-blau / ſchwartz Milchweiß / Pferſichbluͤh-Farb / roth / Perl Farb / Opal, Chryſolith, Katzen-Aug / Marbel / Topazier, Lapis Lazuli, Veyel blau / Jtem von allerhand Far - ben Schmeltzwerck kuͤnſtlich zu verfertigen / beſihe das Tractaͤtlein Antonii Neri eines Florentiners de ar - te vitriariâ, ſo Anno 1668 zu Amſterdam gedruckt / und durch den Fleiß Herrn Chriſtoph. Merretti, Med. D. & Societ. Reg. Anglicanæ Socii, mit gelehrten Notis vermehret worden. Die Inſtrumenta, ſo zum Glas - machen gehoͤren / wie auch die Oefen / wie ſie muͤſſen ge - ſtaltet ſeyn / beſihe bey obgedachtem Herrn Merretto inFine61Erſtes Buch / Land-Gut. Fine Notarum, und bey Georgio Agricolâ lib. 12. de re metallicâ. Die erſtbenannten beeden Autoren / hat ſeither Herr Joh. Kunckel / Churfuͤrſtl. Branden - burgiſcher geheimder Kammer-Diener / aus den Wel - ſchen und Lateiniſchen wol und gut ins Teutſche verſetzt; mit vielen Notis und Beymerckungen verbeſſert / und noch mit einem beſondern Theil von allerhand ſchoͤnen Experimenten / vom Glas-Mahlen / vergolden undbrennen; von der Hollaͤndiſchen Kunſt - und Porcellan - Doͤpfferwerck / vom kleinen Glas-Blaſen mit der Lam - pen; von allerhand raren Spicc - und Lackfirniſſen / auch ſonſt andern ſchoͤnen und nuͤtzlichen Sachen vermehrt / welches erſt Anno 1679 zu Franckfurt und Leipzig aufge - legt und gedruckt worden; dahin ich den begierigen und kunſtliebenden Leſer will gewieſen / und hiemit dieſes Ca - pitel beſchloſſen haben.

Cap. LXI. Von den Doͤrr-Stuben.

BEy Herrſchafften / wo es groſſe und weitlaͤuffti - ge Baum-Gaͤrten hat / und bey traͤchtigen fruchtbaren Jahren ein groſſer Uberfluß vom Obſt verhanden / ſind die Doͤrr-Stuͤblein nuͤtzlich und faſt nothwendig; weil man in den Back-Oefen mit dem Aufdoͤrren nicht folgen kan / und die Oefen durch das Obſt nicht gebeſſert werden. Dieſe beruͤhrten Doͤrr - Stuͤblein nun / werden meiſtentheils von den andern Ge - baͤuen abgeſondert / in Quadrat Form / doch laͤnger als breit / mit Ziegeln ohngefaͤhr auf drey Klaffter lang / an - derthalb hoch / und etwas mehr als eine halbe Klaffter breit / doch bißweilen / nachdem viel Obſt iſt / auch groͤſſer aufgefuͤhret. Die Hurten werden von Felbern Ruthen geflochten / damit die Hitz / auch von unten her / deſto freyer und unverhinderter durchdringen kan / und mit Latten um und um eingefangen / daß ſie zugleich eine Leiſten ge - ben / damit das aufgeſetzte Obſt nicht auseinander wei - chen oder abfallen moͤge: Dieſe Hurten nun liegen drey oder vier Reyen uͤbereinander auf zugerichteten und einge - ſchlagenen ſtarcken hoͤltzernen Naͤgeln oder eingemauerten Staͤnglein / damit ſie die Laſt zu ertragen genugſam kraͤfftig ſeyen. Unter der Erden wird ein Kachel-Ofen ſo tieff eingeſetzt / daß die oberſte Platten ſeines Gipf - fels / dem unterſten Boden des Stuͤbleins gleich ſtehe. Die Kacheln haben dieſe

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Form / faſt wie ein Urin-Glas / ſind inwendig hohl / geht nur A. wie ein Berglein heraus / und das B. iſt gantz in den Ofen inwendig eingemauert / daß die Hoͤhle der Kacheln deſto mehr Hitz faſ -ſen moͤge. Wiewol ich darfuͤr halte / daß man e - ben an dieſe Art der Oefen nicht gebunden / wann nur die Hitz wol und gut durchdringen kan / die Form ſey hernach / wie ſie wolle; doch wird dieſe Art von vie - len gebraucht. Von auſſen nun / iſt ein Gang unter der Erden ausgemauret / daß man auf Staffeln abwerts zum Ofen-Loch kommen / und unterſich einheitzen kan. Wann nun die Hurten voll Aepffel / Birnen-Spalten / oder voll Weichſel / Beltz-Kerſchen / Zweſpen oder der - gleichen angelegt / und in ihre gehoͤrige Ort und Stellen eingeſetzt worden / ſo macht man gemaͤchlich ein Fener in den Ofen / legt aber auf einmal nicht zu viel Holtz an / ſondern fein nach und nach / damit die Hitz nicht auf einmal zu ſtarck aufwalle / und das Obſt verbrenne; ſon - dern daß die Waͤrme per Gradus zunehme / davon nun ſteigt die Hitz uͤberſich / und wird das Obſt / ſo auf den oberſten und hoͤchſten Hurten liegt / eher gedoͤrrt / als das untere / welches per reverberationem & re - percuſſionem caloris (ſo ſich oben am Boden abſtoͤſſt / und die Krafft und Hitze daſelbſt verdoppelt) zu ge - ſchehen pflegt. So auch in den gemeinen Stuben im Winter / wann man einheitzet / wahrzunehmen / daß die groͤſte Hitz am obern Boden aufdringet / alſo auch aus dieſer Urſach die niedern Zimmer viel beſchwerli - cher und ungeſunder / als die hohen. Die Hurten (was ſchneller oder langſamer abdoͤrrt) kan man biß - weilen verwechſeln und umlegen / damit alles fein gleich abdoͤrre / und nicht eines verbrenne / das andere aber halb rohe ſey / daher man auch / dieſes zu verhuͤten / offt zuſehen muß.

Cap. LXII. Von Eys-Gruben.

ES iſt bey groſſen Wirthſchafften / ſonderlich wo die Herrſchafft ſelbſten wohnet / eine ſehr ange - nehme Gelegenheit / wann man mit einer guten Eys-Gruben verſehen iſt / nicht allein in der groſſen und durchdringenden Sonnen-Hitz ſein Getraͤnck / oder auch Butter / Milch / und Obſt zu kuͤhlen / ſondern auch Fleiſch und andere Victualien / darinnen deſto eine laͤn - gere Zeit / unverdorben / zu erhalten. D. Balthaſar Pi - ſanelli, der Bologneſiſche Medicus, in ſeinem Tra - ctaͤtlein de Eſculentorum & Potulentorum facultati - bus, ſchreibt / daß die Sicilianer / ehe ſie noch den Schnee zum Gebrauch aufgehaben / indem ſie laulicht Waſſer / wegen der groſſen Hitz getruncken / jaͤhrlich im Sommer von Peſtilentialiſchen Fiebern ſind geplagt geweſen / und daß zu Meſſina / ſeither das Eys gebraucht wird /jetzt um 1000. Perſonen weniger in einem Jahr an der Peſt ſterben. Daher kommts / daß auch der geringſte Buͤttel ſich nicht allein Brod und Wein / ſondern auch Eys im Vorrath daſelbſt verſchaffet / weil es die von der groſſen Hitz ausgedorrte und geſchwaͤchte Natur wieder erfriſchet und abkuͤhlet / (wann man es nur nicht ins Tranck hinein legt) alle hitzige Exhalationen und Daͤmpffe à centro ad circumferentiam austreibt / und alle Functionen der innerlichen Glieder erquicket und excitiret. Die Eys-Gruben nun / muͤſſen an einem von der Sonnen-Waͤrme entlegenen Ort / nemlich gegen Mitternacht / 2. oder 3. Klaffter weit nach dem Diame - ter, an einem gantz trockenen Platz / gegraben werden / unten enger und oben weiter ſcarpirt / rund wie ein Fin - gerhut / nicht von Steinen / weil ſie naſſen / ſondern vonH iijLeimen.62Des Adelichen Land - und Feld-LebensLeimen. Wiewol etliche ſie mit Steinen machen / oder / wo es die Gelegenheit leidet / in Felſen einhauen; dann wo die Hitz oder Feuchtigkeit darzu ſchlaͤgt / ſo wird das Eys nicht lang dauren koͤnnen; die Tieffen macht man auch nach Belieben / nachdem der Ort trocken oder feucht iſt / nachdem iſt die Tieffen zu reguliren / denn wo es der trockenen Grunde halber ſeyn kan / ſind ſie / je tieffer ſie ſind / auch deſto kaͤlter. Jſt der Grund ſandicht und reiſend / ſo muß die Gruben ausgemauret ſeyn / iſt er aber von zaͤhem feſten Leim / oder ſteinigt und ſtarck / ſo wird die Gruben nur mit Brettern / oder Strohdecken aus - gefuͤttert: Jn drey Theil wird die Gruben eingetheilt / der dritte Theil unten muß laͤhr ſeyn / wenn es an einem abhaͤngigen Ort ſeyn kan / muß es unten einen Ablaß ha - ben. Anderthalb Klaffter hoch nun von dem unterſten Grund / werden (nachdem man viel oder wenig Eys hin - ein bringt / und die Laſt ſchwer oder mittelmaͤſſig iſt) auch ſtarcke oder mittlere Balcken / einer Spann breit von einander / eingemauret / oder eingemacht / auf dieſe legt man Stroh / und auf das Stroh wird im Decem - ber und Januario / wanns gar kalt trocken Wetter / und nicht feucht iſt / im alten Monden / aus den Fluͤſſen oder Teichen das Eyſe Stuckweiſe neben einander ordent - lich eingelegt / mit Stroh wieder bedeckt / und alſo ſo offt eine Lage Eys / ſo offt eine Lage Stroh / und oben alſo wieder mit Stroh zugedeckt / doch alſo / daß die Wand von dem Eys unberuͤhrt ſeye. Die entzwiſchen vom unterſten Boden etwan 2. oder 3. Elen hoch abgeſonder - te Dramme dienen auch darzu / wann etwan laue Win - de kommen / daß das Eys anfienge zu naſſen / ſo treufft die Feuchtigkeit hinab in die Erden / da hingegen ſollte ſie vom Eys nicht abflieſſen koͤnnen / ſie ſolches bald wur - de ſchmeltzen machen / ſo aber durch dieſes Abſeyhen ver - huͤtet wird. Etliche machen nicht ſo viel Weſens / legen nur ein altes Rad am Boden / oder Bretter / die nicht gar unten aufliegen / und an die Wand Stroh / oder Eichene Stauden oder Laub. Etliche behaltens auch / den Sommer durch / in einem dicken Eychenen Faß / in einem kalten Keller / gibt aber wenig aus / und da mans in der angehenden Hitze am liebſten haͤtte / findet man am wenigſten. Wann die Eysgrube unter freyem Him - mel iſt / ſo wird ſie mit einem kleinen Maͤuerlein eingefan -gen / und mit einem guten abhaͤngechten Dach wol davon unterſchieden / und eingedecket / und werden gegen Mor - gen / Mittag und Abends Baͤume / oder Straͤucher bey - geſetzt / damit die Sonne nicht eingreiffen / und dem Eys ſchaden koͤnne / allein die Mitternachts-Lufft wird frey gelaſſen; ſind aber an ſtatt der Baͤume / gantze Gebaͤue / die die Sonnen aufhalten / ſo iſt es deſto beſſer. Es werden aber dieſe vor dem Eys gewarnet / die nicht allein ſolches in die Kuͤhl-Waſſer legen / ſondern es gar in ihr Tranck werffen / und alſo davon trincken / weil es ſehr groſſe und ſchwere Kranckheiten / als Colica / Magenwehe und Reiſſen verurſachen kan; denn wie eines Dinges Gebrauch / mit vernuͤnfftiger Maͤſſigung / der Natur an - ſtaͤndig; alſo iſt der Mißbrauch widerwaͤrtig und ver - derblich. Zum Beſchluß muß ich noch / aus Herrn Dig - by andern Theil der Experimenten / dieſes beyfuͤgen / daß man Waſſer im Sommer zu Eys verwandlen koͤn - ne / alſo: Thue Waſſer / das ſiedheiß iſt / in ein irdene Flaſchen oder anders Geſchirr / das man feſt zumachen kan / daß es gantz voll ſey / vermach das Mund-Loch dicht zu / damit keine Lufft heraus kommen kan / hernacher haͤn - ge es alſo ſiedheiß in einen ſehr tieffen kalten Bronnen / in das Waſſer / ſo wird in kurtzer Zeit das ſiedend-heiſ - ſe Waſſer all zu Eys werden / alſo / daß du das Geſchirr / wann du das Eys haben willt / zerſchlagen muſt. Jtem berichtet er ferner / das Waſſer in Eys zu verwandlen mit Schnee oder Eys ohn andere Mittel / alſo: Setz ein Glas voll Waſſer in ein Becken mit Eys oder Schnee / eben als wann du ein Ey ins Saltz legeſt / und mach ein ſtarck Feuer unter das Becken / ſo wird das Feuer die Kaͤlte von dem Schnee oder Eys in das Waſſer treiben und es zu Eys machen. Das Folgende aber / mehr zum Schertz / als zu Nutzen / iſt auch den Kindern bekannt / wann man Schnee und Salpeter in einen halbmaͤſſigen Krug thut / und ſetzt den auf einen Tiſch / darauf Waſſer geſchuͤttet worden / und ruͤhret den Schnee und das Saltz wol / mit einem Holtz / in dem Krug um / ſo wird der Krug bald am Tiſch angefrohren ſeyn. Sal ammoniacum in aquam conjectum, eam ſummè frigidam reddit. Wie die Engliſche Koͤnigliche Geſellſchafft in Actis ſuis Phil. fol. 198. bezeuget.

Cap. LXIII. Von den Thier-Gaͤrten.

D iſt mehr ein Werck fuͤr Fuͤrſten und groſſe Herren / als einen Land-Mann von gemeinem Einkommen; nichts deſto weniger / weil nicht we - nig reiche Land-Saſſen ſind in den Oeſterreichiſchen Erblanden / die Thier-Gaͤrten haben / hat mich gereimt gedunckt / etwas weniges / damit in dieſem Werck kein Mangel waͤre / davon zu erinnern. Der Situs und die Gelegenheit des Orts muß eintreffen / wann man einen Thier-Garten einzurichten das Vermoͤgen und den Willen hat / erſtlich muß vor allen Dingen ein ſchaͤchl - Holtz / von Eychen / Buchen / wilden Holtz-Obſt / wie auch ein dickes Geſtaͤudicht / darunter das Wild ihren Stand nehmen kan / vorhanden ſeyn. Fuͤrs andere muß der Ort Gras-reich ſeyn / damit dem Wildpret an der Weide nichts ermangle. (3.) Muß entweder ein fri - ſcher Bach dardurch flieſſen / oder doch Bronnen-Adernund Teiche ſeyn / darinn das Wild in der Sommer-Hitz ſich kuͤhlen und mit friſchem Getraͤnck erquicken und la - ben kan. (4.) Muß der Platz entweder mit einer Mau - ren / oder mit einer guten hohen Plancken eingefangen und verwahret ſeyn / damit das Wildpret nicht heraus / und ſchaͤdliche Thier / als Woͤlffe und Fuͤchſe / nicht hin - ein dringen / und auf beederley Weiſe / dem Herren Scha - den / Unluſt und Unkoſten verurſachen moͤgen / je naͤher er aber an dem Schloß iſt / ſonderlich wann man den Pro - ſpect aus den Fenſtern hinein haben kan / je angenehmer und beſſer iſt es. Der Einfang und die Weitſchafft kan nicht eigentlich vorgeſchrieben werden; aber das iſt gewiß / will man viel Wildpret halten / ſo muß es auch ſeinen Platz haben / damit ſie in keiner Gefaͤngnis / ſondern wie in einem Luſt-Wald ihre Freyheit zu haben ſich duncken laſſen / uñ daher auch deſto beſſer zunehmen. Es muß auchnach63Erſtes Buch / Land-Gut.

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nach Menge des Wildprets / der Thier-Garten ein oder mehr Haͤuſer haben / wie Scheunen aufgebaut / mit Krip - pen und Laitern / darein man ihnen im Winter Heu und Nahrung fuͤrgeben koͤnne. Gut iſt es / wann der Thier - Garten ſo weitſchichtig iſt / daß man einẽ gewiſſen Gezirck einfrieden / das Gras daſelbſt maͤhen / und auf doͤrren / und auf die Boͤden der Thier-Gaͤrten Staͤdel oder Haͤuſer / zum Vorrath auf den Winter aufheben kan / und man nichts deſtoweniger / wann das Gras / nach ab - gebrachtem Heu / in etlichen Wochen wieder gewachſen / den Ort wieder oͤffnen / und dem Wildpret friſche Wei - de geſtatten kan; ſo kan unterdeſſen das andere Theil / was ſie abgefreſſen und zertretten haben / auch wieder empor kommen / ſo nimmt das Wild deſto beſſer zu / und kans ein Haus-Vatter hernach zu rechter Zeit auf ſeiner Tafel brauchen. Wann man unterſchiedene Sorten Thier / als Hirſchen / Tenn-Hirſchen und Rehe dariñ hal - ten will / iſts am beſten / ſie ſeyen abgeſondert / weil ſonſt immer das Staͤrckere das Schwaͤchere abtreibt / und von der Weid verjagt; noch beſſer iſt es / wann man nur einerley haͤlt; die wilden Schwein koͤnnen zwar bey die - ſen allen zugelaſſen werden / wann viel Eycheln / Buchen und Holtz-Obſt da iſt; weil ſie aber gern weit umwan - dern / und nach kurtzen Jahren abnehmen / iſt wenig Profit daher zu hoffen. Wo die Thier-Gaͤrten mit Mauren eingefangen ſind / mag man auch wol Haſen halten / weil ſie ſich gerne mehren; wo aber nur Plan - cken ſind / oder dicht zuſamm-geſetzte ſtarcke Zaͤune / iſt es nicht rathſam / weil ſie leichtlich einen Schlupffwinckel finden / dadurch ſie ausreiſſen / und das Haſen-Panier aufwerffen koͤnnen. Jn Oeſtereich werden nur Daͤnn -lein in den meiſten Thier-Gaͤrten gehalten / weil ſie am zaͤhmeſten ſind; wo man aber Hirſchen haͤlt / muß man anfangs einen oder mehr darzu laſſen / die zahm ſind / uñ ſo wol der Weid als der Leute gewohnet haben / ſo koͤn - nen ſie die wilden und neulich eingefangenen deſto leichter zur Weide abrichten. Jm Winter wird an etlichen Or - ten / auch neben dem Heu / ein gewiſſes Futter / damit ſie deſto lieber zunehmen / gegeben / iſt aber nur eine Speſa fuͤr reiche Leute / und groſſe Herren / weil dieſes Wild - pret viel theurer kommt / auch an Fleiſch nicht ſo wolge - ſchmach iſt / als was in den Waͤldern ſich nehret / da ſie freſſen koͤnnen / was ihnen bequemlich und wolgeſchmach iſt; hingegen in verſchloſſenen Gaͤrten / muͤſſen ſie / wegen enge des Platzes / freſſen / was ſie finden / oder ihnen vorgegeben wird / und wird mehr vom Hunger / als vom Appetit / in ſie getrieben. Man kan auch gewiſſe verdeckte Staͤnde darinnen machen / daraus man das Wildpret / wann ſie weiden / oder im Hauſe ihre Speiſe holen / ohne Scheumachung des Wildes ſehen / und daraus faͤllen kan. Etliche wollen es nicht fuͤr gut hal - ten / daß es mit einem Rohr geſchehe / weil der Schall davon die uͤbrigen erſchreckt und wild machet / ſondern mit einem Stahl / da man ohne Getoͤs / welches man will / aus dem Stand bekommen kan; da hingegen wann man Maͤſchen und Faͤll-Baͤum legt / offt ſo bald ſchlech - te / duͤrre und junge / als fette und wolleibige hinein kom - men; zu dem kan man die Pfeil oder Boͤltze allzeit wie - der finden. Weil aber vom Jagen der Hirſchen im zwoͤlfften Buch weitlaͤuffige Anregung wird gethan wer - den / will ich hiemit dieſes Capitel beſchlieſſen.

Cap. 64Des Adelichen Land - und Feld-Lebens
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Cap. LXIV. Von den Koͤniglein.

DJe Koͤniglein ſind / alſo zu redẽ / von dreyerley Sor - ten / an der Farb / Haltung / und Schmackhaff - tigkeit unterſchieden. Die wilden / die in ihrer Freyheit in den Waͤldern und Hoͤltzern leben / werden am Fleiſch fuͤr die geſuͤndeſten und beſten gehalten / wie man ſie in Engelland / Franckreich / Niederland und andern mehr Orten findet / die ſind meiſtens roͤtlich / grau und viel ſchneller und hurtiger / als die gemeinen / werden daſelbſt mit dem Freddl oder wilden Jltiß gefangen / welche zahm gemacht / mit einem Leder vor ihren Biſſen gleichſam geharniſcht / und mit einer Schellen behenckt werden / die treiben ſie aus den Hoͤlen ins Garn. Jn unſern Landen aber ſihet man nichts von dieſer Art / und muͤſſen uns allein mit den zahmen und eingefangenen behelffen. Die andern zwey Arten der zahmen werden entweder in etwas weiten Gaͤrten / oder gar in engen Winckeln und Orten gehalten; die ſind an Farben nicht einerley; die gantz ſchwartzen und gantz weiſſen ſind wegen der Baͤlge etwas wehrter; und die in weitem Umfang / am Fleiſch edler / als die eng-eingeſperrten. Sie ſind einer uͤberaus fruchtbaren und traͤchtigen Art / da - von ein Haus-Vatter einen guten Genuß eruͤbrigen / und ſich und andere damit erfreuen und ſpeiſen kan. Der Bologneſiſche Medicus, Balthaſar Piſanelli, vermeint / ob ſie wol in boͤſem Geſchrey ſind / als ſollten ſie melan - choliſche Feuchtigkeiten verurſachen / ſeyen doch die jungen und fetten wol zu gedulten / wann ſie im Winter zur Ku - chen kommen / die geben eine groſſe und gute Nahrung / verzehren die im Magen geſammlete Feuchten / ſind ge - braten beſſer / dann gekocht; von den Maͤnnlein / weil ſie boßhafftig / ſoll kein Uberfluß gehalten ſeyn / iſt genug /wann man anfangs / bey Aufrichtung eines Koͤniglein - Gartens / nur eines hinein bringt / weil ſie ſich bald meh - ren / und meiſtentheils mehr Maͤnnlein als Weiblein bringen / darzu der Uberfluß der Maͤnnlein dem Garten mehr ſchaͤd - als nutzlich iſt / weil ſie die jungen Koͤniglein gern umbringen uñ freſſen; doch zeigt Herr des Serres ein Mittel / daß man ſie mit Nutzen / wann man ſie caſtriret / behalten koͤnne / weil ſie dardurch nicht allein froͤm̃er / ſon - dern auch (wie die Capauner) am Fleiſch zarter und wolgeſchmacker werden / alſo faſt den Haſen gleichen; und ſetzt er / es bedoͤrffe keiner weitern Muͤhe / als mit einem ſcharffen Meſſerlein ihnen die Gailen auszuſchnei - den / und die Wunden mit altem Schmeer zu ſalben / ohne daß man ihnen die Wunden zunaͤhet / und laͤſſet ſie alſo wieder in den Garten hinlauffen / weil ſie von ſich ſelbſt bald ausheilen; man darff auch keine ſonderbare Zeit darzu / ſondern wie ſie zum oͤfftern tragen / als koͤnne; man auch die jungen Maͤnnlein zum oͤfftern ſchneiden. Wann man einen Ort im Koͤniglein-Garten vor ihnen will ſicher halten / als wo man etwan Habern anbauet / ſo kan man mit Spaͤhnen / die mit Schwefel gedicht ſind / raͤuchern / muß aber allzeit uͤber den dritten Tage wie - der erneuret ſeyn. Darum / faͤhret er fort / ſey es gut / wann man alle die Maͤnnlein / die man in dem engen Koͤ - nigl-Gaͤrtlein haͤlt / ausſchneidet / ehe man ſie in den groͤſ - ſern auslaͤſt. Das iſt gewiß / daß ſie nicht eines geringern Nutzens ſind / als einigerley kleines oder groſſes Mayr - Gefluͤgel / indem ſie weniger Koſt benoͤthigt / nicht groſſe Wartung / Ausbutzung und Saͤuberung ihrer Neſter bedoͤrffen / weil ſie ihnen ſelbſt Loͤcher machen / (in Ab - gang der Zubereitung ihrer Neſter) auch mit wenigerNahrung65Erſtes Buch / Land-Gut. Nahrung vorlieb nehmen / und wo ſie nur Platz und Weide haben / mit dieſem ſich nehren / was ihnen die Natur beſcheret; und allerley Hinſchnitzling und Aus - wurff von den Garten-uñ Kuchen-Kraͤutern willig anneh - men / Jtem Gras / Heu / Ruben-Laub / am liebſten aber Klee / und Kapus-Kraut / auch Brod / Aepffel - und Ruben - Schnitz / im Winter auch Kleyen und Habern. Geſ - nerus ſchreibt / ſie fahen an zu gebaͤhren / wann ſie jaͤhrig ſind / unterweilen zwey und drey / und gleich in 14. Ta - gen wiederum / ſo aber meines Erachtens genug iſt / wann ſie alle 4. Wochen im Sommer Junge haben; ſie wer -den blind gebohren / und bleiben alſo biß auf den neun - ten Tage; man ſoll ihnen Milch geben biß in die dritte Wochen; wann ſie einen Monat oder 6. Wochen alt werden / ſind ſie zum eſſen am beſten und zarteſten. Herr des Serres ſchreibt / wann die Weiblein Junge ha - ben / pflegen ſie den Eingang ihrer / Hoͤhlen mit Stroh und anderm Laub und Straͤus-Werck / den Maͤnnlein den Eingang zu verhehlen / aus Forcht ihrer Jungen / und wann man dieſes wahr nimmt / muß mans uner - oͤffnet laſſen.

Cap. LXV. Wie man den Ort fuͤr die Koͤniglein vereiten ſolle.

JE weiter der Einfang fuͤr die Koͤniglein / und je verſicherter er ſeyn kan / je mehr Nutzen iſt daher zu erwarten; je enger aber er iſt / je weniger kan man deren genieſſen / nicht allein an der Anzahl / ſondern auch an Guͤte des Fleiſches / welche / nachdem ſie weiten oder kleinen Raum ſich zu bewegen haben / auch an Wehrt zu - oder abnimmt. Herr des Serres will / es ſoll der Gar - ten nahend am Hauſe / auf einer Anhoͤhe gegen Morgen und Mittag oder Oſt-Suden gelegen ſeyn / mehr lei - micht / als ſandecht / damit die Koͤniglein ihre Gaͤnge und Hoͤhlen / ohne Zuſammenfallung deſto beſtaͤndiger ma - chen koͤnnen. Gut iſt es / wann der Ort mit fruͤchtigem Geſtraͤuche und Baͤumen bewachſen iſt / ſo koͤnnen ihnen die Raub-Voͤgel nicht ſo leichtlich ſchaden; dieſes alles muß mit einer guten Mauren eingefangen ſeyn / die ſon - derlich eine gute tieffe Grundfeſte habe / damit ſie nicht unten durchgraben koͤnnen / welche weit beſſer als die Blancken oder Graͤben ſind / es waͤre dann / daß die Graͤben 18. oder 20. Schuh breit waͤren / voll Waſſer / darinnen man auch zugleich Fiſche haben koͤnnte / und muͤſten entweder ſolche friſche Bronnen-Adern ſeyn / die im Winter nicht gefrieren / oder muͤſten mit groſſer Muͤhe aufgeeyſet werden / damit Eltiß / Katzen / Fuͤchs und Hunde nicht uͤberſetzen moͤchten; daher am beſten und ſicherſten iſt eine Mauer herum zu fuͤhren. Je wei - ter aber und groͤſſer der Koͤniglein-Garten ſeyn kan / jẽ weniger mercken ſie / daß ſie gefangen ſind / je beſſer koͤn - nen ſie herumlauffen / und je mehr nehmen ſie zu. Herr des Serres erfordert darzu 7. oder 8. Joch oder Tag - Werck Feldes / und hat man noch dieſen Vortheil / daß man von dem Gehuͤltze jaͤhrlich etwas abreiſſen und zur Kuchen oder im Ofen brauchen kan / ſo kan man auch jaͤhrlich ein paar hundert Dutzet Koͤniglein zum beſten haben / wie Herr des Serres meldet; wenn man aber einen Waſſer-Graben um den Koͤniglein-Garten zu hal - ten die Gelegenheit hat / ſo muß das aͤuſſere Geſtad erſt - lich glatt abgeſchnitten / und zum andern mehr erhoͤhet / das innere aber muß abhaͤngicht niederer / und / wie dieIngenieurs reden / ſcarpirt ſeyn / damit / wann die Koͤ - niglein wollen durchſchwimmen / und an der aͤuſſern Sei - ten keinen Ausgang findende / im Zuruckkehren wieder deſto leichter in ihren Garten kommen / und nicht im Waſſer verderben / und gleichwol nicht entfliehen oder ausreiſſen moͤgen. Hat man das Vermoͤgen / daß man den auswendigẽ Graben noch mit einer Mauren umgibt / ſo iſt es deſto ſicherer; der Platz aber des Gartens muß nicht gantz eben ſeyn / ſondern gewiſſe Anhoͤhen und Huͤ - gel haben / damit die Koͤniglein ihre Neſter hinein gra - ben / von dem einlauffenden Waſſer (welches ihnen hoͤchſtſchaͤdlich) nicht verunruhiget und vertrieben wer - den. Jſt aber ja der Platz eben / und man einen Waſ - ſer-Graben herum haben will / kan man von der Erden / ſo aus dem Graben kom̃t / ſchon hin und wider Huͤgel und Erhoͤhungen aufwerffen / und kan alle vom Regen - Wetter entſtehende Feuchtigkeit in den Waſſer-Graben deſto bequemlicher abſincken / haben auch die Koͤniglein Gelegenheit ihren Durſt zu leſchen / wiewol von vielen / ob dieſe Thierlein trincken / gezweifelt wird. Jn dem Holtz / ſo im Garten ſtehet / koͤnnen unter gemeinen Baͤu - men / auch ſeyn Aepffel / Birnen / Maulbeer / Kerſchen / Weichſel / Neſpel / Doͤrnel / Zweſpen / Haſelnuͤß / Kuͤt - ten-Baͤum / auch Eychen / Ruͤſt-Baum / Kranwet / Ho - lunder / Brombeer / Ribesl und Himbeer / davon ſich theils die Koͤniglein nehren / theils aber der Haus-Vatter zu ſeinem Nutzen gebrauchen kan; Jtem haben ſie Gens - Diſtel / Steck-Ruben / Ziſer-Erbſen / Lattich / Kundel - oder Quendel-Kraut / und andere wolriechende Gewaͤchſe uͤberaus lieb / und bekommt ihr Fleiſch einen guten Ge - ſchmack davon. Hingegen ſoll in dem Garten kein Waſſer-Baum / als Weiden / Felber / Albern ſtehen / doch Eſchen-Baum hat man darum gern darinnen / weil durch ihren Schatten / die Schlangen / ſo den Koͤniglein aufſaͤtzig ſind / vertrieben und verbrennet werden. Wann man einen Platz nehmen muß / der von Natur nicht Gras-reich / ſaͤet man zu Zeiten Habern und Gerſten an / oder bauet Ruben und dergleichen hinein.

Cap. LXVI. Wie mit den Koͤniglein ferner umzugehen; und vom Schnecken - Garten.

ES ſind wol etliche / die vermeinen / es ſey genug / einen Koͤniglein-Garten zu unterhalten / wann man nur anfangs etliche tragende Weiblein hin -ein thut; denn weil ſie ſich den gantzen Sommer durch haͤuffig mehren / und ſo wol Maͤnnlein als Weiblein tra - gen / ſo wuͤrde der Garten von Monat zu Monat alſo zu -Jnehmen66Des Adelichen Land - und Feld-Lebensnehmen / daß deren kein Abgang ſeyn wird. Weil aber offt der Koͤniglein-Garten durch Jltiß / Marter / Fuͤchſe und Katzen verwuͤſtet und ausgeoͤdet wird / iſt es viel rath - ſamer / daß man ein abſonderliches Seminarium und ein - geſchloſſenen Ort fuͤr die Koͤniglein halte / daraus der Koͤ - niglein-Garten nach und nach koͤñe erſetzt uud vermehret werden; die Franzoſen nennen ſolches Clapier, darff kein groſſer Ort / aber mit Mauren umfangen / theils bedeckt / und theils offen ſeyn / darinn man ihnen von Laͤden oder glatten Steinen Neſter bauet / und macht etliche Huͤgel von zuſamm-geworffener Erden / darinn ſie ſelbſt ihre Hoͤhlen ausgraben koͤnnen. Der Grund der Mauren muß 4 oder 5 Schuhe tieff / und die uͤbrige Erden mit glatten breiten Steinen oder ſtarcken Ziegeln gepflaſtert ſeyn / 3 oder 4 Schuhe wieder mit Erden bedeckt / damit ſie dennoch in die Erden kommen / aber nicht tieffer ein - wuͤhlen koͤnnen / als biß auf das Pflaſter; man kan allzeit auf 10 Weiblein / ein Maͤnnlein laſſen / doch daß jedes ſein Neſt mit ſeinem mit Brettern eingefangenen Spa - tziergang habe; die Vorhoͤflein an ihren Neſtlein muͤſſen mit hartem Holtz / das ſie nicht benagen koͤnnen / unter - ſchlagen / und je eines von dem andern abgeſondert ſeyn; oder werden mit hoͤltzernẽ Gittern verſehen / damit ſie den - noch ſo wol der Sonnen als der Lufft genieſſen / einan - der zwar ſehen / aber nicht zuſammen ſchlieffen koͤnnen; denn wann ſie frey untereinander lauffen / werden ſie nicht ſo offt / auch nicht ſo viel Junge haben / und ihre Jungen nicht ſo wol und ſo bald aufbringen / ſonderlich ſollen die Maͤnnlein nicht zu ihnen koͤnnen / weil ſie (wie gedacht) die Jungen erwuͤrgen / ſo dardurch geſchicklich zu verhuͤten. Dieſe Neſter / ſamt ihren Gaͤngen / muͤſſen gleich aneinander und neben einander ſtehen / und ſich gegen Mittage lencken / daß ihnen die Mauren den Mit - ternacht-Wind aufhalten; dieſe Gaͤnge moͤgen in der Sommer-Hitze mit friſchem Laubwerck beſchattet / und ihnen alſo ein Schirm ſeyn / darunter ſie ſich vor den hitzigen Sonnenſtrahlen verſchlieffen und alſo abkuͤhlen. Das Maͤnnlein muß allzeit in ſeinem Gezirck eingehal - ten / und nie in der Weiblein Neſte gelaſſen; dieſe aber / gleich alſobald / wann ſie Junge gehabt / wieder in des Maͤnnleins Neſt gelaſſen / und wann ſie zukommen / wieder an ihren Platz gebracht werden; dieweil ſie gleich wieder empfangen / ſobald ſie gebohren / ja wol offt / weil ſie noch traͤchtig ſind / per ſuperfœtationem die andere Tracht nicht allein concipiren / ſondern auch gebaͤhren / ein jedes zu ſeiner Zeit / dardurch eine ſolche Menge der Jungen entſpringt / daß der Koͤniglein-Garten gar leicht - lich in ſeinem Wachsthum zu erhalten / die man denn nach und nach / wann ſie ein wenig wachſen / hinein laͤſt / die Maͤnnlein aber vorhero (wie im vorigen vermeldet) verſchneidet / ſo werden ſie deſto zarter und edlers Fleiſch kriegen / und der Koͤniglein-Garten mit Maͤnnlein nicht uͤberhaͤufft und darmit verderbt werde. Die beſte Zeit /die Koͤniglein zur Speiſe auszufangen / iſt im Winter / 2 Stund vor Tages / da man die Netzlein aufrichtet / und alle offene Hoͤhlen mit Stroh oder Heu verſchoppet / dahin ſie fliehen moͤchten / deñ um dieſe Zeit ſind ſie ausge - ſtreuet ihre Nahrung zu ſuchẽ; etliche gewoͤhnẽ ſie / wie man den Phaſanen thut / richten einen groſſen weiten Korb auf / wie einẽ Schantzkorb / da ſie unten / anfaͤnglich / alle durch - ſchlieffen moͤgen / darein gibt man ihnen ihre Speiſe / ge - woͤhnet ſie dahin / hernach zaͤunet mans je laͤnger je mehr zu / und laͤſt nur ein oder zwey Thuͤrlein offen / dadurch ſie eingehen / wann mans endlich fangen will / werden Fall - thuͤrlein daſelbſten gemacht / da man ſie dann beyſammen finden / und / was tauglich iſt / ausleſen kan. Etliche ma - chen dieſen Korb an etlichen Stangen / daß man ihn auf - und abziehen kan / damit man die Koͤniglein / die darun - ter zu freſſen gewohnt ſind / auch uͤberfallen mag. Die - ſer Korb (damit ſie ſeynd gewoͤhnet) muß allzeit uͤber ih - rer Speiſe hangen bleiben / und wie man ihnen in groſſen Koͤniglein-Gaͤrten an mehr als an einem Ort zu freſſen gibt / alſo muß man auch mehr als einen Korb auf - haͤngen laſſen / und jaͤhrlich nur an einem oder zweyẽ Orten dieſe Fallen gebrauchen / und hernach ſolche wieder ein Jahr raſten laſſen / damit ſie des Betrugs vergeſſen / und nicht ſcheuhe worden; man ſoll auch die Koͤniglein / ſo einmal mit der Fallen gefangen werden / nicht leicht wie - der auslaſſen / weil ſie auch die andern leicht wild ma - chen koͤnnen. Der Ort / wo ſie gehalten werden / muß hoch und trocken ſeyn / gegen der Sonnen gelegen / die Feuchtigkeit haſſen ſie ſehr / ſo wol als die Kaͤlte / die in den groſſen Koͤniglein-Gaͤrten eingeſperrten / tragen im Jahr nur 3. oder 4 malen / hingegẽ die im Koͤniglein-Hal - ter alle Monaten. Das Fette von den Koͤniglein iſt ei - ne bewaͤhrte Artzney fuͤr die / ſo mit dem Stein behafftet ſind / wann man die Lenden damit ſalbet; darzu ſoll auch dienen ihr Blut getruncken / ſonderlich wann der Stein in der Blaſen iſt. Comeſtus cuniculus ventrem diſ - ſolvit, ſtomachum confortat, urinam provocat, ejus - què uſus utilis eſt iis, qui elephantico morbo laborant, ſchreibt Guilielmus van den Boſſche Hiſtoriâ Medicâ lib. 2. cap. 34. fol. 270.

Zum Beſchluß dieſes Capitels / muß ich auch etwas weniges von dem Schnecken-Garten gedencken / daß man im Sommer an einem verſchloſſenen oder mit Waſ - ſer eingefangenen Ort / der einen muͤrben und etwas er - hoͤheten Bodẽ hat / Schnecken eintragen laſſe; die kan man im Herbſt und Winter / ſobald ſie ſich zugethan / zur Tafel gebrauchen; wo es Wein-Gebuͤrg hat / kriegt man ſie ohne diß; wann man ſie in Weitzene Kleyen legt / wer - den ſie faiſt und gut. Die Griechen / Tuͤrcken und Croaten / wie P. Bellonius in ſeinen Obſervationibus der in Orient gethanen Reiſen lib. 1. cap. 65. bezeuget / ha - ben vor den Schnecken einen Abſcheuh / daß ſie ſolche nicht eſſen.

Cap. LXVII. Von Waſſer-Gebaͤuen / als Brůcken.

WJewol von den groſſen Schiffreichen flieſſenden Waſſern ſo wol / als bey denen / die an der See - Kuͤſten wohnen / der Handlung halber / ein uͤber - aus groſſer und fuͤrtrefflicher Gewinn iſt / ſo iſt doch ihre Nachbarſchafft / wenn Regen / Spring-Fluten / Wol -ckenbruͤche und andere Sturm-Winde und Ungewitter entſtehen / manchesmal mit groſſer Gefahr und Beſchwer - nus begleitet; wie man das ſo wol in den Hollaͤndiſchen Provinzen / und denen / die in Holſtein / Dietmarſſen / und Preuſſen / als auch an denen / die an groſſen SchiffreichenStroͤmen67Erſtes Buch / Land-Gut.

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Stroͤme / ihre Wohnung haben / jaͤhrlich erfaͤhret. Weil wir nun das erſte nicht zu foͤrchten / muͤſſen wir allein des andern allhier gedencken / uñ haben wir in Oeſterreich nicht nur allein die Donau / ſondern auch noch viel mehr Fluͤſſe / als die March / die Teya / den Kanp / die Traͤ - ſten / die Pielach / die Erlach / die Jppß / die Enns / die Traun / und dergleichen noch mehr / die nicht allein aller - hand groſſen Nutzen von ſich geben; ſondern auch zu Zei - ten mit ihrem Auslauffen und Uberſchwemmen / gantze Felder / Doͤrffer und Haͤuſer verwuͤſten; wiewol nun keine menſchliche Vernunfft oder Gewalt dieſen gewal - tigen Feinden widerſtehen / oder ihren Einbruch und Aus - lauff gantz und gar hemmen oder aufhalten kan / ſo hat dennoch / ſo viel die menſchlichen Kraͤfften vermoͤgen / die kuͤnſtliche Wiſſenſchafft ſo viel zu wegen gebracht / daß dieſe reiſſende Waſſer / wo ſie am meiſten pflegen aus - zubrechen / durch ſtarcke Fuͤrſatz und Schlachten etwas beſſer im Zaum gehalten werden. Wo nun / und wie ſolche bey beſtaͤndiger Ausdaurung zu unterhalten / muß allein die lange Erfahrung / und die wol geuͤbte Kunſt deren Meiſter / die ſich auf dergleichen Waſſer-Gebaͤu wol verſtehen / zu wegen bringen. Die Schlachten muͤſſen doch an ſolchen Orten gelegt ſeyn / wo ein harter feſter Grund iſt / die ſind mit ſtarcken tieff-eingeſenckten Pfaͤlen / und groſſen ſtarcken Dramen und Baͤumen zu verſichern / und dieſe Arbeit kan allein (auſſer dem Nothfall) am beſten geſchehen / wann duͤrr trocken Wetter / und die Waſſer am kleineſten und ſeuchteſten ſind. Die Einſchlagung der Pfaͤlen geſchicht mit ſtar - cken eiſernen Bruck-Schlaͤgeln; das Holtz muß vonſolcher Art ſeyn / das im Waſſer lang waͤhrhafft / als Eychen / Erlen / Tannen / Foͤhren / weil ſie im Waſſer unzehliche Jahr unverfault liegen / muß vom Herbſt an / biß in halben Februarium, im abnehmenden Monden gefaͤllt ſeyn. Am beſten iſt / wann die darzu tauglichen Baͤume vorher ein Monat oder etliche Wochen nur die Helfft biß auf den Kern gehauen werden / damit dieſe Zeit uͤber die darinn ſteckende Feuchte ausduͤnſten und vertreuffen moͤge / ſo wird das Holtz deſto trockener und langwuͤhriger; denn die innen verbleibende Naͤſſe / iſt zum faulen ein ſtarcker Anlaß; genommen aber auf erſtbeſagte Weiſe / ſind ſie faſt immer bleiblich. Viel wollen auch / man ſoll den Baͤumen / ehe man ſie faͤllt / vorher die Rinden abſchelen / und die Aeſte abſtutzen; wann ſie geſchlagen ſind / ſollen ſie im Schatten / und nicht an der Sonnen / Lufft und Winden liegen; was man aber ins Waſſer braucht / das mag wol gantz gruͤn / und gleich wann es abgehauen / genommen werden. Jns gemein iſt der unfruchtbaren Baͤume Holtz ſtaͤrcker und kraͤfftiger / als der jenigen / die Fruͤchte bringen / und der jenigen / die in Waͤldern und Gebuͤrgen wachſen / beſſer / als die / ſo durch menſchlichen Fleiß gepflantzet worden / davon aber mehrers im zwoͤlfften Buch zu han - deln. Die Bruͤcken muß man nicht in Winckeln oder Abſonderungen / ſondern an einem offentlichen der Land - ſtraß halber gelegenſamen Ort aufrichten; das Ufer ſoll / wo es ſeyn kan / etwas erhoͤhet / hart und feſt; des Fluſſes Grund nicht von Truͤbſand und Tuͤmpffeln / ſondern Laimen und feſten Boden ſeyn / das uͤbrige wird den Zimmerleuten und Bruck-Meiſtern heimgegeben.

J ijCap. 68Des Adelichen Land - und Feld-Lebens
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Cap. LXVIII. Von den Muͤhlen.

OB die Muͤhlen / wie wir ſie jetzund haben / be - kannt geweſen bey den Alten / iſt zweifelhafft. Procopius und Blondus melden / als der Dapffere Kriegs-Obriſte Beliſarius von den Gothen in Rom ſey belagert geweſen / hab er die Weiſe erdacht / wie die Fruͤchte durch des Waſſers Antrieb von den Muͤhlen ge - mahlen wuͤrden. Die Alten haben allein / nach Servii Gezeugnis / die Fruͤchte erſtlich bey der Hitz gedoͤrrt / und hernach in darzu gehoͤrigen hohlen Geſchirren (wie Moͤr - ſern) klein zerſtoſſen / wie Virgilius lib. 1. Æneid. ſchreibet:

frugesquè receptas & torrere parant flammis, & frangere Saxo.

Weil aber dieſes ſehr muͤheſam / haben ſie hernach die Hand-Muͤhlen erfunden / die ſie Molas verſatiles & truſatiles, vel piſtrinum genennt / daſelbſt ſind die Scla - ven / ſo etwas bey ihrer Herrſchafft verſchuldet hatten / zur Straff / die Muͤhlen herum zu treiben / auf ihr leb - lang verbannet worden. Endlich ſind die Roß und Och - ſen zu dieſem angetrieben und gebraucht worden; biß endlich die Waſſer - und Wind-Muͤhlen durch menſch - liche Geſchicklichkeit erfunden und zu Werck gerichtet worden / da man denn Tag und Nacht / ohne einige wei - tere Bemuͤhung / eine groſſe Anzahl Korn aufſchuͤtten und herab mahlen kan. Die Waſſer-Muͤhlen ſind beſſer als die Wind-Muͤhlen / und werden dieſe nur an ebenen flachen Orten (wo man kein flieſſendes genug ſtarckes Waſſer hat) gebauet; ſind darum beſchwerlicher / weil das Waſſer viel eine gleichere und ſittſamere Bewegung hat als die Winde / welche bald zu ſchwach und bald zu ungeſtuͤmm ſich ereignen; derenthalben auch die Fluͤgel entweder mit Tuch / wie bey den Hollaͤndern / oder abermit breiten aus Holtz gemachten dinnen Spaͤlten / bald dichter bald weniger eingeſpannt uñ eingeflochten werdẽ; Es iſt auch noch dieſer Vortheil erdacht worden / weil die Wind an ebenen Orten von unterſchiedlichẽ Theilungen der Welt her zu wehen pflegen / daß man mit dem unten angemachtẽ Stertz oder Wend-Holtz das gantze Corpus der Wind-Muͤhlen alſo wenden uñ kehren kan / damit die Muͤhl-Fluͤgel gerad mit dem Winds-Trieb eintreffen moͤgen. Die Waſſer-Muͤhlen / die an groſſen Fluͤſſen / als der Donau / gemacht ſind / doͤrffen keiner Wehren; werden aber alſo gemacht / daß man die Raͤder hoͤher und niedriger / nachdem das Waſſer ſteigt oder faͤllet / richten kan. Was aber auf geringern Fluͤſſen / da muß das Waſſer vorher in eine Tieffe zuſammen gefaſſet / und von den Muͤhl-Wieren gleichſam gezwungen werden / da - mit ſie durch den Canal deſto kraͤfftiger fallen / und die Muͤhl-Raͤder deſto behender treiben koͤnnen. Jn Oeſter - reich zwar / wo die Donau ſehr groß iſt / werden keine als Schiff-Muͤhlen auf der Donau gefunden / die auf 2. Schiffen liegend / ſich mit dem Waſſer heben uñ ſencken / muͤſſen aber mit ſtarcken Ketten und Hafftungen an das Land angemacht ſeyn / und geſchicht wol zu Zeiten / daß das angelauffene ungeſtuͤmme Gewaͤſſer den Meiſter mit der Muͤhl hinweg fuͤhrt / allein ſie haben ſchon ihre Ruder und Schiff-Gezeug / daß ſie gleichwol ſehen koͤnnen / et - wann zuzulenden; in Bayren und Schwaben aber / wo die Donau kleiner / da ſind ſchoͤne und treffliche Muͤhlen zu ſehen / wie man ſonderlich bey der Stadt Regenſpurg / als auch am Bayriſchen Hof / viel ſchoͤne Werck-Staͤtte antrifft / die mit groſſen Nutzen und Gewinn daſelbſt un - terhalten werden / welche der loͤblichen Reichs-Stadt Regenſpurg ſchoͤne kuͤnſtliche und nuͤtzliche Waſſer -Gebaͤue69Erſtes Buch / Land-Gut. Gebaͤue der gelehrte Stephanus Ulnandus Pighius in ſeinem Hercule Prodicio, von des jungen Printzen Ca - roli Friderici Hertzogen zu Juͤlich ꝛc. Reiſen / artlich be - ſchreibet / und ſie nennet Magnæ Induſtriæ & ingenioſæ Inventionis officinas, nullo manuum auxilio, ſed a - quarum lapſu & verſatilium Rotarum labore conti - nuo, nocte diequè, ad nutum unius hominis operan - tes. Wie dann dieſer loͤblichen Stadt kuͤnſtliche und nuͤtzliche Waſſer-Gebaͤue / ſo ſie im untern und obern Wehrt daſelbſt haben / ein ſchoͤnes und loͤbliches Modell geben koͤnnen allen den jenigen / die dergleichen Wercke gut und wolbeſtellt verfertigen wollen. Wahr iſt es zwar / daß ein groſſer Unkoſten darauf gehet / den ungeſtuͤm - men Eingriffen und Anſtuͤrmungen der reiſſenden Do - nau zu wiederſtehen und vor zu bauen: ſo uͤbertrifft doch der Nutzen ſolche ſehr weit / alſo daß ein loͤblicher Stadt - Caͤmmerer und Rath / mit dieſen und andern ſchoͤn und artich eingerichteten Wirthſchafften / ob ſie ſchon ſonſt keine Landſchafft beſitzen / nicht allein ihr genugſames Einkommen und nothwendige Außgaben beſtreiten; ſon - dern auch in dem waͤhrendem groſſen Krieg / ihren Credit mehr als kein andere Reichs-Stadt ſalvirt und erhal - ten haben / ſo ihnen zu ſonderbaren Ruhm nachzuſagen / und zu wuͤnſchen iſt / daß ſie Gott noch ferner in ihrer guten Ordnung und Wolſtand gnaͤdig erhalten wolle. Jn Oeſterreich werden die meiſten Muͤhlen an den mit - telmaͤſſigen Fluͤſſen und Baͤchen gebauet / da denn der Einlaß / bey allzugroſſem Waſſer / mit einem Fuͤrſatz kan verſtopfft / und das Waſſer anderwerts in ſeinen ordi - nari Nebenlauff fortgetrieben werden; hingegen iſt es klein / kan man den voͤlligen Fluß auf die Raͤder einlaſſen. Und dieſe Muͤhlen ſind meiſtestheils unterſchlaͤchtig; was aber auf kleinen Baͤchen iſt / wird darum oberſchlaͤchtiggenennet / weil das Waſſer durch eine hoͤher-aufgefuͤhrte Rinnen auf das tieffer-gelegte Rad / von oben her getrie - ben wird / und je groͤſſer dieſes Rad iſt / je mit einem we - nigern Waſſer (wanns nur einmahl in den Schwung kommt) kan man mahlen; die unterſchlaͤchtigen Muͤhlen aber / ſtehen auf groͤſſern Fluͤſſen / und ſind weit ertraͤgli - cher / kan man auch 3. 4. 6. und mehr Gaͤnge haben und zu - gleich brauchen / welches am Gewinn nicht wenig eintraͤgt. Doch doͤrffen ſie auch einen groſſen Vorrath / und muß man allzeit / mit guten Holtz / Muͤhlſteinen und andern darzu nothwendigen Materialien gefaſt ſeyn / damit / wann etwas bricht / man ſolches bald wieder erſetzen koͤnne. Es iſt auch faſt nicht moͤglich / daß durch die unaufhoͤrliche Bewegung / die offt Tag und Nacht waͤhret / nicht ſollte nach und nach eines und das andere ſich abnutzen und in Abbau kommen / ſo taͤglich wieder auszubeſſern / zu flicken / oder wol gar zu verneuren; daher man ſtets einen offenen Beutel haben muß. An vielen Orten ſind die Muͤllner befreyet / daß ſie auch den Sonntag durch / arbeiten doͤrffen / weil wir auch am Sonntag des Brods nicht entbaͤhren moͤgen. l. publicas. 5. §. Piſto - riis c. de feriis und in Jure Canonico in cap. 3. extr. eod. ne ſcilicet occaſione momenti, pereat Com - moditas cœleſti proviſione conceſſa, & Conſtantinus reſcripſit in l. omnes 3. cap. eod. ſo hat doch nicht un - billich Kaͤyſer Leo ſolches Novel. 54. wieder abgeſtellt und verbotten: Welches auch noch alſo an vielen Orten gehalten / und ſonderlich durch die in Oeſterreich ge - machten und publicirten Muͤhl-Ordnungen beſtaͤttigt wird. Was aber dieſe Muͤller-Ordnungen / auch das Mahlen / und andere Sachen / ſo darzu gehoͤrig / be - trifft / wird davon im ſiebenden Buch mehr Nachricht erfolgen.

Cap. LXIX. Von allerhand Arten der Muͤhlen.

WO etwan / wie an etlichen Orten im March-Feld im Viertel unter Mainhards-Berg / wenig Baͤ - che uñ Fluͤſſe zu finden / daß man bey heiſſen trock - nen Jahren mit den Waſſermuͤhlen hart fortkommen kan / iſt einem Haus-Vatter nicht uͤbel gedient / wañ er ſich auf ſolchen Fall um andere Mittel bewirbt / dieſem Un - rath fuͤrzukommen / wann er ſich um etliche Hand-Muͤh - len bewirbt / wie in allen vornehmen Haupt-Veſtungen darum uͤblich iſt / wo ſie ſchon Waſſer-Fluͤſſe und Muͤh - len haben; in feindlichen Belagerungen / entweder das Waſſer abgegraben / oder das Muͤhlwerck / durch Stuck und Feuer-einwerffen verwuͤſtet und untuͤchtig gemacht / und alſo ihr Malter gehemmet wird / man nichts deſto weniger ſo wol in den Zeug-Haͤuſern / als auch in den buͤrgerlichen Wohnungen hin und wider ſolche Hand - Muͤhlen habe / deren man / imfall der Noth / ſich nuͤtzlich bedienen moͤge / weilen ſie theils nur durch eine / theils a - ber durch zwo Perſonen regiert werden koͤnnen / und man doch in weniger Zeit zimlich viel Fruͤchte mahlen und haben kan; dieſe werden nun auf unterſchiedene Arten zugerichtet mit Schwung-Raͤdern / Schwengeln / Zieh - armen / Wellbaͤumen / Stirn-Raͤdern / mit Kaͤſten / Stei - nen / Beuteln und andern Muͤhl-Nothdurfften verſehen. Dergleichen Hand-muͤhlen hat man nicht allein zum Mehl / ſondern auch Pulver zu ſtampffen auf vornehmenFeſtungen / auch zu Mahlung der Wein-Truͤſen / daraus die Kupffer-Drucker-Schwaͤrtze gemacht wird. Es ſind auch etliche / welche dergleichen Hand-Muͤhlen aus Meſſing oder Eyſen / groͤſſer und kleiner / nach Belieben formirt, da dann die Experienz einer jeden Art Guͤte mehr oder weniger / durch den taͤglichen Gebrauch / und ſtaͤte Ubung / erklaͤren / und was das dienlichſte und beſte ſey / zeigen wird. Es werden auch wol an etlichen Hand-Muͤhlen die Schwung-Raͤder mit 3. anhangen - den Gewicht-Steinen / zu beſſerer Forthelffung des Um - treibens / vernuͤnfftig verſehen. Wo man groͤſſere Wercke haben will / richtet man Trett-Muͤhlen an / da durch ein groſſes gehengtes / oder flechliegendes Trett-Rad / durch 2. Perſonen / das gantze Werck beweget wird; es muͤſſen aber die Trett-Raͤder nicht zu klein / ſondern mit ziemlich weiten Einfang formirt ſeyn; denn je kleiner ſie ſind / je beſchwerlicher und je groͤſſer ſie ſind / je hurtiger die Be - wegung beſchleunigt wird. Nicht weniger werden auch dergleichen Trett-Muͤhlen verfertigt / welche die Pferde / ja wol auch die Ochſen ziehen muͤſſen / doch auch auf un - terſchiedlichen Formen; als daß man das Horizontal lie - gende groſſe Rad durch eine Stange / daran das Pferd angeſpannt wird / herum treibe und dardurch das gantze Muͤhl-Werck bewege / dem auch durch ein an der Hebel angehengtes Gegengewicht geholffen wird. Wo es dieH iijGelegen -70Des adelichen Land - und Feld-Lebens

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Gelegenheit leidet / mag man auch durch einen Abfall vom Waſſer dein Pferde zu Huͤlffe kommen / ſo an denen Orten bequemlich / wo man zwar einen Bach hat / der aber / ein Muͤhlwerck zu treiben / bey duͤrrem Wetter zu ſchwach iſt / oder wo man nur ein ſtillſtehendes Waſſer / oder tieffen Brunnen hat / deſſen Waſſer durch ein Pump-Werck kan in die Hoͤhe gebracht / und in ein Schaufel-Rad fallend gemacht werden.

Man findet wol auch Muͤhlen / die alle groſſe Ge - wichter ziehen und umtreiben / man muß aber allein in hohen Gebaͤuen oder Thuͤrnẽ / dergleichen Gewicht-Muͤh - len anordnen / damit man die Gewichter deſto hoͤher brin - gen / und nicht ſo offt aufziehen darf / ſo durch ein Rad oder Haſpel am fuͤglichſten geſchihet. Jn den ebenen Laͤndern / wo wenig flieſſende Waſſer / und die Winde frey durch - ſtreichen koͤnnen / werden Wind-Muͤhlen alſo geordnet / daß man erſtlich die Muͤhl (nachdem der Wind waͤhet) herum reiben und treiben kan / wie man will. 2. Wer - den die Fluͤgel / darein der Wind faͤllet / und die das gantze Werck treiben / alſo entweder mit Segel-Leinwat /oder mit breit-duͤnnen hoͤltzernen Spaͤlten / entweder gantz / oder nur zum Theil / alſo beſpannet / dick oder we - nig / nachdem der Wind ſchwach oder ſtarck blaͤſet; in Schleſien / Pohlen und Holland ſind ſie ſehr im Ge - brauch / werden meiſtes von 4. Fluͤgeln Creutzweiſe ein - gerichtet: Jn Tuͤrckey aber / wie Bellonius in ſeiner Reis-Beſchreibung lib. 1. cap. 69. meldet / werden ſie allenthalben mit 8. Fluͤgeln gemacht. Wie denn Herr lacobus de Strada weiland Kaͤyſers Ferdinandi I. Ma - ximiliani II. und Rudolphi II. vornehmer antiquarius in ſeinem Werck von allerley nuͤtzlichen Muͤhl - und Waſ - ſer-Kuͤnſten / und aus ihm Anno 1661. Herr Georg Andreas Bœckler Ingenieur und Architectus zu Franck - fort am Mayn / verbeſſert und vermehret / und deren un - terſchiedliche Abriß und Kupfferſtich wol und verſtaͤndlich vorgeſtellt hat / daraus ich nun dieſes / und folgende mehr dergleichen Wercke genommen / dahin ich auch den guͤn - ſtigen Leſer / weil es zu Nuͤrnberg eodem Anno gedruckt worden / will gewieſen haben.

Cap. LXX. Von Papier-Polier - und Schleiff-Muͤhlen.

PApier-Muͤhlen ſind eine weitlaͤufftige und koſt - bare Sache / die allein bey groſſen Staͤdten / wo Cantzeleyen / Academien / und Schulen ſind / den beſten Abgang haben / oder wo in der Naͤhe nicht andere / oder doch uͤbelbeſtellte Werckſtaͤtte ſind. Dieſe muͤſſen erſtlich einẽ weiten Umfang von unterſchiedlichen Gebaͤu - en haben / als erſtlich die Papier-Muͤhl ſamt der Werck - ſtat / 2. die Wohnungen fuͤr Meiſter und Geſellen / 3. einen Stadel fuͤr die Haderlumpen 4. eine ſonderbahre Stelle fuͤr die Lumpenfeile / 5. die Leim-Kuͤche muß auch ihre ſondere Stelle haben. 6. Die Glaͤtt-Stuben be -darf auch einen raumigen Platz / 7. Waſſer - und Heng - Boden muͤſſen auch hoch und groß ſeyn / und obwol das meiſte in drey Zimmer kan eingetheilt ſeyn / muß doch groſſer Platz / mit nicht geringen Unkoſten / darzu kom - men / 8. das Waſſer-Bad iſt fuͤr ſich ſelbſt koſtbar / 9. die Einkauffung der Hadern fordert bahre Bezahlung / und die Leute / ſo damit umgehen / koͤnnen nicht borgen. Alle Papier-Muͤhlen bedoͤrffen einen zimlich-groſſen und ſtarcken Waſſer-Fluß / und werden die achteckichte Wellbaͤume durch Waſſer-Raͤder umgetrieben / die he - ben des Wellbaums Zwerchaͤrme / die Klapper-Haͤm -mer /71Erſtes Buch / Land-Gut. mer / auf / und laſſens abwechſelsweiſe / in die darunter woleingerichtete Kaͤſten / auf die Lumpen fallen / auf welche Kaͤſten ein Waſſer-Rinnen gerichtet iſt / daß es auf die Lumpen kan gelaſſen / auch wieder / durch gebuͤhr - liche Ablaͤuffe / abgelaſſen werden. Die Materi der zerſtoſ - ſenen Lumpen / wird mit einem gegitterten viereckichten Furm aus dem Waſſer-Zuber ausgehoben / und wird das Papier unter einer Preſſe auf einander geſetzt. Es ſind auch noch bey den Papier-Muͤhlen viel andere Sa - chen und Vortheil zu erwegen / davon die Meiſter zu be - fragen.

Die Polier-Muͤhlen / darauf allerley Gewehr / Har - niſch und Eiſengeraͤthe hell und glatt gemacht werden / ſchicken ſich allein in die groſſen Staͤdte / oder doch nicht weit davon / weil es auf dem Lande von dergleichen Arbei - ten wenig giebt / und eine Polier-Muͤhl ſchier einem gantzen Lande dienen kan / weil es mehr zur Zierlichkeit als zur Nothdurfft angeſehen; ſie muͤſſen auch nur an ſtarckrinnenden Fluͤſſen angeordnet ſeyn / und treibt das Waſſer-Rad mit ſeinem Wellbaum das daran befeſtig - te Stirn-Rad herum / welches mit ſeiner Stirn oder Kamm in die Spindeln des Wellbaums eingreiffet / da - mit die Polier-Steine mit herum getrieben und gerieben / und an deren glatten Haͤrten / die angehaltenen Waffen polirt werden.

Die Schleiff-Muͤhlen ſind zwar von wenigerm Un - koſten / aber zur Haus-Wirtſchafft nothwendiger / weil die ſtumpffe Meſſer / Waffen / Hauen / Karſt und an -ders Eiſen-Werck / ſo am Gebrauch die Schneide ver - lieret / davon wieder kan geſchaͤrffet und verneuet ſeyn. Dieſe kan man auch wol auf den Muͤhlen zurichten / ſo nicht Waſſer haben / welche nur die Pferde und andere Thiere umtreibẽ. Bey den Waſſer-Muͤhlẽ aber kan man dieſe mit geringer Muͤh als einẽ appendicem anſtellẽ. Zu mehr ringfertiger Umlauffung der Schleif - oder Polier - Stein / kan man an dem aufrechten Wellbaum ein Schwung-Rad anrichten / ſolches vorher in drey gleiche Theile eintheilen / und an jedes Drittel einen Gewicht - Stein haͤngen / weil er dieſer Geſtalt einen weit beſſern Schwung hat / als wann man mehr Theile daraus ma - chen will / welches auch insgemein bey allen Muͤhlwercken ſoll beobachtet werden. Bey etlichen Schleiff - und Po - lier-Muͤhlen treibt das Waſſer-Rad mit ſeinem Well - baum das Kamm-Rad / welches ferner mit ſeinen Zaͤh - nen in die Spindeln eingreiffet / und den Trillis / ſam̃t deſ - ſen Wellbaum / an welchen die Schleiff - oder Polier - Steine befeſtiget ſind / herum treibet. Obenher aber muß eine Waſſer-Rinne auf die Schleiff-Steine / ſol - che zu benetzen / geleitet ſeyn; und durch dieſes Mittel kan man ſo wol den Schleiff - als auch den Muͤhl-Stein ſelbſten umlauffend machen. Will man aber eine oder die andere allein brauchen; ſo wird allein der Trillis ein wenig von dem Kamm-Rad entfernet / (worzu der - gleichen Wercke muͤſſen eingerichtet ſeyn) ſo wird auch allein das ſeinem Befehl nachkommen / das man brau - chet / das ander aber wird ruhen.

Cap. LXXI. Von Saͤg-Hammer-Stampff - und Walch-Muͤhlen.

DJe Saͤge-Muͤhlen ſind ein nutzbares Stuck der Haus-Wirthſchafft / wo man Gelegenheit dar - zu haben kan / als bequemes Treib-Waſſer und Foͤren-Taͤnnen - und Fichten-Waͤlder; ſonderlich wo man Gebaͤue fuͤhren muß / oder nahend groſſe Staͤdte und Maͤrckte hat / da es viel Zimmerleute / Tiſchler und dergleichen Handwercker gibt / welche die Laden zu ihrer Nothdurfft bedoͤrffen. Wo man vorhin ſchon Muͤhlen hat / kan man die Saͤge deſto bequemlicher und mit we - nigerm Unkoſten beyfuͤgen. Nachdem nun der Waſ - ſer-Trieb beſchaffen iſt / kan man auf einmal mehr Saͤg - Baͤume einſetzen / und die Laͤden alſo rucken und fort - ſchieben / nachdem man ſie dick oder duͤnn haben / und Boden-Laͤden / Fuß-Laͤden / Werck-Laͤden oder gemeine Laͤden daraus verfertigen will. Weil nun dieſes alle Zimmerleute / ſo mit dem Waſſer - und Mahl-Werck umgehen / wol wiſſen zu machen / alſo kan ihm ein ver - ſtaͤndiger Haus-Vatter einen erwaͤhlen / der recht der - gleichen Arbeit zu machen Beſcheid weiß / und wird er deren zu mehrerm Behuf / in Herrn Georg Andreœ Boͤck - lers Anno 1661. gedruckten Schau-Platz der Mechani - ſchen Kuͤnſten von Muͤhl - und Waſſer-Wercken / unter - ſchiedene Kupfferſtich und Arten finden / und daraus das beſte erwaͤhlen koͤnnen; wie dann auch daſelbſt eine Saͤg-Muͤhl zu finden / die / wo kein Bach oder Waſſer - Fluß iſt / von einem Pferd kan getrieben werden / darauf man zugleich mahlen uñ Laͤden ſchneiden kan. Doch wer - den die Saͤg-Muͤhlen nicht an allen Orten / ohne Bewil - ligung der Lands-Fuͤrſtlichen Obrigkeit / zugelaſſen. Und hat ſonderlich die Fuͤrſtliche Luͤneburgiſche Forſt-Ord -nung dieſe Limitation, wann uͤber die vorigen Saͤge - Muͤhlen eine neue zu machen im Vorſchlag kommt / ſolle 1. wol uͤberlegt werden / was vor Nutzen daher zu gewar - ten. 2. Ob ein beſtaͤndiger Waſſer-Fall da verhan - den. 3. Wie lang die Holtzung / ſo auf ſolchen Saͤge - Muͤhlen zu verſchneiden verhanden / nachhalten koͤnne. 4. Ob ſolches Holtz nicht auf einer andern Muͤhl gele - genſamer zu ſchneiden ſey. 5. Ob auch ein Abgang der Bretter und Latten verſichert zu hoffen / damit der Bau nicht vergebens ſey. Ein ſchoͤnes Modell von ſechs / zwey groͤſſern / und vier kleinern Saͤgen / darauf man groſſe / kleine / dicke und duͤnne Laͤden ſchneiden kan / iſt zu ſehen in Regenſpurg im untern Wehrd / da ſo wol vor die Zim - merleut / als Tiſchler oder Schreiner / Zeug genug ver - fertigt wird. Pihius, in ſeinem Hercule Prodicio, nen - net dieſe Saͤge-Muͤhlen aus dem Catone, lignarias mo - letrinas, ubi vaſti ponderis trabes, arbores etiam im - menſæ ſuâ ſpontè ex undis exurgentes in tabulata ac pontes ſeſe ſtridentibus ſubſilientium ac multiplicium ſerrarum dentibus ingerunt, atquè in plures uno tra - ctu, brevi temporis ſpacio, tabulas partiuntur. Da - bey hat der Muͤllner vornemlich zu beobachten / daß die Bloͤcher gleich aufgelegt / nicht an einem Ort dick / an dem andern aber duͤnn ſeyen. Wann die Bretter ge - ſchnitten / ſoll ſie der Muͤllner wieder zuſammen legen / wie das Bloch geweſen / daß man ſehen koͤnne / daß we - der die mittlere noch andere Laͤden davon weg kommen. Es ſollen auch an den Saͤgen alle Zaͤhne vollkommen / und derer nicht zu wenig; ſo wol die Boͤden in den Saͤg - Muͤhlen wol verwahret ſeyn / daß keine Saͤg-Spaͤne insWaſſer72Des Adelichen Land - und Feld-LebensWaſſer fallen / und die Fiſch-Waſſer dardurch abgeoͤdet und verwuͤſtet werden / wie die Fuͤrſtliche Sachſen - Gothaiſche Muͤhl-Ordnung befihlet.

Wo es Eyſen - und Kupffer-Bergwercke gibt / auch in groſſen Staͤdten / wo allerley Meiſter wohnen / die mit Eyſen / Kupffer und dergleichen Metallen umgehen / ſind die Haͤmmer ein faſt nothwendiges Stuck; wie nicht weniger an etlichen Orten / als zu Saltzburg / dergleichen Haͤmmer in den Muͤntz-Haͤuſern gefunden werden / darauf ſie allerhand Geld / ohne ſonderbare Bemuͤhung / mit trefflichen Vortheil geſchwind verfertigen koͤnnen. Weil aber das Privilegium zu muͤntzen ein Fuͤrſtliches hohes Regale, wollen wir allhier allein von den gemei - nen Haͤmmern / darauf Eyſen / Stahl und Kupffer zu Platten und bequemlichen Stangen formirt wird / kuͤrtz - lich reden. Nun bedoͤrffen die Hammer-Werck ein ziemlich ſtarckes Waſſer / und hat der Wellbaum des Waſſer-Rads zween oder drey Heb-Arme / welche den hintern Theil des Hammers aufheben und wie - der fallen laſſen / dardurch das untergelegte gluͤhende Me - tall / ſo mit einer Zangen hin und wider bewogen / um - gekehrt und regiert wird / zu einer breiten Platten oder Stangen gebildet wird / wie es dem Hammerſchmied beliebig. Damit man aber noch weniger Perſonen be - doͤrffe / zeigt vorgemeldter Autor ein Mittel / daß auch die Blasbaͤlge / die in den Ofen / darinn das Metall ge - gluͤhet wird / einblaſen / von dem Waſſer-Werck (ohne Zuthun eines menſchlichen Armes) fuͤglich auf und nider gehebt / und alſo zum Feuer-aufblaſen ſehr dienlich koͤn - nen gebraucht werden.

Die Stampff-Muͤhlen werden auch meiſtes denen andern Waſſer-Muͤhlen / als eine Zugab / beygefuͤgt /und dienen / Hirſchbrey / Heiden / Habern / Gerſten und dergleichen Fruͤchte zur Speiſe bequemlicher zu bereiten / da dann an dem Wellbaum des groſſen Waſſer-Rads / noch ein auf der Seiten mit vielen Zapffen bezaͤhntes Rad beybefeſtet iſt / welches mit ſeinen Zaͤhnen in die Spindeln des andern aufrechten Wellbaums / in den unterſten Trillis eingreiffet / der zugleich den oberſten Trillis mit herumfuͤhret / und daſelbſt in ein dem untern gleichmaͤſſiges Zapffen-Rad einfaͤllet / und den daran be - feſtigten Wellbaum / der ſo viel Zapffen hat / als viel man Staͤmpffe haben will / umtreibet / welche die Staͤmpffe aufheben und wieder fallen laſſen. Die Art / darauf zu mahlen / weil ſie allen Muͤllern bekannt / wird hier / Weitlaͤufftigkeit zu meiden / unterlaſſen; dergleichen Stampff-Muͤhlen / die im Mangel des Waſſers durch ein Thier / Pferd / Eſel oder Ochſen koͤnnen beſtellet werden / zeigt uns oͤfftersgedachter Author in ſeiner 52. Figur.

Die Walck-Muͤhle / welche die Tuchmacher und Lo - den-Arbeiter nothwendig brauchen / kan an einem flieſſen - den Bach geringlich beſtellet werden / da das Waſſer - Rad den Wellbaum mit ſeinen Heb-Armen herum - treibt / wie bey andern Staͤmpffen und Papier-Muͤhlen / welche Armen die Klappen oder rund und glatt gemachte Staͤmpffel aufheben und wieder fallen laſſen / deren man denn mehr oder weniger machen kan; als es etwan die Staͤrcke des Waſſers / oder die Nothdurfft des Jnnha - bers erfordert / allein muß nahend dabey ein Wind - oder anderer Ofen / ſamt einem Keſſel / darinn man die herge - brachten Tuͤcher einweichen kan / mit allem Fleiß ge - bauet werden.

Cap. LXXII. Von Oel-Bohr-Blas-Mang - und Gewuͤrtz-Můhlen.

DJe Oel-Muͤhlen ſind in einer Wirthſchafft / wo man viel Flachs / Magẽ / Nuͤß / uñ ſonderlich wilde Ruben-Saat bauet / ein gut und wolertraͤgliches Stuck / welche man an einem flieſſenden Waſſer mag an - ordnen; nemlich es wird an den Wellbaum des Waſſer - Rads ein gebraͤuchiges Kamm-Rad mit Zaͤhnen oder Zapffen angemacht / welches mit ſeinem Kamm in die Spindeln eines uͤberſich naͤchſt dabey geſetzten Rades eingreiffet / und ſolches / ſamt ſeinem Wellbaum / herum treibet; an dieſem Wellbaum fornen / werden Hebar - me befeſtiget / welche die Staͤmpffel aufheben und wieder fallen laſſen. Es muͤſſen aber dieſe Staͤmpffel unten mit eiſernen Schuhen beſchlagen / auch die ausgehauene Loͤcher / darein ſie fallen / unten am Boden mit ſtarcken eiſernen Blechern gefuͤttert werden. Wann man nun aus dieſem Saamen Oel machen will / wird ſolcher erſt - lich geſtoſſen / darnach in einem Keſſel uͤber dem Feuer geroͤſtet / und alſo warm zwiſchen 2. Haartuͤcher in die in viereckichtes Holtz rund eingegrabene runde Loͤcher gelegt / und folgends in die gevierdte ausgehauene Loͤcher des von Eychen-Holtz ſtarcken Baums eingethan / dar - auf ein anderer gevierdter Klotz geſetzet / und von hinden ein Keil durchgeſtoſſen / welcher fornen etwas ſchmaͤler als hinden iſt / darnach wird der Schlegel auf und wie - der nidergelaſſen / und wird der Keil durch das Nieder - ſtoſſen hinein / und das Oel unten heraus / und in ein Un -terſetz-Geſchirr getrieben. Das Lein-Oel wird zur Ar - tzeney / ſo woll vor Menſchen als Viehe / vielfaͤltig genu - tzet; wie auch Mahen - und Nuß-Oel; das aus dem Ru - ben-Saamen geſchlagene Oel aber / wird von dem ge - meinen Mann in Sachſen / Thuͤringen und andern Or - ten (zwar nicht in Oeſterreich / wo der Bauersmann an ſtatt der Liechter Spaͤne und Kienfoͤren-Holtz gebrau - chet) zu ihren Lampen und Liechtern genommen. Ein Oel-Muͤller muß das Geſchirr / es ſey Staͤmpffe / Stoß-Blech / Preß-Laden fleiſſig verwahren und ſau - ber halten.

Bohr-Muͤhlen / koͤnnen ſo wol am Waſſer / als auch wie Hand-Muͤhlen zugerichtet werden / beſſer aber ſind ſie an einem Waſſer / und wird an dem Wellbaum des Waſſer-Rads ein Kamm-Rad zugeordnet / dem - ſelben gibt man viel oder wenig Kaͤmme / nachdem es geſchwind oder langſam gehen und treiben ſolle. Das Kamm-Rad aber greifft mit ſeinem Kamm in einen naͤchſt beygefuͤgten Trillis ein / und draͤhet alſo den mit - ten in den Trillis befeſtigten Bohrer mit herum; der Bohrer wird mit einer Draͤhedocken eingeſchloſſen / und die Baͤume / die man zu Roͤhren oder Pumpen durchboh - ren ſoll / liegen auf einer Nuet-Rahm eingepflockt und befeſtiget / jedoch daß man dieſelbige gegen den Bohrer nachdrucken moͤge / welches eine Perſon zu Wercke ſtel - len kan.

Die73Erſtes Buch / Land-Gut.

Die Blas-Muͤhlen gehoͤren nur / wo es groſſe Haͤm - mer gibt / wie droben allbereit etwas davon erwehnt worden / die moͤgen auch am flieſſenden Waſſer ſtehen / und kan ein Waſſer-Rad zween oder vier Blas-Baͤlge mit einer gekroͤpfften Kuͤrbe und eiſernen Ziehſtangen auf und niederlaſſen / wie die Figur Num. 78. bey vorer - wehntem Herrn Boͤcklern loco allegato fuͤrgeſtellet wird.

Die Mang-Muͤhlen ingleichen kan man an flieſſen - den Waſſern aufrichten / wie auf den groſſen Bleich - Plaͤtzen / wo es viel Leinwat gibt / vonnoͤthen iſt. Dieſe Muͤhle wird durch ein gedoppeltes Waſſer-Rad / deren Schaufeln auf einer Seiten rechts / auf der andern aber lincks eingeſetzt ſind / regiert; oberhalb des Rades muß ein ſo groſſer Kaſten geſtellt ſeyn / der ſo viel Waſſer faſſen kan / als zu Umtreibung des Rads vonnoͤthen / die haben unten viereckichte Loͤcher mit Zapffen / damit das Waſſer / wie man will / das Rad ſo wol auf rechte als lincke Seiten / wie es die Mang bedarff / treiben / und wieder ziehen koͤnne; zu dem Ende eine Perſon dabeyin einem angehengten Haͤuslein ſtehet / welche die ge - vierdte Zapffen aufziehen und wieder beſchlieſſen kan. Das Tuch wird auf Waltzen aufgezogen / und / wie ge - braͤuchig / allzeit zween unter die Mang gelegt / und im - merdar mit friſchen leinern Tuͤchern abgeloͤſet / biß alles wol gemangt iſt; ſolche Mangen (wie zu Regenſpurg) werden auch nur mit einem Pferde hin und hergetrieben / und geſchiehet ſolches mit weniger Muͤhe und Unkoſten.

Die Gewuͤrtz-Muͤhlen / ſind mit / von eiſernen Schu - hen / beſchlagenen Staͤmpffen / faſt wie die Oel-Muͤhlen / gemacht / weil auch die ausgehauene Loͤcher / darein ſie ih - ren-Fall haben / am Boden gleichesfalls mit eyſernen Blechen gefuͤttert werden; ſie ſind in Kaͤſten eingeſchloſ - ſen / und koͤnnen verſperrt werden. Zu Regenſpurg / im untern Wehrt / iſt eine dergleichen zu ſehen / darauf die Kauffleute Pfeffer / Jngwer und ander Gewuͤrtze haͤuffig koͤnnen mahlen und ſtoſſen laſſen.

Man hat auch Lohe-Muͤhlen / darauf die Baum - Rinden fuͤr die Lederer geſtoſſen und zugerichtet werden.

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Cap. LXXIII. Von den Bleich-Staͤtten.

WEil die Flachs - und Leinwat-Arbeit in der Wirthſchafft ein nicht geringes Stuck iſt / als werden faſt bey allen wolbeſtellten Guͤtern ab - geſonderte Bleich-Staͤtte verordnet / die muͤſſen vor - nemlich an einem graſichten Ort / an einem Fluß / Bach oder klaren Teich-Waſſer / auf einem etwas erhoͤheten Ort liegen / damit ſonderlich bey den Fluͤſſen und Baͤchen / die offt unverſehene Guͤſſen / den Platz mit Koth / Schlam̃ und Sand nicht verunreinigen koͤnnen; und hat man hin und wider Schaͤffer und Bodingen eingegraben oder ſonſten ſtehen / darein man das Waſſer durch Rinnen zur Nothdurfft vorſchoͤpffen mag / oder wo man ein gu -tes Pump-Werck machet / kan ein Menſch in ein paar Stunden / mit hin und wider gelegten Rinnen / ſo viel Waſſer ſchoͤpffen / als man den gantzẽ Tag uͤber bedarff. Wo es aber / wie zu Regenſpurg / groſſe und weitlaͤuffige Bleich-Staͤtte gibt / da kan man / wie daſelbſt im untern Werth / gleich nicht weit von der hoͤltzernen Brucken / wann man einen Waſſer-Fluß zum Vortheil hat / ein oder mehr groſſe Waſſer-Raͤder verfertigen laſſen / die ſind an der aͤuſſerſten Circumferenz mit ziemlich-groſ - ſen Waſſer-Eimern rund herum verſehen / daß / wann das Rad herum gehet / die unten angehenckten Eimer / einer nach dem andern / indem ſich das Rad durch denKFluß74Des Adelichen Land - und Feld-LebensFluß ziehet / Waſſer ſchoͤpffen / und / wann ſie in die Hoͤhe kommen / und das Rad ſich wieder abwerts neiget / ihr geſchoͤpfftes Waſſer in eine ziemlich weit ausgehauene untergelegte Rinnen ausgieſſen / und alſo / ſo viel man bedarff / Waſſer zufuͤhren. Der Platz / wo man bleichet / kan mit zwey oder drey Graͤblein / darinnen auf zwantzig Schritt / mehr oder weniger voneinander / allzeit ein mit Holtz ausgefuͤtterter Kalter iſt / darein ſich das Waſſer ſam̃let; und daraus man mit Schapffen die Bleich zum Genuͤgen verſehen kan. Die Raͤder ſind alſo formirt / daß man ſie Winters-Zeit / oder wann man nicht mehr bleichet / mit groſſen Ketten von dem Strom aufwerts ziehen / und ſie alſo vor der Faͤule / oder in Waſſerguͤſſen / und Eys-Rinnen / deſto laͤnger und beſtaͤndiger erhal - ten kan. Gleich dabey iſt / hart innerhalb der Raͤder / eine groſſe wolgedeckte und verwahrte Huͤtten / wie eine Scheuren / dardurch die Waſſer-Rinnen auf die Bleich-Statt gerichtet ſind; und an dem Wellbaumdes Waſſer-Rades / inwendig / hat es zween Hebarmen / die man auf die Stampff richten kan / daß ſie ſolche auf - heben / und wieder in ein rund-ausgehauen Loch / ſo in Eychenem Holtz glatt ausgearbeitet iſt / fallen laſſen / da - bey ſie die Leinwath walcken und ſtampffen koͤnnen / daß ſie ſich deſto eher bleichen laͤſſet. Gleich dabey hats auch einen groſſen / Manns-tieffen / viereckichten / mit Holtz ausgetaͤfelten Behalter / darinn ſie die Bleich und andere Waͤſche / wann ungeſtuͤmm Wetter iſt / bequem und wol waſchen koͤnnen. Wer mehr von dergleichen Be - quemlichkeiten / vom Schoͤpff-Werck / Pompen / Waſ - ſer-Kuͤnſten / Druck-Werck / Kugel-Wercken / Waſ - ſer-Spruͤtzen und dergleichen haben will / der beſehe oͤff - ters-ernennten Jacobum de Strada, vornemlich aber Herrn Boͤcklern in ſeinem Theatro oder Schau-Platz der Mechaniſchen Kuͤnſten / von Muͤhl - und Waſſer - Wercken.

Cap. LXXIV. Von Saliter-Huͤtten und Pulver-Maͤhlen.

DJe Natur hat ihre unterſchiedene Gaben und Geſchencke nie einem Grund und Erdreich allein ertheilet / darum / daß durch dieſe GOttes wun - derſame Oeconomia erkennet und geprieſen / auch weil immer ein Ort / eine Gegend / eine Landſchafft der andern bedoͤrfftig / alſo die Chriſtliche Lieb und Ei - nigkeit deſto beſſer fortgepflantzt und unterhalten wuͤrde. Ein Land hat ſchoͤne / ebene / fruchtbare Korn-Felder / das andere Fiſch-reiche Fluͤſſe / Seen und Baͤche / das dritte groſſe und weite Gehoͤltze / das vierdte hohe Gebuͤrge / Fel - ſen und Klippen; damit kan eines dem andern Korn / Waitz und Fruͤchte / jenes hinwieder Fiſche / Krebſen / und allerley Kauffmanns-Wahren auf den Stroͤmen hin und her; dieſes allerhand Wildpret und Holtz zum Gebrauch der Arbeit und des Feuers; jenes aber aller - hand Steine / Maͤrbel / Mineralien und Metallen Wech - ſelweiſe mittheilen / und heiſſet / wie der Poet recht ſaget:

Hîc ſegetes, illic veniunt felicius uvæ, Arborei fœtus alibi, atquè injuſſa virescunt Gramina.

Ja auch gar an oͤden / und / dem Schein nach / unfrucht - baren Orten / gibt nichts deſtoweniger die gutthaͤtige Mutter die Natur / Sachen herfuͤr / dadurch ſich ein fleiſ - ſiger Wirth ſamt den Seinen erhalten kan. Bißher haben wir der traͤchtigen Waſſer-reichen Ort gedacht / jetzt wollen wir der wuͤſten und fruchtloſen gedencken / und erſtlich vom Saliter anfangen / welcher entweder von Natur waͤchſt / oder durch Kunſt gezeuget wird. Herr Harsdoͤrffer im dritten Tomo ſeiner Philoſophiſchen und Mathematiſchen Erquick-Stunden im neundten Theil / in der 19. Frage / berichtet / wie ein Gewoͤlb zu machen / darinnen der Saliter wachſe / nemlich alſo: Den Mauer-Kalch / damit das Gewoͤlb ſoll gemauret werden / muß man bereiten von ungeleſchten Kalch / mit Regen-Waſſer angefeuchtet / das mit dem Nordwind gefallen iſt / 3. Theil Kalch / Schafs-Harn 1. Theil / Schaf-Miſt 3. Theil / alles wol durcheinander ge - ſchlagen / und mit gemeinem Saltz beſprenget / damit das Gewoͤlb 2. Stein dick gemauret / und vier Elen hoch zu - geſchloſſen / ſo lang mans bauen will. Ober dem Ge -woͤlbe macht man einen Garten / von guter Salpeter - Erden / den beſamet man nach Belieben / und wann der Mond im Zunehmen / beſprenget man den Garten mit vorgeſam̃leten Regen-Waſſer / das mit dem Nordwind gefallen iſt / wie geſagt / mit Salpeter-Laugen und Schafs-Harn vermiſchet; thut man ſolches alle 14 Tage / ſo waͤchſet der Salpeter in dem Gewoͤlbe / wie etliche die Probe gethan. Hactenus ille. Es hatt man - ches Erdreich ſolche Eigenſchafft / daß es viel Saliter in ſich fuͤhret; und wiewol man vor dieſen geglaubt / das eini - ge Egypten bringe aus dem Sand des Nili ihr Nitrum herfuͤr / ſo befindet man doch jetzt / daß er faſt allenthalben zu finden / er waͤchſet gern in Haͤuſern / Kellern / und Staͤl - len / wo der Grund duͤrr und trocken iſt / auch an den Orten / wo von dem Gefluͤgel / ſonderlich von den Tauben der Miſt hin geworffen / oder wo viel Harm hinkommt / nicht daß ſolches in Saliter ſich ſolle verkehren; ſondern ihre faulende Waͤrme gibt darzu Urſach / wie auch in den Kellern / die ausduͤnſtenden Geiſter / ſonderlich des neuen ſehr gierenden Moſtes; und wird nicht allein in der Er - den / ſondern auch in den Waſſern / und theils Brunnen gefunden. Ja er diſſipirt und zertheilt ſich gar in die Lufft / und ſchwaͤngert und imprægnirt dieſelbe / alſo daß (nach etlicher Meinung) die meiſten Meteora davon entſpringen ſollen. Wer nun einen Ort hat / wo er Sali - ter verhanden zu ſeyn vermuthet / und man vorhero den Grund mit einem wenigen probirt und alſo befunden hat / der nimmt hernach ein Geſchirr / wie ein halb von einander getheiltes Faß / das unten eine Pippen zum Ab - laſſen habe / die muß mit Heu inwendig im Geſchirr wol umlegt ſeyn / damit die Erden den Auslauff nicht verhin - dere; dieſes Geſchirr nun / fuͤlle Morgen fruͤhe mit ſol - cher Erden ſchier voll; gieß darnach ſo viel Waſſer dar - auf / als in das Geſchirr kommen kan / laß es alſo einen gantzen Tag uͤber ſtehen / des Nachts aber eroͤffne die vorgemeldte Pippen nur ein wenig / damit das Waſſer daraus in ein untergeſetztes Geſchirr gemach und Troͤpffelweiſe ausflieſſen moͤge; dieſer Liquor muß bey einem Feuer / in einem kleinen Ofen / biß auf die Helffte eingeſotten / und dieſer alſo warm wider in ein andersGeſchirr /75Erſtes Buch / Land-Gut. Geſchirr / auf Aſchen / die gleiche Maſſe mit dieſem Li - quore haben ſollen / geſchuͤttet / darauf kan er einen Tag oder mehr (weil nicht ſonders daran gelegen) bleiben / hernach wird er abgegoſſen / und wieder gekocht / biß er zum Nitro wird; das kanſt du daraus erkennen / wann du einen Tropffen auf ein Meſſer thuſt / und ſelbiger gleich einen halben Beerlein geſtehet / ſo magſt du ihn / als ge - recht / in ein oder mehr hoͤltzern oder metalline Geſchirr gieſſen / und an einem kalten Ort behalten. Wilt du ihn aber recht reinigen / ſo nimm in einem Keſſel ſo viel Waſ - ſer / als du vermeinſt / zu Aufloͤſung deines Saliters ge - nugſam ſeyn / koch und ſchaume ihn wol / und wann er die vorermeldte Prob haͤlt / ſo thu ihn in ein ander Geſchirr / deck ihn aber zu / daß er nicht zu ſchnell kalt werde / und das Saltz ſich auf den Boden begebe / und wie kleine Wuͤrffel viereckicht erſcheine. Wann er nun 5 oder 6 Stunden geſotten / und du ihn heraus thuſt / ſo wird ſich alles wie ein Kuchen zuſammen fuͤgen / dann gieß das Waſſer davon / thue dein zuſamm-gebackenes Nitrum heraus / thu es in ein rein leinen Tuch / und verdeck es mit trockenen Aſchen / der wird alle Feuchten heraus ziehen / und alſo haſt du einen gereinigten Saliter. Der wird in der Artzney / als die Breinzeltel / die daraus gemacht ſind / wie auch in der Chymia, ſonderlich aber zu Kriegs - Zeiten in der Artigleria gebraucht.

Die Pulver-Muͤhlen muß man an ein ſolches Ort ſetzen / das von andern Gebaͤuen gantz abgeſondert iſt / damit / wann durch Ungluͤck / Ungewitter / oder uͤble Auf - ſicht der Arbeiter / eine Brunſt entſtehet / es andern Gebaͤuẽ ohnſchaͤdlich ſey. Sie werden an die Waſſer / theils mit Stempffeln / theils aber mit Steinen gemacht / oder / wo man kein Waſſer hat / kan es wol eine Perſon in ei - nem groſſen Trett-Rad treiben; die Staͤmpffel ſollen unten Metallene Schuhe haben / und wann man will / moͤgen die unten im Holtz eingehauene Loͤcher / darein die Staͤmpffel fallen / auch mit Metall gefuͤttert werden: wer die Modellen ſehen will / wird ſie bey offtgedachtem Herrn Boͤcklern in ſeinem ernennten Wercke finden. Das vornehmſte Ingrediens nun zum Puͤchſen-Pulveriſt das Nitrum, die ihm die Bewegung / Gewalt und Krafft ertheilet / dardurch ſo eine ſchnelle / erſchreckliche / maͤchtig-thaͤtige Flamme erweckt wird; der Schwefel verurſachet / daß die Materia das Feuer deſto hurtiger faſſen und ergreiffen kan / die Kohlen aber verurſachen / daß ſich die Flamme laͤnger haͤlt / und die gantze Materi deſto ſtrenger verzehret; denn ſollte das Pulver / ohne Kohlen / allein vom Nitro und Schwefel ſeyn / wuͤrden ſie die Flamme zwar bald faſſen / aber eher wieder erle - ſchen / ehe der begehrte Effect waͤre verrichtet worden / und die Kohlen bewahren zugleich das Nitrum in ſeiner trockenen Eigenſchafft / daß er von der Lufft Feuchtigkeit nicht ſo leicht / darzu er ſonſt geneigt iſt / mag angeſteckt werden.

Das Nitrum hat dieſe Art / daß es augenblicklich in ſtarcke Lufft-Duͤnſtungen ſich verwandelt / und wie es auch das mehreſte iſt / ſo darzu genommen wird / alſo werden ihm auch die groͤſten und ſtaͤrckeſten Wirckun - gen zugeeignet / und ohne welchen ſo wol Schwefel als Kohlen zuſammen gemenget / die geringſte Expulſion nicht thun koͤnnten. Wann aber dieſe zwey widerwaͤr - tige Naturen Saliter und Schwefel mit Kohlen-Pul - ver gleichſam zuſamm gefuͤget / und in ein enges Corpus gezwungen / hernach aber vom Feuer beruͤhret und ver - unruhiget werden / ſo ſuchen ſie per violentam exhala - tionem die Lufft / und wann ihnen dieſer Paß durch ein ſtarck-eingetrungenes Corpus, als eine von Bley / Eyſen oder Stein geladene Kugel gehemmet wird / ſo ſchlagen ſie dieſen Widerſtand mit deſto groͤſſerer Furia von ſich / und thun ſolche ſeltzame Wirckungen; am meiſten werden dieſe dꝛey Species darzu gebꝛaucht. Will man aber ein gu - tes Schieß-Pulver machen / ſo nim̃t man zu einen halben Centner Saliter / 30. Pfund Schwefel / und 12½. Pfund Kohlen / 3. Pfund Spangruͤn / und einen Vierding Sal armoniacum; Zum Hacken-Pulver aber / brauchet man unter 10. Pfund Saliter / nur Schwefel und Koh - len jedes 2. Pfund; Unter das gemeine gute Hand-Pul - ver aber / nimmt man 4. Pfund Saliter / zwey Pfund Schwefel / und anderthalb Pfund Kohlen.

Cap. LXXV. Von Stein-Bruͤchen / Marbelſteinen und dergleichen.

DEr Platz / den in einer Gegend die Stein-Bruͤche einnehmen / iſt zwar weder zum Feld-Bau / noch zur Baum-Zucht / noch zu Wieſen tauglich oder traͤchtig: nichts deſtoweniger zahlet er ſeine Stelle wol / daß man alleꝛley Bau-Steine / Columnen / Quaterſtuck / Thuͤr - und Fenſter-Stein / Muͤhlſtein uñ dergleichen dar - aus haben / und mit groſſem Gewinn / entweder ſelbſt brauchen / oder aber um paares Geld verkauffen kan / und ſind in dem Macrocosmo, wie in dem Menſchen das Gebeine / dardurch die gantze Compages zuſamm gehal - ten und befeſtet wird / und wann auch ſonſt kein Nutzen davon kaͤme / ſo iſt es genug / daß ſo viel nothwendige Wohnungen / ſtattliche Haͤuſer und Palatia, vornehme / ſtarcke unuͤberwindliche Feſtungen / und groſſe / feſte / volckreiche uñ wolerbaute Staͤdte / Kaͤyſerliche / Koͤnigli - che uñ Fuͤꝛſtliche Burgkẽ uñ Schloͤſſer / durch Befoͤrderung und Beyhuͤlffe der Steine / gebauet und verfertiget wer - den. Es gibt auch ſonſt in Teutſchland / an vielen Or - ten / wie auch in Boͤhmen / allerhand edle und gute Stein -Bruͤch von Achaten / Jaſpis / Granaten / auch ſonſt an Fluͤſſen und andern Orten / Adlerſtein / Blutſtein / Luch - ſenſtein / und dergleichen. Jm Schwartzwald / Sachſen / Thuͤringen / Meiſſen / Heſſen / Schwaben / Schweitz / Bayren / Boͤhmen / Maͤhren / Schleſien / werden an etlichen Orten / in der Erden / wie Rieſen-Zaͤhne / unge - heure Thier-Koͤpffe / Knochen und Gebeine / Eingehirn / und andere Foſſilia, gefunden; wie auch zu Krems in Oeſterreich ein ſolches Sceleton Giganteum Anno 1645 von den Schwediſchen ausgegraben worden / indem ſie ſchantzen wolten / deſſen Haupt ſo groß als eine mittere Rund-Taffel / und ein Zahn etliche Pfunde gewogen. Es wird auch an etlichen Orten Ebur foſſile, innwendig weiß / bißweilen mit ſchwartzen Puͤnctlein / auswendig aber gelb / aſchenfarb / weißlicht / auch dunckelſchwartz und gruͤnlicht / ausgegraben; dieſe alle / oder doch meiſte / kleben an der Zunge wie gebrantes Hirſch-Horn / ſind auswendig hart / und innenher etwas weicher; ins Waſ - ſer geworffen / werffen ſie Blaſen auf / zergehen aberK ijnicht /76Des Adelichen Land - und Feld-Lebensnicht / wie Terra Sigillata thut / haben doch mit derſelben gleiche Eigenſchafft und Wirckung / ſind aber doch nicht alle von einerley Krafft. Die Friabilia, und die einen Geruch haben / ſind beſſer / ſollen fuͤrnemlich zur Austrei - bung der Kinds-Blattern tauglich ſeyn. Sunt hæc Ar - chitectricis Naturæ Opera, cujus ductu Spiritus ille Lapidificus pro ſubjectâ Materiâ in matrice Terræ diverſo modo ludit & operatur, ſind / gar in wenigen geaͤnderte Wort des beruͤhmten Schweinfurtiſchen D. Med. Herrn Joh. Laurentii Bauſchens / ſo ein lobwuͤr - diger Urheber iſt der Academiæ Curioſorum Naturæ per Germaniam. Sie werden / nach der meiſten Phi - lofophen Meinung / von einer Feuchtigkeit / die durch die unterirrdiſche Hitze geſchmeltzet / und deren Fluß in eine kalte Matricem der Erden fortgetrieben und erhaͤrtet wird / erzeuget / und nachdem ſelbige feuchte Materi viel oder wenig / rein oder unrein iſt / nachdem werden auch die Steine groß oder klein / hell oder dunckel; denn obwol in Oeſterreich keine ſonderbaren Edelgeſteine anzutreffen ſind / ſo gibt es dennoch um Horn und ſelbige Gegend herum eine Speciem Cryſtalli, die ins gemein Horner - Diamant genennt werden / welche man hin und wieder auf den Feldern findet / die / ſo viel ſie an der Klarheit und Haͤrten dem Orientaliſchen Diamant weichen / dennoch das gemeine Cryſtall ſo viel an einem und andern uͤber - treffen / ja auch von ſolcher Haͤrten ſind / daß / wann ſie ſpitzig poliert und geſchnitten werden / ſie auch / in die Glas-Fenſter zu ſchreiben / dem rechten Diamant nach - ahmen. Wo es groſſe hohe Gebuͤrge gibt / als bey Spi - tal und Claus / gegen Steyer-Marckt / da gibt es auch allerhand Farben / meiſtes aber zwey - oder dreyfaͤrbigen Marbelſtein / daraus allerley Seulen / Poſtamenten / Pflaſterſtein und andere Geſchirr groß und klein ge -hauen werden. Der Marbel / iſt wegen ſeiner dichten Zuſammenpackung und groſſer Haͤrten / bequem zum po - lieren / dahero ſie den Bild-Hauern / Stein-Metzen und Baumeiſtern eine treffliche Materi geben / ihre Kunſt und Wiſſenſchafft ſehen zu laſſen / alſo daß kein vornehmer Pallaſt / Kirchen / Gottesacker oder Rathauſe zu finden / darinn von dieſer Zierde nichts zu ſehen und zu bewundern waͤre. Der Sand-Stein hat bißweilen mit dem Marbel etwas Gleichheit / iſt aber viel maͤrber / und bey weiten nicht ſo dauerhafft / alſo daß er dem Gewitter in die Laͤn - ge nicht ſo gut widerſtehen kan. Die Nagelſteine und Tuff-Steine ſind zum Bauen nicht untauglich / weil der Kalch und der Moͤrtel feſt darinn eingreiffen / und ſie deſto ſtaͤrcker zuſammen halten kan. Wann auch ſonſten von den Steinen kein anderer Nutzen zu hoffen waͤre / wuͤrden allein die Muͤhl-Steine / ſo zu Unterhal - tung des menſchlichen Lebens ſo dienſtlich / genugſames Lob bey der gantzen Welt erwerben / von deren Guͤte al - lein die Muͤllner zu urtheilen wiſſen / daß ſie weder zu weich / noch gar zu hart ſeyen. Es gibt auch ſonſt zum Gebrauch allerley nutzbare Steine / als Wetz-Stein / Feuer-Stein / Kalch-Stein / Kieſel-Stein / Alabaſter uñ dergleichen / daß alſo ein Haus-Vatter / der ſeines Grunds und Bodens Wiſſenſchafft hat / wol aus einem oder dem andern ihm einen Nutzen ſchaffen kan. Es gibt auch im Land ob der Enns / bey S. Veit und andern Orten / ei - nen Stein / der ſchwer / glatt und zart iſt / auch etwas Ey - ſen bey ſich fuͤhret / von den gemeinen Leuten wird er Taͤff-Stein genennet / der laͤſſet ſich klein ſchaben wie Kreiden / ohn daß er haͤrter iſt / das Pulver darvon trock - net und heilet alle friſche Schaͤden / ſonderlich wann man ſich an einem Schienbein verletzt hat / gantz ſauber und gut.

Cap. LXXVI. Von Bergwercken und von der Wuͤnſch-Rut.

GOTT hat die Erden nicht allein von auſſen mit Herfuͤrbringung allerley Fruͤchten geſegnet / ſon - dern auch die unwegſame Felſen / grauſame Klippen / ungeheure Gebuͤrge / die den Menſchen nicht allein unnuͤtz-ſondern auch verhinderlich erſcheinen / inn - wendig mit allerley Metallen / Steinen und Mineralien bereichert; und wie wol viel der Meinung ſind / die Berg - werck-Arbeit ſey eine koſtbare / wagliche / ungewiſſe und gefaͤhrliche Muͤhe-Waltung / die von Wenigen verſtan - den und mit Vortheil gebraucht wird / weil es ein unbeſtaͤndig und ſorgliches Ding iſt / wo unfehlbare groſſe Ausgaben / zweifelhaffte Einnahm und gewiſſer Verluſt zu erwarten / ohne daß den Berg-Knappen / durch gifftige / unterirrdiſche ungeſunde und toͤdliche Daͤmpffe / auch durch Niederfallung und Einbrechung der Gruben und Fahrten / groſſe Gefahr und der - gleichen unzehliche wiederwertige Begegniſſen mehr zu foͤrchten / ſo iſt doch auch hingegen wahr / daß / wo das Land ohne diß felſicht / bergicht und mit Ertz verſehen / un - zehlbare Exempel ſind derẽ / die durch das Berckwerck ſich bald und wolbereicherthaben / daher ſie auch an derglei - chen beſchaffenen Orten mit Luſt und groſſen Vortheil getrieben werden / wie das Meißniſche / Tyroliſche / Saltzburgiſche / Ungeriſche Gebuͤrge bezeuget. Und obwol Oeſterreich an Gold - und Silber-Gruben Mangel hat /ſo finden ſich doch in den Gebuͤrgen zwiſchen Oeſterreich und Steyr groſſe Eyſen-Stahel - und Kupffer-Berg - wercke / die man mit groſſen Nutzen bauet und fortſetzet; die Gebuͤrge / die nicht gar zu gaͤhe und zu ſpitzig ſind / ſondern welche ſaͤnfftiglich abhangen und viel Sonnen haben / werden am meiſten geachtet. Es iſt aber hier zu wiſſen / daß zwar dieſe Natur-Gaben dem Beſitzer oder Eigenthuͤmern des Grundes / darinn ſie wachſen / ſol - len freyeigen zuſtehen / ſo iſt es doch ſchon vor uhralten Zeiten zu einem Lands-Fuͤrſtlichen Regale gemacht wor - den; alſo daß man von jedem der hohen Obrigkeit / (nach - dem der Landes-Brauch und die Berg-Ordnungen ein - gerichtet ſind) etwas benanntes und gewiſſes geben muß. An etlichen Orten werden zwar die Bergwercke von der Lands-Fuͤrſtlichen Obrigkeit ſelbſt gebauet und verleget / weil aber ins gemein / indem das Ertz nicht uͤberall reich - lich erſcheinet / groſſer Verlag erfordert wird / ſo verkuͤn - det da die Lands-Obrigkeit (wie Herꝛ Veit Ludwig von Seckendorff in ſeinem Fuͤrſten-Staat / parte 3. cap. 3. §. 3. ſagt) durch ein offenes Patent jederman einen freyen Schurffen / daß nemlich ein jeder Fug und Macht habe / wo er wolle / und gedencke / nach Berg-Arten zu gra - ben und zu ſuchen / nur daß er ſich vorhero bey denen Bergmeiſtern angebe / und den Ort / da er einſchlagen will / muͤthe und benahme / ihm ſolchen um eine geringeGebuͤhr77Erſtes Buch / Land-Gut.

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Gebuͤhr zuzuſchreiben / und einen gewiſſen Raum / wel - chen man einzeichnet / und gemeiniglich 42. Lachter (wie ſeine verba formalia lauten) in die Laͤnge / und 7. in die Breite / oder an flachen Orten 42. Lachter ins gevierdte abzumeſſen / darinn er ſeine Fund-Gruben anſtelle / Kuͤbel und Seil einwerffen moͤge / und davon alle Quar - tal einen Muͤth-Groſchen erlege / damit man wiſſe / ob er ſolchen Ort noch zu bauen geſonnen ſey / deñ ſolches Falls darff ihm und ſeinen zu ſich genommenen Geſellen Theilhabern / die man Gewercken heiſſet / niemand ein - greiffen; muͤthet er aber nicht / ſondern erweiſſet ſich / zu - mahl auf Erinnerung / ſaͤumig / oder er will auch auf Er - mahnung nichtbauen / noch andern es verſtatten / ſo faͤllet aufs laͤngſte in Jahr und Tagen / ſolcher Ort / wieder ins Freye / und ſtehet einem jedwedern bevor / denſelben an - derweit ihm zuſchreiben zu laſſen. Weil aber in Bergwer - cken der Wuͤnſch-Ruten Gebrauch offtermals fuͤrkom̃et; und dabey viel Aberglauben uñ Hexerey ſich untermiſchet / als wollen wir deren (ohne Beymiſchung einiges Un - rechts) hier mit wenigen gedencken. Die Wuͤnſch-Rute ſchneidet man von einer Haſel-Staude / die zwißlecht / und von zwey Sproſſen oder Zincken iſt / die aufrecht und gerade uͤberſich ſtehen; auf den Bergen ſollen dieſe Stauden ſtehen wo es Ertz hat / etwan 3. Tage nach dem Neu-Mond / in September oder Fruͤling / und ſind die am beſten / die man von Haſel-Stauden ſchneidet / die ſelbſt auf den Ertzgruben wachſen. Man macht es auch auf eine andere Weiſe / wann man einen Aſt von einer Haſel-Sauden zertheilet / gleich halbirt / und die 2. Theil aneinander haͤlt / ſo ſchlaͤgt alsdann die Rute / und wendet ſich in der Hand / ſobald man eine Ertz-Ader betritt / wie Herr Georg. Agricola de re Metallicâ be - zeuget. Es hat aber doch dieſe Sache (nach Herrn Hars - doͤrffers Meinung in Delitiis Mathematicis & PhyſicisTom. 3. parte. 6. quæſt. 16.) eine natuͤrliche Urſach / indem das Ertz noch unter der Erden einen Dampf von ſich gibt / welcher die Kraͤuter und Baͤume auf viel Weiſe veraͤndert / daß man auch daher von dem Bergwerck eine Vermuthung nimmt / wann die Blaͤtter an den Baͤumen im Fruͤling blaulicht ſcheinen / oder ſonſt mancherley Farben haben / und verderben auch bißweilen der Baͤu - me Wurtzeln von beſagter Aufdaͤmpffung. Es meldet Paracelſus, daß ein jeder Baum einem beſondern Metall verwandt / und jedes muͤſſe mit einer ſonderbaren Ruten geſuchet werden. Mit der Haſel-Stauden ſoll das Silber eine Vergleichung haben / wie der Eſchen-Baum mit dem Kupffer / und die Tannen mit dem Bley. Alles Nadel-Holtz ſoll mit den Metallen eine Ver - wandſchafft haben / dardurch erſtbeſagte Wuͤnſch-Ruten eine Magnetiſche Krafft haben und erlangen / welche ſie zu ihrem Metall neiget und ziehet. Die Bergleute (ſpricht Herr Harsdoͤrffer an obgedachtem Ort ferner) gebrau - chen ſich in dem Bergwerck der Wuͤnſch-Ruten alſo:

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Sie nehmen ei - nen Stab von dem Sympha - thetiſchen Holtz / mit dem vermu - then Metall / ſchneidẽ ihn wie eine Magnet - Nadel zu / uñ auf der andern Sei - ten ſchifften ſie noch ein Stuck gleicher Groͤſſe / von gemeinem Holtz / daꝛan / uñ ſetzen alſo dieſen Stab / wie hier A. B. im C. zuſammen gefuͤgt / auf eine Nadel C. K iijwelche78Des Adelichen Land - und Feld-Lebenswelche in einem andern Stabe ſtecket; wann nun dieſer angeſteckt wird / ſo wendet ſich der eine Theil zu dem Me - tall / und vermeldet P. Kircherus, daß er ein ſolches Creutz von Erlen-Holtz gemacht / und dardurch eine ver - borgene Quelle gefunden / weil beſagtes Holtz den Waſ - ſer-Lufft begierig an ſich ziehet; wiewol alles / was die Wuͤnſch-Ruten anlanget / von vielen / weil ſolche nicht allezeit / noch einem jedwedern / ihre Wirckung zeiget / fuͤreine Sache halten / darinnen der Teuffel auch ſeinen Theil zutraͤgt / derhalben mir ſelbſten nicht wenig ver - daͤchtig ſcheinet; will gleichwol weder der Goͤttlichen All - macht per cauſas ſecundas agenti, noch den Geheimniſ - ſen der Natur / welche durch unſere umnebelte Ver - nunfft nicht koͤnnen durchlaͤutert werden / hiemit nichts entziehen / dennoch vor dem Betrug und Argliſt der hoͤlli - ſchen Geiſter hiemit warnen.

Cap. LXXVII. Wie die Bergwercke geſucht und angerichtet werden.

ES iſt nicht eine geringe Kunſt / Gluͤck und Wiſſen - ſchafft / die Bergwercke zu ſuchen und anzurich - ten / weil ſelbige nicht / oder doch wunderſelten / ſo gar am Tag und offenbahr liegen / auſſer (wie Herr von Seckendorff loco allegato ſchreibet) daß man anetlichen Orten Eiſen-Steine / durch der Sonnen Krafft berei - tet / auf Aeckern und Heiden ſammlen und leſen kan / ſon - dern es ſtecken die meiſten Ertzte tieff in der Erden ver - miſcht und unrein / daß ſie hart / und nur von den guten wolerfahrnen Practicis erkannt werden / welche Gold / Silber oder Kupffer in den unterſchiedlichen Materien / darinnen ſie ſtecken / als Quartz / Hornſtein / Schifer / Letten / Kiß und Steine von allerhand Farben zu ſuchen / und ſolches Ertz durchs Feuer zu probiren und zu urthei - len wiſſen; Jtem welcherley gute Metall / oder andere nutzbare Berg-Arten darinnen begriffen / auch wie hoch die Koſten / ſolches zu bereiten / ſich belauffen moͤchten; Jtem ob zu hoffen ſey / daß an dem Ort / da man es gefun - den / das Metall ſeucht oder tieff / am Tag ſtehe / oder ſich gar abſchneide und verliere; worzu (ſpricht er ferner) groſ - ſer Fleiß gebraucht wird / daß ſie vermittels der Wuͤnſch - Rute / welche ſich / nach verborgener Magnetiſcher Art / nach dem Ertz lencket und ſchlaͤget / und durch den Com - paß die Gaͤnge des Ertzes / ob ſie (nach ihrer Art zu re - den) ſteigen oder fallen / am Tage liegen / oder in die Tieffe ſtreichen / breitfletzicht oder ſchmahl ſind / abmeſſen koͤnnen; Jtem wann es reiffet / und auf etlichen Orten der Reiff nur naß / aber nicht weiß ſcheinet / ſo iſts ein Zeichen / daß Gaͤnge darunter verborgen liegen / die mit ihren hitzigen Duͤnſten / den Reiff zu Waſſer machen; Jtem wo viel zwiſelte Baͤume ſtehen / die am Gipffel ver - dorren / als haͤtte ſie der Froſt verſengt / uñ wann die Blaͤt - ter im Fruͤling blau und bleyfaͤrbig / und die Aeſte ſchwaͤrz - licht / oder einer andern nicht gewoͤhnlichen unnatuͤrlichen Farbe erſcheinen / indem der heiſſe Dunſt / der aus den Gaͤngen aufrauchet / die natuͤrliche Feuchtigkeit / davon die Wurtzeln den Safft haben ſollẽ / verzehret / daher auch ſolche Baͤume leichtlich von den Winden ausgeriſſen werden / und diß iſt ein Zeichen / daß Ertz-Adern darun - ter verborgen. Alſo auch / wann die Bronnenquellen und Baͤche im Sande gewiſſe Anzeigungen geben / von einem und dem andern Metall / oder wann die Guͤſſen dergleichen Erden aus den Berg-Kluͤfften fuͤhren / dar -aus man durch die Prob dergleichen Metall vermuthen kan. Es iſt aber nicht genug / daß eine Anzeigung einer guten Beute verhanden ſeye / es werden auch andere Zu - ſtaͤnde dabey erfodert: vor allen Dingen muͤſſen groſſe Waͤlder / und viel Holtz verhanden ſeyn / davon man die Schaͤchte auszimmern / und zu den Schmeltz-Huͤtten / Stollen und dergleichen Haͤndeln und Berg-Gebaͤuen gebrauchen moͤge / alſo muß es auch Waſſer-Fluͤſſe da ge - ben / daß man zu Forttreibung der Waſſer-Kuͤnſte / Puch-Wecke und Schmeltz-Huͤtten anwende / und dar - auf das Holtz zufletzen koͤnne. Dieſe und dergleichen Umſtaͤnde (ſagt Herr von Seckendorff) muß ein Herr / welcher an einem und andern Ort den Berg-Bau ſelbſt fuͤhren laſſen will / vernuͤnfftige und bedachtſame Raht - ſchlaͤge fuͤhren / und ſich (durch Vorſchwaͤtzen derjenigen / die ihren Gewinſt dabey mit der Arbeit ſuchen / und oͤff - ters nach dem Ertrag wenig fragen / auch wol mit Aber - glauben / Unverſtand / oder gar mit Betrug umgehen /) nicht uͤbereilen / oder durch ſeine eigene Begierden ver - leiten laſſen; iſt daher rathſamer / ſich mit dem Zehenden begnuͤgen / und anderen Leuten die Wagniß gern goͤn - nen / weil die Einkommen von den Bergwercken unter die aller-ungewiſſeſten zu zehlen ſind / und offt ehe drey ſich arme bauen / ehe einer reich wird / weil es offt viel zei - get und wenig gibt / und die Hoffnung guͤldener Berge ſich bald in einen Bettelſtab verwandlen kan; weil auch offt die uͤberfluͤſſigen Waſſer-Laͤuffte / Erdfaͤlle / und an - dere ſeltzame unverſehene Begebniſſen / wann ſchon Me - tall verhanden waͤre / alle Arbeit miteinander zu Schan - den machen. Jn unſerm Land Oeſterreich gibts zwar meiſtens nur Kupffer - und Eyſen-Bergwerck / wiewol ſchier des Eyſens Nutzbarkeit alle andere Metallen uͤber - trifft / wie Statius lib. 1. Achilleidos wol davon ſchrei - bet:

Ferrum laxatur ad uſus Innumeros, quod Roſtra liget, quod muniat arma, Belligeros quod frenet equos, quod mille Cathenis Squallentes nectat tunicas, quod ſanguine fumet, Vulneraquè alta bibat, quod conſpirante veneno Impellat mortes, tenuantque humentia Saxa Attritu & nigris addunt mucronibus Iras.

Von unſern Bergwercken aber wollen wir in das naͤchſt - folgende Capitel verſpahren.

Cap. 79Erſtes Buch / Land-Gut.
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Cap. LXXVIII. Von der Eyſen-Gewerckſchafft in Oeſterreich und Steyermarck.

DJe erſte Erfindung dieſes Bergwercks ſoll ſich ſchon uͤber 1000. Jahr erſtrecken / wie dann die erſte Maſſa Eyſen noch zu dieſer Zeit im Jnnern - berg / in Marckt Eiſen-Ertzt / in der Gewerckſchafft Haus / in deſſen Eingang / uͤberſich am Gewoͤlbe / an einer Ket - ten hangend zum Gedaͤchtnis aufbehalten / der Groͤſſe nach / als eines in der mitten in zwey Theil zerſchnittnen groſſen Laib Brodes / zu ſehen iſt. Der groſſe Haupt-Re - chen auf der Enns / wo die Reifling in die Enns flieſt / wordurch alles Floß-Holtz / ſo aus den innern ſonſt un - wegſamen gebuͤrgigen Waͤldern / zum Kohlbrennen / und auf die Haͤmmer gebracht wird / iſt anfaͤnglich vor Jahren von einem / dem Anſehen nach / einfaͤltigen Zim - mermann / Leonhart Gaſteiger erfunden worden / dem man lang nicht Glauben zugeſtellet / und ſein Beginnen fuͤr unmoͤglich gehalten / hat ers doch mit groſſem Lob und Nutzen zu Ende gebracht / und damit dieſem Bergwerck eine ſtattliche Befoͤrderung gegeben; und iſt ſonderbar no - tabel / daß dieſes Bergwerck ſeither Anno 920. Con - tinuè ohne einigen verſpuͤrenden Abgang oder Manglung des Ertzes / noch weniger Verſpuͤhrung / daß ſolcher Berg abnehme oder kleiner werde / bearbeitet / und aus ſolchem Berge viel 100. Centner Ertz taͤglich / theils aus der Niedern / mit Roß-Zuͤgen / theils aber wegen des ſcharf - fen Gebuͤrges / durch die darzu verordnete Sackzieher (welches eine Blut-harte Arbeit iſt) von der Hoͤhe ge - bracht wird / wie der Author der Steyeriſchen Topo - graphiæ fol. 81. mit mehrern bezeuget.

Die Jnnerbergiſche Gewerckſchafft / ſo ſich heraus gegen den Oeſterreichiſchen Landen wendet / iſt vor dieſemvon der Stadt Steyer / im Land ob der Enns / allein verſehen und verlegt worden; weil aber durch einheimiſche Kriege und boͤſe Zeiten der Verlag nicht hat koͤnnen er - ſchwungen werden / hat ſich die Lands-Fuͤrſtliche Obrig - keit / weil an dieſem Werck dem gantzen Land viel gele - gen / ſelbſt darum angenommen / und Anno 1625. den 20. October / durch deputirte Commiſſarien die drey Eyſen-Glieder / als Rad-Hammermeiſter und Verle - ger / allda dergeſtalt verglichen und vereiniget / dardurch viel unnoͤthige Ausgaben und Unkoſten verhuͤtet / die Kohl - und Eiſen-Fuhren / von gewiſſen Unterthanen / auch theils von der Gewercken ſelbſt-eignen Pferden verrichtet / die Arbeit befoͤrderlich continuirt, und die Bergwercke vor Unfall und Verderbung verſichert werden. Die Radwerck / deren vorhero 19. geweſen / ſind auf 15. re - ducirt; die Schlitten - und Winters-Weege / ſo wol bey bey der Eyſen-Wurtzen / als allen Kohl - und Eyſen-Fuͤh - rern / werden im guten Weſen erhalten. Die fernen und nahen Waͤldungen ſind recht ausgetheilt / zu rechter Zeit belegt / und zu Winters und Sommers-Zeiten mit Un - terſcheid gebraucht; die Hoͤltzer werden / ſo viel moͤglich / verfriedet / uñ vor dem Geiß-Viehe verwahret / die jungen Holtzungen ebenmaͤſſig wol geheidet / und nichts ohne vor - wiſſen abgegeben / auch unterſchiedliche Wald-Mei - ſter und Wald-Geher oder Knechte darauf beſtel - let / die alles / ehe man die Waͤlder angreifft / vorher wol beſichtigen und angeben. Was die Verpflegung der Arbeiter anlangt / ſollen die von Scheibs / Graͤſten und Burgſtall / gegen kleinen Eyſen oder Graglach / das iſt weiches Eyſen / ſo im Feuer von den andern ſich ſepa -rirt /80Des adelichen Land - und Feld-Lebensrirt / und im Ofen zu Boden flieſſet / eine benannte Sum - ma Proviants vom Getrayd / Schmaltz / Unſchlit und Schmeer / gegen geſetzter Tax / bey gewiſſer groſſer Straff liefern / deßwegen auch Trayd-Kaͤſten aufzurich - ten / die mit fuͤnff biß in die ſechshundert Muth / ge - wißlichen ſollen verſehen ſeyn; wiewol ſolches jtzund mei - ſtentheils in Eiſenertzt zu Steyer und Weidhofen geſchie - het. Deßwegen hat auch die Gewerckſchafft Macht / das Getrayd / an allen gebuͤhrlichen Orten / wie auch andere Victualien auf Leute und Pferde einzukauffen / wie es der Trayd-Kauff mitbringen wird / imfall ſie ſich mit dem von Scheibs / und andern / nach geendetem Accord ferner nicht vergleichen konnten; wie dann itzt nunmehr auch das meiſte Getrayd von denen um Steyer und Weidho - fen benachbarten Herrſchafften / gegen Paarſchafft / auf Termin erhandelt wird.

Denen Bedienten / Knappen / Sackziehern / Plaͤhaus - Leuten und Arbeitern nun wird das Getrayd / Schmaltz und Proviant ſo wol in wolfeil als teurer Zeit / in einem Wehrt gegeben / damit der Eyſen-Kauff nicht auch ge - ſteigert werde; deßwegen man auch eigene Kaͤſtner be - ſtellet und inſtruiret. Bey dieſer Capitulation ſind von 44. Hammerwercken / 17. abgethan / und nur 27. Haͤm - mer gelaſſen worden.

Alle Kohl - und Lohn-Fuhren im Eyſen-Ertzt ſind ſchuldig / das rauhe Eyſen aufzuladen / und an die ver - ordnete Ort zu fuͤhren / und die Haͤmmer muͤſſen an ſol - chen Orten aufgerichtet ſeyn / wo die Kohlen Sommer und Winter leichtlich hinzubringen; das Eyſen ſoll recht zu Buͤſchen und Centner eingeſchlagen / und zu gelegenſa - men Zeiten an ihr Ort geliefert ſeyn. Bey den Hammer - wercken nun in Oeſterreich und Steyer ſollen zween Wald-Meiſter / neben untergebenen erfahrnen Wald - Knechten / die aufs Holtz Achtung geben / gehalten werden.

Jm Weyer Weiſſenbach / und der Stadt Steyer ſind Trayd-Kaͤſten fuͤr die Hammerwercks-Arbeiter aufge - richtet. Die Stadt Weidhofen an der Jpps muß auch ein gewiſſes liefern / und hingegen Eyſen und Stahl neh - men; ſo hat auch die Gewerckſchafft / wie oben gedacht / die - ſe Freyheit / daſelbſt herum in der Nachbarſchafft / wie auch ſonſt im Viertel ob Wiener-Wald / einen woler - gaͤbigen Vorrath an Getrayd einzukauffen.

Uber dieſe Union nun / der dreyen intereſſirten Glieder / iſt damals eine Einlag gemacht worden / dahin jedes Mit-Glied ein gewiſſes Capital auf Gewinn und Verluſt angelegt / die ſie zwar mit gewiſſen Bedingun - gen wieder aufkuͤnden moͤgen / doch ſtehet den andern Ge - wercken frey / ſolches Einlags-Capital an ſich zu handlen. Aus dieſen dreyen unirten Gliedern nun / als denen von Steyer / Rad-uñ Ham̃ermeiſtern / und zwaraus ihrer Ge - werckſchafft vier / uñ im Land Steyer zween / der Ham̃er - wercks-Verwalter und Caſſierer / die aber ſelbſt Einlag haben oder buͤrgen muͤſſen / als Vorgeher und Ver - ſprecher / werden von ihnen ſelbſt erwehlt / bedinget und vorgeſtellt. Die Haupt-Raitungen werden in der Stadt Steyer laͤngeſt 2. Monat nach dem neuen Jahr geſchloſſen / uͤbergeben und juſtificirt, jtzt aber werden die Raitungen in Eiſen-Ertzt / weil daſelbſt itzt die Haupt - Buchhalterey ſich befindet / vorgenommen / verziehet ſich auch die Aufnahm der Raitungen gemeiniglich in das andere Jahr / weil es zu weitlaͤuffig.

Alle wichtige Handlungen werden durch die Vor - geher ins gemein / mit Bevorwiſſen und Einwilligung desCammer-Grafens vorgenommen. Auch haͤlt man ei - ne abſonderliche Caſſa, darinnen ein Vorrahts-Geld auf bevorſtehenden Nothfall von jedem Centner Eyſen ſechs Kreutzer auſſerhalb Landes / und drey Creutzer im Land gebracht werden / darzu die Vorgeher einen durch ſie verpettſchirten Schluͤſſel haben / daß keiner ſolche ohne der andern Wiſſen / Willen und Beyſeyn eroͤffnen moͤge.

So ſind ihnen auch von Jhr Majeſt. dem Roͤmi - ſchen Kaͤyſer / als vorgeſetzter Lands-Fuͤrſtlichen Obrig - keit / dem Werck deſto beſſer unter die Arme zu greiffen / und es in gutem Wolſtand und Fortgang zu bringen / ſchoͤne Privilegien ertheilet worden: als / die Bergwercks - Arbeiter doͤrffen keine Steuer / Ruͤſt-Geld / Kriegs-Un - koſten oder Stellung eines gewiſſen Manns (wie in den gaͤhlingen Aufbotten und Kriegs-Gefahren ſonſt zu ge - ſchehen pfleget) leiſten / oder deßwegen erſucht werden. Jtem aller Haͤndel / Berg-Sachen / und dieſen anhaͤngi - gen Begebniſſen Erkanntniß / auch Straff und Wandel von Bergwercks-Gefaͤllen herruͤhrende / ſollen vor dem Cammer-Grafen angebracht / fuͤrgenommen und aus - getragen werden. Dieſer Cammer-Graf nun befindet ſich ſtets im Eiſen-Ertzt / in dem Fuͤrſtlichen Cammer - Hof / und iſt ihm erſt Anno 1669. den 21. October / durch die Keyſerlichen Commiſſarien / als Herrn Hanns Sig - munden Frey-Herrn von Gleißpach / und Herrn Johann Caſparn von Kellersperg ſeine Authoritaͤt confirmirt / und der Gewerckſchafft injungirt worden / daß ſie dem Cammer-Grafen in allem pariren ſollen / ohne ſein Vor - wiſſen / Gutbefindung und Gegenwart keinen Ausſchuß / Zuſammenkunfft oder Haupt-Raitung nie vornehmen / die allein im Eiſen-Ertz geſchehen ſollen; ſie muͤſſen ihm auch von allen Wirthſchafften / Bilancen, Vorrath / Einnahm und Ausgab parte geben / der hat auch Voll - macht / die Vorgeher / wann ſie taugliche Subjecta ſind / (ob ſie ſchon ſonſt nach zweyen Jahren reſigniren muͤſſen) noch laͤnger in ihrem Dienſt zu confirmiren / auch die uͤbel Wirthſchafftenden abzuſetzen / und dieſes auch in andern Dienſten zu thun; alle anticipationes ſollen mit ſeinem Vorwiſſen geſchehen / muͤſſen auch alle Officier und Be - diente den Jhrer Kaͤyſerl. Majeſt. ſchuldigen Eyd zu des Cammer-Grafens Handen ablegen / und ſind verpflich - tet / alles und jedes treulich zu offenbaren. Des Eyſen - Obmanns Jurisdiction aber iſt mit den Saͤgen - und al - len andern Schmidten / welche nicht als ein Cameral ins Cammer-Grafen-Amt gehoͤren / ſondern wann das Gewerck-Eyſen in die Burgerliche Werckſtaͤtte kom̃t / Geſchmeid und dergleichen Sachen gemacht werden / das gehoͤrt zu des Eiſen-Obmanns Jurisdiction, Jtem die Saltz-Uberreuterey / und wann die Vorderbergiſchen ihren Zeug / wider die Pacta, in der Gewerckſchafft Ge - zirck einpracticiren / da hat er Macht zu confiſciren.

Jtem gehoͤrt zu ihren Privilegien noch ferner / daß die Gewerckſchaffts-Verwandten Macht haben / ihre liegend und fahrende Haab / und was ſie in der Einlag haben / ihren naͤchſten Befreundẽ / oder auch Fremdẽ zu te - ſtiren / zu ſchaffen und zu vermachẽ / auch da einer von den Gewercken ohne Teſtament abgieng / ſoll nicht weniger ſeine Einlag ſeinen naͤchſten Erben / ſie ſeyen inner oder auſſer Landes / erfolgen; ſo wol auch alle Stritt und Zwiſten zwiſchen der Gewerckſchafft und andren Grund - Obrigkeiten / ſoll fuͤr dem Cammer-Grafen / (wanns aber bereit zu Kauffmanns-Gut / Geſchmeid / Naͤgeln / Saͤgen / ꝛc. verarbeitet / und derentwegen von einer oderder81Erſtes Buch / Land-Gut. der andern Obrigkeit ſich erhebt / ſo gehets des Eiſen - Obmanns Inſtanz an / und muß daſelbſt ausgetragen / oder da ſie daſelbſt nicht vergleichlich / bey der Nider - Oeſterreichiſchen Hof-Cammer auf das ſchleunigſt ex - pedirt / von dem Cammer-Grafen aber muß nach Graͤtz appellirt werden.

Jtem die Holtzungen / Kohlenmachen und dergleichen / ſollen von der Grund-Obrigkeit nicht mit neuen Aufla - gen beſchweret / die Waſſer-Fluͤſſe / darauf man das Eyſen fortbringet / nicht geſperrt / verhindert / oder mit Fiſchaͤrchen (dardurch groſſer Schade geſchehen kan) belegt / wie auch die Ab - und Zufuhren / des Proviants ſo wol als des Eyſens / nicht gehemmet / oder mit eini - gerley Hindernus fuͤrſaͤtzlich oder ohngefaͤhr belaͤſtiget / ſondern die Fahrten und Weege zu Waſſer und Land alſo und dergeſtalt verſehen werden / daß ſo wol die Eyſen - und Proviant-Fuhren zu Land auf allen Straſſen / als auch die Schiffe hin und wider keinen Anſtoß oder Jr - rung haben / die Wege ausgebeſſert / mit Bruͤcken / und andern Nothdurfften verſehen / verſichert und wol verſor - get werden. Uber dieſes haben auch die Jnner - und Vor - der-Bergiſchen Eyſen-Bergwercks-Arbeiter / ſo wol auch die jenigen / welche Eyſen / Kohl / Ertz und anders fuͤhren / dieſe Freyheit / daß ſie unter den Feyer-Tagen nur dieſe halten doͤrffen / als Weyhenachten / Oſtern und Pfingſten / auch alle Sonntaͤge / Jtem den Fron - leichnams Tage / ſo lang der Umgang waͤhret / Jtem das Neue Jahr / die heiligen drey Koͤnige / der zwoͤlff Apoſtel Taͤge / auſſer S. Thomas. (weil er ſo nahe vor Weyhe - nachten einfaͤllt) Jtem feyren ſie Maria Liechtmeſſen / Himmelfahrt / Verkuͤndigung und Geburts-Tag / Jtem die Himmelfahrt Chriſti / S. Johannis Baptiſtæ Tag / S. Oſwaldi und S. Barbaræ Tag / als ihrer ſonder - bahren Patronen; doch alle dieſe Feyer-Tage arbeiten ſie gleichwol Vormittags biß auf den Mittage / und feyren allein Nachmittages / und alle vorhergehende Feyerabends und heilige Abends-Taͤge werden voͤllig hinaus gearbeitet.

Das Jnnerbergiſche Eiſenweſen wird eigentlich Gewerckſchafft genennet / ihr Handels-Gezirck iſt gantz Oeſterreich / Boͤheim / Maͤhren / und hauptſaͤchlich mit dem Stahl ins Reich. Die aber den vordern Berge bearbeiten / werden nicht Gewerckſchafft / ſondern Rath - meiſter geheiſſen / (hat jeder beſonders ſein erkaufftes Berg - oder Ertz-Rechten und Rath-Werck / das iſt / Schmeltz-Huͤtten / wo in denen ſo genannten Blaͤhaͤuſern das Eyſen zu groſſen Maſſen und Stuͤcken verarbeitetwird) die verlegen die Herren Jnnhaber der Haͤmmer / als Prælat von Admont, Graf von Schwartzenberg / Herr von Stubenberg / Saurau und andere auf ihren dort und da habenden groſſen ſo genannten Welſchen Haͤmmern / und ferners auch darunter gehoͤrigen kleinen Haͤmmern / da dann allerhand Zeuge Sorten verfertigt werden. Dieſe nun verſehen gantz Steyermarck / und Nider-Ungern abwerts gegen der Sau / (dahin die Gewerckſchafft in den innern Bergen nicht darff) und Neuſtadt iſt ihr Graͤntz-Gezirck. Jn Jtalien ſind beede Jnner - und Vorder-Bergiſchen zu handeln nicht berech - tiget; die letzern aber doͤrffen gleichwol Vaͤſſel Stahl nach Venedig und Jtalien bringen. Sonſt was das Eyſen betrifft / haben ihren gewoͤhnlichen Handel dahin die Kaͤrnderiſchen Bergwercks-Jnnhaber / als die von Grotta / Paulen und andere. Haben alſo jeder Theil ſeine ausgetheilte Ort / damit jeder ſeinen Handel unverhin - dert fortſetzen / und keiner dem andern einigen Eintrag thun moͤge / deßwegen auch eigne Uberreuter beſtellt ſind / daß jeder ſeines Rechtes unmoleſtirt und frey ſicher genieſſen koͤnne.

Das Vorder-Berger-Eyſen hat / damit es das Vat - terland wolfeiler haben moͤchte / vom Ertz-Berg an / ei - ne ringere Frohn / deſſen Bearbeit - und Bewirthſchaff - tung ſo wol bey der Wurtzen / als nachgehends bey dem Rath - und Hammer-Wercks-Weſen wird immerfort / ohne einige Reformation, im vorigen Stand gelaſſen / da nemlich wie bißhero / ſo wol was die Rad - als Hammer - Meiſter betrifft / das Werck von lauter Privat-Par - teyen unterhalten und verlegt / auch alſo immerfort wol - ſtaͤndig continuirt und bearbeitet wird. Das Jnner - Bergiſche aber / weils in andere Laͤnder / ſonderlich aber in Oeſterreich aus Steyer (welches vorher zween Landes - Fuͤrſten gehabt) gefuͤhrt wird / hat von einen Centner 18 Kreutzer Maut geben muͤſſen / dabey es auch jetzt / wiewol ſie nur einer Lands-Fuͤrſtlichen Obrigkeit gehoͤren / ſein Verbleiben.

Daß ich aber von dieſen etwas weitlaͤuffiger gehan - delt / iſt geſchehen / weil viel vornehme Lands-Mitglieder auch bey der Jnnerbergiſchen Gewerckſchafft mit in der Einlag ſind / damit die jenigen / ſo etwan ferner Luſt ſich einverleiben zu laſſen / genugſame Information haͤtten / wie alles beſchaffen ſey. Dieſes alles iſt mir von einem guten Freunde / der aber unentdeckt ſeyn wollen / com - municirt worden / ſonſt haͤtte ich nicht unterlaſſen / ſeiner gleichmaͤſſig / mit billichem Ruhm zu gedencken; und ſo gut ichs empfangen / habe ichs auch mittheilen wollen.

Cap. LXXIX. Bediente / ſo zum Eyſen-Bergwerck Jnnern Bergs gehoͤren.

DEs Kaͤyſerlichen Bergwercks und Cammer-Guts erſte Inſtanz iſt der Cammer-Graf / von ihm geht die Appellation an die Hof-Cammer. Des Ei - ſen-Obmanns Iurisdiction und Bottmaͤſſigkeit faͤngt ſich an / wann ſolches Cammer-Gut zu Buͤrgerlichen Gewerben gedeyet / dahin auch die Proviants-Glieder Graͤſten / Scheibs / Burchſtall und dergleichen gehoͤren. Kaͤyſerliche Beamte / nechſt den Cammer-Grafen / ſind der Bergrichter / Rauch-Eyſen-Waͤger / Mautner / Schinerer / der mit dem Berg-Compoſt weiß umzuge - hen / die von der Hoff-Cammer beſoldet werden. ZuBeſtellung und Bewirtſchafftung am Berg in Eyſen - Ertz ſind beſtellet ein Bergſchaffer und zwey Ober-Hut - leute / die von der Gewerckſchafft beſoldet ſind. Die Vorgeher werden von den Gliedern der Gewerckſchafft ſelbſt erwehlet. Drey Vorgeher ſamt den Kaſtnern ſollen zu Steyer wohnen / ihnẽ auch ein Caſſier / ein Buchhalter / ein Zeugs-Verhandler / ein Eyſen-Cam̃erer / zweẽ Zeugs - Empfanger / ein Kaſtner und Pfund-Außwaͤger zuge - ordnet ſeyn; wiewol die Haupt-Buchhalterey itzund ins Eyſen-Ertz transferirt worden. Bey der Rad - und Ham̃erwerks-Bewirtſchaffung / ſoll an jedem Ort gleich -Lfalls82Des Adelichen Land - und Feld-Lebensfalls ein Caſſierer gehalten werden; (auch jedem ein Ge - gen-Haͤndler zugegeben ſeyn) dieſe Caſſierer ſollen zu der Haupt-Caſſa und derſelben Buchhalterey ihren Monat - lichen Extract richtig uͤbergeben / damit ſie daſelbſt zur Schluß-Raitung ins Haupt-Buch moͤgen eingetragen werden. Die Vorgeher muͤſſen auf das gantze Werck / auf die Bedienten / auf die Wirtſchafften / Arbeit und Verſchleuß treulich und fleiſſig acht haben; und die - ſe verbleiben zwey Jahr im Vorgeher-Amt; hernach reſigniren ſie. Es darf auch kein Vorgeher ohne der an - dern Vorwiſſen etwas handlen / und da ſie mißhellig und nicht einſtimmig wuͤrden / wird / mit Zuziehung der uͤbrigen / per Majora geſchloſſen / oder ſie muͤſſen es dem Cammer-Grafen berichten / und deſſen weitern Be - ſcheids erwarten. Bey allen Monatlichen Abreitungen mit den Arbeitern / ſoll einer aus den Vorgehern ſich fin - den laſſen; und mit dieſer Verrichtung ſollen ſie von Mo - nat zu Monat abwechslen; zu Steyer in einem gewiſſen Hauſe / wird die Caſſa Buchhalterey und Cantzeley ge - halten / daſelbſt ſollen die Vorgeher taͤglich zuſammen kommen / alles daſelbſt (und nichts zu Hauſe) an - und vornehmen oder expediren, und muͤſſen die Zeugs - Verhaͤndler und Eyſen-Caͤmmerer alles eingenomme - ne Geld alsbald zur Caſſa erlegen. Die Bergrichter ſollen die Ertz-Berge wol in obacht haben / die Unkoſten und Zehrungen moderiren / kein fremd Gezeug / Stahl oder Eyſen paſſiren laſſen; die Gewerckſchafft ſoll keine koſtbare unnoͤthige Gebaͤu / ohne des Cammer-Grafen Wiſſen uñ Willen / fuͤrnehmen / die Holtzungen und Kohl - brennen beſſer beobachten / alle privat und eigene Nutz - ſuchungen abſchaffen / und die Ubertretter ſtraffen; die unnoͤthigen Reiß-Unkoſten ſoll ſie abſtellen und die noͤ - thigen limitiren / die Correſpondenz inner und auſſer Landes / wegẽ des Eyſen-Verſchleiſſes / nach beſtem Ver - moͤgen / kreiben / die Raitungen und ratificationen nicht ſo lang verſchieben / ſondern beſchleunigen / die Haus - Wirthſchafften der Gewerckſchafft / indem jeder nur ſeinẽ Privat-Nutzen / und nicht der Compagnie Beſtes ſuchet / abſtellen / ſo alles erſt in der Commiſſion An. 1669. in - jungirt und befohlen / auch die Beſoldung / ſo wol der Vor - geher als anderer Bedienten / etwas moderirt, und biß auf beſſere Laͤufften / ſo ſich dennoch noch uͤber 15000. etlich 100. Gulden erſtreckt / geſchmaͤlert worden.

Ober - und Unter-Caſſtrer ſollen alle Quartal ihre Bi - lance, oder Extract ihres Empfanges und Ausgaben / dem Caſſier zu revidiren / und folgends der Buchhalterey uͤbergeben.

Die Vorgeher ſollen aus den Monatlichen Berich - ten / und Viertel-Jaͤhrigen Extracten Erinnerungen ha - ben / wieviel in den Plaͤ-Haͤuſern rauhes Eyſen / in bee - der Laͤnde Haͤmmern geſchlagenes Gezeuge in die Eyſen - Cammern und Gewoͤlber geliefert / was inn - oder auſſer Landes verſilbert / wohin das Geld verwendet / was fuͤr Vorrath an Eyſen oder Stahl uͤberall verhanden / und was ſonſt ſtets nothwendiges fuͤrfaͤllt / mit einander treu - lich communiciren / und ſollen zu beſſerer und unverhin - derlicher Ab - und Auswartung ihres Amtes die Vor - geher / ſo lang ſie in dieſem Dienſt bleiben / mit buͤr - gerlichen Rathsſtellen / Gerhabſchafften und andern extra fuͤrfallenden Commisſionen und Verrichtungen befreyet ſeyn. Doch in der Stadt Steyer verbleibts bey der alten Lands-Fuͤrſtlichen Ratification; aber des gantzen Werckes voͤllige diſpoſition verbleibt ohne Mit -tel ihrer Majeſt. durch die jenigen fuͤhren zu laſſen / welche ſie fuͤrſetzen wird / mit deren Vorwiſſen und conſens alles vorzunehmen. Die Fuͤrſtlichen Bergwercke aber im Roͤmiſchen Reich hin und wieder / die haben meiſtentheils ihre Berg-Hauptleute / deren jeder allen uͤbrigen Be - dienten zu befehlen hat / die Aemter beſtellet und beſoldet / die Rechnungen aufnimmt / die Regiſter durchſiehet / und alle fuͤrfallende Haͤndel ſchlichtet und richtet. Der Bergmeiſter muß acht haben / daß dem Bergwerck von denen Gewercken nuͤtzlich und wol vorgeſtanden / die Gebaͤu unterhalten / und aller Schaden verhuͤtet werde; denen Arbeitern und allen / die Zechen / Stollen / Waſ - ſer-Gefaͤlle / Huͤtten und Puchſtaͤtte begehren / ſolche ver - leihen / beſtaͤttigen / und wochentlich die Ausgab und Einnahm verzeichnen; der Steiger / muß die Fahrt in den Schachten wol befeſtigen / damit ſie nicht brechen / und die Suͤmpffe mit Brettern und Laden vermachen / damit niemand hinein fallen und Ungluͤck leiden moͤge / ſoll auch bey dem Einfahren gegenwaͤrtig ſeyn / und die darzu erforderten muͤſſen tuͤchtig / verſtaͤndig / getreu / und erfahren ſeyn / indem wol zu vermuthen / wann ſie im Luder leben / freſſen und ſauffen / mehr verzehren als ihr Lid-Lohn iſt / daß ſie untreu umgehen / und die ſelbſt huͤten ſollen / ſind deſto beſchwerlicher zu huͤten / indem der von ihnen geſchwohrne Eyd wenig beobachtet wird. Der Zehendner ſoll die zehende Portion vom Ertz einnehmen / aufſchreiben uñ verrechnẽ. Der Austheiler muß das Geld von dem Zehendner empfangen / jedem ſeine Quota uñ Ge - buͤhr davon zuſtellen / und Rechnung thun. Der Zehend - Gegenſchreiber muß alle Ausgab und Einnahm in die Regiſter bringen / und von allen und jeden ausfuͤhr - lich berichten / was die Gewercken betrifft. Der Berg - Schreiber muß acht haben / damit der Berg-Ordnung in allem und jeden nachgehandelt und gelebt werde / und wo etwas darwider begangen wuͤrde / ſolches alſobald denen Obern andeuten / alle Zechen und Gewerckſchaff - ten in zwey Buͤcher / in eines die alten / in das andere die neuen einzeichnen / auch was verliehen und beſtaͤttiget worden / vormercken und einſchreiben; dieſe Buͤcher nun / werden in einen wolverwahrten Kaſten beſchloſſen / und mit zweyen Schloͤſſern verwahret / davon den einen Schluͤſſel der Bergmeiſter / den andern aber der Berg - ſchreiber haben ſolle; was eingetragen wird / ſoll dieſer erſtlich copiren / denen Partheyen vorleſen / und alſo ein - ſchreiben / und / auf Begehren und Anlangen / Copien davon geben.

Bey Fuͤrſtlichen Bergwercken wird auch ein Ge - genſchreiber gehalten / ſonderlich aber etliche geſchworne aus verſtaͤndigen / unintereſſirten erfahrnen Leuten / ſo viel moͤglich / erwehlet / die denen Ober-Officirern mit Rath und That an die Hand gehen / ſo haͤlt man auch Nach - und Einfahrer / die alle Wochen alle Zuͤge zu un - gewiſſen und verwechſelten Zeiten befahren / und / wo et - was nicht recht gehandelt / gebaut oder uͤberſehen wird / abſtellen und erinnern / damit die Arbeiter und Knappen immerdar in Sorgen ſtehen / von den Aufſehern uͤber - fallen zu werden; und daher deſto treulicher das ihre ver - richten. So hat man auch Schicht-Meiſter / March - Scheider / Puch-Steiger / Huͤt-Maͤnner / Nach-Zehler / Stuͤrtzer und dergleichen Aemter noch mehr / die alle nach der Berg-Ordnung handeln und wandeln / und alle Zwi - ſten / Jrrungen und Haͤndel darnach entſcheiden / richten und vergleichen muͤſſen.

Cap. 83Erſtes Buch / Land-Gut.

Cap. LXXX. Wie aus Eyſen Kupffer / und vom Huͤttwerck / wie aus Kupffer Meſſing zu machen.

DEr gelehrte Jeſuit P. Francesco Læna in ſeinem prodromo di alcune inventioni noue premeſſo all arte maeſtra Anno 1670, zu Breſcia ge - druckt / beſchreibt die Kunſt / aus Eyſen Kupffer zu ma - chen / alſo: Nimm duͤnne Eiſerne Platten / lege ſie in Waſſer von Vitriol zugerichtet / biß ſie gantz roſtig wer - den. Dieſer Roſt wird als ein rothes Pulver davon abgeſchaben / und in einem Tiegel zerlaſſen / ſo wirds ein gutes Kupffer werden; drum ſind auch etliche natuͤrliche Waſſer / welche Vitriol fuͤhren / dieſer Eigenſchafft / daß ſie Eyſen zu Kupffer machen; allermaſſen (ſpricht er fer - ner) ein ſolcher Brunn iſt unferne von Leyden / und ein anderer bey dem Schloß Smolenzky in Moſcau / von welchem Georg. Agricola lib. 5. de Naturâ Foſſilium alſo ſchreibet: aus einem Schoͤpff-Brunnen wird diß Waſſer genommen / und in dreyfach ſtehende Rinnen gegoſſen / dahinein legt man Stuͤcklein Eyſen / die da - rinnen zu Kupffer / und am aͤuſſerſten Theil der Rinnen von dem Waſſer gantz ſolvirt / und gleichſam zu einem Let - ten werden / hernach aber / in dem Ofen geſchmeltzt / verwandelt es ſich alles in gutes Kupffer. Wie aber das Kupffer in Meſſing zu verwandeln / dienet folgender Be - richt. Hanns Braun / Burger und Dratzieher zu Nuͤrnberg / hat den 1. October 1649. zu Steyer im Land ob der Enns folgende Verzeichnis und beylaͤufftigen U - berſchlag gegeben / was zu Aufrichtung eines Meſſing - wercks / wie es auf die Nuͤrnbergiſche Art / aufs genaue - ſte kan angerichtet / und beſtaͤndig zu fruchtbarlichen ho - hen Nutzen ins Werck geſetzt werden / auch was erſtlich das Werck fuͤr Unkoſten und Verlag bedarff: erſtlich kan man mit einem Ofen alle Wochen machẽ (ſo durch 2. Perſonen gar leicht gethan wird) 6. Centner Kupffer / bey Herrn von Greiffenberg in der Nebner zu kauffen der Centner per 26½. fl. bringt 159. fl. darzu gehoͤren 6. Centner gute Galmey / jeder per 3. fl. aufs hoͤchſte / thut 18. fl. Kohlen aufs hoͤchſte angeſchlagen / zu einem Ofen die Wochen 8. fl. Jtem Haffner-Zelleriſche Tiegel per 3. fl. dem Brenner ſamt ſeinen Geſellen / die Wochen bee - den 4. fl. bringen ſolche Unkoſten die Wochen in einer Summa 192. fl. daraus wird Stuck-Meſſing (mit ſamt dem Zuſatz der Galmey 1. Centner 50. Pfund) 7. Cent - ner 50. Pfund Meſſing / die zahlt man zu Wien und Venedig reiſſend gern den Centner per 30. fl. macht 225. fl. bringt das Jahr / per 52. Wochen / Gewinn 1716. fl. dieſes Stuck-Meſſing begehren nicht allein ihr Kaͤyſ. Majſt. ins Zeug-Haus zu Wien / ſondern auch die Venetianer eine ſehr groſſe Summa, oder ſo viel man nur machen kan. Es iſt aber ſolcher Meſſing noch auf ei - nen viel hoͤhern Werth / und beſſern Nutzen zu richten / und zu arbeiten auf folgende Weiſe: nemlich wann man aus dem Stuck-Meſſing / Tafeln und geſchlagenen Meſſing und Drat machet / welcher im gantzen Teutſch - land und allen umliegenden Provinzen und Koͤnigrei - chen verhandelt und verkaufft wird / und kan man deſſen nicht genug machen / wann man ſich anders der Guͤte befleiſſet / da dann der Centner reiſſend um 50 / 60 / ja gar 70. fl. verkaufft werden kan; ſo geht auch der kupfferne Drat auf Venedig / Botzen und Meyland / (der auch nicht ſo viel Unkoſten erfordert) in gleichem precio, dennman zu ſolchem Kupffer den Galmey nicht bedarff / und erſpahrt werden kan. Darauf gehen nun Unko - ſten / wie folget: Erſtlich werden die Tafeln / auf einen abſonderlich-darzu bereiteten Stein gegoſſen / ſolche Tafeln muͤſſen auf einer Meſſing-Saͤg-Muͤhlen zu Rinnen geſchnitten werden / man giebt vom Centner zu ſchneiden 20. Kreutzer / von . Centner 2. fl. 30. Kreutzer: Dieſe Ninnen muͤſſen durch den Meſſing - Schlager etliche mahl gegluͤhet werden / die Wochen vom Centner giebt man 15. Kr. Dem Schlaͤger zu ſchneiden von einem Centner 40. Kreutzer / thut 6. fl. 45. Kreutzer. Wann man nun ſolchen Meſſing will zu Drath ziehen / muß ſolches durch eine groſſe Scheer wieder zu langen Rinnen geſchnitten werden / ohngefehr von 8. oder 9. Hinderzainen / iſt vom Centner zu ſchneiden 30. Keutzer / Summa 3. fl. 45. Kr. Aus ſolchen zer - ſchnittenen Zainen / wird allerhand Sorten grob und klei - ner Drath gezogen / davon gibt man dem Drath-Zieher / vom Centner 2. fl. . Pfenning / bringt von 7 Centner 50. Pfund 15. fl / bringt alſo dieſer Drath Unkoſten 27. fl. der zuvorgeſetzte Stuck-Meſſing Unkoſten 192. fl. zuſam - men 219. fl. Diß alles iſt auf 4. Wochen gerichtet auf ei - nen Ofen / da mag man nun auf 2. 3. oder 4. Oefen / nach Gefallen und Vermoͤgen / dieſes Werck anrichten. Wann man nun ſolche 7. Centner 50. Pfund zu Kauf - manns-Gut richtet / kan der Centner auf 50. fl. reiſſend verkaufft werden / das bringt von einem Ofen Wochent - lich 375. fl. obſtehender Unkoſten der 219. fl. davon ab - gezogen / verbleibt die Wochen richtiger Uberſchuß 156. fl. und das gantze Jahr / auf 52. Wochen gerichtet / 8112. fl.

Wie aber der Meſſing auf dem Huͤttwerck gemacht wird / berichtet Herꝛ Georg Engelhard Loͤhneyſen in ſeinem Bericht vom Bergwerck / folgender maſſen: man nimmt 1. Theil Galmey / und 2. Theil kleine durchgeſiebte Kohl-Aſchen / miſcht ſie trocken untereinander; dann gieſt man eine Schaufel voll Waſſer / oben auf den Galmey / daß es allenthalben darein kreucht / laͤſt es eine Stund ſtehen / ſo feuchtet es ſich untereinander an; dar - nach ziehet mans mit einer Krucken wol untereinander / ſo iſt der Galmey bereitet. Man macht auf einmahl ſo viel Galmey an / als man zu 2. Oefen bedarff. Wann man nun Meſſing machen will / hat man runde Oefen in die Erden gemacht / da der Wind das Feuer durch Loͤcher (die unten im Ofen ſind) treiben kan; in derſelben Oefen einen ſetzt man zugleich 8. groſſe Tiegel / laͤſſt ſie wol warm und heiß werden / und wann ſie erhitzt ſind / hebt man ſie behend heraus / ſchuͤttet den Galmey hinein / und hat eine Maß mit einer Schaufel / daß man wiſſe / wie viel man nehmen ſoll / damit ſie in ſolche 8. Tiegel 68½. Pfund Galmey eintheilen; wann ſolches geſchehen / ſo legen ſie oben auf den Galmey in einen jeden Topff 8. Pfund klein gebrochen Kupffer / und ſetzen die Tiegel wie - der hinein / und laſſen ſie 9. Stunden in groſſer Glut ſte - hen / alsdann raumen ſie / mit einem Eyſen / durch den Zeug ein wenig in den Tiegel / und ſehen / wie es gefloſſen iſt / und laſſens noch eine gute Stunde / in ſeinem Fluß und Gradirung ſtehen / hernach heben ſie den Tiegel aus dem Ofen / und gieſſen denſelben / ſo ſie Stuck-MeſſingL ijhaben84Des Adelichen Land - und Feld-Lebenshaben wollen / alles in eine Gruben / und ſo der Zeuge noch warm iſt / zerbrechen ſie denſelben / jedoch daß ſie fein dichte beyſammen liegen bleiben / ſo bekommt der Meſſing eine ſchoͤne gelbe Farb im Bruch. Wollẽ ſie aber Keſſel / oder andere Arbeit daraus machen / ſo gieſſen ſie die Tiegel in groſſe Steine / die ſonderlich darzu gemacht ſind / die man Britanniſche Steine nennet / weil ſie dort - her gebracht werden / zu groſſen Platten / daraus koͤnnen ſie nachmals ſchneiden / Drath ziehen und ſchlagen / was ſie haben wollen. Bißweilen pflegen die Meſſing -brenner den Meſſing noch einmal einzuſetzen / ſo ſie die Farbe hoͤher haben wollen / iſt aber kein Nutz darbey. U - ber diß / iſt zu wiſſen / daß der Meſſing / in ſolchem Bren - nen / eine Schwehren bekommt / denn ſo man in die 8. Tiegel 55. Pfund Kupffer einſetzt / ſo waͤchſt der Meſſing in 12. Stunden 22. oder 23. Pfund am Gewicht zu / daß man wieder 90. Pfund Meſſing ausgeuſt. Thut auf ei - nen Ofen die Wochen uͤber / als auf 14. Feuer / 3. Centner 34. Pfund Meſſing Zuwachs. Dieſes aus Herrn Loͤhneyſen.

Cap. LXXXI. Wie die Grundſtuͤcke abzumeſſen.

DJe Pflug-Arbeit hat die erſte Abmeſſung der Felder anfangs gegeben / daß man ein Joch oder Tagwerck Acker genennet / ſo viel man mit dem Pflug in einem Tag umackern konnte. Die alten maͤſ - ſigen Roͤmer unter Romulo haben anfangs mehr nicht als 2. Joch Acker einem Mann / was Stands er auch ge - weſen / zugeeignet; und ſolche / wann ſie gut gebauet wor - den / fuͤr genugſam gehalten eine Haus-haltung zu erneh - ren. Stolo Licinius, wie Plinius lib. 18. cap. 3. bezeuget / hat 5 Joch erlaubt / biß es endlich zu Neronis Zeiten darzu kommen / daß auch die Sclaven / einen Garten oder Teich anzurichten / mit 2. Jochen ſich nicht haben vergnuͤ - gen laſſen; wir wollen aber anzeigen / wie es in unſerm Land Oeſterreich damit ſolle angeſtellet werden; dann weil bey etlichen Guͤtern / entweder aus Nachlaͤſſigkeit / oder Unverſtand / oder ſonſt andern zufallenden Urſachen / ſich offt begiebt / daß keine rechte Urbarien aufgerichtet / oder doch die zur Herrſchafft gehoͤrigen Gruͤnde / Wein - Gebuͤrge / Felder / Wieſen und Waͤlder / nicht ordentlich nach ihren Jochen / und Tagwercken eingetheilt und be - namſet werden / daher haben wir allhier die Weiſe an - deuten wollen / wie ſolches geſchehen und leicht verrichtet werden koͤnne / und ſoll ein verſtaͤndiger Haus-Vatter dieſes nicht allein an ſeinen eignen / ſondern auch an der Unterthanen Grundſtucken auszumeſſen und aufzuzeich - nen ſich befleiſſen / damit er ſein eignes / ſo wol auch ſeiner Unterſaſſen Vermoͤgen wiſſende / die Anſchlaͤge und An - lagen nach deſto billicherer Proportion machen / und kei - nem weder zu viel noch zu wenig aufbuͤrden moͤge. Ein Unterthan / der 36. Joch Ackers hat / wird fuͤr ein gan - tzes / und wer 18. Joch hat / fuͤr ein halbes Lehen gehal - ten / wie dann in etlichen Provintzen / ſonderlich in Un - garn und Maͤhren / der Gebrauch / daß entweder nach Anzahl des Zug-Viehes / oder nachdem einer viel oder wenig Joch Aecker beſitzt / die Steuer gefordert werden. Sonderlich iſts nothwendig / wann man ein Grundſtuck kauffen oder verkauffen will / daß man nicht blindling ent - weder ſolches von einem andern uͤbernehme / oder einem andern uͤberantworte / weil es der Schermung halber viel Zwiſt uñ Unrichtigkeit (ſo hierdurch zu verhuͤten) erweckẽ kan. So viel aber die Joch und Tagwerck anlanget / ſo iſt in Oeſterreich ſelbſten nicht einerley Meinung / und ſind an einem Ort groͤſſer an dem andern kleiner. Die alten Roͤ - mer haben ſolches Arpentum genennet / was man einen Tag uͤber mit zwey Ochſen umackern koͤnnen / die Brei - te hielt 120. und die Laͤnge 240 Schuhe / welche Zahlen eine in die andere multiplicirt / macht es 28800. Schuhe / welches der Jnhalt eines Jochs bey den Roͤmern gewe -ſen. Dem Oeſterreichiſchen Lands-Brauch nach / wird ein Joch Holtz / Feld oder anders Grund-Stuck / auf 40. Klaffter in die Laͤnge / und 40. Klaffter in die Breiten / oder 8. Klaffter in die Breiten / und 200. Klaffter in die Laͤnge gerechnet; wann nun die Abmeſſung ſoll fuͤr die Hand genommen werden / ſo muß mans folgender maſ - ſen anſtellen: Eine jede Schnur / damit man meſſen will / ſoll in ſich halten zehen Klaffter Wiener Maß / nach dem verjuͤngten Maßſtab / deren jede 6. Feld-Schuhe / und ein jeder Feld-Schuhe 12. Zollen in ſich begreifft. Wann man nun dieſe zehen-Klaͤffterige Schnur in Be - reitſchafft hat / ſoll man das Grund-Stuck rings herum damit meſſen; wann man nun dieſe Maß recht verzeichnet hat / muß mans nachfolgender maſſen theilen / als zum Exempel: Es haͤtte ein Grund 226. Schnuͤr / und man dieſes mit 10. multipliciret / ſo bringt es 2260. Klaff - ter / dieſe muͤſſen mit der Zahl 4. dividirt / und in einen Quadrat gerichtet werden / wie zu ſehen 〈…〉 Dieſes nun iſt die Vierung oder Quadrat von einer Seiten. Dieſe obſtehende eine Seiten oder Quadrat der 565. Klaffter / muß alsdann mit ſeiner eigenen Poſta der 565. Klaffter multipliciret werden / ſo kommen als - dann 319225. Klaffter heraus / wie aus folgendem Exem - pel zu ſehen. 〈…〉 Endlich muß dieſe Zahl der Klaffter mit 1600. dividirt / und zu Jochen gemacht werden / in Bedenckung / daß / wie oben gemeldt / dem Lands-Brauch nach / ein jedes Joch Holtz oder Acker / von Rechts wegen / in ſich halten ſoll in die Laͤnge 200. und in die Breiten 8. Klaffter; kommen demnach aus vorangezeigter Poſt / der Diviſion nach / heraus / wie das nachgeſetzte Exempel anzeiget 〈…〉 Das iſt hundert neun und neuntzig und ein halbes Joch /und85Erſtes Buch / Land-Gut. und fuͤnff und zwantzig Klaffter. Und wie〈…〉〈…〉 l die Joch nicht alle in gleicher Form und Geſtalt ſind / denn etliche ſind lang / etliche breit / krumm / gerad / rund oder eckicht / oder ſie ſeyen geformet wie ſie wollen / ſo iſt nichts daran gelegen / wann nur ſo viel Platz verhanden iſt / als zu ei - nem Joch in Oeſterreich gehoͤret / als nemlich 1600 ge - vierdte Klafftern. Sonſt aber geſchicht das Meſſen auch auf unterſchiedliche Weiſen / als durch Grundle - gungen / Triangel / Schnur oder Strick / Ruthen oder Klaffter; es muß doch alles / wann es recht fuͤrgenommenwird / auf einerley Weiſe heraus kommen. Die Wein - Gaͤrten werden von etlichen nach dem Pfund gerechnet / nemlich ein Pfund iſt ſo viel als ein guter Hauer in ei - nem Tage hauen kan / ein Sechzehentheil iſt dritthalbe Pfund / ein Achtel iſt fuͤnff Pfund / ein Viertheil Wein-Garten iſt zehen Pfund. Von einem ſolchen Pfund ordinari Bau iſt Lohn ein Gulden / Stecken - ziehen und Uberbau aber geſchiehet nach eines jeglichen Gebuͤrges Gewohn - und Gelegenheit.

Cap. LXXXII. Wie ein Gut zu verbeſſern.

DJe jenigen / die allein ihres Gutes Einkauffen aus Uberſetzung der Unterthanen melioriren wollen / ſetzen kein beſtaͤndiges Fundament / weil die Ob - rigkeit bey erſchoͤpfftẽ Unterthanẽ auch Noth leiden muß / will nicht ſagen / den guten Namen / und der ihrigen Lie - be / ſondern auch Gottes Seegen / an dem alles gelegẽ iſt / verlieren; Und endlich / die Verbeſſerungen der Einkom - men / die mit Beſchwerung der Unterthanen geſchehen / muͤſſen billich / und ertraͤglich ſeyn / Aurum enim cum lachrymis & querelis ſubditorum collectum (nach des Griechiſchen Kaͤyſers Tiberii II. Ausſpruch) & ad - ulterinũ & venenoſum eſt, als wann man Zinns / Guͤl - ten / Zoll / Ungeld / Mauten / Steuer und andere Einkom - menſteigert / und dieſes ſoll nimmermehr ohne hohe drin - gende Urſach / mehr in publicis als privatis bonis, nie - mals aber in Victualien / ſondern nur in Sachen / die nicht zu nothwendigen Unterhalt des menſchlichen Lebens / ſondern zum Pracht und Uberfluß gehoͤren / als ſilberne Fahrniß / Frantzoͤſiſche Wahren / ſeidene Klei - der / Geſchmuck / Geſchlecke / Spaniſche und auslaͤndi - ſche Wein / Trunckenheit / Charten - und Wuͤrffelſpiel / Jtem die unnuͤtzen uͤberfluͤſſigen Unkoſten bey Hochzeiten / Kindstauffen Gaſtereyen und Begraͤbniſſen moderiren und verbieten. Jm Fall der Noth / werden die Schaͤ - tzungen auf die Joch / Weingebuͤrge / Tagwerck Acker / Wieſen und Feuerſtaͤtt geſchlagen. Non capita, ſed bona ſubditorum æſtimari debent, & Tributa non perſonis, ſed rebus imponenda ſunt. Daher kan eine Herrſchafft die Steuer nicht zweymahl in einem Jahr fordern / weil ſie weder die Vechſung / noch das Wein - leſen in einem Jahr verdopplen kan / ſed omnia, quæ Neceſſitatis & Utilitatis cauſâ inducuntur, non diutius quàm Utilitas, vel Neceſſitas durant. Benevolentia autem & ſui & alieni æris Domina eſt. Alſo ſoll man auch alle Frefelthaten / Fluchen / Laͤſtern / Spielen / Sonn - tags-Taͤntze / Jtem Trunckenheit / Ubermaß in Klei - dung / Perruquen, Panquette und unnuͤtze Gebaͤue ver - bieten / wie auch Entlehnungen und Contractiones De - bitorum, extra præſcitum Domini, wie auch Verkauf - fungen / Vertauſchungen / bey Verluſt der Sachen / ut disſipatores coerceantur, & boni patresfamilias ju - ventur. Wo man Staͤdte und Maͤrckte hat / mag man fuͤr die ungerathene Jugend (wie in Niederland die Zucht-Haͤuſer) alſo andere harte Straffen aufrichten; die jenigen / die mit Wucher und Uberſatz die Leut aus - ſaugen / ſoll man gebuͤhrlich ſtraffen / die Fuͤrkaͤuffe und Monopolia, earum potiſſimùm rerum, quæ ad vi - ctum pertinent, verbieten: Keine Buͤrgſchafften ohneConſens zulaſſen / die boͤſen Wirth abſtraffen / und ver - huͤten / daß der Arme von dem Reichen nicht unterdruckt werde. Zu Verbeſſerung der Einkommen hilfft auch viel / die Haushaltung ſo viel einziehen / als es die Noth - durfft und Wolſtand erleiden mag / uͤberfluͤſſige Maͤuler an Pferden / Hunden / Jaͤgern / Falcknern und andern unnuͤtzen Leuten abſchaffen / magnæ enim opes non tam multa capiendo, quam haud multa perdendo, quæ - runtur. Zudem / ſoll ſich eine Herrſchafft vor groſſen Spielen / die einen ruiniren koͤnnen / huͤten und enthal - ten / die Profuſion im Schencken / ſonderlich ohne An - ſehen der Verdienſte / meiden / vor unnuͤtzen Gebaͤu ſich huͤten / Frugalitate enim & parſimoniâ æs alienum perſolvitur, Fundi recuperantur, & amplificantur, oppignorata bona redimuntur, & Loculi exhauſti re - plentur. Darzu hilfft nicht wenig / wann man die Aem - ter in der Oeconomiâ mit tuͤchtigen Perſonen verſiehet / die jaͤhrliche Rechnungẽ und Einbringung der Ausſtaͤnde ſelbſt nachſiehet / und nicht alles allein andern vertrauet und heimgibt; die Ausgaben und Einnahm jaͤhrlich be - trachtet / daß jene dieſe nie uͤberſteigen / und geſchiehet es etwan / die Urſachen ergruͤndet und beyſeits raumet / wo - fern Uberſchuß an Einkommen / ſie zur Bezahlung der Schulden anwendet; denn die Spahrſamkeit hat die - ſen Vortheil / daß man nicht von Fremden / ſondern von ihm ſelbſt entlehnen kan / auch befoͤrdert ein Gut trefflich / wann man oͤde unbewohnte Ort / groſſe und weite Ma - raſt zu Nutz bringen / fruchtbar machen / zu Aeckern / Weinbergen / Wieſen / Teichen / Seen / oder auch zu Doͤrffern / Haͤuſern und Mayrhoͤfen anrichten / oder ſonſt an uͤbel-bewohnte Ort fremde Leute bringen kan. Ein artliches Exempel Koͤniglicher Gnade und Freyge - bigkeit findet man bey Joſepho, Antiquitat. Judaic. lib. 12. cap. 3. von Antiocho Magno, als er dem Zeuxidi geſchrieben / zweytauſend Juͤdiſcher Familien / aus Me - ſopotamia und Babylonien nach er Lydia und Phrygia in die feſten Ort zu bringen / hat er anbefohlen / vornehm - lich die Freyheit ihnen zu geben / nach ihrem Geſetze zu le - ben / darnach jedem einen Ort auszuzeichnẽ / dahin ſie ihre Haͤuſer / Felder / und Weinberge bauen moͤchten / hat ſie ferner auf 10. Jahr Steuer-frey von allen Fruͤchten gelaſſen / und ſo lang mit gewiſſen Trayd verſehen / ſich und ihr Geſind zu ernehren / biß ſie ſelbſt eine Vechſnung erreichen wuͤrden; Jtem ſoll man zu ihrem Dienſt Leute verſchaffen / ſo viel ſie bedoͤrffen werden / damit ſie deſto treuer und fleiſſiger ſeyn moͤchten; ſonderlich (hat er be - fohlen) ſoll man verhuͤten / daß ihnen von niemanden Verdruß oder Ungelegenheit widerfahre. Auch iſt ſehrL iijnutzlich86Des adelichen Land - und Feld-Lebens Erſtes Buch / Land-Gut. nutzlich / wann man die duͤrren Haiden / Berg und Huͤ - gel oder Gruͤnde zu Holtz-Stetten macht / mit Eicheln und Buch-Eckern beſaͤet / einfriedet / und alſo kein Viehe hinein laͤſt / biß ſie den Gipffel der Baͤume nimmer erreichen koͤnnen / die Gruͤnde gehoͤren gleich der Obrigkeit ſelbſt oder den Unterthanen / und eine Straff darauf legt / diß Holtz in gewiſſen Jahren zu haiden / kan diß auch bey den Flecken / Doͤrfern und gemeinen Gruͤn - den beobachtet werden; oder wann man mit Dornen und Straͤuchen verwachſene Oerter ausraumet und zu Bau-Feldern machet: alſo / ſagt Laterus lib. 3. cap. 5. de Cenſu, daß auf ſolche Art die Grafen von Naſſau Sarwerden / ihr Land von Geſtraͤuch und Wildnuͤſſen raumen / und dargegen / weil der Boden ſolches ertra - gen moͤge / zu guten Feld-Ackern ziehen laſſen / alſo ihr Einkom̃en um etliche 1000. Gulden gemehrt uñ gebeſſert.

Durch guten und fleiſſigen Feld-Bau der Unter - thanen wird auch der Obrigkeit Nutzen mercklich befoͤr - dert / wañ man in allen Doͤrffern und Guͤtern geſchworne Leute verordnet / die der Unterthanen Gruͤnde jaͤhrlich be - ſichtigen / und / was uͤbel gethan wird / anzeigen / den Tag - loͤhnern und Dienſtboten gewiſſen Lohn ſetzen / und die Ubertretter ſtraffen. Wann einem von den Untertha - nen durch Brand / Diebſtahl und Rauberey ein empfind - licher Schade entſtehet / kan die Obrigkeit eine heilſame Ordnung machen / daß alle andere dieſem zutragen und den Schaden erſetzen / was nicht aus Verſchwenderey oder eigner Schuld / ſondern durch Unfall geſchiehet / und die Unterthanen ſind ins gemein deſto emſiger / einen Schaden zu verhuͤten / deſſen ſie alle entgelten muͤſſen / thun es auch deſto williger / weil ſie auch dieſen Vortheil in begebendem Ungluͤck zu genieſſen hoffen koͤnnen. Jtem ſoll jedermann / was baufaͤllig iſt / auf gewiſſe Zeit beſſern / und bey Straff ergaͤntzen / oder ſolches der Ob - rigkeit gantz uͤberlaſſen. Die Kauffmannſchafften ſoll man limitiren / daß ſie nicht verbottene Wahren aus - oder in das Lande fuͤhren / keine Theurung anrichten / keine eſ - ſende Wahr aus / aber wol in das Land bringẽ / Honeſtum autem lucrum eſt (ſagt Caſſiodorus) quod juſtè acquiri - tur, quo nulli præjudicatur, & per quod nemo læditur. Alſo kan man auch Kauffmanſchafften verlegen / Jtem Schiffarten / wo nahe ſchiffreiche Waſſer ſind / auch Korn-Haͤuſer und Trayd-Kaͤſten zurichten und verſe - hen / die Handels-Leute bey ihren Freyheiten ſchuͤtzen / und die Straſſen ſicher halten; man ſoll keine Wahr laſſen herein bringen von fremden Ortẽ / welche die Unter - thanen ſelbſt machen koͤñen; ſo ſoll man auch die bey allen Handwercken gewoͤhnliche / offt uͤbermaͤſſige Zechen mo - deriren / ſie bey guter Ordnung erhalten / und alle Miß - braͤuche abſtellen; ſonderlich wegen der Dienſtboten Lid - Lohn eine Ordnung ſetzen / damit weder Herr noch Ge - ſind darob zu klagen haben / Jtem wann man weit-ent - legene nicht nutzbare Guͤter / Grundſtuͤcke / Weingebuͤr - ge und Waͤlder hat / ſolche mit Reſervation des Vor - kauffes zu veralieniren / oder auf eine lange Zeit 20 / mehr oder weniger Jahr ihnen vorbehalten / wieder an ſich zu loͤſen / oder eine Lehenſchafft und gewiſſen Dienſt darauf ſchlagen. Jtem wo man Staͤdte und Maͤrckte unter ſich hat / den Burgenmeiſtern / Richtern und Beam - ten / die Juſtitiã treulich zu adminiſtriren / und die Delin - quenten zu ſtraffen ernſtlich einbinden / auch bey allen Aemptern / Gerichten und Cantzeleyen gewiſſe Taxen und Moderation der Gebuͤhren ſetzen / daruͤber bey Straffniemand begehren oder ſteigern darf / auch allen eſſenden Wahren / Brod / Fleiſch / Fiſch und Wildpret / Obſt / Ge - traͤncke ein gewiſſes Pretium ordnen / damit nicht muth - willig eine Theurung verurſachet werde. Jn Hochzei - ten / Kindstauffen / Begraͤbniſſen / und Ladſchafften alle Ubermaß verbieten und ernſtlich ſtraffen; Jtem die Ad - vocaten / wann ſie ſich um Sachen annehmen / die ſie ſelbſt nicht verſtehen / die Klagen irrig / dunckel / unver - ſtaͤndlich fuͤrbringen / den Handel muthwilliger Weiſe procraſtiniren / und auf die lange Banck ſpielen / boͤſe Schmaͤhungen und Ehren-ruͤhrige Convitia beymi - ſchen / de Quotâ litis paciſciren / oder unrechtmaͤſſige Conventiones machen / die Partheyen mit uͤbermach - ten Unkoſten beſchweren / ihrer Parthey Geheimniſſen dem Gegentheil entdecken / mit falſchen Schrifften das Gerichte hintergehen / den Gerichts-Ordnungen ſich nicht gemaͤſſe halten / temerè ein litigium anfangen / die Ter - minen verſaumen / ein Recht deſeriren oder erſitzen laſ - ſen / muthwillige Aufzuͤge / den Gegentheil muͤde zu ma - chen / ſuchen / ſoll man ſolche in einem und andern Fall mit Geld-Straff belegen / oder wol gar abſchaffen; Auch kan ein Obrigkeit nachforſchen laſſen / ob in ſeinem Gebiet nicht Metall / Mineralien / Jtem Steinbruͤch / zum Kalch / Muͤhlſtein oder Gebaͤu / Marbel / Schifer und derglei - chen Steine verhanden; Jtem wo jemand ohne Erben abſtirbet / Jtem wann Schaͤtze gefunden werden; auch ſoll man Muͤntz und Wechſel aufzurichten / Maͤut und Auf - ſchlaͤgen / Daͤtz und Ungeld wol beobachten; ſonderlich ſoll man zu Gebaͤuen und andern Geſchaͤfften Unterthanen uñ nicht Fremde zu brauchen ſich befleiſſen / damit das Geld im Land bleibe; Jtem wann ein Herꝛ fremde weit abgele - gene Schulden hat / deren Verzinſung er mit Unkoſten er - legen muß / kan ers mit ſeiner Unterthanen Pupillen und Waiſen-Geldern abſtatten / und dieſen ſo wol die richti - gen Jntereſſen / als auch endlich nach und nach das Capi - tal bezahlen. Jtem kan man mit guter Vorſichtigkeit ver - huͤten / daß keine muthwillige Theurung verurſacht / daß die Feldfruͤchte und Getrayde nuͤtzlich und wol verwahret / die Felder embſig gebauet / und niemanden mehr Korn / als er zu ſeiner Haus-Nothdurfft jaͤhrlich gebraucht / zu kauffen geſtattet / viel weniger ſollẽ einige Monopolia zu - gelaſſen / ſondern geſtrafft werden. Der Reichthum des Koͤnigreichs Engelland iſt aus Eduardi III. Edict ent - ſprungen / daß kein Fremder / auch kein Jnngeſeſſener we - der gemuͤntzt-noch ungemuͤntztes Gold oder Silber aus dem Reich in ein ander Land fuͤhren ſolle; dardurch haben ſie verurſacht / daß fremde Kauffleute andere Wahren einhandeln und auswechslen um die ihrige muͤſſen / und bleibt alles Geld im Land. Und obwol dieſes in etlichen Stucken mehr auf Landsfuͤrſten als Landſaſſen moͤchte zu rechnen ſeyn / kan doch ein vernuͤnfftiger Landmann viel zu ſeinem Nutzen und Gebrauch entlehnen. Sonſt hilfft nicht wenig zu Verbeſſerung eines Gutes / wann man die Un - terthanen anhaͤlt / daß ſie aus Wolle / Seiden / Eyſen / und andern Materien etwas nutzbares verfertigẽ lernen; auch wañ an einem Ort gute Lufft / geſundes Waſſer / fruchtba - ꝛes Land / Bergwerck / Feldbau / Viehzucht / Obſtgaͤrten / Weingebuͤrge / Teiche / Gewerbe / Handwercker / Freyhei - ten / leidliche Mauten / luſtige Spatziergaͤnge / Holtz und Stein zum Bauen und Breñen / Wolfeilkeit der Lebens - Mittel / auch gute Geſetze und Ordnungen / zu forderſt aber Gottesforcht und des Himmels Segen iſt.

PRODRO -87

PRODROMUS IN LIBRUM SECUNDUM. PATERFAMILIAS.

SI ſtat diſpoſitis in Campo Exercitus armis,
Scuta micant, Frameæquè tremunt, gladiiquè coruſcant,
Et zephyris ludunt volitantia ſigna ſecundis;
Verſicolor, pulcherquè aſpectus Lumina mulcet.
Sed Duce ſi careat, conſtanter in Ordine Nemo
Hæret, & incertum est, jubeatne an pareat ullus;
Nil certè efficitur: Sic ſunt ſplendoribus ædes
Omnibus excultæ; ſed Heri præſentia deſit,
Diſcurrunt Famuli, indiviſos nemo labores
Aggreditur, ceu ritè decet, Confuſio totam
Turbat ubiquè domum. Dedimus Campeſtria nuper,
Unà cum plenis conſtructa palatia villis;
Introducamus Dominum, qui jußibus inſtat,
Omnia cuî parent, ejus deſcribere Leges
Fert animus; Dominus nam ſubſit legibus ipſe,
Principio pietate colat venerabile Numen,
Quod terras reſerare potest, & claudere rurſus,
Et ditem ſegetem largiri, & pellere morbos.
Sed vult leniri precibus puro ore profectis.
Non minùs inculcet Famulis Gnatisquè ſubinde
Et toti domui, verbis non ludere cœlum
Infandis unquam, nec iniquis lædere factis.
Ingluviem, Bacchum, Veneremquè eliminet omni
Conatu,88Prodromus Libri II.
Conatu, Vindex, neu Chartæ, Teſſera, Tali
Detineant pueros, odii neu ſemina ſunto.
Præſciat ipſe catus, quæ quodvis Tempus agenda
Præcipit; ipſe habeat menſes deſcripta per omnes
(ut Famuli cuncta obſervent) Opera atque Labores,
Et quia dextra deest fortè Experientia rerum,
Quæ tantum multis, cum damno acquiritur annis;
Sæpius innocua irretitur fraudibus ætas:
Seligat ingenti ſtudio & conamine recto
Unum ex vicinis; Senium & prudentia ſolers
Quem tollunt meritâ bona per præconia Famâ.
Obſequiis colat hunc, multo ſtudioſus amore.
Si virtute Senex est præditus, ille rependet
Gratus amicitiam, te ceu Pater alter amabit,
Et quoniam magni fieri ſe viderit abs te,
Conſilia è fido ſemper tibi pectore promet;
Nec parcet, quando te fortè impingere cernet,
Sic omnem poteris felix traducere vitam.
Mercedem Famulo, atquè operas moderamine juſto
Diſtribue, & moneas ſemper placidè atquè modeſtè.
Informi noli iratus cognomine ſervos
Compellare tuos, abſitquè Injuria pœnis;
Nil quod difficile aut inhoneſtum juſſeris unquam,
Nec crebro mutes, rarò hic laudabilis est mos,
Errones caveas, famulos vicinia præſtet.
Quæ noctu poteris, nunquam fac illa diurno,
Nec fieri ſudo, pluvio quæ tempore poſſunt,
Quæ finiri hodiè debent, non craſtina fiant.
Conſilia haud ſpernas, etiam prolata Minorum,
Quamvis ſervorum, ſæpè opportuna locutus
Est olitor, timidus nimium aut temerarius unquam
Non tibi ſit famulus, mediô placidisſimus ibis;
Nec Servi, nec Equi nimium diſpendia faxint.
Si tibi ſubjecti, qui annales ſolvere cenſus
Et præſtare operas, antiquâ Lege tenentur;
Hos adama, tutare, oneroſaquè tollere cures,
Nil89Prodromus Libri II.
Nil novitatis alas, aptus debentibus eſto
Uſquè Dies, Inopes tolera, reſcinde ſevera,
Nil tenta injuſtum, turpi nunquam utere fraude,
Projice avaritiam, noli quoquè prodigus eſſe,
Vita inimicitias, Affabilis inter honeſtos,
Sorte dolens miſeri, ſis Officioſus Amicis,
Inter diſcordes ſis Conciliator, & iras,
Si potes, emolli, pius Arbiter inter utrosque,
Ex animo argumenta tuo cape, quæ tibi velles
Facta, aliis reddas, tibi ſi quæ ingrata videntur,
Nulli alii intenta, ſervato æquumquè, bonumquè.
Omnia cautè agito, Variæ præſagia nota
Tempeſtatis habe, referant ſi nubila ventos,
An pluvias Hyades, vel ſi vaga Sydera cœli
Sudum tempus alant, phaſesquè & Cornua Lunæ
Sunt magni momenti adeò, multumquè gerendis
Conducunt rebus, ſed Anilia cœtera ride.
Conſortem Lecti eligere est prudentia mentis,
Diligere electam minor haud Conſtantia fertur,
Dilectam aßiduo perfundere ſemper Amore,
Divinum est aliquid, ſed & hìc concurrat uterquè,
Non temerè irrita uxorem, non objice nævos,
Suſpicioni alas reſeca, quam degener intrat
Per Portam, exit Amor, Nam ſi tibi debet honorem,
Est, Animæ ut debet corpus non preſſa Tyranno
Urbs velut obſequium, quin tu, quodcunquè neceſſe est,
Sedulus inſtaura, Domui ſit honeſta ſuppellex,
Ornatusquè Habitusquè decens, & cœtera ſunto,
Sive domi ſint, ſive foras, inſtructa benignè.
Conjugibus magnum nam Cura reciproca philtrum est.
Si verò inter vos rixarum ſemina gliſcunt,
Omnia confuſo tunc ordine turbida currunt,
Teſtudo intentam velut aurem diſſona vellit.
Sciveris hîc Sociam, ſed non ſubſiſtere Servam,
Sed tamen ut Sceptro defixa geras tua ſemper
Lumina, & Imperium, tibi quod Divinitus ipſi
MInjunctum,90Prodromus Libri II.
Injunctum, amittas nunquam, Moderatio prodest.
Gnatorum intereà ſit maxima Cura tuorum,
Inſtrue, ſi qua potes, verâ pietate, Fidequè.
Inſignem virtute virum, cui ſedula menti
Doctrina & Mundi pulchra Experientia rerum,
Præfice, dum teneri ſanctis Hortatibus anni
Aſſurgant, nec adhuc vulgi contagia tangunt.
Quod primâ imbibitur pravumꝗ́ bonumquè juventâ,
Uſquè tenax hæret, multa ratione tenella
Ingenia obſervet, ne ſurculus impleat auras
Improbus, heu tortum, nec post memorabile lignum,
Dirigat at placidè, nimio molimine ramus
Ne rumpatur inops, mollis vult mollibus ætas
Leniri ſtudiis, Curas Pater ipſe ſecunda,
Ne nimius rigor, aut nimia Indulgentia prolem
Impediat, timeatquè tuas Præceptor habenas,
Cautior; haud ſolùm in ſtudiis, ſed moribus ipſis,
Proficiant Pueri, nunquam illos Fabula turpis
Simplicitate, Superſtitione aut Crimine vitæ
Pervertat, creſcat virtus creſcentibus annis.
Da Pater Exemplum gnatis, tua vita miniſtret
Omnibus in rebus, normamquè viamquè ſequendi.
Jnhalt91Jnhalt der Capitel des andern Buchs.

Jnhalt aller in dieſem andern Buch begriffenen Capiteln.

Caput

  • I. Wie ſich ein Haus-Vatter gegen Gott / und ſich ſelbſten zu verhalten.
  • II. Wie / gegen ſeiner Ehe-Liebſten.
  • III. Wie gegen ſeine Kinder.
  • IV. Wie gegen dem Geſinde.
  • V. Wie gegen dem Pfleger.
  • VI. Wie gegen den Unterthanen.
  • VII. Was ins gemein in der Wirthſchafft zu bedencken.
  • VIII. Was die Gewitters-Aenderungen betrifft.
  • IX. Was von Monat zu Monat zu thun.
  • X. Was im Januario zu verrichten im Hauſe.
  • XI. Was zu thun im Garten.
  • XII. Januarii Aufſicht im Felde.
  • XIII. Was im Februario bey Hauſe zu thun.
  • XIV. Was im Garten.
  • XV. Arbeit im Felde.
  • XVI. Was im Mertzen im Hauſe zu verrichten.
  • XVII. Mertzen Arbeit im Garten.
  • XVIII. Was im Felde zu thun.
  • XIX. Was im April bey Hauſe zu thun.
  • XX. Garten-Arbeit im April.
  • XXI. Feld-Arbeit im April.
  • XXII. Was im Majo bey Hauſe zu thun.
  • XXIII. Was im Garten vorzunehmen.
  • XXIV. Feld-Arbeit im Majo.
  • XXV. Was im Junio bey Hauſe zu thun.
  • XXVI. Garten-Arbeit im Junio.
  • XXVII. Was im Junio im Felde zu thun.
  • XXVIII. Was im Julio bey Hauſe zu thun.
  • XXIX. Was im Garten zu thun.
  • XXX. Feld-Arbeit im Julio.
  • XXXI. Was im Auguſto bey Hauſe zu thun.
  • XXXII. Garten-Arbeit im Auguſto.
  • XXXIII. Feld-Arbeit im Auguſto.
  • XXXIV. Was im September bey Hauſe zu thun.
  • XXXV. Garten-Arbeit im September.
  • XXXVI. Feld-Arbeit im September.
  • XXXVII. Was im October im Hauſe vorzunehmen.
  • XXXVIII. Was im Garten zu thun.
  • XXXIX. Feld-Arbeit im October.
  • XL. Jm November was im Hauſe zu verrichten.
  • XLI. Was im Garten zu thun.
  • 92
  • XLII. Feld-Arbeit im November.
  • XLIII. Was im December bey Hauſe zu thun.
  • XLIV. Was im Garten vorzunehmen.
  • XLV. Feld-Arbeit im December.
  • XLVI. Wie ſich gegen der Nachbarſchafft zu verhalten.
  • XLVII. Was bey Vergleichen und Abhandlungen zu thun.
  • XLVIII. Von Wirthſchaffts-Anſtellung in den Staͤdten.
  • XLIX. Von dem Pfleger.
  • L. Was im Aufnahm der Rechnungen zu bedencken.
  • LI. Vom Kaſtner und Kellner.
  • LII. Von den Amtleuten und Richtern.
  • LIII. Wie in Boͤhmen die Guͤter mit Bedienten beſtellt werden.
  • LIV. Ein Haus-Vatter ſoll auf ſeine uñ der ſeinen Geſundheit acht haben.
  • LV. Wie / und was Geſtalt ers thun ſolle.
  • LVI. Die groͤſte Geſundheits-Foͤrderung iſt / ſich ſelbſt erkennen.
  • LVII. Wie das am füglichſten geſchehe.
  • LVIII. Warum der Menſch die kleine Welt heiſſe.
  • LIX. Warum Plato den Menſchen einen umgekehrten Baum nenne.
  • LX. Vom Hirn.
  • LXI. Vom Gebluͤt und andern Feuchtigkeiten.
  • LXII. Vom Hertzen / und der Lungen.
  • LXIII. Vom Magen.
  • LXIV. Von der Leber / Gall / Miltz und Nieren.
  • LXV. Von Erhaltung der Geſundheit.
  • LXVI. Von den Gemuͤths-Bewegungen.
  • LXVII. Die beſte Geſundheits-Erhaltung / ein froͤliches Gemuͤthe.
  • LXVIII. Von der Lufft.
  • LXIX. Vom Waſſer.
  • LXX. Von Speiß und Tranck.
  • LXXI. Von der Gewonheit.
  • LXXII. Vom Schlaf.
  • LXXIII. Vom Reiben und Streichen der Gliedmaſſen.
  • LXXIV. Maͤſſige Bewegung und Leibs-Ubung.
  • LXXV. Ubereinſtimmung der vornehmſten Glieder des Menſchen.
  • LXXVI. Von der Maͤſſigkeit in Speiß und Tranck.
  • LXXVII. Exempel / wie das Leben durch Maͤſſigkeit hoch zu bringen.
  • LXXVIII. Die meiſten kuͤrtzen ihnen das Leben ſelbſt ab.
  • LXXIX. Was Geſtalt jedem ſein Lebens-Termin von GOtt geſetzt ſey.
  • LXXX. Vom Alter und Urſachen des Todes.
  • LXXXI. Etliche Regeln / die Geſundheit zu erhalten.
  • LXXXII. Feuer-Ordnung.
  • LXXXIII. Etliche Handwercks-Ordnungen / einem Haus-Vatter nutzlich zu wiſſen.
Des93

Des Adelichen Land - und Feld-Lebens Anderes Buch / Haus-Vatter.

Caput I. Wie ſich ein Haus-Vatter gegen Gott / und ſich ſelbſten zu verhalten.

JCh bin nicht geſonnen / einem Edlen und loͤblichen Haus-Vatter viel Er - innerungen und Ermahnungen vor - zufchreiben / wie er ſich gegen GOtt / ſeinem Schoͤpffer / Erhalter und Seeligmacher verhalten moͤge; weilen es bey den wahren und recht - ſchaffenen Chriſten ohne diß wol be - kannt / oder doch billich ſeyn ſolle; bey den Boͤſen und Ruchloſen aber vergeblich iſt / weil es von ihnen weder geleſen noch zu Hertzen genommen / daher auch verlacht / und in ihrem boͤſen Vorſatz ungeſcheuhet fortgefahren wird / die mit dem gottloſen Koͤnig Alcithous, bey dem gelehrten und vortrefflichen Medico Fracaſtorio lib. 3. Syphilidos, darfuͤr halten

Cœlo habitare Deos, nec eorum hoc eſſe, quod infrà eſt.

Wie deren / leyder! nicht wenig zu finden ſind. Jndem aber gleichwol zwiſchen dieſen beeden Extremis ein Mit - telwege der jenigen / die aus Unwiſſenheit verfuͤhret / durch gebuͤhrlichen Unterricht auch auf beſſere Meinung koͤn - nen gebracht werden: Als will ich dieſen allein ihr eigen Gewiſſen vorſtellen / wie viel loͤblicher / ſicherer und nuͤtz - licher es ſey / daſſelbige in Gottesforcht (daraus Weiß - heit und unzahlbarer Seegen fleuſt) zu verwahren / und / wo es verletzt worden / zu bereuen und zu heilen; als mit muthwilliger Verſtockung und freventlicher Laſter -Ubung / den Sturtz-Fall zeitlichen Verderbens und ewi - ger Verdamniß mit Forcht und Schrecken unausbleib - lich zu erwarten.

Was nun des Haus-Vatters eigene Perſon an - trifft / ſo iſt Welt-kuͤndig / daß ſo wol jede Tugend ihre Belohnung / als auch jedes Laſter ſeine Straffe unfehlbar nach ſich ziehet; und ob auch (durch des allein weiſen GOttes Verhaͤngnis) eines oder das andere in dieſer Zeitlichkeit nicht erfolgete / ſo wird doch in der zukuͤnfftigen Ewigkeit ſicherlich keines ausbleiben / ſondern alles mit unendlichem groſſen Wucher vergolten und verglichen werden / und ſoll ein Gott - und Ehr-lie - bender Haus-Vatter nicht allein um ſein ſelbſt und eig - ner Wolfahrt / ſondern auch um der ſeinigen Willen / der Tugend und Gottes-Furcht beflieſſen ſeyn / ihnen mit Chriſtlichem Leben und Wandel vorleuchten / ſie zu allen guten halten / reitzen / und im Fall der Nothwendigkeit antreiben; alle in der Wirthſchafft eingeriſſene alte heidniſche und thoͤrichte Aberglauben / Segenſprechen und Tag-Wehlungen / weder ſelbſt uͤben / noch den Sei - nigen zu uͤben geſtatten; Alle die Seinigen / Morgens und Abends / vor und nach dem Eſſen / zum Gebet halten; den Nothduͤrfftigen und Haus-Armen mit dem Chriſtli - chen Allmoſen / nach ſeinem Vermoͤgen / zu Huͤlffe kom - men; in allen ſeinen Geſchaͤfften gute Ordnungen an - ſtellen und daruͤber halten / ſo wird alles gluͤcklicher und geſchwinder von ſtatten gehen.

Cap. II. Wie ſich ein Haus-Vatter gegen ſeinem Weibe zu erzeigen.

MJe man einen Acker / er ſey ſo traͤchtig als er immer wolle / nimmermehr mit gleichen Fur - chen / wie es ſeyn ſolle / und gebuͤhrlicher War - tung kan verſorgen / wo ein ungleich ſtoͤrrig und wider - waͤrtiges paar Ochſen in dem Pfluge zuſamm-geſpannt wird: Ebenmaͤſſig iſt es mit der Haus-Wirthſchafft uͤbel beſtellet / wann die Eheleute das Joch nicht eintraͤch - tig einander tragen helffen / eines dort / das andere dahinaus will / Uneinigkeit / Zanck / Widerwillen / Laſter und Feindſchafft den Himmel ihres Eheſtandes mit fin - ſtern / ſchweblichten und Pech-ſchwartzen Wolcken uͤber - ziehen: Was iſt da anders als Ungeſtuͤmm / Sturm - Wind / Hagel / Blitz und Donner in ſelbigem Hauſe zu gewarten? Da hingegen / wo gute Verſtaͤndniß / Lieb und Einigkeit in der Eheleute Hertzen ſind eingewurtzelt / ſchoͤne und holdſelige Fruͤchte / Gottes Segen / aller GuͤterM iijUber -94Des Adelichen Land - und Feld-LebensUberfluß / auch in mancherley von GOtt zugeſchickten und verhaͤngten Trauer-Faͤllen Gedult und Troſt daraus reichlich erwachſen / alles Boͤſe wird verhindert und ge - lindert / aller Verdruß und Aergernis gemindert / alle Arbeit dardurch befoͤrdert und geſegnet / und dem Ge - ſinde und Nachbarn ein gutes Beyſpiel der Nachfolge gegeben.

Alſo hat ſich ein vernuͤnfftiger Haus-Wirth dißfalls anfangs in der Wahl wol vorzuſehen / und da er durch Goͤttlichen Beyſtand wol gewaͤhlet / dahin zu trachten / wie alles in gutem Willen und Wolſtand erhalten werde. Wer in ſeiner Wahl allein Schoͤnheit ſucht / der kan auch einen Teuffel finden / weil ſich dieſer in einen Engel des Liechtes verſtellen kan; wer aber nach Ver - nunfft und Gottesfurcht heurathet / erlangt er nicht einen Engel / ſo erlangt er doch eine Engliſche Tugend; dieſe Tugenden ſind ein Feuer / die alles Antimonium in heil - ſame Artzeney verkehren / machen eine geringe Geſtalt angenehm / die Armuth ertraͤglich gedulten / und der Schoͤnheit ruhig genieſſen; ſie ſind ein Bezoar, der das anſteckende Gifft der Schoͤnheit unſchaͤdlich macht / und iſt mehr Ehr - und Lob-wuͤrdig / als anreitzend und frech; denn wann Schoͤnheit mit der Majeſtaͤt und An - ſehen dieſer Tugenden begabt iſt / iſt ſie eine Tochter Goͤttlicher Strahlen / nicht der gailen Venus / die an - dere zur Ehrerbietung / nicht zu frechen Verlangen anlo - cket / wie Herr Malvezzi in ſeinem verfolgten David ſchoͤn ausfuͤhret.

Ein Weib / wie wolerzogen ſie ſcheinet / iſt doch von einem weichen leichtlich umgewandten Humor / darein ſich unſchwer wiederwaͤrtige Meinungen und Regungen eindrucken und imprimiren / kan auch daher durch boͤſe Geſellſchafft und ſchlipffrige Gelegenheiten offtermals ſich verkehren. Dieſem nun allen vorzukommen / ſoll ein vernuͤnfftiger Haus-Vatter und Ehe-Mann Erſtlich ihre Gegen-Lieb durch Liebe erhalten / durch Beſcheiden - heit unterhalten / durch Ubung ſtaͤtiger Gottesfurcht und Tugenden auferbauen / durch verhuͤtete und abgeſchnit - tene Aergerniſſen verwahren / und durch verſchaffte Ver - ſorgung vermehren.

Fuͤrs andere / muß er dem Weib / als dem ſchwaͤche - ſten Werck-Zeuge / dergeſtalt ihre Ehre geben / daß er der ſeinigen nichts dardurch benehme / damit ihre Lieb und Gehorſam freywillig / nicht gezwungen; warhafftig / und nicht erdichtet; beſtaͤndig / und nicht wankelmuͤthig ſey: alſo muß er mehr gelind / als ſcharff / mehr ernſthafft / als tyranniſch / und mehr wolgewollt / als gefuͤrchtet zu ſeyn ſich befleiſſen. Des Manns Herrſchafft uͤber das Weibe / iſt gleichſam ein kleines Contrefait der Herr - ſchafft GOttes uͤber den Menſchen. GOTT locket / reitzet und vermahnet uns zu ſeinem Dienſt / zu ſeiner Liebe und zu ſeinem Reich / mit unendlicher Guͤte / mit vaͤtterlichem Erbarmen / mit treuer Schutzleiſtung / mit unzehlichen Wolthaten; Er hat Gedult mit unſerer Schwachheit / naͤhret / mehret / kleidet / verſorget uns / und verſpricht endlich / wann wir ihme folgen / ſein himm - liſches Erbe zu einer Gnaden-Belohnung: und fuͤget / nach lang-gehabter vergeblicher Langmuth / die ernſtli - che Straff-Bedrohungen dabey / imfall wir halsſtarrig und freſentlich ſeinem Willen wiederſpenſtig uns erwei - ſen / ſolches mit zeitlich und ewiger Ungnade abzuſtraf - fen: alſo ſoll der Mann ſein Ober-Recht uͤber das Wei - be nicht mit gewaltthaͤtigen Poldern und Schnarchen /ſondern durch gute Beyſpiel von ihm ſelbſten / ernſtliche Sanfftmuth / gelinde Warnungen / gedultige Zuguthal - tung / billiche und treue Verſorgung / und nothwendige Be - ſchuͤtzung zu ſeiner Hochachtung und geneigten Willen bewegen / getreu / und redlich mit ihr und ihrem Vermoͤ - gen umgehen / damit ſie ſeine Aufrichtigkeit ſpuͤren / ſeine Wolgewogenheit erfahren / ſeinem Willen nachkom - men / und auf ſeine Treue in allen Faͤllen ſich verlaſſen koͤnne. Wie ſchoͤn loͤblich ſtehet es / wann man von einem paar Ehe-Volck aus dem Silio Jtalico lib. 9. de bello Pu - nico ſagen kan / welches er zwar von 2. guten Freunden redet:

Velle ac nolle ambobus idem, ſociataque toto Mens ævo, ac parvis dives concordia rebus.

Drittens / weil der Ehe-Stand ein ungeſtuͤmmes Meer iſt / ſo liegt viel daran / daß der Ehe-Mann als ein verſtaͤndiger Schiff-Mann zwiſchen denen ſchroffechten Sturtz-Felſen / herum-reiſſenden Abgrunds-Wirbeln / und verdrießlichen Sand-Baͤncken / ſein Haus - und Lebens-Schifflein alſo (mit Anruffung und Huͤlffe goͤtt - licher Gnade) wiſſe zu regiren / daß beede extrema ge - flohen / und auf der beſten Mittel-Straſſen / ſicher und unanſtoͤſſig / das Uffer der Seligkeit erreichet werde. Darum muß er vernuͤnfftig in der gantzen Haus-Wirt - ſchafft ſich erweiſen / dem Weibe / mit Glimpff und Sanfftmuth / was ihr zu thun und zu laſſen / was ihr wol oder uͤbel anſtehet / andeuten; nichts unflaͤtiges / unſau - bers / uͤbel anſtaͤndiges in ihrer Gegenwart / weil ſie leicht zu Abſcheu und Grauen zu bewegen / vor ihrem Angeſicht / ſagen oder thun; in allen Dingen ſauber und ſittſam ſich halten / kleine Maͤngel und Gebrechen uͤberſehen und diſ - ſimuliren / fuͤrwitzige Beginnen offtmalen unterbauen / ſie vor boͤſer Geſellſchafft warnen und abhalten / verdaͤch - tige Perſonen um ſie nicht leiden / mit unzeitigem Eyfer ſie nicht beleidigen / was zwiſchen ihnen beeden geheimes vorgehet / nicht unbedaͤchtig ausſchwaͤtzen / niemal ohne groſſe Urſach ſich feindſelig oder ſcharff / keinesmahls a - ber gehaͤſſig erzeigen. Denn woferne ſich ein Mann al - len Einfaͤllen und guten Meinungen des Weibes hals - ſtarrig und ohne Vernunfft widerſpreitzet / allein daß er glaubt / ihm gebuͤhre der Vorzug des Geſchlechtes / ſo verliehrt er denſelben mit ſamt der Liebe: und wann eine Frau gantz nicht doͤrffte zu Zeiten ihres Manns Mei - nung / vernuͤnfftig und ſanfftmuͤthig / mit beweglichen Urſachen widerſprechen / ſo waͤre zwiſchen ihr und einer Dienſt-Magd / kein Unterſcheid. Ein Ehe-Weib iſt gleichſam ein edles Perlein / ſo durch den ſauren Eſſig eines gar zu ungeſtuͤmmen Ernſtes leichtlich kan verderbt werden.

Zum Vierdten / da ſich auch zwiſchen ihnen einiger Widerwill und Aufſtoß ſolte ereignen / ſoll der Mann ſei - nen Unluſt / nicht durch Laͤſtern / Spitz-Namen / Flu - chen und Schelten / gifftige Stockereyen / oder Vorwurff eines oder des andern natuͤrlichen Gebraͤchens / unver - ſchaͤmt heraus ſchaumen / und alſo das Kind (wie man ſagt) mit ſamt dem Bad ausgieſſen / ſondern ſeine Meinung und Willen ernſthafft und beſcheidentlich erleu - tern / von dergleichen abzuſtehen ermahnen / damit ſie ihr Unrecht erkenne / und dennoch durch ſeine Erinnerung nicht unverſoͤhnlich beleidiget werde.

Fuͤnfftens / ſoll der Mann ſein Weib mit allem ge - buͤhrlichen Unterhalt / nach ſeinem Vermoͤgen / wol und genugſam verſehen / und die zur taͤglichen Nahrung gehoͤ -rige95Anderes Buch / Haus-Vatter. rige Mittel mit Treu und Fleiß einſchaffen / ihr / als ſeiner Gehuͤlffin / alles / was im Hauſe ihrer Seits zu thun / leicht und bequemlich machen / ihr mit treuem Rath und foͤr - derlicher That / mit Troſt / Schutz und Vorſtand an die Hand ſtehen / ſie in nothwendigen ehrlichen Dingen nicht laſſen Mangel leiden / als ſeinen Leib verſorgen / ihre Verwandten und Angehoͤrige gerne ſehen / und in Summâ ſich gegen ſeinem Weibe alſo verhalten / wieer verlangt / daß ſie gegen ihm geſinnet ſeyn ſolle. So wird ohne Zweifel ihr gantzes Leben / ſo wol in der Kinder-Zucht und Haus-Wirthſchafft / als allen zu - ſtaͤndigen Faͤllen / GOtt wolgefaͤllig / ihnen ertraͤglich und nutzbar / auch vor der gantzen erbaren Welt loͤblich und ruͤhmlich ſeyn / ja ſie werden nach dieſem zeitlichen Jam - merthal auch den ewigen Beſitz der himmliſchen Guͤter zu hoffen haben.

[figure]

Cap. III. Wie ſich ein Haus-Vatter gegen ſeine Kinder zu verhalten.

DJe Eltern ſind denen Kindern (nach der heidni - ſchen Welt-Weiſen Lehrſatz) Unterhalt des Leibes / Unterricht der Sitten / und Befoͤrde - rung ihres Gluͤckes und Wolergehens vor GOtt und der Natur ſchuldig; das erſte zwar iſt allen Eltern ſo wol als auch den wilden Thieren / nach ihrer Art / einge - pflantzt / und wird (auſſer hoͤchſter Nothdruͤnglichkeit) kein Vatter jemal ſeinen Kindern Huͤlle und Fuͤlle / Nahrung und Kleider verneinen / vielmehr treiben etliche darinnen ſolchen Uberfluß / daß ſie ihnen damit mehr ſchaden als nutzen / mehr zum Tode als zum Leben forthelffen: Das andere und dritte aber / nehmlich die Aufferziehung und Angewehnung zur Tugend und Ver - ſtand (darauf auch der Grund ihres beſtaͤndigen Gluͤ - ckes fundirt iſt) betreffend / gehoͤrt allein fuͤr die vernuͤnff - tigen Menſchen. Alſo iſt Noth / daß die Eltern / von der Wiegen und zarten Jugend an / den Kindern ihren eig - nen und boͤſen Willen zu brechen / und den willigen Ge - horſam wol einzubinden anfangen; denn ſo ferne der Muthwillen einmal in ihren Hertzen Wurtzel gewinnet / kan eher nichts Gutes hinein / es ſey dann dieſer vorher ausgewichen; nicht anders / als wie man in ein Ge - faͤslein / das vorhin ſchon mit ſtinckendem Oel ange - fuͤllt iſt / keinen koͤſtlichen Spiritus oder Balſam-Oeleingieſſen kan / es ſey dann vorhin von dem uͤbelriechenden Safft wol gereiniget und ausgewaſchen; und dieſes je aͤlter ſie werden / und je mehr ſie in ihrer Eigenwilligkeit erſtarren / je ſchwehrer und unertraͤglicher geht es darnach zu. Sie ſollen auch zur Sauberkeit / daß ſie ſich gerne waſchen / kaͤmmen / recht anlegen / wol gebaͤrden / alle Haͤßligkeit und Ubelſtand fliehen / weder in die Naͤchte trincken / noch zur unſchicklichen Zeit eſſen / nicht uͤppig und grob werdẽ / von Jugend auf gewehnet ſeyn. Man ſoll ihren Warterinnen und Kinds-Weibern verbieten / daß ſie nicht mit ihnen lallen und mit Fleiß kindiſch reden / davon die Kinder deſto ſpaͤter ihrer Red-Art vergeſſen; da / im Gegentheil / wann man die Wort recht ausſpricht / und ſie ebenmaͤſſig die Wort deutlich auszuſagen ge - wehnet / ſie deſto geſchwinder gut und ausfuͤhrlich reden. Es ſollen auch die Warterinnen / bey Straffe / nie von Geſpenſtern / Wauwau / Gockelmann und dergleichen Narren-Poſſen ihnen fuͤrliegen / und ſie mit Fleiß (ſon - derlich die Knaben) forchtſam machen / oder allerley a - berglaubiſche Meinungen beybringen / ſie zu Thorheiten und Luͤgen uͤberreden. Alſo ſollen die Eltern (weil die erſte Jugend fuͤrwitzig iſt / gerne fragt / und alles wiſſen will) darob ſeyn / daß ſie ihnen allezeit den rechten Grund der Warheit andeuten / oder ob ſie bißweilen ihre Ein -falt96Des adelichen Land - und Feld-Lebensfalt zu ſchaͤrffen ihnen gern etwas ungereimtes (nur zu mercken / was ſie davon halten) fuͤrmahlen / ſie doch nie lang auf dem falſchen Wahn bleiben laſſen / ſondern ſtracks wieder auf die Warheit bringen / ſo werden ſie gewiß um etliche Jahr eher die Kinder-Schuhe auszie - hen. So bald auch die Knaben das fuͤnffte oder ſechſte Jahr erreichen / ſoll ein Vatter ſich nicht dauren laſſen / um einen dapffern verſtaͤndigen muͤheſamen Mann um - zuſehen / und keine Unkoſten ſcheuhen / indem viel an dem Grunde gelegen / wo man ein gutes Gebaͤu auffuͤhren will. Laͤſſet ſich doch mancher ein Pferd / das er Schul - gerecht; einen Hund / den er zum vorſtehen / oder einen Hirſchen zu finden abrichten will / nicht ein kleines ko - ſten; wer wollte ſo unvernuͤnfftig ſeyn / daß er ein Fuͤllen von edler Art / ſolte einem Bauren-Kerles / der weiter nichts als ein paar Fuͤſſe hinab hencken kan / oder ſeinen guten Hund einem Menſchen / der das Weidwerck nie (auſſer daß er ihm ein Stuck Brod fuͤrwerffen kan) verſtehet / abzurichten geben / wuͤrde er nicht billich aus - gelacht / Muͤhe / Zeit und Unkoſten verlieren. Nehme einer zwey gleiche Stucke / Porphir / Helffen-Bein oder Ebenholtz / das eine gebe er einem kuͤnſtlichen be - ruͤhmten Statuario oder Bildhauer / das andere einem unerfahrnen Stimpler / ſo wird er von dem erſten einen zierlichen Mercurium, eine ſchoͤne Diana oder dergleichen Kunſt - und Meiſter-Stuck; von dem letztern aber einen ungeſtalten Therſiten, oder unformliche Meduſa be - kommen. Gibt man doch einem Verwalter / einem Pfle - ger / der nur mit den Unterthanen / mit Bauren / mit dem Geſinde umgehet / eine ſtattliche Beſoldung: Wa - rum dann wollte man auf ſeiner eignen Kinder gute und tugendliche Aufferziehung (die ſein Fleiſch und Blut / die ein vortreffliches Pfand der Gnade GOttes / ein Para - deis-Seegen / eine Verewigung unſerer Sterblichkeit / ein Huͤlff-Stabe unſers Alters / und von denen man kuͤnfftig gleichſam wiedergebohren / entweder Ehr und Ruhm / oder Schand und Schmach zu gewarten) nicht auch alſo um einen guten und tauglichen Mann ſich be - werben / der immerdar ihnen an der Seiten bleibe; nicht anders / als wie bey den jungen zarten Peltzern eine Stange beygeſellet wird / daß / wie ſelbige nicht vom Winde moͤgen zerriſſen / alſo auch dieſe von boͤſer Leute Beywohnung nicht moͤgen verfuͤhret oder beſchmutzet werden / und moͤgen dergleichen treulich-verrichtete Dienſte nimmermehr gleich vergolten werden. Alſo weil ein Haus-Vatter nichts koͤſtlichers oder wuͤrdigers hat / als ſeine Kinder / muß er ſie anfangs auch keinem (wie gut er auch ſcheinet) alſo abſolutè vertrauen / daß er nicht entweder / wo ers verſtehet / ſelbſt fleiſſig nachſehe / die Kinder offt unverſehens im Studiren heimſuche / ihre Profectus beobachte / und alſo den Præceptor / zwar kein Mißtrauen zeige / dennoch aber allzeit in Be - reitſchafft / Sorg und Fleiß ſtehen und verharren ma - che. Wo ers aber ſelbſt nicht verſtehet / mag er einen verſtaͤndigen in Studiis wolerfahrnen und treuen Freund anſprechen / daß er bißweilen komme / und ſie in Exer - citiis Pietatis, Studiorum, & ſtyli examinire / wo ſie nachlaͤſſig / antreibe und aufmuntere / ihnen bekannte Exempla dapfferer Lobwuͤrdiger Maͤnner / die alle durch dieſen Wege ſo hoch und groß worden; als auch be - kannter ungeſchickter / einfaͤltiger grober Edelleute / die / aus Unterlaſſung des Studirens / und durch wenige Er - fahrung / ſich veraͤchtlich gemacht / offters mit Nachdruckvorſtelle / und was ſie aus Fleiß oder Unfleiß unfehlbar zugewarten haben / andeute / und alſo ſie / ad Pietatem & Studia acerrimè expetenda, excitire und aufmuntere. Zu dieſem kan nun der Præceptor, Informator oder Hof - meiſter viel thun / wann er ſich vor allen Dingen anfangs beliebt macht / auf ihre Fragen freundlich / ſanfftmuͤtig / guͤtig / & ſecundum Diſcipulorum captum antwortet / ſie / wo ſie einen Fehler begangen / ohne Zorn / ohne Schmaͤhe-Wort / mit ernſthafften Worten abmahnet / der Eltern Ungnade / Gottes Straff und ihr eigen Un - gluͤck drohet; hingegen wann ſie etwas recht thun / ohne Heucheley ſie erhebt / und alſo fortzufahren anſpornet; dann woferne / ſonderlich im Anfang / die zarte Jugend ein Wolwollen und Vertrauen zu jemanden ſetzt / mit einer Sorge und Reſpect vermiſchet / ſo kommt hernach alle nachfolgende Muͤhe und Arbeit beederſeits deſto leichter an.

  • Erſtlich aber muß ein Informator einen guten leich - ten Methodum mit ihnen anfangen / ſie nicht obenhin liederlich / ſondern mit Fleiß und Vorbedacht inſtruiren / anfaͤnglich die Verba primitiva und Significationes Re - rum taͤglich nur zwey oder drey Vocabula ihnen einpflan - tzen / und offtmals repetiren / wann ſie in einem Jahr tauſend primitiva koͤnnen / hernach die Compoſita nach und nach beybringen.
  • Zum Andern / ſoll er eine richtige Ordnung haben / die zarten Gemuͤther nicht uͤbertreiben / ſondern wie ein verſtaͤndiger Roßbereiter einem Fuͤllen / der edler Art iſt / nicht gleich den Sattel auflegt / und unter die Sporne nim̃t / ſondern an einem gelinden mit Werck und Hadern uͤberwundenen Cavezzon an der Corda eine gute Zeit nur um den Pilier traben / und gleichſam nur ſpielen laͤſſet / nach uñ nach aber mit der Zeit die ſchwerern Schulen zei - get / daß es allzeit mit Luſt aufhoͤre / eine zierliche ſchoͤne Er - hoͤhung in der Parada mache / und nicht / mit auf ſich ſte - hendem Schweis / einziehenden / ſchwerathmenden und blutigen Flancquen abgefuͤhrt werde: Alſo ſoll ein wei - ſer Informator ihnen die Rudimenta prima Grammati - ces & Syntaxeos in ſo kurtze Præcepta, als immer moͤglich / einſchlieſſen / ſchoͤne denckwuͤrdige Sententias zum Exempel und Erlaͤuterung beyfuͤgen / die Præcepta nie verwechslen / weilen ſie dardurch / indem das Judi - cium ſchwach iſt / nicht befoͤrdert / ſondern verwirret wer - den; und Morgens zwey Stunde / und Nachmittages auch ſo viel / anfangs damit zubringen / damit ſie nicht die Studia (die ſie noch weder lieben / noch faſſen und be - greiffen koͤnnen) bald anfangen zu haſſen. Alſo ſoll er ſie ſtets bey der Luſt bleiben laſſen / und in ihr ſchwaches enges Gefaͤslein nicht unvernuͤnfftig mehr eingieſſen oder uͤber - ſchuͤtten wollen / als deſſen Capacitet mit ſich bringt. Und welcher Gaͤrtner wolte ſo unbeſonnen ſeyn / und von ei - nem aller Fruͤchte und Blaͤtter entbloͤſtem Baum / im Winter / Fruͤchte mit Ungedult fordern oder hoffen; er muß ja der Zeit erwarten / biß ſie im Fruͤling auskei - men / gruͤnen / Blaͤtter und Bluͤhe gewinnen / den Som - mer durch ſich ergroͤſſern / wachſen und zeitigen / und im Herbſt in ihrer Vollkommenheit moͤgen abgebrochen und genoſſen werden: Alſo ſoll man den zarten und kin - diſchen Ingeniis ihren Lauff und Zeit laſſen / biß das Ju - dicium (ſo vor den Jahren nie / oder gar ſelten / auch offt non ſatis felici præſagio kommt) wachſe und zunehme. Alſo muß man den Kindern zu Zeiten ihre Foͤrm und Schwachheiten gelten laſſen / damit es nicht das Anſehenhabe /97Anderes Buch / Haus-Vatter. habe / wir wollten die Natur ſelbſten beſchuldigen / die uns alle gewoͤhnlich alſo fuͤrſtellet / es wuͤrde der unſchick - liche Weißheit Saame / in deß noch unbereiteten Ackers allzugeringer Faͤhigkeit nur verderben. Alſo folge man der Natur tanquam optimo Duci, laſſe ihnen zu / die unſchuldigen Spiele und Zeitvertreibungen der Jugend / uñ das Lernen ſeye ihnen anfangs nur eine Verwechslung des Spiels / nicht ein Verdruß und Unluſt / biß ſie allge - mach erwachſen / zur ſchoͤnen Bluͤhe uñ loͤblichen Fruͤchten gluͤckſelig gelangen moͤgen. So muß man die Soͤhne auch nicht ſo gar an das Stillſchweigen binden / daß ſie mit keinem Menſchen / in des Vatters oder Præceptors Ge - genwart / kein laut Woͤrtlein reden doͤrffen / ſondern ſoll ihnen zugeben / daß ſie auch mit fremden dapfferen und un - verdaͤchtigen Leuten einen Diſcurs machen / und alſo aus allerhand Converſationen bequemer und zum gemeinen Leben tauglicher werden / da ſie ſonſt erwilden / auch ſcheuh und ungeſchickt werden / wann man ſie in dieſem Stuck allzuſtreng zwingen und abhalten wollte.
  • Drittens / muß er ſie von Jugend an gewehnen / daß ſie die Lateiniſche Sprach ſchoͤn und zierlich pronun - ciren / nicht ferum an ſtatt verum, michi pro mihi, tedit pro dedit, diſchcordia pro diſcordia, creſchcunt pro creſcunt, und dergleichen / ſo in unſerm Teutſchland der - maſſen uͤberhand genommen / daß es gleichſam ein ge - meiner Brauch worden / und in den wenigſten Gymna - ſiis und Schulen beobachtet und geanthet wird; welches ihnen hernach zu Erlernung nicht allein der Jtaliani - ſchen / Spanniſchen und Frantzoͤſiſchen / ſondern auch der Boͤhmiſchen / Windiſchen und Polniſchen Spra - chen eine merckliche Hinderung und Ubelſtand bringet / auch zu nichts anders nutzet / als daß ſie von denen Aus - laͤndern billich verlacht und verachtet werden.
  • Zum Vierdten / muß er ſie die Principia und Funda - menta Grammatices zwar wol faſſen laſſen / aber den - noch nicht allzu lange Zeit mit vergeblichen Worten auf - halten / ſondern beynebens zur Sache ſchreiten / Bonos & Claſſicos Autores zu leſen / zu verteutſchen und zu imi - tiren vorgeben; in Ubung der Sprach ſo wol im Schrei - ben als Reden erhalten / ihnen die Wuͤrdigkeit und Ruhm der Tugenden und Geſchicklichkeit / und Abſcheuligkeit und Verachtung der Laſter und Unwiſſenheit einbilden; im Spatzierengehen die natuͤrlichen Urſachen der Son - nen - und Mondes-Wirckungen / der Meteoren / der Thieren / Gewaͤchſe und Kraͤuter Art; die Fundamenta & Principia Juris, die Unterſcheid und Beſchaffenhei - ten der Politiſchen Regierung; vor allen Dingen aber die Exercitia Pietatis, die Controverſien in einem und andern Glaubens-Articul / nicht ex profeſſo nach der Laͤnge / ſondern nur en paſſant, und quaſi ludendo, mit kurtzen doch kraͤfftigen und leichten Worten expliciren und allgemach eintreuffen. Vor dem funffzehenden Jahr ſoll man ſie / auſſer der Lateiniſchen Sprach / von allen Exoticis linguis abhalten / biß ſie einen ziemlichen Grund darinnen haben; biß dahin ſollen auch andere Exercitia (auſſer des Dantzens / der Muſica, Politica, Civil und Militariſchẽ Architectur, und des Zeichnens) unterlaſſen werden; nachdem ſie aber anfangen zu erſtarcken / kan man wol erſtlich die Frantzoͤſiſche / darnach die Welſche Sprach mit ihnen treiben / wie auch fechten und reuten laſſen; wer dieſes von einem guten bewaͤhrten Bereuter und Sprachmeiſter kan im Lande lernen / der erſpahrt am Reiſen viel Zeit und Unkoſten; andere aber halten esfuͤr gut / daß ſie ihren Kindern Frantzoͤſiſche Præceptores halten / die ihnen / neben der Lateiniſchen Sprach / auch die Frantzoͤſiſche / von ihrer Kindheit an / horis ſubci - ſivis, eintreuffen / dann weil in der Jugend die Gedaͤcht - nis am allerfaͤhigſten / iſt es deſto leichter beyzubrin - gen; ſo ſind auch die zarten Zungen deſto eher zu geweh - nen / die ungewohnte Ausſprach deſto beſſer nachzuahmen / ſo zu eines jeden Belieben geſtellet wird.
  • Fuͤnfftens / ſoll er vor allen Aufſicht haben / daß ſie mit dem Geſindlein / Gaſſen-Buben / muthwilligen / uͤbel - gezogenen / frevelhafften jungen Leuten / und verdaͤchtigen Weibs-Volck ſich nie einlaſſen / durch Aergerniſſen / gottloſe / leichtfertige Reden / einen Zunder zum Boͤſen (darzu alle Adams-Kinder ohne diß geneigt ſind) und alſo An