PRIMS Full-text transcription (HTML)
Einfaͤltige Trauer - und Troſt-Gedancken
Uber den am 4. Auguſt. dieſes 1671. Jahres zu Wieſenthalin Schleſienunverhoften / doch ſanft und ſeeligen Abſchied Der weyland Hoch-Wohl-Edelgebohrnen / Hoch-Ehr - und Tugendreichen Frauen / Frauen ANNÆ HELENÆ von Feſtenberg / Packiſchen genant / gebohrnen Schweinitzin/ Des Hoch-Wohl-Edel-gebohrnen / Geſtrengen / Veſt - und Hochbenahmten Herrn Hanß Sigemunds von Feſtenberg / Packiſch genant/ Auf Wieſenthal/ Ludwigsdorff/ Friedersdorff/ Guͤßhuͤbel/ Vogelsdorff/ Hertzliebſten Ehe-Schatzes /
Bey Chriſtlichem Hoch-Adelichem Leichen-Begaͤngnuͤs aus erheiſchender Pflicht und Schuldigkeit entdecket
Zittaumit Dehniſcher Schrifft.

Klag - und Troſt: Des Hoch-Adelichen Hoͤchſtbetruͤbten Herrn Wittwers.

JCh weiß es wol: Es kan dies Jammer-volle Leben
Nichts als ein ſanfter Tod beſchlieſſen. Jn der Nacht /
Die keine Sonne kennt muß man den Geiſt aufgeben /
Vollenden ſeinen Lauff und liegen ohne Macht.
Jch weiß es wol: Die Grufft / ſo nur nach Faͤulnuͤs ſchmecket /
Deckt Luſt und Froͤligkeit / deckt Laſt und Elend zu.
Jch weiß es wol: Wenn itzt ein Stein das Grab bedecket /
So findet unſer Leib erſt die gewuͤnſchte Ruh.
Jch weiß es wol: Es iſt auf Erden nichts zu finden
Das nicht vergaͤnglich ſey: Was itzo herrlich lacht
Vor Zierd und Liebligkeit / was einen kan verbinden
Mit werther Liebes-Pflicht / vergeht in einer Nacht.
Jch weiß es wol: Was man oft auf den Knien ehret /
Worzu man Hertz und Sinn vor allem andern traͤgt /
Wird / weil es nichtig iſt / auch unverhofft verſehret.
Jch weiß es wol: Der itzt den Purpur angelegt /
Der Cron und Scepter fuͤhrt / mit Gold und Seyden pranget /
Den Sitz der hoͤchſten Ehr und Herrligkeit beruͤhrt /
Der Geld und Gutt aus Oſt - und Weſten her verlanget /
Wird wohl den Augenblick in Grufft und Grab gefuͤhrt.
Jch weiß / Jch weiß es wol: Was unſre Hand gebauet
Geht nicht ſo jaͤhling ein / als wenn man irgend ſetzt
Auf die Gedancken; Was der Tag in Flor geſchauet /
Das hat der Abend offt durch ſeinen Blitz verletzt.
Jch weiß / Jch weiß es wol: Was manchen hoͤchſt vergnuͤget /
Jſt nichts als Eitelkeit: Er lebt in ſolchem Thal /
Wo
Wo Creutz und Kummer ſtets auf uns zu Felde lieget /
Und unſer beſter Tag iſt voller Furcht und Qvaal;
Wohl dem / der alles dies wohl weiß zu uͤberwinden /
Und alles Fluͤchtige den Fuͤſſen gleiche legt;
Es laͤſt kein Lorber ſich umb deſſen Schlaͤffe binden /
Der nicht den Sieges-Krantz von ſeinem Feinde traͤgt.
Jch weiß es wol; Sie iſt von mir hinweg gegangen
Durch Streit und Leyd in Fried / in Freud und Herrligkeit /
Sie hat von Michael den Sieges-Zweig empfangen;
Jch aber kaͤmpfe noch / ich bin in Krieg und Streit.
Jch weiß / Ach! weiß es wohl: Sie lebt ein beſſer Leben /
Jch weiß / Ach! weiß es wohl: Die Thraͤnen helffen nicht.
Jch weiß / Ach! weiß es wohl: Gott nim̃t / was Er gegeben
Jch weiß / Ach! weiß es wohl: uns fugt ein ander Licht.
Der Schmertz iſt aber groß / und wil mir nicht verſchwinden.
Jch gehe aus und ein / Jch lieg / Jch ſitz / Jch ſteh /
So bin ich Traurens-voll / kan kein Ergoͤtzung finden /
Jch ſeufz / Jch ruff / Ach Gott! Ach Angſt! Ach Leyh!
Ach Weh!
O Allerliebſtes Hertz! O Theil von meinem Hertzen!
Wie nenn Jch dich? O Theil vom ſchoͤnen Engel-Heer!
Ach! Ach! verzeihe mir / daß in den Trauer-Schmertzen /
Jch denck, Als wenn dein Geiſt noch in dem Kercker waͤr!
Ach! Ach! Jch liebte dich mehr / denn Jch kan erwaͤhnen:
Ein Blick / ein Wort von dir / wahr als der Morgen-Thau /
Nun aber waͤſſert ſich mein Wangen-Feld mit Thraͤnen /
Das ſcharffe Saltz verzehrt den Boden ſolcher Au!
Ach daß ſo eylend iſt der herbe Riß geſchehen!
Doch kom̃t ein matter Troſt von Ferne bey mir an /
Daß man die Jenigen ſol endlich wiederſehen /
So man verlohren hat hier auf der Wahlfahrts-Bahn.
Ja
Ja wohl! Ja wohl Jch weiß: Es folgt ein ander Leben.
Jch weiß / Ach ja / Jch weiß: Die Thraͤnen helffen nicht.
Ja wohl! Jch weiß es auch: Gott nim̃t was Er gegeben.
Jch weiß / ach ja ich weiß. Es folgt ein heller Licht.
Druͤm mindre dich / O Schmertz! O Hertz hoͤr auf zu klagen!
Dein / Obefreyter Geiſt! Weil Erd und Himmel ſteht /
Sol nicht vergeſſen ſeyn: Von deiner Treu zu ſagen
Werd ich nicht laſſen ab / bis mir die Seel ausgeht.

Klag - und Troſt-Geſpraͤche / Der ſeelig-verſtorbenen Frau Mutter / und Hoch-Adelichen Hoͤchſt-betruͤbten Kinder.

O Unbeſtaͤndigkeit! O ungewiſſes Leben!
K.
O Ungluͤcks-voller Weg / den wir gezogen ſeyn!
Muß denn auch Wieſenthal des Nahmens ſich begeben /
Und ſeine Auen-Luſt dem Wuͤrger raͤumen ein?
Muß denn auch Friedersdorff des grauſamen Beginnen
Nicht uͤberhaben ſeyn? Muß weichen Fried und Freud?
Kan auch kein Feſtenberg des Todes Macht entrinnen?
Ach hoͤchſt-betruͤbter Stand! Ach Traurens-volle Zeit!
Muß Edler AugenTroſt zuvor betruͤbter Hertzen
So eilend / unverhofft die Huͤtten legen ab?
Muß all Ergetzligkeit in Leyd in Angſt und Schmertzen
ſo bald verwandelt ſeyn? Ach! Ach! das kalte Grab
Benimmet alle Luſt! Was? Wie? iſt Sie zu gegen
Frau Mutter / wehrteſte? Wo iſt Sie kommen hin?
Wie kan mein Abſchied doch ſo groſſes Leyd erregen?
S.
Wie / Allerlieheſten / betruͤbt ſich Euer Sinn?
Ach Eitelkeit der Welt! Ach Ungluͤcks volle Stunden /
Die man auf Erden[lebt]! Was hat man? Creutz / und Noth /
A iijAuch
Auch in der beſten Zeit! Jtzt aber hab ich funden
das hoͤchſt-gewuͤntſche Theil. Mein Wandel iſt bey Gott.
Mein Jeſus/ dem ich mich im Leben ſtets ergeben /
Mein Jeſus/ den ich auch im Scheiden rufte an!
Hat mich dahin verſetzt / da ich ſol ewig leben /
Da nichts zufinden / was mich nicht erfreuen kan.
K.
Ach aber ach! Au! Weh! Wo hat Sie uns gelaſſen?
Ach Kummer! Angſt! Ach Leyd! darein Sie uns verſetzt.
Wer wird nun / Wertheſte / mit Mutter-Treu uͤmfaſſen
Uns Hinterbliebene? Nichts / nichts mehr uns ergetzt!
S.
O laſt das Seufzen weg! O hoͤret auf zuklagen!
Habt ihr euch doch erfreut wenn mir geweſen wohl
Jm Thraͤnen-vollen Thal: Jtzt kan ich nicht ausſagen
(Jch weiß vor Freuden nicht / wo ich mich laſſen ſol)
Wiewohl / wie wohl mir iſt. Jch kan itzt nichts mehr wiſſen
von Kranckheit / Kummer / Angſt: Jch lache der Gefahr /
Die mich vormahls gekraͤnckt / Gott giebt mir zu genießen
Den laͤngſt-verlangten Sieg der Auserwehlten Schaar.
K
Ja wohl / Ja wohl / iſt Jhr / das wiſſen wir / geſchehen /
Jn dem Jhr JeſusSie aus dieſer Sterbligkeit
Jn Port der Friedens-Ruh verſetzet / da kein Wehen
Des Ungluͤcks ſchaden kan / da nichts als Sicherheit.
Wir goͤnnen Jhr den Tauſch: Doch bluttet das Gemuͤthe
Und iſt voll Traurigkeit / daß Jhr erblaſter Mund
S.
Uns nicht geſegnet hat! S. Ach! Ach des Hoͤchſten Guͤtte
Wird ſchweben uͤber Euch / wird heilen / was verwund.
K.
Ach / wegziehn unvermerckt kan gar zu ſehr betruͤben!
S.
Ja wohl / wenn man nicht weiß / wohin man kommen iſt /
Auch gar kein Denckmahl hat! Wo aber iſt geblieben
Jm Hertzen alte Treu / wo man zu keiner Friſt
Laͤſt kommen aus dem Sinn / was Guttes man gehoͤret /
Was Guttes man geſehn von dem / ſo nicht mehr da /
Da
Da wird durch Traurigkeit das Hertze nicht verſehret /
Es freuet ſich vielmehr / und meynet / Er ſey nah.
Jch leb im Freuden-Saal; Seht wie Jhr moͤget leben
Hinfort im Jammerthal / daß Euch denn Lebens-ſatt
Mein Jeſusbringe nach / und laſſe mit mir ſchweben
Jn Freuden fuͤr und fuͤr. K. Nun ob uns gleich ſehr matt
K.
An Hertz und Sinn gemacht / das unverhoffte Scheiden
Der Allerbeſten Treu; Sey es doch heimgeſtellt
Dem Rath des Maͤchtigſten / der beydes Freud und Leyden
Uns ſchickt vom Himmel zu / wenn / wo es Jhm gefaͤllt.
Ruht wohl / und abermahl / ruht wohl ihr blaſſen Glieder
Hier in der kalten Erd / hier in dem Todes-Thal /
Bis Euch der Lebens-Fuͤrſt den Geiſt wird bringen wieder /
Und Euch wird holen nauf in ſeinen Freuden-Sahl!
(α)
VOr dieſem zwar erheiſchte Schuld und Pflicht
Euch Edlen einen Gluͤckes-Wuntſch zu bringen;
Jtzt hindern die Cypreſſen mir das Licht /
Daß ich vor Freud; ein Klage-Lied zu ſingen
mich muß mit Traurigkeit und Schmertzen un -
terſtehn /
Und mit betruͤbten Geiſt dem Sarge nachzugehn!
(β.)
Es wird / Ach Leyd! durch grimme Todes-Macht
Jhr Edlen Augen Troſt ins Grab verſetzet /
Und achtet nichts der Erden Schmuck und Pracht /
Weil ſie was ewig iſt weit mehr geſchaͤtzet.
Nun
Nun wohl iſt Jhr geſchehn / Sie iſt von aller Noth
befreyt / iſt Him̃el nauf geflogen; Steht vor Gott.
(γ.)
Du aber unverſchaͤmter Senſen-Man /
Wie ofte haſtu doch mir dieſ 'entriſſen
So mir unwerthen alles Gutts gethan;
Jtzt machſtu daß ich auch muß leyder! miſſen
Die Edle Pakiſchin! Doch iſts des Hoͤchſten Rath /
Der alles wohl erſetzt / was Er genommen hat.
(δ.)
So lebe / lebe wohl befreyter Geiſt /
Ergoͤtze dich mit ſuͤſſer Luſt im Himmel!
Jhr blaſſen Glieder ruhet bis es heiſt:
Steht auf / verlaſt das ſchnoͤde Welt-Getuͤmmel.
Dies aber ſey von mir zur Grabſchrift eingeaͤtzt:
Hier hat die Tugend ſelbſt Jhr Woh -
nungs-Haus geſetzt.

About this transcription

TextEinfältige Trauer- und Trost-Gedancken Uber den am 4. August. dieses 1671. Jahres zu Wiesenthal in Schlesien unverhoften/ doch sanft und seeligen Abschied Der weyland Hoch-Wohl-Edelgebohrnen/ Hoch-Ehr- und Tugendreichen Frauen/ Frauen ANNÆ HELENÆ von Festenberg/ Packischen genant/ gebohrnen Schweinitzin
Author Christoff Bänisch
Extent8 images; 1416 tokens; 667 types; 9098 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationEinfältige Trauer- und Trost-Gedancken Uber den am 4. August. dieses 1671. Jahres zu Wiesenthal in Schlesien unverhoften/ doch sanft und seeligen Abschied Der weyland Hoch-Wohl-Edelgebohrnen/ Hoch-Ehr- und Tugendreichen Frauen/ Frauen ANNÆ HELENÆ von Festenberg/ Packischen genant/ gebohrnen Schweinitzin Christoff Bänisch. . 8 s. e.Zittau1671.

Identification

Universitätsbibliothek Breslau Universitätsbibliothek Breslau, 4 E 291/25 / 354513

Physical description

Fraktur

LanguageGerman
ClassificationGebrauchsliteratur; Leichenpredigt; Gebrauchsliteratur; Leichenpredigt; ready; aedit

Editorial statement

Editorial principles

Publication information

Publisher
  • dta@bbaw.de
  • Deutsches Textarchiv
  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
  • Jägerstr. 22/23, 10117 BerlinGermany
ImprintBerlin 2019-12-10T09:35:29Z
Identifiers
Availability

Dieses Werk steht unter der „Creative Commons Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Deutschland Lizenz“ (CC BY-SA).

Holding LibraryUniversitätsbibliothek Breslau
ShelfmarkUniversitätsbibliothek Breslau, 4 E 291/25 / 354513
Bibliographic Record Catalogue link
Terms of use Images served by Deutsches Textarchiv. Access to digitized documents is granted strictly for non-commercial, educational, research, and private purposes only. Please contact the holding library for reproduction requests and other copy-specific information.