PRIMS Full-text transcription (HTML)
[1]
Chriſtliche Einfeltige Leichpredigt /
Bey der Sepul - tur vnd Leichbegaͤngnuͤß des Weyland Ehrwuͤrdigen vnd Wolge - gelarten Herrn / JOHANNIS Schwan - Engel / Wolverdienten Pfarrherrs zu Oldißleben: Welcher allda den 14. Maij morgens vmb 7. Vhr in Gott ſanfft vnd ſelig ent - ſchlaffen / vnd den 16. deſſelben vmb 1. Vhr Chriſt - lich vnd Ehrlich zur Erden beſtattet vnd begraben worden.
Jehna /Gedruckt beyJohan WeidnerAnno1617.
[2]
Dem Ehrnveſten / Vorachtbarn vnd Wolgelarten Herrn Aaroni Backſtron / Fuͤrſtlichen Saͤchſiſchen Weymariſchen Theils / Wolverordneten Raht: vnd Amptman zu Oldißleben / meinem großguͤn - ſtigen Herren vnd guten Goͤnner:

WIrd dieſe zu letzten Ehrngedecht - niß / des Seligen Verſtorbenen Herrn Pfarrherrs gethane Leichpredigt / aus guter affection vnterdienſtlich dedicirt / vnd hier - bey ſeines geweſenen lieben Seelſorgers vnnd Prieſters hinterlaſſene Wittwe vnd Waͤyſen / (die ſonſt mit allen andern jhres gleichen bey der Gottloſen vndanckbarn Welt nicht viel Troſts vnd ſchutz zugewarten haben) in deren Ampts - ſchutz / Gunſt / vnd Fuͤrderung trewlich befoh - len.

Den 12. Junij Anno 1617. M. Nicolaus Eccardi P. G.

3
Herrn Johann Schwan - Engels ſeligen hinterlaſſenen Witt - win / Soͤhnen vnd Tochter: Der Erbarn vnd Tugendſamen Frawen An - nen / des Achtbarn / Wolgelarten / Erbarn Herren
    • M. Samueli, Rectorn zu Weymar.
    • Herrn Johanni.
    • Herrn Daniel / Ph. & Theol. Studioſo.
    • Eobano.
    • Philippo.
    • Vnd der tugendſamen Jung - frawen Juliana.
    SchwanEngeln.
Wuͤntſche ich von Gott dem Allmech - tigen / Troſt / Frewde vnd Ergetzung in jhrem Be - truͤbnuͤß / gute Geſundheit / ſampt aller gedeyli - chen Wolfahrt / an Leib vnd Seel zuvor.
A ijErba -4Vorrede.

ERbare vnd Tugendſame / Auch Achtbare / Erbare / Wolgelar - te / meine in Ehren guͤnſtige gute Freund. Dieſe ewers lieben Her - ren / vnd Vaters ſeligen von mir ge - haltene Leichpredigt vermeint ich gnug zu ſeyn / daß ſie damals / in Chriſtlicher Einfalt / nach dem Vermoͤgen / das Gott dargereicht / gethan / vnd war gantz nicht Willens ſol - che zu publiciren / vnd das nicht allein / weil in hoc au - reo & literatiſsimo ſeculo Jch mich / als ein Junger Pfarherr vnd Vnwuͤrdiger Diener am Wort Gottes / viel zu wenig achte / etwas in Druck zu geben / ſon - dern auch / weil auff dieſe Leichpredigt zu meditirn / ich nicht viel vber ein halben Tag zeit gehabt. Denn neben andern Ampts: vnd damals fuͤrfallender Hoch - zeit Predigt / ich auff ewers lieben Herrn vnd Vaters ſeligen Bitte / welches dann ſein letzte Bitte an mich geweſen / des Tages zuvor war der 15. Maij / auch ein Leichpredigt bey euch verrichtet / vnd alſo die Materi dieſer Predigt nicht nach Wuͤrden ponderirn vnd tra - ctirn koͤnnen / wie ich ſie denn auch vornemlich auff den præſentem caſum, ſo viel der Text klar mit ſich ge - bracht gerichtet / zugeſchweigen anderer meiner We - nigkeit / ſo mich etwas zu publiciren abhalten ſolten.

Alldieweil aber jhr ſeithero vnterſchiedlich vnd bittlich bey mir angehalten / dieſe Predigt euch im Druck zu communicirn / Ewerm lieben Herrn vndVater5Vorrede.Vater ſeligen zu letzten Ehren / euch zu Troſt / vnd an - dern ſeinen lieben Pfarrkindern vndFreunden zu meh - rer Erinnerung / daß ſie hierbey jhres lieben Pfarrers vnd Seelſorgers deſto beſſer gedencken koͤnten. Als habe ich endlich ſolche Bitte nicht lenger verweigern wollen / ſonderlich weil gedachte Predigt ob ſie zwar einfeltig / doch Gottes Wort gemeß iſt / vnd weils ge - meint / zu letzten Ehren dem Verſtorbenen ſeligen / mit dem ich die 4. Jar meins Ampts allhier vertraw - liche Freundſchafft vnd Bruͤderliche Nachtbarſchafft gehabt / wiewol / wenns Gottes Will geweſen were / ich lieber in einem andern caſu euch gratificiren wollen. Vberſende euch demnach hiermit im Namen Gottes / bittend ob den Verzug / dz ich ſie euch nit ehe geſchickt / kein mißfallen zu haben / (daß vber obige Vrſachen / ich die darauff folgende Bett oder Creutzwoche / ſechs Predigten / das Pfingſtfeſt aber ſieben Predigten hal - ten muͤſſen / vnd alſo durch aus keine zeit gehabt zu re - vidiren) mit dem erbieten ſo ich nach meinem geringen vermoͤgen / anderweit euch in Ehren angenehme dienſt zu erzeigen wuͤſte vnd koͤnte / wolte ich allezeit willig vnd bereit erfunden werden / vns allen hiermit Got - tes Vaͤterlichem gnedigen ſchutz trewlich empfelende. Signatum Gorslebiæ ut ſupra den 12. Jun: Anno reſtau - ratæ ſalutis 1617. repurgatæ vero Evangelii doctrinæ quam & pie demortuus prædicavit à fermento pontifi - ciorum per miniſterium D. M. L. 100.

E. in Ehren Dw: M. Nicolaus Eccardi P. G.

A iijTextus6Chriſtliche Leichpredigt.

Textus concionis, Geneſ. 48. verſ. 21.

Vnd Jſrael ſprach zu Joſeph / Si - he ich ſterbe / vnd Gott wird mit euch ſein / vnd wird euch wieder bringen in das Land ewer Vaͤter. ()

Exordium.

Exordium à Sententia Salomonis Eccl. 12. ca. deſumptumGEliebte vnd außerwelte Freund in Chriſto Jeſu vnſerm Herrn. Es ſpricht der Prediger Salomon am 12. Capitel / gedencke an deinen Schoͤpffer in deiner Jugend / ehe denn die boͤſen Tage kommen / vnd die Jahr herzu tre - ten / da du wirſt ſagen / ſie gefallen mir nicht. Ehe dann die Sonn vnnd das Liecht / Mond vnnd Stern finſter werden / vnd die Wolcken wieder kommen nach dem Regen. Zur Zeit wann die Huͤter im Hauſe zittern / vnd ſich kruͤmmen die Starcken / vnd muͤſſig ſtehen die Muͤl - ler / daß jhr ſo wenig worden iſt / vnd finſter werden die Ge - ſichte durch die Fenſter. Vnd die Thuͤr auff den Gaſſen ge -ſchloſſen7Chriſtliche Leichpredigt.ſchloſſen werden / daß die Stimmder Muͤllerin leiſe wird / vnd erwacht / wenn der Vogel ſingt / vnd ſich bucken alle Toͤch - ter des Geſangs / daß ſich auch die Hohen fuͤrchten vnnd ſchewen auff dem Weg. Wann der Mandelbaum bluͤhet / vnd die Hewſchrecken beladen wird / vnd alle Luſt vergehet. (Dann der Menſch fehret hin da er ewig bleibt / vnnd die Klaͤger gehen vmbher auff der Gaſſen) ehe denn der ſilbern Strick wegkomme / vnnd die guͤlden Quell verlauffe / vnd der Eymer zu laͤche an dem Born / vnnd das Rad zubreche an dem Born. Denn der Staub muß wieder zu der Erden kommen / wie er geweſen iſt / vnd der Geiſt wieder zu Gott / der jhn gegeben hat. Dreyerley thut allhier in dieſen Wor - ten der Prediger Salomon / Erſtlich vermahnt er zur Got -I. Vermanet Salomo zur Buß vnd Got - tesfurcht. tesfurcht / in dem er ſpricht / Gedencke an deinen Schoͤpf - fer / das iſt / ſey Gottſelig vnd nicht Gottloß / denn ein Gott - loſer gedenckt nicht ſeines Schoͤpffers / ſondern vergiſt deſ - ſelben vnd ſeiner Gebot / wuͤlet ſich in Suͤnden als wenn er nur darzu erſchaffen / daß er ſeinen boͤſen Neigungen vnnd was jhn geluͤſtet / folgen ſolte. Ein Gottfuͤrchtig Hertz aber erkent Gottes ſeines Schoͤpffers Guͤte / Leibliche vnd Geiſt - liche Wolthaten / dancket jhm dafuͤr / ſtelt Gottes Gebot jhm ſtets fuͤr Augen / vnd thut nichts wieder ſeinen Schoͤpf - fer / das meint Salomon mit den Worten / Gedencke an deinen Schoͤpffer / ꝛc.

Zum Andern weiſet er vns die Zeit / wenn wir alſo Got -II. In der Ju - gend. tes gedencken ſollen / In deiner Jugend gedencke an deinen Schoͤpffer / mancher denckt er woll ein Gottſelig Leben fuͤh - ren / wenn er Alt werde / weil er aber Jung ſey / woll ers ma - chen wie im Buch der Weißheit die Ruchloſen Weltkinder von ſich hoͤren laſſen in andern Cap. Wolher nu vnd laſtvns8Chriſtliche Leichpredigt.vns wol leben / weils da iſt / vnnd vnſers Leibes brauchen / weil er jung iſt / Wir wollen vns mit dem beſten Wein vnd Salben fuͤllen / laſt vns die MeyenBluͤmlein nicht verſau - men / laſt vns Krentze tragen von jungen Roſen ehe ſie welck werden / vnſer keiner laß jhm fehlen mit prangen / das man allenthalben ſpuͤren moͤge / wo wir froͤlich geweſen ſind / vnd wie man ſingt:

Der Leib der ſpricht ich bin geſund /
Jch habe noch viel der guten Stund /
Ehe mir das trawrige Alter koͤmpt /
Wil ich in Frewden leben /
Nach leiblichen Luͤſten ſtreben.

Nicht erſt im AlterWider dieſe Vnart prediget nun Salomon vns vermah - nende / daß wir vnſer Buß vnd Gottſeligkeit ja nicht ſollen ins Alter ſparen / ſondern ſtets / ja von Jugend auff / derſel - III. Vmb zwey Vrſachen willen. ben vns befleiſſigen. Vnnd das er vns ſolches deſto eher perſuadiren vnd einrede / fuͤhret er vors Dritte zwey wich - tige Argumenta vnd Gruͤnde.

Das erſte nimpt er ab incommodis ſenectutis, von Weil / wennboͤſe Tage kommen / es zu lang geharret. den Beſchwerungen des Alters / welche er gar artig mit ſchoͤnen verbluͤmbten Geiſtreichen Worten vns abmahlet / wie jhr im Text gehoͤret / vnd wil ſo viel ſagen / Thue gutes ehe denn die boͤſen Tage herkommen / vnd die Jahr herzu treten / da du darnach nicht kanſt / vnd zu lang geharret iſt / denn im Alter werden dir deine Augen dunckel vnd finſter / die Thuͤren auff den Gaſſen werden zugeſchloſſen / das du nicht ſehen vnd hoͤren kanſt / vnd hernach nicht mehr leſen vnnd hoͤren das Wort Gottes / ſo du ſolches in deiner Ju - gend mutwillig verſeumeſt / vnd biß ins Alter geſparet haſt. Vber9Chriſtliche Leichpredigt.Vber vnd auſſer dieſem befinden ſich ſonſten mancherley Beſchwerung / in dem ſich ereignen allerley boͤſe Feuchtig - keit vnd cruditates im Leib eines verlebten Menſchen / aus welchen pravis humoribus vnnd boͤſer Materien / koͤmpt Regen vnd Wolcken nach dem Regen: Das iſt eine Kranck - heit aus vnd nach der andern / Solche Regen vnd Wolcken / das iſt ſolche Kranckheiten vertunckeln als denn die Sonn / das iſt / die Natuͤrliche Waͤrme / dadurch der Magen ver - derbt / vnd alle Luſt zu Eſſen genommen wird / als denn ver - gehet Safft / Marck vnnd Krafft bey dem Menſchen / die guͤlden Quellverleufft / der Eymer vnd das Radt am Born zu lechſen / das die Leber kein rein gut Gebluͤt in dem Men - ſchen kochen kan / biß alles zurfalle / vnd der Menſch endlich / nach dem er lang gnug von ſolchen Beſchwerungen abge - mattet iſt / dahin ſterbe vnd außgeht wie ein Liecht.

Das ander Argument nimpt Salomon / ab huma - 2. Ratio Weil wir Staub ſind na fragilitate & moriendi neceſsitate. Das der Staub muß wieder zu der Erden kommen / wie er geweſen iſt / er wil ſagen: Menſch du biſt Staub / du muſt ſterben / vnd zwar als Staub / der bald vom Wind verſtoben wird / viel - mahls vnverſehens vnd vnbereit / ſonderlich denen die noch lang zu leben vermeinen / denn es koͤmpt nicht Jederman dahin / das er Alt wird / ſondern ſtirbt offt in ſeiner bluͤhen - den Jugend / vnd muß ſeinen Geiſt Gott geben / der denſel - ben an ein Ort verſchafft / da er ewig bleibt / entweder in die Verdamnuͤß mit dem reichen Mann / oder aber ins Para - diß mit dem armen Lazaro. Wol nun dem der mit Lazaro vnd allen Gottſeligen ſeines Schoͤpffers in ſeiner Jugend / vnd die gantze Zeit ſeines Lebens gedenckt.

BDieſes10Chriſtliche Leichpredigt.

Accommo - datio ad perſonam defunctam. Dieſes erinnern wir vns nicht vnbillich / bey dieſer fuͤr - gefallenen Chriſtlichen Leich / Weyland des Ehrwuͤrdigen vnd Wolgelarten Herrn / Johann SchwanEngels ewers lieben Seelſorgers / welcher auch von Jugend auff an ſei - nen Schoͤpffer gedacht / wie er denn nicht allein zur Got - tesfurcht von Jugend auff erzogen worden / vnd ſich darin geuͤbet / ſondern auch die pietatis ſtudia, ſo er gelernet / euch in die 30. Jahr in ſeinen Predigten / lehren / vermahnen / vnd anhalten fuͤrgetragen vnd dazu angewieſen / vnd dieſes alles / ehe dann kommen ſein die boͤſen Tage ſeines Alters / denn er ein Zeitlang hero / wie jhr wiſſet / viel incommoda ſenectutis gefuͤhlet / die jhn auch ſo mit genommen vnd ab - gemattet / daß er / nach dem die guͤlden Quell bey jhm ver - lauffen / der einer am Born zulechſt / vnd das Rad zu bro - chen am Born / endlich außgangen wie ein Liecht / vnd iſt nun zu Staub worden / vnd hat ſeinen Geiſt Gott ſeinem Schoͤpffer wieder gegeben / mit guter Vernunfft in wahrer Anruffung vnnd hertzlichem Gebet vnd Troſt zu Gott fuͤr ſich vnd die ſeinigen.

Tranſitio & παρα σκευή ad textum. Ebener maſſen wie der alte verlebte Patriarch Jacob / ſo auch von Jugend Gottes ſeines Schoͤpffers gedacht / vnd ſich die Zeit ſeines Lebens der Gottesfurcht befliſſen / derer er ſich denn wolgebrauchen koͤnte / nicht allein in ſei - nem groſſen Creutz vnd mancherley Widerwertigkeit / ſo jhm zu handen ſtieſſen in ſeiner Jugend / vnd ſondern aller - meiſt in ſeinem hohen Alter / denn er war 147. Jahr / ob er wol die Zeit ſeiner Vaͤter nicht erreichete / ſo war es doch zu ſeiner Zeit / gar ein ehrlich Alter / gleich wie vnſer Verſtor - bener Seliger nur 60. Jahr erreicht / aber heut zu Tag fuͤr ein hoch Alter zu rechnen iſt / wie es denn auch kaum dem tau -ſenten11Chriſtliche Leichpredigt.ſenten wiederfehret. Als nun die incommoda ſenectutis dem lieben Jacob zu Hauß kamen / das ſeine Augen dunckel worden fuͤr Alter / vnnd nicht wol ſehen kundte / er auch ein Bettrieſſe war / kundte er des Worts vnd verheiſſung Got - tes / ſo er in ſeiner Jugend von ſeinen Vaͤtern gelernt / vnd hernacher ſelber von Gott gehoͤrt / ſich fein erinnern / ſich / vnd die ſeinigen / in ſeiner letzten Todtes Noht damit hertz - lich troͤſten / wie wir ſonderlich in vnſerm verleſenen Spruͤ - chelein ſehen / Sihe ich ſterbe / vnd Gott wird mit euch ſein / vnd wird ench wieder bringen in das Land ewer Vaͤter.

Aus dieſem hat vnter andern der Verſtorbene Seli -Vrſach der Abhand - lung dieſes Texts. ger ein Exempel genommen / ſich zu ſeinem Abſchiedt aus dieſer Welt zubereiten / inmaſſen er denn in ſeiner Todtes Noht ſich aus dieſem Capittel vnd letzten Worten Jacobs / wie auch des Koͤniges Hißkie / Eſai. 38. getroͤſtet / drumb auch von den ſeinigen / ſo ſolches in acht genommen / mir dieſer Text zu tractiren zugeſchickt worden / welches ich nicht abzuſchlagen gewuſt / ſonderlich weil er ſich nicht allein auff dieſen caſum ſchickt / ſondern auch ein feiner herrlicher Lehr vnd troſtreicher Leichen Text / der dem heiligen Geiſt ſo wol gefelt / daß jhn Moſes noch einmahl wiederhohlen muß / in dem Abſterben des lieben Joſephs dieſes Jacobs Sohn / Gen. 50. 24. Vnd Joſeph ſprach zu ſeinen Bruͤdern / Jch ſterbe / vnnd GOtt wird euch heimſuchen / vnd aus dieſem Lande fuͤhren / in das Land / das er Abraham / Jſaac vnnd Jacob geſchworen hat / Daß wir nun auff dißmal aus dem - ſelben was nuͤtzliches vnd troͤſtliches lernen moͤgen / wollenPropoſitio concionis bimembris. I. wir bey demſelben zwey Punct in gute acht nehmen:

Erſtlich die Wort / in welchen Jacob von ſeinem To - de prediget gegen Joſeph vnd ſeinen Kindern.

B ijZum12Chriſtliche Leichpredigt.

Zum andern / den Troſt den er jhnen vber ſeinem Ab - ſterben giebt. Von dieſen mit Nutz / Frucht vnd Troſt zu handlen / wolle vns Gott der Allmaͤchtige die Gnade ſeines heiligen Geiſtes verleyhen / vmb ſeines lieben Sohns Chri - ſti JEſu willen / AMEN.

Vom Erſten.

Dieſe Ja - cobs Leich - predigt iſtBElangende nun / Geliebte in dem Herrn / vnſern erſten Punct / nemlich die Wort / in welchen Jacob ſeinen Kindern / ſonderlich aber Joſeph / von ſeinem Tode pre - diget / ſo ſeynd es dieſe: Sihe / Jch ſterbe / Hie thut Ja - cob jhme ſelbſten eine Leichpredigt / gegen gedachtem ſeinen lieben Sohn Joſeph / vnd wie nun die Sterbenden mehrer Teils zwar wenig / aber nachdenckliche Wort reden / da ſon - derlich der heilige Geiſt / in ſolchen ſeinen heiligen Glied - maſſen ſein Geſchefft hat / vnd ſie vertritt auffs beſte / mitRom. 8, 28. vnaußſprechlichen Seufftzen / nach dem das Gott gefelt: Alſo ſeynd dieſe Jſraels Wort gar wenig / aber lauter Cent - ner Wort / ſo gar wol auffs aller fleiſſigſte zu behertzigen ſein / denn er ſihet hiemit vornemlich auff dreyerley.

Erſtlich thut er ein Leichpredigt. Jſrael ſpricht zu Jo -Erſtlich ein Lehrpredigt ſeph. Sihe / Jch ſterbe. Jch ewer lieber Vater Jacob muß darvon / vnnd dieſe Welt geſegnen / durch den Todt. Der Patriarch Jacob war ein Mann Gottes von Jugend auff / ſo in Gottſeligkeit vnnd in Gehorſam gegen Gottes Gebot einhergienge / vnd ein ſolchen ſtarcken / beſtendigenGlau -13Chriſtliche Leichpredigt.Glauben hatte / daß er auch mit Gott ſtreite / vnd doch dem -Gen. 32. 28. ſelben oblage. Drumb er auch in vnſerm Text Jſrael ge - nennt wird. Der war in ſeiner Jugend ſehr Arm / verfolgt vnd Muͤheſelig / ſo mit ſchwerer Arbeit / Creutz vnd man - cherley Widerwertigkeit eine Zeitlang ſein Leben zubringen muſte / bey ſeinem Schweher Laban / zu dem er geflohen war / fuͤr ſeinem Bruder Eſau / hernacher aber ward er durch Gottes Segen ſehr reich / von Kindern vnd Guͤtern / wie er denn ſolches Geneſ. 32. 10. ſelber preiſet / da er in ſeinem Gebet zu Gott ſpricht / Jch bin zu gering aller Barmher - tzigkeit vnd Trew / die du an deinem Knechte gethan haſt / denn ich hatte nicht mehr weder dieſen Stab / da ich vber dieſen Jordan gienge / vnd nun bin ich zwey Heer worden. Dieſer Jacob war nun gebracht in ſeinem hohen Alter / zu ſeinem hertzlieben Sohn Joſeph / den er mit Benjamin von ſeiner hertzliebſten Rachel gezeuget hatte / lebte in die 17. Jahr in Egypten / in gewuͤntſchtem gluͤckſeligen Zu - ſtandt / in guter Nahrung / in groſſer Autoritet vnd hohen Ehren / denn ſein Sohn Joſeph war der Regent vnd Herr / auſſer des Koͤniglichen Stuels / des gantzen Landes vnnd Reichs Egypti. Der ſpricht nun / Sihe ich ſterbe / ich muß davon / vnd nun dieſe Welt / vnd alles was in derſelben iſt geſegnen.

Darauß wir zu lernen / daß auch die Heiligſten vnndLehr / Wir ſeind alle ſterb - lich. zwar Patriarchen ſterben muͤſſen / vnd ſie des Todtes nicht geuͤbrigt ſein / wie wir hie ſehen an dem heiligen Patriarchen Jacob / der doch mit Gott vnnd Menſchen gekempfft vnd obgelegen / dennoch ſterben muß / da kan jhn nicht auffhal - ten weder ſein ſtarcker Glaub / GOttſeligkeit / herrlicher Stand / noch groſſe Ehr / in Summa nichts / er muß dran. B iijWie14Chriſtliche Leichpredigt.Wie er ſich denn auch willig drein giebt / vnd Gottſelig da -2. Joſeph. zu bereitet / ſagend: Sihe ich ſterbe. Dem muß zu ſeiner Zeit nachfolgen / ſein lieber Sohn Joſeph / der war zuͤch - tig / keuſch vnd gerecht / vber diß ein HErr des Landes / da war aber nichts zu finden / daß jhn kundte fuͤr den Todt ſi - chern. Alſo muͤſſen wir alle ſterben / der Todt leſt ſich nicht abkauffen noch abtreiben / auch nicht von Gottſeligſten /Cantic. ſterckeſten vnd reichſten. Wie man denn ſingt:

Es hilfft kein Reichthumb / Gelt noch Gut /
Kein Kunſt noch Gunſt / auch ſtoltzer Muht /
Fuͤrn Todt kein Kraut gewachſen iſt:
Mein frommer Chriſt /
Alles was lebet ſterblich iſt.

Eccl. 12. 7.Es iſt das End aller Menſchen / der Staub wie jhr im Ein - gang gehoͤrt / muß wieder zur Erden werden / wie er gewe -Syr. 14. 18. ſen iſt. Vnd Syrach ſpricht am 14. Cap. Alles Fleiſch verſchleuſt wie ein Kleid / denn es iſt der alte Bund / du muſtWegen der Suͤnde / Gen. 3. 19. ſterben. Dieſes koͤmpt nun her von der Suͤnde vnd Vber - tretung / Gen. 3. Da Gott zu Adam ſpricht / du biſt Erde / vnd ſolſt zur Erde werden.

Weil dann nun auch die heiligſten Leut nit ohne Suͤn -Job 15. 16. de ſein / wie im Jobo am 15. ſtehet / das ſeiner Heiligen keinerPſal. 32. 7. ohne Tadel ſey. Vnd ſie alle mit David aus dem 32. Pſal: vmb vergebung der Suͤnden bey GOtt bitten muͤſſen / ſo muͤſſen ſie wegen der Suͤnde auch alle ſterben / vnd erfahrenRom. 5. 12. was Paulus ſagt / Roman. 5. gleich wie durch einen Men - ſchen die Suͤnde iſt kommen in alle Welt / vnd der Tod durch die Suͤnde / vnd iſt alſo der Tod zu allen Menſchen durch - getrungen / dieweil ſie alle geſuͤndiget haben.

Vnd15Chriſtliche Leichpredigt.

Vnd eben dieſes prediget nun euch / liebe Chriſten ewerExempel des Herrn Pfarrherrs lieber Seelſorger / Chriſtlicher Gedechtnuͤß / mit ſeinem ei - genen Exempel. Sihe ich ſterbe. Dieſer hat bey ſeinem Leben / in ſeinem Ampt allhier / ſo er in die 30. Jahr gefuͤh - ret / Euch / wie jhr am beſten wiſſet / auff dieſer Cantzel offt davon geprediget / er hat wol vber die Tauſent bey euch zum Grab begleitet / auch manche lehrreiche vnd troͤſtliche Leich - predigt gethan / jetzo prediget er euch ſeinen lieben Pfarrkin - dern realiter, mit ſeinem todten Coͤrper auff der Bahr / ſa - gende gleichſam: Sihe ich ſterbe. Vnd hat mich vom Todt nichts abhalten koͤnnen / kein Artzney / kein maͤſſiges Leben / nicht mein Erudition vnd Geſchickligkeit / darnach Jch von Jugend auff durch meine ſtudia getrachtet / auch nicht meine Gottesfurcht vnnd hohes Ampt / das ich ewer Seelſorger bin / ſondern ich muß dran / wie jhr mich denn vor Augen ſeht / vnnd muß nun mein Fleiſch die Wuͤrme freſſen laſſen.

So lernet nun von mir jetzo alle jung vnd alt / das gantzUſus. nichts wider den Tod hilfft. Vive igitur memot lethi. Ge - dencke daran das du ſterben muͤſſeſt / vnd ſolches von Jugend auff / die gantze Zeit deines Lebens / ſey allezeit bereit / ſonder - lich / weil du nicht weiſt Zeit oder Stund des Todes / wie alt oder jung du ſterben moͤchteſt / dennwenig vnd boͤſe ſeynd die Zeit vnſer Wahlfart / vnd erreichen nit die Zeit vnſer Vaͤter ſagt Jacob Gen. 47. Weil nu deine Zeit wenig / ſo nim ſie jaGen. 47. wol in acht / daß du nit vbereilt werdeſt / weil ſie auch boͤſe iſt / ſo ſey du fromm/ gottſelig / vndhuͤt dich / das du in deinemStand mit ſtoltz / pracht vnd andern vbermachten Suͤnden dich nit an Gott vergreiffeſt / dem Nechſten alles Hertzleid anthuſt / vnd gedenckeſt / du habeſt es macht / dadurch du ein boͤß Endnehmen16Chriſtliche Leichpredigt.Sirach 10.nehmen moͤchteſt / ſondern erinnere dich was Syrach ſagt am 10. Capitel. Was erhebet ſich doch die arme Erde vnnd Aſche? Jſt er doch ein eitel ſchaͤndlich Koht / weil er noch lebet / vnd wenn der Artzt ſchon lang dran flickt / ſo gehets doch endlich alſo / Heute Koͤnig / Morgen todt / vnd wenn der Menſch todt iſt / ſo freſſen jhn die Schlangen vnd Wuͤr - me. Bedenck lieber Chriſt bey meinem Exempel jetzo vnd allezeit dieſes End / eſo wirſt du nimmer ſuͤndigen / vnd betePſal. 39. 6. mit David aus dem 39. Pſalm / Herr lehre mich doch / daß ein Ende mit mir haben muß / vnd mein leben ein ZielPſa. 90. 12. hat / vnd ich darvon muß. Vnnd mit Moſe aus dem 90. Pſalm: Lehre mich bedencken / daß ich ſterben muß / auff das ich klug werde.

II. Klagpre - digt / Jacob be - klaget erſt - lich das Elend aller Menſchen. 2. Seinen Privat Zu - ſtand.Darnach iſt dieſe des lieben Jacobs Leichpredigt / ein rechte Klagpredigt / darinnen er nicht allein beklagt / das jetzt angedeutete Elend des Menſchlichen Geſchlechts / das wir alle ſterben muͤſſen / ſondern auch ſeinen eigenen Zu - ſtandt / wenn er ſpricht: Sihe ich ſterbe. Wil er ſo viel ſa - gen / Jch habe die Zeit meines Lebens / von Jugend auff / viel Creutz vnd Hertzleid außgeſtanden / Erſtlich wegen mei - nes Bruders Eſau /[darnach] von meinem Schweher La - ban. Folgends ward mir meine einige Tochter Dina ge - ſchendet. Simeon vnd Levi brachten mich in groſſe Sorge / mit jhrem Mord vnd rachgierigen Blutvergieſſen. Ruben ward ein Blutſchender. Rachel mein hertzliebſter Augen - troſt / ſtirbt mir zu Bethel in Kindes Noͤten / da ſie den Ben - Jamin gebuͤhrt. Joſeph mein gehorſamer liebſter Sohn wird verkaufft / vnd mir anbracht als wenn ein wildes Thier jhn zerriſſen / da ich nicht anders gedachte / meine grawe Haar wuͤrde ich mit Leidt in die Grube hinunder bringenHierauff17Chriſtliche Leichpredigt.Hierauff ward Juda ein Hurnmann / mit ſeiner Schnurn Thamar. Da kam die groſſe Thewrung / vnd hatte groſſe Anfechtung vnd Bekuͤmmernuͤß vber der erſten vnd andern Raͤiſe meiner Soͤhn in Egypten / Nun ich aber nach ſol - chem allem außgeſtandenem Vngluͤck vnnd Jammer ein Zeitlang zu Ruhe vnd Ehre kommen / in Frewden lebe / vnd Ergetzung habe nach meines Hertzen Wuntſch / Sihe ſo ſterbe ich. Jch zwar ſterbe gern / vnd hab gnug / daß ich dich / mein Sohn Joſeph / noch lebendig geſehen hab / aber ich be - klage das groſſe Vngluͤck vnnd Hertzeleid / ſo meine liebe Nachkommen betreffen wird. Sihe ich ſterbe. Jch ewer3. Den Jam mer ſeiner Nachkom - men. lieber Vater / der bißher fuͤr euch geſorget hab / euch mit Kummer vnd manchem Angſtſchweiß ernehret / fleiſſig er - zogen / zu aller Gottſeligkeit vermahnet / fuͤr euch gebetet / vnd durch mein Sorg vnd Gebet nechſt Gott manch Vn - gluͤck von euch abgewendet / derſelbe ſterb ich nun / da wirds auß ſeyn / du lieber Joſeph / weil du noch lebeſt / wirſt deine Bruͤder / das weiß ich / zu allem guten erziehen / vnd wol er - nehren vnd verſorgen / aber nach vnſer beyder Todt / werden die Egypter aller Gutthaten / vnd vnſers trewen Hertzens gantz vergeſſen / vnd euch plagen / mit Froͤnen vnd allerley Verfolgung / wie es dann auch alſo ergienge. Denn als ſie wuchſen / Kinder zeugeten / vnd jhrer ſehr viel worden / in ei - ner feiner geſegneten Narung / verdroß es den Koͤnig Pha - rao / der nichts wiſſen wolte von der Trew Joſephs / vnd machte ſich an ſie / wolte ſie mit Liſt dempffen / in dem er ſie truckte mit vielerley Froͤnen vnd Newen zuvor vngewoͤhn - lichen Beſchwerden / als dieſes nicht angienge / befahl er den Wehemuͤttern alle Hebraͤiſche Knaͤblein zu toͤdten / da Gott dieſes auch abwendete / ließ er die Knaͤblein erſeuffen / end -Clich18Chriſtliche Leichpredigt.lich duplirete er die Froͤnen / vnd ſolches ſo lang / biß Gott ein ernſtes Einſehen drein hatte.

I. Lehr vom klaͤglichen Zuſtand der Gottſeli - gen allhier.Hier ſehen wir der Gottſeligen betruͤbten Zuſtandt in dieſer Welt / wie auch das vergangenen Sontags Evan - gelium vns lehret / das wir muͤſſen dem Creutz vnterworffen ſeyn / vnd von der Welt getribuliret werden biß wir abſter - ben. Vnd da haben wir vnſern Nachkommen nichts beſ - ſers / ſondern viel ergers zu verkuͤndigen / es heiſt. Ach ſihe ich ſterbe. Wie wirds euch meinen Nachkommen gehen. Das ſchmertzt vnd betruͤbet nun manchen ſterbenden Men - ſchen in ſeinem Hertzen / wie denn der HErr Chriſtus ſelber nicht ohne Trawrigkeit ſeinen Juͤngern verkuͤndiget / daß ſie nach ſeinem Todte von der Welt allerley Widerwertig - keit außſtehen muͤſſen / Warlich / Warlich ich ſage euch /Joh. 16. 20 ſpricht er Johan. 16. Jhr werdet weinen vnd heulen / aber die Welt wird ſich frewen: Jhr aber werdet trawrig ſein / in der Welt habt jhr Angſt / das werd jhr erfahren.

Sonder - lich ihren Nachkom - men.Dieſes betrifft nun offt die Ehegatten / wenn die von einander geriſſen werden / oder die Eltern von jhren Kin - dern / daß ſie auff jhrem Todte mit groſſen Seufftzen ſpre - chen: Sihe ich ſterbe. Ach lieber Gott / wie wirds nach meinem Todte gehen / meinen lieben Ehegatten / meinen Kindern / was werden ſie wol fuͤr einen Stieffvater oder Stieffmutter kriegen / ſo ſie vielleicht alle vmb das jhrige bringen werden / vnd jnen noch dazu alles hertzleid anthun / oder wie werden da ein hauffen Witbenteuffell kommen / ſo mein verlaſſen Witwen vnd arme Waißlin / mit Pharaone vnbarmhertzig werden / zu Froͤnen treiben / auffs hoͤchſte be - truͤben vnnd war machen das Lied / das die Gottloſen welt Kinder ſingen Sap. 2. Laſſet vns den Armen gerechten uͤber -weltigen19Chriſtliche Leichpredigt.weltigen / vnnd keiner Witben noch alten Manns ſcho - nen.

Erfehret diß ein Menſch in der Welt / ſo erfahrens dieAm aller - meiſten der Prieſter Nachkom - men. Prieſters Witben / den verlaſſen jhre Ehemaͤnner ſelten was mehr als Buͤcher vnd Kinder / wie Gott erbarms / die gottloſe Welt hoͤniſch zu ſpotten pflegt. Vnd werden ſolche arme Witben in jhrer Noth auffs hoͤchſte getrieben / ge - ſchweig das man Mitleiden mit jhnen haben vnd ſich jhrer erbarmen ſolte / wie wir vnter andern ein Exempel haben an des Propheten Witben zu Eliſeizeiten 2. Reg. 4. die den E -2. Reg. 4. liſen wegen jhres Trangſals vmb Huͤlffe anſchrye / vnnd ſpricht: Dein Knecht mein Mann iſt geſtorben / ſo weiſtu daß er dein Knecht den Herrn fuͤrchtet / nun koͤmpt der Schuldherꝛ vnd wil meine beyde Kinder nehmen zu eignen Knechten. Welches auch ſolcher Schuld halben geſchehen were / wo Gott nicht durch Eliſam es wunderlich geendert. Vber dieſes werden ſolche verlaſſene Wittiben vnd Waͤy - ſen noch darzu verachtet / verſpotet / veraͤfft / verhoͤnet / vnd wer auffs aͤrgſte des Pfaffens Fraw vnd Kinder tribuliren kan / der meynet er thu Gott einen Dienſt daran.

Verleſt jhnen der liebe Jacob was / das iſt / hat man - cher durch Gottes Segen ein ehrlich zimlich Nahrung / ſo doch lang nicht der Welthanſen gleich iſt / ſo iſt es bey den Pharaoniſchen Hertzen vnd Egyptern ein lauter Grewel vnd Mißgunſt / daß ſie jhrem lieben Seelſorger / der jhnen doch das Geiſtliche gelehrt / das Leibliche / auch nach dem Tode das ſeinige nicht goͤnnen / treiben ſie zu newen Froͤh - nen mit Pharao / der ſie bey jhrem Lebzeiten geuͤbriget ge - weſen / das iſt / thun jhnen allen Drangſall / wo ſie nur jhnen koͤnnen beykommen / vnd Kuͤmmerniß anthun / vnd ſolchesC ijalles20Chriſtliche Leichpredigt.alles nur vmb der Straffpredigten willen / das jhnen die Warheit geſagt worden. Wie wir dort 1. Reg. 22. 18. an Achab dem Koͤnig ein augenſcheinlich Exempel haben / der vber ſeinen Propheten Micham zornig iſt nur der Warheit halben / er weiſſaget / ſpricht er / mir nichts guts / ſondern eitel boͤſes. Solche Leute erkennen nicht des trewen Joſephs Hertz / der es Vaͤterlich gemeynet / ſondern thun wie Sap. 2. ſtehet: Laſt vns der alten Prieſter Straffe nicht achten / laſt vns auff den Gerechten lauren / denn er macht vns viel Vnluſt / vnd ſetzt ſich wieder vnſer thun / vnd ſchilt vns daß wir wider das Geſetze ſuͤndigen / vnd ruffet aus vnſer Weſen fuͤr Suͤnde / er helt vns fuͤr vntuͤchtig / vnd gibt fuͤr wie es die Gerechten zu letzt gut haben werden / vnd ruͤhmet das Gott ſein Vater ſey. So laſt doch ſehen / ob ſein Wort war ſey / vnd verſuchen wie es mit jhm ein End werden wil / iſt er der Gerechte Gottes Sohn / ſo wird er jhn helffen / mit ſchmach vnd quall wollen wir jhn ſtoͤcken / daß wir erkennen wie from er ſey / vnd erkennen wie geduͤltig er ſey / ꝛc.

Dieſes bedencket mancher Seelſorger offt in ſeinem Leben / in ſeinen Kranckheiten vnd Creutz / ſonderlich aber in ſeinem Abſcheid / wenn er die Exempel der Welt fuͤr ſich ſihet / wie ſie mit des Prieſters Nachkommen vmbgehen / auch die jenigen die da bey dem Leben der Pfarꝛer die beſten haben ſeyn wollen.

USUS.

1.Jn ſolchem Fall ſoll es ein jeder Gott mit Seufftzen befehlen / denſelben hier mit Jacob anruffen / vnd ſich hal -ten an21Chriſtliche Leichpredigt.ten an ſeine Gnadenreiche Verheiſſung / Sihe ich ſterbe / vnd Gott wird mit euch ſeyn / vnd euch bringen in das Land ewer Vaͤter.

Jhr armen Witben vnd Waͤyſen ſeyd getroſt / ver -2. Troſt. zagt nicht / Gott wird mit euch ſeyn / wird euch wol ſchuͤtzen wieder ewre Betrenger / er ſpricht: Non relinquam vos orphanos, &c. Jch wil euch nicht vngetroͤſt laſſen / wie jhr im andern Theil hoͤren werdet.

Jhr Witbenteuffel ſeyd gewarnet / laſt ewer Toben3. Warnung. Pſal. 2. vnd Wuͤten / kuͤſſet den Sohn daß er nicht zoͤrne / vnnd jhr vmbkommet auff dem Wege / denn ſein Zorn wird an - brennen.

Wie es Jnlianus der Tyranniſche Chriſten vnd Kir - chenteuffel erfuhre / der ſpottete noch der Chriſten die er be - truͤbete / ſagende / Ewer Chriſtus preiſet euch ſelig ſo jhr arm ſeyd vnd viel leidet / derowegen wil ich euch ewre Guͤ - ter nehmen vnnd alles Leides anthun / das jhr deſto eher in Himmel kommet / aber er wards jnne wem er ſpottete / das er endlich ſagen muſte: Viciſti tandem Galilæe, vnd ſo ergehets allen ſolchen Geſellen / wie jhr bald weiter werdet berichtet werden.

Ferner ſollen allhier in ſich ſchlagen / alle die an Jo -Uſus 4. ſephs ſtatt ſind / ſo da ſind jhres lieben Vatters Kinder / von demſelben mit Kummer erzogen vnnd genehret / vnd durch die Gnade Gottes zu ehren kommen / das dieſelben vmb jres lieben Vaters vnd deſſelben Trew willen / auch Joſeph ſeinC iijwollen /22Chriſtliche Leichpredigt.wollen / vnd jhre Bruͤder verſorgen / denſelben beyſpringen mit Rath vnd That / das wird GOtt jhnen vnd den jhrigen reichlich vergelten / vnd die Verheiſſung des vierdten Ge - bots an jhnen wahr machen / daß ſie ſollen lange leben / vnd jhnen ſoll wolgehen. Duͤrffen geliebter Kuͤrtze halben nicht weit nach Exempeln gehen / wir ſehen es an Joſeph im er - ſten Cap. deſſen Kinder von Jacob geſegnet werden / daß ſie gleich Erbe mit den Kindern Jacobs bekommen.

Uſus 5. Dieſes ſollen auch bedencken alle fromme Pfarꝛkin - der / das ſie Joſeph ſeyn gegen des Jacobs Nachkommen / vnd ſonderlich die das Ampt der Obrigkeit verwalten / das ſie dieſelben ſchuͤtzen / verſorgen vnd vertretten / das bringt jhr Ampt mit ſich / denn derentwegen werden ſie genant Pa - tres patriæ vnd Nutritii, Vaͤter / Seugammen vnd Pfle - ger / das ſie ſonderlich die Kirchen GOttes vnnd derſelben Gliedmaſſen ſchuͤtzen / bevoraus aber der Wolverdienten ſich hertzlich annehmen ſollen. Ach wie wird es Gott jhnen vnd den jhrigen zeitlich vnd ewiglich belohnen / honorantes enim me, honorabo, Wer mich ehret / den wil ich widerExempel der Egy - pter. ehren. Weil die Jſraeliten in Egypten wol gehalten wur - den / giengs gantz Egyptenland wol / ſo bald ſie aber dieſel - bigen drucketen / kamen ſie in GOttes Rache vnd Straffe. Der Wit - ben zu Zar - path / 1. Reg. 17.Die Witben zu Zarpath gab Elia dem Propheten Gottes ein klein bißlein Eſſens / Gott vergalte es jhr / das ſie in der vierdehalbjaͤhrigen Threwrung gnung hatte.

Der[Su - namitin] / 2. Reg. 4.Die reiche Frawe zu Sunen ſo Eliſam bey jhr das Brot eſſen ließ / kriegte erſtlich einen Sohn durch Vorbit des Propheten von Gott / darnach als der Sohn geſtorben /2. Reg. 18. ward er wiederumb von den Todten aufferwecket / vnd end - lichen kriegte ſie alle jhre Guͤter wieder / ſo ſie in ſieben thew -ren23Chriſtliche Leichpredigt.ren Jahren nicht gehabt / vnnd darzu alle jhr Einkommen des Ackers / ſeynd der zeit ſie das Land verlaſſen hat. Ebed -Ebedme - lech. Jer. 38. & 39. v. 16. 17. melech der Mohr / nam ſich des Propheten Jeremie an / des genoß er auch / das auch ein Trunck Waſſers nicht ſoll vn - belohnt bleiben / ſolchen Prieſterfreunden / ſonderlich am juͤngſtem Gericht werden ſie es erſt ſehen weme ſie guts ge - than / Matth. 25.

Jacob ſorget allhier fuͤr ſeine Nachkommen in ſeinemII. Locus die ander Lehr. Abſterben / als ein Prophet vnd perſona publica klagend / daß er ſterbe. Sihe ich ſterbe. Jch habe euch zu Gottesfurcht erwieſſen / die Goͤtzen verbotten / vnd alles was Gottes Will gemeß geweſen / euch fuͤrgehalten / Wer weis was jhr nach meinem vnd Joſephs Tode thun werdet. Alſo ſollen alle fromme Amptsperſonen thun / ſie ſein Geiſtlich oder Welt - lich / daß ſie fuͤr jhre Schaͤflein vnd derſelben Wolfart ſor - gen. So thut Moſes Deuter. 31. Cap. Sihe weil ich heuteMoſes. Deut. 31. v. 21. 29. noch mit euch lebe / ſeyd jhr Vngehorſam geweſt wieder den Herrn / wie viel mehr nach meinem Tode / ich weiß daß jhr nach meinem Tode aus dem Wege tretten werdet / den ich euch geboten habe / ſo wird euch das Vngluͤck denn auch begegnen. Jn ſolcher Sorge bittet er fuͤr ſein Volck zu Gott / Num. 27. daß derſelbe nach jhme einen Mann ſetzenNum. 27. 17. wolle / der fuͤr ſein Volck aus vnd eingehe / vnd ſie aus vnd ein fuͤhre / das die Gemeine des Herrn nicht ſey wie die Schaffe ohne Hirten.

Eben alſo thete auch Joſua als er ſterben ſolte im 23.Joſua. vnd 24. Cap. ſeines Buchs.

Ach wie hertzlich ſorgete Hiskias in ſeiner toͤdtlichenHiskias. Kranckheit fuͤr das Hauß des Herrn / den rechten Got - tesdienſt vnd Wolfart ſeiner Vnterthanen / das ſie nach ſei -nen24Chriſtliche Leichpredigt.nen Tode von den Aſſyriern vnd andern ſollen bedrenget werden.

Ambroſius ſchreibt vnnd ruͤhmet von dem loͤblichen Keyſer Theodoſio alſo: Jch hab den Mann nemlich den Keyſer hertzlich geliebt / welcher nach dem er verſcheiden ſolt / hatte er groͤſſer Kuͤmmernis fuͤr die Kirchen / das die erhalten werden moͤchte / denn fuͤr ſein eigen Gefahr.

Ebener maſſen thut mancher trewhertziger Pfarꝛherꝛ vnd Seelſorger / der ſpricht: Sihe ich ſterbe. Jch / der ich Gottes Wortlauter vnd rein geprediget / muß darvon / wer weiß wie es nun geht nach meinem Abſchiede / ſonderlich in dieſer letzten gottloſen Welt / wer weis wer meine Cantzel beſchreit / jrꝛgend ein tuckmeiſiſcher Calviniſt oder ander Ketzer / oder jrꝛgend ein Wuͤſtling vnnd auffgeblaſſener Newling / ſo bey meinen lieben Zuhoͤrern allerley Ergerniß anrichtet / vnd als ein Miedling den Wolff die Schaafe zu - ſtrewen zulaſſen wird.

[Paulus] Act. 20. 18. 19.Alſo ſorgete Paulus fuͤr ſeine Gemein zu Epheſo Act. 20. welches Capit. ja ein jeder daheime leſen wolle / vnd wol in acht nehmen / ſonderlich da er ſpricht: So habt nun acht auff euch ſelbſt / vnd auff die gantze Herde / vnter welche euch der heilige Geiſt geſetzet hat zu Biſchoffen / zu weyden die Gemeine GOttes / welche er durch ſein eigen Blut er - worben hat / denn das weis ich / das nach meinem Abſchei - de / kommen werden grewliche Woͤlffe / die der Herde nicht verſchonen werden / etc.

Lutherus.Alſo ſorget Lutherns der Mann GOttes ſeliger alle - wegen fuͤr ſeine Kirchen vnd liebe Chriſten / wie es auch nach ſeinem ſeligen Abſchiede ergangen hin vnd wider / wie die Calviniſten vnnd andere Woͤlffe die Gemeine GOTtesmit25Chriſtliche Leichpredigt.mit verkehrter Lehr zerreiſſen / das ſehen wir leider fuͤr Augen.

Solches ſolten traun die jenigen erkennen / fuͤr dieUſus. man ſorget / vnnd erſchrecken wenn ein Amptsperſon von jhnen genommen wird / wegen jetzt erzehlten vnd andern Exempel. Mancher ruchloſer vnd leichtfertiger Epicurer gedenckt es ſey an einem Amptman / Schoͤſſer oder Pfarꝛ - herꝛn nicht viel gelegen / ſtirbt der / ſo koͤmpt bald wieder ein ander / die ſich noch wol ſelbſt angeben / vnnd froh ſeyn / das ſie an ſolchen Dienſt kommen ſollen. Ja lieber wie gereth es aber? Ach das gibt leider die Erfahrung / es beſſert ſich gar ſelten. Wie Jacob / Joſeph vnd der fromme Pharao ſtarb / ſo kam wol ein ander Pharao / aber er wolte nichts wiſſen von der Trew Joſephs / vnd macht es ſo mit ſeiner Tyran - ney / das er vnnd das gantze Egypten grewlich druͤber ge - ſtrafſt worden. Solcher Exempel ſind allzuviel in heiliger Schrifft / im Buch der Richter / im Buch der Koͤnige / Chro - nica vnd ſonſten / die ein jeder ſelber leſen mag.

Ach ſo bete ein jeder fuͤr ſeine Beampten vnd Vorſte - her / ſie ſein geiſtlich vnd weltlich / erzeige ſich mit Reverentz / Gehorſam vnd Vnterthenigkeit alſo / das Gott nicht Vr - ſach habe zu ſtraffen / vnd hinweg zu nehmen Kirchen - vnd Amptsſeulen / vnd ſolche Leut erfahren muͤſſen was GOtt draͤwet / Eſai. 31. Der Herr Herr Zebaoth wird vonEſai. 31. Jeruſalem vnnd Juda nehmen allerley Vorrath / allen Vorrath des Brots / vnnd allen Vorrath des Waſſers / Staͤrcke vnd Kriegsleute / Richter / Propheten / Warſarger vnd Elteſten / Haͤuptleute vber fuͤnfftzig / vnd ehrliche Leute / Raͤthe / weiſe Werckleute vnd kluge Redener / vnd wil jhnen Juͤnglinge zu Fuͤrſten geben / vnd Kindiſche ſollen vber ſieDherr -25[26]Chriſtliche Leichpredigt.herꝛſchen / vnd das Volck wird Schinderey treiben / einer vber den andern / vnd ein jeglicher vber ſeinen Nechſten / vnd der Juͤnger wird ſtoltz ſeyn wider den Alten / vnnd ein boͤſer Mann wider den ehrlichen. Hier hoͤren wir / wenn ein ehr - licher Handwercksman / geſchweig ein Amptman oder Pfarꝛherꝛ bey einer Gemeine ſtirbet / das es fuͤr eine Straffe Gottes zu achten ſey / ja wenn ein ehrlicher Bawer ſtirbet / iſts ein groſſer Schade / wie es die Erfahrung offt bezeuget / wie mancher alter vnnd ehrlicher Heimbuͤrge hilfft bey der Gemeine / ſo viel muͤglich alles zum beſten rahten / verhin - dert viel Vbel mit gutem Rath / wenn ein ſolcher Elteſter ſtirbt / ſo gehets hernach in einer Gemeine zu / von den Juͤnglingen vnd loſen Schliffelern / das es wol beſſer toͤch - te / vnd heiſt recht / An Bawren gebrachs in Jſrael / wie De -Jud. 5. 7. 11 bora klagt / Judic. 5. Da kan man als denn nicht ſagen von der Gerechtigkeit der Bawren in Jſrael. Jn ſolcher Be - trachtung ſoll ein jeder GOtt fleiſſig anruffen vmb langes Leben vnd Wolfart ſeiner Joſeph vnd Vorſteher.

III. Troſtpre - digt. 1. Ratione ſui. Zum dritten iſt dieſe Leichpredigt des lieben Jacobs ein Troſtpredigt / wie jhr den ſonderlich im andern Stuͤck beſſer hoͤren werdet. 1. Ratione ſui, ſeiner Perſon halben. Sihe ich ſterbe. Jch / der ich in einem feinen Alter durch Gottes Gnad bin in gluͤckſeligem Zuſtand / nach langwiri - gem Creutz in Ehrenſtand / hab mein Kinder erzogen / Ehr an denſelben erlebet / ſterbe aus einen groſſem Creutz / kome nun zu einem ſanfften Abſchiede vnd ſeligen Ende / wie er denn ſo ſanfft geſtorben / daß der Text ſpricht / da er alle ſeine Rede vollendet hatte an ſeine Kindern / thut er ſeine Fuͤſſe zuſammen auffs Bette vnd verſchied / das iſt / er fuͤhlete nicht ſonderlichen Schmertzen / ſondern ſtarb ſeinem lieben Jo -ſeph27Chriſtliche Leichpredigt.ſeph gleichſam in Arm / im Reden / da ſie nimmermehr ver - meynd das ſein End ſo nahe were.

2. Troͤſtet er ſeine liebe Kinder / ſonderlich aber den2. Ratione Joſephi. lieben Joſeph. Jch ſehe / wil er ſagen lieber Sohn Joſeph / das du / der du mich hertzlich liebeſt / ſehr betruͤbet biſt vber meinem Abſcheid. Aber ſihe ich ſterbe / mein Jammer vnnd Elend koͤmpt zu einem ſeligen Ende. Jch werde verſamlet zu meinen Vaͤtern / vnnd Gott wird ewer Vater ſeyn / der wird mit euch ſeyn / da habt jhrs viel tauſentmal beſſer / vnd ſeyd auch beſſer verſorget als mit mir.

Hierbey ſoll nun ein jeder lernen / das er es mit JacobLocus. alſo mache / daß er nach ausgeſtandenen Truͤbſall / auch ein ſeliges Ende nehmen moͤge / vnnd ſich fuͤr dem Tode nicht entſetzen duͤrffe / ſondern das er ſagen koͤnne / Sihe ich ſterbe willig / gerne / nach GOTtes willen. Vnnd mit Simeon /Luc. 2, 25, 30. Herr nun leſſeſtu deinen Diener in Friede fahren / wie du geſaget haſt: Denn meine Augen haben deinen Heyland geſehen / ꝛc.

Dieſes geſchicht nun / wenn du fuͤr dem Herrn dei -Uſus 1. nem Gott mit Jacob wandelſt in Gottesfurcht vnnd allen Chriſtlichen Tugenden / vnd ſonderlich vnter andern deine Kinder alſo erzeuchſt zu Gottes Erkentnis vnd allem Gu - ten / das du Freude an jhnen erlebeſt / vnd auff deinem Tode dir daſſelbe gleichſam ein Troſt mit ſey / wie hier Jacob an Joſeph / oder dich wenns gleich vbel gereth / nur deines gu - ten Gewiſſens zu troͤſten habeſt / das an dir vnd deinem Fleiß kein Mangel ſey erfunden worden / vnd dich gehalten ha - beſt nach der Vermahnung Pauli 1. Timoth. 1. 19. Vbe1. Tim. 1, 19 eine gute Ritterſchafft / behalte den Glauben vnnd gut Ge - wiſſen / ſo kanſtu mit Paulo ſagen 2. Tim. 4. die zeit meines2. Tim. 4, 7, 8. D ijAbſchie -28Chriſtliche Leichpredigt.Abſchiedes iſt vorhanden / ich habe ein guten Kampff ge - kempffet / ich habe den Lauff vollendet / ich habe Glauben be - halten / hinfort iſt mir beygelegt die Kron der Gerechtigkeit / welche mir der Herr an jenem Tage geben wird / der ge - rechte Richter / nicht aber mir alleine / ſondern auch allen die ſeine Erſcheinung lieb haben.

Uſus 2. Die Kinder ſollen ſich auch gegen jhre Eltern alſo er - zeigen / das ſie dieſelben nicht auff dem Tode krencken / mit jhrem Vngehorſam vnd gottloſen Leben / wie Ruben / Si - meon vnd Levi / ſo auch von jhrem Vatter auff dem Todt - bette ein boͤß Latein vnd Teſtament kriegen / ſondern ſollen Joſeph ſeyn / das werden ſie auch genieſſen. Mancher duͤrfft nicht lange viel Troſtes vber den Todt ſeiner Eltern / ſagen wol / iſt der Alte todt / wil die Alte fort / haben ſie ange - ſpannet / nun wenn ſie jhre Beſſerung wiſſen / wer kan jhnen jhren Mutwillen wehren / ſo kriege ich Erbtheil / das ich doch lange gerne gehabt / ſolcher Geſellen vnnd vndanckbare Guckguck findet man viel.

Abimelech. Jud. 9, 5. Wie denn eben ein ſolcher war Abimelech der Sohn Gedeons / der froh war / das ſein Vater ſtarb / vnd bracht ſiebentzig ſeiner Bruͤder vmb auff einem Stein / daß er das Regiment alleine kriegte.

Abſolon.Eben alſo wolte es auch machen Abſolon vnd ſeinen Vatter aus dem Koͤnigreich vertreiben / vnnd was derglei - chen Exempel mehr ſeyn / vnd es auch leider die Erfahrung bezeugt / aber wie es ſolchen Geſellen gelingt das weis man / die Straffe Gottes ergreifft ſie ehe ſie es vermeynen / wie zu ſehen an Abimelech / Abſolon vnd dergleichen.

So thun fromme Joſeph vnnd gehorſame Kinder nicht / ſondern betruͤben ſich vber den Todt jhrer Eltern / inBetrach -29Chriſtliche Leichpredigt.Betrachtung / das jhnen nechſt Gott jhr beſter Freund ab - ſterbe / der ſie verſorget / ſich jhrer auffs beſte annimpt / ſo er je nicht mehr thun kan / doch auffs fleiſſigſte zu Gott fuͤr ſein vnd jhre Wolfart betet.

Jch kenne einen Vornehmen Profeſſorem bey einerM. H. H. P. P. L. Univerſitet, meinen ſehr guten Freund / der ſagt offt von ſeiner armen Mutter / So lange meine liebe Mutter lebt / ob ſie mir zwar Armutswegen mit nichts zu hilff kommen kan / weis ich doch das ich groß Gluͤck vnd Wolfart mich zu getroͤſten habe / denn ſie betet Tag vnd Nacht zu Gott mit Seufftzen fuͤr mich / O wie manch Vngluͤck hette mich be - troffen / wenn jhr Gebet nicht gethan hette. Das ſind ſchoͤ - ne Reden / daran ich offt gedacht vnnd ſie ohne Bewegung nicht erwogen habe / das ſie ſind war vnnd ſchrifftmeſſig / wie wir aus Jobs Hiſtori zu ſehen / ſo fuͤr ſeine Kinder bittet / an Abraham fuͤr Jſmael vnd dergleichen.

Das erkenne ein jeder nun / betrachte es wol / vnd be - truͤbe ſich vber der ſeinigen Todt. Wir ſollen nach Ver - mahnung Syrachs 38. vnſerer nebenMenſchen Todt be - weinen / als wennvns groſſes Leid geſchehen were / geſchwei - ge vnſerer Eltern oder die an Eltern ſtatt ſeynd / doch ſoll ſolche Trawrigkeit jhre maſſe haben / vnd man ſoll ſie wie - der mit Troſt auffrichten / denn vns GOtt hin vnd wider in ſeinem Wort fuͤrhelt / vnd daß er alsdenn vnſerVatter ſey / ſo an vnſerer Eltern ſtatt ſich vnſer annehmen wolle / wie ſonderlich Jacob den ſeinen allhier ſolchen Troſt einredet / davon wir jetzo im andern Stuͤck hoͤren werden / doch auffs kuͤrtzeſt / weil die zeit vber verhoffen verlauffen.

D iijVom30Chriſtliche Leichpredigt.

Vom Andern.

BElangende nun / Geliebte im HErrn / den andern Punct / nemlich den Troſt ſo der liebe Jacob ſeinen Kindern vber ſeinem Abſterben gibt / ſo beruhet derſelbe in dieſen Worten: Vnd Gott wird mit euch ſeyn / vnd wird euch wieder bringen in das Land ewer Vaͤter.

Erſte TroſtZweyerley Troſt helt hier Jacob ſeinen Kindern ſo vber ſeinen Abſcheid betruͤbt / fuͤr. Der erſte Troſt iſt dieſer / Et Deus erit vobiſcum, vnd Gott wird mit euch ſeyn. Er der Patriarch Jacob als ein Prophet Gottes / ſahe im Geiſt gar wol das Vngluͤck vnnd Tranckſall / ſo ſeine Nachkom - mene von den Egyptiern ausſtehen wuͤrden / wieder ſolche Egyptiſche Tyranney troͤſtet er ſie nun / vnd ſpricht: GOtt wird mit euch ſeyn / der Herr Zebaoth wird ewer GOtt vnd Vatter ſeyn / ſo euch beſchuͤtzen wird wieder alle ewre Bedrenger / vnnd wird mit vnnd bey euch ſeyn mit ſeiner Huͤlffe in allem Vngluͤck / das jhr vnd ewre Feinde es ſollen jnne werden. Vnd es geſchahe auch alſo / denn Gott war mit jhnen in dem Hausſegen / das ſie Kinder zeigten / wuch - ſen / vnnd jhr etlich hundert mahl tauſent wurden / nur an Mannsperſonen / geſchweig Weib vnd Kinder. GOtt war mit jhnen in der Nahrung / daß das Land Goſſen ſie alle ernehren kundte. Vnd da ſie beſchweret wurden mit ne - wen Froͤhndienſten / hoͤrete Gott jhr Schreyen vnd Seuff - tzen wieder die Bedrenger vnd war mit jhnen / das je mehrſie31Chriſtliche Leichpredigt.ſie gequelet wurden / je mehr ſie wuchſen vnd ſich ausbreite - ten. Gott war mit jhnen in dem Handel der Wehemuͤtter / daß er derſelben Hertz ruͤhrete / das ſie die Kinder nicht vmb - brachten nach dem tyranniſchen Befehl des gottloſen Koͤ - nigs Pharao. Gott war mit jhnen als jre Kinder ins Waſ - ſer muſten geworffen vnd erſeufft werden / das auch des Koͤ - nigs leibliche Tochter den Moſen aus dem Waſſer zoge / vnd dieſelbe es ſeiner leiblichen Mutter noch lohnete / das ſie es ſeugete / das hieſſe ja Gott mit euch ſeyn. Cum dupli - carentur lateres tunc veniebat Moſes, Da es auffs hoͤch - tie kommen war mit den doppeln Beſchwerden / vnnd ſich anſehen lieſſe als wenn ſie alle zu Truͤmmern gehen muͤſten / vnd Gott nicht mit jhnen were / ja Pharao jhres Troſts hal - ben den ſie aus Gottes Verheiſſung ſchoͤpfften / ſpottete / ſa - gend: Wer iſt der Herr des Stimme ich hoͤren muͤſſe / vnd Jſrael ziehen laſſe? Jch weis nichts von dem Herrn / wil auch Jſrael nicht ziehen laſſen. Da war Gott mitten im groͤſten Vngluͤck mit jhnen / plagte Pharaonem vnnd das gantze Land Egypten mit zehen grauſamen vnnd vnerhoͤr - ten Plagen / derer doch kein einige die Kinder Jſrael traffe / das jhre Feinde ſelber bekennen muſten / Gott ware mit den Jſraeliten / darumb ſie auch ſagten / Das iſt Gottes Finger. Endlichen trieb er ſelbſten die Jſraeliten von ſich / vnnd drungen ſie / daß ſie aus dem Lande ziehen ſolten. Da zo - gen ſie aus mit groſſem Reichthumb vnd Schaͤtzen / ſo ſie von den Egyptern aus GOttes gerechtem Gerichte kriegt hatten / durch eine hohe Hand vnnd groſſe Macht. Vnd als die Egyptier / die es gerewet daß ſie dieſelben hinweg ge - laſſen hatten / jhnen nacheileten vnd ſie belaͤgerten am roh - ten Meer / da war der Herr mit jhnen / fuͤhrete ſie durchsrohte32Chriſtliche Leichpredigt.rothe Meer vnd ſahe auff der Egyptier Heer vnd erſeuffet ſie alle.

Lehr von Schutz Gottes.So verſpricht vnnd thut GOtt noch den bedrengten Gottſeligen hier in dieſer Welt. Es heiſt: Et Deus eſt no - biſcum, jhr bedrengten faſſet dieſes wol / vnnd lehrnet das Gott bey euch in ewrem Vngluͤck / Jammer vnd Noth ſey / den ſolt jr anruffen / das jhr durch Gebet jhn zu euch bekom - men moͤget / vnd wenn jhr nun den habt / ſo habt jhr vbrigPſal. 50. 15. gnung / denn er ſpricht ſelber: Ruff mich an in der zeit der Noth / ſo wil ich dich erretten / ſo ſoltu mich preiſen / des troͤ - ſtet ſich die Chriſtliche Kirche in jhrem Geſang:

Wenn wir in hoͤchſten Noͤhten ſeyn /
Vnd wiſſen weder aus noch ein /
Vnd finden weder Huͤlff noch Rath /
Ob wir gleich ſorgen fruͤh vnd ſpatt.
So iſt das vnſer Troſt allein /
Das wir zuſammen in gemein /
Dich anruffen O trewer Gott /
Vmb Rettung aus der Angſt vnd Noth.

1. Sam. 17. 45. Den Herrn vnd Gott hatte bey ſich der kleine Kna - be David wieder den groſſen vngehewren Rieſen Goliath / inmaſſen er auch deſſelben Schutz ſich freudig troͤſtete / vnd ſagte zu Goliath: Du koͤmpſt zu mir mit Schwert / Spieß vnd Schild / ich aber komme zu dir im Namen des Herrn Zebaoth / des Gottes des zeugs Jſrael die du gehoͤnet haſt / vnd mit ſolchem Gott ſchlaͤuderte er den Hohnſprecher mit einem Stein darnieder / vnd hieb jhm den Kopff ab mit ſei - nem eigenen Schwert.

2. Reg. 61. 16Dieſen Herrn hatte auch bey ſich der Prophet E -liſa33Chriſtliche Leichpredigt.liſa wieder ſeine Propheten - vnnd Prieſterteuffel ſo jhn be - laͤgerten 2. Reg. 6. der ſpricht zu ſeinem Knaben der ſich fuͤr der groſſen Macht der Kriegsleute des Koͤnigs zu Syrien entſetzete: Fuͤrchte dich nicht / denn derer iſt mehr die bey vns ſind / denn derer die bey jhnen ſind / etc. Dieſen Schutz vnnd Troſt befindet Daniel in der Loͤwengruben / vnnd die drey Maͤnner im Fewroffen / denn GOtt war mit jhnen.

Erfrewet euch lieben Chriſten dieſes Troſtes in allen ewren Noͤhten / das Gott bey euch ſey / inmaſſen auch dieſes Troſtes ewer lieber Seelſorger euch zum oͤfftern erinnert / den alle Predigten dieſe dreyſſig Jahr vber / er euch mit die - ſem Troſt angeredet / vnd das allewege ſein erſtes Wort vnd Wundſch zu euch ſeine liebe Gemeine geweſen / Dominus vobiſcum, der Herr ſey vnnd iſt mit euch / er wird euch ſchuͤtzen wieder alle ewre Feinde leiblich vnd geiſtlich. Vnd diß leſt er euch in ſeiner Leichpredigt zu letzt predigen vnnd auch ſein letztes Wort an euch ſeyn / Et Deus erit vobi - ſcum, Vnd Gott wird mit euch ſeyn. Vnd wer nun den hat der kan mit David Pſalm. 73. ſagen: Herr wenn ich nurPſ. 73, 25, 26 dich habe / ſo frage ich nichts nach Himmel vnd Erden / wenn mir gleich Leib vnd Seel verſchmacht / ſo biſtu doch GOtt allezeit meines Hertzen Troſt vnd mein Theil. Vnd ausPſ. 27, 1. 2. dem 27. Der Herr iſt mein Liecht vnd mein Heil / fuͤr wem ſolte ich mich fuͤrchten? Der Herr iſt meines Lebens Krafft / fuͤr wem ſolte mir grawen? Darumb ſo die boͤſen / meine Widerſacher vndFeinde an mich wollen / mein Fleiſch zu freſſen / muͤſſen ſie anlauffen vnd fallen / ꝛc.

Eben dieſem Troſt faſſete Lutherus wieder ſeine Fein -Luther. Pſal. 46. de im Einzuge zu Wormbs / in ſeinen ſchoͤnen Lied aus denE46. Pſal.34Chriſtliche Leichpredigt.46. Pſalm. Ein feſte Burg iſt vnſer GOtt / ein gute Wehr vnd Waffen / Er hilfft vns frey aus aller Noth / die vns jetzt hat betroffen. Vnd wenn die Welt voll Teuffel wer / vnd woltn vns gar verſchlingen / So fuͤrchten wir vns nicht ſo ſehr / es muß vns doch gelingen. Die Stadt GOTtes ſoll dennoch fein luſtig bleiben / warumb? Denn Gott iſt bey jhr drinnen / darumb wird ſie wol bleiben / GOTT hilfft jhr fruͤhe.

Regina Maria. Gleicher geſtalt troͤſtet ſich auch die betruͤbete Koͤni - gin Maria in Vngern vnnd Behmen / in jhrem ſchoͤnen Lied: Mag ich Vngluͤck nicht wiederſtahn /

Muß Vngnad han /
Der Welt fuͤr mein recht glaͤuben /
So weiß ich doch es iſt kein Kunſt /
Gottes Huld vnd Gunſt /
Die muß man mir erlaͤuben.

Troſt im Sterben.Sonderlich koͤnnen wir dieſen Troſt faſſen vnd brau - chen in vnſer Todesnoth / denn er iſt bey vns / Dominus nobiſcum, wieder alle vnſere Feinde / da kan ein ſterbender Chriſt ſich troͤſten des Schutzes ſeines lieben GOttes ausPſ. 23, 4. dem 23. Pſal. Vnd ob ich ſchon wander im finſtern Thal / ſo fuͤrchte ich doch kein Vngluͤck / denn du Herr biſt bey mir / von dem ſingt die Chriſtliche Kirche:

Todt / Suͤnd / Teuffel / Leben vnd Gnad /
Als in Haͤnden er hat /
Er kan erretten /
Alle die zu jhm tretten.

Hierauff ſingets ſichs ferner troͤſtlich:

Was35Chriſtliche Leichpredigt.
Was kan euch thun die Suͤnd vnd Todt /
Jhr habt mit euch den wahren Gott /
Laß zuͤrnen Teuffel vnd die Hell /
Gottes Sohn iſt worden ewer Geſell.

Dieſer herꝛliche Troſt gilt nun nicht wenig den Wit -3. Troſt der Wittiben vnd Waͤy - ſen. tiben vnd Waͤyſen / iſt in der Welt ein betruͤbter Standt / ſo iſts der Wittiben Standt / wie es die Erfahrung bezeuget / da wil ja jederman Holtz leſen von dem Baum der darnie - der ligt / ein jeder Gottloſer wil ſich machen an Wittiben vnnd Waͤyſen / vnnd dieſelben bekuͤmmern weil ſie keinen Schutz vnd niemand haben ſo ſich jhrer annimpt. Da ge - hets denn an ein Angſt / Schreyen vnd Klagen / bey den ar - men bedrengten vnnd gedruckten Waͤyſen / ſonderlich der Prieſter / darvon jhr droben gehoͤrt / ſo ſich nirgend Tro - ſtes zu erholen wiſſen. Nun ſolche ſollen jhnen dieſen Troſt gelten laſſen: Vnd GOtt wird mit euch ſeyn / denn er iſt der Gott der Wittiben vnd Waͤyſen beſchuͤtzen / vnd ſich jhrer Vaͤterlich annehmen wil.

Schoͤne Wort leſt Moſes ſich hoͤren Deuter. 10. Deut. 10. 18Gott ſchaffet Recht den Waͤyſen vnd Wittiben / vnnd hat die Frembdlinge lieb / daß er jhnen Speiſe vnnd Kleider gebe. Hoͤret jhr Wittiben vnd Waͤyſen / wie hertz - lich ſich Gott ewer annimpt / vnd das beweiſen die Exempel heiliger Schrifft.

Naemi vnd jhre Schnur Ruth waren zwo arme Wit -Naemi vnd Ruth. tiben / ſo da auff dem Felde Ehren aufflaſen / vnd ſich dar - von ernehren muſten / Gott aber ſegnete ſie ſo reichlich / vnd beſcherte der Ruth den gottſeligen weidlichen Mann Boaß / daß ſie durch denſelben ein Großmutter ward desE ijKoͤnigs36Chriſtliche Leichpredigt.Wittibe[zu] Zarpath 1. Reg. 17. Koͤnigs Davids / vnd alſo des HErrn Chriſti. Alſo er - nehret Gott die arme Wittiben zu Zarpath ſo jetzo vermey - nete / ſie muͤſte mit jhrem Sohn wegen Mangel am Brot hungers ſterben / durch den Propheten Eliam in der groſſen Thewrung vierdt halb Jahr mit einen kleinem Vorrath / an einer Hand voll Mehls vnd wenig Oele im Krug.

1. Reg. 17. Luc. 7. Der erſte vom Tode aufferweckte Menſch im alten Teſtament vnd auch im newen / ſind Wittiben Soͤhn gewe - ſen / wie koͤndte GOtt euch Wittiben reichlicher troͤſten. Sonderlich weil er ſein Zorn ſchrecklich ergehen leſt / vber die WittibenTeuffel vnd deroſelben Pharaones / inmaſſen an dem Koͤnig Pharao vnnd den Egyptiern zu ſehen / die machten viel Wittiben vnd Waͤyſen / vnd drucketen dieſel - ben / ſolche erſoffen alle im rohten Meer / das auch nicht ei -Exo. 14. 28. Exod. 22. 23. 24. ner vberblieb / wie viel tauſent tauſent Witben meynt jhr / ſind damals in Egypten worden. Dieſe haben ja erfahren die Thewrung ſo Gott thut / Exod. 27. Jhr ſolt keine Wit - tiben noch Waͤyſen beleidigen / wirſtu ſie beleidigen / ſo wer - den ſie zu mir ſchreyen / vnd ich werde jhr ſchreyen erhoͤren / ſo wird mein Zorn ergrimmen / das ich euch mit dem Schwert toͤdte / vnd ewre Weiber Wittiben / vnd ewre Kinder Waͤy - ſen werden. Ebener maſſen donnert der ſchreckliche GottDeut. 27, 17 wieder ſolche Geſellen Deuter. 27. Verflucht ſey der / wer das Recht der Wittiben vnd Waͤyſen beuget. Vnd Ma -Mal. 3. 5. lach. 3. Jch wil / ſpricht der Herr / zu euch kommen vnnd euch ſtraffen / vnnd wil ein ſchneller Zeuge ſeyn wieder die Zaͤuberer / Ehebrecher vnd Meineydiger / vnd wider die ſo Gewalt vnnd Vnrecht thun den Tageloͤhnern / Wittiben vnd Waͤyſen / vnd den Frembdling druͤcken.

Uſus 4. Warnung.Erſchrecket doch hieruͤber jhr Prieſter-vnd Wittiben -Teuffel /37Chriſtliche Leichpredigt.Teuffel / thut nit vnrecht den Wittiben / Waͤyſen / Frembd - lingen vnd Armen / vnd denck keiner etwas arges wieder ſei -Zach. 7, 10. nen Nechſten in ſeinem Hertzen / merckt doch drauff / kehret Gott nicht den Ruͤcken zu / verſtecket ewre Ohren nicht ſon - dern hoͤret vnd folget den trewhertzigen Rath den euch Gott gibt / Eſai. 1. Waſchet / reiniget euch / thut ewer boͤſes We -Eſai. 1, 16, 17, 18, 19, 20 ſen von meinen Augen / laſſet ab vom boͤſen / lernet guts thun / trachtet nach Recht / helfft den vnterdruckten / ſchafft Recht den Waͤyſen vnnd helfft der Wittiben Sachen / ſo kompt vnnd laſt vns denn mit einander Rechten / ſpricht der Herr. Wenn ewere Suͤnde gleich Blutroth iſt / ſoll ſie doch Schneeweiß werden / wenn ſie gleich iſt wie Roſin - farbe / ſoll ſie doch wie Wolle werden / wolt jhr mir gehor - chen / ſolt jhr des Landes Gut genieſſen / wegert jhr euch aber vnd ſeyd Vngehorſam / ſo ſolt jhr vom Schwert gefreſſen werden / denn der Mund des Herrn ſagets.

Der ander Troſt den Jacob ſeinen betruͤbten Kindern2. Memb. 2. part. vber feinen Abſchied gibt / beruhet in dieſen Worten: Re - ducet vos Deus ad promiſſam terram patrũ veſtrorum, Vnd Gott wird euch wieder bringen in das (verheiſſen) Land ewer Vaͤter / oder wie Joſeph es erklaͤret Geneſ. 12. 25. Gott wird euch heimſuchen vnnd aus dieſem Lande fuͤh - ren / in das Land / daß er Abraham / Jſaac vnnd Jacob ge - ſchworen hat. Mit dieſen Worten bekennet Jacob / daß er vnnd ſeine Kinder mit jhren Nachkommen nicht in jhrem rechten Lande / ſo jhr eigen ſey / war / ſondern ſie ſein in Egy - ptenlande nur zur Herberge / wohnen eine weile da als Pil - gram vnd Wandersleute in einem Gaſthoffe. Vnd eben dahin ſihet er / da er zu Pharao ſpricht Gen. 47. Wenig vndE iijboͤſe38Chriſtliche Leichpredigt.boͤſe iſt die zeit meines Lebens / vnnd langet nicht an die zeit meiner Vaͤtter / in jhrer Walfart. Sein vnd ſeiner Vaͤtter Leben nennet er hier ſchlecht eine Peregrination eine Wan - derſchafft / wie denn ſie vnd Jacobs Nachkommen in Egy - pten / auch nur fuͤr Gaͤſte vnd Frembdlinge gehalten / vnnd hart gedrucket worden, Gott aber fuͤhrt ſie endlich aus / aus dem Dienſthauſe Egypten / durchs rohte Meer / durch die Wuͤſten / durch den Jordan / in das gelobte Land / ꝛc. Ver - trieb alle jhre Feinde / gab jhnen Ruhe fuͤr denſelbigen / ward bey vnd mit jhnen in allen Staͤnden / Geiſtlich vnd Welt - lich / gab jhnen ſein Geſetz vnd ſchoͤne Policeyordnung / ein herꝛlich fruchtbar Land / da Milch vnd Honig jnnen floſſe. Vor jhm Moſes Deuter 30. in ſeinen Dancklied.Erweckete vnter jhnen gewaltige Propheten / Regenten / Richter vnd Koͤnige ſo ſie ſchuͤtzten wieder jhre Feinde / vnd ließ eine ſolche Furcht auff jhre Feinde fallen / das dieſelben alle ein feig Hertz hatten / vnd ſich nicht an ſie machen durff - ten ſo lang ſie in Gottes Satzung blieben. Welches alles gar ſchoͤn David in ſeinem 105. vnd 106. vnd vielen andern Danckpſalmen / in welchen er ſolche Wolthaten erzehlet /Pſal. 17. ruͤhmet vnd preiſet / vnd da heiſt es recht non fecit taliter o - mni nationi, ſo thut er keinen Heyden / noch leſt ſie wiſſen ſein Recht. Mit dieſem Troſt wil nun Jacob ſeine Kinder auffrichten.

Dieſer Troſt geht vns nun / lieben Chriſten / auch an / wir ſind mit Jacob vnd ſeinen Nachkommen bey der argen Welt Peregrini / Pilgrims vnnd Wandersleute / Gaͤſte / Haußgenoſſen vnd Frembdlinge / wie man nun mit Hauß - genoſſen vmbzugehen pflegt / die muͤſſen ſich tuͤcken vnnd ſchmiegen / koͤnnens leicht verſehen vndverſchertzen / ſo muͤſ - ſen ſie jhren Stab fuͤrter ſetzen vnd anders wohin ſich bege -ben /39Chriſtliche Leichpredigt.ben / wer zur Miethe geweſen oder noch iſt / der kan davon ſagen. Alſo haben wir glaͤubigen Chriſten hier auch keine bleibende ſtette / ſonderlich aber Lehrer vnd Prediger. Denn da ander Leute an einem Orte ſo lange Bleiben als ſie wollen / ſo muͤſſen dagegen Lehrer vnd Prediger dahin / da - hin ſie nimmermehr gedacht / geſchweig gewolt. Jnmaſſen an vielen Propheten / allen Apoſteln vnd in der taͤglichen Erfahrung zuſehen. Prieſters Wittiben vnnd Kinder ſie ſeyn wo ſie wollen / ſind ſie in der Pfarꝛbehauſung nur Gaͤ - ſte vnd Haußgenoſſen / ſo der Herr ſtirbt / muͤſſen ſie aus dem Hauſe / vnd alles Einkommen einem andern laſſen / da kan den die Welt fein darzu ſpotten / Ey du Pfaffenfraw muſt dennoch aus der Pfarꝛ / nun hat ſie nicht mehr ſo viel Ein - kommen vnd Ehr / als bey jhres Herꝛn lebzeiten / nun wird ſie es wol ſehen / ꝛc. Wieder dieſes ſoll ein jeder den es be - trifft / ſich mit dieſem Troſt auffrichten vnd troͤſten / den hier Jacob ſeinen Kindern vorhelt / Vnd Gott wird euch brin - gen in das Land ewer Vaͤter. Das iſt / ob wir gleich von den Egyptiern vnd der Welt aus dem Hauſe vnd aus dem Lan - de getrieben werden / ſo wil doch Gott ein anders vnnd offt beſſers beſcheren / denn der Erdboden vnd gantze Welt iſt ſeyn. Wil er vns nun hier in dieſer Welt haben / ſo wird er vns auch eine Herberge vnnd Wohnung in derſelben goͤnnen.

Dieſes haben ſich viel Maͤrterer vnd Lehrer getroͤſtet / vnd ſchreiben etliche vom Luthero ſeligen / als der Cardinal Cajetanus / fuͤr dem Luther ſeines Glaubens halden zu Aug - ſpurg Anno 1518. am erſten ſtehn muͤſte / wie in 1. Tom. Jen. zu ſehen / zu jhm geſagt: Wo wiltu bleiben / der Roͤmiſche Keyſer / der Koͤnig in Spanien vnd alle groſſe Potentatenſind40Chriſtliche Leichpredigt.ſind wieder dich / daß er geantwortet: ſub cœlo, vnter dem Himmel / vnd wenn ich drunter nicht mehr Raum habe / in cœlo, im Himmel.

Vnd ſolches haben ſich arme bedrengte Hertzen zu troͤſten / daß / wenn ſie gleich hier in dieſer Welt kein Woh - nung vnd Heymath haben koͤnnen / vnd in perpetuo exilio bleiben muͤſſen / das ſie ein ander Vaterland zu gewarten / promiſſam terram patribus noſtris, das Vaterland ſo vnſern Vaͤtern verſprochen worden / da wir zu vnſern Vaͤ - tern verſamlet werden / nemlich das ewige Vaterland / zu dieſem gelobten Lande fuͤhret vns Gott aus Egypten vnnd Dienſtbarkeit des Teuffels durchs rohte Meer der heiligen Tauffe / darinn erſeuffet wird der helliſche Pharao mit an - dern vnſern Feinden.

Ferner fuͤhret er vns durch die Wuͤſten dieſes Lebens / da er vns ſpeiſet mit ſeinem Himmelbrot des goͤttlichen Worts / weiſt vns in denſelben als ein helles Liecht den rech - ten Weg zum gelobten ewigen Vaterlande / biß er vns durch den Jordan / durch den Todt aus dem Grab heraus fuͤhren / aufferwecken vnd bringen wird / in das ewige Vaterland / da wir alles werden haben was vnſer Hertzbegehret / da werden wir mit Lazaro getroͤſtet vnnd geſchuͤtzt werden wieder alle vnſer Feinde / da werden wir ſeyn in ſtoltzer Ruhe / da vns vnſere Verfolger wol muͤſſen ohn bedrengt laſſen. Trotz dem der vns in geringſten anfechte vnnd nicht zu frieden laſſe.

Alſo laſt vns nicht jrꝛdiſch geſinnet ſeyn / als Feinde des Creutzes Chriſti / welchen der Bauch jhr Gott iſt / wel -Phil. 3. 19, 20, 21. cher Ende iſt das Verdamnis. Vnſer (der glaͤubigen Creutzbruͤder) Wandel iſt im Himmel / von dannen wir auchwarten41Chriſtliche Leichpredigt.warten des Heylands JEſu Chriſti des HErrn / welcher vnſere nichtige Leiber verkleren wird / das ſie ehnlich werden ſeinem Leibe / nach der Wirckung / da er mit kan auch alle Dinge jhm Vnterthenig machen. Hieher gehoͤrt das gan - tze 1. Cap. der Epiſtel an die Hebreer / da erzehlt wird der Pa - triarchen Glaube vnd Hoffnung auff das verheiſſene ewige Vaterland / derer ſie ſich getroͤſtet hier in jhrer Wolfart die - ſer Welt. Sonderlich aber ſolt jr wol mercken dieſe Wort:Gen. 11, 13. Die erſten Vaͤter ſind alle geſtorben im Glauben / vnd ha - ben die Verheiſſung nicht empfangen / ſondern ſie von fer - nen geſehen / vnd ſich vertroͤſtet / vnnd ſich wol genuͤgen laſ - ſen / vnd bekandt das ſie Gaͤſte vnd Frembdlinge auff Erden ſind / denn die ſolches ſagen / die geben zu verſtehen / das ſie ein Vaterland ſuchen. Vnd zwar / wo ſie das gemeynet het - ten / von welchen ſie waren ausgezogen / hetten ſie ja zeit wieder vmb zu kehren. Nun aber begehren ſie eines beſſern / nemlich eines Himliſchen / ꝛc.

Commendatio Perſonæ.

WOlan gnung auff dieſes mahl von der Leich - vnd Troſtpredigt des Jacobs vber ſeinem Abſterben / an ſeine Kinder / welches wir haben erinnern wol - len Chriſtlichen Gebrauch nach / bey dieſer fuͤrgenommenen Chriſtlichen Leichbegaͤngnis weyland des Ehrwuͤrdigen vnd Wolgelahrten Herrn Johann SchwanEngels / ewres geweſenen lieben Pfarꝛers vnnd Seelſorgers / meines in Chriſto vielgeliebten Mitbruders vnd vertrawten Freun - des / welcher am nechſten Mitwochen aus dieſer argen Welt als ein Gaſt aus einer Herberg durch ein ſeligen AbſchiedFgewan -42Chriſtliche Leichpredigt.gewandert vnd gefordert worden durch Gott zu dem ewigen himliſchen Vaterlande / deme wir dißmal zu ſeinem Ruhe - betlein das Geleid gegeben / vnd alſo den letzten Ehrendienſt bewieſen haben.

Dieſer Herꝛ Pfarꝛherꝛ iſt / wie ewer Liebe wiſſen / ge - zeuget vndgeboren zu Hohen Simmern im Ampt Langen - ſaltza / von Chriſtlichen / gottſeligen vnd ehrlichen Eltern / Anno Chriſti 1556. Sein Vater ſeliger ſo ſich in Kriegen wol verſucht / hat geheiſſen Hans SchwanEngel / zu Horn - Simmern damals wohnhafftig. Seine Fraw Mutter hat geheiſſen Barbara / Hans Knoren von Rahnſtadt Toch - ter. Von dieſen ſeinen Eltern iſt er angehalten worden zu aller Gottesfurcht / Zucht vnd ſonderlich zur Schul / weil ſie vermerckt / daß er nicht allein groſſe Luſt dazu gehabt / ſon - dern auch ein fein tuͤchtig ingenium bey jhm geſpuͤret. Jſt alſo anfangs in die Schule gangen in ſeinem Vaterlande biß ins dreyzehende Jahr ſeines Alters. Nachmals hat er angefangen der Schule nachzuziehen / da er recht vnter frembden Leuten erfahren hat ein Particul der Wander - ſchafft / ſo wir als Gaͤſte / Frembdlinge vnd Haußgenoſſen hie in dieſer Welt / als in einem Gaſthoffe verꝛuhen muͤſſen / vnd erſt manchen ſauren vnd harten Tritt vnd muͤheſelige Reiſe thun / ehe wir zu Hauſe kommen / da wir eine zeitlang / nach dem es Gott gefellet bleiben muͤſſen. Anfangs hat ſich der Pfarꝛherꝛ nach Herbſtleben begeben / da er drey Jahr frequentiret. Anno 71. iſt er gezogen nach Denſtadt / deß - gleichen auch nach Eißleben. Anno 73. aber im ſiebentzehen - den Jahr ſeines Alters iſt er nach Hall gezogen / da er ſieben Jahr / wie Jacob ſieben Jahr vmb ſeine Rachel zugebracht / vnd anfangs mit dem Patriarchen Jacob ſich ſehr druͤckenvnd43Chriſtliche Leichpredigt.vnd vnter den frembden groſſe Noth ausſtehen / vnnd ſich kuͤmmerlich behelffen muͤſſen / biß es Gott gewendet / daß er zu letzt ein ehrlich hoſpitium bekommen.

Anno 80. hat er ſich nach Leipzig begeben / auff die loͤbliche Univerſitet ſeine ſtudia zu continuiren, allda er vnterhalt bekommen bey dem Ehrnveſten vnd Hochweiſen Herꝛn Jacob Grieben dem aͤltern / geweſenen wolverdien - ten Buͤrgermeiſter der Stadt Leipzig / deme er ſeine Kinder inſtituiret, vnnd von jhme ſechs Jahr lang vnterhalt ge - habt vnd viel guts / wie er offt auch gegen mir geruͤhmet / von jhm empfangen / inmaſſen dennderſelbe Herꝛ BuͤrgerM. ſe - liger / noch heut zutage in Leipzig fuͤr ein ſonderlicher Freund der Gelehrten / Prieſter / Schuͤler vnd der Armen geruͤhmet wird. Vnd ich muß ſelber ſagen / daß die Herꝛn Lebzelter / welche noch des Griebens ſeligen Handel haben / groſſe Wolthaten dem Armen beweiſen / vnd mir auch ſechs Jahr zu Leipzig vnterhalt verſchafft / ohn welches ich ſo weit nicht kommen koͤnnen. GOtt vergelte es jhnen vnnd den jhri - gen hier zeitlich vnd dort ewig / wie auch eben mit die - ſen Worten der Herꝛ Pfarꝛherꝛ in ſeinem curriculo vitæ wuͤndſchet.

Anno 87. den 14. Martij iſt er durch Gottes vaͤterliche Providentz vnd Schickung / hieher zu ſeinem Predigt-vnd Pfarꝛampt / nach gehaltener Probpredigt ordentlicher wei - ſe vocirt worden / welches ſein hohes Ampt er / nach empfan - gener Ordination angetretten / non ſine bono & felici o - mine, eben auff das heilige Pfingſtfeſt / da man handelt vnd predigt von des heiligen Geiſtes Krafft vnnd Wirckung in der glaͤubigen Hertzen vnd Zungen / wie denn der Verſtor - bene ſeliger durch des heiligen Geiſtes reiche Gnade ſeinF ijAmpt44Chriſtliche Leichpredigt.Ampt alſo verwaltet mit gebuͤhrenden Straffen gegen den Gottloſen / mit Troſt gegen den bußfertigen Suͤndern / mit hertzlicher Rew vnd Trew Hertzen / gegen euch ſeinen lieben Pfarꝛkindern / daß jr deſſen ſonderlich nu nach ſeinem Tode ein gut Zeugnis geben koͤnnet vnd werdet. Er iſt kein Leu - ſetretter vnd Heuchler oder Stummerhund geweſen / ſo der Welt Danck vnd Placentia ſagen wollen / ſondern wie er Johannes geheiſſen / alſo hat er auch mit Johanne ſeine Stimme erhoben / vnd jedermanne vnerſchrocken die War - heit geſagt / ob er gleich bey vielen verhaͤrteten Pharaoni - ſchen vnd Herodiſchen Hertzen wenig Danck verdienet / jbme auch offt wie er mir ſelber geklaget / druͤber zugeſetzt worden / vnd als den Prophetenlohn bekommen von den vn - danckbaren vnartigen Welthanſen mit Johanne / Chriſto vnd deſſelben Apoſteln vnd allen rechtſchaffenen Predigern nach dem Verß Beuſtii vber das Evang. Johan. 8.

Præmia doctrinæ lapides Eccleſia ſentit, &c. ()

Vnd wie Chriſtus ſagt / Matth. 10. Sihe ich ſende euch wie Schaafe mitten vnter die Woͤlffe / (es betrachte nur einer des armen Schaͤfleins Zuſtand vnd Trangſall mitten vnter den Woͤlffen / wie dieſelben es zuzauſſen / zerreiſſen vnd zerbeiſſen werden) vnnd muͤſſet gehaſſet werden von je - derman vmb meines Namens willen. Wer aber behar - ret biß ans Ende / der wird ſelig. Der Juͤnger iſt nicht vber ſeinen Meiſter / noch der Knecht vber den Herren / es iſt dem Juͤnger gnung / daß er ſey wie ſein Meiſter / vnd der Knecht wie ſein Herꝛ / haben ſie den Haußvater Beelzebub geheiſſen / wie viel mehr werden ſie ſeinen Haußgenoſſen alſo heiſſen / aber fuͤrchtet euch nicht fuͤr jhnen.

Er iſt45Chriſtliche Leichpredigt.

Er iſt kein wanckendes Rohr geweſen / ſo vmb des Bauchs ſeine Predigten bald Lutheriſch bald Calviniſch gethan / nach der zeit der Verfolgung gerand / vndden Man - tel nach dem Winde gehangen / ſondern er iſt mit Johanne beſtendig geblieben / vnd Chriſto allein rechter SchwanEn - gel getrew geweſen / ſo nur geſungen was Gottes Wort ge - meß geweſen / auch nicht ohn Gefahr / ſonderlich zu jener Zeit da die tuckmeiſſeriſchen Calviniſten / Fuͤrſten vnd Vn - terthanen / Land vnnd Leute / bevoraus aber die Kirche vnd die armen Prieſter betriegen wollen / auch zum theil ſchend - lich betrogen / vnd der Grelliſche Hauffe groß Vnheil in der Kirchen Gottes dieſer Landen verurſacht / wie am Tage. Er hat wie jhr Oldißleber ſelber geruͤhmet / feine Gaben ge - habt in ſeinen Predigten / ſo war er auch ein feiner gelehrter beleſener Mann / der in allen ſachen davon er handelte auff den grund vnd richtig durchgieng / wie nur aus ſeiner Con - verſation bewuſt / doch alles fein vorbracht mit Glimpff vnd Beſcheidenheit / nicht mit poltern / ſtuͤrmen vnd vngeſtuͤm / das jhr ſelber wiſſet / daß er glimpfflich vnd froͤlich war / doch mit gebuͤhrender Beſcheidenheit / non ſine gravitate, wel - ches traun eine groſſe Gnade Gottes / ſo nicht jedermanne gegeben iſt.

Sein Privatleben anlangt / hat er nach angetrettenem Pfarꝛampt ſich deſſelben 1587. Jahrs in den heiligen Ehe - ſtand Chriſtlich vnd ehrlich begeben / vnd allhier ſein hoch - zeitlichen Ehrentag gehalten / mit der Erbarn vnd Tugent - ſamen damals Jungſrawen Anna Stieren / Peter Stiers Buͤrgers zu Leipzig ſeligen hinderlaſſenen eheleiblichen Tochter / ſeine jetzo hochbetruͤbte hinterlaſſene Wittiben / mit der er gantzer dreyſſig Jahr eine gottſelige / friedlicheF iijEhe46Chriſtliche Leichpredigt.Ehe gefuͤhret vnd bey derſelben gewohnet / in Gottesfurcht / Gebet / hertzlicher Lieb vnd vertrawlicher Einigkeit / drumb jhn auch GOtt in ſeiner Nahrung bey ſeinem zimlichen Dienſt / reichlich geſegnet / vnd ein ehrlichen Vnterhalt den ſeinigen beſcheret / ob gleich etliche gottloſe Neidhaͤmmel jhm ſeine friedliche vnd geſegnete wie vberall zu geſchehen pflegt / Nahrung mißgegoͤnnet. Er hat auch mit ſeiner lie - ben Haußehr erfahren / den in 127. vnd 128. Pſalm verheiſ - ſenen Segen Gottes / denn er gezeuget acht liebe Erben / ſechs Soͤhne vnd zwo Toͤchter / derer zwey verſtorben / nem - lich ein Sohn vnd eine Tochter / vnd noch ſechs am Leben ſind / nemlich fuͤnff Soͤhne vnnd eine Tochter / welche jetzo alle vber jhres lieben Vatters Todt hertzlich betruͤbt ſeyn. Dieſe Kinder hat er alle fleiſſig gezogen zu Gottesfurcht / Zucht vnd Vermahnung nach der Lehre des Apoſtels Pau - li / Epheſ. 6. vnd ſie nicht zu Zorn gereitzet / denn er gar ein paternam diſciplinam, mit hertzlicher Vermahnung ge - fuͤhret. Sonderlich hat er ſie zu den ſtudiis gehalten / vnnd gar nichts tawren laſſen / darumb er auch Frewde an jhnen erledt / denn ſein elteſter Sohn Herꝛ Samuel den gradum Magiſterii mit ehren erlangt / vnd Rector der Schul in der Fuͤrſtlichen Stadt Weymar worden / der nun gleichſam ſein lieber Joſeph iſt / deſſen er ſich im ſeinen Alter erfrewet vnd deſto froͤlicher ſterben koͤnnen / als der nun mit Rath vnd That ſeiner hertzlieben Mutter als ein junger Tobias / ſei - nem Bruͤdern aber als Joſephs beyſpringen wird.

Seine Kranckheit belanget / wiſſen ewer Lieb ſelber / daß es das liebe Alter geweſen / davon wir im Eingang ge - meldet / deſſelben Beſchwerung er faſt in die zwey Jahr ge - fuͤhlet / Safft / Marck vnnd Krafft iſt bey jhm vertrocknet /biß er47Chriſtliche Leichpredigt.biſt er die Oſterfewrtag nach gehaltener Fruͤpredigt gar la - gerhafftig worden / vnd endlich ausgegangen wie ein Liecht. Welches er auch ſelbſten wol bey ſich zuvor empfunden / vnnd derentwegen am Sontag Miſericordias Domini mich zu ſich erbeten / mir nach gehaltener Predigt mit rech - ter Andacht vnd klaren deutlichen Worten ſeine Beichte vnd Confeſſion gethan / vnd vnter andern geſagt: Jhr wiſ - ſet / das ich in dem Churfuͤrſtenthumb Sachſen geboren von Chriſtlichen Lutheriſchen Eltern / vnnd alſo von Jugend auff keiner Ketzeriſchen Lehr / weder Calviniſten / Papiſten / noch andern Schwermern zu gethan / ſondern bin aufferzo - gen bey reiner Lehr biß an mein Predigampt / da ich denn / wie mir meine Zuhoͤrer muͤſſen Zeugnis geben / nichts an - ders gepredigt als das Wort Gottes / item was gemeß ge - weſen den reinen Symbolis vnd Catechiſmis Lutheri / der rechten vngeenderten Augſpurgiſchen Confeſſion / den Schmalcaldiſchen Artickeln vnnd der widerholten Erkle - rung in der Concordia. Hierauff wil ich durch Gottes Gna - de beſtendig bleiben / vnd in ſolchem Glauben leben vnd ſter - ben / das gebt mir nach meinem Abſcheid / ſo es die Noth er - fordern wird / zeugnis: Vnd iſt auch bey ſolchen Bekentnis blieben / vnnd von ſeinem Sohn begehret / das ſie jhme die Formulam Concordiæ mit ins Grab beylegen wolten.

Jn der Abſolution vnd Empfahung des Abendmals kundte er ſich hertzlich troͤſten / fiele mir offt in meine Wort / vnnd als ich vnter andern jhme fuͤrhielte den Troſtſpruch 1. Johan. 1. Das Blut Jeſu Chriſti des Sohns GOTtes macht vns rein von aller Suͤnden / da ſagt er / das iſt meine letzte Paſſionpredigt dißmal geweſen / auff den Troſt wil ich ſterben. Vnd als er mit dem Leib vnd Blut des HErrn ge -ſpeiſet48Chriſtliche Leichpredigt.ſpeiſet war / befahle er ſich gentzlich Chriſto / vnd ſagte: Nunc Dominus mecum, Domini jam ſum. Er machs mit mir wie er wil / was kan mir die Welt / Teuffel vnd alle Fein - de thun? Mein HErr Chriſtus iſt viel zu mechtig / daß mir auch vber ſolchen Glaubenstroſt vnnd Gedult die Augen vbergiengen.

Nach demſelben hat er offt gefuͤhret den Spruch jenes Kirchenlehrers: ita vixi, ut non pudeat me vivere, nec mori timeo, quia bonum habeo Dominum, Da ſeht jhr lieben Chriſten / wie ein alter ſterbender Chriſt ſich troͤſten koͤnne Gottes ſeines Schoͤpffers / ſo er in der Jugend / da - von jhr im Eingang gehoͤrt / deſſelben gedenckt vnd Luſt hat am Geſetz vnd Wort Gottes / vnd deſſelben Zeugniſſen Tag vnd Nacht / ꝛc. Er hat ſich auch getroͤſtet in ſeinem Laͤger ſeines guten Gewiſſens / daß er ſein Ampt frewdig vnd vner - ſchrocken verrichtet / vnd gewiß ſey / daß er ſeiner Pfarꝛkin - der keins mit ſtillſchweigen verwarloſſet / hat hertzlich fuͤr ſie geſorget / gebetet / hat auch befohlen ſie ſollen zu guter letzte ſeine Worte ſo er aus den Act. 10. in ſeiner letzten Predigt zu jhnen geredt behalten / vnnd ſeiner ſtets darbey gedencken / Wer Gott fuͤrchtet vnd recht thut der iſt jhm angenem. Diß leſt euch ewer lieber SchwanEngel nunmehr als ein En - gelgeſang zu letzt erinnern / bey ſolchem Schwangeſang vnd ſchoͤnen Worten / ſolt jhr ſeiner / ewer Seligkeit zum beſten gedencken / ſo offt jhr ſeiner gedenckt.

Sein Leben hat er beſchloſſen mit dem Spruch Jo -1. Ioh. 1. 12. hannis 1. verſ. 12. Chriſtus hat Macht gegeben Kinder Got - tes zu werden / alle die an ſeinen Namen gleuben. Jch gleu - be auch an ſeinen Namen / darumb bin ich gewiß ein KindGottes.49Chriſtliche Leichpredigt.Gottes. Diß iſt ein rechter gleubiger Schluß ex univerſali, den kein Particulariſt aus den Calviniſten thun kan. Jtem 1. Sam. 2. Der Herr toͤdtet vnd macht lebendig / fuͤhret in1. Sam. 2. 6. die Helle vnd wieder heraus. Derohalben ob mich ſchon derPſal. 77. 11. Herr toͤdten wird / wil ich dennoch auff jhn hoffen / die Rechte des Herrn kan alles endern.

Hierauff hat er ein trunck rohten Wein begehrt / ſeiner lieben Haußehr noch eins zu guter Nacht gebracht / ſie erin - nert jrer beyden hertzlichen trewen Lieb zuſammen / vnd das ſie in gutem vernehmen vnd Fried ein Chriſtliche Ehe in die dreyſſig Jahr gefuͤhret / aber nu ſey es zeit ſcheidens / vnnd darauff getruncken / jhr vnd allen ſeinen Kindern / die jhn in Armen gehabt gute Nacht gegeben / vnd ſie Gott denn mit Seufftzen befohlen. Als ſie aber weil er ſo vernuͤnfftig vnd ſtarck mit jhnen geredet / nicht vermeynet / daß dazumal ſein Ende ſo nahe wehre / vnnd jhm / wie leicht zuerachten / wei - nent zugeſprochen / Ach mein lieber Vater / wir verhoffen ob Gott wil noch lenger beyſammen zu leben / iſt er doch als der wol die Todesangſt bey ſich gefuͤhlet / beſtendig darauff blie - ben / noch eins getruncken / vnd den ſeinigen als er ſie geſegnt im Armen ſitzend auff ſeinen Lager geſtorben / vnd alſo gar ſanfft mit guter Vernunfft ohn einigen Zuck in Chriſto ein - geſchlaffen / ſo geſchehen iſt vorgeſtern Mitwoch fruͤhe vmb 7. Vhr / im 61. Jahr ſeines Alters / nach dem er dreyſſig Jahr ewer getrewer Pfarꝛherꝛ vnnd Seelſorger geweſen So gedenckt nun lieben Chriſten an ewren Seelſorger vnd Lehrer / an ſeinen Glauben / an ſeine Rede vnd an ſein Ende / ſchawet daſſelbe an / vnd folget jhme durch Gottes Gnade nach / rufft auch Gott fleiſſig an / daß er euch wieder mit ei -Gnen50Chriſtliche Leichpredigt.nen reinen / gottſeligen frommen Lehrer begnaden wolle. Derſelbe getrewe Gott troͤſte nun die betruͤbte Wittibe vnd Waͤyſe / des verſtorbenen ſeligen / wie denn auch ſeine See - le im ewigem Leben / verleyhe dem Coͤrper eine ſanffte Ruh / vnd vns allen aber mit jhme ein ſeliges Ende / am juͤngſten Tage eine froͤliche Aufferſtehung. Gott ſey mit vns / vnd fuͤhre vnnd bringe vns aus dieſer Wanderſchafft in vnſer Vaterland des ewigen Lebens. Das verleihe vns GOtt Vater / Sohn vnd heiliger Geiſt / hochgelobt vnd ge - preiſet in Ewigkeit / Amen / Amen / Amen.

METRA

About this transcription

TextChristliche Einfeltige Leichpredigt
Author Nicolaus Eccardi
Extent50 images; 12250 tokens; 3283 types; 80628 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationChristliche Einfeltige Leichpredigt Bey der Sepultur vnd Leichbegängnüß des Weyland Ehrwürdigen vnd Wolgegelarten Herrn/ Johannis SchwanEngel Nicolaus Eccardi. . 50 S. Johan WeidnerJena1617.

Identification

Universitätsbibliothek Breslau Universitätsbibliothek Breslau, 4 S 224/5 / 524988

Physical description

Fraktur

LanguageGerman
ClassificationGebrauchsliteratur; Leichenpredigt; Gebrauchsliteratur; Leichenpredigt; ready; aedit

Editorial statement

Editorial principles

Publication information

Publisher
  • dta@bbaw.de
  • Deutsches Textarchiv
  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
  • Jägerstr. 22/23, 10117 BerlinGermany
ImprintBerlin 2019-12-10T09:36:15Z
Identifiers
Availability

Dieses Werk steht unter der „Creative Commons Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Deutschland Lizenz“ (CC BY-SA).

Holding LibraryUniversitätsbibliothek Breslau
ShelfmarkUniversitätsbibliothek Breslau, 4 S 224/5 / 524988
Bibliographic Record Catalogue link
Terms of use Images served by Deutsches Textarchiv. Access to digitized documents is granted strictly for non-commercial, educational, research, and private purposes only. Please contact the holding library for reproduction requests and other copy-specific information.