PRIMS Full-text transcription (HTML)
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Das Abgewogene Leiden GOtt-ſeliger Chriſten in der Welt /
Bey Hoch-Adelicher und anſehnlicher Leich-Beſtattung Deß weyland Hoch-Edel-Gebornen / Geſtrengen und Hochbenamten Hr. Niclas von Zedlitz / Erb-Herꝛn auff Wilckau / Frauenhayn / Pfaf - fen-Dorff / und Rungen-Puſch / Der beyden Koͤniglichen Erb-Fuͤrſtenthuͤmer Schweidnitz und Jauer Hoch-Verdienten Ober-Recht-Sitzers Und Landes-Elteſten /1 Wie auch Deß Hoch-Loͤblichen Kayſer - und Koͤniglichen Mann-Gerichts Hoch-Verdienten Herꝛn Beyſitzers / Hof - Meiſters und Hof-Richters / Auß der Epiſtel an die Roͤm. VIII. v. 18. Auff dem GOTTES-Acker zur H. Dreyfaltigkeit Vor der Stadt Schweidnitz / Den 27. Junii, Anno M. DC. LXIX. Jn einer Stand-Sermon kuͤrtzlich gewieſen
Breßlau /Jn derBaumanniſchen Erben Druckerey druckts Johann Chriſtoph Jacob / Factor.
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Jm Nahmen der Heiligen und Hoch - gelobten Dreyfaltigkeit / GOttes deß Vaters / und deß Sohnes / und deß Heiligen Geiſtes. Amen! ()

ITe, Cives, ite, Funus Majoris non habebitis. Alſo / jhr Lieben in dem HERRN JESU / auch theils hertz - lich betruͤbte / Hoch-Adeliche Chriſt - Hertzen / redete jener Roͤmer bey der Sepultur deß edelſten Scipionis die Buͤrger an / undMetellus. invitirete ſie zu Grabe: Kommet / jhr Buͤrger / kom - met / jhr werdet keine vornehmere Leiche zu beſtatten haben. Jch werde hoffentlich nicht irren / wenn ich mich jtzo auch dieſer Worte gebrauche bey der Leich-Beſtat - tung deß weyland Hoch-Edel-Gebornen / Geſtren - gen und Hoch-benahmten Herꝛn / Herꝛn Niclas von Zedlitz / Erb-Herꝛn auff Wilckau / Frauen - hayn / Pfaffen-Dorff und Rungen-Puſch / der beyden Koͤnigl. Erb-Fuͤrſtenthuͤmer Schweidnitz und Jauer Hoch-Verdienten Ober-Recht-Sitzers und Lands-Elteſten / wie auch deß Hoch-Loͤblichen Kayſer - und Koͤniglichen Mann-Gerichts Hoch - Verordneten Herꝛn Beyſitzers / Hof-Meiſters und Hof-Richters: Ite, Cives, ite, Funus Ma -A ijjoris[4]joris non habebitis: Jhr hohen Edlen / jhr Vorneh - mehmen Buͤrger / jhr gehorſamen Unterthanen kom - met zu Grabe / kommet / jhr werdet eine fůrnehmere Leiche ſo balde nicht zu beſtatten haben. Gedencket jhr

An ſeine hohe Ehren-Aem̃ter / die jhm GOTT vertrauet / wie er ſelbige und zwar als Ober-Recht - Sitzer und Lands-Elteſter 48. als Hof-Meiſter und Hof-Richter in die 56. Jahr / mit hoͤchſtem Ruhm ver - waltet / und in dem er alſo unſerm lieben Vater-Land treulich gedienet / ſich ſelbſten / als ein brennend Licht / endlich verzehret / ruffet jhr jhm billich / wie jene demGen. 41. v. 34. Joſeph / nach / Pater, Patriæ, dieſer war deß Landes Vater. Sehet jhr an

Prov. 26. v. 31. Seine grauen Haare / die Krone der Ehren / die er auff dem Wege der Gerechtigkeit funden / ſein hohes Alter / welches er uͤber das Ziel im 90. Pſalm geſetzt / und biß an das 81. Jahr gebracht / wohin heutiges Ta - ges der Achtzigſte und Hunderte nicht gelanget / muͤſſet jhr jhn nennen Patriarcham noſtri Seculi, einen Ertz - und Alt-Vater unſerer Zeit. Erinnern wir uns ſaͤm̃tlich

Seines gegen GOTT und dem Nechſten wolge - fuͤhrten / auch / wie durch anderes / alſo ſonderlich durch ein etliche und viertzig Jahr lang waͤrendes Creutze / probirtes Chriſtenthums / geſtehen wir einmuͤthig / daß er ein eyferiger Liebhaber GOTTES und ſeines heiligen Worts / ein beſtaͤndiger bekenner und Nach - folger ſeines HERRN JESU / biß an ſein Ende / ein rechter Jſraelit / in welchem kein Falſch / und alſo Speculum & Exemplar boni Chriſtiani, ein Spie - gel und Exempel eines Gottſeligen Chriſten geweſen. Funus[5]Funus Majoris non habebitis, jhr werdet einen fuͤr - nehmern und Gottſeligern Mann ſo balde nicht zur Erden beſtatten.

Zu geſchweigen jtzo ſeiner Ehren-Aem̃ter / und er - lebeten hohen Alters / (welche beyde Stuͤcke ſonder Zweifel auß ſeinem Ruhm-wuͤrdigſten Lebens-Lauff auß fuͤhrlich werden zu vernehmen ſeyn) gedencke ich kuͤrtzlich an ſein Chriſtenthumb. Jch habe hoffent - lich nicht zu viel geſaget / da ich jhn einen Spiegel und Exemplar einesrecht Gottſeligen Chriſten nennete. Jch beruffe mich nicht nur auff dieſes gegen - waͤrtige Hoch-Anſehliche Auditorium, ſondern auch auff unſere gantze heilige Kirchen-Verſamlung dieſes Ortes. Habt jhr jhn nicht allezeit andaͤchtigſt und be - ſtaͤndigſt bey dem heiligen GOTTES-Dienſt geſe - hen? Wie lieb hatte er die Staͤtte dieſes Hauſes und dieſen Ort / da GOTTES Ehre wohnet! WiePſ. 27. v. 〈…〉〈…〉. & 27. v. 4. offt hielt er ſich zu deß HERRN Altar! Dieſes eintzi - ge hatte er von Jhm erbeten / daß er ſein Lebenlang in ſeinem Hauſe blieben / die ſchoͤnen GOTTES-Dien - ſte geſchauet / und ſeinen Tempel biß ans Ende beſuchet! Jch fodere zu Zeugen alle Unterthanen / und abſonder - lich ſeine Haus-Genoſſen. War nicht ſein Adeliches(a) Dixit qui - dam Græcꝯ: οἶκον ἄφω - νον ἒὶ κενό - φωνον γίνε - αραι ϑεόφω - νον καὶ ἀγα - ϑόφωνον. Haus ein rechter Tempel / in welchem man nichts an - ders gethan / als GOTTES Wort geleſen / andaͤch - tigſt gebetet und geſungen / wodurch das Haus gantz be - (a) feelet worden / daß es von Leſen / Beten und Singen gleichſam widergeſchallet? Warlich / ein rechter Abra - ham / der allzeit ſeinen Kindern und ſeinem Hauſe be - fohlen / daß ſie deß HERRN Wege halten / und thun was recht und gut iſt. Gen. 18. v. 19.

A iijNeh -[6]

Nehmet noch eine Probe ſeines guten Chriſten - thums / ſein Creutz. Je laͤnger es wehrete / je gedulti - ger erweiſete er ſich: Je hefftiger es druͤckete / je an - daͤchtiger und froͤlicher war er in ſeinem GOTT. Sei - ne Seele war ſtille zu GOTT / der jhm allzeit geholf -Pſ. 62. v. 2. fen. Er wuſte / daß es von ſeinem lieben GOTT kaͤ -Ebr. 12. v. 8. me / deſſen beſtaͤndige Ordnung es waͤre / daß ein KindLuc. 14. v. 27. nicht ohne Zuͤchtigung / ein Chriſt nicht ohne Creutz / ein Diener GOTTES nicht ohne Anfechtung / einSir. 2. v. 1. Reichs-Genoſſe nicht ohne Truͤbſal in dieſer Welt ſeynActor. 14. v. 22. ſolle. Dabey hielt ers mit Paulo gaͤntzlich dafuͤr / daß dieſer Zeit Leiden der Herꝛligkeit nicht werth ſey / die an uns ſoll offenbahret werden / Rom. 8. v. 18. O du ſeligſter Mann / der du alles Creutz und Anfechtung be - ſtaͤndigſt erduldet! Denn nach dem du bewehret biſt / haſt du (der Seelen nach) die Krone deß Lebens em - pfahen / welche GOTT dir verheiſſen hat / und allen denen / die jhn lieb haben / Jacob. 1. v. 12. Jn Be - trachtung dieſes / haben ohne Zweifel die hinterbliebe - nen Hoch-Adelichen Anverwandten einen ſolchen Text zur Leich-Sermon mir an die Hand gegeben / welcher / wie von der Gottſeligen Chriſten zeitlichem Leiden und Truͤbſeeligkeit / alſo auch der darauff erfol - genden Freude und groſſen Herꝛligkeit in jenem Leben handelt. Dieſer ſtehet Rom. VIII. v. 18.

(Textus. Rom. 8. v. 18. )JCh halte es dafuͤr / daß dieſer Zeit Leiden der Herꝛligkeit nicht werth ſey / die an uns ſoll offenbaret wer - den.
Es[7]

Es beliebe uns jtzo ſelbigen kuͤrtzlich zu betrachtenPropoſitio. als eine Apoſtoliſche Waag-Schale / womit er die gegenwaͤrtige Truͤbſeligkeit und zukuͤnfftige Herꝛ - ligkeit der Chriſten abwieget.

GOTT ſegne dieſe unſere Arbeit / und verleihe / daß ſie
zu ſeiner heiligen Ehre / der Betruͤbten kraͤfftigem
Troſte / und unſer aller ſeligſten Erbauung verrich -
tet werden moͤge / Amen!

Abhandlung.

BEy Apoſtoliſcher Abwegung der gegenwaͤrtigen Truͤbſeligkeit und zukuͤnfftigen Herꝛligkeit eines Gottſeligen Chriſten betrachtet / jhr Lieben /

I. Die Waag[-]Schale an ſich ſelbſt.

Eine Waage muß richtig und gewiß ſeyn / ſo man derer Dinge / die gewogen werden / Gewichte und Un - terſcheid genau erkennen wil. Unſere Waag-Schale iſt richtig. Jch halte es dafuͤr: Λογίζομαι; (b) Nach -(b) Accuratã inquiſitione habitâ, re - ctâ ratione colligo, & firmiter cõ - cludo. dem ich alles gruͤndlich und umbſtaͤndiglich erwogen / mache ich dieſen vernuͤnfftigen feſten Schluß. Da Pau - lus die hohe Lehre von der Rechtfertigung deß Men - ſchen fuͤr GOTT abgehandelt und nach der Laͤnge di - ſputiret, ob ſolche durch den Glauben / oder durch die Wercke / oder aber durch den Glauben und die Wercke zugleich geſchehe / braucht er eben dieſes Wort / und ſchleuſt endlich / λογιζόμεϑα, ſo halten wir es nu / daß der Menſch gerecht werde / ohne deß Geſetzes Werck / allein durch den Glauben / Rom. v. 28. So behaͤlt ers auch hier bey Außfuͤhrung der Lehre von dem Creutz[;]Als[8]Als wolt er ſagen: Ein ander mag ſagen und halten von dem Creutz was er wil / ich ſage dieſes / und halte es dafuͤr / daß dieſer Zeit Leiden / ꝛc. Dieſe Gewißheit hatte er auß eigener Erfahrung. Beydes war jhm ſchon bekant. Am Leiden hat es jhm niemals gefehlet. Wir haben deß Leidens Chriſti viel / 2. Cor. 1. v. 5. Wir ha - ben allenthalben Truͤbſal / wir leiden Verfolgung / wir werden untergedruͤcket / wir tragen umb allzeit das Sterben deß HERRN JESU an unſerm Leibe /(c) Luth. Com - ment. h. l. Mundus eſt mihi cruci - fixus, i. e. ego judico mundum eſ - ſe damnatũ; & ego mun - do ſum cru - cifixus, h. e. mundus vi - ciſſim me judicat da - mnatũ. Sic invicem nos crucifigimꝯ & damna mus. Cap. 4. 8. 9. 10. Jch bin der Welt gecreutziget / (c) von jhr gantz verdammet / Gal. 6. v. 14. Er kam wohin er wolte / ſo fand er den Teufel daheim[;]Bande und Truͤbſal warteten / als Schergen und Buͤttel-Knechte / allenthalben auff jhn / Act. 20. v. 23. Und wer kan ohne Beſtuͤrtzung das groſſe Regiſter ſeiner Leiden / ſo er 2. Cor. 11. ſelbſt auffgezeichnet / leſen? Dazu kam endlich / daß er die Maͤrtyr-Krone tragen / und ſein Blut / als ein Schlacht-Opffer / vergieſſen muſte / 2. Tim. 4. v. 6. Den Vorſchmack der himmliſchen Herꝛligkeit hatte er auch allbereit in ſeinem Hertzen ver - ſucht / als er biß in den dritten Himmel / in das Para - dieß entzuckt worden / allwo er unaußſprechliche Worte gehoͤret / welche kein Menſch ſagen kan / 2. Cor. 12. v. 2. Auß dieſer beyder Erfahrung machte er jhm das Facit, wie ein Rechen-Meiſter / und ſchloß / daß dieſer Zeit Leiden der Herꝛligkeit nicht werth ſey / die an uns ſoll offenbahret werden. Hierauß fleußt dieſe

Lehre.

EJn frommer Chriſt iſt deſſen gantz gewiß / daß auff dieſes Leben ein ſolch Leben erfolgen wer - de / worinnen jhn GOTT deß jtzigen Leidens reich -lich[9]lich er goͤtzen werde. Er ſaget mit dem Apoſtel: Jch halte es dafuͤr. Hat er ſolches nicht auß eigener Er - fahrung / weil er nicht mit Paulo biß in den dritten Himmel entzuͤckt / und im Paradieß geweſen / ſo iſt ers doch anderswoher verſichert. Die gantze heilige Schrifft ſtehet jhm zum Zeugnuͤß da. Mercket auff die klaren Spruͤche. Jch weiß / (d) (bin deſſen im Glauben(d) 〈…〉〈…〉uſur - patur de ho - minibus fi - de ſalvificâ præditis, & fiduciã cor - dis & πλη - ροφορίαν affectûs ſe - rii à Spiri - tu S. exci - tati conno - tat. Glaſſ. in Rhet. ſacr. p. m. 13. gantz gewiß und verſichert) daß mein Erloͤſer lebet / und er wird mich hernach auß der Erden aufferwecken. Und werde darnach mit dieſer meiner Haut umbgeben werden / und werde in meinem Fleiſche GOTT ſehen / denſelben werde ich mir ſehen / und meine Augen werden Jhn ſchauen / und kein Frembder / ſagt Hiob Cap. 19. v. 25. Jch glaͤube aber doch / daß ich ſehen werde das Gute deß HERRN im Lande der Lebendigen / Pſ. 27. v. 13. Jch gebe jhnen (meinen Schaafen) das ewige Leben / laͤſt ſich unſer Heiland vernehmen / Joh. 10. v. 28. Und / die Gerechten werden gehen in das ewige Leben / redet er abermals / Matth. 25. v. 46. Betrachtet die an - muthigen Zeichen / in welchen das andere und ewige Leben mit ſeiner Herꝛligkeit fuͤrgebildet worden. Das Paradieß war der ſchoͤnſte Ort in der Welt / worin - nen unſere erſte Eltern jhre hoͤchſte Luſt und das voll - kommenſte Vergnuͤgen hatten. Dieſes deutete noch auff ein viel herꝛlicher Paradieß / nemlich / das ewige Leben / wo die glaͤubigen Uberwinder eſſen werden von dem Holtz deß Lebens / das im Paradieß iſt / Apoc. 2. v. 7. Und trincken von dem lautern Strom deß leben - digen Waſſers / klar wie ein Cryſtall / Cap. 22. v. 1. Ewige Freude wird uͤber jhrem Haupte ſeyn / Eſ. 35. v. 10. Der Kaſten Noah ruhete nach verlauffenemBGewaͤſ -[10]Gewaͤſſer auff dem Gebuͤrge Ararat, Gen. 8. v. 4. So / und vielmehr wird die Kirche GOTTES / nach auß - geſtandenen vielen Stuͤrmen / Wettern und Gewaͤſ - ſern der Truͤbſal und Verfolgung / die in der Welt uͤber ſie ergangen / und von einem Ort zum andern getrie - ben haben / auff den heiligen Bergen / in dem ewigen Leben / jhre Ruhe haben / und in Ewigkeit genieſſen. Jn dem gelobten Lande Canaan / welches GOTT den Jſraeliten verſprochen / und nachmals zu beſitzen(e) Fluens lacte & melle, h. e. abundans o - mnibus re - bus ad vi - ctum & de - licias neceſ - ſariis, vel, ut Tremell. h.l. commenda - bilis copiâ præſtantiâꝗ́ provẽtuum. eingegeben / floß Milch und Honig / (e) Exod. 3. v. 8. Es war daſelbſt / als in der ſchoͤneſten / herꝛlichſten und fruchtbarſten Landſchafft unter der Sonnen / alles / was zur Leibes Nahrung und Nothdurfft gehoͤrete / vollauff / und in hoͤchſtem Uberfluß. Jm ewigen Leben aber noch viel mehr / Da wird ſeyn Freude die Fuͤlle / und lieblich Weſen zur Rechten GOTTES ewiglich / Pſ. 16. v. 11. Da der weiſe Salomo den Tempel zu Jeruſalem bauete / ließ er jhm die Steine alle zu Tyro hauen / und zuſammen fuͤgen / daß hernach zu Jeruſalem bey Auff - richtung derſelben alles ſtille zugegangen / und kein Ham - mer noch Beil / noch irgend ein Eiſen-Gezeug im Bauen gehoͤret worden / 1. Reg. 6. v. 7. Tyrus bildete dieſes Leben ab: Da bricht[;]Hauet / ſtoͤſſet / ſchlaͤget / poliret GOTT an uns durch den Meiſſel deß Creu - tzes / Hammer und Axt der Truͤbſal / und macht uns zum geiſtlichen Bau fertig: Jm him̃liſchen Jeruſalem ſoll alles Schlagen und Pochen auffhoͤren / das Volck GOTTES ſoll in ewiger Stille und Sicherheit ſeyn / in Haͤuſern deß Friedes wohnen / in ſichern Wohnun - gen / und in ſtoltzer Ruhe / Eſ. 32. v. 17. 18. Dahero ſpricht S. Bernhard, O DOMINE, hîc ure, hîcſeca,[11]ſeca, modò in æteruum parce! Gnaͤdiger GOTT / hier in dieſem Leben brenne / ſpalte / zimmere / hobele an mir die groben Spaͤne ab / daß nur meiner in der Ewigkeit geſchonet werde! Setzet noch hinzu die herꝛli - chen Exempel derer Heiligen / die dieſes truͤbſelige Le - ben mit dem ewigen gluͤcklich verwechſelt haben. Enoch und Elias / (f) die Zeugen und Beſitzer der Ewigkeit /(f) Æternitatis Candidati. Tertull. Ob - ſides & te - ſtes æternæ vitæ. Gen. 5. v. 24. 2. Reg. 2. v. 11. Moſes / welcher nebſt dem Elia / auff dem Berge in him̃liſcher Klarheit er - ſchienen / Matth. 17. v. 3. Lazarus / der in der Schoß Abrahæ getroͤſtet / Luc. 16. v. 25. Die groſſe Schaar / die Johannes ſihet / welche vor dem Stuhl und dem Lambe ſtehet / angethan mit weiſſen Kleidern / und Pal - men in jhren Haͤnden / GOTT und das Lamb unauff - hoͤrlich loben / Apoc. 7. v. 9. beſtettigen unſere Lehre ge - nugſam / daß ſich ein frommer Chriſt auff dieſes muͤhſe - lige Leidens-Leben eines andern und ewigen Freuden-Le - bens gewiß getroͤſten koͤnne.

Hieran zweifele nu wer da wil[;]Kein rechtſchaffe -Applicatio ad B. De - functum. ner Chriſt thut es / ſondern haͤlt es gaͤntzlich dafuͤr / ſte - het feſt / und bekennet: Jch glaͤube ein ewiges Leben. Jch weiß ein beſſer Leben / da meine Seele faͤhret hin. So ſagte auch unſer ſeligſter Herꝛ Ober-Recht-Si - tzer und Landes-Elteſter. Obgedachter maſſen war er ein hertzlicher Liebhaber GOTTES / und uͤberauß fleißiger Leſer heiligen Worts. Jch erinnere mich hie - bey / was der ſelige Herꝛ vor 19. Jahren bey meiner Beſtellung zu dieſem heiligen Am̃te zu mir geſaget: Er wiſſe ſchon damals nicht / wie viel mal er die heilige Bibel ordentlich durchleſen habe. Jn dieſer heiligen Arbeit iſt er beſtaͤndig fortgefahren / und hat inB ijſeinem[12]ſeinem hohen Alter die uͤbrige Lebens-Zeit nach dem(g) D. Johann. Olearius Gottſel-Al - ter / p. 465. ſeqq. Exempel deß Auguſtini, Bedæ, (g) und anderer Heiligen / alles weltliche unruhige Weſen gaͤntzlich hindanſetzende / mit Singen / Beten und Leſen zuge - bracht. Das iſt ein gut Zeichen / ſagt der Herꝛ Luthe - rus / wem die theure Gabe geſchencket iſt / daß er Liebe und Luſt zur Schrifft hat / ſie gern lieſet / hoch und werth haͤlt / den ehret GOTT gewißlich wiederumb / daß er das rechte Siegel hat der be - ruffenen und erwehleten heiligen. Dieſes machte jhn nu gantz gewiß / daß er in allem Creutz deſto gedultiger und in der Hoffnung von der zukůnfftigen Herꝛligkeit deſto feſter worden. Das war an jhm biß an ſein ſeliges Ende zu ſehen. Fragten wir jhn / ob er ſeinen HERRN JESUM auch feſte in ſeinem Hertzen haͤtte / und be - ſtaͤndig glaͤubte / daß es derſelbe bald mit jhme beſſern wuͤrde? Hat er es mit einem doppelten Ja / Ja / an - daͤchtigſt beantwortet. Alle Chriſtliche Sterbe-Gebete / ſo jhm ſelbige gantze Nacht vorgeleſen / beſchloß er / (woruͤber man ſich billich verwunderte / weil jhm ſon - ſten die Sprache ſchon etliche Stunden gantz entfallen / und kein ander Wort mehr geredet) mit einem hellen und deutlichen zwiefachen Amen / Amen. Das ge - ſchahe biß auff den letzten Odem / und jhme von einem ſeiner liebſten Kinder die Augen zugedrucket worden. Eine ſolche Gewißheit und Freudigkeit macht der gewiſ - ſe / freudige und Heilige Geiſt / Pſ. 51. v. 12. 13. 14. Er verſichert uns / und gibt Zeugnuͤß unſerm Geiſt / daß wir GOttes Kinder ſind / und alſo Erben GOttes / und Mit-Erben CHRJSTJ / die auch mit zur Herꝛlig -keit[13]keit ſollen erhaben werden / (Rom. 8. v. 16. 17. )ſchlieſſet und glaͤubet / jhr Lieben:

Wer GOTT vertraut /
Hat wol gebaut
Jm Himmel und auff Erden.
Wer ſich verlaͤſt
Auff JESUM CHRJST /
Dem muß der Himmel werden.

II. Die jenigen Dinge / ſo Er zum Abwiegen auffleget.

Auff die eine Schale leget er dieſer Zeit Leiden. Παϑήματα, viel Leiden und Trůbſal. Anderwerts thei - let Er ſie in aͤuſſerliche und innerliche / 2. Cor. 7. v. 5. Jene greiffen den Leib an / als da ſind / Haß / Verach - tung / Gefaͤngnuͤß / Verfolgung / Armuth / Hunger /Rom. 8. v. 35. Bloͤſſe / Schwerdt / Kranckheit / Tod / und viel an - dere: Wovon alle Frommen gnugſam zu ſagen gewuſt / Ebr. 11. v. 26. Dieſe gehen an die Seele / nemlich / boͤſeEph. 6. v. 11. ſeqq. Begierde / der alte Adam / das verderbte Fleiſch und Blut / die Anlaͤuffe deß Satans mit ſeinen feurigen Pfeilen / die hefftigen Verſuchungen / Angſt der Hoͤl - len / und dergleichen[;]Welche auch alle Heiligen jeder - zeit gefůhret / und mit Paulo uͤber deß Satans Engel zu klagen gehabt / daß er ſie mit Faͤuſten geſchlagen / und jhnen ſo weh gemacht / als wenn ſie lebendig ge - ſpieſſet waͤren / 2. Cor. 12. v. 7. Dieſe beyderley Leiden / deß Leibes und der Seelen / ſtoſſen umb das Ende eines Chriſten gewaltig zuſammen / und verſuchen jhr Heil anB iijjhm /[14]jhm / ob ſie jhm das Ziel verruͤcken / und umb das him̃ - liſche Kleinod bringen moͤchten. Da heiſts wol recht παϑήματα, der Gerechte muß viel leiden / Pſ. 34. v. 20. Es hat mich umbgeben Leiden ohne Zahl / Pſ. 40. v. 13. Du laͤſſeſt mich erfahren viel und groſſe Angſt / Pſ. 71. v. 20. Wir můſſen durch viel Truͤbſal in das Reich GOTTES eingehen / Actor. 14. v. 22. Die fuͤr dem Stuhl GOTTES ſtehen / ſind kommen auß groſ - ſem Truͤbſal / Apoc. 7. v. 14.

Auff die andere Schale leget er die Herꝛligkeit / die an uns ſoll offenbaret werden. Das Wort Δόξα, Herꝛligkeit / begreifft den gantzen Zuſtand deß ewigen Lebens in ſich. So nennet auch Chriſtus das jenige / ſo ſeine Glaͤubigen bey Jhm ſehen werden: Vater / ich wil / daß wo ich bin / auch die bey mir ſeyn / die du mir gegeben haſt / daß ſie meine Herꝛligkeit ſehen / die du mir gegeben haſt / Joh. 17. v. 24. Kuͤrtzlich zu faſſen / iſt ſolche Herꝛligkeit der allergluͤckſeligſte Zuſtand der Auß - erwehlten im ewigen Leben / da ſie frey von allem Ubel / hingegen mit dem hoͤchſten Gutt reichlich uͤberſchuͤttet / in der aller-vollkommenſten Freude und ewigen Seelig - keit leben werden. Was in dieſem Leben guts / erfreuli - ches / hohes und herꝛliches kan erdacht und genoſſen wer - den / das wird die Freude und Herꝛligkeit deß ewigen Lebens auff unendliche Maſe und Weiſe uͤbertreffen. Einen Schatten ſolcher Herꝛligkeit und einen kleinen Vorſchmack derſelben haben wir zwar in der heiligen Schrifft / wenn ſie David als eine fuͤrtreffliche Gaſte - rey / Pſ. 36. v. 9. Chriſtus / als eine ſchoͤne gruͤne Aue und anmuthige Weyde / Joh. 10. v. 9. Johannes als ei - ne froͤliche Hochzeit abmahlet / Apoc. 19. v. 7. Aberdieſe[15]dieſe Gleichnuͤſſe koͤnnen uns keinesweges das eigent - liche Weſen ſelbſt dieſer Herꝛligkeit darſtellen. Dahero / weil ſolche kein Auge geſehen / kein Ohre gehoͤret / und in keines Menſchen Hertze kommen iſt / 1. Cor. 2. v. 9. ſetzt der Apoſtel dazu: Die an uns ſoll offenbaret werden[;]Was / nemlich die Frucht und das vollkom - mene Beſitzthum betrifft. Wir ſind ja wol ſchon in die - ſem Leben ſelig / doch in der Hoffnung / Rom 8. v. 24. Wir ſind ſchon GOTTES Kinder / aber es iſt noch(h) Nõdum ap - paruerũt o - mnes modi & axioma - ta ſimilitu - dinis cum DEO. D. Hülſeman. Brev. p. 208. nicht erſchienen / was wir ſeyn werden / (h) was nem - lich das fuͤr eine groſſe Herꝛligkeit / GOTTES Kind / Jhm gleich ſeyn / Jhn ſehen wie Er iſt / 1. Joh. 3. v. 2. GOTT hat uns das ewige Leben gegeben in ſei - nem Sohne / wer nu den Sohn GOTTES hat / der hat das ewige Leben / Cap. 5. v. 11. 12. Aber dieſes Le - ben iſt noch verborgen mit Chriſto in GOTT / Col. 3. v. 3. Wir ſehen jtzt nur durch einen Spiegel (nur Bildnuͤß Weiſe) in einem dunckelen Wort / denn aber(i) Γοκ πα - λιγτενεσία accipitur generaliter, prout ipſam naturæ re - novationem ambitu ſuo includit. Sy - rus: in Se - culo novo. Vid. Tar - nov. Exerc. p. 476, (im Stande der ewigen Herꝛligkeit) von Angeſicht zu Angeſicht / 1. Cor. 13. v. 12. Weil das Kind noch unter Muͤtterlichem Hertzen im Leibe verſchloſſen liegt / ſihet und weiß es nichts von der Schoͤnheit deß Tage-Lichts[;]So bald es aber zut Welt gebohren / ſihet es den hellen Sonnen-Glantz / Womit der Erd-Kreiß erleuchtet wird. So lange wir in der Welt ſeyn / ſtecken wir in der Finſternuͤß dieſes Zeitlichen / und wiſſen nichts voll - kom̃liches von der Freude deß ewigen Lebens. Jn der Wiedergeburt / (i) (ſo nennete unſer Heiland den Juͤngſten Tag / Matth 19. v. 28.) da wir auß unſern Graͤbern herfuͤr kommen / und gleichſam auffs neue ge - bohren worden / werden wir auch mit auffgedecktemAnge -[16]Angeſichte alle Herꝛligkeit deß ewigen Lebens in jhrem Weſen ſehen / verſtehen und in alle Ewigkeit genieſſen.

III. Wie er ſie im Abwiegen befinde.

Jtzo zeugt Paulus die Waage auff / und befindet in der erſten Schale das Leiden / aber nur dieſer Zeit / οὐ νῦν καιροῦ ſo lange als dieſer Zeit waͤret / und wir in der Zeit leben. Ein bloſes Nun und Augen-Blick. Dazu nicht werth / ον̓κ ἄξια, keiner Wuͤrde noch Wichtigkeit / kurtz und leichte: Keiner Proportion gegen das unend - liche und ewige. Jn der andern aber die zukuͤnfftige Herꝛligkeit / welche jenes / das Leiden dieſer Zeit / un - endlicher maſſen uͤberwieget / weil dort alles zeitlich iſt / hier alles ewig. Außfuͤhrlicher weiſet uns dieſes alles der Apoſtel / 2. Cor. 4. v. 17. 18. Womit er unſern Text uͤber alle maſſen herꝛlich erklaͤret / und alſo ſaget: Unſer Truͤbſal / die zeitlich und leichte iſt / ſchaffet eine ewige und uͤber alle maſſe wichtige Herꝛligkeit / und die wir nicht ſehen auff das Sichtbare / ſondern auff das Unſichtbare. Denn was ſichtbar iſt / das iſt zeitlich / was aber unſichtbar iſt / das iſt ewig. Hierbey laſſen wir es bewenden / und faſſen folgende

Lehren.

Die erſte iſt / das Leiden eines frommen Chri - ſten ſey wie es wolle / ſo iſts doch kurtz und leichte. Der Apoſtel nante es dieſer Zeit Leiden / und nicht werth. Jch weiß wol / jhr lieben Chriſten / was jhr hierwider einwendet. Jſts kurtz / ſaget jhr? Hoͤren wir nicht den David ſchreyen: Ach du HERR / wie lange! Pſ. 6. v. 4. & Pſ. 13. v. 2. Sehen wir nicht / wieſich[17]ſich jenes Weib mit jhrer beſchwirlichen Kranckheit / womit ſie gleichſam biß in Tod gemartert und abgepeit - ſchet (k) worden / ſich gantzer 12. Jahr / Matth. 9.(k) Marc. 5. v. 34. Morbus ipſius dici - tur μάςιξ flagellum. v. 20. Eine andere mit dem Geiſt der Kranckheit 18. Jahr / Luc. 1. v. 13. Jener Mañ beym Teich Bethes - da / gantzer 38. Jahr / Joh. 5. v 5. Paulus mit ſei - nem Pfal im Fleiſche die Zeit ſeines Lebens geſchleppet? 2. Cor. 12. v. 7. Und wie viel Creutz-Traͤger haben wir unter uns / die jhr ſchweres Creutz mit vielen Jahren außzurechnen wiſſen? Der Stein liegt uns im Wege / ſagt der Herꝛ Lutherus / daran ſich auch die Apoſtel ſtiſ - ſen / und wir koͤnnen nicht auff die Rechnung kommen / wie 10. 20. 30. Jahr eine kleine Zeit / ein kleiner Au - gen-Blick ſeyn. Jſts nu kurtz? Aber hoͤret doch / es iſt dieſer Zeit Leiden. So kans nicht lang ſeyn. Waͤrts durch euer gantzes Leben? Wie lange waͤret denn dieſes euer Leben? Der Menſch vom Weibe geboren / lebt ei - ne kurtze Zeit / ſagt Hiob / Cap. 14. v. 1. Euer Leben waͤret ja nur 70. Jahr / wenns hoch kom̃t / ſo ſinds 80. Jahr / Pſ. 90. v. 11. Lebet jhr 100. Jahr / was iſts? Gleich wie ein Troͤpfflein Waſſers gegen das Meer / und wie ein Koͤrnlein gegen den Sand am Meer / ſo ge - ringe ſind eure 100. Jahre gegen die Ewigkeit / Sir. 18. v. 8. Erlebet jhr mit dem Adam 930. mit Mathuſa - lem 969. oder auch (wohin es doch keiner gebracht hat) tauſend Jahr / waͤret nu auch euer Creutz und Leiden zu - gleich ſo lange / ſo iſt und bleibets doch kurtz / denn Pau - lus ſagt / es ſey dieſer Zeit. David nennets einen Au - gen-Blick / oder Abend lang / Pſ. 30. v. 6. Chriſtus μικρὸν, ein kleines / vergaͤngliches / ſo wir nichts zu ach - ten / Joh. 16. v. 16. Woruͤber S. Bernhard alſo ſchrei -Cbet:[18]Serm. 4. in Cant. bet: O modicum & modicum! ô nimis longum modicum! Salvum ſit verbum DOMINI mei. Sed hoc modicum nimis longum, & tamen verum eſt, eſſe modicum. O du kleines / und abermal kleines! O du gar zu langes kleines! Das Wort meines HERRN JESU muß dennoch feſte ſtehen / und wahr ſeyn. Dieſes kleine iſt zwar lang / dennoch aber iſts wahr / daß es ein kleines ſey. Nach der Meinung deß frommen Athanaſii iſts nur ein Woͤlcklein / das bald voruͤber zeucht und vergehet. Stuͤrbt der Menſch / ſo ſtuͤrbet zugleich alles Leiden / und wird mit jhm begra - ben. Hierauff gehet erſt das lange Leben und die ewige Seligkeit mit jhm an. Hingegen iſt das Leiden der Ver - dam̃ten in der Hoͤlle ein rechtes langes Leiden. Der Wurm / der ſie naget / iſt unſterblich / das ſie brennet / iſt unaußloͤſchlich / Eſ. 66. v. 24. Und die Pein / in wel - che ſie gehen werden / iſt ewig / Matth. 25. v. 46.

Jſts leichte? Beklaget jhr euch ferner. Waren es nicht rauſchende Fluthen / Waſſer-Wogen und Wellen / die uͤber den David giengen? Pſ. 42. v. 8. Die ſchwere Hand GOTTES / die jhn druͤckte / und die Pfeile / die in jhm ſteckten? Pſ. 32. v. 4. und 38. v. 3. Ein taͤgli - ches Erwuͤrgen / wie der Schlacht-Schafe / Pſ. 44. v. 23. Das Waſſer gieng jhm ja biß an die Seele[;]Er ver - ſanck im tieffen Schlam / da kein Grund war / er war im tieffen Waſſer / und die Fluth wolt jhn erſaͤuffen / Pſ. 69. v. 2. Und ſo druͤckets noch die Frommen / daß ſie ſie ſich uͤber die Schwere jhres Creutzes jederzeit be - ſchweret. Aber bedencket doch / was Paulus ſagt: Es iſt nicht werth; Es hat keine Schwere und Wuͤrde. Leget all euer Creutz auff die Waage / und wiegets gegendem[19]dem Leiden der Verdam̃ten / und euerer erfolgenden Herꝛligkeit auffs genauſte ab / ſo werdet jhr ſehen / wie leichte jenes gegen dieſem ſey. Was iſt ein Sonnen - Staͤublein oder Pflaum-Federlein gegen tauſend Cent - ner? Und euer Creutz gegen der ewigen Herꝛligkeit? Sie iſt ja uͤber alle maß wichtig / 2. Cor. 4. v. 17. Dero - halben / iſt euch das Creutz bitter und ſchwer / gedenckt / wie heiß die Hoͤlle waͤr / darein die Welt thut rennen / mit Leib und Seel muß Leiden ſeyn / ohn Unterlaß die ewige Pein / und mag doch nicht verbrennen. Jhr aber (jhr frommen Creutz-Traͤger) werdet nach dieſer (Lei - dens) Zeit / mit CHRJSTO haben die ewige Freud / dahin ſolt jhr gedencken[;]Es lebt kein Mann / der auß - ſprechen kan die Glorie und den ewigen Lohn / den euch der HERR wird ſchencken.

Die Ander iſt: Einem Gottſeligen Chriſten ſoll ſeyn zeitliches Leiden mit ewiger Herꝛligkeit verwechſelt werden. Ewige Freude wird uͤber jhrem Haupte ſeyn / Freude und Wonne werden ſie ergreif - fen / und Schmertz und Seufftzen wird weg muͤſſen / Eſ. 35. v. 10. Euer Traurigkeit ſoll in Freude verkehret werden. Jch wil euch wieder ſehen / und euer Hertz ſoll ſich freuen / und euer Freude ſoll Niemand von euch neh - men / Joh. 16. v. 20. 22. Murret doch nicht / jhr lieben Creutz-Traͤger / und ſeyd nicht ungedultig! Sehet jhr nicht die bevorſtehende Herꝛligkeit / die an euch ſoll offenbaret werden? Kom̃ts zum Leiden / ſo zaget nicht / ſprecht vielmehr Freudig: GOTT Lob und Danck! Das iſt der Anfang zur ewigen Herꝛligkeit. Jtzt kom̃ ich auff den Weg meines HErꝛn JESU / und trete in ſeine Fuß-Stapffen / die er mir zur Nach -C ijfolge[20]folge gelaſſen. Jch halte mit jhm die Marter-Woche. Wolan / ich habe mich ſchon außgegraͤmet uͤber meinem Leiden. Jch komme bald in die Herꝛligkeit. Da wird man mir kein Leiden / kein Creutz / keinen Spott und Hohn / keine Noth noch Tod anſehen / den ich in der Welt gelitten habe. Gefaͤllet es meinem GOTT / und hat er Luſt zu mir / ich wil noch mehr umb ſeinet willen leiden. Wil er mir den Creutz-Kelch noch einmal ein - ſchencken / ſo wil ich jhn willig nehmen / und einen rech - ten Geſund-Trunck zu meiner Seelen ewigem Heil darauß trincken / Pſ. 116. v. 13. Jch getroͤſte mich be - ſtaͤndig ſeiner Huͤlffe / es wird nicht mehr ſeyn / als ich werde anßtrincken und ertragen koͤnnen. Er iſt und blei - bet allzeit getreu / und laͤßt die Seinen nicht verſuchen ůber jhr Vermoͤgen / ſondern macht / daß die Verſu - chung ſo ein Ende gewinne / daß ſie es koͤnnen ertragen / 2. Cor. 10. v. 13. Kom̃ts zum Sterben / ſehet / da iſts auß[;]Euer Jammer / Truͤbſal und Elend iſt kommen zu einem ſeligen End. Nu koͤnt jhr getroſt ſagen: Wir glaͤuben aber doch / daß wir ſehen werden das Gute deß HERRN im Lande der Lebendigen / Pſ. 27. v. 13. Jtzt gehen wir ins ewige Leben. Kom̃t jhr endlich ins ewige Leben / ſo ſehet jhr / was jhr hier geglaͤubet / und beſitzet / was jhr gehoffet / die ewige Herꝛligkeit. Jhr zoͤrnet gleichſam mit euch / und reuet euch hertzlich / daß jhr nicht noch mehr in der Welt gelidten / oder euch nur einmal vor dem Creutze gemaͤulet / und ſauer geſehen habt. Wir habens nicht geglaͤubet / werdet jhr ſagen / daß hier ſol - che Herꝛligkeit und lieblich Weſen zur Rechten GOttes ſeyn ſolte / wie wirs numehr ſelbſt ſehen / und zu ewigem Beſitzthum eingenommen haben. Jene Koͤnigin vomReich[21]Reich Arabien ſprach zu Salomo: Es iſt wahr / was ich in meinem Lande gehoͤret habe von deinem Weſen und von deiner Weißheit / und ich habs nicht wollen glaͤuben / biß ich kommen bin / und habs mit meinen Au - gen geſehen. Und ſihe / es iſt mir nicht die Helffe geſagt / du haſt mehr Weißheit und Guts / denn das Gericht iſt / das ich gehoͤret habe / 1. Reg. 10. v. 7. So werden die Frommen im ewigen Leben / zu jhrem him̃liſchen Koͤni - ge / dem HERRN JESU / ſagen: Es iſt wahr / liebſter JESU / es iſt wahr / was wir in jenem Leben von Dir und deiner Herꝛligkeit gehoͤret haben[;]Und wir habens nicht koͤnnen glaͤuben / biß wir kommen ſind / und habens mit unſern Augen geſehen. Sihe / liebſter JESU / es iſt uns nicht die Helffte geſaget / wiewol unſer Menſchliches Hertze es auch damals nicht haͤtte verſtehen koͤnnen[;]Es iſt mehr Freude / Wonne und Herꝛligkeit im Himmel / denn das Geruͤcht iſt / daß wir in der Welt gehoͤret haben. Da ſtehen ſie nu / als die gekroͤneten Himmels Koͤnige / angethan mit weiſſen Kleidern / und Palmen in jhren Haͤnden. Und das kur - tze Leiden dieſer Zeit / iſt jhnen zu einer ewigen Herꝛ - ligkeit worden. Hiemit troͤſtet euch / jhr lieben Creutz - Traͤger / in eurem Leiden!

Wendet noch einſtes eure Gedancken auff den ſeel. Applicatio ad beatum Defũctum. Verſtorbenen Herꝛn von Zedlitz / unſern geweſenen treuen Landes-Vater. Jch achte nicht vor noͤthig / ſein ohn diß bekantes / wolgefuͤhrtes und hoͤchſt-růhm - liches Chriſtenthum jtzo weitlaͤufftig zu gedencken. Melde nur dieſes / daß es jhm eben darumb an Creutz und Leiden nicht gefehlet habe. Solte ichs etlicher maſ - ſen erzehlen / was wuͤrde fuͤr ein groß Regiſter hervorC iijkom -[22]kommen? Es wuͤrde mir eher an Zeit und Krafft / als an Materie fehlen. Jch erinnere mich kuͤrtzlich ſeines Haus - Creutzes / welches jhm GOtt / durch gaͤntzliche Verwuͤ - ſtung ſeiner ſchoͤnen Guͤtter / die er alle in dem ſchaͤdlichen Kriegs-Weſen mit dem Ruͤcken anſehen und ſich anders - wohin ſalviren muͤſſen: Sonderlich aber durch toͤdli - chen Hintrit ſeiner beyden Hertz-geliebteſten Ehe-Frauen und Kinder zugeſchicket. Jch gedencke ſeines Ampts - Creutzes / welches er bey Gewiſſen-haffter Verwaltung ſeiner hohen Aempter muͤſſen uͤber ſich ergehen laſſen / da es jhm / wie er offters geklaget / an falſchen Bruͤdern / boͤ - ſen Nachbarn / und andern / die jhn umb der Gerechtigkeit und ſeines guten Gewiſſens halben angefeindet und ver - folget / nicht gefehlet. Unvergeſſen auch endlich ſeines beſondern leiblichen Creutzes / der ſo langwuͤrigen Gicht-Schmertzen / die jhn etliche 40. Jahr hero ſo ge - waltig angegriffen und den gantzen Leib durch-arbeitet haben. Wie hielt er ſich in ſo mannigfaltigem Creutze? Allenthalben Chriſtlich[;]Weil jhm alles nuͤtzlich undRom. 8. v. 28. als einem Liebhaber GOttes zum Beſten dienen muſte. (l) Super Gen. c. 43. p. 203. de Italis re - fert, quòd dicere ſo - leant: Opor - tet cõſcien - tiam occi - dere, & di - cere quòd nibil ſit. Jn Entziehung ſeiner Guͤtter beſcheidete er ſich mit dem Hiob / daß es eben der thue / der ſie jhm zuvor gegeben / darumb lobete er den Namen deß HErꝛn / Job. 1. v. 21. und ergab ſich ſeinem gnaͤdigen Willen / dein Wille ge - ſchehe / mein GOTT! Jn Widerwaͤrtigkeit wegen ſei - nes Ampts / fuhr er dennoch beſtaͤndig fort / und uͤbete ſich zu haben ein unverletzt Gewiſſen allenthalben / beyde ge - gen GOtt und den Menſchen / Act. 24. v. 16. Das war jhm lieber als aller Welt Gunſt. Er wuſte beſſer mit dem Gewiſſen umbzugehen / als jene / derer der Herꝛ Lutherus gedencket / (l) welche zu ſagen pflegten: Man muß demGewiſ -[23]Gewiſſen einen Druck geben / und ſagen / daß es nichts ſey. Ein ander ſagte: Wer in der Welt hoch und reich wer - den wil / muͤſſe vor dem funffzigſten Jahre an kein Ge - wiſſen gedencken. Es wuſte der ſeel. Herꝛ gar wol / daß das Gewiſſen als eine zuͤchtige Jungfrau ſey / die nicht viel Betaſtens: und ein ſubtiles kuͤnſtliches Uhrwerck / welches nicht viel Verziehens und Verdrehens leiden koͤnne. Jn der langwierigen Kranckheit war er hoͤchſt ge - dultig offtmals ſagende mit jenem frommen Juden: (m)(m) R. Nachum, aliàs Gamſu dictus, pro - pterea quòd ad omnia, quæ ipſi ac - ciderũt, di - ceret:〈…〉〈…〉〈…〉〈…〉 etiam hoc cedet in bo - num. Hot - ting. Cipp. p. 72. Auch dieſes iſt gut / und gereicht mir zum Beſten. Je mehr die Gicht raſete / je inbruͤnſtiger betete und ſang er zu ſei - nem GOtt. Waren alſo dieſes ſeine drey beſten Kleinod auff Erden: GOttes Huld / deß Gewiſſens Unſchuld und die Chriſtliche Gedult. Alle ſein Leiden legte er auff die Waag-Schale deß Worts GOttes gegen die zu - kuͤnfftige Herꝛligkeit / und ſahe im Glauben / wie jenes dieſer nicht werth ſey. Was er nun daſuͤr gehalten und geglaͤubet / das erfaͤhret und beſitzet er allbereit der See - len nach. Sein Jammer / Truͤbſal und Elend iſt kom - men zu einem ſeligen End[;]Er hat getragen Chriſti Joch / iſt geſtorben / und lebet noch.

Sehet jhn nu an / jhr Betruͤbteſten / in der groſſen Herꝛligkeit! Jhr ſehet durchauß kein Creutz mehr an jhm. Wie gluͤcklich hat er das Leiden dieſer Zeit mit einer ewigen und uͤber alle maſſen wichtigen Herꝛligkeit verwechſelt! Nu ſitzet er als ein Ober-Recht-Sitzer bey der Taffel GOttes / mit Abraham / Jſaac und Ja - cob / im Himmel-Reich. Er ſtehet als ein Landes-Elte -Matth. 8. v. 11. ſter im Lande der Lebendigen / unter den 24. Elteſten / die den anbeten und loben / der da lebet von Ewigkeit zuApoc. 4. v. 10. Ewigkeit. Als ein Hof-Richter unter den Heiligen /die[24]1. Cor. 6. v. 4. die die Welt richten werden. Goͤnnet jhm dieſe hohe Ehre / und maͤſſiget deßwegen eure Thraͤnen. Jhr habt / als gehorſame Kinder / den Vaͤterlichen Segen / Ehre und Ruhm von jhm erlanget. Umb ſelbigen zu erhalten / tretet ferner / wie bißher in die Lob-wuͤrdigſten Fuß - ſtapffen euers Geehrteſten Herꝛn Vaters / und ziehlet allezeit in euerm Chriſtenthum auff die zukuͤnfftige Herꝛ - ligkeit / ſo werdet jhr alsdenn zu rechter Zeit alle die lieb - ſten Eurigen / die jhr im HERRN vorangeſchickt / wie - der ſehen / und euch mit denſelben in Ewigkeit erfreuen. Uns alle erhalte GOTT beſtaͤndig im Glauben / eyfe - rig in der Liebe / froͤlich in der Hoffnung / gedultig in al - lerley Truͤbſeligkeit / und laſſe zu rechter Zeit an uns of - fenbaret werden die verſprochene ewige Herꝛligkeit!

Sir. 44. v. 12. Was Sirach allen betruͤbten Leuten und heiligen Vaͤtern / ſonderlich die da weißlich gerathen / Land und Leute regieret mit Rath und Verſtand der Schrifft / wo - mit ſie ehrliche Namen hinter ſich gelaſſen haben / nach - geſchrieben[;]Das ſey auch unſers ſeligen Herꝛn Ober - Recht-Sitzers und Landes-Elteſtens zu ſeinem un - ſterblichen Ruhme auffgerichtete / und / wie auff ſein Grab / alſo in unſer aller Gedaͤchtnuͤß eingegrabene Grab-Schrifft:

Sein Lob wird nicht untergehen. Er iſt im Friede begraben / aber ſein Nahme lebet ewiglich. Die Leute reden von ſei - ner Weißheit / und die Gemeine verkuͤndiget ſein Lob. ()

About this transcription

TextDas Abgewogene Leiden Gott-seliger Christen in der Welt
Author Gottfried Hahnen
Extent24 images; 5729 tokens; 2061 types; 38258 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationDas Abgewogene Leiden Gott-seliger Christen in der Welt Bey Hoch-Adelicher und ansehnlicher Leich-Bestattung Deß weyland Hoch-Edel-Gebornen/ Gestrengen und Hochbenamten Hr. Niclas von Zedlitz Gottfried Hahnen. . Johann Christoph JacobBreslau1669.

Identification

Universitätsbibliothek Breslau Universitätsbibliothek Breslau, 4 F 291/5-9 / 354494

Physical description

Fraktur

LanguageGerman
ClassificationGebrauchsliteratur; Leichenpredigt; Gebrauchsliteratur; Leichenpredigt; ready; aedit

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Editorial principles

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Publisher
  • dta@bbaw.de
  • Deutsches Textarchiv
  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
  • Jägerstr. 22/23, 10117 BerlinGermany
ImprintBerlin 2019-12-10T09:35:28Z
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ShelfmarkUniversitätsbibliothek Breslau, 4 F 291/5-9 / 354494
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