PRIMS Full-text transcription (HTML)
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Samlung Satyriſcher und Ernſthafter Schriften.
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Franckfurt und Leipzig,1739.
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Vorrede.

Jch ſehe vorher, daß diejeni - gen, welche ſich an meinen Schriften, zu der Zeit, als ſie eintzeln heraus kamen, ſo ſehr geaͤrgert haben, uͤber gegenwaͤrtige Sammlung derſelben gleichfals erbaͤrmlich ſeufzen wer - den. Allein, wie ſehr ich ſie auch desfals beklage, ſo kan ich ihnen doch nicht helfen.

Jch habe es dem Herrn Verleger nicht verwehren koͤnnen, meine Schriften zu - ſammen drucken zu laſſen. Mit dem muͤſ - ſen ſie es ausmachen. Jch bin unſchuldig, und wuͤrde vor mich ſelbſt nimmer daraufa 2ver -4(o)verfallen ſeyn, an eine Sammlung und neue Auflage ſolcher Kleinigkeiten zu geden - cken, die vieleicht kaum des erſten Drucks wuͤrdig geweſen ſind.

Sind meine ſchwachen, murriſchen, eigenſinnigen und ſcheinheiligen Leſer mit dieſer Entſchuldigung nicht zu frieden, ſo weiß ich nicht, wie ich es anfangen ſoll, ih - ren Zorn von mir abzuwenden. Buß - Thraͤnen muͤſſen ſie von mir nicht erwar - ten. Denn, wie wenig ich auch in meine Schriften verliebt bin, ſo ſehe ich ſie doch nicht mit ſolchem Abſcheu an, als Buchka ſeinen Muffel. Es gereuet mich nicht, daß ich ſie gemacht habe. Jch liebe ſie als meine Kinder, und meine Abſicht iſt nicht, ſie in dieſer Vorrede zu verfluchen. Jch ertheile ihnen, da ich ſie von neuen in die Welt ſchicke, meinen vaͤterlichen Seegen.

Dieſes iſt die lezte Pflicht, die ich ihnen leiſte. Um ihr Schickſal werde ich mich wenig bekuͤmmern. Sie haben ſchon Gu - tes und Boͤſes erfahren, und es kan ihnen nicht viel aͤrger ergehen, als es ihnen er - gangen iſt, da ſie das erſte mahl in der Welt erſchienen. Wenigſtens werden ſie, allem Anſehen nach, nicht mehr ſo vielen ungleichen Urtheilen unterworfen ſeyn,als5(o)als ehemahls; weil ſie, eben darum, daß ſie nicht mehr neu ſind, wenig Kaͤufer und Leſer finden werden.

Dieſes kan vieleicht den Herrn Verleger verdrieſſen: Aber mich nicht. Jch weiß, das ſatyriſche Schriften, die wieder eine gewiſſe Perſon gerichtet ſind, nur eine kur - tze Zeit geſuchet werden. Man hat ihrer bald ſatt; und wer einen Ruhm ſuchet, der dauren ſoll, und ſeinen Nahmen unſterb - lich machen will, der muß ſeine Sachen gantz anders anfangen, als ich. So hohe Abſichten habe ich in meinem Schreiben nicht gehabt. Die Luſt, die mit der Zeu - gung geiſtlicher Kinder verknuͤpfet iſt, iſt mein eintziger Endzweck geweſen. Dieſen Endzweck habe ich erreichet. Damit bin ich zu frieden, und es ſoll mir gleich viel ſeyn, ob die Nachwelt ſich noch an meinen Schriften ergetzet, oder ob man noch bey meinem Leben aufhoͤret, dieſelbe zu leſen. Die Unſterblichkeit ſuche ich nicht. Jch will lieber

Un buffet bien garni pendant cent ant de vie Que mille autels aprés ma mort. (1)S. Les Nouvelles oeuvres de Mr. le Pays p.
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Jch bin verſichert, daß man mich mit die - ſer Ehre verſchonen wird. Durch meine Schriften habe ich ſie zum wenigſten nicht verdienet. Jch habe in ſelbigen die Bloͤſſe gewiſſer Leute aufgedecket, die ſo ſchon of - fenbar genug war. Das iſt keine Helden - that, und ich gebe es auch nicht davor aus. Jch weiß wohl, daß ich keine Rieſen erle - get; ſondern nur mit Zwergen gekaͤmpfet habe: Und nichts in der Welt iſt ſo geſchickt, mich demuͤthig zu machen, als der Sieg, den ich uͤber dieſelbe erhalten habe.

Viele haben es mir ſehr verdacht, daß ich mich mit ſolchen Leuten in einen Kampf ein - gelaſſen; Sie haben geſagt,

...... demit honorem Æmulus Ajaci ..... (2)Ovid. Metam. Lib. XIII. v. 16. 17.

und von meinem Verfahren Urtheile gefaͤl - let, die mir eben nicht ruͤhmlich ſind. Al - lein, zu geſchweigen, daß dieſe Herren in der Verachtung, die ſie gegen meine Geg - ner bezeugen, vielleicht gar zu weit gehen, ſo hofe ich, ſie werden von meinem Ver - fahren milder urtheilen, wenn ſie ſehen, wie unſchuldig und unvermuthet ich mit dieſen ehrlichen Maͤnnern in Haͤndel ge - rathen bin. Jch will ihnen zu dem En -de7(o)de die Geſchichte dieſer Haͤndel aufrichtig erzehlen.

Der erſte, mit dem ich verfiel, war der Herr Mag. Sievers, ein junger Menſch aus Luͤbeck gebuͤrtig, woſelbſt ſein Vater Cantor war. Eine gar zu vor - theilhafte Einbildung von der Groͤſſe ſei - ner Gaben, die an ſich nicht zu verachten waren, hatte in ihm von Jugend auf ei - ne Begierde gewircket, ſeinem Nechſten zu dienen, die groͤſſer war, als ſein Ver - moͤgen. Er ward gantz fruͤhe Meiſter der freyen Kuͤnſte, unterrichtete die ſtudiren - de Jugend zu Roſtock, und theilte der Welt in kurtzer Zeit eine ſolche Menge Schriften in gebundener und ungebunde - ner Rede mit, daß er ſchon in ſeinem 21ten Jahr im Stande war, eine Sammlung derſelben in Zween Octav Baͤnden her - auszugeben.

Alle dieſe Schriften waren nicht weit her, und, aufs beſcheidenſte davon zu re - den, nichts anders, als ein Miſchmaſch gemeiner, unreifer, und gutentheils ge - ſtohlner Gedancken, die entweder, mit vieler Muͤhe, in deutſche Reime gezwun - gen, oder durch ein plattes und barbari ſches Kuͤchen-Latein noch mehr verſtelet waren.

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Jch laß ſie, und lachte daruͤber, wie viele andere: Aber es kam mir nicht in den Sinn, gegen dem Hrn. Mag. Sievers zu ſchreiben. Jch hielte dieſes der Muͤhe nicht werth. Und ſo war ich noch geſin - net, als er im Jahr 1732. die Paßion mit Anmerkungen herausgab. Dieſe Anmer - kungen waren ſo laͤppiſch, daß ich noch nicht begreifen kan, wie der Hr. M. Sie - vers es wagen moͤgen, einen ſo ehrwuͤrdi - gen Text damit zu ſchaͤnden. Jndeſſen haͤt - te er es meinentwegen noch aͤrger machen moͤgen. Jch bekuͤmmerte mich ſo wenig um ihn, und ſeine Schriften, daß ich mir nimmer die Muͤhe wuͤrde genommen ha - ben, ihn zu demuͤthigen, wenn er nicht ſelbſt, auf gewiſſe Maaſſe, Gelegenheit dazu gegeben haͤtte.

Seine Anmerkungen uͤber die Paßion waren kaum herausgekommen, ſo wur - den ſie in dem Hamburgiſchen Correſpon - denten recenſirt. Dieſe Recenſion war zwar ſatyriſch aber dabey ſo fein, und hoͤf - lich, daß der Hr. Mag. Sievers, wenn er nicht gar zu ſehr von ſich ſelbſt waͤre ein - genommen geweſen, ſich unmoͤglich daruͤ - be[r]haͤtte entruͤſten koͤnnen, und ich warſo9(o)ſo unſchuldig daran, als der Hr. M. Sie - vers ſelbſt. Allein der Hr. M. Sievers war gar zu empfindlich. Er zog ſich die ihm angethane Beſchimpfung zu ſchmertzlichen Gemuͤthe: Er ließ einen trotzigen Aufſatz in das 33te Stuͤck des hamburgiſchen Cor - reſpondenten ruͤcken, in welchem er den Verfaſſer der anzuͤglichen Recenſion einen boßhaftigen und neidiſchen Menſchen nen - nete, und ſein Unſtern wollte, daß er, oh - ne alle Urſache, und wider alle Wahrſchein - lichkeit, mich vor den Urheber dieſer un - gluͤckſeeligen Recenſion halten muſte.

Jch ſuchte ihm dieſen ungegruͤndeten Verdacht zu benehmen, und ließ ihn durch Leute, die mit ihm umgiengen verſichern, daß ich an der Recenſion ſeiner Anmerkun - gen uͤber die Paßion keinen Theil haͤtte: Allein, es half alles nichts. Er blieb da - bey, ich ſey ſein Verfolger, und ſprach in allen Geſellſchaften laͤſterlich von mir. Die - ſes waͤre genug geweſen, einen andern in Harniſch zu jagen: Aber ich war ſo gelaſ - ſen, daß ich ihn ſprechen ließ, und gedach - te an keine Rache.

Wie indeſſen zu der Zeit jederman in Luͤ - beck von dem neuen Buche des Hrn. Mag. a 5Sie -10(o)Sievers redete; ſo kam ich auch mit ei - nem meiner Freunde davon zu ſprechen. Wir wunderten uns, daß ein ſonſt nicht unvernuͤnftiger Menſch, ſich nicht ſchaͤ - mete, der Welt, ſo kindiſche Anmerkun - gen vorzulegen: Wir entſchuldigten ihn mit ſeiner Jugend, und ich ſagte unter an - dern, daß es mir, wenn ich ſo ſchreiben wollte als der Hr. Mag. Sievers, ein leichtes ſeyn ſollte, alle 24 Stunden ein Buch zu machen. Man frug mich, wie ich das anfangen wollte? Jch antwortete: Jch duͤrfte nur die Hiſtorie von der Zerſtoͤ - rung der Stadt Jeruſalem, welche der Hr. Mag. Sievers ſeiner erlaͤuterten Pa - ßion angehaͤnget hatte, nehmen, und An - merkungen daruͤber machen.

Dieſer Einfall gefiel meinem Freunde ſo wohl, daß er mich bat, denſelben zur Wuͤrcklichkeit zu bringen. Jch that es, und war in weniger, als 24 Stunden mit meinen Anmerkungen uͤber die Ge - ſchichte von der Zerſtoͤrung der Stadt Jeruſalem fertig. Meine Abſicht war noch nicht, daß dieſelbe gedruckt wer - den ſollten. Jch ſchickte ſie meinem Freun - de, zu ſeiner privat Beluſtigung zu, unddabey11(o)dabey waͤre es geblieben, wenn meine Schrift nicht einem andern guten Freunde in die Haͤnde gerathen waͤre. Dieſer be - hielte ſie, und ließ ſie drucken; welches ich vieleicht wuͤrde verhindert haben, wenn der Hr. Mag. Sievers ſich beſcheidener aufgefuͤhret, und mich durch ſein loſes Maul nicht wieder ſich gereitzet haͤtte.

Auf ſolche Art kamen meine Anmer - ckungen uͤber die Geſchichte von der Zerſtoͤrung der Stadt Jeruſalem ans Licht. Sie ſind meine erſte Schrift wieder den Hrn. Mag. Sievers, und nehmen auch in dieſer Sammlung den erſten Platz ein.

Die andere Schrift, welche ich wieder den Hrn. Mag. Sievers geſchrieben ha - be, iſt das Schreiben des Ritters Ro - bert Clifton an einen Gelehrten Sa - mojeden ꝛc. Jch verſprach dieſes Schrei - ben in dem Verzeichniſſe meiner Schrif - ten, welches ich, nach Art des Hrn. M. Sievers, meinen Anmerckungen uͤber die Hiſtorie von der Zerſtoͤrung der Stadt Jeruſalem angehaͤnget hatte. Jch glaub - te aber nicht, daß ich dieſes Verſprechen jemahls erfuͤllen wuͤrde.

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Der Hr. Mag. Sievers wolte mit al - ler Gewalt ein Naturkuͤndiger ſeyn. Jch weiß nicht, ob dieſe Begierde eine Frucht, oder eine Urſache der unverdienten Ehre war, die ihm die Koͤnigl. Preußiſche So - cietaͤt der Wiſſenſchaften erwieß. So viel iſt gewiß, daß er, nachdem ihm dieſe be - ruͤhmte Geſellſchaft, aus Urſachen, die ihr allein bekannt ſind, zu ihrem Mit - gliede erkohren hatte, beſtaͤndig an dem Ufer der Oſtſee herumirrete, und bunte Steine ſuchte. Die er fand ließ er ſo gleich in Kupfer ſtechen, ſchreib ein lateiniſches Briefchen dabey, und verſandte ſie in gantz Deutſchland an unterſchiedene beruͤhmte Maͤnner. Dieſes war nun freylich ein bequemes Mittel, ohne groſſe Unkoſten in der Welt bekannt zu werden: Allein ich hielte es doch vor Kinderey, von einem jeden bunten Quarck ſo viel Aufhebens zu machen, und wollte dem Hrn. M. Sie - vers dieſes durch den Titel des Schreibens des Ritters Clifton an einen gelehrten Sa - mojeden, auf eine hoͤfliche Art, zu verſte - hen geben. Jch nannte zu dem Ende die Betrachtungen dieſes Ritters uͤber eine ge - frorne Fenſter-Scheibe, Vitrea fracta, oder nichtswuͤrdig, laͤppiſch Zeug. Dermu -13(o)muſicaliſche Stein, den der Hr. Mag. Sievers gefunden hatte, gab mir vor - nehmlich Anlaß dazu. Man machte viel Wercks aus dieſem Stein, auf welchem man ſich muſicaliſche Noten zu entdecken einbildete. Das Geruͤcht deſſelben er - ſchallete weit und breit; ja man hat gar geſaget, der verſtorbene Koͤnig von Poh - len habe ihn nach Dreßden in die Kunſt - Kammer verlanget. Er ſoll auch, nach - dem ihn der Hr. Mag. Sievers vorher, in perpetuam rei memoriam, abmah - len laſſen, wuͤrcklich dahin geſchicket ſeyn. Jch habe dieſen Stein nicht geſehen: A - ber, nach dem Kupfer zu urtheilen, ſo muß man juſt eines Cantors Sohn ſeyn, um Noten darauf zu ſehen.

Jndeſſen war ich nicht geſonnen, ein ſolches Schreiben an einen Samojeden, als ich verſprochen hatte, wuͤrcklich zu ver - fertigen. Jch haͤtte es bey dem Titel be - wenden laſſen, wenn man mir nicht in einer Geſellſchaft geſaget haͤtte, die Erfuͤl - lung meines Verſprechens ſey ſchlechter - dings unmoͤglich. Jch hielte mich Ehren halber verbunden, das Gegentheil zu be - haupten, und fieng von der Zeit an, an, auf meine Fenſter-Scheibe zu ſinnen. Esge -14(o)gelung mir einmahl des Morgens beym The, ein Blaͤttchen Papier mit ſo viel wunderlichen Figuren zu bemahlen, als ich zu meinem Zweck noͤthig zu haben ver - meinte. Das war das wichtigſte. Mit dem Schreiben an dem Samojeden ward ich bald fertig. Es wurde gedruckt, und der Hr. Mag. Sievers hatte den Ver - druß, auch ſo gar ſeinen Raritaͤten-Ka - ſten, den Grund aller ſeiner Hofnung, und den eintzigen Troſt in ſeinen Noͤthen, laͤcherlich, gemacht zu ſehen. Er ward zwar in dem Schreiben an den Samoje - den nicht genennet; Allein er merckte doch wohl, daß es auf ſeine bunte Steine ge - muͤntzet war, und daß Mr. Mackewind niemand anders ſeyn konnte, als er ſelbſt. Er fand ſich aber auch in dieſes Ungluͤck, that vor wie nach groß, und fluchte und drohete ſeinen Verfolgern.

Dieſe Aufuͤhrung machte, daß ich ſo viel weniger Bedencken trug die dritte Sa - tyre gegen ihn zu ſchreiben. Der Hr. M. Sievers war zu der Zeit, als meine An - merckungen uͤber die Geſchichte der Zer - ſtoͤrung der Stadt Jeruſalem heraus ka - men, ſo wenig Meiſter von ſeinen erſten Bewegungen geweſen, daß er mich in St. An -15(o)Annen-Kloſter, auf oͤfentlicher Cantzel, verfluchet, und in den Abgrund der Hoͤl - len verdammet hatte. Viele Leute, und inſonderheit gewiſſe einfaͤltige und mur - riſche Prieſter, hegten ein ſo unvernuͤnf - tiges Mitleiden mit dem Hrn. M. Sie - vers, daß ſie das, was ich wieder denſelben vorgenommen hatte, vor ein ſtrafbahres Beginenn hielten, und meine Schriften vor ſchaͤndliche Pasquillen ausriefen, und einige wollten darinn einen ſtrafbaren Miß - brauch bibliſcher Redens-Arten entdecket haben. Jch hielte vor noͤthig, ſo wohl den Hrn. M. Sievers wegen ſeines un - beſonnenen Eyfers, als auch die elende Schaar ſeiner gar zu mitleidigen Freun - de, und andere unbillige Richter meiner Schriften, wegen ihrer laͤcherlichen Ur - theile, zu zuͤchtigen, und verfertigte, zu dem Ende eine eigne Schrift, welche in dieſer Sammlung die dritte iſt.

Jch gab ihr den Titel: Der ſich ſelbſt entdeckende X. Y. Z. ꝛc. und ſtellete mich, als wenn ich mich dem Hrn. Mag. Sie - vers entdecken wollte; weil derſelbe oͤf - ters geſaget hatte, er wollte ſeinem Geg - ner ſchon antworten, wenn er nur wuͤſte; wer es waͤre. Da es nun aber meine Ab -ſicht16(o)ſicht gar nicht war, dem Hrn. M. Sie - vers meinen rechten Nahmen zu ſagen, ſo borgte ich ſo lange einen fremden, und Herr Lucas Hermann Backmeiſter, ein gelehrter Candidatus Miniſterii, der ſich durch ſeinen ſtillen und unſchuldigen Wandel, durch ſeine ſittſahmen Geberden, und durch die beſondere Hoͤflicheit ſeiner Sitten, von vielen ſeines gleichen, auf ei - ne ihm ſehr vortheilhafte Art, unterſchei - det, muſte den ſeinigen hergeben.

Jch war genoͤthiget, zu einem Candi - dato Miniſterii meine Zuflucht zu nehmen, weil ich mich auf dem Titel meiner An - merckungen uͤber die Geſchichte von der Zerſtoͤrung der Stadt Jeruſalem vor einen Candidatum Miniſterii ausgegeben hatte, und glaubte nicht, daß man mir dieſes - bel deuten wuͤrde; zumahl, da ich die Beſcheidenheit gebrauchte, mich nur bloß der ſtummen Buchſtaben des Nahmens das Hrn. Backmeiſters zu bedienen, auf welche ich eben ſo viel Recht zu haben ver - meinte, als dieſer ehrliche Mann, ohne mich an den Laut-Buchſtaben deſſelben, die doch die Seele eines Nahmens ſind, und ohne welche die ſtummen Buchſtaben nichts bedeuten, im geringſten zu vergreifen. Al -lein17(o)lein, ich habe nachdem erfahren muͤſſen, daß, nicht nur der Hr. Backmeiſter, ſon - dern auch andere mir dieſes hoͤchſtens ver - dacht haben. Jch finde nicht noͤthig, mich gegen dieſe letzten zu vertheidigen. Denn gegen diejenigen, die den Hrn. Backmei - ſter niemahlen geſehen haben, getraue ich mir nicht, mein Verfahren zu rechtferti - gen, und diejenigen, welche die Ehre ha - ben, dieſen wackern Mann von Perſon zu kennen, die werden mir, wenn ſie denſel - ben nur einmahl recht betrachten, den Feh - ler, den ich begangen habe, gerne vergeben. Den Hrn. Backmeiſter aber, der allein berechtiget iſt, ſich uͤber den Mißbrauch ſei - nes Nahmens zu beſchweren, bitte ich hie - mit oͤfentlich um Vergebung. Jch beken - ne, ich habe mich an ihm verſuͤndiget: Al - lein die Freyheit, die ich mir in Anſehung ſeines Nahmens genommen habe, hat ihm ſo wenig geſchadet, daß er gar keine Urſa - che hat, auf mich zu zuͤrnen. Keine See - le in Luͤbeck hat jemahls den geringſten Ver - dacht, auf ihn gehabt, daß er die Schrift, vor deren Urheber ich ihn ausgab, gemacht haͤtte. Die gantze Stadt hielt dieſes vor ſchlechterdings unmoͤglich. Da er nun un - ſtreitig zu dem auserwehlten Haͤuflein der -bje -18(o)jenigen gehoͤret, die meine Schriften, als aͤrgerlich und gottloß, verdammen; ſo muß er nothwendig die allgemeine Ueberzeu - gung von ſeinem chriſtlichen Gemuͤthe, die eine groſſe und volckreiche Stadt ſo einmuͤ - thig an den Tag geleget hat, vor ſeinen hoͤchſten Ruhm achten, und es mir noch Danck wiſſen, daß ich ihm zu dieſem oͤfent - lichen Zeugniſſe von ſeiner ausnehmenden Tugend verholfen habe.

Uebrigens kam dieſe Schrift, der ich des Hrn. Backmeiſters Nahmen vorgeſetzet hatte, allererſt im Jahr 1733, und alſo zu einer Zeit zum Vorſchein, da man mei - ner Haͤndel mit dem Hrn. Mag. Sievers faſt vergeſſen hatte. Jch hatte ſo wenig Luſt, dieſe Haͤndel fortzuſetzen, daß ich mich nicht entſchlieſſen konnte, eine Schrift drucken zu laſſen, die nothwendig den Hrn. Mag. Sievers, und viele andere noch mehr wieder mich erbittern muſte. Aber endlich muſte ich den Vorſtellungen meiner Freun - de weichen. Mein Backmeiſter ward ge - druckt, und mit demſelben hatte mein Streit mit dem Hrn. M. Sievers ein Ende.

Jch bin, eigentlich zu reden, der Urheber deſſelben nicht geweſen. Der unbillige Verdacht, den der Hr. Mag. Sievers aufmich19(o)mich warf, und die ungegruͤndeten Klagen, die er gegen mich fuͤhrete, gaben Anlaß da - zu. Jch habe ihm zwar nichts geſchencket, und viele glauben, ich ſey gar zu unbarm - hertzig mit ihm umgegangen. Allein ſeine Schriften waren unertraͤglich, und ſein Stoltz verdiente eine Zuͤchtigung. Er ſelbſt wird niemahls leugnen, daß meine Saty - ren ihm ſehr heilſahm geweſen ſind, und ihn von vielen Ausſchweifungen abgehal - ten haben. Jch glaube dieſes darum, weil ich verſichert bin, daß er jetzo! da er zu reifern Jahren gekommen iſt, ſeine Schrif - ten mit gantz andern Augen anſiehet, als vor dieſen. Er hatte viel Gutes an ſich, und ich habe ihn immer vor den beſten und vernuͤnftigſten von allen meinen Geg - nern gehalten. Seine Perſon iſt mir al - lemahl lieb geweſen; ob ich gleich ſeine Schriften verabſcheuet habe, und noch verabſcheue. Jch goͤnne ihm auch noch alles Gutes, und habe mit Freuden ver - nommen, daß er in Schweden befordert iſt. Es iſt dieſes ein Gluͤck, daß er vie - leicht in ſeinem Vaterlande nicht erlebet haͤtte, und mir fallen, ſo oft ich daran gedencke, die Worte des Cicero an den Trebatius ein: Eſt quod gaudeas, te inb 2iſta20(o)iſta loca veniſſe, ubi aliquid ſapere vi - derêre(3)Epiſt. ad Famil. Lib. VII. ep. 10. . Jch wuͤnſche indeſſen von Her - tzen, daß er nicht als Compaſtor an der deutſchen Kirche zu Nordkoͤping ſterben; ſondern bald zu einer beſſern, und ihm an - genehmern Stelle in ſeine Vater-Stadt zuruͤck berufen werden moͤge.

Der andere Held, mit dem ich gekaͤm - pfet habe, iſt der Hr. D. Johann Ernſt Philippi, ehemahliger Profeſſor der deut - ſchen Wohlredenheit zu Halle. Er iſt der andere Sohn eines Hof-Predigers zu Mer - ſeburg, der vor einigen Jahren geſtorben iſt, und den Ruhm hinterlaſſen hat, daß er ein frommer und exemplariſcher Mann geweſen. Der Sohn hat nimmer in den Wegen ſeines Vaters gewandelt, ſondern allezeit einen unruhigen Kopf gehabt.

Jm Jahr 1726 gab er eine Schrift wie - der die damahlige groſſe Lotterey in Sach - ſen heraus, und ward dieſes Muthwil - lens wegen auf das Schloß zu Meiſſen gefangen geſetzet. Er kam endlich wieder loß, und begab ſich nach Merſeburg, wo - ſelbſt er advocirte: Aber mit ſo ſchlech - tem Gluͤcke, daß ihm faſt in allen Urtheln bald ein derber Verweiß, bald eine Geld -Stra -21(o)Strafe vor die gebrauchten Jnjurien zu - erkannt wurde.

Ohngefehr im Jahr 1729 gerieth er in Haͤndel, die ihn zwangen Merſeburg zu verlaſſen. Er begab ſich aus Verzwei - felung nach Halle, und ward daſelbſt Profeſſor der deutſchen Beredſamkeit. So bald er dieſen Poſten erhalten hatte, gab er unterſchiedene Schriften heraus, die er ietzo vieleicht wuͤnſchet, nimmer ge - ſchrieben zu haben. Denn ſie ſind die Quellen ſeines Ungluͤcks.

Sie waren an ſich im hoͤchſten Grad elend, und unterſchiedene Gelehrte in Sachſen hielten ſie einer ſcharfen Ahndung um ſo viel wuͤrdiger, je groͤſſer ſich der Ver - faſſer damit wuſte. Allein es hatte nie - mand das Hertz, mit dem Hrn. Prof. Phi - lippi anzubinden. Man fuͤrchtete ſich vor deſſen Vater, der im Ober-Conſiſtorio zu Dreßden viele Freunde hatte, und der Hr. Prof. Philippi blieb eine gute Zeit in der ſuͤſſen Einbildung, die er von der Groͤſſe ſeiner Verdienſte hatte, ungeſtoͤret. Jch vor meine Perſon konnte natuͤrlicher Wei - ſe nicht die geringſte Begierde haben, ihm dieſe ſtoltze Zufriedenheit mit ſich ſelbſt zu rauben; weil ich, was auch ſeineb 3wun -22(o)wunderlichen Schriften in Sachſen vor Aufſehen gemacht hatten, nicht wuſte, daß er in der Welt war. Allein das Maaß ſeiner gelehrten Ausſchweifungen war voll, und ich muſte, wieder alles Vermuthen, ſeine Geiſſel ſeyn.

Meine Anmerckungen uͤber die Geſchich - te von der Zerſtoͤrung der Stadt Jeruſa - lem gaben Gelegenheit dazu. Einer mei - ner Freunde brachte dieſe Anmerckungen nach Sachſen, und ſie hatten das Gluͤck, ge - wiſſen Leuten daſelbeſt zu gefallen. Man glaubte, eine Satyre von eben der Art, wuͤrde dem Hrn. Prof. Philippi ſehr heil - ſahm ſeyn, und ich ward inſtaͤndig erſu - chet, mich auch uͤber dieſen elenden Scri - benten zu erbarmen. Man ſchickte mir zu dem Ende ſeine ſechs deutſche Reden, und ertheilte mir eine umſtaͤndliche Nach - richt von ſeiner Perſon und von ſeinen Um - ſtaͤnden.

Jch geſtehe, es kam mir hart vor, gegen einen Menſchen zu ſchreiben, den ich nicht kannte, und der mir niemahlen das gering - ſte zuwieder gethan hatte. Allein ich trug, aus gewiſſen Urſachen, Bedencken, denen - jenigen, die mich darum erſuchten, ihr Begehren abzuſchlagen. Jch laß uͤberdemdas23(o)das Helden-Gedicht auf den Koͤnig von Pohlen, nebſt den ſechs deutſchen Re - den, und muß bekennen, daß ich uͤber die - ſe zwo Proben der heroiſchen Beredſam - keit des Hrn. Prof. Philippi erſtaunte. Siehe! ſprach ich, hier iſt mehr, als Sie - vers, und verfertigte, ohne mir weiter den geringſten Scrupel zu machen, meine Lob - rede auf dem Hrn. Prof. Philippi, der ich den Titel, Briontes der juͤngere, gab.

Man mag von dieſer Satyre ſagen, was man will, ſo wird man doch bekennen muͤſ - ſen, daß ſie nichts, als eine Critick der ſechs deutſchen Reden des Hrn. Prof. Phi - lippi in ſich faſſet, und ſo beſcheiden ein - gerichtet iſt! daß man leicht ſehen kan, daß mich nicht ein Haß gegen die Perſon des Hn. Prof. Philippi, ſondern bloß ein gerechter Eifer wieder ſeine laͤcherliche Beredſamkeit bewogen habe, dieſelbe zu ſchreiben. Zum wenigſten glaubte man in Sachſen, der Hr. Prof. Philippi ſey noch zu gelinde davon gekommen; und dieſer haͤlliſche Redner haͤt - te alſo Urſache gehabt, GOtt zu dancken, daß er ihn in meine Haͤnde fallen laſſen. Allein ſo gerieth er in die aͤuſſerſte Wut. Er glaubte, ſeine Ehre ſey auf das empfind - lichſte verletzet. Es verdroß ihn, daß mei -b 4ne24(o)ne Schrift wider ihn mit Luſt geleſen wur - de; ja das ſo gar ſeine Zuhoͤrer den Bri - ontes mit ins Collegium brachten, und einander, in ſeiner Gegenwart, gantze Stellen daraus vorlaſen, und gab ſich da - her alle Muͤhe von der Welt, meine Schrift zu unterdruͤcken.

Er bediente ſich zu dem Ende eines, zwar gemeinen, aber doch ſehr unredli - chen und tuͤckiſchen Mittels. Sein Vater muſte an zwey geiſtliche Glieder des Ober-Conſiſtorii zu Dreßden, die ſeine Freunde waren, einen beweglichen Brief ſchreiben, und flehentlich bitten, man moͤchte doch eine mit ſo entſetzlicher Religi - ons-Spoͤtterey angefuͤllte Schrift nicht ſo oͤfentlich verkaufen laſſen. Jch weiß nicht, was dieſe Herren vor Muͤhe angewandt haben, ihren flehenden Amts-Bruder zu vergnuͤgen: Das weiß ich aber, daß das Ober-Conſiſtorium kluͤger war, als der Hr. Prof. Philippi und ſein Vater; denn alles, was ſie erhalten konnten, das war ein kaltſinniger Befehl an die Buͤcher - Commißion zu Leipzig, zu unterſuchen, ob ſich die Sache ſo verhalte. Dabey blieb es, und der Briontes ward vor wie nach in Leipzig verkauft.

Wer25(o)

Wer der Verfaſſer dieſer Satyre ſey, das konnte der Herr Prof. Philippi un - moͤglich errathen. Er ſuchte ihn in Sach - ſen, und der Hr. Prof. Gottſched hatte das Ungluͤck, daß der ſtaͤrckſte Verdacht auf ihn fiel. Der Hr. Prof. Philippi ſetz - te auch wuͤrcklich in der erſten Hitze eine heftige Schrift gegen den Hrn. Gottſched auf, und wuͤrde ſie haben drucken laſſen, wenn dieſer nicht einen hoͤflichen Brief an ihn geſchrieben, und ihn heilig verſichert haͤtte, daß er den Briontes nicht gemacht habe. Er ſoll auch dem Hrn. Prof. Phi - lippi in eben dieſem Schreiben vertraulich eroͤfnet haben, daß ich der Verfaſſer die - ſer Satyre ſey. Jch glaube dieſes gerne; denn er war einer von denen, die es am beſten wiſſen konnten. Allein das glaube ich nicht, daß der Hr. Prof. Gottſched, wie Herr Philippi vorgiebt, den Bri - ontes vor ein infames Pasquill erklaͤret habe. Denn ich habe eine viel zu gute Mei - nung von dem Hrn. Gottſched, als daß ich mir ſollte einbilden koͤnnen, daß er, aus Furcht, vor einem gar nicht furchtbaren Manne, einer Schrift, die ihm gewiß nicht zuwider war, und die er wenigſtens vorb 5er -26(o)ertraͤglich hielte, wider ſein Gewiſſen ei - nen ſo ſchimpflichen Titel beygeleget habe.

Er mag indeſſen an den Hrn. Prof. Phi - lippi geſchrieben haben, was er will, ſo trauete dieſer doch ſeinen Verſicherungen ſo wenig, als ſeinen vertraulichen Nach - richten, und hielt ihn dennoch vor ſeinen Feind und Verfolger. Zwar wuſte er nicht gewiß, ob Herr Gottſched den Brion - tes gemacht habe, oder wer ſonſt der Ver - faſſer deſſelben ſey? Allein dieſe Ungewiß - heit hinderte ihn nicht, ſeine Ehre gegen ſeinen unbekannten Feind zu retten. Er ſchrieb zu dem Ende noch im Jahr 1732. ſeine ſieben neue Verſuche(4)Die Titel dieſer neuen Verſuche waren folgende: 1) Rede von dem Character der kleinen Redner, als eine vorlaͤufige Abfertigung der Satyre Bri - ontes; 2) Daß der Verſtand alle Gewalt uͤber - trefe; 3) Der Character der Freygeiſterey und wahrer Verdienſt ꝛc. 4) Von groſſen, mittelmaͤßi - gen und kleinen Genies, beſonders von der Nieder - traͤchtigkeit der kleinen Geiſter; 5) Send-Schrei - ben wegen Guͤltigkeit der Woͤrter: Tuckmaͤuſer, Saalbader, Charletan und Pedant ꝛc. 6) Die großmuͤthige Verachtung, als eine erlaubte Noth - wehre gegen unrechtmaͤßige Gewalt, Unverſtand und Verlaͤumbdung; 7) die Bedaurung von Red - lichgefinnten, als ein Bewegungs-Grund ſich mit Pasquillanten in keine Streitſchriſten einzulaſſen. Jn in der dent -ſchen27(o)ſchen Beredſamkeit, und die Schrift: Gleiche Bruͤder, gleiche Kappen ꝛc. So hurtig er mit dieſen Schriften fertig war, ſo langſam gieng es mit dem Druck. Niemand wolte ſie verlegen, und er bot ſie in Leipzig und Hamburg vergebens aus. Sein Manuſcript indeſſen gerieth an bey - den Orten, ich weiß nicht, auf was Art, meinen Freunden in die Haͤnde, welche mir einen vollſtaͤndigen Auszug aus den Kappen, in ſo ferne ſie mich angiengen, und eine Abſchrift von dem erſten der ſie - ben neuen Verſuche, welcher wider die Geſellſchaft der kleinen Geiſter gerichtet war, zuſchickten. Jch entſchloß mich gleich, beydes drucken zu laſſen, und zu beant - worten. Nicht darum, daß ich dieſeselen -(4)Jn dem 15ten Stuͤcke des Hamburgiſchen Cor - reſpondenten von 1733. wird zwar geſagt, der Hr. Prof. Philippi habe ſeine ſieben neuen Verſu - che zu Hamburg unter die Preſſe gegeben. Allein das war nur Schertz. Jn Hamburg wollte ſie nie - mand haben. Man ſchickte ſie dem Hrn. Prof. Philippi wieder, und ich weiß nicht, was er damit gemacht hat. Jch glaube, er hat ſie untergeſteckt, oder wenigſtens das vornehmſte daraus in der Vor - rede zu ſeinem Windbeutel, und in ſeinen Mo - raliſchen Biloniſſen, mit welchen er die Maxi - mes de la Marquiſé de Sablé erlaͤutert hat, ange - bracht.28(o)elende Zeug der geringſten Antwort wuͤr - dig ſchaͤtzte, ſondern aus gantz andern Ur - ſachen.

Jch hatte, ſeit dem ich, um meiner Suͤnden willen, ein Scribent geworden war, ſo viel ungereimte und laͤcherliche Urtheile von der ſatyriſchen Schreib-Art uͤberhaupt, und von meinen Schriften ins beſondere anhoͤren muͤſſen, daß ich es nicht laͤnger erdulden konnte. Zwar kan ich mich nicht daruͤber beſchweren, daß man gar zu veraͤchtlich von meinen Schrif - ten geredet haͤtte; Man lobte ſie mehr, als ſie es verdienten. Allein auch dieje - nigen, welche ſie lobten, begleiteten ihr gezwungenes Lob mit einem haͤmiſchen Aber, das mir empfindlicher war, als wenn man meine Art zu dencken und zu ſchrei - ben gerade weg getadelt, oder mich gar mit meinen poßierlichen Gegnern in eine Claſ - ſe geſetzet haͤtte.

Dieſes Aber ſollte die Weißheit und Bil - ligkeit des Heuchlers andeuten, der ſich deſ - ſelben bediente: Allein es war doch nichts, als eine Frucht der Einfalt und Boßheit, und weit unchriſtlicher und verdamm - licher, als alle meine Satyren. Man ſprach: Es ſey doch gleichwohl unbilligund29(o)und unchriſtlich, daß ich ehrliche Leu - te ſo empfindlich kraͤnckte, die mir nim - mer etwas zuwieder gethan haͤtten. Es gienge mich ja nicht an, ob die Schriften dieſer Leute gut oder ſchlecht gerathen waͤ - ren. Man muͤſſe ſich nicht klug duͤncken laſſen, jederman zu tadeln. Die ſatyri - ſche Schreibart ſey einem Chriſten unan - ſtaͤndig. Meine Schriften waͤren Pas - quille, und ich muͤſte ein ſehr boßhaftes Gemuͤth haben. Jch bezeugte auch eine ſchlechte Ehrerbietung gegen die heilige Schrift, mißbrauchte bibliſcher Redens - Arten, und man ſaͤhe wohl, daß ich wenig Religion haͤtte, weil alles, was ich ge - ſchrieben mit Religions-Spoͤttereyen an - gefuͤllet ſey u. ſ. w.

Es haͤtte mich nicht verdrieſſen ſollen, wenn dieſe unbilligen Urtheile nur von Leuten waͤren gefaͤllet worden, denen ihre Einfalt, oder ihr Amt ein Recht giebt, zu ſagen, was ſie wollen: Allein ſo muſte ich ſie auch von Leuten hoͤren, die klug ſeyn wollten, und die es, ohne Verletzung ihres Gewiſſens, ſeyn konnten. Jch ler - nete daraus, daß ein geſunder Verſtand ſeltener iſt, als man insgemein glaubet, und fand vor noͤthig, meinen unbilligenRich -30(o)Richtern zu zeigen, daß es ihnen haupt - ſaͤchlich daran fehle.

Dasjenige, was mich vornehmlich dazu bewog, das war der Vorwurf von der Religions-Spoͤtterey, der ungegruͤndete - ſte, und boßhafteſte von allen. Es ver - droß mich, daß man, obgleich meine Schrif - ten von keinen Religions-Materien han - delten, dennoch ſo dreiſte und verwegen von meinem Glauben und Unglauben ur - theilete, als wenn ich einen Catechiſmus geſchrieben haͤtte, und ich verfertigte dem - nach im Jahr 1733. die Unpartheyiſche Unterſuchung der frage: Ob die be - kannte Satyre Briontes der juͤnge - re mit entſetzlichen Religions-Spoͤtte - reyen angefuͤllet, und eine ſtrafbare Schrift ſey? ꝛc.

Jch bemuͤhete mich in dieſer Schrift, den mich richtenden Phariſaͤern einmahl vor allemahl das Maul zu ſtopfen. Jch glaube nicht, daß ich ſie gaͤntzlich bekehret habe: doch fiengen ſie an, ſich zu ſchaͤmen, und wurden ſtille.

Weil indeſſen der Hr. Prof. Philippi den Vorwurf von Religions-Spoͤtterey - en, durch welchen er das Ober-Conſiſto - rium wieder den Briontes haͤtte aufbrin -gen31(o)gen wollen, in ſeinen ſo genanten Kap - pen wiederholet, und zur Vertheidigung ſeiner ſechs deurſchen Reden unterſchie - denes vorgebracht hatte; ſo bediente ich mich der Gelegenheit, auch ihm ſeine Ab - fertigung zu geben, und ruͤckte den mir zugeſchickten Auszug aus ſeinen, damahls noch ungedruckten, Kappen in meine unpartheyiſche Unterſuchung ein. Jch bewieß, daß dieſe Schrift im hoͤch - ſten Grad albern, und ſo beſchafen ſey, das es nicht zu glauben, daß der Hr. Prof. Philippi ſie gemacht habe. Jch ſprach ſie ihm auch wuͤrcklich aus vierzehn wichti - gen Gruͤnden ab. Allein der Hr. Prof. Philippi hat ſich dennoch nicht geſchamet, dieſes abentheurliche Werckchen oͤfentlich vor das ſeine zu erkennen, und es im Jahr 1735, als einen Anhang zu ſeinem ruͤchti - gen Buche: Cicero, ein groſſer Wind - beutel ꝛc. drucken zu laſſen.

Eben dieſes Buͤchlein pranget noch mit einem andern Anhange, welcher Acht Vertheidigungs-Schriften wieder eben ſo viel Chartequen in ſich faſſet. Eine derſelben iſt wieder meine unpar - theyiſche Unterſuchung gerichtet, und gantz poßierlich. Der Hr. Prof. Philip -pi32(o)pi zieht 80 ſeltſame Reden aus meiner Schrift, und ſagt Dinge daruͤber, die luſtig genug zu leſen ſind; aber den elen - den Zuſtand des armen Menſchen ſo klar an den Tag legen, daß ich mich ein Ge - wiſſen gemacht habe, darauf zu antworten.

Damit ich nicht noͤthig habe, ferner von dem Buche: Cicero ein groſſer Windbeutel ꝛc. zu reden, ſo muß ich noch ſagen, daß man einen vollſtaͤndigen Auszug aus demſelben in dem 12ten Stuͤ - cke der Niederſaͤchſiſchen Nachrichten auf das Jahr 1735 findet. Der Aus - zug iſt von mir, und faſſet alle Selten - heiten dieſer laͤcherlichen Schrift, und zu - gleich eine Critick derſelben in ſich. Es hat auch der Hr. Prof. Philippi wegen ſeines an dem Cicero veruͤbten Frevels in dem 20ten Stuͤcke des Hamburgiſchen Correſpondenten von 1735 ſein Urtheil aus dem Seneca empfangen.

Nachdem ich alſo der Welt den Auszug einer Schrift mitgetheilet hatte, der ſie ſonſt noch eine ziemliche Zeit wuͤrde ha - ben entbehren muͤſſen; ſo ſaͤumete ich nicht, auch die Rede des Hrn. Prof. Philippi an die Geſellſchaft der kleinen Geiſter, von der ich eine Abſchrift erhalten hatte, zumDruck33(o)Druck zu befordern. Jch gab ihr den Titel: Stand-oder Antritts-Rede, welche der Hr. Prof. Philippi in der Geſellſchaft der kleinen Geiſter gehal - ten hat ꝛc. Jch beantwortete ſie im Nah - men des Aelteſten dieſer Geſellſchaft. Die - ſe Antwort iſt unſtreitig die giftigſte Schrift, die ich gegen dem Hrn. Prof. Philippi gemacht habe,(*)Und dennoch ſagt der Doctor Hartmann zu Erfurt, in ſeiner Anleitung zur Hiſtorie der Leibnitz - Wolfiſchen Philoſophie p. 951. 952. daß Phi - lippi dieſe Schrift gemacht habe, und daß darinn der mathematiſche Verſuch wider jederman verthei - diget werde. Es iſt dieſes ein Fehler, den er nicht wuͤrde begangen haben, wenn er ſich nur feſte an ſei - nen, ihm ſo nuͤtzlichen Vorgaͤnger, den Hrn. Lu - dovici, den er vor Augen gehabt zu haben ſcheinet, gehalten haͤtte: Aber da er kluͤger ſeyn will, ſo ſagt er etwas, das eben ſo wahr iſt, als daß, wie er p. 134. meinet, die Socinianer kurtz nach dem Ni - ceniſchen Concilio entſtanden. und ich glau - be nicht, daß er jemahlen auf eine unbarm - hertzigere Weiſe gemißhandelt worden. Allein er empfieng, was ſeine Thaten werth waren. Warum gab er ſich mit mir ins Spotten? Warum wagte er ſich in die Jronie, eine Figur, die ihm zu hoch war? Uber mich kan er ſich nicht beſchwe - ren, und thut er es, ſo antworte ich ihm:

cHæc34(o)
Hæc ſcripſi ut eo ipſo in genere, in quo aliquid poſſe vis, te nihil eſſe cog - noſceres(5)Cicer[o]Epiſt. Ad Fam. Lib. VII. ep. 27. .

Jndeſſen war dieſes meine eintzige Ab - ſicht nicht; ſondern ich hatte noch einen andern Zweck. Der Hr. Prof. Philippi hatte zwo Schriften ausgehen laſſen, an welchen wenig geſundes war. Die eine war ſeine thuͤringiſche Hiſtorie / und die andere ſein mathematiſcher Ver - ſuch von der Unmoͤglichkeit einer ewi - gen Welt Der Hr. Prof. Philippi hatte in der erſten dem Chur-Hauſe Sach - ſen die Bißthuͤmer Merſeburg und Naum - burg gaͤntzlich abgeſprochen; ja er war gar ſo thoͤrigt, daß er ſich einbildete, fei - ne elende Schrift habe zu unterſchiedenen harten Reſcripten Anlaß gegeben, wel - che zu der Zeit, als der kaͤyſerliche und ſaͤchſiſche Hof, bekannter maaſſen, nicht wohl mit einander ſtanden, dieſer Biß - thuͤmer wegen an den verſtorbenen Koͤnig von Pohlen ergiengen. Man hatte mich erſuchet, den Hrn. Prof. Philippi dieſes Frevels und Stoltzes wegen zu zuͤchtigen, und ihm zu weiſen, daß ſeine thuͤringi ſche Hiſtorie kein Werck ſey, auf wel -ches35(o)ches er ſich viel einzubilden Urſache haͤtte. Dieſes ſuchte ich, meinem in einer Anmer - ckung zu dem Briontes gethanen Ver - ſprechen zu Folge, in dieſer Beantwor - tung der philippiſchen Anrede an die Ge - ſellſchaft der kleinen Geiſter, ins Werck zu richten, und der mathematiſche Ver - ſuch von der Unmoͤglichkeit einer ewi - gen Welt muſte, bey der Gelegenheit, mit an den Tantz.

Jch war nicht der eintzige, dem dieſe letzte Schrift laͤcherlich vorkam. Sie war ſchon, ehe ich dieſelbe geſehen hatte, in zwo unterſchiedenen Satyren, mit unter - ſchiedenem Gluͤcke, angegrifen worden. Die erſte war das Sendſchreiben der fuͤnf Schweſtern an den Hrn. Prof. Philippi. Die fuͤnf Schweſtern waren die fuͤnf Sinnen, und die Satyre war, ſo viel ich mich erinnere, artig genug ge - ſchrieben. Sie gieng nur zu Leipzig im Manuſcript herum, und der Hr. Prof. Philippi, dem eine Abſchrift davon in die Haͤnde fiel, ließ ſie unter dem Titel: Wun - derſeltſames Fuͤndel-Kind ꝛc. im Jahr 1733 mit Anmerckungen drucken. Jch habe dieſer Anmerckungen in meiner un - partheyiſchen Unterſuchung erweh -c 2net,36(o)net, und dem Hrn. Prof. Philippi, wie die Kappen, abgeſprochen. Der Hr. Prof. Philippi meinet in dieſen Anmer - ckungen, daß ich Vater zu dem ſo genann - ten Fuͤndel-Kinde ſey. Allein er thut mir Unrecht. Jch bin an dieſer Satyre unſchuldig, und habe auch nimmer erfah - ren koͤnnen, wer der Verfaſſer derſelben ſey.

Die andere Satyre, welche wieder den mathematiſchen Verſuch heraus kam, fuͤhrte den Titel: Abgeſtrafter Vor - witz eines unbeſonnenen Critici ꝛc. Sie war in Verſen geſchrieben, welche der Verfaſſer mit Anmerckungen erlaͤuter - te. Er nennete ſich Grimaldo, und gab ſich auf dem Titel vor einen dem Hrn. Prof. Philippi wohlbekannten Weiſſenfelſer aus. Er hieß aber Gruͤtzner, und war ein Student aus Jena. Jch kenne den Menſchen nicht: Aber, nach ſeiner Schrift zu urtheilen, iſt es ein armer Suͤnder, der nur immer haͤtte zu Hauſe bleiben moͤgen. Der Hr. Prof. Philippi hat ihn auch in dem Anhange zu ſeinem Windbeutel nach Verdienſt gezuͤchtiget, und mir ſelbſt kam ſein Geſchmier ſo abſcheulich und unertraͤg - lich vor, daß ich eine ſcharfe Cenſur deſ -ſelben37(o)ſelben in das 80te Stuͤck des Hambur - giſchen Correſpondenten von 1733 ſe - tzen ließ. Der gute Grimaldo empfand dieſes ſo hoch, daß er drohete, er wollte auch wieder den Verfaſſer des Correſpon - denten ſchreiben. Es iſt aber, ſo viel ich weiß, nichts daraus geworden.

Der Hr. Prof. Philippi indeſſen war viel zu ſtreitbar, als daß er meine Stand - oder Antritts-Rede haͤtte unbeantwor - tet laſſen ſollen. Er gab, auf friſcher That, eine kleine Schrift dagegen heraus, welche er ein Bedencken der patrioti - ſchen Aſſemblée nennete. Jch weiß den Jnhalt dieſer Schrift nicht mehr; So viel weiß ich, daß ſie ſehr grob und einfaͤltig ge - rathen war.

Mittlerweile nun, daß ich mit der Ver - fertigung meiner Antwort auf die phi - lippiſche Stand-Rede beſchaͤftiget war, ſpielte man dem Hrn. Prof. Philippi ei - nen Streich, deſſen er ſich nicht verſahe. Es war dieſer kurzweilige Redner in ein reiches und junges Frauenzimmer zu Leip - zig ſterblich verliebt geweſen, und hatte dieſer ſeiner Goͤttin zu Ehren ein Schaͤ - fer-Gedicht gemacht, welches die Frau von Ziegler in Verwahrung hatte, undc 3ſehr38(o)ſehr geheim hielt. Es fiel aber doch, ich weiß nicht, durch was vor einen Zufall, gewiſſen Leuten zu Leipzig in die Haͤnde; die ſchickten es nach Hamburg, und ba - ten, man moͤchte es daſelbſt zum Druck befordern. Von Hamburg ward es an mich nach Luͤbeck geſchickt, und ich gab ihm den Nahmen: Sottiſes champêtres, oder Schaͤfer-Gedicht des Hrn. Prof. Philippi ꝛc. machte eine kurtze Vorrede dazu, und ſchickte es wieder nach Ham - burg, woſelbſt es, nachdem ein anderer guter Freund den Jnhalt dazu gemacht hatte, eiligſt gedruckt ward.

Die frau von Ziegler empfand die Bekanntmachung dieſes Schaͤfer-Gedich - tes ſehr hoch. Jch weiß nicht, was ſie vor Urſachen dazu hatte; doch kan ich ver - ſichern, daß, wenn ich dieſes vorher gewuſt haͤtte, die beſondere Ehrerbietung, welche ich gegen dieſe Dame hege, mich wuͤrde abgehalten haben, das geringſte zu der Herausgabe dieſes philippiſchen Schaͤfer - Gedichtes beyzutragen.

Was den Hrn. Prof. Philippi anlan - get, ſo ſetzten ihn die Sottiſes champêtres in der aͤuſſerſte Wut. Er verfiel wieder auf die alten Grillen, daß Hr. Gottſchedſein39(o)ſein Verfolger ſey, und gab, unter dem Nahmen eines Freyherrn von frohen - muth, gegen dieſen gantz unſchuldigen Mann eine Schrift heraus, die er Sotti - ſes galantes nennete, und in welcher er den Hrn. Prof. Gottſched, auf eine recht raſende Art, angrif. Der Hr. Prof. Gott - ſched wehlte, ſtatt der Rache, ein groß - muͤthiges Stillſchweigen, und er that wohl daran. Eine ſo ehrenruͤhrige Schand - Schrift war keiner Beantwortung wuͤr - dig.

Als der Lerm wegen der Sottiſes cham - pêtres und galantes vorbey war, kam al - lererſt die Stand - und Antritts-Rede ans Licht. Jch gedachte, dieſes ſollte mei - ne lezte Schrift gegen den Hrn. Prof. Phi - lippi ſeyn: Aber ich muſte noch einen Gang mit ihm wagen.

Er gab im Jahr 1734 eine Uberſetzung der Maximes de la Marquiſe de Sablé heraus, welche er mit 366 moraliſchen Bildniſſen erlaͤutert hatte. Von dieſer Uberſetzung ward in dem 83ten Stuͤcke des Hamburgiſchen Correſpondenten von 1734 ſehr veraͤchtlich geurtheilet, und der Hr. Prof. Philippi nahm dieſe Freyheit, welcher der Verfaſſer des Cor -c 4reſpon -40(o)reſpondenten ſich gegen ihn bedienet hatte, ſo uͤbel, daß er ſich bey dem Rath zu Ham - burg daruͤber beſchwerete, und ſeinen Brief an den Rath, ich weiß nicht, warum, drucken ließ. Aus dieſem Briefe, der auf gewiſſe Maaſſe, nicht ohne Wirckung war, leuchtete ſo viel Boßheit, und ein ſo uner - traͤglicher Stoltz hervor, daß ich, ſo bald ich ihn laß, den Entſchluß faſſete, die laͤ - cherliche Schrift, uͤber deren Cenſur der Herr Prof. Philippi ſich beſchwerete, noch ſchaͤrfer vorzunehmen, als der Ver - faſſer des Correſondenten gethan hatte. Denn, die Wahrheit zu ſagen, es ver - droß mich, daß der Hr. Prof. Philippi, nach aller meiner Muͤhe, die ich mir ge - geben hatte, ihn zu demuͤthigen, ſich doch noch ſo trotzig geberdete, und unverſchaͤmt genug war, mit Ungeſtuͤm zu verlangen, daß die Leute anders, als mit Verachtung und Abſcheu von ſeinen Schriften reden ſolten.

Jch wolte ihm demnach den Reſt geben, und ſchrieb den glaubwuͤrdigen Bericht eines Medici von dem Zuſtande, in welchem er den Hrn. Prof. Philippi den 20ten Junius 1734 angetroffen. Jch fuͤhrte in dieſem Bericht den HerrnProf.41(o)Prof. Philippi redend ein. Er muſte ſei - ne Fehler bereuen, ſeine Schriften ver - fluchen, und von ſeiner Uberſetzung der Maximes de la Marquiſe de Sablé, und allen ihren Zuſaͤtzen, ſo viel boͤſes ſagen, als ich glaubte, daß eine ſo laͤppiſche Schrift verdiente. Jn der Vorrede ſagte ich, der Hr. Prof. Philppi ſey den 21ten Junius wuͤrcklich geſtorben. Dieſes Vorgeben war falſch: Aber daß der Hr. Prof. Philip - pi Schlaͤge bekommen hatte, das war mehr, als zu wahr. Er bekam ſie unge - fehr um die Zeit, als ich geſaget hatte, in einem Wirthshauſe zu Halle, von zwe - en Officieren, gegen welche er ſich ſehr unnuͤtze gemacht hatte. Ja er war von dieſen unbarmhertzigen Kriegs-Knechten ſo zugerichtet worden, daß man ihn hat - te nach Hauſe tragen muͤſſen.

Dieſes war die Begebenheit, welche mich veranlaſſte, meiner Satyre die Tour zu geben, die ich ihr gegeben habe. An die andern Schlaͤge, die der Hr. Prof. Philippi kurtz darauf von hoͤherer Hand bekommen hatte, habe ich nicht gedacht. Jch hielte es vor niedertraͤchtig, uͤber ei - nen Unfall zu ſpotten, der einem jeden ehrlichen Manne haͤtte begegnen koͤnnen,c 5und42(o)und beklagte den Hrn. Prof. Philippi von Hertzen.

Jndeſſen hatten dieſe letzten Schlaͤge den Hrn. Prof. Philippi gezwungen, Hal - le, und ſeine auſſerordentliche Profeſſur zu verlaſſen, und ihn in einen Stand geſetzet, daß er, ich weiß nicht was, dar - um haͤtte geben ſollen, daß meine Nach - richt von ſeinem Tode wahr geweſen waͤ - re. Er war unſtet und fluͤchtig, und hat - te alle Muͤhe von der Welt, den Haͤnden der Merſeburgiſchen Regierung zu entge - hen, die ein Urtheil an ihm vollziehen woll - te, in welchem ihm, ich weiß nicht wa - rum, ein zweyjaͤhriges Gefaͤngniß zu er - kannt war. Aber, dem allen ungeachtet wollte er doch nicht tod ſeyn. Er ließ, wiewohl nicht in ſeinem Nahmen, von Goͤttingen aus einen Aufſatz in die ham - burgiſchen Berichte ruͤcken, in welchem ich, der ich ihm dieſes nachgeredet hatte, ein nahmloſer Pasquillant genennet, und aller Welt kund gethan wurde, der Hr. Prof. Philippi ſey noch am Leben, und befinde ſich in Goͤttingen.

Das war nun wohl der Muͤhe werth, und es ſtand dem Hrn. Prof. Philippi, der in allen Stuͤcken etwas beſonders hat -te,43(o)te, wohl an, auf eine ſo ernſthafte Art eine Nachricht zu wiederſprechen, die je - derman vor Schertz hielte. Nach meiner Meynung hat der Hr. Prof. Philippi nie - mahlen etwas laͤcherlicheꝛs begangen. Allein er ließ es dabey noch nicht bewenden; ſon - dern gab eine Schrift gegen den glaub - wuͤrdigen Bericht eines beruͤhmten Medici heraus, in welcher er Dinge ſag - te, die mich im geringſten nicht angien - gen. Sie hatte den Titel: Der gehei - men patriotiſchen Aſſemblée anderwei - tiges Bedencken an den Herrn Prof. Philippi ꝛc. und war ſo wunderlich ein - gerichtet, daß man Muͤhe hatte, klug daraus zu werden. Ein ſo genannter Her - molaus Barbarus, welches, wo mir recht iſt, des D. Langens juͤngſter Sohn ſeyn ſollte, und ein gewiſſer Profeſſor zu Hal - le, der nur mit den Buchſtaben F. W. angedeutet wurde, behielten nicht vor ei - nen Heller Ehre darinn. Der Hr. Prof. Philippi hatte, aus Urſachen, die mir un - bekannt ſind, einen Verdacht auf dieſe Leu - te geworfen, und glaubte gantz feſte, der glaubwuͤrdige Bericht eines Medici ſey in Halle gedruckt worden; weil das Exemplar, daß er bekommen hatte, nochnaß44(o)naß geweſen war. Allein er betrog ſich; denn ich hatte dieſe Schrift in Mecklen - burg auf dem Lande gemacht, und zu Lauenburg drucken laſſen.

Was man uͤbrigens in dem Bericht des Medici den ſterbenden Philippi von ſich und ſeinen Schriften hatte ſagen laſ - ſen, das uͤbergieng die geheime patrioti - ſche Aſſemblée, ob es gleich das Haupt - werck war, mit Stillſchweigen, und be - muͤhete ſich nur, zu beweiſen / daß der Hr. Prof. Philippi noch lebe. Es gab alſo der ehrliche Mann ſeine, ihm ſonſt ſo liebe, Schriften Preiß, um ſein Leben zu retten. Denn tod wollte er mit Ge - walt nicht ſeyn. Er hielte es vor eine Beſchimpfung, daß ich dieſes von ihm ge - ſaget hatte: Er ſtieß die groͤbſten Schelt - worte wieder mich aus, und ſtellete ſich nicht anders, als wenn ein ſeeliger Tod eine Sache geweſen waͤre, der ſich ein ehrlicher Mann zu ſchaͤmen haͤtte.

Mir kam dieſes Verfahren ſehr wun - derlich vor. Jch gedachte bey mir ſelbſt: Es ſind ſo viele ehrliche Leute geſtorben, und der Hr. Prof. Philippi meint, es ſey ihm eine Schande!

Lumina45(o)
Lumina ſis oculis etiam bonus Ancus reliquit, Qui melior multis quam tu fuit improbe re - bus; Inde alii multi reges, rerumque po - tentes Occiderunt, magnis qui gentibus im - peritarunt ............. Ipſe Epicurus obit decurſo lumine vitæ, Qui genus humanumingenio ſupera - vit, & omnes Præſtrinxit ſtellas, exortus uti æthe - reus Sol. Tu vero dubitabis & indignabere obire Mortua cui vita eſt prope jam vivo atque vident. (6)Lucret. Lib. IV.

Dieſe Gedancken veranlaſſeten mich, es mit der geheimen patriotiſchen Aſſem - blée aufzunehmen, und ihr aus Gruͤnden die ſie mir, durch ihren laͤcherlichen, un - noͤthigen und unbedachtſamen Wieder - ſpruch, ſelbſt an die Hand gegeben hatte, zu beweiſen, daß der Hr. Prof. Philippi dennoch geſtorben ſey.

Jch46(o)

Jch ſchrieb zu dem Ende zu Anfang des 1735ten Jahrs meine beſcheidene Be - antwortung der Einwuͤrfe, welche einige Freunde des Hrn. Prof. Phi - lippi wieder die Nachricht von deſ - ſen Tode gemacht haben. Der Herr Prof. Philippi hat nicht darauf geant - wortet. Und daran hat er, meines Er - achtens, ſehr weißlich gehandelt. Denn wenn er haͤtte fortfahren wollen, im Nah - men der patriotiſchen Aſſemblée, auf eben dem Fuß, gegen mich zu ſchreiben; ſo wuͤrde die Sache, woruͤber wir ſtrit - ten, ſo zweifelhaft geworden ſeyn, daß niemand, und ſo gar er ſelbſt, zuletzt nicht gewuſt haben wuͤrde, ob er lebe, oder tod ſey. Man kan hieraus lernen, wie ungluͤcklich die Leute ſind, die keinen Schertz verſtehen, und wie nothwendig ſolche Leu - te, denen, welche ihnen die Ehre thun, mit ihnen zu ſcherzen, durch ihre Heftig - keit, und durch ihren ernſthaften und un - noͤthigen Wiederſpruch, die Waffen in die Hande geben muͤſſen, ſie noch laͤcher - licher zu machen. Meine Abſicht war, den Hrn. Prof. Philippi zu guter letzt wenigſtens noch von dieſer Wahrheit zu uͤberfuͤhren. Nach der Zeit habe ich weiter mit ihm nichts zuthun gehabt.

Er47(o)

Er gerieth auch kurtz darauf in einen Zuſtand, daß man ſeiner, ohne Suͤnde, ferner nicht ſpotten konnte. Da er, wie ich ſchon erwehnet habe, genoͤthiget wur - de, Halle zu verlaſſen, ſo begab er ſich nach Goͤttingen. Allein, auſſer, daß die merſeburgiſche Regierung ihn noch immer verfolgte, und auf ſeine Auslieferung drang, ſo wollte es auch ſonſt daſelbſt mit ihm nicht fort. Er fieng an zu leſen, und ſeinen Freydenck er herauszugeben. Man wollte es aber nicht leiden, und es ward ihm ſo wohl das leſen, als das Buͤcher ſchreiben gaͤntzlich verboten. Jch bekenne, die Diaͤt, welche man ihm durch dieſes Verbot vorſchrieb, war ſeinem innern Menſchen ſehr heilſam; aber der aͤuſſere muſte nothwendig dabey zu kurtz kommen, und das, deucht mich, war zu hart. Al - lein nicht lange darauf gieng es ihm noch aͤrger. Er bekam das Conſilium abeun - di, und ward, wie man mir berichtet hat, bey hellem Tage zum Thor hinaus ge - bracht. Ob nun gleich dadurch erfuͤllet ward, was ich von ſeiner ploͤtzlichen Ver - ſchwindung in meiner letzten Schrift ge - weiſſaget hatte; ſo habe ich ihn dennoch von Hertzen bedauret, und haͤtte lieberein48(o)ein falſcher Prophet ſeyn, als ihn derge - ſtalt beſchimpfet ſehen moͤgen.

Was man in Goͤttingen vor Urſachen gehabt habe, ſo hart mit einem Manne zu verfahren, der doch, was er ſonſt auch vor Schwachheiten an ſich hatte, einmahl ein Doctor und Profeſſor war, das kan ich nicht ſagen. Jch habe das Verbre - chen des Hrn. Prof. Philippi nimmer er - fahren koͤnnen. Vermuthlich hat er ſein Un - gluͤck ſeinem Freydencker zu dancken. Denn in dieſer elenden Wochen-Schrift ſoll er keines Menſchen verſchonet haben. Neun Stuͤcke habe ich davon geſehen, und ich glaube nicht, daß ſie weiter fortgeſetzet iſt, weil man dem Hrn. Prof. Philippi das Handwerck gar zu bald legte.

Was nun dieſem ehrlichen Manne nach ſeiner Vertreibung von Goͤttingen begeg - net iſt, das weiß ich ſo eigentlich nicht. Viel Freude hat er, allem Anſehen nach, nicht gehabt. Denn er hat nach der Zeit ſeinen Vater verlohren, und, wie man ſagt, auch zu Jena das Conſilium abeun - di bekommen. Er ſoll aber, wie ich hoͤre, jetzo wieder da ſeyn.

Auf meine Schriften gegen dem Hrn. Mag. Sievers und den Hrn. Prof. Phi -lippi49(o)lippi folget in dieſer Sammlung eine Sa - tyre, die gegen niemand ins beſondere ge - richtet iſt. Sie handelt von der Vor - treflichkeit und Nothwendigkeit der elenden Scribenten. Jch verſprach die - ſe Schrift in dem Schreiben des Rit - ters Clifton an den Samojeden, und dieſes Verſprechen erfuͤllete ich im Jahr 1734.

Es hat dieſe Satyre unter allen mei - nen Schriften den beſten Abgang gehabt, und iſt ſchon im Jahr 1736 wieder aufge - leget worden. Jch ſchlieſſe daraus, daß es doch noch Leute gegeben haben muͤſſe, welche dieſelbe mit andern Augen angeſe - hen, als Herr Reimmann. Dieſem Pre - laten will ſie gar nicht gefallen.

Scrip - tores miſerandos,

ſagt er(7)in Catalogo Biblioth. Reimmanniana Cap. III. §. 468. p. 732. ,

eos eſſe judicat autor, qui, quicquid in buccam defluit, in chartam conjiciunt, & mo - numenta ſine ratione (p. I-78) & ordi - ne (p. 78-90) & ornatu (p. 90-97) corrogata in vulgus ſpargunt. Atque ad hunc cenſum ſpectare cum aliis ſex - centis Happelium, Menantem, Uhſe - nium, Hubnerum (p. 53) D. J. E. Phi -dlippi,50(o)lippi, S-v-s, R-d-gſtum (p. 8. 36. 42. 43. 49. 50. 71. 85. 90). Nec deſunt, qui temere negligenterque libros ad compo - nendos ſe accingunt, nullo delecturerum & verborum habito. Scribimus indocti doctique poemata paſſim. Sed accuſat tantummodo non coarguit Autor, quorum nomina profert, nec ullo documento oſtendit, eos eſſe ta - les, contra quos ingeminat tremulos na - ſo criſpante cachinnos. Nec qui vilio - ris ſunt ordinis ſcriptores exſibilandos propinat ſolum; Sed & rectores Reipu - blicæ & doctores Eccleſiæ (p. 18. 28. 29. 41). Dicta etiam S. S. non raró ſannis conſpuit. Et quam in aliis redarguit culpam interdum ipſemet committit, & ordinem in ſcribendo negligit Vsque adeo in ſeſe tentat deſcendere nemo Sed præcedenti ſpectatur mantica tergo.

Jch weiß nicht, ob man veraͤchtlicher von einem Buche urtheilen kan? Darum aber werde ich doch nicht boͤſe. Hr. Reim - mann hat mein Buch bezahlet: Er hat es in ſeiner Bibliotheck: Er kan davon ſa -gen,51(o)gen, was ihm gut duͤncket. Dieſes iſt ein Recht, das ich ihm nicht ſtreitig mache. Nur bitte ich mir die Erlaubniß aus, ihm zu ſagen, daß ich Muͤhe habe, in dem Urtheile, welches er von meiner Schrift faͤllet, die Ueberlegung, die Billigkeit und die Unpartheylichkeit zu finden, die ich von ihm vermuthet haͤtte. Jch will nicht unterſuchen, was ſeine zaͤrtliche, und ihm ſo unanſtaͤndige Neigung zu gewiſſen laͤ - cherlichen Schreibern vor Urſachen hat: A - ber ich beklage, daß er ſich durch dieſe un - gluͤckſeelige Zaͤrtlichkeit verleiten laſſen, von meiner Schrift ein Urtheil zu faͤllen, daß ſo unbillig, und ihm ſo wohl, als mir nachtheilig iſt.

Er rechnet es mir als ein groſſes Ver - ſehen an, daß ich mit keinem Worte be - wieſen habe, daß die enigen, welche ich in meiner Schrift unter die elenden Scri - benten zehle, wuͤrcklich elende Scriben - ten ſind. Jch ſage ihm aber, daß, ohne dieſes Verſehen, mein Buch das albern - ſte Buch von der Welt ſeyn wuͤrde. Jſt ihm dieſes zu hoch, ſo beliebe er folgendes zu mercken.

Meine Abſicht war nicht, zu beweiſen, daß dieſer oder jener ein elender Scribentd 2ſey;52(o)ſey; ſondern, daß die elenden Scribenten die vortreflichſten, beſten und nuͤtzlichſten unter allen ſind. Ein elender Scribent ſeyn, das war folglich, nach meiner Mei - nung, eine ruͤhmliche Eigenſchaft. Ruͤhm - liche Eigenſchaften kan ich aber einem bey - legen, ohne daß ich noͤthig habe, zu be - weiſen, daß er dieſelben wuͤrcklich beſitze: Ja wenn ich einen recht loben will, ſo ſe - tze ich, als bekannt, voraus, daß er mein Lob verdienet. Jch lobte diejenigen, die ich in meiner Schrift nenne, und war al - ſo nicht nur berechtiget; ſondern auch, nach den Regeln der ironiſchen Hoͤflichkeit, ver - bunden, ſie, ohne den geringſten Beweiß, in die Claſſe der elenden Scribenten zu ſe - tzen. Haͤtte ich es anders gemacht, ſo haͤt - te ich meinem Caracter entgegen gehan - delt: Mein verſtelltes Lob wuͤrde alle An - nehmlichkeit verlohren haben, und meine Satyre ein ungeſalzenes Gewaͤſche gewor - den, und gantz aus dem Gelencke gekom - men ſeyn. Wer dieſes nicht begreifen kan, der weiß nicht, was Jronie und Satyre iſt, und muß von meinem Buche nicht urtheilen.

Jch muͤſte uͤberdem einen ſchlechten Be - grif von den Einſichten meiner Leſer ge -habt53(o)habt haben, wenn ich ihnen weitlaͤuftig haͤtte beweiſen wollen, daß Happels Mord - Geſchichte, Menantes Romane, Uhſens wohl informirter Redner, und Huͤbners Oratorie elende Buͤcher ſind. Wer zwei - felt daran? Niemand anders, als einfaͤl - tige Leute, oder Schul-Knaben, die nicht wiſſen, was recht und linck iſt. Was Philippi, Sievers und Rodigaſt anlan - get, ſo waren dieſe drey Helden ſchon ſo ruͤchtig, daß es ſich nicht der Muͤhe ver - lohnte zu beweiſen, daß ſie elende Scri - benten waͤren, und es wundert mich ſehr, daß Herr Reimmann ſich desfalls den ge - ringſten Scrupel macht. Er muß dieſe Leute gar nicht kennen, und meine Sa - tyren gegen Sievers und Philippi nicht geleſen haben. Denn ſonſt wuͤrde er ſich ja entſehen, dieſen armſeeligen Scriben - ten das Wort zu reden, und von mir zu verlangen, daß ich beweiſen ſollen, was weltkuͤndig iſt. Ofenbahre Wahrheiten beduͤrfen keines Beweiſes, und wer nicht glauben will, daß Sievers und Philippi elende Scribenten ſind, der leſe ihre Schrif - ten, und meine Satyren. Hat er die geleſen, und zweifelt doch noch daran, ſo weiß ich ihm nicht zu helfen. Vor ſolched 3Leute54(o)Leute kan ich wohl beten: Aber uͤberzeu - gen kan ich ſie nicht.

Herr Reimmann ſpricht ferner: Jch ſuchte ſo gar die Regenten und die Lehrer der Kirche laͤcherlich zu machen. Aber er thut mir Unrecht. Jch ſage von den Re - genten nichts, als was Salomon und Ju - venal vor mir geſagt haben. Nicht in der Abſicht, die Majeſtaͤten zu laͤſtern, wie Herr Reimmann meinet; ſondern bloß den Mangel der Vernunft zu ent - ſchuldigen, den man meinen Bruͤdern, den elenden Scribenten, vorwirft. Mein Character verband mich dazu, und gab mir ein unſtreitiges Recht, alles zuſammen zu ſuchen, was in meinen Kram dienete. Da ich nun beym Salomo fand, daß Un - verſtand unter den Gewaltigen gemein ſey, und ſahe, daß Juvenal den Guͤnſt - lingen der Groſſen faſt alle Vernunft ab - ſprach: So darf man ſich nicht wundern, daß ich mir dieſes zu Nutze gemacht habe. Man kan mir dieſes um ſo viel weni - ger verdencken, weil ich gar die Be - hutſahmkeit gebrauchet habe, die harten Ausdruͤckungen der Scribenten welche ich anfuͤhre, zu mildern, und nichts mehr ſage, als daß nicht allemahl die Kluͤgſtenam55(o)am Ruder ſitzen. Welches eine Wahrheit iſt, die ich mir getraue, allen Koͤnigen in die Augen zu ſagen, ohne daß ſie es mir ungnaͤdig nehmen ſollen. Solche allge - meine Wahrheiten verletzen die Ehrer - bietung nicht, die man den Goͤttern auf Erden ſchuldig iſt. Die Groſſen dieſer Welt ſind auch ſo wunderlich nicht, daß ſie ſich uͤber den geringſten Schertz, der keinen von ihnen insbeſondere trift, ent - ruͤſten ſollten, und wenn die Prieſter nur halb ſo billig waͤren, ſo haͤtte ich nicht noͤ - thig, das, was ich in meiner Schrift von ihnen geſagt habe, zu rechtfertigen. Al - lein, ich weiß nicht, wie es zugehet? Die - ſe Herren ſind ſo argwoͤhniſch, daß ſie ſich immer einbilden, man ſpotte ihrer, wenn man von ihnen redet. Dieſes iſt eine Auffuͤhrung, die man kaum einer bloͤden unerfahrenen Jugend, gebrechlichen Per - ſonen, oder Leuten, die kein gut Gewiſ - ſen haben, und ſich ofenbahrer Maͤngel bewuſt ſind, zu gute haͤlt. Mich deucht, alten, geſetzten und ehrwuͤrdigen Maͤn - nern wuͤrde ein wenig mehr Großmuth, und eine gewiſſe Zuverſicht zu ſich ſelbſt beſſer anſtehen, als ein ewiges Klagen, daß man ſie auslachet. Doch gienge esd 4noch56(o)noch hin, wenn ſie es bey dem Klagen be - wenden lieſſen: Allein ſo ſind ſie, was ſie auch andern von der Gedult vorpredigen, empfindlicher als alle andere Menſchen, und man hat Urſache, es nicht mit ihnen zu verderben.

Car ces Menins de la Cour étherée Sont tous douez d un appetit ſtrident De ſe venger, quand ils ſentent la dent(8)Rouſſeau Tom. II. Ep. 2. p. 35..

Jch muß alſo auch dasjenige, weſſen Hr. Reimmann mich, in Anſehung ihrer, beſchuldiget, von mir ablehnen.

Da ich meine Schrift nicht bey der Hand habe, ſo iſt es mir zwar unmoͤglich, die Stel - len nach zuſchlagen, die Hr. Reimmann, zum Beweiß ſeiner Beſchuldigung, aufuͤhret. Allein ich glaube doch, daß mein gantzes Verbrechen darinn beſtehet, daß ich den Mangel der Vernunft, den man an den elenden Scribenten wahrnimmt, da - durch zu rechtfertigen geſuchet habe, daß auch die Gottesgelehrten die Vernunft verwerfen. Man bildet ſich vieleicht ein, ich wolle dadurch zu verſtehen geben, daß die Gottesgelehrten eben ſo albern ſind, als die veraͤchtliche Schaar der elendenSchrei -57(o)Schreiber, auf deren Unkoſten ich mich luſtig mache. Aber dieſes iſt wahrlich mei - ne Abſicht nicht. Jch muͤſte ja gantz ra - ſend ſeyn, wenn ich nicht begrife, daß zwiſchen einem Menſchen, der ſeine Ver - nunft in Glaubens-Sachen gefangen nimmt, und einem ofenbahren Gecken, der gar keine Vernunft hat, ein unend - licher Unterſcheid ſey. Jch erklaͤre mich hiemit oͤfentlich, daß ich diejenigen Got - tesgelehrten, die am meiſten wieder den Mißbrauch der Vernunft in goͤttlichen Dingen eyfern, vor die beſten und ver - nuͤnftigſten halte. Es iſt mir nimmer in den Sinn gekommen, uͤber ihre Auf - fuͤhrung zu ſpotten, und wer andere Ge - dancken von mir hat, der irret ſich. Jch bemuͤhe mich in meiner Schrift, unter der Larve eines elenden Scribenten, der boͤ - ſen Sache meiner Bruͤder einen guten Schein zu geben: Aber ich bin ſo dumm nicht, daß ich nicht ſehen ſollte, daß alles, was ich ſage, Sophiſtereyen ſind. Jch ſchertze nur, und verlange mit Recht, daß Leute, welche von meinem Buche urthei - len wollen, wenigſtens ſo viel Verſtand haben, daß ſie Schertz und Ernſt unter - ſcheiden koͤnnen.

d 5Habe58(o)

Habe ich ſonſt etwas geſagt, daß die Geiſtlichen verdrieſſen koͤnnte, ſo bin ich verſichert, daß es entweder in dem, was ich bißher geſchrieben habe, ſeine Ent - ſchuldigung finden wird; oder ich habe auch wahre Fehler an ihnen getadelt, wel - che rechtſchaffene Gottesgelehrte ſelbſt nicht billigen: Und dieſes iſt kein Verbrechen.

Auf die Laͤſterung des Hrn. Reimmans, daß ich auch oft uͤber Spruͤche der heiligen Schrift, wie er gar nachdruͤcklich ſagt, meinen ſatyriſchen Geifer ausſchuͤtte, will ich alsdann antworten, wann es ihm ge - fallen wird, die Stellen meiner Schrift an - zuzeigen, da ich dieſes gethan habe. Vor - ietzo ſage ich nur mit ihm:

Sed accuſat tantummodo Autor non coarguit, & quam in me redarguit culpam ipſemet committit. Uſque adeo in ſeſe tentat deſcendere nemo Sed præcedenti ſpectatur mantica ter - go.

Dieſes iſt das weiſe Epiphonema, mit welchem Hr. Reimmann ſein Urtheil von meiner Schrift beſchlieſſet. Er will mir dadurch, auf eine hoͤfliche Art, zu verſte - hen geben, daß ich nicht befugt geweſenbin,59(o)bin, der elenden Scribenten zu ſpotten, weil ich ſelbſt zuweilen den Fehler begehe, den ich an ihnen tadele, und unordentlich ſchreibe. Er ſagt es ausdruͤcklich: Aber da ich nicht wiſſen kan, worinn die Un - ordnung, der er mich beſchuldiget, beſte - hen ſoll; ſo kan ich mich nicht verantwor - ten. Jch will es auch nicht thun; ſon - dern, wie groſſe Urſache ich auch habe, zu zweifeln, ob er geſchickt ſey, von der Ord - nung und Unordnung einer ironiſchen Schrift zu urtheilen, dennoch ſo hoͤflich ſeyn, und glauben, daß er es einmahl recht getrofen hat. Jch beobachte alſo in mei - ner Schrift nicht allemahl die Ordnung, die ich haͤtte beobachten ſollen: Aber iſt die - ſer Fehler ſo groß, daß er mir das Recht nehmen ſollte, den elenden Scribenten die ihrigen vorzuwerfen? Jch glaube es nicht. Denn wenn es noͤthig waͤre, die Thorheiten anderer ſo lange ohne alle Er - innerung hingehen zu laſſen, biß man ſelbſt ohne Fehler iſt; ſo muͤſte man alle Beſtra - fung und Ermahnung biß in jene Welt verſparen, da man ihrer nicht mehr be - darf: Das Amt eines unwiedergebohr - nen Prieſters wuͤrde, wider die Meinung unſerer reineſten Gottesgelehrten, gantzund60(o)und gar unkraͤftig, und Herr Reimmann ſelbſt, wie fromm und eremplariſch auch ſein Wandel iſt, wuͤrde nicht befugt ſeyn, wider die Laſter zu eyfern, ſo lange er noch, ſo oft er zur Beichte gehet, beken - nen muß, daß er mit Gedancken, Wor - ten und Wercken wider alle zehn Gebote geſuͤndiget habe.

Gefallen ihm dieſe Folgen nicht, ſo muß er auch bekennen, daß er ſein Epiphone - ma nicht wohl angebracht hat, und mir erlauben, uͤber ofenbahre Thorheiten zu lachen, ob ich gleich ſelbſt nicht vollkom - men bin. Denn das wird er mir doch laſ - ſen, daß ich gerechter bin, als diejenigen, welche ich tadele. Haͤlt er aber die Unord - nung, welche er in meiner Schrift bemer - cket, vor einen Fehler, der dieſelbe eben ſo ſcheußlich machet, als die Buͤchlein der elenden Scribenten, und will er, wie es das Anſehen hat, mich, durch den hoͤhni - ſchen Seufzer aus ſeinen Perſius, als ei - nen elenden Tropf herunter machen, der gar keine Ehre zu ſprechen hat; ſo muß ich es zwar geſchehen laſſen: Aber es ſollte mir doch ſeinentwegen leid ſeyn. Denn mir kan es nicht ſchaden.

Egoenim61(o)enim ne pilo quidem minus me ama - bo(9)Cicero Lib. II. ad Qv. Frat. Epiſt. 15..

Jch ſehe wohl, daß meine Schrift ge - wiſſen Leuten unmoͤglich gefallen kan, weil ſie nicht nach ihrem Geſchmack eingerich - tet iſt. Sie iſt ſatyriſch und im hoͤchſten Grad ironiſch. Gleichwie es nun nicht je - dermanns Werck iſt, ſolche Schriften zu machen; ſo iſt es auch nicht allen gegeben, von denſelben geſchickt zu urtheilen. Eine hochgetriebene Jronie gebuͤhrend einzuſe - hen, das iſt eine Sache, die eine gewiſſe Hurtigkeit und Biegſahmkeit des Verſtan - des erfordert, welche in lateiniſchen Koͤ - pfen, durch die poßierliche Schul-Gra - vitaͤt gemeiniglich erſticket wird. Wenn nun ein ſolcher Kopf uͤber ein Buch geraͤth, in welchem er keine ſteife und ehrbare Schulweißheit antrift; ſo koͤmmt er in ein fremd Land, und verirret ſich gar zu leicht. Jch ſage nicht, daß dem Hrn. Reim - mann dieſes Ungluͤck auch begegnet iſt; Nur ſage ich noch, daß drey oder vier ſol - che Urtheile, als dasjenige iſt, welches er von meiner Schrift gefaͤllet hat, genug ſind, ſeinen gantzen Catalogum, derſonſt62(o)ſonſt angenehm zu leſen iſt, in uͤbeln Ruf zu bringen.

Jch bitte uͤbrigens den Hrn. Reimmann, die Freyheit, die ich mir nehme, von ſei - nem Urtheile zu urtheilen, nicht uͤbel zu deuten. Jch bilde mir ein, daß ich es mit einer beſcheidenen Aufrichtigkeit gethan habe, die ihm gefallen wird. Koͤmmt ihm aber dennoch das, was ich zu meiner Vertheidigung ſage; zu hart vor, ſo muß er bedencken, daß er Gelegenheit dazu gegeben hat:

Siquis eſt, qui dictum in ſe in - clementius Exiſtimabit eſſe, ſic exiſtimet: Reſponſum, non dictum eſſe, quia - ſit prius(10)Torent Prol. in Eunuch. .

Jch finde bey dieſer Satyre ſonſt wenig zu erinnern. Nur muß ich kuͤrtzlich von einem Nahmen Rechenſchaft geben, der oft darinn vorkoͤmmt. Dieſes iſt der Nah - me Rodigaſt. Jch habe den Menſchen, der dieſen Nahmen fuͤhret, im Jahr 1733. aus ſeinem Avertiſſement von einem be - reits im Druck habenden Corpore Juris Civilis Juſtinianeo-Caſuali zu erſt kennen ler -nen.63(o)nen. Er nennete ſich auf dem Titel, D. Samuel Chriſtoph Rodigaſt JC. und war eine Art von Melchiſedech, ter - filius, von dem ich weiter nichts er - fahren konnte, als daß es ein junger Menſch von etwan 19. Jahren ſey, der ſich in Dreß - den aufhalte, und ſich eigenmaͤchtig zum Doctor gemacht habe. Weil ich nun eben zu der Zeit, als mir ſein Avertiſſement in die Haͤnde fiel, beſchaͤftiget war, der Schmierſucht gewiſſer elenden Scribenten Einhalt zuthun, ſo hielte ich vor noͤthig auch dem Ungluͤck vorzubeugen, welches dieſer Rodigaſt, als ein Comet, der ge - lehrten Welt zu drohen ſchien. Jch brach - te zu dem Ende meine Gedancken von ſei - nem Vorhaben zu Papier, und ließ ſie in das 123te Stuͤck des Hamburgiſchen Correſponden ten von 1733. ſetzen. Rodi - gaſt ward daruͤber ſo boͤſe, daß er eine Schrift von 4 Bogen in 4to unter dem Nahmen von Martin Albrecht, wieder den Verfaſſer des Correſpondenten, der doch gantz unſchuldig war, heraus gab. Der Titel dieſer Schrift war ſo naͤrriſch, und der Jnhalt ſo raſend, daß ich wahr - haftig davor erſchrack. Doch weil ich die - ſe Haͤndel angefangen hatte, ſo gab ich demMar -64(o)Martin Albrecht, welches Rodigaſt ſelbſt war, einen kurtzen Beſcheid, der in dem 173ten Stuͤcke des Hamburgi - ſchen Correſponden ten von eben dem Jah - re zu leſen iſt.

Kurtz darauf kamen mir eben die - ſes Rodigaſts Gedancken uͤber den Spruch: Viele ſind berufen; aber wenig ſind auserwehlet; imgleichen uͤber die Worte: Und ſie meynten, ſie ſaͤhen ein Geſpenſt ꝛc. zu Geſicht, woraus man ſiehet, daß der Verfaſſer vor dieſen ſich der Gottes-Gelahrtheit be - fliſſen hat. Jch habe niemahlen etwas elenders geleſen, und darum fuͤhre ich den Rodigaſt als ein Muſter eines vollkom - men elenden Scribenten an. Jch wuͤrde ihm aber dieſe Ehre nicht erwieſen haben, wenn ich zu der Zeit, als ich meine Satyre ſchrieb, gewuſt haͤtte, daß, wie ich hernach erfuhr, der arme Rodigaſt wuͤrcklich in Raſerey gefallen ſey, und in dem elendeſten Zuſtande zu Dreßden lebe. Jch habe nach der Zeit von ihm nichts ge - hoͤret, und kan alſo nicht ſagen, ob er noch lebe, oder ob er geſtorben ſey.

Jch habe die Hrn. Sievers und Philip - pi, mit dieſem elenden Scribenten in ei -ne65(o)ne Claſſe geſetzet. Allein meine Meynung iſt nicht, dadurch anzudeuten, daß ich ſie vor eben ſo albern halte, als den Rodi - gaſt. Jch ſehe den Unterſcheid zwiſchen ihnen, und dieſem armen Suͤnder wohl ein. Doch, da dieſer Unterſcheid, wie groß er auch ſeyn mag, nicht verhindert, daß ſie alle drey elende Scribenten ſind; So habe ich geglaubt, ſie haͤtten ſich eben der Geſellſchaft eines Menſchen nicht zu ſchaͤmen, der die Ehre hat ihr Bruder zu ſeyn; ob ſie gleich gewiſſe Vozuͤge vor ihm haben, die ich ihnen nicht ſtreitig ma - chen will.

Uber die Neue Geſellſchaft, die ich ih - nen gegeben habe, werden ſie ſich ver - muthlich nicht beſchweren. Jch beſorge auch nicht, daß der Hr. Prof. Manzel, und der Hr. Mag. Hillige es mir uͤbel deuten werden, daß ich ſie zween ſo be - ruͤhmten Maͤnnern zugeſellet habe.

Jch habe alſo meinen Leſern von allen meinen ſatyriſchen Schriften Rechenſchaft gegeben. Von der ernſthaften Schrift gegen den Hrn. Prof. Manzel, die in die - ſer Sammlung die Letzte iſt, ſage ich nichts. Jch werde eine eigne Vorrede zu derſelben machen, weil die gegenwaͤrtigeeſo66(o)ſo ſchon lang genug iſt: Doch bitte ich mir von meinen Leſern die Freyheit aus, nur noch ein paar Worte mit gewiſſen Leu - ten zu reden, die in dem Wahn ſtehen, daß ich mich durch meine Satyren ſehr ſchwer an GOtt und meinem Nechſten verſuͤn - diget habe.

Wenn ich wollte, ſo koͤnnte ich mein Verfahren durch die ironiſchen Ausdruͤ - ckungen, die in der Bibel vorkommen, eben ſo gruͤndlich rechtfertigen, als gewiſſe hitzige Prieſter ihre Grobheit durch eini - ge harte Worte, der ſich die Propheten, Chriſtus, und die Apoſtel bedienet haben. Allein ich will es nicht thun. Jch will ihnen, auf eine andere Art, weiſen, daß ſie nicht wiſſen, was ſie ſagen, wann ſie meine Satyren verdammen, und ſie da - hin bringen, daß ſie ſelbſt meine Verthei - diger werden ſollen.

Jch gebe ihnen demnach zu, daß man in der Chriſtenheit von keinen Satyren wiſſen wuͤrde, wenn es den Apoſteln ge - lungen waͤre, alle Welt ſo weiſe zu ma - chen, als ſie es ſelbſt waren. Aber ſehen ſie dann nicht, daß man, auf den Fall, auch von Krieg und Krieges-Geſchrey nichts hoͤren wuͤrde? Jſt es nicht ofenbahr,daß67(o)daß man, wenn es mit dem Eyfer, mit der Andacht, mit der Selbſt-Verleugnung, und mit der Entfernung von aller Eitel - keit, welche die Chriſten in der erſten Hi - tze von ſich blicken lieſſen, Beſtand ge - habt haͤtte, von Proceſſen, von Oſt-und Weſtindiſchen Compagnien, von Manu - facturen, Tantzen, Fechten und derglei - chen nicht das geringſte wiſſen wuͤrde? Es wuͤrde niemand Buͤcher ſchreiben, und ſich in Wiſſenſchaften vertiefen, die ſo viel Zerſtreuung in ſich faſſen; Die Sal - bung wuͤrde uns alles lehren, und wir die Zeit, die wir vom Ackerbau, und von anderer unumgaͤnglich noͤthiger Hand - Arbeit uͤbrig haͤtten, mit Wercken der Liebe, und im Gebet zubringen. Dar - um aber haͤlt niemand, als ein Qvaͤcker - und Wiedertaͤufer, den Krieg vor uner - laubt und ſuͤndlich. Die Prieſter zwoer im Krieg verwickelter chriſtlichen Republi - cken bitten von beyden Seiten, GOtt moͤ - ge die Waffen der ihrigen geſegnen, und ſingen, ohne Scrupel, das Te Deum, wenn ihre Parthey einen Sieg erhalten hat. Kein Prieſter in einer Handels - Stadt macht ſich ein Gewiſſen, auf der Cantzel vor einen Schiffer zu beten, dere 2mit68(o)mit Schif und Volck nach Bourdeaux ge - gangen iſt; wohin er doch niemahlen kom - men wuͤrde, wenn er ſo geſinnet waͤre, als die erſten Chriſten zu Jeruſalem: Ja der Prieſter thut dieſe Vorbitte zuweilen aus Abſichten, die er nicht haben wuͤrde, wenn der Geiſt der Apoſtel auf ihm ruhete. Ein Kaufmann, ein Soldat, ein Advocat, ein Fechtmeiſter, ein Tantzmeiſter, das ſind alles Leute, von denen niemand glaubt, daß ihre Profeßion ſie ungeſchickt mache zum Reiche GOttes. Und wer verdam - met die Gelehrten?

Man muß alſo geſtehen, daß man ohne Suͤnde etwas thun koͤnne, das mit der Voll - kommenheit, welche die Regeln des Chri - ſtenthums zum Endzweck haben, nicht be - ſtehen kan, und welches nimmer geſchehen wuͤrde, weñ alle Welt dieſe Regeln genau be - obachtete. Jch verlange nichts mehr, als daß man nach dieſem Satz, den man, ohne ſich zu wiederſprechen, und, ohne die gantze heutige Chriſtenheit zu verdammen, nicht leugnen kan, die ſatyriſche Schreibart beur - theile. Jch bin ſehr hoͤflich: Aber es ſey darum. Jch will zu frieden ſeyn, wenn man nur ſo billig iſt, und dieſer unſchul - digen Schreibart mit dem Kriege und mitden69(o)den Proceſſen gleiches Recht wiederfah - ren laͤſſet Thut man dieſes nicht, ſo ſa - ge ich, daß man Muͤcken ſeiget, und Ca - meele verſchlucket.

Es koͤmmt wahrlich laͤcherlich heraus, daß man ſich ſtellet, als koͤnne man ein unſchuldiges Spotten mit dem Sinne des Chriſtenthums nicht reimen; Da man doch ſo kuͤnſtlich iſt, daß man Krieg und Blutvergieſſen, Aufruhr und Zwietracht als Dinge vorſtellen kan, die mit dem Chriſtenthum gar wohl beſtehen koͤnnen. Jch habe wider die Gruͤnde, die man zu dem Ende anfuͤhret, nichts einzuwen - den. Jch bekenne, Krieg und Proceſſe ſind ein nothwendiges Ubel, und werden durch die vorhergegangene Beleidigung ſo erlaubt und unſchuldig, als ſie ſonſt an ſich verwerflich ſind. Aber ich bin auch verſichert, daß eine Satyre wieder ein naͤrriſches Buch (denn von ſolchen rede ich nur) durch die Thorheit des Scribenten, der ein ſolches Buch heraus giebt, gantz und gar entſuͤndiget wird. Benimmt uns das Chriſtenthum das Recht nicht, uns wieder Unrecht zu wehren; ſo wird es uns auch ja die Befugniß laſſen, der Uberhand nehmenden Schmierſucht alberner Schrei -e 3ber70(o)ber zu ſteuren. Jch weiß nicht, ob es na - tuͤrlicher iſt, eine angethane Beleidigung zu raͤchen, als uͤber das, was laͤcherlich iſt, zu lachen! Man wird ſprechen: Die er - laubte Rache werde von der Obrigkeit ausgeuͤbet, die das Schwerd nicht um - ſonſt fuͤhret: Hergegen wuͤrden die Sa - tyren von Leuten gemacht, die nicht das geringſte Recht haͤtten, ihren Nechſten auszu hoͤhnen. Aber man muß wiſſen, daß ein Menſch der leſen und ſchreiben, und von einem Buche urtheilen kan, auf ſeine Art, eben ſo wohl ein geiſtlicher Koͤnig iſt, als ein Chriſt, und ſeine Feder ſo wenig umſonſt fuͤhret, als die Obrigkeit ihr Schwerd. Die Rache, die ein ſolcher an einem elenden Scribenten ausuͤbet, der ihn ins beſondere nicht beleidiget hat, und den er oft gar nicht kennet, kan nicht als eine privat Rache angeſehen werden. Sie iſt folglich erlaubt, und gruͤndet ſich auf ein Recht, welches ich in meiner unpar - theyiſchen Unterſuchung ſo nachdruͤck - lich behauptet habe, daß es nicht noͤthig iſt, hier desfalls ein Wort mehr zu ſagen. Die Herren die ſo hurtig geweſen ſind, mich zu verdammen, werden indeſſen wohl thun, wenn ſie das, was ich bißher geſagt habe,reiflich71(o)reiflich uͤberlegen. Sie werden finden, daß meine Verdammniß unzaͤhlige Seelen mit ins Verderben reiſſen wird und mich daher, um ſo vieler Unſchuldigen willen, begnadigen. Soll ich aber allein der Suͤnder ſeyn: So muß ich es zwar geſche - hen laſſen, daß ein ſo unbarmhertziges Ge - richt uͤber mich ergehet: Aber kluge Leute werden wohl ſehen, wie partheyiſch ſie richten; und ich muß mich damit troͤſten, daß mein Gewiſſen mich von aller Boß - heit loßſpricht, die ſie in meinem Verfah - ren bemercken.

Was habe ich dann gethan? Jch habe einigen elenden Scribenten, die ſich duͤn - cken lieſſen, ſie waͤren etwas, da ſie doch nichts waren, im Lachen die Wahrheit ge - ſaget. Sollte dieſes eine ſo groſſe Suͤn - de ſeyn? Jch will es glauben, wenn man mir erſt wird bewieſen haben, daß GOtt dieſe Art Menſchen in ſeinen beſondern Schutz genommen, und ihnen die Frey - heit gegeben habe, die Welt durch ihre al - berne Schriften zu qvaͤlen, ohne daß an - dere ehrliche Leute das Recht haͤtten, auch zu dem unertraͤglichſten Schmierer zu ſa - gen: Was machſt du? Man ſage mir nicht, daß ein Chriſt auch einen ſolchen Schmie -e 4rer72(o)rer mit Geduld tragen muͤſte: Denn die chriſtliche Geduld verbindet uns nicht zur Unempfindlichkeit. Wir fangen, ohne Suͤnde, Floͤhe: wir ſchlagen die Muͤcken tod: Wir vertilgen die Fliegen. Der Heilige thut es ſo wohl, als der Suͤnder. Warum wollte man ſich dann ein Gewiſ - ſen machen, daß gelehrte Ungeziefer aus - zurotten? Diejenigen, weche ein ſo dickes Fell haben, daß ſie die Biſſe dieſes Unge - ziefers nicht fuͤhlen, die ſind gluͤcklich: Al - lein es ſtehet ihnen uͤbel an, daß ſie die Empfindlichkeit anderer verdammen, wel - che die Natur mit einer zarteren Haut ver - ſehen hat. Es waͤre wahrhaftig zu wuͤn - ſchen, daß man noch empfindlicher waͤre, und ſich mehr Muͤhe gebe, die Welt von dieſem Ungeziefer zu befreyen. Es nimmt von Jahr zu Jahr zu; und ich weiß nicht, wo es damit endlich hinaus will? Die greu - liche Menge der elenden Scribenten iſt eben ſo geſchickt, eine Barbarey einzufuͤh - ren, als ein Schwarm von Oſt-und Weſt - Gothen: Und dennoch traͤgt man Be - dencken, den Anwachs dieſer Schmierer zu hemmen!

Man glaubt es ſey wieder die chriſtliche Liebe, die Bloͤſſe dieſer Leute aufzudecken,und73(o)und ſie ſo laͤcherlich zu machen, als ſie es verdienen. Aber man muß wahrlich, um dieſes zu glauben einen wunderlichen Be - grif von der chriſtlichen Liebe haben. Soll - te ſie uns verbinden auch die Thorheiten un - ſers Nechſtens vor Weißheit zu halten, und einen elenden Scribenten, zum Verdruß aller ehrlichen Leute und zum Aergerniß der Schwachen, nach eigenem Belieben, un - gehindert ſchwaͤrmen zu laſſen? Man kan ja dieſen Leuten ſeine Liebe nicht beſſer bezeu - gen, als wenn man ſie zur Erkaͤnntniß ih - res Elendes zu bringen ſucht, und ſie irren ſich, wenn ſie meinen, man haſſe ſie, wenn man ihnen die Wahrheit ſaget. Jch habe zum wenigſten meine Gegner, ſo ferne ſie, Menſchen ſind, nicht gehaſſet; ſondern al - lezeit den Scribenten von dem ehrlichen Manne ſorgfaͤltig unterſchieden. Daß mich aber die chriſtliche Liebe verbinden ſollte, die Thorheiten dieſer Leute mit dem Mantel der Liebe zuzudecken, die ſie, als Weißheit, vor den Augen aller Welt auskramen, und mit welchen ſie ſich bruͤſten, das glaube ich nicht.

Eine ſolche Auffuͤhrung macht auch die elendeſten und preßhafteſten Perſonen alles Mitleidens unwuͤrdig. Wenn der Lah -e 5me74(o)me vor der ſchoͤnen Thuͤr, den Petrus ge - ſund machte, an ſtatt zu betteln, alle die in den Tempel giengen, mit lauter Stim - me erſuchet haͤtte, ſich an einem ge - wiſſen Orte zu Jeruſalem einzufinden, und ſeine Luft-Spruͤnge anzuſehen, ſo bin ich verſichert, daß die Apoſtel Petrus und Johannes, wie ehrbar ſie auch ſonſt wa - ren, uͤber den Narren gelachet, und nim - mer ein Wunder an ihm gethan haben wuͤrden. Und ich ſoll nicht lachen, wenn Sievers und Philippi Buͤcher ſchreiben, und ein Handwerck treiben wollen, wo - zu ſie vieleicht ungeſchickter ſind, als der Lahme vor der ſchoͤnen Thuͤr zum Tan - tzen? Kein vernuͤnftiger Menſch wird ei - nes Blinden ſpotten: Aber, wenn er ſich unterſtehet von Farben zu urtheilen, ſo kan man ihm ohne Suͤnde ſagen, daß er nicht ſehen kan. Man wird nimmer uͤber die Auffuͤhrung eines Bauren lachen, wie ſehr er auch wieder den Wohlſtand ſuͤn - diget. Er iſt nicht ſchuldig die Regeln des Wohlſtandes zu wiſſen, und giebt ſich auch nicht davor aus. Allein die Bocks-Spruͤn - ge und Verdrehungen eines anderen, der recht manierlich thun will, und ſich ein - bildet, er wiſſe zu leben koͤnnen auch denErnſt -75(o)Ernſthafteſten zum lachen bewegen. Ein elender Scribent gleichet einem ſolchen voll - kommen, und muß es ſich alſo nicht be - fremden laſſen, wenn man auch uͤber ihn lachet. Der Mangel des Verſtandes, der aus ſeinen Schriften hervorleuchtet, iſt es nicht, der ihm dieſes Ungluͤck zuziehet. Die - ſes waͤre ein Fehler, den man ihm ſo wohl, als vielen andern ehrlichen Leuten zu gu - te halten koͤnnte, weil er nicht willkuͤhr - lich iſt. Aber der laͤcherliche Stoltz, der ihn verleitet, ſich, ſeiner Schwachheit ungeachtet, vor einen Lehrer der Unwiſ - ſenden aufzuwerfen, die Unverſchaͤmtheit mit welcher er von der Welt verlanget, ſein Geſchmier zu leſen, und die Verach - tung, die er dadurch vor dieſelbe bezeuget, das ſind Dinge, die nicht zu dulden ſind, und denen er es eintzig und allein zu dancken hat, daß man ſeiner ſpottet.

Die Scheinheiligen meinen, dieſes Spot - ten ſey unerlaubt: Sie ſprechen, Ernſt und Sanftmuth ſtehe einem Chriſten beſ - ſer an. Jch ſage ihnen aber, daß das Spot - ten zuweilen unumgaͤnglich noͤthig iſt, und daß ein Chriſt auch lachen und ſchertzen kan, ohne Suͤnde. Wir reden hier von ſolchen Spoͤttereyen, durch welche einScri -76(o)Scribent, ſo ferne er ein Scribent iſt, oder viel mehr ſein Buch, laͤcherlich ge - macht wird. Wenn dieſe Spoͤttereyen uͤberhaupt ſuͤndlich ſind, ſo weiß ich nicht, wie man es anfangen ſoll, wenn man ge - wiſſe Scribenten wiederlegen will? Die armſeeligſten Schreiber wuͤrden, auf den Fall, die wenigſte Anfechtung zu beſor - gen haben, weil niemand, ohne ſelbſt ein Narr zu werden, ernſthaft wieder die Gril - len ſolcher Troͤpfe ſchreiben kan. Einer ernſthaften Wiederlegung ſind nur dieje - nigen Scribenten wuͤrdig, die, auch wenn ſie Jrrthuͤmer behaupten, Proben eines geſunden Verſtandes von ſich geben. Die - jenigen hergegen, mit denen es ſo ſchlecht beſtellet iſt, daß auch die Wahrheit unter ihren Haͤnden laͤcherlich, und die Spruͤ - che Salomons in ihrem Munde Thorheit werden, die verdienen, daß man ſie aus - ziſchet. Jene wiederlegt man in der Ab - ſicht, daß ſie ſich beſſern, und der Welt immer nuͤtzlicher werden ſollen: Dieſe aber nicht ſo wohl in Abſicht auf ihre eigene Beſſerung, als andern zum Schrecken. Solche Leute muͤſſen gar nicht ſchreiben. Da nun eine ſcharfe Satyre das eintzige Mittel iſt, ſie zum Stillſchweigen zu brin -gen;77(o)gen; ſo kan man das Spotten uͤberhaupt nicht verwerfen; es ſey dann, daß man den elenden Scribenten eine unumſchraͤnck - te Freyheit zuſchreiben wolle, zur Schan - de des menſchlichen Geſchlechts, und zur Quaal der klugen Welt, ſo lange zu ra - ſen, biß ſie von ſich ſelbſt muͤde werden. Jch koͤnnte dasjenige, was ich hier von der Nothwendigkeit des Spottens in gewiſſen Faͤllen, ſage, mit Exempeln erlaͤutern: Aber ich finde es unnoͤthig, weil ich in mei - ner unpartheyiſchen Unterſuchung ſchon von eben dieſer Materie gehandelt habe. Jch bin auch uͤberdem nicht geſon - nen, meine ehemahligen Gegner von neuen zu kraͤncken; und es ſoll mir nicht zuwider ſeyn, wenn meine Leſer gedencken wollen, daß alles, was ich bißher zur Vertheidi - gung des Spottens geſchrieben habe, mei - ne Satyren nicht rechtfertige.

Mein Verfahren wird darum nicht we - niger unſchuldig ſeyn. Jch habe geſpot - tet: Jch bekenne es: Aber auf eine ſolche Art, daß, wenn ich gleich die Ernſthaf - tigkeit, die einem Chriſten ſo wohl anſte - hen ſoll, aus den Augen geſetzet habe, mein Spotten dennoch mit dem ſanftmuͤthigen Geiſte, mit welchem man ſeinen Bruder,der78(o)der von einem Fehl uͤbereilet wird, wieder zurecht zu helfen verbunden iſt, ſehr wohl beſtehen kan. Jch gehe mit meinen Geg - nern um, als ein Vater mit ſeinem Kin - de. Ein Kind gewoͤhnt ſich oft an, das Maul zu verdrehen, die Augen zu verſchieſ - ſen, oder ſonſt etwas, das ihm nicht wohl anſtehet. Der Lehrmeiſter dieſes Kindes, ein ſtrenger Mann, den Amt und Chriſten - thum verbinden, ernſthaft zu ſeyn, beſtra - fet deſſelbe wegen der unanſtaͤndigen Ver - drehung des Geſichtes, und ſtellet ihm ſo gruͤndlich, als beweglich vor, wie ſehr es ſich dadurch an ſeinem Schoͤpfer verſuͤndige, von dem es doch ſo wohl gebildet ſey: Er laͤſſet ein wenig vom vierdten Gebote, und von der Nothwendigkeit des Gehorſahms gegen Eltern und Lehrer mit einflieſſen, und ſchlieſſet ſeinen Sermon mit einer ernſtli - chen Drohung; welche er denn auch, nach Gelegenheit, mit einem anſtaͤndigen Amts - Eyfer, ins Werck ſetzet. Man ſiehet, daß dieſer Schulmeiſter es ungefehr ſo macht, als es die Feinde der Satyren haben wol - len: Aber er predigt tauben Ohren: Das Kind hoͤrt ſein Geſchwaͤtz an, und beſſert ſich doch nicht. Der Vater indeſſen, der nicht ſo gelehrt, und folglich kluͤger iſtals79(o)als der Schulmeiſter wird den Fehler des Kindes gewahr: Macht ihm ſeine Verdre - hungen, auf eine geſchickte Art nach, und fraͤgt: Wie laͤßt mir das? Das Kind ſchaͤmt ſich, und faſſet von Stund an den Ent - ſchluß, ſich zu beſſern. Die geſchickte Nach - ahmung durch welche dieſer Vater ſein Kind bekehret, iſt nichts anders, als eine liebrei - che und ſanftmuͤthige Spoͤtterey, wodurch er den Fehler ſeines Kindes, zu deſſen Be - ſten, laͤcherlich macht: Und meine erſten Satyren gegen Sievers und Philippi ſind nichts anders, als eine Nachahmung deſ - ſen, was ich in ihren Schriften zu tadeln fand? Wie konnte ich liebreicher und ſanft - muͤthiger mit ihnen verfahren? Jch frug ſie gleichſahm: Wie laͤßt mir das? Und gab ihnen ſtillſchweigend die Lehre: Cauendum eſt, ne quid in agendo dicendove facias, cujus imitatio rideatur(11)Cicere in Bruto. . Dieſe Lehre haͤtten ſie annehmen, und ſich bedancken ſollen. Denn gewiß, ich begegnete ihnen beſcheidener und hoͤflicher, als ſie es verdien - ten. Man ſehe ihre Schriften an. Wer die geleſen hat, und doch meine Satyren, als gar zu ſcharf, unchriſtlich und ſuͤndlich laͤ - ſtert, der verdienet nicht, daß ich mich um ihn bekuͤmmere.

Was80(o)

Was uͤbrigens den Mangel der Ernſt - haftigkeit betrift, den man mir vorwirft, ſo begehre ich nicht zu leugnen, daß ich geſcher - tzet, und uͤber die Fehler meiner Gegner gela - chet habe. Jch glaube aber nicht, daß dieſes eine Suͤnde ſey. Man kan nicht allemahl ehrbar ſeyn. Der Schertz hat oft ſeinen Nutzen, ſo wohl als der Ernſt.

....... Ridiculum acri Fortius & melius magnas plerumque ſecat res(12)Horas. Lib. 1. Sat. 10. .

Jch habe uͤber die Fehler meiner Gegner ge - lachet: Aber waren ſie nicht laͤcherlich? Soll - te ich daruͤber weinen? Sollte ich mich uͤber fremde Thorheiten betruͤben? So traurig bin ich nicht. Wer es thun will, der thue es im̃erhin: Aber er muß wiſſen, daß er in mei - nen Augen noch laͤcherlicher iſt, als derjeni - ge, uͤber deſſen Thorheit er ſich betruͤbet. Ein ſolcher Schwermuͤthiger kan unmoͤglich ei - ne froͤliche Stunde haben, und ich moͤchte lieber nicht gebohren ſeyn, als in einem ſol - chen Zuſtande leben. Wollen die Feinde der Freude mich darum unter die Unwiederge - bohrnen rechnen, ſo muß ich es geſchehen laſ - ſen: Sie werden mir aber dann auch er - lauben, daß ich ihre murriſche Schwer -muth81(o)muth nicht vor eine Frucht der Wiedergeburth, ſon - dern vor eine Kranckheit halte, die gemeiniglich aus einen dicken Gebluͤte zu entſtehen pfleget.

Je ne prens point pour vertu Les noirs accés de triſteſſe D’un Loup-garou revêtu Des habits de la Sageſſe. (13)Rouſſeau T. l. p. 80.

Jch will jetzo nicht unterſuchen, wie es in der Welt ausſehen wuͤrde, wenn es dieſen neuen Heili - gen gelingen ſollte, alle Freude aus derſelben zu ver - bannen, und das menſchliche Geſchlecht in die tiefe Schwermuth zu ſtuͤrtzen, die ſie als den Gipfel der chriſtlichen Vollkommenheit anſehen, und auf wel - che ſie ſich ſo viel einbilden: Sondern ich frage nur; was ſie von der Gottheit vor einen Begrif haben, wenn ſie glauben, ſie koͤnne nicht leiden, daß ihre Creaturen froͤlich ſind?

Jch kan mir einen ſo traurigen und ſchimpflichen Begrif von GOtt nicht machen; ſondern ich bin ver - ſichert, daß es ihm nicht zuwider iſt, wenn man ſich nach der Vorſchrift Salomons richtet. Jch eſſe demnach mein Brod mit Freuden, und trincke mein Wein mit gutem Muth. Denn das iſt mein Theil. Jch entſchlage mich aller traurigen Gedancken, ſo viel mir moͤglich iſt, und mache mir ſo viele gute Ta - ge, als ich kan. Die boͤſen kommen wohl ohne un - ſere Bitte. Jch ſehe alles, was in der Welt vor - gehet, mit Gelaſſenheit, und groͤſten theils von der laͤcherlichen Seite an: Und ich befinde mich wohl dabey. Meinen Satyren inſonderheit habe ich man - che luſtige Stunde zu dancken, und ich erinnere michfnoch82(o)noch mit Vergnuͤgen der Zeit, da ich ſie machte. Jch bin auch mit allen Folgen, die ſie gehabt haben voll - kommen zufrieden, und alſo nicht im Stande, die Suͤnde, die ich begangen haben ſoll, zu bereuen.

Wiewohl es mir nun unmoͤglich iſt, meine alten Suͤnden zu bereuen; ſo werde ich mich doch, allem Anſehen nach, vor neue huͤten. Jch bin zum Ta - deln nicht ſo geneigt, als Leute, die mich nicht genau kennen, ſich vieleicht einbilden. Meine Verachtung gegen die elenden Scribenten nimmt auch, mit der Anzahl derſelben, taͤglich zu. Jch leſe ihre Buͤch - lein nicht, und es iſt alſo nicht wahrſcheinlich, daß ich ſie weiter beunruhigen werde.

Jnzwiſchen laͤſſet ſich von zukuͤnftigen Dingen nichts gewiſſes ſagen. Verredet habe ich es eben nicht: Doch koͤnnen die beyden Herren, die ſich neulich in einer gewiſſen Reichs-Stadt uͤber mich und meine Schriften ſo luſtig gemacht haben, verſi - chert ſeyn, daß ich mich an Leuten ihrer Art nimmer vergreifen werde. Der eine iſt ein Juͤngling, qui animas negotiatur, & experimenta per mortes agit. Jch kenne den guten Menſchen nicht, und weiß nicht, was ihn bewogen hat, uͤbel von mir zu reden, und zu prahlen, wie er mich abfertigen woll - te, wenn ich mit ihm anbaͤnde. Er kan meinent - wegen ruhig ſchlafen. Jch weiß nicht, ob er mehr als ein Recept ſchreiben kan: Und Recepte wieder - lege ich nicht.

Hæc ſatis ad juvenem, quem nobis fama ſuperbum Tradit, & inflatum .... (14)Juvenal. Sat. JII.
Der83(o)

Der andere iſt ein elender Schulmeiſter, den niemand kennen wuͤrde, wenn ich ihn gleich mit Nahmen nennete: Ein Menſch von ſo erſtaunender Unwiſſenheit, daß er auch die Knaben in ſeiner eige - nen Claſſe, welche von unten auf die erſte iſt, in dieſem Stuͤcke uͤbertrift. Dieſer ehrliche Mann hat laͤſterlich auf mich geſcholten, und endlich gar ge - drohet, er wolle wieder mich ſchreiben.

Qvænam te mala mens, miſelle Ravidi, Agit præcipitem in meos jambos? Quis Deus tibi non bene advocatus Vecordem parat excitare ripam(15)Catullus Ep. 37. ?

Aber ſein Schelten ruͤhrt mich ſo wenig, als ſein Drohen. Er ſchreibe wider mich, wenn er es vor gut findet. Dieſes iſt das aͤrgſte, was ich ihm wuͤnſchen koͤnnte, wenn ich noch ſo rachgierig waͤre. Doch muß er wiſſen, daß ich ihm nim - mer antworten werde.

Allatres licet usque nos & usque Et gannitibus improbis laceſſas. Certum eſt, hanc tibi pernegare famam, Olim quam petis in meis libellis, Qvaliſcunque legaris ut per orbem. Nam te cur aliquis ſciat fuiſſe? Jgnotus pereas, miſer, neceſſe eſt(16)Martiab. Lib. V. Ep. 81. .

Wenn er ſich dieſe Verſe von einem guten Freun - de erklaͤren laͤſſet, ſo wird er erfahren, weſſen er ſichf 2zu84(o)zu mir zu verſehen hat. Jch werde mich ſo wenig um ihn; als um den Doctor bekuͤmmern, und nimmer mit Leuten abgeben, quos natos non puto. Jch uͤbergebe den Doctor dem Schulmeiſter, und den Schulmeiſter dem Doctor. Sie koͤnnen e