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erſte Grundlehren des jezigen Europaͤiſchen Voͤlcker-Rechts, in Fridens - und Kriegs - Zeiten.
Zu finden beyGabriel Nicolaus Raſpe, Buchhaͤndlern inNuͤrnberg. 1778.

Vorrede.

Gegenwaͤrtige erſte Grundlehren ſeynd, auf des regierenden Herrn Herzogs zu Wuͤrtemberg Herzoglichen Durchlaucht gnaͤdig - ſten Befehl, zum Behuf Hoͤchſt-Deroſelben Militar-Academie abgefaſſet worden.

Ich habe wohlbedaͤchtlich meine Abſicht und Arbeit 1. bloß auf diejenige Handlungen und Begebenheiten eingeſchraͤnckt, welche a) un - ſtreitig unter denen unabhaͤngigen Staaten in Europa in beſtaͤndiger Uebung ſeynd, oder b) ſich ſonſt von Zeit zu Zeit wuͤrcklich zugetragen haben; weil ich keine bloß moͤgliche Faͤlle zu un - terſuchen, noch ein bloß in dem Gehirn der Ge - lehrten exiſtirendes-ideaͤliſches-ſondern ein wuͤrckliches-Europaͤiſches Voͤlckerrecht lehren): (2will;Vorrede. will; aus welchem ſich deßwegen die etwa neu - entſtehende Faͤlle dennoch, der Analogie deſſel - bigen gemaͤß, entſcheiden laſſen werden.

2. Ich habe bloß die Handlungen und Be - gebenheiten vorgeſtellet, wie ſie nun einmal ſeynd, oder ſich zugetragen haben, ohne dar - uͤber zu philoſophiren, oder zu raiſoniren; weil a) meine (wie aller anderer Gelehrten,) Meinung und Denckensart doch der Sache keinen Aus - ſchlag geben kan noch wird, noch irgend ein Staat ſeine Grundſaͤze und Handlungsweiſe deßwegen im geringſten aͤndern wuͤrde, und b) weil ich das Europaͤiſche Voͤlckerrecht nicht vor - ſtellen wollte, wie es ſeyn koͤnnte, oder auch ſollte; ſondern wie es wuͤrcklich uͤblich iſt.

Wie ich aber deßwegen einem Grotio, von Wolef, von Vattel, und Anderen, durchaus nicht verarge, wann ſelbige, nach ihrem Plan, mehr Theorie und Raiſonemens, hingegen weniger moderne Beyſpile, als ich, in ihre Schrifften haben einflieſſen laſſen; ſo wer - den hinwiederum billige Leſer es mir nicht als ei - nen Fehler, oder gar als einen Mangel der Faͤhigkeit, ſelber dencken zu koͤnnen, aufrechnen, daß ich, nach meinem Plan, (der gewiß auchunterVorrede. unter denckenden Koͤpfen ſeine Kenner und Lieb - haber finden wird,) mich um ſo mehr beſagten philoſophirens enthalten habe, als ohnehin die Schrancken diſes Lehrbuchs und der zu deſſen Erklaͤrung beſtimmten Zeit es unmoͤglich geſtat - tet haͤtten, oder ich doch dagegen manch-ande - res brauchbares haͤtte hinweglaſſen muͤſſen: Und es bleibt ja doch jedem, der diſes muͤndlich zu erklaͤren hat, frey, die Staͤrcke oder Schwaͤche ſeines Geiſtes und ſeiner Erfahrung in denen uͤber das, was Facti iſt, anzuſtellenden Be - trachtungen nach Gefallen und Kraͤfften zu zeigen.

3. Da ich ein - und zwar jeziges-Euro - paͤiſches Voͤlckerrecht lehre; ſo habe ich mich a) alles deſſen enthalten, was unter andern al - ten oder neuen Voͤlckern uͤblich oder vorgefallen iſt, auch b) ſelbſt von denen Europaͤiſchen Staa - ten nur dasjenige mitgenommen, was hoͤchſtens in das leztvorige Jahrhundert einſchlaͤget; am allermeiſten aber habe ich mich bey denen aller - neueſten Zeiten aufgehalten.

4. Einige Saͤze gehoͤren zwar nicht unmit - telbar in das Europaͤiſche Voͤlckerrecht; ich ha - be ſie aber kurz zu Grunde legen muͤſſen, um): (3dasVorrede. das eigentliche Voͤlckerrecht darauf erbauen zu koͤnnen.

3. Der ungeheuer groſſe Umfang diſer Wiſ - ſenſchafft, und die vile tauſend Faͤlle, ſo ſich in dergleichen ereignet haben, und zur Kenntniß des Publici gediehen ſeynd, reichen zwar kaum hin, ſelbſt von dem allernoͤthigſt - und brauch - barſten nur das allerwenigſte zu ſagen; indeſſen dienen doch diſe Saͤze und die Beyſpile, (wel - che offt kurz beruͤhrt worden ſeynd, offt aber auch nur in der Ferne auf ſie geditten worden iſt,) zu einem Leitfaden, wie man durch Leſung guter Schrifften, ja der taͤglichen Zeitungen, und Erfahrung, immer weiter hierinn kommen koͤnne.

6. Endlich wollen diejenige, welche nicht alle ſich wuͤrcklich ereignete Faͤlle hier antreffen, nicht glauben, als ob ſie mir nicht bekannt waͤren; ſondern es hat, (ſchon beruͤhrter maſſen,) der Plaz kein mehreres geſtattet: Und wer meine aͤltere Grundſaͤze des jezt-uͤblichen Euro - paͤiſchen Voͤlckerrechts, und die in Kriegs - zeiten nachſchlagen mag, wird noch vile hun - derte antreffen, die ich hier habe uͤbergehen muͤſſen.

Inn -

Innhalt.

  • 1. Cap. Von dem Voͤlckerrecht uͤberhaupt, und dem Europaͤiſchen ins beſondere. S. 1.
  • 2. Cap. Von Europa, als einem gewiſſer maſ - ſen einigen Staatscoͤrper. S. 18.
  • 3. Cap. Von der Souverainen Perſonen und Familien. S. 32.
  • 4. Cap. Von dem Ceremoniel. S. 53.
  • 5. Cap. Von Geſandtſchafften und Verſchickun - gen. S. 70.
  • 6. Cap. Von der Souverainen Landen und Meeren. S. 128.
  • 7. Cap. Von der Souverainen Bedienten und Unterthanen uͤberhaupt. S. 137.
  • 8. Cap. Von Religions-Sachen. S. 147.
  • 9. Cap. Von Staats-Sachen. S. 152.
  • 10. Cap. Von Juſtiz-Sachen. S. 158.
11. Cap.Innhalt.
  • 11. Cap. Vom Militar - und Seeweſen. S. 164.
  • 12. Cap. Von Cameral-Sachen. S. 171.
  • 13. Cap. Von Gnaden-Sachen. S. 174.
  • 14. Cap. Von Handlungs - und Muͤnz-Sa - chen. S. 177.
  • 15. Cap. Von Policey-Sachen. S. 190.
  • 16. Cap. Von Tractaten, beſonders Buͤndniſ - ſen, auch Garantien. S. 194.
  • 17. Cap. Von Anſpruͤchen, Beſchwerden, Strei - tigkeiten und Vermittelungen. S. 209.
  • 18. Cap. Von der Selbſthuͤlff, Retorſion, Ar - reſten und Repreſſalien. S. 218.
  • 19. Cap. Vom Krieg. S. 224.
  • 20. Cap. Von Alliirten, Huͤlffsvoͤlckern und Subſidien. S. 256.
  • 21. Cap. Von der Neutralitaͤt. S. 265.
  • 22. Cap. Von Waffenſtillſtaͤnden und Fridens - ſchluͤſſen. S. 274.
Erſtes
[1]

Erſtes Capitel. Von dem Voͤlckerrecht uͤberhaupt, und dem Europaͤiſchen ins beſon - dere.

Von dem Voͤlckerrecht uͤberhaupt.

§. 1.

Das Voͤlckerrecht, in engerem Verſtand, iſt ein Innbegriff des Verhaͤltniſſes, oder der Gerechtſamen und Pflichten, 1. derer von einander unabhaͤngigen Staaten oder Voͤlcker, 2. ſo auch ihrer Regenten und Haͤupter, nicht weniger 3. derer Unterthanen in diſen Staaten als ſolcher, unter und gegen einander; was mithin an und fuͤr ſich eine wahre Verbindlich - keit mit ſich fuͤhret:

§. 2.

In weitlaͤufftigerem Verſtand aber wird auch das mit darunter gerechnet, was an undAfuͤr21. Capitel. fuͤr ſich keine wahre Verbindlichkeit nach ſich ziehet, ſondern bey geſitteten Voͤlckern, 1. auf der Billigkeit, 2. dem Wohlſtand, oder 3. auf dem Herkommen in willkuͤhrlichen, und ſonſten freyen, Handlungen beruhet.

§. 3.

Es gibt wuͤrcklich ein natuͤrliches und allge - meines Voͤlckerrecht; ſo dann koͤnnte es auch vile poſitive oder beſondere Voͤlckerrechte geben.

§. 4.

Das natuͤrliche Voͤlckerrecht iſt ein Theil des allgemeinen Naturrechts, oder derjenigen Erkenntniß, welche GOtt der Natur der Men - ſchen von deme eingepflanzet hat, was gut oder boͤſe iſt, und was ins beſondere die Gerechtſa - me und Pflichten derer einzelnen und mehreren Menſchen unter und gegen einander ſeynd.

§. 5.

Haben es nun einzelne oder wenige Men - ſchen, z. E. Familien, mit einander zu thun; ſo wird es das allgemeine privat-Naturrecht genannt:

Haben es Regenten und Unterthanen mit einander zu thun; ſo heißt es das natuͤrliche all - gemeine Staatsrecht:

Haben es endlich ganze Nationen, oder de - ren Regenten, oder Unterthanen, als ſolche, mit einander zu thun; ſo iſt es ein natuͤrliches allgemeines Voͤlckerrecht.

§. 6.3Vom Europ. Voͤlckerrecht.

§. 6.

Die erſte Grundſaͤze ſollten in allen dreyen Gattungen einerley ſeyn, und die Gerechtſame und Pflichten derer einzelnen Menſchen und Familien ſollten auch bey ganzen Staaten und zwiſchen ganzen Voͤlckern, (welche moraliſche Menſchen und Familien im großen, wie jene im kleinen, vorſtellen,) Plaz greiffen:

§. 7.

Gleichwie aber die Gelebrte je laͤnger je mehr auch in denen erſten Grundſaͤzen des privat - Naturrechts bey nahe alles willkuͤhrlich machen, und jeder ſich ein Naturrecht nach ſeiner eigenen Einſicht, Leidenſchafften, Convenienz und Nu - zen bildet; ſo macht man es auch mit dem all - gemeinen Staats - und Voͤlckerrecht:

Und die große Herrn machen es in ihren Handlungen und Staatsſchrifften eben ſo.

§. 8.

Gar viles wird auch in theſi und oͤffentlich als unerlaubt erklaͤrt, das man doch bey allen Gelegenheiten, offentlich oder in der Stille, ſelber thut.

§. 9.

Bey diſen Umſtaͤnden bleibt, wann es zu wuͤrcklichen Streitigkeiten kommt, offt wenig genug von dem allgemeinen Voͤlckerrecht uͤbrig, was als unſtreitig wahr und verbindlich erkannt wird; ja man erkennet, (nach Erforderniß ſei -A 2nes41. Capitel. nes privat-Nuzens oder Schadens,) zu einer Zeit etwas vor wahr und verbindlich, verthei - digt es auch wo[hl]mit groͤſtem Eifer und Hize, was man doch zu anderer Zeit als ungegruͤndet erklaͤret, widerſpricht, und mit eben ſo groſſem Eifer und Hize widerlegt.

§. 10.

Indeſſen gehen rechtſchaffene und unpar - theyiſche groſſe Herrn, Miniſters, Raͤthe und Lehrer, auch hierinnen, nach beſtem Wiſſen und Gewiſſen, gerade hindurch, und gruͤnden ihr pri - vat-Naturrecht, das allgemeine Staatsrecht, und das allgemeine Voͤlckerrecht, auf ſolche Saͤze, welche, wann ſie befolget werden, die Ruhe, Sicherheit, Zufridenheit, und uͤbrige Gluͤckſeligkeit, des menſchlichen Geſchlechts be - foͤrderen.

Gelehrte Geſchichte des natuͤrlichen Voͤl - ckerrechts. (1)Man ſehe H. Kahlens Biblioth. philoſoph. Tom. 2. Cap. 3. p. 312. ſqq.

§. 11.

Die Unterſuch - und Ausarbeitung des gan - zen Naturrechts, und beſonders auch des na - tuͤrlichen Voͤlckerrechts, bliebe biß in das 17de Jahrhundert eine unbekannte Sache.

§. 12.

Hugo de Groot, oder Grotius, gabe An. 1625. 4. erſtmals ſein Werck de jureBelli5Vom Europ. Voͤlckerrecht. Belli & Pacis heraus; darinn er einen groſſen Theil des allgemeinen Voͤlckerrechts in ein Sy - ſtem brachte, und ſeine Saͤze ſonderlich aus de - nen Geſchichten und Handlungen der Griechen und Roͤmer erlaͤuterte.

§. 13.

Sam. Puffendorff in ſeinem Werck: de Jure Naturæ & Gentium, (ſo erſtmals zu Lunden in Schweden 1672. 4. herauskame,) ergaͤnzte Grotium in manchem.

§. 14.

Auf ſelbige ſeynd eine Menge anderer gu - ter, mittelmaͤßiger und ſchlechter, Schrifften - ſteller gefolget, welche theils das ganze Natur - und Voͤlckerrecht zuſammen, theils das allge - meine Voͤlckerrecht allein, abgehandelt haben; bey denen ich mich aber nicht aufhalten kan.

Unter die beruͤhmteſte und neueſte theoreti - ſche Schrifften gehoͤret: Chriſtiani de Wolff Jus Gentium. Halle, 1749. 4.

Aus allen uͤbrigen will ich nur etlicher ge - dencken, welche meiner Abſicht am naͤchſten kommen, weil ſie ihre Saͤze zuweilen aus denen Europaͤiſchen neueſten Staatsbegebenheiten, Ge - ſchichten und Handlungen erlaͤuteret haben. Selbige ſeynd:

Ad. Frid. Glafeys Vernunfft - und Voͤl - cker-Recht; Franckfurt und Leipzig, 1723. 4. oder, nach der 2ten und 3ten Auflage, leztmalsA 31746.61. Capitel. 1746. 4. unter dem Titul: Recht der Ver - nunfft; deſſen dritter Theil aber, ſo das Recht des Krieges und Fridens enthalten ſollte, nicht zum Vorſchein gekommen iſt.

Um viles vorzuͤglicher iſt:

  • de Vattel (Emer. ) le Droit des Gens, ou principes de la Loi naturelle, appliques à la conduite & aux Affaires des Nations & des Souverains. 2. Tomes. à Lon - dres, 1758. 4.

auch teutſch unter dem Titul:

  • Des Herrn von Vattels Voͤlckerrecht; oder gruͤndliche Anweiſung, wie die Grundſaͤze des natuͤrlichen Rechts auf das Betragen und auf die Angelegenheiten der Nationen und Souveraͤne angewendet werden muͤſſen. 3. Theile. Aus dem Franzoͤſiſchen uͤberſezt von Johann Philipp Schulin. Franckfurt und Leipzig, 1760. 8.

Der Titul paſſet aber nicht ganz; indeme der ganze 1ſte Theil, und ſo auch manches von dem uͤbrigen, nichts von dem Voͤlckerrecht, ſondern das natuͤrliche oder allgemeine Staatsrecht und Staatsklugheit, enthaͤlt.

  • Precis du Droit des Gens, de la Guerre, de la Paix & des Ambaſſades, par Mr. le Vicomte de la Maillardiere. 1. Vol. Paris, 1775. 12.

iſt theoretiſch und practiſch: Aber ſehr kurz, undent -7Vom Europ. Voͤlckerrecht. enthaͤlt die wenigſte zu dem Umfang des Voͤl - ckerrechts gehoͤrige Materien.

Von dem Europaͤiſchen Voͤlckerrecht. (1)ſ. H. Nettelbladt Init. Hiſtor. litter. Jurid. (1774.) §. 307. p. 303. §. 549. ſqq. p. 489. ſqq.

§. 15.

Unter ſo vilen auf dem Erdboden befindli - chen Voͤlckern koͤnnte es zwar, (obbeſagter maſ - ſen,) allerdings mehrere beſondere und poſitive Voͤlckerrechte geben; man wird aber uͤberall nicht auch nur etwas weniges oder aͤhnliches dergleichen antreffen, auſſer in Europa.

§. 16.

Auch diſes Europaͤiſche Voͤlckerrecht kan in engerem oder weiterem Verſtand genommen werden.

§. 17.

In engerem Verſtand iſt es ein Innbe - griff des Verhaͤltniſſes, oder der Gerechtſamen und Pflichten, 1. derer Europaͤiſchen (abſon - derlich der Chriſtlichen,) von einander unabhaͤn - giger Staaten oder Voͤlcker, 2. ſo auch ihrer Regenten und Haͤupter, nicht weniger 3. derer Unterthanen in diſen Staaten, als ſolcher, un - ter und gegen einander; was mithin an und fuͤr ſich eine wahre Verbindlichkeit mit ſich fuͤhret.

A 4§. 18.81. Capitel.

§. 18.

In weitlaͤufftigerem Verſtand aber wird auch das mit darunter gerechnet, was an und fuͤr ſich keine wahre Verbindlichkeit nach ſich ziehet, ſondern bloß 1. auf der Billigkeit, 2. dem Wohlſtand, oder 3. auf dem Herkommen in willkuͤhrlichen und ſonſten freyen Handlungen derer Europaͤiſchen Souverainen und Nationen beruhet.

§. 19.

Hier wird das Europaͤiſche Voͤlckerrecht in dem lezteren Verſtand genommen.

§. 20.

Die Gruͤnde, worauf ſelbiges hauptſaͤchlich gebauet iſt, ſeynd: 1. Das allgemeine Voͤlcker - recht; 2. die Vertraͤge, und 3. das Herkommen.

§. 21.

Die Grundſaͤze des allgemeinen und des Europaͤiſchen Voͤlckerrechts koͤnnen wohl neben einander ſtehen, ſollten es auch; und in theſi widerſpricht man es nicht: Wann es aber zu einzelnen Faͤllen kommt, collidiren ſie offt gar ſehr mit einander, und ſchlaͤget das oben ſchon davon geſagte auch hieher an.

§. 22.

Allgemeine ausdruͤckliche oder ſchrifftliche Vertraͤge zwiſchen allen, oder auch nur allen chriſtlichen, Staaten in Europa, gibt es keine:

Hingegen deſto mehrere zwiſchen etlichen oder mehreren Europaͤiſchen Machten.

§. 23.9Vom Europ. Voͤlckerrecht.

§. 23.

Verzeichniſſe derſelben, nebſt Anzeigen de - rer Stellen, wo ſelbige anzutreffen ſeyen, findet man in Peter Georgisch Regeſtis chrono - logico-diplomaticis. (Halle,) 1740. 44. fol.

§. 24.

Ganz kurze Auszuͤge, nebſt einigen Raiſon - nemens, liſet man in des Abbé Mably Droit public de l’Europe, ſondé ſur les Traités. Coͤlin, 1758. 12. etc. woruͤber hernach J. J. Rousset Anmerckungen gemacht hat, beede aber zu Franckfurt, 1749. 8. ins Teutſche uͤber - ſezt worden ſeynd.

Groͤſſere Auszuͤge trifft man an in Joh. Jac. Schmaussens Corpore Juris Gentium academico, Leipzig, 1730. gr. 8. einem in di - ſer Wiſſenſchafft unentbehrlichen Buch.

Die neueſte wichtigſte ganze Tractaten, mit teutſchen Ueberſezungen, ſeynd zu leſen in der ſo genannten Ruhe von Europa. 4.

Am vollſtaͤndigſten aber iſt, (nach allerley aͤlteren dergleichen Sammlungen,) des J. J. du Mont Corps univerſel diplomatique du Droit des Gens, mit Barbeyracs Supple - ment. Amſterdam, 1726. u. f. fol. welches von K. Carls I. Zeiten anfangt; davon aber das meiſte heut zu Tag unbrauchbar iſt, oder allzuſehr in das beſondere gehet.

§. 25.

Diſe Vertraͤge verbinden nun allerdingsA 5ordent -101. Capitel. ordentlicher Weiſe nur diejenige Machten, wel - che ſolche eingegangen haben:

In ſo ferne aber vile, oder die mehrere, in etwas uͤbereinſtimmen, machen ſie eine Art ei - nes Herkommens aus.

§. 26.

Das Herkommen beſtehet in dem, wie es in vorigen aͤlteren oder neueren Zeiten, in eben dergleichen oder aͤhnlichen Faͤllen unter denen Europaͤiſchen Machten oder Nationen etliche - oder vile mahle gehalten worden iſt.

§. 27.

Weil die unabhaͤngige Staaten keinen Rich - ter uͤber ſich haben; ſo halten ſie ſehr vil auf das Herkommen, und ein einiges Beyſpil von dem Beſizſtand von diſem oder jenem gilt ungleich mehr, als alle aus Grotio, Pufendorff, Wolfen u. ſ. w. anzufuͤhren moͤgliche Gruͤnde; als denen man wieder andere Gruͤnde entgegen ſezt, hingegen auf ein erwiſenes Beyſpil, daß diſes oder jenes wuͤrcklich geſchehen ſeye, nicht ſo vil antworten kan.

§. 28.

Zwar iſt es allerdings an deme, daß eben deßwegen, weil die Europaͤiſche Staaten von einander unabhaͤngig ſeynd, dasjenige, was nur zwiſchen Einigen oder Mehreren herkommens iſt, Andere durchaus nicht nothwendig, oder an und fuͤr ſich und urſpruͤnglich, zur Nachfolge ver - binde:

Man11Vom Europ. Voͤlckerrecht.

Man kan aber(1)ſ. meinen Aufſaz in der Berlin. Intellig. 1737. n. 1. und Meine Moſeriana. 1. Stuͤck, S. 72. u. f. von allen und jeden der - maligen Europaͤiſchen Machten erweiſen, daß Sie ſelbſten in ihren Staatsſchrifften dasjenige, was zwiſchen den mehreren Europaͤiſchen Staa - ten nun einmal Herkommens iſt, ſonderlich das, was ſchon von geraumer Zeit herkommens iſt, als ein Voͤlckerrecht anſehen, demſelben die Krafft und Wuͤrckung einer Verbindlichkeit zu - ſchreiben, und Sich alſo freywillig darauf erge - ben, es in anderen Faͤllen, wie Sie es fuͤr Sich anfuͤhren, alſo es hinwiederum auch gegen Sich gelten zu laſſen.

§. 29.

Wie aber ſonſt in der Welt viles bloß de facto, ohne ein darzu habendes Recht, oder auch wider alle Rechte, geſchiehet; ſo traͤget ſich dergleichen unter denen unabhaͤngigen Eu - ropaͤiſchen Staaten ebenfalls nur allzuofft zu.

§. 30.

Dem beleidigten Theil ſtehet ſolchen Falles frey, 1. entweder es zu verſchmerzen, 2. oder dagegen zu proteſtiren und die Ungerechtigkeit dem Publico zu klagen, oder 3. ſich auf die unter Souverainen uͤbliche Weiſe Huͤlffe zu ver - ſchaffen.

Auch muß ein ſolcher Herr oder Staat es ſich gefallen laſſen, daß man ihme, oder denen Seinigen, in andern aͤhnlichen Faͤllen nach glei - chen Grundſaͤzen begegnet.

§. 31.121. Capitel.

§. 31.

Gleichwie ferner manche Gruͤnde, auf denen das Europaͤiſche Voͤlckerrecht beruhet, von Zeit zu Zeit all rley Abwechslungen unterworffen ſeynd; alſo muß man auch allemal am meiſten auf das Acht haben, was die neueſte Vertraͤge und das neueſte Herkommen an die Hand geben.

§. 32.

Bey allem deme aber bleibet dennoch Man - ches in diſer Wiſſenſchafft ungewiß, ſtreitig, oder willkuͤhrlich.

§. 33.

Indeſſen hindert ſolches nicht, daß nicht die Wiſſenſchafft des Europaͤiſchen Voͤlckerrechts eine uͤberaus angenehme Beſchaͤfftigung ſeye.

§. 34.

Aber nicht nur diſes; ſondern ſie iſt auch man - cherley Perſonen von dem groͤſten Nuzen und bey nahe unentbehrlich; nemlich:

Allen denenjenigen, welche als Miniſtri, Raͤthe, oder Subalternen, in Staatsgeſchaͤff - ten mit anderen groſſen Hoͤfen, im Cabinet oder Verſchickungen, gebraucht, oder darzu nachge - zogen werden ſollen, oder Anlage, Luſt oder Befehl darzu haben, ſich zu dergleichen Ge - ſchaͤfften auf die Zukunfft qualificirt zu machen.

Und eben ſo koͤnnen auch in Kriegszeiten allen und jeden hohen und nideren Officieren gar leicht ſehr vile Faͤlle vorkommen, darinn ſiekeine13Vom Europ. Voͤlckerrecht. keine Ordre haben oder erſt einhohlen koͤnnen, ſondern ſich nach dem Kriegsgebrauch richten muͤſſen; mithin durch eine Kenntniß darinn ih - rem Herrn und ſich nuzen oder ſchaden, ſich ver - dient und beliebt machen, oder Schande und Ungnade, oder Verachtung und Beſtrafung, davon tragen koͤnnen.

§. 35.

Es iſt dahero auch erſt kuͤrzlich an eine be - ruͤhmte Univerſitaͤt von hohen Orten Befehl er - gangen, daß auf derſelben uͤber diſe Wiſſen - ſchaft geleſen werden ſolle.

Gelehrte Geſchichte des Europaͤiſchen Voͤl - ckerrechts.

§. 36.

Diſe Wiſſenſchafft iſt noch vil ſpaͤter, als das allgemeine oder natuͤrliche Voͤlckerrecht, zu bearbeiten angefangen worden; was nemlich nicht nur einzelne Materien, ſondern den ganzen Um - fang ſolcher Wiſſenſchafft, betrifft:

§. 37.

Ich ſelber ware der erſte darinn, hielte An. 1732. ein Collegium daruͤber, und fienge an, zu dem Ende heraus zu geben: Anfangsgruͤn - de der Wiſſenſchafft von der heutigen Staats - verfaſſung von Europa, und dem unter denen Europaͤiſchen Potenzien uͤblichen Voͤlcker - oder allgemeinen Staatsrecht. Tuͤbingen, 1732. 8.

An.141. Capitel.

An. 1736. haͤngte ich dem 2ten Theil mei - ner Vermiſchten Schrifften aus dem Teut - ſchen Staatsrecht an einen Entwurff einer Einleitung zu dem allerneueſten Europaͤiſchen Voͤlckerrecht in Kriegs - und Fridens-Zeiten.

Als ich An. 1749. zu Hanau eine Staats - und Canzley-Academie anlegte, wiedmete ich der 2ten Claſſe die Europaͤiſche Staatsſachen, und unter denen drey Abtheilungen derſelbigen die 2te dem neueſten Europaͤiſchen Voͤlckerrecht in Fridens - und Kriegszeiten. davon die zu Hanau, 1749. 8. gedruckte naͤhere Anzeige ꝛc. das mehrere enthaͤlt.

Diſes wurde, zum Gebrauch gedachter Aca - demie, von mir weiter ausgefuͤhrt in denen Grundſaͤzen des jeztuͤblichen Europaͤiſchen Voͤl - ckerrechts in Fridenszeiten. Hanau, 1750. 8.

Worzu hernach noch kamen: Grundſaͤze des Europaͤiſchen Voͤlckerrechts in Kriegszeiten. Tuͤbingen, 1752. 8.

Die Grundſaͤze des Voͤlckerrechts in Fri - denszeiten wurden auch (ohne mein Vorwiſſen,) zu Nuͤrnberg, 1777. 8. wieder aufgelegt.

Noch gehoͤret hieher: Mein Teutſches Auswaͤrtiges Staatsrecht. Franckfurt und Leipzig, 1772. 4. darinn das Verhaͤltniß ꝛc. des Teutſchen Reichs und derer uͤbrigen Euro - paͤiſchen Staaten gegen einander entworffen wird;

So, wie mein Teutſches Nachbarliches Staatsrecht, Franckfurt und Leipzig, 1773. 4. das15Vom Europ. Voͤlckerrecht. das Verhaͤltniß derer Teutſchen Reichsſtaͤnde, als halbſouverainer Landesherrn, unter und ge - gen einander erklaͤret.

Hauptſaͤchlich aber iſt hier zu gedencken

  • Meines Verſuchs des neueſten Europaͤiſchen Voͤlcker-Rechts in Fridens - und Kriegs - Zeiten; vornemlich aus denen Staatshand - lungen derer Europaͤiſchen Machten, auch anderen Begebenheiten, ſo ſich ſeit dem To - de Kayſer Carls VI. im Jahr 1740. zuge - tragen haben. 1ſter Theil, 1777. gr. 8.
  • Alle folgende Theile ſeynd bereits auch im Druck.

§. 38.

Uebrigens bin ich in diſem Fach bißhero ohne Nachfolger gebliben; auſſer daß nach meines ſeel. Tochtermanns, Herrn Gottfrid Achen - walls, Tode herauskamen, Deſſelben Juris Gentium Europæarum practici primæ Lineæ; fragmentum Libelli, ob b. Auctoris mortem adfecti. Goͤttingen, 1775. 8. (1)ſ. Allgem. deutſch. Biblioth. 27. Band, 1. Stuͤck, S. 144.

Und, als diſes in Druck ſolle, kommt zum Vorſchein: Grundriß eines Europaͤiſchen Voͤl - kerrechts, nach Vernunft, Vertraͤgen, Herkom - men und Analogie, mit Anwendung auf die teut - ſchen Reichsſtaͤnde. Regensburg, 1777. 8. Es iſt ein bloſſer Anfang, und der Plan von dem meinigen mercklich unterſchiden.

§. 39.161. Capitel.

§. 39.

Von Burc. Gotth. Struvens Corpore Juris Gentium, ſive Jurisprudentia heroica, ſeynd zwar nach ſeinem Tode 7. Theile, Jena, 1743. u. f. in 4. herausgekommen; welche aber noch nicht den groͤſten Theil diſes vorgehabten Wercks ausmachen, und das meiſte gehoͤret wohl in das Europaͤiſche Staats - aber nicht in das Voͤlckerrecht.

§. 40.

Eine ſo genannte Bibliothec, oder Nach - richt von denen im Druck vorhandenen, in das Europaͤiſche Voͤlckerrecht einſchlagenden, vilen Schriften uͤber einzelne Materien, und deren Beurtheilung, waͤre von ſehr groſſem Nuzen; mangelt aber noch.

§. 41.

Als Huͤlffsmittel zu diſer Wiſſenſchafft ſeynd vornemlich zu gebrauchen:

  • 1. Die Staatsſchrifften, ſo zwiſchen denen Europaͤiſchen Machten, ſonderlich in denen neueſten Zeiten, gewechſelt, oder ſonſten oͤffent - lich bekannt worden ſeynd; davon wir aber we - der ein allgemeines Verzeichniß, und noch vil weniger eine Sammlung, haben.
  • 2. Die Sammlungen von Staatshandlun - gen und Staatsſchrifften einzelner Staatsmini - ſters und Geſandten; deren wir eine groſſe Menge haben; daruͤber ein eigenes Verzeichniß auch wohl zu wuͤnſchen waͤre.
3. Die17Vom Europ. Voͤlckerrecht.
  • 3. Die Sammlungen von Staatsſchriff - ten, ſo von einzelnen Fridens - und anderen Congreſſen in ebenfalls nicht geringer Anzahl heraus ſeynd.
  • 4. Pragmatiſche und in Abſicht auf die Staatshandlungen geſchribene Geſchichte aller oder einzelner Vertraͤge, Fridens - und andere Congreſſe, u. ſ. w.
  • 5. Eben ſo abgefaßte Lebens - oder Regie - rungs-Geſchichte groſſer Herrn, wie auch derer Staatsminiſters und Geſandten der jezig - und leztvorigen Zeiten.
  • 7. So auch derer in neueren Zeiten gefuͤhr - ten Kriege und der ſich darinnen ereigneten, hie - her einſchlagenden, Vorfaͤlle.

Endlich kan eine aufmerckſame Leſung und Betrachtung derer gewoͤhnlichen Zeitungen, auch anderer periodiſcher Staatsſchrifften, zu - malen wann ſie mehrere Jahre ununterbrochen fortgeſezet wird, ſehr viles zur Erweiterung in diſer Wiſſenſchafft beytragen.

§. 42.

Schließlichen iſt auch noch Joh. Jac. Schmaussens Einleitung zu der Staats - wiſſenſchafft und Erlaͤuterung des von ihm her - ausgegebenen Corporis Juris Gentium acade - mici, und aller andern ſeit mehr als zweyen Seculis her geſchloſſenen Buͤndniſſe, Fridens - und Commercien-Tractaten; Leipzig, 1741. 2. Theile, in groß. 8. als ein in vilen hernach vorkommenden Materien uͤberaus brauchbaresBBuch,182. Capitel. Buch, ſehr zu empfehlen, und nur zu bedau - ren, daß der verſprochene dritte Theil von Hand - lungsſachen nicht herausgekommen, auch das ganze Werck nicht biß jezo von Jemanden auf gleiche Art fortgeſezet worden iſt.

§. 43.

Uebrigens tragen 1. der Umgang mit ſol - chen Staatsminiſtern und denen Subalternen, die an groſſen Hoͤfen in dergleichen Geſchaͤfften gebraucht werden, 2. Reiſen, welche (nach zuvor hinlaͤnglich erwobener Theorie,) in diſer Abſicht und mit Verſtand vorgenommen wer - den, und 3. mit der Zeit eigene Erfahrung, vollends ſo vil bey, daß man nach und nach Meiſter darinn wird.

Zweytes Capitel. Von Europa, als einem gewiſſer maſ - ſen einigen Staats-Coͤrper. (*)ſ. mein Verſuch des neueſt. Europ. Voͤlcker - Rechts, 1. Theil, S. 1.

Beſtandtheile von Europa.

§. 1.

Europa hat zu allen Zeiten aus vilen, (bald mehreren, bald wenigeren,) von einan - der unabhaͤngigen Staaten, oder Reichen und Freyſtaaten, beſtanden.

§. 2.19Von Europa, als einem ein. Staatscoͤrp.

§. 2.

Anjezo ſeynd darinn 13. Reiche, 4. groſſe Republiquen oder Freyſtaaten; ſo dann der Johanniter-Orden und einige kleine Republi - quen: Auch wird der Roͤm. Pabſt mit unter die weltliche Souverainen gerechnet.

§. 3.

Hierzu kommen, in ſeiner Art, und in vilen in das Voͤlckerrecht einſchlagenden Faͤllen, ge - wiſſe halb-ſouveraine Herrn und Republiquen; nemlich

  • 1. die Chur - und Fuͤrſten, auch uͤbrige Staͤnde des heil. Roͤmiſchen - oder Teutſchen Reichs;
  • 2. Die (von Rechtswegen ebenfalls unter dem Roͤm. Kayſer und Reich ſtehende,) groſſe Italiaͤniſche Herrn, Toſcana, Parma, und Modena;
  • 3. Der unter Polen ſtehende Herzog von Curland wie auch 4. Danzig.

§. 4.

Zuweilen beſizet Ein Herr, oder doch Ein Haus, 1. etliche unabhaͤngige Reiche, oder auch 2. etliche halbſouveraine Staaten, oder 3. beederley zugleich:

Und zwar entweder nur fuͤr ſeine Perſon, oder aber erblich.

*)Beyſpile: Oeſterreich; Koͤnige, die Lan - de in Teutſchland haben; K. Friderich I. in Schweden; Polen und Chur-Sach - ſen; vile Teutſche Chur - und Fuͤrſten.
*)
B 2Ob202. Capitel.

Ob Europa ein Oberhaupt habe?

§. 5.

Die Roͤmiſche Kayſere (ſo zugleich Teutſche Koͤnige ſeynd,) ſahen Sich in denen mittleren Zeiten als Herrn der ganzen Welt, und ins beſondere als das weltliche Haupt der von alten Zeiten her in Europa ihren Siz habenden Chri - ſtenheit, an.

§. 6.

Der guͤldenen Bull von 1356. nicht zu ge - dencken; ſo finden ſich noch jezo Spuhren da - von in allen Eyden der Churfuͤrſten und ihrer Ge - ſandten, ſo vor der Wahl eines Roͤm. Koͤnigs oder Kayſers abgelegt werden, und in allen Kay - ſerlichen Wahlcapitulationen Art. 1. §. 1.

§. 7.

Von des Roͤm. Kayſers aus diſem Grunde noch jezo ſuchenden Vorrechten bey Pabſtwah - len aber werde ich hernach reden.

§. 8.

Es iſt auch an deme, daß nicht nur einzelne Koͤnige ſich darinn ſehr nachgiebig bewiſen ha - ben; ſondern daß auch bey ſolchen Gelegen - heiten, wo alle chriſtliche Staaten gleichſam ein einiges Collegium formiret haben, nemlich bey Conciliis, oder allgemeinen Kirchenverſammlun - gen, desgleichen bey Creuzzuͤgen gegen die Sa - racenen, ja auch bey Ertheilung der Koͤniglichen Wuͤrde, u. ſ. w. denen Roͤm. Kayſern allerleyVor -21Von Europa, als einem ein. Staatscoͤrp. Vorzuͤge vor anderen chriſtlichen Regenten zu - geſtanden worden ſeynd;

Die aber jezo nicht mehr zum Vorſchein kommen.

§. 9.

Seit dem 16den Jahrhundert ſehen uͤber - haupt alle unabhaͤngige Europaͤiſche gecroͤnte Haͤupter ſich als gleichen Standes und Wuͤr - de an; unter denen ſie doch dem Roͤm. Kayſer, als erſten unter allen ſeines gleichen, den Vor - gang laſſen; welches ſich auch der Roͤm. Kay - ſerliche Hof je laͤnger je mehr muß gefallen laſſen.

§. 10.

Europa hat alſo kein gemeinſchafftliches weltliches Oberhaupt.

§. 11.

Wohl aber erkennen alle Catholiſche Regen - ten und Staaten in Europa den Roͤmiſchen Pabſt, in der angenommenen Eigenſchafft eines Statthalters Chriſti auf Erden, fuͤr das ſichtbare geiſtliche Oberhaupt der ganzen Chriſtenheit:

Deſſen bißanhero genoſſene Gerechtſame und Gewalt aber werden ſeit kurzem je laͤnger je mehr eingeſchraͤnckt, doͤrfften vermuthlich auch noch weiter fallen.

Univerſal-Monarchie.

§. 12.

Die im vorig - und jezigen Jahrhundert ge - aͤuſſerte Furcht, daß Franckreich nach einer uni - verſal-Monarchie in Europa ſtrebe, iſt derma - len verſchwunden.

B 3Pro -222. Capitel.

Project einer Europaͤiſchen Republic.

§. 13.

Koͤnig Heinrich IV. in Franckreich hatte zwar den Einfall, alle chriſtliche Staaten von Europa in eine naͤhere Verbindung und in ei - nen gemeinſchafftlichen einigen Staatscoͤrper zu bringen: Es bliebe aber ein bloſſer Gedancke; der ſchwerlich jemalen zur Wuͤrcklichkeit gedeyhen wird.

*)von Vattel 3, 61. Schmaussens Staatswiſſenſch. 1. Theil, S. 53.
*)

Unabhaͤngigkeit und Souverainite.

§. 14.

Ein unabhaͤngiger Herr oder Staat iſt der, welcher keinen anderen Herrn oder Staat zum wahren und wuͤrcklichen Oberherrn hat.

§. 15.

Souverain, und: Souverainete, ſeynd in eigentlichem und ordentlicher Weiſe gewohn - lichem Verſtand einerley mit: Unabhaͤngig, oder: Unabhaͤngigkeit:

§. 16.

In weiterem und abuſivem Verſtand aber legt man diſen Titul mehrmalen auch denen halbſouverainen Herrn bey.

Doch will der Roͤm. Kayſer nicht leiden, daß ein Reichsſtand ſelbſt ſich diſes Praͤdicats bediene; wiewohl bey dem Reichsconvent ſeitvilen23Von Europa, als einem ein. Staatscoͤrp. vilen Jahren das Gegentheil bey gewiſſen Gele - genheiten geſchiehet.

*)Beyſpile von Salm und Taxis.
*)

§. 17.

In Franckreich und Teutſchland fuͤhren einige Herrn den Titul als Souverainen, die ſie doch in der That nicht ſeynd, oder doch nur von einem Gebiet, da manches Dorff mehr zu bedeuten hat.

*)Dombes; Monaco; (ehemals auch: Vianen.)
*)

§. 18.

So kan auch ein Souverain in ſeinem Reich Koͤnig und in einem anderen unabhaͤngi - gen Staat eine Art eines Staats - oder Kriegs - bedientens ſeyn.

*)Beyſpile von K. Wilhelm III. in Engel - land, und K. Carl VII.
*)

§. 19.

Ferner kan ein unabhaͤngiger Herr, in An - ſehung gewiſſer Lande, des andern 1. Lehen - mann, oder 2. gar ſein Untergebener und Reichs - ſtand ſeyn.

*)Beyſpile von Neapel, Maltha und Teutſchland.
*)

§. 20.

Bey denen lezteren kan es leicht zu Faͤllen kommen, wo ſchwer iſt, beederley Eigenſchaff - ten allemal voͤllig von einander zu unterſcheiden.

*)Beyſpile von Kriegen.
*)

Unabhaͤngigkeit und Wuͤrde.

B 4§. 21.242. Capitel.

§. 21.

Von der gleichen Unabhaͤngigkeit gilt kein Schluß auf eine Gleichheit der Wuͤrde.

§. 22.

Die halb-Souveraine ſeynd denen ganz Souverainen in Anſehung der Wuͤrde zuweilen gleich, zuweilen nicht:

In Anſehung derer Gerechtſamen aber ſeynd jene diſen allemal ungleich.

Gleichheit und Ungleichheit der ſouverai - nen Staaten.

§. 23.

Alle Europaͤiſche Souverainen ſehen ſich, (ſchon beruͤhrter maſſen,) in ſeiner Art als gleich an; ſo vil nemlich die Unabhaͤngigkeit und die daraus folgende Gerechtſame betrifft.

§. 24.

Auſſer deme weichen alle Republiquen allen gecroͤnten Haͤuptern; doch reſp. mit Vorbe - halt Koͤniglicher Ehrenbezeugungen fuͤr ihre Ge - ſandte.

§. 25.

Unter denen gecroͤnten Haͤuptern kommt, ſo vil die Wuͤrde und was davon abhaͤnget, betrifft, nichts auf das Alter oder die Macht eines Hauſes, oder Reiches, u. d. an.

§. 26.

Wohl aber hat der Roͤmiſche Kayſer einen Vorzug der Kayſerlichen Wuͤrde vor der Koͤnig - lichen zu behaupten verlangt:

Und25Von Europa, als einem ein. Staatscoͤrp.

Und der Tuͤrckiſche Kayſer heget gleiche Grundſaͤze.

In eben diſer Abſicht hat auch Czaar Pe - ter I. in Rußland den Kayſerlichen Titul an - genommen:

§. 27.

Die andere Souverainen aber erkennen di - ſen Vorzug nicht.

§. 28.

Die ganz ſouveraine Staaten ſeynd in An - ſehung ihrer Regierungsart, Macht und Kraͤff - ten, auch ſonſten etwa, einander offt gar ſehr ungleich.

Rang.

§. 29.

Theoretiſch iſt:

  • Kahle (Lud. Mart.) Diß. de Præceden - Gentium. Halle, 1738. 4.

Practiſch iſt, aber nun zu alt:

  • Zwanzigs (Zach.) Theatrum Præceden - tiæ. Leipzig, 1709. fol.
  • Ueberhaupt ſehe man davon die Biblioth. Jur. Imperant. p. 297. ſqq.

§. 30.

Aus der vorhin beruͤhrten Gleichheit derer unabhaͤngigen Europaͤiſchen Staaten flieſſet, daß keine gewiſſe Rangordnung unter denen Eu - ropaͤiſchen gecroͤnten Haͤuptern ſtatt findet.

§. 31.

Die der Roͤm. Catholiſchen Religion zuge - thane gecroͤnte Haͤupter laſſen dem Roͤm. PabſtB 5den262. Capitel. den Vorgang; die der Evangeliſchen Religion beypflichtende hingegen nicht.

§. 32.

In Anſehung derer weltlichen Staaten un - ter ſich hat man dißfalls weder allgemeine Ver - traͤge, noch ein allgemeines allerſeits erkanntes Herkommen.

§. 33.

Der Paͤbſtliche Hof und die Generalconci - lien haben ſich zwar ehemals unterfangen, eine Rangordnung unter denen unabhaͤngigen Staa - ten zu beſtimmen: Jezo aber geſtehet man ih - nen dergleichen nicht mehr zu.

§. 34.

Zwar kan ein Souverain auch darinn an ſeinem Hof einem Herrn vor dem andern favo - riſiren: Diſes verbindet aber Andere nicht, ein gleiches zu thun.

*)Beyſpile von allerley Hoͤfen.
*)

§. 35.

Sondern alles kommt dißfalls an:

  • 1. auf ausdruͤckliche Vertraͤge; (deren es aber keine allgemeine gibt;) ſo dann
  • 2. auf das Herkommen, und den Beſiz.

Was der Roͤm. Kayſer aus diſem Grunde vor einen Vorzug habe, iſt ſchon gemeldet worden.

Dem Roͤmiſchen Koͤnig hingegen geſtehet man es nicht ein.

§. 36.

Franckreich weichet zwar dem Roͤm. Kay - ſer; will aber allen anderen Koͤnigen vorgehen:Die27Von Europa, als einem ein. Staatscoͤrp. Die meiſte von diſen aber wollen es nicht zu - geben.

Eben ſo gehet es nunmehro auch mit Ruß - land.

§. 37.

Es werden dahero an denen Hoͤfen, an dritten Orten, und in gemeinſchafftlichen Ur - kunden, in vorkommenden Faͤllen, allerley Aus - kunfftsmittel gebraucht, die Gleichheit des Ran - ges derer Souverainen zu erhalten, oder denen dißfalls obwaltenden Streitigkeiten auszuwei - chen.

§. 38.

Ein gewohnliches Mittel iſt, daß, wo Rangſtreitigkeiten mit-einſchlagen, jeder Hof ein beſonderes Original ausfertigen laͤſſet, und darinn ſich vor-den oder die Andere aber nach - ſezt.

§. 39.

Auch die Republiquen haben zuweilen Rang - ſtreitigkeiten unter ſich.

§. 40.

Uebrigens wird es darinn gehalten, wie al - lererſt von denen gecroͤnten Haͤuptern geſagt worden iſt.

§. 41.

Alle halb-ſouveraine Herrn weichen allen gecroͤnten Haͤuptern.

§. 42.

Hingegen gehen Einige gewiſſen Republi - quen ohne Anſtand vor:

Mit282. Capitel.

Mit andern aber haben ſie noch Streitig - keiten deßwegen.

§. 43.

Und ſo auch zum Theil unter ſich ſelbſten.

*)Teutſche und Italiaͤniſche.
*)

Gleichgewicht in Europa.

§. 44.

  • Vile reſp. Wechſel-Schrifften hieruͤber, von Lehmann, Freyherrn von Huldenberg, (oder Kressen,) Schmaussen und Stisser, findet man erzaͤhlt in Weid - lichs Nachricht. von jeztleb. Rechts - gel. 1. Theil, S. 405. u. f.
  • Pragmatiſch handelt davon ein groſſes Stuͤck von Schmaussens Einleit. zur Staats - wiſſenſch. 1. Theils, und S. 624. f. fin - det ſich ein Raiſonement uͤber den (1741.) gegenwaͤrtigen Zuſtand der Balance von Europa.
  • Man ſehe auch: Reflexions, touchant l’Equi - libre de l’Europe; (teutſch, in der neuen Europ. Fam. 98. Stuͤck,) und Stru - bens Pruͤfung derſelben; in ſeiner Ne - benſtund. 2ten Theil, S. 267. inglei - chem, den 6ten Theil, S. 1. f.

§. 45.

Ob zwar, (vorhin gemeldeter maſſen,) die groͤſſere oder kleinere Macht derer Europaͤiſchen Souverainen keine Folgen auf mehrere oder we - nigere Gerechtſamen hat; ſo hat ſie doch einen ſehr ſtarcken Einfluß auf die wuͤrckliche Bege -ben -29Von Europa, als einem ein. Staatscoͤrp. benheiten, und auf die Sorglichkeit in Anſe - hung des Zukuͤnfftigen.

§. 46.

Die mehreſte Europaͤiſche Staaten ſeynd dahero darauf bedacht, zu verhuͤten, daß 1. nicht ein einiger Herr, oder ein einiges Haus, eine ſolche uͤberwiegende Macht bekommen moͤ - ge, welche denen uͤbrigen Staaten nachtheilig ſeyn koͤnnte, oder daß ſie 2. wenigſtens ſich der - ſelben nicht wuͤrcklich zu ihrem Nachtheil gebrau - chen doͤrffe.

*)von Vattel 3, 61.
*)

§. 47.

Als das Haus Oeſterreich zu Ende des 15 den Jahrhunderts die Burgundiſche Lande erbte, und zu Anfang des 16den Jahrhunderts auch die Spaniſche Reiche darzu bekame, wurde Franckreich eyferſuͤchtig daruͤber, und ſuchte, ſich der anwachſenden Macht des Hauſes Oe - ſterreich auf alle Weiſe zu widerſezen: Welches etliche hundert Jahre dauerte.

Die uͤbrige Europaͤiſche Staaten ſahen bald der Sache zu, bald nahmen ſie Parthie, jezt mit dem einen-jezt mit dem andern Theil.

§. 48.

Als aber im Jahr 1700. ein Franzoͤſiſcher Prinz zum Beſiz derer Spaniſchen Reiche ka - me, machten die meiſte Franckreich und Spa - nien benachbarte Staaten gemeinſchafftliche Sa - che, der Macht des Franzoͤſiſchen Hofes Schran - cken zu ſezen.

§. 49.302. Capitel.

§. 49.

Seit dem Utrechtiſchen und Badiſchen Fri - den hingegen hat das Europaͤiſche allgemeine Staatsſyſtem ſich hierinn ſtark geaͤndert, und offt abgewechſelt; ſonderlich nachdeme 1. Ruß - land (deſſen Namen man zuvor kaum nennen hoͤrte,) ſich mit dem uͤbrigen Europa nun vil zu thun macht und zu einer ſo groſſen Macht herangewachſen iſt; 2. Chur-Brandenburg nicht bloß den Koͤniglichen Titul von Preuſſen angenommen, ſondern auch ſeine Kraͤfften je laͤnger je mehr ungemein verſtaͤrcket hat, ſo dann 3. Chur-Braunſchweig zum Beſiz der Crone von Groß-Britannien gelanget iſt.

§. 50.

Diſes alles veranlaſſet beſtaͤndige Allianzen und Gegenallianzen; ſelbſten Oeſterreich und Franckreich ſeynd nun gute Freunde; die Eyfer - ſucht uͤber die Großbritanniſche Macht zur See und deſſen kuͤrzlich gemachte Erweiterung ſeiner Beſize in America iſt bey Franckreich und Spa - nien ſichtbar; und, bey aller Abnahm der Re - ligion ſelbſten, menget ſich doch zuweilen auch ein politiſcher Religionseyfer mit unter; die Freundſchafft zwiſchen Oeſterreich, Rußland und Preuſſen, (welche, wann ſie aufrichtig und beſtaͤndig waͤre, ganz Europa Geſeze vor - ſchreiben koͤnnte,) iſt allzuveraͤnderlich; viles kommt offt auch auf die (zuweilen ebenfalls ſehr abwechslende,) perſonelle Denckensart eines gecroͤnten Haupts, oder Miniſters, oder ſon - ſtigen Favoritens, an, ꝛc.

§. 51.31Von Europa, als einem ein. Staatscoͤrp.

§. 51.

Die Europaͤiſche Staaten haben alſo der - malen hierinn kein fermes Syſtem; alles iſt voll Mißtrauen und Abſicht, Conqueten zu machen; und einige Zufaͤlle, die ſich zum Theil wahr - ſcheinlich voraus ſehen laſſen, villeicht auch zum Theil ganz unvermuthet ereignen doͤrfften, koͤn - nen die allerwichtigſte Revolutionen in dem Staatsſyſtem von Europa verurſachen.

§. 52.

Neben diſem allgemeinen Gleichgewicht in Europa, iſt man beſonders auch bemuͤht,

  • 1. um die Erhaltung des Gleichgewichts in dem weſtlichen Theil von Europa; und zwar zwiſchen Franckreich und Spanien einer ſo dann Großbritannien und Portugall anderer Seits.
  • 2. Um die Erhaltung des Gleichgewichts in Norden, zwiſchen Rußland, Preuſſen, Daͤ - nemarck und Schweden; beſonders auch auf dem Baltiſchen Meer; ſo auch
  • 3. in Teutſchland; beſonders a) zwiſchen der Kayſerlichen Macht und denen Reichsſtaͤn - diſchen Freyheiten, ſo dann b) denen beederley Religionsverwandten.
  • 4. Vormals ware auch viler Streit wegen des Gleichgewichts in Italien: Nun aber ru - het er.

§. 53.

5. Die ehemalige Furcht wegen der groſſen - und der Chriſtenheit ſchaͤdlichen Macht der Ot - tomanniſchen Pforte hingegen iſt ſeit kurzer Zeitver -323. Capitel. verſchwunden, und, wann ſich nicht beſondere Zufaͤlle ereignen, noch maͤchtige chriſtliche Staa - ten ſelbſt mit darunter ſtecken, wird ſchwerlich ſo bald von diſer Seite her etwas ſonderliches zu beſorgen ſeyn.

Drittes Capitel. Von der Souverainen Perſonen und Familien. (1)ſ. mein Verſuch des Eur. Voͤlck. Rechts, 1. Theil, S. 75. Mein Teutſch. auswaͤrt. Staatsrecht, S. 1. 39. 47. 269.

Erbfolge. (2)ſ. meine Diß. de jure ſuccedendi in Regna Europæ, ſpeciatim in Regnum Bohemiæ. Franckfurt an der Oder, 1739. 4. und in mei - nen Opuſc. acad.

§. 1.

Die meiſte Reiche in Europa ſeynd erblich; wenigſtens ſo lang, als ehlich gebohrene Perſonen von dem jezt-regierenden Haus vor - handen ſeynd.

§. 2.

Nur von Rußland ſtreitet man: Ob es ganz erblich ſeye? oder ob der jedesmals regie - rende Kayſer oder Kayſerin ſich ſelber einen Thronfolger beſtimmen doͤrffe?

§. 3.33Von der Souverain. Perſon. u. Famil.

§. 3.

Die meiſte Erbreiche haben eigene Grund - geſeze wegen der Thronfolge.

§. 4.

Und wann wegen der Thronfolge in einem Erbreich neue Verordnungen gemacht werden wollen, haben die uͤbrige Europaͤiſche Machten ordentlicher Weiſe nichts damit zu thun.

§. 5.

Wohl aber kan es geſchehen, daß ſie erſu - chet werden, ſelbige zu garantiren; da es dann auf eines jeden dritten Staats eigenes Belie - ben ankommt: 1. Ob? 2. wie ferne? und 3. unter was fuͤr Bedingungen? er die Garan - tie uͤbernehmen, oder ſelbige abſchlagen will.

Man iſt auch wohl ſchon von bereits uͤber - nommenen Garantien wieder abgegangen; oder hat doch, wann es zum Fall gekommen iſt, ſich der verſprochenen Garantie entzogen.

*)Beyſpile von Garantierung der Franzoͤſi - ſchen, Großbritanniſchen, Oeſterreichi - ſchen, Rußiſchen, Schwediſchen und Spa - niſchen Thronfolge.
*)
  • ſ. Kurze actenmaͤßige Nachricht von der Groß - britanniſchen Cronfolge und deren Praͤten - denten; in meiner Nachleſ. von Staats - bedenck. 2. Theil, S. 16.

§. 6.

Ordentlicher Weiſe ſeynd alle Prinzen vom Gebluͤte eines regierenden Hauſes Succeßions - faͤhig.

C§. 7.343. Capitel.

§. 7.

Doch hat man, um des Gleichgewichts in Europa willen, fuͤr nicht unrecht befunden, ein - oder andere Linie von der Thronfolge ge - wiſſer Reiche auszuſchlieſſen.

*)Beyſpile von Franckreich und Spanien.
*)

§. 8.

In denen meiſten Reichen ſeynd auch die Prinzeßinnen, doch erſt nach Abgang des gan - zen maͤnnlichen Stamms, Thronfaͤhig.

§. 9.

Es pflegen dahero auch die Toͤchtern bey ih - rer Vermaͤhlung ſich der Erbfolge zum Beſten des Mannsſtamms zu begeben; welche Ver - zichte auch von allen anderen Staaten fuͤr rechts - kraͤfftig gehalten werden.

§. 10.

Indeſſen haben doch ſchon Deſcendenten einer Tochter die Agnaten ausſchlieſſen wollen.

*)Franckreich und Spanien.
*)

§. 11.

In welcher Ordnung die Toͤchtern und ihre Nachkommen, nach Abgang des Mannsſtamms, folgen? iſt nicht allemal ausgemacht.

*)Streit wegen der Oeſterreichiſchen Erb - folge. Derer Freyherrn von Cramer und von Senckenberg Wechſelſchriff - ten.
*)

§. 12.

In denen meiſten Reichen iſt die Thronfolgean35Von der Souverain. Perſon. u. Famil. an die Bekennung zu einer gewiſſen Religion verbunden:

Wogegen auch die andere Machten nichts einzuwenden-ſondern es nur hinwiederum eben ſo zu machen pflegen.

Uebrigens ruͤhren dergleichen Verordnun - gen urſpruͤnglich mehr von dem Regenten, oder mehr von der Nation, her:

Es ſeynd auch nicht uͤberall ausdruͤckliche Normen deßwegen vorhanden.

§. 13.

Ein Beſizer eines Erbreichs kan wenigſtens ſo lang nicht daruͤber teſtiren, als noch des Thrones und der Erbfolge faͤhige Perſonen vor - handen ſeynd:

Indeſſen hat man es doch ſchon verſucht und durchgeſezt.

*)Spanien.
*)

§. 14.

Einige Machten haben ſich auch ſchon, (aus dem Grund, das Gleichgewicht in Europa zu erhalten,) berechtiget zu ſeyn geglaubt, noch vor beſorgtem Abgang einer regierenden Familie, uͤber eine kuͤnfftige Erbfolge ihrer Laͤnder Ver - traͤge zu ſchlieſſen.

*)Partage-Tractaten wegen der Spaniſchen Erbfolge.
*)

§. 15.

Lehenbare Staaten ſollten zwar, nach Ab - ſterben der lehensfaͤhigen Erben eines Hauſes,C 2dem363. Capitel. dem Lehenherrn heimfallen: Man laͤſſet es aber mehrmalen nicht darzu kommen.

*)Beyſpile von Neapel, Toſcana, Parma.
*)

§. 16.

Wird wegen einer Thronfolge geſtritten; ſo ſtehet es allen und jeden dritten Machten, (welche ſich nicht vorhin durch Vertraͤge zu et - was verpflichtet haben,) frey, ob ſie bey diſem Streit neutral bleiben, oder Parthie nehmen wollen? auch lezteren Falles welche? und wie lang?

*)Beyſpile von Spanien und Oeſterreich.
*)

§. 17.

Wann in einem Erbreich eine Staatsrevo - lution entſteht, welche in die Thronfolge ein - ſchlaͤgt, wird es wiederum auf beſagten Fuß gehalten:

Kan ſich nun eine ſolche Perſon auf dem Thron erhalten, ſo wird ſie auch von denen Mach - ten, mit denen ſie im Friden lebt, wenigſtens in einiger Zeit, erkannt:

§. 18.

Ereignet ſich aber ein ſolcher Zufall waͤhrend eines Krieges; ſo bleibt es gemeiniglich biß auf einen erfolgenden Fridensſchluß anſtehen; wo alsdann auch diſer Punct mit ausgemacht wird.

*)Beyſpile von Großbritannien.
*)

§. 19.

Wann ein Prinz ein Erbreich durch Krieger -37Von der Souverain. Perſon. u. Famil. obert, und den Titul, als Eigenthuͤmer deſſel - bigen, davon annimmt, haͤlt es jede dritte Macht ſo lang, biß der Streit durch einen Fri - densſchluß entſchiden wird, ſo, wie ſie es gut findet.

*)Beyſpil von dem Infant Carl, als Koͤ - nig in Sicilien, und Boͤhmen.
*)

§. 20.

Wann ein Erbkoͤnigreich, daran ein Dritter eine Anſprache macht, einem Prinzen in einem particular-Fridensſchluß zugetheilet wird, ſeynd weder der, ſo die Anſprache daran macht, noch andere Machten, ſchuldig, den neuen Regen - ten in diſer Eigenſchafft zu erkennen, biß der Streit ein Ende hat: Wollen aber leztere es freywillig thun, kan man es ihnen nicht weh - ren.

*)Beyſpil von dem durch den Utrechtiſchen Friden an Savoyen uͤberlaſſenen Koͤnig - reich Sicilien.
*)

§. 21.

Wann ein Herr oder Staat einen Prinzen als Koͤnig ꝛc. eines Landes erkennet, in deſſen Beſiz er nicht iſt, haͤlt es der, ſo im Beſiz iſt, fuͤr eine Beleidigung, und fordert deßwegen Genugthuung.

*)Beyſpile vom Praͤtendenten von Engel - land.
*)

Wahl.

§. 22.

Wahlreiche in Europa ſeynd:

C 31. Teutſch -383. Capitel.
  • 1. Teutſchland, oder das Roͤm. Reich; deſſen Crone aber ſchon ſeit mehreren hundert Jahren bey dem Hauſe Oeſterreich nicht vil we - niger als erblich ware, vermuthlich es auch noch weiter bleiben wird.
  • 2. Polen; mit deſſen Wahlrecht es durch mancherley Abwechslungen gegangen iſt.
  • 3. Weil auch der Roͤm. Pabſt mit unter denen gecroͤnten Haͤuptern laufft; iſt ſeiner hier ebenfalls zu gedencken.
  • 4. Schweden iſt nur in gewiſſen Faͤllen ein Wahlreich geweſen; ſo auch
  • 5. Großbritannien.
  • 6. Hungarn und Boͤhmen ſeynd es auch in einem einigen Fall, welcher ſich aber ſchwer - lich jemalen ereignen wird.

§. 23.

In allen Wahlreichen ſeynd Wahlgeſeze vor - handen.

§. 24.

Selbige werden zuweilen von dritten Mach - ten garantirt.

*)Beyſpile von Teutſchland und Polen.
*)

§. 25.

Die Staͤnde eines Wahlreichs haben von Rechts-wegen allein die Freyheit, Ordnungen wegen der Wahl ihrer Regenten zu machen, oder ſelbige abzuaͤndern.

§. 26.

Doch haben auch ſchon dritte Machten vonge -39Von der Souverain. Perſon. u. Famil. gewiſſen Umſtaͤnden profitirt, ſich in dergleichen zu mengen.

*)Beyſpile von Teutſchland und Schwe - den.
*)

§. 27.

Mit denen einzelnen Wahlen hat es die nemliche Beſchaffenheit.

*)Beyſpile von allen Wahlreichen.
*)

§. 28.

Doch wird auch wohl ein Throncandidat bloß freundſchafftlich und unverfaͤnglich zur Wahl recommendirt.

§. 29.

Bey denen Pabſtwahlen nehmen ſich die groͤſte Catholiſche Machten die Freyheit, einen ihnen unanſtaͤndigen Candidaten von der Wahl - faͤhigkeit auszuſchlieſſen.

§. 30.

Wann eine Wahl zwiſpaltig ausfaͤllt, kommt es auf eines jeden dritten Souverains oder Staats freyes Belieben an, wie er ſich ſo lang dabey bezeugen wolle, biß die ganze Sache, auf eine guͤtliche oder gewaltſame Weiſe, ihre voͤllige Entſcheidung erhaͤlt.

*)Beyſpile.
*)

§. 31.

Auch andere Wahlen werden zuweilen aus allerley Gruͤnden angefochten.

*)Neuere Beyſpile.
*)
C 4Throns -403. Capitel.

Throns-Begebung, Entſezung und An - ſprach darauf.

§. 32.

Ein gecroͤntes Haupt, ſo ſich der Erb-Re - gierung freywillig begeben hat, genieſſet in drit - ter Souverainen Landen doch die perſoͤnliche vorige Gerechtſame:

Das weitere aber kommt auf das Gutbefin - den des Landesherrns an.

*)Beyſpile.
*)

§. 33.

Daß ein Souverain an die Staͤnde eines anderen Reichs mit Recht verlangen koͤnne, ihren Koͤnig ſeines Thrones zu entſezen, iſt ein nicht leicht moͤglicher Fall.

§. 34.

Wohl aber gibt es Beyſpile, da es wuͤrck - lich verlangt und durchgeſezet worden iſt; ob es gleich doch am Ende keinen Beſtand damit gehabt hat.

*)Beyſpil von Schweden und Polen.
*)

§. 35.

Wann aber Reichsſtaͤnde ſelber ihren Koͤnig abſezen und einen andern waͤhlen, kommt es auf der uͤbrigen Machten freyes Belieben an, wie ſie ſich dabey verhalten wollen:

So auch, wann der Abgeſezte, (ſo gar, wann er ſich gleich des Rechts zur Crone bege - ben hat,) ſich wieder auf den Thron ſchwingt.

*)Beyſpile von Großbritannien und Polen.
*)
§. 36.41Von der Souverain. Perſon. u. Famil.

§. 36.

Wann ein im Krieg ungluͤcklicher, oder von ſeinem Thron verſtoſſener, Regent ſeine Zu - flucht in andere Landen nimmt; beruhet es auf der Willkuͤhr des Landesherrns, ob er ihne auf - nehmen - und was fuͤr Ehren und Gerechtſame er ihme angedeyhen laſſen will, oder nicht.

*)Beyſpile von Engelland, Polen nnd Schweden.
*)

§. 37.

Wann ihm aber gar Beyſtand geleiſtet wird, ſiehet es jene Nation als eine Beleidigung und hinlaͤngliche Kriegsurſach an.

*)von Vattel 2, 235.
*)

§. 38.

Das Gluͤck der Waffen und das Staats - intereſſe enſcheiden ſo dann den Streit.

*)Allda, S. 236.
*)

§. 39.

Wird ein ſolcher Herr eine Zeitlang gedul - det, muß er ſich in dem fremden Lande nicht zu vil herausnehmen:

Und wann an ihne verlangt wird, ſich an - derwaͤrts hin zu begeben, kan er ſich deſſen nicht entziehen.

*)K. Carl XII. in Schweden.
*)

§. 40.

Gleiche Beſchaffenheit hat es, (in dem Fall, wann keine beſondere Vertraͤge dißfalls vorhan - den ſeynd,) mit der Geduldung oder Aus -C 5ſchaf -423. Capitel. ſchaffung eines, der ein bloſſer Cron-Praͤten - dent auf ein drittes Reich iſt; auch erſten Fal - les mit dem uͤbrigen Betragen gegen ihme.

*)Praͤtendent von Gr. Britannien.
*)

Wuͤrden.

§. 41.

Die Roͤmiſch-Rußiſch - und Tuͤrckiſche Kayſere halten die Kayſerliche Wuͤrde fuͤr hoͤher, als die Koͤnigliche:

Die Koͤnige wollen aber ſolches nicht einge - ſtehen.

§. 42.

Als der Kayſer noch als das Haupt der Chri - ſtenheit angeſehen wurde, lieſſen ſich manche groſſe Herrn, die nach einer hoͤheren Wuͤrde ſtrebten, von Ihme den Koͤniglichen Titul bey - legen, wurden auch darauf von Jedermann in diſer Eigenſchafft erkannt.

§. 43.

Auch die Paͤbſte haben in vorigen Zeiten ſich angemaßt, die hoͤchſte weltliche Wuͤrde zu er - theilen: Gleichwie es aber ſchon im 16den Jahr - hundert Widerſtand gefunden hat; alſo wuͤrden ſie es nun noch vil weniger wagen, am allerwe - nigſten mit einem gluͤcklichen Erfolg.

§. 44.

In denen neueren Zeiten haben die Europaͤi - ſche Machten den Grundſaz angenommen: Je - der unabhaͤngiger Herr koͤnne ſich ſelber eineWuͤr -43Von der Souverain. Perſon. u. Famil. Wuͤrde beylegen, welche er wolle; nur koͤnne er keinen Dritten noͤthigen, ſelbige wider Wil - len zu erkennen.

§. 45.

Dahero unterbauen die groſſe Herrn, wel - che etwas dergleichen im Sinn haben, es ent - weder vorher, und verſicheren ſich aller oder mehrerer groſſer Hoͤfe Beyfalls; oder ſie laſſen es darauf ankommen, daß und wann die uͤbrige ſich hierzu bequemen werden; welches offt ge - raume Zeit anſtehen kan, biß man ſich in Fri - densſchluͤſſen, oder anderen Vertraͤgen, deß - wegen vergleicht; biß dahin bald diſe bald jene Auskunfftsmittel getroffen werden.

*)Beyſpile von Preuſſen und Rußland.
*)

§. 46.

Leichter gehet es her, wann ein groſſer Herr eine Wuͤrde annimmt, die an und fuͤr ſich ſelb - ſten nicht neu iſt, ſondern nur auf ein anderes Haus oder Herrn kommt:

Es ſeye dann, daß derſelbe, aus anderen beſonderen Gruͤnden, einen Widerſpruch erfah - ren muͤſſe.

*)Beyſpile von Sicilien und Sardinien.
*)

Paͤbſtliche Praͤdicate.

§. 47.

Die Paͤbſte haben von Alters her ein - oder anderen gecroͤnten Haͤuptern von ihrer Religion Praͤdicute beygelegt, z. E. Franckreich: Chri - ſtianiſſimus; Spanien: Catholicus &c.

§. 48.443. Capitel.

§. 48.

Noch zu unſerer Zeit erhielte Portugall: Fideliſſimus, und Ungarn wurde das alte Praͤdicat: Apoſtolicus, erneuert.

§. 49.

Diſe gecroͤnte Haͤupter machen ſo dann eine Canzleytitulatur daraus; welches ihnen auch Niemand wehren kan:

§. 50.

Ingleichem nehmen die Catholiſche Hoͤfe keinen Anſtand, ſelbige zu geben;

Bey denen Evangeliſchen aber wird es nicht uͤberall gleich gehalten; und noͤthigen kan man ſie nicht, wohl aber die Schreiben ꝛc. ſo es nicht enthalten, nicht annehmen, wann man es dar - uͤber auf das aͤuſſerſte will ankommen laſſen.

§. 51.

Indeſſen hat Engelland, ſelbſt nach veraͤn - derter Religion, das Paͤbſtliche Praͤdicat: De - fenſor fidei, biß jezo beybehalten.

Titul.

§. 52.

Titul kan ein unabhaͤngiger Herr annehmen, und ſie ordnen, oder veraͤndern, wie er will: Gemeiniglich werden ſie ſo dann auch von an - dern Staaten erkannt und zuruͤckgegeben.

  • ſ. Meine Anmerckungen uͤber die Koͤnigl. Fran - zoͤſiſche Titulatur; in meiner vermiſcht. Anmerck. (1750.) 1ſtem Stuͤck, S. 47.
§. 53.45Von der Souverain. Perſon. u. Famil.

§. 53.

Wann aber ein dritter Staat glaubt, daß eine Titulatur ihme zum Nachtheil gereiche, ſo werden entweder

  • 1. dergleichen Schreiben und Urkunden ꝛc. nicht angenommen; oder
  • 2. man nimmt ſie zwar an, proteſtirt aber dagegen, und gibt
  • 3. die ſtreitige Titulatur nicht zuruͤck; oder
  • 4. man gebraucht allerley unverfaͤngliche Auskunfftsmittel.
  • 5. Bey Fridensſchluͤſſen, und anderen Tractaten, pfleget ein ſeparater Articul deßwegen angehaͤnget zu werden.

§. 54.

Hingegen hat man die Fuͤhrung widerſpro - chener Titul auch ſchon als Urſachen eines er - klaͤrten Krieges angefuͤhrt.

*)Beyſpile von Daͤnemarck, Polen, Oe - ſterreich.
*)

Wappen.

§. 55.

Mit denen Wappen hat es eben die Be - ſchaffenheit, wie mit denen Titulaturen.

Unverlezlichkeit und perſoͤnliche Achtung.

§. 56.

Daß die Perſonen der Souverainen fuͤr unverlezlich zu halten ſeyen, darinn machenalle463. Capitel. alle Europaͤiſche Souverainen gemeinſchafftliche Sache.

§. 57.

Selbſt in Kriegszeiten wird nicht fuͤr erlaubt gehalten, einen ſolchen Herrn heimlich aus dem Wege raumen zu laſſen:

*)Beyſpile von 1741.
*)

§. 58.

Andere perſoͤnliche Beleidigungen derer Souverainen unter ſich kommen jezo nicht mehr leicht und offentlich vor; doch auch nicht gar nicht.

*)Beyſpile.
*)

Reiſen.

§. 59.

Wann ein Souverain durch ein fremdes Gebiet reiſen will, laͤßt er billig vorher deſſen Landesherrn die Anzeige davon thun; oder auch einen Paß begehren:

§. 60.

Und wann diſer Fall ſich mehrmalen zu - traͤgt, werden auch wohl Vertraͤge deßwegen errichtet.

*)Beyſpil von Polen und Preuſſen.
*)

§. 61.

Man hat auch Beyſpile, daß groſſe Herrn, die ohne Paß incognito durch ein Land reiſeten / mit Arreſt belegt worden ſeynd.

*)von Vattel 3, 539.
*)
§. 62.47Von der Souverain. Perſon. u. Famil.

§. 62.

In contagioſen Zeiten kan ein Herr und ſein Gefolg ſich der Haltung der Contumaz, (wann darauf beſtanden wird,) nicht wohl entbrechen.

*)Beyſpil von Venedig und Toſcana.
*)

§. 63.

Man iſt nicht ſchuldig, einem reiſenden Sou - verain ein militariſches Gefolg zu geſtatten.

§. 64.

Ein reiſender Souverain hat, fuͤr ſich und ſein Gefolg, die privat-Uebung ſeiner Religion.

§. 65.

Ein reiſender Souverain muß ſich alles deſ - ſen enthalten, wodurch er ſich gefaͤhrlicher Ab - ſichten verdaͤchtig macht, und das er ſelber kei - nem anderen Souverain in ſeinem Lande geſtat - ten wuͤrde, noch zu geſtatten ſchuldig waͤre.

*)Beyſpil von Czaar Peter I.
*)

§. 66.

Hingegen muß man ſich auch nicht ohne Noth ſo mißtrauiſch beweiſen, daß der reiſende Souverain es mit Recht als eine Beleidigung aufnehmen kan.

§. 67.

Ein reiſender Souverain kan wegen einer ihme widerfahrenden perſoͤnlichen Beleidigung, nach Beſchaffenheit der Umſtaͤnde, nicht alle - mal eine groſſe Genugthuung fordern.

*)Beyſpil von Czaar Peter I.
*)
§. 68.483. Capitel.

§. 68.

Wann ein Souverain ſich in eines andern Souverains Landen aufhaͤlt, iſt er fuͤr ſeine Perſon und Familie von der Gerichtbarkeit des Landesherrns frey; auch, wann er incognito - nicht aber, wann er als eine Privatperſon reiſet.

§. 69.

Die civil-Gerichtbarkeit uͤber ſein Gefolg in Dienſt - und anderen Sachen wird ihme nicht leicht ſtreitig gemacht werden:

§. 70.

Aber eine criminal-Strafe uͤber ſolche Per - ſonen zu verhaͤngen, will nicht geſtattet werden, und wird, wo es doch geſchiehet, geahndet.

*)Beyſpile von Schweden und Mecklen - burg.
*)

§. 71.

Von dem Ceremoniel gegen einen auf Rei - ſen begriffenen Souverain werde ich hernach reden.

§. 72.

Bey denen Reiſen halb-ſouverainer Herrn gibt es noch manche beſondere Anmerckungen; die aber hieher zu weitlaͤufftig ſeynd.

Geſchencke und andere Galanterien.

§. 73.

  • ſ. Mosers (Frid. Carl) Abhandlung von der Staats-Galanterie, oder denjenigen Hoͤf -lich -49Von der Souverain. Perſon. u. Famil. lichkeiten der groſſen Welt, welche ihren Urſprung nicht in dem auf Vertraͤgen oder dem Herkommen begruͤndeten Ceremoniel haben; in ſeiner klein. Schrifft. 1. Theil, S. 1. Sie handelt 1. von der groſſen Herrn Staatsgalanterien unter ſich ſelbſt, 2. gegen fremder Souverainen Miniſters und Unterthanen, 3. auswaͤrtiger Mini - ſters und Corporum gegen fremde Souve - rains ꝛc.

§. 74.

Zwiſchen denen Roͤmiſch - und Tuͤrckiſchen Kayſern iſt es eine Art der Schuldigkeit, daß ſie in gewiſſen Faͤllen einander Geſchencke ma - chen.

§. 75.

Unter chriſtlichen Souverainen gibt es einige wenige Beyſpile eines ſchuldigen Praͤſents:

*)Neapel; Großmeiſter von Maltha.
*)

§. 76.

Auch ſolche, die zwar nicht ſchuldig, wohl aber gewoͤhnlich, ſeynd.

*)Islaͤndiſche Falcken.
*)

§. 77.

Die meiſte ſeynd freywillig, wann man will, und womit man will.

§. 78.

Uud ſo gehet es auch mit denen Gegenge - ſchencken.

D§. 79.503. Capitel.

§. 79.

Von anderen ſo genannten Staatsgalan - terien ſehe man beſagte Schrifft.

Andere perſoͤnliche Sachen.

§. 80.

In denen Familien der Souverainen ſiehet man nicht allemal auf die Ahnen.

§. 81.

Die Nachſtechung derer Sigille und die Er - oͤffnung dritter groſſer Herrn Depechen mißbil - liget man oͤffentlich, und thut es doch taͤglich.

§. 82.

In Kriegszeiten aber doͤrffen des Feindes Depeſchen weggenommen und eroͤffnet werden.

§. 83.

Schuldforderungen, welche ganz und halb ſouveraine Herrn an einander zu machen haben, werden auf die unten folgende allgemeine Art, Anſpruͤche zu behandlen, ttactirt.

§. 84.

Daß ein Souverain vor die Bezahlung ei - nes anderen Souverains Garantie leiſte, iſt etwas ſeltenes.

*)Beyſpil von Polen und Rußland 1776.
*)

Gemahlin.

§. 85.

Ein unabhaͤngiger Herr mag heurathen,wen51Von der Souverain. Perſon. u. Famil. wen er will, ſo wird ſolche Perſon, wann er ſie einmal oͤffentlich als ſeine ordentliche Gemah - lin erkannt hat, auch von Auswaͤrtigen dafuͤr erkannt und geehret.

*)Beyſpil von Kayſer Peter I. in Ruß - land.
*)

§. 86.

Halb-ſouveraine Herrn hingegen muͤſſen ſich darinn den Ausſpruch ihres Oberhaupts gefal - len laſſen:

Ob und wie ferne aber dritte Machten, in deren Landen jene Herrn Guͤter ligen - oder hin - terlaſſen haben, daran gebunden ſeyen? iſt nicht ganz ausgemacht.

*)Beyſpil von Wuͤrtemberg-Moͤmpelgart.
*)

§. 87.

Wann eine regierende Koͤnigin eine Perſon heurathet, die kein Koͤnig iſt, laſſen es andere Staaten bey deme bewenden, wie ſie und reſp. ihre Nation es ſeinetwegen verordnen.

*)Beyſpile von Engelland und Ungarn.
*)

§. 88.

Wann zwiſchen einem Souverain und deſ - ſen Gemahlin Streitigkeiten entſtehen, menget ſich ſelten ein dritter Hof darein.

§. 89.

Und wann es auch etwa, um der nahen Anverwandtſchafft willen geſchiehet, gebrauchet man doch alle moͤgliche Behutſamkeit, und nur guͤtliche Mittel.

D 2*) Bey -523. Capitel.
*)Beyſpil von Daͤnemarck.
*)

Kinder.

§. 90.

Wann zwiſchen Souverainen und ihren Kindern Streitigkeiten entſtehen, nehmen dritte Machten ſich derſelbigen meiſtens gar nicht an;

§. 91.

Oder, wo ſie auch darinn einen Schritt thun, geſchiehet es doch bloß auf Art einer freundſchafftlichen ohnmaßgeblichen Vorſtel - lung.

*)Beyſpil von Preuſſen und Rußland.
*)

§. 92.

Wann auch ein Dritter Herr einem Prin - zen, den ſein Herr Vater als einen ungehorſa - men behandelt, oͤffentlich oder heimlich den Auf - enthalt in ſeinem Lande verſtattet, erreget es Beſchwerden, und man verlangt die Auslife - rung.

*)Beyſpil von Rußland.
*)

§. 93.

Natuͤrlichen Kindern groſſer Herrn darff wegen ihrer Geburt kein Vorwurff gemacht werden.

Man haͤlt ſie auch uͤberall derer hoͤchſten ſubalternen Wuͤrden faͤhig.

Uebrigens richten ſich auch andere Staaten nach dem, was ihr Vater ihretwegen verordnet.

§. 94.53Von der Souverain. Perſon. u. Famil.

§. 94.

Und in einigen Reichen ſeynd oder ſollen ſie gar des Throns oder anderer Erbfolgen faͤ - hig ſeyn.

*)Beyſpile von Franckreich, Portugall, Parma.
*)

Uebrige Familie.

§. 95.

Wann Souveraine in Familienſachen etwas verordnen, richten ordentlicher Weiſe auch die uͤbrige Staaten ſich darnach.

*)Beyſpil von Oeſterreich.
*)

Viertes Capitel. Von dem Ceremoniel.

§. 1.

Die wichtigſte und brauchbarſte Wercke in diſer Wiſſenſchafft ſeynd:

  • Lünigs (Joh. Chriſtian) Hiſtoriſch - und po - litiſcher Schauplaz aller Ceremonien ꝛc. 2. Theile. Leipzig, 1719. 20. fol. Deme iſt auch ein Schauplaz des Europaͤiſchen Canzley-Ceremoniels beygefuͤgt.
  • Le Cérémoniel diplomatique des Cours de l’Europe, ou Collection des Actes, - moires & Relations, qui concernent les Dignités, Titulatures, Honneurs & Préé -D 3minen -544. Capitel. minences, les Fonctions publiques des Souverains, leurs Immunités & Fran - chiſes, leurs Demelées &c. Recueille en partie par Mr. du Mont, mis en Or - dre & conſiderablement augmenté par Mr. Rousset. Amſterdam, 1739. fol. Auch leiſtet in diſer Materie nuͤzliche Dienſte:
  • von Mosers (Frid. Carl) Teutſches Hof - recht, in 12. Buͤchern. Franckfurt, 1754. 55. 4. 2. Baͤnde.

§. 2.

Ceremoniel heißt die Norm des Betragens im aͤuſſerlichen gegen Standes - oder andere an - geſehene Perſonen, nach eines jeden Umſtaͤnden, und nach Verſchidenheit der Vorfaͤlle.

§. 3.

Diſes Ceremoniel iſt von ungemeiner Weit - laͤufftigkeit und Verſchidenheit, und erfordert ein eigenes Studium; dahero leicht zu erachten iſt, daß hier nur die allererſte Grundſaͤze davon beruͤhret werden koͤnnen.

§. 4.

Die meiſte groſſe Herrn ſeynd auf das Ce - remoniel, abſonderlich auf das Canzley-Cere - moniel, gar ſehr verſeſſen; dahero die, ſo in Staatsgeſchaͤfften gebraucht werden, ſich wohl in Acht zu nehmen haben, daß ſie weder darinn etwas vergeben, noch auch dagegen anſtoſſen.

§. 5.

Manche Hoͤfe nehmen es auch vor andernbiß55Vom Ceremoniel. biß auf die geringſte Kleinigkeiten ſehr genau; andere hingegen gehen darinn uͤber manches hinweg.

§. 6.

Man kan es theilen 1. in das perſoͤnliche - 2. Hof - 3. Miniſters - 4. Geſandtſchaffts - 5. Waſſer - 6. Kriegs - und 7. Canzley-Cere - moniel.

§. 7.

Von dem Geſandtſchaffts-Ceremoniel wird Cap. 5. geredet werden;

Von dem Miniſters-Ceremoniel, Cap. 7.

Und von dem Kriegs-Ceremoniel, Cap. 19. und 20.

Hier iſt alſo nur noch von denen uͤbrigen Gattungen etwas zu melden.

§. 8.

Das perſoͤnliche Ceremoniel faͤllt vor, wann groſſe Herrn in Perſon zuſammenkom - men.

§. 9.

Und zwar 1. in eines von ihnen eigenen Lan - den, oder 2. an einem dritten Ort.

§. 10.

Erſten Falls kommt es darauf an: Ob der reiſende Souverain 1. unter ſeinem Namen erſcheinet, oder 2. ob er halb - oder 3. ganz incognito, oder 4. als eine Privatperſon reiſet.

§. 11.

Sehr viles kommt auch darauf an: 1. ObD 4der564. Capitel. der reiſende Souverain ein Liebhaber vom Cere - moniel iſt, oder nicht? 2. Ob die Souverains in der Reſidenz, oder an einem dritten Ort in - nerhalb Landes, zuſammen kommen? 3. Ob der Landesherr beſondere perſonelle oder Staats - urſachen hat, dem fremden Souverain vorzuͤg - liche Ehren zu erzeigen, oder nicht?

§. 12.

Nach Verſchidenheit diſer Faͤlle nun iſt auch das Ceremoniel davon gar ſehr unterſchiden; und hat keine gewiſſe Reglen.

*)Beyſpile beym Lünig.
*)

§. 13.

Daß eine hinlaͤngliche Urſach zu einer Kriegs - erklaͤrung ſeye, weil man einem incognito reiſen - den Souverain nicht genug Ehre angethan habe, waͤre nicht glaublich, wann nicht die Erfahrung das Gegentheil lehrete.

*)Beyſpil von Czaar Peter I.
*)

§. 14.

Uebrigens iſt herkommlich, daß der Landes - herr in ſeinem Land und Quartier dem Fremden die Oberhand laͤßt; wann er es gleich bey ande - ren Gelegenheiten nicht thut.

§. 15.

Nur die Roͤmiſche Kayſere und Koͤnige wollen auch in ihrem Land und Quartier keinem fremden Souverain den Rang laſſen.

*)Beyſpil von Polen und Spanien.
*)
§. 16.57Vom Ceremoniel.

§. 16.

An dritten Orten pflegen die Souverains im Rang entweder taͤglich zu wechslen, oder gar keinen Rang zu beobachten, oder ſonſt ein Auskunfftsmittel zu erwaͤhlen.

§. 17.

Die Republiquen haben gegen die gecroͤnte Haͤupter ꝛc. ihr beſonderes, entweder herge - brachtes, oder nach Zeit und Umſtaͤnden ein - richtendes, Ceremoniel.

*)Beyſpile aus den neueſten Zeiten von al - len Freyſtaaten.
*)

§. 18.

Einer Gemahlin eines Souverains wider - fahren die nemliche Ehrenbezeugungen, wie ih - rem Gemahl.

§. 19.

Reiſet nicht ein Souverain ſelbſt, ſondern ein Cronprinz, Thronfolger, oder Prinz vom Gebluͤt; ſo wird ein geringeres Ceremoniel gegen ihne beobachtet; er reiſe oͤffentlich, oder incog - nito: Uebrigens iſt auch diſes willkuͤhrlich.

*)Neueſte Beyſpile von Großbritannien, Portugall, Rußland, Schweden.
*)

§. 20.

Das Ceremoniel derer gecroͤnten Haͤupter und Republiquen gegen halb-ſouveraine Herren iſt noch willkuͤhrlicher und manchen Streitig - keiten unterworffen.

*)Beyſpile von Teutſchen Chur - und Fuͤrſten.
*)
D 5§. 21.584. Capitel.

§. 21.

Die Titulaturen und Curialien ſchlagen auch ſtarck in das perſoͤnliche Ceremoniel ein: Es iſt aber theils davon ſchon Cap. 3. geredet wor - den; theils kommt hernach bey dem Canzley - Ceremoniel mehreres davon vor.

§. 22.

Zum perſoͤnlichen Ceremoniel gehoͤret ferner, daß die gecroͤnte Haͤupter einander von ihrem Regierungsantritt, Vermaͤhlung, Geburten und Abſterben derer Ihrigen Nachricht erthei - len.

§. 23.

Die Notification geſchiehet 1. entweder nur muͤndlich, oder (und zwar meiſtens,) 2. nur ſchrifftlich, oder 3. muͤnd - und ſchrifftlich zu - gleich.

§. 24.

Auf die alſo beſchehene Notification (aber nicht zuvor,) wird 1. entweder ein bloſſes muͤnd - oder ſchrifftliches Gegencompliment ge - macht, oder 2. reſp. zugleich eine Trauer an - gelegt.

§. 25.

Die Art und Weiſe, wie auch die Dauer, einer ſolchen Hof - und Cammer-Trauer kommt ſchlechterdings auf das Belieben eines jeden Regentens an.

§. 26.

Weiter iſt zu gedencken derer (nun nachund59Vom Ceremoniel. und nach in Abgang kommenden,) Neujahrs - ſchreiben.

Freye Gedancken (meines l. aͤlteſten Soh - nes,) uͤber die Neujahrs-Schreiben groſ - ſer Herrn, trifft man in meiner ver - miſcht. Abhandl. (1750.) 2tem Stuͤck, S. 175. und im 3ten Stuͤck, S. 196. an.

§. 27.

Selbſt die (in ganz anderer Abſicht ent - ſprungene,) Gevaterſchafften werden unter groſſen Herrn nun zu einer Art des Ceremo - niels.

  • ſ. meines Sohnes Abhandlung von den Ge - vatterſchafften groſſer Herrn; in ſeiner klein. Schrifft. 1. Band, S. 291.

§. 28.

Das Hofceremoniel, oder die Etiquette, iſt eine Vorſchrifft, wie ein groſſer Herr an ſei - nem Hof, und in ſeinen Landen es in gewiſ - ſen Faͤllen will gehalten wiſſen.

§. 29.

Es betrifft das Betragen 1. gegen den Re - genten und ſeine Familie ſelbſt, 2. gegen alle Arten von einheimiſchen und fremden Perſonen, 3. bey allen Arten von Gelegenheiten, wobey etwas auf das Ceremoniel ankommt.

§. 30.

An groſſen Hoͤfen ſeynd offt eigene Perſo -nen604. Capitel. nen darauf beſtellt, auch wohl eigene Verord - nungen deßwegen gemacht.

*)Beyſpile vom Paͤbſtlichen und anderen Hoͤfen.
*)

§. 31.

Bey auſſerordentlichen groſſen Feyerlichkei - ten werden auch beſondere Inſtructioneu aufge - ſezt, wie es dabey ſolle gehalten werden.

§. 32.

Ingleichem pflegen bey denen Hofmarſchal - lenaͤmtern in allen wichtigen Vorfallenheiten ei - gene Protocollen daruͤber gefuͤhret zu werden, wie es im Ceremoniel dabey gehalten worden ſeye.

§. 33.

Zu dem Hofeeremoniel gehoͤren auch die Sprachen, deren man ſich in Staatsſachen, ingleichem bey Audienzien, u. d. bedienen darff, oder muß.

  • ſ. Mosers (Frid. Carl) Abhandlung von den Europaͤiſchen Hof - und Staats-Sprachen, nach deren Gebrauch im Reden und Schrei - ben. Franckfurt, 1750. 8.

§. 34.

Jeder groſſer Herr nun ordnet das Cere - moniel an ſeinem Hof, und aͤndert es wieder ab, wie es ihme gefaͤllig iſt; ohne daß ordent - licher Weiſe ein dritter Souverain etwas dage - gen ſagen koͤnnte.

§. 35.61Vom Ceremoniel.

§. 35.

Stuͤnde aber doch ihme einiges nicht an, und es waͤre darinn keine Aerderung zu erhal - ten; ſo laͤſſet er entweder ſeine Geſandte ꝛc. bey ſolcherley Vorfaͤllen hinweg, oder braucht an ſeinem Hof gegen jenes Souverains Geſandte Repreſſalien, oder man weichet der Sache ſonſt aus.

§. 36.

Das Waſſerceremoniel iſt eines der aller - delicateſten, woruͤber nicht nur ſchon viler Streit und Beſchwerden, ſondern ſo gar Kriege, ent - ſtanden ſeynd:

Dahin gehoͤren vornemlich folgende Stuͤck.

§. 37.

1. Das Recht einer eigenen Flagge, und die derſelben zu erweiſende Ehrenbezeugungen, welche derer Seemachten Flaggen gebuͤhret und widerfaͤhrt.

§. 38.

2. Das Segelſtreichen iſt die Einzieh - und Herablaſſung des Pavillons, oder, in deſſen Ermanglung, des Perroquetmaſts.

Von dem Flaggen - und Segelſtreichen, auch Schiffs - oder See-Gruß, liſet man von mir einen Aufſaz in meinen vermiſcht. Abhandl. (1750.) S. 134. Noch ausfuͤhr - licher iſt meines l. Sohnes

  • von Moser (Frid. Carls) Abhandlung von dem Seegelſtreichen und Schiffsgruß; nachden624. Capitel. den Grundſaͤzen und Praxi der Voͤlcker; in ſeiner klein. Schrifft. 9. Band, S. 287. 10. Band, S. 218. 12. Band, S. 1.

§. 39.

Wann es an den Kuͤſten, oder in einer ge - wiſſen Entfernung davon geſchiehet, iſt es ein Anzeigen, daß man die Oberherrſchafft eines Souverains uͤber ſolches Meer erkenne.

§. 40.

Auſſer deme iſt es eine Ehrenbezeugung ge - wiſſer einzelner oder geringerer Schiffe gegen Flotten, oder groͤſſere Schiffe.

§. 41.

3. Der Schiffsgruß iſt die Loͤſung mehrerer oder wenigerer Canonen vor Veſtungen, oder anderen Schiffen;

Darauf wird durch gegenſeitige Loͤſung de - rer Canonen gedencket.

§. 42.

In allen diſen Faͤllen ſeynd die Landesherrli - che Verordnungen und das Herkommen, nach Verſchidenheit der Umſtaͤnde auch gar ſehr ver - ſchiden.

§. 43.

Im Canzleyceremoniel gehen einige groſſe Hoͤfe ſehr hoch und ſteiff; wo hingegen andere ihres gleichen, ja wohl Hoͤhere, darinn nachge - bender ſeynd.

§. 44.63Vom Ceremoniel.

§. 44.

Das Canzley-Ceremoniel begreiffet forde - riſt das geſammte, 1. Titulatur - 2. Curialien - und 3. Courtoiſie-Weſen im ſchreiben und reden.

  • ſ. von Moser (Frid. Carl) auserleſene Titu - latur-Anmerckungen; in ſeiner klein. Schrifft. 5tem Band, S. 343.

§. 45.

Von denen beſonderen Titulaturen derer einzelnen Souverainen iſt ſchon oben geredet worden:

Hier iſt es um die allgemeine Titulaturen zu thun.

§. 46.

Dahin gehoͤret forderiſt der Majeſtaͤts - Titul, den alle gecroͤnte Haͤupter einander ge - ben.

  • ſ. von Moser (Frid. Carl) der Titul: Ma - jeſtaͤt aus den Geſchichten, dem Voͤlcker - recht und Ceremoniel erlaͤutert; in ſeiner klein. Schrifft. 6. Band, S. 20.

§. 47.

Die Roͤm. Kayſere wollten zwar vormahls in Canzleyſchreiben anderen Koͤnigen nur: Koͤ - gliche Wuͤrde, Serenitas, oder: Euer Liebden, geben:

§. 48.

Zu unſerer Zeit aber haben Sie nach und nach auch allen anderen Koͤnigen, zu erſt ausihren644. Capitel. ihren Erblandcanzleyen, hernach auch aus der Reichscanzley, die: Majeſtaͤt gegeben.

§. 49.

Auſſer in Lehensſachen.

*)Neueſtes Beyſpil von Schweden.
*)

§. 50.

In der dritten Perſon wird das Wort: Majeſtaͤt, zuweilen mit einem Zuſaz gefuͤhrt.

*)Vile Beyſpile.
*)

§. 51.

2. Der gewohnliche Titul aller gecroͤnten Haͤupter in Urkunden ꝛc. iſt: Sereniſſimus & Potentiſſimus.

§. 52.

Im Teutſchen iſt der Gebrauch der Woͤr - ter: Allerdurchlauchtigſter, und: Durch - lauchtigſter, ſo dann: Großmaͤchtigſter, und: Großmaͤchtiger, nicht in allen Faͤl - len beſtimmt.

§. 53.

3. Einige gecroͤnte Haͤupter bedienen ſich auch noch beſonderer Titulaturen; welche von anderen Souverainen nach Gefallen erkannt werden, oder nicht.

*)Beyſpile: Invictiſſimus; Auguſtiſſi - mus; ſemper Auguſtus; die von den Paͤbſten erhaltene Praͤdicaten, ꝛc.
*)

§. 54.

Auf die Titulaturen der Prinzen vom Ge -bluͤt65Vom Ceremoniel. bluͤt und derer halb-ſouverainen Herrn kan ich mich, wegen Enge des Raums, hier nicht ein - laſſen.

  • ſ. Mosers (Frid. Carl) Titul: Hoheit, Alteſſe, Alteſſe Sereniſſime, Celſitudo &c. mit hiſtoriſchen und Ceremoniel-Anmer - ckungen erlaͤutert; in ſeiner klein. Schrifft. 7dem Band, S. 167.

§. 55.

Curialien ſeynd Ehrenworte, die keine ei - gentliche Titulaturen ſeynd.

§. 56.

Dahin gehoͤret, daß alle Koͤnige einander (wiewohl zuweilen mit einigem Unterſchid,) Bruͤder nennen.

  • ſ. Meine Abhandlung: Von dem Bruder - Titul unter groſſen Herrn, beſonders denen gecroͤnten Haͤuptern. Franckfurt an der Oder, 1737. 4. und, vermehrt, in mei - nen Opuſc. acad. S. 413;

§. 57.

Von Anderen aber nehmen ſie diſen Aus - druck nicht an, noch geben ſie ihnen ſolchen; auſſer etwa einigen weltlichen Churfuͤrſten.

*)Beyſpil von K. Carl VI. und dem Spa - niſchen Infanten Carl.
*)

§. 58.

Es wird aber diſes Wort nicht allemal zu - ruͤckgegeben, oder angenommen.

E§. 59.664. Capitel.

§. 59.

Von dem Wort: Herr, und deſſen Ge - brauch gegen und von ganz und halb ſouverai - nen Herrn laͤſſet ſich gar viles ſagen.

  • ſ. Moser (Frid. Car.) de Titulo: Domini. Leipzig, 1751. 4.

§. 60.

Aller uͤbrigen (zuweilen in das widernatuͤr - che oder widerſprechende fallenden,) Curialien hier zu gedencken, iſt hieher zu weitlaͤufftig.

  • ſ. Mosers (Frid. Carl) Abhandlung von den Tituln: Vater, Mutter und: Sohn, nach dem Welt-Hof - und Canzley-Ge - brauch; in ſeiner klein. Schrifft. 1. Band, S. 366.
  • Derſelbe von dem Titul: Gnade, nach dem Welt-Hof - und Canzley-Gebrauch; in ſeiner klein. Schrifft. 6. Band, S. 178.

§. 61.

In was fuͤr einer Sprache Souverainen an einander ſchreiben muͤſſen oder doͤrffen, muͤſ - ſen die Vertraͤge oder das Herkommen entſchei - den.

  • Meines l. Sohnes Abhandlung von denen Europaͤiſchen Hof - und Staats-Sprachen iſt ſchon oben gedacht worden.

§. 62.

Bey der uͤbrigen Schreibart, deren ſich die Souverainen gegen einander bedienen, kommt es gar ſehr offt bald auf die Anwendung dererallge -67Vom Ceremoniel. allgemeinen grammaticaliſchen Reglen, bald auf Abfaͤlle davon, an.

  • ſ. Mosers (Frider. Carl) Verſuch einer Staats-Grammatic. Franckfurt, 1749. gr. 8.

§. 63.

Es iſt ein groſſer Unterſchid zwiſchen 1. Canzley - 2. Hand - und 3. eigenhaͤndigen Schreiben.

§. 64.

Bey verſchidenen Gelegenheiten bedienet man ſich zu gleicher Zeit, und in einerley Sache zu - mal, zweyer oder dreyer diſer Gattungen.

§. 65.

In Canzleyſchreiben wird mehr auf die Strenge der Curialien ꝛc. geſehen, als in Hand - oder eigenhaͤndigen Schreiben:

§. 66.

Doch darff man in denen lezteren ſich auch durchaus nicht einer willkuͤhrlichen Freyheit be - dienen.

§. 67.

Courtoiſien heiſſen die Ehrenworte im Schluß eines Brieffs, auch vor der Unter - ſchrifft:

Es wird darinn bald nach einerley Grund - ſaͤzen gehandelt, bald behandelt man es her - kommlich oder willkuͤhrlich.

§. 68.

Selbſt die Unterſchrifften koͤnnen anſtoͤßig ſeyn.

E 2*) Bey -684. Capitel.
*)Beyſpile von Spanien.
*)

§. 69.

Bey denen Contreſignaturen gibt es zuwei - len auch allerley anzumercken.

  • ſ. von Moser (Frid. Carls) Abhandlung von der Contraſignatur, nach dem neueren Ge - brauch der Hoͤfe und Canzleyen; in ſeiner kleinen Schrifft. 5. Band, S. 1.

§. 70.

Jede groſſe Canzley hat ihre eigene Buͤcher, darinn verzeichnet iſt, was jedem Herrn und Staat, an den geſchriben wird, fuͤr Titul, Curialien und Courtoiſien gegeben werden; wie auch, was man von ihnen an dergleichen er - haͤlt.

§. 71.

Wann die Titulaturen oder Curialien nicht abgefaſſet ſeynd, wie man es gerne haͤtte, ge - ſchiehet es entweder mit Fleiß, oder es iſt ein Canzleyfehler.

§. 72.

Wann es mit Fleiß geſchiehet, nimmt man 1. entweder dergleichen Schreiben, oder andere Schrifften, gar nicht an, oder 2. nur mit Proteſtation, oder 3. beantwortet ſie nicht, oder 4. ahndet es ſonſt, oder 5. braucht Re - preſſalien, u. ſ. w.

  • ſ. Moser (Frid. Carl) Tr. von Ahndung fehlerhaffter oder unanſtaͤndiger Schreiben. Franckfurt, 1750. 8.
§. 73.69Vom Ceremoniel.

§. 73.

Canzleyfehler ruͤhren von denen her, welche die Aufſaͤze concipiren oder expediren.

  • ſ. von Moser (Frid. Carl) Abhandlung von Canzleyfehlern; in ſeinen klein. Schrifft. 5. Band, S. 229.

§. 74.

Alle Gattungen von Ceremoniel leiden mit der Zeit allerley, bald mehr bald weniger allge - meine, Abwechslungen.

Ritterorden.

§. 75.

Als eines Anhanges zu dem Ceremonielwe - ſen kan man fuͤglich allhier derer weltlichen Rit - terorden gedencken.

Nicht zwar des, ſo zu ſagen, univerſal - oder gemeinſchafftlichen Johanniter - oder Mal - theſer-Ritter-Ordens, ſondern derjenigen, welche die einzelne Souverainen errichten.

§. 76.

Jeder hat darinn freye Hand, es damit zu halten, wie er will:

Und jeder pflegt etliche Arten davon zu ha - ben.

§. 77.

Auch denen Chur - und alt-weltlichen Fuͤr - ſten geſtehet man diſes Recht zu; deſſen ſich doch nicht alle bedienen.

E 3§. 78.705. Capitel.

§. 78.

Die Orden von dem erſten Rang nehmen auch manche Souverains fuͤr ihre eigene Perſo - nen von einander an.

§. 79.

Und noch haͤuffiger beehret ein Souverain des anderen Anverwandte, auch Staats-Hof - und Militar-Bediente, damit; doch mit Er - laubniß ihres Herrns.

§. 80.

Ueber Familien-Orden ſeynd ſchon Strei - tigkeiten unter denen Souverainen entſtanden.

*)Beyſpil von Oeſterreich und Spanien.
*)

Fuͤnftes Capitel. Von Geſandtſchafften und Verſchi - ckungen. (1)ſ. mein teutſch. auswaͤrt. Staatsrecht, S. 51. 89. 269.

§. 1.

Von Geſandtſchaffts-Sachen ſeynd vile Schrifften heraus. (2)ſ. Struvii Biblioth. Juris, (1756.) p. 283. ſqq. Kahle Biblioth. philoſoph. Tom. 2. p. 268. u. f. 371. u. f.

Die practiſche handlen 1. entweder von dem Geſandtſchafftsrecht, der Geſandten Perſonen,Rech -71Von Geſandtſchafften. Rechten, u. ſ. w. oder 2. von der Art, zu negotüren.

Ich will hier nur folgender gedencken.

  • de Callieres (Franc. ) de la maniere de negocier avec les Souverains; de l’uti - lité des Negociations; du choix des Ambaſſadeurs & des Envoyés & des Qualités neceſſaires pour réüiſſer dans ces Emplois. Amſterdam, 1716. 12. auch teutſch: Der Staatserfahrene Abge - ſandte. Leipzig, 1717. 12.
  • de Sarras du Franquenay le Miniſtre pub - lic dans les Cours étrangeres, ſes fonc - tions & ſes Prérogatives. Paris, 1731. 12.
  • Pecquet Diſcours ſur l’Art, de negocier.
  • de Wicquefort (Abr.) l’Ambaſſadeur & ſes fonctions. Erſtmals im Haag, 1680. 4. auch zulezt, Amſterdam, 1741. 4. iſt noch immer ein ſehr brauchbares Buch.

Von dem Geſandtſchafftsrecht der Teutſchen Reichsſtaͤnde von allen Gattungen ins beſondere ſeynd auch allerley Schrifften heraus.

Von Geſandten ꝛc. uͤberhaupt.

§. 2.

Geſandte und andere oͤffentliche Perſonen ſeynd nicht mit einander zu vermengen.

§. 3.

Ein Geſandter iſt eine oͤffentliche Perſon,E 4die725. Capitel. die von einem Herrn, der das Geſandtſchaffts - recht hat, mit einem Geſandtſchafftsmaͤßigen Cre - ditiv an einen andern Herrn oder Staat, oder an einen dritten Ort, geſchickt wird.

§. 4.

Aus Gefaͤlligkeit, oder ſich ſelbſt damit eine Ehre zu geben, behandelt man zuweilen auch Perſonen als Geſandte, die es doch nicht ſeynd.

§. 5.

Ein Geſandter kan oͤffters an einerley Hof eine gedoppelte oder mehrfaͤltige Perſon vor - ſtellen.

§. 6.

Ein Geſandter kan nemlich zugleich des Herrn, oder Staats, an den er accreditiret iſt, Bedienter, oder Unterthan, oder Vaſall ſeyn.

*)Beyſpile; von Vattel 3. Th. S. 552.
*)

§. 7.

Oder er kan ſonſt eine angebohrene, oder angenommene, zeitliche oder beſtaͤndige, Eigen - ſchafft haben.

*)Fuͤrſt ꝛc. Geiſtlicher, Vormund, Teſta - ments-Executor, ꝛc.
*)

§. 8.

Dahero iſt noͤthig, entweder uͤberbaupt, oder doch bey vorkommenden Faͤllen, zu erklaͤ - ren, in welcher Eigenſchafft man ihne erkenne, oder wuͤrcklich behandle, oder nicht.

Widri -73Von Geſandtſchafften.

Widrigen Falles koͤnnen beſchwerliche Fol - gen daraus entſteben.

*)Beyſpil: Graf von Wartensleben.
*)

Die Liſte aller jedes Jahres an allen Hoͤfen befindlichen Europaͤiſchen Geſandten liſet man an verſchidenen Orten.

*)ſ. des Franckfurtiſchen jaͤhrlichen Genea - logiſchen Handbuchs 2ten Theil.
*)

Geſandtſchafftsrecht.

§. 9.

Das Geſandtſchafftsrecht iſt ein Vorzug, welchen, in eigentlichem Verſtand, nur ganz und halb ſouveraine Herrn und Staaten haben.

§. 10.

Es haben dahero auch ſelbſten Prinzen vom Koͤniglichen Gebluͤt daſſelbe nicht.

§. 11.

Vil weniger andere unterthaͤnige Corpora, Communen, oder Perſonen; ob ihnen gleich etwa ihr Souverain einen Schatten davon ge - ſtattet.

*)Beyſpile vom Pabſt.
*)

§. 12.

Selbſt die Unabhaͤngigkeit berechtiget einen Herrn oder Staat deswegen noch nicht, auch alle Arten von Geſandten ſchicken zu koͤnnen.

*)von Vattel iſt anderer Meinung.
*)
E 5§. 13.745. Capitel.

§. 13.

Vicekoͤnige und General-Gouverneurs hin - gegen ſeynd im Beſiz, Geſandte vom zweyten Rang zu ſchicken und anzunehmen.

§. 14.

Und einige Staͤtte in der Schweiz, welche einen Fuͤrſten haben, behaupten doch, daß ſie das Geſandtſchafftsrecht haben.

*)Vattel 3, 457.
*)

§. 15.

Ob die das Evangeliſche Corpus zu Regens - burg ausmachende Geſandte das Recht haben, formliche Geſandte zu ſchicken? wurde geſtritten.

§. 16.

Reichspraͤlatiſche Collegial-Geſandte paßie - ren als ſolche vom zweyten Rang.

*)Weſtph. u. Rysw. Frid. Handl.
*)

§. 17.

Reichsgraͤfliche Collegialgeſandte desglei - chen.

*)Anfaͤnglicher Streit im Haag. Streit beym Reichstag.
*)

So auch die von einzelnen alten Graͤflichen Haͤuſern.

*)Acta beym Reichstag.
*)

§. 18.

Reichsſtaͤttiſche Collegialgeſandte kommen auf dem Europaͤiſchen Staatstheater nie zum Vorſchein:

Wohl75Von Geſandtſchafften.

Wohl aber von denen Hanſeeſtaͤtten, die man als Geſandte vom zweyten Rang paßieren laͤßt.

Bey einzelner Reichsſtaͤtte Bevollmaͤchtig - ten kommt es auf jeden Hofes Willkuͤhr an.

§. 19.

Reichsritterſchafftliche Collegial-Geſandte kommen, auſſer dem Kayſerlichen Hof, in ſehr langen Zeiten nicht vor.

§. 20.

Auſſerordentlicher Weiſe genieſſen das Ge - ſandtſchafftsrecht:

  • 1. Das Cardinalscollegium, bey erledig - tem Paͤbſtlichem Stuhl:
  • 2. Die Staͤnde eines Wahlreichs, bey vacantem Thron;
  • 3. Die Domcapitul derer Teutſchen Erz - und Hochſtiffter, waͤhrender Sedisvacanz.

Deſſen Grade.

§. 21.

Es gibt ferner verſchidene Grade des Ge - ſandtſchafftsrechts.

§. 22.

Im hoͤchſten Grade haben es 1. alle ganz unabhaͤngige groſſe Staaten.

§. 23.

Kayſer-Wahltaͤge werden von auswaͤrtigen Machten mehrmalen durch Geſandte vom erſten Rang beſchickt.

§. 24.

Auch die einzelne Churfuͤrſten ſeynd im Be -ſiz,765. Capitel. ſiz, Geſandte vom erſten Rang zu ſchicken; doch haben noch nicht alle Koͤnigliche Hoͤfe es nach allen Umſtaͤnden in gleichem Grad mit ihnen er - kennen wollen.

*)Franckreich und Chur-Bayern.
*)

§. 25.

Verſucht haben es, aber noch nicht erhal - ten, verſchidene weltliche alte Teutſche Fuͤrſten.

Davon handlen Fürstenerii, (Leie - nitii) und Anderer Schrifften. (1)ſ. Struvii Biblioth. Juris, (1756.) p. 809. 847. 901.

§. 26.

Wohl aber werden von denen Italiaͤniſchen groſſen Fuͤrſten da und dort Geſandte vom er - ſten Rang angenommen.

§. 27.

Die teutſche geiſtliche Fuͤrſten, die neue welt - liche Fuͤrſten, wie auch die uͤbrige Reichsſtaͤnde, begnuͤgen ſich damit, wann man ihre Collegial - und einzelne Bevollmaͤchtigte als Geſandte vom zweyten Rang paßieren laͤßt; auſſer was auf Teutſchen Reichstaͤgen zuweilen vorfaͤllt.

§. 28.

Man theilt das Geſandtſchafftsrecht ſonſt auch in das active und paßive; oder das Recht - Geſandte zu ſchicken, und anzunehmen: Eines flieſſet aber aus dem andern.

§. 29.77Von Geſandtſchafften.

§. 29.

An Untergebene, als ſolche, werden keine Geſandte, ſondern Commiſſarien, geſchickt.

*)Unterſchid zwiſchen Reichs - und Chur - fuͤrſtlichen Collegial-Taͤgen.
*)

§. 30

Doch beſchicken die Churfuͤrſten und Fuͤrſten die Reichstaͤge, wo ſie eben als Reichsſtaͤnde erſcheinen, durch Perſonen, welche Geſandte vom erſten Rang ſeyn wollen:

Und der Kayſer Selbſt beſchicket die Crays - und andere Reichsſtaͤndiſche Convente, auch die einzelne hoͤhere Reichsſtaͤnde, vilfaͤltig durch form - liche Geſandtſchafften.

*)Wahltagsacta 1764.
*)

Gattungen der Geſandten.

§. 31.

Es gibt drey Hauptgattungen von Geſand - ten: 1. Von der erſten - und 2. von der zweyten Claß, ſo dann 3. von einer dritten Art, die weder zu der einen noch andern gehoͤ - ren, und 4. wegen einer noch weiteren Art wird geſtritten: Ob ſie zu denen Geſandten ge - hoͤren, oder nicht?

  • ſ. (Hagedorn) Diſcours ſur les différens Caractéres des Envoyés extraordinaires, des Envoyés ordinaires, ou Réſidens & des Agens, revétus du Caractére de Re - ſident. Amſterdam, 1736. 4. und bey meiner folgenden Schrifft.
Meine785. Capitel.
  • Meine Abhandlung von denen dermalen uͤbli - chen Gattungen derer Geſandten und ande - rer oͤffentlichen Perſonen; vor meinem Belgrad. Fridensſchl. (1740.)

§. 32.

Ob im Teutſchen zwiſchen: Geſandter, und: Abgeſandter ein Unterſchid ſeye, und jener Ausdruck einen vom erſten-diſer aber einen vom zweyten Rang bedeute? iſt nicht ganz aus - gemacht.

§. 33.

Geſandte von der erſten Claß oder Rang werden Ambaſſadeurs oder Bottſchaffter ge - nannt:

Unter ſie gehoͤren auch die Paͤbſtliche Nuncii.

*)Gebrauch des Worts: Bottſchaffter auf Teutſchen Reichs - oder Crays-Taͤgen.
*)

Das Kennzeichen eines Bottſchaffters iſt, wann er 1. entweder in ſeinem Creditiv aus - druͤcklich alſo benennet wird, oder 2. doch in dem Creditiv ſtehet: Der andere Hof moͤchte den Geſandten annehmen, als ob er der ſchicken - de Herr ſelbſt waͤre.

*)Beyſpil von einem Canzleyfehler darinn.
*)

Diſes nennet man den Characterem repræ - ſentativum.

§. 34.

Der Unterſchid zwiſchen ordentlichen und auſſerordentlichen Bottſchafftern hat keine Fol - gen.

Doch79Von Geſandtſchafften.

Doch gibt es zuweilen und in gewiſſen Faͤl - len wuͤrckliche auſſerordentliche Bottſchafftere.

§. 35.

Zuweilen wird der Character eines Bott - ſchaffters nur zu einer einigen Handlung ange - nommen, und ſo gleich wieder nidergelegt.

§. 36.

Geſandte von der zweyten Claß ſeynd die Abgeſandte, oder Envoyés extraordinaires.

Ob und was fuͤr ein Unterſchid zwiſchen ei - nem Envoyé ordinaire oder extraordinaire ſeye? ſtreitet man.

§. 37.

Zu der dritten Claß gehoͤren die in ihren Creditiven alſo genannte Miniſtres plenipoten - tiaires, oder bevollmaͤchtigte Miniſters.

§. 38.

An vilen Hoͤfen wird keiner als ein form - licher Geſandter vom zweyten Rang behandelt, er werde dann als bevollmaͤchtigter Miniſters accreditirt.

*)Beyſpile.
*)

§. 39.

Miniſtres plenipotentiaires werden, nach ihren uͤbrigen perſonellen oder Amts-Um - ſtaͤnden, bald denen Geſandten der erſten oder zweyten Claß gleich gehalten, oder reſp. auch vorgezogen.

§. 40.805. Capitel ..

§. 40.

Die meiſte Schwuͤrigkeit machen die bloſſe Miniſters, oder Miniſtres reſidens und die Reſi - denten: Ob ſolche formliche Geſandten ſeyen, oder nicht? Keine allgemeine Regel gibt es diß - falls nicht; ſondern es kommt darinn theils auf die beſondere Obſervanz eines Hofes, theils auf die Legitimation, theils auf die uͤbrige perſoͤnliche und Amtsumſtaͤnde einer ſolchen Perſon, an.

§. 41.

Einerley Perſon kan, an einerley Hof, bloß durch Veraͤnderung des Creditivs, ein Geſand - ter von einer hoͤheren oder nidrigeren Claſſe werden.

Wann Geſandte geſchickt werden.

§. 42.

Ordentlicher Weiſe ſchickt ein Herr einen Geſandten an einen Ort, wo er 1. nicht ſelbſt, oder 2. doch nicht offentlich, oder 3. doch nicht in der Eigenſchafft, darinn er einen Ge - ſandten ſchickt, gegenwaͤrtig iſt.

§. 43.

Doch gibt es allerley Faͤlle, da ein Souve - rain in Perſon und ein Geſandter von ihme ſich zu gleicher Zeit an einerley Ort befinden koͤnnen.

§. 44.

Ob und wann groſſe Herrn und Staaten Geſandte an einander, oder an einen drittenOrt,81Von Geſandtſchafften. Ort, ſchicken wollen, oder nicht? ſtehet ordent - licher Weiſe in ihrer Willkuͤhr.

§. 45.

Es gibt ſouveraine Europaͤiſche Staaten, welche ſelten, und meiſtens nur auf eine kurze Zeit, Geſandte ſchicken.

*)Beyſpile vom Roͤm. Reich, Polen und der Pforte.
*)

§. 46.

Andere ſchicken nur bey gewiſſen feyerlichen Gelegenheiten Geſandte vom erſten Rang an einander.

*)Beyſpile von Oeſterreich, Rußland, ꝛc. und der Pforte.
*)

§. 47.

Auch iſt es bey gewiſſen Staaten herkomm - lich, an gewiſſe Hoͤfe allemal bey gewiſſen Ge - legenheiten Geſandte zu ſchick. en

*)Venedig.
*)

§. 48.

Bey denen Roͤm. Catholiſchen machen die Obedienz-Geſandtſchafften derer die Regierung antrettenden gecroͤnten Haͤupter eine beſondere Art von Geſandtſchafften aus; wobey es manch - malen allerley Streitigkeiten abſezet.

  • Buder (Chriſtian. Gottl. ) de Legationi - bus obedientiæ Romam miſſis. Jena, 1737. 4.
  • Rossmann von denen Obedienz-Geſandt - ſchafften der Teutſchen Fuͤrſten an den Pabſt; in denen Erlang. Anzeig. 1746. n. 7. p. 49.
F§. 49.825. Capitel.

§. 49.

Beſtaͤndig einen Geſandten an einem dritten Hof zu halten, kame erſt im 16 den und noch mehr im 17den Jahrhundert auf.

§. 50.

Es wollte auch einige Zeit hernach noch nicht von allen Hoͤfen oder Nationen als eine Schul - digkeit erkannt werden, es zu gedulden.

*)von Vattel 3, 463.
*)

§. 51.

Nach dem jezigen Herkommen aber muß ein Herr oder Staat es ſich gefallen laſſen, wann ein anderer Staat beſtaͤndig einen Geſandten bey ihme halten will.

An wen?

§. 52.

Meiſtens wird eine einige Perſon auch nur an einen einigen Hof accreditirt.

§. 53.

Doch kan auch eine einige Perſon zu gleicher Zeit an mehrere Hoͤfe, oder Corpora, als Ge - ſandter accreditirt ſeyn.

Wann und wohin Geſandte von der einen oder anderen Gattung geſchickt werden?

§. 54.

Es iſt fuͤr den Hof, an welchen ein Geſand - ter von hoͤherem Rang geſchickt wird, allemal mehr Ehre, als wann einer von einer nidrigeren Claß darzu ernannt wird.

§. 55.83Von Geſandtſchafften.

§. 55.

Ordentlicher Weiſe haͤnget es aber doch von jedem Hof, der das Geſandtſchafftsrecht im hoͤchſten oder mittleren Grad hat, ab, von was fuͤr einer Claß oder Gattung er einen Geſandten an einen dritten Hof oder Ort ſchicken wolle.

§. 56.

Nur gewiſſe Hoͤfe beſtehen bey gewiſſen Ge - legenheiten auf Abſchickung Geſandten vom er - ſten Rang.

*)Kayſer, Sardinien, ꝛc. und Venedig.
*)

§. 57.

Einige Hoͤfe beſchicken auch freywillig gewiſſe andere Hoͤfe allemal durch Geſandte vom erſten Rang.

*)Pabſt; Venedig.
*)

§. 58.

Hinwiederum hat man auch Beyſpile gehabt, daß niemalen kein Bottſchaffter an einen gewiſ - ſen Staat geſchickt worden iſt.

*)Spanien und die vereinigte Niderlande.
*)

§. 59.

Auch haͤlt zuweilen ein Hof einen Bottſchaff - ter an einem dritten, zu einer Zeit, da diſer je - nen nur mit einem Geſandten vom zweyten Rang beſchickt.

§. 60.

Die Geſandtſchafften vom erſten Rang ſeynd koſtbar, auch, wegen des mehreren Ceremoniels,F 2be -845. Capitel. beſchwerlich, und zu den Geſchaͤfften nicht ſo bequem:

Daher werden haͤuffiger Geſandten von der zweyten und dritten Claſſe gebraucht, als von der erſten.

Zahl der Geſandten.

§. 61.

Gemeiniglich haͤlt ein Hof an dem andern nur einen einigen Geſandten.

§. 62.

Mehrmalen aber geſchiehet es, daß man auch mehrere zugleich - oder, uͤber den bereits allda anweſenden, noch einen oder mehrere, dar - zu abſendet:

Abſonderlich wann die Geſchaͤffte, bey Fri - denshandlungen, oder anderen Congreſſen, ſol - ches zu erforderen ſcheinen.

§. 63.

Selbige haben alsdann entweder einerley oder verſchidene Charactere.

§. 64.

Ordentlicher Weiſe hat auch darinn kein Hof dem andern etwas vorzuſchreiben.

§. 65.

Etwas ganz auſſerordentliches ware, als einigemale alle Schweizercantons ꝛc. zugleich je - der mehrere Geſandte vom erſten Rang an den Koͤnig in Franckreich ſchickten.

§. 66.85Von Geſandtſchafften.

§. 66.

Vormals machte man, wann der Geſand - ten von der erſten Claſſe mehrere waren, zwi - ſchen dem erſten und denen uͤbrigen einen Unter - ſchid:

Nun aber pflegen ſie gleiches Tractament zu genieſſen.

Eigenſchafften der Geſandten.

§. 67.

Der Regel nach hat kein Herr oder Staat dem andern etwas zuzumuthen, wer der an ih - ne abzuſchickende Geſandte von Vaterland, Ge - burt, Stand, Religion, Leibes - oder Ge - muͤths-Beſchaffenheit ꝛc. ſeyn ſolle, oder nicht.

*)Beyſpile.
*)

§. 68.

Indeſſen verſtehet es ſich von ſelbſten, daß je vornehmeren Standes der Geſandte iſt, deſto mehr Ehre iſt es fuͤr den Hof, an welchen er geſandt wird; und ſo auch umgekehrt.

§. 69.

Es haben ſchon Hoͤfe, denen gebrechliche Geſandten zugeſchickt worden ſeynd, Repreſſa - lien gebraucht.

§. 70.

Daß eine Dame zu wuͤrcklichen Geſandt - ſchafften gebraucht werde, iſt etwas ſehr ſelte - nes.

F 3§. 71.865. Capitel.

§. 71.

Mehrmalen machen die Hoͤfe, ſonderlich bey feyerlichen Ambaſſaden, einander zuvor in der Stille die Perſon, oder Perſonen, ſo man zu ſchicken vorhat, kund, und vernehmen, ob ſelbige nicht mißfaͤllig ſeyen?

§. 72.

Oder ein Hof bittet ſich auch wohl zur Ge - faͤlligkeit von dem andern aus, ihme eine ge - wiſſe benahmste Perſon zu ſchicken.

§. 73.

Ein Souverain iſt nicht ſchuldig, einen ſei - ner ehemaligen Unterthanen als einen Geſand - ten eines andern Hofes anzunehmen.

*)von Vattel 3, 550.
*)

Doch haben auch ſchon Staaten ihre noch wuͤrckliche Unterthanen, unter einem gewiſſen Vorbehalt, als fremde Geſandte erkannt.

*)Allda, S. 551.
*)

§. 74.

Auch kan ſich ein Herr wohl verbitten, daß ſein vormaliger - aber in Ungnaden erlaſſener - Staats - oder anderer Bedienter ihme nicht als Geſandter zugeſchickt werde.

§. 75.

Geſandte, wann ſie gleich Anverwandte des ſchickenden Herrns ſeynd, werden doch nur in jener Eigeuſchafft behandelt.

*)Albani.
*)
Zu87Von Geſandtſchafften.

Zu einer Geſandtſchafft noͤthige Stuͤcke.

§. 76.

1. Alle Geſandte muͤſſen ein Creditiv ha - ben.

Diſes beſtehet in einem Beglaubigungs - ſchreiben des ſchickenden Herrn oder Staats an den, wohin der Geſandte geſchickt wird.

§. 77.

Creditive und Vollmachten ſeynd verſchiden;
So auch Creditive und Addreßſchreiben.

§. 78.

Weil der hoͤhere oder nidere Character eines Geſandtens auf dem Creditiv beruhet; ſo muͤſ - ſen ſie behutſam abgefaßt werden.

§. 79.

Sie koͤnnen auch ſonſten ſo anſtoͤßig ſeyn, daß ſie umgefertiget werden muͤſſen.

§. 80.

In gewiſſen Faͤllen muͤſſen neue Creditive beygeſchafft werden.

§. 81.

2. Nicht alle Geſandte haben Vollmachten noͤthig:

*)Streit mit Franzoͤſiſchen Comitial-Ge - ſandten.
*)

Wohl aber kan ein Geſandter nichts verbind - liches ohne Vollmacht ſchlieſſen.

F 4§. 82.885. Capitel.

§. 82.

Ueber der Hinlaͤnglich - oder Unhinlaͤnglich - keit derer Vollmachten, auch derer etwa darinn befindlichen Clauſuln, iſt ſchon ſehr offt, bald mit mehrerem bald mit wenigerem Grund, ge - ſtritten worden.

§. 83.

3. Inſtructionen ſeynd Vorſchrifften und Befehle des einen Geſandten abſchickenden Herrns, wornach der Geſandte ſich in ſeiner Geſandtſchafft zu achten hat.

§. 84.

Sie ſeynd entweder general, oder particular.

§. 85.

4. Einem Geſandten wird auch von ſeinem Hof, zu ſeiner einſtweiligen Legitimation, ein Paß zugeſtellt, der ſeinen Character anzeigt.

§. 86.

Daß endlich jeder Hof ſeinem Geſandten den Gehalt nach eigener Willkuͤhr beſtimme, bedarff keiner ſonderlichen Erinnerung.

  • ſ. Mosers (Frid. Carl) Abhandlung von den Apointements oder dem Gehalt der Ge - ſandten; in ſeiner klein. Schrifft. 1. Theil, S. 182.

§. 87.

Mehrmalen nehmen Souverainen, ſo Ge - ſandte an einander ſchicken wollen, zuvor eine Abrede, wann die beederſeitige Geſandte abrei -ſen89Von Geſandtſchafften. ſen und wann ſie an dem Ort ihrer Beſtimmung eintreffen ſollen.

§. 88.

Oder ein Hof notificiret doch dem andern, daß und wann eine (zumalen ſolenne,) Ge - ſandtſchafft eintreffen werde.

§. 89.

Wann aber auch keine Notification vorher - gegangen waͤre, iſt man doch einem offentlich reiſenden Geſandten alle moͤgliche Sicherheit auf der Reiſe ſchuldig.

§. 90.

Ehrenbezeugungen dagegen auf der Reiſe ſeynd nicht uͤblich; es werde dann bedungen, oder geſchehe freywillig.

§. 91.

Verdaͤchtige Leute, und Andere, die heim - lich durch ein Land reiſen, koͤnnen ſich, wann ſie arreſtirt werden, nicht darauf beruffen, daß ſie Geſandte ſeyen:

Am allerwenigſten, wann ſie von - oder an Perſonen geſchicket werden, die der Landesherr nicht als rechtmaͤßige Regenten oder Staaten erkennet.

*)Longueval.
*)

§. 92.

In gewiſſen Faͤllen werden die fremde Ge - ſandte auf den Graͤnzen des Landes feyerlich uͤbernommen.

F 5§. 93.905. Capitel.

§. 93.

Oder ſie werden auch feyerlich gegen einan - der ausgewechſelt.

§. 94.

Ordentlicher Weiſe iſt jeder Herr und Staat ſchuldig, einen an ihnen geſchickten Geſandten anzunehmen.

§. 95.

Doch gibt es auch Abfaͤlle von diſer Regel.

Selbige haben ihren Bezug entweder 1. auf des Geſandtens Hof, oder 2. ſeine Perſon:

Von dem lezteren Fall habe ich ſchon ge - redet.

§. 96.

Herrn, die ſehr auf einander erbittert ſeynd, beweiſen es zuweilen auch dadurch, daß ſie die Annehmung eines Geſandtens abſchlagen.

§. 97.

Das in dem Creditiv benahmste Objet der Geſandtſchafft kan auch Anlaß geben, daß man, in diſer Abſicht den Geſandten anzunehmen, abſchlaͤgt.

§. 98.

Wann der andere Theil die Urſachen eines ſolchen Betragens nicht fuͤr erheblich erkennt, wird es als eine Beleidigung aufgenommen.

§. 99.

Wann es aber gar zu einem wuͤrcklichen Krieg zwiſchen Souverains gediehen iſt, ſchicketman91Von Geſandtſchafften. man weder Geſandte an einander, noch nimmt man allenfalls ſelbige an.

§. 100.

Doch werden auch in Kriegszeiten zuweilen von feindlichen Hoͤfen Geſandte angenommen;

  • 1. Um eine gewiſſe Ceremoniel-Angelegen - heit zu beobachten;
  • 2. Oder einen Verſuch zu machen, zu ei - nem Friden zu gelangen.

§. 101.

In dem lezteren Fall geſchiehet es entweder oͤffentlich, oder heimlich; doch mit Genehmi - gung des Souverains.

*)Menager, Ripperda.
*)

§. 102.

Ordentlicher Weiſe muß jeder Hof oder Staat die auf ſeine Geſandtſchafft gehende Ko - ſten ſelber tragen.

§. 103.

Die vormals zwiſchen verſchidenen Hoͤfen uͤblich geweßte Defrayirung derer beederſeitigen Geſandten iſt nun meiſtens abgekommen.

§. 104.

Nur wird etwa noch ein Geſandter an eini - gen Orten wenige Tage auf Koſten des Landes - herrens bewirthet.

§. 105.

Auch empfangen die Geſandte der Pforte, ſo dann die Geſandte an dieſelbe, in gewiſſenFaͤllen925. Capitel. Faͤllen etwas, entweder in natura, oder an Geld.

§. 106.

Geſandte vom erſten Rang pflegten ſonſt erſt in der Stille anzukommen, ſich durch Co - pien ihres Creditivs zu legitimiren, auch wohl eine geraume Zeit alſo an dem Hof, wohin ſie beſtimmet waren, ſich aufzuhalten, und privat - Audienzien bey dem Souverain zu haben:

§. 107.

Alsdann aber hielten ſie einen offentlichen Einzug, wobey auch der Hof, an den ſie accre - ditiret waren, und andere fremde Geſandte vom erſten Rang, concurrirten.

Darauf erfolgte endlich eine oͤffentliche Au - dienz.

§. 108.

Nunmehro aber ſeynd die ſolenne Einzuͤge ꝛc. zwiſchen denen Geſandten derer chriſtlichen Machten abgekommen, und nur noch zwiſchen Geſandten der Pforte oder gewiſſer Hoͤfe an die Pforte uͤblich.

Geſandtſchaffts-Antritt.

§. 109.

Jezo kommen meiſt alle Geſandte in der Stille an, und halten ſich ſtill, ſo lang als es ihnen gefaͤllig iſt; wobey ſie doch Privat-Viſiten an - nehmen und geben, auch negotiiren koͤnnen.

§. 110.93Von Geſandtſchafften.

§. 110.

So dann laſſen ſie, ſo bald oder ſpat es ih - nen beliebt, ihres Creditives Copie an der jeden Orts gewohnlichen Stelle uͤbergeben: Das Original aber wird in der Audienz uͤberreicht.

§. 111.

Darauf laſſen ſie ihre beſchehene Legitima - tion allen fremden Geſandten und Standesper - ſonen, wie auch denen Groſſen des Hofes, no - tificiren.

§. 112.

Und diſes heißt, daß ſie ſich in das Publi - cum geſtellet haben:

§. 113.

Wann ſolches geſchehen iſt, empfangen ſie erſtlich ein Gegencompliment:

Und alsdann die Viſiten.

§. 114.

So lang ein Geſandter nicht alſo legitimirt iſt, hat er zwar des Schuzes, wie ein Geſand - ter, zu genieſſen: Wegen der Ehrenbezeugun - gen und des Gerichtsſtandes aber iſt es nicht ſo ausgemacht.

§. 115.

Es hat ſchon Faͤlle gegeben, daß ein Ge - ſandter wieder abgereiſet iſt, ohne ſich legitimirt zu haben.

Audienzien.

§. 116.945. Capitel.

§. 116.

Die Audienzien der Geſandten bey dem Sou - verain oder Staat ſeynd oͤffentliche oder privat - Audienzien.

§. 117.

Die oͤffentliche ſeynd nur uͤblich 1. bey der Ankunfft des Geſandtens, 2. bey deſſen Ab - ſchid, und 3. zwiſchen der Zeit, um gewiſſe Notificationen, Gratulationen, oder Condo - lenzen, oͤffentlich abzuſtatten.

§. 118.

Das dabey uͤbliche Ceremoniel haͤngt ordent - licher Weiſe von jeden Hofes eigener Willkuͤht ab:

Doch gibt es auch wohl Anſtaͤnde dabey.

*)Z. E. in Anſehung des Orts, des Em - pfangs, der Sprache ꝛc.
*)

§. 119.

Privat-Audienzien werden meiſtens verſtat - tet, ſo offt es der Geſandte verlangt.

§. 120.

Doch wird an einigen Hoͤfen, zumalen nach Beſchaffenheit der Zeiten und Umſtaͤnde, ver - langt, daß der Geſandte das, was er muͤnd - oder ſchrifftlich vortragen will, zuvor dem Mi - niſterio ſchrifftlich uͤbergeben ſolle: Und wann er hernach noch etwas weiteres vortraͤget, wird es geahndet.

*)Rheboom.
*)
§. 121.95Von Geſandtſchafften.

§. 121.

Bey privat-Audienzien wird kein eigentli - ches Ceremoniel beobachtet.

Viſiten.

§. 122.

In Anſehung der Viſiten iſt die allgemeine Regel: Der zulezt angekommene empfangt die Viſiten zu erſt.

§. 123.

Ob aber ein Ambaſſadeur den erſten Staats - miniſter, oder diſer jenen, zu erſt beſuchen muͤſſe? iſt nicht uͤberall ausgemacht.

§. 124.

Die Viſiten ſeynd ſolenn oder nicht.

§. 125.

Die ſolenne ſeynd meiſtens abgekommen.

§. 126.

Bey denen Privatviſiten wird meiſtens kein eigentliches Ceremoniel beobachtet; auſſer an gewiſſen Orten.

*)Beyſpil vom teutſchen Reichstag.
*)

§. 127.

Kein Souverain oder halbſouverainer Herr von der erſten Claß gibt einem Geſandten eine Viſite, wann er auch gleich vom erſten Rang waͤre.

*)Streit auf dem Wahltag Anno 1741.
*)
§. 128.965. Capitel.

§. 128.

Ein Geſandter vom erſten Rang gibt denen vom zweyten Rang keine ſolenne Viſiten, und auch die andere nicht aus Schuldigkeit, ſondern aus Freundſchafft.

§. 129.

Wann ein Geſandter Jemanden wegen Ce - remoniel-Streitigkeiten keine Viſite geben - oder von ihm annehmen kan, ſprechen ſie einander an dritten Orten, bey Aſſembleen, auf Spa - ziergaͤngen, bey dritten Herrn, oder Geſand - ten, ꝛc.

§. 130.

Von ſolennen und andern Tafeln, Aſſem - bleen, der Geſandten, u. ſ. w. leidet der Plaz nicht, etwas zu ſagen.

Der Geſandten Pflichten im aͤuſſerlichen.

§. 131.

Die Pflichten derer Geſandten betreffen theils das aͤuſſerliche, theils weſentliche Sachen.

§. 132.

In Anſehung des aͤuſſerlichen ſeynd an eini - gen Hoͤfen die Geſandte vom erſten Rang zu gewiſſen Hofdienſten verbunden, welche insge - mein einen Zuſammenhang mit der Religion zu haben pflegen.

§. 133.

Wann ſich nun ein Geſandter vom erſtenRang97Von Geſandtſchafften. Rang Evangeliſch - oder Griechiſcher Religion an einem ſolchen Hof befindet; wird er von dem, was in die Religion einſchlaͤgt, diſpenſirt.

Der Geſandten Pflichten im we - ſentlichen.

§. 134.

Was aber das weſentliche betrifft; ſo hat ein Geſandter gegen den Herrn oder Staat, wo er accreditirt iſt, wie auch reſp. deſſen Fa - milie, Bediente, ꝛc. den behoͤrigen Reſpect und Achtung zu bezeugen.

§. 135.

Und noch mehr ſich alles desjenigen zu ent - halten, was Ihnen zum Nachtheil und Scha - den gereichen koͤnnte.

§. 136.

Daß Geſandte des Souverains, oder Staats, an den ſie geſchickt ſeynd, Bediente oͤffters beſtechen, oder ſonſt verfuͤhren, iſt eine bekannte Sache; und doch werden die Herrn ſelbſt es ſchwerlich oͤffentlich rechtfertigen wollen.

*)ſ. von Vattel 3, 506.
*)

§. 137.

Ein Geſandter muß ſich ferner denen Geſe - zen des Landes, darinn er ſich befindet, gemaͤß bezeugen.

§. 138.

Doch hat man in manchen Faͤllen mit einemGGeſand -985. Capitel. Geſandten billig mehreres Einſehen, als mit Lan - des-Unterthanen, oder anderen Fremden.

§. 139.

In Kriegszeiten muͤſſen ein Geſandter und ſein Gefolg ſich nicht in Kriegs-Handlungen mengen.

*)Franz. Geſandter zu Stuttgart.
*)

Gerechtſame der Geſandten uͤberhaupt.

§. 140.

Die Gerechtſame eines Geſandtens fangen zwar von der Zeit ſeiner Abreiſe von Haus an:

Sie kommen aber erſt zu ihrer vollen Reiffe, wann er ſein Creditiv uͤbergeben hat.

§. 141.

Die Perſon, das Gefolg, das Quartier, und die Sachen eines Geſandtens ſeynd unver - lezlich.

§. 142.

Wann ein Geſandter, in ſorglichen Um - ſtaͤnden, um militariſchen Schuz anſucht, wird ihme damit nach Befinden willfahrt.

§. 143.

Ein Geſandter kan nichts verlangen, was der Landes - oder Orts-Verfaſſung zuwider iſt; wenigſtens nicht als eine Schuldigkeit.

*)Oeffnung oder Offenhaltung der Thore.
*)

§. 144.

Ein Geſandter behaͤlt ſeine Rechte, biß er wieder aus dem Land iſt.

§. 145.99Von Geſandtſchafften.

§. 145.

Aber nicht, wann er, nach abgelegtem Cha - racter doch noch in demſelben verbleibt.

Gerechtſame in Anſehung ſeiner Perſon.

§. 146.

Geſandte vom erſten Rang bekommen den Titul: Excellenz;

Doch nicht von denen Souverainen ſelbſt.

§. 147.

Wann ein Geſandter auch Fuͤrſtlichen Stan - des iſt, (aber kein Prinz vom Gebluͤt, oder ein alter Teutſcher Fuͤrſt,) bekommt er nur den Titul: Excellenz.

*)Longueville; Richelieu.
*)

§. 148.

Geſandten vom zweyten Rang, als ſolchen, kommt der Excellenz-Titul nicht zu:

Wohl aber kan ein oder anderer ihn in be - ſonderer Ruͤck - oder Abſicht bekommen.

Auch fangt man an einigen mittleren Hoͤfen an, ſich darinn nachgiebiger zu bezeugen, als biß dahero uͤblich ware.

§. 149.

Andere Geſandte bekommen den Titul: Ge - ſandter, oder: Abgeſandter, oder reſp. Mi - niſter, oder: Reſident, oder ihr ſonſtiges Amtspraͤdicat.

G 2Ga -1005. Capitel.

Gerechtſame in Hofſachen.

§. 150

Alle Geſandte werden zu denen oͤffentlichen Feyerlichkeiten des Hofes, daran ſie ſtehen, ein - geladen:

Und erſcheinen ſo dann dabey auf eine ge - ziemende Art.

§. 151.

Ein Geſandter kan ſich aber nicht ſelbſt bey Gelegenheiten eindringen, die nur fuͤr des Sou - verains Familie beſtimmet ſeynd.

*)Villars.
*)

§. 152.

Wegen des Zutritts in die Herrſchafftliche Zimmer, u. d. hat ſich der Geſandte ordentli - cher Weiſe nach der Etiquette des Hofes, an dem er ſich befindet, zu richten.

§. 153.

So auch in Anſehung der ordentlichen Cour - taͤge, Aſſembleen, Operen, Comoͤdien, u. d.

§. 154.

Ob und wann der Herr fremde Geſandte ordentlich - oder auſſerordentlicher Weiſe mit Sich, oder doch ſeiner Familie, ſpeiſen laſſen wolle? davon laͤſſet ſich keine Regel geben, und auch die Etiquette derer groſſen Hoͤfe iſt darinn gar ſehr verſchiden.

§. 155.

Geſandten, welche von Hoͤfen abgeſchicktſeynd,101Von Geſandtſchafften. ſeynd, die mit zu der Familie des Souverains gerechnet werden, kan man darinn zuweilen al - lerley accordiren, welches anderen Geſandten nicht widerfaͤhret.

§. 156.

Der Rang derer Geſandten kommt auf ver - ſchidene Weiſe in Betracht; nemlich in Anſe - hung 1. des Souverains, an den ſie accreditirt ſeynd, 2. ihrer Principalen, 3. ihrer unter ſich ſelbſten, und 4. des Hofes, an welchem ſie ſtehen.

§. 157.

Kein Souverain gibt einem Geſandten, wann er auch gleich vom erſten Rang waͤre, die Oberhand in ſeinem, des Souverains, eige - nem Quartier.

§. 158.

Doch verlangen die Ambaſſadeurs die Ober - hand in der Churfuͤrſten Quartier, welche es aber nicht eingeſtehen.

*)Grammont.
*)

§. 159.

Mit denen alten Teutſchen Fuͤrſten haben die Ambaſſadeurs einen gleichen Streit.

Die Churfuͤrſten haben zwar fuͤr die Am - baſſadeurs geſprochen: Die Fuͤrſten proteſtiren aber dagegen.

*)Kayſ. Wahlcap. und Kayſ. Croͤn.
*)

§. 160.

Auch halbſouveraine Herrn laſſen keinemG 3Ge -1025. Capitel. Geſandten vom zweyten Rang in ihrem Quar - tier die Oberhand.

§. 161.

In Anſehung der Familie des Souverains ꝛc. ſeynd verſchidene Faͤlle und Grade der Geſand - ten zu unterſcheiden; und auch alsdann iſt nicht uͤberall alles ausgemacht.

§. 162.

Den Rang derer Geſandten, die von ver - ſchidenen Hoͤfen an einerley Ort zu gleicher Zeit gegenwaͤrtig ſeynd, betreffend; ſo richten ſich die Geſandte in ſo fern, als er unſtreitig iſt, darnach.

§. 163.

Iſt aber der Rang uͤberhaupt, oder doch an einem gewiſſen Hof, oder Ort, ſtreitig; wird es verſchidentlich gehalten; zumalen mit Geſandten vom erſten Rang.

§. 164.

Zuweilen wird kein Ambaſſadeur geſchickt, um Rangſtreitigkeiten mit einem andern Sou - verain zu vermeiden.

*)Beyſpil von Franckreich und Spanien.
*)

§. 165.

Oder, wann der von einem Hof kommt, gehet der andere ab.

*)Ripperda; Richelieu.
*)

§. 166.

Oder ſucht ſonſt auszuweichen.

*)Montijo.
*)
§. 167.103Von Geſandtſchafften.

§. 167.

Zuweilen aber haben Geſandte es auch ſchon auf alle Extremitaͤten ankommen laſſen.

*)Beyſpile von Londen und Rom.
*)

§. 168.

Den Rang der Geſandten unter ſich be - treffend, iſt ſo vil ausgemacht:

Alle Geſandte von der erſten Claß haben den Rang uͤber die von der zweyten; ihre Prin - cipalen moͤgen ſonſt im Rang gegen einander ſtehen, wie ſie wollen.

§. 169.

Belangend endlich den Rang derer Geſand - ten in Betracht derer Groſſen an dem Hof, wo die Geſandte ſtehen; ſo kommt es in Anſehung der Geſandten vom erſten Rang auf die Ver - ordnung oder das Herkommen jeden Hofes an; in ſo ferne es dem Principalen des Geſandtens nicht zuwider iſt.

§. 170.

Mit Geſandten vom zweyten Rang wird es eben ſo gehalten.

An manchen groſſen Hoͤfen haben ſie da - hero keinen gewiſſen Rang;

Oder er wird ihnen doch ſtreitig gemacht.

*)Kayſerl. Hof.
*)

§. 171.

An mittleren Hoͤfen hingegen haben ſie, nach Beſchaffenheit beederſeitiger Hoͤfe, bald ei - nen hoͤheren bald einen geringeren Rang.

G 4Uebri -1045. Capitel.

Uebriges Ceremoniel.

§. 172.

Ueberhaupt pflegt man das denen Geſandten vom erſten Rang angedeyhende groſſe Ceremo - niel die Honores Regios zu benennen.

§. 173.

Derſelben genieſſen alle Bottſchafftere derer regierenden Koͤnige, wie auch ihrer Vormund - ſchafften.

*)Kayſerl. Wahlcap.
*)

§. 174.

Unter denen Republiquen haben es die Ge - ſandte von Venedig und die vereinigte Nider - lande.

§. 175.

Die von Genua und der Schweiz aber ha - ben es nicht uͤberall, noch in allen Umſtaͤnden.

§. 176.

Bottſchafftere doͤrffen ſich in Gegenwart des Souverains, an den ſie geſchickt ſeynd, bedecken.

Doch hat es Franckreich denen Schweizern bißhero nicht geſtatten wollen.

*)von Vattel 3, 481.
*)

§. 177.

Franckreich erlaubt es zwar ferner derer Ita - liaͤniſchen groſſen Fuͤrſten Geſandten vom erſten Rang:

Aber105Von Geſandtſchafften.

Aber nicht derer Teutſchen Chur - und Fuͤrſten.

§. 178.

Auch gehoͤret zu dem Ceremoniel derer Am - baſſadeurs, daß ſie in Gala mit drey ſechsſpaͤn - nigen Wagen nach Hof zu fahren pflegen.

§. 179.

Ingleichem, daß ſie in die innere Schloß - hoͤfe, wo die Herrſchafften abſteigen, fahren doͤrffen.

Religions-Uebung.

§. 180.

  • Quænam Prærogativæ, ex communi Gen - tium conſenſu, maxime quoad exerci - tium domeſticum Religionis, Legatis, Ablegatis extraordinariis & Reſidenti - bus, in Terris Principum, ad quos miſſi ſunt, debeantur? in Fabri Europ. Staatscanzl. 14. Theil, S. 220.
  • Boehmer (Juſt. Henr.) de privatis Lega - torum Sacris. Halle, 1713. 4.

§. 181.

Allen und jeden Geſandten wird ohne An - ſtand die privat-Uebung des Gottesdienſtes nach denen Grundſaͤzen und Ceremonien ihrer Reli - gion geſtattet:

Aber aus Schuldigkeit nur fuͤr ſich und ihr Gefolg.

G 5§. 182.1065. Capitel.

§. 182.

Gemeiniglich laͤſſet man auch fremden an dem Ort befindlichen Perſonen von gleicher Re - ligion zu, ſich diſes Gottesdienſtes ebenfalls zu bedienen.

§. 183.

Wegen der Landesunterthanen hingegen, die der herrſchenden Religion nicht zugethan ſeynd, wird es verſchidentlich gehalten; und man iſt an einerley Hof bald ſtrenger bald ge - linder darinn.

§. 184.

Wann ein Geſandter in ſeiner berechtigten Religions-Uebung geſtoͤhret wird, kan ſein Hof Genugthuung fordern.

*)Coͤlln.
*)

§. 185.

Der Geſandte muß aber auch nicht mehr thun, oder geſtatten, als ihme gebuͤhret.

*)Hamburg.
*)

§. 186.

Evangeliſche Geſandte und ihr Gefolg koͤn - nen an Catholiſchen Orten nicht genoͤthiget wer - den, vor dem Venerabili niderzuknien:

Widrigen Falles iſt es eine Beleidigung.

*)Wien; Heidelberg.
*)

Doch thun ſie wohl, wann ſie, ſo vil es ſeyn kan, ausweichen.

So auch bey Proceßionen, u. d.

Mi -107Von Geſandtſchafften.

Militariſche Ehrenbezeugungen.

§. 187.

  • ſ. Moser (Frid. Carl) die Rechte der Geſand - ten in Anſehung der militariſchen Ehrenbe - zeugungen in ſeiner klein. Schrifft. 6tem Band, S. 347.

§. 188.

Geſandte vom erſten Rang koͤnnen militari - ſche Ehrenbezeugungen verlangen:

Doch als Geſandte nicht eher, biß ihre Le - gitimation geſchehen iſt.

*)Belleisle.
*)

§. 189.

Einem Hof laͤſſet ſich hierinn nicht wohl et - was vorſchreiben.

§. 190.

So auch in Anſehung der Ehrenwache vor dem Quartier.

§. 191.

Geſandte vom zweyten Rang erhalten an groſſen Hoͤfen nichts dergleichen:

Wohl aber etwa an mittleren, nach Will - kuͤhr.

Von Depechen und Courieren.

§. 192.

Geſandten, auch denen vom erſten Rang,Frey -1085. Capitel. Freyheit vom Brieffporto angedeyhen zu laſſen, iſt keine Schuldigkeit.

§. 193.

Wann ein Geſandter einen Courier abſchi - cken will, kan man verlangen, daß er darum anhalte.

*)Wahltagsacta 1741.
*)

§. 194.

Alsdann aber kan man ihme auch die Poſt - pferde nicht verſagen;

Auſſer in gewiſſen Faͤllen.

§. 195.

Wegen Erbrechung Geſandtſchafftlicher De - pechen hat das oben von den groſſen Herrn diß - falls geſagte auch hier ſtatt.

*)von Vattel 3, 570.
*)

Reele Gerechtſame.

§. 196.

Selten wird einem Geſandten, auch vom erſten Rang, ein Quartier bey Hof gegeben;

Auſſer zuweilen auf dem Land.

§. 197.

Wohl aber wird ihme, auf Verlangen, eines auf Befehl des Hofes angewiſen.

§. 198.

Ein Geſandter kan hingegen auch, bewand - ten Umſtaͤnden nach, genoͤthiget werden, eingegen109Von Geſandtſchafften. gegen die Ordnung eigenmaͤchtig bezogenes Quartier wieder zu raumen.

§. 199.

An einigen Hoͤfen haben gewiſſe Geſandte ein beſtaͤndiges und eigenthumliches Quartier.

§. 200.

Geſandte vom erſten Rang haͤngen vor ih - rem Quartier ihres Souverains Wappen auf.

Von den Rechten der Geſandten in An - ſehung der Wappen ihres Souverains, findet ſich von meinem l. Sohn ein Aufſaz in denen woͤchentl. Franckf. Abhandl. (1755.) S. 97.

§. 201.

Die Wohnung eines Geſandtens kan ordent - licher Weiſe nicht mit militariſchem Quartier be - leget werden:

Ob es aber (auſſer Nothfaͤllen,) nicht auch ſonſt Abfaͤlle von diſer Regel gebe? ſtreitet man.

  • ſ. Meine Abhandl. verſchid. Rechtsmater. 3. Band, S. 405.

§. 202.

Staats - und Privat - Verbrechern darff hin und her kein Geſandtſchafftliches Quartier zur Freyſtatt dienen; vil weniger die angelegene Gegend.

*)von Vattel 3, 565.
*)

Indeſſen wird es doch an manchen Orten, ſonderlich zu Rom, behauptet.

ſ. Tho -1105. Capitel.
  • ſ. Thomasius (Chriſtian. ) de jure Aſyli Legatorum ædibus competente. Halle, 1689. 4.
  • Upmarck (Jo.) oder der Reſp. Ol. Toer - ne, de Franchitia Quarteriorum, ſeu jure Aſyli apud Legatos. Upſal, 1706. 8.

§. 203.

Geſandte koͤnnen bey ihrer Ankunfft ſich nicht ſchlechterdings der Viſitirung ihrer Ba - gage entziehen.

*)von Vattel 3, 533.
*)

§. 204.

Noch auch deſſen, was ſie nachhero zu ih - rem angeblichem Gebrauch aus der Fremde kommen laſſen.

§. 205.

Die Mobilien eines Geſandtens ſtehen or - dentlicher Weiſe nicht unter der Gerichtbarkeit des Staats, darinn er ſich befindet:

Wohl aber kan es auſſerordentlicher Weiſe geſchehen.

Wagen.

§. 206.

Die Wagen derer Geſandten ſeynd ordent - licher Weiſe keiner Durchſuchung, Arreſtie - rung, oder anderer Gewaltthaͤtigkeit, unter - worffen.

§. 207.111Von Geſandtſchafften.

§. 207.

Wann aber Geſandte ihre Wagen her - geben, Perſonen dadurch heimlich aus dem Land - oder etwas verbottenes in ein Ort zu bringen, iſt man nicht ſchuldig, es zu leiden.

*)von Vattel. Geſchichte zu Regens - burg.
*)

Zoll, Accis, u. d.

§. 208.

Von der Zollfreyheit der Geſandten, iſt von meinem l. Sohn ein Aufſaz in denen woͤchentl. Franckf. Abhandl. (1755.) S. 177. zu leſen: Noch ausfuͤhrlicher iſt

  • Seine Abhandlung von der Zoll - und Accis - Freyheit der Geſandten; in ſeinen klein. Schrifft. 7. Band, S. 1.

§. 209.

Ein Souverain kan, wann er will, einen Geſandten wohl zu Bezahlung des Zolls, oder Acciſes, oder beeder, anhalten; nur muß er alsdann auch ſich nicht daruͤber beſchweren, wann man es denen Seinigen eben ſo macht.

*)von Vattel 3, 534.
*)

§. 210.

Meiſtens ſiehet man alles dergleichen nach; oder gibt doch eine gewiſſe Verguͤtung dafuͤr.

§. 211.

Im Teutſchen Reich hat es in Anſehungder1125. Capitel. der Reichs - und Craystaͤge dißfalls ſeine be - ſondere Geſeze; welche ſich aber nicht auf frem - de Geſandte erſtrecken.

Beleidigung eines Geſandtens.

§. 212.

Ein Geſandter, der beleidiget zu ſeyn glaubt, kan Genugthuung fordern:

§. 213.

Dabey kommt viles darauf an, von wem die Beleidigung herruͤhre, oder doch geſtattet wor - den, wie auch auf andere Umſtaͤnde, z. E. Trunck.

*)Carl Guſtav.
*)

§. 214.

Nach Beſchaffenheit diſer Umſtaͤnde iſt auch die Art, Genugthuung zu ſuchen und zu geben, verſchiden.

*)Villars. Preußiſcher Reſident zu Coͤlln - Zindt.
*)

§. 215.

Wann ein Geſandter von dem Souverain ſelber, an den er geſchickt iſt, beleidiget wird, muß er es die Herrn ſelber mit einander ausma - chen laſſen.

§. 216.

Ob und in was fuͤr Faͤllen man gegen einen Geſandten Repreſſalien brauchen koͤnne? iſt eine ſchwere Frage, und es gehoͤren beſondereUm -113Von Geſandtſchafften. Umſtaͤnde darzu, wann es mit Recht ſolle ge - ſchehen koͤnnen.

*)Beyſpil.
*)

Gerichtsſtand der Geſandten.

§. 217.

Ob und wie ferne ein Geſandter von der Ge - richtbarkeit des Souverains, in deſſen Staat er ſich aufhaͤlt, befreyet ſeye? iſt vil Streitens.

Davon ſeynd beſonders bey Gelegenheit der Anno 1717. in Engelland und Holland arre - ſtirten Schwediſchen Geſandten, vile Schriff - ten herausgekommen. (1)ſ. Struvii Biblioth. Juris, (1756.) p. 287.

Vorzuͤglich wird hochgehalten:

  • van Bynkershoek (Corn. ) de Foro Le - gatorum, tam in cauſa civili, quam cri - minali. Leyden, 1721. 8. auch Franzoͤ - ſiſch, Amſterdam, 1723. ꝛc. 8.

§. 218.

Wann ein Geſandter im Trunck etwas be - geht, kommt vil auf die Umſtaͤnde an.

*)Peter I.
*)

§. 219.

Einen Geſandten Schulden wegen anzuhal - ten, iſt wenig gewoͤhnlich, und kan leicht als eine Beleidigung aufgenommen werden.

*)Beyſpil von Preuſſen und Schweden.
*)
§. 220.H1145. Capitel.

§. 220.

Offt laſſen Geſandte, ehe ſie abreiſen, oͤffent - lich bekannt machen, wer etwas an ſie zu for - deren habe, ſolle ſich melden.

*)Vattel 3, 547.
*)

§. 221.

Wann ein catholiſcher Geſandter wegen Kirchenverbrechen in den Kirchenbann verfaͤllt, darff er, wann er vom erſten Rang iſt, waͤh - render ſolcher Zeit keinen Hofdienſt thun: Uebri - gens muß er es mit der Geiſtlichkeit ausmachen.

*)Beyſpil von einem Franzoͤſiſchen Geſand - ten zu Wien.
*)

§. 222.

Civil-Vergehungen wegen wird man ſich ſchwerlich einer Gerichtbarkeit uͤber einen Ge - ſandten anmaſſen; ſondern es lieber etwa an ſeinen Principalen gelangen laſſen.

§. 223.

Wann ein Geſandter ein privat-criminal - Verbrechen begehet, oder doch deſſen hoͤchſtver - daͤchtig iſt, darff man (wann man will,) ihn wohl in Arreſt nehmen, um ihn ſeinem Herrn auszulifern.

*)Portugieſiſcher Geſandter zu Wien.
*)

§. 224.

Gegen einen Geſandten, der ſich an der Perſon des Souverains, bey dem er ſich befin - det, mit Worten, oder ſonſt, vergreifft, kan ſich der Souverain zum Theil ſelbſt Recht ſchaf -fen,115Von Geſandtſchafften. fen, zum Theil von des Geſandtens Principa - len Genugthuung fordern.

*)Beyſpil von einem Kayſerlichen Geſand - ten in Schweden.
*)

§. 225.

Ein Geſandter, der ſich eines Stactsver - brechens ſchuldig macht, kan arreſtirt und fort - geſchaffet werden.

*)von Vattel 3, 518. 520. 524.
*)

§. 226.

Auch kan man ſich ſeiner Brieffſchafften be - maͤchtigen; nach beſchaffenen Umſtaͤnden, mit Unterſchid.

Abſterben.

§. 227.

Ein Geſandter, ſo ein Teſtament machen will, iſt in Anſehung deſſen Form nicht an die Landesgeſeze gebunden.

  • Kayser (Joh. Frid.) de Legato Teſtatore. Gieſſen, 1740. 4.
  • Wildvogel (Chriſtian. ) de Teſtamento Legati. Jena, 1711. 4.

§. 228.

Wann ein verſtorbener Geſandter nicht der Landesreligion zugethan iſt, muß ihme entwe - der ein Standesmaͤßiges ehrlich - und oͤffentli - ches Begraͤbniß verſtattet - oder aber erlaubt werden, den Coͤrper frey anderwaͤrtshin abfuͤh - ren zu doͤrffen.

H 2§. 229.1165. Capitel.

§. 229.

Einige Hoͤfe wollen in der verſtorbenen Ge - ſandten Quartier ſich der Obſignation oder Sperr der hinterlaſſenen Erbſchafftsſtuͤcke, auch wohl der Inventur und Theilung, annehmen; andere Hoͤfe aber ſolches nicht leiden.

*)Wien; Hollaͤndiſcher Geſandter.
*)

Allenfalls gebrauchet man gegen einen ſolchen Hof Repreſſalien in gleichen Faͤllen.

Enthaltung des Hofes ꝛc.

§. 230.

Wann zween Hoͤfe uͤbel mit einander ſtehen, und man beſorgt, daß es endlich zu Weitlaͤuff - tigkeiten ausſchlagen moͤge; ſo enthaͤlt ſich ein Geſandter oͤffters freywillig entweder nur der Beſuchung des Hofes, oder auch gar des Um - gangs mit den Miniſtern.

§. 231.

Hinwiederum aber dißimuliren es zuweilen auch beyde Theile, daß es auf einem Bruch ſte - he, der Geſandte wird freundſchafftlich behan - delt, wie zuvor, und er erſcheinet bey Hof und denen Miniſtern, wie zuvor.

Enthaltung anderer Geſandten.

§. 232.

Wann Geſandte verſchidener Hoͤfe, die ſehr mit einander zerfallen - oder gar in wuͤrcklichemKrieg117Von Geſandtſchafften. Krieg gegen einander begriffen ſeynd, ſich an dritten Orten beyſammen befinden, enthalten ſie ſich entweder ſelbſt alles Umgangs mit einan - der, oder bekommen auch ausdruͤcklichen und oͤffentlichen Befehl darzu.

*)Oeſter. und Ch. Braunſchweig.
*)

Verbot des Hofes.

§. 233.

Fremden Geſandten wird zuweilen die Be - ſuchung des Hofes, an dem er ſtehet, verbot - ten.

§. 234.

Es geſchiehet aus einem Mißvergnuͤgen uͤber den Geſandten, oder uͤber deſſen Principalen.

§. 235.

Auch die Art, es ihme zu bedeuten, kan mehr oder weniger hart ſeyn.

§. 236.

Das Verbott, auch mit den Miniſtern des Hofes, an dem er ſich befindet, keinen Umgang zu pflegen, gehet noch weiter.

Endigung der Geſandtſchafft.

§. 237.

In Anſehung der Endigung der Geſandt - ſchafft iſt ein Unterſchid zwiſchen der Geſandt - ſchafft ſelbſt, und des Geſandtens Perſon.

§. 238.

Manchmalen dauert eine Geſandtſchafft langH 3oder1185. Capitel. oder beſtaͤndig fort; nur wird von Zeit zu Zeit die Perſon abgewechſelt.

§. 239.

Diſes nun hat bey gewiſſen Staaten ſeine beſtimmte Zeit.

*)Venedig.
*)

§. 240.

Oder kommt auf des Principals willkuͤhrli - ches Belieben an.

§. 241.

Gar offt hat die ganze Geſandtſchafft ein Ende, ſo bald das dem Geſandten aufgetragene Ceremoniel - oder Staatsgeſchaͤfft zu Ende - oder reſp. in demſelben dermalen nicht weiter fortzu - kommen iſt.

Abberuffung eines Geſandtens.

§. 242.

So lang ein Geſandter kein Zuruͤckberuf - fungs-Schreiben erhaͤlt, bleibt er Geſandter und ſein Creditiv bey Kraͤfften, wann er auch gleich lange Zeit von dem Hof abweſend iſt.

§. 243.

Wann ein Geſandter zuruͤckberuffen wird, geſchiehet es entweder freywillig, oder auf Ver - langen des Hofes, an dem er ſtehet, und wel - chem des Geſandtens Perſon nicht anſtehet.

§. 244.

Wegen verlangter Zuruͤckberufung einesun -119Von Geſandtſchafften. unangenehmen Geſandtens ſezt es zuweilen Streit.

*)von Vattel 3, 512.
*)

§. 245.

Es verreiſet auch wohl ein Geſandter, in Hoffnung, oder unter dem Vorgeben, daß er wieder kommen werde, uͤberſchickt aber hernach ſein Abberuffungs-Schreiben, nimmt ſchrifft - lich Abſchid, erhaͤlt ſein Recreditiv nachgeſchickt, ſo auch reſp. das Praͤſent.

§. 246.

Die Zuruͤckberuffung geſchiehet durch ein Rappelſchreiben an den Herrn, oder Staat, bey dem ſich der Geſandte bißhero befunden hat.

§. 247.

Diſes wird ſo dann in einer ſich ausgebete - nen und verſtatteten Abſchids-Audienz uͤber - geben:

Zuweilen dabey zugleich auch der neue Ge - ſandte dem Souverain ꝛc. vorgeſtellt.

§. 248.

Darauf erhaͤlt der abgehende Geſandte ein Recreditiv an ſeinen Principalen:

Welches er zuweilen, wann es nicht gut fuͤr ihn lautet, nicht annimmt.

§. 249.

Ein Paß zur Ruͤckreiſe iſt nicht noͤthig, aber raͤthlich.

H 4§. 250.1205. Capitel.

§. 250.

Geſandte vom erſten Rang pflegen meiſtens von dem fremden Souverain zugleich ein Praͤ - ſent zu erhalten.

§. 251.

An einigen Orten, oder in einigen beſonde - ren Angelegenheiten, bekommen auch Geſandte vom zweyten Rang, beſonders Miniſtres Ple - nipotentiaires, dergleichen.

§. 252.

An vilen Orten haben dergleichen Praͤſente ein - vor allemal ihren beſtimmten Werth:

Oeffters aber gehet man auch, aus beſonde - ren Urſachen, davon ab, und erhoͤhet ihn.

§. 253.

An einigen Orten beſtehet das Geſchenck in baarem Geld, oder in einer guͤldenen Kette; an anderen in Portraiten, oder Ringen, oder Do - ſen mit Brillianten, ꝛc. oder andern Sachen.

§. 254.

Zuweilen bekommen auch die Gemahlin, oder der Legations-Secretarius, ꝛc. etwas.

Weggehen ohne Abſchid.

§. 255.

Es traͤget ſich zuweilen zu, daß einem Ge - ſandten von ſeinem Hof befohlen wird, er ſolle, ohne ſich zu beurlauben, weggehen; wie ſon -derlich121Von Geſandtſchafften. derlich vor oder bey Ausbruch eines Krieges ge - ſchiehet.

§. 256.

Er notificirt es ſo dann entweder (bald muͤndlich, bald ſchrifftlich,) dem Miniſterio; oder unterlaͤſſet auch diſes.

Wegſchaffung der Geſandten.

§. 257.

Es gibt forderiſt eine Art der Ausweiſung eines Geſandtens, die nichts uͤbles anzeigt, ſon - dern bloß der Verfaſſung des Reichs bey gewiſ - ſen Umſtaͤnden gemaͤß iſt.

§. 258.

Z. E. Bey Roͤm. Kayſerwahlen koͤnnen fremde Geſandte, (ſo keine Diſpenſation erhal - ten,) ſich nicht entbrechen, uͤber die Wahl ſich aus der Statt zu begeben.

§. 259.

Ein ganz anderes aber iſt, einen Geſandten voͤllig von Hof und aus dem Lande wegſchaffen.

  • ſ. von Moser (Frid. Carl) Abhandlung von Ausſchaffung der Geſandten, und was der - ſelben anhaͤngig; nach den Grundſaͤzen des Europaͤiſchen Voͤlcker - und Teutſchen Staatsrechts; in ſeiner klein. Schrifft. 8. Band, S. 81. 9. Band, S. 1.

§. 260.

Bey einem ausbrechenden Krieg werdenH 5meiſtens1225. Capitel. meiſtens die Geſandten entweder zuruͤckberuffen, oder fortgeſchafft.

§. 261.

So auch Geſandte, die ſich ſchwere Ver - brechen haben zu Schulden kommen laſſen.

§. 262.

Ob der Roͤm. Kayſer allein, ohne das Reich, fremde Geſandte von dem teutſchen Reichstag wegſchaffen koͤnne? ſtreitet man: Der Kayſer iſt aber im Beſiz.

Des Geſandtens Gefolg.

§. 263.

Eines Geſandtens Gemahlin hat an ihres Gemahls Pflichten und Gerechtſamen Antheil, ſo weit ſie es faͤhig und es an jedem Hof her - kommlich iſt.

  • ſ. Moser (Frid. Carl) die Geſandtin nach ih - ren Rechten und Pflichten; in ſeiner klein. Schrifft. 3ten Band, S. 133. auch Franzoͤſiſch, 1754. 8.

§. 264.

Wie lang eines Geſandtens Wittwe ſich ih - res verſtorbenen Gemahls Gerechtſamen zu er - freuen habe? davon findet ſich ein Aufſaz in meiner Abhandl. verſchid. Rechtsmater. 2. Band, S. 438.

§. 265.

Von der uͤbrigen Familie eines Geſandtensbey123Von Geſandtſchafften. bey ſeinem Leben und nach ſeinem Tode iſt eben das zu ſagen, wie von der Gemahlin.

§. 266.

In Formirung ſeines kleinen adelichen und anderen Hofſtaats haben Geſandte, ſo derglei - chen halten, meiſtens freye Haͤnde.

§. 267.

Nur darff ein Geſandter meiſt keine bewaffnete Mannſchafft in ſeinem Gefolg haben, vil weni - ger ſich derſelbigen wuͤrcklich bedienen.

*)Kayſerl. Wahlcap.
*)

§. 268.

Ein Legations-Secretarius und ein Secre - tarius des Geſandtens ſeynd nicht mit einander zu vermengen.

§. 269.

Abſonderlich ſtehen die Venetianiſche Lega - tions-Secretarii in groſſem Anſehen.

§. 270.

Wann man Beſchwerden uͤber Perſonen von eines Geſandtens Gefolg hat, darff man ſich nicht ſelbſt Recht ſchaffen; ſondern muß es von dem Geſandten, oder ſeinem Hof, erwarten.

*)von Vattel 3, 561. Schwediſcher Ge - ſandter in Wien.
*)
  • Willenberg (Sam. Frid.) de Jurisdictione Legati in Comites ſuos. Danzig, 1705. 4.

§. 271.

Wann Jemand von dem Gefolge einesGe -1245. Capitel. Geſandtens etwas criminelles begehet, iſt die Landesherrſchafft befugt, ſolche Perſon in Arreſt zu nehmen, um ſie dem Geſandten auszulifern.

§. 272.

Diſer aber thut ſo dann am beſten, wann er (wo es geringe Bediente betrifft,) ſie ſo gleich ſeiner Dienſte entlaͤßt und der ordentlichen Obrigkeit uͤbergibt.

Oder er kan ſie auch verwahrlich in ſein Land ſchicken, und ihre Beſtrafung ſeinem Sou - verain uͤberlaſſen.

*)von Vattel 3, 571. Richelieu.
*)

§. 273.

Gehet aber ein Souverain oder Staat hier - inn zu weit; ſo proteſtirt man einſtweilen da - gegen, und braucht ſo dann bey Gelegenheit Repreſſalien.

Offentliche Perſonen.

§. 274.

Zu denen oͤffentlichen oder privilegirten Per - ſonen gehoͤren folgende:

§. 275.

Allerley Arten von Raͤthen, welche mit ei - nem Creditiv verſehen ſeynd, daskeinen Geſand - ten - oder Bevollmaͤchtigten-Character enthaͤlt.

Sie werden alsdann, nach ihrigem ſonſti - gen Amt accreditirte Hof-Legations-Regie - rungsraͤthe, u. ſ. w. genannt.

§. 276.125Von Geſandtſchafften.

§. 276.

Von denen Miniſtern und Reſidenten iſt ſchon vorhin geredet worden.

§. 277.

Chargés des Affaires, oder Geſchaͤfftstraͤ - gere eines Staats, gehoͤren auch hieher.

Sie werden hoͤher gehalten, als die Lega - tions-Secretarien;

Und ſie haben den Zutritt in die Geſellſchaff - ten, dahin Geſandte kommen.

*)Streit zu Regensburg.
*)

§. 278.

Legations-Secretarii, welche an einem Hof ſtehen, daran ſich kein Geſandter von ihrem Principalen befindet, ſeynd auch offentliche Per - ſonen.

§. 279.

Alle mit keinem Creditiv verſehene Perſo - nen bekommen Addreßſchreiben an das Mini - ſterium des Hofes, dahin ſie gehen.

§. 280.

Agenten ſeynd, nach Beſchaffenheit der Um - ſtaͤnde, bald etwas weniger als die Chargés des Affaires, bald Gerichtsperſonen, bald ſon - ſtige Unterthanen des Staats: Die erſte ſeynd offentliche Perſonen.

§. 281.

General-Conſuls ſeynd etwa denen Reſi - denten gleich zu ſchaͤzen.

Gemei -1265. Capitel.

Gemeine Conſuls, ſo nicht Unterthanen des Staats ſeynd, in welchen ſie ſich aufhalten, ſeynd auch offentliche Perſonen.

§. 282.

Vertraute Perſonen, die ein Herr in der Stille in Fridens - oder Kriegs-Zeiten an ein andern ſchickt, werden, ſo vil des geheim-hal - ten ihres Amtes und Geſchaͤffts erlauben, ihrem Stand gemaͤß tractirt.

§. 283.

Couriere ſeynd Perſonen, ſo einzelner Ge - ſchaͤffte wegen ſchnell hin und her verſchicket werden.

  • ſ. Mosers (Frid. Carl) der Courier, nach ſeinen Rechten und Pflichten; in ſeiner klein. Schrifft. 4tem Band, S. 177.

§. 284.

Auch unter ſolchen koͤnnen angeſehene Per - ſonen ſeyn, denen man ſo dann ihrem Stand gemaͤß begegnet.

§. 285.

Ein Courier, der ſicher reiſen will, muß oͤffentlich reiſen und mit einem Paß verſehen ſeyn.

§. 286.

Arreſtier - oder gar Ermordung derer Couriere verurſacht groſſe Erbitterung.

*)Sinclaire.
*)

§. 287.

In Kriegszeiten paßieren Trompeter oderTrom -127Von Geſandtſchafften. Trommelſchlaͤger in gewiſſen Faͤllen auch als oͤffentliche Perſonen.

*)von Vattel 3, 493. u. f.
*)

§. 288.

Alle offentliche Perſonen ſtehen unter einem mehreren Schuz, als andere Fremde.

§. 289.

Aber die wenigſte haben einiges Ceremoniel, oder andere Geſandtſchafftliche Gerechtſamen, zu genieſſen.

Durchreiſende Geſandte.

§. 290.

In Fridenszeiten kan man dritter Machten Geſandten, die durch ein Land reiſen wollen, den Durchzug ordentlicher Weiſe nicht abſchla - gen:

§. 291.

In Kriegszeiten aber iſt man nicht ſchuldig, feindliche Geſandten durch ſein Land in einen dritten Staat paßieren zu laſſen.

*)Belleisle.
*)

§. 292.

Man iſt ferner nicht ſchuldig, die Abgeord - nete ſolcher Regenten oder Staaten, die nicht als rechtmaͤßig regierend oder unabhaͤngig be - han delt werden, als Geſandte zu tractieren.

§. 293.

Eben ſo wenig iſt man ſchuldig, die an ſol -che1286. Capitel. che Regenten oder Staaten Abgeordnete als Ge - ſandte zu behandlen, wann man ſelbige noch nicht als rechtmaͤßige oder unabhaͤngige Regen - ten oder Staaten erkannt hat.

§. 294.

Hingegen iſt man auch nicht ſchuldig, ſol - che Abgeordnete ſogleich wegzuſchaffen, oder auszulifern, wann es ein Herr oder Staat ver - langt, der ſie als Rebellen behandelt.

*)Beyſpile von den vereinigten Niderlanden und den Engliſchen Colonien.
*)

Sechſtes Capitel. Von der Souverainen Landen und Meeren.

Neue ſouveraine Lande.

§. 1.

In langer Zeit ſeynd nicht weiter, als zwey Lande, ſo vorhin von einem anderen Staat abhaͤngig waren, auf einmal als unab - haͤngig erklaͤret worden; nemlich das damalige Herzogthum, und nunmehrige Koͤnigreich, Preuſſen; ſo dann die Crimmiſche Tartarey.

§. 2.

Auch ſeynd etliche Staaten, die ſich reſp. nach und nach, von dem Reich, zu dem ſie vor -hin129Von Landen und Meeren. hin gehoͤret hatten, losgemacht haben, endlich von ihren vormaligen Herrn und dem uͤbrigen Europa als unabhaͤngig erkannt worden; nem - lich die Eydgenoſſenſchafft, oder Schweiz, ſo dann die vereinigte Niderlande.

§. 3.

Ferner haben verſchidene Staaten, welche vorhin zwar bereits als unabhaͤngig paßierten, aber mit anderen Landen unter einerley Regen - ten ſtunden, eigene Regenten bekommen, und machen nun einen beſonderen ſouverainen Staat aus; als: Sicilien und Sardinien.

§. 3.

Lande in und auſſer Europa.

§. 4.

Die Lande derer Europaͤiſchen Souverainen werden getheilt in die, ſo ſie in Europa, oder auſſer demſelben, beſizen.

§. 5.

Mancher Souverainen Europaͤiſche Lande haben (mehr oder weniger,) abgenommen; nemlich die von Oeſterreich, Polen, Schwe - den, Spanien, und die Pfotte:

Zu - hingegen haben genommen die von Daͤ - nemarck, Franckreich, Großbritannien, Oeſter - reich, Preuſſen, Rußland, Savoyen.

§. 6.

Auſſerhalb Europa haben an Landen zuge -Jnommen1306. Capitel. nommen Großbritannien, und in etwas Daͤne - marck.

Abgenommen hingegen haben Franckreich und Spanien.

§. 7.

Alles diſes geſchahe theils, und meiſtens, durch Kriege, theils durch andere Zufaͤlle, und darauf erfolgte Vertraͤge.

Allerley Gattungen von Landen.

§. 8.

Gemeinſchafftliche Lande oder Gebiete zwi - ſchen verſchidenen Souverainen kommen ſehr wenige und nur im kleinen vor.

*)Ausw. St. Recht, S. 367.
*)

§. 9.

Und eben ſo auch getheilte Lande oder Ge - biete.

*)Allda, S. 366.
*)

§. 10.

Einige Souverains haben Stuͤcke von ihren unabhaͤngigen Landen in eines anderen Staats Bezirck ligen:

*)Franckreich, Pabſt, Schweiz, vereinigte Niderlande. Ausw. St. Recht, S. 364. Diſes veranlaſſet dann zuweilen Streitigkei - ten, oder andere Auftritte.
*)

Der Lande Abtrettungen, Vertauſchungen, Verpfaͤndungen.

§. 11.131Von Landen und Meeren.

§. 11.

Eine freywillige Abtrettung eines unabhaͤn - gigen Landes an einen anderen Staat iſt etwas ſehr ſeltenes; doch nicht ohne alles Beyſpil.

*)Corſica.
*)

§. 12.

Vertauſchungen einiger kleinen Stuͤcke gegen einander kommen zwar wohl auch vor: Aber ebenfalls gar ſelten.

*)Franckreich und Teutſchland.
*)

§. 13.

Und noch ſeltener ganzer unabhaͤngiger Staaten.

*)Sicilien gegen Sardinien.
*)

§. 14.

Verſezungen eines ganzen unabhaͤngigen Landes, oder eines Stuͤcks davon, kommen ebenfalls ſelten vor.

*)Elbingen; Corſica.
*)

Es koͤnnen auch leicht Streitigkeiten daraus entſtehen.

*)Vattel 2, 310.
*)

Graͤnzſachen.

§. 15.

Vile Souverainen von Europa haben mit ihren Nachbarn Graͤnzſtreitigkeiten; welche bald mehr bald weniger zu bedeuten haben.

*)Ausw. St. Recht, S. 42. 368.
*)
J 2§. 16.1326. Capitel.

§. 16.

Manche derſelbigen ruhen meiſtens, und kommen nur zuweilen zum Vorſchein, gehen auch bald wieder voruͤber.

§. 17.

Andere hingegen ſeynd ernſthaffter betriben worden, und haben Gelegenheit zu Kriegen, oder anderen ſchweren Thaͤtlichkeiten, gegeben.

*)Acadien; Portugall und Spanien. Vattel 2, 398.
  • Strube (Dav. Ge. ) von den zwiſchen den Cronen Franckreich und Großbritannien ent - ſtandenen Streitigkeiten uͤber die Graͤnzen des Landes Acadien, in Nord-America; in ſeiner Nebenſt. 5. Theil, S. 494.
*)

§. 18.

Theils Staaten haben ihre Graͤnzen durch eigene, (manches beſondere enthaltende,) Bar - riere-Tractaten ſicher zu ſtellen geſucht.

*)Oeſterreich und die vereinigte Niderlande.
*)

Diſpoſitionen uͤber dritte Lande.

§. 19.

Ordentlicher Weiſe koͤnnen Souveraine nicht uͤber eines dritten Staats Lande diſponiren:

Indeſſen gibt es aber mehrere, zum Theil ausnehmende, Beyſpile, da es dannoch ge - ſchehen iſt.

*)Spanien, Polen, Finale; Fridensſchluͤſſe. Ausw. St. Recht, S. 369.
*)
Lan -133Von Landen und Meeren.

Lande der Wilden.

§. 20.

Die Europaͤiſche Souverains halten fuͤr er - laubt, wann ſie in anderen Welttheilen feſtes Land oder Inſuln antreffen, welche noch von keiner andern Europaͤiſchen Nation in Beſiz ge - nommen worden ſeynd, ſelbige fuͤr ſich in Be - ſiz zu nehmen.

§. 21.

Doch wollen es nicht alle Souverains in Anſehung ſolcher Inſuln ꝛc. geſtatten, welche ihren dortigen Staaten zu nahe ligen, und Ge - fahr bringen koͤnnten.

*)Großbritannien und Spanien.
*)

Meere.

§. 22.

Ob und wie ferne das Meer einer Oberherr - ſchafft faͤhig ſeye? wurde ins beſondere im vori - gen Jahrhundert zwiſchen Engelland und denen vereinigten Niderlanden geſtritten. (1)ſ. Kahlens Biblioth. philoſoph. Part. 2. p. 366. ſqq.

Die heutige Grundſaͤze derer Europaͤiſchen Souverainen kommen darauf hinaus.

*)Vattel 1, 398.
*)

§. 23.

So weit das Meer von dem Land aus mitJ 3Ca -1346. Capitel. Canonen beſtrichen werden kan, wird es mit zu den Kuͤſten und dem veſten Land gerechnet.

§. 24.

Wo und in ſo ferne ein Souverain in dem Stand iſt, die an ſeine Staaten graͤnzende Meere auf einige (nicht beſtimmte,) Diſtanz, zu ſchuͤzen, wird ihme auch nicht leicht die Ober - herrſchafft davon ſtreitig gemacht.

*)Ißland, Groͤnland.
*)

§. 25.

Meerbuſen, die von eines einigen Herrn Landen umſchloſſen werden, ſtehen unter ihme.

§. 26.

Wann aber deren Kuͤſten von mehreren Na - tionen bewohnet werden, geſtehet man einer eini - gen derſelben keine ſolche Oberherrſchafft zu.

*)Adriatiſches Meer.
*)

§. 27.

Einige Meerengen werden als frey erkannt.

*)Straſſe von Gibraltar.
*)

§. 28.

Bey anderen hingegen iſt ein Souverain im Beſiz einer Oberherrſchafft derſelbigen.

§. 29.

Des Canals zwiſchen Großbritannien, Franckreich und den vereinigten Niderlanden Oberherrſchafft ſchreibet ſich zwar Großbritan - nien zu: Es kommt aber doch offt vil auf die uͤbrige Zeit-Umſtaͤnde an.

§. 30.135Von Landen und Meeren.

§. 30.

Die Mittellaͤndiſche, auch Nord - und Oſt - See, ingleichem die groſſe Weltmeere, ſeynd allen Voͤlckern gemein; in ſo ferne nicht beſon - dere Vertraͤge in einigem eine Ausnahm und Abfaͤlle verurſachen.

Haͤven.

§. 31.

Daß ein Souverain da oder dort keinen Ha - ven anlege, oder einen vorhandenen in gewiſſe Umſtaͤnde zuruͤckſeze, kan wohl durch Vergleiche erhalten werden: Auſſer deme aber iſt es keine Schuldigkeit.

*)Duͤnkirchen; Mardyck.
*)

§. 32.

Wegen des einlauffens in einen Haven, des Verhaltens waͤhrenden Aufenthalts darinn, und des wiederauslauffens macht jeder Souve - rain Geſeze, wie er will; denen ſich auch Aus - waͤrtige gemaͤß bezeugen muͤſſen.

§. 33.

Doch werden auch vilfaͤltig zwiſchen einigen Nationen in denen Handlungs - und Schiff - fahrts - oder anderen Tractaten Abreden deßwe - gen genommen.

§. 34.

Von denen Freyhaͤven werde ich Cap. 14. reden.

J 4Ver -1366. Capitel.

Verlezung des Gebiets.

§. 35.

Die Verlezung des Gebiets iſt, wann ein Souverain in eines dritten Souverains Landen oder Meeren in Fridenszeiten etwas unternimmt, ſo des erſteren Gerechtſamen nachtheilig iſt.

*)Ausw. St. Recht, S. 167.
*)

§. 36.

Diſes kan auf gar vilerley Weiſe geſchehen: Vornemlich gehoͤren dahin folgende Stuͤcke.

§. 37.

Gewaffneter Einfall in ein Land; eigen - maͤchtiger gewaffneter Durchzug; eigenmaͤchti - ge Beſezung der Veſtungen; eigenmaͤchtige Einquartierung, u. ſ. w.

§. 38.

Eigenmaͤchtige Verfolgung der Uebelthaͤter in ein fremdes Gebiet; oder auch eigenmaͤchtige Abhohlung derſelben, oder der Landesuntertha - nen, oder anderer dritter Perſonen, daraus; zu - malen mit groſſer Gewalt.

§. 39.

Heimliche Werbungen; zumalen wo dabey Gewalt gebraucht wird.

§. 40.

Allemal iſt die Verlezung des Gebiets eine Beleidigung; welche aber, nach Beſchaffenheit der Umſtaͤnde, bald groͤſſer bald geringer iſt.

§. 41.137Von Landen und Meeren.

§. 41.

Nach denſelbigen, wie auch derer Parthien, ſo es mit einander zu thun haben, laͤſſet man es ſo dann entweder bloß bey einer Proteſtation oder Beſchwerde bewenden, oder fordert Genug - thuung, oder nimmt ſich ſolche ſelbſt.

*)Vattel 2, 438.
*)

§. 42.

Mehreres, ſo auch in diſes Capitel einſchlaͤ - get, kommt unten in denen Materien von Ga - rantien und Anſpruͤchen vor.

Sibendes Capitel. Von der Souverainen Bedienten und Unterthanen uͤberhaupt.

Unterthanen Reſpect gegen dritte Souverains.

§. 1.

Unterthanen eines Souverains ſeynd einem dritten Souverain zwar keine Treue und Gehorſam, wohl aber Ehrerbietung und Re - ſpect, in Schrifften, Worten und Wercken, ſchuldig.

§. 2.

Wann ein Unterthan ſich dagegen verfehlt, iſt ſein Herr ſchuldig, ihn zu einer billigen Ge -J 5nug -1387. Capitel. nugthuung anzuhalten; nicht aber, ihn auszu - lifern.

Einerley Perſon mehrfacher Unterthan.

§. 3.

Einerley Perſon kan zuweilen in Ruͤckſicht auf ihre Geburt und Wohnung, ſo dann eines tragenden Amtes, zu gleicher Zeit zweyerley Souverainen Unterthan ſeyn.

§. 4.

Noch oͤffter traͤgt es ſich zu, daß einerley Perſon in Anſehung verſchidener Guͤter mehrerer Souverainen Unterthan iſt.

§. 5.

Diſes hat alsdann in Kriegszeiten manchma - len beſchwerliche Folgen, und veranlaßt oͤffters eine Colliſion der Pflichten.

§. 6.

Wann aber ein ehemaliger Unterthan ſeiner dißfallſigen Pflichten auf eine rechtmaͤßige Weiſe erlediget worden iſt, kan er hinfuͤro nicht an - derſt, als wie ein fremder Unterthan, behandelt werden.

*)Patkul.
*)

Huldigung.

§. 7.

Alle Unterthanen ſeynd dem Souverainen zur Erbhuldigungs-Pflicht verbunden.

§. 8.139Von Bedienten und Unterthanen.

§. 8.

Wann aber eine auswaͤrtige Standesperſon zugleich eines dritten Souverains Unterthan iſt, wird in Anſehung der Formalitaͤt meiſtens in etwas diſpenſirt.

Eingebohrene.

§. 9.

In allen Staaten pflegen die Eingebohrene vor denen Auslaͤndern allerley Vorrechte zu ha - ben, welche ihre Perſon, oder Vermoͤgen, oder gewiſſe Aemter, oder die Abgaben, u. ſ. w. betreffen.

§. 10.

Will man nun einen Fremden denen Einge - bohrenen darinn gleichſtellen; ſo wird er natu - raliſirt.

§. 11.

Es hat aber auch die Naturaliſation ihre gar mercklich verſchidene Grade.

Rangſachen.

§. 12.

So wenig die Souverainen Selbſt groͤſten Theils einen gewiſſen Rang unter ſich haben; eben ſo wenig haben auch die ihnen untergebene Nationen dergleichen:

Auſſer was das Roͤm. Reich dißfalls theils hergebracht hat, theils verlangt.

§. 13.1407. Capitel.

§. 13.

Eine Nation kan zwar wegen des Rangs gewiſſer von ihren Mitglidern vor Fremden einen Schluß faſſen; welchem ſo dann auch in ſolchem Staat nachgegangen werden muß:

Er verbindet aber keine dritte Staaten.

*)Beyſpile von R. Schluͤſſen wegen der Praͤlaten und Grafen.
*)

§. 14.

Sondern jede Perſon von jeder Europaͤiſcher Nation hat (wenigſtens an dritten Orten,) allemal eben den Rang, welchen andere ihres gleichens von allen anderen Nationen haben.

§. 15.

Doch leidet diſe Regul auch ihre Abfaͤlle.

*)Z. E. Teutſche Herzoge, Marckgrafen, Fuͤrſten ꝛc. und andere Ducs, Marquiſes, Marcheſen, Princes &c.
*)

§. 16.

Einem jeden Souverain ſtehet uͤbrigens frey, ſeine eigene Unterthanen, nach Gefallen, in ge - wiſſe Claſſen einzutheilen, oder ſie ſonſten zu unterſcheiden, wie er will.

§. 17.

Jeder Herr oder Staat richtet ferner, wie (ſchon obgedachter maſſen,) das Ceremoniel uͤberhaupt, ſo auch die Rangordnung, an ſei - nem Hof und in ſeinen Landen nach Gefallen ein; und nach ſolcher muͤſſen ſich auch die Frem - de richten.

§. 18.141Von Bedienten und Unterthanen.

§. 18.

An einigen Hoͤfen ſeynd etwa nur ein paar Gattungen Perſonen, die (auſſer ihrem Amt,) einen gewiſſen Rang haben.

§. 19.

An theils Hoͤfen wird auch aller Hof-Civil - und anderer Bedienten Rang nach einem ge - wiſſen Grad des Rangs derer militar-Bedien - ten, ſo ihnen beygeleget wird, beurtheilt.

§. 20.

Doch laͤſſet man bloß durchpaßierenden, oder ſich kurze Zeit aufhaltenden, Fremden im Rang, und ſonſt, meiſtens mehr Ehre wieder - fahren, als ihnen auſſer deme gebuͤhrete.

Viceroys, ꝛc.

§. 21.

Vice-Rois, General-Gouverneurs und Statthaltere, uͤber ganze unabhaͤngige, oder doch ſonſt groſſe, Staaten, welche eine Art von Repraͤſentativ-Character haben, genieſſen waͤhrenden Amtes, auch nach dem Voͤlckerrecht, manche ſonſt auderen Standesperſonen ihres gleichen nicht zukommende Vorzuͤge in allerley Sachen.

*)Mein Voͤlckerrecht in Frid. Zeit. S. 174.
*)

Chefs und Staatsbediente.

§. 22.

Die Maitres oder Chefs derer hoͤchſten Hof -aͤmter,1427. Capitel. aͤmter, wann ſie geringer, als Fuͤrſtlichen Stan - des ſeynd, bekommen den Titul: Excellenz.

§. 23.

So auch gewiſſe hohe Staatsbediente.

  • ſ. Mosers (Frid. Carl) Actenmaͤßige Ge - ſchichte der Excellenz-Titulatur; in ſeiner klein. Schrifft. 2. Band, S. 100. 3. Band, S. 1.

§. 24.

An einigen Hoͤfen hat man einige Gattun - gen und Claſſen von Excellenzien einfuͤhren wollen.

§. 25.

Manche, ſo an einem mittleren Hof die Excellenz unſtreitig haben, verlangen und be - kommen ſie deßwegen doch an denen groſſen Hoͤ - fen nicht.

§. 26.

Ein Souverain kan dem andern nicht vor - ſchreiben, wen er in ſeinen Staatsgeſchaͤfften gebrauchen ſolle: Er iſt hingegen aber auch nicht ſchuldig, mit einem, der ihme nicht an - ſtaͤndig iſt, in dergleichen Sachen handlen zu laſſen.

§. 27.

Eines anderen Souverains Staatsbediente und deren Subalternen zu beſtechen, vertheidi - get man zwar eben nicht oͤffentlich, als etwas erlaubtes; thut es aber dennoch zum oͤffteren.

Eigene143Von Bedienten und Unterthanen.

Eigene Unterthanen.

§. 28.

Kein Unterthan kan ſich gegen einen dritten Souverain weiter verpflichten, als ihme nach ſeines Vaterlandes Verfaſſung erlaubt iſt.

*)Schweiz.
*)

§. 29.

Ob und wie ferne ein Unterthan ſich, ohne ſeines Souverains Vorwiſſen und Bewilligung, in eines anderen Staats civil - oder militar - Dienſte begeben koͤnne? kommt auf jeden Staats Verfaſſung an.

§. 30.

Abſonderlich kan ein Souverain gewiſſen Gattungen von Perſonen verbieten, andere Dienſte anzunehmen.

§. 31.

Ein Souverain kan das Reiſen ſeiner Un - terthanen in fremde Lande einſchraͤncken.

§. 32.

So auch das heurathen auswaͤrtiger Per - ſonen.

*)Vattel 2, 135.
*)

§. 33.

Ein Souverain kan ſeinen Unterthanen den Umgang mit gewiſſen Perſonen an dritten Or - ten verbieten.

*)Praͤtendent.
*)
§. 34.1447. Capitel.

§. 34.

Jeder Souverain kan, ſo weit es ſeiner in - neren Verfaſſung gemaͤß iſt, das emigriren ſei - ner Unterthanen einſchraͤncken, oder gar ver - bieten.

*)Freyer Zug.
*)

Fremde Unterthanen.

§. 35.

Fremden bedraͤngten Unterthanen zu Waſſer und Land beyzuſpringen, haͤlt man zwar auch dem Voͤlckerrecht gemaͤß zu ſeyn; doch bleibet dabey viles willkuͤhrlich.

*)Vattel 2, 10.
*)

§. 36.

Fremden Unterthanen wird in Fridens - und nicht-contagioſen Zeiten nirgends der Eintritt, eine der Verfaſſung des Staats gemaͤſſe Durch - reiſe, oder auch ein ſelbſtgefaͤlliger Aufenthalt im Land, verſagt:

Doch gibt es auch mancherley Ausnahmen hievon.

§. 37.

Ein Souverain darff fremde in ſeinen Staa - ten ſich aufhaltende Unterthanen nicht unbilliger Dingen an ihren Perſonen oder Guͤtern be - ſchweren noch beleidigen.

§. 38.

Und ſo muß er ihnen auch gegen unbilligen fremden Gewalt hinlaͤnglichen Schuz, ſo vil moͤglich, angedeyhen laſſen.

§. 39.145Von Bedienten und Unterthanen.

§. 39.

In gewiſſen Faͤllen kan ein Souverain frem - den Perſonen, Schiffen, u. ſ. w. auf eine Zeit - lang das abreiſen verbieten.

§. 40.

Im Nothfall bedienet man ſich auch frem - der Unterthanen und ihrer Geraͤthſchafft zum Dienſt des Staats; doch ordentlicher Weiſe gegen eine billige Verguͤtung.

*)Transportſchiffe.
*)

§. 41.

Jeder Souverain iſt zwar befugt, bekannt machen zu laſſen, was fuͤr Freyheiten fremde Unterthanen, ſo ſich in ſeinen Staaten niderlaſ - ſen wollen, zu genieſſen haben ſollen:

§. 42.

Aber er iſt nicht befugt, Leute auszuſenden, welche in anderer Souverainen Landen die Un - terthanen aufmuntern, ihr Vaterland zu ver - laſſen.

*)Ausw. St. Recht, S. 329.
*)

§. 43.

Widrigen Falles kan der Landesherr mit aͤuſſerſter Schaͤrffe gegen ſolche Emiſſarien ver - fahren.

§. 44.

In Fridenszeiten iſt kein Souverain befugt, des anderen Unterthanen von dem Gehorſam und der Treue gegen ihren Landesherrn, heim -Klich1467. Capitel. lich oder oͤffentlich, zu verleiten, oder abzuhal - ten.

§. 45.

Gleiche Beſchaffenheit hat es mit dem frem - den fluͤchtigen oder anderen Unterthanen erthei - lenden Schuz.

*)Mein Ausw. Staatsr. S. 324. 331. 334. Vattel 2, 72.
*)

§. 46.

Desgleichen mit einem ihnen bewilligendeu militariſchen oder anderen Beyſtand.

Abfaͤllige Unterthanen.

§. 47.

Wann Unterthanen ihrem bißherigen Sou - verain den Gehorſam aufkuͤndigen, und ſich ſelb - ſten fuͤr unabhaͤngig erklaͤren, kommt es auf jeden dritten Souverain an, wie er ſich dabey betragen wolle, ſo lang die Sache noch im Streit iſt.

*)Beyſpile von den vereinigten Niderlanden und den Engliſchen Colonien.
*)

§. 48.

Wann er auch eine Zeitlang die eine Parthie ergriffen hat, kan er deßwegen doch hernach dieſelbe verlaſſen, und die andere erwaͤhlen.

§. 49.

Noch weniger kan ihme verarget werden, wann er ſeine gute Dienſte anbietet, dergleichen innerliche Kriege beylegen zu helffen.

§. 50.147Von Bedienten und Unterthanen.

§. 50.

Erhaͤlt aber der Streit zulezt durch Guͤte oder die Waffen ſeine Entſcheidung, pflegen es andere Staaten auch dabey bewenden zu laſſen; in ſo ferne ſie nicht ein beſonderes Recht oder Intereſſe dabey haben.

*)Teutſchland und die vereinigte Niderlande.
*)

§. 51.

Mehreres von den Rechten und Pflichten eines Souverains 1. uͤber ſeine eigene Bediente und Unterthanen, in Abſicht auf andere Sou - verainen, 2. uͤber ſeine eigene Bediente und Un - terthanen, ſo ſich in fremden Landen aufhalten, 3. uͤber fremde Bediente und Unterthanen, ſo ſich in ſeinen Landen, oder 4. an dritten Orten, befinden, kommt hernach vor, oder leidet der Plaz nicht.

Achtes Capitel. Von Religionsſachen.

Religionskriege.

§. 1.

Die Zeiten, da die chriſtliche Souverains gemeinſchafftliche Sache mit einander machten, um die chriſtliche Religion gegen die Saracenen und Tuͤrcken zu vertheidigen, ſeynd vorbey; auch iſt die Ottomanniſche Pforte derK 2Chri -1488. Capitel. Chriſtenheit nicht mehr ſo furchtbar, als nur noch biß zu Ende des vorigen Jahrhunderts.

§. 2.

Ja manche chriſtliche Souverains tragen kein Bedencken, ſich mit der Pforte zu verbin - den, um ein - oder anderer Chriſtlichen Souve - rainen Macht zu ſchwaͤchen, zu zertheilen, oder doch zuruͤck zu halten.

§. 3.

So ſeynd auch zu unſeren Zeiten in denen einzelnen Europaͤiſchen Staaten nicht mehr, wie vormals, innerliche Kriege unmittelbar um der Religion willen gefuͤhret worden:

Mithin haben auch andere Machten nicht mehr, wie vormals, Gelegenheit gehabt oder genommen, an dergleichen Kriegen, in Abſicht auf ihre Glaubensgenoſſen, Antheil zu nehmen, und ihnen Beyſtand zu leiſten.

  • ſ. Strube (Dav. Ge. ) von Religions-Krie - gen; in ſeiner Nebenſtund. 2. Theil, S. 185.

§. 4.

Indeſſen hat doch von Zeit zu Zeit die Re - ligion in die geſchloſſene Buͤndniſſe und in die gefuͤhrte Kriege bald einen ſchwaͤcheren, bald ei - nen ſtaͤrckeren, Einfluß gehabt.

Religions-Balance.

§. 5.

Uebrigens hat die Roͤmiſch-Catholiſche Re -ligion149Von Religionsſachen. ligion dermalen in Europa in Weſten und Suͤ - den - die Evangeliſch - und Griechiſche aber in Norden und Nord-Oſten das Uebergewicht.

Religionshandlungen unter den Sou - verainen.

§. 6.

Jede diſer Religionsparthien pfleget zuwei - len unter ſich einige Handlungen uͤber Sachen, welche in das Religionsweſen einſchlagen.

*)Religionsbeſchwerden, Vertreibung der Jeſuiten; Calender.
*)

§. 7.

Ja auch Staaten verſchidener Religion neh - men zuweilen in ihren Buͤndniſſen, Fridens - ſchluͤſſen, u. ſ. w. Abreden in Religionsſachen.

*)Mein T. auswaͤrt. Staatsr. S. 32.
*)

§. 8.

Wann aber dergleichen nicht mit aller In - tereſſenten Bewilligung geſchehen iſt, koͤnnen die groͤſte Unruhen daraus entſtehen.

*)Ryswickiſche Fridens-Clauſul.
*)

Religionsſachen der Unterthanen.

§. 9.

Wann eines Souverains um der Religion willen verfolgte Unterthanen ſich in fremde ihrer Religion zugethane Staaten fluͤchten, halten die leztere ſich fuͤr berechtiget, ſie zu ihren Unter - thanen anzunehmen.

K 3*) Mein1508. Capitel.
*)Mein T. Auswaͤrt. Staatsr. S. 295.
*)

§. 10.

So auch, wann eine catholiſche Macht ihre Evangeliſche Unterthanen ſtarck druͤcket, halten die Evangeliſche Staaten ſich fuͤr befugt, der - ſelben Vorſtellungen deßwegen zu thun.

*)Vattel 2, 81. Mein T. Auswaͤrt. Staatsr. S. 120. u. f. 294. u. f. Bey - ſpile von Teutſchland und Polen.
*)

§. 11.

Wann diſe nichts verfangen, bringt man etwa die Sache bey Fridenscongreſſen an.

§. 12.

Abſonderlich aber nehmen die, ſo die Ga - rantie in Anſehung der Religionsverfaſſung ei - nes Staats auf ſich haben, ſich zuweilen der Sache ins beſondere an, oder bedienen ſich doch diſes Vorwands zu Bedeckung anderer Ab - ſichten.

§. 13.

Zu Repreſſalien in Religionsſachen iſt es zu unſerer Zeit, auſſer Teutſchland, nirgendswo gekommen.

Toleranz.

§. 14.

An den meiſten Orten fangt man an, ſo vil andere Religionsverwandte betrifft, toleran -ter151Von Religionsſachen. ter und freundſchafftlicher zu werden; ſelbſt am Paͤbſtlichen Hofe.

*)Vattel 2, 20.
*)

§. 15.

Es wird dahero auch ordentlicher Weiſe de - nenſelben, in Anſehung der Bereiſung anderer Laͤnder und des Aufenthalts darinn, nichts in den Weg gelegt.

*)Ausnahmen.
*)

§. 16.

Auch wird denen darinn wohnenden, in Ruͤckſicht auf ihren privat-Gottesdienſt, an manchen Orten immer mehrere Freyheit geſtat - tet; ſonderlich denen Handelsleuten.

§. 17.

Dagegen iſt auch allerdings billig, daß ſol - che Perſonen ſich nichts gegen die in jedem Staat herrſchende Religion zu Schulden kom - men laſſen; oder widrigen Falles deßwegen ge - buͤhrend angeſehen werden.

Juden.

§. 18.

Mit denen Juden haͤlt es jeder ſouverainer Staat nach ſeinem eigenen Gutbefinden; und es iſt einer derer ſeltenſten Faͤlle, daß Europaͤi - ſche Souverainen ihrethalben etwas mit einan - der zu thun bekaͤmen.

*)Prag.
*)
K 4Neun -1529. Capitel.

Neuntes Capitel. Von Staatsſachen.

Nicht-Einmengung in fremde Staats - Sachen.

§. 1.

Staatsſachen betreffen entweder die innerli - che Verfaſſung und Regierung eines Staats, oder deſſen Verhaͤltniß, Rechte und Pflichten, in Anſehung anderer auswaͤrtiger Staaten.

§. 2.

Die Natur der Unabhaͤngigkeit eines Staats bringt es mit ſich, daß ein jeder ſouverainer Staat in beeden Arten von Geſchaͤfften ordent - licher Weiſe es nach eigenem Wohlgefallen, (nur der inneren Grundverfaſſung jeden Staats gemaͤß,) damit halten koͤnne, wie er wolle, und kein dritter Staat ihme darinn etwas vor - zuſchreiben habe.

§. 3.

In einigen Staaten ſeynd auch eigene Grund - geſeze deßwegen vorhanden, daß man keinen fremden Machten geſtatten ſolle, ſich in die Staats-Angelegenheiten derſelbigen, oͤffentlich oder heimlich, zu mengen.

*)Kayſerl. Wahlcap. ſ. Mein T. Auswaͤrt. Staatsr. S. 103. u. f.
*)
Zu153Von Staatsſachen.

Zu Red-ſezung anderer Souverainen.

§. 4.

Daraus folget alſo auch, daß ordentlicher Weiſe kein Souverain dem andern wegen ſeines Thuns und Laſſens Red und Antwort zu geben habe:

§. 5.

Und iſt diſes; ſo darff auch ordentlicher Weiſe kein Souverain den anderen wegen ſeines Thuns und Laſſens zu Rede ſtellen.

  • ſ. von Moser (Frid. Carl) Abhandlung von dem Recht eines Souverains und freyen Staats, den andern wegen ſeiner Handlun - gen zu Red zu ſtellen; in ſeiner klein. Schrifft. 6. Band, S. 287.

Faͤlle, worinn dritte Souverainen an Staatsſachen Antheil nehmen.

§. 6.

Indeſſen leiden doch diſe Regeln ihre mannig - faltige Abfaͤlle; welche ſich theils auf gewiſſe Rechte gruͤnden, theils aber auch bloß de facto geſchehen.

§. 7.

In Staatsſachen, welche in die Religion einſchlagen, koͤnnen die Roͤm. Catholiſche Mach - ten nichts ohne Vorwiſſen und Bewilligung des Roͤm. Pabſts verfuͤgen; wiewohl ſich dieſelbige, (ſchon oben erinnerter maſſen,) darinn, ſon -K 5derlich1549. Capitel. derlich ſeit kurzem, immer mehrers herausneh - men, und dem Pabſt in manchem nur noch ein Schatten ſeiner vorigen Gewalt uͤbrig verbleibet.

§. 8.

So dann koͤnnen Vertraͤge hierinn mancher - ley Ausnahmen verurſachen: Welche Vertraͤge aber wiederum von gar verſchidener Art ſeynd.

§. 9.

So haben, einige aus einerley Hauſe ab - ſtammende, Souverainen gewiſſe Familien - Tractaten mit einander geſchloſſen, daß ſie in denen darinn benahmsten Angelegenheiten ge - meinſchafftlich zu Werck gehen - und ſich darinn nach einander richten wollen.

*)Bourbon.
*)

§. 10.

In anderen Reichen haben benachbarte Staaten die Garantie der Grundgeſeze, oder doch einiger Stuͤcke derſelbigen, uͤbernommen; davon unten Cap. 16. ein mehreres vorkommen wird.

*)Polen; Schweden; Teutſchland.
*)

§. 11.

In dergleichen Faͤllen nun hat ein dritter Staat in ſo weit ein wahres und voͤlliges Recht, ſich mit des anderen Staatsangelegenheiten in gewiſſen Faͤllen zu ſchaffen zu machen:

Auſſer deme aber kan und ſolle es entweder gar nicht, oder doch nur auf eine Weiſe - ge - ſchehen, die den anderen Staat eigentlich zu nichts verbindet.

§. 12.155Von Staatsſachen.

§. 12.

Nach Beſchaffenheit der Umſtaͤnde kan nem - lich ein Souverain dem andern zwar ſeine gute freund - und nachbarliche Dienſte dißfalls anbie - ten: Er muß aber erwarten, ob es angenom - men werden will.

§. 13.

Wann aber die in einem Staat ſich erzeigen - de Unruhen, (zumalen wann ſolche von langer Dauer und wohl gar gewiſſer maſſen mit in deſſen Verfaſſung gegruͤndet ſeynd,) auch an - dere benachbarte Staaten in Furcht, Gefahr, Koſten, oder gar wuͤrcklichen Schaden, ſezen; ſo balten die Nachbare ſich fuͤr befugt, darauf, (auch allenfalls mit benoͤthigtem Nachdruck,) zu arbeiten, daß diſem Uebel abgeholffen werde.

*)Polen; Teutſchland.
*)

§. 14.

Gemeiniglich muͤſſen ſo dann dergleichen in Factionen zertheilte Staaten, fruͤher oder ſpaͤter, der Uebermacht der Benachbarten weichen, von ihnen darinn Geſeze annehmen, und ihnen das Recht zugeſtehen, ins kuͤnfftige einen gewiſſen Einfluß in ihre Staatsſachen zu haben.

§. 15.

Uebrigens ergeben die Staatshandlungen, daß einige Staaten, (allemal ſolche, in welchen die Reichsſtaͤnde vil zu ſagen haben,) oder doch ein Theil derſelben, mehrmalen ſchwere Klagen gefuͤhret haben, daß diſer oder jener Staat ſichin1569. Capitel. in ihren Staatsſachen mehr herausgenommen, als ſich gebuͤhret habe.

*)Mein T. Auswaͤrt. Staatsr. S. 103.
*)

Betragen in critiſchen Zeiten.

§. 16.

Ein Souverain, ſo mit einem andern gut ſte - het, und nichts boͤſes gegen ihne im Sinn hat, aber, aus geheimen Urſachen, ſich in eine ſolche Verfaſſung ſezet, welche einem benachbarten oder auch anderen Staat verdaͤchtig vorkommen koͤnnte, pfleget ihme zu ſeiner Beruhigung frey - willig ſolche Erklaͤrungen daruͤber zugehen zn laſſen, wobey er ſich befridigen kan.

§. 17.

Wo nicht; ſo kan wohl ein Souverain den anderen, welcher ſolche Anſtalten macht, die jenem einen gegruͤndeten Argwohn eines ihme nachtheiligen Vorhabens erwecken, auf eine un - ter Souverainen geziemende und ſchickliche Wei - ſe, freundſchafftlich um eine hinlaͤnglich beruhi - gende Erlaͤuterung daruͤber bitten.

§. 18.

Nun gibt zwar oͤffters der befragte Souve - rain darauf zur Antwort: Daß er nicht ſchul - dig ſeye, Andern wegen ſeines Thuns und Laſ - ſens Rechenſchafft zu geben; oder er erklaͤret ſich zweydeutig, oder ſonſt nicht hinlaͤnglich genug: Und es iſt an deme, daß, wann es nicht wei -ter157Von Staatsſachen. ter zu bringen iſt, der Anfragende es ſich muß gefallen laſſen.

§. 19.

Ob aber ſolchen Falles der Anfragende, wann er uͤberzeugt zu ſeyn glaubt, daß er einen Ueberfall zu befoͤrchten habe, zuvorkommen und zu erſt losſchlagen koͤnne? iſt zu unſeren Zeiten ſcharff geſtritten worden.

*)Oeſterreich, Rußland, Sachſen und Preuſſen.
*)

§. 20.

Diſes iſt weniger ſtreitig, daß in einem ſol - chen Fall der anfragende Souverain befugt - und, der Klugheit nach, ſchuldig ſeye, ſich auf allen Fall in einen genugſamen Vertheidigungs - Stand zu ſezen.

§. 21.

Ob, wann, und wie ferne, er aber wegen der zu ſolchem Ende aufgewandten Koſten Ge - nugthuung forderen koͤnne? iſt eine ſchwere Frage; deren Entſcheidung gemeiniglich nicht ſo wohl von Rechtsgruͤnden, als vilmehr von denen uͤbrigen politiſchen Umſtaͤnden, abhanget.

Rechte der Unterthanen in Staats - Sachen.

§. 22.

Staͤnde und Unterthanen eines Staats ſeynd noch weniger, als die Souverainen, be - fugt, ſich in fremde Staatsſachen zu mengen,Ab -15810. Capitel. Abordnungen an Auswaͤrtige zu thun, Verbin - dungen mit ihnen einzugehen, u. d.

*)ſ. Mein T. Auswaͤrt. Staatsr. S. 333.
*)

§. 23.

Doch iſt der Fall davon auszunehmen, wann der Souverain gegen die Grundverfaſſung ſei - nes Staats beharrlich handelt, dieſelbige in Ge - fahr des Umſturzes ſtehet, und keine glimpfliche Mittel etwas dagegen helffen.

*)Vattel 2, 70.
*)

Zehendes Capitel. Von Juſtizſachen.

Geſeze.

§. 1.

Souveraine koͤnnen ihre Geſeze in einigem zum Vortheil ihrer Landeseingeſeſſenen einrichten; ohne daß andere Staaten ſich mit Recht daruͤber beſchweren koͤnnten.

*)Beſiz ligender Guͤter; Ausloſung; Ac - cis; Zoll ꝛc.
*)

§. 2.

Doch muß es ſich nicht ſo weit erſtrecken, daß es wider die natuͤrliche Billigkeit laufft.

*)Concurſe. Was von Erbſchafften zu ſagen?
*)
§. 3.159Von Juſtizſachen.

§. 3.

In beeden Faͤllen hat, wann doch etwas zum Nachtheil der Fremden geſchiehet, und die Vorſtellungen nichts helffen, die Retorſion ſtatt.

Juſtizpflege.

§. 4.

Wann ein Souverain, oder deſſen Unter - thanen, gegen einen anderen Souverainen, oder deſſen Unterthanen, in privat-Juſtizſachen zu klagen haben, muͤſſen ſie an denen darzu ge - ordneten Landesgerichten Recht nehmen und ge - ben; ohne daß ſich ihr Herr darein zu mengen haͤtte; als etwa durch Interceßionen.

*)Mein T. Ausw. Staatsr. S. 325.
*)

§. 5.

In gewiſſen Faͤllen aber koͤnnen doch auch Unterthanen ihre Beſchwerden uͤber einen dritten Staat, oder deſſen Unterthanen, bey ihrem ei - genen Landesherrn anbringen, und demſelben uͤberlaſſen, wie er thunlich oder raͤthlich finde, ihnen zu ihrem Recht zu verhelffen.

*)Mein Auswaͤrt. T. Staatsr. S. 335.
*)

§. 6.

Man muß Fremden eben ſo ſchleunige und unpartheyiſche Juſtiz widerfahren laſſen, als denen Eingeſeſſenen.

§. 7.16010. Capitel.

§. 7.

Auſſerordentliche Gaſtgerichte ihretwegen zu halten, iſt wenigſtens keine Schuldigkeit.

§. 8.

Wohl aber thut man etwa, aus Staatsur - ſachen, zuweilen ſonſt etwas uͤbriges.

*)Mein T. Auswaͤrt. Staatsr. S. 325.
*)

§. 9.

Fremde Unterthanen, und deren Souve - rain, muͤſſen ſich bey denen an den Landesge - richten gefaͤllten Urtheilen und denen den Inn - laͤndern dagegen zuſtehenden Rechtsmitteln be - gnuͤgen, und koͤnnen nichts beſonderes verlan - gen.

*)Vattel 2, 101.
*)

§. 10.

Nur, wann erweislich iſt, daß ſelbſt gegen die eigene Landesgeſeze zum Nachtheil eines Aus - waͤrtigen gehandelt oder geſprochen worden iſt, kan man deſſen Abaͤnderung verlangen und be - treiben.

Juſtizverweigerung.

§. 11.

Angebliche Juſtizverweigerungen in kleinen privat-Juſtizſachen ſeynd noch keine rechtmaͤßige Urſach zu einem Krieg.

*)Rußland und Schweden.
*)

§. 12.

Eher aber zu gelinderen gewaltſamen Mitteln.

§. 13.161Von Juſtizſachen.

§. 13.

Wann auch eines Souverains Unterthanen an eines andern Staats Unterthanen liquide For - derungen haben, und nicht darzu gelangen koͤn - nen, jener Herr kan ihnen aber in ſeinen eigenen Landen darzu behuͤlfflich ſeyn, iſt es nicht un - recht gehandelt.

Gerichtsſtand der Fremden.

§. 14.

Fremde Unterthanen, die keine oͤffentliche Perſonen ſeynd, ſtehen unter der Gerichtbarkeit des Souverains, in deſſen Gebiet ſie ſich auf - halten.

§. 15.

Doch, nach ſtrengen Rechten, auch nicht laͤnger, als ſie ſich darinn befinden.

§. 16.

So lang alſo eines Souverains Unterthan ſich in fremden Landen befindet, iſt ſeines vori - gen Souverains Gerichtbarkeit uͤber ihne gewiſ - ſer maſſen ſuſpendirt.

§. 17.

In denen ſo genannten actibus voluntariæ Jurisdictionis, oder Juſtizſachen, darinn or - dentlicher Weiſe kein Gegentheil vorhanden iſt, muß ein fremder Unterthan ſich denen Geſezen des Staats, darinn er lebt, gemaͤß bezeugen.

§. 18.

Kein Unterthan kan aber eines fremden Sou -Lverains16210. Capitel. verains Gerichtbarkeit zum Nachtheil ſeines ei - genen Souverains, ausdruͤcklich oder ſtillſchwei - gend, erſtrecken.

Wuͤrckung fremder rechtlicher Er - kenntniſſe.

§. 19.

Die Wuͤrckung rechtlicher Erkenntniſſe er - ſtrecket ſich nicht weiter, als das Gebiet und die Gerichtbarkeit des Souverains gehen, in deſſen Namen ſie ergangen ſeynd.

§. 20.

Indeſſen laͤſſet man ſelbige dennoch in civil - Sachen auch in anderen Staaten meiſtens in ihrem Werth.

§. 21.

Wann aber ein Reichs - oder Landſtand ꝛc. in zweyer Souverainen Landen Guͤter beſizet, und beeder Staaten Geſeze oder andere Verfaſ - ſung collidiren in einigem mit einander, wird in jedem Land nach deſſen Geſezen geſprochen.

*)W. Moͤmpelgart.
*)

§. 22.

In criminal-Sachen kommt es auf des Landesherrns Belieben an, ob und wie ferne er die darinn anderwaͤrts ergangene Erkenntniſſe gelten laſſen will, oder nicht; Mancher paßieret dahero in einem Staat als ehrlich, der in einem andern als infam erklaͤret worden iſt.

Frem -163Von Juſtizſachen.

Fremder Unterthanen Stell-Beſtraf-Ver - folg-Durchfuͤhr - und Ausliferung.

§. 23.

Die Stellung fremder Unterthanen, um ſie als Zeugen abzuhoͤren, oder, wegen begangener Civil-Verbrechen, zu beſtrafen, iſt (wo man ſich keines anderen verglichen hat,) keine Schuldigkeit.

§. 24.

Ein Souverain kan, wann er will, die in einem anderen Staat begangene Verbrechen be - ſtrafen: Aber er muß es nicht.

*)Duelle; Mord; falſche Muͤnzen, ꝛc.
*)

§. 25.

Man darff einen Verbrecher, auf friſcher That, in eines anderen Souverainen Gebiet verfolgen; muß ihn aber ſo dann dem Lezteren auslifern.

§. 26.

Vil weniger darff man einen Verbrecher aus einem fremden Gebiet wegnehmen.

*)Mein Auswaͤrt. T. Staatsr. S. 328.
*)

§. 27.

Einen ſonſt in einem dritten Land ſich enthal - tenden Uebelthaͤter ſeinem vorigen Souverain auszulifern, kan als eine Freundſchafft, nicht aber als eine Schuldigkeit, verlangt werden.

L 2§. 28.16411. Capitel.

§. 28.

So auch die bloſſe Durchfuͤhrung eines De - linquentens; zumalen mit gewaffneter Hand.

Ueberhaupt.

§. 29.

Ueberhaupt muß ein Souverain die Grund - ſaͤze, nach welchen er in dergleichen Faͤllen han - delt, auch gegen ſich gelten laſſen; welches aber nicht allemal geſchiehet.

*)Mein Auswaͤrt. T. Staatsr. S. 327.
*)

Eilfftes Capitel. Von Militar-Sachen.

Land - und See-Etat.

§. 1.

Jeder Souverain richtet in Fridens-Zeiten ſeinen ordentlichen Kriegs-Etat zu Land und zu Waſſer ſo ein, wie es ihme gefaͤllig iſt; ohne daß ein anderer Staat etwas dagegen zu ſagen haͤtte.

*)Ausnahm; ſ. Mein T. Auswaͤrt. St. Recht, S. 304.
*)

§. 2.

Es treiben es auch wuͤrcklich die allermeiſteſo165Von Militar-Sachen. ſo hoch, als nur moͤglich iſt, daß die Kraͤffte ihrer Lande es ertragen koͤnnen.

§. 3.

Wann aber ein Herr uͤber diſes in Fridens - zeiten ſich zu Waſſer oder Land auſſerordentlich ruͤſtet, und ſolche Anſtalten machet, welche nur vor einem nahen Krieg vorgekehret zu werden pflegen, und eine dritte Macht wird dadurch in Sorge geſezt, haͤlt man es beederſeits, wie be - reits Cap. 9. gemeldet worden iſt.

Campements, ꝛc.

§. 4.

Alles bißhero geſagte gilt auch von Campe - ments, bedencklichen Marſchen, ſtarcker Zu - ſammenziehung der Voͤlcker in eine gewiſſe Ge - gend, u. ſ. w.

Veſtungsbau.

§. 5.

Ein Souverain, dem nicht durch Tractaten die Haͤnde gebunden ſeynd, darff auf ſeinem eigenen Grund und Boden Veſtungen an den Graͤnzen der Nachbarn anlegen, ſo nahe er kan und will.

*)Huͤnningen; Straßburg.
*)

§. 6.

Aber nicht auf fremden Gebiet.

*)Mein T. Auswaͤrt. Staatsr. S. 131.
*)
L 3Quar -16611. Capitel.

Quartiere, Beſazungen, Durchzuͤge, Ein - lauffen der Schiffe. ꝛc.

§. 7.

In Fridenszeiten darff kein Souverain eines Anderen Land mit viler oder weniger Mann - ſchafft, wider deſſelben Willen, mit Quartieren belegen.

*)K. Wahlcap. Art. 4. §. 18.
*)

§. 8.

Eben ſo wenig darff er, (auſſer dem Fall eines Vertrags,) einen oder anderen Plaz dar - inn beſezen.

*)cit. Staatsr. S. 131. 132. 309.
*)

§. 9.

Oder auch nur den Durchmarſch ganzer Corps ꝛc. aus Schuldigkeit verlangen.

*)ſ. mein T. Auswaͤrt. Staatsr. S. 131. 134.
*)

§. 10.

Wohl aber pfleget, auf eine allgemeine oder beſondere Anſuchung, aus Freundſchafft, we - niger Mannſchafft oder Recrouten, ein unſchaͤd - licher Durchmarſch nicht verweigert zu werden.

§. 11.

Man kan ſich dabey, gegen alle beſorgende oder veruͤbende Exceſſe, zuvor hinlaͤngliche Si - cherheit verſchaffen, oder auch hernach ſelbſten Genugthuung deßwegen nehmen.

§. 12.167Militar-Sachen.

§. 12.

Einige Staaten ſchlieſſen formliche Tracta - ten deßwegen.

*)Mein Ausw. T. Staatsr. S. 306.
*)

§. 13.

Eben ſo verhaͤlt es ſich auch mit der geſtat - tend - oder nicht geſtattenden Einlauffung ganzer Flotten, oder mehrerer oder einzelner Kriegs - ſchiffe, in Fridenszeiten in die Haͤfen ſolcher Machten, die im Friden leben.

§. 14.

Meerengen aber zu ſperren, und denen Kriegsſchiffen die Durchpaßierung derſelben zu verweigern, will ſchon mehr beſagen.

§. 15.

So gehet man auch bey ſchweren Stuͤrmen, oder andern Nothfaͤllen, mehrmalen von der ſonſt gewohnlichen Regel ab.

§. 16.

Doch muß dergleichen auch nicht zum Schleichhandel oder ſpioniren mißbraucht wer - den.

Fremde Werbungen und Kriegsdienſte.

§. 17.

Kein Staat iſt ſchuldig, einem anderen Wer - bungen in ſeinem Lande zu geſtatten:

*)Mein cit. Staatsr. S. 304.
*)
L 4§. 18.16811. Capitel.

§. 18.

Wohl aber kan er es aus Freundſchafft er - lauben, wann, wie, und auf wie lang, es ih - me beliebt.

§. 19.

Es werden auch wohl eigene Tractaten deß - wegen geſchloſſen, und etwa von Zeit zu Zeit erneuert und erſtreckt.

*)Franckreich; Schweiz.
*)

§. 20.

Oder es wird in eines Reiches Grundgeſezen dißfalls das noͤthige verſehen.

*)ſ. mein Auswaͤrt. Staatsr. S. 127. 305.
*)

§. 21.

In Kriegszeiten aber ſehen wenigſtens die Staaten, ſo mit dem werbenden Souverain im Krieg verfangen ſeynd, die Geſtattung der Wer - bungen nicht gerne, und ſuchen es, ſo vil moͤg - lich, zu verhindern.

*)Teutſchland; Schweiz.
*)

§. 22.

Eines fremden Souverains Unterthanen, ſo ſich in einem dritten Staat eine Zeitlang auf - halten, zu Kriegsdienſten wegzunehmen, oder auch nur (gegen die Verfaſſung ihres Vater - landes,) zu verleiten, haͤlt man in theſi nicht fuͤr erlaubt.

§. 23.

Und eben ſo wenig, daß fremde auf denenGraͤn -169Militar-Sachen. zen ſich befindende Werber die Unterthanen eines Staats aus demſelben mit Liſt locken, und als - dann, mit oder wider ihren Willen, zu Sol - daten machen.

§. 24.

Wann es aber doch geſchiehet, werden ent - weder die Werber, wann man deren habhafft werden kan, (auch wohl am Leben,) geſtraft, oder ſonſt Repreſſalien gebraucht; woraus ſo dann leicht Weitlaͤufftigkeiten entſtehen koͤnnen.

§. 25.

Ob? wann? und wie ferne? Unterthanen ſich in Kriegsdienſte auswaͤrtiger Herrn begeben doͤrffen oder nicht? kommt auf die ſelbſtbeliebige Verfaſſung eines jeden Staats an.

  • de Bochat (Louis) Diſſertation, concer - nant les Engagemens des Soldats, qui s’enrollent au ſervice des Souverains étrangers; im Jourr. litter. Tom. 12. Part. 1. Art. 12. und der Biblioth. Ger - maniq. Tom. 11. Art. 1. p. 1. und Tom. 12. Art. 10. p. 142.

§. 26.

Wenigſtens kan der angebohrene Landesherr ſelbige, bey einem beſorgend - oder wuͤrcklich ausgebrochenen Krieg, nach Haus beruffen:

§. 27.

Wiewohl auch alsdann der Dienſtherr ſich nicht allemal fuͤr verbunden halten will, zu er - lauben, daß die in ſeinen Militar-Dienſten ſte - hende Perſonen dem Befehl gehorchen.

L 5Deſer -17011. Capitel.

Deſerteurs.

§. 28.

Die Souverains halten ſich nicht fuͤr ſchul - dig, eines anderen Souverains deſertirende Sol - daten anzuhalten, vil weniger auszulifern.

§. 29.

Wohl aber ſchlieſſen ſie mehrmalen mit ein - oder anderem Staat, in Fridens - oder Kriegs - Zeiten, auf eine unbeſtimmte Zeit, oder auf ge - wiſſe Jahre, Cartels oder Vergleiche deßwegen, auf ſelbſtgefaͤllige Bedingungen.

*)Mein Ausw. Staatsr. S. 306.
*)

§. 30.

Es werden aber auch diſe nicht allemal hei - lig gehalten, und deßwegen zuweilen widerruf - fen, oder ſtillſchweigend aufgehoben.

Noch einiges.

§. 31.

Durch Tractaten kan in vilen in diſem Ca - pitel enthaltenen Materien manches dritten Aus - waͤrtigen nachgegeben werden, ohne daß es der Souverainete des Landesherren einen Abbruch thaͤte.

*)Barriere-Tractat zwiſchen Oeſterreich und den vereinigten Niderlanden. add. mein cit. Staatsr. S. 312.
*)
§. 32.171Von Cameral-Sachen.

§. 32.

Von Ueberlaſſung einiger Voͤlcker in frem - den Sold und Kriegsdienſte werde ich Cap. 20. reden.

Zwoͤlftes Capitel. Von Cameral-Sachen.

Tribute.

§. 1.

Dermalen haben wir in Europa keine unab - haͤngige Nationen mehr, welche einer an - dern formliche Tribute gaͤben.

§. 2.

Wohl aber hat man ein Beyſpil, daß ein Souverain ſeinem Lehenherrn jaͤhrlich eine ge - wiſſe beſtimmte Summ Geldes bezahlen laͤſſet.

*)Sicilien.
*)

Landesſchulden.

§. 3.

Wann ein Souverain ein Land durch Krieg erobert, wird fuͤr billig gehalten, daß er die auf demſelbigen hafftende Schulden bezahle.

*)Vattel 2, 249. Liefland; Schleſien.
*)

Zoͤlle, u. d.

§. 4.17212. Capitel.

§. 4.

Fuͤr die Durchlaſſung der Schiffe durch eine Meerenge, deren Oberherrſchafft man zu be - haupten im Stande iſt, einen Zoll zu fordern, wird meiſt nicht fuͤr unrecht gehalten.

*)Sund. ſ. Vattel 1, 403. (H. von Steck) von dem Sundzoll; in den Verſuch. uͤber einig. erhebl. Gegenſt.
*)

§. 5.

So auch eine Abgabe fuͤr die Erhaltung ge - wiſſer Wachtfeuer, Tonnen an gefaͤhrlichen Orten, u. d.

§. 6.

Zu Behuf eines Zolles muͤſſen ſich die Schiffe odentlicher Weiſe einiger Viſitirung ihrer La - dung unterwerffen.

§. 7.

Es gehet auch wohl an, in Anſehung ſolcher Zoͤlle einer Nation mehr Vortheile angedeyhen zu laſſen, als denen uͤbrigen.

§. 8.

In anderen Zollſachen ereignen ſich vilfaͤl - tig zwiſchen benachbarten Staaten Streitigkei - ten und Beſchwerden uͤber Neuerungen, ꝛc. welche ſo dann von dem anderen Theil entweder als gegruͤudet erkannt und abgeſtellt, oder, als ungegruͤndet, widerſprochen werden.

*)ſ. Mein T. Ausw. Staatsr. S. 313. u. f.
*)
§. 9.173Von Cameral-Sachen.

§. 9.

Ein Souverain, der einen Seezoll ꝛc. ziehet, iſt dagegen auch ſchuldig, an gefaͤhrlichen nicht allzuweit davon entlegenen Orten, die noͤthige Warnungszeichen anzuſtellen und zu unterhal - ten.

*)Holland und Daͤnemarck.
*)

Hoͤhere Abgaben der Fremden.

§. 10.

Daß es nicht unrecht ſeye, daß Fremde, in gewiſſer Maaße, mit allerley Arten von Abga - ben hoͤher beleget werden, als die Einheimiſche, iſt ſchon oben Cap. 7. erinneret worden.

Erbſchafften.

§. 11.

In gewiſſen Landen faͤllet aller darinn ver - ſterbenden Fremden Mobiliarverlaſſenſchafft dem Landesherrn heim.

*)Droit d’Aubaine. ſ. cit. Staatsr. S. 331.
*)

§. 12.

In anderen Landen hingegen maſſet ſich der Landesherr nichts dergleichen an; auſſer es ge - ſchehe, um Retorſion zu gebrauchen.

§. 13.

Diſem lezteren abzuhelffen, ſeynd ſeit kur - zem vile Vertraͤge geſchloſſen, und dadurch daszum17413. Capitel. zum Nachtheil der Fremden gereichende bißheri - ge Betragen aufgehoben worden.

§. 14.

Eben diſe Bewandtniß hat es auch mit Ver - abfolgung der Erbſchafft eines angeſeſſenen Un - terthanens an Auswaͤrtige, Krafft Teſtamen - tes, oder ab inteſtato.

Dreyzehendes Capitel. Von Gnaden-Sachen.

Gnaden gegen eigene Unterthanen.

§. 1.

Gnadenbezeugungen eines Souverains ge - gen ſeine eigene Unterthanen werden von andern Souverainen und denen ihrigen erkannt, ſo weit es unter freyen Staaten uͤblich iſt, z. E. Standeserhoͤhungen, Ritterorden, ꝛc.

*)Abfaͤlle, wo gewiſſe Sachen ſtreitig ſeynd.
*)

§. 2.

Anderen Gattungen aber wird keine Wuͤr - ckung auſſer des Herrns, ſo ſie gibet, Staaten eingeſtanden, z. E. Druckfreyheiten, Privile - gien auf Monopolien, ꝛc.

Perſoͤnliche Gnaden gegen andern Un - terthanen.

§. 3.175Von Gnaden-Sachen.

§. 3.

Unter denen Gnadenbezeugungen, welche ein Souverain des Andern Unterthanen erzeiget, iſt ein mercklicher Unterſchid unter denen, wel - che ihre Wuͤrckungen auch auſſer denen Staaten des Herrn, der die Begnadigungen ertheilet, aͤuſſeren ſollen, und unter denen, die ſich eigent - lich bloß auf das Gebiet des begnadigenden Herrns erſtrecken.

§. 4.

Bey denen von der erſten Claß wird erfor - dert, daß ſie 1. entweder auf ſelbſteigenes Ver - langen oder doch Veranlaſſen, oder 2. doch mit vorhergehendem Wiſſen und Willen, oder 3. wenigſtens mit nachfolgender Genehmigung, des Landesherrns, unter dem der Begnadigte ſtehet, ertheilet werden: Welches leztere doch auch auf eine ſtillſchweigende Weiſe geſchehen kan.

§. 5.

Dahin gehoͤret, wann ein Souverain eines anderen Souverains Unterthanen in einen hoͤhe - ren Stand erhebt.

*)ſ. M. T. Auswaͤrt. Staatsr. S. 321.
*)

§. 6.

Ferner die Ertheilung Wappenbrieffe, aller - ley Wuͤrden, u. ſ. w.

§. 7.

Desgleichen die Beehrung mit einem Rit - terorden.

§. 8.17613. Capitel.

§. 8.

So auch die Beſchenckungen, ſo ins groſſe gehen, und aus Urſachen geſchehen, die in wich - tige Staatsgeſchaͤffte einſchlagen.

§. 9.

Es iſt ferner nichts gar ſeltenes, daß eines Souverains Staatsbediente von einem andern Souverain mit Vorwiſſen ihres Herrns Gna - dengelder ziehen:

Und noch oͤffter geſchiehet es unter der Hand.

Reele Gnaden gegen fremde Unter - thanen.

§. 10.

Wann aber ein Souverain in ſeinen eigenen Landen eines anderen Staats Unterthanen Gna - denbezeugungen in Anſehung der Handlung, der Zoͤlle, und anderer Abgaben, u. ſ. w. an - gedeyhen laſſen will; wird der fremden Unter - thanen Souverain niemalen etwas dagegen ein - zuwenden haben; wann ſeine Unterthanen ſich nicht hinwiederum zu etwas verpflichten muͤſſen, worzu ſeine Einwilligung mit erfordert wird.

Noch einiges.

§. 11.

Wann auch des Unterthanens Herr in die Annehmung einer Gnade von einem fremden Souverain bewilliget, hat es doch keinen Ein -fluß177Von Gnaden-Sachen. fluß auf Sachen, ſo in die innere Verfaſſung des Staats einſchlagen, darinn ſich der Be - gnadigte aufhaͤlt.

§. 12.

Endlich muß ein Souverain in Anſehung derer Auswaͤrtigen ertheilenden Gnaden ſich nach denen Grundgeſezen ſeines Reiches achten.

*)K. Wahlcap.
*)

Vierzehendes Capitel. Von Handlungs - und Muͤnz - Sachen.

Wichtigkeit diſer Materie.

§. 1.

Die Handlungsſachen gehoͤren zu denenje - nigen Materien, welche jezo unter denen ſouverainen Staaten in Kriegs - und Fridens - Zeiten am haͤuffigſten vorkommen, und welche von ihnen mit groͤſter Sorgfalt behandelt wer - den.

Eintheilung derſelben.

§. 2.

Die Handlungsſachen theilen ſich 1. in die innlaͤndiſche Handlung jeden Staats, 2. in die uͤbrige Europaͤiſche Handlung, ſo dann 3. in die Handlung auſſer Europa.

MIn -17814. Capitel.

Innerliche Handlung eines Staats.

§. 3.

Vormals hatte man den Hauptgrundſaz: Die Handlung muͤſſe frey ſeyn, und ſolche Freyheit auf alle Weiſe beguͤnſtiget und befoͤrde - ret werden.

§. 4.

Nach und nach aber haben alle Staaten ge - rade das Gegentheil zu behaupten angefangen, und ſuchen forderiſt den aus der Handlung ent - ſpringenden mannigfaltigen und groſſen Nuzen in ihren eigenen Landen, ſo vil moͤglich, ihren eigenen Unterthanen zuzuwenden, Fremde hin - gegen davon auszuſchlieſſen

§. 5.

Verſchidene Reiche haben eigene Grundge - ſeze in Handlungsſachen.

*)ſ. Mein T. Auswaͤrt. Staatsr. S. 140. u. f. add. S. 317. add. Großbritan - nien.
*)

§. 6.

Es kan auch ordentlicher Weiſe ein Souve - rain dem andern hierinn nichts vorſchreiben; ſondern es bleibt ihme allenfalls nur uͤbrig, daß er ſich in ſeinen Staaten der Retorſion bedient.

§. 7.

Wann beſonders ein Souverain ſolche Waa - ren, die bloß zum Pracht, Ueppigkeit, oder ſonſt, das baare Geld aus dem Lande zu fuͤh -ren,179Von Handlungs - und Muͤnz-Sachen. ren, gereichen, in ſeine Staaten einzufuͤhren verbietet, koͤnnen Andere ſich nicht daruͤber be - ſchweren.

§. 8.

Oeffters machen einige Staaten, ſonderlich bey Gelegenheit derer zwiſchen ihnen errichtenden Fridensſchluͤſſe, wegen der recripoquen Hand - lung ihrer Unterthanen und deren Bedingniſſe ausfuͤhrliche Handlungstractaten mit einander.

*)ſ. Schmauß, du Mont, Mably. (H. von Steck) von den Handlungs-Trac - taten der Osmanniſchen Pſorte; in den Verſuch. uͤber einig. erhebl. Gegenſt.
*)

§. 9.

Nach Beſchaffenheit der Umſtaͤnde und der Uebermacht des einen Theils zur Zeit des Schluſ - ſes fallen ſo dann ſelbige bald mehr, bald we - niger, zum Vortheil oder Nachtheil der einen oder anderen compaciſcirenden Nation aus.

§. 10.

Jeder Souverain iſt befugt, in ſeinen Staa - ten Geſellſchafften zu Betreibung gewiſſer aus - waͤrtiger Handlungsarten zu errichten; es ſeye dann, daß ihme die Haͤnde durch Tractaten gebunden ſeyen.

*)Oſtendiſche Compagnie.
*)

§. 11.

Wann aber auch Fremden geſtattet wird, Theil daran zu nehmen, und ein dritter Sou - verain ſiehet ſolche Geſellſchafft nicht gern, kanM 2er18014. Capitel. er ſeinen Unterthanen verbieten, ſich darein zu begeben.

*)Altona.
*)

§. 12.

Wann ein Souverain einen ſeiner Haͤven zu einem Freyhaven erklaͤren will, worinn alle Nationen ohne Unterſchid en gros Handlung treiben doͤrffen, muͤſſen andere Souverainen es ſich ordentlicher Weiſe gefallen laſſen.

§. 13.

Ueberhaupt aber ſtehet jedem Souverain frey, einer oder mehreren anderen Nationen mehrere Vortheile in Handlungsſachen zuzuge - ſtehen, als denen uͤbrigen; ohne daß diſe deß - wegen ein gleiches verlangen koͤnnten.

§. 14.

Wann und in ſo ferne ein Souverain auch eine Handlung in ſeine Staaten geſtattet, iſt ihme dennoch erlaubt, die Handlung der Frem - den mit Abgaben nach ſeiner eigenen Willkuͤhr zu belegen.

§. 15.

Und ſo auch, nach ſeinem Gefallen, Con - ſiſcations - und andere Strafen darauf zu ſezen, wann ſeinen Verordnungen in Handlungsſachen zuwider gelebet wird.

§. 16.

Wann aber fremde Unterthanen in Hand - lungsſachen ungebuͤhrlicher Weiſe bedruͤcket wer - den, kan ihr Souverain ſich derſelben auf guͤtliche und ernſtliche Weiſe annehmen.

§. 17.181Von Handlungs - und Muͤnz-Sachen.

§. 17.

Die Sperrung und Verbot des Handels mit einem anderen Staat wird als eine groſſe Beleidigung angeſehen, und gemeiniglich Re - preſſalien dagegen gebraucht.

*)ſ. mein cit. Staatsr. S. 317. 319.
*)

Handlung unter denen Europaͤiſchen Staaten.

§. 18.

Die Handlung zwiſchen denen Europaͤiſchen Nationen unter ſich iſt uͤbrigens in ſo fern frey, daß keiner Nation uͤberhaupt verboten iſt, da - hin zu handlen.

§. 19.

Nur Daͤnemarck will nicht leiden, daß an - dere Nationen mit Island, Groͤnland, ꝛc. Handlung treiben.

§. 20.

Auch iſt, ſchon beruͤhrter maſſen, die Hand - lung an vilen Orten eingeſchraͤnckt, in Anſe - hung 1. gewiſſer a) ein - oder b) auszufuͤh - render Sachen, 2. der Art und Weiſe, wie die erlaubte Handlung getriben werden darff.

Handlung auſſer Europa.

§. 21.

Die auſſer-Europaͤiſche Handlung kommt auf gar verſchidene Weiſe in Betracht.

M 3§. 21.18214. Capitel.

§. 22.

1. In Anſehung derer Colonien und eigen - thumlichen Lande, welche eine Nation in ande - ren Welttheilen beſizet:

Dißfalls haͤlt es jeder Staat, wie er es gut befindet, und laͤſſet ſolchem nach Fremde zu, oder ſchlieſſet ſie aus, nachdeme es ihme gefaͤllt.

§. 23.

2. Wo Europaͤiſche Nationen in anderer Aſiatiſch - oder Africaniſcher Regenten Staaten nur Niderlagen, Comtoirs, u. d. haben, koͤn - nen ſie andere Nationen von dem Handel dahin nicht ausſchlieſſen; es geſchehe dann Krafft Ver - traͤge zwiſchen a) einigen Europraͤiſchen Natio - nen unter ſich, b) oder mit ſolchen Aſiatiſch - oder Africaniſchen Staaten.

*)Spanien und Oe. Niderlande.
*)

§. 24.

3. Inſuln, oder veſtes Land, welche noch von keiner anderen Europaͤiſchen Nation beherr - ſchet werden, einzunehmen, und eine Handlung allda anzulegen, wird ordentlicher Weiſe fuͤr erlaubt gehalten.

§. 25.

Ein Staat kan ſich des Rechts, nach ge - wiſſen Orten zu handlen, wohl durch Vertraͤge begeben.

*)Beyſpile von Spanien und Oeſterreich.
*)

Conſuls.

§. 26.183Von Handlungs - und Muͤnz-Sachen.

§. 26.

Von denen verſchidenen Arten der Conſuln, welche die handlende Staaten in anderer Sou - verainen Landen zu halten pflegen, iſt zum Theil ſchon Cap. 5. geredet worden.

  • (Misler) Ebauche d’un Diſcours ſur les Conſuls. Hamburg, 1751. 4.
  • (H. von Steck) von den Conſuln handlender Nationen; in den Verſuch. uͤber einig. erhebl. Gegenſt.

§. 27.

Sie beſorgen 1. das Handlungsintereſſe ih - rer Nation uͤberhaupt, 2. gehen denen Schif - fen ihrer Nation in ihren Angelegenheiten an die Hand, und 3. ſchlichten die Streitigkeiten, welche unter Leuten von ihrer Nation entſtehen: Wogegen ſie von allen Schiffen ihrer Nation ein gewiſſes an Geld beziehen.

§. 28.

Allen Souverainen pfleget geſtattet zu wer - den, dergleichen Conſuls in allen wichtigen Han - delsſtaͤtten zu haben.

§. 29.

Wo wuͤrcklich dergleichen vorhanden ſeyen? kan man jaͤhrlich im Druck leſen.

*)In des Franckfurtiſchen jaͤhrlichen Genea - logiſchen Handbuchs 2tem Theil.
*)

Andere Handlungsfreyheiten.

M 4§. 30.18414. Capitel.

§. 30.

Daß allen zur Handlung gehoͤrigen Perſo - nen von allen Religionen aller Orten in Europa die Hausandacht, an manchen auch die privat - Religions-Uebung, geſtattet werde, iſt ſchon oben Cap. 8. gemeldet worden.

§. 31.

Auch ertheilet man oͤffters fremden Handels - leuten in Anſehung derer in Handlungsſachen entſtehenden Streitigkeiten beſondere Freyheiten.

*)ſ. Mein T. Auswaͤrt. Staatsr. S. 319.
*)

§. 32.

Mit deme, was in Handlungsſachen Voͤl - ckerrechtens iſt, haben auch folgende Umſtaͤnde einen groſſen und wichtigen Zuſammenhang.

Fiſcherey.

§. 33.

1. Die Meerfiſcherey.

Im groſſen Weltmeer darff fiſchen, wer da will.

§. 34.

Der Wallfiſchfang in Norden iſt auch frey.

§. 35.

Die wichtige Heeringsfiſcherey an denen Kuͤ - ſten verſchidener Europaͤiſcher Reiche iſt, Krafft Herkommens, dermalen auch noch frey.

§. 36.

Der Stockfiſch-u. d. Fang auf denen Nord -Ameri -185Von Handlungs - und Muͤnz-Sachen. Americaniſchen Kuͤſten hingegen iſt nun meiſtens in denen Handen derer Engellaͤnder, zum Theil auch derer Franzoſen.

§. 37.

Die Perlen-Corallen-Sardellen - u. d. Fiſchereyen ſeynd nicht frey, ſondern muͤſſen ſich nach denen Landesgeſezen richten.

Sclavenhandel.

§. 38.

2. Der Sclavenhandel iſt bißweilen frey, bißweilen nicht, oder doch nicht uͤberall.

§. 39.

Erſteren Falles doͤrffen alle Nationen ihre an denen Africaniſchen Kuͤſten, oder ſonſt, er - handelte Negers, oder andere Sclaven, nach America und Weſtindien bringen, und allda wieder verhandeln:

§. 40.

Lezteren Falles hingegen wird es nur derje - nigen Nation geſtattet, mit welcher ein Ver - trag deßwegen geſchloſſen worden iſt.

*)Großbritannien und Spanien. (H. von Steck) vom Aßiento-Vertrag; in ſeinen Verſuch. uͤber einig. erhebl. Ge - genſt. (1772.)
*)

Schleichhandel.

M 5§. 41.18614. Capitel.

§. 41.

3. Der Schleichhandel iſt, welcher von eines Staats Unterthanen, gegen des Souve - rains Verbott, mit anderer Souverainen Un - terthanen getriben wird.

*)Engelland; Weſtindiſche ꝛc. Colonien.
*)

§. 42.

Offentlich wird er mißbilliget; unter der Hand aber geduldet, oder auch, ſo vil moͤglich, beguͤnſtiget.

§. 43.

Selbigem vorzubiegen, pflegt man: 1. zu beſtimmen, wie weit andere Nationen ſich denen Kuͤſten nicht nahen ſollen, 2. Kuͤſtenverwahrer zu beſtellen, welche die dagegen handlende Schif - fe wegnehmen und confiſciren.

§. 44.

Es koͤnnen aber daraus gar leicht auf beeden Seiten Mißbraͤuche entſtehen, welche Anfangs Klagen, hernach Repreſſalien, und endlich wuͤrckliche Kriege, verurſachen.

*)Beyſpiele von Groß-Britannien und Spanien.
*)
  • ſ. Nachricht von denen Handlungs-Differen - tien, welche den jezigen Krieg (1743.) zwi - ſchen Großbritannien und Spanien veran - laßt haben; in meiner Nachleſ. von Staatsbedenck. 1. Theil, S. 66.

Corſaren.

§. 45.187Von Handlungs - und Muͤnz-Sachen.

§. 45.

4. Das Betragen gegen die Africaniſche Seeraͤuber.

Die an der Mittellaͤndiſchen See gelegene Africaniſche Staaten nehmen alle chriſtliche Schiffe, ſo ſie uͤberwaͤltigen koͤnnen, mit Mann - ſchafft und Gut, hinweg.

§. 46.

Nur zuweilen ſchlieſſen ſie mit ein - oder an - derem chriſtlichen Staat, auf eine gewiſſe Zeit, Fride, deſſen Bedingungen oͤffters darinn zu beſtehen pflegen, daß ihnen jaͤhrlich eine gewiſſe Anzahl zum Kriege dienlicher Sachen zum Ge - ſchencke gelifert werden muß.

§. 47.

Diſes aber ſehen ſo dann die mit ihnen in Krieg verfangene Machten als etwas ihnen nach - theiliges an, und wollen dergleichen Geſchencke ebenfalls confiſciren.

§. 48.

Von auſſerordentlichen Faͤllen, darinn die zur Handlung beſtimmte Schiffe von dem Lan - des-Souverain an dem ein - oder auslauffen verhindert, oder zu ſeinem Dienſt in Beſchlag genommen werden koͤnnen, wie auch, was in Kriegszeiten in Anſehung der Handlung Rech - rens ſeye? wird in andern Capiteln geredet.

Muͤnzweſen.

§. 49.18814. Capitel.

§. 49.

Mit ſeinem eigenen Muͤnzweſen haͤlt es jeder Souverain in ſeinen Staaten in Anſehung des Muͤnzfuſſes, oder der Proportion zwiſchen Gold und Silber, ferner der Sorten, des Schrots und Korns, und der Abaͤnderung des Muͤnz - fuſſes, wie er ſelber will.

§. 50.

Er kan auch die Ausfuhr ſeiner Landes - muͤnzſorten verbieten.

§. 51.

Ob es gleich Staaten gibt, die, (wenig - ſtens gewiſſe Sorten,) ausdruͤcklich nach eines benachbarten Staats Muͤnzfuß ſchlagen; ſo geſchiehet es doch lediglich aus freyem Be - lieben.

*)Holland.
*)

§. 52.

Wann auch gleich benachbarte Potenzien einen Antrag darauf machen, ihren Muͤnzfuß anzunehmen, oder ſich ſonſten mit ihnen eines Muͤnzregulativs zu vergleichen; ſo kommt es doch allemal lediglich darauf an, ob und wie fern der Dritte dem Geſuch ſtatt geben will, oder nicht?

*)Teutſchland.
*)

§. 53.

Weiter ſtehet jedem unabhaͤngigen Staat frey, zu verordnen: Ob auch auslaͤndiſcheMuͤn -189Von Handlungs - und Muͤnz-Sachen. Muͤnzen darinn courſiren ſollen oder doͤrffen, oder nicht?

*)Franckreich.
*)

§. 54.

Wann er ihnen auch den Cours in ſeinen Staaten geſtatten will, kommt es doch ſchlech - terdings auf ihn an, wie hoch oder nidrig er ſie gegen den ſeinigen gelten laſſen, auch was er ſonſt fuͤr Bedingungen hinzufuͤgen will.

§. 55.

Zwar kan ein dritter Souverain, deſſen Muͤnzen nach ihrem inneren Gehalt zu weit her - abgeſezt werden, Vorſtellungen deßwegen thun: Wann aber ſelbige nichts verfangen; bleibt ih - me nichts anderes uͤbrig, als allenfalls Repreſſa - lien zu gebrauchen.

*)Kayſerl. Wahlcap.
*)

§. 55.

Muͤnzen unter eines anderen Herrn Stem - pel zu ſchlagen, iſt, wenigſtens ordentlicher Weiſe, nicht erlanbt; noch weniger ſchlechte: Ob man gleich Beyſpile von beydem hat.

Fuͤnf -19015. Capitel.

Fuͤnfzehendes Capitel. Von Policey-Sachen.

Policey uͤberhaupt.

§. 1.

Unter dem (in vilfachem Sinn genommenen) Wort: Policey verſtehe ich hier Landes - herrliche Anſtalten, welche zur allgemeinen Si - cherheit, Bequemlichkeit, Wohlſtand, auch ſonſtiger guter aͤuſſerlicher Ordnung, nicht we - niger zum Vergnuͤgen, Reinlichkeit und Zier - lichkeit, gereichen.

§. 2.

In allen ſolchen Sachen haͤlt es jeder un - abhaͤngiger Staat in ſeinem Gebiet, wie er will, und macht darinn Abaͤnderungen, wann und wie er will, ohne daß andere Souverainen dar - inn ordentlicher Weiſe etwas dagegen zu ſagen haͤtten.

Ins beſondere aber will ich von folgenden Stuͤcken etwas weniges ins beſondere anmercken.

Sicherheits-Anſtalten.

§. 3.

Auch in Fridenszeiten alle noͤthige Vorkeh - rungen, zumalen an denen Graͤnzen, zu ma - chen, daß man vor allen Ueberfaͤllen derer Be -nach -191Von Policey-Sachen. nachbarten geſichert ſeye, kan man keinem Staat verdencken.

§. 4.

Jedem Staat ſtehet weiter frey, zu Abwen - dung der Peſt, und anderer anſteckenden Kranck - heiten und Seuchen, zu Waſſer und zu Land, Anſtalten zu machen, wie es ihme beliebt; wann ſolche gleich uͤbertriben und gegen andere Staa - ten zu ſtreng ſcheinen.

§. 5.

Es wird auch der Menſchlichkeit und dem Voͤlckerrecht nicht zuwider gehalten, wuͤrcklich oder beſorglich inficirten Schiffen das anlaͤnden oder einlauffen in die Haͤven (auch mit aͤuſſer - ſter Gewalt,) zu verwehren; wann gleich das Schiffsvolck daruͤber zu Grund gienge.

§. 6.

Mit Abhaltung von den Graͤnzen eines Staats liederlicher oder doch verdaͤchtiger Leute, der Bettler, u. ſ. w. kommt es gleichfalls ſchlechterdings auf jeden Souverains ſelbſt-be - liebige Verordnungen an.

Poſten und Pacquetbote.

§. 7.

Wegen derer an denen Graͤnzen zuſammen - ſtoſſenden reutenden und fahrenden Poſten neh - men die dabey intereßirte Staaten Abreden mit einander, wie es dißfalls ſolle gehalten werden.

§. 8.19215. Capitel.

§. 8.

Einem anderen Souverainen Poſtſtationen in ſeinen Landen zu geſtatten, iſt etwas ſeltenes.

§. 9.

Eher geſchiehet es, daß man Benachbarten erlaubt, Poſtcommiſſarien an denen diſſeitigen Graͤnzen zu halten.

§. 10.

Ob und wie ferne ein Souverain, der einem anderen Huͤlffsvoͤlcker zuſchickt, zu Behuf der - ſelbigen, in einem dritten neutralen Land Feld - poſten anlegen koͤnne? wurde zu unſerer Zeit geſtritten.

*)Franckreich und Teutſchland.
*)

§. 11.

Kein Souverain iſt ſchuldig, auf ſeinen Po - ſten anderen Souverainen, oder deren Geſand - ten, die Freyheit von dem Porto in Anſehung ihrer Brieffe und Pacqueter zu geſtatten; es ſeye dann zwiſchen ihnen bedungen.

§. 12.

Beſchwerden in Poſtſachen uͤber dritter Sou - verainen Bediente ꝛc. muͤſſen bey ihrem Herrn angebracht werden.

*)Rußland, Schweden.
*)

§. 13.

Pacquetboote haben zur See eben die Rech - te, wie die Poſten zu Land.

§. 14.193Von Policey-Sachen.

§. 14.

Es werden auch ſelbiger wegen mehrmalen Vergleiche geſchloſſen.

Straſſen.

§. 15.

Jeder Souverain kan in ſeinem Gebiet die Land - und Heerſtraſſen anlegen und abaͤndern, wie er will; wann auch gleich Benachbarten ein Vortheil dadurch entgehet.

Geldſachen.

§. 16.

Ein Souverain kan ſeinen Unterthanen wohl verbieten, auswaͤrtigen Machten oder Untertha - nen groſſe Summen Geldes zu leyhen.

§. 17.

Ferner kan ein jeder Souverain das koſtbare luſtreiſen in fremde Lande ſeinen Unterthanen nach Gefallen einſchraͤncken.

§. 18.

Ingleichem kan er verbieten, Geld in aus - waͤrtige Lotterien zu ſezen, oder in ſeinen Landen einheimiſche oder fremde Collecteurs darzu zu be - ſtellen.

Profeßions - u. d. Sachen.

§. 19.

In Kuͤnſtler-Profeßions-Handwercks -NZunfft -19416. Capitel. Zunfft - u. d. Sachen haͤlt es abermalen jeder Staat nach ſeinem Gutbefinden; wornach ſich auch die Auswaͤrtige achten muͤſſen, und fuͤr ihre Perſonen und Waaren darnach beurtheilt werden.

*)Z. E. Silberprob; Tuͤcher - u. d. Schau.
*)

§. 20.

Wann ein dritter Souverain, oder deſſen Geſandte, verlangen, gewiſſe in einem anderen Land herauskommende Schrifften zu confiſciren, oder die Zeitungsſchreiber zu beſtrafen, kommt es auf des Landesherrns Ermeſſens an: Ob und wie ferne darinn zu willfahren ſeye, oder nicht?

*)ſ. mein T. Auswaͤrt. Staatsr. S. 321.
*)

Sechzehendes Capitel. Von Tractaten, beſonders Buͤndniſ - ſen, auch Garantien.

Tractaten uͤberhaupt.

§. 1.

Das Wort: Tractat ſchlieſſet alle Arten von wechſelſeitigen Abreden und Verbin - dungen derer Souverainen unter ſich ein.

§. 2.

Sonſten kan man ſie, nach Willkuͤhr, inaller -195Von Tractaten und Buͤndniſſen, ꝛc. allerley Hauptclaſſen theilen; als 1. in die zu Fridens - und Kriegs-Zeiten; 2. in Anſehung der Compaciſcenten, in Familien - und andere Tractaten; 3. in Anſehung der Sachen ſelbſt, a) in Vertraͤge uͤber vorhin ſtreitig geweſene Dinge, oder andere Vergleiche; b) in Freund - ſchafftstractaten, Buͤndniſſe, Handlungs - und Schifffahrt-Neutralitaͤts-Fridens - und aller - ley beſondere Tractaten uͤber einzelne Materien, z. E. in Poſt-Muͤnz - Graͤnzſachen, u. ſ. w.

§. 3.

Reſp. Sammlungen und Auszuͤge davon findet man, ſchon oben beruͤhrter maſſen, ſon - derlich beym du Mont, Rousset, Schmauss und Mably.

Familien-Tractaten.

§. 4.

Familien-Tractaten ſeynd Vergleiche zwi - ſchen verſchidenen Souverainen, die von einer - ley Hauſe abſtammen, zu Befoͤrderung des ge - meinſamen Familien-Intereſſe, und Abwen - dung des gemeinſamen Familien-Nachtheils.

§. 5.

Man hat dergleichen dermalen, ſo vil wiſ - ſend iſt, nur in dem Hauſe Bourbon.

Freundſchaffts-Tractaten.

§. 6.

Freundſchaffts-Tractaten ſeynd Vergleiche,N 2wo -19616. Capitel. wodurch Souverainen einander, fuͤr ſich und die Ihrige, verſprechen, einander nicht nur nicht zu beleidigen, ſondern auch im Gegentheil allen guten Willen, ſo wohl uͤberhaupt, als beſonders in denen etwa benahmsten Stuͤcken, zu erzeigen; ohne ſich uͤbrigens zu einem recipro - quen Beyſtand gegen Dritte zu verbinden.

§. 7.

Sie werden entweder zugleich nach geſchloſ - ſenen Friden, oder auch auſſer deme, errichtet; und zwar fuͤr beſtaͤndig.

Buͤndniſſe. (*)ſ. mein T. Auswaͤrt. Staatsr. S. 29. 96. 206. 279. u. f.

§. 8.

Ein Buͤndniß, oder eine Allianz, iſt eine beſondere Verbindung zwiſchen zweyen oder mehreren Souverainen in Abſicht auf einen ge - wiſſen benahmsten Endzweck.

§. 9.

Das Buͤndnißrecht ſtehet eigentlich nur de - nen unabhaͤngigen Staaten zu; bey deſſen Aus - uͤbung es auf die Grundverfaſſung derſelbigen ankommt.

*)Kayſerl. Wahlcap. Mein T. Auswaͤrt. Staatsr. S. 29.
*)

§. 10.

Bey denen Republiquen kommt es ebenfalls auf ihre innere Verfaſſung an.

*) Eyd -197Von Tractaten und Buͤndniſſen, ꝛc.
*)Eydgenoſſen; vereinigte Niderlande. ſ. Vattel 2, 181.
*)

§. 11.

In Teutſchland haben es auch alle Reichs - ſtaͤnde, auf eine denen Reichsgeſezen gemaͤſſe Weiſe.

*)ſ. Weſtph. Frid; Kayſerl. Wahlcap. Brunnemann (Jac.) de Fœderibus Sta - tuum Imperii cum Exteris.
*)

§. 12.

Es wird aber jezuweilen geſtritten: Ob ihre Buͤndniſſe der Teutſchen Reichsverfaſſung auch wuͤrcklich gemaͤß ſeyen, oder nicht?

*)Rheiniſche und Hanoveriſche Allianz, 1725.
*)

§. 13.

Ein Defenſiv-Buͤndniß hat die Abſicht, einander, oder auch einem Dritten, wider un - gerechten Gewalt beyzuſtehen.

§. 14.

Ein offenſiv-Buͤndniß aber zilet dahin ab, einen dritten Staat gemeinſchafftlich anzugreif - fen.

§. 15.

Die Bedingungen, auf welche beederley Arten geſchloſſen zu werden pflegen, ſeynd will - kuͤhrlich, und gar ſehr verſchiden; nachdeme die paciſcirende Theile, auch Zeit und Umſtaͤnde, beſchaffen ſeynd.

N 3§. 16.19816. Capitel.

§. 16.

Es ſeynd nicht alle ſouveraine Staaten zu Buͤndniſſen ſonderlich geſchickt.

*)Teutſchland, Polen, Schweiz.
*)

§. 17.

Oeffters wird Anfangs ein Buͤndniß nur zwiſchen etlichen Machten geſchloſſen: Es acce - diren aber demſelbigen hernach auch noch andere mehrere.

§. 18.

Dabey verſtehet ſich von ſelbſten, daß die allerſeitige Intereſſenten in eine ſolche Acceßion bewilligen muͤſſen.

§. 19.

Hinwiederum aber hat man auch Beyſpile, daß Buͤndniſſe mit auf den Namen einer Macht, (von deren man geglaubt, daß ſie unfehlbar mit-beytretten wuͤrde,) geſchloſſen worden ſeynd, die doch hernach keinen Antheil daran hat nehmen wollen.

*)Quadrupel-Allianz 1718.
*)

§. 20.

Buͤndniſſe koͤnnen wohl den einen Theil zu einem mehreren, und den andern zu einem we - nigeren, verbinden.

*)Vattel 2, 199. 205.
*)

§. 21.

Die Buͤndniſſe ſeynd entweder auf ewig er - richtet, oder auf gewiſſe Zeiten oder Vorfaͤlle eingeſchraͤnckt.

§. 22.199Von Tractaten und Buͤndniſſen, ꝛc.

§. 22.

Die neuere Zeiten ſeynd ungemein reich an Buͤndniſſen; und gemeiniglich veranlaſſet ein jedes wichtiges Buͤndniß bald darauf ein Gegen - Buͤndniß zwiſchen anderen Souverainen.

§. 23.

Man hat aber mehrere Beyſpile, daß ein Bundes-Verwandter von einem getroffenen Buͤndniß, aus verſchidenen Urſachen, wieder - um abgetretten iſt.

*)Hanoveriſche Allianz; Oeſterreichiſche Sanctio pragmatica.
*)

Vertraͤge.

§. 24.

Vertraͤge uͤber Sachen, welche vorhin ſtrei - tig waren, bekommen zuweilen ihre eigene Na - men von dem Innhalt derſelbigen, z. E. Graͤnz - vertraͤge.

Andere Vergleiche.

§. 25.

So auch oͤffters Vergleiche uͤber nicht ſtrei - tigen, ſondern willkuͤhrlichen, Sachen, z. E. ein Barriere-Handlungs-Schifffahrts-Trac - tat, u. ſ. w.

§. 26.

Von Cartels und Handlungs-Tractaten ꝛc. habe ich ſchon geredet, und die Subſidien-auchN 4Neu -20016. Capitel. Neutralitaͤts-Tractaten, Waffenſtillſtaͤnde und Fridensſchluͤſſe ꝛc. werden unten vorkommen.

§. 27.

Alle haben das, was allhier von denen Trac - taten uͤberhaupt gemeldet wird, mit einander gemein.

Der Tractaten Schlieſſung.

§. 28.

Es gehet nicht an, Tractaten zu machen, welche aͤlteren noch beſtehenden zuwider ſeynd: Geſchiehet aber doch.

*)Franckreich, Oeſterreich und Bayern.
*)

§. 29.

Meiſtens laſſen alle Souverainen alle Trac - taten forderiſt durch ihre Bevollmaͤchtigte ſchlieſſen.

§. 30.

Zu ſolchem Ende werden Vollmachten er - fordert, ausgewechſelt und denen Tractaten beygefuͤgt.

§. 31.

Ein unabhaͤngiger Staat, ſo mit dem an - dern einen Vertrag ſchließt, kan alle die Sicher - heit verlangen, ſo nach des lezteren Staats Ver - faſſung gegeben werden kan und darff:

§. 32.

Aber man kan ihn, oder deſſen Regenten, zu keinen Bedingungen verbinden, die der Ver -faſſung201Von Tractaten und Buͤndniſſen, ꝛc. faſſung des Staats zuwider ſeynd; es bewilli - gen dann Alle darein, die ein Recht haben, Ja oder Nein darzu zu ſagen.

*)Beyſpil von K. Carl V. und K. Franz I. in Franckreich.
*)

§. 33.

Eidliche Verbindungen zu Feſthaltung der Tractaten ſeynd ſehr ſelten mehr uͤblich; bedeu - ten auch nichts.

§. 34.

Vile Tractaten haben ſeparat-Articul, wel - che dem Haupttractat angehaͤnget werden, und mit demſelbigen einerley Verbindlichkeit haben.

§. 35.

Manche derſelben ſollen, (wenigſtens biß auf eine gewiſſe Zeit,) geheim bleiben; manche auch nicht.

§. 36.

Nach Beſchaffenheit der Vollmachten wird keine Ratification des Souverains ſelbſten uͤber einen geſchloſſenen Tractat erfordert.

§. 37.

Meiſtens aber wird die Ratification der Principalen vorbehalten, und zu deren Bey - bring - und Auswechsl[u] ng ein gewiſſer Termin beſtimmt.

§. 38.

Erfolget die Ratification nicht, iſt das Be - ſchloſſene unverbindlich.

N 5§. 39.20216. Capitel.

§. 39.

Die Ratification muß unbedingt und nicht zweydeutig geſchehen.

*)Abfaͤlle.
*)

§. 40.

Die meiſte Tractaten werden gleich nach ih - rem Schluß bekannt gemacht, auch wohl denen freundſchafftlichen Nationen mitgetheilt; we - nigſtens ſo vil nicht die geheime Articul betrifft.

*)Ausnahmen.
*)

§. 41.

Aus anderen hingegen wird offt lange Zeit ein groſſes Geheimniß gemacht; bis ſie etwa zulezt doch auch, entweder dem Publico ſelbſt, oder doch gewiſſen Hoͤfen, zur Wiſſenſchafft gelangen.

*)Vile Beyſpile.
*)

§. 42.

Ordentlicher Weiſe hat kein Souverain dem andern wegen Schlieſſung einiger Arten von Tractaten mit dritten Machten etwas einzu - reden:

§. 43.

Wann aber ein Tractat einem dritten Sou - verain un - oder mittelbar zum Nachtheil ge - reicht, kan er auf ein - oder andere Weiſe es ahnden, und ſich Genugthuung verſchaffen.

*)Vattel 3, 135.
*)

§. 44.

Zuweilen proteſtiret dahero ein dritter Hofgegen203Von Tractaten und Buͤndniſſen, ꝛc. gegen einen unter anderen Souverainen geſchloſ - ſenen Tractat.

*)Spaniſcher Partage-Tractat; Sevili - ſcher Tractat.
*)

§. 45.

Die Wuͤrckungen und der Erfolg eines ſol - chen Widerſpruchs aber ſeynd gar ſehr verſchi - den: Und da die Intereſſenten keinen Richter auf Erden haben, behaͤlt gemeiniglich der Staͤr - ckere Recht, oder man vergleicht ſich endlich, ſo gut man kan.

Anderer Einſchlieſſung und Acceßion.

§. 46.

Die bloſſe Einſchlieſſung anderer Machten in errichtete Tractaten hat nicht vil auf ſich.

§. 47.

Oeffters werden aber auch noch andere Souverainen eingeladen, einem Tractat beyzu - tretten.

§. 48.

Solchen Falles kommt es meiſtens auf der - ſelben freye Willkuͤhr an: Ob und unter was fuͤr Bedingungen ſie dem Anſuchen ſtatt geben wollen, oder nicht?

Der Tractaten Verbindlichkeit.

§. 49.

Betrug und Liſt machen einen Tractat zwarnich -20416. Capitel. nichtig: Aber welcher Souverain will derglei - chen auf ſich kommen laſſen?

*)Vattel 2, 296.
*)

§. 50.

Wann es hingegen der eine Theil bloß ſel - ber an der erforderlichen Klugheit und Vorſicht ermanglen laͤſſet, mag er den Schaden haben!

Von der geographiſchen Staatsklugheit bey Schlieſſung derer Tractaten, habe ich mei - ner vermiſcht. Abhandl. (1750.) 3tem Theil, S. 264. einen Aufſaz einverleibt.

§. 51.

Genaue Beobachtung derer Tractaten iſt die Seele derſelbigen.

*)Vattel 2, 284.
*)

§. 52.

Indeſſen geſchiehet es mehrmalen, daß, wann ein Theil von ſeinem Bundesgenoſſen die verſprochene Huͤlffe verlangt, lang und ſcharff daruͤber geſtritten wird: Ob auch dermalen der Fall vorhanden ſeye, in welchem man ſich zu ei - ner Huͤlffleiſtung verbunden habe?

Der Tractaten Erklaͤrung, ꝛc.

§. 53.

Es iſt auch dem Voͤlckerrecht zuwider, daß ein compaciſcirender Theil einen Tractat zu ſei - nem Vortheil einſeitig und eigenmaͤchtig ausle - ge: Und noch mehr, daß er ſolche Auslegung mit Gewalt durchſeze.

§. 54.205Von Tractaten und Buͤndniſſen, ꝛc.

§. 54.

Die vor Schlieſſung eines Tractats gepflo - gene Handlungen geben offt zu Erlaͤuterung der dunckelen oder zweifelhafft gemachten Stellen ein mehreres Licht.

§. 55.

Manchmalen aber muß ſich auch wohl der Schwaͤchere des Staͤrckeren Auslegung, wider ſeinen guten Willen, gefallen laſſen.

Der Tractaten Erſtreckung ꝛc.

§. 56.

Ob? wann? und wie? ewige Buͤndniſſe erneuert - oder zeitliche verlaͤngeret zu werden pflegen? laͤſſet ſich keine Regel geben.

§. 57.

Eine Erneuerung oder Verlaͤngerung kan zwar auch ſtillſchweigend geſchehen: Es iſt aber mißlich.

Der Tractaten Verlezung.

§. 58.

Nicht eine jede Verlezung eines Tractats hebt denſelbigen ganz auf.

§. 59.

Vil weniger iſt eine jede ſolche Verlezung eine gerechte Urſach zu einem Krieg:

§. 60.

Wohl aber alsdann, wann ſie 1. wichtigiſt,20616. Capitel. iſt, 2. glimpflichere Grade gebraucht worden ſeynd, und 3. ſelbige nichts geholffen haben.

Der Tractaten Abaͤnderung, Aufhebung und Erloͤſchung.

§. 61.

Vile Tractaten erloͤſchen von ſelbſten, mit Ablauff der darinnen beſtimmten Zeit, oder Er - gebung eines gewiſſen beſtimmten Falles.

§. 62.

Nicht aber allemal durch Veraͤnderung de - rer Umſtaͤnde, welche die Schlieſſung derſelbi - gen veranlaſſet hatten.

§. 63.

Der Pabſt kan einen ſeiner Religion Zuge - thanen zwar, in Anſehung des Gewiſſens, nach den Grundſaͤzen der catholiſchen Religion, in gewiſſen Faͤllen von einem Tractat losſprechen: Er kan aber die aus dem natuͤrlichen Voͤlcker - recht entſpringende Verbindlichkeit nicht auf - heben.

*)Vattel 2, 287.
*)

§. 64.

Eine dringende Noth und groſſe Gefahr kan die nicht-Haltung eines Tractats wo nicht recht - fertigen, doch wenigſtens entſchuldigen.

*)Vattel 2, 238. 374. 378. 3, 135.
*)

Garantien. (1)

§. 65.
(*)ſ. mein T. Auswaͤrt. Staatsr. S. 31. 98. 291.
(*)207Von Tractaten und Buͤndniſſen, ꝛc.

§. 65.

Garantie iſt ein Verſpruch, daß man die Parthien, ſo einen Tractat geſchloſſen haben, bey deren Innhalt handhaben wolle.

§. 66.

Das Garantierecht iſt eine Folge des Buͤnd - nißrechts; und doch will der Roͤm. Kayſer de - nen Teutſchen Reichsſtaͤnden jenes ſtreitig ma - chen.

§. 67.

Ordentlicher Weiſe muß der Garant von allen Intereſſenten erſucht werden, die Garan - tie zu uͤbernehmen.

§. 68.

Indeſſen fehlt es doch nicht an Beyſpilen, da eine Garantie eigentlich nur auf Veranlaſſen des einen Theils beliebt worden iſt; oder da der Garant ſich auch ſelbſt aufgedrungen hat.

§. 69.

Die Faͤlle, worinn die Garantie geleiſtet werden ſolle, und die Art, wie es geſchehen ſolle, pflegen bey Uebernahm der Garantie beſtimmet zu werden.

§. 70.

Ordentlicher Weiſe ſolle der Garant war - ten, biß er um Leiſtung der Garantie erſucht wird: Es geſchiehet aber nicht allemal.

§. 71.

Auch ſolle die Garantie nicht weiter ausge -dehnet20816. Capitel. dehnet werden, als verglichen worden iſt: Aber auch daran kehren ſich die Garants nicht ahemal.

§. 72.

Zuweilen helffen am Ende Garantien doch nichts; entweder, weil die Umſtaͤnde die Lei - ſtung der Garantie nicht thunlich machen:

*)Teutſchland und Oeſterreichiſche Sanctio pragmatica.
*)

§. 73.

Oder der Garant ſucht ſich ſonſt ſeiner Schuldigkeit zu entziehen.

*)Vattel 2, 305.
*)

§. 74.

Vil anderes zur Erlaͤuterung diſer Materie findet man in meiner Abhandlung: Von der Garantie des Weſtphaͤliſchen Fridens, nach dem Buchſtaben und Sinn deſſelbigen. Stuttgart, 1767. 4.

*)ſ. auch meinen Tr. von Teutſchland, S. 447. 455. 462.
*)

§. 75.

Vil mehreres zu dem ganzen Capitel gehoͤri - ges endlich, ſo aber, (wenigſtens in neueren Zeiten,) nicht unter denen Europaͤiſchen Sou - verainen wuͤrcklich vorgekommen iſt, findet ſich in allen theoretiſchen Schrifften von dem Natur - und Voͤlckerrecht.

Siben -209

Sibenzehendes Capitel. Von Anſpruͤchen, Beſchwerden, Strei - tigkeiten und Vermittelungen.

Von Anſpruͤchen.

§. 1. Schrifft.

  • Schweders (Chriſtoph Herm.) Theatrum Prætenſionum & Controverſiarum illu - ſtrium; (teutſch;) vermehrt von Ad. Frid. Glafey. 2. Theile. Leipzig, 1727. fol.

Es enthaͤlt vil brauchbares; aber auch vil unzuverlaͤßiges: Und die ſeithero vorge - kommenr vile neue Faͤlle koͤnnen nicht darinn ſeyn.

§. 2.

Anſpruͤche, oder Praͤtenſionen, ſeynd For - derungen, die ein Staat an den andern, in Anſehung gewiſſer Lande oder Gerechtſamen, machet.

§. 3.

Wer in diſer Materie gruͤndlich zu Werck gehen will, muß nothwendig die Anſpruͤche in gewiſſe Claſſen theilen.

§. 4.

Die erſte mag ſeyn derer, welche zwar inOaͤlteren21017. Capitel. aͤlteren Zeiten von denen Souverainen ſelbſt auf die Bahn gebracht und betriben worden, aber hernach auf eine oder die andere Weiſe beygelegt worden ſeynd.

§. 5.

Die zweyte Claſſe koͤnnen diejenige Anſpruͤ - che ausmachen, welche zwar gleichfalls in aͤlte - ren Zeiten auf die Bahn gebracht worden ſeynd, aber ſeit Menſchen-gedencken, und noch laͤn - ger, gaͤnzlich ruhen.

§. 6.

In der dritten Claß erſcheinen diejenige alte und neue Anſpruͤche, welche zu unſeren Zeiten betriben worden, aber noch uneroͤrtert ſeynd.

§. 7.

Endlich ſeynd in die vierte Claſſe diejenige Anſpruͤche zu rechnen, welche nur von denen Gelehrten erdichtet - oder wenigſtens bloß in ſol - chen Schrifften, daran die Hoͤfe keinen oͤffent - lichen Antheil genommen haben, aufgeſtellet worden ſeynd.

§. 8.

In der Materie von Anſpruͤchen kaͤme oft viles, oder alles, auf den Punct der Verjaͤh - rung und deren Wuͤrckung unter freyen Voͤl - ckern an: Aber die Souverainen haben auch darinn keine ferme oder gleichfoͤrmige Grundſaͤ - ze; ſondern pflegen in vorkommenden Faͤllen dasjenige zu behaupten, was dermalen fuͤr ſie am vortheilhaffteſten zu ſeyn ſcheinet.

§. 9.211Von Anſpruͤchen u. Streitigkeiten, ꝛc.

§. 9.

Eigentlich ſollten alle ſolche Anſpruͤche auf die hernach bey denen Streitigkeiten angezeigte Wege abgethan werden:

§. 10.

Es wird aber zu unſerer Zeit mehr als jema - len Mode, daß, wann ein Souverain glaubt, es ſeye ein bequemer Zeitpunct vorhanden, ſeine Lande und Macht vergroͤſſeren zu koͤnnen, un - vermuthet ſolche Anſpruͤche zum Vorſchein kom - men, an die Niemand gedacht haͤtte.

§. 11.

Aber nicht nur diſes; ſondern, wann der andere Theil ſelbige nicht ſo gleich als guͤltig er - kennen will, glaubt man berechtiget zu ſeyn, ſeine Anſpruͤche durch die Gewalt gelten zu ma - chen.

§. 12.

Daraus entſtehen ſo dann entweder Kriege, oder der ſchwaͤchere Theil muß thun, was der andere will.

*)Beyſpile.
*)

Von Beſchwerden. (1)ſ. mein T. Auswaͤrt. Staatsr. S. 34. 133. 147. 335. 338.

§. 13.

Unter Beſchwerden verſtehe ich hier Klagen eines Souverains uͤber den anderen, daß der Leztere wider ausdruͤckliche Tractaten, oder dochO 2ſonſten21217. Capitel. ſonſten wider Recht und Billigkeit, gehandelt habe.

§. 14.

Diſe Beſchwerden werden entweder bey dem Theil, uͤber den man ſich beſchweret, oder an dritten Hoͤfen angebracht, oder bloß dem Publi - co zur Beurtheilung vorgelegt.

§. 15.

Manchmalen laſſen ſo dann Souverainen ſich gefallen, den ſich beſchwerenden Theil auf eine hinlaͤngliche Art zufriden zu ſtellen.

§. 16.

Diſes kan auch um ſo leichter geſchehen, wann die Beſchwerde nicht urſpruͤnglich von dem Hof ſelber, ſondern von Bedienten deſſelbigen, herruͤhret.

*)Vattel 2, 438.
*)

§. 17.

Erfolget aber keine Genugthuung; ſo gehet es weiter, wie wir gleich jezo hoͤren werden.

Von Streitigkeiten.

§. 18.

Unter Streitigkeiten begreiffe ich hier alles das, woruͤber eine Uneinigkeit zwiſchen Souve - rainen entſtehen kan.

§. 19.

Die Gelegenheiten darzu ſeynd unzaͤhlig; und bald mehr, bald weniger, zufaͤllig, oder hervor -geſucht;213Von Anſpruͤchen u. Streitigkeiten, ꝛc. geſucht; bald mehr, bald weniger, wichtig und von Folgen; und bald mehr, bald weniger klar, oder verwickelt.

§. 20.

Von denen beſonderen Anſpruͤchen, Be - ſchwerden und Streitigkeiten zwiſchen denen ein - zelnen Souverainen von Europa, welche noch jezo obwalten, allhier zu handlen, leidet der Raum nicht; ſo angenehm und nuͤzlich es auch ſonſt waͤre.

Beyſpile davon habe ich anderwaͤrts gege - ben. Z. E.

  • ſ. Kurze und Actenmaͤßige Nachricht von denen Strittigkeiten zwiſchen Großbritannien und Spanien wegen Gibraltar; in meiner Nachleſ. von Staatsbedenck. 1. Theil, S. 23.

§. 21.

Und von denen Streitigkeiten, welche vile Roͤm. Catholiſche Staaten mit dem Pabſt, als ihrem geiſtlichen Oberhaupt, haben, will ich, weil ſelbige nicht hieher einſchlagen, nichts ge - dencken:

Allerley actenmaͤßige Nachrichten davon finden ſich in meiner Nachleſe von Staatsbedencken.

§. 22.

Es koͤnnen auch die Streitigkeiten zwiſchen einigen Souverainen, Abreden und Vergleiche deßwegen zwiſchen anderen dritten Staaten ver - anlaſſen.

*)ſ. mein T. Auswaͤrt. Staatsr. S. 338.
*)
O 3§. 23.21417. Capitel.

§. 23.

Der natuͤrlichen Billigkeit und dem Voͤl - ckerrecht nach, verſucht man darinn forderiſt die Guͤte.

§. 24.

Diſes nun kan geſchehen 1. zwiſchen denen Intereſſenten unter ſich allein.

§. 25.

Die Art und Weiſe kan gar mancherley ſeyn; nemlich a) durch bloß muͤndliche Unter - handlungen.

§. 26.

b) Durch Schreiben derer Hoͤfe, oder pro - und Gegen - pro memoria &c. ihrer reſp. Mi - niſters und Geſandten.

§. 27.

c) Durch muͤnd - und ſchrifftliche Negotia - tionen zugleich.

§. 28.

d) Durch eigene Abſchickungen an den an - deren Hof.

§. 29.

e) Durch foͤrmliche Congreſſe an einem darzu beliebten Ort.

§. 30.

Wann nicht ſchlechterdings alles Ceremoniel auf dergleichen Congreſſen bey Seit geſezet wird, pfleget vile Zeit auf Nebendinge zu gehen.

§. 31.215Von Anſpruͤchen u. Streitigkeiten, ꝛc.

§. 31.

Und bey denen wenigſten iſt es zu einem wuͤrcklichen Vergleich gekommen.

§. 32.

2. Oder man bedienet ſich auch zu Beyle - gung derer entſtandenen Streitigkeiten der Me - diation anderer Hoͤfe.

§. 33.

Sich gewiſſer Schiedsrichtere in dergleichen Faͤllen zu vergleichen, ſie darinn ſprechen - und es ſo dann bey deren Ausſpruch bewenden zu laſſen, waͤre zwar das leichteſte und beſte Mit - tel: Die Souverainen bedienen ſich aber deſſen ſehr ſelten.

§. 34.

Man ſtellt ſich auch zuweilen, als wollte man die Streitigkeiten in Guͤte beylegen laſſen: Aber es iſt nicht Ernſt damit; ſondern man paſſet indeſſen auf eine bequeme Gelegenheit, ſei - ne Abſichten auf eine andere Art zu erreichen.

*)Vattel 2, 427.
*)

Vermittelungen. (*)ſ. mein T. Auswaͤrt. Staatsr. S. 31. 96. 290.

§. 35.

  • (H. von Steck) von den Vermittelungen der Osmanniſchen Pforte; in ſeinen Verſuch. uͤber einig. erhebl. Gegenſt.
O 4§. 36.21617. Capitel.

§. 36.

Die Schlieſſung derer Tractaten, ſo keine Fridens-Tractaten ſeynd, pfleget ordentlicher Weiſe unter denen Intereſſenten ſelbſt und al - lein, ohne eine anderweite Vermittelung, zu geſchehen.

§. 37.

Wann aber dieſelbe ſich in ſolchen Streitig - keiten mit einander verfangen befinden, wodurch die Gemuͤther ſchon ſehr gegen einander aufge - bracht ſeynd, oder man bereits zu Repreſſalien oder einem voͤlligen Krieg geſchritten iſt, bedienet man ſich gerne der Mediation einer oder meh - rerer neutralen Machten.

§. 38.

Nach Beſchaffenheit der Umſtaͤnde kommt bald etwas auf des Mediators Religion an, bald auch nicht.

*)Weſtph. Frid.
*)

§. 39.

Auch iſt zuweilen ein Staat darzu, in An - ſehung ſeiner inneren Staatsverfaſſung, nicht ſo geſchickt, als andere.

*)Roͤm. Reich; Schweiz.
*)

§. 40.

Bietet ſich eine oder die andere Macht ſelbſt zu einer Vermittelung an, und ſie iſt beeden ſtreitenden Theilen angenehm, oder man geden - cket doch im Ernſt, ſich zu vergleichen; ſo wird die Vermittelung angenommen: Wo nicht, ſo wird ſie hoͤflich abgelehnt.

§. 41.217Von Anſpruͤchen u. Streitigkeiten, ꝛc.

§. 41.

Die Intereſſenten erſuchen aber auch offt ſelbſt eine oder etliche dritte Machten um ihre Vermittelung; welche dieſelbe ebenfalls an - nimmt, oder abſchlaͤgt.

§. 42.

Erſteren Falles wird etwa eine vorlaͤuffige Abrede genommen, wo und wie die Handlun - gen darinn gepflogen werden ſollen.

§. 43.

Des Mediators hauptſaͤchlichſte Pflichten ſeynd: 1. Unpartheylichkeit, 2. der Parthien Geſinnungen einander zu hinterbringen, 3. al - les moͤgliche zu thun, um ſie zu vergleichen, auch 4. zu dem Ende noͤthigen Falles ſelbſten ſchickliche Auskunfftsmittel und Temperamente in Vorſchlag zu bringen.

§. 44.

Der Mediator hat allemal dabey die Vor - hand; er mag auch ſonſten einen Rang haben, wie er will.

§. 45.

Kommt es zu einem Vergleich; ſo unter - ſchreibt ihn der Mediator mit; wann ihne nicht beſondere Umſtaͤnde davon abhalten.

*)Rywick. Frid.
*)
O 5Acht -218

Achtzehendes Capitel. Von der Selbſthuͤlffe, Netorſion, Ar - reſten, und Repreſſalien.

§. 1.

Wann die Anſpruͤche, Beſchwerden und Streitigkeiten unabhaͤngiger Staaten, weder unter ſich, noch durch Vermittelung an - derer Staaten, in Guͤte beygelegt werden koͤn - nen oder wollen, und a) der klagende Theil nicht lieber in Ruhe bleiben, als es auf das aͤuſſerſte ankommen laſſen - oder b) ein Theil ſich mit deme, was er zur Genugthung haben kan, nicht befridigen will, kommt es endlich zu gewaltſamen Ausbruͤchen.

§. 2.

Diſe nun ſeynd von verſchidener Art.

Selbſthuͤlffe.

§. 3.

Die Selbſthuͤlffe iſt, wann ein Souverain 1. ſich der geklagten Beſchwerden ſelbſt, ſo gut er kan, entlediget, und es ſo dann dabey bewen - den laͤſſet.

*)Beyſpile.
*)

§. 4.

2. Wann ein Souverain das Land, oderdas219Von der Selbſthuͤlff, Repreſſalien, ꝛc. das Recht, an welches er eine gerechte Anſprach zu haben glaubt, in Beſiz nimmt, und ſich mit ſeiner Macht bey ſolchem ergriffenen Beſiz ſo lang ſelbſt handhabt, biß der Streit etwa durch einen Vergleich beygeleget wird.

§. 5.

3. Dahin kan auch gezaͤhlet werden, wann ein Souverain einen ihme beſchehenen Affront, oder andere Beleidigung, ſelbſt raͤchet.

*)Vattel 2, 30.
*)

§. 6.

Weil unabhaͤngige Staaten keinen Richter uͤber ſich haben, und zu einem Compromiß nicht genoͤthiget werden koͤnnen; ſo iſt auch die Selbſt - huͤlffe an und fuͤr ſich nicht ungerecht.

§. 7.

Doch ſollte man billig auch zu der Selbſt - huͤlffe nicht eher ſchreiten, als biß die guͤtliche Mittel zuvor vergeblich verſucht worden ſeynd.

§. 8.

Es geſchiehet mehrmalen, daß der andere Theil ſich dabey beruhiget; mithin die Sache keine weitere Folgen hat.

§. 9.

Eben ſo leicht kan aber auch daraus ein Krieg entſtehen; deſſen Gerecht - oder Ungerech - tigkeit man meiſtens an ſeinen Ort geſtellt ſeyn laſſen muß.

Retor -22018. Capitel.

Retorſion. (1)ſ. mein T. Auswaͤrt. Staatsr. S. 342.

§. 10.

Retorſio Juris iniqui, Retorſion, oder das Wiedervergeltungsrecht, iſt, wann ein Souverain in ſeinen Landen in gewiſſen Faͤllen gegen einen dritten Souverain, oder deſſen Un - terthanen, es eben ſo haͤlt, wie Lezterer ſich ge - gen allen anderen Staaten und deren Untertha - nen, oder doch gegen den erſten und ſeine Un - terthanen ins beſondere, betraͤget.

§. 11.

Die Retorſion und Repreſſalien werden zu - weilen, (auch ſelbſt in Staatsurkunden,) mit einander vermenget; da ſie doch weit von ein - ander unterſchiden ſeynd.

*)Kayſerl. Wahlcap.
*)

§. 12.

Die Faͤlle, darinn man ſich der Retorſion bedienet, muͤſſen ſo beſchaffen ſeyn, daß ſie ent - weder die natuͤrliche Billigkeit verlezen, oder daß wenigſtens ein uͤbertribenes privat-Intereſ - ſe, oder eine Unfreundlichkeit gegen Andere, daraus hervorleuchtet.

*)Beyſpile.
*)

§. 13.

Wann bey der Wiedervergeltung mit einem Souverain und deſſen Unterthanen gerade nur ſo verfahren wird, wie er ſelber den Anfangdarzu221Von der Selbſthuͤlff, Repreſſalien, ꝛc. darzu gemacht hat, und alſo es nicht fuͤr unge - recht wird wollen behandlen laſſen; ſo kan er auch mit Recht ſich nicht daruͤber beſchweren.

§. 14.

Wohl aber koͤnnen Staatsurſachen vorwal - ten, warum der beſchwerte Theil ſich diſes ſonſt erlaubten Mittels nicht bedienet.

§. 15.

Uebrigens gibt diſes Wiedervergeltungs - Recht zuweilen Gelegenheit, daß der Staat, welcher den Anfang in der Sache gemacht hat, ſich dadurch bewegen laͤſſet, durch einen guͤtli - chen Vergleich alles auf einen andern Fuß zu ſezen.

Arreſte. (1)cit. Auswaͤrt. Staatsr. S. 326.

§. 16.

Ein Mittel, wodurch Souveraine ſich und denen Ihrigen ſelber Recht ſchaffen, ſeynd fer - ner die Arreſte.

§. 17.

Selbige betreffen des anderen Souverains und der Seinigen reſp. Perſonen oder Guͤter.

§. 18.

Diſe Arreſte ſeynd vil gelinder, als die Re - preſſalien.

§. 19.

Der Arreſt wird ſo lang beharret, biß diever -22218. Capitel. verlangte Genugthuung erfolget, oder die Sa - che ſonſt beygelegt wird.

§. 20.

Erfolget aber weder das eine noch andere; ſo ergreiffet gemeiniglich der Souverain, ſo den Arreſt hat anlegen laſſen, zulezt andere nach - druͤcklichere Mittel.

Repreſſalien. (1)ſ. Mein T. Auswaͤrt. Staatsr. S. 167. 340.

§. 21.

  • Kahle (Lud. Mart.) de juſtis Repreſſalia - rum limitibus, tum à Gentibus, tum à Statibus S. I. R. G. obſervandis. Goͤt - tingen, 1746. 4. und in ſeiner Opuſc. minor. Tom. 1. p. 113.

§. 22.

Repreſſalien ſeynd, wann ein Souverain, der eine verlangte Abſtellung oder Genugthuung nicht erhalten kan, ſich des anderen Souverains und ſeiner Unterthanen reſp. Perſonen, Haab und Guͤter, ſo lang bemaͤchtiget, biß er die be - gehrte Abſtellung oder Genugthuung bewuͤrckt hat, oder ſein und der Seinigen erlittener Schade erſezet iſt.

§. 23.

Verſchidene Machten haben eigene Vertraͤge daruͤber errichtet, wie es mit denen Repreſſalien zwiſchen ihnen gehalten werden ſolle.

§. 24.223Von der Selbſthuͤlff, Repreſſalien, ꝛc.

§. 24.

Billig bedienet man ſich derer Repreſſalien nicht eher, als biß alle guͤtliche Mittel verſuchet worden ſeynd, aber nichts verfangen haben.

§. 25.

Auch nur zu Behuf ſeiner eigenen Untertha - nen, nicht aber wohl eines Dritten.

*)Vattel 3, 451.
*)
*)Abfaͤlle.
*)

§. 26.

So dann muͤſſen die Repreſſalien nicht wei - ter oder laͤnger gebrauchet werden, als ſich nach Maaße der Forderung gebuͤhret.

§. 27.

Noch weniger muß man bey Repreſſalien ſich Dinge zu Schulden kommen laſſen, die ſelbſt im Krieg nicht erlaubt ſeynd.

§. 28.

Die, ſo ſich zu Repreſſalien wuͤrcklich ge - brauchen laſſen wollen, muͤſſen von ihrem Sou - verain darzu ſchrifftlich legitimirt ſeyn; ſonſt werden ſie als Raͤuber behandelt.

§. 29.

Es gibt auch wohl geheime Repreſſalien, die zwar von denen Souverainen herruͤhren, die es aber doch nicht eingeſtehen wollen.

*)Beyſpile.
*)

§. 30.

Insgemein ziehen Repreſſalien Gegen-Re - preſſalien nach ſich.

§. 31.22419. Capitel.

§. 31.

Und daraus entſtehet ſo dann meiſtens ein oͤffentlicher Krieg.

Neunzehendes Capitel. Vom Krieg. (1)ſ. mein Teutſch. auswaͤrt. Staatsr. S. 36. 168. 343.

Vom Krieg uͤberhaupt.

§. 1.

Krieg iſt, wann ein Souverain ſeine bewaff - nete Mannſchafft und reſp. Schiffe dar - zu gebraucht, gegen einen anderen Souverain, oder denen Seinigen, in ſeinem eigenen Namen Feindſeligkeiten ausuͤben zu laſſen.

§. 2.

Wann ein Souverain mehrere Eigenſchaff - ten beſizet, gehet ein Krieg, den er anfangt, oder der gegen ihn gefuͤhret wird, ihn manchma - len nur in einer diſer Eigenſchafften an.

§. 3.

Die Kriege ſeynd defenſive, oder offenſive.

§. 4.

Defenſive Kriege ſeynd, wann ein Souve - rain ſich nur gegen einen anderen Souverain,der225Vom Krieg. der ihne angegriffen hat, oder angreiffen will, vertheidiget.

§. 5.

Ein offenſiv-Krieg hingegen iſt, wann ein Souverain ſelber den andern angreifft.

§. 6.

Indeſſen ſtreitet man doch offt ſehr daruͤber: Ob diſer oder jener Krieg off - oder defenſiv ſeye?

§. 7.

Und wann der Krieg einmal angegangen iſt, wird er faſt allemal defenſive und offenſive gefuͤhrt.

§. 8.

Ferner koͤnnen die Kriege getheilet werden in auswaͤrtige und innerliche.

§. 9.

Jene machen die groͤſte Gattung derer Krie - ge aus;

Doch hat man auch von diſen zu unſeren Zeiten verſchidene Beyſpile gehabt.

Urſachen zu Ergreiffung der Waffen.

§. 10.

In der Theorie iſt man darinn einig, daß man, ſo lang moͤglich, keinen Krieg, (der alle - mal vile Menſchen und Laͤnder ungluͤcklich macht,) anfangen ſolle.

P§. 11.226
〈…〉〈…〉
227
〈…〉〈…〉
22819. Capitel.

Anfang des Krieges.

§. 22.

Zuweilen brechen Kriege ganz unvermuthet und ploͤzlich auf einmal aus.

§. 23.

Oder es entſtehen aus allerley vorhergehen - den Thaͤtlichkeiten und deren Widerſtand end - lich formliche Kriege.

§. 24.

Oder aber entſpinnen ſie ſich nach und nach, wann die guͤtliche Tractaten uͤber obſchwebende Streitigkeiten zu keinem Schluß kommen, oder die Repreſſalien und Gegen-Repreſſalien keine Wuͤrckung thun; mithin der eine Theil muͤde wird, laͤnger zu tractiren, oder ſeine Gelegen - heit erſehen zu haben glaubt, mit Vortheil Krieg fuͤhren zu koͤnnen.

§. 25.

Oeffters iſt es ein rechtes Spilwerck, wie ſich Souverainen betragen, um den Vorwurff von ſich abzuwenden, daß ſie zu erſt losgeſchla - gen haͤtten.

§. 26.

Dem andern Theil den Krieg formlich an - zukuͤndigen, wird fuͤr keine Nothwendigkeit er - achtet.

§. 27.

Es wird dahero zuweilen gar unterlaſſen.

§. 28.229Vom Krieg.

§. 28.

Oder man macht erſt waͤhrenden Lauffs des wuͤrcklichen Krieges ein Manifeſt kund.

§. 29.

Die Kriegsmanifeſte pflegen durch Gegen - manifeſte beantwortet zu werden.

Fuͤhrung des Kriegs uͤberhaupt.

§. 30.

Die heutige Art zu kriegen iſt auf der einen Seite meiſtens geſitteter, als in denen vorigen Zeiten; auf der anderen Seite hingegen offt biß auf die ſpate Nachkommenſchafft druͤckender.

§. 31.

Kriegsmanier heißt was uͤberhaupt unter denen Europaͤiſchen Souverainen und deren Voͤlckern in Fuͤhrung eines Krieges uͤblich iſt.

§. 32.

Kriegsraiſon iſt das, was man der Regel nach nicht fuͤr erlaubt anſiehet, aber, denen vorligen - den dringenden Umſtaͤnden nach, als eine Aus - nahm von der Regel, und als wenigſtens ent - ſchuldbar, behandelt.

§. 33.

Man hoͤret aber in Kriegszeiten oͤfftere Be - ſchwerden, daß die Kriegfuͤhrende Theile ſich nicht allemal an die Kriegsraiſon binden.

P 3§. 34.23019. Capitel.

§. 34.

Zuweilen ſeynd die Souverainen ſelber Schuld daran; zuweilen aber nur ihre Leute; auch wohl wider Willen des Souverains.

§. 35.

Wann alſo wider Kriegsraiſon gehandelt wird, gebrauchet der andere Theil, beſonders wann er auf ſeine dißfalls gethane Vorſtellungen keine Genugthuung erhaͤlt, bey Gelegenheit mehrma - len Repreſſalien.

Betragen gegen einen feindlichen Sou - verain ꝛc.

§. 36.

Wann waͤhrend eines Krieges ein Wahl - reich vacant wird, oder in der Erbfolge in einem Reich ſich eine Veraͤnderung zutraͤget, oder eine Staatsrevolution in einem Reich entſtehet, wird es wegen Erkennung des neuen Souverains verſchidentlich gehalten; doch ſelbige meiſtens aufgeſchoben.

§. 37.

Die Souverainen verlangen, daß ihren Per - ſonen auch in Kriegszeiten, in Schrifften und ſonſt, mit einer Anſtaͤndigkeit begegnet werde, und beklagen ſich, wann es nicht geſchehen ſeyn ſolle.

§. 38.

Ja Einige thun ſich auch alsdann bey ge -wiſſen231Vom Krieg. wiſſen Ceremoniel-Begebenheiten, oder mit Geſchencken und anderen Galanterien, hervor.

§. 39.

Hinwiederum haben auch andere ihre per - ſoͤnliche Erbitterung ſo hoch als moͤglich getriben.

§. 40.

Und verſchidenen Souverainen wurde Schuld gegeben, daß ſie ihrem Gegentheil, durch Meuchelmoͤrder, oder andere Verraͤthe - rey, nach dem Leben oder Freyheit getrachtet haͤtten.

§. 41.

Eine feindliche Familie wird zwar allenfalls auch gewiſſer maſſen feindlich, doch mit Anſtaͤn - digkeit, behandelt.

§. 42.

Feindliche Mobilien, u. d. koͤnnen zwar weg - genommen oder ruiniret werden; doch wird fuͤr unanſtaͤndig gehalten, ſich an gewiſſen Stuͤcken zu vergreiffen.

Betragen gegen eines Feindes Geſandten und Unterthanen in eines Souverains eigenen Landen.

§. 43.

Vile Souverains haben Vertraͤge mit ein - ander, wie man ſich bey einem ausbrechendem Krieg gegen die beyderſeitige Geſandte und Un - terthanen verhalten ſolle:

P 4§. 44.23219. Capitel.

§. 44.

Es werden aber haͤuffige Klagen gefuͤhrt, daß diſen Vertraͤgen in vorkommenden Faͤllen nicht nachgelebet werde:

§. 45.

Und es werden ſo dann von dem andern Theil Repreſſalien gebraucht.

§. 46.

Wo keine ſolche Vertraͤge vorhanden ſeynd, werden bey Anfang eines Krieges 1. alle feind - liche Geſandte und Unterthanen aus dem Land geſchafft, und 2. keine mehr hereingelaſſen.

§. 47.

Wann aber ein Souverain mehrere Eigen - ſchafften hat, wird ihme zuweilen geſtattet, an dem feindlichen Hof in der Eigenſchafft, darinn er nicht in den Krieg verwickelt iſt, Geſandten zu halten.

§. 48.

Ob und wie ferne derer in dem Staat bey Anfang eines Krieges wuͤrcklich befindlichen Un - terthanen Gefangennehmung und Confiſcation ihrer und anderer feindlichen Unterthanen Effec - ten ſtatt habe? iſt, wann keine Vertraͤge deß - wegen vorhanden ſeynd, nicht ſo ausgemacht.

Betragen gegen ſie in den feindlichen Landen ꝛc.

§. 49.

Man haͤlt nunmehro dem Voͤlckerrecht ge -maͤß233Vom Krieg. maͤß zu ſeyn, daß auch in Feindes Landen menſch - lich verfahren - und ordentlicher Weiſe gute Dis - ciplin gehalten werde.

§. 50.

Auf Diſcretion leben, das iſt, den Sol - daten nach Gefallen hauſen laſſen, iſt etwas ſehr hartes; ſo nicht ohne die wichtigſte Urſa - chen zu geſtatten iſt.

§. 51.

Feindliche Unterthanen, welche in ihres Herrn Land, auf deſſen Befehl, die Waffen er - griffen haben, aber keine regulirte Trouppen ſeynd, pflegen bey dem Eintritt in das Land ge - warnet zu werden, die Waffen niderzulegen.

§. 52.

Ob aber gegen die, ſo es, wegen des Ge - genbefehls ihres Landesherrns, nicht thun, mit Lebensſtraffe, auch ſengen und brennen, verfah - ren werden koͤnne? ſtreitet man.

§. 53.

Auſſer deme, und was feindliche Untertha - nen waͤhrenden Krieges uͤberhaupt betrifft, ſo wird fuͤr grauſam gehalten, unbewehrte Leute, beſonders gewiſſe Gattungen, umzubringen, oder ſonſten zu mißhandlen.

§. 54.

Pluͤnderen wird nur in gewiſſen Faͤllen fuͤr erlaubt gehalten; und auch in ſolchen ordentli - cher Weiſe deren Abkauffung geſtattet.

P 5§. 55.23419. Capitel.

§. 55.

Wann eine Pluͤnderung abgekaufft iſt, muß man nicht durch Chicanen noch mehreres zu er - preſſen ſuchen.

§. 56.

Ferner gehet nicht an, ohne Noth brennen und ſengen.

*)Vattel 3, 213.
*)

§. 57.

So auch Grund und Boden, ꝛc. verderben.

§. 58.

Hingegen kan der Feind die von dem Lan - desherrn bißhero gezogene Anlagen und Gefaͤlle des Landes ſich ſelber liferen laſſen.

§. 59.

Doch nicht weiter, als er im Stande iſt, ſelbige allenfalls mit militariſcher Gewalt bey - zutreiben.

§. 60.

Auch kan man der feindlichen Unterthanen Perſonen, Vieh, u. ſ. w. zu ſeinen Dienſten gebrauchen:

§. 61.

Man kan ſie ferner nun zu Recrouten weg - nehmen; aber nicht noͤthigen, gegen ihren eige - nen bißherigen Herrn zu dienen.

§. 62.

Feindlichen Unterthanen, ſo das anbefohle - ne leiſten, und es verlangen, werden zu ihrerSicher -235Vom Krieg. Sicherheit ſchrifftliche oder lebendige Salvegar - den ertheilt.

§. 63.

Dergleichen Salvegarden ſeynd unverlezlich, und muͤſſen ſicher wieder zu ihrem Corps gelaſ - ſen oder gebracht werden.

§. 64.

Wann die Landesunterthanen ſich waͤhren - der feindlicher Innhabung des Landes empoͤren, verfaͤhret man auf das ſchaͤrffeſte mit ihnen.

§. 65.

Ein Feind kan ein Land, das er verlaſſen muß oder will, von deme entbloͤſſen, was ihme nuͤzlich und dem Feind ſchaͤdlich iſt; ſonderlich von deme, was zum Krieg und Gegenwehr dienlich iſt: Doch mit Beobachtung der Menſchlichkeit.

Einfaͤlle in feindliche Lande.

§. 66.

Einfaͤlle in ein feindliches Land, welches man nicht zu behaupten gedencket, koͤnnen ver - ſchidene Abſichten haben.

§. 67.

Und nach denenſelben wird auch das Betra - gen eingerichtet.

§. 68.

Will man den Feind dadurch auſſer Stand ſezen, entweder uͤberhaupt laͤnger Krieg fuͤhren -oder23619. Capitel. oder doch in ſelbigen Gegenden agiren zu koͤn - nen; ſo erlaubt man ſich auch die aͤuſſerſte Ver - wuͤſtung.

*)Rußland; Schweden.
*)

§. 69.

Auſſer deme pflegt man ſich zu begnuͤgen, wann 1. die feindliche Magazine, u. d. ruini - ret werden, und 2. die Unterthanen ſich zu einer Brandſchazung verſtehen.

Brandſchazungen, Liferungen, Fou - ragiren.

§. 70.

Man kan feindlichen Unterthanen zu leiſten moͤgliche Brandſchazungen, Naturalien-Life - rungen, u. d. auflegen:

*)Vattel 3, 209.
*)

§. 71.

Doch, obgedachter maſſen, nur ſo weit, als des Feindes Oberhand ſich erſtrecket.

§. 72.

Wann die Unterthanen das anbefohlene moͤgliche nicht liferen, haͤlt man fuͤr erlaubt, die ſtrengeſte Executionsmittel gegen ſie zu gebrau - chen; ihr Herr mag die Liferung verboten ha - ben, oder nicht.

§. 73.

Fouragiren heißt eigentlich, das zu Unter - haltung des Viehes noͤthige Futter wegnehmen.

§. 74.237Vom Krieg.

§. 74.

Daß ſelbige in feindlichen Landen erlaubt ſeye, iſt auſſer Zweifel.

§. 75.

Wo moͤglich, wird aber doch dabey dem feindlichen Unterthanen die aͤuſſerſte Nothdurfft uͤbrig gelaſſen.

§. 76.

Gar offt aber gehen bey dem Fouragiren vilerley Mißbraͤuche vor.

Geiſel.

§. 77.

(H. von Steck) von den Geiſeln ꝛc. in den Verſuch. uͤber einig. erhebl. Gegenſt.

§. 78.

Geiſel ſeynd feindliche Unterthanen, welche dem Gegentheil fuͤr etwas hafften muͤſſen.

§. 79.

Der Feind iſt nicht allemal ſchuldig, Geiſel anzunehmen.

§. 80.

Wohl aber kan man zur Sicherheit der unbezahlten Brandſchazungen ꝛc. Geiſel forde - ren, oder wegnehmen.

§. 81.

So auch wegen Erfuͤllung anderer ge - ſchehener Verſprechen.

§. 82.23819. Capitel.

§. 82.

Ingleichem wegen anderer vom Feind vor - geſchribenen Zumuthungen.

§. 83.

Diſe Geiſel muͤſſen nicht ohne Noth hart gehalten werden.

§. 84.

Das Land muß aber auch ſeine Geiſel nicht ſtecken laſſen.

§. 85.

Wann das Verſprechen erfuͤllet iſt, muͤſſen die Geiſel losgegeben und ihnen eine ſichere Heim - reiſe verſtattet werden.

Betragen in Landesverfaſſungs-Sachen.

§. 86.

Ein Sieger iſt in feindlichen Landen an nichts, als an die Goͤttliche und natuͤrliche Rechte, gebunden.

§. 87.

Es ſeye dann, daß eine Capitulation vor - hergegangen - und darinnen ein mehreres ver - ſprochen worden waͤre.

§. 88.

Er kan alſo auch die geheimeſte Urkunden und Nachrichten, ganze Archive, u. ſ. w. abforderen, oder wegnehmen.

§. 89.239Vom Krieg.

§. 89.

Meiſtens werden doch die bißherige Landes - verfaſſungen beybehalten; auſſer, daß etwa der Feind einige Perſonen in denen Collegiis beyſe - zet, oder auch alles unter ſeiuem Namen und Autoritaͤt ergehen laͤſſet.

§. 90.

Religions - Kirchen-Schulſachen, u. d. laͤſſet man in feindlichen Landen gemeiniglich auch in ihrer bißherigen Verfaſſung.

§. 91.

Doch hat man Beyſpile, daß die Roͤm. Catholiſche ſich diſer Gelegenheit bedienet ha - ben, ihre Religion auszubreiten.

*)Franckreich; add. Kayſerl. Wahlcap.
*)

§. 92.

Wann aber der Feind ein erobertes Land fuͤr ſich zu behalten gedencket; alsdann haͤlt er es freylich in vilem anderſt, und nach Willkuͤhr.

§. 93.

Der Feind kan ein im Beſiz habendes Land, oder Stuͤcke davon, verkauffen, vertauſchen, zu Lehen anſezen, oder ſonſt weggeben, was und unter was fuͤr Bedingungen er will.

§. 94.

Er kan auch nach Gefallen Privilegien und andere Gnadenbezeugungen ertheilen.

§. 95.

Nur kommt es zulezt darauf an: Ob undwas24019. Capitel. was von allem ſolchen, Krafft des geſchloſſenen Fridens, ſeine Krafft behalte, oder nicht?

Marſche, Lager, Quartiere, ꝛc.

§. 96.

Auch in Feindes Land hat man auf Mar - ſchen dahin zu ſehen, daß nicht die Unterthanen und das Land aus bloſſem Muthwillen ruiniret werden.

§. 97.

Die Einrichtung der Quartiere im feindli - chen Lande haͤnget von der Willkuͤhr des Si - gers ab.

§. 98.

Doch werden gewiſſe Gebaͤude mit militari - ſcher Einquartierung auſſer dem Nothfall ver - ſchont.

§. 99.

Was der Quartiersmann geben muͤſſe? kommt auf den feindlichen Befehl oder Ver - gleiche an.

§. 100.

Lazarethe legt der Feind an, wo er will; wann es auch gleich Gebaͤude waͤren, die ſon - ſten mit Einquartierung verſchont werden.

Parthien, Capers, Merodeurs und Raͤuber.

§. 101.

  • ſ. Meine Abhandlung von deme, was zuKriegs -241Vom Krieg. Kriegszeiten in Anſehung des Parthiegehens Voͤlckerrechtens iſt; im Anhang meines Europ. Voͤlckerrechts in Kriegszeit.

§. 102.

Parthien ſeynd ein Commando Soldaten, welches von einem hoͤheren Officier gegen den Feind ausgeſchicket wird.

§. 103.

Sie haben, nach Kriegsgebrauch, wenig - ſtens eine gewiſſe Anzahl Koͤpfe zu Pferd, oder zu Fuß.

§. 104.

Eine Parthie muß zu ihren Verrichtungen ſchrifftlich legitimirt ſeyn.

§. 105.

Sie darff ſich nicht heimlich in ein veſtes Ort oder Land einſchleichen:

§. 106.

Noch ſonſten etwas wider Kriegsgebrauch begehen.

§. 107.

Wo es an diſen Stuͤcken fehlt, werden ſie als Raͤuber behandelt.

§. 108.

Gegen Schnaphahnen, u. d. wird, auf deren Betrettung, mit aͤuſſerſter Schaͤrffe ver - fahren.

§. 109.

Ein gleiches ſolle aber ebenfalls gegen dieQMe -24219. Capitel. Merodeurs, u. d. ſo zu der feindlichen Armee gehoͤren, beobachtet werden.

§. 110.

Die feindliche Unterthanen doͤrffen auch die - ſelbe handveſt machen; muͤſſen ſie aber ihrem Kriegsherrn zur Beſtrafung auslifern.

§. 111.

Ein Caper iſt ein privat-Perſonen zuſtaͤndi - ges Schiff, welches von ſeinem Souverain die Erlaubniß hat, dem Feind Abbruch zu thun.

§. 112.

Man kan dergleichen auch dritten Untertha - nen geſtatten.

§. 113.

Sie muͤſſen ſich nach denen ihnen vorge - ſchribenen Ordnungen richten.

§. 114.

Auch wohl vor dem darzu nidergeſezten Ge - richt forderiſt, oder doch im Zweifel, uͤber die Recht - oder Unrechtmaͤßigkeit ihrer Priſe erken - nen laſſen.

§. 115.

Ob und was fuͤr einen Antheil von ihrer er - oberten Beute ſie der Admiralitaͤt, oder Ande - ren, geben muͤſſen? kommt auf beſagtes Re - glement an.

§. 116.

Wem das Eigenthum der einem Caper wie - der abgenommenen Priſe zuſtehe? kommt auf die Verſchidenheit der Faͤlle au.

Schlach -243Vom Krieg.

Schlachten, ꝛc.

§. 117.

Die auf einem Schlachtfeld ligen geblibene Verwundete muͤſſen auch von dem Feind, ſo vil moͤglich, gerettet und verpfleget werden.

§. 118.

Vil weniger darff man ſie, oder die Todte, mißhandlen.

§. 119.

Nach geblibenen oder verlohrenen Standes - perſonen erlaubt man zu forſchen, und laͤſſet, auf Verlangen, deren Coͤrper abfolgen.

§. 120.

Wann eine kriegende Parthie ihre erhaltene Vortheile anderen Hoͤfen, oder dem Publico, (der anderen Parthie Meinung nach,) allzu - groß vorſtellt, koͤnnen beede Theile daruͤber in unangenehme Streitigkeiten gerathen.

Belagerungen.

§. 121.

Eine Veſtung heißt berennet, wenn Nie - mand heraus - oder hinein kan, ohne durch das feindliche Feuer zu paßieren.

§. 122.

Doch kan ein Plaz auch nur auf einer Seite berennt - und auf der andern offen ſeyn.

Q 2§. 123.24419. Capitel.

§. 123.

Gegen einen berennten Plaz doͤrffen neutrale Machten und die Ihrige manches nicht thun, ſo ſonſten erlaubt iſt.

§. 124.

Ob man gewiſſen Perſonen einen freyen Abzug aus einem berennten Plaz geſtatten wolle, oder nicht? kommt auf den Belagerer an.

§. 125.

Und ſo iſt man auch, wann der Commen - dant die ohnnuͤze Leute aus der Veſtung ſchafft, nicht ſchuldig, ſie paßieren zu laſſen.

§. 126.

Eine berennete Veſtung muß forderiſt auf - gefordert werden.

§. 127.

Wann der Commendant ſich wehren will, muß er doch auf die Aufforderung keine beleidi - gende Antwort ertheilen.

*)Vattel 3, 498.
*)

§. 128.

Die Aufforderung kan zwar unter der Be - drohung geſchehen, daß, wann die Garniſon ſich nicht ergebe, ſie keine Capitulation zu hof - fen haben-ſondern man alles uͤber die Klinge ſpringen laſſen werde:

§. 129.

Es gehoͤren aber beſondere Umſtaͤnde darzu, wann die Drohung ſolle ins Werck geſezet wer -den,245Vom Krieg. den koͤnnen; ob gleich der Commendant ge - wußt hat, daß er keinen Entſaz zu gewarten habe.

*)Vattel 3, 169.
*)

§. 130.

Wann das Geſchuͤz anfangt ſpilen, muͤſſen alle Glocken und Uhren ſtill ſtehen.

§. 131.

Einen Ort, auch eine Reſidenz, zu bombar - diren, oder gluͤhende Kugeln hinein zu ſchicken, wird nicht vor unrecht gehalten.

§. 132.

Wann eine Garniſon ſich aus der Statt in die Citadalle ziehet, will man ſie noͤthigen, die Krancke und Verwundete mit ſich zu nehmen.

§. 133.

Wann ein Ort mit Sturm uͤbergeht, muß man gewaͤrtig ſeyn, daß (wenigſtens Anfangs,) kein Quartier gegeben und gepluͤndert wird.

§. 134.

Wann eine Garniſon noch vor angetrette - nem Sturm capituliren will, wird es zugeſtan - den, die Feindſeligkeit eingeſtellt und beederſeits Geiſel gegeben.

§. 135.

Meiſtens ſchlaͤgt der Commendant der bela - gerten Veſtung ſchrifftlich Puncten vor: Wird man nicht einig; ſo gehen die Feindſeligkeiten von neuem an.

Q 3§. 136.24619. Capitel.

§. 136.

Wird man aber einig; ſo wird die lezte Reſolution darzu geſezt, und alles wird beeder - ſeits unterſchriben.

§. 137.

Eine Garniſon, die ſich auf Diſcretion er - geben muß, kan nach ſtrengen Rechten nichts weiter verlangen, als daß man ihr das Leben laſſe.

§. 138.

Andere Capitulationen ſeynd, nach Zeit, Perſonen und Umſtaͤnden, ungemein verſchi - den.

*)Beyſpile.
*)

§. 139.

Oeffters betreffen die Capitulationen nicht nur die ausziehende Garniſon, ſondern auch die Orts - oder Landesverfaſſung im Geiſt - und Weltlichen.

§. 140.

Die ausziehende Soldaten koͤnnen nicht ge - noͤthiget werden, bey dem Feind Dienſte zu nehmen: Wohl aber doͤrffen ſie es freywillig.

§. 141.

Deſerteurs, die ſich unter der Garniſon be - finden, koͤnnen weggenommen und am Leben geſtraft werden.

§. 142.

Die von der Garniſon hinterlaſſende Schul -den247Vom Krieg. den muͤſſen bezahlt - und Sicherheit deßwegen geſtellet werden.

§. 143.

Ueber dem Sinn ein - oder anderen Articuls einer Capitulation ſeynd unter denen Souve - rainen ſchon mehrmalen ſchwere Streitigkeiten entſtanden.

*)Franckreich und Rußland; Franckreich und vereinigte Niderlande.
*)

§. 144.

Wann Capitulationen nicht gehalten wer - den, wird es als eine Verlezung des Voͤlcker - rechts behandelt, und man pflegt bey Gelegen - heit Repreſſalien zu gebrauchen.

*)Vattel 3, 226.
*)

§. 145.

Wann der Feind eine eroberte Veſtung raſirt oder ſprengt, wird es von dem Gegentheil zu - weilen ſehr uͤbel genommen.

Quartiergeben und Kriegsgefangene.

§. 146.

Es iſt Voͤlckerrechtens, einem Feind, der das Gewehr niderlegen und ſich ergeben will, das Leben zu ſchencken, und ihn zum Kriegsge - fangenen zu machen.

§. 147.

Es wird aber bey mancherley Gelegenheit nicht allemal beobachtet.

Q 4§. 148.24819. Capitel.

§. 148.

Zu Kriegsgefangenen werden eigentlich nur die gemacht, welche in des Feindes Kriegsdien - ſten ſtehen.

§. 149.

Civilperſonen, Gelehrte, u. ſ. w. welche zufaͤlliger Weiſe zur Zeit eines Krieges gefangen werden, pflegt man meiſtens ohnentgeltlich los - zulaſſen:

§. 150.

Doch nicht allemal; ſonderlich Miniſters, Geſandte, ꝛc.

*)Piper; Belleisle.
*)

§. 151.

Eine Militar-Perſon kan in und auſſer Kriegsactionen, bey allen Gelegenheiten, zum Kriegsgefangenen gemacht werden.

§. 152.

Die einmal zum Kriegsgefangenen angenom - men worden ſeynd, koͤnnen nicht erſt hernach maſſacrirt werden.

*)Rußland und Schweden.
*)

§. 153.

Ausgenommen, wann ſie ſich empoͤren, und mit Gewalt frey machen wollen.

§. 154.

Kriegsgefangene doͤrffen, nach Erforderniß der Umſtaͤnde, ſcharff verwahrt-aber ſonſt nicht uͤbel gehalten werden.

*)Vattel 3, 183.
*)
§. 155.249Vom Krieg.

§. 155.

Sie doͤrffen ſich in keine Landesſachen mi - ſchen, oder in Unruhen mengen.

§. 156.

Aller Brieffwechſel kan Kriegsgefangenen nach Gefallen eingeſchraͤnckt oder gar unterſagt werden.

§. 157.

In Religionsſachen muß Kriegsgefangenen wenigſtens nichts aufgedrungen werden.

§. 158.

Der Kriegsgefangenen Kriegsherr muß fuͤr ihren Unterhalt beſorgt ſeyn:

§. 159.

Wo nicht; kan man ſich nicht daruͤber be - klagen, wann ihnen hart begegnet wird.

*)Schwediſche Gefangene in Rußland; Franzoͤſiſche in Engelland.
*)

§. 160.

Auch kan ihr Kriegsherr ſie waͤhrender Ge - fangenſchafft nicht abdancken, oder auf gerin - geren Sold ſezen.

§. 161.

Man kan Kriegsgefangene nicht noͤthigen, Kriegsdienſte zu nehmen.

§. 162.

Kriegsgefangene werden offt auf ihr Ehren - wort und gegen einen Revers, auf Erfordern ſich wieder zu ſtellen, losgegeben.

Q 5ſ. von25019. Capitel.
  • ſ. von Moser (Frid. Carl. ) von der Recht - maͤßigkeit eines von Kriegsgefangenen Re - verſes, auf Ordre ſich wieder zu ſtellen; in ſeiner klein. Schrifft. 10. Band, S. 67.

§. 163.

Wer ſich ſo dann nicht wieder ſtellt, wird fuͤr infam gehalten.

§. 164.

Ob aber ein Souverain die Seinige von di - ſem Verſprechen losmachen koͤnne? iſt ſehr ge - ſtritten worden.

*)Daͤnemarck und Schweden.
*)

§. 165.

Auch iſt uͤber voͤlliger Losgebung der Kriegs - gefangenen gegen Reverſe, uͤberhaupt, oder un - ter dem Beding, eine gewiſſe Zeit lang nicht gegen den Souverain, der ſie losgibt, zu die - nen, ſchon mehrmalen geſtritten worden.

*)Vattel 3, 181.
*)

§. 166.

Gehet ein Kriegsgefangener durch, und wird wieder ertappt, kan er zwar haͤrter gehal - ten - aber nicht als ein Deſerteur beſtrafet wer - den.

§. 167.

Ein Souverain kan nicht genoͤthiget wer - den, ſeine Kriegsgefangene auswechslen oder ranzioniren zu laſſen:

§. 169.251Vom Krieg.

§. 168.

Wohl aber geſchiehet das eine oder andere gar haͤuffig mit beederſeitigem gutem Willen.

§. 169.

Zu ſolchem Ende werden zuweilen Cartels errichtet, welche den ganzen Krieg hindurch dauern.

§. 170.

Oder man vergleicht ſich ſonſt bey gewiſſen Gelegenheiten ins beſondere deßwegen.

§. 171.

Kommt es zum Friden; pflegt allemal die Loslaſſung der Kriegsgefangenen mit-einbedun - gen zu werden.

Spionen.

§. 172.

Spionen ſeynd Perſonen, die ſich darzu ge - brauchen laſſen, einer kriegenden Parthie Um - ſtaͤnde oder Heimlichkeiten in Erfahrung zu brin - gen, und ſolche ſo dann dem Gegentheil zu er - oͤffnen.

§. 173.

Man haͤlt nicht vor unerlaubt, an oder in des Feindes Hof, Landen, Armee, u. ſ. w. Spionen zu halten.

§. 174.

Wann man aber ſolche Spionen ertappt, haͤlt man auch nicht fuͤr unrecht, ſie an Leib und Leben zu ſtrafen.

§. 175.25219. Capitel.

§. 175.

Feindliche Unterthanen zu noͤthigen, daß ſie ſich wider ihren Landesherrn als Spionen ge - brauchen laſſen, oder doch darzu behuͤlfflich ſeyn muͤſſen, laͤſſet ſich ſchwerlich rechtfertigen.

Kriegsliſten.

§. 176.

Kriegsliſt heißt und iſt, wann man dem Feind ſicher oder irre macht, und ihme daruͤber einen Streich beybringt, oder es doch verſucht.

§. 177.

Unvermuthete Ueberfaͤlle ſeynd keine Kriegs - liſten.

§. 178.

Daß Kriegsliſten uͤberhaupt erlaubt ſeyen, haͤlt man fuͤr unſtreitig.

§. 179.

Aber nicht bey allen Gattungen derſelben iſt man allemal einerley Meinung.

Verraͤtherey.

§. 180.

Verraͤtherey iſt, wann des Feindes eigene Leute ihrem Herrn treulos werden, und etwas thun, oder laſſen, das zu ſeinem Schaden ge - reichet.

§. 181.253Vom Krieg.

§. 181.

Dergleichen Perſonen darzu verleiten zu doͤrffen, wird man wohl nicht als recht erklaͤ - ren: Indeſſen geſchiehet es doch vilfaͤltig.

§. 182.

Feindliche Mannſchafft, ſo von einer ſol - chen Verraͤtherey zu profitiren ſucht, daruͤber aber in Kriegsgefangenſchafft geraͤth, kan nicht haͤrter gehalten werden, als andere Kriegsge - fangene.

§. 183.

Auſſer, wann ſie ſich irgendwo heimlich eingeſchlichen hat.

§. 184.

Wann man eine Verraͤtherey entdeckt, und ſelbige zu des Feindes eigenem Schaden zu ge - brauchen ſucht, iſt es nicht unrecht.

*)Vattel 3, 231.
*)

Im Krieg ohnerlaubte Sachen.

§. 185.

Ueberhaupt iſt man zwar unter denen Euro - paͤiſchen Machten darinn einig, daß im Krieg nicht alles erlaubt ſeye, wann es auch die Menſchlichkeit noch ſo ſehr beleidigte:

Wann man aber auf beſondere Faͤlle kommt; iſt man nicht allemal einerley Meinnng.

§. 186.

Man vergleichet ſich deßwegen auch waͤhren -den25419. Capitel. den Krieges zuweilen in einem oder dem anderen Puncten in denen Cartels.

§. 187.

Insgemein haͤlt man fuͤr unerlaubt, ſich vergiffteter Waffen zu bedienen, Waſſer zu ver - gifften, u. d.

§. 188.

Ferner, ſich ſolcher Geſchoße zu gebrauchen, welche unheilbare Wunden verurſachen.

§. 189.

Noch wird allgemein als eine Verlezung des Voͤlckerrechts behandelt, wann man ſich an feindlichen Trompetern und Tambours, welche etwas ausrichten oder uͤberbringen ſollen, ver - greifft.

*)Vattel 3, 494. u. f.
*)

§. 190.

So auch Mordbrenner auszuſchicken, Ban - diten zu gebrauchen, u. ſ. w.

§. 191.

Allerley anderes hieher gehoͤriges iſt bereits oben in diſem Capitel vorgekommen.

Eroberte Lande.

§. 192.

Ein Souverain, ſo ein Land, Gebiet, oder Ort, erobert, und es nicht wieder zuruͤck zu ge - ben gedencket, auch es behaupten zu koͤnnen verhoffet, kan ſich wohl darinn huldigen laſſen,Titul255Vom Krieg. Titul und Wappen davon annehmen, auch uͤberhaupt ſich als deſſen alleinigen und rechtmaͤſ - ſigen Regenten auffuͤhren.

§. 193.

Nur kommt es alsdann darauf an: Ob er es auch wuͤrcklich durchſezen kan, oder nicht zu - lezt genoͤthiget wird, dennoch Verzicht darauf zu leiſten?

§. 194.

So kan er auch das Land ꝛc. noch waͤhren - den Krieges einem Dritten abtretten:

Aber er kan ihm kein mehreres Recht ver - ſchaffen, als er ſelber hat.

*)Bremen; Verden.
*)

§. 195.

Und wann der alte Herr die Ceßion nicht erkennen will, gibt es dem neuen Beſizer keine gerechte Urſach, jenem den Krieg deßwegen zu erklaͤren.

§. 196.

Noch eher aber kan ſich der neue Beſizer bey diſem ſeinem Beſiz mit Gewalt ſelbſt handhaben.

§. 197.

Noch ſehr vile andere in denen Kriegen vor - kommende Faͤlle habe ich in meinen Grundſaͤ - zen des Europaͤiſchen Voͤlckerrechts in Kriegszeiten angefuͤhrt; welche ich hier, we - gen Enge des Raums, habe uͤbergehen muͤſſen.

Zwan -256

Zwanzigſtes Capitel. Von Alliirten, Huͤlffsvoͤlckern, und Subſidien. (1)ſ. Kopp von denen aſſociirten Crayſen.

Alliirte.

§. 1.

Alliirte in Kriegszeiten ſeynd eigentlich Sou - verainen, die in Anſehung eines Krieges gemeinſchafftliche Sache mit einander machen, und allerſeits an dem Krieg ſelbſten in eigenem Namen Antheil nehmen.

§. 2.

Forderiſt findet auch bey diſen Arten von Buͤndniſſen alles dasjenige ſtatt, was oben von denen Buͤndniſſen uͤberhaupt gemeldet wor - den iſt.

§. 3.

Das eigentliche, naͤhere und beſondere aber kommt in jedem Fall auf die getroffene Allianz und deren Innhalt an; da auf alle wichtige voraus zu ſehen moͤgliche Faͤlle eine umſtaͤndliche Abrede genommen zu werden pfleget.

§. 4.

Dergleichen Allianzen ſeynd entweder beſtaͤn - dige, die ſchon auf alle Faͤlle abgefaſſet ſeynd;wann257Von Alliirten und Huͤlffsvoͤlckern ꝛc. wann nemlich einer von ihnen angegriffen wuͤr - de, oder auch einer von ihnen ſelber angreiffe.

*)Großbritannien und die vereinigte Nider - lande; Bourboniſcher Familien-Tractat; Schweiz und Franckreich, auch Oeſterreich; Oeſterreich, Polen und Venedig.
*)

§. 5.

Oder eine Allianz wird erſt bey einem ſich ergebenden Fall, und bloß in Abſicht auf den - ſelbigen, geſchloſſen.

*)Groſſe Allianz 1701. Vattel 2, 9.
*)

§. 6.

Allianzen von der lezteren Art werden mehr - malen Anfangs nur etwa zwiſchen zweyen oder dreyen Machten geſchloſſen, hernach aber durch den Beytritt noch mehrerer Souverainen, oder halb-Souverainen, verſtaͤrcket.

§. 7.

Ein Souverain, der mehrere politiſche Ei - genſchafften hat, kan in der einen Eigenſchafft ein Alliirter ſeyn, in der anderen aber nicht.

§. 8.

Hauptſaͤchlich kommt es in Anſehung der beederſeits uͤbernehmenden Schuldigkeit auf eini - ge ſehr verſchidene Faͤlle an.

§. 9.

Entweder nemlich verbindet man ſich (we - nigſtens auſſer dem Nothfall,) nur zu einer ge - wiſſen beſtimmten Huͤlffe.

R§. 10.25820. Capitel.

§. 10.

Seynd die Kraͤfften derer Alliirten ungleich; ſo gehet es, (ſchon oben beruͤhrter maſſen,) wohl an, daß der eine Theil ſich zu einem meh - reren, der andere aber zu einem wenigeren, ver - binde.

§. 11.

Zuweilen wird es auch in des einen oder an - deren Theils Belieben geſtellt: Ob er ſeinen Antheil an Mannſchafft und reſp. Kriegsſchif - fen, oder an baarem Geld, leiſten wolle oder ſolle?

§. 12.

Auf den lezteren Fall vergleichet man ſich ei - ner gewiſſen Proportion zwiſchen beyden Arten.

Von der unter denen Europaͤiſchen Sou - verainen uͤblichen Proportion zwiſchen einer Huͤlffe an Mannſchafft, oder Schiffen, oder Geld; findet ſich ein Aufſaz in meiner ver - miſcht. Abhandl. (1750.) 1ſtem Stuͤck, S. 84.

§. 13.

Oder die Allianz wird ſo geſchloſſen, daß allerſeits Alliirten den Krieg geſammter Hand mit ihrer ganzen Macht fuͤhren ſollen.

§. 14.

Alliirte ſeynd ſchuldig, alle wichtige Kriegs - operationen mit einander zu concertiren.

§. 15.

Wegen Gewinns und Verluſts im Kriegpflegen259Von Alliirten und Huͤlffsvoͤlckern ꝛc. pflegen Alliirte zwar in ihren Allianzen Abreden zu nehmen: Aber am Ende hoͤret man oͤfftere Beſchwerden, daß man ſich nicht daran gebun - den habe.

§. 16.

Es entſtehen auch ſonſt gar offt, ſonderlich uͤber gewiſſe Gattungen von Bundesgenoſſen, Klagen, daß es bey ihnen ſehr an Erfuͤllung deſſen ermangle, worzu ſie ſich verbunden ha - ben.

*)Teutſchland; Polen; Engelland; Hol - land.
*)

§. 17.

Wann nun keine Ermahnungen etwas helf - fen, laͤſſet man zuweilen hinwiederum einen ſol - chen Alliirten ſtecken, oder macht auch ohne ihn Fride.

§. 18.

Kein Alliirter iſt befugt, ſich einſeitig mit dem Feind in Sachen einzulaſſen, die in die Allianz einſchlagen:

Es geſchiehet aber dennoch mehrmalen.

§. 19.

Aber auch auſſer deme traͤget es ſich je und je zu, daß Alliirte einander nicht getreu verblei - ben; ſondern daß der gemeinſame Feind die Kunſt verſtehet, ſie zu trennen.

§. 20.

Oder wann ein Alliirter ſeinen privat-Vor - theil dadurch zu finden verhofft, ſpringt er von der Allianz ab.

R 2§. 21.26020. Capitel.

§. 21.

Dringet ihn aber die aͤuſſerſte Noth darzu; ſo iſt er, (ſchon obgedachter maſſen,) wenig - ſtens entſchuldbar.

*)Vattel 3, 123.
*)

§. 22.

Ob Alliirte Voͤlcker, wann ſie in das Ge - draͤnge kommen, um ſich daraus zu retten und ſicher nach Hauſe kommen zu koͤnnen? die Neu - tralitaͤt ergreiffen doͤrffen? iſt zu unſerer Zeit geſtritten worden.

§. 23.

Zuweilen ergreiffen bißherige Alliirte noch waͤhrenden Krieges gar die Gegenparthie.

*)Chur-Braunſchweig und Schweden; Rußland und Oeſterreich.
*)

§. 24.

Wann es zu Fridenstractaten kommt, ſoll - ten Alliirte mehr auf ihr gemeinſames-als des einen Theils privat-Intereſſe ſehen:

Es geſchiehet aber gar offt nicht.

*)Beyſpile.
*)

Huͤlffsvoͤlcker.

§. 25.

Die Worte: Huͤlffsvoͤlcker, oder: Au - xiliartrouppen, werden in zweyerley Verſtand gebraucht.

§. 26.261Von Alliirten und Huͤlffsvoͤlckern ꝛc.

§. 26.

Einmal heiſſet man die Mannſchafft ſo, welche ein Alliirter dem andern auf eigene Ko - ſten zuſchickt, und zu deſſen Trouppen ſtoſſen - oder ſie als ein beſonderes Corps agiren laͤſſet.

§. 27.

Oder man verſtehet darunter die Mann - ſchafft, welche ein Herr oder Staat dem an - dern, gegen gewiſſe Subſidien, zum Dienſt uͤberlaͤßt.

§. 28.

Im erſten Fall will zuweilen ein ſolcher Herr dennoch dafuͤr angeſehen ſeyn, als ob er an dem Krieg ſelbſten keinen Antheil naͤhme:

§. 29.

Es kommt aber alsdann auf den Gegentheil an, ob derſelbe auch ſo denckt? wo nicht, ſo behandelt er den Herrn, der die Auxiliarvoͤlcker ſchicket, als ſeinen Feind.

§. 30.

Und diſes alsdann um ſo eher, wann die Auxiliar-Trouppen nicht etwa in einem gerin - gen Corps beſtehen, ſondern wohl gar ſo vil Trouppen abgegeben werden, als man nur ſelbſt entbehren kan.

*)Beyſpile von Franckreich und Preuſſen.
*)

§. 31.

Wer ſonſt nur Trouppen in Subſidien gibt, und die Seinige, werden von dem kriegenden Theil, gegen welchen ſie agiren, im Hand[el]R 3und26220. Capitel. und Wandel, auch ſonſten, als neutral be - handelt.

Subſidien.

§. 32.

Subſidien heißt dasjenige Geld, ſo ein Staat oder Herr dem andern in Abſicht auf Kriegsmannſchaſſt gibt.

§. 33.

Es pflegen deßwegen ordentliche Tractaten errichtet zu werden.

§. 34.

Und zwar entweder noch in Fridenszeiten, zum Voraus, auf alle Faͤlle:

Oder bey Anfang eines Krieges, oder waͤh - rend deſſelbigen.

§. 35.

Zuweilen werden einem Herrn Subſidien gegeben, bloß, damit er ſtill ſize, und ſich nicht mit dem Gegentheil verbinde.

*)Beyſpile.
*)

§. 36.

Oder man gibt dergleichen einem Alliirten, damit er deſto beſſer im Stand ſeye, den Krieg mit Nachdruck fuͤhren zu helffen.

*)Beyſpile.
*)

§. 37.

Meiſtens aber gibt man ſie einem Herrn, der an dem Krieg ſelber keinen weiteren Antheilnimmt,263Von Alliirten und Huͤlffsvoͤlckern ꝛc. nimmt, um dagegen eine beſtimmte Anzahl Mannſchafft in eines Krieg-fuͤhrenden Sou - verains Sold und Dienſt zu uͤberlaſſen.

§. 38.

Entweder wird eine gewiſſe Zeit beſtimmt, wie lang der Tractat waͤhren ſolle; oder es wird auf gewiſſe Zufaͤlle, oder auf die Willkuͤhr einer oder beeder Parthien, ausgeſezt.

§. 39.

Die Bedingungen, worauf ſolches geſchie - het, ſeynd nach denen Perſonen, Zeiten und Umſtaͤnden, gar ſehr verſchiden.

*)Beyſpile.
*)

§. 40.

Zuweilen doͤrffen dergleichen Trouppen nicht gegen den Feind gebraucht werden; ſondern werden in des Kriegsherrns innere Lande ver - legt, um der daraus gezogenen Mannſchafft Stelle zu vertretten.

§. 41.

Oder man darff ſich ihrer nur in gewiſſen Gegenden bedienen.

§. 42.

Oder nur biß an gewiſſe Graͤnzen.

*)Vattel 3, 111.
*)

§. 43.

Offt kan man ſie gebrauchen, wie man vill.

R 4§. 44.26420. Capitel.

§. 44.

Zuweilen aber muß man ſie als ein eigenes Corps agiren laſſen.

§. 45.

Oder man darff ſie doch nicht von einander trennen.

§. 46.

Der Articul wegen der Recroutirung iſt bey dergleichen Tractaten einer derer wichtigſten.

§. 47.

Es entſtehen auch leicht Streitigkeiten we - gen des Ober - und ſubalternen Commando.

§. 48.

Ingleichem wegen des Rangs derer Corps und Officiers bey Actionen und ſonſt.

§. 49.

So auch wegen der Stellung auf die ge - faͤhrlichſte Poſten.

§. 50.

Ferner wegen der Quartiere, und ſonſten.

§. 51.

Ob, wann Huͤlffsvoͤlcker nicht richtig be - zahlet werden, ihre Verbindlichkeit zum Dienſt aufhoͤre? kommt auf die Umſtaͤnde an.

*)Vattel 3, 17.
*)

§. 52.

Was in Anſehung der Mannſchafft zu Land gemeldet worden iſt, gilt auch in Ruͤckſicht auf Schiffe und Flotten.

Ein265

Ein und zwanzigſtes Capitel. Von der Neutralitaͤt.

Neutralitaͤt uͤberhaupt.

§. 1.

Neutralitaͤt iſt, wann ein Souverain an ei - nem zwiſchen anderen Machten obwal - tenden Krieg keinen Antheil nimmt, ſondern mit denen ſaͤmtlichen Kriegfuͤhrenden Theilen in guter Freundſchafft lebt.

§. 2.

Es ſtehet ordentlicher Weiſe jedem Staat frey, bey Kriegen neutral zu verbleiben; wann er nicht durch Vertraͤge zu einem widrigen ver - bunden iſt.

§. 3.

Es werden mehrmalen bey Ausbruch eines Krieges eigene Tractaten deßwegen geſchloſſen.

§. 4.

Doch ſeynd Neutralitaͤts-Tractaten nicht allemal noͤthig; ſondern es iſt genug, wann man die Neutralitaͤt wuͤrcklich beobachtet.

§. 5.

Indeſſen hat man doch Beyſpile, daß man neutrale Staaten hat noͤthigen wollen, ſich fuͤr die eine oder andere Parthie zu erklaͤren.

R 5§. 6.26621. Capitel.

§. 6.

Hinwiederum aber hat man auch Beyſpile, daß gewiſſe feindliche Lande, dritten Machten zu gefallen, als neutral erkannt worden ſeynd.

*)Mein T. auswaͤrt. Staatsr. S. 357.
*)

§. 7.

Und noch leichter geſchiehet es, daß gewiſſe Lande eines Souverains, der mehrere Eigen - ſchafften hat, als neutral behandelt werden.

§. 8.

So auch die Lande des Gemahls einer Koͤ - nigin, die einen Krieg fuͤhrt, an welchem ihr Gemahl keinen Antheil nimmt.

§. 9.

Ferner wird mehrmalen einzelnen Orten die Neutralitaͤt zugeſtanden, z. E. wo Fridenscon - greſſe gehalten werden.

§. 10.

Zuweilen wird ein Alliirter des Kriegs muͤde, und erklaͤret ſich als neutral.

*)Mein T. ausw. Staatsr. S. 356.
*)

§. 11.

Offt ſezen ſich neutrale Machten in eine gute Kriegsverfaſſung, um ihre Neutralitaͤt behaup - ten zu koͤnnen.

Pflichten eines neutralen Staats.

§. 12.

Die Pflichten eines neutralen Souverainsbe -267Von der Neutralitaͤt. beſtehen darinn: Er muß gegen denen kriegen - den Theilen ſich unpartheyiſch erzeigen.

§. 13.

Was er alſo dem einen kriegenden Theil ge - ſtattet, muß er ordentlicher Weiſe dem andern auch erlauben:

§. 14.

Und was er einem derer kriegenden Theile nicht geſtattet, darff er auch dem andern nicht erlauben.

§. 15.

Hinwiederum aber koͤnnen die Krieg fuͤhren - de Theile auch einem neutralen Staat nichts weiteres mit Recht zumuthen.

§. 16.

Wie weit nun der neutrale Souverain ſei - ner Convenienz zu ſeyn befinde? allen Theilen diſes oder jenes zu geſtatten, oder abzuſchlagen, bleibet von Rechtwegen ſeiner eigenen Willkuͤhr uͤberlaſſen.

Kriegsſachen.

§. 17.

Es entſtehen gar ſehr offt in Anſehung der Wuͤrckung der Neutralitaͤt groſſe Streitigkeiten, in denen die Europaͤiſche Machten nicht allemal gewiſſe, oder zu allen Zeiten einerley, Grund - ſaͤze hegen.

§. 18.

Dahin gehoͤren unter anderem folgende Stuͤ -cke:26821. Capitel. cke: Ob man feindlichen Armeen den Durch - marſch durch ein neutrales Land geſtatten muͤſſe, und allenfalls wie fern, und unter was fuͤr Bedingungen?

§. 19.

Ob, und wie fern, ein fluͤchtiger Souve - rain, oder die Seinige, ſich in ein neutrales Land retiriren, und darinn aufgenommen wer - den doͤrffen?

§. 20.

Ob man einen fluͤchtigen Feind in ein neu - trales Land verfolgen doͤrffe, und allenfalls wie fern?

§. 21.

Ob und wie ferne ein neutraler Staat ſchul - dig ſeye, einem kriegenden Theil Lebensmittel zukommen zu laſſen?

§. 22.

Ob? und allenfalls wie fern, ein neutraler Staat einem kriegenden Theil, Werbungen, oder doch Recroutierungen, geſtatten doͤrffe?

§. 23.

Ob? und allenfalls wie fern, man einem kriegenden Theil mit Geld an die Hand gehen koͤnne?

§. 24.

Wann ein feindliches Schiff das andere unter den Canonen eines neutralen Plazes an -greiffen269Von der Neutralitaͤt. greiffen will, wird es durch Gegengewalt davon abgehalten.

*)Vattel 3, 153.
*)

§. 25.

Wann zwey feindliche Schiffe in einem neu - tralen Hafen ligen, und das eine laufft aus, ſo wird dem andern das auslauffen erſt nach 24. Stunden geſtattet.

§. 26.

Ob ein Feind einen eroberten Plaz einem neutralen Souverain, gegen ein Stuͤck Geld, als einen Sequeſter zuſtellen koͤnne? wurde ge - ſtritten.

*)Vattel 3, 267.
*)

Handlung.

§. 27.

Hauptſaͤchlich entſtehen ſehr vile Streitigkei - ten uͤber der von einem neutralen Staat treiben - den Handlung, zu Waſſer und zu Land; da - bey forderiſt allerley Hauptfaͤlle von einander zu unterſcheiden ſeynd.

§. 28.

Daß ein neutraler Staat waͤhrenden Krie - ges mit anderen auch neutralen Staaten eine uneingeſchraͤnckte Handlung treiben doͤrffe, iſt richtig.

§. 29.

Ferner iſt richtig, daß ein neutraler Staatin27021. Capitel. in keine Lande eines Kriegfuͤhrenden Theiles mit Waaren, die zum Krieg dienlich ſeynd, oder ſonſt von dem Gegentheil als contreband ange - ſehen werden, handlen darff.

*)Vattel 3, 135.
*)

§. 30.

So iſt auch richtig, daß wann auf neutra - len Schiffen, Waͤgen ꝛc. Waaren angetroffen werden, welche einem derer Krieg-fuͤhrenden Theile, oder deſſen Unterthanen zugehoͤren, ſel - bige confiſciret werden doͤrffen.

§. 31.

Wann neutraler Unterthanen Effecten auf feindlichen Schiffen ꝛc. oder an feindlichen Or - ten angetroffen werden, haͤlt man ſie nicht allemal fuͤr confiſcabel.

§. 32.

Neutraler Staaten Unterthanen doͤrffen die von einem feindlichen Theil gemachte Priſen und Beute an ſich erhandlen:

Oder man kan ſie auch in neutralen Landen an Dritte verhandlen.

§. 33.

Ob erlaubt ſeye, daß neutrale Unterthanen Sachen, welche dem Feind zuzufuͤhren verboten ſeynd, an ſich kauffen, und ſo dann dem Feind wieder verkauffen? ſtreitet man.

*)Teutſchland; Schweiz.
*)

§. 34.

So auch: Ob neutrale Unterthanen feind -liche271Von der Neutralitaͤt. liche Waaren, welche einzufuͤhren verboten ſeynd, an ſich erhandlen, und ſo dann, als ihre eigene Waaren, des Verbots ohnerachtet, in das Land bringen doͤrffen?

§. 35.

Von der Handlung nach berenneten Orten iſt ſchon oben geredet worden:

Und das gilt auch von blocquirten Orten.

*)Vattel 3, 139.
*)

§. 36.

Auſſer deme haͤlt man insgemein fuͤr erlaubt, daß neutrale Machten und die Ihrige eine un - ſchuldige Handlung in der Kriegfuͤhrenden Machten Staaten fuͤhren doͤrffen.

§. 37.

Und wann ſolches nicht geſtattet werden will, halten ſie ſich fuͤr berechtiget, die Freyheit der Handlung, einzeln und gemeinſchafftlich, mit Gewalt zu behaupten.

*)Vattel 3, 132.
*)

§. 38.

Oder einige neutrale Machten ſchlieſſen Al - lianzen deßwegen.

§. 39.

Doch hat man auch Beyſpile, da ſchlech - terdings keine neutrale Handlung in ein neutra - les Land hat geſtattet werden wollen.

*)Nordiſcher Krieg.
*)
§. 40.27221. Capitel.

§. 40.

Neutrale Handlungsſchiffe muͤſſen ihre See - brieffe aufweiſen, oder, bey einem gegruͤndeten Verdacht, ſich auch viſitiren laſſen.

Schaͤden.

§. 41.

Wann von einem derer Krieg-fuͤhrenden Theile einem neutralen Land, oder deſſen Unter - thanen, Schaden zugefuͤget wird, ſollte derſelbe von Rechtswegen erſezet werden:

§. 42.

Aber, im Gegentheil, werden offt minder - maͤchtiger neutraler Staaten Lande eben ſo arg mitgenommen, als die feindliche ſelbſt.

*)Beyſpile. Vattel 3, 141.
*)

Neutralitaͤt bey inneren Kriegen.

§. 43.

Wann in einem Reich innerliche Kriege ent - ſtehen, will gemeiniglich der Theil, ſo die Ober - hand hat, oder der den andern als Rebellen tractirt, nicht leiden, daß dem Gegentheil der Aufenthalt im Land, Handlung, oder gar das einlauffen der Capers, u. ſ. w. geſtattet werde.

§. 54.

Hingegen behaupten dritte Staaten oͤffters, daß auch alles diſes mit unter die Neutralitaͤt gehoͤre.

§. 45.273Von der Neutralitaͤt.

§. 45.

Oder, wann man ja den einen Theil nicht beleidigen will; ſo beguͤnſtiget man zwar deſſen Gegentheil nicht, verfolgt ihn aber auch nicht, noch lifert man ihne aus, wann es gleich be - gehrt wuͤrde.

Verlezung der Neutralitaͤt.

§. 46.

Wann ein neutraler Souverain ſelber ge - gen die Neutralitaͤt handelt, kan er als ein Feind angeſehen werden:

§. 47.

Wann aber nur ſeine Unterthanen ſich der - gleichen haben zu Schulden kommen laſſen, kan man bloß deren Beſtrafung verlangen.

§. 48.

Eben diſes hat ſtatt, wann einer der feind - lichen Theile, oder die Seinige, die Neutrali - taͤt verlezen.

Aufhebung der Neutralitaͤt.

§. 49.

Oeffters bleibt ein Souverain bey Anfang eines Krieges neutral; weil es die Umſtaͤnde er - fordern, oder biß er ſiehet, wo es hinaus will:

Waͤhrenden Krieges aber nimmt er ſo dann, nach ſeiner Convenienz, bald fruͤher, bald ſpaͤ -Ster,27422. Capitel. ter, die Parthie des einen Krieg-fuͤhrenden Theils.

§. 50.

Nach Verflieſſung einer beſtimmten Zeit, oder nach ſich ergebenden Umſtaͤnden, kan ſich die Neutralitaͤt auch von ſelbſten aufheben.

Zwey und zwanzigſtes Capitel. Von Waffenſtillſtaͤnden und Fridens - ſchluͤſſen. (1)ſ. mein T. Auswaͤrt. Staatsr. S. 38. 188. u. f. 210. 358.

Waffenſtillſtaͤnde.

§. 1.

Waffenſtillſtaͤnde ſeynd Einſtellungen aller Feindſeligkeiten auf eine Zeitlang.

§. 2.

Sie ſeynd entweder allgemeine, zwiſchen allen Krieg fuͤhrenden Theilen:

§. 3.

Oder particulare, a) nur zwiſchen einigen im Krieg verfangenen Parthien, oder b) zwi - ſchen gewiſſen Corps; oder c) Belagerern und Belagerten.

§. 4.275Von Stillſtaͤnden u. Fridensſchluͤſſen.

§. 4.

Die Abſicht der Waffenſtillſtaͤnde ſeynd ſehr verſchiden; nemlich 1. um indeſſen wegen des Fridens, oder 2. einer Capitulation tracti - ren, oder 3. eine Zeitlang ruhige Quartiere ge - nieſſen, oder 4. die Todte begraben, oder 5. eine Ordre von dem oder denen Souverains uͤber etwas einhohlen zu koͤnnen, u. ſ. w.

§. 5.

Nach Beſchaffenheit diſer Umſtaͤnde nun kan ein Waffenſtillſtand 1. von einem jeden der Orten commandirenden Officier, geſchloſſen werden; oder er bedarff des Conſenſes, oder doch der Ratification, 2. der hoͤchſten Genera - litaͤt, oder 3. auch derer Hoͤfe ſelbſt.

§. 6.

Waͤhrenden Stillſtandes darff nichts unter - nommen werden, was dem Gegentheil zum un - mittelbaren Schaden gereichte.

*)Vattel 3, 330.
*)

§. 7.

Es werden auch oͤffters ſonſt allerley Bedin - gungen beygefuͤgt.

§. 8.

Ingleichem werden zuweilen, zur Sicher - heit des Verſprochenen, Geiſel gefordert und gegeben.

§. 9.

Wie vil Stunden, Tage, Wochen, Mo -S 2nathe,27622. Capitel. nathe, ꝛc. ein Waffenſtillſtand waͤhren ſolle, kommt auf das beederſeitige Einverſtaͤndniß an.

§. 10.

Wann ſie aber auf eine unbeſtimmte Zeit geſchloſſen werden, wird wenigſtens verglichen, wie lang zuvor der Stillſtand wieder aufgekuͤn - digt werden muß.

§. 11.

Wann die Aufkuͤndung vor Ablauff der verglichenen Zeit mit Recht ſolle geſchehen koͤn - nen, werden wichtige Urſachen darzu erfordert.

§. 12.

Es gibt aber auch noch eine beſondere Art von Waffenſtillſtaͤnden, die auf vile beſtimmte Jahre geſchloſſen werden, und nichts anderes, als ein wahrer Fride, ſeynd, auch alle Wuͤr - ckungen deſſelbigen haben.

§. 13.

Dahin gehoͤren nemlich vile zu Ende eines Krieges geſchloſſene Tractaten zwiſchen der Pfor - te und denen chriſtlichen Machten.

§. 14.

Diſe Stillſtaͤnde pflegen, nach Ablauff de - rer verglichenen Jahre, meiſtens auf eben ſo lang, oder auf eine andere beliebte Zeit, erneuert und erſtrecket zu werden.

§. 15.

  • ſ. (H. von Steck) von den Fridensſchluͤſſen der Osmanniſchen Pforte; in den Ver - ſuch. uͤber einig. erhebl. Gegenſt.
§. 16.277Von Stillſtaͤnden u. Fridensſchluͤſſen.

§. 16.

Unter chriſtlichen Machten finden ſich we - nige Beyſpile von dergleichen langen Still - ſtaͤnden.

*)Franckreich und Teutſchland, 1684.
*)

§. 17.

Endlich gibt es auch einen, ſo zu ſagen, na - tuͤrlichen Waffenſtillſtand; wann nemlich die kriegende Theile zufaͤlliger Weiſe ſo weit von ein - ander entfernet werden, daß keine Feindſeligkei - ten unter ihnen vorgehen koͤnnen.

*)K. Carl VI. Teutſchland und Spanien.
*)

§. 18.

Indeſſen iſt doch ſolchen Falles auch kein Fride, die beederſeitige Unterthanen und ihre Effecten ſeynd vor dem Gegentheil nicht ſicher, auch ligt Handel und Wandel, u. ſ. w.

Der Fridenshandlungen Veranlaſſung.

§. 19.

Der entweder am billigſt denckende, oder des Fridens am meiſten benoͤthigte, oder im groͤſten Vortheil ſizende, kriegende Theil, gibt endlich ſeine Neigung zum Friden zu erkennen.

§. 20.

Und zwar diſes entweder dem Gegentheil ſelbſt unmittelbar, oder einer dritten Macht, welche es jenem zu wiſſen thun ſolle, oder wohl auch nur dem Publico.

S 3§. 21.27822. Capitel.

§. 21.

Die Art und Weiſe, ſolches zu bewerckſtel - ligen, iſt ſo dann abermalen gar ſehr verſchiden; und man ſchreibt entweder ſelbſt, oder durch dritte Perſonen, oder laͤſſet ſeine Geſandten an neutralen Hoͤfen eine Erklaͤrung thun, oder ſchickt Jemanden an den Gegentheil.

§. 22.

Werden nun diſe Anerbietungen nicht ange - nommen; ſo gehet der Krieg fort, und der Theil, ſo ſich zum Friden erboten hat, leget alsdann die Schuld davon, etwa auch vor dem Publico, auf den Gegentheil.

§. 23.

Iſt aber der andere Theil auch zum Friden geneigt, oder ſtellet ſich doch ſo an; ſo werden nun Fridenshandlungen daraus.

§. 24.

Und diſe werden entweder ins geheim oder oͤffentlich gepflogen.

Geheime Fridenshandlungen.

§. 25.

Sollen die Fridenshandlungen in Geheim gepflogen werden; ſo ſchickt der eine Krieg fuͤh - rende Theil eine vertraute und mit hinlaͤnglicher Vollmacht verſehene Perſon an den Hof des Gegentheils, oder an einen dritten Ort.

§. 26.279Von Stillſtaͤnden u. Fridensſchluͤſſen.

§. 26.

Oder man bedienet ſich auch darzu Kriegs - gefangener Generals, ꝛc. oder der beederſeitigen Geſandten an einem neutralen Hof.

§. 27.

Oder zwey Staatsminiſters von beeden Theilen ſchreiben an einander.

§. 28.

Wann ein Kriegfuͤhrender Theil Alliirte hat, ſollte von Rechtswegen nichts dergleichen ohne ihr Vorwiſſen und Genehmigung vorgenommen werden:

Es geſchiehet aber nicht allemal.

§. 29.

Eben diſes iſt auch davon zu ſagen, wann ein Souverain, Krafft ſeiner Reichsverfaſſung, nicht fuͤr ſich allein Fride ſchlieſſen kan.

*)Polen; Teutſchland.
*)

§. 30.

Denen Hoͤfen aber, welche nur Huͤlffsvoͤl - cker, gegen beziehende Subſidien, hergegeben haben, hat man nicht noͤthig, etwas davon zu melden.

§. 31.

Vor allen Dingen werden ſo dann die Voll - machten derer Perſonen, welche die Unterhand - lungen vornehmen ſollen, in Richtigkeit geſezt.

§. 32.

Die erſte Fridensvorſchlaͤge werden entwederS 4ſchrifft -28022. Capitel. ſchrifftlich ausgehaͤndigt, oder nur in die Feder dictirt, oder muͤndlich erklaͤrt, von dem Ge - gentheil zu Papier gebracht und nochmals ver - leſen.

§. 33.

Alsdann wird weiter verfahren, wie man ſich vergleicht, oder es ſonſten uͤblich iſt.

§. 34.

Oder man bedienet ſich auch dritter Perſo - nen, die reciproque Erklaͤrungen einander zu hinterbringen.

*)Paͤbſtlicher Nuncius 1725.
*)

§. 35.

Waͤhrender ſolcher geheimer Negotiationen pflegen, wann es Ernſt damit iſt, die Genera - litaͤten zuweilen Ordre zu erhalten, ihre Ope - rationen ſo einzurichten, daß nichts erhebliches vorgehet.

§. 36.

Wird man nicht einig; ſo werden die Handlungen abgebrochen, und die abgeſchickte Perſon begibt ſich wieder hinweg.

§. 37.

Oder, wann die Handlungen von Haus aus durch die Miniſters geſchehen, wird die Correſpondenz zulezt ebenfalls ſuſpendirt.

§. 38.

Es macht aber ſo dann doch der eine Theil zuweilen das bißhero verhandelte oͤffentlich be - kannt.

*)Franckreich und Groß-Britannien.
*)
§. 39.281Von Stillſtaͤnden u. Fridensſchluͤſſen.

§. 39.

Kommen aber die geheime Fridenshandlun - gen zum Schluß; ſo gehet es, wie hernach zu ſehen iſt.

§. 40.

Dergleichen geheime Fridenshandlungen ſeynd jezo ſehr beliebt, und haben allerley Vor - zuͤge.

§. 41.

Nur ſeynd ſie nicht ſo thunlich, wo Alliirte auf der einen oder anderen Seite etwas dabey zu ſagen haben.

Oeffentliche Fridenshandlungen ohne Congreſſe.

§. 42.

Werden hingegen Fridenshandlungen ge - pflogen, aus denen man dem Publico kein Ge - heimniß zu machen verlangt; ſo werden ſelbige entweder auſſer einem Congreß gepflogen, oder auf einem eigenen Congreß.

§. 43.

Auſſer einem Congreß bedienet man ſich dar - zu abermalen der bereits angezeigten Mittel, 1. einer Miniſterial-Correſpondenz, oder 2. der ordentlichen Geſandten an neutralen Hoͤfen, oder 3. der oͤffentlichen Abſendung bevollmaͤch - tigter Perſonen an beederſeitige Hoͤfe ꝛc.

*)Franckreich und Groß-Britannien.
*)
S 5§. 44.28222. Capitel.

§. 44.

Oder 4. man laͤſſet auch die beederſeitige commandirende Generale mit einander handlen.

*)Raſtatt; Oeſterreich, Rußland und Pforte.
*)

§. 45.

Uebrigens gehet es ſo dann wiederum eben ſo, wie bereits gemeldet worden iſt.

§. 46.

Bey gewiſſen Reichen gehen dergleichen Fri - denshandlungen nicht an.

*)Polen; Teutſchland.
*)

§. 47.

Es ſeye dann, daß die Fridenshandlungen auf dem Reichstag einer ſolchen Nation wollten vorgenommen werden.

Praͤliminar-Congreſſe.

§. 48.

Wann ferner die Kriegfuͤhrende Theile zu denen Fridenshandlungen ſich eines Congreſſes bedienen wollen, kommt es entweder ſo gleich zu dem Haupt - oder einem Praͤliminar-Con - greß.

§. 49.

Bey einem Praͤliminar-Congreß iſt noch keine Frage von denen Fridensbedingungen ſelb - ſten; ſondern nur von dem Hauptcongroß, wo und wie er gehalten werden ſolle, wen man da - bey zulaſſen wolle, u. ſ. w.

§. 50.283Von Stillſtaͤnden u. Fridensſchluͤſſen.

§. 50.

Daruͤber werden ſo dann Praͤliminar-Trac - taten errichtet, welche aber mit denen eigentli - chen Fridens-Praͤliminarien nicht zu vermengen ſeynd.

§. 51.

Weil dergleichen Praͤliminar-Tractaten mei - ſtens eben ſo vile Zeit erforderen, und faſt eben ſo vile Schwuͤrigkeiten haben, als die Haupt - tractaten und Congreſſe; ſo ſeynd ſie nicht mehr ſtarck im Gebrauch.

§. 52.

Man hat ſich auch ſchon wegen des Orts des Congreſſes, und anderer Praͤliminarien, mit einander verglichen, und der Congreß iſt doch nicht gehalten, ſondern der Fride auf andere Art geſchloſſen worden.

*)1761.
*)

Hauptcongreſſe.

§. 53.

Die Haupt-Fridenscongreſſe, (wann man dergleichen beliebt,) werden gehalten, 1. wann entweder bereits Fridens-Praͤliminarien geſchloſ - ſen worden ſeynd, 2. oder noch nicht.

§. 54.

Dabey iſt forderiſt die Frage von dem Ort.

§. 55.

Oeffters erwaͤhlet man darzu einen in einesfeind -28422. Capitel. feindlichen Theils Landen gelegenen Ort; wel - cher ſo dann, nebſt einem gewiſſen beſtimmten Bezirck, waͤhrender Fridenshandlungen als neutral behandelt wird.

§. 56.

Oder man bedienet ſich eines Plazes, wo die Graͤnzen zuſammenſtoſſen.

*)Faſanen-Inſul.
*)

§. 57.

Oder man erwaͤhlet einen in einem neutra - len Staat gelegenen Ort.

*)Baden.
*)

§. 58.

Es ſeynd auch ſchon Fridenscongreſſe auf dem Feld unter Zelten gehalten worden.

§. 59.

Daß, wann mehrere Machten im Krieg mit einander verfangen ſeynd, zu gleicher Zeit an verſchidenen Orten mit der einen oder ande - ren Parthie gehandelt werde, iſt etwas ſeltenes.

*)Wephaͤliſcher Fride.
*)

§. 60.

Was fuͤr Perſonen, von was fuͤr Religion, Stand, Wuͤrde, und wie vil ꝛc. auf den Con - greß abgefertiget werden wollen, haͤnget ledig - lich von jeder Parthie eigenen Willkuͤhr ab.

§. 61.

Es werden auch zuweilen bey ſolcher Gele -genheit285Von Stillſtaͤnden u. Fridensſchluͤſſen. genheit Charactere erkannt, die man ſonſt nicht gerne erkennt.

*)Ev. Biſchoͤffe.
*)

§. 62.

Vormals pflegten die Bevollmaͤchtigte der Souverainen zu Fridenscongreſſen mit dem Character eines Geſandtens vom erſten Rang, Ambaſſadeurs, oder Bottſchaffters, abgeſchickt zu werden.

§. 63.

Diſes nun verurſachte ſchwere Koſten und unzaͤhlige Streitigkeiten in Ceremonielſachen.

*)1679. 1697.
*)

§. 64.

Solches hat veranlaßt, daß jezo insgemein 1. die Fridenscongreſſe nur durch bevollmaͤch - tigte Miniſters beſchicket werden; welche ſo dann etwa bey der Unterſchrifft des Fridens den Character eines Ambaſſadeurs auf einen Au - genblick annehmen, aber ſo gleich wieder nider - legen.

§. 65.

2. Wird beliebt, kein eigentliches Ceremo - niel zu beobachten, ſondern bloß jedem nach ſei - nem Stand gebuͤhrend zu begegnen.

§. 66.

Ob die Bevollmaͤchtigte bewehrte Mann - ſchafft bey ſich haben doͤrffen, und allenfalls wie vil? kommt auf die Umſtaͤnde und Ver - gleich an.

§. 67.28622. Capitel.

§. 67.

Da dergleichen Perſonen und ihr Gefolg der geſandtſchafftlichen Rechte genieſſen; ſo wird es ſehr hoch aufgenommen, wann auch ein Souverain ſelbſt ſich an einer ſolchen Per - ſon vergreifft.

*)Coͤlln.
*)

§. 68.

Auch ſolcher Geſandten Couriere und Eſtaf - feten wollen nicht allemal durch die feindliche Lande paßieret werden.

§. 69.

Der Ort der Conferentien pflegen Zimmer auf einem benachbarten Schloß, oder auf dem Rathhaus an dem Ort, zu ſeyn.

§. 70.

Wie offt Conferentien gehalten werden ſol - len, dependiret meiſtens von den Umſtaͤnden des Geſchaͤfftes, oder einer ſonſtigen Abrede.

§. 71.

Man vergleicht ſich auch bald Anfangs, ob die feindliche Miniſters unmittelbar mit einan - der handlen, oder (wenigſtens gewiſſer maſſen,) ſich der Vermittelung einer dritten Macht, und deren Geſandtens, bedienen wollen.

§. 72.

Lezteren Falles wird es gehalten, wie ſchon oben Cap. 16. von Mediationen uͤberhaupt ge - meldet worden iſt.

§. 73.287Von Stillſtaͤnden u. Fridensſchluͤſſen.

§. 73.

Daß Alle, ſo den Krieg haben fuͤhren helf - fen, auch zu denen Conferentien gelaſſen wer - den muͤſſen, hat an ſich keinen Anſtand.

§. 74.

Wo das Teutſche Reich bey Fridenscon - greſſen concurrirt, wird entweder der Kayſer von dem Reich bevollmaͤchtigt, mit im Namen Deſſelbigen zu handlen.

§. 75.

Oder das Reich ſchicket eine aus Mitglidern aller drey Reichscollegien beſtehende Deputation ab; welche aber vor und nach deren Beſchlieſ - ſung ohnzaͤhlichen Schwuͤr - und Streitigkeiten ausgeſezet iſt.

§. 76.

Auch wollten die Kayſerliche ſelbige vormals nicht mit zu denen Conferentien zulaſſen: Wel - ches aber nun durch die Kayſerliche Wahlcapi - tulation abgeaͤndert worden iſt.

§. 77.

Die Sprache, worinn bey Fridenscongreſ - ſen gehandelt wird, iſt zuweilen anderſt in denen Schrifften, und anderſt in denen muͤndlichen Unterredungen.

§. 78.

In Schrifften ware ſonſt unter denen chriſt - lichen Machten meiſtens die lateiniſche Sprache uͤblich: Nunmehro aber wird viles auch Fran - zoͤſiſch verhandelt.

§. 79.28822. Capitel.

§. 79.

Und muͤndlich bedienet man ſich nunmehro insgemein abermalen der Franzoͤſiſchen Spra - che.

§. 80.

In Anſehung der Sachen ſelbſt, ſo bey Fridenscongreſſen vorzukommen und angenom - men zu werden pflegen, iſt die Regel: Was keine Urſach des Krieges ware, iſt auch keine Materie des Fridens.

§. 81.

Es leidet aber dieſelbe in Anſehung derer Hauptparthien gar ſtarcke und vilfaͤltige Abfaͤlle; und man bedienet ſich, ſonderlich an Seiten des im Vortheil ſtehenden Theils, diſer Gelegen - heit gerne, auch andere Anſpruͤche, Beſchwer - den und Streitigkeiten, mit zur Erledigung zu bringen.

§. 82.

Anderen, ſo keine Kriegfuͤhrende Theile ſeynd, dennoch aber ſonſt ein Intereſſe bey de - nen bey dem Congreß vorkommenden Sachen zu haben glauben, wird zwar geſtattet, deßwe - gen muͤnd - oder ſchrifftliche Vorſtellungen zu thun; ſie werden aber, wann ſie nicht Media - teurs ſeynd, nicht zu denen Conferentien ge - laſſen.

§. 83.

Sie muͤſſen ſich auch gefallen laſſen, ob und was fuͤr einen Schluß und Antwort dieHaupt -289Von Stillſtaͤnden u. Fridensſchluͤſſen. Hauptparthien darauf faſſen und geben wollen, oder nicht.

§. 84.

Wann hingegen Andere, ſo keine Kriegfuͤh - rende oder intereßirte Theile ſeynd, ſondern nur ſonſt alt - oder neue Anſpruͤche an diſes oder jenes Reich, Land oder Recht, zu haben glauben, bey diſer Gelegenheit mit Deductionen, Prote - ſtationen, Reſervationen, u. d. zum Vorſchein kommen, haͤngt es von jeder Geſandtſchafft Be - lieben ab, ob ſie ſolche auch nur annehmen will, oder nicht: Bey denen Conferentien aber laͤſſet man es nicht daruͤber zur Sprache kommen.

§. 85.

Zuweilen zerſchlagen ſich die Congreſſe wie - der, ohne daß man zu einem Schluß gelangen koͤnnte.

Fridensſchluͤſſe.

§. 86.

Manchmalen ſchlieſſen nur einige derer Krieg - fuͤhrenden Parthien Friden mit einander, und die uͤbrige accediren ſo dann demſelbigen.

§. 87.

Oder die uͤbrige fuͤhren den Krieg allein fort.

§. 88.

Man theilt die Fridensſchluͤſſe in Praͤliminar - und Definitiv-Tractaten.

§. 89.

Die Praͤliminarien ſeynd, in Anſehung der aͤuſſeren Form, meiſtens ganz kurz und nur in Form einer bloſſen Punctation abgefaßt.

T§. 90.29022. Capitel.

§. 90.

Sie enthalten nur die wichtigſte Puncten: Die uͤbrige und allen Fridensſchluͤſſen gemeine Articul aber werden auf den definitiv-Tractat verſchoben.

§. 91.

Man hat Beyſpile, daß man uͤber Praͤlimi - narien in denen Conferentien einig worden iſt, ſie zu Papier gebracht, auch auf der einen Seite bereits unterſchriben hat, alsdann aber erſt von dem andern Theil wieder zuruͤckgegangen wor - den iſt.

*)1709.
*)

§. 92.

Definitiv-Tractate ſeynd, in Anſehung des aͤuſſeren, in denen bey feyerlichen Tractaten uͤb - lichen Formalitaͤten abgefaßt.

§. 93.

In Ruͤckſicht des Innhalts aber begreiffen ſie 1. die allgemeine Stuͤcke in ſich, wegen Wiederherſtellung der Freundſchafft, Vergeſ - ſung des bißherigen, oder der Amneſtie, Hand - lung der Unterthanen, u. ſ. w.

§. 94.

2. Werden die in denen Praͤliminarien ent - ſchidene Puncten weiter ausgefuͤhrt, mit denen benoͤthigten Clauſuln, Verzi[ch]ten, verſehen, u. ſ. w.

§. 95.

3. Werden die in denen Praͤliminarien uͤber - gangene Puncten von geringerer Wichtigkeit in Ordnung gebracht.

§. 96.291Von Stillſtaͤnden u. Fridensſchluͤſſen.

§. 96.

4. Wird wegen Einſtellung der Feindſelig - keiten und Vollziehung des Fridens wenigſtens eine vorlaͤuffige Abrede genommen.

§. 97.

Vormals vergliche man ſich wegen beeder - ſeitiger Abdanckung der Trouppen: Diſes iſt aber nun nicht mehr uͤblich.

*)Vattel 3, 66.
*)

§. 98.

Die Sprache in denen Fridensſchluͤſſen un - ter chriſtlichen Machten pflegte ſonſt insgemein die Lateiniſche zu ſeyn:

§. 99.

Nun aber bedienet man ſich auch wohl, nicht nur in denen Praͤliminarien, ſondern ſelbſt in denen definitiv-Tractaten, der Franzoͤ - ſiſchen; ſo gar unter bloß Teutſchen Parthien.

§. 100.

Oder die Originalien werden in verſchidenen Sprachen ausgefertigt.

§. 101.

Wann gleich mehrere Machten einen Krieg als Alliirte gefuͤhret haben; ſo errichtet doch meiſt jeder Souverain mit dem bißherigen Feind einen beſonderen Friden.

§. 102.

Auch wohl nicht alle Alliirte zu gleicher Zeit; ſondern der eine fruͤher, der andere ſpaͤter.

§. 103.

Die Publication des Fridens geſchiehet nichtT 2alle -29222. Capitel. allemal gleich nach Schlieſſung der Praͤlimina - rien.

*)Vattel 3, 416.
*)

§. 104.

Die Obermacht oder Entkraͤfftung, oder auch andere Staatsabſichten und Umſtaͤnde, wie auch die Klugheit, des einen oder anderen Theils, machen, daß die Bedingungen derer Fridensſchluͤſſe fuͤr die eine oder andere Parthie mehr oder weniger vortheilhafft-uͤberhaupt aber gar offt ſo ausfallen, als man wohl nicht noch kurz zuvor, und bey dem Anfang des Krieges am allerwenigſten, vermuthet haͤtte.

§. 105.

Die Erſezung der einer - oder anderer Seits erlitten - oder geforderten Kriegsſchaͤden bleibt ebenfalls meiſtens im Stich.

§. 106.

Wann in einen Fridensſchluß etwas mit - einfließt, womit nicht die allerſeitige Intereſſen - ten verſtanden ſeynd, kan es vile wichtige Fol - gen haben.

*)Ryswickiſche Religionsclauſul.
*)

§. 107.

Mehrmalen macht man auch wegen Voll - ſtreckung des Fridens, beſonders wegen Zuruͤck - gab der eroberten Lande und Veſtungen, der lauffenden oder ruͤckſtaͤndigen Contributionen, der Kriegsgefangenen, des Termins, wann die Feind - ſeligkeiten zu Land oder Waſſer, in diſen oder jenen nahen oder entfernten Gegenden, aufhoͤ -ren293Von Stillſtaͤnden u. Fridensſchluͤſſen. ren ſollen, u. ſ. w. noch einen oder mehrere be - ſondere Receſſe.

§. 108.

Zur Verſicherung der Vollziehung des Fri - dens ſeynd auch noch in denen neueſten Zeiten Geiſel gegeben-dieſelbe aber als freye Leute be - handelt worden.

*)Vattel 2, 312.
*)

§. 109.

Zu gleicher Zeit mit denen Fridensſchluͤſſen werden gar offt auch 1. Freundſchaffts - 2. Handlungs - und Schifffahrts-Tractaten, oder 3. auch Buͤndniſſe, geſchloſſen.

§. 110.

Was ſonſten die ſeparirte oder geheime Ar - ticul, die Ratificationen, Garantien, Ausle - gungen, Verlezungen, ꝛc. derer Fridensſchluͤſſe betrifft; ſo findet das oben in Anſehung aller Tractaten davon geſagte auch hier ſtatt, und kan gar leicht mit vilen Beyſpilen beleget werden.

Ich fuͤge nur noch diſes wenige bey.

§. 111.

Wann die Praͤliminarien ratificirt ſeynd, und der Definitiv-Tractat bleibt zufaͤlliger Weiſe unratificirt, iſt er doch verbindlich.

*)1735. 1738.
*)

§. 112.

Chriſtliche Machten und die Pforte pflegen nach geſchloſſenem Friden, Geſandte vom erſten Rang an einander zu ſchicken, und ſelbigen Ge - ſchencke fuͤr die Souverainen und ihre vornehm - ſte Miniſters mitzugeben.

T 3§. 113.29422. Capitel.

§. 113.

Dritter Machten Proteſtationen entkraͤfften einen geſchloſſenen Friden nicht.

*)ſ. Mein T. Auswaͤrt. Staatsr. S. 189.
*)

§. 114.

Veraͤuſſerungen, die durch einen Fridens - ſchluß, (der ſonſt auf eine verbindliche Art abge - faſſet worden iſt,) geſchehen, ſeynd dennoch guͤl - tig, wann gleich alle Veraͤuſſerungen durch die Haus - oder Reichsverfaſſung verbotten waͤren.

§. 115.

In Kriegsmanifeſten, auch ſonſten, liſet man haͤuffige Beſchwerden, daß diſer oder jener Souverain das in einem Fridensſchluß verſpro - chene entweder gar niemalen erfuͤllet - oder doch wieder uͤbertretten habe.

§. 116.

Von der Verbind - oder Unverbindlich - keit derer vormaligen Fridensſchluͤſſe bey entſte - hendem neuem Krieg, beſonders: Ob und wie fern ein Souverain, ſo durch dergleichen Fri - densſchluͤſſe etwas abgetretten hat, alsdann einen neuen Anſpruch daran machen koͤnne, oder nicht? findet ſich ein eigener Aufſaz in meiner vermiſcht. Abhandl. (1750.) 1ſtem Stuͤck, S. 3.

Regi -[295]

Regiſter.

A.

  • Abaͤnderung, der Tractaten206.
  • Abberuffung, eines Geſandtens118.
  • Abdanckung einer Crone40.
  • Abgaben171. u. f.
  • Abſchid (ohne) weggehen eines Geſandtens120.
  • Abſezung, eines Regentens40.
  • Abſterben, der Geſandten115.
  • Abtrettung der Lande131.
  • Acceßion zu Tractaten203.
  • Accis, der Geſandten111.
  • Achtung, perſoͤnliche der Souverainen45.
  • Allianzen; ſ. Buͤndniſſe.
  • Alliirte256.
  • Anſpruͤche209.
  • Armateurs240.
  • Arreſte221.
  • Audienzen, der Geſandten93.
  • Aufhebung, der Tractaten206.
  • Auxiliar-Trouppen; ſ. Huͤlffsvoͤlcker.

B.

  • Balance; ſ. Gleichgewicht.
  • Bediente der Souverainen137.
  • Belagerungen243.
Belei -[296]Regiſter.
  • Beleidigung, eines Geſandtens112.
  • Beſazungen166.
  • Beſchwerden, der Souverainen uͤber einander211.
  • Beytritt zu Tractaten203.
  • Brand, im Krieg234.
  • Brandſchazungen236.
  • Buͤndniſſe uͤberhaupt196. in Abſicht auf den Krieg256.

C.

  • Cameralſachen171.
  • Campemens165.
  • Canzley-Ceremoniel62.
  • Capers240.
  • Ceremoniel53. der Geſandten92. u. f.
  • Chefs141.
  • Congreſſe; ſ. Fridenscongreſſe.
  • Conſuls125 .182.
  • Contreband185.
  • Corſaren186.
  • Couriere, geſandtſchafftliche107. uͤberhaupt126.
  • Courtoiſien67.
  • Curialien65.

D.

  • Delinquenten ꝛc. ſ. Verbrechere.
  • Depechen, Geſandtſchafftliche107.
  • Deſerteurg170.
  • Durchzuͤge166.

E.

  • Einfaͤlle, in Feindes Land235.
  • Eingebohrener Vorrechte139.
  • Einmengung in fremde Staatsſachen152.
Ein -[297]Regiſter.
  • Einquartierung; ſ. Quartiere.
  • Einſchlieſſung, in Tractaten203.
  • Entſezung des Throns40.
  • Erbfolge, der Souverainen32.
  • Erbſchafften, Fremder173.
  • Erklaͤrung, der Tractaten204.
  • Erloͤſchung der Tractaten206.
  • Eroberte Lande254.
  • Erſtreckung der Tractaten205.
  • Europa, als ein einiger Staatscoͤrper18.
  • Europaͤiſches Voͤlckerrecht7.
  • Excellenz; der Geſandten99. der Miniſters142.

F.

  • Familien, der Souverainen32.
  • Familien-Tractaten195.
  • Fiſcherey184.
  • Fortſchaffung eines Geſandtens121.
  • Fouragiren236.
  • Fremde144. ihr Gerichtsſtand161. ihre Bele - gung173. Gnaden gegen ſie174.
  • Freundſchaffts-Tractaten195.
  • Fridenshandlungen; deren Veranlaſſung277. Ge - heime278. auſſerhalb Congreſſen281. Fridens - congreſſe283. Fridensſchluͤſſe289.

G.

  • Galanterien, der Souverainen gegen einander48.
  • Garantien, der Tractaten206.
  • Gebiets Verlezung136.
  • Gefolg eines Geſandtens122.
  • Geiſel237.
UGeld -[298]Regiſter.
  • Geldſachen193.
  • Gelehrte Geſchichte; ſ. Geſchichte.
  • Gemahlinnen, der Souverainen50.
  • Gerichtsſtand, der Geſandten113. der Fremden161.
  • Geſandtſchafften70. uͤberhaupt davon71. Ge - ſandtſchafftsrecht73. Gattungen der Geſandten77. wann ſie geſchickt werden?80. an wen?82. wann? ꝛc .82 . ihre Zahl84. Eigenſchafften85. noͤthige Stuͤcke87. Antritt der Geſandtſchafft92. Audienzen93. Viſiten95. Pflichten im aͤuſſerli - chen96. im weſentlichen97. Gerechtſame98. in Anſehung ihrer Perſon99. in Hofſachen100. uͤbriges Ceremoniel104. Religionsuͤbung105. Militariſche Ehrenbezeugungen107. Depechen und Couriere107. reele Gerechtſame108. Wagen110. Zoll, Accis ꝛc .111. Beleidigung112. Ge - richtsſtand113. Abſterben115. Enthaltung des Hofes ꝛc .116 . deſſen Verbot117. Endigung der Geſandtſchafft117. Abberuffung eines Geſandtens118. weggehen ohne Abſchid120. Wegſchaffung121. Gefolg122. durchreiſende Geſandte127. feindliche231.
  • Geſchencke, der Souverainen an einander48.
  • Geſchichte, (gelehrte) des natuͤrlichen Voͤlckerrechts,4. des Europaͤiſchen13.
  • Geſeze158.
  • Gleichgewicht, Europaͤiſches28.
  • Gleichheit, der Europaͤiſchen Staaten .24.
  • Gnadenſachen174.
  • Gottesdienſt; ſ. Religion.
Graͤnz -[299]Regiſter.
  • Graͤnzſachen131.
  • Gruͤnde des natuͤrlichen Voͤlckerrechts,3. des Eu - ropaͤiſchen8.

H.

  • Haͤven135.
  • Handlungsſachen177. Handlung neutraler Mach - ten in Kriegszeiten269.
  • Hof; deſſen Enthaltung116. und Verbot117.
  • Hofceremoniel59.
  • Huͤlffsmittel der Wiſſenſchafft des Europaͤiſchen Voͤl - ckerrechts16.
  • Huͤlffsvoͤlcker260.
  • Huldigung138.

J.

  • Juden151.
  • Jurisdiction; ſ. Gerichtsſtand.
  • Juſtizſachen158.

K.

  • Kinder der Souverainen52.
  • Krieg; uͤberhaupt224. Urſachen darzu225. Kriegs - fuͤhrungsrecht227. Anfang des Krieges228. Fuͤh - rung deſſelben229. Kriegsmanier und Kriegsrai - ſon229. Betragen gegen einen feindlichen Souve - rain ꝛc .230 . gegen ſeine Geſandte und Untertha - nen231. Einfaͤlle in Feindes Land235. Betra - gen in Landesverfaſſungsſachen236. Unerlaubte Sachen darinn253. Neutraler Machten Betra - gen darinn267.
  • Kriegsdienſte, fremde167.
  • Kriegsgefangene247.
U 2Kriegs -[300]Regiſter.
  • Kriegsſchaͤden, neutraler Staaten272.

L.

  • Lager, in Kriegszeiten240.
  • Lande, der Souverainen,128. neue128. in und auſſer Europa129. Gattungen130. Abtrettun - gen, Vertauſchungen, Verpfaͤndungen130. Dis - poſitionen uͤber dritte132. Lande der Wilden133. feindliche; deren Behandlung231. im Krieg er - oberte254.
  • Landesverfaſſungsſachen; feindliches Betragen darinn236.
  • Liferungen, an den Feind236.

M.

  • Majeſtaͤts-Titul63.
  • Marſche, in Kriegszeiten240.
  • Mediationen215.
  • Meere133.
  • Merodeurs240.
  • Militariſche Ehrenbezeugungen gegen Geſandten107.
  • Militarſachen164.
  • Monarchie (univerſal -)21.
  • Muͤnzſachen187.

N.

  • Natuͤrliches Voͤlckerrecht2.
  • Neutralitaͤt; uͤberhaupt265. Kriegsſachen267. Handlung269. Kriegsſchaͤden272. Neutr. bey innerlichen Kriegen272. der Neutr. Verlezung und Aufhebung273.
  • Normen; ſ. Gruͤnde.
Nuzen,[301]Regiſter.
  • Nuzen, des Europaͤiſchen Voͤlckerrechts12.

O.

  • Oberhaupt, Europens20.
  • Oeffentliche Perſonen124.
  • Ohnerlaubte Sachen, im Krieg253.

P.

  • Pacquetbote192.
  • Paͤbſtliche Praͤdicaten43.
  • Parthien, in Kriegszeiten240.
  • Perſoͤnliche Sachen der Souverainen, allerley50. perſoͤnliches Ceremoniel55.
  • Perſonen, der Souverainen32. oͤffentliche124.
  • Pluͤnderung233.
  • Policeyſachen190.
  • Poſten191.
  • Praͤdicate, vom Pabſt erhaltene43.
  • Praͤtendenten (Cron -)40.
  • Praͤtenſionen209.
  • Profeßions - u. d. Sachen193.

Q.

  • Quartiere, der Geſandten108. in dritten Landen166. in Kriegszeiten240.
  • Quartier-geben247.
  • Quellen; ſ. Gruͤnde.

R.

  • Rang, der Europaͤiſchen Staaten25. ihrer Unter - thanen139.
  • Rebellen146.
  • Red (zu) ſtellen anderer Souverainen153.
U 3Rei -[302]Regiſter.
  • Reiſen, der Souverainen46.
  • Religion; Rel. Uebung der Geſandten105. Reli - gionsſachen uͤberhaupt147.
  • Repreſſalien222.
  • Republic; Project einer Europaͤiſchen22.
  • Reſpect gegen dritte Souverainen137.
  • Retorſion220.
  • Ritterorden69.

S.

  • Salvegarden235.
  • Schaͤden; ſ. Kriegsſchaͤden.
  • Schiffe, einlauffen166.
  • Schiffsgruß62.
  • Schlachten243.
  • Schleichhandel185.
  • Schulden, eines Landes171.
  • Sclavenhandel185.
  • Seeraͤuber186 .240.
  • Segelſtreichen61.
  • Selbſthuͤlffe218.
  • Sengen und brennen234.
  • Sicherheits-Anſtalten190.
  • Souveraine Staaten von Europa18. von ihren Perſonen und Familien32. Reſpect gegen dritte137. gegen feindliche230.
  • Souverainite22.
  • Spionen251.
  • Staaten; ſ. Souveraine.
  • Staatsbediente141.
  • Staatsſachen152.
  • Stellung fremder Unterthanen163.
Straſſen[303]Regiſter.
  • Straſſen193.
  • Streitigkeiten der Souverainen212.
  • Subſidien262.
  • Succeßion; ſ. Erbfolge.
  • Suite; ſ. Gefolg.

T.

  • Thronfolge; ſ. Erbfolge.
  • Throns Begebung, Entſezung und Anſprach dar - auf40.
  • Titul, der Europaͤiſchen Souverainen44 .63.
  • Toleranz150.
  • Tractaten,194. derſelben Schlieſſung201. Ein - ſchlieſſung und Acceßion darzu203. ihre Verbind - lichkeit203. Erklaͤrung204. Erſtreckung205. Verlezung205. Abaͤnderung ꝛc .206. Garan - tien206.
  • Tribute171.

V.

  • Verbindlichkeit, der Tractaten203.
  • Verbrechen, der Geſandten114.
  • Verbrechere Stellung ꝛc .163.
  • Vergleiche199.
  • Verlezung des Gebiets136. der Tractaten205.
  • Vermittelungen215.
  • Verpfaͤndung, der Lande131.
  • Verraͤtherey252.
  • Vertauſchung, der Lande131.
  • Vertraͤge199.
  • Veſtungsbau165.
  • Viceroys ꝛc .141.
Viſi -[304]Regiſter.
  • Viſiten, der Geſandten95.
  • Unabhaͤngigkeit22 .23.
  • Unerlaubte Sachen, im Krieg253.
  • Ungleichheit der Europaͤiſchen Staaten24.
  • Univerſal-Monarchie21.
  • Unterthanen,137. mehrfache138. eigene143. fremde144. abfaͤllige146. ihre Rechte in Staats - ſachen157. fremder Stell-Beſtraf-Verfolg - Durchfuͤhr - und Ausliferung163. feindliche231.
  • Unverlezlichkeit, der Souverainen45.
  • Volckerrecht, uͤberhaupt,1. Europaͤiſches7.

W.

  • Waffenſtillſtaͤnde274.
  • Wagen, der Geſandten110.
  • Wahlreiche37.
  • Wappen, der Souverainen45.
  • Waſſerceremoniel61.
  • Wegſchaffung eines Geſandtens121.
  • Werbungen, fremde167.
  • Wuͤrde; deren Verhalt gegen der Unabhaͤngigkeit23. derer Europaͤiſchen Souverainen42.

Z.

  • Zoll, der Geſandten111. Zoͤlle uͤberhaupt171.
[figure]
[305][306][307]

About this transcription

TextErste Grundlehren des jezigen Europäischen Völcker-Rechts, in Fridens- und Kriegs-Zeiten
Author Johann Jacob Moser
Extent322 images; 39626 tokens; 7238 types; 302199 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationErste Grundlehren des jezigen Europäischen Völcker-Rechts, in Fridens- und Kriegs-Zeiten Johann Jacob Moser. . [4] Bl., 294 S., [5] Bl. RaspeNürnberg1778.

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Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz Berlin SBB-PK, Fl 9884http://resolver.staatsbibliothek-berlin.de/SBB000051D800000000

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Fraktur

LanguageGerman
ClassificationFachtext; Recht; Wissenschaft; Recht; core; ready; china

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  • Deutsches Textarchiv
  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
  • Jägerstr. 22/23, 10117 BerlinGermany
ImprintBerlin 2019-12-09T17:33:21Z
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