PRIMS Full-text transcription (HTML)
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Schaͤfferey Von der Nimfen Hercinie.
Gedruckt zum Brieg /In verlegung David Muͤllers Buch - handlersin Breßlaw.1630.
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Dem Hochwolgebornen Herrn / Herrn Hanſen Vlrichen / Schaff - Gotſch genant / des Heiligen Roͤmiſchen Reiches Semper-Freyen / von vnd auff Kinaſt / Greif - fenſtein vnd Kemnitz / Frey Herrn auff Trachenberg / Herrn zur Praußnitz vnd Schmiedeberg / auff Gierßdorff / Hertwigswalde vnd Rauſchke; Roͤm. Kayſ. auch zue Hungarn vnd Boͤhaimb Koͤn. Maͤy. Cammerern / Kriegesrhate / vnd Obriſten / meinem Gnaͤdigen Herren.

HOchwolgeborner Herr / Gnaͤdiger Herr vndt Obriſter; Die Deutſche ſprache / von welcher etzliche jhare her hoffnung geweſen / daß ſie / ſonderlich durch vermittelung Poͤe - tiſcher ſchrifften / des eingemengten weſens der außlaͤnder ehiſt moͤchte befreyet / vnd in jhre alte ziehr vnd reinigkeit wiederumb eingeſetzt werden / hatt zu jhrem vngluͤcke gleich eine ſolche zeit an - getroffen / da nicht die gewalt der waffen / die auff landt vndt leute vndt nicht auff beſtreitung der wißenſchafft angeſehen / ſondern die menſchen aller tugendt dermaßen gehaͤßig ſindt / daß guete gemuͤ - ter / ſo hierbey das jhrige zue thun ſich vnterwunden / nichts anders als einen theils verachtung / andern theils mißgunſt darvon getra - gen haben Dieſem ſchreibet man zu tunckel / jenem gar zue deutſch: welche bedencken moͤchten / daß der / den die warheit in die augen ſticht / ſeynes wandels vnd lebens wegen jhm nicht muße wol be - wußt ſein; die andern aber / ſich nicht vber die vnverſtaͤndtligkeit derer die ſchreiben / ſondern vber den vnverſtandt beklagen ſolten / daß ſie nichts gelernet haben. Mitt denen / welche fůr geben / manA ijkoͤnne4koͤnne gleichwol der frembden woͤrter / bey hofe vndt anderer gele - genheit / in ſatzſchrifften / vnterredungen vndt auffwarten / uͤbel ent - beren / wil ich es faſt darumb halten / daß ſich zue beſorgen / ſolte man die Welſchen vndt Frantzoͤſiſchen ſachen alle außmuſtern / ſo wuͤrden beydes jhre hochgefaͤhrliche reiſen zue lande vndt ſee / die zue erlernung der ſprachen fuͤrnemlich gerichtet geweſen / den groͤſ - ſeſten theil jhres nutzens nicht erlangen / vndt dann jhr anſehen / daß nemlich auff einwerffung ſolcher hoͤffligkeiten nicht wenig be - ruhet / vmb ein merckliches geſchmaͤlert werden.

Etzliche vernichten die Poeterey gar miteinander: die als leute von keiner vernunfft / auch keiner antwort wuͤrdig ſindt. Etzliche / vndt dieſe die kluͤgeſten / geſtehen zwar / daß hierdurch die ſprache mercklich verbeßert / die beredtſamkeit in ſchwang gebracht / vndt viel guetes herfuͤr geſucht werde ſagen aber / es geſchehe doch nicht ohn verletzung der alten einfalt / vndt deutſchen fromen ſitten: weil in dieſer art buͤchern gleichwol nicht wenig zue finden ſey / daß aͤrgerniß zue vermeiden wol koͤndte nachbleiben. Wie nun frey - lich zue wuͤndtſchen were / daß edele gemůter jhre ſtattliche beſchaf - fenheiten lieber an ſonſt etwas / als eine vndt andere außſchrei - tung verwenden vndt anlegen wolten ſo mußen wir doch auch ge - ſtehen / daß eben in ſolchen weltlichen ſchrifften (der heiligen lobge - ſaͤnge / der buͤcher von Kriegesthaten vndt friedenskuͤnſten / der gluͤckwůndtſchungen / der troſtgetichte / der naturbeſchreibungen / vndt was dergleichen iſt / zue geſchweigen) viel herrliche exempel / lehren vndt vnterweiſungen herfuͤr leuchten / vmb derer willen man wol ein auge zuedrucken / vndt einen ſolchen dornſtrauch / an - geſehen daß er viel liebliche roſen tregt / vnaußgerottet laßen kan. Dieſes buch / Gnaͤdiger Herr / wie es dem erſten anſehen nach auch mitt einer vberbleibung der jugendt bekleidet zue ſein ſcheinet; alſowirdt5wirdt es in der that viel ein anders erweiſen / wann es jhm zuevor durch erwehnung einer liebe / die ich fuͤglicher mir / wiewol ſie mir niemals in den ſinn iſt kommen / als einem andern antichten wol - len / die liebe des leſers (weil man ie heutiges tages der eitelkeit ſo gern augen vndt hertze goͤnnet) wirdt erbuhlet haben. Der jnnhalt beruhet kuͤrtzlich darauff: Es befinden ſich bey anbrechen der mor - genroͤthe drey gelehrte Poeten / von denen der eine dem Hochfuͤrſt - lichen Hauſe Lignitz vndt Briegk nicht weniger als ich verbunden / vndt E. Gn. wol bekandt iſt / nebenſt mir / der ich mehr den namen als das verdienſt habe / vmb die luſtigen berge / waͤlder vndt wieſen ſo E. Gn. gehoͤrig ſindt / reden vnter geſtalt der hirten (wie vorzei - ten Theocritus / Virgilius / Nemeſianus / Calpurnius / heutiges tages Sannazar / Balthaſar Caſtilion / Laurentz Gambara / Rit - ter Sidney / Der von Vrfe vndt andere / gethan haben) von tu - gendt / von reiſen vndt dergleichen ſo lange / biß ſie vnter dem Rie - ſengefilde vndt Flintzberge an der luſtigen bach des Zackens auff die werthe Nimfe Hercinie treffen / welche jhnen in den hoͤlen vnd kluͤfften der erden die vrſpruͤnge der fluͤße hieſiger gegendt / jhre vndt jhrer ſchweſtern gemaͤcher vndt luſtige grotten hoͤfflich zeiget / fuͤr allen dingen aber E. Gn. vndt derſelbten hochrhuͤmlichen Vor - fahren thaten vndt gedaͤchtniß entwirfft vnd zeiget. Hierauff ſie nach enturlaubung ſich ſelbiger orten weiter vmbſehen / vndt nechſt anderem verlauffe / auch betrachtung des Warmen Brunnens / welchen E. Gn. newlicher zeit durch jhren artlichen baw noch an - genemer gemacht hatt / mitt dem tage vndt abſchiede der Sonnen jhre vnterredung beſchließen. Wie ich die erfindung an ſeinem ort / vndt dem vrtheile des Leſers anheimgeſtellet ſein laße; alſo wirdt ſie doch zum wenigſten anderen / denen beßere gaben vndt mehr zeit als mir verlihen ſindt / hoffentlich anlaß reichē / vnſere ſprache /A iijdarinnen6darinnen ſich vormals keiner dergleichen zue erdencken / bemuͤhet hatt / auch mit dieſer nicht weniger nutzbaren als luſtigen art ſchrif - ten mehr vndt mehr zue bereichern E. Gn. belangendt / Gnaͤdiger Herr / halte ich mich wol verſichert / wie von Deroſelbten eine ge - raume zeit her ich allen gnaͤdigen willen vndt wolmeinen geſpuͤret; alſo werde E. Gn. auch meiner Hereinien vorwitze verzeihen / vndt hieſige Schrifft / ſo zue E Gn. wolverdientem lobe vndt vnſterb - ligkeit angeſehen iſt / Ihrer gnaͤdigen augen wuͤrdigen / ſolche auch zum wenigſten ein geringes pfandt vndt anzeigung ſein laßen / daß / Gnaͤdiger Herr / ich jederzeit ſey vndt verbleibe

E. Gn.

gehorſamber Diener Martin Opitz.

Mar -
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Martin Opitzen Schaͤfferey von der Nimfen Hercinie.

ES lieget dißeits dem Sudetiſchen gefilde / wel - ches Boͤhaimb von Schleſien trennet / vnter dem anmuti - gen Rieſenberge ein thal / deßen weitſchweiffiger vmbkreiß einem halben zirckel gleichet / vndt mitt vielen hohen warten / ſchoͤnen baͤchen / doͤrffern / maierhoͤfen vndt ſchaͤffereyen erfuͤllet iſt. Du koͤndteſt es einen wohnplatz aller frewden / eine froͤliche einſamkeit / ein luſthauß der Nimfen vndt Feldtgoͤtter / ein meiſterſtuͤcke der Natur nennen. Daſelbſt befandt ich mich / nach dem ich die zeit zue vertreiben / vndt meinen gedancken deſto freyer nach zue hen - gen / vor zweyen tagen von einem andern orte / welcher eben mitt dieſem gebirge graͤntzet / vndt des außgeſtandenen vbels wegen bey jtzo ſchwebenden jaͤmmerlichen kriegen / nicht vnbekandt iſt / entwiechen war.

Der Monde machte gleich mehr ſtunden zue den traͤwmen /
Der ſtock ſtundt ohne wein / das obſt war von den baͤwmen /
Der ſtrenge Nortwindt nam den puͤſchen jhre ziehr /
Vndt auff die Wage tratt der Scorpion herfuͤr;

Mitt einem worte: Es war zue ende des Weinmonats / als die hir - ten im felde ein fewer zue machen / vndt der ackersmann / welcher nun vber winter außgeſeet / ſeinen rock herfuͤr zue ſuchen begundte. Ich war vorige nacht auß muͤdigkeit beydes von ſorgen vndt dem wege ſo harte entſchlaffen / daß ich nicht erwachte / biß die muter der geſtirne die Nacht verruckt war / vndt die ſchoͤne Morgenroͤthe anfieng ſich vndt zuegleich alles mitt jhr zue zeigen.

Vndt kanſt du dennoch / fieng ich wieder mich ſelbſt an / der -maßen8maßen auff guetes vertrawen ruhen / nach dem du zu gehorſamben dem jenigen / dem du freylich das beſte theil deiner wolfarth zue - dancken haſt / der dich ſingen leßt was du wilt / von derſelbten ge - wiechen biſt / ohn welche dich keine froͤligkeit ergetzte / vndt mitt welcher dich kein vnfall betruͤbete? Oder / ſchlaͤffeſt du darumb / da - mit ſie dir / weil du jhrer gegenwart nicht genießen kanſt / zum min - ſten durch die wolthaten eines trawmes koͤnne gezeiget werden? Vnter dieſer rede ſprang ich auff / vnd gruͤßete die lieblichen ſtra - len der Sonnen / welche von den ſpitzen der berge herab blincketen / vndt mich gleichſam zue troͤſten ſchienen; woruͤber ich dann in mei - nung mir ſelber ein hertze zue machen / auff dieſe worte gerhiete:

Weil mein Verhengniß wil / vndt leſt mir nicht das gluͤcke
Bey dir / mein Augen troſt / zue leben nur allein /
So giebet zwar mein ſinn ſich mitt gedult darein /
Doch ſehnt vndt wuͤndtſchet er auch ſtuͤndtlich ſich zueruͤcke.
Es iſt ja lauter nichts wo dieſe ſchoͤne blicke /
Diß liecht das mich verblendt / des guͤldnen haares ſchein
Das mein gemuͤte bindt / diß lachen nicht kan ſein /
Der mundt / vndt alles das wormit ich mich erquicke.
Die Sonne macht mir kalt / der tag verfinſtert mich;
Ich geh / vndt weiß nicht wie; ich geh’vndt ſuche dich
Wohin du nie gedenckſt. was macht mein trewes lieben?
Ich ſeh vndt finde nichts; der mangel deiner ziehr
Hatt alles weggeraubt: zwey dinge ſindt noch hier:
Das elendt nur / vndt ich der ich darein vertrieben.

Aber / ſagte ich weiter / was beſchuldige ich mein Verhengniß? fliehe ich nicht auß eigener wahl fuͤr jhr / vndt fuͤr mir ſelbſt? Wo - ferren du mir meine augen / ſo durch die deinigen geraubet ſindt / wiedergiebeſt / verhoffe ich / mein Liecht / dich zue ſehen / ehe noch das auge der welt die Sonne in das herzueruͤckende jhar ſe -hen wirdt.9hen wirdt. Was fuͤr ein Verhengniß aber wil ich kurtz hernach an - klagen? was fuͤr eine huͤlle werde ich finden / zue bedeckung deßen verbrechens / daß ich mein Vaterlandt mitt ſo weit entlegenen Provinzen vertauſchen / die meinigen ſampt dem groͤßeren theile meines hertzens hinter laßen / vndt mich in ein freywilliges elendt verjagen wil? Es iſt eine boͤſe gewohnheit / das wir menſchen ge - meiniglich auff das gluͤck ſchelten / welches wir vns doch auff dem eigenen amboß vnſerer boßheit geſchmiedet haben: oder wollen die zeitfuͤr gerichte laden / die / wann ſie ie was boͤſes begehen kan / nichts aͤrgers thut / alß daß ſie ſich vns ſo reichlich vndt milte ver - leihet. Armer ſchaͤffer! Wilt du lieben / warumb bleibſt du nicht wo du wirſt geliebet? Oder gedenckeſt du der liebe zue entfliehen / ſo entfleuch erſtlich deiner eigenen perſon / vndt laß das gemuͤte zue lieben daheimbe; wo du anders nicht einen krancken mitt dir fuͤh - ren / vndt ſeine ſiecheit durch die bewegung mehr erwecken wilt. Soll dir ie die freyheit / welche dir von kindtheit an gefallen / zue theile werden / ſo ſey nicht allein anderswo / ſondern auch anders / vndt ſegele mitt gebundenen augen vndt verſtopfften ohren zue der gedult dem hafen des kummers / welche dich ſampt jhrer muter der zeit in gewuͤndtſchte ſicherheit ſetzen kan.

Mitt ſolchen vndt dergleichen gedancken ſchlug ich mich eine lange weile / biß ich in dem hin vndt wieder gehen nahe bey einem klaren quelle / das mitt anmutigem rauſchen vndt murmeln von einer klippen herab fiel / zue einer glatten vndt hohen tannen kam / die mir dann bequem zue ſein ſchiene / ein gedaͤchtnuͤß meiner ſor - gen zue verwahren. Schnitte ich alſo auff jhre rinde nachfol - gendts

Sonnet.BEs iſt10
Es iſt gewagt; ich bin doch gantz entſchloßen Jetzt noch ein mal zue laßen vnſer landt / Vndt hin zue ziehn wo auch iſt mordt vndt brandt / Wo auch das feldt mitt blute wirdt begoßen.
Es iſt gewagt: heißt aber diß genoßen Der liebe frucht[?]iſt diß des feſte bandt Der waren gunſt? ſchlaͤfft deine trewe handt? Iſt deiner luſt gedaͤchtniß gantz beifloßen?
Wo bleibet dann der mundt / die augen / dieſes haa[r]Vndt was ſonſt mehr dein troſt vndt kummer war? Was thue ich dann? ich bin ſelbſelbſt verlohren
Verlier ich ſie: verbleib ich dann allhier So iſt doch nichts als wanckelmuth an mir: Ich habe recht den wolff jetzt bey den ohren.

Ich ſchnitzte noch uͤber dem letzten worte / als mir ein lieblich - es gethoͤne vnterſchiedener querpfeiffen vndt wolklingender muſic zue ohren kam. Wiewol ich mich nun beſorgete / daß durch ſolche ankunfft anderer mir meine einſamkeit / bey der ich mir jetziger be - ſchaffenheit nach nicht ließ uͤbel ſein / moͤchte abgeſtrickt werden: ſo zwang mich doch die begiehr die jenigen zue erkennen / welche der ſchoͤnen einſtimmung wegen entweder der Muſen ſoͤhne / oder auch die Muſen ſelbſt zue ſein ſchienen / daß ich jhrer / weil ſie ſon - derlich gerichts auff mich zue giengen / erwartete. Wie ein ploͤtz - liehes vndt großes liecht die augen fuͤr ſeinem ſchimmern nicht ſe - hen leßt / alſo blendete vndt verwirrete mir die vnverhoffte doch ge - wuͤndtſchte gegenwart der berhuͤmbten hirten / vndt meiner vor dieſem liebſten mitgeſellen / Nuͤßlers / Buchners vndt Venators / hertze vndt ſinnen. Seidt jhr es / ſagte ich; oder muß auch ewer ſchaten mein faſterliegendes gemuͤte auff zue richten an dieſen ort kommen / dahin ich nicht allein von allen menſchen / ſondernauch11auch von allen geſchaͤfften entwiechen bin? Ja / wir ſindt es / hub Venator an / vndt ich fůr meine perſon / habe endtlich zue wercke gerichtet / was ich dir laͤngſt gedrewet; auch vnſerem Buchner / wie - wol er kuͤmmerlich einen gefunden / dem er ſeine herde indeßen ver - trawen koͤnnen / dennoch anlaß gegeben / dich vndt deinen Nuͤßler / der ſich dir zue gefallen auch mitt vns hieherwerts erhaben hatt heim zue ſuchen.

Hieruͤber empfingen wir einander ſaͤmptlich. Vndt du Bru - der / fieng ich wieder Buchnern an / biſt mir ein angenemer gaſt in dieſen orten. Ich zweiffele nicht / ſagte er; aber du mir ein fluͤchti - ger wirth. Jetzt habe ich erfahren / daß der jenige niergendt ſey / der allenthalben iſt. Es hatt ſeinen ort / ſagte Nuͤßler / daß du dem / der es ſo gnaͤdig mitt dir meinet / folge zue leiſten / von den gruͤnen wie - ſen vndt fruchtbaren feldern vnſerer Hauptſtadt dahin gewiechen biſt / wo wir dich ehegeſtern geſucht / vndt von dannen wir der trifft nach hieherwerts gegangen ſindt. Welche notwendigkeit aber le - get dir auff / die zeit dermaßen abſonderlich zue verſchließen / vndt in ſolcher einſamkeit herumb zue wandern? Du weißeſt wol / gab ich zur antwort / daß ein menſch der gedancken hatt / niemals we - niger allein iſt / als wann er allein iſt. Vnd was ſindt es fuͤr gedan - cken? ſprach Venator: ſolten ſie wol an jener tannen ſtehen? (dann ſie hatten mir von ferren zuegeſehen.) Wie gern ich ſie auff was anders leiten wollen / traten ſie dennoch hinan / vndt laſen. Zwey wiederwertige dinge / ſagte eben er Venator; lieben / vndt reiſen. Ich habe freylich gehoͤret / daß du deinem Vaterlande auff etzliche monat guete nacht geben / vndt in dem koͤnigreiche darauß ich new - lich abgereiſet bin / die ziehr der ſtaͤdte / die ſchule der leutſeligkeit / die muter der gueten ſitten auff der inſel der Seyne begruͤßen wilt. Es wirdt dich aber der ſtrenge dienſt / in dem du dich befindeſt /B ijnicht12nicht weit kommen laßen. Der jenige gab ich zur antwort / dem ich getre wlich auff zue warten verbunden bin / iſt ſo gar mitt mir zue frieden / daß er mir nicht allein dieſen ſpatzierweg zue erlauben / ſon - dern auch allen gnaͤdigen vorſchub zu thun auß gewoͤhnlicher leut - ſeligkeit vndt liebe gegen mir verheißen hatt. Hieran iſt kein zweif - fel / ſagte er; wann ich aber dem bawme gegenuͤber glauben ſoll / ſo ſteckeſt du in einer ſolchen dienſtbarkeit / welche dir dem beduͤncken nach ſo angenem iſt / daß du jhr deine freyheit / wie hoch du ſie / vndt billich von jugendt an gehalten haſt / willig auffopfferſt. Ich lachte / vndt Die warheit zue bekennen / gab ich zur antwort / du koͤmpſt faſt auff die meinung meines nechſten liedes. Ey laß es vns doch auch hoͤren / ſprach er; gefelt vns der innhalt nicht / ſo ergetzen vns doch die worte. Vieleicht auch dieſe ſchwerlich / ſagte ich; dann ſie nicht wenig von der einfalt an ſich haben / welche ſie loben. So iſt es auch jetzundt nicht zeit zue ſingen / weil vns Gott vndt das ge - neigte Glůck erſt zueſammen fůgen. Doch dein weiteres guetach - ten herauß zue locken / ſoll mich die muͤhe nicht rewen. Sang ich derowegen / ſo guet ich es gelernet / folgender maßen:

Iſt mein hertze gleich verliebet In ein ſchlechtes maͤgdelein / Die mich troͤſtet vndt betruͤbet / Soll ich darumb vnrecht ſein? Liebſte / deiner ſchoͤnheit liecht Mindert ſich durch einfalt nicht.
Was das Gluͤcke dir nicht ſchencket / Das verdient doch deine ziehr / Vndt worauff mein hertze dencker Solches haſt du gantz bey dir; Was mein hertze denckt haſt du / Vndt das hertze ſelbſt darzue.
Ein13
Ein beſtendiges gemuͤte / Das auß keiner furchte weicht / Sucht jhm gleichfalls ein gebluͤte / Eine ſeele die jhm gleicht / Sieht fuͤr allen dingen an Trew auff die es bawen kan.
Niemandt wirdt mir vnrecht geben; Gohe brunſt bringt furcht vndt neidt; Deiner liebe frucht / mein Leben / Iſt begabt mitt ſicherheit / Die ich einig mir erkieſt / Vndt mein reiches ermutt iſt.
Dich mitt rhue beſitzen koͤnnen Iſt mein troſt vndt gantze luſt: Bleib auff deinen trewen ſinnen / Liebſte / wie du jetzundt thuſt; Meine freyheit ſoll allein Deiner liebe dienſtbar ſein.

Der liebe dienſtbar ſein / hub Venator an / heißet die liebe zum herren haben: dann welcher dienet / muß einen herren haben dem er dienet. Iſt jhm nicht alſo? Ja ſagte ich. Ein herr redte er weiter / iſt der jenige / der das was er wil / oder nicht wil / zue thun oder zue laßen macht hatt. Wirdt dich nun die liebe zue halten begehren / die mehr einem tyrannen als einem herren aͤhnlich ſiehet / weil ſie nicht allein den leib / ſondern auch das freye theil des menſchen das gemuͤte zum ſclaven macht / ſo ſchawe du / wie es vmb deinen vor - ſatz ſtehen wirdt. Gehe aber in dich / vndt bedencke / ob du mehr vr - ſache haſt / dieſem vnbarmhertzigen herren zue dienen; oder mehr vermoͤgen / jhn ſelbſt dienſtbar zue machen. Wann die liebe der - gleichen beſchaffenheit an ſich hette / wie wir vns einbilden / vndt nicht vnter jhrem ſcheinbaren glantze ein greifflicher betrug ſteckte /B iijſo koͤn -14ſo koͤndten wir ſie fuͤr einen regenten paßiren laßen; angeſehen / daß ſie uͤber alle furcht vndt notwendigkeit ſitzen / vndt jhre frey - heit vnbeleidigt wißen wil. Sie verwundert ſich uͤber kein reich - thumb / ſie fuͤrchtet keinen koͤnig / ſchewet kein gerichte / vndt pfle - get keinen todt zue fliehen. Sie leßt ſich durch kein fewer / kein waß - ſer / keinen degen / kein thier noch menſchen / keine hoffnung des gluͤckes / noch verluſt der wolfarth von jhrem vorſatze bringen. Was andere meiden das verachtet ſie; vndt was andern ſchwer fuͤrkompt / das macht ſie jhr leichte. Sie ſchwimmet durch die teuf - fe der fluͤße / ſe gelt im vngewitter / vndt klettert uͤber alle berge. Sie hatt alles in jhrer gewalt / vndt macht jhr alle gewalt vnterwuͤrf - fig. Ein herrliches weſen / wann diß alles auß einem muthe der tu - gendt / vndt nicht auß verwegenheit / offtmals auch auß verzweiffe - lung / herrhuͤrete; wann jhre endturſache mitt den vmbſtaͤnden - berein ſtimmete / ja wann ſie nicht eben die jenige were / daruͤber ſo viel hirtengetichte ſchreyen / welche auff allen ſchawplaͤtzen gezei - get / vndt in allen fabeln verklaget wirdt; voll wuͤtens / voll vnge - dult / voll weinens vndt jammers iſt. Worzue wirdt ſie dann dar - zue verurſacht? Durch die ſchoͤnheit; wirft du ſagen. Wo[l]es iſt natuͤrlich / daß ein menſch ſich an natuͤrlichen ſachen erluſtige Ich zweiffele aber ſehr / ob es mitt einer ſolchen ſchoͤnheit / die von denen welche mitt der rechten Schoͤnheit vnbekandt ſindt dermaßen geprieſen wirdt / nicht eben bewandt ſey wie mitt den Egyptiſchen tempeln vorzeiten; die zwar an ſich ſelber koſt - bar vndt praͤchtig erbawt geweſen: hetteſt du aber einen gott da - rinnen geſucht / ſo wuͤrdeſt du an ſiat ſeiner etwan einen bock / einen affen / oder eine katze gefunden haben. Wilt du ſehen was ſchoͤn - heit iſt / ſo mußt du die augen der vernunfft zue rhate nemen / vndt jhr die vnbaͤndige begiehr der liebe / wie das pferdt dem zaume / den bogen dem ſchuͤtzen / das ſchiff dem ſtewerruder / das werckzeug end -15 lich dem meiſter vnterwuͤrffig machen. Dann wie die vernunfft ohn die liebe vnvollkommen iſt alſo iſt die liebe faſt vnbeſonnen / wann ſie der vernunfft nicht gehorchet. Dieſer gehorſa[me]man iſt nichts anders als der vernunfft vndt liebe vermaͤhlung / die kue - gleich vndt mitteinander hitzig vnd in einem rennen auff die ſchoͤn - heit zue eilen. Welcher nun dieſelbte in dem leibe / in den vmb - ſchweiffenden augen / gebleichten haaren / gemahlten wangen / vndt was dem anhengig iſt / ſuchen wil / der findet eußerlich eine ſchnoͤde vergengligkeit / ein zerbrechliches guet / einen ſtuͤndtlichen raub / einen piltz der zuegleich leuchtet vndt vergehet; inwendig a - ber offtmals wanckelmuth / betrug / vndt wie etwan vnſere Poͤeten am beſten hiervon zue reden wißen. Von denen ich gleichwol ei - nen / doßen name aber nicht verhanden iſt / kaum loben kan / der ein wenig zue ſehr vber die ſchnur haͤwet / vnd gar ſagen darff:

Vertrawe dich der ſee / dem Frawenzimmer nicht;
Die weil kein glaß ſo baldt als jhre gunſt zerbricht.
Kein weib iſt guet / vndt iſt ja eines oder zwey /
So weiß ich nicht wie guet auß bòſem worden ſey.

Andere ſprechen:

Wer jhnen glaubt fengt windt auff mitt der handt /
Pfluͤgt in das meer / vndt ſeet in den ſandt;

welche worte ich ſie dann verfechten laße. Wiewol auch eine ſtol - tze abgefuͤhrte Dame / (dann alſo nennen ſievnſere auffwarter) die niergendt ſchoͤner iſt als in jhrem eigenen ſpiegel / offtmals mit gleicher muͤntze bezahlt wirdt / als in welcher kundtſchafft ſich ein - heimbiſche vndt frembde zue ſpielen pflegen / nicht liebe zue ſuchen / welche bey einem vnbeſtendigen weibe nur uͤbel angeleget iſt / ſon - dern ſich mitt jhrem anmutigen geſpreche vndt buhleriſchen ſitten zue erlůſtigen. Dieſe aber wie klug ſie auch iſt / mercket doch nicht /daß jhr16daß jhr ſolche hoͤffligkeit mehr der ergetzung / als liebe wegen er - zeigt werde. Darumb wie ſie durch jhr taͤgliches auffnemen vndt taͤgliches verſtoßen andere ſchertzet / alſo wirdt ſie von andern wie - der geſchertzt. Ein mal iſt es gewiß / daß eine ſolche liebe gemeinig - lich eine arbeit des muͤßigganges / eine hoffnung der vnbedachtſam - keit / vndt darumb eine beherrſcherinn eines knechtiſchen hertzens iſt / weil dieſe fluͤchtige ſchoͤnheit mehrmals mitt ſo vielem auffwar - ten / flehen / weinen vndt fußfallen / dergleichen zue thun ein edeles gemuͤte in reiffes bedencken nimpt / wil bedienet werden. Soll a - ber je die liebe recht antreffen / ſo muß ſie die vernunfft zum gefehr - ten haben / muß den eußerlichen ſinnen / ſonderlich aber den augen / welche als zwey vnachtſame thuͤrhuͤter zum offtern allerhandt fal - ſche meinungen zue dem gemuͤte einlaßen / den muth brechen / vndt durch vrtheil vndt verſtandt von der außwendigen ſchoͤnheit zue der inwendigen / welche durch dieſe angenemer gemacht wirdt / dringen koͤnnen. Wie die blumen ſo an ſich ſelber ſchoͤne ſindt / dennoch anmutiger zue ſein ſcheinen / wann ſie vnter einem klaren waßer herfuͤr leuchten: alſo iſt die bluͤte des gemuͤtes / wann ſie mitt einem ſchoͤnen leibe vmbhuͤllet iſt. So ſoll nun die ſchoͤnheit des leibes nichts anders ſein als ein fůrfechter der bluͤte der tugendt / vndt als ein heroldt einer groͤßeren ſchoͤnheit weder ſie nicht iſt: als wie der glantz / welcher ſich dieſen morgen von hieſigem gefilde blicken ließ / ein vorbote der guͤldenen Sonnen war. Wie ferner Pythagoras die Sonne fuͤr einen gott / Anaxagoras fuͤr einen ſtein anſahe; alſo wirdt die ſchoͤnheit anders von den begierden / anders von der vernunfft angeſehen / welche auch von dieſer jnner - lichen ſchoͤnheit allgemach zue der jenigen ſteigen lernet / die dem was allenthalben iſt ſeine ſchoͤnheit verliehen hatt. Alß dann wie - derfehret vns wie etwan menſchen / welche jhre gantze lebenszeit ineiner17einer finſteren hoͤlen zuegebracht / vndt an ſtat des liechtes nur ei - nen ſchatten der coͤrper vndt dinge die bey vns auff erden ſindt er - kieſet / dieſelbten auch fuͤr die rechten vndt warhafftigen gehalten haben. Dann wie es vermuthlich iſt / wann ſie auß dem tunckelen an das klare lietht kommen ſolten / daß ſie nicht allein alles was ſie zuevor geſehen / ſondern auch ſich ſelbſt als betrogene leute verach - ten wuͤrden: alſo auch vnſere gemůter / wann ſie der vergenglichen ſchoͤnheit entronnen / vndt durch die ſchoͤnheit der tugendt einen weg zue der goͤttlichen gefunden haben / ſo fangen ſie jhren eitelen wahn vndt vorige thorheit von hertzen an zue verdammen. Wie nun ein menſch in einem bilde die kunſt / vndt nicht das bildt / in ei - ner pflantze die frucht / vndt nicht die pflantze / liebet: alſo mußen wir in einem ſchoͤnen frawenzimmer nicht die geſtalt / ſondern / wo ſie verhanden iſt / die ſchoͤnheit des gemuͤtes / vndt in dem gemuͤte die ſchoͤnheit deßen von dem ſie hergerhuͤret / erheben vndt hoch - halten. Vndt hergegen / wie wir den vrſprung aller ſchoͤnheit uͤber alles zue ehren ſchuldig ſindt / alſo ſollen wir ſeinenthalben auch die ſchoͤnheit des gemuͤtes / vndt dieſer wegen die ſchoͤnheit des leibes lieben; weil ſie ſich nicht weniger zueweilen darinnen blicken leßt / als die edelſten fluͤße / die wann ſie ſich in das meer außgießen / den vorigen ſuͤßen geſchmack vndt lautere farbe in dem geſaltzenen waßer dennoch nicht baldt verlieren. Das uͤbrige / was von eite - len gedancken geſucht wirdt / iſt nicht eine liebe / ſondern eine begier: dann die liebe ſiehet auff die ſchoͤnheit / die begier auff die wolluſt / welche wann ſie herr / vndt die vernunfft knecht iſt / ſo mußt du jhr folgen / ſie befehle was ſie wolle. Kanſt du aber der wolluſt ie nicht entberen / ſo wiße daß keine groͤßere als ein befiendiges gemuͤte iſt / das mitt einem gueten gewißen begleitet wirdt. Daßelbige leßt ſich keine liebe / keine falſche luſt / keine betruͤbende froͤligkeit / keineCfurchte18furchte noch hoffnung vonſeinem ehrlichen vorſatze dringen. Was wilt du doch der jenigen dienen / welther du zue gebieten haſt? welche du mitt dem zaume der vernunfft anhalten / mitt der ſchaͤrffe einer freyen entſchließung als eine leibeigene magdt von dir verſtoßen kanſt? Die frucht der ſchoͤnheit / die im gemuͤte beſtehet / die nicht zuegleich mitt den zaͤhnen wurmſtichig / mitt den haaren greiß / mitt der ſtirnen geruntzelt / mitt den wangen bleich / mitt den augen trieffendt vndt tunckel wirdt / die mitt der zeit gewalt nichts zue thun hatt / dieſelbte wirdt dich uͤber landt vnd ſee / durch waßer vndt waffen / in gluͤck vndt wiederwertigkeit begleiten. Iſt dir aber vn - moͤglich der jenigen liebe zue hinterlaßen / die vieleicht in deinen augen ſchoͤner iſt / als in anderer leute / vndt die wir drey auch nur nicht zue kennen begehren; ſo kanſt du bey glauben ſicherer hier bleiben; dann eine ſolche luſt wird nur uͤbel ſein fort zue bringen.

Eine ſtattliche rede / mein Bruder / ſagte ich / vndt die leicht - lich zue erkennen giebt / in was fůr einer ſchulen / bey was du fuͤr ei - nem manne (der allein exempels genung iſt / daß ein weißer mann dem gluͤcke die wage halten / vndt dem vngeſtirne der zeiten gebieten kan) an den trechtigen feldern des Reines / wo die Elle vndt Breuſche von jhm verſchluckt werden / vorwiechener zeit ge - lebet haſt deiner eigenen geſchickligkeit / welcher Apollo vndt der himmel nichts verſaget / zue geſchweigen es leßt ſich aber derglei - chen viel behertzter reden / als in das werck richten. Doch verhoffe ich eine ſolche maͤßigkeit in der liebe zue treffen / daß ſie mich an meinem fuͤrhaben dennoch nicht verhindern ſoll. Wer ſeinem la - ſter / gab Venator zur antwort / eine maße ſucht / iſt eben als wolle er glauben / einer der ſich von jenem gaͤhen felſen ſtůrtzete / koͤnne ſich wann es jhm geliebte im herab fallen beſinnen vndt wieder - halten. Dann wie diß zue thun vnmoͤglich; alſo kan ein verwirrtesvndt19vndt erhitztes gemuͤte ſich weder hinterziehen / noch an dem orte wo es wil verbleiben. Es weiß auch derjenige / welcher allbereit lie - bet / ſo wenig mitt was maße er heben ſoll; als wenig einer / dem man die augen außgeßochen hatt / weiß wo er hin ſoll gehen.

Ich muß jhn gleichwol nicht gar huͤlffloß laßen / fieng Nuͤß - ler an / vndt bilde mir gaͤntzlich ein / daß er jhm auff der Poeten art / welche / der Natur nichts nach zue geben / offtmals ſachen erden - cken / die nie geweſen ſindt / noch ſein werden / eine liebe mache / die er nie in denn ſinn gebracht / vndt zum theile anderer leute buhl - ſchafften / eitelkeiten vndt můßige vnrhue durch ſeine ertichtete fuͤr - bilden / zum theile die einſamkeit / darinnener ſich dieſer zeit befin - det / lieber mitt dieſem / als mitt nichts thun erleichtern wolle. Steckt aber auch etwas von dem anmutigen uͤbel bey jhm / das vnſeren ſtandes leuten nicht vngemein iſt / ſo ſchaͤtze ich jhn freilich weniger gluͤckſelig als die jenige / welcher er mitt ſeiner Poeterey ein vnſterbliches lob vndt geruͤchte vervrſachen wirdt; wiewol das Frawenzimmer dergleichen offtmals entweder nicht verſiehet / o - der vnſere getichte lieber als vns hatt. Ich hoffe aber gaͤntzlich / das reiſen / darzue mir bißher niemals der wille / ſondern das gluͤck vndt die vmbſtaͤnde meiner gantzen wolfahrt gemangelt haben / werde jhm in kůrtzen was anders an die handt geben.

Vndt ob ich wol / liebſter mittgeſelle / ſagte er zue mir / deine abweſenheit kaum mitt gedultigem hertzen werde ertragen koͤn - nen / ſo finde ich doch nicht / wann ich meine ergetzligkeit deinem fromen nachſetzen wil / was ich dir aller beſchaffenheit nach beß - ſers rhaten / oder auch wuͤndtſchen ſolle. Wie ein waßer das nie - mals gereget wirdt / endtlich anfengt zue faulen vndt ſtincken: alſo werden auch vnſere gemuͤter durch vbermaͤßige rhue traͤge vndt verdroßen gemacht; welche weil ſie etwas himmliſches ſindt / ſoC ijſollen20ſollen ſie auch billich dem himmel / der ohn vnterlaß in bewegung iſt / nachfolgen. Vndt wann du dieſen großen menſchen die welt anſieheſt / was leßt darinnen vngereiſet? Die Sonne vmbwan - dert den erdenkreiß alle tage: der Monde / vndt der gantze poͤfel des geſtirnes / haben jhre wanderſchafft / troͤſten durch jhr liebliches an - blicken die vmbſchweiffenden / vndt zeigen den jrrenden haͤuſern den ſchiffen wo ſie hin ſollen. Haſt du nie geſehen / wie die ſee von jhrem vfer zue rechter zeit hinweg geflohen / vndt auff gewiße ſtun - de allzeit iſt zueruͤck gekehret? Die vierfuͤßigen thiere lauffen von einer wildtniß in die andere; die fiſche ſteigen auß der ſee in die flůße; die voͤgel / welche jetzundt hauffen weiſe in jhr winterquartir geflogen ſindt / werden mitt dem anbrechenden fruͤlinge wieder hie - her vndt zue felde kommen. Ja die gantze Natur giebt vns anlaß zum reiſen / vndt wil vns gleichſam zeigen / daß wir auff ein vater - landt gedencken ſollen / welches nicht krieget noch bekrieget wirdt / vndt die ſtete herbrige aller fromen wandersleute iſt. Zwar wir pfle gen von Natur das jenige landt zue lieben / deßen athem wir erſt - lich geſchoͤpfft / das wir zum erſten getreten / dem wir vnſere kindt - heit vndt aufferziehung zue dancken haben / vndt darinnen vns lufft / waßer / flůße / aͤcker vndt alle gelegenheit am beſten bekandt ſindt wir reiſen aber darumb / daß wir jhm nach vnſerer zueruͤck - kunfft / vndt erlernung frembder voͤlcker ſprachen vndt ſitten / deſto rhuͤmlicher ſein moͤgen / vndt mitt dem was wir auff gemerckt zue ſtaten kommen. Dann mitt dieſem bedinge / mein Bruder / wirſt du hinweg gelaßen / daß du / wann der außgang dem vorſatze uͤber - ein ſtimmet / vns deiner uͤber die zeit nicht entberen laßeſt. Ander - werts den fuß ein zue ſetzen / verurſacht ein ſtetes verlangen nach den ſeinigen / vndt gemeiniglich einen neidt bey denen / wohin wir vnſeren zueſtandt gepflantzt haben. Wiewol auch nicht ohn vrſach:dann21Dann durch befoͤderung frembder bleiben die einheimiſchen da - hinden ſtehen; vndt wann ſolches nicht maͤßig geſchiehet / muß endtlich mißvertrawen / vnrhue / auch wol gar verenderung des allgemeinen weſens darauß erwachſen: welches die alten Roͤmer wol wußten / vndt heutiges tages die klugen fiſcher in der Adria - tiſchen ſee zimlich in acht nemen. Zur Peſtzeit / wann die todten - graͤber in ein hauß gehen / ſo kan man leicht gedencken / daß je - mandt darinnen geſtorben ſey: alſo zeiget die einnemung der auß - laͤnder (welches aber allein von der uͤberhaͤufften menge zue ver - ſtehen iſt) daß nur der gemeine nutz in letzten zuͤgen liegt.

Von dir wil ich mir nicht einbilden / daß du dich eines vndt anderes truͤbes woͤlcklein vnſers Vaterlandes vertreiben laßeſt; dann du ja auß der aſchen in das fewer / vndt an die jenigen orte gedenckeſt / wohin das freßende wuͤten der waffen / vndt die rache der geſuchten beleidigung / ſich auß hieſigen winckeln erſt recht zue wenden / vndt alles auff eine merckliche verenderung angeſehen zue ſein ſcheinet. Ich mache mir viel mehr rechnung / daß die lie - be der deinigen / vndt die rhue welche dir bißher ſo gnaͤdig iſt ver - liehen worden / deinen fuß offtermals zueruͤcke ziehen / vndt dei - ner entſchließung dieſes vndt jenes in den weg wollen werffen. Wie nun freylich ein freundt ein lebendiger ſchatz iſt / der lange ge - ſucht / kaum gefunden / vndt ſchwerlich verwahret wirdt: ſo iſt doch die vngefaͤrbte liebe an keinen ort gebunden / vndt jhre ab - weſenheit wirdt zum theil durch das gedaͤchtniß voriger geſell - ſchafft / zum theil durch ſchreiben / welches die rechten fußſtapffen vndt kennezeichen trewer gemuͤter ſindt / nicht wenig ertraͤglicher gemacht. So weiß ich auch nicht / wie gar zue ſiete gemeinſchafft vns gemeiniglich zart / vndt auch deßen uͤberdruͤßig macht / wasC iijim22im leben das beſte iſt. Zue geſchweigen / was du auch an jenem orte entweder allbereit fuͤr groſſe berhuͤmbte leute zu freunden haſt / oder doch bekommen wirſt: welche nur zue ſehen ich fuͤr ein theil meiner gluͤckſeligkeit ſchaͤtzen wolte. Iſt ferner etwas dergleichen / weßen dich Venator beſchuldiget / vndt liebeſt der ſchoͤnheit we - gen / ſo wirdt auch ſolches verlangen eher verſchwinden als du jetzt vermeinen magſt. Eines fuchsſchwaͤntzers freundtſchafft beſteht nicht lange / weil die heucheley vndt anmaßung der falſchen war - heit durch die zeit verzehret wirdt: wer nun der ſchoͤnheit oder ziehr wegen liebet / der giebet nur einen ſchmarotzer bey dem welchen er liebet / vndt ſindt alſo ſeine guete worte auff kein ewiges angeſe - hen. So mußt du auch wißen / ob du wieder geliebet wirſt / oder nicht: dann ich wil nicht hoffen / daß du auß der jenigen zahl ſey - eſt / welche ſich ſelbſt einer gegenliebe bereden wo ſie nirgendt iſt / vndt wie jener ſindt / der jhm in ſeiner froͤlichen bloͤdigkeit einbil - dete / alle ſchiffe die auß Indien ſegelten weren ſeine; gieng an den port / frewete ſich uͤber jhrer gueten ankunfft / hieß außladen / vnd was der narrheit mehr war: auch uͤber diß mit ſeinem bruder zůrn - te / daß er jhm durch die aͤrtzte von ſolcher reichen thorheit abhelf - fen laſſen / vndt jhn ſeiner beſten luſt beraubet hette.

So biſt du in aller zeiten hiſtorien vndt exempeln dermaßen durchtrieben / daß du wol weißeſt / wie das frawenzimmer nicht allein offtmals die wangen / ſondern auch die worte zue faͤrben pfleget / vndt daß kein waßer geſchwinder eintrucknet als weiber - threnen. Wie ich dir ferner mitt trawrigen augen nachſchawe / ſo bin ich der hoffnung / der wahren welche du zue holen außzeuchſt / die kein Zoͤllner anhalten / kein ſeerauber verſencken / kein fewer verzehren kan / ehiſt durch dich zue genießen. Du biſt in dem alter / da die beſten reiſegeſellen wahl vndt vrtheil mitt dir ziehen / vndtwirſt23wirſt nicht nach art etlicher jungen leute / an ſiat der tugendt eine nichtige wißenſchafft / einen leichten ſchatten der hoͤffligkeit vndt gueter uͤbungen ertappen; weßen die außlaͤnder / welchen man jh - re leichtfertigkeit / laſter vndt gauckeley thewer genung bezahlen muß / in die fauſt hinein lachen. Von welcher jungen purß new - lich einer ſagte; ſie kaͤmen jhm fuͤr / wie wann man etwan eine wandt anſiehet / vndt auß tunckelen ſtriechen vndt zuͤgen vermei - net / als ob koͤpffe von thieren / waßer vndt waͤlder daran ſtuͤnden / da doch nichts dergleichen verhanden were: dann alle gebrechen mußten in jhren augen eine tugendt ſein / alſo daß ſie eine hofferti - gen Spanier anders nicht als ehrbahr / einen vnverſchaͤmten Welſchen freundtlich / einen leichtſinnigen Frantzoſen behertzt / einen ſpringeriſchen Engellaͤnder hurtig / vndt einen verſoffenen Deutſchen luſtig vnd vertraͤwlich zue nennen pflegeten. Du haſt die ſitten der hoͤfe / da ſo viel much vndt ſchmincke verkaufft wirdt / zimlich erfahren; vndt wirſt wißen / daß wie daſelbſt / alſo auch auff reiſen eine ſparſame Zunge / vndt ein verſchloßenes hertz hoch von noͤthen ſindt. Letzlich wann dich der fahrmann des leibes das gemuͤte / durch ſo viel feſtungen / ſtaͤdte vndt Laͤnder fuͤhren wirdt / wann du augen vndt ſinnen zum genuͤgen fuͤllen / vndt die muͤdig - keit des weges mitt ergetzung / dieſe mitt jener vermengen wirſt / ſo ſchawe zue / daß du die ſegel deines lebens nach dem leitſterne der vnvergaͤngligkeit allzeit wendeſt / vndt die weltlichen dinge al - ſo anſeheſt / daß du betrachteſt / es beherrſche ſie keiner nicht beßer / als der jenige welcher ſie verachten kan.

Aber / ſagte Nuͤßler / was halten wir vnſere gaͤſte mitt ande - ren reden auff / weil jhnen vieleicht lieber wore / in dieſen plaͤtzen vndt gefilden ſich vmb zue ſchawen? Sie ließen es jhnen belieben / ſatzten ſich zuvor etwas vnter den ſchatten der hohen baͤwme / vndterzehl -24erzehlten von dieſem vndt jenem / was es theils in eines jeglichen ſeinem vaterlande / theils mitt jhrem eigenen zueſtande fuͤr beſchaf - fenheit hette. Als ſie nachmals vermeinten weiter zue gehen / vndt die gelegenheit ſelbiger orte zue beſichtigen / kamen ſie ohn gefehr an eine ſchoͤne bach / die mitt jhrem ſilberglaͤntzenden waßer die au - gen / vndt mitt dem lieblichen geraͤuſche ohren vnd ſinnen ergetzete. Ein edeles fluͤßlein / fieng Venator an / vndt weil die berge dermaſ - ſen nahe ſindt / ſo muß es nicht weit hiervon entſpringen. Laßt vns / ſagte Buchner / ein wenig daran hinauff ſpatzieren. Wir wa - ren faſt an den wurtzeln des ſchneegebirges / als wir einer Nimfe / die an einer friſchen grotte oder hoͤle auff den lincken arm gelehnet lag / gewahr worden / welche mitt einem ſubtilen durch ſcheinen - den ſchleyer bekleidet war / die haare / ſo mitt einem gruͤnen krantze geziehret / auff eine frembde art auffgebunden hatte / vnd vnter der rechten handt ein geſchirr von dem weißeſten marmor hielte / dar - auß das quell des baͤchleins geronnen kam. Wiewol wir nun uͤber dem ploͤtzlichen anſchawen nicht allein erſchracken / ſondern auch im zweiffel ſtunden / ob wir ſtehen ſolten oder lauffen / fieng doch die ſchoͤneſte creatur / oder viel mehr goͤttinn / mitt anmutiger ſtim - me alſo an zue ſingen:

Ihr hirten / die jhr kompt zue ſchawen
Die quelle / dieſe berg vndt awen /
Ihr hirten / lauffer nicht vor mir /
Ich bin des ortes Nimfe hier.
Der Zacken den jhr mich ſeht gießen /
Der minſte von den kleinen fluͤßen /
Fuͤhrt oben ſilber klare flut /
Sein reiner ſandt tregt goldt vndt guet.
Warumb ſich freundt vndt feinde neiden /
Darbey koͤnnt jhr die ſchaffe weiden.
Wer25
Wer goldt zue waſchen erſt gelehrt /
Hatt ja die menſchen hoch verſehrt!
Die goͤtter lieben ſolche ſinnen /
Die guͤldinn einfalt lieben koͤnnen;
So kompt / jhr hirten / ſchawet an /
Was ich / vndt kein menſch zeigen kan.

Wir ſtunden verwundert vnd beſtuͤrtzt / weren auch auß ſchre - cken zueruͤck gelauffen / wann ſie mich nicht mit hoͤfflicher demut bey der handt genommen / vndt die andern zue folgen vermahnet hette. Als wir in die hoͤle hinein kamen / ſahen wir nichts fuͤr vns als ein lauteres waßer / das ſich gegen jhr wie ein berg aufflehne - te / vnd wir alſo trucken hindurch giengen. Von dannen befunden wir vns in einer faſt kůhlen grotte / auß welcher nicht allein dieſes waßer ſaͤmptlich gefloßen kam / ſondern auch andere ſtroͤme durch verborgene gaͤnge vndt adern der felſen hinauß drungen. Diß iſt / ſagte ſie / die ſpringkammer der flůße / darvon ſo viel felder be - feuchtet / ſo viel flecken vndt ſtaͤdte verſorget werden. Dieſe kleine - re bach (darauff ſie dann mit jhren ſchneeweißen fingern zeigete) iſt auch ein theil des Zackens an dem jhr hieher gegangen ſeidt / vndt wirdt nicht ferren von dem gebirge mitt dem andern vermen - get. Hier zur ſeiten ſehet jhr den vrſprung desfiſchreichē klaren Bo - bers / der jhm in einem ſchattichten walde ſein thor geſucht hatt / da - rauß er ſich durch berg vndt thal zwinget vndt windet / vndt / nach dem er bey Hirſchberg den Zacken in ſich geſchluckt / auch etzliche ſtaͤdte / darunter / ſagte ſie zue mir / dein nicht allein dir ſondern auch vns Nimfen liebes / aber erſchoͤpfftes Vaterlandt iſt / be - gruͤßet hatt / endtlich an dem ende des landes Schleſien ſeinen ſtrom vndt namen der Oder / dem haupte vndt regentinn der Schleſiſchen flůße / zuegleich einantwortet. Wie dann die goldt -Dfůhrende26fůhrende wilde Katzbach / derer brunnen nechſt darbey herauß quillet / nicht weit von Parchwitz dergleichen thut. Stracks ober - halb dieſer krieget der durchbrechende Queiß / da zur ſeiten die hochfallende Aupe / vndt / wo jhr den glatten kieß ſehet / die Iſer jhren vrſprung; welcher wir zwar wenig waßer / dennoch aber ſo viel andere reiche gaben verliehen / daß ſie den mangel des gewaͤſ - ſers darmit wol erſetzen kan. Ich hette aus beg[i]ehr faſt angefan - gen zue fragen: ſie aber / die es mir am geſichte anſahe; dieſer große ſtrom / ſprach ſie / der gerichts fuͤr euch mitt ſolchem ſtru - deln vndt prauſen herauff ſteiget / iſt die Elbe / ſo von jhrer ge - burtsſtat den hohen Alben die wir uͤber vns haben den namen be - kommen hatt.

Wie wir vns nun uͤber den ſeltzamen dingen der Natur ver - wunderten / vndt den vnerſchoͤpfften lauff der gewaͤßer beſtuͤrtzt in augenſchein genommen / auch von wegen des großen gethoͤnes vndt rauſchens der auffſpringenden fluten faſt das gehoͤr verloh - ren hatten / gieng ſie durch ein weißes thor / welches vns von mar - morſtein zue ſein beduͤnckte / fůr vns her / vndt; Beſchawet nun / ſagte ſie / das ort / welches fuͤr mannes augen zwar ſonſt verſchloſ - ſen iſt. In dieſem Erdengemache pflege ich ſampt meinen ſchwe - ſtern der Thalien / Arethuſen / Cydippen / Opis vndt den andern die zeit zue vertreiben. Dieſe anmutige hoͤle war nach art der al - ten tempel zirckelrundt / vndt in zimlicher hoͤhe. Ringes vmbher ſtunden gefrorene criſtallen ſaͤulen / welche von der gruͤnen bewach - ſenen erden biß an die decke reichten / vndt mitt jhrem durchſichti - gen glantze das gantze zimmer erleuchteten. Mitten innen ſaßen die Nimfen / alle bluͤende vndt jung von antlitz / auff gruͤnen tep - pichen in einem kreiße vmbher / ſponnen / ſtickten vndt neheten an der ſubtileſten leinwadt / hatten allerhandt liebliche geſpreche / vndterwehnte27erwehnete gleich damals eine / wie die ſtoltze weberinn Arachne der Minerven kampff angeboten; weil aber jhre arbeit der himmli - ſchen nicht zuegeſagt / ſich ſelbſt erhenckt habe / vndt nachmals in eine ſpinne verwandelt worden ſey: daß ſie nunmehr als ein bey - ſpiel der vermeßenheit fuͤr den augen aller welt wircken vndt weben muße. Wer ſeine hoffart an den vnſterblichen außlaßen wil / fieng eine braͤunlichte an / ſo Lycorias ſein ſolte (vnſere begleiterian a - ber hieße Hereinie) dem bekoͤmpt es ja allzeit uͤbel; vndt erzehlte wie der naͤrriſche Midas mitt ſeiner blockpfeiffen den Apollo auß - gefodert / vndt endtlich nicht allein nicht den danck / ſondern auch gar eſelsohren davon bekommen habe: welches er zwar / gemei - nem gebrauche der menſchen nach / verbergen wollen / ſolches auch ſeinem diener zue offenbahren verboten habe. Dieſer aber / dem gaͤntzlich zue ſchweigen vnmoͤglich geweſen / were zue einem ſchilffichten orte gegangen / hette ſeine heimligkeit den rhoren ver - trawet / die / wann der windt daran geſchlagen / nachmals alle zue ſchreyen angefangen: Midas hatt eſelsohren. Sie lachten / vndt; Es moͤgen wol rhore ſein / fieng eine andere an / darmit gelehrte leute ſchreiben / vndt die jenigen fuͤr der gantzen welt zue ſchanden machen / welche mitt jhrem vnbeſonnenen vr - theile von hurtigen vndt gelehrten gemuͤtern wol zue erkennen ge - ben / daß ſie Midas gleichen ſindt.

Nicht weit von jhnen lagen etzliche lauten / geigen vndt andere muſicaliſche inſtrumente; auch koͤcher vndt pfeile / die ſie / wann ſie nebenſt den Waldtgoͤtinnen vndt Bergnimfen ſich mitt dem geſaͤgdte ergetzen / zue gebrauchen pflegen. An der wandt wa - ren vnterſchiedene hiſtorien mitt kleinen muſcheln vndt kleinen ſteinlein / vndt zwar ſo kuͤnſtlich / eingelegt / daß wir hinzu giengen /D ijvndt28vndt es mehr fuͤr eines Apellens werck als fuͤr ſonſt etwas anſa - hen. Vnter andern ſtundt die geſchichte / wie der Jupiter / welchen ſein Vater Saturn freßen wollen / dem aber die Muter Rhea ei - nen ſtein in die windeln gewickelt / vndt zue verſchlucken gegeben habe / von jhren der Nimfen ſchweſtern ſey erhalten / vndt durch einen adler bedienet worden. Baldt darneben / wie andere auß jh - nen den Bacchus bey Niſa in Aſien erzogen / welche Jupiter nachmals zur danckbarkeit hinauff genommen / vndt zue den Hya - den / dem ſchoͤnen geſtirne / das vns gemeiniglich regen ankuͤndi - get / gemacht habe. An einem andern orte / wie die Nimfen Erato / Pemfredo vndt Dino dem Perſeus flůgel vndt taſche (welche jhm gleichwol von den mahlern der himmliſchen bilder abgeſtrickt wirdt) geliehen / durch derer hůlffe er der Meduſen das haupt ab - geſchlagen / vndt endtlich die Andromeden / der ſtoltzen Caßiopeen tochter / von dem grawſamen meerwunder erloͤſet. Ferner wie die Syrinx / als ſie fůr dem Pan geflohen / in die pfeiffe ſo Mercurius nachmals gebraucht; wie andere Flußnimfen von dem erzuͤrnten Achelous in die Echinadiſchen inſeln verwandelt worden; vndt was allhier zue erzehlen nicht gelegenheit iſt.

Kompt weiter / ſagte Hereinie / vndt beſchawet die wohnung Thetis der vnſterblichen muter der Nimfen / wann ſie durch die verborgenen gaͤnge des erdtreichs mitt jhren ſeeroßen hieher zue fahren / vndt vns zue beſuchen pfleget. Wir giengen in begleitung aller anderen Najaden / denen die gelben haare vmb den zarten halß vndt bruͤſte / vndt die duͤnnegewebten maͤntel vmb jhre bloße leiber flogen / durch eine aͤrtzinne pforte / vndt kamen in einen koͤſt - lichen ſaal von großer laͤnge vndt breite. Der boden war an ſich ſelbſt criſtallinn / vndt mitt allerhandt ſchlangen / fiſchen vndt meer wundern von anderer art berhůmbten ſteinen dermaßen eingefuͤ -get29get / daß wir im erſten anſchawen faſt nicht trawen vndt aufftre - ten wolten; deßen dann die Nimfen mitt einem ſuͤßen anblicke ſaͤmptlich lachten. An der gewoͤlbeten decke / die mitt blawen lazur - ſteinen uͤber vnd ůber belegt war / vnd durch welche auß zweyen run - den criſtalliñen fenſtern der anmutige tag den gantzẽ platz von oben her beleuchtete / ſchiene nicht weniger von eben dieſer koͤſtlichen ar - beit das gefluͤgel als in den wolcken herumb ſchweben / vndt man - gelte / vnſers beduͤnckens / nichts als die ſtimme. Auff beyden ſeiten ſtunden in gleicher zahl vndt abtheilung ſeßel von agſteine / deren einer vmb den andern roth oder gelbe war. Hinten / wie auch ge - gen der foͤderthůr zue / waren zwey verguͤldete altare / auff deren ei - nem dem großen Ocean / auff dem andern der Thetis geopffert wardt. Nicht weit von einem jeglichen ſprungen auß zweien wei - ten ſilbernen becken oder ſchalen / ſo ingleichen von ſilbernen Si - renen gehalten worden / ſehr anmutige quelle / die eine blancke me - talline kugel in die hoͤhe trieben / vndt darmit ſpieleten; auch gleich wieder herab fielen / vndt von ſich ſelbſt verſchluckt vndt ſtets wie - derumb auffgeſtoßen worden. In der mitten war eine lange tafel von polirtem ſteine / an welche Thetis mitt jhnen ſpeiſe vndt tranck zue nemen pfleget.

Ihr hirten / fieng Hereinie an / wir wißen was der himmel vndt die Muſen euch verliehen / vndt mitt was fuͤr begiehr der wiſ - ſenſchafft jhr behafftet ſeidt. So laßet euch nun / indeßen das mei - ne Schweſtern den Vnſterblichen jhren dienſt erzeigen / vnd jhr gebůrliches opffer fuͤrtragen / von mir zeigen / was die gemelde vnd ſchrifften an den waͤnden allhier in ſich halten. Wißet / ſagte ſie ferner / daß alles was jhr biß anher geſehen vndt noch ſehen wer - det / in heimiſche außbeute / in dieſen gruͤnden geſeiffet / in dieſen waͤßern gewaſchen / hier gefunden vndt gearbeitet ſey. Der weißeD iijchalce -30chalcedonier / der ſchwartze criſtall / der violbraune amethiſt / der blawe ſaffir / der ſtriemichte jaſpis / die tunckelrothen granaten / der fleiſchfarbene carniol / der rothgelbe gifftfeindt der hyacinth / der gelbichte beryll / der vielfaͤrbichte achat / der gelbe topazier / welchen jhr in der handt jenes adlers (vndt zeigte einen adler an der de - cken darauff Ganymedes ſaß) als einen plitz fuͤnckeln ſehet / der helle demant / ſindt alle hier zue hauſe. Dieſe perlen / dieſes ſilber / diß goldt iſt in floͤtzen vndt quaͤrtzen / flaͤmmicht vndt koͤrnicht in hieſigen reichen gefilden vndt gegenden an zue treffen; des zinnes / kupffers / eiſens glaſes vndt allen deßen was die magdt des hoͤch - ſten Gottes vndt die guͤtige muter der menſchen die Natur ſonſt gebiehret / zue geſchweigen. Hiermit fuhrte ſie vns erſtlich wiede - rumb der pforten zue / daruͤber folgende reime ſtunden:

Ihr blinden ſterblichen / was zieht jhr vndt verreiſt
In beydes Indien? was wagt jhr ſeel vndt geiſt
Fuͤr jhren knecht den leib? jhr holet krieg vndt ſtreit /
Bringt auß der newen welt auch eine weltvoll leidt.
Ihr pfluͤgt die wilde ſee / vergeßet ewer landt /
Sucht goldt das eiſern macht / vndt habt es bey der handt.
Den demant findet kaum der ſchwartze Moor ſo weiß /
Der jaſpis iſt vns ſchlecht / die perlen tregt der Queiß.
Gieher menſch / die Natur / die Erde tuffet dir:
Wohin? nach guete: bleib: warumb? du haſt es hier.

Nechſt dieſen Verſen / die in eine ſchwartze ſteinerne platten gehawen waren / folgeten auff der einen ſeiten viel hiſtorien vndt bilder von erſchaffung der welt; von der guͤldenen / ſilbernen / irr - denen vndt letzlich eiſernen zeit; von dem himmelſtuͤrmeriſchen Gi - ganten; der uͤberſchwemmung des erdtbodens; alles in der ordnung wie es Heſiodus / Apollodorus / Hyginus vndt andere / ſonderlich der ſinnreicheſte vnter allen Poeten in ſeinen verwandelungsbuͤch -ern31ern (darumb es allhier zue wiederholen vnnoͤtig iſt) verzeichnet haben. Auff der andern ſeiten ſtundt erſtlich eine landttafel / darin - nen vnterſchiedene berge / ſchloͤßer / flůße vndt felder zue ſehen wa - ren. Dieſes / ſagte ſie / iſt die gelegenheit hieſiger orte / deren groͤße - ſtes theil von langer zeit her die edelen Schaffgotſchen / weßen ge - ſchlechtes verlauff jhr in folgenden gemelden vndt ſchrifften biß auff jetzigen werthen helden vernemen ſollet / beherrſchen Ihr vhr - altes gebluͤte / jhre tugendt / jhre loͤbliche thaten / vndt ſonderlich die ſtille rhue / welcher wir vnter jhnen als gleichſam ſchutzgoͤttern biß - anhero genoßen / hatt verdienet / jhnen bey vns allhier diß gedaͤcht - niß auff zue richten. Damit ich aber euch / als denen ſo zue nach - ſuchung der alten zeiten ſonderlich luſt tragen / etwas außfuͤhrung thue / ſo wißet daß wie hieſiges hohe riſengefilde / hieſiger flintzberg vndt ſchneegebirge anfaͤnglich von natůrlichen erburſprůnglichen deutſchen / den Mareomannen / Marſingern vndt dergleichen be - wohnt / alſo auch von jhnen zueweilen der Hartz oder Hereini - ſche waldt / darvon ich heiße / zueweilen das Sudeten oder Sud - oͤden gebirge ſey genennt worden: biß die Sarmatiſchen Win - den (nicht die Wandaliſchen Voͤlcker) jhre Viſtul oder Weixel uͤberſchritten / vndt ſich dieſer vndt anderer lande bemaͤchtigt ha - ben. Daß aber dennoch allzeit etwas von Deutſchen uͤbrig ver - blieben ſey / koͤnnet jhr dannenher von euch ſelbſt ſchließen / daß der name Boͤmen / welcher allbereit vor anderthalb tauſendt jharen vndt viel zeiten vor der Winden einfall berhůmbt geweſen / noch heutiges tages nicht verloſchen iſt; wie dann auch ein theil dieſer berge die Alpe oder Elbe vndt dergleichen / bey jhren altern woͤr - tern biß anjetzo verblieben ſindt. Hetten ewere Deutſchen mit ſol - chem fleiße denckwůrdige große thaten auffſchreiben / als verrich - ten koͤnnen / oder die blutigen kriege fuͤr etzlichen hundert jharenmitt32mitt den leuten nicht auch zuegleich das gedaͤchtniß derſelbten vndt alle geſchickligkeit außgerottet / ſo koͤndte der edelen Schoffe (dann alſo worden ſie vormals genennet) werther name / vndt die tapf - ferkeit welche ſie zue beſchuͤtzung des vaterlandes angewendet / euch mehr vor augen geſtellet werden: bey vns haben wir jhren rhum allein von der zeit auffgemercket / ſeidt vnſere baͤche vnter jhrem ſchirme ruhig gefloßen / vndt ſie beſitzer der orte / die zum theile hier entworffen ſtehen / geweſen ſindt.

Hieruͤber trat ſie fort / vndt; Dieſer / ſagte ſie / welchen jhr in gantzem kuͤriß ſtehen ſehet / iſt der frey werthe heldt Gothardt / o - der / wie damals den alten zue reden beliebet hatt / Gotſche Schoff / der ſeinen kindeskindern mitt dem groͤßeren lobe vndt auffnemen auch ſeinen namen / deßen ſie ſich ſaͤmptlich rhůmen / uͤbergeben hatt. Wir wißen nicht anders / als daß ſein vater Vlrich Schoff geheißen / vndt faſt fuͤr dreyhundert jharen Burggraff zue Kinſ - berg geweſen ſey. Edele Nimfe / fieng ich an / wann ein menſch ei - ne goͤttin zue fragen macht hatt / warumb daß ſeine rechte fauſt gleichſam blutig abgebildet iſt? Vor Erfurt / gab ſie zur antwort / hielte er ſich bey gelegenheit eines außfalles ſo wol / das jhn der Feldherr / keyſer Carl der vierdte / alßbaldt fuͤr ſich fodern ließ / jhm ſeine wolverdiente gnade perſoͤnlich an zue tragen / vndt die handt zue bieten. Er aber / der vom wuͤrgen der feinde erſt zuruͤck gekehret / hatt die blutigen finger an ſeine blancke ruͤſtung gewiſcht / vndt al - ſo den Keyſer mitt dieſer werthen fauſt geehret; welcher jhn dann zum ritter geſchlagen / vndt das hochadliche wapen mit vier rothen ſtriechen deßentwegen geziehret hatt / daß ſeine nachkommenen nicht allein wißen moͤchten / wie jhr adel / der vor alter von treffli - chen thaten hergerhuͤret / ingleichen von trefflichen thaten ver - mehrt worden ſey: ſondern auch durch dieſes zeichen als einen leb -hafftigen33hafftigen zunder zue dergleichen ſolten angeregt / vndt auffgemun - tert werden. Wannenher aber iſt der gruͤne bawm in eben dieſem wapen? fragte ich. Der ſieghaffte Bolco / ſagte ſie / Hertzog zur Schweidnitz vndt Jawer / deßen bruders tochter Carl der vierdte zur ehe hatte / liebte jetzt erwehnten Gothardt Schoff ſeinen waf - fentraͤger des loͤblichen verhaltens vndt vieler hohen lugenden we - gen dermaßen / daß er jhm hieſigen rieſenberg / die traͤchtige Iſer ſampt angraͤntzenden boͤhaimbiſchen walde / das birgguet Schmie - deberg neben aller zuegehoͤr / wie auch das feſte ſchloß oder berg - hauß Kinaſt / auß fuͤrſtlicher miltigkeit zue erbeigen uͤbergab vndt verehrete; darumb dann der Kieferbawm oder Kinaſt zue dem vhr - alten wapen iſt gezogen worden. Mitt Friedeberg aber / das jhr in der tafel gegen dem gebirge zue am Queiße liegen ſehet / wie auch mitt der ſtadt Greiffenberg / welche der himmliſchen weberinn Mi - nerven dermaßen lieb iſt / vndt der feſtung oder dem berghauſe Greiffenſtein / ſo hertzog Boleſlaus der Heiligen Hedwigen Soh - nes Sohn erbawet / hatt jhn vorbemeldeter Keyſer beſchencket; daß alſo die beſitzung hieſiger orte ein lauteres verdienſt der tu - gendt iſt.

Allerſchoͤneſte Nimfe / ſagte Nuͤßler / wir mußen gleichwol die reime darbey vngeleſen nicht laßen. Sie ſtellete es vns an - heim / vndt gab ſo viel zueverſtehen / ſie weren darumb eingehaw - en. Ritters Gotſchen uͤberſchifft war dieſe:

Ich werde recht von dir mein werther ſtamm geehret /
Weil ich dir namen / rhum vndt wapen hoch vermehret;
Die roten ſtriche hatt kein geldt noch gunſt erdacht /
Der Keyſer hatt ſie nur gelobt / der feindt gemacht.

Vnter dem wapen neben ſeiner tafel:

ESchaw34
Schaw hier den edlen ſchildt als ie der tag beſchienen:
Was zeigt der friſche bawm? die tugendt muß ſiets gruͤnen:
Vndt was das ſchaff? ein menſch ſoll guer vndt guetig ſein;
Das blut? wo guet nicht hilfft / ſchlag mitt der fauſt darein.

Nachfolgende drey / redte Hercinie ferner / ſindt ritter Got - hardts Soͤhne. Der erſte zur rechten handt eben des namens; deßen drey Soͤhne / Vlrich / Gotſche vndt Hans / welcher faſt fuͤr anderthalb hundert jharen geſtorben / gleich vnter jhm ſindt. Der dritte / ſo zur lincken / Henrich oder Hentze Schoff auff Kem - nitz / deßen zwey Soͤhne / Henrich vndt Peter / auch vnter jhm ſtehen. Der andere / in der mitten / iſt Hans Schoffgotſche auff Kinaſt / den wir in ſeinen nachkommenen noch anietzo bluͤhen vnd wachſen ſehen. Die ſechſe / wie jhr ſie ordentlich nacheinander allhier geſetzt findet / ſindt ſeine Soͤhne. Der aͤltere iſt Chriſtoff / den ein anderer edelmann wenig adeſich vnverſehens erſchoſſen hatt. Der andere Ernſt des namens / welcher darumb ein zue - ſammen gerolltes ſchreiben in der fauſt hatt / weil er der Fuͤrſten - thuͤmber Schweidnitz vndt Jawer Cantzler geweſen; wie dann ſolche Cantzelley nebenſt dem ampte des Hoffrichters zur Schweid nitz / von etzlichen hundert jharen an den Herren Schaffgotſchen eigenthuͤmblich hatt zuegehoͤrt. Der dritte iſt Jeronymus der bloͤdtſinnige. Der vierdte Antonius. Er ſiehet ſchwartz auß; ſagte einer von vns. Man hatt jhn auch / gab Hercinie zur ant - wort / wie er ſich dann ſelbſt / den Reppelgotſchen geheißen / iſt ein ſtatlicher mann / vndt mitt einer gebornen Freyinn von Schumburg vermaͤhlt geweſen. Der fuͤnffte Caſpar. Der letz - te Vlrich / ein ſtreitbarer mann / der mitt ſeiner ſtrengen fauſt die ritterſchafft auff der Buntzliſchen heiden gewonnen; wie auff ſei - nem ſchwerdte / das noch verhanden / zu leſen iſt. Doch beſagt es auch die uͤberſchrifft:

Des35
Des ritters rhuͤm ich mich / die weil ich obgeſieget:
Ich bin kein kriegesinann der niemals hatt gekrieget /
Kein ritter ohne feindt / kein reuter ohne pferdt;
Wer von mir wißen wil / der frage noch mein ſchwerdt.

Wie nun Chriſtoff / Jeronymus vndt Ernſt leibeserben nicht gelaßen; alſo ſehet jhr vnter einem ieglichen der andern jhre Soͤh - ne. Des Antons ſindt Fridrich / Ernſt / Vlrich / Ritter Anton / welcher mitt einer ketten vmb die armen abgebildet / weil er von den Saracenen gefangen / an den pflug geſpannet vndt ſehr uͤbel gehalten worden / wie wol er endtlich in ſeinem Vaterlande ver - ſchieden; Ritter Hans Kayſerljcher Rhat vnd Caͤmmerer / vndt Bernardt auff Rurlach; deren kindeskinder theils noch bey leben. Vber dem Anton waren dieſe worte eingegraben:

Ich wardt gefangem zwar / vndt habe viell erlitten /
Du wilder Saracen / nach dem ich dich beſtritten:
Doch was dann haſt du jetzt von mir in deiner handt?
Der himmel hatt den geiſt / den leib das Vaterlandt.

Caſpar / redete Hereinie weiter / wie jhr ſehet / hatt fuͤnff Soͤh - ne hinterlaßen: Watzlawen / der jhm durch reiſen vndt geſchicklig - keit großes anſehen gemacht / Hanſen / Chriſtoffen / Caſparn (deßen einiger Sohn Adam / Freyherr auff Trachenberg vndt Praußnitz / wiewol er zwey gem[a]hlinn / deren die letzte eine Graͤf - finn war / gehabt / ohn erben geſtorben iſt) vndt Balthaſern / der vier Soͤhne erzeuget: wie dann der letzte ritterliche heldt Vlrich / der faſt vierzig jhar uͤber die Fuͤrſtenthuͤmber Schweidtnitz vndt Jawer Hauptmann geweſen / vndt in die neunzig jhar alt worden / Wolffen vndt Hanſen erzeuget / deßen Wolffens Sohnes Sohn Vlrich oder Vdalrich (vielmehr Adelreich) zu ſeiner Vorfah - ren thaten auch die liebe der weißheit gebracht / vndt einen artli -E ijchen36chen Poeten gegeben hatt; wie er ſelbſt von ſich redendt allhier ein - gefuͤhrt wirdt:

Soll ich mich ſchaͤmen dann des namens der Poeten?
Iſt kunſt vndt wißenſchafft dem adel nicht von noͤthen?
Standt bluͤet durch verſtandt: hett ich nicht ſtandt gehabt /
So hette mich verſtandt mitt adel doch begabt.

Obberhuͤrte vier des Herrn Balthaſars Soͤhne / Freyher - ren / ſindt der zur rechten Herr Balthaſar auff Langenaw / der zur lincken handt Herr Caſpar zue Trachenberg / der neben dieſem Herr Watzlaw auff Bernßdorff / vndt der in der mitten oben an der in krieges vndt friedens tugenden erfahrene Herr / Herr Chriſtoff / vnter deßen Sohne / dem Hoch wolgebornen Herrn / Herrn Hanſen Vlrichen / dem freyen vnverzagten helden / dieſes vorgebirge / dieſe waͤlder vndt brunnen / vndt wir Nimfen ſolcher thue / ſolchen friedens genießen / daß wir die angraͤntzenden fewer der blutigen Bellonen / dieſes klaͤgliche getuͤmel der waffen biß an - hero zwar von ferren angeſchawet haben vndt gehoͤret / aber (welches zue einer gueten ſtunden geredet ſey) nie erfahren duͤrffen.

Hierauff ſchwiege die leutſelige Hercinie etwas ſtille; ich aber laſe die reimen / ſo bey Herren Chriſtoffen ſeliger gedaͤchtniß ver - zeichnet waren:

An tugendt bin ich recht / vndt linckiſch auch / geweſen:
Warumb? dieweil ich diß geſchrieben vndt geleſen
Was thaten wuͤrdig iſt / vndt gleichfals diß gethan
Was der ſo thaten lobt gar wol beſchreiben kan.

In deßen fragen die andern wegen der ſachen die nach jhm ſtunden. Hier zue nechſie / fieng ſie an / iſt ſeine tapffere / hoffverſtaͤn dige gemahlinn / des vhralten geſchlechtes der Freyherren von Promnitz / welcher vnſterbligkeit vndt verdienſt eine groͤßere zeitbedoͤrffen /37bedoͤrffen / als daß ſie allhier koͤnnen erzehlt werden. Sehet aber jhre uͤberſchrifft.

Ich bin in dieſe welt von heldenſtamme kommen /
Die ziehr der helden hatt zur ehe mich genommen /
Ein heldt der kam auß mir an dieſes liechtes ſchein /
Wie ſolte dann nicht ich auch eine heldinn ſein?

Von jetzigem erſt gemeldeten regenten / ſagte die Nimfe / koͤn - net jhr den inhalt folgen der tafeln weitleufftig vernemen. Seine hohe beſchaffen heiten / ſein verſtandt in anſchlaͤgen / ſein muth im ſtreiten / ſeine ritterliche thaten verdienten zwar von allen edelen gemuͤtern ſinnreicher Poeten in das regiſter der ewigkeit eingetra - gen zue werden / er aber / als ein vollkommener Heldt / iſt auch mitt ſolcher demut begabet / daß er nicht gern von jhm rhuͤmen leßt / was doch die that vndt warheit ſelber redet. Was jhr aber allhier ſehet / haben die Parcen / Clotho / Lacheſis vndt Atropos / als ſie jhm auff befehl des himmels die faden des lebens geſponnen / ein helliglich geſungen / vndt mitt buchſiaben von demant dem roſte der zeit zue - gegen in dleſen ſchwartzen criſtall verſetzt. Wir verwunderten vns nicht ſo ſehr uͤber der menge der edelen geſteine / als uͤber der fuͤr - trefflichen arbeit / welche von ſolcher kuͤnſt vndt ſchoͤnheit war / das wir wol abnemen kundten / menſchen haͤnde wuͤrden dergleichen nach zue thun ſich vmbſunſt bemuͤhet haben. Das getichte aber vndt weißagung der Parcen waren von worte zue worte dieſe:

Brich an / du ſchoͤner tag / vndt komm / du edles kindt /
Dem goͤtter / vndt das hauß der goͤtter günſtig ſindt /
Der himmel / vndt auch wir. wir haben zwar gewunden
Ein garn / ein weißes garn zue ſeines lebens ſtunden;
Wo iſt die farbe hin? die faden werden goldt.
Brich an tag / komm o kindt! die goͤtter ſindt dir holdt /
E iijIhr38
Ihr himmel / vndt wir auch: ſie wollen dich begaben /
Dir ſchencken diß was viel wol wuͤndtſchen / wenig haben.
Mars ſeinen großen muth / vndt Jupiter verſtandt.
Komm an / dein guͤldnes garn das waͤchſt vns in der handt /
Vndt ſpinnt ſich ſelber auff. ſchaw hier die ſchoͤnen blicke
Der heldinn welche dich mitt ſolchem gueten gluͤcke
Der liechten Sonnen zeigt / der heldinn die jetzt dir
Das leben / vndt hernach des lebens beſte ziehr
Die tugendt geben wirdt du wirſt zwar waiſe werden
Durch deines Vatern todt / der kuͤrtzlich dieſer erden
Soll geben guete nacht / wie vnſer buch vermag;
Doch die durch welche du gebracht wirſt an den tag
Wirdt nicht nur muter ſein / wirdt auch mitt vaterſinnen
Zur waren tugendt luſt dich baldt gewehnen koͤnnen /
Dir zeigen einen weg wohin der gehen ſoll /
Stracks wann er gehen leint / der edlen lobes voll
Wil brechen durch die zeit du wirſt fuͤr allen dingen
Auff jhrem armen noch am liebſten hoͤren klingen
Die trummel vndt trompet / wirſt reißen mitt der handt
Auff einen degen zue / der etwan an der wandt
Mag auffgehend er ſein. das mittel dich zue ſchweigen
Wirdt ſein ein blanckes helm / ein ſchoͤnes roß zue zeigen /
Die lantz vndt rennebahn. ein ſolches tocken ſpiel
Liebt erſtlich baldt ein kindt das nicht verſa wern wil
In ſeiner muter ſchoß. wann dann zue deinen tagen
Die ſprache kommen wirdt / ſo wirſt du lernen fragen
Nach dem was ritterſchafft vndt lob der ahnen ziehrt;
Wirſt werden zue der luſt der weißheit angefuͤhrt /
Kein feindt der buͤcher ſein. wirſt Rom begierig hoͤren
In jhrer ſprache ſelbſt / dich laßen von jhr lehren
Durch was fuͤr witz / vndt krafft ſie jhr die gantze welt /
Was Titan uͤberſcheint / zum fuͤßen hatt gefellt.
Es39
Es wirdt von rapfferkeit / von ſtrengem kriegesweſen
Dir Leipzig / Tuͤbingen vndt Altorff weiter leſen /
Vndt ſagen / daß ein heldt der große thaten liebt /
Den thaten noch mehr ſchein durch kunſt vndt klugheit giebt.
Biß daß der hohe ſinn dich vber berge tieget /
Wo Freyheit jhren grundt tieff in die ſee geleget
Von langen zeiten an / vndt Nereus eine ſtadt /
Die aber laͤnder zwingt / zue ſeinem weibe hatt.
Dann wirft du nechſt darbey ein gaſt Antendrs werden /
So lange Cynthia ſechs mal den kreiß der erden
Mitt gantzem liechte fuͤllt: du wirſt hier deinen ſtandt /
Dein edles ritterblut / auch zeigen mitt der handt /
Die offtmals ſagen muß was mancher fuͤhrt im hertzen;
Wirſt kunſt zur mannheit thun / vndt mitt dem degen ſchertzen /
Induͤnfftig ernſt zue ſein; wirſt legen deine zeit /
Die zeit ſo guͤldinn iſt / an guͤldne tapfferkeit /
An ſprachen vndt verſtandt. wirſt hin nach Rom verreiſen /
Vndt an den Tiberſtrom daſelbſt dir laßen weiſen
Wo Rom geweſen ſey: hier ſtundt die ziehr der welt /
Wirdt ſprechen wer dich fuͤhrt; hier war der tugendt feldt /
Das ort von dem ſich ließ der erdenkreiß beſchoͤnen.
Auff dieſes ſolt du ſehn die muter der Sitenen /
Der welt Sirene ſelbſt; vndt Bajas / vndt jhr badt /
Was Cuma / was Puzol fuͤr luſt vndt wunder hatt /
Der ſchaw platz der natur. dich wirdt zue roße ſetzen
Das bluͤende Florentz; es ſoll ſich ſelbſt ergetzen
Der weißen Nimfen ſchar am hohen Apennin /
Wann deine freye fauſt des pferdes ſtoltzen ſinn
Wirdt brechen durch den zaum / baldt ſichet laßen fliegen
Mitt ſchaͤumender begier / den winden ob zue ſiegen.
Dann leßeſt du die flut der ſee dich nach Meßan /
Von hier nach Malta zue / von Malta auff Drapan
Den40
Den Lilibeer port mitt vollem ſegel tragen /
Darffſt gegen Africa nach Tunis zue dich wegen /
Machſt die Tyrrhener ſee dir weit vndt breit bekandt /
Biß Napolis dich ſetzt noch ein mal an ſein landt /
Das reiche Napolis / vndt dann auff Piſa ſendet /
Diß wieder nach Florentz / wo zwar der weg ſich endet /
Nicht aber auch der fleiß; du wirſt auffs newe hier
Die gantze ſommers zeit vermehren deine ziehr
Durch ſprachen vndt verſtandt. hierauff nach Luca ziehen /
Von dar nach Genua wo krieg vndt friede bluͤhen /
Vndt auff Minerven ſtadt das kuͤnſtliche Milan /
Vndt was die tafel hier ſonſt mehr nicht faßen kan:
Biß endtlich Spanien dir in den ſinn wirdt kommen /
Das nunmehr beydes hauß der Sonnen eingenommen /
Vndt jhm verbunden hatt: dein weg ſoll Franckreich ſein /
Der ſitten meiſterinn / der kuͤnſte liecht vndt ſchein /
An vieh vndt leuten reich / das weit vndt breit beſchloßen
Mitt ſtarcken klippen ſteht / mitt waͤßern gantz vmbfloßen;
Verwahret mitt der ſee. du wirſt durch Delſinat
Hin auff Marſilien / von da auff Arelat /
Vndt ferner an den fuß der ſchneeichten Pirenen /
Die jhre ſpitzen faſt biß an die wolcken lehnen /
Wo du begruͤßen ſolt zum erſten Arragon /
Vndt dann nicht ohn gefahr das ſtoltze Barcelon /
Tottoſa vndt Sagunt berhuͤmbt vom hungerleiden /
Die Koͤniginn Valentz / wo Duria viel weiden /
Viel blumen / graß vndt waldt vmb ſeine ſtroͤme hegt /
Biß dich ein langer weg hin nach Toledo tregt /
Von dannen nach Madrid / auß denen jenes eiſen
Vndt ſtahl / diß weißheit hatt. dann wirſt du ruͤckwerts reiſen
Da wo der Iber fleußt auff Saragoſa hin /
Vndt auß der Sonnen brunſt in beßer wetter ziehn.
Wie41
Wie nun dir Spanien gegeben witz zue hoͤren
Vndt ſchweigen / alſo wirdt dich Franckreich reden lehren /
Der außzug aller luſt / der edlen demut landt /
In welcher jederman geehrt wirdt vndt bekandt
Der tugendt leiden kan. die erſte rhue vndt wonne
Das wirdt Toloſa ſein am ſtrande der Garonne;
Auff dieſe Bordeaux; Roſchelle nechſt nach jhr /
Das Mars liebt vndt Neptun; hierauff der Muſen ziehr
Vndt kuͤnſtmarckt Poictiers: dann wirſt du ſampt den fluͤßen
Der gelben Loir Angiers / vndt Toous / vndt Blois begruͤßen /
Nicht minder Orleans das Bacchus alſo liebt /
Vndt dem Mercur das lob der reinen ſprache giebt.
Wo laßen wir Paris? hier wirſt du auch verbleiben /
Wo alle weißheit wohnt / wirſt deine zeit vertreiben
Mitt uͤbung die ein heldt vndt ritter haben muß.
Nach Franckreich / wann du nun der ſtoltzen Seyne fluß /
Den faulen gang der Ar / des Rhodans ſchnelles fliehen
Geſehen haſt / wirſt du dann auch an die Temſe ziehen
Dem wolgebawren ſtrom / beſchawen Engellandt /
Das durch den Ocean von vns iſt abgetrannt /
Dein ruͤckweg ſollen ſein die ſtarcken Niederlande /
Oſtende / Brug vndt Schluys / vndt Gendt am Scheldeſtrande /
Vndt Bruͤßel / vndt was mehr des Zepters willen hoͤrt
Das gegen Oſt vndt Weſt gehorſamb wirdt geehrt /
Nicht nur von einer welt: dann ſeine gegen wercke /
Die nun ſo lange zeit mitt großer liſt vndt ſtaͤrcke
Sich wieder jhn geſetzt. hier halt die fluͤgel an;
Hier ſchawe wieder heim; es iſt genung gethan;
Die deinen ruffen dich / du blum vndt ziehr der jugendt;
Sie wollen nunmehr ſehn das reichthumb deiner tugendt /
Der reiſe newe frucht. was wirdt fuͤr wonne hier
Bey deinen quellen ſein / wann du / jhr troſt vndt ziehr /
FAn42
An beute reicher noch als Jaſon heim wirſt kommen /
Nach dem du alles das in augenſchein genommen
Was ſehens wuͤrdig iſt / vndt nicht nur feldt vndt landt
Vndt ſtaͤdte / ſondern auch die leute haſt erkandt
Die Phebus oder Mars begreifft in ſeinem orden;
Wann dir der Muſen volck zue freunde wirdt ſein worden /
Zue Londen Caſaubon / vndt zue Paris Thuan /
Zue Leiden Scaliger / vndt was man nennen kan
Fuͤr etwan einen geiſt der nicht auß ſchlechter erden
Vom Titan iſt gedreht. die gruͤnen wieſen werden
Sich frewen vmb vndt vmb / es wirdt thal / puſch vndt feldt
Ein gruͤnes kleidt anziehn / es werden dir / o heldt /
Die klaren baͤche hier mitt luſt entgegen fließen /
Die felſen hoͤher ſtehn / der Nimfen ſchai dich gruͤßen /
Der zarten Nimfen ſchar von dreyerley geſtalt /
Als denen heilig ſindt die fluͤße berg vndt waldt /
Bey welchen wir diß liedt in demant einverleiben /
Damit es von der zeit mag vnberaſtet bleiben /
Mag ſein ein ſtetes pfandt des himmels der dich liebt /
Vndt vns noch mehr befehl alſo zue ſetzen giebt:
Ihr ſchoͤnes himmel volck / jhr glatten Oreaden /
Du der Napeen herr / jhr fluͤchtigen Dryaden /
Vndt jhr Najaden auch / du Echo die du nicht
Was anders ſagen kanſt als was man zue dir ſpricht /
Ihr ſuͤßen Gratien / du Pales / du Diane /
Seidt guͤnſtig wann er hier auff einem gruͤnen plane /
Auff ewre puͤſche zue / vmb ewer edles feldt /
Bey dieſer einſamkeit nach ſchnellem wilde ſtellt /
Vndt ſucht ergetzt zue ſein. er wirdt die waͤlder ziehren
Mitt ſeiner gegenwart / wirdt an den wilden thieren /
Ein newer Hercules / verſuchen ſeine krafft /
Vndt diß nach dem er hatt die ſorgen abgeſchafft
Fuͤr43
Fuͤr ſeine leut vndt landt. man muß die arbeit mengen
Mitt einer freyen luſt / vndt auch der rhue verhengen /
Wie ſelbſt thut die Natur / die nie ſtets winter macht /
Stets ſommer / oder lentz; ſtets regen / oder nacht.
Dein bogen / Delia / wirdt gleichfalls abgelaßen;
Es pfleget Jupiter den becher an zue faßen
Mitt eben dieſer handt in der er donner tregt:
So wirdt der heldt auch thun nach dem er abgelegt
Des Vaterlandes laſt / fuͤr welches er ſoll ſtreiten
Mitt ritterlicher fauſt / wann gar in kurtzen zeiten
Auch diß ort / welches jetzt der werthe friede ziehrt /
Auff krieg ohn alle ſchuldt wirdt werden angefuͤhrt.
Als wie des windes zorn die eiche nicht kan ſpalten /
Wie eine klippe pflegt die wellen auff zue halten /
So wirdt er vnverzagt auch eine kecke ſchar
Den kuͤrtzern lehren ziehn / wirdt ſuchen die gefahr
Durch die erwachſen ſoll: jhm wirdt der hauffe weichen /
Als wie das ſchoͤne volck der ſternen muß verbleichen
Wann et wan Cynthia das gantze liecht bekoͤmpt /
Vndt einen vollen glantz von jhrem bruder nimpt
Der gegenuͤber ſteht; der ſtarcke loͤwe zeiget
Vmbſonſt die gelbe mahn / die Thracer leyer ſchweiget /
Orion drewet ſchwach / das groß vndt kleine thier
Schawt tunckel vmb ſich her / vndt blickt kaum halb herfuͤr
Auß einer hellen lufft. er wirdt dem feinde weiſen
Wie ſchlechtes gluͤcke hatt wer hunger / glut vndt eiſen
Zue frembden leuten tregt / vndt bringt ein armes landt
Vmb freyheit / recht vndt heil ohn vrſach vndt verſtandt.
Damitt er rhuͤmlich auch mag nach dem tode leben /
So wirdt der himmel jhm viel edle zweige geben
Durch einen werthen ſtamm / den du / o heldt Piaſt /
Mitt Zepter vndt gew alt ſo weit erhaben haſt;
F ijDen44
Den eine goͤttin ſelbſt zum himmel auffgefuͤhret
Mitt jhrer froͤmigkeit; den Henrich hoch geziehret
Mitt blute fuͤr ſein landt; dem ſeine gruͤne frucht
Kein wetter dieſer zeit / vndt keiner jhare flucht
Wirdt legen vnter ſich auch dieſer heldt ſoll ſchawen
Sich ſelbſt in ſeiner art / ſoll ſchoͤne pflantzen bawen
Von aller tugendt ziehr / die luſt vndt froͤligkeit
Vndt rhum jhm machen wirdt die gantze lebenszeit.
Genung; was ſonſt allhier iſt vnverzeichnet blieben /
Das iſt mitt golde doch in vnſer buch geſchrieben.

Wir hatten vns an der ſchoͤnen tafel die angen / an der weißa - gung aber / welche wir nun mehrentheilserfuͤllet zue ſein wußten / auch das hertze erquickt / vnd wuͤnſchten dem Helden ſolche erſproͤß - liche wolfarth / wie jhm allhier zue ende angekuͤndigt wuͤrde. Die andern Nunfen hatten ſich vnter dem leſen alle hinauß verlohren / Hercinie aber; Ihr hirten / ſagte ſie / ſo viel iſt menſchlichen augen allhier zue beſichtigen erlaubet / vndt jhr werdet mitt meiner vndt meiner ſchweſtern anjetzo erzeigten gunſt vergnuͤget ſein. Alſo fuhrte ſie vns durch ein anderes thor in eine newe hoͤle / die zue wei - len ſo enge war daß wir faſt nach der ſeiten durch gehen mußten / zueweilen aber viel thaͤler vndt berge in ſich zue halten ſchiene. Nach dem wir eine guete weile alſo gegangen waren / kamen wir an einen faſt heißen ort / voll ſchweffelichten dampffes / zue deßen beyden ſeiten ein knallen vndt prauſen gleichſam eines auffkochen - den waßers / vndt ich wußte nicht was fuͤr ein gethoͤne gehoͤret wardt. Vns war nicht aller maßen wol bey der ſache; Ich habe / fieng aber die Nimfe an / euch nicht ohn vrſach an dieſes ort gefuͤh - ret. Wißet daß Sicilien nicht allein Cyclopen / vndt Theßalien Titanen getragen hatt; es liegen allhier zweene maͤchtige Gigan - ten / welche ſich eben wie jene an dem himmel zue vergreiffen vnterſtan -45ſtanden / vndt von den goͤttern vnter dieſe kluͤfften ſindt verſtoßen worden. Sie haben den geſchmack des ſchwefels noch anjetzo nicht verlohren / vndt riechen nach dem plitze vndt donner / darmit ſie Jupiter hatt herab geſtuͤrtzt. Auß jhren rachen lauffen ſtarcke vndt hitzige ſtroͤme / die dennoch auß gnaͤdiger verordnung der Vnſterb - lichen zum beſten der menſchen gereichen / vndt nicht weit von hier mitt zweyen heilſamen quellen in dem gebiete jetztgemeldeten Hel - dens entſpringen mußen. Es ſolte mir auch vnſchwer ſein / euch zue jhren vngehewren coͤrpern zue fuͤhren / wann ewere bloͤde augen vndt ohren das ſcheutzliche anſchawen vndt bruͤllen vertragen koͤn - ten. Lernet aber gleichwol / daß die jenigen die ſich den himmel an zue taſten vermeßen / von dem himmel verſtoßen / vndt von der er - den verſchlungen werden.

Als wir nun vnter wehrendem geſpreche gleichſam bergan ge - gangen waren / kamen wir an den außgang einer hoͤle / darein der tag ſeine ſtralen mitt vollem ſcheine fallen ließ; Hereinie aber ver - ſchwandt ehe wir es gewar worden / vndt kam vns weiter nicht zue geſichte. Wir wendeten vns gegen der grotten / vndt ehrten die Nimfe vndt den ort / darinnen wir ſo merckliche vndt wunderbare ſachen geſehen vndt erfahren. Ob vns auch zwar die gelegenheit des gefildes da wie herauß gegangen etwas ſeltzam fuͤrkam / ſo kun - ten wir doch aller beſchaffenheit nach faſt erkennen / daß wir eben an der andern ſeiten des berges / wo wir zuevor hinein gelaßen wor - den / ſein mußten / ſtiegen alſo gemach vndt gemach gegen der ſpitz - en zue. Wir waren noch zimlich ferren von der hoͤhe / als ſich bey ſo lieblichem wetter dennoch ein duͤnner ſchnee ſehen ließ / der aber auff der erden alſobaldt zue tawe vndt waßer wardt. Weiter hin - auff war es gantz heiter vndt ſtille; da wir dann nachfolgendes ge - luͤbde in einen lindenbawm eingeſchnitten funden:

F iijDu46
Du geiſt der du allhier bewohnſt den oͤden plan /
Du ſeiſt auch wer du wilt / wann ich vollbringen kan
Was mein gemuͤte ſucht durch deine kunſt vndt rhat /
So wil ich dir allhier an dieſer gruͤnen ſtat
Erhoͤhen ein altar / darauff zur danckbarkeit
Ein opffer das du liebſt ſoll brennen iederzeit.
Du rieſenherr / du artzt / du berggott / komm herfuͤr;
Der jene ſo dich ehrt erwartet deiner hier.

Dieſer / fieng Nuͤßler an / hatt ſich auch bereden laßen / es ſey ein Ruͤbezal allhier / wie jhn die jenigen nennen / die jhn nie geſe - hen haben. Wir ſindt eben auff dem rechten orte / gab ich zur ant - wort / da er ſein ſoll / vndt nicht iſt. Ich habe gleichwol vernom - men / jhr Schleſier / ſagte Venator / es ſolle nicht gar richtig bey euch ſein. Freylich nicht / fieng ich an; dann es liegt einer hier o - ben begraben der nicht mehr lebet. Ich weiß wol / redte Buchner darzwiſchen / daß jhr alle drey dem hauffen zuegethan ſeidt der nichts uͤbrigs glaubet: was aber durch lange erfahrung beſtetigt iſt / vndt die augen ſelbſt ſehen / das kan das hertze ja glauben. Mitt einem ſtinckenden aaße / ſagt Nuͤßler / iſt wol ſonſt wenig an zue fangen. Darwieder bin ich auch nicht / ſpricht Buchner; wie - wol manches ehe verdirbet als ein anders. Ich habe viel mal ge - hoͤret / wann einen der donner erſchlagen hatt / daß ſein coͤrper nicht verfaulen; vndt wann einem mitt giffte vergeben iſt / daß das hertze vnvertorben bleiben ſoll. Ein menſch der maͤßig gelebet hat / wirdt nicht ſo baldt verweſen / als einer ſo durch ſchwelgen vndt vollbretigkeit ſeinen leib zue einer pfuͤtzen gemacht hatt / da alle feuchtigkeit vndt fluͤße hinein geronnen. Habt jhr nie geſehen / daß den todten die haare vndt naͤgel gewachſen ſindt / ſonderlich den jenigen die Jupiter abwaͤſcht / Apollo ſalbet vndt trucknet. Welchen / fragt Venator? Den gehangenen / meine ich / ſprichtBuchner /47Buchner / denen die geiſter ploͤtzlich vmbzwenget vndt zuegeknuͤpfft werden. Hiervon nun kan man mehrentheils natuͤrliche vrſachen geben: daß aber der menſchen ſeelen ſich in geſtalt der verbliche - nen leiber ſehen laßen / iſt dermaßen klar / daß es keiner laugnen kan / der gleich noch weniger als jhr glaubet. Doch wollen wir den birgmann Ruͤbezal in dieſe zahl nicht ſetzen: dann angeſehen daß er durch zauberey geruffen wirdt / ſo muß er weder eine frome / noch eine verdammte ſeele ſein; weil ſie beyde biß zue ſeiner zeit vn - ter der handt des Gottes aller goͤtter ſindt / der ſich mitt beſchwe - rungen nicht zwingen leßt. So muß es dann der teuffel ſein / fang ich an. Recht ſo; ſagt Buchner: er iſts leibhafftig; wiewol nicht alles baldt der teuffel iſt / worfuͤr man ſich ſonderlich bey nachte zue entſetzen pfleget. Natuͤrlich ſindt die flammen oder irrwiſche vmb die geſuͤmpffe; natuͤrlich die duͤnſte / ſo offtmals in der hoͤhe wie menſchen / wie thiere vndt andere ſachen herumb wandern; natuͤrlich in den leibern / ſonderlich gewißen frawenzimmers / das ſeltzame kurren / ziſchen / krehen / bellen / das nach geſtalt der ſa - chen vndt gaͤnge von der durchdringenden lufft alſo geartet wirdt / vndt vnerfahrenen aͤrtzten eine naſe zue drehen pflegt; vndt was dergleichen mehr iſt.

Wo bleiben dann die ſaͤuffer / ſagt Venator / die ſo vngewiſ - ſer augen / vnſtetigen ganges / vndt ſeltzamer einbildungen ſindt? Wann ſie den kopff fallen laßen / ſo koͤmpt es jhnen bißweilen fuͤr ſie verſincken; vndt wann die ſtube ein radt mitt jhnen macht / ſo legen ſie ſich nieder / vndt erwiſchen mitt beyden haͤnden den bo - den: baldt erhebt ſich ein ſturm in jhren ohren / daß ſie meinen ſie ſindt zur ſee / vndt ſchawen wie weit es noch zue lande iſt; ſpringen wol uͤber jhren eigenen ſchatten / vndt ſehen jhn fuͤr einen graben / eine katze fuͤr einen loͤwen an; in ſumma / ſchlaffen wachende / vndtfechten48fechten ſchlaffende; ſchreyen nach pflaſtern / vndt wollen ſich ver - binden laßen.

Auff dieſe weiſe wirdt mancher bezaubert / ſagt Buchner: a - ber ohn ſchertz / jhr bruͤder / von andern geſpenſten redet die gantze welt / vndt von dieſem viel leute die hierumb wohnen; die jhn zue weilen in form eines ſchoͤnen roßes / einer kroͤten / eines rabens / einer nachteule / eines bergmaͤnnlins / eines moͤnches vndt derglei - chen geſehen haben. Eines moͤnches? ſagt Venator. Warumb nicht / giebt Buchner zur antwort? Pflegt ſich nicht der teuffel in einen engel des liechts zue verkehren / vndt haſt du nie gehoͤrt / daß er dem heiligen Martin in geſtalt des Heilandes der welt erſchie - nen ſey? Muß er dann eben / ſpricht Nuͤßler / vmb dieſe felſen vnd tunckele hoͤlen ſeinen wohnplatz haben? Er iſt / antwortet Buch - ner / ein Vater der trawrigkeit / vndt bezeuget ſolches mitt den einoͤden trawrigen oͤrtern / da er zue niſten pfleget. Vieleicht wil er jhm hierdurch ein groͤßer anſehen machen / fange ich an / weil jhm nicht vnwißendt / daß der ſo uͤber vns iſt an den ſtillen vndt einfaltigen orten mitt einfaltigem hertzen vndt ruhi - gem gewißen von allen zeiten her hatt wollen geehret ſein. Sol - ches begehrten die vngoͤttlichen goͤtter / Ruͤbezales gleichen / daß man jhnen nicht weniger erzeigen ſolte; wie dann die alten nicht ſo ſehr helffenbeinerne vndt guͤldene bilder / als dicke puͤſche vndt das geheime ſtillſchweigen darinnen angebetet / ja waͤlder / wieſen vndt ſee geheiliget / vndt ſie mitt namen der goͤtter genennt haben. Die Dacier auch berge / hebt Buchner an. Freylich / ſage ich / berge / vndt die jenigen ſo einen ſchein der goͤttligkeit zue erlangen ſich da - rein verborgen / als Zamolxes vndt andere. Ich meinte / ſagt Venator / du wuͤrdeſt vns dergleichen in deinen weitleufftigen be - richten von den Daciern außfuͤhrlich machen. Zwar ich weißnicht /49nicht / ob es mir wie jenen bergen gehen moͤchte / gebe ich zur ant - wort / die nach langem geberen eine mauß zur welt brachten: wie ich mich aber anietzo mitt meinem zueſtande vndt der zeit gelegen - heit genungſam geſchuͤtzt zue ſein befinde / ſo hoffe ich / ſoll ich le - ben / ich wil erweiſen / daß ein hirte mehr als weiden / vndt ein Poet mehr als luͤgen kan.

Vnter wehrendem reden / als wir zwiſchen der trennung zwey - er huͤgel / dahin wir vns durch hecken vndt geſtaͤude mehr einen weg gemacht / als gefunden hatten / gerichts eingiengen / erblick - ten wir hinter den birckenbaͤwmen vnd eichen eine gruͤne wieſe / auff welcher von einem andern orte her ein altes weib / mitt grawem haupte / zitterndem gange / krummen ruͤcken vndt einem korbe da - rauff / faſt gekrochen kam. Wir winckten einander / vndt legten vns vnvermerckt in die ſtraͤuche nieder / zue erfahren was die redli - che muter guetes machen wuͤrde. Sie war faſt in die mitten an einen ſcheideweg zweyer engen ſiege kommen / da ließ ſie jhre ge - flickte ſchauben fallen / ſtriech die haͤgeren armen auff / vndt fieng mitt klingender ſtimme alſo an zue ruffen:

Iſt dann kein mittel nicht zue zwingen den geſellen
Der eine jungfraw fleucht? ſoll dann das heil der hoͤllen
Erſt ſein herfuͤr geſucht? es muß je ſonſten mir
Gehorchen was die welt in ſee / in lufft vndt hier
In jhrer ſchoß verbirgt: die ſternen mußen ſchwitzen;
Der monde ſtille ſtehn / vndt ſeinen wagen ſtuͤtzen;
Der Nort windt legt den ſturm zue meinen fuͤßen hin;
Der ſommer ſchneyet mir: es machen wo ich bin
Die todten ſich herzue; auff mein geheiße gehen
Die ſtarcken eichen fort; die fluͤße bleiben ſtehen;
Die klippen ſencken ſich; die ſaate reiffet nicht;
Die thaͤler ſteigen auff; der ſchlangen leib zerbricht;
GDie50
Die loͤwen werden zahm was gilt ich wil was finden /
Den wilden tigerſinn genungſam zue entzuͤnden!
Du dreykopff / Hecate / die aͤlter iſt als ich;
Du geiſt der dieſen berg beherrſcher hoͤre mich;
O Pluto / komm herauff; ich achte nicht der ſachen
Die meines alters volck zue langſam reicher machen;
Ich ſuche nicht metall / nicht jaſpis / nicht demant;
Ein feſter hertz als er ſoll werden vmb gewandt.
Die weil kein kroͤtenblut / noch drummel in den thoren /
Noch federn ſo die eul hatt vmb ein grab verlohren /
Noch heiße pfeidebrunſt / kein weſterhembde nicht /
Kein nagel von der handt / kein haar / kein blut / kein liecht
Zue rhaten deiner trew / o jungfraw / derer ſchmertzen /
Wie hart vndt raw ich bin / mir dringen ſelbſt zue hertzen /
Bey jhm verfangen wil / vndt ich vmbſonſt gethan
Was menſchen klugheit weiß / ſo helffe was da kan.

Der glantz des himmels die Sonne / welche / wie wir auß vn - ſerem ſchatten abnemen kundten / den tag biß uͤber die helffte ge - bracht hatte / ſchiene fuͤr ſchrecken zue erbleichen / kein gefluͤgel hoͤrte man ſingen / es regte ſich nichts als das zittern der baͤwme / vndt wir ſelber zweiffelten welches ſicherer were / zue lauffen oder zue bleiben. Sie zohe den lincken ſchuch auß / nam ein tuch uͤber den kopff / kehrte ſich zwey mal gegen morgen / vndt zwey mal ge - gen Niedergang / grub mitt einer ſichel ein loch in die erden / vndt machte darauff einen zirckel vmb ſich her / murmelte auch eine gu - te weile eines vndt anders was wir nicht verſtehen kundten. Hier - nach brachte ſie auß jhrem korbe allerhandt kraͤuter / welche ſie vermutlich bey vollem mondenſcheine vndt fuͤr auffgange der Sonnen / auch ſonſt zue gewißen jhareszeiten mitt der lincken handt eingeleſen hatte / mengete etzliche ſteinlein / wie auch gebei - ne von den todten darzue / vndt rhuͤrete mitt einer ruten alles durchein -51einander. Alſo legte ſie es auff wacholterholtz vndt eiſenkraut / darbey vngebrauchter ſchwefel vndt weyrauch war / zuͤndete es auff / vndt wie der loh in die hoͤhe ſchlug / redete ſie folgende worte:

So mußen gleichfalls auch deßelbten ſinnen brennen /
Der von ſich ſelbſt nicht wil den trewen ſinn erkennen.

Ferner knuͤpffte ſie einen haarlocken vmb drey federn von vn - gleicher farben / vndt ſprach:

Diß ſindt die federn hier ſo ich zue dieſem weſen /
Auß dreyen neſtern zwar / vmb mitternacht erleſen
Vom vogel den ich weiß; diß iſt ſein eignes haar
Das bey dem lincken ohr ein falſches zeichen war
Der liebe die er fleucht: die feder leßt das fliegen;
Sein haar wirdt jetzt ein bandt; er ſoll mir auch erliegen.

Auff diß ſpruͤtzete ſie drey mal in jhre ſchoß / nam ein bildlein von jungfrawenwachſe in die handt / beraucherte daßelbte / bandt jhm drey woͤllene faden von dreyerley farben vmb den halß / vndt ſagte:

Vngrad iſt den goͤttern lieb; dreymal iſt er auch gebunden;
Dreyer farben faden ſindt vmb den harten halß gewunden.

Vnter ſolcher rede ſtach ſie mitt einer langen nadel drey mal hinein / vndt fieng an:

Alſo geh es auch dem hertzen
Das ein weibes bildr barff ſchertzen.

warff es hieruͤber in das ſewer mitt dieſem worte:

Wie das reine wachs muß rinnen /
Soll jhm ſchmeltzen muth vndr ſinnen.

Nach dem nun alles nieder gebrennet war / grieff ſie auff die erden / warff die aſche drey mal uͤber den kopff / ſahe nicht hinter ſich / vndt hub wie erſtlich mitt verbrochenen worten an zue mur - meln. Sie hatte jhre ſchreckliche beſchwerungen in dem maule herumb zue werffen nicht recht angefangen / als ſich ein maͤchtigesG ijwetter /52wetter / ſchloß / hagel vndt krachen erregete.

Das liecht wardt ſchwartze nacht; der himmel lieff zueſammen
Zn dickes finſterniß; die wolcken gaben flammen
Vndt eilten hefftig fort; man ſahe keinen tag
Als wann der grimme plitz durch einen donneiſchlag
Vorher geſendet kam; der winde ſtarckes prauſen
Bewegte waldt vndt berg mitt ſeinem wilden ſauſen;
Die lufft wardt lauter ſee; der hoͤllen gantzes reich
Erregte ſeine krafft; die baͤwme wurden bleich;

vndt was mich das ſchrecken noch jetzo nicht erzehlen leßt. Ich / wie ich zuevor am letzten mich niederlegen / vndt dieſer vierdten Furie zuehoͤren wollen; alſo war ich der erſte ſo von dannen vndt auff die nechſte ſtraße zue lieff. Die andern kamen hernach geren - net / vndt hatten mitt dem athem auch faſt die ſprache verlohren / wolten den blaͤttern der eſpen ſo vmbher ſtunden am zittern nichts bevor geben. Eine ſeltzame ſache: es ſtundt der huͤgel / auff dem wir vns damals befunden / ſo ferren nicht von dem vorigen orte / dennoch blickte vns die Sonne mitt ſo einem gnaͤdigen auge an / vndt das graß vmbher war dermaßen trucken / daß wir leicht ver - ſtehen kundten / wie der teuffel nicht allenthalben zue gebieten hatt; vndt alſo in dem gruͤnen ein wenig rhue zue nemen veranlaßt wor - den.

Als wir nun beydes von dem verlauffe ietziger ſchrecklichen kuͤnſte / vndt ſonſten dieſem vndt jenem vnterredung hielten / gefiel vns die landtart gegenuͤber liegenden Koͤnigreiches ſonderlich / als deßen ebene von dem gemach vndt gemach auffſteigenden gebirge gleich wie von einem krantze vmbgeben iſt / vndt daß außſehen eines kuͤnſtlichen ſchawplatzes hatt / darinnen etwan die alten jhre ſpiele zue zeigen gewohnt geweſen. Hieruͤber dann meine drey mitgeſel - len / in erwegung ietziger betruͤbter laͤufften / auff folgendes hirten - liedt oder geſpreche geriehten.

Vena -53
Venator.
Iſt jenes dann das feldt / liegt dahinein das landt / Wo vnlengſt eine glut ſo hoch iſt auffgebrandt / Darvon wir ſchaͤffer auch bey vnſerm klaren Reine / Sindt worden angeſteckt? wir ſaßen vor im weine / Das vieh gieng in das graß biß an den bauch hinein; Jetzt ſehen wir den krieg fuͤr ſchaffe / blut fuͤr wein.
Buchner.
Hatt diß gebirge dann den namen von den rieſen? Entſpringt mein Landesſtrom vmb dieſe ſchoͤne wieſen? Du ſuchſt dir ja den weg zur Mulde gar zur weit / Vndt haſt auß jhr geſchoͤpfft / o Elbe / noth vndt ſtreit.
Nuͤßler.
Diß iſt der Boͤhmerwaldt / das heißen die Sudeten; Wie hoch ſie aber gehn / ſo ſindt doch angſt vndt noͤthen Geflogen vber ſie. du haſt nur vnſer landt Vergebens / o natur / von dieſem abgetrannt.
Venator.
Wer hette diß gedacht! noch iſt es ſo weit kommen / Ein frembdes gluͤcke hatt den Neckar eingenommen / Sampt vnſer hirtentrifft / vndt mich hinweg gejagt Von deßen buͤhels rhue wo Jette wargeſagt.
Buchner.
Ich hette doch vermeint / es ſolte ja dein ſingen / Dein edler ſchaͤffer thon / dir gunſt vndt liebe bringen / Vndt freye ficherhen.
Nuͤßler.
der Muſen ſeiten ſpiel / Es ſey ſo guet es kan / ſchafft eben alſo viel Bey einer heereskrafft / als etwan eine taube Fuͤr einem adler gilt der außfleugt nach dem raube.
Venator.G iijEs iſt54
Es iſt ein berg bey vns / vom Neckar nicht ſehr weit / Der heißt der koͤnigſtul / da hatt zue mancher zeit / Von einer eichen her / die ſchildtkrae angek uͤndet Was eben ietzt mein landt (nicht ietzt mein landt) empfindet: Sie hatt vns wol geſagt: jhr ſchaͤffer / ſeht euch fuͤr: Nun milckt man vnſer vieh auff eine ſtunde zwier; Die euter werden ſchlaff.
Buchner.
es bleibet nichts beſtehen In dieſer gantzen welt: muß doch zue ruͤſte gehen / So offr es abendt wirdt / der ſchoͤne himmelsſchildt.
Nuͤßler.
Wo haͤuſer ſindt war feldt: es leufft viel mal ein wildt / Da etwan fuͤr der zeit iſt eine ſtadt geweſen.
Venator.
Das obſt iſt abgerupfft / der reiffe wein geleſen; Die eicheln fallen ſeibſt; die zarten bircken hier / Die fichten laßen gehn jhr laub die gruͤne ziehr.
Buchner.
Die blumen werden welck / die weide muß verterben.
Nuͤßler.
Man ſchlacht es oder nicht / ſo muß das vieh doch ſterben.
Venator.
Den leichten voͤgeln wirdt jhr leben gar nicht ſchwer; Sie fiſchen in der lufft geſichert hin vndt her / Vndt koͤnnen ſtets daheim vndt in dem jhren reiſen; Ein quell giebt jhnen tranck / der puſch vndt acker ſpeiſen; Doch mußen ſie dar von.
Buchner.
der rawen kaͤlte zeit Die dringt vns auff den halß
Nuͤßler.Wann55
wann alles uͤberſchneyt Wndt zue gewintert iſt / ſo koͤmpt der fruͤling wieder.
Venator.
Dann hoͤrt man durch die lufft der voͤgel ſchoͤne lieder.
Buchner;
Das vieh verleßt den ſtall.
Nuͤßler.
die weide wirdt derjuͤngt.
Venator.
Die blumen finden ſich.
Buchner.
Cibelens fichte bringt Ein newes laub herfuͤr.
Nuͤßler.
die frome bircke bluͤher.
Venator.
Die eiche ſchlaͤget auß.
Buchner.
der ſuͤße weinſtock ſiehet Sich nach den augen vmb.
Nuͤßler.
der obſtbawm zeucht ſein kleidt Die blaͤtter wieder an.
Venator.
das ſtadtvolck iſt erfrewt.
Buchner.
Das dorff geht auff das feldt.
Nuͤßler.
ſo laßt vns dem vertrawen Der doiff / ſtadt / obſt vndt wein / der baͤwme / feldt vndt awen / Der vieh vndt vogel hegt; ſein werther ſonnenſchein Wirdt nach der ſtrengen lufft vns deſto lieber ſein.
56

Diß hirtengetichte ermunterte mich / nicht gar leer auß zue gehen: damit ich aber nicht auß meiner alten gewohnheit ſchritte / fieng ich alſo an zue ſingen:

Meine Frewde die mich bindet Iſt der liſt vndt kraͤuter frey: Zwar ſie hatt mich angezuͤndet / Doch ohn alle Zauberey: Daß mein ſinn ſich jhr ergiebt / Koͤmpt daher weil ſie mich liebt.
Dieſe Circe hatt beyſammen Ihrer augen plitz vndt glantz / Des geſichtes helle flammen Das mir meines nicht leßt gantz; Ihre woͤrter die ſie weiß Nemen aller kunſt den preiß.
Ihre ziehr darff nichts begehren Was man ſonſt zue huͤlffe rufft / Darff den monden nicht beſchweren / Rhat nicht ſuchen bey der lufft: Lufft vndt monden darff nicht ſein / Wo ſchon iſt jhr tageſchein.
Welchem nicht zue hertzen ſteigen Dieſer wangen milch vndt blut / Dieſes reden / dieſes ſchweigen / Dieſe jugendt / dieſer muth Der mir meinen muth zerbricht / Den bekehrt kein Zaubern nicht.

Hiernach ſtunden wir auff / vndt wanderten allgemach durch die gefilde vndt wieſen dißeits vndt nach mitternacht zue / wo wir erſtlich hieſiger orte einander angetroffen. Im herunter ſteigen ſahen wir zwilchen den felſen vndt huͤgeln drey tieffe thaͤler / darin -nen57nen der ſchnee / welcher niemals ab zue gehen pflegt / vns dermaſ - ſen in die augen glaͤntzte / daß wir gleichſam darvon geblendet wur - den. Wir gerhieten auch an einem heckichten vndt wuͤſten orte zue einein ſee / deßen ſchwartzes vndt finſteres waßer / darinnen weder fiſch noch gefluͤgel geſpuͤret wardt / vns faſt ein grauſen ver - urſachte. Kurtz darauff giengen wir durch ein luſtiges puͤſchlein / deßen gelegenheit / wegen der naͤhe noch eines andern kleineren ſees / der gruͤnen baͤwme / berg ab rauſchenden baͤche / vndt ſon - derlichen anmutigkeit eine herbrige der Waldtnimfen / eine rhue der hirten / eine gelehrte entweichung der Poeten / ein ſpatzierplatz der liebhabenden gemuͤter zue ſein ſchiene: wie wir dann an den ſtaͤmmen der hohen baͤwme vnterſchiedene gedancken vndt tichtun - gen ſinnreicher geiſter eingeſchnitten funden. Wir kundten vns mitt leſen kaum ſaͤttigen / vndt zwar ſchiene ſich nichts beßer zue reimen als die vngereimte folgende

Sechſtine.
Wo iſt mein auffenthalt / mein troſt vndt ſchoͤnes liecht? Der truͤbe winter koͤmpt / die nacht verkuͤrtzt den tag: Ich irre gantz betruͤbt vmb dieſen oͤden waldt: Doch were gleich ietzt lentz / vndt tag ohn alle nacht / Vndt hett ich fuͤr den waldt die luſt der gantzen welt / Was iſt welt tag vndt lentz / wo nicht iſt meine ziehr?
Ein ſchoͤnes friſches quell giebt blumen jhre ziehr / Dem ſtarcken adler iſt nichts liebers als das liecht / Die ſuͤße nachtigal ſingt froͤlich auff den tag / Die lerche ſucher korn / die ringeltaube waldt / Der reiger einen teich / die eule truͤbe nacht; Mein Lieb / ich ſuche dich fuͤr allem auff der welt.
So lange biſt du mir das liebſte von der welt / So lange Pales hegt der gruͤnen weide ziehr /HSo58So lange Cucifer entdeckt das klare liecht / So lange Tuans glantz beſcheint den hellen tag / So lange Bacchus liebt den wein / vndt Pan den waldt / So lange Cynthia vns leuchtet bey der nacht.
Die ſchnelle hindinn ſucht den hirſchen in der nacht / Was ſchwimmt / vndt geht / vndt kreucht liebt durch die gantze welt / Die grimme woͤlffinn ſchaͤtzt den wolff fuͤr jhre ziehr / Die ſternen leihen vns zum lieben ſelbſt jhr liecht; Ich aber gehe nun allhier ſchon manchen tag / O Schweſter / ohne dich durch herge / wildt vndt waldt.
Was iſt wo du nicht biſt? ſo viel der kuͤhle waldt Ein ſandtfeldt uͤbettrifft / der morgen fuͤr der nacht Vns angenemer iſt / der mahler dieſer welt Der lentz fuͤr winterlufft / ſo viel iſt deine ziehr / Die ſchoͤnheit / dieſe luſt mir lieber / o mein liecht / Als das ſo weit vndt breit beſtralt wirdt durch den tag.
Der troſt erquickt mich doch es komme faſt der tag Da ich nicht werde mehr bewohnen berg vndt waldt / Da deine gegenwart / vndt die gewuͤndtſchte nacht Der trew noch lohnen ſoll: in deßen wirdt die welt Vergeßen jhrer ſelbſt / eh als ich deiner ziehr / Mein hoͤchſter auffenthalt / mein troſt vndt ſchoͤnes liecht.
Laß wachſen / edler waldt / mitt dir mein trewes liecht / Die liebſte von der welt; es ſchade deiner zieht / O bawm / kein heißer tag / vndt keine kalte nacht.

Sie andern drey lobten das

Sonnet uͤber die augen der Aſtree.
Diß ſindt die augen: was? die goͤtter; ſie gewinnen Der helden krafft vndt muth mitt jhrer ſchoͤnheit macht: Nicht goͤtter; himmel mehr; dann jhrer farbe pracht Iſt himmelblaw / jhr lauff iſt uͤber menſchen ſinnen:
Nicht59
Nicht himmel; ſonnen ſelbſt / die alſo blenden koͤnnen Daß wir vmb mittagszeit nur ſehen lauter nacht: Nicht ſonnen; ſondern plitz / der ſchnell vndt vnbedacht Herab ſchlegt wann es ie zue donnern wil beginnen.
Doch keines: goͤtter nicht / die boͤſes nie begehen; Nicht himmel / dann der lauff des himmels wancker nicht; Nicht ſonnen / dann es iſt nur einet Sonne liecht;
Plitz auch nicht / weil kein plitz ſo lange kan beſtehen: Zedennoch ſiehet ſie des volckes blinder wahn Fuͤr himmel / ſonnen / plitz vndt goͤtter ſelber an.

Die vnterſchrifft war: Der vnwuͤrdig Gekroͤnte zue ehren dem Nutzbaren. Daher wir abnemen kundten / daß es auff perſonen auß dem edelen mittel der vnſterblichen Fruchtbringenden Geſell - ſchafft gemeinet were. Ob wir nun gleich des kletterns vndt ſtei - gens halben faſt muͤde waren / ſchaͤtzten wir doch den gang von die - ſer luſt wol bezahlt zue ſein; namen vns aber fuͤr / nunmehr ohn vmbſchweiff gerichts ein zue gehen / vndt den tag mitt beſichtigung des warmen brunnens / deßen vrſprung vns von der holdtſeligen Hercinie erzehlt wurden / zue beſchließen. Vnter weges hielten wir allerhandt geſpreche / von der miltreichen verſehung vndt guͤte Gottes / deßen gnaͤdigſte außtheilung ein landt mitt dieſer / das andere mitt jener eigenſchafft vndt guͤte begabet hatt.

Hier waͤchſet gerne korn / da obſt / vndt dorte wein /
Sabéa ſchickt geruch / der Inde helffenbein;

ſagte Nuͤßler. Sonderlich / fleng Buchner an / hatt ſich die magdt des Hoͤchſten / die guͤtige natur / an der ſee / den fluͤßen vnd quellen außgelaßen / vndt ihr beſtes meiſterſtuͤck erwieſen. Das meer iſt ein ſtetswehrender gefaͤhrte des Mondens / waͤchſt mitt jhm auff / vndt wirdt auch mitt jhm alt: des waßers gaben aber ſindt ſo vielfaͤltig / daß es vom Thales das ſtaͤrckſte element / allerH ijdinge60dinge vrſprung / eine geſeelete welt / die voller geiſter ſey / iſt ge - nennt worden. In Beotien ſollen zwey fluͤße ſein / deren einer al - le ſchaffe ſo darauß trincken ſchwartz / der andere weiß macht. In der ſtadt Garamant ſoll der brunnen Dubris des tages zehen mal eißkalt / vndt des nachts zehen mal ſiedendt heiß ſein. In der La - rinenſiſchen gegendt ſindt zwey brunnen nahe beyſammen / von denen der eine alles in ſich ſchluckt / der andere alles außwirfft. Welcher auß dem Clitoriſchen brunnen trincket / ſoll auch den wein nur nicht riechen koͤnnen. In Teno iſt ein quell / deßen waſ - ſer ſich vnter keinen wein mengen leßt; vndt ich moͤchte leiden / daß alle waͤßer dieſer art weren.

Man ſagt von einem brunnen in vnſerm Deutſchlande / daß wann iemandt eine henne hinein ſteckt die er mitt guetem titul be - kommen / ſo ſollen jhr die federn ſtracks gebruͤhet werden vndt ab - gehen; hatt er ſie aber geſtolen / ſo bleibe ſie wie ſie zuevor gewe - len. Vnſere reiſeleute auß Italien wißen von den zweyen brun - nen zue ſagen / in deren einem ein hundt ſtracks ſterben / in dem an - dern baldt wiederumb lebendig werden ſoll. In Schottlandt ſoll ſich ein waßer in ſtein verwandeln. Das habe ich / fieng ich an / im Zips an etlichen brunnen mitt meinen augen geſehen. Doch iſt mir noch ſeltzamer fuͤrkommen die pfuͤtze oder das ſee bey Thor - da in Siebenbuͤrgen / welches / ob es zwar von vnglaublicher tief - fe iſt / dennoch keinen menſchen vnterſincken leßt / er kan ſchwim - men oder nicht.

Dieſes ſindt kunſtwaͤßer / ſagte Nuͤßler / derer eigenſchafften auch jhrer natuͤrlichen vrſachen ſonder zweiffel nicht mangeln / wiewol ſie bey einem leichter zue ergruͤnden ſindt als bey dem an - dern; aber dennoch kommen ſie der fabel des elendes dem menſchen alſo nicht zue ſtaten wie andere / denen die Goͤttinn Higia vndt dieheil -61heilſamen Nimfen eine ſolche krafft vndt art eingepflantzet / wel - che nutzbarkeit vndt fromen bringt. Auß denen auch iſt das liebli - che augenquell bey Cicerons Mayerguete ſo Academie geheißen / darvon ſein frey gelaßener Laurea Tullius faſt deßen innhalts ge - ſchrieben:

Du Hochberedter mann / dem Rom muß ſchuldig ſein
Die freyheit / vndt ſich ſelbſt / vndt alle ſein Latein /
Der waldt hier der durch dich in newen baw iſt kommen /
Diß Vorwerg wo du dir zue ſchreiben fuͤrgenommen /
Zue ſuchen deine rhue / iſt ſchoner als zuevor:
Vndt diß noch nicht genung; es ſpringt ein quell empor /
Ein newes wunderquell / das vnter andern ſachen
Ein bloͤdes angeſicht kan klar vndt lauter machen.
Der ort / o Cicero / thut dieſes alles dir /
Der edle brunnen quillet nur wegen dein herfuͤr:
Dann weil man weit vndt breit dich leſen wirdt auff erden /
So muß das waßer auch der augen artzney werden.

Zur Schmelnitz / fieng ich an / etzliche meilen von Caſchaw wirdt das eiſen durch ein quell inner halb wenig ſtunden in ſchlich / vndt dieſer in kupffer verwandelt. Aber wir haben faſt gewonnen; redte ich weiter. Schawet das feſte ſchloß zur rechten handt auff dem hohen berge iſt vorgemeldeter Kinaſt; dort hinein zur lincken liegt die Kemnitz / welche Ihr Gn. Herr Obriſter Schaffgotſch mitt einem herrlichen hauſe vndt luſtigen gebaͤwden nicht wenig geziehret hatt. Gleich fuͤr vns iſt der Warme brunnen / den wir vns zue beſuchen fuͤrgenommen. Ihr koͤnnet auß der luſtigen ge - legenheit des ortes / wo nicht ferren ſo fruchtbare berge vndt huͤ - gel ringes herumb / da zue nechſt der Zacken / hier die gruͤnen wie - ſen ſich anmutig zeigen / leichtlich abſehen / daß die natur diß heil - ſame waßer in ſo ein koͤſtliches landt / als einen fuͤrnemen ſtein inH iijeinen62einen guͤldenen ring / habe verſetzen wollen. Von ſeiner art vndt eigenſchafft laße ich die jenigen reden / denen der geneigte Phebus die geſchickligkeit ſolcher dinge verliehen hatt: es komme auch gleich dieſe waͤrme entweder von einem verborgenen kalckſteine / oder von dem durchdringenden zwange der winde / oder von beſtralung der Sonnen vndt des geſtirnes / oder von der ſchnellen fortſchieſ - ſung vndt gaͤhem abfall / oder von dem heimlichen fewer des erdt - reichs daruͤber das waßer lauffen muß / oder von andern vrſachen her; ſo geben doch die kraͤfftigen vndt heilſamen wirckungen / daß es der geſundtheit des menſchen (welcher wegen auch ſo viel blu - men vndt kraͤuter wachſen mußen / da wir jhr doch mitt einem ei - nigen gewaͤchſe am meiſten ſchaden) fuͤrnemlich zum beſten ge - ſchehe. Taug diß waßer wol zue trincken / ſagte Venator. Des erdtbeches / ſaltzes vndt ſchwefels halben den es fuͤhret / iſt der ge - ſchmack etwas wiederwertig / gab ich zur antwort / auch den au - gen nicht allermaßen dienſtlich. Die jenigen aber / welche ſich et - wan an vnreinen weibesbildern verbrennt haben / wil es gar nicht leiden: vndt melancholiſchen oder choleriſchen leuten bringt es mehr ſchaden als fromen.

Du biſt / fieng Buchner zue mir an / dieſer orten nicht vnbe - kandt. Freylich nicht / ſagte ich; ich habe mich vor etzlichen jharen bey einer hochanſehlichen geſellſchafft zwey monat vber allhier zimlich wol befunden / vndt nicht allein das leben des ſtattlichen krieges heldens Seyfriedens von Promnitz / darvon Venator ein vrtheil zue fellen pfleget deßen meine wißenſchafft nicht wuͤrdig iſt / ſondern auch vnterſchiedene getichte / mehrentheils aber in dem waͤldichinn an dem vfer dortoben / das nechſt dem ſiege iſt / auffge - ſetzt: daß ich alſo erfahren / wie auch vnſere Muſen bey den zarten Najaden nicht vnangenem ſindt.

Vnter63

Vnter wehrendem geſpreche kamen wir durch daß dorff an den brunnen von dem wir reden; betrachteten die newe art des bawes / der ſeiner runde vndt anderer weiſe halben einem heidn i - ſchen tempel nicht vngleich ſahe / inwendig aber mitt gemaͤchern vndt ſtuben alſo eingetheilet war / daß jhrer mehr zue ſein ſchienen / weder faſt der raum des ortes ſolte leiden koͤnnen. Mitten innen nun war das berhuͤmbte quell ſelbſt / daß im auffſchießen viel kleine blaſen empor warff / an der farbe aber helle / durchſcheinendt vndt auff art eines weißen ſaffirs etwas blaͤwlicht an zue ſchawen war. Nach dem wir vns nun genungſam erſehen / vndt an dem wunder - wercke der natur augen vndt gemuͤte geſaͤttigt hatten / ehreten wir des gluͤckſeligen quelles halben die einheimiſchen Nimfen vnde waßergoͤttinnen dieſes ortes / des ſchoͤnen bawes wegen aber den Hochwolgebornen vndt werthen Helden Hanſen Vlrichen von Schaffgotſch; zue deßen billichem lobe wir folgenden innhalts ta - feln an die eußere wandt des edelen bawes auff zue hencken / bey vn - ſerem abſchiede / welchen die nunmehr anbrechende Nacht verur - ſachte / ſaͤmptlich gelobeten.

I. Nuͤßler.
Hier wo das klare quell mitt einfalt war vmbringet / Das ſeiner adern krafft in vnſern adern regt / Vndt beydes ſinnen troſt vndt leibes wolfarth hegt / Hier wo jhr Naja des in ſchlechter einfalt gienget /
Vndt ewren jaͤgerzeug an faule waͤnde hienget / Iſt worden vmb euch her ein newer grundt gelegt / Der jetzt das edle hauß zue ewren ehren tregt / Vndt der Natur auch ſelbſt nicht wenig ſchoͤnheit bringet.
Diß64
Diß hatt der heldt gethan dem dieſes ort gehoͤret / Der ſeinen namen zwar mitt großen thaten mehret / Doch gleichwol wirdt von jhm nicht minder auff die noth
Vndt luſt der lebens zeit durch dieſes werck geſchawet. Fragt jhr / warumb er es nach tempelsart gebawet? [E]r meint goſundtheit ſey der ſiechen leute Gott.
II. An Ihr Fuͤrſtliche Gnaden / Ihr Gn. Gemahlinn. Buchner.
Solt ich das große lob / den Koͤniglichen ſchein /
Die thaten vndt verdienſt / ſo von dem werthen ſtande /
Der dich erzeuget hatt / durch alle ferne lande
Am liechten tage ſindt / recht preiſen koͤnnen? nein;
Mir ſey die fauſt dann ſtahl / die feder demantſtein /
Die tinte hergeholt von dem gelehrten ſtrande
Der beym Parnaß entſpringt: mein ſchiff bleibt an dem rande /
Vndt leßt ſich kuͤhnlich nicht in ſolche wellen ein.
Wann einer ferner auch die ſitten / den verſtandt /
Die tugendt ſo du haſt / der edlen gaben pfandt
Die dir der himmel ſchenckt / der gantzen welt wil zeigen /
Muß hoͤher gehn als ich / wiewol Apollo mir
Mitt milden handen reicht die leyer meine ziehr /
Muß / heldinn / uͤberauß wol ſingen oder ſchweigen.
III. Venator.
Ihr Schweſtern / derer geiſt auff vns Poeten ſchwebet /
Anietzt begehr ich nicht zue ewrem Helicon;
Ihr65
Ihr Waßernimfen kompt / ſucht einen ſuͤßen thon /
Damit jhr deßen rhum der euch auch ziehrt erhebet.
Ihm dancket daß jhr ietzt das quell noch ſchoͤner gebet /
Seht jung auß wie jhr ſeidt / beſitzet einen thron
Der ſcha wens wuͤrdig iſt / da Venus vndt jhr Sohn /
Vndt alle Gratien / vndt rhue / vndt frewde lebet.
Du heldt / dem dieſes Badt von alters zuegehoͤrt /
Du haſt jhm ſeine ziehr durch deinen baw vermehrt /
Drumb hebt ein weiſer ſinn dich billich hoch auff erden.
Nach dem durch dein verdienſt / durch thaten / durch verſtandt /
Dein ſchuldner worden iſt das gantze Vaterlandt /
So muß das waßer auch von dir begabet werden.
IIII. Opitz.
Auff jhr klugen Pierinnen / Laßet vns ein liedt beginnen Einem Helden der euch liebt / Der bey ſeinen ſchoͤnen fluͤßen / Welche ſich herumb ergießen / Vns auch eine ſtelle giebt.
Weiß er gleich mitt ritterſachen Ihm ein ſolches lob zue machen Das der alten namen gleicht / So erkennt er doch daß thaten In die lange nacht gerhaten / Wann jhr nicht die haͤnde reicht.
Keine heereskrafft kan ſtreiten Wieder die gewalt der zeiten;JDas66Das metall vndt eiſen bricht; Kron vndt Zepter legt ſich nieder; Aber ewre ſchoͤne lieder Wißen von dem tode nicht.
Herr / wo ſindt die ſtrengen kriege Deiner Ahnen? jhre ſiege / Ihr verdienſt liegt vnbeklagt. Was ſchon bleibet vnbeſungen Von der ſchweſtern weiſer zungen / Wirdt nicht lange nachgeſagt.
Vnſer Phebus muß es bringen / Vndt mitt gruͤner jugendt dringen Durch der eitelkeiten wahn / Phebus der mich angetrieben Daß ich diß von dir geſchrieben Was des grabes lachen kan.
Deine bluͤte / deine wercke / Dieſe ritterliche ſtaͤrcke Fuͤhlet endtlich doch die zeit: Komm / Heldt / friſte dir das leben / Komm / Thalia wirdt dir geben Einen krantz der ewigkeit.

Gedruckt in der Fuͤrſt - lichen Stadt Brieg / durch Auguſtinum Gruͤndern. A. C. 1630.

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About this transcription

TextSchäfferey Von der Nimfen Hercinie
Author Martin Opitz
Extent72 images; 16636 tokens; 4414 types; 112242 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationSchäfferey Von der Nimfen Hercinie Martin Opitz. . 66 S., [1] Bl. MüllerGründerBreslauBrieg1630.

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HAB Wolfenbüttel HAB Wolfenbüttel, A: 50.13 Poet. (9)Dig: http://diglib.hab.de/drucke/50-13-poet-9/start.htm

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Fraktur

LanguageGerman
ClassificationBelletristik; Schäferdichtung; Belletristik; Lyrik; core; ready; china

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ImprintBerlin 2019-12-09T17:33:38Z
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ShelfmarkHAB Wolfenbüttel, A: 50.13 Poet. (9)
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