HOchwolgeborner Herr / Gnaͤdiger Herr vndt Obriſter; Die Deutſche ſprache / von welcher etzliche jhare her hoffnung geweſen / daß ſie / ſonderlich durch vermittelung Poͤe - tiſcher ſchrifften / des eingemengten weſens der außlaͤnder ehiſt moͤchte befreyet / vnd in jhre alte ziehr vnd reinigkeit wiederumb eingeſetzt werden / hatt zu jhrem vngluͤcke gleich eine ſolche zeit an - getroffen / da nicht die gewalt der waffen / die auff landt vndt leute vndt nicht auff beſtreitung der wißenſchafft angeſehen / ſondern die menſchen aller tugendt dermaßen gehaͤßig ſindt / daß guete gemuͤ - ter / ſo hierbey das jhrige zue thun ſich vnterwunden / nichts anders als einen theils verachtung / andern theils mißgunſt darvon getra - gen haben Dieſem ſchreibet man zu tunckel / jenem gar zue deutſch: welche bedencken moͤchten / daß der / den die warheit in die augen ſticht / ſeynes wandels vnd lebens wegen jhm nicht muße wol be - wußt ſein; die andern aber / ſich nicht vber die vnverſtaͤndtligkeit derer die ſchreiben / ſondern vber den vnverſtandt beklagen ſolten / daß ſie nichts gelernet haben. Mitt denen / welche fůr geben / manA ijkoͤnne4koͤnne gleichwol der frembden woͤrter / bey hofe vndt anderer gele - genheit / in ſatzſchrifften / vnterredungen vndt auffwarten / uͤbel ent - beren / wil ich es faſt darumb halten / daß ſich zue beſorgen / ſolte man die Welſchen vndt Frantzoͤſiſchen ſachen alle außmuſtern / ſo wuͤrden beydes jhre hochgefaͤhrliche reiſen zue lande vndt ſee / die zue erlernung der ſprachen fuͤrnemlich gerichtet geweſen / den groͤſ - ſeſten theil jhres nutzens nicht erlangen / vndt dann jhr anſehen / daß nemlich auff einwerffung ſolcher hoͤffligkeiten nicht wenig be - ruhet / vmb ein merckliches geſchmaͤlert werden.
Etzliche vernichten die Poeterey gar miteinander: die als leute von keiner vernunfft / auch keiner antwort wuͤrdig ſindt. Etzliche / vndt dieſe die kluͤgeſten / geſtehen zwar / daß hierdurch die ſprache mercklich verbeßert / die beredtſamkeit in ſchwang gebracht / vndt viel guetes herfuͤr geſucht werde ſagen aber / es geſchehe doch nicht ohn verletzung der alten einfalt / vndt deutſchen fromen ſitten: weil in dieſer art buͤchern gleichwol nicht wenig zue finden ſey / daß aͤrgerniß zue vermeiden wol koͤndte nachbleiben. Wie nun frey - lich zue wuͤndtſchen were / daß edele gemůter jhre ſtattliche beſchaf - fenheiten lieber an ſonſt etwas / als eine vndt andere außſchrei - tung verwenden vndt anlegen wolten ſo mußen wir doch auch ge - ſtehen / daß eben in ſolchen weltlichen ſchrifften (der heiligen lobge - ſaͤnge / der buͤcher von Kriegesthaten vndt friedenskuͤnſten / der gluͤckwůndtſchungen / der troſtgetichte / der naturbeſchreibungen / vndt was dergleichen iſt / zue geſchweigen) viel herrliche exempel / lehren vndt vnterweiſungen herfuͤr leuchten / vmb derer willen man wol ein auge zuedrucken / vndt einen ſolchen dornſtrauch / an - geſehen daß er viel liebliche roſen tregt / vnaußgerottet laßen kan. Dieſes buch / Gnaͤdiger Herr / wie es dem erſten anſehen nach auch mitt einer vberbleibung der jugendt bekleidet zue ſein ſcheinet; alſowirdt5wirdt es in der that viel ein anders erweiſen / wann es jhm zuevor durch erwehnung einer liebe / die ich fuͤglicher mir / wiewol ſie mir niemals in den ſinn iſt kommen / als einem andern antichten wol - len / die liebe des leſers (weil man ie heutiges tages der eitelkeit ſo gern augen vndt hertze goͤnnet) wirdt erbuhlet haben. Der jnnhalt beruhet kuͤrtzlich darauff: Es befinden ſich bey anbrechen der mor - genroͤthe drey gelehrte Poeten / von denen der eine dem Hochfuͤrſt - lichen Hauſe Lignitz vndt Briegk nicht weniger als ich verbunden / vndt E. Gn. wol bekandt iſt / nebenſt mir / der ich mehr den namen als das verdienſt habe / vmb die luſtigen berge / waͤlder vndt wieſen ſo E. Gn. gehoͤrig ſindt / reden vnter geſtalt der hirten (wie vorzei - ten Theocritus / Virgilius / Nemeſianus / Calpurnius / heutiges tages Sannazar / Balthaſar Caſtilion / Laurentz Gambara / Rit - ter Sidney / Der von Vrfe vndt andere / gethan haben) von tu - gendt / von reiſen vndt dergleichen ſo lange / biß ſie vnter dem Rie - ſengefilde vndt Flintzberge an der luſtigen bach des Zackens auff die werthe Nimfe Hercinie treffen / welche jhnen in den hoͤlen vnd kluͤfften der erden die vrſpruͤnge der fluͤße hieſiger gegendt / jhre vndt jhrer ſchweſtern gemaͤcher vndt luſtige grotten hoͤfflich zeiget / fuͤr allen dingen aber E. Gn. vndt derſelbten hochrhuͤmlichen Vor - fahren thaten vndt gedaͤchtniß entwirfft vnd zeiget. Hierauff ſie nach enturlaubung ſich ſelbiger orten weiter vmbſehen / vndt nechſt anderem verlauffe / auch betrachtung des Warmen Brunnens / welchen E. Gn. newlicher zeit durch jhren artlichen baw noch an - genemer gemacht hatt / mitt dem tage vndt abſchiede der Sonnen jhre vnterredung beſchließen. Wie ich die erfindung an ſeinem ort / vndt dem vrtheile des Leſers anheimgeſtellet ſein laße; alſo wirdt ſie doch zum wenigſten anderen / denen beßere gaben vndt mehr zeit als mir verlihen ſindt / hoffentlich anlaß reichē / vnſere ſprache /A iijdarinnen6darinnen ſich vormals keiner dergleichen zue erdencken / bemuͤhet hatt / auch mit dieſer nicht weniger nutzbaren als luſtigen art ſchrif - ten mehr vndt mehr zue bereichern E. Gn. belangendt / Gnaͤdiger Herr / halte ich mich wol verſichert / wie von Deroſelbten eine ge - raume zeit her ich allen gnaͤdigen willen vndt wolmeinen geſpuͤret; alſo werde E. Gn. auch meiner Hereinien vorwitze verzeihen / vndt hieſige Schrifft / ſo zue E Gn. wolverdientem lobe vndt vnſterb - ligkeit angeſehen iſt / Ihrer gnaͤdigen augen wuͤrdigen / ſolche auch zum wenigſten ein geringes pfandt vndt anzeigung ſein laßen / daß / Gnaͤdiger Herr / ich jederzeit ſey vndt verbleibe
E. Gn.
Mar -gehorſamber Diener Martin Opitz.
ES lieget dißeits dem Sudetiſchen gefilde / wel - ches Boͤhaimb von Schleſien trennet / vnter dem anmuti - gen Rieſenberge ein thal / deßen weitſchweiffiger vmbkreiß einem halben zirckel gleichet / vndt mitt vielen hohen warten / ſchoͤnen baͤchen / doͤrffern / maierhoͤfen vndt ſchaͤffereyen erfuͤllet iſt. Du koͤndteſt es einen wohnplatz aller frewden / eine froͤliche einſamkeit / ein luſthauß der Nimfen vndt Feldtgoͤtter / ein meiſterſtuͤcke der Natur nennen. Daſelbſt befandt ich mich / nach dem ich die zeit zue vertreiben / vndt meinen gedancken deſto freyer nach zue hen - gen / vor zweyen tagen von einem andern orte / welcher eben mitt dieſem gebirge graͤntzet / vndt des außgeſtandenen vbels wegen bey jtzo ſchwebenden jaͤmmerlichen kriegen / nicht vnbekandt iſt / entwiechen war.
Mitt einem worte: Es war zue ende des Weinmonats / als die hir - ten im felde ein fewer zue machen / vndt der ackersmann / welcher nun vber winter außgeſeet / ſeinen rock herfuͤr zue ſuchen begundte. Ich war vorige nacht auß muͤdigkeit beydes von ſorgen vndt dem wege ſo harte entſchlaffen / daß ich nicht erwachte / biß die muter der geſtirne die Nacht verruckt war / vndt die ſchoͤne Morgenroͤthe anfieng ſich vndt zuegleich alles mitt jhr zue zeigen.
Vndt kanſt du dennoch / fieng ich wieder mich ſelbſt an / der -maßen8maßen auff guetes vertrawen ruhen / nach dem du zu gehorſamben dem jenigen / dem du freylich das beſte theil deiner wolfarth zue - dancken haſt / der dich ſingen leßt was du wilt / von derſelbten ge - wiechen biſt / ohn welche dich keine froͤligkeit ergetzte / vndt mitt welcher dich kein vnfall betruͤbete? Oder / ſchlaͤffeſt du darumb / da - mit ſie dir / weil du jhrer gegenwart nicht genießen kanſt / zum min - ſten durch die wolthaten eines trawmes koͤnne gezeiget werden? Vnter dieſer rede ſprang ich auff / vnd gruͤßete die lieblichen ſtra - len der Sonnen / welche von den ſpitzen der berge herab blincketen / vndt mich gleichſam zue troͤſten ſchienen; woruͤber ich dann in mei - nung mir ſelber ein hertze zue machen / auff dieſe worte gerhiete:
Aber / ſagte ich weiter / was beſchuldige ich mein Verhengniß? fliehe ich nicht auß eigener wahl fuͤr jhr / vndt fuͤr mir ſelbſt? Wo - ferren du mir meine augen / ſo durch die deinigen geraubet ſindt / wiedergiebeſt / verhoffe ich / mein Liecht / dich zue ſehen / ehe noch das auge der welt die Sonne in das herzueruͤckende jhar ſe -hen wirdt.9hen wirdt. Was fuͤr ein Verhengniß aber wil ich kurtz hernach an - klagen? was fuͤr eine huͤlle werde ich finden / zue bedeckung deßen verbrechens / daß ich mein Vaterlandt mitt ſo weit entlegenen Provinzen vertauſchen / die meinigen ſampt dem groͤßeren theile meines hertzens hinter laßen / vndt mich in ein freywilliges elendt verjagen wil? Es iſt eine boͤſe gewohnheit / das wir menſchen ge - meiniglich auff das gluͤck ſchelten / welches wir vns doch auff dem eigenen amboß vnſerer boßheit geſchmiedet haben: oder wollen die zeitfuͤr gerichte laden / die / wann ſie ie was boͤſes begehen kan / nichts aͤrgers thut / alß daß ſie ſich vns ſo reichlich vndt milte ver - leihet. Armer ſchaͤffer! Wilt du lieben / warumb bleibſt du nicht wo du wirſt geliebet? Oder gedenckeſt du der liebe zue entfliehen / ſo entfleuch erſtlich deiner eigenen perſon / vndt laß das gemuͤte zue lieben daheimbe; wo du anders nicht einen krancken mitt dir fuͤh - ren / vndt ſeine ſiecheit durch die bewegung mehr erwecken wilt. Soll dir ie die freyheit / welche dir von kindtheit an gefallen / zue theile werden / ſo ſey nicht allein anderswo / ſondern auch anders / vndt ſegele mitt gebundenen augen vndt verſtopfften ohren zue der gedult dem hafen des kummers / welche dich ſampt jhrer muter der zeit in gewuͤndtſchte ſicherheit ſetzen kan.
Mitt ſolchen vndt dergleichen gedancken ſchlug ich mich eine lange weile / biß ich in dem hin vndt wieder gehen nahe bey einem klaren quelle / das mitt anmutigem rauſchen vndt murmeln von einer klippen herab fiel / zue einer glatten vndt hohen tannen kam / die mir dann bequem zue ſein ſchiene / ein gedaͤchtnuͤß meiner ſor - gen zue verwahren. Schnitte ich alſo auff jhre rinde nachfol - gendts
Ich ſchnitzte noch uͤber dem letzten worte / als mir ein lieblich - es gethoͤne vnterſchiedener querpfeiffen vndt wolklingender muſic zue ohren kam. Wiewol ich mich nun beſorgete / daß durch ſolche ankunfft anderer mir meine einſamkeit / bey der ich mir jetziger be - ſchaffenheit nach nicht ließ uͤbel ſein / moͤchte abgeſtrickt werden: ſo zwang mich doch die begiehr die jenigen zue erkennen / welche der ſchoͤnen einſtimmung wegen entweder der Muſen ſoͤhne / oder auch die Muſen ſelbſt zue ſein ſchienen / daß ich jhrer / weil ſie ſon - derlich gerichts auff mich zue giengen / erwartete. Wie ein ploͤtz - liehes vndt großes liecht die augen fuͤr ſeinem ſchimmern nicht ſe - hen leßt / alſo blendete vndt verwirrete mir die vnverhoffte doch ge - wuͤndtſchte gegenwart der berhuͤmbten hirten / vndt meiner vor dieſem liebſten mitgeſellen / Nuͤßlers / Buchners vndt Venators / hertze vndt ſinnen. Seidt jhr es / ſagte ich; oder muß auch ewer ſchaten mein faſterliegendes gemuͤte auff zue richten an dieſen ort kommen / dahin ich nicht allein von allen menſchen / ſondernauch11auch von allen geſchaͤfften entwiechen bin? Ja / wir ſindt es / hub Venator an / vndt ich fůr meine perſon / habe endtlich zue wercke gerichtet / was ich dir laͤngſt gedrewet; auch vnſerem Buchner / wie - wol er kuͤmmerlich einen gefunden / dem er ſeine herde indeßen ver - trawen koͤnnen / dennoch anlaß gegeben / dich vndt deinen Nuͤßler / der ſich dir zue gefallen auch mitt vns hieherwerts erhaben hatt heim zue ſuchen.
Hieruͤber empfingen wir einander ſaͤmptlich. Vndt du Bru - der / fieng ich wieder Buchnern an / biſt mir ein angenemer gaſt in dieſen orten. Ich zweiffele nicht / ſagte er; aber du mir ein fluͤchti - ger wirth. Jetzt habe ich erfahren / daß der jenige niergendt ſey / der allenthalben iſt. Es hatt ſeinen ort / ſagte Nuͤßler / daß du dem / der es ſo gnaͤdig mitt dir meinet / folge zue leiſten / von den gruͤnen wie - ſen vndt fruchtbaren feldern vnſerer Hauptſtadt dahin gewiechen biſt / wo wir dich ehegeſtern geſucht / vndt von dannen wir der trifft nach hieherwerts gegangen ſindt. Welche notwendigkeit aber le - get dir auff / die zeit dermaßen abſonderlich zue verſchließen / vndt in ſolcher einſamkeit herumb zue wandern? Du weißeſt wol / gab ich zur antwort / daß ein menſch der gedancken hatt / niemals we - niger allein iſt / als wann er allein iſt. Vnd was ſindt es fuͤr gedan - cken? ſprach Venator: ſolten ſie wol an jener tannen ſtehen? (dann ſie hatten mir von ferren zuegeſehen.) Wie gern ich ſie auff was anders leiten wollen / traten ſie dennoch hinan / vndt laſen. Zwey wiederwertige dinge / ſagte eben er Venator; lieben / vndt reiſen. Ich habe freylich gehoͤret / daß du deinem Vaterlande auff etzliche monat guete nacht geben / vndt in dem koͤnigreiche darauß ich new - lich abgereiſet bin / die ziehr der ſtaͤdte / die ſchule der leutſeligkeit / die muter der gueten ſitten auff der inſel der Seyne begruͤßen wilt. Es wirdt dich aber der ſtrenge dienſt / in dem du dich befindeſt /B ijnicht12nicht weit kommen laßen. Der jenige gab ich zur antwort / dem ich getre wlich auff zue warten verbunden bin / iſt ſo gar mitt mir zue frieden / daß er mir nicht allein dieſen ſpatzierweg zue erlauben / ſon - dern auch allen gnaͤdigen vorſchub zu thun auß gewoͤhnlicher leut - ſeligkeit vndt liebe gegen mir verheißen hatt. Hieran iſt kein zweif - fel / ſagte er; wann ich aber dem bawme gegenuͤber glauben ſoll / ſo ſteckeſt du in einer ſolchen dienſtbarkeit / welche dir dem beduͤncken nach ſo angenem iſt / daß du jhr deine freyheit / wie hoch du ſie / vndt billich von jugendt an gehalten haſt / willig auffopfferſt. Ich lachte / vndt Die warheit zue bekennen / gab ich zur antwort / du koͤmpſt faſt auff die meinung meines nechſten liedes. Ey laß es vns doch auch hoͤren / ſprach er; gefelt vns der innhalt nicht / ſo ergetzen vns doch die worte. Vieleicht auch dieſe ſchwerlich / ſagte ich; dann ſie nicht wenig von der einfalt an ſich haben / welche ſie loben. So iſt es auch jetzundt nicht zeit zue ſingen / weil vns Gott vndt das ge - neigte Glůck erſt zueſammen fůgen. Doch dein weiteres guetach - ten herauß zue locken / ſoll mich die muͤhe nicht rewen. Sang ich derowegen / ſo guet ich es gelernet / folgender maßen:
Der liebe dienſtbar ſein / hub Venator an / heißet die liebe zum herren haben: dann welcher dienet / muß einen herren haben dem er dienet. Iſt jhm nicht alſo? Ja ſagte ich. Ein herr redte er weiter / iſt der jenige / der das was er wil / oder nicht wil / zue thun oder zue laßen macht hatt. Wirdt dich nun die liebe zue halten begehren / die mehr einem tyrannen als einem herren aͤhnlich ſiehet / weil ſie nicht allein den leib / ſondern auch das freye theil des menſchen das gemuͤte zum ſclaven macht / ſo ſchawe du / wie es vmb deinen vor - ſatz ſtehen wirdt. Gehe aber in dich / vndt bedencke / ob du mehr vr - ſache haſt / dieſem vnbarmhertzigen herren zue dienen; oder mehr vermoͤgen / jhn ſelbſt dienſtbar zue machen. Wann die liebe der - gleichen beſchaffenheit an ſich hette / wie wir vns einbilden / vndt nicht vnter jhrem ſcheinbaren glantze ein greifflicher betrug ſteckte /B iijſo koͤn -14ſo koͤndten wir ſie fuͤr einen regenten paßiren laßen; angeſehen / daß ſie uͤber alle furcht vndt notwendigkeit ſitzen / vndt jhre frey - heit vnbeleidigt wißen wil. Sie verwundert ſich uͤber kein reich - thumb / ſie fuͤrchtet keinen koͤnig / ſchewet kein gerichte / vndt pfle - get keinen todt zue fliehen. Sie leßt ſich durch kein fewer / kein waß - ſer / keinen degen / kein thier noch menſchen / keine hoffnung des gluͤckes / noch verluſt der wolfarth von jhrem vorſatze bringen. Was andere meiden das verachtet ſie; vndt was andern ſchwer fuͤrkompt / das macht ſie jhr leichte. Sie ſchwimmet durch die teuf - fe der fluͤße / ſe gelt im vngewitter / vndt klettert uͤber alle berge. Sie hatt alles in jhrer gewalt / vndt macht jhr alle gewalt vnterwuͤrf - fig. Ein herrliches weſen / wann diß alles auß einem muthe der tu - gendt / vndt nicht auß verwegenheit / offtmals auch auß verzweiffe - lung / herrhuͤrete; wann jhre endturſache mitt den vmbſtaͤnden uͤ - berein ſtimmete / ja wann ſie nicht eben die jenige were / daruͤber ſo viel hirtengetichte ſchreyen / welche auff allen ſchawplaͤtzen gezei - get / vndt in allen fabeln verklaget wirdt; voll wuͤtens / voll vnge - dult / voll weinens vndt jammers iſt. Worzue wirdt ſie dann dar - zue verurſacht? Durch die ſchoͤnheit; wirft du ſagen. Wo[l]es iſt natuͤrlich / daß ein menſch ſich an natuͤrlichen ſachen erluſtige Ich zweiffele aber ſehr / ob es mitt einer ſolchen ſchoͤnheit / die von denen welche mitt der rechten Schoͤnheit vnbekandt ſindt dermaßen geprieſen wirdt / nicht eben bewandt ſey wie mitt den Egyptiſchen tempeln vorzeiten; die zwar an ſich ſelber koſt - bar vndt praͤchtig erbawt geweſen: hetteſt du aber einen gott da - rinnen geſucht / ſo wuͤrdeſt du an ſiat ſeiner etwan einen bock / einen affen / oder eine katze gefunden haben. Wilt du ſehen was ſchoͤn - heit iſt / ſo mußt du die augen der vernunfft zue rhate nemen / vndt jhr die vnbaͤndige begiehr der liebe / wie das pferdt dem zaume / den bogen dem ſchuͤtzen / das ſchiff dem ſtewerruder / das werckzeug end -15 lich dem meiſter vnterwuͤrffig machen. Dann wie die vernunfft ohn die liebe vnvollkommen iſt alſo iſt die liebe faſt vnbeſonnen / wann ſie der vernunfft nicht gehorchet. Dieſer gehorſa[me]man iſt nichts anders als der vernunfft vndt liebe vermaͤhlung / die kue - gleich vndt mitteinander hitzig vnd in einem rennen auff die ſchoͤn - heit zue eilen. Welcher nun dieſelbte in dem leibe / in den vmb - ſchweiffenden augen / gebleichten haaren / gemahlten wangen / vndt was dem anhengig iſt / ſuchen wil / der findet eußerlich eine ſchnoͤde vergengligkeit / ein zerbrechliches guet / einen ſtuͤndtlichen raub / einen piltz der zuegleich leuchtet vndt vergehet; inwendig a - ber offtmals wanckelmuth / betrug / vndt wie etwan vnſere Poͤeten am beſten hiervon zue reden wißen. Von denen ich gleichwol ei - nen / doßen name aber nicht verhanden iſt / kaum loben kan / der ein wenig zue ſehr vber die ſchnur haͤwet / vnd gar ſagen darff:
Andere ſprechen:
welche worte ich ſie dann verfechten laße. Wiewol auch eine ſtol - tze abgefuͤhrte Dame / (dann alſo nennen ſievnſere auffwarter) die niergendt ſchoͤner iſt als in jhrem eigenen ſpiegel / offtmals mit gleicher muͤntze bezahlt wirdt / als in welcher kundtſchafft ſich ein - heimbiſche vndt frembde zue ſpielen pflegen / nicht liebe zue ſuchen / welche bey einem vnbeſtendigen weibe nur uͤbel angeleget iſt / ſon - dern ſich mitt jhrem anmutigen geſpreche vndt buhleriſchen ſitten zue erlůſtigen. Dieſe aber wie klug ſie auch iſt / mercket doch nicht /daß jhr16daß jhr ſolche hoͤffligkeit mehr der ergetzung / als liebe wegen er - zeigt werde. Darumb wie ſie durch jhr taͤgliches auffnemen vndt taͤgliches verſtoßen andere ſchertzet / alſo wirdt ſie von andern wie - der geſchertzt. Ein mal iſt es gewiß / daß eine ſolche liebe gemeinig - lich eine arbeit des muͤßigganges / eine hoffnung der vnbedachtſam - keit / vndt darumb eine beherrſcherinn eines knechtiſchen hertzens iſt / weil dieſe fluͤchtige ſchoͤnheit mehrmals mitt ſo vielem auffwar - ten / flehen / weinen vndt fußfallen / dergleichen zue thun ein edeles gemuͤte in reiffes bedencken nimpt / wil bedienet werden. Soll a - ber je die liebe recht antreffen / ſo muß ſie die vernunfft zum gefehr - ten haben / muß den eußerlichen ſinnen / ſonderlich aber den augen / welche als zwey vnachtſame thuͤrhuͤter zum offtern allerhandt fal - ſche meinungen zue dem gemuͤte einlaßen / den muth brechen / vndt durch vrtheil vndt verſtandt von der außwendigen ſchoͤnheit zue der inwendigen / welche durch dieſe angenemer gemacht wirdt / dringen koͤnnen. Wie die blumen ſo an ſich ſelber ſchoͤne ſindt / dennoch anmutiger zue ſein ſcheinen / wann ſie vnter einem klaren waßer herfuͤr leuchten: alſo iſt die bluͤte des gemuͤtes / wann ſie mitt einem ſchoͤnen leibe vmbhuͤllet iſt. So ſoll nun die ſchoͤnheit des leibes nichts anders ſein als ein fůrfechter der bluͤte der tugendt / vndt als ein heroldt einer groͤßeren ſchoͤnheit weder ſie nicht iſt: als wie der glantz / welcher ſich dieſen morgen von hieſigem gefilde blicken ließ / ein vorbote der guͤldenen Sonnen war. Wie ferner Pythagoras die Sonne fuͤr einen gott / Anaxagoras fuͤr einen ſtein anſahe; alſo wirdt die ſchoͤnheit anders von den begierden / anders von der vernunfft angeſehen / welche auch von dieſer jnner - lichen ſchoͤnheit allgemach zue der jenigen ſteigen lernet / die dem was allenthalben iſt ſeine ſchoͤnheit verliehen hatt. Alß dann wie - derfehret vns wie etwan menſchen / welche jhre gantze lebenszeit ineiner17einer finſteren hoͤlen zuegebracht / vndt an ſtat des liechtes nur ei - nen ſchatten der coͤrper vndt dinge die bey vns auff erden ſindt er - kieſet / dieſelbten auch fuͤr die rechten vndt warhafftigen gehalten haben. Dann wie es vermuthlich iſt / wann ſie auß dem tunckelen an das klare lietht kommen ſolten / daß ſie nicht allein alles was ſie zuevor geſehen / ſondern auch ſich ſelbſt als betrogene leute verach - ten wuͤrden: alſo auch vnſere gemůter / wann ſie der vergenglichen ſchoͤnheit entronnen / vndt durch die ſchoͤnheit der tugendt einen weg zue der goͤttlichen gefunden haben / ſo fangen ſie jhren eitelen wahn vndt vorige thorheit von hertzen an zue verdammen. Wie nun ein menſch in einem bilde die kunſt / vndt nicht das bildt / in ei - ner pflantze die frucht / vndt nicht die pflantze / liebet: alſo mußen wir in einem ſchoͤnen frawenzimmer nicht die geſtalt / ſondern / wo ſie verhanden iſt / die ſchoͤnheit des gemuͤtes / vndt in dem gemuͤte die ſchoͤnheit deßen von dem ſie hergerhuͤret / erheben vndt hoch - halten. Vndt hergegen / wie wir den vrſprung aller ſchoͤnheit uͤber alles zue ehren ſchuldig ſindt / alſo ſollen wir ſeinenthalben auch die ſchoͤnheit des gemuͤtes / vndt dieſer wegen die ſchoͤnheit des leibes lieben; weil ſie ſich nicht weniger zueweilen darinnen blicken leßt / als die edelſten fluͤße / die wann ſie ſich in das meer außgießen / den vorigen ſuͤßen geſchmack vndt lautere farbe in dem geſaltzenen waßer dennoch nicht baldt verlieren. Das uͤbrige / was von eite - len gedancken geſucht wirdt / iſt nicht eine liebe / ſondern eine begier: dann die liebe ſiehet auff die ſchoͤnheit / die begier auff die wolluſt / welche wann ſie herr / vndt die vernunfft knecht iſt / ſo mußt du jhr folgen / ſie befehle was ſie wolle. Kanſt du aber der wolluſt ie nicht entberen / ſo wiße daß keine groͤßere als ein befiendiges gemuͤte iſt / das mitt einem gueten gewißen begleitet wirdt. Daßelbige leßt ſich keine liebe / keine falſche luſt / keine betruͤbende froͤligkeit / keineCfurchte18furchte noch hoffnung vonſeinem ehrlichen vorſatze dringen. Was wilt du doch der jenigen dienen / welther du zue gebieten haſt? welche du mitt dem zaume der vernunfft anhalten / mitt der ſchaͤrffe einer freyen entſchließung als eine leibeigene magdt von dir verſtoßen kanſt? Die frucht der ſchoͤnheit / die im gemuͤte beſtehet / die nicht zuegleich mitt den zaͤhnen wurmſtichig / mitt den haaren greiß / mitt der ſtirnen geruntzelt / mitt den wangen bleich / mitt den augen trieffendt vndt tunckel wirdt / die mitt der zeit gewalt nichts zue thun hatt / dieſelbte wirdt dich uͤber landt vnd ſee / durch waßer vndt waffen / in gluͤck vndt wiederwertigkeit begleiten. Iſt dir aber vn - moͤglich der jenigen liebe zue hinterlaßen / die vieleicht in deinen augen ſchoͤner iſt / als in anderer leute / vndt die wir drey auch nur nicht zue kennen begehren; ſo kanſt du bey glauben ſicherer hier bleiben; dann eine ſolche luſt wird nur uͤbel ſein fort zue bringen.
Eine ſtattliche rede / mein Bruder / ſagte ich / vndt die leicht - lich zue erkennen giebt / in was fůr einer ſchulen / bey was du fuͤr ei - nem manne (der allein exempels genung iſt / daß ein weißer mann dem gluͤcke die wage halten / vndt dem vngeſtirne der zeiten gebieten kan) an den trechtigen feldern des Reines / wo die Elle vndt Breuſche von jhm verſchluckt werden / vorwiechener zeit ge - lebet haſt deiner eigenen geſchickligkeit / welcher Apollo vndt der himmel nichts verſaget / zue geſchweigen es leßt ſich aber derglei - chen viel behertzter reden / als in das werck richten. Doch verhoffe ich eine ſolche maͤßigkeit in der liebe zue treffen / daß ſie mich an meinem fuͤrhaben dennoch nicht verhindern ſoll. Wer ſeinem la - ſter / gab Venator zur antwort / eine maße ſucht / iſt eben als wolle er glauben / einer der ſich von jenem gaͤhen felſen ſtůrtzete / koͤnne ſich wann es jhm geliebte im herab fallen beſinnen vndt wieder - halten. Dann wie diß zue thun vnmoͤglich; alſo kan ein verwirrtesvndt19vndt erhitztes gemuͤte ſich weder hinterziehen / noch an dem orte wo es wil verbleiben. Es weiß auch derjenige / welcher allbereit lie - bet / ſo wenig mitt was maße er heben ſoll; als wenig einer / dem man die augen außgeßochen hatt / weiß wo er hin ſoll gehen.
Ich muß jhn gleichwol nicht gar huͤlffloß laßen / fieng Nuͤß - ler an / vndt bilde mir gaͤntzlich ein / daß er jhm auff der Poeten art / welche / der Natur nichts nach zue geben / offtmals ſachen erden - cken / die nie geweſen ſindt / noch ſein werden / eine liebe mache / die er nie in denn ſinn gebracht / vndt zum theile anderer leute buhl - ſchafften / eitelkeiten vndt můßige vnrhue durch ſeine ertichtete fuͤr - bilden / zum theile die einſamkeit / darinnener ſich dieſer zeit befin - det / lieber mitt dieſem / als mitt nichts thun erleichtern wolle. Steckt aber auch etwas von dem anmutigen uͤbel bey jhm / das vnſeren ſtandes leuten nicht vngemein iſt / ſo ſchaͤtze ich jhn freilich weniger gluͤckſelig als die jenige / welcher er mitt ſeiner Poeterey ein vnſterbliches lob vndt geruͤchte vervrſachen wirdt; wiewol das Frawenzimmer dergleichen offtmals entweder nicht verſiehet / o - der vnſere getichte lieber als vns hatt. Ich hoffe aber gaͤntzlich / das reiſen / darzue mir bißher niemals der wille / ſondern das gluͤck vndt die vmbſtaͤnde meiner gantzen wolfahrt gemangelt haben / werde jhm in kůrtzen was anders an die handt geben.
Vndt ob ich wol / liebſter mittgeſelle / ſagte er zue mir / deine abweſenheit kaum mitt gedultigem hertzen werde ertragen koͤn - nen / ſo finde ich doch nicht / wann ich meine ergetzligkeit deinem fromen nachſetzen wil / was ich dir aller beſchaffenheit nach beß - ſers rhaten / oder auch wuͤndtſchen ſolle. Wie ein waßer das nie - mals gereget wirdt / endtlich anfengt zue faulen vndt ſtincken: alſo werden auch vnſere gemuͤter durch vbermaͤßige rhue traͤge vndt verdroßen gemacht; welche weil ſie etwas himmliſches ſindt / ſoC ijſollen20ſollen ſie auch billich dem himmel / der ohn vnterlaß in bewegung iſt / nachfolgen. Vndt wann du dieſen großen menſchen die welt anſieheſt / was leßt darinnen vngereiſet? Die Sonne vmbwan - dert den erdenkreiß alle tage: der Monde / vndt der gantze poͤfel des geſtirnes / haben jhre wanderſchafft / troͤſten durch jhr liebliches an - blicken die vmbſchweiffenden / vndt zeigen den jrrenden haͤuſern den ſchiffen wo ſie hin ſollen. Haſt du nie geſehen / wie die ſee von jhrem vfer zue rechter zeit hinweg geflohen / vndt auff gewiße ſtun - de allzeit iſt zueruͤck gekehret? Die vierfuͤßigen thiere lauffen von einer wildtniß in die andere; die fiſche ſteigen auß der ſee in die flůße; die voͤgel / welche jetzundt hauffen weiſe in jhr winterquartir geflogen ſindt / werden mitt dem anbrechenden fruͤlinge wieder hie - her vndt zue felde kommen. Ja die gantze Natur giebt vns anlaß zum reiſen / vndt wil vns gleichſam zeigen / daß wir auff ein vater - landt gedencken ſollen / welches nicht krieget noch bekrieget wirdt / vndt die ſtete herbrige aller fromen wandersleute iſt. Zwar wir pfle gen von Natur das jenige landt zue lieben / deßen athem wir erſt - lich geſchoͤpfft / das wir zum erſten getreten / dem wir vnſere kindt - heit vndt aufferziehung zue dancken haben / vndt darinnen vns lufft / waßer / flůße / aͤcker vndt alle gelegenheit am beſten bekandt ſindt wir reiſen aber darumb / daß wir jhm nach vnſerer zueruͤck - kunfft / vndt erlernung frembder voͤlcker ſprachen vndt ſitten / deſto rhuͤmlicher ſein moͤgen / vndt mitt dem was wir auff gemerckt zue ſtaten kommen. Dann mitt dieſem bedinge / mein Bruder / wirſt du hinweg gelaßen / daß du / wann der außgang dem vorſatze uͤber - ein ſtimmet / vns deiner uͤber die zeit nicht entberen laßeſt. Ander - werts den fuß ein zue ſetzen / verurſacht ein ſtetes verlangen nach den ſeinigen / vndt gemeiniglich einen neidt bey denen / wohin wir vnſeren zueſtandt gepflantzt haben. Wiewol auch nicht ohn vrſach:dann21Dann durch befoͤderung frembder bleiben die einheimiſchen da - hinden ſtehen; vndt wann ſolches nicht maͤßig geſchiehet / muß endtlich mißvertrawen / vnrhue / auch wol gar verenderung des allgemeinen weſens darauß erwachſen: welches die alten Roͤmer wol wußten / vndt heutiges tages die klugen fiſcher in der Adria - tiſchen ſee zimlich in acht nemen. Zur Peſtzeit / wann die todten - graͤber in ein hauß gehen / ſo kan man leicht gedencken / daß je - mandt darinnen geſtorben ſey: alſo zeiget die einnemung der auß - laͤnder (welches aber allein von der uͤberhaͤufften menge zue ver - ſtehen iſt) daß nur der gemeine nutz in letzten zuͤgen liegt.
Von dir wil ich mir nicht einbilden / daß du dich eines vndt anderes truͤbes woͤlcklein vnſers Vaterlandes vertreiben laßeſt; dann du ja auß der aſchen in das fewer / vndt an die jenigen orte gedenckeſt / wohin das freßende wuͤten der waffen / vndt die rache der geſuchten beleidigung / ſich auß hieſigen winckeln erſt recht zue wenden / vndt alles auff eine merckliche verenderung angeſehen zue ſein ſcheinet. Ich mache mir viel mehr rechnung / daß die lie - be der deinigen / vndt die rhue welche dir bißher ſo gnaͤdig iſt ver - liehen worden / deinen fuß offtermals zueruͤcke ziehen / vndt dei - ner entſchließung dieſes vndt jenes in den weg wollen werffen. Wie nun freylich ein freundt ein lebendiger ſchatz iſt / der lange ge - ſucht / kaum gefunden / vndt ſchwerlich verwahret wirdt: ſo iſt doch die vngefaͤrbte liebe an keinen ort gebunden / vndt jhre ab - weſenheit wirdt zum theil durch das gedaͤchtniß voriger geſell - ſchafft / zum theil durch ſchreiben / welches die rechten fußſtapffen vndt kennezeichen trewer gemuͤter ſindt / nicht wenig ertraͤglicher gemacht. So weiß ich auch nicht / wie gar zue ſiete gemeinſchafft vns gemeiniglich zart / vndt auch deßen uͤberdruͤßig macht / wasC iijim22im leben das beſte iſt. Zue geſchweigen / was du auch an jenem orte entweder allbereit fuͤr groſſe berhuͤmbte leute zu freunden haſt / oder doch bekommen wirſt: welche nur zue ſehen ich fuͤr ein theil meiner gluͤckſeligkeit ſchaͤtzen wolte. Iſt ferner etwas dergleichen / weßen dich Venator beſchuldiget / vndt liebeſt der ſchoͤnheit we - gen / ſo wirdt auch ſolches verlangen eher verſchwinden als du jetzt vermeinen magſt. Eines fuchsſchwaͤntzers freundtſchafft beſteht nicht lange / weil die heucheley vndt anmaßung der falſchen war - heit durch die zeit verzehret wirdt: wer nun der ſchoͤnheit oder ziehr wegen liebet / der giebet nur einen ſchmarotzer bey dem welchen er liebet / vndt ſindt alſo ſeine guete worte auff kein ewiges angeſe - hen. So mußt du auch wißen / ob du wieder geliebet wirſt / oder nicht: dann ich wil nicht hoffen / daß du auß der jenigen zahl ſey - eſt / welche ſich ſelbſt einer gegenliebe bereden wo ſie nirgendt iſt / vndt wie jener ſindt / der jhm in ſeiner froͤlichen bloͤdigkeit einbil - dete / alle ſchiffe die auß Indien ſegelten weren ſeine; gieng an den port / frewete ſich uͤber jhrer gueten ankunfft / hieß außladen / vnd was der narrheit mehr war: auch uͤber diß mit ſeinem bruder zůrn - te / daß er jhm durch die aͤrtzte von ſolcher reichen thorheit abhelf - fen laſſen / vndt jhn ſeiner beſten luſt beraubet hette.
So biſt du in aller zeiten hiſtorien vndt exempeln dermaßen durchtrieben / daß du wol weißeſt / wie das frawenzimmer nicht allein offtmals die wangen / ſondern auch die worte zue faͤrben pfleget / vndt daß kein waßer geſchwinder eintrucknet als weiber - threnen. Wie ich dir ferner mitt trawrigen augen nachſchawe / ſo bin ich der hoffnung / der wahren welche du zue holen außzeuchſt / die kein Zoͤllner anhalten / kein ſeerauber verſencken / kein fewer verzehren kan / ehiſt durch dich zue genießen. Du biſt in dem alter / da die beſten reiſegeſellen wahl vndt vrtheil mitt dir ziehen / vndtwirſt23wirſt nicht nach art etlicher jungen leute / an ſiat der tugendt eine nichtige wißenſchafft / einen leichten ſchatten der hoͤffligkeit vndt gueter uͤbungen ertappen; weßen die außlaͤnder / welchen man jh - re leichtfertigkeit / laſter vndt gauckeley thewer genung bezahlen muß / in die fauſt hinein lachen. Von welcher jungen purß new - lich einer ſagte; ſie kaͤmen jhm fuͤr / wie wann man etwan eine wandt anſiehet / vndt auß tunckelen ſtriechen vndt zuͤgen vermei - net / als ob koͤpffe von thieren / waßer vndt waͤlder daran ſtuͤnden / da doch nichts dergleichen verhanden were: dann alle gebrechen mußten in jhren augen eine tugendt ſein / alſo daß ſie eine hofferti - gen Spanier anders nicht als ehrbahr / einen vnverſchaͤmten Welſchen freundtlich / einen leichtſinnigen Frantzoſen behertzt / einen ſpringeriſchen Engellaͤnder hurtig / vndt einen verſoffenen Deutſchen luſtig vnd vertraͤwlich zue nennen pflegeten. Du haſt die ſitten der hoͤfe / da ſo viel much vndt ſchmincke verkaufft wirdt / zimlich erfahren; vndt wirſt wißen / daß wie daſelbſt / alſo auch auff reiſen eine ſparſame Zunge / vndt ein verſchloßenes hertz hoch von noͤthen ſindt. Letzlich wann dich der fahrmann des leibes das gemuͤte / durch ſo viel feſtungen / ſtaͤdte vndt Laͤnder fuͤhren wirdt / wann du augen vndt ſinnen zum genuͤgen fuͤllen / vndt die muͤdig - keit des weges mitt ergetzung / dieſe mitt jener vermengen wirſt / ſo ſchawe zue / daß du die ſegel deines lebens nach dem leitſterne der vnvergaͤngligkeit allzeit wendeſt / vndt die weltlichen dinge al - ſo anſeheſt / daß du betrachteſt / es beherrſche ſie keiner nicht beßer / als der jenige welcher ſie verachten kan.
Aber / ſagte Nuͤßler / was halten wir vnſere gaͤſte mitt ande - ren reden auff / weil jhnen vieleicht lieber wore / in dieſen plaͤtzen vndt gefilden ſich vmb zue ſchawen? Sie ließen es jhnen belieben / ſatzten ſich zuvor etwas vnter den ſchatten der hohen baͤwme / vndterzehl -24erzehlten von dieſem vndt jenem / was es theils in eines jeglichen ſeinem vaterlande / theils mitt jhrem eigenen zueſtande fuͤr beſchaf - fenheit hette. Als ſie nachmals vermeinten weiter zue gehen / vndt die gelegenheit ſelbiger orte zue beſichtigen / kamen ſie ohn gefehr an eine ſchoͤne bach / die mitt jhrem ſilberglaͤntzenden waßer die au - gen / vndt mitt dem lieblichen geraͤuſche ohren vnd ſinnen ergetzete. Ein edeles fluͤßlein / fieng Venator an / vndt weil die berge dermaſ - ſen nahe ſindt / ſo muß es nicht weit hiervon entſpringen. Laßt vns / ſagte Buchner / ein wenig daran hinauff ſpatzieren. Wir wa - ren faſt an den wurtzeln des ſchneegebirges / als wir einer Nimfe / die an einer friſchen grotte oder hoͤle auff den lincken arm gelehnet lag / gewahr worden / welche mitt einem ſubtilen durch ſcheinen - den ſchleyer bekleidet war / die haare / ſo mitt einem gruͤnen krantze geziehret / auff eine frembde art auffgebunden hatte / vnd vnter der rechten handt ein geſchirr von dem weißeſten marmor hielte / dar - auß das quell des baͤchleins geronnen kam. Wiewol wir nun uͤber dem ploͤtzlichen anſchawen nicht allein erſchracken / ſondern auch im zweiffel ſtunden / ob wir ſtehen ſolten oder lauffen / fieng doch die ſchoͤneſte creatur / oder viel mehr goͤttinn / mitt anmutiger ſtim - me alſo an zue ſingen:
Wir ſtunden verwundert vnd beſtuͤrtzt / weren auch auß ſchre - cken zueruͤck gelauffen / wann ſie mich nicht mit hoͤfflicher demut bey der handt genommen / vndt die andern zue folgen vermahnet hette. Als wir in die hoͤle hinein kamen / ſahen wir nichts fuͤr vns als ein lauteres waßer / das ſich gegen jhr wie ein berg aufflehne - te / vnd wir alſo trucken hindurch giengen. Von dannen befunden wir vns in einer faſt kůhlen grotte / auß welcher nicht allein dieſes waßer ſaͤmptlich gefloßen kam / ſondern auch andere ſtroͤme durch verborgene gaͤnge vndt adern der felſen hinauß drungen. Diß iſt / ſagte ſie / die ſpringkammer der flůße / darvon ſo viel felder be - feuchtet / ſo viel flecken vndt ſtaͤdte verſorget werden. Dieſe kleine - re bach (darauff ſie dann mit jhren ſchneeweißen fingern zeigete) iſt auch ein theil des Zackens an dem jhr hieher gegangen ſeidt / vndt wirdt nicht ferren von dem gebirge mitt dem andern vermen - get. Hier zur ſeiten ſehet jhr den vrſprung desfiſchreichē klaren Bo - bers / der jhm in einem ſchattichten walde ſein thor geſucht hatt / da - rauß er ſich durch berg vndt thal zwinget vndt windet / vndt / nach dem er bey Hirſchberg den Zacken in ſich geſchluckt / auch etzliche ſtaͤdte / darunter / ſagte ſie zue mir / dein nicht allein dir ſondern auch vns Nimfen liebes / aber erſchoͤpfftes Vaterlandt iſt / be - gruͤßet hatt / endtlich an dem ende des landes Schleſien ſeinen ſtrom vndt namen der Oder / dem haupte vndt regentinn der Schleſiſchen flůße / zuegleich einantwortet. Wie dann die goldt -Dfůhrende26fůhrende wilde Katzbach / derer brunnen nechſt darbey herauß quillet / nicht weit von Parchwitz dergleichen thut. Stracks ober - halb dieſer krieget der durchbrechende Queiß / da zur ſeiten die hochfallende Aupe / vndt / wo jhr den glatten kieß ſehet / die Iſer jhren vrſprung; welcher wir zwar wenig waßer / dennoch aber ſo viel andere reiche gaben verliehen / daß ſie den mangel des gewaͤſ - ſers darmit wol erſetzen kan. Ich hette aus beg[i]ehr faſt angefan - gen zue fragen: ſie aber / die es mir am geſichte anſahe; dieſer große ſtrom / ſprach ſie / der gerichts fuͤr euch mitt ſolchem ſtru - deln vndt prauſen herauff ſteiget / iſt die Elbe / ſo von jhrer ge - burtsſtat den hohen Alben die wir uͤber vns haben den namen be - kommen hatt.
Wie wir vns nun uͤber den ſeltzamen dingen der Natur ver - wunderten / vndt den vnerſchoͤpfften lauff der gewaͤßer beſtuͤrtzt in augenſchein genommen / auch von wegen des großen gethoͤnes vndt rauſchens der auffſpringenden fluten faſt das gehoͤr verloh - ren hatten / gieng ſie durch ein weißes thor / welches vns von mar - morſtein zue ſein beduͤnckte / fůr vns her / vndt; Beſchawet nun / ſagte ſie / das ort / welches fuͤr mannes augen zwar ſonſt verſchloſ - ſen iſt. In dieſem Erdengemache pflege ich ſampt meinen ſchwe - ſtern der Thalien / Arethuſen / Cydippen / Opis vndt den andern die zeit zue vertreiben. Dieſe anmutige hoͤle war nach art der al - ten tempel zirckelrundt / vndt in zimlicher hoͤhe. Ringes vmbher ſtunden gefrorene criſtallen ſaͤulen / welche von der gruͤnen bewach - ſenen erden biß an die decke reichten / vndt mitt jhrem durchſichti - gen glantze das gantze zimmer erleuchteten. Mitten innen ſaßen die Nimfen / alle bluͤende vndt jung von antlitz / auff gruͤnen tep - pichen in einem kreiße vmbher / ſponnen / ſtickten vndt neheten an der ſubtileſten leinwadt / hatten allerhandt liebliche geſpreche / vndterwehnte27erwehnete gleich damals eine / wie die ſtoltze weberinn Arachne der Minerven kampff angeboten; weil aber jhre arbeit der himmli - ſchen nicht zuegeſagt / ſich ſelbſt erhenckt habe / vndt nachmals in eine ſpinne verwandelt worden ſey: daß ſie nunmehr als ein bey - ſpiel der vermeßenheit fuͤr den augen aller welt wircken vndt weben muße. Wer ſeine hoffart an den vnſterblichen außlaßen wil / fieng eine braͤunlichte an / ſo Lycorias ſein ſolte (vnſere begleiterian a - ber hieße Hereinie) dem bekoͤmpt es ja allzeit uͤbel; vndt erzehlte wie der naͤrriſche Midas mitt ſeiner blockpfeiffen den Apollo auß - gefodert / vndt endtlich nicht allein nicht den danck / ſondern auch gar eſelsohren davon bekommen habe: welches er zwar / gemei - nem gebrauche der menſchen nach / verbergen wollen / ſolches auch ſeinem diener zue offenbahren verboten habe. Dieſer aber / dem gaͤntzlich zue ſchweigen vnmoͤglich geweſen / were zue einem ſchilffichten orte gegangen / hette ſeine heimligkeit den rhoren ver - trawet / die / wann der windt daran geſchlagen / nachmals alle zue ſchreyen angefangen: Midas hatt eſelsohren. Sie lachten / vndt; Es moͤgen wol rhore ſein / fieng eine andere an / darmit gelehrte leute ſchreiben / vndt die jenigen fuͤr der gantzen welt zue ſchanden machen / welche mitt jhrem vnbeſonnenen vr - theile von hurtigen vndt gelehrten gemuͤtern wol zue erkennen ge - ben / daß ſie Midas gleichen ſindt.
Nicht weit von jhnen lagen etzliche lauten / geigen vndt andere muſicaliſche inſtrumente; auch koͤcher vndt pfeile / die ſie / wann ſie nebenſt den Waldtgoͤtinnen vndt Bergnimfen ſich mitt dem geſaͤgdte ergetzen / zue gebrauchen pflegen. An der wandt wa - ren vnterſchiedene hiſtorien mitt kleinen muſcheln vndt kleinen ſteinlein / vndt zwar ſo kuͤnſtlich / eingelegt / daß wir hinzu giengen /D ijvndt28vndt es mehr fuͤr eines Apellens werck als fuͤr ſonſt etwas anſa - hen. Vnter andern ſtundt die geſchichte / wie der Jupiter / welchen ſein Vater Saturn freßen wollen / dem aber die Muter Rhea ei - nen ſtein in die windeln gewickelt / vndt zue verſchlucken gegeben habe / von jhren der Nimfen ſchweſtern ſey erhalten / vndt durch einen adler bedienet worden. Baldt darneben / wie andere auß jh - nen den Bacchus bey Niſa in Aſien erzogen / welche Jupiter nachmals zur danckbarkeit hinauff genommen / vndt zue den Hya - den / dem ſchoͤnen geſtirne / das vns gemeiniglich regen ankuͤndi - get / gemacht habe. An einem andern orte / wie die Nimfen Erato / Pemfredo vndt Dino dem Perſeus flůgel vndt taſche (welche jhm gleichwol von den mahlern der himmliſchen bilder abgeſtrickt wirdt) geliehen / durch derer hůlffe er der Meduſen das haupt ab - geſchlagen / vndt endtlich die Andromeden / der ſtoltzen Caßiopeen tochter / von dem grawſamen meerwunder erloͤſet. Ferner wie die Syrinx / als ſie fůr dem Pan geflohen / in die pfeiffe ſo Mercurius nachmals gebraucht; wie andere Flußnimfen von dem erzuͤrnten Achelous in die Echinadiſchen inſeln verwandelt worden; vndt was allhier zue erzehlen nicht gelegenheit iſt.
Kompt weiter / ſagte Hereinie / vndt beſchawet die wohnung Thetis der vnſterblichen muter der Nimfen / wann ſie durch die verborgenen gaͤnge des erdtreichs mitt jhren ſeeroßen hieher zue fahren / vndt vns zue beſuchen pfleget. Wir giengen in begleitung aller anderen Najaden / denen die gelben haare vmb den zarten halß vndt bruͤſte / vndt die duͤnnegewebten maͤntel vmb jhre bloße leiber flogen / durch eine aͤrtzinne pforte / vndt kamen in einen koͤſt - lichen ſaal von großer laͤnge vndt breite. Der boden war an ſich ſelbſt criſtallinn / vndt mitt allerhandt ſchlangen / fiſchen vndt meer wundern von anderer art berhůmbten ſteinen dermaßen eingefuͤ -get29get / daß wir im erſten anſchawen faſt nicht trawen vndt aufftre - ten wolten; deßen dann die Nimfen mitt einem ſuͤßen anblicke ſaͤmptlich lachten. An der gewoͤlbeten decke / die mitt blawen lazur - ſteinen uͤber vnd ůber belegt war / vnd durch welche auß zweyen run - den criſtalliñen fenſtern der anmutige tag den gantzẽ platz von oben her beleuchtete / ſchiene nicht weniger von eben dieſer koͤſtlichen ar - beit das gefluͤgel als in den wolcken herumb ſchweben / vndt man - gelte / vnſers beduͤnckens / nichts als die ſtimme. Auff beyden ſeiten ſtunden in gleicher zahl vndt abtheilung ſeßel von agſteine / deren einer vmb den andern roth oder gelbe war. Hinten / wie auch ge - gen der foͤderthůr zue / waren zwey verguͤldete altare / auff deren ei - nem dem großen Ocean / auff dem andern der Thetis geopffert wardt. Nicht weit von einem jeglichen ſprungen auß zweien wei - ten ſilbernen becken oder ſchalen / ſo ingleichen von ſilbernen Si - renen gehalten worden / ſehr anmutige quelle / die eine blancke me - talline kugel in die hoͤhe trieben / vndt darmit ſpieleten; auch gleich wieder herab fielen / vndt von ſich ſelbſt verſchluckt vndt ſtets wie - derumb auffgeſtoßen worden. In der mitten war eine lange tafel von polirtem ſteine / an welche Thetis mitt jhnen ſpeiſe vndt tranck zue nemen pfleget.
Ihr hirten / fieng Hereinie an / wir wißen was der himmel vndt die Muſen euch verliehen / vndt mitt was fuͤr begiehr der wiſ - ſenſchafft jhr behafftet ſeidt. So laßet euch nun / indeßen das mei - ne Schweſtern den Vnſterblichen jhren dienſt erzeigen / vnd jhr gebůrliches opffer fuͤrtragen / von mir zeigen / was die gemelde vnd ſchrifften an den waͤnden allhier in ſich halten. Wißet / ſagte ſie ferner / daß alles was jhr biß anher geſehen vndt noch ſehen wer - det / in heimiſche außbeute / in dieſen gruͤnden geſeiffet / in dieſen waͤßern gewaſchen / hier gefunden vndt gearbeitet ſey. Der weißeD iijchalce -30chalcedonier / der ſchwartze criſtall / der violbraune amethiſt / der blawe ſaffir / der ſtriemichte jaſpis / die tunckelrothen granaten / der fleiſchfarbene carniol / der rothgelbe gifftfeindt der hyacinth / der gelbichte beryll / der vielfaͤrbichte achat / der gelbe topazier / welchen jhr in der handt jenes adlers (vndt zeigte einen adler an der de - cken darauff Ganymedes ſaß) als einen plitz fuͤnckeln ſehet / der helle demant / ſindt alle hier zue hauſe. Dieſe perlen / dieſes ſilber / diß goldt iſt in floͤtzen vndt quaͤrtzen / flaͤmmicht vndt koͤrnicht in hieſigen reichen gefilden vndt gegenden an zue treffen; des zinnes / kupffers / eiſens glaſes vndt allen deßen was die magdt des hoͤch - ſten Gottes vndt die guͤtige muter der menſchen die Natur ſonſt gebiehret / zue geſchweigen. Hiermit fuhrte ſie vns erſtlich wiede - rumb der pforten zue / daruͤber folgende reime ſtunden:
Nechſt dieſen Verſen / die in eine ſchwartze ſteinerne platten gehawen waren / folgeten auff der einen ſeiten viel hiſtorien vndt bilder von erſchaffung der welt; von der guͤldenen / ſilbernen / irr - denen vndt letzlich eiſernen zeit; von dem himmelſtuͤrmeriſchen Gi - ganten; der uͤberſchwemmung des erdtbodens; alles in der ordnung wie es Heſiodus / Apollodorus / Hyginus vndt andere / ſonderlich der ſinnreicheſte vnter allen Poeten in ſeinen verwandelungsbuͤch -ern31ern (darumb es allhier zue wiederholen vnnoͤtig iſt) verzeichnet haben. Auff der andern ſeiten ſtundt erſtlich eine landttafel / darin - nen vnterſchiedene berge / ſchloͤßer / flůße vndt felder zue ſehen wa - ren. Dieſes / ſagte ſie / iſt die gelegenheit hieſiger orte / deren groͤße - ſtes theil von langer zeit her die edelen Schaffgotſchen / weßen ge - ſchlechtes verlauff jhr in folgenden gemelden vndt ſchrifften biß auff jetzigen werthen helden vernemen ſollet / beherrſchen Ihr vhr - altes gebluͤte / jhre tugendt / jhre loͤbliche thaten / vndt ſonderlich die ſtille rhue / welcher wir vnter jhnen als gleichſam ſchutzgoͤttern biß - anhero genoßen / hatt verdienet / jhnen bey vns allhier diß gedaͤcht - niß auff zue richten. Damit ich aber euch / als denen ſo zue nach - ſuchung der alten zeiten ſonderlich luſt tragen / etwas außfuͤhrung thue / ſo wißet daß wie hieſiges hohe riſengefilde / hieſiger flintzberg vndt ſchneegebirge anfaͤnglich von natůrlichen erburſprůnglichen deutſchen / den Mareomannen / Marſingern vndt dergleichen be - wohnt / alſo auch von jhnen zueweilen der Hartz oder Hereini - ſche waldt / darvon ich heiße / zueweilen das Sudeten oder Sud - oͤden gebirge ſey genennt worden: biß die Sarmatiſchen Win - den (nicht die Wandaliſchen Voͤlcker) jhre Viſtul oder Weixel uͤberſchritten / vndt ſich dieſer vndt anderer lande bemaͤchtigt ha - ben. Daß aber dennoch allzeit etwas von Deutſchen uͤbrig ver - blieben ſey / koͤnnet jhr dannenher von euch ſelbſt ſchließen / daß der name Boͤmen / welcher allbereit vor anderthalb tauſendt jharen vndt viel zeiten vor der Winden einfall berhůmbt geweſen / noch heutiges tages nicht verloſchen iſt; wie dann auch ein theil dieſer berge die Alpe oder Elbe vndt dergleichen / bey jhren altern woͤr - tern biß anjetzo verblieben ſindt. Hetten ewere Deutſchen mit ſol - chem fleiße denckwůrdige große thaten auffſchreiben / als verrich - ten koͤnnen / oder die blutigen kriege fuͤr etzlichen hundert jharenmitt32mitt den leuten nicht auch zuegleich das gedaͤchtniß derſelbten vndt alle geſchickligkeit außgerottet / ſo koͤndte der edelen Schoffe (dann alſo worden ſie vormals genennet) werther name / vndt die tapf - ferkeit welche ſie zue beſchuͤtzung des vaterlandes angewendet / euch mehr vor augen geſtellet werden: bey vns haben wir jhren rhum allein von der zeit auffgemercket / ſeidt vnſere baͤche vnter jhrem ſchirme ruhig gefloßen / vndt ſie beſitzer der orte / die zum theile hier entworffen ſtehen / geweſen ſindt.
Hieruͤber trat ſie fort / vndt; Dieſer / ſagte ſie / welchen jhr in gantzem kuͤriß ſtehen ſehet / iſt der frey werthe heldt Gothardt / o - der / wie damals den alten zue reden beliebet hatt / Gotſche Schoff / der ſeinen kindeskindern mitt dem groͤßeren lobe vndt auffnemen auch ſeinen namen / deßen ſie ſich ſaͤmptlich rhůmen / uͤbergeben hatt. Wir wißen nicht anders / als daß ſein vater Vlrich Schoff geheißen / vndt faſt fuͤr dreyhundert jharen Burggraff zue Kinſ - berg geweſen ſey. Edele Nimfe / fieng ich an / wann ein menſch ei - ne goͤttin zue fragen macht hatt / warumb daß ſeine rechte fauſt gleichſam blutig abgebildet iſt? Vor Erfurt / gab ſie zur antwort / hielte er ſich bey gelegenheit eines außfalles ſo wol / das jhn der Feldherr / keyſer Carl der vierdte / alßbaldt fuͤr ſich fodern ließ / jhm ſeine wolverdiente gnade perſoͤnlich an zue tragen / vndt die handt zue bieten. Er aber / der vom wuͤrgen der feinde erſt zuruͤck gekehret / hatt die blutigen finger an ſeine blancke ruͤſtung gewiſcht / vndt al - ſo den Keyſer mitt dieſer werthen fauſt geehret; welcher jhn dann zum ritter geſchlagen / vndt das hochadliche wapen mit vier rothen ſtriechen deßentwegen geziehret hatt / daß ſeine nachkommenen nicht allein wißen moͤchten / wie jhr adel / der vor alter von treffli - chen thaten hergerhuͤret / ingleichen von trefflichen thaten ver - mehrt worden ſey: ſondern auch durch dieſes zeichen als einen leb -hafftigen33hafftigen zunder zue dergleichen ſolten angeregt / vndt auffgemun - tert werden. Wannenher aber iſt der gruͤne bawm in eben dieſem wapen? fragte ich. Der ſieghaffte Bolco / ſagte ſie / Hertzog zur Schweidnitz vndt Jawer / deßen bruders tochter Carl der vierdte zur ehe hatte / liebte jetzt erwehnten Gothardt Schoff ſeinen waf - fentraͤger des loͤblichen verhaltens vndt vieler hohen lugenden we - gen dermaßen / daß er jhm hieſigen rieſenberg / die traͤchtige Iſer ſampt angraͤntzenden boͤhaimbiſchen walde / das birgguet Schmie - deberg neben aller zuegehoͤr / wie auch das feſte ſchloß oder berg - hauß Kinaſt / auß fuͤrſtlicher miltigkeit zue erbeigen uͤbergab vndt verehrete; darumb dann der Kieferbawm oder Kinaſt zue dem vhr - alten wapen iſt gezogen worden. Mitt Friedeberg aber / das jhr in der tafel gegen dem gebirge zue am Queiße liegen ſehet / wie auch mitt der ſtadt Greiffenberg / welche der himmliſchen weberinn Mi - nerven dermaßen lieb iſt / vndt der feſtung oder dem berghauſe Greiffenſtein / ſo hertzog Boleſlaus der Heiligen Hedwigen Soh - nes Sohn erbawet / hatt jhn vorbemeldeter Keyſer beſchencket; daß alſo die beſitzung hieſiger orte ein lauteres verdienſt der tu - gendt iſt.
Allerſchoͤneſte Nimfe / ſagte Nuͤßler / wir mußen gleichwol die reime darbey vngeleſen nicht laßen. Sie ſtellete es vns an - heim / vndt gab ſo viel zueverſtehen / ſie weren darumb eingehaw - en. Ritters Gotſchen uͤberſchifft war dieſe:
Vnter dem wapen neben ſeiner tafel:
ESchaw34Nachfolgende drey / redte Hercinie ferner / ſindt ritter Got - hardts Soͤhne. Der erſte zur rechten handt eben des namens; deßen drey Soͤhne / Vlrich / Gotſche vndt Hans / welcher faſt fuͤr anderthalb hundert jharen geſtorben / gleich vnter jhm ſindt. Der dritte / ſo zur lincken / Henrich oder Hentze Schoff auff Kem - nitz / deßen zwey Soͤhne / Henrich vndt Peter / auch vnter jhm ſtehen. Der andere / in der mitten / iſt Hans Schoffgotſche auff Kinaſt / den wir in ſeinen nachkommenen noch anietzo bluͤhen vnd wachſen ſehen. Die ſechſe / wie jhr ſie ordentlich nacheinander allhier geſetzt findet / ſindt ſeine Soͤhne. Der aͤltere iſt Chriſtoff / den ein anderer edelmann wenig adeſich vnverſehens erſchoſſen hatt. Der andere Ernſt des namens / welcher darumb ein zue - ſammen gerolltes ſchreiben in der fauſt hatt / weil er der Fuͤrſten - thuͤmber Schweidnitz vndt Jawer Cantzler geweſen; wie dann ſolche Cantzelley nebenſt dem ampte des Hoffrichters zur Schweid nitz / von etzlichen hundert jharen an den Herren Schaffgotſchen eigenthuͤmblich hatt zuegehoͤrt. Der dritte iſt Jeronymus der bloͤdtſinnige. Der vierdte Antonius. Er ſiehet ſchwartz auß; ſagte einer von vns. Man hatt jhn auch / gab Hercinie zur ant - wort / wie er ſich dann ſelbſt / den Reppelgotſchen geheißen / iſt ein ſtatlicher mann / vndt mitt einer gebornen Freyinn von Schumburg vermaͤhlt geweſen. Der fuͤnffte Caſpar. Der letz - te Vlrich / ein ſtreitbarer mann / der mitt ſeiner ſtrengen fauſt die ritterſchafft auff der Buntzliſchen heiden gewonnen; wie auff ſei - nem ſchwerdte / das noch verhanden / zu leſen iſt. Doch beſagt es auch die uͤberſchrifft:
Des35Wie nun Chriſtoff / Jeronymus vndt Ernſt leibeserben nicht gelaßen; alſo ſehet jhr vnter einem ieglichen der andern jhre Soͤh - ne. Des Antons ſindt Fridrich / Ernſt / Vlrich / Ritter Anton / welcher mitt einer ketten vmb die armen abgebildet / weil er von den Saracenen gefangen / an den pflug geſpannet vndt ſehr uͤbel gehalten worden / wie wol er endtlich in ſeinem Vaterlande ver - ſchieden; Ritter Hans Kayſerljcher Rhat vnd Caͤmmerer / vndt Bernardt auff Rurlach; deren kindeskinder theils noch bey leben. Vber dem Anton waren dieſe worte eingegraben:
Caſpar / redete Hereinie weiter / wie jhr ſehet / hatt fuͤnff Soͤh - ne hinterlaßen: Watzlawen / der jhm durch reiſen vndt geſchicklig - keit großes anſehen gemacht / Hanſen / Chriſtoffen / Caſparn (deßen einiger Sohn Adam / Freyherr auff Trachenberg vndt Praußnitz / wiewol er zwey gem[a]hlinn / deren die letzte eine Graͤf - finn war / gehabt / ohn erben geſtorben iſt) vndt Balthaſern / der vier Soͤhne erzeuget: wie dann der letzte ritterliche heldt Vlrich / der faſt vierzig jhar uͤber die Fuͤrſtenthuͤmber Schweidtnitz vndt Jawer Hauptmann geweſen / vndt in die neunzig jhar alt worden / Wolffen vndt Hanſen erzeuget / deßen Wolffens Sohnes Sohn Vlrich oder Vdalrich (vielmehr Adelreich) zu ſeiner Vorfah - ren thaten auch die liebe der weißheit gebracht / vndt einen artli -E ijchen36chen Poeten gegeben hatt; wie er ſelbſt von ſich redendt allhier ein - gefuͤhrt wirdt:
Obberhuͤrte vier des Herrn Balthaſars Soͤhne / Freyher - ren / ſindt der zur rechten Herr Balthaſar auff Langenaw / der zur lincken handt Herr Caſpar zue Trachenberg / der neben dieſem Herr Watzlaw auff Bernßdorff / vndt der in der mitten oben an der in krieges vndt friedens tugenden erfahrene Herr / Herr Chriſtoff / vnter deßen Sohne / dem Hoch wolgebornen Herrn / Herrn Hanſen Vlrichen / dem freyen vnverzagten helden / dieſes vorgebirge / dieſe waͤlder vndt brunnen / vndt wir Nimfen ſolcher thue / ſolchen friedens genießen / daß wir die angraͤntzenden fewer der blutigen Bellonen / dieſes klaͤgliche getuͤmel der waffen biß an - hero zwar von ferren angeſchawet haben vndt gehoͤret / aber (welches zue einer gueten ſtunden geredet ſey) nie erfahren duͤrffen.
Hierauff ſchwiege die leutſelige Hercinie etwas ſtille; ich aber laſe die reimen / ſo bey Herren Chriſtoffen ſeliger gedaͤchtniß ver - zeichnet waren:
In deßen fragen die andern wegen der ſachen die nach jhm ſtunden. Hier zue nechſie / fieng ſie an / iſt ſeine tapffere / hoffverſtaͤn dige gemahlinn / des vhralten geſchlechtes der Freyherren von Promnitz / welcher vnſterbligkeit vndt verdienſt eine groͤßere zeitbedoͤrffen /37bedoͤrffen / als daß ſie allhier koͤnnen erzehlt werden. Sehet aber jhre uͤberſchrifft.
Von jetzigem erſt gemeldeten regenten / ſagte die Nimfe / koͤn - net jhr den inhalt folgen der tafeln weitleufftig vernemen. Seine hohe beſchaffen heiten / ſein verſtandt in anſchlaͤgen / ſein muth im ſtreiten / ſeine ritterliche thaten verdienten zwar von allen edelen gemuͤtern ſinnreicher Poeten in das regiſter der ewigkeit eingetra - gen zue werden / er aber / als ein vollkommener Heldt / iſt auch mitt ſolcher demut begabet / daß er nicht gern von jhm rhuͤmen leßt / was doch die that vndt warheit ſelber redet. Was jhr aber allhier ſehet / haben die Parcen / Clotho / Lacheſis vndt Atropos / als ſie jhm auff befehl des himmels die faden des lebens geſponnen / ein helliglich geſungen / vndt mitt buchſiaben von demant dem roſte der zeit zue - gegen in dleſen ſchwartzen criſtall verſetzt. Wir verwunderten vns nicht ſo ſehr uͤber der menge der edelen geſteine / als uͤber der fuͤr - trefflichen arbeit / welche von ſolcher kuͤnſt vndt ſchoͤnheit war / das wir wol abnemen kundten / menſchen haͤnde wuͤrden dergleichen nach zue thun ſich vmbſunſt bemuͤhet haben. Das getichte aber vndt weißagung der Parcen waren von worte zue worte dieſe:
Wir hatten vns an der ſchoͤnen tafel die angen / an der weißa - gung aber / welche wir nun mehrentheilserfuͤllet zue ſein wußten / auch das hertze erquickt / vnd wuͤnſchten dem Helden ſolche erſproͤß - liche wolfarth / wie jhm allhier zue ende angekuͤndigt wuͤrde. Die andern Nunfen hatten ſich vnter dem leſen alle hinauß verlohren / Hercinie aber; Ihr hirten / ſagte ſie / ſo viel iſt menſchlichen augen allhier zue beſichtigen erlaubet / vndt jhr werdet mitt meiner vndt meiner ſchweſtern anjetzo erzeigten gunſt vergnuͤget ſein. Alſo fuhrte ſie vns durch ein anderes thor in eine newe hoͤle / die zue wei - len ſo enge war daß wir faſt nach der ſeiten durch gehen mußten / zueweilen aber viel thaͤler vndt berge in ſich zue halten ſchiene. Nach dem wir eine guete weile alſo gegangen waren / kamen wir an einen faſt heißen ort / voll ſchweffelichten dampffes / zue deßen beyden ſeiten ein knallen vndt prauſen gleichſam eines auffkochen - den waßers / vndt ich wußte nicht was fuͤr ein gethoͤne gehoͤret wardt. Vns war nicht aller maßen wol bey der ſache; Ich habe / fieng aber die Nimfe an / euch nicht ohn vrſach an dieſes ort gefuͤh - ret. Wißet daß Sicilien nicht allein Cyclopen / vndt Theßalien Titanen getragen hatt; es liegen allhier zweene maͤchtige Gigan - ten / welche ſich eben wie jene an dem himmel zue vergreiffen vnterſtan -45ſtanden / vndt von den goͤttern vnter dieſe kluͤfften ſindt verſtoßen worden. Sie haben den geſchmack des ſchwefels noch anjetzo nicht verlohren / vndt riechen nach dem plitze vndt donner / darmit ſie Jupiter hatt herab geſtuͤrtzt. Auß jhren rachen lauffen ſtarcke vndt hitzige ſtroͤme / die dennoch auß gnaͤdiger verordnung der Vnſterb - lichen zum beſten der menſchen gereichen / vndt nicht weit von hier mitt zweyen heilſamen quellen in dem gebiete jetztgemeldeten Hel - dens entſpringen mußen. Es ſolte mir auch vnſchwer ſein / euch zue jhren vngehewren coͤrpern zue fuͤhren / wann ewere bloͤde augen vndt ohren das ſcheutzliche anſchawen vndt bruͤllen vertragen koͤn - ten. Lernet aber gleichwol / daß die jenigen die ſich den himmel an zue taſten vermeßen / von dem himmel verſtoßen / vndt von der er - den verſchlungen werden.
Als wir nun vnter wehrendem geſpreche gleichſam bergan ge - gangen waren / kamen wir an den außgang einer hoͤle / darein der tag ſeine ſtralen mitt vollem ſcheine fallen ließ; Hereinie aber ver - ſchwandt ehe wir es gewar worden / vndt kam vns weiter nicht zue geſichte. Wir wendeten vns gegen der grotten / vndt ehrten die Nimfe vndt den ort / darinnen wir ſo merckliche vndt wunderbare ſachen geſehen vndt erfahren. Ob vns auch zwar die gelegenheit des gefildes da wie herauß gegangen etwas ſeltzam fuͤrkam / ſo kun - ten wir doch aller beſchaffenheit nach faſt erkennen / daß wir eben an der andern ſeiten des berges / wo wir zuevor hinein gelaßen wor - den / ſein mußten / ſtiegen alſo gemach vndt gemach gegen der ſpitz - en zue. Wir waren noch zimlich ferren von der hoͤhe / als ſich bey ſo lieblichem wetter dennoch ein duͤnner ſchnee ſehen ließ / der aber auff der erden alſobaldt zue tawe vndt waßer wardt. Weiter hin - auff war es gantz heiter vndt ſtille; da wir dann nachfolgendes ge - luͤbde in einen lindenbawm eingeſchnitten funden:
F iijDu46Dieſer / fieng Nuͤßler an / hatt ſich auch bereden laßen / es ſey ein Ruͤbezal allhier / wie jhn die jenigen nennen / die jhn nie geſe - hen haben. Wir ſindt eben auff dem rechten orte / gab ich zur ant - wort / da er ſein ſoll / vndt nicht iſt. Ich habe gleichwol vernom - men / jhr Schleſier / ſagte Venator / es ſolle nicht gar richtig bey euch ſein. Freylich nicht / fieng ich an; dann es liegt einer hier o - ben begraben der nicht mehr lebet. Ich weiß wol / redte Buchner darzwiſchen / daß jhr alle drey dem hauffen zuegethan ſeidt der nichts uͤbrigs glaubet: was aber durch lange erfahrung beſtetigt iſt / vndt die augen ſelbſt ſehen / das kan das hertze ja glauben. Mitt einem ſtinckenden aaße / ſagt Nuͤßler / iſt wol ſonſt wenig an zue fangen. Darwieder bin ich auch nicht / ſpricht Buchner; wie - wol manches ehe verdirbet als ein anders. Ich habe viel mal ge - hoͤret / wann einen der donner erſchlagen hatt / daß ſein coͤrper nicht verfaulen; vndt wann einem mitt giffte vergeben iſt / daß das hertze vnvertorben bleiben ſoll. Ein menſch der maͤßig gelebet hat / wirdt nicht ſo baldt verweſen / als einer ſo durch ſchwelgen vndt vollbretigkeit ſeinen leib zue einer pfuͤtzen gemacht hatt / da alle feuchtigkeit vndt fluͤße hinein geronnen. Habt jhr nie geſehen / daß den todten die haare vndt naͤgel gewachſen ſindt / ſonderlich den jenigen die Jupiter abwaͤſcht / Apollo ſalbet vndt trucknet. Welchen / fragt Venator? Den gehangenen / meine ich / ſprichtBuchner /47Buchner / denen die geiſter ploͤtzlich vmbzwenget vndt zuegeknuͤpfft werden. Hiervon nun kan man mehrentheils natuͤrliche vrſachen geben: daß aber der menſchen ſeelen ſich in geſtalt der verbliche - nen leiber ſehen laßen / iſt dermaßen klar / daß es keiner laugnen kan / der gleich noch weniger als jhr glaubet. Doch wollen wir den birgmann Ruͤbezal in dieſe zahl nicht ſetzen: dann angeſehen daß er durch zauberey geruffen wirdt / ſo muß er weder eine frome / noch eine verdammte ſeele ſein; weil ſie beyde biß zue ſeiner zeit vn - ter der handt des Gottes aller goͤtter ſindt / der ſich mitt beſchwe - rungen nicht zwingen leßt. So muß es dann der teuffel ſein / fang ich an. Recht ſo; ſagt Buchner: er iſts leibhafftig; wiewol nicht alles baldt der teuffel iſt / worfuͤr man ſich ſonderlich bey nachte zue entſetzen pfleget. Natuͤrlich ſindt die flammen oder irrwiſche vmb die geſuͤmpffe; natuͤrlich die duͤnſte / ſo offtmals in der hoͤhe wie menſchen / wie thiere vndt andere ſachen herumb wandern; natuͤrlich in den leibern / ſonderlich gewißen frawenzimmers / das ſeltzame kurren / ziſchen / krehen / bellen / das nach geſtalt der ſa - chen vndt gaͤnge von der durchdringenden lufft alſo geartet wirdt / vndt vnerfahrenen aͤrtzten eine naſe zue drehen pflegt; vndt was dergleichen mehr iſt.
Wo bleiben dann die ſaͤuffer / ſagt Venator / die ſo vngewiſ - ſer augen / vnſtetigen ganges / vndt ſeltzamer einbildungen ſindt? Wann ſie den kopff fallen laßen / ſo koͤmpt es jhnen bißweilen fuͤr ſie verſincken; vndt wann die ſtube ein radt mitt jhnen macht / ſo legen ſie ſich nieder / vndt erwiſchen mitt beyden haͤnden den bo - den: baldt erhebt ſich ein ſturm in jhren ohren / daß ſie meinen ſie ſindt zur ſee / vndt ſchawen wie weit es noch zue lande iſt; ſpringen wol uͤber jhren eigenen ſchatten / vndt ſehen jhn fuͤr einen graben / eine katze fuͤr einen loͤwen an; in ſumma / ſchlaffen wachende / vndtfechten48fechten ſchlaffende; ſchreyen nach pflaſtern / vndt wollen ſich ver - binden laßen.
Auff dieſe weiſe wirdt mancher bezaubert / ſagt Buchner: a - ber ohn ſchertz / jhr bruͤder / von andern geſpenſten redet die gantze welt / vndt von dieſem viel leute die hierumb wohnen; die jhn zue weilen in form eines ſchoͤnen roßes / einer kroͤten / eines rabens / einer nachteule / eines bergmaͤnnlins / eines moͤnches vndt derglei - chen geſehen haben. Eines moͤnches? ſagt Venator. Warumb nicht / giebt Buchner zur antwort? Pflegt ſich nicht der teuffel in einen engel des liechts zue verkehren / vndt haſt du nie gehoͤrt / daß er dem heiligen Martin in geſtalt des Heilandes der welt erſchie - nen ſey? Muß er dann eben / ſpricht Nuͤßler / vmb dieſe felſen vnd tunckele hoͤlen ſeinen wohnplatz haben? Er iſt / antwortet Buch - ner / ein Vater der trawrigkeit / vndt bezeuget ſolches mitt den einoͤden trawrigen oͤrtern / da er zue niſten pfleget. Vieleicht wil er jhm hierdurch ein groͤßer anſehen machen / fange ich an / weil jhm nicht vnwißendt / daß der ſo uͤber vns iſt an den ſtillen vndt einfaltigen orten mitt einfaltigem hertzen vndt ruhi - gem gewißen von allen zeiten her hatt wollen geehret ſein. Sol - ches begehrten die vngoͤttlichen goͤtter / Ruͤbezales gleichen / daß man jhnen nicht weniger erzeigen ſolte; wie dann die alten nicht ſo ſehr helffenbeinerne vndt guͤldene bilder / als dicke puͤſche vndt das geheime ſtillſchweigen darinnen angebetet / ja waͤlder / wieſen vndt ſee geheiliget / vndt ſie mitt namen der goͤtter genennt haben. Die Dacier auch berge / hebt Buchner an. Freylich / ſage ich / berge / vndt die jenigen ſo einen ſchein der goͤttligkeit zue erlangen ſich da - rein verborgen / als Zamolxes vndt andere. Ich meinte / ſagt Venator / du wuͤrdeſt vns dergleichen in deinen weitleufftigen be - richten von den Daciern außfuͤhrlich machen. Zwar ich weißnicht /49nicht / ob es mir wie jenen bergen gehen moͤchte / gebe ich zur ant - wort / die nach langem geberen eine mauß zur welt brachten: wie ich mich aber anietzo mitt meinem zueſtande vndt der zeit gelegen - heit genungſam geſchuͤtzt zue ſein befinde / ſo hoffe ich / ſoll ich le - ben / ich wil erweiſen / daß ein hirte mehr als weiden / vndt ein Poet mehr als luͤgen kan.
Vnter wehrendem reden / als wir zwiſchen der trennung zwey - er huͤgel / dahin wir vns durch hecken vndt geſtaͤude mehr einen weg gemacht / als gefunden hatten / gerichts eingiengen / erblick - ten wir hinter den birckenbaͤwmen vnd eichen eine gruͤne wieſe / auff welcher von einem andern orte her ein altes weib / mitt grawem haupte / zitterndem gange / krummen ruͤcken vndt einem korbe da - rauff / faſt gekrochen kam. Wir winckten einander / vndt legten vns vnvermerckt in die ſtraͤuche nieder / zue erfahren was die redli - che muter guetes machen wuͤrde. Sie war faſt in die mitten an einen ſcheideweg zweyer engen ſiege kommen / da ließ ſie jhre ge - flickte ſchauben fallen / ſtriech die haͤgeren armen auff / vndt fieng mitt klingender ſtimme alſo an zue ruffen:
Der glantz des himmels die Sonne / welche / wie wir auß vn - ſerem ſchatten abnemen kundten / den tag biß uͤber die helffte ge - bracht hatte / ſchiene fuͤr ſchrecken zue erbleichen / kein gefluͤgel hoͤrte man ſingen / es regte ſich nichts als das zittern der baͤwme / vndt wir ſelber zweiffelten welches ſicherer were / zue lauffen oder zue bleiben. Sie zohe den lincken ſchuch auß / nam ein tuch uͤber den kopff / kehrte ſich zwey mal gegen morgen / vndt zwey mal ge - gen Niedergang / grub mitt einer ſichel ein loch in die erden / vndt machte darauff einen zirckel vmb ſich her / murmelte auch eine gu - te weile eines vndt anders was wir nicht verſtehen kundten. Hier - nach brachte ſie auß jhrem korbe allerhandt kraͤuter / welche ſie vermutlich bey vollem mondenſcheine vndt fuͤr auffgange der Sonnen / auch ſonſt zue gewißen jhareszeiten mitt der lincken handt eingeleſen hatte / mengete etzliche ſteinlein / wie auch gebei - ne von den todten darzue / vndt rhuͤrete mitt einer ruten alles durchein -51einander. Alſo legte ſie es auff wacholterholtz vndt eiſenkraut / darbey vngebrauchter ſchwefel vndt weyrauch war / zuͤndete es auff / vndt wie der loh in die hoͤhe ſchlug / redete ſie folgende worte:
Ferner knuͤpffte ſie einen haarlocken vmb drey federn von vn - gleicher farben / vndt ſprach:
Auff diß ſpruͤtzete ſie drey mal in jhre ſchoß / nam ein bildlein von jungfrawenwachſe in die handt / beraucherte daßelbte / bandt jhm drey woͤllene faden von dreyerley farben vmb den halß / vndt ſagte:
Vnter ſolcher rede ſtach ſie mitt einer langen nadel drey mal hinein / vndt fieng an:
warff es hieruͤber in das ſewer mitt dieſem worte:
Nach dem nun alles nieder gebrennet war / grieff ſie auff die erden / warff die aſche drey mal uͤber den kopff / ſahe nicht hinter ſich / vndt hub wie erſtlich mitt verbrochenen worten an zue mur - meln. Sie hatte jhre ſchreckliche beſchwerungen in dem maule herumb zue werffen nicht recht angefangen / als ſich ein maͤchtigesG ijwetter /52wetter / ſchloß / hagel vndt krachen erregete.
vndt was mich das ſchrecken noch jetzo nicht erzehlen leßt. Ich / wie ich zuevor am letzten mich niederlegen / vndt dieſer vierdten Furie zuehoͤren wollen; alſo war ich der erſte ſo von dannen vndt auff die nechſte ſtraße zue lieff. Die andern kamen hernach geren - net / vndt hatten mitt dem athem auch faſt die ſprache verlohren / wolten den blaͤttern der eſpen ſo vmbher ſtunden am zittern nichts bevor geben. Eine ſeltzame ſache: es ſtundt der huͤgel / auff dem wir vns damals befunden / ſo ferren nicht von dem vorigen orte / dennoch blickte vns die Sonne mitt ſo einem gnaͤdigen auge an / vndt das graß vmbher war dermaßen trucken / daß wir leicht ver - ſtehen kundten / wie der teuffel nicht allenthalben zue gebieten hatt; vndt alſo in dem gruͤnen ein wenig rhue zue nemen veranlaßt wor - den.
Als wir nun beydes von dem verlauffe ietziger ſchrecklichen kuͤnſte / vndt ſonſten dieſem vndt jenem vnterredung hielten / gefiel vns die landtart gegenuͤber liegenden Koͤnigreiches ſonderlich / als deßen ebene von dem gemach vndt gemach auffſteigenden gebirge gleich wie von einem krantze vmbgeben iſt / vndt daß außſehen eines kuͤnſtlichen ſchawplatzes hatt / darinnen etwan die alten jhre ſpiele zue zeigen gewohnt geweſen. Hieruͤber dann meine drey mitgeſel - len / in erwegung ietziger betruͤbter laͤufften / auff folgendes hirten - liedt oder geſpreche geriehten.
Vena -53Diß hirtengetichte ermunterte mich / nicht gar leer auß zue gehen: damit ich aber nicht auß meiner alten gewohnheit ſchritte / fieng ich alſo an zue ſingen:
Hiernach ſtunden wir auff / vndt wanderten allgemach durch die gefilde vndt wieſen dißeits vndt nach mitternacht zue / wo wir erſtlich hieſiger orte einander angetroffen. Im herunter ſteigen ſahen wir zwilchen den felſen vndt huͤgeln drey tieffe thaͤler / darin -nen57nen der ſchnee / welcher niemals ab zue gehen pflegt / vns dermaſ - ſen in die augen glaͤntzte / daß wir gleichſam darvon geblendet wur - den. Wir gerhieten auch an einem heckichten vndt wuͤſten orte zue einein ſee / deßen ſchwartzes vndt finſteres waßer / darinnen weder fiſch noch gefluͤgel geſpuͤret wardt / vns faſt ein grauſen ver - urſachte. Kurtz darauff giengen wir durch ein luſtiges puͤſchlein / deßen gelegenheit / wegen der naͤhe noch eines andern kleineren ſees / der gruͤnen baͤwme / berg ab rauſchenden baͤche / vndt ſon - derlichen anmutigkeit eine herbrige der Waldtnimfen / eine rhue der hirten / eine gelehrte entweichung der Poeten / ein ſpatzierplatz der liebhabenden gemuͤter zue ſein ſchiene: wie wir dann an den ſtaͤmmen der hohen baͤwme vnterſchiedene gedancken vndt tichtun - gen ſinnreicher geiſter eingeſchnitten funden. Wir kundten vns mitt leſen kaum ſaͤttigen / vndt zwar ſchiene ſich nichts beßer zue reimen als die vngereimte folgende
Sie andern drey lobten das
Die vnterſchrifft war: Der vnwuͤrdig Gekroͤnte zue ehren dem Nutzbaren. Daher wir abnemen kundten / daß es auff perſonen auß dem edelen mittel der vnſterblichen Fruchtbringenden Geſell - ſchafft gemeinet were. Ob wir nun gleich des kletterns vndt ſtei - gens halben faſt muͤde waren / ſchaͤtzten wir doch den gang von die - ſer luſt wol bezahlt zue ſein; namen vns aber fuͤr / nunmehr ohn vmbſchweiff gerichts ein zue gehen / vndt den tag mitt beſichtigung des warmen brunnens / deßen vrſprung vns von der holdtſeligen Hercinie erzehlt wurden / zue beſchließen. Vnter weges hielten wir allerhandt geſpreche / von der miltreichen verſehung vndt guͤte Gottes / deßen gnaͤdigſte außtheilung ein landt mitt dieſer / das andere mitt jener eigenſchafft vndt guͤte begabet hatt.
ſagte Nuͤßler. Sonderlich / fleng Buchner an / hatt ſich die magdt des Hoͤchſten / die guͤtige natur / an der ſee / den fluͤßen vnd quellen außgelaßen / vndt ihr beſtes meiſterſtuͤck erwieſen. Das meer iſt ein ſtetswehrender gefaͤhrte des Mondens / waͤchſt mitt jhm auff / vndt wirdt auch mitt jhm alt: des waßers gaben aber ſindt ſo vielfaͤltig / daß es vom Thales das ſtaͤrckſte element / allerH ijdinge60dinge vrſprung / eine geſeelete welt / die voller geiſter ſey / iſt ge - nennt worden. In Beotien ſollen zwey fluͤße ſein / deren einer al - le ſchaffe ſo darauß trincken ſchwartz / der andere weiß macht. In der ſtadt Garamant ſoll der brunnen Dubris des tages zehen mal eißkalt / vndt des nachts zehen mal ſiedendt heiß ſein. In der La - rinenſiſchen gegendt ſindt zwey brunnen nahe beyſammen / von denen der eine alles in ſich ſchluckt / der andere alles außwirfft. Welcher auß dem Clitoriſchen brunnen trincket / ſoll auch den wein nur nicht riechen koͤnnen. In Teno iſt ein quell / deßen waſ - ſer ſich vnter keinen wein mengen leßt; vndt ich moͤchte leiden / daß alle waͤßer dieſer art weren.
Man ſagt von einem brunnen in vnſerm Deutſchlande / daß wann iemandt eine henne hinein ſteckt die er mitt guetem titul be - kommen / ſo ſollen jhr die federn ſtracks gebruͤhet werden vndt ab - gehen; hatt er ſie aber geſtolen / ſo bleibe ſie wie ſie zuevor gewe - len. Vnſere reiſeleute auß Italien wißen von den zweyen brun - nen zue ſagen / in deren einem ein hundt ſtracks ſterben / in dem an - dern baldt wiederumb lebendig werden ſoll. In Schottlandt ſoll ſich ein waßer in ſtein verwandeln. Das habe ich / fieng ich an / im Zips an etlichen brunnen mitt meinen augen geſehen. Doch iſt mir noch ſeltzamer fuͤrkommen die pfuͤtze oder das ſee bey Thor - da in Siebenbuͤrgen / welches / ob es zwar von vnglaublicher tief - fe iſt / dennoch keinen menſchen vnterſincken leßt / er kan ſchwim - men oder nicht.
Dieſes ſindt kunſtwaͤßer / ſagte Nuͤßler / derer eigenſchafften auch jhrer natuͤrlichen vrſachen ſonder zweiffel nicht mangeln / wiewol ſie bey einem leichter zue ergruͤnden ſindt als bey dem an - dern; aber dennoch kommen ſie der fabel des elendes dem menſchen alſo nicht zue ſtaten wie andere / denen die Goͤttinn Higia vndt dieheil -61heilſamen Nimfen eine ſolche krafft vndt art eingepflantzet / wel - che nutzbarkeit vndt fromen bringt. Auß denen auch iſt das liebli - che augenquell bey Cicerons Mayerguete ſo Academie geheißen / darvon ſein frey gelaßener Laurea Tullius faſt deßen innhalts ge - ſchrieben:
Zur Schmelnitz / fieng ich an / etzliche meilen von Caſchaw wirdt das eiſen durch ein quell inner halb wenig ſtunden in ſchlich / vndt dieſer in kupffer verwandelt. Aber wir haben faſt gewonnen; redte ich weiter. Schawet das feſte ſchloß zur rechten handt auff dem hohen berge iſt vorgemeldeter Kinaſt; dort hinein zur lincken liegt die Kemnitz / welche Ihr Gn. Herr Obriſter Schaffgotſch mitt einem herrlichen hauſe vndt luſtigen gebaͤwden nicht wenig geziehret hatt. Gleich fuͤr vns iſt der Warme brunnen / den wir vns zue beſuchen fuͤrgenommen. Ihr koͤnnet auß der luſtigen ge - legenheit des ortes / wo nicht ferren ſo fruchtbare berge vndt huͤ - gel ringes herumb / da zue nechſt der Zacken / hier die gruͤnen wie - ſen ſich anmutig zeigen / leichtlich abſehen / daß die natur diß heil - ſame waßer in ſo ein koͤſtliches landt / als einen fuͤrnemen ſtein inH iijeinen62einen guͤldenen ring / habe verſetzen wollen. Von ſeiner art vndt eigenſchafft laße ich die jenigen reden / denen der geneigte Phebus die geſchickligkeit ſolcher dinge verliehen hatt: es komme auch gleich dieſe waͤrme entweder von einem verborgenen kalckſteine / oder von dem durchdringenden zwange der winde / oder von beſtralung der Sonnen vndt des geſtirnes / oder von der ſchnellen fortſchieſ - ſung vndt gaͤhem abfall / oder von dem heimlichen fewer des erdt - reichs daruͤber das waßer lauffen muß / oder von andern vrſachen her; ſo geben doch die kraͤfftigen vndt heilſamen wirckungen / daß es der geſundtheit des menſchen (welcher wegen auch ſo viel blu - men vndt kraͤuter wachſen mußen / da wir jhr doch mitt einem ei - nigen gewaͤchſe am meiſten ſchaden) fuͤrnemlich zum beſten ge - ſchehe. Taug diß waßer wol zue trincken / ſagte Venator. Des erdtbeches / ſaltzes vndt ſchwefels halben den es fuͤhret / iſt der ge - ſchmack etwas wiederwertig / gab ich zur antwort / auch den au - gen nicht allermaßen dienſtlich. Die jenigen aber / welche ſich et - wan an vnreinen weibesbildern verbrennt haben / wil es gar nicht leiden: vndt melancholiſchen oder choleriſchen leuten bringt es mehr ſchaden als fromen.
Du biſt / fieng Buchner zue mir an / dieſer orten nicht vnbe - kandt. Freylich nicht / ſagte ich; ich habe mich vor etzlichen jharen bey einer hochanſehlichen geſellſchafft zwey monat vber allhier zimlich wol befunden / vndt nicht allein das leben des ſtattlichen krieges heldens Seyfriedens von Promnitz / darvon Venator ein vrtheil zue fellen pfleget deßen meine wißenſchafft nicht wuͤrdig iſt / ſondern auch vnterſchiedene getichte / mehrentheils aber in dem waͤldichinn an dem vfer dortoben / das nechſt dem ſiege iſt / auffge - ſetzt: daß ich alſo erfahren / wie auch vnſere Muſen bey den zarten Najaden nicht vnangenem ſindt.
Vnter63Vnter wehrendem geſpreche kamen wir durch daß dorff an den brunnen von dem wir reden; betrachteten die newe art des bawes / der ſeiner runde vndt anderer weiſe halben einem heidn i - ſchen tempel nicht vngleich ſahe / inwendig aber mitt gemaͤchern vndt ſtuben alſo eingetheilet war / daß jhrer mehr zue ſein ſchienen / weder faſt der raum des ortes ſolte leiden koͤnnen. Mitten innen nun war das berhuͤmbte quell ſelbſt / daß im auffſchießen viel kleine blaſen empor warff / an der farbe aber helle / durchſcheinendt vndt auff art eines weißen ſaffirs etwas blaͤwlicht an zue ſchawen war. Nach dem wir vns nun genungſam erſehen / vndt an dem wunder - wercke der natur augen vndt gemuͤte geſaͤttigt hatten / ehreten wir des gluͤckſeligen quelles halben die einheimiſchen Nimfen vnde waßergoͤttinnen dieſes ortes / des ſchoͤnen bawes wegen aber den Hochwolgebornen vndt werthen Helden Hanſen Vlrichen von Schaffgotſch; zue deßen billichem lobe wir folgenden innhalts ta - feln an die eußere wandt des edelen bawes auff zue hencken / bey vn - ſerem abſchiede / welchen die nunmehr anbrechende Nacht verur - ſachte / ſaͤmptlich gelobeten.
Gedruckt in der Fuͤrſt - lichen Stadt Brieg / durch Auguſtinum Gruͤndern. A. C. 1630.
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