PRIMS Full-text transcription (HTML)
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Die Urſache des Einſchlagens vom Blitze, nebſt deſſen natuͤrlichen Abwendung von unſern Gebaͤuden, aus zuverlaͤßiger Erfahrung von Wetterſchlaͤgen vor Augen gelegt,
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Langenſalza,1769. bey Johann Chriſtian Martini.
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Geneigter Leſer!

Gegenwaͤrtige gelehrte Abhandlung iſt, nachdem ſolche der Hamburgiſchen Ge - ſellſchaft, d. 17. Febr. 1768. oͤffentlich vorgele - ſen worden, einem groͤſſern Werke zum Ein - ruͤcken gewidmet worden, da aber viele Freunde ſolche a parte zu beſitzen, gewuͤnſchet, und mich deshalben oͤfters erſuchet, ſelbige ge - meinnuͤtziger zu machen, und von neuen auf - legen zu laſſen, als habe ich Ihrem Anſu - chen zu befolgen, keinen Anſtoß nehmen wollen. Langenſalza, den 8ten April. 1769.

der Verleger.

B 2§. 1.
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§. 1.

Schon lange habe ich mich gewun - dert, daß man in Europa die Ent - deckung, ſeine Gebaͤude vor dem Blitze zu ſchuͤtzen, bisher ſo we - nig geachtet hat. Ich wuͤnſchte deßwegen, aus Erfahrungen von Wetterſchlaͤgen die Richtig - keit derſelben deutlich vorſtellen und zu weiterer Bekanntmachung eines ſo gemeinnuͤtzigen Vor - ſchlages etwas beytragen zu koͤnnen.

§. 2.

Hierzu ſchien ſich eine Gelegenheit anzubie - ten, als am verwichenen 6ten Aug. 1767. unſer Nicolai Thurm vom Blitze getroffen ward. Ich habe demnach, nebſt Herrn Prof. Buͤſch, einige Beobachtungen von dem Zuge des Blitzes da - bey gemacht, davon auch in unſerer Verſamm -lung5lung Bericht erſtattet worden. Um aber die Sache weiter zu eroͤrtern, habe ich verſchiedene andere Bemerkungen von den Spuren des Blitzes in Vergleichung gezogen, und ſie mit einigen Anmerkungen begleitet. Ich hoffe da - durch im Stande zu ſeyn, die Haupturſache der Gefahr unſerer Gebaͤude bey Wetter - ſchlaͤgen, und die gleichſam von der Natur ſelbſt angezeigten Mittel, ſie abzuwenden, deutlich vor Augen zu legen, und wuͤnſche, daß meine geringe Bemuͤhung zu wuͤrklichem Nu - tzen gereichen moͤge. Ich werde mich in allen Stuͤcken auf ſichere Erfahrungen berufen, und ſie ſo vorzutragen ſuchen, daß eine durch die an - dere erlaͤutert, und der Leſer durch die Zuſam - haltung derſelben alles deſto voͤlliger einſehen moͤge.

§. 3.

Die vorzuͤglichſten zu meinem Zwecke habe ich in den Abhandlungen der Koͤnigl. Engliſchen Geſellſchaft der Wiſſenſchaften gefunden. Da - ſelbſt berichtet z. E. Herr Doct. Heberden*)Vol. LIV, p. 198. die Wuͤrkung eines Wetterſtrahles, welcher 1764. den 18. Jun. die Kirche zu South-Weald in Eſſex, 18. Engliſche Meilen oſtnordoſtlich von London getroffen hat. Der Thurm iſt an der Weſtſeite, und hat an einer Ecke ein kleines angebauetes 8 Fuß hohes Thuͤrmchen, darinn die Treppe hinauf gehet, und auf deſſen mit Bley gedeckter Mauer oben einige eiſerne Stan - gen ſo befeſtiget ſind, daß ſie in der Mitte zu -A 3ſam -6ſammenſtoſſen, und einen Wetterhahn tragen. Auf diefes Thuͤrmchen fiel der Blitz. Der Wet - terhahn und die Stangen ſelbſt ſchienen unbe - ſchaͤdigt: allein die einen Fuß dicke Mauer des Thuͤrmchens, darauf ſie befeſtiget waren; ward gegen Norden, bis an das Bley des Haupt - thurmes, in einer Breite von 4 Fuß, welche beynahe den dritten Theil des Umfanges aus - machet, ganz zerſchmettert. Der Strahl ging auch noch bey der Kirche herunter; und man fand, daß ſowohl an der weſtlichen, als an der Oſtſeite, eben da, wo die bleyernen Rinnen, welche vom Kirchdache herunterkommen, ſich bey einem Fenſter, darinn aufrecht eiſerne Stan - gen ſind, endigten, die Kirchenmauer beſchaͤdi - get, und unterwaͤrts bey den Stangen geſpal - ten worden. An der oͤſtlichen Seite war in - wendig an der Mauer bey dieſer Stelle eine eiſerne Klammer eingeſchlagen, darauf ein groſ - ſer Gemaͤhlderahmen ruhete. Um dieſes Eiſen zeigte ſich auch die Wuͤrkung des Blitzes, in - dem ſowohl die Vergipſung daſelbſt von der Mauer heruntergeworfen, als auch beſagter Rahmen da, wo er auf der Klammer ruhete, zerſchmettert war.

§. 4.

Wir koͤnnen hierbey vorlaͤufig anmerken: 1) daß der Blitz nach dem Metalle gefahren ſey: 2) ſo weit er eine Strecke von Metall ge - funden, keinen Schaden ausgeuͤbet: 3) da aber, wo das Metall aufhoͤrte, oder wo einzelne Stuͤcke Metall in andern Koͤrpern geſtecket,theils7theils einen Sprung nach weiterem nahe gele - genen Metalle gethan, theils die andern Koͤr - per, als Steine oder Holz, welche an dem Me - talle angelegen, zerſchmettert habe. Dieſes ſind Wuͤrkungen, welche unſere Aufmerkſam - keit erfodern: man hat ſie ſchon vielfaͤltig bey dem Blitze wahrgenommen, und ſie werden noch ferner durch folgende Beobachtungen er - laͤutert und beſtaͤtiget.

§. 5.

An demſelbigen Tage, da der ebenbemeldete Schlag geſchehen, beynahe 3 Stunden ſpaͤter, kam ein Gewitter in London, welches verſchie - denen Schaden verurſachte. Ein Blitz traf den ſchoͤnen Brigitten Thurm, (St. Bride’s Steeple) welcher ganz von gehauenen Steinen gebauet iſt, aus verſchiedenen mit Saͤulen gezierten und mit Schwibboͤgen durchbrochenen Abſaͤtzen beſtehet, und zur Spitze eine gleichfalls aus Quaderſtei - nen zuſammengeſetzte Pyramide hat. Die Um - ſtaͤnde ſind von Herrn D. Watſon und Herrn Delaval genau beſchrieben, auch, da 85 Fuß vom Thurme haben abgenommen werden muͤſ - ſen, nach Unterſuchung aller beſchaͤdigten Theile, mit Abzeichnungen erlaͤutert*)Phil. Tranſ. Vol. LIV. p. 209. und p. 227.. Oben auf der Spitze ſtand ein Kreutz; welches nebſt der Wet - terfahne und dem Knopfe, von vergoldetem Ku - pfer und an einer eiſernen Stange befeſtiget war. An dem oͤbern Theile des Kreutzes zeigte die entfaͤrbte und abgeriſſene Vergoldung, wie auch einige Stellen, daran etwas geſchmolzenA 4war,8war, daß es vom Blitze getroffen ſey: ſonſt war das Kreutz, die Fahne und der Knopf und die Stange nicht beſchaͤdiget. Es war dieſe Stange 2 Zoll dick, auf 10. Fuß tief in den Steinen der Thurmſpitze eingefaſſet und mit Bley umgoſſen. Die oͤbern Steine, darinn die Stange ſteckte, hatte auch noch nicht gelitten: da aber, wo die Stange aufgehoͤret, hatte der Blitz angefangen, ſeine ſchmetternde Kraft zu zeigen, den Stein, darauf die Stange ruhete, durchgeſchlagen, und nebſt den umliegenden, in verſchiedene Stuͤcke zerſprenget, auch einige groſſe Stuͤcke vom Thurme weggeworfen. Darauf hatte er, etwas weiter unten, einige eiſerne Klammern an den Quaderſteinen der Thurm - ſpitze, und noch tiefer eiſerne rund um in den Steinen verſteckte Verbindungsanker angetrof - fen. Es war ferner von einer Weite zur andern eine Menge Eiſenwerk in dieſem Thurme ange - bracht, um die noͤthige Feſtigkeit zu erhalten. So wurden nicht allein die Schwibboͤgen und[ Fenſtergeſimſe] mit eiſernen Querſtangen gehal - ten, ſondern es lagen auch ein Paar Roſte von eiſernen Stangen, der eine unter der Pyramide, der andere unter dem naͤchſten Abſatze, quer durch den Thurm, und ſolche waren gleichfals rund umher mit eiſernen Ankern, welche man in den gehauenen Steinen befeſtiget hatte, ver - bunden. Nun zeigte es ſich klaͤrlich, wie der Blitz von einem Eiſen zum andern geſprungen ſey, um die Enden derſelben ſich ausgedehnet, und bey ſolchen Stellen, wo er an ſeinem Fort -gange9gange gehindert worden, die Steine theils ge - waltig zerſchmettert, theils ganz abgeſchlagen habe. Ueberhaupt aber war die Gewalt des Strahls, von oben an, bey jedem Abſatze des Thurms, deren man fuͤnfe beſchaͤdiget fand, nach gerade geringer worden*)l. c. p. 211. ſq. p. 230. ſq. , und die letz - ten Wuͤrkungen zeigten ſich in der Gegend der Glocken.

§. 6.

Herr Watſon und Herr Delaval ma - chen hiebey die richtigen Anmerkungen: 1) Daß eine ſolche Helmſtange oder Kreutz, als ein Metall, welches hoch in der Luft erhaben iſt, die vorbeyfahrende Materie eines Blitzes leicht auffangen und ſammlen koͤnne: 2) Daß, wenn keine metallene Leitung davon bis zur Erde her - unter gehet, ſolche Stangen einen Thurm oder anderes Gebaͤude wuͤrklich in groſſe Gefahr ſe - tzen, da wir ſehen, daß die Materie des Blitzes durch Steine und Holz ſchwerlich und nicht leicht ohne Schaden hingehet: 3) Daß auch die abgeſonderten Anker, Stangen oder andere Stuͤcken Metall, welche hie und da in einem Gebaͤude liegen, bey ſolchen Umſtaͤnden ſehr ge - faͤhrlich ſeyn koͤnnen, weil der Blitz von einem Stuͤcke Metall zum andern ſpringet, und die anliegenden Koͤrper zerſchmettert, oder gar ent - zuͤndet: 4) Daß man alſo nicht genug er - mahnen koͤnne, von dem Gipfel der Gebaͤude ja ein aneinanderhangendes Metall ganz bis in die Erde, oder vielmehr bis in einA 5Waſſer,10Waſſer, herunter gehen zu laſſen, wie ſolches Herr D. Franklin gerathen hatte, weil der Blitz alsdann an dem Metalle ohne Schaden frey herunter faͤhret, und das Gebaͤude verſchonet.

§. 7.

Dieſes iſt es, was man eine Ableitung des Blitzes nennet. Daß uns die Natur derglei - chen Schutz wuͤrklich anzeige, und eben die Ei - genſchaft der Metalle, den Blitz zu ſammlen oder anzulocken, welche ſo oft, wie in oberwehnten Beyſpielen, wo das Metall zerſtreuet gelegen, Schaden verurſachet hat, auf ſolche Weiſe zur Bedeckung und Sicherheit unſerer Gebaͤude dienen koͤnne, werden folgende Beobachtungen von Wetterſchlaͤgen, dabey ſchon ein merklicher Theil der Gebaͤude durch ein zuſammenhaͤn - gendes Metall beſchuͤtzet worden, klaͤrlich er - weiſen.

§. 8.

Wir wollen demnach itzt die Spuren des Wetterſtrahles, welcher auf hieſige Nicolai Kirche gefallen iſt, in Erwaͤgung nehmen, da die Beſchaffenheit, ſowohl der Beſchaͤdigung als der Verſchonung, aus dem, was bisher angefuͤhret worden, nunmehr leicht zu verſtehen ſeyn wird. Der Thurm iſt bey 420 Fuß hoch: die 216 Fuß hohe Spitze deſſelben, welche auf ihrer Helmſtange einen Knopf und Fahne mit einem Kreutze traͤget, iſt bekanntlich, wie bey unſern andern Thuͤrmen mit Kupfer gedecket. Dieſe Kupferdecke gehet von dem Knopfe an, bisan11an das Geſimſe ununterbrochen fort*)Es iſt dieſer Thurm bey uns beruͤhmt, weil die Spitze, welche ſich bey den Pfeilern der Laterne ganz ſchief gedrehet hatte, von dem Hrn. Baumeiſter Sonnin wieder gerade ge - richtet worden, davon die mit beſonderem Vortheile dazu angewandte Hebezeuge kuͤnftig bekannt gemacht werden ſollen.. Die Knoͤpfe ſind von ſtarkem Kupfer. Beyde Zwi - ſchenboͤden, die Stender der Laterne und ihre Zwiſchenboͤden, ſind alle ſehr wohl mit Kupfer beſchlagen. Unter dem Geſimſe iſt eine acht - eckige 16 Fuß hohe Mauer, deren Ecken mit Quader-Steinen ausgeſetzet ſind: die uͤbrige Mauer des Thurms bis an die Erde iſt viereckt, und oben mit einer Gallerie verſehen, deren Fuß - boden ganz mit Kupfer beleget iſt. Ich ver - muthete, oben bey dem Knopfe die Zeichen des Blitzes wahrnehmen zu koͤnnen, weil die Ver - goldung daran erſt vor 6 Jahren neu gemacht, und noch von gutem Glanze iſt. Nachdem ich nun ein Fernglas genommen, zeigte ſich ſogleich, auf der oͤbern ſuͤdoſtlichen Seite des Knopfes, ein groſſer Fleck, daran die Vergoldung erlo - ſchen und ſchwarz geworden, und deſſen Unter - ſchied von den uͤbrigen ſo kenntlich iſt, daß man ihn auch mit bloſſen Augen ſehen kann. Indem alſo der Wetterſtrahl auf die Helmſtange gefah - ren, und dieſe mit dem Kupfer des Daches ver - bunden iſt, ſo konnte die Materie des Blitzes ungehindert laͤngſt der kupfernen Bedeckung her - unter laufen: allein, da, wo die Kupferdeckebey12bey der achteckigen Mauer, aufhoͤret, mußte ſie einen Sprung thun. Hier fand ſich aber gleich anderes Metall in der Naͤhe, welches ſie ergrei - fen konnte. Unſere Gothiſchen Thuͤrme ſind alle ſehr ſtark mit eiſernen Ankern verwahret, und hier iſt nicht allein das Achteck, welches uͤber der viereckten Mauer auf Boͤgen ruhet, ſondern auch der Obertheil der viereckten Mauer, wel - cher halb alt, halb neu iſt, ſehr vielfaͤltig im Mauerwerke verankert*)Die alte Thurmſpitze dieſer Kirche ward 1589. des Nachts, zwiſchen dem 12ten und 13ten Ju - lii durch einen Wetterſtrahl entzuͤndet und ab - gebrannt. Es ward eine anſehnliche Spitze darauf wieder erbauet. Da aber das Mauer - werk durch die Feuersbrunſt ſehr beſchaͤdigt und muͤrbe geworden, auch mit zu ſchwachem Fundamente verſehen war, ſo konnte es die - ſelbe nicht tragen, und man war, um Scha - den und Umſturz zu verhuͤten, genoͤthiget, den Thurm wieder abzunehmen. Dieſes wird in der, bey noch waͤhrender Abtragung der Thurm - ſpitze, 1644. den 9. Aug. gehaltenen Predigt des Hrn. Paſt. Lehmann, welche in ſelbigem Jahre zu Luͤneburg, bey Stern, in 4to ge - druckt worden, erzehlet. Bey ſolcher Gelegen - heit wird alſo der ſchadhafte Theil abgebrochen, ein neues, vermuthlich wohlgerammtes Funda - ment auf der weſtlichen, theils auch ſuͤdlichen und nordlichen Seite angeleget, und das zu ſe - hen ſeyende neue Stuͤck an obbenannten Seiten aufgezogen und verankert ſeyn, deſſen ungeach - tet, doch anſehnliche Borſten in Suͤden und Norden ſich zeigen.. Hiezu koͤmmt. daß nicht allein alle Balken und Schwellen des Holz -werkes13werkes, womit ſowohl das Achteck, als auch das Viereck, ſehr reichlich ausgebunden iſt, mit vie - lem Eiſen in die Mauer verankert, ſondern auch die Stender ſowohl unter ſich, als auch mit der obern Spitze durch Eiſen verbunden ſind. An der nordoſtlichen Ecke des Achtecks fanden ſich Spuren, daß die Materie des Blitzes an einem ſolchen zu Ende des Kupferdaches nahe am Ge - ſimſe liegenden Anker herunter gefahren, den Anker an dem unmittelbar darunter ſtehenden Stender wieder ergriffen, und von demſelben ſowohl, als von der daran ſtoſſenden Bretter - verkleidung, Stuͤcke abgeſplittert hatte. Daſelbſt war auch durch die achteckige Mauer, am Fuſſe derſelben, wo auſſen der mit Kupfer bedeckte Fußboden der Gallerie anſtoͤſſet, bey den Qua - derſteinen ein Loch durchgeſchlagen. An der nordlichen Ecke haben wir nichts bemerken koͤn - nen. Es muß aber der Strahl unter dem be - meldeten kupfernen Fußboden der Gallerie in die verborgene Anker der viereckigten Mauer gefah - ren ſeyn. Daher konnte man ſeinen Gang nicht eher wieder nachſpuͤren, bis an einem in - wendigen nordweſtlichen Bogen der Mauer, gegen uͤber, davon ein groſſes Stuͤck abgeſpren - get war. Bey dieſer Ecke war er, noch etwas tiefer in der Mauer, nach der Nordſeite herun - ter gegangen. Bey ſeinem Ausgange daſelbſt zeigte es ſich deutlich, daß er die Anker ergriffen hatte: denn hier war auswaͤrts ein ſenkrechtes in der Mauer verſtecktes Ankereiſen ein Paar Fuß lang entbloͤſſet zu ſehen, indem die Mauer -ſteine,14ſteine, damit es bedecket geweſen, durch den Blitz abgeſprenget worden Unterwaͤrts war auch eine Ritze in der Mauer, welche von be - meldetem Ankereiſen an, faſt 25 Fuß lang her - unter reichete. Hier fand nun der Blitz wieder Metall in der Naͤhe. Es liegt naͤmlich zwiſchen dem Thurme und dem nordlichen Kirchendache eine mit Bley ausgeſchlagene Rinne. Das Dach aber und beyde daneben ſtehende Daͤcher ſind nicht mit Kupfer, ſondern mit Ziegeln ge - decket. Von dieſer Rinne gehet ein kupferner Ausguß in ein Waſſerbehaͤltniß von gleichem Metalle, welches auf dem Kirchenboden ſtehet: und von da iſt wieder, um das uͤberfluͤßige Waſ - ſer abzuleiten, eine gleichfals mit Bley ausge - fuͤtterte Rinne quer uͤber den Kirchenboden ge - fuͤhret. Aus dieſer wird das Waſſer in eine bleyerne Roͤhre geleitet, die an der Mauer her - unter uͤber das Dach eines Angebaͤudes fortge - het, und in einer hoͤlzernen viereckten Roͤhre ſich endiget, welche mit einer eiſernen Klammer an dem Eckſtender des Hauſes befeſtiget war. So weit nun dieſer Zuſammenhang von bley - ernen Rinnen und Roͤhren gehet, war weder unterwaͤrts der Thurm, noch das Kirchenge - baͤude, noch das Angebaͤude beſchaͤdiget, auſſer, daß von einem Sparren ein Stuͤck abgeſplit - tert, und einige Dachziegel abgeworfen worden. Unten aber in dem angebauten Hauſe hatte ſich der Schlag wieder merklich geaͤuſſert, und ver - ſchiedenes auf eine ſonderbare Weiſe zerſchmet - tert, welches zu beſchreiben nicht zur Haupt -ſache15ſache dienet, da unſer Zweck hier nur iſt, den eigentlichen Zug des Blitzes auszuſpuͤren. Nun zeigte es ſich klaͤrlich, daß die Wuͤrkung deſſel - ben eben dabey dem Eckſtender angegangen, wo durch obbemeldete Klammer die hoͤlzerne Roͤhre daran[ befeſtiget] war. Denn erſt von da an unterwaͤrts war der Stender geſpalten, und nebſt andern Spuren fand man auch, daß ein Stuͤck Bley, welches etwas tiefer im Wege dieſer Spaltung auf einer Fuge genagelt war, angeſchmolzen, und ein Nagel aus ſelbigem heraus geriſſen worden*)Ueberdem waren die Balkenkoͤpfe bey dieſem Stender mit Bley beſchlagen, dadurch der Strahl angelocket und in das Haus geleitet werden konnte.. Ich wuͤnſchte dem - nach das Ende der bleyernen Roͤhre zu unterſu - chen. Als man ſie nun aus der hoͤlzernen heraus nahm, fand ſich, daß ſie an der Seite, wo die Klammer auſſen befeſtiget geweſen, etwas an - geſchmolzen war, und an der andern Seite hatte ſie alte eingeſchmolzene Loͤcher, welche viel - leicht von einem vorigen Blitze herruͤhren. Denn es iſt merkwuͤrdig, daß im Jahre 1748. ein Wetterſtrahl in eben dieſes Haus, und ein an - derer 1764. in ein an beſagten Eckſtender an - ſtoſſendes, gleichfals an der Kirchenmauer an - gelehntes Gebaͤude gefahren war; ſo, daß alſo der Blitz ſchon zu mehrern malen bey dieſer Kirche denſelben Zug genommen hat**)Man erzehlet, daß es auch in aͤlteren Zeitenſchon. Ausoben16oben gegebener Nachricht erhellet nun auch bey dieſem Wetterſtrahle, daß er dem Metalle ge - folget ſey. Die Verſchonung des ganzen Zwi - ſchenraums, wo ſich aneinander haͤngendes Metall gefunden, als naͤmlich, vom Knopfe des Thurms an, ſo weit die kupferne Bedeckung gehet, imgleichen von der Thurmmauer an, ſo weit die bleyernen Rinnen gereichet, und die, am Ende derſelben, ſich wieder aͤuſſernde Ge - walt des Schlages, muß jedem, der nachden - ken will, merkwuͤrdig ſcheinen.

§. 9.

Ich will indeſſen, zum Beweiſe der Leitung des Blitzes an bleyernen Rinnen, noch einen andern Fall aus obgedachten Engliſchen Ab - handlungen anfuͤhren*)Dieſer wird von Dr. Lawrence Phil. Tranſ. Vol. LIV. p. 235. beſchrieben.. Es betrifft die Wuͤr - kung eines Wetterſtrahls, der an eben dem Tage, da der Brigitten-Thurm getroffen wor - den, zu London, in der Eſſex-Straſſe, welche nach der Themſe hingehet, eingeſchlagen hat. Hier wurden von den beyden Eckhaͤuſern an, deren Schorſteine zerſchmettert worden, ver - ſchiedene Haͤuſer an beyden Seiten der Gaſſe beruͤhret. Es hatten naͤmlich dieſe Haͤuſer ne - ben einander, vorne an dem Dache eine bleyerne Rinne vor der Trauffe liegen, laͤngſt welcherman**)ſchon geſchehen ſey. An der nordlichen Mauer, wo vom letzteren Blitze eine Ritze gemacht war, ſchienen auch aͤltere Spuren an den Mauer - ſteinen ſich zu zeigen.17man merken konte, daß der Blitz an der Weſt - ſeite auf 30 Yards, d. i. 96. Hamburger Fuß, lang hingelaufen war, indem er daſelbſt an einer bleyernen Roͤhre, die das Waſſer von dem Dache herableitete, herunter gefahren. Am Ende dieſer Roͤhre zerriß er den hoͤlzernen Ka - ſten, darin ſie eingeleitet war, zerſchmetterte auch etwas von der Mauer bey dieſer Stelle, machte ſie ſchwarz, und zerbrach verſchiedene Fenſter - ſcheiben in dem daran ſtoſſenden Kuͤchenfenſter. An der Oſtſeite lief der Strahl gleichfals erſt von dem beſchaͤdigten Eckhauſe bey einer bleyer - nen Rinne nach hinten gegen Oſten herunter. Da aber dieſe nicht bis auf die Erde ging, und beynahe 3 Fuß davon ein eiſernes Gelender, an einer ſteinernen Treppe zum Garten, gelegen war, ſo ward ſolches vom Blitze ergriffen, und unten bey den beyden eiſernen Stangen, die das Gelender tragen, ein Stuͤck Stein von der Trippe abgeſchlagen. Vorne nach der Gaſſe zu hatten dieſe oͤſtlichen Haͤuſer, eben ſo wie von den gegenuͤberſtehenden gemeldet worden, eine bleyerne Rinne neben einander vor der Trauffe liegen. Laͤngſt dieſer war der Blitz die Gaſſe hinauf 70. Yards, d. i. 220 Fuß, weit gelau - fen, bis er hier abermals, bey einem eiſernen Gelender einen Stein zerſchlagen. In dem Zwiſchenraume, ſo weit naͤmlich die Materie des Blitzes durch die bleyernen Rinnen gelei - tet war, iſt keine Beſchaͤdigung bemerket worden.

B§. 10.18

§. 10.

Aus dieſen Beobachtungen koͤnnen wir ge - nugſame Folgen ziehen: ich werde aber noch jeden Punkt durch fernere Erfahrungen beſtaͤti - gen*)Dabey muß ich erinnern, daß die wuͤrklichen Beobachtungen aus glaubwuͤrdigen Schrift - ſtellern getreulich anfuͤhren werde, ohne mich indeſſen an die verſchiedenen Vorſtellungen und Erklaͤrungen zu binden, wenn mich der Zuſam - menhang der Erfahrungen, anders davon zu denken, leitet, und ohne die Meinungen dieſer Schriftſteller zu widerlegen.. Es war zwar ſchon von alten Zeiten her angemerket worden, daß der Blitz oft mit Vorbeygehung anderer Koͤrper, auf Metalle ge - fallen ſey: allein, man hatte keinen Nutzen daraus zu ziehen gewußt. Dem vortreflichen Naturforſcher, Dr. Franklin in Philadelphia, haben wir endlich die wichtige Entdeckung zu danken, wie man aus der beobachteten Eigen - ſchaft des Blitzes, daß er vor allen feſten Koͤr - pern dem Metalle nachfolget, und auch ungehin - dert dadurch faͤhret, ſeine Gebaͤude zu beſchuͤ - tzen lernen koͤnnte**)S. ſeine New Experiments and obſervations on Electricity. 2. edit. Lond. 1754. 4. Der Auszug, den Hr. Mylius in den Phyſikal. Beluſt. im 17ten St. p. 459. aus dieſem Werke giebet, und die Franzoͤſiſche Ueberſetzung ſind hie und da unrichtig ausgedruͤckt.. Seine Landesleute ſind gleich bereit geweſen, guten Rath anzunehmen, und ſie haben ſich ſehr wohl dabey befunden. Er war aber auch auf dieſe Gedanken zuerſtdurch19durch die beobachtete Aehnlichkeit des Blitzes mit den elektriſchen Erfahrungen, dabey er vor - zuͤgliche Scharfſinnigkeit bezeiget hat, gefuͤhret worden, und ſie wurden hernach auch durch Be - merkungen bey wuͤrklichen Wetterſchlaͤgen viel - faͤltig beſtaͤtiget. So erzehlet er z. E.*)Phil. Tranſ. Vol. XLIX. p. 307. eine Beobachtung von einem Thurme zu Newbury in Neuengland, welcher von Holz gebauet, und mit der Spitze 140. Fuß hoch war. In deſ - ſen Mitte hing die Stundenglocke. Als nun 1754. ein ſtarker Wetterſtrahl auf dieſen Thurm fuhr, ward die hoͤlzerne Spitze, welche 70 Fuß uͤber die Glocke erhaben war, und oben eine Wetterfahne trug, gaͤnzlich in Stuͤcken, und aus einander geſchlagen. Von dem Hammer der Glocke aber ging ein duͤnner eiſerner Drath durch zween Boͤden zur Uhr, welche 20 Fuß niedriger im Thurm war. Dieſer ward bis auf die beyden Enden gaͤnzlich vom Blitze zerſtaͤubet. Hernach war der Strahl noch laͤngſt der Pen - dulſtange von der Uhr, welche als eine Schreib - feder dick war, herunter gegangen. So weit nun theils der duͤnne obgleich vom Blitze zer - ſchmolzene Drath, theils die Pendulſtange, welche unverſehrt geblieben, heruntergereichet, war das Gebaͤude nicht beſchaͤdiget, und nur einige Zeichen von dem Zuge des Blitzes daran zu ſehen, unterwaͤrts aber war es bis auf die Grundmauer wieder ſehr zerſchmettert. Es ſind auch an andern Orten verſchiedene aͤhnliche Be -B 2mer -20merkungen von der Leitung eines Wetterſtrahls durch metallene Draͤthe, und dergl. gemacht worden*)Ich kann hiebey auch anfuͤhren, was ich 1760. bey der von einem Blitze getroffenen Kirche zu Altona beobachtet habe. Die Umſtaͤnde des er - ſten Einbruchs in die Kirche, welche ich damals verhindert ward zu betrachten, werde ich unten (§. 13. not. *) erwaͤgen. Was mich aber beſon - ders aufmerkſam machte, waren verſchiedene Reihen von kleinen Loͤchern, welche hie und da in gerader Linie, und gleichſam mit gemeſſenem Abſtande, uͤberall an der Gipsdecke der Kirche zu ſehen waren. Ich vermuthete bald, daß der metallene Drath, deſſen ſich die Gipſer bedie - nen, die Rethe, darauf der Gips haften ſoll, zu befeſtigen, darunter ſtecken wuͤrde. Als ich nun an einem Orte, wo ich hinzu kommen konn - te, es zu ſehen und zu fuͤhlen, hinan ſtieg, fand ich es auch in der That. Die Loͤcher waren da, wo man die kleinen Naͤgel zur Befeſtigung des Drathes eingeſchlagen hatte, und an einigen Stellen, wo ein Stuͤck Drath an das andere gefuͤget war, fanden ſich groͤſſere Flecke aus dem Gipſe ausgeriſſen. Hier hatte alſo der Blitz durch den Drath ſich uͤber die ganze Kirche verbreitet, und bey jedem Nagel einen kleinen Abſatz gemachet. Das Holzwerk, darauf die Naͤgel geſchlagen, war unbeſchaͤdiget. Ich fuͤrchte aber, da mancher Nagel durch den her - anfahrenden Blitz abgeſchlagen ſeyn kann, und man nur beſchaͤftiget war, die Loͤcher gleich wie - der zuzuſchmieren, daß die Gipsdecke einmal Gefahr laufen koͤnne abzufallen..

§. 11.21

§. 11.

Wenn man nun ſolche Erfahrungen nuͤtzlich anwenden, und unſere Gebaͤude, insbeſondere die Kirchthuͤrme, welche ſo ſehr der Gefahr, von einem Wetterſtrahle getroffen zu werden, ausgeſetzet ſind, davor in Sicherheit ſtellen wollte, ſo ſcheinet es ohne Schwierigkeit ge - ſchehen zu koͤnnen. Wir ſehen, daß ſchon hie und da einige Theile eines Gebaͤudes bey einem einfallenden Wetterſchlage durch eine Strecke von Metall ſind beſchuͤtzet worden: wuͤrde dem - nach der Blitz auſſen am Gebaͤude bis in die Erde herunter aneinanderhaͤngendes Metall vorfin - den, ſo verſchonte er das ganze Gebaͤude. Die kupferne Bedeckung unſerer Thuͤrme, daran der Blitz aͤuſſerlich herunter fahren kann, dienet ſchon, ſo weit ſie reichet, der Spitze zur voͤlli - gen Beſchuͤtzung. So zeiget die Spur am Knopfe des Nicolai-Thurmes, daß der Blitz ihn oben getroffen habe: die Arbeitsleute, welche zur Zeit des Gewitters auf dem Thurme unter der Uhr ſich aufhielten, verſichern auch, daß ſie bey dem Schlage einen Dampf, als eine Wolke, inwendig herunter kommen geſe - hen, und dabey ganz betaͤubet geworden. In - deſſen iſt an der Spitze keine Beſchaͤdigung zu ſpuͤren, bis da, wo das Kupferdach aufhoͤret, ohngeachtet ſo viel trockenes Holzwerk uͤber und uͤber am Thurme mit dem Kupfer bedecket iſt. Man wundere ſich nicht, daß hier keine andere Spur, als an der Vergoldung des Knopfes, zu finden geweſen: denn der Blitz konnte ſich ſo -B 3gleich22gleich an dem ganzen kupfernen Dache aus - breiten. Wir haben geſehen, daß ſogar an dem Londoner Brigitten Thurme, wo er doch nur die Helmſtange vorfand, darinn er ſich ſamm - len konnte, und von da er hernach einen Sprung zu weiterem Metalle thun mußte, das Kreutz oben nur ein wenig beſchaͤdiget worden*)S. oben §. 5.. Ueber - haupt muß ich die Anmerkung machen, daß man die Beſchuͤtzung der Gebaͤude durch Metalle des - wegen bisher ſo wenig beobachtet hat, weil man den Weg des Blitzes, und die Stelle, wo er das Gebaͤude getroffen, nur da aufgeſuchet, wo er Schaden gethan hatte. Daher wurde der Dienſt, welcher den uͤbrigen Theilen durch das Metall geleiſtet war, aus der Acht gelaſſen. Al - lein, wenn eine Strecke Metall, dadurch ein Wet - terſtrahl faͤhret, nicht gar zu duͤnne iſt, ſo muß man die Beſchaͤdigung nicht in dem Raume des Metalles, ſondern nur an den Enden vermuthen, wie oben von den bleyernen Rinnen und von der Pendulſtange erwaͤhnet worden. Durch wei - tere Beobachtungen wird man alſo jederzeit fin - den, daß, wenn ein mit Kupfer oder anderem Metalle gedeckter Thurm vom Blitze entzuͤndet oder ſonſt beſchaͤdiget worden, ſolches tiefer her - unter, als das metallene Dach reichet, geſche - hen ſey. Ich habe dieſes ſchon bey verſchiede - nen ehemaligen Wetterſchlaͤgen, dadurch hie - ſige Thuͤrme getroffen ſind, nachgeſpuͤhret undmich23mich davon uͤberzeuget*)Der Michaelis Thurm ward 1750. den 10 Maͤrz nicht oben an der Spitze, ſondern unten am Kupferdache vom Blitze in Brand geſetzet. Bey andern Wetterſchlaͤgen, die nicht gezuͤndet haben, laͤßt ſich der beſchaͤ - digte Ort noch beſſer bemerken. Ich finde aber bey keinem eine Spur, daß eine ſolche Thurmſpitze verletzt waͤre. Verſchiedener Schlaͤ - ge am Nicolai Thurm habe ich ſchon erwaͤhnet. Der hieſige Dohms Thurm ward auch vor et - wa 20. Jahren vom Blitze getroffen, und das Eiſen von einer Fenſterklappe, welche ſich an der Mauer befand, ausgeriſſen, ſonſt aber kein merklicher Schaden verurſachet. Ein Paar merkwuͤrdige Donnerſchlaͤge an unſerm Petri Thurme, und den Zug des Blitzes bey der Kir - che zu Altona werde ich unten (§. 13. not. *) noch beſchreiben.. Es iſt auch noch zu bemerken, daß ſich der Blitz bey unſern Thuͤr - men in dem weiten Umfange des Kupferdaches ſchon ſo zerſtreuet, daß der Schaden, welchen er an dem uͤbrigen Gebaͤude verurſachet, nur von geringer Bedeutung iſt, wenn er nicht zuͤn - det, welches aber vielleicht auf einem kleinen Flecke geſchehen kann**)Im Michaelis Thurme hatte es ſchon eine Stunde lang gebrannt, ehe man die Flamme gewahr wurde.. Daß ich dieſe Ver - ſchonung unſerer Thurmſpitzen nicht ohne Grund dem metallenen Dache zuſchreibe, wird noch mehr erhellen, wenn wir die Wuͤrkung der Wetter - ſchlaͤge an andern Thuͤrmen, die nicht mit Me - tall bedecket ſind, in Vergleichung ziehen: dennB 4dieſe24dieſe werden vom Blitze erſchroͤcklich zerſchmet - tert. Solches ſehen wir an den von Steinen gebauten Thuͤrmen, wie oben vom Br[ig]itten - Thurme zu London, und vom Thurme zu Southweald gemeldet worden. So geſcha - he es auch an zween ſtark gebauten Thuͤr - men in Cornwall, welche angebauete Thuͤrm - chen hatten, darauf metallene Kreuze ſtun - den, der eine zu Ludgvan, der andere zu Breag*)S. Philoſ. Tranf. Vol. LII. P. 2. p. 507.. Eben ſo gehet es, wenn Thuͤrme mit hoͤlzernen Schindeln oder Schieferſteinen gedeckt ſind, wie vom Thurme zu Newbury erwehnet worden, imgleichen 1748. am Thurme zu Witzendorf**)Davon man die Beſchreibung, welche bey der Predigt des Hrn. Paſt. Carſtens befindlich iſt, im Hamb. Magazin IX. B. p. 301. eingeruͤckt findet. Es zeiget ſich, daß der Strahl erſt die Helmſtange, welche bey dem Knopfe ab - gebrochen, und darauf die Naͤgel an den Schindeln ergriffen habe, da ihrer eine Menge herausgeriſſen worden. Die ausdehnende und zerſprengende Wuͤrkung des Schlages mußte dabey nach allen Seiten, wo am wenigſten Wi - derſtand war, geſchehen Man ſiehet ferner, daß der Blitz mitten am Thurme die Schindeln verlaſſen und unterwaͤrts nicht weiter abge - ſchlagen habe, weil daſelbſt die Stunden Glo - cke hing, darauf er, als auf ein groͤſſeres Me - tall hingelocket worden, und die eiſerne Kette, welche von der Uhr zu dem Hammer der Glocke ging, zerriſſen hatte., vor ein Paar Jahren in dem Dorfe Steinbeck, auf unſerer, Nachbar -ſchaft,25ſchaft, und 1739. zu Haarburg*)In eben der Nacht, als der Pulverthurm zu Bremen vom Blitze entzuͤndet ward. wo die hoͤlzernen Daͤcher der Thuͤrme ſehr zerriſſen, und 1747. zu Parts am groſſen Auguſtinerthurme, wo alle Schieferſteine, damit das Dach deſſel - ben gedecket war, herunter geworfen wurden**)Die Beſchreibung wird beym Poncelet, ſur la Formation du Tonnere c. XI. p. 103. aus einer oͤffentlichen Nachricht damaliger Zeit angefuͤh - ret. Der Wetterhahn, darauf der Strahl ge - fallen, ward dabey in verſchiedene Stuͤcke zer - brochen.. Eine Ausnahme moͤchte vielleicht vorfallen, da auch eine mit Metall gedeckte Thurmſpitze be - ſchaͤdiget werden koͤnnte: wenn naͤmlich etwas Eiſen in dem Sparrwerke nahe an die Helm - ſtange anſtieſſe, und dieſe hingegen mit dem Kupferdache nicht zuſammenhinge. Alsdann koͤnte man befuͤrchten, daß der Blitz in den Thurm hineingeleitet werden moͤchte. Zur Vor - ſicht waͤre demnach zu rathen, daß, wenn das Metall des Daches nicht wuͤrklich an die Helm - ſtange anſtieſſe, wie es doch gemeiniglich thut, man eine metallene Verbindung dieſer Theile mache, und wenn inwendig im Thurme irgend ein anderes Metall nahe an der Helmſtange laͤge, das unterſte Ende deſſelben mit dem aͤuſſe - ren Metalle am Dache verbunden wuͤrde. Wenn aber ein Thurm neu gebauet wird, ſo ſolte man verhuͤten, daß inwendig kein[ Eiſenwerk] in der Naͤhe der Helmſtange angebracht wuͤrde. SoB 5waͤre26waͤre alſo die Spitze geſichert. Nun muͤſſen wir nur dem Blitze auch von dem unterſten Ende des metallenen Daches einen leichten Aus - gang verſchaffen, daß er keinen Sprung in das Gebaͤude thue, ſondern durch ferneres Metall auſſen herabgefuͤhret werde. Hiezu waͤre nur noͤthig, von dem Kupferdache an, wenn deſſen Theile naͤmlich ſich auch bey allen Abſaͤtzen des Thurmes beruͤhren, etwa an den vier Ecken ei - nen dicken kupfernen Drath, oder ſonſt ein Stuͤck Metall, herabgehen zu laſſen, bis es die bleyernen Rinnen, welche vom Thurme oder von der Kirche heruntergehen, erreichete. Wenn das Kirchdach mit Metall gedecket waͤre, davon hernach die bleyernen Rinnen heruntergingen, ſo brauchte nur ein Verbindungs - oder Ablei - tungsmetall vor dem Thurmdache bis zum Kir - chendache angebracht zu werden. Man verſte - het leicht, daß dieſe Rinnen oder Roͤhren auch in eins herunter fortgehen muͤſſen, oder, wenn ſie ſich nicht beruͤhrten, ſo ſolte man gleichfalls mit einem Stuͤcke Metall die Verbindung ma - chen, um allen Sprung der Gewittermaterie zu verhuͤten. Daß der Blitz, ſo weit er laͤngſt bleyernen Rinnen laufen koͤnnen, keinen Scha - den gethan habe, iſt oben ſchon aus verſchiede - nen Erfahrungen bewieſen. Man muͤßte alſo endlich nur von dem unterſten Ende der Rin - nen auch einen metallenen Drath oder Strie - men Bley herabgehen laſſen, und bis in einen Canal oder feuchte Erde leiten, damit das ganze Gebaͤude verſchonet bliebe.

§. 12.27

§. 12.

Dieſe Anſtalten ſind ſehr einfach und auf ſichere Erfahrung gegruͤndet*)Hr. D. Watſon hat demnach auch bey Gele - genheit des Londoner Gewitters eben derglei - chen Vorſchlag gethan. (Phil. Tranſ. Vol. LIV p. 221.) Beſonders hat er eine ſolche Beſchuͤ - tzung der praͤchtigen Pauls Kirche in London angerathen Denn, wie er erinnert, ſo ſtehet das metallene Kreuz daſelbſt oben auf der La - terne der Kuppel mit ſeinem Fuſſe eingemauert, und ruhet auf den ſteinernen Boͤgen. Es hat alſo keinen Zuſammenhang mit dem bleyernen Dache der Kuppel, ſo wie auch die hievon her - untergehenden bleyernen Roͤhren das Waſſer nur bis zu einer unter der Gallerie befindli - chen langen ſteinernen Rinne fuͤhren, und von dieſer hernach andere bleyerne Roͤhren bis zur Erde herunter gehen. Daher wuͤrden die zwi - ſchenliegenden Theile des Gebaͤudes in Gefahr ſtehen, von einem Wetterſtrahle zerſchmettert zu werden, wenn nicht etwa der Platzregen bey dem Gewitter die Materie des Blitzes auſſen herableitete.. Wenn nun an einer ſchon mit Metall gedeckten Spitze nichts hinzugethan, oder wo kein metallenes Dach waͤre, nur von dem ſchon am Gipfel befindlichen Helmſtangen, Kreutzen oder Wetterfahnen ein Ableitungsmetall heruntergefuͤhret wuͤrde; ſo koͤnnte wahrlich doch keine Sorge entſtehen, daß, wie man von den Franklinſchen ſpitzen Stan - gen ſich vorgeſtellet hat, vielmehr der Blitz auf das Gebaͤude geleitet werden moͤchte, davon ich doch das Mißverſtaͤndniß heben, und vielmehrzeigen28zeigen werde, daß die Spitzen oben auf den Gebaͤuden zur Ableitung der Gewittermaterie vor einem ſtumpfen Metalle noch einen beſon - dern anſehnlichen Vorzug haben. Herr Doct. Franklin hatte naͤmlich an zugeſpitzten Metallen bemerket, daß ſie die electriſche Materie leichter, und in viel groͤſſerer Entfernung auffangen, als ein ſtumpfes Metall, und daß dabey, durch die - ſes gemaͤhlige Zuflieſſen auf eine Spitze, der ploͤtzliche Schlag, welcher ſonſt entſtehet, und die Annaͤherung des Koͤrpers, daraus der Schlag entſpringet, wenn ſolcher beweglich iſt, verhin - dert wird. Dieſe Beobachtung gab ihm die erſte Gelegenheit, auf die Beſchuͤtzung der Ge - baͤude eine Anwendung davon zu machen*)S. ſeine Exp. and Obſ. on Electricity p. 62. Ich werde unten, bey der Erlaͤuterung dieſes Um - ſtandes, zeigen, daß eine widrige Vorſtellung von den Spitzen entſtanden ſey, weil man Hrn. Franklins Bemerkungen zum theil ganz unrecht verſtanden hat: daß man aber, aus wuͤrkli - chen Erfahrungen bey Gewittern, dergleichen von ihm vermuthete Verhuͤtung eines Schla - ges, ſchon bey einigen oben mit metallenen Spitzen verſehenen Gebaͤuden haͤtte beobachten koͤnnen. S. §. 20. 22.. Er rieth alſo, eine metallene oben zugeſpitzte Stange, welche einige Fuß hoch uͤber den hoͤch - ſten Theil des Hauſes, Schorſteins u. ſ. f. er - haben ſeyn muͤßte, oben daran zu befeſtigen, und davon einen metallenen Drath herabgehen zu laſſen. Der dadurch geſuchte Nutzen iſt nicht allein, daß ein vorbeyfahrender Blitz eher diemetal -29metallene Stange, als einen andern Theil des Gebaͤudes, treffen moͤge, deßwegen doch dieſe Anſtalt beſonders bey Gebaͤuden, die nicht mit Metall gedeckt ſind, zu empfehlen waͤre*)Und wenn auch ein metallenes Dach auf einem Hauſe waͤre, ſo muͤßten doch die Schorſteine dadurch beſchuͤtzet werden. S. §. 19. Die Pulvermagazine aber erfodern beſondere Vorſicht, weil hier auch der geringſte durch - fahrende Funken, welcher bey andern Gebaͤu - den keinen Schaden thaͤte, gefaͤhrlich ſeyn koͤnnte. Hr. D. Watſon hat deswegen (l. c. Vol. LIV. p. 205.) einige Vorſchlaͤge gethan, die aber, weil er eine eigene Bauart verlanget, zu weit - laͤuftig ſcheinen moͤchten. Ich wuͤrde folgen - den Rath geben: Fuͤrs erſte waͤren keine me - tallene Stangen, oder Knoͤpfe, oder metallenes Dach, ohne Ableitung daran zu dulden, weil der Blitz davon unterwaͤrts in das Gebaͤude fahren muß, wie in Bremen 1739., und an verſchiedenen andern Orten geſchehen iſt. Man moͤchte auch lieber ſo viel moͤglich vermeiden, irgendwo Metall im Gebaͤude anzubringen, we - nigſtens da, wo es zugleich an der freyen Luft laͤge. Das Dach koͤnnte mit glaſurten Ziegeln bedeckt werden, welche die Feuchtigkeit und Ge - wittermaterie nicht ſo leicht als andere anneh - men. Dieſes wuͤrde indeß noch keine Sicher - heit verſchaffen, (wie ich unten §. 24. zeigen werde) wenn man nicht eine Ablockung des Blitzes vom Gebaͤude dabey veranſtaltet. Es muͤßte alſo meiner Meynung nach allerdings eine zugeſpitzte metallene Stange oben daruͤber aufgerichtet werden, nur ſo, daß die Gewit -terma -; ſondern auch, daß die Gewittermaterie ſchongroſſen -30groſſentheils in der Ferne gemaͤhlig ohne Schlag abflieſſen koͤnne. Wenn aber ja durch ploͤtzli - ches Heranfahren einer Wolke ein Schlag ent - ſtehen ſollte, ſo verließ ſich Herr Franklin dar - auf, daß der Blitz durch die metallene Ableitung ohne Schaden am Gebaͤude in die Erde herab - ſtreichen muͤßte. Es wurden an einigen Haͤu - ſern in Philadelphia dergleichen Zuruͤſtungen gemacht, und die Erfahrung zeigte, daß Herr Franklin recht gerathen hatte. Die gemaͤhlige Ableitung der Gewittermaterie faͤllt zwar nicht leicht in die Sinne: da aber einſt ein ſtarker Wetterſtrahl auf ein ſolches Haus zuſchob, ſokonnte*)termaterie, ohne das Gebaͤude zu beruͤhren, davon in die Erde abflieſſen koͤnnte. Daher moͤchte man wohl zu groͤſſerer Vorſicht das Holz, darauf die Stange befeſtiget werden ſoll - te, in Oehl kochen, weil ſolches die electriſche Materie abhaͤlt, imgleichen die Ableitungen an den Seiten herunter auf aͤhnliche Weiſe von den Waͤnden entfernen. Der Abzug muͤßte auch ſorgfaͤltiger, als bey andern Gebaͤuden befoͤrdert werden, naͤmlich, theils durch genug - ſames Metall an mehr als einer Seite, theils, daß die Ableitung ſich nicht bloß in trockene Er - de, ſondern entweder in Waſſer oder tief genug in recht feuchte Erde endigte. Uebrigens iſt die Weiſe, der man ſich hier itzt bedienet, die Pulvermagazine ſelbſt nicht wie vorzeiten tief in der Erde, ſondern in leichten Gebaͤuden uͤber der Erde, und nicht fuͤr zu groſſen Vorrath auf einem Platze, anzulegen, wegen allerley Zu - faͤlle, dadurch das Pulver entzuͤndet werden koͤnnte, ſehr zu billigen.31konnte man augenſcheinlich ſpuͤren, daß die Zer - ſtoͤhrung deſſelben durch bemeldete Anſtalt abge - wendet worden ſey. Oben auf der Stange, welche man an den Schorſteinen dieſes Hau - ſes einige Fuß hoͤher angebracht hatte, war ein meßingener 10. Zoll langer, 2 Linien dicker, am Ende ſcharf zugeſpitzter Drath befeſtiget. Nachdem nun der Blitz darauf gefallen, wa - ren nur etwa Zoll von der duͤnnen Spitze abgeſchmolzen: das uͤbrige des Drathes, der Stange beym Schorſteine, welche ½ Zoll dick war, und der Ableitung, die aus eiſernen vier - eckten nicht viel uͤber ¼ Zoll dicken Stangen mit Gliedern zuſammengefuͤget, und auſſen an der Mauer befeſtiget war, hatte, ſo wie das Haus ſelbſt, keinen Schaden gelitten. Ein Mann, der ſich eben in einem Zimmer bey einem Fen - ſter, welches etwa 2 Fuß von der Ableitung ent - fernet war, an die Mauer gelehnet hatte, em - pfand bey dem Schlage eine ſtarke Erſchuͤtte - rung. Dieſes geſchahe im Jahr 1760. und ward 1761. aus Philadelphia von Hrn. Rin - nersley bekannt gemacht*)Philoſ. Tranſ. Vol. LIII. p. 94. Dabey auch die Abbildung der geſchmolzenen meßingnen Spitze ſich befindet.. Nach ſolcher Probe von der Richtigkeit der 10 Jahr zuvor geaͤuſſerten Franklinſchen Vermuthung ward die Erfindung mit groſſem Zutrauen weiter in Nord - america ausgebreitet, und man bezeuget, daß ſeit der Zeit kein Gebaͤude daſelbſt, welches miteiner32einer ſolchen Ableitung wohl verſehen geweſen, vom Blitze beſchaͤdiget worden, da ſonſt die Ge - witter oftmahls Schaden verurſachet hatten*)S. Phil. Tranſ. Vol. LII. P. II. p. 633. Vol. LIV. p. 204.. In einem Berichte vom Jahr 1763 wird ge - meldet, daß man nur die Veraͤnderung gema - chet, da die duͤnnen metallenen Spitzen zu Nor - folk in Virginien ſchon bey verſchiedenen Haͤu - ſern von Wetterſtrahlen geſchmolzen worden, Stangen wenigſtens von einem halben Zoll dick zur Spitze zu gebrauchen**)S. Phil. Tranſ. Vol. LIV. p. 253..

§. 13.

Es ſind noch einige Nebenanmerkungen zu erwaͤgen. Die Zeigerſcheiben auſſen an den Thuͤrmen, welche aus groſſen kupfernen Plat - ten zu beſtehen pflegen, erfodern eine beſondere Aufmerkſamkeit. Denn, wenn ſie nahe un - ter dem kupfernen Dache gelegen ſind, und der Blitz auſſen keine Ableitung hat, ſo ſpringet er auf dieſelben und wird durch die Axe des Zei - gers inwendig in den Thurm nach der Uhr, von da durch die metallenen Draͤthe nach den Glocken u. ſ. w. gefuͤhret. Eben ſo koͤnnen auch die Glocken, welche an offenen Orten des Thurms haͤngen, durch die an ihren Haͤmmern befindlichen Ketten oder Draͤthe, die Gewitter - materie herein leiten. Dieſes iſt oft der Weg eines Blitzes in einem Thurme geweſen, davon man nicht begreifen koͤnnen, woher mitten imGebaͤude33Gebaͤude eine und andere Beſchaͤdigung gekom - men, weil auſſen das metallene Dach u. ſ. f. un - verſehret war*)Es war vermuthlich eine gleiche Urſache, daß der Blitz in dem Marktthurm zu Hannover ſowohl 1760. als 1761. nach der Uhr hinein gefahren; (deſſen in den Hannoͤverſchen Beytraͤgen 1760. N. 97. und 1761. N 47. erwaͤhnet wird) da aber die Spitze mit Kupfer gedecket iſt, ſo war ſie unverletzt geblieben. In der Daͤniſchen Kirche in London, hatte der Blitz 1755. den metallenen Drath und die Kette, welche von dem Hammer der Glocke im Thurm zur Uhr gingen, zerriſſen, und bey den zuſammengefuͤg - ten Gliedern geſchmolzen, ohne weitern Scha - den zu thun (Phil. Tranſ. Vol. XLIX. p. 298.). Bey unſerm Petri Thurme habe ich, dieſer Betrachtung wegen, neulich die Spuren eines ſtarken Wetterſchlages aufgeſuchet, davon der - ſelbe 1737, nachmittags bey ziemlich heiterer Luft, und ohne vorhergegangenes Gewitter, getroffen wurde An der hohen mit Kupfer gedeckten Spitze, welche eine Pyramide vor - ſtellet, ward keine Beſchaͤdigung gefunden. Von der Thurmſpitze ſcheinet der Blitz meiſtens auſ - ſen laͤngſt den haͤufigen an der Thurmmauer liegenden Ankern auf das noͤrdliche kupferne Kirchendach gefahren zu ſeyn, davon er durch eine bleyerne Rinne gegen Nordoſten herunter gekommen und die hoͤlzerne Roͤhre, darin ſie geleitet, war, zerſchmettert hatte. An der ſuͤd - lichen Seite der Kirche war aber damals das Dach noch nicht mit Kupfer gedecket. Etwas von dem Strahle war auch inwendig in denThurm. Bey unſerm Nicolai Thurme aber, wo die Zeigerſcheiben nebſt der daſelbſtCbefind -34befindlichen Uhr mit dem Kupfer des Daches umgeben ſind, ſo daß dieſes noch einen Abſatz tiefer herunter gehet, und die Stunden Glocken oben bey dem Glockenſpiele in der Laterne haͤn -gen,*)Thurm hineingegangen und hatte einige wenige Beſchaͤdigung hinterlaſſen. Dazu hat mir die Uhr den Weg gezeiget. Die Thurmmauer en - diget ſich naͤmlich an allen vier Seiten mit ei - nem hohen gothiſchen Fronton, um welchen das kupferne Dach der achteckigten Spitze ſich zuſammenſchlieſſet. In der Mitte dieſer Fron - tons (gegen Suͤden, Weſten und Norden) ſind die Zeigerſcheiben: in dem obern Winkel des ſuͤdlichen haͤnget auch unter einer ausgebauten Bedeckung die Stundenglocke, und unter die - ſem Fronton in einem freyen Gehaͤuſe das kleine Glockenſpiel, welches von der Stunden - uhr getrieben wird. Es konnte demnach die Materie des Blitzes entweder von den Glocken, durch die metallenen Draͤthe an den Haͤmmern, oder von den Zeigerſcheiben, durch die Zeiger - ſtangen, welche von der Uhr herkommen, in die Uhrkammern fahren. In deren oͤbern fand man zwar keine Beſchaͤdigung: es gehen aber von da metallene Draͤthe zur zweyten, und es war damals noch eine untere in dem Boden, wo das groſſe Glockenſpiel iſt, von welcher die metallenen Draͤthe zu den Halbſtundenglocken, welche auſſen bey dem kleinen Glockenſpiel ban - gen, geleitet waren. Nun fand man an dem Boden der zweiten Uhrkammer ein Loch, ver - muthlich bey einem Nagel in ein Brett geſchla - gen, und auch daneben, nicht weit von den her - untergehenden Draͤthen, ein Stuͤck Holz abge - ſprenget. Von der untern konnte der Blitz aufdie35gen, demnach zuſammen in dem Bezirk des Daches eingeſchloſſen ſind, (da hingegen die Glocken, welche zum Laͤuten gebraucht werden, davon abgeſondert im Thurme ſich befinden,) C 2hat*)die groſſen Laͤutglocken ſpringen und ſich dar - inn vertheilen Ich finde, daß er an einem Sparren auf einen Anker, welcher der naͤchſte unter der groͤſten Glocke iſt, gefahren: denn da an dieſem Sparren weiter unten ein Paar ei - ſerne Baͤnder umher, und ſodann wieder ein Anker, angeleget ſind; ſo war in dem Zwi - ſchenraume dieſer Eiſen der Sparren durch den Schlag abgeſplittert, und einer der eiſernen Baͤnder vom Holze abgebogen worden. Daß dieſes der Weg des Blitzes geweſen, wird da - durch noch wahrſcheinlicher, weil 1705. den 30ſten Aug. als gleichfals ein Wetterſtrahl auf den Thurm gefallen, derſelbe Sparren in eben dem Zwiſchenraume der Eiſen, nur auf der an - dern Seite, beſchaͤdiget worden. Damals aber waren zugleich die eiſernen Draͤthe, welche von dem erwaͤhnten frey haͤngenden kleinen Glo - ckenſpiele zur Uhr gehen, zerriſſen und geſchmol - zen worden Ferner habe ich nun auch un - terſucht, wie der Blitz 1760. in die Altonaer Kirche gekommen, ohne daß auſſen einige Be - ſchaͤdigung zu ſpuͤren geweſen. Die Spitze des Thurms iſt mit Kupfer gedecket, und in einer Laterne derſelben haͤnget die Stundenglocke. Unten an dem kupfernen Dache, gleich uͤber deſſen Frieß - und Stabgeſimſe, ſind die Zeiger - ſcheiben. Hernach folgt die unmittelbar auf der Mauer ruhende Kuppel des Thurms: dieſe iſt mit Schindeln, und das Dach der Kirche ſelbſt mit glaſurten Dachziegeln beleget. Hierwar36hat man inwendig bey der Uhr und dem, was damit zuſammenhaͤnget, keine Beſchaͤdigung geſpuͤret. Es war naͤmlich der Blitz auſſen am Dache tiefer herunter geleitet worden, und hattedavon*)war alſo keine Ableitung nach auſſen: von der Glocke aber konnte die Gewittermaterie gleich zur Uhr kommen, und ſich in alles daran ſtoſ - ſende Metall vertheilen. An dem Eingange der Zeigerſcheiben in den Thurm findet ſich keine Spur, daß etwas verſenget ſey. Es gehet aber von der Uhr im Thurm eine andere Stange herab, welche den Zeiger an einer kleinen Scheibe in der Kirche uͤber der Orgel regieret, dahin ſie durch den vergipsten Boden und zwi - ſchen die Orgelpfeiffen durchgefuͤhret iſt: im - gleichen koͤmmt daſelbſt ein metallener Drath herunter, welcher zu einer Glocke bey dieſer Stundenſch[e]ibe gehet. Da, wo die Stange, welche eines kleinen Fingers dick iſt, und der duͤnne Drath in der Kirche hervorkommen, iſt das Gipswerk umher ſchwarz. Von da konnte alſo ein Theil der Gewittermaterie, wie oben (§. 10. not. *) beſchrieben, ſich in den eiſer - nen Drath unter der Gipsdecke vertheilen: das uͤbrige fuhr in die metallene Orgelpfeiffen, davon viele geſchmolzen und ſonſt beſchaͤdiget worden. Auch war hie und da die Vergol - dung an der Orgel angegriffen und die hoͤlzerne Verkleidung theils ſchwarz geworden, theils zerſchmettert. Von der Orgel konnte der Blitz an den eiſernen Stangen, darauf ſowohl das Orgelgeruͤſte als der darunter befindliche Bal - con (in deſſen Vergipſung ſich ebenfals die Spu - ren bey dem eiſernen Drathe fanden) ruhet, herunter kommen. Bey der Roſtocker Jacobi -kirche,37davon zu anderm nahen Metalle ſeinen Ausgang gefunden. Noch zuverlaͤßiger wuͤrden demnach die von dem Ende des Daches mit Fleiß ange - brachten und bis in die Erde gefuͤhrten metalle -C 3nen*)kirche, welche neulich vom Blitze getroffen wor - den muß der Zeiger an dem Zifferblatte in der Kirche auf gleiche Weiſe, als in der Altonaer - kirche, mit der Uhr im Thurme zuſammenhān - gen; da aber hier die Zahlen ſchwarz auf weiſſem Grunde gemahlt ſind, ſo muß jene Scheibe vergoldete Zahlen haben. Laut einer (im Hamb Correſpond. 1768. N. 58. eingeruͤck - ten) Nachricht, iſt in dortigen Thurm das Gewitter ſeit ſechs Jahren ſchon dreymal ge - ſchlagen. Es hat vorher nicht gezuͤndet: aber jedesmal eine Zahl auf der Stundenſcheibe un - ten in der Kirche, und zwar die, worauf eben damals der Zeiger gewieſen, geſchwaͤrzet und ausgeloͤſchet, das erſtemal naͤmlich die XI., das zweytemal die IX. und letztlich die XII. Der Zeiger hat vermittelſt eines ſtarken eiſer - nen Draths mit der Stundenglocke oben im Schallthurm Communication. Man urthei - let daraus mit Recht, der Blitz habe von oben herab bis zum Zeiger in der Kirche fortlaufen koͤnnen. Es iſt aber ein Irthum, wenn man eine beſondere Urſache in dem eiſernen Zeiger ſuchet, weswegen der Blitz auf den Thurm ge - fallen ſey, es muͤſſe der Zeiger (dem Ausdruck nach) elektriſch ſeyn, und meinet, ein meßin - gener an ſeiner Stelle wuͤrde die Gewitterma - terie weniger anlocken, ſo wie man bey unſerm Petri Thurme ſich vorgeſtellet hatte, die Schuld muͤſſe in dem Sparren ſtecken, der zweymal vom Blitze getroffen worden, da vielmehr durcheine38nen Ableitungen den Weg des Blitzes nach in - nen verhuͤten. Solche muͤßten beſonders bey den Thuͤrmen, wo das Dach mit Frontons aufhoͤret, darin die Zeigerſcheiben ſind, mit den vier unterſten Ecken des Kupferdaches, welche neben den Frontons herunter gehen, verbunden werden.

§. 14.

Wir finden ferner bey den Wuͤrkungen der Wetterſchlaͤge eine gewiſſe Richtung. So be - merket Herr Delaval, daß der Blitz am Bri - gittenthurme in London bey den Stangen an der Oſt - und Nordoſtſeite ſeine Wuͤrkung gezeiget,da*)eine Ableitung des Blitzes nach auſſen die An - haͤufung an dem Metalle in dem Thurme zu verhindern waͤre. An den Zeigerſpindeln ſelbſt, wenn ſie aus einer Stange beſtehen, wird man zwar nicht leicht eine Beſchaͤdigung fin - den, wenn gleich ein ziemlich ſtarker Blitz da - durch geleitet worden. Indeſſen zeigten ſich bey einem Thurme zu Southmolton in England deutliche Spuren, daß der Blitz dieſen Weg nach der Uhr genommen, (wiewohl in der Be - ſchreibung, Phil Tranſ. Vol. XLVII. p. 330. er - zehlt wird, als ob er von unten den Thurm hinauf gegangen.). Die groſſe eiſerne Zeiger - ſpindel, welche von der Uhr zur Zieferſcheibe an der Suͤdſeite des Thurms ging, 50 Fuß lang war, und aus verſchiedenen mittelſt viere[ck]igter Huͤlſen ineinander geſchobenen Theilen beſtand, war durch den Wetterſchlag aus einander ge - riſſen und ſehr verbogen worden. Der Strahl hatte auch an den Glocken und den daran be - findlichen eiſernen Draͤthen verſchiedenen Scha - den verurſachet.39da er die Stangen an der gegenuͤberſtehenden Seite unbeſchaͤdiget gelaſſen, ſo wie er auch aus den querliegenden Roſten im Thurme, nach Oſten oder Nordoſten, und nicht nach Nordwe - ſten herausgefahren ſey und die Steine wegge - ſprenget habe. Iſt dieſe Richtung des Bli - tzes beſtaͤndig nach einer Weltgegend, oder iſt ſie aus verſchiedenen Urſachen veraͤnderlich? Die Naturforſcher werden dieſe Frage einer Unterſuchung nicht unwerth finden*)Es iſt dieſes ein Gedanke, darauf ich durch meinen ſel Vater Hrn. Prof. Reimarus, bey Erwaͤh - nung der obbemeldeten Faͤlle von Wetterſchlaͤ - gen, gefuͤhret bin. Ich habe mich demnach um Erfahrungen bemuͤhet, und die Beobachtungen, welche ich bisher zuſammenleſen koͤnnen, ſchei - nen zu bekraͤftigen, daß der Schlag zwiſchen Süden und Weſten hergekommen und zwiſchen Norden und Oſten hingefahren ſey. So geſcha - he es zu Southweald und im Brigittenthurme, (Phil. Tranſ. Vol LIV. p. 212. 213) wie auch in der Eſſex-Straſſe in London. (S. oben §. 3. 5. 9.) Die Spuren eines Blitzes, welcher bey Lud - gvan in Cornwall in einen Felſenhuͤgel geſchla - gen, gehen auch groſſentheils von Suͤdweſten und Weſten nach Oſten. Der Wind aber war hie auch weſt - und weſtnordweſtlich (Phil. Tranſ. Vol. XLVIII. P. I. p. 86.) In einem Hauſe zu Norwich, welches alleine ſtand, ging der Weg eines Wetterſtrahles nach Nordoſten, wie aus - druͤcklich beſchrieben wird. (ib. Vol. LI. P. I. p. 38 ſqq. ) und eben ſo in einigen Haͤuſern in Southwark. (ib. p, 286. 291. ſq.) So iſt auch der Blitz im koͤnigl. Schloſſe zu Upſal, im Jahr1760.. HerrC 4Delaval40Delaval machet nur bey dem angezeigten Falle die Folgerung, daß ein Wetterſtrahl das Ei -ſenwerk,*)1760. von Suͤdweſten nach Nordoſten durch - gefahren (Phil. Tranſ. Vol. LIII. p. 99.) Zu Ox - ford hatte ein Wetterſtrahl in allen Zimmern des Gebaͤudes, wo er eingeſchlagen, eben den Strich genommen, da doch der Wind nordoſt - lich geweſen. (ib. Vol. LV. p. 273.) Bey unſe - rer Nicolaikirche war der Blitz auch zwiſchen Norden und Oſten ausgefahren. Ich habe da - mals nicht bemerket, wo der Wind oder der Zug der Gewitterwolke hergekommen. Aber, wie oben (§. 8.) erwaͤhnet iſt, es waren ſchon zu mehrernmalen die Wetterſchlaͤge bey dieſer Kirche denſelben Strich herabgefahren. Den Schlag beym Petri Thurme (§. 13. not. *) will ich hier nicht einmal anfuͤhren. Bey verſchie - denen Privatgebaͤuden entſinnet man ſich, eben dergleichen Richtung eines Wetterſtrahls wahr - genommen zu haben. Die electriſche Erſchuͤt - terung ſcheinet auch nicht ſo beſchaffen zu ſeyn, daß ſie ſich nach dem Winde, oder dem lang - ſamen Zuge der Wolke richten koͤnnte. Ich wuͤnſche demnach, daß man uns bey genauen Beobachtungen von Wetterſchlaͤgen, ſowohl den Windſtrich, als den Zug der Gewitterwolke, und endlich, ſo viel moͤglich, den Strich des Blitzes im Gebaͤude bemerken moͤge. Man ſie - het leicht, daß einige Umſtaͤnde, z. E. Metall, dadurch der Blitz geleitet wuͤrde, die Sache veraͤndern koͤnnen: ferner, daß man nicht die etwa in Suͤdweſten zerſchmetterten Dinge da - gegen anfuͤhren muͤſſe, wenn der Blitz gleich beym Einfahren daſelbſt zerſtreuetes Metall, als die Naͤgel bey den Schindel - oder Schiefer -daͤchern,41ſenwerk, oder anderes Metall an der einen Seite des Gebaͤudes noch beſchaͤdigen koͤnnte, wennC 5gleich*)daͤchern, angetroffen: noch auch den Weg, den die nach auſſen abgeſprengten Stuͤcke geflogen, wie ſolches nach allen Enden in der Richtung geſchiehet, wo der wenigſte Widerſtand ange - troffen wird. Wir muͤſſen auf ſolche Beyſpiele ſehen, wo der Strahl, von dem obern Theile des Gebaͤudes an, ſeinen Strich hie oder da hin mit gleicher Anlockung oder Widerſtande haͤtte nehmen koͤnnen. Faͤnde ſich die Muth - maſſung meines Vaters gegruͤndet, ſo koͤnn - ten vielleicht wichtige Folgen daraus gezogen werden, und es waͤre eine noch unbemerkte Aehnlichkeit der electriſchen Materie mit der ma - gnetiſchen, deren ſchon einige andere in der Schrift: De ſimilitudine vis electricæ atque ma - gneticæ. Petrop. 1758. 4. (welche im Hamb. Magaz. XXII. B. p. 227. uͤberſetzt iſt) und in dem Tentamine theoriæ Electricitatis & Magnetiſ - mi. Petrop. 1759. 4. von dem ſcharfſinnigen Hrn. Aepinus angezeiget worden. Ich kann nicht umhin, hiebey auch die Erfahrungen zu erwaͤgen, da vom Blitze die Magnetnadeln um - gekehret worden, ſo, daß der Suͤdpol ſich nach Norden gewendet, davon wir verſchiedene Be - obachtungen haben. (Phil. Tranſ. N. 127. p. 647. N. 157. p. 520. N. 492. p. 111.) Ich glaube zwar mit Aepinus, daß dieſes bloß von der Er - ſchuͤtterung hergekommen ſey, und nichts ei - gentlich magnetiſches in der electriſchen Mate - rie anzeige: allein, ich ſehe hier nur auf die Richtung der Erſchuͤtterung. Denn, wenn man einen Stahl ſtreichet, ſo wird allemal das Ende, da man anfaͤnget, zum Nordpol. Daalſo42gleich die andere Seite durch eine Ablei - tung geſchuͤtzet waͤre, welche das meiſte des Strahls, was auf die Spitze fiele, herunter zoͤge. Er will daher, daß die metallene Ablei - tung, welche von oben herunter gehet, auch mit andern Stuͤcken Metall, die hie und da im Gebaͤude liegen moͤchten, eine Verbindung ha - ben ſollte*)Phil. Tranſ. Vol. LIV. p. 232.. Ich rathe freylich zur Vorſicht an allen vier Ecken des kupfernen Thurmda - ches, darinn ſich gewiß ohne Schaden genugvom*)alſo bey den in ihrer Stellung ſich befindenden Compaſſen, der Suͤdpol zum Nordpol gewor - den, ſo ſcheinet dieſes anzuzeigen, daß der Blitz von Suͤden nach Norden durchgefahren ſey. Man vergleiche damit, daß Hr. Franklin es durch die kuͤnſtliche Electricitaͤt ſchon einiger - maſſen nachgemachet, indem er dadurch feinen Naͤhnadeln eine Richtung nach den Polen ge - geben, und die Richtung, welche ſie hatten, umgekehret hat. Das letztere iſt ihm zwar noch nicht gelungen, wenn die Nadel von Suͤ - den nach Norden hin geſtellet war: allein wenn ſie von Weſten nach Oſten lag, ſo ward das Ende, wo der electriſche Schlag hinein gieng, zum Nordpol, und er vermuthet, daß jenes nur gefehlet, weil er den electriſchen Schlag nicht ſtark genug machen koͤnnen. (S. ſeine Exp. and Obſ. Lett. 5. p. 90. ſq.) Wenn anderes Eiſen vom Blitze magnetiſch gemacht iſt, (als davon (Phil. Tranſ. N. 437 p 74. 75. N. 459. p. 614.) ſo wuͤnſchte ich, daß man auch die Stellung anmerkte, darin das Ende gelegen, welches zum Nordpol geworden.43vom Blitze vertheilen kann, Ableitungen her - unter gehen zu laſſen. Alsdann aber glaube ich, hat man nicht zu befuͤrchten, daß ein Blitz mitten am Thurme auf ein Stuͤck Metall fal - len werde*)Im Brigittenthurme wurden, ſo weit die Helm - ſtange herunter reichte, die 5 obern von den 7 Schichten Quaderſteinen, ob ſie gleich eben wie die untern mit eingeloͤtheten Eiſen zuſam - mengefuͤgt waren, nicht beſchaͤdiget (Phil. Tranſ. Vol LIV. p. 216).. Man moͤchte vielmehr meiner Meynung nach, lieber die Anker**)Was die Anker und Klammern betrifft, ſo waͤre zu wuͤnſchen, daß man ſo bauen moͤchte, daß ſie wenig in den Gebaͤuden gebrauchet wuͤrden. Auſſer der Gefahr, welche ſie bey einem Gewit - ter verurſachen, erwehnet Herr Watſon am oben angefuͤhrten Orte Vol. LIV. p. 218. bey - laͤufig noch einer andern. Es mußte naͤmlich zu London vor einigen Jahren eine Thurm - ſpitze von gehauenen Steinen bloß deswegen abgenommen werden, weil die Anker, welche zwiſchen den Steinen ſteckten und mit ihren Enden an der freyen Luft lagen, ſo vom Roſte geſchwollen waren, daß ſie die Schichten der Steine aufgehoben, und dadurch die Spitze aus dem ſenkrechten Stande gebracht hatte. Man ſchlieſſe hieraus, wie ungereimt bey Mau - ern, die im Waſſer liegen, Ankereiſen zur Fe - ſtigkeit angebracht werden, davon ſich die ſchlech - ten Wuͤrkungen genug aͤuſſern., oder was ſonſt von Metall am Gebaͤude lieget, wie auch die Zieferſcheiben†)Ich geſtehe zwar, daß der oben (§. 13.) ange -fuͤhrte, mit der von oben herun -ter -44tergehenden Ableitung ganz vorbey gehen, und dieſe vielmehr, wo moͤglich, davon entfernen, damit der Blitz gar nicht darauf reflectire und etwas dadurch ins Gebaͤude gefuͤhret wuͤrde, welches die anliegenden Thei - le, oder wenigſtens Menſchen, die ſich da - ſelbſt aufhalten, beſchaͤdigen koͤnnte*)Der unſicherſte Auffenthalt auf unſern Thuͤrmen, ſo wie ſie itzt beſchaffen ſind, iſt da, wo etwas Metall, darauf der Blitz von auffen fallen kann, nach innen hinein gehet, als bey der Uhr, den Glocken und den Draͤthen, welche damit zu - ſammenhaͤngen, und, wo der Thurm Abſaͤtze hat, die mit Metall beſchlagenen Zwiſchenboͤ - den: der ſicherſte aber der uͤbrige innere Raum einer mit Metall gedeckten Spitze.. Denn, obgleich der Blitz, wenn er auſſen einen freyen Abzug zur Erde haͤtte, nicht davon abſprin - gen und Gewalt aͤuſſern wuͤrde, ſo muͤßte doch alles dieſes Metall in dem Augenblicke, da das aͤuſſere getroffen wird, mit von der Materie angefuͤllet werden.

§. 15.

†)fuͤhrte Fall vom Nicolai Thurme die Si - cherheit der Verbindung des Daches mit den metallenen Zeigerſcheiben, und alſo auch der Ableitung mit anderm (wenigſtens nicht einge - ſchloſſenen) Metalle am Gebaͤude, zu erweiſen ſcheinet. Ich wuͤnſche aber, daß man die Um - ſtaͤnde von der Lage des Zieferblattes der Uhr und der Glocken noch bey mehrern Thuͤrmen, die vom Blitze getroffen ſind, vergleichen moͤge, ehe ich mich getraue, mit Gewisheit davon zu urtheilen.

45

§. 15.

An dem andern Ende unſerer Kirchendaͤcher, dem Thurme gegenuͤber, pflegt gemeiniglich auch eine Wetterfahne aufgerichtet zu ſtehen. Dieſe wuͤrde zu weit von den Ableitungen des Thurms entfernt ſeyn, und ſie kann, ſo wie anderes Me - tall zumal am erhabenen Orte, die Gewitter - materie auffangen. Nachdem naͤmlich die Wolke hie oder da vorbeyziehet, kann die eine oder die andere Seite eines Gebaͤudes getroffen werden, weil der Strahl nach dem naͤchſten Koͤrper faͤhret, der ihn annimmt*)Bey andern groſſen Gebaͤuden, daran keine Spitze ausnehmend hervorrage[t]ſcheinet es demnach beſonders rathſam zu ſeyn, an meh - rern Ecken des Daches Stangen mit Ableitun - gen aufzurichten. Der Thurm zu Ludgvan (davon oben §. 11.) hatte an vier Ecken kleine Thuͤrmchen, auf deren einem das metallene Kreutz vom Blitze getroffen, und, weil es auf einem Steine ruhete, zerbrochen, dabey auch das Thuͤrmchen zerſchmettert wurde, u. ſ. w. Ein anderes von dieſen Thuͤrmchen hatte eine groſſe eiſerne Stange und metallenen Wetter - hahn auf der Spitze, welche doch nicht beruͤh - ret worden.. Wenn nun das Dach nicht mit Kupfer, ſondern mit Ziegeln oder Schiefern beleget waͤre, ſo muͤßte ich rathen, auch von dieſer Stange eine Ablei - tung herunter zu machen, weil ſonſt die alsdann darinn angehaͤufte Gewittermaterie, wenn ſie nicht frey herablaufen kan, dem anſtoſſenden Dache gefaͤhrlich werden moͤchte. Iſt aber das Dachmit46mit Kupfer oder anderem Metalle gedecket, ſo brauchet man nur von dem Ende des Daches an die Ableitung zu machen. Ueberhaupt koͤnn - ten allenthalben, wo bleierne Kinnen an be - quemen Orten herab gehen, ſelbige, ſo wie oben erwaͤhnet, zu dieſem Nutzen angewendet werden*)Bey der von Hrn. Sonnin neuerbauten Mi - chaeliskirche iſt es ſehr gut eingerichtet, daß von dem mit Kupfer belegten Kirchendache aus der Rinne acht kupferne, unterwarts mit ei - ſernen ſich endigende Roͤhren beynahe bis auf die Erde herunter gehen; dabey nichts mehr noͤthig waͤre, als ein Stuͤck Metall von dem Ende jeder Roͤhre ſo tief in die Erde zu leiten, bis man Waſſer antraͤfe..

§. 16.

Wenn ein metallener Drath zur Ableitung gebrauchet wird, ſo erinnert Hr. Watſon, daß es rathſam ſey, ihn von Kupfer zu nehmen, in - dem ein eiſerner, wenn er durch und durch ro - ſtet, ungeſchickt zum Zwecke wuͤrde, und ein meſ - ſingner Drath, wenn er lange der freyen Luft ausgeſetzt iſt, ſproͤde wird und leicht abbricht**)Aus eben der Urſache ſollte die obere Spitze an der Gewitterſtange von Kupfer oder vergol - detem Eiſen ſeyn.. Die Dicke eines ſolches Drathes muͤßte we - nigſtens als eine ſtarke Schreibfeder ſeyn, da er ſich dann noch leicht nach Erfodern biegen laͤßt. Dieſe Dicke nimmt Hr Watſon nach der oben erwaͤhnten Erfahrung von der Pen - dulſtange an, indem ſolche unbeſchaͤdigt einenhefti -47heftigen Wetterſtrahl abgeleitet hat*)S. §. 10. wie auch das Beyſpiel des Hauſes in Philadelphia, §. 12.. An - dere fuͤrchten, daß es nicht zureichend ſey, wenn die Materie des Blitzes anſehnlich waͤre, ſie zu faſſen, deren Einwuͤrfe ich doch unten zu beant - worten gedenke. Indeſſen koͤnnte man zur Si - cherheit bey Thuͤrmen, oder hohen Gebaͤuden, wohl einige ſolcher Draͤthe zuſammengeſchlun - gen nehmen. Man kann auch, wo es ſich ſchicket, eine andere Form von Metalle waͤhlen, als naͤmlich Striemen von Kupfer oder Bley, und damit etwa die Verbindung von einer Rinne bis zur andern, u. ſ. w. machen.

§. 17.

Es iſt aber allerdings zu rathen, daß die me - tallene Ableitung auſſen am Gebaͤude herunter gehe, und nicht eingeſchloſſen ſey. Meine Ur - ſache iſt nicht allein, weil der Drath, wenn er fuͤr die Menge der durchfahrenden Gewitter - materie zu duͤnne waͤre, gluͤend, ja in kleine Theile zerſtaͤubet werden und benachbarte brenn - bare Dinge anzuͤnden koͤnnte**)Metallene Draͤthe, welche in ein Paar Haͤu - ſern in Sonthwark, da ein Wetterſtrahl ein - ſchlug, an den Glocken herunter gingen, wur - den dadurch ſo erhitzet und ausgedehnet, daß ſie geſchmolzen, und in kleine Stuͤcke und Staͤubchen zerſprenget wurden, welche allent -hal -, (denn dieſes iſt bey Draͤthen von der beſchriebenen Dicke,wenn48wenn die Materie frey zur Erde abflieſſen kann, kaum zu befuͤrchten:) ſondern, weil die Gewit - termaterie ſehr elaſtiſch befunden wird, und, wenn ſie in Menge vorhanden iſt, nicht bloß durch das Innere des Metalles zu gehen, ſon - dern daſſelbe auch als mit einem wuͤrkſamen Dunſtkreiſe zu umgeben ſcheinet. Daher, wenn der Drath zwiſchen Koͤrpern eingeſchloſſen iſt, welche die Gewittermaterie nicht frey durchlaſ - ſen, ſo koͤnnten ſelbige zerſchmettert werden*)Man hat dieſes auch bey einem elektriſchen Ver -ſuche,oder**)halben umher Loͤcher eingebrannt hatten, und an einigen Orten, wo der Drath eingeſchloſ - ſen geweſen, waren die umliegenden Theile ab - geſprenget. (Phil. Tranſ. Vol. LI. p. 286. ſqq.) In dem Marktthurme zu Hannover hatte der Blitz die eiſerne Draͤthe, welche zu den Glocken gingen, und laͤngſt welche er herab gefahren war, auch nicht allein zerriſſen und zerſchmolzen; ſondern es war auch der Boden, da, wo ſie durchgeleitet waren, und anderes anſtoſſende Holzwerk dabey angebrannt. (Hannoͤvriſche Beytr. 1761. N. 47. p. 731.) Hr Kinnersley hat es ſogar durch die electriſche Verſuche ſo weit gebracht, wenn ein Drath, dadurch er den Schlag gehen ließ, duͤnne genug war, daß Schießpulver und Zunder davon ent - zuͤndet wurden, da bey einem dickeren durch eben dergleichen Schlag keine Erhitzung zu ſpuͤ - ren war. (Phil. Tranſ. Vol. LIII. p 92) Die - jenigen brennbaren Theile ſind alſo in der groͤß - ten Gefahr bey einem Blitze entzuͤndet zu wer - den, welche an ein duͤnnes Metall anſtoſſen, dadurch ſich die Gewittermaterie gleichſam durchdraͤngen muß.49oder es koͤnnten wenigſtens Perſonen, die ſich im Hauſe eben dabey befaͤnden, Schaden neh - men*)Derjenige, welcher ſich in dem Hauſe zu Phila - delphia (davon §. 12.) an die Mauer gelehnet hatte, daran auſſen die Ableitung herunterging, empfand doch eine ſtarke Erſchuͤtterung.. Wenn er aber in freyer Luft iſt, ſo rauſchet der Blitz ohne Schaden daran herun - ter ſogar, wenn auch der Drath zu duͤnne waͤre und geſchmolzen wuͤrde, wie man in der Kirche zu Newbury und verſchiedenen andern Beyſpielen erfahren hat**)S. oben §. 10. und Philoſ. Tranſ. Vol. LII. P. II. p. 634.. Man muͤßte nurDzur*)ſuche mit einem duͤnnen metallenen Drathe, der zwiſchen zwey Stuͤcken Glas eingeſchloſſen war, wenn der Schlag dadurch geleitet wurde, erfahren. Dennoch hatte der Blitz um die Helmſtange am Brigittenthurme, welche 2 Zoll im Gevierten dick war, nicht eher als unten beym Ende der Stange die anliegenden Steine weggeſchlagen. In der Altonaer Kirche, wo der Strahl durch den duͤnnen eiſernen Drath unter der ganzen Gipsdecke weggelaufen, war nur an den Orten, wo die Naͤgel geſeſſen, oder wo der Drath umgewickelt war, der Gips ab - geſchlagen, dabey doch das Holz daruͤber un - beſchaͤdigt. Waͤre demnach von ſolchem Me - talle, wo itzt noch einige Gewalt durch den Blitz ausgeuͤbet worden, eine Ableitung herunter bis ins Waſſer gegangen, darinn ſich die Materie ſogleich haͤtte verlieren koͤnnen, ohne ſich anderer anſtoſſenden Koͤrper wegen aufzu - halten; ſo wuͤrde vermuthlich wenig oder nichts zu ſpuͤren geweſen ſeyn. S. §. 23.50zur Sicherheit, einen ſolchen bequemen Ort waͤhlen, die Ableitung am Gebaͤude herunter zu fuͤhren, wo nicht leicht Menſchen in der Naͤhe ſich aufhalten, oder aus einer Thuͤr heraus kommen koͤnnten. Einige ha - ben ſich indeſſen bey den Ableitungen des Bli - tzes noch mehrere ungegruͤndete Schwierigkeit vorgeſtellet. Sie haben naͤmlich gemeinet, daß das Metall unterwegs keine andere Koͤrper be - ruͤhren muͤßte, welche irgend die Electricitaͤt an - nehmen, ſo wie man etwa das Abflieſſen der - ſelben bey den kleinen electriſchen Verſuchen durch Glas, Seide und ſ. f. verwehren muß. Solches iſt bey dem Durchfahren eines Schla - ges gar nicht noͤthig, denn die Metalle haben genugſamen Vorzug vor Holz und Steinen, wenn dieſe auch gleich naß waͤren, um die Ge - wittermaterie von ihnen abzulocken, wie die oben angefuͤhrten Erfahrungen von den bleyer - nen Rinnen beweiſen, dabey, ſo weit das Me - tall gereichet die anliegenden Theile nicht verle - tzet worden*)Man kann es auch bey dem ſogenannten Lei - denſchen Verſuche wahrnehmen, indem der electriſche Schlag allezeit durch eine Kette, Drath oder anderes Metall, gehet, wenn ſolche gleich in beliebten Kruͤmmungen auf dem Bo - den liegen, oder ſonſt andere Koͤrper beruͤhren. Hr. Franklin zeigte es an den vergoldeten Li - nien auf einem Buche, laͤngſt welche der kleine Blitz hinfaͤhret, und nicht den geraden naͤchſten Weg durch den Zwiſchenraum nimmt.. Endlich ſollte aber das Metall,wie51wie Herr Watſon nicht ohne Grund, wenigſtens bey beſonderer Gefahr, verlanget, bis in einen Canal, Brunnen oder Siel, darinn Waſſer iſt, oder doch in recht feuchte Erde hineingelei - tet werden. Wir ſehen zwar, daß der Blitz, wenn er die Erde erreichet, keinen merklichen Schaden mehr thut, und moͤchten glauben, es wuͤrde genug ſeyn, wenn der Drath nur die Erde beruͤhrte. Er berufet ſich aber darauf, daß, da der Ableitungsdrath von dem obenerwaͤhnten Hauſe in Philadelphia ſich an einer eiſernen Stange geendiget, welche 4 oder 5 Fuß tief in die Erde geſchlagen geweſen, der darauf gefal - lene Blitz noch 6 bis 8 Fuß weit ſeinen Schein bey der Stange, uͤber das vom Regen benetzte Pflaſter der Straſſe, verbreitet hat, und alſo die Materie nicht ſo geſchwinde von der Erde ſcheinet angenommen worden zu ſeyn, als ſie herabgeſtuͤrzet iſt*)Vielleicht war eben die Naͤſſe vom Regen uͤber dem Pflaſter die Urſache, daß der Strahl bey der erwaͤhnten Stange ſich ſo verbreitete.. Es waͤre demnach zu be - ſorgen, daß, wenn viel Gewittermaterie auf ein - mal darauf ſchoͤſſe, ſolche an dem Ableitungs - metalle ſich noch etwas anhaͤuffen und ihre aus - dehnende Kraft aͤuſſern moͤchte. Man koͤnnte ja auch leicht ein Siel oder Goſſe in der Naͤhe finden, dahin ſich das Ende eines ſolchen Dra - thes, Bleiſtriemen, oder d. gl. hineinleiten lieſ - ſe, oder ſelbiges ſo tief in die Erde ſtecken, da man Waſſer faͤnde, indem der Zweck iſt, daß die Materie des Blitzes ſich aufs geſchwindeſteD 2ver -52vertheilen moͤge, dazu, nebſt den Metallen, das Waſſer am geſchickteſten befunden worden.

§. 18.

Da gegenwaͤrtige Abhandlung dazu beſtim - met iſt, die Ueberzeugung der Leſer ſo lebhaft zu machen, daß ein thaͤtiger Nutzen daraus ent - ſtehe; ſo trage ich kein Bedenken, ein und an - deres, wenn es gleich den Naturforſchern nicht neu iſt, weitlaͤuftiger auszufuͤhren, oder auch zu wiederholen. Ich will demnach, um derer wil - len, denen die Materie von der Electricitaͤt noch nicht bekannt genug iſt, eine kurze Erlaͤuterung hinzufuͤgen. Es ſcheinet mir dieſes um ſo we - niger uͤberfluͤßig, da ich ſehe, daß auch manche Gelehrte ſich noch nicht voͤllig richtige Begriffe von dem oben angeprieſenen Vortheile der Me - talle machen*)Ich will nur des beruͤhmten Herrn Abbe Nol - lets erwaͤhnen, der in ſeinen Lettres ſur. Electri - cité den Gedanken von der Beſchuͤtzung fuͤr Ge - witterſchlaͤge ganz verwirft. Ja ſogar der in electriſchen Verſuchen ſehr geuͤbte Hr. Wilſon in England hat noch in den Phil. Tranſ. Vol. LIV. p. 247. einen Aufſatz eingeruͤcket, darinn er ver - ſchiedene wenig gegruͤndete Einwendungen ma - chet, eine Furcht vor den aufgeſteckten ſpitzen Stangen oben an den Gebaͤuden, daran Ablei - tungen ſind, aͤuſſert, die metallene Ableitung unter dem Dache innerhalb des Hauſes haben will, u. ſ. f. darauf gegenwaͤrtiges zur Beant - wortung dienen kann., und da man bekanntlich bisher in Europa ſich dieſe wichtige Entdeckung noch ſo wenig zu Nutze gemachet hat, auch ſelbſt inEngland53England erſt mit Mißtrauen einen Anfang da - mit machet, welches doch entweder von einem Mißverſtaͤndniſſe, oder von dem Mangel einer klaren Ueberzeugung herruͤhren muß.

§. 19.

Die ganze Natur der electriſchen oder Ge - wittermaterie ſehen wir zwar bey weitem noch nicht ein: es hat uns aber der Himmel einige Eigenſchaften davon zu bemerken vergoͤnnet, welche vielleicht zu unſerm gegenwaͤrtigen Zwecke zureichen koͤnnen*)Weil verſchiedene Perſonen, deren Geſchaͤfte es nicht zugelaſſen haben, ſich in dieſer Art Wiſſenſchaften umzuſehen, durch Erwaͤgung und Ausuͤbung deſſen, was in dieſem Aufſaͤtze vorgetragen worden, Nutzen ſchaffen koͤnnten; ſo habe ich mich bemuͤhet, meine Ausdruͤcke faßlich zu machen. Ich habe die gewoͤhnlichen Worter, electriſch und nicht electriſch, weil ſie ein Misverſtaͤndniß geben koͤnnten, vermieden, und uͤberhaupt in der Abhandlung ſelbſt den Zuſammenhang der Wahrheiten, ohne weitge - ſuchte Erklaͤrungen, nur, ſoweit er aus wirk - lichen Beobachtungen erhellet, darzuthun ge - ſuchet. Auf die Theorie, oder die Erklaͤrung der Art und Weiſe, wie die Erſcheinungen hervor - gebracht werden, koͤmmt nicht ſo viel an. Ich muß auch geſtehen, daß mir weder die Nollet - ſche Meynung, als ob die erregte electriſche Materie immer von einem Koͤrper ausflieſſe und von dem andern entgegen flieſſe, noch die Franklinſche, als ob ſie durch eine wuͤrk - liche Anhäufung an dem einen, durch Mangel oder Ausleerung an dem andern, und durch ei -nen. Wir ſehen, daß es eineD 3ſub -54ſubtile kraͤftige Materie ſey, welche unter gewiſ - ſen Umſtaͤnden eine erſtaunende ausdehnendeKraft*)nen Uebergang von dem einen zum andern Koͤr - per ſich wuͤrkſam bezeige, recht wahrſcheinlich vorkomme. Indeſſen kann man die letztere uͤberaus ſchoͤn faſt mit allen electriſchen Erſchei - nungen reimen, wie beſonders Hr. Prof. Aepi - nus und P. Beccaria mit vieler Geſchicklichkeit gezeiget, und jener ſogar die Wuͤrkung des Ma - gneten nach, aͤhnlichen Begriffen, als Herr Franklin, und die meiſten Gelehrten, von der Electricitaͤt hegen, ausgeleget hat. Wir koͤn - nen uns demnach fuͤrs erſte damit begnuͤgen, und ich weiß noch nichts beſſeres vorzubringen: ſonſt wollte ich lieber die Urſache der Erſchei - nungen, blos bey der Erweckung einer gewiſ - ſen, wiewohl mir noch dunkelen Bewegung und Ausdehnung, in der Würkung und Gegenwür - kung einer an und in den Koͤrpern ſchon vor - handenen Materie ſuchen. Daß ſich ein zwie - facher entgegengeſetzter Zuſtand der Electricität aͤuſſert, iſt eine wichtige Entdeckung, welche nunmehr durch ſo viel uͤbereinſtimmende Er - fahrungen bewieſen worden, daß man von Vor - urtheilen eingenommen ſeyn muß, um ſie zu leugnen, indem ſich die Erſcheinungen gar nicht, wie Hr. Nollet will, durch einen bloß ſtaͤrkern oder geringern Grad der Electricitaͤt erklaͤren laſſen Worinn aber dieſer Zuſtand eigentlich beſtehe, moͤchte noch die Frage ſeyn. Er laͤſ - ſet ſich am beſten mit der verſchiedenen Wuͤr - kung am Nord - und Suͤdpole der Magneten vergleichen: allein, ſollte dieſer Unterſchied nicht von der verſchiedenen Beſchaffenheit der Bewegung ſowohl bey der elektriſchen als ma -gneti -55Kraft aͤuſſert, und durch die Koͤrper, dadurch ſie hinfahren kann, ſich mit groͤſter Schnellig -D 4keit*)gnetiſchen Materie herruͤhren koͤnnen, ohne daß ſelbige in dem einen Falle als angehaͤuft und ausfahrend, in dem andern mangelnd und ein - fahrend zu betrachten waͤre, da doch die geſpuͤr - ten Wuͤrkungen bey beyden in Anſehung ande - rer Koͤrper aͤhnlich, obgleich gegen einander entgegen geſetzt ſind? Um eine gleichmaͤßige Wuͤrkung und Gegenwuͤrkung bey der poſitiven und negativen Electricitaͤt zu zeigen, koͤnnte man einige von Hrn Nollet wider Hrn. Frank - lin angefuͤhrte Verſuche betrachten, ohne des - wegen die Erklaͤrung des erſtern anzunehmen. Beſonders aber ſchicken ſich hieher verſchiedene ſchoͤne Erfahrungen des Hrn. Rob. Symmer, (Phil. Tranſ. Vol LI. p. 371.) daraus er zwey verſchiedene Kraͤfte in der Electricitaͤt herlei - ten will, die aber doch Hrn. Franklin und Pat. Beccaria noch nicht haben auf andere Gedan - ken bringen koͤnnen. Meines Theils wuͤrde ich ſie als eine Abaͤnderung einer und derſelben Kraft anſehen. Ich will aber hier die Gruͤnde nicht weiter unterſuchen, und nur bey dem blei - ben, was ich aus verſchiedenen Wahrnehmungen von beſagter entgegengeſetzter Electricitaͤt meine herleiten zu koͤnnen. 1) Wenn zwey ſogenannte eigenthuͤmlich electriſche (oder Electricitaͤt zeu - gende) Koͤrper an einander electriſiret werden, als in den Verſuchen des Hrn. Aepinus, Ten - tam. theor. electr. §. 55-58. ) und des Herrn Symmer mit den ſeidenen Struͤmpfen, (Phil. Tranſ. Vol. LI. p. 340.) ſo erhaͤlt der eine die po - ſitive, der andere aber die negative Electrici - taͤt. 2) Eben dieſes geſchiehet auch, wenn eineigen -56keit und Heftigkeit verbreitet, ſo, daß ſie z. E. durch eine weite Strecke Waſſers, oder metal -lenen*)eigenthuͤmlich elektriſcher und ein fortpflanzen - der Koͤrper durch Reiben an einander electri - ſirt werden. Welcher von den beyden Koͤr - pern, die in dieſen Faͤllen (n. 1. 2) eine gegen - ſeitige[ Electricitaͤt] erhalten, poſitiv oder nega - tiv electriſirt werde, hat der gelehrte Hr. P. Bec - caria (Phil. Tranſ. Vol. LVI. p. 109. ſq) durch ver - ſchiedene Verſuche zu beſtimmen geſucht. Es werden aber noch mehrere erfodert, und zuwei - len wird die Electricitaͤt durch eine geringſchei - nende Urſache umgewechſelt, als bey dem Schwefel, welchen Hr. Aepinus (l. c. §. 59.) in eine metallene Schuͤſſel gegoſſen und darinn erkaͤlten laſſen, dadurch bald dieſe bald jener poſitiv oder negativ electriſirt worden. Die Ausdehnung und Zuſammenziehung bey dem Schmelzen und Erkaͤlten, ſcheinet hiebey die Wuͤrkung des Reibens hervorgebracht zu ha - ben. 3) Wenn ein electriſirter fortpflanzender Koͤrper auf einen andern dergleichen, durch ei - nen zwiſchen beyden befindlichen eigenthuͤmlich electriſchen, wuͤrket; ſo wird die Electricitaͤt der beyden fortpflanzenden Koͤrper entgegenge - ſetzt. Dieſe ſtellen, in ſolcher Verbindung mit dem zwiſchenliegenden eigenthuͤmlich electri - ſchen, die Bekleidung eines electriſchen Magne - ten vor. Daher 4) wenn man die Seite a von der Bekleidung eines andern dergleichen electri - ſchen Magneten an die Seite b von dem erſten haͤlt, in dieſen ſich beruͤhrenden Seiten die entgegengeſetzte Electricitaͤt (d. i. bey beyden in a und a, b und b einerley Electricitaͤt) erwecket wird, eben als wenn man einen Stahl zumMagne -57lenen Drathes, in einem Augenblicke von einem Ende bis zum andern hinfaͤhret*)Hr. Prof. Winkler hat 1746. die electriſche Wuͤrkung durch das fleiſſende Waſſer der Pleiſſe fortgepflanzet; Hr. Franklin 1749. quer durch den Fluß Skuilkil in Philadelphia. In Wien hat Hr. Prof. Franz ſie durch eine Stangen - kette von 5300. Fuß lang fahren laſſen.D 5Sie*)Magneten macht, dabey die Pole, welche ſich beruͤhren, ungleichnahmig werden. Dies ge - ſchiehet, wenn man nach Hrn. Franklins Ver - ſuche (Exp. on Electr. Lett. III. §. 10. p. 22.) eine Leidenſche Flaſche durch die andere zugleich ele - ctriſirt. 5) Wenn aber ſonſt ein fortpflanzen - der Koͤrper einen andern dergleichen, welcher electriſirt (und nicht in ſolcher magnetiſchen Verbindung, als n 3) iſt, beruͤhret, oder, wenn ihm auch durch bloſſe Beruͤhrung (und nicht durch Reiben, als in n. 2.) von einem eigenthuͤm - lich electriſchen Koͤrper die Electricitaͤt mitge - theilet wird; ſo erhaͤlt er dieſelbe mit dem Koͤrper, davon er ſie empfaͤnget, und beyde theilen nach Verhaͤltniß der Groͤſſe ihre Ele - ctricitaͤt miteinander. Demnach erhaͤlt auch die Seite der Leidenſchen Flaſche, welche von der Maſchine electriſirt wird, durch die Beruͤh - rung einerley Electricitaͤt mit der Maſchine. Vielleicht laͤßt ſich dieſes auch auf die eigen - thuͤmlich electriſchen Koͤrper erſtrecken, wenn ſie, welches nur ſchwehrlich geſchiehet, durch bloſſe Mittheilung electriſirt werden. Ich muß aber noch die Erfahrung weiter zu Rathe zie - hen. Man ſiehet leicht, daß wenn obige Saͤtze, die ich fuͤr nuͤtzlich hielte zuſammen vorzuſtel - len, ferner dadurch beſtaͤtiget, oder nach Be - finden eingeſchraͤnket wuͤrden, ſich verſchiedene Folgerungen daraus machen lieſſen. Die Be - obachtung des P. Beccaria (Phil. Tranſ. Vol. LVI. p. 116. ſq. ) da, wenn man eine glaͤſerne, und hernach eine mit Siegellack uͤberzogene Kugel an dem reibenden Kiſſen herumdrehen laͤſſet,ohne58Sie ſuchet alſo, wenn ſie in einem Koͤrper, oder in einem Theile deſſelben, in groͤſſerer Maſſevor -*)ohne die Electricitaͤt unterwegs durch einen an - dern Koͤrper aufzufangen, bey dem Abgehen und Wiederkehren der Kugel am Kiſſen einerley Licht - ſchein geſehen wird, zeiget mir nur, daß das Rei - ben hin oder her einerley Wuͤrkung in Erweckung dieſer oder jener Electricitaͤt habe. Er wun - dert ſich aber daruͤber, weil nach der angenom - menen Franklinſchen Meynung das Wieder - kehren der Kugel, die Erſcheinung einer gegen - ſeitigen Electricitaͤt aͤuſſern muͤßte, wenn naͤm - lich die Materie an der einen Seite des Kiſſens ausfuͤhre und an der andern einfuͤhre. Was die Urſache der merkwuͤrdigen verſchiedenen Er - ſcheinung des Lichts bey der poſitiven und ne - gativen Electricitaͤt ſey, die Hr. P. Beccaria, (l. c. p. 106.) und Hr. Wilſon (Phil. Tranſ. Vol. LI. p. 311. Vol. LIII. p. 441.) beobachtet, laſſe ich dahin geſtellet ſeyn. Es iſt auch noch viel - leicht zu fruͤhe Erklaͤrungen zu wagen, und was wollen uns alle unſere Hypotheſen bey der wunderbaren Erſcheinung des Turmalins, oder ſogenannten Aſchenziehers helfen, davon Hr. Torbern Bergman (Phil. Tranſ. Vol. LVI. p. 239.) entdecket hat, daß der eine Pol dieſes Steins, den man einen natuͤrlichen electriſchen Magne - ten nennen koͤnnte, durch die Ausdehnung po - ſitiv, und durch die Zuſammenziehung negativ, der andere aber durch die Ausdehnung negativ, und durch die Zuſammenziehung[ poſitiv] electri - ſiret wird. Ich will alſo nur die Beobachter der Natur zu fernern Verſuchen aufmuntern, dabey wir ohne vorgefaßte Meynung das, was die Erfahrung zeiget, von unſern zugeſetztenMuth -59vorhanden, oder auf andere Weiſe wuͤrkſam iſt, als im andern, mit Heftigkeit das Gleich - gewicht zu erhalten. *)Hr. Prof. Winkler hat 1746. die electriſche Wuͤrkung durch das fleiſſende Waſſer der Pleiſſe fortgepflanzet; Hr. Franklin 1749. quer durch den Fluß Skuilkil in Philadelphia. In Wien hat Hr. Prof. Franz ſie durch eine Stangen - kette von 5300. Fuß lang fahren laſſen.Die Erfahrung aber, dar - auf uns Herr D. Franklin durch die bemerkte Aehnlichkeit der electriſchen Verſuche†)Es iſt in der That eben die Materie, die ſich in der Gewitterluft zeiget, welche wir durch die electriſchen Verſuche in Bewegung ſetzen, wie ſolches alle Erfahrungen beweiſen. Mankann zu ach -ten,*)Muthmaſſungen wohl zu unterſcheiden haben. Indeſſen glaube ich, mich der Ausdruͤcke vom Durchfahren, Eindringen oder Anhäufen der electriſchen Materie bedienen zu koͤnnen, ſo wie man von dem Lichte und Schalle ſaget, daß ſie von einem Koͤrper zum andern fahren, zumal da es die leichteſten und gewoͤhnlichſten Vor - ſtellungen von der Sache ſind. Die entgegen - geſetzte Beſchaffenheit der Electricitaͤt, kann auch wenigſtens im algebraiſchen Verſtande, poſitiv und negativ, oder plus und minus ge - nannt werden, obſchon beyde gleiche Wuͤrklich - keit haben. Man kann Hrn. Franklins Wahrnehmungen und ſinnreiche Verſuche hoch - ſchaͤtzen, ohne auf ſeine Muthmaſſungen zu ſe - hen, deren er einige, als die Erklaͤrung, wie die Gewitterwolken electriſirt wuͤrden, (Exp. on Electr. Lett. IV. ) nachmals (ib. Lett. XII) ſelbſt verworfen hat.60ten, gelehret hat, und welche ſich mehr und mehr beſtaͤtiget, zeiget, daß dieſe Materie nicht durch alle Koͤrper ungehindert und gleich leicht durchgehet. Von allen Dingen, die wir kennen, nehmen die Metalle*)So lange ſie naͤmlich ihre eigentliche metalli - ſche Beſchaffenheit haben: denn, wenn ſie cal - ciniret, oder als Roſt zerfreſſen ſind, ſo laſſen ſie die Electricitaͤt nicht frey durchdringen. (Phil. Tranſ. Vol. XLV. p. 107. Vol. LI. p. 84.)., das Waſ - ſer**)Herr D. Watſon meinet, das Waſſer nehme dieſe Materie eben ſo leicht an, als die Me - talle. Einige Bemerkungen laſſen mich doch noch hieran zweifeln. Wenn z. E. der Blitz nicht lieber naͤch dem Metalle fuͤhre, ſo haͤtte er mit dem Regen aus der bleyernen Roͤhre, bey unſerer Nicolaikirche, ganz herunter kom - men koͤnnen, ohne davon ſeitwaͤrts ab, nach der eiſernen Klammer, zu ſpringen., einige erhitzte Koͤrper***)Naͤmlich, welche ſonſt dieſe Materie nicht durchlaſſen. Herr Kinnersley hat bemerket, daß auch Glas, wenn es durch kochendes Waſ - ſer erhitzet iſt, die Electricitaͤt frey durchgehen laͤſſet. (Phil. Tranſ. Vol. LIII. p. 85.) Hr. Wil - ſon hat es am geſchmolzenen Wachſe und Harzebeob -, dieFlam -†)kann auch mit dieſen faſt alle Wuͤrkungen des Blitzes im Kleinen hervorbringen, als die Flamme, den Schlag, das Toͤdten der Thiere, das Schmelzen und Zerſtaͤuben der Metalle, das Zerſchlagen und Zuͤnden anderer Koͤrper. Wiederum zeiget die Gewittermaterie eben der - gleichen Erſcheinungen, als die electriſchen Verſuche.61Flamme*)Daß einer Flamme die Electricitaͤt mitgethei - let, und dadurch in eine viel weitere Entfernung als ſonſt geſchiehet fortgepflanzet werde, hat ſchon der um die electriſchen Verſuche ſehr ver - diente Hr. Prof. Winkler, in ſeinen 1744. her - ausgegebenen Gedanken von der Electricitaͤt, §. 43. und in den Eigenſchaften der electriſchen Materie, §. 1. p 3. §. 14. p. 15. gezeiget. Eben ſo wird auch durch Annaͤherung eines gluͤhen - den Koͤrpers, und noch mehr einer Flamme, die Materie von einem electriſirten Koͤrper in ziemlicher Entfernung weggefuͤhret. und die ſubtile Materie, welche ſich in einem luftleeren Raume befindet**)Die electriſche Materie ſcheinet durch den luftleeren Raum frey von einem Koͤrper zum andern zu fahren. S. Hrn. Watſons Verſuche Phil. Tranſ. Vol. XLVII. p.. 362. und Hrn. Wil - ſons ib. Vol. LI .. p. 309. Vielleicht iſt aber die ſubtile Materie, welche ſich im luftleeren Raume befindet, eben diejenige, welche die electriſchen Erſcheinungen verurſachet, und ſo waͤre ſie mit Recht Aether genannt., ſie am leichteſten an, und laſſen ſie ungehindert durch - fahren***)Ob das Durchfahren der electriſchen Materie, durch die Koͤrper der Thiere, nur, wie in an -dern. Flamme und Hitze aber machenzugleich***)beobachtet. Man muß aber bey dergleichen Verſuchen das Durchſtreichen der electriſchen Materie durch den luftleeren Raum, oder die durch die Hitze an der Oberflaͤche verduͤnnte Luft, davon Hr. Canton Phil. Tranſ. Vol. LII. P. II. p. 457. einige Anmerkungen machet,) von dem Durchfahren durch die erhitzten Koͤrper, ſelbſt unterſcheiden.62zugleich um ſich her eine verduͤnnte Luft, oder beynahe einen luftleeren Raum, Wir ſehen demnach, daß eine Flamme die electriſche Ma - terie in groſſer Entfernung annimmt, und ſie auch weit in die Ferne ausbreitet. Es zeiget auch die Erfahrung, daß Wetterſtrahle ſehr oft laͤngſt den Schorſteinen herunterfahren, zu - mal wenn ſich unten am Heerde Metall befin - det. Die Urſache ſcheinet mir nicht allein dar - inn zu ſtecken, weil ein Schorſtein der erha - benſte Theil des Hauſes iſt, ſondern auch, weil darinn die Luft verduͤnnet, und auf dem Heerde eine Flamme vorhanden zu ſeyn pfleget. Nun koͤnnte man zwar eines Theils, aus dem freyen Durchfahren und dem Zerſtreuen der electriſchen Materie durch dieſen Raum, die Meynung des Landmannes rechtfertigen, da er bey Gewittern ſeine Zuflucht zum Feuerheerde nimmt*)Man will auch den Nutzen dieſer Gewohnheit im 51ſten Stuͤck des Hannoͤv. Magaz. von 1764. aus einem Beyſpiele, da vier Perſonen, welche bey dem Heerde geſtanden, als ein Wetter - ſtrahl durch den Schorſtein herunter gefahren, unbeſchaͤdigt geblieben ſind, beſtaͤtigen.: wenn man aber die Sache von der andern Seite betrachtet, ſo ſcheinet der Zug der Ge - wittermaterie nach dieſer verduͤnnten Luft, und ihre Fortpflanzung durch die Flamme, viel - mehr den Auffenthalt daſelbſt unſicher zu ma -chen,***)andern Koͤrpern, wegen der enthaltenen waͤſ - ſerigten Theile, oder noch aus anderer Urſache geſchiehet, will ich nicht entſcheiden.63chen, zumal wenn die Perſonen, welche ſich beym Feuer aufhalten, Metall bey ſich ha - ben*)Der Verfaſſer des 75ſten St. des Hannoͤv. Magaz. von 1765. fuͤhret eine traurige Bege - benheit an, um die Gefahr von einem Blitze beym Feuerheerde zu beweiſen. Hier hing ein meßingener Keſſel (vermuthlich an einem ei - ſernen Hacken) uͤber dem Feuer, welcher von dem Blitze durchloͤchert und aus ſeiner eiſernen Handhabe herausgeriſſen worden In dieſem Metalle konnte ſich alſo die Gewittermaterie ſammlen, und davon auf das nahe ſtehende Kind, welches vielleicht, weil es das Feuer un - terhalten ſollte, noch dazu eine Zange in der Hand hatte, hinſpringen, dabey daſſelbe ver - ſenget, und auch eine zinnerne Schuhſchnalle an dem einen Fuſſe geſchmolzen wurde. Ich glaube naͤmlich nicht, daß der Blitz durch die offene Hausthuͤre herein nach dem Feuerheerde gefahren, ſondern vielmehr, daß er von oben auf den Keffel gefallen ſey, und von da aus ſich im Hauſe verbreitet habe. Dieſes ſcheinet auch die am Vorderleibe des Kindes gefundene Be - ſchaͤdigung, und daß es drey Schritte vom Feuer - heerde weggeworfen worden, zu erweiſen. Uebrigens mag man wohl von alten Zeiten her nicht eben durch gute Erfahrungen und Schluͤſſe bewogen worden ſeyn, ſich zum Feuer zu na - hen, ſondern nur, weil man den Blitz zu ſehen ſcheuete, deswegen auch Lichter angezuͤndet werden.. Durch trockene Luft, wenn ſie nicht ſehr erhitzet iſt, kann die electriſche Materie nicht leicht durchdringen**)Es iſt eine falſche Vorſtellung, wenn man ſagt,der. Daher kann ſieſich64ſich in den Wolken haͤufig aufhalten, bis ſich ſolche der Erde und denen darauf hervorragenden Koͤrpern naͤhern*)Man kann bemerken, daß, wenn die Luft vor - her ſehr trocken geweſen iſt, die gefaͤhrlichſten Wetterſchlaͤge entſtehen, weil die Electricitaͤt weder der Luft durch Feuchtigkeit benommen worden, noch an dem Holz und Steinen der Gebaͤude herabgeleitet werden konnte, ſondern mit Gewalt durchbrechen mußte, wie Hr. Wat - ſon bey dem Schlage am Brigittenthurme (Phil. Tranſ. Vol. LIV p. 219.) erinnert. Wir koͤnnen ferner auch die Folgerung machen: wenn ein ploͤtzlicher Wetterſchlag unerwartet in der Naͤhe geſchiehet, ſo iſt zu vermuthen,daß. Wie ſie in die Wolkenkomme**)der Blitz ſey zum Fenſter oder anderswo hin - aus in die freye Luft gefahren. Dies iſt wider die Natur des Blitzes: denn, ſonſt wuͤrden die Wetterſtrahle frey, wie im luftleeren Raume geſchiehet, aus den Wolken auf die Erde her - unter ſtroͤmen koͤnnen, und haͤtten nicht noͤthig, erſt in die Gebaͤude oder andere Koͤrper hinein zu dringen. Die Gewitterwolke muß aber in der Naͤhe einen Koͤrper auf der Erde, oder etwa eine andere Wolke, welche in einem andern Zuſtande iſt, antreffen, wenn ein Blitz heraus - fahren ſoll. Ein anders iſt, daß die durch die Flamme des Blitzes ausgedehnte Luft in einem Hauſe zu Fenſtern oder Thuͤren hinaus faͤhret. Allein, was die Materie des Blitzes ſelbſt, oder die ihr eigene Erſchuͤtterung betrift, ſo wuͤrde man, da, wo es heiſſet, ſie ſey etwa hie zum Fenſter hinaus, und dort wieder hineingefah - ren, bey genauerer Unterſuchung andere Urſa - chen ihres Zuges entdecken koͤnnen.65komme und darinn angehaͤuffet werde, unter - nehme ich nicht zu erklaͤren; genug, daß die Erfahrung uns die Wuͤrkung der electriſchen Materie bey den Gewitterwolken deutlich an - zeiget*)Ich weiß, es haben einige behaupten wollen, daß Blitze aus der Erde entſtünden, man ſehe davon die Briefe des Marcheſe Maffei, Hamb. Mag. II. B. p. 284. woſelbſt doch Hr. Prof. Käſtner ſchon deſſen ſeichte Gruͤnde beſtritten hat. Seitdem man erfahren, daß die Gewitter eine Wuͤrkung der Luftelectricitaͤt ſind, wird ſolche Meynung, wenn man die Sache recht betrach - ten, und nicht die Entzuͤndung von Duͤnſten durch eine Art von Gaͤhrung, oder alles was brennet und leuchtet, mit der Electricitaͤt und wahren Blitzen vermiſchen will, noch weniger Statt finden. Bey einem electriſchen Schlage wird naͤmlich erfodert, daß entweder der eineKoͤr -. Durch trockenes Holz und Stein,Ebeſon -*)daß er einen Thurm oder andere hervorra - gende Spitze getroffen habe, davon uns die Beyſpiele von unſerem Petri und Michaelis Thurme, wie auch von dem Maſtbaume eines Schiffes in hieſigem Hafen beyfallen. Wenn aber ein rechtes Donnerwetter nachge - rade herankoͤmmt, ſo koͤnnen viele oder auch alle Schlaͤge, ohne die Koͤrper auf der Erde zu beruͤhren, bey den Wolken, welche in ver - ſchiedenem Zuſtande ſind, untereinander geſche - hen, dadurch nur der Zuſtand ihrer Electrici - taͤt ins Gleichgewicht geſetzet wird, und die Duͤnſte, welche bey jeder Wolke vorher aus - einander gehalten wurden, zuſammentreten, und in Regen herunter fallen.66beſonders, wenn ſolche warm ſind, wird ſie auch nicht leicht durchgelaſſen: vornehmlich aber iſtbekannt,*)Koͤrper electriſiret ſey, und der andere gar nicht, oder weniger, oder auf entgegengeſetzte Weiſe, welches letztere die groͤſte Wuͤrkung gie - bet: ferner, daß, wenn dieſe Koͤrper einander nahe kommen, ſich ein Mittel dazwiſchen be - finde, welches die Electricitaͤt nicht frey durch - laͤſſet. Dieſes bringen wir durch Kunſt zuwege; die Natur brauchet dazu aber die Wolken, und die Luft zwiſchen ihnen und den Koͤrpern auf der Erde. Electricitaͤtskundige reden zwar auch von aufwaͤrts fahrenden Blitzen: in der That aber wird durch ihre Meynung unſer Satz nicht umgeſtoſſen, weil ſie doch einen Ge - genſtand in den Wolken verſtehen. Hr. Frank - lin hatte ſchon 1753. durch verſchiedene ge - ſchickte Verſuche eine oftmalige Veraͤnderung des Zuſtandes der Wolken, bey einem Gewit - ter, bemerket. (S. ſeine Lett. 12. 13.) Herr Kinnersley ſetzte bie Beobachtungen fort, und Herr Watſon meldet eben daſſelbe; (Phil. Tranſ. Vol. LIV. p. 207.) ja Herr Franklin mey - net gefunden zu haben, daß ſich am oͤfterſten an den Wolken der Zuſtand der Electricitaͤt be - faͤnde, welchen er negativ nennet. In dieſer Hinſicht ſaget er, daß in ſolchem Falle die Ma - terie des Blitzes von der Erde aufwaͤrts nach den Wolken zu fahre. Er wuͤnſchet aber doch, daß man noch deshalben die Wuͤrkungen der Wetterſchlaͤge genauer unterſuchen moͤge. Auch erinnert er ſelbſt (Lett. XII. p. 116. ſq. ) daß in den Folgen des Blitzes, wie auch in der Ab - wendung deſſelben, kein Unterſchied daraus er - wachſe, indem die Metalle und ſpitzen Stan -gen67bekannt, daß Glas, Schwefel, Pech, Harz, Seide, Federn u. d. gl. das Durchfahren derE 2electri -*)gen eben ſo gut dienten, die Materie ſicher und gemaͤhlig zu den Wolken hin, als von den Wolken her zu fuͤhren, nachdem es das Ver - haͤltniß und Gleichgewicht erforderte. Ich habe deshalben in dieſer Abhandlung den ne - gativen Zuſtand der Wolken nicht beſonders in Betrachtung gezogen, um dem Leſer keine un - noͤthige Schwierigkeit zu machen. Ohne nun uͤber die Meynung zu ſtreiten, ob bey der ne - gativen Electricitaͤt ein wuͤrklicher Mangel der Materie vorhanden ſey, wird man mir folgendes aus der bloſſen Erfahrung zugeben. Bey bey - den Koͤrpern, durch deren Annaͤherung die Er - ſcheinung eines electriſchen Schlages entſtehet, finden ſich aͤhnliche Wuͤrkungen, Flamme und Erſchuͤtterung zu beyden Seiten. Bey Spitzen, wo die Electricitaͤt gemaͤhliger wuͤr - ket, kann man es am beſten wahrnehmen: es entſtehet naͤmlich in der Luft ein Schein dar - an, ſo lange die Wuͤrkung und Gegenwuͤrkung waͤhret, ſie moͤgen poſitive oder negative Ele - ctricitaͤt erhalten oder mittheilen, ſie moͤgen einem andern electriſirten Koͤrper gegenuͤberge - halten werden, oder ſelbſt electriſirt ſeyn, nur iſt der Schein ſtaͤrker, wenn die Spitze poſitiv, oder der andere Koͤrper negativ electriſirt iſt: in beyden Faͤllen aber wird die Spitze, wenn ſie be - weglich iſt, gleich einer angezuͤndeten Rakete ruͤckwaͤrts getrieben. (S. unten not. 66.) So viel glaube ich demnach, ohne zugeſetzte Muth - maſſung behaupten zu koͤnnen, daß bey einem Koͤrper auf der Erde, der von einem wahren Blitze getroffen worden, eine Wuͤrkung undGegen -68electriſchen Materie verhindern*)Man hat ſich ehedem viele Muͤhe gegeben, durch Verſuche zu erfahren, welche Koͤrper ei - genthümlich, wie man ſagte, die electriſche Kraft haͤtten, daß ſie, wenn ſie gerieben werden, an - dere Koͤrper anziehen, Funken geben u. ſ. f. und welche hingegen nur durch Mittheilung oder Fortpflanzung von jenen die Elektricitaͤt bekom - men Ein leichterer Weg aber, dieſen Unter - ſchied zu erfahren, iſt, wenn man bemerket, welche Koͤrper, wenn ich mich ſo ausdruͤcken mag, die Electricität zurück ſtoſſen, und welche ſie durchfahren laſſen. Die erſtern ſind die ſo - genannten eigenthuͤmlich electriſchen: in den letztern wird die mitgetheilte Electricitaͤt, wenn ſie mit jenen umgeben ſind, angehaͤufet, undſofern. Wenn ſie nun von einem Koͤrper, darinn ſie aufgehalten wor -den,*)Gegenwuͤrkung der electriſchen Materie zwi - ſchen einer Wolke und dieſem Koͤrper vorhan - den geweſen, und daß daher der Anfang der Erſchütterung, worauf die Frage nur eigent - lich ankommen ſollte, natuͤrlicher Weiſe in der Hoͤhe, neben den Wolken über, entſtanden ſey. Wenn wir nun den Fortgang dieſer Erſchütte - rung mit Sicherheit nachſpuͤren wollen, ſo deucht mich, koͤnnen uns noch einige Umſtaͤnde auf den Weg weiſen. Es iſt naͤmlich zu beobachten, wie die Gewalt nach und nach ſchwaͤcher gewor - den, ſo, wie ſich die Gewittermaterie unter - wegs zerſtreuen und verlieren konnte; jedoch muß man dabey erwegen, ob auch das Metall oben und unten im Gebaͤude in gleicher Maſſe vorhanden geweſen, weil ſonſt der Blitz durch einen Theil deſſelben ohne Schaden haͤtte durch - gehen und den folgenden verletzen, oder die an - fangs vertheilte Materie ſich hernach zuſam - men ſammlen, und mit mehrerer Kraft haͤtte wuͤrken koͤnnen. So meyne ich alſo, daß ſich die an den Gebaͤuden, von oben gegen die Erde zu ausgeübte Gewalt zeigen laͤſſet, wie z. E. bey dem Londonſchen Brigittenthurme die unterwaͤrts abnehmende, ja mitten im Gebaͤude aufhoͤrende Zerſtoͤrung, (S. §. 5) die Zerſtreu - ung und Verfliegung der electriſchen Materie zur Urſache zu haben ſcheinet. Daß an unſern Thuͤrmen, die ein kupfernes Dach haben, keine Beſchaͤdigung an der Spitze zu erwarten ſey, hingegen bey andern, die nicht auf ſolche Weiſe gedecket ſind, ſich allerdings oben am meiſten zeige, habe ich ſchon erwaͤhnet. Auf die Er -zaͤhlun -69den, auf einen andern, der ſich in einiger Ent - fernung davon befindet, durch einen hinderndenE 3Zwi -*)zaͤhlungen aber derer, welche den Blitz hie oder dort her fahrend wollen geſehen haben, iſt nicht viel zu bauen: indeſſen kann man auch bey einem wahren Blitze eine Flamme von un - ten aufſteigen geſehen haben, welches meinen Satz gar nicht widerleget, weil die electriſche Flamme von beyden Koͤrpern, bey denen die Wuͤrkung entſtehet, ausfahrend erſcheinet. Das Hin - und Herſchieſſen, oder der Zickzack des Blitzes in der Luft, iſt leicht zu begreiffen, weil der Zug ſich nach den Koͤrpern richten muß, die ihn anlocken und durchfahren laſſen. Denn, eben ſo haben die Naturforſcher auf verſchiedene Weiſe den kuͤnſtlichen Blitz durch Metall, welches ſie in beliebigen Figuren ge - ordnet hatten, vorgeſtellet. Die Wolken aber ſind meiſtens in Streifen der Laͤnge nach uͤber und neben einander ſchwebend[ ausgeſtrecket].70Zwiſchenraum ſpringet, ſo geſchiehet dieſes mit einer Flamme, Schlag oder Geraͤuſche, welche nach der Maaſſe der Materie und Unterſchiedes vom Gleichgewichte mehr oder wenigeꝛ heftig ſind. Sie ſcheinet aber durch dergleichen Koͤrper, welche ſie gern annehmen, auch ſchon in einiger Entfernung gleichſam angelocket zu werden, und alsdann den Widerſtand anderer dazwiſchen liegender nicht zu achten, zumal wenn ſie ſchon in Bewegung und fortrauſchend war*)Ich drucke mich, wie geſagt, nach den gewoͤhn - lichen Begriffen aus, als wenn die Materie wuͤrklich von einem Koͤrper zum andern fuͤhre. Wenn man aber annehmen will, daß ſich nureine. Beyſolchen*)ſofern ſie untereinander zuſammenhaͤngen, fort - gepflanzet, indem durch jene nur ſchwehrlich und langſam die Electricitaͤt ausgebreitet und ihnen auch nicht mit einmal genommen wer - den, durch dieſe aber ſich auf das ſchnellſte verbreiten und auch auf einmal aus dem gan - zen Koͤrper herausfahren kann. Vielleicht be - ſitzen, auſſer dem Aether und den Metallen, die meiſten andern Koͤrper, die man hieher gerechnet hat, dieſe Eigenſchaft, die Ele - ctricitaͤt frey durchfahren zu laſſen, nur we - gen des enthaltenen Waſſers. Luft und Oehle laſſen die Electricitaͤt nicht durch; ſie ſind alſo fuͤr ſich electriſch, und ſtoſſen ſie zu - ruͤck. Hier koͤnnte man durch Reiben keinen Verſuch anſtellen: man hat aber ſchon gefun - den, daß heißgetrocknetes Holz, wenn es in Oehl gekocht iſt, gleich dem Schwefel zur Auf - haltung, oder Zuruͤckſtoſſung der Electricitaͤt dienen kann71ſolchen Koͤrpern nun, dadurch ſie nicht frey hin - fahren kann, aͤuſſert ſie alsdenn eine zerſchmet - ternde Gewalt: dabey werden auch brennbare Theile oft ſo erhitzt, daß ſie entzuͤndet werden. Wenn die Metalle, dadurch ſie faͤhret, ſo klein oder duͤnne ſind, daß ſie ſich gleichſam durch - draͤngen muß, ſo werden ſelbige auch erhitzt, ausgedehnet, geſchmolzen, ja gar in unſichtbare Theile zerſtaͤubet*)Dieſes iſt, meiner Meynung nach, ein offen - barer Beweis, daß die electriſche Wuͤrkung ſelbſt durch die Subſtanz der Metalle dringe, und ſich nicht bloß an der Oberflaͤche aͤuſſere. Der von Hrn. Prof. Winkler in der Schrift, der Schrift, von den Eigenſchaften der electri - ſchen Materie §. 24. p. 26 vorgeſchlagene Ver -ſuch. Es kann aber eine un -E 4glaub -*)eine Bewegung in der bey allen Koͤrpern ſchon vorhandenen Materie fortpflanze, und daß dieſe Bewegung ſodann ihre uns unbekannte Ver - aͤnderungen, Zuruͤckprallungen u. ſ. w. habe; ſo laͤſſet ſich die Schwierigkeit heben, wie die electriſche Materie, quer durch einen Koͤrper, der ſie nicht durchlaſſen will, einen andern auf - zuſpuͤren weiß, der ſie gerne annimmt, und die - ſes zuweilen ohne den widerſtehenden Koͤrper ganz zu durchbohren, wie man z[.]E. im Brigit - tenthurme verſchiedene zwiſchenliegende Schich - ten von Steinen fand, an deren oͤbern und un - tern, wo Eiſen anlag, der Blitz die ſchmetternde Kraft geaͤuſſert hatte, nicht aber an den mitt - lern, wenn der Zwiſchenraum einige Fuß weit geweſen, (S. Phil. Tranſ. Vol. LVI. p. 217. 218. ) und wie auch bey dem Leidenſchen electriſchen Verſuche wahrgenommen werden kann.72glaubliche Menge electriſcher Materie darinn an - gehaͤufet werden und durchfahren, ohne ſie zu beſchaͤdigen.

§. 20.

Um ſich nun zu uͤberzeugen, daß die Gewit - termaterie, wie man vermuthet hatte, wuͤrkliche Electricitaͤt ſey, ſchlug Herr Franklin vor, die Probe mit Ausſteckung metallener Stangen zu machen. Hiedurch muͤßte ſelbige aus den Ge - witterwolken, wie von einem electriſirten Koͤr - per, aufgefangen, und wenn ſie durch andere Koͤrper verhindert wuͤrde, von der Stange ab - zuflieſſen, ſo daran angehaͤufet werden, daß man Funken daraus locken koͤnnte u. ſ. f. Wenn dieſes eintraͤfe, ſo ſaͤhe er ein, daß man ſich aus eben dem Grunde des Metalles, wenn es auſſen an einem Gebaͤude von oben herunter bis auf die Erde, oder bis ins Waſſer ginge, zur Ab - leitung der Gewittermaterie bedienen koͤnnte, damit ſie nicht durch andere Theile des Ge - baͤudes druͤnge. Da dieſe Gedanken 1751, in Europa bekannt gemachet wurden, ſo machten im folgenden 1752ſten Jahre Herr Dalibard und Herr Delor in Frankreich zuerſt den wuͤrk - lichen Verſuch, aus einer bloß durch die Ge - witterluft electriſirten Stange Funken zu ziehen,und*)ſuch mit einer in einem zugeloͤtheten metallenen Gefaͤſſe eingeſchloſſenen Maſchine, wuͤrde keine Electricitaͤt zeigen, weil ſie in die Maſchine, daraus ſie entſpringen muͤßte, wieder zuruͤck ginge, und alſo die poſitive und negative Ele - ctricitaͤt einander aufhoͤben.73und bald darauf waren in verſchiedenen Laͤn - dern die Naturforſcher um die Wette bemuͤhet, dieſe ſonderbare Entdeckung zu beſtaͤttigen*)S. Phyſical. Beluſt. XVII. St. p. 467. ſqq. Nollet Lettres ſur l Electricité, Lett. I. . Allein ungluͤcklicher Weiſe blieb man meiſtens in Europa dabey ſtehen, ſich an dem Auffan - gen und Anhaͤuffen der electriſchen Materie aus der Luft zu vergnuͤgen, die Funken zu bewun - dern, auch ſich davon erſchlagen zu laſſen: die Hauptſache aber, der von Herrn Franklin vor - geſchlagene Nutzen der Ableitung**)Welche er doch ſchon in den Opinions and Con - jectures, bey ſeinen Exp. and Obſſ. on Electricity, p. 62. ganz deutlich beſchrieben hatte. Die teutſche Ueberſetzung der Franklinſchen Briefe, welche zu Stockholm 1758. herausgekommen iſt, und die Anmerkungen des Herrn Wilke uͤber dieſes Werk, habe ich nicht geſehen. ward aus der Acht gelaſſen, unrecht verſtanden†)Der Abbe Mazeas, welcher der Londonſchen Geſellſchaft die erſte Nachricht von den in Frankreich angeſtellten Verſuchen mit den Stan - gen gab, meinet, daß man daraus ſchlieſſen koͤnne, daß eine eiſerne Stange, welche an er - habenem Orte auf einen ſolchen Koͤrper geſetzet waͤre, der die Electricitaͤt nicht durchlieſſe, (pla - ced upon an electrical body) alle Gewittermaterie aus den Wolken ziehen werde. (Phil. Tranſ. Vol. XLVII. p. 535). Dieſes verwehrte Abflieſſen der electriſchen Materie war freylich noͤthig. wenn man ſie an der Stange ſammlen wollte, um ihre Gegenwart zu zeigen: (davon HerrFrank -, in Zwei -E 5fel74fel gezogen*)Als von dem ſonſt verdienten Herrn Abbe Nol - let, in ſeinen Lettres ſur l’Electricité, welchem viele gefolget ſind.. Weil nun Herr Franklin be - merkt hatte, daß die electriſche Materie leichter, gemaͤhliger und in viel groͤſſerer Entfernung auf eine Spitze, Ecke oder Winkel eines Metalles zufaͤhret, als auf eine Flaͤche oder ein ſtumpfes und rundes Ende deſſelben, und daß dadurch dem gegenuͤberſtehenden Koͤrper ſeine Electrici - taͤt mit Geſchwindigkeit und doch ohne ploͤtzli - chen Schlag geraubet wird; ſo wagte er die Vermuthung, daß durch aufgeſteckte metallene Spitzen oben an den Gebaͤuden und davon her - untergehende Ableitung das ploͤtzliche Ausbre - chen eines Wetterſchlages verhuͤtet, und die Gewittermaterie behende in der Ferne abgezo - gen werden koͤnnte**)Die Entdeckung dieſer Eigenſchaft der Spi - tzen gab ihm die eigentliche Veranlaſſung zu dem Anſchlage, die Gewittermaterie aus derLuft. Ja, er ſchlieſſet ausſinn -†)Franklin l. c. p. 63. handelt, es dienet aber kei - nesweges, wenn man den Nutzen daraus zie - hen will, den Herr Franklin verſprochen. Weil ſolches von vielen nicht unterſchieden worden, und man gemeinet hat, daß der Verſuch zum Auffangen der Gewittermaterie, dieſelbe abzu - leiten dienen ſollte, ſo iſt auch kein Wunder, daß Herrn Prof. Richmanns traurige Erfah - rung manchem eine ganz ungegruͤndete Furcht erwecket hat, davon ich bald ein mehrers er - wehnen werde.75ſinnreichen electriſchen Verſuchen, daß die un - terſten Schweiffe einer Gewitterwolke, wenn ihnen eine Spitze entgegengekehret iſt, welche die Electricitaͤt auffaͤnget, ſich nicht ſo, wie ſie gegen einen flachen oder ſtumpfen Koͤrper thun muͤßten, darauf ſie den Blitz in geringerer Ent - fernung auf einmal fahren laſſen, heran ziehen wuͤrden, ſondern ihrer Electricitaͤt ſchon in der Ferne ſchleichend, und ehe ein Schlag erfolgte beraubet, und zu dem uͤbrigen Theile der Wolke hinauf getrieben werden koͤnnten*)l. c. p. 60 ſqq. und Lett. 12. p 126.. Denn, da ſonſt, wenn von zween Koͤrpern einer electri - ſiret, und einer von beyden beweglich iſt, ſelbige aneinander gezogen werden, bis der Funken oder Schlag erfolget; ſo findet man, daß, wenn die Electricitaͤt durch eine Spitze aufge - fangen wird und davon wieder abflieſſen kann, der ſchwebende Koͤrper, darinn ſie enthalten iſt, nicht, wie ſich viele irrig vorſtellen, ſtaͤrker an - gezogen, ſondern vielmehr weiter, als von einem ſtumpfen Koͤrper, abgehalten werde, welches ſich auf die Gewitterwolken, und die Gebaͤude, denen ſie drohen, anwenden laͤſſet**)Aber auch dieſe ſchoͤnen Verſuche ſind von Herrn Abbe Mazeas, der ſie zu fluͤchtig geleſen hatte, da er meinet, die electriſirte Waagſchale werde, gegen eine Spitze angezogen, und von ſtumpfen Koͤrpern abgeſtoſſen, (Phil. Tranſ. Vol. . Es zei -get**)Luft aufzufangen und abzuleiten, wie aus der bemeldeten Abhandlung p. 59. ſqq. zu ſehen iſt.76get ſich aber in der That die Gewittermaterie an metallenen Spitzen mit denſelben Erſcheinun -gen,**)Vol. XLVII. p. 552.) vielleicht auch von andern ganz verkehrt verſtanden worden. Der Ver - ſuch mit der Waagſchale erfordert zwar etwas Genauigkeit, und iſt daher von Herrn Abbe Nollet in Zweifel gezogen worden; der mit den Flocken Baumwolle will auch einige beſon - dere Umſtaͤnde haben. Daß indeſſen Herrn Franklins Satz richtig ſey, laͤſſet ſich ſchon dar - aus erachten, weil die Spitze ſelbſt, wenn ſie beweglich iſt, zuruͤck geſtoſſen wird: denn, ſo muß wiederum, wenn die Spitze feſt ſtehet, und der electriſirte Koͤrper beweglich iſt, dieſer zuruͤck getrieben werden. Man nehme z. E. einen kleinen Stab, welcher auf einer Axe her - um laufen kann. An deſſen beyden Enden be - feſtige man in die Quere eine Spitze, ſo, daß die eine rechts, die andere links hin ſtehet. Wenn nun ein electriſirter Koͤrper, nahe an eine der Spitzen koͤmmt, ſo wird ſie zuruͤck geſtoſſen, eben ſo auch die andere, (wenn nur die Ele - ctricitaͤt durch die Axe abflieſſen kann,) und ſo koͤmmt der Stab, gleich einem Feuerrade mit Raketen, in eine rund laufende Bewegung, welche man nicht verkehrt zuwege bringen kann. Herr Franklin thut alſo der Erklaͤrung dieſer Zuruͤckſtoſſung nicht Genuͤge, wenn er ſie bloß daher leitet, weil die Electricitaͤt ſchon in der Ferne durch die Spitze weggenommen wird. Hieraus wuͤrde nur folgen, daß die Anziehung aufhoͤrete, nicht aber, daß die Koͤrper vonein - ander getrieben wuͤrden. Herr Kinnersley, der bey einer ſolchen Zuruͤſtung, mit umlaufenden Spitzen die Axe derſelben electriſiret hat, (Phil. Tranſ. 77gen, als bey den electriſchen Verſuchen: denn, bey ſolcher gemaͤhligen Wuͤrkung der Electrici - taͤt aͤuſſert ſie ſtatt der Flamme nur einen Glanz in ausgeſtreuten Strahlen, und ſtatt des Knal - les nur ein ſchwirrendes Geraͤuſche. Wenn man demnach bey einer Gewitterluft dergleichen electriſches Licht erſcheinen laſſen will, ſo kannman**)Tranſ. Vol. LIII. p. 86.) iſt verlegen, dieſelbe Er - ſcheinung bey der negativen Electricitaͤt, nach Herrn Franklins Lehre, aus einem Einziehen der electriſchen Materie zu erklaͤren. Es zei - get aber, meiner Meynung nach, die Gegen - wuͤrkung, und iſt nichts anders, als was auch bey den Funken geſchiehet. Denn, ſobald ſel - bige, wie gewoͤhnlich, ausbrechen, werden die Koͤrper voneinander getrieben: ehe aber ein ſchlagender Funken, wie bey ſtumpfen Koͤrpern, entſtehet, muͤſſen die Oberflaͤchen naͤher zuſam - men kommen. Hingegen iſt der Schein an den Spitzen, welcher in groͤſſerer Entfernung ent - ſtehet, ſchon eine Reihe ausgeſtreuter kleiner Funken, und daher kann ſich dabey von weiten, ohne Schlag, ſchon die zuruͤcktreibende Kraft aͤuſſern. Verſchiedene von Herrn Nollets ei - genen Verſuchen, z. E. unter denen, die ſeinen. Lettres ſur l’Ectricité, P. II. angehaͤnget ſind, n. 22. 24. 25. zeigen auch dieſe Gegenwuͤrkung einer Spitze. Wenn man alſo einen Verſuch, gleich dem Franklinſchen, gelingen ſehen will, ſo muß man nur machen, daß die Spitze in ziemlicher Entfernung den brauſenden Schein von ſich werfe. Dieſes geſchiehet aber beſon - ders, wenn der gegenuͤberſtehende Koͤrper ne - gativ electriſirt iſt, welches nach Hrn. Franklins Kinnersley Beobachtungen, der gewoͤhnlichſte Zuſtand der Gewitterwolken zu ſeyn pfleget.78man nur an einem freyen Platze eine oben zu - geſpitzte metallene Stange, daran eine Ablei - tung herunter gehet, aufſtecken, ſo wird ſich, wenn es dunkel iſt, die Gewittermaterie auf bemeldete Weiſe zeigen: und wenn ein ſolches Metall in einem Stuͤcke bis auf feuchte Erde reichet, ſo flieſſet die Materie dadurch unmerk - lich hin, daher laͤſſet ſie den Schein nur oben an der Spitze, und wenn ſie in Menge darauf ſchieſſet, auch etwa unten bey der Erde ſehen, nicht aber mitten am Metalle. Will man ihre Gegenwart auch daſelbſt wahrnehmen, ſo muß eine kleine Unterbrechung des Metalles gemacht, oder eine Kette zur Ableitung gebrauchet wer - den, an deren Gliedern ſodann die Feuerfun - ken herunterrauſchen*)Dieſes iſt ein ſicherer Weg, ohne daß die Ge - witterſtange in ein Haus hereingeleitet wird, und ohne daß man ſich ihr zu naͤhern und ſelbſt die Funken heraus zu locken brauchet, derglei - chen Erſcheinungen wahrzunehmen. Will man ja genauerer Verſuche halben, die aus der Luft aufgefangene Gewittermaterie an dem Metalle angehaͤufet haben, und deshalben den freyen Ausgang derſelben verhindern, ſo kann man ſich doch bey beliebiger Auslockung der Funken / ſolcher Mittel bedienen, daß die Electricitaͤt nicht auf den Beobachter zu, ſondern mittelſt eines metallenen Drathes oder einer Kette zur Erde gezogen werde. Man ſehe auch Hrn. Hartmanns Anmerkungen, uͤber die noͤthige Achtſamkeit, bey Erforſchung der Gewitterele -ctrici -. Eben dieſen Schein an metallenen Spitzen hatte man, ohne zu wiſ -ſen79ſen was es waͤre, ſchon von alten Zeiten her in der Natur bemerket; denn es iſt bekannt, daß eiſerne Stangen, oder anderes Metall, welches Spitzen oder Ecken hat, oben an den Schiffen und anderer Orten oft bey einer Gewitterluft, oder auch bey einem Sturme, der Gewitterma - terie herfuͤhret*)Dieſes ſetze ich hinzu, weil nicht ein jeder Sturm die Electricitaͤt erreget. Herr Mazeas ſchreibet, er habe nicht bemerken koͤnnen, daß ein Sturmwind, wenn keine Gewitterwolken dabey geweſen, die[ Electricitaͤt] der Luft, welche er an ſeinem dazu ausgeſetzten Metalle beobach - tet hat, vermehret habe, der Strich des Win - des von Oſten, Weſten, Suͤden oder Norden, habe auch keinen merklichen Unterſchied verur - ſachet. (Phil. Tranſ. Vol. XLVIII p. 379.). Es leitet mich aber der Verſuch des Herrn Prof. Winklers, (Eigenſch. der electr Materie, § 16.) da er durch zuſammengepreßte Luft, welche er aus einer kupfernen electriſirten Hohlkugel ausfahren laſſen, die electriſche Wuͤrkung auf eine groͤſſere Entfernung als ſie ſonſt gereichet, mit dem An - fahren dieſer Luft fortgepflanzet hat, daß ich glaube, ein Sturmwind koͤnne ſie auch aus der Ferne herfuͤhren, wenn gleich die Wolke, dar - aus ſie entſpringet, nicht zu ſehen iſt. So hat auch Herr Wilſon (Phil. Tranſ. Vol. LIII. p. 463.) die, ohne daß es allemal dabey blitzet, einen Glanz zeigen, den man St. El - mesfeuer genannt hat, und welcher nichts an - ders iſt als die electriſche Materie, welche ge -maͤh -*)ctricitaͤt. Hannov. 1764. 4. wo eine ſichere Zuruͤſtung zu Beobachtungen beſchrieben wird.80maͤhlig und ohne Schlag, jedoch zuweilen mit einem merklichen Sauſen oder Schwirren dar - auf aus der Luft herabflieſſet*)Dergleichen Schwirren oder Summen ward auch bey dem Lichtſcheine angemerket, der ſich zu verſchiedenen malen an einigen eiſernen Stangen auf dem Petersthurme zu Nordhau - ſen, bey einem Donnerwetter, wie auch bey einem Sturmwinde mit Schnee, Hagel und Regen zeigte, wie Herr Prof. Käſtner, aus der von Hrn. Paſt, Leſſer, erhaltenen Nachricht (im Hamb. Magaz. VII. B. p. 420.) anfuͤhret, und der Matroſe auf dem Schiffe des Ritters Forbin, (aus deſſen Memoires P. I. p. 368. er die Erzaͤhlung dabey p. 425. einruͤcket) ſagte, das St. Elmesfeuer an der Flaggenſtange ziſche als ange - feuchtet brennendes Schießpulver. Plinius (Hiſt. nat L. II. c. 37.) erwaͤhnet ſchon des ſaͤuſelnden Geraͤuſches bey ſolchen Lichtern: navium par - tibus, ceu vocali quodam ſono, inſiſtunt. Dieſe brauſende Lichtſcheine muͤſſen, nach electriſchen Erfahrungen am größten ſeyn, wenn die Wol - ken negativ electriſiret ſind.. Insbeſondere aber muß ich bemerken, daß wir ſchon einige Nachrichten von dem wuͤrklichen durch Herrn Franklin vermutheten Nutzen metallener Spi - tzen, die ſich oben an Gebaͤuden befunden, auf - weiſen koͤnnen, wo ſelbiger doch nicht mit Fleiß geſuchet war. Durch ſolche Erfahrungen koͤn -nen*)die Electricitaͤt durch gelindes Blaſen laͤngſt einer Stange von Bernſtein fortgetrieben: wiewohl Herr Richmann (Nov. Comm. Petrop. T. IV. p 328) meldet, daß er ſie mittelſt des Dunſtes, aus einer Aeolipila nicht merklich habe wegfuͤhren koͤnnen.81nen alle unſere Gruͤnde unterſtuͤtzet werden. So wird durch das Zeugniß der Einwohner von Plauzat in Auvergne, und durch den Bericht des Pfarrers daſelbſt, Hrn. Binon, bekraͤfti - get, daß, ſobald ſich auf dem eiſernen Kreutze, welches dort oben auf einem Thurme ſtehet und nicht angemahlt oder gefirniſſet iſt, an deſſen dreyen in Form einer franzoͤſiſchen Lilie zuge - ſpitzten Enden, bey einem Gewitter dergleichen Lichter ſehen laſſen, man ſich aus alter Erfah - rung ſicher haͤlt, daß kein Schaden vom Wet - ter zu befuͤrchten ſey*)Hr. Delor hat davon der koͤnigl. Acad. der Wiſſenſchaften Bericht ertheilet. S Hamb. Magaz. IX B. p. 359. wo es Hr. Käſtner aus der Uetrechter Franz Zeitung von 1752. anfuͤhret, wie auch Hr. Mylius in den Phyſical. Beluſt. XVII. St. p. 488.. Eben dergleichen hat man ſeit langer Zeit bey einem Thurme eines Schloſſes des Ritterguts Kreibitzſch, welches auf einem hohen Berge zwo Stunden von Naumburg gelegen iſt, angemerket. Die aͤlte - ſten Einwohner haben ſich nicht zu erinnern ge - wußt, daß ein Wetterſtrahl an dieſem Orte eingeſchlagen haͤtte, wenn ſich bey Annaͤherung eines Gewitters eine Flamme oder Licht an der Spitze dieſes Thurmknopfes habe ſehen laſſen. Vor einigen Jahren aber iſt der Knopf, weil er mit einer Kugel durchſchoſſen geweſen, abge - nommen, nach geſchehener Ausbeſſerung wie - der aufgeſetzet, und der Thurm dabey um 6 Schuhe erhoͤhet worden. Gleich daraufFſchlug82ſchlug bey einem entſtandenen Gewitter, dabey ſich die Flamme uͤber dem Knopfe nicht ſehen lieſſe, ein Blitz in den Thurm, und zerſchmet - terte das Mauerwerk. Seit nachmahliger Aus - beſſerung hat ſich zwar das Licht uͤber dem Knopfe wieder ſehen laſſen, aber der Blitz hat doch ſchon fuͤnfmal auf dieſem Gute eingeſchlagen, und wenn ſich nun ein Gewitter auf eine gewiſſe Weite dem Thurme naͤhert, ſo entſtehet gemeiniglich ein heftiger Knall und Schlag, doch ohne Zuͤndung*)Dieſe Bemerkung hat Hr. Prof. Winkler, nach dem Bericht eines ſeiner guten Freunde in der Schulpforte, aus der Erzaͤhlung und Verſiche - rung verſtaͤndiger Leute, in ſeiner Phyſic von 1754. §. 415. p. 463, angefuͤhret.. Wir koͤnnen gewiß vermuthen, daß durch die Ausbeſſerung dieſes Thurms etwas, entweder an der Spitze veraͤndert worden, dadurch die Ge - wittermaterie nicht ſo leicht, wie zuvor, kann gemaͤhlig aufgefangen werden, oder, daß ſie vor - dem eine beſſere Ableitung gehabt, und itzt durch Verderbung derſelben nicht genugſam abflieſ - ſen kann, ſondern, wenn ſie zu ſtark darauf zu - faͤhret, angehaͤufet werden muß. Es waͤre alſo leicht Huͤlfe zu ſchaffen, und den Einwohnern die Sicherheit, deren ſie zuvor genoſſen, wenn eine Gewitterwolke den Strich hergekommen, daß ihre Materie von der Thurmſpitze koͤnte auf - gefangen werden, wieder zu geben. Man muß ſich aber wahrlich wundern, daß dergleichen zu - faͤllig errichtete Spitzen ſo viel haben ausrichten koͤnnen, da doch leicht zu erachten iſt, daß ſichnir -83nirgends eine vollkommene Ableitung, ſo, wie man ſie mit Fleiß anbringen koͤnnte, daran be - finden wird. Es muß nur durch die gemaͤh - lige Zuſtroͤmung der Gewittermaterie erhalten worden ſeyn, daß ſolche einigermaſſen durch das Gebaͤude, oder etwa auſſen an demſelbi - gen, wenn es naß geregnet geweſen, genugſamen Durchgang gefunden, und ſich ohne Schlag hat verlieren koͤnnen. Denn, ſo lange ſich auf der Spitze noch der brauſende Schein ſehen laͤſ - ſet, iſt es ein Zeichen daß die electriſche Mate - rie beſtaͤndig durchflieſſen kann*)Wenn man einem electriſchen Koͤrper eine me - tallene Spitze entgegen haͤlt, darinn die Mate - rie durch ſolche Koͤrper, welche ſie nicht durch - laſſen, aufgehalten wird, und von deren an - derm Ende ſie auch nicht durch Wegſpruͤtzen fortgehet, ſo erhaͤlt die Spitze alſobald ſo viel Electricitaͤt, als ſie faſſen kann, und leuchtet nicht mehr. Die Naͤſſe aber machet, wie ge - ſagt, eine Ableitung: daher leuchteten die ſpi - tzen eiſernen Stangen des Hrn. Macfait (davon in den Edinb. Phyſical. and litt. Eſſays, vol. I. p. 89.) ſie mochten in glaͤſernen Roͤhren ſte - cken oder nicht, weil der Regen daran herunter liefe. Er konnte aber auch keine Funken aus den Stangen mit dem Finger ziehen, weil ſich keine Electricitaͤt darinn angehaͤufet hatte. So wird auch bey den meiſten Erzaͤhlungen von St. Elmesfeuern erwehnet, daß Regen, Schnee oder Hagel dabey geweſen. Hr. Richmann hat ſich demnach geirret, da er (Nov. Comm. Petrop. p. 333.) vermuthet, das Kreuz auf dem Thurm zu Plauzat muͤſſe auf ſolchen Koͤrpern ſtehen,welche: wenn ſelbigeF 2aber84aber nicht nach ihrer Maſſe nicht gemaͤhlig ge - nug aufgefangen werden, oder nicht frey genug ſich vertheilen kann, ſo entſtehet ein Schlag. Weil es nun auch bey den Maſtbaͤumen der Schiffe, die von harzigem Holze und noch dazu mit Oehl beſtrichen, oder getheeret ſind, an der noͤthigen Ableitung von dem oberen Eiſen feh - let, da, was abgeleitet wird, nur laͤngſt dem naſſen Tauwerke der getheerten Waͤnde des Ma - ſtes, und von da uͤber Bord zu gehen ſcheinet, ferner auch das Eiſen der Flaggenſtange nicht ſpitz genug zur gemaͤhligen Auffangung der Gewittermaterie iſt; ſo kann, wenn ſolche auf einmal zu haͤufig heran koͤmmt, auf ein St. Elmesfeuer auch wohl ein wuͤrklicher Blitz und Schlag erfolgen*)Wie bey einem engliſchen Schiffe geſchehen iſt, davon in den Phil. Tranſ. N. 492. p. 111. und in Hrn. Franklins Lett. 5 p. 90. erwaͤhnet wird,[ auf] deſſen Maſtbaumsſpitzen dergleichen groſſe electriſche Flammen vor dem Wetterſchlage ge - ſehen wurden. Auf der Spitze des Thurm -knop -. Da aber die Materie ſichnoch*)welche den Abfluß der elektriſchen Materie verhindern: wie auch Hr. D. Watſon, wenn er (Phil. Tranſ. Vol. LIV. p. 207.) meinet, das St. Elmesfeuer wuͤrde ſelten, oder gar nicht mehr auf Schiffen erſcheinen, wenn man von dem Eiſen der Flaggenſtange eine Ableitung, durch einen metallenen Drath, bis ins Waſſer mach - te, denn, eben darum erſcheinet es ſchon itzt, weil die Gewittermaterie ziemlichermaſſen durch die Tauen u. ſ. w abgeleitet wird.85noch weniger vertheilen kann, wenn ſie nur von einer Spitze aufgefangen wird, als wenn ſie auf mehrere zugleich herabſtroͤmet: ſo mag wohl zum Theil daher die Bemerkung der Al - ten einigen Grund haben, daß eine einzelne der - gleichen Flamme auf einem Schiffe von gefaͤhr - licher Vorbedeutung, wenn ihrer aber ein Paar ſich ſehen lieſſen, ſolches ein gluͤckliches Zeichen bey einem Ungewitter ſey*)S. Plinius Hiſt. nat. L. II. c. 37. Die paarweiſeerſchei -. Es kann aberF 3auch*)knopfes zu Wuſterhauſen an der Doſſe, (S. Hannoͤv. Beytr. 1761. N. 49. p. 773.) ſahe man einen ſolchen Schein eine halbe Stunde lang nach einem heftigen daſelbſt entſtandenen Wet - terſchlage leuchten. Da aber dieſer Schlag keinen Schaden gethan, ſo vermuthe ich, daß er eine und andere Ableitung auſſen an dem Thurme gefunden hat. Seneca ſagt auch ſchon (in Quæſt. nat. L. I. c. 1.) daß zuweilen auf bemeldetes Licht ein wuͤrklicher Schlag als ein Blitz entſtehe. Hr. Franklin hat bey ſeinem Vorſchlage, den Blitz abzuwenden, auch auf die Schiffe gedacht, (Exp. and Obſſ. p. 62. und p. 90.) weil ſelbige, zumal in heiſſen Welt - gegenden, ſehr der Gefahr vom Einſchlagen ausgeſetzet ſind. Er will demnach, daß von den eiſernen Spitzen der Maſtbaͤume laͤngſt der Wand bis ins Waſſer, (nicht, wie Hr. Mylius in ſeinem Auszuge Phyſ. Bel. XVII. St. p. 465. und 468. es faͤlſchlich ausdruͤcket, bis in das Tauwerk, oder in die Schiffſeile ein metallener Drath gefuͤhret werde. Eben dieſes hat auch nachmals Hr. D. Watſon in einem eigenen Schreiben an den Lord Anſon (Phil. Tranſ. Vol. LII p. 629.) angerathen.86auch bey einem Gewitterregen eine ſichtbar phosphoriſche oder ſchwefelichte Materie aus den Wolken herabgefuͤhret werden, welche zu - weilen im Dunkeln, nicht allein an metallenen Spitzen, ſondern auch hie und da auf an - dern Koͤrpern leuchtet*)Ein ſehr glaubwuͤrdiger Kaufmann allhier hat mir erzehlet, daß er auf der Elbe, ein paar Meilen unterhalb Hamburg, bey einem Gewit - ter mit ſtarkem Regen, dergleichen kleine Lich - ter nicht allein auf dem Fahrzeuge, darauf er geweſen ſondern auch auf ſeinem Hute, Klei - der u. ſ. f. haͤufig geſehen: eben das haͤtte auch ein Mann, der damals auf dem Lande gefahren, an ſich, ſeinen Pferden und Wagen, wahrgenommen. Des andern Morgens ſey eine ſchwefelichte Materie auf dem Regenwaſ -ſer,. Dieſes will ich nichtmit*)erſcheinenden nannten ſie Caſtor und Pollux, die einzelnen aber Helena, daraus vermuthlich das Wort St. Elmesfeuer, und noch weiter verdor - ben St. Telmo und St. Herme entſtanden iſt. Die Italiaͤner nennen es auch nach dem heil. Petrus und Nicolaus: die Engellaͤnder aber Comazants. Bey dem Schiffe des Ritters Forbin, deſſen oben (not. 69.) erwaͤhnet wor - den, ging eine ſehr ſchwarze und drohende Ge - witterwolke, da ſich mehr als 30 ſolcher Lichter an verſchiedenen Ecken des Schiffes gezeiget, auch mit einem ſtarken Regen ohne Schaden voruͤber. Sonſt hat man in alten Zeiten auf den Spieſſen der Legionen im Felde, wie an andern Spitzen, zuweilen ebenfals derglei - chen Licht wahrgenommen, welches die Geſchicht - ſchreiber als Wunderzeichen erzaͤhlen.87mit dem electriſchen Scheine, davon oben ge - redet iſt, verwechſeln, ob zwar ſolche Materie in der Luſt vielleicht die Erzeugung der Electrici - taͤt befoͤrdern, und ſelbige demnach mit dem phosphoriſchen Regen zugleich herabgeleitet werden kann, welches noch weiter zu betrachten waͤre*)Als der Blitz 1760. in das Schloß zu Upſal eingeſchlagen hatte, fand man auch auf dem Boden und einigem Geraͤthe eine Materie, als Schwefelblumen, liegen, und ſpuͤrte einen Knob - lauch - und Schwefelgeruch. (Phil. Tranſ. Vol. LIII. p. 100.)..

§. 21.

Es fangen indeſſen auch Metalle, die nicht zugeſpitzet ſind, ja auch andere Koͤrper die Ge - wittermaterie aus der Luft auf, welches man nur nicht anders bemerken kann, als wenn man das Abflieſſen derſelben nach der Erde hin ver - wehret**)Herr D. le Monnier in Frankreich hat ſchon 1752. bemerkt, daß ein metallener Koͤrper, wenn er gleich nicht zugeſpitzet iſt, und wenn er auch nicht aufrecht ſtehet, ſondern wagerecht gelegt iſt, wie auch andere Dinge, z. E. Holz, ein Menſch, der die Hand in die Hoͤhe hielte, u. ſ. f. ſogar nur in geringer Entfernung von der Erde, ſo viel electriſche Materie aus der Gewitter - luft ſammleten, daß, wenn ſolche, durch Seide, Glas, Harz u. d. gl. abzuflieſſen verwehretwurde,. Wie viel aber aus der Hoͤhe bloßF 4durch*)ſer, welches ſich hie und da geſammlet haͤtte, zu ſehen geweſen, und die Landleute haͤtten der - gleichen Regen fruchtbar gehalten.88durch einen duͤnnen metallenen Drath bey einer Gewitterluft aufgefangen, und daran, wenn der Abzug verhindert wird, angehaͤufet werde, kann man aus einem faſt fuͤrchterlichen Verſuche des Herrn de Romas zu Nerac in Frankreich ur - theilen. Er ließ einen groſſen ſogenannten Dra - chen von Papier, welches mit Oehl beſtrichen war, an einer mit einem duͤnnen meßingnen Drathe umwundenen Schnur uͤber 600. Fuß hoch, bey ziemlich ſtarkem Winde, in die Luft fliegen, als Gewitterwolken daher zogen, obwohl kein Blitz, wie auch nur einiger Donner aus der Ferne, und wenig Regen an dem Orte ver -ſpuͤret**)wurde, die Funken und andere electriſche Er - ſcheinungen daran erreget werden konnten. (Mem. de l’Acad. des Scienc. 1752. p. 238. ſeq. Phil. Tranſ. Vol. XLVII. p. 548. Nollets Lettres ſur l’Electricité. p. 12.). Allein Hr. Richmann hat doch (Nov. Comm. Petrop. T. IV. p. 336.) durch genaue Beobachtungen an ſeinem Electricitaͤts - zeiger erfahren, daß eine Kette, daran eine zugeſpitzte Stange befeſtiget war, mehr, oder in groͤſſerer Entfernung von der Wolke, ele - ctriſirt wurde, als eine andere gleiche Kette ohne Spitze. Herr Nollet hat alſo nicht Urſache (Lett. VII. ſur l’Electricité) die Erfindung mit den ſpitzen Stangen geringe zu ſchaͤtzen, da er doch ſelbſt die Eigenſchaft der Spitzen, bey den kuͤnſtlichen electriſchen Verſuchen zugeſtehen muß. Hr. Franklin hatte recht geurtheilet, und verdiente nicht von dem Hrn. Abbe (Lettr. VI. ) ſogar wegen ſeines Ausdrucks chicanirt zu werden, da er es eine Kraft der Spitzen (power of points) genannt hatte.89ſpuͤret wurden. Damit nun die Gewitterma - terie von der Drachenſchnur, oder dem daran befindlichen metallenen Drathe, nicht abgezogen werden, und ſich in die Erde verlieren moͤchte, ſo hatte er das Ende derſelben an einer Fuß langen ſeidenen Schnur angebunden, und ſolche unter einem Vordache, damit ſie nicht naß reg - nete, befeſtiget. Die Gewittermaterie haͤufete ſich demnach ſo an, daß rund um die Drachen - ſchnur ein ſteter Lichtcylinder geſehen wurde, welcher bey hellem Tage 3 oder 4 Zoll im Durch - ſchnitte hatte*)Man kann auch einigermaſſen mit electriſchen Maſchinen die Ueberhäufung der Electricitaͤt an einem Koͤrper ſo weit treiben, daß ſie ſich beſonders bey Ecken und Spitzen, in einem leuch - tenden Dunſtkreiſe verbreitet, und bey der Dra - chenſchnur konnten die rauhen Faſern derſel - ben zur Zerſtreuung der Gewittermaterie die - nen. Bey aller Anhaͤufung aber, wenn die Electricitaͤt nur gemaͤhlig auf den Koͤrper ge - bracht, oder davon abgezogen wird, iſt doch keine Gewalt zu ſpuͤren. Wir ſehen alſo, daß nur die ſchnelle Bewegung der electriſchen Ma - terie, indem ſie durch einen Koͤrper durchfaͤh - ret, oder von einem zum andern ſpringt, die heftigen Wuͤrkungen hervor bringt.. Ein Strohhalm, der ſich unter der Schnur auf der Erde befand, und einen Fuß lang war, ward davon angezogen, und folgte ihr viele Ellen hoch in die Luft**)Die anziehende Kraft, welches die erſte Erſchei - nung war, die man bey den electriſchen Ver - ſuchen beobachtete, iſt naͤmlich gleicherweiſe beyder. F 5Wenn90Wenn nun dieſer oder ein anderer Koͤrper ſich dem metallenen Drathe naͤherte, ſo brachen in der Entfernung von einigen Schuhen ziemliche Flammen mit einem Knalle, als ein Piſtolen - ſchuß, hervor. Es ward auch von den Anwe - ſenden ein ſchwefelichter Geruch verſpuͤret*)Einige Beſchreibung von dieſem Verſuche fin - det man (nach dem Gentlem. Magaz. 1756. Aug.) in dem Bremiſchen Magaz. 2ten B p. 114. noch ſtaͤrker aber ſcheinen die Wuͤrkungen ge - weſen zu ſeyn, davon Herr Nollet in den Let - tres ſur l’Electr. P. II. Lettr. 17 redet. Alle dieſe Materie ward bloß an dem duͤnnen me - tallenen Drathe angehaͤufet, weil der mit Oehl beſtrichene papierne Drache nicht viel auffan - gen konnte. Herr Franklin hatte dergleichen Verſuch ſchon zuvor gemacht, da er aber nur eine naſſe hanfene Schnur gebrauchet, und uͤber den Drachenrahmen ein ſeidenes Tuch geſpan - net hatte, ſo war die Wuͤrkung nicht groß gewe - ſen, wiewohl er eine eiſerne Spitze an des Drachen Kopf befeſtiget hatte. Wollte man noch mehr von der Gewittermaterie dabey auffangen, ſomuͤßte.

§. 22.

**)der Gewitterelectricitaͤt zu ſpuͤren. Wenn eine Gewittermaterie herankoͤmmt, ſo ſiehet man auch oft auf dem Felde den Staub und leichte Sachen, als in einem Wirbel aufſteigen. Der - gleichen Staubſaͤule hat Herr Wilke beobach - tet, (davon in Herrn Hartmanns Anmerk. von der Gewitterelectricitaͤt p 24.) und ich glaube, man kann ſie zu einem Vorboten einer nahen Gefahr vom Wetterſchlage rechnen, weil ſie ſchon einige Wuͤrkung des electriſchen Dunſt - kreiſes der Wolke anzeiget.

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§. 22.

Wenn alſo eine zu Auffangung der Gewit - termaterie ausgeſteckte Stange, und was da - mit von Metall verbunden iſt, durch ſolche Koͤr -per*)muͤßte man den Drachen mit Flitterblech, oder wenigſtens mit Goldpapier uͤberziehen, einen metallenen Drath um die Schnur gewi - ckelt haben, und die Electricitaͤt unten an einem andern Metalle, von groͤſſerem Umfange, ſamm - len Hr Kinnersley hat mit einem Dra - chen, in deſſen Schnur ein duͤnner metallener Drath geflochten war,[auch] bey[k]larem trocke - nen Wetter, ohne daß eine Wolke zu ſehen ge - weſen, etwas poſitive Electricität erhalten. (Phil. Tranſ. Vol. LIII. p. 88). Der Herr Ma - zeas hat alle Tage, von Sonnenaufgange an, bis etwa eine halbe Stunde nach ihrem Unter - gange, bey trockenem Wetter, ohne daß ein Gewitter, in der Luft geweſen, einige wiewohl ſchwache Zeichen der Electricitaͤt an ſeinem ausgeſpannten eiſernen Drathe bemerket. (Phil. Tranſ. Vol. XLVIII. P. I p. 378. ſq.) Eben die - ſes hat auch Hr. D. le Monnier, ſogar im Octo - bermonate erfahren. Er haͤlt auch dafuͤr, daß der Thau nur die Urſache geweſen, weswegen die Electricitaͤt ohngefehr eine Stunde nach Son - nenuntergang ſich nicht mehr gezeiget: denn, wenn er verhuͤtete, daß die ſeidenen Schnuͤre, daran ſein eiſerner Drath befeſtiget war, nicht naß wurden und die Luft nicht gar zu feucht war, ſo aͤuſſerte ſie ſich faſt beſtaͤndig Tag und Nacht (Mem. de l’Acad. des Scienc 1752. p. 240. ſeq) Der Schwefelgeruch, dabey einige zugleich etwas Knoblauch aͤhnliches ſpuͤren wollen, wird auch bey ſtarken Funken der kuͤnſt - lichen Electricitaͤt wahrgenommen.92per umgeben wird, welche die Electricitaͤt nicht frey durchlaſſen, ſo laͤßt ſich dieſe aus den Wol - ken in ſo betraͤchtlicher Maſſe daran ſammlen und anhaͤufen, daß man bey Annaͤherung eines andern Koͤrpers an dieſes Metall, wenn auch gleich kein Blitz auf einmal aus der Luft dar - auf zuſchoͤſſe, nicht allein kleine Funken mit Ge - raͤuſche, wie bey den kuͤnſtlichen electriſchen Verſuchen, daraus locken kann; ſondern der Funken oder die Flamme kann ſo ſtark werden, daß es einen gefaͤhrlichen Schlag giebet, noch mehr aber muß ſolches geſchehen, wenn wuͤrk - lich ein Blitz aus einer Gewitterwolke die Stange trifft. Dieſes iſt dem geſchickten Naturforſcher, Hrn. Prof Richmann, in Petersburg wieder - fahren, und hat zu vielem Mißverſtaͤndniſſe von gefaͤhrlicher Anziehung des Blitzes durch die Stangen, Anlaß gegeben. Allein, was that Hr. Richmann? Hatte er fuͤr eine Ableitung der Gewittermaterie auſſen am Hauſe geſorget? Keinesweges: er hatte vielmehr gerade das Gegentheil von dem, was wir oben angera - then haben, gethan, und auch thun wollen. Hr. Richmann wollte naͤmlich mit Fleiß die Gewittermaterie an ſeinem Metalle anhaͤufen, um die Wuͤrkung davon zu ſehen, weil die Be - merkung damals noch neu war*)1753. den 3. Aug. (S. Hamb. Correſp. 1753. N. 141.) Ich kann nicht umhin, die Worte die - ſes verewigten Mannes, und gleichſam den Ent - ſchluß, damit er ſeinem glaͤnzenden Tode ent -gegen. Er hattealſo93alſo von der oͤbern Stange einen metallenen Drath in ſein Haus hereingeleitet, und allen Abfluß verhindert. Nun kam unvermuthet, als kurz vorher das Gewitter noch weit entfernet ſchiene, ein ſtarker Zuſchuß der Materie auf eine Zuruͤſtung, und als er einen Fuß weit davon, Achtung darauf gab, ſchoß ein Fauſt dicker Fun - ken gerade auf ſeinen Kopf zu, und der Schlag fuhr durch ſeinen Koͤrper, ſo, daß es ihm dasLeben*)gegen gegangen, anzufuͤhren. Man findet ſie in ſeiner letzten Abhandlung, welche er kurz vorher der Academie uͤbergeben, und darinn den Electricitaͤtszeiger, damit er die Staͤrke der Kraft ausmaß, beſchrieben hat (Nov. Comm. Petrop. T. IV. p. 335.) Sie erfordern ein Denkmal der Zaͤrtlichkeit. Man koͤnnte (ſchreibt er) fragen, ob nicht Gefahr bey die - ſen Verſuchen zu befuͤrchten ſey, und ein ſchroͤck - licher Blitz durch ſolche Anſtalt unvorſichtiger Weiſe hergeleitet werden moͤchte? Wenn die - ſes waͤre, ſo muͤſte man davor Rath ſchaffen. Es werden aber zuvor verſchiedene Beobach - tungen und Erfahrungen erfodert, um zu wiſ - ſen, weswegen und unter welchen Umſtaͤnden der Blitz gefaͤhrlich werde Demnach muͤſſen die Naturforſcher dabey Herz und Unerſchro - ckenheit bezeigen. Es iſt meines Amtes, die Wuͤrkungen und Kraͤfte der Natur nach Vermoͤgen zu unterſuchen: ich gehe muthig voran, und verſaͤume keine Gelegenheit, meine Dienſte zur Beobachtung, und einigermaſſen zur Beſtimmung, der natuͤrlichen Electricitaͤt zu leiſten. Es war alſo gar nicht Hrn. Richmanns Abſicht, das Gewitter abzuleiten, wie ſich manche eingebildet haben.94Leben koſtete. Dieſe Geſchichte zeiget alſo in der That nichts anders, als was wir eben er - weiſen wollen, naͤmlich, daß das Metall die Gewittermaterie angelocket habe, und demnach, wenn es auſſen am Hauſe bis in die Erde herun - ter geleitet geweſen, der Blitz nicht in das Haus gefahren waͤre*)Wollte man dann leugnen, daß Dach und Rin - nen uns vor dem Regen ſchuͤtzen, weil einer, der ſich unter dem Ausguß einer Rinne geſtel - let, am aͤrgſten benetzet worden? Bey einer ſolchen Zuruͤſtung, als Hr. Richmann und andere Naturforſcher gemacht haben, die Gewittermaterie in einem Hauſe zu ſammlen, wird freylich das Haus in dieſelbe Gefahr ge - ſetzt, darinn, wie oben erwehnet, unſere Ge - baͤude durch die Wetterfahnen u. d. gl Metall, davon keine Ableitung iſt,[ befindlich] ſind. Es haben auch einige (als Hr. Hartmann, in den Anmerkungen von der Gewitterelectricitaͤt) ge - glaubet, daß es kein Blitz, ſondern bloß der ſtarte Funken von der angehaͤuften Materie aus dem Metalle, geweſen, dadurch Hr. Rich - mann getoͤdtet worden. Allein, in einer aus - fuͤhrlichen Nachricht, welche (aus dem Deut - ſchen uͤberſetzt) in den Phil. Tranſ. Vol. XLIX. p. 61. eingeruͤckt iſt, wird ausdruͤcklich erweh - net, daß, obgleich die Luft ſonſt heiter gewe - ſen, doch eine kleine dicke Wolke niedrig in der Luft daher fahrend, und daß dieſer Blitz mit ei - nem uͤberaus heftigen Donnerſchlage daraus entſtanden: von verſchiedenen Leuten beobach - tet worden: daß auch ein wenig Regen dar - auf erfolget, bald aber, da die Wolke voruͤbergezo -.

§. 23.95

§. 23.

Um alſo die Sache noch einmal kurz vorzu - ſtellen und verſchiedenen Einwuͤrfen zu begegnen, muß ich nur erinnern, daß das anlocken, auf -fan -*)gezogen, wieder Sonnenſchein geweſen ſey, daß der Wind ſich kurz vorher und gleich nachher gedrehet habe, und daß Leute auf der Gaſſe durch eben dieſen Schlag erſchuͤttert, ja einige umgeworfen worden. Verſchiedene andere Umſtaͤnde ſcheinen auch die ploͤtzliche Gewalt eines Blitzes anzuzeigen, zumal da der metal - lene Drath dabey zerriſſen und geſchmolzen worden, ſo, daß die eingebrannten Striemen auf Hrn. Sokolows Kleide zu erkennen gewe - ſen. Dergleichen wird man von bloſſer Aus - lockung eines Funkens ohne Zuſchuß durchfah - render Materie nicht aufweiſen koͤnnen. An Hrn. de Romas duͤnnem Drathe war die Ge - wittermaterie ſehr uͤberhaͤuft, dennoch, wenn die ſtaͤrkſten Funken daraus gezogen wurden, zerriß der Drath nicht, obwohl dieſer noch aus der nahen Wolke einen ſchnellen Zuſchuß haͤtte bekommen koͤnnen. Indeſſen koͤnnte die nach - gerade aus der Luft bey dieſen Anſtalten, wie an Hrn. de Romas Drachenſchnur, geſammlete Materie auch ohne einen ploͤtzlichen Zuſchuß von einem Blitze, ſchon zureichen, einen Men - ſchen, der ſich dem donnervollen Metalle na - hete, zu erſchlagen. So haͤtte es bey der Er - fahrung mit der Gewitterſtange zu Potsdam, (davon im Hamb. Magaz. XV. B. p. 602.) ge - hen koͤnnen, wenn der Beobachter dabey gewe - ſen, als durch einen daraus entſprungenen Schlag die angenagelten Latten ausgeriſſen und ein Loch in einen Dachziegel, welcher eineSpanne96fangen, zuſpringen, anhaͤufen und ableiten der Gewittermaterie wohl zu unterſcheiden ſey, Die Metalle locken allerdings die Gewitterma - terie an ſich: dies iſt aber eben die Eigen - ſchaft, welche wir zu Nutzen anwenden koͤn - nen. Denn, wenn wir Metall auſſen am Ge - baͤude herunter gehen laſſen, ſo locken wir den Blitz nicht auf uns zu, ſondern vom Gebaͤude ab in die Erde. Daß nun die Spitzen dieſe Materie in groͤſſerer Entfernung auffangen als Metalle von anderer Geſtalt, ſolches iſt ein wahrer Vortheil, indem es, wie geſagt, nicht allein den Nutzen ſchaft, daß der Blitz nicht eine andere Ecke des Gebaͤudes treffe, wo er Gewalt ausuͤben wuͤrde, ſondern auch eben da - durch das gefaͤhrliche ploͤtzliche Zuſpringen des Blitzes, und die Annaͤherung der Wolke, dar - aus der Schlag ſonſt entſtehen wuͤrde, verhuͤ -tet*)Spanne weit von dem Metalle abgeſtanden, geſchlagen worden. Auch an andern Orten hat man bereits einige fuͤrchterliche Erſchuͤtterun - gen bey ſolchen Verſuchen gefuͤhlet, und in Hrn. Richmanns Hauſe ſcheinet das meiſte von dem Blitze ſchon in das Thuͤrgeſimſe, unter welchem der davon gluͤhend gewordene und zerriſſene Drath von der oͤbern Stange herging, und in die Pfoſten gefahren zu ſeyn, welche dadurch zerſchmettert worden, ſo daß nicht einmal die ganze Kraft durch ſeinen Koͤrper gegangen. Es iſt aber gar nicht noͤthig, ſich dieſer Verſuche wegen einer ſolchen Gefahr auszuſetzen. S. oben §. 20. p. 78. not. *.97tet wird*)Daß alles Metall, wenn es auch nicht zugeſpi - tzet iſt, ja, bey einem heranfahrenden Schlage, auch wenn es durch hindernde Koͤrper abge - ſondert iſt, die Gewittermaterie anlocke, kann man aus oben angefuͤhrten Geſchichten erſehen. (S. auch von dem Auffangen aus der Gewitter - luft §. 21. p. 87. n. **.) Es iſt alſo ein Miß - verſtaͤndniß, wenn einige ſich noch bey dem Auf - fangen der Gewittermaterie durch ſpitze Stan - gen eine groͤſſere Gefahr vorſtellen. Vielmehr wuͤrde eine ſtumpfe Stange, dergleichen Herr Wilſon (Phil. Tranſ. Vol. LIV. p. 249) unter dem Dache zu ſetzen angerathen hat, Gefahr von einem ploͤtzlichen Blitze und Schlage er - wecken. Die Vergleichung laͤßt ſich ſchon aus den electriſchen Verſuchen erachten: ich kann es aber noch mit einer Geſchichte, welche in den Phil. Tranſ. Vol. XLIX. p. 309. angefuͤhret wird, beſtaͤtigen. Der Blitz ſchlug in ein Haus zu Darking in Surrey durch das Dach gerade auf den Buͤgel einer Glocke, folgte ſodann dem eiſernen Drathe, welcher zu beyden Seiten von der Glocke in die Kammern geleitet war, und ſchmelzte etwas davon, hernach brach er bey einer Mauer in den Laden des Hauſes durch, wo ſich viel Eiſenwaare befand, darinn er ſich rings umher verbreitete und ſeine Spuren nachließ. Es waͤre hingegen allerdings zu wuͤnſchen, daß, nebſt der Veranſtaltung einer gehoͤrigen aͤuſſern Ableitung, die oberen Stan - gen und Kreuze auf unſern Thürmen mehr zu - geſpitzet wuͤrden, um, gleich dem Thurme zuPlauzat,. Nur dann iſt das Auffangen ge - faͤhrlich, wenn die Gewittermaterie in dem Me - talle ſich anhaͤufen kann. Dies iſt aber ebenGder98der itzige Zuſtand unſerer Thuͤrme und anderer Gebaͤude, davon wir die Gefahr abzuwenden wuͤnſchen, indem ſie Stangen, Knoͤpfe, Wet - terfahnen und anderes Metall haben, dadurch die Gewittermaterie angelocket wird, und an welchem ſie ſich ſammlen muß, weil das Metall zerſtreuet oder mit andern Koͤrpern umgeben iſt, durch welche ſie nicht frey durchfaͤhret. Ganz ein anderes geſchiehet, wenn von der obern Stange an, das Metall bis ins Waſſer oder in feuchte Erde, welche die electriſche Materie annehmen, heruntergefuͤhret, und dieſe alſo da - durch abgeleitet wird. Alsdann vertheilet ſie ſich augenblicklich, und wird nie angehaͤufet, wenn ſie gemaͤhlig aus der Gewitterluft durch die Stange aufgefangen wird. Es laſſen ſich deshalben aus ſolchem Metalle mittelſt Annaͤ - herung eines andern Koͤrpers keine Funken zie - hen*)Eben ſo wird ſich an einem Koͤrper, den man bey Verſuchen electriſiren will, nie ſo viel electriſche Materie ſammlen, daß man Funken herauslocken kann, wenn von[ ſolchem] Koͤr - per eine Kette oder metallener Drath bis auf die Erde haͤnget, oder wenn man nur in eini - ger Entfernung dem Koͤrper gegenuͤber, eine metallene Spitze haͤlt, welche eine Ableitung nach der Erde hat., und die Electricitaͤt zeiget nur etwa beym Eingange und Ausgange einen Schein, oderwo*)Plauzat, (davon oben §. 20.) die Gewitter - materie, wenigſtens groͤſtentheils, gemaͤhlig ohne Gefahr aus den Wolken aufzufangen.99wo das Metall unterbrochen iſt, ihre Funken. Nun kann zwar auf einmal eine Wolke mit ſo ſtarker Electricitaͤt herankommen, daß die Spitze ſie nicht in der Ferne gemaͤhlig aufzufangen vermag, ſondern wie gewoͤhnlich, Blitz und Schlag entſtehen. Allein, ſogleich faͤhret doch die Materie durch das Metall ohne Schaden hin, und wird von dem Schaden, den ſie ſonſt andern Koͤrpern zufuͤgen wuͤrde, abgeleitet*)Hr. Franklin erinnert ſelbſt (Phil Tranſ. Vol. XLIX. p 306.) daß man ihm Unrecht thue, wenn einige vorgegeben, er haͤtte eine gaͤnzliche Ver - huͤtung aller Donnerſchlaͤge durch aufgerichtete Spitzen verſprochen, indem er nur gemeinet, daß eine Zuruͤſtung, wie er ſie angerathen, ent - weder den Schlag durch das gemaͤhlige Auf - fangen der Spitze verhindern, oder, wenn ja ein Schlag entſtuͤnde, ihn durch die Ableitung ohne Schaden des Gebaͤudes oder Schiffes, in die Erde, oder ins Waſſer fuͤhren wuͤrde. (S. auch ſeine Lett. V. p. 90 und Lett. XII. p. 117.) Die electriſchen Verſuche zeigen naͤmlich, daß wenn man eine Spitze einem electriſirten Koͤr - per langſam von ferne naͤhert, ſelbige ohne Schlag alle Electricitaͤt wegnimmt: naͤhert. man ſie aber mit einmal, ſo koͤmmt, wenn dieEle -. Ja, wenn auch das Metall, welches alſo ge - troffen worden, gar zu duͤnne geweſen, und durch die ſchnelle Bewegung der durchdringen - den Feuermaterie erhitzet, geſchmolzen oder zer - ſtaͤubet iſt, ſo hat es doch noch, wie oben er - wehnet worden, die Dienſte der Ableitung vonG 2andern100andern Koͤrpern verrichtet. Wenn aber nur die Materie ungehindert ſich weiter ausbreiten und verlieren kann, ſo iſt eine maͤßige Dicke des Metalles, wie etwa ein Gaͤnſekiel, ſchon gemeiniglich zureichend geweſen, dem Schmel - zen von einem Blitze zu widerſtehen. Hinge - gen koͤnnen allerdings andere, naͤmlich heftigere Wuͤrkungen vom Blitze bey abgeſonderten, und mit verſchiedener Art Koͤrpern umgebenen Stuͤ - cken Metall entſpringen, von welchen die Ele - ctricitaͤt nicht abgeleitet, ſondern darin ange - haͤufet wird. So wundert es mich gar nicht, daß im Brigittenthurme zu London, eine eiſerne Stange, welche Zoll dick, und breit war, von dem Wetterſtrahle mitten von einan - der gebrochen worden. Sie lag in der Quere, war an beyden Seiten in ſtarke Steinwaͤnde eingeſchloſſen, zwiſchen welchen ſie 21. Zoll[l]ang Raum, uͤber ſich aber gleichfals gehauene Steine liegen hatte. Daher blieb die electriſche Ma - terie darinn angehaͤuft, dehnte ſie aus, ſtieß ſie von den obern Steinen ab, bog ſie nach unten zu, und zerbrach ſie. Eben ſo verhielte es ſich mit andern Stangen, deren Herr Wilſon ge - denket, und welche zerbrochen oder geſchmolzen worden*)Phil. Tranſ. Vol. LIV. p. 251. da er naͤmlich Schwierigkeiten wegen der Sicherheit der me - tallenen Ableitungen machen will. Auch Herr Delaval ſcheinet (l. c. p. 233.) zu zweifeln, daß duͤnne Stangen oder Drathe bey einer Ablei -. So werden auch Kreutze oderHelm -*)Electricitaͤt ſtark iſt, auch ein Schlag, wiewohl nicht ſo heftig, als auf einen ſtumpfen Koͤrper.101Helmſtangen, welche nicht mit einem metalle - nen Dache verbunden ſind, ſondern auf einem Steine ruhen, oder mit Holz und Schiefern umgeben ſind, oft vom Blitze zerbrochen*)S. z. E. Phil. Tranſ. Vol LII. P. II. p. 509. und p. 514. da die Thuͤrme von Steinen gemauert waren, und die oben erwehnten Beyſpiele von Thuͤrmen, die mit Schindeln oder Schiefern gedeckt waren. §. 11. p. 24. not. ** und p. 25. not. **.. Auch die Wuͤrkungen bey andern Stuͤcken Me - tall, als einen Degen in der Scheide, Geld in der Taſchen, Schnallen in den Schuhen, u. ſ. w. welche zuweilen vom Blitze geſchmol - zen worden, gehoͤren zu dergleichen Anhaͤufung, und muͤſſen vielmehr zu unſerm Zwecke anra - then, als daß ſie uns bey einer Ableitung durch Metall welches bis auf die Erde reichet, irre machen koͤnnten**)Ein anderes iſt alſo, daß Menſchen, die ſich an einem Orte aufhalten, wo der Blitz hinfaͤh - ret, wenn ſich Metall an ihrem Leibe, oder nahe bey ihnen befindet, allerdings leich - ter Schaden nehmen koͤnnen, als wenn ſie nichts dergleichen an ſich haben, dadurch er angelo - cket wird, und daran er ſich ſammlen kann..

G 3§. 24.

*)tung den Blitz zuverlaͤßig aushalten moͤchten, da doch die verſchiedenen hier angefuͤhrten Um - ſtaͤnde zu erwegen ſind. Indeſſen laͤugne ich nicht, daß ſolche Spitzen, als die auf dem Hauſe zu Philadelphia, davon oben §. 12., gar zu duͤnne geweſen ſind.

102

§. 24.

Ich muß aber doch eines Vorſchlages ge - denken, darauf einige, in der Abſicht, die Ge - fahr des Blitzes abzuwenden, gefallen ſind, und der gerade unſerm oben gegebenen Rathe ent - gegengeſetzet iſt, da er doch aus einerley Erfah - rungen zu entſpringen, und alſo nicht unge - gruͤndet ſcheinet. Man glaubte naͤmlich, es muͤßte am dienlichſten ſeyn, ſich ſolcher Koͤr - per zur Bedeckung fuͤr den Blitz zu bedienen, welche die electriſche Materie nicht durchlieſſen, und hingegen die Metalle, welche ſie gern an - nehmen, zu entfernen. So raͤth z. E der galante Abbé Poncelet, ſich eine Art von Ge - zelte von harzigem Holze, ohne einigen Nagel oder anderes Eiſen, errichten zu laſſen, ihm kein ſpitzes, ſondern ein rund gewoͤlbtes Dach zu geben, ſodann es mit einem dreyfachen Wachs - tuche uͤberziehen und inwendig mit Seidenzeug ausſchlagen zu laſſen*)In einer zu Paris 1766. in 8vo, gedruckten[ Abhandlung]: La nature dans la formation du Tonnere, & la re production des Etres vivans, beti - telt, p. 125. Des uͤbrigen Inhalts dieſer aus - gedehnten Schrift zu erwehnen, ja ſie nur ganz durchzuleſen, hielte ich nicht fuͤr noͤthig, da ich faſt allenthalben verworrene, uͤbel verſtandene, ungegruͤndete und erdichtete Saͤtze darinn an - traf. Mich wundert nur, daß ſie noch einiges Aufſehen hat machen koͤnnen.. Auf gleiche Weiſe koͤnnte man etwa, ohne ſo viel ſonderbare Um -ſtaͤnde103ſtaͤnde, ſein Haus mit glaſurten Dachziegeln oder d. gl. zu bedecken anrathen. Allein, ich werde zeigen, wie unſicher ein ſolcher vermeinter Schutz ſey, wenn man den Blitz nicht durch Metalle auſſen vom Gebaͤude ablocken will*)Wolte man ſich beyder Mittel zugleich be - dienen, ſo koͤnnten ſie die Sicherheit vermeh - ren, und moͤchten bey beſonderer Gefahr, wie oben § 12. p. 29. n. * von den Pulvermagazi - nen erinnert worden, anzurathen ſeyn.. Denn, daß derſelbe auch auf andere Koͤrper zufahre, wenn er kein Metall vorfindet, iſt be - kannt, und es beweiſen ſolches die Wetter - ſchlaͤge an Baͤumen in Waͤldern u. ſ. f.**)Daß auch Holz und andere Koͤrper, die Ge - wittermaterie auffangen, iſt oben §. 21. p. 87. n. ** erwehnet.. Es wuͤrde auch bey einem Gewitter die aͤuſſere Flaͤche von dergleichen Gebaͤuden, wenn man nicht noch wieder ein beſonderes Schutzdach daruͤber machen wollte, doch vom Regen naß werden, und alsdann haftet, wie man weiß, die electriſche Materie darauf. Daß ein ſtum - pfer Koͤrper aber, da er dieſe Materie nicht ge - maͤhlig auffaͤngt, eben verurſachet, daß die Wolke ſich heranziehen und Blitz und Schlag ploͤtzlich herausfahren muß, habe ich ſchon er - innert. Der Blitz wuͤrde ferner auch eine un - bedeckte Ecke eines ſolchen Gebaͤudes, oder eine Ritze der Bedeckung treffen, dadurch er erfah -G 4ren104ren koͤnnte*)Wenn ein Glas, oder Schwefelkuchen, damit man das Durchfahren der electriſchen Materie bey den Verſuchen hindern will, einen kleinen Riß bekommen hat; ſo laſſen ſie ſolche durch - hinſtreichen.: und alsdenn wuͤrde die Zerſtoͤ - rung deſto groͤſſer ſeyn, weil er allenthalben ſol - chen Widerſtand antraͤte, den er zerſprengen muͤßte. Ja, ich fuͤrchte, die Gefahr wuͤrde durch dieſe Anſtalt auf aͤhnliche Weiſe vermeh - ret werden, als in dem bekannten Leydenſchen Verſuche, da man an der einen Seite einer mit Waſſer gefuͤllten Flaſche, oder einer Glas - platte**)Auch mit gewaͤrmten gehauenen Steinen laͤßt ſich dieſer Verſuch machen, wie Herr De - laval berichtet. (Phil. Tranſ. Vol. LI. p. 87.). Es iſt vermuthlich eine Eigenſchaft aller Koͤrper, welche die Electricitaͤt nicht leicht durchlaſſen, da Herr Aepinus es ſogar mit einem Zwi - ſchenraume von Luft, zwiſchen zwey groſſenmit, die electriſche Materie anhaͤufet, welche hernach, wenn ſie zu der entgegengeſetz - ten Seite dieſer Koͤrper, dadurch ſie nicht drin - gen konnte, einen Uebergang gewinnet, deſto groͤſſeren Schlag und Gewalt aͤuſſert. Die Erfahrung bezeuget aber auch, daß die electriſche Materie, ſowohl beym Blitze, als wenn ſie bey Verſuchen in Bewegung geſetzt iſt, oft durch Wachstuch, bemahltes Leinewand, Glas, undſ. f.105ſ. f. Loͤcher ſchlaͤget*)Demnach ſcheinet mir z. E. unſere oͤffentliche Bibliotheck beſonders in Gefahr zu ſeyn, als welche auſſen mit glaſurten Dachziegeln gede - cket iſt, inwendig aber ein Hangewerk von ei - ſernen Stangen hat, die durch den[oͤber]n Saal durchgehen, um die Balken des[unter]n zu tra - gen. Damit dieſe nicht einmal einen Blitz an - locken durchzuſchlagen, waͤre hier eine Stange oben auf dem Dache nebſt einer auſſeren Ab - leitung bis zu den bleyernen Rinnen, und von da in den Canal, ſehr anzurathen. Man ver - gleiche die Geſchichte des Hauſes §. 23. p. 97. n. *.. So koͤnnen uns Muth - maſſungen betriegen! Ich habe mich demnach zu Beſtaͤtigung des oben erwehnten Franklin - ſchen Rathes bloß auf die Erfahrung berufen, und nicht allein die electriſchen Verſuche, ſon - dern ſelbſt die Wuͤrkungen des Blitzes angefuͤh - ret, davon wiederholte Beobachtungen, die Si - cherheit der Ableitung durch Metalle genugſam beweiſen; ſo, daß wir keinen beſſern Weg, als den uns die Natur zeiget, zu ſuchen haben.

§. 25.

Wenn aber der Gebrauch der Ableitungen mit ſpitzen Stangen einmal eingefuͤhret waͤre,G 5und**)mit Metal bedeckten Tafeln zu Stande gebracht hat. (Tentam. Theor. Electr. §. 75. p. 82.)106und man viele derſelben in einer Stadt, oder um die Stadt herum an erhabenen Orten auf - richten wollte, ſo koͤnnte man ſogar hoffen, daß ſie das meiſte der Gewittermaterie in der Stille ohne Schlag auf die Erde herabfuͤhren wuͤr - den. Daß vieles davon, auch wenn keine Wetterſchlaͤge entſtehen, aus der obern Luft an dem Metalle herabgeleitet werden koͤnne, zei - get die Erfahrung, wie oben beſchrieben, wenn man die Materie verhindert, ſich in die Erde zu verlieren, wiewohl dieſes nur geſchiehet, um ſie in die Augen fallen zu machen. Wenn aber das Metall bis in die Erde reichet, ſo kann ſie in unglaublicher Menge beſtaͤndig durchſtroͤmen, weil der Abzug nach Maſſe des Koͤrpers iſt, darinn ſie ſich vertheilen kann. Es iſt alſo der Einwurf, den einige machen, daß der Umſang des Metalles zu dem Umfange der Gewitter - wolken von geringer Bedeutung ſey, nicht ge - nug uͤberlegt, weil es hier nicht darauf an - koͤmmt, wie viel das Metall ſelbſt faſſen, ſon - dern wie viel bey dem ſchnellen Durchſtroͤmen dadurch in die Erde vertheilet, oder, wie die uns unbekannte electriſche Bewegung durch die - ſen Zuſammenhang ins Gleichgewicht geſetzet werden kann*)Der Trichter brauchet nicht groß zu ſeyn, da - durch man eine Menge Waſſers abzapfet: wel - ches doch nur eine ſehr ſchwache Vergleichung mit dem ſchnellen Durchfahren und Vertheilen der electriſchen Materie machet.. Daß, das Herabſtroͤmenauf107auf die Spitzen zu Plauzat und Kreibitzſch dergleichen Wuͤrkung gehabt, hat die Erfah - rung der Einwohner bekraͤftiget. Wir wuͤrden alſo mit dergleichen Anſtalt, der Natur nach - ahmen, da uns der Schoͤpfer eine gleiche Wohl - that durch den Regen erweiſet. Daß der Re - gen das Gewitter mildere, weiß ſchon der ge - meine Mann: und gewiß die Schlaͤge bey trockener Luft ſind die gefaͤhrlichſten, weil die electriſche Materie alsdann am meiſten ſich an - haͤufet. Das Waſſer, wie geſagt, nimmt ſie an, vertheilet ſie, und fuͤhret eine Menge mit den Regentropfen gemaͤhlig herunter*)Vergleiche oben §. 19. p. 64. n. *. und §. 20. p. 86 87. Hr. D. le Monnier hat, bey den er - ſten Verſuchen, die Electricitaͤt aus der Luft an Metallen aufzufangen, ſchon bemerket, daß ſolche am ſtaͤrkſten daran verſpuͤret worden, wenn aus den Wolken Regen in groſſen Tro - pfen heruntergefallen, (ohne daß die Luft durch die Duͤnſte feucht geworden und einen Abzug gemachet, wenn gleich kein Donner oder Blitz dabey geſpuͤret worden, wie er nach wiederhol - ten Erfahrungen ausdruͤcklich bezeuget, Mem. de l’Acad. des Sciences 1752. p. 236. ſq. Daß gemeiniglich der Regen, beſonders wenn die Tropfen groß ſind, und Hagel im Sommer viel - leicht jederzeit, die Electricitaͤt herunter brin - ge, und daß ſeine Gewitterſtange den 12. Nov. 1753.. Wennaber108aber gleich nicht alle Gewittermaterie durch ſol - che Spitzen in der Stille abgeleitet werdenkann,*)1753. durch einen feinen Schnee electriſiret worden, erwehnet auch Hr. Canton (Phil. Tranſ. Vol. XLVIII P. I. p. 357.) Hr. de Romas fand gleichfals die Wuͤrkungen an ſeiner Dra - chenſchnur viel heftiger, da etwas Regen fiel: Hr. Watſon bemerkt eben daſſelbe (Phil Tranſ. Vol. LIV. p 219. Anderer Zeugniſſe zu ge - ſchweigen. Mr. l’Abbé Poncelet, der ſich ſo vieler Verſuche an einer Gewitterſtange ruͤh - met, hat alſo das, was er etwa nachſchreiben wollen, unrecht verſtanden, wenn er (l. c. C. VIII. p 78.) ſagt; Dès que le tonnero s’eſt fait en - tend[r]e, il n’y a plus rien à faire à la barre, (parce - que les nuages ſe dechargent) & encore moins, quand il commence à pleuvoir: les circonſtances les plus favorables ſont un air ſerein &c. Er hatte etwan ſagen gehoͤret, daß waͤhrend eines Gewitters gemeiniglich nach jedem Schlage die Wuͤrkung der Luftelectricitaͤt, einige Secunden lang, weniger an dem Metalle zu ſpuͤren ſey oder aufhoͤre. Dieſes hat ſeinen guten Grund; aber nicht, daß ſie aufhoͤret ſo bald es anfaͤngt zu donnern, indem ſie vielmehr bey heran - nahender Gewitterwolke, bis wenn ſolche uͤber uns ſtehet, immer ſtaͤrker ſich zeiget. (S. Phyſ. Beluſt. XVII. St. p. 481. 484.). So iſt es auch wahr, daß zuweilen, aber nicht allezeit,bey109kann, ſondern zuweilen, wegen ſchnell heran - kommender Wolken, mit ſtarker Electricitaͤt,noch*)bey einem ſtarken Gewitterregen die Electrici - taͤt an den Stangen nachgelaſſen, wenn es gleich noch ſtark geblitzet und gedonnert hat. Es ſchien auch dieſes, nicht von dem Abzuge der Electricitaͤt von dem Metalle durch die Naͤſſe, herzuruͤhren, weil es bemerket wurde, obgleich der Harzkuchen, dadurch die electriſche Materie an dem Metalle aufgehalten ward, fuͤr Naͤſſe bewahret war, und weil die Electri - citaͤt bey nachlaſſendem Regen, wieder ſtaͤrker geſpuͤret ward, obgleich die uͤbrige Zuruͤſtung noch naß war, ja zuweilen auch bey dem hef - tigſten Regen ungeſchwaͤchet blieb: daher man die eigentliche Urſache davon nicht anzugeben wußte. (S. Phil. Tranſ. Vol. XLVII. p. 544. ſq. 547 550.) Wenn ich eine Vermuthung wa - gen ſoll, ſo koͤnnte die Electricitaͤt waͤhrend eines Gewitters, alsdann erloſchen ſeyn, wenn die Donnerſchlaͤge zwiſchen zwey verſchiedent - lich (poſitiv und negativ) electriſirten Wolken vorgefallen, welche, wenn ſie auf einander ſtoſ - ſen, ſich beyderſeits ihrer Electricitaͤt berauben, und dadurch ihre Duͤnſte, welche zuvor ausein - ander getrieben waren, in Regentropfen her - unterwerfen muͤſſen. Daher kann zu anderer Zeit die Electricitaͤt bey einem Gewitterregen fortdauren, wenn ſolcher nicht eben aus denauf -110noch Schlaͤge nach der Erde oder den Gebaͤu - den hin entſtehen muͤſſen; ſo iſt doch der Nu - tzen groß genug, daß ſolche durch die Stangen aufgefangen, und wie in dem obenangefuͤhrten Beyſpiele des Hauſes in Philadelphia, abge - halten werden, andere Koͤrper in der Naͤhe zu treffen, wo ſie Schaden thun wuͤrden*)Herr D. Franklin bezeuget, daß ſeit einigen Jahren kein Blitz in Philadelphia mehr einge -ſchla -.

§. 26.

*)auf einander ſtoſſenden und ihre Kraft aufhebenden Wolken faͤllt: und bey ei - ner Gewitterluft mit ſehr ſtarkem Re - gen, dabey aber kein Donner und Blitz ge - ſpuͤret wurde, ward (nach dem Berichte des Hrn Mazeas Phil. Tranſ. Vol XLVIII. p. 382.) die Electricitaͤt nicht vermindert bis zu Ende, da die Wolken vertheilet wurden. Eben ſo verhaͤlt es ſich mit der Verminderung oder Auf - hoͤrung der Electricitaͤt nach dem Blitze Dieſe muß erfolgen, wenn die Wolke, aus welcher die Stange electriſirt ward, einer andern ihre Ele - ctricitaͤt mitgetheilt hat: da hingegen zuwei - len dieſe Kraft (wie Hr. Richmann Nov. Comm. Petrop. Vol. IV. p. 337. ſqq. angemerket, nach dem erſten Donnerſchlage auf einmal an der Stange geſpuͤret wird, wenn nemlich der nicht electriſirten Wolke, welche daruͤber ſchwebte, die Electricitaͤt durch ſolchen Schlag mitgetheilt wurde.

111

§. 26.

Unſere Nachkommen werden laͤcheln, daß man itzt noch groſſe Ermahnungen noͤthig gehabt, auf ſeine Sicherheit bedacht zu ſeyn, und un - ſere Vernunft, nach goͤttlicher Abſicht, dazu anzuwenden, uns die Kraͤfte der Natur ſo viel moͤglich unterthan zu machen. Sie muͤſſen uns aber entſchuldigen, daß wir, ſo lange eine Sa - che noch nicht bis zur klaren Ueberzeugung aus - gemacht war, unſern Beyfall zuruͤck gehalten haben. Nur dann iſt die Nachlaͤßigkeit zu ta - deln, wenn man die Unterſuchung wichtiger Wahrheiten und die Nutzung beſtaͤtigter Be - obachtungen verſaͤumet.

§. 27.

*)ſchlagen habe, nachdem man auf den meiſten Gebaͤuden dergleichen Stangen mit Ableitun - gen angebracht, obſchon daſelbſt haͤufige und ſchwere Gewitter ſind, die auch vormals vie - len Schaden angerichtet haben. (Phil. Tranſ. Vol. LII. P. II. p. 613.) Herr Doct. Watſon bemerket (ib. Vol. LIV. p. 223.) daß, wenn nicht der Brigittenthurm im Wege des Gewitters gelegen, und den Blitz mit ſeiner Helmſtange aufgefangen haͤtte, die hohe St. Paulskirche der Gefahr ausgeſetzt geweſen waͤre. Es war aber doch Schade, daß der Brigittenthurm, weil er keine Ableitung hatte, dabey leiden mußte.

112

§. 27.

Man erlaube mir ſchließlich noch einige all - gemeine Anmerkungen beyzufuͤgen, welche dem Zwecke unſerer Geſellſchaft, der Befoͤrderung gemeinnuͤtziger Unterſuchungen, gemaͤß ſcheinen. Wir ſehen, daß die Eigenſchaft der Metalle den Blitz anzulocken und durchzulaſſen aus kla - ren Erfahrungen ſich zeiget. Wenn man aber weiß, wodurch der Blitz angelocket wird, ſo weiß man auch, wodurch man ihn von andern Theilen ſeines Gebaͤudes ableiten und Schaden verhuͤten kann. Dennoch ſind einige tauſend Jahre verfloſſen, ehe dieſe wichtige Entdeckung gemacht worden. Wir ſind ſie auch nicht dem bloſſen Zufalle ſchuldig; ſondern Herr Frank - lin hat ſie durch Nachdenken bey electriſchen Verſuchen erfunden*)Es iſt naͤmlich zu merken, daß er die ganze Anſtalt der Ableitung des Blitzes bloß nach Aehnlichkeit der electriſchen Verſuche ſchon entworfen hatte, ehe er ſelbſt ſeine vorgeſchla - genen Erfahrungen zu Bemerkung der Electri - citaͤt an den Wolken ins Werk geſetzet, oder auf die Spuren eines Wetterſchlages geachtet hatte.. Sollten wir dann nicht auch hieraus die Lehre ziehen, daß keine Bemerkung von Wahrheiten, und von natuͤr - lichen Eraͤugnungen oder Kraͤften geringe zu ſchaͤtzen ſey, wenn ſich gleich nicht alsbald ein ſinnlicher Nutzen davon ſpuͤren laͤſſet**)Dieſe Anmerkung macht auch Herr Myliusin.

§. 28.113

§. 28.

Die Begebenheiten in der Natur und in der zufaͤlligen Verknuͤpfung der Dinge ſind fuͤr das Reich der Wiſſenſchaften dasjenige, was einem Kaufmanne die ſogenannten Con - juncturen ſind. Ein witziger Kopf bemerket ſie, denkt nach, und wendet ſie gluͤcklich zu ſeinem Vortheile an, da indeſſen andre die koſtbare Gelegenheit unbeobachtet und ungenutzt vor - beyſtreichen laſſen und verarmen.

§. 29.

Die Geſchichte hat uns laͤngſt belehret, daß die meiſten und wichtigſten Entdeckungen der Menſchen ihren erſten aͤuſſerlichen Grund in gewiſſen unvermutheten Begebenheiten oder ſogenannten Zufaͤllen haben. Dieſes, was ein Ohngefehr genannt wird, iſt vielmehr der goͤtt - lichen Vorſehung zuzuſchreiben, welche uns dabey eine reiche Quelle zur Erweiterung un - ſers Erkenntniſſes und allgemeinen Nutzens an - bietet. Allein, es hat auch bey den Menſchen ſelbſt eine ſcharfſichtige Beobachtung aller Um - ſtaͤnde, zuweilen auch mancher mit Fleiß ange - ſtelleter Verſuch, ferner, eine nachforſchende Vergleichung mit andern aͤhnlichen Faͤllen, eine geſchickte Folgerung und Anwendung aus anderweitiger Erfahrung und Wiſſenſchaft hinzu kommen, und alles durch die loͤblicheHEmſig -**)in den Phyſic. Beluſt. in der Vorrede zum er - ſten Bande, und im ⅐ten Stuͤck p. 437.114Emſigkeit, zum Nutzen des menſchlichen Ge - ſchlechts zu arbeiten, belebet werden muͤſſen: ſonſt waͤre der Vortheil dieſer angebotenen Gelegenheit, wer weiß auf wie viele Jahrhun - derte, fuͤr uns verlohren geweſen.

§. 30.

Manche ziemlich bekannte und gemeinnuͤ - tzige Erfindungen ſind auf dieſe Art aus einem ſcharfſinnig beobachteten Zufalle entſprun - gen*)Dergleichen Beyſpiele finden ſich in einer Schrift: Dell azzione del Caſo, nelle Inven - zioni, e dell influſſo degli Aſtri ne corpi terreſtri. Diſſertatione due. Padua. 1757. in 4. S. Freye Urtheile 1758. p. 346. ſq. . Es wuͤrde zu weitlaͤuftig ſeyn, ſie alle umſtaͤndlich zu beſchreiben. Vielleicht haͤt - ten noch unzaͤhlig viele andere zufaͤllige Bege - benheiten eben ſo fruchtbar wie jene werden koͤnnen, deren Eraͤugnung nun durch die Schlaͤf - rigkeit der Menſchen nicht einmal beobachtet, geſchweige dann zu nuͤtzlichen Erfindungen an - gewandt iſt.

§. 31.

Ein Beyſpiel will ich doch zur Erlaͤute - rung etwas ausfuͤhrlich erzehlen. Wuͤrden wir itzt wohl das vortrefliche Werkzeug der Penduluhren haben, welche zu aſtronomiſchen Beobachtungen und andern phyſiſchen, politi - ſchen und haͤuslichen Gebrauche ſo groſſe Dien - ſte thun, wenn nicht ein Galilaͤi im vorigenJahr -115Jahrhunderte auf einen geringſcheinenden Zu - fall geachtet, und ein Huygens ſeine daraus gezogene Entdeckung weiter genutzet haͤtte? Es ward naͤmlich Meſſe gehalten, als eben ein hef - tiger Wind durch die Kirche ſtrich, und die haͤn - genden Kronleuchter in Bewegung ſetzte. Man kann gerne glauben, daß dieſer Wind fuͤr aller uͤbrigen heiligen Einfalt wuͤrde umſonſt gewehet haben, wenn nicht zum Gluͤcke Galilaͤi der Meſſe beygewohnet haͤtte, welcher ſeine Auf - merkſamkeit auf dieſe Eraͤugnung fallen ließ, als er meinte wahrzunehmen, daß die Krohn - leuchter ihre Schwingungen in verſchiedener Geſchwindigkeit vollendeten, nachdem ſie an laͤngern oder kuͤrzern Ketten hingen. So bald er zu Hauſe kam, verſuchte er einige Kugeln an Faͤden von ungleicher Laͤnge in ſeinem Zimmer aufzuhaͤngen, und dieſelben in Bewegung zu ſe - tzen, um die verſchiedene Zeit der Schwingun - gen zu beobachten, und ein gewiſſes Verhaͤlt - niß und Regel davon auszufinden. Sollte mancher Unverſtaͤndige, der ihn in ſolcher Be - ſchaͤftigung angetroffen haͤtte, nicht gedacht ha - ben: Wie? taͤndelt der Mann? Will er ſich mit einem kindiſchen Spielwerke die muͤßige Zeit vertreiben? Nein: ſein aufgeklaͤrter Geiſt ſahe, daß in dieſer zufaͤlligen Erſcheinung eine groſſe Wahrheit verborgen laͤge: er ſpuͤrete ihr nach, und entdeckte durch ſeine Verſuche die[ Grundregeln] der ſchwingenden Bewegung. Dieſe ſind es, welche hernach dem vortreflichen Huygens vor 112 Jahren den Weg gewieſen,H 2auf116auf die Erfindung der Penduluhren zu kom - men*)S. Guil. Wottoni Epiſt. ad Jo. Chamberlayne, welche hinter dieſes ſeiner Oratione Dominica polyglotta ſtehet, p. 39., die nachmals durch weitere Entdeckun - gen noch zu groͤſſerer Vollkommenheit gebracht worden.

§. 32.

Zuweilen, wenn ſchon etwas erſprießliches entdecket geweſen, hat noch die Erfindung aller - ley Hinderniſſe angetroffen, ſo, daß ſie entwe - der ſpaͤte allgemein genuͤtzet worden, oder gar wieder verloren gegangen iſt, bis man ſie etwa nach langer Zeit aufs neue erfunden, und einer guͤnſtigern Aufnahme gewuͤrdiget hat. Von dem aͤuſſeren Widerſtande, welcher die Ausbrei - tung der Erfindung unterdruͤcket, als Aberglau - ben, Vorurtheile, Leidenſchaften**)Wenn dem Herrn Nollet gleich der Nutzen, durch ausgeſteckte Spitzen die Gewittermaterie gemaͤhlig ohne Schlag aufzufangen, unglaub - lich ſchiene; ſo bliebe doch die bemerkte Eigen - ſchaft der Metalle, vor andern Koͤrpern die Gewittermaterie durchzulaſſen, und die An - wendung derſelben zur Ableitung des Blitzes von andern Theilen der Gebaͤude, in ihrem Wehrte, und verdiente, daß er darauf geach - tet haͤtte. Man ſiehet aber durchgehends in ſeinen Briefen, wie er gerne der Frankliniſchen Ehre etwas, abzwacken will. Allein, was hilft es,wi - u. d. gl.,will117will ich hier nicht einmal reden. Meine Ab - ſicht iſt itzt nur, die unmittelbaren Hinderniſſe beym Erfinden ſelbſt, als hauptſaͤchlich die ge - woͤhnliche Schlaͤfrigkeit oder Unachtſamkeit, den Mangel an practiſchen Nachdenken und gemein - nuͤtzigem Zwecke, dadurch ſo viel fruchtbarer Same zuruͤckgehalten oder gar erſticket wird, vor Augen zu legen.

§. 33.

Eben deswegen, weil ſo wenig Menſchen mit den erfoderten Eigenſchaften begabet waren, haben die meiſten Erfindungen alter Zeiten, wenn nicht die bloſſen Nothwendigkeiten des Le - bens dazu angeſpornet, auf einen gluͤcklichen Zufall warten muͤſſen. Und wie leicht gingen Tauſende von Jahren hin, ehe ſich der Zufall und der rechte Beobachter zuſammen trafen. Kaum ſeit ein Paar hundert Jahren, und be - ſonders ſeit der ruͤhmlichen Stiftung eigentli - cher dazu beſtimmten gelehrten Geſellſchaften, hat man erſt angefangen, mit Fleiß und Vor - ſatze nicht allein alle von ſelbſt vorfallende Er - fahrungen in der Natur zu beobachten, ſon - dern auch eigene Verſuche daruͤber zu machen. Manche derſelben werden Unverſtaͤndigen Klei - nigkeiten und veraͤchtlich ſcheinen. Sie wollen entweder ſogleich baaren Vortheil, oder etwas in die Augen fallendes Wunderbare ſehen. Haͤtte Guericke, der Erfinder der Luftpumpe,H 3(ſagt**)widerſprechen zu wollen, wo wir uͤberzeuget werden koͤnnen?118(ſagt Herr Gralath*)In ſeiner Geſchichte der Electricitaͤt, in den Ab - handl. der Naturforſchenden Geſellſch. in Dan - zig, 1 Th. p. 268. ſeine Verſuche nicht in ſolcher Geſtalt aufgefuͤhret, und ſeine luft - leeren Halbkugeln nicht mit 30. Pferden von einander reiſſen laſſen; ſo wuͤrden ſie auf dem Reichstage zu Regensburg nicht ſo groſ - ſes Aufſehen gemacht haben, und von Hohen und Niedrigen bewundert worden ſeyn. Al - lein, man fahre nur fort zu beobachten, wenn gleich die Bemerkung anfangs unanſehnlich ſcheinet, ſo wird ſich von allen Wahrheiten und ihrem Zuſammenhange ſchon der Nutzen zeigen.

§. 34.

Mußte es nicht ehemals ein bloſſes Spiel - werk ſcheinen, wenn man an einem ſchlechten Steine bemerkte, daß er Eiſen anzoͤge? Es iſt auch dieſe Beobachtung, und daß das Eiſen ſelbſt durch den Magneten eine gleiche Kraft er - hielte, ſchon ſehr alt, aber lange Zeit ganz un - genutzt geblieben. Erſt im zwoͤlften Jahrhunderte erfuhr man, daß der Magnet und das damit bereitete Eiſen nicht allein ſelbſt ſeine Richtungs - puncte haͤtte**)Plinius war noch von den entgegengeſetzten Polen des Magneten uͤbel berichtet, da er ſchreibt, es wuͤrde ein anderer Stein in Aethio - pien gefunden, den man Theamedes nennte, und der alles Eiſen von ſich ſtieſſe. L. XXXVI. c. 16. p. 747. Hard. , ſondern ſich auch nach einer ge -wiſſen119wiſſen Weltgegend zu kehren ſuchte, in dem man etwa den Stein, oder eine daran geſtrichene Nadel an einen Faden gehaͤnget, oder vermit - telſt eines Stuͤckchen Gorks auf dem Waſſer ſchwimmen laſſen. Vielleicht diente auch die - ſes noch eine Zeitlang nur zu Kunſtſpielen. End - lich hat es zu Anfange des 14ten Jahrhunderts ein guter Kopf anzuwenden gewußt, und es iſt daraus die ſo nuͤtzliche Erfindung der Seecom - paſſe entſprungen*)Man ſagt, daß die Chineſer ſchon laͤnger den Magneten zu gleichem Nutzen angewendet haͤt - ten. Sie ſind aber dabey geblieben, ihn wie man vor dem 14ten Jahrhunderte auch in Europa that, vermoͤge eines Stuͤckchen Holzes auf Waſſer ſchwimmen zu laſſen, welches noch lange nicht die Dienſte thut, als eine Magnet - Nadel, die auf einer Spitze ſich umdrehen kann., dadurch der Schiffer in den Stand geſetzet, ſich von den Kuͤſten in die freie See zu wagen, der Weg nach beyden In - dien ausgeſpuͤret, und die Handlung von ganz Europa anſehnlich ausgebreitet iſt. Durch den Fleiß neuerer Zeiten iſt dieſes Werkzeug nach - gerade vollkommener geworden. Beſonders aber hat die nach vielen Verſuchen gemachte Entdeckung des Hrn. Canton in England, welcher im Jahr 1750. dem Stahle ohne Zu - thun eines Magneten, die voͤllige magnetiſche Kraft zu geben gelehret hat**)S. Philoſ. Tranſ. Vol. XLVII. p. 31. Hamb. Ma - gaz. VIII. B. p. 339., die Wiſſen - ſchaft und den Nutzen dieſer Kraft ſehr erweitert.

H 4§. 35.120

§. 35.

So iſt es auch mit der Beobachtung der Electricitaͤt gegangen. In ſehr alten Zeiten hatte man ſchon bemerket, daß der Bernſtein und einige andere Koͤrper, wenn ſie etwas ge - rieben worden, Spreu und andere leichte Sa - chen anzoͤgen und von ſich ſtieſſen*)Der Name Electricitaͤt iſt, wie bekannt, von dem griechiſchen Worte Glektron, Ἠλεκτρον oder Ἤλεκτρος, welches Bernſtein heiſſet, hergenommen: dieſes hat vielleicht ſeinen Ur - ſprung von Ἠλέκτωρ, welches in alten Zei - ten die Sonne bedeutete, und daher, wegen des Glanzes ſowohl der Bernſtein, als ein Cryſtall, und ein gelbliches Metall Elektron genant worden. Vielleicht moͤchte kuͤnftig die Naturlehre erweiſen, daß auch in unſerem Weltſyſtem die Sonne eine Quelle electriſcher Wirkungen ſey, und alſo dieſe Namen wieder in Verwandſchaft ſetzen.. Es ward aber der Sache nicht ſonderlich nachge - forſchet. Gegen das Ende des 16ten Jahr - hunderts fing D. Wilh. Gilbert in England, und zwar bey Gelegenheit ſeiner Unterſuchun - gen vom Magneten an, mit verſchiedenen Koͤr - pern eigentliche Verſuche deswegen zu machen. Es ſchien wahrlich ein fruchtloſer Zeitvertreib zu ſeyn, und reizete auch nur wenige, ſich damit zu beſchaͤftigen. Otto de Guericke, der be - ruͤhmte Buͤrgermeiſter in Magdeburg, erweitertein121in der Mitte des vorigen Jahrhunderts dieſe Verſuche, und bemerkte ſchon, daß auch Fun - ken und Schall durch das Reiben ſolcher Koͤr - per erreget wurden*)Plinius Hift. nat. L XXXVII. c. 2. 3. erwehnet vom Bernſtein, nicht allein, daß er leichte Sa - chen anziehe, ſondern er ſaget auch c 2. Sect. 11. Hard. Philemon ait, flammam ab electro reddi. Sollte wohl Philemon ſchon den Schein, der beym Reiben entſtehet, bemerket, und Plinius ihn nicht recht verſtanden haben? Was aber auch den Alten vom Bernſteine mag bekannt geweſen ſeyn, ſo lieſſen ſie es ſich doch gewiß nicht einfallen, daß dieſe Eigenſchaften, die be - obachteten Caſtor - und Polluxfeuer (S. §. 20. p. 86. n. *) und der Blitz einerley Urſache haͤtten, und daraus nuͤtzliche Folgen gezogen werden koͤnnten.. Noch einige Zeitlang wurde nicht viel darauf geachtet, bis der ge - ſchickte Hauksbee zu Anfange dieſes Jahrhun - derts die electriſchen Wahrnehmungen recht in Gang gebracht, da ſie dann hernach von vielen Gelehrten mit Eifer getrieben ſind**)Man ſehe die lehrreich abgefaßte Geſchichte der Electricitaͤt von Hrn. Gralath, in den Ab - handlungen der Danziger naturforſchenden Geſellſchaft, erſten Th. p. 175. 2ten Th. p. 355. und 3ten Th. p. 492. Sie gehet aber nur bis ins Jahr 1746.. NunH 5beob -122beobachtete man die Fortpflanzung der Electri - citaͤt durch verſchiedene Koͤrper, die erregten Funken und andere Eigenſchaften mit mehrerer Aufmerkſamkeit, und Hr. Gray, der nebſt Hrn. du Fay die Kentniß der Electricitaͤt ſehr befoͤrdert hat, aͤuſſerte ſchon im Jahre 1735. die Vermuthung, daß das electriſche Feuer mit der Materie des Blitzes uͤbereinzukommen ſchiene*)S. Philoſ. Tranſ. N. 436.. So blieb auch der beruͤhmte D. Franklin nicht bloß bey der Erde, ſondern er erhob ſeine Ge - danken, fuͤhrte uns auf die groſſe Electricitaͤt in der Luft, erfand den Weg ſich ihrer zu verſi - chern, machte die ſinnreichſten Verſuche und Beobachtungen, verglich die erfundenen Wahr - heiten, zeigte ihren Zuſammenhang, und zog daraus die wichtigſten Folgerungen. Nun blieb es alſo nicht bey dem bloſſen Vergnuͤgen des Gelehrten, die von dem Schoͤpfer der Na - tur eingepraͤgten Kraͤfte zu kennen: es ent - ſprang auch ein betraͤchtlicher Einfluß in das menſchliche Leben**)Des uͤbrigen Nutzens, den man aus der Kennt - niß der ſubtilen ſchnell durchfahrenden electri - ſchen Materie gezogen hat, will ich nicht ein - mal erwehnen.. Nie wuͤrden wir deſſen haben genieſſen koͤnnen, wenn nicht unermuͤdete Naturforſcher bey ihrer Wißbegierde auch auf die kleinſten Umſtaͤnde geachtet und ihnen eifrig nachgeforſchet haͤtten.

§. 36.123

§. 36.

Noch eine Hinderniß der Entdeckungen muͤſ - ſen wir nicht vorbey gehen, welches hauptſaͤch - lich bey Gelehrten Statt findet. Dies iſt die Einbildung, daß man ſchon genug wiſſe, und ohne weiter nachzuforſchen, alles zureichend ein - ſehen und erklaͤren koͤnne. Dieſe Meynung hat gewiß in den vorigen Jahrhunderten ſehr ſchaͤd - liche Wuͤrkungen gehabt, und das Wachsthum aller Wiſſenſchaften gehindert. Man ſtand in den Gedanken, daß man bereits faſt alle Wuͤr - kungen und Eraͤugnungen in der Natur verſtehe: indeſſen begnuͤgte man ſich mit leeren Hirnge - ſpinnſten, welche man Lehrgebaͤude nannte, und als ausgemachte Wahrheiten anſahe. Der Schuͤler ſprach ſie dem Lehrmeiſter nach, und war eben ſo ſtolz auf ſeine groſſe Einſicht als jener, und eben ſo unbemuͤhet, der Wahrheit weiter nachzu - ſpuͤren. Zum rechten Gluͤcke fuͤr die Erweiterung wahrer Kenntniſſe, kam der groſſe Franz Bacon, und lehrete zu Anfange des vorigen Jahrhunderts die ſichere Spur, daß man die Einbildungen ver - laͤugnen, und die Wahrheit erſt durch wirkliche Erfahrungen entdecken muͤſſe*)Der beruͤhmte Des Cartes in Frankreich, ver - ſprach zwar auch, alle Vorurtheile zu verban - nen, und alle Wahrheiten von Anfang an aufs neue zu unterſuchen. Da er aber den Weg der Erfahrung verließ, verirrete er ſich in Wirbel von Einbildungen.. Seit der Zeit, da dieſer Weg eingeſchlagen worden, haben wir in Europa mit zuverlaͤßigen Schritten viel groͤſ -ſern124ſern Fortgang gemacht, als je in vorigen Zeiten und in andern Laͤndern geſchehen iſt. Und da man in England insbeſondere an dieſem Vorſatze, alles durch Erfahrungen zu unterſuchen, Ge - ſchmack gefunden hat, ſo ſind auch dortige geſchick - te Koͤpfe ſeit dem vorigen Jahrhundert an nuͤtz - lichen Entdeckungen beſonders fruchtbar geweſen. Ich will abermals nur das Beyſpiel der electri - ſchen Verſuche anfuͤhren. Herr Gralath*)l. c. 1 ſter Th. §. 49. p. 263. 267. und der Herr Baron von Wolf ſelber**)In einem Schreiben von der Electricitaͤt an Herrn Prodechant Wolshoffer. Frf. und Leipz. 1755. 4. p 7. ſq. , geſte - hen, daß die Deutſchen wohl vornemlich aus der Urſache die electriſchen Verſuche, darinn ſie doch ihrem Landsmanne Guericke am erſten haͤtten folgen ſollen, verſaͤumet haͤtten, weil ſie gemeinet, daß das Anziehen der geriebenen ele - ctriſchen Koͤrper genugſam durch die erregte Waͤrme und verduͤnnete Luft erklaͤret, uud alſo hiebey nichts weiter nachzuforſchen waͤre†)So findet man es auch in Wolffens Nuͤtzl. Ver - ſuchen T. III. §. 45, erklaͤret. Neuerlich hat Hr. P. Beccaria (Phil. Tranſ. Vol. LI. p. 515. ſq. ) durch einen geſchickten Verſuch gezeiget, daß wuͤrk - lich durch Wegnehmung der Luft die Erſchei - nung der Anziehung bey der Electricitaͤt auf - gehoben werde, indem ein leichter Kloͤppel, der an einem ſeidenen Faden zwiſchen einem ele - ctriſirten und nicht electriſirten Koͤrper haͤn -get,. Die125Die Englaͤnder hingegen waren eifrig bemuͤ - het, der durch Newton auf die Bahn gebrach - ten allgemeinen Anziehung nachzuſpuͤren, und machten desfals viele neue Verſuche und Be - merkungen. Irreten ſie nun gleich in der Art ſich auszudruͤcken, und vielleicht auch in ihrer Vorſtellung, da ſie glaubten, ein Koͤrper koͤnne ohne Zwiſchenmittel auf einen entfernten wuͤrken; ſo forſchten ſie doch einer verborgenen wahren Kraft nach, die Urſache mochte nun ſtecken wo ſie wollte, und es war beſſer ohne Vorurtheil Wahr - heiten aufzuſpuͤren, als ſie, weil man ſich ſchon mehr zu wiſſen einbildete, zu uͤberſehen*)So begnuͤgten ſich die Alten mit der Erklaͤrungdes. Ver -nuͤnf -†)get, nach Maſſe, wie die Luft ausgepumpet wird, nachlaͤſſet und aufhoͤret hin und her zu flie - gen. Wenn er aber daraus ſchlieſſen will, die Ur - ſache ſey, weil das electriſche Feuer, welches von dem einen in den andern Koͤrper fuͤhre, die Luft aus dem Zwiſchenraume wegwuͤrfe, und ſolche demnach von hinten die Koͤrper zuſammen druͤ - cken muͤſſe, ſo lieſſe ſich noch etwas einwenden. Die Zuſammennaͤherung der Koͤrper geſchiehet, ehe die Electricitaͤt des einen dem andern mitge - theilet wird: und, wenn die Funken zwiſchen beyden entſtehen, (dadurch eben, ſeiner Mei - nung nach, die Feuermaterie zwiſchen fahren muͤßte) ſo werden vielmehr die Koͤrper, wie ich oben not. **. p. 75. erinnert habe, von einander getrieben. Man koͤnnte alſo bey ſeiner Wahr - nehmung ſagen, daß weil das Feuer im luftleeren Raume freyer und weiter von einem Koͤrper zum andern faͤhret, ſelbige entfernet bleiben muͤſſen.126nuͤnftiges Nachdenken, und die Erforſchung der Urſachen bleiben indeſſen allemal in ihrem Wehrte: auch Hypotheſen, oder muthmaß - lich angenommene Erklaͤrungen, haben groſſen Nutzen. Sie koͤnnen uns theils zu Beobach - tungen leiten, theils zu Vergleichung der Wahr - nehmungen, theils zu neuen Verſuchen Anlaß geben. Aber ſie muͤſſen nicht mehr gelten als Muthmaſſungen, welche man unterſuchen und auf die Probe ſtellen ſollte, ſo, wie ſie verſchie - denen geſchickten Maͤnnern auch bey den electri - ſchen Verſuchen gedienet haben. Alsdann aber ſind Hypotheſen oder eingebildete Lehrge - baͤude ſchaͤdlich geweſen, wenn ſie, wie oft ge - ſchehen, vielmehr gehindert haben, das zu ſe -hen*)des Blitzes, die Wolken wuͤrden vom Winde an einandergeſchlagen, daß es raſſelte, und die Funken davon ſpruͤngen (Senec. Nat Qu. L. I. c. 1. L. II c. 27. ſqq.). Nachdem das Schießpulver entdecket war, zweifelte man nicht, daß Schwefel, Salpeter und Kohlen in der Luft entzuͤndet wur - den, obgleich die Verſchiedenheit der Wuͤrkung einer ſolchen Entzuͤndung und eines Blitzes leicht haͤtten koͤnnen eingeſehen werden. Ich fuͤrch - te, daß wir itzt einen aͤhnlichen Fehler begehen, wenn wir z E. das Erdbeben, oder andere Natur - begebenheiten, welche doch ganz verſchiedene Ei - genſchaften zeigen, bloß aus der Electricitaͤt er - klaͤren wollen. So ſind auch das ſogenannte Sternſchieſſen und die Lufterſcheinungen der Feuerkugeln, wie auf der Erde die Irrlichter und ſ w. von electriſchen Funken wohl zu unter - ſcheiden. Das Nordlicht aber koͤmmt mit dem electriſchen Glanze in verduͤnnter Luft uͤberein.127hen oder ſehen zu wollen, was man ſonſt haͤtte wahrnehmen koͤnnen. Unſere Schluͤſſe ſind ſehr mangelhaft, wenn ſie nicht durch Erfah - rungen unterſtuͤtzet werden, und auſſer dieſer betraͤgt alle menſchliche Wiſſenſchaft uͤberaus wenig. Nie ſollten wir die Empfindung un - ſerer Unwiſſenheit aus dem Sinne laſſen, wo - ferne wir noch wuͤrklich in Wiſſenſchaften zu - nehmen wollen. Wer weiß, wie viele verbor - gene und nuͤtzliche Eigenſchaften und Kraͤfte in der Natur und allerley Koͤrpern, noch kuͤnftig durch Beobachtungen und Verſuche entdecket werden, welche itzt vielleicht, da man ſie ſchon haͤtte bemerken koͤnnen, unter dem verlachten Namen der Sympathie und Antipathie ver - worfen werden? Wuͤrden uns aber die ma - gnetiſchen und electriſchen, wie auch verſchie - dene chymiſche Wuͤrkungen nicht eben ſo un - glaublich vorkommen, wenn wir nun zuerſt von Unverſtaͤndigen die Nachricht davon erhielten? Es iſt ein Irrthum, wenn man mit jenen Wor - ten eine Wuͤrkung ohne Urſache andeuten, oder auch das Anſehen haben will, mit einem un - verſtaͤndlichen Namen die Urſache genug zu er - klaͤren: allein, es iſt auch ein ſchaͤdlicher Irr - thum, die Sache zu verwerfen, weil wir die Urſache nicht begreifen koͤnnen. Erſt ſpaͤte wird der menſchliche Verſtand ſo weit kommen, die Verwandſchaft der Kraͤfte auszufinden, welche wir fuͤrs erſte nach ihren verſchiedenen Wuͤr - kungen als verſchieden aufſuchen muͤſſen.

Ich128

Ich habe in gegenwaͤrtigem Aufſatze, die in den Engliſchen und andern Abhandlungen mitgetheilten Bemerkungen zu verſchiedenen Folgerungen und zu Erlaͤuterung des Zuſammenhanges der Wahrhei - ten anwenden koͤnnen. Was ich angefuͤhret, habe ich mit Fleiß nachgeſehen: meine Geſchaͤfte aber erlauben mir itzt nicht ein mehreres aufzuſuchen, und man wird mir bey meiner oft unterbrochenen Arbeit verzeihen, wenn ich ein und anderes anzu - fuͤhren verſaͤumet habe, wie auch, daß mein Vor - trag nicht ſo gut gerathen koͤnnen, als er ſollte. Ich muß aber andere gute Beobachter erſuchen, ihre Wahrnehmungen unſerer Geſellſchaft zuzuſchicken, um ſie gemeinnuͤtzig zu machen. Man wird die ein - geſandten Aufſaͤtze mit vielem Danke annehmen, ſie in einer beſonderen Verſammlung einiger Mitglie - der erwaͤgen, und nach Befinden zur Ehre der Her - ren Verfaſſer bekannt machen.

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TextDie Ursache des Einschlagens vom Blitze, nebst dessen natürlichen Abwendung von unsern Gebäuden, aus zuverläßiger Erfahrung von Wetterschlägen vor Augen gelegt
Author Johann Albert Heinrich Reimarus
Extent128 images; 26830 tokens; 4959 types; 191839 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationDie Ursache des Einschlagens vom Blitze, nebst dessen natürlichen Abwendung von unsern Gebäuden, aus zuverläßiger Erfahrung von Wetterschlägen vor Augen gelegt Johann Albert Heinrich Reimarus. . 116 S. MartiniLangensalza1769. (Die vorliegende Ausgabe ist die zweiten Auflage, die zu Lebzeiten des Autors ein Jahr (1768) nach der ersten Auflage erschienen ist.)

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