Ut mala quem ſcabies, aut morbus regius urget, Aut fanaticus error, & iracunda Diana; Veſanum tetigiſſe timent, fugiuntque Poetam, Quiſapiunt; agitant pueri, incautique ſequuntur.
Dem Geiſt-Schoͤpfer, dem Seher, dem neuen Evangeliſten, dem Traͤumer, dem goͤttlichen St. Klopſtocken, dem Theologen; wie auch dem Syndfluthenbarden, dem Patriarchendichter, dem Rabbiniſchen Maͤhrchen-Erzaͤhler, dem Vater der mizraimiſchen und heiligen Dichtkunſt, dem zweyhundertmaͤnniſchen Rathe Bodmer, widmen dieſe Sammlung neuer Accente Die Sammler.
Endlich, meine lieben Mitbruͤder! bin ich im Stande, euch ein Buͤ - chelchen zu uͤberreichen, wornach ihr, ſonder Zweifel, laͤngſt werdet geſeufzet haben. Jch bin ein junger Dichter; das iſt, ich laſſe Zeilen von beliebiger Laͤnge drucken: ich weis es alſo aus Erfahrung, wie ſchwer Sachen, die uns in unſern auf - geklaͤrten Tagen Ehre machen ſollen, einer geſunden Vernunft fallen. Jch erbarme mich alſo; und recke mit einer kleinen Sammlung davon hervor, die ich, wills Gott, bis auf einen Folianten zu ver -a 3mehrenVorrede. mehren gedenke. Es iſt doch nichts ſo ſchoͤn, als Verſtand haben; und nichts ſo ſicher, in itzigen Zeiten dazu zu gelangen, als keine geſunde Vernunft zu haben. Wie waͤren ſonſt die goͤttlichen Maͤnner, ein B = = ein Br = = ein Kl = = und andere dieſer Groͤße zu dem Ruhme gelan - get, den ſie doch unwiderſprechlich beſitzen? Ein Blick in die Schriften dieſer heili - gen Maͤnner iſt mir wie ein Blick in die goldenen Zeiten,*Siehe den 55ſten der critiſchen Briefe. wo noch ein Vers etwas galt, der nach Biſem und Ambra roch. Jch aͤrgere mich recht, und ich ſage es hiemit zur Schande meines Vaterlan - des: ich graͤme mich recht, daß man auf dem Lande noch ſo ſpricht, als man vor je - nen zehen Jahren in den Staͤdten ſprach; und ſo dichtet, wie unſere lieben Alten dich - teten. Die lieben Alten! Sie waren nur die Zwerge, auf denen wir, Rieſen, ſtehen. Kein Wunder, daß wir ſie zu Grunde ge -tretenVorrede. treten haben! Jn Staͤdten, dem Himmel ſey Dank! herrſchet eine ganz andere Dichtkunſt. Bezeugen es nicht ſo manche Gedichte junger Gelehrten; gelehrter Juͤng - linge, die ſo gleich durch ihr Schiboleth verrathen, wes Geiſtes Kinder ſie ſind? Auf den Kanzeln ertoͤnet das Lob eines goͤttlichen Klopſtocks;*Siehe Cramers Fortſetzung Boſſuets. in den Schu - len, in den Baumſchulen der kuͤnftigen Stuͤtzen des Landes,**Zu Gotha und Wolfenbuͤttel, imgleichen zu Altenburg. lernet man die Al - ten verachten; ſo, daß es ein Wunder iſt, wie es noch Wahnwitzige geben kann, die ſich einem ſo oͤffentlichen Ausſpruche wider - ſetzen. Aber die Schaalen! die Seich - ten!***Leibſchimpfwoͤrter der Herren Zuͤrcher. ſie haben ihren Lohn dahin. Sie ſollen aus dem Buche der Dichter ausge - kratzet, und in die kalten Gruͤnde der Rei - mer verbannet werden.
a 4Jch,Vorrede.Jch, der ich nur zum Bewundern ge - bohren bin; ich habe mich bereits ſeit 15 bis 16 Jahren, d. i. die halbe Zeit meines Lebens, bemuͤhet, Bluͤmchen zu ſammeln, die alle den Stengel zeigen, von dem ſie gebrochen worden;*Siehe Bodmers ungereimte Gedichte. d. i. Kinder des Verſtandes ſind. Jch habe daher die mehr als homeriſchen Teufel - und Bibel - dichter faſt alle geleſen, und bin, wenn ichs ſagen darf, endlich ſo weit gekommen, ein Mitglied der vortrefflichen Sprach - ſchnitzergeſellſchaft, oder himmliſchen Juͤngerſchaft**Siehe Meßias an vielen Orten. zu werden. Da nun ei - nes jeden Pflicht iſt, ſein Talent nicht zu vergraben: ſo wuchere auch ich mit meinem Pfunde. Jch mache gar zu gern Proſely - ten. Jch halte des Nachmittags ordent - lich eine Erbauungsſtunde, wo ich meine Schuͤler, an Statt eines Kapitels aus der Bibel, allezeit ein Stuͤck aus der Meßiadevorle -Vorrede. vorleſen, und in die gemeine Sprache uͤberſetzen laſſe. Jch habe auch bereits an - gefangen, die Bibel in Hexameter zu brin - gen, und die Luͤcken aus dem Meßias zu fuͤllen. Welches vortreffliche Bibelwerk ich hiemit allen Liebhabern der Froͤmmig - keit beſtens anpreiſe. Nur ein franzoͤſiſch Thierchen koͤmmt mir mit ſeinem Boileau immer in die Queere. Jch bin manchmal verliebt, um nur Gelegenheit zu haben, et - was zaͤrtliches auszukramen. Jch opfre ihr die ſchoͤnſten Bluͤmchen, die ich mir aus dem Meßias, Noah ꝛc. geſammelt; ich re - de lauter neue Accente. *Siehe Noahn an vielen Orten.Sie lacht mich aus; ſie zeigt mir gleich Stellen ihrer Art poetique, die mir, in Wahrheit! nicht viel Ehre machen. Und doch dichte ich! Warum? Eben darum, warum meine Vorgaͤnger dichten. Was gehen uns die Franzoſen an? Sind wir nicht Herren in unſerm Lande? Das waͤre ja eine ſeltſamea 5Scla -Vorrede. Sclaverey, wenn unſer Verſtand gar fran - zoͤſiren ſollte: Schande genug, daß es un - ſer Leib thut. Und iſt es denn wohl ſo ausgemacht, daß Boileau Verſtand hat? Jch moͤchte ihn gern allen Franzo - ſen abſprechen; denn ſie machen mir mit ih - ren verdammten Regeln die ſchoͤnſten Ein - faͤlle zunichte. Jch kehre mich daher auch gar nicht daran. Jch biete Himmel und Hoͤlle, Sehraffen und Cherubim zu Le - gionen auf; wenn ich auch nur den Tag meines Maͤcenaten beſinge. Jch weis wohl, daß er oft ſaget: ich raſete! aber Gott verzeihe es ihm! Er ſoll mir beweiſen, daß man mit geſunder Vernunft raſen koͤn - ne. Denn auſſer der Dichtkunſt bin ich ſo fromm, als ein Lamm. Der gute Herr! Er iſt in Paris geweſen; er hat Voltaͤren geſehen; auch Fontenellen geſprochen. Weil dieſe nun zu verſtehen waren; ich aber mich in der Entzuͤckung oft uͤbern Ver - ſtand ſchwinge, und die Macht uͤber Geiſt und Sprache etwas dichteriſch ausuͤbe: ſolachetVorrede. lachet er; ſo ſaget er: ich wuͤrde ſeine Kin - der verfuͤhren, denen ich die Ehre thue, ſie zu unterweiſen. Seine Frau Gemahlin gab gar juͤngſt dem Aelteſten ein Paar Ohrfeigen; weil er ſie in einem Neujahr - wunſche verleugnet, und immer von Mut - ternatur, Muttererde und dergleichen ge - redet hatte. *Siehe Noahn an vielen Orten.“Du, Bube! ſagte ſie, willſt du deine Mutter verleugnen?” Aber ich habe Mittel in der Hand, mich zu troͤ - ſten. Lachet mich die lebendige Welt aus: ſo troͤſte ich mich mit der Nachwelt; und machet mich die ſcheu: ſo berufe ich mich auf Ariſtoteln. Jch habe ihn zwar nicht geleſen; denn ich kann ſein Griechiſch we - gen der Buchſtaben nicht leiden. Genug! Ariſtotel und die goͤttlichen Dichter ſa - gen es: ein Dichter herrſche mit unum - ſchraͤnkter Macht uͤber die Geſetze der Sprache. **Siehe alle ſchweizeriſche Schriften und Bun - desgenoſſen.Da ſieht mans, welche ei -neVorrede. ne wichtige Perſon ein Dichter iſt. Red - ner, Theologen, Weltweiſe, Geſchicht - ſchreiber, Rechtsgelehrte, Aerzte muͤſſen vor der Tyrannin, der Sprache, zittern. Ja, alle, die vernuͤnftig ſeyn wollen, er - kennen, und verehren ſie. Aber wir nicht! Was gehet uns die geſunde Ver - nunft an? Vernuͤnftig ſind die Men - ſchen lange geweſen; aber ſo witzig, wie wir, noch nicht. Man kann leicht denken, daß ich mir bey dem Worte wir den Bart, wie ein polniſcher Landboth, ſtreiche; wenn er ſein veto donnert. *Siehe alle heilige Dichter.So ſehr ich mich auch bemuͤhe, mich in dieſer Vorrede zu meinem Leſer herab zu laſſen: ſo ſiehet man wohl, daß mein Geiſt viel zu groß iſt, als daß er ſeine Groͤße verbergen koͤnne. Es gehet mir wie dem Cyrus, der auch un - tern Ochſenjungen ſeinen koͤniglichen Geiſt verrieth. Allein was Cyrus? Das war kein Patriarch; ein Gleichniß von Zo -phenat -Vorrede. phenatpanah waͤre myriadenmal beſſer geweſen: denn wer wird Joſeph ſagen? und wer millionenmal? *Siehe das Gedicht Jacob und Joſeph, und Jacob und Rachel.
Mein Bewunderer; ich ſetze voraus, daß es alle meine Leſer ſind; mein Bewun - derer wird bemerken, wie ſorgfaͤltig ich Verſtand und geſunde Vernunft von einander unterſcheide. Mancher moͤchte denken: es waͤre ein Ding; aber irrig! Jedermann giebt zu, daß Klopſtock Ver - ſtand hat; nicht aber alle raͤumen ihm eine geſunde Vernunft ein. Dieſe alle nun ſind ſehr vernuͤnftige Leute; das ſpricht ih - nen niemand ab. Allein, unter uns geſagt, ſie ſollen nicht viel Verſtand haben. Man ſehe alle ſchweizeriſche Schriften: was fol - get alſo? daß man vernuͤnftig ſeyn, und nicht Verſtand haben koͤnne; und wie - derum Verſtand haben koͤnne, ohne ei - ne geſunde Vernunft zu beſitzen.
SoVorrede.So gewiß nun dieſes iſt: ſo muß man ſich wundern, daß es noch hin und her Leute giebt, die lieber eine geſunde Ver - nunft, als Verſtand, haben wollen. Man muß ſie beklagen, und ſich nicht von ihnen verfuͤhren laſſen. So muntere ich denn alle meine Bewunderer auf, keine ge - ſunde Vernunft zu haben. Man folge nur beherzt den großen Maͤnnern, die ohne Vernunft zu Verſtande gelanget ſind. Denn nehmet ihnen die Fehler wider jene weg: was wird doch von allen unſern Dich - tern bleiben? Einer nehme die neuen Woͤr - ter im Meßias; der andere die verdrehten Ausdruͤcke; der dritte die Luͤgen, die er uns von Gott und Himmel vorſchwatzet: Was wird doch bleiben? “Man findet alles ſo huͤbſch ausfuͤhrlich bey ihm, wo - von die Bibel nichts ſagt,” ſprach juͤngſt ein Freund zu mir. Ein Vernuͤnftiger nennet das Luͤgen; ein Witziger, oder ei - ner, der Verſtand hat, eine goldene Schaale voll Chriſtenthraͤnen, die ervorVorrede. vor dem Throne Gottes niedergeleget hat. *Siehe Nicolai Sammlung Hrn. Patzke.
Ein jeder Dichter iſt Schoͤpfer;**Ein Lieblingswort der Herren Maler. nicht von Narrenspoſſen: nein! er iſt wirk - lich ein Schoͤpfer, unter deſſen Hand aus Nichts etwas wird; aus Unſinn Woͤrter; aus Woͤrtern Raͤthſel. Jch bin alſo Schoͤpfer: und ſo ſchaffe ich.
Jch habe mir eine Drechſelbank machen laſſen. Da nehme ich nun einen noch un - geformten Gedanken; ſpanne ihn ein; und arbeite. Es ſoll ein Hexameter werden; ich theile die Materie, das Unſelbſt,***Siehe Hallern. in Fuͤßen ein; die Splitter hebe ich auf; es ſind lauter einzelne Woͤrter, die ſetzet man entweder am Ende hintern Punct; oder willſt du es lieber? vor einen Punct: alles nach Bequemlichkeit. Da ich nun wenig dabey denke, ſo iſt es kein Wunder, wenn mir hier und da etwas arabiſches, chineſi -ſchesVorrede. ſches und japaniſches entfaͤhrt. Genug: mein Hexameter iſt da: ob er gut iſt; das uͤberlaſſe ich der geſunden Vernunft. Jch gehe nicht, wie der ſelige Guͤnther, um ein Wort zwo Stunden auf und nieder. Nein! das erſte, das beſte! das laͤngſte, das ſchoͤnſte! Ja! koͤnnte man ein Wort drechſeln, das allein einen ganzen Hexame - ter ausmachte: ſo wuͤrde ich hoffen, noch Heldengedichte zu ſehen, die aus 12000 neu gedrechſelten Woͤrtern einzig und allein beſtuͤnden. Gluͤckſeliger Drechsler! der du noch nicht biſt: welch ein Lorbeer wartet dein! Jch irre, welche Aureola wartet dein? Denn Sehraffen muß man mit Sehraffen, und Maronen mit Maro - nen oder Kaſtanien belohnen. *Siehe Hallern.Zwoͤlf tauſend Verſe ſind die rechte Laͤnge eines Helden - oder Judengedichtes. Warum? Virgil und Bodmer haben den ihrigen dieſe Laͤnge gegeben. Virgil und Bod - mer: zween Namen, die ſich nichtwun -Vorrede. wundern, wie ſie zuſammen gekommen ſind. Doch, wenn ſie ſich auch wunder - ten, mein ſchaffender Finger fuͤget ſie zu - ſammen. Machte alſo ein Wort einen Vers: ſo waͤren zwoͤlf tauſend Woͤrter ein Heldengedicht.
Jch freue mich; ja ich frohlocke recht, daß ich der erſte bin, der zu dieſem Gebaͤu - de ein Steinchen traͤgt. Jn meinem Woͤrterbuche naͤmlich befinden ſich viele Heldengedichte; Meßiaden en mignatu - re. Es ſind Saamenkoͤrner, oder Ge - ſchlechter von noch nicht entwickelten Hel - den. Man rechne naͤmlich ein bekanntes Maͤhrchen ſo, wie der Parzifall, oder der gehoͤrnte Siegfried, auch die Suſanne: je juͤdiſcher, je beſſer; es klinget ſo bi - bliſcher; man nehme es, ſage ich. Man zeichne die Laͤnge der Hexameter oder Pen - tameter auf dem Papiere mit rother Dinte ab. Alsdann ſuche man Woͤrter; je laͤn - ger, je beſſer, und ſetze die hinein. Sind ſie zu lang: ſo hau ihnen ein Glied ab;bkoͤpfeVorrede. koͤpfe ſie; reiß ihnen das Herz aus dem Lei - be; das muͤßte ein Ungluͤck ſeyn, wollte ſich ein Wort denn nicht paſſen.
Hoffentlich wird man mit meinem Bu - che ſo lange auskommen koͤnnen, bis der Foliant ans Licht treten wird. Sonder Vorſchuß aber kann er nicht gedruckt wer - den. Hingegen wird man auch alle heilige Dichter erſparen koͤnnen, indem mein Buch ein Elyxir von ihnen ſeyn wird. Jch mache es der lieben Schuljugend zu gut; ihr Beutel wuͤrde gewiß leer ſeyn, wann ihr Kopf voll waͤre: man kann aber eher die geſunde Vernunft, als jenen, ver - miſſen.
Jch ſchmaͤuchle mir, die goͤttlichen Dichter werden mir fuͤr mein Unternehmen Dank wiſſen. Wir ſind ſchuldig, ihre Verdienſte zu verehren. Einer verehret ſie in Predigten, der andere in Gedichten, ich, ihr aufrichtiger Bewunderer, und fleißiger Nachahmer in einem Woͤrterbuche. Je -nerVorrede. ner bildete ſich ein, wenn er das Lexicon auswendig koͤnnte: ſo koͤnnte er Latein. Er betrog ſich. Jch aber verſichere, daß, wer mein Buch auswendig weis, der kann allezeit, auch blind, wie Milton, Verſe machen. Ueberdieß wird man nichts, als große Namen, darinnen finden. Die klei - neren naͤmlich, ob ſie zwar in ihrer Sphaͤre auch groß ſind, bleiben fuͤr mein groͤßers Woͤrterbuch; als welches ich auf eng - liſch mit breitem Rande will drucken laſ - ſen,*Siehe den Vorbericht zur neuen Ausgabe des Meßias. damit ein fleißiger Leſer es nach ſei - nem Gefallen vermehren koͤnne. Blieben doch die Teufelchen auch Teufel, wenn ſie gleich in der Reichsverſammlung der Herren Satane Zwerge wurden.
Ce Monſieur Jupiter ſait dorer la Pillu - le, ſagte Moliere. Jch wollte ihm folgen, und um gelehrteres Anſehens wegen, mich mit lateiniſchen Buchſtaben drucken laſſen. b 2Wa -Vorrede. Waren aber urſpruͤnglich die runden und eckichten Lettern nicht Geſchwiſter? Druck - te man nicht lateiniſch und deutſch mit ei - nerley Buchſtaben? Waren nicht beyde Erfindungen der Moͤnche? Was, dachte ich, ſollte ich mich mit einem Vorzuge breit machen, der lediglich von einem ungelehr - ten Buchdrucker den eckichten gegeben wor - den? Jch uͤberließ es alſo meines Verle - gers Belieben. Denn wie leicht kann man noch weiter gehen? und wie ſchoͤn wuͤrde ſich nicht deutſch mit ebraͤiſchen Buch - ſtaben leſen laſſen?
Man wird nicht boͤſe ſeyn, daß ich mich meiſtens des Lobes bediene, wenn ich der Quellen erwaͤhne, die ich kroͤne. Jch bin ſehr empfindlich, und es verdreußt mich ſehr, wenn man mich nicht lobet. Jch lo - be alſo, um wieder gelobet zu werden, und thue es, wenn mir was eingeſchicket wird, auch ſonder Entgeld. Ja, wer mir das laͤngſte Wort ſendet, daraus ſich ein Hexameter zimmern laͤßt: dem verſpre -cheVorrede. che ich einen waͤchſernen Abdruck von der Muͤnze, die Zophenatpanah aus - werfen ließ, als er der erſte Staatsbe - diente des Koͤniges der Mizren ward. *Siehe den Jacob und Joſeph.
Wenn ich ein Wort, das ganz nagelneu iſt, eine ſeltene Verbindung, oder nie er - hoͤrte Figur bewundere: ſo gehe ich oft noch weiter. Meine Augen werden von ſo vielem Glanze blind; ich kann von dem Blatte nicht wegkommen; ich entdecke noch mehr Schoͤnheiten. Dieſes iſt die Ur - ſache, warum oft A das hat, was Y ha - ben ſollte. Jch leſe, ich bewundere, ich bin entzuͤckt, ich ſchaffe, ich raſe! Bald bringet mich ein Bild auf ein anderes, und ich entwerfe es kuͤhnlich. Bald entdecke ich in meinem Gehirne die Quelle, aus der ein ſo vortrefflicher Strom koͤnnte gefloſſen ſeyn; und ich zeige ſie. Bald aber ent - reißt mich mein Zorn; ich fuͤhre Spoͤtter re - dend ein; und ich zuͤchtige ſie. Oft aberb 3laſſeVorrede. laſſe ich auch ihre ſeichten Gruͤnde nackt und bloß ſtehen, und uͤbergebe ſie dem Ge - ſpoͤtte der Schuͤler. Jch weis alſo nicht recht, ob mein Woͤrterbuch eine Poe - ſie, oder meine Poeſie ein Woͤrterbuch iſt.
Das Lob, was mein Verſuch in den ge - lehrten Zeitungen, den Schiedsrichtern des Witzes, und Ausſpendern der Un - ſterblichkeit einerndten wird, ſetzte mich zwar in Verſuchung, meinen Namen davor zu ſetzen. Da aber Klopſtocks Name doch iſt verrathen worden, ob er ihn gleich nicht vor ſein treffliches Geſinge geſetzet: ſo traue ich auch meinen Leſern den Verſtand zu; ſie werden ſo neugierig ſeyn, und ſich etwas Muͤhe darum geben. Denn ich beichte eben nicht alles, et mon Nom n’eſt pas un Peché.
Der angehaͤngte Lebenslauf iſt nur ein Fragment. Der Verſuch iſt nicht fertig, wird man ſagen. Sind doch aber mancheGedich -Vorrede. Gedichte auch nicht fertig, ob ſie gleich ze - hen bis zwanzig Jahre her angefangen wor - den. *Siehe Hallers Ode auf die Ewigkeit.
Jch bekenne, daß ich mich unterfangen habe, einige Ausfaͤlle in das Gebieth der Redner zu thun. Die Ehre davon wird aber nicht auf mich, ſondern einen Freund, fallen, der dieſe Beute mit mir getheilet. Eheſtens wird er ſelbſt den geneigten Ver - ehrern der neuen Kanzelberedtſamkeit mit einem B - tſt - enucleato aufzuwarten ſuchen.
Nun, mein Bewunderer! ich ſchließe. Es iſt Zeit, daß du ſelbſt aus den Quellen ſchoͤpfeſt, aus denen ich trinke. Schoͤpfe, trinke, und biſt du voll, ſo dichte! Jch ver - lange zur Belohnung nichts mehr, als den Ruhm, auch etwas zum Durchbruche des Geſchmackes beygetragen zu haben. **Ein Lieblingswort der Herren Schweizer.JchVorrede. Jch entwerfe dir eine Ausſicht; du, male ſie aus! Hat man doch ganze Vorreden von Ausſichten, wo nicht ein Woͤrte - lein von dem Gedichte ſtehet. *Siehe Vorrede zur Syndfluth. Jch glaube, du biſt in den Stand geſetzet, noch mehr hinzudenken. **Siehe den kurzen Vorbericht zum Meßias. Gehabe dich wohl, und denke.
Neumo -Ein ſehr maleriſches Wort, um mißrathe - ne Enkel auszudruͤcken; welches wir mit Verart, von verarten, wuͤrden gegeben haben.
Die Feind u. Gold veracht’t, und uns den Ruhm erworben, Den kaum, nach langer Zeit, der Enkeln Abart loͤſcht; Da Vieh ein Reichthum war, und oft ein Arm gedroͤſcht, Der ſonſt den Stab gefuͤhrt. Haller, 3te Auflage S. 75.
Der Ruhm hat folglich gebrennet. Man ſage auch nicht mehr gedroſchen: ſondern gedroͤſcht; ob man gleich nur in den Schenken droͤſchet und laͤrmet. Man bemerke auch die Zeugeendung: der Enkeln. Jch freue mich, daß ich gleich an der Spitze meiner Helden dieſen vergoͤtterten Dichter fuͤhren kann: denn wir verehren ihn herzlich. Man ſehe nur, wie klug er das Wort Stab brau - chet; ob man gleich einen Bettelſtab darunter verſtehen koͤnnte. Wir werden dieſe Zierde oft zu bewundern finden.
Allein dieſes iſt gewoͤhnlich; und darum ſinget man nicht, um gewoͤhnliche Sa - chen zu ſagen.
AWie2AbWie angenehm iſt doch die Liebe! Erregt ihr Abbild zarte Triebe: Was wird das Urbild ſelber ſeyn? Haller, S. 70.
Dieſe Verſe ſind ein vollkommenes Abbild ihres Urhebers. So wahr iſt das rede! damit ich dich ſehen, und bewundern koͤnne; und eine Nachtigall kann ſich niemals verlaͤugnen. Ja, wir wollten Se. Gn. von hinten erkennen, wenn wir auch nur Dero Stimme hoͤrten.
S. Vorrede der bremiſchen Gedichte. Hierzu gehoͤret ein ganz beſonderer Pinſel. 1. Stunden zu bilden; und 2. des Geiſtes Stunden zu bilden. Es ſollen aber wohlgera - thene Gedichte heiſſen. Gedichte ſind freylich Abbildungen des Geiſtes; der Stunden des Geiſtes: das war neu, und folglich ungemein. Man ſetzet, und wir loben den Vorſatz, hier auch ſelbſt den Rang des Gedichtes feſt: den Unterſten unter den nicht unnuͤtzen; man ſage nicht, un - tern nuͤtzlichen. So ſpricht der breite Herr Johann Heinrich Oeſt, ein hoͤflicher Mann und deutlicher Dichter.
Dieß thut der geſchwaͤchte Sinn der Alten. Hal - ler S. 6. Eben ſo ſaget man, Faden abbre - chen, und Eiſen zerreiſſen. Der ſpoͤttiſche An - tilongin nennet dieſe Figur eine Catachreſis. 70S. Allein er hat Unrecht. Haller nicht; dennwie3Abwie ſollte der Unrecht haben? Große Leute fehlen nie; ihre Fehler ſelbſt ſind ſchoͤn.
einen, durch Zuͤge des Schlafes, ver - dunkeln. Dieſes heißt: er ſchlaͤft! in der heili - gen Sprache. Alſo, durch Zuͤge des Wa - chens erhellet, heißt: er wachet! Man ſehe doch, wie hoch jenes, und dieſes tief iſt.
Doch war ſein Abdruck daſelbſt in Zuͤgen des Schlafes verdunkelt. Meß. 24. S.
Ein frommes Gleichniß iſt es, wann Klopſtock Jeſum mit Abeln, und Gott folg - lich mit dem Kain vergleichet.
‘So neigte ſich Abel, als er einſam entſchlief. Meßias, 184 S. ’ ()Einſam entſchlafen heißt heutiges Tages, ſter - ben, ohne daß jemand dabey iſt. Aber dann ſtirbt man nicht einſam; und es ſtirbt ſich doch ſo gar zu ſchoͤn.
a. St. abgerichtet. Haller, an vie - len Orten. Dieſe Erfindung haben unſerm Popen viele Dichter abgeborget. Der unſterbli - che Schuſter zu Nuͤrnberg war ehedem der Erfin - der dieſer Figur.
a. St. Seite des Berges. Man muß kurz in Ausdruͤcken ſeyn. Denn iſt ein kleiner Menſch nicht artiger als ein langer?
Sein ſanfter Abhang glaͤnzt von reifendem Getreyde, Und ſeine Huͤgel ſind von hundert Heerden ſchwer. Haller, S. 29.A 2Wer4Ab
Wer hatte doch vor den Zeiten des unſterblichen Mannes die Huͤgel gewogen? Ein Kleid, ſagt man, iſt von Golde ſchwer: aber ein Berg von Heerden; das war neu und folglich ſchoͤn.
So ſaget Herr Bodmer im Noah der Abglanz der Gottheit. Was iſt er aber nun? Jſt es der Glanz vom Glanze? der Wieder - ſchein? der Abſchein wird es ſeyn: eines ſo trefflich, als das andere! Clerc koͤnnte das Ka - pitel De Nominibus Nihili aus unſern großen Dichtern um ein großes vermehren; wenn er noch lebte. Allein wir wollten den Spoͤtter ſchon zu - recht weiſen.
Wachten loͤſen ſich ab. Mit einem andern abloͤſen, iſt Halleriſch, folglich unge - mein. Jch verbinde mit dem Worte Halleriſch die groͤßte Ehrfurcht, die ich Seiner Unſterblich - keit ſchuldig bin. Und haben wir nicht ſeine Ein - willigung, ihn fuͤr einen großen Dichter zu halten?
‘Entzuͤckung loͤſt mit Wehmuth ab. Haller 123 S. ’ ()Den Unterthanen preſſen Tyrannen das Geld ab. Daß aber gequetſchten Beeren ein jaͤhrend Naß abgepreßt werde, ſaget Herr von Haller 24. S. ausgepreßt werden ſie; denn ſind ſie ſchon gequetſchet: ſo wird man ihnen nicht viel abpreſſen. So dachte man ſonſt; nun aber denket man anders, und tief.
Man vermenge nicht dieß Wort mit einem heimlichen Gemache. Der Dichter findet einen zwiſchen Haß und Gunſt.
Wenn5AbWenn zwiſchen Haß und Gunſt bey ihm ein Abtritt iſt, Und manchmal ſich ſein Herz im Munde gar vergißt. Haller, 90 S. Warum nicht im Abtritte?
Seht den verwirrten Blick, der ſtets abweſend iſt, Und itzt vielleicht den Raum von fernen Welten mißt.
Wir haben nach dieſem Blicke geſehen; aber ihn nicht gefunden; koͤnnen ihm auch ſolches nicht uͤbel nehmen, indem er eine ſolche ſchwere Beſchaͤf - tigung, als die iſt, wann man Welten mißt, uͤber ſich genommen hat. Wir bewundern indeſ - ſen die vortreffliche Scanſion in abweſend. Jm Noah giebt es auch dergleichen Seelen, die nicht daheim ſind.
Der Hoͤfe Luſtbarkeit, Spiel, Tanz und helle Pracht, Gefaͤllt ihm abgetrennt von der ſchlaf - loſen Nacht. Zernitz, 9 S.
Sie waren auf der Nacht genaͤhet: koͤnn - ten ſie ſonſt abgetrennet werden? Jch be - wundere die Scanſion in ſchlafloſen, wie auch die einzelne Zahl von der Hoͤfe Luſtbarkeit, a. St. der Hoͤfe Luſtbarkeiten. Eine gewiſſe Schule will eine Klage eingeben, daß, da ſie uͤber die gewoͤhnlichen Sprachen eine ganz beſondere deutſche noch lernen muͤſſe, ihr eine SprachlehreA 3darzu6Ac Addarzu fehle. Sie bittet daher alle Richterſtuͤhle des deutſchen Witzes, ſo viel deren auch immer mehr ſind, den Erfindern dieſer heiligen Sprache von Amtes wegen aufzulegen, ihr eine zu verſchaf - fen. Jch thue das Meinige, und mache ein Woͤrterbuch.
Die neuen Dichter reden lauter neue Ac - cente. Was ſie da reden, weis man ſo eigentlich nicht. Vielleicht verba, prætereaque nihil.
Mit Entzuͤcken vernahm er des Maͤgdchens neue Accente. Noah 9 S.
Sie hatte ſonſt alte. So muſikaliſch, und ver - liebt ſinget der Druide Bodmer.
Mein Leſer! willſt du wiſſen, was ein adeliches Lied iſt?
Von Gott und Pflicht u. Helden mußt du ſingen: Das heißt ein adeliches Lied! Brem. Ged. 90 S.
a. St. edeles Lied. So wird man auch bald kai - ſerliche Lieder ſingen, und paͤbſtliche Verſe ma - chen.
‘Adern wallen nun auf, und das Blut ſchwillt. Haller, 32 S. ’ ()Dieſes Stuͤck gehoͤret in die neue Phiſik; u. Hr. Ham - berger wuͤrde nicht ermangelt haben, dem Erfinder daruͤber eine Schmaͤucheley zu machen; wenn man Dichtern das anrechnen koͤnnte, was ſie in der poe - tiſchen Wuth ſchreiben. Ueberhaupt: man muß ſtark in der Catachreſis ſeyn; einer Figur, wo man ordentlich ein x fuͤr ein u ſetzet. Bart abmaͤhen,Gras7AeGras abſcheeren ꝛc. alles dieſes wird im Antilongin, auf der 70 S. hierdurch ge - rechtfertiget.
‘O Victor! wallen dir nicht des Ruhms be - gierige Adern? Brem. Ged. 54. ’ ()Warum nicht Nerven? So hat der Ruhm Adern? und dazu begierige Adern? Man glaubet es kaum!
So wie man ſagen kann aͤchte Steine: ſo ſage man auch aͤchte Menſchen, aͤchte Hun - de, aͤchte Baͤume; folglich auch unaͤchte.
Verlaͤßt des Himmels Aug das ſterbliche Geſchlecht? Von ſo viel Tauſenden iſt denn nicht einer aͤcht? Haller, 65 S.
Ein loſer Vogel wollte hier durchaus die Figur finden, die Hr. M. Schwabe den Reimzwang nennet. Aber der gottloſe Menſch! Er bedachte nicht, daß niemand weniger des Reimes wegen in Verdacht iſt, als der Hochwohlgebohrne Hr. von Haller. Sein Geiſt kennet dieſen Nothſtall gar nicht. Wie koͤnnte der Reim einen ſo ſchoͤ - nen Vers ausſchaffen? Allein mit Erlaubniß! Wer wird hier verlaſſen? Das ſterbliche Ge - ſchlecht vom Auge, oder das Aug vom ſterblichen Geſchlechte? Je mehr ein Vers zu denken giebt: deſto ſchoͤner iſt er. Si non vis intelligi, NON debes legi. Hier iſt das zweyte NON ſonder Zweifel ein Druckfehler.
Die Aemter ſtehn umher im weiten Zir - kel,Und ſenken ſich in Nadien zum Schoͤ - pfer,Und ſtoßen all’ in ſeinem Ruhm zu - ſammmen.
Nimm mirs nicht uͤbel, mein Leſer! wenn ich dieß nur bewundere und nicht uͤberſetze. Jch pflege es mit allem, was ich nicht verſtehe, ſo zu machen. Ahme mir nach! Ahme dieß ganze Lehrgedicht nach!
Wie er ſo ſchoͤn iſt! Der Ausdruck naͤmlich. Jch wette, daß jeder Leſer die Worte verſtehet; aber ich wollte meine Wette verlieren, wenn man nicht oft den Vers geleſen, ohne ſeinen Sinn einzu - ſehen, und zu bewundern. Denn was heißt das, wenn mich ein wallend aͤngſtig Weh von der Erde erhebet? Was empfinde ich da? Hat denn ein Weh auch Angſt? Was iſt das fuͤr ein auſſer mich beſtehendes Weſen? Man bewundere das neue Wort aͤngſtig; es iſt a. St. aͤngſtlich. Auf eben dieſer Seite fuͤhlet man Stunden; und warum nicht? Fallen ſie dem nicht ſchwer ge - nug, der dieſe Raͤthſelchen lieſt. Allein, ſo reden nur ſeuchte Spoͤtter, ſchaale Koͤpfe, kleine Geiſter, kalte Reimer.
S. alle Schr. der Zuͤricher.
Wie lange ſchlaͤft man da? Zu - mal in einem gefalteten Orangenblatte. Noah 32 S.
Dieſes aus der Philoſophie der Gold - macher in die heilige Sprache uͤbertragene Wort haben wir unſern Theologiſten zu danken. Es giebt dieſemnach aͤtheriſche Leiber, und Vor - haͤnge. Meßias 11 S. aͤtheriſche Stroͤ - me, und was nicht mehr aͤtheriſch! Auch aͤthe - riſche Naſen? Warum nicht? die Engel ha - ben auch Naſen. Aber was iſt nun aͤtheriſch? Etwas, das man gern beſchreiben will und nicht kann.
Hell, gleich einem von Lichte gewebten aͤtheri - ſchen Vorhang, Zieht ſich ihr Glanz (der Samen) um den Him - mel herum. Meß. 11 S.
Alſo kann etwas, das von Lichte gewebet wird, ein Vorhang ſeyn; es iſt auch moͤglich etwas von Lichte zu weben. Der Weberſtuhl muß et - was kuͤnſtlich ſeyn: Schade, daß der Seher himmliſcher Manufacturen uns mit keinem Riſ - ſe davon verſiehet. Es iſt auch ein verklaͤrter aͤtheriſcher Strom zu ſehen: Meß. 10 S. Die Engel freylich ſind keine Fiſche: lieber eine Bruͤcke, wie Milton; doch es wird Eis ſeyn; die Engel glitſchen naͤmlich.
Wer da wiſſen will, was der wahren Keuſchheit Affen ſind; der ſuche nur die Vorzuͤ - ge falſcher Zucht.
A 5Vorzuͤ -10Ah‘Vorzuͤge falſcher Zucht, der wahren Keuſch - heit Affen. Haller, 21 S. ’ ()Auch eine von Pracht belaͤſtigte Sehnſucht iſt da zu haben; auch ein Auge, was Glut in muntern Geiſtern ſchuͤrrt. Die Staatsſucht wird da nicht zur Ungluͤckskupplerin. Natuͤr - lich, wie der ſelige Hans Caſpar von Lohen - ſtein, ſchwuͤlſtiges Andenkens. Das Mooß ſchwillt auch da, ſo wie manches großen Wort - ſchoͤpfers Dichtkunſt.
Allein Geſchwollen heißt nicht fett und ſtark. Gottſched.
Der Ahne, des Ahnen: eine ganz ſpannnagelneue Zeugeendung!
Des Ahnen Aberwitz wird auch des Enkels ſeyn. Haller, 58 S.
Hier ſind auch naſſe Flammen, a. St. ſiedend Waſſer, oder Oel zu fuͤhlen: Zuletzt erwacht der Fuͤrſt und laͤßt zu naſſen Flammen Die Feinde ſeines Reichs mit ſpaͤtem Zorn’ ver - dammen. e. d.
Wer hat den ſpaͤten Zorn? Der Fuͤrſt, oder die Feinde? Nur nicht ſo, wie andere Leute geſpro - chen: ſo ſpricht man allezeit recht. Was gehet Dichtern die geſunde Vernunft an? Da kaͤmen unſere Verleger zu kurz, wenn man bey jedem Aus - drucke jene alte Vettel zu Rathe ziehen wollte. Hallers Gedichte wuͤrden, ſo wenig ihrer auch ſind, auf einem Bogen Platz haben; das wuͤrde aber auch denn eine rechte Weinſuppe ſeyn!
Man bemerket, daß die neuen Pegnitzſchaͤfer große Liebhaber von aus - laͤndiſchen Steinen ſind. Wir ſind es auch, und ruͤhmen dieſe Steinbruͤche ſehr.
Marmorne Wege begleiten zu Tempeln und hohen Pallaͤſten Zwiſchen langlinichten Reyhen akantbekraͤn - zeter Saͤulen, Ueber welchen ſich Laͤngen geſaͤgeten Granits hinziehen. Noah 76 S.
Sieheſt du, lieber Leſer! die Baukunſt recht ein? Was ſind Laͤngen? Balken? Allein man denke doch! Marmorne Wege begleiten ꝛc.
Das All iſt ein Wort, welches neuen Dichtern ſo viel Ehrfurcht zuwege bringet, daß ich gleich ei - nen Vers fuͤr philoſophiſch halte, in dem ich es wahrnehme. Es zeiget eine tiefe Einſicht in die abgezogenen Wiſſenſchaften an; und wir erin - nern uns dabey der abgezogenen Waſſer.
Ein feiner Gebrauch dieſes Woͤrtleins iſt hier zu haben, und zu bewundern. Jch laſſe, wie man ſiehet, gar zu gern dem Haupte unſerer Neo - logiſten Gerechtigkeit wiederfahren. Andere ha - ben Seine Unſterblichkeit, oder Hochwohlge - bohrne Gnaden von der einen Seite verewiget; ich thue es von der andern, und ſchoͤnſten.
Der eingetheilte Witz wird aller angewandt. Haller, 107 S.
Eben daſelbſt findet man jeder Pflicht Maaß von Verſtand; nicht Scheffel. Eine Flammen - ſchrift wird mit dem Nachgeſchmacke, des La -ſters12Alſters Scheu, die bittere Koſt der Reue, in uns gegraben. Der Dichter machet ſich oft das un - ſchuldige Vergnuͤgen, ſeiner Leſer Verſtand zu ver - ſuchen. Denn wer erraͤth es wohl gleich, wie ein Verschen eines Wiegenliedes oder Her - manns, daß, wenn man das Laſter frißt, der Nachgeſchmack die bittere Koſt der Reue ſey? Das eingebohrne Licht ſpricht auch allda ein Urtheil. Das eingebohrne Licht iſt ein Stuͤckchen von den Ideis innatis. Wie es aber ſprechen kann: das weis allein der Dichter; und was weis der nicht?
braucht a. St. Allmacht der weiſe Hr. M. Naumann in ſeinem gar vortrefflichen Nimrod 445 S. Dieſes Gedicht haͤtten wir, zum Ruhme unſerer aufgeklaͤrten Zeiten, noch vor der Meßiade zu bewundern bekommen, wenn nur die Hn. Verleger ſich auch nicht durch die Tyran - nin, die Mode, lenken lieſſen. Nimrod waͤre ſonſt, auf unſerm chriſtlichen Parnaſſe, der Vorlaͤufer des klopſtockiſchen Meßias ge - worden. So aber war Meßias der Vorlaͤu - fer vom Nimrod, und Habacuc ſein Hofnarr.
hat nach Saͤnger Bodmern der Abglanz der Gottheit. Sollte es noͤthig ſeyn: ſo wird er ihm auch ein paar Allmachtsfuͤße geben; auch eine Allmachtsnaſe.
Der den Schatten der Allmachtsfluͤgel zum Beſten der Menſchen Ueber Huͤgel u. Plaͤn’ u. Meer u. Erde verbrei - tet. Noah 49 S.Spoͤtter13Al
Spoͤtter ſagen: die Reimer brauchen nicht allein Fuͤllſteine; denn was ſind hier Huͤgel und Plaͤn? Sind Meer und Erde nicht genug? Man ſiehet doch, wahrhaftig! den ungereimten Verſen, bey ihrer großen Freyheit, die Reinigkeit nicht an, die in den gereimten ſo ſchwer zu beobachten war. Aber es iſt nicht ſo! Wir herrſchen uͤber die Sprache; wir erkennen ihre Macht nicht; weſſen Macht wir nun nicht erkennen, deſſen Befehlen koͤnnen wir auch nicht gehorchen. Geſetzt; es er - kennet einer nicht den Pabſt: ſo waͤre es ſehr thoͤ - richt, wenn man uns zumuthen wollte, ſeiner Bulle zu gehorchen. Die Sprache alſo muß uns folgen. Kein Wunder, daß ſie von einem jeden Schuͤler ſo verhunzet wird! Bodmer aber iſt kein Schuͤler.
Der Verfaſſer des Picknicks haͤtte auch die Goͤttin der Eiferſucht eben nicht in einen Alko - ven ſperren doͤrfen, wenn es nicht wahr waͤre, daß ihre Verehrer gerne das Finſtere ſuchten. Ein weit ſchoͤnerer Alkove aber iſt hier:
Du ſollſt die Nacht die Gabe des balſamtraͤu - felnden Schlafes Mir zur Seit’ im wirthſchaftlichen Alkove ſu - chen. Noah 34 S.
Das heißt: du ſollſt in der Kaͤſe - oder Aepfel - kammer ſchlafen; denn beſſere Alkoven hatte Noah nicht. Was iſt aber die Gabe des bal - ſamtraͤufelnden Schlafes?
wird nun in der einzelnen Zahl gebrauchet: z. E.
Zeuch,14AlZeuch, Hannibal! vom heiſſen Calpe Durch Pennins nie beſtiegne Alpe! Haller 11 S.
Durch, nicht daruͤber! Der Sprung, den der Dichter hier thut, iſt etwas ſtark. Man ſtelle ſich Hannibaln vor, wie er auf dem Berge Cal - pe, oder Gibraltar ſtehet; einen Satz nach den Pyrenaͤen thut; und ohne zu ruhen noch einen nach den Alpen verſuchet; aber auch da nicht inne - haͤlt, ſondern noch einen nach dem appennini - ſchen Gebuͤrge thut. Welch ein Springer! Das Gift iſt auch da von Hannibals Siegen. Allein hat er denn das Gift beſieget? Der Unfall ſchlaͤft allda auch Tyrannen bey: was wird es doch fuͤr Kinder zeugen? Denn beywohnen jemanden, oder beyſchlafen iſt das nicht einerley? Die ſinn - lichen Dichter ſind ſehr ſinnlich. Wozu verleitet ei - nen aber nicht die Redensart: dieſes oder jenes wohnet mir bey? die man im gemeinen Leben hoͤret.
Man bewundere doch die geſchickte Auslaſſung des Artikels des Freundes. Hat endlich das Leben die Degen, oder haben die Degen das Leben nicht verſehret? Es iſt eine Paronomaſie: naͤm - lich, wenn ein Wort, wie hier das, wie die Zunge eines Holzſchreyers, doppelt redet; auch eine Schaukel. Antilong. 88. Solche Freyheiten aber ſtehen einem großen Dichter ſehr ſchoͤn. Al -lein15Allein war denn der Hr. von Haller auch ſo groß, als er dieſe Schnitzerchen machte?
Alpen von Glut (a. S. Berge) u. Ebnen, wor - auf Geſpenſter umirrten, Gorgonen mit Harpyen und Amphisbaͤnen mit Hydern. Noah, 245 S.
Jn der heiligen Dichtkunſt bedeuten Alpen im - mer große Berge. Beſſer waͤre es, ſie nenneten ſie Blocksberge; denn es giebt oft eben ſo viel Teufel darauf; und ein Hexentanz iſt noch lange nicht ſo fuͤrchterlich, als ein Tanz von Geſpen - ſtern, Gorgonen ꝛc. Man findet dieſe Unge - heuer nicht ſelten. Die Suͤndfluth hat ſie erzeu - get, und Maler Bodmer gemalet.
iſt Milch, oder Kaͤſe. Man ſucht es nicht.
Jndeſſen, daß der Froſt ſie nicht entbloͤßt be - ruͤcke: So macht des Volkes Fleiß aus Milch der Alpen Mehl. Hier wird auf ſtrenger Glut geſchiedner Zieger dicke, Und dort gerinnt die Milch, und wird ein ſtehend Oel. Haller, 25 S.
Wie vorſichtig die Bauern nicht ſind! Allein, wer iſt doch entbloͤßt? Der Froſt, oder ſie? worauf gehet ſie? Was iſt Zieger? Man verzeihe mir die Fragen: ich wollte mich gerne belehren laſ - ſen. Scheidet man auch Milch, ſo wie Gold und Silber? Was man nicht alles lernet! Hier kochet auch der Raub; das Haus ſtehetleer,16Al Amleer, gar zierlich a. St. die Leute gehen muͤßig. Die Welt begraͤbt ſich in Froſt; d. h. es wird Winter. Des Jaͤgers Horn rufet dem Fel - ſenkinde. Dieß Kind aber iſt entweder das Echo, oder die Gemſe; nach Hallers Spr. Leh - re ein Gems. Das Bley iſt nicht kuͤnſtlich: heiß iſt es. Der Hunde lauter Kampf heißt Bellen; e. d. u. f.
Erzuͤrnter Huren lauter Kampf.
Man ſage nicht mehr: alſo ſagt er! Nein! das iſt altvaͤteriſch. So ſagten unſere Altvor - dern; und das waren nicht Schweizer. Saͤnger Bodmer aber ſagt, wie ſein zu großer Schuͤler Klopſtock: Alſo Sipha! Auch wohl: So Sipha! Man laͤßt auch das ſo ganz weg, und ſaget: Sipha! Bodmer! Ey! wie kurz!
a. St. Ahnen. Man ſehe nur! Nimrod 660 S. So kann der Hr. M. auch Junghintern a. St. Enkel ſagen. Jch bekenne es; keine Sprache iſt geſchmeidiger als die Deut - ſche, und laͤßt ſich mehr haͤnſeln.
und beamberte Fruͤch - te! Lohenſtein! Lohenſtein! Noah 62. S.
“Die Perlenſchwangere Lohe rauſchet heutigen “Tag noch uͤber die Alpen. Kein Wunder, daß “ſie ein ſolches Getoͤſe machet, weil ſie uͤber ſo vie - “le Ungeheuer hinweg rollet.”
Jn vier Verſen iſt hier der ganze Lohen - ſteiniſche Raritaͤtenkaſten. Perlen, Ro - ſen, Lilgen, Ambra, Thau, Attlas; nichtgrauer17Am Angrauer Attlas, ſondern Attlas grau; nach Hans Sachſens loͤblichem Muſter. Haller, 2 S.
Die Roſen oͤffnen ſich, und ſpiegeln an der Sonne Des kuͤhlen Morgens Perlenthau; Der Lilgen Ambradampf belebt zu unſrer Woñe Der zarten Blaͤtter Attlas grau.
Der Dichter ſpielet mit entfernten Bildern; und nur Se. Gn. der Hr. v. Haller kann erra - then: daß Ammon Alexander der Große ſey.
Das zeigt Auguſts und Ammons Gunſt. Hallers Ged. 14 S. u. Zuſchr.
liebte den Choͤrilus; war alſo kein Kenner. Man lohnet hier auch Maͤcenen mit Maronen oder Kaſtanien; und nicht mit Virgilen. Was ſchoͤn iſt, bleibet immer ſchoͤn: ich ſcheue mich alſo nicht, dieſe Redensart meinem Buͤchel - chen einzuverleiben.
Er will neue theologiſche Wahrheiten er - finden: ſo klagte man ehemals uͤber den beruͤhmten Carpov. Beſſer iſts, wenn man ſchreibet: Er ſucht das Land der theologiſchen Wahr - heiten anzubauen. Buttſtaͤdt. Das erſte iſt gemein, das andere neu, und folglich fuͤrtrefflich.
Einen Anblick feyern, oder einen An - blick arbeiten. Dieſe in der Meßiade, oder klopſtockiſchen Evangelio, oder in der Offen - barung Sanct Klopſtocks ſehr oft befindliche Redensart gehoͤrt zur neuen Aeſthetik, die nur von Engeln verſtanden wird. Menſchen freylich wiſſen nicht, was das heißt, einen AnblickBfeyern18Anfeyern oder arbeiten. Jch fange ſelbſt an, die Sprache zu vermehren; und ein Mauleſel jauch - zet, ſobald er den andern gewahr wird: ſie jauch - zen ſich beyde entgegen. Noch eine Verrichtung des Anblickes!
‘Der Anblick hebt die Schwachen auf. Haller, 87 S. ’ ()Ein Unwiſſender ſchaler Kopf wird hier ſagen: Zum Aufheben muß man Arme haben; der An - blick hat alſo Arme: welche Arme! Allein es iſt neu, folglich ſchoͤn.
‘Andachtsbrand gluͤhet in den Adern. Haller, 61 S. ’ ()Ein Ausdruck, um den es Schade waͤre, wenn er verlohren ginge; darum erbarme ich mich ſeiner. Frage nicht, du ſeichter Reimer, wo wird doch Platz fuͤr das Blut bleiben, wenn ein Andachts - brand in den Adern gluͤhet? Die armen Adern! Der ungluͤckliche Menſch, in deſſen Adern Braͤnde gluͤhen! Du irreſt, und ſiehſt nicht, wie das ſo ſchoͤn iſt!
Sind das die Hoͤrner? Man vergebe mir meine Frage. Mancher Leſer kann nichts, als deutſch: es koͤnnte aber leicht ſeyn, daß die neuen Dichter nicht fuͤr Deut - ſche ſchrieben. Deſto ſchoͤner iſt es aber, wenn mans nicht verſteht.
‘Er flog in die Anden des Monds. Noah, 160 S. ’ ()Muth und Witz facht einen Tacht an. Dieß iſt nun fuͤr ſo edle Weſen eine ziemlich ſchlechte Verrichtung, und doch wahr.
Doch19AnDoch ach! es liſcht (a. St. verliſcht) in uns des Lebens kurzer Tacht, Den Muͤh u. ſcharfer Witz zu heftig angefacht. Haller 64 S.
Man ſage nicht: ſo war der Tacht vorher ausge - loͤſchet? da muß es ſehr uͤbel gerochen haben. Bald wird das Leben ein Talchlicht bekommen! Thorheit! Denn haben nicht ſchon die Berge Talch?
Ein bloͤder Sprachgruͤbler fraget hier: Was thut alſo der Engel, wann er anfaͤngt? Es ſollte heiſſen: man faͤngt bey lebendigem Leibe ſchon an, ein Engelchen zu ſeyn. Er irret. Dieſe neue Art des Erhabenen beſteht in der Auslaſſung vieler Woͤrter, die zum Verſtande der gemeinen Sprache noͤthig ſind. So kann ich z. E. ſagen, wenn ein Gottloſer ſtirbt: der Teufel faͤngt ſchon an. Denn jenes galt von einem Maͤgdchen, welches in einem Kloſter eingekleidet wird.
d. h. es wird mir angſt; zumal, wann die Stirne aufgewoͤlket iſt. Haller, ich weis nicht wo. Man verge - be uns eine ſolche Anfuͤhrung. Wir haben uns naͤmlich dieſes wehrten Mannes Gedichte, wie die Bibel, zu eigen gemachet; haben wir nicht einen Prediger gekannt, der auch, bey einem Glaſe Wein in der Hand, ſeine theologiſche, oder mora - liſche Unterſuchungen, mit einem wie der un - ſterbliche Herr von Haller ſagt, gar ſinnreichB 2ver -20Anverbraͤmete? Wir ahmen ihm nach, ſo viel wir nur immer koͤnnen.
Jch weis nicht, ob die Anmuth jemals haͤßlich iſt gefunden worden. Auf der 20 S. der halleriſchen Ged. wird ſie auch bey Armen ſchoͤn gefunden. Auf eine anmuthige Art dunkel zu werden, zeigt Verſtand, und zwar den feinſten.
Die Anmuth wird hier auch in Armen ſchoͤn gefunden; Man wiegt die Gunſt hier nicht fuͤr ſchwere Ki - ſten hin ꝛc.
Der erſte Vers wuͤrde nicht ſo ſchoͤn ſeyn, enthielte er nicht eine kleine Zweydeutigkeit. Das Vor - wort in wirket dieſes; denn wir koͤnnen dadurch eine Anmuth verſtehen, die auch in den Armen der Verliebten ſchoͤn gefunden wird. Die Sa - che iſt gewoͤhnlich; der Ausdruck nicht. Von dem Worte hinwiegen beſiehe den Buchſtab H un - ſers Woͤrterbuchs.
Hr. von Haller fuͤget dieſes Wort ſo:
‘Die Tugend nimmt ſich leicht bey ihrem Bey - ſpiel an. H. Ged. 81 S. ’ ()Wuͤrde das nicht in unſeren niedern parnaßiſchen Landen heiſſen: Man wird leicht tugendhaft, wenn man Beyſpiele der Tugend ſieht? Aber wie weitſchweifig klinget das nicht!
a. St. anſchauen, oder etwas ſtarr an - ſehen. Dieſes Lieblingswort der Herren Schweizer haben wir den unſterblichen Geſaͤngen ihres Oberhauptes zu danken. Dieſer goͤttliche Mann hatte nicht genug vor einer Sache zu er -ſtarren;21An Apſtarren; er ſtarrte die Sache ſelbſt an. Denn alſo ſinget er in ſeiner unvollkommenen Ode auf die Ewigkeit:
Jch ſtarrte jedes Ding, als fremde Wunder, an. 153 S.
Hier laͤßt der große Dichter auch die Zunge, auch ein Nichts reifen. Wenn es nun reif iſt, was traͤgts? So fragen nur ſchale Koͤpfe.
Der Tiſchler ſtreichet Schraͤnke an; der Schulmeiſter die Fehler ſeiner Schuͤler. Ein Schweizer aber ſtreicht der Tugend Farben einem an.
‘Jhm ſtreicht der eitle Ruhm der Tugend Farben an. Haller, 63 S. ’ ()So, ſprichſt du, iſt der Ruhm ein Maler? Umſonſt. Es iſt ſchoͤn: Lohenſtein hats auch ſchon geſaget.
Dieſes Wort ſchicket ſich trefflich a. St. Anwendung in ein deutſches Gedicht.
Jch tadle die Empfindung deines Herzens Und deine falſchen Applicationen. Brem. Ged. 13.
Allein, das iſt ein Griff ſeichter Koͤpfe, die nicht arabiſch oder engliſch im Deutſchen reden wol - len. Der Juriſt ſagt im poetiſchen Dorfjun - ker: haben ſie etwa eine Altercation gehabt? Eben ſo kann ein dichteriſcher Philoſoph von Appli - cationen ſchwatzen.
Der nimrodiſche Herr von Maupertuis haͤlt die Erde nicht fuͤr eyrund.
‘Schwinge deswegen dich eilends zur apfelfoͤr - michten Erde. Nim. 485 S. ’ ()B 3Dieß22Ar AuDieß ſaget NB. der unſterbliche Satan; ſo kann man kuͤnftig auch ſagen: der unſterbliche Spitz - bube, oder Galgenſchwengel Lips Tullian.
nimmt der Herr Magiſter Nau - mann wieder zu Gnaden an, nachdem ſie bis auf die Zeitungen aus dem Deutſchen waren ver - bannet worden. Fuͤr ein deutſches Gedicht iſt es keine geringe Schoͤnheit. Er machet auch Staabsofficire. So leihet denn der Poͤbel uns neue Accente. ſ. Nimrod a. v. O. Gruͤb - ler nennen es zwar mit Swiften die Poͤ - belfigur; allein, es ſchadet nichts. Es wird wieder die Mode; und dann laͤßt es ſchon.
d. i. ſchwer athmen. Meßias 163 S. Das Wort tief ſchicket ſich zu allerhand Wendungen in der heiligen Sprache; bald bedeutet es hoch; bald tief.
oder Wieſen des Himmels. Noah 220 S. Hier werden vielleicht die himmliſchen Kuͤhe weiden. Es giebt auch am - broſialiſche Auen. Noah, 333 S. Ein gei - ſtiger Schwarm von ambroſialiſchen Duͤften. Noah, 377 S. Welche ambroſialiſche Schoͤnheiten! Welch ein ambroſialiſcher Dichter! Das Wort zieret einen ganzen Vers.
und aufgelegt werden. Dieſe Woͤrter verſtehen die Herren Buchhaͤndler am beſten. Sie werden mir es aber vergeben, daß ich ihnen den ei - gentlichen Beſitz derſelben ſtreitig mache. Es kann ſeyn, daß ſie mit allem Rechte ſagen: ich lege dieſes Buch auf, dieſes Buch iſt zum drittenmaleauf -23Auaufgeleget worden ꝛc. Jch beneide ſie wegen des un - rechten Gebrauchs dieſes Wortes nicht. Den ſinnrei - chen Kanzelrednern, den Schoͤpfern ebentheu - erlicher Wortverbindungen, haben wir die zier - lichſte Anwendung dieſes Wortes zu verdanken. Der unverſtaͤndige Haufe hat ja immer geſagt und geſchrieben: Der Menſch iſt zur Gluͤckſeligkeit er - ſchaffen worden. Was kann man hierbey denken? Wenig! Auch die kleinen Kinder lernen von ih - ren Schulmeiſtern, daß ſie ſind erſchaffen worden. Daß ſie aber ſind aufgeleget, ja zur allerſeligſten Gluͤckſeligkeit ſind aufgeleget worden, wiſſen ſie noch nicht. Sie brauchen es auch nicht zu wiſ - ſen: denn ſie ſind zu unverſtaͤndig, die Stufen dieſer Vergleichung auszuſpaͤhen. Leute, die mit den Preſſen zu thun haben, koͤnnen dabey ein mehres gedenken. Dieſe verſtehen den Redner, wenn er ſeine Predigt mit den Worten anfaͤngt:
‘Daß der Menſch zur allerſeligſten Gluͤckſe - ligkeit ſey aufgeleget worden, wird nie - mand leugnen koͤnnen. Buttſt. ’ ()Moͤgen doch andere Leute nicht wiſſen, was der Redner haben will. Eine allgemeine Deutlichkeit muß man niemanden anmuthen. Man prediget eben nicht fuͤr alle Zuhoͤrer. Ja, mancher Redner prediget um ſein ſelbſt willen: denn was waͤren ſonſt die haͤufigen Anfuͤhrungen des Grundtextes, der heiligen Vaͤter, der Rabbinen, des Gro - tius, Marshams, Spencers, Clericus, Hammonds und Buxtorfs, des Lundius und Ligtfots noͤthig?
Daß Aufruhr Saamen hat, das war bekannt; Saat aber, das heißt, gedacht. So denket Hr. von Haller, 59 S. Die Thraͤnen fangen eb. daſ. einen Aufruhr an. 141 S. Bald werden ſie ſtuͤrmen. Die boͤſen Thraͤnen! Koͤnnte mans ſchoͤner ſagen?
Vom Aufſpringen des Kaiphas leſe man des Meßias 103 S. Doch ein wohl - paſſendes Gleichniß. Schlacht, Tod, Lan - ze, Gotteslaͤugner, Hoͤlle, Blut, Panzer, Roſſe, gehoͤren zu einem Gleichniſſe, wenn ein Menſch ſoll beſchrieben werden, der zornig von ſeinem Stuhle ſpringet. Aber je weniger ſich es bey einem Prieſter paßt: deſto ſchoͤner! S. An - tilongins 116 S. Ein Gleichniß naͤmlich muß nicht ſo knapp, als ein Preuß; vielmehr etwas weit und nachlaͤßig, wie ein Franzos ꝛc. gekleidet ſeyn.
Man hat in Goͤttingen Augen, die da ſaugen, in der 1 Ausgabe des befr. Deutſchl. ge - tadelt; und freylich! die Figur war etwas ſchweizeriſch. Aber eben die Richter haben fol - gendes vergoͤttert:
Aber es ſtanden beſonders in einen Klumpen geſchloſſen Meine Soͤhne mit weit geoͤffneten Augen, die ſtarrend An die ſchluͤpfrigen Schoͤnen ſich haͤngten, und geizige Zuͤge Von dem bezauberten Blick einſogen ꝛc. Noah, 22 S.
Was fuͤr Woͤrter! was fuͤr Verbindungen! Wie25AuWie ſie alle ſo ſchoͤn ſind! Schluͤpfrige Schoͤ - nen! So giebts auch trockene? Welch ein Klumpen von Schoͤnheiten!
Das war bisher noch zwei - felhaft; der Hr. von Haller aber hat es am Gan - ges gefunden. Jhr Gaſt, der Herr Apollo, oder Phoͤbus, der alte, der alle Tage zu ihr koͤmmt, ſeine Pferde bey ihr ausſpannet, und ru - het, wird ſich deſſen bedienen. Haller, 7 S.
O! Juͤngling! rufte jener Weiſe, Warum hat deine Heldenreiſe Sich in Aurorens Bett gewagt? ꝛc.
Wann eine Reiſe ſich zu einer Schoͤnen ins Bett waget, ſo hat es keine Gefahr; wann aber ein Held, ein Juͤngling ins Bett ſteiget: dann! dann! Aurorens Gold hat oft die Berge ver - goldet; auf der 23 S. durchſtreifet ſie die Berge.
Wann nun von Titans Glanz die Wieſen ſichentzuͤnden,Und in dem falben Gras des Volkes Hoffnungreift;So eilt der muntre Hirt nach den bethautenGruͤnden,Eh’ noch Aurorens Gold der Berge Hoͤh durchſtreift. ꝛc.
Wir bewundern dieſe Art, Haͤu zu machen; erſt - lich zuͤndet die Sonne die Wieſen an; dann reifet in der Aſche die Hoffnung, und wird Haͤu. Welch ein Haͤu!
Schaͤtze graben ſaget der Deut - ſche. Der Schweizer hingegen: aus unsB 5Schaͤtze26AuSchaͤtze ausgraben. Haller, 86 S. Aber es graͤbt auch die Weisheit:
Sie findet Luſt und Ruh im Haus,Und graͤbt aus uns ſelbſt Schaͤtze aus,Die nimmer ekeln, nimmer fehlen. ꝛc.
Vor allen Dingen gefaͤllt uns das Haus, von dem man nicht weis, ob es der Weisheit, oder uns zugehoͤret; und dann loben wir auch die Ver - bindung von Schaͤtzen, die ekeln; wo ekeln als ein thaͤtiges Zeitwort gebrauchet wird.
Ein neues Wort, welches ſich aus dem Gehirne der Herren Neologiſten herſchreibet. Jhr Haupt ſinget:
Wie wird mir? mich durchlaͤuft ein Ausguß kalter Schroͤcken. Haller, 97 S.
Einen Topf geußt man aus! Allein, das waͤ - re niedrig; ſo wie auch, wenn er geſaget haͤtte: ein Strom von ꝛc.
So redet Kerenhapuch, oder ent - ſchleußt ihr Herz:
Sey mir gegruͤßt, ſuͤßduftende Luft im ſchat - tichten Lichte! Aushauch, der aus dem Schooß der Mutter - tererde hervorquillt. Fluͤſſe der Luft, ſo ſanft von bebenden Schat - ten gemildert! Allzulang hab ich euch in dem oͤden Kaſten ver - lernet. Noah, 380 S.
Man erlaube mir eine kleine Entfaltung dieſer Accente. Was iſt doch eine ſuͤßduftende Luft im ſchattigten Lichte? Duftet denn dieLuft,27Au AbLuft, oder die Erde? Was iſt Aushauch, der aus Vater Koth hervorrauſchet? War um ſol - len Fluͤſſe der Luft von bebenden. Schatten ge - mildert werden? Warum beben die Schat - ten? Was iſt ein ſchattichtes Licht? Eine Daͤmmerung des Verſtandes? Der Kaſten war nicht oͤde; denn die Saat einer unterthaͤnigen Schoͤpfung (Noah, 381 S.) lebte ihr Leben meergruͤn darinnen. Man zeige mir in einem andern Dichter vier Verſe von ſolchem Reichthu - me. Dieſen Vorzug beſitzet allein Maler und Saͤnger Bodmer. Ein Leben leben; Luft verlernen; Hauch quillt!
Meß. 53 S. Was fließt doch aus Leichen? Der Leſer kanns er - rathen.
Jch las juͤngſtens eine Vorrede, worin - nen von nichts, als Ausſichten, gehandelt ward. Jch vermuthete zum wenigſten einen Garten; aber ach! es war eine ſehr betruͤbte Ausſicht: die Syndfluth! die naſſe Syndfluth.
Wir lernen alle Tage je mehr und mehr, daß auch eine einzige Sylbe einen Vers verengeln kann. Denn wer haͤtte vor jenen dreyzig Jahren geglaubet, wir wuͤrden noch Dinge ausſchaffen, ausbilden, ausformen: da doch ſeit viel Jahr - hunderten genug war geſchaffen, gebildet, ge - formet worden?
Man ſchreibt gemeiniglich: die Sache wird vor dem Ende der Welt nicht ausge - macht werden, ſo uneinig ſind die Meynungen. Jch28AbJch rathe eben nicht, daß man ſichs angewoͤhne, ſo plan zu ſchreiben. Man gebe der Sache eine klei - ne Wendung. Man beſinne ſich auf den Abend der Welt, und ſpreche:
Der Abend der Welt wird hereinbrechen, ehe ſich die Meynungen uͤber dieſe Sache vereinigen werden.
Sagt man auch der Mittag der Welt? die Mit - ternacht der Welt? Herr Bodmer ſinget da - her in ſeiner Elegie, auf das Abſterben ſeines Soh - nes, ſehr geiſtig. Er will ſagen: Heute werde ich mit Erzaͤhlung dieſer Sache nicht fertig. Wie male - riſch druͤcket er dieſen gemeinen Gedanken nicht aus?
— — eh wuͤrden dunkle SchattenDen Himmel uͤberziehn, und dieſen Tagbeſtatten.
Warum iſt doch unſere Welt bey einem taͤglichen Begraͤbniſſe des Tages ſo gleichguͤltig!
Bedeutet nach meiner Meynung, von mehrern Stuͤcken eine gewiſſe Zahl abſondern. So zaͤhlet man z. E. von zwoͤlf Thalern vier Tha - ler zu einer beſtimmten Ausgabe ab. Man wird aber aus verſchiedenen Schriften einen beſſern Ge - brauch dieſes Wortes lernen, welches in Trauerre - den von großem Nachdrucke iſt. Jch ſetze als be - kannt voraus, daß ein Redner die Gabe habe, in traurigen Faͤllen erhaben zu denken, und hoch zu ſprechen. Es iſt eine allgemeine Meynung, daß der Menſch ſterben muß, wann ſeine Zeit da iſt. So matt ſpricht man zwar im gemeinen Leben; und alsdenn iſt auch der Ausdruck gut. Ein Trauer -redner29Abredner aber wuͤrde ein ſchlechtes Lob erlangen, wenn er ſich nicht hoͤher ſchwingen, und erhabener ausdruͤcken wollte. Wie? wenn man ſo ſagte:
Auch der leichte Stich einer Fliege toͤdtet den Menſchen, wenn die Stunde ausge - laufen iſt, die ſein Leben abgezaͤhlet hat.
Jſt das nicht erbaulicher und lehrreicher? Ein mittelmaͤßiger Kopf denket gleich an die Geſtalt des Todes, an deſſen Senſe und Sanduhr. Die Stunde iſt ausgelaufen, und zaͤhlet das menſchliche Leben ab. Jſt das nicht ſchoͤn? Je verſteckter eine Sache, eine bekannte Sache ein - gekleidet wird, je ausgebildeter ſie dem Zuhoͤrer und Leſer, durch einen Commentarium, kann ge - macht werden, deſto gegruͤndeter iſt die Vermu - thung, daß der Redner ein Mann ſey, der das Weſentliche der Beredſamkeit in ſeiner Gewalt ha - be. Aus dieſem Grunde ſchaͤtze ich die Meßiade hoch, weil Meier und Dommerich zum Troſte Deutſchlandes daruͤber Commentarios ſchreiben. Man wird kuͤnftig der gelehrten Welt einen Band klopſtockiſcher Exegeten liefern koͤnnen. Ja, ſchreyen die Kunſtrichter, das heißt bey uns ſchwuͤlſtig und dunkel. Man laſſe ſich den Eigen - ſinn dieſer Leute nicht blenden. Das Volle einer Rede, oder eines Gedichts, iſt keine Schwulſt; ſondern ſchon uͤber die Schwulſt und uͤber das Dunkle hinweg.
Nach der Lehre der Herren Neologiſten thut nun ein Bach das, was man ſonſt vom Sande ſagte. Jener ſtaͤubet, und dieſer ſpruͤ - tzet. Wenn alſo mein Kleid voll Staub iſt: ſo iſt es beſpruͤtzet; und wenn ich in Koth gefallen bin, und mich im Sande geſielet habe: ſo bin ich beſpruͤtzet. Wenn ich aber ins Waſſer gefallen bin: ſo bin ich beſtaͤubt. Die Eigenſchaften der Dinge zu veraͤndern iſt der Hauptgriff unſerer neo - logiſchen Dichtkunſt.
Der (Bach) ploͤtzlich aufgeloͤſt in Schnee und Perlenblaſen, Durch jaͤhe Felſen rauſchend ſtaͤubt ꝛc. Haller, 96 S.
Wir lernen unter andern hier einen Bach in Schnee und Perlenblaſen aufloͤſen.
der Luft trinken heißt in der denkenden Sprache leben. Die Menſchen muͤſſen folglich entſetzliche Schluͤnde haben, ganze Baͤche zu ver - ſchlingen. Man ſchluͤrfet auch die Baͤche des Lichts, wie Thee oder Kaffee.
Seine Geſtalt ward heller = = Daß ſein Anderer ſo nahe bey ihm die Baͤche des Lichtes trank. Noah, 83 S.
Wie ſeh ich dann aus, wann meine Geſtalt hel - ler wird? Alſo auch ſein Siebenter.
von Bley aus blitzleitenden Waffen mit Feuer fluͤgeln; d. i. mit Musketen ſchieſſen. Warum nicht kugelleitende Waffen? Es muß blitzen! Eine Kugel iſt alſo ein Ball, oder viel -
mehr31Ba‘mehr ein Baͤllchen. Sie hat auch Fluͤgel von Feuer: welche Fluͤgel! Noah, 355 S. ’ ()leidet der Meßias 183 S. So iſt denn dem Leiden, aber nicht den Menſchen, bange? So ſagt Sanct Klopſtock in ſeiner Offenbarung.
Die Gebeendung iſt in der heiligen Dichtkunſt heilig; wie uͤberhaupt alle moͤgliche Fehler wider die Sprache: ihre Regeln ſchaden dem Hohen: ſie koͤnnen ſie daher nicht beobachten. Schade, daß kein ander Volk, als wir, ſo denket. Auch ein Hallelulachen erhebet einen Vers; Lucian gab ſchon die Urſache hiervon an, 222 S. d. D. Ueberſ.
Halleluja! mein Schoͤpfer! dir baͤthen un - ſterbliche Menſchen Von der heiligen Erde! dir baͤthen unſterbliche Menſchen. Meßias 164 S.
Hier fehlet nichts, als ein Kyrieleiſon: ſo iſt un - ſer himmliſche Pſalmiſt ſo ſtark, als Lobwaſ - ſer. Schoͤpfer Klopſtock hat auſſer unſerer Erde noch eine heilige geſchaffen; und noch eine kleinere Erde, oder vielmehr Sonne in unſrer Erde.
Eine gruͤne Nacht belaubter Baͤume findet man in der ſchoͤnen Doris.
Die gruͤne Nacht belaubter Baͤume Fuͤhrt uns in Anmuthvolle Traͤume: Worinn die Seel’ ſich ſelber wiegt. Haller, 67 S.
Wir bewundern das Wiegen. Wenn alſo derMond32BaMond ſcheinet: ſo haben wir eine weiſſe oder ſil - berne Nacht. Man muß die Figuren recht weit, d. h. ins Ungeheure treiben. Furchtſam ſeyn iſt ſchuͤlermaͤßig
Das deutſche Wort Plunder iſt viel zu niedrig, als daß es ein heiliger Dichter brauchen koͤnnte. Der Herr Magiſter Naumann hat alſo wohl gethan, jenem Hurkinde das Buͤrgerrecht, aus eigner Macht, zu verleihen. Alle Zwitter ſind alſo bey uns, wie in Spanien die Hurkinder, edel. ſ. Nimrod 293 S.
Dieſes Beywort balſamiret jedweden Vers. Noah, 190 S. auch Antilongin, 125 S. Wir nennen es die Balſamfigur, oder das Balſambuͤchschen.
Viele Redner gebrauchen dieſes Wort, wann ſie eine Verbindung oder einen Zuſammen - hang andeuten wollen. Daher kommen viele Re - densarten, denen man das Schoͤne nicht abſpre - chen kann. Z. E.
‘Diejenigen, die die erſten Buchſtaben in den Grundwiſſenſchaften wiſſen, koͤnnen das Band der Wahrheiten einſehen. Buttſt. ’ ()Ein anderer wuͤrde vielleicht geſchrieben haben: Wer die Anfangsgruͤnde der Grundwiſſenſchaft gelernet hat, kann den Zuſammenhang der Wahrheiten einſehen.
Das erſte iſt zierlicher. Die erſten Buchſtaben wiſſen, iſt fein gegeben! Der Redner macht es dem Zuhoͤrer leicht: denn wer iſt doch ſo ungeleh - rig, daß er die erſten Buchſtaben einer Meta -phyſik33Baphyſik nicht lernen koͤnnte? Das Band einſe - hen iſt alſo ein untadelhafter neuer Ausdruck.
Zernitz, der halleriſirende, ſaget auf d. 170 S. ſ. Ged.
‘Denn brennte ſich in nichts der Einſchraͤnkun - gen Band. ’ ()Die Flamme wuͤnſchte ich zu ſehen; noch lieber das Band: weit, weit lieber aber waͤre mir der Ver - ſtand. Es wuͤrde mir ein Maaßſtab ſeyn, ande - re Verſe darnach zu meſſen. Nur friſch! Die Wahl in Ausdruͤcken verdirbt alles.
Dieß Wort wird gar zierlich von Teufeln gebrauchet. Man nenne ſie die ſchwarze; die Engel, die weiße Bande. Sammlung Ni - colai 33 S.
Flieht! ſpricht ſie, (die Zwietracht) zu der ſchwarzen Bande!
Auf deutſch, ein Hurkind: eine hoͤfliche Benennung eines Freundes, wo er die Reime lie - bet.
So waren denn Gottſched, Schwabe, ja Haller, Kanitz, Guͤnther ꝛc. Hurkinder? Der Grobian! ich irre mich: der hoͤfliche Mann! Und ich, und die Kritik benennet dich Baſtart! Brem. Ged. 57 S.
Dieſer Herr Jch muß ein ſehr großer Herr ſeyn, weil er und die Kritik nicht allein ein Ding iſt; ſondern, weil er ſeinen Freunden ſo grob begegnen darf. Aber nein! Es iſt nur der Herr Johann Heinrich Oeſt! ein verwaͤgener Mann. Noch ein Broͤckchen von dieſem breiten Herrn und ſei - ner breiten Einſicht. Es ſtehet e. d.
CWie?34BaWie? oder hat ein duͤrrer Zweig von Pappeln — — — — dich gefuͤhret Zu Swifts geheimen, weiten, wuͤſten Bathos: Worinn du tappteſt, fieleſt, krochſt, und umkameſt: Ein Scheuſal, wie der finſtre Mond und Blackmor.
Muß man nicht ein Zauberer ſeyn, um, wie Vir - gil, den Aeneas mit einem duͤrren Zweige in das Bathos der Hoͤlle zu fuͤhren? Da wiſſen wir nun, was der breite Herr von Swiften haͤlt. Ein Ungeheuer iſt er, wie der finſtre Mond und Blackmor. Der neologiſche Pindar irret ſich; Swifts Bathos iſt nicht geheim; denn es iſt, wie mein Woͤrterbuch, die Ehrenſaͤule der Dichter, und Schandſaͤule der geſunden Ver - nunft, gedruckt; allein zum Ungluͤck der Deut - ſchen nur einmal. Lieber Leſer! Haſt du wohl den Wohlklang und die Gelindigkeit des Verſes tappteſt, fieleſt ꝛc. ꝛc. bemerket? Wie er ſo ſchoͤn iſt!
waren ſchon eine Erfin - dung Sr. Nimrodiſchen Majeſtaͤt. Nim - rod, 139 S. Es giebt auch eine Nimrodi - ſche Bibliothek. Nimr. 146. Man glaubet es nicht, was die dichteriſche Wuth des Hn. M. fuͤr Erfindungen an die Hand giebt. Denn hat Nimrod nicht ſo gar eine Reiſecaleſche? Wir irren alſo, wenn wir die Caroſſen fuͤr unſere Er - findung halten.
Alles Unthiere, die ihr Daſeyn Sr. Gn. dem Hn. von Haller 110 S. zu danken haben. Jch wette, daß ein Philoſoph uns eher ſagen wird, was ein einfaches Ding iſt; ein Ding naͤmlich, das keine Theile hat; keinen Raum einnimmt, und in nichts kann eingeſchloſſen werden: ehe der Dichter ſagen kann, was Verfuͤhrung ſchwacher Zucht iſt. Denn was iſt Verfuͤhrung ſchwacher Zucht? = = Verfuͤhrung ſchwacher Zucht! = = Ein wenig Geduld! = = ich werde es gleich ſagen. = = Sollte die ſchwache Zucht verfuͤhren, oder ver - fuͤhret werden? = = Wahrlich! ich weis es nicht. Wolluͤſtige haben bisher ihren Bauch zu ihrem Gotte gemachet; einen ordentlichen Gottes - dienſt des Bauches haben ſie noch nicht errichtet. So hungert dem Rauche, oder ſind wir dar - nach hungrig? Bruͤten! das Herz kann bruͤ - ten; es wird auch wohl Eyer legen. Noch eines vom Bauche:
Der traͤge Muͤßiggang ſchwillt (a. St. ſchwellt) niemals ihren Bauch. Haller 22 S.
Man muß nicht leichtfertig ſeyn, u. a. St. Bauch ein ander Wort ſetzen. Hier iſt noch ein Bauch; wo aber ein Bauch iſt: da iſt auch ein H = = = Der Hint = = der Welt! ſo wie der BauchC 2der36Ba Beder Welt! Haller, 49 S. Das unreine Gold waͤchſt darinn zum kuͤnftigen Gelde, ohne erſt gepraͤgt zu werden. Das Gold iſt alſo der Unflath der Welt. Die Sterblichen werden ei - ne Laͤuterung dagegen eingeben. Man muß nicht lachen; denn der Dichter iſt ſehr ernſthaft. Wenn aber ein ernhafter Mann einen Harlekins - wams anziehet, ſoll man da weinen?
eine ganz vortreffliche, von Cinna - momus und Balſam; lohenſteiniſche Ge - waͤchſe! iſt Noah, 405 S.
Eine Baumſchul’ des ſuͤßeſten Vorraths, wo die Natur itzt Jhre verneute Jugend beging mit jungfraͤu - lichen Spielen.
Eine Jugend begehen! eine Baumſchul’ des ſuͤßeſten Vorraths! auch ſaures Vorrathes! jungfraͤuliche Spiele! Alles epopoͤiſche Saͤ - chelchen. Wie ſie ſo ſchoͤn ſind!
So heißt nicht allein der Marktplatz in den tuͤrkiſchen Staͤdten. Saͤnger Bodmer ſinget mit eckichten Buchſtaben auch von dem Ba - zar der Staͤdte der alten Mizren, deutſch, Ae - gyptier; in ſeinem Schaͤfergedichte Jacob und Joſeph 39 S.
Bebieſamen, eben ſo gut, als benelken, oder beroſen. Die allerreineſte Luft bebieſamte deſſen Re - viere. Nimr. 582 S.
Hier ſind auch ambrirte Duͤfte und lebendige Pfeiler. Jch fuͤrchte, wenn ſie leben: ſo wer - den ſie ſich ruͤhren; es kann ihnen einmal einkom -men,37Bemen, auf den aͤtheriſchen Auen ſpatzieren zu ge - hen, und ambrirte Duͤfte zu riechen: wo werden dann die elfenbeinerne Pallaͤſte bleiben? Sollen ſie auch mitzotteln? Hat doch Homer auch Stuͤhle, die da ſpatzieren gehen.
Dieſes Wortes Sinn muß in dem Zuͤr - cheriſchen Woͤrterbuche geſuchet werden. Mei - nes wuͤrde viel gewinnen u. deſto deutlicher werden.
Sein kuͤnſtlicher Geſchmack beekelt ſeinen Stand. Haller 19 S.
Er hat einen kuͤnſtlichen Geſchmack war noch nicht geſaget worden. Er hat einen Geſchmack an kuͤnſtlichen Sachen war zu gemein. Soll aber das kuͤnſtlich hier nicht ekel bedeuten?
Der Geiz bebruͤtet Gold. Haller, 34 S. Welche Eyer! Wenn alſo der Geizhals ſein Geld in den Kaſten thut: ſo legt er Eyer ins Neſt. Allein, es iſt nicht ſo, daß er bruͤten will. Die Voͤgel ſollen nicht ausfliegen; ſie thun es auch nicht, bis ein barmherziger Sohn die Gefangenen erloͤſt; und ſein Haus mit ihnen durchjauchzet.
Die Luft mit Liedern beſeegeln, be - fahren, bereiten; d. h. in der einfaͤltigen Spra - che ſingen:
‘Singende Choͤre befuhren die Luft mit zaͤrtli - chen Liedern. Noah, 60 S. ’ ()So waren denn die Lieder die Wagen, und die Kehlen die Pferde.
Das Gebluͤt, das kein Jachzorn be - feuert; oder beſchießt. So muß man denken.
Jn ihren Adern fließt ein unverfaͤlſcht Gebluͤte,
C 3Darinn38BeDarinn kein erblich Gift von ſiechen Vaͤtern ſchleicht; Das Kummer nicht vergaͤllt; der Jaͤhzorn nicht befeuret; Kein geiles Eiter faͤult; das Schwelgen nicht verſaͤuret ꝛc. Haller 22 S.
Erſtlich bewundern wir, von Amtes wegen, das Nebenwort darinn; weil es ſowohl auf Adern, als Gebluͤt gehen kann. 2. daß das Gift, wie ein Gut, erblich wird: man wird es daher bald zu Lehn machen: angeerbtes Gift war freylich zu gemein; 3. loben wir den Artikel das, wel - cher ſowohl auf Gift, als Blut gehet; 4. das geile Eiter, das Blut faͤult; faͤult war ſonſt ein unperſoͤnliches Zeitwort; und man ſagte: das Fleiſch fault; aber nicht: die Faͤulniß faͤult das Fleiſch. Verſaͤuret war auch noch bisher kein Zeitwort von der thaͤtigen Gattung. Allein, wir erwarten eine neue Sprachlehre.
Etwas befliegen: ein allerliebſtes Wort, welches, wahrlich! aus der geheimſten Kammer maleriſcher Dichterey genommen wor - den.
‘“Ein nie beflogener Gipfel ſtreckt das “Wetterhorn durch einen duͤnnen Wolken - “kranz; beſtralet mit roſenfarbenem Glanze “beſchaͤmt ſein graues Haupt, das Schnee “und Purpur ſchmuͤcken, gemeiner Berge “blauen Ruͤcken.”’ ()Haller 96 S. Wer mir das ſagen kann, der muß ſich fuͤr keinen Schwindel fuͤrchten.
Das Auge zuruͤck befehlen: vortreff - lich!
Bald39BeBald befahl ich das Auge, das ungern ſahe zuruͤcke Nach der inwendigen Seite des Paradieſes. Noah 17 S.
Wenn ich alſo nicht Toback riechen will: ſo befehle ich meine Naſe zuruͤck, die ungern riechet. Wer etwas mehr, als die Mechanik in der Dicht - kunſt, verſtehet; der wird an dieſen Klippen nicht ſtoßen: denn es iſt ein neuer Zeitpunct in der Dichtkunſt entſtanden.
iſt kein Galli - ciſmus. Denn wie koͤnnten in der Offenba - rung St. Klopſtocks Fehler ſeyn? Meßias 2 S. u. anderwaͤrts.
Stallknechte pflegten zu ſagen: das Pferd iſt geritten worden, daß der Jaͤſcht auf ihm ſtehet. Nunmehr brauchet es ein heiliger Dichter, und machet ein Beywoͤrtchen daraus.
Er peitſchte die knirſchenden Pferde, die begiſch - ten ſtrampfenden Hengſte, Die wohl geſtriegelten Schecken, hochbreit vom Ruͤcken und Kreuze. Nimrod 611 S.
Welche Beywoͤrter! Hat der Herr M. nicht einen rechten Pferdeverſtand? Pater S. Clara ſagt: ein Gaimazer machet den andern auch gai - mazen.
ſchwaͤrmen beym Herrn. J. H. Oeſt in mathematiſchen Puncten. Brem. Ged. 17 S. Muͤſſen die Begriffe nicht ſehr klein ſeyn, die in Puncten ſchwaͤrmen? Wie groß aber iſt derC 4Geiſt40BeGeiſt nicht, der ſie ſchwaͤrmen laͤßt! Sie ſchwaͤr - men vorher in ſeinem Gehirne; in der Zirbeldruͤſe, in die Carteſius unſere Seele einſperret. Der waſſerklare Dichter redet von der Welt, worinn ſo du, als ich, und alle
Ein ganz Adamiſches Geſchlecht durch tauſend Glieder Nur Puncte ſind, gleich mathematſchen Pun - cten; Sind noch zu klein mit allem, was ſie ſchlieſſen, Und die Begriffe, die darinnen ſchwaͤrmen, Sind Zahlen in unendlich kleinen Bruͤchen Von jenem Einen, jenem großen Ganzen. ꝛc.
Sind das nicht Verſe in Bruͤchen? Wir haben einen Adami gekannt; vielleicht iſt dieß ſein Ge - ſchlecht, ſein mathematiſches Geſchlecht.
Ein Behaͤltniß der Gebeine iſt nicht ein Beinhaus. St. Klopſtock nennet alſo den menſchlichen Koͤrper.
Nunmehr klagt er ihn troſtlos, u. faſt das kalte Behaͤltniß Seiner Gebeine mit ſterbendem Arm. Jn ſ. Offenbarung 38 S.
Ein ſterbender Arm an einem Koͤrper, der doch leben bleibet, iſt das nicht ein Wunder? Das Wort erſtirbt mir im Munde; dieſe Redensart hat den goͤttlichen Seher darauf geholfen. Sollte jemand ſpitzig ſeyn, und ſchelten, daß ich die Offenbarung St. Klopſtocks neben St. Jo - hannis ſeiner ſetze: der leſe nur die Anrufung gleich im Anfange ſeines Gedichtes. Entweder,die41Bedie Sachen, und Geſichte, die er darinnen ſiehet, ſind wahr; oder es ſind Luͤgen. Er ſaget aber: es ſind nicht allein Wahrheiten; ſondern Offen - barungen: ich folge alſo dem goͤttlichen Seher; dem Evangeliſten St. Klopſtock; oder viel - mehr dem Theologen. Jch hoffe aber von nieman - den weniger Widerſpruch, als von ihm. From - me werden ſich an meiner Vergleichung nicht aͤr - gern: ſonſt bitte ich ſie, ja, ich beſchwoͤre ſie recht, nicht die Meßiade zu leſen. Herrnhut ſelbſt dichtet nicht ſolche geilgeiſtliche Lieder. Wurm - ſaamen.
a. St. bewohnen; und warum das nicht? Man ſagt ja Behauſung; und ein Wort muß ſo viele Geſtalten, als ein Seidenwurm, an - nehmen koͤnnen: ſonſt taugt es nichts.
Nur hab’ ich in der umgebenden Fluth das Jn - ſelgebuͤrge Seine Stirn’ erhoben, u. Wild u. Fluͤgel be - hauſet. Noah 113 S.
Wie man ſiehet: ſo nimmt dieß Behauſen eine leidende und thaͤtige Bedeutung an. Man kann auch a. St. Wildbeine, ſo wie Saͤnger Bodmer Fluͤgel a. St. Voͤgel, ſagen.
Um zu ſagen: ein Schiff ſeegelt von Cadix nach Cuba: ſo ſprich, ein Schiff, das Zwiſchen Cadix und Cuba des Meeres Wuͤſten beherrſchet. Noah 158 S.
Mit ſolchem Schiffe vergleichet der witzige Suͤnd - fluthendichter das Luftſchiff des Koͤniges Da - gon; der Koͤnig gigantiſcher Menſchen. HatC 5alſo42Bealſo das Meer Wuͤſten: ſo wirds auch bald Staͤdte haben. Das Wort beherrſchen uͤber - haupt iſt das Schiboleth der Neueren. So be - herrſchen z. E. die Muſen die Geſaͤnge im Noah und Meßias;
“welche Gedichte Chri - “ſtenthraͤnen ſind, die er in goldenen Schaalen “vor den Thron des Hoͤchſten geleget.”
Auch unſere Thraͤnen ſind in dieſer goldenen Schaale. Samml. Nicol. Sam. Pattzke 38 S.
a. St. ſeinen Kropf fuͤllen. Man ſa - ge demnach auch von einem, der ſeinen Beutel be - ſpicket: er bebeutelt ſich. Ein Narr machet den andern; alſo auch ein Wort das andere. Hier iſt ein treffliches Gleichniß!
So, wie ein Hamſter zum Winter ſich mit Vor - rath verſorget, An ſeiner Statt ſeine Jungen aufs Feld ſchickt, ſich zu bekroͤpfen. Nimrod 427 S.
Was bellt des Poͤbels Wahn im Schwarm verworfner Richter Das blendend reine Licht in ihrem Glanze an. Samml. Nicol. 147 S.
Man laſſe alſo lieber den Wahn ziſchen, oder pfeifen, wenn er nicht bellen ſoll. Kein Wun - der, daß der Vers etwas mondſuͤchtig iſt; das Gleichniß koͤmmt vom Monde. Man ſage mir den Sinn dieſer Verſe! worauf, zum Exempel, gehet ihrem? Allein eben dieſe Zweydeutigkeit ſchaͤrfet das Nachdenken.
Die Waͤnde mit Beine bekleidetVon43BeVon Elephantenzahn, mit Purpurſtreifen beſprenget. Noah 21 S.
Elfenbein heißt alſo Bein von Elephantenzahn; man ſagt auch mit Elfenbein bekleiden, a. St. auslegen; man beſprenget auch mit Streifen; alles ausgeſuchete Ausdruͤcke!
oder beſtaͤubender Nebel; ſehr genaue und wohlpaſſende Beywoͤrter. Es iſt, um zu ſtaunen!
Nur ein benebelnder Staub verbirgt die maͤchtige Wahrheit. Noah 191 S.
Hier ſind auch auf einem Sterbenden: Welkende mit der Farbe des Staubs ge - zeichnete Zuͤge!
Wie figuͤrlich! Es giebt vielerley Staub; es giebt auch eine Art von Staub, den man den Leu - ten ins Geſicht wirft. Man ſiehet Sachen, die man ſonſt nicht geſehen; Schoͤnheiten, wo man ſonſt Fehler gefunden; und Witz, wo ein anderer Raſerey wahrnimmt.
Auch Schritte benebeln. Samml. Nicolai 11 S.
‘“Ein Schritt der bloßen Allmacht “benebelt unſern Verſtand; ohne ihn zu leh - “ren.”’ ()So reden unſere neologiſche Redner. Wenn man einem mit dem Fuße ins Auge ſtoͤßt: ſo iſt ſein Auge benebelt; mit einem Schritte zu be - nebeln: das iſt vortrefflich!
alſo auch bekugelt: eine bekugelte Flinte. Die bepfeilten Bogen der Schuͤtzen hatten ſchon Salve gegeben. Nimrod 427 S. Mit Bogen Salve geben: eine gar richtige Re - densart!
Es iſt eine Figur, des Reimes wegen; eine Metatheſys, d. i. Buch - ſtabenwechſel; oder wie das Ding heißt. Haller irgendwo in ſeinen Gedichten. Jch verſchweige den Ort, meinem Leſer ein Vergnuͤgen zu machen. Denn, wie ein junger Menſch immer verliebter wird, je mehr Schoͤnheiten ihm ſeine Liebſte verbir - get: ſo gehet es auch den verliebten Bewunderern des unſterblichen Hallers, die immer mehr Schoͤnheiten entdecken, je weniger er ſie ſehen laͤßt.
d. h. einen freundlich anſehen. Jch glaube, die Geizhaͤlſe ſind alle Meßianer; ſie belohnen lieber mit Blicken, als Gelde. Offenb. St. Klopſt. 6 S. Allein in der heiligen Sprache heißt auch ſeegnen, fluchen; folglich iſt es eine Paronoma - ſie. Antilongin 88 S.
Wer herrſcht, der ihm gefaͤllt? Vor ihm iſtalles ſchlecht;Belohnen unverdient, verſagen ungerecht.So laͤßt der Froͤſche Volk ſein Quaͤken in denRoͤhrenSo wohl beym Sonnenſchein, als wenn es wit -tert, hoͤren. Haller 79 S.
Der Dichter hat wohl gethan, ein Fragezeichen in dem erſten Verſe zu ſetzen. Ein anderer wuͤrde ge - ſetzet haben: Gefaͤllt ihm der, der herrſcht? Jenes aber iſt verworfener u. alſo ſchoͤner. Vor ihm iſt belohnen unverdient! Wenn er die Be - lohnung bekoͤmmt, oder wenn er ſie austheilen ſie - het? Jn was fuͤr Roͤhren quaͤcken wohl dieFroͤſche? 45BeFroͤſche? Quaͤcken ſie nicht auch in den Tei - chen, Seen, Fluͤſſen, Baͤchen? Jn den Roͤhren wuͤrde ihr Gekroͤchz nicht viel Laͤrmen ma - chen. Heißt die Figur nicht der Reim - oder viel - mehr der Gedankenzwang? Nein! ſie heißt die Ausfuͤllung, die Vollſtopfung.
ein ſeltenes Thier, wel - ches nur auf den Alpen ſo graͤßlich geſchaffen worden.
Nie ſtoͤrt ſein Gleichgewicht der Sinnen jaͤ - her Sturm; Nie untergraͤbt ſein Herz bereuter Laſterwurm. Haller 66 S.
Ein gemeiner Dichter wuͤrde ſagen: Er bleibt ſich ſelber gleich. Da wuͤrde nun weder ein Gleich - gewicht ſeyn; noch der Sinnen jaͤher Sturm ein Gleichgewicht ſtoͤren. Man bemerke wohl die Redensarten. Hier umwoͤlket auch ein ſau - rer Blick der Augen heitres Licht. Kann das ein Blick?
gemeine Berge, poͤbelhafte Berge, vornehme Berge.
‘Gemeiner Berge blauen Ruͤcken. Haller, 96 S. ’ ()Sonſt hatten die Ochſen nur Talch; hier iſt gar ein Talch aus Thon und Staub ge - drehet. Gott iſt alſo ein Toͤpfer; ein Drechs - ler; darzu ein recht kuͤnſtlicher, weil er aus Staub drehet. Jn der zweyten Zeile iſt er ein Goldmacher; in der dritten ein Baumeiſter; in der vierten ein Schneider. ſ. Antil. 27 S. u. f.
Du46BeDu haſt der Berge Talch aus Thon und Staub gedrehet; Der Schachten Erz aus Sand geſchmelzt; Du haſt das Firmament an ſeinem Ort erhoͤ - het; Der Wolken Kleid darum gewaͤlzt. Haller 2 S.
Wo ſollte wohl das Firmament ſtehen, als an ſeinem Orte? So waͤlzet man nun ein Kleid um ſich? vor dieſem zog mans an. Wie wuͤrde auch das geklungen haben: er hat der Wolken Kleid dem Firmamente angezogen? Die er - ſten Kleider Adams und der Eva koͤnnen nicht ſo pumphoſicht ausgeſehen haben, als dieſes Kleid der Wolken; das darzu nur darum gewaͤlzet worden. So ehrerbietig verfaͤhret man mit dem Hoͤchſten, daß man ihn, zu was es einem belie - bet, ja zum Schneider machet! zum Kammer - diener!
und Schoham bedecket eines Gehirnes Geſpinſt. So ſinget der Oberwurmſaamia - ner Bodmer von ſeinem Gotte.
Aber der Prieſter mit ſeinem gegoßnen Gotte von Golde Trat in die Fluth und vollzog die Rechte des heiligen Waſchens Seines Gehirnes Geſpinſt, mit Beryll und Schoham bedecket, Noah 21 S.
Gehet dieß Bedecken auf das Geſpinſt, oder den Prieſter, oder den Gott? Hier ſind dreyWege;47BeWege; gehet welchen ihr wollet! Was mag doch das Waſchen fuͤr Rechte haben?
Ein Stein von ſtarker Hand beſeelt, bekoͤmmt der eine Seele? Kann ihn eine Hand beſeelen? Jſt doch ein Kloß auch einmal beſeelet worden; warum nicht deſto eher ein Stein? Aber es iſt auch eines Schweizers Hand.
Hier ringt ein kuͤhnes Paar; vermaͤhlt den Ernſt dem Spiele; Umwindet Leib um Leib, und ſchlinget Huft um Huft. Dort fliegt ein ſchwerer Stein nach dem geſteck - ten Ziele, Von ſtarker Hand beſeelt, durch die ge - trennte Luft. Haller 20 S.
Ein anderer wuͤrde vieleicht geſagt haben: ver - miſchet Ernſt und Spiele. Aber dann wuͤrde keine Hochzeit oder Vermaͤhlung ſeyn vorgefal - len; und das Wort vermaͤhlen hat doch, ſeines Alterthums halber, oft eine Verbindung, die man verehren muß. Wenn man etwas um - windet: ſo muß man auch etwas haben, womit man es umwindet: Hier ſehe ich aber nichts als Leiber, mit denen man nicht wohl etwas, als mit Bindfaden, umwinden kann. Sonder Zweifel will der Verfaſſer ſagen: Und ſetzet Bruſt an Bruſt, und ſchlinget Bein um Bein; denn eine Huͤfte mit der andern zu umſchlingen, wird auch, in den Spielen der Liebe, unmoͤglich ſeyn. Ueberdieß haben wir das ſchoͤne Wort Huft, ich weis nicht welches Geſchlechtes, vieleicht demReime48BeReime zu danken. Vieleicht iſt auch nicht noͤ - thig, einen Stein zu beſeelen, wenn er ſchon durch die Luft flieget. Man bemerke mein ehrer - bietiges Vieleicht; denn ich bin ſehr furchtſam.
Die Maͤgdchen vor der Suͤndfluth ha - ben gar andere Sachen, als unſere, zu thun ge - habt. Sie haben die Tulpen beſaͤmet und ge - ſchwaͤngert.
Damals waren ſie gleich im Werk, die befruch - teten Saͤmchen Abzubrechen; hernach mit dem Mehl weiß - farbener Tulpen Feuerrothen verwittweten Ritz beſaͤmend zu ſchwaͤngern. Noah 40 S.
Jtzund hat ſich die Sache gewaltig geaͤndert; und die Maͤgdchen laſſen ſich lieber ihre Ritzen beſaͤ - men und ſchwaͤngern.
Damit niemand auf dieſer Erd’ Zu ſehr ſtolzier’ und ſicher werd’.
Man bewundere doch die Klarheit nachſte - hender halleriſirender Verſe; denn ſo ſchreibt Haller, der 2te.
Er merket beym Beſuch mit ſtolz gezaͤumten Pferden, Daß ſie ihm laͤſtiger, als ihnen er kann werden. Zernitz 9 S.
Das glaube ich; zumal wenn ſie mit in die Stube kommen. Ein ſehr hoͤflicher Beſuch! “Die Nachwelt iſt viel zu gerecht, als daß ſie dieſem ſchaffenden Schaͤferdichter veruͤbeln ſollte: ein ſo großes Muſter, als Hr. v. Haller iſt, ſich er -waͤhlet49Bewaͤhlet zu haben. „ Der Beyfall, um den die le - bende Welt mit eiſernen Faͤuſten kaͤmpfet, iſt ihm Buͤrge dafuͤr. Ja! ich unterſtehe mich, allen denenjenigen den Verſtand vor der Fauſt abzuſpre - chen, die nicht ihre Stimmen mit der meinigen ver - einigen. Siehet man hier wohl das neue Wort laͤſtig? Es koͤmmt von uͤberlaͤſtig. Beuge al - ſo: laͤſtig, laͤſtiger, laͤſtigſter. Wir haben von einem Wolluͤſtlinge gehoͤret, der, wann er beſoffen war, alle ſeine Pferde in die Stube kommen ließ. Vieleicht iſt dieſes Zernitzens laͤſtiger Beſuch.
Meine Hand beſuchet mein Haar, ſagen unſere Neologiſten. Die Alten kratzten ſich darinnen. Pſuy! wie garſtig das nicht klin - get! Samml. Nicol. 78 S. Auch alten Woͤrtern muß man einen neuen Schwung geben.
Unkoͤrperliche Dinge beſtralen auch; Sachen, die an ſich ſelbſt keinen Glanz haben.
Wer ſtirbt hier wuͤrdiger? Ein gleicher Hel - denmuth Beſtralet beyder Tod, u. wallt in beyder Blut. Haller 59 S.
Was heißt doch wuͤrdig ſterben? Das Wort wuͤrdig mit einem Zeit - oder Hauptworte zu ver - binden, ohne zu ſagen, was oder weſſen der Ge - genſtand wuͤrdig iſt, iſt ein ſehr artiger Galliciſ - mus: und dieſe Figur iſt keine geringe Schoͤnheit in der neologiſchen Sprache.
Folglich kann man auch ſagen betroͤ - pfeln. Dieß ſaget mit eckichten Buchſtaben zier -Dlicher50Belicher, als mit runden der iſraelitiſche Schaͤfer - dichter Bodmer.
Seine geringſte that war mit wohlſtand und anmuth beſtreuet oder betröpfelt. Jac. u. Joſ. 10 S.
Kanitz ſinget:
Euch, ihr Stunden! die verlaufen,Koͤnnt’ ich euch mit Blut erkaufen!
Aber die Fuͤgung mit Blut iſt gewoͤhnlich; ſo wie, ich will mein Blut fuͤr dich vergießen. Hr. von Haller machet aus dem Blute ein Gewehr, und beſchuͤtzet damit.
Ein angenommner Satz, den nichts als Glaube ſtuͤtzt, Wird bald ein Theil von uns, und auch mit Blut beſchuͤtzt. Haller, 44 S.
So iſt demnach der Satz, daß der Herr Ammon durch ſeine Gedichte unſterblich ſey, ein Glied von mir?
Sonſt dachte man, der Thau ſtiege aus der Erde, oder fiele vom Himmel. Allein der dichteriſche Herr Doctor lehret: das Mor - genroth und das Abendroth bethauet.
Doch geh durchs weite Reich, das Gottes Hand gebauet, Wo hier in holder Pracht, von Morgenroth bethauet, Die junge Roſe gluͤht. Haller, 49 S. Oder iſt gar das Morgenroth ſelber der Thau?
Die weite See der Welt betreten. Das51BeDas thue Hr. v. Haller, und ich nicht. Swift nennet dieſe Figur das Unmoͤgliche. Antil. 94 S.
‘Verſehn zu Sturm u. See, in allem wohl be - ſtellt, Betraten wir nunmehr die weite See der Welt. Haller 107. S. ’ ()Viel Gluͤck zur Reiſe! Jch weis nicht: ob der Hr. Doctor unter verſehen beſtimmt, oder ver - ſorgt meynet. Der Deutſche ſagte bisher: es iſt gut mit mir beſtellt; die Sache iſt gut beſtel - let worden. Fuͤr den Witz Sr. Unſterblich - keit war es aufgehoben, in allem wohl beſtellt zu ſagen.
verſæuret, alſo auch Freyde verzu - kert. So ſinget der lohenſteiniſche Wuͤrzkraͤ - mer Bodmer!
Ihn im elend zu wiſſen, verſæurte nur Ja - cobs betrybniß. Jac. u. Joſ. 31 S.
eine Rede mit Donner; warum nicht mit Hagel?
Der will ich ſeyn! Und gegen ihn mit der Stimme der Donner Meine Rede bewaffnen! ꝛc.
So drohet Jthuriel in der Offenb. St. Klop - ſtocks 140 S. Der Donner wird Jſcharioten nicht viel ſchaden; denn der Seraph darf nicht Ernſt machen, und ihn einſchlagen laſſen. Aufs hoͤchſte darf er ihm die Zaͤhne weiſen; ein bischen knallen; aber nicht beiſſen. Das iſt ein Vorzug der miltoniſchen und klopſtockiſchen Engel und Teufel, daß ſie ſich wie unſere Zweykaͤmpfer nurD 2ver -52Beverletzen; doch nicht todt machen doͤrfen. Das waͤre ſans Raiſon; wie koͤnnte da ein Engel beſte - hen?
mit einem begehen, ſaget man a. St. einen bewirthen. Das Wort bege - hen iſt ein heiliges Wort.
Daſs er mit euch die heilgen bewirthungs - rechte begehe. Jac. u. Joſ. 39 S.
Die patriarchaliſchen Dichter begehen ſich gar zu gern.
Wenn dieß Wort recht eingepflochten wird: ſo macht es den ſchlechteſten Vers ſchoͤn und ſtark; auch in matten Dichtern.
Will man ſagen: die Eigenliebe lehr - te uns Mittel, das Meer zum Behuf unſerer Reiſen zu beſtreichen; ſo druͤckte man ſich ſo kurz aus:
Sie bahnete das Meer zur Beyhuͤlfe unſers Reiſens. Haller 105 S.
Beyhuͤlfe war ſonſt ein der Mildigkeit gewidme - tes Wort; allein die Mildigkeit hat es der Reiſe geliehen.
Ein Beyſpiel von wohlverdienter Se - ligkeit giebt bey ſeiner Hochzeit, bey lebendi - gem Leibe, der lebendige, wohlgebohrne und gnaͤdige Herr Jſaak Steiger.
Du auch, der ſein bemuͤhtes Leben Der Buͤrger Wohlfahrt hat geweiht, Wirſt uns nunmehr ein Beyſpiel geben Von wohlverdienter Seeligkeit. Haller 119 S.Allein,53Be
Allein, wann man Hochzeit machet, will man da ſterben? und ehe man nicht ſtirbt, kann man nicht ſeelig werden: es muͤßte denn in Wein ſeyn. Von einem betrunkenen Menſchen pfleget man zu ſagen: er iſt ſeelig! So hoffet vieleicht derglei - chen Seeligkeit auch der Dichter vom Herrn Braͤutigame. Es war moͤglich!
vieleicht des Reimes oder des Gedankens wegen: denn wie richtig iſt der Gedank nicht, der den folgenden Reim zieret?
Noch toller, als hernach, da es die Gartenbetter Zu heilgen Tempeln macht, und duͤngte ſeine Goͤtter. Haller 43 S.
So haben die Heyden die Erde verehret, aus der der Baum gewachſen, aus deſſen Holze ein Jupiter geſchnitzet worden. Memphis naͤmlich vereh - rete die Gartenbetter, da es die Blumen vereh - rete, die auf jenen gewachſen; indem ſie Miſt dar - auf ausſpreiteten. Eine gar vortreffliche My - thologie. Worauf ſich das toller beziehet, iſt un - gewiß; denn vorher ſtehet ein Punct. Toll klin - get ſehr poetiſch, ſo wie duͤngte, a. St. miſtete, wenn es huͤbſch vorn und nicht hinten geſetzet wird.
Hier werden Wunden verkaufet.
Doch Tempel und Altar bezahlt des Maͤrtrers Wunde; Und Quebeis nackter Held ſtirbt von dem Tod der Hunde. Hall. 59 S.
Wir wußten vorher nicht, daß fuͤr eine Wunde ſind Tempel gebauet worden. Es heißt aber auf deutſch: er wird vergoͤttert! Und Que -D 3beis54Bibeis nackter Held ſtirbt, wie ein Hund. Von dem Tode der Hunde iſt ſchoͤn galliſch und ebraͤiſch. Die Hunde werden freylich nicht alle gebraten und gefreſſen, wie die Amerikaner, die ihren Feinden in die Haͤnde fallen. Es ſtehet da - her zu erwarten, was fuͤr eine Auslegung der Herr Doctor ſeinen Worten geben moͤchte. Ein jeder naͤmlich iſt der beſte Ausleger ſeiner Worte. Er iſt eines betruͤbtes Todes, oder einen betruͤbten Tod geſtorben, war ſonſt gewoͤhnlich; nun ſaget man, von einem Tode ſterben.
Ein Bild, das da hoͤret, wann man weinet. Auf jener oͤden Au, an der gelinden Leine,
Beſucht mich oft ihr Bild, u. hoͤret, wann ich weine.