PRIMS Full-text transcription (HTML)
Die ganze Aeſthetik in einer Nuß, oder Neologiſches Woͤrterbuch;
als ein ſicherer Kunſtgriff, in 24 Stunden ein geiſtvoller Dichter und Redner zu werden, und ſich uͤber alle ſchale und hirnloſe Reimer zu ſchwingen.
Alles aus den Accenten der heil. Maͤnner und Barden des itzigen uͤberreichlich begeiſterten Jahrhunderts zuſammen getragen, und den groͤßten Wort-Schoͤpfern unter denſelben aus dunkler Ferne geheiliget von einigen demuͤthigen Verehrern der ſehraffiſchen Dichtkunſt.
1754.
Ut mala quem ſcabies, aut morbus regius urget, Aut fanaticus error, & iracunda Diana; Veſanum tetigiſſe timent, fugiuntque Poetam, Quiſapiunt; agitant pueri, incautique ſequuntur.
Horat.

Dem Geiſt-Schoͤpfer, dem Seher, dem neuen Evangeliſten, dem Traͤumer, dem goͤttlichen St. Klopſtocken, dem Theologen; wie auch dem Syndfluthenbarden, dem Patriarchendichter, dem Rabbiniſchen Maͤhrchen-Erzaͤhler, dem Vater der mizraimiſchen und heiligen Dichtkunſt, dem zweyhundertmaͤnniſchen Rathe Bodmer, widmen dieſe Sammlung neuer Accente Die Sammler.

Vorrede zum neuen Woͤrterbuche.

Endlich, meine lieben Mitbruͤder! bin ich im Stande, euch ein Buͤ - chelchen zu uͤberreichen, wornach ihr, ſonder Zweifel, laͤngſt werdet geſeufzet haben. Jch bin ein junger Dichter; das iſt, ich laſſe Zeilen von beliebiger Laͤnge drucken: ich weis es alſo aus Erfahrung, wie ſchwer Sachen, die uns in unſern auf - geklaͤrten Tagen Ehre machen ſollen, einer geſunden Vernunft fallen. Jch erbarme mich alſo; und recke mit einer kleinen Sammlung davon hervor, die ich, wills Gott, bis auf einen Folianten zu ver -a 3mehrenVorrede. mehren gedenke. Es iſt doch nichts ſo ſchoͤn, als Verſtand haben; und nichts ſo ſicher, in itzigen Zeiten dazu zu gelangen, als keine geſunde Vernunft zu haben. Wie waͤren ſonſt die goͤttlichen Maͤnner, ein B = = ein Br = = ein Kl = = und andere dieſer Groͤße zu dem Ruhme gelan - get, den ſie doch unwiderſprechlich beſitzen? Ein Blick in die Schriften dieſer heili - gen Maͤnner iſt mir wie ein Blick in die goldenen Zeiten,*Siehe den 55ſten der critiſchen Briefe. wo noch ein Vers etwas galt, der nach Biſem und Ambra roch. Jch aͤrgere mich recht, und ich ſage es hiemit zur Schande meines Vaterlan - des: ich graͤme mich recht, daß man auf dem Lande noch ſo ſpricht, als man vor je - nen zehen Jahren in den Staͤdten ſprach; und ſo dichtet, wie unſere lieben Alten dich - teten. Die lieben Alten! Sie waren nur die Zwerge, auf denen wir, Rieſen, ſtehen. Kein Wunder, daß wir ſie zu Grunde ge -tretenVorrede. treten haben! Jn Staͤdten, dem Himmel ſey Dank! herrſchet eine ganz andere Dichtkunſt. Bezeugen es nicht ſo manche Gedichte junger Gelehrten; gelehrter Juͤng - linge, die ſo gleich durch ihr Schiboleth verrathen, wes Geiſtes Kinder ſie ſind? Auf den Kanzeln ertoͤnet das Lob eines goͤttlichen Klopſtocks;*Siehe Cramers Fortſetzung Boſſuets. in den Schu - len, in den Baumſchulen der kuͤnftigen Stuͤtzen des Landes,**Zu Gotha und Wolfenbuͤttel, imgleichen zu Altenburg. lernet man die Al - ten verachten; ſo, daß es ein Wunder iſt, wie es noch Wahnwitzige geben kann, die ſich einem ſo oͤffentlichen Ausſpruche wider - ſetzen. Aber die Schaalen! die Seich - ten!***Leibſchimpfwoͤrter der Herren Zuͤrcher. ſie haben ihren Lohn dahin. Sie ſollen aus dem Buche der Dichter ausge - kratzet, und in die kalten Gruͤnde der Rei - mer verbannet werden.

a 4Jch,Vorrede.

Jch, der ich nur zum Bewundern ge - bohren bin; ich habe mich bereits ſeit 15 bis 16 Jahren, d. i. die halbe Zeit meines Lebens, bemuͤhet, Bluͤmchen zu ſammeln, die alle den Stengel zeigen, von dem ſie gebrochen worden;*Siehe Bodmers ungereimte Gedichte. d. i. Kinder des Verſtandes ſind. Jch habe daher die mehr als homeriſchen Teufel - und Bibel - dichter faſt alle geleſen, und bin, wenn ichs ſagen darf, endlich ſo weit gekommen, ein Mitglied der vortrefflichen Sprach - ſchnitzergeſellſchaft, oder himmliſchen Juͤngerſchaft**Siehe Meßias an vielen Orten. zu werden. Da nun ei - nes jeden Pflicht iſt, ſein Talent nicht zu vergraben: ſo wuchere auch ich mit meinem Pfunde. Jch mache gar zu gern Proſely - ten. Jch halte des Nachmittags ordent - lich eine Erbauungsſtunde, wo ich meine Schuͤler, an Statt eines Kapitels aus der Bibel, allezeit ein Stuͤck aus der Meßiadevorle -Vorrede. vorleſen, und in die gemeine Sprache uͤberſetzen laſſe. Jch habe auch bereits an - gefangen, die Bibel in Hexameter zu brin - gen, und die Luͤcken aus dem Meßias zu fuͤllen. Welches vortreffliche Bibelwerk ich hiemit allen Liebhabern der Froͤmmig - keit beſtens anpreiſe. Nur ein franzoͤſiſch Thierchen koͤmmt mir mit ſeinem Boileau immer in die Queere. Jch bin manchmal verliebt, um nur Gelegenheit zu haben, et - was zaͤrtliches auszukramen. Jch opfre ihr die ſchoͤnſten Bluͤmchen, die ich mir aus dem Meßias, Noah ꝛc. geſammelt; ich re - de lauter neue Accente. *Siehe Noahn an vielen Orten.Sie lacht mich aus; ſie zeigt mir gleich Stellen ihrer Art poetique, die mir, in Wahrheit! nicht viel Ehre machen. Und doch dichte ich! Warum? Eben darum, warum meine Vorgaͤnger dichten. Was gehen uns die Franzoſen an? Sind wir nicht Herren in unſerm Lande? Das waͤre ja eine ſeltſamea 5Scla -Vorrede. Sclaverey, wenn unſer Verſtand gar fran - zoͤſiren ſollte: Schande genug, daß es un - ſer Leib thut. Und iſt es denn wohl ſo ausgemacht, daß Boileau Verſtand hat? Jch moͤchte ihn gern allen Franzo - ſen abſprechen; denn ſie machen mir mit ih - ren verdammten Regeln die ſchoͤnſten Ein - faͤlle zunichte. Jch kehre mich daher auch gar nicht daran. Jch biete Himmel und Hoͤlle, Sehraffen und Cherubim zu Le - gionen auf; wenn ich auch nur den Tag meines Maͤcenaten beſinge. Jch weis wohl, daß er oft ſaget: ich raſete! aber Gott verzeihe es ihm! Er ſoll mir beweiſen, daß man mit geſunder Vernunft raſen koͤn - ne. Denn auſſer der Dichtkunſt bin ich ſo fromm, als ein Lamm. Der gute Herr! Er iſt in Paris geweſen; er hat Voltaͤren geſehen; auch Fontenellen geſprochen. Weil dieſe nun zu verſtehen waren; ich aber mich in der Entzuͤckung oft uͤbern Ver - ſtand ſchwinge, und die Macht uͤber Geiſt und Sprache etwas dichteriſch ausuͤbe: ſolachetVorrede. lachet er; ſo ſaget er: ich wuͤrde ſeine Kin - der verfuͤhren, denen ich die Ehre thue, ſie zu unterweiſen. Seine Frau Gemahlin gab gar juͤngſt dem Aelteſten ein Paar Ohrfeigen; weil er ſie in einem Neujahr - wunſche verleugnet, und immer von Mut - ternatur, Muttererde und dergleichen ge - redet hatte. *Siehe Noahn an vielen Orten.Du, Bube! ſagte ſie, willſt du deine Mutter verleugnen? Aber ich habe Mittel in der Hand, mich zu troͤ - ſten. Lachet mich die lebendige Welt aus: ſo troͤſte ich mich mit der Nachwelt; und machet mich die ſcheu: ſo berufe ich mich auf Ariſtoteln. Jch habe ihn zwar nicht geleſen; denn ich kann ſein Griechiſch we - gen der Buchſtaben nicht leiden. Genug! Ariſtotel und die goͤttlichen Dichter ſa - gen es: ein Dichter herrſche mit unum - ſchraͤnkter Macht uͤber die Geſetze der Sprache. **Siehe alle ſchweizeriſche Schriften und Bun - desgenoſſen.Da ſieht mans, welche ei -neVorrede. ne wichtige Perſon ein Dichter iſt. Red - ner, Theologen, Weltweiſe, Geſchicht - ſchreiber, Rechtsgelehrte, Aerzte muͤſſen vor der Tyrannin, der Sprache, zittern. Ja, alle, die vernuͤnftig ſeyn wollen, er - kennen, und verehren ſie. Aber wir nicht! Was gehet uns die geſunde Ver - nunft an? Vernuͤnftig ſind die Men - ſchen lange geweſen; aber ſo witzig, wie wir, noch nicht. Man kann leicht denken, daß ich mir bey dem Worte wir den Bart, wie ein polniſcher Landboth, ſtreiche; wenn er ſein veto donnert. *Siehe alle heilige Dichter.So ſehr ich mich auch bemuͤhe, mich in dieſer Vorrede zu meinem Leſer herab zu laſſen: ſo ſiehet man wohl, daß mein Geiſt viel zu groß iſt, als daß er ſeine Groͤße verbergen koͤnne. Es gehet mir wie dem Cyrus, der auch un - tern Ochſenjungen ſeinen koͤniglichen Geiſt verrieth. Allein was Cyrus? Das war kein Patriarch; ein Gleichniß von Zo -phenat -Vorrede. phenatpanah waͤre myriadenmal beſſer geweſen: denn wer wird Joſeph ſagen? und wer millionenmal? *Siehe das Gedicht Jacob und Joſeph, und Jacob und Rachel.

Mein Bewunderer; ich ſetze voraus, daß es alle meine Leſer ſind; mein Bewun - derer wird bemerken, wie ſorgfaͤltig ich Verſtand und geſunde Vernunft von einander unterſcheide. Mancher moͤchte denken: es waͤre ein Ding; aber irrig! Jedermann giebt zu, daß Klopſtock Ver - ſtand hat; nicht aber alle raͤumen ihm eine geſunde Vernunft ein. Dieſe alle nun ſind ſehr vernuͤnftige Leute; das ſpricht ih - nen niemand ab. Allein, unter uns geſagt, ſie ſollen nicht viel Verſtand haben. Man ſehe alle ſchweizeriſche Schriften: was fol - get alſo? daß man vernuͤnftig ſeyn, und nicht Verſtand haben koͤnne; und wie - derum Verſtand haben koͤnne, ohne ei - ne geſunde Vernunft zu beſitzen.

SoVorrede.

So gewiß nun dieſes iſt: ſo muß man ſich wundern, daß es noch hin und her Leute giebt, die lieber eine geſunde Ver - nunft, als Verſtand, haben wollen. Man muß ſie beklagen, und ſich nicht von ihnen verfuͤhren laſſen. So muntere ich denn alle meine Bewunderer auf, keine ge - ſunde Vernunft zu haben. Man folge nur beherzt den großen Maͤnnern, die ohne Vernunft zu Verſtande gelanget ſind. Denn nehmet ihnen die Fehler wider jene weg: was wird doch von allen unſern Dich - tern bleiben? Einer nehme die neuen Woͤr - ter im Meßias; der andere die verdrehten Ausdruͤcke; der dritte die Luͤgen, die er uns von Gott und Himmel vorſchwatzet: Was wird doch bleiben? Man findet alles ſo huͤbſch ausfuͤhrlich bey ihm, wo - von die Bibel nichts ſagt, ſprach juͤngſt ein Freund zu mir. Ein Vernuͤnftiger nennet das Luͤgen; ein Witziger, oder ei - ner, der Verſtand hat, eine goldene Schaale voll Chriſtenthraͤnen, die ervorVorrede. vor dem Throne Gottes niedergeleget hat. *Siehe Nicolai Sammlung Hrn. Patzke.

Ein jeder Dichter iſt Schoͤpfer;**Ein Lieblingswort der Herren Maler. nicht von Narrenspoſſen: nein! er iſt wirk - lich ein Schoͤpfer, unter deſſen Hand aus Nichts etwas wird; aus Unſinn Woͤrter; aus Woͤrtern Raͤthſel. Jch bin alſo Schoͤpfer: und ſo ſchaffe ich.

Jch habe mir eine Drechſelbank machen laſſen. Da nehme ich nun einen noch un - geformten Gedanken; ſpanne ihn ein; und arbeite. Es ſoll ein Hexameter werden; ich theile die Materie, das Unſelbſt,***Siehe Hallern. in Fuͤßen ein; die Splitter hebe ich auf; es ſind lauter einzelne Woͤrter, die ſetzet man entweder am Ende hintern Punct; oder willſt du es lieber? vor einen Punct: alles nach Bequemlichkeit. Da ich nun wenig dabey denke, ſo iſt es kein Wunder, wenn mir hier und da etwas arabiſches, chineſi -ſchesVorrede. ſches und japaniſches entfaͤhrt. Genug: mein Hexameter iſt da: ob er gut iſt; das uͤberlaſſe ich der geſunden Vernunft. Jch gehe nicht, wie der ſelige Guͤnther, um ein Wort zwo Stunden auf und nieder. Nein! das erſte, das beſte! das laͤngſte, das ſchoͤnſte! Ja! koͤnnte man ein Wort drechſeln, das allein einen ganzen Hexame - ter ausmachte: ſo wuͤrde ich hoffen, noch Heldengedichte zu ſehen, die aus 12000 neu gedrechſelten Woͤrtern einzig und allein beſtuͤnden. Gluͤckſeliger Drechsler! der du noch nicht biſt: welch ein Lorbeer wartet dein! Jch irre, welche Aureola wartet dein? Denn Sehraffen muß man mit Sehraffen, und Maronen mit Maro - nen oder Kaſtanien belohnen. *Siehe Hallern.Zwoͤlf tauſend Verſe ſind die rechte Laͤnge eines Helden - oder Judengedichtes. Warum? Virgil und Bodmer haben den ihrigen dieſe Laͤnge gegeben. Virgil und Bod - mer: zween Namen, die ſich nichtwun -Vorrede. wundern, wie ſie zuſammen gekommen ſind. Doch, wenn ſie ſich auch wunder - ten, mein ſchaffender Finger fuͤget ſie zu - ſammen. Machte alſo ein Wort einen Vers: ſo waͤren zwoͤlf tauſend Woͤrter ein Heldengedicht.

Jch freue mich; ja ich frohlocke recht, daß ich der erſte bin, der zu dieſem Gebaͤu - de ein Steinchen traͤgt. Jn meinem Woͤrterbuche naͤmlich befinden ſich viele Heldengedichte; Meßiaden en mignatu - re. Es ſind Saamenkoͤrner, oder Ge - ſchlechter von noch nicht entwickelten Hel - den. Man rechne naͤmlich ein bekanntes Maͤhrchen ſo, wie der Parzifall, oder der gehoͤrnte Siegfried, auch die Suſanne: je juͤdiſcher, je beſſer; es klinget ſo bi - bliſcher; man nehme es, ſage ich. Man zeichne die Laͤnge der Hexameter oder Pen - tameter auf dem Papiere mit rother Dinte ab. Alsdann ſuche man Woͤrter; je laͤn - ger, je beſſer, und ſetze die hinein. Sind ſie zu lang: ſo hau ihnen ein Glied ab;bkoͤpfeVorrede. koͤpfe ſie; reiß ihnen das Herz aus dem Lei - be; das muͤßte ein Ungluͤck ſeyn, wollte ſich ein Wort denn nicht paſſen.

Hoffentlich wird man mit meinem Bu - che ſo lange auskommen koͤnnen, bis der Foliant ans Licht treten wird. Sonder Vorſchuß aber kann er nicht gedruckt wer - den. Hingegen wird man auch alle heilige Dichter erſparen koͤnnen, indem mein Buch ein Elyxir von ihnen ſeyn wird. Jch mache es der lieben Schuljugend zu gut; ihr Beutel wuͤrde gewiß leer ſeyn, wann ihr Kopf voll waͤre: man kann aber eher die geſunde Vernunft, als jenen, ver - miſſen.

Jch ſchmaͤuchle mir, die goͤttlichen Dichter werden mir fuͤr mein Unternehmen Dank wiſſen. Wir ſind ſchuldig, ihre Verdienſte zu verehren. Einer verehret ſie in Predigten, der andere in Gedichten, ich, ihr aufrichtiger Bewunderer, und fleißiger Nachahmer in einem Woͤrterbuche. Je -nerVorrede. ner bildete ſich ein, wenn er das Lexicon auswendig koͤnnte: ſo koͤnnte er Latein. Er betrog ſich. Jch aber verſichere, daß, wer mein Buch auswendig weis, der kann allezeit, auch blind, wie Milton, Verſe machen. Ueberdieß wird man nichts, als große Namen, darinnen finden. Die klei - neren naͤmlich, ob ſie zwar in ihrer Sphaͤre auch groß ſind, bleiben fuͤr mein groͤßers Woͤrterbuch; als welches ich auf eng - liſch mit breitem Rande will drucken laſ - ſen,*Siehe den Vorbericht zur neuen Ausgabe des Meßias. damit ein fleißiger Leſer es nach ſei - nem Gefallen vermehren koͤnne. Blieben doch die Teufelchen auch Teufel, wenn ſie gleich in der Reichsverſammlung der Herren Satane Zwerge wurden.

Ce Monſieur Jupiter ſait dorer la Pillu - le, ſagte Moliere. Jch wollte ihm folgen, und um gelehrteres Anſehens wegen, mich mit lateiniſchen Buchſtaben drucken laſſen. b 2Wa -Vorrede. Waren aber urſpruͤnglich die runden und eckichten Lettern nicht Geſchwiſter? Druck - te man nicht lateiniſch und deutſch mit ei - nerley Buchſtaben? Waren nicht beyde Erfindungen der Moͤnche? Was, dachte ich, ſollte ich mich mit einem Vorzuge breit machen, der lediglich von einem ungelehr - ten Buchdrucker den eckichten gegeben wor - den? Jch uͤberließ es alſo meines Verle - gers Belieben. Denn wie leicht kann man noch weiter gehen? und wie ſchoͤn wuͤrde ſich nicht deutſch mit ebraͤiſchen Buch - ſtaben leſen laſſen?

Man wird nicht boͤſe ſeyn, daß ich mich meiſtens des Lobes bediene, wenn ich der Quellen erwaͤhne, die ich kroͤne. Jch bin ſehr empfindlich, und es verdreußt mich ſehr, wenn man mich nicht lobet. Jch lo - be alſo, um wieder gelobet zu werden, und thue es, wenn mir was eingeſchicket wird, auch ſonder Entgeld. Ja, wer mir das laͤngſte Wort ſendet, daraus ſich ein Hexameter zimmern laͤßt: dem verſpre -cheVorrede. che ich einen waͤchſernen Abdruck von der Muͤnze, die Zophenatpanah aus - werfen ließ, als er der erſte Staatsbe - diente des Koͤniges der Mizren ward. *Siehe den Jacob und Joſeph.

Wenn ich ein Wort, das ganz nagelneu iſt, eine ſeltene Verbindung, oder nie er - hoͤrte Figur bewundere: ſo gehe ich oft noch weiter. Meine Augen werden von ſo vielem Glanze blind; ich kann von dem Blatte nicht wegkommen; ich entdecke noch mehr Schoͤnheiten. Dieſes iſt die Ur - ſache, warum oft A das hat, was Y ha - ben ſollte. Jch leſe, ich bewundere, ich bin entzuͤckt, ich ſchaffe, ich raſe! Bald bringet mich ein Bild auf ein anderes, und ich entwerfe es kuͤhnlich. Bald entdecke ich in meinem Gehirne die Quelle, aus der ein ſo vortrefflicher Strom koͤnnte gefloſſen ſeyn; und ich zeige ſie. Bald aber ent - reißt mich mein Zorn; ich fuͤhre Spoͤtter re - dend ein; und ich zuͤchtige ſie. Oft aberb 3laſſeVorrede. laſſe ich auch ihre ſeichten Gruͤnde nackt und bloß ſtehen, und uͤbergebe ſie dem Ge - ſpoͤtte der Schuͤler. Jch weis alſo nicht recht, ob mein Woͤrterbuch eine Poe - ſie, oder meine Poeſie ein Woͤrterbuch iſt.

Das Lob, was mein Verſuch in den ge - lehrten Zeitungen, den Schiedsrichtern des Witzes, und Ausſpendern der Un - ſterblichkeit einerndten wird, ſetzte mich zwar in Verſuchung, meinen Namen davor zu ſetzen. Da aber Klopſtocks Name doch iſt verrathen worden, ob er ihn gleich nicht vor ſein treffliches Geſinge geſetzet: ſo traue ich auch meinen Leſern den Verſtand zu; ſie werden ſo neugierig ſeyn, und ſich etwas Muͤhe darum geben. Denn ich beichte eben nicht alles, et mon Nom n’eſt pas un Peché.

Der angehaͤngte Lebenslauf iſt nur ein Fragment. Der Verſuch iſt nicht fertig, wird man ſagen. Sind doch aber mancheGedich -Vorrede. Gedichte auch nicht fertig, ob ſie gleich ze - hen bis zwanzig Jahre her angefangen wor - den. *Siehe Hallers Ode auf die Ewigkeit.

Jch bekenne, daß ich mich unterfangen habe, einige Ausfaͤlle in das Gebieth der Redner zu thun. Die Ehre davon wird aber nicht auf mich, ſondern einen Freund, fallen, der dieſe Beute mit mir getheilet. Eheſtens wird er ſelbſt den geneigten Ver - ehrern der neuen Kanzelberedtſamkeit mit einem B - tſt - enucleato aufzuwarten ſuchen.

Nun, mein Bewunderer! ich ſchließe. Es iſt Zeit, daß du ſelbſt aus den Quellen ſchoͤpfeſt, aus denen ich trinke. Schoͤpfe, trinke, und biſt du voll, ſo dichte! Jch ver - lange zur Belohnung nichts mehr, als den Ruhm, auch etwas zum Durchbruche des Geſchmackes beygetragen zu haben. **Ein Lieblingswort der Herren Schweizer.JchVorrede. Jch entwerfe dir eine Ausſicht; du, male ſie aus! Hat man doch ganze Vorreden von Ausſichten, wo nicht ein Woͤrte - lein von dem Gedichte ſtehet. *Siehe Vorrede zur Syndfluth. Jch glaube, du biſt in den Stand geſetzet, noch mehr hinzudenken. **Siehe den kurzen Vorbericht zum Meßias. Gehabe dich wohl, und denke.

Neumo -
[1]

Neumodiſches Woͤrterbuch fuͤr angehende Dichter: oder die Neologie.

A.

Abart.

Ein ſehr maleriſches Wort, um mißrathe - ne Enkel auszudruͤcken; welches wir mit Verart, von verarten, wuͤrden gegeben haben.

Die Feind u. Gold veracht’t, und uns den Ruhm erworben, Den kaum, nach langer Zeit, der Enkeln Abart loͤſcht; Da Vieh ein Reichthum war, und oft ein Arm gedroͤſcht, Der ſonſt den Stab gefuͤhrt. Haller, 3te Auflage S. 75.

Der Ruhm hat folglich gebrennet. Man ſage auch nicht mehr gedroſchen: ſondern gedroͤſcht; ob man gleich nur in den Schenken droͤſchet und laͤrmet. Man bemerke auch die Zeugeendung: der Enkeln. Jch freue mich, daß ich gleich an der Spitze meiner Helden dieſen vergoͤtterten Dichter fuͤhren kann: denn wir verehren ihn herzlich. Man ſehe nur, wie klug er das Wort Stab brau - chet; ob man gleich einen Bettelſtab darunter verſtehen koͤnnte. Wir werden dieſe Zierde oft zu bewundern finden.

Abbild a. St. Abriß.

Allein dieſes iſt gewoͤhnlich; und darum ſinget man nicht, um gewoͤhnliche Sa - chen zu ſagen.

AWie2Ab
Wie angenehm iſt doch die Liebe! Erregt ihr Abbild zarte Triebe: Was wird das Urbild ſelber ſeyn? Haller, S. 70.

Dieſe Verſe ſind ein vollkommenes Abbild ihres Urhebers. So wahr iſt das rede! damit ich dich ſehen, und bewundern koͤnne; und eine Nachtigall kann ſich niemals verlaͤugnen. Ja, wir wollten Se. Gn. von hinten erkennen, wenn wir auch nur Dero Stimme hoͤrten.

Abbildungen einiger guten Stunden des Geiſtes.

S. Vorrede der bremiſchen Gedichte. Hierzu gehoͤret ein ganz beſonderer Pinſel. 1. Stunden zu bilden; und 2. des Geiſtes Stunden zu bilden. Es ſollen aber wohlgera - thene Gedichte heiſſen. Gedichte ſind freylich Abbildungen des Geiſtes; der Stunden des Geiſtes: das war neu, und folglich ungemein. Man ſetzet, und wir loben den Vorſatz, hier auch ſelbſt den Rang des Gedichtes feſt: den Unterſten unter den nicht unnuͤtzen; man ſage nicht, un - tern nuͤtzlichen. So ſpricht der breite Herr Johann Heinrich Oeſt, ein hoͤflicher Mann und deutlicher Dichter.

Abbrechen ein Leben, a. St. verkuͤrzen.

Dieß thut der geſchwaͤchte Sinn der Alten. Hal - ler S. 6. Eben ſo ſaget man, Faden abbre - chen, und Eiſen zerreiſſen. Der ſpoͤttiſche An - tilongin nennet dieſe Figur eine Catachreſis. 70S. Allein er hat Unrecht. Haller nicht; dennwie3Abwie ſollte der Unrecht haben? Große Leute fehlen nie; ihre Fehler ſelbſt ſind ſchoͤn.

Abdruck

einen, durch Zuͤge des Schlafes, ver - dunkeln. Dieſes heißt: er ſchlaͤft! in der heili - gen Sprache. Alſo, durch Zuͤge des Wa - chens erhellet, heißt: er wachet! Man ſehe doch, wie hoch jenes, und dieſes tief iſt.

Doch war ſein Abdruck daſelbſt in Zuͤgen des Schlafes verdunkelt. Meß. 24. S.

Abel.

Ein frommes Gleichniß iſt es, wann Klopſtock Jeſum mit Abeln, und Gott folg - lich mit dem Kain vergleichet.

So neigte ſich Abel, als er einſam entſchlief. Meßias, 184 S. ()

Einſam entſchlafen heißt heutiges Tages, ſter - ben, ohne daß jemand dabey iſt. Aber dann ſtirbt man nicht einſam; und es ſtirbt ſich doch ſo gar zu ſchoͤn.

Abgericht’t,

a. St. abgerichtet. Haller, an vie - len Orten. Dieſe Erfindung haben unſerm Popen viele Dichter abgeborget. Der unſterbli - che Schuſter zu Nuͤrnberg war ehedem der Erfin - der dieſer Figur.

Abhang,

a. St. Seite des Berges. Man muß kurz in Ausdruͤcken ſeyn. Denn iſt ein kleiner Menſch nicht artiger als ein langer?

Sein ſanfter Abhang glaͤnzt von reifendem Getreyde, Und ſeine Huͤgel ſind von hundert Heerden ſchwer. Haller, S. 29.
A 2Wer4Ab

Wer hatte doch vor den Zeiten des unſterblichen Mannes die Huͤgel gewogen? Ein Kleid, ſagt man, iſt von Golde ſchwer: aber ein Berg von Heerden; das war neu und folglich ſchoͤn.

Abglanz.

So ſaget Herr Bodmer im Noah der Abglanz der Gottheit. Was iſt er aber nun? Jſt es der Glanz vom Glanze? der Wieder - ſchein? der Abſchein wird es ſeyn: eines ſo trefflich, als das andere! Clerc koͤnnte das Ka - pitel De Nominibus Nihili aus unſern großen Dichtern um ein großes vermehren; wenn er noch lebte. Allein wir wollten den Spoͤtter ſchon zu - recht weiſen.

Abloͤſen.

Wachten loͤſen ſich ab. Mit einem andern abloͤſen, iſt Halleriſch, folglich unge - mein. Jch verbinde mit dem Worte Halleriſch die groͤßte Ehrfurcht, die ich Seiner Unſterblich - keit ſchuldig bin. Und haben wir nicht ſeine Ein - willigung, ihn fuͤr einen großen Dichter zu halten?

Entzuͤckung loͤſt mit Wehmuth ab. Haller 123 S. ()

Abpreſſen.

Den Unterthanen preſſen Tyrannen das Geld ab. Daß aber gequetſchten Beeren ein jaͤhrend Naß abgepreßt werde, ſaget Herr von Haller 24. S. ausgepreßt werden ſie; denn ſind ſie ſchon gequetſchet: ſo wird man ihnen nicht viel abpreſſen. So dachte man ſonſt; nun aber denket man anders, und tief.

Abtritt.

Man vermenge nicht dieß Wort mit einem heimlichen Gemache. Der Dichter findet einen zwiſchen Haß und Gunſt.

Wenn5Ab
Wenn zwiſchen Haß und Gunſt bey ihm ein Abtritt iſt, Und manchmal ſich ſein Herz im Munde gar vergißt. Haller, 90 S. Warum nicht im Abtritte?

Abweſend.

Ein Blick, der abweſend iſt, iſt das nicht ein Blick, der nicht daheim, nicht zu Hauſe iſt? Haller, 63 S. ()

Seht den verwirrten Blick, der ſtets abweſend iſt, Und itzt vielleicht den Raum von fernen Welten mißt.

Wir haben nach dieſem Blicke geſehen; aber ihn nicht gefunden; koͤnnen ihm auch ſolches nicht uͤbel nehmen, indem er eine ſolche ſchwere Beſchaͤf - tigung, als die iſt, wann man Welten mißt, uͤber ſich genommen hat. Wir bewundern indeſ - ſen die vortreffliche Scanſion in abweſend. Jm Noah giebt es auch dergleichen Seelen, die nicht daheim ſind.

Abgetrennt.

Der Hoͤfe Luſtbarkeit, Spiel, Tanz und helle Pracht, Gefaͤllt ihm abgetrennt von der ſchlaf - loſen Nacht. Zernitz, 9 S.

Sie waren auf der Nacht genaͤhet: koͤnn - ten ſie ſonſt abgetrennet werden? Jch be - wundere die Scanſion in ſchlafloſen, wie auch die einzelne Zahl von der Hoͤfe Luſtbarkeit, a. St. der Hoͤfe Luſtbarkeiten. Eine gewiſſe Schule will eine Klage eingeben, daß, da ſie uͤber die gewoͤhnlichen Sprachen eine ganz beſondere deutſche noch lernen muͤſſe, ihr eine SprachlehreA 3darzu6Ac Addarzu fehle. Sie bittet daher alle Richterſtuͤhle des deutſchen Witzes, ſo viel deren auch immer mehr ſind, den Erfindern dieſer heiligen Sprache von Amtes wegen aufzulegen, ihr eine zu verſchaf - fen. Jch thue das Meinige, und mache ein Woͤrterbuch.

Accente.

Die neuen Dichter reden lauter neue Ac - cente. Was ſie da reden, weis man ſo eigentlich nicht. Vielleicht verba, prætereaque nihil.

Mit Entzuͤcken vernahm er des Maͤgdchens neue Accente. Noah 9 S.

Sie hatte ſonſt alte. So muſikaliſch, und ver - liebt ſinget der Druide Bodmer.

Adelich.

Mein Leſer! willſt du wiſſen, was ein adeliches Lied iſt?

Von Gott und Pflicht u. Helden mußt du ſingen: Das heißt ein adeliches Lied! Brem. Ged. 90 S.

a. St. edeles Lied. So wird man auch bald kai - ſerliche Lieder ſingen, und paͤbſtliche Verſe ma - chen.

Adern wallen nun auf, und das Blut ſchwillt. Haller, 32 S. ()

Dieſes Stuͤck gehoͤret in die neue Phiſik; u. Hr. Ham - berger wuͤrde nicht ermangelt haben, dem Erfinder daruͤber eine Schmaͤucheley zu machen; wenn man Dichtern das anrechnen koͤnnte, was ſie in der poe - tiſchen Wuth ſchreiben. Ueberhaupt: man muß ſtark in der Catachreſis ſeyn; einer Figur, wo man ordentlich ein x fuͤr ein u ſetzet. Bart abmaͤhen,Gras7AeGras abſcheeren ꝛc. alles dieſes wird im Antilongin, auf der 70 S. hierdurch ge - rechtfertiget.

O Victor! wallen dir nicht des Ruhms be - gierige Adern? Brem. Ged. 54. ()

Warum nicht Nerven? So hat der Ruhm Adern? und dazu begierige Adern? Man glaubet es kaum!

Aecht.

So wie man ſagen kann aͤchte Steine: ſo ſage man auch aͤchte Menſchen, aͤchte Hun - de, aͤchte Baͤume; folglich auch unaͤchte.

Verlaͤßt des Himmels Aug das ſterbliche Geſchlecht? Von ſo viel Tauſenden iſt denn nicht einer aͤcht? Haller, 65 S.

Ein loſer Vogel wollte hier durchaus die Figur finden, die Hr. M. Schwabe den Reimzwang nennet. Aber der gottloſe Menſch! Er bedachte nicht, daß niemand weniger des Reimes wegen in Verdacht iſt, als der Hochwohlgebohrne Hr. von Haller. Sein Geiſt kennet dieſen Nothſtall gar nicht. Wie koͤnnte der Reim einen ſo ſchoͤ - nen Vers ausſchaffen? Allein mit Erlaubniß! Wer wird hier verlaſſen? Das ſterbliche Ge - ſchlecht vom Auge, oder das Aug vom ſterblichen Geſchlechte? Je mehr ein Vers zu denken giebt: deſto ſchoͤner iſt er. Si non vis intelligi, NON debes legi. Hier iſt das zweyte NON ſonder Zweifel ein Druckfehler.

A 4Aem -8Ae

Aemter.

Die Aemter ſtehn umher im weiten Zir - kel,
Und ſenken ſich in Nadien zum Schoͤ - pfer,
Und ſtoßen all in ſeinem Ruhm zu - ſammmen.
Brem. Ged. 3 S.

Nimm mirs nicht uͤbel, mein Leſer! wenn ich dieß nur bewundere und nicht uͤberſetze. Jch pflege es mit allem, was ich nicht verſtehe, ſo zu machen. Ahme mir nach! Ahme dieß ganze Lehrgedicht nach!

Aengſtig.

Ein wallend aͤngſtig Weh erhebt mich von der Erde. Haller 143 S. ()

Wie er ſo ſchoͤn iſt! Der Ausdruck naͤmlich. Jch wette, daß jeder Leſer die Worte verſtehet; aber ich wollte meine Wette verlieren, wenn man nicht oft den Vers geleſen, ohne ſeinen Sinn einzu - ſehen, und zu bewundern. Denn was heißt das, wenn mich ein wallend aͤngſtig Weh von der Erde erhebet? Was empfinde ich da? Hat denn ein Weh auch Angſt? Was iſt das fuͤr ein auſſer mich beſtehendes Weſen? Man bewundere das neue Wort aͤngſtig; es iſt a. St. aͤngſtlich. Auf eben dieſer Seite fuͤhlet man Stunden; und warum nicht? Fallen ſie dem nicht ſchwer ge - nug, der dieſe Raͤthſelchen lieſt. Allein, ſo reden nur ſeuchte Spoͤtter, ſchaale Koͤpfe, kleine Geiſter, kalte Reimer.

S. alle Schr. der Zuͤricher.

Aeo -9Ae Af

Aeonen ſchlafen.

Wie lange ſchlaͤft man da? Zu - mal in einem gefalteten Orangenblatte. Noah 32 S.

Aetheriſch.

Dieſes aus der Philoſophie der Gold - macher in die heilige Sprache uͤbertragene Wort haben wir unſern Theologiſten zu danken. Es giebt dieſemnach aͤtheriſche Leiber, und Vor - haͤnge. Meßias 11 S. aͤtheriſche Stroͤ - me, und was nicht mehr aͤtheriſch! Auch aͤthe - riſche Naſen? Warum nicht? die Engel ha - ben auch Naſen. Aber was iſt nun aͤtheriſch? Etwas, das man gern beſchreiben will und nicht kann.

Hell, gleich einem von Lichte gewebten aͤtheri - ſchen Vorhang, Zieht ſich ihr Glanz (der Samen) um den Him - mel herum. Meß. 11 S.

Alſo kann etwas, das von Lichte gewebet wird, ein Vorhang ſeyn; es iſt auch moͤglich etwas von Lichte zu weben. Der Weberſtuhl muß et - was kuͤnſtlich ſeyn: Schade, daß der Seher himmliſcher Manufacturen uns mit keinem Riſ - ſe davon verſiehet. Es iſt auch ein verklaͤrter aͤtheriſcher Strom zu ſehen: Meß. 10 S. Die Engel freylich ſind keine Fiſche: lieber eine Bruͤcke, wie Milton; doch es wird Eis ſeyn; die Engel glitſchen naͤmlich.

Affen.

Wer da wiſſen will, was der wahren Keuſchheit Affen ſind; der ſuche nur die Vorzuͤ - ge falſcher Zucht.

A 5Vorzuͤ -10AhVorzuͤge falſcher Zucht, der wahren Keuſch - heit Affen. Haller, 21 S. ()

Auch eine von Pracht belaͤſtigte Sehnſucht iſt da zu haben; auch ein Auge, was Glut in muntern Geiſtern ſchuͤrrt. Die Staatsſucht wird da nicht zur Ungluͤckskupplerin. Natuͤr - lich, wie der ſelige Hans Caſpar von Lohen - ſtein, ſchwuͤlſtiges Andenkens. Das Mooß ſchwillt auch da, ſo wie manches großen Wort - ſchoͤpfers Dichtkunſt.

Allein Geſchwollen heißt nicht fett und ſtark. Gottſched.

Ahne, a. St. Anherr.

Der Ahne, des Ahnen: eine ganz ſpannnagelneue Zeugeendung!

Des Ahnen Aberwitz wird auch des Enkels ſeyn. Haller, 58 S.
Hier ſind auch naſſe Flammen, a. St. ſiedend Waſſer, oder Oel zu fuͤhlen: Zuletzt erwacht der Fuͤrſt und laͤßt zu naſſen Flammen Die Feinde ſeines Reichs mit ſpaͤtem Zorn ver - dammen. e. d.

Wer hat den ſpaͤten Zorn? Der Fuͤrſt, oder die Feinde? Nur nicht ſo, wie andere Leute geſpro - chen: ſo ſpricht man allezeit recht. Was gehet Dichtern die geſunde Vernunft an? Da kaͤmen unſere Verleger zu kurz, wenn man bey jedem Aus - drucke jene alte Vettel zu Rathe ziehen wollte. Hallers Gedichte wuͤrden, ſo wenig ihrer auch ſind, auf einem Bogen Platz haben; das wuͤrde aber auch denn eine rechte Weinſuppe ſeyn!

Akant -11Ak Al

Akantbekraͤnzete Saͤulen.

Man bemerket, daß die neuen Pegnitzſchaͤfer große Liebhaber von aus - laͤndiſchen Steinen ſind. Wir ſind es auch, und ruͤhmen dieſe Steinbruͤche ſehr.

Marmorne Wege begleiten zu Tempeln und hohen Pallaͤſten Zwiſchen langlinichten Reyhen akantbekraͤn - zeter Saͤulen, Ueber welchen ſich Laͤngen geſaͤgeten Granits hinziehen. Noah 76 S.

Sieheſt du, lieber Leſer! die Baukunſt recht ein? Was ſind Laͤngen? Balken? Allein man denke doch! Marmorne Wege begleiten ꝛc.

All.

Das All iſt ein Wort, welches neuen Dichtern ſo viel Ehrfurcht zuwege bringet, daß ich gleich ei - nen Vers fuͤr philoſophiſch halte, in dem ich es wahrnehme. Es zeiget eine tiefe Einſicht in die abgezogenen Wiſſenſchaften an; und wir erin - nern uns dabey der abgezogenen Waſſer.

Aller.

Ein feiner Gebrauch dieſes Woͤrtleins iſt hier zu haben, und zu bewundern. Jch laſſe, wie man ſiehet, gar zu gern dem Haupte unſerer Neo - logiſten Gerechtigkeit wiederfahren. Andere ha - ben Seine Unſterblichkeit, oder Hochwohlge - bohrne Gnaden von der einen Seite verewiget; ich thue es von der andern, und ſchoͤnſten.

Der eingetheilte Witz wird aller angewandt. Haller, 107 S.

Eben daſelbſt findet man jeder Pflicht Maaß von Verſtand; nicht Scheffel. Eine Flammen - ſchrift wird mit dem Nachgeſchmacke, des La -ſters12Alſters Scheu, die bittere Koſt der Reue, in uns gegraben. Der Dichter machet ſich oft das un - ſchuldige Vergnuͤgen, ſeiner Leſer Verſtand zu ver - ſuchen. Denn wer erraͤth es wohl gleich, wie ein Verschen eines Wiegenliedes oder Her - manns, daß, wenn man das Laſter frißt, der Nachgeſchmack die bittere Koſt der Reue ſey? Das eingebohrne Licht ſpricht auch allda ein Urtheil. Das eingebohrne Licht iſt ein Stuͤckchen von den Ideis innatis. Wie es aber ſprechen kann: das weis allein der Dichter; und was weis der nicht?

Allgewaltigkeit,

braucht a. St. Allmacht der weiſe Hr. M. Naumann in ſeinem gar vortrefflichen Nimrod 445 S. Dieſes Gedicht haͤtten wir, zum Ruhme unſerer aufgeklaͤrten Zeiten, noch vor der Meßiade zu bewundern bekommen, wenn nur die Hn. Verleger ſich auch nicht durch die Tyran - nin, die Mode, lenken lieſſen. Nimrod waͤre ſonſt, auf unſerm chriſtlichen Parnaſſe, der Vorlaͤufer des klopſtockiſchen Meßias ge - worden. So aber war Meßias der Vorlaͤu - fer vom Nimrod, und Habacuc ſein Hofnarr.

Allmachtsfluͤgel

hat nach Saͤnger Bodmern der Abglanz der Gottheit. Sollte es noͤthig ſeyn: ſo wird er ihm auch ein paar Allmachtsfuͤße geben; auch eine Allmachtsnaſe.

Der den Schatten der Allmachtsfluͤgel zum Beſten der Menſchen Ueber Huͤgel u. Plaͤn u. Meer u. Erde verbrei - tet. Noah 49 S.
Spoͤtter13Al

Spoͤtter ſagen: die Reimer brauchen nicht allein Fuͤllſteine; denn was ſind hier Huͤgel und Plaͤn? Sind Meer und Erde nicht genug? Man ſiehet doch, wahrhaftig! den ungereimten Verſen, bey ihrer großen Freyheit, die Reinigkeit nicht an, die in den gereimten ſo ſchwer zu beobachten war. Aber es iſt nicht ſo! Wir herrſchen uͤber die Sprache; wir erkennen ihre Macht nicht; weſſen Macht wir nun nicht erkennen, deſſen Befehlen koͤnnen wir auch nicht gehorchen. Geſetzt; es er - kennet einer nicht den Pabſt: ſo waͤre es ſehr thoͤ - richt, wenn man uns zumuthen wollte, ſeiner Bulle zu gehorchen. Die Sprache alſo muß uns folgen. Kein Wunder, daß ſie von einem jeden Schuͤler ſo verhunzet wird! Bodmer aber iſt kein Schuͤler.

Alkove.

Der Verfaſſer des Picknicks haͤtte auch die Goͤttin der Eiferſucht eben nicht in einen Alko - ven ſperren doͤrfen, wenn es nicht wahr waͤre, daß ihre Verehrer gerne das Finſtere ſuchten. Ein weit ſchoͤnerer Alkove aber iſt hier:

Du ſollſt die Nacht die Gabe des balſamtraͤu - felnden Schlafes Mir zur Seit im wirthſchaftlichen Alkove ſu - chen. Noah 34 S.

Das heißt: du ſollſt in der Kaͤſe - oder Aepfel - kammer ſchlafen; denn beſſere Alkoven hatte Noah nicht. Was iſt aber die Gabe des bal - ſamtraͤufelnden Schlafes?

Alpe

wird nun in der einzelnen Zahl gebrauchet: z. E.

Zeuch,14Al
Zeuch, Hannibal! vom heiſſen Calpe Durch Pennins nie beſtiegne Alpe! Haller 11 S.

Durch, nicht daruͤber! Der Sprung, den der Dichter hier thut, iſt etwas ſtark. Man ſtelle ſich Hannibaln vor, wie er auf dem Berge Cal - pe, oder Gibraltar ſtehet; einen Satz nach den Pyrenaͤen thut; und ohne zu ruhen noch einen nach den Alpen verſuchet; aber auch da nicht inne - haͤlt, ſondern noch einen nach dem appennini - ſchen Gebuͤrge thut. Welch ein Springer! Das Gift iſt auch da von Hannibals Siegen. Allein hat er denn das Gift beſieget? Der Unfall ſchlaͤft allda auch Tyrannen bey: was wird es doch fuͤr Kinder zeugen? Denn beywohnen jemanden, oder beyſchlafen iſt das nicht einerley? Die ſinn - lichen Dichter ſind ſehr ſinnlich. Wozu verleitet ei - nen aber nicht die Redensart: dieſes oder jenes wohnet mir bey? die man im gemeinen Leben hoͤret.

Wie oft muß Gift aus Freundes Haͤnden
Des groͤßten Helden Leben enden,
Das tauſend Degen nicht verſehrt?

Man bewundere doch die geſchickte Auslaſſung des Artikels des Freundes. Hat endlich das Leben die Degen, oder haben die Degen das Leben nicht verſehret? Es iſt eine Paronomaſie: naͤm - lich, wenn ein Wort, wie hier das, wie die Zunge eines Holzſchreyers, doppelt redet; auch eine Schaukel. Antilong. 88. Solche Freyheiten aber ſtehen einem großen Dichter ſehr ſchoͤn. Al -lein15Allein war denn der Hr. von Haller auch ſo groß, als er dieſe Schnitzerchen machte?

Alpen von Glut (a. S. Berge) u. Ebnen, wor - auf Geſpenſter umirrten, Gorgonen mit Harpyen und Amphisbaͤnen mit Hydern. Noah, 245 S.

Jn der heiligen Dichtkunſt bedeuten Alpen im - mer große Berge. Beſſer waͤre es, ſie nenneten ſie Blocksberge; denn es giebt oft eben ſo viel Teufel darauf; und ein Hexentanz iſt noch lange nicht ſo fuͤrchterlich, als ein Tanz von Geſpen - ſtern, Gorgonen ꝛc. Man findet dieſe Unge - heuer nicht ſelten. Die Suͤndfluth hat ſie erzeu - get, und Maler Bodmer gemalet.

Alpenmehl

iſt Milch, oder Kaͤſe. Man ſucht es nicht.

Jndeſſen, daß der Froſt ſie nicht entbloͤßt be - ruͤcke: So macht des Volkes Fleiß aus Milch der Alpen Mehl. Hier wird auf ſtrenger Glut geſchiedner Zieger dicke, Und dort gerinnt die Milch, und wird ein ſtehend Oel. Haller, 25 S.

Wie vorſichtig die Bauern nicht ſind! Allein, wer iſt doch entbloͤßt? Der Froſt, oder ſie? worauf gehet ſie? Was iſt Zieger? Man verzeihe mir die Fragen: ich wollte mich gerne belehren laſ - ſen. Scheidet man auch Milch, ſo wie Gold und Silber? Was man nicht alles lernet! Hier kochet auch der Raub; das Haus ſtehetleer,16Al Amleer, gar zierlich a. St. die Leute gehen muͤßig. Die Welt begraͤbt ſich in Froſt; d. h. es wird Winter. Des Jaͤgers Horn rufet dem Fel - ſenkinde. Dieß Kind aber iſt entweder das Echo, oder die Gemſe; nach Hallers Spr. Leh - re ein Gems. Das Bley iſt nicht kuͤnſtlich: heiß iſt es. Der Hunde lauter Kampf heißt Bellen; e. d. u. f.

Erzuͤrnter Huren lauter Kampf.

Alſo.

Man ſage nicht mehr: alſo ſagt er! Nein! das iſt altvaͤteriſch. So ſagten unſere Altvor - dern; und das waren nicht Schweizer. Saͤnger Bodmer aber ſagt, wie ſein zu großer Schuͤler Klopſtock: Alſo Sipha! Auch wohl: So Sipha! Man laͤßt auch das ſo ganz weg, und ſaget: Sipha! Bodmer! Ey! wie kurz!

Altvordern,

a. St. Ahnen. Man ſehe nur! Nimrod 660 S. So kann der Hr. M. auch Junghintern a. St. Enkel ſagen. Jch bekenne es; keine Sprache iſt geſchmeidiger als die Deut - ſche, und laͤßt ſich mehr haͤnſeln.

Ambroſialiſche Ranken;

und beamberte Fruͤch - te! Lohenſtein! Lohenſtein! Noah 62. S.

Die Perlenſchwangere Lohe rauſchet heutigen Tag noch uͤber die Alpen. Kein Wunder, daß ſie ein ſolches Getoͤſe machet, weil ſie uͤber ſo vie - le Ungeheuer hinweg rollet.

Ambra.

Jn vier Verſen iſt hier der ganze Lohen - ſteiniſche Raritaͤtenkaſten. Perlen, Ro - ſen, Lilgen, Ambra, Thau, Attlas; nichtgrauer17Am Angrauer Attlas, ſondern Attlas grau; nach Hans Sachſens loͤblichem Muſter. Haller, 2 S.

Die Roſen oͤffnen ſich, und ſpiegeln an der Sonne Des kuͤhlen Morgens Perlenthau; Der Lilgen Ambradampf belebt zu unſrer Woñe Der zarten Blaͤtter Attlas grau.

Ammon.

Der Dichter ſpielet mit entfernten Bildern; und nur Se. Gn. der Hr. v. Haller kann erra - then: daß Ammon Alexander der Große ſey.

Das zeigt Auguſts und Ammons Gunſt. Hallers Ged. 14 S. u. Zuſchr.

Al:

liebte den Choͤrilus; war alſo kein Kenner. Man lohnet hier auch Maͤcenen mit Maronen oder Kaſtanien; und nicht mit Virgilen. Was ſchoͤn iſt, bleibet immer ſchoͤn: ich ſcheue mich alſo nicht, dieſe Redensart meinem Buͤchel - chen einzuverleiben.

Anbauen.

Er will neue theologiſche Wahrheiten er - finden: ſo klagte man ehemals uͤber den beruͤhmten Carpov. Beſſer iſts, wenn man ſchreibet: Er ſucht das Land der theologiſchen Wahr - heiten anzubauen. Buttſtaͤdt. Das erſte iſt gemein, das andere neu, und folglich fuͤrtrefflich.

Anblick.

Einen Anblick feyern, oder einen An - blick arbeiten. Dieſe in der Meßiade, oder klopſtockiſchen Evangelio, oder in der Offen - barung Sanct Klopſtocks ſehr oft befindliche Redensart gehoͤrt zur neuen Aeſthetik, die nur von Engeln verſtanden wird. Menſchen freylich wiſſen nicht, was das heißt, einen AnblickBfeyern18Anfeyern oder arbeiten. Jch fange ſelbſt an, die Sprache zu vermehren; und ein Mauleſel jauch - zet, ſobald er den andern gewahr wird: ſie jauch - zen ſich beyde entgegen. Noch eine Verrichtung des Anblickes!

Der Anblick hebt die Schwachen auf. Haller, 87 S. ()

Ein Unwiſſender ſchaler Kopf wird hier ſagen: Zum Aufheben muß man Arme haben; der An - blick hat alſo Arme: welche Arme! Allein es iſt neu, folglich ſchoͤn.

Andachtsbrand gluͤhet in den Adern. Haller, 61 S. ()

Ein Ausdruck, um den es Schade waͤre, wenn er verlohren ginge; darum erbarme ich mich ſeiner. Frage nicht, du ſeichter Reimer, wo wird doch Platz fuͤr das Blut bleiben, wenn ein Andachts - brand in den Adern gluͤhet? Die armen Adern! Der ungluͤckliche Menſch, in deſſen Adern Braͤnde gluͤhen! Du irreſt, und ſiehſt nicht, wie das ſo ſchoͤn iſt!

Anden des Monden.

Sind das die Hoͤrner? Man vergebe mir meine Frage. Mancher Leſer kann nichts, als deutſch: es koͤnnte aber leicht ſeyn, daß die neuen Dichter nicht fuͤr Deut - ſche ſchrieben. Deſto ſchoͤner iſt es aber, wenn mans nicht verſteht.

Er flog in die Anden des Monds. Noah, 160 S. ()

Anfachen.

Muth und Witz facht einen Tacht an. Dieß iſt nun fuͤr ſo edle Weſen eine ziemlich ſchlechte Verrichtung, und doch wahr.

Doch19An
Doch ach! es liſcht (a. St. verliſcht) in uns des Lebens kurzer Tacht, Den Muͤh u. ſcharfer Witz zu heftig angefacht. Haller 64 S.

Man ſage nicht: ſo war der Tacht vorher ausge - loͤſchet? da muß es ſehr uͤbel gerochen haben. Bald wird das Leben ein Talchlicht bekommen! Thorheit! Denn haben nicht ſchon die Berge Talch?

Anfangen.

Der Engel faͤngt ſchon an. Haller, 60 S. ()

Ein bloͤder Sprachgruͤbler fraget hier: Was thut alſo der Engel, wann er anfaͤngt? Es ſollte heiſſen: man faͤngt bey lebendigem Leibe ſchon an, ein Engelchen zu ſeyn. Er irret. Dieſe neue Art des Erhabenen beſteht in der Auslaſſung vieler Woͤrter, die zum Verſtande der gemeinen Sprache noͤthig ſind. So kann ich z. E. ſagen, wenn ein Gottloſer ſtirbt: der Teufel faͤngt ſchon an. Denn jenes galt von einem Maͤgdchen, welches in einem Kloſter eingekleidet wird.

Angſt ruͤmpft die Stirne,

d. h. es wird mir angſt; zumal, wann die Stirne aufgewoͤlket iſt. Haller, ich weis nicht wo. Man verge - be uns eine ſolche Anfuͤhrung. Wir haben uns naͤmlich dieſes wehrten Mannes Gedichte, wie die Bibel, zu eigen gemachet; haben wir nicht einen Prediger gekannt, der auch, bey einem Glaſe Wein in der Hand, ſeine theologiſche, oder mora - liſche Unterſuchungen, mit einem wie der un - ſterbliche Herr von Haller ſagt, gar ſinnreichB 2ver -20Anverbraͤmete? Wir ahmen ihm nach, ſo viel wir nur immer koͤnnen.

Anmuth.

Jch weis nicht, ob die Anmuth jemals haͤßlich iſt gefunden worden. Auf der 20 S. der halleriſchen Ged. wird ſie auch bey Armen ſchoͤn gefunden. Auf eine anmuthige Art dunkel zu werden, zeigt Verſtand, und zwar den feinſten.

Die Anmuth wird hier auch in Armen ſchoͤn gefunden; Man wiegt die Gunſt hier nicht fuͤr ſchwere Ki - ſten hin ꝛc.

Der erſte Vers wuͤrde nicht ſo ſchoͤn ſeyn, enthielte er nicht eine kleine Zweydeutigkeit. Das Vor - wort in wirket dieſes; denn wir koͤnnen dadurch eine Anmuth verſtehen, die auch in den Armen der Verliebten ſchoͤn gefunden wird. Die Sa - che iſt gewoͤhnlich; der Ausdruck nicht. Von dem Worte hinwiegen beſiehe den Buchſtab H un - ſers Woͤrterbuchs.

Annehmen.

Hr. von Haller fuͤget dieſes Wort ſo:

Die Tugend nimmt ſich leicht bey ihrem Bey - ſpiel an. H. Ged. 81 S. ()

Wuͤrde das nicht in unſeren niedern parnaßiſchen Landen heiſſen: Man wird leicht tugendhaft, wenn man Beyſpiele der Tugend ſieht? Aber wie weitſchweifig klinget das nicht!

Anſtarren,

a. St. anſchauen, oder etwas ſtarr an - ſehen. Dieſes Lieblingswort der Herren Schweizer haben wir den unſterblichen Geſaͤngen ihres Oberhauptes zu danken. Dieſer goͤttliche Mann hatte nicht genug vor einer Sache zu er -ſtarren;21An Apſtarren; er ſtarrte die Sache ſelbſt an. Denn alſo ſinget er in ſeiner unvollkommenen Ode auf die Ewigkeit:

Jch ſtarrte jedes Ding, als fremde Wunder, an. 153 S.

Hier laͤßt der große Dichter auch die Zunge, auch ein Nichts reifen. Wenn es nun reif iſt, was traͤgts? So fragen nur ſchale Koͤpfe.

Anſtreichen.

Der Tiſchler ſtreichet Schraͤnke an; der Schulmeiſter die Fehler ſeiner Schuͤler. Ein Schweizer aber ſtreicht der Tugend Farben einem an.

Jhm ſtreicht der eitle Ruhm der Tugend Farben an. Haller, 63 S. ()

So, ſprichſt du, iſt der Ruhm ein Maler? Umſonſt. Es iſt ſchoͤn: Lohenſtein hats auch ſchon geſaget.

Applicationen.

Dieſes Wort ſchicket ſich trefflich a. St. Anwendung in ein deutſches Gedicht.

Jch tadle die Empfindung deines Herzens Und deine falſchen Applicationen. Brem. Ged. 13.

Allein, das iſt ein Griff ſeichter Koͤpfe, die nicht arabiſch oder engliſch im Deutſchen reden wol - len. Der Juriſt ſagt im poetiſchen Dorfjun - ker: haben ſie etwa eine Altercation gehabt? Eben ſo kann ein dichteriſcher Philoſoph von Appli - cationen ſchwatzen.

Apfelfoͤrmicht.

Der nimrodiſche Herr von Maupertuis haͤlt die Erde nicht fuͤr eyrund.

Schwinge deswegen dich eilends zur apfelfoͤr - michten Erde. Nim. 485 S. ()B 3Dieß22Ar Au

Dieß ſaget NB. der unſterbliche Satan; ſo kann man kuͤnftig auch ſagen: der unſterbliche Spitz - bube, oder Galgenſchwengel Lips Tullian.

Armee und Militz

nimmt der Herr Magiſter Nau - mann wieder zu Gnaden an, nachdem ſie bis auf die Zeitungen aus dem Deutſchen waren ver - bannet worden. Fuͤr ein deutſches Gedicht iſt es keine geringe Schoͤnheit. Er machet auch Staabsofficire. So leihet denn der Poͤbel uns neue Accente. ſ. Nimrod a. v. O. Gruͤb - ler nennen es zwar mit Swiften die Poͤ - belfigur; allein, es ſchadet nichts. Es wird wieder die Mode; und dann laͤßt es ſchon.

Athmen tiefer herauf,

d. i. ſchwer athmen. Meßias 163 S. Das Wort tief ſchicket ſich zu allerhand Wendungen in der heiligen Sprache; bald bedeutet es hoch; bald tief.

Auen des Aethers,

oder Wieſen des Himmels. Noah 220 S. Hier werden vielleicht die himmliſchen Kuͤhe weiden. Es giebt auch am - broſialiſche Auen. Noah, 333 S. Ein gei - ſtiger Schwarm von ambroſialiſchen Duͤften. Noah, 377 S. Welche ambroſialiſche Schoͤnheiten! Welch ein ambroſialiſcher Dichter! Das Wort zieret einen ganzen Vers.

Auflegen,

und aufgelegt werden. Dieſe Woͤrter verſtehen die Herren Buchhaͤndler am beſten. Sie werden mir es aber vergeben, daß ich ihnen den ei - gentlichen Beſitz derſelben ſtreitig mache. Es kann ſeyn, daß ſie mit allem Rechte ſagen: ich lege dieſes Buch auf, dieſes Buch iſt zum drittenmaleauf -23Auaufgeleget worden ꝛc. Jch beneide ſie wegen des un - rechten Gebrauchs dieſes Wortes nicht. Den ſinnrei - chen Kanzelrednern, den Schoͤpfern ebentheu - erlicher Wortverbindungen, haben wir die zier - lichſte Anwendung dieſes Wortes zu verdanken. Der unverſtaͤndige Haufe hat ja immer geſagt und geſchrieben: Der Menſch iſt zur Gluͤckſeligkeit er - ſchaffen worden. Was kann man hierbey denken? Wenig! Auch die kleinen Kinder lernen von ih - ren Schulmeiſtern, daß ſie ſind erſchaffen worden. Daß ſie aber ſind aufgeleget, ja zur allerſeligſten Gluͤckſeligkeit ſind aufgeleget worden, wiſſen ſie noch nicht. Sie brauchen es auch nicht zu wiſ - ſen: denn ſie ſind zu unverſtaͤndig, die Stufen dieſer Vergleichung auszuſpaͤhen. Leute, die mit den Preſſen zu thun haben, koͤnnen dabey ein mehres gedenken. Dieſe verſtehen den Redner, wenn er ſeine Predigt mit den Worten anfaͤngt:

Daß der Menſch zur allerſeligſten Gluͤckſe - ligkeit ſey aufgeleget worden, wird nie - mand leugnen koͤnnen. Buttſt. ()

Moͤgen doch andere Leute nicht wiſſen, was der Redner haben will. Eine allgemeine Deutlichkeit muß man niemanden anmuthen. Man prediget eben nicht fuͤr alle Zuhoͤrer. Ja, mancher Redner prediget um ſein ſelbſt willen: denn was waͤren ſonſt die haͤufigen Anfuͤhrungen des Grundtextes, der heiligen Vaͤter, der Rabbinen, des Gro - tius, Marshams, Spencers, Clericus, Hammonds und Buxtorfs, des Lundius und Ligtfots noͤthig?

B 4Auf -24Au

Aufruhrſaat.

Daß Aufruhr Saamen hat, das war bekannt; Saat aber, das heißt, gedacht. So denket Hr. von Haller, 59 S. Die Thraͤnen fangen eb. daſ. einen Aufruhr an. 141 S. Bald werden ſie ſtuͤrmen. Die boͤſen Thraͤnen! Koͤnnte mans ſchoͤner ſagen?

Aufſpringen.

Vom Aufſpringen des Kaiphas leſe man des Meßias 103 S. Doch ein wohl - paſſendes Gleichniß. Schlacht, Tod, Lan - ze, Gotteslaͤugner, Hoͤlle, Blut, Panzer, Roſſe, gehoͤren zu einem Gleichniſſe, wenn ein Menſch ſoll beſchrieben werden, der zornig von ſeinem Stuhle ſpringet. Aber je weniger ſich es bey einem Prieſter paßt: deſto ſchoͤner! S. An - tilongins 116 S. Ein Gleichniß naͤmlich muß nicht ſo knapp, als ein Preuß; vielmehr etwas weit und nachlaͤßig, wie ein Franzos ꝛc. gekleidet ſeyn.

Augen.

Man hat in Goͤttingen Augen, die da ſaugen, in der 1 Ausgabe des befr. Deutſchl. ge - tadelt; und freylich! die Figur war etwas ſchweizeriſch. Aber eben die Richter haben fol - gendes vergoͤttert:

Aber es ſtanden beſonders in einen Klumpen geſchloſſen Meine Soͤhne mit weit geoͤffneten Augen, die ſtarrend An die ſchluͤpfrigen Schoͤnen ſich haͤngten, und geizige Zuͤge Von dem bezauberten Blick einſogen ꝛc. Noah, 22 S.

Was fuͤr Woͤrter! was fuͤr Verbindungen! Wie25AuWie ſie alle ſo ſchoͤn ſind! Schluͤpfrige Schoͤ - nen! So giebts auch trockene? Welch ein Klumpen von Schoͤnheiten!

Aurora hat ein Bett.

Das war bisher noch zwei - felhaft; der Hr. von Haller aber hat es am Gan - ges gefunden. Jhr Gaſt, der Herr Apollo, oder Phoͤbus, der alte, der alle Tage zu ihr koͤmmt, ſeine Pferde bey ihr ausſpannet, und ru - het, wird ſich deſſen bedienen. Haller, 7 S.

O! Juͤngling! rufte jener Weiſe, Warum hat deine Heldenreiſe Sich in Aurorens Bett gewagt? ꝛc.

Wann eine Reiſe ſich zu einer Schoͤnen ins Bett waget, ſo hat es keine Gefahr; wann aber ein Held, ein Juͤngling ins Bett ſteiget: dann! dann! Aurorens Gold hat oft die Berge ver - goldet; auf der 23 S. durchſtreifet ſie die Berge.

Wann nun von Titans Glanz die Wieſen ſich
entzuͤnden,
Und in dem falben Gras des Volkes Hoffnung
reift;
So eilt der muntre Hirt nach den bethauten
Gruͤnden,
Eh noch Aurorens Gold der Berge Hoͤh durchſtreift. ꝛc.

Wir bewundern dieſe Art, Haͤu zu machen; erſt - lich zuͤndet die Sonne die Wieſen an; dann reifet in der Aſche die Hoffnung, und wird Haͤu. Welch ein Haͤu!

Ausgraben.

Schaͤtze graben ſaget der Deut - ſche. Der Schweizer hingegen: aus unsB 5Schaͤtze26AuSchaͤtze ausgraben. Haller, 86 S. Aber es graͤbt auch die Weisheit:

Sie findet Luſt und Ruh im Haus,
Und graͤbt aus uns ſelbſt Schaͤtze aus,
Die nimmer ekeln, nimmer fehlen. ꝛc.

Vor allen Dingen gefaͤllt uns das Haus, von dem man nicht weis, ob es der Weisheit, oder uns zugehoͤret; und dann loben wir auch die Ver - bindung von Schaͤtzen, die ekeln; wo ekeln als ein thaͤtiges Zeitwort gebrauchet wird.

Ausguß.

Ein neues Wort, welches ſich aus dem Gehirne der Herren Neologiſten herſchreibet. Jhr Haupt ſinget:

Wie wird mir? mich durchlaͤuft ein Ausguß kalter Schroͤcken. Haller, 97 S.

Einen Topf geußt man aus! Allein, das waͤ - re niedrig; ſo wie auch, wenn er geſaget haͤtte: ein Strom von ꝛc.

Aushauch.

So redet Kerenhapuch, oder ent - ſchleußt ihr Herz:

Sey mir gegruͤßt, ſuͤßduftende Luft im ſchat - tichten Lichte! Aushauch, der aus dem Schooß der Mutter - tererde hervorquillt. Fluͤſſe der Luft, ſo ſanft von bebenden Schat - ten gemildert! Allzulang hab ich euch in dem oͤden Kaſten ver - lernet. Noah, 380 S.

Man erlaube mir eine kleine Entfaltung dieſer Accente. Was iſt doch eine ſuͤßduftende Luft im ſchattigten Lichte? Duftet denn dieLuft,27Au AbLuft, oder die Erde? Was iſt Aushauch, der aus Vater Koth hervorrauſchet? War um ſol - len Fluͤſſe der Luft von bebenden. Schatten ge - mildert werden? Warum beben die Schat - ten? Was iſt ein ſchattichtes Licht? Eine Daͤmmerung des Verſtandes? Der Kaſten war nicht oͤde; denn die Saat einer unterthaͤnigen Schoͤpfung (Noah, 381 S.) lebte ihr Leben meergruͤn darinnen. Man zeige mir in einem andern Dichter vier Verſe von ſolchem Reichthu - me. Dieſen Vorzug beſitzet allein Maler und Saͤnger Bodmer. Ein Leben leben; Luft verlernen; Hauch quillt!

Ausfluß der Leichen dampf entgegen.

Meß. 53 S. Was fließt doch aus Leichen? Der Leſer kanns er - rathen.

Ausſicht.

Jch las juͤngſtens eine Vorrede, worin - nen von nichts, als Ausſichten, gehandelt ward. Jch vermuthete zum wenigſten einen Garten; aber ach! es war eine ſehr betruͤbte Ausſicht: die Syndfluth! die naſſe Syndfluth.

Aus.

Wir lernen alle Tage je mehr und mehr, daß auch eine einzige Sylbe einen Vers verengeln kann. Denn wer haͤtte vor jenen dreyzig Jahren geglaubet, wir wuͤrden noch Dinge ausſchaffen, ausbilden, ausformen: da doch ſeit viel Jahr - hunderten genug war geſchaffen, gebildet, ge - formet worden?

Abend.

Man ſchreibt gemeiniglich: die Sache wird vor dem Ende der Welt nicht ausge - macht werden, ſo uneinig ſind die Meynungen. Jch28AbJch rathe eben nicht, daß man ſichs angewoͤhne, ſo plan zu ſchreiben. Man gebe der Sache eine klei - ne Wendung. Man beſinne ſich auf den Abend der Welt, und ſpreche:

Der Abend der Welt wird hereinbrechen, ehe ſich die Meynungen uͤber dieſe Sache vereinigen werden.

Sagt man auch der Mittag der Welt? die Mit - ternacht der Welt? Herr Bodmer ſinget da - her in ſeiner Elegie, auf das Abſterben ſeines Soh - nes, ſehr geiſtig. Er will ſagen: Heute werde ich mit Erzaͤhlung dieſer Sache nicht fertig. Wie male - riſch druͤcket er dieſen gemeinen Gedanken nicht aus?

eh wuͤrden dunkle Schatten
Den Himmel uͤberziehn, und dieſen Tag
beſtatten.

Warum iſt doch unſere Welt bey einem taͤglichen Begraͤbniſſe des Tages ſo gleichguͤltig!

Abzaͤhlen.

Bedeutet nach meiner Meynung, von mehrern Stuͤcken eine gewiſſe Zahl abſondern. So zaͤhlet man z. E. von zwoͤlf Thalern vier Tha - ler zu einer beſtimmten Ausgabe ab. Man wird aber aus verſchiedenen Schriften einen beſſern Ge - brauch dieſes Wortes lernen, welches in Trauerre - den von großem Nachdrucke iſt. Jch ſetze als be - kannt voraus, daß ein Redner die Gabe habe, in traurigen Faͤllen erhaben zu denken, und hoch zu ſprechen. Es iſt eine allgemeine Meynung, daß der Menſch ſterben muß, wann ſeine Zeit da iſt. So matt ſpricht man zwar im gemeinen Leben; und alsdenn iſt auch der Ausdruck gut. Ein Trauer -redner29Abredner aber wuͤrde ein ſchlechtes Lob erlangen, wenn er ſich nicht hoͤher ſchwingen, und erhabener ausdruͤcken wollte. Wie? wenn man ſo ſagte:

Auch der leichte Stich einer Fliege toͤdtet den Menſchen, wenn die Stunde ausge - laufen iſt, die ſein Leben abgezaͤhlet hat.

Jſt das nicht erbaulicher und lehrreicher? Ein mittelmaͤßiger Kopf denket gleich an die Geſtalt des Todes, an deſſen Senſe und Sanduhr. Die Stunde iſt ausgelaufen, und zaͤhlet das menſchliche Leben ab. Jſt das nicht ſchoͤn? Je verſteckter eine Sache, eine bekannte Sache ein - gekleidet wird, je ausgebildeter ſie dem Zuhoͤrer und Leſer, durch einen Commentarium, kann ge - macht werden, deſto gegruͤndeter iſt die Vermu - thung, daß der Redner ein Mann ſey, der das Weſentliche der Beredſamkeit in ſeiner Gewalt ha - be. Aus dieſem Grunde ſchaͤtze ich die Meßiade hoch, weil Meier und Dommerich zum Troſte Deutſchlandes daruͤber Commentarios ſchreiben. Man wird kuͤnftig der gelehrten Welt einen Band klopſtockiſcher Exegeten liefern koͤnnen. Ja, ſchreyen die Kunſtrichter, das heißt bey uns ſchwuͤlſtig und dunkel. Man laſſe ſich den Eigen - ſinn dieſer Leute nicht blenden. Das Volle einer Rede, oder eines Gedichts, iſt keine Schwulſt; ſondern ſchon uͤber die Schwulſt und uͤber das Dunkle hinweg.

Bach30Ba

B.

Bach.

Nach der Lehre der Herren Neologiſten thut nun ein Bach das, was man ſonſt vom Sande ſagte. Jener ſtaͤubet, und dieſer ſpruͤ - tzet. Wenn alſo mein Kleid voll Staub iſt: ſo iſt es beſpruͤtzet; und wenn ich in Koth gefallen bin, und mich im Sande geſielet habe: ſo bin ich beſpruͤtzet. Wenn ich aber ins Waſſer gefallen bin: ſo bin ich beſtaͤubt. Die Eigenſchaften der Dinge zu veraͤndern iſt der Hauptgriff unſerer neo - logiſchen Dichtkunſt.

Der (Bach) ploͤtzlich aufgeloͤſt in Schnee und Perlenblaſen, Durch jaͤhe Felſen rauſchend ſtaͤubt ꝛc. Haller, 96 S.

Wir lernen unter andern hier einen Bach in Schnee und Perlenblaſen aufloͤſen.

Baͤche

der Luft trinken heißt in der denkenden Sprache leben. Die Menſchen muͤſſen folglich entſetzliche Schluͤnde haben, ganze Baͤche zu ver - ſchlingen. Man ſchluͤrfet auch die Baͤche des Lichts, wie Thee oder Kaffee.

Seine Geſtalt ward heller = = Daß ſein Anderer ſo nahe bey ihm die Baͤche des Lichtes trank. Noah, 83 S.

Wie ſeh ich dann aus, wann meine Geſtalt hel - ler wird? Alſo auch ſein Siebenter.

Baͤlle

von Bley aus blitzleitenden Waffen mit Feuer fluͤgeln; d. i. mit Musketen ſchieſſen. Warum nicht kugelleitende Waffen? Es muß blitzen! Eine Kugel iſt alſo ein Ball, oder viel -

mehr31Bamehr ein Baͤllchen. Sie hat auch Fluͤgel von Feuer: welche Fluͤgel! Noah, 355 S. ()

Baͤngſte der Leiden

leidet der Meßias 183 S. So iſt denn dem Leiden, aber nicht den Menſchen, bange? So ſagt Sanct Klopſtock in ſeiner Offenbarung.

Baͤthen dir.

Die Gebeendung iſt in der heiligen Dichtkunſt heilig; wie uͤberhaupt alle moͤgliche Fehler wider die Sprache: ihre Regeln ſchaden dem Hohen: ſie koͤnnen ſie daher nicht beobachten. Schade, daß kein ander Volk, als wir, ſo denket. Auch ein Hallelulachen erhebet einen Vers; Lucian gab ſchon die Urſache hiervon an, 222 S. d. D. Ueberſ.

Halleluja! mein Schoͤpfer! dir baͤthen un - ſterbliche Menſchen Von der heiligen Erde! dir baͤthen unſterbliche Menſchen. Meßias 164 S.

Hier fehlet nichts, als ein Kyrieleiſon: ſo iſt un - ſer himmliſche Pſalmiſt ſo ſtark, als Lobwaſ - ſer. Schoͤpfer Klopſtock hat auſſer unſerer Erde noch eine heilige geſchaffen; und noch eine kleinere Erde, oder vielmehr Sonne in unſrer Erde.

Baͤume.

Eine gruͤne Nacht belaubter Baͤume findet man in der ſchoͤnen Doris.

Die gruͤne Nacht belaubter Baͤume Fuͤhrt uns in Anmuthvolle Traͤume: Worinn die Seel ſich ſelber wiegt. Haller, 67 S.

Wir bewundern das Wiegen. Wenn alſo derMond32BaMond ſcheinet: ſo haben wir eine weiſſe oder ſil - berne Nacht. Man muß die Figuren recht weit, d. h. ins Ungeheure treiben. Furchtſam ſeyn iſt ſchuͤlermaͤßig

Bagaſche.

Das deutſche Wort Plunder iſt viel zu niedrig, als daß es ein heiliger Dichter brauchen koͤnnte. Der Herr Magiſter Naumann hat alſo wohl gethan, jenem Hurkinde das Buͤrgerrecht, aus eigner Macht, zu verleihen. Alle Zwitter ſind alſo bey uns, wie in Spanien die Hurkinder, edel. ſ. Nimrod 293 S.

Balſamiſch.

Dieſes Beywort balſamiret jedweden Vers. Noah, 190 S. auch Antilongin, 125 S. Wir nennen es die Balſamfigur, oder das Balſambuͤchschen.

Band.

Viele Redner gebrauchen dieſes Wort, wann ſie eine Verbindung oder einen Zuſammen - hang andeuten wollen. Daher kommen viele Re - densarten, denen man das Schoͤne nicht abſpre - chen kann. Z. E.

Diejenigen, die die erſten Buchſtaben in den Grundwiſſenſchaften wiſſen, koͤnnen das Band der Wahrheiten einſehen. Buttſt. ()

Ein anderer wuͤrde vielleicht geſchrieben haben: Wer die Anfangsgruͤnde der Grundwiſſenſchaft gelernet hat, kann den Zuſammenhang der Wahrheiten einſehen.

Das erſte iſt zierlicher. Die erſten Buchſtaben wiſſen, iſt fein gegeben! Der Redner macht es dem Zuhoͤrer leicht: denn wer iſt doch ſo ungeleh - rig, daß er die erſten Buchſtaben einer Meta -phyſik33Baphyſik nicht lernen koͤnnte? Das Band einſe - hen iſt alſo ein untadelhafter neuer Ausdruck.

Band.

Zernitz, der halleriſirende, ſaget auf d. 170 S. ſ. Ged.

Denn brennte ſich in nichts der Einſchraͤnkun - gen Band. ()

Die Flamme wuͤnſchte ich zu ſehen; noch lieber das Band: weit, weit lieber aber waͤre mir der Ver - ſtand. Es wuͤrde mir ein Maaßſtab ſeyn, ande - re Verſe darnach zu meſſen. Nur friſch! Die Wahl in Ausdruͤcken verdirbt alles.

Bande.

Dieß Wort wird gar zierlich von Teufeln gebrauchet. Man nenne ſie die ſchwarze; die Engel, die weiße Bande. Sammlung Ni - colai 33 S.

Flieht! ſpricht ſie, (die Zwietracht) zu der ſchwarzen Bande!

Baſtart.

Auf deutſch, ein Hurkind: eine hoͤfliche Benennung eines Freundes, wo er die Reime lie - bet.

So waren denn Gottſched, Schwabe, ja Haller, Kanitz, Guͤnther ꝛc. Hurkinder? Der Grobian! ich irre mich: der hoͤfliche Mann! Und ich, und die Kritik benennet dich Baſtart! Brem. Ged. 57 S.

Dieſer Herr Jch muß ein ſehr großer Herr ſeyn, weil er und die Kritik nicht allein ein Ding iſt; ſondern, weil er ſeinen Freunden ſo grob begegnen darf. Aber nein! Es iſt nur der Herr Johann Heinrich Oeſt! ein verwaͤgener Mann. Noch ein Broͤckchen von dieſem breiten Herrn und ſei - ner breiten Einſicht. Es ſtehet e. d.

CWie?34Ba
Wie? oder hat ein duͤrrer Zweig von Pappeln dich gefuͤhret Zu Swifts geheimen, weiten, wuͤſten Bathos: Worinn du tappteſt, fieleſt, krochſt, und umkameſt: Ein Scheuſal, wie der finſtre Mond und Blackmor.

Muß man nicht ein Zauberer ſeyn, um, wie Vir - gil, den Aeneas mit einem duͤrren Zweige in das Bathos der Hoͤlle zu fuͤhren? Da wiſſen wir nun, was der breite Herr von Swiften haͤlt. Ein Ungeheuer iſt er, wie der finſtre Mond und Blackmor. Der neologiſche Pindar irret ſich; Swifts Bathos iſt nicht geheim; denn es iſt, wie mein Woͤrterbuch, die Ehrenſaͤule der Dichter, und Schandſaͤule der geſunden Ver - nunft, gedruckt; allein zum Ungluͤck der Deut - ſchen nur einmal. Lieber Leſer! Haſt du wohl den Wohlklang und die Gelindigkeit des Verſes tappteſt, fieleſt ꝛc. ꝛc. bemerket? Wie er ſo ſchoͤn iſt!

Baubegnadigungsgelder

waren ſchon eine Erfin - dung Sr. Nimrodiſchen Majeſtaͤt. Nim - rod, 139 S. Es giebt auch eine Nimrodi - ſche Bibliothek. Nimr. 146. Man glaubet es nicht, was die dichteriſche Wuth des Hn. M. fuͤr Erfindungen an die Hand giebt. Denn hat Nimrod nicht ſo gar eine Reiſecaleſche? Wir irren alſo, wenn wir die Caroſſen fuͤr unſere Er - findung halten.

Bauch. 35Ba

Bauch.

Verfuͤhrung ſchwacher Zucht, der Got -
tesdienſt des Bauchs,
Fruchtloſer Muͤßiggang, der Hunger ei - tels Rauchs,
Und ſo viel Unthier mehr ꝛc. bruͤtet das
Herz.

Alles Unthiere, die ihr Daſeyn Sr. Gn. dem Hn. von Haller 110 S. zu danken haben. Jch wette, daß ein Philoſoph uns eher ſagen wird, was ein einfaches Ding iſt; ein Ding naͤmlich, das keine Theile hat; keinen Raum einnimmt, und in nichts kann eingeſchloſſen werden: ehe der Dichter ſagen kann, was Verfuͤhrung ſchwacher Zucht iſt. Denn was iſt Verfuͤhrung ſchwacher Zucht? = = Verfuͤhrung ſchwacher Zucht! = = Ein wenig Geduld! = = ich werde es gleich ſagen. = = Sollte die ſchwache Zucht verfuͤhren, oder ver - fuͤhret werden? = = Wahrlich! ich weis es nicht. Wolluͤſtige haben bisher ihren Bauch zu ihrem Gotte gemachet; einen ordentlichen Gottes - dienſt des Bauches haben ſie noch nicht errichtet. So hungert dem Rauche, oder ſind wir dar - nach hungrig? Bruͤten! das Herz kann bruͤ - ten; es wird auch wohl Eyer legen. Noch eines vom Bauche:

Der traͤge Muͤßiggang ſchwillt (a. St. ſchwellt) niemals ihren Bauch. Haller 22 S.

Man muß nicht leichtfertig ſeyn, u. a. St. Bauch ein ander Wort ſetzen. Hier iſt noch ein Bauch; wo aber ein Bauch iſt: da iſt auch ein H = = = Der Hint = = der Welt! ſo wie der BauchC 2der36Ba Beder Welt! Haller, 49 S. Das unreine Gold waͤchſt darinn zum kuͤnftigen Gelde, ohne erſt gepraͤgt zu werden. Das Gold iſt alſo der Unflath der Welt. Die Sterblichen werden ei - ne Laͤuterung dagegen eingeben. Man muß nicht lachen; denn der Dichter iſt ſehr ernſthaft. Wenn aber ein ernhafter Mann einen Harlekins - wams anziehet, ſoll man da weinen?

Baumſchule,

eine ganz vortreffliche, von Cinna - momus und Balſam; lohenſteiniſche Ge - waͤchſe! iſt Noah, 405 S.

Eine Baumſchul des ſuͤßeſten Vorraths, wo die Natur itzt Jhre verneute Jugend beging mit jungfraͤu - lichen Spielen.

Eine Jugend begehen! eine Baumſchul des ſuͤßeſten Vorraths! auch ſaures Vorrathes! jungfraͤuliche Spiele! Alles epopoͤiſche Saͤ - chelchen. Wie ſie ſo ſchoͤn ſind!

Bazar.

So heißt nicht allein der Marktplatz in den tuͤrkiſchen Staͤdten. Saͤnger Bodmer ſinget mit eckichten Buchſtaben auch von dem Ba - zar der Staͤdte der alten Mizren, deutſch, Ae - gyptier; in ſeinem Schaͤfergedichte Jacob und Joſeph 39 S.

Bebieſamen, eben ſo gut, als benelken, oder beroſen. Die allerreineſte Luft bebieſamte deſſen Re - viere. Nimr. 582 S.

Hier ſind auch ambrirte Duͤfte und lebendige Pfeiler. Jch fuͤrchte, wenn ſie leben: ſo wer - den ſie ſich ruͤhren; es kann ihnen einmal einkom -men,37Bemen, auf den aͤtheriſchen Auen ſpatzieren zu ge - hen, und ambrirte Duͤfte zu riechen: wo werden dann die elfenbeinerne Pallaͤſte bleiben? Sollen ſie auch mitzotteln? Hat doch Homer auch Stuͤhle, die da ſpatzieren gehen.

Beekelt.

Dieſes Wortes Sinn muß in dem Zuͤr - cheriſchen Woͤrterbuche geſuchet werden. Mei - nes wuͤrde viel gewinnen u. deſto deutlicher werden.

Sein kuͤnſtlicher Geſchmack beekelt ſeinen Stand. Haller 19 S.

Er hat einen kuͤnſtlichen Geſchmack war noch nicht geſaget worden. Er hat einen Geſchmack an kuͤnſtlichen Sachen war zu gemein. Soll aber das kuͤnſtlich hier nicht ekel bedeuten?

Bebruͤten.

Der Geiz bebruͤtet Gold. Haller, 34 S. Welche Eyer! Wenn alſo der Geizhals ſein Geld in den Kaſten thut: ſo legt er Eyer ins Neſt. Allein, es iſt nicht ſo, daß er bruͤten will. Die Voͤgel ſollen nicht ausfliegen; ſie thun es auch nicht, bis ein barmherziger Sohn die Gefangenen erloͤſt; und ſein Haus mit ihnen durchjauchzet.

Befahren.

Die Luft mit Liedern beſeegeln, be - fahren, bereiten; d. h. in der einfaͤltigen Spra - che ſingen:

Singende Choͤre befuhren die Luft mit zaͤrtli - chen Liedern. Noah, 60 S. ()

So waren denn die Lieder die Wagen, und die Kehlen die Pferde.

Befeuert.

Das Gebluͤt, das kein Jachzorn be - feuert; oder beſchießt. So muß man denken.

Jn ihren Adern fließt ein unverfaͤlſcht Gebluͤte,

C 3Darinn38Be
Darinn kein erblich Gift von ſiechen Vaͤtern ſchleicht; Das Kummer nicht vergaͤllt; der Jaͤhzorn nicht befeuret; Kein geiles Eiter faͤult; das Schwelgen nicht verſaͤuret ꝛc. Haller 22 S.

Erſtlich bewundern wir, von Amtes wegen, das Nebenwort darinn; weil es ſowohl auf Adern, als Gebluͤt gehen kann. 2. daß das Gift, wie ein Gut, erblich wird: man wird es daher bald zu Lehn machen: angeerbtes Gift war freylich zu gemein; 3. loben wir den Artikel das, wel - cher ſowohl auf Gift, als Blut gehet; 4. das geile Eiter, das Blut faͤult; faͤult war ſonſt ein unperſoͤnliches Zeitwort; und man ſagte: das Fleiſch fault; aber nicht: die Faͤulniß faͤult das Fleiſch. Verſaͤuret war auch noch bisher kein Zeitwort von der thaͤtigen Gattung. Allein, wir erwarten eine neue Sprachlehre.

Beflogen.

Etwas befliegen: ein allerliebſtes Wort, welches, wahrlich! aus der geheimſten Kammer maleriſcher Dichterey genommen wor - den.

Ein nie beflogener Gipfel ſtreckt das Wetterhorn durch einen duͤnnen Wolken - kranz; beſtralet mit roſenfarbenem Glanze beſchaͤmt ſein graues Haupt, das Schnee und Purpur ſchmuͤcken, gemeiner Berge blauen Ruͤcken. ()

Haller 96 S. Wer mir das ſagen kann, der muß ſich fuͤr keinen Schwindel fuͤrchten.

Befehlen.

Das Auge zuruͤck befehlen: vortreff - lich!

Bald39Be
Bald befahl ich das Auge, das ungern ſahe zuruͤcke Nach der inwendigen Seite des Paradieſes. Noah 17 S.

Wenn ich alſo nicht Toback riechen will: ſo befehle ich meine Naſe zuruͤck, die ungern riechet. Wer etwas mehr, als die Mechanik in der Dicht - kunſt, verſtehet; der wird an dieſen Klippen nicht ſtoßen: denn es iſt ein neuer Zeitpunct in der Dichtkunſt entſtanden.

Begleiten ein Opfer mit Gebaͤth,

iſt kein Galli - ciſmus. Denn wie koͤnnten in der Offenba - rung St. Klopſtocks Fehler ſeyn? Meßias 2 S. u. anderwaͤrts.

Begiſcht.

Stallknechte pflegten zu ſagen: das Pferd iſt geritten worden, daß der Jaͤſcht auf ihm ſtehet. Nunmehr brauchet es ein heiliger Dichter, und machet ein Beywoͤrtchen daraus.

Er peitſchte die knirſchenden Pferde, die begiſch - ten ſtrampfenden Hengſte, Die wohl geſtriegelten Schecken, hochbreit vom Ruͤcken und Kreuze. Nimrod 611 S.

Welche Beywoͤrter! Hat der Herr M. nicht einen rechten Pferdeverſtand? Pater S. Clara ſagt: ein Gaimazer machet den andern auch gai - mazen.

Begriffe

ſchwaͤrmen beym Herrn. J. H. Oeſt in mathematiſchen Puncten. Brem. Ged. 17 S. Muͤſſen die Begriffe nicht ſehr klein ſeyn, die in Puncten ſchwaͤrmen? Wie groß aber iſt derC 4Geiſt40BeGeiſt nicht, der ſie ſchwaͤrmen laͤßt! Sie ſchwaͤr - men vorher in ſeinem Gehirne; in der Zirbeldruͤſe, in die Carteſius unſere Seele einſperret. Der waſſerklare Dichter redet von der Welt, worinn ſo du, als ich, und alle

Ein ganz Adamiſches Geſchlecht durch tauſend Glieder Nur Puncte ſind, gleich mathematſchen Pun - cten; Sind noch zu klein mit allem, was ſie ſchlieſſen, Und die Begriffe, die darinnen ſchwaͤrmen, Sind Zahlen in unendlich kleinen Bruͤchen Von jenem Einen, jenem großen Ganzen. ꝛc.

Sind das nicht Verſe in Bruͤchen? Wir haben einen Adami gekannt; vielleicht iſt dieß ſein Ge - ſchlecht, ſein mathematiſches Geſchlecht.

Behaͤltniß.

Ein Behaͤltniß der Gebeine iſt nicht ein Beinhaus. St. Klopſtock nennet alſo den menſchlichen Koͤrper.

Nunmehr klagt er ihn troſtlos, u. faſt das kalte Behaͤltniß Seiner Gebeine mit ſterbendem Arm. Jn ſ. Offenbarung 38 S.

Ein ſterbender Arm an einem Koͤrper, der doch leben bleibet, iſt das nicht ein Wunder? Das Wort erſtirbt mir im Munde; dieſe Redensart hat den goͤttlichen Seher darauf geholfen. Sollte jemand ſpitzig ſeyn, und ſchelten, daß ich die Offenbarung St. Klopſtocks neben St. Jo - hannis ſeiner ſetze: der leſe nur die Anrufung gleich im Anfange ſeines Gedichtes. Entweder,die41Bedie Sachen, und Geſichte, die er darinnen ſiehet, ſind wahr; oder es ſind Luͤgen. Er ſaget aber: es ſind nicht allein Wahrheiten; ſondern Offen - barungen: ich folge alſo dem goͤttlichen Seher; dem Evangeliſten St. Klopſtock; oder viel - mehr dem Theologen. Jch hoffe aber von nieman - den weniger Widerſpruch, als von ihm. From - me werden ſich an meiner Vergleichung nicht aͤr - gern: ſonſt bitte ich ſie, ja, ich beſchwoͤre ſie recht, nicht die Meßiade zu leſen. Herrnhut ſelbſt dichtet nicht ſolche geilgeiſtliche Lieder. Wurm - ſaamen.

Behauſen,

a. St. bewohnen; und warum das nicht? Man ſagt ja Behauſung; und ein Wort muß ſo viele Geſtalten, als ein Seidenwurm, an - nehmen koͤnnen: ſonſt taugt es nichts.

Nur hab ich in der umgebenden Fluth das Jn - ſelgebuͤrge Seine Stirn erhoben, u. Wild u. Fluͤgel be - hauſet. Noah 113 S.

Wie man ſiehet: ſo nimmt dieß Behauſen eine leidende und thaͤtige Bedeutung an. Man kann auch a. St. Wildbeine, ſo wie Saͤnger Bodmer Fluͤgel a. St. Voͤgel, ſagen.

Beherrſchen.

Um zu ſagen: ein Schiff ſeegelt von Cadix nach Cuba: ſo ſprich, ein Schiff, das Zwiſchen Cadix und Cuba des Meeres Wuͤſten beherrſchet. Noah 158 S.

Mit ſolchem Schiffe vergleichet der witzige Suͤnd - fluthendichter das Luftſchiff des Koͤniges Da - gon; der Koͤnig gigantiſcher Menſchen. HatC 5alſo42Bealſo das Meer Wuͤſten: ſo wirds auch bald Staͤdte haben. Das Wort beherrſchen uͤber - haupt iſt das Schiboleth der Neueren. So be - herrſchen z. E. die Muſen die Geſaͤnge im Noah und Meßias;

welche Gedichte Chri - ſtenthraͤnen ſind, die er in goldenen Schaalen vor den Thron des Hoͤchſten geleget.
Auch unſere Thraͤnen ſind in dieſer goldenen Schaale. Samml. Nicol. Sam. Pattzke 38 S.

Bekropfen;

a. St. ſeinen Kropf fuͤllen. Man ſa - ge demnach auch von einem, der ſeinen Beutel be - ſpicket: er bebeutelt ſich. Ein Narr machet den andern; alſo auch ein Wort das andere. Hier iſt ein treffliches Gleichniß!

So, wie ein Hamſter zum Winter ſich mit Vor - rath verſorget, An ſeiner Statt ſeine Jungen aufs Feld ſchickt, ſich zu bekroͤpfen. Nimrod 427 S.

Bellen.

Was bellt des Poͤbels Wahn im Schwarm verworfner Richter Das blendend reine Licht in ihrem Glanze an. Samml. Nicol. 147 S.

Man laſſe alſo lieber den Wahn ziſchen, oder pfeifen, wenn er nicht bellen ſoll. Kein Wun - der, daß der Vers etwas mondſuͤchtig iſt; das Gleichniß koͤmmt vom Monde. Man ſage mir den Sinn dieſer Verſe! worauf, zum Exempel, gehet ihrem? Allein eben dieſe Zweydeutigkeit ſchaͤrfet das Nachdenken.

Bein.

Die Waͤnde mit Beine bekleidetVon43BeVon Elephantenzahn, mit Purpurſtreifen beſprenget. Noah 21 S.

Elfenbein heißt alſo Bein von Elephantenzahn; man ſagt auch mit Elfenbein bekleiden, a. St. auslegen; man beſprenget auch mit Streifen; alles ausgeſuchete Ausdruͤcke!

Benebelnder Staub,

oder beſtaͤubender Nebel; ſehr genaue und wohlpaſſende Beywoͤrter. Es iſt, um zu ſtaunen!

Nur ein benebelnder Staub verbirgt die maͤchtige Wahrheit. Noah 191 S.

Hier ſind auch auf einem Sterbenden: Welkende mit der Farbe des Staubs ge - zeichnete Zuͤge!

Wie figuͤrlich! Es giebt vielerley Staub; es giebt auch eine Art von Staub, den man den Leu - ten ins Geſicht wirft. Man ſiehet Sachen, die man ſonſt nicht geſehen; Schoͤnheiten, wo man ſonſt Fehler gefunden; und Witz, wo ein anderer Raſerey wahrnimmt.

Auch Schritte benebeln. Samml. Nicolai 11 S.

Ein Schritt der bloßen Allmacht benebelt unſern Verſtand; ohne ihn zu leh - ren. ()

So reden unſere neologiſche Redner. Wenn man einem mit dem Fuße ins Auge ſtoͤßt: ſo iſt ſein Auge benebelt; mit einem Schritte zu be - nebeln: das iſt vortrefflich!

Bepfeilt;

alſo auch bekugelt: eine bekugelte Flinte. Die bepfeilten Bogen der Schuͤtzen hatten ſchon Salve gegeben. Nimrod 427 S. Mit Bogen Salve geben: eine gar richtige Re - densart!

Be -44Be

Beraͤuſcht, a. St. berauſcht.

Es iſt eine Figur, des Reimes wegen; eine Metatheſys, d. i. Buch - ſtabenwechſel; oder wie das Ding heißt. Haller irgendwo in ſeinen Gedichten. Jch verſchweige den Ort, meinem Leſer ein Vergnuͤgen zu machen. Denn, wie ein junger Menſch immer verliebter wird, je mehr Schoͤnheiten ihm ſeine Liebſte verbir - get: ſo gehet es auch den verliebten Bewunderern des unſterblichen Hallers, die immer mehr Schoͤnheiten entdecken, je weniger er ſie ſehen laͤßt.

Belohnen mit ſeegnenden Blicken,

d. h. einen freundlich anſehen. Jch glaube, die Geizhaͤlſe ſind alle Meßianer; ſie belohnen lieber mit Blicken, als Gelde. Offenb. St. Klopſt. 6 S. Allein in der heiligen Sprache heißt auch ſeegnen, fluchen; folglich iſt es eine Paronoma - ſie. Antilongin 88 S.

Wer herrſcht, der ihm gefaͤllt? Vor ihm iſt
alles ſchlecht;
Belohnen unverdient, verſagen ungerecht.
So laͤßt der Froͤſche Volk ſein Quaͤken in den
Roͤhren
So wohl beym Sonnenſchein, als wenn es wit -
tert, hoͤren. Haller 79 S.

Der Dichter hat wohl gethan, ein Fragezeichen in dem erſten Verſe zu ſetzen. Ein anderer wuͤrde ge - ſetzet haben: Gefaͤllt ihm der, der herrſcht? Jenes aber iſt verworfener u. alſo ſchoͤner. Vor ihm iſt belohnen unverdient! Wenn er die Be - lohnung bekoͤmmt, oder wenn er ſie austheilen ſie - het? Jn was fuͤr Roͤhren quaͤcken wohl dieFroͤſche? 45BeFroͤſche? Quaͤcken ſie nicht auch in den Tei - chen, Seen, Fluͤſſen, Baͤchen? Jn den Roͤhren wuͤrde ihr Gekroͤchz nicht viel Laͤrmen ma - chen. Heißt die Figur nicht der Reim - oder viel - mehr der Gedankenzwang? Nein! ſie heißt die Ausfuͤllung, die Vollſtopfung.

Bereuter Laſterwurm:

ein ſeltenes Thier, wel - ches nur auf den Alpen ſo graͤßlich geſchaffen worden.

Nie ſtoͤrt ſein Gleichgewicht der Sinnen jaͤ - her Sturm; Nie untergraͤbt ſein Herz bereuter Laſterwurm. Haller 66 S.

Ein gemeiner Dichter wuͤrde ſagen: Er bleibt ſich ſelber gleich. Da wuͤrde nun weder ein Gleich - gewicht ſeyn; noch der Sinnen jaͤher Sturm ein Gleichgewicht ſtoͤren. Man bemerke wohl die Redensarten. Hier umwoͤlket auch ein ſau - rer Blick der Augen heitres Licht. Kann das ein Blick?

Berge;

gemeine Berge, poͤbelhafte Berge, vornehme Berge.

Gemeiner Berge blauen Ruͤcken. Haller, 96 S. ()

Bergtalch.

Sonſt hatten die Ochſen nur Talch; hier iſt gar ein Talch aus Thon und Staub ge - drehet. Gott iſt alſo ein Toͤpfer; ein Drechs - ler; darzu ein recht kuͤnſtlicher, weil er aus Staub drehet. Jn der zweyten Zeile iſt er ein Goldmacher; in der dritten ein Baumeiſter; in der vierten ein Schneider. ſ. Antil. 27 S. u. f.

Du46Be
Du haſt der Berge Talch aus Thon und Staub gedrehet; Der Schachten Erz aus Sand geſchmelzt; Du haſt das Firmament an ſeinem Ort erhoͤ - het; Der Wolken Kleid darum gewaͤlzt. Haller 2 S.

Wo ſollte wohl das Firmament ſtehen, als an ſeinem Orte? So waͤlzet man nun ein Kleid um ſich? vor dieſem zog mans an. Wie wuͤrde auch das geklungen haben: er hat der Wolken Kleid dem Firmamente angezogen? Die er - ſten Kleider Adams und der Eva koͤnnen nicht ſo pumphoſicht ausgeſehen haben, als dieſes Kleid der Wolken; das darzu nur darum gewaͤlzet worden. So ehrerbietig verfaͤhret man mit dem Hoͤchſten, daß man ihn, zu was es einem belie - bet, ja zum Schneider machet! zum Kammer - diener!

Beryll

und Schoham bedecket eines Gehirnes Geſpinſt. So ſinget der Oberwurmſaamia - ner Bodmer von ſeinem Gotte.

Aber der Prieſter mit ſeinem gegoßnen Gotte von Golde Trat in die Fluth und vollzog die Rechte des heiligen Waſchens Seines Gehirnes Geſpinſt, mit Beryll und Schoham bedecket, Noah 21 S.

Gehet dieß Bedecken auf das Geſpinſt, oder den Prieſter, oder den Gott? Hier ſind dreyWege;47BeWege; gehet welchen ihr wollet! Was mag doch das Waſchen fuͤr Rechte haben?

Beſeelt.

Ein Stein von ſtarker Hand beſeelt, bekoͤmmt der eine Seele? Kann ihn eine Hand beſeelen? Jſt doch ein Kloß auch einmal beſeelet worden; warum nicht deſto eher ein Stein? Aber es iſt auch eines Schweizers Hand.

Hier ringt ein kuͤhnes Paar; vermaͤhlt den Ernſt dem Spiele; Umwindet Leib um Leib, und ſchlinget Huft um Huft. Dort fliegt ein ſchwerer Stein nach dem geſteck - ten Ziele, Von ſtarker Hand beſeelt, durch die ge - trennte Luft. Haller 20 S.

Ein anderer wuͤrde vieleicht geſagt haben: ver - miſchet Ernſt und Spiele. Aber dann wuͤrde keine Hochzeit oder Vermaͤhlung ſeyn vorgefal - len; und das Wort vermaͤhlen hat doch, ſeines Alterthums halber, oft eine Verbindung, die man verehren muß. Wenn man etwas um - windet: ſo muß man auch etwas haben, womit man es umwindet: Hier ſehe ich aber nichts als Leiber, mit denen man nicht wohl etwas, als mit Bindfaden, umwinden kann. Sonder Zweifel will der Verfaſſer ſagen: Und ſetzet Bruſt an Bruſt, und ſchlinget Bein um Bein; denn eine Huͤfte mit der andern zu umſchlingen, wird auch, in den Spielen der Liebe, unmoͤglich ſeyn. Ueberdieß haben wir das ſchoͤne Wort Huft, ich weis nicht welches Geſchlechtes, vieleicht demReime48BeReime zu danken. Vieleicht iſt auch nicht noͤ - thig, einen Stein zu beſeelen, wenn er ſchon durch die Luft flieget. Man bemerke mein ehrer - bietiges Vieleicht; denn ich bin ſehr furchtſam.

Beſaͤmen.

Die Maͤgdchen vor der Suͤndfluth ha - ben gar andere Sachen, als unſere, zu thun ge - habt. Sie haben die Tulpen beſaͤmet und ge - ſchwaͤngert.

Damals waren ſie gleich im Werk, die befruch - teten Saͤmchen Abzubrechen; hernach mit dem Mehl weiß - farbener Tulpen Feuerrothen verwittweten Ritz beſaͤmend zu ſchwaͤngern. Noah 40 S.

Jtzund hat ſich die Sache gewaltig geaͤndert; und die Maͤgdchen laſſen ſich lieber ihre Ritzen beſaͤ - men und ſchwaͤngern.

Damit niemand auf dieſer Erd Zu ſehr ſtolzier und ſicher werd.

Beſuch.

Man bewundere doch die Klarheit nachſte - hender halleriſirender Verſe; denn ſo ſchreibt Haller, der 2te.

Er merket beym Beſuch mit ſtolz gezaͤumten Pferden, Daß ſie ihm laͤſtiger, als ihnen er kann werden. Zernitz 9 S.

Das glaube ich; zumal wenn ſie mit in die Stube kommen. Ein ſehr hoͤflicher Beſuch! Die Nachwelt iſt viel zu gerecht, als daß ſie dieſem ſchaffenden Schaͤferdichter veruͤbeln ſollte: ein ſo großes Muſter, als Hr. v. Haller iſt, ſich er -waͤhlet49Bewaͤhlet zu haben. Der Beyfall, um den die le - bende Welt mit eiſernen Faͤuſten kaͤmpfet, iſt ihm Buͤrge dafuͤr. Ja! ich unterſtehe mich, allen denenjenigen den Verſtand vor der Fauſt abzuſpre - chen, die nicht ihre Stimmen mit der meinigen ver - einigen. Siehet man hier wohl das neue Wort laͤſtig? Es koͤmmt von uͤberlaͤſtig. Beuge al - ſo: laͤſtig, laͤſtiger, laͤſtigſter. Wir haben von einem Wolluͤſtlinge gehoͤret, der, wann er beſoffen war, alle ſeine Pferde in die Stube kommen ließ. Vieleicht iſt dieſes Zernitzens laͤſtiger Beſuch.

Beſuchen.

Meine Hand beſuchet mein Haar, ſagen unſere Neologiſten. Die Alten kratzten ſich darinnen. Pſuy! wie garſtig das nicht klin - get! Samml. Nicol. 78 S. Auch alten Woͤrtern muß man einen neuen Schwung geben.

Beſtralen.

Unkoͤrperliche Dinge beſtralen auch; Sachen, die an ſich ſelbſt keinen Glanz haben.

Wer ſtirbt hier wuͤrdiger? Ein gleicher Hel - denmuth Beſtralet beyder Tod, u. wallt in beyder Blut. Haller 59 S.

Was heißt doch wuͤrdig ſterben? Das Wort wuͤrdig mit einem Zeit - oder Hauptworte zu ver - binden, ohne zu ſagen, was oder weſſen der Ge - genſtand wuͤrdig iſt, iſt ein ſehr artiger Galliciſ - mus: und dieſe Figur iſt keine geringe Schoͤnheit in der neologiſchen Sprache.

Beſtreuen.

Folglich kann man auch ſagen betroͤ - pfeln. Dieß ſaget mit eckichten Buchſtaben zier -Dlicher50Belicher, als mit runden der iſraelitiſche Schaͤfer - dichter Bodmer.

Seine geringſte that war mit wohlſtand und anmuth beſtreuet oder betröpfelt. Jac. u. Joſ. 10 S.

Beſchuͤtzen.

Kanitz ſinget:

Euch, ihr Stunden! die verlaufen,
Koͤnnt ich euch mit Blut erkaufen!

Aber die Fuͤgung mit Blut iſt gewoͤhnlich; ſo wie, ich will mein Blut fuͤr dich vergießen. Hr. von Haller machet aus dem Blute ein Gewehr, und beſchuͤtzet damit.

Ein angenommner Satz, den nichts als Glaube ſtuͤtzt, Wird bald ein Theil von uns, und auch mit Blut beſchuͤtzt. Haller, 44 S.

So iſt demnach der Satz, daß der Herr Ammon durch ſeine Gedichte unſterblich ſey, ein Glied von mir?

Bethauet.

Sonſt dachte man, der Thau ſtiege aus der Erde, oder fiele vom Himmel. Allein der dichteriſche Herr Doctor lehret: das Mor - genroth und das Abendroth bethauet.

Doch geh durchs weite Reich, das Gottes Hand gebauet, Wo hier in holder Pracht, von Morgenroth bethauet, Die junge Roſe gluͤht. Haller, 49 S. Oder iſt gar das Morgenroth ſelber der Thau?

Betreten.

Die weite See der Welt betreten. Das51BeDas thue Hr. v. Haller, und ich nicht. Swift nennet dieſe Figur das Unmoͤgliche. Antil. 94 S.

Verſehn zu Sturm u. See, in allem wohl be - ſtellt, Betraten wir nunmehr die weite See der Welt. Haller 107. S. ()

Viel Gluͤck zur Reiſe! Jch weis nicht: ob der Hr. Doctor unter verſehen beſtimmt, oder ver - ſorgt meynet. Der Deutſche ſagte bisher: es iſt gut mit mir beſtellt; die Sache iſt gut beſtel - let worden. Fuͤr den Witz Sr. Unſterblich - keit war es aufgehoben, in allem wohl beſtellt zu ſagen.

Betrybniß

verſæuret, alſo auch Freyde verzu - kert. So ſinget der lohenſteiniſche Wuͤrzkraͤ - mer Bodmer!

Ihn im elend zu wiſſen, verſæurte nur Ja - cobs betrybniß. Jac. u. Joſ. 31 S.

Bewaffnen

eine Rede mit Donner; warum nicht mit Hagel?

Der will ich ſeyn! Und gegen ihn mit der Stimme der Donner Meine Rede bewaffnen! ꝛc.

So drohet Jthuriel in der Offenb. St. Klop - ſtocks 140 S. Der Donner wird Jſcharioten nicht viel ſchaden; denn der Seraph darf nicht Ernſt machen, und ihn einſchlagen laſſen. Aufs hoͤchſte darf er ihm die Zaͤhne weiſen; ein bischen knallen; aber nicht beiſſen. Das iſt ein Vorzug der miltoniſchen und klopſtockiſchen Engel und Teufel, daß ſie ſich wie unſere Zweykaͤmpfer nurD 2ver -52Beverletzen; doch nicht todt machen doͤrfen. Das waͤre ſans Raiſon; wie koͤnnte da ein Engel beſte - hen?

Bewirthungsrechte

mit einem begehen, ſaget man a. St. einen bewirthen. Das Wort bege - hen iſt ein heiliges Wort.

Daſs er mit euch die heilgen bewirthungs - rechte begehe. Jac. u. Joſ. 39 S.

Die patriarchaliſchen Dichter begehen ſich gar zu gern.

Bewußt.

Wenn dieß Wort recht eingepflochten wird: ſo macht es den ſchlechteſten Vers ſchoͤn und ſtark; auch in matten Dichtern.

Beyhuͤlfe.

Will man ſagen: die Eigenliebe lehr - te uns Mittel, das Meer zum Behuf unſerer Reiſen zu beſtreichen; ſo druͤckte man ſich ſo kurz aus:

Sie bahnete das Meer zur Beyhuͤlfe unſers Reiſens. Haller 105 S.

Beyhuͤlfe war ſonſt ein der Mildigkeit gewidme - tes Wort; allein die Mildigkeit hat es der Reiſe geliehen.

Beyſpiel.

Ein Beyſpiel von wohlverdienter Se - ligkeit giebt bey ſeiner Hochzeit, bey lebendi - gem Leibe, der lebendige, wohlgebohrne und gnaͤdige Herr Jſaak Steiger.

Du auch, der ſein bemuͤhtes Leben Der Buͤrger Wohlfahrt hat geweiht, Wirſt uns nunmehr ein Beyſpiel geben Von wohlverdienter Seeligkeit. Haller 119 S.
Allein,53Be

Allein, wann man Hochzeit machet, will man da ſterben? und ehe man nicht ſtirbt, kann man nicht ſeelig werden: es muͤßte denn in Wein ſeyn. Von einem betrunkenen Menſchen pfleget man zu ſagen: er iſt ſeelig! So hoffet vieleicht derglei - chen Seeligkeit auch der Dichter vom Herrn Braͤutigame. Es war moͤglich!

Better, a. St. Gartenbeete:

vieleicht des Reimes oder des Gedankens wegen: denn wie richtig iſt der Gedank nicht, der den folgenden Reim zieret?

Noch toller, als hernach, da es die Gartenbetter Zu heilgen Tempeln macht, und duͤngte ſeine Goͤtter. Haller 43 S.

So haben die Heyden die Erde verehret, aus der der Baum gewachſen, aus deſſen Holze ein Jupiter geſchnitzet worden. Memphis naͤmlich vereh - rete die Gartenbetter, da es die Blumen vereh - rete, die auf jenen gewachſen; indem ſie Miſt dar - auf ausſpreiteten. Eine gar vortreffliche My - thologie. Worauf ſich das toller beziehet, iſt un - gewiß; denn vorher ſtehet ein Punct. Toll klin - get ſehr poetiſch, ſo wie duͤngte, a. St. miſtete, wenn es huͤbſch vorn und nicht hinten geſetzet wird.

Bezahlen.

Hier werden Wunden verkaufet.

Doch Tempel und Altar bezahlt des Maͤrtrers Wunde; Und Quebeis nackter Held ſtirbt von dem Tod der Hunde. Hall. 59 S.

Wir wußten vorher nicht, daß fuͤr eine Wunde ſind Tempel gebauet worden. Es heißt aber auf deutſch: er wird vergoͤttert! Und Que -D 3beis54Bibeis nackter Held ſtirbt, wie ein Hund. Von dem Tode der Hunde iſt ſchoͤn galliſch und ebraͤiſch. Die Hunde werden freylich nicht alle gebraten und gefreſſen, wie die Amerikaner, die ihren Feinden in die Haͤnde fallen. Es ſtehet da - her zu erwarten, was fuͤr eine Auslegung der Herr Doctor ſeinen Worten geben moͤchte. Ein jeder naͤmlich iſt der beſte Ausleger ſeiner Worte. Er iſt eines betruͤbtes Todes, oder einen betruͤbten Tod geſtorben, war ſonſt gewoͤhnlich; nun ſaget man, von einem Tode ſterben.

Bild.

Ein Bild, das da hoͤret, wann man weinet. Auf jener oͤden Au, an der gelinden Leine,

Beſucht mich oft ihr Bild, u. hoͤret, wann ich weine. Haller 142 S.

Bemerket doch das ſchoͤne Beywort gelinde, a. St. ſanft von einem Fluſſe! a. St. beſucht, ſetze be - lauſcht.

Jhm wiſcht kein ſchoͤnes Bild die Runzeln vom Geſicht. e. d. 63 S.

So kann denn ein Bild wiſchen? Vieleicht aber iſt es auch eine Figur die Enthauptung, a. St. Weibesbild. Es gehoͤret kein gemeiner Ver - ſtand zu ſolchen Erfindungen, die Dichtkunſt zu er - leichtern.

Bilden,

beſſer ausbilden, in der aͤfthetiſchen Sprache. Den Sohn nach Brandtewein bilden, d. h. einen Sohn von Brandtewein ma - chen. Der Gedank iſt ſehr richtig.

Dort bilden Vaͤter ſchon den Sohn nach Brandtwein. Brem. Ged. 24 S. ()
Biſſen,55Bi Bl

Biſſen,

verſchwiegene: giebts alſo auch redende? Aber ſie nagete mit verſchwiegenen Biſſen di ſynde. Jac. u. Joſ. 4 S.

Biſſen des zaͤrtlichen Mitleids: alſo beißt das Mitleid?

Und wie nagte die Wehmuth des letzten uͤbrigen Mirza Mir an meiner Bruſt mit Biſſen des zaͤrtlich - ſten Mitleids. Noah 38 S.

Der einfaͤltige Sachs ſagte nur: der uͤbrige Kaͤ - ſe, die uͤbrige Butter; noch ſchoͤner ſagt der wi - tzige Schweizer: mein uͤbriger Bruder, mein uͤbriger Sohn: ein Sohn, den man zu viel, oder uͤbrig hat. Man wird oft zweydeutig: al - lein, deſto ſchoͤner!

Bitten.

Das Schickſal giebt uns vergebens mehr, als was wir bitten. Das iſt niedrig! ſo ſpricht die geſunde Vernunft; aber nicht der Witz; und der machet doch einem Menſchen mehr Ehre, als jene. Denn ſo ſaget Haller, der Un - ſterbliche, 111 S. ſ. Ged.

Vergebens uͤbertrifft das Schickſal unſer Bit - ten. ()

Blank.

Der blanke Nord! der ruſterige Weſt! Jch freue mich; ja ich frohlocke recht, dieſen ſo oft bewunderten Vers meinem Buͤchelein einzuver - leiben.

Sie ſind im Weſen eins; nur an Geſtalt ver - ſchieden, Weiß unterm blanken Nord, ſchwarz un - term braunen Suͤden. Haller 43 S.
D 4Blaͤhen. 56Bl

Blaͤhen.

Trefflicher kann dieß Wort nicht ge - braucht werden:

Welch Druck das große Meer zu gleichen Stunden blaͤht. Haller, 64 S. ()

Vieleicht hat es blaͤhende Sachen verſchlungen; die machen in einem menſchlichen Koͤrper oft Ebbe und Fluth. Gleiche Stunden ſind nicht Stun - den, die einander gleich ſind. Nichts weniger! es heißt vielmehr: Zu eben den Stunden. Man kann alſo auch trotz Gottſcheden ſagen: welch Mann; und welcher Holz. Jch bin heut gluͤcklich in meiner Erndte. Hinfuͤro werde ich, a. St. das Waſſer will nicht zuruͤck, gar zierlich: der Schaum blaͤhet ſich, ſagen. Das Exempel eines großen Mannes rechtfertiget mich dazu. Jch will lieber mit Hallern irren, als mit der geſunden Vernunft Recht haben. Pars pro toto heißt die Figur.

Doch, wie ein feſter Damm den Sturm ge - drungner Wellen, Wie ſehr ihr Schaum ſich blaͤht, zuruͤcke zwingt zu prellen. Haller, 76 S.

Die Wellen ſtuͤrmen! gedrungene Wellen, ſo wie gedrungene Verſe! welche Schoͤnheiten!

Blaͤſt.

Wann man Waſſer aus dem Maule ſpruͤtzt: ſo irret man ſich, wenn man nicht ſaget blaͤſt.

Dem Fiſch, der Stroͤme blaͤſt, und mit dem Schwanze ſtuͤrmet: Haſt du die Adern ausgehoͤhlt;Du57BlDu haſt den Elephant aus Erden aufgethuͤrmet, Und ſeinen Knochenberg beſeelt. Haller, 2 S.

Stroͤme blaſen! warum nicht Meere? Mit dem Schwanze ſtuͤrmen: ein artig Ge - wehr! Was beſtuͤrmet er denn? Wellen! Eine richtige Klageendung: den Elephant! Ein feiner Berg! Kann man nicht alſo ſagen: ein Fleiſchberg? ein Rippenberg? ein Run - zelnberg? denn alles ſind Theile vom Elephan - ten. Noch ein ſauberes Broͤckchen! Man ſage a. St. das Leben geben nur dreiſt beſeelen; und ſetze alſo auſſer Zweifel, daß Gott einen Athem dem Elephanten in die Naſe geblaſen. So ſinget Haller der Grammatiker.

Blaue Schatten ſiehet man;

auch hin und her ro - the. Und warum das nicht? wer krauſe geſe - hen, kann auch wohl glatte geſehen haben.

Zu meinen Fuͤßen lag ein ausgedaͤhntes Land, Durch ſeine eigne Groͤß umgraͤnzet, Worauf das Aug kein Ende fand, Als wo Juraſſus es mit blauem Schatten kraͤnzet. Haller, 95 S.

Das Aug? Wie groß iſt das Land, das durch ſeine eigene Groͤße umgraͤnzet iſt? Welch ein Zuſammenlauf der Selbſtlauter!

Blaͤtter.

Was iſt ein Kind? Gelt! lieber Leſer! das weißt du nicht! Wie die Dichter nicht klug ſind!

Ein Kind iſt noch ein Baum von eiteln Blaͤttern gruͤn. Haller, 141 S. D 5So58BlSo ſind die Blaͤtter eitel? Eine Peruͤcke von ei - teln Haaren weiß! Wie es ſo ſchoͤn iſt! Mein Feuer brennt nicht nur auf Blaͤttern; Jch ſuche nicht dich zu vergoͤttern: Die Menſchheit ziert dich allzuſehr. 72 S. e. d.

Wer Henker wird den Liebesbrief leſen, wenn er brennte? Wenn aber das Feuer nun nicht auf Blaͤttern allein brennet: wo brennet es denn mehr? So geſchickt weis der Grammatiker den Sinn wegen einer gewiſſen Figur auszulaſ - ſen, die, wir wollten wohl; aber wir koͤnnen nicht, heißt. Jch glaube nicht, daß das eitelſte Maͤgdchen ſich auf ihre Menſchheit ſo viel einbildet, daß ſie die Vergoͤtterung uͤbel nehmen ſollte. Jch frage daher den Hn. Doctor auf ſein Gewiſſen, ob er boͤſe wird, wenn man ihn mit Popen verglei - chet? Haller, der deutſche Pope.

Bley blitzet.

Daran haben die Naturkuͤndiger bis - her gezweifelt. Jch wuͤnſche dem Erfinder Gluͤck. Eine Kugel blitzet alſo, wann ſie aus dem Laufe faͤhrt; das Feuer des Pulvers nicht.

Dort fliegt ein ſchnelles Bley in das entfernte Weiſſe, Das blitzt; und Luft und Ziel in gleichem Nu durchbohrt. Haller 20 S.

Sr. Hochwohlgeb. zu Ehren halte ich dafuͤr, daß dieſes das, das blitzt, nicht auf das Weiſſe, ſondern Bley gehe. Jch werde mich dawider ſe - tzen, ſo lange ich nur ſchreiben kann. Was man nicht lernet! die Luft wird wie ein Brett durch -bohrt. 59Blbohrt. Wie ein Brett! Ha! ha! ha! Hi! hi! hi! Gleichem Nu, a. St. einem Nu.

Blenden, a. St. Blendung.

Die Franzoſen ſa - gen: Windes. Se. Majeſtaͤt, Kaiſer und Jaͤger Nimrod fuͤhrte ſchon Laufgraben mit Blenden.

Wir machten hierauf große Blenden Von Tuͤchern und Brettern, u. gruben am hellen Tage darhinter. Nimrod 248 S.

Ein Heldendichter muß auch ſeine Kriegsbaukunſt zeigen.

Blokiren,

a. St. einſchlieſſen oder verſperren; oder umrennen. Kriegsbaumeiſter Nau - mann brauchet dieß Maͤngſel ſehr zierlich in ſeinem Hofnarren Habacuc, oder Jaͤger Nimrod 246 S.

Zuerſt blokirt ich die Stadt, um ſie, durch Hun - ger, zu zwingen.

Blaͤſonirt.

Hr. M. Naumann verſtehet auch die Wappenkunſt; und was kann man nicht einem Manne zutrauen, der noch vor St. Klopſto - cken klopſtockiſch gedacht hat!

Der Steinhagel Zerbrach (nicht zerſchmiß) mit aͤuſſerſter Kraft die blaͤſonirten Schilde. Nimr. 430 S.

Blindheit.

Ein Herz hat keine Augen, wie kanns denn blind ſeyn? warum nicht? Der Menſch hat Augen.

Ein ohne Blindheit zartes Herz War meine Luſt, und iſt mein Schmerz. Haller, 124 S.
Bloͤde.60Bl

Bloͤde.

Mein Verſtand iſt zu bloͤde, dieſes Bloͤde einzuſehen. Welche Reime!

So bleibt der muͤde Geiſt, bey falſchen Guͤtern. oͤde; Der Ekel im Genuß entdeckt das innre Bloͤde. Haller 111 S.

Es iſt zu bewundern, zu was fuͤr Fuͤgungen das Beywort innre Anlaß giebt. Kein Dichter iſt ſo klein; er ſchwatzet davon. So giebts auch oͤde Geiſter? Die antigrammatikaliſche Seite verſie - het uns mit allerley Geiſtern. Es ſpuͤket recht in ihren Gedichten; und kein Teufel hat Ruhe vor ihnen: allein, warum ſollten ſie auch Ruhe ha - ben?

Bluͤht.

Jn der bluͤhenden Schreibart, die Swift die blumichte nennet, iſt der Botanikus und Grammatikus ſtark. ſ. Antilongin, 125 S.

Geſetzt, daß ungefuͤhlt in ihr die Jugend bluͤhet. Haller, 61 S. ()

Lieber ungerochen! Bluͤhet die Jugend in mir: ſo iſt wohl die Jugend ein auſſer mich beſtehendes Weſen? Jch weis es nicht: ich laſſe mich be - lehren.

Blumicht.

Wenn ein Maͤgdchen Blumen liebet: ſo iſt es ein blumichtes Maͤgdchen. So Bod - mer!

Sem gab ſein Aufſehn Deboren; Cham der Thamar, u. Japhet der blumich - ten Kerenhapuch. Noah 99 S. ()

Oder, war das blumichte Maͤgdchen in gebluͤm - ten Zeug gekleidet? Bluͤmichte Weſten warenauch61Blauch Mode vor der Suͤndfluth. Sein Aufſehen einem geben, a. St. ein Auge auf jemanden haben.

Einige mußten die Juͤngling in hellen Baͤdern bedienen, Mit wohlriechendem Oele ſie ſalben u. blumichte Weſten Ueber die Schultern werfen, die jugendlich bluͤhten. -- Noah, 28 S.

Bluͤhten die Schuliern? ſo wird auch wohl der H --, oder Steiß gebluͤhet haben? oder geht es auf die Weſten? So werden ſie aͤlterlich auf den Huͤften Milkas gebluͤhet haben. Ein bluͤ - hender Steiß: welch ein Bild, ein angenehmes Bild!

Blythe

hinanſteigen, oder kletern. Das muͤſſen wohl Seidenwuͤrmer ſeyn. Nein! Benjamin iſt es. Das Klettern uͤberhaupt iſt ſehr Sitte: man klettert ſo gar auf Gedanken.

Eile, mein ſohn! befödre dein wachsthum an weisheit u. tugend, Wie du die blythe der jugend entfaltend zur manheit hinan ſteigſt. Jac. u. Joſ. 10 S.

Bluͤmrant.

Wer ſollte ſichs traͤumen laſſen, et - was Bluͤmrantes in einem Gedichte vom Nim - rod zu finden? Jch habe den gluͤcklichen Fund gethan, und wuͤnſche mir Gluͤck dazu; unſern Zeiten aber noch mehr, die den Hr. M. Naumann gewiß verewigen werden: ſollte es auch nur mit Lachen geſchehen.

Weiter62Bl
Weiter hin bewegten ſich die Kreiſe Millionen geiſtiger Flammen, wie der Regenbo - gen vielfarbicht; Bluͤmrant, wie ein Tuͤrkis, u. gruͤn, wie ein Chryſolit, oder Jaspis. Nimr. 581 S.
Jſt das nicht ein recht himmliſches Luftfeuer? Noch ein Feuerchen! ſ. dergleichen himmliſche Jllumination im Antilong. 22 S.
Ein ewiger Tag herrſchte hier; alles war unele - mentariſch. Die allerſubtilſten Subſtanzen des allerlau - terſten Feuers Brannten, ohn zu verbrennen, an ſich ſelbſt unverzehrlich. Nimr. e. d.

Jſt das nicht ſubtil?

Blut.

Unſere neologiſche Witztyrannen finden kein Wort in der deutſchen Sprache ſo geſchmeidig, als dieſes. Bald iſt es ein feiner Duͤnger; bald giebts etwas darinnen zu waſchen. Kurz! die Wirkungen ſind unzaͤhlich, die das arme Blut uͤber ſich nehmen muß. Eines von den groͤßten Haͤu - ptern machet ſehr ſinnreich einen Duͤnger daraus, nachdem er zuvor mit dem Schwerte gepflan - zet. Bisher glaubte man nur, daß ein Schwert ausrotten koͤnne: allein, es kann auch pflanzen, Und was fuͤr Eigenſchaften nimmt ein Ding nicht an, wenn nur ein Schoͤpfer, ein Geiſtſchoͤpfer, daruͤber koͤmmt!

Die Nachwelt angeſteckt von ihrer Ahnen Wuth Pflanzt Glauben mit dem Schwert u. din - get ſie mit Blut. Haller 44 S.
So63Bl

So kann man auch ſagen a. St. den Acker duͤngen, den Weizen duͤngen. Dieſe ganze Seite iſt eine rechte Schatzgrube von neologiſchen Seltenheiten. Ein jeder Vers giebt einem was heim zu denken und zu lachen, wie Saͤnger Bodmer von je - dem Verſe verlanget. Unter andern iſt hier etwas hohes oder tiefes. Jch habe es von vielen Geiſtli - chen, aber wohl zu verſtehen, wenn ſie auf die roͤ - miſche Geiſtlichkeit erzuͤrnet waren, anfuͤhren hoͤren.

Fuͤr ſeines Gottes Ruhm gilt Meyneid und
Verrath:
Was Boͤſes iſt geſchehn, das nicht ein Prie - ſter that?

auf deutſch:

Was iſt wohl Boͤſes geſchehen, das nicht ein Prieſter gethan hat? Antwort: Sehr viel! Man muß alſo auch Luͤgen einmengen, wann man moraliſiret. Man hat angemerket, daß Prieſter und Fuͤrſten es ſehr groͤblich mit unſern Witzlin - gen muͤſſen verſehen haben, indem ſie jene bey allen Gelegenheiten anzapfen. Sie ſollten doch beden - ken, daß Prieſter ihnen den Himmel geben; Fuͤr - ſten aber ihnen die Luft laſſen. Allein Philoſophen haben weder Freund, noch Vater; die Wahrheit, das ſo beſchrieene Weib, iſt ihnen an Statt alles. Kalk und Steine haben noch nie Blut gegeben. Der unſterbliche Herr Doctor ſaget ſo gar, daß der Schutt von zerſtoͤrten Staͤdten Blut habe. Er erſaͤufet den Schutt in ſeinem Blute: in ſei -nem64Blnem eigenen Blute. Jſt das nicht ein Jam - mer?

Wer hat Tholoſens Schutt in ſeinem Blut erſaͤuft, Und Prieſtern einen Thron von Leichen aufge - haͤuft? Haller, 56 S.

Prieſterblut, wie Cofent, wohl verſtopft, wird ſchoͤn gaͤhren und brauſen. Wie er nicht ſchim - pfen kann!

Grauſamer Wuͤtherich! verfluchter Ketzereifer! Dich zeugte nicht die Hoͤll aus Cerbers gel - bem Geifer: Nein! Heilge zeugten dich; du gaͤhrſt in Prieſterblut. e. d.

Ha! Ha! Ha! die ganze Hoͤlle ſchlaͤft beym Cerberus? Der arme Hund! wie wird er das ausſtehen? Aber es iſt auch der Hoͤllenhund. St. Klopſtocks Juͤnger, der Herr Fabricius, waͤſchet ſo gar Berge in Blut: eine feine Waͤ - ſche!

Nicht, der ein Land verheert, und Voͤlker ausge - rottet, Mit Blut die Berge waͤſcht, und Loͤwenkraft verſpottet. Samml. Nicol. 122 S.

Es giebt eine Figur die Erweiterung.

Man kann ſie beſchreiben, als eine Kunſt, aus einem Gedanken alles zu machen, was man nur dar - aus machen kann. Dieß iſt das Spinnrad des βάϑος; dieß iſt das Spinnrad, welches die Gedanken ſpinnet, ausdehnet, verlaͤngert, aufwindet, und einen ſehr ſaubern Faden dar -aus65Blaus machet. Es giebt Erweiterer, welche die gluͤckliche Gabe beſitzen, ein halb Dutzend ge - ringer und ſchlechter Gedanken ſo auszudehnen, daß daraus ein ganzer Foliant wird.

So Swift. Antilongin 55 S. Unter den Erwei - terern aus neuen Zeiten verdienet den erſten Rang mit ſeinem Octavbaͤndchen auf der Dichterbank der Wohlgebohrne und gelehrte Hr. von Haller. Dieſer goͤttliche und kaum fuͤr einen Menſchen ge - haltene Mann, dieſer eingefleiſchte Seraph ſa - get unter andern:

Sein Leib verfaͤllt in Staub; ſein Blut ver - fliegt in Rauch: So ſtirbt ein großer Mann; ſo ſterben Vieher auch. 39 S.

Ob das Blut in Rauch verflieget, das uͤberlaſſe ich den Phiſikverſtaͤndigen zu erlaͤutern. Jch be - gnuͤge mich, die Redensart, in Staub verfallen, a. St. wie Staub zerfallen, und die mehrere Zahl von Vieh zu bewundern. So ſterben Och - ſen oder Eſel auch, waͤre freylich niedrig. Wir haben Urſache, ihm zu danken, daß er uns Mittel gewieſen, eine mehrere Zahl zu machen, wo keine iſt. Sonſt waͤrmte man nur Suppen auf. Allein ſiehe! wie der große Mann eine Kuͤchenre - densart auf den Parnaß erhebet. Glieder laͤßt er, welche Glieder? aufwaͤrmen:

Der Wolluſt ſanfte Glut waͤrmt ihre Glieder auf; e. d. a. e. d. S. ENoch66BlNoch eine Benennung des Blutes: Sein Herz pocht ſchon verwirrt; ſein truͤbes Auge bricht; Der Lebenspurpur ſteht, und jeder Saft wird dicht. e. d.

O! des großen Mannes! des Dichters! des Arztes! Jch will ein Buch ſchreiben, das ſich ge - waſchen haben ſoll. Maͤnnling der neue will ich ſeyn! Der will ich ſeyn! und einen Halle - rum enucleatum, einen ausgeſchaͤlten Haller, ſchreiben. Kann man ihn wohl genugſam ver - ewigen?

O Held! dein Muth iſt groß! Es ſoll, was du geweſen,
Auf ewigem Papier die letzte (nicht die erſte)
Nachwelt leſen.
Alleine, wann im Harz, nun lang genug gequaͤlt,
Ein aufgebrachtes Schwein zuletzt den Tod er -
waͤhlt;
Die dicken Borſten ſtraͤubt; die ſtarken Waffen
wetzet,
Und wuͤthend uͤbern Schwarm entbauchter
Hunde ſetzet:
Oft endlich noch am Spieß, der ihm ſein Herz -
blut trinkt,
Den kuͤhnen Feind zerfleiſcht, u. ſatt von Rache
ſinkt. Haller, 62 S.

So wird demnach der Harz gequaͤlt? So er - waͤhlt ſich das Schwein den Tod? Das glaube ich! Ueber Hunde ohne Baͤuche kann es leicht ſetzen. Saͤuft das Schwein am Brat -ſpieße,67Blſpieße, oder Jaͤgerſpieße Herzblut? Das iſt ja wunderſam, und wohl zu bemerken, daß ein ge - bratenes Schwein den Koch zerfleiſcht.

Bluten.

Von fremden Ruthen bluten, und doch nicht Schlaͤge bekommen, iſt das nicht ſelt - ſam? Es iſt doch wahr.

Fuͤllt ein Herze Ehrſucht mit Erbarmen? Das dem Ungluͤck reicht die milden Armen, Weint mit andern, und von fremden Ruthen Wuͤrdigt zu bluten. Haller 52 S.

Das thaͤte ich nun eben nicht, daß ich meinem oder meines Freundes Ungluͤcke die Armen reichte. Wegjagen wollte ichs, wenn ich koͤnnte. Wie kuͤnſtlich das hier angebracht iſt! Erbarmen kann es ſowohl, als ein Herz auf ſich ziehen, von dem man nicht recht ſiehet, ob es fuͤllet oder gefuͤl - let wird. Aber eben das ergetzet den Leſer, wenn er einen Fund thut; und ſo liſtig iſt, den Sinn zu errathen. Fremde Ruthen, alſo auch eigene Ruthen! So kann man auch dem Herzen einen Schilling geben?

Bluten.

Sein Leben bluten. So beſtehet folg - lich unſer Leben im Blute? So orthodox lehret St. Klopſtock in ſeiner Offenbarung 140 S.

Jch will, iſt zierlich vergeſſen worden. Meine rechte Hand aufthun, u. ſagen: bey dem, der geblutet; Von den Hoͤhen des Kreuzes herab ſein Leben geblutet! Jſt das nicht ein Bluten! Noch ein Bluten! Wie aber es blutet!
E 2Er68Br
Er jammert im Staube! die ſteigen - den Adern Bluten Todesangſt aus! Er, dem kein Jam - mer verdeckt iſt: St. Klopſt. 178 S.

Nimm vorlieb, mein Leſer! Ein andermal ſollen ſie Freude bluten; denn wir Dichter ſteigen alle Stufen der Qual und Freude hinab und her - auf. e. d.

Brand.

Jaͤher Brand; warum nicht jaͤhe Funken; ich dachte ſonſt, daß dieſes eher der ſchleichende Brand der Wolluſt thaͤte; denn von einem male faͤllt kein Baum.

Der Wolluſt jaͤher Brand verſchwendt des Leibes Kraͤfte. Haller 113 S.

Es wird auch gar ſchoͤn a. St. Funken gebrauchet. Sie fand den erſten Brand im Zweykampf Steins u. Eiſens. Haller 105 S.

Erſt ſpringen Funken; dann muß Zunder ſeyn; hierauf brennt Holz: alsdann ſind Braͤnde zu ha - ben. Allein, wer wird ſich ſo lange auf halten? Die Dichter ſitzen zu Pferde, und reiten oft ſehr ſchnell. So rauft ſich Stein und Eiſen; und ich koͤnnte, im Duelle Steins und Eiſens, ſa - gen. Hier iſt auch ein graͤſern Kleid; denn was iſt Raub der fetten Trifft? Gras! Ein Kleid von Gras! Ein paar Hoſen von Gras!

Sie kleidet Nackende vom Raub der fetten Trifft. e. d. Vom Himmel koͤmmt ſein Brand, der keinen Rauch gebieret; Viel edler iſt der Trieb, der uns fuͤr andre ruͤhret. e. d.
Sollen69Br

Sollen wir denn rauchen? Wo iſt je Feuer oh - ne Rauch? Jn den vortrefflichen Gedichten des Unſterblichen. Den Namen laſſe ich gar zierlich aus. Seine Verehrer haben ihn im Herzen; und fuͤr Spoͤtter ſchreibe ich nicht. Tadeln die doch wohl Klopſtocken den Theologen.

Braun.

Ein maͤnnliches Braun; giebts auch ein weibliches? Redet man im Braune? lieber im Blauen! die Lippen im Zorne naͤmlich wer - den blau. Eine Strenge reden, eine Suͤße ſingen. Wie das ſo ſchoͤn iſt!

Von ihm nicht fern war einer, der in dem maͤnn - lichen Braune Strenge der Tugend redt und Zorn fuͤr das haͤßliche Laſter. Noah, 207 S.

Brauſen,

a. St. brauſen ſetze Gebraͤuſe, wie der große Wortſchoͤpfer. Sage alſo, a. St. blaſen, Geblaſe!

Jm Mittel (a. St. in der Mitte) eines Thals von Himmelhohem Eiſe, Wohin der wilde Nord den kalten Thron geſetzt, Entſprießt ein reicher Brunn mit ſiedendem Gebraͤuſe, Raucht durch das welke Gras, u. ſaͤnget, was er netzt. Haller 32 S.

So iſt denn ein Himmelhohes Eis ein Thal; und es iſt kein Widerſpruch, zugleich ein Thal und ein Berg zu ſeyn. Aeſte entſprießen nicht mehr; ſondern entſpringen. Das letztere thaten vor dieſem Brunnen. Zwey Hauptwoͤrter koͤn -E 3nen70Brnen ſich ja wohl ihre Zeitwoͤrter leihen. Wer will ihnen das uͤbel nehmen? Flammen verbruͤhen, und Waſſer ſaͤnget. Wenn zwo Regeln zuſam - men kommen, von denen mir eine im Wege ſtehet: ſo muß die letztere weichen. S. Samml. Nico - lai 45 S. Man kann nicht zugleich hoch und auch richtig denken.

Brechen.

Flachs brechen die Weiber; einen Starrkopf die Schulmeiſter; Nacken die Helden, und wer ſich mit Ermordung der Men - ſchen abgiebt. Man bricht auch den Hals, wenn man aus dem Fenſter faͤllt. Allein, lieber Leſer! weißt du wohl, wer den Winter und den Sommer bricht? Wer anders, als Gecken und Dichter! Nicht ſo Haller!

Wie, daß dann unſer Sinn auch nicht
Des Unmuths oͤden Winter bricht?
Haller 83 S.

Die Freude wird folglich einen vollen Sommer haben. Es iſt eine Catachreſis: 70 S. im Antil. Jch ziehe dieß Buͤchelchen mit Fleiß ſo oft an; es enthaͤlt naͤmlich die Regeln zum Erhabenen, zu dem unſere fliegenden Fiſche, Schwalben, Strauße, Papageyen, Taͤucher, Meer - ſchweine, Froͤſche, Aale, Schildkroͤten, oh - ne Regeln gelanget ſind. Das Buch iſt ſelten zu haben; man erlaube mir alſo, die Eigenſchaften dieſer Art Thiere herzuſetzen. Ein jeder Leſer kann die Liſte vermehren und auslegen; er muß es aber nicht machen, wie jener, der aus dem Bruͤyere ein Pasquill machte.

1. Die71Br
  • 1. Die fliegenden Fiſche ſind Schriftſteller, die ſich zuweilen auf ihren Floßfedern erheben, und aus den Tiefen in die Hoͤhe fliegen. Allein ihre Fluͤgel werden bald trocken, ſo, daß ſie wieder her - nieder fallen, und ſich wieder ins Waſſer tauchen. Dieß ſind bey uns W. N. und alle Suͤndfluthen - dichter.
  • 2. Die Schwalben ſind Dichter, die ſich nur bewe - gen, herum flattern, und beſtaͤndig jagen; alle ih - re Behendigkeit aber, und alle ihre Geſchwindigkeit iſt einzig allein, Fliegen zu erſchnappen. Der witzige Herr Gl -- m, Jungfer D-lth-y, und viele, die von Wein und Liebe ſingen.
  • 3. Die Strauße ſind diejenigen deren natuͤrliche Traͤgheit ihnen ſelten vergoͤnnet, ſich von der Erde zu erheben; ihre Fluͤgel dienen ihnen nicht zu flie - gen, und ihre Bewegung haͤlt ein gewiſſes Mittel zwiſchen Fliegen und Gehen: dieſes nun zu erſtat - ten, laufen ſie mit einer auſſerordentlichen Ge - ſchwindigkeit. Bey uns ſind es der beliebte P-k-nd-r, Br-ck-s, St-pp - und ihre Nachah - mer; Quodlibethecker und Recitativen - ſchreiber.
  • 4. Die Papageyen ſind diejenigen, welche die Wor - te eines andern mit einer ſo heiſern, und ihnen ganz eignen Stimme wiederholen, daß man glau - bet: es waͤre dieſes ihre ordentliche und natuͤrliche Stimme. Hierunter gehoͤren in Zuͤchten und in Ehren D. Tr-r, B-dm-r in ſeinen Fabeln, und viele Dollmetſcher.
  • 5. Die Taͤucher ſind Menſchen, die ſich lange un -E 4term72Brterm Waſſer verſteckt halten, und unterweilen wie - der erſcheinen, wenn man ſie am wenigſten erwar - tet. Das werden ſeyn K. ein unbekannter Fa - beldichter aus Hamb. und die Gluͤckwuͤnſchler.
  • 6. Die Meerſchweine ſind plump und ſchwer: ſie laſſen alle ihre lieblichen Geſaͤnge bey einem großen Geraͤuſche, Laͤrme und Sturme hoͤren. So oft ſie ſich aber bey ſchoͤnem Wetter, und am hellen Tage zeigen, welches gar ſelten geſchiehet: ſo ſind ſie nichts, als haͤßliche und ungeſtalte Ungeheuer: Gorgonen, Hyaͤnen, Amphisbaͤnen, Hy - deen. Bey uns ſind dieſe Ungeheuer ſehr zahl - reich. H-ll-r, B-dm-r, Kl-pſt-ck, und al - le Wurmſaamianer.
  • 7. Die Froͤſche koͤnnen weder gehen, noch fliegen; aber ſie huͤpfen und ſpringen mit einer wunderns - wuͤrdigen Geſchwindigkeit. Sie leben ordentli - cher Weiſe in dem Grunde eines Grabens, und ma - chen ein groß Geſchrey, wenn ſie den Kopf aus dem Schlamme ſtecken. Es waͤhret aber oft nur einen Sommer; oder ſo lange, als der Verleger Geld giebt. Dieß ſind manche Wochenſchriften, viele Journaliſten, Zeitungsgewaltige Ty - rannen, und die ungereimten Dichter, als Hr. W. u. ſ. Gelichters, die ſich bey akademiſchen Standeserhebungen hoͤren laſſen.
  • 8. Die Aale ſind verborgene Autore, die ſich in dem Kothe einwickeln, und da verſteckt halten; die aber ungemein lebhaft, und behendes Leibes ſind. Das ſind die Sinnſchriftler, die auf die geſunde Vernunft Satiren machen; ſie in die Zeitungenſetzen,73Brſetzen, und durch ihre Trompeterſtuͤckchen man - chem, der zu ſtolz wird, ein Runda machen.
  • 9. Die Schildkroͤten ſind langſam, froſtig und er - ſtarret. Sie ſind gleich den Autoren, welche Hir - tengedichte ſchreiben. Sie haben einen großen Gefallen an Gaͤrten. Sie haben meiſtens eine ſchoͤne bunte Schaale; unter dieſer Schaale aber iſt ein ſchwerer Klump. Das iſt der Herr Baron v. S. Z-n-tz, D-rſch -- und viele Schaͤfer - dichter.
  • 10. Das Dutzend voll zu machen, erwaͤhne ich noch dreyerley Art von Thieren. Die Ratzen benagen den Leuten das Brodt. Verfolget man ſie: ſo entſchluͤpfen ſie in die Loͤcher; ja, ſie ſtellen ſich wi - der die Katzen zur Wehre. Sie haben krauſe Schwaͤnze; und man findet unter ihnen den Ra - tzenkoͤnig H. B. Die Herren Verleger bedienen ſich ihrer, und ſchicken ſie ihren Kunſtverwandten in die Buchlaͤden. Sie ſind ſonderlich ſchlimm auf die Franzbaͤnde, die ſie, bis auf die Buchſta - ben, verzehren.
  • 11. Die Puhue leben in den Einoͤden; naͤhren ſich vom Aaße und rohem Fleiſche. Sie haben Eu - lenaugen und Adlerklauen. Sie ſind ſo ver - haßt, daß, wenn ſie ſich greifen lieſſen; alle Kraͤ - hen oder Dichter auf ſie ſtoßen wuͤrden. Sie er - heben ihre Fluͤgel mit einem entſetzlichen Geraͤuſche; und klappern, wie die Stoͤrche, mit ihren krum - men Schnaͤbeln. Eine gewiſſe Art Geiſter, die Sehraffen, ſind nur ihrer maͤchtig. Sie ſetzen ſie auf den Daumen, wie die Falken: und ſo baldE 5ein74Brein Taͤubchen ſich ſehen laͤßt: ſo iſt es verlohren. Dieß ſind M. und die G-tt-ng-r.
  • 12. Das Camaͤleon iſt das graͤßlichſte Ungeheuer, das ſich denken laͤßt. Es nimmt nicht allein die Farbe, ſondern auch die Geſtalten von allen oben - genannten Thieren an. Es treibet die Eigenſchaf - ten jedes Thieres aufs hoͤchſte. Jn ſeinem Ge - hirne bruͤten Ungeheuer; aus ſeiner Naſe ſtuͤrzen Suͤndfluthen, die die Erde vertuſchen. Es iſt zu fuͤrchterlich, als daß ichs nennen ſollte. So Swift!

Brennen.

Jch habe es oft geſagt, und werde es noch oͤfter ſagen, mein Herr Doctor iſt ein rechter Meiſter in der Wortfuͤgung. Anſtatt von dem, ſage womit.

Sie zuͤndt das Feuer an, womit die Helden brennen. Haller, 104 S.

Oder ſoll es das Feuer ſeyn, womit man ſaͤnget und brennet. Der Dichter liebet die Figur: das Raͤthſel.

Mein mittleidsvolles Lied ſoll nicht von Rache brennen. Samml. Nicolai 147 S.

Es wuͤrde auch nicht gut ſeyn, denn es verbrenne - te ja: und es waͤre doch ewig Schade darum.

Breit.

Man braucht dieſes Wort auf mancherley Art. An Statt tiefe, ſaget man breite Ein - ſicht. Dieſe Umſtaͤnde erzaͤhle ich ſo breit, ſagt der Vorredner der bremiſchen Gedichte. Ob er nun das Maul oder die Beine ſo weit von einan - der ſperret, das weis ich nicht. Eines von beydeniſt75Briſt zu vermuthen; weil ich ſonſt nicht wuͤßte, was breit erzaͤhlen hieße.

Bremiſche Gedichte.

Es iſt in unſern Tagen Sit - te, wann ein Dichter ſeine Geburten taufet, ſie ge - meiniglich mit dem Namen des Ortes, wo er ſie ge - machet hat, zu zieren. Es iſt auch ſehr gut; man wuͤrde ſonſt nicht wiſſen, ob ſie in den Wolken oder im Kothe waͤren gemachet worden. Viele haben ſich dawider empoͤret. Sie wollen nicht lei - den, daß nur einer allein in einer Stadt das Recht zu dichten an ſich reiße. Das waͤre ein Eingriff in die oͤffentliche Freyheit; und zugleich grob, allen andern aufgeweckten Koͤpfen in einer Stadt die Faͤhigkeit zu dichten abzuſprechen. Stadt - und Landaͤrzte haͤtten wir wohl; aber noch nicht Stadt - und Landdichter. Allein den Ausſpruch muͤſſen wir von den Tribunalen des deutſchen Witzes erwarten. Wir genieſſen, was wir ha - ben; und ich freue mich, daß wir die bremiſchen Gedichte einem Jrrthume zuzuſchreiben haben. Che felice Errore! Der breite Herr Vorred - ner geſtehet es ſelbſt mit ſeiner breiten Einſicht. Kein Wunder, daß eine ſo artige Verwirrung darinnen herrſchet. Herr Joh. Heinrich Oeſt hat mir zu meinem Vergnuͤgen vorgearbeitet. Er bildet ſich nicht unbillig etwas darauf ein, und hat oft die koͤrnichten Redensarten groß drucken laſſen. Moͤchten ihm doch alle heilige Dichter nachah - men; mein Buch wuͤrde deſto eher fertig werden. Aber ach! alles wuͤrde große Buchſtaben haben.

Brigade.

Du wirſt es dieſem Woͤrtelein gleich an -ſehen,76Brſehen, weß Geiſtes Kind es iſt: des naumanni - ſchen Geiſtes!

Und ich ging, ohne zu ſaͤumen, mit meiner Bri - gade vor Zipor. Nimr. 402 S.

Brunnen.

Dieſes Wort wird in der verbluͤmten Schreibart mit vieler Zierlichkeit von ſolchen Sa - chen gebrauchet, auf die ſich nicht ein jeder gleich beſinnen wuͤrde. Ach man bedenke es doch! Ein gelehrter Mann, der ſich ſeit langen Jahren bear - beitet, uͤber die Geheimniſſe der Chriſten vernuͤnf - tige Gedanken zu ſchreiben, hat das Woͤrtchen Brunnen recht aͤſthetiſch angebracht, und uns ein Muſter gegeben, wie man die gewoͤhnliche Sprache verlaſſen muͤſſe, wenn man gefallen will. Man merke! Z. E. der Juriſt ſagt, dem Weibe die eheliche Pflicht leiſten, und die Bibel, ſeinem Weibe beywohnen. Solche gemeine Redensarten ſind, wie die Sache ſelbſt, der Welt nur allzu bekannt. Bey einer Frau ſchlafen, und Kinder zeugen, ſind Dinge, die alle Tage geſchehen. Weg damit! Man muß es wie Hr. B-ttſt-tt machen, und ſich dem Brunnen naͤhern, und aus dem - ſelben die Fortpflanzung des menſchlichen Geſchlechtes ziehen.

Das iſt traun! ein Bluͤmchen, daruͤber auch der Vater Vavaſſor lachen wuͤrde. Bey dieſem Bluͤmchen merke man ſich auch folgende Regel: Man muß bey Abfaſſung dogmatiſcher Schriften alle Regeln vergeſſen, die uns der praktiſche Theil der Vernunftlehre von der Abfaſſung dogmatiſcher Schriften ge - geben hat.

Die77Br

Die Erfahrung wird es den angehenden Schrift - ſtellern ſagen, wie ſehr dieſe meine goldene Re - gel das Schreiben erleichtere. Man kann den Bogen bald voll machen, und man wird mit Ver - gnuͤgen wahrnehmen, daß ein Menſch, der ins Gelag hinein ſchreibet, heutiges Tages weiter koͤmmt, als ein bedachtſamer Wortknoͤteler!

Brunnen.

Siehe, wie Sanct Klopſtock einen ſonſt leichtfertigen Einfall, von dem erſten Spie - gel unſerer lieben Eva, in ſeiner Offenb. hei - liget. 34 S.

Sey du mir mein Eden; du Brunnen Da - vids, die Quelle, Wo ich goͤttlich erſchaffen zuerſt mich ſahe; = =

War alſo das Paradieß bey Bethlehem. Sollte es dem Manne Bodmer einfallen, die Fabel vom großen Chriſtoph in Hexameter, ſchwei - zeriſche Hexameter, zu bringen; man wuͤrde nicht lachen. Noch einen Brunnen findet man von Thraͤnen und vom Leben im weichen Mark der zarten Lebensſehnen. Welch ein Brunnen! Mark in den Sehnen! nicht Saft!

Allein, im weichen Mark der zarten Lebens - ſehnen Wohnt ein geheimer Reiz, der zwar ein Brunn von Thraͤnen, Doch auch vom Leben iſt. Sat ſatis! Haller, 106 S.

Die Wohnung iſt etwas enge!

Bruͤder.

Bruͤder machen hieß ſonſt, bey der Mutter ſchlafen. Hier werden dem Donner Bruͤder gemachet.

Ein78Br
Ein neuer Prometheus beſtiehlt den Himmel wieder; Zieht Blitz und Stral aus Staub; und macht dem Donner Bruͤder. Haller, 37 S.

Hat das Prometheus gethan? Jch glaube, ein Aſt iſt nicht Staub. Oder gehet das auf die Electricitaͤt? So wußte ſie Prometheus auch ſchon? Daͤchte man doch nicht! Allein das iſt eine Synecdoche. Antilongin. 72 S. Noch eine Figur: der Reimzwang! Wuͤrde man ſonſt Scheffel und Laſten a. St. Schocke erndten laſſen? Zu Laſten Korn gehoͤret auch ein ſehr groß Stuͤck Land, dem Meere zu entreiſſen. Wie koͤnnte man aber ſo geſchwind ein beruͤhmter Poet werden, wenn man den grammatikaliſchen Gril - lenfaͤngern folgen wollte! Jch will einmal Gift und Gegengift neben einander ſetzen. Der Leſer waͤhle!

Das Meer wird ſelbſt verdraͤngt; ſein altes Ziel entfernt; Und wo manch Schiff verging, itzt Laſten Korn geerndt. Haller. Wer weiß, was dieſen Berg, der itzt ein Auge ſchroͤckt, Den Fels, der ewig ſcheint, noch fuͤr ein Schick - ſal deckt? Vieleicht wird hier, wo itzt die dicken Wolken ſtehen, Dereinſt ein ſchweres Schiff mit vollen Segeln gehen. Gottſched.

Aber das heißt nichts: man kanns verſtehen.

Bruͤ -79Br Bu

Bruͤder.

Sanftflieſſende Bruͤder; ich wundere mich, daß es dem Herrn Bodmer nicht gefallen, den Tagen ſanftflieſſende Schweſtern zu geben; denn die ſind noch ſanfter.

Noch war an ſtillem Licht den Tag den vorigen Tagen Seinen ſanftflieſſenden Bruͤdern, vollkom - men aͤhnlich geweſen. Noah, 247 S.

Ha! ha! So giebt es auch vieleicht ein Knaſtern - des Licht?

Bulgen.

Der Franzoſe ſaget: le ſang ſortit à gros Bouillons; der Deutſche: es ſprudelte das Blut; Hr. M. Naumann aber: das Blut mit großen Bulgen von ſich heraus gurgeln.

= = Nimrod nahm ſelber das Becken Und fing das Blut damit auf, das ſie mit großen Bulgen Von ſich heraus gurgelten. Nimrod, 74 S.

Des Hofpredigers Jemma Hochwuͤrd. mit Dero dicken Wanſte ſtand dabey. Nimrod und ein Hofprediger: welche Verbindung!

Jemma aber war groß; ſein dicker Wanſt war ſein Abgott. Er und trank mehr, als ſechſe zu ſich zu neh - men vermochten. Sein Phlegma machte ihn faul, dabey begehr - lich und geizig. Sein Predigen that er fuͤrs Geld; und troͤ - ſtete fleißig die Suͤnder: Beſonders die Großen und Reichen. Nimrod, 77 S.
Das80Bu

Das war ein Vielfraß! Jſt das Bild nicht nach dem Leben gezeichnet?

Buſemsfreund,

a. St. Herzensfreund. Wenn ich alſo zu meinem Maͤgdchen ſagen will: ich liebe dich von Herzen; ſo wird es ihr weit beſſer ge - fallen; wenn ich ſage: ich liebe dich von Buſem. Aber Bodmer ſchreibet nicht fuͤr Maͤgdchen: und giebt es nicht Witzlinge, die ein Lied fuͤr Eu - lern, und das andere fuͤr Louischen ſchreiben?

Sprich! ob es ſtrafbar iſt, nicht allen deutlich
bleiben,
Manch Lied den Schoͤnen weihn, und man -
ches Weiſen ſchreiben?

Jch fuͤrchte nur, dieſer Vergleich moͤchte wie ein Reichstag zwiſchen Spiritualiſten und Mate - rialiſten beſtehen.

Bunt.

Hier iſt etwas Buntes! Es iſt wie ein ſchielender Taffent, deſſen Farbe man nicht wohl beſtimmen kann.

Wie thoͤricht koͤmmt mir jener vor,
Der bey des Zeno buntem Thor
Verſchwur die Menſchheit und die Thraͤnen!
Haller, 84 S.

Jch ſehe wohl, daß in dem Verſe ein Thor iſt; allein ich weiß doch, zum Sinne zu gelangen, kei - nen Weg. Hatte Zeno ein buntes Thor? Jn was fuͤr einen Labyrinth fuͤhret uns der Dichter! Der Vers iſt fuͤr Gelehrte geſchrieben; und Halb - gelehrten iſt er ein Raͤthſel.

Buͤrgerlich,

a. St. geſittet; lieber graͤflich; denn die Grafen pflegen, oder ſollen vielmehr noch ge - ſitteter, als die Buͤrger, ſeyn.

Sie,81Bo Br
Sie, dieſe Liebe, war der Menſchen erſte Kette;
Sie macht uns buͤrgerlich, und ſammlet uns in Staͤdte.
Haller, 105 S.

Sie war der Menſchen erſte Kette; d. h. ſie verband uns zuerſt mit einander. So wird dann ein Gefangener, der die erſte Kette auf ſei - nen Fuͤßen fuͤhlet, mit dem Kerkermeiſter verbun - den. Bewundert doch die Gelindigkeit des Rei - mes! Wie es ſo reimet ſich!

Bogen.

Jch waſche meine Haͤnde in Unſchuld, und laͤugne, daß der Reim dieſen Bogen gemachet hat.

So tobten die empoͤrten Wogen,
Da in des Schiffs geloͤſtem Bogen
Jhr Schoͤpfer ſeine Macht verbirgt.
Samml. Nicol. 109 S.

Herr Tenzel wird am beſten wiſſen, wo des Schif - fes Bogen ſey. Ein kleiner Commentar wuͤr - de dieſen und den folgenden Vers erklaͤren. Ei - ne Stuͤtze wecken, wollen wir ſchenken:

Die Kleinmuth weckt die nahe Stuͤtze.

Jn der Angſt kann man freylich einen Baum fuͤr einen Menſchen anſehen.

Breitblaͤttricht,

alſo auch ſchmalblaͤttricht. Hier erkennet man recht, wie trefflich ſich unſere Spra - che zu Zeugung neuer Woͤrter ſchicket.

Nachtlaͤufer, Huͤfteſohn iſt nichts dagegen. Nimrod wollte das Waſſer abſchlagen:

Drum nahm er etwas zum Vorwand, und ging aus der reinlichen Leimhuͤtt, Die der breitblaͤttrichte Weinſtock mit ſchlaͤng - lichten Reben umarmte. Nimr. 16 S.
FSo82Br

So umarmen alle Weinſtoͤcker. Jch mache mir ein wahres und gerechtes Vergnuͤgen, die Urſachen anzufuͤhren, welche die nie geſehenen Dichter haben, anders, wie andere Leute, zu ſprechen. Sie ſtehen in der Nicol. Sammlung auf d. 45 S. und Herr Johann Samuel Patzke iſt der Verfaſſer davon.

Sie ſagen, die Kenner naͤmlich, daß ſich die poetiſche Freyheit auf die allgemeine Regel gruͤnde, welche dieſe iſt: wenn zwey Geſetze zuſammen kommen, die ich bey - de nicht beobachten kann, ſo muß ich von dem kleinern die Ausnahme machen. Wenn der Verfaſſer des Meßias, beydes, ſowohl eben die Groͤße und das Erhabene der Gedan - ken, als auch die ſtrengſte Reinigkeit der deut - ſchen Sprache, ſo wie ſie in der Proſe ſeyn muß, und itzt in dem Gedichte herrſchet, zugleich haͤtte beobachten koͤnnen; ſo waͤre es ein Fehler gewe - ſen, wenn er es nicht gethan haͤtte. Allein, wann die eine Regel die andere aufhebet; wenn ich, durch den Sprachgebrauch, durch die ge - woͤhnliche Wortfuͤgung, oder wohl gar, durch ein recht reines einzelnes Wort, das nicht ſo viel bezeichnet, als es bezeichnen ſoll, abgehalten werde, den erhabenen Gedanken erhaben aus - zudruͤcken: ſo berufe ich mich auf das Urtheil aller Kenner, von welcher Regel ſie mir rathen werden, die Ausnahme zu machen ꝛc. So un - recht es in der mittleren, und niedern Den - kungsart iſt, die Regeln der Sprache zu uͤber - treten; ſo erlaubt macht es das hoͤhere Geſetzder83Br Boder erhabenen Poeſie, oder des βαϑος, in gewiſſen Faͤllen.

Da ſieht man den klaren Kern, und die Herren Proſaiſten werden allein die Erlaubniß haben, vernuͤnftig zu ſeyn. Hr. M. Naumann hat alſo Recht, wie ein Pegnitz - ſchaͤfer zu ſagen, 17 S. ſ. Nimr.

Dort ruderten quakende Enten mit blaͤu - lichtgruͤnlichen Fluͤgeln; Hier plauderten hinkende Gaͤnſe; hochherzig - gekroͤnete Pfauen, Der blutrothbebaͤrtete Truthahn irreten auf dem Gefilde; Der ſichelkrumgeſchwaͤnzete Hahn rufte den ſperbrichten Weibern ꝛc.

Sind das nicht recht hochherzige, blutrothbe - baͤrtete, ſichelkrummgeſchwaͤnzete, ſperberichte Verſe? Lohenſtein wuͤrde ſein ganzes Zucker - werk darum geben, wenn zu ſeinen Zeiten ein Sa - muel Patzke gelebt haͤtte.

Borgelicht.

Jſt das nicht ein geborgtes Licht? wuͤrde ein Spoͤtter fragen. Allein der Spoͤtter muß bedenken, daß der Mond wirklich ſein Licht von der Sonne borget; es iſt aber ungewiß, wann er es ihr wiedergiebt. Brennet alſo ein Licht auf meinem Tiſche: ſo heißt der Schein an der Wand davon das Borgelicht; denn in der That borget es die Mauer: ſie giebt es aber eben ſo wenig wie - der, als der Mond.

Das Borgelicht des hornichten Monden, der die weit gereiſete Stralen,F 2Wie84Bo CaWie eine geweiſſete Wand von ſeinem Koͤrper zu - ruͤck wirft. Nimr. 553 S.

So kann ich dann von einem geduldigen Hahnreye ſagen: es iſt ein hornichter Mann. Stralen reiſen zu laſſen, iſt auch keine zu verachtende Schoͤnheit. Wo nun dem Monden einmal die Luſt zu reiſen ankoͤmmt? Jch daͤchte, wir legten eine Landkutſche nach dem Monden an, damit es den Stralen nicht ſo ſchwer fiele. Wir ſind uͤberzeugt, daß der ſchweizeriſche Scalder aus den Trinkhoͤrnern getrunken, die von dem Mo - ſte, oder Methe gefuͤllet waren, der im Odin bis an den aͤuſſerſten Schlund mit einem Rie - men gepreßt ward; wo dieſer Meth zwiſchen zween Bergen in praſſelndem Geraͤuſche um - herſchoß. S. ein Geſchaffenes zum Ge - brauche der rubenſiſchen Delphinen.

C.

Dieſer auslaͤndiſche Buchſtab iſt in den Behaͤltniſſen der Setzer nicht mehr ſo ſelten, als ſonſt. Die unſterblichen Dichter ſuchen noch mehr Buchſta - ben, unſer Alphabet zu vermehren: o! der wei - ſen Buchſtaͤbler!

Canal.

Peter, der Große, grub einen Canal, das ſchwarze Meer und die Oſtſee zuſammen - zuhaͤngen. Ludwig, der 14te, das Mittel - laͤndiſche Meer und Gaſcogniſche zuſam - menzuhaͤngen. Corbulo, Churfuͤrſt Fr. Wil - helm und andere große Herren mehr gruben auch Canaͤle. Niemand aber grub in unſerm Flei -ſche58[85]Caſche einen Canal der Sinnlichkeit. Der Mann Bodmer, aus Zuͤrich, von Religion ein Meſ - ſianer, und von Handwerk ein Hexameter - ſchmied, grub ihn. Allein kein Wunder! hat er doch gar die Suͤndfluth beherrſchet, deutſch: beſungen.

Wenn ſie kuͤnftighin auf den groͤßern Schau - platz der Welten Treten, mit Fleiſch bekleidet, ſo ſollen ſie nicht nur empfinden, Sondern zum Denken hinauf ſich ſchwingen, und alles durchforſchen, Was der neue Canal der Sinnlichkeit ihnen zufuͤhret. Noah, 346 S.

Wenn mein Schulmeiſter mir die deutſchen Mit - telwoͤrter verhaßt machen wollte, denen ich, als ein Knabe, (wegen ihrer Bequemlichkeit,) ſchon ſehr gewogen war: ſo nennete er ſie Zwitter, de - ren Geſchlecht man nicht erkennen koͤnnte; die La - teiniſchen hingegen truͤgen das Zeichen allezeit, wie ein Haushahn, hinten. Der liebe ſeelige Mann! Er wußte nicht, daß eben in der Zweydeutigkeit Witz ſtaͤcke. Der Leſer leſe den Vers noch einmal; er ſiehet den Sinn; er greift darnach, wie nach einer Fledermaus; er haſchet ſie und bewundert die Zweydeutigkeit:

Hæc decies repetita placebit. Horat. ()

Dieſes allerliebſte Schickſal hat das Mittelwort mit Fleiſch bekleidet. Der groͤßere Schau - platz der Welten kann naͤmlich mit Fleiſch be -F 3kleidet86Cakleidet ſeyn: aber auch das ſie. Welche Tiefe des Ausdruckes! Welche Hoͤhe der Gedanken!

Casket.

Dieſe Figur iſt die Vollkommenheit aller Figuren. Sie kann nach Swiften im Anti - longin, 115 S. die Tautologie; oder auch der Zirkel heiſſen. Es iſt mit ihr, wie mit dem Zir - kel in der Vernunftlehre, beſchaffen. Sie ge - het, wie die Katze um den Brey; und bleibet doch an der erſten Stelle ſtehen; und ſaget folglich eben das erſte Wort, nur mit einer kleinen Tinctur von Veraͤnderung. So war, z. E. im folgenden Verſe Sturmhaube nicht genug: es mußte noch ein Casket folgen.

Setzeſt du den Sturmhut nicht auf? oder iſt dein Casket noch zu Babel? Nimr. 424 S.

Camoͤniſch.

So kann man auch ſagen muſiſch; denn die Camoͤnen ſind ja die Muſen noch im - mer geweſen, obgleich der Parnaß auf den Berg Sinai iſt verſetzet worden. Einen camoͤniſch alſo ſehen. Wahrlich! ich weiß nicht, wie man einen alsdann ſiehet. Wuͤnſchler Wilhelmi ſiehet ſeinen Freund, den Hn. Steinbruͤck, ſo in einer Ode.

Camoͤniſch ſah ich dich; dich ſeegn ich noch einmal!

Sonder Zweifel iſt der Dichter ein Candidat des Miniſterii: er ſeegnet ja. Allein die Muſe von Tabor hat alle Dichter zu Prieſtern geweihet; und ſie ſeegnen alle, ſo viel ihrer ſind.

Cataſtrophe.

Eine Cataſtrophe des Seegenshat87Ca Cehat der weinende Hr. Nicolai in ſeiner Samml. 67 S. Unterdruͤcke die Strafen durch Ge - baͤth, die du auf die Urſachen des Ungluͤckes zueilen ſahſt; und ſey erfreut, wenn ſie, durch die Cataſtrophe des Seegens, hier und in Ewigkeit, ihren Fehler erkennen ꝛc.Die Strafen? Haͤtte ich nicht eine unuͤberwindliche Ehrfurcht vor allem, was ich nicht verſtehe: ſo waͤre ich hier bald von einer Cataſtrophe des La - chens getroffen worden.

Cherubsgeſtalt iſt ein Cherub.

Jſt alſo mein Zim - mer voll Bildniſſe der alten Churfuͤrſten: ſo iſt es von Churfuͤrſtengeſtalten voll. Noah be - ſchreibet ſeinen Kindern Raphaels, nicht Ma - ler Raphaels; nein! Engel Raphaels ge - malete Tapete in der Arche. Sie fragten ihn:

Welchem Stamm die Leut in den ſchildernden Ramen verwandt ſind? Er ſaget ihnen, das, was den Zuͤgen des Pinſels zu ſagen verwehret iſt: Unter den Maͤnnern erblick ich einen mit Augen und Lippen Himmliſcher lachen; ſein Haupt geußt um ſich olympiſche Stralen, Ob er den Menſchen in allem ſonſt gleich, ißt, ſchlaͤft und ſich kleidet; Jhnen dienet, der ſelbſt von Cherubsgeſtalten bedienet wird ꝛc. Sein Haupt geußt! Olympiſche Stralen! ſ. das Wort Olympiſch in meinem olympiſchenF 4Woͤr -88CiWoͤrterbuche! Jſt das nicht ein kuͤnſtlicher Ma - ler? Allein der in die Felder der Weſen Aus dem Nichts ſie hervorbefiehlt, hat hier gearbeitet. Noah, 209 S.

Cirkel.

Man ſiehet mit Vergnuͤgen, wenn man das Schickſal der deutſchen Sprache, ſeit dreyßig Jahren her, uͤberdenket, wie Zirkler Bodmer ſie allmaͤhlich mit Cirkel und Cubus mit ſeiner Sphaͤre verbunden hat: o! des großen Man - nes! So:

Wie das ewige Maaß bey allen mit Cirkel und Cubus Oder mit Sphaͤre die Theil in netter Ordnung verbindet. Noah. 246 S.

Jener Prediger rief aus Eifer, und zugleich ſeine Einſicht in die Geiſterlehre, in einem Gebethe, zu zeigen: o! du vollkommenſte Monade! Ein Meßkuͤnſtler haͤtte geſagt: o! du vollkommenſter Meßkuͤnſtler!

Ciſterne.

Daß Joſeph von ſeinen Bruͤdern in eine Ciſterne geworfen worden, ſtehet zwar nicht in der Bibel: Grube aber waͤre zu niedrig geweſen. Das ſchickte ſich wohl fuͤr Moſen, den Ge - ſchichtſchreiber: aber nicht fuͤr Bodmern, den Hexametriſten. Denn ſo ſtehet geſchrieben:

Wollen wir ihn nicht gleich umbringen, und ſeine gebeine In der ciſternen eine, die hier ſind, wer - fen? Jac. u. Joſ. 28 S.

Ein ſehr dienliches Mittel, die Hexameter beliebtzu89Cizu machen, iſt es, bibliſche Hiſtorien darein einzu - kleiden. Vieleicht iſt doch wo eine alte Vettel, die ſie lieber, als den Ruͤbezahl, lieſt, wo ſie die latei - niſchen Buchſtaben nur nicht abſchrecken.

Cither klingende lippen,

ſind wohlklingende Lip - pen. Schalt alſo Xantippe: ſo hatte ſie dudel - ſackklingende Lippen. Aber man leſe nur:

So oft ich im geiſte Seine ſtets lachenden augen, ſeine cither - klingende lippen Unter den griffen (nicht Klauen) des thiers vor todesængſten entſtellt fah. Jac. u. Joſ. 9 S.

So wollte wohl das Thier die Cither ſchlagen? Da wird es ſehr uͤbel geklungen haben. Der Eſel ſchlaͤget ſchon ſchlecht die Laute: geſchweige ein Pardel.

Citadelle.

Der Herr Hof, oder Oberlandbau - meiſter Nahor, laͤcherliches Andenkens, hat in der Nimrodsburg eine Citadelle gebauet. Nimr. 5 Buch: eine Burg, ein Schloß, waͤre nicht kriegsbaukunſtmaͤßig geſprochen; denn wie mein Antilongin ſagt: ſo iſt es zuweilen ſehr nuͤtzlich, Kunſtwoͤrter anzubringen, als welche unſere Schreibart von den großen Begriffen, den gemeinen natuͤrlichen Begriffen, ſo zu ſagen, entwoͤhnen und entfernen. 123 S. Aus eben dieſer Quelle flieſſet des Herrn Magiſters vor - treffliche Kriegsbaukunſt. Jch ſtelle mir es im Geiſte vor, mit was fuͤr einer Wuth der Dichter den Vegez und Lipſen de re militari wird ge -F 5pluͤndert90Cl Copluͤndert haben. Kruͤpeln und Blinde wird es in den nimrodiſchen Jagden oder Kriegen nicht ge - ſetzet haben. Ob ſie aber in den Muſterrollen untern Invaliden gefuͤhret worden: das ent - ſcheidet der Gebrauch, den der Hr. M. von dieſem Worte machet. Jn den Sitten der neuen Dicht - kunſt iſt der Dichter ſtark.

Cloſet.

Ein richtiges Lieblingswort der Maͤnner von Zuͤrich! der heiligen Skalder!

Gleich der Roſe, die erſt den Morgen ihr Cloſet verlaſſen. Noah, 7 S

Vieleicht iſt es die Schlafkammer, in der die Roſe ſchlaͤft, ehe ſie aufſtehet. Hat doch die Morgenroͤthe auch ein Bett!

Commandant, a. St. Befehlshaber.

Er hieß Ahalibama, laut Zeugniſſes des Herrn Mag. Nimr. 242 S.

Ein Baͤr nimmt zwiſchen die Tatzen den Kopf, den die Hummeln verfolgen, Und kollert auf ihm vom Berge Welch ein kollern!

Jſt das nicht ein geſchwaͤnztes Gleichniß auf einen Befehlshaber?

So hat auch Ahalibama

Verfolgen die Hummeln nur den Kopf? Dieſe Figur heißt, laut Swiften, die Verheutigung.

Compagnie.

Hat wohl ſchon jemand unſere Trie - be compagnienweiſe geſtellet? Der breite Hr. Oeſt wird der Platzmajor des Herzens. Er ſaget hier gewiß Wahrheiten.

Jedoch,91Co
Jedoch, ich moͤchte mich zu weit verirren, Wenn ich durchs ganze Heer dich wollte fuͤhren, Vom Feldherrn an, durch alle Compa - gnien: Die Muſterung waͤre zu lang u. dir verdruͤßlich. Brem. Ged. 22 S.

Das iſt wahr! das iſt wahr! Zween Druckfehler ſind zu verbeſſern: Setze an Statt, durchs ganze Heer, durch die Armee; und a. St. Feld - herrn, Brigadier. Auf eben der Seite ſind ſchreckliche Zergliederungstabellen zu leſen.

Cometiſch, von Cometen;

ſo wie trabantiſch von Trabant.

Jtzt zerreiſſen die Knotten der angefuͤlleten Schlaͤuche Ueber den Guͤrteln des Lands mit ihren cometi - ſchen Waſſern, Schuͤtten Eymer von Regen herab, und ſtroͤmen - de Kruͤge, Die ſtets goſſen, u. ſtets mehr Waſſer im Hinter - halt hatten. Noah, 252 S.

Da wird es Scherbel geſetzet haben! Hinterhalt! ſchoͤn! ſehr ſchoͤn! Guͤrtel des Landes! Et - was geographiſches.

Coniſch.

Es iſt ein Vorzug der heutigen Dichtkunſt, und unſerer Groteskenmaler, auch die Sper - lingsſchnaͤbel mathematiſch zu beſchreiben; z. E. a. St. Sperlingsſchnabel, ſage man coni - ſcher Schnabel.

Dann92Co
Dann die vom Huͤnervolk mit coniſchem kruͤmmendem Schnabel, Deren Oberkehle gehoͤhlt, wie der Rinnen am Dache. Endlich beſchloſſen den Zug die Voͤgel vom Sperlingsgeſchlechte Mit dem coniſchen abgeſtutzten Schnabel; dieß Volk ruͤhmt, Daß es in ſeinem Mittel die Singer des Vo - gelheers fuͤhret. Noah, 243 S.

Der Dichter will ſagen: die Schweizer! Man muß in der heiligen Dichtkunſt die vorkommen - den Gegenſtaͤnde mit allen Tiefen und Flaͤchen, Kruͤmmen, Biegungen, Ebnen und Riſſen, Hoͤ - kern und Buckeln ſchildern. Zur Erhebung neh - me man ein aus der Tiefe genommenes Gleichniß; wie z. E. eine Dachrinne; man bekoͤmmt einen deſto deutlichern Begriff von den Kehlen der Reb - huͤner. Vergleichet nicht Homer einen Helden mit einem Eſel? Oben habe ich ſchon die Kunſt, Kunſtwoͤrter einzumengen, geprieſen; ich thue es noch einmal, und preiſe ſonderlich die an, die ein bischen mathematiſch ausſehen. Denn auf was fuͤr Begriffe faͤllt man nicht, wenn man weis, daß ein Sperling einen coniſchen Schnabel hat!

Conterfait.

Bey dieſem Worte haben wir zweyer - ley zu bewundern; erſtlich, den Urſprung; zweytens die Anwendung. Es iſt eine bekannte Regel, daß man es mit auslaͤndiſchen Woͤrtern, deren Gebrauch unumgaͤnglich noͤthig iſt, wie der Großſultan mit fremden Geſandten, machen muß. Wollen93CoWollen ſie nicht Tuͤrken werden: ſo muͤſſen ſie doch tuͤrkiſche Kaftane anziehen. Der ſeelige Guͤnther ſang daher:

Kann ich dich dereinſt beſchaͤmen:
Will ich noch dein Conterfay
Jn dem Tod ans Herze nehmen,
Daß er recht beweglich ſey.

Wir ſehen mit Vergnuͤgen, wie ein großer Dichter dieſem Worte den Caftan ausgezogen, und es na - ckend und bloß in die Welt geſchicket hat. Wir be - wundern zugleich die geſchickte Anwendung. Er ſaget es ſeinem Freunde vorher: er werde das Portrait oder Conterfait des Unumſchraͤnkten nirgends finden, das unter endlichen Geſtalten niemand, als ein Heyde, ſuchet.

Und, unter allen endlichen Geſtalten, Wirſt du das Conterfait des Unumſchraͤnkten Von oben an, bis unten, nirgends finden. Brem. Ged. 15 S.

Jſt das nicht von den Hexen in der Walpurgis - nacht genommen? Oben hinaus und nir - gends an!

Convex.

Jch freue mich, daß ich dieſen Buchſtab mit lauter auslaͤndiſchen, und meiſtens mathema - tiſchen Woͤrtern anfuͤllen kann. Es zeiget die Ar - muth der Deutſchen, und den Reichthum der Bodmeriſchen Sprache an. Kein Jaͤger z. E. weis, daß die Spechte convexe Schnaͤbel ha - ben. Die Jaͤgerjungen hatten laͤngſt bemerket, daß ſie klemmeten. Jch aber und Hr. Bodmer entdecken, daß es convexe ſind.

Nach94Co
Nach ihm folgte das Federheer; zuerſt das Gefluͤgel Mit krummhackichten Schnaͤbeln, gefraͤßige, beißende Voͤgel: Dann die Arten des Spechts mit convexen, klemmenden Schnaͤbeln. Noah, 243 S.

Man denke doch: ein Heer von Federn, a. St. Vogelheer. So wird man auch bald Beine - heer ſagen, denn es giebt Voͤgel, Paradiesvoͤgel, die keine Beine haben ſollen: ein Heer von Bei - nen. Wie der tiefſinnige Mann nicht Gefluͤgel von Voͤgeln unterſcheidet!

Corſaren.

Wuͤrde man wohl Corſaren bey einem Patriarchen ſuchen? Wir haben ſie nichts deſto weniger im Jacob und Joſeph auf der 78 Seite mit Bewunderung entdecket und angeſtaunet.

Corſaren und ſtreifende banden Haben ſie weggezykt.

Bande a. St. Raͤuberbande. Das wegzyken koͤmmt vieleicht von dem Entzuͤcken des Apoſtels Paulus in den dritten Himmel her. Dieß heiſſen wir eigentlich verheutigen; d. i. die Patriarchen zu Maltheſerrittern ſchlagen: Ausdruͤckungen, die alle beyde von groͤßer Richtigkeit ſind. Die ei - ne bemerket, wie wir uns um die Sitten der Zeiten und Helden bekuͤmmern; die andere zeiget die Ge - walt an, mit welcher wir die Bibel romaniſiren. Kraft dieſer Staͤrke koͤmmt es, daß Jacob ein Liedchen, ein Schaͤferliedchen, wie Gellert, ſin - get, und Joſephs Gemahlin Spinnſtuben hat. Daher koͤmmt es, daß Gott wie Klopſtockſpricht;95Cyſpricht; und Klopſtock wie Gott ſchaffet, und, wie Johannes der Theologe, Offenba - rungen ſiehet. Daher koͤmmt es endlich, daß Nimrod Ludwig dem 14 und Feldmarſchall Jojakim Vendomen gleichet. Antil. 132 S.

Cylinderfoͤrmichte

Trombe mit gepreßtem Waſ - ſergebunde ſprang bleyrecht, nicht ſtangen - recht, zum Himmel. Noah, 274 S. Wir wurden vor Erſtaunung ganz ſtarr, als wir dieſes Waſſergebund, dieſe Trombe, dieſes bley - recht anſtaunten; obgleich unſere Springbrun - nen eben ſo ſpringen: wir koͤnnen uns auch noch nicht von unſerer Erſtaunung erholen.

Jtzo wunden ſich aus den berſtenden Baͤuchen (nicht Hintern) der Huͤgel Fluͤßige Saͤulen empor; ſie ſenkten den ſchwarzen Gipfel Jn die Wolken ꝛc.

Dieſe waſſerreiche Figur iſt die Vermiſchung des Moͤglichen mit dem Unmoͤglichen, worinn uͤber - haupt mein waͤſſerichter Homer ein Obermeiſter iſt. Der ganze Noah iſt etwas cylinderfoͤr - micht; allein, je cylinderfoͤrmichter ein Gedicht iſt, deſto beſſer!

Cylindriſche

Schnaͤbel. Jſt das nicht ein Ge - ſchnaͤbele?

Andere mit cylindriſchen Schnaͤbeln geſtumpft und geſchmeidig ꝛc. Auch cylindriſche Zungen; nicht Schwaͤnze. Jtzo die Zahnloſen, mit den langen cylindri - ſchen Zungen;

Feinde96Cy Da

Feinde der kleinſten Ameiſen ꝛc. Die Katzen aber haben Hundeszaͤhne. So kann man ſagen, eine fuͤßloſe Schlange. Was fuͤr eine angenehme Verwirrung von Begriffen! was fuͤr eine ſeltene Vermiſchung neuer und wichtiger Beywoͤrter! Und alles das in ſo wenigen Verſen!

Cymmeriſche Abendſchatten.

Noch bis itzund iſt mit dieſen Schatten mein Verſtand bedecket, und ich ſuche vergebens, was dieſen Schatten wirft. Die Rede iſt von Myriaden, nicht Millionen entleibter Seelen der Suͤnder.

Sie deckten die Felder Weit u. breit mit blaſſen (nicht hellen) cym - meriſchen Abendſchatten. Noah, 301 S.

Es iſt demnach auch moͤglich, daß Seelen entlei - bet werden. Vieleicht iſt dieſes Miltons Licht - dunkel. Wir erwarten eine Beſchreibung von den cymmeriſchen hellen Morgenſchatten; bis da - hin faltet die Verwunderung heilige Haͤnde. Unter andern iſt zu beſtaunen, daß auf dieſer Sei - te fremde Fluͤgel mit Geklatſche die Berge her - abſteigen. Der Leſer vermuthet ein großes Bild; ſeine Gedanken erheben ſich; und er findet ein Ge - klatſch.

D.

Daͤhnen.

Jch freue mich, daß ich endlich dem Obermeiſter des Bathos auf meinem Wege zur Unſterblichkeit wiederum begegne. Dieſen Vor - theil hat allein ein Held und ſein Geſchichtſchrei - ber; und wir wuͤrden von manchen Voͤlkern nichtswiſſen,97Dawiſſen, waͤren uns ihre Ueberwinder nicht bekannt worden. Wie koͤnnte ich alſo durch mein Woͤrter - buch mir einen Namen machen: waͤren die Maͤn - ner nicht groß und beruͤhmt, die es verewiget? Das Bild, welches uns folgender Ausdruck vor - ſtellet, iſt deſto vortrefflicher: je niedriger es iſt. Gut Leder daͤhnet ſich, ſagt der Schuſter; Herr von Haller aber laͤßt die Wehmuth Schu - ſterin werden, und den Verluſt daͤhnen; ja was das wunderſamſte und ſchoͤnſte iſt, in ferne Folgen, d. i. weit entfernte Folgen. Jch und andere ſeichte Koͤpfe wuͤrden geſagt haben: die Wehmuth macht deinen Schmerz ewig. Doch vieleicht thut alles dieſes die gleiche Zaͤrt - lichkeit; vieleicht die Schoͤnheit; vieleicht die Stimme der Natur: denn alles dieſes wird in einem Puncte, durch das allmaͤchtige die verbun - den. Sie daͤhnt dir den Verluſt in ferne Fol - gen aus. Haller, 141 S. So hat auch Schlegel, der deutſche Corneille, vollkommen Recht, wenn er in ſeinem Trauerſpiele Electra ſaget:

Denn, was indeß geſchehn, Electra! kannſt du kaum aus langen Reden ſehn, Die ſich in ſteter Reyh, durch Tag und Naͤchte, daͤhnen.

Erſtlich bewundern wir eine Rede in ſteter Rey - he, und beſinnen uns zugleich auf ein Paternoſter, wo eine Kugel an die andere, ſo, wie eine Periode an die andere gereyhet iſt; zweytens ergetzet unsGauch98Da Deauch eine langgedaͤhnte Rede, indem wir uns mancher ſuͤßen Traͤume beſinnen, die wir waͤhren - den Predigten gehabt haben.

Dankgeſaͤnge.

Man ſteiget nunmehr zu Dank - geſaͤngen; und hinket zu Trauergeſaͤngen.

Und auf Sion mit ihm zu Dankgeſængen geſtiegen. Jac. u. Joſ. 6 S.

Wir bewundern hier, als eine ſeltene Meteore, oder Phaͤnomenon, drey Verſe, die auch im Noah uns entzuͤcket haben. Wir machen uns ein wah - res Vergnuͤgen daraus, dieſen unverſehenen Raub dem Eigenthuͤmer zu erſtatten. Entweder hat Ja - cob den Noah, oder Noah den Jacob be - ſtohlen.

Demmerung.

Die Dichter haben ſie beſungen.

Der Naͤchte trauriges Gefieder
Sinkt auf die Welten taumelnd nieder,
Die Daͤmmerung erblaßt und ſtirbt.

Die Philoſophen halten ſie weniger in Ehren. Sie druͤcken mit der Daͤmmerung das Kahle und Trockene der Wahrſcheinlichkeit aus. Z. E. Dieſe Fragen haben Demmerung gegen Morgen, Demmerung gegen Abend, das heißt ohne Gleichniß, ſetzt mein Autor ſehr weislich hinzu, keine von allen kann es im Be - weiſe hoͤher, als auf eine trockene und kahle Wahrſcheinlichkeit, bringen.

Buttſt. vernuͤnft. Ged. 4te Band, Blatt 112. Man merke ſich die Beywoͤrter kahl, trocken, die dem Rauchen und Naſſen entgegen geſetzetwerden.99Dewerden. Es giebt alſo eine rauche Wahrſchein - lichkeit, eine naſſe Wahrſcheinlichkeit.

Man uͤberlege alſo, ob es leichter und kuͤnſtli - cher ſey, nach der alten, oder nach der neuen Mode zu ſchreiben? Es lebe die letzte! Sie iſt am geſchickteſten, den Geiſt eines gelehrten Schriftſtellers ſowohl, als ſeines Leſers, zu tum - meln, das heißt ohne Gleichniß: ſeine Kraͤfte auf die Probe zu ſtellen.

Denken.

Hr. Witzling in der deutſch. Schaub. 6 Theil hat folgendes dem Erfinder entwendet:

Allein, was wahr und falſch, was Tugend, Pralerey, Was ſtetes Gut, was boͤs, was Gott u. jeder ſey: Da denket keiner an! Haller, 38 S.

a. St. daran denket keiner! Jenes gehoͤret zum niederſaͤchſiſchen Dialecte. Ein neuer Dich - ter muß, wie Homer, alle moͤgliche Dialecte der deutſchen Sprache in ſeinen Accent ver - wandeln. So kann einer z. E. bayeriſch, oͤſter - reichiſch, pommeriſch, ſchwaͤbiſch, ſchweize - riſch und pfaͤlziſch in einem Athen reden, ohne zu fuͤrchten, daß er nicht deutſch rede; denn die Sprache ſinket unter ihm, oder der Dichter unter der Sprache.

Der. Gottſched

hat in dem 2 Hauptſtuͤcke, 164 S. 11 §. ſ. groͤß. Sprachk. Unrecht. Man muß ſagen: der Klopſtock hat Offenbarun - gen geſehen; und alſo wie der Klopſtock alle - zeit das Geſchlechtswort vor das Nennwort ſetzen. Z. E. der Noah, der Nimrod, derG 2Meßias;100DiMeßias; auch wenn Meßias nicht die Wuͤr - de, ſondern den Namen, ausdruͤcket. So ſa - gen wir auch weit zierlicher der Koͤnig der Daͤ - nen, als, der Koͤnig in Daͤnemark; ſ. Offenb. St. Klopſt. Vorbericht; und Gottſcheds Kern der d. Sp. L. 222 S.

Dichte.

Unſere philoſophiſchen Dichter ſchreiben fuͤr Philoſophen. Denn wie kaͤme ſonſt das ſtum - me Dichte, Gefuͤhl und Licht zuſammen?

Allein das ſtumme Dichte Hat kein Gefuͤhl von Gott, noch Theil an ſeinem Lichte. Haller, 101 S.

Mein Ruͤcken iſt gewiß dichte; er iſt auch ſtumm: hat ihm aber Gott kein Theil an ſeinem Lichte ge - geben: ſo hat er doch ein Gefuͤhl von ihm be - kommen; denn es that ſehr weh, wenn mir der Schulmeiſter ſchwer fiel. Es giebt in der neuen Dichtkunſt eine Figur: der Miſchmaſch; im Antilongin, 86 S. heißt ſie das Kauderwaͤl - ſche. Der ſchweizeriſche Pope beſitzet darin - nen eine ungemeine Staͤrke: Z. E.

Verſchiedne Macht und Ehre, Entſchieden ſtuffen weis die unzaͤhlbaren Heere; Die ungleich ſatt vom Glanz des mitgetheilten Lichts, Jn langer Ordnung ſtehn von Gott zum oͤden Nichts. Haller, 101 S.

Denn hier entſtehet die Frage, wer die Heere ſind? Ob man kann ſatt vom Glanze werden? da doͤrf - te man nur, wenn einem der Hunger ankaͤme, in die Sonne ſpatzieren gehen. Endlich bleibet zuent -101Dientſcheiden, was eine lange Ordnung, und ein oͤdes Nichts ſey?

Das Dicke nahm ſich an, und Licht und Feuer ronnen. e. d.

So nimmt ſich der Coffee an, wenn ſein Grund ſich ſetzet. Licht und Feuer gerinnet eben ſo, als Talch und Wachs nach der Phiſik des Hn. von Haller.

Der Ausdruck naͤmlich iſt richtig und angemeſſen, wenn er nach dem Maaße der Tiefe des Gedanken, von welchem er der Dollmetſcher iſt, niedrig iſt. Er muß nicht immer den Regeln der Grammatik gemaͤß ſeyn, aus Furcht, er moͤchte pedantiſch, und einem wackern Manne, einem Ammanne, nicht an - ſtaͤndig ſeyn; er muß auch nicht gar zu klar ſeyn, damit er nicht zu gemein werde.

Antil. 116 S. Der Dichter beſinget, oder malet viel - mehr, wie ein anderer Bartas die Schoͤpfung: ein fuͤr ein geſchaffenes Weſen nicht vergebenes und dabey edeles Unternehmen.

Ding.

Jſt unter den Dingern der neuen Schoͤpfer ein Ding, welches unſere Hochachtung verdienet: ſo iſt es dieſes:

Jn der Ordnung der Dinge ſind kaum die Raͤmen uns ſichtbar. Noah, 199 S.

Ja nur die Kanten! Ein Gedank muß eben ſo viel Flaͤchen und Ecken, als ein Brillant haben; und nicht halb, ſondern ganz brillantirt ſeyn.

Dinkel.

Was mag das immer fuͤr Getreyd ſeyn? Was anders, als mizraimiſches!

G 3Was102Do Di DrWas fyr Dinkel in Kanaan war; kam al - ler vom Nile. Jac. u. Joſ. 5 S. ()

Jſt die Verbindung mit aller nicht zu bewundern?

Donnerton.

Die himmliſche Tonleiter fuͤhret unter andern einen fuͤrchterlichen Ton; den Don - nerton. Denn ſo ſtehet geſchrieben in der Of - fenb. St. Klopſt. 168 S.

Spraͤchen Donner aus meiner Rechte, Ge - danken zu ſagen, Die zu ſagen, die himmliſche Harfe den Donnerton mißte ꝛc.

So haben alle Myriaden Engel nur eine Harfe? Das brummte noch aͤrger als ein Brummeiſen; Klopſtock aber und Gott finden ein Vergnuͤgen an Donnern. Sie donnern oft nur zur Luſt, und mit halben Schuͤſſen, wie Milton von Gott ſaget.

Divan.

Der Großſultan, der Hoͤllen Koͤnig, haͤlt oft Divan mit ſeinen teufliſchen Baſſen. Die Figur heißt die Vertuͤrkung.

Jn dem entſetzlichen Divan, ihr Haupt und Koͤnig, der Satan. Noah, 340 S.

Drache.

Es giebt gewiſſe Sagen, die von Vater auf Sohn faſt ins Unendliche fortgepflanzet wer - den. So iſt es, z. E. mit dem fliegenden Dra - chen beſchaffen, den die alten Weiber im Nim - rod auch glaubten. Dergleichen Maͤhrchen zie - ren ſehr eine Epopoͤe; und der Hr. Magiſter hat nicht Unrecht, ſeine Saͤchelchen liebliche Traͤume zu nennen. S. 257.

Der fliegende Drache, welchen der alberne PoͤbelFuͤr103Dr DuFuͤr den Hausgott der Hexen, der ſie reich machet, erkennet; Weil ſein Schweif zu dem Rauche der Feuer - eſſen hinzufaͤhrt. Nimr. 254 S.

Drehen.

Wir haben ſchon oben bewundert und ge - ſehen, daß es ein Kunſtſtuͤck in der erhabenen Poe - ſie iſt, Gott zum Handwerker zu machen. Jn folgenden Verſen iſt er wieder ein Drechsler:

Denkt ihr, euch koͤnne der nicht raͤchen, Der durch ſein Winken Welten dreht. Samml. Nicol. 110 S.

Denn es iſt nichts niedriger, als wenn ſich ein Dichter unter den Geſetzen der geſunden Vernunft unterjochen laͤßt. Alles aͤndert ſich: ſollte ſich denn nur die geſunde Vernunft nicht aͤndern? Ein Swift lobet dieſe Macht, die wir an der Sp. L. ausuͤben, an ſeinen Engellaͤndern; wir unter - ſtehen uns, ſolche an unſern miltoniſirenden Deutſchen zu bewundern.

Denn die Dunkel - heit und Niedrigkeit giebt der Rede ein wunder - ſames Anfehen, und bringet einem Gedichte, worinnen weder Sinn noch Verſtand iſt, die Hochachtung eines Orakels zuwege.

So Swift im Antil. 27 S.

Dunſtbehangen.

Man muß neu in Beywoͤrtern ſeyn.

Denn er malte die dunſtbehangne Luft mit Geſtalten, Die durch den wilden Abſatz des Schwarzen und Hellen ſchon ſchreckten. Noah, 249 S.
G 4Jſt104Du

Jſt das nicht ein wilder Abſatz? Der Maler iſt der Mond.

Dunkel.

Das iſt ein ſehr gewichtiges, denn wer wird ſagen wichtiges, Wort; man machet damit einen ganzen Vers hell. So wird, z. E. ein dunkler Schaͤfer und ein heller Bauer ein Ding ſeyn.

Noch mehr! mein dunkler Schaͤfer wuß - te ꝛc. Zernitz, 32 S. Wo ſich niemals der Geiz verzehrt von dun - keln Sorgen. Zernitz, 2 S. Seht! Huͤllenddunkel ſchwebt ſchon in den Luͤften; Das Weltmeer ſchaͤumt aus tiefen Gruͤf - ten. Poet. Ausarb. 33 S.

Jm erſten Verſe iſt das Huͤllenddunkel eine Wet - terwolke; in dem zweyten iſt zu bewundern, wie dieſer viel verſprechende Dichter, ein großer Geiſt von 18 Jahren, das Weltmeer in Gruͤfte ein - ſchlieſſen koͤnnen. Daß ers gethan, das ſehen wir; ob es aber angehet, iſt eine andere Frage.

Vom Dunkel eines begeiſterten Hayns. Jac u. Joſ. 6 S. ()
D. i. ein Wald voll Geiſter. Noch etwas Dunkeles! Unterdeſſen erhob ſich wallend auf Fluͤgeln der Weſte, Auswendig dunkel, inwendig hell zum Durchſchaun eroͤffnet, Nebel und Dunkel, die uns mit duͤftenden Wolken umdeckten. Samml. Nicol. 164 S.
Da105Du

Da ſehe mir einer! Jſt das nicht Dunkel und Ne - bel? Es iſt zu bewundern, wie ein junger Menſch von 18 Jahren es ſo weit in der heiligen Dicht - kunſt bringen koͤnnen. Wenn man aber beden - ket, wie der unſterbliche Juͤngling von der Muſe von Tabor gleichſam eingeheizet worden: ſo be - greifet man es; denn ein guter Kiehn machet bald Feuer. Bey den Fluͤgeln der Weſte iſt zu bemerken, daß es nicht Fluͤgel einer Weſte ſind; man wuͤrde den Hoſenknopf ſonſt gar zu bald gewahr werden. Wenn die Herren Wurm - ſaamianer Wind machen: ſo brauchen ſie gemei - niglich Weſte dazu.

Dufttriefender Hauch iſt kein Unding.

Denn 1) kann ein Hauch gewaltig triefen, z. E. im Schnuppen; 2) Duft triefen; z. E. meine Frau haͤtte eine ſtinkende Naſe: ſo iſt der Hauch ein Duft, denn er riechet. Die Zephire, dieſe geplagte Winde, von denen ein neuer Dichter ganz voll iſt, koͤnnen gar wohl des Athems Erſtlinge auf ihre Fluͤgel faſſen, und eilen dieſe wohl - riechende Beute in die braͤutlichen, nicht fraͤu - lichen, Zimmern zu tragen.

Jhren dufttriefenden Hauch, des Odems Erſtlinge faßten Sanft die Zephir auf ihre Fluͤgel und eilten die Beute Jn die braͤutlichen Zimmer zu tragen. Noah, 132 S.

Durch.

Eine einzige Sylbe iſt im Stande, uns in Verdacht einer Bekanntſchaft mit der Goͤttin vonG 5Tabor106DuTabor zu ſetzen. Das Wort durch, wenn man es mit allen moͤglichen Zeitwoͤrtern verſetzet, iſt unter andern von ganz ungemeiner Wirkung. So kann man, z. E. ſagen: durchdonnern, durch - zittern, durchfalten, durchjauchzen, und was nicht mehr durch? auch durchteufeln. So ſagt der weiſe und ſinnvolle Bodmer:

Truͤbe Waſſer mit Sand und Erd und Steinen durchſetzet. Noah, 194 S.
Daß die Tugend, nicht ſchwer zu tragen, die Stirn nicht durchfaltet. Noah, 45 S.

Ein jedes Gedicht, das, mit ſchweizeriſcher Er - laubniß, und Beyfalle der Kunſtrichter ſeit 1730, ſeine Leſer eingeſchlaͤfert hat, iſt mit dieſer Selten - heit durchſpicket.

Durchſchnitt.

Man hat jetzt gar beſondere Arten, die Wege zu meſſen. Die Art zu gehen, indem man einen Weg mit den Fuͤßen verſchlinget, heben wir, als einen beſondern Leckerbiſſen, auf.

Zwoͤlfmal den Durchſchnitt der Erde waren wir ſchon entfernt. Samml. Nicol. 165 S.

Wo ſind wir dann? Jn den Wolken! Nubes & inania capimus.

Durchſchlagen, a. St. hinbringen.

So haben wir mit unſaͤglicher Muͤhe viele Tage durch - ſchlagen, eine kleine Sammlung neuer Accente zu machen. Fuͤr heute habe ich das Vergnuͤgen unſern Bewunderern, ein neues Raͤthſelchen vor - zuſagen. Ein junger Dichter pruͤfe ſich, und rathe.

Vom107Du Dy
Vom Ende nah, vom Anfang weit, Und in der Mitte durchquaͤlt, Jn Tropfen, aber dir getrennt, Durchſchlag ich muͤhſam das Jahr. Brem. Ged. 133 S.

Dieſe Gedichte uͤberhaupt biethen einen Blumen - ſtrauß der ſeltenſten Blumen dar.

Durchſichtigſilbern.

Das Silber iſt bey dem Hn. M. Naumann durchſichtig. Es iſt ewig Schade, daß dieſer Kuͤnſtler, wie gewoͤhnlich, ſo neidiſch iſt, und uns ſein Geheimniß vorenthaͤlt. Der Herr Hofbecker Pherez iſt da ungemein ſinnreich im Zuckerwerke.

Zur Rechten ſtund Canaans Hauptſtadt, Das ſiebenthuͤrmichte Hebron von Zucker geformet. Nimrod, 135 S.

Swift wuͤrde dieſes die kindiſche Schreibart nennen; wir aber nennen es die Erhabene. Was kann naͤmlich erhabener ſeyn, als ein Zuckerbe - cker zu Nimrods Zeiten! Was fuͤr ein Feld fuͤr eine ſeraphiſche Einbildungskraft! Und was fuͤr Stoff zur Bewunderung!

Dyſter.

Was wird doch ein helles Betragen ſeyn, wenn ein Dyſters ſo duͤſter iſt?

Aber die wehmuth redt in ihrem dyſtern betragen. Jac. u. Joſ. 22 S. ()

Wie dyſter muß der Kopf nicht ſeyn, aus dem ſo was Dyſters entſpringet! Wer kennet aber nicht den dyſtern Sænger?

Egoiſt. 108Eg Ei

E.

Egoiſt.

Wir kennen keinen aͤrgern Egoiſten, als Klopſtocks Gott. Er wendet und drehet ſich in vielen Verſen, die alle einerley ſind; nur, da - mit er ſagen koͤnne: ich bin ewig! Dieſe Eigen - ſchaft Gottes muß wohl dem Meßias ganz was neues ſeyn. Wuͤrde es der, der Offenbarun - gen geſehen, ſonſt gebrauchet haben? Wer alſo den Egoismus, Jch bin ewig, brauchet, deſſen Thraͤnen ruhen in jenen goldenen Schaalen, wo auch die meinigen ſind, die ich aber oft vor Lachen vergeſſen habe.

Einfarbroͤthend,

alſo auch dreyzehnfarbroͤthend. Jch habe dieſes vortrefflichen Beywortes bereits oben unter dem Worte Beſaͤen mit gebuͤhrendem Weihrauche erwaͤhnet; ich thue es noch einmal, weil des Guten nicht oft genug kann gedacht wer - den. Beſiehe und bewundere dieſe Figur, nebſt andern Seltenheiten, in dem Patriarchenge - dichte Noah, deſſen zwoͤlf Geſaͤnge ein Ver - langen nach noch verſprochenen 24. erwecken. Es bekaͤme dadurch eine deſto groͤßere Aehnlichkeit mit dem Rolando des unſterblichen Arioſts, welche ohnedem groß genug iſt.

Einfluß.

Die ſaftige Schreibart, oder die kuͤ - tzelnde, hat einen großen Einfluß in die Heilige, oder Geſtiefelte; und die uͤbernatuͤrlichen Dichter werden oft ſehr natuͤrlich.

Allemal,109Ei
Allemal, wenn der Vater der Menſchen beliebet den Einfluß Auf das Hochzeitbett, u. den Tag der Empfaͤng - niß zu ſchuͤtten: Fleußt der goͤttliche Seegen vom Vater zum Sohne hernieder. Noah, 19 S.

Jſt das nicht einmal deutlich von der Ehe geredet, zumal von Fraͤulein Debora? Dieſe Schreib - art der juckenden Begierde, wie ſie Antilon - gin nennet, iſt der vornehmſte Theil der Mode - ſchreibart; eine Schreibart, die ſeit einiger Zeit ſehr in Anſehen gekommen iſt, weil ſich Dichter vom erſten Range derſelben bedienet haben. Die Mu - ſen haben ja auch Fleiſch und Blut: ſollen ſie denn nicht manchmal den Bademuͤttern ins Handwerk fallen? Dieſe Schreibart beſtehet ganz und gar nicht aus Metaphoren, ſondern wirklichen Schilde - reyen, die von den beyden fruchtbarſten Quellen hergenommen werden, welche das wahrhafte Tie - fe des menſchlichen Leibes ſind, naͤmlich von - und von - Hiatus magnus lacrimabilis - aus ſaftigen Anſpielungen, ſaͤuiſchen Bildern, Fratzen Bodmers, Klopſtocks, Wielands, Nau - manns, welches alles aus beſagten Quellen herge - leitet iſt. Dieſe Brunnen des Witzes ſind uner - ſchoͤpflich; und ſo lange das menſchliche Geſchlecht witzig geweſen, hat es die beliebteſten Zuͤge des Wi - tzes daher geholet. Jch hoffe auch, daß ſie ſo bald nicht verſiegen werden.

Einſchnitt.

Dieſes Ragout, oder dieſer Ein - ſchnitt iſt ein gelenker Einſchnitt, nicht von Kaͤl -berfuͤßen,110Eiberfuͤßen, ſondern Elephantenfuͤßen, die die Ma - den und Motten, Spinnen und Milben haben. Der Held ſiehet durch ein Luftcryſtall. Die Stel - le iſt zu ſchoͤn, als daß ich ſie nicht ganz herſetzen ſollte, und meine Leſer werden mir Dank dafuͤr wiſſen.

Ploͤtzlich ſiehet das Auge vor ihm (a. St. ſich) in hohen Geſtalten, Gorgonen u. Chimaͤren, mit Zangen, Sti - leten u. Ruͤſſeln, Haͤßlichen Zitzen und ſaͤgenden Zaͤhnen, und hoͤrnenen Klauen, Ueber dem Kopf ein Dach u. franſichte Schild auf dem Ruͤcken; Andre mit Schuppen u. Borſten, u. Straͤußen, u. haarichten Maͤhnen; Zottigte Koͤpfe, wie von dem hintern Theile ge - ſchnitten, Haͤngen am duͤnneſten Hals, ein Reichthum der laͤngeſten Fuͤße, Voller gelenken Einſchnitte traͤgt die Schwe - re des Bauches. Noah, 79 S.

Welch ein Reichthum! welche Einſchnitte! welch ein Bauch! welche Zitzen! welche Verbin - dung der Worte!

Einſam.

Eines von den ſchoͤnſten Lieblingswoͤrtern des goͤttlichen Klopſtocks. Da giebt es einſa - me Naͤchte; Naͤchte naͤmlich, die keine Geſell - ſchaft haben. Offenb. St. Klopſt. 5 S. Da giebt es einſame Himmel, e. d. 24 S. eine einſa - me Wolluſt, obgleich dieſe ungern einſam iſt,und111Eiund ſich lieber paaret. e. d. 25 S. Oft wechſelt die - ſes einſam ab mit

Einſiedleriſch;

man kann auf eben die Art bettle - riſch a. St. arm ſagen. Ey! wie reich iſt nicht unſere Sprache geworden! und wie ſchoͤn wird ſie noch werden! Alle Figuren im Antilongin ſind nichts gegen die meßianiſchen. Alles dieſes ha - ben wir dem Dichter und Arzte Haller, und ſeinen Genoſſen, oder hoͤrſt du lieber Geſpielinnen im Thale? ſeinen Geſpielen zu danken.

Einweihend.

Was mag doch ein Aug thun koͤnnen, wenn Blicke einweihen koͤnnen? Jch habe Prie - ſter geſehen, die, wann ſie das Volk ſeegneten, aus Andacht die Augen halb zumachten. Wir halten dieſes fuͤr den einweihenden Blick.

Welchen Koͤnig der Gott uͤber die Koͤnige Mit einweihendem Blick, als er gebohren ward, Vom Olympus her ſah, der wird ein Menſchen - freund, Und des Vaterlands Vater ſeyn. Ode an den K.

Der Gott der Chriſten auf dem Olymp! Jſt das nicht ſchoͤn! Man hat die waͤlſchen Dich - ter mit Unrecht getadelt, daß ſie Pluton und Be - lialn vermengen: denn ſetzen unſere heilige Maͤn - ner nicht Jupiter neben den Zebaoth? Gott iſt noch weit mehr Gott auf dem Olymp, als anders - wo. Jn eben dieſer Ode haben wir ſo viel Sel - tenheiten zu bewundern, daß wir den Seher ver - vergoͤttern wuͤrden, haͤtte er auch ſonſt nichts ge -ſchrieben.112Elſchrieben. Rechnete jener die Groͤße des Herku - les aus ſeiner Zehe aus; und errieth jener Maler aus einem Striche die Meiſterhand, von der er kam: ſo koͤnnen auch wir von dieſer Ode ganz ſi - cher auf das Gehirne ſchlieſſen, in dem ſie jung ge - worden. Es war falſch, daß unſere Dichter glaubten, mit jeder Strophe muͤſſe der Sinn ſich auch ſchlieſſen. Nein! es ſind Oden moͤglich, de - ren Strophen ſo kuͤnſtlich in einander geflochten werden, daß kaum die letzte Strophe einen Punct bekoͤmmt. Denn wer kann das Meer aufhalten, wenn es aus ſeinen Ufern tritt? ſo wallet auch Klopſtocks Gehirn, und tritt uͤber die Kuͤſten.

Wir finden auch ein eiſernes Feld, indem wir uns ein Feld vermuthen, welches mit zerknirſche - ten Harniſchen und zerbrochenen Speeren bedecket iſt. Wir wollen demnach in der erſten Ode, die wir machen werden, uns eines gebeinten Feldes, oder beinernen Ackers, bedienen.

Eloa, ein Engel, den Klopſtock geſchaffen.

Nun wiſſen wirs; die Bibel wuͤrde noch einmal ſo viel gewinnen, wenn ſie uns huͤbſch erzaͤhlte, wor - aus Gott die Engel erſchaffen. Der ſchweizeri - ſche Schoͤpfer ſah dieſen Mangel ein, und er - ſetzte ihn.

Gott ſchuf ihn erſt. (a. St. zuerſt) Aus einer hell - leuchtenden Morgenroͤthe Schuf er ihm einen aͤtheriſchen Leib. Ein Him - mel von Wolken Floß um ihn, da er wurde. Offenb. St. Klopſt. 15 S.
Es113El Em

Es iſt eine Luſt zu leſen, wie der Schoͤpfer und der Geſchaffene ſich hierauf ihr Gefuͤhl zu fuͤhlen ge - ben, das ſie fuͤhleten.

Empfindung.

Jetzt beb ich groͤßers Gluͤckes voll; ganz bin ich Empfindung.
Was fuͤhlſt du, mein Herz? Sprich, was du fuͤhlſt! Ach! du empfindeſt zu viel; du dichteſt verge - bens Auf einen gefuͤhlvollen Laut. Ode an Steinbruͤck.

Der Dichter will ſagen, eine Ohrfeige; denn die iſt gefuͤhlvoll; ſie klinget auch. Was iſt man da, wenn man ganz Empfindung iſt? Ein Her - renhuͤter! Andere zaͤhlen dieſe Schreibart zu der taͤndelnden: ich nicht; denn Klopſtock, der Seher, der ſie geſchaffen hat, will nicht taͤndeln; oft aber thut man das, was man doch nicht thun will. Und ein Lied von ihm iſt mir lieber, als der ganze Hermann; oder, wie der Dichter ſaget:

Ein Lied von ihm iſt mir mehr, als hundert Ge - ſaͤnge Von muthigen Schreyern gereimt. e. d.

Electriſch.

Bald wird man des Darius Codo - mannus Stutzbart mit einer ſtaͤhlernen Peruͤke eines Stutzers vergleichen. Die Verheutigung naͤmlich iſt eine gelehrte Figur. Nimmermehr haͤtten wir die Electricitaͤt im Patriarchenge - dichte Jacob und Joſeph geſuchet.

HWie114Em EnWie der blitz des electriſchen drats den Kœrper des menſchen Plœtzlich durchfæhrt u. die Sinne betæubt, wie er ſchnell von dem erſten Zu dem folgenden fortgeht u. alle durch - fæhrt u. betæubt: Alſo durchfuhr der ſchlag von Zophnats gefundenem bæcher Benjamins Buſem; nicht Buſen. 48 S. ()

Der Herr Doctor Kraft haben wohl gethan, dieſes Gleichniß zu verewigen; denn, wie man ſie - het, ſo thun wir es auch.

Empiraͤum.

So wird nunmehr, nach dem mit fremden Federn ſo bereicherten Milton, der Himmel genennet.

Sallum und Zimri, zween Engel des Empiræum vom Himmel Zu Beſchytzern geſchicket. Jac. u. Joſ. 37 S

Der Himmel herrſchet alſo uͤber die Engel. Scha - de, daß noch nicht ein neues Wort fuͤr unſere Er - de erfunden worden; ſie doͤrfte nicht mehr Erde heiſſen.

Endlich.

Nichts iſt ſinnreicher, als ein Schaͤferge - dicht mit einem angenehmen Gewirre anzufangen. Z. E.

Das Endliche zum Nichts, das dieſe Welt umſchraͤnkt. 1 S. Zernitz.

Das Endliche zum Nichts ſcheinet uns ein ſolches Nichts zu ſeyn, dabey ein jeder, ein Denker aus - genommen, platterdings nichts denken wird. Wir115EnWir glauben, das Geheimniß verrathen zu koͤnnen, und machen uns dadurch um unſern Leſer nicht we - nig verdienet. Die beyden Woͤrter Endlich und Nichts ſind in der heiligen Sprache unum - ſchraͤnkt und voll. Wer ſie folglich brauchet, der hat einen unumſchraͤnkten und vollen Kopf. So war z. E. Zernitzens Kopf ſo voll, daß ſich die Woͤrter in ſeinem Kopfe ſtießen; und alſo ganz ver - wirrt herauskamen.

Endpunct.

Wir hatten Mittelpuncte: nun haben wir Endpuncte, Anfangspuncte, Mittel - puncte. So ſpricht ein ſinnreicher Redner: Reden die Triumphbogen nicht, (zierlich a. St. ſagen,) daß die Groͤße ſeines Ruhmes noch ſehr weit von dem Endpuncte ihres Steigens ent - fernet ſey? Samml. Nicolai, 8 S.

Endzweck.

Weißt du, lieber Leſer, was der End - zweck des Schoͤpfers iſt?

Des Schoͤpfers Endzweck iſt ein großer Grundſtein, Den mußt du legen ganz aus Quaterſtuͤcken, Den Kies u. Sand hindurch, bis auf den Fel - ſen. Brem. Ged. 12 S.

Ey! wie ſchoͤn! Ein ſteinerner Endzweck, ein Endzweck aus Quaterſtuͤcken! Noch nicht genug! Aus Kies und Sand, aus Felſen! Dieſer philoſophiſche Baumeiſter und Kalkloͤ - ſcher iſt Herr Johann Heinrich Oeſt, ein großer Mann.

Endzweck.

Gewiſſe Schriftſteller ſchwatzen auf al - len Seiten von Zwecken. Man merke ſich nurH 2eine116Eneine Wortfuͤgung. Nach einem Endzwecke ſtre - ben, iſt ſchlecht geſchrieben. Herr Buttſtett giebt es niedlicher: Einen Endzweck eintreten.

Das iſt deutſch! recht kern deutſch.

Engelbewacht,

a. St. von den Engeln bewacht. So kann man nicht in der heiligen Dichtkunſt ſa - gen, von Soldaten bewacht. Das waͤre zwar der Sprachlehre gemaͤß; aber es iſt zu langweilig. Sprich z. E. Nachtwaͤchterbewacht: das wird ſchoͤn ſeyn.

Aber im niederſten Abſchnitt des engelbewache - ten Berges. Noah, 16 S.

Es verraͤth ein niedertraͤchtiges Gemuͤth, wenn Kunſtrichter ihren Verſtand anſtrengen, aus den Schriften beruͤhmter Maͤnner Fehler zu klauben. Das iſt eben ſo, als wenn in dem Heydenthume ein naſeweiſer Witzling den Goͤtzendienern die Spinne - weben eines hoͤlzernen und verehreten Jupiters haͤtte ſammlen, und woͤchentlich den athenienſi - ſchen Herren Studenten verkaufen wollen. Wir glauben, eine groͤßere Seele zu zeigen; denn bringen wir unſern Goͤtzen nicht Weihrauch? Ja, wir treiben unſere Abgoͤtterey ſo hoch, daß wir ih - nen, wie Boileau ſaget, oft mit dem Rauchfaſſe uͤbers Geſicht fahren.

Ent.

Endlich, meine Freunde! komme ich auf ein Syllbchen, welches recht, wie die Zauberruthe der Circe, die ſchlechteſten und oft nie gedachten Woͤr - ter, gleichſam auf einen Schlag, vergoͤttert, und verengelt. So ſagen z. E. Se. Gn. der Herr v. Haller117EnHaller auf der 91 S. in Dero Ged. Arbeiten darf er nicht: er wuͤrde ſich entadeln, a. St. ſei - nen Adel beſchimpfen. So haben wir ſchon oben entbauchte Hunde bewundert, und finden eben itzund entbauchte Rippen; die Rippen naͤmlich haben Baͤuche. So ſtehet geſchrieben:

Wir empfinden den mangel, Der mit entbauchten Rippen u. hagerm ge - ſicht nach uns greifet. Jac. u. Joſ. 13 S.

Jm Vorbeygehen loben wir auch die Verbindung mit mit; denn man greifet nicht mehr mit Haͤn - den. Weiter haben wir entfalten. So entfal - tet ſich ein Menſch, wenn er die Falten ſeines Ge - hirnes aus einander faltet, oder auf altdeutſch ſich entwickelt. Daher koͤmmt das treffliche Wort Entfaltung. Will man z. E. von einer jungen Dirne ſagen: ſie ſey in dem Fruͤhlinge ihrer Jahre, oder, ſie ſey in ihrer erſten Bluͤthe; ſo ſage man: ſie ſey

Jn der erſten Entfaltung der ſanftaufgehen - den Bluͤthe. Noah, 44 S. ()

Erſtlich denket man bey dieſer Entfaltung an die Falten, die ſich entfalten ſollen, und ſich oft zu fruͤh entfalten; z. E. wenn eine Jungfer ein Kind kriegt; zweytens ſuchet man die ſanftaufgehende Bluͤthe der Roſe des Maͤgdchens; und findet ſie -- ich weis nicht wo. Dieſer Strom von fruchtbaren Einfaͤllen flieſſet aus eben den Quellen, die, wie wir oben beym Einfluſſe erwaͤhneten, ſeit viel tauſend Jahren gequollen ſind. Weiter koͤnnen wir ſagen, entfeſſeln; ja Wellen ent -H 3feſſeln;118Enfeſſeln; denn unſterbliche Dichter koͤnnen auch die feſſeln, oder in Ketten legen. So Bodmer!

An der Morgenſeite der Stadt, wo der heitere Piſon Aus dem marmornen Bette hervor die entfeſ - ſelte Wellen Wieder verbreitet. Noah, 20 S.

Man ſiehet es, ohne uns, wie der große Mann dem Piſon ein Bett, obgleich ein etwas hartes, giebt; und dann die daran gefeſſelte Wellen ent - feſſelt. Wir geben daher einem unbekannten Lie - dermacher zu uͤberlegen, ob er nicht den großen Mann ſeiner Federn beraubet, wenn er ſaget: Soll ich der Großen Prunk beneiden, Wenn Thoren ſich in Seide kleiden? Nein! Nein! Sie buͤſſen auf den Schwanenbetten Gar oft in ſelbſt geſchmiedten Ketten: Jch will entfeſſelt ſeyn.

Denn nach ſeiner beliebten Genauigkeit ſollte es ent - kettet heiſſen. Da uns nun dieſes gleich an eine Flohkette erinnert: ſo ſehen wir nicht ab, warum er nicht auch ſagen koͤnnen: Jch will die Ketten ſcheun?

Da ſiehet mans, daß man auch oft in Koth tritt, wenn man ihn gleich vermeiden will.

Weiter! Das Wort entſchlieſſen iſt gewoͤhn - lich; allein feurige Dichter wiſſen auch gewoͤhnli - chen Worten ungewoͤhnliche Fuͤgungen zu geben; d. i. einen Edelmann auf einen Bauer zu ſetzen. So kann man denn ſagen, wenn einem die Blaͤhun -gen119Engen im Leibe Laͤrmen machen; den Steiß ent - ſchlieſſen a. St. aufſchlieſſen. Wie ſinget der große Mann?

Dieſer entſchloß die Lippen vor mir mit ernſtli - chen Worten. Noah, 43 S.

Wie ſaget der ſaftige Geiſt?

Der ſie (die Teufel) aus ihrem geheimen Ent - halt zu uns hervorladet. Noah, 151 S.

Enthalt bedeutet die Kemnate, oder das Cabinet der Herren Satane. Entmenſchet der fuͤrchter - liche Saͤnger nicht ſogar die Herzen? Der Grau - ſame!

Was fyr ein geiſt des abgrunds entmenſchte die herzen der bryder. Jac. u. Joſ. 26 S.

Nach unſern alten Accenten wuͤrde man ſagen: entriß die Menſchlichkeit dem Herzen der Bruͤder. Allein beſſer klinget entmenſchen: ſaget man nicht auch entgoͤttern, entengeln, entteufeln? Entwinket Klopſtock, der Geiſtſchoͤpfer, nicht Welten dem Undinge? a. St. Welten ſchaffen.

Aeuſſerliches Geraͤuſch War nicht um den hohen Meßias! war nicht um den Vater, Als er vor dem die kommenden Welten dem Un - dinge entwinkte. Meßias, 152 S.

So hat auch der Seher ſein meßianiſch Weltchen dem Undinge entwinket.

Laͤßt dieſer goͤttliche Saͤnger, beſſer Traͤumer, nicht die Teufel den Thronen entſtuͤrzen, a. St. vom Throne fallen? Und denket man, daß esH 4ſo120Enſo was leichtes iſt, einen Teufel vom Throne zu werfen, oder zu entthronen? Man hoͤre nur, wie das nicht wird geknaſtert haben!

Sinnlos, wider Gott was zu denken, entſtuͤrzten im Abgrund, Jhren Thronen die hoͤlliſchen Geiſter. Als jeder da hinſank, Stuͤrzt auf jeden ein Fels; brach unter jedem die Tiefe Ungeſtuͤm ein, u. donnernd erklang die unterſte Hoͤlle. Off. St. Klopſt. 9 S.

Die armen Teufel! da ſiehet man, wie viel hohe und niedrige Hoͤllen es in der Hoͤlle giebt. Es wird den Teufeln ein rechter Poſſen geweſen ſeyn, wenn auf ſie, wie in einer Maͤuſefalle, ein Stein gefallen iſt. Geiſter naͤmlich koͤnnen wohl gequet - ſchet, aber nicht zerquetſchet werden! Wie wer - den die Herren Satane nicht die Steiße in die Hoͤhe, und die Koͤpfe hinunter gekehret haben! Ein Sperling iſt geſcheidter, als dieſe dumme Teufel: er fliegt davon, ſo bald ein Aſt bricht. Worzu haben die Boͤſewichter denn Fluͤgel? Ge - nug von der Sylbe ent! Es warten noch mehr Schoͤnheiten: tollhaͤuſiſche Schoͤnheiten.

Entgegenſeegnen.

Hierbey ſtellen wir uns zween Prieſter vor, die einander ins Angeſicht ſeegnen. Schade, daß dieß Geheimniß der Cantor in Boi - leaus Pulte nicht gewußt hat; er haͤtte dem Praͤ - laten entgegenſeegnen koͤnnen. Die Seele der Frau Eve ſinget der Seele Adams folgendes Duetto entgegen:

ſo121En Er
ſo wollen wir dir in feyrendem Aufzug Jauchzend mit Hallelulahgeſaͤngen entge - genſcegnen. Offenb. St. Kl. 33 S.

So hat Frau Eve eine Kleiderkammer, wo ſie ihre himmliſche Feyerkleider aufhebet. Denn heißt Aufzug hier nicht eine Equipage? Die Equipage der Frau Eve! Ha! Ha! Ha! Wie ſie ſo ſchoͤn ſind! e. d. 34 S. So ſingen zween Caſtraten oder Verſchnittene in den Singſpielen einander entgegen, wann ein Duettchen getril - lert wird.

Entſetzlicher Sohn.

Unſere dummen Voraͤltern ſagten: ein grauſamer Sohn; jenes aber iſt ſchoͤner; denn der Sohn ſiehet zugleich entſetzlich aus.

Allda muͤſſ ein entſetzlicher Sohn den Vater erwuͤrgen. Meß. 100 S.

Er

wird nunmehr folgendergeſtalt gebrauchet. Wie er ſo ſchoͤn iſt! a. S. wie ſchoͤn iſt er! Meß. 34 S. Hier ſind drey Verſe, die, wie ein Ca - ninichen, einer auf den andern hucken; und doch alles drey Caninichen ſind.

Aber du haſt nur einen, nur einen goͤttlichen
Menſchen,
Einen gerechten, ach! einen unſchuldigen theu -
ren Meßias,
Einen Sohn Gottes, unſterbliche Tochter der
Erde! gebohren.

Wir nennen dieſe Figur die kindiſche. Kinder ſagen gern ein Wort vielmal, wie hier fuͤnfmal einen; ſie kann auch heiſſen die Ausfuͤllung: al -H 5lein122Erlein am beſten thut man, ſie die unſchuldige Kinderfigur, auch das Caninichen zu nennen. Einen vortrefflichen Gebrauch des Fuͤrwortes Er haben wir in den Gedichten des unſterblichen Hallers zu bewundern. Es iſt unſere Schuldig - keit, die Quelle zu kroͤnen, aus der wir ſo vieles Dickes und Duͤnnes ſchoͤpfen.

Nie mit ſich ſelbſt vergnuͤgt, ſucht jeder auſ - ſenher Die Ruh, die niemand ihm verſchaffen kann, als er. 98 S.

Jn der Schweiz ſaget man a. St. ſich ihm; und a. St. wir er. Jn Frankreich wuͤrden ihn alle Schuͤler auspfeifen: in Deutſchland bewundern ihn Gelehrte. Laͤndlich, ſittlich!

Erborne.

Wir haben bisher umſonſt die Bedeutung dieſes Beywortes geſuchet: wuͤrde der Gramma - tiker es ſonſt brauchen? Er weis naͤmlich oft das, was wir ſuchen, zu verſtecken. Große Leute muͤſſen ſich naͤmlich nicht ganz, ſondern nur halb ausſchreiben. Wir muͤſſen immer noch etwas fuͤr uns behalten; und uns freuen, wenn unſere Verehrer uns erſuchen muͤſſen, ihnen den Sinn zu erklaͤren. Z. E. Hier ſind zwey alte Troͤdelweiber, die Schleyer verleihen; auch ei - ne Scheu, die mit Larven handelt.

Erlernte Ehrbarkeit leiht manchem ihren Schleyer, Wann andrer, die die Scheu mit keiner Larve deckt,Er -123ErErborne Haͤßlichkeit die Augen trotzt und ſchroͤckt. Haller, 110 S.

Weis der Leſer nun, was das fuͤr Menſcher ſind?

Erbarmungen.

Ohne auf die mehrere Zahl zu achten, die uns Longin ausdruͤcklich zu machen erlaubet, ja befiehlet, bewundere man doch die - ſen Vers:

Komm! ſey gegruͤßt in deinen Erbarmungen, Gottmenſch! Erloͤſer! Offenb. St. Kl. 35 S.

Vieleicht ſind die Erbarmungen ein Land; ſoͤnſt finden wir hier keinen Sinn: findet ihn der Leſer?

Erdalter,

Sternalter, Eſelsalter, Tollhaus - alter.

Wie ein Engel des Tods mit den Myriaden der Suͤnder Jn den duͤrren unwohnbaren Monden geflogen, daſelbſt ſie Mit dem verſteinernden Stock geſchlagen, Erdalter zu ſchlafen. Noah, 338 S.

Sollte man nicht laͤnger, als ein Erdalter, ſchla - fen, wenn man mit dem verſteinernden Stocke geſchlagen iſt? Man wird ja da zu Steine, wenn man verſteinert wird. Wir glauben alſo, daß wir in den Monden kommen, wenn wir ſterben, um allda zu Stein zu werden. Es iſt auch letzte - res ſehr rathſam, indem wir da nicht Platz haͤtten, wenn wir nicht, wie die Monaden, auf einan - der gethuͤrmet laͤgen. Wir freuen uns, dereinſt verſteinerte Monaden zu werden: o welche verſteinerte Monas der Herr Bodmer nichtſeyn124Erſeyn wird! Trifft ihn der Engel nicht etwas zu fruͤh?

Erdenſtand,

Himmelsſtand, Hoͤllenſtand, Rau - pen-Natzen-Maͤuſeſtand; denn alle Dinge ha - ben Staͤnde, wie Grafen und Fuͤrſten. Hier - von ſ.

Mach deinen Raupenſtand doch nicht zu dei - nem Zweck! Haller irgendwo.

d. i. Mach doch dein kurzes Leben, das nicht laͤnger, als das Leben einer Raupe, waͤhret, doch nicht zu deinem Zwecke. Ob nun eine Raupe ſo lange, als ein Menſch, lebet, uͤberlaſſen wir den Kennern der Jnſecten, den Jnſectengelehrten, zu unterſu - chen. Wir freylich muͤſſen es Amtes wegen be - wundern und ruͤhmen. Denn uns lobenden Thie - ren gehet es wie Zernitzens ſeinen arbeitenden.

Der Thiere Dienſt, den ſie der Menſchen Muͤh erwiedern, Macht ſie im Erdenſtand zu der Geſellſchaft Gliedern. 158 S. ſ. Ged.

So ſind die Eſel auch Glieder der Geſellſchaft; und wir bewundernde Thierchen im Dichter - ſtande auch. Ein Eſel, was fuͤr ein angeneh - mer Geſellſchafter!

Erdreichspfeiler.

Wo moͤgen die ſtehen? Ruhet denn die Erde noch auf Pfeilern? Der Singer, der ſeinen Kopernic ſonſten ſo noahiſiret, verſuͤn - diget ſich, wider den Gebrauch, an ihm.

Oder ſie wurden vom Fall der Erdreichspfeiler getroffen. Noah, 298 S.
Doch125Er
Doch ach! es liſcht in uns des Geiſtes kurzer
Tacht,
Den Muͤh und Schweizerwitz zu raſend ange - flacht. Haller, irgendwo.

Ergreifen.

Alles greifet im Meßias, ſ. 145 S. wie man von einer dunkeln Nacht ſaget, in der man ſich vor Geſpenſtern fuͤrchtet.

Banges Erſtaunen ergriff die Verſamm - lung.

Sonder Zweifel iſt die Verſammlung ergriffen worden: oder, hat ſie gegriffen? Noch eines von einer hellen, nicht dunkeln Verſammlung.

Warum weckt von der Lippe der Cidli die ſil - berne Stimme, Warum vom Auge der maͤchtige Blick, mein ſchlagendes Herz mir Zu Empfindungen auf, die mich allmaͤchtig ergreifen, Die ſich rund um mich her, wie in helle Ver - ſammlungen draͤngen? Meß. 133 S.

So redet Lazarus, der Verliebte! Fuͤrs erſte bewundern wir die treffliche und in der Offenb. St. Kl. ſehr gewoͤhnliche Verbindung mit von; 2. eine ſilberne Stimme; eine heilige Verliebte, wie Cidli, mußte eine Silberne haben; an ei - nem Silbertone hatte ſie nicht genug; 3. die Empfindungen, die allmaͤchtig ſind; da ſie 4. um den Lazarus herum ſich draͤngen, und auch in ihm wirken; denn in der heiligen Poeſie per - ſonniſiren wir alles, auch Wolken. Was wirddoch126Erdoch Lazarus am juͤngſten Tage ſagen, wenn ihm Klopſtock die Cidli gefuͤhret bringen wird?

Erlieſet, a. St. erkieſet, von ausleſen.

Dieſes Wort iſt von großer Wirkung in der halleriſchen Terminologie. Denn ſo ſaget der Termino - logicus:

-- Den Raum des oͤden Orts Erfuͤllt verſchiedner Zeug, den regende Gewalt Erlieſet, trennet, miſcht, und ſammelt in Ge - ſtalt. Haller, 101 S.

Jſt das nicht ſchoͤn Deutſch, etwas in Geſtalt ſammeln? Jn der Bibel ſtehet ſchon der Zeug. Dem Zeuge Jſrael Hohn ſprechen; allein hier ſtehet es a. St. Stoff.

Ertrocknen am Verſtande.

Ein ſchoͤnes und nicht laͤcherliches Gleichniß iſt dieſes:

Zwo Thuͤren weit davon wird, wie ein Fiſch im Sande,
Er fern von ſeinem Volk ertrocknen am Ver - ſtande. Haller, 92 S.

Alſo ertrocknet ein Fiſch im Sande am Ver - ſtande? d. i. ein Fiſch ſtirbt, wann er in den Sand geraͤth. Ertrocknet er da nun gleich nicht am Verſtande, ſo wird er doch am Leibe tro - cken; und ſtirbt. Ein Stutzer aber ſtirbet nicht, wenn er gleich nicht Zoten reißen kann. Vielen poetiſchen Gleichniſſen gehet es, wie den meiſten mathematiſchen Beweiſen; denen man auch den Beweis eben nicht anſiehet, waͤre der Mathe - matiker nicht vorſichtig, und ſchriebe ihn daruͤber. Dichter thaͤten daher wohl, wenn ſie ihre Gedichteauch127Evauch ſo bemerkten. So iſt auch die Allmacht des Woͤrteleins wie zu bewundern.

Evan! Evoe!

Der Dichter Wilhelmi ſaget in der Ode an den Herrn Steinbruͤck:

Da toͤnt (im Gruͤnen) o! Evan! Evoe! O! Evan! Evoe! ſo rufen alle Schaaren; Und alle trinken Wein, und alles jauchzt und toͤnt ꝛc.

Sind unſere Schaͤfer wieder Heyden geworden? Jſt das wahr, daß alle Schaͤfer Wein trinken? Wir haben es niemals gehoͤret, und wollten es dem Dichter zu Ehren wohl wuͤnſchen. Trinken doch nicht alle Dichter Wein, wenn ſie gleich davon ſingen: darum ſehen ihre Lieder auch ſo berau - ſchet aus. Zur Anzeige, daß man auch berauſchet thun koͤnne, ohne beſoffen zu ſeyn. Ueberhaupt iſt dieſe Ode ſtark, und klopſtockiſch. Es iſt auſſer Zweifel, daß die wahren Dichter und Auto - ren des Tiefen aufmerkſam ſeyn muͤſſen, die groſ - ſen Muſrer in ihrer Art zu ſchreiben nachzuahmen; und man kann es mit einer großen Anzahl Exempel klar beweiſen, daß ſehr viele ſind, die durch dieſes Mittel zu einer Tiefe gekommen, zu welcher ihre eigene Traͤgheit ſie niemals wuͤrde gebracht haben. Jn der That, wer ſiehet nicht, daß Zernitz ein poetiſcher Sohn oder Schuͤler des Hn. von Hal - ler iſt; Naumann Bodmers, Wieland Naumanns, und Klopſtock Miltons iſt? Wir muͤſſen uns ſelbſt dieſe Frage machen: wie wuͤrde Hr. von Haller dieſes verdrehet haben? Druͤcke ich mich ſo gebrechlich aus, als H -- d-n? Laufen128Ev EuLaufen meine Verſe mit der ruhigen Dummheit des Herrn Wielands? Backe ich ſo viel neue Woͤr - ter, als Bodmer? Tummele ich die Teufel, und verhunze ich die Bibel ſo, wie Klopſtock? Schim - pfe ich ſo, als Meyer? Und uͤberſetze ich ſo gluͤck - lich, als Sp -- r? Ja, ſpuͤken auch meine Gei - ſter ſo, als Miltons? Lieſet man z. E. den Hermann: ſo frage man ſich, wie wuͤrde das der goͤttliche Traͤumer, Klopſtock, gegeben haben? Auch Virgils Gold koͤnnen wir in unſerm Miſte begraben; und aus Taſſon die Teufel ziehen.

Ein Dichter, der wahrhaftig einen Kopf dazu hat, wird, wenn er etwas majeſtaͤtiſches, eine ſehr lebhafte und ſinnreiche Stelle in den Schriften die - ſer Maͤnner findet, die Geſchicklichkeit haben, es ſehraffiſch zu machen; er wird ihnen alles menſchliche Anſehen zu benehmen wiſſen; er wird, durch einen ſinnreichen Umſtand, ein eingeſchaltet Teufelchen, Engelchen, es in die ewige Forme gießen; oder er wird alles wohl vermengen, ſchuͤt - teln, ruͤtteln, und ein Chaos zum Schaffen vorbereitetes Stoffes von ſich geben; welches denn Orel und Compagnie verlegen, und Bodmer und Meyer bewundern; Narren aber kaufen werden.

Euter.

Wie ſchoͤn benennet nicht der iſraelitiſche Schaͤferdichter die Bruͤſte der Schaͤferinnen, wor - an die Muſen vor dieſem ihre ganze Zaͤrtlichkeit und Kunſt verſchwendet haben! Nicht Alabaſter! Nicht Schwanenbuſen! Nicht Schnee! Nicht Sammet! Nicht Marmel! Nein! Wie denn? Euter! Kuheuter! ihr armen Dinger!

die129Ew Fa die Sæuglinge darben, Weil der mutter vertrockneten euter die nahrung nicht geben. Jac. u. Joſ. 13 S. ()

Die hottentottiſchen Damen wuͤrden empfind - lich ſeyn, wenn man ihre kleinen Semmelbroͤdt - chen Euter nennete. Allein wir, wir bewundern es. Ja, wir rathen es allen Verliebten an, ſich nach den Eutern ihrer holden Schoͤnen zu ſehnen. Wir, fuͤr unſere Perſon, ſind mit dieſer Benen - nung uͤbel angekommen; und bekamen eine derbe Ohrſeige, als wir dieſes Bluͤmchen bey einer Da - me anbrachten, bey der wir die Ehre zu ſitzen hat - ten. Gnaͤdige Frau! ſollten wir ſagen: wie ſchwer holen ſie nicht Athem; wir verirre - ten uns und ſagten: wie ſchwellen die euter nicht! Was war der Lohn? eine Ohrfeige! Laͤndlich! ſittlich!

Ewignothwendige

iſt nach der milton-bodmeri - ſchen Religion ein Weſen, welches die Teufel noch uͤber das hoͤchſte Weſen ſetzen. Die Teufel ſind dumm, es iſt wahr, daß ſie ſchon den ver - geſſen haben, der ſie mit ſeinem Donner aus den himmliſchen Verſchanzungen trieb und bis in die Hoͤlle verſcheuchte: allein ſaget man nicht, das iſt ein dummer Teufel? ſ. Noah, 141 S.

F.

Fackel.

Es war einmal eine Zeit, da man eine Fackel anzuͤndete. Sie iſt vorbey; und wir le - ben in einer, wo man auch einen Wachsſtock mitJFeuer130FaFeuer beſtecket. Wir rechnen dieſes Bluͤmchen zur geſtiefelten Schreibart, welche man oft mit der beſchwerten vermenget, die eine lange Schlep - pe von Metaphoren hinter ſich herziehet, und den tuͤrkiſchen Handdecken gleichet, die bis auf die Erde hinunter haͤngen. Denn, wie die erſte die wahrhafte Maſchine iſt, das, was hoch und erha - ben iſt, zu erniedrigen: ſo iſt die andere das ei - gentlichſte Werkzeug, geringe und niedrige Sachen zu erheben und ſie in ein Ruͤhrendes zu ſetzen, wel - ches laͤcherlich iſt; ſo daß, wenn man dieſe beyde Schreibarten zuſammen vereiniget, das Tiefe alsdann auf ſeinem Gipfel und in ſeiner Vollkom - menheit iſt; wie, wenn ein Menſch ſich den Kopf nach unten, und den Steiß nach oben kehret, ſei - ne Vertiefung ganz und vollkommen iſt. Es iſt wahr, daß es ein Ende iſt, das ſo hoch iſt, als es nur jemals geweſen: aber es iſt umgekeh - ret, und dieß iſt, ſo zu ſagen, die verkehrte Welt. Allein, nach allen dem iſt wohl kein wahrhafter Liebhaber des Tiefen, der nicht jauchzet, wenn er die niedrigſten Handlungen auf dieſe Art ver - himmeln ſiehet.

Wir jauchzten alſo, als wir das erſte mal un - ſerm Jungen, a. St. Junge! zuͤnde das Licht an! zurufen konnten: Erdling! beſtecke das Licht mit Feuer! Wahr iſt es; wir beſteckten ſeinen Ruͤcken mit haſelnen Waffen; und dann vernahm er den neuen Accent.

Laß ich den Trauungsgeſang nach Vermaͤh - lungsſitten ertoͤnen:Dann131FaDann will ich auch am Heerde die Fackel mit Feuer beſtecken, Und den Großvater tanzen. Noah, 207 S.

Faͤcher.

Die Fraͤulein des ſeel. Herrn Noah fuͤhr - ten noch vor der Suͤndfluth, welches zu bewun - dern iſt, Faͤcher und Schattenhuͤte. Wir ha - ben gehoͤret, und wuͤnſchen uns Gluͤck dazu, daß dieſe Damen in einer neuen Auflage, der wir mit Seufzen entgegen ſehen, Mantillen und Haͤnschen fuͤhren werden. Dieſe Schoͤnheit ha - ben wir ſchon, unter der Figur der Verheuti - gung, mit gebuͤhrendem Weihrauche beſtreuet; begnuͤgen uns daher, die vortreffliche Stelle her - zuſetzen:

Schon ſteht das Kleeblatt der Maͤgdchen mit Schattenhuͤten und Faͤchern Fertig zur Reiſ. Er nimmt den leitenden Stab von der Pſoſte. Noah, 102 S.

Der Stab naͤmlich leitete ihn; a. St. Noah ſtuͤtz - te ſich auf ihm.

Faͤhig und Unfaͤhig.

Viele Schriftſteller brauchen dieſe beyden Woͤrter unrecht. Was iſt gemeiner, als daß man mit einer zweifelhaften Demuth be - kennet, man ſey zu einer Sache faͤhig, oder unfaͤ - hig? Das heißt, wie es alle Menſchen verſtehen, man ſey einer Sache gewachſen, oder nicht, man habe Geſchicklichkeit ſie auszufuͤhren: oder man werde durch die Empfindung ſeiner Schwachheit genoͤthiget, ſie liegen zu laſſen. So redet der Poͤ - bel! Weg damit! Die Schriftſteller muͤſſen einer Sache allemal faͤhig ſeyn. Nur die SachenJ 2ſind132Faſind ſchuld, wann hie nur große Lucken bleiben. Jn dieſem Falle ſchiebe man getroſt alle Fehler auf die Sachen. Man ſchreibe nicht: Wann ich faͤhig bin, dieſe Vorgabe aufzu - loͤſen.

Wer zweifelt denn daran; und warum ſchreibt man denn davon? Sondern man ſchreibe mit einem kleinen Selbſtvertrauen zu ſeinen bekannten Geſchicklichkeiten:

Wenn dieſe Vorgabe einer weitern Ueber - legung und Aufloͤſung nicht unfaͤhig iſt. Buttſtaͤdt. ()

Wie reizend iſt nicht dieſe Art zu ſchreiben! Der Leſer kann, wenn er anders nicht einfaͤltig iſt, beſſer an die Sache ſelbſt gedenken, und den Schrift - ſteller, mit allen ſeinen Faͤhigkeiten und Unfaͤhig - keiten, daruͤber vergeſſen. Dieſen Vortheil fin - det man angebracht in der Vorrede des Hrn. B-ttſt -- tts, zu ſeinen vernuͤnftigen Gedanken von dem Urſprunge des Boͤſen.

Fallen enge.

Jſt jemand ſchon enge gefallen: ſo faͤllt H. J. H. Oeſt enge; und wenige beſitzen die Kunſt, wie er, mit Annehmlichkeit zu fallen; denn auch artig zu purzeln, iſt eine Kunſt.

Du faͤllſt, und faͤllſt enger, Als dich mein ſchwacher Arm ſonſt koͤnnte hal - ten. Brem. Ged. 11 S.

Faſchinen.

Die Herren Soldaten, beſonders die Herren Kriegsbaumeiſter pflegen lieber Faſchi - nen, als Reisbuͤndel zu machen; obgleich ur - ſpruͤnglich beydes einerley iſt. Weil nun der Hr. M. Nau -133FeM. Naumann bekanntermaßen ein ſtarker Kriegsbaumeiſter iſt: ſo brauchet er kuͤhnlich Faſchinen in ſeinen Belagerungen, und auf Zug und Wachten.

Laachen, Moraͤſte und Suͤmpfe Fuͤllten wir mit Faſchinen. Nimr. 294 S.

Federgewebe, a. St. Fluͤgel.

Denn ſo beſchrei - bet oder bemalet Maler Bodmer einen Olym - pier, oder Engel:

Das dritte Paar (Fluͤgel) deckte Seine Beine bis zu den Ferſen mit Federgewebe Lazurblau. Er ſtand, ein Olympier, unter den Menſchen. Noah, 373 S.

So ſtand er! So heiſſen auch der Sperlinge Fluͤgel Federgewebe braͤunlich geſprenget; wie der alte ehrliche Ringwalt: Des Elias Wagen roth.

Wir bewundern den wieder auferſtandenen Mei - ſterſinger, der ſeines Vaterlandes Ehre iſt, und auf den Druͤmmern der geſunden Vernunft ruhet.

Feld voll Auferſtehung iſt ein Feld, wo die Verſtorbenen auferſtehen;

folglich iſt eine Schenke, wo ſich die Bauern beſoffen hinſtrecken, ein Haus voll Morgen; denn wenn der Voigt koͤmmt: ſo werden ſie wohl aufſtehen. Wir ha - ben dem Meiſter, dem Obermeiſter des heiligen Rathes unſere Ehrfurcht ſchon oft bezeuget; wir koͤnnen noch nicht aufhoͤren. Denn ſo ſagt er in ſeinen ewigen Geſaͤngen:

J 3Der134Fe
Der Donner Der Poſaune wird bald, bald wird der Schwung der Gebeine, Und das rauſchende (beſſer klappernde) Feld voll Auferſtehung vom Thron her, Jeſus, der auch ein Todter einſt war, zum Welt - gericht rufen. Off. S. Klopſt. 180 S.

Hier uͤberlaͤßt der Prophet, uns zu errathen: wer da moͤchte gerufen werden? Erſtlich bewundern wir die Donnerpoſaune; wir werden aber wohl bald andere Poſaunen finden; 2. den niedli - chen Schwung, den ſich die Gebeine aus den Graͤbern heraus geben werden; 3. das Feld voll Auferſtehung; 4. das wohl eingeſchaltete Wort Jeſus; 5. aber den Faden des Sinnes, der wie der Faden der Ariaden im Labyrinthe um - her laͤuft; bey dem einen Puncte anfaͤngt, und bey dem andern aufhoͤret.

Feldmarſchalk.

Wir vermutheten einen Seras - kier oder Großvezier an der Spitze der Eberiten anzutreffen: allein, wir fanden einen Feldmar - ſchall Saleph. Nimr. 313 S. Die Ver - heutigung; eine treffliche Figur; wie Bartas mit ſeinem Grand Duc.

Felſenan.

Dieſes neue Beywoͤrtlein haben wir auch dem Seher himmliſcher Offenbarungen, dem Hallelujahſaͤnger zu danken. Dieſer ent - menſchte Geiſt giebt ſich alle erſinnliche Muͤhe, unſere wortarme Sprache zu bereichern; und es iſt faſt keine Zeile in ſeinen ewigen Liedern, in der nicht etwas von ſeinem Gepraͤge vorkaͤme. Wirpflegen135Fepflegen ihm gern nachzuahmen. Hielt doch Marc Aurel es fuͤr ſeine Pflicht, den Goͤttern gleich zu werden. Das that ein Heyd; wir aber ſind Chriſten, und darzu meßianiſche Chriſten. Wir ehren alſo unſern Seher; wir folgen ihm; und wenn wir auch nicht wollten: ſo muͤßten wir. So ſagen wir nach Felſenan, Baͤumean, Fen - ſteran u. d. gl.

Seine dem Tode noch kaum entgegenrin - gende Seele Trieb ihn, von dem moͤrderiſchen Feinde zum Unſinn empoͤret, Felſenan. Offenb. St. Klopſt. 39 S.

Ach! wie der goͤttliche Mann nicht die Seele rin - gen, dem Tode entgegen ringen laͤßt! Wie er den Teufel nicht ſchimpft; und bis ſehr zierlich bey zum Unſinn auslaͤßt! Wird Deutſchland wohl ſolch einen Mann wiederſehen? Gluͤckli - ches Soroe! Wie er da bruͤtet nicht! Wel - ten und Geſaͤnge, Engel und Teufel, Himmel und Hoͤllen. Sehr feſte Felſen ſind in des barmherzigen Hrn. Nicolai Samml 67 S. zu ſehen. Felſen, die dem Meere der un - barmherzigen Verwuͤſtung, Jahrhunderte durch, entgegen ſtehen. Daß Gottes Barm - herzigkeit ein Meer ſey: das wußten auch wir Suͤnder. Daß es aber auch ein Meer der Ver - wuͤſtung gebe: das war bisher noch unbekannt. Wir danken fuͤr die uns gegoͤnnete Entdeckung.

Fenſter von ſteinernen Spiegeln,

um Licht und Luft durchzulaſſen, ſind etwas ſelten; aber dochJ 4im136Feim Noah zu finden. 221 S. Wir zweifelten, ob Noah dadurch ſeine Abſicht moͤchte erreichet haben, in der Arche Licht zu ſchaffen. Wir glaub - ten daher, es waͤre beſſer geweſen, glaͤſerne Steine oder ſteinerne Glaͤſer zu machen. Wir befanden uns auf eine angenehme Art uͤberra - ſchet, da uns folgender Vers in die Augen fiel:

Ueber den Ramen der glaͤſernen Steine befe - ſtigte Noah Zottichte Felle, das Kleid der Loͤwen u. ſcheckich - ten Tyger, Die man in Schleifen rollt, u. wieder entwi - ckelnd herabließ ꝛc.

Denn ſind dieß nicht natuͤrlich unſere Vorhaͤnge? Beym Kleide der Loͤwen befuͤrchte ich nur, daß, weil man doch ein Kleid ausziehet, dem Loͤwen ſehr ungeſund ſeyn moͤchte, ſich zu entkleiden. Doch bewunderten wir das niedliche die, als wel - ches ſowohl aufgerollte Tyger als Loͤwen zuwege bringen kann; ungeachtet ſolch ein Vorhang uns ſehr fuͤrchterlich zu ſeyn ſcheinet. Ein großer Dichter iſt uͤber ſolche Pedantereyen weit weg.

Ferne eine dunkle, oder helle Weite.

So ſinget der Geiſt Klopſtock:

Darf ſich die Dichtkunſt auch wohl, aus dunkler Ferne, dir naͤhern? Off. St. Klopſt. 3 S.

Ein gemeiner und verwoͤhnter Geiſt wuͤrde geſaget haben: Darf auch die Dichtkunſt wohl in dei - ne Geheimniſſe dringen? Dich im Himmel und auf der Erde herumtummeln? Allein, da wuͤrde weder Dunkel noch Ferne geweſen ſeyn.

Da137Fe Da er ſo mit gefluͤgeltem Blicke Jede Ferne durcheilt. e. d. 127 S. ()

Es muß folglich viele Fernen geben; und man thut weislich, die Blicke nicht nur fliegen zu laſ - ſen: ſondern ihnen auch ein Paar Fluͤgel, wie dem Merkure, anzuhaͤngen; denn giebt es nicht auch gefluͤgelte Toͤne, gefluͤgelte Stimmen, ja gefluͤgelte Huſten?

Feſte.

Klopſtock, der Theologe, und Bod - mer, der Hexametriſt, haben fuͤr gut befun - den, in ihrer ſehraffiſchen Religion die Sonnta - ge abzuſchaffen; dafuͤr aber haben ſie gewiſſe Din - ger eingefuͤhret, die ſie Feſte heiſſen. Da giebt es Feſte des Lichts, und Sonntage der Finſter - niß; Feſte in Armen; Feſte im Antlitze; Fe - ſte im Herzen; Feſte ich weis nicht wo: Kurz, ewige Feſte und Sonntage. Feſte im Him - mel ziehen natuͤrlicher Weiſe auch Werkeltage nach ſich. Der Dienſt der Seelen beſtehet in ewi - gen Hallelujahgeſaͤngen; wenn alſo ein Wer - keltag einfaͤllt, der im himmliſchen Kalender mit Schwarz gezeichnet iſt: ſo iſt es maͤuschenſtill im Himmel, und der liebe Gott wird ſein Zeug - haus, die Engel aber werden ihre Kleiderkam - mern beſehen. Jener wird die alten und ſtum - pfen Donner einſchmelzen laſſen: dieſe werden die dunkeln Gewande zu den ſeraphiſchen Schneidern ſchicken, ihnen wieder ein feſtlich niederwallendes Glaͤnzen geben zu laſſen. Wir haben dieſe Erfindung hoͤchlich bewundert, und wollen zum Beweiſe deſſen ein Paar Stellen ausJ 5dieſem138Fedieſem poetiſchen Propheten, oder prophetiſchen Poeten zur Erſtaunung herſetzen. Der liebe Gott verſpricht den Seelen einen Feſttag; deutſch zu re - den: ein Maybier.

Alsdann ſollen ſie hier, im Schooße des Friedens getroͤſtet, Feſte des Lichts u. der ewigen Ruh triumphie - rend begehen. Off. St. Klopſt. 19. u. a. O.

Der Saͤnger, der aus den Alpen Accente hervor - donnert oder ſtammelt, hatte nach ſeiner wunder - ſamen Geſchmeidigkeit in Nachahmung des Erlog - nen und Wunderbaren am Begehen eines Fe - ſtes noch lange nicht genug. Denn wer in die Tie - fe will, der muß bey keinem Berge ſtehen bleiben. Darum ließ er gar Feſte umarmen. Es gehet unſerm Dichter, wie jenem Koͤnige, der alles zu Golde machte, was er beruͤhrete: nur umgekehrt! Unſer allgemeine Geiſt, oder Genie univerſel, darf nur etwas beruͤhren: ſo wird es zu Bley.

Noah beging mit Milca ſchon im Gemuͤthe die Feſte, Die in den Armen Siphas, u. ſeiner holdſeeli - gen Toͤchter Auf ſie warteten, u. nicht lange verzoͤgern konn - ten. Noah, 105 S.
Jene lieblichen Feſte, die er im Geiſte gefeyret, Wichen aus ſeinem Geſicht; er ſah dafuͤr Fluth u. Verwuͤſtung. Noah, 108 S.

Wir zweifeln nicht im geringſten, dieſe Fluth und Verwuͤſtung werde auch auf ſeinem Geſichte zu ſehen geweſen ſeyn: wo naͤmlich ſo viel lieblicheFeſte139FeFeſte Raum haben; da koͤnnen auch Fluth und Verwuͤſtung ſeyn. Jm Vorbeygehen billigen wir auch die artige Eliſion, oder Verbeiſſung von Suͤnd; indem ein ſchaaler Kopf das Wort Suͤndfluth ſeines Kopfes nicht wuͤrde beraubet haben.

Feſtlich.

Wir muͤßten die Staͤrke in Beywoͤrtern nicht kennen; wollten wir dieſem unſern Beyfall verſagen. Nur wundert uns, warum man noch nicht ſonntaglich ſaget. Doch zur Sache! Wir beſitzen viel feſtliche Dinge; ſo haben wir uns z. E. mit feſtlichem Schalle, feſtlichem Blicke, und andern feſtlichen Saͤchelchen mehr verſehen. Wir wiſſen zwar nicht, ob ein Schall am Feſtta - ge beſſer klinget, als an einem andern; allein es iſt doch feſtlich, und was feſtlich iſt, das iſt feſtlich. Denn ſo ſaget unſer Lehrer und Meiſter:

Er hoͤrt auf den Huͤgeln, Mit dem kurzen Gewand wohlriechender gekleidet, Feſtlichen Schall u. Stimmen der Harf ein - ander begegnen. Noah, 6 S.

Wir haben hier allerley zu lernen: 1. Hoͤret man einander begegnen; ſo hoffen wir denn auch bald Gras wachſen, und Floͤhe huſten zu hoͤ - ren; 2. lernen wir, daß er, Japher naͤmlich, mit einem kurzen Gewande von wohlriechen - den Kraͤutern bekleidet geweſen; 3. daß die Harfen Stimmen haben. Alles dieſes bewun - dern wir, trotz den allerunbarmherzigſten Kunſt - richtern; und wir ſcheuen uns nicht, folgendenSatz,140FeSatz, als die Stuͤtze, den erſten Grund, und den Eckſtein unſerer Kunſt vorzutragen. Wer in der heiligen Dichtkunſt vortrefflich werden will, muß alle Begriffe, alle Geburten, und auch die ge - ringſten Spuren des gefaͤhrlichſten Feindes des Witzes, dieſes Verwuͤſters der ſchoͤnſten Figuren, welcher, ich will nicht ſagen, bey allen Deut - ſchen, unter dem Namen der geſunden Ver - nunft bekannt iſt, auf das ſorgfaͤltigſte vermeiden, ſie verabſcheuen, und einen Widerwillen davor ha - ben. Er muß ſich ganz darauf legen, den wahr - haften verkehrten Geſchmack zu erlangen, und ſich auf eine gluͤcklichere Art zu denken legen, die nicht ſo gemein, ſondern wunderſam iſt, und von der er ſelbſt keine Urſache geben kann. Zu dieſer baͤhnen uns den Weg die vortrefflichen Buͤchlein Hn. Bodmers, Breitingers, Meyers, welche die Kunſt zu malen, zu denken, zu ſcherzen in ſich halten.

Feuer graͤbt.

Niemand haſſet mehr den Verwuͤſter der ſchoͤnſten Figuren, als mein Held, den wir ſo oft, aber nie genug bewundert haben. Wer haͤtte ſonſt, als dieſer tiefe Mann, einen Tag graben laſſen? Wer ſonſt der Reue a. St. eines Grabſcheites Feuer in die Hand gegeben? Ja, wer haͤtte alles dieſes in einer Bruſt verrichten laſ - ſen? Welch eine Tiefe des Geiſtes!

Wer iſt, der einen Tag von Tauſenden erlebt, Den nicht in ſeiner Bruſt die Reu mit Feuer graͤbt? Haller, 98 S.
Es141Fe

Es ſtehet um das menſchliche Geſchlecht, leider! ſehr ſchlecht; und wir leben unter tauſend Ta - gen nicht einen, den wir nicht bereuen. Welch eine Wahrheit! d. i. wir haben in dreyen Jahren nicht einen guten Tag. Jſt das wahr? Ein Dichter muß ſich ſelbſt als einen Grotesken - und Fratzenmaler anſehen, der ſeine Werke verderben wuͤrde, wnen er der Natur nach - ahmete, und die Gleichfoͤrmigkeit des Riſſes beob - achtete. Er muß allerhand kleine Stuͤcke von un - terſchiedenen Dingen unter einander mengen, die gar nicht zuſammen gehoͤren, als Landſchaften, Hiſtorien, Schildereyen und Thiere, welches er durch eine große Anzahl Zuͤge und Blumenbinden an dem Kopfe oder am Schwanze, eines an das an - dere knuͤpfet; wie die Verbindung ſeiner Einbil - dungskraft gefallen wird, und es zu ſeinem Haupt - zwecke mit helfen kann; welcher iſt durch eine ſelt - ſame widerwaͤrtige Zuſammenfuͤgung der Farben zu blenden, und durch die Widrigkeit und Ungleich - heit der Bilder in Verwunderung zu bringen. Dergeſtalt vereiniget er Voͤgel und Schlangen, Tyger und Schafe: Serpentes avibus gemi - nentur, Tigribus agni; er giebt Feuer a. St. eines Grabſcheites, und laͤßt einen Tag ins Fleiſch graben.

Feyern.

Wir haben ſchon oben geſaget, daß man ſo eigentlich nicht weis, was die Engel thun, wann ſie feyern; noch weniger, wann ſie ſehen und feyern. Denn

Biswei -142Fe
Bisweilen eroͤffnet Gott den daͤmmernden Vorhang, durch ma - jeſtaͤtiſche Donner, Vor dem Blicke der himmliſchen Schauer. Sie ſehen u. feyern. Meßias, 16 S.

Haben wir nicht geſaget, daß Gott oft nur zur Luſt donnert? Er ziehet den Vorhang ein wenig auf; die himmliſchen Schauer ſehen; und ſiehe, es donnert! Oft hat auch der Vorhang eine Morgenroͤthe; denn hat er nicht hier eine Daͤm - merung?

Feuer und Waſſer,

zwo Sachen, die auch den Schriftſtellern unentbehrlich ſind. Der Natur - kuͤndiger kann daraus nuͤtzliche Entdeckungen ma - chen; was ſoll uns aber ein Fortforſcher oder Ausknoͤteler hierbey ſagen? Feuer iſt Feuer, und Waſſer iſt Waſſer! Geduld, mein Leſer! Feuer und Waſſer veranlaſſen das Erhabene in ei - ner Rede: und beyde, wann ſie einen kleinen Zu - ſatz bekommen, gehoͤren zu den neuen Ausdruͤcken, die den Verehrern des Antilongins theuer und wehrt ſind. Ein Exempel macht die Sache deut - lich. Froſtige Redner ſagen gemeiniglich: Wer dieſen Satz behaupten wollte, wuͤrde et - was unmoͤgliches fuͤr moͤglich halten.

Will man nun dieſen kalten Ausdruck meiden, ſo nehme man eine Menge Feuer und Waſſer, und ſa - ge mit dem wortreichen Herrn B-ttſt-tt:

Wer dieſes fuͤr wahr hielte, wuͤrde Feuer und Waſſer zuſammen binden. Buttſt. 7 Th. 18 S. ()Er143Fe

Er haͤtte wohl ſchreiben koͤnnen: Feuer und Waſſer zuſammen reimen. Allein, das waͤre ſo unmoͤg - lich nicht: denn die Dichter, die ungereimten Heldendichter! ſetzen wohl eher Dinge zuſam - men, die aͤrger, als Feuer und Waſſer, mit einan - der ſtreiten. Man muß unſern erleuchteten Zeiten deswegen Gluͤck wuͤnſchen! Feuer binden, Waſſer binden! und was noch ſcharfſinniger ge - ſaget iſt, Feuer und Waſſer zuſammen binden, das druͤcket die Sache edel und bildreich aus. Der ganze Nachdruck lieget in Binden. Man merke ſich alſo eine Regel, die eine unerſchoͤpfliche Quelle der ſchoͤnſten Schreibart iſt: Je weniger ſich Woͤrter zuſammen ſchicken, und je weniger man dabey denken kann; deſto ſorgfaͤltiger und oͤfterer muß man ſie zuſammen ſetzen.

Zwar murriſche Kunſtrichter wollen den neuern Schriftſtellern die Ehre eines feinen Geiſtes nicht goͤnnen. Sie ſchreyen: ſolche Reden, die man nach meiner goldenen Regel zuſammen ſtoppelt, waͤren ein Nonſens. Wer wollte ſich aber nach dieſen Leuten richten? Wie vieles bliebe unge - ſchrieben, ungedruckt und ungeleſen! Sie ſollen und muͤſſen nicht Recht haben!

Feyrer.

Dieſes bisher unbekannte Wort bedeutet einen, der einen Sonntag hat. So kann man auch ſagen: Anfeyerer des Sabbaths. Wie man aber ein Feyrer des Gerichtstages ſeyn kann, iſt ungewiß.

Wenn144Fi
Wenn der Gerichtstag iſt untergegangen, wird aufgehn der dritte, (Sabbath.) Ewigkeit heiſſet ſein Maaß; ſein erſter Feyrer Meßias. Offenb. St. Klopſt.

Einige Verehrer Miltons haben geſaget, wenn Gott engliſch ſpraͤche: er wuͤrde nicht anders, als Milton ſprechen; wir unterſtehen uns, ſol - ches von dem Evangeliſten Klopſtock zu be - haupten. Ein guter Freund hat den Abend der Welt bewundert, und wir wuͤrden fehlen, wenn wir nicht den Tag dieſes Abends erhuͤben. Er iſt untergegangen der Gerichtstag! Wann wird doch ſeine Morgenroͤthe aufgehen? Ewig - keit heiſſet ſein Maaß; ſo miſſet man nun die Tage. Wir wuͤrden dieſe Redensart den He - braͤismus nennen, wenn wir nicht alles das ver - ehreten, was in der Bibel ſtehet.

Fichtenzimmer iſt ein Schiff;

oder vielmehr die Cajuͤte des Schiffers.

Der Gottheit unſichtbaren Schimmer Verſchließt ein Schiff im fichtnen Zimmer, Wo deine Weisheit Lehrer ſchafft. Samml. Nicol. 108 S.

Auf deutſch der Heyland trat ins Schiff. Kann aber das Zimmer nicht auch von Eichen, oder Cedern geweſen ſeyn? Wir wuͤrden Ce - dern geſaget haben. War der Libanon nicht in der Naͤhe? Baut man denn Schiffe von Fichten? Baumeiſter Naumann bauet ſeine Fichten gar aufs unbepfaͤlte Waſſer. Nimrod 24 S.

Er145Fi Fl

Er baut ſeine Fichten getroſt aufs unbepfaͤlte Gewaͤſſer.

Es iſt ſehr dienlich, daß das Gewaͤſſer nicht Pfaͤ - le hat; wuͤrden die Schiffe nicht ſcheitern?

Fiebriſche Stoͤße.

Was fuͤr allerliebſte Stoͤße! Erſtlich denket man an das Fieber, wie das einen ſchuͤttelt; 2. an die Stoͤße, die die Erde bekam, als ſie das Fieber hatte; naͤmlich die Suͤndfluth. Gott behuͤte den Herrn Verfaſſer fuͤr ein ſolches Fieber; wir ſorgen nur um ſein Gehirn; denn ſonſt wiſſen wir, daß ein Fieber zur Geſundheit dienet. Allein das Schoͤnſte iſt, von Stoͤßen ge - wieget zu werden. So wieget der Schulmei - ſter die Jungen.

Hin u. her, wie von fiebriſchen Stoͤßen ohn - maͤchtig gewieget, Folget ein Sturz. Noah, 252 S.

Wir trauen unſerm Leſer kaum den Verſtand zu, das Sinnliche dieſes Bildes einzuſehen. Be - merket man auch das Wort ohnmaͤchtig?

Feuervolkan iſt nicht der Gott Vulcan:

Wir wiſ - ſen nicht recht, unter welcher Trope dieſe Figur oder Bluͤmchen gehoͤret; nennen uns aber unterdeſſen den Zuͤrcheriſmus; denn wer kann anders, als ein Zuͤricher, errathen, daß es ein feuerſpeyender Berg iſt?

Zwar war ſein feſter Kern mit Feuervolkanen beſetzet. Noah, 248 S.

Flaͤhmiſchfunkelnd.

Etwas ſehr flaͤhmiſches befin - det ſich im Nimrod und ſeinem Hofnarren Ha - bacuc, 7 S.

KMit146Fl
Mit flaͤhmiſchfunkelnden Augen entreißt er dem Hauptmann Den Spieß ꝛc.

Dieß thut der flaͤhmiſche Nimrod! Und dar - zu mit den Augen entreißt er. Jſt das nicht ein rechtes Hundegleichniß?

Flatern.

Wie der große Mann das Leben nicht flatern laͤßt!

ihr Leben

Flatert auf der Spitze der Degen; es floß auf der Klinge Gern, u. hielt es fuͤr Schimpf, durch andre Wege zu fließen. Noah, 71 S.

Freylich! Waͤre es durch den Steiß gefloſſen: ſo waͤre es ſchimpflicher. Wie das Leben nicht flieſſen kann! Bald wird mans, wie das Waſ - ſer, abſchlagen. Wie die kleinen Fluͤgelchen nicht werden gewackelt haben! Was fuͤr Bilder! Was fuͤr Gedanken!

Fleiſchfarben.

Die Schule der Maler erklaͤret die - ſes Kunſtwort. Jch freue mich, eine Gelegenheit zu haben, einen ganz neuen und unerwarteten Gebrauch deſſelben anzuzeigen. Ein gewiſſer Schriftſteller, der weitlaͤuftige Herr Buttſtett, im 4ten Bande der v. Ged. 108 S. redet von einem Geiſte, der mit Fleiſchfarben kann abgemalet werden.

Dieſer Ausdruck iſt in ſeiner Art wohl der ſinnreich - ſte, und will nichts mehr ſagen, als dieſes: Ein Geiſt, der die Natur des Blutes hat. Kann man denn aber auch Anlaß finden, dieſes Bluͤmchen an -zubrin -147Flzubringen? Ach ja! Man rede zum Exempel von dem Urſprunge der menſchlichen Seele. Eini - ge Weiſen haben behauptet, daß die Seele aus dem Blute der Aeltern kaͤme; andere haben ihnen ge - antwortet, daß alsdenn die Seele eine koͤrperliche Natur haben muͤßte. Dieſes nicht zu roh und zu trocken auszudruͤcken, ahme man dem Hn. Butt - ſtett nach, und ſage:

Wenn die Seele aus dem Blute der Aeltern gezeuget wird, ſo wohnet ein Geiſt in uns, der aus Materie beſtehet, und mit Fleiſch - farben kann abgemalet werden. Buttſt. Ged. 4 Th. 108 S.

Ein Redner kann zwar nach der alten Leyer denken; aber ungewoͤhnlich, neu und maleriſch muß er re - den und ſchreiben, ſonſt taugt ſein ganzer Kram nichts.

Flußpferd ſtampfet den Marmor, der es haͤlt;

und doch haben wir noch keines von Marmor geſe - hen, das ſich geruͤhret haͤtte.

Loͤwe, Flußpferd u. Greif erheben ſich, uͤber die Haͤlfte des Leibes, Aus dem Marmor hervor, und ſtampfen den haltenden Marmor. Noah, 77 S.

Wir heiſſen dieſes die Figur en Bas reliéf. Halb ſtecket naͤmlich der Verſtand noch in dem Marmor.

Fluthumarmet,

und wird in den wurmſaamia - niſchen Gedichten oͤfters umarmet, wann die Helden ins Waſſer purzeln. Sie hat Hoͤrner,K 2und148Flund ſtoͤßt wie ein Ochs, und ſtreifet ab, wie ein Jaͤger.

Wenn die Hoͤrner der Fluth ihn ſtoßen, die Flur ihm abſtreifen. Noah, 189 S. Sie wird auch bepfluͤget! Da ſie ſchon zwanzig Tage geſchirmt die Flu - then bepfluͤget. Noah, 286 S.

Dieſes Pfluͤgen verrichten ſie eigentlich mit Cara - ken und Caravellen, in deren Rippen der Hie - rarch verſchloſſen iſt, der ſich auf der Suͤndfluth retten will. Er nahm das Muſter zu dieſem Schiffe von dem Luftſchiffe des weit liſtigern Teu - fels, als Satan, Adramelechs; dieſes aber iſt von dem Fuhrwerke hergenommen, das Arioſt nach den Monden angeleget. Die Rieſen fan - gen ein jaͤmmerliches Laͤrmen an, und nothzuͤchti - gen darinnen alle Weibesperſonen: eine zu einer Epopoͤe ſich wohl ſchickende Epiſode!

Og ſtand zwiſchen die Schneiden der blanken Schwerter und flehte: Schonet, o! ſchonet der Fluthentflohnen, der Hoffnung der Erde! Gebt dem Schwert nicht das Blut der Freund u. Edeln zu ſchluͤrfen! e. d.

Wenn das Schwert es nur nicht getrunken haͤtte; geſchluͤrfet wuͤrde es wohl nicht haben. Sollte das die in dem 1 Verſe nicht ein Druckfehler ſeyn? Auf die Frage wo? gehoͤret ſonſt die Nehmen - dung.

Flug.

Es iſt gewoͤhnlich, daß Dichter fliegen; ſie fliegen aber manchmal ſo hoch,

Daß149Fl
Daß ſich vor Freuden die Koͤpfe an Waͤnden zer - ſtoßen. Heldged. Wurmſ.

Unter allen den Fluͤgen, die unſere wirbelſuͤchtige Dichter ſeit zehen und mehr Jahren gethan haben, ſind uns keine ſtaͤrker zu bewundern vorgekommen, als zween: ein beſchnittener und ein fallender Flug. Wir wuͤrden uns des Neides ſchuldig machen; erwaͤhneten wir des großen Mannes nicht, der ſie gethan. Es iſt der Vater unſerer neuer Homere; der Kenner der noahiſchen Sitten; Klopſtocks Geſpiel im Thalep, ach! koͤnnten wir ihn noch mehr ehren! Herr Bod - mer, die Ehre des großen Rathes zu Zuͤrich.

Ein fallender Flug iſt alſo, wenn man aus dem Fenſter faͤllt, und ein ſteigender Fall, wenn man wieder hinauf klettert.

Meinen fallenden Flug zur Wohnung der ir - diſchen Leute, Und mein Bleiben bey ihnen verſuͤßt allein der Gedanke, Daß ein Noah hier lebt ꝛc. Noah, 167 S.

Mein fallender Flug, den ich durch das ganze Reich des Anarchen, die Gedichte neuerer Zeiten, thue, wird allein durch die Namen Klopſtocks, Hallers, Bodmers, Naumanns ꝛc. ver - ſuͤßet. Welch ein allerliebſter Flug ein ver - ſuͤßter Flug nicht iſt!

Denn was iſt groͤßers und herrlichers irgends - wo zu finden, Als ganz vernunftlos, dennoch vernuͤnftig zu ſchreiben? Wurmſaamen.

K 3Fly -150Fl Fr

Flyſtern.

Es klinget ſehr angenehm, wenn wir ei - ne Antwort mit Fluͤſtern empfangen. Denn 1. kann derjenige flyſtern, der ſie uns bringet; und 2. der, welcher ſie empfaͤngt: ſie flyſtern ſich alſo beyde entgegen. Niemand aber flyſtert ange - nehmer, als der Flyſterer der Alpen.

Iſraels ſoehn empfiengen die antwort mit froe - lichem flyſtern. Jac. u. Joſ. 35 S.

Vieleicht flyſterten die Soͤhne unter einander; welches denn ein ſehr flyſterndes Flyſtern wird erreget haben.

Forſchendes Meſſer

iſt bey Saͤnger Bodmern ein Meſſer, welches einem in den Hals geſtoßen wird. So forſchet der Schlaͤchter, wenn er ſchlachtet, und der Schaͤfer, wenn er die Hammel reiniget; ja auch das Meſſer forſchet, welches Verſchnittenen uͤber die Haut faͤhrt. Das eine Meſſer forſchet nach dem Leben; das andere nach den Hoden: wornach forſchet Hn. Bod - mers ſeines?

Ungeſaͤumt wurden ſie mit den langen forſchen - den Meſſern Jn die ſchneeweiſen Haͤlſe (nicht Steiße) ge - ſtochen. Noah, 145 S.

Freundſchaft.

Wir wiſſen dieſe Stunde noch nicht recht, ob wir uns gleich in einem Stoßgebetchen zu den Alfern und Feyen gewendet haben: was fol - gendes fuͤr eine Freundſchaft ſey? Bedeutet ſie Raphaels Freundſchaft, d. i. die Engel, mit denen er verwandt iſt? Oder ſoll es des EngelsFreund -151FrFreundlichkeit ausdruͤcken? Kurz! wir wiſſen es nicht; und hier iſt die Freundſchaft!

Unter der Pforte des Bergs erwartet ihn Ra - phaels Freundſchaft? Noah, 167 S. ()

Wir wiſſen auch nicht, ob es Darm - oder Drat - ſayten ſind, mit denen wohlklingende Freunde verbunden ſind. Denn ſo rufet Cham:

Er hat die Menſchen Mit gleichſtimmenden Saiten der Freund - ſchaft zuſammen verbunden. Noah, 283 S.

Wir werden Achtung geben, und eheſter Tages die Saiten unſers Freundes verſuchen; nur fuͤrch - ten wir, daß er uns mit dem Fiedelbogen uͤber den Kopf ſchlaͤgt: denn er klinget ſehr ſcharf.

Fronte.

Es iſt ein Wunder, daß der Herr Kriegs - baumeiſter Naumann nicht das Bajonet bey den nimrodiſchen Kriegsleuten eingefuͤhret hat: wir finden doch ſchon, daß ſie ſich des Wortes Fronte bedienet haben: denn Nimrod ſelbſt ſaget:

Jch hatte wirklich des Morgens Die Fronte meiner Armee gegen die Stadt ausgebreitet. Nimrod, 246 S.

Wir bilden uns demnach ein, der Herr Magiſter werde ein Paar Troͤpfchen von des alten Skal - ders Odin Waſſerblaͤschen getrunken haben; ja es koͤnnte leicht ſeyn, daß er auch etwas von den verdickten Klumpen gekoſtet haͤtte.

Froſt.

Es iſt wahr, wir haben wohl eher die Leute im Froſte rennen ſehen; den Froſt aber ſelbſt auf ſo ſchnellen Fuͤßen zu ſehen, iſt uns noch nichtK 4gelun -152Fr Fugelungen. Wir ſelbſt haben auch oft in dem Fro - ſte gebebet; daß er aber bebte, war uns, ſo ge - lehrt wir auch ſind, unbekannt.

Ueber dem Anblick rann ihm ein bebender Froſt durch die Adern. Noah, 145 S. ()

Auf eben dieſer Seite bewundern wir ein neues Bey - wort blutlos; ſo ſagen wir auch athemlos.

Fruͤhlingslaͤcheln

iſt ein gar ander Laͤcheln, als Winterlaͤcheln; die meiſten unſer laͤchelnder Dichter laͤcheln das erſte Laͤcheln: denn ſo laͤ - chelt die Feya von Tabor; oder fuͤllt ein Ant - litz.

Ein heiliges Fruͤhlingslaͤcheln Fuͤllte ſein Antlitz. Meß. 36 S. des heiligen Laͤchlers St. Klopſt. ()

Fuͤhlplatz.

Ein trauriger Fuͤhlplatz der allge - meinen Verwuͤſtung, die Hr. Bodmer gere - det oder geſtammelt. S. im Noah.

Fuͤhlen und Fuͤhlung,

zwey poetiſchmyſtiſche Woͤrter der heiligen Traͤumer, oder der Fromm - dichtergemeine.

Jtzt trat er hoch uͤber die weichere Fuͤhlung. Noah, 172 S. ()

Wohin trat er alſo? Jn lauter Miſchmaſch, das von dem ewigen Gefuͤhle des Gefuͤhles, was ein hoͤheres Gefuͤhl das niedere Gefuͤhl zu fuͤhlen zwinget, gefuͤhlet wird.

Fuͤhren.

Niemals ſind wir in ein angenehmer La - byr[i]nth von Thraͤnen und Gedanken, klopſto - ckiſchen Gedanken, als in folgendes, gefuͤhret worden.

Wenn153Fu
Wenn die Seele im Kuß, und der Gedank in der Umarmung ſpricht: Freund! dann fodre kein zaͤrtliches Wort. Thraͤnend fuͤhrſt du deine Seele in die meinige, und ich empfin - de, wie du. Freund! (das hat gefallen,) thraͤnend fuͤhrſt du deine edle Seele in die mei - nige, und ich empfinde, wie du. Koͤrper! bewege dich in bangem melancholiſchem Zittern! Gedanken zwoer ſchwermuͤthig entzuͤckter See - len ſind dir im geheiligten Dunkel nahe. Zwo Seelen, beyde ein Tempel Gottes! ꝛc. Nun weine voll Beſchaͤmung! Erloͤſer! ewige Er - barmung! ꝛc. Zwiſchen zweenen Engeln ſenk - teſt du dich, durch den Sturm meiner Bruſt, und er wuͤrde ruhig. Samml. Nicol. 66 S.

Senkte er ſich lieber zwiſchen zwoen Myriaden! Jſt das nicht herzbrechend? Kann man nicht aus Froͤmmigkeit ein Tremulant werden? Wir nen - nen dieſe Figur das Zittern; oder den Tremu - lanten ſchlagen.

Funkeln.

Auch Redner muͤſſen funkeln; wir tau - fen daher dieſes Bluͤmchen, und es heißt: der Karfunkelſtein. Denn ſo wie wir aus den be - liebteſten Dichtern unſerer Zeiten das, was fun - kelt, herausſuchen, und unſern Leſern in die Au - gen funkeln laſſen: ſo muß man auch in einer Rede, aus einer Menge funkelnder Tugenden, die - jenigen hervorſuchen, durch die unſer Held am meiſten funkelt. Samml. Nicol. 9 S.

Furche.

Ein Kunſtwort der Pflugtreiber. Ein bekannter Schriftſteller, der einem unſerer groͤßtenK 5geiſt -154Fugeiſtlichen Redner nachaͤffet, und ſich recht martert, wie ein Mosheim zu ſchreiben, ohne wie ein Mosheim zu denken, leget dieſem ſo verachte - ten Worte eine edele und erhabene Bedeutung bey. Er will ſagen: die Sache hat einen großen Ein - druck gemacht. Das waͤre wohl ſchlecht ge - ſchrieben!

Die Sache hat merkliche und tiefe Furchen in dem Acker des menſchlichen Herzens ge - zogen. B-ſt-dt. ()

Das iſt ſchoͤn! Jch empfehle dieſe Redensart allen Anfaͤngern in der geiſtlichen Beredſamkeit: beſon - ders denen, die mit allem Fleiße die Ausdruͤcke der Bibel vermeiden, und uͤber ſolche Kleinigkeiten ſchon weg ſind. Es fehlet ihnen nicht an Vorgaͤn - gern. Mein guter Freund, der juͤngere Herr Chryſoſtomus, ſagte mehr als einmal in ſeiner heiligen Rede:

Jch wuͤnſche, daß mein heutiger Vortrag tiefe Furchen in dem Acker eurer Herzen ziehen moͤge! ()

Wann man zu einer Dorfgemeine ſo ſpricht: ſo iſt der Ausdruck ſchoͤn, und aͤſthetiſch. Jn einem Lehrbuche ſollte er nicht gelten. Wer kann es allen Leuten recht machen?

Furcht iſt der Seele Froſt;

was wird doch ihre Hi - tze ſeyn? Wie ſaget der große Geiſt?

Die Furcht, der Seele Froſt; der Flammen - ſtrom, der Zorn, Die Rachſucht ohne Macht, des Kummers tie - fer Dorn ꝛc. Der155FuDer Liebe Folterbett, der oͤden Stunden Laſt, Die herrſchen nicht ſo ſtark im Schaub, als im Palaſt. Haller, 112 S.

Wer wird ſich lange bey der Huͤtte auf halten? Man muß hineingehen; der Bauerfrau den Schaub, oder die Schaube nehmen und der Liebe Folterbett hineinſtecken. Es iſt wahr, man daͤhnet ſich auf dem Folterbette der Liebe auch et - was aus: ob es aber ſo fuͤrchterlich, als eine Fol - ter, iſt, das fragen wir alle Verliebte? Wir be - wundern auch hier einen Flammenſtrom, einen Strom von Flammen; wie auch einen tiefen Dorn. Denn ſo kann man ſagen a. St. er ſpruͤ - het Flammen aus; er ſtroͤmet Flammen aus; und einen Degen, der einem tief in den Leib ge - ſtoßen worden, koͤnnen wir einen tiefen Degen nennen. Allein hier iſt noch einen graͤßlichere Furcht; und ſo ſiehet des Herrn M. N. Furcht aus.

Seine Furcht war ſo naͤrriſch, als die Kunſt der Prophetin, Die eine haͤßliche Vettel und ein vorwitzig Weib war: Runzlicht, hoͤkrig und zahnlos, mit bleichen begeiferten Lefzen, Mit triefend gelbem Geſicht, und duͤnnen graͤulichen Haaren, Wobey ſie einaͤugig, lahm war; und einen En - tenfuß hatte. Nimr. 407 S.

Einen Entenfuß, oder einen Entenſteiß! Jſt das nicht eine naͤrriſche Furcht?

Fuß -156Fu Fy

Fußtritt.

Vieleicht ſoll dieſes einen Schemel be - deuten?

Wer ungewahrſam den Trank der irdiſchen Froͤhlichkeit trinket, Dem entzieht ſich das aͤchte Gefuͤhl; die Stel - le der Freude Nimmt auf ſeinem Fußtritt die Krankheit mit ſcheußlichem Antlitz, Garſtig. Noah, 62 S.

Jſt das nicht garſtig? Ach! wie die heiligen Trinker nicht trinken koͤnnen! Kaum laſen wir in der Bibel, die Baͤcher des Zornes trinken: ſo tranken wir Deckelglaͤſer der irdiſchen Froͤh - lichkeit ungewahrſam; d. h. wir nahmen uns nicht in acht; und ſoffen uns toll und voll, bis ſich das aͤchte Gefuͤhl entzog, und wir nun ein unaͤchtes fuͤhlen. Da ſetzet ſich nun auf den Schemel der Freude die Krankheit, und grin - ſet. Alles grymſelbergiſche Schoͤnheiten und Weſen!

Fyrſtlich.

Die Thraͤnen laſſen ſich von einer fyrſt - lichen Hand noch einmal ſo gut abtrocknen, als von einer joſephiſchen, oder zophenatpanahi - ſchen Hand.

Wie dem traurigen vater der lange bewei - nete Joſeph Mit der fyrſtlichen hand zuletzt die thrænen getruknet. Jac. u. Joſ. 6. S. ()

Man muß auch nicht ſagen getrucknet: nein! der Accent muß auf das k etwas ruhen; ſage daher, wie der unſterbliche Accentuiſt, getruknet.

Galgen -157Ga

G.

Galgenfeld.

Am verdienten Stricke im Gal - genfelde pralen heißt nach der Sprache der Scharfrichter haͤngen. Dieſes zwar iſt kurz; allein ein Kramsvogel muß auch Butter haben. Gehangen ſind die Diebe lange worden. Man muß alſo eine Bruͤhe daruͤber her gießen und ſie im Galgenfelde pralen laſſen. Freylich iſt das Pralen nicht weit her; und ſie haben nicht viel Urſache dazu: allein ſie pralen doch; und pralen iſt doch ein ſo pralendes Wort.

Und iſt denn der ein Held, Der am verdienten Strick noch pralt im Galgenfeld? Haller, 59 S.

Wir haben die Ehre, Sr. Gn. die Frage zu beant - worten, und ſagen: Nein! denn hat er den Strick verdienet: ſo iſt er nicht ein Held, wenn er auch in eiſernen Ketten hienge und gar auf dem Rade laͤge.

Gang ein eiſerner.

Wir bemerken hierbey, daß ein goldener Gang weit ſanfter ſeyn muß; was aber das ſchoͤnſte iſt: ſo kann ihn ein hoͤrendes Ohr hoͤren. Es kann auch ein Fußtritt, oder Schemel, darunter verſtanden werden. Wie ſinget oder traͤumet der goͤttliche Traͤumer?

Wenn du nun hoͤren wirſt um dich herum im Dunkeln dahergehn Gottes Fußtritt, (Schemel) den eiſernen Gang des wandelnden (ſpatzierenge - henden) Richters,Und158Ga GeUnd den Kriegsklang (nicht den Friedens - klang) der Panzer um ihn! Meß. 123 St. Klopſt.

Dann werden wohl die Engel ſich harniſchen; denn ſie haben nicht ſo viel Muth, als unſere Helden, die faſt ſo nackend, als die Hand, ins Feuer laufen. Wir glauben in aller Demuth, daß un - ſer, wie nenne ich ihn doch recht? unſer mehr, als Homer, von der Feya aus vollen Trink - hoͤrnern des Saftes Odins getraͤnket worden. Was koͤnnte anders, als ein uͤbermenſchliches We - ſen, einen ſo harten Rauſch zuwegebringen? Gott einen Schemel, wenn er gehen will, zu geben, und die Engel harniſchen zu laſſen! Drum wenn ihr von einer Heerſchaar Engel redet: ſo nennet ſie die engliſchen Kuͤraßierer, oder Pan - zernen.

Gaukeln.

Vor dieſem gaukelten Seiltaͤnzer, und Puppenſpieler. Nun aber laſſen die neueren Alfern nicht nur ihre Geiſterchen und ausge - ſchaffene Puppchen gaukeln; ſie ſelber auch gau - keln. Siehe alle heilige oder gaukelnde Saͤn - ger, oder Weltenmacher.

Gebaͤhrmutter.

Wir haben mit Bewunderung be - merket, und glauben, daß alle neueren Dichter oder Muſen Accoucheurs und Hebeammen ge - worden ſind. Nach ihren ſaftigen Lieblingsfigu - ren zu urtheilen, koͤnnen wir getroſt unſere Ba - demuͤtter abſchaffen, und wann unſere Weiber im Kreißen liegen, geſchwinde einen Dichter kom - men laſſen. Denn wer verſtehet ſich beſſer daraufals159Geals Maͤnner, die ſo gar die Kinder an der Gebaͤhr - mutter ſeegnen? Und wer kann beſſer

Sein geſchlecht an den bryſten und an der gebæhrmutter ſeegnen? Jac. u. Joſ. 10 S. ()

Gebeth.

Sich auf Gebethe lehnen. Dieſe Stuͤ - tze iſt zwar etwas unſicher; zumal fuͤr einen ſo alten Mann, als Jacob iſt: ſie iſt nichts deſto - weniger ſchoͤn.

auf ihre gebethe gelehnet Geh ich getroſt. Jac. u. Rachel. 8 S. ()

Wir wollen ihn gehen laſſen.

Gebeine der Auferſtehung

ſind nicht der Auferſte - hung Gebeine: es ſind Gebeine, die da auf - erſtehen wollen. Siehe eben dieſe Schoͤnheit unter Feld. Denn ſo fluchet Philo dem Gama - liel: in der Offenb. St. Klopſt. 116 S.

So trete der Poͤbel
Auf dein Grab hin, und ſpotte daſelbſt des Pro -
pheten und deiner:
Warum liegt ihr ſo ſtill der Auferſtehung Ge -
beine?

So iſt dann Gamaliel der Auferſtehung Ge - beine? Das Grab muß freylich etwas groß ſeyn, auf dem ein Poͤbel ſtehen koͤnne. Allein es iſt figuͤrlich: ſo wie uns der ganze Meßias eine Fi - gur zu ſeyn ſcheinet: eine Figur von einem Helden - gedichte! Hr. Prof. Meyer haben bey ihm die Stelle eines Addiſons vertreten; wir ahmen ihm, ſo unnachahmlich ſein epiſcher Eifer fuͤr den Hn. Klopſt. auch iſt, durch ein Woͤrterbuchnach.160Genach. Beylaͤufig! Wir haͤtten gern geſehen, daß es dem groͤßten Dichter, dem Teufelsſaͤnger, gefallen haͤtte, ſeine Weltchen in Kupfer ſtechen zu laſſen: o! was wuͤrden wir da fuͤr Teufelchen zu ſehen bekommen haben! Eheſtens werden wir uns beſchneiden laſſen, um zu ſeinen theologi - ſchen, und rabbiniſchen Geheimniſſen zugelaſſen zu werden: wie werden wir dann nicht harfen, und uns allmaͤhlig zum Denker modeln! Uns jauchzete ein gewaltiges Lachen durch unſere Ge - beine, als wir folgendes Jauchzen jauchzeten:

Auch mir huͤpfet mein Herz; auch jauchzt durch meine Gebeine Freud und Hoffnung, die goldgewuͤrkete Tage weiſſaget. Noah, 95 S.

Auch uns huͤpfte das Herz; auch ſchrie durch un - ſre Gebeine Scherz und Lachen, das bleygewuͤr - kete Verſe weiſſagte. Wir wundern uns, wie es moͤglich geweſen, ſo viel mizraimiſche Schoͤn - heiten, als huͤpfen, jauchzen, Gebeine, Freude, goldgeſponnene Tage, weiſſagen, in zweenen Verſen zu verknuͤpfen! Wir ſahen den Dichter gleichſam vor unſern Augen in unſerm gopher - nen Behaͤltniſſe, oder getaͤfelten Kemnate huͤp - fen, und jauchzen; jauchzen und huͤpfen; und bezeichneten dieſe Figur gleich in unſerm Figuren - regiſter unterm Bilde der Bachſtelze; denn die Bachſtelze huͤpfet und wackelt mit dem Schwanze, wie ein Dichter.

Gebruͤckt.

Dach hatte, und dazu gleichnißweiſe, bebruͤckt geſaget. Herrn Bodmer floß esganz161Geganz kalt uͤbers Geſicht: er ſagte, doch das iſt zu wenig, er accentuirte gebruͤckt. Die Rieſen ſtuͤrmen das Paradieß, wie die Soͤhne Titans den Olymp:

Schon war der Berg in ihrer voreiligen Hoff - nung uͤberſtiegen, Da ſie hinauf die hohe, die maͤchtige Steige gebruͤckt ſahen. Noah, 137 S.

Adramelech war der Bruͤckenmeiſter; es war alſo eine recht verteufelte Bruͤcke. Siehe das Woͤrtlein Schon, wo wir es mit gebuͤhrendem Weihrauche beſtreuen; erwarten aber einen Be - richt von der Macht dieſer Steige; oder Stiege.

Gebund von Freuden;

alſo auch eine Strehne Betruͤbniß, welches beydes Spinner Bod - mer auf Swifts Spinnrade drehet und ſpin - net. Wir hatten ein ganzes Schock von Freu - den, als wir dieſes laſen, und durften nicht ſpin - nen und winden; aus Furcht, alle unſere Freu - den, iſt die mehrere Zahl nicht ſchoͤn? aus unſerm Leibe zu ſpinnen. Wir nennen dieſes Bluͤmchen die Spinnſtube. Die Weiber vermiſchten ſich ſchon in Gedanken fleiſchlicher Weiſe mit ihren Maͤnnern, die jenen kleine Noachiden, Buͤb - chen mit Gruͤbchen im Kinne, machten. Die Verheutigung eine treffliche Figur reiche dem Manne von Zyrich ein Gleichniß dar:

Wie, wenn ein Juͤngling die Tag erfuͤllt ſieht; da ſein Verwalter Wieder zu Haus ſeyn kann, den laͤngſt ſein Vater verſchickt hat,LEine162GeEine Frau ihm von ſeinen Freunden in der Fern zu freyen: Soll der Verwalter freyen? Gegen Abend aufs Feld geht, da nach der Gegend zu ſchauen, Wo die gewuͤnſchte Braut herkommen ſoll; ſei - ne Gedanken Alle ſind bey dem Maͤgdchen, das er noch nie - mals geſehen, Aber aus ihm die Luſt der kuͤnftigen Tage ſchon machet; (Kinderchen.) Augen voll Glut, voll Roſen die Wangen, ihm ſinnreich erſchaffet, Mit dem Gruͤbchen im Kinn. So gingen mit eilender Liebe Jhren noch ungebohrnen Kindern die Muͤt - ter entgegen; Knuͤpften ſich ſchon ein Gebund von Freu - den in ihrem Gemuͤthe, Und beſchenkten ſie muͤtterlich mit den ſchoͤnſten Geſtalten. Noah, 383 S.

Sobald uns die Schoͤpferluſt ankommen wird: wollen wir auch unſern Verwalter, wie Abra - ham, ſenden; ſendet gleich mancher einen Schnei - der. Bewunderſt du auch recht, mein Leſer! das ſeinen und ihm, welches uͤber das ganze Gleich - niß gleichſam einen Vorhang ziehet, hinter dem Herr Bodmer, dann und wann, hervorkuket? Der Verfaſſer des Hermanns hatte kaum geſaget: Und die ungebohrne Welt ſoll noch deinen Trotz beweinen.

So163Ge

So ſehen wir auch ſchon Muͤtter ihren ungebohr - nen Kindern entgegen ſpatzieren gehen.

Au! nie ſo ſtark hat Cynthius gekniffen; Als Aſa mir die trocknen Ohren reibt: Ein Skalder iſt, ſo donnert ſie verpfiffen, Der klingelnd hell gleich dir in Reimen ſchreibt. Ein Geſchaffenes 3 Gebr. der rubenſ. Delphinen.

Geburthsfels.

Man ſiehet wohl, was folgende Verſe fuͤr einen Geburthsfels oder fuͤr ein Ge - burthsgehirn haben. Wir wuͤrden in unſerm Geburthsdorfe nicht ſo accentuiret haben.

Raſenden Lerm (ſah ich) und wildes Gewimmel mit drohenden Stimmen, Die an meinen Geburthsfels ſchlugen und zwanzigmal brachen. Noah, 412 S.

Da ſehet, wie der wundernswuͤrdige Mann erſtlich die Stimmen laͤßt zu einem Meere werden. Nun wallen die Stimmen; ſie werfen ihre Wellen; und der Geburthsfels zwinget ſie, dieſes ſtuͤrmen - de Weſen fahren zu laſſen, und ſie brechen ſich zwanzigmal. Wir ſtellen uns dabey die Wirbel des Carteſius vor und ſehen ſie vor uns, wenn wir ausrufen: Bodmer! der Wirbler! wirbelt; ja wir gerathen mit in den meßianiſchen Wir - bel, der uns allmaͤchtig dahin reißt. Hier ein Teufelchen; dort ein Engelchen: ein allerlieb - ſter Dudaim; eine ſilberne Cidli ergetzen uns in dieſem Wirbel. Welch ein Wirbel! Wie er ſo ſchoͤn iſt! Wir theilen unſere modiſche Dichterwelt in ſechs Wirbel, davon einer den andern dahin -L 2reißt;164Gereißt; und verſchlingen wuͤrde, wenn nicht ein Sehraff jeden in ſeinem Schwunge erhielte.

  • 1. haben wir den gleimiſchen Wirbel; den Wir - bel der Kleinigkeiten. Dichter, die von ihm ge - zogen werden, ſehen die groͤßten Dinge zwar durch ein Vergroͤßerungsglas; allein ſie kehren das Sehrohr um, und alles ſtellet ſich ihnen von der kleinen Seite vor. Doris ſpricht bey ihnen ſo dumm, als ein Moͤpschen; und Moͤpschen ſo taͤndelnd und witzig, als ihre Bruͤnette. Phi - loſophen ſuchen am Himmel nur die Jungfer: aber nicht die Sterne. Man trifft darinnen ſo viel Schoͤnen an, als kaum der Großſultan einge - ſperret haͤlt; hat gleich der Dichter oft nicht ein Kammermaͤgdchen zu ſeiner Phillis. Dieſer Wirbel verſchlinget viele Witzlinge, die mit dur - ſtiger Kehle von Weine, und mit kaltem Blute von der Liebe ſingen. Ruach Abdiel, als der barmherzigſte Teufel, ſtehet ihm vor, und beherr - ſchet ihn aus ſeinem Orangenblatte, wo auch die - ſer ganze Wirbel Raum haͤtte.
  • 2. haben wir den Schaͤferwirbel. Er ſtoͤßt an den erſten; und man ſiehet darinnen beſchnittene Maͤn - ner mit langen Baͤrten; Viehhirten, die, wie die Tattarn im Lande umherzogen, zu arkadiſchen Schaͤfern werden. Jhre Schallmeyen ſchnar - ren etwas; man kann auch immer am Ende des Liedes hoͤren, wer der Setzer davon geweſen. Brummet es: ſo iſt es der alte Schaͤfer Bod - mer; quitſchet es aber, wie bey uns die Scha - lumos auf den Bauerhochzeiten: ſo iſt es Schaͤ -fer165Gefer Wieland; der ſich auch oft in dem Tone der alten Ritterbuͤcher verſuchet, wie ſein Parzifall bezeuget. Eheſtens wird er auf Anan, der die Mauleſel erfand, ein Mauleſelgedicht machen. Dieſer Wirbel entſtehet meiſtens uͤber Suͤmpfen und Moraͤſten, und die Schoͤnen, weil doch kein Gedicht ohne die ſeyn kann, die man darinnen antrifft, haben die laͤngſten Euter von der Welt. Ruach Bodmer iſt in ſeiner menſchlichen Huͤlle der Vorſteher dieſes Wirbels, und erhaͤlt ihn, damit er nicht in Koth dahinflieſſe.
  • 3. haben wir den Rieſenwirbel. Geſtalten von entſetzlichen Rieſen irren darinn umher. Wir haben einſtens darinnen das Luftſchiff Adrame - lechs ſeegeln ſehen. Guanos, Hydern, Am - phisbaͤnen flatern da, wie bey uns die Schwal - ben. Die fuͤrchterlichſten Jnſecten mit Stile - ten und Riſſeln ſpinnen in dem Gehirne der Dich - ter: in welchen Spinneweben ſich Gedanken fan - gen, und Begriffe verwickeln. Ruach Adra - melech ſchiebet mit goͤttlichen Armen dieſen Wir - bel vor ſich her, damit er nicht aus dem Gleiſe komme; allein er kann doch nicht hindern, daß nicht hin und her ein Rieſe, ein Amphisbaͤn - chen, und Hyderchen verzetelt wird; welches denn von kleinen Geiſterchen aufgefangen, und mit einem Saͤftchen
  • 4. in den Nimrodswirbel verſetzet wird. Kraft dieſem Saͤftchen, welches wir unter dem Namen der Verheutigung verkaufen, ſiehet man den Jaͤger Nimrod Hof halten; man ſiehet, wieL 3ſehr166Geſehr ſeine Luſtbarkeiten, die Rieſenſpiele ausge - nommen, den Luſtbarkeiten unſerer Koͤnige glei - chen; man findet Narren, wie unſere Narren, und wundert ſich, daß der copernicaniſche Welt - bau den nimrodiſchen Kuͤnſtlern nicht unbekannt geweſen. Ja man trifft Generale, Jngenieurs, Lieutenante an, und lernet daraus alle franzoͤ - ſiſche Kriegeswoͤrter. Es iſt zu hoffen, daß un - ſern Faͤhnrichen dieß Buch ſehr brauchbar wer - den wird, wenn dieſe Herren auſſerm Morgen - ſeegen und der Ecole des Filles nur etwas le - ſen werden.
  • 5. haben wir den halleriſchen Wirbel, der vor funfzig Jahren unterm Namen des Lohenſteini - ſchen bekannt war. Alle, die witziger, als Opitz, Kanitz, Guͤnther, Gottſched, Schwabe ſeyn wollen, werden von ihm herum - geſchleppet. Bald zerſcheitern ſie an einem Mit - telworte; bald verſchlinget ſie ein Hellenismus, der ſie nach 24 Stunden wieder von ſich ſpeyet, und in das Reich des Anarchen ſtuͤrzet, wo ein roher Stoff zu Gedanken ohne Aufhoͤren ſtuͤrmet und ſchaͤumet. Dieſer Wirbel toͤnet auf har - moniſchen Sphaͤren hoch hinuͤber in das Reich der Natur und der geſunden Vernunft.
  • 6. kommen wir in den groͤßten aller Wirbel, in den meßianiſchen Wirbel. Er reißt wie ein Comet hindurch, und ſchleppet alle oben geſchil - derte Wirbel in ſeinem allmaͤchtigem Schwan - ze donnernd fort. Das Allerheiligſte iſt nicht vor ihm ſicher. Er faͤhrt in den Abgrund, und drin -get167Geget in den Himmel, und enthaͤlt alles, was eine ſich ſelbſt gelaſſene Einbildungskraft, nur im Hey - denthume, uns von Himmel und Hoͤlle erzaͤhlen koͤnnen. Er iſt ſo anziehend, daß ihm auch viele aus Furcht folgen, und ihre geſunde Vernunft auf - geben. Wir nennen ihn den Teufelswirbel; weil er ſo gar dem Engelswirbel obſieget.

Sind das nicht Wirbel? Wir muͤſſen aufhoͤ - ren: ſonſt ſchleppen ſie uns mit fort.

Gedanken;

die ſich mit den Gedanken der Gei - ſter vereinen, ſind klopſtockiſche Gedanken.

O! du, dieſer verherrlichten Erden erwaͤhlter
Beſchuͤtzer,
Seraph Eloa! verzeih dieß deinem zukuͤnfti -
Freunde,
Wenn er deinen ſeit Edens Erſchaffung verbor -
genen Wohnplatz,
Von der heiligen Muſe gelehrt, den Sterblichen
zeiget.
Hat er ſich jemals, voll einſamer Wolluſt, in
tiefe Gedanken
Und in den hellen Bezirk der ſtillen Entzuͤ -
ckung verloren;
Hat mit Gedanken der Geiſter ſich ſein Ge -
danke vereinet;
Hat die enthuͤllete Seele der Goͤtter Rede ver -
nommen:
O! ſo hoͤr ihn, Eloa, wenn er, wie die himmli -
ſche Jugend,
Kuͤhn u. erhaben, nicht modernde Truͤmmer
der Vorwelt beſinget;
L 4Son -168Ge
Sondern den Buͤrgern der goͤttlichen Erde dein
Heiligthum aufthut. St. Klopſt. 25 S.

Wir haben, um es recht zu bewundern, mit Fleiß dieſes beſcheidene Geſpraͤch, denn daß es ein Ge - beth ſeyn ſolle, wollen wir nicht hoffen, eines Sterblichen mit einem Seraphen hergeſetzet. Denn 1. lernen wir, daß Eloa, der von Se - raph Klopſtocken geſchaffene Engel, der Pa - tron von unſerer Erde iſt. 2. daß es heilige Muſen giebt; 3. daß die Entzuͤckung einen hellen Bezirk hat; einſame Wolluſt haben wir unter einſam bewundert. 4. ſehen wir, wie Geiſt Klopſtock in ſeiner Kemnate und irdiſchen Huͤlle ſitzet; harfet; und 5. Gedanken auf Gedanken der Harfe rufet; 6. daß er, wie die Engelchen, ſinget; 7. daß die Helden die Truͤm - mer der Vorwelt ſind; 8. daß er wirklich uns das Heiligthum aufthut: denn was konnten wir anders von einem Freunde Eloas erwarten? Eloa wird ſich durch ſeine Freundſchaft, die ihm Schoͤpfer Klopſtock widmet, ſehr geehret finden.

Gedraͤngt.

Dieſes Wort war bisher noch nicht ein Beywort geweſen; wir finden es aber mit dieſer neuen Wuͤrde in den Geſichten St. Klopſtocks, 169 S. geſchmuͤcket. Wir ſehen, wie der armen Bangigkeit bange wird, und beklagen ſie herzlich.

Aber da immer die Bangigkeit baͤnger u. ge - draͤngter die Angſt ward, Dunkler die Nacht, gewaltger der Klang der Donnerpoſaune.

Hier ſehen wir, wie ſich der Heyland vor der Dun -kelheit169Gekelheit fuͤrchtet; und daß es donnert, wenn die En - gel poſaunen: allein donnert doch wol ihre Harfe.

Gefoͤlgig.

Wir hatten uns zwar ein Geſetz gema - chet, kein Beywoͤrtchen mehr, aus Furcht, Ekel zu erregen, anzufuͤhren: allein, wir haben der Schoͤnheit des gefoͤlgig, zumal in der Verbindung, nicht widerſtehen koͤnnen.

Nun bringen gefoͤlgig die Maͤnner Jhr lebendiges Opfer. Noah, 409 S.

Vieleicht folgten die Maͤnner einander. Auf eben dieſer Seite bewundern wir auch einen freundlichen Thau.

Gehorſamer Ruͤcken;

dieſemnach giebt es auch un - gehorſame, wann uns ein Grobian nicht gruͤßet.

Seh ich es recht, ſo ſind auf der Schlange gehor - ſamen Ruͤcken Maͤchtige Krieger mit glaͤnzendem Schild u. Speere bewaffnet. Noah, 185 S.

Wir erſtaunen, daß ſo viele maͤchtige Krieger nur ein Schild und Speer haben.

Geiſt.

Wer mich an einen oͤden Geiſt erinnert, der noͤthiget mich, an einen vollen zu denken: denn, ſo wie ich ſchließe, wann ich eine leere Wurſt ge - ſehen habe; daß es auch eine volle geben koͤnne; ſo kann ich auch von einem oͤden auf einen vollen Geiſt ſchlieſſen. Herr von Haller ſtopfet dieſe Wurſt mit falſchen Guͤtern.

So bleibt der muͤde Geiſt bey falſchen Guͤtern oͤde. 111 S. Dero Ged.

Geiſt verknuͤpft in des Tages Riß.

Nimmer - mehr haben wir einen Tag abreiſſen ſehen; nochL 5weni -170Geweniger einen Geiſt damit verknuͤpfen; ja einen Geiſt, der noch unreif zu dem Weſen, wir wiſ - ſen nicht zu welchem, erleſen worden:

Ein Geiſt, noch unreif zu dem Weſen, Wird heut zur Groͤße ſchon erleſen Verknuͤpft in dieſes Tages Riß. Haller, 130 S.

Sollte wohl verknuͤpft auf Groͤße gehen? Jn der 1. Zeile dieſer Strophe ſagt der unſterbliche Mann, daß ihm ſchwindelte. Wir glauben es; und die ganze Ode iſt ein Beweis davon.

Geiſter.

Ein aͤſthetiſcher Philoſoph belehret ſeine Leſer, daß Gott zweyerley Gattungen vernuͤnftiger Geſchoͤpfe aus Nichts hervorgebracht habe; naͤm - lich Menſchen, und zweytens: Weſen, deren Geſtalt nur mit den Augen des Verſtandes kann geſehen werden.

Jch lobe den Mann, daß der die andere Gattung nicht Geiſter genennet hat. Leben nicht in unſern Zeiten Menſchen, die das Daſeyn der Geiſter in Zweifel ziehen? Die Klugheit eines Schriftſtel - lers macht ſich ein Geſetz, dem Leſer nicht anſtoͤßig zu ſeyn. Auch ein einziges Wort bringt uns um den Beyfall.

Geiſtſchoͤpfer.

So pfleget man auf neu deutſch Gott anzureden: es iſt ein ſehr artiger Sproß von zweenen zuſammen gewachſenen Staͤmmen: der eine Stamm iſt ein Gallicismus; der andere ein Anglicismus: woraus die ungemeine Frucht, die wir den Klopſtockianismus nennen, ent -ſprin -171Geſpringet. Denn ſo redet der kleine Geiſtſchoͤ - pfer mit dem groͤßern:

Aber, o Werk! das nur Gott allgegenwaͤrtig erkennet, Darf ſich die Dichtkunſt auch wohl, aus dunkler Ferne, dir naͤhern? Weihe ſie, Geiſtſchoͤpfer! vor dem ich in Stillem hier bethe; Fuͤhre ſie mir, als deine Nachahmerin, voller Entzuͤckung, Voll unſterblicher Kraft, in verklaͤrter Schoͤnheit entgegen. Ruͤſte ſie mit jener tiefſinnigen einſamen Weis - heit, Mit der du, forſchender Geiſt! die Tiefen Got - tes durchſchaueſt: Alſo werde ich, durch ſie, Licht u. Offenbarun - gen ſehen, Und die Erloͤſung des großen Meßias wuͤrdig beſingen. Off. St. Klopſt. 3 S.

Wir wollen die Spoͤttereyen eines loſen Vo - gels herſetzen, und ſie alsdann widerlegen. 1. Fragt er: wer wird hier allgegenwaͤrtig er - kennet? Das Werk oder Gott? 2. Wem naͤhert ſich die Dichtkunſt? 3. Wozu ſoll ſie, die Ferne, die wir unter Ferne bewundert ha - ben, oder die Dichtkunſt geweihet werden? 4. Jſt das nicht eine fromme Verwegenheit, die Dichtkunſt fuͤr Gottes Nachahmerin, und dazu in einem Gebethe, auszugeben? Das Schaffen Gottes, und der DichtkunſtSchaf -172GeSchaffen iſt wohl einerley? Homer bittet die Muſen nur um den Einfluß: Klopſtock aber iſt ein Nachahmer Gottes und ſchaffet. Wer iſt voll? Jſt Gott einſam? Was iſt das wieder fuͤr ein Geiſt, den er nun wieder anrufet? Welcher Geiſt ſchauet die Tiefen Gottes durch? Aber, mein lieber Herr Spoͤtter! er iſt ein gruͤner Unglaͤubiger? Siehet er nicht, daß es Licht und Offenbarun - gen ſind? Freylich ſind ſie nicht ſo, als die Of - fenb. Johannis: aber es ſind auch St. Klop - ſtocks Offenbarungen. Wie billig verfahren wir alſo nicht, ſie ſo zu benennen! Je ne fais, que rendre ce que le Public, (ou Klop - stock) m’a preté: wie Bruyere von ſeinen Characteren ſagete.

Gekruͤgelt.

Wann ein Nelkenſtrauch in einem Topfe ſtehet: ſo heißt er ein gekruͤgelter Nelken - ſtrauch: ſo wie, wann er auf dem Beete ſtehet, ein gebeteter.

Kerenhapuch nahm einen gekruͤgelten Nel - kenſtrauch mit ſich. Noah, 237 S.

Gericht Aſche.

Ein Gericht Aſche! Wer hat je ſo geredet? St. Klopſtock! 12 S. ſeiner Ge - ſichte.

Aber dereinſt, wenn ſich die Weltgebaͤude ver - juͤngen, Und aus der Aſche des großen Gerichts trium - phirend hervorgehen.

da wird St. Klopſt. Reich anfangen; da wird das große Gericht zu Aſche brennen; dawird173Gewird der eingemenſchte Sehraff hoch daher ge - hen; da werden ſie ſehen -- O! - Sene Rari - te! Auch ein Gericht von Waſſer, a. St. Suͤndfluth; ſo wie ein Gericht von Feuer, eine Feuersbrunſt.

Durch ein Gericht von Waſſern, in welchen die Erde verſenkt wird. Noah, 192 S.

Ein Gericht kann auch glaͤnzen, und zwar aus dem Auge:

Wie glaͤnzet aus deinem Auge Lauter Gericht! Wie reden die Donner ſo laut ihre Stimme! Meß. 155 S.

Sie bruͤllen oft gar ihre Stimme, und knallen.

Gericht.

Es waͤre uns leid geweſen, wenn wir nicht auch ein lateiniſches Gericht haͤtten bewun - dern koͤnnen.

Ein murmelnd gericht flieht (nicht fliegt) von den lippen zu lippen. Jac. u. Joſ. 63 S.

d. h. man ſaget es ſich ins Ohr. Au! ſ. e. Ge - ſchaffenes.

Gemengſel.

Ein neues und ſehr edles Wort!

Er warf ſich ins dickſte Gemengſel der Streiter. Nimr. 503 S.

Druͤcket das nicht ſchoͤn das Handgemeng aus? und iſt das nicht tapfer?

Geſchmeide.

Mit Geſchmeide ſich wapnen. Es iſt wahr, die Waffen ſind fuͤrchterlich; zumal, wann ſich eine Schoͤne damit wapnet; ob wir uns zwar vor einer nackten Schoͤne noch einmal ſo ſehr fuͤrchten.

Juͤng -174GeJuͤnglinge muͤſſen den Leib mit ſtarkem Ge - ſchmeide bewapnen. Noah, 144 S. ()

Wir wollen uns auch ſo wapnen, und, den erſten Tag den beſten, auf unſere Liebſte losgehen, die ſich nur damit ſchmuͤcket. Wir tragen daher kei - nen Zweifel, daß wir oben und ſie unten zu liegen kommen wird. Wie ſuͤß wird alsdann unſer Treffen ſeyn!

Geſchwaͤrzt.

Stiefeln und andere Sachen wurden geſchwaͤrzet; Se. Gn. aber ſchwaͤrzen auch des Urtheils Licht: d. i. Sie machen es zu einer Pechfackel. Es iſt ein Ungluͤck: denn ſonſt ſollte wohl des Urtheils Licht weiß ſeyn.

Des hoͤchſten Guts Genuß war ewiglich ver - ſcherzt; Der Sinn ward mißvergnuͤgt; des Urtheils Licht geſchwaͤrzt. Haller, 108 S.

Geſellig.

Es giebt geſellige Wolken und einſame Donner: Wir beneiden jene, und haben Mitlei - den mit dieſen.

Dunkle geſellige Wolken verhuͤllten noch ihre Gebirge. Jn den Geſichten St. Klopſt. 23 S.

Vieleicht werden auch die Wolken von den Ge - birgen, von der Wolken Gebirgen verhuͤllet. Auf eben dieſer Seite bewundern wir 1. ein nie - driges Thal; denn es giebt auch hohe Thaͤler; und 2. den guten Morgen, den ſich die Ster - ne ſtill biethen; denn unſere Erde iſt ja auch ein Stern. Jſt ſie denn ſchon ſeelig? Sie iſt ja noch nicht geſtorben; allein d. i. a. St. gluͤckſeelig.

Gabriel175Ge
Gabriel kam nur allein zur ſeligen Erde her - nieder, Die der benachbarte Kreis voruͤbergehender Sterne Still mit einem allgegenwaͤrtigen Morgen begruͤßte. e. d.

Nun folgen die neuen Namen der Erde; denn auch die iſt umgetauft. Wir haben einen Mor - genſtern geſehen, der hell klingelte; vieleicht werden die Sterne beym guten Morgen auch geklingelt haben.

Geſellen.

Blicke zu den Stralen der Sonne ge - ſellen: d. h. aus der Sonne auf die Erde ſehen. Wir bewundern nur, daß die Seelen auf der Zin - ne ſtehen; ja, wir glauben, daß ſie, um beſſer zu ſehen, ſich auf den Zehen erheben: haben ſie nicht einerley Urſache?

Hier fand er auf der Zinne der Burg die Seelen der Vaͤter, Die unverwandt den feurigen Blick zu den Stralen geſellten. Geſ. St. Kl. 30 S.

Ob man im Feuer gut ſehen koͤnne: das uͤberlaſ - ſen wir andern zu unterſuchen: wir bewundern es.

Geſpenſt hungriger Begierden.

Hat jemand das Geſpenſt geſehen? Wir haben auch gehungert: aber der Hunger war ſehr wirklich: er trieb die Gedaͤrme recht herum.

Getrieben vom Geſpenſt ſtets hungriger Be - gierden Sucht er in Arbeit Ruh, und Leichterung in Buͤrden. Haller, 98 S.
Wen176Ge

Wen alſo hungert, der arbeite, und wer da duͤrſtet, der trage Buͤrden: welches ein vortreff - liches Mittel, ſich zu ſaͤttigen, iſt. Wie wuͤrde mancher Geizhals ſeine Knechte abſpeiſen! Jſt der Reim nicht genau? Buͤrden, Begier - den!

Geſpielin.

Wir halten Sehraff Klopſtocken fuͤr verliebt; und bemerken, daß ſeine Geſpielin auch eine Geſpielin der Teufel iſt. Da wollten wir nun nicht trauen; indem wir wohl wiſſen, wie es Satan mit der Suͤnde gemacht hat; al - lein ein jeder hat ſeinen Geſchmack. Wir ſehen, daß dieſe Geſpielin eben ſo die Lieder liebet, als unſere Geſpielinnen.

Die du himmliſche Lieder mich lehrſt, Geſpielin der Engel! (auch der Teufel,) Seherin Gottes! du Hoͤrerin unſterblicher Stimmen, Melde mir, Muſe von Tabor! das Lied! Meßias, 12 S.
Du, unſterbliche Ruhe, Meine Geſpielin im Thale des Friedens: wo biſt du geblieben? e. d. 63 S.

So ſtuͤrmet es nie im Thale? Es iſt wahr, wir ſuchen mit unſern Geſpielinnen auch die Thaͤler: noch lieber aber die Buͤſche.

Geſpindelte Finger.

Wo ein ſterblicher Kloß ſich es erdreiſten darf: ſind das ſchoͤne Finger, die wie Spindeln ausſehen? Oben duͤnn, unten dicke! und in der Mitten ein Bauch!

Siphas177Ge
Siphas jungfraͤulich Chor war in die Gaͤrten gegangen, Als ihr Vater den Meyneid der 50 Schweſtern erzaͤhlte, Daß ſie da ihrer Blumen mit ihren geſpindel - Fingern Pflegten. Noah, 39 S.

Hat Sipha es den Jungfern Toͤchtern darum erzaͤhlet? Die allerliebſten, die kuͤſſenswehrten, geſpindelte Fingerchen! Wie ſie nicht werden um den Blumen gefingert haben! Hierauf ſchwatzen die drey Nymphen von dem Einfluſſe in dem Ehebette; und verrathen faſt das ganze Ehe - geheimniß. Werden wir nicht bald eine weißar - michte Dame, oder weißfingerichte und weiß - daumichte Jungfer ſagen?

Geſpraͤche Geheimnißvolle erheben ſich.

Die verſtehet Gott: aber das Gebeth nicht; Meßias kann es nicht vorn Thron bringen; und Gabriel muß die Reiſe uͤber ſich nehmen.

Jtzo erhuben ſich neue geheimnißvolle Geſpraͤ - che. St. Kl. Geſicht, 10 S. ()

Geſtade neue.

Die Seeligen ſitzen, gleich den Rohrſperlingen, im Geſtade des aͤtheriſchen Stromes, und dieſes Geſtade wird nie von ho - hen Verſammlungen leer ſeyn; auch die himm - liſchen Harfeniſten laſſen ſich da hoͤren.

St. Kl. Geſ. 12 S.

Geſproße des Himmels iſt vieleicht eine Wolke:

Jch bin ein Geſproße des Himmels! Nimrod, 487 S. ()MSo178Ge

So ſaget die Herrſchſucht, ein Geſproße des Gehirnes des Hrn. Magiſters.

Getoͤſe.

Wir haben vielerley Getoͤſe; das erſte z. E. und das zweyte.

Die ſchaffende Stimme Wandelte noch mit dem erſten Getoͤſe kry - ſtallner Meere. Meßias.

Hier kann man ſich eine Stimme vorſtellen, die mit dem Getoͤſe ſpazieren gehet.

Gezelt.

Jſt folgendes nicht ein fuͤrchterliches Ge - zelt?

Von dem entſetzlichem Haupt ſtieg ein Qualm von Schwefelgeſtanke Zum Erdboden herab in die Naſe der bebenden Menſchen. Um ihn her hieng ein Gezelt von dunkelſtra - lenden Duͤnſten, Mit ſalpetriſcher Glut ihr Eingeweide durch - beizet. Noah, 249 S.

Es iſt artig zu ſehen, wie der alte Skalder einen Qualm, und der dazu nur in einem Geſtanke beſtehet, herabſteigen, und dann von unten in die Naſen klettern laͤßt. Es iſt auch wohlgethan geweſen, ein Zelt uͤber den Qualm zu haͤngen, weil er die andern Planeten auch haͤtte was fuͤr die Naſen ſchicken koͤnnen. Wir haben ein Weib geſe - hen, die einen Abtritt auf dem Ruͤcken trug, und wenn ſich jemand ihrer Buͤrde bedienen wollte, gar liebreich einen Mantel, oder bodmeriſch, ein Gezelt, uͤber die ganze Maſchine hing; denn ſie hatte eben die Abſicht dabey, fuͤr die Naſen derNach -179GeNachbarn zu ſorgen. Noch ein Gezelt; ein Feuergezelt im Orchus; ſo wie ein Eisge - zelt im Norden.

Ey! welch ein Fluch! Ueber ihm moͤge ſein Feuergezelt der Orchus aufſchlagen! Noah, 192 S. Da wird es heiß ſeyn! das Zelt wird brennen; aber nicht verbrennen.

Gewandlos heißt los vom Gewande, nackt ſeyn.

Ziehe ich alſo meine Hoſen aus: ſo bin ich hoſen - los; und laͤßt die Jungfer den Rock fallen: ſo iſt ſie rocklos.

Und mit Aſch auf dem Haupte, gewandlos, ohn Urim u. Tummim. Offenb. St. Klopſt. 106 S.

Gewalthaber.

Hier erinnern wir uns eines Gene - ralgewaltigers.

Unterm Gewalthaber Nimrod, dem geherr - ſchigen Koͤnig. Nimr. 493 S.

Wir ſehen wohl, daß der Hr. M. oft auf den Nimrod ſchimpfet; allein doͤrfen wir ihm auch trauen? Beſinget er nicht Nimrods Helden - thaten?

Gezaͤum, a. St. Zaum.

Wir glauben entdecket zu haben, warum unſere Hn. Neologiſten, be - ſchnittene Judendichter und dergleichen, ſich ſo viel neuer Woͤrter bedienen. Lucian entdeckte es vor uns; und hier ſind ſeine Worte:

Jupiter! du Freundſchaftsfreund! du Gaſtfreyheitbeſchirmer! Geſellſchaftsbe - ſchuͤtzer! du Hausgott! du Donnerer! du Meyneidraͤcher! du Wolkenthuͤrmer! duM 2Ge -180Ge GlGeraͤuſchmacher! und wie dich etwan ſonſt die wirbelſuͤchtigen Dichter nennen moͤgen; vor - nehmlich, wann ſie von dem Sylbenmaße in die Enge getrieben ſind, und ſtocken. Denn alsdann haͤufen ſie deine Ehrennamen; (dann ſingen ſie ein Halleluja nach dem an - dern.) Dann mußt du das ſinkende Gedicht erheben, und die Luͤcken im Verſe ausfuͤllen. Samml. Lucians deutſch. Ueberſ. 222 S.

Gelt! hier haben wir die Quelle der aͤtheriſchen Stroͤme.

Gezeptert; a. St. gekroͤnt.

Der Hirt heißt folg - lich ein gehoͤrneter Mann; denn er hat ein Horn in der Hand: ein geflegelter Mann; denn er hat einen Flegel.

O! ſo wird ſie dadurch erlauchter, als die Ge - ſellſchaft Einer Verſammlung gezepterter Fuͤrſten und Herren der Welt iſt. Noah, 396 S.

Glanz.

Mit Glanze beſaͤen; folglich ſprechet auch, mit Schatten betroͤpfeln. Alles dieſes thut ein ſchoͤnes Gemuͤth. Jch einfaͤltiger Tropf haͤtte geſaget: eine ſchoͤne Seele zieret einen ſchoͤnen Leib; allein, da haͤtten wir nicht Glanz ausſaͤen koͤnnen: was wird er doch tragen? Eben daſelbſt bewundern wir einen zierlichen Wohlklang der Glieder. Wenn alſo der Steiß klinget, iſt das zierlich? Oder klinget ei - ner Jungfer Steiß beſſer?

Welches (Gemuͤth) den Leib mit Glanz beſaͤt, der ihn liebenswehrt machet. Noah, 22 S.
Es181Gl

Es iſt zu erſtaunen, wie das Gemuͤth ſaͤen kann: da es doch in uns iſt. Eben ſo labet uns ein waͤſ - ſerner Glanz, ſo wie ein eiſerner.

Hier in dem waͤſſernen Glanz erblickte ſie erſt - lich ſich ſelber. Noah, 174 S.

Auch ein verſengter Glanz:

Einer ſehraffiſchen Anſehns, doch mit verſenge - tem Glanze. Noah, 208 S. ()

Das war ein armer Teufel; ich wundere mich nur, daß der Glanz nicht verbrannt iſt: denn Feuer genug iſt in der Hoͤlle darzu.

Glaͤnzen.

So glaͤnzen die ſeraphiſchen Ge - wande.

Gabriel Nahm ſein helles Gewand, (das Gallakleid) mit dem er beym Engel der Sonne Stets erſchien. Ein feſtlich niederwallendes Glaͤnzen Floß, da er ging, den Fuß des Unſterblichen praͤchtig hinunter. Offenb. St. Klopſt. 30 S.

Aus dieſen wenigen Zeilen lernen wir, daß Ga - briel auch dunkele Gewand oder Alltagskleider haben muͤſſe; daß er zuweilen dem Engel der Son - ne ſeine Aufwartung mache; daß ein Glanz fließe: und wir ſehen, wie das Glaͤnzen von ihm wird getroͤpfelt haben. Auf eben dieſer S. ſehen die Bewohner des Monden unſern Tag auf den Gebirgen wallen oder ſpatzieren. Der Tag ſteigt auch, wie ein Eichhoͤrnchen, die Baͤume hinunter.

M 3Jtzo182Gl Gi
Jtzo ſtieg uͤber die Cederwaͤlder der Morgen herunter. e. d. 33 S.

Gleicher, d. h. der Aequator: ſo wie Trittling, und Schnauber.

Ueber des Neguz reich an der nordlichen Seite des Gleichers. Jac. u. Joſ. 5 S. ()

Auch hier ſind Geſtade; auch hier ſind verſengte Zinnen; auch ein Oberhofmeiſter: zum Zei - chen, daß die oben erwaͤhnte Wirbel eine anziehen - de Kraft gegen einander haben.

Glieder von Erde ſind Fleiſch;

Fleiſch alſo iſt ein Glied von Erde oder Sande; entſprangen wir nicht aus einem Erdenkloße? Bis ins Paradieß muͤſſen wir unſere Figuren treiben:

Jn dem Gefild, wo mit den menſchlichen ſterblichen Fuͤßen Mein Verſoͤhner zu wandeln, auf ihm die Glie - der von Erde Jn den Schatten zu legen gedenkt. Noah, 373 S.

So hatte der Heyland noch andere Glieder. So giebts auch goͤttliche unſterbliche Fuͤße, und wan - delt man mit dem Kopfe. Mit den Fuͤßen wan - deln, iſt das ein Wunder?

Giftfaͤhig.

Noch nie haben wir gehoͤret, daß je - mand giftfaͤhig ſeyn koͤnne; und haben es erſtlich von Ruach Bodmern lernen muͤſſen.

Levi u. Simeon ſteckten ſie (gedanken) in die giftfæhigen herzen. Jac. u. Joſ. 27 S. ()Lernen183Gi Go

Lernen wir hier nicht auch, wie man die gedanken ſtecken koͤnne?

Giganten;

ſo hat nunmehr die Rieſen der giganti - ſche Dichter umgetaufet; ſind nicht in ſeiner Zir - beldruͤſe gigantiſche Treppen? wo ein giganti - ſcher Gedank nach dem andern hinunterſteiget?

Wo er die Maͤnner vom Rieſengeſchlecht im Werke verlaſſen, Eine gigantiſche Treppe zu baun, von ſchließen - den Stufen. Noah, 137 S.

Wir wollen den gigantiſchen Dichter verlaſſen, und ſeinen gigantiſchen Verſtand bewundern.

Golfo.

Ein Golfo heißt auf deutſch ein Meerbu - ſen; alſo ſage man ein Meerbuſen der Suͤnd - fluth; dieſer war nun eben da, wo ihr Haven war.

Hexe von Endor! beſing die Rettung des Dichtergeſchlechtes, Die der Richter von Zyrch im Golfo der Suͤndfluth vollbracht hat. Noah, 3 S.

Ein Golfo durchſtechen heißt aus dem Meerbu - ſen hervorragen. Man ſiehet wohl, daß man zu dieſem durchſtechen weder Spat, noch Schippe brauchet. Werft euch in einen Meerbuſen; ra - get mit dem Kopfe hervor: ſo habt ihr ihn durch - ſtochen.

es hatte beynahe den Golfo durchſto - chen Noah, 361 S. ()

Gott.

Zernitz ſaget:

Zu Goͤttern ward einſt Gott. 73 S. ſ. Ged. Jſt das wahr? Wir wiſſen wohl, daß die HeydenM 4viel184Go Grviel Goͤtter verehret haben; in Jndien ſollen ei - nige die Teufel verehren: ſo koͤnnte man ſagen:

Zu Teufeln ward einſt Gott.

Gehet das an?

Er iſt nicht nur ein Gott der Menſchen; ſelbſt, der Muͤcke. Zernitz, 156 S.

So kann man ſagen: der Ratzen und der Maͤuſe; auch iſt gar zierlich nein! ausgelaſſen worden: wir wuͤrden naͤmlich geſaget haben: Nein! ſelbſt der Noch iſt Gott nie gedacht worden. Ein frommer Mann aber ſaget

Gott iſt der ſchoͤnſte der Gedanken, Durch den die kaum erwachte Seele in ſich den Reiz der Freude lehrt. Samml. Nicol. 157 S.

d. i. ſie bauet in ſich einen Lehrſtuhl; und lehret: wen? Sich! Die Gottheit hat auch allda einen Schatten.

Denn ſollt ihr ihn zum Thron begleiten, Den meiner Gottheit Schatten deckt. e. d. 3 S.

Sie iſt alſo etwas koͤrperlich; denn wie wir wiſſen: ſo werfen die Koͤrper nur Schatten.

Gopherne Kiſten

macht der unſterbliche Tiſchler Bodmer; von einem Holze dazu, deſſen Namen etwas gophern iſt. Es giebt ganze Baͤume von Gopher im Noah, und die armen Rieſen muͤſſen ſich recht damit ſchleppen.

Sipha

Legte die Schlafende dann in eine gopherne Kiſte. Noah, 121 S. ()

Grab.

Was iſt doch ein Grab? Nicht eine Ruhe -ſtaͤte;185Grſtaͤte; nicht eine Grube? was denn? das Dunkel der Erde?

die wohlgeſitteten Menſchen Sind mit dem Tode der umgebrachten Men - ſchen zufrieden, Und vergoͤnnen den Todten ihr Grab, das Dun - kel der Erde. Noah, 245 S.

Der harte Mann! der Karaibe! Laͤßt er nicht die umgebrachten Menſchen noch einmal ſter - ben? Denn was iſt der Tod der Menſchen, die ſchon umgebracht ſind?

Ach! wie der boͤſe Mann das Fleiſch nicht ze - chet! Wie wird er nicht erſt das Blut freſſen! e. d. a. e. d. S.

Grat.

Ob dieſes die einzelne Zahl von Graͤten iſt, aus denen die geſtiefelten Dichter die Berge aus - bilden: das iſt noch etwas dunkel. Doch, kein Wunder! Es ſinget dieſes, wie das ganze Ge - dicht, ein kleiner Knab, auf den die Muſe geſtie - gen. Es iſt moͤglich und glaublich, daß ſie im Kletern ſeine Zunge, oder das Gehirn verletzet hat. Junker Zohar ſinget in einer Spinnſtube von juͤdiſchen Fraͤulein:

Jacob war auf den Grat der ſanften hygel geſtiegen. Jac. u. Rachel 5 S. ()

Ey! wie der goͤttliche Junge nicht ſinget!

Graͤten.

Ganz ſonderbare Graͤten; wir wiſſen aber nicht von was fuͤr einem Fiſche, finden wir im Noah 76 S.

M 5Hier186Gr
Hier u. da ſtehet ihr Ruͤcken, (der jungen Erde)
mit hohen Graͤten erhaben,
Wohlgeſtalteten Huͤgeln von ſanftabneigendem
Hange;
Von der Hoͤhe der Pyramiden; die Hoͤchſten
erreichen
Kaum den Abſchnitt, den wir auf dieſem Ge -
buͤrge bewohnen,
Welches die beyden Gipfel mit Abendwol -
ken umkraͤnzet;
Sonſt mit einem Fett der Erd, als einem Pol -
ſter, bezogen:
Reich an Quellen, die Waſſerkammern der
niedrigen Ehnen ꝛc.

Wir bitten um Erlaubniß, dieſe Nuß aufzuknak - ken, und den klaren Kern herauszuklauben. Jſt die Fuͤgung mit von in den erſten Verſen nicht zu loben? Jſt der Hang, wie eine Pyramide, ſo hoch? Umkraͤnzet das Gebirg die Gipfel mit Abendwolken? Wo iſt denn der allerliebſte Kranz? Auf den Gipfeln? oder auf dem Ge - birge? Eine Pomadenbuͤchſe, iſt das nicht ein angenehmes Polſter? Jſt das Polſter reich an Quellen, die die Waſſerkammern ſind? Unſer Verſtand kuͤhlet ſich ganz in dieſen Waſſerkam - mern ab. Jſt dieſer Grand marieur des mots, l’un de l’autre étonnés nicht ein rechter Grand marieur?

Verſe,187Gr
Verſe, die muß nicht ein jeder ſo leichtlich verſte - hen; Sondern die Meynung derſelben mit Angſt - ſchweiße errathen: Welten, Begriffe, Jdeen und Abracadabra; Dieß ſind die alleine die Zeichen von einer erhabe - nen Dichtkunſt. Wurmſaamen. Abracadabraiſt Bodmer iſt ein großer Mann: nur Ferner auch fehlen ihm gaͤnzlich die hoͤrſamen Ohren, Daß er den Uebel - u. Wohlklang der Verſe nicht hoͤret. Er liegt beſtaͤndig u. traͤumet von fremden Ge - ſtalten, Und Bildern, die er ſelbſt erfindet, und ſelber be - wundert. e. d.

Grenzen.

Die Juriſten erklaͤren dieſes Wort am be - ſten. Jch zeige einen ſeltenen Gebrauch deſſelben fuͤr die Theologen an. Herr Buttſtett redet von gewiſſen Leuten, die als Chriſten von der goͤttlichen Vorſehung heydniſche Begriffe hegen. Dieſes kurz, ſchoͤn und deutlich zu geben, ſchreibt er:

Sie ſetzen die goͤttliche Vorſehung in die Grenzen der Heyden. Vernuͤnft. Ged. 6ter Band, Bl. 10.

Man kann alſo von denenjenigen Leuten, welche die Verdienſtlichkeit der Werke behaupten wollten, ebenfalls ſagen: Sie ſetzten die guten Werke in die Grenzen der Papiſten.

Jch188Gr

Jch darf den Ausdruck nicht vertheidigen: ohne Zweifel gefaͤllt er.

Großhoͤrnicht.

Mein Bewunderer! denn ich ſetze zum voraus, daß alle meine Sammlung bewun - dern; weil ſie wirklich den Saamen, oder halle - riſch, die Saat zu kuͤnftigen Epopoͤen in ſich ent - haͤlt. Mein Bewunderer! alſo; weißt du wohl, was ein großhoͤrnichter Laͤufer iſt? Kein Laͤufer, der einen Pferdefuß hat! Auch kein Pferd, das etwa einen Gaͤnſehuf hat! Nein! keinesweges! Was denn? Jch will dirs im Vertrauen ſagen: ein Hirſch, ein fahler Hirſch iſt. Denn ſo tau - fet ihn der unſterbliche Magiſter.

Nachdem ers ein wenig getummelt: (das Pferd) ſprengt er mit verhangenem Zuͤgel Den Froſt durch, der vor ihm floh; um den großhoͤrnichten Laͤufer, Den fahlen Hirſch, zu verfolgen. Gefaͤllte ſtrupfichte Staͤmme Lagen im Wege; daruͤber wollte er ſetzen. Aber es ſtolpert das Pferd; ſein Reiter ſtuͤrzt weit hinuͤber. Nimrod, 16 S.

Hieß es da nicht recht nunc jacet in drecco, qui modo Nimrod erat? Schade, daß Vir - gil nicht auch erzaͤhlet, wie oft Aeneas auf der Jagd geſtuͤrzet; noch niedlicher waͤre es geweſen, haͤtte er die ſchoͤne Dido ſtuͤrzen, und uns dabey eine ſchoͤne Huͤfte, oder ſonſt ein niedliches Hinter - theil ſehen laſſen. Was waͤre das nicht fuͤr ein Gegenſtand fuͤr des Hn. M. Pinſel geweſen! Was fuͤr Farben haͤtten wir da nicht geſehen! DaßNim -189GrNimrod ſtuͤrzte, war kein Wunder, und das ar - me Pferd mußte ſcheu werden. Alle Baͤume lie - fen; ſie purzelten uͤber die ſtrupfichten Staͤm - me: in ſolcher Unordnung hatte noch Nimrod von Gluͤcke zu ſagen, daß nicht ein Baum auf ihn anlief, und Se. Majeſtaͤt zu Boden rennete.

Großvezier.

Schon oben haben wir eine Figur ge - ruͤhmt, die auf dem Grymſelbergiſchen Par - naſſe unterm Namen der Verkuͤrzung benennet wird. Sie war zu ſchoͤn, als daß ſie der geiſtvol - le Saͤnger nicht haͤtte brauchen ſollen. Daher flieſſet der artige Vers:

Tydor, ſein Großvezier, (des Magogs) der erſte der Sclaven des Koͤnigs ꝛc. Jſt ſein zerſchmetternder Arm, den Reſt der Tu - gend zu daͤmpfen. Noah, 47 S.

Wir koͤnnen dieſes auch den Japanismus fir - meln: denn woher koͤmmt das Todesgeſchenke,

Eine goldene Schachtel, darinn ein ſilbernes Meſſer, (war) Daß er den Bauch aufſchnitt. Einmal verbot er, die Spitze des Hutes gerade zu ſtellen: Fo-am trug ſie gerad; er ſandt ihm das ſil - berne Meſſer. e. d. a. e. d. S.

Der Dichter laͤßt uns errathen, was er mit dem ſilbernen Meſſer wird gemacht haben; zum ſpie - len, und Marcipan damit zu ſchneiden, ſandte ers ihm freylich nicht. So bodmeriſch iſt noch kein Dairo geweſen. Auf eben dieſer Seite be -wundern190Grwundern wir auch eine graue Verſammlung: wir werden aber bald gruͤne und blaue finden; in - zwiſchen bekennen wir uns zur weiſſen.

Graͤuel.

Haben wir nicht geleſen, daß unſere dich - teriſchen Maler, denn unſere Maler werden bald zu dichten anfangen, nur darum ſo pinſeln, da - mit ein jedes Wort ein Bild darbiethe? Was mag doch folgendes fuͤr ein Bild haben?

Und verdiente den Tod im garſtigſten Graͤuel des Wortes. Noah, 183 S. ()

Das muß ein garſtiger Tod ſeyn. Fraͤulein Debora, was zu bewundern iſt, ſpricht ſo; aber ihre Accente haben viel von Hn. Bodmers ſei - nen an ſich. Wir haben es im Spiegel verſuchet, und den Tod ſo garſtig, als moͤglich, ausgeſprochen; wir grinſeten, wie der Tod im Milton, als die Suͤnde ihren Liebſten, den verliebten Satan, fuͤr ihren Gemahl und fuͤr den Vater des Todes erken - net. Jſt das der Graͤuel?

Grotesk.

Es giebet Voͤgel, die immer ihren eige - nen Namen rufen: ſollte es nicht den Dichtern oft auch ſo gehen? Wie ſchreyet der Kibitz? Was ru - fet der Kukuk? Wie ſinget der Puhu? Und wie accentuirt Bodmer?

Unbehauener Marmor erhob groteske Ge - ſtalten. Noah, 388 S. ()

oder:

Unbehauene Witzſucht erhob groteske Ge - dichte. ()

Gruͤndlich Aug:

eben ſo wie ein ſeichtes Auge; denn alles muß gruͤndlich an unſerm Koͤr -per191Grper werden: auch ein Zopf, ein gruͤndlicher Zopf.

Und ſoll ein Werk der Kunſt ein gruͤndlich Aug erfreun, So muß bloß die Natur in ihm die Seele ſeyn. Zernitz, 5 S.

Wir bewundern hier die mannigfaltige Zweydeutig - keit: denn man kann rathen, in wem die Natur die Seele ſeyn muß? Jm Auge, oder im Werke?

Und Kunſt gofaͤllt nicht mehr, hat Witz ſie uͤber - trieben. e. d.

Jſt das ſie nicht deutlich? Hat der Witz die Kunſt, oder die Kunſt den Witz uͤbertrieben? Leute, die in Bedienungen ſtehen, treiben die Dicht - kunſt nur als ein Nebenwerk, wie der Großſultan ein Handwerk. Sie koͤnnen die Zeit, die zur Aus - beſſerung eines Verſes gehoͤret, beſſer anwenden, und wie Herr Zernitz Gerichtshalter ſeyn.

Gruͤne und blaue;

gruͤne Unglaͤubige, und blaue Glaͤubige. Eine ſinnreiche Anſpielung auf die pariſiſche Bluthochzeit iſt im Noah, 55 S. u. f. zu bewundern.

Jene glaubten, das Blaue des Himmels be - kleidete die Andacht; Dieſe fanden im Gruͤnen der Flur mehr geiſtli - chen Schmuckes. Man kann leicht denken, daß die Hyaͤnen einen Schmauß dabey werden bekommen haben: Damals lachten die Hunde, ſatt von dem Blute der GruͤnenAnais192GrAnais an; man ſah Hyaͤnen vor Asdode gaukeln; Asdod und Anais lachten hinwieder Hyaͤnen und Hunden. Damals ſah man vor Schwere des Kropfs die Raubvoͤgel wanken. 57 S.

Der Herr Profeſſor ſind mit dem Blute der Gruͤ - nen ſehr freygebig. Wie oben geſagt, wir halten es mit den Weiſſen: denn zwiſchen ſolchen Gruͤ - nen und Blauen, Anais, Hyaͤnen, Asdoden und Anais, Hyaͤnen und Hunden wohne der Teufel.

Grube.

Eine ganz ſonderbare Grube haben des Herrn Steinbruͤcks Gedanken: kein Wunder, daß ſie ſo tief und oft kothicht ſind; denn giebt es in den Gruben nicht auch Koth? Dieß iſt der wahre Weg, der zum heiligen Bathos fuͤhret.

Jeder Gedanke von dir (der Seele) der Ewig - keit wuͤrdig Entſchwing ſich der Grube, wie du.

Die ganze Seele ſtack auch in der Grube, ehe ſie Sehraff Klopſtock begeiſterte.

Gruß.

Wir ſind auf den Einfall gekommen, ein Complimentierbuͤchelein zu machen; welches ein Dichter, der noch nicht recht in den neologiſchen Gruͤßen erfahren iſt, fuͤglich bey Geburthstagen ſeiner reſpective Maͤcenaten und ſonſten wird gebrauchen koͤnnen. Unter andern ſoll dieſer Gruß unſer Buch zieren:

Jch gruͤße das Alter des wuͤrdigen NoahMit193GuMit dem Vaternamen, und Milkas mit dem Mutternamen. Beyde lehrten mich an der Bruſt der Mutter den Namen Sipha ſtammeln, und Mehtabeel mit Zaͤrtlich - keit ſeufzen. Noah, 16 S.

Denn iſt das nicht ſchoͤn, wann man einen Na - men ſeufzen kann? Wenn man eines Greiſes Alter Vater, und einer Vettel Alter Mutter zu nennen weis? An weſſen Bruſt lag Japhet, wenn ihn ſeine Mutter an der Bruſt einer andern Mutter alles dieſes, ja ſtammeln, lehrte? Das Letztere iſt nicht gewoͤhnlich; und wir haben noch keine Mutter geſehen, die ihr Kind ſtammeln lehret. Hat es Hrn. Bodmer die feinige geleh - ret? Jn der gebundenen Rede ſtammelt er: und wir ſollten ſeine Frau Mama bald in den Ver - dacht haben. Wir haben es verſuchet, ob wir ei - nen Namen ſtammeln koͤnnten: und es ging recht gut; allein, einen Namen zu ſeufzen: das war uns zu ſchwer.

Guͤte Gottes wuͤrket, oder ſpinnet Vergnuͤgen.

Das iſt ſchoͤn! Sie wird alſo auch wohl ein Spinnrad brauchen; wir wollen ihr da - mit aushelfen, und ſchlagen das aus dem Anti - longin 55 S. vor; erſparen ihr aber die Muͤhe, ihr Geſpinnſt zu bringen: wir wollen es ſelbſt holen.

Milca! wir koͤnnen die Guͤte, die uns Ver - gnuͤgen zu wuͤrkenNHeim -194GeHeimlich arbeitet, und wenn es gewuͤrkt iſt, es zu uns herabbringt, Beſſer nicht loben, als wenn wir in ihrem Um - kreis ſie fuͤhlen. Noah, 106 S.

Vieleicht iſt dieſer Umkreis ihre Weife.

Geſtirne.

Warum fliehen ſie doch und klingeln nicht lieber?

Lieblicher, als die Geſtirne, da ſie vorm Throne des Schoͤpfers Jugendlich neu, und voll Licht, mit ihren Ta - gen vorbeyflohn. Geſicht St. Kl. 15 S.

Schleppeten ſie denn alle ihre Tage mit ſich? Werden ſie jemals alt? Sollte der Dichter Recht haben, wenn er den Baron troͤſtet: Aber was kann der Zernichtung und dem Falle widerſtehn: Da ja Sterne ſelbſt verſchwinden und auch Son - ne untergehn?

Gewuͤrzt.

Wuͤrzkraͤmer Bodmer wuͤrzet auch Tugenden: nicht mit Pfeffer; nicht mit Zim - met: mit Wohlſtand: welche Wuͤrze!

Tugend im neuen Licht (im 1 Mondviertel) zu wuͤrdigerm Anſehn gereifet; Guͤte mit Wohlſtand, und Einfalt mit Ern - ſte geſchmuͤcket. Noah, 62 S.

Der Dichter will ſagen gepfeffert: denn ſo hat er zwey Gerichte und ſpeiſet im Mondenſcheine der Tugend. Hyaͤnen und Amphisbaͤnen ma - chen die Tafelmuſik, und Rieſen Nephilim, Re - phaim, Zuzim, Gibbarim, Zamzummim und Emim warten auf. Siehe Volk!

Haͤf -195Ha

H.

Haͤften.

Voller Gefuͤhl des Gerichts Stand er auf die Erde geheftet, Offenb. St. Kl. 182 S. ()
Wir wiſſen nicht recht, ob der nicht mehr der unſterbliche Seraph, Gleich dem Menſchen von Erde gemacht, e. d.

mit den Fuͤßen, oder mit den Augen an die Erde angenaͤhet geweſen: allein, das wiſſen wir und lernen es aus dieſen Verſen: daß ein unſterbli - cher Seraph gleich dem Menſchen von Erde gemacht ſey; aber es iſt auch St. Kl. Sehraff, den jener erſt aus einer Morgenroͤthe gehauchet hatte. Gleich darauf ſchreyet dieſer irdene Seraph: Heil mir! daß ich geſchaffen bin! Heyl! daß du ewig biſt! Heyl dir! Heyl! Heyl! nicht Trink Heyl! ſ. ein Geſchaffenes.

Fuͤhlet das Gericht, oder fuͤhlet der Seraph? der Seraph: denn er danket ja, daß er nach - empfunden; und ihm vorempfunden worden.

Haͤlfte.

Eine Haͤlfte eines trefflichen Verſes iſt: ſchafft Haͤlften Haͤlften gleich. Zernitz, 4 S. Wenn nun die Natur zwo Haͤlften machet, die einander gleich ſind, wird das ein Ganzes? Man ſehe ein Blatt: iſt eine Haͤlfte, wie die andere? Zwar die Verſe ſind einander ſehr aͤhnlich, die der Herr Zernitz gemacht hat: einer verdreht; der andere geſtutzt.

N 2Haͤß -196Ha

Haͤßlich fallen, a. St. ſehr fallen.

Wenn alſo ein Jung auf dem Eiſe auf den Steiß faͤllt: ſo muß er ſchreyen: ich bin haͤßlich gefallen! Freylich wird ſein Hintertheil alsdann noch haͤßlicher, als ſonſt, ausſehen. Der arme Junge!

Dieſes Geſchlecht, nur juͤngſt erſchaffen, iſt haͤß - lich gefallen. Noah, 107 S. ()

Hier bewundern wir auch eine Sehnſucht, die da ſpornet; denn wenn ein Verliebter gern zu ſeiner Schoͤnen will: ſo ſetzet ſich die Sehnſucht auf ihn, und giebt ihm Spornen. Allein in aller Demuth zweifeln wir, daß er mit ſeiner Reiterin nicht um einen Schritt naͤher koͤmmt, wenn ſie ihn auch peitſchete, und mit verhaͤngtem Zuͤgel jagte.

Haͤufen.

O! moͤcht ich doch, durch wuͤrdigs Singen,
Dem ſtillen Orte Ehre bringen,
Der ſeine Laſt durch Menſchen haͤuft!
Nicol. Samml. 112 S.

Weißt du, lieber Leſer! was das fuͤr ein Ort iſt? Kein Miſthaufen, obgleich der ſeine Laſt auch durch Menſchen haͤuft! Der haͤlliſche Kirch - hof iſt es! der naͤmlich nimmt die Leichen auf die Schultern, und laͤuft damit fort! Er begraͤbt ſie ſich auch ſelber. Welch ein Kirchhof!

Hayn.

Um zu ſagen: aus Cedern nach Salo - mons Art gebauet; ſage:

Ein weiter Saal Aus des erhabnen Libanons Hayn ſalomo - niſch erbauet. Meß. 106 S.

Alſo a. St. von Eichen erbauet ſage: aus demHarze197HaHarze erbauet; ſind gleich nur ein Paar Schock darauf gegangen. So kann man auch ſagen, ein Heldengedicht, aus den 50 geſtohlenen Dich - tern des Miltons klopſtockiſch erdichtet. Mei - ne Leſer verſtehen doch wohl die Staͤrke des Bey - worts, oder Nebenwortes klopſtockiſch? Wenn ſie es nicht wiſſen: ſo will ich ihnen ins Ohr ſagen, daß es ſo viel heißt, als ſchoͤpferiſch.

Hafen.

Hat ſchon jemand einen Hafen laufen ſehen?

Der Hafen eilt dem Wunſch entgegen. Nicol. Samml. 110 S. ()

Wir waren letztens ſpatzieren gegangen; und er - ſchracken herzlich, als uns unſer Haus entgegen gelaufen kam. Wir liefen hinein, und befuͤrch - teten, eine große Unordnung darinnen anzutreffen: denn es war uͤber ein Paar Bruͤcken gerennet: aber es war alles ganz ordentlich. Das Haus lachte uns an, und wir merkten, daß es mit uns nur hatte gaukeln wollen.

Hallelujah.

Die Halleluja ſingen auch ein Hal - leluja; denn ſo verſtehen wir den Lobgeſang der Hallelujah.

Und der Jubelgeſang der Hallelujah ver - ſtummte. Geſicht St. Kl. 145 S. ()

Denn wie koͤnnte er verſtummen, haͤtte er nicht geſungen: lieber Kyrieleiſon!

Hallelujahgeſang.

Wir wollen hoffen, daß ein je - der Meßianer dieſen Hallelujahgeſang beſſer verſtehet, als viele fromme und ehrliche Chriſten das Kyrieleiſon und Sela. Wir geſtehen unſereN 3Schwaͤ -198HaSchwaͤche, und ruͤhmen uns derſelben: wir wiſſen nicht, was das heiſſe einem

Jauchzend mit Hallelujageſaͤngen entgegen - ſegnen. Offenb. St. Kl. 33 S.

Denn in einem Athem zu jauchzen, und auch Hal - leluja zu ſchreyen, daͤucht uns fuͤr die ſtaͤrkſte Bierkehle unmoͤglich. Jauchzen und ſingen; ſingen und jauchzen kann nur ein ewiger Jauch - zer, wie St. Kl. iſt. Allein das bekennen wir: wo das ein Hallelujageſang iſt, wo auf allen Seiten Halleluja ſtehet: ſo iſt Meßias, oder der Traum St. Kl. der ſchoͤnſte Hallelujage - ſang. Noch ein Hallelujachen!

Halleluja! ein feyrendes Halleluja! o!
Erſter!
Sey dir von uns unauf hoͤrlich geſungen! Zur
Einſamkeit ſprachſt du:
Sey nicht mehr! und zu den Weſen: entwi -
ckelt euch: Halleluja!
e. d. 14 S.

Da muß dem lieben Gott viel daran gelegen ſeyn, daß wir in alle Ewigkeit hinein Halleluja ſchreyen: doch wir wollen in die Gottesgelehrſamkeit, die ſo vielen Schwaͤrmereyen ein Maͤntelchen geben muß, nicht pfuſchern. Nur moͤchten wir uns gern be - lehren laſſen, was die Einſamkeit geworden ſey: da ſie nicht mehr war. Lauter Geſellſchaft? und alsdann moͤchten wir wohl wiſſen, wer das letzte Halleluja geſungen? Hr. Klopſtock? oder Gott? Jſt dieſes: ſo muß ſich Gott ſelbſt eins ſingen; iſt jenes: ſo wollen wir auf des D. Ambroſius Lobwaſſers Gruft treten, und jauchzen:

Was199HaWas liegt ihr ſo ſtill der Auferſtehung der Gebeine? ()

Halsberg.

Wuͤßten wir wohl, was ein Halsberg ſey: waͤre der folgende Vers nicht der Verraͤther des erſtern?

Naͤchſt ein Krieger in ſeinen geſtrickten Hals - berg geſchloſſen, Auf dem Helm ſaß der Blitz mit zackichten Pfeilen geſpitzet. Noah, 206 S.

Das wird alſo wohl ein geſchloßner Helm ſeyn. Allein mit Erlaubniß des Hn. Plattners! Wir koͤnnen nicht glauben, daß ein geſtrickter Helm Schuß oder Hieb abzuhalten im Stande ſey; wir trauen es dem ſchlechteſten Filze eher zu: ja wenn jener auch von Leder geſtricket waͤre. Wir nen - nen dieſe Figur den Erzſchrein; weil ſie uns von den Erzſchreinhaltern ihre Abkunft herzuleiten ſcheinet. Ach! der ſelige Clajes, wie wuͤrde er nicht dirdirliren: koͤnnte er aus dem Grabe ſeinen Sohn Bodmer hoch daher gehen ſehen!

Halbſcheid.

Ey! wie der Hr. Magiſter nicht uͤberſetzen kann! Er ſcheidet die Erde in zwoen Haͤlften und nennet eine Hemiſphaͤre Halb - ſcheid; nicht ein halbes Scheit Holz.

Die Feuerkugel der Sonne ſenkte ſich ſchon hin - term Meere Zur zweyten Halbſcheid der Erde. Nimrod, 479 S.

Noch eines a. e. d. S.

Die Leibgarde wurde ſo matt, als uͤbertrieb - ne Heerden. ()N 4Wir200Ha

Wir wiſſen nicht, ob es Ochſen, oder Schweine geweſen. Es ſey nun, wie es ſey: fuͤr eine nim - rodiſche Leibgarde iſt es immer gut genug. Denn waren die Schlingel nicht Rieſen? Ein anders waͤre es, wenn ſie aus artigen, kuͤſſens - wehrten Stutzerchen, wie unſere Leibgarden, be - ſtanden haͤtte: da muͤßten wir Mittleiden haben, wann ſie untern Helmen ſo keichten; aber der Ringkragen, der Reſt von der Ruͤſtung der Rie - ſen, iſt ſo ſchwer nicht; ja wenn auch ein Spon - ton dazu kaͤme.

Handſchuhbewaffnete Fauſt.

Spottweiſe war in dem Lockenraube behandſchuht geſaget worden: Warum dringt der Stutzer Heer weiß behand - ſchuht um den Wagen?

Hr. Bodmer, als ein ernſthafter Mann, reitet auf dem Kinderpferdchen ganz oͤffentlich und ſagt:

Wer mit handſchuhbewaffneter Fauſt dem Gegner die Bruſt brach. Noah, 46 S.

Wir gehoͤren zwar eher zun Pigmaͤen, als zun Rieſen; waͤren wir aber daͤbey geweſen: wir haͤtten uns von keiner Fauſt, die nur mit einem Handſchuh bewaffnet geweſen, die Bruſt bre - chen laſſen; ja waͤren auch die Stuͤlpen uͤbern Ellenbogen gegangen. Nach den Spielen auch zu urtheilen, ſo war Virgil um ein Paar Ellen klei - ner, als Bodmer: denn auch in Spielen erken - net man den Geiſt. Noch etwas e. d.

Mit dem Schlachtfeld vertraut, ein Muͤndel der Loͤwen; am SchlachttagHielt201HaHielt er ſein Leben wohlfeil; er trugs auf der Schneide des Schwertes. Noah, e. d.

Wir moͤgen das Leben nicht kaufen, das uns ſo ſpitzig angebothen wird. Ein Miſtjunker aber kann ſagen: Mit dem Miſte vertraut, ein Muͤndel der Ochſen; am Schlachttag ꝛc. denn, wenn die gnaͤdige Frau ſchlachtet: ſo hat er einen Schlachttag; hat er aber einen Tag der Schlacht?

Harfen:

ſo kann man ſagen waldhorniren; auch: Leid verwandelt ſich in Harfen, oder Trompe - ten; Freude aber in Brummeiſen, und Du - delſaͤcke.

Wenn ſich das leid bei meinem betagten vater in harfen, Und die weinende Stimme des werthen in pſalmen verwandelt. Jac. u. Joſ. 59 S. ()

Wenn alſo ein junger Herr Faͤhnrich wieder - kommt: ſoll die Frau Mama Pſalmen ſingen?

Harmonie.

Der harmoniſche Traͤumer Klop - ſtock zeiget, wie man Traͤume in Wahrheiten ver - wandeln; und Wahrheiten mit Luͤgen kuͤnſtlich verbraͤmen koͤnne: welches uͤberhaupt ein Mittel iſt, alle Tiefen des heiligen Bathos zu durch - kriechen, und den Grimſelberg auf den Berg Sinai zu thuͤrmen. Denn woher entſpringet das Geklingel ſeiner Sterne? das er, wie an einem heil. Dreykoͤnigstage, von den himmli - ſchen Jungen oder Juͤnglingen behorchen undN 5accom -202Ha Heaccompagniren laͤßt. Sind das nicht die pytha - goriſchen Singweiſen des Himmels?

Wenn er wandelt, (ſpatzieren gehet,) ertoͤnen von ihm auf Fluͤgeln der Winde An die Geſtade der Sonnen die ſphaͤriſchen Harmonien Hoch hinuͤber. Traum St. Kl. 12 S.

Wir ſtellen uns hierbey eine Orgel vor, die der liebe Gott tritt, und wovon die Winde den Kaſten fuͤl - len, deſſen Baͤlge Calcant Klopſtock tritt. Die - ſes Orgelwerk aber beſtehet nur aus einem Pe - dale; denn wir werden hier kein Manual ge - wahr: es wird alſo ſehr brummen. Nur klin - gelt oben der Morgenſtern. Hat die Sonne auch Geſtade?

Haſſer, ſo wie Lieber: mein Haſſer, dein Lieber;

a. St. er haßt mich; und ich liebe dich.

Einer, der edler geſinnt iſt, und nicht dein Haſ - ſer, Jehovah! Traum St. Kl. 180 S. ()

Hat Lucian nicht die Quelle dieſes Jehovah ge - zeiget? Wir fragen nur!

Harmloſes Opfer

iſt ein Opfer, welches keinen Harm, keinen Gram hat. Die Ochſen uͤber - haupt haben nicht viel Gram oder Harm: und der Gott des Harmes faͤllt ihnen nicht ſo ſchwer, als uns.

Und verbrennen dem Richter und Freund ein harmloſes Opfer. Noah, 184 S.

Heer.

Hat je eine Bademutter ein Heer in einer Frau Leibe geſehen?

zugleich ward Jacobs geſchlechteAn203HeAn der Bærmutter geſegnet u. drohte, zu Heeren zu wachſen. Jac. u. Joſ. 100 S.

Man ſehe nur, wie der Vers durch das Wort Bær - mutter tief wird. Zu dieſer Tiefe zu gelangen verſaͤume man keinen Kayſerſchnitt; und bemerke wohl die innerlichen Lagen der Theile des weibli - chen Geburthgliedes. Wir haben z. E. uns vor - genommen, einen Hodenſack aufzuſchneiden, ihn wohl zu betrachten, und ſeine Schoͤnheiten in Verſe zu bringen. Ein Gratulant merke ſich das zu Heeren wachſen; und wuͤnſche ſeiner Frau Baa - ſe ein Paar Heere aus dem Leibe. Die arme Frau! der entſetzliche Bauch!

Heerdemann.

Schoch hatte nur geſagt: Dein Vieh muß dir in vollen Eitern ſtehen, Der Heerde Mann, der große Ziegenbock ꝛc.

Das ſprach ein einfaͤltiger Schaͤfer: nun aber zeucht dieſes ein weiſer Dichter, wofuͤr er ſich ausgiebt, zuſammen; und finget:

Der junge Heerdemann, wann er den Thau ge - rochen,
Verlaͤßt ſich auf die Kraft der maͤnnlich (och -
ſicht) ſtarken Knochen;
Sucht ſeinen Gegner auf ꝛc.
Samml. Nicol. 150 S.

Jſt das nicht der Dorfbruͤmmel? Nichts fehlet, als daß er ihn nicht jauchzen laͤßt; denn alsdann waͤre es ein vollkommener klopſtockiſcher Ochſe oder Stier. So heißet denn ein Gaͤnſerich der Gaͤnſemann; ein Entrich der Entemann.

Heerold.

Jn alten Zeiten, die auch im Kriege aufOrd -204HeOrdnung hielten, ſchickte man ſich Herolde zu, Krieg und Frieden zu ſchlieſſen. Wir wiſſen nicht recht, warum der Tag die Daͤmmerung als ei - nen Herold voranſchicket. Soll er der Nacht den Krieg ankuͤndigen? Sie wird nicht Stand halten: denn ſie iſt ſchon auf der Flucht, wann die Daͤmmerung koͤmmt.

Die fruͤhe Daͤmmerung, der Herold von dem Tag, Entfaͤrbt Aurorens Kleid. Samml. Nicol. 151 S. ()

Was? Soll der Herold Auroren das Kleid nehmen: oder nur die Farbe? Oder ſoll Aurora noch mehr Aurora werden, als ſie iſt? Wird man nicht roth oder blaß, wann man ſich entfaͤr - bet? Konnte man vorher wohl ſagen: ich entfaͤr - be dich? Noch ein Herold!

Die Pracht der himmliſchen Bildung Hat die Natur nicht tuͤckiſch zum Herold der Falſchheit geordnet. Noah, 98 S.

Wenn alſo ein falſcher Kerl ſchoͤn iſt: ſo iſt ſeine Schoͤnheit ein Herold ſeiner Falſchheit. Ein Herold aber iſt vor andern Menſchen zu erkennen: allein, jener nicht. Das waͤre nicht undienlich, wenn ein Herold immer vor einem falſchen Kerle voran ginge. Mancher ehrliche Biedermann, der, wie ein Tuͤrk, eine ſchoͤne Seele in einem ſchoͤnen Koͤrper glaubet, wuͤrde nicht anlaufen.

Herrſcher.

Dieß ans der Muͤnze Sr. Gn. gekom - mene, und mit Dero Bildniſſe bezeichnete Wortſiehet205Heſiehet ſehr pigmaͤiſch aus, wenn es mit kurz ge - fuͤget wird.

Mein ſtilles Gluͤck, die Luſt von wenig Stunden, Jſt wie das Gluͤck von einer Sommernacht, Jſt ohne Spur, als wie ein Traum, ver - ſchwunden, Der Bettler oft zu kurzen Herrſchern macht. Haller, 148 S.

Wie lang iſt alſo ein langer Herrſcher? Ein langer Koͤnig, und ein kurzer Herrſcher? Ein kurzer Dichter, und ein langer Reimſchmidt? Sind die Traͤume in einer Sommernacht nur ſo gluͤcklich? Wir traͤumeten einmal in einer Winternacht, daß Herr v. Haller ein kurzer Herrſcher auf dem deutſchen Pindus waͤre. Es war aber kein Traum: denn wir hoͤren, daß er wirklich herrſchet, und ein langer Herrſcher untern Sylbenhenkern ſeyn wird. Wird uns unſer Traum ausgehen? wie die alten Weiber ſagen.

Hellen, a. St. erhellen.

Wir haben ſchon oben bewundert, daß unſere heiligen Dichter berechti - get ſind, den armen Woͤrtern bald ihren Kopf, bald ihren Schwanz zu rauben; ja das Eingeweid[reiſſen] ſie ihnen aus dem Leibe. Der heilige Laͤchler ſaget unter andern:

Ein goͤttliches Laͤcheln
Hellt die ſelige Stirn und unausſprechliche
Freude
Floß, da er ging, um ſein Haupt. So wie
der Himmliſchen einer,
Der206He
Der als Waͤchter zween Liebende ſchuͤtzt, die
edler ſich lieben,
Tief verlohren in ſeiner Entzuͤckung, auf
bluͤhenden Huͤgeln,
Unten am ewigen Thron ſtehet, wenn Seraph
Eloa vor Gott ſingt,
Und der toͤnenden Harfe die himmliſche
Sprache gebiethet.
Traum St. Klopſt. 124 S.

Hier lernen biegſame Koͤpfe, denn mit den harten, die auch die Proſe und die geſunde Vernunft in die Poeſie bringen wollen, haben wir nichts zu thun; hier lernen wir alſo, 1. wie ein Laͤcheln ei - ne Stirne, die ſchon bey lebendigem Leibe ſelig iſt, hellen oder erhellen koͤnne; naͤmlich durch ein goͤttliches Laͤcheln, ob wir gleich nirgends finden, was das ſey: wir auch in der Bibel umſonſt ein goͤttliches Laͤcheln geſuchet haben; vielmehr iſt bemerket worden, daß der Heyland nirgends ge - lachet, ſondern oft geweinet. Wir wuͤnſchten nur Sehraff Klopſtocken laͤcheln zu ſehen, um ein kleines Bild davon zu bekommen. 2. koͤnnen wir uns die unausſprechliche Freude, die um das Haupt gefloſſen, als einen magnetiſchen Wirbel vorſtellen; und wuͤrden um den ſeligen Fuͤßen auch noch einen haben fließen laſſen. 3. loben wir das a. St. Engel des Sylbenmaßes wegen ge - brauchte Wort Himmliſcher: denn ſo koͤnnen wir a. St. Menſch fuͤglich ſagen, ein Erdener oder Jrdiſcher. 4. freuen wir uns, daß die Engel auf den Huͤgeln ſitzen, wenn wir unten im Tha -le207Hele mit unſern Geſpielinnen kaͤlbern. 5. ſehen wir, daß man in tiefer Entzuͤckung ſeyn, und doch wachen koͤnne: nur fuͤrchten wir, daß es dem En - gel wie dem unſterblichen Neuton gehen moͤchte, der, in eben einer ſolchen Entzuͤckung, den kleinen niedlichen Finger einer Dame, bey der er ſaß, fuͤr einen Tobacksſtopfer anſah, und mit ihm getroſt die gluͤhende Aſche zuruͤck ſtopfte. 6. werden wir mit Erſtaunung gewahr, daß der himmliſche Virtuoſe Eloa oft ein Solo ſinget: aber wie wird das klingen? die himmliſche Harfe redet ih - re himmliſche Sprache darein: denn er gebie - thet ſie ihr, der Harfe. Doch, wir beſinnen uns; haben wir nicht Stuͤckchen von irdiſchen En - geln gehoͤret, welche Stuͤckchen halb geſungen, halb geredet, und halb gepfiffen wurden? Es klang ſehr ſchnakiſch.

Heckicht.

So, wir wir einen Edelmann bewun - dern, deſſen Geſchlechtsregiſter ſich bis in der Hun - nen Zeiten verlieret: ſo hat uns auch folgendes Beywort unſere Bewunderung abgedrungen, da uns ſein Urſprung in ein angenehmes Gewirr von Hecken und Dornen verfuͤhret. Wir holeten auch, wie der erſte Rebelle, aus; allein, noch dieſe Stunde haben wir unſer rechtes Bein aufge - hoben: denn wir fuͤrchten uns vor den Hecken.

Jhre gigantiſche Treppe war an der nordli - chen Seite Angelegt, in der Gegend, wo Satan, der erſte Rebelle,Als208HeAls er gekommen, im Berg die erſten Menſchen zu ſuchen, Fern von dem rechten Eingang mit einem hoͤhniſchem Sprunge Alle Klippen und heckichten Schanzen des Bergs uͤberhohlte. Noah, 138 S.

Gigantiſche Treppen haben wir oben bewundert; dem Rebellen werden wir weiter hinten unſere Aufwartung machen: doch haͤlt uns der rechte Eingang und der hoͤhniſche Sprung auf. Wahrhaftig! ſo ſpringen alle Katzen; und wir ha - ben unſern Hauskater oft bewundert, wenn er ne - ben dem Gartenthore mit einem hoͤhniſchen Sprunge die Mauren uͤberhohlte. Sie lie - fen zwar nicht vor ihm ſo ſchnell, als die he - ckichten Schanzen vor dem erſten Rebellen: aber ſie liefen doch; wie haͤtte er ſie ſonſt uͤber - hohlen koͤnnen? Wir nennen dieſe Figur den Teu - felsſprung, oder den Miltonismus. Sprich a. St. aufm Berg im Berg.

Herbſt.

Niemals haben wir einen ſchoͤnern Herbſt, als folgenden, gehabt:

Was ſie nicht pfluͤckten, ein Herbſt, Heerſchaa - ren von Voͤlkern zu ſpeiſen: oder: Noah, 217 S. ()

Heerſchaaren von Maͤuſen. Wie ſie nicht freſ - ſen, einen ganzen Herbſt freſſen! Die mitleidi - gen Jungfer Toͤchter des Hrn. Sipha befuͤrchten die Verwuͤſtung ihrer Saͤmchen; ſie fuͤrchten, die Erde ihres kurzen Fruͤhlingsgewandes be - raubet und nackend zu ſehen. Wir wuͤrden ge -ſaget209Heſaget haben: man gebe ihr ein Langes, und laſſe das Haͤschen laufen.

Aber ſie wurden vom Sem die eitle Sorge gelehret. d. i. ſie wurden belehret, daß ſie nicht geſcheidt waͤren. Er tritt darauf mit ihnen einen Streit an; erwaͤhnet der verſtaͤubten Saͤmchen; nen - net die Suͤndfluth eine Waſſerdecke; alſo auch Feuer eine Feuerdecke. Er ſaget: Oft iſt ein Volk von Blumen aus einer Blu - me gewachſen.

Wir wollen, wegen dieſes Volkes, unſern Gaͤrtner fragen; weil wir fuͤrchten: dieſes Volk koͤnne uns aus unſerm Garten treiben. Weiter ſpricht Sem von einem Baume, der oft Schatten, fuͤr ganze Heerden, verbreitet. Ja! ja! wenn ſechs Schafe eine Heerde ſind. Er ſa - get: die Luft wehete uns, aus fernen Ge - genden, Amerika, Aſien, Afrika, Blu - men zu; bald werden wir nicht mehr ſaͤen: denn wir warten auf einen Wind, der uns aus Jn - dien die ſchoͤnſten Blumen zuwehe; die ſich wie Blaſen elaſtiſch erheben, und ſpatzieren ge - hen. Da iſt es leicht, Gaͤrtner ſeyn! Noch ein Herbſt, und zwar ein Herbſt, den ſechs Seelen, drey Fraͤulein und drey Maͤnnlein, tragen koͤnnen.

Jtzo begunnen ſie auch den Herbſt in die Arche zu legen. Noah, 222 S. ()

Die Arche muß ſehr groß geweſen ſeyn, wenn ſie auch nur die Aepfel haͤtten hineinlegen, und die ar -Ome210Heme Pomona laufen laſſen wollen. Allein, was zu bewundern iſt: es war ein Herbſt,

Welchen der unterſte Berg in ihrer Naͤhe ge - waͤhrte. e. d.

Auch das muß ein entſetzlicher Berg geweſen ſeyn, der im Stande iſt, einen ganzen Herbſt zu ge - waͤhren.

Herodes iſt Satans Opferprieſter:

der arme Koͤ - nig! eine neue Wuͤrde!

Unterdeß ließ ich, nicht muͤßig zu ſeyn, durch meinen Erwaͤhlten, Meinen Koͤnig und Opferprieſter Herodes zu Bethlem, Saͤuglinge wuͤrgen. St. Klopſtock in ſ. Geſichten, 53 S.

Ein feiner Zeitvertreib! Jſt Herodes jemals Satans Koͤnig geweſen? Uns iſt es unbekannt. Wuͤrden ſich die alten Helden nicht wundern, wenn ſie die Buͤcher leſen, die wir von ihnen und ihren Wuͤrden ſchmieren? Der Fuchs im Hn. Licht - wehr hat wohl Recht:

Was da der Fuchs ſpricht, wuͤrden wir
Von hundert alten Helden hoͤren:
Wann ſie die Buͤcher, die wir hier
Von ihnen leſen, kundig waͤren.
Heiter dienen, und finſter ungehorſamen.
Heiter u. jung dien ich dir. Nur Freundſchaft
belebe
Mich, als ſchon halb ſterbenden Greis!
Ode an Steinbruͤck.

Ach! wie der allerliebſte, der empfindende Dich -ter211Heter nicht jung, und zugleich ein ſchon halb ſter - bender Greis ſeyn kann!

Herzerhoͤhende Worte.

Sonſt ſagte man herzruͤh - rende: allein, da war nichts hohes oder tiefes darinn.

Japhet verſetzte darauf die herzerhoͤhende
Worte. Noah, 16 S.

Wo ſoll aber das Herz ſeyn, wann es nun hoͤher iſt? Jm Schlunde? Da gehet es beym erſten Hu - ſten verlohren.

Herzdurchwuͤrzend.

Ha! Ha! das Herz iſt auch eine Biermerthe, die man wuͤrzet. Das Herz, dachten wir, brauchte nicht gewuͤrzet zu werden: denn wir wollen es weder ſchmecken noch riechen. Wenn die heiligen Maͤnner lieber den aͤuſſerſten Schlund wuͤrzeten.

Jhre Soͤhne beſchauten mit herzdurchwuͤrzen - der Wolluſt Dieſe zaͤrtliche Scene. Noah, 112 S.

Wir wollen den Vorhang herunter laſſen; die Soͤhne werden bald ihren Geſpielinnen etwas an - ders durchwuͤrzen.

Nur ein Blick, nur ein Kuß, in welche die See - le hervorſtieg, Sprachen Reyhen Gedanken auf einmal u. oh - ne Verwirrung e. d.

Wir wiſſen nicht, ob die Seele auf dem Blicke oder auf dem Kuſſe gekletert habe. Wir ſind auch verliebt geweſen; allein, wir koͤnnen auf un - ſere Ehre verſichern: wir dachten nichts; wir empfanden nur, und waren wirklich einO 2Sehraff:212HeSehraff: wir wollten nur, und waren, bis auf den kleinen Finger, lauter Fuͤhlung. Vie - leicht liebet man in Zyrich und an der Lindmatt auf eine andere Art.

Herz.

Ein Herz, das mit Steinen eingefaßt, oder cramoiſirt iſt: das iſt ein hartes Herz! Man laſſe es brillantiren; es wird noch haͤrter. Juda ſaget zum Jacob: denke nicht, daß,

Da ich ihn ſeh, mein herz mit ſtein ein - gefaßt ſey, Daſs es in voller maaß mein ſohnstheil da - von nicht empfinde. Jac. u. Joſ. 17 S.

Lies a. St. ſohnstheil, bruderstheil; folglich auch tochtertheil, ſchweſtertheil, wie die Herren Juriſten bey Erbſchaften reden. Jſt das weibliche Geſchlecht nicht ſchoͤn? die Maaß! Al - lein die bodmeriſchen und klopſtockiſchen Woͤr - ter, gerade, wie ihre Engel,

Werden, wie es uns beliebt, heute Maͤnner, morgen Weiber. Lockenraub. ()

Herunterbethen:

folglich auch einen herauf bethen; denn der Fuͤgungen ſind mannigfaltig, die ein Wort in der heiligen Poeſie machet. Nikode - mus will den David vom Himmel herunter be - then. Wir zweifeln aber, daß es ihm gelinge; wenn er auch Jahrhunderte bethete. Wir wollen die ganze Stelle, wegen der darinn enthaltenen goͤttlichen Klopſtockianismen, herſetzen:

Sie fuͤhlten ihn grimmvoll. Er zwang ſie; ſie hoͤrten:

Auch wir fuͤhlen Hn. Klopſt. grimmvoll. Erzwingt213Hezwingt uns: wir hoͤren: Sein aus dem Engli - ſchen ins Deutſche uͤbertragene

Heil mir! daß ich mit meinen Augen dich, Goͤtt - licher! ſchaute! Heil mir! daß ich die Hoffnung der Schwei - zer, den Klopſtock, erblickte! Welchen zu ſehn im Hayne zu Zyrich ſelbſt Breitinger oftmals Einſam ſeufzte: den Klopſtock, der Mann zum Beten geſchaffen, Gern aus den Armen des Vaters herunter ge - bethet haͤtte! St. Klopſt. i. ſ. Geſichten, 118 S.

So kann man denn auch fluchen: Boͤſes dir! Wohl mir, und Weh mir! klinget naͤmlich zu matt. Ein andaͤchtiger Meßianer ahmet dieß auf ſeinem Dreyerpfeifchen, und reimend, welches faſt eine Ketzerey in der meßianiſchen Re - ligion iſt, folgendergeſtalt nach:

Heil dir! feſtlicher Tag! der unſerm Freund
gebohren.
Ein Koͤnig, Schweſtern! unſer Freund!
Heil dir! uns neues Reich, zum Schauplatz
ihm erkohren,

Dem frommen Krieger, niemands Feind. Wir bewundern erſtlich nach Heyl dir! den feſt - lichen Tag, der unſern Freund gebohren hat, oder unſerm Freunde gebohren worden iſt. 2. werden wir auf eine angenehme Art durch eine Nennendung uͤberraſchet, indem wir eine Geb - endung vermuthen. 3. laͤßt der Herr DichterO 3gar214Higar liſtig aus, uns iſt ein neues Reich; ihm aber ein neuer ꝛc. Der Fall des letztern Verſes gleichet einem Raͤthſel, und iſt zu bewundern, ſo, wie der ewige Tanz in den folgenden Strophen. Wir wuͤnſchen dem Hrn. Verfaſſer gute Beine da - zu, und ein beſſer Schickſal, als ſeinem Vor - gaͤnger.

Es waͤchſt manch heylſam Kraut in ſchweiz -
riſchen Gefilden:
Nur eins fuͤr raſende Poeten nicht.
Dieß merkte Mylius; drum hohlt ers bey
den Wilden:
Ach! daß der Tod ſein Reiſen unterbricht!
Wie heylſam wuͤrde dieß Kraut nicht geweſen ſeyn!
Himmel. Die ehrlichen Schaͤfer werden gar Chi -
neſen: z. E.
Zum Himmel, ihrem Gott, entfloh kein
Fluch u. Schwur. Zernitz, 6 S.

Sie wollten den Fluch mit den Lippen feſt halten: allein, das Ding ſtand ihm nicht an, und er ent - floh.

Himmel.

Dieſer Tummelplatz der heiligen Dich - ter iſt uns nie ſo bekannt geweſen, als itzund. Die irdiſchen Sehraffen erzaͤhlen uns in ihren lieblichen Traͤumen ſo viel Umſtaͤnde, als St. Johannes vieleicht ſelber nicht gewußt hat: al - lein es iſt kein Wunder; ſie ſind entzuͤckt! Sie ha - ben aber auch vielerley Himmel. Hier iſt z. E. ein ganzer Himmel Rauch.

ein215Hi
ein heiliger Rauch ſtieg mit dem Gebethe Stillbegleitend vom Altar, dann hub er ſich weiter u. wallte Wie von der Erde Gebirgen ein ganzer Him - mel zu Gott auf. Off. St. Klopſt. 17 S.

1. iſt hier kuͤnſtlich auf bey ſtieg ausgelaſſen wor - den: ſtieg vom Altar auf. 2. Stillbeglei - tend weis ich zwar auf nichts zu ziehen: aber es iſt doch ſchoͤn! warum? weil es begleitet. 3. ſiehet man auch gleich nicht, was das fuͤr ein Himmel iſt, der auf der Erde Gebirgen liegt, und zu Gott hinauf wirbelt: ſo iſt es doch ſchoͤn! warum? weil Himmel wallen, und Gebirge darinnen ſind. Jſt das nicht Rauch? ein gottloſer Rauch? Alsdenn haben wir auch

Himmel zu Legionen gegoſſen.

Dazu muß eine entſetzliche Forme ſeyn; da er zumal noch dabey jauchzet oder ein himmliſch Juchheu! ſchreyet.

Unfehlbar ſtand auch der Himmel Aus den ewigen Pforten, zu Legionen, ge - goſſen, und jauchzte dir Lieder. St. Kl. 122 S.

Sehen wir nicht gleichſam, wie ein Engel hinterm andern aus den Pforten flieſſet? Sie halten naͤmlich die Beine zuſammen, und glitſchen: Weil ein Geiſt nicht noͤthig hat, erſtlich ein Ge - lenk zu kruͤmmen.

Dann haben auch wir

Himmel in der Seele; Himmel im Auge; Him -O 4mel216Himel im Buſen: kurz! Himmel uͤber Himmel, ich weis nicht wo: Ernſt in ſeinem Geſicht; tief in der Seele der Himmel! Meß. 117 S.

Folglich haben wir auch aller Orten Hoͤllen. Wir machen auch Bey - und Nebenwoͤrter dar - aus. Z. E.

Himmelab:

ſo wie Himmelan:

So wie ſich ein Donner im ſchweflich - ten Berge Himmelab ſtuͤrzt; e. d. 93 S. ob er gleich nur vom Berge koͤmmt.

Himmelbenachbarte Alpen.

Einer von den alten, aber abgeſetzten Dichtern hatte ſpoͤttiſcher Weiſe einen Berg in die Wochen kommen, und eine Maus gebaͤhren laſſen. Parturiunt mon - tes; naſcetur ridiculus mus. Das Ding iſt moͤglich; und wir ſehen aus folgendem, daß, wann die Alpen in die Wochen kommen, ſie Schweizer gebaͤhren; und alſo nicht eine Maus; nicht eine Ratze.

Wie ein gebohrner Sohn der Himmelbe - nachbarten Alpen Fern von ihnen in einem umnebelten niedri - gen Clima Schmachtend ſchnappt nach Odem, und nach der Heymath verlanget, Wenn er noch fern den Connor, den Santus u. Altemann ſiehet, Vor ungehaltner Freud in allen Gebehrden ausſchweifet. Noah, 363 S.
Wir217Hi

Wir lernen hieraus, daß ein Schweizer in allen Gebehrden ausſchweifet, wenn er das Heim - weh bekoͤmmt. Bald ſchnappet er nach der Luft, wie ein Fiſch auſſerm Waſſer; bald wackelt er mit dem Schwanze, und ſielet ſich im Sande: ja, wenn wir ihn aufhalten: ſo glitſchet er uns, wie ein Aal, aus der Hand. Wir, fuͤr unſere Perſon, wuͤnſchten dabey geweſen zu ſeyn, als der gebohrne Sohn der himmelbenachbarten Al - pen, Se. Gn. der Herr v. Haller, das Heim - weh bekamen, und uͤberdruͤßig waren, zu die - nen einem Herrn, der ihm Brod gab: denn wir zweifeln nicht, daß ſie, ſo, wie Dero Verſe, in allen Gebehrden werden ausgeſchweifet haben. Freylich ſchnappeten ſie in dem umnebelten niedrigen Clima nach Odem, den ſie nun, als Amman, auf dem Grymſelberge beſſer ziehen werden. Unſer Troſt iſt, daß ſie uns noch viel ungebohrne Soͤhne der Himmel oberwaͤrts und der Hoͤlle unterwaͤrts benachbarten Alpen in unſern bergebenachbarten Thaͤlern zuruͤck ge - laſſen haben, die Dero Andenken aus den Kammern des Todes, (Noah, e. d.) retten werden. Auch wir retten daſſelbe, durch einen Kern neuer Accente, unſern ungebohrnen Soͤhnen der Thaͤler zum Beſten.

Himmelbett.

Wir erſtaunen, wenn wir die Ge - lehrſamkeit bewundern, die der Herr Magiſter Naumann aus der Ecole des Filles gezogen. Haͤtte es doch dem unſterblichen Manne gefallen,O 5die218Hidie Erfindung ſeines Himmelbettes uns in ei - nem Kupferſtiche mitzutheilen!

Das Himmelbett befand ſich Mitten zwiſchen zwo Waͤnden (vieleicht in einer Niche oder Vertiefung.) Jnwendig ſtaͤlerne Federn machten, daß die ſich drauf legten Sich hoben, ſchaukelten, wiegten. Dahin fuͤhrte Tirza den Koͤnig. Nimr. 230 S.

Was ſie da werden gemacht haben, denke der Leſer hinzu. Wann ſie ſich aber nun ſo wiegten: ſoll - ten die beyden verliebten Majeſtaͤten ſich nicht mit den Koͤpfen geſtoßen haben? Zum wenigſten mußte ihnen der Teufel dieſe eheliche Luſt, wie dort beym Milton, mißgoͤnnen. Nimrod 232 S. Wir nennen dieſe Figur und Maſchine die Schaukel.

Himmling:

ein ſpannnagel neues Wort, welches der Teufel verſtehet. Da ſieht mans, daß Ho - raz und Gottſched Unrecht haben, wann jener lateiniſch, und dieſer deutſch ſaget:

Jn neuer Woͤrter Bau ſey kein Poet zu kuͤhn. Horaz v. d. Dichtkunſt.

Und was? ſollte es dem Teufel nicht erlaubt ſeyn, neue Woͤrter zu bauen? Wir ahmen alſo mit ſei - ſer Erlaubniß dem ſataniſchen Grammatiker nach, und bauen folgende ſinnreiche Woͤrter nach: Mondling, Sonnling, Sternling, Planet - ling, Seeling, Erdling, Bergling, Mo - raſtling, und alles, was ſich mit ling paaren laͤßt:

Wenn219Hi
Wenn nicht Adramelech den Haß zu den Himmlingen ablegt. Noah, 141 S.

Aus eben dieſer Quelle flieſſet das ſchoͤne Wort

Himmlung, ſo wie Erdlung, Mondlung, Sternlung ꝛc.

Satane nennen ſie zwar die Himmlung aus elender Schmaͤhſucht. e. d.

Anbey bewundern wir hier die eingeflochtene Zwey - deutigkeit, da man nicht recht ſiehet, wer nennet oder genennet wird. Dergleichen Orakel kom - men uns vor, wie die Orakel der Heyden, die im - mer gar bequemlich zwo und mehr Deutungen lit - ten. Man koͤnnte daher dieſe Fuͤgung, die bey al - len meßianiſchen Chriſten verehret wird, das Orakel nennen. Man kann leicht denken, daß das Wort Himmel ſich wie Ungeziefer vermehret und vervielfaͤltiget. Hoffte Bayle, daß die Sonne endlich Ruhe vor den Dichtern ha - ben wuͤrde: ſo hoffen andere eben dieſes vom Himmel; allein wir nicht: denn wir kennen die Fruchtbarkeit des Bathos, der durch unſere Hirngeburten immer geduͤnget, und gleichſam ge - ſchwaͤngert wird. Wir haben wohl eher eine

Himmelskoſt gehabt:

allein aus einem guͤldenen Munde auf Schuͤler iſt ſie, nach dem Abſterben des ſeligen Hans Caſpar v. Lohenſtein, nicht gethauet.

Begluͤckte Fahrt! erwuͤnſchte Stunde! Da Himmelskoſt aus guͤldnem Munde Auf euch, ihr Gottesſchuͤler! thaut. Samml. Nicol. 108 S.
Man220Hi

Man ſtelle ſich dabey einen goldenen Mund vor, der immer Himmelskoſt auf die Schuͤler ſpuckt; auch an einen Schnupfen, den ein Menſch hat, kann man dabey denken: indem wir wohl eher dann es einem aus Naſe und Maule haben lau - fen ſehen: allein, das war keine Himmelskoſt; ſonder des ehrlichen Rachels gemeiner Rotz.

Himmliſch.

Schon oben haben wir die himmliſche Sprache bewundert, die die toͤnende Harfe re - det.

Der Seraph ſtehet entzuͤckt; aber Die Harfe toͤnt fort mit gefluͤgelten Stim̃en, Schlag auf Schlag, Gedank auf Gedanke! der hoͤrende Juͤngling Jauchzt, und zerfließt im ſuͤßen Gefuͤhl unaus - ſprechlicher Freuden. St. Kl. 124 S.

Ach! wie der goͤttliche Harfeniſt nicht wird die Au - gen verdrehet haben! Ach! was fuͤr niedliche Fluͤ - gel die Stimmen nicht haben! Ach! was das fuͤr Gedanken ſind! Das iſt gar kein Wunder, daß dieſe Harfe a. St. Toͤne Gedanken von ſich giebt: denn ſie kann ja reden; ja nicht allein reden: ſon - dern gar himmliſch reden. Wie mag aber ein Gedank klingen?

Hin.

Dieſe Sylbe ſtreitet mit ent um den Vorzug: und ſie hat Recht dazu; ſie iſt ja ſo gut eine Sylbe, als ent. Wir laſſen ſie daher in ihren wohl her - gebrachten Rechten und Vorzuͤgen ungeſtoͤrt, und ſagen einmal fuͤr allemal, daß man ſie in der heili - gen Dichtkunſt mit allen nur moͤglichen Zeitwoͤr - tern verſetzen kann; z. E. Hinbruͤllen, hindon - nern, hinſitzen ꝛc. Zum Abſcheue und zum Aeger -niſſe221Hiniſſe der Herren Proſatadler, nach des ſeel. Dry - dens Ausſpruche, ſetzen wir eine vortreffliche Strophe her:

Furchtbar verſcheuchſt du von dir den kriechen -
den Poͤbel;
Jhn donnerſt du ſchaarweiſe hin;
Und geheſt kuͤhne, doch fromm, klopſtockiſch dich
ſchwingend,
Hoch zum unbegraͤnzten Geſtirn.
Ode an Steinbruͤcken.

Wir fuͤhren gern die Engellaͤnder an; wir wollen dadurch in Verdacht kommen, als wenn wir auch ſo tief daͤchten, als ſie. Zum wenigſten haben wir es im Bathos eben ſo weit gebracht. Allein war denn Swift auch ein Engellaͤnder?

Hineingeſchmiegt ſitzen.

So haben wir ein Puͤpp - chen ſehen ſitzen, das Dukaten aus ſeinem aͤuſſer - ſten Schlunde ſpie; Herr Bodmer aber ſiehet neben einem unbaͤndigen Schache einen ſitzen,

Der, den Oberſten gleich an Anſehn, doch unten am Thron ſaß, Jn ſich hineingeſchmiegt. Noah, 207 S.

Unter uns geſagt: es war der Etmat-doulet, dem etwas vorm Strange bange war. Wir nen - nen dieſe Figur nach unſerer Art: und ſie heißt das Schachſpiel; oder das Haͤngeſpiel.

Hinabſtrecken Schatten, a. St. Schatten werfen.

Sieheſt du dort das unendliche breite Gebirge, Welches ins fruchtbare Thal verlaͤngerte Schatten hinabſtreckt? St. Kl. 94 S.

Das war das Reich Johannis, des LieblingsJeſu. 222HiJeſu. Bisher haben wir den Verraͤther Juda nicht zu entſchuldigen gewußt: allein was ſagte Caͤſar? Si violandum eſt jus, regnandi cauſſa violandum eſt.

Satan richtete ſich, nach Vollendung ſeiner Geſichte, Ueber ihm auf. So richtet ſich hoch ein olym - piſcher Berg auf, Welcher ein Thal war, wann Thaͤler um ihn, bey Erſchuͤttrung der Erde, Mit unermeßlich ſinkendem Schritt in die Tiefe ſich ſtuͤrzen. e. d. 97 S.

So ſtanden der Tod und Satan im Milton ge - gen einander. Ey! wer daͤchte das! Giebt es im Himmel auch Erdbeben? Schreiten die Berge, wann ſie ſinken? Das ſind große Schritte!

Hinlaͤßig, a. St. nachlaͤßig.

Es iſt ſchon ſehr lange, daß wir nach einem Bluͤmchen aus des unſterbli - chen Herrn v. Hallers Garten geſeufzet: end - lich brechen wir eines ab, das da ſtinket wie Tran, und ausſieht wie ein Lappe. Sein Duͤn - ger des Verſtandes iſt freylich ſo fruchtbar, daß wir uns getraueten, unſer Buͤchelein, oder Blu - menſtrauß mit lauter halleriſchen Bluͤmelein zu zieren. Wenn wir aber dieſe Ehre nun dem Obermeiſter des reimenden Bathos einraͤume - ten: wuͤrden die heiligen Maͤnner und Mei - ſter nicht boͤſe werden? Und wie fuͤrchterlich iſt ihr Zorn nicht! Haben ſie nicht Sehraffen zu Legionen gegoſſen, ja die ganze himmliſche Ar - tillerie zu ihrem Befehle? Nur ein Knall, einPfiff:223HiPfiff: ſo muͤßten wir in unſer Nichts, d. i. in unſere Kemnate, oder Cabinet zuruͤckzittern. Da nun ein jedes Weſen ſeine Zernichtung ſcheuet: ſo wollen wir unſern Weihrauch dieſen unſern Gottheiten mit geballten Faͤuſten ins Geſicht wer - fen, und ſo viel Dampf vor ihren Augen machen, daß ſie ſo ſchwarz wie ein Jupiter auf einem Feuerheerde werden, uns aber nicht ſehen ſollen: jenen reimenden Meiſtern hingegen wollen wir Pfefferkoͤrner, dann und wann, in ſolcher Menge zu freſſen geben, daß ſie ihre ganze Pimpla mit Schlamm und Koth, Froſchleich und uͤbrigem Un - rathe, ihren Durſt zu loͤſchen, ausſaufen ſollen. Wann ſie dann Schneiden und Reiſſen in ihren Ein - geweiden empfinden, d. i. Dichterwehen fuͤhlen werden: ſo ſoll unſere Feya ihr kupfernes Ge - faͤß unterhalten, und den Goͤttertrank, der, mit praſſelndem Geraͤuſche, das Thor des Schlundes durchbrach, in kleinen Brantweinglaͤſerchen, ih - ren Verehrern, zur Fruͤhlingscur, mildiglich rei - chen. Wohlan! hier ſind Pfefferkoͤrner!

Vergebens ruͤhmt ein Volk die Unſchuld ſeiner
Sitten;
Es iſt nur juͤnger ſchlimm, und minder weit
geſchritten.
Der Lappen ewig Eis, wo allzu tief geneigt
Die Sonne keinen Reiz zur Ueppigkeit er -
zeugt,
Schließt nicht die Laſter aus; ſie ſind, wie wir
hinlaͤßig,
Geil, eitel, geizig, traͤg, mißguͤnſtig und gehaͤßig:
Und224Hi
Und was liegt denn daran, bey einem bittern
Zwiſt,
Ob Fiſchfett, oder Gold des Zwieſpalts Urſach
iſt?
Haller, 110 S.

Se. Gn. werden uns erlauben, 1. ein Volk, das juͤnger, nicht aͤlter gut iſt, zu bewundern; 2. ei - nes, das nicht weit ſchreiten kann, d. i. das enge Hoſen hat; 3. das Eis, wo die Sonne darinnen tief geneigt ſtecket; 4. das Zwitterwort ſie, wel - ches ſo wohl auf Laſter, als Lappen gehen kann; 5. den Widerſpruch, daß, da die Sonne die Lappen nicht uͤppig machen ſoll, ſie rauchen Kerle doch, nach dem 6. Verſe, wie wir, huren, buben, gei - zen, beneiden und faulenzen: vieleicht aber haben ſich Se. Gn. auch Widerſpruͤche erlaubet, wie je - ner praͤſidentiſche Philoſoph in ſeinen Werken es gethan hat; 6. bewundern wir die vortrefflichen weiblichen Reime; 7. daß Sr. Gn. nichts daran liegt, ob man ſich um Tran oder Gold bey einem bittern Zwiſte raufet. Wir wollen einen Groͤn - landsfahrer darum fragen, der uns ſagen wird, daß er nur ſeine Reiſe ums Gold thue, indem der Tran allein das Mittel, dazu zu gelangen, ſey. Die Erfahrung zu machen, wuͤnſchen wir dem Herrn v. H. einen guten Wallfiſch, oder ein Schiff mit Thran: nicht mit Fiſchfett; weil die Hechte und Karpfen auch Fett haben.

Hirner;

dieſes deutet einen Menſchen an,

Der Vorrath im Gehirn und Salz im Munde fuͤhret. Rachel.

Se. Gn. ſchimpfen die Stutzer und junge Her - ren ſo.

Paris225Hi Ho
Paris ziert ſelbſt ſein Haupt; weil eine mindre Stadt Nicht Kunſt, noch Puder gnug fuͤr kluge Hir - ner hat. Haller, 90 S.

Ein artiger Hauptſchmuck! Klinget das nicht, als wenn Paris auf ſeinem Kopfe waͤre? Wir ha - ben eine Cybele geſehen, die ein Mauerwerk auf dem Kopfe trug; es gehet folglich mit Paris auch an; nur bejammern wir die gekraͤuſelten Haͤrchen. Freylich! die großen Locken koͤnnten alsdann die Stuͤcke auf den Bollwerken vorſtellen. Wenn ich alſo einen Tuͤrken beſchreiben will, der einen Turban traͤgt: ſo ſage ich: Stambol ziert ſelbſt ſein Haupt.

Hirngeſpinſt.

Ein bekanntes Schimpfwort. Um feiner und witziger zu ſchimpfen, ſage man: Der Menſch erdichtet Schaͤttenwerke, die ſonſt nichts als Fleiſch und Blut im Spie - gel haben. Buttſt. Gedank. 6ter Band, Bl. 18. So muß man das Gedachte mit dem Raͤthſel - haften geſchickt vereinigen!

Hochſchenklichte Maͤnner ſind Rieſen;

alſo klein - ſchenklichte, Zwerge.

Dieß ſind der Nephilim Werke der hochge - ſchenkelten Maͤnner, Soͤhne der ſchluͤpfrigen Schoͤnen aus Ka - ins wildem Gebluͤte. Noah, 78 S.

Wir lernen hieraus, da[ſ][K]ain kein ſanftes Blut gehabt; rathen daher allen Schoͤnen, ſich nach Zwergen umzuſehen: ſo wie wir unſern Jungge - ſellen rathen, ſich trockene Schoͤnen zu erwaͤhlen. PJm226HoJm Vorbeygehen bemerken wir, daß die Groͤße allein in hohen Schenkeln beſtehe. Will man ſich alſo einen Rieſen abzeichnen: ſo male man ſich ein Paar große Schenkel, darauf man fuͤg - lich einen Kinderkopf ſetzen kann; denn es bleibet doch ein hochgeſchenkelter Mann. Fuͤrwahr! ein artig Bild! ꝛc. Horaz. Dichtk.

Hochzeitgebraͤuche.

Wir haben ſchon oben die ge - ſchickte Beſaͤmung verwittweter Ritze mit ge - buͤhrendem Weihrauche beſtreuet; die Schoͤnheit des folgenden Ausdruckes aber reißt uns vollends dahin. Wer koͤnnte ſonſt als Rath Bodmer, der zweyhundertmaͤnniſche Rath, der den Hochzeiten der Neſſeln und Nelken beywohnet, uns die Gebraͤuche verrathen, die von den fuͤhl - loſen Pflanzen bey ihren Hochzeiten beobachtet werden? Die Fraͤulein Toͤchter Noahs wußten zwar viel von der Zeugung der Menſchen;

Dennoch wußten ſie nichts vom Leben der fuͤhlloſen Pflanzen, Jhrer geheimen Zeugung und ihren Hoch - zeitgebraͤuchen. Noah, 40 S.

Die Blumen haben freylich ihre Geburtsglieder, und ihre hochzeitliche Sitten: und was fuͤr Hochzeitliches bekommen wir nicht in folgendem hochzeitlichen Verſe zu denken!

Lobet den Gott, den Retter, von welchem die Milde des Segens Auf die hochzeitliche Nacht und Empfaͤng - nißſtunde herabfleußt. Noah, 386 S.

Ob wir gleich einen naͤhern Ort wiſſen, von demder227Hoder Segen fleußt: ſo lernen wir doch hieraus, daß, ſo oft ein Mann Kinder machet, er eine hoch - zeitliche Nacht hat. Wenn er nun aber einen Fehlſchuß thut: wie heißt denn die Nacht? eine unhochzeitliche Nacht. Sonſt ſang man nur in Hochzeitgedichten ſo hochzeitlich, nun aber auch in Epopoͤen.

Hoͤhe.

Es wird die Tiefe ſich buͤcken, Und die Hoͤh gefaltete Haͤnde gen Him - mel erheben. Offenb. St. Kl. 183 S.

Jſt dieſes Perſonniſiren nicht zu weit getrieben? Nein! und wenn die Hoͤhe auch die Fuͤße in die Hoͤhe reckte; und die Tiefe in dem Buͤcken den Steiß ſehen lieſſe. Nur entſtehet die Frage: ob der Prophet etwas bey dieſem Ausdrucke gedacht hat? Denn buͤcket ſich wohl die Tiefe, wie ein Tanzmeiſter? Ja bethet die Hoͤhe, wie ein altes Muͤtterchen, oder, wie der Koͤnig David vorm Lobwaſſer? Hat den Dichter ein Hofprediger wohl mit Unrecht den Goͤttlichen genennet? Wir ahmen ihm nach, und goͤnnen (ſeinem Goͤtzen) die Ehre der Obermeiſterſchaft im ungereimten Bathos.

Hoffnungen auf den Glanz der præch - tigſten Blythe gegryndet. Jac. u. Joſ. 10 S.

Eine Bluͤthe iſt ein ſehr ſeichter Grund; wird es wohl ſicherer ſeyn auf Glanz zu bauen, zumal fuͤr eine Menge Hoffnungen?

Honigtes Land.

Die Schrift hatte geſaget, ein Land, worinnen Milch und Honig fleußt. P 2Rath228HuRath Bodmer drehet dieſes auf ſeinem Raͤde - lein, und es kommen Menſchen heraus, die, wie die Bienen, mit ihren Steißen in Honig ſitzen. Wohlmeynend aber wollten wir rathen, keine ſammtene Hoſen anzuziehen, wenn man in Ho - nig ſitzen will; das Gefaͤß iſt etwas klebricht.

Dieſes honigte Land, worinne wir itzt Fremdlinge ſitzen. Jac. u. Joſ. 12 S. ()

Doch ich beſinne mich: die Patriarchen trugen nicht Hoſen; allein ſie hatten lange Roͤcke an: die werden noch aͤrger eingetunket haben. Wir koͤnnen uns folglich auch auf ein milchichtes Land freuen.

Huͤlſe eine entſeelte.

Die Huͤlſen haben alſo See - len; d. i. es giebt beſeelte Huͤlſen. Bald wer - den unſere Hirſekoͤrner zu plaudern anfangen; denn der Menſch iſt eine Nuß; knacket ſie auf: ſo habt ihr den Kern, die Seele. Rath Bod - mer redet von einem Raume,

Wo die entſeelte Huͤlſe von Mehtabeel bey - geſetzt war. Noah, 190 S.

Ein Erbbegraͤbniß iſt alſo ein Raum, der mit ent - ſeelten Huͤlſen gefuͤllet wird.

Huͤgel.

Sonſt pflegten ſich die Sonnenſtralen an den Huͤgeln laͤnger, als in den Flaͤchen, zu bre - chen. Klopſt. der Theologe, aber lehret in ſ. Offenb. und Traͤumen 6 S. das Gegentheil; denn um neuerſchaffene Huͤgel zu ſchildern, ſa - get er:

Um und um lagen die Huͤgel in lieblicher Abenddaͤmmerung,Gleich,229HuͤGleich, als waͤren ſie ſchon neuerſchaffen, und bluͤhend, wie Eden.

Alterſchaffene Huͤgel werden alſo wohl in der Morgendaͤmmerung um und um liegen.

Huͤpfende

Sachen giebt es in der heiligen Dicht - kunſt mancherley: nirgends aber ſolche ſeltſame Spruͤnge, als hier.

Oberhalb huͤpfte der Berg mit ebnen Ter - raſſen von Auen, Wie mit Stufen an uͤberwallende Huͤgel gelehnet, Sanft hinauf zu beyden allmaͤhlich ſpitzen - den Gipfeln. Noah, 7 S.

Erſtlich huͤpfet der Berg; dann huͤpfen die Ter - raſſen mit ihm; zu gleicher Zeit iſt er an Huͤgel, die auch huͤpfen, und ihn uͤberwallen, gelehnet; dennoch huͤpfet er zu Gipfeln, die da ſpitzen. Wir nennen dieſe Figur, dieſe Geburt eines huͤpfen - den Gehirnes, die Bachſtelze; und preiſen ſie allen denen an, die gern huͤpfen. Nur wuͤnſch - ten wir Rath Bodmern auf dieſem Berge ſte - hen zu ſehen.

Huͤter.

Wir ſuchen noch umſonſt, was dieſes fuͤr Huͤter ſeyn moͤgen?

Balack, das Haupt im Rath der Aelteſten, hatte den Huͤtern Jn der gewahrſamen Bruſt die Wache zu halten befohlen. Noah, 72 S.

Jn unſrer Bruſt haben wir Nachtwaͤchter, die da wachen, wann wir bewundern. Wir bewun - dern daher auch Balacks erfahrnen Befehlſtab,P 3der230Hu Hyder ſchwindlichte Heere trannte. Denn ſagen wir nicht eine geſchickte, eine maͤnnliche Feder? Was zu einem paßt, das paßt auch zu dem andern. Vieleicht werden dieſe Huͤter lauter Ammaͤnner ſeyn, die an der Thuͤre ſtehen und die anmelden, die vor den Hn. Schultheiß wollen.

Huͤllen.

Jn Huͤllen, oder im Kleide der Menſch - heit, wandeln: ſaget Klopſtock, der Seher, a. St. im Fleiſche ſeyn. So wandelt eine Schoͤ - ne in Huͤllen der Mannsperſonen, wann ſie eine Amazonenkleidung anziehet.

Erde! dein ſchoͤnſtes Gefilde, wo Gott in Huͤl - len der Menſchheit Wandelt. Offenb. St. Klopſt. 74 S. ()

Was iſt eine Huͤlle?

Hungrige Jahre.

Wir lernen mit Verwunderung aus dem Judengedichte Jacob und Joſeph, daß den Jahren hungert: die armen Jahre!

Izt ſchwebt yber den feldern das dritte von hungrigen Jahren. e. d. 5 S. ()

Beſſer yber den hæuſern! yber den kychen! Wenn alſo am Neckar der Wein nicht geraͤth: ſo ſchwebt yber dem Neckar ein durſtiges Jahr; und uͤber dem, der vor Hunger in der Sonne ſpeiſen gehet, ſchwebt eine durſtige Stunde.

Hymnen lobbelaſtete.

Addiſon belaſtete ſchon einen Tag mit Catons und der Welt Schickſale; wir bewunderten ſehr dieſen Laſtwagen; allein, wie wuchs nicht unſer Erſtaunen, als wir gar Hymnen lobbelaſtet fanden! Denn ſo ſaget ein blauer Glaͤubiger:

Nie -231Hu JaNiemals ſchwiegen mir dort die lobbelaſte - ten Hymnen. Noah, 322 S. ()

Wir lernen auf e. d. S. daß der Zirkel ein Werk von alberner Einheit; das Dreyeck aber ein Werk iſt, das von drey klugen Winkeln bekroͤ - net wird. Dieſes ſey unſern Hnn. Proſatadlern ins Ohr geraunet! denn dieſe Herren unterſtehen ſich gewoͤhnlich, eine feurige Poeſie nach ihrer kalten Proſe zu beurtheilen; z. E. Langens Horaz: Oden nach Guͤnthers Liedern; da doch jene eine treffliche Neologie in ſich halten.

Huſan.

Wir haben bisher noch nicht gewußt, daß, wenn man an einem Dinge angebunden ſey, man deſſelben Eigenſchaft annehme. Wir ler - nen es mit Bewunderung; und wuͤnſchen darum an dem Herrn Rathe angeſchloſſen zu werden; um einige Theilchen ſeiner Klugheit zu empfangen. Denn ungeachtet unſere neue Dichtkunſt, daß ich mich des Ausdruckes bediene, ein Hurkind iſt; indem ſie mehr als einen Vater aufzeigen kann: ſo wird doch niemand leugnen, daß der Herr Rath am meiſten im Verdacht ſtehe, ihr Vater zu ſeyn. Und was fuͤr Verſtand zeigt es nicht, dem Hn. Bodmer ſo nahe anzugehoͤren!

Huſans Geſchlecht lag an die Dummheit mit Seilern gebunden. Noah, 308 S. ()

J.

Jaͤhnender Golfo

iſt ein Meerbuſen, der das Maul weit aufſperret. Man pfleget zu jaͤhnen,P 4wenn232Jawenn man ſchlafen will; zu jaͤhnen, wenn man geſchlafen hat; zu jaͤhnen, wenn der Leib voll ſuͤßes Weins iſt, und bey mehreren Gelegenheiten, z. E. wenn man Hexameter lieſt. Wann jaͤhnet aber ein Meerbuſen? Dann, wenn ihn ein Schweizer bemalet!

Oben erbebten die Giebel des Bergs mit nei - gendem Nicken Neunmal; im zehnten entſtuͤrzten ſie in den jaͤhnenden Golfo. Noah, 292 S.

Waͤre mein Maul ein Golfo geweſen: vor La - chen haͤtte ich es eben ſo weit aufgeſperret. Malet Rath Bodmer nicht richtig? Siehet man nicht recht die Giebel ſich neigen, nicken, ſo wie man nicket, wann man zu ſchlafen anfaͤngt, neunmal nicken; und dann im zehnten, d. i. Male, ent - ſtuͤrzen? Wir nennen dieſe Figur die Hochzeit; denn eine Schaukel vermaͤhlet ſich hier mit einer Catachreſis. Jenes iſt eine Figur, durch wel - che man die ſich zuwider ſeyende und entgegen ge - ſetzte Dinge mit ſolcher Geſchicklichkeit in einem Gleichgewichte haͤlt, daß der Leſer nicht weis, nach welcher Seite er ſich wenden ſoll; welches ihm denn ein unausſprechliches Vergnuͤgen verurſachet. Dieſes aber iſt eine Figur, durch die man gerade das ſaget, was man nicht denken ſollte. Man koͤnnte ſie auch das Unmoͤgliche nennen; denn, wie iſt es doch moͤglich, daß ein Golfo jaͤhnen koͤnne? Jm Antilongin, 84 S. finden wir auch jaͤhnende Wolken; welche denn Rath Bod - mers jaͤhnenden Golfo vollkommen rechtferti -gen.233Jagen. Wir haben mehr als einmal gejaͤhnet, wann wir den Noah laſen; wir haben ihn bewun - dert und gejaͤhnet.

Jahr; ein verwittwetes Jahr; wir hoffen alſo ehe - ſtens ein beweibtes zu finden; ſo wie Naͤchte, Tage, Reize und Ritze, die alle verwittwet ſind. Noah, 12 S.

Jahr ſinkt in das weſtliche Meer; d. i. es iſt da - hin! Nun wiſſen wir, wo die Zeit bleibet: in dem weſtlichen Meere!

Bald war ein jahr mit auf - u. niedergehen - den tagen In das weſtliche meer geſunken. Jac. u. Joſ. 3 S.

Jahrhundert.

Wir koͤnnen noch nicht aufhoͤren, folgende treffliche Redensart zu bewundern. Wir erſtaunen, wie der große Rath Bodmer uns arm an Weihrauch machet. Unſer Leſer wird nicht ſagen, daß unſer Rauchfaß viele Ruhe habe. Da wir aber nur eine raͤuchernde Jnſecte ſind, und vom Lobe leben: befuͤrchten wir uns wohl mit Unrecht, der große Rath werde uns das Leben nehmen? Der harte Mann will ja alles Lob allein an ſich reiſſen; denn wir koͤnnen unmoͤglich ſeine Groͤße, des Rieſendichters Groͤße, beraͤuchern! Wir raͤuchern ihm vorne; wir raͤuchern ihm hin - ten: doch bleibet genug zu beraͤuchern uͤbrig.

Willig gaͤb ich mein Leben fuͤr Bodmern, den Freund zu erkaufen, Den Jahrhundert er mangelt, u. mich Jahrhunderte hatte. Noah, 171 S.

Jſt dieſe Fuͤgung mit mangeln nicht ungemein?

P 5Ja -234Ja
Japhet! wie war dir bey dieſem Geſicht? welch ſuͤßes Entzuͤcken Zog dir die Seel in das Aug, in das ſie geſamm - let hervor trat, Und unerſaͤttlich im Schaun im froͤhlichen Schimmer da ruhte. Noah, 8 S.

Du armer Japhet! Trat dir deine Seele ins Au - ge, wodurch ſie, wie durch ein Kappfenſter, kuckte? Ruhte ſie auf dem Ellenbogen im froͤhli - chen Schimmer: oder ſaß ſie? Du armer Ja - phet! deſſen Seele zerſtreuet war; denn wie haͤtte ſie koͤnnen geſammlet werden? So iſt es denn nicht wahr, daß ſie ein einfaches Weſen iſt. Hier ha - ben wir in einem Auge eine Treppe und ein Bett; man ſollte kaum denken, daß alles Raum haͤtte.

Jauchzen.

Nimm nicht uͤbel, lieber Leſer! wenn auch wir etwas jauchzen werden; die heiligen Jauchzer naͤmlich jauchzen gar zu jauchzend. Wir erinnern uns dabey der Zoͤglinge Anas und Zibeons, die auch jauchzen, wenn nur einer zu jauchzen anfaͤngt. Kaum fing ein goͤttlicher Klop - ſtock zu jauchzen an: ſo jauchzete unſer gan - zer Parnaß; denn in dem jauchzenden Geſichte Meßias jauchzet alles: auch die Pforten der Tiefen tief unten.

Und ein wandelndes Jauchzen durchdrang die Pforten der Tiefen. 6 S.

Das Jauchzen gehet demnach ſpazieren; die Tie - fen muͤſſen auch Pforten haben, damit die Stim - me hinein koͤnne. Ein unſterbliches Jauchzen, iſt das nicht ein ewiges Schreyen? e. d. 19 S. Es235Jn JuEs zeiget einen edlen Muth an, wenn man Woͤrter zuſammen paaret, die einander nie geſehen haben; und je mehr man ſich von der geſunden Vernunft entfernet: deſto naͤher koͤmmt man dem heiligen Bathos, welches nur kalte Spoͤtter den klop - ſtockiſchen Wuſt nennen.

Jnſecten.

Ein undeutſches Wort. Man um - ſchreibe es, und nenne die Jnſecten den kriechenden Unflath, der von den Aus - duͤnſtungen der Erde lebet.

Wer dawider was erinnern will, wird doch geſte - hen muͤſſen, daß die Umſchreibung deutſch ſey.

Jrren.

Man ſage nicht mehr eine Jrre: es iſt klop - ſtockiſcher, und folglich goͤttlicher, die Jrren.

Jubelgeſang.

Wenn Noahs Fraͤulein Toͤchter Hochzeit machen: ſo ſingen die Voͤgel einen Ju - belgeſang. Warum denn einen Jubelgeſang? Darum, ſie gehen mit ihren unbeſchnittenen Hel - den nur alle hundert Jahre zu Bette. Sind das nicht traͤge Kerle? Noah, 132 S.

Jubiliren.

Dieſer aus der Pegnitzſchaͤferey ent - lehnte Zwitter druͤcket im Traume St. Klopſt. viel aus; z. E. 22 S.

Da die Stimme von deiner erhabnen Ge - ſandtſchaft erſchallte, Hub ſich mein Geiſt jubilirend empor ꝛc.

Man denket hierbey an eine Lerche, die eben ſo ti - riliret, als Klopſtock und der ſel. Clajes jubi - liren. Eines machet uns zweifelhaft; wir wiſſen naͤmlich nicht recht, ob dieſe Stimme der Geſand -ſchaft,236Juſchaft, oder dem Geruͤchte von der Geſand - ſchaft zugehoͤre.

Juͤngerſchaft, die himmliſche.

So ſollten v. R. W. viele deutſche Geſellſchaften heiſſen, die bey lebendigem Leibe ſchon himmliſche Juͤnger ſind; d. i. klopſtockiſiren.

Doch nicht jener zugleich, der, der himmli - ſchen Juͤngerſchaft unwehrt, Jeſum verrieth. Off. St. Klopſt. 73 S.

So koͤnnte man auch die Teufel die hoͤlliſche Juͤn - gerſchaft nennen. Wir bekennen uns zur Himmli - ſchen. Eben in dieſes Fach gehoͤret die himmliſche.

Jugend, d. i. Engel.

Folglich giebt es auch Greiſe unter ihnen; folglich waͤre Eloa der Aelteſte: Eloa das Geſchoͤpf Klopſtocks. e. d. 11 S.

Selige friedſame Thaͤler, vordem von der Jugend des Himmels Liebreich beſucht ꝛc.

Der goͤttliche Dichter brauchet friedſam a. St. ruhig, und ſelig a. St. gluͤckſelig. Jm Vor - beygehen merken wir an, daß der Verfaſſer des Hermanns Unrecht hat, den Himmel nicht bey Dingen ins Spiel zu mengen, die durch Men - ſchen koͤnnen verrichtet werden. Er hat da - durch ſeinem Gedichte ein gewiſſes Feuer geraubt, welches Homer und Klopſtock, durch die Men - ge Teufel und Goͤtter, die ſie mit einflechten, den unſterblichen Geſaͤngen ertheilet haben, die die heydniſche und meßianiſche Religion enthalten. Furchtſame Dichter ſollten ſich daher nicht auf den Parnaß wagen; und ein Held hat weit mehr Ehredavon,237Judavon, wenn es eine Gottheit an ſ. St. thut, als wenn er es thaͤte.

Junggeſchaffen;

folglich auch alterſchaffen.

Die, ihr mich zaͤrtlicher liebt, geſellige Freun - de! Entdeckte mein ſuchender Blick Euch junggeſchaffen ſogleich? Nach eurer Umarmung Ward halb meine Jugend verweint. Ode an Steinbruͤck.

Dieſes Geſellige gehoͤret Klopſtocken, dem Theologen: uns kleinen Dichtern iſt nur das Mauſen erlaubt.

Juweel

ſaget man gar zierlich im Deutſchen a. St. Kleinod; ja es iſt artig, den Patriarchen von Ju - welen reden zu hoͤren. Es iſt die Verheutigung, der wir ſchon oft erwaͤhnet, und in welcher Rath Bodmer nicht einer von den zweyhundert Maͤn - nern iſt, die den Zuͤricher Johann Hagel vorſtellen.

Aber das ſchönſte, das beſte Juweel von meinem vermögen iſt Rachel. Jac. u. Joſ. 7 S. ()

Unſer beſtes Kleinod iſt Bodmer, der Rieſen - dichter: der am erſten den Parnaß beſtuͤrmet, und den Grymſelberg und den Gletſcher auf ihm aufgethuͤrmet hat. Seine gereimten Ge - dichte, die wie ein ſanfter Bach dahin rauſchen, waren die Stufen, auf denen er ſich zum Unge - reimten erhob. Da ſitzet er nun, und bruͤtet Welten und Hexameter: der große Mann! Nur bleiben ſeine Hexameter unlesbar, und ſeineWelten238KaWelten unglaubbar. Eben dieſes Ungluͤck hatte Chapellain, ein gelehrter Mann!

K.

Kalmaͤuſer.

Wenn es moͤglich waͤre, daß ein Dich - ter, oder beſſer, daß ein Reimſchied die Poͤbelfi - gur brauchen koͤnnte, der, Sr. Wohlgeb. Un - ſterblichkeit, dem Hrn. Amman v. Haller, nachzuahmen, geprieſen worden: wer wuͤrde ſonſt einen guͤltigern Anſpruch darauf machen, als der Herr Gerichtshalter Zernitz? Seine Verſe, die er gewiß nicht ſo ſchnell, als ein Protocoll, ent - worfen; ja vielmehr mit einem Hammer zuſam - men gekeilet hat, ehe ſie eine reimende Geſtalt annahmen, zeigen uns, daß er nicht allein halle - riſch geſchrieben; ſondern auch halleriſch ge - dacht hat.

Ein Schulfuchs duͤnkt ſich klug zur Herrſchaft einer Welt; Der Feige ſonder Feind, ſo tapfer, als ein Held; Der Dichter einſt gekroͤnt, begluͤckt durch Lorbeerreiſer; Voll hoher Wiſſenſchaft der ſtaubichte Kal - maͤuſer. Zernitz 78 S.

Hat der Nothſtall des Reimes nicht einen vortreffli - chen Kalmaͤuſer hinein gezwungen? die vorher - gehenden Mittelwoͤrter waren der Kappzaum.

Kalenderzeichen.

Aus folgender Strophe lernen wir, daß die Kalenderzeichen, d. i. die Mon - desviertel, etwas in den Jungfern bedeuten.

Doch239Ka
Doch Daphnis war noch jung u. ſchoͤn;
Kann dieß ein Alter auch noch ſehn,
Fuͤr welchen die Kalenderzeichen
Jn ihr bedeutend Nichts entweichen?
Zernitz, 48 S.

Wir haben dieſes treulich uͤberſetzet; wir wollten auch ſagen, was es hieße, wenn das Mittelwort bedeutend nicht einen Flohr daruͤber zoͤge, der uns den Sinn gaͤnzlich entziehet; wir wuͤrden es ſonſt zur Saufigur rechnen.

Kanot.

Jſt das nicht ein Nachen oder ein Kahn? Dieſes aber iſt gemein; jenes hingegen belehret uns, daß Rath Bodmer auf ſeinen epiſchen Reiſen auch Amerika beſegelt hat; denn die Kaͤhne der Wilden pflegen einige ſo zu nennen. Die ganze Seite enthaͤlt eine Figur, die wir den Amerikanismus nennen; indem ſie Amerika und Gog und Magog noch vor der Suͤndfluth zuſammen koppelt.

Vor Ueberfall ſchien ſie die Natur geſchirmet
zu haben,
Als ſie zwiſchen ihr Land und Magog den
Golfo gegraben,
Ueber welchen zu ſetzen die Kraft des
ſchwimmenden Pferdes,
Oder der ſtaͤrkern Kanots nichts taugt.
Noah, 51 S.

Jſt das neue Wort geſchirmet nicht ſchoͤn? Jſt das atlantiſche Meer nicht ein kleiner Meerbuſen? Jſt das nicht ein Candidat des Tollhauſes, der auf einem Pferde nach Amerika uͤberſetzenwill? 240Kawill? So dumm iſt kein Caraibe! Wer aber iſt ſo klug? Der Zweyhundertmaͤnniſche Rath Bodmer! ein großer Mann! Denn wie groß muß man nicht ſeyn, wenn man einſiehet: man koͤnne nicht auf einem Pferde nach Amerika ſchwimmen!

Kappzaum den Begierden anlegen,

und die See - le an der Leine laufen laſſen, ſind aus der Reit - bahn auf den Parnaß erhobene Redensarten. Denn auch bey Woͤrtern giebts Standeserhoͤ - hungen; zumal koͤmmt ein ſolcher Schaffer und Schoͤpfer, als Rath Bodmer, zum Wort - reiche: Wortreich, ein neues Wort!

Aber den Kappzaum den ungezaͤhmten Be - gierden anlegen. Noah, 350 S. ()

Dann ſattelt ſie Rath Bodmer, ſetzet ſich auf, und lehret ſie den ſpaniſchen Schritt. Das Gleichniß iſt gar zu ſchoͤn, als daß es ein halleriſi - render Zernitz nicht haͤtte vorher denken ſollen. Die Erfindung gehoͤret alſo ihm; ſie iſt auch ur - ſpruͤnglich ſchoͤner; denn er leget einer Schoͤnen einen

Kappzaum an;

einer zarten Schaͤferin! die arme Naſe! der Liebe ſelbſt leget er ihn an!

O! geh ich in die Unſchuldszeiten;
Da dich noch nicht ein Kappzaum fing:
Und da ein Herz voll Zaͤrtlichkeiten
Vor Reichthum, Stand u. Ehre ging. 70 S.

Jſt denn die Liebe in Waͤldern, wie ein Wildfang, umher gelaufen? Reitet man ſie denn zu, wie rohe Pferde? Die Schaͤfer, die doch zuerſt von derLiebe241KeLiebe geſchwatzet, haben wohl nie ihren Schaͤfe - rinnen den Kappzaum angeleget. Die mehre - re Zahl von Zaͤrtlichkeiten haben wir dem Reime zu danken; einer Quelle, aus der viele gedachte Verſe gefloſſen ſind, und noch fließen.

Kelchglas;

eben ſo, als ſagte ich der Kelchbaͤcher; auf deutſch, der Baͤcherbaͤcher.

Bald wird das Kelchglas uns Muth u. ſtar - ke Geiſter einhauchen ꝛc. Noah, 272 S. ()
Alſo ſagten ſie Zotten, u. meynten, ſie redeten Scherze.

Ganz recht! ganz recht! wenn es von den Hrnn. Wurmſamianern verſtanden wird. Alles hat in der heiligen Sprache einen Athem; es haucht ſtarke Geiſter ein, die zum Zotenreiſſen oder mizraimiſiren taugen; denn es heißt von den hei - ligen Maͤnnern:

Alſo jauchzen ſie Zotten und meynen, ſie jauchzeten Weisheit.

Kerkerfrey.

Der gegen Klopſtocken, den goͤttli - chen Seher, waſſerklare Virgil ſperret die Winde in Hoͤhlen. Allein Hoͤhlen ſind lange nicht ſo enge, als Kerker. Hr. Tenzel leget da - her die Winde in Kerker, und Aeol muß Ker - kermeiſter werden:

Wohin die Wuth bewegter Schluͤnde, (oder Gruben) Die Kriege kerkerfreyer Winde, Durch dich gedaͤmpft, mein Auge ziehn. Samml. Nicol. 107 S.
QWir242Ke

Wir bewundern anbey die Zweydeutigkeit; denn Hr. Tenzel kann ſowohl die Schluͤnde oder Gru - ben, und auch die Winde gedaͤmpfet ſehen. Wie unerſchoͤpflich ſind doch die Mittelwoͤrter an Erfindungen!

Kern.

Jch werde keine Erklaͤrung von dieſem unent - behrlichen Worte geben. Man weiß es doch wohl, daß in unſern Tagen das Kernichte ſcharf unterſu - chet wird. Das Kernichte in Gedichten, das Kernichte in Reden, gehoͤret in die Kritik, und nicht ins Woͤrterbuch. Man ſchlage den Clerc nach, in ſeiner arte critica, den erſten Band, den andern Theil, das 8te und 9te Capitel. Ge - wiß kann ich nicht behaupten, ob Clerc dieſes Wor - tes gedacht habe. Genug! das Kernichte gehoͤret zu dieſen beyden Capiteln. Jch will nur den Red - nern zum Troſte die Schoͤnheit dieſes Woͤrtchens anzeigen. Diejenigen, die mit dem Grundtexte, und deſſen mannigfaͤltigen Erklaͤrungen viel zu ſchaffen haben, ehe ſie eine Sache an ihren Ort ge - ſtellet ſeyn laſſen; dieſe, ſage ich, koͤnnen hier ei - ne Zierlichkeit finden. Ein altmodiſcher Schrift - ſteller bleibt bey ſeiner Leyer und Einfalt. Er ſchreibet:

Der Spruch hat keinen Verſtand, wann wir dieſe Meynung annehmen. ()

Das iſt ein einfaͤltiger und grober Ausdruck! Wer wollte ſo unartig freveln, und die Ausleger ſo hart widerlegen! Heutiges Tages muß man hoͤflich ſeyn. Man ſchreibe doch lieber mit Buttſtaͤdten: Der Kern des Jnhalts, der ſonſt in dieſerStel -243Ke KlStelle lieget, wird taub und verlohren wer - den: wann man dieſe Meynung annimmet. Wer hier den unterſchied, das Schoͤne und Sinnliche, nicht einſehen kann, der iſt nicht weit gekommen. Alte und abgebrauchte Gedanken muͤſſen mit neuen und ſeltenen Ausdruͤcken friſch uͤberkleidet werden. Alsdenn erpreſſen ſie den Beyfall der Leſer und Zuhoͤrer.

Keuchen ſchroͤckliche Worte.

Es wundert uns, daß Rath Bodmer uns die ſchroͤcklichen Wor - te wiederkeuchen kann, da ſein Held dabey ſo ge - keuchet hat; wenn man naͤmlich keuchet: ſo re - det man nicht.

Er keuchte die ſchroͤcklichen Worte. Noah, 74 S.

Klang.

Uns iſt zwar niemals vorgekommen, als klaͤnge das Gold ſo vortrefflich, daß man einen goldenen Klang ſchmieden ſollte. Allein das Gold iſt ſchoͤn; daher muß alles, was von Gold koͤmmt, ſchoͤn ſeyn: ein goldner Klang, ein goldner Laut, ein goldner Hauch. Es iſt unnoͤthig, einen anzufuͤhren; unſere Bibel - und Teufeldichter blaſen gern einen goldenen Klang. Was meyneſt du aber von folgendem

Klange der Waffen?

Jm Klang der Waffen voll von Unſterb - lichkeit Sucht ſich mit eiſern Haͤnden des Peleus Sohn Die Ruhe, die das Morden fliehet,Q 2Und244KlUnd ſich bey kuͤhlenden Waſſern weidet. Samml. Nicol. 154 S.

Hier lernen wir, daß der Klang ꝛc. voll Unſterb - lichkeit ſey; daß ſich Achilles, wie jener, der auf dem Eſel ſaß, und den Eſel ſuchte, mit eiſern, nicht mit eiſernen, Haͤnden geſuchet habe; daß er, wie unſere alte Ritter, eiſerne Handſchuhe getragen; und endlich, daß die Ruhe am Ba - che, wie eine Kuh, graſen oder weyden gehe: Alles Dinge, die wir vorher nicht wußten.

Kleid der Dinge;

das Auge ſtoͤßt ſich am Kleide der Dinge, und thraͤnet doch nicht; aber es iſt auch Sr. unſterbl. Gnaden Aug, das wohl ei - nen Stoß vertraͤgt.

Und wie ſich unſer Aug am Kleid der Dinge ſtoͤßt. Haller, 103 S. ()

Bey dieſem Stoßen iſt das e, der Zippel vom Kleide, verlohren gegangen. Der Freund des Hn. Ammanns, Rath Bodmer, umgiebt die Erde mit einem Kleide von Wolken, und, was am wunderſamſten iſt, mit Windeln von Schatten, die er hernach in der Suͤndfluth waͤſcht; oder doch waſchen muß.

Er webte

Ueber dem Meer ein Kleid von Wolken u. Windeln von Schatten. Noah, 365 S. ()

Gerade wie Blackmor im Antilongin, 23 S. Freylich haben uns die Britten ihre Kunſt, tief zu denken, mitgetheilet: nur unſere Tiefe iſt nochgeraͤumi -245Klgeraͤumiger, als ihre; noch moraſtiger, als ihre.

Kloß der Hoffnung.

Und braͤche dann am Ende deiner Hoffnung Der falſche Kloß: was wuͤrdeſt du beginnen? Brem. Ged. 7 S.

Folglich giebt es auch wirkliche oder treue Kloͤße. Ueberhaupt bauet der breite Hr. Johann Hein - rich Oeſt ſo leicht und feſt, daß wir uns wun - dern, warum noch nicht alle Dichter eigene Haͤu - ſer haben; es wuͤrde denn nicht heißen:

Mira mirorum!
Poeta emit domum!

Der Bauherr lehret auch, wie man glauben muͤſſe:

Erſt glaube eins; hernach glaub auch das andre; Erſt glaube kluͤglich: wenig von allem: So lerneſt du deſto mehr von allem wiſſen. e. d.

Haben die Maͤrtyrer auch ſo glauben lernen? Weiter! Die heil. Dichter haben die Entdeckung gemacht, daß Adam aus einem Kloße gebildet worden; ſie nennen uns daher ſterbliche Kloͤße: ſie aber ſind die unſterblichen Kloͤße und Schnee - baͤlle. Man ſiehet wohl, daß wir ihre Leimerde ſo feſt zuſammen druͤcken, damit ihre Theilchen nicht zerfallen moͤgen; unſer Lob iſt der Firniß, den wir daruͤber ſtreichen, dami[t]ſie halten und glaͤnzen ſollen.

Q 3Kieſel. 246Ki

Kieſel.

Rath Bodmer hat einen Nacken von Kieſel oder Feuerſtein.

Der Chuſite, dein Sclav, hat einen Nacken von Kieſel; Beym geringſten Misgluͤcken zerreißt er ſeine Gedaͤrme. Noah, 320 S.

Jſt das nicht grauſam?

Kinder hingen, wie marmorne Bilder, an den Lippen Noahs.

So hingen die Ketten, die an Herzen gefeſſelt waren, an den Lippen des galli - ſchen Herkuls, um ſeine Beredſamkeit auszu - druͤcken; und ſo haͤnget der Faden eines Spinnro - ckens aus dem Munde eines alten Muͤtterchens, wann ſie ſpinnet und Maͤhrchen erzaͤhlet. Wir befuͤrchten nur, die Kinder moͤchten etwas vom Speichel bekommen, wann ſie uns ſo nahe zuhoͤ - ren; wir auch ſelbſt nicht reden koͤnnen, wann es unſern Soͤhnen und Frauen der Soͤhne einfallen ſollte, an unſern Lippen zu haͤngen. Es iſt auch ſehr unangenehm, manchen Leuten ſo nahe zu kommen, und ihren ſtinkenden Athem an der Quelle ſelbſt zu riechen. Die Rede iſt von Noahs Soͤh - nen, und Frauen der Soͤhne:

Dieſe zerfloſſen in Luſt, wann er mit reden - den Zuͤgen Jhnen die Rahmen enthuͤllt, und hingen, wie marmorne Bilder, An den Lippen Noahs. Noah, 339 S.

Jſt der Ausdruck nicht richtig: Rahmen mit re - denden Zuͤgen enthuͤllen? Solche redende Zuͤ - ge ſind es, die ein Maler brauchet, wenn er einegemal -247Kngemalte Tapete aus einander rollet und erzaͤh - let, was darauf ſtehe. Dieſes that naͤmlich Noah, indem er ihnen Engel Raphaels ge - malte Tapete ausleget. Quæ! qualis! quanta!

Kniefall, a. St. Kniebeugen.

Alſo ſage auch, wenn du auf den Hintern gefallen biſt, einen Steißfall.

Ueber ſie ward der Koͤnig, der itzt den Himmel beſitzet, Zornig, weil ſie ſich fuͤr die Rechte des Schickſals erklaͤrten, Und ihm kuͤhn den ſtrenge gefoderten Knie - fall abſchlugen. Noah, 148 S.

Es bleibet zu entſcheiden, ob ſie ihn ihm, oder dem Schickſale, abſchlugen. Dieſe Ungewißheit, dieſes Raͤthſel haben wir dem Woͤrtlein ihm zu dan - ken. Jſt das Beywort in dem letztern Verſe nicht lang genug?

Knochen.

Rath Bodmer erzaͤhlet in ſeiner Bodmerias, oder dem Noah: der Karaibe nage Knochen. Der geſtrenge Herr Rath machet alſo fleiſchichte Knochen, welches ſonder Zweifel das Fleiſch, das an den Knochen ſitzet, vorſtellen ſoll. Wir wuͤrden es lieber ein kno - chichtes Fleiſch nennen; und zechen laſſen.

Alſo nagt unter den ſittlichen Menſchen Nur der wilde Karibe die fleiſchichten Knochen der Leute. Noah, 245 S.

Karibe zierlich a. St. Karaibe. Wir frohlo -Q 4cken248Kncken recht, daß der Herr Rath die Karaiben un - ter die ſittlichen Menſchen zaͤhlet; und wuͤnſchen ihm Gluͤck zu dieſer Erfindung. Wir freuen uns auch, klippichte oder bergichte Knochen ange - troffen zu haben.

Neuthuͤrmende Berge Standen unter dem Waſſer auf Mit zerſpaltenem Haupt, mit abgeriſſenen Seiten, Klippichten Knochen, die aus den magern Schenkeln hervorragten. e.d. 359 S.

Da haben wirs! da ſehen wir, daß die Berge keine Waden haben. Die Berge werden die Beine gebrochen haben: denn da ragen die Splitter hervor: die armen Berge!

Knorricht.

Daß die Eichen ein Eingeweid haben, war unbekannt; daß es knorricht ſey, noch unbe - kannter: am allerunbekannteſten aber war es, daß es eine Strafe ſey, einen ins Eingeweid zu ſte - cken: allein es iſt auch der Eichen Eingeweid.

Gottes Geſandter trat mit dem Kleinſten der Schroͤcken zu ihnen ꝛc. Murmelt ihr unter der Laſt: ſo will ich den Eichbaum zerſpalten, Und euch beyde tief in ſein knorrichtes Ein - geweid klemmen: Bis ihr drey langſame Tage darinn ver - heult habt. Noah, 173 S.

Wie groß mag alſo das Groͤßte der Schroͤcken ſeyn? Wo mag er doch das Schroͤcken gefuͤhret haben? Auf dem Helme? Murmelt druͤcket weitmehr249Knmehr aus, als murret. Es nimmt uns Wunder, warum nicht Raphael alle Teufel in Eichen ge - klemmet; ſie wuͤrden nicht mehr die hoͤlliſche Schildwacht, Abdieln, hintergehen. Drey Tage in Eichen zugebracht, ſind freylich lang - ſamer, als drey Tage in Pflaumbaͤumen. Flemming brauchte ſchon verweinen, verwa - chen: ſo kann alſo auch wohl Rath Bodmer verheulen brauchen. Eben ſo drohet Ariel, der Sylphe, den Sylphen und Sylphiden im Lockenraube, wo ſie nicht Belinden recht be - wachen werden:

Welcher Sylphe nun aus Leichtſinn ſeine Pflicht zu ſchlaͤfrig treibt; Von dem ſtrengen Poſten weichet, oder nicht ſtets bey ihr bleibt: ꝛc. ꝛc.

Jſt das Wort klemmen nicht hoch? zum wenig - ſten iſt es tief.

Knatternd.

Man wird bald merken, daß dieſes Wort aus dem knatternden Gehirne des Hrn. Magiſters entſprungen iſt. Zum Beweiſe fuͤhren wir dieſen knatternden Vers an:

Der Schwerter knatternd Geraͤuſche hatte ihn alſo erſchrecket, Daß er ſeinen eignen Soldaten zwiſchen den Beinen hindurch kroch. Nimr. 435 S.

Sollte er ſich nicht da etwas geklemmet haben? Der arme Mann! Er hatte das Ungluͤck, daß er keinen Degen konnte klingen hoͤren. Auf der 429 S. giebt es auch etwas knirrendes und knor - rendes.

Q 5So250Kn Ko
So wie ein laͤrmender Hagel, der auf dem Dachziegel raſſelt, Mit einem knirrenden Tone die Fenſter der Haͤuſer zerſchmettert: ꝛc. Da ſchwirrten die Sehnen der Bogen, wie das Schnarren knorrender Hunde.

Jſt das nicht recht was Knorrendes, Schnar - rendes, Schwirrendes, Schmetterndes, Knirrendes, Raſſelndes, Laͤrmendes? Ohe! jam ſatis!

Knotichte Sayten.

Nun koͤmmt ein Stuͤckchen fuͤr die Herren Geigeniſten, oder, wie ſie ſich lieber nennen, fuͤr die Herren Virtuoſen. Sie moͤgen uns ſagen, wie dieſe Sayten klingen:

Der Unterſchied entſpringet aus den Lauten: Auf knotichten ungeſtimmten Sayten Greift jener fein, u. hoͤrt doch grobe Toͤne. Brem. Ged. 12 S.

So geht es unſern Hexametriſten; ſie greifen fein; und man hoͤrt doch grobe Toͤne; ſie wollen ei - ne Laute ſchlagen, und man hoͤret eine Sackpfeife; ſie ſtimmen hoch, und die Sayten reiſſen. Wir aͤrgern uns daher recht, wann man ſie tadelt. Was koͤnnen ſie davor, daß es nicht Leute giebt, die Midasohren haben?

Koͤpfe.

Hier iſt fuͤr ein Heldengedicht ein ſehr erha - bener Ausdruck, und er zeiget, wie der Hr. Ma - giſter annehmlich fallen kann.

Hierauf entſtand nun im Kriegsvolk Ein Getoͤs; u. ſie ſteckten die Koͤpfe einhaͤl - lig zuſammen. Nimr. 7 S.
Uns251Ko

Uns koͤmmt es vor, als ſaͤhen wir den Hofnarren Sr. Maj. Hrn. Habacuc, auf einem Ber - ge ein Getoͤs machen; ehe wir es uns aber verſe - hen, ihn vom Berge uͤber Hals uͤber Kopf her - ab purzeln.

Koͤrper.

Rath Bodmer malet hier ein ſeltenes Volk:

Jedes Gliedmaß an ihnen iſt ungeduldig; die Worte Sind zu traͤge fuͤr ſie: ihr Koͤrper wird aller zu Ausdruck. (Der Steiß auch? Ein feiner Ausdruck!) Witz iſt ihr beſter Verſtand, und unſere goͤttliche Reden Sind unſinniges Zeug in ihrem verkehrten Geſchmacke. Noah, 55 S.

Was mag doch ihr ſchlechter Verſtand ſeyn? Freylich! ſo geht es den goͤttlichen Reden Klop - ſtocks und Bodmers an vielen Orten. Jm Vertrauen, Herr Rath! beſtehet ihr Volk nicht aus Narren?

Kochen.

Der Ueberſetzer der Jlias iſt freylich kuͤhn, daß er den Zorn zum Koche machet.

Und in den Adern kocht der Zorn ein ſchnelles Blut.

Noch kuͤhner, ja tollhaͤuſiſch iſt es, wenn man gar Laſter kochen will. Bald wird man auch Tu - genden ſieden, und Gemuͤthsgaben braten.

Aber die Herzen des Schwaͤch’rs u. der Braͤu - te kocheten Meyneid. Noah, 70 S.
Sie252Ko Kr

Sie machten einen Brey daraus, und gaben ihn ihren Liebſten zu freſſen, die ihn fraßen.

Kommlichkeit, a. St. Bequemlichkeit.

Dieſes gehoͤret in das naumanniſche Faͤchelein:

So wie der fleißige Landmann, zur Kommlich - keit ſeines Lebens, Jn einen lockeren Boden geflammte eichene Pfaͤle, Oder in ſumpfichte Oerter Staͤmme von Er - lenholz einpfloͤckt. Nimr. 293 S.

Wir haben niemals Pfaͤle, geſchweige geflamm - te Pfaͤle und Staͤmme einpfloͤcken geſehen; ob wir gleich oft dabey geweſen ſind, wann der kommliche Landmann Pfaͤle eingeſchlagen, und Staͤmme eingerammet hat.

Kranz.

Die Kenner der Alterthuͤmer haben von dem Gebrauche der Kraͤnze gehandelt. Was der Lateiner mit ſeiner illibata virginitate ausdruͤ - cket, das ſagt der Deutſche mit ſeinem Kranze. Findet ſich Gelegenheit von dieſer Sache zu reden, ſo wird uns dieſes geringe Woͤrtchen neue Gedan - ken und unerwartete Ausdruͤcke an die Hand ge - ben. Z. E. Sichem ſchwaͤchete die Dina. So einfaͤltig und anſtaͤndig erzaͤhlet die Bibel. Wie matt und kalt iſt dieſes fuͤr einen hochbaͤumenden Redner? Er ſagt lieber:

Sichem zerriß einen Kranz, den die Geſetze der Ehe nicht fuͤr ihn gewunden hatten. Beſſer gegeben! Buttſt.

Kreis.

Wie denket man doch da, wann man im Kreiſe denket? Jſt unſere Seele ein Kraͤuſel?

Der253Kr
Der Philoſoph blaͤht ſich u. denkt im engen Kreis: Was einen Helden macht, iſt oft des Poͤbels Preis. Zernitz, 78 S.

Denket er dieſes nicht auch im weiten Kreiſe? Jſt die Scanſion von blaͤht ſich nicht wohlklin - gend?

Krieg rennt durch offene Felder,

und wird doch nicht muͤde. Der grobe Krieg! Der tollkuͤhne Krieg!

Es ſteigen dir zum Hohn dort tauſend Frevler
auf
Vom Schlamm, der ſie gebahr: da im toll -
kuͤhnen Lauf
Krieg durch die offnen Felder rennt.
Brem. Ged. 77 S.

Der breite Herr Johann Heinrich Oeſt haben uͤber dieſe Ode Pindariſche Ode geſchrieben. Es iſt zur Bequemlichkeit des Leſers geſchehen, der ſie ſonſt eine lykophroniſche haͤtte nennen koͤn - nen; ſo wie man manchen fuͤr einen Narren hal - ten wuͤrde, wenn er nicht Doctor waͤre.

Krieger eherne rauſchen mit eiſernem Getoͤſe.

Dieſer ganz eiſerne Vers gehoͤret zur eiſernen Phraſeologie St. Klopſtocks; denn ſo ſaget er in ſeinen Offenbarungen 68 S.

Jtzo ſandten ſie, hoch von himmelnahen Ge - birgen, Eherne Krieger; ſie rauſchen mit eiſernem wilden GetoͤſeUeber154[254]Kr KuUeber die Felſen, u. krachen, u. donnern, u. toͤdten von ferne.

Jſt das nicht graͤßlich? Erſtlich ſehen wir ſie, dieſe eherne Krieger; ſie rauſchen mit eiſernem, nicht mit goldenem Getoͤſe; ſie krachen; ſie donnern; ſie toͤdten! Das glaube ich! Dann wollten wir auch krachen, donnern und toͤdten, wenn wir ehern waͤren.

Kriegsklang der Harniſche

und Friedensklang der reichen Weſten, e. d. 123 S. Wir haben ſchon oben bewundert, daß die Engel ſo zaghaft ſind, und Harniſche anziehen, ob ſie gleich nur ein bischen Milch a. St. Blut geben; die Wunden auch gleich zuheilen. Wir haben mehr Herz.

Kriegswagenburg;

vieleicht hat der Teufel auch eine Friedenswagenburg; Kutſchen, Phaeto - ne und Wurſtwagen.

allein die Kriegeswagenburg Sa - tans. e. d. 57 S. ()

Wir haben auch den Milton und Taubmann geleſen; wiſſen aber nicht recht, ob ſich die Engel mit einer Wagenburg bedecket haben. Jn Polen iſt es gewoͤhnlich: ob es im Himmel auch iſt, das lernen wir eben nun.

Kuͤhl.

Den Augenblick leſen wir, daß ein Oel - baum kuͤhl iſt, und mit einem Keller oder einer Grotte eine Eigenſchaft hat.

Um ihn verbreitet ein Oelbaum ſein Kuͤhl. Noah, 206 S. ()

Dieſes that er dem Heylande zu gefallen, indem ein Seraph am Saͤuſeln einer CryſtallenenQuelle255KuQuelle ein Lager von Mooße machet. Siehe eben dieſes Bluͤmchen in den Geſichten St. Klopſtocks, 5 u. 6 S.

Um und um nahm ihn der Oelbaum ins Kuͤhle ꝛc. ꝛc. Beym Grabe der Seher Waͤchſt dort unten ruhiges Mooß im kuͤhlen - den Erdreich. ꝛc. ꝛc.

Giebt es alſo auch ein unruhiges Mooß?

Kuͤnftigkeit.

Sr. wohlgeb. Unſterblichkeit iſt die Aſche der Vergangenheit ein Keim von Kuͤnftigkeiten. Unſer Geſicht zwar iſt zu kurz, dieſe Aſche und dieſen Keim zu ſehen. Allein es muͤſſen doch zwey unvergleichliche Dinger ſeyn; weil ihrentwegen zwey ſo ſchoͤne neue Woͤrter, nebſt einer neuen mehreren Zahl, gebacken worden. Wie es ſo ſchoͤn iſt!

Furchtbares Meer der ernſten Ewigkeit! Uralter Quell von Welten u. von Zeiten! Unendlichs Grab von Welten u. von Zeit! Beſtaͤndigs Reich der Gegenwaͤrtigkeit! Die Aſche der Vergangenheit Jſt dir ein Keim von Kuͤnftigkeiten. Haller, 150 S.

Was fuͤr ein Meer! Was fuͤr ein Quell! Was fuͤr ein Grab! Was fuͤr ein Reich! Was fuͤr ei - ne Aſche! Ja! was fuͤr ein Keim! Was endlich fuͤr Reime! So hat die Ewigkeit die Welten geſchaffen! So iſt ein Grab unendlich! Und ſo kann man Woͤrter haͤufen, mit denen keine Begrif - fe zu verknuͤpfen ſind! Eya! waͤren wir da!

Kuß. 256Ku

Kuß.

Niemand kuͤßt lieber, als Dichter: das war laͤngſt wahr; unſere heilige Maͤnner kuͤßen noch weit aͤrger, als Guͤnther jemals gekuͤßt hat. Hier iſt ein recht ſuͤßes Kuͤßchen; die Thraͤne kuͤßt eines Geliebten Spuren; denn, wenn ſie auf den Spuren aufgekuͤßt wuͤrde: ſo koͤnnte leicht ein bischen Koth mit unterlaufen. Wir rechnen es zur ſuͤßen Schreibart.

Die Liebe weint in eure Lieder: Jhr Sayten! ahmt ihr Schluchzen nach! (Weſſen? der Lieder?) Haucht ſanfte Toͤne durch die Fluren! (Toͤne hauchen; Athem ſingen.) Wo ſie bey des Geliebten Spuren, Die ihre Thraͤne jammernd kuͤßt, Um ſein Entfernen troſtlos iſt; Der Nachhall wird zum Mitleid wach: Und ſtammelt ihre Seufzer wieder. v. a. Samml. Nicol. 152 S.

Das heiße ich zaͤrtlich! der Nachhall muß ſtam - meln: lallen? das koͤnnte er wohl im Schlafe thun; darum wecken wir ihn auf: denn er hatte den Kopf ins Kuͤſſen geſtecket. Auf der f. S. weinet die Liebe Zeugniſſe. Noch ein Kuͤßchen!

wo unſre Liebe Sich mit der Weisheit muͤtterlichem Kuß Jn deiner Redlichkeit geſetzten Kuß getheilt Von uns zu fernen Kuͤſſen eilt.

Dreyerley Kuͤſſe! Ein muͤtterlicher Kuß! ein geſetzter Kuß; ferne Kuͤſſe: ſind das nicht Kuͤſſe? Ferner ſagt er: kein Ocean raſt ſo ſehr, alsein257Kuein Freund, wenn er ſich von dem andern tren - nen muß: und das finden wir gar nicht uͤbertrie - ben. Noch ein Paar Kuͤſſe! Ein ganzes halbes Dutzend! Und das iſt kein Wunder: denn, wie die letzte Arie zeiget, ſo iſt er beſoffen.

Vom Taumel (lieber, Baͤcher!) entzuͤckender Regung berauſchet, Mit Ruhe, die niemand fuͤr Kronen vertauſchet, Umſchatte, o! Himmel! den redlichſten Freund. J. F. E. Fabricius.

Am ſchoͤnſten iſt es, daß dieſer Herr ſeinem Freun - de, oder dem Himmel, einen Rauſch, oder Tau - mel anwuͤnſchet. Das Wort Taumel druͤcket uͤberdieß in der heiligen Sprache einen goͤttli - chen Rauſch oder Begeiſterung aus; und die - ſemnach haben wir viel beſoffene Dichter. Noch ein Kuͤßchen! denn wie koͤnnte man ein Schaͤfer - dichter ſeyn, und nicht kuͤſſen?

Geſtalt und Pracht, der Farben Staͤrke, Die Mund u. Bruſt u. Wangen ſchmuͤckt, Thun zwar ſo lange Wunderwerke, Als man im Kuſſe Blumen pfluͤckt. Zernitz, 70 S.

Wir haben es verſuchet; wir beſtreuten den Mund unſers Engelchens mit Blumen, und kuͤßten: aber es ſchmeckte nicht; denn wir kuͤßten nur Blumen, und pfluͤckten ſie nicht. Wir kniee - ten daher auf eine Wieſe, wo Veilchen ſtunden, und kuͤßten und pfluͤckten. Wir pfluͤckten aber auch Kuhblumen: denn indem wir kuͤßten: ſo ſahen wir nicht; wir haͤtten auch wohl in et -Rwas258Lawas aͤrgers greifen koͤnnen. Ueberhaupt merken wir, daß man in dieſer Strophe nicht recht ſiehet, wer da ſchmuͤcket, oder geſchmuͤcket wird.

L.

Labyrinthiſche Tafel:

iſt das nicht eine verwirrete?

Dort an den goldenen Pfeilern, da ſind laby - rinthiſche Tafeln Voll vom Schickſal. Offenb. St. Klopſt. 17 S.

Gott haͤnget ſie auf, damit Eloa darinnen buch - ſtabieren kann. Unter andern buchſtabieret er auf der 18 S.

Und die zur Rache geruͤſtete Glut! ()

Er buchſtabieret es, ſage ich: denn wir ſehen nir - gends einen Zuſammenhang. So buchſtabieret St. Klopſtock!

Laͤcheln;

dieſes iſt ein vielſchaffendes Wort in der Klopſtockiſie; einer gewiſſen Krankheit, die Dichter immer zu laͤcheln und oft zu lachen ma - chet. Man laͤchelt in dieſem Paroxiſmus Thraͤ - nen, Worte, zerbrochene Haͤlſe, Donner, und noch mancherley. Dieſer Zufall iſt gefaͤhr - lich; wer einmal zu laͤcheln anfaͤngt, laͤchelt und lachet die Zeit ſeines Lebens. Koͤmmt noch das Gaukeln dazu: ſo iſt der Menſch verlohren. Wir fuͤhren es einmal fuͤr allemal an, um durch das ewige Laͤcheln kein Lachen zu erregen. Es iſt kein anderer Rath, als wir fuͤhren die Laͤchler in die Hoͤhle des Trophonius. Wir fuͤrchtennur259Lanur ſie, als Weiner, herauskommen zu ſehen. Denn dieſe Krankheit hat zween Aeſte; verſchnei - det man den einen Aſt: ſo waͤchſet der andere; und es giebt Dichter, die immerfort bald eine laͤnglichte, bald eine eckichte Thraͤne, bald eine leutſelige, bald eine menſchenfeindliche Zaͤhre vergieſſen. Sieh zu Ende von L. die wei - tere Ausfuͤhrung.

Laͤrmeriſch.

Man hatte lange genug laͤrmend ge - ſagt: es war einmal Zeit, den Ton zu veraͤndern.

Dieß laͤrmeriſche Gepolter hoͤrten nur Nimrod und Thirza. Nimr. 233 S.

NB. Und der Herr Magiſter! das ſpuͤket! das poltert!

Ladan.

Ein gar koſtbares, obgleich etwas unbe - kanntes Gewaͤchs fuͤhret Rath und Wuͤrzkraͤ - mer Bodmer in ſeinem dichteriſchen Laden, von dem Lohenſtein der Ladenhuͤter iſt. Jſmae - liten fuͤhreten es ſonſt: nun aber Jſmaelen: ſo ſage man nicht mehr Jſraeliten; ſondern Jſraelen.

Ungefæhr kam ein trupp Iſmaelen von Gilad; ſie fyhrten Storak, gummi und ladan auf ihren kamelen, womit ſie In Mizraim wollten. Jac. u. Joſ. 29 S. ()

Nicht nach Mizraim; auch merke man ſich das deutſche Wort trupp, dem der Herr Rath das Buͤrgerrecht in der bodmeriſchen Sprache ver - leyhet. Gilead kann auch ex auctoritate insR 2Kurze260LaKurze gezogen werden; und der Herr Rath iſt keine geringe Autoritaͤt.

Langgehalstes Cameel, ſo wie eine kurznackichte Doris.

die Bruͤder Nehmen dem langgehalsten Cameel die koſtbare Laſt ab. Noah, 112 S.

Wir wollten lieber einer kurznackichten Schoͤnen das Halsgeſchmeid abnehmen: denn es iſt auch eine koſtbare Laſt. Jener hielt ſich uͤber folgen - den Vers auf:

D’une Epée, ornement & defenſe à la fois, Pendoit à ſon côté le magnifique Poids. Iliade de la Motte. ()

Jſt unſerer beſſer? Jch zweifele!

Laͤngen von ſeufzenden Zuͤgen,

und Tiefen von ſinkenden Toͤnen ſchleifen. Jſt das nicht eine herrliche Muſik? Eine Laͤnge ſchleifen; eine Kuͤrze purzeln! Aber wer ſchleifet denn ſo? Der Necromant! Er beſchwoͤret die Teufel! Allein ſie kamen nicht; und das iſt nicht zu verwundern. Wer Teufel hoͤret gern eine ſolche Muſik, davon das Zetergeſchrey die Baß - oder die Grobſtim - me iſt? Wir wollen, zur Bewunderung, die ganze Stelle herſetzen:

Dann beſchloß (a. St. verſchloß) ſich der Necromant in ein finſters Zimmer, Seine Beſchwoͤrung der Hoͤll im Grauen der Nacht vorzunehmen. Er zerritzte die Bruſt mit ſpitzig geſchliffenen Steinen,Zwang261LaZwang die Glieder verkehrt in ſeltſam ge - kruͤmmte Geſtalten, Und die Kehle zu unharmoniſchen haͤßlichen Toͤnen; Wieherte, ziſcht und ball, und bruͤllte, heulte; dann ſchleift er Laͤngen von ſeufzenden Zuͤgen, und Tiefen von ſinkenden Toͤnen. Noah, 142 S.

Klingt das nicht unharmoniſch? Der Necro - mant war erſtlich ein Pferd: er wiehert; eine Schlange: er ziſchet; ein Hund: er bellt; ein Ochs: er bruͤllet; ein Wolf; denn er heulet: worauf es ihm dann beliebet, eine Nachtigall zu werden. Verrichtungen und Verwandelungen genug, die einem Teufel, geſchweige einem Zau - berer, ſchwer fallen wuͤrden! Endlich hoͤren es die Teufel und ſie erſcheinen; obgleich ein bischen grob. Einer ſetzet ſich auf ihn: er lehret ihn auch dafuͤr die Anrede:

Hoͤret, ihr Herren der Welt, Zamzummim, und Zuzim und Emim!

Denn von den Staͤmmen in im waren dieſe Herren.

Langhaͤndicht.

Daß die Koͤnige lange Haͤnde vor den uͤbrigen Menſchen voraus haben, iſt be - kannt. Ein Beywoͤrtelein hieraus zu ſchnitzen, das war noch uͤbrig. Der Herr Magiſter merk - te es, und ſchnitzte es:

das befiederte Rohr dieſes Bolzen Traf den langhaͤndichten Koͤnig, den unge - ſtuͤmigen Nimrod. 503 S.
R 3Ob262La

Ob ein Bolzen von Rohr iſt, das wiſſen wir nicht: wir lernen es aber.

Langlinicht.

Man daͤhnet ſich langlinicht, wann man zur Schlange wird. Wir haben zwar kei - nen Kuͤtzel, es zu verſuchen; daher wir uns denn begnuͤgen, die treffliche Verwandelung des Herrn Raths herzuſchreiben:

dem Unmenſchen Spitzten ſich Haupt und Haͤnd in Schlangen - koͤpfe, der Koͤrper Daͤhnete ſich langlinicht, mit kupfern Schuppen bepanzert, Bis ſich die Menſchengeſtalt in der Amphis - baͤne verlieret. Noah, 66 S.

Da hoͤren wirs, daß eine Amphisbaͤne, eine Ge - burt Rath Bodmers, kupferne Schuppen hat. Solch ein Thier iſt noch nie gemalet worden.

Langſchleppende Zuͤge

ſind nicht Zuͤge, die etwas ſchleppen; auch nicht Zuͤge, die geſchleppet werden. Was denn? das weis Gott und Rath Bodmer!

Aber er ſah itzt uͤber die Flur ſich Schaaren ergieſſen, Seltſam durch einander ſich kreuzen, mit fliefſenden Fahnen, Wagen von Erz mit Pferden beſpannt, langſchleppende Zuͤge, Schwer beladne Kameel und Elephanten mit Thuͤrmen. Noah, 6 S.

Dieſe Figur heißt nach dem Antilongin, 52 S. die Umſchreibung; denn da ſehen wir, 1. eineFlur,263LaFlur, auf der ſich Schaaren, wie Wellen, ergieſ - ſen; 2. ſehen wir ſie auf einander kreuzen, wie die Maltheſer auf die Algierer. 3. mitten in dieſen Wellen kommen erzene Wagen, nicht ge - ſchwommen, ſondern gefahren; ſie koͤnnten ſonſt untergehen. 4. erſcheinen Kameele und ge - thuͤrmte Elephanten: 5. Fahnen, die da flieſſen, und endlich finden wir, daß alles dieß ein Hoch - zeitſchmaus iſt. Alles iſt deutlich, ſehr deutlich: nur faͤllt es uns unmoͤglich zu ſagen, was lang - ſchleppende Zuͤge ſind.

Landhaft.

Wir wiſſen nicht recht, was folgendes fuͤr ein Lager ſey:

Am Saͤuſeln Einer kryſtallenen Quell erwies ſich ein Seraph geſchaͤftig, Jhm vom zarteſten Moos ein landhaftes Lager zu ſammeln. Noah, 206 S.

Der Verfaſſer der Bodmerias wird uns erlau - ben, ſeinem Kinde den Namen zu ſtehlen. Wir wollen die Urſachen unſers Diebſtahles anfuͤhren. Verdienet ein Gedicht, wodurch der Name des Dichters mehr, als des Helden, verewiget wird, nicht eher des Dichters, als des Helden Namen? Wir ſind uͤberzeugt, daß Rath Bodmer mehr durch den Noah, als Noah durch Rath Bod - mern verherrlichet wird: was ſollte uns alſo hin - dern, ſein landhaftes Gedicht eine Bodmerias zu nennen? Es ſey alſo eine Bodmerias!

Laut.

Wir haben bereits oben der goldenen Klaͤn - ge erwaͤhnet: es iſt unſere Schuldigkeit, dem gol -R 4denen264Ladenen Laͤuten auch dieſe Ehre wiederfahren zu laſ - ſen. Denn ſo ſagt der große Rath in ſeiner Bodmerias, 242 S.

Alle die Zeit, ſo lange die Poſaune den gol - denen Laut blies. ()

Das iſt nun freylich ſchoͤn; aber noch ſchoͤner, daß die Poſaune und nicht Noah dieſen goldenen Laut geblaſen. Jm Vertrauen! Wie ſiehet denn ein goldener Laut aus?

Lautenklang.

Niemand hat bis jetzt das Waſſer eine Laute ſpielen laſſen. Daher rufet Rath Bodmer der Muſe

vom lautenklang fallender waſſer. Jac. u. Joſ. 6 S. ()

Denn alles, was noch niemals geſagt, niemals ge - glaubt, niemals gedacht worden: daraus machet ſich eine Ehre, zu ſagen, zu glauben, zu denken der große Rath.

Laut.

Lieber Leſer! du weißt nicht alles, was ein Laut kann: weinen kann er; und rauſchen, und winſeln.

Was fyr ein ængſtlicher laut mit bangem winſelndem rauſchen Weinet aus deinem mund, u. welche ver - borgene geſchichte Hat ihn aus dein gedryckten gemyth auf die lippen gejaget. Jac. u. Joſ. 25 S. ()

Eine feine Hetze! Jch moͤchte wohl die Hunde ſe - hen, die einen Laut jagen; er mag vortreffliche Spruͤnge thun, ehe er auf den Lippen ſein Lager findet. Ein großer Mann muß ſich gar nicht umdie265Ladie Bedeutung der Woͤrter bekuͤmmern; das ge - hoͤrt fuͤr Schuͤler. Woͤrter ſind Bilder unſerer Gedanken: folglich koͤnnen wir ſie malen, wie wir wollen; die Woͤrter zu verſtehen, und ihre Bedeu - tung iſt willkuͤhrlich.

Laſurne Laͤnge.

Hat jemand eine laſurne Laͤnge geſehen? Wir werden es kuͤnftig kuͤhnlich brau - chen, wann wir einen blaulichten Balg werden ſagen wollen. Allein was ſollen wir denken, wann wir ſagen: er kriecht nachahmend? Kann denn ein Wurm anders, als ein Wurm, kriechen? Oder ſoll dieſes Nachahmen des Malers Nach - ahmung ausdruͤcken?

Auswendig Um die bauchichte Woͤlbung von ſanft - erhabener Arbeit Kriecht nachahmend ein Wurm; er win - det die laſurne Laͤnge Jn triumphirenden Wellen nach einem nahen Gebuͤſche. Noah, 38 S.

Wenn alſo ein Kind ſich der Wuͤrmer entlediget: ſo kann die Amme ſagen:

Auswendig Um die ſteißichte Woͤlbung von ſanfterha - bener Arbeit Kriecht nachahmend ein Wurm; er win - det die bedr -- Laͤnge Jn triumphirenden Wellen nach einem na - hen Gehaͤuſe.

Nur ein Zweifelsknoten ſtoͤßt uns auf: naͤm - lich, warum triumphiren Wellen? des Wur -R 5mes266Lemes Ruͤcken ſind alſo Wellen? Ein garſtiger Wurm!

Leben.

Ein Leben leben; folglich auch ein Leben ſterben;

ein Leben Von ein Paar uͤbelgeſicherten Odemszuͤgen zu leben. Noah, 253 S.

Wir erſehen zugleich, daß von nicht mehr die Nehmeendung zu ſich nimmt; auch haben wir unter der Hand vernommen, der große Rath ar - beite an einer antigottſchedianiſchen Sprach - lehre. Wir theilen dieſes Geheimniß unſerm Le - ſer nur, unter der Bedingung, mit, es bey ſich zu behalten.

Leben.

Wenn du fragen willſt: leben Sie noch? ſo ſp[r]ich in der neueren Sprache:

o! hauchen ſie noch das irdiſche Licht ein? Soll mein Auge noch einmal ihr Antlitz gruͤßen, auf welchem Jch mit der reinſten Luſt zu ruhn vor dieſem gewohnt war? Noah, 16 S.

Das waͤre nun ein bischen nachdruͤcklich! Wir zum wenigſten wollten keinen Schweizer, ge - ſchweige den großen Rath, auf unſerm Antlitze ruhen laſſen: Doch, wenns endlich ein huͤbſches Schweizermaͤgdchen waͤre! Sie muͤßte uns aber verſprechen, es wieder auch von uns zu leiden.

Leben.

Ein dunkles Leben iſt ein betruͤbtes Leben; ein helles wird folglich ein froͤhliches ſeyn.

Denn267LeDenn wiewol wir das leben des Joſephs entdeckten, ſo wære Dieſes leben fyr Jacob ein dunkles, troſt - loſes leben. Jac. u. Joſ. 31 S. ()

Leben toͤdten.

Wir wiſſen zwar nicht, warum der Dichter ſo grauſam ſeyn will, ein Leben zu toͤdten, das ihm nichts gethan hat: allein genug! er toͤd - tet es!

Vergebens toͤdt ich alles Leben, durch das mich die Natur vergnuͤgt. Samml. Nicol. 156 S.

Es lebet doch wieder auf! Das iſt nun noch un - dankbar und unbarmherzig zugleich ſeyn, etwas toͤdten zu wollen, was mich vergnuͤget. Das iſt eine doppelte Suͤnde! eine Suͤnde, die demjenigen, der ſie begehet, weder Luſt, noch Vortheil, bringet: und alſo von einer betruͤbten Rachgier zeuget.

Leblos.

Hier iſt etwas Lebloſes!

Lebloſe Stille hieng uͤber der Luft, den Auen, und Haynen, Die nicht der kleinſte Schall von einigem Leben erhellte. Noah, 387 S.

So erhellet demnach ein Leben! ſo giebt das Le - ben einen Schall; und ſo kann man eine Stille, ein unperſoͤhnliches Ding, als einen Koͤrper aufhaͤngen. Denn das iſt ein ganz beſonderes Geheimniß der Neueren, Dingen, die man nicht ſinnlich machen kann, alle fuͤnf Sinne, ja auch den Sechsten, den ſchweizeriſchen, oder beſſer bodmeriſchen Sinn, zu ertheilen.

Leerheit.

Wir haben uns lange geſehnet, etwasvon268Levon Klopſtocken, dem Theologen, bewundern zu koͤnnen; Nicht etwa, als wenn wir nicht ganz allein ein neologiſches Woͤrterbuch aus ſeiner Offenbarung ziehen koͤnnten: nein! gar nicht! Wir trauten uns wohl einen der fuͤrchterlichſten Folianten davon zu liefern. Aber wir tragen ſo viel Ehrfurcht gegen die heilige Sachen, die er vortraͤgt, daß wir uns nicht anders, als mit Zit - tern, ſeinen Heiligthuͤmern naͤhern. Wir wiſſen es, wie man, leyder! heutiges Tages ſehr freyge - big mit den belohnenden Namen eines Frey - geiſtes und Gotteslaͤugners iſt; daß ſo gar auch ein heiliger Eifer Verirreten oder Unuͤberzeugten die ſittlichen Tugenden abſpricht. Doch koͤnnen wir auch von Amts wegen unſern mehr als Mil - ton nicht unbewundert laſſen. Wir bewundern daher das ſchoͤne neologiſche Woͤrtelein Leerheit; und verſichern, daß wir es oft in den Gedanken des Dichters wahrnehmen.

Lehen.

Es iſt uns ein unausſprechliches Vergnuͤ - gen, den Hn. Amman dem lieben Gott eine Lehenskanzeley errichten zu ſehen. Ach! wie unerſchoͤpflich Se. Gn. nicht an Erfindun - gen ſind!

Georgens Thron iſt Gottes Lehen, Und der Gebrauch ſein Eigenthum. Haller, 131 S.

Georgens? oder Gottes? Hier wollten wir lieber Amman, als in Bern, ſeyn; wofern es nicht vortheilhafter waͤre, Lehenskanzler zu wer - den. Es iſt alſo nicht wahr, daß Hannovervon269Levon dem Reiche zu Lehen gehet. Wir irren uns: Großbrittanien iſt ein unmittelbares Lehen von Gott.

Leibfarb keuſcher Jugend.

Was mag das fuͤr eine Farbe ſeyn? Die keuſche Jugend ſieht oft blaß; oft roth; auch gelb und braun, und weiß, und ſchwarz aus. Wir ſtaunen!

Du ſtaunſt! es regt ſich deine Tugend: Die holde Leibfarb keuſcher Jugend Deckt dein verſchaͤmtes Angeſicht. Haller, 68 S.

Verſchaͤmt, a. St. ſchamhaft; ein Geſicht, das verſchaͤmt iſt, hat ſich ausgeſchaͤmet. Frey - lich! hatten E. Gn. ſagen koͤnnen: eine Roͤthe. Allein das waͤre keine Leibfarb geweſen: und Pa - ter St. Clara hat auch eine Leibfarbe.

Lehrgedicht

in einem Sommerkleide, oder freyerm Anzuge, ſchreibet Hr. Johann Heinrich Oeſt an Hn. Eoban. Ob nun das Gedicht, oder der Dichter das Sommerkleid an habe; und was ein Gedicht in einem Sommerkleide heiſſe: das beurtheile der Leſer der bremiſchen Gedichte.

Leibesmacht.

Mit aller Macht des Leibes war bekannt. Der Herr Magiſter iſt etwas laco - niſch, und ſagt kurz: mit Leibesmacht.

Und rudern mit Leibesmacht fort. Nimrod, 241 S.

Hier giebt es auch herzloſe Maͤnner, oder Maͤn - ner ohne Herz, und andere Seltenheiten mehr; denen wir unſern Weihrauch nicht verſagen:denn270Ledenn wer iſt es wuͤrdiger, als der laconiſche Herr Magiſter?

Leidenſchaft erobern.

Wir hoffen ſie bald zu bela - gern, und Laufgraben davor zu eroͤffnen. Es iſt kein Scherz! Es verrichtet es ein klopſtocki - ſcher Held von 18 Jahren.

Du! (Klopſtocks Muſe!) die du die Seelen mit heiligem Feuer begeiſterſt, Die du die Leidenſchaften in reizenden Stuͤrmen eroberſt! Held. Ged. auf Klopſt. Samml. Nicol. 160 S.

Sind das nicht reizende Stuͤrme? Wohlan! Wir wollen eheſter Tages eine ſproͤde Schoͤne klop - ſtockiſch reizend beſtuͤrmen.

Leutefreundlich;

denn leutſelig iſt veraltet.

die lippen Yberfloſſen den mænnern vom lob des Zophenatpanahs, Der ſich zu ihnen ſo leutefreundlich heruntergelaſſen. Jac. u. Joſ. 46 S. ()

Uns uͤberfloſſen die Lippen auch vom Lobe Zo - phenatbodmers, der ſich zu ſchylern ſo Dichterfreundlich heruntergelaſſen.

Leutſelige Zaͤhren;

es wird folglich wohl auch men - ſchenfeindliche geben. Hr. Klopſtock weinet jene leutſelige Zaͤhren, laͤnglicht und eckicht, nach Belieben. Wir bedauern nur ſeine Augen, die von ſo vielem Weinen roth ſeyn muͤſſen; wel - ches auch ein Dichteraug in der Laͤnge nicht aus - halten kann. Wir warnen ihn von Amtswegen. Denn271LeDenn es ſchadet doch, wenn er ſie auch gleich, die - ſe Thraͤnen, einzeln weinet.

Eine getreue leutſelige Zaͤhre, die ſeh ich noch immer, Netzte ſein Antlitz; ich kuͤßte ſie auf; die ſeh ich noch immer ꝛc. Ja! ſo ſagt er, Dudaim. Und der iſt unſer Erloͤſer; Durch den ſind wir ſo ſelig: umarme mich, lie - ber Dudaim! Offenb. St. Klopſt. 30 S.

Wir nennen dieſe Wiederholungen die Jmmerfi - gur; oder die Dudaimsfigur: eine ſehr un - ſchuldige Kinderfigur: auch, wie oben geſagt, das Kaninichen; indem ein Wort auf das andere hucket; und doch Worte bleiben. Der heilige Prophet beſitzet eine ungemeine Staͤrke darinnen; und es koͤmmt uns vor, wie der letzte Ton aus ei - ner Sackpfeife, oder Schalumo, deutſch Schallmey, wo auch der letzte Ton ein Toͤn - chen hoͤher nachſchnarret, obgleich das Stuͤck aus iſt. Daher koͤnnten wir dieſe Figur den Du - delſack nennen; da waͤre St. Klopſt. der ſtaͤrkſte Bockpfeifer.

Leyer.

Sollte wohl jemand eine Leyer in einer Of - fenbarung geſuchet haben? Wir finden und be - wundern ſie, wie billig, in St. Klopſtocks Ge - ſichten, 159 S.

Dich haben die Cedern, Und am einſamen Ufer, die Baͤche Jedidoth geweinet. Ach!272Le LiAch! dich haben, in Schleyer gehuͤllt, auf die Leyer herunter, Deiner Toͤchter jungfraͤuliche Thraͤnen, o! Sumith! geweinet.

Was fuͤr Wunderwerke! da ſehen wir Cedern und Baͤche, in Schleyer verhuͤllte Jungfernthraͤ - nen, und in Hoſen verwickelte Junggeſellen - thraͤnen weinen; weinen, ach! weinen auf die Leyer herunter: wir wollen ſie wieder herauf lachen!

Lenden.

Nach der neuen und heiligen Hebam - menkunſt gebaͤhren die Maͤnner, und die Wei - ber zeugen: ein niedlicher Tauſch, der eben darum ſchoͤn iſt, weil es nicht wahr iſt.

Einen zahlreichen trupp aus deinen len - den gebohren. Jac. u. Joſ. 15 S. ()

So iſt das Wort Truppen auch deutſch! und recht ſehr deutſch.

Licht.

Ein zwingend Licht iſt ein ungemeines Licht; bald wird man auch ein fechtend Licht ſa - gen. Denn ſo ſingen Se. Unſterblichkeit:

O! Schoͤnheit! fuͤr den Geiſt gezieret, Wen einſt dein zwingend Licht geruͤhret, Bleibt keinem mindern Gute treu. Haller, 129 S.

Hier iſt 1. kuͤnſtlich der ausgelaſſen: denn eine Figur, die viel Ungluͤck anrichtet, und vielen Ver - ſen bald den Kopf, bald den Bauch, bald den Schwanz koſtet, glaͤnzet hier in ihrer Groͤße. 2. iſt die Treue zu bewundern; denn einem Gute treu bleiben, iſt eine unvergleichliche Redensart.

Lichter.273Li

Lichter.

Zu oft malt ein getreuer Dichter An ſeinem Helden Nebenlichter. Haller, 131 S.

Hierbey haben wir das Vergnuͤgen, uns einen Helden vorzuſtellen, der mit lauter Lichtern be - malet iſt. Das wird huͤbſch werden, wenn ſie ausbrennen ſollten.

Lichtweg;

ein Weg von Licht: warum nicht Nachtweg?

Laßt euch dieſen Lichtweg hinab. Offenb. St. Klopſt. 20 S.

Dieſes ſaget die klopſtockiſche Gottheit zu un - ſern Vaͤtern; ſie ſollten auf einem Strale in die Sonne glitſchen, und aus dem Feuer auf die Er - de ſehen. Geht das an?

Licht.

Die heiligen Dichter haben gern, wie die roͤmiſchen Heiligen, einen Schein um ſich: wenn die Stralen von Gold ſind: ſo laſſe ichs gelten.

So dank ichs meinem ſchoͤnen Lichte, das dieſe Nebel bald zerſtreute, Und jene unbefleckte Klarheit der guͤnſtigen Natur verneute. Samml. Nicol. 156 S.

Das Licht umwoͤlbet auch; oder es wird um - woͤlbet: waͤre das Letztere: ſo muͤßte es, daͤchte ich, finſter werden.

Des Koͤrpers viel zu maͤchtge Kraͤfte beſtreiten oft das helle Licht, Das doch die Sinnlichkeit umwoͤlbte, wann ihr die Einſicht widerſpricht.

Ein fein Gewoͤlb!

SLie -274Li

Liebesverwundet,

a. St. von Liebe verwundet. Ueberhaupt muͤſſen wir eine Quelle entdecken, die viel Stroͤme von ſchoͤnen und gewichtigen Bey - woͤrtern hervorbringet. Man nehme zwey Woͤr - ter, ein Hauptwort und ein Beywort, die ſich gar nicht zuſammen ſchicken, und ziehe ſie in eins zuſammen: ſo habt ihr die Quelle vieler Stroͤme: z. E. glanzbeſaͤet, eiſenbepflanzet. Es iſt wahr, daß man nicht Glanz ſaͤet; noch Eiſen pflanzet: Beydes aber fuͤhret uns doch auf den Be - griff von Saͤen und Pflanzen: wir pflanzen; wir ſaͤen: und das iſt ſchoͤn! So gehet es auch hier mit liebesverwundet. Es iſt wahr, daß die Liebe nur einmal, naͤmlich von dem ungeſchlach - ten Diomedes, verwundet worden: Allein ſie hat myriadenmal verwundet: folglich iſt das Bey - wort von Liebe und verwundet ſchoͤn.

Aengſtlich warnt ich: allein die liebesver - wundete Herzen Hoͤrten mich nicht. Noah, 24 S.

Jſt das Hoͤren nicht wichtig?

Lieder von Schwung,

und Verſe von Fall begei - ſtert: ſind die Lieder, denen ein ganz neuer Schwung gegeben worden. Denn ſo ſprach man, als man noch deutſch dichtete. Aber Blatter fallen ab; und neue entſtehen: ſo gehet es auch mit den Sprachen: nun gruͤnet die Klop - ſtockiſche.

Unſere Lieder von Schwung u. Harmo - nien begeiſtert,Suchen275LiSuchen dein Bild; doch umſonſt. Offenb. St. Klopſt. 13 S.

Wo der Prophet jemals wahr von Gott gedacht hat: ſo hat ers hier gethan! Denn wie ſollen doch Har - monien Gott begreifen: da er uns unbegreiflich bleibet? Aber unter uns! was ſind Harmo - nien?

Liederwuͤrdiger;

je laͤnger ein Beywort, je ſchoͤner!

Wie, Liederwuͤrdiger! ruͤhret dein gleimi - ſcher Scherz! O! hoͤrte doch ſchwatzendes Volk Unſre geheiligte Geſpraͤch, das den, der in Wolken Hoch uͤber uns wandelt, bejauchzet. Ode an Steinbruͤck.

Die ſeltene Verbindung muß einen jeden in dieſer Ode reizen, und wen dieß Maͤngſel nicht reizet: der iſt fuͤhlleer. Es giebt gewiſſe Leute, denen auch das Kindern Ehre machet; da ſind z. E. Gleim, Gellert, u. a. Leute, die am Steuerru - der des Witzes ſitzen. So gehet denn der liebe Gott in den Wolken ſpazieren? Und kann ein Geſpraͤch auch jauchzen?

Lippen.

Da ich ſo bey dir ſaͤß, u. die weiſen Lip - pen vernaͤhme. Noah, 38 S. ()

a. St. Reden vernehmen: warum nicht lieber Zungen? Allein, warum das nicht? Hat man nicht ſchon Ohren gehoͤret? Und die Lippen ſchmatzen ja: ſo kann man ſie ja auch wohl hoͤren.

Lippen.

Noch etwas von innern Lippen: ſo wird man auch innere Naſen ſagen koͤnnen: z. E.

S 2Richter276Li
Richter im Herzen, auf Vernunft gegruͤndet, Welchem kein Vortheil innre Lippen bindet, Welchen die Sinne mit geſchmuͤckten Luͤgen Nimmer betruͤgen! Zernitz, 101 S.

Hier fraͤgt ſich, 1. wer auf Vernunft gegruͤndet ſey? das Herz, oder der Richter? 2. ob dem Herzen, oder dem Richter die inneren Lippen ſollen gebunden werden, und die wir noch nicht entdecket haben. 3. ob das Welchen auf Vor - theil, der ſo gut maͤnnlichen Geſchlechts, als der Richter iſt, gehe? Und 4. lernen wir, daß wir die erſte Strophe jederzeit mit Namen des Gegenſtandes, der in der 2ten Strophe koͤmmt, anfuͤllen koͤnnen.

Linien der Lenden;

Linien, die unzaͤhlich aus meinen Lenden entſpringen: ſind das Spuhl - wuͤrmer? Wir haben uns eine Lende gemalet, und viele Linien, die daraus entſprangen: wir wieſen ſie einem guten Freunde. Der Dumm - kopf! Er war ſo boshaft, daß er nicht that, als ſaͤhe er, daß es Kinder waͤren.

Linien, die unzaͤhlich aus meinen Lenden entſpringen. Noah, 346 S. ()

Liſpeln.

Es laͤßt ſehr ſchalkhaft, wenn Maͤgdchen liſpeln; allein, wenn Dichter liſpeln: ſo liſpeln ihnen die Winde nach.

Kuͤhlende Abendluͤfte umliſpelten den Bu - ſen der Erde. Samml. Nicol. 161 S.

Die leichtfertigen Luͤfte! Wir wuͤrden dreiſter ge - weſen ſeyn, und lieber gekuͤßt haben. Aber die heiligen Liſpeler fahren nicht ſo gleich zu.

Lobtoͤne277Lo LuLobtoͤne greifen; dazu davidiſche. ()

So greifen wir ſwiftiſche Lobtoͤne, wann wir, ſo viel an uns iſt, den heiligen Liſpelern hofieren; und auf proſaiſch jauchzender Harfe greifen.

Dich, deſſen gluͤckliche Hand auf jauchzender Harfe Davidiſche Lobtoͤne greift, Die wiederholend mit Macht der Himmel nachjauchzet. Dich ſah ich, Wilhelmi! zuerſt. Ode an Steinbruͤck.

Das iſt recht, daß der Himmel nachjauchzet; denn, wann ein Dichter ſeine Leyer ſtimmet: ſo muß die Hoͤlle krachen, und die Erde beben.

Loͤwe.

Opitz ſagte ein koͤniglicher Leu: und das hat Grund; bald wird man eine kaiſerliche Katze ſagen; und das hat auch Grund: Denn Rath Bodmer accentuiret einen fuͤrſtlichen Loͤwen. Noah, 41 S.

Wuͤßte er mich hier: ſo wuͤrd ihn die fremde - ſte Gegend nicht halten, Kein hiebevor unbemerketes Wild, kein fuͤrſtlicher Loͤwe, Daß er nicht ſchnell umkehrt, auf meinem Antlitz zu ruhen.

Ein Fuͤrſtlicher nicht: vieleicht aber ein grauſamer.

Luftcryſtall.

Ein Sehrohr aus Luftcryſtall, iſt das nicht durchſichtig?

Durch optiſche Parallaxen Wußte er aus Luftcryſtall teleſcopiſche Glaͤſer zu ſchleifen. Noah, 79 S.
S 3Haben278Lu

Haben wir nicht oben geſaget, daß es gar ſchoͤn iſt, Kunſtwoͤrter anzubringen? Man giebt dadurch zu errathen, daß man, wie der große Rath, ein Brillenmacher ſey: ein telefcopiſcher Brillen - macher!

Luftgeſtalt iſt nach Werenfelſen eine Meteore,

wie z. E. der ganze Noah, Meßias, Nimrod ꝛc.

Alsdann wimmelts von Luftgeſtalten im Berg und im Thale, Wie die Geſpenſter in Truppen um Merlins Angeſicht flatern. Ey! Ey! Herr Rath! was machet Merlin im Noah? 297 S.

Luftmeer.

Der luftige Dichter brauet auch ein Luftmeer, worinn die Fluͤgel, nicht das Gefluͤ - gel, die Fiſche ſind; daher entſtehet auch ſein Luft - ſchiff. Er wird dieſes Meer auch bald bepfaͤlen.

Wie unzaͤhliche Heere Fremder Fluͤgel das ungepfadete Luftmeer beſtreichen. Noah, 301 S.

Wir ſagen ja ungebaͤhnt; folglich koͤnnen wir auch unbepfadet ſagen.

Luftpfad.

Alle Woͤrter, die man ſonſt mit Luft verband, zeigten ein Nichts, ein Hirngeſpinſt an: allein hier iſt es ein Orangenwald.

Hier gefielen ſie ſich (die Engelchen) im duͤn - nen gereinigten Luftpfad; Oder Orangenwald; Sie ſaßen auf Blaͤt - tern und Bluͤthe; Und ſie ſogen das duftende Suͤß von den Lip - pen des Fruͤhlings. Noah, 149 S.
Hat279Lu

Hat der Fruͤhling einen ſtinkenden Athem? Das ſich gefallen iſt nichts weniger, als ein Gal - liciſmus.

Lyke.

Hier iſt eine entſetzliche Lyke!

welche græßliche lyke mit eingeſtyrze - tem rande, wie der gehnende ſchlund des pardels mit Zæhnen umzæunt. Jac. u. Joſ. 84 S.

Eine feine lyke! ein feiner Rand! ein feiner Schlund! ein feiner Zaun! Jſt der Parder oder der Schlund mit Zaͤhnen umzaͤunet? Dieſe Zwey - deutigkeit iſt eine angenehme und nothwendige Fol - ge der deutſchen Mittelwoͤrter, wie wir ſchon oben erwaͤhnet haben; und deſto mehr nachzuah - men, je doppelſinniger es einen Vers machet.

Lus war Stadtſyndicus in der Reſidenz Sr.

Nimrodiſchen Majeſtaͤt; welches ich zur Verheutigung zu zaͤhlen bitte. Es iſt eine Fi - gur, die der Herr Magiſter vollkommen in ſei - ner Gewalt hat. Nimrod, 153 S.

Einſchaltung, oder Anhang zum Laͤchler.

Es war eben, wie Heinrich von Alkmar ſa - get, an einem Pfingſttage, als man Waͤlder und Felder mit Laub und Gras gezieret ſah; und man - cher Vogel ſich in Gebuͤſchen und auf Baͤumen mit ſeinem Geſange froͤhlich bezeugte. Die Kraͤu - ter und Blumen ſproßten uͤberall hervor, und ga - ben den lieblichſten Duft von ſich. Der Tag war heiter, und das Wetter ſchoͤn: wir ergetzten uns daran; wir hatten eben unſer Fenſter auf, undS 4dachten280Ladachten uͤber die Hoͤhle des Trophonius ſo ſtark, daß wir, trotz den reizenden Stimmen der Nachtigallen, und dem Hauch der Zephire, ein - ſchlummerten. Da wir nun vorher nichts, als angenehme Vorſtellungen, gehabt hatten: ſo war auch unſer Schlaf angenehm. Wir befanden uns in eine ſchoͤne Gegend verſetzet. Hier erklangen Haberroͤhre; dort ſprang ein muntrer Haufen Schaͤfer und Schaͤferinnen; hier ſchnarreten Harfen und Saytenſpiele; dort ſchmetterten helle Trompeten, deren Silbertoͤne ſo oft wiederſchalle - ten, daß wir uns vergaßen, und uns einbildeten, wir waͤren in den Eliſaͤiſchen Feldern, die man nur einmal betritt. Es war eben ein Feſt, wel - ches der Dichtkunſt und Wahrheit geheiliget war. Was aber das Sonderbarſte zu ſeyn ſchien: ſo war die Hoͤhle des Trophonius der Tempel, wo die Einwohner dieſer Gegend ihrer Geluͤbde ent - lediget wurden; und ſo, wie wir an den kecken und zuverſichtlichen Gebehrden vermerketen: ſo beſtand das ganze Volk aus Dichtern und Dichterinnen; es war eine antiplatoniſche Republik. Jeder, der auf der Erde eine Gottheit verehret hatte, fand ſie auch hier; er ward gleich zu den Fuͤßen derſelben gebracht, ihr fuͤr den guͤtigen Einfluß zu danken, den ſie ihm geſchenket. Jn der Hoͤhle erkannte man, was man ſich und der Gottheit ſchuldig war; ja mancher theilete ſeine Lorbeern vergnuͤgt mit de - nen, welchen er ſie in ſeinem Leben geraubet hatte; das Geſtaͤndniß davon war die Buße, die eine Art von Ehrenbezeugung war, wodurch man die Groͤßeſeiner281Laſeiner Vorgaͤnger verherrlichte. Die aber an We - ſen geglaubet hatten, die unerhoͤret waren, wur - den gefeſſelt in eine noch tiefere Hoͤhle geworfen, bis ſie ihren Fehler erkenneten. So ward z. E. eine Muſe von Tabor geſuchet; aber nicht ge - funden; ſo ging es den Verehrern einer Muſe von Sinai: ſie ward geſuchet und nicht gefun - den. Und wirklich war es nur eine abgoͤttiſche Neuerung, indem die Menſchen ſeit 3000 Jah - ren her mit neun Muſen zufrieden geweſen wa - ren. Man ſah auch wohl, daß ſie den neuen Propheten nicht immer beygeſtanden hatten: und ich hoͤrte ganz vernehmlich dieſe geiſtige Weſen la - chen, wenn unſere heilige und luſtige Maͤnner vor der Hoͤhle die ſchoͤnſten Stellen ihrer Geſaͤnge her - ſagen mußten, ehe ſie eingelaſſen wurden. Es kam uns vor, als waͤren wir der Pfoͤrtner: zum wenigſten wird man es uns erlauben, im Traume zu ſeyn. Kaum hatten wir uns geſetzet, unſer Pfoͤrtneramt zu beobachten: ſo kam ein kleines Maͤnnchen; er huͤpfte; er ſprang und wackelte, wie das Moͤpschen mit dem Schwanze wackelte, das er unter dem linken Arme trug; da der rechte mit einem Seherohre geruͤſtet war. Er ſah nach den Sternen, und ſah lauter Maͤgdchen; Er fing an zu ſingen, und ſang lauter Maͤgdchen; er fing an zu ſchaffen, und ſchuf lauter Maͤgdchen: er liebte nichts als Schoͤnen:

Er liebte die Helenen,
Die Hannchen und die Fiekchen,
Die Lieschen und die Miekchen.
S 5Kurz!282La

Kurz! er war jungferntoll; und nannte ſich der deutſche Anakreon. Den Augenblick erſchien der griechiſche, und fuͤhrte ihn in die Hoͤhle. Als ſie wieder heraus traten, that jener ſo ernſt - haft, als ein Bonze oder Marbut. Er ge - ſtand: er heiße nicht Anakreon: ſondern Gleim. Er haͤtte gehoͤret, daß Anakreon von griechiſchen Fraͤulein, und griechiſchen Champagnerweine geſungen: er haͤtte es ver - ſuchet und ihm nachgeahmet; aber leider! die Lehren vergeſſen, die ſein Meiſter mit Scherz und Luſt verknuͤpfet. Jener haͤtte geſcherzet, um zu lehren; er aber nur geſcherzet und getaͤndelt, um zu ſcherzen und zu taͤndeln. Als er dieſes ſagte, ging er bey uns vorbey. Aber ach! Haͤtte gleich der Fuchs ſeine Suͤnden Grimbarten, dem Vaͤtter, gebeichtet: ſo ſprang er doch nach den Huͤhnern, daß die Federn von ihnen ſtoben: ſo ſah auch uns Gleim fuͤr ein Maͤgdchen an, und wollte gaukelnd, wahrhaftig! wahrhaftig! uns kuͤſſen; ob wir gleich mit einem graͤßlichen Capuzinerbarte verſehen waren.

Hierauf erſchien ein finſterer Mann, der haͤmi - ſche Blicke in unſer Herz warf. Wir erſchra - ken; er entriß uns den Schluͤſſel; ging als ein Edelmann eigenmaͤchtig hinein, und kam, als ein Doctor, wieder heraus. Er hatte ſein Von vor dem Altare gelaſſen; auch die Praͤſidenten - ſtelle niedergeleget; er beklagte, daß ein unzeitiger Weihrauch ihn gehindert haͤtte, Fehler zu ſehen; er bekannte, daß er ein Schweizer und kein Deut -ſcher283Laſcher ſey; er warf ſeine Gedichte, ſowohl die Ue - berſetzung, die er ſelbſt machen laſſen, als die Urſchrift, die aus lauter Jugendfruͤchten beſtand, veraͤchtlich von ſich; und ergriff Gottſcheds Kern der deut. Sprachlehre. Als er aber ſah, wie ſehr er geſchlaͤgelt hatte: ſo ward er ver - zweifelt; wir liefen ihm nach, und dachten, er wuͤrde ſich aufhaͤngen: allein, er vertauſchete nur ſeinen Purpur und ward ein Thuͤrhuͤter.

Jndem wir uns von unſerm Erſtaunen erhohl - ten: ſo erhub ſich ein graͤßlicher Krieg. Ein Mann, ſo hoͤflich, wie ein Kunſtrichter, und ſo ei - genſinnig, als ein Prinz, erſchien mit einem Hee - re von Rieſen; vor ihnen her flogen Hydern und Amphisbaͤnen, mit ledernen Fluͤgeln. Man drohete die Hoͤhle zu ſtuͤrmen, und wir mußten der Gewalt nachgeben: wir uͤberreichten den Schluͤſſel ganz demuͤthig. Auf einmal ſtuͤrzte der Schwarm auf die Oeffnung; allein ſie war zu klein: und die Rieſen ſtießen ſich ſo gewaltig an den Koͤpfen, daß Rieſen und Rieſinnen in ihr Nichts zuruͤck be - beten. Nur ihr Schoͤpfer, der ſie hervor ge - rufen, blieb uͤbrig, und drang mit einem graͤßli - chen Gepolter hinein. Er drohte, ſich ſelbſt auf den Altar zu ſetzen. Dieſe Gotteslaͤſterung allein war zu haͤftig, und es ging ihm, wie dem Dagon der Philiſter. Zu gleicher Zeit brachte ein barmher - zig Muͤtterchen einen Kranken gefuͤhret, der ſich ſelbſt zum Schoͤpfer machte; Offenbarungen und Geſichter vorgab, und gar gotteslaͤſter - lich log. Wir hatten Mitleiden mit ihm, undſperre -284Laſperreten ihn daher auf acht Tage in die tiefſte Kammer der Hoͤhle; doch ohne Hoffnung einer Beſſerung; denn die Krankheiten eines Dichters ſind oft ſo unheilbar, als die Narrheit, wenn ſie reiche Leute befaͤllt.

Wir waren noch mit dieſem Ungluͤckſeligen be - ſchaͤfftiget, als uns eine Menge Maͤhrchenerzaͤh - ler, oder, wie ſie ſich lieber nennen, Fabeldich - ter, umgab. Da ſahen wir den freundlichen Gellert; der ſo gern lobet, um wieder gelobet zu werden: und ein deutſcher Voiture und Fontaine ſeyn will. Er ging hinein; kam wie - der mit einer Bleyfeder in der Hand; er ſtrich viel taͤndelndes Weſen aus ſeinen Gedichten weg, und wollte ſich mit Neukirchen vertragen; auch lieber dieſes großen Mannes Fehler ſeinen Zeiten, und dem Schickſale eines jeden Anfanges Schuld geben, als laͤnger auf ihn, mit ſeinen Briefen und Vorreden ſchimpfen; er erlaubte geiſtreich zu ſeyn, ohne ſeinen Geiſt zu beſitzen; ſtrich auch von vielen ſeiner Luſtſpiele den Titel hinweg, um dafuͤr Geſpraͤche zu ſetzen.

Nun kam der geile Roſt, der aber nicht ein - mal vorgelaſſen; ſondern als ein Ehrendieb an den Pranger geſtellet ward. Jeder Dichter gab ihm einen Naſenſtuͤber, wovon Roſtens Naſe entſetzlich aufſchwoll. Er waͤre auch ſonſt nicht vorgekommen: Die Muſen naͤmlich leiden nichts geiles. Endlich erſchienen ſo viele unbe - kannte Dichter und Dichterinnen, daß ich, um ſie auf einmal zu bekehren, ſie alle hinein trieb; undich285Maich hatte die Luſt, die Dichterinnen theils als Bethſchweſtern, theils ſchwanger mit ihren Maͤnnern an der Hand; theils als Koͤchinnen herauskommen zu ſehen; ich freute mich uͤber dieſe Veraͤnderung, die ihrer Beſtimmung weit naͤher kam; und ich war eben im Begriffe, ihnen Gluͤck zu wuͤnſchen; und mir meine Gebuͤhren einzufo - dern. Nur die Dichter fingen um den Rang in dem Allerheiligſten einen ſolchen Laͤrmen an, daß wir haͤtten hineingehen, und darinn zum Rechten ſehen muͤſſen, wenn wir nicht in der Bewegung mit dem Kopfe ans Fenſter geſtoßen haͤtten, und alſo aufgewacht waͤren. Es war auch ſehr gut, daß wir nicht hinein kamen; vieleicht wuͤrde unſer Woͤrterbuch davon Schaden gelitten haben. Wir wuͤrden zu ernſthaft geworden ſeyn, und we - der mehr laͤcheln noch lachen koͤnnen. Genug von unſern heiligen Laͤchlern! Kuͤnftig eines von den Liſpelern.

M.

Machpela.

Das Gut Machpela, das Belve - dere und Sans Souci des Patriarchen Jacob, lag bey Mamre.

an dem gute Machpela, bei Mamre, Wo der felſigte Bogen auf ſeinem eignen gewicht hængt. Jac. u. Joſ. 81 S. ()

Wie iſt das moͤglich, Herr Rath? Haben ſie auch einen Begriff, wenn Sie ſagen: es haͤngtauf286Maauf ſeinem eigenen Gewichte? Wir wollen einen Ball, ja eine Feder, als das leichteſte, nehmen: haͤnget dieß beydes auf ſeinem eigenen Gewich - te? Ey! Ey! Sie haben eine ganz neue Lehre; und wir bewundern Sie und Dero Lehren herzlich.

Madratzen

ſind ſchon von Sr. nimrodiſchen Maj. erfunden worden; denn ihre Kriegsbau - meiſter brauchten ſie ſchon in Belagerungen, ſich vorm feindlichen Geſchoſſe zu bedecken.

Sie fuͤllten Schlaͤuche mit Spreu, auch ſie - benfache Madratzen. Nimr. 251 S. ()

Ewig Schade, daß der Herr Magiſter nicht den Folard geleſen: die Rieſen wuͤrden nicht ſo viel Muͤhe gehabt haben, das Geſchuͤtz zu ſpannen.

Das Windewerk wurde durch Rieſen, durch Panzerpferde gezogen. Nimr. 253 S.

Ein Panzerpferd iſt ein koſtbares Pferd!

Malende Nadel.

Unſere Naͤther - und Sticker - maͤgdchen naͤheten und ſtickten nur mit Nadeln: allein in Zyrich laͤßt ſie der große Rath malen mit Nadeln.

Mit der malenden Nadel von Sephas Kindern entworfen. Noah, 203 S.

Eben daſelbſt laͤßt der Maler

Deck und Wand mit Gemaͤlden von Fleiſch u. Leben bewerfen. ()

Ueberhaupt iſt hier eine kurze Geſchichte der Ma - lerey zu leſen, welches eben darum gefaͤllt; weil es kein Teufel im Noah ſuchen ſollte. Daher ha - ben wir dem Verfaſſer des Hermanns gerathen, zu deſto beſſerm Abgange ſeines Verſuches, eineGeſchich -287MaGeſchichte von der Buchdruckerey hinein zu brin - gen. Velleda kann in ihrem Thurme ſchon ei - ne Preſſe beherbergen, und ihre Wahrſagungen woͤchentlich, wie unſere Zeitungen, gedruckt her - ausgeben. Hinten koͤnnte ein Artikel von gelehr - ten Sachen angebracht werden, worinnen ſie die Lieder der Barden verdammen oder loben koͤnnte.

Maͤhen mit Zungen.

Wir koͤnnen es gleich an der Fuͤgung der Woͤrter erkennen, aus welcher Muͤnze ein Wort koͤmmt. Niemand, als Se. Gn. Maͤ - hen mit Zungen und laͤcken mit Senſen. Aber es ſind auch Ochſenzungen! eine feine Senſe!

Er treibt den traͤgen Schwarm von ſchwer beleibten Kuͤhen
Mit freudigem Gebruͤll durch den be - thauten Steg;
Sie irren langſam um, wo Klee u. Muttern bluͤhen,
Und maͤhn das zarte Gras mit Scharfen Zungen weg.
Haller, 23 S.

Wie ſchoͤn der Hirt nicht bruͤllet! Jſt eine ſchwer beleibte Kuh nicht fett? Umirren a. St. umher irren! Haben Se. Unſterblichkeit auch den Antilongin von der Catachreſis 70 S. und des Zuſchauers 617 und 595 Stuͤck geleſen? Sie lieben ja die Engellaͤnder, wie Voltaͤr: leſen Sie doch die auch! Vieleicht aber machen Sie es, wie jener Edelmann, mit Streitſchriften, die uͤber ſein Gut gewechſelt wurden. Er wollte ſie nicht leſen, um nicht an der Rechtmaͤßigkeit ſeines Be - ſitzes zu zweifeln. Was geſchah? Er las nicht;behielt288Mabehielt aber auch ſein Gut nicht. Se. Gn. aus Liebe zu Dero Ruhm leſen auch nicht: Sie koͤnnen daher auch noch ihren Ruhm verlieren. Leſen ſie doch! Erkennen ſie ſich, und lernen Sie von uns, daß nimmer mehr thun, die beſte Buße iſt!

Maͤnner von angebranntem Gehirn; ihr ſchwaͤrmender Kopf fliegt Schwindlich auf Fluͤgeln des Jrrwiſch - lichts in ſumpfichten Pfuͤtzen. Noah, 70 S.

Wenn die Koͤpfe nun ſo weit wegfliegen, wo blei - ben denn die Maͤnner von angebranntem Ge - hirn? Bis hieher haben wir nur angebrannte Braten, und dergleichen Leckerbiſſen gehabt; nun beſitzen wir auch ein angebranntes Gehirn. Der Franzos verknuͤpfet mit Cerveau brulé keinen ſonderlichen Begriff: iſt es erlaubt, ihn bey den meiſten unſerer neuen Dichter anzu - wenden?

Mangel.

Es iſt kein beſſer Mittel, ſich des Man - gels zu erwehren; als wenn man ihn erwuͤrget; denn der Herr Rath ſind kein Wortſpieler.

Soback kennte den Mangel, als den, der den Mangel erwuͤrgte. Noah, 306 S.

So wollen wir den Hunger nach Fleiſch, den Hunger nach Brod erwuͤrgen laſſen.

Mantel.

Es giebt allerley Maͤntel; einige ſind Zeichen der Wuͤrde; einige ſind Strafen; z. E. die ſpaniſchen Maͤntel. Was iſt aber folgender Mantel fuͤr ein Zeichen?

Ueber289Ma Me
Ueber der Erde war, wie ein heller kryſtalle - ner Mantel, Alles Gewaͤſſer verbreitet. Noah, 359 S.

Ein Mantel von Glas! Eben ſo, wie ein glaͤ - ſern Dach. Vieleicht tragen die 200 Maͤnner kryſtallene Maͤntel, wenn ſie den großen Rath vorſtellen.

Mark.

Vor dieſem ging es nicht an, etwas Fluͤßi - ges auszuhoͤhlen; denn wie konnte das hohl bleiben, was in einander fließt. Der theure Herr Arzt von Haller aber hoͤhlet Mark aus; Se. Gn. machen und brauchen ein ausgehoͤhltes Mark.

Meander.

Dieſes ſoll ein Fluß in Kleinaſien ſeyn, der in ſeinem Laufe mancherley Kruͤmmen und Wendungen machet. Der große Rath, wie auch der Theologe, und Anhaͤnger brauchen dieſen Strom, wenn ſie zierlich von einer artigen Wendung, Vermiſchung der Sachen reden wol - len. Da nun ſchwerlich ein Fluß eine gleichlau - fende Linie machet: dieſe Maͤnner aber doch nach - zuahmen, einen beſondern Verſtand anzeiget; ſo geben wir hiermit, kraft unſers Kunſtrichteram - tes, allen denen, die nur zum Dichten, und He - xametriſiren einigen Beruf fuͤhlen, freye Macht und Gewalt, ihren Stroͤmen und Baͤchen, an de - nen ſie wohnen, gleiche Ehren zu erweiſen. Die Lindmat wird ſo gut ſeyn, als der Maͤander, und die Luppe ſo ſtolz auf ihre Beugungen ſeyn, als jener. Zugleich billigen wir auch alle moͤg - liche Beywoͤrter, die daraus nur koͤnnen geſchni -Ttzet290Metzet werden. So kann zum Exempel ein Maler reden:

Neuton hat erſt des Lichts verſchiedene Fa - den getrennet, Als er ihm in den lichten Meander der Miſchung gefolget. Noah, 410 S.

Da ſehen wir, 1. wie das Licht als ein Gebind Garn verwickelt geweſen; und dann 2. wie Neu - ton dem Meander, naͤmlich dem Faden, nach - gelaufen iſt. Man darf dieſe Redensart nur ſinnlich machen, und das Bild, wovon ſie genom - men worden, malen: ſo haben wir den wahren Begriff davon, und ein Mittel, die Richtigkeit jeder Figur zu beſtimmen. Man ſiehet wohl, daß der Herr Rath den Milton, aber nicht des Zuſchauers 595 Stuͤck uͤberſetzet hat. So kann weiter ein Tapezierer ſagen: einen Maͤan - der weben:

Noch hat der Gott, der die Schi - ckungen lenket, Keinen Maͤander, der unerforſchbar ſey, hier hingewebet. Noah, 284 S.

Man ſtelle ſich, nach obiger Regel, Gott als ei - nen Leinweber vor, der an einem Weberſtuhle ſi - tzet, und webet: ſo hat man dieſen Maͤander erforſchet. Wir koͤnnten noch mehrere Maͤan - der in den Offenb. St. Klopſtocks finden; unſere Leſer moͤchten aber uͤber ſo viele Schoͤnheiten gar zu entzuͤcket werden, daß ſie den uͤbrigen Maͤandern unſerer neologiſchen Tiefen ihre Aufmerkſamkeit nicht goͤnnen mochten. Wir eilen daher zu dem Beywoͤrtelein

Mean -291Me

Meandriſch,

welches, wie ein Sohn den Vater nach den Rechten vorſtellet, jederzeit den Maͤan - der ſelbſt vertritt. So ſagen wir rheiniſch; werden aber auch nun ſagen, lindinatiſch, lup - piſch, bariſch, oderiſch: denn ein Fluß iſt ſo gut, wie der andere.

Meer.

Es iſt an dem, daß Wellen nicht Berge ſind; allein ſie werfen ſich doch im Sturme ſo hoch auf als Berge: ein gebirgichtes Meer iſt alſo ein wallendes Meer: ſo wirft der Kaf - fee auch Berge; ſo ſagen wir auch ein gebir - gichter Kaffee: denn er wirft auch Wellen, wann er kochet; die ja in ihrem Weltchen gegen ein ſtillſtehendes Waſſer auch Berge ſind.

Alſo ſiehet ein gefuͤrchteter Fels vom hohen Olympus Jn das gebirgichte Meer auf ſchwimmende Leichname nieder! Aber bald wird ihn der Donner faſſen; bald wird er zertruͤmmert Tief im Meer ein Thal ſeyn, und liegen; ihn werden die Jnſeln Fallen ſehn, und ringsum dem raͤchenden Donner zujauchzen. St. Kl. in ſ. Offenb. 98 S.

Sollte wohl die Muſe von Sinai vom Olympus ſingen? Jſt ein gefuͤrchteter Fels nicht ein fuͤrch - terlicher? Liegt der Olympus am Meere? War - um ſoll ihn denn der Donner greifen? Was iſt das fuͤr eine Prophezeyung? Kann ein Berg ein Thal ſeyn? Das hieß vormals ein Widerſpruch! T 2Warum292MeWarum ſollen denn die Jnſeln jauchzen? Er drohete ja ihnen nicht: er drohete nur dem Meere: und iſt ſein Fall ſo ſchroͤcklich: ſo werden ſie eher beben, als jauchzen; denn bey Erdbeben pfleget niemand ſehr zu jauchzen. Wir nennen dieſe Figur den Regenbogen. Er hat vielerley Far - ben; er ſpielet ſchoͤn: wer ihn aber zu erreichen hoffet, vor dem fliehet er; und ſo iſt es mit dem Sinne der ſchoͤnſten Redensarten im Meßias beſchaffen. Sie glaͤnzen; ſie leuchten; ſie bli - tzen; und oft donnern ſie: nahet hinzu, greifet darnach: ſo iſt es eine Waſſerblaſe, und oft noch weniger.

Meerengichter Sund.

Jn Norden heißt eine gewiſſe Meerenge der Sund. Meerenge und Sund ſind Stammwoͤrter; ſie koͤnnen alſo Kin - der zeugen: ſie zeugen demnach meerengicht und ſundicht, ein Zwillingspaar; dieſe nun mit ein - ander verheyrathet haben erſtlich bodmeriſche Meerengen zu Kindern.

Nod iſt durch einen meerengichten Sund von Chus abgeſchnitten, Der von ſtrudelnden Stroͤmen mit lautem Bruͤllen durchkreuzet wird. Hier ſind die Waͤlder voll Wildbraͤt ꝛc. Noah, 51 S.

Da haben wirs, daß Horaz Unrecht hat mit ſei - nem Delphinum ſilvis adpingit & fluctibus aprum. Hier giebt es ja Waͤlder voll Wild - braͤt mitten im Strudel bruͤllender Stroͤme. Wir ſtellen uns hierbey auch Stroͤme vor, dieſanft293Me Maſanft bruͤllen oder ſchreyen; und beklagen nur die Schiffe, die in dieſem Sunde ſegeln. Schade, daß Gog hier keinen Zoll angeleget.

Meere zerflieſſen in lange Gebirge.

Wir haben ſchon oben einen Probierſtein angegeben, das aͤch - te und unaͤchte einer Metaphor von einander zu unterſcheiden. Wir wollen zur Abwechſelung die - ſe darauf ſtreichen. Wir malen uns ein Meer; dieſes iſt Waſſer: nicht wahr? Da ſoll nun etwas zerflieſſen, was ſchon zerfloſſen iſt: das iſt nun ſchon unbegreiflich; noch unbegreiflicher aber wird es, wenn Waſſer Sand oder Fels werden ſoll, von welchen Materien doch Gebirge beſtehen. Der goͤttliche Klopſtock, dem wir und ſeine Be - wunderer ſo oft mit dem Rauchfaſſe uͤbers Ge - ſicht fahren, hat faſt jede Zeile ſeiner Offenb. mit dieſer Figur, die wir den Unſinn nennen, ver - braͤmet. Wir ſchlieſſen daher, daß die Muſe von Tabor nicht deutſch kann; denn koͤnnte ſie es: ſie wuͤrde es wohl reden.

Die Meere zerfloſſen in lange Ge - birge, Da ſein kommender Fuß die ſchwarzen Flu - then zertheilte. Off. St. Kl. 48 S.

Ein kommender Fuß iſt das nicht ein allerlieb - ſter Fuß?

Mauern.

Herr Lazarus, der in die ſilberne Cidli goͤttlich oder ſehraffiſch verliebt iſt, baut auf eine wunderſame Art in ſich ſelbſt eherne Mauern. Dieſe ganze Liebeserklaͤrung zeiget, wie die Liebe mit der Schwaͤrmerey artig zu ver -T 3binden294Mabinden ſey; und daß auch eine Offenb. nicht ohne Liebe beſtehen koͤnne.

Wie hat mich der Schmerz mit ehernen Mauern Jn mich hinein verſchloſſen! ()

Das mußte ſo ſeyn; denn haͤtte er dich drauſſen gelaſſen: ſo waͤre die arme Cidli Gefahr gelau - fen; und die ſehraffiſche Liebe wuͤrde in eine fleiſch - liche Begierde ſeyn verwandelt worden: dieß aber iſt bey den bibliſchen Dichtern allein dem Sa - tan erlaubet, der ſich mit Vergnuͤgen, wie ein ausgemergelter Buhler, der Buhlereyen erinnert, die er im Himmel, vorm Throne Gottes, mit ſeiner ſchoͤnen Tochter, der Suͤnde, getrieben. Auf eben d. S. finden wir einen Schmelztie - gel, eine Seele aufzuloͤſen: wir danken fuͤr die Erfindung, und hoffen dadurch bald zu den Theilen zu kommen, woraus unſer Weſen beſtehet.

Und in Schauer der Angſt, ohne Namen, in Schlummer des Todes Loͤste meine Seele ſich auf Off. St. Kl. 135 S.

Eine Angſt, die gar nichts heißt, eine Angſt ohne Namen, iſt das nicht eine entſetzliche Angſt?

Wenn ich jenen Gedanken, Jenen andern Gedanken der Nacht, und der Einſamkeit dachte. e. d.

Was iſt doch der erſte Gedanke, wenn man in der Nacht an ein Maͤgdchen denket? Du armer Lazarus! Warſt du denn noch ſo heilig verliebt,als295Meals du ſchon deine irdiſche Huͤlle einmal abgeleget hatteſt? Man hat Maͤhrchen von Leuten, die wie - der aufgelebt ſeyn ſollen; allein dieſe neugeſchaffe - ne Menſchen waren bis zu ihrem zweyten Tode allem Jrdiſchen abgeſtorben: es muß doch nicht ſo ſeyn!

Melancholiſch.

So kann man zu einem Schwer - muͤthigen ſagen: Sie haben heut ein melan - choliſches Aug.

Sein tiefes und melancholiſches Auge Funkelte, da ſprach er mit zornig gefluͤgel - ter Stimme. Off. St. Kl. 107 S.

Jſt das wahr, daß ein Aug funkelt, in dem ſich die Schwermuth leſen laͤßt? Werden wir nicht auch bald freundlich gefluͤgelte, oder gefiederte Stimmen bekommen?

Maͤhl.

Maͤhl hat noch niemand geſaͤet: allein der große Rath, der teleſcopiſche Brillenma - cher, ſaͤet gar Semmelmaͤhl. Was wird er doch erndten? Wurmſaamen! Noah, ir - gendwo.

Menſch.

Was iſt ein Menſch? Ein

Zweydeutig Mittelding von Engeln und von Vieh. Haller, 104 S.

Ob wir gleich nicht recht wiſſen, was ein zweydeu - tig Mittelding fuͤr ein Ding iſt: ſo bewundern wir doch dieſen Ausdruck; finden aber, daß vor uns die Teufel noch ſind; hinter uns hingegen die Affen dieſe Leiter der Weſen hinaufklettern. Se. Gn. ſtehen ſonder Zweifel auf einer Sproſſe mit den Engeln, da Sie ja bey lebendigem Leibe halb Ewigkeit ſind.

T 4Aus296Me
Aus ungleich feſtem Stoff hat Gott uns auserleſen; Halb zu der Ewigkeit, halb aber zum Ver - weſen. e. d.

Dieſer ungleich feſte Stoff iſt der Leib und die Seele. Jener iſt folglich ſo unzerſtoͤrlich, als dieſe. Gott

Schuf uns zu etwas mehr, als Herren von dem Wild. e. d. ()

Dieſes iſt gar zierlich a. St. Herren der Thiere geſagt. Se. Gn. haͤtten figuͤrlich alſo weiter ſa - gen koͤnnen: zu Herren der Haſen ꝛc.

Menſchennachahmer iſt der Aff;

und ein Goͤtter - nachahmer der Menſch; ein Teufelsnachah - mer der Gottloſe.

Die aufrecht der Aff auffuͤhrte, der Men - ſchennachahmer, Durch die engeſte Graͤnze getrannt von dem dummeſten Menſchen. Noah, 242 S. ()

Jſt getrannt ein Druckfehler, oder ein Zürche - rismus? Jſt die Graͤnze nicht enge, die zwiſchen einem dummen Menſchen und Affen iſt? Wir glauben, daß ſie zwiſchen einem dummen und lebhaften Dichter und einem Affen noch enger iſt. Es iſt freylich wahr, daß man einem ſolchen Witzlinge eine menſchliche Geſtalt anſiehet; allein er machet ſo viel krumme Spruͤnge, und hat eine ſo unvernehmliche Stimme, daß man eher einen Affen, als einen ſolchen Dichterling, verſtehen wird. Eines jeden Menſchen Geſicht ſoll mit demGeſichte297MeGeſichte eines gewiſſen Thieres eine Aehnlichkeit ha - ben; man will gar von derſelben auf die Gemuͤths - art ſchlieſſen. Umgekehrt! ſo waͤre es recht! von der Gemuͤthsart auf die Aehnlichkeit!

Menſchenbild.

So kann man ſagen, ein Ochſen - bild; denn ſagen wir nicht ein Weibesbild, ein Mannsbild?

Sie will (die Gottheit) ihr goͤttlich Bild in Menſchenbilder huͤllen. Samml. Nicol. 88 S.

Huͤllet man etwas in Bilder: ſo reiſſet man die Bilder erſtlich ab. Allein die Gottheit will Menſchen machen, ein Bild, das uns gleich ſey. So ſpricht die Bibel! aber ſie irret: und das goͤttliche Bild, der Geiſt, iſt in Menſchenbil - der eingehuͤllet: natuͤrlich, wie eine Lattwerge; oder eine Oblate, in der man Pillen einwickelt, wenn einem Kranken vor ihnen ekelt.

Menſchengewebe;

folglich auch ein Goͤttergeſpinn.

Wenn er das Menſchengewebe der irdiſchen Seligkeit fliehet. Off. St. Kl. 28 S.

Menſchliche Mahlzeit.

Jſt das wohl eine menſch - liche Mahlzeit, bey der die Herren Satane Menſchen verzehren? Und darum nennet ſie doch der große Rath eine menſchliche Mahlzeit.

Dieſe geſchlachteten Koͤrper, die Leichen auf Leichen gehaͤufet; Die Gefaͤße mit Blut, den Duft des ſieden - den Erztes, Der aufſteigend den leckern Geruch zu den Satanen wehet. T 5Wahr -298Me MiWahrlich! ein wuͤrdiger Trank fuͤr deine Goͤnner, die Teufel! Wuͤrdig, daß ſie im Schwarm zu der menſch - lichen Mahlzeit ſich draͤngen. Noah, 152 S.

Weiter! Mit dem Beyworte menſchlich verknuͤpf - te man bisher die Begriffe des Mitleidens, der Schwaͤche, und anderer Leidenſchaften: was iſt aber ein menſchliches Zimmer fuͤr ein Ding?

Sammelte dann ſein Haus in die menſchli - chen Zimmer des Kaſtens. Noah, 240 S.

Ach! wir fuͤrchten, daß es auch unmenſchliche Zimmer geben koͤnne; wie fuͤrchterlich werden die nicht ſeyn!

Minen.

Furcht ſaß in den minen. Jac. u. Joſ. ()

Jſt das nicht ein trefflicher Stuhl fuͤr die Furcht?

Milton.

Hier iſt eine offenbare Beſchimpfung des Miltons; allein ſo gehet es: Lumen majus obfuſcat minus: und ein halbes zuſammenge - ſtohlenes Gedicht ein ganzes zuſammengeſtohlenes.

Leider! ein Tag wird kommen, der Miltons erhabene Gedichte Auch mit Vergeſſen bedeckt, die ewig zu leben verdienen ꝛc. Weder der Nachwelt Laſtern, noch ihrem anarchiſchen Goͤtzen Wird es gelingen, die hohen Geſaͤnge vom Blute des Bundes Vor der Aufloͤſung der Erd in den Staub des Vergeſſens zu werfen. Noah, 239 S.

Ey! Ey! Herr Rath! Was haben ſie hier fuͤr einen Goͤtzen?

Mitſeyn. 299Mi

Mitſeyn.

Gaͤbe ſich ein Narr ſo viel Muͤhe, klug zu ſeyn, als er ſich giebt, einen Narren vorzuſtellen: wie leicht wuͤrde er weiſe werden! Gaͤbe ſich alſo ein dunkler Dichter ſo viel Muͤhe, deutlich zu ſeyn, als er ſich giebt, dunkel zu ſeyn: wie leicht wuͤrde er ſich leſen laſſen! Das wiſſen Se. Gn. wohl; daher ſagen Sie:

Kein endlich Weſen kennt das Mitſeyn aller Sachen. Haller, 102 S.

Miskennen;

was heißt das? ich miskenne dich! Wie er ſo ſchoͤn iſt! a. St. verkennen vieleicht.

Und voll (beſoffen) von ihrem Glanz; ver - druͤßlich aller Schranken, Miskennten ſie den Gott, dem ſie ihn ſollten danken. Haller, 108 S.

Nach dieſer Regel nimmt das Beywort verdruͤß - lich die Zeugendung zu ſich.

Mißtoͤnen.

Die Sylbe miß kann man mit vielen Woͤrtern verſetzen; z. E. mißklingen, mißſpre - chen, mißſchlagen, ꝛc.

Schwere Geruͤchte Kreuzen von Land zu Land und wachſen hin - an zu den Wolken, ꝛc. Worte der Laͤſterung, des Grimms, mißtoͤ - nende Stimmen der Hydern Der unflaͤtigen Guanos, der Uhu, und der Hyaͤnen. Noah, 43 S.

Das ſind unflaͤtige Dinger! Der Dichter brau - chet ſie a. St. die Suͤnden der Erde ſchreyen zu Gott um Rache. Dabey giebt er den Guanos ein Aemtchen; und laͤßt ſie die Stimmen der Hy -dern300Midern zum Generalbaße dienen; welches denn ei - ne vollkommene mißtoͤnende Muſik vorſtellet. So kann man auch ſagen:

Mißtritt a. St. faux Pas;

denn es giebt toͤdtliche Mißtritte, die das Antlitz entfernen: z. E. wenn man einem auf die Naſe tritt.

O! wie befuͤrcht ich, wie fuͤhl ich, es hab ein toͤdtlicher Mißtritt Gottes Antlitz vom Menſchengeſchlecht entfernet. Noah, 309 S.

Mittag.

Mein Mittag iſt vorbey, ſagte Kanitz, um zu ſagen: die Haͤlfte ſeines Lebens ſey voruͤber. Der Herr Rath aber bedienet ſich einer Sonne, und waͤlzet ſie, ohne ſich zu fuͤrchten, die Finger zu verbrennen.

Nunmehr waͤlzet die fuͤnfzigſte Sonn um die Stunden des Mittags. Noah, 17 S.

Fuͤnfzig koͤmmt von fuͤnf; und ein Sprachlehrer, wie B. biethet der Gewohnheit Trotz. Man muß in allem das Ungewoͤhnliche, folglich auch im Zaͤhlen ſuchen.

Mittag.

Ein heitrer Mittag. Beſſer:

Ein klarer Mittag, der das anbrechende Licht der Sonne gleichſam ausloͤſchet. Buttſt. 6 B. 17 S.

Bey dieſer Redensart kann ſich der Leſer erforſchen, wie weit ers in Entdeckung des Schoͤnen und des Gedachten gebracht hat. Der Mittag, der das anbrechende Licht der Sonne ausloͤſchet, iſt erſt ein rechter Mittag! Man koͤnnte ſagen: der Aus - druck iſt uͤbertrieben! Aber man gebe auf das Ne -benwoͤrt -301Mibenwoͤrtchen gleichſam Acht. Dieſes iſt geſchickt, eine Sache zugleich zu bejahen, und zu verneinen. Ein Candidat, mein guter Freund, ſchrieb mir, daß ſeine Excellenz der Hr. Graf = = = ihm eine erledigte Pfarrſtelle gleichſam verſprochen haͤtte. Der Herr Candidat bekam nichts; und daran war das Woͤrtchen gleichſam ſchuld: denn der Can - didat war in allen Wiſſenſchaften gleichſam ein Polyhiſtor, nur in der Bibel nicht.

Mittelding.

Der Herr Rath lieben ſehr die Mit - teldinger, die Maͤgdchen; Sie bringen ja dieſe niedlichen Dinger allenthalben, wie der Ritter von der traurigen Geſtalt ſeine Dulcinee von Toboſo, an, und ſagen:

Sie ſind ein Mittelding zwiſchen Juͤngling und Engel. Noah, 91 S.

Sie ſind alſo halb Engel, halb Juͤngling. Halb Engel, das gehet an; denn die Engel werden frey - lich heute Maͤnner, morgen Weiber: allein halb Juͤngling: nein! denn wir haben nie gehoͤ - ret, daß ein Maͤgdchen zeugen koͤnne: es muͤßte ein Bodmeriſches ſeyn.

Mitternaͤchtlicher Berg;

der iſt im Norden. Da fuͤhret der Weg zu einem Loche, das in den Mit - telpunct der Erde gehet, da waͤlzen ſich Oceane; da iſt ein menſchenloſes Geſtade; da iſt die ganze klopſtockiſche Schoͤpfung; da iſt eine mit fluͤßigem Schimmer bekroͤnte Sonne; da ge - het ſie nie auf und unter; da ſind der Koͤnigreiche Beſchuͤtzer, die Engel des Krieges und des Todes.

Auch302Mi Mo
Auch die Seelen, die zarten kaum ſproſſen - den Koͤrper entflohen. 2 S. d. Off. St. Kl.

o! ſene Rarité! Die Seelen waren noch nicht reif; ſie werden ſchon wiederkommen; denn un - term groͤßern Schauplatze der Welten verſte - hen wir die Erde.

Jhre Beſchuͤtzer begleiten ſie zu ſich, und leh - ren ſie reizend Unter dem Klange belebender Harfen, in lieblichen Liedern: Wie und woher ſie entſtanden; wie groß die menſchliche Seele Von dem vollkommenſten Geiſte gemacht ſey; wie jugendlich heiter Sonnen und Monden nach ihrer Geburt zum Schoͤpfer gekommen. e. d.

So daß es ein Wunder iſt, daß die Jungen ſo dumm ſind, wann ſie zur Welt kommen, und der Schul - meiſter ſie kaum mit Einblaͤuen auf das A B C verhelfen kann; ja manche Seele kann ſich Zeit Lebens nicht darauf beſinnen. Wir nennen die - ſes den Raritaͤtenkaſten; laſſen alſo einen fluͤßi - gen Schimmer, ein menſchenloſes Geſtade, ein jugendlich, und andere Seltenheiten mit Ver - gnuͤgen bewundern.

Modeln;

ſich zum Manne modeln; ſich zur Jung - fer modeln; ſich zum Narren modeln; ſich zum Weiſen modeln; ſich zu Hallern modeln; ach! wie Se. Unſterblichk. ſich nicht zum Dichter gemodelt haben!

Sie303Mo
Sie ſinds, bey dem man ſich zum Manne modeln muß, Steif, ehrbar, ordentlich, in ſeinem Thun bedaͤchtlich, Gewirbig; zum Gewinn iſt ihm kein Weg veraͤchtlich. Haller, 92 S.

Worauf gehen denn alle dieſe ſchoͤne Beywoͤrter? Z. E. das Gewirbig? Sind die weiblichen Rei - me nicht ſchoͤn? Wir ſind barmherzig; wir wol - len alſo ein Mittel angeben, ſich zu einem Haller zu modeln; 1. lerne man weder conjungiren, noch decliniren: denn dieß Geheimniß gehoͤret al - lein den gelehrten und fremden Sprachen; 2. erlaube man ſich alle nur moͤgliche Fuͤgungen der Woͤrter; 3. ſey man durchaus nicht deutlich; dieß uͤberlaſſe den Proſaiſten, Franzoſen und Gottſcheden; 4. uͤberleſe man nie ſeine Arbeit, aus Furcht, hernach Fehler zu finden, die man erſt fuͤr Schoͤnheiten hielt; 5. nenne alle Ari - ſtarchen Dummkoͤpfe, wenn ſie auch nur die Schale, und nicht den Kern deiner Gedichte an - packen; 6. ſchreibe nicht viel; und gieb deine Ar - muth an Einfaͤllen fuͤr eine Weisheit aus: ſo wirſt du Haller werden.

Moͤrderiſch einen anſehen;

d. h. einen toͤdten wollen.

Bald werden die Menſchen Moͤrderiſch mich anſehn! Offenb. St. Klopſt. 99 S.

Wenn alſo ein Mann ſeine Frau verliebt anſiehet: ſo will er Kinder machen. Jener ſagte: Leutevon304Movon großen Gemuͤthsgaben verdieneten allein gehangen zu werden. Wir wollen ſo grau - ſam nicht ſeyn; doch ſagen wir, daß Dichter von großer Einbildungskraft allein verdienen eingeſperret zu werden, wenn ſie dieſelbe uͤbel anwenden. Die groͤßeſten Thorheiten, die aͤrgſten Schnitzer, werden durch die aͤuſſerliche Schminke, die ein falſcher Witz ihnen zu geben weis, ſchoͤn: daß unvorſichtige Gemuͤther ſich in die Farbe vergaffen, ehe ſie wiſſen, daß es Schminke iſt. Ja, gebet mir ſechs Gelehrte, die ich uͤberreden kann, daß undeutſch ſchreiben und Schnitzern ſchoͤn iſt: ſo wird es ganz Deutſch - land zur Hoheit zaͤhlen.

Mizren

heißt in der Bodmeriſchen Erdbeſchrei - bung die Aegyptier; alſo Mizraim das Land, und mizraimiſch aͤgyptiſch.

Von den grenzen des Nils und der Mizren zuryke gekommen. Jac. u. Joſ. u. mehr.

Monaden.

Dieſe fehleten noch im Nimrod, und koͤnnen mit den Atomen einen ungemeinen Glanz einer bibliſchen Epopoͤe ertheilen: ginge es nicht an, die vorher beſtimmte Harmonie des Hn. von Leibnitz darinn einzuflechten; z. E. in der Hexe von Endor?

Ein heftig Entſetzen durchdrang Satans ſubtilſte Monaden. Nimr. 439 S. ()

Wir haben geglaubt: ein Geiſt beſtuͤnde nur aus einer Monade; ein Koͤrper hingegen aus mehre - ren; wir haben es geglaubt und geirret; denn wiewir305Mowir ſehen; ſo beſtehet Satan aus vielen Mona - den: d. i. er iſt ein Koͤrper. Ey! Ey! Herr Magiſter! das war nicht wolfianiſch!

Mond.

Sind das nicht hoͤfliche Worte? Og ſpricht ſo mit Noahn; gerade, als ob jener den Koran geleſen haͤtte.

Ruf den Monden vom Himmel, u. gieb ihm deine Befehle! Vor dich zu treten, u. gegen dich eine Neigung zu machen; Alsdann dich laut mit den Worten zu gruͤßen: o! Gottes Prophete! Auf dir ruhe der Friede! Nach dieſen hoͤfli - chen Worten Heiß ihn in deinen Rock, durch den rechten Aermel, hineingehen; Durch den linken dann wieder heraus; nach dieſem ſich theilen, Eine Haͤlfte nach Morgen, die andre nach Nie - dergang fliegen, Jn der Luft herum huͤpfen, wie leichte Gras - huͤpfer ſpringen, Endlich ſich wieder vereinen in einen zirkeln - den Monden, Und in dem Thierkreis des Himmels die vori - rige Stelle bekleiden. Noah, 155 S.

Warum nicht lieber ein unſterbliches Maͤgdchen von oben herab laͤchlen? Wir nennen dieſe aller - liebſte Erfindung die Mondſucht. Die Sonne iſt nicht allein die Schatzkammer der Gleichniſſe; unſere heilige Maͤnner wiſſen auch, was mit demUMonde306MoMonde anzufangen; und niemand iſt mondſuͤchti - ger, d. i. niemand liebet mehr die Gleichniſſe, die vom Monde genommen werden, als der Theolo - ge. Z. E.

Still, wie der friedſame Mond in daͤmmern - den Mitternachtswolken, Jſt Joſeph von Arimathia. Offenb. St. Kl. 104 S.

Eine Mitternachtswolke iſt weit ſchwaͤrzer, als eine Morgenwolke. Da wir einmal am Him - mel ſind, ſo wollen wir auch einen Cometen be - trachten.

Jtzt uͤberſtieg er ſechsmal die volle Scheibe des Monden, Trat mit verbreitetem Gang uͤber die naͤchtlichen Schatten Und vermehrte die taube Stille mit dreyfa - chem Schauer. Noah, 222 S.

Da ſehen wir, wie der Comet 6 mal anſetzet, uͤber die Scheibe zu ſpringen; und, da es nicht gehet, mit aus einander geſperreten Beinen uͤber die Schatten tritt; und zu der Stille, die, wie wir lernen, nicht Ohren hat, einen dreyfachen Schauer ſchuͤttet. Aber was iſt doch ein drey - facher Schauer? Jſt es nicht eine vox Nihili?

Morenfarben,

a. St. ſchwarz; ſo ſprich ſchwe - denfarben a. St. weiß. Nimrod, 633 S.

Die morenfarbene Nacht, die thauichte Freundinn der Sterne; Der halbaͤuicht ſchnarchende Schlaf, der leidbegrabene Stumme,Hatten307MoHatten den nachtſchweifigen Liebſten der Abenddaͤmmrung geſendet. Der wetterweißagende Mond mit blaſſen blinkenden Wangen ꝛc.

Sind das nicht Beywoͤrter? Jſt das nicht Ge - ſchmack? Streichet die Haͤlfte der Beywoͤrter weg: was bleibet? was von Folgenden bleibet!

Jhr Matten voll Schatten, begraſete Waſen, Jhr naͤrbigt u. faͤrbigt gebluͤmete Raſen: Jhr buntlichten Sternen, Jhr Felderlaternen! ꝛc. ꝛc.

Es zeiget einen Reichthum an Einfaͤllen an, wann man ſo lange Beywoͤrter zuſammen raffet, bis man das letzte Wort des Hexameters ertappet hat; denn dieſes laͤuft vor dem Dichter, und dieſer hin - term Worte her.

Morgen.

Wieder ein Beweis, daß Longin uns mit Recht die mehrere Zahl zum Erhabenen an - preiſet; denn ſagen wir nicht die Abende?

Erhabner Seelen theure Morgen
Zu edel fuͤr gemeine Sorgen
Stehn hier zum Dienſt der Wahrheit frey.
Haller, 131 S.

Se. Hochgeb. Unſterblichkeit werden uns ver - goͤnnen, dieſe theure Morgen erhabener See - len, wie billig, zu bewundern: wir bewundern ſie! und den Erfinder. Wir wußten wohl, daß Dero Freund, der große Suͤndfluthenbarde, nicht unterlaſſen wuͤrde, dieſe Metaphor hoͤher zu trei - ben; Raͤuchern Sie nicht, nach Sr. Gn. Vor -U 2bilde,308Mobilde, mit einem Morgen - und Abendweihrau - che? a. St. Gebeth zu ſagen?

Wo ein Altar, vom glatteſten Marmor der Klipp aufgerichtet, Taͤglich mit Morgen - u. Abendweihrauch zum Himmel hinauf ſteiget. Noah, 17 S.

Der Altar ſteiget alſo alle Morgen zum Him - mel hinauf? Wann porzelt er denn wieder her - unter?

Morgenklage und Abendklage:

was iſt das? Das iſt Zophenatpanah, den Jacob Mor - gens und Abends beklaget.

Joſeph, die morgenklage Und die abendklage Jac. u. Joſ. 8 S. ()

Warum nicht auch die mitternachtsklage? Hier finden wir auch, daß die Maͤnner, wie die Froͤſche, mit der Rechten Kinder zeugen.

Benjamin, Sohn der Rechten des va - ters. e. d.

Haben der Herr Rath ihren Sohn ſo gemachet? Sie ſind ja ein unvergleichlicher Mann!

Morgenroͤthe.

Die Dichter haben ſeit undenkli - chen Zeiten ein Recht gehabt, dieſes Wort nach Belieben zu gebrauchen. Vor kurzer Zeit hat ein großer Geiſt und ein ſtarker Dichter die Kunſt erfunden, an ſtatt der Schminke, das Angeſicht mit Morgenroth zu faͤrben. Eine Wiſſenſchaft biethet der andern die Hand. So ſolls ſeyn! Vielleicht lernen wir noch Stoffe mit Morgen -roͤthe309Moroͤthe faͤrben. Meine Einſichten reichen nicht zu, in der Naturlehre Entdeckungen zu machen. Jch will auch hier nicht von Licht und Farben ſchreiben. Meine Abſicht iſt, den angehenden Rednern die Morgenroͤthe anzupreiſen. Die Streitfrage iſt bekannt: ob naͤmlich die Heyden zu den Zeiten Auguſts, des erſten roͤm. Kaiſers, erleuchtete Ein - ſichten in philoſophiſche Wahrheiten gehabt haͤtten, oder nicht? Foſter hat fuͤr die erſte Meynung eine Predigt gehalten: und ein wahrhaftig großer Redner der Deutſchen, der Herr von Jeruſa - lem, hat ſich fuͤr die letzte erklaͤret. Jch habe in den Reden dieſer fuͤrtrefflichen Maͤnner kein Bluͤm - chen[finden] koͤnnen, welches die Frage deutlich ent - ſchiede. Der alte boͤſe Geſchmack herrſchet in ihren Reden. Endlich iſt mirs doch gelungen. Bey einem dritten Manne fand ich das Bluͤm - chen, man kann durch Huͤlfe deſſelben von der phi - loſophiſchen Wiſſenſchaft der Heyden gruͤndlich ur - theilen. Wenn man alſo die Stufen ihres Er - kenntniſſes, und deſſen Deutlichkeit, ſcharf beſtim - men will, ſo nehme man eine Hand voll Morgenroͤthe, eben ſo viel Licht, und etwas gebrochene Strahlen, vermiſche oder ſchmeiße ſie wohl unter einander: ſo hat man einen deutlichen und vollſtaͤndigen Begriff von der philoſophiſchen Wiſſenſchaft der alten Heyden. Jhre Lehren, ſagt mein wortreicher Schrift - ſteller, gleichen der Morgenroͤthe, die das Licht zeuget, von dem ſie ſelbſt iſt geboh -U 3ren310Muren worden, und mit ihren ſchwachen und gebrochenen Stralen die Ankunft des vollkommenen Lichtes anzeiget. Buttſt. Dieß iſt ein Muſter einer ſehr deutlichen und ſinn - reichen Antwort. Ein Denkender kann nach Belieben etwas dazu, oder nach Gefallen auch etwas davon denken.

Muͤndel des Saͤbels.

Jſt der Herr von Saͤbel nicht ein feiner Vormund? Wir bewundern die - ſe Vormundſchaft hoͤchlich; und freuen uns, wann wir Soldaten ſehen:

Soͤhne des Raubs, des Unrechts Freund, u. Muͤndel des Saͤbels, Auf der Schneide des Schwerts mir den Trank des Todes zu bringen. Noah, 32 S.

Den trinke Rath Bodmer! Jſt der Raub nicht ein huͤbſcher Papa? Weiter!

Schon war der Staub genaht; es ſtiegen Reuter und Pferde Aus ihm hervor. Schon roch ich den Tod von den Waffen Abirams. e. d.

Die Reuter waren abgeſtiegen: denn wie haͤtten ſie ſonſt vor den Pferden aus dem Staube her - vorſteigen koͤnnen? Wie riecht denn der Tod? Sauer oder ſuͤß? Noch ein allerliebſtes Muͤndel!

Kennt ich den Geiſt, den Seraph, der zwiſchen Gott und mir ſtuͤnde, Der die Weiten verſchluͤnge, die zwiſchen Gott und mir liegen,Die311MuDie zu den Soͤhnen des Staubs mich ſper - ren, zu Muͤndeln des Viehes. e. d. 308 S.

Nun ſage man mir, daß der Witz keine Kraft ſey, die Aehnlichkeiten der Dinge wahrzunehmen. Nehmen nicht, kraft dieſer Faͤhigkeit, der Herr Rath wahr: daß ein Sehraff das Maul auf - ſperret, Weiten zu verſchlingen? Sehen Sie nicht, daß der Staub unſer Vater iſt? Ja! erfahren wir nicht, daß ein Bruͤmmel unſer Vormund iſt? Was iſt alſo der bodmeriſche Witz? Eine Faͤhigkeit, einem Dinge Eigen - ſchaften beyzumeſſen, die es nicht hat, und Aehnlichkeiten zu finden, die kein Henker ſu - chen ſollte.

Muͤtterliches Land

heißt in der heiligen Accen - tuation das Land, wo man gebohren worden; denn Vaterland druͤcket lange ſo viel nicht aus: wir werden es kuͤnftig ein ſchweſterliches Land nennen.

Muͤtterliches Land, o Erde! nach dir ſeh ich ſehnlich hernieder. Jn den Geſ. St. Kl. 22 S.

Mundwiſſenſchaft,

iſt das eine Freßwiſſenſchaft, eine Brodkunſt?

Wenn nun die Eule nicht der Menſchen Mund -
art findet;
Jn ihrem Weſen war die Eule nur ge -
gruͤndet.

Ey! Ey! wie koͤmmt der Vers hieher? eine ge - gruͤndete Eule, iſt das nicht eine ſchoͤne Eule?

U 4Em -312Mu
Empfaͤng ein kuͤhner Hahn, was Rednern oft
gebricht,
Mundwiſſenſchaft und Witz: wie buͤndig
ſpraͤch er nicht.
Zernitz 153 S.

Er hat ſie empfangen, die Mundwiſſenſchaft: denn ſtreut ihm nur brav Futter; er wird ſchon freſſen. Ach! lerneten doch unſere Dichter eher conjungiren und decliniren, ehe ſie Verſe mach - ten; denn oft ſind ſie ſehr gelehrt; ſie wiſſen al - les, nur die Grammatik nicht: aber auch ohne die kann man gelehrt ſeyn. Videantur Haller, Bodmer, Klopſtock, Naumann u. a.

Murmelungen a. St. Murmeln.

Jſt das nicht ungemein?

Murmelungen von o! Weh! -- Vom ſchoͤnen Thurm -- Gott ſey uns gnaͤ - dig! -- Brem. Ged. 126 S.

Jſt das nicht eine ſchoͤne Murmelung? Gott ſey uns gnaͤdig! Gott ſey uns gnaͤdig, wofern der Dichter dieſe Ode zu einem Gewitter gemacht haͤtte, daß er es nicht gethan, bittet er a. d. 118 S. um Vergebung. Man horche! denn auch horchen iſt beſſer, als hoͤren. Man wird bey dieſem Gedichte nicht eben glauben, daß ich es im Ganzen, als eine Copie von einem Originale der Wirklichkeit, verfertiget habe. Frey - lich! ach! nein! Wir nehmen es nicht uͤbel! denn es waͤre ein gedrucktes Ungewitter gewor - den: es praſſelt ſo genug darinnen!

Muße einem geben,

d. h. einem ein Gnadengeld von 400 Thl. geben, daß man Muße genughabe,313Muhabe, eine Sprache zu verhunzen. S. Vor - ber. zur Ode vorm Meßias.

Myndling; a. St. Muͤndel;

denn der Witz des Hrn. Rathes iſt fruchtbar, den Woͤrtern Schwaͤnze anzuhaͤngen.

Aber ich folge den brydern itzt nach dem fluſſe Mizraims, In der næhe die weisheit von meinem Myndling zu hören.
Jac. u. Joſ. 38 S

Myriade.

Dieſes iſt eines von den maͤchtigſten Woͤrtern in der Klopſtockiſie; nur ewig Scha - de, daß Luther es nicht gebraucht hat: er wuͤrde auch, wie St. Klopſtock, der Seher, geſaget haben:

Wer kann auf Erden ſie zaͤhlen? wer untern Himmeln? Jhr Nam iſt: Myriade!
Klopſtockiſie, 139 S.

So aber redet leider die Schrift nur von Legionen und Hunderttauſend. Vieleicht heißen die Himmel auch Myriade; zum wenigſten gehet das Fuͤrwort Jhr auch auf Himmel; denn ſo wohl ein wohl angebrachtes Fuͤrwort, als eine geſchickte Vermiſchung der Namenendung mit der Klageendung machet im[Deutſchen] eine aller - liebſte Zweydeutigkeit. zum erſten Exempel dienet obiges; zum zweyten, wenn ich ſagen woll - te: Helden naͤmlich ſchaffen Voͤlker; denn man ſiehet nicht, wer geſchaffen wird, ſo wenig als man hier eine Endung entdecken kann. Wir haben dergleichen Schoͤnheiten auch im HermannU 5entde -314Naentdecket; und der Verfaſſer hat uns verſprechen muͤſſen, ſie nach ſeinem dichteriſchen Gewiſſen zu beurtheilen. Allein, er habe das Herz, und be - wundere ſie nun! Es iſt noch Platz genug fuͤr ihn in unſerm trefflichen Woͤrterbuche; wir biethen ihn allen, die darnach ehrgeizig ſind, unentgelt - lich an.

N.

Z. N. Den Augenblick, da wir dieſen Buchſtab anfangen wollen, erhalten wir einen Brief, deſſen Siegel eine Amphisbaͤne iſt, die eben mit einer Hyaͤne Hochzeit machet. Wir brechen ihn auf, und leſen:

Spitziger Herr!

Orel und Compagnie berichten uns, daß ihr einen ſpoͤttiſchen Auszug unſerer heili - gen Dichter machet; wir hoͤren auch: daß ihr Leſer finden werdet. Glaubet ihr denn aber, daß wir nicht Hyaͤnen, Guanos und Am - phisbaͤnen genug haben, ſie euch auf den Hals zu ſchicken? Richten die nun in unſern Gedichten eine ſolche Verwirrung an: was werden ſie euch nicht erſt thun? Jhr ſehet wohl, daß wir uns zu euch in eurer niederen Sprache herab laſ - ſen; indem ihr unſere goͤttliche Reden doch nicht verſtehen wuͤrdet. Wir warnen euch al - ſo! Leget euch mit uns nicht auf, die wir hie - rarchiſch auf Sinai herrſchen! Denket, daß wir noch einmal die Charactere der deutſch. Ged. vermehren und veraͤndern koͤnnen! Nach315NaNach Gottſcheden wollen wir euch einſchalten. Haltet mit der Arbeit ein: ſonſt drohen wir euch, wie der Praͤſident Voltaͤren: Zittert!

Bodmer.

Da haben wirs! Wie ein Menſch nicht unſchuldig in Ungluͤck gerathen kann! Thun wir wohl etwas anders, als bewundern? Klauben wir nicht aus dem bodmeriſchen Miſte die Karfunkelſteine, mit denen der große Rath ſich ſchmuͤcket? Und dafuͤr werden wir bedrohet? Und dafuͤr haben wir den Dank? Allein, es iſt noch ein Tag! Arbeiten wir nicht fuͤr unſere undankbare Mitbruͤder: ſo ar - beiten wir fuͤr eine dankbare Nachwelt. Wir wol - len alſo fortfahren, und alle Vorurtheile des Anſe - hens, die alte Großmutter, wie Perſius ſaget, aus unſern Herzen reiſſen.

Nacht.

Se. Gn. geben der Nacht einen Pinſel, und ſie muß ſich ſelbſt malen.

Wo ſich in jedem Buſch die Nacht des Grabes malt. Haller, 149 S. ()

Es iſt freylich! wahr; dieſe Nacht malet ſich in jedem Verſe dieſer dunklen Ode und unvollkom - menen Liedes. Folgende Nacht verehren wir auch mit gefalteten Haͤnden:

Die Nacht hatte ihres Gemahls fleckichtes Schild ſchon verſilbert; Er (der Hr. Gemahl) ſtund beyn Kerzen des Himmels, wie der Vater untern Soͤhnen. Nimr. 151 S.
Mit316Na

Mit Erlaubniß, Herr Magiſter! war das der Herr Mond?

Naͤchtlich.

Als wir juͤngſt ſo herum gingen, und auf Stoff zu unſerm Buͤchlein dachten: erblick - ten wir einen großen Saal. Auf der Thuͤre ſtand mit mizraimiſchen Lettern gemalet: Der Dichterſaal. Herr v. Haller war der Thuͤr - huͤter; allein eben, weil er des Amtes noch nicht gewohnet war, war er eingeſchlummert. Wir gingen alſo hinein. Jn der Mitte ſtand ein ſehr großer Tiſch, und eine Drechſelbank, worauf jeder Dichter ſein Weltchen drechſelte. Die Splitter hoben einige Kunſtrichter, oder woͤchentliche Tyran - nen, auf. Es ging ganz entzuͤckt zu; einer ver - drehete die Augen; der andere wackelte mit dem Stuhle: nur Bodmer verderbete alles, was noch zu trocken war, mit ſeiner Suͤndfluth; ſie ergoß ſich uͤber den ganzen Tiſch, daß alſo alle da - von naß wurden. Jn den Winkeln waren Tiſch - chen geſetzet, woran Anfaͤnger ſaßen, die ſich mit neuen Beywoͤrtchen abgaben. Die Ehre war freylich klein; aber es war doch eine Ehre. Unter andern fanden wir da den menſchenfreundlichen Gellert, der ſich Hexameter zu machen bemuͤhte. Allein es gelang ihm nichts beſſer. Jſt Saul auch untern Propheten? ſprach ich: Ja! ant - wortete er: was thut man nicht, um zu gefal - len? Jch trat eben auf ein Splitterchen, das vom Meßias flog, und ſiehe! es was naͤchtlich! Denn ſo ſinget der, der Offenbarungen geſehen:

Nie -317Na
Niemals hat noch ein Auge, von kleinern Himmeln umgraͤnzet Dieſe verlaßnen Gefilde geſehen, wo naͤchtli - ches Erdreich Unbewohnt ruht. e. d. 26 S.

Nun, mein Leſer! weißt du wohl, was ein naͤcht - liches Erdreich iſt? Jch will dirs ſagen: ſo bald du mir erklaͤren wirſt: ob St. Klopſtocks Aug von kleinen Himmeln umgraͤnzet iſt? Ach! auch eine naͤchtliche Lampe! ey! die des Nachts brennet. Wer brennet bey Tage eine Lampe?

Jtzo liegen die Staͤdte noch ruhig; bey naͤcht - licher Lampe Wacht noch der Weiſe; e. d. 93 S.

Hierauf unterreden ſich goͤttliche Freunde bey Champagnerweine von der Seele: das iſt et - was ſelten; und das wird eine heftige Diſputir - kunſt werden, wenn die Duͤnſte in die Koͤpfe ſteigen werden. Mit dem Glaſe in der Hand diſputiret ſichs gut.

Nacht Gottes ruhet auf einem himmliſchen Berge.

16 S. Off. St. Klopſt. warum nicht im Thale? St. Klopſtock ziehet die Nacht und den Tag aus dem Kaͤfichte hervor, wohin ſie der blinde Milton, unter Gottes Throne, verſperret hat - te. Wir loben ihn deswegen; haͤtte er aber nicht lieber gar die Nacht weglaſſen koͤnnen? Die En - gel ſchlafen ja nicht: wozu brauchen ſie denn eine Nacht? Weiter! Eine naͤchtliche Thraͤne iſt weit ruͤhrender, als eine taͤgliche: z. E.

Jhm318Na
Jhm winkt ſchimmernder Ruhm, u. die Un -
ſterblichkeit,
Viel zu theuer durchs Blut bluͤhender Juͤng -
linge
Und der Mutter und Braut naͤchtliche
Thraͤn erkauft,
Jn das eiſerne Feld umſonſt.
Ode an den Koͤnig.

Wem gehoͤret dieſe Unſterblichkeit? Den Juͤng - lingen? Und erkauft: wohin gehoͤrt das? Hier bewundern wir auch eine Strophe, der der Nachſatz fehlet.

Wenn der Saͤugling im Arm hoffender
Muͤtter ſchlief
Einſt ein gluͤcklicher Mann! (Miltonia -
nismus;) wenn ſich des Greiſes Blick
Sanft in Schlummer verlohr, u. itzt verjuͤn -
get ward:
Noch den Vater des Volks zu ſehn.
e. d.

Freylich iſt hier ein Punct: allein wo iſt der Sinn? Wir bewundern anbey das Verjuͤngen des Bli - ckes. Ferner haben wir oben ſchon die horazia - niſche Art geprieſen, aus einer Strophe in die an - dere zu laufen. Aber ach! wie ſchoͤn iſt nicht, wenn man eine Strophe folgendergeſtalt anfangen kann!

Jſt ein Chriſt u. belohnt redliche Thaten erſt. Wer iſt ein Chriſt? Der Koͤnig der Daͤnen! Ey! war er das nicht ſchon von Koͤnig Haralds Zeiten her? Welche Neuigkeit!

Nachlaß

war vor Olimszeiten, bis Bodmer kam,mit319Namit Erbſchaft einerley: nun aber bedeutet es auch Kinder.

Benjamin Meiner zærtlichen Rachel, du bleibſt ihr einziger nachlaß: Jac. u. Joſ. 10 S.

Nackendes Auge.

Hat wohl jemand ein bekleide - tes geſehen? Freylich! Wer denn? Der große Rath!

Jtzo ward er des Nachts mit nackendem Auge geſehen. Noah, 210 S.

Namen.

Neue belohnende Namen heißen im St. Klopſtock die Standeserhoͤhungen, die er zuweilen mit den Planeten und Engeln vor - nimmt. Denn die Engel ſind gerade ſolche Nar - ren, wie wir: ſie laſſen ſich auch durch klingende Namen fangen; z. E. Unſterblichkeit, a. St. Excellenz. Da ſind

dann Buͤcher des Lebens, die unter dem Hauche Maͤchtiger Winde ſich oͤffnen, und Namen kuͤnftiger Chriſten Neue belohnende Namen, des Himmels Unſterblichkeit, aufthun. Meß. 18 S.

Werden die Winde ſie auch nicht verblaͤttern? So ſind auch die Engel die Excellenzen des Him - mels; da waͤre Eloa die vornehmſte, erlauchte - ſte Excellenz.

Naß.

Dieſes Woͤrtchen kann einen Menſchen be - zeichnen, der gerne trinket. Kurz: einen Saͤu - fer. Will man alſo ſagen: die Kinder des Trun -kenbol -320Nakenboldes pflegen immer auch gerne zu ſaufen; ſo kann mans feiner geben:

Die Kinder lieben gemeiniglich Wein und Bier, die ein naſſer Vater gezeuget hat. Buttſtaͤdt. ()

Naß.

Was iſt doch folgendes fuͤr ein Naß?

Er netzt dich, wirſt du zun Vaͤtern
begraben,
Mit Menſchen unreinbarem Naß.
Ode an Steinbruͤck.

d. h. auf deutſch: er wird auf dein Grab piſ - ſen; denn wahrhaftig! dieſes Naß iſt Menſchen unweinbar; aber nicht unpißbar. Noch ein al - lerliebſtes Naß!

Entſtuͤnd ein ſchwaͤcher Naß, als Feur in Elementen. Zernitz, 96 S.

So iſt denn das Feuer naß, und Waſſer feu - richt: iſt das nicht philoſophiſch gedichtet, und grob gelogen?

Natur wird itzund von allen, die nach der Hoheit oder Tiefe ſtreben, a. St. Welt gebrauchet.

Jndem die Ewigen ſprachen: Ging durch die ganze Natur ein ehrfurcht - volles Erbeben. Meß. 9 S.

Das Erbeben lief; denn es hatte Ehrfurcht.

Entfliehend und ferne Geht die bewoͤlkte Natur voruͤber. 11 S.

Wer iſt das? So kann man auch ſagen Mutter - natur: denn der Dichter, oder der Herr Rath wird ihr, als ein kleiner pausbaͤckichter Junge, an dem Geburthstage an die Warzen geleget;freylich!321Nafreylich! um mit der Milch die Heimlichkeiten einzuſaugen. Wie? oder leget ihn Mutternatur an die Warzen der Muſe? Noch eins! wer iſt dieſe himmliſche Muſe? Wer wehet denn die Gei - ſter Elihus an? die Muſe? oder Mutterna - tur? Spuren ſagen, iſt das nicht ſchoͤn?

Von der großen Geſchicht hat in den Tafeln der Zeiten Wenige Spuren der Schwamm, der ſie durch - waͤſchet, (die Zeiten, oder die Geſchichte, oder Spuren?) gelaſſen; Schier unmerkbare Spuren; allein die en - dorſche Muſe, Weis ſie u. ſagt ſie gern dem Dichter, der an dem Geburthstag Von der Muttermama ihr an die Zitzen ge - legt ward. Sie iſts, die vor den Waſſern der Fluth die Geiſter des Lohnſteins Angewehet, u. ihn die ſchwaͤrmenden Lieder gelehret, Die mit dem Vater Klopſtock den Herrn im Dunkeln nun ſingen. Noah, 4 S.
So Klopſtock! Wie bethet ihr Antlitz, Und die gefaltete Hand vor ihm an. Auch ſcheint die Natur hier Ueberall ſtill zu ſchauern, als waͤre Gott wo zugegen. Jn ſ. Offenb. 178 S.

So bethet die Hand? So ſchauert die Natur auch irgendwo laut?

XNatio -322Na Ne

Nationen erzeugen.

Man betruͤge ſich nicht, und denke, als haͤtte ſie ein einziger Mann erzeuget. Das waͤre ſeiner Faͤhigkeit zu viel zugetrauet: und das koͤnnte nicht ein Kapuziner bereiten. Aus des Gerechten Lenden ſind ſie entſprungen:

Daß er da goͤttlicher lebt u. Nationen er - zeugte. Noah, 3 S. ()

Nefrem.

Man ſollte es nicht denken, was fuͤr eine Ordnung in Wuͤrden oder Etiquette, die mizrai - miſchen und patriarchaliſchen Meiſterſinger bey ihren Hoͤfen halten.

Hœrt die befehle Pharao Nefrems, u. Zophenatpanahs, des Nefrems Vezieres. Jac. u. Joſ. 39 S.

davon ſtand in der Bibel nichts. Menes war Zophenatpanahs Hoffverwalter oder Ober - hofmeiſter.

Nelken.

Von Nelkengeruche umfloſſene Lippen einem antragen: iſt das nicht eine ſchoͤnriechen - de Wortart? So riechen die Lippen? Wir wiſ - ſen wohl, daß Leute, die einen ſtinkenden Athem haben, Nelken freſſen: aber wir wollten ſie doch nicht kuͤſſen, wenn ſie uns auch gleich mit Nel - kengeruche umfloſſene Lippen antruͤgen.

Zalmon, ein Sclav in der Bluͤthe der Jahre, verſchmaͤhte die Kuͤſſe, Die ihm mit Nelkengeruch umfloſſene Lip - pen antrugen. Noah, 308 S.

Man male ſich doch dieſe Lippen, und den Nel - kengeruch, wie er ſie umfleußt; oder um ſie her - fleußt.

Neige323Ne No

Neige war ſonſt der Hefen;

nun aber hat die Erde ein Ding, das man Neige nennet, und hinter dem vieles entfliehet.

Jhre Pallaͤſte entflohn ihm hinter die Neige der Erde. Noah, 6 S. ()

Neunmal neun,

a. St. zwey und ſiebenzig; bald wird man das Einmaleins in Verſe bringen.

Hanuch faßte ſie nicht in ihre neunmal neun Thore. Noah.

Noachiden.

Wer iſt das? Geck! Es ſind die Kin - der Noahs. Sagen wir nicht Hexakliden? So koͤnnen wir auch Alexandriden, Auguſtiden, Noachiden, Abraimiden, Alphaͤiden, Bod - meriden ſagen: denn eine griechiſche Endung klinget gar vortrefflich.

Alſobald fammeln die Noachiden mit ihren Vermaͤhlten. Noah, 184 S. Den du Abraham ſchwurſt u. nach ihm den Abrahamiden. St. Kl. 116 S.

Netz.

Hier iſt eine noch ſinnreichere Erfindung, als der Schild iſt, den ein Engel im Taſſo holet.

Raphael nahm das goͤttliche Netz im Zeughaus der Allmacht, Welches (das Zeughaus?) auf einmal Pro - vinzen u. Koͤnigreich uͤberſpannet, Wunderbar, unaufloͤßlich, wiewohl von zaͤr - term Gewebe, Als der klebrichte Faden der Spinn iſt, tuͤch - tig das Spaͤhen Satans ſelber zu taͤuſchen ꝛc. Noah, 159 S.
X 2 Eben324No
Eben dieſes himmliſch geſtrickete Netze Faͤngt einen, der Alter durch im gefalteten Blatte gelegen. ꝛc.

Wie lange lag er? Alter durch! wie lang iſt das? ich weis nicht! Was iſt doch himmliſch ge - ſtrickt? Hat alſo Gott eine Fiſchreuſe? So iſt denn die Luft eine See; und wir ſind die Gruͤnd - linge. Was machet denn das Netz im Zeug - hauſe, wo Gott ſeine Donner auf haͤnget? Jm Fiſchhauſe muß es ſeyn. So verſteigen wir uns in die Luft, und fallen ins Netz, ins goͤttlich geſtrickete Netz, das uͤber uns geſtreuet iſt; Noah, 161 S. und regnen aus der Luft in die Hoͤlle; Wachs und Mann vertraͤufeln. e. d. Dieſes iſt ein Meiſterſtuͤck der tiefen und heiligen Dichtkunſt; und wohl zu betrachten.

Noch:

ein Wort, welches von unſern franzoͤſiren - den Witzlingen zum Anfange eines Satzes ſehr ge - mißbrauchet wird; z. E. von G. von H. von B. von K. und Anhange. Nicht ihres Ge - ſchlechts, d. h. des weiblichen Geſchlechts.

Miſchte ſich dann erfreut mit ihrem Bruder - geſchlechte Welche mit Wunder den Glanz nicht ihres Geſchlechts an ihr ſahen. Noah, 407 S.

So kann man auch ein ja ſein Geſchlecht bilden: ein vortrefflicher Ausdruck!

Norden.

So hat ein Schiff alle vier Winde.

Den325No Nu
Den Wind zu empfangen, Den im Norden des Schiffs unſichtbare Fluͤgel erſchuffen. Noah, 158 S.

Jſt denn der Wind oder die Luft nicht bereits da, ehe ihn unſichtbare Fluͤgel erſchaffen? Noch ein tiefer Ausdruck:

und hinter ihm brannten Nordens Geſtirn unverdeckt durch ſein durchſichtig Geſchleppe. Noah, 217 S.

Jſt das Geſchleppe nicht ſchoͤn?

Noditen ſind Leute aus Nod;

Zyrchiten, Bod - merianer, oder Leute aus Zyrich.

Neun Noditen, die nackt dort in den Waͤl - dern umſchweifen. Noah, 353 S.

Wir bewundern auch hier einen Traum, der mil - de mit Wundern beſaͤet iſt; denn Wunder iſt ein ſchoͤner Samen.

Noth.

Die ferne Noth mit altem Ueberfluſſe ſpeiſen: ſollte dieſe Speiſe wohl einen Hungri - gen ſaͤttigen? Wuͤrden Se. Gn. nicht hungern, wenn wirs mit Sr. Gn. verſucheten? Se. Gn. ſingen:

Sie zeuget uns, wie heut fuͤr morgen ſor - gen muß, Und ſpeiſet ferne Noth mit altem Ueber - fluß. Haller, 104 S.

Nullen.

Der Ueberſetzer der Jlias laͤßt den Ulyſ - ſes zum Therſites ſagen:

Jm Felde, wie im Rath, biſt du fuͤr nichts zu zaͤhlen.
X 3Dieſes326Nu Ob

Dieſes drehet, und ſpinnet der Herr Magiſter auf ſeinem Raͤdelein folgendergeſtalt:

Die ſind im Kriegsrath Nullen; nichts be - deutende Stimmen. Nimr. 415 S.

Antilongin hat, wie wir oben erwaͤhnet, eine Figur Macrologie, oder Pleonasmus genannt, die man ſo oft gepaaret findet, als man ein ma - gers Kaninichen einem fetten beywohnen ſie - het. Nullen ſind hier das Fette, und nichts - bedeutend das Magere. Antil. 114 S.

Nur in Kleinigkeiten verliebte Geiſter geben auf ihre Ausdruͤckungen Acht; und es iſt nur eine Er - findung der Abendlaͤnder, poetiſche Woͤrter mit der geſunden Vernunft zu beleuchten. Jſt die Dicht - kunſt nicht die Sprache der Goͤtter? Wenn nun Dichter, wie andere Menſchen, ſpraͤchen: wuͤrden ſie nicht eine Kunſt entweihen, die nur Wahnwi - tzige fuͤr eine Sprache der Narren halten? Da nun entzuͤckt ſeyn und auſſer ſich ſeyn, eins iſt: ſo ſind auch unſere Dichter auſſer ſich: ſo bald ſie ihr Raͤdelein in die Hand nehmen, und ihre Ge - danken darauf drehen.

O.

Ob

ihm wird zierlicher a. St. auf ihn, oder uͤber ihn gebrauchet. Unter andern bewundern wir auch hier die Reichsacht, in die Se. Gn. die Seele erklaͤren.

Nachdem der matte Geiſt die Jahre ſeiner Acht,Ver -327Ob OfVerbannt in einen Leib, mit Elend zuge - bracht, Schlaͤgt erſt ob ihm die Noth mit voller Wuth zuſammen: Verzweiflung brennt in ihm mit nie ge - ſchwaͤchten Flammen. Haller, 98 S.

Wir ſind mit der Acht vollkommen zufrieden; und Se. Unſterblichk. wuͤrden nicht ſo unſterblich geworden ſeyn: ſtuͤnden Sie nicht dieſe Verban - nung aus. Wir laſſen die Frage unentſchieden, ob die Noth uͤber den Leib, oder uͤber den Geiſt zuſammenſchlage.

Oberhofmeiſter.

Haben wir nicht geſaget, daß Zophenatpanah Großvezier geweſen? Er war auch Oberhofmeiſter: denn auch die mizraimi - ſchen Großen waren, wie unſere, im Stande, mehr als einer Wuͤrde vorzuſtehen.

Simeon, einer der ælteſten war zuryke geblieben, Ihn befahl der oberhofmeiſter in bande zu legen. Jac. u. Joſ. 3 S.

Offenbarungen.

Nun ſage man uns: ob wir Un - recht haben, die Traͤume St. Kl. Offenbarun - gen zu nennen! Man gebe nur auf das Woͤrte - lein auch acht!

Der Juͤnger Der in der einſamen Patmus die Offen - barungen auch ſah. Meß.

Hier iſt gar zierlich Jnſel ausgelaſſen; denn ſo kann man ſagen: die heiße Sardinien; die em - poͤrte Corſika: ſubintelligitur Jnſel.

X 4Ohr. 328Oh Ol

Ohr.

Jſt auch jemals erhoͤret worden, daß Ohren leſen koͤnnen? Hr. Samuel Patzke, der Lob - redner des Meßias, laͤßt ſie leſen; denn ein Glied kann ja wohl des andern Stelle vertreten.

Es iſt, ſagt er, eine zu große Verwerfung und Ver - ſetzung der Redensarten da, wider alle Vor - ſchriften der Sprachlehre; ſo daß ſie, (die Meßiade,) nicht ein deutſches Ohr, nicht ohne Mißvergnuͤgen leſen kann. Samml. Nicol. 44 S.

Wir freuen uns uͤber dieſes deutſche Ohr, und werden jauchzen, wann wir ein ame - rikaniſches ſehen werden.

Midas, le Roi Midas, a des oreilles d’aſne. Boileau.
Die Ohren eilen zur Gruft, u. mit den Oh - ren die Toͤne. Brem. Ged. 54 S.

Ey! das iſt artig! daß die Ohren mit ins Grab kommen: freylich; die Todten ſollten ſie drauſſen laſſen.

Olympiſch.

So bald mir meine Leſer ſagen wer - den: ob es erlaubet iſt, den chriſtlichen Himmel den Olympus zu nennen: ſo will ich ihnen das Beywort treulich uͤberſetzen. Allein, wir zwei - feln; denn waͤre es erlaubt: ſo koͤnnten wir auch Jehovahn mit dem Namen Zevs ehren; es rechtfertigen es einerley Urſachen. Wir wundern uns indeſſen, daß die Heyden nicht ſo oft vom Olympus, als die iſraelitiſchen Dichterlinge, reden.

Um ihn her ſtand von ſeinen Nachkommen ein Kreis in dem andern ꝛc. Jn329OlJn Geſtalten olympiſches Lichts; ihr ir - diſcher Leib lag Unter dem Staub der Erde verweſt, verzetelt und finſter.

So kann ein Leib verzetelt und finſter liegen? Ein olympiſches Gezelt, und eine olympi - ſche Schlafkammer ſind huͤbſche Wohnungen. Noah, 302 S. Hier ſind viel olympiſche Saͤchelchen; der Leſer beliebe nur den ganzen Murmelthierkaſten, olympiſchen Murmelthier - kaſten, nachzuſehen. Auch iſt hier das Dunkel der menſchlichen Farbe; auch ſteigt der Menſch auf zu kleinen Engelsgedanken, und der En - gel herunter zu großen Menſchengedanken. Wir halten es mit den großen Menſchengedan - ken; die naͤmlich ſind allezeit groͤßer, als kleine Engelsgedanken. Jn eben dem Kaſten klinget der Harfenton der menſchlichen Stimme; da - her wir uns denn auf einen Geigeton freuen. Ach! auch ein Sopha, oder Cannape fuͤr den Hn. Raphael; denn die Engel ſitzen auch gern weich:

Raphael ſaß zu ihm auf ein Sopha, und hielt nicht fuͤr noͤthig, Seinen Reden erſt ſorgſam des Menſchen Ohr zu erbitten. Noah, 303 S.

Noah waͤre auch nicht geſcheidt geweſen, haͤtte er ihm ſein Ohr gegeben: es waͤchſet nicht wieder, wie eine Kredsſcheere.

Das Auge Gottes, das eines Geſellen nicht mangelt,
X 5So330Op Or

So hat Gott zwey Augen? Raphael ſaget:

Elend, das vom Olympus koͤmmt, iſt nicht Elend. 306 S.

Was waͤre es denn? Das iſt fuͤr einen Engel ein bischen dumm. Zu gleicher Zeit unterwerfe ich mich; und erklaͤre das Wort Olympus fuͤr das neue Jeruſalem. Denn, wenn die Engel den Himmel ſo nennen: ſo haben der Herr Rath vollkommen Recht. So heißt denn auch ein Olympier ein Himmling. 373 S. So hat auch der Theologe Recht, wann er ſaget:

So richtet ſich hoch ein olympiſcher Berg auf. Offenb. 97 S.

Denn er knieete erſtlich.

Opferwolken ſind nicht Wolken von Opfern; ſondern Rauch.

Daß das Heiligthum ganz von Opferwol - ken erfuͤllet ward. e. d. 143 S.

Orakel.

Nach der Bibel des zweyhundertmaͤn - niſchen Rathes verehreten Jacobs Kinder ein Orakel. Jſt das nun gleich der alten Bibel ein Paar Ohrfeigen gegeben: ſo iſt es doch der wahre Weg, zum Tiefen der heiligen Dichtkunſt zu gelangen.

Naphtali: (ſagte,) wie unglyklich hat uns das orakel verſchwiegen, Daſs uns die freund in Mizraim ſo un - treu hintergehen wyrden. Jac. u. Joſ. 49 S. ()

Orcane, die Waſſer im Abgrunde ſuchen.

War - um ſie es im Abgrunde ſuchen, da ſie es doch aufder331Or Pader Oberflaͤche haben: das weis allein ein tiefer Geiſt; nicht ein Geiſt, der tief iſt; ſondern, der in die Tiefe dringet, und naß, wie Bodmer, aus der Suͤndfluth zuruͤck koͤmmt. Noah.

Orion iſt ein gewiſſes Geſtirn am Himmel;

wir haben es nie donnern gehoͤret; allein der Theo - loge, der dort oben gewandelt, laͤßt, wenn er was ſchroͤcklich machen will, Orione wandeln und donnern.

Jhn (den frommen Teufel) ſchroͤckte der Glanz, und gefluͤgelte Donner Gegen ihn wandelnder Orionen J. d. Klopſtockiſie, 63 S.

Wir nennen dieſe Figur: der Orion! Er kann zugleich das Knarren der Sterne ſinnlich ma - chen, wenn man ihre Wendung um ihre eigene Axen beſchreiben will.

P.

Partikel.

Es iſt laͤngſt den Philoſophen Schuld gegeben worden, daß ſie nicht gebohren ſind, ei - ne Sprache zu verſchoͤnern. Daß es aber ein Jrrthum ſey, zeiget der philoſophiſche Magi - ſter Naumann, der da vollkommen weis, wie ſcheinbare Koͤrper entſtehen. Er redet von der Herrſchſucht:

Dieſe Gauklerin ſammelte in der Luft itzt vie - le Partikel, Und machte daraus eine Maſſe zu ihrem ſcheinbaren Koͤrper. Nimr. 233 S.
Pa -332Pa Pe Pf

Patrouillen im Nimrod!

Kein Wunder, denn der Herr Magiſter fuͤhret ſie auf.

Wir zogen aus von Ramalja, Und ſchickten viele Patrouillen, die Straßen reine zu halten. Nimr. 293 S.

Paͤaniſche Kuͤnſte;

was ſind das fuͤr Kuͤnſte? ſchwarze?

Alſo lebte Philocles in ſeiner foͤrenen Huͤtten ꝛc. Jnnig beluſtigt, durch ſeine paͤaniſche Kuͤn - ſte das Leben, Das am Rande ſchon ſtand, ſchon beweint war, zuruͤckzurufen. Noah, 338 S.

Wenn das helfen wollte: ſo lerneten alle Geizhaͤlſe dieſe Kuͤnſte. So lebte Philocles in einer Bun - deslade? Wie das Leben nicht ſtehet!

Peitſchen:

eine artige Peitſche! Zumal, wann das Blut dieſer Peitſche ſich bedienet. Der Peit - ſchenmacher iſt der Herr Rath! denn wer koͤnn - te es ſonſt ſeyn?

Jn den Adern kocht das Blut und peitſcht im Tumulte Jhr Gemuͤthe. Noah, 41 S.

Jſt das nicht ein Tumult?

Pflanzen.

Die Toͤchter ſind den Muͤttern weit naͤher gelegene Pflanzen, als die Soͤhne; die Urſache iſt unbekannt; doch ſchoͤn: darum, weil ſie Bodmer anfuͤhret.

Meine Gehuͤlfin gebahr dreymal; und jedes - mal Maͤgdchen,Jhre333PfJhre troͤſtende Freud, und naͤher gelegene Pflanzen. Noah, 34 S.

Pferd.

Ach! wie der ſel. Zernitz nicht die Pferde beſchlaͤgt!

Was will beym Weltmann doch der ſo geſetzte Gang? Der Pferde leiſer Zug, beym Gruß der ſpaͤte Dank? Zernitz, 76 S.

Wir ſagen: nichts will er! ein leiſer Zug iſt wohl ein Druckfehler, a. St. langſamer; die Pferde naͤmlich koͤnnen nie leiſe gehen: die Huͤ - fe muͤßten denn mit Filze beſchlagen ſeyn.

Pfoͤrtnerin.

Weis man, wer des Lichtes Pfoͤrt - nerin iſt? Es iſt das ſchoͤnſte Geſicht der Luft!

Das ſchoͤnſte Geſichte der Luft, des Lichtes Pfoͤrtnerin, hatte Mit lieblich praͤchtiger Roͤthe noch nicht den Landmann ergetzet. Nimr. 203 S.

Aurora, das klang heydniſch!

Pforte erklang mit waͤlzendem Lachen;

warum nicht mit ſielendem?

Ein wildes Gelaͤchter Faßte die Red auf; die Pfort erklang mit waͤlzendem Lachen. Noah, 60 S.

Pfropfen;

ein Recht, wie Pflaumen pfropfen. Siegmar ſaget nur im Hermann, 3 S.

Jſt der Trieb, den dir dein Vater in die zarte Bruſt gedruͤckt, Schon durch Roms verdammtes Schmaͤu - cheln, ewig dir zur Schmach, entruͤckt?

Allein druͤcken iſt nicht pfropfen; nicht nurSoͤhne334PfSoͤhne pfropfen; ſondern auch Tugenden pfropfen.

Damals pfropften die Vaͤter das Recht, die Tugend und Sitten Jn den Buſen der Soͤhne; ſie wuchſen darinn zum Jnſtincte. Das iſt: die Soͤhne wurden Hunde. Noah, 45 S.

Wir wuͤnſchten uns hiervon ein Paar Pfropf - reiſer.

Pfeilen.

Um zu ſagen, ehe die Sonne unterge - het: ſo ſprich:

Eh die ſonne den tag mit den feurigſten pfeilen entflammte. Jac. u. Joſ. 11 S.

Wann ſie alſo untergehet: ſo hat ſie ihre Pfeile verſchoſſen. Wir haben manchen warmen Tag erlebet: das koͤnnen wir uns aber nicht ruͤhmen, einen feurigen Pfeil der Sonne geſehen zu haben.

Pfuͤlbe.

Jſt das nicht eine niedliche Pfuͤlbe? Ab - diel Abbaddonna ſtack in ihr: ein allerliebſter Teufel!

Wehe mir! daß mein fuͤhlloſer Schlaf nicht ewig gewaͤhret hat, Daß er ſo hart, ſo unerweckbar nicht war, wie das Eis, Das zur Pfuͤlbe mir dient, in den ſanften Stunden der Ruhe, Die ich noch ſeit dem Abfall geruht. Noah, 329 S.

So fromm wie der Teufel auch iſt: ſo bleibet er in der Froͤmmigkeit auch ein Teufel. Merket derLeſer335Ph PiLeſer die Luͤge nicht? Abdiel nennet ſeinen Schlaf fuͤhllos; waͤre er aber fuͤhllos geweſen: ſo wuͤrde er wohl unerweckbar geblieben ſeyn. So war denn entweder der Schlaf erweckbar, und nicht fuͤhllos; oder Abdiel luͤget. Was meynen Sie, Herr Rath?

Phantome;

denn wir haben keine Geſpenſter.

Jtzo flattern Phantomen des ewigen Ruhms um ſein Auge. Off. St. Kl. 126 S.

Ey! Herr Profeſſor! Wuͤrden Geſpenſter nicht auch geflattert haben? Aber dieſe Phantomen waren in ihrem Kopfe.

Phrenetiſches Haupt gehoͤret ins Tollhaus;

denn es iſt ein verruͤckter Kopf ein phrenetiſches Haupt.

Jn dem phrenetiſchen Haupt war alles Ver - brechen und Laſter. Noah, 73 S.

Piſtacien.

Wer ſollte denken, daß Jacob Piſta - cien gekannt habe? Er hat ſie doch, und ſaget es: Jac. u. Joſ. 35 S.

Packet ein kleines geſchenk von den be - ſten frychten des lands ein: Honig, Storak, und ladan, piſtacien, mirrhen und mandeln. ()

Das wird Fingerlecken koſten!

Pinſel.

Jſt das nicht ein entſetzlicher Pinſel?

So mußt du dann Den Pinſel mit gereckten ewigen Armen Jn ſchreckliche Unendlichkeiten tauchen. Brem. Ged. 15 S.

Nichts fehlet, als der Farbenſtein und die Staf -feley;336Pi Plfeley; gereckte ewige Arme, die naͤmlich im - mer tauchen, malen die etwas? Nimmermehr!

Dieß Conterfait beſchaun dann nur die Goͤtter. e. d.

Der Heyde! Herr Oeſt! wohin? nubes & ina - nia captat.

So ſtellſt du gleichſam den Uneinge - ſchraͤnkten Jn Mignatur vor eingeſchraͤnkten Au - gen. e. d.

Das nenne ich, Gott en migniature gemalet! ja wohl recht ins kleine! Das ſind Maler! Nun folget der verjuͤngte Maaßſtab: denn der fehlete noch. e. d. 16 S.

Doch wiſſe: dieſe Kunſt iſt nicht ſo leichte; (das glaube ich.) Dein Auge muß das Ebenmaaß verſtehen, Und alles fuͤglich, nach Proprotionen, Verkleinern, groͤßern, trennen, ſchieben, fuͤgen. Der Anfang deiner Kunſt beſteht im Maaß - ſtab, Und in dem Puncte, den du mußt machen; Da ſetzeſt du den Zirkel ein und miſſeſt; Und freuſt dich dann des richtigen Gemaͤl - des. e. d.

Welch ein richtig Gemale! Jch freue mich deſſen. Und wer wird ſich uͤber den Hn. Johann Hein - rich Oeſt nicht freuen?

Platteforme.

Die heiligen Maͤnner ſind liebens - wuͤrdiger, als man glaubet; ſie trauen ihremdeutſchen337Podeutſchen Leſer mehr Faͤhigkeit zu, als er oft hat. Denn wiſſen wir, wo das Haus ſtand, wenn wir wiſſen?

Noahs Behauſung war auf der Plattefor - me gebauet. Noah, 5 S.

Pokal.

Wann wir einen Baͤcher mit Weine kroͤ - nen, iſt dann der Baͤcher nicht mit Weine ge - kroͤnet? Oder ſind die Reben unterm Weine zu verſtehen?

Selig, indem der Pokal, mit Wein gekroͤ - net, herumging, Und die Speiſen der Zunge liebkoſten; vor Leckernheit kraͤnklich. Noah, 59 S.

Jſt das liebkoſien nicht ſchoͤn? Was halten der Herr Rath vom Sinne des 2ten Verſes? Waren Sie nicht etwas berauſchet, als Sie dieſen Vers machten?

Sie beſtreuen mit Roſen das Bett, und ſchla - fen unſanfte, Wann die Knoſpen ſich unter die Blaͤtter mengen. e. d.

Sie haben auch Recht, denn auf Knoſpen mag ſich es auch unſanft ſchlafen: ſie ſind ja ſtachelicht! Es gehet leicht an, daß ein Ausdruck, im Kuͤnſteln, ſich eben von der ſchlechteſten Seite zeiget. Der Herr Rath wollen ohne Zweifel von Leuten reden,

Die ein Bett von Roſenblaͤttern oftermals verletzen kann. Baron.

Poſamenten.

Jſt es nicht unvergleichlich, wann der ſinnreiche Verheutiger Naumann einem Herolde einen guͤldenen Mantel mit Poſamen -Yten338Poten umhaͤngt? Ach! was fuͤr ein geſchickter Po - ſamentierer!

Zuerſt ritt ein Herold auf einem aſchfarbenen Pferde Jm langen Mantel mit guͤldenen Poſamen - ten und Franzen. Nimr. 218 S.

Jſt es nicht, als wenn wir in einer Zeitung die roͤmiſche Kaiſerwahl in Hexameter gebracht laͤſen?

Poſaune.

Wir haben oben allerley Poſaunen be - trachtet; eine, die von ſich ſelbſt blies; eine, die einen goldenen Laut blies: Hier haben wir eine Allmachtspoſaune: eine Art von Poſau - nen, die der Herr Rath blaͤſet.

Lieget das Alter der Erd im Todesſchlafe begraben: Bis die Allmachtspoſaune zum andern Gericht euch wecket! Noah, 301 S.

Hier iſt ſinnreich zu verſtehen gegeben, daß der Tod das erſte Gericht iſt; wir haben geglaubet, daß gleich darauf die Belohnungen ihren Anfang naͤhmen: allein, wie wir hoͤren, ſo verſparet ſie Gott bis zum zweyten Gerichte. Auch das Al - ter der Erde haben wir oben bewundert: denn wir ſagen ja ein Mannsalter. Verknuͤpfen wir nun gleich mit dieſem eine gewiſſe Anzahl von Jahren: ſo kann ja die Muſe von Sinai wohl den Herrn Rath, als er an ihren Zitzen lag, gelehret ha - ben, wie viel Jahre zu einem Erdalter gehoͤren.

Poſtament.

Bildhauer Naumann fuͤhret mit vielem Verſtande Statuen und Poſtamente ein;wir339Ph Prwir haben naͤmlich keine Schnitzbilder noch Fuß - geſtelle.

Ueberall ſiehet man Alleen, Grasbaͤnke, ſteinerne Tiſche, auf Poſtamen - ten Statuen. Nimr. 212 S.

Ach! wie die Hofdamen Sr. Maj. der Koͤni - gin Thirza nicht werden in den Alleen oder Gaͤngen auf und nieder geſchlendert ſeyn! Hier ſtellen wir uns vor, wie der Herr Magiſter wuͤrde im Gruͤnen geſeſſen und geſungen haben: natuͤrlich, wie eine Holzſcheere.

Phyſiognomon.

Herr Magiſter! was heißt das? Wir wohnen ja in Deutſchland, und ihr Kerl ſiehet aus, als wenn er auf einem Dorfe bey Athen gebohren waͤre.

Der beſte Phyſiognomon, Der aͤltſte Empyrikus ſchließt ſicher aufs Jnnre der Menſchen. Nimr. 232 S.

Empyrici, ſind das nicht Marktſchreyer? Man vertauſche die Woͤrter!

Praͤlaten im Nimrod!

Ha! Ha! Ha! Warum nicht auch die Monſtranz und die Transſubſtan - tiation? Ey! Herr Magiſter! wie wiſſen Sie nicht alles zu verheutigen! Laſſen Sie doch auch Ordenskreuze austheilen!

Thirza kam ihrem Gemahl in der offnen Saͤnfte entgegen Mit den Praͤlaten des Reichs; empfieng ihn unter dem Stadtthor. Nimr. 224 S.

Prieſter.

Das waͤre, daͤchte ich, nun eben kein La - ſter, wenn man in den Prieſter verartete. Ge -Y 2woͤhnli -340Prwoͤhnlicher Weiſe ſollen das die ſanfteſten Ge - muͤthsarten ſeyn. Was koͤnnen Prieſter davor, daß es unter ihnen Pabſte und Dairos gegeben hat? Gab es untern Engeln nicht Teufel?

Aber mein Herz verflucht den Gedanken, dein bluͤhendes Leben Abzumaͤhen; mein Vater mag in den Prie - ſter verarten. Noah, 30 S.

Allein Fuͤrſten und Prieſter haben es nun einmal mit uns verſchuͤttet. Alſo iſt das Leben Gras?

Prieſterlich.

Freylich! Ein ſo fruchtbares Stammwort muß nicht vorbey gehen, ohne ein Beywoͤrtchen zuruͤck zu laſſen: ein ganzer Vers wird durch das Wort prieſterlich tief. Gehet das weiter ſo fort: ſo griechenzen wir aͤrger, als die griechenzenſten Griechen gegriechenzet haben. Wir wuͤrden geſagt haben, vors Altar treten; St. Klopſtock aber accentuiret:

Er ſah ihn, und ging in feſtlicher Schoͤnheit Prieſterlich zum Altar. Offenb. 16 S.

Er haͤtte auch in ſonntaͤglicher Schoͤnheit gehen koͤnnen.

Praͤtor.

Es wundert uns, warum der Herr Magiſter nicht lieber einen Schultheiß gema - chet hat.

Der Praͤtor folgte ihm nach, und wies um - ſtaͤndlich die Mittel. Nimr. 286 S.

Probe.

Eine Probe ſchaͤnden: eine ganz ſpann - nagel neue Nothzucht!

Ich341Pu
Ich ſeh itzt Jacobs geſchlechte Gnugſam erweicht, u. hoffe: ſie werden die probe nicht ſchænden. Jac. u. Joſ. 38 S.

Wir hoffen es auch vom Herrn Rathe.

Purpur.

Man darf nicht denken, als wenn unſere Purpurkraͤmer mit Lohenſteinen und Maͤnn - lingen ausgeſtorben waͤren. Wir werden unſern Leſern mit ſo feinem Purpur aufwarten, dem man nur in Zyrich eine ſolche Hoͤhe ertheilen koͤnnen. Z. E. das waͤre zu niedrig, wenn ich mit Neukir - chen ſagen wollte: du biſt fruͤher, als Aurora. Hat Aurora nicht ein rothes Gewand an? Wir nennen es Purpur; ob wir gleich wiſſen, daß Purpur nicht morgenroth iſt: genug, es iſt Pur - pur; Purpur iſt ſchoͤn: folglich ſey es Purpur! Da gehen wir nun zun Thoren des Morgens; zupfen Auroren bey dem Purpur, und machen ihn, aber nicht Auroren, wach, die bis an den hellen Mittag ſchlaͤft: und dieſes thut ein Koͤ - nig ....

Er eilt, und macht ſchon an des Morgens Thoren Den Purpur wach. Samml. Nicol. 3 S.

Purpurgewand.

Dieſes von Lohenſteinen ſehr zerriſſene Gewand flicket der Rath Bodmer; ſchmelzet es und gießet es auf ſeinen Leib, wie folget:

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Fuͤnfzehn Tag im Purpurgewand mit Stroͤmen des Lichts Kamen das Feld der wieder entwickelten Luft zu umfaſſen. Noah, 302 S.

D. h. Der Himmel ward klar, und die Tage heiter. Um dieſes verbluͤmt zu geben: ziehe man den Tagen eine Purpurhoſe an; gieße Stroͤme des Lichtes daruͤber her, daß ſie naß werden, wie die Enten; darauf moͤgen ſie ihre Arme von einander breiten, und den Acker der Luft, die man aus einander wickelt, umfaſſen. So gehts! Erſt kam Haller, und lehrte uns ſchwei - zeriſch; dem folgen Bodmer und Klopſtock, und lehren uns rothwaͤlſch.

Puͤffe.

Puͤffe brauchet der Herr Magiſter im Nimrod, ohne zu fuͤrchten, der geſunden Ver - nunft ein Paar Puͤffe zu geben, und von der Sa - tire ein Paar Puͤffe wieder zu bekommen. Hier ſind ſeine und unſere Puͤffe.

Doch ſtuͤrmt ins Schiff ein Winds - braut Und deckts mit Sande und Schaum bey den ſchroͤcklichſten Puͤffen der Wellen. Nimr. 240 S.

Hat der große Kenner nicht Recht, der da geſagt: daß im Nimrod mehr Schoͤnheiten, und im Hermann weniger Fehler waͤren? Denn giebts im Letzteren wohl ſolche Puͤffe? Schnitzer wohl; aber nicht Puͤffe. Wenn nun in einem Gedichte mehr Schoͤnheiten; und in dem andern weniger Fehler ſind: welches iſt beſſer?

Pyra -343Py

Pyramide.

Jſt das nicht eine treffliche Pyrami - de, die nicht allein in der Luft haͤngt: ſondern die man auch durchwandeln kann? Eine Pyra - mide des Schweifes!

Damals war die Haͤlfte der Erde genoͤthigt ungluͤcklich Nicht nur die Pyramide des neblichten Schweifs zu durchwandeln, Sondern die Ufer der Atmosphaͤr des Sterns zu betreten. Noah, 248 S.

Der Herr Rath haben, wie man ſiehet, Wiſt - hons Meynung von Entſtehung der Suͤndfluth angenommen; laſſen daher die Erde auf das Ufer der Atmosphaͤre treten; denn die Luft iſt Waſ - ſer; ſo muß ſie auch Ufer haben: Wiſthon er - klaͤrte es nur durch die anziehende Kraft des Sternes. Allein ein Tritt iſt nachdruͤcklicher.

Pyramidene

Gipfel brauchet unſer pyramidene Dichter und Rath nach ſeiner wunderſamen Macht, Beywoͤrter zu bilden.

Japhet ſah von ihr nur die pyramidenen Gipfel. Noah, 6 S.

Das war Thamiſta, eine maͤchtige Stadt, die in ihrem Dunkel lag; d. i. in der Entfernung. Ob nun das einerley heißt, Dunkel und Entfer - nung, das weis Gott und unſer Herr Rath.

An des Horizonts Schluß lag im Dunkel Thamiſta.

Der Horizont naͤmlich hatte allda ein Ende: und folglich war jenſeits die Welt mit Brettern ver - ſchlagen.

Y 4Pyra -344Py

Pyraten wird gar zierlich, a. St. Seeraͤuber,

ge - brauchet. Jch finde ein Wort in einer fremden Sprache; es gefaͤllt mir; ich uͤberſetze es nicht; ich ziehe ihm nicht einmal einen Caftan an: es ge - faͤllt mir; das iſt genug! ich brauche es kuͤhnlich. Jſt es fremde: deſto beſſer! deſto weniger verſte - het mans, und deſto mehr bewundert man den Dichter. Eben ſo, wie ein Landjun - ker ſeinen Sohn aufs Pferd ſetzt; dem Jungen einen Degen umhaͤngt; 100 Thl. auf den Weg giebt, und ihn in den Krieg jaget. Gluͤcket es ihm; ſo heißt es: Das iſt mein Sohn! ich ha - be ihn gemachet. Gluͤckt es nicht: wir haben das Unſrige gethan, und die Welt mit einem Schlingel vermehret. So gehet es auch mit ei - nem neuen Worte: entweder, es machet ſein Gluͤck, oder es koͤmmt um. Folgendes hat ſein Gluͤck gemachet:

Durch Gottes regierendes Schickſal Wurden hievon Pyraten der fernen tyrrheniſchen meere aufgehoben. Jac. u. Joſ. 39 S.

Pyrmontiſch.

Aus pyrmontiſchen Baͤchern trinken, heißt das Pyrmonter-Waſſer trin - ken? Folglich aus Tokayerbaͤchern trinken, heißt Tokayer trinken. Allein, wenn es er - laubt iſt: ſo glauben wir in aller Demuth: daß man aus Tokayer-Baͤchern Waſſer, und aus pyrmontiſchen Wein trinket.

Von345Py Qu
Von holden Freunden, Jken! umarmet Faͤhrſt du anitzt auf ruhigen Stunden, Und trinkſt aus pyrmontiſchen Baͤchern Geſundheit und Freude. Brem. Ged. 75 S.

Faͤhrt ſich es ſanft auf dem Wagen der Stun - den? Wir rathen allen Dichtern, in Ermang - lung des Pyrmonterbrunnens, unſer Woͤrter - buch des Fruͤhjahres zu brauchen. Jener reini - get nur den Leib; dieſes aber den Kopf. Wir nehmen an der Geſundheit unſerer heiligen Maͤn - ner herzlich Theil; bitten ſie daher, folgende Spe - cies zum Clyſtiere vor dem Brunnen zu ge - brauchen: Species zu einem Clyſtiere; welches aber nicht von hinten; ſondern durch die Naſe zu appliciren.

Nimm eine Hand voll Kraͤuter aus Boileaus Dichtkunſt; ſonderlich von da, wo ein Kraut fuͤr die Teufel waͤchſet; vom Antilongin, quantum ſatis; je mehr, je beſſer. An St. der Milch, koche dieſes in einem Noͤſel der Waſſerblaͤschen, die mit dicken Klumpen vermenget, vom Odin wegrolleten. Laß es ſo lau werden, bis du es auf dem Auge leiden kannſt. Und dann ſpruͤtze!

Q.

Quade.

Was kann ein Menſch davor, wenn er ei - nen quaden Namen hat? Jſt aber auch der Dich -Y 5ter346Quter entſchuldiget, wenn er mit dem Namen ſpielet? Wohl! je laͤcherlicher ein Name iſt: deſto ehrwuͤr - diger machet ihn der Dichter.

Der Mann, o Quade! welcher in Unſchuld lebt. Samml. Nicol. 155 S.

Folgender iſt noch ſchoͤner!

Was beginnſt du kuͤhne Thaten! Nicht ſo ſorglos! Lappenberg! Lap - penberg! Brem. Ged. 110 S.

Siehet der Leſer wohl, kraft welcher Figur, in dem erſten Verſe, fuͤr ausgelaſſen worden?

Quarren.

So quarret der Herr Magiſter!

Da quarrten die hanfenen Sehnen Wie Froͤſche abendlich quarken. Allein der zwitzſchernde Bolzen ꝛc.

Jſt das nicht ein quarrender, quarkender, und zwitzſchernder Vers? Nicht anders! Man muß mit ſeinen Worten eben ſo quarren, quar - ken und zwitzſchern, als die Froͤſche quarren, quarken, und die Bolzen zwitzſchern: d. h. die Natur nachgeahmet: So macht es Virgil:

Quadrupedante putrem ſonitu quatit ungula campum. ()

Jſt folgendes nicht ein Gleichniß aus der Bad - ſtube?

Wie ein vielredender Zahnarzt einen in der Stube herumzerrt ꝛc. Eben ſo zerrte Gantham den angeſpießten Zemari. Nimr. 514 S.

Noch etwas Schrapendes.

Die347Qu
Die ſcharf gezogene Sehne Schrapte, wie das Schnarpen der Schafe, wann ſie die Kraͤuter zerkaͤuen. e. d.

Virgil machte auch neue Woͤrter, um Lappe - reyen und Poſſen nachzuahmen: natuͤrlich, wie der Herr Magiſter.

Quelle der Dichter.

Rouſſeau ſaget in ſeinen Briefen: Es iſt nicht genug, daß ein Gefaͤß von Gold iſt; es muß auch ſo fein, als moͤg - lich, gearbeitet ſeyn. Dieſes wiſſen unſere heiligen Maͤnner. Sie feilen daher und haͤm - mern an ihren Ausſchmuͤckungen ſo lange, bis ihre Gedichte alle nur moͤgliche Verdrehungen der Sprache zeigen. So ſagen z. E. der große Rath:

Die Quelle zu Vaterhoffnungen iſt dir Nicht verſtopft. Noah, 101 S.

Bey Maͤgdchen; ja! da geht es an; allein bey Bodmern muß ſie abgeſchnitten werden. Weiter!

Da in ihrem Gemuͤth die ergiebige Quelle von Troſt ſaß. e. d. 220 S.

Auf einem Stuhle? Sonſt waren die Bergwer - ke ergiebig.

Er hatte die Glut des Glanzes beſaͤnftigt, Und insgeheim in ihr Auge vom goͤttlichen Quelle des Lebens Etliche Tropfen gegoſſen, die Sehensner - ve zu ſtaͤrken. e. d. 373 S.

Der Glanz war vorher zornig; das Leben wird,wie348Quwie man ſiehet, in einer Flaſche verwahret. Hebet ſie wohl auf, daß ſie nicht einer mauſet.

Denn die Quelle der Freud und ihr Mittel bleiben unſtoͤrbar. e. d. 223 S.

Sonſt zerſtoͤrte man nur Haͤufer, und Quellen verderbte man: Umgekehrt! ſo wird ein Schuh daraus!

Sie ſind mit Diamant der Quelle des Lichtes gewiedmet. e. d. 24 S. ()

d. h. Sie ſind auf ewig der Sonne geheiliget. Dieſen vortrefflichen Diamant haben der Herr Rath dem Steinſchneider Lohenſtein ent - wendet. Wir Verfaſſer des Woͤrterbuchs werden ein Gericht ſetzen, vor dem man unterſu - chen ſoll: was fuͤr Diebſtaͤhle geſchehen ſind, ſeit dem Lohenſtein ſeine Bude geſchloſſen. Nicht wahr, Herr Rath! Herr Profeſſor! Herr Magiſter! ſie zittern! Gottſched ſoll Rich - ter, Lohenſtein der peinliche Klaͤger, und Schoͤnaͤich Nachrichter ſeyn; denn der juͤngſte Rathsherr war vor dieſem der Henker. Einige Zeitungsſchreiber, und Herr Meyer ſoll von Amtswegen den armen Suͤnder vertreten, den Herr Cramer zum Tode begleiten ſoll. U. das V. R. W.

Quetſchung,

a. St. Zerquetſchung; auf ein Sylbchen koͤmmts ja nicht an!

Beyde waren im Schiff geweſen, u. beyde ge - fallen: Aber zu ihrer Erhaltung in einen Brunnen gefallen,Der349RaDer ſie vor Quetſchung in ſeinem zerfloſſe - nen Schooße bewahrte. Noah, 172 S.

Das iſt eine ſchlechte Huͤlfe, wenn man, um ſich nicht zu quetſchen, in einen Brunnen faͤllt, in dem man erſaufen kann. D. h. aus dem Regen in die Traufe kommen. Auf ein Wort! Herr Rath! Was war der Schooß, eh er zerfloß? War er nicht Waſſer?

R.

Rahm, a. St. Raͤhmen.

Die Raͤhmen oder Kanten der Dinge haben wir bereits oben be - wundernd betrachtet. Hier finden wir Gelegenheit, einen Auftritt zu bewundern, der in einer Rahm glaͤnzet. Und dieſes Meiſterſtuͤck ſchreibet ſich da - her: Es haben ſonder Zweifel der Herr Rath die Camera obſcura ſich dabey vorgeſtellet, wel - che, ſo oft der Schwarzkuͤnſtler ein Blatt wegzie - het, einen andern glaͤnzenden Auftritt vorſtellet. Wir taufen und firmeln daher dieſe Figur: die Camera obſcura.

Alſo glaͤnzt in jeglicher Rahm ein beſon - derer Auftritt. Noah, 204 S. ()

Raſche, a. St. vorwitzig.

Denn weder ge - ſchwind, noch ſchnell hat hier einen Sinn.

wie raſche Sagtet ihr in Mizraim, daſs ihr den bru - der noch hættet. Jac. u. Joſ. 17 S.

Allein der arme Jacob ſoll ſeinen Benjamin da -hin350Rahin geben: wie kann er alſo ſeine Worte auf die Wageſchaale legen?

Rathſchlag; a. St. eine Rathsverſammlung.

Es halten ſie Weiber, die ſich Harams von bluͤhenden Juͤnglingen halten: etwas ganz un - erwartetes!

Jhr Gemuͤth beherrſchet der Leichtſinn; ihr Rathſchlag beginnet Mit gefalteter Stirn u. endet mit Affenge - behrden. Noah, 59 S.

Das werden lauter Senatusconſulta Macedo - niana werden; ſo rathſchlaget auch Harlekin auf der Buͤhne: allein, was iſt das fuͤr eine Affenge - baͤhrde, die der Rathſchlag machet? Die Affen haben, wie der Herr Rath, vielerley Gebaͤhr - den? Welche meynen Sie? Wir koͤnnen es nicht laͤugnen; wir moͤchten dieſen Rathſchlag mit die - ſer Affengebaͤhrde gern gemalet ſehen.

Rauſch.

O! du, an deſſen wallender Bruſt mein ſchmachtendes Herz jene himmliſche Wolluſt der Freundſchaft mit maͤchtigen Zuͤgen in ſich ſog, bis ihn oft der Rauch er - habener Gedanken weit uͤber die Empfindung der Sterblichen Hinuͤber entzuͤckte. Samml. Nicol. 73 S.

Wohin ging alſo die Reiſe? Jns Bathos? Wir freuen uns uͤbers Geſtaͤndniß, daß die heiligen Maͤnner oft berauſchet ſind. Zum wenigſtenverſichern351Ra Reverſichern wir, daß keine Zeile in dieſem Neu - jahrswunſche ſey, die nicht den Rauſch des Wuͤnſchlers verrathe.

Rauſchen.

Wenn ein Klang oder Laut von Gold ſeyn kann: ſo will ich den ſehen, der mir ein eiſer - nes Rauſchen verwerfen ſollte. St. Klopſtock laͤßt es weislich Sturm laufen:

Wie er unter der Laſt vom eiſernen Rauſchen umſtuͤrmet. Offenb. 47 S. Kuͤnftig werden wir ihn damit umduͤften. e. d. 5 S.

Recruten.

Hier ſind Recruten fuͤr den Antilon - gin: M. Naumann trommelt.

Jojakim, der Feldherr, ſteckte die neugekom - menen Recrouten. Nimrod, 644 S.

Recken.

Wir haben keinen weiſern Gebrauch des edeln Wortes Recken, als im folgenden Recken, gefunden:

Du reckſt den Finger nach Jſai Enkel. Brem. Ged. 4 S.

Noch etwas Reckendes!

Gereizt verlaß ich ploͤtzlich die Tiefe, Und ſchwinge mich zum Haupte des Huͤ - gels, Der fuͤrſtlich frey ſich ſo dorten hervorreckt. e. d. 86 S.

Wir loben dieſes Fuͤrſtliche Recken, und hielten es vorher fuͤr ein Oeſtiſches.

Regen.

Gemeine und allzubekannte Dinge machen eine Rede matt. Ein Redner ſoll aber immer auf - geweckt und munter ſeyn: wie kann man ſich alſohelfen?352Rehelfen? Antwort: man vermeide die bekannten Namen der Sachen; man umſchreibe ſie figuͤrlich, und brauche ein Dutzend Woͤrter, wo man mit vie - ren auskommen koͤnnte. Z. E. Ein Redner will in ſeiner heiligen Rede ſagen: Laſſet uns Gott um einen fruchtbaren Regen bitten. Ein Bauer, der die Nothdurft ſeines Ackers beherziget, wuͤrde den Redner zwar verſtehen; aber deswegen iſt ein Redner, der den ſchoͤnen Vorſatz hat, ſeine Beredſamkeit auszukramen, mit einem ſo matten Ausdrucke nicht zufrieden. Ein ſolcher Mann ſagt lieber: Laſſet uns Gott flehentlich angehen, daß er die Duͤnſte, welche die Sonne von der Er - de auf hebet, und in Wolken zuſammen bindet, und die die Erde zur Empfaͤngniß der Fruͤchte bequehm machen, uͤber uns herab ſchuͤtte.

Wenn dieſe Periode nicht aͤſthetiſch und maleriſch iſt, ſo weiß ich nicht, was es ſonſt ſeyn kann. Eine Sonne, die Duͤnſte aufhebt, und in Wol - ken zuſammen bindet, iſt ja recht ſinnlich. Eben ſo ſchoͤn iſt der Ausdruck des Herrn B-ttſt-tts.

Der Menſch iſt aus Staub und Aſche zu - ſammen gebunden.

Eine ſolche ſtaubichte Materie laͤſſet ſich ſchwer zuſammen binden: darum iſt auch der Ausdruck wunderbar. Man darf ſolche Ausdruͤcke nicht gering ſchaͤtzen, oder glauben, daß ſie ihren Ver - faſſern aus dem Aermel fallen. Ach nein! Man ſiehet es ihnen wohl an, daß ſie mit Aengſten undWehen353ReWehen ſind zur Welt gebracht worden. Der Bey - fall, den ſie uͤberall ohnfehlbar erhalten, belohnet dieſe Muͤhe reichlich.

Regnen.

Nach Gottſcheden und der geſunden Vernunft war regnen ſonſt ein unperſoͤhnliches Zeitwort. Allein man haͤtte Rath Bodmern bey der Sprachlehre zu Rathe ziehen ſollen. Dieſer wuͤrde geſagt haben: daß er auch Kuͤſſe regnen koͤnne: und warum das nicht? Er kann ja Schnitzer hageln, und Unſinn regnen. So kann man nicht ſagen: es regnet Pruͤgel; ſon - dern ein Mann regnet Pruͤgel auf ſeine Frau.

Milca regnete Kuͤß auf die Maͤgdchen, u. ward es nicht muͤde. Noah, 111 S.

Wir wollten letzthin auf unſer Maͤgdchen auch Kuͤſſe regnen; allein es ging nicht: und wir mußten es wirklich kuͤſſen. Wer dieſes lieſt: der gehe hin, und thue desgleichen!

Reicher.

Ein Reicher an Jahren iſt ein Greis; wir wetten, daß mancher ein Armer an Jahren zu ſeyn wuͤnſchet.

Unter dem Werk koͤmmt im Begleite des Rei - chen an Jahren, Japhet durch den Garten; Noah, 40 S.

Reifen geweißt.

Bisher weißten nur Maͤurer; nun weißet auch der Reif.

Die zu beſehn ſtieg er mit unermuͤdeten Fuͤßen, Bis er vom Reifen geweißt den erſten Bo - den erblickte. Noah, 186 S.

Reiſe hoͤren.

Eine Reiſe hoͤren; das war verwe - gen: eine zirkelnde Reiſe hoͤren; das, das iſtZſchoͤn!354Reſchoͤn! Der Teufel ſelbſt kanns nicht ver - ſtehn.

Seine zirkelnde Reiſ um die Guͤrtel der Er - de zu hoͤren. Noah, 43 S.

D. i. eine Reiſe, die um die Guͤrtel der Erde zirkelte.

Reitvolk.

So wie man ſaget Fußvolk; ſo kann man auch ſagen Reitvolk; wir ſagen ſchon Wa - genvolk. NB. dieſes Reitvolk iſt kriegeriſch.

Es hatte die Koͤnigin Thirza Sich auf ihr Reitpferd geſchwungen, u. mit dem kriegeriſchen Reitvolk Sich aus dem Lager begeben. Nimr. 644 S.

Der Herr Magiſter hat uͤbrig Recht. Denn, wenn ſich ein Herr Magiſter mit ſeinen Zuhoͤ - rern zu Pferde ſetzet: ſo iſt dieß freylich kein krie - geriſches Reitvolk; aber doch oft ein ſchwaͤr - mendes.

Reuen i. d. m. Zahl.

Wir Gelehrte muͤſſen wiſſen, was fuͤr ein Wort einer mehreren Zahl bedarf. Das waͤre artig, wenn der Poͤbel unſer Sprachleh - rer wuͤrde; und der Herr Uſus iſt gar oft, ſo alt er auch iſt, nicht geſcheidt.

O! ſanfte Moͤglichkeit, den Sinnen ange - nehm!
O! goͤttlich Bild! allein zur Tugendlehr
bequem;
O! Leben voller Gluͤck! o! Wolluſt ſonder
Reuen!
Koͤnnt auch der Dichter dir die Wirklichkeit
verleyhen.
Zernitz, 21 S.
So355Ri

So waͤre die ſanfte Moͤglichkeit zur Tugendleh - re bequem? Wozu iſt doch die harte bequem? Laſter gehoͤren auch zur Moͤglichkeit.

Rippe

gebiehrt des Elends juͤngere Troͤſter. Was? gebaͤhren auch die Rippen? Ja! wenns kleine und große Phoͤbus waͤren, die da von ih - nen wirklich gebohren wuͤrden. Wird der Steiß nicht auch bald gebaͤhren? Er iſt ſo nahe dazu, als die Rippen.

Oder die Rippe, die mir das eitle Leben ver - ſuͤßt hat, Die mir die Kinder gebohren, des Elends juͤngere Troͤſter. Noah, 172 S.

So? machen die Rippen auch ſuͤß? den Augen - blick wollen wir Ribben in den Caffee thun; aber Schweinsribben. Denn mein Maͤgdchen ha - be ich zu lieb, als daß ich es um eine Ribbe brin - gen ſollte.

Richter.

Und der Richter richtete! Offenb. St. Klopſt. 184 S. ()

So gern wir das Schrecken dieſer Worte einſehen wollten, ſo wenig wiſſen wir, was Gott thut, wann er uͤber den Meßias Gericht heget. Dieſem Gerichte zu gefallen iſt er doch vom Him - mel bis auf den Berg Moria geſtiegen; als wenn er das Gericht nicht oben haͤtte halten koͤn - nen. Noch eine vortreffliche Figur, wo man Woͤrter brauchet, die nichts heiſſen. Z. E. e. d. 120 S.

Religion der Gottheit! Nicht Religion mehr! ()Z 2Dieſes356Ri Ro

Dieſes 16 Zeilen lang auf alle moͤgliche Art veraͤn - dert, iſt ein Meiſterſtuͤck des Bathos. Was ſind das fuͤr zwo Religionen? Hat die Gottheit auch eine Religion? Nicht Religion mehr! d. i. wohl eine garſtige Religion mehr?

Riß.

Wann zwo von meinen Maͤgdchen, den ſterblichen Maͤgdchen, ſterben: ſo heißt das letzte der zweyte Riß.

Mirza, der fuͤnfzigſte Riß von meinem huͤlf - loſen Leben. Noah, 30 S.

Rocken.

Endlich finden wir auch etwas fuͤr die al - ten muͤtterlichen Kloͤße: einen Rocken, einen flieſſenden Rocken; einen gehorchenden Ro - cken.

Lehrt uns mit ſtreichelnden Fingern die zarten Faden zu drehen, Die aus dem Rocken fließend der leitenden Spindel gehorchen. Noah, 118 S.

Allerliebſt! Sind das nicht drey unvergleichliche Erfindungen? 1. ſtreicheln die Finger das Werk, damit es erlaube, ſeine Faden zu dre - hen; wir haben dieſe Demuth der Finger nie geſe - hen, wohl aber manch altes Weibchen am Werke zupfen ſehen. 2. fließen die Faden aus dem Rocken: viel Gluͤcks zur Erfindung! Alle faule Maͤgde werden Jhnen danken, Herr Rath! 3. ſehen wir, wie die Spindel den Faden leitet. Wie man nicht irren kann! Bisher glaubten wir, die Hand thaͤte es. Aber es bleibt wohl wahr: ein Philoſoph iſt ein Menſch, der nicht glau - bet, was er ſiehet: und das ſiehet, was wirnicht357Ronicht mit menſchlichen Augen entdecken koͤnnen. Ach! wie ſie in der Schweiz nicht ſpinnen! Noch ein Broͤckchen von Maͤgdchen! Denn wann der Herr Rath auf dieſe allerliebſten Mitteldin - ger kommen: ſo ſteiget unſere Bewunderung aufs hoͤchſte. e. d. 119 S.

wofern die Ahndung nicht irret, Daß das Maͤgdchen allein die Haͤlfte; der Juͤngling die Haͤlft iſt; Daß die beyden zuſammen geſetzt vollendet und ganz ſind.

Die armen Hageſtolzen, die Zeit Lebens nicht ganz werden! die immer Haͤlften bleiben! Wer wollte nicht Luſt haben, ein Ganzes zu werden? Jſt die Zuſammenſetzung nicht natuͤrlich? Noch natuͤrlicher iſt es, wann man weis, daß Debo - ra, Fraͤulein Debora, dieſe Ahndung fuͤhlet. Die Ahndung wird eintreffen. Aber im Ver - trauen! Jſt dieſes naſeweiſe Juͤngferchen nicht Rath Bodmers Tochter? oder des heil. Laͤch - lers Geliebte?

Roͤsliche Bluͤthe; d. i. roth, roͤslich;

ein neu Wort!

Rachels lippen u. augen in ihrer rösli - chen blythe. Jac. u. Joſ. 8 S.

Augen, in roͤslicher Bluͤthe, ſind das nicht ro - the Augen?

Roͤthe;

eine freundliche Roͤthe, denn wir haben auch eine unfreundliche, z. E. im Zorne.

Z 3Thamar358Ro
Thamar bringet Roſinen u. Mandeln mit freundlicher Roͤthe, Jn wohlgemachten Koͤrben. Aus einer ge - ſchmiedeten Flaſche Geußt Debora die Frucht des Weinſtocks mit ernſter Gebehrde. Noah, 15 S.

Man ſah es Fraͤulein Deboren wohl an, daß ſie die Saufphiloſophie aus dem Grunde verſtand. War denn die freundliche Roͤthe der Thamar mit bey den Mandeln?

Roͤthlicher Kopf;

folglich auch ſchwaͤrzlichter Kopf. Nicht, als waͤre die Haut roth oder ſchwarz. Wir meynen die Haare, und es muß niemand etwas anders meynen, als was wir meynen.

Maͤnnlichs oder ſchwaͤchers Geſchlechts, nur roͤthliches Kopfs. Noah, 142 S.

So muͤſſen die Opfer fuͤr die Teufel ſeyn. Wir danken fuͤr dieſe Ehre.

Roode.

Was Teufel iſt das?

Auf der gebirgichten Roode, des alten Gal - lus Beſuche. Noah, 338 S.

Rollen.

Berge rollen nennen kleine Geiſter einen Miſchmaſch: denn wer kann Berge rollen? Herr Tenzel! ein maͤchtiger Mann!

Wo iſt der Muth? wo iſt der Glaube, Der Martern trotzt, und Berge rollt? Samml. Nicol. 109 S.

Denn Berge verſetzen: das iſt zu ſchwer. Man kann eher etwas Schweres rollen, als verſetzen.

Roſen.

Um zu ſagen: er erblaßte! ſprich:

Ueber359Ro
Ueber die Roſen der Wangen umwand ſich toͤdtlicher Schatten; Jtzt verkroch ihr Leben ſich in die innerſten Winkel. Noah, 181 S.

Jſt das Verkriechen nicht richtig?

Roſinenſchatten.

Da haben wirs! Ein Schat - ten von Roſinen! Wir wollten hier auch einen oͤlbaumnen Schatten anbringen, wenn wir ihn nicht als einen Leckerbiſſen aufhuͤben. Wir ma - chen inzwiſchen einen Pfirſichkernſchatten.

Wenn ich unter den Zweigen des oel - u. mandelbaums Sitze In dem roſinenſchatten. Jac. u. Joſ. Rachel 7 S. ()

Rothkaͤlchen.

Jſt das nicht ein allerliebſtes Gleich - niß, welches ſich wohl zu einem Feldherrn paßt, der ſich erhangen hat? Es iſt wohl wahr: ein Rothkaͤlchen haͤngt; ein Feldherr auch: al - lein das Thier iſt zu klein, wir wuͤrden ihn daher mit einer Droſſel verglichen haben; oder mit ei - nem Dummpfaffen.

Wie ein Rothkaͤlchen haͤnget an der Spren - kel des Vogels, Jndem das Fuͤßchen ihm einſchnappt; oder, wenns in die Schlingen der Dohnen Sich verfetzt u. erdroſſelt So zuckte Ar - phachſad am Strange. Nimr. 457 S.

Da ſieht man alſo, wie ungerecht Boileau iſt, wenn er ſich uͤber eine Malerey aufhaͤlt, die ein franzoͤſiſcher Herr Magiſter, St. Amand, gemacht hat.

Z 4Ni -360Ru Sa
Nimitez pas ce Fou, qui decrivant les
mers,
Et peignant au milieu de leurs Flots en -
tr’ouverts
L’Hebreu ſauvé du Joug de ſes injuſtes
maitres
Met pour les voir paſſer les Poiſſons aux
Fenêtres;
Peint le petit Enfant, qui va, ſaute, re -
vient,
Et joyeux à ſa mere offre un Caillou,
qu’il tient.
Sur de trop vains Objets c’eſt arreter la
veüé &c.
Art. Poet.

Was meynen Sie, Herr Magiſter?

Ruhe.

Wie viele Ruhen hat wohl das menſchli - che Leben?

Jede Ruhe des Lebens iſt hin! Offenb. St. Klopſt. 184 S.

S.

Saͤumen auf eines Angeſichte;

d. h. einen laͤnger anſehen. Z. E. Wann man kuͤßt: ſo ſaͤumet man gerne auf der Schoͤnen Antlitze.

Deſto laͤnger auf Kerenhapuchs Geſichte zu ſaͤumen. Noah, 40 S. ()

Sandglas, a. St. Sanduhr.

So kann man auch Schlagglas, a. St. Schlaguhr; Repe - tierglas, a. St. Repetieruhr ſagen. Se.

Gna -361Sa

Gnaden,

nach denen wir gleichſam geſeufzet ha - ben, rechtfertigen unſere Nachahmung.

Die Zeit muß ſeit dem Fall ihr Sandglas jaͤher ſtuͤrzen. Haller, 113 S. ()

Wie wir ſehen: ſo hat die Zeit viel zu thun.

Und wenn die unvermeidliche Hand der Zeit, die alles auskehret, alle Werke unſerer heiligen Maͤnner von Heute, ſo zu ſagen, mit dem Beſen wird ausgekehret haben: So muͤſſe dieſes Zeugniß einer zu ihrer Zeit geſchriebenen Critik, zu ihrem Ruhme, ſich bis auf Uebermorgen er - ſtrecken. Antilongin 168 S.

Sand und Stricke.

Nicht ein jeder wird, bey Er - blickung dieſer Woͤrter, an ihren zierlichen Ge - brauch denken. Gewiß! ein Redner, der nicht mit dem Poͤbel ſprechen will, muß viel wiſſen, und ein getreues Gedaͤchtniß haben. Leute von dieſer Art beſinnen ſich freylich auf ihren Erasmus und Seybold. Sie gehen ſo gleich in ihre Schatz - kammern der allzeit fertigen Realien. Taͤg - lich ſpricht man: Jch wuͤrde mir eine vergebliche Muͤhe machen, wenn ich die Sache nicht beweiſen koͤnnte.

Der Ausdruck iſt deutlich: das iſt wahr! aber er iſt ſchaal, leer und trocken. Das Feine und Neue fehlet ihm. Man halte aber die folgende Periode dagegen, und ſage alsdenn unparteyiſch, ob man das Schoͤne, das Bildende, das Neue, das Volle, und das Gedachte nicht bewundern muß. Mein Schriftſteller, Herr Buttſtett, ſagt:Z 5Jedoch362SaJedoch wir werden blinde Luftſtreiche thun, die keinen Koͤrper treffen, und aus Sande Stricke drehen, wenn wir den Beweis nicht beyſetzen.

Arrige aures Pamphile! Ein harter Kunſtrich - ter wuͤrde dieſe Periode ausſtreichen. Er wuͤrde ſagen, ein Luftſtreich ſey ſchon ein blinder Streich, wie ein Feldſtein ein ſteinerner Stein. Aber du guter lieber Mann! deine Kritik iſt zu zeitig. Wir wiſſen ja nunmehr, daß die Luft in ihrem Fluſſe unzaͤhlige Koͤrper mit ſich herum fuͤhret, die alle um unſer Geſicht herum fließen. Ein blin - der Luftſtreich iſt alſo ein ſolcher Streich, der keinem von dieſen herumfließenden und flaternden Koͤrpern einiges Leid thut. Jch geſtehe es gerne: dieſe Erklaͤrung iſt luftich. Deſto koͤrnicher iſt der zweyte Ausdruck. Er kann einem Redner ge - doppelt nuͤtzen; je nachdem ſeine Zuhoͤrer gelehrt, oder ungelehrt ſind. Der gelehrte Zuhoͤrer mer - ket ſo gleich, daß der Redner kein Fremdling in den Schriften der Alten iſt. Suidas hat dieſes herr - liche Sprichwort aufbehalten: εξ αμμου σϰοι - νιον πλεϰεις.

Hat der Redner einmal das Vorurtheil fuͤr ſich, daß ihn der Zuhoͤrer fuͤr einen gelehrten Mann haͤlt: ſo rede er getroſt in den Tag hinein. Was Hiero von dem Archimedes ſagte, wird auch bey dem Redner eintreffen: man wird ihm naͤmlich glau - ben, er rede auch von einer Sache wie er kann und will. Dieſer Gluͤckſeligkeit erfreuen ſich beſonders die Dichter. Man ſagt z. E. Haller iſt eingroßer363Sagroßer Dichter. Man leſe ihn auf dieſer Empfeh - lung ſelbſt, und ein jeder Leſer, der NB. denken und empfinden kann, wird ihm den Titel eines großen Dichters geben, der mit einer Groß - muth auf ſeine Sprachſchnitzer von ſeiner Hoͤhe herab ſiehet.

Jch komme auf die zweyte Gattung der Zuhoͤrer, auf die Laien, auf die einfaͤltigen Leute, worunter ich auch die ſchaalen Koͤpfe rechne. Dieſe Leute werden vor dem Ausdrucke, aus Sande Stricke drehen, ſo gleich ſtaunen, und vor dem Wun - derbaren und Gemalten, das in dem Ausdrucke lieget, ſtarren; und nachdenken, ob das Ding moͤglich ſey. Nun nehme man den Vater der roͤ - miſchen Beredſamkeit zu Huͤlfe. Dieſer große Redner ſagt in dem erſten Hauptſtuͤcke ſeines Bu - ches de optimo genere oratorum: Optimus eſt orator, qui dicendo animos audientium et docet, et delectat, et per - movet &c.

Man ſey nicht verdrießlich, daß dieſer Artikel ſo weitſchweifig iſt. Jch habe mir vorgenommen, wider die ſtrengen Kunſtrichter zu behaupten, daß allerdings die neologiſchen und aͤſthetiſchen Redner vor den Alten einen großen Vorzug haben. Jch will mit dieſer einzigen Redensart den Verfech - tern des alten Geſchmacks ein ewiges Stillſchwei - gen auflegen.

Cicero ſagt: der beſte Redner lehre. Dieſes thut mein Held. Er erweitert das Erkenntniß des Zuhoͤrers mit einer neuen Wahrheit. Dieſe lie -get364Saget ja in den Worten: aus Sande Stricke dre - hen. Verlohnte es ſich der Muͤhe, ſolches von dem Hanfe zu bejahen?

Der beſte Redner beluſtiget. So einfaͤltig iſt kein Bauer, der in ſeiner Seele uͤberzeuget waͤre, daß man auch aus Sande Stricke machen koͤnne. Er lacht alſo in ſeinem Herzen daruͤber. Delecta - tur! Bey dieſer guten Gelegenheit gebe ich den neuen Rednern den wohlgemeynten und weiſen Rath, in geiſtlichen Reden immer etwas luſtiges und aufgewecktes anzubringen, damit die theolo - giſchen Wahrheiten durch den trocknen und ernſt - haften Vortrag die Zuhoͤrer nicht einſchlaͤfern. Die Einwuͤrfe, die mir viele hier machen koͤnnten, will ich meiner deutſchen aͤſthetiſchen Patholo - gie, die ich zum Nutzen der angehenden Redner und Dichter heraus zu geben, und mit ſchoͤnen Exempeln zu erlaͤutern gedenke, getreulich beant - worten.

Drittens erfodert Cicero, daß auch ein Redner bewege. Auch dieſe pflicht erfuͤllet mein Held. Der gelehrte Zuhoͤrer wird bewegt. Warum? und wodurch? Er denket an die eraſmiſchen Chilia - den. Der Einfaͤltige wird beweget: denn er ſie - het die Unmoͤglichkeit vor Augen gemalet. Man ſage daher getroſt: Ein Chriſt, der bey einem gottloſen Lebens - wandel, durch die Reinigkeit der gefaßten Glaubenslehren, den Himmel zu errin - gen ſich einbildet, der thut blinde Luftſtrei -che,365Seche, die keinen Koͤrper treffen, und drehet aus Sande Stricke.

Welch eine Kunſt! den Verſtand ſo geſchickt auf das Abgeſchmackte zu lenken. Noch eine kleine Anmerkung will ich zur Erweiterung der deutſchen Sprache mittheilen. Unſere Zeiten haben die Gluͤckſeligkeit erlebet, daß große und grobe Sprachmaͤnner aufgeſtanden ſind, die viel hun - dert ſchoͤne neue Woͤrter ausgemuͤnzet haben. Jch gebe nur eine Probe aus dem Buche, aus dem ſibylliniſchen Buche! eines geiſtvollen Mannes. Der olympiſche Dichter, Herr Bodmer, deſſen Verdienſte nur diejenigen einſehen, die mit ihm gleiche Talente zum Dichten von den Muſen empfangen haben, ſchreibet in ſeinem unvergleichlichen Noah auf der 308ten Seite:

Huſams Geſchlecht lag an die Dummheit mit Seilern gebunden.

Man kann alſo, anſtatt: aus Sande Stricke dre - hen, auch ſagen: aus Sande Seilere drehen.

Es iſt eine Figur, eine ſchoͤne Figur![o]pifex pro opificio. Was will man wohl dawider ein - wenden?

Seegnen.

Wir haben mehr als einmal dieſes ge - dankenſchwangern Wortes erwaͤhnet: allein trotz unſerer bewundernden Aufmerkſamkeit fol - genden Segenſpruch aus der Acht gelaſſen.

Gott umgiebt ſeegnend die Hoͤlle mit maͤch - tiger Ruͤſtung. Off. St. Klopſt. 43 S. ()

Eine Ruͤſtung iſt ein Kuͤras. Er ziehet alſo derHoͤlle366SeHoͤlle einen Kuͤras an, und ſeegnet. Ja! aber im Hiob heißt ſeegnen fluchen: wir wollen daher ein Recept zu dem lautern und unver - faͤlſchten Klopſtockianismus vorſchlagen:

Recept.

Nimm eine gute Hand voll Redensarten aus dem Hiob oder Pſalmiſten. Hierzu thue etwas von der Offenb. St. Johannis eine Meſſerſpitze. Vermiſche dieſes mit drey Finger voll Prophe - ten; ſonderlich vom Ezechiel. Schuͤttele dieſes wohl zuſammen, und geuß einen Glanz von Re - ligion daruͤber her: ſo haſt du eine vortreffliche Suppe; auf deren Grunde der Kern des Klop - ſtockianismus ſich ſetzen wird. Milton kann den Jngwer dazu geben; und die Rabbinen den Zimmet. Schicke dieſes Recept nach Halle! Apotheker Meier verſtehet allein die Charactere.

Der Leſer muß nicht uͤbel nehmen, daß wir ihm mit einem Recepte aufwarten. Aber es gehet in der Dichterwelt, wie in einer jeden andern; es giebt Quackſalber darinn, und redliche Aerzte. Koͤnnen wir gleich nicht viel: ſo ſind wir doch red - lich! und rufen: venienti occurrite morbo! Zum wenigſten kann unſer Woͤrterbuch die Stelle eines Lavements vertreten. Un pe - tit lavement! benin! benin!

Seegen.

Man zaͤhlet auch die Seegen.

Der Zwölfte Seiner ſeegen iſt weit mehr werth, als lændern gebiethen. Jac. u. Joſ. 44 S. ()
Schach -367Sc

Schachmatt.

Jn einem Heldengedichte iſt der Ausdruck, einen Schachmatt machen, gar vortrefflich; aber es iſt auch der Nimrod.

Wir machten ihn endlich ſchachmatt, u. trie - ben ihn ab von den Mauern. Nimr. 255 S.

Schaͤferin.

Jacob ſinget ſeiner Schaͤferin ein ebraͤiſches Schaͤferliedchen. Nichts zeiget mehr ein tuͤckiſches Gemuͤth an, als wenn man ei - nen ins Angeſicht erhebet, und hinterm Ruͤcken verachtet. Uns wird und ſoll man dieſer Suͤnde nicht zeihen: denn wir ſagen das oͤffentlich, was wir denken, und ruͤhmen folgendes Schaͤferlied. Erſt ſinget Rachel:

ſie ſang: die reineſte liebe, Der mein herz ſich fähig befindet, iſt dir nur gewiedmet. Jacob, als ob ſie auf ihm die lieblichen worte geſungen, Schæferin, wenn du mich meinſt, ſo ſagt er, wie bin ich ſo glyklich! Aber, verſetzt ſie, du irrſt! es ſteht nur ſo in dem liede. Nachgehends ſang auch Jacob: In dei - nem geſicht ſtralt die ſchönheit; Aber dein ſchœnerer geiſt entzyndet mich mehr, als dein Antlitz. Rachel zog es auf ſich, u. fragte den ſæn - ger: Mein ſchæfer! Redeſt du ſo mit mir, ſo iſt die ſprache mir fremde. Jacob368ScJacob erwiedert: Ich redte mit dir nicht; ſo ſtehet im liede.

Jacob war liſtig! Jndem Rachel dieſes zu ih - rem Lieblinge ſang:

der war das weißeſte læmm - chen Unter den blœkenden Heerden: Jac. u. Joſ. 89 S.

So concertirten die bloͤkenden Heerden. Jm Vertrauen! Singet nicht Jacob wie Bodmer? Wir haben letzthin ein altes Manuſcript gefunden, welches vor vielen Jahrhunderten von einem ehr - lichen Moͤnche zun Zeiten der Kaiſer aus dem Hauſe Staufen ſchien aufgeſetzt zu ſeyn: Zei - ten, wo die Ehrlichkeit mehr, als ein falſcher Witz, galt. Da es ja Sitte iſt, die Maͤhrchen der Al - ten, z. E. den Parcifall, zu uͤberſetzen, oder ihnen die Accente unſerer Leute zu leyhen: ſo wollen wir es auch wagen. Sollte man glauben: wir zielten auf gewiſſe noch lebende Vorbilder; ſo wer - den wir antworten: jenſeit des Waſſers woh - nen auch Leute. Und hat es vor dieſem Men - ſchen gegeben: ſo kann es auch wohl eben und die - ſelbe Fehler gegeben haben.

Ruſtefeil.

Vor Zeiten, in den alten Jahren, als die Hun - nen noch nicht in Deutſchland gefallen waren, wohnte ein Mann, mit Namen Ruſtefeil, in ei - nem Waͤldchen; er ſtammte in gerader Linie von dem Ruſtefeile her, in deſſen Hofe Reineke, der Fuchs, Braun, den Baͤren, ſo wohl mit Ho -nigſchei -369Scnigſcheiben einſt bedienete. Niemand hatte die Ruhe dieſes Waldes geſtoͤret: und ſo lange er gruͤ - nete, hatten ihn Ruſtefeile beſeſſen. Dieſer Ru - ſtefeil zeugte eine Tochter. Sie war ſchoͤn, und uͤberaus beſcheiden. Die Sonne hatte ihre Farbe zwar nicht verderbet; aber ihren Zuͤgen doch einen ſolchen Glanz ertheilet, den unſerer Ritter Frauen und Fraͤulein, durch keine Schminke, erlangen. Sie beſaß eine kleine Heerde, und war die einzige Erbin ihres Vaters. Schoͤn, und eine einzige Erbin ſeyn, iſt faſt zu viel fuͤr eine Perſon; ja in unſern Jahren waͤre es an dem letztern genug. War es alſo ein Wunder, daß ſie Verehrer hatte? Sie zaͤhlte unter ihnen ſo gar Freyen und edle Baren. Allein ein Schatz iſt ſo leicht nicht zu heben; und unſere Schoͤne war auch weiſe. Zwar war ſie keine Roswithe, auch nicht eine Wins - beckin: allein kann man nicht weiſe ſeyn, ohne eben jemanden zu verdunkeln? es giebt ja vieler - ley Sterne am Himmel. Jhre Weisheit beſtand hauptſaͤchlich in einem leichten Gedaͤchtniſſe, alle weiſe Maͤhrchen zu faſſen, und ſie des Abends dem Vater zur angenehmen Zeitkuͤrzung wieder zu erzaͤhlen. Sie erfand auch neue. Jn ihrer Ein - ſamkeit, und bey der ſanften Gemuͤthsart ihrer Ge - ſellſchaften, ging es auch leicht an. Es war alſo nicht genug ſtolz und grob zu ſeyn, dieſe Beute da - von zu tragen: man mußte auch Maͤhrchen er - zaͤhlen, d. i. Verſtand zeigen. Ueberdieß hatte ihr Vater ein Horn in dem Walde gefunden, oder es war ihm vielmehr von einem Waldgeiſte, de -A aren370Scren unſere ehrliche Alten viel hatten, gegeben wor - den; unter der Bedingung aber, niemanden ſeine Tochter zu verheyrathen, als wer auf dieſem Trink - horne einen Ton herausbringen wuͤrde. Es war, wie man muthmaßet, von Golde: denn was von Geiſtern koͤmmt, muß wohl gut ſeyn. Ruſtefeil beſtimmte alſo einen Tag; er ließ ausrufen: daß, wer dieſes wunderwuͤrdige Horn wuͤrde blaſen, und Mathilden, ſo hieß ſeine Tochter, das ſchoͤn - ſte Maͤhrchen erzaͤhlen koͤnnen: der ſollte die Braut heimfuͤhren; wer hingegen ungeſchickt waͤ - re, der ſollte ſich, Ritter und Freyen, ſeiner Strafe unterwerfen. Allein, wer achtet die Ge - fahr, wenn man um ein ſolches Kleinod kaͤmpfet?

Der Tag erſchien, und die Kaͤmpfer noch vor Tage: Heyden, Juden und Chriſten, und ver - ſammelten ſich auf dem Kampfplatze. Die Schoͤ - ne erſchien auch. Sie ward von ihrem Vater ge - fuͤhret, und ſetzte ſich auf eine kleine Erhoͤhung, von der man ſowohl die Braut, als das verſprochene Land, ſehen konnte. Mops war zu ihren Fuͤßen, und die Heerde lag um den Huͤgel her. Wie man leicht denken kann: ihr Zeug war nicht koſtbar; doch war ſie ſo gekleidet, daß ihre Kleidung ihre Glieder erhob; und dieſe von jener nicht zu ſehr verſtecket wurden. Jn der Rechten hielt ſie das fuͤrchterliche Horn; in der Linken ein Buch mit Maͤhren.

Der erſte, der ſich ihr naͤherte, war zwar ein ganz wohlgezogener Juͤngling; der ſich aber bunter gekleidet hatte, als es ſich fuͤr einen kuͤnftigenSchaͤfer371ScSchaͤfer ſchickete. Er wollte vielen gefallen, und dieſe Schoͤne war nicht die einzige, nach der er ge - ſtrebet. Jn ſeinem Anzuge war ſo was fremdes, daß man ihn bald fuͤr einen fremden Schaͤfer, fuͤr einen franzoͤſirenden Deutſchen, erkennete. Jedoch die Probe mußte geſungen ſeyn; ehe er bla - ſen konnte. Man hoͤrte ihm zu; er fiel dann und wann auf ganz artige Toͤne. Als er aber ſo ver - waͤgen war, einen Schaͤfer ſo dumm zu ſchil - dern, daß er eine Syrene mit zu Bette nahm, ohne ſie zu erkennen: (S. Gellerts Fabel, der Schaͤfer und die Sirene;) ſo befahl Ruſtefeil, ihn noch ein Jahr in den Wald laufen zu laſſen, damit er die Sitten der Schaͤfer beſſer einſehen lerne. Ueberdieß ſchilderte er die Schaͤferinnen ſo wi - tzig, als er ſelbſt war, und ſah Mathilden mit allen ihren Maͤhrchen heimlich fuͤr dumm an; ob er ſich zwar oͤffentlich ſehr beſtrebte, zu gefallen, und ordentlich von den Leuten war, die wir die Mitmacher nennen.

Der zweyte ſah ganz fuͤrchterlich aus. Die Ziegenfelle, mit denen er bekleidet war, trieften von Waſſer. Er ſagte, er kaͤme eben aus der Suͤndfluth, und koͤnnte ſchoͤn malen. Erzaͤh - len ſollſt du, ſagte Ruſtefeil. Allein er wollte, weil er allenthalben immer gern der erſte war, erſtlich das Horn haben, das, wie er ſagte, ei - nen goldenen Laut blies. Er wehrte ſich lange; und wollte mit der Sprache nicht heraus, die etwas undeutſch, und hoͤlzern war: endlich fing er in einem ſehr dumpfichten Tone ein Schaͤferlied vonA a 2Juͤden372ScJuͤden an, das ſich mit Rieſen und Rieſinnen ſchloß. Unter andern ſagte er zur Schoͤnen: er wolle ihre Euter bald melken und ihre Ritzen beſaͤmen. Mathilde klagte uͤber Kopfſchmer - zen; Ruſtefeil uͤber das Klingen der Ohren; und die Schafe waren gar davon gelaufen: weil der Saͤnger Donner und Wetter in ſein Lied ge - menget hatte. Mops bekam alſo eine Arbeit, und zupfte ihn ſo lange an ſeinen Fellen, bis er in die Gebirge entfloh, aus denen er gekommen war. Vorher entriß man ihm den Schaͤferſtab, und gab ihm eine Peitſche, die ſchwerbeleibten Kuͤ - he in ſeinem Vaterlande zu huͤten, die er begie - rigſt melkete.

Der dritte, der ſich heran wagte, trat ganz tiefſinnig daher; er hatte ſolche weite Hoſen, Schweizerhoſen, an, daß fuͤglich 3 Paar dar - aus haͤtten koͤnnen geſchnitten werden. Er ſeuf - zete, und ſah nach ſeinem Vorgaͤnger, der ſein Buſemsfreund war. Endlich fing er mit un - ſaͤglicher Muͤhe einen Geſang an, worinn man be - merkte, daß er die Alpen fuͤr ein Arkadien aus - gab. Man ſagte es ihm: die Alpen waͤren nicht Arkadien; er fing auch an, ſich zu bequemen, als ein Schwarm ihm zurief: er waͤre vollkom - men; und ſo ſchrie, daß der Saͤnger vor vielem Geſchreye es endlich ſelber glaubte, und mit Ge - walt nach dem Horne drang. Aber mit Gewalt richtet man bey Schoͤnen nichts aus; Ruſtefeil ſtieß ihn vom Huͤgel, den er, als er ihn nicht beſitzen konnte, verachtete; er folgte ſeinem Freunde.

Nun373Sc

Nun kam der vierte: ein feiner Juͤngling, deſ - ſen Kleid auch ſo ziemlich nach Schaͤferweiſe ge - ſchnitten war. Nur war es nicht moͤglich, den Zeug zu erkennen, woraus es beſtand; ja, was noch mehr ſchroͤckte: ſo ward man unterm Gewan - de auch Schweizerhoſen gewahr. Er wollte kluͤger, als die andern Schaͤfer, ſeyn; und ob er kaum ein Maͤhrchen zuwege bringen konnte: ſo wollte er doch die Natur der Schaͤfergedichte lehren. Nachdem er ſich ſehr lange geraͤuſpert, fing er an:

Das Endliche zum Nichts, das dieſe Welt umſchraͤnkt ꝛc. ()

Was? Was? ſchrie Ruſtefeil; Weg mit dem Thoren! Was gehet doch Schaͤfern dein Endlich und dein Nichts an? Geh ſelber in dein Nichts! Und er ging auch.

Der fuͤnfte, der hinzutrat, war munter geklei - det, nur war auszuſetzen, daß er die Glieder nicht eben verbarg, die erſtlich die Schoͤne nach Son - nen Untergange ſehen ſollte. Sie ward daher ſchaamroth; hielt die Hand vors Geſicht: er aber ſagte: er wollte ihr Zeiſigneſt bald finden, und die Voͤgel ausnehmen. Vor Angſt haͤtte ſie ihm das Horn auch gegeben, wenn nicht Ruſte - feil eben den Unverſchaͤmten fuͤr einen beruͤchtig - ten Spoͤtter erkannt, und ihn den Schaͤfern, ihn zu peitſchen, gegeben haͤtte.

Der ſechste kam und hatte einen Strick in der Hand, ob er zwar ſonſt ganz geſetzt ſchien; er ſagte:

A a 3Ach,374Sc
Ach, ſtolze Sylvia, laß deinen Zorn ſich
wenden!
Jch will dir, wo du willſt, auch wohl Ge -
ſchenke ſenden;
Nicht etwa, die der Wald und unſer Gar -
ten hegt,
Nicht, wie das reife Feld ihn in die Scheu -
ne legt:
Nein! ſondern einen Putz mit Puder uͤber -
ſchlagen,
Wie in der Stadt itzund die Buͤrgertoͤchter
tragen.

Mathilde ſagte: ſie wohne auf dem Lande; ſey eine Schaͤferin; brauche alſo keinen Puder. Worauf er mit einem tiefen Seufzer verſetzte, und den Strick zeigte:

Doch, wo du auch hierdurch nicht zu bewe -
gen biſt:
So weis ich Aermſter nicht, was weiter
uͤbrig iſt,
Als daß ich meinen Rumpf an einen Eich -
baum henke;
Vieleicht liebſt du mich todt, weil ich dich le -
bend kraͤnke.

Ey! Ey! mein Sohn! ſagte Ruſtefeil: ein ſol - ches Verfahren iſt zu gottlos fuͤr einen Schaͤfer. Du biſt eine ehrliche Haut; aber in einer ſchlim - men Schule geweſen. Was machen da die Edel - ſteine auf dem Schaͤferhute? Das muß nicht ſeyn! Wir wollen nicht Hochzeit machen; ſon - dern den Tanz verſchieben, und eſſen. MeinKind!375ScKind! ſprach er zur Tochter: wir wollen dieſen erziehen; zeigt er ſich deiner wuͤrdig: ſo ſoll er dich haben. Wo nicht: haſt du doch das Horn; es werden wohl mehr kommen. Das Horn iſt alſo noch zu haben. Man aͤrgere ſich nicht an der Einfalt dieſer Erzehlung. Zun Zeiten der ſchwaͤbiſchen Kaiſer ſprach man noch nicht neue Accente.

Schall;

ein andaͤchtiger Schall: ſo giebt es denn vieleicht auch einen gottloſen Schall; denn ſo ſinget der juͤdiſche Schaͤferdichter:

Komm auch zu mir, u. ſtimme die leyer zu meinem geſange Mit andæchtigem Schall. Jac. u. Joſ. 6 S. ()

Sie kam, hat aber ſchlecht geſtimmet.

Schall.

Ein lauter Schall, ein ſtarker Schall, ſind keine Seltenheiten. Seltener findet man einen ſtummen Schall, der ſonſt nichts als die Ohren fuͤllet.

Buttſt. vern. Gedank. 6ter Band, Bl. 19. Mein guter Freund hat ſich uͤber dieſes Bluͤmchen gewaltig geaͤrgert: weil er nicht ſo ſcharfſichtig war, das Band dieſes Ausdruckes einzuſehen. Ein Schall, ſagte er, der ſtumm iſt, und doch die Ohren fuͤllet, widerſpricht ſich. Und ſoll denn der Schall auch das Geſicht, den Geruch, und die Zunge fuͤllen? Aber mein Freund verſtand nicht, was zum Rednerhandwerke gehoͤret. Eine Sache kann ja dem Redner ſchoͤn und deutlich ſeyn, wenn gleich der Zuhoͤrer nichts davon verſtehet. Von bekannten Dingen zu reden, iſt nicht uͤberallA a 4Mode.376ScMode. Vieleicht iſt es mit dem Schalle, wie mit den Toͤnen, beſchaffen. Haben wir nicht goldene Toͤne? ja was noch unbegreiflicher iſt, gefaͤr - bete Toͤne? Sagts uns nicht ein großer Dich - ter, daß Caſtelli Toͤne faͤrbt, und Koͤrber Seelen mißt.

Eine ausgemeßene Seele iſt mir eben ſo unbe - greiflich, als ein ſtummer Schall, der ſonſt nichts als die Ohren fuͤllet. Und dennoch hat der erſte Begriff ſeinen Grund: denn Koͤrber hat uns ja den Maaßſtab, in ſeinen Abhandlungen von der Ausmeßung der Seele, angegeben. Es erhellet hieraus, daß man mit den aͤſthetiſchen Rednern und Dichtern ſehr unbillig verfahre, wann man ihre Schriften deßwegen tadelt, weil man ſie nicht verſtehet. Die Verfaſſer derſelben werden doch das verſtanden haben, was ſie in die Welt hinein ſchreiben? und haben ſie nicht die mei - ſten Schriften um ihrer ſelbſt willen drucken laſ - ſen? Es ſtand alſo allerdings bey ihnen, ob ſie es uns erlauben wollen, daß wir ihre Schriften ver - ſtehen, oder nicht verſtehen.

Schalymo;

ſo wird gar zierlich eine Schallmey ge - nennet. Es war die Lockpfeife, mit der Jacob ſeine Soͤhne zuſammenrief; denn wenn der Laut floß, oder flieſſend lief: ſo kamen ſie, wie die Hunde kommen, wann der Jaͤger pfeifet.

Als durch den wœlbenden wald des ſcha - lymos flieſſender laut lief,In377ScIn das verſammlungsgezelt die Sœhne Ja - cobs zu rufen. Jac. u. Joſ. 35 S.

Ach! der arme Laut! wohin lief er?

Schatten

einen gedacheten; d. i. ein Schatten, der ein Dach hat. Wir haben uns vorgenom - men, aus Schatten Saͤulenwerke zu bilden, und Obelisken zu hauen.

Unfern erhub ein hayn mit mandelbæu - men und palmen Seinen gedacheten Schatten. Rachel u. Jac. 6 S. ()

Denn wird nicht ſchon eben daſelbſt ein Schatten gewoͤlbet?

am fuß der ſtattlichen bæume Wœlbten den kyrzern Schatten roſinen und taxusgeſtæude.

Aber unmoͤglich koͤnnen wirs anſtehen laſſen, fol - genden Schatten laͤnger vorzuenthalten. Hat der Leſer nicht ſchon einen dornſtraͤuchichten Schatten bemerket? Wir warten ihm mit einem oͤlbaͤumenen auf.

Dann wies ich ihr den Luftpfad zu dieſen oͤl - baͤumenen Schatten. Noah, 400 S. ()

Engel Raphael weiſt der Taube den Luftpfad. Ueberhaupt iſt anzumerken, daß unſere heilige und denkende Maͤnner ſo viel Schatten in ihre Gedichte werfen, daß man oft in einer aͤgypti - ſchen Finſterniß ſitzet, wann ſie uns mitten in die Sonne verſetzen. Jhre Gemaͤlde ſind Nacht - ſtuͤcke. Ja, der kleinſte Hexametriſt hat am hellen Tage ſein Laͤmpchen vor ſich ſtehen, das ihmA a 5Schat -378ScSchatten werfen muß. Sie zeichnen, ſie malen; oft aber koͤmmt eine Sau, und bedecket alles.

Schatten.

Krauſe, gruͤne, und andere farbich - te Schatten ſind gewoͤhnliche Dinge, wie die ſchwarzen und gruͤnen Gedanken. Aber Schat - ten, die alle Dinge mit gleichen Farben abma - len, moͤgen Wunder ſeyn. Ein beruͤhmter Ver - faſſer vernuͤnftiger Gedanken, uͤber die Geheim - niſſe der Chriſten, ſchreibet: Der Verſtand muͤſſe in finſtere Schatten gehen, die alle Dinge mit gleichen Farben abmalen.

Wir erſuchen die Maler der Sitten, uns von die - ſen ihren Kunſtverwandten eine kleine Nachricht zu geben. Unſere Bemuͤhung, einen Schatten, der malet, ja der alle Dinge mit gleichen Farben malet, aufzutreiben, iſt leider! vergeblich gewe - ſen; obgleich das Malen heutiges Tages allge - mein, und nicht nur fuͤr die Augen, ſondern auch fuͤr die Ohren, fuͤr die Naſe, kurz! fuͤr die aͤußerlichen und innerlichen Sinne gemalet wird. Warum ſind denn aber die natuͤrlichen und regelmaͤßigen Bilder noch ſo ſelten und theuer? Darum: weil alle Stuͤmper malen, denen man, bey Ergreifung des Pinſels, aus dem Dichter zuru - fen ſollte: Viel lieber einen Flegel Dem Maler in die Fauſt!

Schatz.

Ey! Hier haben wir einen ſchoͤnen Schatz gehoben; ohne Wuͤnſchelruthe, ohne Kobold.

Ein379Sc
Ein Schatz von Geduld lag in ihren Gemuͤthern. Noah, 372 S.

Sonſt ſagte man wohl ein Schatz von Tugen - den; allein man muß auch die Tugenden her - zaͤhlen. So kann man nun ſagen: ein Schatz von Großmuth; ein Schatz von Keuſchheit: gerade, als wenn es vielerley Großmuth, vie - lerley Keuſchheit, ſo wie vielerley Tugenden, gaͤbe. Denn zu einem Schatze gehoͤret mehr als ein Stuͤck Muͤnze.

Scheckicht.

Dieſer ſcheckichte Ausdruck gehoͤret ins blumichte Fach. Die Rede iſt von bunten Matten,

Auf die der junge Lenz erfreut
Ein ſcheckicht Heer von Blumen ſtreut.
Samml. Nicol. 34 S.

Ein Heer ſtreuen, iſt das nicht richtig? ein Volk ſaͤen!

Schein,

der als eine Erbſchaft von einem Tage einem Lichte verlaſſen wird. Alſo iſt das Licht des Tages Sohn? Vor dieſem machte das Licht den Tag. Hat man wohl Unrecht gehabt zu ſa - gen, daß, wenn man zwoͤlf Leute uͤberreden koͤnne: die Sonne mache nicht den Tag: ſo wuͤrde man bald Anhaͤnger finden? Se. Gn. wagten es: und halb Deutſchland glaubte es.

Sie ſahn ein Licht den Enkeln glaͤnzen,
Dem dieſer Tag den Schein verlaͤßt.
Haller, 130 S.

Scheuchen.

Die Frauen in tief beſorgte Ge - danken ſcheuchen.

Sem380ScSem ſprach; und ſcheuchte die Frauen in tiefbeſorgte Gedanken. Noah, 220 S. ()

Die Stimme muß eine rechte Scheuche ſeyn, die dieſes kann. Jn unſerm Lande ſcheuchet man nur Voͤgel; in der Schweiz Frauen: laͤnd - lich, ſittlich! aber in tiefbeſorgte Gedanken, in Gedanken, die ſich etwas tief beſorgen: das iſt artig; ſehr artig! Ach waͤre doch unſer Woͤrterbuch auch eine Scheuche! Dichter wollten wir ſcheuchen, und heilige Maͤnner wegpreſchen. Jſt das nicht hoch? Jſt der Herr Rath nicht ein rechter ſcheuchender Popanz? Man ſehe nur, wie er die Frauen vor ſich her ſcheuchet. Der große Mann! der Scheucher!

Schimmer

der Opfer: iſt das nicht Feuer? Unmoͤg - lich kann ſonſt ein Boͤckelein, oder ein Ziegelein ſchimmern.

Da umgab ihn vom hohen Moria ein Schim - mer der Opfer, Die den ewigen Vater noch itzt im Bilde ver - ſoͤhnten. Offenb. St. Kl. 5 S.

D. i. Es rollte Feuer vom Moria und umgab den Heyland. Stehet das in der Bibel? Nein! aber in der Meßianiſchen ſtehet es, welche doch, wie viele unſerer heiligen Maͤnner behaupten, ordentlich eine Fortſetzung der alten h. Schrift iſt. Allein im Vertrauen! Sollte wohl dieſe Fortſetzung nicht das Schickſal aller Fortſetzun - gen haben? Gemeiniglich taugen ſie nicht viel. Doch vieleicht redet eben derſelbe h. Geiſt durch St. Kl. der durch St. Matthaͤus und . gere -det381Scdet hat. Warum aber erzehlet er uns das erſt nach 2000 Jahren, was er damals haͤtte erzehlen koͤnnen? Und wie? wer opferte denn damals? Schleppet Gott den alten Opferſchimmer immer mit ſich? Wir fragen nur, und ſind in den Ge - heimniſſen des chriſtlichen Olymps freylich nicht ſo erfahren, als der Evangeliſt und Seher Klopſtock.

Schlaͤngelnd.

Folgendes Schlaͤngelnd haben wir ſehr bewundert; und werden es nicht aufhoͤren zu bewundern, ſo lange unſere Glieder nur noch eini - ge thieriſche Bewegungen verrichten koͤnnen.

Schlaͤngelnd haͤtten die Stirn ihm Hoͤr - ner des Steinbocks geſchmuͤckt. Noah, 266 S.

Dieſen Schmuck nagelt man in Portugall Neu - vermaͤhlten an die Thuͤre: fiat applicatio, wann er auf die Stirne koͤmmt.

Schlafmacherin

iſt beym Hn. Magiſter die Nacht, ſo wie bey uns Wachmacher der Tag.

Doch hatten die Kinder von Eber, die un - ſchlaͤfigen Waͤchter, Die Nacht, die Schlafmacherin, verlohren, ſamt ihren Schatten. Nimrod, 553 S.

Das war freylich ein Ungluͤck: allein, was heißts denn? Unſchlaͤfig von ohne und Schlaf; ſchoͤn, ſehr ſchoͤn!

Schleuſe.

Weinen heißt in der h. Spr. der dry - kenden bruſt die Schleuſen aufthun. Wir werden hinfuͤhro die dæmme durchbrechen laſ - ſen. Regent, d. i. Joſeph.

Eilends382ScEilends gieng der regent ins næchſtge - legne Zimmer, Daß er der drykenden bruſt die Schleu - ſen aufthæte. Jac. u. Joſ. 44 S. ()

Schluͤpfen.

Wir reiſten mit ſchluͤpfenden Fuͤßen; ()
Unter den Ferſen entſtand kein Staub; kein Fußtritt verrieth ſich. Noah, 44 S.

So reiſen die Engel; ſie halten die Fuͤße zuſam - men, und glitſchen, wie die Kinderchen auf dem Eiſe glitſchen. Kommen ſie an ein Gebirg: ſo huͤpfen ſie.

Weſen naͤmlich ſolcher Art gehen niemals, ſondern ſchwimmen; Weil ein Geiſt nicht noͤthig hat, erſtlich ein Gelenk zu kruͤmmen. Baron.

Schluͤrfen.

Wir haben uns ſchon oben an einem Schluͤrfen der Schwerter erquicket: hier iſt ein anderes.

Es War ein bitterer Trank, den ich nicht gern in mich ſchluͤrfte. Noah, 22 S.

So kann ein Vater ſagen, wenn er nicht gern in die Heyrath der Soͤhne williget. Schluͤrfen ſchmecket uͤberhaupt beſſer, als trinken; und der Hr. Rath verſtehen auch das Feine der Wolluſt.

Schluchzen.

Man ſchluchzet, wenn man weinet; Damon ſchluchzet, wenn er von der Doris ſich trennet. Der Herr Rath ſchluchzen gar das letzte Lebewohl; Sie ſtoßen an; Sie wollen es ſagen; Sie ſtammeln; Sie ſchluchzen.

Kaum383ScKaum vergönnt ihm ſein herz das letzte lebwohl zu ſchluchzen. Jac. u. Joſ. 37 S. ()

Schlug

mit unwiderſtehlichem Falle. Mit ei - nem Falle jemanden ſchlagen, heißt uͤbern Haufen werfen, und im Falle jemanden mit her - unter reißen. Folgendes koͤmmt aus dem Eze - chiel; und iſt mit etwas Propheten verſetzet.

Furchtbar war ſein Antlitz; und furchtbar die Stirne des Stuhles, Und der cherubiſchen Raͤder, in welchen ſich Donner waͤlzten. Von da ging Verderben aus, und ſchlug in die Seel ein; Schlug mit unwiderſtehlichem Fall My - riaden zu Boden. Noah, 205 S.

So fiel alſo das Verderben uͤbern Haufen: wie konnte alſo der Fall widerſtehen? Dahin rechnen wir auch ein

Seeleinſchlagendes Schmettern des Donners.

Wird die Seele nicht brennen? denn der Blitz pflegt zu zuͤnden.

Dann folgt die Stimme des Donners mit ſeeleinſchlagendem Schmettern. Noah, 252 S.

Schoͤn.

A. St. der Schoͤnheit brauche man das Schoͤne. So haben wir das Suͤße a. St. Suͤſ - ſigkeit; das Bittere a. St. Bitterkeit; das Tollhaͤuſiſche a. St. Narrheit. Jn dieſer Schreibart ſind bey uns ſtark folgende große Maͤn - ner, denen die Tiefe der deutſchen Dichtkunſtviel384Scviel zu danken hat. Wir wollen ihre Namen, weil doch das Britanniſiren Verſtand anzeiget; wir auch in aller Demuth darnach ſtreben, auf engliſch herſetzen: aber umgekehrt; die Mittlauter nicht! = e = = e = =; = o = = e =; = a = = e =; = a = e = o = =: ein großer Kenner des Schoͤnen; = = = e = e =: die Ehre des deutſchen Trauerſpieles; = = o = = e =: der Dichter fuͤr alte Weiber; und viele, deren Werke nicht Uebermorgen erleben.

Schoͤnmaͤhnichter Zelter,

und ein ſchoͤnſchwei - fichtes Pferd ſind treffliche Gaͤule. Der pferde - verſtaͤndige Herr Magiſter, der, wie der ſelige Koͤnig, ein Pferdebaͤndiger iſt, befindet ſich hier gezeichnet.

Die ſo verſchiedne Art zu ſtuͤrmen und zu
ſchlagen,
Die tauſend Koͤnigen unſterblich Lob ge -
bracht;
Hat er mit einem Heer und ſpielend nachge -
macht;
Er ſie; du, Koͤnig! ihn. Wem iſt, wie
dir, vergoͤnnet,
Daß er der Pferde Koͤpf und Sitten alle
kennet,
Du, Pferdebaͤndiger! ꝛc.
Charact. d. d. Ged.

Dieſes koͤnnen wir unſerm Pferdebaͤndiger auch nachſagen; denn wer kennet, wie er, die Sitten der Pferde? z. E. daß Pferde, wie man ſiehet, abwuͤrfich, großohricht ſind.

Jch habe dich nur erſt neulich

Mit385Sc
Mit einem ſchoͤnmaͤhnichten Zelter, der apfelgrau iſt, beſchenket. Die Maaßrichtigkeit ſeines Kopfes, mit einem Stern an der Stirne, Sein hoher Nacken, ſein Schweif, ſeine brennenden Augen Haben ſchon viele bewundert. Er iſt nicht harttrabig, ſtetiſch, Noch großohrich, hartmaͤulich, abwuͤrfich. Nimrod, 476 S.

Alles niedliche Stallredensarten; nur den Na - cken bitte ich auszunehmen; denn ſo redet kein Reitknecht.

Schmaragdne Blaͤtter.

Wieder ein Raub, der dem ſel. Hn. v. Lohenſtein, dem beſten Stein - ſchneider Deutſchlandes, geſchehen iſt.

Mit leichten ausgeruheten Schwingen
Erheb ich mich in heitere Luͤfte,
Und gleich dem Kaͤficht entflohenen Voͤgeln
Such ich den nahen Aſt;
Und huͤpfe durch ſchmaragdene Blaͤtter,
Und kuͤß entzuͤckt balſamiſche Duͤfte,
Und in den kuͤhlenden Arm des Zephirs
Seh ich ein Morgenroth,
Das durch die halbverſchloſſene Zweige
Mit flatterhafter Neugier gucket,
Und ſchalkhaft froͤhlich bey meinem Er -
ſchrecken
Scherzte mit dem großen Blick.
Brem. Ged. 86 S.

Dem Himmel ſey Dank; endlich ein Punct: un -B bſere386Scſere Lunge lief Gefahr. Jſt der Uebergang aus einer Strophe in die andre nicht ungemein? Die ſchmaragdenen Blaͤtter werden brechen, wenn ein Dichter von ſolcher Staͤrke darauf huͤpfet; und Hr. Johann Heinrich Oeſt iſt kein Sper - ling. Viermal Und: ey! wie bibliſch! Beym Kuͤſſen fuͤrchten wir, daß der Mund nichts; die Naſe aber alles bekommen wird. Ey! Ey! wir haben gedacht, daß Aurora nur mit dem Titon zu Bette gegangen waͤre. Der Henker traue kuͤnftig den Jungfern und Frauen, wenn dieß eine Goͤttin thut. Betreffen wir ſie nicht, wie ſie ſich in den Armen des loſen Zephirs ab - kuͤhlen laͤßt? Das glaube ich! Auf eine ſtarke Bewegung muß man ſich freylich abkuͤhlen. Aber ſehet doch, wie ſie durch die Blaͤtter gucket; und den großen Blick, wie Harlekin, machet! Wie klug ſind Sie nicht, Hr. Oeſt! Machen Sie einmal den großen Blick!

Schoͤpferkraft.

Es hat ſich eine gewiſſe Schoͤ - pferkraft auf unſere Dichter ergoſſen ꝛc. ()

Samml. Nicol. 37 S. Wahr iſt es; wenns nur gut waͤre!

Schneide des Schwertes:

ein treffliches und beque - mes Geſaͤß.

Er ritt auf der Schneide des Schwerts auf ſie an.

Der arme Hintere des Magogs! Geſetzt nun: es waͤre ein Schweizerſchwert geweſen: welche Wunde! Jm Hermann zwar ſtehet auch 102 S.

Auf387Sc
Auf den Spitzen ihrer Klingen ſaßen Jammer, Krieg und Tod.

Allein, das ſind unkoͤrperliche Weſen, um deren Steiße es eben nicht ſchade iſt: aber Magogs Steiß war wirklich ein Steiß. e. d.

Chus theilte mit Nod die blinkenden Schwerter Ungleich, fuͤr ſich behielt es das Heft; ihm gab es die Klinge. Noah, 53 S.

Eine feine Theilung! So wollte ich mit meinen aͤrgſten Feinden theilen; auch mit dem Hn. Ra - the; ſo wenig ich mit ihm zu theilen haben moͤchte.

Schoͤpfung.

Auch dieſes Wort iſt uns uͤbers Waſſer gebracht worden, und bedeutet in Halle, wie in London, die Welt: denn unſere Dichter ſind Handelsleute; ſie nehmen gerne fremde Waaren an; wir moͤchten aber wohl wiſſen, was ſie dage - gen vertauſchen. Große Herren reiten gerne auf Engellaͤndern; die Pferde ſind uns zu theuer; wir kaufen daher engliſche Redensarten, die bey uns keiner Umſchmelzung, wie jenſeits des Rheins in Frankreich, bedoͤrfen.

Schon.

Dieſes Wort iſt uͤbern Rhein zu uns ge - flogen; Herr = e = = e = = fieng es auf; hat es auf deutſchem Boden gepflanzet, wo es eine gar vortreffliche Frucht traͤget, die Witzlinge be - gierigſt ſammeln, und ſpeiſen. Sie hat einen an - genehmen Geſchmack; ſie ſtecket ein ganzes Gehirn an; und zeuget darinnen lauter Gallicismus.

Schon iſt er Ewigkeiten vorhanden ꝛc.

Schon iſt; Schon haucht; Schon donnert; SchonB b 2knaſtert. 388Scknaſtert. Nur kuͤhnlich es vor ein Zeitwort zum Anfange eines Satzes geſetzet. Z. E.

Eile; Schon hat der Engel des Tods mit heilendem Wurfſpieß Deinen Buſems-Freund zu den Heiligen Gottes geſammelt. Noah, 236 S.

Jſt das nicht ein kuͤnſtlicher Spieß, der da heilet und ſammelt?

Schreck.

Du, Quell des Seyns; du, Wort der Staͤrke: Unendlich Triebwerk deiner Werke! Du, Schreck des Nichts! dich beth ich an. Samml. Nicol. 107 S.

Du, lieber Gott! was ſoll doch der Schreck des Was ſeyn, wenn der Heyland der Schreck des Nichts iſt? Wir erſchracken vor der Quelle des Seyns, oder alles deſſen, was iſt, in der niedri - gen Sprache. Das unendliche Triebwerk, ein Triebwerk, das kein Ende hat, trieb unſer Staunen noch hoͤher. Unſere Geſtalten aber wurden gar dunkel, als wir den Schreck des Nichts laſen. Warum erſchrecket ſich denn das Nichts vorm Heylande? Fuͤrchtet es, ein Was zu werden? Wenn es fuͤrchten kann: ſo muß das zaghafte Nichts ſchon Was ſeyn: denn Nichts iſt Nichts. Der Name dieſes Schoͤpfers des Nichts muß nicht mit Selbſtlautern angedeu - tet werden: er heißt: T-nz-l! ein großes fleiſchliches Was, welches mit einer vortreffli - chen Schoͤpferkraft begabet iſt, aus Nichts Was zu machen.

Schreck -389Sc

Schreckniß;

iſt das eben das, was der Oeſterrei - cher mit Schrecknuß ausdruͤcket? Wie es nicht feſſeln kann!

Freunde! geht unbeſorgt, daß magiſche Schroͤckniß euch feſſeln. Noah, 139 S.

Ha! Ha! nun ſehen wirs: es iſt ein magiſches, oder vielmehr Rathbodmeriſches Schreckniß; wir ziehen die Wuͤrde mit dem Namen aus Liſt zuſammen; denn dieſer erhebet jene: und wir fuͤrchten, unſer Leſer wuͤrde nicht unſere Liſt bemer - ken, wenn wir ihn nicht davon unterrichteten.

Schreiben;

ſich arm ſchreiben, heißt, viel Pa - pier verderben; hier aber ſich fuͤr arm ausgeben.

Wie ungemein war deine Liebe, Die Schoͤnheit, Stand und Gut vergaß, Und mich, ſo arm ich mich ſelbſt ſchriebe, Allein nach meinem Herzen maß. Haller, 123 S.

Se. Gn. machen ſich hier die poetiſche Freyheit bey ſchriebe, a. St. ſchrieb, zu Nutze: eine Frey - heit, die von Stuͤmpern errichtet, und von Faulen beſchuͤtzet wird.

Schoham:

ſ. oben a. St. Baͤcher.

Schuͤtten Voͤlker aus hundert Thoren.

Hier ſe - hen wir, wie der Thorſchreiber die Thore an - packet, und Voͤlker ausſchuͤttet. Thamiſta that es:

Dieſe ſchuͤttete Voͤlker aus hundert eher - nen Thoren. Noah, 80 S. ()

So ſchuͤttet ein Tollhaus und mancher Pindus Narren. Der Herr Rath haben ſonder ZweifelB b 3von390Sc Sevon egyptiſchen, oder, hoͤreſt du dieß lieber? von mizraimiſchen Staͤdten geleſen, die hundert Thore hatten, und aus jedem Thore zehen tau - ſend Mann in den Krieg ſchicken konnten. Sie laſen es, merkten es ſich und trieben es noch hoͤher.

Schwindelgeiſt;

einen mit Schwindelgeiſte traͤnken: ein feines Getraͤnk! Rath Bod - mers Schwindelgeiſt iſt ſo dick, daß man ihn mit Loͤffeln eſſen koͤnnte.

Ein Volk, Das, von dem Schwindelgeiſte getraͤnkt, von Gott ſich verirrt hat. Noah, 10 S.

Schwindlichte Tiefe iſt nicht eine Tiefe, die da ſchwindlicht iſt; ſondern die ſchwindlicht machet.

Jn einer raͤumlichen Jonke verſuchet er die ſchwindlichte Tiefe. Noah, 52 S.

Eine Jonke! dieſes iſt etwas vom Japanis - mus, ſo wie Caravelle von ich weis nicht was. Rath Bodmer verſuchte dieſe Tiefe auch, und ihm ward ſchwindlicht, wie Noah und unzaͤhli - che Auswuͤrfe zeigen. Jhm ward uͤbel, und er brach ſie dick und duͤnne von ſich: der arme Mann!

Seegnungen Gottes;

ſo wie Fluchungen des Teufels. Noah, u. m.

Allein, was heißt es? Wir wiſſen, daß wir nicht allerdings den Pflichten eines Lexicographen nachkommen, wenn wir nicht ein Wort zu erklaͤ - ren wiſſen. Denn, wenn wirs nicht wiſſen: ſo ſollen wirs doch errathen. Jedes Ding aber hat ſeine Graͤnzen: ſollte ſie ein Lexicograph nicht auch haben?

See -391Se

Seegruͤnes Maͤgdchen;

ein violettener Patri - arch, ein purpurner Cardinal! Feine Dinger!

Mit ihm war ein Gefolg ſeegruͤner Maͤgd - chen geſchwommen. Noah, 266 S.

Sehender Milton.

Da ſieht mans, wie allge - mein oft Jrrthuͤmer werden! Hat die ganze Welt nicht geglaubet: Milton waͤre blind geweſen? Sie hat geirret, dieſe Welt, ſo klug ſie auch iſt, oder ſeyn will; und Rath Bodmer belehret ſie eines andern; denn er hat die Oerter geſehen,

Die ihm die Muſe Sions, die meine Geſaͤnge beherrſchet, Eben die, die unlaͤngſt ſie dem ſehenden Mil - ton auch zeigte. Noah, 184 S.

Oder ſoll es weißagen heißen? Wie bequem ein Wort nicht iſt, das wie ein Januskopf zwey Ge - ſichter hat! Das Unlaͤngſt iſt ohngefaͤhr 100 Jahr.

Seher;

ein goͤttertraͤumender Seher iſt ein Seher, der Goͤtter traͤumet. Welcher Jude oder Teufel aber hat geſagt, daß der Heyland Goͤtter traͤumte? Ja, wenns Seher Klop - ſtock waͤre!

Doch, du wurdeſt ein Menſch, ein Goͤtter - traͤumender Seher. Off. St. Kl. 40 S. ()

Der Teufel ſpricht etwas unrichtig; denn alle Menſchen ſind nicht Goͤttertraͤumende Seher, wie ſein Klopſtock: allein, die Teufel ſprechen auch ſchlecht deutſch.

Schwerleibige Dichter

ſind beym J. H. Oeſt die Reimer; ob wir gleich gewiß wiſſen, daß viele, die duͤnnes Leibes ſind, ſich unter ihnen befinden. B b 4Wir392SeWir haben die Ehre, unſerm Leſer dieſes ſtarken und großen Geiſtes Glaubensbekenntniß vom Reime vorzulegen, welches auf dem Grymſel - berge ſo gut, als die Augſpurgiſche Confeßion, gilt. Er ward ihnen zu ſchwer, der Reim; darum ſchafften ſie ihn ab.

Den Reim, das glaube mir frey, hat tuͤcki - ſche Dummheit erfunden; Den Dichtern zum lethaͤiſchen Trank. Er reizt, verzaͤrtelt Gehoͤr; jedoch ſein gifti - ger Nebel Umringt die Vernunft; verloͤſchet den Witz. Brem. Ged. 54 S.

Daß ſich Gott erbarme! So waren, ſo ſind ſo vie - le Voͤlker ſo tuͤckiſch! Du tuͤckiſcher Opitz! Du tuͤckiſcher Rachel! du tuͤckiſcher Kanitz! du tuͤckiſcher Guͤnther! du tuͤckiſcher Gottſched! Ja! du tuͤckiſcher Haller und tuͤckiſcher Bod - mer!

Das ſagt auch Klopſtock nicht, der unge - ſchickte Reimer.

Jn der Anmerkung vergleichet der Dichter den Reim mit einer Werbtrommel; wir, das Syl - benmaaß mit einem Kuͤhhirtenhorne: ſehr ſinn - reich; ſehr breit!

Seele in eine andere verweben:

das iſt alſo ein Tuch von Seelen.

Seine Seele ſchien in der Seele Benonis verwebet. Jac. u. Joſ. 4 S. ()

Mit Erlaubniß, Herr Baron! gehoͤret ihr Weben nicht auch hieher? Jch freue mich immer,wenn393Sewenn ich auch Jhnen begegne. Es iſt ein Merk - mal, daß die Tiefe die wahre Natur des Menſchen iſt; weil auch Leute, die dieſe Tiefe vermeiden wollen, hinein plumpen. Sie ſind jung; Sie koͤnnen ſich beſſern: beſehen ſie dieſen Vers: hier iſt er!

Wann die halb erſtorbnen Bruͤſte mir durch Seufzer aufgelebt; Wann ein boͤſer Traum die Sinnen in ver - neuten Gram verwebt.

Die Sinnen ſind huͤbſche Faden, Herr Ba - ron! Sonder Zweifel wollen Sie ſagen: Wann ein boͤſer Traum ihren Schoͤnen etwas betruͤb - tes vorgeſtellet; und ſie aufs neue betruͤbet hat. Nicht wahr? Haͤtten ſie da nicht ſagen koͤnnen?

Wann ein Geiſt in boͤſen Traͤumen aͤchzend um ihr Bett geſchwebt.

Denn, wie Sie wiſſen, ſo fuͤrchten ſich die lieben Kin - derchen oft vor Geſpenſtern. Sie wuͤrden da - durch den Weberſtuhl vermieden haben, den ihre Schoͤnen, um ſo kuͤnſtlich zu weben, doch nur aufs Bett haͤtten ſetzen muͤſſen. Bedenken Sie: bey ſo zarten Gliedern ein Weberſtuhl!

Seicht.

Ein Mode - und Lieblingswort, das wie eine alte Ritterlanze zu Scherz und Ernſt zu gebrau - chen iſt.

Wo Trieb, u. ſeichter Witz bey gruͤner Baͤu - men Frucht, Die trinkbar weiße Milch beym zahmen Vieh geſucht. Zernitz, 2 S.

Um Vergebung! Der Witz iſt nie melken gegan -B b 5gen.394Sigen. Allein Sie wollen ſagen, daß der Menſch habe anfangen zu melken; da werden Sie mir nun erlauben, die Partey unſerer erſten Aeltern zu nehmen: ſagen Sie! war das ein ſeichter Witz, der da ſchloß: eine Kuh oder ein Schaf haben et - was in den Eutern, nicht allein Kaͤlber und Laͤm - mer, ſondern auch Menſchen zu ernaͤhren? Eine Milchmagd aus Adams Zeiten halten wir einer Philoſophin aus unſern Zeiten gleich. Noch eins! Hat der Leſer ſchon eine ſchwarze Milch ge - ſehen?

Sicheln.

Wer ſollte vor hundert Jahren gedacht ha - ben, daß eine Fluth Sichel habe? Da ſie aber nun Sichel hat, iſt es nicht gefaͤhrlich, auf Si - cheln zu kaͤmpfen, deutſch, zu ſchwimmen?

wie wenn im ſchiff bruch Lang ein menſch auf den Sicheln der Fluth um ſein leben gekæmpfet hat. Jac. u. Joſ. 55 S. ()

Silberner Schleyer.

Jſt das nicht ein Schleyer von Silber? von gediegenem Silber: ein ſchoͤner Schleyer. Wir unterſtehen uns, in al - ler Unterthaͤnigkeit, die wir Offenbarungen ſchuldig ſind, zu zweifeln, ob Cidli, die Phillis des Lazarus, einen ſilbernen Schleyer getra - gen habe. Denn waͤre ſie auch reich genug dazu geweſen, wie wir nicht zweifeln, weil ſie eines Oberſten Tochter war: ſo waͤre ſie, wahrlich! nicht geſcheidt geweſen, einen ſilbernen Schleyer, durch den nur ein Sehraff ſehen kann, uͤbers Ge - ſicht zu haͤngen. Sie hang ihn doch uͤber ſich,nachden395Si Sonachden ſie ihre Gedanken dem allerliebſten La - zarus gelispelt hatte. Ein Lazarus; ein fei - ner Liebſter! Wir wuͤnſchen Seher Klopſto - cken eine Lazara.

Alſo denkt ſie; (ſie lispelte?) Es bricht ihr das Herz; ſie kann ſich nicht halten, Stille Thraͤnen zu weinen. Es ſah ſie La - zarus weinen, Ob ſie mit ihrem ſilbernen Schleyer ihr Ant - litz gleich deckte. Offenb. St. Kl. 132 S.

Hieher rechnen wir auch ihre ſilberne Stimme, und goldenen Hauch, und diamantenen Schweiß.

Sittimholz;

ein artiges mizraimiſches Holz; es waͤchſet auf den Alpen, und Tiſchler Bodmer machet Saͤulen daraus.

Es (das Dach) ſtand auf zirkelnden Saͤulen, Welche von Sittimholz ins Ovale geſetzt empor ſtiegen. Noah, 14 S.

Wenn die Saͤulen ſteigen koͤnnen: ſo koͤnnen ſie auch wohl zirkeln.

Sonnen.

Fuͤnfzig Sonnen abweſend ſeyn: wie lange iſt das? Gehet alle Jahre eine neue Sonne auf? Rath Bodmer glaubet vieleicht, wie einige Voͤlker, daß alle Tage eine neue Sonne aufgehe.

Fuͤnfzig Sonnen war Noah ſchon mit dem Engel abweſend. Noah, 4 S.

Sonnegebohrner, oder Sonnenbewohner.

Ein Teufel iſt alſo ein Hoͤllegebohrner; dahin gehoͤ -ret396Soret auch eine Sonnengebuhrt; auch das Bey - woͤrtelein ſonnicht.

Lamech ſteht auf der Burg im Geſpraͤch mit Sonnengebohrnen ꝛc. Und er fragt unruhig darnach bey den Son - negebuhrten. e.d. Noah, 311 S. u. f.

Sonne raͤumt die Mittagszimmer;

d. i. es wird Mittag. Wie viel Begriffe liegen nicht in dieſer Redensart? Denken wir nicht erſtlich an die Sonne? dann an die Zimmer, die gegen Mittag gelegen ſind? dann an eine Magd, die gleichſam, als einen Auskehricht, die Sonne aus der Stube raͤumet. Aber auf ein Wort! wird in den andern Zimmern nicht auch Mit - tag? Das heißt recht, den Tag mit Mulden austragen! Noch eines von raͤumen. Dieſes Wort ward mit aus, ein, weg verbunden. Durch die Abkuͤrzung oder Enthauptung des armen Wortes entſtehet eine bezauberte Zweydeutigkeit; indem man nicht weis, ob die Sonne die Zim - mer aus - oder ein - oder weggeraͤumet habe.

Als des Tages die Sonne die Mittagszim - mer geraͤumet. Noah, 40 S. ()

Was andere, z. E. franzoͤſiſche Schriftſteller und Dichter, von den unſrigen auf eine ſehr kenntliche Art unterſcheidet, iſt die Aufmerkſamkeit, die ſie anwenden, die eigentlichſten Umſtaͤnde, zur Er - laͤuterung und Erhoͤhung ihres Vorhabens, in ei - ner Beſchreibung zu waͤhlen und abzuſondern. Die natuͤrlichen Umſtaͤnde ſtellen ſich von ſich ſelbſt dar; alſo haben ſie nichts erſtaunendes, nichts be -ſonders.397Soſonders. Denn iſt das was erſtaunendes, wenn ich ſage: der Mittag kam heran? Nein! das thut er alle Tage. Die Sonne muß in ein Zim - mer geſperret, und ihr ein Beſen in die Hand gegeben werden. Diejenigen Umſtaͤnde aber, die von weitem hergeholet ſind, deren man ſich nicht vermuthet, und die eine Art eines Widerſpruchs haben, ruͤhren, ſetzen in Verwunderung, und er - ſchrecken ganz wunderſam. Der Widerſpruch be - ſonders iſt eine der annehmlichſten Zieraten unſe - rer heiligen Dichtkunſt; und ein Schuͤler iſt oft darinnen noch ein groͤßerer Meiſter, als ein Pro - feſſor: ein Schickſal, das unſere Kunſt mit der Liebe gemein hat.

Sonnenmeile.

Jch will dir, lieber Leſer! ſo gleich ſagen, wie viel Erdmeilen eine Sonnen - meile iſt: ſo bald du mir ſagen wirſt, was eine Sternenmeile ſey.

Wenn wird toͤnen um euch der Pole don - nern; wenn vor euch Wird der Geſang der Sphaͤren, in Stim - men der Meere verwandelt, Brauſend vorbeygehn, u. ſchnell die Reyhen wandelnder Sternen Tauſend Sonnenmeilen herauf u. tauſend hinunter, Durch die Unendlichkeit werden erzittern. Off. St. Klopſt. 172 S.

Doͤrfen wir das Große mit dem Kleinen verglei - chen? Uns naͤmlich koͤmmt St. Klopſtocks Weltchen als ein ungeheurer Garten vor, dervormals398Sovormals einem großen Herrn gehoͤret; den aber nun ein geiziger Landjunker um ein bischen Gras verwildern laſſen. Hier lieget ein zerbrochenes Saͤulenwerk, worinn die Kroͤten hecken, und Fle - dermaͤuſe niſten; dort verfuͤhret uns ein Ueber - bleibſel eines Labyrinthes, durch die unordentliche Wendungen ſeiner Gaͤnge: allenthalben giebts go - thiſche Seltenheiten; und nirgends die geringſte Ordnung. Doch locket uns das Ungeheure und die Scheußlichkeit der grotesken Stuͤcke immer weiter. Kaum bewunderten wir die Sonnen - meile: ſo wurden wir tauſend Sonnenmeilen herauf, und tauſend herunter mit den Reyhen wandelnder Sterne geworfen. Kaum forſch - ten wir nach, was dieſe Reyhen waren: ſo hoͤr - ten wir nicht den Klang, nein! den Geſang der Sphaͤren. Kaum zog unſer leckerhaftes Ohr den Geſang mit geizigen Zuͤgen: ſiehe! ſo ward er in eine Stimme der Meere verwandelt, und ging brauſend bey uns vorbey. Wir ſprangen zuruͤck: und es donnerte! Die Pole knarreten und donnerten. Hat der Himmel auch Pole? Ein wenig Geduld, lieber Leſer! Wir koͤnnen von der Sonne ſo bald nicht wegkommen, und in un - ſern Gedichten iſt immer Sonnenſchein. Denn freylich!

Sonnenſchein in der Seel u. Freud in der Stille des Herzens Jſt der Froͤmmigkeit Lohn. Noah, 284 S.

Was iſt alſo eine Regenwolke? Hier entzuͤcket uns auch die Geſchicklichkeit eines Dichters,

Der399So
Der alle Scenen des Men - ſchen geſungen, Dieſen Maͤander, der mit verborgenem Pla - ne gemacht iſt.

Folglich auch die Scenen der irrenden Dichter, und den Maͤander der Witzlinge. Hierauf er - waͤhnen der Herr Rath zweener engliſchen Bar - den,

Pop u. Jung: unſterbliche Namen Die, wie ein loſer Schalk hinzuſetzte, Namen, Die niemals unentweiht von B-dm-rs Lippen kamen.

Solo-art.

Dieſes Wort druͤcket das Greifen eines Dichters folgender Geſtalt aus:

So greif ich mit der Hand in meine Saiten, Nach ſtarker Solo-art, damit es bebe Vom Jubel Daniens u. ſeinem Ahnherrn, Und Jkens werde gedacht. Brem. Ged. 91 S.

Ja! auf der Bockpfeife! Solo kann auch naͤm - lich ſanft geſpielet werden; und der Ton bebet mehr in ſanfter, als ſtarker Beruͤhrung der Saiten.

Sorgen.

Wir haben eine vortreffliche Bruͤhe ent - decket, Sorgen damit zu begießen. Se. Gn. gießen:

Unſelig! wenn nicht wahre Liebe Die Zuflucht ſeiner Seelen bliebe, Die Luſt auf ſeine Sorgen gießt. Haller 119 S.

Mit Erlaubniß! wer gießt?

Sor -400So Sp

Sorgen,

die die Stirne durchpfluͤgen. Zu ei - nem Pfluge gehoͤren auch Ochſen: wo ſind die Ochſen der Sorgen? Jn Dero Stalle, Herr Rath?

Sie bemerkten die Sorgen, die ſeine Stirne durchpfluͤgten. Noah, 168 S. ()

Spæhen.

Vor dieſem ſpaͤhete man nur Fehlern nach oder aus: nun ſpæhet man die blöſſe des landes.

Denn er hatte verdacht, ſie wæren ge - kommen, die blœſſe Von Mizraim zu ſpæhen. Jac. u. Joſ. 4 S. ()

Speculationen hat J. H. Oeſt.

Daß auch die Nacht die Speculationen Und unſere Finſterniſſe ſah, und flohe. Brem. Ged. 17 S.

Uns ging es, wie der Nacht; wir ſahen Dero Finſterniſſe, und flohen ſie.

Spitziglaͤnglicht.

Auch in der Ausdaͤhnung ſchienen Am unermeßlichen Himmel Cometen mit baͤr - tigen Koͤpfen, Mit ſpitziglaͤnglichten, theils breitgeſtraͤh - leten Schweifen. Nimr. 49 S.

Dieſes ſind des Hrn. Magiſters ſpitziglaͤnglich - te, baͤrtige, und breitgeſtraͤlete Verſe. Zu die - ſen fuͤgen wir

Spitzigheißhungrige Bolzen;

denn Bolzen kann ſo gut nach Fleiſch hungern, als Schwertern nachBlut401SpBlut duͤrſten; denn unſerer Feder duͤrſtet nach Dinte, wann wir den Hrn. Magiſter ſehen.

Spitzheißhungrige Bolzen bedeckten die Feinde mit Haufen, Wie ein Schwarm ſchwarzer Kraͤhen den Acker auf einmal bedecket. Nimr. 429 S.

Bolzen und ſchwarze Kraͤhen: ein niedliches Gleichniß!

Sprache.

Das Wort Sprache wird fuͤr eine Mey - nung, fuͤr ein Bekenntniß genommen. Z. E. er will mit der Sprache nicht heraus. Jch will auch hierbey eine getreue Anleitung geben, das Feld der geiſtlichen Beredſamkeit anzubauen. Es traͤgt ſich zu, daß wir unſere Gedanken von der Lei - besbeſchaffenheit des erſten Menſchen entdecken ſol - len. Fehlet es uns an Gedanken und Beweiſen, ſo ſey man reich an Woͤrtern. Ohne mein Erin - nern verſteht mans, daß die Sachen ſchon in den Woͤrtern liegen. Will man ferner in ſeiner heiligen Rede den Zuhoͤrern hoͤflich zu verſtehen ge - ben, daß man kein Alltagsthema erwaͤhlet habe, ſo ſage man:

Die Gelehrten machen aus dem Leibe Adams eine Gebaͤude, uͤber deſſen Bau ſich die Sprachen verwirren.

Man halte einen andern Ausdruck dagegen. Z. E. Die Ausleger ſind nicht einig, von was fuͤr einer Beſchaffenheit der Leib Adams geweſen ſey. Wer den letztern Ausdruck dem erſtern vorziehen wollte, der waͤre nicht wehrt, daß er eine Seele haͤtte, dieC cſchoͤn402Sp Sqſchoͤn denken koͤnnte. Was fuͤr Gedachtes liegt nicht in dem erſten Satze?

Der Leib Adams, ein Gebaͤude, ein Bau, der babyloniſche Thurm, die Verwirrung der Sprachen, und die Zerſtreuung der Voͤl - ker. Wenn man bey einem jeden dieſer Stuͤcke ſich nur zehn Minuten aufhalten wollte, ſo haͤtte man eine ganze Stunde geprediget. Und wer kann mehr verlangen? Findet man aber dieſen Vortheil in den Anweiſungen zur geiſtlichen Bered - ſamkeit? Nein! ſo offenherzig ſind ſie nicht gegen die Anfaͤnger. Die arme Jugend!

Sproß.

Wir haben die Ehre, unſerm Leſer einen Sproß von einem Stamme zu uͤberreichen, deſ - ſen Wurzeln, des Stammes naͤmlich, in der Tiefe eingewurzelt ſind.

Verdirbt bey ſtillem Reiz, vom Laſter, das er flieht, Kein unbemerkter Sproß ihm dort ſein groß Gemuͤth. Zernitz, 84 S.

Bey lautem Reize wollten wir rathen, dieſen Sproß abzuſchneiden.

Squadron.

Sowohl die Rechtſchreibung, als die Anwendung dieſes Wortes, iſt viel zu bewun - dernswuͤrdig, als mein Buͤchelein dieſer Zierde zu berauben. Verachtet doch die vollkommenſte Schoͤne auch ein Schminkpflaͤſterchen nicht.

Auf dieß Verſprechen kuͤhn bewegten die wil - den GigantenJhre403StJhre ſtarke Squadron; (NB. Dieſe Squadron war zu Fuße. ) und wollten den Buſch itzt betreten ꝛc. Unter dem Fuß erbebte der Grund; u. dum - pfichte Stimmen Wurden gehoͤrt, die bruͤllten im Bauche des Berges;

Dieſe dumpfichte Stimmen werden auch bey uns gehoͤrt; und bruͤllen ſonderlich im Bauche, wann wir Merettich geſchmauſet haben.

Bald ſtachen Lebende Flammen aus allen Zweigen u. Ran - ken; ſie leckten Mit geſchlaͤngelten Zungen die Voͤderſten von den Giganten.

Ein feines Lecken! Alles aus dem Virgil im Noah, 140 S. geſchleppte Redensarten. Noch eins! Haͤtten doch der Herr Rath dieſe Squadron zu Pferde gelaſſen! Die Giganten wuͤrden auf die Saͤttel geſtiegen ſeyn; und von ih - ren gigantiſchen Roſſen das Paradieß uͤberho - let haben.

Stadien;

einen Stadien hinunter trennen. Dieſes heißt den Schneider und den Ariſtotel zu - ſammen geflickt.

Die (Unendlichkeiten) ſtoßen in ein ſchrecklich Meer zuſammen, Und trennen dich in Stadien hinunter. Brem. Ged. 18 S.

Stapfen, a. St. Fußſtapfen;

denn man koͤnnte auch Handſtapfen ſagen. Bey der itzigen Um -C c 2ſchmel -404Stſchmelzung der Sprache iſt man fuͤr nichts ſicher, es ſey ſo wunderſam, als es wolle.

Doch uͤberall wirſt du die Stapfen finden. Brem. Ged. 24 S.

Wir finden ſie freylich vom H. J. H. Oeſt breit, ſehr breit!

Stationen.

Dieſes war nur ein Kunſtwort der Herren Hofmeiſter, wann ſie von freyer Station ſprachen. Frey Licht, frey Zucker, Caffee und Thee war darunter begriffen. Was gehoͤ - ret aber zu folgender?

Nun auf! erinnere dich der Stationen, Worinnen Schoͤpfer u. Geſchoͤpfe ſtehen. Brem. Ged. 14 S.

Noch eine Station!

Noch unterſchiedner ſind die Stationen! Wir wollen ſie ganz herſetzen. Wie? oder wenn du aſtronomiſch irrteſt, (narrenhaͤuſiſch) Und ſchloͤſſeſt: itzund ſteht die volle Sonne; Bald haben wir der Sonne letztes Viertheil. Jch meyne: jeder Kluge wuͤrde lachen, Und auch die Kinder wuͤrden dich belehren: Ein anders ſey der Mond u. unſre Sonne; Noch unterſchiedner ſind die Stationen!

Jch meyne: der Kerl waͤre aus dem Tollhauſe entwiſchet, wenn er nicht gerade ſo klug, als Hr. Oeſt waͤre. Jſt das nicht narrenhaͤuſiſch?

Stralen.

So gar die Stralen pinſeln; oder be - malen unſere Leiber und Steiße. Warum brau - che ich aber ſo oft das garſtige Wort Steiß? Dar -um!405Stum! 1. iſt mein Steiß ſo gut, als Hn. Bod - mers Gebuhrtsglied; 2. giebt es Leſer, die nicht eine Meſſerſpitze; ſondern eine ganze Hand voll Salz der Spoͤttereyen haben wollen: und mein Buch iſt nicht allein fuͤr Leute von feinem Ge - ſchmacke; ſondern auch fuͤr eine etwas groͤbere Art geſchrieben: z. E. fuͤr Bodmerianer!

Jch ſehe ſchon den Glanz der Stralen, Die unſre Leiber dann bemalen, Wann Gottes Macht im Donner ſpricht. Samml. Nicol. 114 S.

Doch vieleicht werden die Stralen von unſern Lei - bern bemalet. Was fuͤr eine angenehme Verwir - rung von Stralen, Glanz, Leiber, Donner: heilige Woͤrter! Weil wir einmal zu ſtraͤlen ha - ben, wollen wir folgendes Stralen auch her - ſtralen.

Stralen vor Freude;

da haben wirs, daß wir vor Angſt koͤnnen dunkel werden.

Kaum vernahm dieß der Seraph: ſo ſtralt er vor wallender Freude.

Jm ſtralenden Seher Klopſtock 142 S.

Stechen in die Luft ſind nicht Luftſtiche;

man brau - chet es a. St. ſich in die Luft erheben.

Laͤngen von Obelisken mit ſchlankem coni - ſchen Koͤrper Stechen hinauf in die Luft, und ſuchen den Himmel der Wolken. Noah, 77 S.

So giebts noch viele Himmel, und iſt der Singer ein Ptolomaͤer? Kann etwas ſchlank und zu - gleich coniſch ſeyn?

C c 3Stim -406St

Stimme klopfet.

Und klopfteſt mit war - nender Stimme An die Thuͤre der Bruſt. Noah, 169 S.

So klopfet ein ſtrafender Schulmeiſter mit war - nender Stimme an die Thuͤre des Hintern.

Stimme eine ſprechen.

Eine ſchoͤne Stimme ſprechen; und eine boͤſe in donnernden Wet - tern:

Denn es war nicht mehr die Stimme des Fluchs, die Stimme von Stuͤrmen Furchtbar verkuͤndigt, und in donnernden Wettern geſprochen. Offenb. St. Kl. 6 S.

Eine feine Sprache! eine ſaubere Stimme! Dieſes war mit etwas Propheten verdicket.

Staub.

Wir haben erſtlich einen vornehmen und geringen, und alsdann folgenden Staub zu be - wundern. Sind dieſe Verſe nicht zwey Kanini - chen! die Naͤrrchen! wie ſie auf einander hu - cken!

Die ſollen von mir ſich in Staub hin Niederlegen, ohnmaͤchtig ſich kruͤmmen, und winden, und jammern; Wenn ſie ſich winden, u. kruͤmmen u. jam - mern: ſo ſollen ſie ſterben. Offenb. St. Klopſt. 41 S.

Gelehrte pflegen oft nach bloßen Empfindungen zu urtheilen. Sie haben ein großes Vorbild geſe - hen; ſie ſehen ein Nachbild; ſie vergleichen es mit dem erſten; und nachdem ſie nun Aehnlichkeit da - zwiſchen finden: ſo billigen, oder verwerfen ſie es. Der407StDer Satz iſt richtig; nur mit den Folgen ſiehet es unſicher aus. Denn, wie ein Maler, der nur den Geſchmack des Vatto hat, wohl Alexan - dern nach vattoiſchem Geſchmacke malen wird; ſo ziehet auch ein Dichter dem Meßias ein Gewand von miltoniſchen Lappen geflicket an.

Strecken.

Die Gegend ruͤhrt ein heilig Schroͤcken, Man ſieht die Haͤupter wartend ſtre - cken. Samml. Nicol. 110 S.

Wir ſtellen uns hierbey Gaͤnſe vor, die die Haͤlſe wegſtrecken, wenn ſie durch ein Thor gehen. Denn die Juͤnger ſtreckten die Haͤlſe ſo, als der Heyland dem Sturme geboth. Fallen wir dabey mit unſern Gedanken auf die langen Baͤrte der Apoſteln: ſo bekommen wir von dieſem Strecken der Koͤpfe mit hinunter hangenden Baͤrten ein gar angenehmes Bild.

Strauchroß.

Herr Magiſter, Herr Pferde - baͤndiger! Was iſt das fuͤr ein Roß?

Da Rannte der geſchaͤftige Ludim auf ſeinem Strauchroß darzwiſchen. Nimr. 510 S.

Zwo Seiten weiter hin treffen wir ein recht home - riſches Stuͤckchen an. Chapelain war auch ſehr ſtark in der Beſchreibung der Wunden.

Der Stich traf uͤbers Bruſtbein die ſchwam - michten Lappen der Lunge. Nimr. 512 S.

Etwas von der Anatomie in einem Heldengedichte kann nicht ſchaden; es dienet vielmehr zur Erhe - bung. Man glaubet, der Dichter ſey ein MannC c 4in408Stin omniſcibili bewandert: hat er gleich nur zween Froͤſche und ein paar Katzen zerſchnitten.

Strom;

ein bruͤderlicher Strom: was iſt das? Wir machen uns manchmal das Vergnuͤgen, ein Raͤthſelchen zu ſuchen. Folgendes haben wir die - ſen Morgen gefunden, und bewundert.

Ein anders Chor der Menſchen ſchwimmt im Ehrgeiz. (wie Enten.) Der iſt der Gegenpart vom Trieb zu Schaͤtzen. Ein bruͤderlicher Strom von gleichem Waſſer. Brem. Ged. 27 S.

Verſteheſt du auch, was du lieſeſt? Jn der That, Herr Oeſt verdienet einen Platz untern philoſophi - ſchen Dichtern; ſo bald man Jacob Boͤhmen zun Philoſophen zaͤhlen wird.

Strauch.

Wir ſind uͤber der Bewunderung des wilden Schmuckes dieſes Strauches ganz wil - de geworden.

Und den wohlriechenden Strauch des wil - den Schmucks zu entlaſten. Noah, 116 S.

Noch wilder wurden wir, als wir e. d. ein Fraͤu - lein ohne Maͤnnlein folgendes erzaͤhlen hoͤrten:

Der ſie, (Engel) durch ſeinen Hauch, in ihr er - ſteres Nichts blaͤſt; Aber ſie lieber der Ewigkeit giebt; der hieſch mich dem Dunkel; Hieſch mich der Nacht, die nicht zeugt ꝛc.

Mit Erlaubniß, mein Fraͤulein! Das Dunkel der Frau Mama wollen wir nicht antaſten; da Sie aber doch ſo viel von Eheſachen einſehen: werhat409St Suhat ſie doch uͤberreden koͤnnen, daß die Nacht nicht zeuge? Werden die meiſten Kinder nicht in der Nacht gemacht? Die folgenden Geiſter des gol - denen Tages bewundern wir herzlich.

Stumpf Ohr,

weil wir ja auch ſagen, ein ſcharfes Ohr. Rath Bodmer hat kein ſtumpfes; denn er hoͤret Gras wachſen und Floͤhe huſten.

O! ſo iſt nicht ſein Ohr ſo ſtumpf, daß er ſie nicht hoͤre. Noah, 169 S.

Stock.

Jſt das nicht hoch, wenn der Herr Rath die Tugend in den Stock werfen laͤßt?

Auch ſie winſelt im Stock. Noah, 284 S. ()

Sturm beſegeln.

Ey! dieſen Sturm muͤſſen wir beſegeln: es koſte Wams und Hoſen.

Geh! ich halte dich nicht, und weine nicht eitele Thraͤnen, Daß du am Porte ſchon ſtehſt, indem ich den Sturm noch beſegle. Noah, 224 S.

Dazu werden wir uns des Herrn Rathes Luft - ſchiff ausbitten: denn auf einen groben Aſt gehoͤrt ein grober Quaſt. Unſere Dichter ſitzen wie Ad - diſons Cherub auf den Wolken, und es koſtet ih - nen gar nichts, Blitze zu ſtreuen, und Stuͤrme zu hauchen: es ſind recht ſtuͤrmende Maͤnner.

Suͤnde ſuͤndigen.

Es iſt nicht genug zu ſuͤndi - gen; man muß auch ſagen, was man ſuͤndi - get; Suͤnden ſuͤndigen; denn man koͤnnte auch wohl Tugenden ſuͤndigen.

C c 5 Vor410Su
Vor ſeinem Geſichte Sah er die Suͤnden der Menſchen ſo die ſchlimmere Nachwelt Suͤndigen wird. Offenb. St. Klopſt. 72 S.

Jm Vorbeygehen moͤchte ich wohl wiſſen, wie man das beweiſen kann; daß die Nachwelt ſchlimmer ſey. Unſere Voraͤltern waren Menſchen; wir ſind es auch; meines Wiſſens werden es unſere Kinder auch ſeyn. Da ſind nun Menſchen viel zu ehrgeizig, als daß ſie andern den Vorzug ſo gar im Boͤſen laſſen wuͤrden. Nein! Nein! die Welt war, wie ein Menſch, immer einerley.

Suͤndfluth.

Wir bewundern folgende Nachah - mung der Suͤndfluth: zum wenigſten ſchwim - met darinnen alles eben ſo ordentlich, als im Noah unter einander.

wohl hat man in dem Kleinen Eine Nachahmung geſehen; als Veſuvens Mauern von Rauche, Undurchſichtigen Dampf mit Waſſerkruͤ - gen umwunden, Ueber den Tempeln der marmornen Hera - clea gewoͤlbet. Eine Nacht hing uͤber der andern an eher - nen Ketten. Noah, 251 S.

Das iſt recht koͤrperlich und unkoͤrperlich Zeug ſinnreich durch einander gewebet; und mit Miſch - maſch und Wirrwarre durchſtuͤcket. Die Waſ - ſerkruͤge unter andern, wo haben Sie die her,Herr411SyHerr Rath? Fuͤrchten Sie ſich nicht vor den Scherbeln?

Symphonie.

Hier iſt eine ganz vortreffliche!

Das ganze Gebirge Ward muſikaliſch; die Symphonie ſaß den flaternden Weſten Auf die Schultern, und hutſchte ſich zum Weihrauch der Bluͤthe. Noah, 132 S.

Das war wohl etwas unhoͤflich fuͤr ein ſo artiges Ding, als die Symphonie iſt; allein der Weſt kanns ihr auch nicht uͤbel nehmen: denn ſie muß riechen.

Syſtematiſcher Geſang;

folglich auch ein proble - matiſcher und verworrener Geſang.

Ein Heer verworrener Jdeen, die das be - draͤngte Haupt kaum faßt, Von keiner Kunſt noch klug vereint, Erheben ſich aus meiner Seele, zum ſyſtema - tiſchen Geſang: Wie aus dem dunkeln wuͤſten Chaos der Ele - menten Heer entſprang. Brem. Ged. 93 S.

Das iſt wahr! das iſt wahr! Wir frohlocken im - mer, wenn wir eine ſo leichte Art des Lobes an - bringen koͤnnen. Denn die ſchoͤnſten Redensarten unſerer heiligen Neologiſten gleichen einem Buͤn - del Diſteln, das man von keiner Seite, ohne ſich zu verletzen, angreifen kann. Und da ſie ſo liſtig geweſen ſind, lauter heilige Materien zu ihrem Stoffe genommen zu haben: ſo muͤſſen wir gar oft das dem Stoffe ſchenken, was wir am Zuſchnittezu412Tazu erheben finden; oder das dem Manne verge - ben, was ſein Kleid verſehen hat. So halten Schmaͤuchler, nur umgekehrt! das einem ver - braͤmten Kleide zu gut, was ſie dem nackenden Spoͤtter hoch wuͤrden angerechnet haben.

T.

Tage,

die ſich in Monathe faͤdeln, oder reihen.

Mengen unwuͤnſchbarer Tage, die ſich in Monathe reihten, Jmmerfort auf der Fluth in enge Kaſten ge - fangen. Noah, 337 S.

Wir nennen dieſes den Meiſekaſten; worinnen man die Tage faͤngt. Tage mit Bley am Fuße ſind langſame Tage. Das iſt natuͤrlich! Wer Bley am Fuße hat, kann nicht ſehnell laufen. Der Herr Rath haben daher wohl gethan, den Tagen Bley anzuhaͤngen.

Tage mit Bley am Fuß, in lange Reyhen verknuͤpfet. Noah, 390 S. ()

Tanz.

Ach! was fuͤr ein trefflicher Tanzmeiſter der Herr Magiſter nicht iſt! Nun neune man mir noch einmal die gelehrten Pedanten!

Sie ſchlaͤngelten; ſchwankten und rungen; ſie hinkten, huͤpften und ſpielten Mit Koͤpfen, Augen und Haͤnden, mit den gelenkſamen Fuͤßen. Nimr. 52 S.

Waͤre noch mehr wackelnd an ihrem Leibe gewe - ſen: es haͤtte auch gewackelt! Wie die ſtarklei - bichten Damen nicht wackeln! Warum zogenſie413Taſie nicht Schnuͤrleiber an? Wer ſich etwas leb - haft vorſtellen kann: der denke ſich einmal einen ſolchen Tanz! So wie ſich Harlekin dennoch am Segen in der biſchoͤflichen Tracht verrieth: ſo verraͤth ſich der Hr. Magiſter auch am Wackeln. Wir moͤchten den Hn. wohl einmal tanzen ſehen. Gehen die Verſe auch nicht recht zu Tanze? Hier - auf folget ein ſchoͤn Soldaten - und Jaͤgerballet. Jm obigen Tanze trug Tirza ein Lamm unterm Arme. Wo das nun in der Angſt was verlohren hat? Wie werden dann die Damen nicht auf Schaafmiſte getanzet haben!

Taub.

Jn den alten Poſtillen leſen wir, daß der Heyland einen Tauben geheilet habe. Unſere hei - ligen Redner, die eben ſo zahlreich, als die Poſtil - lenſchreiber, werden, unterſcheiden ſich in ihrer Schreibart himmelweit von der Einfalt der Alten. Es iſt ihre Schuldigkeit, und die gelehrte Welt hat den groͤßten Nutzen davon. Man nehme die Re - densart: der Heyland hat einen Tauben geheilet, und halte folgendes Bluͤmchen dagegen:

Der Heyland heilete einen Menſchen, deſſen beyde an dem Haupte ſonſt kuͤnſtlich geoͤffnete Gaͤnge, deren wir uns bedienen, den uns von der Luft zugetra - genen Schall zu ſammlen, zu verneh - men, und zu unterſcheiden, von ſeiner Gebuhrt an verſtopfet waren. ()

Jch bekenne es, daß ich nicht eben taͤglich ſo gluͤck - lich bin, ſolche herrliche Beſchreibungen auszuſpaͤ - hen. Das Kerniche, Volle, Schoͤne, und dasUner -414TaUnerwartete wird man leicht ohne meine Anwei - ſung entdecken. Nach ſolchen vollen, maleriſchen und aͤſthetiſchen Muſtern muß ein junger Redner ſeine Geſchicklichkeit auszubilden ſuchen. Die Schriften des Herrn B = = von A = =, S = =, und H = = werden ihm Gelegenheit zur Nachah - mung geben. Die Dichter der bibliſchen Epo - poͤen ſind auch nicht zu verachten. Jch empfehle allen meinen Leſern die Gedichte des Herrn Bod - mers, fuͤrnehmlich ſeinen unvergleichlichen Noah. Man kann ſeine Schriften ohne Schmaͤucheley den beſten Ausſpruͤchen der heydniſchen Orakel an die Seite ſetzen. Ein neuangehender Kanzel - redner muß ſie etlichemal geleſen haben. Noah erinnert mich einer Parallelſtelle, ſie handelt von einem Menſchen, Dem der Erkenntniß Thor von ſeiner Ge - buhrt an geſperrt ſtand. Noah, Bl. 96.

Ein allerliebſter Hexameter! der weiter nichts ſagen will, als dieſes: Er war blind gebohren worden. Man verſuche es, und leſe auch den Hermann; man wird keine Seltenheiten von die - ſem Gepraͤge darinne antreffen. Es leben die Hexameter!

Tauſendſtimmichter Sturmwind.

Ein Sturm - wind hat alſo 1000 Stimmen; ein Zephir kaum ein Stimmchen. Allein macht denn eine Stimme Wind? Was nun eine nicht macht, koͤnnen auch nicht tauſend machen; da jede der tauſend eine Stimme iſt.

Jhm kam in ſein AntlitzDurch415Te ThDurch die Himmel Ein tauſendſtimmichter Sturmwind ent - gegen. Off. St. Kl. 160 S.

Temperamente.

Hat man je von Temperamen - ten in der Religion gehoͤret?

Laß, ehrwuͤrdiger Gott! mich itzund ein Herze Voll der tiefeſten Demuth vor dir ausſchuͤtten: Aber auch unerſchrockene Gedanken eroͤffnen Mit einem die Natur beſiegenden Gemuͤthe, Welches dich, Vater! nennt. Das von dir in die irdiſche Form mit Groß - muth herabkam, Nun auf der Bahn erhabner Religion dir wie - der zueilt, Großmuͤthig, wie die unumſchraͤnkteren Seelen Scheu und zitternd ſich zu dir nahn. Das macht Temperamente in der Reli - gion. Brem. Ged. 119 S.

Dieſe irdiſche Form iſt Oeſt.

That;

eine laute That; alſo eine ſtumme That.

Er ſelber hat das Verderben Ueber ſein Haupt gerufen! durch laute Tha - ten des Schickſals. Off. St. Kl. 140 S.

Thaten.

Es ſind erhabne Thaten an der Ge - buhrt: Wir dachten ſchon an der Gebaͤhrmutter.

Noahs Soͤhne, die damals im mittlern Pa - radieß gingen, Sahn das fliegende Schiff, und erriethen nicht, was es ſeyn koͤnnte. Jtzt ſtands hoch an dem Rand des Bergs; erhabne ThatenWaren416Tr ThWaren ſchon an der Gebuhrt. Noah, 159 S.

Der Baumeiſter dieſes Luftſchiffes war der Teu - fel und Bodmer.

Traubengebirg,

a. St. Weinberg; folglich Pflaumengebirg.

Und dich, o Herbſt! auf Traubengebir - gen. Meßiade, 27 S. ()

Traͤublicher,

oder apfelichter Herbſt: alles einer - ley! ein Herbſt naͤmlich, wo Wein und Obſt gut geraͤth.

Da glaͤnzend Felder mit goldener Ernt einladen, und traͤublichem Herbſte. Noah, 53 S.

Wann eine goldene Ernte bey Jhnen ſeyn wird: ſo wollen wir auch hinkommen; und unſer Woͤr - terbuch vor Dero Augen vermehren.

Traubengelaͤnder ſind nicht Gelaͤnder von Trau - ben; ſondern Gelaͤnder, woran Wein gezogen iſt.

Jene mit hohen Traubengelaͤndern umhan - gene Huͤgel. Off. St. Kl. 95 S.

Traͤufeln; ein Boden traͤufelt.

Von unten her - auf? Das iſt fein! ſehr fein!

Unter den Ferſen ſtieg aus dem traͤufelnden Boden ein Nebel. Noah, 33 S.

Thraͤnen haben Geſchlechter;

weibliche und maͤnnliche.

Und entkuͤßten die maͤnnliche Thraͤne dem Auge der Vaͤter. Off. St. Kl. 164 S.

So kuͤſſen unſere Bruͤder, die vollkommenen Menſchen, die nicht ſterben. Allein, mit Erlaub - niß! wird ihnen ihre Erde nicht zu enge?

Thau -417Th

Thauend.

Jſt das nicht eine ſchoͤne Kniebeugung von einer Scene?

Anmuthsvoll buͤckte ſich vor dem Geſicht die thauende Scene, Und zerfloß auf die untengelegne Felder ſanft - ſchmelzend. Noah, 410 S.

Thronen Erſtgebohrner iſt freylich Eloa:

allein ſchlafen denn die Thronen bey einander? Die Thronen ſind vornehme Engel; das weis ich: Erſtgebohrne ſind Kinder; das wiſſen wir auch: wo alſo Eloa der Thronen Erſtgebohrner iſt: ſo ſchlafen ſie bey einander?

Drauf kamen ihm der Thronen Erſtgebohrner, ihn feyrlich vor Gott zu fuͤh - ren, entgegen. Gott nennet ihn ſeinen Geliebten; der Him - mel: Eloa. Off. St. Kl. 14 S.

Dieſe Thronen ſteigen von ihren Stuͤhlen. Ey! Ey! Rath Bodmer! und Prophet Klopſtock! haben Sie eine neue Logik? Das iſt ja ein Wider - ſpruch! Ein Thron iſt ja ein Stuhl: wie kann doch ein Stuhl vom Stuhle ſteigen?

Unterdeß waren die Thronen von ihren Si - tzen geſtiegen. e.d. 21 S. ()

Thuͤrme

erſchuͤttern das Prieſterthum. Sonſt wurden Thuͤrme erſchuͤttert; aber alles veraͤn - dert ſich.

Ja! dieß Prieſterthum Das in der langen Gefangenſchaft ſelbſt ba - byloniſche Thuͤrme,D dDas418Th ToDas im Sturme der Waffen die ſchreckli - chen ſieben Huͤgel Nicht zu erſchuͤttern vermocht. Offenb. St. Kl. 104 S.

Man ſollte glauben, der Tempel habe in Rom geſtanden. So ſtuͤrmen auch Waffen?

Noch ein ſonderbarer Thurm, der da vom maͤnn - lichen Tritte beſtiegen wird.

er ging mit dem maͤnnlichen Tritte, Welcher nur juͤngſt den Thurm der Mit - tagshoͤhe beſtiegen. Noah, 12 S.

So hat die Mittagshoͤhe einen Thurm? Wie alt iſt man da, wenn unſer maͤnnlicher Tritt ihn beſtiegen hat? Alt genug; nur nicht klug genug!

Tod.

Lieber Leſer! biſt du gleich noch ſo liſtig: ſo ſollſt du doch nicht errathen, was der Tod nach der klopſtockiſchen Theologie iſt. Jener Stuͤm - per antwortete bey der Pruͤfung dem Superinten - denten auf die Frage: quid eſt mors? E. H. ſo weit habe ich es noch nicht gebracht! Es koͤnnte leicht ſeyn, daß du es auch nicht ſo weit gebracht haͤtteſt, wenn du auch gleich Profeſſor waͤreſt. Quid eſt mors? - Des muͤden Wanderers Schlaf! Recht! denn alle Wan - derer ſterben, wann ſie muͤde ſind.

Komm! Ruhe vom Elend! Tod! des muͤden Wanderers Schlaf! und erbarme dich meiner! Off. St. Kl. 145 S.

Der Tod iſt ein allerliebſtes Ding; niemals aber gefaͤllt er mir beſſer; als wenn er eine Maske vor -nimmt419Tonimmt und einen Domino anziehet; denn als - dann wird er ein gar angenehmer Geſellſchafter.

Balſamiere mich nicht! es fodern dich andre Geſchaͤfte; Laͤnger nur traͤgt balſamiert der Leib die Maske des Todes. Noah, 227 S.

Wir haben ſchon oben einen Tod von den Waf - fen Abirams gerochen; unſere Naſe iſt fein, und ſpuͤret folgenden Geruch des Todes noch aus. Denn dieſer Tod, oder der Geruch des Todes, wehet liebliche Duͤfte zun Naſen der Lebendigen, die, ich weis nicht: ſinds die Naſen, oder die Lebendigen? mit Gott ein - herwandeln.

Ob ihr der Schmerz gleich vorher verkuͤndigt war, und verkuͤndigt Schon das Herz ihr geklemmt: ſo ergriff ſie itzt nicht ſanfter, Als waͤr er unverwarnt dem zaͤrtlichen Her - zen gekommen. Alle gehn dann den Leichnam zum letzten male zu gruͤßen, Und den Geruch des Todes zu riechen, der liebliche Duͤfte Zu den Naſen der Lebenden weht, die mit Gott einherwandeln. Noah, 233 S.

Die Leichen vor der Suͤndfluth muͤſſen ſehr ſchoͤn geſtunken haben. Wie er nicht greifet, der Tod! Und welch ein Gruß! Unverwarnt: Wie das ſo ſchoͤn iſt! Ja noch mehr! Die heili - gen Maͤnner lehren uns im Leben ſterben, da ſieD d 2uns420Touns mit dem Tode ſo bekannt machen. Wir ler - nen weiter: daß der Leib eine Baßgeige iſt, de - ren Saiten die Nerven ſind. Dann und wann ſpielet der Tod darauf; man kann leicht denken, was das fuͤr ein trefflicher Geigeniſt iſt. Er iſt der Capellmeiſter, und die Krankheiten ſind die Spielleute.

Noch erſchien in Siphas Geſtalt kein Herold des Todes, Keine Krankheit; nicht einer von ſeinen warnenden Bothen, Die an den Nerven reißen, den zarten Sai - ten des Lebens. Noah, 228 S.

Die Krankheiten ſind noch duͤmmer; ſie ſehen uns fuͤr eine Stahlharfe an. Gelt, mein Leſer! du jaͤhneſt? Noch eine Meſſerſpitze Tod!

Tod, das entſetzliche Wort, zog mit ſieben - faͤltgen Schatten Ueber mir auf. Noah.

Lieber dreyzehnfaͤltig!

Tod Pfoͤrtner, der uns das Thor des ewigen Lich - tes entfaltet. Noah, 120 S.

Ein feiner Thorwaͤrter! Wie die Schluͤſſel nicht an ſeinen Knochen klappern! Noch eins! Der Tod macht uns zu Sommervoͤgeln und Zwey - faltern.

Denn der Tod ſchlaͤgt uns von den Ferſen das irdiſche Bley ab, Daß wir die Fluͤgel daran entfalten und Himmel auf fliegen,Ge -421ToGegen welchen die Auen des Paradieſes nur Nacht ſind. Noah, 121 S.

Da ſchwaͤrmen wir denn auf den aͤtheriſchen Auen herum; ſetzen uns mit den aͤtheriſchen Maykaͤfern auf die Blumen und aͤtheriſche Graͤ - ſelein; und flatern und huͤpfen.

Sipha verehrte die Macht, die ſo ſanft ſein Liebſtes gepfluͤckt.

Denn ſie war eine hundertjaͤhrige Roſe; und gehoͤrte zum himmliſchen Strauße. Wir muͤſ - ſen den Artikel beſchlieſſen, wie wir ihn angefan - gen, und unſern Stuͤmper nun fragen: quid eſt mors?

Gottes unſterblich Werk verthun; wo - ferne das Tod heißt? Noah, 180 S. ()

Wenn ich alſo mein Geld verthan habe: ſo iſt mein Beutel geſtorben.

Ton.

Klang und Laut haben wir beſonders be - wundert: Ton wuͤrde boͤſe werden, wenn wir ihm nicht auch Gerechtigkeit wiederfahren lieſſen.

ein goldner feſtlicher Ton floß Laut mit langgedaͤhnetem Zug aus dem hoh - len Metalle. Noah, 241 S. Da den Goldklang die Frau und Kinder Noahs vernahmen, Fuͤhlten ſie ihre Seelen ſich auf den ſchwel - lenden Toͤnen Hoch gen Himmel erheben mit heiligen Flam - men befluͤgelt. e. d.

Die Seelen huͤpften auf die ſchwellenden Toͤne und flaterten weiter. Wir muͤſſen auch einD d 3Soͤhn -422To TrSoͤhnchen von dem lieben Tone haben, und finden den Augenblick

Tonreiche Namen, a. St. wohlklingende:

ein Namen giebt alſo Toͤne.

dann wuͤrde der tonreiche Namen, Mutter des Menſchengeſchlechts, und Mutter der lebenden Weſen e. d. 184 S.

Traͤufelnder Staub.

Wie oben geſagt: Waſſer ſtaͤubt, und Staub ſpruͤtzt. Jſt das der Regen - bogen?

Oder ſind ihre Farben (der Maͤgdchen) ver - ſchiedner und feiner vertheilet, Als der traͤufelnde Staub, der die Sonnen - ſtralen gebrochen? Noah, 91 S.

Freylich! Ein Maͤgdchen daͤucht uns immer ſchoͤ - ner, als ein Regenbogen; erſtlich hat es oft ei - nen Regenbogen auf ſich, wann ſie bunt gekleidet iſt; und dann iſt ſie auch ohne den Bogen etwas Wirkliches. Auch im Meßias triefet ein Thal. 95 S.

Traͤnken.

So traͤnket Zernitz die Zuͤnfte:

Hier wird man oft mit Schimpf nothwend - ge Zuͤnfte traͤnken. Zernitz, 81 S. ()

D. h. einen Schneider einen Bock nennen.

Traum.

Unſere lieben Alten hatten ein gut Mittel zu traͤumen:

Und nicht vom ſuͤßen Traum verdruͤßlich zu erwachen: Glaubt unſre Vorderwelt Geſpenſter, Alp und Drachen. Zernitz, 12 S.

Wir hielten das Gegentheil bisher fuͤr beſſer;haben423Trhaben aber doch noch ein bequemer Mittel gut zu traͤumen: Lies die Epopoͤendichter und unſer Woͤrterbuch!

Trenſcheen.

Dieſe eroͤffnet der Herr Magiſter im Nimrod, 403 S.

Laufgraben macht ich gedoppelt; Tren - ſcheen von innen und auſſen.

Treſore, oder Schenktiſche.

vorm Speiſeſaal ſtunden Threſore, Credenztiſche, Tafelgeraͤthe Nimrod, 103 S.

Credenztiſche zu Nimrods Zeiten! Ha! Ha! Ha! Jn der laͤcherlichen Schreibart ſind der Herr Ma - giſter ſehr ſtark. Der Herr Hofnarr, Haba - cuc, purzelt auch hier. Und wir wundern uns, daß die Narren aus Nimrods Zeiten mit un - ſern ſo viel Aehnlichkeit haben. Auch Porcellan iſt hier, und Nimrod ſpeiſet, wie Ludwig der XIV. Unſere Hauptſorge muß demnach ſeyn, auch die Hofnarren unſerer Helden zu beſchreiben; kein Zotchen zu vergeſſen; ja durch dergleichen Male - reyen eine loͤbliche Weitlaͤuftigkeit zu erhalten. Wir muͤſſen nicht allein das Geſicht einer Schoͤ - nen; ſondern auch ihren Steiß malen; d. i. alle moͤgliche Bilder von allen moͤglichen Seiten zu zei - gen. Denn die Wahl, und eine aͤngſtliche Unter - ſcheidung iſt pedantiſch; ſie martern nicht allein den Witz; ſie ſchraͤnken nicht allein die poetiſche Wuth ein, wodurch ſo manche ſchoͤne Beſchreibung verlohren gehet; ſondern machen auch noch die Buͤ - cher kleiner, welches fuͤr einen Dichter oft von ge -D d 4faͤhrli -424Tr Tufaͤhrlicher Folge iſt. Ja, wir trauten uns auf unſere Kapelle die 24 Buͤcher des Nimrods auf ein halbes, ja noch weniger zu bringen.

Tritt druͤcken, a. St. ſtehen.

Seit dem die Arche den feſten Tritt auf Ararat druͤckte. Noah, 371 S.

Denn die Arche hatte Beine.

Tropfen, a. St. traͤufen; folglich, ich tropfe, du tropfteſt, er tropfte.

Mit dem Arme, der von dem Blute der Un - ſchuld noch tropfte. Noah, 57 S.

Truͤmmer modernde der Vorwelt beſingen. Seher Klopſtock thut zwar den alten Helden viel Ehre an, daß er ſie fuͤr die Truͤmmer der Welt haͤlt; er aber haͤlt ſich fuͤr einen Freund Eloas:

O! ſo hoͤr ihn, Eloa! wenn er, wie die himmliſche Jugend, Kuͤhn u. erhaben, nicht modernde Truͤm - mer der Vorwelt beſinget. Meß. 25 S.

So ſinget er denn, wie die Engelchen.

Tuͤmpfel des Krieges.

Ey! Ey! Das iſt ein Tuͤmpfel des Verſtandes.

So fraß in dem Tuͤmpfel des Kriegs der wuͤ - thende Spieß des Aradi. Nimr. 652 S.

Tumm.

Vor dieſem glaubte man: das Ungluͤck mache klug. Allein Se. Gnaden ſind vom Un - gluͤck tumm getroffen worden. Denn ſo ſagen Sie: erſtlich ſind Sie taub, und dann tumm.

Mein Sinn zur Freude taub, von Ungluͤck tumm getroffen. Haller, 143 S.
Ein425Ue Um

Ein ſeltenes Geſtaͤndniß, welches ein Dichter ſo ſel - ten, als ein Maͤgdchen, daß ſie nicht ſchoͤn ſey, oͤffentlich abzulegen pfleget. Wir verwundern uns daruͤber; und wuͤrden glauben, dieſer Vers ſey in der Hoͤhle des Trophonius geſchrieben worden; wuͤßten wir nicht gewiß, daß wir Se. Gn. erſt itzt hineingeſperret haͤtten.

U.

Ue.

Dieſe Sylbe iſt eigentlich ordentlich abgedanket; der ſtolze Herr von Y hat ſie verdrungen. Nir - gends haben wir dieſen jungen Herrn und Stutzer verwegener gefunden, als hier. Ein keuſches Maͤgdchen beſchreibet die Gefahr des Umganges mit Mannsbildern.

O! ein wildes verheerendes Ybel mit ſturme bewaffnet Sitzet in ſeinem arm! u. iſt zum verder - ben geryſtet. Jac. u. Joſ. 10 S. ()

Ein Schalk ſprach: es ſaͤße gar anderswo, das Ybel, als im Arme; allein, man kehre ſich an die Spoͤtter nicht: verſpotten ſie nicht die Offenb. St. Klopſtocks?

Ueberlieferung, a. St. Sage;

auch dieſes Wort haͤtte im neologiſchen Fache bleiben ſollen.

Umfließen.

Das Sylbelein um mit einem Zeit - worte, iſt wie eine rothe Tinctur, die auch Waſ - ſer faͤrbet.

D d 5 Ge -426Um
Gelindre Luͤfte, Gleich dem Saͤuſeln der Gegenwart Got - tes, umfloſſen ſein Antlitz. Offenb. 5 S.

Wir wollen ſo gleich ſagen, was dieſes umflieſſen ſey: ſo bald wir das Saͤuſeln der Gegenwart Gottes werden auf unſerm Geſichte empfunden haben.

Umformen.

Hier haben wir ein ſicheres Mittel, das Ganze zu umformen.

Und wenn es ſich nicht zu dem Ganzen paſſet: So nimmſt du Meiſel, Hobel, Beil u. Sage, Machſt Fugen, Ecken, Ebnen, Loͤcher, Riſſe, Und formſt das Ganze um nach ſeinem Theile.

So gehts an! So machet ein jeder Dichter ſein Weltchen, wie ein Metaphiſiker: Chacqu’un à ſa Guiſe.

Erſt Thaͤler, Huͤgel, Damm, u. endlich Berge; Erſt Wurzel, ferner Stamm, u. endlich Zweige. Brem. Ged. 4 u. 5 S.

Man leſe das ganze Kunſtſtuͤck; und will ſichs nicht paſſen:

So nimmſt du Meiſel, Hobel, Beil u. Sage ꝛc. ()

Umgang.

Sonſt hielten Pfaffen und Geſpenſter nur Umgaͤnge: nun aber auch die Jahre.

Aber zuvor wird der Umgang von man - chem Jahrhundert ſich ſchlieſſen. Jac. u. Joſ. 60 S. ()

Umglaͤnzen.

Wir wußten nicht, daß uns Freu - den umglaͤnzten, wenn wir freudig wurden.

Jhrer Kinder Gemuͤth ward von denen Freu - den umglaͤnzet. Noah, 187 S. ()
Umhau -427Um Un

Umhauben den Kopf mit Eiſen, a. St. den Helm aufſetzen.

Er legte ſein ſchuppichtes Erz an; Umhaubte mit Eiſen den Kopf. Nimrod, 492 S.

So umledern wir die Hand, wann wir uns Handſchuh anziehen. Ahme nach, lieber Leſer! Ahme nach! Durch fleißiges Nachahmen uͤbertrifft man ſein Vorbild.

Kannſt du kein Klopſtock ſeyn; kein wuͤſter Bodmer werden: O! es iſt Raum genug vom Wieland bis zur Erden.

Umgegoßner Geiſt.

Wir bewundern den Schmelz - tiegel, in dem Se. Unſterblichkeit die Geiſter umgießen. Mit Erlaubniß! Was brauchen Sie fuͤr Kohlen?

Vieleicht, daß dermaleinſt, die Wahrheit, die ihn peinigt, Den umgegoßnen Geiſt, durch lange Qualen reinigt. Haller, 114 S.

Wir nennen dieſes das dichteriſche Fegefeuer.

Unbill:

ein allerliebſtes Wort! Wir ſind noch nicht ſo weit, es zu verſtehen; mit Verſchuß gehet es uns auch ſo.

Noch Unbill, noch Verſchuß, kann vom All - weiſen kommen; Haller 116 S.

Nein! von Gott nicht! Vom Herrn Amman wohl!

Und

ſetzte ſonſt Hans Sachs vor den Abſchnitt; nun thun es Se. Gnaden:

Gerech -428Un
Gerechtigkeit, Gnad und Der Arm der Gottheit ruht. Haller 102 S.

Nicht anders als:

Der Jaͤger und ſein Hund,
Die jagten beyde: und
Sie hatten ihn faſt; aber
Der Haſ lief in den Haber.

Unding.

Rath Bodmer malt die Teufel ſchon oben ſo dumm, daß ſie ein Ewignothwendiges uͤber Gott verehren. Seher Klopſtock ſchil - dert ſie noch duͤmmer: indem ſie bey ihm gar ein Unding verehren.

Hier ehret die Hoͤlle, Die dich, Jehovah! verwarf, ein ewiges un - endliches Unding. Off. St. Klopſt. 47 S.

Waren die Maͤler denn ſchon ausgeheilet, die ih - nen nach Miltonen der Donner auf die Stirne ge - zeichnet hatte? Es iſt ein Wunder, denn ſonſt ſind ſie bey Klopſtocken immer kluͤger, als die En - gel.

Unempfindbar.

Ein maͤchtig neologiſches Wort! Sprechet es aus: ſo ſtehet ein Gedank dar.

Unerſchaffen.

Jtzt ſingen die Dichter ſchon, wenn ſie noch nicht erſchaffen ſind.

Dann ſingt die heilige Bruſt im unerſchaff - nen Chor Des ewgen Schoͤpfers Ruhm in ewgen Liedern vor. Samml. Nicol. 149 S.

Unhold:

das klingt hexenmaͤßig! Der Tag iſt nach dem Hn. Magiſter der Nacht unhold.

Die429Un
Die Nacht, die Traͤumerin, war von der guͤl - denhaarichten Sonne, Vor ihrem Unhold, dem Tage, ins Reich der Schatten entwichen. Nimrod, 488 S.

Gelt! Hr. Magiſter! das iſt homeriſch! Schimpfen ſie doch den armen Tag nicht ſo, dem wir beyde ſo viel zu danken haben; Sie, den Nimrod; ich, das Woͤrterbuch, das Sie und mich verewiget. Oder haben Sie etwan den Nimrod nur bey Nachte gemacht? Es koͤnnte wohl ſeyn: denn es iſt finſter genug darinnen. Noch eins von guͤldenhaaricht: koͤmmt das nicht von den meißniſchen Guͤlden?

Unruhe.

Wir haben ſchon oben die Furcht des Hn. Magiſters betrachtet; hier iſt ſeine Unruhe, die wir im Jaͤger Nimrod Beute gemacht haben.

Da ward die tiefaͤugichte Unruh Mit todtfarbnen, ſchwarzblauen Lippen, mit eingekrochnen Wangen Seine vertraute Gefaͤhrtin. Dieß ſchlimm - haͤlſicht, kahlkoͤpfichte Weibsbild Umgab Nimrods runzlichte Stirn im Schwarm herzfreſſender Sorgen. Nimrod, 11 S.

Sollte uns jemals ein ſolches Unthier unſere Stirne umgeben: ſo wuͤrde uns gewiß uͤbel wer - den; und ich zweifle, ob ſich der Herr Magiſter nicht wuͤrde brechen muͤſſen.

Unnatuͤrliches.

Hier iſt davon ein ſehr natuͤrlicher Ausdruck.

Doch430Un
Doch Unnatuͤrliches, wie ſchwer mans oft erkennt: Weit ſchwerer wird dennoch Natur von Kunſt getrennt. Zernitz, 7 S.

Sind die Woͤrter nur deutſch: ſo darf die Fuͤgung nicht deutſch ſeyn.

Unmuͤndig Kind der Ewigkeiten.

Hat die Ewig - keit auch Kinder? Das iſt ja eine Luſt! mit allen Kindern!

Unmuͤndig Kind der Ewigkeiten! Noch un - muͤndig! Was faͤngſt du an? Brem. Ged. 48 S.

Untermengt.

Allein iſt Witz u. Kunſt vertheilet und vermengt, Daß mancherley Geſchmack an manchen Fuͤhrer haͤngt:

So richtet ſich der Zweck des Meiſters nach den Kunden. Brem. Ged. Vorr.

Um dieſes zu verſtehen, maͤnge man Haͤckerling und Haber unter einander; der Haͤckerling wird haͤn - gen bleiben. Kunden wuͤrde Swift zur Poͤbel - figur rechnen; allein das war ein Spoͤtter: und wir ſchreiben nicht, um verſpottet zu werden.

Unverkürztes geſicht

iſt nicht ein Geſicht, dem das Kinn oder die Stirne nicht fehlet. Was denn? Was folget!

und ſchaute Benjamin nach mit unverkürztem ge - ſichte. Jac. u. Joſ. 37 S. ()

Unterfreſſen.

Wir ſind ein Lexicograph; ein ſol - ches Geſchoͤpf iſt ſchuldig, die ſchoͤnſten Redensar -ten431Unten auszuſuchen; wir thun es; und finden zugleich das Maul des Geſtelles zu bewundern.

Pfeiler glitſchen Unterfreſſen von ihrem Geſtell. Noah, 293 S. ()

Unwirthbar.

Wohlan! Wieder ein Diebſtahl! Ey! wie wird doch Lohenſtein nicht gepluͤndert: Hier ein Bluͤmchen; dort ein Steinchen: bis er ganz ins Schweizeriſche wird uͤberſetzet ſeyn. Denn ſo ſagt Thamar:

Mir iſt kein Ort unwirthbar Noah, 194 S.

Wer bewirthet hier? das Fraͤulein den Ort? oder der Ort das Fraͤulein? Und ſo ſagt Lohen - ſtein im Jbrahim:

Fuͤr des unwirthbarn Meeres Mund Der Donau ſuͤße Lipp, u. gruͤne Fluth zu kuͤſſen.

Pfuy! das ſchmecket garſtig. Das gruͤne Zeug zu kuͤſſen! Das nennen wir Lohenſteiniſiren; und es geſchiehet oft, daß das, was man in der Jugend verworfen, im Alter geliebt wird. Denn z. E. ſo lobten wir nichts weniger, als den Herrn von Lohenſtein, als wir die Sitten maleten; nun aber ahmen wir ihm nach, da wir den Noah verheutigen.

Umſetzung.

Man ſagt: in der Welt gehen taͤglich Veraͤnderungen vor. Schlecht gegeben! Male - riſcher:

Jn432Va Ve

Jn der Welt ereignen ſich taͤglich tauſend Umſetzungen der Dinge.

Buttſt. vernuͤnft. Ged. 6. Band, 20 Bl.

V.

Vaterhoffnungen.

Wir haben bereits oben die Quelle der Vaterhoffnungen bewundert; hier bewundern wir die Vaterhoffnungen an ſich ſelbſt.

Ehemals waren die Vaterhoffnungen mei - nem Gemuͤthe Auch nicht fremde. Noah, 100 S.

D. h. vormals ſchlief ich noch bey meiner Frau.

Dieſe Hoffnung, der Hoffnungen ſchoͤnſt iſt dir nicht verſchloſſen. e. d. 101 S.

Jſt das nicht ſchoͤn? Das Beywort hinten!

Vaͤter

erloͤſten des Mittlers. Klinget das nicht, als haͤtte Jeſus mehr, als einen Vater? Das ſchieben wir dem Hrn. Klopſtock ins Gewiſſen; und haben damit nichts weiter zu thun, als daß wir die Stelle herſetzen. Ja! was das wunderbarſte iſt: ſo ſagt es Gott ſelbſt.

Seraphim, und ihr Seelen, erloͤſte Vaͤter des Mittlers! Fangt ihr die Feſte der Ewigkeit an! Offenb. St. Klopſt. 19 S.

Denn wir ſchreiben nicht fuͤr uns, die wir den Sinn wiſſen; ſondern fuͤr den Leſer.

Verbluͤhlich, a. St. hinfaͤllig.

Kran -433Ve
Kranke, verbluͤhliche Luſt! die du dir, ge - blendet, Kurzſichtiger Juͤngling gewaͤhlt; Reitzt nicht. Ode an Steinbruͤck.

Man vermenge ja kein Strichelein.

Verbrennen

ein jaͤhriges Stierkalb ſeinem Na - men: heißt das, dem Namen opfern? Noah.

Vergaͤllen

das Geſicht; folglich die Zunge auf - klaͤren. Was Se. Gn. nicht fuͤr ein wunderli - cher Arzt ſind!

Kurzſichtiger! dein Gram hat dein Ge - ſicht vergaͤllt. Haller, 144 S. Alſo! Langſichtiger! Dein Scherz hat dein Ge - ſicht verſuͤßt. ()

Vergeſſen;

ſich zum Schuͤler vergeſſen: warum nicht zum Narren?

Wie konnteſt du zum Schuͤler dich ver - geſſen? Brem. Ged. 12 S. ()

Vergleichender Leſer:

was iſt das? Und um das Gegengift gleich bey dem Gifte zu haben: ſo iſt folgende Anmerkung allerorts, wo ein phi - loſophiſch, oder theologiſch vergleichender Leſer anſtoſſen, oder ſtolpern will, einzuruͤcken: Das Schoͤne und Erhabene der Dichtkunſt, nebſt der edlen Kuͤhnheit, der ſie ſich bey Aus - druͤckung ihrer Lehren bedienet; ermuͤdet oͤf - ters die Vernunft und Aufmerkſamkeit eines Leſers, (ja wohl!) daß er glaubt, in ſol - chen Saͤtzen Fehler bemerket zu haben, dieE edoch434Vedoch leidlich wuͤrden geweſen ſeyn, wenn ſie in ungebundener Rede waͤren vorgetragen wor - den.

Wir danken fuͤr den Rath, und wollen ihn allent - halben einruͤcken, wo Sie ſich uͤber die Vernunft ſchwingen.

Verjuͤngen mit einer Nachricht den Lebensodem.

Das nennen wir ungemein; das war noch nie ge - ſagt worden; und das ſagen der Herr Rath. Sie verjuͤngen Odem; und veraͤltern -- Aber es iſt auch ein Lebensodem: dem freylich das Leben hauchet. Unſer Odem iſt dadurch verjuͤnget worden, und wir wuͤnſchen dem Hrn. Rathe eine gleiche Verjuͤngung, noch mehr Li - nien der Lenden, oder Fruͤchte des Verſtandes von Jhnen zu ſehen.

Wahrlich! Heut iſt Seths Gott mit deinen Tritten geweſen, Daß du den Lebensodem mir mit der Nach - richt verjuͤngeſt. Noah, 19 S.

Mit deinen Tritten geweſen klinget auch beſſer, als mit dir ſeyn.

Verkannt.

Vor dieſem ſagte man: ich habe Sie verkannt; es hieß noch nicht: ich kenne Sie nicht: unſer Seher aber nennet einen Mann, der in der Eingezogenheit lebet, einen verkann - tern Mann. Jeſus

trat itzt in die ſtillere Wohnung Eines verkannten u. redlichen Mannes. Off. 142 S
Darne -435Ve

Darneben waren Bierhaͤuſer, welche ſehr laut waren.

Verlangen.

Die mehrere Zahl von Woͤrtern, die keine haben, iſt, wie bekannt, das Schiboleth. Es wird an dem kleinen Tiſchchen, Pfeifer - tiſchchen, gedrechſelt, das in dem oben beſchriebe - nen Dichterſaale ſtehet. Es ſind die Spielwer - ke, die die heiligen Maͤnner ihren Juͤngern vor - werfen: da indeſſen die groͤßeren Schnitzer bloß fuͤr die Propheten bleiben; denn man muß auch mit Verſtande ſtolpern.

Deine Verlangen will ich, du Erſtling der Auserwaͤhlten! Sprach der Seraph mit freundlicher Stimme, dem Mittler erzaͤhlen. Off. St. Kl. 22 S.

Erſtling pflegte man ſonſt von der erſten Frucht zu ſagen; nun aber heißt es uͤberhaupt der Erſte; denn unſers Wiſſen haben die Auserwaͤhlten nicht Adam, den Opferprieſter, gezeuget; ſondern es iſt vielmehr umgekehrt! Wir bewundern anbey die neue Wuͤrde Adams; ſtellen uns daher ſchon im Geiſte vor, daß Herr Klopſtock gewiß zum we - nigſten ein himmliſcher Chorjunge ſeyn wird.

Doch dann erſt; dieß hoff ich zu meinem Erloͤſer, Wenn von ihm mein heiliges Lied zu Ende ge - bracht iſt. Alsdann ſollen die Lippen ſich erſt, die den Men - ſchenfreund ſangen; Dann erſt ſollen die Augen, die ſeinetwegen vor FreudenE e 2Oft -436VeOftmals weinten, ſich ſchließen; dann erſt ſollen meine Freunde, Und die Engel mein Grab mit Lorbeern u. Palmen umpflanzen. e. d. 71 S.

Das werden die Engel fein bleiben laſſen! Sie werden dieſe Ehre den Teufeln uͤberlaſſen, die dem Seher mehr, als die Engel, zu danken haben. Wo ihn dieſe in der himmliſchen Werkſtaͤte, oder Schneiderherberge, zum Gewandſchnei - der machen: ſo iſt es viel. Ueberhaupt iſt die Demuth zu loben, die aus dieſer lucaniſchen und miltoniſchen Ausſchweifung hervorleuchtet.

Vermaͤhlen.

Voͤlker in Suͤden kennen kein Ver - maͤhlen. Zernitz, 101 S. ()

Was, Henker! Heyrathen ſie nicht? Wo bekom - men ſie denn die Kinder her? Aus den Waden, wie Lucians Volk?

Verrathen.

Nichts iſt ſchoͤner, als einen Satir und eine Nymphe zuſammen zu koppeln: ein Wort, vor dem man laufen moͤchte; und eines, das uns an ſich locket. Es entſtehet daraus etwas Anzie - hendes, daß man der Verbindung nachzuforſchen genoͤthiget wird. Wir werden dieſes in folgendem Bluͤmelein gewahr. Denn ſo ſaget der breite Vorredner der Brem. Ged. So habe ich noch nie einſehen koͤnnen, daß die Freundſchaft zum Lobe verrathen werden koͤnne. Gelt! der Leſer auch nicht? So wenig, wie folgendes: Es iſt auch kein ſolches Lob, bey dem einer von dieſen Namen beſchaͤmt huſten muß. Hier lernen wir, daß ein Name huſten kann; und daßwir437Vewir huſten, wann wir roth werden, und uns ſchaͤmen.

Verſcheucht ſitzen.

Wenn man ſitzet, ſo ſitzet man; und wann man verſcheuchet wird: ſo laͤu - fet man. Herr Oeſt aber ſitzet, wann er ver - ſcheuchet wird.

Er ſitzt verſcheucht; u. da er denket: Gott ſey nicht weiſe, noch gut; So ſchlaͤgt ſein Blut. Brem. Ged. 50 S.

Wenn Gott weiſe iſt: ſo wird er auch gut ſeyn; noch iſt alſo ein Anticlimax. Siehe Antilon - gin, 98 S.

Verſchwiſtert.

Der Leſer merke!

Und merke dir die Einigkeit u. Zwietracht Der Koͤrper u. erlerne deinen Urſprung: Denn halb iſt dir das Sichtbare verſchwi - ſtert. Brem. Ged. 10 S.

Jſt das nicht ein wohl angebrachtes denn? Das Sichtbare iſt demnach meine Halbſchweſter, und ich und Herr Oeſt ihr Halbbruder; und Einigkeit und Zwietracht unſer Stiefpapa.

Verſtand.

Dem Verſtande die noͤthige Waͤr - me verleihen; das heißt, Gedanken bruͤten.

Wem ich unverſtaͤndlich bin: (wahrhaftig der ganzen Welt!) der wird fortleſen muͤſſen, bis er aus der neunten Ode, S. 77. eine Ge - ſellſchaft hat kennen lernen vereinter Muſen: An Deutſchlands Graͤnzen gegen Norden, wo ſie der Bataver erblickt,E e 3Faſt438VeFaſt kuͤhn beſchaͤftigt dem Verſtande die noͤthge Waͤrme zu verleyhn, Jhn lebhaft, munter, hold zu machen, mit Wangen, gleich Aurorens Schein. Vorr. der Brem. Ged.

So iſt Hr. Oeſt auch eine Muſe? Daß uns Apollo vor ihrem Einfluſſe behuͤte! Den Ver - ſtand mit Wangen munter machen, gleich Aurorens Schein! So hat der Verſtand Wan - gen? So macht man ihn mit den Wangen munter? Wo bringen wir gleich Aurorens Schein hin? Welch eine Tiefe des Ausdruckes! Das gehoͤret zum Breiten.

Verſtecken den Dolch in deine Bruſt.

Ein huͤbſches Verſtecken! a. St.

Den Dolch will ich dir in die Bruſt ſtoßen! Welches iſt beſſer? Jede den Dolch in der Bruſt des Bettgenoſ - ſen verſtecken. Noah, 29 S.

Vor wem denn verſtecken?

Verſtummen die lauten Thraͤnen im ſehenden Auge.

Daß die Thraͤnen reden: das wiſſen al - le Verliebten; ob ihre Sprache laut, oder ſtumm ſey: das entſcheidet der Seher. Wir wuͤrden mit ihrer ſtummen Redekunſt zufrieden geweſen ſeyn. Allein der Prophet wird dann und wann, wie die Juden in der Synagoge, laut. Ein ſe - hendes Auge, und ein hoͤrendes Auge ſind in der itzigen Zeit der klopſtockiſchen Verwandelun - gen ſehr noͤthige Ausdruͤcke. Denn es koͤnnteleicht439Veleicht kommen, daß ein Ohr ſaͤhe, und ein Aug hoͤrte.

Da die lauten Thraͤnen im ſehenden Auge verſtummten. Offenb. 142 S. ()

Hier ſehen wir Thraͤnen, die im Auge laut ſind, oder ſchreyen.

Verthaͤtigung, a. St. Vertheidigung:

ein Niederſaxonismus; hier aber ein Oeſtmus. Brem. Ged. Vorr.

Vertuſchen.

Freylich! der Herr Rath haben Recht; die Suͤndfluth iſt eine feine Tuſche. Und es iſt, leider! wahr: Gott hat die erſte Erde mit ihr ſehr vertuſchet.

Gefilde,

Die die Verwuͤſtung der Fluth mit dem ſchoͤn - ſten Lenzen vertuſchte. Noah, 399 S.

Hier iſt ſie gar ein Maler; wir glauben aber, daß es beſſer ſey, ſie zur Tuſche zu machen. Denn et - was Naſſes kann wohl nicht malen; ob man gleich damit malen kann.

Verwaltung der Neigung verlieret der Geiſt. Das iſt ein Ungluͤck; allein der Geiſt iſt auch ein ſchlechter Verwalter.

Der ſchwache Geiſt verlohr der Neigungen Verwaltung; Wir wendeten in Gift die Mittel der Erhal - tung. Haller, 109 S.

Wenn ein Verwalter vergiften will: ſo muß er abgeſetzet werden: Se. Unſterblichkeit haben wohl gethan. Aber merkeſt du wohl, mein Leſer! daß dieſes weibliche Reime ſeyn ſollen?

E e 4Ver -440Ve

Verwehen.

Wir lernen nur dieſen Morgen, daß die Winde die Furcht verwehen. O! verwe - heten ſie doch unſere Furcht, die wir vor dem großen Rathe haben!

Das leichte Gemuͤthe Ueberliefert die Furcht vor Leid den verwe - henden Winden. Noah, 28 S.

So! So! So iſt das Gemuͤth der Lieferant!

Verwelkendes Licht

ſiehet man im Noah, 215 S. Wir werden alſo eine verloͤſchende Roſe ſagen. Der große Rath redet von der Quelle der vollen Ergießung der Seligkeit,

Gegen die ſelbſt die helleſte Luſt des irdiſchen Lebens, Die aus ihr fernher fleußt, ein blaſſes ver - welkendes Licht iſt.

Hierauf accentuiren Sie von einem Orte, wo

Nectar funkelt, die Engel zu uns freund - ſchaftlich ſich halten, Und die Stroͤme des Lichts mit uns empfin - licher hauchen;

nicht ſpuken. So verwehen wir auch die Staͤr - ke des Armes:

Zorn u. Reu uͤberfiel die wilden hochbeinich - ten Maͤnner, Daß ſie die Staͤrke des Arms, worauf ſie trauten, verweht ſahn. Noah, 156 S.

Verwuͤſtung reden,

ſo wie Gluͤckſeligkeit ſtam - meln, an vielen Orten aller heiligen Epopoͤen.

Verzetelt.

Die Pfeile des Todes um ſich her liegen ſehen: das waͤre niedrig. Der Tod mußſie,441Viſie, wie ein altes Weib das Werk, um uns her ver - zeteln; und dann wird es tief. Beym Worte tief iſt zu bemerken, daß unſere Dichter es mit Recht von ihren Verſen brauchen. Denn, weil doch ihre Gedanken in der That ſehr moraſtig ſind; der Moraſt aber tief und oft unergruͤndlich iſt: ſo ſind ihre Verſe tief und unergruͤndlich. Was Wunder! daß man den Sinn nicht ſiehet? Der ar - me Schelm kann ja wohl einſinken.

Damals ſah ich um mich die Pfeile des To - des verzetelt. Noah, 32 S. ()

Vierſchreitige Sallum.

Dieſer vierſchreitige Vers ſtehet im Nimr. 506 S.

Der langhaͤndichte Koͤnig Fuhr voll Grimmſuͤchtigkeit mit ſeinem flammichten Reißſpieß Unter die geſchilderten u. gepanzerten Helle - partirer. ꝛc. Die Spießknechte wichen zuruͤck; die Lanzen - traͤger der Feinde Wehrten ihn nicht von ſich ab. Er ſchlug un - ter die Kinder von Eber Ono, Realja, Stebai, u. den vierſchreiti - gen Sallum. -- So wie ein Blackfiſch im Waſſer ſich ſelbſt mit Dinte beſpeyet; So roͤhrte hier dem Caphthorim das ſchwarze Blut aus.

Nicht wahr? mein Leſer! Hier hat ſich unſer Hr. Magiſter ſelbſt uͤbertroffen. Das graue aſch -E e 5farbe -442Vl Vofarbene Mark, den doppelten Ballen, und die Zirbeldruͤſe wollen wir ein andermal bewundern.

Seine Ruͤſtung wurde vergarſtigt ꝛc. e. d. ()

Vließ.

Hier haben wir ein vortreffliches Vließ erobert.

Heerden mit weiſsem vließe beglænzt umirrten die auen. Jac. u. Rachel, 5 S.

Das muͤſſen Schafe oder weiße Kuͤhe geweſen ſeyn; aber nein! ſie waren nur beglaͤnzt davon. Wo kam alſo der Glanz her?

Volk.

Jſt das nicht ein fuͤrchterliches Volk? Voͤlker, deren Namen ſich in im endigen, ſind ſchroͤcklich.

Groß u. maͤchtige Staͤmme, die Nephitim, Rephaim, Zuzim, Mit der Gibbarim Staͤrk u. mit Zamzum - mim u. Emim. Noah.

Das ſind nicht zwey; ſondern ein ganzes halbes Dutzend Kaninichen.

Vollendete Vaͤter,

und angefangene Kinder. Wann faͤngt man alſo Vaͤter an?

Euch erwarten vollendete Vaͤter. Offenb. St. Klopſt. 29 S. ()

Vorgrund.

Jſt das etwas anders, als Grund? Doch, wir ſind nicht Maler, und der große Rath hat einen Pinſel!

Keine Vertiefung, kein Vorgrund, das Feld ein flaches Stuͤck Leinwand. Noah, 204 S.

So malten ſie vor der Suͤndfluth.

Ueber443Vo Wa
Ueber dem Anblick mit ſanft durchfahren - dem Wunder betreten, Flatern ſie uͤber den Glanz der Tafeln mit ſchweigenden Augen. e. d.

So flatern die Menſchen? Wir fuͤrchten; ſie werden im Flatern purzeln, und Hals und Bein brechen.

Vorwurf;

welches gar zierlich a. St. Gegenſtand gebrauchet wird. Man ſollte ſich ſchaͤmen, es den Neologiſten zu entwenden.

W.

Waare.

Von nichts redet man mehr, als vom Witze, und nichts iſt ſo unbekannt, als der Witz. Welcher Menſch, welcher Dichter wuͤrde nicht boͤſe werden, wenn man ihm ſagte: er waͤre nicht wi - tzig; ob es gleich ausgemacht iſt, daß wir mehr Narren, als Dichter haben? Es iſt wohl wahr, daß kein Menſch klug iſt, wenn er nicht ein bischen ein Narr iſt. Allein, auch dieſe Regel hat ihre Ausnahmen. Denn iſt Rath Bodmer nicht klug? Und dennoch kein Narr! Demjenigen, der ſich ſo vergehen wollte, ihn dafuͤr zu halten, woll - ten wir nur folgenden Vers vorlegen. Denn wel - cher Dichter, und welcher Witzling hat einen Wald eine Waare genennet?

Wild, von der Kunſt nicht bezaͤhmt, beſetzten die Ebnen u. Neigen, Hayne von Caus, u. Straͤuche mit Cinna - momus u. Myrrhen:Eine444WaEine Wildniß wohlriechender Waare! Noah, 7 S.

Wir rochen hier ſchon ladan u. ſtorax. Dieſe Wildniß koͤnnen der Herr Rath behalten; Co - cus, Cinnamomus und Myrrhen muͤſſen Sie dem Hrn. Wuͤrzkraͤmer Lohenſtein wiedergeben. Es iſt naͤmlich nicht fein, ſich mit fremden Federn zu ſchmuͤcken.

Waffen, die das Bluten verlernen.

So bluten die Wunden nicht mehr? Nein! nach Herrn Bodmern die Waffen! Sie koͤnnen es folglich auch lernen.

An ein Pfoͤſtchen von Jaspis, wo in friedfer - tiger Ordnung Seine Waffen bey Gartengeraͤth das Blu - ten verlernten. Noah, 14 S.

Wagen.

Was Teufel! Sitzet der Nordwind auf Wagen? Das iſt ein fauler Wind!

wenn brauſend auf ehernen Wa - gen der Nordwind Ueber ſie faͤhrt Off. St. Kl. 49 S.

Ha! Ha! So brauſet das Erz; und ſo wird ſich der ſanfte Zephir auf einen goldenen Wagen ſetzen.

Waͤhnen, a. St. denken.

Denn auch veraltete Woͤrter erheben die Schreibart. Sie gleichen dem Pfeffer in einer Waſſerſuppe; und gehoͤren zur fremden Schreibart, mit der man ein Gedicht, ſo gar nach Ariſtoteln, erheben kann.

wir waͤhnten, er truͤge die Laſten Seiner Schuld Off. St. Kl. 143 S.
Auch445Wa

Auch a. St. Wahn, wie der deutliche Zernitz ſagt:

Nach Regeln wirk’t (die) Natur; der Men - ſchen Kreuz iſt Waͤhnen, Und man verklaget Gott; und meiſtert ihn durch Thraͤnen. 79 S.

So rechtfertigen wir ihn mit Lachen.

Waͤlzen;

ein Lieblingswort der Hrnn. Neologiſten und Wurmſaamianer; zwey gefaͤhrliche Voͤl - ker!

Multa fero, ut placem genus irritabile vatum Cum ſcribo. Horat. ()

Nirgends aber haben wir ein ſo ſchoͤnes Gewaͤlz als hier gefunden:

Wenn das hindernde Fleiſch von meiner Seele gewaͤlzt wird. Noah, 309 S.

Erſtlich aber bitte ichs von den Knochen zu waͤlzen oder zu winden. Oder

Jch will dem Sohn befehlen, das Schwert im Vater zu waͤlzen. e. d. 354 S.

Jſt das nicht ein Gewaͤlz?

Wachſen;

mit ſtrebenden Schritten wachſen.

er ſahe Ihn mit ſtrebenden ſchritten zu Joſephs tugenden wachſen. Jac. u. Joſ. 4 S.

Waldichter Hang;

ſonſt: haͤngender Wald. Hier ſehen wir Verliebte, als Eichhoͤrner, klettern.

Die446Wa
Die liebenden Frauen Giengen Durch den waldichten Hang mit zoͤgernden Schritten hinaufwaͤrts. Noah, 176 S.

So haben auch der Herr Seher einen waldichten Gipfel, wo wir vieleicht einen gipfelichten Wald gebrauchet haͤtten.

Die hoch und erhaben Stand, u. mit leiſem Geraͤuſch vom ſtillen waldichten Gipfel Schlummer und Thau auf die Ruhenden traͤufte in Dero Geſ. 92 S.

Wallfiſch ein gebirgichter;

ſo, wie ein gewall - fiſchtes Gebirg; der Wallfiſch naͤmlich hat ei - nen hohen Ruͤcken.

Damals errettete nicht den ſtarken gebirgi - gen Wallfiſch ꝛc. Wenn er die Fluthen peitſchte; noch ſein ge - pfluͤgeltes Schwimmen. Noah, 299 S.

Das half dem Xerxes auch nicht. Das gepfluͤ - gelte Schwimmen gefaͤllt uns gerade ſo, als ein gehufeiſtes Reiten.

Wandelnde Himmel umfließen ein Antlitz.

Dieſes wollen wir uns naͤchſtens malen.

als ſein erhabeners Antlitz Wandelnde Himmel umfloſſen Offenb. St. Klopſt. 162 S. ()

Waſſerprovinz.

Unſere Waſſerdichter haben al - lerliebſte Waſſerſachen. 1. eine Waſſerpro - vinz; da man ja ſonſt des Neptunus Waſſer -reich447Wareich ſagte. Wo nun ein Reich iſt: da ſind auch Provinzen.

Dieſe Waſſerprovinzen, die nur der Himmel begraͤnzte. Noah, 282 S.

2. Waſſervieh;

und das ſind nicht nur Fiſche:

Thier und Voͤgel, und Menſchen mit einem Schlag zu verknuͤpfen, Stopfte (a. St. fuͤllte) nicht den Rachen des Tods; er ſtieg in die Tiefen, Auch an dem Waſſervieh den ewigen Hun - ger zu ſpeiſen. e. d. 298 S.

So verknuͤpfen dann Schlaͤge; ſo ſpeiſet man den Hunger, und traͤnket den Durſt. 3. Ha - ben wir auch Waſſerſpiele; z. E. die gruͤnen Kinder des Utanotangs

begiengen Seltſame Spiel um die Arche mit Waſſer - treten u. Plaͤtſchern. e. d.

Wir moͤchten den Hrn. Rath gern Waſſer treten und plaͤtſchern ſehen. Das Plaͤtſchern ſonder - lich gefaͤllt uns. 4. bauen wir auch Mauern von Waſſer.

Stuͤrzen die waſſernen Mauern von beyden Seiten zuſammen, Und begraben den Krieg in die See. e. d. 333 S.

5. haben wir Waſſergebirge, Waſſerurnen u. d. gl.

Aber nun thaten die Wolkengezelte ſich auf, und man ſaheUmge -448WeUmgewendete Waſſerurnen zur Erde ge - neiget, Jn unzaͤhlicher Zahl mit vollen ſtrotzenden Baͤuchen. e.d. 326 S.

Ach! welche ſtrotzende Baͤuche! und gießende Steiße! 6. heißt alſo dieſes eine Waſſerwelt. e. d. 110 S.

Welches der Fluth widerſteh, und uͤber die Waſſerwelt ſchwebe.

Auch ein waͤſſern Bett! da ſchlafe ein Schwei - zer: und ich nicht!

Weiter hin, unter dem ſuͤdlichen Ende des waͤſſernen Bettes. e.d. 174 S.

Wechſel.

Jſt folgendes nicht eine feine Vermaͤh - lung?

Eh noch der Wechſel ſich mit ihrem (der Jah - re) Lauf vermaͤhlte. Samml. Nicol. 87 S.

a. S. ehe noch Jahre auf einander folgten; al - lein wann war das? Ueberhaupt merken wir an, daß das Wort vermaͤhlen, und alle ſeine Sproͤß - linge, wunderlichen Fuͤgungen in der deutſchen Sprache unterworfen iſt; Fuͤgungen, die allein das Alterthum rechtfertiget: denn dieſes rechtfer - tiget auch Thorheiten.

Weg.

Lieber Leſer! Du haſt mit uns ſchon einen Sehraff bewundert, der da Weiten ver - ſchlang: bewundere doch folgenden Weg!

Aber ſein Weg iſt von einer die Zahl ver - ſchlingenden Laͤnge. Noah, 310 S. ()Der449We

Der Schlund dieſer Laͤnge zeiget das Feine des Witzes an, der ihn erfunden.

Wegfallen.

Man irret, wenn man glaubet, daß dieß wegfallen heiße; es heißt vergeſſen.

Jm zehnten Geſange beym 545 Verſe ſind folgende Zeilen weggefallen. Noah, 413 S.

Wir ſchlugen nach; wir glaubten, ſie ſollten wegbleiben; aber ſiehe! wir irrten uns, und ſie ſollten eingeſchaltet werden. Da ſiehet man, daß man mit den deutlichſten Worten oft undeutlich werden kann. Woͤrter ſind Zeichen der Gedan - ken; das iſt wahr! Wenn aber meine Gedanken nun anarchiſch ſind: koͤnnen wohl ihre Zeichen dieſe Anarchie verlaͤugnen? Z. E. Wenn ich ſagte: Bodmern iſt die geſunde Vernunft in der Dicht - kunſt weggefallen: wuͤrde das nicht durch halb Deutſchland heißen, ſie ſehlet ihm? Jn der Schweiz hingegen: ſie iſt ihm einzuſchalten. So wahr beydes in einem gewiſſen Verſtande nun ſeyn kann: ſo viel durchnebelter bild - und wort - reicher Witz iſt ihm dagegen zugefallen, daß er der geſunden Vernunft gar wohl entuͤbrigt ſeyn kann. Denn wird nicht jeder lieber witzig, als vernuͤnftig ſeyn wollen? Rath Bodmer hat da - her, mit Huͤlfe ſeines Pinſels, die alte und neue Dichtkunſt dermaßen vertuſchet, daß man jene vor dieſer nicht ſiehet.

Wegſchrecken einen,

oder wegſcheuchen. Wir denken hierbey an einen Popanz, mit dem man die Kinder jaget. Se. Gn. brauchen ihn, die Armuth zu verjagen.

F fDie450WeDie Pracht u. Ueppigkeit hat Armuth wegge - ſchreckt. Haller, 94 S. ()

Es kann auch das Gegentheil heiſſen.

Weinende Wolken.

Die armen Wolken! Was mag ihnen doch wiederfahren ſeyn?

Auf ihm ruhet die Nacht mit kalten weinen - den Wolken. Offenb. St. Klopſt. 95 S. ()

Wir werden ſo bald von Weinen nicht loskom - men. Boni viri lacrimabiles, und unſere heilige Maͤnner ſind ſehr zaͤrtlich.

Hier weinten die Seelen mit Thraͤ - nen der Engel. e. d. 21 S. ()

Haͤtten ſie nicht beſſer gethan, ſie haͤtten mit ihren eigenen Thraͤnen geweinet? Denn wie weinen die Engel? Solls heißen, ſehr weinen? Wenn ein Mann alſo weinet: ſo weinet er mit Thraͤ - nen der Weiber. Wer aber wie Klopſtock weinet, der weinet wie Eloa. Wir ſagen auch, Thraͤnen weinen; wir weinen naͤmlich auch Blut; wir koͤnnten leicht vor Freuden uͤber unſere Erfindungen ein gar ander Waſſer weinen. Das gen Himmel auf - und herunter weinen iſt weit uͤber unſere Lobſpruͤche.

Weitſcheinig flimmernde Waffen.

Der Herr Magiſter ſind immer zu bewundern; Sie ſitzen am großen oder kleinen Tiſchchen; Sie zim - mern ein Weltchen, oder ein Woͤrtchen.

Sie zogen truppweiſe her mit weitſcheinig flimmernden Waffen. Nimr. 428 S. ()

Welten von Sclaven

hat ein Koͤnig; Weltenvoll451We Wivoll Narren aber giebts auf dem Pindus. Oft hat ein Koͤnig nicht das Tauſendtheilchen der Welt zu beherrſchen; und ein Dichter nicht ein Graͤſelein auf dem Parnaſſe gepfluͤcket. Noah, 48 S.

Wellen ſind Wellen;

nicht wahr? Wer Henker hat je Wellen zuſammen gerollet? Der Herr Rath! Sie rollen eine Welle von Papyrus; weil Rolle zu niedrig klinget.

Aber Debora trug von den Blaͤttern des Baumes Papyrus Unter dem Arm zwo ſanft zuſammen gerol - lete Wellen. Noah, 238 S.

Da war alſo das Papier ſchon vor der Suͤndfluth erfunden.

Welt.

Hier lernen wir, daß die große Welt Schaͤfergedichte mache:

Der ſtille Schaͤferſtand wird von der großen Welt Auf ein gewiſſes Ziel entfernet vorgeſtellt. Zernitz, 2 S.

Man ſiehet wohl, daß der Dichter in der großen Welt gelebet hat.

Wiehern donnerndes der Pferde.

Kein Dichter hat Pferde donnern laſſen; Virgil laͤßt ſie nur mit feurigen Athem den Morgen anhau - chen. Wo nun Feuer iſt, da kann es auch kna - ſtern oder donnern.

itzt warens verſchiedliche Stimmen:F f 2Sum -452WiSumſen der zarten Jnſect ein pfeifendes Schlagen der Voͤgel, Oder ein wirbelndes Lied, der Pferde don - nerndes Wiehern. Noah, 401 S.

Windichter Sturmwind.

Das iſt neu! das wußten wir vorher nicht, daß ein Sturmwind windicht ſey. Dieſe Entdeckung ſind wir dem Hrn. Rathe ſchuldig.

Nach der Veraͤndrung am Erdball, dem Werk der reiſſenden Fluthen, Mag die Luft und das Meer der windichten Stuͤrme beduͤrfen. Noah, 368 S.

Das Werk der Fluthen hat etwas lockendes; man weis nicht, ob der Erdball oder die Veraͤn - derung ihr Werk ſind.

Winſeln ein ſterbendes;

das arme Winſeln! Es ſtirbt alſo?

Aber bald wird ſich der furchtbare Tod am Ta - ge des Jammers Ueber ſie breiten, am Tage der Qual und des ſterbenden Winſelns. Off. 93 S.

Noch ein ſterbendes Winſeln! des heil. Win - ſelers.

Jn ihr muͤſſe man auf den Gebirgen ein ſter - bendes Winſeln Hoͤren! Ein ſterbendes Winſeln in tiefen verfallenen Graͤbern Muͤſſe man hoͤren! e. d. 190 S.

Zwey allerliebſte Kaninichen! wie ſie nicht hucken!

Wiehernd.

Noch etwas wieherndes! Wie - hernde Blicke und verliebte Pferde! Ey! HerrRath! 453WiRath! Wiehern Sie einmal mit ihrem Blicke!

Jn die (in Muſchelgrotten) entſchluͤpften mit gluͤhender Stirn wolluͤſtige Maͤgdchen; Juͤnglinge folgten nach mit wiehernden Blicken der Wolluſt. Noah, 60 S.

Virgil ſaget:

Speluncam Dido, dux et Trojanus eandem Devenient. &c. ()

Winke.

Cidli ſpielet um des armen Lazarus Winke; allein was iſt das? Wir wollten auch gerne ſpielen.

Wie ein jugendlich Lamm um deine Winke zu ſpielen. Off. 131 S. ()

Dieſes lispelt, wie noch zwanzig Zeilen das Herz der ſchoͤnen Cidli: ein allerliebſtes Geliſpel! Spielen die Laͤmmer ſo? Man kann leicht glau - ben, daß von dieſem Worte viele Zweige entſprin - gen; als z. E. Beyfall winken, Haß winken, u. d. gl.

Winter ein belebender.

Dieſes iſt eine Schmaͤu - cheley, die der Prophet dem Winter machet. Es war dem toͤdtenden Winter noch nie nachgeſa - get worden, daß er belebe.

Wie zur Zeit des belebenden Winters ein heiliger Feſttag hervorgeht. Offenb. 26 S.

Winterhuͤgel;

auch Huͤgel von Winter, und Berge von Sommer.

Winterhuͤgel von Eis bedeckten die weiten Provinzen. Noah, 328 S.
F f 3Ein454Wi Wo

Ein Eishuͤgel oder Eisberg waͤre nicht kalt, oder grymſelbergiſch genug geweſen.

Wirbeln.

Alles wirbolt bey wirbelſuͤchtigen Dichtern; die Spuren ſo gar.

Und Freude floß in wirbelndkrauſe Spuren Durch wolluſtſchwangre Fluren. Samml. Nicol. 6 S.

Wirth.

Der Maden Speiſe und Wirth iſt der Menſch. Sind das nicht undankbare Gaͤſte? Erſt bewirthen wir ſie, und dann freſſen ſie uns. Es ſollte alſo heiſſen: der Maden Wirth und Speiſ.

Soll Gott, der dieſen Leib, der Maden Speiſ u. Wirth, So vaͤterlich verſorgt; ſo praͤchtig ausge - ziert, Soll Gott den Menſchen ſelbſt, die Seele nicht mehr ſchaͤtzen? Haller, 116 S.

Se. Gn. die uns bis zum Ende unſers Woͤrter - buchs huldreich begleiten, machen ſich die Freude, uns errathen zu laſſen: ob etwan Gott der Ma - den Speiſ und Wirth ſey? variantes le - ctiones!

Wolken.

Die Wehmuth muß eine entſetzliche Hand haben: ſie ſtreuet Wolken aus dieſer Hand.

Wehmuth ſtreut auf das Grau der haare
mir wolken von aſche. Jac. u. Joſ. 85 S.

An einer Handvoll waͤre es auch genug?

Wolkenlos.

Einem ſo heiligen und vielſagenden Worte, als Wolke iſt, dorfte nicht ein Beywoͤr -telein455Wutelein ſchwer fallen. Der Seher ſagt wolken - los; wir bergelos.

Jtzo ſtand auf einmal, bey des Allerheiligſten Eingang, Wie ein Berg Gottes, der Altar des Mitt - lers, vor Gabriels Auge Wolkenlos da Off. 16 S.

Denn im Himmel hat, wie in der roͤmiſchen Kirche, jeder Heilige einen Altar.

Wuͤrzen.

Lohenſtein beambriret alles, bis auf den Koth; Rath Bodmer durchwuͤrzet gar die Luft; ja wohl die Suͤndfluth. Wuͤrze ſau - gen; und Suppen riechen: das iſt ſchoͤn!

Und ſie ſogen die Wuͤrze der Luft mit geizi - gern Zuͤgen. Noah, 195 S. ()

D. h. ſie rochen! So trinken wir den Cham - pagnerwein.

Wundmaͤler;

das ſind hohe Tropheen; d. h. Wunden ſind ruͤhmlich. Aber noch nicht ge - nug! Dieſe Tropheen wiſchen auch; denn man muß alles perſonniſiren.

Furcht kennet ein Geiſt ſo wenig auf Erden, als im Himmel, Wo er die hohen Trophaͤen erfocht, die tiefen Wundmaͤler, Die von dem vorigen Glanz ein wenig zu wiſchen vermochten. Noah, 157 S.

Freylich ſind die gefallenen Engel etwas dunkel; und ihre himmliſche Kleidung iſt etwas ver - ſenget.

F f 4Wurm -456Wu Y

Wurmſtichichte Anlage.

Sind das nicht die neuen Epopoͤen?

Wenn die Lieblinge Gottes im finſtern Reiche des Orchus Jhrer wurmſtichichten Anlag u. ihrer ver - welkten Wonne, Allzu ſchnelle verwelkten, mit ihnen fluch - ten. Noah, 147 S.

Sind unſere Seelen wurmſtichicht? So haben der Herr Rath gewiß einen großen Wurm! Denn ihre Seele iſt ſehr groß, und folglich ſehr wurmſticht. Wieder ein Kaninichen!

Y.

Jndem wir auf ein Mittel dachten, dieſen ſtolzen Junker zu demuͤthigen; und auf ein Wort in der deutſchen Sprache ſannen: ſo erſchien uns das Kraͤutchen Yſop in einer edelmaͤnniſchen Ge - ſtalt. Die zween Spitzen, aus denen es gebildet iſt, glichen den Sonnenſtralen, auf denen die Engel herauf und herab glitſchen. Sein Ruͤcken war ſo ſtolz, daß, ungeachtet in dem Lande, wo es herkam, die Kraͤuter und Blumen, alle Glied - maßen, z. E. Gebuhrtsglieder ꝛc. annehmen, und den Menſchen nachaͤffen; es doch vor uns nicht die geringſte Bewegung, oder Beugung machen konnte. Wir ſaßen, als ein Richter, greiß - grimmig, und mit uͤber einander geſchlagenen Beinen, und befahlen dem Ankoͤmmlinge, zu ac - centuiren; denn wir merkten wohl, daß man mitdieſem457Ydieſem Herrn in ſeiner Sprache reden muͤſſe; ſo wie ein jeder Dichter nach ſeinem Apollo beur - theilet ſeyn will. Allein der Herr von Y war ſtumm; ob er gleich gar wohl ohne Huͤlfe eines an - dern Buchſtabs reden konnte. Aber wir rochen den Braten. Seine Stimme naͤmlich hatte mit den Stimmen der Zoͤglinge Anas und Zibeons gar zu viel Aehnlichkeit, als ſich, wie ein Eſel auf der Gaſſe, hoͤren zu laſſen. Es war aber dieſer ſtolze Junker ſinnreich, und trug ſeine Bitt - ſchrift, denn er liebete das Auslaͤndiſche, wie die Perſianer, auf dem Kopfe. Wir nahmen und laſen:

Bittſchrift: An die Herren Wortrichter und Buchſtaben - henker.

Welchergeſtalt und wasmaßen die ſinnreichen Her - ren Bodmer und Wieland unſere Geſtalt und den Wohlklang unſerer Glieder vorzuͤglich ge - funden haben, erhellet aus Beylage ꝛc. Synd - fluth &c. und alle, die mit hetruskiſchen Lettern gar weislich gedrucket worden. Das zuſam - men geflickte hat uns weichen muͤſſen; unſer Buchſtabenehrgeiz aber ſtrebet auch nach dem Platze des kleinen Herrchens i. Allein hier werden wir gedemuͤthiget; und zwar, was am betruͤbteſten iſt, von den Goͤnnern unſerer Goͤnner. Jene werfen uns einen Eſelsklang vor, ohne zu bedenken, daß unſer Vater ein hitziger Mann ſey, und gewiß nicht, wie ein Eſel, ſpreche. Unſere VaterſtadtF f 5Zy -458YZyrich iſt ſonſt ſo einig mit Halle; unſere Wei - ſen ſo weiſe, als jene: und doch empoͤret man ſich wider unſere Univerſal-Buchſtabenmo - narchie. Ja, wie eine Verwegenheit immer ſtoͤlzer um ſich greift, je geduldiger man bey der erſten iſt: ſo unterſtehet man ſich ſo gar uns von den Plaͤtzen zu verdringen, die wir doch Jahr - hunderte durch auch in Leipzig erhalten hat - ten; in Leipzig, das wie Tag und Nacht von Zyrich unterſchieden iſt. Da nun unſer Thron auf ſo unerhoͤrte Art erſchuͤttert wird; da man uns dieſſeits der Alpen vergoͤttert, und jenſeits der Alpen gar an unſerm Daſeyn zweifelt; un - ſern Tempel entheiliget; es mit unſern Goͤn - nern haͤlt; und ihre Lieblinge verachtet: ſo muͤßten wir den Wohlklang unſerer Glieder nie gehoͤret haben, wenn wir nicht merkten, daß uns hier zu viel Ehre; dort zu viel Schimpf wie - derfahre. Denn der ſtoͤlzeſte Menſch iſt, bey zu - geſchloſſenen Thuͤren, ſein ſchaͤrfſter Richter; folglich auch wir, die wir ſo viel menſchliches an uns haben; ja, wir muͤßten nicht mehr unſern Klang, durch die ſchimpfenden Stimmen der Sacktraͤger, entweihen hoͤren: wollten wir nicht in uns gehen.

Wir gehen alſo euer Wort - und Sylben - gericht flehend an: uns entweder das kleine Herrchen i bey Seite zu ſchaffen, oder Wider - ſachern V. R. W. aufzulegen, ſeine Rechte und Auſpruͤche zur Einſicht einzuſchicken.

Nach459Y

Nach Durchleſung dieſes, und Klaͤgers Ab - tritte, fiel unſer richterlicher Beſcheid, wie folget:

Urtheil; welches zwiſchen Junker y, Herrn von , und dem kleinen i gefaͤllet worden.

Nach Berathſchlagung mit der geſunden Ver - nunft und dem gebiethenden Gebrauche erken - nen wir Schoͤppen und Beyſitzer des Wortge - richtes: daß, nachdem deducenda nicht deduci ret wor - den; Herr von und das kleine i aber ein wohlhergebrachtes Recht haben; eigenſinnige Leu - te auch nicht zu bekehren ſind: daß

Junker y ſeine Herrſchaft hintern Alpen: das kleine i allein an der Sale ſein Haͤus - chen, behalten ſolle; mit ausdruͤcklicher Verwarnung; daß, wer ſich ſollte geluͤſten laſſen, ſeine Graͤnzen zu uͤberſchreiten, der ſoll alſofort vor unſer Gericht gezogen, und den Satyren uͤbergeben werden. U. d. V. R. W.
Gegeben in unſerer neologiſchen Kanzeley, d. 6 Mart. als der bod - meriſchen fatalen Epocha. Wir, die Richter.

Rationes decidendi ſind zu leſen: Gottſcheds gr. Sprachl. 675 S.

Zaͤh -460Za

Z.

Zaͤhlen.

Endlich, lieber Leſer! ſtehen wir mit ein - ander am Rande der Tiefe. Freue dich! bald wirſt du ſo gut, wie wir, auf - und nieder - ſteigen, und die Perlen fiſchen koͤnnen. Denn wie unſer Dryden ſagt:

Die Fehler ſiehet man, wie Stoppeln, oben flieſſen. Wer Perlen ſuchen will, wird in die Tiefe muͤſſen.

Wir haben ſie geſucht, dieſe Perlen, und gefun - den; ja wir finden noch ein niedliches Perlchen.

O! Fuͤrſten! unter Millionen Kieſt Gott ſich einen aus zu Kronen, Und zaͤhlt ihm aller Schickſal ein. Haller, 131 S.

Dieſes Zaͤhlen hat zwar ſonſt keinen Sinn; es be - koͤmmt aber einen, wenn man ſich einen Beutel vorſtellet, den ein Fuͤrſt haͤlt, um ſich von Gott die Schickſale ſeiner Unterthanen hineinzaͤhlen zu laſſen. Zu dieſem Beutel zaͤhlen wir auch fol - genden, aus dem die Weisheit gezaͤhlt wird:

Und Wolf, dem die Natur die Weis - heit vorgezaͤhlt. Bodmer. ()

Zaͤrtlichkeit

gewinnt in einem neuen Munde ein vortheilhaftes Kleid. Denn die Hoſen waren ihr in dem alten Munde zerriſſen worden. Herr Zernitz iſt ein trefflicher Schneider.

Die461Za ZeDie in dem dunkeln Trieb verborgne Zaͤrt - lichkeit Gewann im neuern Mund ein vortheil - hafter Kleid. Zernitz, 6 S. ()

Hier iſt auch das Muſter des Kleides!

Des Kleides Muſter war nichts als der Menſchen Leib. e. d.

So gingen unſere Schaͤfer, wie die Heydu - cken? Wir zweifeln! Die erſten Kleider waren wohl immer etwas weit, bis Narren daran kuͤn - ſtelten, und der Gebrauch hinzukam, und Mo - den heiligte.

Zangen.

Folgende Zangen hat kein Grob - ſchmidt gemacht, ſind ſie gleich von Eiſen. Rath Bodmer hat ſie geſchmiedet, und Adam gebrauchet:

Alſo ſagt er, das Herz mit eiſernen Zan - gen beklemmet. Noah, 180 S.

Wir glauben, die Seele hielt dieſe Zangen.

Zechen.

Fleiſch zechen und Blut freſſen: Sie - he Knochen.

Zerzanken,

zerſchelten, und vielerley Zeitwoͤrter mit der Sylbe zer.

Sie zerzankten ſich in Synodalverſamm - lungen lange. Noah, 55 S.
Denn462Ze Zi

Denn lange vor Noahn waren Reformirte und Synodalverſammlungen, wie die Dor - drechtiſche.

Zerquetſcher.

Lange, lange haben wir nicht einen ſo vortrefflichen Fund gethan; und kann unſer Lob ihn nicht erheben: ſo erhebet er es zum we - nigſten. Denn weißt du, wer die Schaͤcher ſind? Des Satans Zerquetſcher! Du ar - mer Satan!

Sie ertranken im Kerker an ihre Feſſel (nicht mit ihren Feſſeln) geſchloſſen; Lobeten Gott, und lehrten die Schaͤcher des Satans Zerquetſcher. Noah, 30[7]S.

Zeugungsſchooß; d. i. Erde.

Es wird folglich auch einen Zernichtungſchooß geben.

Der alte Tempel bricht in halb bemooßten Steinen, Die mit dem Zeugungſchooß ſich wiederum vereinen. Zernitz, 96 S.

Zimmer;

in gleichem Zimmer mit einem ſeyn. Wir ſehen wohl das Zimmer; koͤnnen aber den Schluͤſſel dazu nicht finden. Vieleicht aber ha - ben ihn Se. Gnaden: Doͤrften wir ihn uns ausbitten? Wir wollten gern mit Jhnen in ei - nem Zimmer ſeyn.

Und gleichwohl machſt du dich zum Mittel - punct der Dinge;Da463ZiDa deine Welt doch kaum ein Haus der Kleinſten iſt, Und du mit Bodmern noch in gleichem Zimmer biſt. Haller, 145 S.

Unſere Welt iſt nur ein Haͤuschen, und unſer Zimmer ein Kaͤmmerchen.

Zieperkatze.

Hat man Homern wegen ſeiner langgeſchwaͤnzeten Gleichniſſe gelobet; ſo darf der Herr Magiſter auch nicht ſchaamroth ſte - hen. Denn eine Zieperkatze iſt gewiß ein lang - geſchwaͤnztes Gleichniß. So ſchlagen die Hel - den! Die Katzen aber ſprudeln noch bey ver - liebten Zufaͤllen. Der Herr Magiſter auch?

Wie Zieperkatzen ſich friſch zur Gegen - wehr ſtellen. Nimrod.

Vergleicht Homer nicht Ulyſſen mit einem Eſel? Denn ein Gleichniß in der Dichtkunſt wird nicht eben gebrauchet, die Sache deutlicher zu machen. Es iſt genug, wenn nur eine Aehn - lichkeit dazwiſchen ſtecket, und uns Bilder giebt, damit zu ſpielen. So ſpielen gern der Hr. Ma - giſter mit Katzen; wie z. E.

Da ſpruͤhte die Sehne des Bogens, ſo wie das Sprudeln der Katzen. e. d. 518 S.

Unter uns geſagt! Gleichet wohl das Sprudeln und Spruͤhen einander? Allein der Wohlſtand iſt eine Erfindung kalter Critikaſter.

Zone. 464Zo Zw

Zone.

Hier iſt eine Zone, die viel unmoͤgliche Sachen uͤber ſich nimmt; ſie ermuͤdet; ſie ſchi - cket zuruͤck; u. dergl. ! Zonen,

Die die Schneide des Augs ermuͤden, und ſtumpf zuruͤck ſchicken. Noah, 5 S.

Da lernen wir, daß ein Aug eine Schneide hat; und daß ſie nicht nur ſtumpf wird; ſondern auch ermuͤdet.

Zungenurtheil.

Was iſt das? So kann eine Zunge denken? Man ſetze nicht a. St. Zunge ein ander Glied.

Aber man lehrt uns, nach entzogenen Bruͤ - ſten, Jm Zungenurtheil, Ekeln und Geluͤſten; Ja! wir ſind endlich mit verkehrten Trie - ben Halbe Kariben. Zernitz, 104 S.

Wir zechen, doch nie Menſchenfleiſch!

Zwecken,

von Zweck: ein neologiſches allerlieb - ſtes Zeitwoͤrtelein, das ſehr viel ſagen will. Se. Gn. brauchen es ſehr weiſe und philoſo - phiſch.

Der Art Vollkommenheit ward als zum Ziel geſteckt, Wo aller Geiſter Wunſch aus eignem Zuge zweckt. Haller.
Wir465Zw

Wir bewundern dieſes Zwecken; weil wir ver - pflichtet ſind, alles zu bewundern, was wir nicht verſtehen.

Zweydeutig.

Jn der zierlichen und neuen Schreibart darf man nicht ſagen: die Sache iſt zweydeutig. Dieß waͤre matt, kalt, tro - cken, leer u. ſ. w.

Die Sache liegt unter einer Zweydeutig - keit.

So ſpricht ein Redner, der lebhaft, feurig, naß und voll ſprechen will. Buttſt. Gedank. 7 Band, Blatt 10.

Zweyhaͤngichtes Dach, iſt das ein doppeltes;

ein Dach à la Manſarde? Dieſes hatte die Arche, welches wir noch nicht gewußt haben.

Mit zweyhaͤngigem Dach und flachem Boden; die Ende Jn ein Viereck gebaut; die Laͤnge maß ſechsmal die Breite. Noah, 197 S.

Eine ſchoͤne Baukunſt! eine treffliche Meß - kunſt!

Zwielinge.

Finis coronat opus! Und Rath Bodmer das Unſerige mit einem allerliebſten Paare Zwillinge.

Zwielinge, die um die erſtgeburt in mutterleib rangen. Jac. u. Joſ. 25 S. ()G gJſt466Beſchluß.

Jſt dieſer Kampfplatz fuͤr ein Paar ſo ruͤſtige Kaͤmpfer nicht zu finſter, und zu enge? Sie koͤnnten ſich leicht ein Auge ausſtoſſen, und die Frau Mama entzwey ſprengen.

Beſchluß.

Wir haben alſo unſern heiligen Maͤnnern treu - lich, ſtatt eines Schildtraͤgers, gedienet; und ihnen recht demuͤthig das Schild nachgetragen. Da nun kein Autor ſchreibet, um nur ein ge - ſchriebener Autor zu ſeyn; da nun kein Ding ſo ſchlecht iſt, das nicht gelobt wird; und keines ſo gut, das nicht getadelt werden kann: ſo koͤn - nen wir nicht leugnen, daß uns einige Aufwal - lungen autoriſcher Duͤnſte auf uns ſelbſt auf - merkſam machten. Ja! waͤren wir auch ſo un - fuͤhlbar, als die Pfuͤlbe des barmherzigen Teu - fels, Abdielabbaddonna: ſo iſt doch ein Ver - leger ein gar zu großer Theil der ſchreibenden Maſchine, die man einen Schriftſteller nen - net, als daß wir bey ſeinem Verluſte gleichguͤl - tig bleiben koͤnnten. Wir waren daher ſo unru - hig, als dergleichen Leute nur zu ſeyn pflegen, deren Leben und Tod von einem Zuge der Feder abhaͤngt. Und kann man es denn einem Dinge verdenken, das in ſein Daſeyn ein bischen ver - liebt iſt? Wir ſtellten uns die verſchiedenen Ur - theile vor, die oft nach der Strenge; aber auch oft nach der Groͤße der Gebuͤhren gefaͤllet werden.

Die Nacht kam heran; wir ſuchten die Ru -he;467Beſchluß.he; und es ging uns wie Leuten, die des Nachts kluͤger, als bey Tage, ſind. Wir ſahen Geſichter und Offenbarungen; und nach einigen unor - dentlichen Vorſtellungen befanden wir uns, ſo lang, als wir waren, in Raphaels himmliſch geſtricketem Netze. Wir hatten uns in eben der Schleife verwickelt, aus der der Engel Abdieln in die Anden des Monden aus Großmuth hatte fliegen laſſen. Uns ward es ſo gut nicht! Ob wir uns gleich in einen Punct, wie unſer Vorgaͤnger, zuſammen gezogen; ſo empfang unſer Puͤnctchen dennoch das Knar - ren und die Donner wandelnder Orionen, und die Geſaͤnge der Sphaͤren. Es klingelte alles im Himmel wie ein Morgenſtern; wir wollten die Melodie auswendig lernen, als uns ein tauſendſtimmichter Sturmwind aus den klebrichten Faden des Netzes in einen Planeten warf. Wir erkannten ihn gar bald fuͤr das Pa - radieß der Amerikaner; zum wenigſten glich er ihm an ſeinem Weſen: denn alles war Geiſt! Wir begriffen uns kaum: ſo ſahen wir Addode wackeln, und Hyaͤnen Amphisbaͤnen winken. Ja! eine grinſete uns ſo graͤßlich an, daß wir, aus Furcht von ihr genothzuͤchtiget zu werden, einen Stein ergriffen, und nach ihr warfen: aber auch der Stein war Geiſt. Wir entſchul - digten die Amerikaner, eine ſolche Welt zu glauben: denn wir waren gerade auf einer, die ihrer vollkommen glich. Wir ſahen WaͤlderG g 2voll468Beſchluß.voll Fiſche, und Stroͤme voll Wildbraͤt; (Noah, 51 S.)

Fernerhin aufgehangene Tapeten von Ranken geflochten, Die ein fruchtbarer Schmelz von golde - nem Obſte bemalte. Noah, 7 S. ()

Wir glaubtens; uns hungerte; wir liefen zu; wir griffen; und es war nichts. Der Boden triefte; die Luft floß; die Voͤgel machten ihre Kniebeugung, ſo oft wir auf dem Luftpfade ihnen begegneten; ſie waren eben ſo hoͤflich, wie ſie vorm Vater Noah waren, als ſie in die Arche gingen. Wir fanden oͤlbaͤumene Schatten, ganze Gewoͤlber von Schatten, von Taxus und Roſinenſchatten, und ſoffen die Luft mit geizigen Zuͤgen. Hier ſchwaͤrm - ten cytherklingende Lippen; dort goldene Toͤ - ne; hier tanzeten Accente; dort wieherten und gaukelnden Blicke: (Noah, 60 S.) kurz, wir merkten, daß wir in einer Dichterwelt, in ei - ner bodmeriſchen Welt, angekommen waren. Jndem wir uns nun darinn umſahen: ſo kam auf einem Pfeile der Sonne, von denen die Gegend ganz bedecket war, eben der Engel ge - glitſchet, der im Norden uns in der Klop - ſtockiſchen Welt die goͤttlichen Lieder geleh - ret. Er erkannte uns; ergriff, und fuͤhrte uns zu ſeinem Schoͤpfer, um mich dort pruͤfen zu laſſen. Aber leider! ich hatte alles vergeſſen; ich lief Gefahr, einen Schilling zu bekommen;als469Beſchluß.als eben Mylius vor mir vorbey glitſchte; (denn auch ich glitſchte;) der aber eben ſo we - nig die Probe beſtand. Er kam aus der koͤrper - lichen Welt; und dem kleinen Maͤnnchen wars leichter gefallen, eine Reiſe nach dem unkoͤrper - lichen, als koͤrperlichen Amerika anzutreten. Er war noch auf engliſch gekleidet; faßte mich bey der Krauſe, und fragte: biſt du auch un - ter den Propheten? Kaum erholte ich mich: ſo ſah ich, es ſey alles nur Zauberwerk. Den Augenblick ſchwebte eine Wolke uͤber mich; Sie war von Kruͤgen durchflochten, und ihre ſtro - tzende Baͤuche platzten. Jch fuͤrchtete ſchon die Scherbel: und ſiehe! es war auch nichts; in der Ferne ſah ich Gemaͤlde mit Fleiſche be - worfen; und es war auch nichts; ich ſah eine Hochzeit der Blumen; und es war auch nichts; es war alles, alles nichts! Schatten mit Federn hintern Ohren, Geiſſeln in der linken, leere Klin - gebeutel in der rechten fielen mich an; und ich merkte an ihrem ungeſtuͤmen Betragen, daß es Kunſtrichter waren. Allein ihre Macht, die oft kaum morgen erlebet, erlebet noch weniger uͤber - morgen; am allermindeſten wirket ſie dann, wann ſie nicht mehr ſind. Jch lachte ihrer alſo, wie der Philoſoph ſeines Tyrannen lachte, der ihn ſtampfen ließ. Ein Haͤfft meines Woͤrter - buchs nur entglitſchte mir; ich ſah graͤßliche Verzuͤckungen der Gebehrden, als man mir, zu meinem groͤßten Erſtaunen, mein Buch wieder - gab. Jch ward faſt genoͤthiget, dieſe GroßmuthG g 3zu470Beſchluß.zu bewundern, als ein Accent erklang: So wenig die Sonne verſchwaͤrzet wird, wenn man ſie als Sonne vorſtellet: ſo wenig koͤnnen unſere Soͤnnchen verfinſtert werden, wann man ſie nur malet. Damit ich aber dieſes Land nicht laͤnger entweih - te: ſo ward es meinem guten Freunde, dem Mylius, aufgetragen, mich in eine andere Ab - theilung dieſer Welt zu ſtuͤrzen. Jch that mei - nen Dichterſprung ſo behende, als moͤglich; und ſiehe! ich ſtand auf meinen Beinen, in einer koͤrperlichen Welt. Bald haͤtte ich mir Bod - mers Luftſchiff wuͤnſchen moͤgen: denn ich merk - te, ich wuͤrde hier ſo leichtes Kaufes nicht davon kommen. Die Geiſſeln der Satiren platzten; und die Faunen banden die Verurtheilten. Hin und her ſah ich Dichter ihre Gedichte mit den Zungen ablecken, und ſchmaͤuchelnd die un - barmherzige Hand der Richter anflehen. Das Maul waͤſſerte mir ſchon; als ich mich unter ei - ner Menge runzelichter Maͤnner befand, die mir das Lexicographenroͤckchen auszogen. Einer kam, und nahm mir die Erfindung; der ande - re kam, und dingte ſich Hallern aus; der drit - te kam, und zog mir Swiften weg; der vier - te kam, und zog Klopſtocken aus; der fuͤnf - te kam, und nahm mir meine Ausſchweifun - gen; der 6. die Wortſpiele; der 7. die leicht - fertigen Redensarten; ein jeder nahm etwas, daß ich endlich kaum das Geripp eines Lexico - graphen, eine arme, duͤrre Woͤrterliſte, be -hielt.471Beſchluß.hielt. Jch trampelte mit den Beinen vor Zorn, daß ich endlich an die Bettpfoſte ſtieß, aufſprang, wie der Teufel bey Even, und ſah: es ſey al - les ein Traum!

He quoi? lors qu autrefois Horace après
Lucile,
Exhaloit en bons Mots les Vapeurs de ſa
Bile,
Et vangeant la vertu par des Traits ecla -
tants,
Alloit ôter le Masque aux vices de ſon
Temps:
Ou bien, quand Juvenal, de ſa mordante
Plume,
Faiſant couler des Flots de Fiel et d’A -
mertume,
Gourmandoit en Courroux tout le Peuple
Latin:
L’un, ou l’autre fit - il une tragique
Fin? &c.
Mais, c’eſtaſſez parlé! Prenons un peu
d’Haleine;
Ma Main, pour cette Fois, commence à
ſe laſſer.
Finiſſons! Mais demain, Muſe! à recom -
mencer.
Boileau Sat. 7.
[472][473][474]

About this transcription

TextDie ganze Aesthetik in einer Nuß, oder Neologisches Wörterbuch
Author Christoph Otto von Schönaich
Extent500 images; 91362 tokens; 16239 types; 621343 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationDie ganze Aesthetik in einer Nuß, oder Neologisches Wörterbuch als ein sicherer Kunstgriff, in 24 Stunden ein geistvoller Dichter und Redner zu werden, und sich über alle schale und hirnlose Reimer zu schwingen Alles aus den Accenten der heil. Männer und Barden des itzigen überreichlich begeisterten Jahrhunderts zusammen getragen, und den größten Wort-Schöpfern unter denselben aus dunkler Ferne geheiliget von einigen demüthigen Verehrern der sehraffischen Dichtkunst Christoph Otto von Schönaich. . [12] Bl., 471 S. HeboldBreslau1754.

Identification

HAB Wolfenbüttel HAB Wolfenbüttel, M: Um 179Dig: http://diglib.hab.de/drucke/um-179/start.htm

Physical description

Fraktur

LanguageGerman
ClassificationFachtext; Sprachwissenschaft; Wissenschaft; Sprachwissenschaft; core; ready; china

Editorial statement

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  • Deutsches Textarchiv
  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
  • Jägerstr. 22/23, 10117 BerlinGermany
ImprintBerlin 2019-12-09T17:34:41Z
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Holding LibraryHAB Wolfenbüttel
ShelfmarkHAB Wolfenbüttel, M: Um 179
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