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Getreuer und Geſchickter Handels-Diener /
Jn welchem vornemlich Was ein Handels-Diener ſey / was derſelbe vor Qualitaͤten und Wiſſenſchafften an ſich haben muͤſſe / dann auch von dem dergleichen Handels-Dienern im Fall ihres Wohl - oder Ubel-Verhaltens zukommen - den Recht / gehandelt / durchgehends aber ein reicher Vorrath allerhand heilſamer Lehren und Unterrich - tungen / gegeben wird / deren ſich Lehr-begierige Handels-Diener ſowohl zu Haus / als auf Rei - ſen mit ſonderbahren Nutzen bedienen koͤnnen.
Nuͤrnberg und Leipzig /zu finden beyPeter Conrad Monath. An. 1715.

Denen Durchganz Teutſchland und auch andern Reich und Laͤn - dern

  • (1.) Angehenden
  • (2.) Wuͤrcklich ſchon einige Jahr in Dienſten geſtandenen
  • (3.) Auſſer Dienſt lebenden und
  • (4.) Jhre eigne Handlung bald an - zufangenden

Handels-Dienern wuͤnſcht Nebenſt Zueignung dieſes Buchs Der Author deſſelben Ertraͤgliche und annehmliche / Lehrreiche und nuͤtzliche Handels-Dienſte /) (2inin welchen Jhre Geſundheit conſerviret und geſtaͤr - cket / Jhr Verſtand geſchaͤrffet / Jhre Handels-Wiſſenſchafften gemeh - ret / Jhre Perſonen bey Einer Loͤblichen Kauff - mannſchafft in Anſehen und Credit geſetzet / Jhre eigne Mittel rechtmaͤſſiger Weiſe vermehret / Der Grund zu Jhrer kuͤnfftigen Propre - Handlung dadurch geleget / und endlich von Jhnen Das Zeugnus eines guten Gewiſ - ſens vor GOTT / Und redlichen Verhaltens / von Jh - ren Handels-Patronis, und andern Ehr - liebenden Kauff-Leuten moͤge da - von gebracht / Jn waͤhrenden ihren Dienſt-Jahren aber Jhnen auf Jhren Reiſen / der Schutz der Heiligen Engel /BeyBey wunderlichen Patronen die be - noͤthigte Gedult / Jn Creutz und Truͤbſal die wieder aufrichtende Huͤlffe GOttes / Jn ſchweren Amts-Verrich - tungen Vorſichtigkeit / allenthalben aber eine ſolche Conduite, Auffuͤhrung und Tugend - Liebe mitgetheilet werden / Durch welche ſie ſich dasjenige zu erlangen capables machen / Was zu Jhrer zeitlichen und ewigen Gluͤckſeeligkeit gereichen kan.

) (3Vor -

Vorrede.

SO wenig als es der - jenige (der mit groſſer Muͤhe und Unkoſten / ein zur Kaufffardey deſtinirtes Schiff / von dem Stapel oder dem Strand / an welchem es ge - bauet worden / auf das Waſſer ge - bracht /) dabey bewenden laͤſt / daß es daſelbſt als ein kleines Waſſer - Caſtel ſich zwar anſehen ließ / in den Augen der Vorbeygehenden præſen - tire / wann es nicht auch dabey die / ſich von demſelben promittirte Dien - ſte / vermitelſt der Farth / zur See thun und dadurch nutzbare Frachten / und andere Kauffmaͤnniſche Profiten ein -brin -Vorrede. bringen ſollte; Eben ſo wenig hat es mir auch / Geneigter Leſer / genuͤget / den wol unterwieſenen Kauffmanns - Jungen ſo weit gebracht zu haben / daß er nun als Diener auftretten / und (da er ſozureden von dem Kern an / aufgezogen / und biß an die Zeit des Fruchtbringens gewartet wor - den /) die Fruͤchte ſeiner erſtandenen Lehr - und Dienſt-Jahre in ſeinem Diener - oder Geſellen-Stand wiſ - ſen koͤnnte / wann ich nicht auch / wie und welcher Geſtalt / auch quo ordine und in was vor unterſchiedlichen Gradibus ſolches geſchehen muͤſſe / da - bey in einem beſondern Tractat haͤtte anweiſen / und die Nothwendigkeit davon demonſtriren ſollen. Welches dann in dieſem gegenwaͤrtigen ge - getreuen und geſchickten Handels - Diener / und zwar in gleicher Diſpoſi - tion der Capitel / die bey dem Kauff - manns-Jungen obſerviret worden /) (2ge -Vorrede. geſchiehet / auſſer daß in dem 15. ein ſonderbarer gluͤcklicher Einfall / mich auf eine Materiam, (nehmlich wie ei - ne loͤbliche Stifftung und freundliche Bruͤderſchafft unter denen Handels - Verwandten / eines groſſen Han - dels-Platzes aufzurichten waͤre) gebracht / durch deren deutliche Aus - fuͤhrung / ich keines wegs zweiffle / denen Commercirenden und ihren Bedienten / allerſeits einen groſſen Nutzen und ſtattlichen Vortheil an - gewieſen zu haben / anerwogen / daß beydes die Herren / welche gute Die - ner benoͤthiget / als auch die Dienſt - ſuchende / durch ein ſolches Addreß - Haus ſicherer und geſchwinder ein - ander werden koͤnnen zugebracht / die - ſe aber (inſonderheit dadurch / weil ſie an gewiſſe Jnnung und Reguln ge - bunden /) ſich in ihren Dienſt-Jah - ren ſo viel tugendhaffter werden auf - fuͤhren muͤſſen / als ſie das Gegentheilthuen -Vorrede. thuende / eben wie die zuͤnfftige Hand - wercker zu beſorgen haben moͤchten / im Fall ihres Ubel-Verhaltens an - derwaͤrts nicht wieder recipirt zu werden.

Wir geben aber dieſem Buch den Titul des getreuen und geſchickten Handels-Dieners / weil beydes Inſe - parabilia oder unzertrennliche Dinge ſeyn / indem einem Handels-Mann wenig mit einem getreuen Diener ge - dienet iſt / wann derſelbe auch nicht dabey ein guter Verrichter / oder wann im Gegentheil dieſes letztere gleich waͤre / das erſte aber erman - gelte / daher wir ihn auch / was bey - de Requiſita anbelanget / in dem an - dern und dritten Capitel ziemliche Lehren mittheilen / und was des - falls ſeine Pflicht ſey / ihme ernſtlich einſchaͤrffen. Hiernechſt wird in denen folgenden Capiteln dasjenige be - ſchrieben / was zuvor gleichſam uͤber) (5denVorrede. den Horizont eines Jungens gewe - ſen / einem Diener aber zu thun oder zu verrichten / obliegen will / wobey wir ihm auch / um ſeine Lehr - und Tu - gend-Begierde deſto mehr anzuſpor - nen / den Vorſchmack desjenigen Standes geben / in welchem er ſelber dermaleins Herꝛ werden / und was er alsdann in Handlungen verrichtet / ſich ſelbſt und nicht mehr andern zum Profit thun kan.

Da auch hierauf das Capitei von dem Recht der Kauffmanns-Diener folget / ſo hat ein jeder Ehr-liebender unter denſelben um ſo viel ſorgfaͤlti - ger zu erwegen / wie die Verpflich - tung / die ihm in ſeinen Dienſt-Jah - ren auf dem Hals lieget / (nachdem er derſelben ſich wohl oder uͤbel acquittiret) Belohnung oder Straff nach ſich ziehen / damit aber nun dem Erſten ſo viel mehr von ihme moͤge nachgetrachtet / und das Letzere hin -gegenVorrede. gegen vermieden werden / als laſſen wir es zum Beſchluß an heilſamen und Chriſtlichen darzu dienenden Er - mahnungen und Lehren (welche meh - rentheils aus vornehmer Theolo - gorum Schrifften genommen wor - den /) nicht ermangeln / damit verhof - fentlich das gantze Werck alſo einge - richtet werde / daß auch derjenige der ſich klug und vollkommen in der Kauffmanns-Diener Profeſſion zu ſeyn beduͤncket / dannoch noch unter - ſchiedliches daraus zu lernen finden moͤge. Nunmehro erwarte der ge - neigte Leſer den Gelehrten-Kauff - mann ingleichen hundert auserleſene Vorfaͤlle / uͤber das Jtaliaͤniſche Buchhalten / welches letztere um ſo viel nuͤtzlicher ſeyn wird / wann (da etwan hin - und wieder hohe Lands - Obrigkeiten ordentliche Commer - cien-Collegia étabiliren ſollten) die - ſelbe wie in Franckreich / vermoͤg derKoͤ -Vorrede. Koͤniglichen Ordonnanz geſchiehet / ihre Kauffleute ernſtlich dahin an - hielten / daß ſie gleichfalls gute Ord - nung in ihren Buͤchern und Scriptu - ren zu halten / beſſer als bißher geſche - hen / ſich ſollten angelegen ſeyn laſſen / dabey es dann ſonderlich auf man - chen Kauffmanns-Dieneꝛ ankommen wuͤrde / ſich eyfriger der Kunſt des Buchhaltens zu bemuͤhen / weil nicht allein ihre Profeſſion ſolches ohne dem erfordert / ſondern auch das Commer - cien-Collegium kuͤnfftig / wann ein ſolcher Diener ſeinen eigenen Handel anfangen wollte / genau darauf ſe - hen / (und wo nicht aus obbemeld - ten hundert Vorfaͤllen) ihme doch einen andern intricaten Buchhalters Caſum zu journaliſiren vorgeben koͤnte.

Endlich erinnern wir auch noch zum Beſchluß / daß dieſes Buch eini - ge Capitel und Sachen in ſich ſchlieſ -ſeVorrede. ſe / welche von der Beſchaffenheit ſeyn / daß es wohl meritire von ei - nigen auf ihren Reiſen / als ein nutz - bares Vade Mecum mitgefuͤh - ret zu werden.

Ver -

Verzeichnis der in dieſem Buch enthaltenen Capitel.

  • Caput I. Was ein Kauffmanns-Diener ſey / und wie vielerley derſelben gefunden wer - den. 1
  • Caput II. Was ein Kauffmann oder Handels - Patron in Annehmung eines Handels-Die - ner / und dieſer wieder in Anſehung der Dienſt / in welche er ſich zu begeben geden - cket / in Obacht zu nehmen habe / auch wel - cher Geſtalt ihre Contractus, die ſie deß - falls miteinander machen / einzurichten ſeyn. 11
  • Caput III. Was ein Kauffmanns-Diener nach Artderder Handlung / bey welcher er dienet / wiſ - ſen / und auch ſonſt vor Qualitaͤten an ſich haben muͤſſe / ingleichen was einigen unter ihnen vor Laſter und Gebrechen anzuhaͤn - gen pflegen. 122
  • Caput IV. Was ein Kauffmanns-Diener vom Buchhalten / Wechſeln und Briefſchreiben wiſſen muͤſſe. 180
  • Caput V. Auf was vor andere Wiſſenſchafften mehr / welche ebenfalls zur Handlung die - nen / ein Kauffmanns-Diener bey muͤßigen Neben-Stunden ſich appliciren koͤnne. 233
  • Caput VI. Wie ſich ein Kauffmanns-Diener in ſei - nes Patrons Geſchaͤfften / auf Reiſen zu ver - halten / und was er vor ſeine eigene Perſon dabey zu profitiren und zu lernen habe. 243
  • Caput VII. Wie ein Kauffmanns-Diener zu Haus /) () (undund vornemlich auf Reiſen ſeiner Geſund - wahrnehmen / und wann dieſelbige einigen Anſtoß gelitten / ſolche durch dienliche / und zum Theil auf Reiſen leichtlich zu bekom - mende Haus-Mittel wieder herſtellen / ſon - derlich aber / wann er an inficirten Orten ſich aufhalten muͤſte / ſich vor der Peſt præ - ſerviren koͤnne. 283
  • Caput VIII. Welcher Geſtalt ein Kauffmanns Die - ner auf Reiſen / die er zu Pferd verrichtet / vor daſſelbe Sorgtragen / und im Fall dem - ſelben einige Kranckheit oder Unfall zuge - ſtoſſen / ſolches wieder davon curiren laſſen koͤnne. 320
  • Caput IX. Von unterſchiedlicher auslaͤndiſcher Muͤntzen / ihren Valor, Wechſel-Cours, und Reduction, wie auch einigen ſonderbaren curieuſen Berechnungen und Rechnungs - Tabellen / und was etwan ſonſten an andern nutzlichen Dingen mehr / einem Handels - Diener auf Reiſen und zu Haus wohl zu ſtat - ten kommen moͤchte. 342
Caput
  • Caput X. Von denen ſchrifftlichen Abſchieden und Teſtimoniis, welche Kauffmanns-Dienern (die ihrer Patronen Handlungen und Dien - ſte / nunmehro mit deroſelben Erlanbniß und guten Willen quittiren / entweder weil ihre veraccordirte Dienſt-Jahre zu Ende ge - lauffen / oder ſie ihre eigene Handlung anzu - fangen / oder anderwaͤrts ihr Gluͤck bey Handlungen weiter zu ſuchen gedencken) von ſolchen ihren Patronis zu gewarten haben. 380
  • Caput XI. Welcher Geſtalt ein Kauffmanns-Die - ner / der nunmehro ſeinen eigenen Handel anzufangen gedencket / von dem Commer - cien-Collegio muͤſſe examiniret / hierauf freygeſprochen / und der Zahl der Buͤrger und Kauffleut einverleibet werden. 399
  • Caput XII. Was ein Kauffmanns-Diener / der ſei - nen eigenen Handel / entweder vor ſich ſelbſt) () (2allein /allein / oder in Compagnie mit einem andern anzufangen gedencket / dabey zu obſerviren habe. 427
  • Caput XIII. Was in Specie ein geweſener Kauff - manns-Diener / der nunmehro ſelbſt Han - dels-Patron zu werden gedencket / bey dem Groß - und Detail-Handlung (das iſt bey dem Handel mit gantzen Stuͤcken / und auch im Ausſchnitt oder ins Kleine) vor ſon - derlicher Remarques haben muͤſſe. 448
  • Caput XIV. Von denen Kauffmanns-Dienern / die ihren eigenen Handel / mit geringem Capital angefangen / durch GOttes Seegen aber / mit der Zeit ſo viel dabey profitiret / daß ſie reiche und vornehme Leut hernach geworden. 475
  • Caput XV. Von gewiſſen Stifftungen / Bruͤder - ſchafften und Montibus Pietatis, welche Kauffmanns-Dieners / und andere / der werthen Kauffmannſchafft-Verwandte / un -terter ſich machen koͤnnten / mit was vor Re - geln und Statutis ſelbige verſehen ſeyn muͤ - ſten / und was vor Nutzen / ſowohl ſie ſelbſt / als auch das Publicum, ſonderlich aber die Kauffmannſchafft / eines Orts davon zu ge - warten haͤtte. 489
  • Caput XVI. Von dem Recht der Kauffmanns-Die - ner / deſſen ſie ſich / wann ſie treu und redlich dienen / ſo wohl ihrer Dienſte und Salarii, als auch ihrer Function halber erfreuen / und was ſie hingegen / auch im Fall ihres Ubel - Verhaltens zu gewarten haben. 504
  • Anhang. Unterſchiedlicher heilſamer Lehren / deren ſich junge Leut / und (ſonderlich auch die Kauffmanns-Diener) wann ſie vor GOtt und der Welt einen Chriſtlichen unſtraͤfflichen und erbaren Wandel fuͤhren wollen / bedie - nen ſollen. Wobey zugleich auch aus Seel. Herꝛ) () (3D. Pfeif -D. Pfeiffers Anti-Melancholico eine ſchoͤne Erinneruug / beydes an Herꝛn als Diener / wegen der ihnen reſpectivè obliegenden Pflichten / und wie ſie ſich beyderſeits in de - nen ihnen dabey zuſtoſſenden Wider - waͤrtigkeiten zu troͤſten haben / mit beygefuͤget wird.
Des1

Des Getreuen und geſchickten Handels-Dieners Caput I.

Was ein Kauffmanns-Diener ſey / und wie vielerley Arten der - ſelben gefunden werden?

EJn Kauffmanns-Diener wird derjenige genannt / welcher nicht eben einem Kauffmann / was deſ - ſen Perſon betrifft / an ſeinem Leib zu dienen / ſich wiedmet (ſintemal es mehr denen Jungens und die noch in ihren Dienſt - und Lehr-Jahren begriffen / oder auch auſſer denen Handels-Geſchaͤfften / beſonders zu dergleichen perſoͤhnlichen Dienſten und Aufwartung angenommenen Perſonen und Laqueyen zukommt) wiewol ſich auch gewiſſe Zufaͤlle ereignen koͤnnen / da des Wohlſtands und der Hoͤflichkeit halben / ein Handels-Diener ſeinem Herꝛn / mit ſonderbarer Dienſtfertigkeit / und Erweiſung gefaͤlliger Bedie -Anung2Caput I. nung und Gefliſſenheit an deſſen Perſon zu bege - gnen ſchuldig iſt / ſondern es erſtrecken ſich ſeine Dien - ſte mehrentheils auf ſeines Principals Handels-Ge - ſchaͤffte / denenſelben entweder nach beſten Wiſſen und Vermoͤgen / vermoͤg aufgetragener Gewalt wohl vorzuſtehen / oder die dabey vorfallende Ver - richtungen / nach ſeines Herꝛn Ordre und Willen auszufuͤhren / und in Summa alles dasjenige da - bey zu thun / was ſeinem Herꝛn und Principal zum Nutzen gereichen / deſſen Schaden abwen - den / und ihm ſelbſt vor ſeine Perſon die Laſt der Handlung erleichtern kan; ſintemal eben darzu Die - ners angenommen werden / damit ſie die taͤglich anwachſende Handels-Geſchaͤffte ihren Herren ab - nehmen / dieſe hingegen nach und nach der Ruhe bey ihren durch Handlung erworbenen Reichthum / oder doch zulaͤnglichen Guͤtern / genieſſen moͤgen / wiewohl auch mancher noch nicht ſo weit gekommener Han - dels-Mann darum eben keinen Diener annimmt / ſon - dern vielmehr / damit er an ſolchen einen treuen Ge - huͤlffen in ſeiner Handlung haben / und ſolche deſto ſtaͤrcker fortſetzen moͤge. Andere Beweg-Urſa - chen zu geſchweigen / die ſich ohne dem hin - und wieder in dieſem Tractat zur Gnuͤge aͤuſſern wer - den.

Nachdem wir nun ſolcher Geſtalt was ein Kauffmanns-Diener ſey / in genere beſchrieben / ſo iſt auch noͤthig / ſpecialiter die vielerley Arten / Claſ - ſes und Gradus derſelben / zu betrachten / da ſich denn gleich die Complimentarii, Factores, Buchhal - ter / Contoriſten / Laden und Gewoͤlb / Waare und Reiſe / (oder auch zu unterſchiedlicher dieſer Factio -nen3Was ein Kauffmanns-Diener ſey[:]nen geſchickte) Handels-Diener præſentiren / die wir jetzt alle der Ordnung nach beſchreiben und an - ſehen wollen.

Ein Complimentarius, (welcher nicht von Complimenten / das iſt / von allerhand hoͤflich / heu - tiges Tags zierlichen / politiſchen / zuweilen Grund - falſchen und erlogenen Reden / Schmeicheleyen / oder Liebkoſungs-Worten / dahero auch die Fran - tzoͤſiſche Derivation eines accomply Menteurs oder vollkommenen Luͤgners herkommt / den Na - men fuͤhret /) wird mehrentheils in Jtalien / als woraus dieſes Benennungs-Wort entſproſſen / und auch in einigen vornehmen (ſonderlich hoch - teutſchen) Contoiren und Handlungen diejenige genannt / der von dem Wort accomplir, Com - plere, erfuͤllen / die Stelle eines Handels-Patrons / (entweder weil kein ſolcher vorhanden / ſondern nur die Handlung in Wittib - und Erben-Namen / oder vor ihre Rechnung fortgefuͤhret wird / oder weil der Patron ſelber / aus Urſach obliegender anderer Geſchaͤffte / oder wegen allbereit genugſam erworbe - nen Reichthums / eine ſolche Vollmacht / auf einen getreu - und geſchickt-erfundenen Menſchen trans - portiret / und ihme nach Gefallen freye Haͤnde zu ſchalten und zu walten ertheilet) vertritt / und alles nach eigenem Gutduͤncken / in der ihme untergebe - nen Handlung veranſtaltet / und dahero den Na - men Complimentarius empfaͤngt / wie alſo in groſ - ſen Druckereyen / denen ein Haupt fehlet / derjenige / deme unter deſſen die Direction aufgetragen wor - den ein Factor; in denen Apotecken der Ober - ſte / und zuweilen nach Abſterben ſeines Herꝛn allesA 2ver -4Caput I. verſehende und dirigirende Geſell ein Proviſor; Der einer Schuſter-Wittib / ihrer Werckſtatt vor - ſtehende aͤlteſte oder verſtaͤndigſte Schuh-Knecht / ein Brett-Meiſter / und ein dergleichen Schneider - Geſell / der der verwittibten Meiſterin in Bedienung ihrer Kundten / getreue Huͤlffe leiſtet / und ſeinen uͤbrigen Mitgeſellen / ihre zuverfertigende Arbeit zu - ſchneidet und anweiſet / ein Tafel-Schneider ge - nennet wird. Nur wolte ich / daß im Kauffmanns - Stand / das Wort Complimentarius, auch nicht ſo / wie das Wort Banquier, gemißbrauchet wuͤrde / und daß derje-nige / der nicht etwan in einem Welt - beruͤhmten Contoir das Fac-Totum iſt / mit dem Prædicat eines getreuen Handels-Diener vorlieb nehme / welches ihme eine groͤſſere Ehre / als das hochpraleriſche Complimentariat / (da weder an ihm noch der Handlung / der er vorſtehet / nicht viel beſonders iſt) ſeyn wuͤrde; wie ich denn in einer vor - nehmen Reichs-Stadt einen ſolchen / nicht den Na - men / ſondern der That nach warhafftigen Compli - mentarium (welcher einer Welt-beruͤhmten Handlung / von welcher der Principal geſtorben / lange Jahr in der Wittib Dienſten vorgeſtanden / und weil er dabey die Freyheit gehabt / Nebenhand - lungen vor ſich zu treiben / durch Fleiß und Sorg - falt / zufoͤrderſt aber durch GOttes Seegen biß 14000. Reichsthl. erworben / gekannt habe / wel - cher ſich Schertz halben offt ſelbſt einen armen Dienſt - boten / meiſtentheils aber gegen diejenige genannt / die etwan Geld von ihm entlehnen wollen / welche er aber gemeiniglich mit dieſen Worten abgefertiget / daß man ſolches bey ſeines gleichen Dienſtboten nicht ſu -chen5Was ein Kauffmanns-Diener ſey[:]chen muͤſte / da er in deſſen vor viel tauſend Cre - dit an der Boͤrß und im Beutel gehabt.

Der andere Grad der Handels-Bedienten ſeynd / die ſogenannte Factores, à faciendo vom Thun / alſo genannt. Dieſes Wort Factor, ob es wohl nicht ſo viel ſyllbig als Complimentarius her - auskommt / hat doch bey manchen mehr in Receſ - ſu, als eines andern ſein Complimentariat, in dem auf einen ſolchen das gantze Fac-Totum offt in einer Handlung lieget / wiewol ich auch den Na - men / oder vielmehr dieſes Prædicat, nicht wol ver - tragen kan / wann ich bedencke / daß gleichwohl ein Unterſchied zwiſchen denen auslaͤndiſchen Factori - bus ſeyn muͤſſe / die etwan Kauffleut in ihren Com - miſſionibus bedienen / und alſo nur in einem Theil ihrer Handlung ihnen zu Dienſten ſtehen / es waͤre denn / daß man jene / Einlaͤndiſche und Domeſticos Factores nennen wollte / in welchem Fall / ihnen ſol - ches Prædicat noch wohl moͤchte koͤnnen beygeleget werden.

Buchhalters heiſt man diejenige / die der Kauff - leut Buͤcher fuͤhren / das iſt / welche / die das Mo - nat uͤber gehandelte Poſten / buchhalteriſchen Sty - lo nach journaliſiren / folglich in das Haupt-Buch uͤbertragen / monatliche und auch jaͤhrliche Schluß - Bilantze daraus ziehen / ſolche ihren Principalibus præſentiren / und daraus in richtiger Ordnung de - nenſelbigen ihren Handels-Etat, auch was des Jahrs uͤber in der Handlung gewonnen oder ver - lohren worden / vorſtellen. Solche Buchhalter ſeynd nun wieder zweyerley / nemlich entweder ſolche / die mehr als ein Contoir bedienen / und auſſer den Buͤ -A 3cher -6Caput I. cherfuͤhren / und Rechnung ausſchreiben auch et - wan der Relation, die ſie daraus dem Principali von ſeines Handels-Zuſtand vorſtellen / ſich ſonſt mit keinen andern Handels-Geſchaͤfften vermengen / ſondern / wenn ſie ihre monathliche Verrichtung ein - gezogen und billanzirt / folglich ſich auf ein an - der Contoir begeben / und daſelbſt dergleichen thun.

Oder es ſeynd alſo genannte / und auch zu an - dern Handels-Geſchaͤfften angenommene und beſol - dete Handels-Diener / welche einig und allein in eines einzigen Patrons Dienſten ſtehen / und weil ſie vor andern mehr Capacitaͤt und Erfahrung / auch gruͤndlichere Wiſſenſchafft des Buchhaltens haben / von ſolchen auch uͤber die Buͤcher geſetzet / dadurch vor andern Bedienten diſtinguiret / hoͤher als an - dere ſalariret / und in die Authoritaͤt geſetzet wer - den / denen unter ihnen ſtehenden / im Namen des Patrons, und was zu deſſen Handlung Nutzen ge - reichet / befehlen zu koͤnnen. Dieſe / wie ſie die Arca - na Negocii unter Handen haben / mit ihren Her - ren zuweilen in Berathſchlagungen dieſer oder jener Handels-Angelegenheit eingehen / alſo ſeynd es auch eigentlich die vornehmſte Handels-Diener / welche tacitè die Complimentariatſchafft und Factorey verwalten / und in ihrem Prædicat der Buchhalter den rechten Characteur eines wohl meritirten und conſiderirten oͤberſten Handels-Diener einſchlieſſen. Jhnen folgen

Die Contoiriſten / die in anſehnlichen und vornehmen Handlungen auch ihre beſondere Conſi - deration und Wuͤrde haben / und ſeynd ſelbige ent -weder7Was ein Kauffmanns-Diener ſey[:]weder Correſpondenten / welche die Brieffe ſchrei - ben / dahero auch fremde Sprachen / und eines guten Styli, ſonderlich aber des Handels Zuſtands / worauf ſolcher rouliret oder beſtehet / kundig ſeyn muͤſſen / wobey ihnen auch die Geſchaͤffte an der Boͤrß / in Wechſel-Schluͤſſen / Ein - und Verkauff der Waaren / und dergleichen / vielmals mit anver - trauet und aufgetragen werden.

Oder es ſeynd nur bloſſe Caſſirers, welche die Geld-Caſſam fuͤhren / und in Staͤdten / da keine Ban - quen aufgerichtet / mit Geld-Einnahm und Aus - gab zu thun haben / uͤber ſolche monatlich dem Buch - halter ihr wohlgeſchloſſenes Caſſa-Buch uͤberrei - chen / damit er aus ſolchen den Ubertrag in die Handels-Buͤcher machen koͤnne.

Zu denen Contoiriſten moͤchte man auch rech - nen / die neu-angehende Handels-Diener / welche poſttaͤglich mit Briefſchreiben und copyren helffen / und dabey ihnen zukommende und aufgetragene Handels-Geſchaͤffte / auch auſſerhalb Haus verrich - ten muͤſſen.

Laden-Gewoͤlb - und Waaren-Die - ner / ſeynd diejenige / welche bloß mit Waaren / und was deren Ein - und Verkauff betrifft / umge - hen / dieſelbe zu ſortiren zu pflegen / und zu conſer - viren wiſſen / bey ſolchen auch taͤglich im Laden / Kram oder Gewoͤlb aufwarten. Ob nun wohl eini - ge unter ihnen auch zu denen Affairen auf den Con - toir nicht untuͤchtig ſeyn / und zuweilen bey ihren Principalen nebenſt der Kraͤmerey / (die als ein Stuͤck ihrer Handlung tractiret wird /) auch ande - re Real-Handlungen ſehen / und unter Handen be -A 4kom -8Caput I. kommen / ſo wiſſen doch hingegen ihrer viele / auſ - ſer ihren Waaren / und was im Kram vorgehet / nicht viel von Real-Handlungen / ſonderlich die - jenige / die in groſſen Manufacturen dienen / und welchen entweder die Abrechnung mit denen Hand - wercksleuten / was ſolche an Materialien bekom - men / und an gemachten Waaren dagegen wieder einlieffern / oder der Ein - und Verkauff / item des Empfangenen und Verſendenden ſolcher Waaren / anbefohlen iſt.

Reiſe-Diener / ſeynd zwar alle Handels - Diener / die in ihrer Herren Geſchaͤfften ausgeſandt werden. Es giebt aber auch deren einige / die conti - nuirlich von ihren Herren zu ſolcher Function, ent - weder ihrer ſtarcken Leibes-Complexion oder Kaͤnntniß fremder Sprachen / oder auch anderer Ur - ſachen halber / gebraucht werden / und dahero offt in Jahr und Tagen nicht zu Haus kommen. Diejenige / welche nur bloß Schulden zu mahnen ausgeſandt werden / haben zuweilen dieſes Officium, weil ſie zu hoͤhern Handels-Verrichtungen nicht allzu - geſchickt ſeyn / oder weil ihres Patrons Handlung erfordert / allezeit an dieſem oder jenem Orteinen ſtill - liegenden Diener zu haben / der nicht allein Schul - den einmahne / ſondern auch Waaren ein - und ver - kauffe / und was von Zeit zu Zeit in Handlungen paſſirt / obſervire und aviſire. Und dieſes waͤre alſo kuͤrtzlich die Definition unterſchiedlicher Han - dels-Diener / ihren ſonderbaren Verrichtungen nach; auſſer dieſen aber ſeynd ſie auch anzuſehen / daß etliche derſelben neu-angehende / und erſt aus denen Lehr-Jahren kommende / andere alte geuͤbte Pra -ctici,9Was ein Kauffmanns-Diener ſey[:]ctici, einige aus Begierde etwas mehrers zu ſehen / und zu lernen / andere bloß aus Intereſſe Dienen - de / etliche zeitige / andere immerfort in Dienſten - ſtehende ſeyn.

Die Neu-angehende / haben zwar noch nicht die Erfahrung der lang-geuͤbten / wann aber nur eine ruͤhmliche Begierde und Feuer in ihnen iſt / ſich als Handels-Diener ihrer Function wohl zu acquiri - ren / taͤglich mehrere Progreſſus in denen Handels - Wiſſenſchafften zu machen / ſo iſt ſolches ſchon loͤb - lich / und erſetzet etlicher maſſen / was ihrer Capaci - taͤt abgehen moͤchte.

Alte Practici und lang bey der Handlung Ge - uͤbte / ſeynd einem Handels-Patron ſo viel nuͤtzlicher / als ſie der Handlung Zuſtand ſchon wiſſen / und von ſelbſt ungeheiſſen thun koͤnnen / was ihnen zu thun oblieget.

Diejenige / welche aus Begierde etwas meh - rers in negotiis zu profitiren / ſich in Dienſt bege - ben / ſeynd gemeiniglich ſolche / die ſchon ihr kuͤnff - tiges Etabliſſement wiſſen / und nur darum die - nen / damit ſie ſich in dem / was ihrer kuͤnfftigen Hand - lung zutraͤglich ſeyn moͤchte / ſo viel mehr perfectio - niren koͤnnen.

Hingegen dienen andere aus Intereſſe und Ab - ſichten / wie dorten Jacob um ſeine Rahel, inglei - chen / damit ſie ſich etwas verdienen moͤgen / davon ſie kuͤnfftig ihren eigenen Handel anfangen / oder auch im Alter davon leben koͤnnen / welches ihnen zumalen wohlgelinget / wann ihre Principales ihnen eine beſon - dere kleine Neben-Handlung vor eigene Rechnung zu thun vergoͤnnen / wiewol ſolches cum grano ſalis,A 5wie10Cap. I. Was ein Kauffmanns-Diener ꝛc. wie weit nemlich es einem Handels-Patron anſtaͤndig ſey / daß ſein Diener neben ihm Handlung treibe / anzuſehen iſt / wovon anderwerts mit mehrern ſoll gehandelt werden.

Zeitige Dieners ſeynd diejenige / die nur auf gewiſſe Zeit von Jahren dienen / hernach ihr Gluͤck weiter ſuchen / von einer Handlung zur andern ge - hen / oder endlich gar ihr eigenes anfangen.

Da hingegen andere (vornehmlich die keine groſ - ſe Mittel haben / oder von Jugend auf in einer vor - nehmen Handlung gedienet / die ein groß Capital erfordert) ſich / weil ſie entweder ihr Conto beſ - ſer beym Dienen / und die Fuͤſſe unter eines andern Tiſch zu ſtecken / als bey dieſen ſchwehren Zeiten ihr eigenes anzufangen finden; oder weil ſie ihren Prin - cipalen mit Lieb und Treu zugethan ſind / und ſich ſeinem Hauß verbunden halten / ſeiner Handlung beſtaͤndig / und Zeit ſeines Lebens zugethan zu ſeyn / widmen / und dannenhero biß an das End ihres Le - bens / gegen Empfang eines jaͤhrlichen zulaͤnglichen Salarii verbleiben / dabey auch vielmahls ſich ſamt den Jhrigen gar wohl be - finden.

Caput11

Caput II.

Was ein Kauffmann in An - nehmung eines Handels-Dieners / und dieſer wieder / in Anſehung der Dienſt / in welche er ſich zu begeben gedencket / zu ob - ſerviren habe / auch welcher Geſtalt ihre Con - tractus, die ſie deßfalls mit einander ma - chen / einzurichten ſeyn?

EJn Kauffmann / der einen Diener anneh - men will / hat zuforderſt Acht zu geben (1.) auf ſich / ſeine Handlung / und Hauß - ſtand / (2.) auf des Dieners / den er annehmen will / ſeine Perſohn / Qualitaͤten / und andere Umbſtaͤnde; und (3.) auf das Publicum ſelbſt / und etwann die Beſchaffenheit des Orts / und der Zeiten / in welchen er lebet / und ſeine Hand - lung établiret hat. Seine eigene Perſohn ſiehet ein Kauffmann bey Annehmung eines Dieners an / ob ſolche ſo unvermoͤgend / alt / ſchwach / oder von andern Geſchaͤfften dergeſtalt diſtrahirt ſey / daß er nicht laͤnger ſeine Handlung ohne Gehuͤlffen / und zwar auſſer den Jungen noch eines Dieners / der die wichtigſten Handels-Geſchaͤffte beſorge und ver - richte / fortzufuͤhren vermoͤge. Er betrachtet fer - ner / ob ſeine Handlung ſo viel eintrage / daß funff - tzig oder hundert / auch wohl doppelt ſo viele Reichs - thaler / nebenſt der freyen Koſt / Logiment und Waͤſche / dem Diener Jaͤhrlich koͤnnen pro Salariound12Caput II. und Ergoͤtzlichkeit ſeiner Dienſte gegeben werden? ob nicht ſein Handels-Jung / der ſchon etliche Dienſt und Lehr-Jahr bey ihm zuruck geleget / oder auch ſein / des Kauffmanns / eigene Kinder von der Faͤhig - keit ſeyn / ihme Handels-Dienſte zu thun / ohne daß hierzu ein ſonderbahrer beſoldeter Diener erfordert werde.

Bey welcher Gelegenheit ich nicht umhin kan / denen (auf gute Conditiones ſich allzu viel verlaſ - ſenden) Handels-Dienern zur Nachricht und War - nung zu ſagen / daß es heutiges Tags mit ihren Dienen eine gantz andere Bewandniß habe / als es vor 40. oder 50. Jahren gehabt / da nicht ſo wohl Kraͤmers-als andere Kauffleut ſehr viel Dieners / und zwar offt Super-Numerarios, oder uͤber die benoͤthigte Zahl gehalten. Einige auch noch biß dato / jedoch nur ſo viel / als ſie unentbehrlich ha - ben muͤſſen / derſelben in Dienſte nehmen / welches wir ihnen auch nicht abſprechen wollen; allein ſei - ter dem / daß in denen See - und andern groſſen Handels-Staͤdten die guten Schreib - und Rechen - Schulen / worzu ſonderlich Nuͤrnberg / Hamburg / Leiptzig / Franckfurt / Luͤbeck / Amſterdam / ſtattliche Exempel der Nachahmung gegeben / aufgekom - men / in welchen die zur Kauffmannſchafft gewid - mete Jugend / ſchon einen guten Vorſchmack zu al - lerhand Handels-Wiſſenſchafften bekommt / auch die Handlung ſich dergeſtalt ausgebreitet / daß ſelbige ein mehr bekanntes Gewerb / als vor dieſen gewor - den / die heutige Jugend auch durch Kunſt und Wiſ - ſenſchafften mehr als vormahls an Verſtand ge - ſchaͤrffet wird / ſo daß viel zeitiger als vor dieſen einjun -13Von allerhand Kauffmanns-Contracten. junger Knab von ſeinen Eltern zu der Profeſſion, zu welcher er gewidmet iſt / und alſo auch zur Kauff - mannſchafft angehalten werden kan; da faͤllt das Dienen-Halten zimlich weg / und behilfft ſich nicht allein obbemeldter Urſachen halber / ſonderlich bey dieſen kuͤmmerlichen Zeiten / ein Kauffmann ſo gut er kan / mit ſeinen Dienſt - und Lehr-Jungens / und eigenen Kindern; arbeitet auch wohl ſelbſt umb ſo viel mehr / damit er nur nicht viel Bediente zu hal - ten / noͤthig haben moͤchte; dahero es / ſonderlich in Holland / nicht mehr um die Zeit iſt / daß einer / der vor Diener daſelbſt dienen will / ſich ein groſſes Sa - larium verſprechen darff / ſondern es werden ihme noch wohl jaͤhrlich ein hundert oder mehr Gulden Koſt-Geld darzu abgefordert. Seiter dem auch / daß die Ab - und Zuſchreib-Banques aufgekom - men / erſpahren die Kauffleute an denen Orten (wo faſt alle Zahlungen per Banco geſchehen) ſchon ei - nes Dieners / den ſie ſonſt auf ihre Caſſam haͤtten halten muͤſſen / man theilet auch nicht mehr die Han - dels-Geſchaͤfften ſo genau ein / da jeder Bedienter eben ſeine gewiſſe Verrichtungen haben / und auſ - ſer derſelben an keine andere gebunden ſeyn ſolte / ſondern wer des Tags uͤber in der Bude oder Waaren-Gewoͤlb geſtanden / muß deß Abends auf das Contoir, und bey die Buͤcher / auch wann es den Patron beliebet / ſich zu Pferd / Wagen / oder Schiff ſetzen / und da oder dorthin / nahe oder ferne / umb Schulden einzucaſſiren / Waaren einzukauf - fen / oder wieder zu verkauffen / oder auch nach des Patrons Ordre andre Geſchaͤffte auszurichten / fort - reiſen / welches eben das jenige iſt / was ein Han -dels -14Caput II. dels-Principal am beſten wiſſen muß / worzu ihm / einen Diener zu halten / noͤthig ſey oder nicht. Wie nun einige hierinnen in exceſſu fehlen / das iſt / daß ſie mehr Diener annehmen / als ſie deren noͤthig ha - ben / ſo pecciren andere hingegen wieder in defe - ctu, welche entweder aus Kargheit / oder aus all - zu abſurder Vorſichtigkeit / daß ihnen ihre Hand - lung / die doch eben kein Myſterium iſt / nicht moͤge abgeſehen werden / keinen Diener halten wollen / ſondern lieber ſelbſt arbeiten / lauffen und rennen / ehe ſie einem ehrlichen Menſchen das Brod bey ſich goͤn - neten / oder ihm etwas bey ſich ſehen und lernen lieſſen / damit er kuͤnfftig auch zu einen Mann wer - den koͤnte.

Bey etlichen kommt auch ihre Haußhaltung in Conſideration, um nach gewiſſen Umſtaͤnden derſelben entweder Dieners anzunehmen oder nicht; dann da will entweder die karge Hauß-Mutter ih - nen nicht ſatt zu eſſen geben / oder es geben andere Dinge in manches ehrlichen Manns ſeinem Hauß / auch wider ſeinem Willen / vor / welche er nicht ger - ne haben wolte / daß ſie andern Leuten kund werden ſolten. Zuweilen mangelt auch der benoͤthigte Raum / einen Handels-Bedienten wohl zu logiren / und da ein Hauß-Vater offt ſamt den Seinigen ſich mit wenigen behilfft / will es doch propter De - corum ſich / wann man ordentlich Geſind hat / nicht ſo wohl thun laſſen / ſondern der Auffgang / oder die Ausgab wird allezeit groͤſſer; Andere Betrachtungen mehr zu geſchweigen / welche etwann einem Kauff - mann ſeiner Haußhaltung halber vorkommen moͤch - ten / eh er ſich einen Diener anzunehmen / reſolvi - ren koͤnte.

Wegen15Von allerhand Kauffmanns-Contracten.

Wegen der Perſohn des Dieners hat er erſt - lich phyſicè zu betrachten / ob das ſich angegebene / in Vorſchlag gebrachte / oder ihme recommandir - te Subjectum zu ſeinen Dienſten und Geſchaͤfften / zu alt oder zu jung / zu ſtarck oder zu ſchwach / zu feurig und munter / oder zu melancholiſch und ſtumpf ſey / dann was ſoll ein verdroſſener / ſchwerer / fau - ler / alt und ſchwacher / kraͤncklicher Kerl / bey Hand - lungen von groſſen Fatiquen oder Reiſen / welche einen aufgeweckten Geiſt / beredten Mund / hurtige Haͤnde und Fuͤſſe / und eine kurtze Reſolution er - fordern / und hingegen ein allzu blutreicher / allzu lebhafftiger / prompter und luſtig-geſinnter / bey Handlungen / die in vielen Sitzen / Speculiren und Nachſinnen beſtehet. Werden dieſe widrige Tem - peramenta nicht auch einen widrigen Effect nach ſich ziehen; wiewohl auch nicht zu laͤugnen / daß ein gutes Naturel, und die (bey vielen dergleichen Sub - jectis) die Oberhand habende Vernunfft auch uͤber ihre Affecten den Meiſter ſpielen / und ſolche zu rech - ter Zeit bezaͤhmen koͤnnen / wiewohl auch dieſe Phy - ſica liſche Reflexion nicht eben allein bey eines an - zunehmenden Dieners Perſohn in Conſideration kommen; ſondern es findet ſich auch vor das ande - re eine Moroſiſche / darinn beſtehende / daß entwe - der die Lebens-Art eines ſolchen Dieners nicht mit dem Humeur des Handels-Patrons, oder der Con - venientz ſeiner Handlung uͤberein komme / am aller - meinſten aber zeiget ſich darinnen nach einer Poli - tiſchen Betrachtung / ob es rathſam ſey / zu der Wahl des angegebenen Subjecti zu ſchreiten oder nicht; wann nehmlich bevor ſtehet / daß ein ſolcher Menſchvon16Caput II. von einer ſolchen Extraction und Condition ſey / daß wenn er erſt die Handels-Arcana des Patrons abgeſehen / er ſich kuͤnfftig derſelben zu ſein / des Principals Schaden durch eigene Handlung / oder durch Divulgirung an andere Leute / und ſonderlich an ſeine Freunde zu Nutz machen koͤnte; oder es zei - get ſich auch ein anderer Argwohn und Furcht / wa - rum man einen ſolchen nicht in die Zahl ſeiner Do - meſtiquen auf - und ins Hauß und Handlung an - nehmen koͤnne; wiewohl auch im Gegentheil aus eben ſolchen Conſiderationibus von der Perſohn eines Dienſt-ſuchenden Subjecti hergenommen die Annehmung deſſelben facilitiret werden koͤnte / als wann er von ſolchem Hauß oder Familie entſproſſen oder recommandiret waͤre / welcher man Obliga - tion haͤtte / und nichts verſagen koͤnte; item / wann die Abſicht dabey vorkaͤme / daß / da ein ſolcher Menſch zuvor anderwaͤrts gedienet / und gruͤndli - che Nachricht von frembder Handlung haͤtte / man durch ihm (jnſonderheit wann er mißvergnuͤget weg - gekommen) hinter neue Kundſchafft und Arcana, welches ſich dann gar offt zutraͤgt / kommen koͤnte / wiewohl dieſes kein zugelaſſener Modus, ſeine Hand - lung zu vergroͤſſern / mag genennet werden / wie dann auch ein ehrliebender Kauffmann von ſich ſelbſt eines andern in Ungunſt / und umb ſeines eigenen Verſchuldens willen weggekommenen Diener ſo leicht nicht in Dienſte nehmen wird / in Anſehung / daß es nicht wohl gethan / und kein gut Gebluͤt bey den vorigen gegen den neuen Herrn zu ſetzen pfle - get / ſolcher Geſtalt auch viel lieber ein ſolcher Menſch (ſonderlich wann er ein muthwilliger Deſerteur iſt) ſolte17Von allerhand Kauffmanns-Contracten. ſolte abgewieſen / als unſers Mitbuͤrgers Freund - ſchafft dadurch verlohren werden / wie dann auch viel loͤbliche Handwercks-Jnnungen in ihren Statu - tis dieſes expreſſe, als einen legem haben / daß niemand des andern mit Unwillen dimittirtes oder entlauffenes Geſind behauſen und beherbergen / viel weniger in Dienſt und Arbeit nehmen darff / weil durch ſolche ungeſtraffte Uberlauffung das Geſind nur halßſtarriger gemacht / und was dem einen ge - ſchehen / dem andern auch wiederfahren kan; zu wel - chem Ende auch ſehr loͤbliche unterſchiedliche Obrig - keitliche Verordnungen ergangen / daß niemand ei - nes andern Geſind anzunehmen befugt ſeyn ſolte / es haͤtte dann ſelbiges ein beglaubtes Zeugniß ſei - nes Wohlverhaltens und guͤltigen Abſchied / daß es mit gutem Willen ſeines vorigen Herrns aus Dien - ſten gekommen / aufzuweiſen.

Ein anderes waͤre es / wann ein ſolcher Menſch erhebliche und rechtmaͤßige Urſachen ſeiner Ver - aͤnderung anzufuͤhren haͤtte / und daß ſolche Beweg - Gruͤnde vor ihm ſtritten / auf welche ihme gar wohl / und ohne weiteres Bedencken anderwaͤrts Dienſt koͤnte gegeben werden / oder daß auch ein Handels - Patron beſondere zulaͤßige Abſichten und Motiven haͤtte / warum er einen ſolchen Menſchen gar fuͤg - lich wieder in Dienſten zu nehmen kein Bedencken tragen duͤrffte. Mehrmahls werden auch Handels - Diener / welche ihre Dienſte præſentiren / ihrer Per - ſon halber / angenommen / aus einer ſonderbahren Zuneigung und untruͤglichen Perſuaſion, die ein Handels Patron vor ihre Meriten hat / welche ihm wohl gar zu der heimlichen Reſolution bringen /Bdie -18Caput II. dieſelbe entweder gar in ſeine Handlung zu neh - men / oder noch naͤhere Verbuͤndlichkeit durch Verheyrathung einer ſeiner Toͤchter an denſelben mit ihm zu ſchlieſſen.

Was die zu betrachtende Qualitaͤten des Ver - ſtands betrifft / iſt ein ſolcher ſeine Dienſt præſenti - rende oder recommendirte Diener entweder ein guter Verrichter / von dem man verſichert iſt / gute und nuͤtzliche Dienſte zu ziehen / oder es mangelt ihm auch an der benoͤthigten Capacitaͤt / in jenem Fall wird der Contract bald geſchloſſen ſeyn / wann ſon - derlich andere erforderte Requiſita ſich mehr dabey befinden; in dieſem aber haͤlt es ſchon etwas haͤrter / obgleich das Subjectum ſonſt an ſich ſelbſt von gutem Hauß / Naturel und Recommendation, auch auf ſeine Conduite nichts auszuſetzen ſeyn moͤchte / dahero es offtmahls kommt / daß derglei - chen Leut / auf ein oder zwey Jahr noch ohne Sala - rium, biß ſie ſich etwas feſter in denen Handels - Wiſſenſchafften geſetzet / engagiret werden / oder gar / wie in Holland geſchiehet / noch etwas Geld zugeben muͤſſen / wann auch ſelten ein ſo capables Subjectum gefunden wird / welches in alle Saͤttel gerecht ſeyn ſolte / nach dem bekannten Sprichwort: Non omnia poſſumus omnes, man kan nicht von einem alles fordern. Als ſeynd ſolchem nach etliche gute Contoiriſten / welche mehr bey der Feder / Buchhalten und Correſpondenz, als zum Waa - ren dienen; Andere hingegen verſtehen ſich gut auf den Ein - und Verkauff / und ſeynd vollkommene Kraͤmer / Rabuliſten / das iſt ſolche / welche auf der Kraͤmerey ausgelernet / und in ſolcher einem Pa -trono19Von allerhand Kauffmanns-Contracten. trono nuͤtzliche Dienſte leiſten koͤnnen; andere hin - gegen haben eine Freymuͤthigkeit in Schulden einzu - fordern / eine gute und geſunde Leibes-Conſtitu - tion zum Reiſen / verſtehen auch etwann des Lan - des Sprach / wohin ſie ihr Patron zu ſenden geden - cket; noch andere ſeynd ſehr viel bey Manufacturen - Handlungen umbgegangen / koͤnnen auch wohl ſelb - ſten in ein und andern Hand mit anlegen / oder es finden ſich auch dergleichen / welche mit guten Atte - ſtatis verſehen / eine gute Mine und Anſehen / ſon - derlich aber das Donum inſinuandi haben / dabey hurtig / aufgemuntert und unverdroſſen ſeyn / und ei - ne gute Hoffnung nuͤtzlicher Dienſte von ſich geben. Solche Qualitaͤten alle kommen alsdann bey einem Patrono in Conſideration, daß er ſo viel leichter reſolviren kan / und einen guten Menſchen / was ſolcher von ihnen zu hoffen habe / nicht lange auf - halten darff / wie dann inſonderheit bey dieſen letz - teren Punct die uͤbele Gewohnheit mancher Kauff - leute nicht zu loben iſt / daß ſie manchen jungen ehr - lichen Menſchen / der etwann Condition bey Jh - nen ſucht / das Maul aufſperren / als wann ſie ihn entweder ſelbſt accommodiren / oder doch bey an - deren recommandiren wolten / da doch hernach aus beyden nichts wird / der Expectant aber in - deſſen das Seinige verzehren / und noch darzu biß - weilen anderwerts ein gutes Gluͤck verſehen muß. Was ein gewiſſenhaffter erbarer Kauffmann iſt / der wird allen ſolchen jungen Leuten gleich mit Penetra - tion, und aus vielen Merckmahlen ins Hertz greiffen / ihre Profectus erkundigen / und ſo gleich aus einer kurtzen Converſation und Betrachtung etlicherB 2Neben -20Caput II. Neben-Umbſtaͤnde ur theilen koͤnnen / was an ih - nen zu thun ſey oder nicht. Hierauf auch zugleich ihnen / wann es ihm ſelber angehet / Categori - ſche Antwort von Ja oder Nein ertheilen / oder ihnen doch gute Nachweiſung und Unterricht geben / wo ſie ſich ferner addreſſiren ſolten / und was zu ihren Beſten in ihrer Profeſſion gereichen koͤnte / wie dann ein jeder Chriſtlicher Kauffmann in ſeinem Ge - wiſſen verbunden iſt / es ſey gleich ein junger Menſch an Jhn recommandiret oder nicht / wann er den - ſelben Freundſchafft und einen Liebes-Dienſt erwei - ſen kan / ſolches nicht zu unterlaſſen / weil niemand jemahls zu viel / aber wohl zu wenig wohl thun kan / offtmahls auch uͤber lang oder kurtz / ein ſol - ches bezeigtes Wohlwollen / von dem / der es ge - noſſen / wo nicht an ihm ſelbſt / doch an ſeinen Kin - dern vergolten wird. Weil aber dieſe Morale nicht allen / ſonderlich denen Auffgeblaſenen / und die ſich nicht viel umb ihres Naͤchſten Zuſtand (es ſey ſol - cher gut oder boͤß) bekuͤmmern / jn Kopf gehen will / als vermeine ich / denen angehenden Hand - ungs-Verwandten und Dienſt-ſuchenden Kauff - manns-Dienern einen groſſen Dienſt erwieſen zu haben / wann ich hinten in einem beſondern / und zwar in dem 15. Capitel gar was Neues auf die Bahn bringe / nehmlich ein Project, wie in groſſen Handels-Staͤdten die / der loͤblichen Kauffmann - ſchafft mit Bedienung Verwandte / gewiſſe Stiff - tungen / und ein ordentliche Zunfft - oder Jnnungs - Hauß unter ſich auffrichten ſollen / in welchem ſich unter andern auch einheimiſche und auslaͤndiſche Condition-ſuchende Handels-Diener addreſſiren /und21Von allerhand Kauffmanns-Contracten. und daſelbſt guter Nachweiſung / Recommenda - tion, Vorſprach und Vorſorge gewaͤrtig ſeyn koͤnnen.

Belangend die uͤbrigen Umbſtaͤnde / welche ein Kauffmann in Annehmung eines Dieners ſeiner Perſon halber zu beobachten haben moͤchte / ſeynd dieſelbige ſo mannigfaltig / daß ſie wohl nicht alle erzehlet werden koͤnnen; nur etlicher wenigen zu gedencken / ſo wird manchmal einem Menſchen in Abſicht eines gewiſſen vornehmen Hauſes / welches man ſich dadurch obligiret / Condition gegeben / man erlanget auch wohl durch denſelben profita b - le Commiſſiones, oder man findet ſich eben in dem Stand / daß man Diener nothwendig haben muß / ſolte es auch nur auff eine Zeitlang / oder bey haͤuffigen Meß-Verrichtungen zu dieſem oder jenem Negotio ſeyn / da dann hernach die Condi - tiones auch darnach eingerichtet / und wenn die Urſach ihrer Annehmung aufhoͤret / auch die Dien - ſte wieder geendiget werden. Zuweilen accordirt man auch auf eine gewiſſe Prob-Zeit / nach deren Verlauff ein weiterer Contract ſoll geſchloſſen werden. Man hat auch Verwandte / denen man ihre Kinder in Dienſten zu employren nicht ab - ſchlagen kan / das Vertrauen zu dergleichen Leu - ten / daſſelbige / ob ſie gleich nicht von allzu groſſer Capacitaͤt / doch getreuer als ein Fremb der dienen werden / thut auch ſchon etwas zur Sach / und was der Umbſtaͤnde noch mehr ſeyn moͤchten / welche bey Annehmung eines Dieners / deſſen Perſon halber / in Betrachtung kommen koͤnten.

Jſt noch drittens uͤbrig / was erſtlich wegen desB 3Publi -22Caput II. Publici, dann auch des Orts / der Zeiten und Hand - lung halber / ein Kauffmann bey Annehmung eines Dieners zu bedencken habe; hier verſtehen wir nun unter dem Publico, vornehmlich die Boͤrß / oder die gantze Kauffmannſchafft deſſelbigen Orts / wie nehmlich dieſelbe es in ihrer Bedienung zu halten gewohnt ſey / ob ſie (will nicht ſagen) mit uͤber - fluͤßigen / ſondern nur mit nothwendigen Dienern verſehen ſey / oder ob jeder ſeine Kraͤfften ſelbſt da - ran ſtrecken / und mit den Seinigen arbeite; Weil aber dieſes letztere ſich nicht wohl bey groſſen Hand - lungen allezeit will thun laſſen / als muß ein jeder von ſelbſt ſich hierinn pruͤfen / und wiſſen / was ihme am zutraͤglichſten ſey oder nicht / wann ihme dann die Billigkeit und geſunde Vernunfft ſaget / daß er eines getreuen Handels-Gehuͤlffen in ſeiner Handlung noͤthig habe / und kein Ehrgeitz darun - ter ſtecke / daß er etwann dadurch vor andern wol - le geſehen ſeyn / ſo nehme er in GOttes Nahmen einen an / und kehre ſich nicht daran / was mißguͤn - ſtige oder ſpoͤttiſche Leute davon reden / es iſt auch dem Publico ſelbſt daran gelegen / daß gute Leute zu der Republic Dienſten (dergleichen ſonderlich die Kauffleut ſeyn) erzogen werden.

Die Betrachtung (welche der Ort / wo ein ſol - cher Kauffmann wohnet / geben moͤchte) beſtehet da - rinnen / daß er vornehmlich dahin ſehe / ob ſolcher weitlaͤufftig von groſſen Negotiis, vielen Kauff - leuten bewohnet / ob es ein See-Haven / in welchem viel Schiffe ab - und zufahren / und alſo wegen Viel - heit der Geſchaͤfften / und Weitlaͤufftigkeit des Orts / einen oder mehr Diener zu halten / er ſonderlich noͤ -thig23Von allerhand Kauffmanns-Contracten. thig habe / wobey er zugleich auf die Theurung der Lebens-Mittel / und ob das Geſind viel zu unter - halten koſtet / Reflexion zu machen hat. Nicht weniger ſeynd auch die Zeiten anzuſehen / ob ſolche dermahlen dem Commercio guͤnſtig ſeyn oder nicht / und ob folglich mehr oder weniger Bedien - ten zu halten ſeyn / welches ihm auch der Zuſtand ſeiner Handlung ſelbſt am beſten an die Hand ge - ben wird / wie hiervon ſchon oben mit mehrern Mel - dung geſchehen.

Folgen nun die Betrachtungen / welche ein Dienſt-ſuchender Kauffmanns-Diener / eh er ſich bey jemand engagiret / vorhero haben muͤſſe; ſol - che beſtehen nun vornehmlich darinnen / daß er erſt - lich ſich ſelbſt / und dann den Patron, bey welchem er ſich in Dienſt begeben will / wohl kenne / und nebſt denen erforderten Umbſtaͤnden / alles erſtlich reifflich unterſuche und uͤberlege.

Was die Kaͤnntniß ſeiner eigenen Perſon an - betriſſt / muß er ſeine Leibs - und Verſtands-Kraͤff - ten wohl pruͤfen und verſtehen / ob ſie dem Nego - tio, bey welchem er dienen will / gewachſen ſeyn oder nicht; ob auch die Requiſita des Alters / der Legalitaͤt und Habilitaͤt / die bey mancher Condi - tion erfordert wird / wie auch genugſame Caution (wann ſolche begehret werden ſolte) bey ihm zu finden / und von ihm præſtiret werden koͤnte.

Ferner / ob der Patron, bey dem er dienen will / und auch ſeine Handlung alſo beſchaffen / daß man kuͤnfftig ſeine Avantage davon zu hoffen haͤtte.

Dieſes alles etwas genauer zu beleuchten / ſo moͤchte ſich mancher Kauffmanns-Diener von die -B 4ſer24Caput II. ſer oder jener Handlung leichtlich ein Concept ma - chen / daß ſeine Leibes - und Verſtands-Kraͤfften zu derſelben zulaͤnglich waͤren / da ſie es doch in der That nicht ſeyn / indem entweder viel ſitzen und ſpe - culiren / oder viel Fatiquen / Reiſen / und Hand-Ar - beit dabey vorfallen / zu deren einem oder den an - dern bey ihme gerad das Gegentheil ſeiner Com - plexion und Humeur nach ſich findet; ſo iſt auch bey einer Handlung / die man ex profeſſo nicht gelernet / ſo leicht nicht fort zu kommen / daß man nicht darinnen taͤglichen Unterricht noch beduͤrffe / und dahero den Handels-Patron ſchlechter vergnuͤ - gen ſolte / als er / oder der Dienende / ſich vorher ein - gebildet. Wegen des Alters eines Dienſt-ſuchendens kommt zu betrachten vor / daß ſolches ebenfalls der Handlung / bey welcher er dienet / und der Arbeit / zu welcher er ſich appliciren ſoll / gemaͤß ſeyn muͤſ - ſe / etliche Handels-Verrichtungen / ſonderlich die an einen Diener allein aufgetragen / und ſeiner Ha - bilitaͤt uͤberlaſſen werden / erfordern einen gantzen und lang erfahrnen Menſchen / der / wie man im Sprichwort ſagt / Haar auf den Zaͤhnen hat / und allbereit lang die Jungen-Jahr zuruͤck geleget.

Seiner Legalitaͤt und Habilitaͤt halber / kom - met zu betrachten vor / ob er auch der Orten vor einen Diener koͤnne angenommen werden / oder ob ſeine Geburt / Abkunfft und Vaterland ihm daran verhindern / und wann dieſes gleich nicht waͤre / ob er darum doch hernach zur Meiſterſchafft und Jn - nungs Faͤhigkeit der Orten gelangen koͤnne / oder ob ihme auch in dieſem Paſſu ein Statutum im We - ge ſtehe. Ferner / wann auch dieſe Schwuͤrigkeitgeho -25Von allerhand Kauffmanns-Contracten. gehoben / ob er ſeines Wohlverhaltens wegen tuͤch - tige Abſchiede / und wann es verlangt wuͤrde / an - nehmlich Caution præſentiren koͤnne. Dieſer letztere Punct ſtehet heutiges Tags vielen umb ſo vielen mehr im Weg / als einige Kauffleute wegen der Untreu ihrer Diener groſſe Urſach haben / den - ſelben ſtarck zu urgiren / umb ſo viel mehr / als auch die beſten Gemuͤther / zu denen man ſich alles gu - tes verſehen / und welche ſich etliche Jahr lang red - lich und wohl verhalten / durch boͤſe Geſellſchafft von dem Tugend-Weg ab / und auf die Laſter-Bahn koͤnnen verfuͤhret werden.

Was wegen des Handels-Patrons und ſeiner Handlung / dem ſich in Dienſt-begebenden Han - dels-Diener zu bedencken vorkommen moͤchte / be - ſtehet darinn / daß er ſich erſtlich deſſen Humeurs, wie ſolcher beſchaffen ſey / erkundige / in Anſehung / daß mancher Patron nicht nur wunderlich / ſondern gar faſt unertraͤglich ſeinen ihme doch treu und wohl-dienenden Leuten werden will / ſo / daß man ihm nichts zu Danck oder recht machen kan / die Strapazen / ſo man bey ihm auch offt aus unver - nuͤnfftiger Ordre auszuſtehen hat / ſeynd in die Laͤn - ge nicht auszuhalten / bey welchen allen (ob es gleich ſonſt bey andern Conditionibus heiſſen moͤchte: Perfer & obdura, dolor hic tibi proderit olim, Leide und ſchmiege dich eine Zeitlang / dieſer Kum - mer wird dir endlich zu deinem groſſen Gluͤck ge - deyen / es doch dieſes Orts nicht erſcheinen will / daß man kuͤnfftig von dem mißguͤnſtigen oder eigennuͤ - tzigen Patrono, nach langen muͤhſeeligen Dienſt - Jahren eines Avancements, Vorſchub oder HuͤlffeB 5ſich26Caput II. ſich zu getroͤſten haben ſolte / oder es iſt eine ſolche Handlung / bey welcher ſich ein junger Munſch / als Diener zu begeben / gedencket / ſo beſchaffen / daß er ſelbige kuͤnfftig vor eigene Rechnung aus Mangel des Capitals nichts unternehmen kan; zuweilen wer - den von denen Patronis, denen ſich zu ihren Dien - ſten præſtirenden Dienern auch ſolche Conditio - nes vorgeſchrieben / welche ebenfalls vorher / ehe man ſolche eingehet / genau uͤberleget ſeyn wollen / als wann zum Exempel eine gewiſſe Zahl von Jah - ren / welche ſie ſich zu dienen verſchreiben ſollen / ih - nen abgefodert wird. Jtem / wann man das Sa - larium dergeſtalt einrichten will / daß es entweder nur von Jahren zu Jahren wachſen / oder in den erſten oder andern Jahr gar ausbleiben ſoll / in - gleichen wann man dem Contract (wovon wir bald genugſame Formularia geben wollen) gewiſ - ſe Clauſulas und Conditiones mit einrucket / wel - the allerdings eine reiffe Uberlegung (ehe man ſol - che unterſchreibet) erfordern.

Viel Kauffleut-Dieners kommen bey Han - dels-Patronis in Condition, entweder weil ſie ih - re Jungen-Jahre bey demſelben ausgeſtanden / und vermoͤg des Contracts ſchuldig ſeyn / noch etli - che Jahr als Diener gegen einer gewiſſen Beſol - dung bey ihnen zu ſtehen / oder ſie ſeynd von andern Kauffleuten / die ihres Herkommens / Capacitaͤt und Conduite halber / gute Wiſſenſchafft haben / nach - druͤcklich recommandiret. Einige reiſen auch wohl auf Hoffnung / Condition zu erlangen / an einen groſſen Handels - oder Meß-Ort / woſelbſt eine Zu - ſammenkunfft vieler Kauffleute zu ſeyn pfleget / wiewir27Von allerhand Kauffmanns-Contracten. wir dann von dieſem letzteren Modo in unſerer Be - ſchreibung von Meſſen und Jahr-Maͤrckten / wie der - gleichen ſich angebende Handels-Diener / vor un - ſern vorgeſchlagenen Adres-Contoir daſelbſt zu examiniren / und folglich an vornehme Kauffleute zu recommandiren waͤren / Meldung gethan. Bißher haben es mehrentheils in groſſen Handels - Staͤdten / die Maͤcklers auf ſich genommen / derglei - chen Dienſt-ſuchende Dieners zu recommandiren / wie denn auch viel Kauffleut ſelbſt / welche Dieners benoͤthiget ſeyn / ſich an dergleichen Maͤcklers zu adreſſiren pflegen / unſer vorgeſchlagenes Handels - Bedienten Zunfft-Haus aber / wird hinfuͤhro an denen Orten / wo ſelbiges étabiliret werden ſollte / am allerbeſten ins Mittel tretten / und die Kauffleute mit tuͤchtigen Dienern / dieſe aber mit rechtſchaffe - nen Patronis zu verſehen ſuchen / und hieruͤber laſſen wir es / was die Conſiderationes betrifft / welche ein Kauffmann in Annehmung eines Dieners / und dieſer wieder wegen der zuſuchenden und zunehmen - den Condition haben muͤſſe / beruhen / und wenden uns nunmehro zu denen Formularibus unterſchied - licher Contracten / welche zwiſchen Kauffleuten und ihren anzunehmenden Dienern aufzurichten ſeyn / in welchen dann unterſchiedliche Clauſuln und Cautelen / die ſo wol der eine als der andere Theil ſich zu Nutz zu machen hat / vorkommen werden.

Was anfaͤnglich die Dieners betrifft / welche ihre Jungens-Jahre bey einem Kauffmann ausge - ſtanden / und hernach noch als Dieners einige Jah - re bey ihm ſtehen muͤſſen / braucht es dißfalls kei - nes weitern Contracts, weil allbereit in ihremDienſt -28Caput II. Dienſt - und Lehr-Contract, daß ſie nach voll - brachten Jungens-Jahren noch ſo lange als Dieners ſtehen ſollten / verſchrieben iſt; dahero wir nunmeh - ro nur mit denen Contractibus zu thun haben / wel - che zwiſchen neu-anzunehmenden Dienern und ih - ren Herren aufgerichtet werden / und zwar præ - ſentiret ſich erſtlich ein

Contract zwiſchen einen Han - dels-Patron und deſſen Diener auf gewiſſe Handlung und Jahre auf - gerichtet.

JM Namen GOttes kundt und zu wiſſen / daß heute untengeſetzten Datum, zwiſchen Herꝛn Titio Kauff - und Handels - Mann allhier in Leiptig / und Peter - vium Handels-Diener von Erfurth gebuͤrtig / fol - gender Dienſt-Contract auf vier Jahr lang (anzu - fangen / dieſen bevorſtehenden Michaeli 1715. und ſich endigende Michaeli An. 1719.) aufgerichtet / und auf folgende Conditiones verabredet / und ge - ſchloſſen worden / nemlich es verpflichtet ſich in dieſer Zeit gedachter Mævius ihme dem Herꝛn Titio, ſol - cher Geſtalt / wie es einem rechtſchaffenen Handels - Diener eignet und gebuͤhret / mit allem Fleiß und Sorgfalt in ſeiner gantzen Handlung / ſo wohl zu Haus als auf Reiſen / auf der Schreib-Stuben / und bey den Waaren / wie auch in ſeinem Kram-Gewoͤlb / nach beſten Wiſſen und Vermoͤgen zu dienen / ſeinen Nutzen und Vortheil allenthalben zu ſuchen / Scha -den29Von allerhand Kauffmanns-Contracten. den und Nachtheil hingegen ſo viel an ihm ſeyn wird / abzuwenden und zu wehren / und damit er Herꝛ Titius ſolcher ſeiner Treue um ſo viel mehr ge - ſichert ſeyn moͤge / ſo ſetzet er Peter Mævius, als ſchon Majorennis ſeyende / ſeine ihm von ſeinem Vater ſeeliger anererbte und in Erfurt habende / be - wegliche und unbewegliche Guͤter zu einen ſichern Un - terpfand / damit er Herꝛ Titius, aller ihme von dem Conſtituenten beweißlich zugefuͤgter Untreu hal - ber / ſich daran erholen koͤnne.

Dahingegen gelobet er Herꝛ Titius dieſen ſeinen Handels-Bedienten die vier Jahr uͤber / welche der - ſelbe in ſeinen Dienſten ſeyn wird / ihn nicht allein mit benoͤthigter Koſt an Speiß und Tranck / freyer Waͤſch und Lager-Stelle zu verſehen / ſondern ihme auch noch darzu jaͤhrlich 50. Reichsthl. pro Salario zu reichen / und ſo er nach dieſem ferner bey ihm zu ver - bleiben Belieben tragen ſollte / ihme ſolches von Jahr zu Jahren zu verbeſſern. Urkundlich iſt dieſer Con - tract in Duplo ausgefertiget / und jedem Theil ein Exemplar davon zugeſtellet worden / ſo geſchehen Leipzig den 6. Auguſti 1715.

Ein anders.

KUnd und zu wiſſen ſey hiermit jederman / dem daran gelegen / daß heute dato zwiſchen mir Cajo, Buͤrgern und Kraͤmern allhier in Coͤlln / und mir Johann Martin folgender Dienſt-Con - tract aufgerichtet und geſchloſſen worden / nehmlich ich Johann Martin verſpreche ihme Herꝛn Cajo inſei -30Caput II. ſeinem Kram-Laden 3. Jahr nacheinander treulich und redlich / wie es einem ehrlichen Handels-Die - ner eignet und gebuͤhret zu dienen / auch ſo in ſolcher Zeit mich mein Herꝛ Patron auſſerhalb Landes / auf Meſſen und Jahr-Maͤrckten um Waaren einzu - kauffen oder zu verkauffen / Schulden einzucaſſi - ren / oder anderer Urſachen wegen ſchicken wuͤrde / mich darzu willig und hurtig finden zu laſſen / welches alles ſteiff und veſt zu halten / und ſonderlich vor Un - treu mich zu huͤten / ich hiermit Loco Cautionis eyd - lich angelobe.

Dahingegen verſpreche ich Cajus, ihme Mar - tin jaͤhrlich 45. Reichsthl. ſchreibe fuͤnff und viertzig Reichsthl. benebenſt freyer Koſt / Bett-Waͤſch - und Lager-Stelle zu geben / auch nachdem ich die - ſen meinen neuen Diener in ſeinen Verrichtungen finden / und daß er durch ſeinen Fleiß meiner Hand - lung Vortheil ſchaffe / verſpuͤren werde / ſo verſpreche ich ihnen ſolches Salarium von Jahren zu Jahren zu verbeſſern.

Hieruͤber iſt auch beyderſeits von uns wohlbe - daͤchtlich abgeredet worden / daß innerhalb den er - ſten drey Monaten biß zu End derſelben / jedem Theil noch frey ſtehen ſoll / dieſen Contract wieder auſzu - heben / und nicht mehr dran gebunden zu ſeyn. Nach der Zeit aber ſoll er ſteiff und unverbruͤchlich gehal - ten werden / zu mehrer Veſthaltung dieſes / iſt dieſer Contract in Duplo ausgefertiget / und jedem Theil ein Exemplar zugeſtellet worden / ſo geſchehen Coͤlln An. 1715. den 8. May.

Ein31Von allerhand Kauffmanns-Contracten.

Ein anders.

DEmnach in gegenwaͤrtiger Oſter-Meß bey Herꝛn Titio, Materialiſten / von Hamburg gebuͤrtig / ſich Cajus als ein Handels-Diener / um bey gemeldtem Herꝛn Titio in Dienſte zu tretten / an - gegeben / auch hierauf nach Vorzeigung ſeines ehr - lichen Abſchieds / (oder Teſtimonii von ſeinem vo - rigen Principal) beſagter Herꝛ Titius ſich reſolvi - ret / denſelben auf gewiſſe und hiernechſt beſchriebe - ne Conditiones als ſeinen Handels-Diener auf - und anzunehmen: als iſt dißfalls zwiſchen ihnen beyden folgender Contract aufgerichtet und geſchloſſen wor - den. Nehmlich es tritt gedachter Cajus Herꝛn Titii Dienſte hiermit wuͤrcklich an / und verbindet ſich in ſel - bigen 3. Jahren nacheinander / als von Oſtern 1711. biß Oſtern 1714. darinn zu verbleiben. Dahingegen verſpricht ihm Herꝛ Titius, bey geſunden und kran - cken Tagen / freyen Tiſch / Kammer und Bette / nebſt 50. Reichsthl. zu einem jaͤhrlichen Salario zu geben. Gleichwie nun Cajus mit allem moͤglichſten Fleiß und Treue / ſo wohl im Gewoͤlb / Schreib-Stuben / als auch da er in Handels-Geſchaͤfften verreiſen muͤſte / Herꝛn Titii Beſtes jederzeit zu beobachten / und ſonderlich die Buͤcher und Rechnung richtig zu fuͤh - ren und zu verwahren angelobet: alſo will er ſich Krafft dieſes bey Verpfaͤndung ſeines Vermoͤgens verpflichten / daferne (auf dem unverhofften Fall) Herꝛn Titio durch ſeine Nachlaͤſſigkeit oder Untreu einiger Schaden entſtehen ſollte / ſelbigen wie er von Herꝛn Titio beſcheuniget werden wuͤrde / foͤrderlichſt wieder gut zu thun / und ſoll Herꝛ Titius zugleichMacht32Caput II. Macht haben / ihn alſobald aus ſeinen Dienſten zu laſſen / er aber hingegen nicht befugt ſeyn / das ruͤck - ſtaͤndige Salarium, welches alle halbe Jahre / ge - faͤllig ſeyn ſoll / zu fordern.

So auch ferner er Cajus, ehe die vorabgeredete drey Jahre verfloſſen / aus Herꝛn Titii Dienſten / wider deſſen Wiſſen und Willen tretten wollte / ſo verobligiret er ſich ausdruͤcklich / gleichfalls funffzig Reichs-Thaler Straffe hieſigem Hoſpital zu erle - gen / zu deſſen Verſicherung renunciiret er allen rechtlichen Wohlthaten und Exceptionibus, die ihme dagegen zu ſtatten kommen koͤnten / ſie moͤgen Namen haben wie ſie wollten; wie auch allen Leute - rungen und Appellationibus, und erbietet ſich freywillig auf obengeſetzte Faͤlle und Herꝛn Titii Anſuchen / vor allen und jeden Gerichten / auch vor zwey oder mehr zugleich Recht zu leiden / und wo er nur anzutreffen / ſo lange in Arreſt zu gehen / biß er / Herꝛ Titius, aller Anſpruͤche an ihm / voͤllig wird vergnuͤget worden ſeyn / welches alles / ſo wie es ab - geredet / doppelt zu Papyer gebracht / auch von bey - den Theilen eigenhaͤndig unterſchrieben und beſie - gelt worden. Geſchehen

Ein anders.

ZWiſchen Herꝛn N. vornehmen Handelsmann / und N. iſt im Namen GOttes heut dato fol - gendes geſchloſſen und abgeredet worden: Es ver - ſpricht obermeldter N. bey N. 2. Jahr / als vom Oſter-Marckt 1711. biß wiederum die Oſter -Meſſe33Von allerhand Kauffmanns-Contracten. Meſſe 1713. incluſivè in ſeine Handlung einzu - tretten / und wie es von ihme verlanget wird / ſeine Correſpondentz / Einkauff und Verkauff fleiſſig abzuwarten / auch jedesmal die Meſſen zu verſehen / und davon richtige Rechnung nach der Wieder - kunfft abzulegen / und auch ſonſten alles in guter Obacht und Adminiſtration zu halten / gleich als ob es ſein Eigenthum waͤre: Hingegen verſpricht ihm Herꝛ N. dieſe beyde Jahre vor Leiſtung dieſer Dien - ſte drey hundert Reichsthl. als jedes Jahr bey En - digung deſſelben 150. Reichsthl. baar auszuzahlen / ihn mit Tiſche / ſo gut er ſolchen ſelbſt in ſeienm Hau - ſe hat / ingleichen mit Bett und Stube zu verſorgen / und da er auch kranck und lagerhafft werden ſollte / ihn gleichfalls nicht zu verſtoſſen / vielmehr allen gu - ten Willen zu erweiſen. Damit nun dieſem allen nachgelebet werde / ſind zwey gleichlautende Exem - plaria aufgeſetzt / und von beyden Theilen zu meh - rer Veſthaltung beſiegelt und unterſchrieben wor - den. So geſchehen

Ein ander Formular, darinnen un - terſchiedliche verbindliche Clauſulen an - zutreffen.

ZU wiſſen ſey hiermit / daß heute dato zwiſchen mir Sempronio, Burger und Handelsmann all - hier eines / und mir Servio Tullio anders Theils folgender Contract aufgerichtet und geſchloſſen wor - den: Nehmlich ich Servius Tullius verſpreche mich bey Herꝛn Sempronio als Handels-Diener aufCdie34Caput II. die ſechs folgende Jahr (anzufangen von Oſtern 1715. und ſich endigende Oſtern 1721.) der Ge - ſtalt zu engagiren / daß ich in ſolcher Zeit nach mei - nem beſten Wiſſen und Willen / Kraͤfften und Ver - moͤgen / dasjenige thun will / was zu beſagten Herꝛn Sempronii ſeines Handels Vortheil gereichen kan und mag / auch ſonſt einen ehrliebenden Kauffmanns - Diener zuſtehet und gebuͤhret. Jnſonderheit aber will ich die mir von ihme / es ſey zu Hauſe oder auf Reiſen anvertraute Gelder und Waaren / welche ich theils von ihm ſelbſt / oder ſeinetwegen von an - dern moͤchte empfangen haben / allezeit richtig be - rechnen / nichts davon veruntreuen oder zugeben / daß von andern etwas davon veruntreuet / oder verwahrloſet werde; ich will auch mit Fleiß dahin bedacht ſeyn / wie die mir anvertraute und unter mei - ner Adminiſtration liegende Waaren moͤgen wohl conſerviret / gepfleget und aufgebutzet / und auf das vortheilhafftigſte verkaufft und an den Mann gebracht werden.

Auſſer dieſem verſpreche ich auch noch / wohlge - dachtem meinem Hrn. Principali auf ſeiner Schreib - Stuben / und bey ſeinen Scripturen / ſo offt die Noth erfordern wird / inſonderheit aber des Poſt - Tages mit Fuͤhrung der Correſpondentz / auch im Fall Herꝛ Sempronius mir kuͤnfftig ſeine Haupt - Handels-Buͤcher anvertrauen ſollte / in Fuͤhrung derſelben / alle Exactitude, Sorgfalt / Fleiß und Dienſt-Gefliſſenheit zu bezeigen / und was mir deß - fals von ſeinen Handels-Arcanis wiſſend werden moͤchte / ſelbiges keinem Menſchen / um waſſerley Urſachen willen es auch waͤre / zu offenbaren / ſon -dern35Von allerhand Kauffmanns Contracten. dern ob ich gleich vom Herꝛn Sempronio kuͤnfftig weg und aus ſeinen Dienſten / es ſey gleich in Guten oder Boͤſen (welches letztere doch GOtt verhuͤten wolle) kommen ſollte / ſo verſpreche ich doch hiermit / und gelobe an Eydesſtatt an / alles bey mir ſtille und verſchwiegen biß in mein Sterb-Grube zu be - halten.

Nicht weniger verſpreche ich auch / nach Ver - lauff ſolcher ſechs Dienſt-Jahre / im Fall ich nicht laͤnger alsdann bey Herꝛn Sempronio bleiben ſoll - te / in keine andere Handlung / welche des Herꝛn Sempronii ſeiner gleich iſt / mich zu begeben / ſon - dern wann ich ja meinen eigenen Handel nicht an - fangen ſollte / entweder auſſerhalb Lands oder auch hier in Loco bey ſolchen Handlungen Dienſt zu ſu - chen / welche mit des Herꝛn Sempronii ſeine keine Gemeinſchafft haben / und ihme dannenhero nicht præjudicirlich oder verdaͤchtig ſeyn koͤnnen.

Da ich auch etwan kuͤnfftig mit Goͤttlicher Huͤlf - fe meinen eigenen Handel anzufangen / im Stand ſeyn wuͤrde / und auch Herꝛ Sempronius mir nicht mißgoͤnnete / daß ich etlicher maſſen von dem / was ich in meinen Dienſt-Jahren bey ihm geſehen und gelernet / profitirte / ſo iſt jedoch expreſſe ausbe - dungen und verabredet worden / daß ich mich des Handels auf N. N. in die Meſſen und Jahr-Maͤrck - ten daſelbſt / item der Fabric der N. Waare gaͤntz - lich enthalten / ſondern ſelbige Herꝛn Sempronio und ſeinen Erben (ohne den geringſten Eintrag von mir deßfalls zu verſpuͤren) verbleiben ſoll.

Jn des Herꝛn Sempronii Haus ſelbſt / will ich mich als einen rechtſchaffenen Chriſten und Handels -C 2Die -36Caput II. Diener geziemet / erbar / zuͤchtig / modeſt und hoͤf - lich auffuͤhren / Herꝛn Sempronio und ſeiner Ehe - Liebſten gebuͤhrenden Reſpect erweiſen / denen un - ter mir ſtehenden uͤbrigen Handels-Bedienten mit guten Exempeln vorgehen / ſo ich auch etwas dem Herꝛn Sempronio ſeinem Haus / Handlung und Familie zuwider / in - oder auſſerhalb Haus hoͤren / oder erfahren ſollte / will ich ſolches nicht allein bey Zeiten anmelden / ſondern auch ſo viel an mir ſeyn wird / abwenden und wehren / deß Sonn - und Feſt - Tags mich auch fleiſſig zu dem oͤffentlichen GOttes - Dienſt halten / und nach dieſem mich bey Zeiten wie - der in meines Herrn Patrons Behauſung einfinden / auch alle boͤſe Compagnien fliehen und meiden / und wann ich ja bey muͤſſigen Stunden eine vergoͤnnte Ergoͤtzlichkeit mit Spatzirengehen / oder einen guten Freund zu beſuchen / vornehmen ſollte / will ich mich doch zur rechter Zeit jedesmal zur Mahlzeit / oder vor dem gewoͤhnlichen Hauszuſchlieſſen wieder einfin - den / auch keine Nacht ohne meines Herrn Pa - trons Wiſſen und Willen / auſſer dem Haus oder der Stadt bleiben / ſondern wann ſolches ja Eh - oder Ehren-hafften halber wuͤrde geſchehen muͤſ - ſen / will ich doch vorher ſolches im Haus an - zuſagen / und Permiſſion darzu zu erbitten nicht er - mangeln.

Jm Fall auch / welches GOtt verhuͤten wollte / Herr Sempronius als mein geehrter Handels-Pa - tron in waͤhrender meiner ſechs-jaͤhrigen Dienſt-Zeit / mit Tod abgehen ſollte / ſo verſpreche und gelobe ich deſſen Erben und Erbnehmen / meine noch hinter - ſtellige Dienſt-Zeit eben ſo getreulich auszuhalten / alswann37Von allerhand Kauffmanns-Contracten. wann er noch wuͤrcklich im Leben und zugegen waͤre / wie mich dann von meiner in dieſem Contract wohl-bedaͤchtlich verſchriebenen Verbuͤndlichkeit / nichts abwendig machen / noch abſolviren ſoll / al - lermeiſt da dieſelbige in goͤttlichen und weltlichen Ge - ſetzen wohl gegruͤndet / auf gute Sitten und herge - brachte Gewohnheiten der Kauffleute beruhet / und dannenhero billig veſt und unzerbruͤchlich gehalten werden ſoll / und ſo ja daruͤber einige Mißhelligkei - ten ſich ereignen / oder eine Erkaͤnntniß und Erlaͤuter - ung in einigen (zwiſchen meinem Herrn Principali vorfallenden / wiewohl nicht zu hoffenden) Differen - tien noͤthig ſeyn ſollte / will ich mir / was ein hochpreiß - liches Commercien. Collegium, oder hieſige Her - ren Kauffleute Aelteſte darinnen ausſprechen wer - den / gefallen laſſen / und deren Ausſpruch mich un - terwerffen / eben als wann ſolcher vor hieſigen Stadt - oder Appellations-Gerichte / oder auch vor dem hoͤchſten Reichs-Tribunal der Kayſerlichen Cammer zu Wetzlar geſprochen oder geurtheilet worden waͤre.

Damit aber wohlgedachter Herr Sempronius deſſen allen um ſo viel mehr geſichert ſeyn moͤge / ſo ſetze und conſtituire ich ihm Loco Cautionis alle meine in dieſer Stadt habende / und noch kuͤnfftig - kommende Haab und Guͤter / alſo und dergeſtalt / daß im Fall ich einer beweißlichen Untreu ſollte uͤber - wieſen werden koͤnnen / ſolche vor die Wiedererſtat - tung derſelben hafften und gelten / auch von einer ho - hen Landes / oder hochloͤblichen Stadt-Obrigkeit ihme ſo gleich ohne fernere Form des Proceſſes exe - cutivè darzu verholffen werden ſoll.

C 3Da -38Caput II.

Dahingegen verſprech ich Sempronius ihme Servio Tullio in waͤhrenden dieſen ſeinen obbemel - den Dienſt-Jahren meiner Seits dergeſtalt zu be - gegnen / als es einem rechtſchaffenen Handels-Pa - tron gebuͤhren und zukommen kan / und ſoll er nicht allein in meinem Haus und an meinem Tiſch mit gu - ter und genugſamer Koſt / ſaubern Cammer und Bett / freyen Holtz / Licht und Waͤſch verſehen wer - den / ſondern ich verpflichte mich auch ihme die erſten drey Jahre jaͤhrlich ein hundert und funffzig / die uͤbrige drey Jahr aber zwey hundert Reichs-Tha - ler Salarium zu geben / auch wann ſolche Jahre vollbracht / und er alsdenn noch laͤnger bey mir und den Meinigen zu dienen Luſt haben ſollte / ſo verſpre - che ich ſolch ſein Salarium noch jaͤhrlich zu verbeſſern / oder da er nach Ablauff ſolcher Jahre / etwan ander - waͤrts ſein Gluͤck ſuchen / oder gar ſein eigen anzu - fangen Belieben tragen ſollte / ſo verſpreche ich ihm darzu mit moͤglichſter Recommendation und Rea - ler Huͤlffleiſtung an die Hand zu gehen / in waͤhren - den ſeinen Dienſt-Jahren / auch mit aller Beſchei - denheit und Sanfftmuth / (wie es einem erbaren Handels-Patron gegen getreue Diener zu thun ge - geziemet) mich gegen ihm auffuͤhren / auch ſo eini - ge Differentien unverhofft unter uns entſtehen ſoll - ten / deren Entſcheidung dem Arbitrio zweyer Bieder-Maͤnner und ehrlicher Kauffleute / deren er einen an ſeiner Seite / ich aber an meiner Seite auch zu erwaͤhlen Macht haben ſoll / zu unterwerffen / und wann uns dieſe / es ſey in ſtrittigen Rechnungen / oder andern Vorfaͤllen nicht ſollten entſcheiden koͤn - nen / will ich mir dasjenige gefallen laſſen / wasals -39Von allerhand Kauffmanns-Contracten. alsdann ein loͤbliches Commercien-Collegium, oder hieſige Kauffleut Aelteſten / wann die Sach dahin gedeyen ſollte / darinnen ausſprechen wer - den.

Jngleichen ſollen auch von dem Tag ſeines An - tritts an / die unter ihm ſtehende Handels-Bedien - te / ſammt meinem uͤbrigen Haus-Geſind dahin an - gewieſen werden / daß im Fall er ihnen von meinen oder meiner Hundlungs wegen / oder auch ſonſt der ihme ſelbſt leiſtende gebuͤhrenden Bedienung hal - ben etwas befehlenſollte / daß ſie ihm darinnen / wie billich folgen / und Reſpect erweiſen ſollen / gleich als wenn ich ſelbſt zugegen geweſen / und es anbefoh - len haͤtte / zu welchem Ende ich auch keinen / er ſey in - oder ausheimiſch / welcher etwas wider ihm oder ſeine Conduite anzubringen haben moͤchte / Gehoͤr geben noch Glauben beymeſſen will / es ſey dann daß ich die Sach erſt ſelbſt gruͤndlich unterſuchet / und ihn perſoͤhnlich daruͤber vernommen habe.

Da er auch in waͤhrenden ſeinen Dienſt-Jahren / (welches doch GOtt verhuͤten wolle) kranck wer - den / oder in meinem Dienſt auf Reiſen oder zu Haus Schaden an ſeinem Leib und Geſundheit neh - men ſollte / will ich ihm nicht allein in mein Haus mit aller gutem Pflege / Sorgfalt und Wartung be - dienen laſſen / ſondern auch meine Koſten die be - noͤthigte Medicamenta, Doctores und Wund - Aertzte biß zu ſeiner Wiedergeneſung darzu halten / und ihm in allem / als wann es mein eigen Kind / oder eine mir nahangehende Perſon angienge / re - gardiren und mir anbefohlen ſeyn laſſen.

Auch verſpreche ich hiermit uͤber ſeine zu Haus /C 4oder40Caput II. oder auf Reiſen gefuͤhrte Adminiſtration meiner Gelder / Guͤter und Effetten ihme jedesmals / und ſo offt er damit parat ſeyn wird / die Rechnung ab - zunehmen / und ſelbigen nach Rechtbefinden daruͤ - ber zu quitiren.

Urkundlich ſeynd zu mehrerer Veſthaltung die - ſes / zwiſchen uns beyderſeits verbindlich geſchehenen Contractus die Herren N. N. als Gezeugen erbet - ten / hierauf der Contract auf zwey geſtaͤmpffte Bogen Papyer in duplo rein abgeſchrieben / von uns beyden als Haupt-Intereſſenten erſtlich und dann auch von denen hierzu erbettenen gemeldten Herren Gezeugen (jedoch ihnen und den Jhrigen ohne Schaden) mit unterſchrieben / und mit unſern Petſchafften bekraͤfftiget worden / ſo geſchehen / Hamburg den 4. Martii. An. 1715.

(L. S.) N. N. (L. S.) N. N. (L. S.) N. N. (L. S.) N. N.

Ein anders kurtzes Formular, da der Handels-Patron ſich erſt / der Diener aber hernach an einen beſondern Revers (welche ge - gen einander ausgewechſelt werden) verſchreiben.

JCh ends benannter Kauff - und Handel-Mann allhier in Ancona urkundt / und bekenne hier - mit / nach dem ich den erbaren und diſcreten N. N. N. N. ſeiner mir bekandten Activitaͤt und Han - dels-Erfahrenheit halber / auch wegen der daruͤbermir41Von allerhand Kauffmanns-Contracten. mir vorgezeigten glaubwuͤrdigen Atteſtaten und ruͤhmlich-habenden Abſchieden zu einem Handels - Diener in meine Handlung angenommen / er auch ſeines darinn zu præſtirenden / Fleiſſes und Treu halber / ſich ſchrifftlich und eydlich gegen mir rever - ſiret / daß ich ihm nicht allein in waͤhrender ſeiner Dienſt-Zeit / welche vors erſte nur auf zwey Jahr (anzufangen dieſen Michaeli An. 1715. und ſich endigende Michaeli Anno 1717.) veſt geſetzet iſt / mit noͤthiger Speiß - und Tranck / Koſt / Waͤſch / und Lager-Stelle in meinem Hauſe verſorgen / ſon - dern ihme auch jaͤhrlich fuͤnff und ſiebenzig Reichs - Thaler / (ſchreibe fuͤnff und ſiebenzig Reichs-Tha - ler) pro Salario, und nachdem ſeine Dienſte mir und meiner Handlung erſprießlich fallen werden / noch jaͤhrlich daruͤber eine gute Diſcretion zum Neuen-Jahr geben will / da auch nach Ablauff der zwey Jahr mein oder ſeine Gelegenheit und Belieben ſeyn wuͤrde / dieſen Contract zu verneuern und zu verlaͤngern / ſo ſoll ihme alsdann ſein Sala - rium biß auf hundert Reichs-Thaler erhoͤhet wer - den. Urkundlich iſt dieſes eigenhaͤndig von mir unterſchrieben / und mit meinem Petſchafft bekraͤff - tiget worden / ſo geſchehen Ancona den 14. Auguſti Anno 1715.

Revers des Dieners.

NAchdem Herr N. N. vornehmer Buͤrger und Handelsmann in Ancona, mich Endes-be - nannten zu ſeinen Handels-Diener angenommen /C 5und42Caput II. und in ſolcher meiner Function mir ein ehrliches Salarium, mit welchem ich allerdings zufrieden bin / ausgeſetzet / auch mit Beyfuͤgung andern favora - beln Conditionen, mir ſein geneigtes Gemuͤth ge - gen mich ſattſam zu verſtehen gegeben / als erkenne ich ſolches nicht allein mit gehorſamen Danck / ſon - dern verſpreche auch in ſolcher meiner Dienſt-Zeit alles dasjenige treulich zu præſtiren / was einem ehr - lichen Handels-Diener zukommen kan / und dieſes So wahr mir GOtt helffen ſoll / und ſein heiliges Wort. Urkundlich iſt dieſes von mir ei - genhaͤndig unterſchrieben / und mit meinem Pet - ſchafft bekraͤfftiget worden / ſo geſchehen ꝛc.

Ein anderer Contract vor Notarien und Zeugen aufgerichtet.

JM Nahmen GOttes Kund und zu wiſſen / daß im Jahr nach unſers HErrn und Heylan - des JEſu Chriſti ſeeligmachenden Geburt / ein tau - ſend ſieben hundert und funffzehen / Indictione Octava, bey Regierung des Allerdurchlauchtigſten / Großmaͤchtigſten / und Unuͤberwindlichſten Kay - ſers und Herrn / Herrn Caroli, dieſes Nahmens des VI. erwehlten Roͤmiſchen Kayſers / zu allen Zei - ten Mehrer deß Reichs / ꝛc. Donnerſtags war der May / Morgens Fruͤh um 8. Uhr / von Mir Kayſerl. offenbarn Ends-benannten Notario in meiner Behauſung erſchienen / Herr Titius, vor - nehmer Buͤrger und Seidenhaͤndler allhier in Ve - rona / und mir zu verſtehen gegeben / wie daß erden43Von allerhand Kauffmanns-Contracten. den gleichfalls gegenwaͤrtig mit erſchienenen erbarn Johann Lucium / (zwantzig Jahr alt / Herrn Georg Lucii / Buͤrger und wohl-benahmten Senſalens all - hier / welcher auch gleichfalls mit gegenwaͤrtig war / ſeinen eheleiblichen Sohn) zu einen Handels-Die - ner in ſeine Handlung dergeſtalt auf - und angenom - men / daß er in ſolcher vier Jahr lang (anzufangen von obbemeldtem Dato, und ſich endigende auf eben denſelben / Anno 1719.) ſo wie es einem ge - treuen und redlichen Handels-Diener / eignete und gebuͤhrete / ſich aller ſeiner ihme unter Handen kommenden Handels-Geſchaͤffte treulich und red - lich annehmen / fruͤh und ſpat ſich bey denenſelben / willig und unverdroſſen finden laſſen / auch bey je - der Gelegenheit deſſen / als ſeines Handels-Patroni Nutzen beſt-moͤglichſt befoͤrdern / Schaden und Un - heil aber / ſo viel an ihm ſein wuͤrde / abwenden ſolte / dafuͤr wolte er ihme / nechſt freyer Koſt / Logi - ment, Bett und Waͤſch / jaͤhrlich 60. Reichsthaler / und nach Ablauff ſolcher vier Jahr / noch uͤber das eine gleiche Summam zur Recompens, nebſt ge - buͤhrender Abſchied ertheilen.

Welches er Lucius / nebenſt ſeinem Vater / zu Danck angenommen / und ſich dabey in meiner Ge - genwart mit einem Handſchlag / wohl-beſagtem Herrn Titio, als ſeinem nunmehrigen lieben und ge - ehrten Handels-Patrono verpflichtet / demjenigen / was einen GOtt-fuͤrchtenden und redlichen Han - dels-Diener gebuͤhren und obliegen wuͤrde / in allen getreulich nachzukommen.

Sein Herr Vater aber / Georg Lucius / hat ſich dabey anheiſchig gemacht / dem Herrn Titio voralle44Caput II. alle und jede Untreu / deren ſein Sohn in waͤhren - den ſeinen Dienſt-Jahren mit Grund der Wahrheit uͤberfuͤhret werden wuͤrde / mit allen ſeinen in hieſiger Stadt habenden / und noch kuͤnfftig zu bekommen - den / beweglichen und unbeweglichen Guͤtern / kei - nes ausgenommen / gleich als wann jedes dafuͤr ſpecialiter verſchrieben / und hypotheſiret wor - den waͤre / zu hafften / und Buͤrg zu ſeyn / auch wann ſein Sohn / ohne erhebliche Urſachen / vor Ab - lauff dieſer vier verſchriebenen Dienſt-Jahr / ſeines Herrn Patrons Dienſte quitiren wuͤrde / als eine verwuͤrckte Straffe an hieſiges Waiſen-Hauß / ein hundert Reichsthaler / ſchreibe ein hundert Reichs - thaler / unablaͤßig zu bezahlen.

Wann nun allerſeits Intereſſenten hierauf mich inſtaͤndig und geziemend gebeten / dieſe ihre reſpectivè Erklaͤrungen / und was ich in dieſem Actu geſehen und gehoͤret / fleißig ad Protocollum zu nehmen / und ihnen alsdann vor die Gebuͤhr zwey gleich-lautende / auch ſo es kuͤnfftig noͤthig ſeyn ſolte / noch mehr rein geſchriebene / glaubwuͤrdige / mit meinem Notariats-Sigil / Petſchafft und Un - terſchrifft bekraͤfftigte Inſtrumenta daruͤber auszu - fertigen / als habe ich mich deſſen tragenden Ampts halber / nicht entziehen koͤnnen / ſo geſchehen Anno Indictione Menſe & die ut ſupra, in Gegenwart Caji und Sempronii, als hier ſeßhaffter und hier - zu erbettener Gezeugen.

(L. S. Not.) N. N.

Ein45Von allerhand Kauffmanns-Contracten.

Ein anderer Contract zwiſchen einem Handels-Principali, und ſeinem anzunehmen - den Diener vor einem hoch-loͤblichen Commer - cien-Collegio aufgerichtet.

VOr Seiner Roͤniglichen Majeſtaͤt / Chur - Fuͤrſtl. oder Hoch-Fuͤrſtl. Durchlauch - rigkeit / oder vor eines Hoch-Edlen Magiſtrats hie - ſiger Stadt / Hoch - und Wohl-beſtellten Commer - cien-Collegio, Uns Præſidi, Raͤthen und Beyſi - tzern / iſt heute erſchienen der Edle und Wohl-Vor - nehme Herr Mævius, Buͤrger / Banquier und Kauffmann allhier / benebenſt Cajo, ſeinem anzu - nehmenden Diener / und hat uns geziemend zu ver - ſtehen gegeben / welcher Geſtalt er dieſen Cajum auf drey Jahr lang auf gewiſſe Conditiones zu einen Handels-Diener angenommen / und daß des - falls folgender Contract wohl bedaͤchtlich mit bey - derſeits Einwilligung waͤre zu Papier gebracht / un - terſchrieben und beſiegelt worden / mit gehorſamſter Bitte / ſolchen zu confirmiren / und in das Buch der Dienſt-Contracten regiſtriren zu laſſen / es lautet aber derſelbe von Wort zu Wort / als ſol - get:

(Hier wird nun der gantze Contract von Wort zu Wort eingeſchrieben / und wann ſolches geſchehen / alsdann die Confirmation folgender maſſen zu End mit beygefuͤget.)

Wann wir nun dieſem ſeinen geziemenden Su - chen ſtatt gegeben / als confirmiren / ratificiren / und bekraͤfftigen wir ihn hiemit / aus uns gnaͤdigſt /gnaͤ -46Caput II. gnaͤdig / oder großguͤnſtig darzu ertheilter Voll - macht / haben auch denſelben hierauf in das Dienſt - Contracten-Buch / Folio 178. regiſtriren und ein - ſchreiben / auch unter dieſe Confirmation unſers loͤblichen Collegii Siegel vordrucken laſſen / ſo ge - ſchehen im Jahr Chriſti 1715. den 8. Auguſti.

NAchdem es auch bey einem ſolchen Collegio Herkommens waͤre / ſo koͤnte der Præſes zu - gleich ſolchen Contract mit unterſchreiben / der Se - cretarius Collegii aber ſelbigen Contre ſigniren / welcher darauf ſeine Gebuͤhr aufs hoͤchſte ein Reichs - thaler vor die gantze Ausfertigung (damit die Kauff - manſchafft nicht noch mehr belaſtet werde) dafuͤr zu empfangen haͤtte.

Solcher Geſtalt koͤnten es auch alle Zuͤnffte / Kauffleut und Kraͤmer / Aelteſten halten / wann die Dienſt-Contracten vor ihnen præſentiret / und die Confirmation und enregiſtriren / bey ihnen geſu - chet wuͤrde / dieſes wuͤrde nicht allein zu einer ſchoͤ - nen Ordnung dienen / ſondern auch denen Princi - palibus und Dienern eine Furcht einjagen / daß ſie ſich hernach Contracts-gemaͤß beyderſeits gegen einander deſto beſſer verhalten muͤſten / es wuͤrde auch noch dieſen Nutzen nach ſich ziehen / daß das Publicum, und ſonderlich die Boͤrß / dadurch von der Legitimation, des in Dienſt getrettenen Die - ners informiret waͤre / und ſo viel ſicherer / was er etwann im Nahmen ſeines Herrn / hernach in Han - dels-Sachen thun / anbringen und handeln moͤch - te / mit ihm ſchlieſſen koͤnte / weil ſonſt ſolches manch -mahl /47Von allerhand Kauffmanns-Contracten. mahl / wie in dem 16. Capitel von dem Recht der Kauffmanns-Diener ſoll gemeldet werden / zu groſ - ſen Diſputen Anlaß giebet / wann der Principalis, entweder was ſein Diener geſchloſſen / desavouirt und mißbilliget / auch ihme keine Vollmacht darzu gegeben zu haben / behauptet / oder gar ſolchen nicht mehr in ſeinen Dienſten zu ſeyn / vorgeben will. Es iſt ja ſchon in groſſen Staͤdten die mit oͤffentlichen Ab - und Zuſchreib-Banquen verſehen / eingefuͤhret / daß der Patron, welcher ſeinen Diener in der Ban - co, vor ihm zu agiren / authoriſiren will / die ihm ertheilte Procuration vor denen Herren und Buͤr - gern der Banco perſoͤnlich verificiren muß; So wird ja auch keiner bey denen Handwerckern als Geſell recipiret / wann es nicht vor offentlicher Lade / oder mit Vorbewuſt des Handwercks geſchiehet; Und in Gerichten muß vor allen ein Procurator, Mandata - rius, und Negociorum Geſtor, ſeine Vollmacht aufzuweiſen haben; zugeſchweigen / daß es an eini - gen Orten denen Handels-Dienern / wann ſie kuͤnff - tig die Maitriſe verlangen / oder in die Kauffmanns - Zunfft wollen eingenommen werden / zu ihrer Le - gitimation dienet / daß ſie gebuͤhrender Maſſen der Orten inſcribiret worden / und ſo viel Jahre bey einem Buͤrger und Mitglied der Kauffmanns - Jnnung in Dienſten geſtanden haben / da auch nach vollendenden Dienſt-Jahren / auch wann ſie jetzt ihr eigenes anfangen wolten / die Notification, wie hinden in dem 11. Capitel wird gewieſen wer - den / vor einem loͤblichen Commercien-Collegio geſchehen muß / ſo iſt ja billich und ſo viel ordentli -cher48Caput II. cher / daß auch ihre Dienſt-Contractus bey denſel - ben regiſtriret / und inſinuiret werden.

An denen Orten / wo es nur vor dem Stadt - Schreiber / oder Notarien und Zeugen geſchiehet / kan es auf eben ſolche Manſer / wie obiges Formu - lar verfaſſet iſt / geſchehen / daß nehmlich der gantze Contract von denen Contrahenten dem Nota - rio præſentiret / und vorgeleget / ſolcher von ihm von Wort zu Wort abgeſchrieben / und alsdann kuͤrtzlich Inſtruments-weiß von ihme documenti - ret und atteſtiret werde / daß die Sache alſo von ihm verhandelt worden.

Wolten einige Contrahentes vor dem Com - mercien-Collegio, oder denen Kauffmanns-Aelte - ſten nur die Articulos Conventionales, uͤber wel - che ſie ſeynd einig worden / muͤndlich herſagen / oder ſelbige auch ſchrifftlich uͤbergeben / moͤchte der Se - cretarius Collegii, wann ſolche zu Protocoll ge - nommen / alsdann ſelbige weiter foͤrmlich extendi - ren / und alsdann das Confirmations-Documen - tum daruͤber ausfertigen.

Folgen noch mehrere Formularia, ſol - cher zwiſchen Principalen und Handels-Die - nern aufgerichteten Contractuum, und zwar erſt - lich zwiſchen zweyen oder mehrern Handels - Conſorten / welche einen Diener an - nehmen wollen.

ZU wiſſen / daß heute den 12. Julii / zwiſchen Herꝛn Titio, Cajo und Sempronio, Handels -Con -49Von allerhand Kauffmanns-Contracten. Conſorten allhier in Neapolis eines und Mævio Handeis-Bedienter / anders Theils folgender Con - tract aufgerichtet und geſchloſſen worden; Es be - giebt ſich nehmich Mævius bey obgedachten dreyen Herren Conſorten von dato an / auf fuͤnff Jahr lang / vor einen Buchhalter und Handels-Diener dergeſtalt in Condition, daß er in ſolcher Zeit ihre Buͤcher und Scripturen treulich adminiſtriren / und was auſſer dem in andern Handels-Geſchaͤff - ten ihme von ihnen anbefohlen werden wird / der - geſtalt nechſt Goͤttlicher Huͤlffe verrichten will / daß verhoffentlich ſeine Herren Patroni ein ſattſames Genuͤgen daruͤber haben ſollen; wie er dann ſon - derlich auch verſpricht / was ihme in waͤhrenden ſei - nen Dienſt-Jahren von ihrer Handlung wiſſend werden moͤchte / weder jetzt noch kuͤnfftig / keinen Menſchen (um keinerley Urſachen willen) zu offen - bahren / ſondern ſolches alles hoͤchſt verſchwiegen / biß in ſeine Sterb-Grube zu halten / auch ſich in ſeinem uͤbrigen Lebens-Wandel alſo aufzufuͤhren / wie es einem ehrlichen Handels-Diener zukommen und gebuͤhren kan / und da in waͤhrender Zeit einer oder mehr / welches doch GOtt verhuͤten wolle / von ſeinen Herrn Patronis mit Todt abgehen ſolte / ſo will er doch bey den jenigen / der alsdann die Hand - lung continuiren wuͤrde / biß zu End ſeiner ver - ſprochenen Dienſt-Jahr beſtaͤndig verbleiben / wo - bey er ſich auch anheiſchig macht / daß / im Fall er nach deren Verflieſſung nicht laͤnger bey ihnen blei - ben / ſondern ſich weiter bey Handlungen verſuchen wolte / daß es jedoch in dieſer Stadt bey einem ſol - chen Patron, der eben dergleichen Handlung / wieDſeine50Caput II. ſeine jetzige Herren Patroni, fuͤhret / innerhalb drey Jahren nicht geſchehen ſoll / ſondern er will entwe - der auſſerhalb / oder ſo er in dieſer Stadt bliebe / bey einem ſolchen Patron um Dienſte ſich bewer - ben / welcher gantz andere / und zwar eine ſolche Handlung hat / die ſeinen jetzigen Herren Patronis keinen Argwohn geben kan.

So er auch von ſich ſelbſt eine eigene Hand - lung zu établiren gedaͤchte / ſoll er doch nicht inner - halb den erſten zwey Jahren / noch Endigung ſeiner Dienſt-Jahr / auch nicht mit deren Waaren / mit welchen ſeine Patroni zu handeln gewohnt ſeyn / wie auch nicht in der Straſſen / in welcher ſie jetzt ihren Laden und Gewoͤlb haben / ſondern in einem andern von ihnen entfernten Quartier der Stadt geſchehen / und er / ſonderlich was die betrifft / ſelbige nicht aus dem Land ſelbſt zu verſchreiben / ſon - dern von ihnen / in den Preiß wie ſie ſolche andern Kraͤmern hieſiges Orts / welche ſelbige wieder ins Kleine verkauffen / zu geben / zu nehmen ſchuldig ſeyn.

Ferner verpflichtet er ſich auch / da er ohne er - hebliche Urſachen / (es ſey dann / daß er ſich verhey - rathen / oder ein groſſes augenſcheinliches Gluͤck / welches aber / ſo klar muß bewieſen werden / anderwerts machen koͤnte) aus ihren Dienſten ge - hen wuͤrde / daß er alsdann ein Jahr Salarium zu - ruͤck laſſen wolle / welches halb ſeinen Herrn / halb hieſigen Monti Pietatis verfaͤllig ſeyn ſoll; auch will er daruͤber keinen andern Ausſpruch oder Richter / als den Buchſtaͤblichen Jnhalt dieſes Contracts ſelbſt erkennen / und daß von hieſigen Commercien-Collegio, oder Stadt-Gerichten /die51Von allerhand Kauffmanns-Contracten. die Execution darnach geſchehen moͤge / ſich gefal - len laſſen.

Da hingegen verſprechen ſeine Herren Patro - ni, ihme die erſten 2. Jahr ein hundert und funfftzig Reichsthaler / die uͤbrigen 3. Jahr aber 200. Reichsthaler pro Salario, auch nach Verflieſſung derſelben noch ein hundert Reichsthaler pro Diſcre - tione zu geben / auch ſo er alsdann noch ferner bey ihnen zu bleiben / und ſie ihn in Dienſten zu behal - ten / Belieben tragen ſolten / ihme das Salarium noch um ein merckliches zu verbeſſern.

Ferner ſoll er in Herrn Titii Hauß ſeinen Tiſch / Cammer / Bett / und freye Waͤſche haben / auch die letzten drey Jahr jedesmahl zum Heiligen Chriſt / ſich zu einen neuen Kleid / biß auf die Werth von 30. Reichsthaler aus ihren Laden frey ausnehmen moͤgen.

Damit aber wohlgedachte / Herr Titius, Cajus, und Sempronius ſeiner Treue in Adminiſtration der ihne anvertrauenden Gelder und Waaren / ſo vielmehr verſichert ſeyn moͤgen / ſo habe ich Marcus Livius vor Mævii, als meines Schwagers Wohl - verhalten mich biß auf drey tauſend Reichsthaler / (mit meinen geraͤtheſten Haab und Guͤtern zu haff - ten) buͤrglich eingelaſſen / und dannenhero zugleich / nebenſt denen reſpectivè Contrahentibus dieſen in Triplo abgefaßten Contract, und zwar das Exemplar, welches obgedachte Herren Con[ſo]rten in Haͤnden behalten / mit unterſchrieben / ſo geſche - hen / Genua / den 12. Julii / Anno 1715.

D 2Aus52Caput II.

AUs dieſem Formular ſiehet man / wie gar vielfaͤltig und mancherley die Conditio - nes ſeyn / welche ſolchen Dienſt-Contracten pfle - gen einverleibet zu werden / wir wollen deren die vornehmſten hier kuͤrtzlich wiederhohlen.

  • 1.) Werden die beyde Contrahentes, als (1) Principales, (2) die Dieners genennet / zu welchen hernach die Intervenientes, oder zwiſchen Perſo - nen kommen / welche (1) ſeynd die Buͤrgen / (2) das Commercien-Collegien / oder Kauffmanns-Jn - nungen / Stadt-Gerichten / Notarii, (3) Gezeu - gen / und die / an welche etwann im Fall der Con - travention eine verſchriebene Geld-Straffe ſoll be - zahlet werden.
  • 2.) Datum des Tages und Jahrs / wann der Contract gemacht worden.
  • 3.) Wo er iſt gemacht worden.
  • 4.) Auf wie viel Jahr ſolcher beſtehen ſoll.
  • 5.) Was nach ſolchen der Handels-Diener thun / und was er hingegen wieder laſſen ſoll / wel - ches beydes dann nach den General Geboten und Verboten / auch in beſondern Specialioribus be - ſtehet; als / daß er in ſpecie uͤber das / was ſonſt generaliter denen Kauffmanns-Dienern zu thun oder zu laſſen eingebunden wird / auch noch dieſes oder jenes ins beſonders thun oder laſſen ſoll / wel - ches dann ein jeder Hauß-Vater und Handels - mann am beſten wiſſen wird / wie er es ſeiner Hauß - haltung und Handlung am convenableſten / und mit des Dieners ſeinem Humeur. Condition, Con - duite und Perſon am uͤbereinkommlichſten zu ſeyn / erachtet.
6.) Wird53Von allerhand Kauffmanns-Contracten.
  • 6.) Wird des Salarii, oder desjenigen Emo - lumenti, welches der Diener ſo wohl an Geld / als andern Douçeurs vor ſeine Dienſte zu genieſſen hat / gedacht.
  • 7.) Werden offtmahls Conditiones angehan - gen / was gegen oder nach Endigung der Dienſt - Jahr der Handels-Patron gethan zu haben ver - langet; jenes beſtehet / daß der Diener / wann er nicht laͤnger dienen will / oder auch der Herr den - ſelben nach Endigung der Dienſt-Jahre nicht laͤn - ger behalten wolte / einer dem andern ein halb oder Viertel Jahr zuvor gebuͤhrend aufſagen und loß - kuͤndigen ſoll; was dieſes / nehmlich die Facienda, nach vollbrachten Dienſt-Jahren betrifft / werden ſolche / in ſo weit ſie den Diener angehen / zimlich aus obigen Formular, des Handels-Patroni ſeine aber aus andern zu erſehen ſeyn / als daß er nehm - lich demſelben ſeinen ehrlichen Abſchied / item eine Recompens an Geld / oder Ehren-Kleid / Recom - mendation, fernere Huͤlff und Befoͤrderung ver - ſpricht.

Was ſo wohl an Eſſentialibus als Formali - bus noch hinterſtellig ſeyn moͤchte / ſolches wird aus vorgeſetzten und noch nachfolgenden For - mularien zur Genuͤge zu erſe - hen ſeyn.

D 3Con -54Caput II.

Contract, welchen die Vormuͤnder vor ihre Pupillen / die etwann eine anſehnli - che Handlung ererbet / mit einem verſtaͤndigen Han - dels-Diener / um ſolche als Complimentarius oder Gevollmaͤchtiger zu dirigiren / aufrichten.

WJr Endsbenannte urkunden und bekennen hier - mit / nachdem des ſeeligen Herrn Titii an - ſehnliche Handlung ſeinen gleichfalls ſeeligen Bru - der Soͤhnen / Johann Michael, und Caſpar Friedrich Titiis, als unſern Pupillen angeerbet / und per Beati Defuncti Teſtamentum vermachet worden; Dannenhero uns / als dieſer beyden minder - jaͤhrigen Knaben conſtituirten Vormuͤndern al - lerdings gebuͤhren will / dahin zu ſehen / damit dieſe wohl établirte und bluͤhende Handlung in ihrem Flohr ferner hin erhalten / und deroſelben eine ſol - che Perſon vorgeſetzet werden moͤge / welche nicht allein von guter Handels-Experienz, ſondern auch von einer ſolchen tugendhafften und loͤblichen Con - duite ſey / daß man ſich nichts anders / als alles Gu - tes zu deroſelben zu verſehen habe.

Daß wir hierzu als ein capables Subjectum den Herrn Prudentium vor andern auserſehen / und desfalls mit ihm uͤber folgende Conditiones einig worden / nehmlich:

Es nimmt gedachter Herr Prudentius die gan - tze Direction des ſeeligen Titii verlaſſenen anſehn - lichen Handlung / alſo und dergeſtalt uͤber ſich / daß er dieſelbe in Nahmen unſere reſpectivè Pupillen / als Titiiſchen Erben / fortſuͤhret / und moͤglichſtemFleiß55Von allerhand Kauffmanns-Contracten. Fleiß dahin trachtet / damit ſolcher Handlung ihre gute Renommée und Kundſchafft moͤge beybehal - ten / auch von Tag zu Tag vermehret / die benoͤthig - te Correſpondenz ordentlich und accurat conti - nuiret / die darinn Bediente zur Leiſtung ihrer Pflicht und Schuldigkeit fleißig angehalten / der Einkauff benoͤthigter Waaren an rechter Ort und Stelle / wie auch zu rechter Zeit / und von den be - ſten Leuten beſorget / und ſolcher Geſtalt auch die Speditiones und Commiſſiones wohl in acht ge - nommen werden.

Nicht weniger verpflichtet er ſich auch / die Handels-Scripturen / und ſonderlich die Haupt - Handels-Buͤcher dergeſtalt eigenhaͤndig zu fuͤhren / damit unſern Pupillen / als Handels-Principalen / oder vielmehr Uns / als ihren reſpectivè Vormuͤn - dern / monatlich ein richtiger Special-Bilanz, jaͤhr - lich aber bey Schluß des Jahrs / eine General - Schluß-Bilantz / (aus welchem das gantze Handels - Directorium) und was des Jahrs uͤber gewon - nen worden / zu erſehen ſey / koͤnne geliefert wer - den.

Wobey er ferner auch auf die ihme uͤberliefer - te baare Gelder und Waaren / die ſo wohl hier ge - genwaͤrtig / als unter auslaͤndiſchen Factoren lie - gen / dergeſtalt acht zu geben hat / daß alles wohl adminiſtriret / aller Schaden und Unheil verhuͤtet / keine boͤſe Schulden gemachet / noch etwann Wech - ſel-Gelder oder Waaren an ſolche Perſonen ver - trauet werden / welche nicht ſolvendo ſeyn / oder doch dem Nahmen haben daß ſie vor boͤſe Bezah - lers paſſiren / und nicht ſicher mit ihnen zu handlen ſey.

D 4Jn56Caput II.

Jm unverhofften Fall aber / daß der Handlung einiger Schaden durch Verderb der Waaren / Waſſer - oder Feuers-Noth / oder auch durch boͤſe Leute zuſtieſſe / ſoll er doch vor allen jedesmahl dar - uͤber ſeyn / daß dergleichen von ſeinem Verſehen oder Schuld nicht herruͤhre / ſondern wann er da - bey gethan / was ein ehrlicher Hauß-Vater und Handels-Patron, deſſen die Handlung eigen iſt / in dergleichen Fall haͤtte thun koͤnnen / ſo ſoll er zwar von fernerer Verantwortung frey und entſchlagen ſeyn / jedoch aber hierauf / was zu Erſetzung des ge - littenen Schadens dienen kan / an ſeinem Fleiß nicht ermangeln laſſen / wie er ſich dann auch die ausſte - hende Schulden / entweder guͤtlich oder gerichtlich einzutreiben / aͤuſſerſt bemuͤhen ſoll / damit ſelbige durch die Laͤnge der Zeit nicht verſchlimmert / oder endlich gar unzahlbar / und boͤſe werden moͤgen.

Da auch die uͤbrige Handels-Bediente ihme in Handels-Sachen zu Gebot ſtehen / und was er darinn befehlen wird / gebuͤhrenden Gehorſam lei - ſten muͤſſen / als wird er von ſelbſten dahin ſehen / daß ſolche Bediente nicht allein eines Chriſtlichen Lebens und Wandels ſich befleißigen / denen Han - dels-Verrichtungen fleißig obliegen / ſondern auch unter ſeiner Direction, die in der Handlung die - nende Jungens in denen Wiſſenſchafften / welche zur Handlung gehoͤren / dergeſtalt profitiren moͤ - gen / daß heut oder morgen ſolches ihme ſelbſt / wie auch der Handlung zum Ruhm gedeyen moͤge / daß junge Leute was rechtſchaffenes unter ſeiner Anfuͤhrung darinn gelernet haben.

Was gar wichtige Partheyen von Contractenund57Von allerhand Kauffmanns-Contracten. und Wechſeln / oder andern zu Kauffmannſchafft gehoͤrigen Actionibus betrifft / welche ſich uͤber ein tauſend oder mehr Reichs-Thaler betragen / ſolche ſoll er anders nicht (wie er dann auch ſelber vorge - ſchlagen und verlanget) als mit unſern Vorwiſſen / und unſere Genehmhaltung erſtlich daruͤber einzuho - len / ſchlieſſen / anderer Geſtalt aber dieſelbe keines - wegs guͤltig / ſondern vor ſeine Rechnung ſeyn / im Fall ſelbige etwan ungluͤcklich ausſchlagen ſollten. Wie er nun dieſes alls ſteiff und veſt zu halten / ver - moͤg ſeines eydlichen Reverſes ſich anheiſchig ge - macht / und zugleich in dieſer ſeiner Function des Complimentariats, von dato an zu verbleiben / ſich verſchrieben.

Als haben wir conſtituirte Vormuͤnder / ihme wohlbedaͤchtlich / und in Anſehung dieſer ſeiner wichtigen Function, und der darinnen ihme obliegen - de importanten Verrichtungen zu einem jaͤhrlichen Gehalt oder Salario, und zwar die erſten drey Jahr / jedes Jahr drey hundert Reichs-Thaler / die letzte - ren drey Jahr aber / jedes Jahr vier hundert Reichs - Thaler Quartaliter pro rata aus der Caſſa zu nehmen / und vor ſich abzuſchreiben / ihme hiermit accordiret / und zugeſtanden / auch noch ferner promittiret / und Krafft dieſes uns dahin verpflich - tet / daß im Fall in waͤhrenden ſechs Jahren die Handlung durch goͤttlichen Seegen / und unter ſeiner Direction Fleiß und Sorgfalt / mercklich zuneh - men / er auch unſere beyde Pupillen / als ob beſag - te Johann Michaël, und Caſpar Friedrich Titius dergeſtalt in Handels-Wiſſenſchafften unterrichten wuͤrde / daß ſie hernach ihre eigene Handlung ſelbſtD 5zu58Caput II. zu unternehmen capables waͤren / daß wir ihm als - dann vor ſolche getreue Information noch zwey hun - dert Reichs-Thaler pro Diſcretione zugeben wol - len / zugeſaget und eingewilliget haben / urkundlich iſt dieſer Contract in Duplo ausgefertiget / und von beyderſeits Contrahenten unterſchrieben / auch mit unſern Petſchafften bekraͤfftiget worden / ſo ge - ſchehen im Jahr Chriſti 1715. den 1. May in Ve - nedig.

(L. S.) N. N. des Vormunds. (L. S.) N. N. des andern Vormunds.

Der neu-ankommende Complimenta - rius aber reverſirt ſich hierauf folgender Geſtalt.

D ich obenſtehenden Contracts, (welcher mir in allen Puncten / (nachdem er mit meinem Gewiſſen und wohlbedachten Willen aufgeſetzet /) deutlich und vernehmlich vorgeleſen / und nochmal von mir acceptiret und genehm gehalten worden) ſeinem Jnhalt / getreulich nachkommen / und ſo viel mir GOtt Kraͤffte und Verſtand verleyhen wird / denſelben treulich halten / auch bey der mir anvertrau - ten Titiiſchen Handlung / als einem redlichen Com - plimentario und Gevollmaͤchtigten gebuͤhret / handlen wolle / ſolches reverſire ich mich bey dem Wort der ewigen Warheit / und Verpfaͤn - dung meiner Haab und Guͤter / beweglichen und unbeweglichen / jetzt habenden und kuͤnfftig kommen -den /59Von allerhand Kauffmanns-Contracten. den / keine ausgenommen / wie ſie Namen haben moͤgen / urkundlich meiner eigenhaͤndigen Unter - ſchrifft / welche ich in Gegenwarꝛ hier unten benahm - ter Zeugen / als Hrn. N. N. und Hrn. N. N. als beyder hier geſeſſener vornehmer Kauffleute / præſtiret. Venedig den 1. May. 1715.

(L. S.) N. N. des Complimentarii. (L. S.) N. N. der Zeugen. N. N.

Ein anders Kauffmanns-Compli - plimentariat, welches nicht allein einem / ei - ner Handlung Vorgeſetzten / oder in derſelben ſte - henden Handels-Diener / ſondern auch einem Advo - cato, die Ptoceſſe der Handlung zu reſpiciren / zur Vollmacht dienen kan / und woraus erſt recht / was ein Complimentarius bedeutet / zu erſehen ſeyn wird / iſt folgendes.

KUnd und zu wiſſen ſey hiemit maͤnniglichen / dem - nach wir N. N. und N. N. Handels-Con - ſorten / an unterſchiedlichen Orten / inſonderheit in Leipzig / Naumburg / Augſpurg / Luͤbeck / Ham - burg / Amſterdam / Nuͤrnberg / Dantzig / Lyon, Franckfurt / Coͤlln / Paris / St. Gallen / Braun - ſchweig / Breßlau / Botzen / Genua / Bologne und dergleichen Handels-Plaͤtzen / wie auch zu Dreßden / Prag / Wien / und ſonſten hin - und wieder in Kay - ſerlichen / Polniſchen / Frantzoͤſiſchen / Engliſchen / Daͤniſchen und andern Koͤnigreichen / Chur - und Fuͤrſten / Biſchoffs - und Hertzogthuͤmern / Graf -und60Caput II. und Herꝛſchafften / Republiquen, Reichs-Staͤd - ten und ſonſten geiſtlichen und weltlichen Orten und Gerichten / Mercantil-Magiſtrat oder Kauff - manns-Judicatur, mit Wechſeln Ausleyhen / Ein - und Verkauffen derer Waaren / Eintreibung derer Schulden und andern Dingen mehr / unterſchied - liche Proceſſus zu fuͤhren / allerhand Negotia acti - und paſſivè, in - und auſſerhalb denen Jahr - Meſſen zu tractiren / Rechnung und Gegen-Rech - nung zu halten / Contractus zu celebriren / ſel - bige zu caſſiren / und andere Dinge vor uns / und wegen unſerer geſammten Handlung zu adminiſtri - ren und zu verrichten / uͤber diß unterſchiedene Actiones Handlungs wegen / wie auch in puncto injuriarum Rei Vindicationis, depoſiti, und dergleichen andere benannte und unbenannte / anzu - ſtellen und zu gewarten haben: Als wollen wir ſamt und ſonders / auch jeder fuͤr alle / und alle fuͤr einen / in ſolidum, & in totum, vor uns / unſere Erben / Erbnehmen und Nachkommen / und zwar mit Be - gebung der Excuſſion, Diviſion, (daß nicht jeder unter uns beſonders ausgeklaget / oder einige Thei - lung angeſtellet werden muͤſſe) auch andern bemeld - ten und unbemeldten Rechts-Befugniſſen / vor allen und jeden obbemeldten und andern Paͤbſtlichen / Kayſerlichen / Koͤniglichen / Chur - und Fuͤrſtlichen / Marg - und Graͤflichen / Herꝛlichen / Adelichen / Ober - und Hof-Gerichten / Haupt - und Amptleuten / Commiſſionen, Academien, Amt-Schoͤſſern / Gerichts-Verwaltern / Buͤrgermeiſtern / Land - Stadt - und andern Geiſt - und Weltlichen-Ober - und Unter-Gerichten / Jnnungs - und Handwercks -Zu -61Von allerhand Kauffmanns-Contracten. Zuſammenkuͤnfften / deroſelben Deputatis, wie die Namen haben moͤgen / und wo ſolche ſeyn / unſern Complimentarium und Handels-Bedienten / den Erbarn N. N. oder den Wohlgelahrten Herꝛn N. N. Advocaten / wenn er aber nicht zugegen / oder dieſe Verrichtung weigert / oder auch nicht widerſpreche / zugleich N. N. und N. N. zu unſern unzweifflichen gewiſſen Anwaltern / Sach-Verwal - tern / Verſorgern / Gewalt - und Befehlhabern / Worthaltern / Namen-Traͤgern / Abgeſchickten Agenten / Inſtitoribus Negociorum, Geſtori - bus, Gubernatoribus, Commiſſariis, Procu - ratoribus, Factoribus und Complimentariis, Generalibus & Specialibus, zugegen und abwe - ſend / zugleich und jeden inſonderheit / alſo in ſoli - dum zu allen und jeden / in - und auſſerhalb Gerichts - vorfallenden Handlungs-Rechts und andern Sa - chen (wir vertretten gleich Klaͤgers oder Beklagtens Stelle) zu gut und recht / activè und paſſivè, und zwar mit ausdruͤcklichem Vorbehalt / dieſe ertheilte Vollmacht nach eigenem Gefallen jederzeit zu wider - ruffen und zu aͤndern / cum Clauſula, rati, grati, hæredum ſivè pro hæredibus, & ſucceſſoribus unum pluresque toties ſubſtituendi, revocan - di & hos iterum caſſandi alios de novo ſubſti - tuendi, poteſtatemque recipiendi, nec non cum libera ac aliis neceſſariis, ſalutaribus & apponi conſuetis, ut & ſub hypotheca bonorum, jetzo alsdann / und dann als jetzo benennet / geordnet und ausdruͤcklich conſtituiret / ihnen ſamt und ſonders / auch generalem, & ſpecialem, plenam, liberam & abſolutam poteſtatem gegeben und zugeeignetha -62Caput II. haben / daß ſie die principaliter Conſtituti oder Subſtituti, Neben - und Affter-Anwaͤlde (in maſſen denen Subſtitutis noch andere ferner zu ſubſtitui - ren / ebenfalls hiemit Macht gegeben wird /) in al - len unſern Affairen / jederzeit an unſerer Stelle / auch nach unſern Abſterben / in unſerer Erben / Erbneh - men und Nachkommen Namen / aller Orten der Welt / ohne Reaſſumtion des Proceſſus in Per - ſon erſcheinen / mit hohen und niedrigen Perſonen / Collegiis, Capitulis, Communen Univerſi - taͤten / Jnnungen und dergleichen / als wann wir ſelbſt zugegen waͤren / unſere Nothdurfft zu gute und Recht beobachten / Abends / Morgens und je - derzeit muͤndlich oder ſchrifftlich vorbringen / litigiren / placidiren / Tractaten und Handlungen pflegen ſchlieſſen / tranſigiren / accordiren / Acta durchle - ſen / extrahiren / actiones ad intrandum in ſe - mitam, ad petendum in ſolidum, ad faciendum capi, ad exigendum, ad faciendum ſumi ratio - nes, ad ex & accuſandum, petendam aboli - tionem, locandum, conducendum, vendendum, emendum, donandum, nominandum in judi - cio, acceptandum jura, cedendum, petendum compromiſſum, tranſigendum recipiendum mu - tuo, revidendum, recalculandum rationes, cam - biandum, petendum beneficium reſtitutionis in integrum, recognoſcendum ſcripta, petendum inſtrumenta, fide jubendum, reſignandum bene - ficiis, impetrandum licentiam, repræſentan - dum & petendum tutores, recipiendum depo - ſitum, conſentiendum cuique negotio, finien - dum & ad alia quæcunpue facienda & omitten -da,63Von allerhand Kauffmanns-Contracten. da, auch auf die Ehehaffts-Klagen / und ex l. Dif - famari ſivè ex lege contendat, provocationem ſive interpellationem anſtellen / daß in Sum - mariis ſummariter, & in ordinariis ordinarie nach Gelegenheit der Sachen procedirt werde / beobachten / auf alle Art agiren / excipiren / re, du, tri, quadrupliciren / was durch einen der Gewalt - haber angefangen / vor und nach der Litis conteſta - tion fortſetzen / mitteln und zu Ende bringen / was allbereit paſſirt ratihabiren und vortragen / gutli - che Handlungen pflegen / Rechnung und Gegen - Rechnung halten; Belege examiniren / defecti - ren / annehmen / calculum ziehen / Saldo oder Li - quidum conſtituiren / remittiren / paciſciren / ſtipuliren / compromittiren / unſern Namen oder auch in unſern Namen ſubſcribiren / Geld auf oder in Empfang auf Wechſel oder gegen Hand-Schrifft / Waaren um baar Geld / oder auf Zeit oder Con - dition einkauffen / wieder verkauffen / wieder zu - ruͤck nehmen / aſſecuriren / Zahlung leiſten / Billet, Obligationes, Pfand / Verſchreibung / Auszuge / Wechſel oder Umſchlags-Briefe zum Obſtagio und andere Schrifften / in und mit unſern Namen un - terſchreiben / ſchlieſſen / zeichnen / acceptiren / aus - ſtellen / auf andere indoſſiren / cediren / ſcontriren / Journal-Correſpondentz / die Copier, Memorial, Giro-Haupt - und andere Handels-Buͤcher / un - ſertwegen machen und halten / Einnahm und Aus - gab verrichten / richtig ab - und zuſchreiben / Inſti〈…〉〈…〉 o - res ordnen / Proxenetas, Maͤckler oder Unterhaͤnd - ler gebrauchen / Schulden und Gegen-Schulden notiren / Delegationes machen / Handels-Zeichenſtechen64Caput II. ſtechen laſſen / auf unſere Waaren druͤcken und ge - brauchen / Geld in Banco geben oder nehmen / à Conto ab - und zuſchreiben laſſen / Schulden ver - kuͤmmern / beſprechen und einheben / guͤtlich und ge - richtlich Geld exigiren / in Empfang nehmen / qui - tiren / Verzicht leiſten / Debita, Bona Im-& Mobi - lia an Zahlungs-Statt cediren und aſſigniren laſ - ſen / oder andern uͤbergeben / Confirmationes ſu - chen / und hierunter allenthalben cautè und behut - ſam handeln und negotiiren / auch wo moͤglich / absque apicibus juris die Sachen abthun / die Poſſeß nehmen und erhalten / Klage ſelbſt / oder von den ordinariis & extraneis Advocatis unterſchrei - ben laſſen / die Articulos Proceſſus gebuͤhrend beobachten / in erſter / anderer und dritter Inſtantz / auf alle und jede Gerichts-Tage oder Diæten er - ſcheinen / allerhand Anordnungen / Inhibitiones, Monitoria, Præcepta und Citationes auswuͤr - cken / dieſelbe inſinuiren laſſen / wiederum caſſiren / aufheben und annehmen / einen gewiſſen / ſelbigen Orts (an dem vor uns und an ſtatt uns ſelbſten die Jurisdiction geſchehen moͤge) verordnen / in Cau - tiones odeꝛ Vorſtand wegen der Wieder-Klage und Reconvention ſich einlaſſen / Proceß auswuͤrcken / reaſſumiren / ſie pro reaſſumto halten / Ungehorſa - mes beſchuldigen / ſolche ablehnen / Exceptiones, Præ - ſcriptiones Fori, Libelli non ritè formati, doli mali, primæ inſtantiæ, litis pendentiæ & præventiones Competentiæ, reſtitutionis in integrum, Legitimationes in habilitatis, Cita - tionis, Compoſitionis amicabilis, & obreptio - nis, remediorum ſuſpenſivorum, nimis anguſtiTer -65Von allerhand Kauffmanns-Contracten. Termini, Feriarum, Loci non tuti, Delibera - tionis, Satisdationis, & Guarandæ, Tracta - tus ad tranſigendum, Libelli alternative for - mati, plus petitionis, Spolii, Erroris, calculi, nunciationis, ſolutionis, in validi inſtrumenti, non redditarum Rationum, cedendarum actio - num, Excuſſionis, Ceſſionis bonorum, Mora - torii, Tu venis contra factum tuum, uſurariæ pravitatis non numeratæ pecuniæ, dationis in ſolutum, Executionis impediendæ, nullitatis, litis conteſtationis articulorum novorum, & alias quaslibet tam dilatorias quam perempto - rias ac litis ingreſſum impedientes, vorſchuͤtzen / darthun und ausfuͤhren / die ihnen entgegen geſetzte ablehnen / deutliche und klare Antwort geben / Li - tem denunciiren / auf Litis conteſtationes ſich einlaſſen / Litem affirmativè vel negativè conte - ſtiren oder foͤrder reſpondiren / Articulos und In - terrogatoria generalia & ſpecialia, auch additio - nalia fetꝛigen / wider die Unzulaͤſſig-Schlieſſende / und Unfoͤrmliche excipiren / juramenta quælibet pro qualitate cauſæ, wie nachgehends ſpecificiret / und ſich ſonſt ereugnet / Generalia & Specialia deferi - ren / referiren / remittiren / relaxiren / retrahi - ren / ad jurandum offeriren / zu dero Leiſtung Tag - fahrt auswuͤrcken / Gegentheil ad videndum & audiendum jurari vorladen laſſen / die Terminen fleiſſig beobachten / Prolongationes ſuchen / inglei - chen juramenta credulitatis, diffeſſionis, fideli - tatis, minorennitionis, ſivè diminutionis, pau - pertatis, veritatis, calumniæ, malitiæ, dando - rum reſpondendorum, in Litem affectionis,Eæſti -66Caput II. æſtimationis, purgationis, perhorreſcentiæ, probationis in ſupplementum, manifeſtationis quoad expenſas, damnum, Intereſſe, proro - gationes, litis decidendæ, cautionis cujuslibet deciſorum, und alle andere ziemliche in Rechten nach gelaſſenen Eyde / benannte und unbenannte / in unſern und unſerer Erben und Nachkommen Na - men und Seelen ablegen / erſtatten / ſchwoͤhren / daß / wie ſie ſchwoͤhren moͤgen / verordnen / vom Ge - gentheil abfordern / wie ſolche geleiſtet werden / anhoͤ - ren / das Gewiſſen mit Beweiß / durch Urkunden / Zeugen oder anderer Art vertretten / Documen - ta ediren / oder ediren laſſen / ſelbige diffitiren / ad diffitendum aut recognoſcendum produci - ren / quoad manum, Sigillum & contenta re - cognoſciren / oder auch per teſtes recognoſciren laſſen / abſchwoͤhren / mit andern Urkunden con - feriren / allerhand Demonſtrationes und Proba - tiones, Reprobationes, auch ad perpetuam rei memoriam fuͤhren / zeugen / ſo offt es noͤthig ange - ben / gegenwaͤrtig und abweſend produciren / ver - meiden / abhoͤren oder fallen laſſen / die erſte / andere / dritte / vierdte und mehr Verlaͤngerungs-Friſten und Prolongationes, zum Beweiß und Gegen - Beweiß Gewiſſens-Vertrettung / mit und auf / oder auch ohne cauſæ cognitione ſuchen / und auswuͤr - cken / wider Zeugen / Perſon und Ausſage / auch Documenta probatoria & quælibet alia judicia - lia & extrajudicialia excipiren / allen Privile - giis & Beneficiis, Leuterationi, Appellationi, cautioni præſtitæ, foro, proceſſui, probationi und andern / wozu eine Caution oder Special -Man -67Von allerhand Kauffmanns-Contracten. Mandat erſordert wird / renunciiren / und ſich be - geben / biß zum Abſchied oder Urtheil / oder ander Deciſum verfahren / mit und ohne Reſervation beſchlieſſen / compromittiren / die Haupt Sum - ma / Zins-Intreſſe, Schaden-Unkoſten / liquidi - ren / mit denen uͤbrigen Creditoren und Intreſſen - ten ſuper prioritate & debitis verfahren / Ar - reſta, Re & perſonalia anlegen / ſelbige renoviren / proſequiren / caſſiren / Kummer-Klage uͤberrei - chen / auf die Ubergebene ſich einlaſſen / antworten / dargegen in Materialibus & Formalibus excipi - ren / die Debitores und andere Intereſſentes in Gefaͤngniß bringen / ſelbige und ihr Vermoͤgen Rich - terlich anhalten / verpflegen / Salvum Conductum und Anſtands-Briefe austheilen und auswuͤrcken / jus talionis & Repreſſalia gebrauchen / und bey der Obrigkeit ſuchen / uͤber obige noch andere Cau - tiones rati, grati, indemnitatis, de lite proſe - quenda, de judicio ſiſti, judicatum ſolvi, de non amplius turbando, de non offendendo etiam propter quemlibet legitimationis defe - ctum, uſufructuarium, fideicommiſſarium & alias quaslibet, mit Einſetzung / und bey Ver - pfaͤndung unſers geſamten und beſondern Vermoͤ - gen / gerichtlich beſtellen / præſtiren laſſen / wieder aufheben / contumaciren oder in contumaciam procediren / dieſelbige purgiren / zu Belernungs - Bey - und Haupt-Urtheil beſchlieſſen / deren Acten Inrotulation und Eroͤffnung beywohnen / Abſchied und Urtheil reſcripta & deciſa anhoͤren / pro ju - dicato ante decendium erkennen / und als Rechts - kraͤfftig annehmen / proteſtationes, reviſiones,E 2appel -68Caput II. Appellationes, Leuterationes, Supplicationes, provocationes & quælibet remedia ſuſpenſiva & devolutiva, ſo wohl vom Abſchied als Urtheil / Citationen, Auflagen / Reſcripten und andern Anordnungen / auch von der angeſetzten Execution und andern Huͤlffs-Actibus an einem und mehr Richtern / Oberſt - und Unterſt / in - und auſſerhalb Gerichts / auch coram Notario & teſtibus und ſonſt einwenden / proſequiren / juſtificiren / revi - ſiones ſuchen / wie auch dem gantzen Proceſſui, oder einem Theil deſſelben im Anfang / Mittel und Ende renunciiren / caſſiren / apoſtolos reverentiales & refutatorios auswuͤrcken / abloͤſen / introduciren / Acta abfordern / einlieffern / expenſas, damna, uſuras, & aliud intereſſe deſigniren / taxiren laſſen / executiones, immiſſiones, ſequeſtrationes, taxationes, licitationes, & poſſeſſiones, adju - dicationes, reſtitutiones in integrum, recon - ventiones, und dergleichen ſuchen / annehmen / verrichten / Tagdingen / und alle Huͤlffs-Actus voll - ſtrecken laſſen / uns alle Wege und in allen Sachen defendiren / um Execution der Urtheile anhalten / oder da dergleichen angeordnet wuͤrden / rechtliche Exceptiones dawider gebrauchen / ſelbige proſe - quiren / darinnen ebenwohl zum Beſchluß verfah - ren / und ſonſt alles / was vermoͤge der Rechte pro Stylo & obſervantia cujusque judicii, nec non pro qualitate cauſæ & negotii mehrere Vollmacht beduͤrfftig waͤre und erfordert wird / Krafft diß / als waͤre es deutlich hierinnen benennet / oder als wann wir ſelbſten zugegen waͤren / geſtalten Sachen nach / und wie das gebuͤhret / thun und laſſen moͤgen / wiewir69Von allerhand Kauffmanns-Contracten. wir dann alle und jede / unſere Con & Subſtitutos, Haupt-Neben - und Affter-Anwaͤlde / allenthalben Noth - und Schad-loß halten und was ſie gethan / als wenn wir ſelbſt zugegen es verrichtet haͤtten / anneh - men / keines weges de jure, noch de facto darwi - der handeln / ſollen / und wollen / auch dafuͤr / und vor auflauffende Damna, ingleichen Urtheils-Ge - richts-Advocaten / Anwaldsſchaffts-Reiſe-Zeh - rungs-Copial - und andere Gebuͤhren / ſo ſich bey dem Proceß auch Caſu fortuito ac improviſo ereignen / unſer jetziges und kuͤnfftiges Vermoͤgen cum pacto executivo, nec non cum clauſula conſtituti poſſeſſorii & cum renunciatione Ex - cuſſionis & Diviſionis eingeſetzet und ſolche zu ent - richten / Krafft dieſes unſers Wechſel-Briefs uns verpflichtet haben wollen / & ſic omnibus meliori - bus modo, via, jure, cauſa, forma, quibus melius & efficacius fieri potuit ac debuit guͤltig ſeyn. Urkundlich haben wir Handels-Litis-Conſorten ſolche Gewalt / Vollmacht und Complimentariat, nachdem ſie uns von Wort zu Wort vor / auch von uns ſelbſt geleſen worden / aus guten und gerechten Wiſſen / mit Dinten und Federn cum clauſula & reſervata poteſtate revocandi & caſſandi durch unſern gewoͤhnlichen Petſchafften und eigen - nen Haͤnden freywillig / wiſſentlich und ungezwun - gen bekraͤfftiget / auch um mehrer Nachricht und Sicherheit willen / die zugleich hierzu erbettene Zeu - gen mit unterſchreiben laſſen / worbey uns nachdruͤck - lich vorbehalten / daß wir zu Zeiten in ein und andern Sachen / nebſt unſern Gevollmaͤchtigten und Complimentario, oder auch ohne dieſelbigen erſchei -E 3nen /70Caput II. nen / und unſere Nothdurfft vor uns allein / oder durch andere zugleich beobachten wollen / jedoch da - durch unſern Gevollmaͤchtigten ertheilte Gewalt kraͤfftig bleiben / und unſer Mandat weder tacite, noch expreſſe aufgehoben ſeyn ſoll. Alles getreu - lich / ſonder Gefaͤhrde und arge Liſt / auch allen Aus - zug. Geben zu Leipzig den 30. Sept. An. 1715.

(L.S.) N. N. (L.S.) N.N. als erbette - ner Zeuge. (L.S.) N. N. teſtis ro - gatus. (L.S.) N. N. (L.S.) ut teſtis requiſi - tus. (L.S.) N.N. als erſuchter Zeuge.

Contract mit einem Handels-Diener / deme zugleich nebſt dem Salario in gewiſſen Waaren freye Handlung zugelaſſen wird.

KUnd und zu wiſſen ſey hiemit / daß heute zwiſchen mir Aurelia Kauff-Frau allhier in Luͤbeck / und dem Erbaren und diſcreten / Johann Titio, folgen - der Contract aufgerichtet und geſchloſſen worden: nehmlich es verſpricht ſich gedachter Titius auf ſechs Jahr lang (von dato anzuſangen) meiner Hand - lung als Buchhalter dergeſtalt vorzuſtehen / daß er nebenſt der Richtigkeit / der benoͤthigten / und taͤg - lich vorfallenden Handels-Scripturen und Corre - ſpondentz / auch dirigendo alle meine uͤbrige Han - dels-Geſchaͤfften und Angelegenheiten / in - und auſ - ſerhalb Hauſes / in Ein und Verkauff der Waa -ren71Von allerhand Kauffmanns-Contracten. ren contrahiren / Wechſel-ſchlieſſen / Bedienung / einlauffender Commiſſionen / und was etwan ſon - ſten bey Handlungen und auf Schreib-Stuben mehr vorfallen moͤchte / ſo getreulich wahrnehmen will / als wann es ihm ſelbſt oder ſein eigen Handels - Intereſſe betraͤffe / oder auch ein Principal der ſol - ches dirigirte zugegen waͤre; zu welchem Ende / er ſich auch ſonderlich anheiſchig gemacht / auf meine andere Handels-Bediente / und deroſelben Thun und Laſſen ein wachendes Aug zu haben / ſie zu allem Gu - ten anzufuͤhren / und nichts geſchehen zu laſſen / was zu meiner Handlung Schaden directè oder indirectè gereichen koͤnte; ſonderlich verſpricht er auch dahin bemuͤhet zu ſeyn / daß die von meinem ſeeligen Mann durch lang-jaͤhrige Praxin und Bemuͤhung wohl étabilirte Kundſchafft moͤge beybehalten / und auch durch fleiſſige Correſpondentz und reale Bedie - nung / je laͤnger je mehr vermehret werden.

Nicht weniger will er auch meine Meſſings - Fabric in gutem Stand zu erhalten / mit denen Ar - beitern woͤchentlich richtige Abrechnung zu halten / und auf all ihr Thun und Laſſen ein wachendes Aug zu haben / ſich angelegen ſeyn laſſen / und im uͤbrigen alles dasjenige thun / was von einem getreuen und bevollmaͤchtigten Handels-Diener kan erfordert werden.

Dahingegen verſpreche ich ihm jaͤhrlich pro Sa - lario zwey hundert und funffzig Reichsthaler / nebſt freyen Tiſch / Cammer / Holtz / Licht und Waͤſche zu geben / auch uͤber das / ihme noch zu zu - ſtehen / daß er ſeinen bißhero auf Franckreich getrie - benen Wein-Handel / (weil ſolches meiner Hand -E 4lung72Caput II. lung nicht præjudicirlich ſeyn kan /) ferner hin / jedoch daß in meinen Handels-Geſchaͤfften daruͤber nichts verabſaͤumet werde / fortſetzen moͤge.

Gegen Ablauff obbemeldter ſechs veraccordir - ten Jahre / ſoll auch denjenigen von uns beyden / welcher alsdann / obigen Contract nicht zu ver - neuern Belieben tragen wuͤrde / obliegen / ſolches ein Viertel Jahr vorher dem andern aufzukuͤndigen / damit ein jeder beyzeiten / was alsdann ferner ſeine Convenientz ſeyn moͤchte / beſorgen koͤnne; Urkund - lich iſt dieſes wohlbedaͤchtlich unter uns beyden alſo abgehandelt / und von jedem Theil unterſchrieben / auch durch Aufdruckung unſerer Petſchafften bekraͤfftiget worden / ſo geſchehen Luͤbeck den 6. Martii Anno 1715.

Anmerckung uͤber obigen Contract.

D offtmals einigen Handels-Dienern vor ihre eigene Rechnung eine kleine Neben-Handlung zu treiben verſtattet / ihnen auch von ihren Handels - Patronis aller Vorſchub / an Geld / Schiffs - und Pack-Raum / darzu gethan werde / ſolches ſehen wir aus der taͤglichen Praxi, bemercken aber da - bey / daß / wann ſolches geſchiehet / es entweder als ein Pars Salarii anzuſehen iſt / da der Handels - Patron ſolche Neben-Handlung (damit ſein Die - ner deſto beſſer auskommen koͤnne) ihme verſtattet / oder es bedinget ſolches der Diener / welcher allbe - reit von langer Zeit her in dergleichen Handlung ge -ſeſſen /73Von allerhand Kauffmanns-Contracten. ſeſſen / ſich ſolches zum Voraus / und wird es alſo Conditio ſine quâ non oder eine ſolche Condi - tion, ohne deren Einraͤumung er ſich nicht in ande - re Dienſte begeben wuͤrde; Ob aber dergleichen Ne - ben-Handlungen der Diener einem Patrono alle - zeit profitables ſeyn / ſolches iſt wieder eine andere Frage / und wird mit Unterſchied dergeſtalt beant - wortet / daß / wann dem Principali, der vor ſich handlende Diener an ſeinen / des Principalis Ge - ſchaͤfften / nichts verabſaͤumet / auch die Handlung / die er treibt / der Handlung des Patroni nicht ent - gegen iſt / ſolche gar wohl koͤnte zugelaſſen werden. Solte aber ein Diener mehr Zeit auf ſeine eigene / als auf des Patrons Handlung wenden / ſelbige auch dieſer / wo nicht directè, doch indirectè zuge - gen ſeyn / ſo iſt es beſſer / man unterlaſſe und ver - meide eine ſolche Confuſion und Vermengung / bey welcher es ſo genau nicht abzugehen pfleget / daß nicht des Patroni ſeine Brief-Port / Unkoſten / oder gar Handels-Caſſa darunter leiden / manches Brief-Port dem Patrono angeſchrieben werden ſolte welches der Diener vor ſeine eigene Handels - Briefe ausgegeben / ſo koͤnte ihme auch / wann er die Handels-Caſſam unter Handen hat / dieſelbe in Verſchuß ſeiner eigenen Handlung wohl zu ſtat - ten kommen / zugeſchweigen / wie die wohl-ſchme - ckenden Profiten einer proper Handlung je laͤnger je mehr anreitzen / weiter um ſich zu greiffen / und nach und nach von des Patrons ſeiner Kundſchafft etwas an ſich zu ziehen / welches dann ſo leer nicht abgehet / zumahl wann dergleichen Bediente / ſie ſeyn gleich Buchhalters / Complimentarii, oderE 5Han -74Caput II. Handels-Diener verheyrathet ſeyn / und zu Hauß ihren kleinen Handel und Ausſchnitt haben / zu wel - chen die groſſe Handlung / in welcher ſie als Be - diente ſtehen / oͤfftermahls nicht ein geringes beytra - gen muß / daß alſo die Perſonen / welchen ſolcher Geſtalt eigene Handlungen bey ihrem dienen zu geſtatten ſey / wohl in acht genommen werden muͤſ - ſen / ehe man auf ſolche Conditiones mit ihnen ſchluͤßig wird.

Contract, mit einem Buchhalter auf - gerichtet.

DEmnach ich Endsbenannter heute den Herrn Antonium N. N. zum Buchhalter in meiner Handlung angenommen / als iſt auch vorhero vor uns beyderſeits wohlbedaͤchtlich folgendes verabre - det und geſchloſſen worden. Nehmlich es ſoll ge - dachter Herr Antonius von dato an ſich der Fuͤh - rung meiner Haupt-Handels-Buͤcher dergeſtalt unterziehen / daß er / nachdem ſie biß hieher nicht in doppelten Poſten / oder auf ſogenannte Jtaliaͤniſche Manier / ſondern nur in einfachen Poſten gefuͤhret worden / er in denen bißher gefuͤhrten Buͤchern al - le Rechnungen von Anfang der Buͤcher her / biß zum End derſelben / fleißig nachſehen / ſolche accurat aufſummiren / das wenigſte von dem meiſten / es ſey gleich in Debet oder Credit abziehe / und die uͤberbleibende Summam eines jeden Conti, unter die Debitores oder Creditores der neu-anzufan - genden Handels-Buͤcher vortrage / damit alsdannein75Von allerhand Kauffmanns-Contracten. ein ſo viel richtiger Bilanz und Inventarium zum Fundament der neuen Buͤcher koͤnne geleget wer - den / wie dann auch forderſambſt das Inventa - rium meiner Waaren / und deren Belauff ihren Einkauffs-Koſten nach / wie auch die in Banco und Caſſa verhandene Summen / ingleichen die Speci - fication, der in auslaͤndiſchen Lagern noch unver - kaufft liegenden Waaren / ferner der Werth einiger meiner Mobiliorum und Immobiliorum (welche ich gleichfalls dem Haupt-Handels-Buͤchern unter gewiſſen Rubriquen inſeriret wiſſen will) ihme ſoll gegeben werden / damit er daraus ein vollſtaͤn - diges Syſtema oder Aufſatz (der zu Anfang des Jtaliaͤniſchen Buchhaltens gebuͤhrenden Formi - rung des Capitals) moͤge machen koͤnnen.

Er ſoll aber bey ſothaner Schlieſſung aller Handels-Rechnungen / in meinen vorigen Buͤchern vornehmlich dahin ſehen / und ſich erkundigen / wie ſolche von Zeiten zu Zeiten / ſonderlich mit meinen Correſpondenten geſchloſſen / und ob jedes mahl bey einem jeden der Saldo recht vorgetragen wor - den / zu welchem Ende er nicht allein ſo viel als Zeit und Gelegenheit leiden will / alle ſolche Rechnun - gen / ſonderlich die jenigen / bey welchen ſich Dubia ereigenen moͤchten / von einigen Jahren her noch durchgehen / auch ob aus dem Journal etwas auf ſolche uͤber zu tragen vergeſſen / oder auch in ein und andern falſch aufſummiret worden / nachſehen ſoll / ſondern er ſoll auch aus denen vorhandenen Briefſchafften und Corrent-Rechnungen ſich erſe - hen / und alsdann mit jeden meiner noch offen ſie - henden Correſpondenten daruͤber correſpondi -ren /76Caput II. ren / denen jenigen bey deren Rechnungen kein Du - bium vorfaͤllt / ſolche ſenden / und daß ſie Conform mit mir den Saldo unſeren zuſammen habenden Rechnungen vortragen moͤgen / ſie erſuchen; Von denen aber an deren Rechnung gezweiffelt / und nicht unbillig gemuthmaſſet wird / daß meiner Seits etwas zu notiren / oder auch in calculiren moͤchte ſeyn verſehen worden / ſoll er ſich lieber Corrent - Rechnungen ſchicken laſſen / und daß ſolches bald geſchehen moͤge / antreiben / als daß er ſolche aus meinen Buͤchern ausziehe / und ihnen zuſchicke / und ſie folglich dasjenige / was ich mir zum Schaden et - wann ausgelaſſen / oder falſch calculirt / vor ſich utiliter annehmen und appliciren moͤchten.

Wann nun dieſes alles geſchehen / ſo ſoll er den formirten Capital - und Vortrags-Bilantz der per - ſoͤnlichen und auch dinglichen oder realen Debito - rum oder Creditorum, in meine hierzu neu-ange - ſchaffte Handels-Buͤcher ſauber und zierlich ein - ſchreiben / das Eingeſchriebene folglich in das Haupt-Buch uͤbertragen / und hierauf alſo monat - lich fortfahren / daß / was gehandelt / contrahirt / eingekaufft / und verkaufft / baar eingenommen und ausgezahlt / in Banco ab - oder zugeſchrieben / an und von andern aſſigniret / mit ihnen rescontrirt / an Wechſeln acceptiret / traſſ - und remittirt / an Waaren vor eigene oder Commiſſions-Rechnung ſpedirt / a Depoſito genommen / oder gegeben / aſ - ſecurirt / ſaldirt / ordonnirt / oder committiret worden / und was etwann ſonſt bey Handlungen der vorfallenden Affairen mehr ſeyn moͤchten / ſol - ches alles insgeſamt / aus denen Strazzen oderClad -77Von allerhand Kauffmanns-Contracten. Cladden / Manualibus, Tag-Kram-Gewoͤlb - Ein - und Verkauff-Caſſa-Banco-Unkoſten-Spe - ditions - und Copir-Buͤchern / Briefen / Rechnun - gen und Facturen / fleißig und mit Sorgfalt aus - gezogen werde. Hierauf ſoll er ſolchen Auszug / Buchhalteriſch - und Jtaliaͤniſchem Stylo nach / erſt - lich auf einige Bogen / oder ſogenanntes Poſten - Formier-Buch entwerffen / und wann ſolches ge - ſchehen / und er alles noch einmahl fleißig nachge - ſehen und unterſuchet / ob nicht in ein und anderer Poſt wider die Reguln des Buchhaltens pecciret worden / ſoll er alsdann ſolches zierlich ins Journal ins reine ſchreiben / aus ſolchen hernach ins Haupt - Buch uͤbertragen / und endlich den Monat-Bilantz / um mir ſolchen zu meiner Nachricht uͤberreichen zu koͤnnen / ziehen; ingleichen ſoll er auch jaͤhrlich den Haupt - und Jahr-Schluß-Bilantz exactè nach ge - machten Waaren Inventario machen / damit ich aus ſolchen / was das Jahres uͤber in der Hand - lung gewonnen oder verlohren worden / eigentlich moͤge zu erſehen haben.

Ferner ſoll er auch monatlich einen Extract von denen vorfallenden Activ - und Paſſiv-Schul - den und Wechſel-Briefen / item von denen einzu - caſſirenden oder zu bezahlenden Intereſſen / Wech - ſeln und Aſſignationibus, von / auf Condition ge - holten Waaren / item auf der Conto pro Diver - ſis, in Debet und Credit noch offen ſtehenden Po - ſten / von Waaren / welche abgegangen und wieder verſchrieben werden muͤſſen / von Sachen / uͤber welche nothwendig zu correſpondiren / Nach - richt zu geben / oder einzuholen iſt / von denen aus -laͤndi -78Caput II. laͤndiſchen Lagern / unter denen Factoribus noch un - verkaufft liegenden Waaren / in Banco annoch vor - handenen Geldern / und dergleichen Notandis mehr machen.

Er ſoll auch bey Schluß jeden Monats / die vo - rige Monats-Verrichtung in der Cladde oder Strazze, Manuali oder Hand-Buch / vor ſich neh - men / um was daſelbſt als uneroͤrtert noch offen ge - blieben / in dieſem Monat zu Buch / unter ſeiner be - hoͤrigen Rubric, oder / ſo es keine eigene meritirte / auf Coto pro Diverſis zu ſtellen / dabey ſoll er auch allerhand benoͤthigte / ſonderlich aber auslaͤndiſcher Correſpondenten ihre Corrent und Zeit / wie auch Verkauff-Rechnungen / welche ihnen geſandt wer - den muͤſſen / fleißig ausſchreiben / und ſelbige unver - zoͤgerlich fortſenden / die eingelauffene Corrent, Zeit / Ein - und Verkauff-Rechnungen aber / ſoll er fleißig nach calculiren / die darinn vermerckte De - fecta, ſo gleich ad Notam nehmen / mir / nebſt ſei - nem Gutduͤncken geziemend eroͤffnen / und folglich meiner Ordre nach / das nothwendige daruͤber correſpondiren.

Uber die andere Bedienten meines Contoirs wird ihm die Aufſicht dergeſtalt aufgetragen / daß er ſie zu allen Guten anhalten / ihnen mit loͤblichen Exemplis der Gottesfurcht / Treu / Fleiß / und Ar - beitſamkeit / auch eines Chriſtlichen Lebens und Wandels vorgehe / und ſo viel an ihme iſt / jeden dahin anhalte / daß er ſeiner obliegenden Pflicht rechtſchaffen nachkomme / nichts auf den morgenden Tag verſpahret / die einzumahnenden Schulden zu rechter Zeit gemahnet / und eingetrieben / in denenBrief -79Von allerhand Kauffmanns Contracten. Briefſchafften und Documentis eine ordentliche Regiſtratur gehalten / die abgehende Briefe und Wechſel-Briefe ordentlich und deutlich copirt / die zu Spedirende-Waaren zu rechter Zeit ſpedi - ret / an die Schiff / nach der Waag / den Kran / oder Fuhrleuten gebracht / richtige Certificationes, Paͤſſe / Facturen / Aviſo, Fracht-Briefe / und Con - noiſſementen daruͤber verfertiget werden / welches alles / wie auch die Unter - und Aufſchrifften / und das Verſiegeln der Briefe er wohl in acht zu nehmen / alles was auf dem Contoir auszurechnen / oder zu calculiren vorkommen moͤchte / ſelbander / und nie - mahls allein verrichten ſoll / damit auch in ſolchen kein Jrrthum vorgehen moͤge.

Aus denen ankommenden Briefen hat er ſich auch zu befleiſſen / Poſt-taͤglich das nothwendigſte auszuziehen und zu notiren / um mich deſſen zu rechter Zeit zu erinnern / und was darauf geant - wortet / gethan oder gelaſſen werden ſolte / meine Ordre anzuhoͤren.

Da ich ihm auch meine Verrichtungen an der Boͤrſe mit aufzutragen reſolviret / als hat er ſolche dergeſtalt zu reſpiciren / daß er ſich taͤglich zur rech - ter Boͤrſen-Zeit / und die Meß-Zeiten auf dem Scontro einfinde / ſein Porto feuille Scartafaccia, Meß - und Rescontro-Buͤchlein / oder aufgezeichne - tes Memorial mit ſich bringe / und nach denſelben / was zu verrichten ſeyn moͤchte / fleißig in Obacht nehmen / dabey er ſich dann aller ſelbſt eigenen Handlung / unter was Prætext oder Vorwandt es auch geſchehen moͤchte / gaͤntzlich zu enthalten / alles aber alſo einzurichten hat / wie es einer HandlungNutzen80Caput II. Nutzen und Vortheil bringen kan / Schaden und Nachtheil aber abgewendet werden moͤge.

Wie er ſich nun dieſes alles ſorgfaͤltig zu præ - ſtiren eydlich / und unter Verpfaͤndung ſeiner Haab und Guͤter anheiſchig gemachet / als habe ich hinge - gen auch ihme bey freyer Koſt / Waͤſche und Logi - ment, jaͤhrlich dreyhundert Reichsthaler / Quarta - liter mit 75. Reichsthaler zu bezahlen verſprochen / deſſen zu mehrer Veſthaltung iſt dieſer Contract in Duplo verfertiget / von beyden Theilen unter - ſchrieben / mit unſern Petſchafften verſiegelt / und ei - nem Preiß-wuͤrdigen Collegio, oder denen Herren Kauffleut Alteſten / zur Confirmation præſentiret worden / ſo geſchehen / Antwerpen den 1. May / An. Chriſti / Siebenzehen hundert und Funffzehen.

Confirmation des Commercien - Collegii.

D oben-ſtehender Contract heut dato einem Hochpreißlichen Commercien-Collegio von beyderſeits Contrahenten gebuͤhrend præſentiret / und von ihnen demſelben in allen ſeinen Clauſulis und Conditionibus nachzuleben feyrlichſt angelo - bet / auch hierauf die Verzeichniß und Confirma - tion deſſelben in pleno Conſeſſu Collegii, decre - tiret worden / ſolches atteſtire hiermit / Antwerpen den 1. May 1715.

(L. S.) N. N. Supradicti Coll. Comm. Secretarius.

Aus81Von allerhand Kauffmanns-Contracten.

AUs dieſem vollſtaͤndigen Formular, eines mit ei - nem anzunehmenden Buchhalter zu ſchlieſſenden Contracts wird man / was deſſen Verrichtungen auf einem wohlbeſtellten Contoir ſeyn / zu erſehen haben / wiewohl ſich die wenigſten auf ſo verbuͤnd - liche Conditiones einzulaſſen Belieben tragen wer - den; Jndeſſen kan doch demjenigen / der ehrlich zu dienen Willens und Vermoͤgens iſt / und welcher auch nicht Urſach zu fuͤrchten hat / daß er mit einem Chicaneuſen oder zanckſuͤchtigen Patrono zu thun bekomme / nichts zu genau vorgeſchrieben werden / welches er zu unterſchreiben Bedencken tragen ſol - te / zumahl wann die Clauſula Salutaris ſolte bey - gefuͤget werden / daß / im Fall einiger Zwieſpalt / oder Mißverſtaͤndniß zwiſchen ihm und ſeinen Prin - cipalen ſich ereignen ſolte / ſie beyderſeits den Aus - ſpruch des Commercien-Collegii, oder unpar - theyiſcher Maͤnner ſich zu unterwerffen / compro - mittiren wolten / in welchem Fall ein Commercien - Collegium, Handels-Gericht / oder unpartheyiſche Maͤnner / dahin zu ſehen haͤtten / daß weder dem einen / noch dem andern Theil zu nah geſchehe / und in Sachen / bey welchen eines Kauffmanns ſeine Handlung nicht ſonderlich periclitiret / oder ſeine Intereſſe zu ſehr verletzet wird / nicht ſo ſtrictè, oder zu genau nach denen Apicibus des Contracts, ſondern vielmehr pro Reo, oder den beklagten Diener / (als deſſen Partes hierinnen allezeit favo - rabiliores, als des Klaͤgers ſeine ſeyn muͤſſen) geſprochen werde.

FCon -82Caput II.

Contract mit einem Caſſirer auf - gerichtet.

JM Nahmen GOttes kund und zu wiſſen / daß heute unten geſetzten dato zwiſchen Herrn N. N. Buͤrger und Banquier, auch Koͤnigl. Agenten und Ober-Kriegs-Commiſſario allhier / eines und N. N. Handels-Bedienten und Caſſirer folgender Contract aufgerichtet / und auf vier Jahr lang (an - zufangen / dieſen erſten May 1715. und ſich endi - gende den 1. May 1719.) wohlbedaͤchtlich geſchloſſen worden. Es nimmt nehmlich gedachter Herr Agent ihn N. N. vor ſeinen Diener und Caſſirer dergeſtalt an / daß er ihme ſeine Caſſam anver - trauet / und mit dieſen Conditionibus uͤbergiebet / daß er getreulich dieſelbe verwalten / alle Einnahmen und Ausgaben fleißig von / und an wem ſie geſche - hen / notiren / jeden mit richtigem Beweiß / Ordre, und Quittungen beſcheinigen / und belegen / ein rich - tiges Caſſa-Buch daruͤber halten / und allezeit / wann es gefordert wird / ſonderlich aber bey Schluß jeden Monats parat ſeyn ſoll / richtige Rechnung und Reliqua desfalls abzuſtatten / auch keinen einigen Vortheil vor ſich / mit denen unter Handen habenden Geldern zu machen / ſich unter - ſtehen ſoll / ſondern was in Umſetzung oder Ver - kehr derſelben an Agio oder Intereſſe gemachet oder profitiret werden koͤnte / ſolches ſoll alles an - ders nicht / als auf ſeine des Herrn Agentens Or - dre, und Vorwiſſen / wie auch zu deſſen Nutzen ge - ſchehen.

Zu welchem Ende er N. N. Caſſirer ſich desMor -83Von allerhand Kauffmanns-Contracten. Morgens rechter Tages-Zeit / biß in den ſpaͤten Abend / ſonderlich in denen Poſt-Taͤgen / in dem Contoir, und bey ſeiner Caſſa finden laſſen / den Schluͤſſel allezeit von ſolcher ſorgfaͤltig bey ſich tra - gen / und jeden Geld-Sack mit ſeinen richtigen Poſt-Zetteln / wie viel / und was vor Species da - rinn enthalten / auch wie viel davon ausgezahlet worden ſeyn / verzeichnen ſoll.

Da aber wieder Verhoffen er N. N. Caſſirer hierunter untreu / nachlaͤßig / eigennuͤtzig und Sorg - los ſich bezeigen / deſſen auch uͤberfuͤhret / und dar - uͤber bey der Caſſa einiger Schaden und Abgang / oder auch falſche und untuͤchtige Muͤntz-Sorten ſich befinden ſolten / ſoll er ſolche aus ſeinen Mittein wieder zu erſetzen ſchuldig und gehalten ſeyn / zu welchem Ende er nicht allein ſeine jetzt-habende und noch kuͤnfftig bekommende Haab und Guͤter / bewegliche und unbewegliche / unterpfaͤndlich dafuͤr verpflichtet / ſondern auch zu wahren und weſentli - chen Buͤrgen / Herrn N. N. und Herrn N. N. ein - ſetzet und conſtituiret / welche ſich gleichfalls bey - derſeits anheiſchig machen / als Selbſt-Schuldner vor alles dasjenige mit mit ihren geraͤtheſten Haab und Guͤtern zu hafften / und ohne einige weitlaͤuff - tige Proces-Form zu bezahlen / was ihme N. N. bey dieſer ſeiner Caſſirer Function an Untreu / oder daß durch ſein Verſehen der Caſſa Schaden zugewachſen / wuͤrde koͤnnen bewieſen werden / wie ſie ſich dann auch zu dieſen Ende aller ihnen dar - gegen zu ſtatten kommender Exceptionen und Rechts-Wohlthaten / ſonderlich der Exception fraudulentæ Perſuaſionis, Simulationis, ini -F 2quæ84Caput II. quæ æſtimationis, ingleichen der Rechts-Wohl - thaten / welche vermoͤgen / daß ein jeder Buͤrg nur ſeinen Theil zu zahlen verbunden / ſie die Buͤrgen auch nicht eher koͤnten belanget werden / ehe und be - vor der Principal-Schuldner ausgeklaget / und executiret worden / und was dergleichen Ausfluͤch - te mehr ſeyn moͤchten / aller und jeder kraͤfftiglich hiemit wollen verziehen / und denenſelben / daß ſol - che bey ihnen wider den Herrn Agenten nicht guͤl - tig ſeyn ſollen / renunciiret haben.

Da hingegen verſpricht er der Herr Agent N. N. ihme N. N. als ſeinem Caſſirer / jaͤhrlich zwey - hundert Reichsthaler an Salario, nebenſt freyer Koſt / Waͤſch / Liecht / Holtz und Logement zu ge - ben / auch wegen des boͤſen und untuͤchtigen Gelds / welches ihme beym Einnehmen mit einlauffen moͤchte / ein halb pro mille, oder von tauſend Reichsthaler Einnahme paſſiren zu laſſen; Urkund - lich ſeynd dieſer Contract vier gleich-lautende / ver - fertiget / und von allerſeits Contrahentibus un - terſchrieben / mit ihren Petſchafften bekraͤfftiget / und jedem Theil ein Exemplar davon zugeſtellet worden / ſo geſchehen / Dantzig / den 20. Junii / 1715.

(L.S.) N.N. als Principalis. (L.S.) N.N. des Caſſirers. (L.S.) N.N. des Gezeugen. (L.S.) des Gezeu - gen.

Contract85Von allerhand Kauffmanns-Contracten.

Contract mit einem Factor, ſo genann - tem Lieger oder Commiß; das iſt: einem ſolchen / den man anderwerts um ſeines Principa - lis mercantiliſche Angelegenheiten zu reſpi - ciren / beſtaͤndig liegend hat / aufgerichtet.

KUnd und zu wiſſen ſey hiemit / daß unter uns Endsbenannten heute dato folgender Contract aufgerichtet und geſchloſſen worden: Nachdem nehmlich mir Titio, Buͤrgern und Handelsmann allhier in Bremen / Herrn Sempronii, ſeine Han - dels-Capacitaͤt und Erfahrenheit / ſonderlich in der Moſcowitiſchen Sprach / und deſſelbigen Landes Handlung wohl bekannt / daß ich ſelbigen derge - ſtalt zu meinen Dienſten engagiret / daß er meine in Moſcau habende Geſchaͤffte / in Ein - und Ver - kauff meiner daſelbſt habenden Waaren / Eincaſſi - rung ausſtehender Schulden / und was mir etwann ſonſt in meinen Handels-Angelegenheiten mehr vor - fallen moͤchte / reſpiciren und wahrnehmen / dabey meinen Vortheil allezeit in Abſicht haben / meinen Schaden und Nachtheil hingegen / ſo viel als ihme moͤglich ſeyn wird / præcaviren und vermeiden ſoll.

Zu welchem Ende ich ihme jaͤhrlich pro Salario zweyhundert und funfftzig Reichsthaler zugeſagt / damit er auch zufrieden ſeyn / ſich ſelbſt ſpeiſen und logiren muß jedoch bezahl ich was er an Packraum / Haur - oder Gewoͤlb-Zins / vor meine Waaren wuͤr - de ausgeben muͤſſen noch a parte, wie er mir dann hieruͤber ordentlich quartaliter eine generale Verrichtungs-Rechnung / in welcher alles dasje -F 3nige /86Caput II. nige / was er meinetwegen an Waaren oder Geld negociirt / aus gegeben / und eingenommen / oder auch v〈…〉〈…〉 erunkoſtet hat / enthalten ſeyn muß / einzuſchi - cken / und dabey eine Specification der noch im Verkauff liegenden Waaren / ausſtehenden Schul - den / und was ſich an Gegen-Schulden finden moͤchte; in Summa / einen voͤlligen Bilantz auszu - fertigen hat / damit ich alles hier in loco in meinen Haupt Handels-Buͤchern Conform damit moͤge notiren koͤnnen.

Wann auch dabey expreßè ausbedungen worden / daß er Sempronius, auſſer mir ſonſt nie - mand Commiſſions-weiß bedienen ſoll / und zwar in nachgeſetzten 4. Jahren / nehmlich von dieſem 1. Auguſtt 1715. an / biß 1. Auguſti 1719. ſondern biß dahin allein in meinem Brod und Pflichten blei - ben / und meine Handels-Geſchaͤffte wahrnehmen ſoll / bey einer unwiderſprechlichen Straff von 500. Reichsthaler an hieſiges Wayſen-Hauß zu bezah - len / als hat er nicht allein ſolches bey ſeinen Ehren und wahren Worten angelobet / ſondern auch noch allenfalls ſeine hier noch habende Immobilia mir zu mehrer Verſicherung dafuͤr verpflichtet / und daß ſelbige gegen alle in meinen Dienſten an mir von ihm bezeugten Untreu / in ſo fern er deſſen uͤber - wieſen werden koͤnte / hafften ſolten / von hieſigen Gerichten / und in deren Protocoll mir verſichern laſſen / da hingegen ich nach befinden ſeiner treuen Dienſte / mich auch anheiſchig gemacht / ihme in waͤhrenden obbemeldten 4. Jahren / dann und wann einige Douçeurs zuflieſſen zu laſſen / und ih - me ſonderlich zu permittiren / daß er 500. Reichs -thaler87Von allerhand Kauffmanns-Contracten. thaler ſeines Gelds zu ſeinen eigenen Nutzen derge - ſtalt in Handlung anlegen moͤge / daß ſolches (1) nicht in ſolchen hinein und wieder dafuͤr heraus zuſen - denden Waaren / dergleichen ich fuͤhre / beſtehe / (2) daß ſeine heraus zuſendende Waaren / an mich allein addreſſiret / und deren Provenu ſeinen Be - gehren nach wieder durch mich diſponiret / oder an andere Waaren / ſo er hinein verlangen moͤch - te / angeleget werden ſoll / welches alles ich dann oh - ne einige Proviſion zu effectuiren verſpreche. Urkundlich iſt dieſer Contract in Triplo ausge - fertiget / jedem ein unterſchrieben Exemplar da - von zugeſtellet / das dritte aber verwahrlich eben - falls von beyden unterſchrieben und beſiegelt / bey hieſigen Gerichten deponiret worden / ſo geſchehen / Bremen / den 1. Auguſti 1715.

N. N. N. N.

Kurtze Vollmacht / welche einem ſol - chen / in frembden Laͤndern zu negociiren / verſanden Diener moͤchte mit gege - ben werden.

DEmnach ich Endsbenannter meiner Handels - Geſchaͤffte halben Vorzeigern dieſes / den Er - barn N. N. meinen Handels-Diener nach N. N. zu ſenden / vor noͤthig befunden / als gelanget an alle und jede Herrn Kauffleute / ſonderlich diejenige / mit welchen ich in Correſpondentz ſtehe / mein dienſt - liches Erſuchen / denſelben / was er in meinem Nah - men mit ihnen handeln wird / voͤlligen Glauben bey -F 4zu -88Caput II. zumeſſen / wie ich ihn dann inſonderheit / und ſpe - cialiter dahin will bevollmaͤchtiget / und authori - ſirt haben / vor mich / und vor meine Rechnung Waaren einzukauffen / und zu verkauffen / Schul - den einzufordern / Wechſel und Contractus mei - ner Handlung zum Beſten gereichende / zu ſchlieſſen / und auch ſonſt alles in der Kauffmannſchafft zu thun / was ein getreuer und geſchickter Handels - Diener ſeinem Patron zum Nutzen thun und han - deln mag und ſoll / welches ich alles / gleich als wann es durch mich ſelbſt geſchehen waͤre / vor ge - nehm zu halten und zu erfuͤllen verſpreche. Ur - kundlich dieſer meiner ihme daruͤber ertheilten ei - genhaͤndigen Vollmacht / und aufgedruckten Han - dels-Signet, ſo geſchehen / Bremen / den 6. Auguſti 1715.

BEy dergleichen Vollmachten iſt dieſes nur noch zu erinnern / daß es ſicherer iſt / wann man dieſelbe gerichtlich / oder vor einem Commer - cien-Collegio, wo deren eines beſtellet und ange - richtet iſt / ausfertigen laͤſt / weil ein ſolches Com - mercien-Collegium ohne dem alle die Actus Ju - diciales in Mercantilibus zu exerciren / und ſich zuzueignen befugt iſt / auch a Principe vel Republica darzu authoriſirt ſeyn muß.

Contract89Von allerhand Kauffmanns-Contracten.

Contract mit einem Diener / den man nur auf eine gewiſſe Zeit (als nemlich zur Meß-Verrichtung / oder mit einer Cargaſon aus - zugehen / oder Schulden einzunehmen) angenommen.

ZWiſchen mir und N. N. Burger und Wein - haͤndlers allhier in Rotterdam / und N. N. Handels-gefliſſenen / iſt heute folgender Contract aufgerichtet und geſchloſſen worden / nehmlich da ich N. N. mein Schiff das Wappen von Holland ge - nennt / mit Stab Holtz und eichenen Plancken be - laden / von hier nach Bourdeaux in Franckreich ab - gehen zu laſſen gereſolvirt bin / dieſer Ladung aber einen ehrlichen und verſtaͤndigen Menſchen vorzuſe - tzen noͤthig habe / der mir nicht allein ſolche Holtz - Waaren daſelbſt beſtens ſuche an den Mann zu bringen / ſondern auch andre Waaren wieder dage - gen in Retour, ſonderlich Weine und Brandtwei - ne einzukauffen / daß ich hier den Ehrſamen diſcre - ten Herꝛn N. N. auserſehen / und ſeine mir deß - falls angetragene Dienſte dergeſtalt belieben laſſen / daß er mit ſolcher meiner Schiffladung mit erſtem guten Wind im Namen GOttes von hinnen ſegeln / in Franckreich behalten angekommen ſeynd / ſolche beſter maſſen und in hoͤchſtem Preiß / auch an ſichere Leut zu verkauffen trachten / und vor des Provenu mir eine Party gute Bourdeauxiſche Stadt-Wei - ne / wie auch einige Stuͤcke Brandtweine / alles nach weitern Jnhalt der ihme ausfuͤhrlich mit gege - benen Inſtruction einkauffen / und damit wieder anhero im Namen und Geleit GOttes kommen ſoll /F 5vor90Caput II. vor welche ſeine Bemuͤhung ich ihm zur Gage mo - natlich / ſo lang er aus ſeyn wird 20. ſchreibe zwan - tzig Reichsthl. nebſt freyer Schiffs-Koſt / mit dem Schiffer (oder 50. Reichsthl. vor die gantze Reiß - Verrichtung / oder auch pro Centum Proviſion von dem Belauff des verkaufften Hol - tzes) und bey ſeiner gluͤcklichen Zuhaußkunfft noch ei - ne Diſcretion von 12. Reichsthl. (oder auch 6. Oxhoͤfft Wein / die er vor ſeine Rechnung einkauf - fen moͤchte / freye Fracht vor die Uberfarth) zu geben verſpreche. Urkundlich iſt dieſes eigenhaͤndig von mir / ingleichen auch von N. N. (daß nemlich dieſes alles alſo unter uns abgeredet und beſchloſſen worden / er auch demſelben in allen Stuͤcken getreulich nachzule - ben gedaͤchte /) unterſchrieben worden / ſo geſchehen den 15. Junii 1715.

N. N. N. N.

Frantzoͤſiſcher Contract mit einem Handels-Diener aufge - richtet.

SAvoir qu entre le Sieur Bertram marchand Ban - quier de cette Ville, & Jean Antoine, ſon Com - mis le ſuivant Contract a eté fait & regiſtré dans la Chambre du College des commerces.

Le dit Sieur Bertram engagant le dit Antoine dans ſes ſervices en qualité de Commiß pour les cinq an - nées ſuivantes, ſavoir a Commencer du premier d Aouſt de la preſente 1715. année, & finis ſant l an - née 1720. dans ce tems, le dit Antoine pro met de ſervir fidelement Monſieur Bertram dans toutes lesaffai -91Von allerhand Kauffmanns-Contracten. affaires de ſon negoce ſoit au Comptoir, a tenir les livres, & d aider les jours des poſtes, a la Correſpon - dence, que dans ſon Magazin, en ce qui concernera l achat & la vente des marchandiſes, méme a faire des voyages pour cette fin aux foires, ou dans les pays etran - gers, par tout, ou la neceſſité & l utilité du Commer - ce, de Mons. Bertram le requirera, & ſelon les ordres que le dit S. Bertram en donnera, il promet de plus de garder un ſilence inviolable, de tout ce qu il pourra entendre, & voir dans le Commerce du S. Bertram, & de procurer par toutes les voyes poſſibles, & autant qu il ſera dans ſon pouvoir, l avancement du Nego - ce du dit ſon Maitre, & d empecher, de meme qu il n’y arrive quelque ſiniſtre accident a quoy il s oblige ſous l hypotheque de touts ſes biens, autant qu il en ſera bes oiing.

Le dit Sieur Bertram luy promettant reciproque - ment, de luy faire touts les bons traittements, qui ſont dûs a un fidele & loüable ſerviteur, en le faiſant manger a ſa table le bien loger, & coucher, & de plus de luy payer annuellement, Cent cinquante Ecûs des gages payables avec 75. Ecûs, par chaqe ſe - meſtre.

Le tout ayant été ainſy accordé par les deux par - ties, ils l’ont fait regiſtrer dans la Chambre du Col - lege des Commerces fait a Berlin le. 8. d Aouſt. An. 1715.

(L. S.) N. N. Secretaire du College.

Ein anders.

SAvoir qu aujourd’huy Ce 18. de May l An de Grace Mille ſept Cent & quinze, entre moy, Ti - tius marchand Quinquailler de cette Ville de Breme& moy92Caput II. & moy Jean David preſentement Commis du dit S. Titius, le ſuivant Contract a eté fait & conclu, Moy Jean David je m oblige de ſervir le dit S. Titius pen - dant ie Temps de quatre années conſecutivement (a commencer le jour & l Année ſus mentionée & finis - ſant le meme jour l an 1719.) en qualité de ſon Com - mis dans ſon negoce, de la maniere, qu’il convient a un fidele & honette Garçon promettant dans ce tems la de faire exactement, (autant qu il ſera en moy) ce que le bien & l avancement du Negoce de mon Maitre requirera, & comme principalement le dit Sieur Titius, me confie ſa Boutique & ſon Maga - zin de Quinquaillerie tant pour la vente que pour l Achat, qui s y fera en gros & en deta il, je luy pro mets d en avoir, un ſoing tout particulier que tout y ſoit expedié au Gré & a l avantage de mon Maitre, comme auſſi les autres expeditions de ſon Negoce, des quels, il luy plaira de m honorer, & dont il me don - nera les ordres, & aſin que Monſieur Titius ſoit d autant plus aſſuré de ma fidelité Mons de S. Eſtienne Citoyen & marchand Jouailler de cette Ville, s eſt offert de garentir pour moy jus ques a la ſomme de Mille Ecús.

Le Sieur Titius repromettant de ſon Coté de don - ner a ſon Commis David, annuellement quatre vingt Ecûs des gages, payables per quartier avec 25. Ecûs, de le nouvrir a ſa table & de le bien loger chez luy & ſi au bont des quatre ans ſus mentionnés il plut a l un ou l aute des Parties, de continuer ce Contract, Mon - ſieur Titius promet que de ſon Coté ce ſera d une augmentation des gages, pour le S. David, jus ques a vingt Ecûs par an, de ſorte qu alors il touchera Cent Ecûs, outre les autres douçeurs qu il luy fera de tems en tems pour l encourager de le bien ſervir cela ayant eté amſy ſtipulé & arreté entre nous deux, chacun à prisun93Von allerhand Kauffmanns-Contracten. un Exemplaire de ce Contract cerit en double, & ſous ſigné de la main de l autre fait a Bremen. le 18. de May l An. 1715.

Ein anders.

LE Sieur Michaël Berry marchand Drapier de cette Ville d Anvers ayant pris dans ſon ſervice en qua - lité de Commis du Negoce le Sieur Jean de la Serre, pour quatre ans, a commencer du date d aujour d huy & finisſant l an 1719. le meme date il luy pro - met dans ce tems la ſoixante Ecûs par an des gages, & la Table & logement avec le blan chisſage de ſon lin - ge, a condition, que le dit de la Serre luy ſerve fidele - ment, ainſy qu’il convient a un loyal & bon ſerviteur, ce que le dit de la Serre ayant promis, en foy d honete homme, & ſous l hypoteque de touts ſes biens en ças de Contrevention, le preſent contract ecrit en double a été ſigné de deux parties, chacune en ayant gardée un Exemplaire, fait a Anvers le 8. Juin. 1715.

Lateiniſcher Contract, zwiſchen einen Kauffmann und ſeinen anzunehmenden Diener.

NOtum ſit omnibus, quorum intereſt, hodie die in - ter Dominum Eberhardum Mercatorem Colly - ſtam hujus Civitatis Norimbergenſis ab una parte, & ju - venem honeſtum Cajum Titium ab altera, firmum fi - dumque Contractum Locationis & Conductions ope - rarum mercantilium initum, ſequenti formula:

Locator Cajus Titius locat nempe opera ſua Do -mino94Caput II. mino Eberhardo ex tempore Sancti Johannis Baptiſtæ anni hujus Currentis 1715. in quatuor annos ſe - quentes atque adeo ad eundem usque Anni 1719. Ter - minum. Promittens per torum hoc tempus, Domino Patrono ſuo, fidem, induſtriamque ac obedientiam debitam, & quæ integræ Vitæ famæque honeſtum ju - venem decent, & quidem ſe Mandata ipſius ad Amuſ - ſim pro virili obſervaturum, negociaque ſua domi fo - risque ita curaturum, ac ſi ſua eſſent propria, de reti - cendis nihil divulgaturum, ceterum omnem lapidem moturum, ſupra dicta ut Negocia Domini Patroni ſui, indies magis magisque adaugeſcere, novaque incre - menta capere poſſint.

Dominus Conductor vero Eberhardus, ſua ex par - te pollicetur, ſe ſingulis annis, miniſtro ſuo Cajo Ti - tio, pro Solario, Centum imperiales, nempe quinqua - ginta per ſemeſtrium ſoluturum, deque Victu ac le - cto ejus ita proſpecturum, quemadmodum Patrem fa - milias & mercatorem primi ordinis decet.

Quem Contractum ex utraque parte firmum fore promittunt contrahentes illibata fide, renunciantes exceptionibus omnibus & ſingulis, ſigillatim doli, Per - ſuaſionis, Rei non ſic, ſed aliter geſtæ aut intellectæ, læſionis non tantum enormisſimæ, Reductionis ad arbitrium boni Viri, cæteris que vel jam certis inven - tisque, vel humana ſolertia inveniendis, ſimul cum Renunciatione Regulæ, generalem renunciationem non valere, niſi præceſſerit ſpecialis; & ſic omnibus ju - rium beneficiis ac privilegiis undecunque ortum ha - beant. Quæ bona fide ita cuſtoditum iri unanimi Conſenſu iterumque ſpondent, & ſua id ſinguli ſub - ſcriptione teſtatum fecerunt Anno & Die ut ſupra.

Jm95Von allerhand Kauffmanns-Contracten.

Jm Fall auch / daß der Diener Titius ſeines Wohlverhaltens habe Buͤrgen ſtellen muͤſſen / koͤnte alſo geſetzt werden.

POrro ut de mercibus, pecuniisque ſuis mihi creditis Dominus Eberhardus ſecurus eſſe poſſit, fidejuſſores illi produco Dominum Sempronium & Mævium, & nos jam nominati fidejuſſores pollicemur, ſi ulla a Cajo Titio committatur perfidia aut defraudatio, e qua Dominus Patronus ſuus damnum vel aliquod diſpendium ſentire poſſit, nos eum indemnem præ - ſtaturos, renunciantes hac fine, Exceptioni Diviſionis Excusſionis, cedendarum actionum, omnibusque aliis beneficiis, quæ excogitari poſſunt, quandoquidem ho - rum notitia & intellectu non deſtituimur. &c.

Und ſo viel von denen Contractibus, wel - che zwiſchen Kaufleuten und ihren anzuneh - menden Bedienten aufzurichten ſeyn: Folgen nunmehro einige Formularia ſolcher Brieffſchafften / welche etwan bey dergleichen Gelegenheiten zu ſchrei - ben vorfallen moͤchten / und zwar erſtlich:

Schreiben eines Kauffmanns an ei - nem andern / ihme einen guten Diener und zwar auf gewiſſe Conditiones, welche dabey bemercket werden / anzu - ſchaffen.

Vielgeehrter Herꝛ.

DA mein bißher geweſener Handels-Diener ſein eigen Negotium anzufangen / aus gewiſſen Urſachen ſich reſolviret / und mich dannenhero er -ſuchet /96Caput II. ſuchet / ihme ſeine Dimiſſion zu ertheilen / allermeiſt da ſeine Jahre / auf welche er ſich bey mir zu dienen engagiret hatte / mehrentheils zu Ende gelauffen / und ich dannenhero in ſolchen ſeinem Anſuchen ihme zu deferiren keinen Umgang nehmen koͤnnen / wie gerne ich auch geſehen haͤtte / daß er ſeiner mir gelei - ſteten Dienſte halber / noch einige Jahre bey mir ver - harret haͤtte / und aber anjetzo die Nothwendigkeit erfordern will / daß ich ſeinen Platz mit einem andern guten Sujecto wieder beſetze / ſolches aber allhier vor der Hand nicht anzutreffen iſt / als gelanget an E. E. mein freundliches Erſuchen / im Fall ihres Orts ein ſolcher Menſch zu finden waͤre / welcher von guten Leuten entſproſſen / ſeine Lehr-Jahre bey der Hand - lung redlich und ehrlich ausgeſtanden / deßfalls glaub - wuͤrdige Teſtimonia aufzuweiſen / und allen Falls auch zulaͤngliche Caution vor ſein kuͤnfftiges Wohl - verhalten præſtiren / dabey gut rechnen / ſchreiben und buchhalten koͤnte / auch mit der Correſpondentz / und ſonderlich mit Material-Waaren wohl umzu - gehen wuͤſte / mir ſolchen dergeſtalt zu recomman - diren / daß er jaͤhrlich von mir (præſtitis præſtan - dis) ein hundert Reichs-Thaler / nebſt freyen Tiſch / Licht / Holtz / Waͤſch und Bett zu empfangen haben ſollte / wobey ich mich ferner anheiſchig machen woll - te / wann er vier Jahr nacheinander in meinen Dien - ſten wuͤrde treulich und redlich zugebracht haben / ſel - bigen alsdann entweder ſelbſt ſeine Gage, im Fall er laͤnger bey mir verharren wollte / zu verbeſſern / oder ihn auch mit einer ſolchen Recommendation von mir zu laſſen / welche zu Befoͤrderung ſeines fer - nern Gluͤcks ihme ſehr zutraͤglich ſeyn ſollte Hier -auf97Von allerhand Kauffmanns-Contracten. auf meines geehrten Herꝛn Antwort gewaͤrtig blei - bend verharre ich.

Ein anders.

DEmſelben habe ich mit dieſem freundlich erſu - chen wollen / im Fall etwan ihres Orts ein gu - tes Subjectum eines Handels-Dieners / welcher auſſer Condition waͤre / und wiederum Dienſt ſuch - te / anzutreffen ſeyn ſollte / mir denſelbigen zu recom - mandiren / ich muͤſte aber erſt ſeiner ehrlichen Ab - kunfft / Chriſtlichen Leben und Wandels / darnach ſeiner Treue durch zulaͤngliche Caution, ferner ſeiner Capacitaͤt in denen Verrichtungen / in welchen be - kandter maſſen meine Handlung beſtehet / verſichert ſeyn / wann dieſes alles ſeine Richtigkeit haͤtte / und er ſich dabey auf vier Jahr lang bey mir zu dienen verſprechen wollte / ſo wollte ich ihm die erſte zwey Jahr jaͤhrlich 80. die letztern zwey Jahr aber 100. Reichsthl. nebenſt freyer Koſt / Bett / Waͤſch und Logiment geben / auch nach Befinden ſeiner mir ge - leiſteten Dienſte bey Endigung derſelben auf weite - re Erkaͤnntlichkeit bedacht ſeyn / was nun mein Herꝛ hierunter ausrichten wird / das bleibe in Antwort dieſes gewaͤrtig / ich bin auch erboͤthig / demjenigen / welchen der Herꝛ auf ſolche Conditiones vor mich aufſuchen moͤchte / die Reiß-Koſten per anhero zu verguten / womit ohne mehro freundlich gegruͤſſet / GOtt befohlen.

GEin98Caput II.

Ein anders.

EUer Edlen nehmen nicht uͤbel / daß ich deroſelben abermal mit einer kleinen Commiſſion be - ſchwehrlich falle / ich bin nemlich eines geſchickten Handels-Dieners benoͤthiget / und weil ich derglei - chen hieſiges Orts vor der Hand nicht zu finden weiß / bey ihnen aber / wie mir nicht unwiſſend iſt / viele dergleichen capables Subjecta ſich offtmal auſſer Dienſt befinden / als gereichet an Euer Edlen mein dienſtliches Erſuchen / mir nach einen ſolchen umzuſehen / und ſelbigen ſo dann ſolcher Geſtalt in meinem Namen zu engagiren / daß er auf meine Un - koſten hieher kommen / ein Viertel Jahr in meinem Haus / Cantoir und Handlung ſich aufhalten / wie ſelbige / und die darinn vorfallende Verrichtungen ihme anſtehen / ermeſſen / mir aber auch zugleich Zeit und Gelegenheit geben ſoll / ſeine Conduite und Capacitaͤt zu examiniren / nach deren Verlauff als - dann der Contract auf beyderſeits beliebige Jahre und Conditiones koͤnte eingerichtet werden / wobey ich dieſes nur zum Voraus melden wollen / daß ein geſchickter Handels-Diener ſich jaͤhrlich eines Salarii von ein biß zwey hundert Gulden / nachdem nehm - lich ſeine Capacitaͤt waͤre / ſich bey mir zu erfreuen haben ſollte / hierauf Euer Edel geehrteſte Antwort erwartend verharre ich.

Ein anders.

Geehrter Herꝛ.

WJe ich deſſen vormaligen Recommendation,die99Von allerhand Kauffmanns-Contracten. die erſprießliche von meinem bißherig-geweſenen Diener Titio genoſſene Dienſte zu dancken ha - be / ſelbige aber nunmehro durch dieſes getreuen Menſchen unverhofften / jedoch ſeeligen Abſchied aus dieſer Zeitlichkeit ceſſiren / und ich nothwendig deſ - ſen Platz mit einem andern geſchickten Menſchen wie - der beſetzet haben muß / abſonderlich aber gern einen ſolchen haben wollte / der nicht allein der Schwedi - ſchen und Daͤniſchen Sprache maͤchtig / ſondern auch meiner groſſen Verkehrung halber / welche ich nach gedachten Laͤndern habe / von ſolcher Complexion und Leibes-Conſtitution waͤre / daß er die Reiſen dahin in meinen Angelegenheiten verrichten koͤnte / worzu ihme dann / wie leicht zu ermeſſen / auch die Handlung dahin bekandt ſeyn muß / als gelanget an dem Herꝛn mein freundliches Erſuchen / mir nach ei - nen ſolchen geſchickten Menſchen um zu hoͤren / oder doch einen bekannten Maͤckler ihres Orts / der in der - gleichen Sachen ſich gebrauchen lieſſe / Ordre zu geben / daß er gegen Bezahlung ſeiner Muͤhwaltung einen ſolchen vor mich aufſuchen / und forderſamſt auf meine Unkoſten heruͤber ſchicken ſollte / er muͤſte ſich aber auch etliche Jahr zu engagiren / verſpro - chen / dahingegen er 80. biß 100. Reichsthal. jaͤhr - lich an Salario von mir zu genieſſen haͤtte / kan ich meinem Herꝛn hieſiges Orts wiederum angenehme Dienſte erzeigen / hat er zu befehlen / maſſen ich jeder - zeit verharre.

G 2Ein100Caput II.

Ein anders.

Geehrter Herꝛ.

JCh haͤtte in meiner Handlung eines getreuen Handels-Dieners vonnoͤthen / der eines Chriſt - lichen Lebens und Wandels / von honetten Eltern gebohren / nicht zu alt noch zu jung / und auch von ſol - cher Capacitaͤt waͤre / daß man ihn auf den Contoir, wie auch bey Waaren und auf Reiſen wohl gebrau - chen / und ſich auf ihn verlaſſen / er auch dabey 1000. Reichsthl. Caution, vor ſeine Treue und gutes Com - portement ſtellen koͤnte. Wuͤſte nun mein Herꝛ mir einen ſolchen zu recommandiren / ſo kan er ihm zum Voraus von mir verſprechen / daß ich hinwieder al - len égard vor meine getreue Bediente habe / ihnen jaͤhrlich pro Salario 150. Reichsthl. mehr oder we - niger gaͤbe / und wann ich nach Verlauff ihrer ver - ſprochenen Dienſt-Jahre / ihnen forthelffen kan / ſolches nicht unterlaſſe. Hierauf bitte um Ant - wort. ꝛc.

Ein anders.

P. P.

WJe mir nicht unwiſſend / daß zuweilen ihres Orts ſich huͤbſche Subjecta, und vornehmer Leute Kinder finden / welche / nachdem ſie in Patria ihre Lehr-Jahr erſtanden / ſich als Dieners noch fer - ner in der Frembd umzuſehen / Belieben tragen / auch da ſie ſodann deſſelben Orts Handlung / wo ſie hinkommen / noch unerfahren / und alſo noch lernenmuͤſ -101Von allerhand Kauffmañs-Contracten. muͤſſen / ſie etwas Koſt-Geld das erſte und auch das zweyte Jahr zu geben / nach dieſem aber noch wohl ein paar Jahr ohne Entgeld zu dienen / ſich nicht ent - ziehen / hernachmals auch nach Ermeſſung ihrer Dienſte ein poportionirliches Salarium von ihren Patronis erſt zu gewarten haben / als gelanget an dem Herꝛn mein freundliches Erſuchen / etwan an ihrer Boͤrß bey einigen Freunden nach dergleichen jungen Leuten ſich zu erkundigen / oder auch einen Maͤckler (deme ich vor ſeine Muͤhewaltung danck - barlich ſeyn werde) deßfalls Commiſſion zu geben / und zwar dieſes hinbey zufuͤgen / daß in meinem Haus / Contoir und Handlung nicht allein was rechtſchaffenes in Wechſeln und Waaren des Jahrs uͤber verkehret werde / ſondern daß auch dabey ein junger Menſch auf meinen Contoir die Gelegenheit habe / ſich in der Frantzoͤſiſchen / Hollaͤndiſchen und Jtaliaͤniſchen Sprach (weil in allen dreyen gantze Briefe geſchrieben / und nicht etwan nur Flick-Woͤr - ter / wie anderwaͤrts geſchiehet / gebrauchet werden) ſich zu uͤben / ſo halte ich auch vor meinen Leuten kei - ne Briefſchafften (was nicht etwan Arcana Do - mus ſeyn / und meinen Haus-Stand betreffen) verborgen / ſondern wie die Briefe von der Poſt kommen / ſo habe ich Gefallen daran / daß meine Leute dieſelbige leſen / und ſich die Handels-Mate - rien daraus bekannt machen / beydes zu ihren eige - nen kuͤnfftigem Nutzen und Erbauen / als auch / wann ihnen einmal die Connexion bekannt / daß ich des vielen Præceptorirens und Einkaͤuens / was auf ſol - che Briefe geantwortet werden ſoll / uͤberhoben ſeyn moͤge; ſo ſtehet ihnen auch bey meinen hieſigen Fa -G 3bri -102Caput II. briquen die Gelegenheit offen / ſich / was in ſolchen paſſiret / taͤglich umzuſehen und bekannt zu machen / nicht weniger wird ihnen auch das an der Boͤrß zu verrichtende mehrentheils aufgetragen / und mache ich mir ein Plaiſir davon / daß meine Bedienten unter meiner Anfuͤhrung je laͤnger je mehr in allen Handels-Wiſſenſchafften profitiren moͤgen / wel - ches diejenige bezeugen werden / die nicht allein durch ihre eigene bey mir erworbene Capacitaͤt / wann ſie meine Dienſte quitiret / ſich in ein anſehnliches Sa - larium auf andern vornehmen Contoiren ſetzen koͤnnen / ſondern auch / da ſie zu ihrer eigenen Hand - lung geſchritten / ſelbige mit gutem Succeß unter - nommen haben / welcher Geſtalt auch in meinem Haus an nothwendigen Eſſen und Trincken und an - derer Leibes-Bequemlichkeiten / ihnen nichts abgehe / ſie auch zu einen Chriſtlichen Leben - und Tugend - Wandel angefuͤhret werden / ſolches iſt meinem Herꝛn zweiffels ohne bekannt / daß ich dannenhero erſuchen will / dieſe Motiven ſich um ſo viel mehr die - nen zu laſſen / mir nach obigen meinen Verlangen ein gutes Subjectum in meine Handlung zu ver - ſchaffen / worinn ich wieder angenehme Dienſte lei - ſten kan / hat derſelbe zu befehlen.

Schreiben eines Kauffmanns an ei - nen anderwaͤrts ſich auſſer Dienſten auf - haltenden Handels-Die - ner.

Monſieur.

WAnn derſelbe noch kein annehmliche Condi -tion103Von allerhand Kauffmañs-Contracten. tion in Vorſchlag haben / oder ſich wuͤrcklich ſchon engagiret haben ſollte / ſo will ich ihm hiermit / weil mir deſſen gutes Gemuͤth und Capacitaͤt be - kannt / eine Buchhalter - oder Diener-Stelle / auf meinem Contoir oder in meiner Handlung offeri - ret haben / da wir dann bey ſeiner Hieherkunfft we - gen des Salarii, und derjenigen Condition, die ich dagegen von meinen Bedienten geleiſtet haben will / leichtlich uͤbereinkommen wollen / erwarte hierauf Antwort und verbleibe

Monſieur, deſſen Freund-willigſter N. N.

Antwort auf die vorhergehende Schreiben.

Mein Herꝛ.

DEſſen Begehren an mich / ihme ein qualificir - tes Subjectum als Diener in ſeine Handlung zu recommandiren / habe aus ſeinem Geehrten vom 6ten dieſes erſehen / ich moͤchte wuͤnſchen ſo capable zu ſeyn / ihme dergleichen recommandiren zu koͤn - nen / ſo aber findet ſich dermals keine Gelegenheit hierzu / wie ſehr ich mich auch darnach erkundiget / und auch ſolches zu thun denen Maͤcklern die davon Profeſſion machen / aufgetragen habe / ſo bald noch etwas Gutes anzutreffen / ſo ſuchet man gleich hier in Loco ſolches zu emploiren / und mit ausge - maͤrtzten verlange ich keinen guten Freund (deſſenG 4Ami -104Caput II. Amitié ich hoch ſchaͤtze / zu beladen / kan ich in andern Gelegenheiten dienen / hat derſelbe zu befehlen / als der ich ſtets verbleibe.

Ein anders.

AUs meines hochgeehrten Herꝛn an mich abgelaſ - ſenen Schreiben / erſehe ich / wie derſelbe gern mit einem tuͤchtigen Subjecto, welches er als Die - ner in ſeiner Handlung gebrauchen koͤnte / von hier - aus verſehen ſeyn moͤchte / und was die Conditio - nes ſeyn / welche zugleich von einem ſolchen Menſchen erfordert werden. Nun iſt zwar nicht ohn / daß man in ſolchen Faͤllen lieber auf was Gutes / als auf was Schlechtes reflectire / derjenige auch / der Koſt und Lohn giebet / einen ſchon gemachten Menſchen ha - ben will / bey welchem er nicht erſt præceptoriren doͤrffe / ſondern ſolchen gleich zu denen Affairen an - ſpannen koͤnne / es ſeynd meines Herꝛn ſeine Gegen - Conditiones ſo vortheilhafftig / und ſeine wohl - établirte Handlung ſo Lehr-reich / daß ihrer viele / wann ihnen ſolches kund ſeyn ſollte / ſich in derglei - chen Conditiones zu tretten / vor ein Gluͤck ſchaͤtzen ſollten. Da aber dermalen meines Wiſſens keine frembde Dienſt-ſuchende Handels-Diener ſich hier befinden / auch denen Maͤcklern / welchen ich davon Nachricht gegeben / keine dergleichen vorgekom - men / als wird mein Herꝛ mich entſchuldiget halten / wann ich hierunter zu dienen mein Unvermoͤgen vor - ſchuͤtzen muß / kan es in andern Faͤllen geſchehen / wird es mir eine Freude ſeyn / mich zu erweiſen / daß ich beſtaͤndig bleibe.

Ein105Von allerhand Kauffmañs-Contracten.

Ein anders.

WAs derſelbe an mich wegen eines Handels - Dieners gelangen laſſen / ſolchem habe ich nach - zuleben / und demſelben einen qualificirten Men - ſchen zuzuweiſen mich aͤuſſerſt bemuͤhet / ſo bald auch nicht gegen ein und andern die Eroͤffnung davon gethan / als ſich zugleich unterſchiedliche angegeben / davon jedoch einige / als ich etwas genauer um de - ren Umſtaͤnde mich erkundiget / ſo beſchaffen gewe - ſen / daß ich mit ihrer Zuweiſung bey dem Herrn keinen Danck zu verdienen mir getraute; andere hingegen haben an denen Bedingungen / welche der Herr fordert / unterſchiedliches auszuſetzen gewuſt / dahero ich bißher nach Willen dem Herrn zu die - nen / noch die Gelegenheit nicht finden kan / ſolte mir nach dieſen noch etwas zu Handen ſtoſſen / werde ich demjenigen / was mir der Herr aufgetragen / nach - zuleben / in keine Vergeſſenheit ſtellen / als der ich jederzeit verbleibe.

Ein anders.

DEſſen geehrtes Schreiben von 6ten dieſes zu Folge / habe ich mich nach einem ſolchen ge - ſchickten Handels-Diener umgeſehen / welcher dem Herrn in ſeiner beruͤhmten Handlung / denen vor - geſchriebenen Bedingungen nach / gute Dienſte lei - ſten koͤnte; Endlich auch einen ſolchen an eines hie - ſigen vornehmen Buͤrgers Sohn / Nahmens N. N. gefunden / welcher ſeine Jahr allhier erſtanden /G 5nach -106Caput II. nachgehends noch drey Jahr in der Frembd auf beruͤhmten Contoiren gedienet / und nun nicht un - geneigt waͤre / noch ein paar Jahr in des Herrn ſeiner Handlung ſich gebrauchen zu laſſen. Wie er aber nach dieſen ſich hier anzurichten gedencket / dar - zu auch von ſeinen Eigenen zulaͤngliche Mittel in Handen hat / als wolte er ſich wohl uͤber eine ſol - che Zeit / nicht verbuͤndlich machen / dann auch ſo vermeinet er / daß wegen der Beſoldung E. E. noch eine Verbeſſerung einzuwilligen / ſich nicht entziehen wuͤrden. Hieruͤber nun Dero Entſchlieſſung ge - waͤrtig bleibend / verharre ich.

Ein anders.

WJe gern ich auch mit Recommendation ei - nes tuͤchtigen Handels-Dieners gedienet haͤtte / ſo ungern muß ich mein Unvermoͤgen darzu beken - nen / welches einiges Theils daher ruͤhret / daß mei - nes Herrn Perſon und Handlung / (ob es aus Miß - gunſt / Verlaͤumdung / oder mit Grund der Wahr - heit geſchehe / kan ich eben nicht wiſſen /) an unſern hieſigen Platz ſehr uͤbel angeſchrieben ſtehet / als wann eines Theils die Tractamenten in deſſelben Hauß vor einen rechtſchaffenen Diener ſehr ſchlecht / die Arbeit hingegen ſo viel exceſſiver, und zwar nur in ſolchen Handels-Geſchaͤfften / welche von keiner Importantz / am wenigſten aber alſo beſchaf - fen waͤren / daß ein junger und Lehr-begieriger Menſch zu ſeinen kuͤnfftigen Vortheil etwas dabey ſolte lernen koͤnnen / worzu noch die Beſchwehrun -gen107Von allerhand Kauffmañs-Contracten. gen kommen / welche einige aus des Herrn Dien - ſten gekommene Handels-Diener allenthalben kund machen / daß ihnen nehmlich nach vieler ausgeſtan - dener Muͤh mit Undanck belohnet worden / und ſie biß dieſe Stund ihr verdientes Lohn nicht haͤtten empfangen koͤnnen; Andere hingegen / die ſich et - wann hieran nicht ſtoſſen moͤchten / kommet dieſes Bedencken vor / daß an einem ſolchen Ort / als der iſt / wo der Herr wohnet / wenig in Handlung zu ſehen oder zu lernen / noch weniger aber kuͤnfftig vor einen jungen Menſchen ſein Gluͤck zu machen ſey / daß ich alſo bey ſo geſtalten Sachen hierunter nicht zu dienen weiß / vielmehr aber / anrathen wol - te / ſich ihres Orts ſelbſten um ein gutes Subjectum umzuſehen / weil es von hieraus ſchwerlich zu erlan - gen ſtehen moͤchte / ich verbleibe indeſſen.

Ein anders.

JCh nehme mir die Freyheit / gantz kurtz auf deſ - ſen an mich abgelaſſenes Schreiben zu antwor - ten / und zu ſagen / daß auf die Conditiones, auf welche der Herr einen Handels-Diener verlanget / ſchwehrlich einer zu bekommen ſeyn werde. Dann daß ein junger Menſch / welcher ſeine Jungens - Jahre redlich und ehrlich erſtanden / das Seine ge - lernet / und nunmehro als Diener ſich gebrauchen laſſen will / noch Geld zugeben ſolte / da er vielmehr deſſen zu verdienen gedencket / ſolches ſtreitet wider die Regel der Vernunfft / zumahl da es heutiges Tags mit der Kauffmannſchafft kein ſo groſſe Zau -berey108Caput II. berey oder Geheimniß mehr iſt / daß nicht ein ge - ſchicktes Ingenium, welches der Sprachen und Correſpondentz / der Wiſſenſchafft des Buchhal - tens / und der Rechen-Kunſt faͤhig iſt / ſich leichtlich in eine jede Handlung / ob er gleich nicht zuvor da - rinn gedienet / ſolte ſchicken koͤnnen. So iſt auch die Waaren-Kaͤnntniß ſo ſchwehr nicht / daß ſelbige nicht ebenfalls nach einer kurtzen Anweiſung von einem faͤhigen Subjecto ſolte leichtlich koͤnnen be - griffen werden. Was die Hollaͤnder anbelanget / kan man ihnen ſolche ihre Weiſe und eingefuͤhrte Gewohnheit wohl laſſen; es ſeynd aber die Per - ſonen / an welchen ſolches obſerviret wird / wohl von denen zu unterſcheiden / bey welchen ſelbige nicht guͤltig ſeyn kan; Jenes ſeynd gemeiniglich vorneh - mer Leuth Kinder / welche zwar nicht mehr in den Jungen-Stand ſeyn / ſondern ihre Lehr-Jahre ent - weder bey ihren Eltern / oder andern vornehmen Freunden erſtanden haben / darum aber noch nicht von der Faͤhigkeit ſeyn / mit ihren Handels-Wiſſen - ſchafften bey andern Leuten groſſe Salaria verdie - nen zu koͤnnen / ſonderlich in Laͤndern / welche gantz beſondere Handlungen haben / als diejenige gewe - ſen iſt / bey welcher ſie ihre Jahre ausgedienet; uͤber dem / ſo ſeynd auch ſolche noch Koſt-Geld zu geben - de / ob wohl den Diener Nahmen fuͤhrende nicht ſo ſtrictè zu allen Handels-Fatiquen / als ein Sold empfangener Diener verbunden / genieſſen auch mehr Freyheit / und haben ihre Eltern mehr mit ihnen die Abſicht / daß ſie nur frembder Lufft und Spei - ſen gewohnen / die Sprache des Lands / und was in Handlung einiger maſſen paſſiret / erlernen / imuͤbri -109Von allerhand Kauffmañs-Contracten. uͤbrigen aber / wann ſie ſolcher Geſtalt ein paar Jahr an einem ſolchen Ort ausgehalten / ſich als - dann anderwerts nach Engeland oder Franckreich / auf ein Contoir begeben ſollen / um auch daſelbſt gegen Koſt-Geld / was etwann in Handlung paſſi - ret / zu ſehen / und ſolcher Geſtalt ihre Reiſen zugleich mit zu abſolviren / welches alles ein tuͤchtiger Teut - ſcher Handels-Diener in Teutſchland / und auch nicht in andern Landen / wann er deſſelben Landes Sprach verſtehet / thun wird; ſein Abſicht iſt / Geld zu verdienen / und nicht das Seinige dabey zuzuſe - tzen / ein jeder hat freylich in Handlungen noch zu lernen / es kan aber ſolches ihme nicht ſo wichtig oder noͤthig ſeyn / daß er darum kein Salarium prætendiren / oder gar noch Geld zugeben ſolte. Daß ſich auch die Hollaͤnder auf dem Fuß (Geld zu den Dienſten / welche ihnen geleiſtet werden /) zuzu - fordern / geſetzet / ſolches kommet unter andern auch daher / weil ſie nicht / wie viel unſerer Teutſchen Kauffleut thun / Dieners zum Staat halten / ſon - dern ihre Sachen ſeyn bey établirter Banco in Amſterdam / (bey welcher gleich ein Caſſirer er - ſpahret wird) ſchon eingerichtet / daß ſie ihre Sa - chen theils ſelbſt (zumahl weil ſie perſoͤnlich die Hand mit anlegen / und lieber des Poſt-Tags auf dem Contoir, als in dem Wein-Keller / Luſt-Gaͤr - ten / oder bey dem Brett-Spiel ſich finden laſſen) theils nur mit ein oder zwey Jungens verſehen koͤn - nen / welche entweder ihre eigene / oder doch vor - nehmer Leuth Kinder ſeyn / und (weil nunmehro die Handels-Wiſſenſchafft / wie zuvor ſchon gemeldt / keine ſo groſſe Geheimniſſe mehr ſeyn / als ſie vorAlters110Caput II. Alters geweſen) in ihren funffzehenden oder ſechs - zehenden Jahr ſchon ſolche Capacitaͤt haben / als hinter manchen 30. jaͤhrigen Diener nicht geſuchet werden ſolte. Da nun auch allbereit in Teutſchland viel Kauffleute dieſe der Hollaͤnder ihre Manier und Weiſe mit practiciren / ſo iſt es ſeiter dreyßig biß 40. Jahren her auch ſchon ſo weit gekommen / daß ſich wenig Handels-Diener mehr aufs Con - dition-ſuchen legen / ſondern die meiſten wiſſen ſchon / wann ſie noch wuͤrcklich in Condition ſte - hen / wo ſie / wann ſie aus ſolchen austretten ſolten / ihren Fuß wieder einſetzen / und ſich hinwenden koͤn - nen / zugeſchweigen / daß ſie noch Geld zuzugeben / ſich ſolten perſuadiren laſſen.

Aus welchen allen mein Herr leichtlich ermeſ - ſen wird / daß einen Diener anzuſchaffen / welcher noch Koſt-Geld zugeben ſolte / ſolches allerdings im - practicabel ſey; Das aͤuſſerſte / worzu es etwann zu bringen ſeyn moͤchte / waͤre dieſes / daß / wann der Herr ſeines Handels Wichtigkeit / und die dem an - zunehmenden Subjecto obliegende Schuldigkeit / (ſolche erſtlich zu erlernen / ehe und bevor man ſich nuͤtzlicher Dienſte von ihme zu verſprechen haͤtte /) dociren und darthun koͤnte / wobey auch noch wohl deß anzunehmenden neuen Handels-Dieners Un - faͤhigkeit und Unzulaͤnglichkeit / auch in ſolchen Handels-Wiſſenſchafften / welche doch ein jeder Handels-Diener nothwendig wiſſen ſolte / muͤſte be - wieſen werden / daß alsdann ein ſolcher unfaͤhiger Menſch noch ein paar Jahr umſonſt dienete / her - nachmahls aber erſt ein mittelmaͤßiges Salarium ihme gereichet wuͤrde / dieſes iſt es / was ich meinemgeehr -111Von allerhand Kauffmañs-Contracten. geehrten Herrn in Antwort ſchreiben ſollen / der ich in uͤbrigen verharre.

Ein anders.

JN Antwort des Herrn angenehmen von 28. Paſſato berichte ich / daß mir ein ſolches Sub - jectum eines Handels-Dieners zu Handen gekom - men / von welchem ich weiß / daß der Herr alle gu - te Dienſte und Satisfaction werde zugewarten ha - ben; ſein Nahme iſt N. N. ein hieſiges Stadt - Kind / welcher aber zu Franckfurth am Mayn bey Herrn N. N. ſeine Jungen-Jahre erſtanden / ſeiter vier Jahren her aber in Herrn N. N. Handlung allhier gedienet / wie ſolches alle ſeine ehrliche Ab - ſchiede und Teſtimonia ausweiſen koͤnnen. Wann er nun diejenige Conditiones, welche der Herr vorgeſchlagen / ſich gefallen laſſen / und dasjenige zu præſtiren gedencket / was der Herr von einem qualificirten Handels-Diener (ſonderlich der in ſeiner Handlung dienen will) erfordert / ich auch ſelbſt dieſes Menſchen ſeiner guten Conduite hal - ber allezeit reſponſable ſeyn will / als iſt nichts mehr uͤbrig / als daß der Herr die Verfuͤgung thue / wann und wie er uͤberkommen / und ſeine Dienſte antretten ſoll; hierauf Antwort erwar - tende / verbleibe ich.

Schrei -112Caput II.

Schreiben eines Dienſt-ſuchenden Handels-Diener an einen Freund.

DEmſelben wird nicht unwiſſend ſeyn / daß durch den Todt Herrn N. N. meines etliche Jahr her geweſenen liebwerthen Herrn Patroni, deſſen Handlung ſo weit ceſſiret / daß die Erben mehr die noch ausſtehende Schulden einzutreiben / und die verhandene Waaren zu verkauffen / als die Hand - lung fortzuſetzen / geſinnet ſeyn; Wann nun bey ſo geſtalten Sachen mein Gluͤck weiter zu ſuchen / mir allerdings angelegen ſeyn will / als erſuche ich mei - nen Herrn / im Fall ihres Orts in einer beruͤhmten Handlung (in welcher vor einen jungen Menſchen noch was zu ſehen / zu lernen / und zu verdienen ſeyn moͤchte) eine Condition offen ſeyn ſolte / mir ſolche vor andern zuzuweiſen / allenfalls haͤtte ich noch wohl Luſt / ein Jahr oder vier mich in der Frembde herum zu tummeln / meine Profectus ſeynd dem Herrn mehrentheils bekannt / dieſes iſt die Hand / welche ich ſchreibe; bey meinem ſeeligen Patron ha - be ich die Hollaͤndiſche und Frantzoͤſiſche Corre - ſpondenz gefuͤhret / dabey noch die Haupt-Han - dels-Buͤcher gehalten / und mehrentheils des Mit - tags die Boͤrſen-Zeit gantz allein verwaltet / und wann es ja erfordert werden ſolte / meiner Treu und Conduite halben Caution zu ſtellen / (wie - wohl ſolches bey Handels-Dienern etwas unge - woͤhnliches / als die man billich aus ihren wohl er - ſtandenen Lehr-Jahren und Teſtimoniis ander - waͤrts ſchon abgelegter redlicher Dienſte beurthei - len ſolte /) ſo wird ſich Herr N. N. allhier nicht ent -ziehen /113Von allerhand Kauffmañs-Contracten. ziehen / ſolche Caution vor mich zu præſtiren / wel - ches ich meinem geehrten Herrn zur Nachricht mel - den / und mich dabey deſſen Gewogenheit und Vor - ſorge recommandiren wollen / der ich allſtets ver - harre.

Ein anders.

D ich demſelben mit dieſen wenigen Zeilen um Erzeigung eines geneigten Willens ihres Orts erſuche / ſolches wird man verhoffentlich nicht uͤbel deuten / zumahl / da man auch von meiner Perſon aller moͤglichen Gegen-Dienſte allhier verſichert ſeyn kan. Es beruhet aber mein Anliegen kuͤrtzlich darinn / indem ich vernommen / ob ſolte bey Herrn N. N. eine Condition offen ſeyn / wann ich mich nun gern zu ſolcher befoͤrdert ſehen moͤchte / anerwogen / daß in dieſes Herrn ſeiner Handlung nicht allein was rechtſchaffenes zu lernen / ſondern auch ſehr gut vor einen jungen Menſchen bey ihm zu dienen iſt; als gelanget an dem Herrn mein dienſtliches Erſuchen / etwann ohnverzuͤglich die Gelegenheit zu nehmen / meine Perſon demſelben zu recommandiren / ich werde im Fall gluͤcklicher Expedition vor die dar - unter gehabte Muͤhwaltung eine wuͤrckliche Danck - barkeit abzulegen nicht unterlaſſen / und jederzeit hinwiederum ver - harren.

HEin114Caput II.

Ein anders / und zwar an einen Maͤckler gerichtet.

Wohl-Vornehmer / Jnſonders Viel - geehrter Herr.

WAnn mir nicht unbekannt iſt / daß derſelbe ſehr offt Gelegenheit habe / gute Subjecta in Kauff - maͤnniſchen Dienſten unter zu bringen / und ich da - her gern meinen Bruder / einen jungen Menſchen von 22. Jahren / welcher allhier bey Herrn N. N. ſei - ne Jahre erſtanden / ihres Orts als Diener wieder angebracht wiſſen wolte. Als gelanget an den Herrn mein freundliches Erſuchen / mir den Gefal - len zu erweiſen / und nach einer raiſonnablen Con - dition vor ihm umzuhoͤren. Er iſt ein guter Ver - richter / ſo wohl auf der Contoir, als bey Waaren / ſonderlich bey Material-Waaren; daß ich alſo mei - nen Herrn verſichern kan / wie er mit dieſes jun - gen Menſchen Recommendation keinen Undanck verdienen wuͤrde. Jch ſende indeſſen hierbey pro Arrha einen Gold-Gulden / es ſey gleich / daß des Herrn ſeine Bemuͤhung etwas fruchte oder nicht / ſo ſoll dieſes doch pro recognitione verbleiben. Jm Fall aber / daß durch dem Herrn etwas gutes effectuiret wuͤrde / will ich mich noch zu einer Er - kaͤnntlich von drey Species-Ducaten hiermit ver - buͤndlich gemacht haben / hierauf gute Ant - wort gewaͤrtig bleibend / ver - harre ich.

NB. Alle115Von allerhand Kauffmañs-Contracten.
  • NB. Alle dergleichen Briefe / welche man weg - ſchreibt / und daran niemand / als dem Schreiber deſſelben / gelegen iſt / die muͤſſen franchiret wer - den / und finde ich gar billich / daß / wann einer kaltſinniger Weiß / und in der Meynung / der andere koͤnte wohl das Porto bezahlen / es habe nichts zu bedeuten / einen Brief unfranchiret zu - ſchickt / daß derſelbe / an dem der Brief lautet / wo er anderſt nicht dem Grobiano es zu gut haͤlt / oder andere Abſichten hat / ihme ſolchen un - franchirten Brief nicht beantworte / auch die Commiſſion, oder das Petitum, welches da - rinnen geſchehen / nicht vollziehe / damit ſolche un - vorſichtige oder unhoͤffliche Leute hinfuͤhro / an - dere mit ihren Briefen zu belaͤſtigen / moͤgen ab - geſchroͤcket werden.

Ein anders / in welchem ein Kauff - manns-Diener an eine gantze Zunfft der Kauffmannſchafft-Verwandten / von welchen hin - ten in dem XV. Capitel gedacht wird / ſchreibet / und um Recommendation zu einer guten Han - dels-Condition Anſuchung thut.

Edle / Wohlachtbare / inſonders Viel - geehrte Herren.

DEnenſelben freundlichſt zu entdecken / wie daß ich Endsbenannter groſſes Belieben truͤge / mich ihres Orts noch auf ein Jahr drey oder vierH 2vor116Caput II. vor einen Handels-Diener in Condition zu bege - ben / veranlaſſet mich dero ruhmwuͤrdiges Inſtitu - tum, Krafft welchen ſich alle Dienſt-ſuchende Han - dels-Verwandte frey an dero loͤbliche Bruͤder - ſchafft addreſſiren moͤgen; Wann aber auch ihre Statuta dabey vermoͤgen / daß ein ſolcher die Um - ſtaͤnde ſeiner Perſon zugleich aufrichtig und genau mit bemercken muͤſſe / als berichte ich / daß ich von hier gebuͤrtig / eines ehrlichen Buͤrgers und Rechen - Meiſters Sohn / meines Alters 23. Jahr; Meine Jungen-Jahre habe ich bey Herrn N. N. zuge - bracht / bey welchem ich auch hernach noch drey Jahr als Diener geſtanden / und noch ſtehe / von ihnen auch gern nochl laͤnger mit Verbeſſerung eines Sa - larii (welches biß dato 50. Reichsthaler des Jahrs geweſen) wuͤrde beybehalten werden / wann ich nicht / mich ferner in der Frembde und bey andern Handlungen umzuſehen / Belieben truͤge. Wann ich nun bey meinen jetzigen Herrn Patronis des Poſt-Tages zur Correſpondentz / taͤglich aber beym Ausſchnitt in ihren offenen Seiden-Gewoͤlbe bin an - gehalten worden / als erſehen hieraus die Herren beylaͤufftig / worzu ich zu employren bequem ſeyn moͤchte / hierauf nun Dero geneigte Antwort gewaͤr - tig bleibend verharre ich.

Meiner vielgeehrten Herren dienſtwilligſter N. N. Die Aufſchrifft koͤnte ſeyn / denen Edlen und Wohl-Achtbaren Herren Præſidi, Vorſtehern und Aſſeſſoribus, einer loͤblichen Stifftung der Kauffmannſchafft-Verwandter hieſelbſt. Großguͤnſtig Jn N. N.

Schrei -117Von allerhand Kauffmañs-Contracten.

Schreiben eines Dieners an einen Handels-Patron ſelbſt. Wohl-Edler / Jnſonders Hochzueh - render Herr.

WAnn mir glaubwuͤrdig hinterbracht worden / ob ſolte derſelbe in ſeiner beruͤhmten Hand - lung eines Buchhalters benoͤthiget ſeyn / worzu ich dann meine Perſon gehorſamſt offeriret haben wolte / der ich laut meines in Haͤnden habenden Ab - ſchieds in gleicher Function allbereit etliche Jahr her in der Herren N. N. allhier ihrer Handlung ge - ſtanden / nunmehro aber auch anderwaͤrts mich zu verſieglen Belieben haͤtte.

Als gelanget an meinen Hochgeehrten Herrn mein dienſtliches Erſuchen / mir etwann / in Antwort dieſes / ſeine Meynung durch ein paar Zeilen wiſſend zu machen / damit ich ferner meine Meſſures dar - nach nehmen koͤnne / ich verſichere aller getreuen und realen Bedienung / werde mich auch nicht ſcheuen / wann mein Herr zu mehrerer Verſiche - rung von obgedachten meinen geweſenen Herren Patronis, meiner Perſon und Conduite halber / Nachricht einziehen wolte / worauf deſſen geneigte Reſolution gewaͤrtig bleibende / verharre ich mit allem Reſpect

Hoch-Edler / Jnſonders Hochzuehrender Herr. deſſen zu dienen bereitwilligſter N. N.

H 3Ein118Caput II.

Ein anders.

JCh habe mich biß anhero bey Herrn N. N. vor - nehmen Materialiſten hieſelbſt / drey Jahr / vor - mahls aber bey Herrn N. N. in Hamburg zwey Jahr als Diener aufgehalten / und weil ich der Hollaͤndiſchen und Frantzoͤſiſchen Sprach maͤchtig / an beyden Orten mich ſo wohl zur Correſpondentz / als auch bey den Waaren / zu Hauß / und auf Rei - ſen / willig gebrauchen laſſen / alſo / daß beyderſeits meine Herren Patroni ein ſattſames Genuͤgen dar - uͤber verſpuͤhret / wie ſolches die mir von ihnen er - theilte Abſchiede mit mehrern ausweiſen werden.

Wann mir nun von Herrn N. N. hinterbracht worden / ob ſolten E. E. ein tuͤchtiges Subjectum in Dero beruͤhmten Handlung zu employren / auf hieſiger Boͤrß haben ſuchen laſſen; als offerire ich darzu gantz gehorſamſt meine Perſon / ſolte ja an allen zu Dero Verrichtungen erforderten Qualitaͤ - ten / ſonderlich an der Wiſſenſchafft des Buchhal - tens / mir noch etwas abgehen / ſo werde ich mich doch aͤuſſerſten Fleiſſes bemuͤhen / mich darinnen zu E. E. Dienſten je laͤnger je faͤhiger zu machen / um ſolcher Geſtalt zu erweiſen / daß ich Verlangen tra - ge mich zu nennen.

Hoch-Edler / Jnſonders Hochzuehrender Herr. deſſen Treu-ergebenſten Diener. N. N.

Ein119Von allerhand Kauffmañs-Contracten.

Ein Handels-Patron erkundiget ſich bey einem Tertio, um denjenigen / der ihn als Diener ſeine Dienſte offeri - ret hat.

ES hat ſich N. N. ihres Orts in meiner Hand - lung als Diener zu dienen / durch ein an mich abgelaſſenes Schreiben angeboten / und dabey eini - ge Umſtaͤnde von ſeiner Perſon und Capacitaͤt be - richtet / wann ich nun / ehe ich hierauf eine Reſolu - tion von mir gebe / erſtlich weitere Nachricht von meinem geehrten Herrn dieſes Menſchen wegen ein - zuziehen vor noͤthig erachte / als erſuche ich mir ſol - che unverholen und aufrichtiger Weiſe mitzuthei - len / es ſoll alles bey mir in hoͤchſter Verſchwiegen - heit bleiben / auch auf Begehren des Herrn eigen - haͤndiges Schreiben wieder zuruͤck geſandt werden / ich diene in dergleichen und andern Faͤllen wieder - um / und verbleibe.

Antwort auf obiges / mit einer Recommendation.

D in mir geſetzte Vertrauen / meine Nach - richt wegen des ſich bey den Herrn zu dienen offerirenden N. N. zu eroͤffnen / erfordert meiner Seits deßfalls mit aller Aufrichtigkeit heraus zu gehen / und nach ſolchen dem Herrn zu berichten / daß beſagter N. N. hieſiges Orts / ſeiner Conduite wegen / in ſchlechten Credit ſtehe / auch einige Con - dition unter hieſigen Kauffleuten zu erlangen / ſichH 4gantz120Caput II. gantz keine Hoffnung machen darff zumahl da ſei - ne Capacitaͤt der Function eines rechtſchaffenen Handels-Dieners ein Genuͤgen zu thun / bey weiten nicht zulaͤnglich iſt. Mehrere Particularia anzufuͤh - ren / erachte ich eben nicht noͤthig / es genuͤget mich / obige Generalia dem Herrn im Vertrauen eroͤff - net zu haben; Stehet nunmehro bey ihme / was er hierauf thun oder laſſen wolle / nur will ich dieſes mein Schreiben bey erſter Poſt mir wieder zuruck zu ſenden ausgebeten haben / der ich in uͤbrigen verharre.

Antwort mit einer Recommen - dation.

WAs N. N. bey Offerirung ſeiner Dienſte an den Herꝛn zur Recommendation ſeiner Per - ſon gelangen laſſen / das befindet ſich allerdings der Warheit gemaͤß / inmaſſen an dieſem jungen Men - ſchen / ſo wohl ſeiner Conduite als Capacitaͤt hal - ber / nichts auszuſetzen iſt / und wuͤrde es ihm an gu - ten Conditionibus allhier nicht ermangelt haben / wann er nicht lieber in der Frembd ſich noch etwas umzuſehen / erwaͤhlet haͤtte. Jch gratulire demnach dem Herꝛn / im Fall er dieſen Menſchen in ſeine Dien - ſte aufzunehmen reſolviren ſollte / zum Voraus zu demſelben / und wuͤnſche / daß es beyderſeits mit Ver - gnuͤgen moͤge angefangen und geendiget werden / ich aber verbleibe.

Abſchlaͤ -121Von allerhand Kauffmanns-Contracten.

Abſchlaͤgige Antwort eines Patrons, an einen Dienſt-ſuchenden Diener.

Monſieur.

AUf ſein an mich abgelaſſenes Schreiben / darinn er mir ſeine Dienſte zu meiner Handlung offeri - ret / habe ich nur dieſes in Antwort melden wollen / daß deꝛmalen die auf meinem Contoir vacant gewe - ſene Stelle ſchon beſetzet ſey / und ich alſo niemand mehr benoͤthiget; wuͤnſche dannenhero / daß man an - derwaͤrts ſein Employ finden moͤge / und ver - harre.

Monſieur deſſen Freund-williger N. N.

Annehmliches Antwort-Schrei - ben.

WJe ich mir ſeine Offerte, bey mir in Dienſte zu tretten / gefallen laſſe / und nicht zweiffle / der Hoͤchſte werde ſeinen Seegen darzu geben / damit es beyderſeits mit Vergnuͤgen geſchehen koͤnne; als hat nunmehro derſelbe / ſich forderſamſt auf die Reiſe hieher zu begeben / und ſo gleich bey ſeiner Ankunfft in meinem Haus ſeinen Abtritt zu nehmen / da als - dann uͤber dem aufzurichtenden Contract bey Ge - legenheit ein mehrers kan gehandelt werden. Jndeſ - ſen wolle derſelbe bey N. N. ſich erkundigen / ob dieH 5bewu -122Caput III. Von denbewuſte Gelder vor dem neulich verkaufften Indigo eingegangen / auch ob die ſechs Kiſten Leinwand in dem Schiff N. N. meiner Ordre gemaͤß verladen worden / was man von dem Preiß der Wolle / wie auch des Korns dieſes Jahrs vor Hoffnung habe / davon waͤre gleichfalls Nachricht einzuziehen / ſo koͤnte auch meine Engliſche Uhr / welche ich neulicher Zeit dem Uhrmacher N. N. daſelbſt zu Reparation zugeſandt / wann ſolche fertig iſt / abgefordert und mit anhero gebracht werden. Jch wuͤnſche gluͤckliche Reiſe und verbleibe.

Caput III.

Was ein Kauffmanns-Die - ner / nach Art der Handlung / bey welcher er dienet / wiſſen / und auch ſonſten vor Qualitaͤten an ſich haben muͤſſe / auch was vor Laſter und Gebrechen einigen unter ihnen anzuhaͤngen pfle - gen.

GLeich wie in allen Profeſſionen und Kuͤn - ſten / derjenige / der ſich denenſelben widmet / erſtlich die Lehr-Jahre paſſiren / folglich das Gelernte in Praxin und Ubung zubringen / ſich befleiſſen muß / ehe er noch als Meiſter in der Kunſt kan freygeſprochen werden / dahero auch alle Kuͤnſte und ſonderlich die Handwercker anfaͤnglichihre123Qualiraͤren eines Kauffmanns-Dieners. ihre Lehr-Jungens / folglich ihre Geſellen / und dann erſtlich die Meiſters haben; Alſo iſt es auch mit der Kauffmannſchafft bewandt / in welcher die darzu gewidmete / erſtlich in ihren Lehr - und Jungen-Jah - ren dasjenige lernen und begreiffen muͤſſen / was die nothwendigſte Grund-Lehren der Kauffmannſchafft ſeyn / wenn ſie nun ſolche begriffen / und die darzu be - ſtimmte oder veraccordirte Lehr - und Dienſt-Jah - re geendiget haben / tretten ſie alsdann erſt in den Ge - ſellen oder Diener-Stand / werden auch von ihren eigenen Patronis, wann ſie laͤnger in ihren Dienſten verharren wollen / von dem Tag ihrer Loßſprechung und geendigten Jungen-Jahren an / ſchon durch ein und andere Zeichen von andern diſtinguiret / als z. E. daß ihre Patroni ſie nicht mehr / wie zuvor / mit Du / ſondern mit Jhr anreden / ihnen / ein gewiſſes jaͤhrliches Salarium conſtituiren / ſie auch bey dem Tiſch ſitzen laſſen / da ſie zuvor / wie bey einigen Kauff - leuten im Gebrauch kommen will / haben ſtehen / oder gar mit dem Geſind eſſen muͤſſen / und was etwan dergleichen Prærogativen mehr ſeyn moͤchten / die ein neu-angehender Kauffmanns-Diener / nach vollendeten ſeinen Jungen-Jahren / und wohl aus - geſtandenem Examine zu genieſſen hat / ſonderlich aber haben ſich derſelben / die ſchon allbereit etliche Jahr im Geſellen-Stand geweſene / und alſo wohl und durch Erfahrung geuͤbte zu erfreuen / in dem ihnen billich / geſtalten Sachen und Handlungen nach / ihre Diſtinction vor Jungens / die noch in ihren Lehr-Jahren begriffen / gebuͤhren muß.

Wie aber niemand gern an ſeine Bediente Koſt und Lohn ausgebiet / es ſey dann / daß er ſie wie -der124Caput III. Von dender nuͤtzlich davor gebrauchen koͤnne; hierzu aber / an einem ſolchen Bedienten / eine zimliche Capacitaͤt und Erfahrenheit erfordert wird / als wollen wir in dieſem Capitel von denen Wiſſenſchafften und Qua - litaͤten eines geſchickten und rechtſchaffenen Kauff - manns-Diener handeln; dieſe letzere aber (weil in ſolchem die Moralitaͤt / ohne welche alle Wiſ - ſenſchafften nichts ſeyn wuͤrden / mit begriffen) zu erſt vor uns nehmen / und nach ſolchen gleich anfaͤnglich zeigen / daß ein qualificirter Handels-Diener erſt - lich Gottsfuͤrchtig ſeyn muͤſſe / ſintemal alles / was mit GOTT angefangen wird / niemals uͤbel ausge - gangen; die Gottesfurcht iſt die rechte Klugheit: Initium Sapientiæ, timor Domini; Sie machet die Albern weiß / giebet Gluͤck und Seegen zu allen Ge - ſchaͤfften / behuͤtet den Menſchen / ſonderlich die jun - gen Leute / daß ſie in keine Suͤnde willigen / viel - mehr das Boͤſe wie eine Schlange meiden / als wel - che / wann man ihr zu nahe kommt / toͤdtlich zu ſtechen pfleget; in Summa / die Gottesfurcht iſt zu allen Dingen nutz / und hat die Verheiſſung dieſes und des zukuͤnfftigen Lebens / ſo muͤſſen auch denen / die GOTT fuͤrchten / alle Dinge zum beſten dienen.

Hiernechſt wird auch an ihm / die mit der Got - tesfurcht genau verbundene Klugheit / auch in welt - lichen Dingen das Boͤſe von den Guten zu unter - ſcheiden / und Schlangen Klugheit zu haben / erfor - fordert / ingleichen der Regul des weiſen Hausleh - rers Syrachs cap. 7. v. 40. zu folgen / was du thuſt / O Menſch / ſo bedenck das Ende / ſo wirſt du nim - mermehr Ubels thun!

Die Liebe zur Warheit und Gerechtigkeit / De -muth125Qualitaͤten eines Kauffmanns-Dieners. muth und Leutſeeligkeit / die Wachſamkeit / Ver - ſchwiegenheit und Treue / ingleichen ein unermuͤde - ter Fleiß und Sorgfalt / indem / was zu thun / befoh - len wird / um ſolches wohl auszurichten. Ferner die Maͤßigkeit / Reinigkeit und Genuͤgſamkeit / die Ge - dult / Sanfftmuth und Gelaſſenheit ſeynd alles Tu - genden / welche einen jungen Menſchen zieren / und bey GOtt und Menſchen angenehm machen koͤnnen. Dann durch die Liebe zur Warheit und Ge - rechtigkeit / wird er ſich ſcheuen zu luͤgen / und un - recht zu thun / oder ſeinen Bruder und Nechſten zu vervortheilen im Handel / auch ſo gar wann ſein Herꝛ ihme ſolches befehlen / oder daran Belieben tragen ſollte / wird er ſich doch deſſen entziehen / und in ſolchem Fall GOtt mehr als denen Menſchen ge - horchen / er wird ſich enthalten von Fluchen und Schwoͤhren / welches ſonderlich vieler gemeiner Kraͤmer ihr Proprium iſt / und ſein Wort Ja / Ja / und Nein / Nein / laſſen / als wohl wiſſend / daß alles / was daruͤber iſt / vom Ubel ſey; ferner wird er ſich huͤten vor falſcher Maaß und Gewicht / als wel - ches dem Herꝛn ein Greuel iſt. Der Demuth wird er ſich darum befleiſſigen / weil GOtt denen Hoffaͤr - tigen widerſtehet / denen Demuͤthigen aber Gnade giebt / ſo wird auch im Kauff-Handel mit Pralery nicht viel ausgerichtet / Kluge Leute hoͤren ſolche an / ſtreichen aber des Pral-Hanſens Wort / auf dem Probier-Stein der Vernunfft und Erfahrenheit / und entdecken bald / ob es falſche oder gute Muͤntze ſey. Die Leutſeeligkeit / in ſo weit ſie nicht in eine allzugroſſe Familiaritaͤt oder Baſſeſſe verfaͤllt / ſondern ſich in ihren Schrancken haͤlt / recomman -dirt126Caput III. Von dendirt bey Kauffleuten ſehr viel / lockt die Kaͤuffer an / erhaͤlt offt eine Waar in naͤhren Preiß / als mit Sauerſehen / und Miſanthropie nicht geſchiehet / ſie giebet einen Acceß zu vornehmen und Lehrrei - chen Compagnien / entdecket vielmals wichtige Ar - cana, und machet / daß ein junger Menſch / den ſolche Tugend zieret / allenthalben angenehm iſt.

Wachſam muß ein Kauffmanns-Diener ſeyn / weil der Hauffmanns-Stand ſolches erfordert / es heiſt nicht allein vigilantibus jura, ſed etiam lu - cra ſcripta ſunt, nicht allein das Recht / ſondern auch die Profiten ſeynd vor die Wachende / und nicht vor die Schlaffende. Und wer muß wohl mehr als ein Diener / ſonderlich ein Kauffmanns-Diener / auf - gemuntert und wachſam ſeyn / damit er immer auf der Hut ſtehe / wo ſeines Herꝛn Nutzen koͤnne be - foͤrdert / Schaden aber abgewandt werden / wel - ches er dann ſonderlich ins Werck zu richten noͤthig hat / wann ihme etwan einer gantzen Handlungs - Direction allein auf dem Hals lieget / und alle Ver - antwortung derſelben kuͤnfftig auf ihn allein kom - men / und von ihm gefordert werden moͤchte.

Die Verſchwiegenheit wird denen bey Handlung Dienenden / nicht weniger als denen Soldaten / die zu Feld liegen / recommandiret / dann wie offt hat nicht ein unbeſonnen entflogenes Wort / einen guten Anſchlag zu nicht gemacht / der ſonſt noch wohl haͤtte koͤnnen mit Nutzen ins Werck gerichtet werden / wann er waͤre verſchwiegen geblieben. Man nehme die Behutſam und Verſchwiegenheit von der Kauffmannſchafft weg / ſo entziehet man ihr einen Theil ihres Lebens / inſonderheit hat ſich ein Die -ner127Qualitaͤten eines Kauffmanns-Dieners. ner derſelben zu befleiſſigen / wann ihm etwan ſein Herꝛ in wichtigen Handels-Geſchaͤfften mit zu Rath ziehet / oder daß ſolcher ſonſt einen zugelaſſenen heimlichen Verdienſt hat / der bloß von der Ver - ſchwiegenheit und dem Geheimniß dependiret / dann ſollte der Diener ſolchen ausplaudern und kund machen wollen / ſo wuͤrde er ſeinem Herꝛn das Meſ - ſer an die Kehle ſetzen / ihme ſein Brod abſchneiden / und folglich mit Recht ein Haus - und ſtraffwuͤrdi - ger Brod-Dieb genennet werden koͤnnen / ja er wuͤr - de / wo nicht Galgens / doch oͤffentlicher ignominieu - ſer Straff wuͤrdig ſeyn / wann er / im Fall ſein Herꝛ ihme alles Gutes gethan / und etwan in alle des ungetreuen Dieners uͤbermaͤſſige Poſtulata und In - ſolentien nicht willigen wollte / hingienge / und das Lucrum, welches etwan ſein Principal, juſto Ti - tulo in dieſer oder jener zugelaſſenen Sach gema - chet / entdecken wollte / welches wir nicht ohne Ur - ſach dieſes Orts exaggeriren / weil man von der - gleichen Caſibus in Terminis genugſame Exem - pel hat / meines Erachtens aber dergleichen Treu - loß-handlende Diener / die ihre ſonſt wohl um ſie ver - diente Herren vorſetzlicher weiß / ſolcher Geſtalt ins Ungluͤck zu ſtuͤrtzen ſuchen / mit derjenigen Straff ſollten beleget werden / zu welchem der großmuͤthige Roͤmiſche Feld-Herꝛ Camillus jenen Treu-loſen Schulmeiſter der Stadt Faliſcum, der Jhm der vornehmſten Burger Kinder ins Lager practiciret / (in Hoffnung mit ſolcher Treuloſigkeit eine groſſe Recompens zu verdienen /) condemniret hat / daß nemlich jeder Knab eine friſche Ruthen in die Hand nehmen / und damit ihren Ehr-vergeſſenenSchul -128Caput III. Von denSchulmeiſter wieder nach der Stadt zu peitſchen ſollten / welches dann auch wuͤrcklich alſo geſchehen / und hernach ſo viel gefruchtet / daß die Faliſcer durch ſolche des Camilli Großmuͤthigkeit bewogen / ſich und ihre Stadt ſo viel eher uͤbergeben haben.

Mit der Verſchwiegenheit iſt am nechſten vergeſchwiſtert die Treue und Redlichkeit; Die - ſe erfordert von einem jungen Menſchen / daß er 1. GOtt / 2. ſich ſelbſt / 3. ſeinem Herꝛn / und 4. auch ſeinem Neben-Menſchen getreu ſey; er iſt aber und bleibet GOtt getreu / wann er ſich nach ſeinen Geboten haͤlt / und in dem thaͤtigen Chri - ſtenthum nicht laß noch muͤde wird; gegen ſich ſelbſt uͤbet er die Treue aus / wenn er redlich dienet / wel - ches ihme den Seegen und einen guten Namen zu - weg bringet / wann er was rechtſchaffenes in ſei - nem Diener-Stande bey Handlungen zu lernen ſu - chet / wovon er ſich und die Seinige heut oder mor - gen ehrlich ernehren koͤnne / ingleichen / wann er ſich durch ſein demuͤthigen / leutſeeligen Dienſt / und friedfertigen Umgang mit allen Leuten / Patronos ſuchet / welche ihm kuͤnfftig / wann er ſeinen eigenen Handel anzufangen gedencket / mit Rath und That an die Hand gehen koͤnnen; hingegen heiſt es ſich nicht ſelbſt getreu ſeyn / wann man untreu han - delt / und entweder ſeinen Herꝛn oder andere Leut beſtielet / unter dem ſchmeichlenden / aber hernach uͤbel ausſchlagenden / Wahn / jederman ſey ſich ſelbſt die nechſte Treu ſchuldig; da doch hingegen noch viel ve - ſter das Moral-Geſetz / du ſollt nicht ſtehlen / noch dei - nen Bruder vervortheilen im Handel / uns ins Hertz eingepraͤget / uͤber dem auch zur Gnuͤge bekandt iſt /daß129Qualitaͤten eines Kauffmanns-Dieners. daß unrechtes Gut nicht auf den dritten Erben komme.

Gegen ſeinen Herꝛn iſt ein Diener getreu / wann er deſſen Nutzen / ſo viel an ihm iſt / auf alle Weiſe zu befoͤrdern / ſeinen Schaden hingegen ab - zuweden trachtet / wann er ihn mit geziemender Mo - deſtie warnet / und etwan von ſolchen Unter - nehmungen abmahnet / die zu deſſen Schaden ge - reichen koͤnnten / wenn er mit unermuͤdetem Fleiß und Sorgfalt dienet / und gern wann es bey ihm ſtuͤnde / ſeinem Herꝛn / einen Groſchen zu einem Thaler machen wollte; hingegen wird er von ſol - chem Vinculo der Treue loß / wann er auch gleich juratioriſch / dem Herꝛn treu zu dienen / ſich verſchrie - ben und angelobet haͤtte / wann ſein Herꝛ ihm et - was befehlen ſollte / ſo wider GOtt / die hohe Obrig - keit / das gemeine Beſte / und wider gute Zucht / Sitten und Erbarkeit ſeyn und ſtreiten ſollte / in welchem Fall er nicht zu pariren / ſondern wann er bono modo ſeinen Herꝛn nicht auf beſſere Wege und Gedancken bringen kan / lieber deſſen Dienſte zu quitiren hat / als in ſolche ihme angemuthete Suͤnden und Laſter zu willigen. Jſt es demnach ein erſchroͤckliches Exempel / welches der Author des geſchmuͤckten Luͤbecks von einem verwegenen und GOttes-Gericht aus den Augen-ſetzenden Kauff - manns-Diener erzehlet / der / wie er zweiffels ohn ein ruchloſer Menſch geweſen / alſo ſich nicht ge - ſcheuet / ſeines Herꝛn begangene Suͤnde / und dar - uͤber fuͤhlende Gewiſſens-Marter / freywillig und zwar vor ein Stuͤck feines Tuch auf ſich nehmen / welche Verwegenheit er aber kurtz darauf unter desJhoͤlli -130Caput III. Von denhoͤlliſchen Satans Mord-Klauen erſchroͤcklich buͤſ - ſen muͤſſen / wir wollen / weil dieſe warhafftige Ge - ſchicht vielen ſichern und ruchloſen Welt-Kindern zur Warnung dienen kan / ſelbige aus gedachtem Authore folgendes Jnhalts hier anfuͤhren.

Um das Jahr Chriſti 1468. wohnte auf dem Klingenberg in Luͤbeck ein vornehmer Mann / der wegen ſeines Wohlſtands in den Rath-Stuhl geſe - tzet wurde / in dieſem ſeinem Haus wurde einsmals ein Haupt-Schmuck von koſtbaren Perlen verloh - ren / weil nun die Mthmaſſung fiel / daß ſolchen ein in dem Haus arbeitender Handwercks-Mann moͤchte geſtohlen haben / wurde er eingezogen und auf die Folter geworffen / um durch die Marter von ihm herauszubringen / was er gutwillig nicht geſte - hen wollte Die Tortur war ſo hefftig / daß / weil er ſolche nicht mehr auszuſtehen vermochte / er beken - nete / was er nicht gethan hatte / zugleich aber das Vertrauen in ſeinen Klaͤger / der auch ſein Richter war / ſetzte / daß / weil er deſſen Gevatter waͤre / er ihm das Leben ſchencken wuͤrde / allein hier war keine Barmhertzigkeit; der gottloſe Richter ſchnaubete ihn an / und faͤllte gleich das Urtheil / wann er auch zehenmal ſein Gevatter waͤre / ſo muͤſte er doch hencken / wie dann auch etliche Tage hernach geſchah. Bey Verleſung des Todes Urtheils aber / ließ der arme Patient ſich nachfolgender Worte ver - nehmen / (Herꝛ Gevatter / weil ich ja ſterben ſoll und muß / ſo fordere ich euch vor GOttes Gericht / daß ihr innerhalb 14. Tagen daſelbſt erſcheinet / und wegen dieſes meines unſchuldigen Todes Rechen - ſchafft gebet /) dieſe Worte / ob ſie wohl bey an -dern131Qualitaͤten eines Kauffmanns-Dieners. dern eine ſtarcke Wuͤrckung / haͤtten thun moͤgen / fanden doch bey dem gottloſen Richter kein Gehoͤr / der arme Menſch ſollte und muſte hencken; aber ſie - he was geſchicht / etliche Tage nach der Execution, wird der verlohrne Schmuck wieder gefunden / wel - cher dann gleich des gottloſen Richters Richter war / indem er den Gehenckten vor unſchuldig erklaͤrte / ihme aber / daß er ein Mann des Todes waͤre / ins Gewiſſen predigte. Hier war Angſt uͤber Angſt / das Gewiſſen ſtellte ihme allbereit die bald zu erwarten - de Goͤttliche Rache vor; er lag des Nachts zwar auf einem ſanfften Bett / doch duͤnckte ihm ſolches lauter Diſtel und Dorn zu ſeyn / ſeine Staats - und Ehren-Kleider kamen ihme vor / als wann es hoͤlliſche Flammen waͤren / welche ihn umgeben haͤt - ten. Jn dieſer Hertzens-Angſt ſchickte ihme der Satan gleichſam einen Quackſalber zu Huͤlff / wel - che die Wunden oben zu heilen / aber den Grund voll Eyter zu laſſen pflegen / dieſes war ſein / um Schulden einzumahnen lang ausgeweſener Die - ner / der zwar Geld / nicht aber Suͤnden-Schulden aufzuheben gelernet hatte. Dieſer / da er bey ſeiner Zuhauskunfft ſeinen Herꝛn in ſo groſſer Traurigkeit ſahe / bemuͤhete ſich ihme durch Vorzeigung ſei - ner gehabten guten Verrichtung / und des vielen mitgebrachten Gelds einen Muth einzuſprechen / muſte aber zur Antwort hoͤren / daß dieſes alles vor ihm eine ſchlechte Freude / und kein zulaͤngliches Gut waͤre / die ihme auf dem Hertzen-liegende Blut - Schuld damit zu tilgen / und was ſoll mir dieſes al - les nuͤtzen / ſprach er weiter: Nun der Tag heran nahet / da ich vor dem Richter erſcheinen muß / vorJ 2deſ -132Caput III. Von dendeſſen Gericht / mein durch mein ungerechtes Urtheil gehenckter Gevatter mich geladen hat.

Der Diener gantz froh und verwegen / hielte ſolches vor eine ſchlechte und nichts-wuͤrdige Sache / die er ſich erbotte auf ſich zu nehmen / wann ihm ſein Herꝛ nur ein Stuͤck feines Tuch dafuͤr ſchencken wollte / wer war froher als der beaͤngſtigte Kauff - mann / er gab dieſem Buͤrgen / oder vielmehr Ge - wiſſen-loſen und ungluͤckſeeligen Sachwalter ſo gleich die Freyheit / daß er das beſte Stuͤck / ſo er im Haus haͤtte / ausſuchen moͤchte / dieſes geſchahe auch / und der Diener vermeinte einen guten Tauſch ge - troffen zu haben / als in derſelbigen Nacht ein greu - lich Gepolter im Haus gehoͤret wurde / und als ſol - ches endlich nachgelaſſen / entdeckte der anbrechen - de Tag des verwegenen Dieners ewige Nacht / dann man fand ihn an der Erden in ſeinem Blut lie - gen / mit umgedreheten Hals / und dermaſſen zer - knirſchten Gliedern / daß kein eintziges an dem an - dern mehr veſt hieng / die vom Blut triefende Wand deutete an / daß die Goͤttliche Rache ihn an ſolcher durch den hoͤlliſchen Rieſen haͤtte zerſchmettern laſ - ſen / und alſo an ihm unſers Heylands Wort wahr geworden / ſo der Knecht wird ſagen in ſeinem Her - tzen / mein Herꝛ verzeucht zu kommen / und faͤhet an zu eſſen und zu trincken und ſich voll zuſauffen / ſo wird deſſelbigen Knechtes Herꝛ kommen / an dem Tag und zu der Stund / da er ſichs nicht verſiehet / und wird ihn zerſcheitern / Luc. 12. v. 45. und 46. die blutige Stelle an der Mauer iſt noch biß auf dem heutigen Tag zu ſehen / und kan weder ausgekratzt / noch mit Kalch uͤberſtrichen werden / allen denenje -nigen133Qualitaͤten eines Kauffmanns-Dieners. nigen / welche mit GOttes Gerichten ihren Spott treiben zur augenſcheinlichen Warnung / ꝛc.

Dem Neben-Menſchen iſt ein Handels - Diener getreu / wann er niemand wiſſentlich ver - vortheilet / oder muthwillig in Schaden bringt / de - nen die ſeines Raths und Huͤlff gebrauchen / ſolche ſo weit es ohne ſeinen und ſeines Herꝛn Schaden ſeyn kan / gern mittheilet / er beweiſet auch Treu und Lie - be / gegen die unter ihm ſtehende Handels-Jungen / wann er ihnen mit guten Exempeln vorgehet / und wo es die Gelegenheit giebt / es an ihnen an erbau - licher Unterweiſung nicht ermangeln laͤſt / welches offtmals nicht ſo wohl die Eltern und Befreunde ſolcher Knaben / als ſie / die Knaben ſelbſt / wann ſie hernach zu ihren Jahren kommen / mit Danck und Gegen-Wohlthat erkennen / ſo muß er auch ſeinen Neben-Menſchen getreu / ja getreuer als ſeinem Herꝛn ſeyn / wann dieſer ihme etwas zu thun befeh - len ſollte / daruͤber ein unſchuldiger Menſch in Schaden gerathen koͤnte.

Z. E. ein Diener wuͤſte / daß ein Herꝛ ſchon al - les eingepackt / und morgen zum Thor hinaus gehen und Banquerott machen wollte / er verlangte aber an ihm / daß er noch zu dieſem oder jenem hingehen / und von denſelben Geld (unter den Prætext, mor - gen oder uͤbermorgen Banco oder ander Geld da - fuͤr zu geben) holen ſolte / welche der betruͤgeriſche Banquerottirer noch mit auf den Weg zu nehmen / und niemals wiederzugeben gedaͤchte / ſo kan der Diener mit gutem Gewiſſen ſolchen Befehl nicht ausrichten / oder er macht ſich mit ſeinem Patron glei - cher Suͤnden theilhafftig / und auch der ewigenJ 3Straff134Caput III. Von denStraff wuͤrdig / die der Hehler mit dem Stehler zu zu gewarten hat.

Endlich erſtreckt ſich auch die Treue eines Han - dels-Dieners ſo weit / daß ſolche auch unveraͤnder - lich gegen wunderliche und undanckbare / abweſen - de und verſtorbene Herren ſeyn und bleiben muß / von der erſten Sort ſagt Petrus ausdruͤcklich in ſei - ner erſten Epiſtel am 2. Capitel am 8. v. Jhr Knecht ſeyd unterthan mit aller Furcht dem Herꝛn / nicht al - lein den guͤtigen und gelinden / ſondern auch denen wunderlichen. Ein Handels-Patron hat viel - mals heimliche Handels-Haus - und Familien-Sor - gen / die ihme den Kopff verwirrt machen / daß ihm etwan im Zorn ein ungeſtuͤmmes Wort entfaͤ - hret / oder der Diener ihme nichts zu Danck machen kan; er iſt auch wohl von Natur ſauerſuͤchtig / me - lancholiſch / jaͤh-zornig und unfreundlich / alſo / daß nicht wohl mit ihm umzugehen iſt / darum aber muß es der Diener an treuen Dienſten nicht ermangeln laſſen / kein Boͤſes mit Boͤſen vergelten / mit heimli - cher Untreu ſich nicht zu raͤchen ſuchen / ſondern er mag ſichs vors erſt ſelbſt dancken / daß er ſich ehe er in eines ſolchen wunderlichen Kopffs Dienſt getret - ten / nicht beſſer vorgeſehen / und ob mit ihm auszu - kommen ſey oder nicht / ſich vorher wohl erkundiget habe / und endlich ſo ſeynd ſie ja nicht einander zur Ehe gegeben / und iſt das beſte Mittel / daß man ei - nes ſolchen Mannes / mit welchem nicht wohl auszu - kommen iſt / ſeine Dienſte bey Zeiten aufſage und quitire / als daß man ſtets in Verdruß lebe / und ſich heimlich das Leben abfreſſe. Hier priefe ſich aber ein ſolcher Kauffmanns-Diener / der uͤber ſei -nes135Qualitaͤten eines Kauffmanns-Dieners. nes Herꝛn wunderlichen Kopff und Humeur klagt / ob es ſich auch in der That alſo verhalte / oder ob ers darnach mache / daß der Herꝛ ungedultig ſeyn / mur - ren und zancken muͤſſe / ich glaube es wuͤrde ſich viel - mals aͤuſſern / wann man eine genaue Inquiſition anſtellen wollte / daß der Diener wohl groͤſſern Anlaß darzu geben / und vielleicht noch ein haͤrteres Tractament, als er noch empfaͤngt / durch ſeine Unart / Unfleiß / Unverſtand / und dergleichen / verdie - net haͤtte.

Denen Undanckbaren getreu zu ſeyn / erfor - dert ebenfalls GOttes Wort von uns / als welches verbeut / Boͤſes mit Boͤſem zu vergelten / nicht ſelbſt ſein eigener Richter zu ſeyn / die Rache GOtt zu be - fehlen / deſſen ſie iſt / und welcher am beſten vergel - ten kan / was Menſchen aus Geitz / Undanckbar - keit / Boßheit / Haß und Neid / mit Danck zu er - kennen unterlaſſen / dahero auch Paulus im Brief an die Ephefer am 6. Capitel ſagt / daß ein jeglicher Diener ſich ſolle duͤncken laſſen / daß er dem HErꝛn diene / und nicht den Menſchen / ja er ſollte wiſſen / daß / ob er gleich von Menſchen nicht belohnet wuͤr - de / ſo wuͤrde er doch vor das / was ein jeglicher Gu - tes gethan / von dem HErꝛn den Lohn empfahen / er ſey ein Knecht oder Freyer. Wir fragen hier billich / welcher freyer Diener / (dann von Sclaven und Leibeigenen iſt hier nicht die Rede) wohl ſchweh - rere Dienſte als der fromme Jacob in ſeines Schwie - ger-Vatters / des Labans / Haus gehabt / des Tages verſchmachtete ich (wie er ſelbſt klaget im 31. Capitel des Erſten Buchs Moſis am 40. verſ. ) fuͤr Hitze / und des Nachts fuͤr Froſt / und kam kein SchlaffJ 4in136Caput III. Von denin meine Augen und ſolches 20. Jahr lang / was thut aber Laban dargegen / er war grob und un - danckbar / und veraͤnderte Jacob ſeinen Lohn zehen - mal / und haͤtte ihn auch mit Weib und Kindern leer laſſen ausziehen / wann nicht GOtt ins Mittel ge - tretten / und ſelbſt den Jacob ſo geſegnet haͤtte / daß der fromme Ertz-Vater / da er / wie er hernach in dem folgenden 32. Capitel am 10. verſ. bekennet / nicht mehr als einen Stab hatte / als er uͤber den Jordan und in Labans Dienſte gegangen / hernach mit zwey groſſen Heeren wieder nach Hauſe ziehen kunte. Der zuruck geleſene Name des Laban / erinnert uns hiebey eines andern undanckbare Ga - ſtes / nemlich des Nabals / welcher die geleiſtete Dienſte des heldenmuͤthigen Davids nicht erkennen / noch ſelbigen mit der geſuchten Reuter-Zehrung be - lohnen wollte / dafuͤr aber aus Goͤttlichem Gericht ſein gantzes Gut dem David uͤberlaſſen muſte / wie hiervon ausfuͤhrlich im 25. Capitel des Erſten Buchs Samuelis zu leſen / da unter andern Nabals Knechte einer noch gegen die Abigail ruͤhmen mu - ſte / wie ſehr nuͤtze David mit ſeinen Leuten ihnen ge - weſen / indem ſie als Mauren um ihre Heerden bey Tag und Nacht herum geſtanden / was war aber des undanckbaren und Bauren-ſtoltzen Narren des Nabals ſein Danck? Schimpff - und Schmaͤh - Wort / dann / ſprach er / wer iſt der David / und wer iſt der Sohn Jſai? Es werden je der Knechte viel / die von ihren Herren reiſen / ſolte ich mein Brod / Waſſer und Fleiſch nehmen / das ich vor meine Scheerer geſchlachtet habe / und den Leuten geben die ich nicht kenne / wo ſie her ſind / dieſe unhoͤflicheWort137Qualitaͤten eines Kauffmanns-Dieners. Wort waͤren bald dem groben Miſt-Hammel und ungeſchliffenen Stroh Juncker uͤbel bekom - men / wann nicht die kluge Abigail den zornigen Da - vid entgegen gereiſet / und ihm durch ihre Klugheit und Geſchenck verſoͤhnet haͤtte / daß er wider Blut gekommen / und ſich ſelbſt recht geſchaffet / GOtt aber den Nabal zehen Tag hernach geſchlagen / daß er ſturb / und dadurch die Wittib ſamt Nabals Gut den David in die Hand gelieffert haͤtte / welches ja ein manifeſtes Exempel iſt / daß GOtt keine treue Dienſte unbelohnet laſſe / und ſolche / ob es gleich Menſchen nicht thun / ſchon zu rechter Zeit zu vergelten wiſſe.

Einem abweſenden Herꝛn bleibt ein Handels - Diener getreu / wann er mit gleichem Fleiß und Sorgfalt / als ob ſein Herꝛ gegenwaͤrtig waͤre / ſei - ne Dienſte verſiehet; es heiſt Epheſ. am 6. nicht mit Dienſt allein vor Augen / id eſt in der Herren Ge - genwart / ſondern auch als Knechte Chriſti / des Allgegenwaͤtigen / ſoll man ſolchen Willen GOttes / (das iſt / treue Dienſte) thun von Hertzen / mit gu - ten Willen / um ſo viel mehr als ein jeglicher Han - dels-Diener zugleich in GOttes-Dienſten ſtehet / welcher genau bemercket / alles / was ſeiner Chri - ſten ihrer Pflicht zuwider gethan / gedacht und vor - genommen wird / ob es gleich vor Menſchlichen Augen ſollte verborgen bleiben / wohin auch zielet das herꝛliche Gleichniß / welches unſer lieber Hei - land beym Luca am 12. Capitel im 42. und folgen - den Verſen in dieſen Worten giebt: Wie ein groß Ding iſt es um einen treuen und klugen Haushalter / welchen ſein Herꝛ ſetzet uͤber ſein Geſind / daß er ih -J 5nen138Caput III. Von dennen zur rechten Zeit ihre Gebuͤhr gebe / ſeelig iſt der Knecht / welchen ſein Herꝛ findet alſo thun / wann er kommt / warlich ich ſage euch / er wird ihn uͤber alle ſeine Guͤter ſetzen / ſo aber derſelbige Knecht in ſeinem Hertzen ſagen wird / mein Herꝛ verzeucht zu kommen / und faͤhet an zu ſchlagen / Knechte und Maͤgde / auch zu eſſen und zu trincken / und ſich voll zu ſauffen / ſo wird deſſelbigen Knechts Herꝛ kom - men / an dem Tag / da er ſichs nicht verſiehet / und zu der Stund / die er nicht weiß / und hat ſich nicht berei - tet / auch nicht nach ſeinen Willen gethan / der wird viel Streiche leiden muͤſſen. Dann welchem viel gegeben iſt / bey dem wird man viel ſuchen / und welchem viel befohlen iſt / von dem wird man viel for - dern.

Es iſt aber nicht allein derjenige abweſend / der mit dem Leib nicht gegenwaͤrtig iſt / ſondern auch deſſen wenige Capacitaͤt / bloͤder Verſtand ihme hinderlich ſeyn / daß er mit einer preſence d’Esprit, wie es die Frantzoſen nennen / ſeinen Handels - Geſchaͤfften nicht beywohnen kan; Einer ſolchen Ab - weſenheit muß ebenfalls ein Diener nicht mißbrau - chen / ſondern je mehr er ſiehet / daß ein Herꝛ ſeine Sache und eigene Handlung / entweder aus lie - derlich - und Nachlaͤſſigkeit / oder aus Gebrechen des Leibes und Gemuͤths negligiret / je mehr muß er ſuchen deſſen Stelle zu vertretten / ſeine Kraͤfften anſpannen / und vor den Herꝛn / und zwar ſolcher Geſtalt mit arbeiten / damit er allezeit bereit ſeyn koͤnne / Rechenſchafft ſeines Thuns und Laſſens hal - ben abzuſtatten.

Die Treue / welche ein Handels-Diener ſeinemver -139Qualitaͤten eines Kauffmanns-Dieners. verſtorbenen Herꝛn zu leiſten ſchuldig iſt / beſtehet darinn / daß er vor deſſen Erben / (ſo ſie es verlan - gen / und der Contract es alſo mit ſich bringet) eben ſo wohl ſeine Dienſte in der Handlung mit gleichem Eifer / Treu und Fleiß / fortſetze / als wann der Herꝛ noch im Leben waͤre / und ſo es noch unmuͤndige ſeyn / daß er / ſo viel an ihm iſt / ihres Erblaſſers Handlung ſuche im Flor und Gang zu erhalten / die ausſtehende Schulden einzutreiben / alle Unrich - tigkeiten abzuthun / und in Summa das Werck ſo zu guberniren / daß er jederzeit denen Vormuͤn - dern / oder wer ſonſt darzu berechtiget iſt / richtige Rechnung und Reliqua abſtatten koͤnne. Er muß ſich auch huͤten / ſolche Handlung nicht zu divulgi - ren / worinn ihr groͤſter Vortheil / und die beſte Kunden beſtehen / andern zu offenbaren; Und weil gemeiniglich nach eines Kauffmanns Todt / andere / die etwan gleiche Handlung mit getrieben / die hin - terbliebene Diener auf ihre Seite und in ihre Dien - ſte / mit Verſprechung eines groͤſſern Salarii, als ſie zuvor gehabt / zu locken ſuchen / bloß in der Abſicht / damit ſie von ihnen erfahren moͤgen / worinn des Verſtorbenen ſeine Handlung und beſte Kund - ſchafft beſtanden / welche ſie hernach auf alle Weiß und Weg an ſich zu ziehen trachten / es moͤge denen hinterbliebenen Erben / Wittwen und Waiſen zum Schaden gereichen oder nicht / in ſolchem Fall / muß ein ehrlicher und Chriſtlicher Kauffmanns-Diener durchaus nicht ſeines Patrons Erben zum Nach - theil / ſich / da dieſe vielleicht ſeiner noch am beſten gebrauchten / in andere Dienſte engagiren / ja er kan nicht einmal ſalva Conſcientia ſich hinſetzen /und140Caput III. Von denund des Verſtorbenen Handlung zum Nachtheil / ſein eigen Werck anfangen / es waͤre dann in die - ſem Fall / daß die Erben nicht mehr die Handlung continuiren / ſondern ſolche nach und nach einge - hen / und die Schulden ein caſſiren / und die noch vorhandene Waaren verkauffen laſſen wollten / oder daß ſie ihn ſelbſt dimittirten / und Erlaubniß gaͤben / ſein Gluͤck entweder zu ſuchen / oder auch / daß ſie ohne ihm zu recht kommen / und ihre Hand - lung von der Beſchaffenheit waͤre / daß ſie ſo veſt étabiliret / daß ihnen darinn von andern kein Ein - trag geſchehen koͤnte.

Man moͤchte ferner auch unter die verſtorbene Herren rechnen diejenige / welche civiliter todte / oder gar aus der Kauffleut Ehren-Matricul in das ſchwartze Buch und Brett der Banquerottirer uͤbergetragen ſeyn / dieſe / ob ſie wohl keine groſſe Dieners mehr werden halten koͤnnen / ſo iſt doch der - jenige / der bey ihren Austritt bey ihnen in Dien - ſten geſtanden / wann ihnen das Ungluͤck durch Feuer - und Waſſer-Schaden / oder auf andere un - verſchuldete Weiſe zugeſtoſſen / gehalten / ihnen auch in ihrem betruͤbten Zuſtand / in Noth und Ge - faͤngniß ſo lang beyzuſtehen / als etwan ſein Con - tract waͤhret / oder als er ſiehet / daß ſein Herꝛ noch ſeine Dienſte noͤthig habe / welche Treue nechſt ei - nem guten Gewiſſen ihme auch Ehr und Ruhm bey Ehr-liebenden Leuten erwecken wird.

Ein unermuͤdeter Fleiß und Sorgfalt / alles dasjenige wohl auszurichten / was einein zu thun oblieget / oder ihm von ſeinen Obern befohlen wird / ſtehet darum einem Handels-Diener zu recomman -diren /141Qualitaͤten eines Kauffmanns-Dieners. diren / weil bey der Handlung die Hand nicht will in Schoß geleget / nichts verwahrloſet / verabſaͤu - met oder vergeſſen ſeyn / ſonderlich / wann ſich ein Principal auf ſeinen Diener verlaͤſt / daß er die Fa - cienda wohl ausrichten werde; dahero ein accura - ter Diener ſtets ſeine Schreib-Tafel / porte feuille, oder Gedenck-Zettel bey ſich traͤgt / um / was ihm von einer Zeit zur andern zu thun oblieget / darauf pro memoria zu notiren. So muß ihme auch die Arbeit nicht ſchwehr oder ſauer ankommen / wo und wann es noͤthig thaͤte / ſelbſt Hand anzulegen / und da - durch andern Handels-Bedienten / ſonderlich denen unter ihm ſtehenden Jungen mit guten Exempeln vorzugehen. Auf Reiſen / wo an der Zeit und Gele - genheit viel gelegen / muß er ſich nicht ſaͤumen / oder ſeiner Bequemlichkeit pflegen / wann unterdeſſen des Herꝛn Intereſſe darunter leiden und in Gefahr lauffen ſollte; in Summa / ſeines Herꝛn Wohl und Weh / muß ihm ſo viel als ſeinem Herꝛn ſelbſt zu Hertzen gehen.

Zu einem ſo loͤblichen Verfahren hilfft aber nicht wenig die Maͤßigkeit / nicht allein im Eſſen und Trincken / ſondern auch in andern Bequemlichkei - ten des Leibes. Gleich wie mit einem trunckenen Sol - daten auf der Schildwacht nicht viel Gutes auszu - richten; alſo kan ſich auch ein Handels-Patron von ſeinem / dem Sauffen ergebenen Diener / nicht groſſe Dienſte verſprechen. Es reitzet ſolches an zur Com - pagnie, dieſe zum Spielen und andern Debau - chen / woruͤber des Herꝛn Dienſt hindangeſetzt / Sinn und Witz geſchwaͤchet / die edle Zeit verloh - ren / und das Geld verſchlemmet wird / und ob manſich142Caput III. Von denſich gleich in des Patrons eigenem Handels-Keller / den Trunck ohne Geld wollte ſchmaͤcken laſſen / ſo iſt ſolches zwar in ſo weit (als der Wein wuͤrcklich in groſſen Vorrath / und als eine zu verhandlende / auch offtmals zu bearbeitende Waar dar lieget /) biß auf einen Lab - und Durſtloͤſchung / Prob - und Ehren-Trunck wohl erlaubt / aber nicht in Uber - maß / durch welche dem Patron hernach Schaden zuwaͤchſt / und der Kopff zur Arbeit untuͤchtig ge - macht wird; am wenigſten aber / muͤſſen in einem ſolchen Vorraths-Keller von einem Diener / deme die Aufſicht daruͤber anvertrauet iſt / Sauff-Gela - ge angeſtellet / oder jeder Voruͤbergehende die Weine zu proben eingeladen / ſondern die wahre von den falſchen Kaͤuffern wohl unterſchieden wer - den / weil dieſe nur manchmal einen vorhabenden Kauff oder Commiſſion ſimuliren / und wann ſie ſich ſatt getruncken / hernach das Maul wiſchen / und davon gehen.

Die nechſt der Maͤſſigkeit recommandirte Reinigkeit / begreifft beydes die Reinigkeit des Leibs als des Gemuͤths; unter dieſer verſtehen wir die Reuſchheit / in Gedancken / Worten und Wercken / nachdem es einmal gewiß genug iſt / daß eines jeden Chriſten Menſchen ſein Leib ein Tem - pel des heiligen Geiſtes ſeyn ſollte; und wehe dem / der ſeine / in der Heil. Tauff dem HErꝛn Chriſto geweyhete Glieder / nimmt und Huren-Glieder dar - aus macht / welche dadurch vielmals mit Motten und Wuͤrmen angeſteckt / und andern dergleichen Unzuͤchtigen zu mercklichem Exempel zu verdorren pflegen. Dieſe Materia iſt viel zu weitleufftig / alsdaß143Qualitaͤten eines Kauffmanns-Dieners. daß hier unſers Vorhabensſeyn ſollte / dieſelbe aus - fuͤhrlich zu tractiren / unſern Kauff-Dienern diene nur zur Warnung / daß ſie ſich in ihren Dienſten vor GOtt und der Welt unbefleckt erhalten / weil es ſonſt wenig Gutes vor ſie nach ſich zu ziehen pfleget / indem die Hurerey ein Laſter iſt / welches eine Be - fleckung der Seelen / Verluſt des Leibes Geſund - heit / und der zeitlichen Guͤter / wie auch Anreitzung zum Stehlen / ſonderlich in denen Kraͤmen und Gewoͤlbern / (aus welchem manche Elen Band oder Zeug zu des Herꝛn Nachtheil / von der Hand des ungetreuen Handels-Diener heimlich weg und der Hur auf den Leib fliegen muß) nach ſich ziehet; zugeſchweigen / daß dergleichen Unzuͤchtige / wenig Gluͤck und Stern hernach in ihrem Thun / zumal wann ſie ihren eigenen Handel angefangen / haben; ſondern / weil ſie der ſchaͤndlichen Wolluſt allbereit in ihren Dienſt-Jahren gewohnt geweſen / ſelbiger mit vielen Uppigkeiten in der Freyheit noch mehr nachgehangen / biß endlich das Banquerottiren der Beſchluß geweſen.

Die Reinigkeit des Leibs (beſtehend in ei - ner / dem Kauffmann-Stand gemaͤſſen Kleid / und daß ein Diener / ſonderlich ein Contoiriſt / und der bey ſeinen Waaren im Gewoͤlb auch taͤglich mit vornehmen und erbaren Leuten umgehet / ſich propre halte /) ſtehet gantz nicht zu verwerffen / vielmehr iſt daraus zu urtheilen / daß ein ſolcher Menſch / alles gern nett / ſauber und accurat haben moͤge; dan - nenhero / wo er ein Kram-Diener iſt / auch der Kram Waar wohl warten / und ſelbige pflegen werde; hingegen kan auch der uͤbermaͤßige und weibiſchePutz144Caput III. Von derPutz Anlaß zu argumentiren geben / daß ein ſolcher / wie eine Pope ausgeputzter / die Arbeit ſcheuen wer - de / um etwan ſeine Hand-Krauſen nicht zu zerkrip - peln / oder den ſaubern Rock und Peruque ſtau - big zu machen / wie ſich denn alles zuſammen nicht wohl aufs Contoir bey Dinte und Feder ſchicket / und dem Herꝛn ſo wol / als dem Diener veꝛdacht wiꝛd / wann ſolche geputzte Affen beym Schreib-Pult ſitzen / daraus abzunehmen / daß nicht viel in der Handlung zu thun ſeyn muͤſſe / weil der Diener immer alſo auf den Staat gekleidet einhergehen koͤn - ne / wo man nicht gar muthmaſſet / daß / wann ſolches zu uͤbermaͤßig / und auch etwan noch ande - re Zeitungen von ſeiner uͤblen Conduite neben bey zu lauffen / daß er ſolches nicht alles von ſeinen 40. oder 50. Thalern Salario beſtreiten koͤnne / und nothwendig lange Finger dabey machen muͤſſe / wie es dann auch denen Principalen, die ſolches zulaſ - ſen / daß ihre Dieners und Jungens taͤglich in der Wochen / (von einem erbarn Kleid des Sonntags reden wir nicht) ſo geſchmuͤckt einher gehen / hoͤch - lich verdacht / und zu weniger Klugheit gerechnet wird.

Die Genuͤgſamkeit iſt eine Tugend / welche Kauffleuts-Diener / die bey raiſonnablen Herren in Condition ſtehen / ebenfalls nicht aus der Acht laſ - ſen ſollen. Mancher ſiehet / daß er ſich bey ſeinem Herꝛn neceſſaire gemacht / daß dieſer ihn nicht wohl entbehren / oder dieſes oder jenes ohne ihm nicht beſtreiten kan / fluxs wird er hoffaͤrtig / will mehr Salarium haben / hoͤher reſpectiret ſeyn / oder er ſetzet dem Patron den Stuhl vor die Thuͤr; welchesaber145Qualitaͤten eines Kauffmanns-Dieners. aber ſehr uͤbel / und ſolte billich von einem Handels - Gericht / gegen dergleichen aufſtoͤßige / ſonderlich wann ihre beſtimmte Zeit noch nicht um iſt / auf ihrer Herren Anklag mit arbitrairer Straffe verfahren werden / worzu auch das Verfuͤhren und Locken an - derer Kauffleut kommet / die manchmahl einen ſol - chen Purſchen 10. biß 20. Thaler mehr Gage zuſa - gen / damit ſie ihn nur / weil er Geld-geitzig / und nicht genuͤgſam iſt / von ſeinem alten Herrn ab - und zu ſich ziehen moͤgen; allein dieſes iſt wider das 9te und 10te Gebot gehandelt / und verdiente gleichfalls eine Obrigkeitliche Straffe. Obbeſagte Tugend der Genuͤgſamkeit / treibet auch weit von ſich weg das Laſter des Neids / welches viel Kauff - Diener gegen ihre Mit-Domeſtiquen und Came - raden zu haͤgen pflegen / wann ſie ſolche beſſer bey ihren Herren und Frauen / als ſich in Gunſt ange - ſchrieben ſehen; daraus entſtehen hernach Klaͤtſche - reyen / Verlaͤumbdungen / Plaudern / Zanck und Hader / deme ſo wenig ein verſtaͤndiger Herr Bey - fall geben muß / als ein genuͤgſamer / und mit ſeinem Stand und Gluͤck zufriedener ſittſamer Menſch / ſolche Laſter zu begehen / ſich jemahls capable be - finden wird.

Seynd noch uͤbrig / die Gedult / Sanffr - muth und Gelaſſenheit / als nicht minder ſehr loͤbliche / und denen Handels-Dienern hoͤchſt nuͤtzli - che Tugenden.

Die Gedult erſtlich belangend / ſo recomman - dirt ſich dieſelbe vornehmlich denen / welche an - dern Leuten dienen muͤſſen / darum weil ihr Will / alsdann denen / welchen ſie dienen / unterworffen iſt /Kweil146Caput III. Von denweil auch viel Strapazen und Bemuͤhen / Reiſen / Arbeiten / Wachen und Sorgen bey den Dienen / ſonderlich in der Kauffmannſchafft vorfallen / die Belohnung und Erkaͤnntlichkeit hingegen ſchlecht / noch ſchlechter aber das Anſehen / dermaleins bey den Kauffmanns-Stand zu emergiren / und ſo in - ſonderheit ein Diener ſich nicht viel auf eigenes Capital oder Patronos und Goͤnner zu verlaſſen / kuͤnfftig dabey ſein vortheilhafftiges Etabliſſement zu finden / ſich hervor thut / vielfaͤltig wird auch ei - nem wunderlichen Handels-Patron nichts zu Danck gemacht / wie gut es auch der Diener anzu - greiffen gedencket / nicht weniger finden ſich auch heimliche Verlaͤumbder und Fuchsſchwaͤntzer / Be - neider und Feindſeelige / auch unter denen Mit - Knechten und Domeſtiquen ſelbſt / bald wird ein Diener von der Frau im Hauß / bald von ihren Kindern angefeindet / die Arbeit ihm uͤberhaͤuffet / alſo / daß er wenig Ruh dabey genieſſet / ſondern immer wie ein laſtbares Thier unter dem Joch ge - halten wird / in welchen allen aber ein ſolcher Menſch ſich in Gedult ſpeiſen / die Hoffnung beſſe - rer Zeiten / und ſeines kuͤnfftigen Gluͤck-Wechſels zu Huͤlff nehmen / und vor allen ſich der Sanfft - muth / und bey dieſer der Gelaſſenheit befleiſſen muß / in den Angedencken / daß / wer zu Ehren kom - men wolle / zuvor leiden muͤſſe / und daß ſich in al - les (was einem auch zuſtoſſen moͤchte) wohl zu ſchicken / und mit Gedult der Huͤlff-Stunde des Herrn zu erwarten / eine der groͤſten Tugenden mit ſey / die an einem jungen Menſchen / welcher andern /und147Qualitaͤten eines Kauffmanns-Dieners. und vielmahls ſolchen Leuten / die es nicht werth ſeyn / dienen muß / kan erfordert werden.

Nachdem wir nun ſolcher Geſtalt / die einen Handels-Diener zierende Moral-Tugenden durch - gegangen / kommen wir nun auch auf die Beſchaf - fenheit ſeiner Leibs-Conſtitution, ſolche muß nun ſtarck und geſund / und ſo ſich die Natur guͤtig ge - gen ihn erwieſen / auch wohl gebildet / der Verſtand aber aufgemuntert / und etwas zu lernen / auch was ihme in Handels-Sachen vorkommt / wohl zu ju - diciren / faͤhig ſeyn.

Die Staͤrcke und Geſundheit wird darum an ihm erfordert / damit er die Handels-Fatiquen deſto beſſer ertragen / und ſeinem Herrn nuͤtzlich ſeyn koͤnne / ſonderlich wo es viel zu reiſen giebet / da keine hitzige oder kalte Jahrs-Zeit / kein Land - noch Waſſers-Gefahr angefehen / ſondern dem Die - ner / (ohne daß er widerſprechen darff /) was er thun und laſſen ſoll / von dem Handels Patron be - fohlen und vorgeſchrieben wird / wobey dann ein ſolcher Handels-Diener wohl vorher zu uͤberlegen und zu bedencken hat / ob er denen Dienſten / in wel - che er ſich zu begeben gedencket / gewachſen ſey / oder nicht; Ob ſeine Conſtitution die Fatiquen wohl vertragen koͤnne / oder ob ſolche ein ſtilles Ge - werb / als etwann in feinen Waaren / oder gar auf dem Contoir ſtets zu ſitzen / und nur mit der Feder zu arbeiten / erfordere; findet er ſich dabey von ei - nen aufgemunterten Geiſt / ſo kan er ſich in ſeinen Dienſt-Jahren / ſonderlich wann er bey realer Handlung ſerviret / viel zu ſehen und zu lernen ver - ſprechen / er wird auch ſeine Condition dadurch ſoK 2viel148Caput III. Von denviel beſſer machen / als wann er ſtumpf von Gehirn / unleutſeelig / ſtarrig und melancholiſch waͤre / wie aber in dieſen allen / die vorfallende Umſtaͤnde / ei - nen jungen Menſchen ſchon ſelbſten bey der Hand nehmen / und ſelbigen mal oder bon gré luy, das iſt: mit oder wider ſeinen Willen ſchon weiſen wer - den / was Dienen ſey / und wie man ſich deßfalls in der Welt / und unter Leuten comportiren muͤſ - ſe / wann man in ſolcher mit Ehren fortkommen will / als laſſen wirs bey dieſen wenigen beruhen / und wenden uns nunmehro zu denen Wiſſenſchaff - ten / welche ein in Kauffmanns-Dienſten ſtehender Diener an ſich haben muß.

Dieſe ſeynd nun erſtlich Generales, und dann auch Speciales; jene kommen allen insgemein / die - ſe nur nach gewiſſen Arten Handlungen / (denen ein junger Menſch ſich gewidmet / und bey welcher er ſeine Lehr-Jahr erſtanden hat) einen und an - dern beſonders zu.

Die allgemeine Wiſſenſchafften ſchlieſſen in ſich das Rechnen / Schreiben / und auch einiger maſſen die Kaͤnntniß des Buchhaltens / und der Waaren / auch noch wohl auslaͤndiſche Sprachen. Das Rechnen und Schreiben muß ein Handels-Diener vor allen wiſſen / und zwar jenes in zierlichſter Fer - tigkeit / ſonderlich nach der Welſchen Praxin, dieſes aber / nehmlich das Schreiben / nach denen in un - ſern allezeit fertigen Handels-Correſpondenten vorgeſchriebenen Requiſitis, und ſo auch das Buch - halten / ſamt allen bey der Handlung vorfallenden Verrichtungen / damit er ſo viel beſſer der Function eines Dieners / der in ſeinen Jungen-Jahren voll -kom -149Qualitaͤten eines Kauffmanns-Dieners. kommen ausgelernet / ein Genuͤgen thun / und mit Fug und Recht ein Salarium oder Dieners-Lohn prætendiren koͤnne / welches alles ſich noch beſſer in der nachgeſetzten Beſchreibung der Special - Wiſſenſchafften / die nach beſonderer Art jeder Handlung ins beſondere auch noͤthig ſeyn / erklaͤren / und bemuͤhen wird. Dieſem nach wird

Erſtlich an einem Complimentario, oder einem ſolchen / der einer gantzen Handlung / als Director, vorgeſetzet iſt / und welcher keinen / oder ſelten einen Patron, oder aber Befehlshaber uͤber ſich hat / er - fordert / daß er eine Handlung voͤllig zu guberni - ren / ja ſo viel als ein Handels Patron ſelber wiſſe und verſtehe / wie ſolches aus dem in vorigen Ca - pitel angefuͤhrten Complimentariat, oder Voll - machts-Formular, welches einen ſolchen Menſchen auf alle Handels-Verrichtungen gegeben wird / zur Gnuͤge abzuſehen / und dahero mit dem Prædicat des Complimentarii ſo wenig als unter Kauff - leuten mit dem Prædicat eines Banquiers zu ſcher - tzen iſt / wiewohl beyde mehr als zu viel mißbrauchet werden.

Ein Buchhalter hat im vorigen Capitel auch ſchon ſeine Lection bekommen / was nehmlich ein accurater Handels Patron von ihm fordere / wie wohl auch hiernaͤchſt in einem beſondern Capitel von Buchhalten / und denen auf groſſen Contoiren vorfallenden Scripturen noch ein mehrers ſoll ge - handelt werden.

Des Caſſirers Function betreffend / ſeynd die dabey vorkommende vornehmſte requiſita in denK 3Con -150Caput III. Von denContract, welchen ein Handels Patron mit ſeinem Caſſirer aufrichtet / enthalten.

Wir gehen nunmehro zu einigen Arten der Handlung ſelbſt / was ſpecialiter ein dabey die - nender Handels-Diener wiſſen muͤſſe / und zwar be - ſonders in den Seiden-Tuch-Material - und Eiſen - Handlungen / dann ob gleich das meiſte hierzu in dem wohl-unterwieſenen Kauffmañs-Jungen ſchon angefuͤhret worden / ſo iſt doch noch viel zuruͤck ge - blieben / welches den Dienern vor andern gruͤndlich und hauptſaͤchlich zu wiſſen obliegen will.

Den Seiden-Handel erſt betreffend / iſt ſelbi - ger entweder mit lauter roher / oder auch mit ge - zwirnter / gefaͤrbter / und zubereiteter Carten-Step - und Neh-auch wohl Floret-Seide / oder es erſtreckt ſich ſolcher auf gantze Manufacturen und Hand - lungen mit allerhand Seidenen Zeugen / wie ſolche auch Nahmen haben moͤgen.

Bey dem Handel mit roher Seide / werden un - ſeren Handels-Dienern vielerley Sorten unter Handen kommen / als

Erſtlich / Seide / welche die Armenianer uͤber Moſcau / und die Oſt-See aus Perſien nach Teutſchland bringen.

Zweytens / die Seide / welche die Engliſche und Hollaͤndiſche / Frantzoͤſiſche und Jtaliaͤniſche Smyr - na - und Levante - Fahres aus Smyrna, Alexan - dria und Tripolis bringen / und welches theils Perſianiſche / theils auch Oſt-Jndiſche Seide iſt.

Drittens wird ihnen vorkommen die Oſt-Jndia - niſche Selde / welche bey der Hollaͤndiſchen und Eng -liſchen151Qualitaͤten eines Kauffmanns-Dieners. liſchen Oſt-Jndianiſchen Compagnie in Engeland und Holland verkaufft wird.

Vierdtens / hat man die Jtaliaͤniſche Seide / da ſich dann wohl zutragen koͤnte / daß ein ſolcher Handels-Diener von ſeinem Patron nach den Boz - ner Maͤrckten / item nach Roveredo, Genua, Bo - logna, oder weiter hinein in Jtalien / um Seiden einzukauffen / verſchickt wuͤrde / da ihm dann vieler Hand Sorten und Preiſe derſelben / wie auch / wie ſolche hernach ſortiret / zubereitet / gefaͤrbet / und al - lerhand Seiden-Arten zu Manufacturen dienlich daraus gemacht werden / nicht unbekannt ſeyn muß / wobey er auch ferner in die Seiden-Farb-Kunſt und Manufacturen hinein zu gehen / und ſelbige tief einzuſehen haͤtte / zumahlen wir ſchon in dem wohl-unterwieſenen Kauffmanns-Jungen wohl - meynend erinnert / daß alle der Kauffmannſchafft gewidmete junge Leute billig auch eine Handthie - rung neben der Handlung (weil es mit ſolcher ein ſo gar mißliches Ding iſt / ſonderlich wann man nicht genugſamen Verlag darzu hat /) mit erlernen ſolten. Wegen des Handels mit allerhand Seiden - Waaren / haͤtte er einen jedweden ihre Qualitaͤt / auch ob es Auslaͤndiſche oder Einheimiſche ſeyn / wo jene her verſchrieben / und wie ſie wieder ver - kaufft werden / wohl in acht zu nehmen. Wie aber dieſes alles kuͤnfftig in unſerem Tractat von der Seide / und denen daraus verfertigten Manufactu - ren / wie auch / was den Wollenen Tuch - und Zeug - Handel anbetrifft / in unſerem Tractat von der Wolle / und denen daraus verfertigten Manufa - cturen / ausfuͤhrlich wird beſchrieben werden / alsK 4laſſen152Caput III. Von denlaſſen wir es dieſes Orts dabey bewenden / und be - trachten nunmehro kuͤrtzlich

Den Material - und Gewuͤrtz-Handel. Hier wird nun vornehmlich ein Handels-Diener / auf unſer neu-eroͤffnetes Kauffmanns-Magazin verwieſen / dieſes nuͤtzliche Buch hat ſo groſſen Ap - plauſum gefunden / daß auch eine hohe Stands - Perſon ſich nicht verdrieſſen laſſen / ſchon bey 800. Titulos dabey zu notiren / welche noch fuͤglich die - ſem Werck koͤnten inſeriret werden / und lebet man der Hoffnung / daß ſolche in Manuſcript zu com - municiren / kuͤnfftig die Gnade von ihr moͤchte aus - zubitten ſeyn / da dann / nebenſt andern / ſeiter den angemerckten Obſervationibus, ſolche dem Publi - co in einem beſonderen Tractat mitzutheilen (weil die erſte Edition unveraͤndert bleiben wird) ſich die Gelegenheit ereignen moͤchte; Jndeſſen wuͤrde es von einem bey Material-Handel dienenden Han - dels-Diener nicht anders als lobwuͤrdig gethan ſeyn / wann er ſich gedachtes Kauffmanns-Magazin anſchaffte / ſelbiges mit Papler durchſchieſſen ließ / und ſo dann ferner dabey notirte / was er etwann in waͤhrenden ſeinen Dienſt-Jahren in ein und an - dern noch obſerviret haͤtte / es koͤnte ihn ſolches nicht allein in ſeinem kuͤnfftigen eigenen Handel ſel - ber / ſondern auch ſeinen Kindern oder anderen gu - ten Freunden wohl zu ſtatten kommen / zumahl / da es bey denen Material - und Gewuͤrtz-Haͤndlern an etlichen Orten viel auf das Reiſen auf Meſſen - und Jahr-Maͤrckten (und daß ſie offt von ihrem Ort aus / weit-entlegene Provintzien mit Specerey - Waaren zu verſehen haben) ankommet / da dannimmer153Qualitaͤten eines Kauffmanns-Dieners. immer einer bey dem andern etwas beſonders zu remarquiren findet / wie hiervon in unſerem Schle - ſiſchen Kauffmann klare Exempla zu ſehen ſeyn / da der Breßlauer Specerey-Handel in viel Mate - rial-Waaren ſchon andere Zufluͤſſe / als der Ham - burger / und dieſer wider andere / als jener hat / welches vornehmlich die differente Situation die - ſer beyden groſſen Handels-Staͤdte / und ſo auch bey andern verurſachet.

Bey dem Material-Handel lieget ferner einem Diener ob / daß er eine jede Waar wohl zu ſorti - ren / und ihre Sorten zu unterſcheiden wiſſe / zu - mahl da der Betrug in ſolchen ſo groß und manch - faltig iſt / daß auch der Scharffſichtigſte nicht ſo leicht in einigen darhinter kommen kan; Um des Mißbrauches willen unterlaſſe ich Exempla davon anzufuͤhren / und zwar nur ſolche / welche mir in groſ - ſer Menge / ſeiter zwey Jahren her / wiſſend gewor - den / wiewohl die Warnung dafuͤr hin und wieder bey Gelegenheit in meine kuͤnfftige Schrifften ein - flieſſen zu laſſen / nicht ſoll vergeſſen werden.

Jn Eiſen-Handlungen hat ein geſchickter Handels-Diener ſeine Hand voll zu thun / es ſey / daß ſein Herr ins Groß / mit allerhand groben Ei - ſen-Waaren / oder auch mit kleinen und ſogenann - ten Nuͤrberger-Steyer-Maͤrcker - oder Smalkalter - Waaren / mit Zinn / Kupffer / Blech / feiner Engli - ſcher Stahl-Arbeit / und dergleichen handle / oder gar ſelbſt Bergwercker und Berg-Theile / Eiſen - Haͤmmer und dergleichen haͤtte. Bey groben Waa - ren ins Groß / werden ihme ſo viel Sorten Schwe - diſch Eiſen / die ausfuͤhrlich in unſerm SchwediſchenK 5Kauff -154Caput III. Von denKauffmann recenſiret ſtehen / ingleichen Teutſches / Polniſches und anderer Laͤnder Eiſen / weil gar we - nig Laͤnder zu finden / welche der Allweiſe Schoͤpf - fer nicht mit dieſem ſo nothwendig-als nuͤtzlichen Metall ſolte verſehen haben / unter Handen kom - men / und ſo er ſelbſten an ſolchen Oertern waͤre / in welchen der hoͤchſte GOtt einen reichen Berg - Seegen geleget haͤtte / wuͤrde er nothwendig in die Kaͤnntniß und Wiſſenſchafft der Bergwercks-Sa - chen mit hinein gehen muͤſſen / ſonderlich wann ſein Patron hohe Oefen / Eiſen - und Blech-Haͤmmer / und dergleichen haben ſolte / welche dann ſolche zu bereiten / Buch und Rechnung daruͤber zu halten / einen fleißigen Mann erfordert. Nur von ein und andern ein klein Exempel zu geben: was iſt nicht durch die gantze Welt vor ein groſſer Handel mit Blech / davon das allerbeſte aus dem von GOtt herrlich mit allerhand Natur - und Kunſt-Gaben ge - ſeegneten Sachſen-Land kommet / und was koſtet es nicht vor Muͤh / biß ein ſchoͤn-verzinntes Blech ſo weit fertig gemachet wird / daß es vor Kauff - manns-Gut paſſiren kan / da wird erſtlich das Ei - ſen darzu / wann es aus dem ſogenannten hohen Ofen kommet / wiederum in dem ſogenannten Friſch-Feuer noch einmal umgeſchmeltzt. Hierauf in Stab-Eiſen geſchmiedet / ein jeder Stab wieder in kleine Theil getheilet / die alsdann unter dreyer - ley Haͤmmer gebracht / und zu Blechen geſchlagen werden. Hierauf werden ſie beſchnitten / und in die Beitz geleget / welche aus fermentirtem Korn gemachet wird / wann ſie etliche Tage darein gele - gen / und die Beitze den Roſt / oder das Unreine(Sin -155Qualitaͤten eines Kauffmanns-Dieners. (Sinner genannt) davon abgefreſſen / ſo verzinnet man ſie erſt / und alsdann ſortiret ſie der Zinn - Meiſter in unterſchiedene Sorten / als zum Exem - pel / in Vorder-Creutz - und Senckler-Blech / welche die duͤnneſten und leichſten ſeyn / gleichwie hergegen die doppelte Creutz-Bleche die ſtaͤrckeſte ſeyn / ihre Breite und Hoͤhe iſt einerley; Sie werden in Vaͤßlein zu 300. und 600. Blaͤttern ins Reich / und zu 450. Blaͤttern in einem Vaͤßlein nach Hamburg eingeſchlagen und verſandt / auſſen auf jeden Faͤß - lein iſt das Zeichen / ſo jeder Hammer fuͤhret / ge - brannt / als etwann mit den Baͤren / Einhorn / Pferd / Adler / und dergleichen. Jtem / mit gewiſ - ſen Buchſtaben / die unter dem Zeichen mit einge - brannt ſeyn / und entweder den Ort / wo die Blech fabriciret worden / oder den Nahmen des Ham - mer-Herrens / der ſie machen laͤßt / anzeigen. Dieſes alles ſolte ja ein Handels-Diener wohl wiſſen / da - mit er die gute Fabriquen von den ſchlechten unter - ſcheiden koͤnne / er muß wiſſen / daß / je zaͤher die Bleche ſeyn / je beſſer ſie auch gehalten werden / ſo muͤſſen ſie auch einen ſchoͤnen Spiegel / oder blan - cken Luſtre von Zinn / und nicht viel gelbes oder an - gelauffene Flecken haben / hiernaͤchſt iſt auch der Preiß / von einer jeden Sorte ſolcher Blech / zu wiſſen noͤthig; Wann nun ein Handels-Diener ſo activ und curios nicht iſt / daß er Luſt hat / auf derglei - chen Sachen acht zu geben / ſo iſt ſchon Hopffen und Maltz an ihm verlohren / und er mehr einem Vieh / als einem Menſchen zu vergleichen / weil er nicht einmal Luſt hat / das jenige ſich bekannt zu ma -chen /156Caput III. Von denchen / wovon er doch heut oder morgen ſein Brod haben ſoll.

Laßt uns nun auch das Zinn betrachten / wel - ches in Europa am meiſten / und zwar nur in En - geland / Meiſſen und Boͤhmen anzutreffen / inſon - derheit hat das Meißner-Land deſſen einen ſo ſtatt - lichen Uberfluß / daß in dem weit-beruͤhmten Alten - berg ein einiger Kukuß wohl in die 1000. biß 2000. Meißniſche Guͤlden zu ſtehen kommt / die nechſt da - ran gelegene Glaß-Huͤtte / der Lauen - und Bern - Stein um Annaberg / item der Thumbgeyer / Er - bersdorff / oder Ehrenfriedersdorff um Schnee - berg / das ſogenannte Fletz-Maul / Soſſa, Eyben - ſtock / Platta / ꝛc. um Dippoldiswalda und Frauen - ſtein / die Boͤbel / Schmiedeberg / Nauendorff / ſeynd alles reich-ausgebende Zinn-Bergwercke; Schwar - tzenberg giebt auch viel Zinn-Steine / das Soſſer und Eibenſtockiſche mit dem Zeichen des Sterns / Rechens und der Hand / Jtaliaͤniſch Colla Ra - ſtello, colla mano & colla forca genannt / ſeynd die angenehmſten in Jtalien / ſonderlich in Vene - dig / weil ſich noch viel Silber darinn befinden ſoll / welches die Jtaliaͤner durch ihre geheime Kunſt und Handgrieff darvon zu ſcheiden wiſſen / daher ſie auch dieſes Zinn vor andern den Centner um 1. 2. biß 3. Ducaten thuerer bezahlen / zuweilen trifft man bey dieſen Zinn-Steinen in den Bergen und Seif - fen / kleine corporaliſche gediegene Gold-Flaͤmmlein an / welches ein Zeichen iſt / daß ſich auch Gold da - bey befinden muͤſſe. Das meiſte Meißniſche Zinn geht nach Regenſpurg / Nuͤrnberg / Schweitz / Franckreich und Jtalien / und von dar ferner in dieLevan -157Qualitaͤten eines Kauffmanns-Dieners. Levante, der Preiß variirt von 22. biß 26. Reichs - thaler / den Centner auf der Stell. Unweit von dieſen Gebuͤrg liegt das reiche Schlackewalder - Zinn-Gebuͤrg / da jaͤhrlich wohl 2. biß 3000. Cent - ner Zinn geſchmoltzen wird / welches vor allen an - dern Zinn viel Kupffer bey ſich fuͤhret / daher es auch die Zinngieſſer am liebſten zu ihrer Arbeit brauchen / es geht davon viel nach Nuͤrnberg / das meiſte aber in die Kayſerliche Erblaͤnder / wie auch in Hungarn / und in die Tuͤrckey; Das Engliſche Zinn kommt meiſtens in Blocken zu uns in Teutſch - land / wie die Bley-Mulden; Das Saͤchſiſche und Boͤhmiſche hingegen / wird in groſſe und kleine ſo - genannte Beutel und Zinn-Groſchen gegoſſen / und hier auf in Ballen zuſammen gerollet / und alſo in Faͤſſern eingeſchlagen verſandt / davon ein jedes Faͤßlein zu . Centner ſchwer iſt / welches man ein halb Faͤßlein nennet; So man aber 5. Centner in eines einſchlaͤgt / wird es ein gantz Faͤßlein genannt / welches ja abermahl gar ſchoͤne Remarquen vor ei - nen bey dergleichen Waaren dienenden Handels - Diener ſeyn koͤnnen.

Wann wir auch das kleine Eiſenwerck / Fran - tzoͤſiſch / quinquailerie, und feine Stahl-Arbeit be - trachten / ſo hat in jenen / der vielerley Sorten we - gen / ein Handels-Diener alle ſeine fuͤnff Sinnen zuſammen zu nehmen / daß er / was von hier oder dar muͤſſe verſchrieben / hier oder dorthin verſandt werden / wohl wiſſe / und ſonderlich auf Meſſen und Jahr-Maͤrckten den Ein - und Verkauff darnach einrichte; Es kommen Facturen / da die Waaren ſollen ausgepackt / ſortiret / aufs neue eingebundenund158Caput III. Von denund numeriret / andere nach eingelauffenen Memo - rialien und Specificationibus fortgeſandt werden; was iſt nicht da vor Arbeit / dieſelbe immer ſauber / ſchoͤn / poliret / und vor den Roſt bewahret zu hal - ten. Wie veraͤndern ſich nicht die Nuͤrnberger-Waa - ren ſo offt an Preiß / und ſonderlich einige an der Façon, die je laͤnger je zierlicher ausgeſonnen wird; bald kommt des einen / bald des andern Meiſters ſein Zeichen und Arbeit in Conſideration und groſ - ſe Nachfrage; Wie vielfaͤltig ereignen ſich nicht auch bey dem Eiſen-Kram gewiſſe Kunſt-Sachen / die einen Abriß und Zeichnung erfordern / bey wel - chen ein Handels-Diener / ſo viel beſſer fortkommen wird / wann er ſelbſt Luſt zur Invention und Zeich - nen hat / allenfalls auch ein wenig mit der Feilen und Hammer umzuſpringen weiß. Ja ich weiß nicht / ob es ihm Sachden bringen ſolte / wann er etwas von den Uhrmachen gelernet haͤtte. Ein Gewehr wohl zu verſtehen / wird ohne dem von ihm erfor - dert / weil er ſich dadurch bey Cavalliers und Offi - ciers beliebt machen kan / hierauf auch die Mondi - rung und Liverayen vor gantze Regimenter zu fol - gen pflegen / welches alles / ſo lange er in Dienſten ſtehet / ſeinem Handels-Patron, nach der Zeit aber / wenn er / der Diener / ſeinen eigenen Handel ange - fangen / ihme ſelbſt zu groſſen Nutzen gereichen kan.

Und ſo iſt es auch bey andern Arten von Hand - lungen beſchaffen / da ein Diener ſo viel wiſſen und verrichten muß / daß er zwar immer noch etwas zu lernen findet / in der Haupt-Sach aber keinen Lehr - ling abgeben darff / ſondern was ihme befohlen wird / ſo gleich / auch wohl / nachdem es die Hand -lung159Qualitaͤten eines Kauffmanns-Dieners. lung erfordert / ungeheiſſen / und von ſich ſelbſt ver - richten kan / hierzu gehoͤret aber ein gutes Judicium, beywohnende Experience, ein geneigter Wille / redliche Intention, ehrlich und aufrichtig zu dienen / ein aufgemunterter Geiſt / unverdroſſenes Gemuͤth / hoͤflich und leutſeliger Umgang / Liebe zur Tugend / und ein ernſtlicher Vorſatz / alle Suͤnd und Laſter zu fliehen und zu meiden. Jm Eingang dieſes Ca - pitels iſt zwar ſchon etwas von denen Moral-Tu - genden / welche ein rechtſchaffener Kauffmanns - Diener an ſich haben muͤſſe / gehandelt worden; Das jetzt-bemeldte aber ſoll die Qualitaͤten beruͤh - ren / welche ein Kauffmanns-Diener noch ferner an ſich haben muͤſſe / und hernach im Gegenſatz uns zu denen Maͤngeln / Fehlern und Gebrechen leiten / wo - mit einige unſere Kauff-Diener leider mehr als zu viel behafftet ſeyn / wodurch diejenigen / die ſich deſ - ſen nicht anzunehmen haben (und welche biß anhero in dem Tugend-Weg einher gegangen) ihr Ruhm und gebuͤhrendes Lob nur um ſo viel mehr verherr - lichet werden wird.

Wann wir demnach gemeldet / es muͤſſe ein Kauffmanns-Diener ein gutes Judicium oder faͤ - hige Beurtheilungs-Krafft bey ſich haben / ſo iſt dieſes eben dasjenige / was wir an einem Kauffmann erfordern / daß er nehmlich wiſſen ſoll / zu rechter Zeit Nein und Ja zu ſagen / und ſo gehoͤret es auch einem Diener / der nunmehro die Jungen-Jahre zu - ruͤck geleget / viel Fatiquen ausgeſtanden / Gutes von Boͤſen zu unterſcheiden gelernet / und der Uber - eilung / welche der Jugend / und denen Unſinnigen gemein iſt / gute Nacht geſaget; dann wie viel Ver -rich -160Caput III. Von denrichtungen in und auſſerhalb Haußes / werden ihme ohne præciſe Ordre, was er darinn thun oder laſ - ſen ſoll / aufgetragen / welches hernach die ſtillſchwei - gende Condition in ſich ſchlieſſet / daß er nur das - jenige thun ſoll / was zu ſeines Patrons Handels - Beſten gereichen koͤnne. Dieſes laͤßt ſich nun oh - ne reiffen Verſtand nicht ins Werck ſetzen / der Ver - ſtand aber kommt aus der Erfahrung / und daß man viel geſehen / gehoͤret und geleſen habe; alle drey Stuͤcke koͤnnen ſich ſchon in dem Jungen - Stand / wann ein junger Menſch nur ein wenig witzig ſeyn will / practiciren laſſen / der Diener - Stand aber arbeitet es ſchon mehr aus / und je naͤ - her einer dem Herren-Stand iſt / oder ſeine eigene Handlung anzufangen / je reiffer ſolte der Ver - ſtand und die Beurtheilungs-Krafft durch die viele und lange Erfahrung kommen.

Dieſe / wie um dieſelbe zu erlangen / das wuͤrckli - che Handanlegen in denen Kauffmaͤnniſchen Geſchaͤff - ten noͤthig iſt / alſo erfordert ſie auch eine vorherge - bende / allbereit bey einem dienenden Menſchen feſt - geſetzte Intention und Willens-Meynung / daß man demjenigen / dem man dienet / redlich dienen wolle. Dieſes iſt eben die nothwendige Clauſul in denen Contractibus, welche Herren und Diener mit einander aufrichten / daß dieſe jener ihren Scha - den in allen Stuͤcken / und zu allen Zeiten / ſo viel als moͤglich / wollen abwenden; ihren Nutzen hin - gegen auf gleiche Weiß befoͤrdern; es thut aber ſolche Befoͤrderung ein rechtſchaffener Handels - Diener nicht vor ſeine Perſon allein mit Hand an - legen / und ſich Tag und Nacht in ſeines HerrnDien -161Qualitaͤten eines Kauffmanns-Dieners. Dienſten zu Haus und auf der Reiſen geſchaͤfftig zu erzeigen / ſondern er muß auch ein wachendes Aug auf ſeine Mit-Diener / daß ſolche ein gleiches thun / und dann auch auf andere Leute / daß durch ſolche ſein Herꝛ nicht gefaͤhret werde / haben / durch welche Sorgfallt er ſeinem Herꝛn nicht allein / ſondern auch ſich ſelbſten dienent / er macht ſich dadurch beliebt bey GOtt und Menſchen / erwirbet einen ſtattlichen Ruhm kuͤnfftiger Belohnung und Befoͤrderung / und wird der Accurateſſe, die er in ſeinen Dienſt - Jahren gebraucht / ſo gewohnt / daß ſie ihme her - nach in ſeinem eigenem Handel zu ſeinem gꝛoſſen Vor - theil anhaͤnget. Z. E. Er lebet der von ſeinem Herꝛn ihme vorgeſchriebenen Ordnung wohl nach / verbeſ - ſert auch ſolche / ſo er einigen Mangel daran findet / ſo wird ihme ſolches / wann er zu ſeinem eigenem Han - del gedeyet / auch alſo anhangen ſehen / hernach an - dere Kauffleute / daß ein ſolcher Menſch ein guter Verrichter iſt / und ſich in ſeines Herꝛn Dienſten ge - treu und unermuͤdet finden laͤßt / ſo ſeynd fluxs hun - dert Haͤnde nach ihm / die ihn gerne wieder haben wollten / wann er etwan aus ſeines Herꝛn Dienſten kommen ſollte; waͤre es dann / daß er ſein eigen an - zufangen gedaͤchte / ſo hat / er ſich bey ſeinem ſchlechten Capital, doch mehrers Credits, als ein anderer / der ungleich mehr hat / zugetroͤſten; Hierzu gehoͤret aber auch Leutſeelig - und Hoͤflichkeit / ingleichen ein aufgemunterter Geiſt und unverdroſſenes Gemuͤth / was einer gern und mit gutem Willen thut / wird ihme nur halb ſo ſchwehr; ein gutes Wort findet al - lezeit eine gute Statt; ein freundliches und leutſeeli - ges Geſicht zeiget auch / daß das Menſchen ſein Na -Lturel162Caput III. Von denturel edel und wohl geartet / und folglich auch zur Tugend-Liebe geneigt ſeyn muͤſſe.

Dieſe Tugend-Liebe aͤuſſert ſich nun bey der Gottesfurcht in allen denen Moral-Tugenden / wel - che wir im Anfang dieſes Capitels ausfuͤhrlich be - ſchrieben haben / dannenhero wir uns nunmehro zu ih - ren Gegen-Satz / nemlich zu denen / manchen Kauff - manns-Diener anklebenden / und ſeiner zeitlichen und ewigen Wohlfarth hoͤchſt-ſchaͤdlichen Laſtern wen - den / ſolche ſeynd nun erſtlich

Die Ruchloſigkeit / und daß ein ſolcher Menſch wenig von dem thaͤtigen Chriſtenthum in ſeinem Um - gang und Leben verſpuͤren laͤßt / woraus hernach / wie leichtlich zu erachten / dieſes erfolget / daß ein ſol - cher ruchloſer Menſch die Gebot GOttes taͤglich zu uͤbertretten ſich kein Gewiſſen machet. Das Flu - chen / welches ohne dem vielen Kraͤmern ihr Pro - prium iſt / und durch theils Gotteslaͤſtrige Fuhrleu - te / mit welchen ſolche Kauffmanns-Diener vielfaͤl - tig umgehen / bey ihnen um ſo viel beſſer unterhalten wird / iſt ihr taͤgliches Vater Unſer und beſtes Ge - wuͤrtz ihrer Reden. Der Sabbath / welcher mit heiligen Worten / Wercken / Gedancken und geiſt - lichen Actionibus zugebracht werden ſollte / wird mit Muͤßig - und Spatzirengehen / luſtigen Com - pagnien / oder gar in Sauff-Hur - und Spiel-Haͤu - ſern celebriret; der Ungehorſam gegen die Herꝛ - ſchafft / aͤuſſert ſich oͤffentlich und heimlich / und zwar insgemein / wann man den Contract, den man bey Antritt der Dienſte gemacht / ſchnur ſtracks und handgreifflich zuwider handelt / in dieſem aber wie jener Sohn im Evangelio / zwar ſich aͤuſſerlich einenSchein163Qualitaͤten eines Kauffmanns-Dieners. Schein des Gehorſams anmaſſet / in der That aber nichts weniger als ſolchen præſtiret; Und was iſt die Zanckſucht / das Haddern und Schlagen / oder loſe Schlaͤgerey-Haͤndel anfangen / dem Naͤchſten alles Ubels wuͤnſchen / wohl anders / als eine Suͤnde wi - der das fuͤnffte Gebot; dem ſechſten aber zu wider / hat mancher frecher und unzuͤchtiger Kauff-Geſell wohl ſchon ſeine eigene Maitreſſe auf der Streu / die er Sonntags und Wercktags / wann er in die Kirche oder in ſeines Herꝛn Geſchaͤfften ausgehen ſoll / fleißig beſuchet / auch wohl gar auf ſeines Herꝛn Unkoſten (worzu ſich hundert Gelegenheit finden / die wir naͤchſtens in unſerm Banquerotirenden Kauffmann / und zwar in einer luſtigen Comœ - die, unter deſſen Diener Narciſſo vorſtellen wer - den) unterhaͤlt / dann da mancher Kauffmanns - Diener von den Seinigen nichts hat / dabey auch nicht mehr als 50. Reichsthl. jaͤhrliches Salarium verdienet / und ſich doch dabey ſtattlich in Kleidern und leinen Zeug / auch heimlich ein eigen Relt-Pferd und noch dabey eine Hure auf der Streu halten / bey 10. 20. und mehr Reichsthl. verſpielen oder verſauffen kan / ſollte ſolches wohl anderswo her / als aus ſeines Herꝛn Kram-Bude oder Gewoͤlb - Caſſa und Wein-Keller / durch allerhand heimli - che Intrigues und Pratiquen / die aber gemeini - glick ein ſchlechtes Ende zu nehmen pflegen / herkom - men; und wie entdecket nicht mancher Ehr - und Pflicht-Vergeſſener ſeines Herꝛn Handels-Arcana um ſchnoͤden Gewinſt willen / wie diſrecomman - dirt er nicht denſelben unter der Hand bey andern Leuten / ſonderlich bey ſeinen Kunden / ſpannet ihmL 2die -164Caput III. Von dendieſelbe zu ſeinem eigenen / oder anderer Leut Vortheil ab / laͤſſet hier und dar Schaden geſchehen / da er ihme doch vermoͤg ſeiner Chriſten - und Diener - Pflicht / ſein Gut ſollte heiffen beſſern und behuͤten / welches ja alles Suͤnd und Laſter wider die heilige Gebot GOttes ſeyn.

Als Gebrechen und Fehler / haͤtten wir manchen Handels-Diener auszuſetzen / erſtlich die Unerfah - renheit in denen Handels-Wiſſenſchafften / wel - che ſie ſich doch zu beſitzen ausgegeben haben / wie ſie angenommen worden / ſolches aber ruͤhret daher / daß ſolche Leute in ihren Jungen-Jahren ſich nicht recht angegriffen / etwas rechtſchaffenes zu lernen und vermeinet / wann ſie nur ihre Jahr erſtanden / ihnen der Bart anfienge zu wachſen / und ſie ſich nur burſaliſch und propre in Kleidern und leinen Zeug zu halten wuͤſten / ſo ſeye es ſchon genug vor einen Kauffmanns-Diener zu paſſiren / es erfolget aber gemeiniglich darauf / daß ein ſolcher Idiot kein hal - bes Jahr in Dienſten bleibet / da man ihme wieder ſeinen hoͤflichen Abſchied giebet / und noch ein paar Jahr vor Jung zu dienen anweiſet / oder ſo man ihm ja aus gewiſſen Urſachen und Conſideration behaͤlt / einen andern Contract mit ihm machet / und auf ein paar Jahr das verſprochene Salarium ihme zu geben retractiret / auch wohl gar ſeinen Eltern oder Vormuͤndern das Compliment machet / daß ſie noch ein paar Jahr vor dem vermeinten Diener / der noch erſt vor Lehrling paſſiren muß / Koſt-Geld zu geben ſollten / als daß er im Stand ſeyn ſollte / Sa - larium prætendiren zu koͤnnen.

Das andere Gebrechen iſt die Unfaͤhigkeit ſei -nes165Qualitaͤten eines Kauffmanns-Dieners. nes Verſtandes / ob es ihm gleich an guten Willen ſonſt nicht mangelt / da dann ein ſolcher Menſch / wie ſehr er ſich auch bemuͤhet / wegen ſchlechten Ge - daͤchtniß und Judicii nichts faſſen oder recht beur - theilen kan / dahero in der Handlung mit andern Leuten / ſonderlich die raffinirter als er ſeyn / gar ſchlecht beſtehet / und mehrmals uͤber den Toͤlpel ge - worffen wird / wodurch aber ſeinem Herꝛn wenig Dienſt geſchiehet. Ein ſolcher Menſch muß auch vielmal ſein Verſehen mit ſeinem eigenen Geld in Er - ſetzung des Schadens buͤſſen / und heißt es in der Handlung / wie ſchon zuvor gemeldt / bey den Rechts - Proceſſen: Vigilantibus jura & ſic etiam Merca - toribus lucra ſcripta ſunt, das Recht iſt vor den Wachenden / und nicht vor den Schlaffenden / und ſo auch in der Kauffmannſchafft die Profiten vor die - jenigen / welche darauf zu lauffen wiſſen / nicht aber vor diejenigen / welche warten / biß ihnen die gebra - tene Tauben in das Maul fliegen; dahero jener Va - ter / unter ſeinen zweyen Soͤhnen dieſen Unterſchied machte / daß der Hurtigſte und Munterſte zur Handlung / der Einfaͤltigſte aber zum Studiis ange - halten werden ſollte.

Das dritte Gebrechen iſt die Langſamkeit / ein ſchlaͤffriger Muth / Mangel der Activitaͤt und eines Mercurialiſchen aufgemunterten Geiſtes / wann beydes Herꝛ und Diener von einem gleichen Naturel zuſammen kommen / ſo moͤchten ſie ſich et - wan miteinander comportiren koͤnnen; wann aber der Herꝛ feurig und voller Activitaͤt / ſein Handels - Diener aber langſam und deſto ſchwehr-beweglicher iſt / ſo will ich diejenige davon urtheilen laſſen / welcheL 3(was166Caput III. Von den(was fuͤr ein Beſchwehr es ſey / dergleichen Leut in der Handlung zu haben) welche bey ſich empfinden. Nicht ohne Urſach haben die Poëten dem Mercurio an Kopff und an den Fuͤſſen Fluͤgel angedichtet / die Hurtigkeit / welche bey Handlungen erfordert wird / dadurch anzudeuten / dann da muß der Kopff fertig / wie oben ſchon gedacht / in der Reſolution ſeyn / und ſo gleich ein wohleintreffendes Ja / oder Nein / durch die Schaͤrffe des Judicii von ſich geben / der Mund muß zu reden wiſſen / aus dem / was er geſehen / ge - hoͤret / geleſen und erfahren / kluge Rationes hervor bringen / warum er dieſes oder jenes annehmen koͤn - ne oder nicht / er muß wiſſen zu perſuadiren / daß die - ſes alſo und nicht anders ſey / daß jenes dieſes uͤber - treffe / dieſes hingegen in andern Stuͤcken ſeinen Vortheil wieder von jenem habe. ꝛc.

Die Hand muß mit der Feder auf dem Con - toir, mit der Elen und Waag-Schaalen in dem Kram / Buden oder Gewoͤlb / zuweilen auch mit dem Pack-Stock oder Pack-Nadel bey Einballirung der Waaren / hurtig umzuſpringen wiſſen / ſintemal es einem Diener gantz keine Schande iſt / wann es die Noth erfordert / und periculum in Mora iſt / die Hand ſelber mit an das Packen zu legen; auf dem Contoir ſeynd offt in einem Tag zehen / zwantzig und mehr Brieffe zu ſchreiben / wie ſchoͤn ſollte man nicht da zu recht kommen / der wie die Jungens in der Schul auf ihre Vorſchrifft eine Stund mit einem Brief zubringen wollte / und wann die Affairen ein wenig uͤberhaͤufft / oder es in dem Contoir etwas unruhig waͤre / gar nicht wuͤſte / wo er anfangen oder endigen ſollte.

Jn167Qualitaͤten eines Kauffmanns-Dieners.

Jn der Kram-Bude oder Gewoͤlb iſt es eben ſo / da warten offt 10. oder 12. Perſonen auf / welche accommodiret und mit Waaren verſehen ſeyn wollen / wann nun der langſame Kram-Diener ei - ne halbe Stund an einem Paquet auf - und zu macht / mittlerweil lauffen die andere Kaͤuffers (wel - che dieſer Verzug verdrieſſet /) nach einem andern Gewoͤlb / da ſie geſchwinder abgefertiget werden koͤnnen.

Kommt es auf das Amt der Fuͤſſe an / was iſt nicht da vor ein Verdruß bey einem ſolchen Men - ſchen / der alle Viertel-Stunde einen Tritt thut / und gut nach den Tod zu ſchicken waͤre / weil er fein langſam wiederkommt / indeſſen iſt vielleicht hier oder dar etwas durch ſolche Zauderey verabſaͤumet / angeſehen / ein Kauffmann eben ſo accurat auf die Handels-Occaſiones, als ein Schiffer auf den Wind aufpaſſen muß; wie es aber mit einem ſo lang - ſamen Menſchen geſchehen koͤnne / gebe ich jedem ſelbſt zu ermeſſen; ich halts mit gewiſſer Kauffleut ihrem Sprichwort / welche zu ſagen pflegen: fruͤh auf ſpaͤt nieder / geſchwind und geh bald wieder.

Das vierdte Gebrechen iſt die allzuviele Zaͤrtlichket / oder groſſe Pflege des Leibs / mit wel - cher ein Handels-Diener / theils aus Selbſt-Liebe / theils andern zu Gefallen / theils aus Gewonheit ſich zu putzen und zu warten pfleget / als wenn man bey der Handlung lauter Feyertag haͤtte / woruͤber die meiſte Zeit / die man zu Handels-Geſchaͤffte / oder den Verſtand zu ſchaͤrffen anwenden ſollte / verloh - ren wird / ja ſolche Leute laſſen ſich auch nicht einmal auf Reiſen abgehen / und koͤnnen anders keine Fati -L 4quen168Caput III. Von denquen vertragen / als die mit groſſer Pflege des Lei - bes wieder verſuͤſſet werden / daß auch ſolche Leute in gewiſſen Handlungen / in welchen ſo wohl der Leib als Verſtand ſich angreiffen muß / mehr eine Laſt als nutzlich ſeyn / ſolches ſtehet von ſelbſten leicht - lich zu beurtheilen.

Das fuͤnffte Gebrechen iſt / wann ein junger Menſch zwar nicht aus Vorſatz / doch aus uͤbler Ge - wohnheit ſich zuweilen dem Trunck uͤbernehmen laͤßt / und dadurch zu denen ihnen obliegenden Han - dels-Geſchaͤfften / ſonderlich des Poſt-Tags untuͤch - tig wird.

Das ſechſte Gebrechen beſtehet in der Me - lancholey / Widerſinnig - und Sauerſuͤchtigkeit / da ein ſolcher Menſch alles gezwungen und niemals mit froͤlichem Muth thut / denen Kaͤuffern nicht mit freundlichen Worten und Minen zu begegnen / und ſie dadurch zu ſeines Herꝛn ferneren Kundſchafft zu animiren weiß / auch an ſich ſelbſt dergeſtalt geartet iſt / daß er ſich ſelbſt kein Vergnuͤgen machet / und um ſo viel weniger andern Leuten mit ſeinem Umgang ſolches geben kan.

Das ſiebende Gebrechen iſt / die Super - Klug - und Naß-Weisheit / da ein ſolcher Kluͤg - ling Gras wachſen zu hoͤren ſich einbildet / andern in die Rede fallen / vorgreiffen und kluͤger als ſein Herr und Meiſter ſeyn will. Solche Leute ſeynd gemeini - glich dabey auch groſſe Pralers / (die Frantzoſen nennens Grands Parleurs, Fanfarrons) ſie ſpre - chen offt mehr als ſie verantworten koͤnnen / oder es redet doch die Zunge / ehe der Verſtand beſchloſſen hat / was ſie reden ſollen / dabey findet ſich dannauch169Qualitaͤten eines Kauffmanns-Dieners. auch der Geiſt der Contradiction oder des Wider - Spruchs / da mancher ſolcher Kluͤgling Profeſſion machet / alles was er raiſonniren hoͤret / zu wider - ſprechen / und ſein Kuͤh-dicium, welches ſich offt wie eine Fauſt auf ein Aug reimet / anders zu geben / bloß weil ihn der Hoffarths-Geck ſticht / daß er vor einen weiſen / erfahrnen Menſchen will angeſehen ſeyn / der doch bey manchen noch in der Lehr ſtehenden Jungen / erſt wieder in die Schule gehen / und ſich eines beſſern unterweiſen laſſen moͤchte.

Das achte Gebrechen / iſt die Unvertraͤg - lichkeit / wann ein ſolcher Menſch ſich nicht lang mit ſeiner Herꝛſchafft und ſeinen andern Mit-Dienern vertragen kan / ſondern gerne Zaͤnckerey und loſe Haͤndel anfaͤngt / es concurriren aber / dieſes Un - weſen auszuhecken / viel andere Laſter / Maͤngel und Gebrechen; als erſtlich die Hoffarth / daß ein ſolcher Menſch dencket / er ſey es allein / andere Leute wiſſen nicht / was er gelte oder werth ſey / und daher koͤnne man ihm auch nicht genugſam Reſpect erzeigen / es kommt darzu / der Neid und der Mißgunſt / die er uͤber andere ihr Gluͤck / Aufnehmen und Capacitaͤt hat / welche er gern an ihnen geringer ſehen moͤchte / damit ſein Talent deſto beſſer hervor ſtrahlte. Der Geiſt der Contradiction iſt auch Schuld dran / daß er in allen Dingen will Recht haben / und wann man ihm ſolches nicht zuſtehen will / es daruͤber zu harten Worten / und wohl endlich gar zum Schlaͤ - gen kommt / und was der anreitzenden Gebrechen zu einer ſolchen Zanckſichtigkeit mehr ſeyn moͤchten.

Der neunte Fehler an manchen Kauffmanns - Diener / iſt die Liederlichkeit / da er zwar an ſichL 5ſelbſt170Caput III. Von denſelbſt das Seinige verſtehet / und ein guter Verrich - ter iſt / aber auch dabey ſo liederlich in ſeinen Thun und Laſſen / daß das Gute / welches er ſonſt an ſich hat / alles dadurch verdunckelt wird / da erſcheinet ſogleich ſolche Liederlichkeit in ſeiner negligirten Leibes-Kleidung / daß er zwar ſeinem Herꝛn getreu iſt / aber doch von ſeinem eigenen nichts bewahren kan / ſondern mit luſtiger Compagnie alles wieder durchbringet / in den Handels-Geſchaͤfften ſelbſten uͤber hin eilet / weil er ſich auf ſeine Faͤhig - und Fer - tigkeit allzuviel verlaͤßt / daraus hernachmals das ſchaͤdliche Procrastiniren, und die Affaires auf den andern Tag zu verſchieben / erfolget / weil er ſich dar - auf verlaͤßt / daß er / was andere langſame Gemuͤ - ther mit vieler Muͤh vorgearbeitet haben / leichtlich wieder nachholen kan. Es kommt auch aus ſolcher Liederlichkeit / die allzugroſſe Familiaritaͤt / welche er mit Leuten machet / die nicht ſeines gleichen und weit unter ihm ſeynd / woruͤber ſein Reſpect verlohren gehet / und er ja ſo ſehr in dieſem Stuͤck in Defectu als ein Hoffaͤrtiger / Aufgeblaſener in Exceſſu pecci - ret / welcher mehr Reſpect haben will / als ihme zu - kommen kan. Bey einem ſolchen Menſchen muß nun ein vernuͤnfftiger Handels-Patron das rechte Mit - tel zu treffen wiſſen / daß er ihn nicht zu viel einſchraͤn - cke / und auch nicht den Zuͤgel zu weit ſchieſſen laſſe / weil beydes ſonſt von der Wuͤrckung iſt / daß daruͤ - ber ſeine Handels-Geſchaͤffte Abbruch leiden / indem mancher eines freyen Lebens Gewohnter / wann er zu ſehr ſollte eingeſchraͤncket werden / daruͤber ſeine Activitaͤt und Willfaͤhrigkeit in Handels-Verrich - tungen verliehren wuͤrde.

Das171Qualitaͤten eines Kauffmanns-Dieners.

Das zehende Gebrechen / iſt das Schmei - cheln und Fuchsſchwaͤntzen / und der Augen-Dienſt / welchen mancher Handels-Diener ſeiner Herꝛſchafft leiſtet / dadurch er allein bey derſelbigen mit Aus - ſchlieſſung der andern Domeſtiquen der Hahn im Korb zu ſeyn intendiret / und um ſolches dahin zu bringen / das Fuchsſchwaͤntzen und Beluͤgen mei - ſterlich anzuwendenweiß / worzu ſich hernach die Waͤ - ſcherey und Plauderey fuͤget / welche auch nichts Gu - tes nach ſich zu ziehen pfleget.

Das eilffte Gebrechen / iſt die Faul - und Dummheit / welche gern auf Morgen verſchieben will / was heute gethan werden ſoll / und ſich in nichts recht zu finden weiß. Ein Fauler haͤtte alle Tag gerne Sonntag / er gehet nicht mit Luſt an die Arbeit / al - les iſt ihm zu ſchwehr / und ſiehet gerne daß andere die ſchwehrſten Streiche vor ihm ſchleppten; ein Dum - mer hingegen / greifft die Sache nicht am rechten Ende an / und macht ſich die Arbeit ſelbſt zu ſchwehr / hat keine Luſt nachzudencken / noch viel weniger aber den Verſtand zu begreiffen / was jetzt gegenwaͤr - tig zu ſeinem eigenen Nutzen gereichen koͤnte.

Endlich und vors zwoͤlffte / iſt auch der Un - beſtand bey Handels-Dienern ein groſſer Fehler / daß ſie bald auf dieſes / bald auf jenes / fallen / ſich zu kei - nem recht appliciren / in allen etwas / im Gantzen aber nichts recht wiſſen wollen / ihre fladderhafftige Gedancken diſtrahiren ſie bald auf dieſes / bald auf jenes / und wann mans beym Licht beſiehet / ſo ſeynd ſolche Leute / die in alle Saͤttel gerecht ſeyn wollen / zu nichts zu gebrauchen / daruͤber es dann auch hernach / wann ſie ihr Eigenes anfangen / ſoabzu -172Caput III. Von denabzulauffen pfleget / wie es bey manchem am Tag lieget.

Folgen noch einige Lehren / welche angehende Handels-Diener in ihren Dienſt - Jahren in acht zu nehmen haben / und zwar erſtlich / was diejenige / welche bey Groſſirern in Dienſten ſtehen / wiſſen und thun muͤſſen / wann ſie im Han - del der gantzen Waaren vor tuͤchtig wollen erfun - den werden; hiervon redet Savarii in ſeinem voll - kommenen Kauffmann / Capitel 18. folgen - der maſſen:

ERſtlich ſollen ſie einen Groſſirer erwaͤhlen / wel - cher nicht allein mit denjenigen Waaren / die in dem Koͤnigreich / ſondern auch auslaͤndiſchen Orten gemachet werden / Handel treibet / dann dabey wer - den ſie den Unterſcheid eines und des andern erken - nen lernen / und von dieſem will ich an ſeinem Ort / wann ſie nemlich vor Kauffleut aufgenommen / und den Groſſier-Handel treiben wollen / handeln.

Zum andern / muͤſſen ſie in Obacht nehmen / was ihre Herren in ihren Geſchaͤfften vor eine Ordnung halten / damit ſie ſich auch darnach richten koͤnnen. Dann dieſes muß man wiſſen / daß die Kauffleute nicht einerley Ordnung in ihren Handlungen haben / einer macht es ſo / der ander wiederum auderſt / rich - ten ſich aber unterdeſſen alle nach einem Zweck / nem - lich / wie ſie alle Unordnung meiden / und ihre Sa - chen im guten Wohlſtand erhalten moͤgen. Dieſe Ordnung aber beſtehet darinnen / daß ſie ihre Buͤ -cher173Qualitaͤten eines Kauffmanns-Dieners. cher doppelt / vermiſcht oder einfach / ſo wohl vor die Manufacturen / als andere Handlung / halten ſollen.

Zum dritten / muͤſſen ſie den Verkauff in Obacht nehmen / dann anderſt werden die Waaren in gan - tzen Stuͤcken / anderſt bey dem Hand-Kauff ver - kaufft. Der ſeine Waaren gantz verkaufft / hat mit Kauffleuten zu thun / mit welchen er gantz an - derſt als mit Edelleuten / umgehen muß: Dann die Kauffleute des Hand-Kauffs / verſtehen ſich auf die Waar / und wiſſen ungefaͤhr den Preiß / muß man derowegen die Waar nicht uͤberbieten / noch die Kaͤuffer zu bereden im Gebrauch haben / ſondern mit einem Wort den Preiß / um welchen ſie die Waar haben ſollen / anzeigen. Dasjenige / was allein zu beobachten / iſt / daß ſie die Perſonen / welche ihnen abkauffen / unterſcheiden / und diejenige / welche wohl bezahlen / und viel auf einmal nehmen (denen die nicht gerne bezahlen / und wenig nehmen) vor - ziehen.

Man muß auch dreyerley wohl in acht nehmen / daß man nicht ſage / und in dem Buch den Preiß / wie die Waaren andern Kauffleuten ſind verkaufft worden / zeige / und dieſes um zweyerley Urſachen: Die Erſte / weilen die Kaͤuffer einen Argwohn faſ - ſen / als waͤren die Waaren Ausſchuß / haben alſo zu kauffen keine Luſt. Die Andere / weiln ſie den jenigen / welchen ſie die Waaren theuer verkaufft / hoͤchſtens Unrecht thaͤten: Jndem ſie dadurch in boͤ - ſen Verdacht gerathen / als ob ſie nicht allenthalben / weiln ſie theuerer als andere kauffen / Credit haͤt - ten. Wann aber ein Kauffmann gleichen Preiß /wie174Caput III. Von denwie andere zu bezahlen / anerboͤte / ſo koͤnnte ihm der Preiß auf dem Buch wohl gezeiget werden / und die - ſes wuͤrde ihm zu keinem Nachtheil gereichen / wann es nur um baar / oder auf diejenige Zeit iſt / ſo zur Bezahlung gegeben wird.

Es muß auch in Verkauffung der Waare / die Zeit / in welcher ſie begehret wird / in acht genommen werden. Z. E. Wann einer Winter-Waare zu Ende deß Winters kauffen wollte / muͤſſen dieſelbe wohlfeiler / als am Anfang des Winters / damit ſie nicht biß auf einen andern uͤbrig bleiben moͤgen / ge - geben werden. Dann die Mode duͤrffte vielleicht in Abgang kommen / und er dadurch auch den Ein - kauff verliehren. Und dieſe Reſolution zu Aus - gang der Jahrs-Zeit wohlfeiler / als im Anfang zu verkauffen / iſt ſehr beobachtlich / weiln die uͤberblei - bende Waar ein verſtorbener Grund / der nichts hervor bringt / hingegen bringt die Verkauffte Waar zu ſeiner Zeit Geld / darauf man (wann es Gelegenheit andere Waaren um billichen Preiß zu kauffen giebet) ſeine Rechnung machen kan.

Zum Vierdren / muß er auch ſeine Waaren ſauber halten / und dieſelbe / von einer Zeit zur andern / in neue Papyer einbinden. Dann / wann die Kauffleute ſe - hen / daß die Waar unſauber und verwahrloſet / iſt es ihnen nicht zu verargen / wann ſie ſich die Gedan - cken machen / daß die Waare alt / und einen Man - gel habe; Und dieſes verurſachet / daß man die Waare nicht anſiehet; Endlich verdierbt ſie gar / al - ſo / daß man ſie ohne ſonderlichen Schaden nicht verkauffen kan.

Zum Fuͤnfften / ſoll er fleißig zu den Kauffleu -ten /175Qualitaͤten eines Kauffmanns-Dieners. ten / denen er Waaren verkaufft / gehen / und ihnen die Rechnung / ſo bald immer moͤglich / bringen / da - mit nicht entweder in dem Preiß oder Maaß einige Strittigkeiten kuͤnfftig entſtehen moͤgen; dann / wann man gar zu lang wartet / ſo kan es leicht aus dem Ge - daͤchtniß fallen.

Jndem ſie nun die Rechnung ſchlieſſen / ſo ſollen die Commis oder Bediente wohl acht haben / was ſie thun; das iſt: Daß ſie keinen Abzug auf den Waaren / wann ſie dieſelben nicht ſelbſt gemeſſen und geſehen / ob ſie voͤllig ſeye oder nicht / eingehen / noch einem zu Gefallen etwas mehrers / weiln ſolches mit ihrer Herꝛn Verluſt geſchehe / geben ſollten. Ei - ne Rechnung aber in Ordnung zu bringen / muß man ein Memorial machen / in welchem die Anzahl der Stuͤcke / deren Numero, Elen und Preiß (wie die Waare verkaufft worden) enthalten ſey. Die Rechnung aber wohl zu machen / muß das Memo - rial, welches man bey ſich traͤgt / mit der Rechnung / welche bey Liefferung der Waaren gegeben worden / conferirt werden / um zu ſehen / ob es mit demſelben uͤbereinkommt; Bey einem jeden Articul muß man den Abzug / wann einer dabey zu bemercken / und auf wie viel die Waare ſich belauffe / wohl in Obacht neh - men / wann er nun wieder in das Gewoͤlb kommen / ſoll ers im Buch gleichfoͤrmig einſchreiben / damit daſſelbe / und des Kauffmanns Buch / mit dem er Rechnung geſchloſſen / uͤbereinſtimmend erfunden werde. Dieſe Richtigkeit erhaͤlt gute Verſtaͤnd - niß / welche unter Groſſierern und Kauffleuten des Hand-Kauffs ſeyn ſoll.

Zum Sechſten / ſollen ſie offt die Kauffleutedes176Caput III. Von dendes Hand-Kauffs beſuchen / und ſolches um vier Ur - ſachen willen Die Erſte iſt / weiln man hierdurch / ent - weder von denen Herren oder ihren Bedienten erfah - ren kan / ob der Waaren Abzug gut oder ſchlecht ſey / man kan dabey abnehmen / welche Waaren am mei - ſten begehrt / und ſich darnach in Beſtellung der Ma - nufactur-Waaren / es ſeye gleich Frantzoͤſiſche oder Auslaͤndiſche zu richten. Die Andere iſt / weiln die - ſe Beſuchung / ihnen Waaren anzubieten / und die Kauffleute / (daß wieder friſche Waare auf dem Weg / oder neue in den Manufacturen in Arbeit ſeyn /) zu benachrichtigen Urſach giebt: Welches denn ſo viel wuͤrcket / daß ſich die Kauffleute der Waaren / die ſie vonnoͤthen / erinnern / und durch dieſes Mittel procuriren die Handels-Diener den Verkauff ihrer Herren Waaren.

Die Dritte iſt / weil man allda / was ſich in dem Handel begiebt / erfaͤhrt: Dann wie gemeiniglich des Mittags und Abends die Groſſierer auf den Platz oder an die Boͤrſe gehen / und ſich allda viel bey - ſammen finden / als fehlet es nicht / daß nicht von Sachen / welche in dem Gewerb vorgehen gere - det werde. Einer wird ſagen / wie in dieſer Stadt ein Falliſſement ſich zugetragen; der Ander / wie ein Kauffmann Friſtungs-Brief und ſicher Geleit wi - der ſeine Glaͤubiger bekommen / der Dritte wird re - feriren / daß Wechſels-Briefe mit Proteſt zuruͤck kommen / und daß dieſer oder jener zur Bezahlung angeſtrenget worden: Das Schiffe verlohren gangen / bey welchem dieſer oder jener intereſſiret geweſen: Ein anderer wird etwan vorbringen / daß man mit groſſer Muͤhe von dem und dem Kauff -mann177Qualitaͤten eines Kauffmanns-Dieners. mann bezahlet werde. Ja man wird von allen Sachen / die ſich in dem Handel begeben / etwas hoͤ - ren. Dieſes iſt nun hoͤchſt nothwendig zu wiſſen / weil eines ſolchen Dieners ſein Patron in einen und andern intereſſiret ſeyn kan / weßwegen ſie dann denſelben / damit ſie darinnen Rath ſchaffen / und ſich im Verkauff ihrer Waaren und Diſpoſition ihrer Gelder darnach richten koͤnnen / getreue Nach - richt zu ertheilen / nicht nachlaͤßig ſeyn ſollen.

Die Vierdte iſt der Nutzen / welchen ſie ſich ſelb - ſten / weilen ſie vor geſchickt und fleißig gehalten werden / dadurch zuwegen bringen. Dann daraus ſchlieſſen die Kauffleute / daß / wann ſie ſich ihrer Herren Geſchaͤffte wohl angelegen ſeyn laſſen / ſie noch fleißiger in dem ihrigen / wann ſie ihren eige - nen Handel kuͤnfftig treiben / ſeyn werden. Woher dann offtmahls koͤmmt / daß die Herren / wann ſie ihre Diener alſo geſchickt und getreu erſehen / die - ſelbe mit ſich in Gemeinſchafft nehmen / ja gar / ob ſie ſchon nicht groſſes Vermoͤgen / noch von ſo gu - tem Geſchlecht / als ſie ſeyn / ihnen ihre Toͤchter ver - heyrathen / koͤnnen alſo / vermittelſt ihrer Wiſſen - ſchafft / und guten Verhaltens / ſolche Leute offt zu groſſen Reichthum und Ehre gelangen.

Wegen ein caſſiren der Schulden giebt er Cap. 37. folgenden Unterricht:

Erſtlich wird an einem Bedienten zu Einfor - derung der Schulden Kuͤhnheit / zum andern Sorgfalt und Embſigkeit / drittens / Fuͤr - ſichtigkeit / und vierdtens Gedult erfordert.

Die Kuͤhnheit beſtehet darinnen / daß ſie in einer Standhafftigkeit anhalten / die Schuld aberMdoch178Caput III. Von dendoch mit Ehrerbietung (wann es bey vornehmen Leuten iſt) fordern / ihnen zu Gemuͤth fuͤhrend / daß ihr Herr des Geldes ſehr vonnoͤthen habe; wuͤrde es ihm das erſte mahl abgeſchlagen / und koͤmmt zum andern mahl wieder / ſoll er ein wenig ſtaͤrcker darauf dringen / damit der Schuldner durch einige Wort bewogen werde / daß er / wo nicht die gantze Schuld / dennoch aber einen Theil daran zahlen moͤge: Wann er nun endlichen nach offt beſchehe - nen Abweiſungen nichts erlangt / ſoll er / ſo es ihm befohlen wird / ſagen / daß man die Bezahlung ge - richtlich ſuchen werde.

Die Sorgfalt und Embſigkeit iſt vors an - dere bey einem / der Schuld einfordern ſoll / noͤthig; weil man fruͤh / um die Perſonen / mit welchen man zu thun hat / anzutreffen / aufſtehen / und die Stund und Tag / da man das Geld zu empfangen beſchie - den iſt / nicht verabſaͤumen muß; dann wann man zu der Stund / die man beſtimmet / nicht erſcheinet / kan der Schuldner eine Ausflucht ſuchen / und vor - wenden / daß er ſein Geld anderſt diſponiret habe.

Die Fuͤrſichtigkeit wird drittens zu Eincaſſi - rung der Schulden darum erfordert / damit man (1.) nichts anders rede / als das jenige / was zur Einnahm und Forderung der Schuld vonnoͤthen iſt / und (2.) die Zeit / wann man meynet / daß der Schuldner zu Hauß / nicht verſaͤumen / (3.) auch nicht ohngefehr / damit die Zeit nicht unnuͤtz dahin ſtreiche / den Schuldner zu ſuchen / gehe: dann es ſind etliche / welche man nur des Morgens Fruͤhe / andere aber ſpaͤter antrifft; muͤſſen dannenhero die Stunden / in welchen man vermeynet / die Schuld -ner179Qualitaͤten eines Kauffmanns-Dieners. ner anzutreffen / nicht verſaͤumet werden. Die Vor - ſichtigkeit beſtehet auch darinnen / daß man mit dem Schuldner nichts in Gegenwart ſeines Hauß-Ge - ſindes oder anderer Leute rede / dann ſolches ver - dreuſt dieſelben / und dieſe Unvorſichtigkeit verurſa - chet / daß der Mahner Unluſt hat / und ihren Prin - cipalen hernach nichts mehr abgekauffet wird: Es iſt auch ein Stuͤck der Vorſichtigkeit / Dinten / Fe - dern und Papier bey ſich zu haben / um ſich Hand - ſchrifften machen zu laſſen / die Rechnung zu ſchlieſ - ſen / oder aber Quittungen des empfangenen Gel - des zu ertheilen. Dieſes alles iſt um ſo viel wich - tiger / als man ſich nicht einbildet; dann die Schuldner finden dadurch gar offt ihre Ausflucht / vorwendende / daß ſie keine Dinte / Papier noch Fe - der haͤtten. Jch weiß es durch die Erfahrung / weilen ich ſelbſten gar offt dabey ertappet worden bin.

Endlich iſt die Gedult auch eine noͤthige Tu - gend denen / welche Schuld einfordern ſollen. Die - ſelbe beſtehet darinnen / da man zu den Schuldnern zu gehen / und die Schuld zu fordern / nicht verdruͤß - lich werde / man muß die Gelegenheit / mit ihnen zu reden / erwarten / ſonderlichen aber ſich nicht unge - dultig / noch ungeberdig uͤber die Abweiſung erzei - gen / auch nicht ſchimpfliche und zu Zorn-reitzende Wort von ſich hoͤren laſſen / dann man muß be - dencken / daß die Zeit und Gedult alles zu einem gu - te Ende bringe / hingegen aber die Ungedult alles uͤber einen Hauffen werffe.

Hingegen muß auch ein Kauffmann oder Han - dels-Patron in acht nehmen / daß er diejenigen / wel -M 2che180Caput IV. che dem Verkauff obliegen / die Schulden einzufor - dern / nicht ſchicke: Die Urſach iſt / weilen ein guter Sollicitant gegen diejenigen / welche nicht anders / als im Zorn bezahlen / harte Wort gebrauchen muß / welches ſie zu Widerwillen gegen diejenigen / von denen ſie ſo ſcharff getrieben worden / reitzet / und daher / wann ſie werden Waaren auf ein anders mahl kauffen wollen / dieſelbe ſcheuen / und vorbey gehen.

Caput IV.

Was ein Kauffmanns-Diener von Buchhalten / Wechſeln / und Brief-Schreiben wiſſen muͤſſe.

WEil die wenigſten unter denen Kauffleu - ten in groſſen Handels-Staͤdten ſolcher Geſtalt Buchhalters halten / daß ſelbige bloß allein denen Handels-Buͤchern ob - liegen / der uͤbrigen Handels-Geſchaͤffte aber ſich gar nicht anmaſſen ſollten / ſondern nur einen Diener haͤlt und ſalariret / (in ſo fern er ſolchen nicht die gantze Zeit aus / entweder zum Reiſen / Schulden - ein caſſiren / kauffen / verkauffen / und manufacturi - ren / der Waare zu Hauß und auch auf Meſſen / in offenen oder verſchloſſenen Gewoͤlb oder Laden / bloß allein gebrauchen / und dabey genugſame Oc - cupation ſchaffen kan /) demſelben auch dabey zuallen181Von Wechſeln und Briefſchreiben. allen vorfallenden Handels-Verrichtungen / ſonder - lich aber zur Schreiberey auf dem Contoir, und folglich dem Buchhalten / wann er der Handels - Patron, ſolches ſeiner Convenientz / und des Die - ners Capacitaͤt gemaͤß zu ſeyn / beurtheilet / mit an - haͤlt und gebrauchet / als will ja einem ſolchen Die - ner die Wiſſenſchafft des Buchhalten / und zwar um ſo viel mehr / noͤthig ſeyn / als es erſtlich ein noth - wendiges Requiſitum an einem der Handlung zu - gethanen; Zweytens auch eine Wiſſenſchafft iſt / durch welche ſich ein junger Menſch trefflich recom - mandiren / auch auſſer den Kauffmanns-Stand damit wohl fortkommen / und allezeit mehr Sala - rium, als ein Idiot, der nichts davon weiß / (und beſſer mit den Pack-Stock / als der Feder umzuge - hen / beſſer Ballen und Faͤſſer / als Brief zu machen / beſſer Waaren zu ſortiren / und denen Bauren ein Loth Pfeffer / oder etliche Elen groben Boy / oder Tuch / zu verkauffen / und anzuſchwatzen / als in Buchhalten / Debet und Credit zu unterſcheiden / oder in allerhand Vorfaͤllen einen zierlichen Brief zu ſchreiben gelernet /) prætendiren kan.

Ein nothwendiges Requiſitum iſt die Wiſſen - ſchafft des Buchhaltens vornehmlich darum / weil (1.) der Handels-Patron ſolches erfordert / und desfalls ſolche Leute / denen er Koſt und Lohn gie - bet / ſuchet / und in ſeine Dienſte nimmt / welche ihm der Muͤh / die Handels-Buͤcher ſelbſt zu ſchreiben / uͤberheben koͤnnen / zugeſchweigen / daß viel Han - dels-Diener bey Abſterben ihrer Patronen / die Handels-Geſchaͤffte dergeſtalt auf ſich nehmen muͤſſen / daß ſie jederzeit denen Erben und Erbneh -M 3men182Caput IV. men Rechnung und Reliqua præſtiren koͤnnen; wie will aber ſolches ohne genugſame Wiſſenſchafft des Buchhaltens geſchehen / und was finden ſich nicht offt vor vortheilhafftige Conditiones bey Kauffmaͤnniſchen Wittfrauens / welche ihrer Maͤn - ner Handlung etwann ihren Kindern zum beſten / oder anderer Urſachen halber / zu continuiren / ent - ſchloſſen / da dann ein habiles Subjectum eines ſol - chen Bedientens / welcher ſo wohl die Waaren - Handlung als Scripturen verſtehet / darzu erfor - dert wird / dieſes alles aber / wann es noch nicht ge - nug waͤre / die Nothwendigkeit und Nutzbarkeit des Buchhaltens denen Kauff-Geſellen einzuſchaͤrffen / ſo ſolte ſie vornehmlich darzu anreitzen / (1.) die Be - duͤrffnis derſelben in ihren Diener / und (2.) in ih - ren Herren / oder eigenem Handels-Stand; jene laͤſt ſich wieder eintheilen / wie ſie dieſer Wiſſenſchafft / theils in Anſehung ihrer Handels-Patronen / theils ihrer ſelbſt beduͤrfftig ſeyn; dann was das erſte anbetrifft / wird ein Diener auf Meſſen / und mit Cargaſonen oder Schiffs-Ladungen verſchickt / ih - me auch einige particulare Stuͤcke von der Hand - lung / oder der gantze Waaren Verkehr / auch et - wann eine gantze Meß-Verrichtung oder Scontro, eine gewiſſe Inſpection in dieſer oder jener Han - dels-Sache / unter Handen gegeben / wie will er ſich derſelben recht acquittiren / wann ihme die Kunſt des Buchhaltens unbekannt iſt / ja wie will er zu ſeiner eigenen Erbauung und Belehrung in die Han - dels-Arcana ſeines Handels-Patrons hinein drin - gen / wann er aus den Buchhalten nichts gelernet hat / wo er es recht ſuchen und wahrnehmen ſoll;Bey183Von Wechſeln und Briefſchreiben. Bey eigener Handlung wird ſolche Wiſſenſchafft noch viel mehr erfordert / weil ein junger Anfaͤnger ſo gleich nicht auf den Fuß ſich ſetzen muß / eigene Buchhalters anzunehnem / wie groß auch ſein Ca - pital darzu ſeyn moͤchte / es waͤre dann / daß er ei - ne ſchon établirte groſſe Handlung ererbet / erhey - rathet / oder auf andere Weiſe an ſich gebracht haͤt - te / bey welcher er einen eigenen Buchhalter gefun - den / und daß ſolchen beyzubehalten / die Nothwen - digkeit erforderte. Auſſer dieſen aber thut er ſehr wohl / beym Eintritt in ſeine eigene Handlung / ſeine Buͤcher ſo lang ſelber zu fuͤhren / und zu ſchreiben / biß daß die Vielheit und der Anwachs ſeiner Ge - ſchaͤfften ihn davon diſpenſiren / und mit Fug ei - nen Subalternen zulaſſen koͤnnen.

Es wird aber auſſer denen Præcognitis Gene - ralibus der Contoiriſtiſchen Scripturen vornehm - lich an einen Buchhalter erfordert / daß er wiſſe / worinn das Buchhalten / ſonderlich das Jtaliaͤni - ſche / beſtehe / nehmlich / daß alle Handels-Verrich - tungen dadurch in guter Ordnung koͤnnen gehalten / der Handlungs-Zuſtand / ſo offt es noͤthig / aus de - nen Haupt-Buͤchern erkundigt / und dem Handels - Patron jedesmahl auf ſein Begehren ein richtiger Bilantz vorgeleget werden. Zu dieſer Wiſſenſchafft zu gelangen / wird Theoria und Praxis erfordert; Die Theoria hat unſern Handels-Bedienten in de - nen Schreib-Rechen - und Buchhalter-Schulen / in - gleichen in ſeinen Dienſt - und Lehr-Jahren / und auf den Contoir ſeines Principalen angewieſen / wie er Handels-Buͤcher uͤber eigene und Geſellſchafft - Handlungen anfangen muͤſſe / wie erſtlich ein In -M 4ven -184Caput IV. ventarium uͤber die verhandene Waaren und baare Gelder / wie auch andere bewegliche und un - bewegliche / jedoch handgreiffliche Dinge zu machen ſey / welcher Geſtalt man ferner die Debitores und Creditores extrahiren / und die Capital-Conto hierauf vor jene creditiren / an dieſe aber debitiren ren muͤſſe. Wie hierauf ferner / wann ſolcher Ge - ſtalt die Formirung des Grundſatzes / nehmlich der Capital-Conto ſeine Richtigkeit hat / in Fortſe - tzung der Handlung procediret werden / daß nehm - lich allezeit zu einen Debitore ein Creditor, und zu dieſen wieder ein Debitor nach der Manier des Jtaliaͤniſchen Buchhaltens muͤſſe gefunden werden / wie ſolches in unſern Probierſtein der Buchhalter ausfuͤhrlich angewieſen worden / worauf es dann auf die Praxin loß gehet / da ein ſolcher / der ſich vor einen geſchickten Handels-Diener ausgiebet / auch in ſolchen / was zum Buchhalten gehoͤret / Præſtan - præſtiren muß.

Hier ſtehe er nun nicht lang in Bedencken / wann er nunmehro beym Antritt ſeiner neuen Fun - ction auf den Contoir zu denen Handels-Buͤchern gefuͤhret / und ihme die Beſchickung derſelben uͤber - geben wird; Er erkundige ſich aber vorher / wie es der Handels-Patron damit wolle gehalten haben / ob es neu-anzufangende / oder nur von voriger Zeit her zu continuirende Buͤcher ſeyn / ob ſelbige in einfachen oder doppelten Poſten / auf Jtaliaͤniſche Manier ſollen gehalten werden / ob allbereit ein vo - rigen Jahrs / oder aus denen alten Buͤchern gezo - gener Bilantz vorhanden / oder ob ſolcher erſt muͤſſe geſuchet / extrahiret / und / da es aus Buͤchern / dienur185Von Wechſeln und Briefſchreiben. nur in einfachen Poſten gefuͤhret worden / geſchehen ſoll / ſolcher nach der Form des Jtaliaͤniſchen Buch - haltens (da alle vorhandene Waaren / baare Gel - der / bewegliche und unbewegliche Dinge / wie auch die vorhandene Debitores an Capital-Conto, dieſe hingegen wieder an die befundene Creditores zu debitiren) ſoll gemachet werden / worauf man dann gleich die erſte Grund-Lage zu den Jtaliaͤni - ſchen Buchhalten hat.

Anfaͤnglich wird ihm bey ſeinen Eintritt in die Handlung (ſonderlich wann er vorher auf dem Contoir unbekannt geweſen) die darinn gebraͤuch - liche Methode, ſamt denen Affairen / etwas unbe - kannt ſeyn / er wird vornehmlich ſeines neuen Pa - troni Correſpondenten wohl muͤſſen kennen ler - nen / und ſich dannenhero aus dem Copier-Buch / und denen Handels-Buͤchern / wohl erkundigen / worinn das Negotium mit ihnen beſtehe; Zu die - ſem Ende giebt er fleißig Achtung / uͤber was vor Sachen / und in welcher Methode oder Schreib - Art man mit ihnen zu correſpondiren pflege / da er dann / ſo bald er nur ein wenig Kaͤnntniß einge - zogen / ſich ſchon nach und nach der Arbeit der Cor - reſpondentz unterziehen kan / biß endlich etliche Poſt-Taͤge / Wochen und Monate / ihme die voͤlli - ge Kaͤnntniß zuwege bringen / welche bey einem ge - ſchickten Subjecto ſich ſo weit erſtrecken muß / daß er endlich wenig oder nichts von ſeinem Handels - Patrono ſich darff eintrichtern oder vorkaͤuen laſ - ſen / ſondern es iſt genug / daß der Principal mit zwey oder drey Worten ſage / was er geantwortet haben will / daß er der Concipient, ſo gleich ohneM 5lan -186Caput IV. langes Bedencken in die Feder faſſen / und einen foͤrmlichen Brief / biß auf die Unterſchrifft des Pa - trons, daruͤber ausfertigen koͤnne.

Und alſo iſt es auch mit dem Buchhalten be - wandt / da ein neu-angehender Handels-Diener ebenfalls vorher Zeit nehmen muß / der Handlung und Handels-Buͤcher / die er bedienen und fortfuͤh - ren ſoll / ihre Beſchaffenheit recht zu erkundigen; zu - weilen fuͤget es ſich / daß der vorige / und etwann abgehende Buchhalter / oder auch der Handels - Herr ſelbſten / ihme dazu gute Anleitung giebet / et - wann auch ein richtiger Bilantz vorhanden / nach welchem die Continuation gar leichtlich geſchehen kan; item / daß der Principal ſelbſt anfaͤnglich das Ober-Directorium fuͤhret / und wie er die Sache will eingerichtet haben / Ordre ertheilet / auch wohl ſelbſt / wie ſein neuer Buchhalter die Fuͤhrung der Buͤcher anzugreiffen gedencket / auch welcher Ge - ſtalt ſolche am fuͤglichſten anzufangen waͤren / mit ihme in Uberlegung nimmt. Vielen Handels - Dienern begegnet es auch / daß / weil ihr Princi - paliſt eine ſtarcke Handlung hat / er allbereit ſeinen gewiſſen Buchhalter / oder einen lang bey ihm in Dienſten geſtandenen / und darzu wohl abgerichte - ten Diener hat / von welchem der neue Handels-Die - ner / den man etwann ſonſten zu andern Scripturen und Handels-Geſchaͤfften angenommen / mit guter Bequemlichkeit lernen / und den Stylum des Con - toir abſehen kan / welches ein jeder junger / und zur Kauffmannſchafft gewidmeter Menſch um ſo viel fleißiger thun ſoll / als ihme / wie oben ſchon gedacht / Conditiones vorſtoſſen koͤnnen / bey welchen ihmeaus187Von Wechſeln und Briefſchreiben. aus Mangel eines Patrons, die gantze Laſt des Con - toir, und der Waaren-Handlung auf den Hals gewaͤltzet wird; Weh ihme alsdann / wann er dem Werck nicht gewachſen / und ſich vorher capabler ausgegeben / als ſeine Kraͤfften hernach befunden werden.

Nicht aber gedencke unſer Handels-Diener / daß er / wann er gleich unter einem maͤnnlichen Pa - tron ſtehet / welcher ſelber mit Hand anzulegen pfleget / er darum allein an das Buchhalten gebun - den ſey / nein / ſondern eben darum hat man Han - dels-Diener / daß ſie / nebſt den Handels-Buͤchern / auch andere Scripturen auf dem Contoir mit ver - walten muͤſſen / welches ihnen ſo viel angenehmer ſeyn ſoll / weil ſie dadurch je laͤnger geſchickter wer - den / und ſich eine ſo viel groͤſſere Geſchicklichkeit in Handels-Sachen zuwege bringen; Jrren demnach diejenigen ſehr / welche ſich darauf was einbilden wollen / daß ſie ihrer Herrn Handels-Buͤcher ſchrei - ben / und darum ſich der uͤbrigen Handels-Geſchaͤff - len entziehen wolten / welches aber keinesweges ſeyn muß / ſondern ein geſchickter Handels-Diener muß / wann er anders ſeinem Herrn treulich dienen will / zu rechter Zeit den Handels-Buͤchern vorzuſtehen / zu rechter Zeit die Poſt-Taͤge mit abzuwarten / ja gar bey den Waaren mit anzugreiffen wiſſen / und wann hiervon auch die Boͤrſe / und derer taͤgliche Frequentirung nicht auszuſchlieſſen / als kommen auf ſolcher / nechſt den Waaren-Einkauff - und Ver - kauff / Schiffer und Fuhrleute befrachten / Schul - den zu mahnen / was in Handlung paſſirt anzuhoͤ - ren und zu erkundigen / auch das Aſſigniren / Res -con -188Caput IV. contriren / ſonderlich aber das Wechſelſchlieſſen / vor / welches einem Handels-Diener vielmahls allein anvertrauet iſt / wann entweder ſein Patron ſich nicht gegenwaͤrtig befindet / oder er / als Compli - mentarius, einer Handlung gantz allein vorzuſte - hen hat / daß nun in dergleichen Faͤllen die Wiſſen - ſchafft der Wechſeln / und was ſolche auf ſich ha - ben / einem Handels-Diener ſehr nothwendig ſey / iſt unſtreitbar / er muß hier zu ſeines Orts Gelder wohl verſtehen / und wie ſich derſelben aͤuſſerlicher und in - nerlicher Wehrt gegen frembde Gelder verhalte / auch was der Cours des Wechſels ſey / wie ſolcher von einem Poſt-Tag zum andern ſteige oder falle / da - bey er dann in Abgeben und Nehmen der Wech - ſel-Gelder / allezeit auf ſeines Principalen Vor - theil / und auf den vortheilhafftigſten Cours vor ihn zu bedingen bedacht ſeyn / dabey aber auch in Acht nehmen muß / daß er in Abgeben der Gelder nicht an ſolche Leuthe gerathe / deren Wechſel an Ort und Stelle / wo ſie hin gehoͤren / nicht honoriret und acceptiret / ſondern mit Proteſt zuruͤck geſandt werden / etwann auch hernach Gefahr ſich ereignet / daß man die Valuta von dem Ausgeber des Wech - ſels nicht wieder bekommen kan / zu welchem Ende das Trau / Schau / Wem / ſich ein Handels-Diener um ſo viel mehr ſoll laſſen recommandiret ſeyn / als er anderer Leut Gelder / und nicht ſeine eigene adminiſtriret / daher auch eine ſo viel groͤſſere Sorg - falt erfordert wird / ſich deßfalls auſſer aller Schuld und Verantwortung zu ſetzen / wie denn auch denen Maͤcklern / welche ofſt quid pro quo, einen auf ſchwachen Fuͤſſen ſtehenden / vor einen wohl-credi -tirten189Von Wechſeln und Briefſchreiben. tirten Nehmer recommandiren / nicht allezeit zu trauen iſt / und thut daher ein Handels-Diener wohl / wann er in loco Domicilii ſeines Herrn ge - nauen Befehl / mit wem er Wechſel ſchlieſſen ſoll / oder nicht / accurat nachlebet / oder ſo er in ſeines Herrn Verrichtungen auf der Reiſe iſt / anders kei - ne Gelder an jemand abgiebet / als worzu ihme von ſeines Herrn daſelbſt habenden Factor gerathen worden / daß er es ohne Gefahr thun koͤnne.

Bey Schlieſſung der Wechſel will vornehmlich noͤthig ſeyn / wohl zu calculiren / was bey dieſem oder jenem Wechſel-Cours gewonnen oder verloh - ren werde / auch ob rathſamer / Gelder a Droiture, oder gerade zu / oder uͤber einen andern Handels - Platz lauffen zu laſſen / dabey dann die Wechſel - Intereſſe, Proviſiones, Brief-Port / Senſeria, oder Maͤckler-Lohn / und andere Umſtaͤnde mehr / wohl zu conſideriren ſeyn / welches alles verhoffent - lich einem jeden Handels-Diener / der dieſes ließt / genugſam uͤberzeigen wird / daß man ein gutes Fun - dament in der Theoretiſchen Wechſel-Rechnung / und folglich eine wohlgeſetzte Praxin in Wechſel - ſchlieſſen (welche ſich in denen Jungen-Jahren auf dem Contoir, und folglich durch langen Umgang an der Boͤrß je laͤnger je mehr erlernen laͤßt) ha - ben muͤſſe.

So bald Gelder auf Wechſel abzugeben / oder zu nehmen / geſchloſſen worden / wird ſolches zu Hauß / in die Strazza, oder Cladde, mit allen Um - ſtaͤnde pro Memoria eingeſchrieben / z. E.

Heute den 14. April / durch Maͤckler Corne - lium, mit Herrn Titio auf Amſterdam geſchloſſen /Reichs -190Caput IV. Reichsthaler 600. Banco-Geld daſelbſt zu empfan - gen / wofuͤr ihme allhier mit 30. pro Cento Agio an guten Wechſel Courrant-Geld zu bezahlen 780. Reichsthaler.

So bald als ſolcher Wechſel geſchloſſen / muß er gegen Abgang der Poſt zu rechter Zeit von dem Ausgeber deſſelben procuriret / und folglich ver - ſandt werden / welches alles dem Handels-Diener bey Zeiten zu beſorgen oblieget / da er auch zugleich die Caſſam unter Haͤnden haͤtte / auch von ſeinem Principal oder Principalin, wann ſelbige eine Kauff-Frau iſt / oder von gewiſſer Handlungs-Er - ben / ihren Vormuͤndern authoriſiret und bevoll - maͤchtiget waͤre / daß er in Banco koͤnte abſchreiben laſſen / und daſelbſt rescontriren / ſo wird ihme oh - ne dem ſchon die Beſchaffenheit der Handlung / was in Zahlungen per Caſſam, oder per Banco, ingleichen durch Aſſignationes und Uberweiſungen zu thun ſey / an die Hand geben. Seine erſtande - ne Jungen-Jahre / in welchen er ſonderlich zum Geld Einhohlen und Auszahlen gebrauchet worden / werden ihm auch in Kaͤnntniß vieler Hand-Muͤntz - Sorten / fertigen Zehlen / und andern Cautelis, die einen ſorgfaͤltigen Caſſirer obliegen / zu gelernet ha - ben / daß alſo / was das Verwechſeln der Gelder an - belanget / weiter allhier nichts zu erinnern / als nur / daß in ſo fern er die Handels-Caſſam unter Han - den hat / er damit getreulich und richtig umgehe; jenes erſtrecket ſich auch ſo weit / daß nicht einmahl ein Handels-Diener vor ſich ſelbſt zu ſeinem eigenen Gebrauch / auf eine ob gleich kurtze Zeit aus der ihm anvertrauten Handels-Caſſa etwas neh -men191Von Wechſeln und Briefſchreiben. men und entlehnen mag / zugeſchweigen / daß er noch andern mit oder ohne Intereſſe hinter ſeines Herrn Wiſſen und Willen aushelffen / oder gar mit deſſen Geldern etwas lucriren ſolte / welches von ihme / dem Herrn zum beſten / nicht ſolte berech - net werden. Wegen Richtigkeit der Handels-Caſſa, hat unſer Handels-Diener um ſo viel mehr Sorge zu tragen / als ploͤtzlich ſein Principal das Caſſa - Buch fordern / und ob die baaren Gelder in der Caſſa mit ſelbigen uͤberein kaͤmen / unterſuchen moͤch - te / da er dann uͤbel klingen wuͤrde / wann ſich deß - fals ein Mangel ereignen ſolte / und darffen ſich unſere Handels-Diener gar nicht befrembden laſſen / ſonder - lich wann ſie frembde ſeyn / daß man ihnen Caution abfordert / weil ein jeder Principal um ſo viel mehr auf ſeine Sicherheit zu dencken hat / als er einem Die - ner ſchon mehr als einem Jungen anvertrauen muß.

Das Einſchreiben in die Strazza oder Clad - de laſſe ſich ein Handels-Diener ebenfals wohl be - fohlen ſeyn / nicht ſo wohl / daß er ſelber in ein ſol - ches Tag-Buch alles / was er des Tages uͤber in der Handlung verrichtet / notire / ſondern wann er zugleich als Buchhalter mit beſtellet / daß er zu ſei - ner eigenen Erlaͤuterung und Erleichterung dahin ſchaue / daß die Handels-Jungen / oder wer ſonſt neben ihm in die Cladde einzuſchreiben pfleget / al - les deutlich und mit Umſtaͤnden notiren / wie ich dann einen geſchickten / und Treu-geſinnten Han - dels-Diener / als einen guten Haußhalter / und Vice-Principalen in der Handlung ſchon anſehe / welcher / wann er redlich dienen will / ſich des Wercks / als wann es ſein eigen waͤre / annehmen /und192Caput IV. und auf alles ein wachendes Auge haben muß / nicht zufrieden ſeyende / daß er nur ſein Penſum oder Tag-Arbeit verrichte; ſondern er muß auch die unter ihm ſtehende ein gleiches zu thun anhalten / und ſo viel ihme moͤglich / und an Authoritaͤt ein - geraͤumet / dahin trachten / daß dem Handels-Prin - cipali viel Sorg und Muͤh benommen / auch ohne ſein Erinnern und Befehl freywillig und exact, was in der Handlung bey Waaren oder Scripturen zu thun vorfaͤlt / gethan / und nichts auf den morgen - den Tag verſchoben werde.

Was ferner bemeldte Scripturen / und ſonder - lich die zufuͤhrende Correſpondenz anbelanget / muß ein Handels-Diener den Jnhalt aller einge - lauffenen Briefe / in ſo fern ſein Principal nicht et - wann aus ein und andern ſich etwas reſerviret / und ins geheim behalten wolte / ſich wohl bekannt machen / damit er ſo gleich wiſſe / was etwann dar - auf zu antworten ſeyn moͤchte / worzu wir ihm dann einen deutlichen und wohl-gefaßten Stylum, der weder zu lang / noch zu kurtz / zu ausſchweiffend oder zu dunckel ſey / recommandiren wollen / wobey wir aber gleich zweyerley vorher zu beruͤhren haben / nehmlich es kan entweder ein Handes-Diener / La - teiniſch / Frantzoͤſiſch / Jtaliaͤniſch und Hollaͤndiſch / allzuſamm / oder eine von dieſen vier Sprachen in Perfection, oder doch beylaͤufftig alle / oder eine der - ſelben in ſo weit / daß er paſſablement darinnen Reden und Schreiben kan / und ſich nicht darinn verkauffen laſſen darff / oder er weiß gar nichts da - von. Jn dem erſten Fall rathe ich ihm / wie es dann auch loͤblich ſtehet / und zu Befeſtigung ſei -nes193Von Wechſeln und Briefſchreiben. nes Exercitii gerichtet / daß er in ſolchen Spra - chen / ſo offt es die Gelegenheit giebet / und ſein Pa - tron und deſſen Handlung es alſo erfordert / cor - reſpondire / weil viel hundert Handels-Diener eben darum angenommen werden / weil ſie frembde Sprachen wiſſen / und ihrem Herꝛn damit in ſeiner Handlung dienen koͤnnen / wie alſo ein Dantziger und Breßlauer Handels-Diener faſt unumgaͤnglich Polniſch / ein Wieniſcher Niederlaͤger Ungariſch / ein Augſpurger Jtaliaͤniſch / ein Franckfurther Frantzoͤ - ſiſch / ein Hamburger Schwediſch und Daͤniſch wiſſen ſollte; waͤre es aber / daß er keine von dieſen Sprachen wuͤſte / und etwan nur etliche Worte da - von bey den Sprach-Meiſter erſchnappet haͤtte / ſo wollte ich ebenfalls dergleichen junge Leute freundlich gebetten haben / doch einmal von der naͤrriſchen Ge - wohnheit ihres Kramer-Lateins / oder ihre Teutſche Kauffmanns-Briefe / mit Frantzoͤſiſchen und Jtaliaͤ - niſchen Worten anzufuͤllen / abzuſtehen / und ſich nicht andern Phantaſten hierinn gleich zuſtellen / die ihre elende und unfoͤrmliche / verzogene und uͤbel connectirende Briefe dergeſtalt mit frembden Woͤrtern ſpicken / daß kein Haas der gebraten wer - den ſoll / mehr geſpickt / oder eines Bettlers Rock mehr geflickter ſeyn kan / als ein ſolcher Franzoͤſiſcher - ter Brief iſt / da man doch viel beſſer unſerer Teutſchen Sprach die Ehre thaͤte / wenn man dieſelbe bey ihrer natuͤrlichen Reinigkeit lieſſe / als daß man ſie in dem Carneval mit allerhand bunten Baͤndern behangen / wie man Faßnachts-Narren herum fuͤhret. Vor al - len laſſe derjenige / der das Latein nicht verſtehet / ſel - biges ungebruͤhet / wiewohl wir die in Kauffmaͤnni -Nſchen194Caput IV. ſchen Briefen ſchon bekannte und zum Buͤrger - Recht angenommene Terminos Technicos, (das iſt) die Kunſt - und Handels-Woͤrter / welche zu Erlaͤuteruug der Sachen beſſer aus frembden Spra - chen genommen / und in ſolchen kuͤrtzer als in der Teutſchen gegeben werden koͤnnen / nicht von unſern Teutſchen Kauffmanns-Briefen / ſondern nur die uͤber fluͤßige und den Stylum verduncklende / wollen ausgeſchloſſen / dabey auch unſerm Handels-Diener die Lehre mit gegeben haben / daß er / was die Erler - nung der Sprach betrifft / auch noch in ſeinem Die - ner Stand ſich keine Zeit noch Muͤhe dauren laſſe / weil niemand an denen Wiſſenſchafften ſchwehr traͤget / und je qualificirter ſich ein junger Menſch darinnen machen kan / je mehr Ehr und Vortheil ſolches ihme zu wege bringen wird.

Wegen des Brief-Styli ſelbſt / nehme unſer Handels-Diener zur Erinnerung an / daß er darin - nen kurtz / aber nicht zu verſteckt und undeutlich ſey / und die wunderliche Opinion meide / als wann Kauffleute vor allen im Brief-Schreiben kurtz ſeyn muͤſten / ſolches wird zwar erfordert / wie es dann auch ihre vielfaͤltige Geſchaͤfften und groſſe Corre - ſpondentz nicht anderſt leiden wollen / darum aber muͤſſen ſie nicht unvernehmlich und dunckel ſeyn / zumal das Meum & Tuum ſo offt darunter verſi - ret / ſondern man behalte bey der beliebten Kuͤrtze auch eine zierliche Deutlichkeit / und vermeide ſo viel als moͤglich zweydeutige Redens-Arten / welche her - nach einer nachtheiligen Auslegung moͤchten unter - worffen ſeyn.

Nicht weniger will auch im Brieff-Schreibennoͤthig195Von Wechſeln und Briefſchreiben. noͤthig ſeyn / dieſelbe wohl zu connectiren oder zu - ſammen zu haͤngen / und durch ſolche Bind-Woͤrt - lein den Senſum dergeſtalt deutlich zu machen / daß ein vernuͤnfftiger Schluß dar aus erhellen / nicht aber als Kraut und Ruͤben alles untereinander geworf - fen ſeyn moͤge. Man hat ſich deßfalls weitere An - leitung in denen vier Theilen unſers allzeitfertigen Handels-Correſpon dentendens zu verſehen / an welches nutzliche Buch wir all diejenige / welche ei - nen guten Stylum in Handels-Briefen zu lernen Verlangen tragen / wollen verwieſen haben.

Was nun ſolcher Geſtalt in Kauffmanns-Brie - fen an allerhand Materien einlaufft und wegge - ſchrieben wird / davon nimmt hernach der Handels - Diener / welchezugle ich die Buͤcher auf dem Con - toir mitfuͤhret / die Materien heraus / welche in ge - dachte Handels-Buͤcher unter ihre Rubriquen und Rechnungen gebracht werden muͤſſen / und haben wir in unſern Probier-Stein der Buchhalter / ſchon gedacht / daß gegen Ende des Monats ſich am fuͤg - lichſten / deſſelben Monats uͤber geſchehene Ver - richtungen journaliſiren / und folglich in das Haupt - Buch uͤbertragen lieſſen / zu welcher Arbeit man erſtlich die Cladde odeꝛ Strazze vor die Hand nimmt / dieſelbe kuͤrtzlich uͤberlaufft / und was an ſolchen Po - ſten / welche in die Haupt-Buͤcher gehoͤren / darinn gefunden wird / ſolche erſtlich nach Anweiſung des Jtaliaͤniſchen Buchhaltens in doppelten Poſten ent - wirfft / folglich auch die aus denen eingelauffenen und weggeſandten Brieffen gezogene Journaliſir-Po - ſten darzuſetzet; Endlich auch die Caſſa und wo eine Banco iſt / die Banco-Buͤcher / nebſt einerN 2gan -196Caput IV. gantzen Monats Verrichtung gehoͤrigen Handels - Materien darzu nimmt / und endlich einen vollſtaͤn - digen Aufſatz davon machet / aus welchem hernach der Bilanz koͤnne gezogen und dem Handes-Patron uͤbergeben werden. Wie aber das meiſte in den Buchhalten an guter Ordnung / und daß man den Debitorem und Creditorem wohl zu unterſchei - den wiſſe / gelegen iſt / als muß ſich ein Handels - Diener / welchem Buͤcher zu fuͤhren anvertautet wer - den / darinnen abſonderlich veſt ſetzen / und vornehm - lich handgreiffliche Sachen von ſolchen Dingen un - terſcheiden / welche nur mit denen Sinnen muͤſſen begriffen und unter angedichteten Namen vorgeſtel - let werden / dergleichen die Capital, Lagio, Inter - eſſe, Gewinn und Verluſt / und andere Rechnun - gen ſeyn / die man Huͤlffs - oder Auxiliar-Rech - nungen nennet.

Was von Waaren baar eingekaufft wird / das iſt Debet an Caſſa. Kaufft man auf Credit und Zeit / ſo wird Waaren Conto, Debet an dem / von welchen ich ſolche auf Zeit abgekaufft habe / und ſo auch Viceverſa, wann ich Waaren gegen baar oder auf Zeit verkaufft; da in jenem Fall / Caſſa, in dieſem aber der Kaͤuffer / Debitor an Waaren wird. Bey Perſonen braucht es auch nicht viel Muͤh / indem der - jenige / der von mir Geld / Waaren / oder andere Mobilia und Inmobilia; Item Anweiſung auf einen andern an Bezahlungs-Statt bekommt / De - bitor an Caſſam oder an General - oder Special - Waaren Rechnung / an dieſes oder jenes Mobile und Inmobile, oder auch an die Perſon wird / an welchen ich ihn angewieſen habe / und ſo auch im Ge -gen -197Von Wechſeln und Briefſchreiben. gentheil / wann ich Geld / Waaren / oder andere bewegliche oder unbewegliche Dinge / ingleichen An - weiſungen auf andere von ihm bekaͤme / da meine Caſſa oder Waaren / Rechnung dieſes oder jenes / bewegliche oder unbewegliche Dinge / Item, der auf welchen mir angewieſen worden / Debitor und jener Creditor wird. Hingegen iſt es mit denen ſogenann - ten Auxiliar-Rechnungen ſchon etwas ſchwehrer / und will allerdings bey Formirung der Journal - Poſten dahin geſehen werden / wer Debitor oder Creditor ſey / auch was vor eine Auxiliar-Rech - nung zu Huͤlff zu nehmen / damit ein voͤllige Poſt ge - goppelt und auf Jtaliaͤniſche Manier herausgebracht werden moͤge. Wer hiervon einen weitern Unter - richt verlanget / der erſehe ſich deßfalls in unſern offt gemeldtem Probier-Stein der Buchhalter / Han - dels-Correſpondenten / und neulichſt heraus ge - kommenen Fragen uͤber die Kauffmannſchafft.

Nicht allein aber machet ſich ein geſchickter Han - dels Diener / durch die Kunſt des Buchhaltens bey ſeinem Herrn beliebt / und nothwendig / kan auch mehr Salarium als ein anderer / der ſolches nicht weiß / præ - tendiren / ſondern es dienet ihm auch daſſelbe allent - halben / wo er hinkommt / und gute Ordnung und Rechnungen gehalten werden; wie dann das Jta - liaͤniſche Buchhalten manchen / der ex profeſſo ſich darzu gebrauchen laſſen / zu anderwaͤrts ſtattlichen Bedienungen / als in Amt - und Renth-Cammern / bey den Commiſſariat-Zoll - und Accis-Weſen trefflich geholffen hat / zugeſchweigen / daß viel im Buchhalten geuͤbte Handels-Diener / wann ſie ſon - derlich darneben in frembden Sprachen beſchlagenN 3gewe -198Caput IV. geweſen / ſo eintraͤgliche Conditiones von etliche hundert Reichsthl. jaͤhrlicher Beſoldung erhalten / daß ſie hernach beſtaͤndig dabey geblieben / ſich als Buchhalter wohl und geruhig ſamt den Jhrigen befunden / und mit keinem Kauffmann / offt auch mit ihrem Principal ſelbſt nicht / ſonderlich wann es et - wan muͤhſam und gefaͤhrlich um ſeine Handlung ge - ſtanden / haͤtten tauſchen ſollen.

Endlich ſoll auch einem Kauffmanns-Diener / die Kunſt des Buchhaltens wohl zu excoliren / da - rum angelegen ſeyn / weil ſelbige ihn in die Handels - Arcana ſeines Patrons einfuͤhret / und ſonderlich aus dem Jahr-Schluß-Bilanz, die Staͤrcke und Schwaͤche ſeiner Handlung / die Gelegenheiten zu gewinnen und zu verlieren / ihme vorſtellet / welch es auch einige Patroni ſo wohl bedencken / daß ſie ent - weder (welches auch vielen zu rathen ſtehet) ihre Buͤcher ſelbſt fuͤhren / oder ihre Soͤhne und Ver - wandten bey Zeiten darzu capables machen laſſen / oder ſie halten zum wenigſten ein ſogenanntes Ge - heim-Buch / in welchen ſie ihre auf Zinns genommene Capitalia und Privat-Geſchaͤfften / ſamt andern die Handlung nicht angehenden Verkehrungen / et - wan auch den hier und dar gemachten anſehnlichen Gewinn / dergeſtalt in ihrem Cabinet allein einſchrei - ben / daß der Diener oder Buchhalter nichts von demjenigen zu wiſſen bekommt / was er etwan aus der Schul ſchwatzen / oder zu ſeinem eigenen Profit mit des Patrons oder ſeiner Erben Schaden anwen - den koͤnte; indeſſen gehet die Handlung und Han - dels-Buͤcher immmer oͤffentlich fort / und ſeynd von jenen geheimen Scripturen gantz ſepariret / ob ſiegleich199Von Wechſeln und Briefſchreiben. gleich ſich darauf beziehende Rubriquen und Rech - nungen in ſich ſchlieſſen / ſo wird darum der Buchhal - ter / welcher die Handels-Buͤcher fuͤhret / nichts dar - aus kluͤger / ob ſolche gleich in der Bilanz unter denen Debitoribus und Creditoribus anzutreffen ſeyn / indem in die fernere Conexion, und ihr urſpruͤng - licher Zuſammen-Hang unbekandt iſt. Wie aber der - gleichen mit den Haupt-Handels-Buͤchern corre - ſpondirende Geheim-Buͤcher / kuͤnſtlich zu fuͤhren ſeyn / ſolches ſoll kuͤnfftig in unſerm vollkommenen Buchhalter angefuͤhret werden / in deſſen gedencke ein Handels-Diener / deſſen Patron geheime Buͤ - cher haͤlt darum nicht / daß aus denen taͤglich lauffen - den Handels-Verrichtungen / wie ſich ihre Geſtalt in den Buͤchern zeiget / jemand was zu offenbaren ſey / ſondern er iſt verpflichtet / nicht allein gegenwaͤrtig in ſeinen Dienſt-Jahren / ſondern auch auſſer denſel - ben uͤber lang oder kurtz reinen Mund zu halten / und keinen Menſchen zu ſeines Herꝛn Nachtheil etwas daraus zu offenbaren. Er laſſe ſich auch die Weiſe gefallen / die auf ſeines Herꝛn Contoir in Scriptu - riren / eingefuͤhret iſt / in ſo fern ſein Herꝛ ſolches nicht abgeſchafft wiſſen will; dann viel Kaufſleute / welche ſich zwantzig / dreyßig und mehr Jahr / bey ihrer alt - vaͤtteriſchen muͤhſamen / und undeutlichen Buchhal - ten wohl befunden / und alles / worzu ſie nicht gewoͤh - net / vor eine ſchaͤdliche Neuerung anſehen / wollen durch aus von keiner Veraͤnderung wiſſen / bey wel - cher Beſchaffenheit unſer kluger Handels-Diener gedencken muß / daß er deſſen / der ihm Brod giebet / ſein Lied ſingen muͤſſe / wiewohl er dabey ſo viel als moͤglich und mit Beſcheidenheit / ſeinem Herꝛn einN 4und200Caput IV. und andere Verbeſſerung angeben / und allgemach beybringen kan; er ſelber aber vor ſeine Perſon / wann ihm ſeines Principalen Buchhaltungs-Art zu confus duͤncket / ſey in ſeinen eignen Rechnungen / Z. E. wann er auf Meſſen oder mit Cargaſonen aus - geſchicket wird / deſto ordentlicher / am allermeiſten aber / wann ihm bey ſeiner Zuhauskunfft / oder auch uͤber einer gantzen Handlung Adminiſtration von ein oder mehr Jahren her / Rechnung zu thun / oblie - get / da es dann gar ſchoͤn ſtehet / wann heut oder morgen / Obrigkeit und Vormuͤnder / Handels-Er - ben / oder Patroni, gleich in klaren Poſten und Bi - lanzen ſehen koͤnnen / welcher Geſtalt ein ſolcher Menſch / dem die Handlungs-Adminiſtration an - vertrauet worden / derſelben ruͤhmlich vorgeſtanden / und mit allerſeits Zufriedenheit ihnen gute Rechnung abgeſtattet habe. Nicht weniger kommt auch die in denen Dienſt-Jahren geuͤbte Wiſſenſchafft des Buchhaltens / einem Handels-Diener / wann er kuͤnfftig ſeinen eigenen Handel anfaͤngt / wohl zu ſtatten / es ſey / daß er alsdenn zierlich ſeine eigene Buͤ - cher vor ſich allein / oder in Compagnie mit jemand anders durch Niederſchreibung und Formirung des Capitals und Inventarii anfangen / oder da ihme eine Handlung durch Kauff-Schenckung / Heyrath / Erbſchafft / oder auf andere Weiſe zufaͤllet / daß er die alsdann mit uͤbergebene Handels-Buͤcher / Schrifften und Documenta wohl zu unterſuchen und zu recht zu bringen wiſſen / zumal da nicht allein ſein Nutzen / ſondern auch ſeine Ehre darunter verſi - ret / und man des Credits wegen / allezeit mehr auf einen ſolchen jungen Kauffmann ſehen wird / welcherſeine201Von Wechſeln und Briefſchreiben. ſeine Sachen in guter Ordnung haͤlt / als bey welchen eine richtige Confuſion regieret / welche in ſeinen kuͤnfftigen Geſchaͤfften ein gleiches anzeigen kan / nehmlich / daß ſelbige nicht lang Beſtand haben / ſon - dern in einen verwirrten Zuſtand / bey welchen die Creditores das Jhrige zu verlieren / Gefahr lauf - fen / verfallen werde.

Bey Unternehmung des Buchhaltens / oder Fuͤhrung der Handels-Buͤcher in eines Patrons Dienſten / nehme auch unſer Handels-Diener dieſe Lehre / daß er die ihme vorgelegte / von ſei - nem Patron oder deſſen vorigen Buchhalter gefuͤhr - re Buͤcher / nicht unbilanziret annehme / oder doch ſolches mit Proteſtation thue / daß / wann ſich her - nach ein Jrꝛthum aus den vorigen Rechnungsfuͤh - ren herruͤhrend / erzeigen ſollte / daß ſolcher ihme nicht moͤge zugerechnet werden. Das Sicherſte hier - bey iſt / daß ein Kauffmann monatlich und jaͤhrlich ſeine Special - und Haupt-Bilanzen wohl mache / oder wann ſolches eine Zeitlang unterlaſſen worden / daß er dem neuen Buchhalter und Handels-Diener / ſol - te es auch gegen Darreichung einer Recompens ge - ſchehen / dahin vermoͤge / daß ſolcher die Muͤhe auf ſich nehme / alle Rechnungen auf ſummire, Saldi - re, und die ungeſchloſſenen aufs neue vortrage / folglich den Haupt-Bilanz verfertige / auf welchen er als auf ein ſichers Fundament das kuͤnfftige Buch - halten bauen kan.

Wobey aber zu mercken / daß aus lange Zeit un - geſchloſſenen und unbilanzirt gelegenen Buͤchern / ob ſelbige gleich in doppelten Poſten gefuͤhret wor - den / nicht ſo leicht ein Bilanz ſich hervor bringenN 5laſſe /202Caput IV. laſſe / dahero wann ich nach allen Reſcontriren oder Collationiren des uͤbergetragenen in den Haupt - Buch / mit denen Journals-Poſten / der Bilanz nicht kommen will / ſo muß man endlich mit Einwil - ligung des Handels-Patrons, aus der Noth eine Tugend machen / und aus den alten in doppelten Poſten gefuͤhrten Buͤchern / eben wie aus Buͤchern / die in einfachen Poſten gefuͤhret worden / die Sum - men der Debitorum extrahiren / folglich der noch unverkaufft vorhandene Waaren Summam, wie auch / was an baaren Geld in Caſſa vorhanden / item, was an Werth der liegenden Gruͤnde ein Handels - Patron in ſeine Handels-Haupt-Buͤcher will mit eingebracht haben / in des Bilanz-Debet bringen / und hingegen wieder in deſſen Credit, die in den al - ten Buͤchern Saldirte und aufs neue vorgetrage Cre - ditores, worauf ſich dann / wann ſolcher ihre Summen zuſammen addiret / und hierauf von des Bilanz Debet abgezogen werden / ſo gleich / was an Capital verbleibet / ausweiſet / womit alsdann der Bilanz biß zum Vortrag auf neue Buͤcher ſeine Richtigkeit vel quaſi erlanget hat.

Ein Buchhaltender Handels-Diener thut auch wohl / daß er das Bilanziren ſeiner unter Handen habenden Buͤcher monatlich / oder doch aufs laͤng - ſte / alle Quartal verrichte / weil ſich alsdann die Fehler ſo viel leichter finden / und wo es ſubtil geſche - hen kan / in den Zahlen radiren / im Fall aber / daß eine Poſt unrecht waͤre / formiret oder uͤbergetra - gen worden / ſolches ſich durch eine Contra-Poſt / welches aber manchmal Kunſt koſtet / wieder ab - ſchreiben laͤſſet.

Wann203Von Wechſeln und Briefſchreiben.

Wann auch ein Handels-Diener in guter In - tention ſeinen Herꝛn ohne Schaden / ſich aber zu Nutzen ein Memorial oder Manuale-Buch ver - fertigte / in welchem er alles / was ihme / ſo lange bey der Handlung geſtanden / vorgekommen / oder noch taͤglich vorfiele / fleißig notire / als z. E. wie dieſer oder jener Wechſel calculiret / ein und andere Muͤntz-Sorte reduciret / die Qualitaͤt an beſonde - ren ihme noch unbekandten Waaren erforſchet / ihr Ein - und Verkauff angeſtellet / ihre Conſervation beſorget / und eine neue Manufactur fuͤglich ange - richtet werde; item, was in den Handlungen / vor - nehmlich bey Schiffs-Befrachtungen / Aſſecuran - zen / Havereyen / und Bodmereyen / eigentlich zu obſerviren ſey / welcher Geſtalt auch die Preiſſen der Waaren von Zeit zu Zeit geſtiegen / oder gefal - len / und was etwan ſonſt in Commercien-Sachen mehr merckwuͤrdiges von ihme gehoͤret / geſehen / und erfahren worden; ſo wuͤrde er dadurch nicht allein je laͤnger je mehr in ſeinem Verſtand geſchaͤrffet / zum Leſen guter Buͤcher angehalten / von boͤſer Com - pagnie abgefuͤhret / und in der Handlung trefflich geſtaͤrcket werden / ſondern er wuͤrde auch erſt den groͤſten Nutzen davon tragen / wann er heut oder morgen zu ſeinen eigenen Handel ſchreiten wolte.

Wegen der Handſchrifft eines Kauffmanns - Dieners / ſonderlich eines ſolchen / welcher die Buͤ - cher zugleich mit ſchreiben ſoll / wird zwar erſordert / daß ſolche leſerlich / orthographiſch und ſauber ſey / allzugekuͤnſtelt aber / ſtehet vielmehr einem Schreib - Meiſter als einem Kauffmann zu / zumal da dieſe an Poſt-Taͤgen nicht viel Federleſens oder Federſchnei -dens204Caput IV. dens wie jene machen doͤrffen / die gemeiniglich lang - ſame und ſtehende Haͤnde ſchreiben / auch theils der - ſelben faſt bey jedem halben Blat die Feder corrigi - ren und ſchaͤrffen muͤſſen / wann ſie ferner damit fort ſchreiben wollen; hingegen ſtehen auch die allzuge - ſch wind forgeſchobene und verzogene Haͤnde / wel - che manche Kauffmanns-Dieners ſich angewoͤhnet / ſehr uͤbel / alſo / daß man aus einem gantzen Brief / welcher ſolcher Geſtalt geſchrieben / bey ihren ohne dem ſchlechten Stylo, offt mehr errathen muß / als ſich daraus leſen laͤßt. Bey welcher Gelegenheit wir nicht umhin koͤnnen / da wir von dem Kauffmaͤnni - ſchen Brief-Stylo reden / unfern geſchickten Han - dels-Diener auch den wohlmeinenden Rath zu er - theilen / daß einige derſelben ſich etwas mehr auf ei - ne gute und wohlgeſetztere Schreib-Art als diejenige iſt / deren ſie ſich bißher / ſonderlich im Schreiben an andere / als Kauffmaͤnniſchen Standes-Perſonen gebrauchet haben / befleißigen moͤchten / maſſen bey etlichen derſelben ſolche / wann ſie auch an hohe Ci - vil oder Militair Standes / oder an gelehrte Perſonen geſchrieben / ſo ſehr nach den Kauffmann und dem Contoir (ſo wohl was die Titular-als den Stylum ſelbſt / ſamt der Unter - und Aufſchrifft betreffen) geſchmecket hat / ja ſo viel von Kraͤmer - Latein / und von Frantzoͤſiſchen und Jtaliaͤniſchen Woͤrtern / von uſo, coſti refactie, danno, va - luta, provenu, raggione, impiegho &c. darinn geweſen / daß man ſogleich die Profeſſion des Con - cipientens daraus hat erkennen koͤnnen; ob ich nun wohl die meiſten damit entſchuldigen muß / daß es mit ihnen nach dem gemeinen Sprichwort heiſſe / ul -tra205Von Wechſeln und Briefſchreiben. tra poſſe nemo obligatur, es koͤnne niemand hoͤ - her fliegen / als ihme die Fluͤgel gewachſen / und al - ſo auch von keinem Kauffmanns-Diener kein Cantz - ley Stylus gefordert werde; ſo ſtehet jedoch auch hinwieder zu bedencken / daß heutiges Tags die Huͤlffs-Mittel / den Verſtand uͤber ordinaire zu ſchaͤrffen / an vielen im Druck liegenden herꝛlichen Schrifften und Umgang mit qualificirten Leuten ſo haͤuffig vorhanden / daß / wann ſich ein ſolcher Kauffmanns-Diener nur wenig Muͤhe gaͤbe / die vielen muͤſſige und mit unnuͤtzen Dingen mehrmals / auch in boͤſer Geſellſchafft zugebrachten Stunden / zu Leſung ſolcher guten Buͤcher anzuwenden / er ſchon etwas rechtſchaffenes darinnen wuͤrde zuweg ge - bracht haben.

Damit wir aber in dieſem Unterricht uns etwas naͤher heraus laſſen / ſo will die Wiſſenſchafft der Frantzoͤſiſchen Sprach / und ſo viel es moͤglich einen Lateiniſchen Terminum zu verſtehen / als ein vorneh - mes Requiſitum im Brief-Schreiben beobachtet werden / deme ſo gleich das Leſen nutzlicher Schriff - ten / welche einen reinen Teutſchen Stylum fuͤhren / ſonderlich die von der Secretariats - und Red-Kunſt / wie auch von dem Brief-Schreiben handeln / an die Hand zu ſetzen / worauf die Vernunfft ſelber muß zu Rath gezogen werden / daß man erſtlich nach ſol - cher die Perſon deßjenigen / an wem man ſchreibet / ferner die Materiam, woruͤber man ſchreibet / und die Abſicht / welche man bey ſolchen Schreiben fuͤhret / wohl erwaͤgen / und anders nicht / als mit Bedacht die Hand an die Feder ſetze / auch lieber vorher ein rechtes Concept formire / ehe man wichtige Schrei -ben /206Caput IV. ben / an denen offt viel gelegen / auf den Fuß der Kauffmaͤnniſchen Scripturen tractire / das iſt fein geſchwind / als wann die Poſt wegeilte / hinſchmiere / und ſo zureden / auf gut Kauffmaͤnniſch (bey hoͤhern Stands-Leuten heiſt es Cavallierement) etwas thun / welches mit der hoͤchſtem Vorſicht und Bedacht geſchehen ſollen.

Ob nun wohl hierzu unſer allzeit fertiger Han - dels-Correſpondent in allen ſeinen vier Theilen ei - nen ſtattlichen Lehr-Meiſter abgeben koͤnte / ſo wol - len wir uns doch auch dieſes Orts nicht entziehen / denen angehenden Handels-Dienern zum beſten / aus einem ſichern nuͤtzlichen Tractat den Unterricht von Brief-Schreiben folgender Geſtalt extrahiret / mitzutheilen.

Ein jeder / welcher einen guten und wohlabge - faßten Brief ſchreiben will / muß (wie ſchon ge - meldt) die Perſon / Stand und Condition deßje - nigen / an wem er ſchreibet / ferner die Condition ſeiner eigenen Perſon / ingleichen die Umſtaͤnde der der Sache / von welcher er ſchreibet / und uͤber welche er correſpondiret; ingleichen die Ordnung / die in dem Brief und deſſen Materia zu halten iſt / wie auch die Form des gantzen Briefs / und alles / was darzu gehoͤret / biß er ſo weit fertig iſt / daß er auf die Poſt kan gebracht werden / wohl in acht nehmen.

Betreffende erſtlich die Betrachtungen / welche ein Kauffmanns-Diener / der Perſon halber / an wel - che er ſchreibet / haben muß / ſo iſt dieſelbe entweder vom hohen Stand oder auch ſeines gleichen / in jenem Fall giebt es die Vernunfft / daß man eine andere Titular - und Schreib-Art / als mit ſeines gleichen ge -brau -207Von Wechſeln und Briefſchreiben. brauchen muß. Und kan ich mich desfalls nicht genug uͤber die einfaͤltige Leute verwundern / welche hierin - nen gantz keinen Unterſcheid zu treffen wiſſen / ſondern in ihren Kauffmaͤnniſchen Brief-Schreiben derge - ſtalt erſoffen ſeyn / daß ſie mit ihren E. E. oder V. L. welches Euer Edlen / Euer Ehren / oder auf Hol - laͤndiſch Viver Lieb den heiſſen ſoll / Groß und Klei - ne / in Contextu ihrer Brief tractiren / und mit ih - ren alten Foͤrmulgen und Terminis von Coſti, ſtan - ti, paſſato, rembourſo, Cordialen Begruͤſſung / libero commando, prævaliren ꝛc. um ſich werf - fen / als wann es von ihren Factorn, Correſpon - denten / und ſogenannten Mann nach Franckfurt / Leipzig / Amſterdam und dergleichen gerichtet waͤre / und den Einkauff etlicher Saͤck-Wolle oder andere Waaren angienge. Solche Fehler des Judicii aber kommen von nichts anders / als der ſchlechten Be - gierde her / welche bißhieher unſere Kauffmanns - Diener zu guten Wiſſenſchafften bezeuget haben. Wie aber ſolcher Fehler und uͤble Gewohnheit zu re - dreſſiren ſey / davon ſoll in einem andern Capitel ge - handelt werden; dieſes Orts iſt nur von der Anlei - tung zum Brief-Schreiben zu wiſſen / daß im Fall man an hoͤhere / ſonderlich an Fuͤrſten und Herren ſchreibet / man wohl unterſcheiden muͤſſe / ob es an ei - nen Koͤnig / Chur - oder Reichs-Fuͤrſten / Graffen / oder hohen Miniſter gerichtet; an ſouveraine Haͤupter wird es wohl wenig zu ſchreiben / aber manchmal allerunterthaͤnigſte Supplicata zu ſtellen / einem Kauffmann noͤthig ſeyn / da man dann die Titulatur von Allerdurchlauchtigſt / Durchlauch - tigſt / oder in Frantzoͤſiſchen von Sire und Mon -ſei -208Caput IV. ſeigneur, in Contextu aber von Euer Kayſerli - chen / oder Koͤniglichen Majeſtaͤt / Churfuͤrſtlichen oder Hochfuͤrſtlichen Durchlaucht / oder Votre Majeſté, Votre Alteſſe, Electorale, wohl obſer - viren muß. Reichs-Grafen giebt man Hochgebohren / Baronen und vornehmen Miniſtris, Hochwohlge - bohren; denen Edelleuten / die Titulatur von Wohl - gebohren. Bey einem Grafen / Baron oder groſſen Staats-Miniſter, braucht man in dem Brief / Euer Excellenz; und eben alſo werden auch die Briefe in gleicher Titulatur geſchloſſen / mit welcher oben der Anfang gemachet worden / da dann die Unterſchrifft folgender maſſen ſeyn kan: Aller durchlauchtigſter / Großmaͤchtigſter Koͤnig und Herꝛ oder Durchlauch - tigſter Churfuͤrſt / Herzog oder Fuͤrſt; gnaͤdigſter Herꝛ / Euer Koͤnigliche Majeſtaͤt / Euer Chur-Fuͤrſtliche oder Hochfuͤrſtliche Durchlaucht allerunterthaͤnigſt / nnterthaͤnigſter / demuͤthigſter / und gehorſamſter Knecht.

Die Aufſchrifft auf dergleichen Supplicata, und zuweilen auch auf Briefe / ſonderlich wann es Pflichtmaͤſſige / allerunterthaͤnigſte oder unterthaͤ - nigſte / wie auch gehorſamſte Relationes, Gratula - tiones und dergleichen unumgaͤngliche Schreiben ſeyn / erfordern die gantze Titulatur, und wollte ich wohl unſern Handels-Diener anrathen / ſich bey Zeiten ein Titulatur-Buch nach dem Alphabeth zu machen / in welchem er zum wenigſten diejenige vor - nehme Herren oder Perſonen / mit welchen Hand - lungs halber zu correſpondiren iſt / einſetzen koͤnte / allen Falls moͤchten ſich auch diejenige / welche pure Teutſche Michel ſeyn / und auſſer ihrer Mutter -Spra -209Von Wechſeln und Briefſchreiben. Sprache ſonſt keine gelernet haben / ſich der Titu - latur Buͤcher / welche hin und wieder in denen Buchlaͤden zu Kauffe liegen / bedienen / und im Fall ſie darinn nicht vollkommen / was ſie ſuchen / finden ſollten koͤnnen / ſie der Frantzoͤſiſchen Aufſchrifften halber folgender Zeichniß gebrauchen / nach wel - cher

A.

  • EJne Ritter-Schule oder Academie, Acade - mie illuſtre ou equeſtre, eine Academie der Kuͤnſte und Mechaniſchen Wiſſenſchaff - ten / Academie des Arts & Sciences me - chaniques auf Frantzoͤſiſch gegeben wird.
  • Ein Accis-Inſpector heiſt Inſpecteur de l ac - ciſe.
  • Ein Accis-Einnehmer / Receveur de l acciſe.
  • Ein Gerichts-Actuarius, Greffier, oder Actuaire.
  • Ein Admiral, Admiral, ein ſogenannter Schout bey Nacht / Contre Admiral.
  • Amts-Cammer / Chambre des Domaines.
  • Ein Rentmeiſter von derſelben / Receveur des fi - nances de la Chambre des Domaines.
  • Ein Amts-Hauptmann / Droſſart du Baillage.
  • Amt-Schreiber / Greffier du Baillage.
  • Ein Antiquarius, oder ein ſolcher / der die Kunſt - und Raritaͤten-Cammer unter Handen hat / Anti - quaire ou Garde des Antiques.
  • Apothecke / Apoticaire.
  • Appellations-Gericht / Chambre ou Tribunal des Appells.
OAppel -210Caput IV.
  • Appellations-Rath / Conſeiller de la Chambre des Appels.
  • Archi-Diaconus, Archidiacre.
  • Archivarius Archivaire, oder Garde des Ar - chives.
  • Aſtronomus, Aſtronome.
  • Aufſeher / Inſpecteur.
  • Ausreuter bey der Landſchafft / Archer de la Cham - bre des Etats.

B.

  • BAck-Meiſter bey Hof / Maitre Patiſſier.
  • Bader / Baigneur.
  • Ball-Meiſter / Maitre du Jeu de Paume, Maitre du Tripot.
  • Banquier, Marchand Banquier.
  • Barbirer / Barbier, Chirurgien.
  • Bau-Director, Intendans des Batiments.
  • Bau-Commiſſarius, Commiſſaire des Bati - ments.
  • Bau-Meiſter / Architecte ou Maitre des Bati - ments.
  • Bau-Schreiber / Ecrivain des Batiments.
  • Becker / Boulanger.
  • Bedienter / Officier.
  • Bereuter / Piqueur.
  • Berg-Hauptmann / Directeur des Mines.
  • Berg-Rath / Conſeilles des Mines.
  • Berg-Meiſter / Maitre ou Intendant des Mines.
  • Bett-Meiſter / Garde meuble.
  • Bey-Schenck / Sommier du Gobelet.
  • Bey-Koch / Sommier de la Cuiſine.
  • Bildhauer / Sculpteur.
Boten -211Von Wechſeln und Briefſchreiben.
  • Boten-Meiſter / Huiſſier de la Chambre de Ju - ſtice.
  • Brauer / Braſſeur.
  • Brigadier / Brigadier de Cavallerie, d’Infanterie.
  • Buchhaͤndler / Marchand libraire.
  • Buchdrucker / Imprimeur, du Magiſtrat, de la Regence, de la Cour, de l univerſité.
  • Buchbinder / Relieur.
  • Buchhalter / Teneur des Livres.
  • Buͤrgermeiſter / Maire, Conſul, Bourguemaitre de la Ville.

C.

  • CAndidatus Juris, oder Theologie, Candidat en Droit, en Theologie, en Medecine, Propoſant en Theologie.
  • Canonicus, Chanoine de l Egliſe Cathedrale.
  • Cantor, Chanteur.
  • Cantzler / Chancelier. Cantzeliſt / Chanceliſte.
  • Capelan / Chapelain, Diacre. Capell-Muſicus, Muſicien de la Chapelle du Roy, ou de Son Alteſſe.
  • Capitain / Capitaine du Regiment de N. N.
  • Capitan-Lieutenant / Capitaine-Lieutenant.
  • Caſſirer / Caiſſier.
  • Caſtelan, Chatelain, Concierge.
  • Commendant, Commandant de la Ville de N.
  • Commiſſarius, Commiſſaire, de la guerre, des Munitions, du Commerce, du Quartier.
  • Commiß-Becker / Boulanger des Munitions.
  • Comter, oder Commendator, Commandeur.
  • Conditor, Confiſſeur.
O 2Con -212Caput IV.
  • Conſiſtorial-Præſident, Preſident du Conſiſtoire.
  • Conſiſtorial-Rath / Conſeiller du Conſiſtoire.

D.

  • DEchant / Doyen.
  • Deputirter / Deputé du
  • Doctor, Docteur en Theologie, en Droit, en Medicine.
  • Dollmetſcher / Interpréte.
  • Dom-Probſt / Prevot du Chapitre.
  • Dechant / Doyen du Chapitre.
  • Herr / Chanoine de l Egliſe Cathedrale.
  • Kirche / Egliſe Cathedrale.

E.

  • EJnnehmer / Receveur, Commis, Collecteur.
  • Des Zolls / de la Doüane, des gabelles.
  • Eiſen-Haͤndler / Manchand du fer.
  • Eiſen-Hammer-Meiſter / Maitre des forges.
  • Erb-Herr / Seigneur Herditaire.
  • Erb-Jaͤgermeiſter / Veneur Hereditaire.
  • Erſter Cammer-Herr / Premier Chambellan.
  • Erſter Staats-Miniſter / Premier Miniſtre d’Etat.
  • Exercitien-Meiſter / Maitre d Exercices.

F.

  • FActor, Facteur.
  • Faͤhndrich / Enſeigne dans la Compagnie de M. le Capitaine N.
  • Falckenier / Fauconnier.
  • Fecht-Meiſter / Maitre d Armes.
  • Feder-Schmuͤcker / Plumaſſier.
  • Feld-Marſchall / Marechal du Camp, ou Feld - Mareſchal.
  • Feld-Prediger / Aumonier ou Miniſtre de la Pa -role213Von Wechſeln und Briefſchreiben. role de Dieu dans le Regiment de Mr. le Co - lonel N.
  • Feld Meſſer / Arpenteur.
  • Feldſcheerer / Barbier.
  • Faͤrber / Teinturier.
  • Fiſch-Haͤndler / Poiſſonnier, Marchand de Poiſ - ſon.
  • Form-Schneider / Sculpteur des formes.
  • Fiſcal, Fiſcal.
  • Fourier, Fourier.
  • Frau eines Rath / Femme de M. le Conſeiller. Mad. la Conſeillere.
  • Futter-Marſchall / Marechal de Fourage.

G.

  • GArde, Garde du Corps, d infanterie, des Cavaliers, de Cent Suiſſes, des Cadets. Polonoiſe, Allemande, Ecoſſoiſe.
  • Gaſtgeber / Traiteur.
  • Gegen-Schreiber / Controlleur.
  • Geheimer Kaͤmmerier / Threſorier de l argen - terie & menus.
  • Geheime Cantzley / Chancellerie Privée.
  • General / General. General-Feld-Marſchall / Feld-Marchal.
  • General von der Cavallerie / General de la Ca - vallerie.
  • General von der Jnfanterie / General d infan - terie.
  • General-Feld-Zeug-Meiſter / Grand-Maitre de l artillerie.
  • General-Lieutenant / Lieutenant General.
  • Wachtmeiſter / General-Major.
O 3Gene -214Caput IV.
  • General-Kriegs-Commiſſarius, Commiſſaire General de guerre.
  • Adjutant, Aide de Camp General.
  • Auditeur, Auditeur General.
  • Quartier-Meiſter / Quartier maitre General.
  • Proviant-Commiſſarius, Commiſ - ſaire General des Vivres.
  • Proviant-Meiſter / Maitre General des Vivres.
  • Wagenmeiſter / Waguen Maitre Ge - neral.
  • Gewaltiger / Grand Prevôt des Ar - mées du Roy.
  • Erb-Poſt-Meiſter / Grand maitre he - reditaire des Portes.
  • Oeconomie Director, Directeur Ge - neral de l Oeconomie.
  • Director der Domainen, Directeur General des Domaines.
  • Empfaͤnger / Threſorier ou Receveur General.
  • Caſſirer / Caiſſier General.
  • Gerichts-Actuarius, Greffier de la Juſtice.
  • Advocat, Avocat de la Juſtice.
  • Aſſeſſor, Aſſeſſeur au Conſeil de la Juſtice.
  • Gewuͤrtz-Kraͤmer / Epicier.
  • Graͤntz-Rath / Conſeiller des limites.
  • Grottirer / Grotier.
  • Guardein, Eſſayeur des Metaux.
H. Haupt -215Von Wechſeln und Briefſchreiben.

H.

  • HAuptmann uͤber eine Grafſchafft / Gouverneur du Comté.
  • uͤber ein Amt / Droſſart du Baillage de N.
  • zu Fuß / Capitaine d Infanterie au Re - giment de M. le Colonel. N. au ſervices de Sa Majeſté.
  • Haußhalterin / Beſchlieſſerin / Menagere.
  • Hauß-Schir-Meiſter / Maitre des Harnois de l Ecurie.
  • Vogtey / Prevoté de l hotel.
  • Vogt / Juge de la Cour, oder Prevot de l hotel.
  • Heer-Meiſter / Grand Maitre de l ordre
  • Haͤge-Reuter / Garde Foret.
  • Herold / Heraut.
  • Hof-Marſchall / Mareſchal de la Maiſon.
  • Hof-Prediger / Predicateur de la Cour.
  • Hof-Rent-Meiſter / Threſorier des Finances de la Cour.
  • Hof-Medicus, Medecin de la Cour.
  • Hof-Staats-Commiſſarius, Commiſſaire de la Cour.
  • Hof-Secretarius, Secretaire de la Cour.
  • Hof-Meiſter / Maitre d hotel.
  • Hof-Meiſter bey jungen Herren / Gouverneur de Meſſeigneurs les jeunes Princes.

I.

  • Jaͤger / Chaſſeur. Jaͤgerey / la Venerie.
  • Jaͤger-Meiſter / Maitre de Chaſſe.
  • Jagd-Rath / Conſeiller de Chaſſe.
O 4Jagd -216Caput IV.
  • Jagd-Juncker / Gentilhomme de Chaſſe.
  • Page, Page de Chaſſe.
  • Schreiber / Ecrivain de Chaſſe.
  • Zeug-Meiſter / Maitre des Equippages de Chaſſe.
  • Jubelier / Marchand Jouailler.
  • Juncker / Gentilhomme.

K.

  • KAmmer-Herr / der es wuͤrcklich iſt / Chambel - lan du Roy.
  • Titularis-Chambellan.
  • Juncker / Gentilhom̃e de la Chambre.
  • Page, Page de la Chambre.
  • Diener / Homme de Chambre. Bey geringen Herren heiſt es nur: Valet de Chambre.
  • Laquay / Laquay de la Chambre.
  • Fraͤulein / Dame d honneur.
  • Frau / Femme de Chambre.
  • Maͤdgen / Fille de Chambre.
  • Fourier, Fourrier de la Chambre.
  • Concert, Muſique de la Chambre.
  • Mohr / More de la Chambre.
  • Gericht / La Chambre de Juſtice.
  • Rath / Conſeiller de la Chambre.
  • Advocat, Avocat de la Chambre de Juſtice.
  • Kauffmann / Marchand, man ſetzt aber dabey / ob es ein Banquier, Marchand Banquier, Tuch - haͤndler / Marchand Drapier, Eiſen-Kraͤmer / M. de fer, Seidenhaͤndler / M. de Soye, Ge -wuͤrtz -217Von Wechſeln und Briefſchreiben. wuͤrtzhaͤndler / M. Epicier, Weinhaͤndler / Mar - chand de Vin ſey.
  • Keller-Meiſter / Maitre de la Cave.
  • Schreiber / Controlleur ou écrivain de la Cave.
  • Kirchen-Rath / Conſeiller Eccleſiaſtique.
  • Schreiber / Ecrivain de l Egliſe.
  • Korn-Schreiber / Controlleur des blés.
  • Kraͤmer / Marchand Mercier.
  • Kram-Diener / Courtaut de Boutique.
  • Kriegs-Rath / Conſeiller de guerre.
  • Kriegs-Commiſſarius, Commiſſaire de guerre.
  • Kuͤchen-Meiſter / Ecüyer de Cuiſine.
  • Schreiber / Controlleur ou Ecrivain de Cuiſine.
  • Bedienter / Officier de Cuiſine.
  • Kupfferdrucker / Imprimeur en taille douce.
  • Kupfferſtecher / Graveur de tailles douces.

L.

  • LAnds-Hauptmann / Gouverneur de la Pro - vince, oder du Pays.
  • Land-Rath / Conſeiller Provincial, oder du Pays de N.
  • Land-Vogt / Grand Bailliſ.
  • Land-Phyſicus, Medecin de la Province.
  • Landſchafft / la Chambre des Etats Provinciaux de l Electorat de
  • Land-Rentmeiſter / Threſorier de la Chambre des Etats Provinciaux.
  • Landſchaffts-Einnehmer / Receveur de la Cham - bre des Etats Provinciaux.
O 5Land -218Caput IV.
  • Landſchaffts-Buchhalter / Maitre des Contes de la Chambre.
  • Lederhaͤndler / Marchand de Cuir.
  • Legations-Rath / Conſeiller d Ambaſſade.
  • Lehens-Cantzley / Chancellerie des Fiefs.
  • Lehens-Director, Directeur des Fiefs.
  • Lehr-Jung / Aprentif.
  • Leib-Medicus, Medicin ordinaire du Roy.
  • Leib-Chirurgus, Chirurgien, O. d. R.
  • Leib-Page, Page du Corps du Roy.
  • Leib-Kutſcher / Maitre cocher, ou Cocher or - dinaire.
  • Leib-Laquay / Laquay du Corps.
  • Leinwandhaͤndler / Marchand de Toile.
  • Lieutenant / Lieutenant.
  • Licent-Einnehmer / Receveur des licentes.
  • Licentiatus, Licentié, en Droit, en Theologie.

M.

  • Maͤckler / Courtier.
  • Magiſter / Maitre es arts, oder Maitre en Philoſophie.
  • Materialiſt / Marchand Droguiſte.
  • Medicus, Medicin.
  • Mitglied der Koͤnigl. Societaͤt der Wiſſenſchafften / Membre de la Societé Royale des Sciences.
  • Muͤhlen-Inſpector, Inſpecteur des Moulins.
  • Mundbecker / Boulanger de Bouche.
  • Mundkoch / Cuiſinier de Bouche.
  • Mundſchenck / Chef d Echanſonnerie-Bouche.
  • Muͤntz-Commiſſarius, Commiſſaire de Mon - noye.
  • Muͤntz-Meiſter / Maitre des Monnoyes.
Muͤntz -219Von Wechſeln und Briefſchreiben.
  • Muͤntz-Wardein / Eſſayeur des Monnoyes.
  • Muſicant / Muſicien.
  • Muſic-Director, Directeur de la Muſique.

N.

  • Notarius, Notaire Public Imperial.

O.

  • OBer-Amtmann / Grand Baillif.
  • Ober-Auditeur, Auditeur en Chef, oder / Juge Superieur de la juſtice Militaire.
  • Ober-Aufſeher / Intendant.
  • Bau-Meiſter / Premier Architecte.
  • Berg-Hauptmann / Sur-Intendant des Mines.
  • Berg-Rath / Conſeiller des Mines.
  • Cammer-Herr / Grand Chambellan.
  • Capell-Meiſter / Chef & Premier Maitre de la Muſique du Roy, ou de l’Electeur de.
  • Ceremonien-Meiſter / Grand-Maitre des Ceremonies.
  • Commiſſarius des Koͤnigl. Hauſes / Com - miſſaire des Gardes allemandes & Suiſſes.
  • Forſt-Meiſter / Grand-Forêtier, oder Grand-Maitre des forêts.
  • Hauptmann aller Chatoul-Aemter / Sur - Intendant de touts les Baillages de la Chatoulle.
  • Herolds-Meiſter / Grand-Maitre de la Chambre Heraldique.
  • Hof-Meiſter des Koͤnigs / Gouverneur de la maiſon du Roy.
Ober -220Caput IV.
  • Ober-Hof-Meiſter der Koͤnigin / Gouverneur de la Maiſon de la Reine.
  • Hof-Meiſterin der Cron - oder Chur-Prin - zeßin / Premiere Dame d honneur de Son Alteſſe Madame la Princeſſe Royale, ou Electorale.
  • Jaͤger-Meiſter / Grand-Veneur.
  • Ingenieur, Premier-Ingenieur.
  • Kleider-Verwalter / Grand-Maitre de la Garde Robbe.
  • Kriegs-Commiſſarius, Commiſſaire de guerre en Chef.
  • Kuͤchen-Meiſter / Grand-Maitre de la Cuiſine.
  • Marſchall / Grand-Mareſchall.
  • Saltz-Factor, Premier Facteur des Ga - belles.
  • Schenck / Grand-Echanſon.
  • Bau-Director, Premier Directeur des Bâtiments.
  • Stall-Meiſter / Grand-Ecuyer.
  • Kirchen-Vorſteher / Ancien de l Egliſe.
  • Obriſter / Colonel, d un Regiment de Cavalle - rie, ou d Infanterie, de Dragons.
  • Obriſt-Lieutenant / Lieutenant Colonel.

P.

  • PAchter / Fermier.
  • Pagen-Hofmeiſter / Gouverneur des Pages.
  • Pirſch-Knecht / Chaſſeur du Roy, ou du Duc.
  • Policey-Director, Directeur de Police.
  • Poſt-Meiſter / Maitre de Poſte.
  • Poſt-Schreiber / Commis de Poſte.
Præ -221Von Wechſeln und Briefſchreiben.
  • Præſident, Preſident, Ober-Preſ. Premier Pre - ſid. des Ober-Appellations-Gerichts / du Tri - bunal.
  • Prediger / Paſteur, Miniſtre du S. Evangile, Mi - niſtre de la Parole de Dieu.
  • Proviant-Commiſſarius, Commiſſaire des Vivres.
  • Probſt / Prevôt.
  • Profeſſor, Profeſſeur en Theologie, en Droit, en Medicine, en Philoſophie.

Q.

  • QUartier-Meiſter / Quartiermeſtre, Marechal de Logis.

R.

  • RAth / Conſeiller, wuͤrcklich geheimer Etats - Rath / Miniſtre d Etat, oder Conſeiller d Etat privé. Appellations-Rath / Con - ſeiller des Appels. Berg-Rath / des Mi - nes. Commercien-Rath / des Commer - ces. Conſiſtorial-Rath / du Conſiſtoire. Reichs-Hof-Rath / de Sa Majeſté Imperia - le & du S. Empire. Regierungs-Rath / de la Regeance de N.
  • Raths-Herr / Senatus de la Ville de N.
  • Rector einer Univerſitaͤt / Recteur de l’academie.
  • Rechen-Meiſter / Maitre d Arithmetique.
  • Regiſtrator, Regiſtrateur, oder Garde des Re - gîtres.
  • Reit-Page, Page de l Ecurie.
  • Reichs-Graf / Comte du S. Empire.
  • Rentey / Chambre des finances de la Cour.
  • Rent-Meiſter / Treſorier des finances.
Rent -222Caput IV.
  • Rent-Schreiber / Commis des finances.
  • Requeten-Meiſter / Maitre des Requêtes.
  • Richter / Juge.
  • Ritter / Chevalier de l ordre de.
  • Ritt-Meiſter / Capitaine de Cavallerie au Re - giment de Monſ. le Colonel. N. aux ſervices de Sa Majeſté le Roy de. N. ou de Son Al - teſſe Electorale de N.

S.

  • SChatz-Meiſter / Threſorier.
  • Schiffs-Capitain / Capitaine de Vaiſſeau.
  • Schiffer / Maitre de Navire. Steurmann / Pilote.
  • Schiffs-Zimmermann / Charpentier de Vaiſſau.
  • Schir-Meiſter / Intendant des Harnois.
  • Schreiber insgemein / Ecrivain, bey Gerichts - Aemtern / Greffier, bißweilen auch gar Secre - taire.
  • Schreib-Meiſter / Maitre à écrire.
  • Schrifftgieſer / Fondeur des lettres ou de cara - cteres.
  • Schultz / Maire.
  • Seidenfaͤrber / Teinturier en Soye, Sticker / Bro - deur.
  • Silber-Meiſter / Garde, oder Chef, de l argen - terie.
  • Silber-Diener / Aide d argenterie, oder Garde Vaiſelle.
  • Speiſe-Meiſter / Sommelier de la paneterie.
  • Spiegelmacher / Miroitier.
  • Spitzenhaͤndler / Marchand de Dentelles.
  • Sprach-Meiſter / Maitre de Langue.
Staat /223Von Wechſeln und Briefſchreiben.
  • Staat / Etat, Staats-Secretarius, Secretaire d Etat.
  • Stadt-Gericht / Meſſieurs les Juges & Aſſeſſeurs de la Juſtice de la Ville de N. N.
  • Stadt-Richter / Juge de la Ville. Schreiber / Greffier. Stadt-Phyſicus, Medicin ordinaire de la Ville.
  • Stall-Meiſter / Ecuyer, Maitre de l Ecuirie.
  • Stadthalter oder Gouverneur, Gouverneur, Vice-Roy.
  • Stempel-Papier-Cammer / la Chambre au pa - pier timbré.
  • Steuer-Director, Directeur des Impoſts, oder Tailles. Steuer-Einnehmer / Receveur des Tailles.
  • Stuͤck-Juncker / Enſeigne de l Artillerie.
  • Student / Etudient en Theologie, en Droit, en Medecine, en Philoſophie, en Philologie.
  • Syndicus, Syndic de la Ville.

T.

  • TAntz-Meiſter / Maitre de Danſe.
  • Tuchſcheerer / Tondeur de Drap.

V.

  • VErordneter / Deputé, bey einer Zunfft / Mai - tre Juré.
  • Viſitator, Viſiteur.
  • Vorſchneider / Ecuier tranchant.

W.

  • WAcht-Meiſter / Aide Major.
  • Walcker / Foulon.
  • Weinhaͤndler / Marchand de Vin. Weinſchenck / Cabaretier.
  • Wein-Viſirer / Jaugeur du Vin.
Wit -224Caput IV.
  • Wittib vom hohen Stand / Douairiere de N.
  • Wittib gemeine / Veuve.

Z.

  • ZEug-Meiſter / Maitre d Artillerie.
  • Zeugwaͤrter / Garde Magazin.
  • Zoll-Verwalter / Inſpecteur de la Douane, du Peage.

An einen Koͤnig ſchreibt man:

  • Au Roy, a Sa Majeſté, a Sa Majeſté le Roy de Pologne & Electur de Saxe, le Roy de Pruſſe, de Dennemarc, de Portugal.

An Koͤniginnen.

  • A la Reine, a Sa Majeſté, la Reine de Pologne.

An Cron-Printzen.

  • A Son Alteſſe Sereniſſime Monſeigneur le Prin - ce Royal de Dennemarc.

An die Cron-Princeßin.

  • A Son Alteſſe Sereniſſime Madame la Princeſſe Royale.

An einen Chur-Fuͤrſten.

  • A Son Alteſſe Electorale.

An einen Hertzog oder Fuͤrſten.

  • A Son Alteſſe Sereniſſime, Monſeigneur le Duc ou Prince de.

An einen Grafen.

  • A Son Excellence, Monſeigneur le Comte de N. Comte du S. Empire &c.

Die Unterſchrifften ſind: An einen Koͤnig.

  • Sire, de Votre Majeſté le plus humble & le plus devot, oder le plus ſoûmis Serviteur.
An225Von Wechſeln und Briefſchreiben.

An einen Chur-Fuͤrſten.

  • Monſeigneur de Vôtre Alteſſe Electorale le plus - humble. &c.

An vornehme und ordinaire Stands-Perſonen.

  • De Vôtre Excell. le tres-humble & tres obeiſ - ſant ſerviteur.

Am beſten iſt es vor Teutſche / ſie bleiben bey ihrer Teutſchen Titulatur, als Allerdurchlauchtigſter / Großmaͤchtigſter Koͤnig / allergnaͤdigſter Koͤnig und Herꝛ. Item Durchlauchtigſter Chur-Fuͤrſt / Hertzog / gnaͤdigſter Fuͤrſt und Herꝛ.

Eurer Koͤniglichen Majeſtaͤt / Eurer Chur - oder Hochfuͤrſtlichen Durchl. allerunterthaͤnigſter / unter - thaͤnigſter / demuͤthigſter Knecht / ꝛc

Wie hierzu die haͤufftig im Druck liegende Ti - tulatur-Buͤcher genugſame Anleitung geben.

Ferner iſt von dem Briefſchreiben zu mercken / daß hohen Miniſtris und vornehmen Perſonen / auch denen / welche mit vielen Amts-Geſchaͤfften uͤber - haͤuffet ſeyn / man mit vielem Zuſchreiben / ohne er - hebliche Urſache nicht beſchwehrlich ſeyn muß; wann es aber unumgaͤnglich geſchehen ſoll / ſo muß man es doch kurtz machen / und ſonderlich keines weitlaͤuff - tigen Exordii oder Eingangs ſich bedienen / ſondern alles mit einem unaffectirten Stylo kurtz ausdruͤ - cken / damit der Leſer alſobald ſehen koͤnne / was der Schreiber haben will / und worauf endlich ſein Schluß / Bitten und Begehren ankommet / wel - ches in gewiſſen Stuͤcken nach der Art eines Syllo - gismi, um deſto eher und kraͤfftiger zu beweiſen und zu uͤberreden / geſchehen kan.

Wann das Concept von einem Brief gemacht /P(ich226Caput IV. (ich rede aber von denenjenigen / welche ſich nicht ge - trauen / ſogleich von der Feder aus / einen Brief aufs Papyer flieſſen zu laſſen) ſo muß ein junger Menſch nicht allein ſolches / ehe ers ins Reine ſchreibet / noch ein oder mehrmal uͤberleſen / und zu ſehen / ob es wohl connectiret / und auch orthographiſch ge - ſchrieben ſeye / dann man ſehe hundert Kauffleut - Diener ihre Briefe an / ſo werden kaum zehen dar - unter ſeyn / welche recht orthographiſch geſchrie - ben / daß ſie keine Fehler in ſich haben ſollten; Die Schrifft ſelbſt muß auch leſerlich ſeyn / ſintemal wann ſolches nicht iſt / vielmals etwas ſo nicht kan geleſen werden / zu vollziehen / unterlaſſen / oder anders aus - geleget worden / als der Sinn des Schreibers ge - weſen iſt; man zeige nur manchmal die Hand eines Kauffmanns-Diener und ſeinen Stylum vor / ich bin gewiß / daß ein vernuͤnfftiger Mann ſo gleich daraus urtheilen wird / was hinter ihm ſteckt / und wie ſtarck er vom Judicio oder Erfahrenheit ſey. Weitere Explication hiervon iſt dieſes Orts nicht noͤthig / weil ſich ſchon zur andern Zeit die Gelegen - heit darzu ereignen moͤchte.

Alle wegzuſendente Briefe / wenn ſie irgend an vornehme oder erbare Perſonen geſandt werden / muͤſſen auf beſchnitten Papyr geſchrieben ſeyn / ſo hat man auch wegen des Formats zu bemercken / daß / wann man an hohe und ſonderlich Fuͤrſtliche Perſonen ſchreibet / man gemeiniglich einen gantzen Bogen / an vornehme Miniſtros einen halben Bo - gen / von groſſem Format, ins Quart gebogen / neh - me / und gemeiniglich ein Couvert um ſolche Schreiben mache / bey Kauffleuten iſt vielfaͤltig dieMa -227Von Wechſeln und Briefſchreiben. Manier einen halben Bogen in Folio Forma, von oben herunter zu ſchreiben / ich laſſe die Gewonheit an ihrem Ort geſtellet ſeyn / ſchreibe aber lieber den Bogen in Quart gebrochen / und giebt oder nimmt dieſes der Sache nichts / ſondern dependiret von eines jeden ſeinem Belieben.

Zumercken iſt auch / daß man das Papyer nicht uͤberall voll ſchreibe / ſondern oben / unten und an der lincken Seite einen ziemlichen Raum laſſe.

So bleibet auch zwiſchen dem Titul oder der An - rede in dem Brief / und der Materie des Briefs / ein Spatium, zum wenigſten / ſo breit als der Rand iſt / und ſo man an groſſe Herren ſchreibet / wird ſehr tief unten angefangen / und kaum etliche Zeilen auf die erſte Seite gebracht. So bald ein Brief ins Reine ge - ſchrieben / wird ſelbiger noch einmal mit Fleiß durch - leſen / ob etwan eine Diſtinction oder Woͤrtgen darinn ausgelaſſen / oder zu viel geſetzet ſeye / damit man es beyzeiten / ehe man den Brief zumacht / noch corrigiren und hinein ſetzen koͤnne; waͤre es aber / daß man gantze Zeilen ausgelaſſen / ſo iſt es beſſer / daß man den Brief aufs neue abſchreibe / als daß man ſolchen an vielen Orten durchſtrichen und corrigiret einem vornehmen Mann zuſenden wollte.

Die Unterſchrifft unter die Briefe ſetzet man unten gegen der rechten Hand zu / und zwar um ſo viel tieffer hinunter / als die Perſon / an welche man ſchreibet / vornehm iſt / daher dann auch die Schrifft des Briefes ſelbſt alſo darnach einzurich - ten / daß ſie nicht zu weit herunter komme / und man alſo noch Raum zur Unterſchrifft uͤberbehalte. Jch kan hierbey nicht unterlaſſen / eine kleine Digreſ -P 2ſion228Caput IV. ſion zu machen / was nehmlich meine Schreiber / die ich biß hero gehalten / vor Qualitaͤten in der Schrei - berey haben / an ſich haben muͤſſen / nach welcher ei - niger maſſen / die auf dem Cotoir dienende Han - dels-Diener ſich gleichfalls zu richten haben. Jch er - forderte nehmlich von ihnen erſtlich / zu rechter Zeit genugſame Federn zu ſchneiden / damit man ſich / wann es jetzt an das Schreiben gehen ſollte / nicht mit Federnſchneiden oder corrigiren / lang aufhal - ten duͤrffte / welches ſonderlich im Dictiren eine groſſe Verhinderniß verurſachet / und mich eben er - mahnt / als wann einer zum Tantzen begierig iſt / und die Spielleute wollten denſelben mit Stimmen ihrer Inſtrumenten erſt lang aufhalten. Zwey - tens / muͤſſen ſie auch orthographicè: Drittens geſchwind: Vierdtens ſauber: Fuͤnfftens rein und nicht maculirt: Sechſtens / die Buchſtaben nicht verzogen / ſchreiben / ſondern alſo / daß ſie je - derman in die Augen leuchten koͤnten / in welchen einige unſerer Kauff-Diener ſehr fehlen / als wel - che in der Meinung ſtehen / je kruͤmmere und bun - tere Zuͤge ſie in ihren Briefen / ſonderlich in der Un - terſchrifft machen koͤnten / je ſchoͤner ſolches ſtuͤnde / und will ich jemand wohl 20. Kauffmaͤnniſche an ſich ſelbſt zierliche genug geſchriebene) Briefe weiſen / in welchen er doch den Namen / wegen des grauſa - men Verziehens / nicht ſoll leſen koͤnnen: Sieben - dens / verlangte ich von meinen Schreibern / daß ſie gut leſen und buchſtabiren / und folglich wohl ab - zuſetzen wiſſen ſollten. Einige Kauff-Dieners moͤ - gen ſich hier pruͤfen / ob ſie ſich / was das Leſen und Buchſtabiren anbelanget / und folglich das rechteAb -229Von Wechſeln und Briefſchreiben. Abſetzen / wann ein Wort an einer Zeil gebrochen wird / auch nicht getroffen finden: Achtens / ver - langte ich von ihnen im Dictiren in ſoweit eine Mit - Huͤlffe / daß / wañ ich etwan ein Bind-Woͤrtlein oder Verbum ausgelaſſen / ſie ſolches wieder erſetzen / von ſich ſelbſt beyfuͤgen / oder mich deſſen hoͤflich er - innern ſollten: Neundtens wollte ich auch / daß ſie zum wenigſten einen Terminum in Latinitate und auch etwas im Frantzoͤſiſchen / oder Jtaliaͤni - ſchen / wegen ſolcher Sprachen-Woͤrter / die im Dictiren offt vorkommen (damit ſie ſolche deſto ac - curater ſchreiben koͤnten) verſtehen / und Zehen - dens / in einem Brief oder auch andern Scripturen zu geben oder zu nehmen wiſſen ſollten / nehmlich / wie oben ſchon gemeldt / daß ſie wohl ermeſſen ſollten / wie viel Zeilen auf eine Seite gehoͤrte / wo man oben anfangen / unten in rechter Proportion wie - der aufhoͤren / und zierlich einen Brief zuſam - men legen und uͤberſchreiben muͤſte.

Bey dieſer Zuſammenlegung der Briefe / muß man den Sand von allen Seiten abſtreichen / und dar - auf die Blaͤtter ſauber mit einem Falls-Bein zuſam - men faltzen; ſo ſtehet es auch gar nicht Kauffmaͤn - niſch / einen Brief in mancherley ſeltzame Falten / oder in einen allzu kleinen Format zuſammen zu legen / als welches mehr Weibern als Maͤnnern zukommt / wie ein gutes Couvert zu machen / wird leicht zu er - lernen ſeyn / man ſchneide ſelbiges nur ſo accurat, daß man alle vier Ecken oder Spitzen fuͤglich unter das Siegel beveſtigen koͤnne.

An gute Freunde kan man wohl die Briefe mit Oblaten ſiegeln / an hohe und vornehme PerſonenP 3aber /230Caput IV. aber / muß man Siegel-Lack gebrauchen / wer mit Oblaten ſiegeln will / muß ſolche / ehe er ſie unter - legt / nicht allein erſt anfeuchten / ſondern er kan auch die Stelle des Papyrs / wo er das Petſchafft dru - cken will / etwas naß machen / ſo wird ſich das Sie - gel deſto ſchoͤner drucken und præſentiren.

Die meiſten Aufſchrifften werden heut zu Tag in Frantzoͤſiſcher Sprach gemacht / darzu dann un - ſerm Handels-Diener die vorgeſetzte Frantzoͤſiſche Woͤrter wohl zu ſtatten kommen werden. Uber - haupt iſt wegen der Aufſchrifft zu mercken / daß erſt - lich mit etwas groͤſſern Buchſtaben der Titul und Name / wie auch die Charge, Amt und Profeſſion deßjenigen / an welchen man ſchreibet zu machen ſey / das Wort Preſent oder Preſentement brauchet man nicht / als nur an Reiſende / die ſich nur ein Zeitlang an einen gewiſſen Ort aufhalten / nicht aber an Leute / die daſelbſt ihr gewiſſes Domicilium haben. Siehet man alſo / wie ſehr diejenige irren / die das Wort Preſent, oder jetziger Zeit / auf die mei - ſte Aufchrifften ihrer Briefe ſetzen.

Wegen des Franchiren der Briefe iſt zu mer - cken / daß man keinem muthwillig vergebliches Brief-Porto, ſonderlich bey dieſen Zeiten mache / da ſolches Porto zu zimlichen Schaden der Com - mercien / an vielen Orten ſehr geſteigert iſt; vor - nehmlich aber ſeynd die Briefe zu franchiren / wann es unſere eigene Gelegenheit betrifft / da wir zu dem Dienſt / welchen wir geleiſtet haben wollen / einen andern keine Moleſtiam mit Brief-Porto machen muͤſſen; und weiß ich faſt nicht / wann ſolches kalt - ſinniger und vorſetzlicher Weiſe geſchiehet (gleich -ſam231Von Wechſeln und Briefſchreiben. ſam als wann man den andern die Hof-Dienſte anſagte) ob derſelbe nicht / wie ſchon oben gemeldt / auch mit gutem Fug / unſere Angelegenheit / wann auch noch ſo viel daran gelegen waͤre / verſaͤumen koͤnne.

Ein Handels-Diener / der viel Briefe zu ſchrei - ben / ſolche zuzumachen und wegzuſenden hat / ſehe wohl zu / daß er nicht bey der Aufſchrifft verwechſe - le / er mache auch lieber die Aufſchrifften / ehe er zu - ſiegelt / ſo kan er noch allezeit zuſehen / ob irgends mit der Auffſchrifft ein Jrrthum vorgangen ſey oder nicht. Einige Kauffleute / die mit Geſchaͤfften uͤber - haͤuffet ſeyn / pflegen daher auf der erſten Seite des Briefs / unten oder oben im Winckel zur lincken Hand den Zunamen deſſen zu ſchreiben / an wel - chen der Brief gehoͤret / damit ſie ſolches nicht erſt mit Durchleſung etlicher Zeilen / unterſuchen duͤrf - fen / welches aber einem jungen Menſchen / wann er an eine vornehme Perſon ſchreibet / nicht anſtaͤn - dig ſeyn wuͤrde / weil man von ihm weiß / daß ſei - ne Affairen und Correſpondentz ſo groß noch nicht iſt / daß er eine ſolche Vorſorge ſollte noͤthig ha - ben.

Welcher Geſtalt auch die weggehende Briefe muͤſſen copiret die ankommende aber uͤberſchrie - ben werden / ſolches iſt aus den Handels-Correſpon - denten / und der taͤglichen Praxi bekannt.

Die Beſtellung der Briefe iſt zwar aus groſſen Contoiren denen Jungens befohlen / doch wollte ich wohl / wann manchmal an einem Brief viel gelegen / als / daß etwan noͤthige Ordres oder Wechſel-Brie - fe darinn enthalten / daß der Handels-Diener ſichP 4ſelbſt232Caput IV. Von Wechſeln und ꝛc. ſelbſt aufmachte / ſolche beſtellte / und dem Jungen nicht traute / wie dann ohne dem ein treu-geſinnter Handels-Diener auf des Jungen ſein Compor - tement, ob ſolches dem Handels-Patron zum Schaden oder Vortheil gereiche / auch dem Jungen ſelbſt nutzlich oderſchaͤdlich ſey / ein wachendes Auge haben muß / gleich wie dieſe hingegen / wann ſie raffiniret ſeyn / auch nicht ermangeln werden / des Dieners Conduite wohl in Obacht zu nehmen.

Wann ein Reiſender zu Uberbringung eines Briefes ſich erbiethet / ſo iſt gleichwohl auch Vor - ſichtigkeit zu gebrauchen / ob gleich derſelbe mit der geſchwinden Poſt abreiſet / weil einige Leute nicht eben allezeit conſideriren / was einem Kauffmann an ſchleuniger Beſtellung ſeiner Briefe gelegen ſeye / und dannenhero ſelbige nach ihrer Bequem - lichkeit abgeben / welches aber vielmals / ſonderlich wann wichtige Dinge in einem ſolchen Brief ent - halten / groſſen Schaden zu verurſachen pflegen.

Ein mehrers was von dieſer Materie des Briefſchreibens gemeldet werden koͤnte / iſt ſo voll - koͤmmlich in unſerm allezeit fertigen Handels-Cor - reſpondenten / durch allerhand Materien ange - fuͤhret / daß es deßfalls keiner weitern Unterweiſung bedarff / daher wir nur alle und jede Handels-Ver - wandte und Liebhaber der Commercien auf dieſes nutzliche Buch nochmals wollen verwieſen haben.

Caput233

Caput V.

Auf was vor andere Wiſſen - ſchafften mehr / welche ebenfalls zur Handlung dienen / ſich ein Kauffmanns-Die - ner / bey muͤſſigen Neben-Stunden appliciren koͤnne.

NAchdem es heutiges Tags mit der Kauff - mannſchafft ein gantz anderes Anſehen ge - wonnen / als es vor dieſem damit gehabt; als muß auch derjenige / welcher derſelben verwandt iſt / und ſein Brod darbey zu verdienen ge - dencket / ſchon eine mehrere Wiſſenſchafft ſolcher Dinge beſitzen / welche nicht allein die Handlung kluͤglich und vorſichtig zu fuͤhren / ſondern auch in derſelben ſich einen guten Ruhm / Liebe und Credit zu erwerben / dann auch gegen die Anlaͤuffe zanck - ſichtiger Leute ſich und das Seinige wohl zu be - ſchuͤtzen / dienen koͤnnen. Zu dieſen letztern gehoͤret die Wiſſenſchafft der Rechten / welche / wie noth - wendig ſie einem Kauffmann wegen des Mei & Tui, womit er ſtets umgehet / ſey / kuͤnfftig in unſerm ge - lehrten Kauffmann / ſoll bewieſen werden; auſſer dieſer aber ſeynd wir gedacht / noch viel andere Wiſ - ſenſchafften / welche demjenigen / der ſolche beſitzet / auch ihren Nutzen bringen. Alſo wuͤrde ein Kauff - manns-Diener nicht uͤbel thun / wann er ſich bey muͤſſigen Stunden auf die Geographiam, oder dieP 5Erd -234Caput V. Erd-Beſchreibung und die Land-Charten wohl zu verſtehen / legte; als: daß er erſtlich die vier Welt - Theile / und wie die See-Farth nach jeden derſelben eingerichtet / auch welches in allen dieſen vier Welt - Theilen diejenige Laͤnder ſeyn / welche wegen der Kauffmannſchafft am meiſten befahren werden / ſich bekannt machte / worzu ihme dann inſonderheit die Reiß-Beſchreibungen trefflich zu ſtatten kommen koͤnnen. Wie ich dann unterſchiedliche Kauffmanns - Dieners gekannt / welche ſich die beſten von ſolchen Reiß-Beſchreibungen angeſchafft / ſelbige mit de - nen Land-Charten conferiret / und an ſtatt Sonn - tags in liederlichen Sauff-Spiel - und verdaͤchtigen Compagnien zu gehen / ihre Zeit in dergleichen nuͤtzlichen Buͤchern / nach verrichtetem GOttes - Dienſt wohl paſſiret haben; in Anſehung / daß zu - gleich die Handlung mit daraus erlernet / einem Kauffmann aber / der Plus Ultra und etwas weiter hinaus / als auf den naͤchſten Jahr-Marckt geden - cket / ein Vorſchmack der See-Farth und Hand - lung in weite Laͤnder / ingleichen eine ruͤhmliche Be - gierde ſich und dem Vatterland zum Beſten in der Handlung je laͤnger je mehr hervor zu thun / gegeben wird. Naͤchſt dieſer General-Erkaͤnntniß der vier Welt-Theile / haͤtten ſie in Specie auf Europam und in ſolchen / auf deſſen vornehmſte Reiche und Laͤnder zu reflectiren / ſelbiges ihren Zuſammen-Hang und durch was vor Gelegenheit die Handlung zu Waſ - ſer und Land von einem Reich in das andere geſche - he / wohl zu conſideriren; ja ſie koͤnten darinnen noch etwas weiter gehen / und ſich den Globum be - kannt machen / auch ein weiniges daran wenden /daß235Muͤßige Nebenſtunden zu appliciren. daß ihnen / was die Polus-Hoͤhe / die Longitudo und Latitudo, ein Clima, Zona und dergleichen ſey / gewieſen / und etlicher maſſen der Nutzen davon erklaͤret wuͤrde.

Wann nun ſolches ein Groſſes zur Wiſſenſchafft der Schiff-Farth beytragen kan / viel aber auch an der Rechen-Kunſt gelegen / als wollte ich / daß einige unſere Kauffmanns-Diener dieſelbe ein wenig beſ - ſer excolirten / als ſie biß anhero gethan. Jch will nicht ſagen / daß viel unter ihnen nicht ſollten ein Stuͤck Waar / wovon die Ele ſo und ſo theuer kommt / zur Noth ausrechnen koͤnnen; in Wechſeln haͤlt es ſchon etwas haͤrter / und wird doch endlich ſo viel erlernet / als etwan auf des Patrons ſeinem Contoir am gewoͤhnlichſten vorkommt; allein aus Curioſitaͤt / und an ſtatt muͤſſiger Stunden / in wei - tere / und zur Geographie, Schiffarth / Geome - trie und Stereometrie, (welche doch alle zur Kauff - mannſchafft gehoͤren) hinein zu gehen / da iſt bey ei - nigen ſolcher Leuten altum Silentium, und wenig oder gar keine Begierde. Genug / daß bey dem Boͤtt - ger ein Vaß / bey dem Tiſcher eine Kiſte beſtellet / von dem Schiffsbauer / vor des Patrons Rechnung / ein Schiff gebauet / und der Diener / ob die Arbeit gut von ſtatten gehe / hingeſchicket werde / worinn aber das Wein-Viſiren / die Proportion der Vaͤſſer und Schiffe / der Kiſten und Kaſten beſtehe / davon laſſen ſich die guten Herren unbekuͤmmert / gleich wanns eine Sache waͤre / die der Handlung gantz nicht angienge.

Naͤchſt dieſem / wird auch das Erlernen fremb - der Sprachen unſern Teutſchen Kauffmanns-Die -nern236Caput V. nerñ recommandiret / und zwar einem jeden nach ſeines Orts Gelegenheit / als denen die nahe bey Franckreich ſeyn / die Frantzoͤſiſchen; anderen / die Jtaliaͤniſche / denen Schleſiern und Preuſſen / die Polniſche / denen Nieder-Saͤchſiſchen See - Staͤdten / die Daͤniſche / Schwediſche und Hollaͤn - diſche-auch einigen die Moſcowitiſche und Unteut - ſche / ſonderlich die viel nach Chur - und Liefland zu handeln haben. Waͤre es / daß ein ſolcher auch Fran - tzoͤſiſche und Jtaliaͤniſche Sprachen mit lernen koͤnte / ſo wuͤrde es ihme (ſonderlich weil die See-Staͤdte groſſe Commercien nach Franckreich haben) nicht ohne Nutzen ſeyn; vor allem aber / ſollte es als gar etwas loͤbliches an einem Handels-Diener zu conſideriren ſeyn / wann er (da er etwan in der Jugend aus Mangel der Mittel und Gelegenheit die Lateiniſche Sprache nicht gelernet) ſolche in ſei - nen Dienſt-Jahren annoch zu lernen ſich angelegen ſeyn lieſſe; Dann wie elend ſtehet es nicht / wann je - mand / es ſey im Diſcuriren oder Schrifften / einen Lateiniſchen Terminum noͤthig hat / und ſolchen weder geſchicklich hervorbringen / noch ſchreiben kan. Wie will ein Kauffmann kuͤnfftig mit ſeinen Rechts - Proceſſen zu recht kommen / wann er nicht etwas vom Lateiniſchen verſtehet? wodurch werden denen / welche Frantzoͤſiſch und Jtaliaͤniſch lernen wollen / dieſe Sprachen leicht gemacht / als weil ſie einen gu - ten Anfang und Grund in der Lateiniſchen Sprach geleget haben / ich weiß / was rechtſchaffene Kunſt - und Tugend-liebende Gemuͤther / unter denen Han - dels-Dienern ſeyn / die werden mir hierinnen recht geben / Idioten und gemeine Gemuͤther aber an -ſtim -237Muͤſſige Nebenſtunden zu appliciren. ſtimmen / worzu wird mir dieſe Sprache noͤthig? was ich zu thun habe / kan ich wohl im Teutſchen ver - richten / ſed hoc, vox aſini non hominis.

Hiernaͤchſt erachte ich / das Zeichnen einem Kauffmanns-Diener noͤthig zu ſeyn / angeſehen viel - faͤltig daſſelbe in Handlungen Nutzen ſchaffen kan / es ſey / daß man in Manufacturen neue Muſters in - ventire / und abzeichne / die Structur eines Schif - fes abreiſe / oder auch einen andern Kuͤnſtler ein Mo - dell von Zierathen geben ſoll / welches man etwan in der Handlung bey Kunſt-Waaren anzubringen wuͤſte / zugeſchweigen der angenehmen Zeitvertreib / welche dieſe Kunſt giebet / die zumal auf Reiſen und bey Seefarthen im Abzeichnen eines ſchoͤnen Pro - ſpects, einer See Kiſten / Havens oder einer Jn - ſul wohl zu ſtatten komme.

So auch dabey ein Handels-Diener zur Me - chanic Luſt haͤtte / und mit ſolcher Arbeit (worzu man eben nicht allezeit einen Tiſcher haben kan) zu recht kommen koͤnnte / wuͤrde er ſeinem Herꝛn viel - mals auch einen Gefallen erweiſen / ſonderlich aber die Luſt zu ſolcher Arbeit / ihn kuͤnfftig bey Manu - facturen / und in der Invention, der darzu benoͤthig - ten Inſtrumenten (als da ſeynd Weber-Stuͤhle / Machinen und anderer Werckzeuge) wohl zu ſtat - ten kommen / und viel Geld erſparen. Wie ich denn abſonderlich von einem jeden Kauffmanns-Diener gern ſehen moͤchte / daß derſelbe bey ſeinen Handels - Wiſſenſchafften / auch zum wenigſten ſo viel in ei - ner Kunſt oder Handwerck wuͤſte / zu welchen er / (wann ihme das Gluͤck kuͤnfftig bey der Handlung den Ruͤcken kehren ſollte) greiffen / und ſich und dieSei -238Caput V. Seinigen ehrlich damit ernehren koͤnne; und geſetzt / daß er ſolch Handwerck nicht aus dem Grund er - lernet / koͤnte er ſich doch (im Fall der Noth) leicht - lich darinn perfectioniren / und ſelbiges zu ſeinen Nutzen anwenden; alſo flieſſet aus der Stereome - tria das Fundament des Vaßbindens. Haͤtte nun ein Kauff-Geſell bey Wein-Handlungen ausge - dienet / ſo waͤre es ihm ſo viel leichter geweſen / das Vaßbinden / durch den taͤglichen Umgang mit zu erlernen. Bey Tuch-Handlungen / ſchicket ſich das Tuch oder Zeug machen / weil ohne dem derjenige / der ſolches wohl verſtehet / am beſten von der Quali - taͤt eines Tuchs urtheilen kan. Das Strumpff-We - ben auf den Strumpff-Stuͤhlen iſt ebenfalls bald gelernet / und finden wir viel Kauff-Dieners / wel - che etwan die Mittel nicht gehabt / die in ihren Jun - gen-Jahren erlernte Handlung fortzuſetzen / daß ſie zu dieſer Profeſſion des Struͤmpff-Webens hernach ſich begeben / und mit der Zeit groſſe Verle - gers dariñen worden ſeyn. Bey dem Materialiſten - Kram / erzeiget ſich das Diſtilliren / Brandtwein - brennen / gewiſſe Materialia und Compoſita zu machen / welche allein zulaͤnglich ſeyn / ihren Mann zu ernehren. Und was ſoll ich von der Farb-Kunſt / dem Lacciren / Spiegel-machen / Leder-bereiten / und dergleichen Dingen mehr (welche alle im Fall der Noth Brod ſchaffen koͤnnen) viel Ruͤhmens machen / da die Sache ſelbſt genug bekannt iſt Die Muſic, ob ſie wohl kein weſentlich Stuͤck / zur Hand - lung gehoͤrig / kan genennet werden / ſo iſt doch be - kannt / wie mancher junger Menſch ſich dadurch ſehr beliebt gemacht / und nicht ſelten dadurch in dieGunſt239Muͤßige Nebenſtunden zu appliciren. Gunſt ſolcher Leute gekommen / welche hernach ſein Gluͤck zu befoͤrdern / ſich haben angelegen ſeyn laſ - ſen. Es iſt aber bey ſelben und all dergleichen (mehr zur Ergoͤtzlichkeit als Nutzendienenden) Kuͤnſten zweyerley zu bemercken / eines / daß er mit ſolchen nicht zu viel Zeit verabſaͤume / welche zu ſeinen Han - dels-Verrichtungen ſonſt ordentlich beſtimmet iſt. Zweytens / daß er ſich nicht durch ſolche / ſonderlich durch die Muſic, zur Uppigkeit (welche mehr rohen jungen Welt-Leuten / als modeſten Handels-Die - nern anſtehet / verleiten laſſe. Wann er nun faſt ſei - nen eigenen Handel anzufangen gedencket / und mit ſeines Herꝛn Verguͤnſtigung etliche Stunden in der Wochen abkommen kan / nicht etwan ein / zwey oder drey Monat / ſeinen Leib zu dreſſiren / und eine gute Manier im Gehen und Complimenten anzunehmen / auf den Tantz-Boden gehen ſollte / er muͤſte aber keine beſtaͤndige Gewohnheit daraus machen / oder ſo viel Zeit und Geld dran wenden / als wann er kuͤnfftig ſelber Profeſſion vom Tantz - Meiſter machen wollte; ſondern wie dieſes alles nur Neben-Wercke ſeyn / alſo muß ſein Haupt-Werck / welches die Kauffmannſchafft iſt / nicht darum aus den Augen geſetzet werden / vielweniger muß er ſich ſolcher Kleidung / Exercitien und Auffuͤhrung an - maſſen / welche mehr Kriegs - und Edelleuten als Kauffleuten zuſtehet / und ihme auf einmal ſein Gluͤck und Credit ruiniren moͤchte; hingegen wird ihme die Modeſtie, und daß er allzeit nach Tugend und Weißheit ſtrebe / niemals gereuen / zu welchem Ende er lieber mit vornehmern und geſchicktern Leu - ten / als er ſelbſt iſt / als mit ſeines gleichen / odernoch240Caput V. noch geringern / von denen er nichts Gutes ſehen oder lernen kan / umgehen muß. Jn Mangel derſel - ben aber / muß er ſich zu Haus und in ſeiner Kam - mer / wann er Zeit uͤbrig hat / auf das Leſen guter Buͤcher / worzu wir inſonderheit die obbemeldte Reiß-Beſchreibungen / ſamt einem guten Hiſtorien - Buch / als etwan unſer Teutſches Thnatrum der vier Monarchien; in Handels-Sachen aber das Handels-Gericht / Kauffmanns-Magazin, das Kunſt-Natur - und Handels-Lexicon, den Han - dels-Correſpondenten / und zur Nachricht / was hin - und wieder in frembden Commerciis paſſiret / den Schwediſchen / Moſcowitiſchen / Hiſtoriſchen / Brandenburgiſchen und Schleſiſchen Kauffmann; wegen Anrichtung neuer Manufacturen aber / un - ſer neu-eroͤffnetes Manufacturen-Haus und Boͤrſe / welches in dem dritten Theil des Ritter-Platz befindlich / wollen recommandiret haben; aus des Speranders ſorgfaͤltigem Negocianten / Savarii ſeinem vollkommenen Kauffmann / und ſo er ſchon etwas hoͤher gehen will / aus D. Bechers Schriff - ten / wie auch aus unſerer Beſchreibung der Meſ - ſen und Jahr-Maͤrckte / in Specie aber / von Ma - naufacturen / aus dem nutzlichen Tractat von Flachs und Hanff / wie auch aus der nechſtkuͤnfftig zu erwartenden Beſchreibung der Seide und Wol - le / und der aus dieſen beyden Materialienen verfertig - ten Manufacturen / wird er ſchon ſo viel Zeit-Ver - treib und Lehren finden / daß er aller andern nichts - wuͤrdigen Dinge und boͤſen Geſellſchafften leichtlich wird vergeſſen koͤnnen.

Wegen des Buchhaltens / moͤchte ein fleißigerHan -241Muͤßige Nebenſtunden zu appliciren. Handels-Diener noch zu erinnern ſeyn / daß ſolches ebenfalls einen gantzen Menſchen erfordere / und viel Curioſitaͤten in ſich ſchlieſſe / welche bey muͤßi - gen Stunden zur angenehmen Speculation Anlaß geben koͤnnen.

So wolte ich auch / daß ein geſchickter Han - dels-Diener ein Liebhaber der Aviſen waͤre / und ſolche Poſt-taͤglich zu leſen / keine Gelegenheit ver - abſaͤumen ſolte / es werden ihm dieſelbe nicht allein den Verſtand ſchaͤrffen und aufmuntern / ſondern auch zu vielen Handels-Speculationibus Anlaß geben; Sie ſchlieſſen viel Politica in ſich / welche denen Kauffleuten / um ihre Handels-Meſſures darnach zu nehmen / noͤthig ſeyn; man lernet da - durch einen guten Diſcurs in honetten Com - pagnien formiren / und diſtinguiret ſich dadurch von andern / welche nicht ſo viel Luſt und Belieben haben / auf dergleichen Publica die Zeit zu wen - den; ſonderlich aber wird die Geographia bey ſol - chen Aviſen-leſen / erſt rechtſchaffen excoliret / wann man das / was darinnen an merckwuͤrdigen Begebenheiten vorkommt / nach denen Oertern / wo ſolche geſchehen / bemercket / vornehmlich aber das Kommen und Abgehen der Schiffe ſich aus denen Zeitungen wohl bekannt machet.

Endlich ſo wolte ich auch einem geſchickten Han - dels-Diener noch zum Beſchluß dieſe Lehre erthei - len / daß er ſich fein offt bey denen Handwerckern in ihren Werck-Stuben umſehen / ſich derſelben als einer Schul bedienen / und in ſolcher lernen ſol - te / was vor Materialia, Ingredientia, Inſtru - menta, und Hand-Griffe darzu gehoͤrten / biß einQStuͤck242Caput V. Stuͤck Waar zu einen perfecten Kauffmanns - Gut zubereitet worden. Er haͤtte dabey zu erler - nen ihre beſondere Kunſt-Woͤrter / oder Terminos Technicos, dann auch die Maͤngel / welchen man - chen Handwerckern in ihrer Arbeit ausgeſetzet wer - den / und was hingegen die Qualitaͤten ſeyn / wel - che in perfectes aus einer Manufactur gekomme - nes Kauffmanns-Gut an ſich haben muͤſſe. Dann ſo ſchreibet Savarii in ſeines vollkommenen Kauff - manns 14. 15. und 16. Capitel / daß die Kauff - manns-Diener / wann ſie in Franckreich ihren eige - nen Handel anfangen / und Principales werden wollen / uͤber die Elen / Maaß / Pfund und Marck / Gewicht / wie auch uͤber die Eigenſchafft einer Waar examiniret werden / zu welchem Ende er in obangeregten Capiteln zu ihren Unterricht / und zwar erſtlich / in dem 14ten von der Laͤnge und Brei - te allerley Waaren / von Gold / Silber / und Seide / mit Wollen / Baumwollen / und Garn vermiſcht / handelt / welcher Geſtalt dieſelbe nach denen Koͤnigl. Verordnungen de A. 1667. beſchaffen ſeyn muͤſten. Jn dem 15ten Capitel handelt er von der Breite und Laͤnge aller Cameel-haarnen und wollenen Zeuge und Tuͤcher / wie dieſelbe ſo wohl in-als auſ - ſerhalb Franckreich in denen Manufacturen gema - chet werden / auch was man wegen der Qualitaͤt ſolcher Waare nach der Koͤniglichen Verordnung zu obſerviren habe.

Ferner ſchreibet er / ſey in Acht zu nehmen / daß der 30. Art. der Koͤnigl. Verordnung haben will / daß hinfuͤhro kein wollener Zeug mehr von ſo ge - ringem Preiß / wann er nicht eine halbe PariſiſcheElen243Muͤßige Nebenſtunden zu appliciren. Elen breit iſt / gemachet werden ſoll. Jn den 39. Art. wird befohlen / daß alle Tuͤcher / Sarge und andere Zeuge / wann ſie von der Walcke kom - men / von den Geſchwornen beſichtiget / und das Zeichen des Orts / wo ſie gemachet worden / auch ob ſie nach Jnhalt der Ordnung verfertiget wor - den / mit angehaͤnget werden ſoll / und was etwann dergleichen Anmerckungen mehr ſeyn moͤchten / wel - che weitlaͤufftig bey bemeldtem Authore, vor - nehmlich aber in unſerm mit nechſten zu erwarten - den Tractat von der Wolle und Seide / und de - nen aus dieſen beyden primis Materiis verfertig - ten Manufacturen zu erſehen ſeyn werden / da ei - ne jede Art derſelben / nicht allein wie ſie von An - fang her / biß ein fertig Stuͤck Waar daraus ge - worden / beſchrieben / ſondern auch ein ſolcher Un - terricht in der Faͤrb-Kunſt / auf Wolle und Seide gegeben wird / der in gewiſſen Saͤtzen vor Arcana (denen jenigen / die mit dieſer Kunſt und Profeſſion der Faͤrberey umgehen) paſſiren kan.

Caput VI.

Wie ſich ein Kauffmanns-Die - ner in ſeines Patrons Geſchaͤfften auf Reiſen zu verhalten / und was er vor ſeine eigene Perſon dabey zu profitiren / und zu lernen habe.

D ein Kauffmanns-Diener zu allen Han - dels-Geſchaͤfften (und alſo auch in ſeinesQ 2Patrons244Caput VI. Patrons Angelegenheit / Reiſen in frembde Laͤn - der zu verrichten) ſich muͤſſe gebrauchen laſſen / ſolches iſt ſchon mehrmahls / und zwar unter an - dern auch darum / angefuͤhret worden / weil von demſelben præſumiret / oder gleichſam zum Vor - aus geſetzet wird / daß er nach vollbrachten ſei - nen Jungen-Jahren nunmehro eine ſolche Fer - tigkeit in Handels-Wiſſenſchafften erreichet ha - ben werde / welche ihn in den Stand ſetzen koͤn - nen / in allerhand Vorfaͤllen nuͤtzlich vor ſeinen Patron zu negociiren / und deſſen Beſtes bey al - len Gelegenheiten zu beobachten. Man verſpricht ſich ſchon von ihm / daß er den Ein - und Verkauff der Waaren wohl verſtehen / mit Wechſeln und Scripturen umzugehen / Schulden einzumahnen / und allenfalls / wie gegen boͤſer Schuldener gericht - lich zu procediren ſey / wohl wiſſen werde. Da auch ein erwachſener Menſch bey ſeinen vollen Leibes - Kraͤfften die Jungens - und Jugend-Jahre nun - mehro abgeleget / ſo kan es nicht fehlen / der Ver - ſtand und das judicium muͤſſen ſich bey ihme auch aͤuſſern / und ſein Leib die Reiß-Fatiquen zu ertra - gen / auch vollkommen tuͤchtig und geſchickt ſeyn / daß alſo nichts mehr uͤbrig iſt / als unſern Handels - Diener / in ſo weit er etwann zum erſtenmahl in ſeines Patrons Geſchaͤfften uͤber Land verreiſen ſolte / mit denen darzu benoͤthigten Anmerckungen und Lehren zu verſehen / welche ihm ſeine Reiſe ſo viel gluͤcklicher anzutretten / und der ihme obliegen - den Schuldigkeit ſo viel beſſer ein Genuͤgen zu thun / auch dabey ſeiner eigenen Perſon Vortheil zu ſchaffen / nuͤtzlich und zutraͤglich ſeyn koͤnnen.

Dieſem245Wie ſich einer auf Reiſen zu verhalten.

Dieſem nach hat erſtlich ein Kauffmanns-Die - ner / welcher von ſeinem Patrono Geſchaͤfften hal - ber in frembde Laͤnder verſchicket wird / zu beobach - ten das Land / und den Ort / wohin er reiſen ſoll; Zweytens / die Gelegenheit / wie ſeine Reiſe dahin anzuſtellen / und was vor Requiſita darzu erfor - dert werden. Drittens / die Verrichtung ſelbſt / um welcher willen er dahin verſchicket wird. Die Perſonen / mit welchen / und wider welche er zu handeln / die hierzu ihme von ſeinem Patrono er - theilte Inſtruction und mitgegebenen Subſidien; und endlich / was ihme ſeiner Perſon halber / auf ſolcher Reiſe / und an den Ort / wo er hin deſtini - ret iſt / zuſtoſſen / auch was zu ſeinem eigenen kuͤnff - tigen Vortheil und Belehrung dabey zu obſervi - ren noͤthig ſeyn moͤchte.

Das erſte / nehmlich den Ort / wohin er zu rei - ſen verordnet iſt / betreffende / iſt ſolcher entweder ein naher / oder ein entferneter / ein bekannter / oder unbekannter / von gleicher oder ungleicher Sprach / Sitten und Religion / mit dem Ort ſeiner Woh - nung; Jtem / ein koſtbarer oder wohlfeiler / geſun - der oder ungeſunder Ort / und was etwann mehr vor Betrachtungen dabey vorfallen moͤchten. Jſt die Reiſe nicht ferne anzuſtellen / ſo gehoͤret um ſo viel weniger Zuruͤſtung zu derſelben / und kan auch leichtlich / ja Poſt-taͤglich von dem Handels-Patron, was in dieſer oder jener Sach zu thun oder zu laſ - ſen ſey / Ordre eingeholet werden.

Dahingegen / wann die Reiſe nach ferneren Landen ihren Fortgang haben ſolte / ſchon weit mehrere Zubereitungen / und andere Inſtructiones,Q 3als246Caput VI. als in der Naͤhe erfordert werden; welches letztere auch ſeyn muß / wann einem reiſenden Handels - Diener / das Land / oder der Ort / wo er hin verſchi - cket wird / unbekannt iſt / da dann allerdings / ſo - wohl eine ſchrifftliche als muͤndliche Nachricht von der Beſchaffenheit daſelbſt / noͤthig ſeyn will. Jſt die Sprach des Orts anders / als hier / wo der Ver - reiſende zu Hauß gehoͤret / ſo ſtehet zu bedencken / ob er ſolche wohl wiſſe / oder wie er allenfalls / wann er keine Kaͤnntniß davon haͤtte / dannoch nuͤtz - lich / mit denen Einwohnern / entweder durch Doll - metſcher / oder ſolche Factors, welche beyder Spra - chen kuͤndig ſeyn / handeln moͤge; etwann auch eine ſolche Compagnie ſeiner eigenen Lands-Leute bey ſich habe / darunter einer oder der andere des Landes / wohin ſie Reiſen / ihre Sprache kuͤndig / und ihn alſo zugleich mit aushelffen koͤnnen; Wie - wohl es gewiſſer-maſſen zimlich verdrießlich iſt / wann man durch Dollmetſchers handeln / und was dieſe einem vorſagen / glauben muß. Daher wir nicht unbillig erinnern / daß gemeiniglich die Kauffleute nach ſolchen Dienern trachten ſollen / welche deſſel - bigen Landes Sprach / wohin ihre Handlung am meiſten gehet / wohl verſtehen / und ſolche in ihren Jungen-Jahren allbereit gelernet haben. Die Sitten eines Lands betreffende / unter welchen man auch die Gebraͤuche in der Handlung verſtehet / muß von ſolchen allen unſer reiſender Handels - Diener allbereit ſelbſt eigene Kaͤnntniß / oder zum wenigſten gute Inſtruction von ſeinem Handels - Patron / oder anderen Leuten haben / damit er ſich nach ſolchen ſo viel beſſer richten / und ſeine Sachendar -247Wie ſich einer auf Reiſen zu verhalten. darnach anſtellen koͤnne. Jſt die Religion des frembden Lands oder Stadt von der Seinigen un - terſchieden / ſo werden ihm darzu die jenigen An - merckungen noͤthig thun / welche wir hernach / ſei - ner eigenen Perſon halber / ihme zu geben / uns vor - genommen haben.

Die Gelegenheit zu reiſen / iſt entweder zu Waſſer / oder zu Land; jenes uͤber die See mit groſſen oder kleinen Fahrzeugen / bedeckten oder un - bedeckten Schiffen / oder auch binnen Lands auf Stroͤmen und Fluͤſſen. Dieſes aber entweder zu Wagen oder zu Pferd / worunter wir auch die Maul-Thiere und Eſel / derer man ſich viel in Spanien und Jtalien / wie auch die Cameele / wel - che man in Aſia / bey denen ſogenannten Caravanen gebraucht / nicht wollen ausgeſchloſſen haben.

Bey den Reiſen / die uͤber See verrichtet wer - den / hat ein reiſender Kauffmanns-Diener vor - nehmlich nach einen guten Schiffer und Schiff ſich umzuſehen / ſich auch mit benoͤthigten Reiß - Kleidern wohl zu verſorgen / und eine gute Provi - ſion an Victualien mit zu nehmen / davon er unter - wegs zehren koͤnne / und iſt in ſolchem Fall allezeit beſſer / etwas zu viel / als zu wenig mit zu nehmen / weil man auf denen See - und Waſſer-Reiſen den Tag ſeiner Uberkunfft nicht ſo genau wiſſen kan; man hat auch Gelegenheit / mit den Schiffer / wegen der Koſt ſich zu bedingen / wie viel man entweder die Woche / oder vor die gantze Reiß uͤber / ihme geben ſoll / wobey man aber zuweilen zimlich mit grober Schiffs-Koſt / nehmlich / Stockfiſch / Gruͤtz / und geſaltzen Fleiſch vorlieb nehmen muß; waͤreQ 4es248Caput VI. es aber ſchon ſo bedungen / ſo kan doch ein guter Flaſchen-Keller mit Wein und Brandewein / die rauhe See-Lufft / und harte Schiffs-Koſt zimlich corrigiren / und verdaulich machen; nicht weniger muß auch ein Reiſender Præſervativ-Artzney - Mittel / item / ſeinen eigenen Bett-Sack / und was et - wann ſonſt zur See-Reiſe noͤthig thut / bey ſich fuͤhren / auf alles aber wohl Achtung geben / daß ihme nichts geſtohlen werde. Allzu groſſe Bequem - lichkeit werden wohl Handels-Diener / welche bloß ihrer Herren Intereſſe in Abſicht haben / auf Rei - ſen ſich nicht machen koͤnnen / weil ſie mehr fort zu ei - len / als auf der Straſſe ſich zu verweilen / bedacht ſeyn muͤſſen; Sonderlich hat man in denen See - Staͤdten / und auf Waſſer-Reiſen / wie auch in de - nen Morgen-Laͤndern / bey denen Caravanen / gar vielfaͤltig des Handels-Diener mit ihrer Herren ei - genen Schiffs-Gefaͤſſen / Geſchirr und Wagen / ſamt den Waaren fortgeſandt werden / damit ſie nehmlich auf ſolche deſto beſſere Aufſicht haben koͤnnen / bey welcher Gelegenheit ein Handels-Die - ner fruͤh und ſpaͤt alart und ſorgfaͤltig ſeyn muß / dasjenige wohl in Acht zu nehmen / was ihme an - vertrauet worden; bald muß er ſehen / ob das Schiff Waſſer ſchoͤpffe / von welchem die unten - liegende Waaren ſchadhafft werden koͤnte; Ob Geſaͤſſe / in welchen fluͤßige Waaren enthalten / zu lecken anfangen / oder gar zu beſorgen ſey / daß Boͤden und Reiffe aus und abſpringen moͤchten: Vielmahls iſt eine Waar zu ſehr der Sonnen - Hitze / oder auch dem Regen exponiret; Vor See - und Strauch-Raͤubern nicht ſicher / dem Stuͤrmenund249Wie ſich einer auf Reiſen zu verhalten. und Ungewitter unterworffen; ungetreue Schiffer und Fuhrleute wollen auch ihren Zehenden davon haben / und practiciren mehrmahl ſo viel ab / als kaum an der Waar zu verdienen iſt. Daß nun ein rechtſchaffener Handels-Diener hierbey ſorgfaͤltig und wachſam ſeyn muͤſſe / ſolches ſtehet leicht zu er - achten / ja er muß in vielen Stuͤcken die Perſon ſeines Principalis præſentiren / und nachdem ein Caſus vorkommt / eine Reſolution uͤber dieſes oder jenes zu faſſen wiſſen / was er ihm an vortraͤglich - ſten zu ſeyn erachten wird; ſonderlich geſchiehet ſol - ches ſehr offt in See-Sachen / da in Sturm und Ungewitter beym Strandten und anderer Schiffs - Gefahr / der Schiffer ſeine Paſſagiers und Be - frachters (wann deren einige auf dem Schiff vor - handen) zuſammen fordert / mit ihnen / was bey gegenwaͤrtigem Zuſtand zu thun ſey / uͤberleget / worauf dann nach denen meiſten Stimmen die Reſolution gefaſſet wird. Wann nun in der - gleichen Sachen ein Handels-Diener etwas von der Seefahrt / wie auch von den See-Rechten und See-Gewohnheiten verſtehet / ſo kan er ſo viel leichter ſich entſchlieſſen / und was zu thun oder zu laſſen ſeyn moͤchte / um ſo viel beſſer ſeine Rationes geben.

Die Requiſita, welche ein Handels-Diener / der in ſeines Herren Verrichtung ausreiſet / haben muß / ſeynd erſtlich Geld / ſo viel als zur Hin-und zu gewiſſen Zeiten / auch zur Her-Reiſe noͤthig iſt; Ferner muß ihm ſein Herr die benoͤthigte Inſtru - ction, wornach er ſich genau richten ſoll / oder auch Charta Blanca (daß er freye Macht habenQ 5ſoll /250Caput VI. ſoll / in ſeines Principalis Angelegenheiten zu thun uñ zu laſſen / was er gut befinden wird) mit geben / inglei - chen zulaͤngliche Recommendationes an ſolche Freunde / die ihm in ſeinen Geſchaͤfften mit Rath und That an die Hand gehen koͤnnen. Vor allen aber ſtehet zu præſumiren / daß ein Handels-Diener die Sache / um welcher er ausgeſchicket wird / wol innen / und darzu vor ſeiner Abreiſe die benoͤthigte Docu - menta, Schrifften und Beweiß / originaliter, oder ſo es nicht noͤthig / in vidimirter Copey, ingleichen die Abrechnungen / welche ſein Herr mit ſeinen Cor - reſpondenten hat / werde zuſammen geſucht / und uͤber das / was er noch nicht gewuſt / genugſame Nachricht eingezogen haben. Jch wolte hierbey rathen / daß ein reiſender Handels-Diener ſich un - ter andern auch mit ſtets bey ſich fuͤhrenden Feder / Dinte und Papier / wie auch Feuer-Zeug / Schreib - Tafel / Compaß und Circkel / einem Perſpectiv oder Fern-Glaß / einer accuraten Land - oder See - Karte / und nechſt ſeiner Bibel und Gebet-Buch / auch mit der Beſchreibung des jenigen Landes oder Stadt / wo er hin gedencket / ſonderlich deroſelben Statutorum und Geſetze / wie auch ſeiner Policey - Verfaſſung / verſehen ſolte / damit er nicht unberei - tet / und ſo zu ſagen / gantz Wild-frembd dahin kommen / ſondern ſchon einen Vorſchmack desje - nigen / was er daſelbſt zu fuͤrchten oder zu hoffen / haben moͤge.

Was nun ſolcher Geſtalt an Unterricht und Recommendation ſein Handels-Patron nicht moͤchte geben koͤnnen / das muß er ſich bemuͤhen / von anderen Leuten zu erlangen / und dannenherounter -251Wie ſich einer auf Reiſen zu verhalten. unterwegs / wann er honette und verſtaͤndige Reiß-Gefaͤrten hat / ſich nicht ſcheuen / von denen - ſelben uͤber ein und das andere Nachricht einzuzie - hen / und was ihm an beſten darunter anſtehet / ſol - ches fleißig zu notiren / um ſich deſſen kuͤnfftig zu Nutz zu machen.

Wir gehen aber weiter / und beſehen auch die Verrichtung ſelbſt / welche ein ſolcher ausgeſchick - ter Handels-Diener vor ſeinen Herren haben mag. Solche beſtehet nun:

Entweder in Beziehung der Jahr-Maͤrckte / zum Ein - oder Verkauff gewiſſer Waaren / oder auch um Schulden einzucaſſiren / mit einer Caga - ſon uͤber See zu gehen / Hoͤfe zu beſuchen / Gelder einzuheben und auszuzahlen / Contracten und Lie - ferungen zu ſchlieſſen / und was etwann dergleichen Handels-Geſchaͤffte mehr ſeyn moͤchten. Waͤre es nun / daß er vor ſeinen Herrn die Meſſen und Jahr - Maͤrckt bauen / und die Verrichtung gantz allein auf ſich nehmen ſolte / ſo durchleſe er fleißig unſern Tractat von Meſſen und Jahr-Maͤrckten. Zum Ein - und Verkauff der Waaren aber / das Neu - eroͤffnete Kauffmanns-Magazin, wie auch unſere Fragen uͤber die Kauffmannſchafft.

Wird ein Handels-Diener / um Schulden ein - zucaſſiren / von ſeinem Patron ausgeſandt / ſo halte er ſich mit Rechnung und Beweiß parat, mit wel - chen er ſeine Schuld-Forderung juſtificiren koͤn - ne / alsdann erwehle er erſt den Weg der Guͤte / wie dann ſeine Inſtruction und Vollmacht meh - rentheils alſo lauten wird / damit er nicht ſeinem Principali einige Ungelegenheit auf den Halsziehe.252Caput VI. ziehe. Will amicabilis Compoſitio und Transactio oder der guͤtliche Vergleich nicht ſtatt finden / ſo muß man freylich den Weg des Rechts ergreiffen / und darum doch der Perſonen Freund / und der Sachen Feind ſeyn; alles was er thut oder thun will / muß er ſtill und verſchwiegen halten / und ſon - derlich auf Reiſen / wohin er gedencket / was ſeine Verrichtungen ſeyn / an wem er addreſſiret / auch mit wem er zu thun hat; was er vor Geld / Waa - ren / oder Briefſchafften bey ſich fuͤhre; wie er ſeine Sache anzuſtellen gedencke / und an wem er ad - dreſſiret ſey / von ſolchen muß er niemand das ge - ringſte offenbahren / im Handel und Wandel ſey er vorſichtig / weil man allenthalben Betruges fin - det / welche denen Frembden gerne was anhaben / und ſie uͤber den Toͤlpel werffen wollen. Jn dieſen aber deſto vorſichtiger zu gehen / ſo heiſt es: Trau / Schau / Wem! Diejenige / welche groſſe Ver - traulichkeit mit einem ſolchen jungen Menſchen ma - chen / und ſich gleichſam in ſeine Freundſchafft drin - gen wollen / die ſind mehrentheils verdaͤchtig zu hal - ten; hingegen hat er der Recommendation, wel - che ihm ſein Patron, oder andere ehrliche Leute mitgegeben / mehr Glauben zuzuſtellen; nur fuͤhre er ſich alſo auf / daß / wann er in die Frembd kommt / er ſich gleich in Eſtim und Hochachtung bey den - jenigen ſetze / an welche ihn ſein Patron recom - mandiret oder gewieſen hat. Er nehme aber auch deſſen Intereſſe in der Handlung wohl in Acht / ſehe zu / daß er ihm keine boͤſe Schulden mache / nichts verwahrloſe / noch verſaͤume / ſondern in allen Stuͤcken das jenige thun / was zu deſſen Avantagegerei -253Wie ſich einer auf Reiſen zu verhalten. gereichen kan. Er hazardire auch nicht leichtlich et - was / und ſetze nicht um etliche Reichsthaler ver - ſchwiegenen Zolls halber / ſeines Herrn Guͤter in Gefahr / auch im Einladen und Abſchiffen derſelben; Jm Abgeben der Wechſel-Gelder / und verborgender Waaren / will Vorſichtigkeit gebrauchet ſeyn / daß man zuſehe / in was vor Schiffe / oder an was vor Leute man ſolche Waaren und Gelder gebe. Alle Verrichtungen / welche einem Diener in ſeines Herrn Hauß zukommen / die muß er auch / und noch vielmehr / wann er allein / und in der Frembd iſt / verrichten / und ſelbige ſich angelegen ſeyn laſſen. Er muß die Waaren ſorgfaͤltig warten und pfle - gen / ſelbige wohl aus - und einzupacken wiſſen / taͤg - lich ſein Journal von dem Tag ſeiner Abreiſe an / halten / und darinn bemercken / was er zu ſeines Herren Nutzen gethan und ausgerichtet habe. Es wird auch von ihm ein accurater Waaren-Scon - tro, Unkoſten und Caſſa-Buch / bey ſeiner zu Hauß - kunfft uͤber die Waaren / welche er mitgenommen / anderwaͤrts eingekaufft / wieder verkaufft / ver - borgt / und zuruͤck geſandt / ingleichen uͤber die Zeh - rung / und Handels-Unkoſten / die er gethan / auch was er an baaren Handels-Geldern eingenom - men / ausgegeben / und wieder mit zuruͤck gebracht habe / erfordert. Auch wird man ihn zur Rede ſtellen / wie er dieſes oder jenes Negocium tracti - ret habe / warum er in dieſem oder jenem Stuͤck es ſo / und nicht anders angegriffen / von ſeines Her - ren Inſtruction und mitgegebenem Memoriali ab - gegangen / und demſelben nicht in allen ein voll - kommenes Genuͤgen geleiſtet / und was etwann derVer -254Caput VI. Verantwortungen mehr ſeyn moͤchten / welche ein ausgeſchickter Handels-Diener bey ſeiner zu Hauß - kunfft ſeinem Principali, ſeiner Verrichtung halber / zu leiſten ſchuldig ſeyn wird.

Mehrere Remarques, die ein ausgeſchickter Handels-Diener auf ſeinen Reiſen in Obacht zu nehmen / beſtehen in folgenden: Daß er ſich unter frembden Nationen / und ſonderlich unter anderen Religions-Verwandten im Reden wohl vorſehe / ſich weder gegen ihren Staat / noch Religion nichts verfallen laſſe / welches ihm verfaͤnglich ſeyn / und ſeiner Perſon / und bey ſich habenden Guͤtern zu Schaden gereichen koͤnte / wie man es dann heuti - ges Tags einiger Orten gar genau deßfalls ſuchet / und ohne langen Proceß mit der Straff und Exe - cution darhinter her iſt / woruͤber offt ein Princi - palis, weil er ſich an ſeinen Diener nicht wieder er - holen kan / den groͤſten Schaden leiden muß. So pfleget auch das Einpracticiren der Waaren / um den Zoll zu erſpahren / uͤber lang oder kurtz gefaͤhr - lich abzulauffen / alſo / daß mit einmahl wieder be - zahlet werden muß / was man an defraudirten Zoll in vielen Jahren gewonnen zu haben ver - meynet.

Vor allen ſehe ſich ein reiſender Kauffmanns - Diener wohl vor / daß er bey Krieg - und Peſt-Zei - ten / jederzeit mit aufrichtigen Paͤſſen / die er allen - falls eydlich beſchwehren kan / verſehen ſey / und hal - te ich desfalls von Intriguen und Practiquen gar nichts / weil mancher gar zu leicht ertappet wird / und hernach die Lorrendreyerey theuer bezahlen muß; Dahero gute Recommendationes zu der -glei -255Wie ſich einer auf Reiſen zu verhalten. gleichen gefaͤhrlichen Zeiten ſo viel mehr Nutzen bringen / weil diejenige / an welche ſie lauten / allen - falls zutretten / und unſeren reiſenden Handels - Diener / wann er ja ihres Orts Anfechtung haben ſolte / ſecundiren koͤnnen / indem ſie von ihm wiſ - ſen / wohin er gehoͤre / und von wannen er kom - me / dannenhero auch ſo viel mehr ſich vor ihn in - tereſſiren werden.

Daß man ſich auch auf Reiſen in denen Wirths - Haͤuſern / item / auf denen Schiffen / Poſten und Land-Kutſchen / auch in anderen Geſellſchafften / welche man nicht kennet / ſich nicht ſonderlich in Diſcurs einlaſſe / ſolches ſtehet ebenfalls einem Han - dels-Diener allerdings zu rathen; hingegen mag er anderer Leute Diſcurſen fleißig zuhoͤren / und ih - re Gemuͤther / Wiſſenſchafft und Geſchicklichkeit / wie auch ihre Staͤrcke und Schwaͤche / auch wel - cher Religion und Profeſſion jeder ergeben ſey / daraus erkennen lernen / ſolches wird ihme nicht ohne Nutzen ſeyn / ſondern unter allen dieſen Re - den wird ſich zum wenigſten etwas finden / welches er zur rechter Zeit wieder an Mann bringen kan.

Jnfonderheit ſoll ein reiſender Handels-Diener von der hohen Obrigkeit des Landes / in welchem er ſich befindet / ingleichen von der herrſchenden Re - ligion daſelbſt / und von der Nation oder Einwoh - nern nicht uͤbel reden / auch nicht alles / was er ge - hoͤret / beantworten / und ob ihm gleich manchmahl etwas anzuͤgliches ſollte zu Ohren geredet werden / ſoll er doch thun / als wann ers nicht gehoͤret / und als wann es ihm nicht angienge. Wuͤrde aber doch auf ihn gedrungen / ſeine Meynung von dieſen oderjenen256Caput VI. jenen zu eroͤffnen / ſo kan er ſolches beſcheidentlich thun / damit niemand dadurch geruͤhret / oder er in ſeinen Worten gefangen werde / vielmehr kan er ſich damit entſchuldigen / daß er Profeſſion von der Kauffmannſchafft mache / und ſich weiter um nichts bekuͤmmere; Er waͤre begierig darinnen / noch taͤglich etwas mehres zu ſehen und zu lernen; haͤtte von anderen Dingen keine Wiſſenſchafft / und wolte gerne den Ausſpruch / in dieſer Sache / erfahr - nen Leuten / als er waͤre / uͤberlaſſen. Und dieſes waͤ - ren ungefehr die Lehren / wie ſich ein Kauffmanns - Diener in der Frembde / und unter Leuten / die er nicht kennet / in Reden und Diſcuriren / in Acht neh - men muͤſſe. Folget nun auch / was er wegen der Spitz-Buben / und ſolcher Leute / die nur ſeinem Beutel nachſtellen / vor Vorſicht zu gebrauchen habe.

Es ſind aber ſolche Leute / wie ſie in der Hand - leitung zu wohl anſtaͤndigen Sitten beſchrieben werden / dem Anſehen nach Menſchen / wie andere Leute / und von denenſelben weder durch gewiſſe Kleidung / noch andere merckliche Kennzeichen un - terſchieden. Jhr Thun aber iſt / daß ſie ſich von Be - triegerey ernehren / weil ſie entweder in ihrer Ju - gend nichts rechts gelernet / damit ſie ſich ehrlich fortbringen koͤnten / oder / ſo ſie ja etwas gelernet / ſich doch dabey in ein liederliches und unordentli - ches Weſen begeben haben / und folglich zu keiner redlichen Arbeit ſich mehr gebrauchen laſſen wollen. Daher ſie ſich mit behenden Diebs-Griffen hin - helffen / biß ſie endlich daruͤber ertappt / und mit dem Strick abgelohnet werden.

Sie257Wie ſich einer auf Reiſen zu verhalten.

Sie exerciren aber ihre Dieberey und Diebs - Griffe / folgender Geſtalt: Erſtlich mengen ſie ſich allenthalben unter andere Leute / fuͤhren ſich theils auf als Knecht und Diener / theils als erbare Maͤnner in feiner anſehnlicher Kleidung / daß man ſie auch ſo gar von Stands-Perſonen / erbaren Buͤrgern / und Kauffleuten nicht unterſcheiden kan.

Solcher Geſtalt gehen ſie mit in die Wirths - Haͤuſer und an ſolche Oerter / wo unterſchiedliche und anſehnliche Leute zuſammen kommen / und ſon - derlich etwas neues zu ſehen und zu hoͤren iſt; ſie ge - ben auf alle Umſtaͤnde genaue Acht / begegnen jeder - man mit Freundlichkeit / und Anbietung ihrer Dien - ſte / und begeben ſich gern mit andern in einen Diſ - cours, welchen ſie meiſterlich zu ihrem Vortheil fortzuſetzen wiſſen / biß ſie ihre Gelegenheit abſehen / den andern zu betruͤgen / und ſein Geld ſamt dem uͤbrigen Gut ihn mit ſonderbarer Manier abzuneh - men. Zu dieſem Ende / gehen ſie nach wenigen Wort - Wechſel alſobald ſo bekandt und vertraͤulich mit demſelben um / als ob ſie viel Jahr lang denſelben wohlgekandt haͤtten / dabey ſie dann mancherley vor - bringen / des Reiſenden ſeine Gemuͤths-Bewegun - gen / und andere Umſtaͤnde voͤllig zu erkennen / worin - ne ſie ihme hernach am bequemſten beykommen moͤ - gen / das nehmen ſie vor die Hand.

Jſt er ein Liebhaber vom Spielen / ſo haben ſie ſein Geld ſchon ſo gewiß / als ob ers allbereit ihm zu - gezehlet haͤtte. Incliniret er zur Hurerey / ſo verſchaf - fen ſie ihm gleich die Mittel darzu / dabey ſie dannRam258Caput VI. am beſten die Gelegenheit ihm das Seinige zu be - rauben / uͤberkommen.

Fangen ſie ihn in dieſen beyden Stuͤcken nicht / ſo wiſſen ſie meiſterlich etwas auf die Bahn zu brin - gen / daß hier oder dar etwas ſonderbares zu ſehen ſey; laͤßt er ſich nun uͤberreden / mit ihnen zu gehen / ſo fuͤhren ſie ihn an abgelegene Oerter der Stadt in ein ſolches Haus und Moͤrder-Grube / in welchem der Wirht von ihrer Geſellſchafft iſt; daſelbſt wird abermal vom Spielen geredet / will er noch nicht anbeiſſen / ſo ſauffen ſie ihn entweder voll / oder fan - gen unnuͤtze Haͤndel an / und nehmen ihme unter ſol - chem Tumult mit Gewalt das Geld ab / geben ihnen noch wohl darzu eine Tracht Schlaͤge / ja nehmen ihm / bewandten Umſtaͤnden nach / wohl gar das Le - ben; die noch mit gantzer Haut von ihnen kommen / muͤſſen doch ihr Geld / und was ſie bey ſich gehabt / in Stich laſſen / dann nach dem dergleichen Geſind in einem ſolchen Haus eine Rauberey ausgeuͤbet / und beſorget / es moͤchte auskommen / meiden ſie ſo bald dieſelbe Herberge / ziehen auch wohl gar / nach Be - findung der Umſtaͤnde / in eine andere Stadt / und ſetzen daſelbſt ihr Handwerck fort.

Jndeſſen ſeynd ſie doch gar leicht zu kennen / dann auſſer dem / daß ſie gemeiniglich den gantz Tag in denen vornehmſten Gaſſen und Plaͤtzen / Herber - gen und Gaſt-Hoͤfen der Stadt / ſonderlich aber an der Boͤrſe auf die Frembde lauren / welche ſie auch bald von den Einwohnern zu unterſcheiden wiſſen / ſo fuͤgen ſie ſich / ſo bald ſie einen von denſelben erbli - cken / daß er etwan ſtille ſtehet / und ein Gebaͤu be - trachtet / zu ihm / und geben ſich / weil ſie allerhandSpra -259Wie ſich einer auf Reiſen zu verhalten. Sprachen reden / mit ihnen in Diſcurs, damit ſie nur erſtlich an ihn kommen moͤgen; ja ſie reden ſie von freyen Stuͤcken auf der Straſſen an / und bitten zum Schein um Erlaubniß / daß er ihn anrede und be - fragte / ob er aus dieſem oder jenem Land waͤre; ihm beduͤnckte / als wann er ihn daſelbſt geſehen haͤtte / und ſo kommen ſie nach und nach in Wort - Wechſel / biß ſie einen Frembden vertraͤulich ma - chen / daß er ſich tieffer mit ihnen einlaͤßt / biß ſie ihn endlich in ihre Stricke gefangen / und er von ihnen wacker berupffet wird.

Dann ſie zeigen ſich erſtlich als Leute / die einem in allen Angelegenheiten / und zwar alſofort dienen koͤnnen; ſuchet jemand Kauffmanns-Waaren ſo verſprechen ſie ihm dieſelbe aufs Beſte und wohlfeile - ſte zu lieffern; will er Gold aus - oder einwechſeln / darinn dienen ſie gern um ein geringes / ja wohl gar ohne alles Aufgeld; ſuchet jemand einen Diener / ſo wiſſen ſie den beſten / und geſchickteſten Menſchen; ſuchet jemand hingegen eine Herꝛſchafft / bey der er ſich in Dienſten begeben will / ſo wiſſen ſie gleichfalls Rath zu ſchaffen; will jemand reifen / ſo koͤnnen ſie ihm eine gantz wohlfeile und commode Gelegenheit vorſchlagen; und ſo in tauſend andern Dingen mehr / die ſie aus vieler Erfahrung der Perſon / ſo ſie vor ſich haben / bald anſehen und folglich ihre Frage darnach einrichten.

Wenn aber nun ein Frembder mit ihnen nach dem Hauſe gehet / da er ſeinen Zweck zu erreichen vermeinet: So iſt der Herꝛ oder die Perſon / ſo da - ſelbſt geſuchet wird / nicht daheim / wird aber in kurtzer Zeit wiederkommen. Der FrembdeR 2wird260Caput VI. wird freundlich erſuchet / ſich inzwiſchen niederzu - laſſen.

Dann kommt bald ein anderer von der Geſell - ſchafft herein gegangen / als gantz frembd und unbe - kandt / faͤnget entweder / als vor ſich ſelbſt / an zu reden / oder ſimuliret einen Affect, daruͤber der Er - ſte ihm anredet: Und dann laufft der Diſcurs nach wenigem und von ſonderbaren Zufaͤllen handelen - dem Wort-Wechſel aufs Spielen hinaus / dabey dieſer / ſo den Frembden gefuͤhret hat / gegen denſel - ben gantz vertraulich thut / ſpricht wohl / ich habe das Spielen verredet / wollte ſonſt jenem unvorſichtigen Menſchen / (der etwan die Charte fordert und dumm damit zu Wercke gehet / auch wohl mit Du - caten pralet) ſein Geld bald abgewinnen / will aber der Herꝛ mit ihm ſpielen / er wird gewiß gewin - nen.

Laͤſſet ſich der Frembde dadurch noch nicht bere - den: So ſpricht dieſer wohl / ich will nur einmal fuͤr die lange Weile Charten nehmen; zeiget ihm dar - auf / wie ihm dieſelben ſo gluͤcklich fallen / und er - mahnet ihn / Geld beyzuſetzen / oder ſpricht gar / ich will fuͤr ihm diß Stuͤck ſetzen; gewinnet darauf / und heiſſet ihm das Gewonnene nehmen.

Laͤſſet ſich dann der Frembde ins Spiel ein / ſo wiſſen ſie ſein Gewinnen und Verſpielen ſo meiſter - lich nach ſeiner Gemuͤths-Paßion untereinander zu mengen / weil ſie die Charte ſo wohl von auſſen als von innen kennen / daß er ſo lange anhaͤlt / biß ſein Geld weg iſt / und das gehet ſo viel leichter an / weil der eine ſich ſtellt / als wann er des Frembden ſeinFreund261Wie ſich einer auf Reiſen zu verhalten. Freund waͤre / und zum Schein wohl ſelber mit ver - ſpielet.

Denen Spitzbuben ſind nechſt an die Seiten zu ſetzen / das liederliche unzuͤchtige Hurenpack / wel - ches viel reiſende junge Leute um ihr Geld / Geſund - heit / Leben und Seeligkeit bringet. Dahero ein rei - ſender Handels-Diener / wohl mercken mag / daß ſo lieb ihm ſein zeitliches und ewiges Wohlſeyn iſt / ſo ſorgfaͤltig er ſich vor demſelben huͤten ſoll / um ſo viel mehr / als leichter es dieſem loſen Geſind iſt / ihn mit ihren Schmeicheleyen und glatten Worten / wie auch anderen Anreitzungen / zu verfuͤhren / und je mehrere Freyheit und Gelegenheit dieſe finden / einem jungen Menſchen nachzugehen / auch je weniger ſich ein ſolcher aus Schuld der verderbten Natur vor dergleichen Perſonen huͤtet; da er vor Spitzbuben etwan noch wohl aus natuͤrlicher Liebe zur Erhal - tung des Seinigen ſich vorſiehet / nach dem er vor ihnen gewarnet iſt.

Es haͤlt ſich aber dergleichen liederliches Ge - ſinde gemeiniglich in engen Gaͤßgen und abgelege - nen Winckeln auf / bey Abendzeit gehen ſie unge - ſcheuet auf den Gaſſen / und ſtellen ihre Huren - Netze auf / ob ſie jemand damit beruͤcken koͤnten. Auch ſelbſt in vornehmen Gaſt-Hoͤfen iſt man nicht verſichert / ob nicht diejenigen Perſonen / ſo ſich da - ſelbſt in anſehnlicher Kleidung ſchauen laſſen / und als andere Gaͤſte mit zur Tafel gehen / ſolcher Art ſind: Und kan man der Wirthe und Geſindes Re - den nicht allemal ſicher glauben / die auf eines Rei - ſenden geſchehene Nachfrage / ſelbiges vor vorneh - me frembde Damen ausgeben / welche etwa ihreR 3An -262Caput VI. Anverwandte / aus der oder jener Stadt allhier er - warten.

Da nun ſolche Weibs-Perſonen ihrer ſeits zu foͤrderſt auf das Geld eines jungen Menſchens / ihr Abſehen haben / mithin aber denſelben in Leib - und Seelen-Verderben ſtuͤrtzen; als werden alle reiſende Handels-Diener treulich gewarnet und ermahnet / daß ſie vor allen Dingen / durch eine wahre Furcht GOttes / ſich gegen ſolche Reitzungen und Verfuͤh - rungen waffnen / auch mit allem Fleiß die Oerter meiden / da ſolch loß Geſindel ſich aufhaͤlt oder ver - muthet wird. Sie ſollen ſich auch nit geluͤſten laſſen / aus Fuͤrwitz und etwan bloß in der Abſicht in die ſogenannte Spiel oder andere ſogenannte Haͤuſer zu gehen / daß man davon nachzuſagen wiſſe / wann etwan einmal kuͤnfftig die Rede davon vorfallen ſollte; dann ſolcher Fuͤrwitz hat manchen betrogen und in das Verderben geſtuͤrtzet / der es zuvor nicht gedacht. Sie ſind nit alle mit dem verlohrnen Sohn wieder heim gekommen / die ſich ſeine Converſa - tion haben gefallen laſſen.

Die uͤbrige heilſame Lehren vor reiſende Han - dels-Diener beſtehen in folgenden.

Wann eine unbekannte Perſon ſich freundlich gegen dir erzeiget / und gleichſam mit ihrer Dienſt - ferigkeit ſich zu dir noͤthiget / ſo ſiehe dich in deinen Worten und Wercken wohl fuͤr / und gieb acht / was ſie im Schild fuͤhre / voraus huͤte dich / daß du ihr ſo wenig dein Geld als deines Hertzens Gedancken vertraulich zeigeſt.

Wann man auf der Reiſe jemand zum Freund / den man ſich vertrauen koͤnnte / annehmen will /ſo263Wie ſich einer auf Reiſen zu verhalten. ſo wird ein mehrerer Grund darzu erfordert / als die Converſation, ſo man einige Zeit in Wirthshaͤu - ſern und auf der Poſt miteinander gehabt / und daß ſich dieſes oder jenes bekannten vornehmen Man - nes Sohn oder Anverwandten nennet; wann man keine andere Verſicherung davon hat / als ſeine ei - gene Erzehlung; auf welche man auch nicht nachre - den ſoll / weil gar leicht jemand / der ſolchem Zeugniſſe trauete / von jenem koͤnnte betrogen werden / wann ſich ein ſolcher faͤlſchlich / und mit der Intention, an - dere zu beruͤcken / dafuͤr ausgegeben. Wie nicht ungewoͤhnlich iſt / daß Spitzbuben / wenn ſie in Wirthshaͤuſern erfahren / daß eines uͤberallbekand - ten Mannes Sohn eine Reiſe thue / davon zu pro - fitiren pflegen / und ſich wohl alſo nennen / auch vor - angehen zu ſolchen Perſonen / an welche ſie vernom - men / daß jener Addreſſe und Vollmacht habe / Geld von ihnen aufzunehmen / und ſolches in ſeinem Na - men verrichten; weshalben auch ein jeder Reiſender mit dergleichen Reden inſonderheit / wo er ſeine Gelder heben ſolle / wie nicht weniger / wenn er je - des Orts beſuche / und wo er ſeinen Cofre in Ver - wahrung geben wolle / an ſich halten mag.

Wenn ein ſolenner Aufzug in einer Stadt geſchiehet / da viele Menſchen zulauffen / ſo ſiehe dich wohl vor / denn das iſt eine Gelegenheit / dabey die Spitzbuben recht aufmerckſam ſind / und dazu ſie von andern Orten ſich in groſſer Anzahl mit ein - finden; weil ſich bey ſo groſſer Menge der Muͤhe verlohnet / und wo viele Fiſche ſind / gewiß etliche ge - fangen werden. Wenn aber ſonſt ein Zuſammen - Lauff vom Volck auf den Gaſſen entſtehet: SoR 4blei -264Caput VI. bleibe du lieber zuruͤck / ſo wohl um anderer dabey beſorgenden Gefahr / als zufoͤrderſt um der Spitz - buben willen.

Gehe mit keinem unbekannten Menſchen an ei - nen Ort / dahin er dich fuͤhren will.

Meide das Spielen / und laß dich auf keine Weiſe dazu bewegen.

Wenn von unbekannten Perſonen einer dem andern mit den Augen wincket / oder etwas heim - lich ins Ohr ſaget / da ſey auf deiner Hut und gib wohl acht / was vor Leute du um dich habeſt: Da ſichs dann zwar zutragen kan / daß dir auch bey ehrlichen Leuten wegen ſolches und andern Bezei - gens / ſorgliche Gedancken einkommen koͤnnen; doch iſt es ſicherer / zehenmal ohne Noth ſorgfaͤltig und vorſichtig zu ſeyn / als einmal-betrogen zu wer - den.

Habe nichts zu ſchaffen mit denen / ſo ſich zan - cken und ſtreiten: Und wo du merckeſt / daß es ei - gentlich darauf angefangen ſey / um dich mit in den Streit einzuwickeln. Z. E. wann ein boͤſer Bube / ſo von einer andern Nation waͤre / mit ſeinen Came - raden / ſo Teutſch redete / ſtritte / und dabey die Teutſchen insgemein mit Schelt-Worten angriffe; ſo laß dich noch viel weniger mit ein.

Wenn du einen Spitzbuben ſo weit kennen ler - neſt / daß du weiſt / er habe einen von deinen Freun - den betrogen: So magſt du wohl andere Bekann - te vor denſelben warnen; gegen ihn ſelber aber / ſo du ihm auf der Gaſſe begegneſt / oder ihn ſonſt in einer Geſellſchafft antriffſt / laß dich nicht mercken / daß du ihn fuͤr einen Spitzbuben halteſt.

Wenn265Wie ſich einer auf Reiſen zu verhalten.

Wenn du nicht genugſam erkannt haſt / zu deſ - ſen Converſation ziehe keinen von deinen Freun - den oder Bekandten: Denn wenn ſie von ihm be - trogen werden / biſt du nicht Schuld daran / weil ſie auf deinen Credit ohne ſorgfaͤltige Pruͤfung ihn vor bekannt angenommen haben.

Wenn du einen guten Freund an einem Ort haſt / oder nur von jemanden dahin an ſeinen wohl - bekannten Freund Recommendation haben kanſt / ſo laß dir von ſolchen rathen / wo du ſicher logiren koͤnneſt; haſt du aber bey ſpaͤter Ankunfft eine Her - berge nehmen muͤſſen / wie du ſie gefunden / und wie ſie dir etwan von der Wache im Thor oder vom Po - ſtilion angewieſen worden; ſo erkundige dich den folgenden Tag bey deinen Freunde oder bey an - dern guten Leuten / mit denen du bekannt wirſt / ob dein Logement ſicher oder im uͤblen Ruff ſey: Dann einige Herbergen ſind vor andern / wegen der Spitzbuben und andern Leichtfertigkeiten / be - ſchryen.

Jn Geld-Sachen brauche gute Vorſichtigkeit / daß du z. E wenn guldene Muͤntzen einzuwechſeln / oder an jemand zu verwechſeln ſind / denſelben lieber in dein Logement kommen laſſen / als daß du mit ihn gehen ſollteſt / (es ſey dann / daß es ein wohlbe - nahmter und in einem unberuͤchtigen Haus wohnen - der Kauffmann oder Buͤrger ſey /) alſo magſt du dich auch huͤten / daß du nicht von einer unbekann - ten oder wenig-verſicherten Perſon ungeoͤffnete Geld-Beutel oder ungezehlt annehmeſt / (wie ſonſt unter Kauffleuten / die einander kennen / nicht un - braͤuchlich iſt) laß dich auch nicht von einem Betruͤ -R 5ger266Caput VI. ger beruͤcken / darinn / daß du dir (auf einen zur Hy - pothec gegebenen verſiegelten Beutel - oder ſchwere Cofre) Geld abſchwatzen laſſeſt. Du aber ſelber meide dieſen Schein der Betruͤgerey / nebſt allen uͤbrigen / ſo bißher von der Spitzbuben Weiſe und Manier erzehlet worden / und verhalte dich in allen Stuͤcken / wie einem verſtaͤndigen / aufrichtigen und ſittſamen Menſchen gebuͤhret.

Gehe nicht auf den Gaſſen zur Abend-Zeit / da dich nicht allein leichtfertig Weibs-Volck an ſich locken / ſondern auch freche Kerl anfallen moͤchten: Als welche in Volck-reichen Staͤdten zu ſolcher Zeit auf Rauben und Morden auszugehen pflegen / auch mit gedachtem Weibs-Volck ein Verſtaͤndniß ha - ben / daß / nachdem dieſe einige auf den Gaſſen ge - fangen / ſie darzu kommen / und dieſelbe berauben / auch wo ſie ſich zur Wehr ſtellen / verwunden und toͤdten. Am Tage beſchicke deine Geſchaͤffte / und am Abend zeichne in dein Journal, was du angemercket haſt.

Enge Gaͤßgen / und wo ein ſchmahler Gang zu einer hinterwaͤrts ſtehenden Wohnung fuͤhret / wie auch abgelegene Winckel / magſt du in einer ſolchen groſſen und Volck-reichen Stadt auch wohl bey Tage meiden: Dann du wirſt kaum etliche Schritte in engen Gaͤßgen thun koͤnnen / da nicht jedesmal von neuen ein unzuͤchtig Gewerbe an dich gebracht wird; ja wohl erfahren muͤſſen / daß du beym Ro - cke ergriffen und gezogen wirſt / ſo / daß faſt noͤthig waͤre / du ſchluͤgeſt dich durch / welches aber durch - aus nicht rathſam / indem die Bots-Knechte / ſo an ſolchen geringen Orten zu wohnen pflegen / ſamtdenen267Wie ſich einer auf Reiſen zu verhalten. denen daſelbſt wanckenden Spitzbuben / unter dem Schein deiner Gewaltthaͤtigkeit zu begegnen / mit dem Meſſer in der Fauſt dir zu Halſe lauffen / und mit der beſten Manier alles abnehmen.

Diß freche Volck bedienet ſich dieſer Gaͤßgen / als die Spinne ihres Gewebs / (die Fliegen zu fan - gen) und wenn ſie ſehen / daß unreine Voͤgel durch der Huren Lock Stimme gefangen werden / ſo uͤber - fallen ſie dieſelben / tractiren ſie unter dem Vor - wandt / daß ſie ihr Haus geſchaͤndet / aufs greulich - ſte / berauben ſie ihres Guts / und wo ſie ſich aufs ge - ringſte dagegen regen / auch des Lebens.

Unterlaß dasjenige / was GOtt zuwider iſt / und fuͤrchte dich vor der Suͤnde / ſo wirſt du dich vor den ſchrecklichen und unzehlichen Gefahren ſo Reiſen - den vorkommen / nicht fuͤrchten duͤrffen. Dann GOtt wird ſie alle von dir abwenden / dergeſtalt / daß du ſie groſſen Theils nicht einmal wirſt gewahr werden. Wo du ſie aber in einigen Faͤllen ſieheſt / ſo wirſt du doch Urſach haben / GOtt zu preiſen / fuͤr die Errettung / die er dir erzeigen wird / indem er entweder boͤſen Menſchen eine Hinderung in den Weg leget / oder dir in die Gedancken kommen laͤßt / was / um der Gefahr zu entkommen / vorzunehmen ſey.

Ferner muß auch ein reiſender Kauffmanns - Diener ein wachſames Aug auf die Bagage haben / ſonderlich wann etwan ſein Herꝛ mit ihm reiſen ſoll - te / und daß er unterwegs demſelben an die Hand gehen / und vor das Ab - und Aufpacken Sorge tra - gen muͤſte / daß davon nichts weder in den Gaſt - Hoͤfen / noch unterwegs verlohren gehe. Weßhal -ben268Caput VI. ben ein accurater Handels-Diener ein Verzeich - niß aller Stuͤcke / welche er und auch ſein Herꝛ bey ſich fuͤhren machen / und ſelbige nach ſolcher Ver - zeichniß bey dem Aufpacken auf den Wagen zehlen / auch jedes wohl verſchloſſen an ſeinen gewiſſen Ort ſetzen / und was abfallen koͤnte / beveſtigen ſoll / lie - ber mit einer Kette / als mit einem Stricke / deren Ende dann an ein Gelenck anzuſchlieſſen; unter - wegs aber zuweilen darnach zu ſehen / und am Abend dieſelben wieder vom Wagen ab / und in die Kam - mer / wo man ſchlaͤffet / zu bringen ſeyn / ob gleich der Wirth ſprechen moͤchte / daß ſie in ſeinem Hofe ſicher genug ſtuͤnden. Dahero dann auch auf Rei - ſen gut iſt / daß man keine mehrere Bagage mit neh - me / als die hoͤchſt-noͤthig iſt; ſintemal viele / obwohl gute und nuͤtzlich / auch eines theils noͤthige Sachen / dennoch denen Reiſenden eine groſſe Beſchwehrung machen. Man muß ſelbige auch wohl ſortiren / daß z. E die Nacht-Kleider beſonders / und was bey der Tafel oder beym Fruͤhſtuͤcke moͤchte noͤthig ſeyn / wieder beſonders / an ſeinem gewiſſen Ort gepacket / und alles alſo geordnet werde / daß nicht noͤthig ſey / in Herbergen bald diß / bald ein ander Stuͤck der Bagage zu oͤffnen / oder gar auszupacken / um ein und anders zu ſuchen. Jm Fall aber etwas muß geoͤffnet werden / ſo iſt zu mercken / daß man es nicht im Beyſeyn des Wirths oder anderer Leute thue.

Naͤchſt dem iſt bey Beſorgung der Bagage / noch dieſer noͤthige Umſtand zu mercken / daß / wenn man zu Waſſer oder auch mit der Poſt an ei - nen Ort koͤmmt / man nicht einen Schritt weit da -von269Wie ſich einer auf Reiſen zu verhalten. von gehe / auch nachmals den Traͤger / der dieſelbe in die Herberge traͤget / oder ſelbige auf andere Weiſe fortbringet / vor (nicht hinter) ſich her - gehen laſſe / und ihm auf dem Fuß folge / damit er nicht mit den Waaren bey Seite gehe: im uͤbrigen muß man auch zuvor mit ihm abreden / was er da - fuͤr haben ſolle; ſintemal diß Volck an etlichen Or - ten gantz unbeſcheiden fordert / nachdem es die Sa - che hingebracht / und auf dem Fall der Wegerung groſſe Inſolentien und Importunitaͤt auszuuͤben pfleget.

Endlich wann man dieſelben in dem Gaſt-Hof gebracht / und in eine Kammer geſetzet / da man ſie unter der Mahlzeit / oder wann man ausgehet / al - lein laſſen muß: So iſt noͤthig zu unterſuchen / ob ſolche genug verwahret ſey / ob jemand durch Fen - ſter oder Neben-Thuͤren / welche auch bißweilen hin - ter den Tapeten / oder in bemahlten oder beſtriche - nen Waͤnden zu finden ſeyn / einkommen koͤnne / und wie das Schloß der Haupt-Thuͤre beſchaffen ſey; uͤber das muß man auch den Wirth fragen / ob die Sache da zur Genuͤge geſichert ſey / und deſſen Ver - ſicherung daruͤber vernehmen.

Es iſt auch gut ſich mit einigen Dingen / die nicht viel Raum einnehmen / und doch auf der Rei - ſe groſſen Nutzen geben koͤnnen / nach Nothdurfft wohl verſehen. Alſo mit einem Bohrer und etliche Schrauben / Anwuͤrff-ſamt einigen Vorleg - Schloͤſſern: Die Kammer-Thuͤren / ſo in geringen Herbergen weder Schloß noch Anwuͤrff haben; auch die Fenſter / durch welche jemand hinein ſtei - gen koͤnte / damit zu verſchlieſſen. Man mag auch /wo270Caput VI. wo es nicht ſicher genug zu ſeyn ſcheinet / die Kam - mer-Thuͤre beym Schlaffengehen von innen da - mit zuſchlieſſen / und wann ſie aus den Hacken geho - ben werden kan / dieſelbe uͤber das noch mit einem andern Anwurffe an der Schwelle beveſtigen. Hieher gehoͤret ein fertiges Feuerzeug uud Wachs - ſtock / ſamt einer kleinen heimlichen Laterne / ſich de - ren bey naͤchtlichen Zufaͤllen / (indem es ſehr ge - faͤhrlich an unbekannten Oertern im Dunckeln zu ge - hen iſt) auch in unſichern Herbergen / wenn ſich et - was reget / und man einen Uberfall beſorgen muß / eilig und foͤrderlichſt zu bedienen. Auf welchem letz - tern Fall auch gut iſt / die gantze Nacht durch Licht zu haben / und zu dem Ende allezeit etwas von Wachs-Lichtern / deren eines eine gantze Nacht durch brennen kan / mit ſich zu fuͤhren / um ein ſol - ches / wo man etwas beſorget / ſo fort beym Schlaffenlegen anzuzuͤnden.

Ein klein Reiſe-Apotheckgen / nebſt einem Un - terricht / wie man ſich bey allerhand Zufaͤllen zu ver - halten habe / und welche Artzneyen man aus dem Apotheckgen gebrauchen moͤge / dergleichen dann unterſchiedliche gar bequeme in dem Haͤlliſchen Wayſen-Haus biß zu 10. Reichsthl. das Stuͤck verkaufft werden / iſt auf Reiſen auch ſehr noͤthig / indem man leicht einen Zufall bekommt / und nicht aller Orten Artzneyen und Medicos antrifft / auch die ſich noch etwan finden moͤchten / nicht kennet noch verſichert iſt / ob ſie das in der That ſeyn / wo - fuͤr ſie ſich ausgeben; Zu geſchweigen / daß man hie und da einen elenden und verlaſſenen Menſchenfindet /271Wie ſich einer auf Reiſen zu verhalten. findet / oder einen guten Freund bey ſich hat / der offt mit ein wenig Artzney kan gerettet werden.

Jngleichen fuͤhre man bey ſich einen Compas / als deſſen Gebrauch auch zu Lande gute Dienſte thun kan: Sonderlich / wenn man ſich gegen die Nacht in einem Walde alſo verirret / daß man nicht mehr weiß / ob die vorkommende Wege gegen Mor - gen oder Abend / gegen Mittag / oder Mitternacht gehen.

Was man ſolcher Geſtalt bey ſich fuͤhret / muß nicht zu tieff verpacket / ſondern wo moͤglich an einen ſolchen Ort geleget werden / darzu man allezeit / wann man es benoͤthiget iſt / gleich kommen koͤn - ne / ſonderlich ſoll man den Feuerzeug und Wachs - ſtock dergeſtalt bey der Hand haben / daß man ſol - chen gleich des Nachts in Finſtern finden und ergreif - fen koͤnne.

Wann ein Diener zu Pferd reiſet / muß er vor ſolches ja ſo groſſe Vorſorge / als vor ſich ſelbſt tra - gen / damit es / wann es des Tags uͤber ſeine Dien - ſte redlich gethan / des Nachts uͤber auch ſeine gute Ruh und Streu / ſamt den benoͤthigten Futter haben moͤge; worzu dann ein Handels-Diener an den Orten / wo kein Haus-Knecht zu finden / ſelbſt Hand anlegen / und auch ſonſt / welcher Geſtalt der Haus-Knecht das Pferd warte / Sorge tragen muß / nach dem bekannten Sprichwort / daß des Herꝛn Aug das Pferd fett mache. Jſt ſein Patron mit auf der Reiß und zwar zu Pferd begriffen / ſo muß er / der Diener / ſo wohl vor ſein des Patrons Pferd Sorge tragen / daß zu rechter Zeit daſſelbe verſehen / und das benoͤthigte auf - und abgepacketwer -272Caput VI. werde / wie er dann auch in ſolchem Fall / einen Kammer-Diener abgeben / und ſeinem Herꝛn / wann es die Noth erfordert / und ſolcher etwan ver - langet wird / wuͤrde in Aus - und Ankleiden bedie - nen / auch vor ſein leinen Zeug und Kleidung / ſon - derlich aber vor das Auf - und Abpacken Sorg tragen muß. Wer ſich hierinn verſaͤumet / verſaͤumet offt - mals die Poſt / als welche ihre geſetzte Stunde haͤlt / und nicht leicht auf jemand wartet; zu geſchweigen / daß man dadurch die Gelegenheit verabſaͤumet / daß die Cofres und Fell-Eiſen / auf dem Poſt-Wagen an eine ſolche Stelle gepacket werden / auf welcher ſie ſicher liegen / und nit leicht verlohren werden koͤnnen. Wer zu Wagen faͤhret / vor welche junge muthige Pferde geſpannt ſeyn / der gebe auf das Leit-Seil wohl Acht / ſonderlich wann der Kutſcher abſteiget / daß man ſolches gleich ergreiffe / im Fall / daß etwan die Pferde in Abweſenheit des Kutſchers ſollten ſcheu und laͤuffig gemacht werden; Dann wann man bey ſolchem Zufall des Leit-Seils ſich nicht be - maͤchtiget haͤtte / wuͤrde man in groſſe Gefahr lauffen / zumal / wann es in unebenem Weg / oder auf einem jaͤhen Abfall ſeyn ſollte / da man leichtlich ſtuͤrtzen und zu Schaden kommen koͤnte; wer auch auf ſolchen Wegen zu Wagen fahren muß / der thut beſſer / daß er an gefaͤhrlichen Oertern abſteiget / als daß er durch ſeine Verwegenheit ſeine Hertzhafftigkeit erweiſen / und daruͤber an ſeinem Leib und Glied - maſſen Schaden leiden wollte.

Es iſt auch eines Reiſenden ſeine Hurtigkeit / darinnen ſonderlich zu beweiſen / daß er des Nachts nicht ſchlaffe und auch den Poſtillion nicht ſchlaffenlaſſe /273Wie ſich einer auf Reiſen zu verhalten. laſſe / weil er ihn ſonſt leicht umwerffen / oder er / der Paſſagier, ſelbſt durch einen entgegen kommen - den Strauch oder Aſt heßlich ſich in ſeinem Geſicht ſchimpffiret / im Schlaff unter das Rad fallen / und ſo gar den Arm oder Bein zerbrechen moͤchte.

Alles / was der Handels-Diener unterweges ausgiebt / muß er fleißig aufnotiren / damit er Rechnung und reliqua zu ſeiner Zeit davon præ - ſtiren koͤnne.

Je weniger ein Handels-Diener mit unbe - kandten Leuten / die mit ihm auf der Poſt ſitzen / re - den kan / je beſſer wird es vor ihm ſeyn; weil ſchwei - gen noch niemand / aber wohl das viele Plaudern / geſchadet hat.

Waͤre es / daß der Handels-Diener gleiches Poſt-Geld und gleiche Zehrung in denen Wirths - Haͤuſern mit andern vornehmen Leuten / die mit ihm in Compagnie ſeyn / bezahlen muͤſte / ſo ſoll er doch darum keinen Vorſitz begehren / ſondern de - muͤthig / hoͤflich / und complaiſant ſeyn / weil ſol - ches Gunſt erweckt / und offtermahls eine kleine Hoͤflichkeit / die zu rechter Zeit angebracht worden / ein groſſes Freundſchaffts-Erzeigen wieder nach ſich zu ziehen pfleget. Er ſehe auch zu / daß von andern Kauffleuten / die etwann mit ihm auf dem Weg ſeyn / ſeines Herrn Handels-Arcana, und warum er von ihm aus - und abgeſchickt worden / ihme nicht abgefraget werden; weil es ſich ſonſt gar offt zu - traͤgt / daß wann ein Diener in dieſem Stuͤck nicht hinter dem Berg haͤlt / andere ihn zuvor kommen / die Profiten vor dem Maule wegfiſchen / oder ihm in dem / was er etwann zu ſeines Herrn Dien -Sſten274Caput VI. ſten haͤtte verrichten ſollen / heimliche Hindernuͤſſen machen.

Allzu ſplendide auf Reiſen zu leben / und ſei - nem Leib ſo guͤtlich thun wollen / als man etwann zu Hauß hat haben koͤnnen / ſolches ſtehet einem Handels-Diener nicht an / noch weniger ſich lie - derlich unterwegs aufzufuͤhren; mit unzuͤchtigen Perſonen gemein / oder ſich in der Compagnie, in welcher man reiſet / zum Narren zu machen / weil ſolches der Ehre eines Kauffmanns-Dieners / und dem Reſpect ſeines Herrn zuwieder laufft; wer mit Nutzen reiſen will / der findet ohne dem ſchon ge - nug uͤber ſeine Reiſe / und deren Entzweck zu ſpe - culiren / daß man frembder Narren-Poſſen gar wohl dabey vergeſſen kan.

Es ſeynd aber die vornehmſte Betrachtungen und Speculationes eines reiſenden Handels-Die - ners / in ſo weit dieſelbe auch ihm und ſein kuͤnffti - ges Gluͤck angehen / kuͤrtzlich dieſe:

Daß er ſich erſtlich das Land und die Staͤdte / welches er durchreiſet / und wohin ſeine Verrich - tung deſtiniret iſt / wohl bekannt mache; inſonder - heit dasjenige / was ſeine Profeſſion, nehmlich die Commercia angehet. Jn welchen er erſtlich zu be - trachten haͤtte / die Natur-Gaben deſſelbigen Lan - des / was es fuͤr Fruͤchte / Kraͤuter und Gewaͤchſe aus der Erden hervor bringe / wie ſolche hernach ein Stuͤck des Landes ſeiner Handlung machen / und auch von denen Einwohnern zu Manufactu - ren gebrauchet werden. Er haͤtte ferner dabey zu bedencken / was es hingegen an Waaren und Ma - nufacturen / aus ſolchen vegetabilibus nicht haͤt -te /275Wie ſich einer auf Reiſen zu verhalten. te / und welches ihme dannenhero aus andern Laͤn - dern muͤſte zugefuͤhret werden. Nach dieſen wen - det er ſich zu dem Regno animali, um aus ſolchem zu bemercken / was ſelbiges dem Land vor Waa - ren und Manufacturen ausgebe / und welche ihm hergegen in ſolchen wieder mangeln / und alſo auch mit denen Mineralien / ob Bergwercke daſelbſt zu finden / auch welche Ertze am meiſten darinnen ge - wonnen / und wie ſelbige wieder roh oder verarbei - tet / genutzet werden.

Was des Lands Muͤntzen anbelanget / verſte - het ſichs ohne dem / daß ein kluger und Lehr-begie - riger Handels-Diener / ſich dieſelbe ihrem aͤuſſerli - chen und innerlichen Werth nach / wohl bekannt machen muͤſſe / es ſey / daß er nach dieſem ſelbſt ei - nen Handel damit anſtellen / und (wie ehmahls mit dem Schwediſchen Kupffer-Geld / oder Moſco - witiſchen Copecken geſchehen / und noch heutiges Tags mit einigen Polniſchen Muͤntz-Sorten ge - ſchiehet) ſelbige aufkauffen / und heimlich aus dem Lande fuͤhren / oder ihren dermahligen aͤuſſerlichen Materialiſchen / oder Affections-Handels - und Wechſel-Preiß nach / Wechſel darinn nach ſeinen Vaterland (oder auch auf auslaͤndiſche Oerter ſei - nes Principalen Ordre gemaͤß) ſchlieſſen wolte / woraus klar erhellet / wie nothwendig die Kaͤnnt - niß der Gelder eines ſolchen Landes oder Stadt / und die Wiſſenſchafft ſelbiger Reduction, auch welcher Geſtalt darinnen gehandelt und gewech - ſelt werde / ihme ſey.

Nechſt dieſen macht er ſich auch des Landes Handlung eigentlich bekannt / was vor Exportan -S 2da276Caput VI. da und Importanda in demſelbigen zu finden / wel - che von beyden die andern uͤbertreffen / worinn der Einwohner ihre meiſte Nahrung beſtehe / mit wel - chen Laͤndern und Staͤdten ſie in groſſer oder mit - telmaͤßiger Handlung begriffen / was ſie ſelber noch unter ſich zu ihres Handels Aufnahm verlangeten / und was ſie vor Hinderniſſen angegeben / die der - ſelben in Weg ſtehen ſolten.

Er haͤtte auch zu conſideriren ihre See-Haͤ - ven und Land-Frachten / die Arten des Transports der Waaren / wie hoch die Frachten von einem Ort zum andern ſeyn / ob ſolche des gantzen Jahrs durch gleich / oder zu einer Zeit hoͤher / als zur an - dern / was man præmie von denen Aſſecuranzen bezahle; Ob die Stadt oder das Land ein eigenes Handels-Gericht habe / oder vor was vor einen Richter die ordentliche Kauffmanns Streitigkeiten angebracht und entſchieden werden; Ob gedruck - te Statuta, oder nur wohl hergebrachte Gewohn - heiten / denen Kauffmaͤnniſchen Actionibus ihre Maaß und Graͤntzen ſetzten.

Welches die vornehmſten Banquiers, Groſ - ſiers, Kauffleut / Kraͤmer und Manufactuers ſeyn / wie ihre Contoirs beſchaffen / und in was vor Re - nommée und Credit dieſelbige ſtehen / wobey er ſel - ber auf ſolcher Leute ihren Humeur, Verſtand / und Erfahrenheit ſehen / und unvermerckt Nach - richt davon einziehen muß; ingleichen muß er ſelber ſuchen / wann er gleich nichts mit ihnen / ſeines Principals wegen / zu thun haͤtte / ſich mit ihnen bekannt / und ihrer Converſation und Geſellſchafft theilhafftig zu machen / weil ihme ſolches eines theilsdarzu277Wie ſich einer auf Reiſen zu verhalten. darzu dienen kan / daß er ſeine Perſon dadurch ſelbſt zu kuͤnfftigen Anfang ſeines eigenen Handels bekannt und beliebt machen / anders theils auch ſeinen Handels-Patron neue Kundtſchafft und Correſpondentz / etwann auch nuͤtzliche Commiſ - ſiones erwerben kan. Er dencke aber nur nicht / daß er hierinn an einem frembden Ort reuſſiren werde / wann er ſich nicht darnach auffuͤhret / et - wann in ein ſchlecht und verdaͤchtig Wirths-Hauß einleget / mehr Kauffmanns-Burſch und Jungens / als Kauffleut ſelbſt frequentiret / und ſich von ih - nen in ihren Gelachen / wie Handwercks-Burſch mit ihres gleichen zu thun pflegen / tractiren laͤſt; dann das wird man gleich gewahr / und haben klu - ge Kauffleute des Orts ſchon ihre Kundſchafft und Aufmerckers / mit wem ein ſolcher angekommener frembder Kauff-Geſell / Compagnie halte / wie er ſeines Herrn Geſchaͤfften abwarte / und was er ſonſt in der Frembd / vor ein Leben und Wandel fuͤhre. Solches alles erfahren ſie gar bald / geben auch wol / wann er ſich nicht zu gut auffuͤhret / aus eigener Be - wegung ſeinem Herrn einen Nachrichts-Winck da - von / oder es hat ein ſolcher Herr ſelbſt / (wie es dann auch allerdings loͤblich und noͤthig iſt) ſchon unter der Hand Ordre und Vollmacht gegeben / daß man auf ſeines geſandten Dieners Verhalten fleißig inquiriren / von Zeit zu Zeit ihme dem Prin - cipali davon Nachricht ertheilen / auch im Fall ers zu grob machte / die Commiſſiones, Waaren und Gelder / die er in Haͤnden hat / Krafft habender heimlichen Vollmacht / von ihn abnehmen / und ihn / um Rechnung dafuͤr abzuſtatten / wieder nach HaußS 3ſchi -278Caput VI. ſchicken ſolte / oder / ſo er dieſer Ordre zu pariren / ſich weigerte / ſo lautet ſchon die Vollmacht / ihn zu arreſtiren / biß auf weitern Beſcheid.

Thut alſo ein Handels-Diener weit beſſer / wann er ſich gleich Anfangs bey ſeiner Ankunfft an einem frembden Ort / zu vornehmen Kauffleuten haͤlt / ſich nicht uͤber Kauffmanns-Stand praͤchtig in Kleidern auffuͤhret / von der Handlung ſelber kluͤglich zu diſcuriren / und dergeſtalt ſich zu inſi - nuiren weiß / daß ſie ein Belieben tragen / ihn in ihre Geſellſchafften und Collegia, worinnen ſchoͤne Handels-Diſcurſe vorgehen / mitzunehmen / und wann er ſelbſt geſchickt iſt / und Erfahrung hat / ihme wohl gar die Mittel / eine gute Heyrath deſ - ſelben Orts zu verſchaffen / oder ſeinen eigenen Han - del mit Vortheil anzurichten / anweiſen / welches ſie nicht thun wuͤrden / wann er / wie gemeldt / eine an - dere Conduite, als diejenige iſt / die ihm hier vor - geſchrieben worden / fuͤhren wuͤrde.

So bald ein Handels-Diener an Ort und Stelle / da er hin geſandt worden / anlanget / muß er ſo gleich das Dic, Cur Hic? oder die Urſach / warum er dahin gekommen / wohl erwegen / und wann er ſeine Waaren von Wagen oder Schif gebracht / ſelbige / ſamt ſeiner Perſon / an Ort und Stelle / wo ſie hin gehoͤren / einquartiret / und alles dabey gethan / was ihm dabey zu thun / obgele - gen; ſo muß er alsdann ferner ſeines Herrn ihme mitgegebenen Inſtruction genaue nachleben / da - mit er Punct vor Punct in ſolcher vollziehe / was ihme zu thun / ſchrifftliche und auch muͤndliche Or - dre gegeben worden. Es findet hierbey die Kauff -maͤnni -279Wie ſich einer auf Reiſeu zu verhalten. maͤnniſche Regul ſtatt: Folg Ordre, und thu gut. Das iſt: kluͤgle nicht ſelbſt in deinem Kopff uͤber dei - nes Handels-Patrons Befehl / ſondern gedencke / daß er ſchon werde gewuſt haben / warum er je - nes ſo / und nicht anders befohlen habe; Wiewohl auch mancher Kauffmann ſeinem Handels-Diener / wann er ſich auf deſſen Treu und Verſtand ver - laſſen kan / unlimitirte Ordre zuweilen zu geben pfleget / daß er dieſe oder jene Sache / nach ſeinem Gutduncken thun und tractiren ſoll / welches dann vielmahls auch nicht anders ſeyn kan / zumahl in ſteigenden und fallenden Wechſel-Cours und Waaren-Preiſſen / auch / nachdem die Handlung ſich ſchlecht oder gut anlaͤßt / viel oder wenig Kaͤuf - fers vorhanden / neue Obrigkeitliche Befehle / ſeiter dem / daß der Diener abgeſandt / publiciret wor - den / auch hier oder dar nicht mehr res integra, und was etwann ſonſt der Vorfaͤlle und Umſtaͤn - de mehr ſeyn moͤchten / welche eine allzu accurate Ordre nicht zulaſſen wollen; Hingegen ſehe ſich auch bey ſo geſtalten Sachen ein Kauffmanns - Diener wohl vor / weil er / wann er etwas muth - willig oder vorſetzlich thun oder laſſen ſolte / des - falls de Omiſſis & Commiſſis bey ſeiner zu Hauß - kunfft von ſeinem Patron koͤnte belanget werden / wie wir ſolches in dem Capitel von dem Recht der Kauffmanns-Diener / mit mehrern anzeigen wer - den.

Endlich hat auch ein Kauffmanns-Diener / der in ſeines Herrn Verrichtungen verſandt wird / die Unkoſten / ſo viel als moͤglich / zu menagiren / was er heut verrichten kan / und verrichtet werden muß /S 4ſol -280Caput VI. ſolches muß er nicht auf den morgenden Tag verſchieben; Seines Herrn Ehr / Reſpect und Cre - dit, muß er allenthalben in Acht nehmen; Nicht vor ſich mehr / als vor ſeinen Herrn negotiiren; Er muß genaue Kundſchafft von ſeiner Correſpon - denten Thun und Laſſen einziehen; und wie weit ſein Patron dabey ſicher ſey oder nicht / wohl er - waͤgen; Jm Einkauffen der Waaren ſey er vorſich - tig / daß er ſolche aus der erſten Hand im guten Preiß / von der beſten Qualitaͤt / und von der rech - ten Sorte / die ſein Principal haben muß / bekom - me; Solche auch zu rechter Zeit / mit ſicherer Gele - genheit / und in billiger Fracht wieder abſende; die Verkauff-Waaren wohl ſortire / und zu gutem Anſehen bringe; nicht an boͤſe Leute / welche ſchlech - te Bezahlers ſeyn / damit gerathe / und ſich in Ba - ratto oder Tauſch / den er trifft / nicht betriegen laſſe.

Wann er Schulden einfordern ſoll / muß ſol - ches mit Beſcheidenheit in der Guͤte / oder des Orts Ordnung nach / gerichtlich / ſolcher Geſtalt geſuchet werden / daß er erſtlich mit ehrlichen Leuten / an welche er addreſſiret oder recommandiret wor - den / daruͤber zu Rath gehe / wie die Sache am kuͤrtzten / und mit den wenigſten Unkoſten / als es ſeyn kan / koͤnne angefangen / und fortgetrieben wer - den; Was vor Advocaten desfalls die beſten ſeyn / und was etwann ſonſt / die Sache zu beſchleuni - gen / muͤſſe vorgenommen werden. Wie aber hier - zu vielmahls gerichtliche Vollmachten noͤthig ſeyn / als ſehe vor allen ein auszuſendender Kauffmanns - Diener dahin / daß dergleichen Documenta au -then -281Wie ſich einer auf Reiſen zu verhalten. thentica ihme von ſeinem Patrono mit gegeben werden / damit er nicht in Ermanglung ſolcher auf - gezogen / erſt ſich / von Hauß aus / damit muͤſſe ver - ſehen / und folglich neue Termine anſetzen laſſen. Jm Fall / daß auch mit denen Correſpondenten Rechnungen abzuthun waͤren / und man alle die Beylagen / die dazu gehoͤren / nicht bey der Hand haben ſolte / ſo kan ja hieraus abermahl nichts an - ders / als ein ſo viel laͤngeres liegen / und mehrere Unkoſten erfolgen / welcher aller man uͤberhoben geweſen waͤre / wann man ſich zu Hauß vor der Abreiſe mit denen darzu benoͤthigten Documentis, Briefſchafften und Extracten / wohl verſehen haͤtte.

Jn Abgeben der Wechſel-Gelder ſey auch ein Kauffmanns-Diener in der Frembde ſo viel ſorg - faͤltiger / weil er nicht wiſſen kan / wie etwann der Nehmer / mit welchem er zu thun hat / beſchaffen ſeyn moͤchte / und iſt dieſes Gelder-diſponiren wohl das kitzlichſte / was einem Handels-Diener auf ſei - nen auslaͤndiſchen Verrichtungen vorfallen moͤch - te / zumahl da in einigen Reichen / Laͤndern und Staͤdten / baares Geld auszufuͤhren / nicht zugelaſ - ſen iſt; Jndeſſen aber auch keine genugſame oder benoͤthigte Waaren ſich præſentiren / welche man vor die erhobene Gelder einthun koͤnte. Bey ſo ge - ſtalten Sachen iſt wohl der beſte Rath / man lebe um ſo viel genauer des Patrons Ordre nach / und halte ſich an dem dorten wohnenden Factor oder Kauffmann / an den man addreſſiret iſt / ſtelle die Sache mit demſelben im Rath / und erwehle her - nach dasjenige / wobey am wenigſten Schaden undS 5Gefahr /282Caput VI. Gefahr / ob gleich etwas geringer Nutzen zu ge - warten.

So viel als ein Kauffmanns-Diener / der vor ſeinen Patron in frembden Laͤndern lieget und ne - gotiiret / Zeit uͤbrig hat / ſo viel wende er auf die Erlernung deſſelben Land-Sprache / und deſſen Handlung ſich bekannt zu machen. Jſt es eine See-Stadt / ſo kan er ſich die See-Handlung / Gewohnheiten und Gebraͤuche / ſo viel beſſer im - primiren / auch was er taͤglich an der Boͤrß ſiehet und hoͤret / ſeinem Patron bey Zeiten aviſiren / ob etwann derſelbe bey einem und andern ſeinen Nu - tzen geſchaffet / wiſſen wolte. Ein ordentlich Copier - und Tag-Buch zu halten / muß nebſt andern Scri - pturen ſich ein Kauffmanns-Diener in der Frembd auch recommandiret ſeyn laſſen / damit er auch hieraus kuͤnfftig ſeinem Patrono Red - und Ant - wort geben koͤnne.

Vor allen wolte ich es loben / wann ein Kauff - manns-Diener ſo curieux und Lehr-begierig waͤre / daß er alles / was ihm nur merckwuͤrdiges / es ſey in Handels-Policey-Juſtitz - oder Politic-Sachen / zu ſehen und zu hoͤren vorkaͤme / in ſo weit es zuge - laſſen waͤre / aufzeichnete / um kuͤnfftig einen guten Nutzen davon zu machen; wie man dann ſonder - lich dergleichen Collectanea von Kauffleuts-Die - nern zuſammen getragen / ſchon im Druck liegend hat. Und was ſeynd etliche Reiß-Beſchreibung anders / als ſolcher Leut ihre Notata, welche ſich hernach in vielen Stuͤcken mit guten Nutzen auf die Handlung appliciren laſſen. Waͤre es auch / daß unſer curieuſer Handels-Diener etwann einewohl -283Wie ſich einer auf Reiſen zu verhalten. wohleingerichtete Manufactur der Orten vor ſich faͤnde / koͤnte er ſolche heimlich oder oͤffentlich abzu - ſehen / und folglich bey ſeiner zu Haußkunfft ſelbige in ſeines Patrons Hauß / oder zu ſeinen eigenen Nutzen zu pflantzen / ſich angelegen ſeyn laſſen.

Welcher Geſtalt ein / nach wohl zuruck gelegter Reiß-Verrichtung wieder gluͤcklich zu Hauß gekom - mener Handels-Diener ſeinem Herꝛn Rechnung und Reliqua præſtiren / ein rechtes Journal und Buch - halteriſchen Extract, uͤber eingenommene und aus - gegebene Gelder / eingekauffte und verkauffte Waaren / ꝛc. ſamt richtiger Bilantz darlegen / und ſolches alsdann insgeſamt denen Haupt-Handels - Buͤchern einverleibet werden muͤſſe; Solches iſt aus unſerm Tractat von Meſſen und Jahr - Maͤrckten zu erſehen.

Caput VII.

Wie ein Kauffmanns-Diener zu Hauß / und vorñehmlich auf Rei - ſen / ſeiner Geſundheit wahrnehmen / und wann dieſelbige einigen Anſtoß gelitten / ſolche durch dienſame / und zum Theil leichtlich auf der Reiß und auch zu Hauß zu bekommende Hauß-Mittel wieder herſtellen / ſonderlich aber / wann er an infi - cirten Orten ſich aufhalten muͤſſe / ſich vor der Peſt præſerviren ſoll.

ES ſeynd junge Leute ſo wenig als die alte vor dem Todt ſicher / und taͤglich vielerhandKranck -284Caput VII. Kranckheiten und gefaͤhrlichen Zufaͤllen / ſonderlich aber die Reiſende / unterworffen. Dann bald kom - men ſie aus einem hitzigen Climate in ein kaltes / und aus einem kalten wieder in ein hitziges; des ei - nen ſein Magen iſt zu harten / des andern zum wei - chen Speiſen gewohnt. Alſo iſt jenes Jtaliaͤniſchen Medici ſeine Anmerckung bekannt / unter deſſen Hand ein an Fieber kranck-liegender Weſtphaͤlin - ger / als ſolcher ein Stuͤck rohen Specks gegeſſen / wieder geſund worden; Ein Jtaliaͤner aber / deme hierauf gedachter Medicus vor das Fieber ein glei - ches Recipe verſchrieben / davon geſtorben / wor - auf er in ſein Tag-Buch angezeichnet: Speck iſt einem Weſtphaͤlinger gut vor das Fieber / aber ein Jtaliaͤner ſtirbt davon. Zuweilen bekommt man ſolche Getraͤncke / die ebenfalls eine groſſe Beſchwe - rung in dem Leib verurſachen. Man reiſet unwiſſend durch ſolche Oerter / welche nicht allzu reiner Lufft / ſeyn / oder man Iogiret in Wirths-Haͤuſern / in welchen die Betten von unreinen Menſchen der - geſtalt angeſtecket worden / daß ein geſunder Menſch ſo bald nicht darinn erwarmet / als er ſchon eine boͤſe Seuche an dem Hals hat / und was kan manchen Menſchen durch eckelhafftige / ſuͤchtige / ungeſunde / und unverdauliche Speiſen nicht leicht - lich vor ein Fieber / ingleichen durch hitziges Ge - traͤnck / unreiffes Obſt / vor eine hitzige Kranckheit / rothe Ruhr / und dergleichen zuſtoſſen. Mancher bekommt einen Liebes-Trunck / oder auch auf eine andere Art / von unzuͤchtigen Perſonen / ſo viel in und an ſeinem Leib / daß er ſein Lebtage daran zu curiren hat. Viele ſauffen und freſſen ſich kranck /wann285Wie die Geſundheit zu verwahren. wann ſie nehmlich in beyden keine Maaß zu halten wiſſen. Etliche ſtuͤrtzen mit dem Pferd / werden ge - faͤhrlich mit den Wagen umgeworffen / von boͤſen Leuten verwundet / oder kommen auf andere Wei - ſe zu Schaden. Zorn / Eifer / Alteration, Furcht und Schrecken / welche man auf Reiſen offt ausſte - hen und erfahren muß / thun das ihrige auch da - bey / und jagen manchem eine Kranckheit in die Glieder / die ihn uͤber Vermuthen ins Grab befoͤr - dert / oder doch lang bettlaͤgerig haͤlt / welches ſo viel unbequemer / koſtbarer und verdrießlicher iſt / als ein Reiſender in der Frembd ſeine Pfleg - und Wartung / und auch die dazu benoͤthigte Unkoſten nicht haben kan / oder doch mit Verdruß wegen der Verſaͤumniß / die ihm zu Hauß bevorſtehet / der Cur abwarten muß.

Wie aber viel Menſchen an denen ihnen zu - ſtoſſenden Kranckheiten und Unfaͤllen mehrentheils ſelbſt Urſacher ſeyn / und ſich gleichſam muthwillig in Ungluͤck ſtuͤrtzen / als ſollen ſich dieſes um ſo viel mehr unſere reiſende Handels-Diener eine War - nung ſeyn laſſen / daß ſie der ungezaͤhmten und luͤ - ſterenden Jugend in dem / was ſo wohl ihrer Seel / als ihrem Leib Schaden thun kan / den Zuͤ - gel ſo leicht nicht ſchieſſen laſſen / ſondern vorher pruͤfen / was ihnen wohl anſtaͤndig / und ihrer Ge - ſundheit zutraͤglich ſey / damit ſie / wann ſie das Ge - gentheil thaͤten / nicht dem Artzt daruͤber in die Haͤnde fallen duͤrfften.

Es wird aber desfalls ein jeder reiſender Han - dels-Diener ſein ſelbſt eigenes beſtes beobachten / wann er nechſt der Furcht GOttes / und daß erſich286Caput VII. ſich vor der Suͤnde / wie vor einer Schlange huͤtet / unter andern auch eine gute Diæt haͤlt / maͤßig in Eſſen und Trincken iſt / ſeinen Magen nicht zu ungebuͤhr - lich mit Speiß und Tranck uͤberfuͤllet / oder demſel - ben ſolche Speiſen giebet / welche ihm zuwider und nicht zutraͤglich ſeyn / wie dann auch nicht allezeit dasjenige / was dem Mund und der Zunge wohl ſchmecket / dem Leib geſund / ſondern vielmehr ſchaͤd - lich iſt / ſonderlich wenn man jehlings aus einem Climate in ein anders kommet / deſſen Lufft / Tem - perament, Speiß / Fruͤchte / Waſſer und Lands - Art man nicht gewohnet iſt / welches vielfaͤltig de - nen Frembden eine Kranckheit / wie etwann die See-Duͤnſte und Schiffs-Bewegungen (denen / die zum erſtenmahl auf der See fahren) ein Bre - chen zu verurſachen pfleget. Je maͤßiger nun bey ſolcher Veraͤnderung der Leib gehalten wird / je beſ - ſer es vor demſelben iſt; ja es werden viel Kranck - heiten durch Arbeit und Hunger vertrieben. Wie dann viel Leute zu finden / welche durch einen Tag und Nacht faſten / manche Kranckheiten gehoben haben / und iſt es allezeit beſſer / dem Appetit nicht allezeit voͤllig ein Genuͤgen zu thun / als daß man ſich uͤberfluͤßig anfuͤllen / und dadurch eine Kranck - heit zuziehen wolle. Rathſam iſt es auch / in fremb - den Laͤndern / deren Speiß man nicht gewohnt iſt / ſich nach und nach darzu zu gewoͤhnen / auch wenn es die Gelegenheit zulaſſen will / ſonderlich wann man uͤber See reiſet / einen guten Flaſchen-Keller / und wohl-verſehenen Speiſe-Korb mit ſich zu fuͤh - ren / zu welchen man im Fall der Noth greiffen / und ſich daraus unterhalten koͤnne / biß man derfremb -287Wie die Geſundheit zu verwahren. frembden Speiſen etwas beſſer gewohnet wird. Wann auch die Schiffers zuweilen an Oertern / da ſie ihre Anckers fallen laſſen / ans Land fahren / um Erfriſchungen zu holen / ſo kan man zugleich dieſer Gelegenheit ſich mit bedienen / oder auch Geld mit - ſchicken / vor welches friſche Proviſion koͤnne ein - gekauffet werden. Ob nun wohl ſolches auf Land - Reiſen / da man taͤglich in friſche Wirths-Haͤuſer kommt / nicht noͤthig iſt / ſich auch auf ſolchen groſſe und ſchwere Bagage nicht mit fuͤhren laͤßt / ſo laſ - ſen ſich doch die vielerhand Biere / ſonderlich aber die noch gantz friſch / welche leicht Blehungen ver - urſachen / gar wohl mit einer geſchabten Muſcaten - Nuß / oder daß man geroͤſtetes Rocken-Brod dar - ein leget / corrigiren / und trinckbar machen; die hitzigen Weine aber koͤnnen mit Waſſer diluiret / und milde gemachet werden; bey dicker und nebli - cher Lufft / iſt ein Trunck Brandewein mit geroͤſte - tem Brod auch ſehr dienlich; So kommt auch ſo wol des Morgens nuͤchtern / als auch ſonſt des Tages uͤber / eine Pfeiffe Toback ſehr wohl zu ſtatten / da - hero ſich diejenige / welche viel in kalten Laͤndern und zur See reiſen / denſelben vor allen angewoͤh - nen ſollen. Das beſte iſt in dem Kauffmanns - Stand / bey welchen viel Reiſens vorfaͤllt / daß man von Jugend auf nicht allzu zaͤrtlich gewohnet ſey / ſondern die Eltern bey Zeiten ihre Kinder / die dermaleins in der Frembd ihr Brod ſuchen muͤſ - ſen / zu Hitz und Froſt / wie auch allerhand Fati - quen und Speiſen zu vertragen / angewoͤhnen. Jm Fall auch / daß ein reiſender Kauffmanns-Diener ſich ſelbſt ein Stuͤck Eſſen zurichten koͤnte / wuͤrdeihm288Caput VII. ihm ſolches deſto bequemer fallen. Friſch geſottene Eyer / welche man allenthalben auf denen Land - Reiſen haben kan / ſeynd allemahl am ſicherſten; da auch ein Reiſender eine Mixtur von getruckne - ter Weinraute / Salbey / und Citronen-Schalen / alles klein pulveriſiret / in einer Schachtel bey ſich fuͤhret / und des Morgens etwas davon auf But - ter-Brod geſtreuet / eſſen / hierauf einen Schluck Wachholder-Brandewein trincken ſolte / wuͤrde ihm ſolches nicht allein bey ungeſunder Lufft / ſondern auch bey ſchaͤdlichen Speiſen gar wohl zu ſtatten kommen / nach dem bekandten Sprichwort: Sal - via & Ruta faciunt Tibi Pocula tuta. Ein Glaͤß - gen Elixir proprietatis bey ſich gefuͤhret / und da - von / wann etwann der Magen verdorben worden / 40. biß 50. Tropffen eingenommen / ſolches ſtaͤrcket auch trefflich den Magen / und erwecket neuen Ap - petit. Ein jeder / welcher ſich durch Gehen oder Rei - ten erhitzet hat / huͤte ſich auch / daß er nicht jaͤhlings einen ſtarcken kalten Trunck darauf thue / weil ſol - ches / wo nicht den Todt / doch unfehlbar eine ſchwe - re Kranckheit nach ſich ziehet / und dem Menſchen dergeſtalt zurichten kan / daß er ſich ſein Lebtag da - mit ſchleppen muß / und niemahls wieder recht zu Kraͤfften kommt.

Das Erkaͤlten auf Reiſen iſt auch ſehr gefaͤhr - lich / und ziehet Haupt-Weh / Huſten und Fluͤſſe nach ſich; dahero ein jeder Reiſender ſich wohl mit guten Kleidern verſehen / und wie warm er auch in ſolchen werden moͤchte / ſich doch nicht gleich ent - bloͤſen / ſondern nach und nach abkuͤhlen muß / da - mit er der Natur nicht auf einmahl zu viel Gewaltanthun /289Wie die Geſundheit zu verwahren. aufthue / und ſich dadurch in unwiderbringlichen Schaden ſetze. Haͤtte jemand eine ſo penetrante Kaͤlte ausgeſtanden / daß er auch an ſeinen Gliedern dadurch Schaden gelitten / ſo wollen einige / daß man ſolche erfrohrne Gliedmaſſen in eiskaltes Waſ - ſer ſetzen / oder auch mit Schnee ſtarck reiben ſoll / damit alſo Kaͤlt durch Kaͤlte vertrieben / und folglich der Froſt deſto eher ausgezogen werde. Beſſere Mittel aber ſeynd folgende:

Man ſchmiere das erfrohrne Glied / ehe es noch aufbricht / offtmals mit ſtarcken Brandtwein uͤber den Kohlen / oder ſchneide gefrohrne Ruͤben in Stuͤ - cken / und binde ſie auf die Fuß-Sohlen / wiederho - le ſolches etlichemal / ſo ziehet es den Froſt aus; am allerbeſten aber iſt befunden worden / wann man ei - ne gute Hand voll altes Schmeer / oder ungeſaltzen Schweine-Fett nimmt / ſolches zergehen laͤßt / Wai - tzen-Mehl darunter miſchet / ein Pflaſter daraus machet / und ſolches uͤberſchlaͤgt.

Item nehmet Brenneſſeln ſamt dem Saamen / ſiedet ſolchen im alten Baum-Oel / und beſchmieret damit die Haͤnd / Fuͤß oder Naſen / ſo wird man nicht leicht Froſt oder Kaͤlt daran verſpuͤren Waͤre je - mand / von ſeinen erfrohrnen Gliedern / die Kaͤlte hin - ein zum Hertzen geſchlagen / ſo muß man ihm The - riac und Brandtwein zu trincken geben / damit das Hertz præſerviret werde. Jm Fall / daß auch je - mand von der kalten Lufft und ungeſtuͤmmen Win - den / Sauſſen und Brauſſen der Ohren bekommen haͤtte / ſo koͤnte er eine Zwibel mit Kuͤmmel in der Aſche braten / den Safft heraus druͤcken / und ſol - chen ins Ohr floͤſſen; oder man leget ein SaͤckgenTmit290Caput VII. mit warmen Sand auf das ſauſſende Ohr / ſo wird es augenblicklich helffen.

Waͤre jemand durch die Erkaͤltung fluͤßig wor - den / ſo laſſe man ihn nur fleißig an gantzen Gewuͤrtz - Negelein riechen / ſo wird ſolches die Kaͤlte ver - treiben.

Huſten welcher von Erkaͤltung gekommen / wird ſolcher Geſtalt curiret: Man nimmt guten Brandtwein / zuͤndet ihn an / und thut ſo viel Zucker darzu / daß es bey nah ein Syrup wird / hierauf mi - ſchet man noch ein wenig geſtoſſenen Jngwer darun - ter / und trincket ſolches aus / oder man nehme ei - nen Loͤffel voll ſuͤſſes Mandel-Oel und trincke es aus / ſo wird ſolches den Huſten ohnfehlbar ver - treiben.

Vor die rothe Ruhr.

WEil es ſich auch vielmal zutraͤgt / daß ein Kauff - manns-Diener bey einer Armee oder an ſol - chen Oerten ſich aufhalten muß / woſelbſt die rothe Ruhr oder Durchlauff graſſiret / als kan man ſich von derſelben durch folgende ſchlechte Haus-Mittel / nechſt GOttes Huͤlffe / leicht curiren. Nimm gan - tzes weiſſes Wax / zerlaſſe es in warmer Rind - fleiſch-Bruͤh; oder nimm drey Loͤffel voll geſchmol - tzen Hammel-Fett von denen Nieren / und trinck es warm aus / es ſtillet gleich die rothe Ruhr.

Jnsgemein kommt dieſes Ubel von dem Eſſen vieler roher Fruͤchte her / in welchen junge Leute ſich offt nicht zu maͤſſigen wiſſen / ſonderlich in Jtalien und in Ungarn / wie man dann gar traurige Exem -pel291Wie die Geſundheit zu verwahren. pel hat / ſo nun jemand dergleichen Fruͤchte zu viel gegeſſen / und der Durchlauff ſich anzumelden be - ginnet / ſo trinck er einen guten Trunck Wermuth - Wein / aͤuſſerlich kan man den Leib mit Muſcate oder Wermuth / ingleichen mit Kuͤmmel-Oel ſchmie - ren und guten Theriac, ſo mit Terra Sigillata und gepulverter Muſcaten-Nuß vermenget iſt / als ein Pflaſter auflegen; oder man kan eine Rinde von Brod roͤſten / und ſelbige / nachdem ſie mit gepul - verter Muſcaten-Nuß beſtreuet / auch mit Krau - ſemuͤntzen-Waſſer beſprenget worden / uͤber den Magen legen; ſo lang der Durchlauff anhaͤlt / ſoll man den Patienten nicht viel zu eſſen geben / und zwar nur leichte Speiſen / als junges und gebrate - nes Fleiſch / ingleichen Brey / von Reiß und Hirſe; an ſtatt des Trancks / welcher gleichfalls wenig / und abſonderlich warm ſeyn ſoll / kan man Bier / (welches auch nicht zu alt noch zu neu ſeyn muß /) nehmen / und in ſelbiges gebrandtes Brod und Pulver von Muſcaten-Nuß werffen.

Haͤtte das Ubel ſehr uͤber hand genommen / wel - ches man beobachtet / wann der Patient offt zu Stuhl geht / Reiſſen - und Weh-Tagen um den Na - bel ſpuͤret / die Stuhlgaͤnge mit Schleim oder Blut und Eyter vermenget / anfaͤnglich ſchwartz oder gruͤn ſeyn / auch ein Brechen und Delirium, oder Aber - witz / ſich dabey findet / und die Clyſtire nicht mehr anſchlagen wollen / ſo iſt der Tod nicht ferne; ja die Waſſerſucht und der Brand in den Gedaͤrmen zei - gen an / daß der Patient den Tod faſt ſchon im Ra - chen ſtecke / um ſelbigen nun noch daraus zu erretten / ſo muß man vor allem dahin ſehen / wie die ſcharffeT 2Thei -292Caput VII. Theilgen / welche entweder mit dem Gebluͤt oder mit der Gall in die Gedaͤrme gefuͤhret worden / moͤ - gen gelindert und von ihrer Schaͤrffe befreyet wer - den / ſolches aber geſchiehet nicht mit Purgiren / ſondern mit Gifft-treibenden Huͤlffs-Mitteln / der - gleichen ſeynd Theriac, Diaſcord. Fracaſtorii, ge - brannt Hirſch-Horn / Terra ſigillata, Armeniſcher Bolus, rothe Corallen / Unicornu foſſile, Ebur ſine igne præparatum, Tinctura Bezoardica und dergleichen / welche nach Belieben des Patienten auf unterſchiedliche Weiſe koͤnnen gerichet werden / als etwan in einem Pulver / folgender Geſtalt / alle 6. Stund in einem Loͤffel mit rothem Wein und Zimmet-Waſſer einzunehmen: Nimm Cornu Cervi ſine igne præparati, rothe præparirte Corallen / Armeniſchen Bolum, unicornu foſſi - le, jedes einen halben Scrupel / Muſcaten-Oel 5. Tropffen; item, nimm præparirtes Hirſch-Horn / Tormentill-Wurtz / Croci Martis adſtring eines jeden ein Scrupel / Throchiſc. de Carabe, eines jeden einen halben Scrupel / mache alles zu Pulver / und nimm davon eine Meſſer-Spitzen; oder nimm zum oͤfftern ein Quintlein Tormentill-Wurtz / und ein Quint Terræ Sigillatæ im warmen Bier ein / an ſtatt des Trancks / welcher maͤßig ſeyn ſoll / kan man ungeſaltzene Huͤner-Suppen trincken / oder Milch / in welcher Rinden von Eichbaͤumen und Zimmet gekochet werden; oder man kan fol - genden Tranck anſetzen: nimm gefeilt Hirſch-Horn / Scorzonere-Wurtzel ein jedes 1 Loht / Tormentill u. Hirſch-Zungen-Wurtz jedes ½ Loth / Fenchel und Anis-Saamen / eines jeden 1. Quintlein / koche es inWaſ -293Wie die Geſundheit zu verwahren. Waſſer / in welchem etlichmal ein gluͤend Eiſen ab - geloͤſchet worden.

Das Bauch-Krimmen oder Colica

Pfleget Reiſenden auch offt anzuſtoſſen; es kommt ſolches her / Theils von ungeſunden Speiſen / Theils von den ſcharffen und ſauren Saͤfften / ſo auch aus der groſſen Druͤſſe / und an denen kleinen Druͤßlein in die Gedaͤrme ausgeleeret worden; in des Gekroͤſes Nerven aber / werden ſel - bige mit denen Seelen-Geiſtern / nachdem ſie von dem Gebluͤt in das Hirn eingeſencket worden / ge - fuͤhret.

Die Cur muß ſo wol bey anhaltenden Schmertzen als auſſer denſelben angeſtellet werden; jene / damit der Schmertz moͤge geſtillet; dieſe / damit die Urſach deſſen moͤge beyſeits geraͤumet werden. Das erſte geſchiehet durch folgende Mittel: nimm Krauſemuͤn - tzen-Waſſer / Waſſer von Pomerantzen Schalen ei - nes jeden 6. Loth / Zimmet-Waſſer 1. Loth / Bibergeil - Eſſentz 1. Quintlein / Tinctur. Anodyna. 50 Tropf - fen / Klapper-Roſen-Safft 1. Loth / vermenge es und gieb den Patienten offt einen Loͤffel voll davon; oder nimm eine Hand voll gemeine Camillen-Blu - men / koche es in Krauſemuͤntze-Waſſer / und laffe den Patienten zum oͤfftern einen Trunck davon thun / item, nimm Theriac einen Scrupel / gepulverſirte Pomerantzen-Schaalen ein Quintlein / Bibergeil ½ Serupel / gieb es in einem Decocto von Chamil - len auf einmal. Oder nimm eine Hand voll friſchenT 3Pferd -294Caput VII. Pferd-Miſt / vermenge ihn mit Krauſemuͤntzen - Waſſer / oder dem beſagten Chamillen Decocto, und drucke den Safft heraus / und trincke es alſo warm / man kan auch gleich Clyſtir gebrauchen / dadurch nicht allein die Faßern der Gedaͤrme er - weichet / ſondern auch die ſcharffe Feuchtigkeit / als die eine Urſach der Colica ſeyn / ausgeleert werden; in das Clyſtir aber kan man 2. biß 3. Loth Terpen - tin, welcher in Eyerdotter aufgeloͤſet worden / men - gen / ſonderlich wann die Urſach in denen Nerven enthalten iſt Die Urſach des Ubels voͤllig zu heben / muß man zuweilen Schleim-ausfuͤhrende Purga - tiones brauchen / ſich vor Speiſen / welche das Bauch-krimmen verurſachen / huͤten; als da ſind: Fiſch / Erbſen / Linſen / Obſt und dergleichen / wie auch ſaure Wein / neues Bier und Moſt; an deren ſtatt man Wermuth oder alten ſtarcken Wein trin - cken kan. Jn Summa / ein junger Menſch / der ſeinem Appetit und Begierden / nicht den vollen Lauff laͤſt / ſondern durch die Vernunfft ſolchen Einhalt thut / auch nicht alles in Magen hinein ſchuͤttet / was auf der Zunge wohl ſchmeckt / der wird ſich ſelbſt der beſte Artzt ſeyn / nach den bekannten Sprichwort: Cibi Modicus, ſibi Medicus.

Von der Unpaͤßlichkeit / welche de - nen Reiſenden auf der See zu zuſtoſſen pfleget.

D die See-Lufft dicke ſey / erfahren auch die ſtaͤrckſten Leute; dann wann ſie das erſtemal auf die See kommen / ſo wuͤrd ihnen uͤbel / undmuͤſ -295Wie die Geſundheit zu verwahren. muͤſſen ſie ſich erbrechen / weil die Bewegung des Schiffes / und die dicke ungeſunde Lufft ſolche Al - teration in ihrem Magen verurſachet Ob nun zwar ſolches Aceidentz bald wieder aufhoͤret / und auch einiger maſſen vor geſund gehalten wird / weil ſich der Magen von allen boͤſen Feuchtigkeiten dadurch evacuiret; ſo vermeinen doch einige dieſer Incom - moditaͤt des Brechens dadurch vorzukommen / wann ſie (indem ſie die Reiſe antretten /) einen Be - cher voll See-Waſſers austrincken / oder auch die beyde Haͤnde in See-Waſſer / biß uͤber den Puls eine Viertel Stunde lang ſtecken / ſolches ſoll auch ſehr gut ſeyn.

Das ſchlimmſte Ubel auf der See iſt / der Scor - but oder die Mundfaͤule; ſolchen verurſachen die boͤ - ſe Speiſen und verdorbene Waſſer / wie auch die Unachtſamkeit / da einer ſich mit friſchem Waſſer nicht waͤſchet / oder rein Leinen nicht anziehet. Jn - gleichen / wann jemand ſich wenig beweget / oder die boͤſe Gewohnheit hat / daß er in der freyen See - Lufft ſchlaͤffet / ſonderlich bey klarem Wetter.

Dann dadurch verderbet er den Magen / cor - rumpiret die Humores, und verurſachet allerhand Geſchwuͤlſte und Blattern / uͤber den gantzen Leib. Die Nerven werden ſchwach / ſo / daß er kaum ge - hen kan. Der Odem wird ſtinckend / das Zahn - Fleiſch faulet / und die Zaͤhne fallen aus. Kurtz / es iſt eine abſcheuliche Kranckheit / davon man nicht eher befreyet wird / biß man ans Land kommet / und allda friſche Speiſen / und erquickende Sa - chen genieſſen kan.

Die Medici melden / daß der Safft von Citro -T 4nen296Caput VII. nen und Pomerantzen / der Brunnkreß / ſonderlich der Spiritus Cochleariæ, ja alle ſonderliche Saͤff - te wider dieſe Kraanckheit gut waͤren. Wobey man zugleich ordentlich leben / gut und friſch Waſ - ſer trincken; Hergegen von geſaltzenem Fleiſche / ſich enthalten muͤſſe.

Die groſſe Hitze / ſonderlich in Zona torrida, verurſachen des Nachts ſtarckes Magen-Wehe. Viele halten dafuͤr / daß dieſe Schmertzen herruͤh - ren / von einer Erkaͤltung; dann wann der Leib durch die Hitze des Tages matt geworden / und ein - geſchlaffen / ſo nehme ſolcher im Schlaff eine Kaͤlte ein / und beſchwere alſo den Magen. Daher muß man ſich huͤten / daß man nicht auf der Erden ſchlaffe; Wie ſolches in America wohl in acht ge - nommen wird / als woſelbſt ſie die Haͤuſer etwas von der Erden erhoben bauen / die Wilden aber in lauter Hang-Matten ſchlaffen.

Von der Peſt und andern contagieu - ſen Kranckheiten / wie ſich ein reiſender Hau - dels-Diener dafuͤr vorzuſehen / und wann er ſchon an ſolchen inficirten Orten ſich befindet / dannoch durch GOttes Gnade / damit es ihm nicht treffe / ſich præſerviren koͤnne.

Weil es bey denen Kauffleuten faſt durchgehends heiſſet:

Impiger extremos currit Mercator ad Indos Per mare pauperiem fugiens, per Saxa, per ignes.

EJn Kauffmann wann er nur kan Geld verdie -nen /297Wie die Geſundheit zu verwahren. nen / laufft gern biß an das aͤuſſerſte Ende der Erden / durch Feuer und Waſſer / uͤber Berg und Thal / das iſt: Er ſcheuet keine Gefahr / wie groß ſie auch ſey / unter welchen dann auch die gifftige Seuch der Peſtilentz mit zu zehlen iſt Dieſe wird von einigen ſo gering geachtet / daß ſie nicht allein mit de - nen von inficirten Orten kommenden Waaren un - geſcheuet umgehen / und dadurch / wie man Exem - pel hat / vielmal groſſes Unheil anrichten; ſondern ſie wagen ſich auch vor ihre eigene Perſonen vielſaͤl - tig und ungeſcheuet an ſolche Oerter / wo derglei - chen contagieuſe Kranckheiten graſſiren. Da nun ſie / die Herren ſelbſt / vor ihre Perſonen keine Conſi - deration tragen / ſo ſtehet leicht zu erachten / daß ihre Dieners auch nicht viel werden ſcrupuliren doͤrffen / wie dann die verwegene Jugend ohne dem nicht allemal in der gleichen Faͤllen die Bedachtſam - keit hat / welche ſie wohl haben ſollte; damit aber doch dergleichen Leuten / welche entweder gezwungen ihrer Pflicht halber / oder freywillig / oder auch aus Unwiſſenheit nach dergleichen Oerter reiſen / oder ſich darinnen aufhalten muͤſſen / mit gutem Rath moͤge an die Hand gegangen werden / als hat / nechſt der Gottesfurcht und fleißigem Gebet / (daß / ob tauſend fallen zu ſeiner Seiten / und 10. tauſend zu ſei - ner Rechten / es ihn doch nicht treffen moͤge) ein reiſen - der Handels-Diener auch auf die leibliche Conſer - vation ſeiner Perſon ſolcher Geſtalt acht zu gebẽ / daß er ſich / ſo viel als moͤglich / huͤte / mit inficirten Leuten nicht viel um zugehen / oder ſo ers ja ſeiner Geſchaͤff - te halber thun muß / daß er die benoͤthigte Præſer -T 5vativa298Caput VII. vativa darzu brauche / welche GOtt und die Na - tur verordnet haben / als da ſeyn:

Erſtlich unter denen Artzneyen / diejenige / wel - che den menſchlichen Coͤrper / ſo wohl von denen vorhandenen uͤberfluͤßigen boͤſen Feuchtigkeiten entledigen und reinigen / als auch / vor aller anſtecken - den Seuche und Gifft aufs beſte verwahren und be - freyen koͤnnen.

Was die Purgantia in beſorgender / oder ſchon wuͤrcklich-vorhandener Peſt / bey denen annoch Ge - ſunden betrifft / ſo bezeuget die Experienz, und der Vornehmſten / ſo wohl alter als neuer Medicorum gleichſtimmiges Zeugnuß / daß ſtarcke Purgantia die Feuchtigkeiten des menſchlichen Leibs ohne Un - terſchied / boͤſe und gute / allzuſehr bewegen / und durch die Coͤrper zur Peſt mehr diſponiren / auch zugleich die Lebens-Geiſter gar zu ſehr ſchwaͤchen / und alſo das Hertz Wehr-loß machen / dem hinein - dringenden Gifft zur Genuͤge zu widerſtehen; dannenhero ſolche / als die Peſt ſelber / zu meiden; die gelinde / erweichende und laxirende Mittel hingegen / mit Beſcheidenheit deſto nutzlicher gebrauchen. Wer demnach ſtarcker geſunder Natur iſt / und des Pur - girens darzu ungewohnet / der bedarff auch keiner Laxirung / und ſehe nur zu / daß er taͤglich offenen Leib behalte; wo aber der Coͤrper unrein / und mit ſchleimigen / gallſuͤchtigen / ſchaꝛffen und andeꝛn boͤſen Feuchtigkeiten angefuͤllet / da iſt die Cacochymia allerdings zu corrigiren / und abzufuͤhren / durch gelinde / und mit ſolchen Ingredientibus verſehe - nen / Laxirungen / die gleich der Faͤulniß und dem Gifft widerſtehen. Die Aloëtiſchen Pillen ſind hier -zu299Wie die Geſundheit zu verwahren. zu die allerſicherſten / ſonderlich die ſogenannten Pilulæ Antipeſtialiles Magiſtrales, die Rhabar - bara an ſich ſelbſt von 2. biß 3. Scrupel / item die Electuria Lenitiva und Species Laxativæ Laxir - Kraͤuter / die man in einem Decocto gebrauchen kan.

Betreffende die Brech-Artzneyen / ſeynd ſelbige zu dergleichen Zeit ſehr gefaͤhrlich / ja hoͤchſtſchaͤdlich / es waͤre dann / daß ein erfahrner Medicus, der ei - nes Menſchen ſeine Natur wohl kennete / dieſelbe / nach gewiſſen Umſtaͤnden / verordnete.

Nothwendiger iſt hingegen das Hertz mit Alexipharmacis oder ſolchen Heil-Mitteln / wel - che vor allen beſorglich anſteckenden Gifft / præſervi - ren koͤnnen / zu befreyen / es ſeynd aber entweder in - nerliche oder aͤuſſerliche / unter die innerliche zehlen wir das

Electuarium Nucum, die Nuß-Latwerg / dar - zu man / nach Belieben / etwas von dem abgeruͤhrten Holunder-Beer-Safft / oder auch vom Saltz und Citronen untermiſchen kan. Die eingemachte Scor - zoner-Aland-Wurtzel oder Jndianiſchen gruͤnen Jngwer / inniglich die friſche oder Condirte Citron - oder Pomerantzen-Schalen / und Bluͤte; ſo nimmt man auch von denen Morſulis e ſucco Citri cum Corticibus, Citronen-Hertz Morſellen / ingleichen von denen Morſulis præſervativis oder Rotulis præſervativis, von dem Syrup e toto Citro, Gifft Citronen-Safft / ein paar Loͤffel / oder einen an - dern ſaͤurlich Citron-Him-Beer-Johannis-Ber - bers-Beern oder dergleichen Safft mit ein wenig Wein / Scorzoneren / Borragen / oder CitronenHertz -300Caput VII. Hertz-Waſſer / wie auch von Aqua Prophylacti - ca nova, dem neuen Gifft-Waſſer / mit Roſen Julep vermenget.

Die Tinctura Bezoardica D. Michaëlis, das Sal Cornu Cervi, vel Viperarum volatile, die Mixtura Simplex cum vel ſine Camphora, das Elexir Proprietatis Paracelſi, item des Crollii, ſeynd alles gute innerliche Præſervativ-Mittel / in dergleichen gefaͤhrlichen Peſt-Zeiten. Diejenige wel - che ſolche Mittel auf Reiſen nicht haben / koͤnnen des Morgens nuͤchtern ein Stuͤck Butter-Brod mit Raute beſtreut / oder ein paar Biſſen Brod im guten Wein-Eßig eingetaucht / eſſen / oder man nehme reines Koch-Saltz / 4. Loth / des beſten Schwefels 2. Loth / miſche es wohl durcheinander / und gebrauche davon 1. oder 2. Meſſer-Spitzen voll / auf einem Biſſen Brod oder im warmen Bier / auch koͤnnen ſie / wann ſie reiſen / oder auf der Straſ - ſe gehen / ein Stuͤcklein von der rothen Myrꝛhen im Mund halten / oder gar verſchlucken / auch etwas von der Angeliquen / Zwittwer - oder Alant-Wurtz kaͤuen.

So ein Kauffmanns-Diener an einem ſolchen Peſt-Ort ſtill liegen muß / ſo ſetze er ſich folgenden Gifft-Eßig an: er nehme ein oder 2. Maaß ſtarcken Wein-Eßig / thue darein Citronen-Schalen / ei - ner Muſcaten-Nuß groß / Theriac und Campher / jedes einer Haſelnuß groß; hierauf nehme er friſch geſchnittene Raute 4. Hand voll / Scordien oder Lachen-Knoblauch halb ſo viel / thue ſie ebenfalls in den Wein-Eßig / ſchneide noch darzu etwas von Zwittwer - und Alant-Wurtz / ſo hat er einen vor -treff -301Wie die Geſundheit zu verwahren. lichen Gifft-Eßig / von welchem taͤglich ein oder mehr Loͤffel voll koͤnnen genommen werden; will man auch die Woche ein paar mal ſchwitzen / ſo nehme man Electuarium Præſervativum Com - mune, Electuar. de Zedoaria, Zwitter-Latwerg / von welchen beyden allein / (wann einer keinen Eſ - ſig nehmen wollte /) in einem Cardobenedicten - Waſſer 2. biß 3. Meſſer-Spitzen koͤnnen eingenom - men werden.

Auch wuͤrde gar dienlich ſeyn / etwas von guten und wider anſteckendem Gifft dienende Kraͤuter / als Cardobenedicten / Wermuth / Tauſendguͤl - den-Kraut / Angelicken / Alant-Wurtz / Citronen und Pomerantzen-Schaalen / Wacholder-Beer ꝛc. ins Bier zu haͤngen / oder ſelbiges damit vergaͤhren zu laſſen; maſſen durch dergleichen Kraͤuter-Bier das Gebluͤt ſich wohl zu reinigen / und viel boͤſe Feuchtigkeiten durch den Harn / und ſtetes Duͤnſten und Schwitzen / auszuwerffen pfleget. Wer des Weins gewohnt / oder in Wein-Laͤndern iſt / kan friſche Raute / Wermuth Cardobenedicten und Tauſe dguͤlden-Kraut / Garten-Bibernelle / Sal - bey / edle Meliſſen und friſche Citronen-Schaalen / in einem Saͤcklein / darein haͤngen / und oͤffters davon trincken.

Aeuſſerliche Præſervativ-Mittel / beſtehen erſt - lich in Haupt - und Hertz-ſtaͤrckendem Geruch und Anſtreichen / welches dann effectuiren die friſche Citronen und Pomerantzen; ingleichen ein Schwaͤm̃lein mit obigem Gifft-Eßig angefeuchtet / wie auch guter Rauten-Balſam / Citronen-Eſſen - tzen / damit man ſich unter der Najen / und an de -nen302Caput VII. nen Schlaͤffen / auf Pulſen und Hertz-Gruben be - ſtreichen kan. Ein Buͤſchel friſcher Rauten in Gifft - Eßig geduncket / præſerviret auch wohl; hingegen enthalte man ſich zu viel Muſcus und Ambra zu rie - chen / weil das Gifft durch ſolche nur mehr zugezo - gen wird. Durch allzuviel ſtinckende Sachen / als Bocks-Hoͤrner / Haar / Federn / wird auch nichts Guts gemacht / weil ſolche die Lebens-Geiſter allzu - ſehr betruͤben und zuruck treiben / dannenhero die Mittel-Straß zu gehen / die beſte.

Amuleta anzuhaͤngen / iſt gefaͤhrlich / und einige auch aberglaubiſch / das liebe Gebet / und dann ein kraͤfftiges Kraͤuter-Saͤcklein / iſt wohl das beſte / ſo - kan auch ein Smaragd / item Saphir - oder Hya - cinth-Stein auf der Hertz-Grube zu tragen / nicht ſchaden. Einige recommandiren auch Radic. Carthami, wilde Saffran-Wurtzel / Item Lapa - thi Acuti, die Kletten-Wurtzel / daß / wann man ſolche anhienge / ſie dem Gifft widerſtuͤnde.

Das Aderlaſſen / iſt in Peſt-Zeiten / ſonderlich wann ein Menſch ſchon inficiret iſt / ſehr gefaͤhrlich / weil das Gifft durch dergleichen Aderlaͤſſe ins Ge - bluͤt gezogen / und die Peſt-Kranckheit erſt recht da - durch erwecket werden kan; Schroͤpffen iſt nicht ſo gefaͤhrlich / ſonderlich die es gewohnet ſeyn; Fonta - nellen ſetzen zu laſſen / iſt wohl das ſicherſte aus denen Chirurgiſchen Mitteln / weil viel boͤſe Feuchtigkei - ten dadurch abgezaͤpffet / das Gebluͤt gereiniget / die Viſcera geſund erhalten / und alſo der Leib / das Peſt-Gifft zu fangen / weniger diſponiret wird / wie dann die Erfahrung bezeuget / daß bey ſolchen Perſonen / welche die Peſt angefallen / wann ſiealſo -303Wie die Geſundheit zu verwahren. alſobald darwider gebraucht / die Fontanell eine heßliche ſchwartze Materiam oder boͤſes Gifft aus zogen.

Alle dieſe vorgetragene Præſervativ-Mittel / wuͤrden aber wenig oder nichts ausrichten / wann nicht eine gute geſunde Diaͤt oder Lebens-Ordnung mit dabey waͤre / welche denn vornehmlich in rech - ter Regierung des menſchlichen Coͤrpers und Ge - muͤhs / durch dienliche Lufft / Speiß und Tranck beſtehen.

Die Lufft / ohne welche der Menſch nicht leben kan / je reiner er ſie in Peſt-Zeiten haben kan / je ge - ſuͤnder ſie iſt. Kan demnach ein Kauffmanns-Diener beyzeiten ſolche inficirte Oerter meiden / und ſich da - von weg machen / und kan ihn ſeines Herꝛn Befehl / daſelbſt zu bleiben / nicht verbinden / ſintemal ein je - der ſich die nechſte Treue ſchuldig iſt / und da ſein Herꝛ mir de lucro captando, der Kauffmanns - Diener aber de damno & vitæ jactura vitanda, certirt / ſo gehet dieſes jenem weit vor; dann alles was ein Menſch hat / laͤſt er um ſein Leben / ſagt der Teuffel dort. Hiob am 2. Cap. v. 4. Wie viel mehr ſoll ein Diener / deme das Gut nicht eigen iſt / (um welches willen er ſich in Gefahr ſetzen ſoll /) ſolches ſeinem eigenen Leben nicht weit nach und hintanſetzen. Geld und Gut kan ſein Herꝛ wieder gewinnen / aber das Leben kan er ihme / dem Diener / nicht wieder geben / wann er durch ſeinen Geitz Ur - ſach daran geweſen / daß der gute Menſch ſich in die Gefahr hat hinein wagen / und das Leben dar - uͤber verlieren muͤſſen / wer ſich in Gefahr giebt / heiſtes304Caput VII. es / der kommt darinn um / weit davon / iſt gut vor den Schuß.

Hæc tria tabificam pellunt Adverbia Peſtem: Mox, Longè, Tardè, cede, recede, redi.

Bald und weit geflohen / und langſam wieder - gekommen / iſt ein gutes Huͤlffs-Mittel wider die Peſt.

Ein anders waͤre es / wann einem ſolchen rei - ſenden / oder auch in ſeines Herꝛn Haus in ſeinem Beruff-ſtehenden Handels-Diener die Peſt uͤber - fiele / und er an einem ſolchen inficirten Ort ſeyn und bleiben / auch ſich mit verſperren laſſen muͤſte / und nicht daraus gehen doͤrffte; in ſolchem Fall ſuche er doch in ſeinem Quartier / Stuben oder Cammer die Lufft zu reinigen / durch ſtets angezuͤndetes Feuer in Camin oder in ſolchen Oeffen / welche innwendig in der Stuben geheitzet werden / ſintemal dieſe in Peſt Zeiten / und auch ſonſt am geſundeſten ſeyn / weil ſie viel boͤſe Lufft aus der Stuben mit nach ſich ziehen / und durch den Schornſtein wegfuͤhren: Nicht weniger laſſe er ſich auch angelegen ſeyn / ſein Zimmer taͤglich zu reinigen und ſauber zu halten / al - le Morgen bey der Sonnen-Aufgang und bey hel - lem Wetter / einige Fenſter gegen Morgen und Mitternacht / oder wo die geſundeſte Lufft herſtrei - chet / ein paar Stunden lang aufzumachen / die aber gegen Abend und Mittag / oder auch nahe an den Cloacken / oder etwan an des Nachbars allbereit inficirtem Hauſe allernaͤchſt gelegen ſind / die halte er dichte zu. Er koͤnnte auch taͤglich / vornehmlich im Winter / helle und reine Oeffen-Camm und ande - re unbeſorgliche Feuer / von Eichenem / Erlenem /Bir -305Wie die Geſundheit zu verwahren. birckenem / kiefernem Holtze brennen / auch in ſol - chen etwas von Wacholder-Straͤuchen / Lorbeer - Aeſten / und Blaͤttern / Roßmarin / Lavendel und Roſen werffen: Wie ingleichen die Zimmer mit dergleichen und andern wohlriechenden Kraͤutern / als Majoran / Meliſſen / Quaͤndel / Jſop / Betho - nien / Poley beſtreuen. Sommers-Zeit aber / und wenn die Lufft heiß und geſchwuͤllig / ſind derglei - chen Feuer nicht ſo ſtarck / ſondern maͤßiger anzule - gen. Die Zimmer auch mit friſchem Eßig zu be - ſprengen / und mit darein getauchten Wein-Rau - ten / Roſen-Blaͤttern / blau Violen / und dergleichen zu beſtreuen / und zu jederzeit des Jahres alle Morgen / Mittag und Abends das gantze Hauß wohl durchzuraͤuchern / mit Wacholder-Beeren und Weyhrauch / jedes gleichviel genommen / oder allein mit Schwefel / welcher alle boͤſe Lufft am be - ſten remiget / oder mit dem daraus gemachten Schuͤß-Pulver / inſonderheit mit denen in unſern Apothecken befindlichen Rauch-Pulvern. Jn den Zimmern / Stuben / und Kammern / kan man einen reinen Eßig auf gluͤhende Kieſelſteine / oder im lauen Waſſer zerlaſſenen Vitriol auf gluͤhende Eiſen gieſſen / und darbey die Fenſter anfaͤnglich zu / hernach aber / wann der Rauch zuſammen gan - gen / und dicke worden / aufmachen / und den Dampff hinaus laſſen. Wer aber mit ſcharffen Huſten / Bruſt-Keichen / Lungen - und Schwind - ſucht beladen iſt / der muß dergleichen ſcharffen Rauch meiden / und die gelindern Mittel darzu ausſuchen: Maſſen es an guten Raͤucher-Kuͤchlein und Kertzlein / auch Spaniſchen Paſten an denUOfen306Caput VII. Ofen zu reiben / in den Apothecken nicht ermangelt. Das Toback-Trincken / und der davon entſtehende Rauch / wird hierzu auch ſehr recommendiret / und wird vornehmlich fluͤßigen und ſchleimigen Perſonen / und bey feuchter Lufft und Regen-Wet - ter / am beſten dienen.

Jn Genieſung Speiß und Trancks / iſt allezeit gute Maaße und Ordnung zu halten / und ſchadet gar ſehr beydes den Leib offt und viel anzufuͤllen / als auch mit Hunger und Durſt allzu ſehr zu ca - ſteyen. Dann gleich wie jenes der gemeine Zun - der iſt vieler Kranckheiten; Alſo verzehret und ent - kraͤfftet dieſes die Lebens-Geiſter / und macht alſo beydes den Leib Siech - und Peſt-faͤhig. Dannen - hero mag man ſichs auch in Peſt-Zeiten wohl ſchmecken laſſen / und unterweilen eine froͤliche Mahlzeit mitnehmen. Wer das Vermoͤgen dar - zu hat / kan vornehmlich ſolche Speiſen erwaͤhlen / die geſunder Art / leicht verdaulich ſeyn / und ein lebhafftes reines Gebluͤte und gute Nahrung ma - chen; Wie ſie insgemein denen Hypochondriacis, Cachecticis, oder auch Febricitantibus pflegen vorgeſchrieben zu werden / und ſolche zurichten ver - beſſern / und annehmlich machen laſſen / mit Wein - kraͤfftigen Eßigen / Citronen / Pomerantzen / Gra - naten / Limonien / Capern / Johannis-Berbers - Chriſt-Beeren / mit Cichorien / Endivien / Sauer - ampffer / Sauerklee / Borragen / Meliſſen / Betho - nien / Koͤrbel-Kraut / Salbey / Roßmarin / Wachol - der-Beeren / Zimmet / Saffran / Zittwer / und der - gleichen Condimèntis mehr / welche aller / und vornehmlich auch der Scorbutiſchen / Faulnuͤß wi -der -307Wie die Geſundheit zu verwahren. derſtehen. Darunter kan ein jedweder ausleſen / was er gewohnet iſt / und was ſeiner Natur am beſten zuſchlaͤgt: Doch iſt vornehmlich zu vermei - den / was alt / verlegen / hart / ſtopffend / und unver - daulich iſt / als altes Schaff-Schwein - und Rind - Fleiſch / ſo wohl friſch / als alt geraͤuchert / oder in Poͤckel geſchlagen / wie auch geraͤuchert und ge - trocknete Stock - und andere See-Fiſche / Heringe / harte Eyer / zehe / faule / und verdorbene Kaͤſe; was ſchleimet und blehet / als Aale / Schleyen / Weiß - Fiſche / viel Milch-Speiſe / Kraut / Fett-gebackene Sachen; item / was ſehr ſuͤſſe iſt / und zur Galle ſchlaͤgt / als Honig und Zucker-Werck; Was im Magen leicht verdirbt oder verfault / als Milch / Piltze / Schwaͤmme / viel Feld-Salat / Gurcken / Melonen / Kuͤrbſe / Weintrauben / rohe Pflaumen / und ander rohes / weiches / anbruͤchiges Obſt. Knoblauch hingegen / Zwiebeln / Merrettig / Senf / moͤgen diejenigen / ſo ſie vertragen / und derer ge - wohnt ſeyn / wohl genieſſen. Gerſten-Bier / noch mehr aber ein guter Wein / als welcher des Men - ſchen Hertz nicht allein ſtaͤrcket und erfreuet / ſon - dern auch vor Gifft und Faͤulnuß bewahret / iſt auch dienſam. Man koͤnte ſolchen zuweilen mit gezu - ckerten Citronen / Him-Beeren / oder Nelcken - Safft anmachen / oder auch Citronen oder Pome - rantzen / Stuͤck - oder Scheiben-Weiſe / hinein ſchnei - den; und davon koͤnnen nach Nothdurfft trincken / die Melancholiſche und Furchtſame / auch ſo gar biß zur Luſt und Froͤlichkeit / niemand aber / biß er voll und toll davon werde. Denn obgleich manchem ein guter Rauſch gelingen moͤchte / ſo iſt es doch ſuͤnd -U 2und308Caput VII. und gefaͤhrlich / und haben ſich ihrer viel die Peſt durch Erhitzung und Efferveſcenz des Gebluͤtes / an den Hals geſoffen / welche ſich durch ſtarckes Sauffen die Furcht vor derſelben verjagen wollen. Meth / Moſt / hitzige / brennende / ſcharffe / und an - dere ſuͤſſe / dicke und ſtarcke Weine ſind ſicherer zu meiden / als oͤffterer zu genieſſen. Wie dann auch Brandewein / obſchon mit Angelica, Zittwer / oder Wacholder-Beeren uͤberzogen / und allerhand hi - tzige und ſtarcke Aquæ Vitæ, (ſollen ſie anders nicht zu Aquis Mortis werden) gar ſparſam / und nur alten und kalten Perſonen / oder welche ſchwa - che Maͤgen haben / und mehr Winters-als Som - mers-Zeit zu genieſſen / erlaubet ſeyn.

An der Kleidung iſt in Peſt-Zeiten auch mehr gelegen / als mancher vermeynen moͤchte. Dann weil tuchne und andere dicke woͤllne / auch Peltzene Kleider die gifftigen in der Lufft herum ſtreichen - den / oder ſonſt anhenckend - und anklebenden Daͤmpffe / und Unſauberkeiten gar leicht an ſich nehmen / haͤgen und ausbreiten / ſo ſind ſie vielmehr eine Zeitlang an die Seite zu legen / als am Leibe zu tragen; vielmehr aber zum taͤglichen Gebrauch / duͤnne / glatte / ſeidene / und Cameel-haarene / auch gewaͤchſte Leinwandene Kleider zu erwaͤhlen.

Dem Schlaffen und Wachen hat man weder zu viel noch zu wenig zu thun / und alſo die Graͤn - tzen der Natur nicht zu uͤberſchreiten / noch durch ſtets und allzu vieles Wachen die Leibes-Kraͤfften zu ſchwaͤchen. Der Mittags-Schlaff iſt insgemein ſchaͤdlich; ſo ſoll man ſich auch zu ſolcher Zeit unter freyem Himmel an die Sonne / oder aufs Gras /oder309Wie die Geſundheit zu verwahren. oder Heu ſchlaffen legen / welches vornehmlich der Landmann zu beobachten hat.

Und wie eine maͤßige Bewegung den Leib ge - ſund erhaͤlt; alſo ſind herentgegen allzu viele und ſtrenge Arbeit und ſtarcke Exercitien (weilen da - durch das Gebluͤte allzu ſehr erhitzet / und der Leib geſchwaͤchet wird) ſo viel moͤglich zu unterlaſſen / vornehmlich bey denen / die dergleichen ſtarcke Lei - bes-Bewegungen nicht gewohnt ſeyn.

Der Leib ſoll auch taͤglich offen ſeyn / oder doch durch gelinde Mittel offen gehalten werden. Beym Umgang mit krancken Leuten hat man ſich ſo viel / als moͤglich / in Acht zu nehmen / daß man den Mund-Speichel nicht hinunter ſchlucke / ſondern ſtets auswerffe / weil ſonſt die mit dem Speichel vermiſchte / und hinab geſchluckte Lufft in den Ma - gen alſo bald mit dem / was ſie darinnen antrifft / zu fermentiren anfaͤngt / dadurch nach und nach alle Feuchtigkeiten und Lebens-Geiſter vergifftet / und folglich der gantze Leib angeſtecket wird.

Letzlich ſoll ſich ein jeder eines ruhigen Gemuͤ - thes zu ſeyn / befleißigen / und alle hefftige und ge - ſchwinde Gemuͤths-Beweg - und Aenderungen / in - ſonderheit / Zorn / Furcht und Schrecken / ja alle darzu veranlaſſende Gelegenheiten / wo moͤglich iſt / vermeiden / und in Chriſtlicher Gelaſſenheit und feſter Zuverſicht zu Goͤttlicher Guͤte und Barmher - tzigkeit allen Begebnuͤſſen unerſchrocken entgegen gehen / und dabey allezeit das Beſte hoffen. Dann es iſt aus der klaͤglichen Erfahrung bekannt / daß die Peſt die Kleinmuͤthigen und Furchtſamen ge - meiniglich eher angreifft / als die / ſo ſich behertzt er -U 3weiſen /310Caput VII. weiſen / Goͤttlichen Willen ergeben / auf ihren Me - dicum und deſſen vorgeſchriebene Artzney-Mittel ein gutes Vertrauen ſetzen / und unterweilen zu Ergoͤtzung des Leibes und Gemuͤths / ein froͤliches Stuͤndlein mitnehmen.

Und ſo viel auch von denen Præſervativ - und Hilffs-Mitteln / die ein reiſender Kauffmanns Die - ner vor und in der Peſt - oder Contagion-Zeit ge - brauchen ſoll. Wir haben uns in deren Beſchrei - bung etwas laͤnger aufgehalten / weil einige Jahre her / faſt hin und wieder dieſes Malum erſchroͤck - lich gehauſet / und viel tauſend Menſchen / darun - ter auch nicht wenig Reiſende werden geweſen ſeyn / hingeriſſen; der groſſen Hindernuͤſſe zugeſchweigen / welche die Commercia in ihrem Lauff / durch die Poſtirungen vorgeſchriebene Umwege / Quaran - tainen / und dergleichen / erleiden muͤſſen.

Folget nun noch mit wenigen / wie auch gegen andere einen reiſenden Kauffmanns-Diener anfal - lende Kranckheiten / derſelbe ſich durch dienliche und allenthalben zu bekommende Hauß-Mittel ſchuͤtzen koͤnne. Und zwar erſtlich gegen

Das Fieber.

SJede Eiſen-Kraut mit der Wurtzel / im guten alten Wein / und laß den Patienten / wann jhn der Paroxyſmus anſtoͤſt / ein oder zwey mahl davon trincken.

Oder nimm 30. Koͤrner von Wermuth / legs in ein halb Noͤſſel Wein-Eßig / und trincke / wann dir das Fieber ankommt / einen guten Trunck da -von /311Wie die Geſundheit zu verwahren. von / beweg dich hier auf durch einen Spatziergang / zu einen gelinden Schweiß.

Jtem / trincke ein gut Glaß Bitter-Wein aus / und gehe hierauf ſo lang / biß der Schweiß er - folget.

Ein paar Tag ſich / ſo viel moͤglich / des Eſſens enthalten / thut auch viel / das Fieber zu vertreiben. Multi morbi curantur inedia & labore. Viel Kranckheiten werden durch Hunger - und Arbeit vertrieben. Dahero viel / die in der Frembd ſeynd / durch die Hunger-Cur ſich bald von ihren Kranck - heiten loß machen.

Jtem / nimm Wein-Eßig / das Weiß von Ey / etwas Alaun / geſaͤuert Brod / ein wenig Saltz / und alten Leimen von Kachel-Offen / jedes gleichviel / ruͤhre es unter einander / und binde es auf dem Puls / laß es liegen / biß es duͤrre wird / ſo geht das Fieber darnach weg / wo nicht / ſo muß es noch ein - mahl friſch aufgeleget werden.

Jtem / nimm Alaun / und eine Muſcaten-Nuß / jedes gleichviel / pulveriſirs / und wann der Paro - xyſmus kommt / ſo nimm es in warmen Bier ein.

Jtem / nimm tauſend Guͤlden-Kraut / oder das ſogenannte Fieber-Kraut / koche es im guten Wein oder Brunnen-Waſſer / und laß es den Patienten kalt trincken.

Oder nimm Hauß-Laub / (es waͤchſt oben auf den Daͤchern) nehe etliche Blaͤtter davon in ein Saͤcklein / und haͤnge es dem Patienten auf die Bruſt.

Jtem / leg das ſogenannte Trifolium febri - num in guten Brandwein / es macht ihn nicht al -U 4lein312Caput VII. lein ſchoͤn gruͤn / ſondern iſt auch gut vor das Fie - ber und verdorbenen Magen.

Zu hitzigen und beſorglichen Wund-Fiebern.

. 〈…〉〈…〉Depurat. Diaphor. ana. Ʒj. flor. 〈…〉〈…〉s Эij. Op. Cyd. gr. ij.

Miſcetur, fiat Pulviſ. divid. in 4. partes æqua - les, Præſervativ-Pulver in hitzigen Fiebern / und gegen beſorgliche Wund-Fieber.

Vor gifftigen Hund-Biß.

NJmm Oſter-Lucey / weiche ſie in Ziegen-Milch / und legs auf den Schaden.

Jtem / nimm etwas geſtoſſene Krebs-Stein ein / ſtreich auch Mayen-Wuͤrmlein-Oehl auf den Schaden / oder nimm gleich von des Hundes Haar / und legs auf den Schaden. Man muß auch ſol - chen ſo lang offen halten / als man kan / und wann es gefaͤhrlich iſt / den Patienten immer im flieſſenden Waſſer baden / auch vor innerlichen Zufaͤllen ihn mit Hertz-ſtaͤrckenden / und dem Gifft widerſtehen - den Artzeneyen wohl verſehen / ausgedruckter Neſ - fel-Safft in einem naſſen Tuͤchlein auf den Scha - den gelegt / iſt auch gut.

Wer ſich verbrannt hat mit Pulver /

Der nehme etwas Sauer-Kraut-Lack / friſchen Kuͤh-Koth / und Salpeter / ruͤhre es durch einan - der / und ſchlage es uͤber.

Vor313Wie die Geſundheit zu verwahren.

Vor den Schwindel

Kan ein Reiſender / der damit behafftet iſt / ein Conſervativ von Majoran oder Meyen-Bluͤm - lein nehmen / wie auch 4. biß 5. Tropffen von Agt - Stein-Oehle / in Mayen-Blumen-Waſſer. Man ſoll auch oͤffters Cubeben im Mund kaͤuen / und die Feuchtigkeit / ſo ſich davon ſammlet / ausſpeyen. Das Haupt / die Schlaͤffe und Stirn / kan man oͤffters mit Lavendel-Waſſer beſtreichen; Folgende Species auch in eine Schlaff-Muͤtze oder Haube einnehen. Nimm Roßmarin / Majoran / Wohl - gemuth / Poley / jedes ½. Loth / Lavendel-Blumen / Quendel / Thymian / auch ſo viel Storax und Ben - zoe, jedes . Quintlein / Agtſtein-Oehl etliche Tropffen. Letzlich ſoll man ſich auch vor hart - verdauigen und geſaltznen Speiſen / ſonderlich vor Knoblauch / Rettich und dergleichen huͤten / auch keinen Toback rauchen.

Vor den Schlage.

Wenn ſolcher einen geruͤhret / iſt wohl das er - ſte Mittel / daß man eine Ader oͤffnen laſſe / damit das Gebluͤt die Feuchtigkeiten / welche in das Ge - hirn gedrungen / wieder in ſich nehmen moͤge / hiernaͤchſt ſoll man den Patienten fleißig mit war - men Tuͤchern reiben / ein Clyſtier ſetzen / den Ruͤck - grad mit Camillen / Spick und Bibergeil-Oehl ein - ſalben / in dem Nacken eine Blaſe ziehen / auf die Fußſohle Uberſchlaͤge von zerſtoſſener Rauten und Saltz legen; vor die Naſen Spiritum Salis Am - moniaci halten / oder das Gummi Galbanum, ſoU 5in314Caput VII. in Eßig geweichet worden / ingleichen Rauten - Safft mit Eßig vermengt / wie auch den Rauch vom angezuͤndeten Agtſtein / die Wuͤrbel / Schlaͤffe und Naſen / ſollen mit Agtſtein-Oehl oder Bal - ſam / wie auch mit Schlag-Balſam beſtrichen wer - den. Das Angeſicht aber mit Schlag-Waſſer / die Zung mit Theriac oder Zimmet / ingleichen Campher-Oehl; hier auf giebt man ihm 1. oder 2. Loͤffel voll guten Schlag-Waſſers / oder biß 7. Tropffen von Agtſtein-Oehl in Lavendel Waſſer ein / ingleichen ein oder zwey Loͤffel mit Rauten - Safft / und was ſonſt zur Hertz-Staͤrckung / und die Lebens-Geiſter wieder herbey zu bringen / die - nen kan.

Vor die Braͤune im Halß und an der Zunge.

Dieſes iſt eine ſehr gefaͤhrliche Kranckheit / ab - ſonderlich wann das Athem-holen und Schlucken dadurch verhindert wird / ingleichen die innere Theil mehr als die aͤuſſern afficiret ſeyn; Wann die zaͤhe und weiſſe Materia / welche die Zunge / und die andere Theile des innern Mundes / in der Braͤune gemeiniglich uͤberziehet / trocken und ſchwartz wird / ſo iſt ſchlechte Hoffnung. Wann ein Schaum auf dem Mund ſtehet / ſo ſteckt der Patient dem Todt bereits in Rachen; daher in der Cur dieſes Affects nicht zu ſaͤumen. Jſt die Kranckheit anſteckend / daß mehr Leut daran nie - derliegen / ſo kan man ihm zu vomiren geben; Es muß aber ſolches gleich den erſten Tag geſchehen / dann den andern iſts nichts mehr nuͤtz. Jſt erBlut -315Wie die Geſundheit zu verwahren. Blut-reich / kan man ihm eine Ader / ſonderlich un - ter der Zunge / oͤffnen. Hierauf Morgends und Abends ihn fleißig mit der Tinctura Bezoardica verſehen / von 30. zu 40 Tropffen jedes mahl. Waͤ - re ſolche nicht bey der Hand / ſo nehme man aus - gedruckten Safft von Pferd-Miſt / um den Pa - tienten dadurch einen Schweiß zu erwecken; So muß man ihme auch oͤffters des Tages uͤber die Zunge ſaͤubern / und in Hals ſpritzen. Jſt die Zun - ge allzu ſehr duͤrre und trocken / ſo kan man ſelbi - ge oͤffters mit Schleim / der aus Floͤh-Saamen / mit Roſen-Waſſer gezogen worden / beſtreichen / oder ein Stuͤck Speck / Meſſer-Ruͤcks dick / und ſo breit als die Zunge iſt / auflegen. Dieſes wird nicht allein die Doͤrre der Zungen lindern / ſondern auch die ſchwartze Haut aufloͤſen / daß ſie von der Zungen abgezogen werden kan. Wann die Thei - le des innern Mundes verwundet / kan man ſelbi - ge mit Salpeter / ſo mit Honig vermenget iſt / be - ruͤhren / damit die Haut abgehe; Nachmahls kan man es mit Johannis-Kraut-Oehl beſtreichen. Auch kan man einen guten Umſchlag um den Hals / von rothen Myrrhen / Weyhrauch / Cam - pher / Saffran / und dergleichen machen.

Jn waͤhrender Kranckheit ſoll ſich der Pa - tient mit Gerſten-Suppen und Haber-Muͤßlein begnuͤgen laſſen / und nichts gewuͤrtztes genieſſen / ingleichen keinen Wein trincken / ſondern Gerſten - Waſſer mit ſuͤß Holtz und Wein-Beerlein / an ſtatt des Truncks / gebrauchen / oder gar folgenden Tranck anſtellen.

Nimm316Caput VII.

Nimm Feigen / Suͤß-Holtz / weiſſen Zucker - Candi / kleine Roſinen / gereinigte Gerſten / Aniß - Saamen / Fenchel-Saamen / jedes 1. Loth / blaue Violen / Brunellen-Kraut / jedes 1. Hand voll / koche es mit 3. Maaß Waſſer zu einen Tranck / und ſei - he es durch. Der Patient ſoll auch Anfangs nicht viel reden / und den Leib allezeit durch Clyſtirn of - fen halten. Einige ſchaben auch dem Krancken die Zunge offt mit Weyden-Holtz / und was ſie ſo abgeſchabet / das geben ſie einem Hund auf Brod oder Speck zu freſſen. Hernach nehmen ſie einen Spiegel