Denen Durchganz Teutſchland und auch andern Reich und Laͤn - dern
Handels-Dienern wuͤnſcht Nebenſt Zueignung dieſes Buchs Der Author deſſelben Ertraͤgliche und annehmliche / Lehrreiche und nuͤtzliche Handels-Dienſte /) (2inin welchen Jhre Geſundheit conſerviret und geſtaͤr - cket / Jhr Verſtand geſchaͤrffet / Jhre Handels-Wiſſenſchafften gemeh - ret / Jhre Perſonen bey Einer Loͤblichen Kauff - mannſchafft in Anſehen und Credit geſetzet / Jhre eigne Mittel rechtmaͤſſiger Weiſe vermehret / Der Grund zu Jhrer kuͤnfftigen Propre - Handlung dadurch geleget / und endlich von Jhnen Das Zeugnus eines guten Gewiſ - ſens vor GOTT / Und redlichen Verhaltens / von Jh - ren Handels-Patronis, und andern Ehr - liebenden Kauff-Leuten moͤge da - von gebracht / Jn waͤhrenden ihren Dienſt-Jahren aber Jhnen auf Jhren Reiſen / der Schutz der Heiligen Engel /BeyBey wunderlichen Patronen die be - noͤthigte Gedult / Jn Creutz und Truͤbſal die wieder aufrichtende Huͤlffe GOttes / Jn ſchweren Amts-Verrich - tungen Vorſichtigkeit / allenthalben aber eine ſolche Conduite, Auffuͤhrung und Tugend - Liebe mitgetheilet werden / Durch welche ſie ſich dasjenige zu erlangen capables machen / Was zu Jhrer zeitlichen und ewigen Gluͤckſeeligkeit gereichen kan.
SO wenig als es der - jenige (der mit groſſer Muͤhe und Unkoſten / ein zur Kaufffardey deſtinirtes Schiff / von dem Stapel oder dem Strand / an welchem es ge - bauet worden / auf das Waſſer ge - bracht /) dabey bewenden laͤſt / daß es daſelbſt als ein kleines Waſſer - Caſtel ſich zwar anſehen ließ / in den Augen der Vorbeygehenden præſen - tire / wann es nicht auch dabey die / ſich von demſelben promittirte Dien - ſte / vermitelſt der Farth / zur See thun und dadurch nutzbare Frachten / und andere Kauffmaͤnniſche Profiten ein -brin -Vorrede. bringen ſollte; Eben ſo wenig hat es mir auch / Geneigter Leſer / genuͤget / den wol unterwieſenen Kauffmanns - Jungen ſo weit gebracht zu haben / daß er nun als Diener auftretten / und (da er ſozureden von dem Kern an / aufgezogen / und biß an die Zeit des Fruchtbringens gewartet wor - den /) die Fruͤchte ſeiner erſtandenen Lehr - und Dienſt-Jahre in ſeinem Diener - oder Geſellen-Stand wiſ - ſen koͤnnte / wann ich nicht auch / wie und welcher Geſtalt / auch quo ordine und in was vor unterſchiedlichen Gradibus ſolches geſchehen muͤſſe / da - bey in einem beſondern Tractat haͤtte anweiſen / und die Nothwendigkeit davon demonſtriren ſollen. Welches dann in dieſem gegenwaͤrtigen ge - getreuen und geſchickten Handels - Diener / und zwar in gleicher Diſpoſi - tion der Capitel / die bey dem Kauff - manns-Jungen obſerviret worden /) (2ge -Vorrede. geſchiehet / auſſer daß in dem 15. ein ſonderbarer gluͤcklicher Einfall / mich auf eine Materiam, (nehmlich wie ei - ne loͤbliche Stifftung und freundliche Bruͤderſchafft unter denen Handels - Verwandten / eines groſſen Han - dels-Platzes aufzurichten waͤre) gebracht / durch deren deutliche Aus - fuͤhrung / ich keines wegs zweiffle / denen Commercirenden und ihren Bedienten / allerſeits einen groſſen Nutzen und ſtattlichen Vortheil an - gewieſen zu haben / anerwogen / daß beydes die Herren / welche gute Die - ner benoͤthiget / als auch die Dienſt - ſuchende / durch ein ſolches Addreß - Haus ſicherer und geſchwinder ein - ander werden koͤnnen zugebracht / die - ſe aber (inſonderheit dadurch / weil ſie an gewiſſe Jnnung und Reguln ge - bunden /) ſich in ihren Dienſt-Jah - ren ſo viel tugendhaffter werden auf - fuͤhren muͤſſen / als ſie das Gegentheilthuen -Vorrede. thuende / eben wie die zuͤnfftige Hand - wercker zu beſorgen haben moͤchten / im Fall ihres Ubel-Verhaltens an - derwaͤrts nicht wieder recipirt zu werden.
Wir geben aber dieſem Buch den Titul des getreuen und geſchickten Handels-Dieners / weil beydes Inſe - parabilia oder unzertrennliche Dinge ſeyn / indem einem Handels-Mann wenig mit einem getreuen Diener ge - dienet iſt / wann derſelbe auch nicht dabey ein guter Verrichter / oder wann im Gegentheil dieſes letztere gleich waͤre / das erſte aber erman - gelte / daher wir ihn auch / was bey - de Requiſita anbelanget / in dem an - dern und dritten Capitel ziemliche Lehren mittheilen / und was des - falls ſeine Pflicht ſey / ihme ernſtlich einſchaͤrffen. Hiernechſt wird in denen folgenden Capiteln dasjenige be - ſchrieben / was zuvor gleichſam uͤber) (5denVorrede. den Horizont eines Jungens gewe - ſen / einem Diener aber zu thun oder zu verrichten / obliegen will / wobey wir ihm auch / um ſeine Lehr - und Tu - gend-Begierde deſto mehr anzuſpor - nen / den Vorſchmack desjenigen Standes geben / in welchem er ſelber dermaleins Herꝛ werden / und was er alsdann in Handlungen verrichtet / ſich ſelbſt und nicht mehr andern zum Profit thun kan.
Da auch hierauf das Capitei von dem Recht der Kauffmanns-Diener folget / ſo hat ein jeder Ehr-liebender unter denſelben um ſo viel ſorgfaͤlti - ger zu erwegen / wie die Verpflich - tung / die ihm in ſeinen Dienſt-Jah - ren auf dem Hals lieget / (nachdem er derſelben ſich wohl oder uͤbel acquittiret) Belohnung oder Straff nach ſich ziehen / damit aber nun dem Erſten ſo viel mehr von ihme moͤge nachgetrachtet / und das Letzere hin -gegenVorrede. gegen vermieden werden / als laſſen wir es zum Beſchluß an heilſamen und Chriſtlichen darzu dienenden Er - mahnungen und Lehren (welche meh - rentheils aus vornehmer Theolo - gorum Schrifften genommen wor - den /) nicht ermangeln / damit verhof - fentlich das gantze Werck alſo einge - richtet werde / daß auch derjenige der ſich klug und vollkommen in der Kauffmanns-Diener Profeſſion zu ſeyn beduͤncket / dannoch noch unter - ſchiedliches daraus zu lernen finden moͤge. Nunmehro erwarte der ge - neigte Leſer den Gelehrten-Kauff - mann ingleichen hundert auserleſene Vorfaͤlle / uͤber das Jtaliaͤniſche Buchhalten / welches letztere um ſo viel nuͤtzlicher ſeyn wird / wann (da etwan hin - und wieder hohe Lands - Obrigkeiten ordentliche Commer - cien-Collegia étabiliren ſollten) die - ſelbe wie in Franckreich / vermoͤg derKoͤ -Vorrede. Koͤniglichen Ordonnanz geſchiehet / ihre Kauffleute ernſtlich dahin an - hielten / daß ſie gleichfalls gute Ord - nung in ihren Buͤchern und Scriptu - ren zu halten / beſſer als bißher geſche - hen / ſich ſollten angelegen ſeyn laſſen / dabey es dann ſonderlich auf man - chen Kauffmanns-Dieneꝛ ankommen wuͤrde / ſich eyfriger der Kunſt des Buchhaltens zu bemuͤhen / weil nicht allein ihre Profeſſion ſolches ohne dem erfordert / ſondern auch das Commer - cien-Collegium kuͤnfftig / wann ein ſolcher Diener ſeinen eigenen Handel anfangen wollte / genau darauf ſe - hen / (und wo nicht aus obbemeld - ten hundert Vorfaͤllen) ihme doch einen andern intricaten Buchhalters Caſum zu journaliſiren vorgeben koͤnte.
Endlich erinnern wir auch noch zum Beſchluß / daß dieſes Buch eini - ge Capitel und Sachen in ſich ſchlieſ -ſeVorrede. ſe / welche von der Beſchaffenheit ſeyn / daß es wohl meritire von ei - nigen auf ihren Reiſen / als ein nutz - bares Vade Mecum mitgefuͤh - ret zu werden.
Was ein Kauffmanns-Diener ſey / und wie vielerley Arten der - ſelben gefunden werden?
EJn Kauffmanns-Diener wird derjenige genannt / welcher nicht eben einem Kauffmann / was deſ - ſen Perſon betrifft / an ſeinem Leib zu dienen / ſich wiedmet (ſintemal es mehr denen Jungens und die noch in ihren Dienſt - und Lehr-Jahren begriffen / oder auch auſſer denen Handels-Geſchaͤfften / beſonders zu dergleichen perſoͤhnlichen Dienſten und Aufwartung angenommenen Perſonen und Laqueyen zukommt) wiewol ſich auch gewiſſe Zufaͤlle ereignen koͤnnen / da des Wohlſtands und der Hoͤflichkeit halben / ein Handels-Diener ſeinem Herꝛn / mit ſonderbarer Dienſtfertigkeit / und Erweiſung gefaͤlliger Bedie -Anung2Caput I. nung und Gefliſſenheit an deſſen Perſon zu bege - gnen ſchuldig iſt / ſondern es erſtrecken ſich ſeine Dien - ſte mehrentheils auf ſeines Principals Handels-Ge - ſchaͤffte / denenſelben entweder nach beſten Wiſſen und Vermoͤgen / vermoͤg aufgetragener Gewalt wohl vorzuſtehen / oder die dabey vorfallende Ver - richtungen / nach ſeines Herꝛn Ordre und Willen auszufuͤhren / und in Summa alles dasjenige da - bey zu thun / was ſeinem Herꝛn und Principal zum Nutzen gereichen / deſſen Schaden abwen - den / und ihm ſelbſt vor ſeine Perſon die Laſt der Handlung erleichtern kan; ſintemal eben darzu Die - ners angenommen werden / damit ſie die taͤglich anwachſende Handels-Geſchaͤffte ihren Herren ab - nehmen / dieſe hingegen nach und nach der Ruhe bey ihren durch Handlung erworbenen Reichthum / oder doch zulaͤnglichen Guͤtern / genieſſen moͤgen / wiewohl auch mancher noch nicht ſo weit gekommener Han - dels-Mann darum eben keinen Diener annimmt / ſon - dern vielmehr / damit er an ſolchen einen treuen Ge - huͤlffen in ſeiner Handlung haben / und ſolche deſto ſtaͤrcker fortſetzen moͤge. Andere Beweg-Urſa - chen zu geſchweigen / die ſich ohne dem hin - und wieder in dieſem Tractat zur Gnuͤge aͤuſſern wer - den.
Nachdem wir nun ſolcher Geſtalt was ein Kauffmanns-Diener ſey / in genere beſchrieben / ſo iſt auch noͤthig / ſpecialiter die vielerley Arten / Claſ - ſes und Gradus derſelben / zu betrachten / da ſich denn gleich die Complimentarii, Factores, Buchhal - ter / Contoriſten / Laden und Gewoͤlb / Waare und Reiſe / (oder auch zu unterſchiedlicher dieſer Factio -nen3Was ein Kauffmanns-Diener ſey[:]nen geſchickte) Handels-Diener præſentiren / die wir jetzt alle der Ordnung nach beſchreiben und an - ſehen wollen.
Ein Complimentarius, (welcher nicht von Complimenten / das iſt / von allerhand hoͤflich / heu - tiges Tags zierlichen / politiſchen / zuweilen Grund - falſchen und erlogenen Reden / Schmeicheleyen / oder Liebkoſungs-Worten / dahero auch die Fran - tzoͤſiſche Derivation eines accomply Menteurs oder vollkommenen Luͤgners herkommt / den Na - men fuͤhret /) wird mehrentheils in Jtalien / als woraus dieſes Benennungs-Wort entſproſſen / und auch in einigen vornehmen (ſonderlich hoch - teutſchen) Contoiren und Handlungen diejenige genannt / der von dem Wort accomplir, Com - plere, erfuͤllen / die Stelle eines Handels-Patrons / (entweder weil kein ſolcher vorhanden / ſondern nur die Handlung in Wittib - und Erben-Namen / oder vor ihre Rechnung fortgefuͤhret wird / oder weil der Patron ſelber / aus Urſach obliegender anderer Geſchaͤffte / oder wegen allbereit genugſam erworbe - nen Reichthums / eine ſolche Vollmacht / auf einen getreu - und geſchickt-erfundenen Menſchen trans - portiret / und ihme nach Gefallen freye Haͤnde zu ſchalten und zu walten ertheilet) vertritt / und alles nach eigenem Gutduͤncken / in der ihme untergebe - nen Handlung veranſtaltet / und dahero den Na - men Complimentarius empfaͤngt / wie alſo in groſ - ſen Druckereyen / denen ein Haupt fehlet / derjenige / deme unter deſſen die Direction aufgetragen wor - den ein Factor; in denen Apotecken der Ober - ſte / und zuweilen nach Abſterben ſeines Herꝛn allesA 2ver -4Caput I. verſehende und dirigirende Geſell ein Proviſor; Der einer Schuſter-Wittib / ihrer Werckſtatt vor - ſtehende aͤlteſte oder verſtaͤndigſte Schuh-Knecht / ein Brett-Meiſter / und ein dergleichen Schneider - Geſell / der der verwittibten Meiſterin in Bedienung ihrer Kundten / getreue Huͤlffe leiſtet / und ſeinen uͤbrigen Mitgeſellen / ihre zuverfertigende Arbeit zu - ſchneidet und anweiſet / ein Tafel-Schneider ge - nennet wird. Nur wolte ich / daß im Kauffmanns - Stand / das Wort Complimentarius, auch nicht ſo / wie das Wort Banquier, gemißbrauchet wuͤrde / und daß derje-nige / der nicht etwan in einem Welt - beruͤhmten Contoir das Fac-Totum iſt / mit dem Prædicat eines getreuen Handels-Diener vorlieb nehme / welches ihme eine groͤſſere Ehre / als das hochpraleriſche Complimentariat / (da weder an ihm noch der Handlung / der er vorſtehet / nicht viel beſonders iſt) ſeyn wuͤrde; wie ich denn in einer vor - nehmen Reichs-Stadt einen ſolchen / nicht den Na - men / ſondern der That nach warhafftigen Compli - mentarium (welcher einer Welt-beruͤhmten Handlung / von welcher der Principal geſtorben / lange Jahr in der Wittib Dienſten vorgeſtanden / und weil er dabey die Freyheit gehabt / Nebenhand - lungen vor ſich zu treiben / durch Fleiß und Sorg - falt / zufoͤrderſt aber durch GOttes Seegen biß 14000. Reichsthl. erworben / gekannt habe / wel - cher ſich Schertz halben offt ſelbſt einen armen Dienſt - boten / meiſtentheils aber gegen diejenige genannt / die etwan Geld von ihm entlehnen wollen / welche er aber gemeiniglich mit dieſen Worten abgefertiget / daß man ſolches bey ſeines gleichen Dienſtboten nicht ſu -chen5Was ein Kauffmanns-Diener ſey[:]chen muͤſte / da er in deſſen vor viel tauſend Cre - dit an der Boͤrß und im Beutel gehabt.
Der andere Grad der Handels-Bedienten ſeynd / die ſogenannte Factores, à faciendo vom Thun / alſo genannt. Dieſes Wort Factor, ob es wohl nicht ſo viel ſyllbig als Complimentarius her - auskommt / hat doch bey manchen mehr in Receſ - ſu, als eines andern ſein Complimentariat, in dem auf einen ſolchen das gantze Fac-Totum offt in einer Handlung lieget / wiewol ich auch den Na - men / oder vielmehr dieſes Prædicat, nicht wol ver - tragen kan / wann ich bedencke / daß gleichwohl ein Unterſchied zwiſchen denen auslaͤndiſchen Factori - bus ſeyn muͤſſe / die etwan Kauffleut in ihren Com - miſſionibus bedienen / und alſo nur in einem Theil ihrer Handlung ihnen zu Dienſten ſtehen / es waͤre denn / daß man jene / Einlaͤndiſche und Domeſticos Factores nennen wollte / in welchem Fall / ihnen ſol - ches Prædicat noch wohl moͤchte koͤnnen beygeleget werden.
Buchhalters heiſt man diejenige / die der Kauff - leut Buͤcher fuͤhren / das iſt / welche / die das Mo - nat uͤber gehandelte Poſten / buchhalteriſchen Sty - lo nach journaliſiren / folglich in das Haupt-Buch uͤbertragen / monatliche und auch jaͤhrliche Schluß - Bilantze daraus ziehen / ſolche ihren Principalibus præſentiren / und daraus in richtiger Ordnung de - nenſelbigen ihren Handels-Etat, auch was des Jahrs uͤber in der Handlung gewonnen oder ver - lohren worden / vorſtellen. Solche Buchhalter ſeynd nun wieder zweyerley / nemlich entweder ſolche / die mehr als ein Contoir bedienen / und auſſer den Buͤ -A 3cher -6Caput I. cherfuͤhren / und Rechnung ausſchreiben auch et - wan der Relation, die ſie daraus dem Principali von ſeines Handels-Zuſtand vorſtellen / ſich ſonſt mit keinen andern Handels-Geſchaͤfften vermengen / ſondern / wenn ſie ihre monathliche Verrichtung ein - gezogen und billanzirt / folglich ſich auf ein an - der Contoir begeben / und daſelbſt dergleichen thun.
Oder es ſeynd alſo genannte / und auch zu an - dern Handels-Geſchaͤfften angenommene und beſol - dete Handels-Diener / welche einig und allein in eines einzigen Patrons Dienſten ſtehen / und weil ſie vor andern mehr Capacitaͤt und Erfahrung / auch gruͤndlichere Wiſſenſchafft des Buchhaltens haben / von ſolchen auch uͤber die Buͤcher geſetzet / dadurch vor andern Bedienten diſtinguiret / hoͤher als an - dere ſalariret / und in die Authoritaͤt geſetzet wer - den / denen unter ihnen ſtehenden / im Namen des Patrons, und was zu deſſen Handlung Nutzen ge - reichet / befehlen zu koͤnnen. Dieſe / wie ſie die Arca - na Negocii unter Handen haben / mit ihren Her - ren zuweilen in Berathſchlagungen dieſer oder jener Handels-Angelegenheit eingehen / alſo ſeynd es auch eigentlich die vornehmſte Handels-Diener / welche tacitè die Complimentariatſchafft und Factorey verwalten / und in ihrem Prædicat der Buchhalter den rechten Characteur eines wohl meritirten und conſiderirten oͤberſten Handels-Diener einſchlieſſen. Jhnen folgen
Die Contoiriſten / die in anſehnlichen und vornehmen Handlungen auch ihre beſondere Conſi - deration und Wuͤrde haben / und ſeynd ſelbige ent -weder7Was ein Kauffmanns-Diener ſey[:]weder Correſpondenten / welche die Brieffe ſchrei - ben / dahero auch fremde Sprachen / und eines guten Styli, ſonderlich aber des Handels Zuſtands / worauf ſolcher rouliret oder beſtehet / kundig ſeyn muͤſſen / wobey ihnen auch die Geſchaͤffte an der Boͤrß / in Wechſel-Schluͤſſen / Ein - und Verkauff der Waaren / und dergleichen / vielmals mit anver - trauet und aufgetragen werden.
Oder es ſeynd nur bloſſe Caſſirers, welche die Geld-Caſſam fuͤhren / und in Staͤdten / da keine Ban - quen aufgerichtet / mit Geld-Einnahm und Aus - gab zu thun haben / uͤber ſolche monatlich dem Buch - halter ihr wohlgeſchloſſenes Caſſa-Buch uͤberrei - chen / damit er aus ſolchen den Ubertrag in die Handels-Buͤcher machen koͤnne.
Zu denen Contoiriſten moͤchte man auch rech - nen / die neu-angehende Handels-Diener / welche poſttaͤglich mit Briefſchreiben und copyren helffen / und dabey ihnen zukommende und aufgetragene Handels-Geſchaͤffte / auch auſſerhalb Haus verrich - ten muͤſſen.
Laden-Gewoͤlb - und Waaren-Die - ner / ſeynd diejenige / welche bloß mit Waaren / und was deren Ein - und Verkauff betrifft / umge - hen / dieſelbe zu ſortiren zu pflegen / und zu conſer - viren wiſſen / bey ſolchen auch taͤglich im Laden / Kram oder Gewoͤlb aufwarten. Ob nun wohl eini - ge unter ihnen auch zu denen Affairen auf den Con - toir nicht untuͤchtig ſeyn / und zuweilen bey ihren Principalen nebenſt der Kraͤmerey / (die als ein Stuͤck ihrer Handlung tractiret wird /) auch ande - re Real-Handlungen ſehen / und unter Handen be -A 4kom -8Caput I. kommen / ſo wiſſen doch hingegen ihrer viele / auſ - ſer ihren Waaren / und was im Kram vorgehet / nicht viel von Real-Handlungen / ſonderlich die - jenige / die in groſſen Manufacturen dienen / und welchen entweder die Abrechnung mit denen Hand - wercksleuten / was ſolche an Materialien bekom - men / und an gemachten Waaren dagegen wieder einlieffern / oder der Ein - und Verkauff / item des Empfangenen und Verſendenden ſolcher Waaren / anbefohlen iſt.
Reiſe-Diener / ſeynd zwar alle Handels - Diener / die in ihrer Herren Geſchaͤfften ausgeſandt werden. Es giebt aber auch deren einige / die conti - nuirlich von ihren Herren zu ſolcher Function, ent - weder ihrer ſtarcken Leibes-Complexion oder Kaͤnntniß fremder Sprachen / oder auch anderer Ur - ſachen halber / gebraucht werden / und dahero offt in Jahr und Tagen nicht zu Haus kommen. Diejenige / welche nur bloß Schulden zu mahnen ausgeſandt werden / haben zuweilen dieſes Officium, weil ſie zu hoͤhern Handels-Verrichtungen nicht allzu - geſchickt ſeyn / oder weil ihres Patrons Handlung erfordert / allezeit an dieſem oder jenem Orteinen ſtill - liegenden Diener zu haben / der nicht allein Schul - den einmahne / ſondern auch Waaren ein - und ver - kauffe / und was von Zeit zu Zeit in Handlungen paſſirt / obſervire und aviſire. Und dieſes waͤre alſo kuͤrtzlich die Definition unterſchiedlicher Han - dels-Diener / ihren ſonderbaren Verrichtungen nach; auſſer dieſen aber ſeynd ſie auch anzuſehen / daß etliche derſelben neu-angehende / und erſt aus denen Lehr-Jahren kommende / andere alte geuͤbte Pra -ctici,9Was ein Kauffmanns-Diener ſey[:]ctici, einige aus Begierde etwas mehrers zu ſehen / und zu lernen / andere bloß aus Intereſſe Dienen - de / etliche zeitige / andere immerfort in Dienſten - ſtehende ſeyn.
Die Neu-angehende / haben zwar noch nicht die Erfahrung der lang-geuͤbten / wann aber nur eine ruͤhmliche Begierde und Feuer in ihnen iſt / ſich als Handels-Diener ihrer Function wohl zu acquiri - ren / taͤglich mehrere Progreſſus in denen Handels - Wiſſenſchafften zu machen / ſo iſt ſolches ſchon loͤb - lich / und erſetzet etlicher maſſen / was ihrer Capaci - taͤt abgehen moͤchte.
Alte Practici und lang bey der Handlung Ge - uͤbte / ſeynd einem Handels-Patron ſo viel nuͤtzlicher / als ſie der Handlung Zuſtand ſchon wiſſen / und von ſelbſt ungeheiſſen thun koͤnnen / was ihnen zu thun oblieget.
Diejenige / welche aus Begierde etwas meh - rers in negotiis zu profitiren / ſich in Dienſt bege - ben / ſeynd gemeiniglich ſolche / die ſchon ihr kuͤnff - tiges Etabliſſement wiſſen / und nur darum die - nen / damit ſie ſich in dem / was ihrer kuͤnfftigen Hand - lung zutraͤglich ſeyn moͤchte / ſo viel mehr perfectio - niren koͤnnen.
Hingegen dienen andere aus Intereſſe und Ab - ſichten / wie dorten Jacob um ſeine Rahel, inglei - chen / damit ſie ſich etwas verdienen moͤgen / davon ſie kuͤnfftig ihren eigenen Handel anfangen / oder auch im Alter davon leben koͤnnen / welches ihnen zumalen wohlgelinget / wann ihre Principales ihnen eine beſon - dere kleine Neben-Handlung vor eigene Rechnung zu thun vergoͤnnen / wiewol ſolches cum grano ſalis,A 5wie10Cap. I. Was ein Kauffmanns-Diener ꝛc. wie weit nemlich es einem Handels-Patron anſtaͤndig ſey / daß ſein Diener neben ihm Handlung treibe / anzuſehen iſt / wovon anderwerts mit mehrern ſoll gehandelt werden.
Zeitige Dieners ſeynd diejenige / die nur auf gewiſſe Zeit von Jahren dienen / hernach ihr Gluͤck weiter ſuchen / von einer Handlung zur andern ge - hen / oder endlich gar ihr eigenes anfangen.
Da hingegen andere (vornehmlich die keine groſ - ſe Mittel haben / oder von Jugend auf in einer vor - nehmen Handlung gedienet / die ein groß Capital erfordert) ſich / weil ſie entweder ihr Conto beſ - ſer beym Dienen / und die Fuͤſſe unter eines andern Tiſch zu ſtecken / als bey dieſen ſchwehren Zeiten ihr eigenes anzufangen finden; oder weil ſie ihren Prin - cipalen mit Lieb und Treu zugethan ſind / und ſich ſeinem Hauß verbunden halten / ſeiner Handlung beſtaͤndig / und Zeit ſeines Lebens zugethan zu ſeyn / widmen / und dannenhero biß an das End ihres Le - bens / gegen Empfang eines jaͤhrlichen zulaͤnglichen Salarii verbleiben / dabey auch vielmahls ſich ſamt den Jhrigen gar wohl be - finden.
Was ein Kauffmann in An - nehmung eines Handels-Dieners / und dieſer wieder / in Anſehung der Dienſt / in welche er ſich zu begeben gedencket / zu ob - ſerviren habe / auch welcher Geſtalt ihre Con - tractus, die ſie deßfalls mit einander ma - chen / einzurichten ſeyn?
EJn Kauffmann / der einen Diener anneh - men will / hat zuforderſt Acht zu geben (1.) auf ſich / ſeine Handlung / und Hauß - ſtand / (2.) auf des Dieners / den er annehmen will / ſeine Perſohn / Qualitaͤten / und andere Umbſtaͤnde; und (3.) auf das Publicum ſelbſt / und etwann die Beſchaffenheit des Orts / und der Zeiten / in welchen er lebet / und ſeine Hand - lung établiret hat. Seine eigene Perſohn ſiehet ein Kauffmann bey Annehmung eines Dieners an / ob ſolche ſo unvermoͤgend / alt / ſchwach / oder von andern Geſchaͤfften dergeſtalt diſtrahirt ſey / daß er nicht laͤnger ſeine Handlung ohne Gehuͤlffen / und zwar auſſer den Jungen noch eines Dieners / der die wichtigſten Handels-Geſchaͤffte beſorge und ver - richte / fortzufuͤhren vermoͤge. Er betrachtet fer - ner / ob ſeine Handlung ſo viel eintrage / daß funff - tzig oder hundert / auch wohl doppelt ſo viele Reichs - thaler / nebenſt der freyen Koſt / Logiment und Waͤſche / dem Diener Jaͤhrlich koͤnnen pro Salariound12Caput II. und Ergoͤtzlichkeit ſeiner Dienſte gegeben werden? ob nicht ſein Handels-Jung / der ſchon etliche Dienſt und Lehr-Jahr bey ihm zuruck geleget / oder auch ſein / des Kauffmanns / eigene Kinder von der Faͤhig - keit ſeyn / ihme Handels-Dienſte zu thun / ohne daß hierzu ein ſonderbahrer beſoldeter Diener erfordert werde.
Bey welcher Gelegenheit ich nicht umhin kan / denen (auf gute Conditiones ſich allzu viel verlaſ - ſenden) Handels-Dienern zur Nachricht und War - nung zu ſagen / daß es heutiges Tags mit ihren Dienen eine gantz andere Bewandniß habe / als es vor 40. oder 50. Jahren gehabt / da nicht ſo wohl Kraͤmers-als andere Kauffleut ſehr viel Dieners / und zwar offt Super-Numerarios, oder uͤber die benoͤthigte Zahl gehalten. Einige auch noch biß dato / jedoch nur ſo viel / als ſie unentbehrlich ha - ben muͤſſen / derſelben in Dienſte nehmen / welches wir ihnen auch nicht abſprechen wollen; allein ſei - ter dem / daß in denen See - und andern groſſen Handels-Staͤdten die guten Schreib - und Rechen - Schulen / worzu ſonderlich Nuͤrnberg / Hamburg / Leiptzig / Franckfurt / Luͤbeck / Amſterdam / ſtattliche Exempel der Nachahmung gegeben / aufgekom - men / in welchen die zur Kauffmannſchafft gewid - mete Jugend / ſchon einen guten Vorſchmack zu al - lerhand Handels-Wiſſenſchafften bekommt / auch die Handlung ſich dergeſtalt ausgebreitet / daß ſelbige ein mehr bekanntes Gewerb / als vor dieſen gewor - den / die heutige Jugend auch durch Kunſt und Wiſ - ſenſchafften mehr als vormahls an Verſtand ge - ſchaͤrffet wird / ſo daß viel zeitiger als vor dieſen einjun -13Von allerhand Kauffmanns-Contracten. junger Knab von ſeinen Eltern zu der Profeſſion, zu welcher er gewidmet iſt / und alſo auch zur Kauff - mannſchafft angehalten werden kan; da faͤllt das Dienen-Halten zimlich weg / und behilfft ſich nicht allein obbemeldter Urſachen halber / ſonderlich bey dieſen kuͤmmerlichen Zeiten / ein Kauffmann ſo gut er kan / mit ſeinen Dienſt - und Lehr-Jungens / und eigenen Kindern; arbeitet auch wohl ſelbſt umb ſo viel mehr / damit er nur nicht viel Bediente zu hal - ten / noͤthig haben moͤchte; dahero es / ſonderlich in Holland / nicht mehr um die Zeit iſt / daß einer / der vor Diener daſelbſt dienen will / ſich ein groſſes Sa - larium verſprechen darff / ſondern es werden ihme noch wohl jaͤhrlich ein hundert oder mehr Gulden Koſt-Geld darzu abgefordert. Seiter dem auch / daß die Ab - und Zuſchreib-Banques aufgekom - men / erſpahren die Kauffleute an denen Orten (wo faſt alle Zahlungen per Banco geſchehen) ſchon ei - nes Dieners / den ſie ſonſt auf ihre Caſſam haͤtten halten muͤſſen / man theilet auch nicht mehr die Han - dels-Geſchaͤfften ſo genau ein / da jeder Bedienter eben ſeine gewiſſe Verrichtungen haben / und auſ - ſer derſelben an keine andere gebunden ſeyn ſolte / ſondern wer des Tags uͤber in der Bude oder Waaren-Gewoͤlb geſtanden / muß deß Abends auf das Contoir, und bey die Buͤcher / auch wann es den Patron beliebet / ſich zu Pferd / Wagen / oder Schiff ſetzen / und da oder dorthin / nahe oder ferne / umb Schulden einzucaſſiren / Waaren einzukauf - fen / oder wieder zu verkauffen / oder auch nach des Patrons Ordre andre Geſchaͤffte auszurichten / fort - reiſen / welches eben das jenige iſt / was ein Han -dels -14Caput II. dels-Principal am beſten wiſſen muß / worzu ihm / einen Diener zu halten / noͤthig ſey oder nicht. Wie nun einige hierinnen in exceſſu fehlen / das iſt / daß ſie mehr Diener annehmen / als ſie deren noͤthig ha - ben / ſo pecciren andere hingegen wieder in defe - ctu, welche entweder aus Kargheit / oder aus all - zu abſurder Vorſichtigkeit / daß ihnen ihre Hand - lung / die doch eben kein Myſterium iſt / nicht moͤge abgeſehen werden / keinen Diener halten wollen / ſondern lieber ſelbſt arbeiten / lauffen und rennen / ehe ſie einem ehrlichen Menſchen das Brod bey ſich goͤn - neten / oder ihm etwas bey ſich ſehen und lernen lieſſen / damit er kuͤnfftig auch zu einen Mann wer - den koͤnte.
Bey etlichen kommt auch ihre Haußhaltung in Conſideration, um nach gewiſſen Umſtaͤnden derſelben entweder Dieners anzunehmen oder nicht; dann da will entweder die karge Hauß-Mutter ih - nen nicht ſatt zu eſſen geben / oder es geben andere Dinge in manches ehrlichen Manns ſeinem Hauß / auch wider ſeinem Willen / vor / welche er nicht ger - ne haben wolte / daß ſie andern Leuten kund werden ſolten. Zuweilen mangelt auch der benoͤthigte Raum / einen Handels-Bedienten wohl zu logiren / und da ein Hauß-Vater offt ſamt den Seinigen ſich mit wenigen behilfft / will es doch propter De - corum ſich / wann man ordentlich Geſind hat / nicht ſo wohl thun laſſen / ſondern der Auffgang / oder die Ausgab wird allezeit groͤſſer; Andere Betrachtungen mehr zu geſchweigen / welche etwann einem Kauff - mann ſeiner Haußhaltung halber vorkommen moͤch - ten / eh er ſich einen Diener anzunehmen / reſolvi - ren koͤnte.
Wegen15Von allerhand Kauffmanns-Contracten.Wegen der Perſohn des Dieners hat er erſt - lich phyſicè zu betrachten / ob das ſich angegebene / in Vorſchlag gebrachte / oder ihme recommandir - te Subjectum zu ſeinen Dienſten und Geſchaͤfften / zu alt oder zu jung / zu ſtarck oder zu ſchwach / zu feurig und munter / oder zu melancholiſch und ſtumpf ſey / dann was ſoll ein verdroſſener / ſchwerer / fau - ler / alt und ſchwacher / kraͤncklicher Kerl / bey Hand - lungen von groſſen Fatiquen oder Reiſen / welche einen aufgeweckten Geiſt / beredten Mund / hurtige Haͤnde und Fuͤſſe / und eine kurtze Reſolution er - fordern / und hingegen ein allzu blutreicher / allzu lebhafftiger / prompter und luſtig-geſinnter / bey Handlungen / die in vielen Sitzen / Speculiren und Nachſinnen beſtehet. Werden dieſe widrige Tem - peramenta nicht auch einen widrigen Effect nach ſich ziehen; wiewohl auch nicht zu laͤugnen / daß ein gutes Naturel, und die (bey vielen dergleichen Sub - jectis) die Oberhand habende Vernunfft auch uͤber ihre Affecten den Meiſter ſpielen / und ſolche zu rech - ter Zeit bezaͤhmen koͤnnen / wiewohl auch dieſe Phy - ſica liſche Reflexion nicht eben allein bey eines an - zunehmenden Dieners Perſohn in Conſideration kommen; ſondern es findet ſich auch vor das ande - re eine Moroſiſche / darinn beſtehende / daß entwe - der die Lebens-Art eines ſolchen Dieners nicht mit dem Humeur des Handels-Patrons, oder der Con - venientz ſeiner Handlung uͤberein komme / am aller - meinſten aber zeiget ſich darinnen nach einer Poli - tiſchen Betrachtung / ob es rathſam ſey / zu der Wahl des angegebenen Subjecti zu ſchreiten oder nicht; wann nehmlich bevor ſtehet / daß ein ſolcher Menſchvon16Caput II. von einer ſolchen Extraction und Condition ſey / daß wenn er erſt die Handels-Arcana des Patrons abgeſehen / er ſich kuͤnfftig derſelben zu ſein / des Principals Schaden durch eigene Handlung / oder durch Divulgirung an andere Leute / und ſonderlich an ſeine Freunde zu Nutz machen koͤnte; oder es zei - get ſich auch ein anderer Argwohn und Furcht / wa - rum man einen ſolchen nicht in die Zahl ſeiner Do - meſtiquen auf - und ins Hauß und Handlung an - nehmen koͤnne; wiewohl auch im Gegentheil aus eben ſolchen Conſiderationibus von der Perſohn eines Dienſt-ſuchenden Subjecti hergenommen die Annehmung deſſelben facilitiret werden koͤnte / als wann er von ſolchem Hauß oder Familie entſproſſen oder recommandiret waͤre / welcher man Obliga - tion haͤtte / und nichts verſagen koͤnte; item / wann die Abſicht dabey vorkaͤme / daß / da ein ſolcher Menſch zuvor anderwaͤrts gedienet / und gruͤndli - che Nachricht von frembder Handlung haͤtte / man durch ihm (jnſonderheit wann er mißvergnuͤget weg - gekommen) hinter neue Kundſchafft und Arcana, welches ſich dann gar offt zutraͤgt / kommen koͤnte / wiewohl dieſes kein zugelaſſener Modus, ſeine Hand - lung zu vergroͤſſern / mag genennet werden / wie dann auch ein ehrliebender Kauffmann von ſich ſelbſt eines andern in Ungunſt / und umb ſeines eigenen Verſchuldens willen weggekommenen Diener ſo leicht nicht in Dienſte nehmen wird / in Anſehung / daß es nicht wohl gethan / und kein gut Gebluͤt bey den vorigen gegen den neuen Herrn zu ſetzen pfle - get / ſolcher Geſtalt auch viel lieber ein ſolcher Menſch (ſonderlich wann er ein muthwilliger Deſerteur iſt) ſolte17Von allerhand Kauffmanns-Contracten. ſolte abgewieſen / als unſers Mitbuͤrgers Freund - ſchafft dadurch verlohren werden / wie dann auch viel loͤbliche Handwercks-Jnnungen in ihren Statu - tis dieſes expreſſe, als einen legem haben / daß niemand des andern mit Unwillen dimittirtes oder entlauffenes Geſind behauſen und beherbergen / viel weniger in Dienſt und Arbeit nehmen darff / weil durch ſolche ungeſtraffte Uberlauffung das Geſind nur halßſtarriger gemacht / und was dem einen ge - ſchehen / dem andern auch wiederfahren kan; zu wel - chem Ende auch ſehr loͤbliche unterſchiedliche Obrig - keitliche Verordnungen ergangen / daß niemand ei - nes andern Geſind anzunehmen befugt ſeyn ſolte / es haͤtte dann ſelbiges ein beglaubtes Zeugniß ſei - nes Wohlverhaltens und guͤltigen Abſchied / daß es mit gutem Willen ſeines vorigen Herrns aus Dien - ſten gekommen / aufzuweiſen.
Ein anderes waͤre es / wann ein ſolcher Menſch erhebliche und rechtmaͤßige Urſachen ſeiner Ver - aͤnderung anzufuͤhren haͤtte / und daß ſolche Beweg - Gruͤnde vor ihm ſtritten / auf welche ihme gar wohl / und ohne weiteres Bedencken anderwaͤrts Dienſt koͤnte gegeben werden / oder daß auch ein Handels - Patron beſondere zulaͤßige Abſichten und Motiven haͤtte / warum er einen ſolchen Menſchen gar fuͤg - lich wieder in Dienſten zu nehmen kein Bedencken tragen duͤrffte. Mehrmahls werden auch Handels - Diener / welche ihre Dienſte præſentiren / ihrer Per - ſon halber / angenommen / aus einer ſonderbahren Zuneigung und untruͤglichen Perſuaſion, die ein Handels Patron vor ihre Meriten hat / welche ihm wohl gar zu der heimlichen Reſolution bringen /Bdie -18Caput II. dieſelbe entweder gar in ſeine Handlung zu neh - men / oder noch naͤhere Verbuͤndlichkeit durch Verheyrathung einer ſeiner Toͤchter an denſelben mit ihm zu ſchlieſſen.
Was die zu betrachtende Qualitaͤten des Ver - ſtands betrifft / iſt ein ſolcher ſeine Dienſt præſenti - rende oder recommendirte Diener entweder ein guter Verrichter / von dem man verſichert iſt / gute und nuͤtzliche Dienſte zu ziehen / oder es mangelt ihm auch an der benoͤthigten Capacitaͤt / in jenem Fall wird der Contract bald geſchloſſen ſeyn / wann ſon - derlich andere erforderte Requiſita ſich mehr dabey befinden; in dieſem aber haͤlt es ſchon etwas haͤrter / obgleich das Subjectum ſonſt an ſich ſelbſt von gutem Hauß / Naturel und Recommendation, auch auf ſeine Conduite nichts auszuſetzen ſeyn moͤchte / dahero es offtmahls kommt / daß derglei - chen Leut / auf ein oder zwey Jahr noch ohne Sala - rium, biß ſie ſich etwas feſter in denen Handels - Wiſſenſchafften geſetzet / engagiret werden / oder gar / wie in Holland geſchiehet / noch etwas Geld zugeben muͤſſen / wann auch ſelten ein ſo capables Subjectum gefunden wird / welches in alle Saͤttel gerecht ſeyn ſolte / nach dem bekannten Sprichwort: Non omnia poſſumus omnes, man kan nicht von einem alles fordern. Als ſeynd ſolchem nach etliche gute Contoiriſten / welche mehr bey der Feder / Buchhalten und Correſpondenz, als zum Waa - ren dienen; Andere hingegen verſtehen ſich gut auf den Ein - und Verkauff / und ſeynd vollkommene Kraͤmer / Rabuliſten / das iſt ſolche / welche auf der Kraͤmerey ausgelernet / und in ſolcher einem Pa -trono19Von allerhand Kauffmanns-Contracten. trono nuͤtzliche Dienſte leiſten koͤnnen; andere hin - gegen haben eine Freymuͤthigkeit in Schulden einzu - fordern / eine gute und geſunde Leibes-Conſtitu - tion zum Reiſen / verſtehen auch etwann des Lan - des Sprach / wohin ſie ihr Patron zu ſenden geden - cket; noch andere ſeynd ſehr viel bey Manufacturen - Handlungen umbgegangen / koͤnnen auch wohl ſelb - ſten in ein und andern Hand mit anlegen / oder es finden ſich auch dergleichen / welche mit guten Atte - ſtatis verſehen / eine gute Mine und Anſehen / ſon - derlich aber das Donum inſinuandi haben / dabey hurtig / aufgemuntert und unverdroſſen ſeyn / und ei - ne gute Hoffnung nuͤtzlicher Dienſte von ſich geben. Solche Qualitaͤten alle kommen alsdann bey einem Patrono in Conſideration, daß er ſo viel leichter reſolviren kan / und einen guten Menſchen / was ſolcher von ihnen zu hoffen habe / nicht lange auf - halten darff / wie dann inſonderheit bey dieſen letz - teren Punct die uͤbele Gewohnheit mancher Kauff - leute nicht zu loben iſt / daß ſie manchen jungen ehr - lichen Menſchen / der etwann Condition bey Jh - nen ſucht / das Maul aufſperren / als wann ſie ihn entweder ſelbſt accommodiren / oder doch bey an - deren recommandiren wolten / da doch hernach aus beyden nichts wird / der Expectant aber in - deſſen das Seinige verzehren / und noch darzu biß - weilen anderwerts ein gutes Gluͤck verſehen muß. Was ein gewiſſenhaffter erbarer Kauffmann iſt / der wird allen ſolchen jungen Leuten gleich mit Penetra - tion, und aus vielen Merckmahlen ins Hertz greiffen / ihre Profectus erkundigen / und ſo gleich aus einer kurtzen Converſation und Betrachtung etlicherB 2Neben -20Caput II. Neben-Umbſtaͤnde ur theilen koͤnnen / was an ih - nen zu thun ſey oder nicht. Hierauf auch zugleich ihnen / wann es ihm ſelber angehet / Categori - ſche Antwort von Ja oder Nein ertheilen / oder ihnen doch gute Nachweiſung und Unterricht geben / wo ſie ſich ferner addreſſiren ſolten / und was zu ihren Beſten in ihrer Profeſſion gereichen koͤnte / wie dann ein jeder Chriſtlicher Kauffmann in ſeinem Ge - wiſſen verbunden iſt / es ſey gleich ein junger Menſch an Jhn recommandiret oder nicht / wann er den - ſelben Freundſchafft und einen Liebes-Dienſt erwei - ſen kan / ſolches nicht zu unterlaſſen / weil niemand jemahls zu viel / aber wohl zu wenig wohl thun kan / offtmahls auch uͤber lang oder kurtz / ein ſol - ches bezeigtes Wohlwollen / von dem / der es ge - noſſen / wo nicht an ihm ſelbſt / doch an ſeinen Kin - dern vergolten wird. Weil aber dieſe Morale nicht allen / ſonderlich denen Auffgeblaſenen / und die ſich nicht viel umb ihres Naͤchſten Zuſtand (es ſey ſol - cher gut oder boͤß) bekuͤmmern / jn Kopf gehen will / als vermeine ich / denen angehenden Hand - ungs-Verwandten und Dienſt-ſuchenden Kauff - manns-Dienern einen groſſen Dienſt erwieſen zu haben / wann ich hinten in einem beſondern / und zwar in dem 15. Capitel gar was Neues auf die Bahn bringe / nehmlich ein Project, wie in groſſen Handels-Staͤdten die / der loͤblichen Kauffmann - ſchafft mit Bedienung Verwandte / gewiſſe Stiff - tungen / und ein ordentliche Zunfft - oder Jnnungs - Hauß unter ſich auffrichten ſollen / in welchem ſich unter andern auch einheimiſche und auslaͤndiſche Condition-ſuchende Handels-Diener addreſſiren /und21Von allerhand Kauffmanns-Contracten. und daſelbſt guter Nachweiſung / Recommenda - tion, Vorſprach und Vorſorge gewaͤrtig ſeyn koͤnnen.
Belangend die uͤbrigen Umbſtaͤnde / welche ein Kauffmann in Annehmung eines Dieners ſeiner Perſon halber zu beobachten haben moͤchte / ſeynd dieſelbige ſo mannigfaltig / daß ſie wohl nicht alle erzehlet werden koͤnnen; nur etlicher wenigen zu gedencken / ſo wird manchmal einem Menſchen in Abſicht eines gewiſſen vornehmen Hauſes / welches man ſich dadurch obligiret / Condition gegeben / man erlanget auch wohl durch denſelben profita b - le Commiſſiones, oder man findet ſich eben in dem Stand / daß man Diener nothwendig haben muß / ſolte es auch nur auff eine Zeitlang / oder bey haͤuffigen Meß-Verrichtungen zu dieſem oder jenem Negotio ſeyn / da dann hernach die Condi - tiones auch darnach eingerichtet / und wenn die Urſach ihrer Annehmung aufhoͤret / auch die Dien - ſte wieder geendiget werden. Zuweilen accordirt man auch auf eine gewiſſe Prob-Zeit / nach deren Verlauff ein weiterer Contract ſoll geſchloſſen werden. Man hat auch Verwandte / denen man ihre Kinder in Dienſten zu employren nicht ab - ſchlagen kan / das Vertrauen zu dergleichen Leu - ten / daſſelbige / ob ſie gleich nicht von allzu groſſer Capacitaͤt / doch getreuer als ein Fremb der dienen werden / thut auch ſchon etwas zur Sach / und was der Umbſtaͤnde noch mehr ſeyn moͤchten / welche bey Annehmung eines Dieners / deſſen Perſon halber / in Betrachtung kommen koͤnten.
Jſt noch drittens uͤbrig / was erſtlich wegen desB 3Publi -22Caput II. Publici, dann auch des Orts / der Zeiten und Hand - lung halber / ein Kauffmann bey Annehmung eines Dieners zu bedencken habe; hier verſtehen wir nun unter dem Publico, vornehmlich die Boͤrß / oder die gantze Kauffmannſchafft deſſelbigen Orts / wie nehmlich dieſelbe es in ihrer Bedienung zu halten gewohnt ſey / ob ſie (will nicht ſagen) mit uͤber - fluͤßigen / ſondern nur mit nothwendigen Dienern verſehen ſey / oder ob jeder ſeine Kraͤfften ſelbſt da - ran ſtrecken / und mit den Seinigen arbeite; Weil aber dieſes letztere ſich nicht wohl bey groſſen Hand - lungen allezeit will thun laſſen / als muß ein jeder von ſelbſt ſich hierinn pruͤfen / und wiſſen / was ihme am zutraͤglichſten ſey oder nicht / wann ihme dann die Billigkeit und geſunde Vernunfft ſaget / daß er eines getreuen Handels-Gehuͤlffen in ſeiner Handlung noͤthig habe / und kein Ehrgeitz darun - ter ſtecke / daß er etwann dadurch vor andern wol - le geſehen ſeyn / ſo nehme er in GOttes Nahmen einen an / und kehre ſich nicht daran / was mißguͤn - ſtige oder ſpoͤttiſche Leute davon reden / es iſt auch dem Publico ſelbſt daran gelegen / daß gute Leute zu der Republic Dienſten (dergleichen ſonderlich die Kauffleut ſeyn) erzogen werden.
Die Betrachtung (welche der Ort / wo ein ſol - cher Kauffmann wohnet / geben moͤchte) beſtehet da - rinnen / daß er vornehmlich dahin ſehe / ob ſolcher weitlaͤufftig von groſſen Negotiis, vielen Kauff - leuten bewohnet / ob es ein See-Haven / in welchem viel Schiffe ab - und zufahren / und alſo wegen Viel - heit der Geſchaͤfften / und Weitlaͤufftigkeit des Orts / einen oder mehr Diener zu halten / er ſonderlich noͤ -thig23Von allerhand Kauffmanns-Contracten. thig habe / wobey er zugleich auf die Theurung der Lebens-Mittel / und ob das Geſind viel zu unter - halten koſtet / Reflexion zu machen hat. Nicht weniger ſeynd auch die Zeiten anzuſehen / ob ſolche dermahlen dem Commercio guͤnſtig ſeyn oder nicht / und ob folglich mehr oder weniger Bedien - ten zu halten ſeyn / welches ihm auch der Zuſtand ſeiner Handlung ſelbſt am beſten an die Hand ge - ben wird / wie hiervon ſchon oben mit mehrern Mel - dung geſchehen.
Folgen nun die Betrachtungen / welche ein Dienſt-ſuchender Kauffmanns-Diener / eh er ſich bey jemand engagiret / vorhero haben muͤſſe; ſol - che beſtehen nun vornehmlich darinnen / daß er erſt - lich ſich ſelbſt / und dann den Patron, bey welchem er ſich in Dienſt begeben will / wohl kenne / und nebſt denen erforderten Umbſtaͤnden / alles erſtlich reifflich unterſuche und uͤberlege.
Was die Kaͤnntniß ſeiner eigenen Perſon an - betriſſt / muß er ſeine Leibs - und Verſtands-Kraͤff - ten wohl pruͤfen und verſtehen / ob ſie dem Nego - tio, bey welchem er dienen will / gewachſen ſeyn oder nicht; ob auch die Requiſita des Alters / der Legalitaͤt und Habilitaͤt / die bey mancher Condi - tion erfordert wird / wie auch genugſame Caution (wann ſolche begehret werden ſolte) bey ihm zu finden / und von ihm præſtiret werden koͤnte.
Ferner / ob der Patron, bey dem er dienen will / und auch ſeine Handlung alſo beſchaffen / daß man kuͤnfftig ſeine Avantage davon zu hoffen haͤtte.
Dieſes alles etwas genauer zu beleuchten / ſo moͤchte ſich mancher Kauffmanns-Diener von die -B 4ſer24Caput II. ſer oder jener Handlung leichtlich ein Concept ma - chen / daß ſeine Leibes - und Verſtands-Kraͤfften zu derſelben zulaͤnglich waͤren / da ſie es doch in der That nicht ſeyn / indem entweder viel ſitzen und ſpe - culiren / oder viel Fatiquen / Reiſen / und Hand-Ar - beit dabey vorfallen / zu deren einem oder den an - dern bey ihme gerad das Gegentheil ſeiner Com - plexion und Humeur nach ſich findet; ſo iſt auch bey einer Handlung / die man ex profeſſo nicht gelernet / ſo leicht nicht fort zu kommen / daß man nicht darinnen taͤglichen Unterricht noch beduͤrffe / und dahero den Handels-Patron ſchlechter vergnuͤ - gen ſolte / als er / oder der Dienende / ſich vorher ein - gebildet. Wegen des Alters eines Dienſt-ſuchendens kommt zu betrachten vor / daß ſolches ebenfalls der Handlung / bey welcher er dienet / und der Arbeit / zu welcher er ſich appliciren ſoll / gemaͤß ſeyn muͤſ - ſe / etliche Handels-Verrichtungen / ſonderlich die an einen Diener allein aufgetragen / und ſeiner Ha - bilitaͤt uͤberlaſſen werden / erfordern einen gantzen und lang erfahrnen Menſchen / der / wie man im Sprichwort ſagt / Haar auf den Zaͤhnen hat / und allbereit lang die Jungen-Jahr zuruͤck geleget.
Seiner Legalitaͤt und Habilitaͤt halber / kom - met zu betrachten vor / ob er auch der Orten vor einen Diener koͤnne angenommen werden / oder ob ſeine Geburt / Abkunfft und Vaterland ihm daran verhindern / und wann dieſes gleich nicht waͤre / ob er darum doch hernach zur Meiſterſchafft und Jn - nungs Faͤhigkeit der Orten gelangen koͤnne / oder ob ihme auch in dieſem Paſſu ein Statutum im We - ge ſtehe. Ferner / wann auch dieſe Schwuͤrigkeitgeho -25Von allerhand Kauffmanns-Contracten. gehoben / ob er ſeines Wohlverhaltens wegen tuͤch - tige Abſchiede / und wann es verlangt wuͤrde / an - nehmlich Caution præſentiren koͤnne. Dieſer letztere Punct ſtehet heutiges Tags vielen umb ſo vielen mehr im Weg / als einige Kauffleute wegen der Untreu ihrer Diener groſſe Urſach haben / den - ſelben ſtarck zu urgiren / umb ſo viel mehr / als auch die beſten Gemuͤther / zu denen man ſich alles gu - tes verſehen / und welche ſich etliche Jahr lang red - lich und wohl verhalten / durch boͤſe Geſellſchafft von dem Tugend-Weg ab / und auf die Laſter-Bahn koͤnnen verfuͤhret werden.
Was wegen des Handels-Patrons und ſeiner Handlung / dem ſich in Dienſt-begebenden Han - dels-Diener zu bedencken vorkommen moͤchte / be - ſtehet darinn / daß er ſich erſtlich deſſen Humeurs, wie ſolcher beſchaffen ſey / erkundige / in Anſehung / daß mancher Patron nicht nur wunderlich / ſondern gar faſt unertraͤglich ſeinen ihme doch treu und wohl-dienenden Leuten werden will / ſo / daß man ihm nichts zu Danck oder recht machen kan / die Strapazen / ſo man bey ihm auch offt aus unver - nuͤnfftiger Ordre auszuſtehen hat / ſeynd in die Laͤn - ge nicht auszuhalten / bey welchen allen (ob es gleich ſonſt bey andern Conditionibus heiſſen moͤchte: Perfer & obdura, dolor hic tibi proderit olim, Leide und ſchmiege dich eine Zeitlang / dieſer Kum - mer wird dir endlich zu deinem groſſen Gluͤck ge - deyen / es doch dieſes Orts nicht erſcheinen will / daß man kuͤnfftig von dem mißguͤnſtigen oder eigennuͤ - tzigen Patrono, nach langen muͤhſeeligen Dienſt - Jahren eines Avancements, Vorſchub oder HuͤlffeB 5ſich26Caput II. ſich zu getroͤſten haben ſolte / oder es iſt eine ſolche Handlung / bey welcher ſich ein junger Munſch / als Diener zu begeben / gedencket / ſo beſchaffen / daß er ſelbige kuͤnfftig vor eigene Rechnung aus Mangel des Capitals nichts unternehmen kan; zuweilen wer - den von denen Patronis, denen ſich zu ihren Dien - ſten præſtirenden Dienern auch ſolche Conditio - nes vorgeſchrieben / welche ebenfalls vorher / ehe man ſolche eingehet / genau uͤberleget ſeyn wollen / als wann zum Exempel eine gewiſſe Zahl von Jah - ren / welche ſie ſich zu dienen verſchreiben ſollen / ih - nen abgefodert wird. Jtem / wann man das Sa - larium dergeſtalt einrichten will / daß es entweder nur von Jahren zu Jahren wachſen / oder in den erſten oder andern Jahr gar ausbleiben ſoll / in - gleichen wann man dem Contract (wovon wir bald genugſame Formularia geben wollen) gewiſ - ſe Clauſulas und Conditiones mit einrucket / wel - the allerdings eine reiffe Uberlegung (ehe man ſol - che unterſchreibet) erfordern.
Viel Kauffleut-Dieners kommen bey Han - dels-Patronis in Condition, entweder weil ſie ih - re Jungen-Jahre bey demſelben ausgeſtanden / und vermoͤg des Contracts ſchuldig ſeyn / noch etli - che Jahr als Diener gegen einer gewiſſen Beſol - dung bey ihnen zu ſtehen / oder ſie ſeynd von andern Kauffleuten / die ihres Herkommens / Capacitaͤt und Conduite halber / gute Wiſſenſchafft haben / nach - druͤcklich recommandiret. Einige reiſen auch wohl auf Hoffnung / Condition zu erlangen / an einen groſſen Handels - oder Meß-Ort / woſelbſt eine Zu - ſammenkunfft vieler Kauffleute zu ſeyn pfleget / wiewir27Von allerhand Kauffmanns-Contracten. wir dann von dieſem letzteren Modo in unſerer Be - ſchreibung von Meſſen und Jahr-Maͤrckten / wie der - gleichen ſich angebende Handels-Diener / vor un - ſern vorgeſchlagenen Adres-Contoir daſelbſt zu examiniren / und folglich an vornehme Kauffleute zu recommandiren waͤren / Meldung gethan. Bißher haben es mehrentheils in groſſen Handels - Staͤdten / die Maͤcklers auf ſich genommen / derglei - chen Dienſt-ſuchende Dieners zu recommandiren / wie denn auch viel Kauffleut ſelbſt / welche Dieners benoͤthiget ſeyn / ſich an dergleichen Maͤcklers zu adreſſiren pflegen / unſer vorgeſchlagenes Handels - Bedienten Zunfft-Haus aber / wird hinfuͤhro an denen Orten / wo ſelbiges étabiliret werden ſollte / am allerbeſten ins Mittel tretten / und die Kauffleute mit tuͤchtigen Dienern / dieſe aber mit rechtſchaffe - nen Patronis zu verſehen ſuchen / und hieruͤber laſſen wir es / was die Conſiderationes betrifft / welche ein Kauffmann in Annehmung eines Dieners / und dieſer wieder wegen der zuſuchenden und zunehmen - den Condition haben muͤſſe / beruhen / und wenden uns nunmehro zu denen Formularibus unterſchied - licher Contracten / welche zwiſchen Kauffleuten und ihren anzunehmenden Dienern aufzurichten ſeyn / in welchen dann unterſchiedliche Clauſuln und Cautelen / die ſo wol der eine als der andere Theil ſich zu Nutz zu machen hat / vorkommen werden.
Was anfaͤnglich die Dieners betrifft / welche ihre Jungens-Jahre bey einem Kauffmann ausge - ſtanden / und hernach noch als Dieners einige Jah - re bey ihm ſtehen muͤſſen / braucht es dißfalls kei - nes weitern Contracts, weil allbereit in ihremDienſt -28Caput II. Dienſt - und Lehr-Contract, daß ſie nach voll - brachten Jungens-Jahren noch ſo lange als Dieners ſtehen ſollten / verſchrieben iſt; dahero wir nunmeh - ro nur mit denen Contractibus zu thun haben / wel - che zwiſchen neu-anzunehmenden Dienern und ih - ren Herren aufgerichtet werden / und zwar præ - ſentiret ſich erſtlich ein
JM Namen GOttes kundt und zu wiſſen / daß heute untengeſetzten Datum, zwiſchen Herꝛn Titio Kauff - und Handels - Mann allhier in Leiptig / und Peter Mæ - vium Handels-Diener von Erfurth gebuͤrtig / fol - gender Dienſt-Contract auf vier Jahr lang (anzu - fangen / dieſen bevorſtehenden Michaeli 1715. und ſich endigende Michaeli An. 1719.) aufgerichtet / und auf folgende Conditiones verabredet / und ge - ſchloſſen worden / nemlich es verpflichtet ſich in dieſer Zeit gedachter Mævius ihme dem Herꝛn Titio, ſol - cher Geſtalt / wie es einem rechtſchaffenen Handels - Diener eignet und gebuͤhret / mit allem Fleiß und Sorgfalt in ſeiner gantzen Handlung / ſo wohl zu Haus als auf Reiſen / auf der Schreib-Stuben / und bey den Waaren / wie auch in ſeinem Kram-Gewoͤlb / nach beſten Wiſſen und Vermoͤgen zu dienen / ſeinen Nutzen und Vortheil allenthalben zu ſuchen / Scha -den29Von allerhand Kauffmanns-Contracten. den und Nachtheil hingegen ſo viel an ihm ſeyn wird / abzuwenden und zu wehren / und damit er Herꝛ Titius ſolcher ſeiner Treue um ſo viel mehr ge - ſichert ſeyn moͤge / ſo ſetzet er Peter Mævius, als ſchon Majorennis ſeyende / ſeine ihm von ſeinem Vater ſeeliger anererbte und in Erfurt habende / be - wegliche und unbewegliche Guͤter zu einen ſichern Un - terpfand / damit er Herꝛ Titius, aller ihme von dem Conſtituenten beweißlich zugefuͤgter Untreu hal - ber / ſich daran erholen koͤnne.
Dahingegen gelobet er Herꝛ Titius dieſen ſeinen Handels-Bedienten die vier Jahr uͤber / welche der - ſelbe in ſeinen Dienſten ſeyn wird / ihn nicht allein mit benoͤthigter Koſt an Speiß und Tranck / freyer Waͤſch und Lager-Stelle zu verſehen / ſondern ihme auch noch darzu jaͤhrlich 50. Reichsthl. pro Salario zu reichen / und ſo er nach dieſem ferner bey ihm zu ver - bleiben Belieben tragen ſollte / ihme ſolches von Jahr zu Jahren zu verbeſſern. Urkundlich iſt dieſer Con - tract in Duplo ausgefertiget / und jedem Theil ein Exemplar davon zugeſtellet worden / ſo geſchehen Leipzig den 6. Auguſti 1715.
KUnd und zu wiſſen ſey hiermit jederman / dem daran gelegen / daß heute dato zwiſchen mir Cajo, Buͤrgern und Kraͤmern allhier in Coͤlln / und mir Johann Martin folgender Dienſt-Con - tract aufgerichtet und geſchloſſen worden / nehmlich ich Johann Martin verſpreche ihme Herꝛn Cajo inſei -30Caput II. ſeinem Kram-Laden 3. Jahr nacheinander treulich und redlich / wie es einem ehrlichen Handels-Die - ner eignet und gebuͤhret zu dienen / auch ſo in ſolcher Zeit mich mein Herꝛ Patron auſſerhalb Landes / auf Meſſen und Jahr-Maͤrckten um Waaren einzu - kauffen oder zu verkauffen / Schulden einzucaſſi - ren / oder anderer Urſachen wegen ſchicken wuͤrde / mich darzu willig und hurtig finden zu laſſen / welches alles ſteiff und veſt zu halten / und ſonderlich vor Un - treu mich zu huͤten / ich hiermit Loco Cautionis eyd - lich angelobe.
Dahingegen verſpreche ich Cajus, ihme Mar - tin jaͤhrlich 45. Reichsthl. ſchreibe fuͤnff und viertzig Reichsthl. benebenſt freyer Koſt / Bett-Waͤſch - und Lager-Stelle zu geben / auch nachdem ich die - ſen meinen neuen Diener in ſeinen Verrichtungen finden / und daß er durch ſeinen Fleiß meiner Hand - lung Vortheil ſchaffe / verſpuͤren werde / ſo verſpreche ich ihnen ſolches Salarium von Jahren zu Jahren zu verbeſſern.
Hieruͤber iſt auch beyderſeits von uns wohlbe - daͤchtlich abgeredet worden / daß innerhalb den er - ſten drey Monaten biß zu End derſelben / jedem Theil noch frey ſtehen ſoll / dieſen Contract wieder auſzu - heben / und nicht mehr dran gebunden zu ſeyn. Nach der Zeit aber ſoll er ſteiff und unverbruͤchlich gehal - ten werden / zu mehrer Veſthaltung dieſes / iſt dieſer Contract in Duplo ausgefertiget / und jedem Theil ein Exemplar zugeſtellet worden / ſo geſchehen Coͤlln An. 1715. den 8. May.
DEmnach in gegenwaͤrtiger Oſter-Meß bey Herꝛn Titio, Materialiſten / von Hamburg gebuͤrtig / ſich Cajus als ein Handels-Diener / um bey gemeldtem Herꝛn Titio in Dienſte zu tretten / an - gegeben / auch hierauf nach Vorzeigung ſeines ehr - lichen Abſchieds / (oder Teſtimonii von ſeinem vo - rigen Principal) beſagter Herꝛ Titius ſich reſolvi - ret / denſelben auf gewiſſe und hiernechſt beſchriebe - ne Conditiones als ſeinen Handels-Diener auf - und anzunehmen: als iſt dißfalls zwiſchen ihnen beyden folgender Contract aufgerichtet und geſchloſſen wor - den. Nehmlich es tritt gedachter Cajus Herꝛn Titii Dienſte hiermit wuͤrcklich an / und verbindet ſich in ſel - bigen 3. Jahren nacheinander / als von Oſtern 1711. biß Oſtern 1714. darinn zu verbleiben. Dahingegen verſpricht ihm Herꝛ Titius, bey geſunden und kran - cken Tagen / freyen Tiſch / Kammer und Bette / nebſt 50. Reichsthl. zu einem jaͤhrlichen Salario zu geben. Gleichwie nun Cajus mit allem moͤglichſten Fleiß und Treue / ſo wohl im Gewoͤlb / Schreib-Stuben / als auch da er in Handels-Geſchaͤfften verreiſen muͤſte / Herꝛn Titii Beſtes jederzeit zu beobachten / und ſonderlich die Buͤcher und Rechnung richtig zu fuͤh - ren und zu verwahren angelobet: alſo will er ſich Krafft dieſes bey Verpfaͤndung ſeines Vermoͤgens verpflichten / daferne (auf dem unverhofften Fall) Herꝛn Titio durch ſeine Nachlaͤſſigkeit oder Untreu einiger Schaden entſtehen ſollte / ſelbigen wie er von Herꝛn Titio beſcheuniget werden wuͤrde / foͤrderlichſt wieder gut zu thun / und ſoll Herꝛ Titius zugleichMacht32Caput II. Macht haben / ihn alſobald aus ſeinen Dienſten zu laſſen / er aber hingegen nicht befugt ſeyn / das ruͤck - ſtaͤndige Salarium, welches alle halbe Jahre / ge - faͤllig ſeyn ſoll / zu fordern.
So auch ferner er Cajus, ehe die vorabgeredete drey Jahre verfloſſen / aus Herꝛn Titii Dienſten / wider deſſen Wiſſen und Willen tretten wollte / ſo verobligiret er ſich ausdruͤcklich / gleichfalls funffzig Reichs-Thaler Straffe hieſigem Hoſpital zu erle - gen / zu deſſen Verſicherung renunciiret er allen rechtlichen Wohlthaten und Exceptionibus, die ihme dagegen zu ſtatten kommen koͤnten / ſie moͤgen Namen haben wie ſie wollten; wie auch allen Leute - rungen und Appellationibus, und erbietet ſich freywillig auf obengeſetzte Faͤlle und Herꝛn Titii Anſuchen / vor allen und jeden Gerichten / auch vor zwey oder mehr zugleich Recht zu leiden / und wo er nur anzutreffen / ſo lange in Arreſt zu gehen / biß er / Herꝛ Titius, aller Anſpruͤche an ihm / voͤllig wird vergnuͤget worden ſeyn / welches alles / ſo wie es ab - geredet / doppelt zu Papyer gebracht / auch von bey - den Theilen eigenhaͤndig unterſchrieben und beſie - gelt worden. Geſchehen ‒ ‒ ‒
ZWiſchen Herꝛn N. vornehmen Handelsmann / und N. iſt im Namen GOttes heut dato fol - gendes geſchloſſen und abgeredet worden: Es ver - ſpricht obermeldter N. bey N. 2. Jahr / als vom Oſter-Marckt 1711. biß wiederum die Oſter -Meſſe33Von allerhand Kauffmanns-Contracten. Meſſe 1713. incluſivè in ſeine Handlung einzu - tretten / und wie es von ihme verlanget wird / ſeine Correſpondentz / Einkauff und Verkauff fleiſſig abzuwarten / auch jedesmal die Meſſen zu verſehen / und davon richtige Rechnung nach der Wieder - kunfft abzulegen / und auch ſonſten alles in guter Obacht und Adminiſtration zu halten / gleich als ob es ſein Eigenthum waͤre: Hingegen verſpricht ihm Herꝛ N. dieſe beyde Jahre vor Leiſtung dieſer Dien - ſte drey hundert Reichsthl. als jedes Jahr bey En - digung deſſelben 150. Reichsthl. baar auszuzahlen / ihn mit Tiſche / ſo gut er ſolchen ſelbſt in ſeienm Hau - ſe hat / ingleichen mit Bett und Stube zu verſorgen / und da er auch kranck und lagerhafft werden ſollte / ihn gleichfalls nicht zu verſtoſſen / vielmehr allen gu - ten Willen zu erweiſen. Damit nun dieſem allen nachgelebet werde / ſind zwey gleichlautende Exem - plaria aufgeſetzt / und von beyden Theilen zu meh - rer Veſthaltung beſiegelt und unterſchrieben wor - den. So geſchehen ‒ ‒ ‒
ZU wiſſen ſey hiermit / daß heute dato zwiſchen mir Sempronio, Burger und Handelsmann all - hier eines / und mir Servio Tullio anders Theils folgender Contract aufgerichtet und geſchloſſen wor - den: Nehmlich ich Servius Tullius verſpreche mich bey Herꝛn Sempronio als Handels-Diener aufCdie34Caput II. die ſechs folgende Jahr (anzufangen von Oſtern 1715. und ſich endigende Oſtern 1721.) der Ge - ſtalt zu engagiren / daß ich in ſolcher Zeit nach mei - nem beſten Wiſſen und Willen / Kraͤfften und Ver - moͤgen / dasjenige thun will / was zu beſagten Herꝛn Sempronii ſeines Handels Vortheil gereichen kan und mag / auch ſonſt einen ehrliebenden Kauffmanns - Diener zuſtehet und gebuͤhret. Jnſonderheit aber will ich die mir von ihme / es ſey zu Hauſe oder auf Reiſen anvertraute Gelder und Waaren / welche ich theils von ihm ſelbſt / oder ſeinetwegen von an - dern moͤchte empfangen haben / allezeit richtig be - rechnen / nichts davon veruntreuen oder zugeben / daß von andern etwas davon veruntreuet / oder verwahrloſet werde; ich will auch mit Fleiß dahin bedacht ſeyn / wie die mir anvertraute und unter mei - ner Adminiſtration liegende Waaren moͤgen wohl conſerviret / gepfleget und aufgebutzet / und auf das vortheilhafftigſte verkaufft und an den Mann gebracht werden.
Auſſer dieſem verſpreche ich auch noch / wohlge - dachtem meinem Hrn. Principali auf ſeiner Schreib - Stuben / und bey ſeinen Scripturen / ſo offt die Noth erfordern wird / inſonderheit aber des Poſt - Tages mit Fuͤhrung der Correſpondentz / auch im Fall Herꝛ Sempronius mir kuͤnfftig ſeine Haupt - Handels-Buͤcher anvertrauen ſollte / in Fuͤhrung derſelben / alle Exactitude, Sorgfalt / Fleiß und Dienſt-Gefliſſenheit zu bezeigen / und was mir deß - fals von ſeinen Handels-Arcanis wiſſend werden moͤchte / ſelbiges keinem Menſchen / um waſſerley Urſachen willen es auch waͤre / zu offenbaren / ſon -dern35Von allerhand Kauffmanns Contracten. dern ob ich gleich vom Herꝛn Sempronio kuͤnfftig weg und aus ſeinen Dienſten / es ſey gleich in Guten oder Boͤſen (welches letztere doch GOtt verhuͤten wolle) kommen ſollte / ſo verſpreche ich doch hiermit / und gelobe an Eydesſtatt an / alles bey mir ſtille und verſchwiegen biß in mein Sterb-Grube zu be - halten.
Nicht weniger verſpreche ich auch / nach Ver - lauff ſolcher ſechs Dienſt-Jahre / im Fall ich nicht laͤnger alsdann bey Herꝛn Sempronio bleiben ſoll - te / in keine andere Handlung / welche des Herꝛn Sempronii ſeiner gleich iſt / mich zu begeben / ſon - dern wann ich ja meinen eigenen Handel nicht an - fangen ſollte / entweder auſſerhalb Lands oder auch hier in Loco bey ſolchen Handlungen Dienſt zu ſu - chen / welche mit des Herꝛn Sempronii ſeine keine Gemeinſchafft haben / und ihme dannenhero nicht præjudicirlich oder verdaͤchtig ſeyn koͤnnen.
Da ich auch etwan kuͤnfftig mit Goͤttlicher Huͤlf - fe meinen eigenen Handel anzufangen / im Stand ſeyn wuͤrde / und auch Herꝛ Sempronius mir nicht mißgoͤnnete / daß ich etlicher maſſen von dem / was ich in meinen Dienſt-Jahren bey ihm geſehen und gelernet / profitirte / ſo iſt jedoch expreſſe ausbe - dungen und verabredet worden / daß ich mich des Handels auf N. N. in die Meſſen und Jahr-Maͤrck - ten daſelbſt / item der Fabric der N. Waare gaͤntz - lich enthalten / ſondern ſelbige Herꝛn Sempronio und ſeinen Erben (ohne den geringſten Eintrag von mir deßfalls zu verſpuͤren) verbleiben ſoll.
Jn des Herꝛn Sempronii Haus ſelbſt / will ich mich als einen rechtſchaffenen Chriſten und Handels -C 2Die -36Caput II. Diener geziemet / erbar / zuͤchtig / modeſt und hoͤf - lich auffuͤhren / Herꝛn Sempronio und ſeiner Ehe - Liebſten gebuͤhrenden Reſpect erweiſen / denen un - ter mir ſtehenden uͤbrigen Handels-Bedienten mit guten Exempeln vorgehen / ſo ich auch etwas dem Herꝛn Sempronio ſeinem Haus / Handlung und Familie zuwider / in - oder auſſerhalb Haus hoͤren / oder erfahren ſollte / will ich ſolches nicht allein bey Zeiten anmelden / ſondern auch ſo viel an mir ſeyn wird / abwenden und wehren / deß Sonn - und Feſt - Tags mich auch fleiſſig zu dem oͤffentlichen GOttes - Dienſt halten / und nach dieſem mich bey Zeiten wie - der in meines Herrn Patrons Behauſung einfinden / auch alle boͤſe Compagnien fliehen und meiden / und wann ich ja bey muͤſſigen Stunden eine vergoͤnnte Ergoͤtzlichkeit mit Spatzirengehen / oder einen guten Freund zu beſuchen / vornehmen ſollte / will ich mich doch zur rechter Zeit jedesmal zur Mahlzeit / oder vor dem gewoͤhnlichen Hauszuſchlieſſen wieder einfin - den / auch keine Nacht ohne meines Herrn Pa - trons Wiſſen und Willen / auſſer dem Haus oder der Stadt bleiben / ſondern wann ſolches ja Eh - oder Ehren-hafften halber wuͤrde geſchehen muͤſ - ſen / will ich doch vorher ſolches im Haus an - zuſagen / und Permiſſion darzu zu erbitten nicht er - mangeln.
Jm Fall auch / welches GOtt verhuͤten wollte / Herr Sempronius als mein geehrter Handels-Pa - tron in waͤhrender meiner ſechs-jaͤhrigen Dienſt-Zeit / mit Tod abgehen ſollte / ſo verſpreche und gelobe ich deſſen Erben und Erbnehmen / meine noch hinter - ſtellige Dienſt-Zeit eben ſo getreulich auszuhalten / alswann37Von allerhand Kauffmanns-Contracten. wann er noch wuͤrcklich im Leben und zugegen waͤre / wie mich dann von meiner in dieſem Contract wohl-bedaͤchtlich verſchriebenen Verbuͤndlichkeit / nichts abwendig machen / noch abſolviren ſoll / al - lermeiſt da dieſelbige in goͤttlichen und weltlichen Ge - ſetzen wohl gegruͤndet / auf gute Sitten und herge - brachte Gewohnheiten der Kauffleute beruhet / und dannenhero billig veſt und unzerbruͤchlich gehalten werden ſoll / und ſo ja daruͤber einige Mißhelligkei - ten ſich ereignen / oder eine Erkaͤnntniß und Erlaͤuter - ung in einigen (zwiſchen meinem Herrn Principali vorfallenden / wiewohl nicht zu hoffenden) Differen - tien noͤthig ſeyn ſollte / will ich mir / was ein hochpreiß - liches Commercien. Collegium, oder hieſige Her - ren Kauffleute Aelteſte darinnen ausſprechen wer - den / gefallen laſſen / und deren Ausſpruch mich un - terwerffen / eben als wann ſolcher vor hieſigen Stadt - oder Appellations-Gerichte / oder auch vor dem hoͤchſten Reichs-Tribunal der Kayſerlichen Cammer zu Wetzlar geſprochen oder geurtheilet worden waͤre.
Damit aber wohlgedachter Herr Sempronius deſſen allen um ſo viel mehr geſichert ſeyn moͤge / ſo ſetze und conſtituire ich ihm Loco Cautionis alle meine in dieſer Stadt habende / und noch kuͤnfftig - kommende Haab und Guͤter / alſo und dergeſtalt / daß im Fall ich einer beweißlichen Untreu ſollte uͤber - wieſen werden koͤnnen / ſolche vor die Wiedererſtat - tung derſelben hafften und gelten / auch von einer ho - hen Landes / oder hochloͤblichen Stadt-Obrigkeit ihme ſo gleich ohne fernere Form des Proceſſes exe - cutivè darzu verholffen werden ſoll.
C 3Da -38Caput II.Dahingegen verſprech ich Sempronius ihme Servio Tullio in waͤhrenden dieſen ſeinen obbemel - den Dienſt-Jahren meiner Seits dergeſtalt zu be - gegnen / als es einem rechtſchaffenen Handels-Pa - tron gebuͤhren und zukommen kan / und ſoll er nicht allein in meinem Haus und an meinem Tiſch mit gu - ter und genugſamer Koſt / ſaubern Cammer und Bett / freyen Holtz / Licht und Waͤſch verſehen wer - den / ſondern ich verpflichte mich auch ihme die erſten drey Jahre jaͤhrlich ein hundert und funffzig / die uͤbrige drey Jahr aber zwey hundert Reichs-Tha - ler Salarium zu geben / auch wann ſolche Jahre vollbracht / und er alsdenn noch laͤnger bey mir und den Meinigen zu dienen Luſt haben ſollte / ſo verſpre - che ich ſolch ſein Salarium noch jaͤhrlich zu verbeſſern / oder da er nach Ablauff ſolcher Jahre / etwan ander - waͤrts ſein Gluͤck ſuchen / oder gar ſein eigen anzu - fangen Belieben tragen ſollte / ſo verſpreche ich ihm darzu mit moͤglichſter Recommendation und Rea - ler Huͤlffleiſtung an die Hand zu gehen / in waͤhren - den ſeinen Dienſt-Jahren / auch mit aller Beſchei - denheit und Sanfftmuth / (wie es einem erbaren Handels-Patron gegen getreue Diener zu thun ge - geziemet) mich gegen ihm auffuͤhren / auch ſo eini - ge Differentien unverhofft unter uns entſtehen ſoll - ten / deren Entſcheidung dem Arbitrio zweyer Bieder-Maͤnner und ehrlicher Kauffleute / deren er einen an ſeiner Seite / ich aber an meiner Seite auch zu erwaͤhlen Macht haben ſoll / zu unterwerffen / und wann uns dieſe / es ſey in ſtrittigen Rechnungen / oder andern Vorfaͤllen nicht ſollten entſcheiden koͤn - nen / will ich mir dasjenige gefallen laſſen / wasals -39Von allerhand Kauffmanns-Contracten. alsdann ein loͤbliches Commercien-Collegium, oder hieſige Kauffleut Aelteſten / wann die Sach dahin gedeyen ſollte / darinnen ausſprechen wer - den.
Jngleichen ſollen auch von dem Tag ſeines An - tritts an / die unter ihm ſtehende Handels-Bedien - te / ſammt meinem uͤbrigen Haus-Geſind dahin an - gewieſen werden / daß im Fall er ihnen von meinen oder meiner Hundlungs wegen / oder auch ſonſt der ihme ſelbſt leiſtende gebuͤhrenden Bedienung hal - ben etwas befehlenſollte / daß ſie ihm darinnen / wie billich folgen / und Reſpect erweiſen ſollen / gleich als wenn ich ſelbſt zugegen geweſen / und es anbefoh - len haͤtte / zu welchem Ende ich auch keinen / er ſey in - oder ausheimiſch / welcher etwas wider ihm oder ſeine Conduite anzubringen haben moͤchte / Gehoͤr geben noch Glauben beymeſſen will / es ſey dann daß ich die Sach erſt ſelbſt gruͤndlich unterſuchet / und ihn perſoͤhnlich daruͤber vernommen habe.
Da er auch in waͤhrenden ſeinen Dienſt-Jahren / (welches doch GOtt verhuͤten wolle) kranck wer - den / oder in meinem Dienſt auf Reiſen oder zu Haus Schaden an ſeinem Leib und Geſundheit neh - men ſollte / will ich ihm nicht allein in mein Haus mit aller gutem Pflege / Sorgfalt und Wartung be - dienen laſſen / ſondern auch meine Koſten die be - noͤthigte Medicamenta, Doctores und Wund - Aertzte biß zu ſeiner Wiedergeneſung darzu halten / und ihm in allem / als wann es mein eigen Kind / oder eine mir nahangehende Perſon angienge / re - gardiren und mir anbefohlen ſeyn laſſen.
Auch verſpreche ich hiermit uͤber ſeine zu Haus /C 4oder40Caput II. oder auf Reiſen gefuͤhrte Adminiſtration meiner Gelder / Guͤter und Effetten ihme jedesmals / und ſo offt er damit parat ſeyn wird / die Rechnung ab - zunehmen / und ſelbigen nach Rechtbefinden daruͤ - ber zu quitiren.
Urkundlich ſeynd zu mehrerer Veſthaltung die - ſes / zwiſchen uns beyderſeits verbindlich geſchehenen Contractus die Herren N. N. als Gezeugen erbet - ten / hierauf der Contract auf zwey geſtaͤmpffte Bogen Papyer in duplo rein abgeſchrieben / von uns beyden als Haupt-Intereſſenten erſtlich und dann auch von denen hierzu erbettenen gemeldten Herren Gezeugen (jedoch ihnen und den Jhrigen ohne Schaden) mit unterſchrieben / und mit unſern Petſchafften bekraͤfftiget worden / ſo geſchehen / Hamburg den 4. Martii. An. 1715.
(L. S.) N. N. (L. S.) N. N. (L. S.) N. N. (L. S.) N. N.
JCh ends benannter Kauff - und Handel-Mann allhier in Ancona urkundt / und bekenne hier - mit / nach dem ich den erbaren und diſcreten N. N. N. N. ſeiner mir bekandten Activitaͤt und Han - dels-Erfahrenheit halber / auch wegen der daruͤbermir41Von allerhand Kauffmanns-Contracten. mir vorgezeigten glaubwuͤrdigen Atteſtaten und ruͤhmlich-habenden Abſchieden zu einem Handels - Diener in meine Handlung angenommen / er auch ſeines darinn zu præſtirenden / Fleiſſes und Treu halber / ſich ſchrifftlich und eydlich gegen mir rever - ſiret / daß ich ihm nicht allein in waͤhrender ſeiner Dienſt-Zeit / welche vors erſte nur auf zwey Jahr (anzufangen dieſen Michaeli An. 1715. und ſich endigende Michaeli Anno 1717.) veſt geſetzet iſt / mit noͤthiger Speiß - und Tranck / Koſt / Waͤſch / und Lager-Stelle in meinem Hauſe verſorgen / ſon - dern ihme auch jaͤhrlich fuͤnff und ſiebenzig Reichs - Thaler / (ſchreibe fuͤnff und ſiebenzig Reichs-Tha - ler) pro Salario, und nachdem ſeine Dienſte mir und meiner Handlung erſprießlich fallen werden / noch jaͤhrlich daruͤber eine gute Diſcretion zum Neuen-Jahr geben will / da auch nach Ablauff der zwey Jahr mein oder ſeine Gelegenheit und Belieben ſeyn wuͤrde / dieſen Contract zu verneuern und zu verlaͤngern / ſo ſoll ihme alsdann ſein Sala - rium biß auf hundert Reichs-Thaler erhoͤhet wer - den. Urkundlich iſt dieſes eigenhaͤndig von mir unterſchrieben / und mit meinem Petſchafft bekraͤff - tiget worden / ſo geſchehen Ancona den 14. Auguſti Anno 1715.
NAchdem Herr N. N. vornehmer Buͤrger und Handelsmann in Ancona, mich Endes-be - nannten zu ſeinen Handels-Diener angenommen /C 5und42Caput II. und in ſolcher meiner Function mir ein ehrliches Salarium, mit welchem ich allerdings zufrieden bin / ausgeſetzet / auch mit Beyfuͤgung andern favora - beln Conditionen, mir ſein geneigtes Gemuͤth ge - gen mich ſattſam zu verſtehen gegeben / als erkenne ich ſolches nicht allein mit gehorſamen Danck / ſon - dern verſpreche auch in ſolcher meiner Dienſt-Zeit alles dasjenige treulich zu præſtiren / was einem ehr - lichen Handels-Diener zukommen kan / und dieſes So wahr mir GOtt helffen ſoll / und ſein heiliges Wort. Urkundlich iſt dieſes von mir ei - genhaͤndig unterſchrieben / und mit meinem Pet - ſchafft bekraͤfftiget worden / ſo geſchehen ꝛc.
JM Nahmen GOttes Kund und zu wiſſen / daß im Jahr nach unſers HErrn und Heylan - des JEſu Chriſti ſeeligmachenden Geburt / ein tau - ſend ſieben hundert und funffzehen / Indictione Octava, bey Regierung des Allerdurchlauchtigſten / Großmaͤchtigſten / und Unuͤberwindlichſten Kay - ſers und Herrn / Herrn Caroli, dieſes Nahmens des VI. erwehlten Roͤmiſchen Kayſers / zu allen Zei - ten Mehrer deß Reichs / ꝛc. Donnerſtags war der ‒ ‒ May / Morgens Fruͤh um 8. Uhr / von Mir Kayſerl. offenbarn Ends-benannten Notario in meiner Behauſung erſchienen / Herr Titius, vor - nehmer Buͤrger und Seidenhaͤndler allhier in Ve - rona / und mir zu verſtehen gegeben / wie daß erden43Von allerhand Kauffmanns-Contracten. den gleichfalls gegenwaͤrtig mit erſchienenen erbarn Johann Lucium / (zwantzig Jahr alt / Herrn Georg Lucii / Buͤrger und wohl-benahmten Senſalens all - hier / welcher auch gleichfalls mit gegenwaͤrtig war / ſeinen eheleiblichen Sohn) zu einen Handels-Die - ner in ſeine Handlung dergeſtalt auf - und angenom - men / daß er in ſolcher vier Jahr lang (anzufangen von obbemeldtem Dato, und ſich endigende auf eben denſelben / Anno 1719.) ſo wie es einem ge - treuen und redlichen Handels-Diener / eignete und gebuͤhrete / ſich aller ſeiner ihme unter Handen kommenden Handels-Geſchaͤffte treulich und red - lich annehmen / fruͤh und ſpat ſich bey denenſelben / willig und unverdroſſen finden laſſen / auch bey je - der Gelegenheit deſſen / als ſeines Handels-Patroni Nutzen beſt-moͤglichſt befoͤrdern / Schaden und Un - heil aber / ſo viel an ihm ſein wuͤrde / abwenden ſolte / dafuͤr wolte er ihme / nechſt freyer Koſt / Logi - ment, Bett und Waͤſch / jaͤhrlich 60. Reichsthaler / und nach Ablauff ſolcher vier Jahr / noch uͤber das eine gleiche Summam zur Recompens, nebſt ge - buͤhrender Abſchied ertheilen.
Welches er Lucius / nebenſt ſeinem Vater / zu Danck angenommen / und ſich dabey in meiner Ge - genwart mit einem Handſchlag / wohl-beſagtem Herrn Titio, als ſeinem nunmehrigen lieben und ge - ehrten Handels-Patrono verpflichtet / demjenigen / was einen GOtt-fuͤrchtenden und redlichen Han - dels-Diener gebuͤhren und obliegen wuͤrde / in allen getreulich nachzukommen.
Sein Herr Vater aber / Georg Lucius / hat ſich dabey anheiſchig gemacht / dem Herrn Titio voralle44Caput II. alle und jede Untreu / deren ſein Sohn in waͤhren - den ſeinen Dienſt-Jahren mit Grund der Wahrheit uͤberfuͤhret werden wuͤrde / mit allen ſeinen in hieſiger Stadt habenden / und noch kuͤnfftig zu bekommen - den / beweglichen und unbeweglichen Guͤtern / kei - nes ausgenommen / gleich als wann jedes dafuͤr ſpecialiter verſchrieben / und hypotheſiret wor - den waͤre / zu hafften / und Buͤrg zu ſeyn / auch wann ſein Sohn / ohne erhebliche Urſachen / vor Ab - lauff dieſer vier verſchriebenen Dienſt-Jahr / ſeines Herrn Patrons Dienſte quitiren wuͤrde / als eine verwuͤrckte Straffe an hieſiges Waiſen-Hauß / ein hundert Reichsthaler / ſchreibe ein hundert Reichs - thaler / unablaͤßig zu bezahlen.
Wann nun allerſeits Intereſſenten hierauf mich inſtaͤndig und geziemend gebeten / dieſe ihre reſpectivè Erklaͤrungen / und was ich in dieſem Actu geſehen und gehoͤret / fleißig ad Protocollum zu nehmen / und ihnen alsdann vor die Gebuͤhr zwey gleich-lautende / auch ſo es kuͤnfftig noͤthig ſeyn ſolte / noch mehr rein geſchriebene / glaubwuͤrdige / mit meinem Notariats-Sigil / Petſchafft und Un - terſchrifft bekraͤfftigte Inſtrumenta daruͤber auszu - fertigen / als habe ich mich deſſen tragenden Ampts halber / nicht entziehen koͤnnen / ſo geſchehen Anno Indictione Menſe & die ut ſupra, in Gegenwart Caji und Sempronii, als hier ſeßhaffter und hier - zu erbettener Gezeugen.
(L. S. Not.) N. N.
VOr Seiner Roͤniglichen Majeſtaͤt / Chur - Fuͤrſtl. oder Hoch-Fuͤrſtl. Durchlauch - rigkeit / oder vor eines Hoch-Edlen Magiſtrats hie - ſiger Stadt / Hoch - und Wohl-beſtellten Commer - cien-Collegio, Uns Præſidi, Raͤthen und Beyſi - tzern / iſt heute erſchienen der Edle und Wohl-Vor - nehme Herr Mævius, Buͤrger / Banquier und Kauffmann allhier / benebenſt Cajo, ſeinem anzu - nehmenden Diener / und hat uns geziemend zu ver - ſtehen gegeben / welcher Geſtalt er dieſen Cajum auf drey Jahr lang auf gewiſſe Conditiones zu einen Handels-Diener angenommen / und daß des - falls folgender Contract wohl bedaͤchtlich mit bey - derſeits Einwilligung waͤre zu Papier gebracht / un - terſchrieben und beſiegelt worden / mit gehorſamſter Bitte / ſolchen zu confirmiren / und in das Buch der Dienſt-Contracten regiſtriren zu laſſen / es lautet aber derſelbe von Wort zu Wort / als ſol - get:
(Hier wird nun der gantze Contract von Wort zu Wort eingeſchrieben / und wann ſolches geſchehen / alsdann die Confirmation folgender maſſen zu End mit beygefuͤget.)
Wann wir nun dieſem ſeinen geziemenden Su - chen ſtatt gegeben / als confirmiren / ratificiren / und bekraͤfftigen wir ihn hiemit / aus uns gnaͤdigſt /gnaͤ -46Caput II. gnaͤdig / oder großguͤnſtig darzu ertheilter Voll - macht / haben auch denſelben hierauf in das Dienſt - Contracten-Buch / Folio 178. regiſtriren und ein - ſchreiben / auch unter dieſe Confirmation unſers loͤblichen Collegii Siegel vordrucken laſſen / ſo ge - ſchehen im Jahr Chriſti 1715. den 8. Auguſti.
NAchdem es auch bey einem ſolchen Collegio Herkommens waͤre / ſo koͤnte der Præſes zu - gleich ſolchen Contract mit unterſchreiben / der Se - cretarius Collegii aber ſelbigen Contre ſigniren / welcher darauf ſeine Gebuͤhr aufs hoͤchſte ein Reichs - thaler vor die gantze Ausfertigung (damit die Kauff - manſchafft nicht noch mehr belaſtet werde) dafuͤr zu empfangen haͤtte.
Solcher Geſtalt koͤnten es auch alle Zuͤnffte / Kauffleut und Kraͤmer / Aelteſten halten / wann die Dienſt-Contracten vor ihnen præſentiret / und die Confirmation und enregiſtriren / bey ihnen geſu - chet wuͤrde / dieſes wuͤrde nicht allein zu einer ſchoͤ - nen Ordnung dienen / ſondern auch denen Princi - palibus und Dienern eine Furcht einjagen / daß ſie ſich hernach Contracts-gemaͤß beyderſeits gegen einander deſto beſſer verhalten muͤſten / es wuͤrde auch noch dieſen Nutzen nach ſich ziehen / daß das Publicum, und ſonderlich die Boͤrß / dadurch von der Legitimation, des in Dienſt getrettenen Die - ners informiret waͤre / und ſo viel ſicherer / was er etwann im Nahmen ſeines Herrn / hernach in Han - dels-Sachen thun / anbringen und handeln moͤch - te / mit ihm ſchlieſſen koͤnte / weil ſonſt ſolches manch -mahl /47Von allerhand Kauffmanns-Contracten. mahl / wie in dem 16. Capitel von dem Recht der Kauffmanns-Diener ſoll gemeldet werden / zu groſ - ſen Diſputen Anlaß giebet / wann der Principalis, entweder was ſein Diener geſchloſſen / desavouirt und mißbilliget / auch ihme keine Vollmacht darzu gegeben zu haben / behauptet / oder gar ſolchen nicht mehr in ſeinen Dienſten zu ſeyn / vorgeben will. Es iſt ja ſchon in groſſen Staͤdten die mit oͤffentlichen Ab - und Zuſchreib-Banquen verſehen / eingefuͤhret / daß der Patron, welcher ſeinen Diener in der Ban - co, vor ihm zu agiren / authoriſiren will / die ihm ertheilte Procuration vor denen Herren und Buͤr - gern der Banco perſoͤnlich verificiren muß; So wird ja auch keiner bey denen Handwerckern als Geſell recipiret / wann es nicht vor offentlicher Lade / oder mit Vorbewuſt des Handwercks geſchiehet; Und in Gerichten muß vor allen ein Procurator, Mandata - rius, und Negociorum Geſtor, ſeine Vollmacht aufzuweiſen haben; zugeſchweigen / daß es an eini - gen Orten denen Handels-Dienern / wann ſie kuͤnff - tig die Maitriſe verlangen / oder in die Kauffmanns - Zunfft wollen eingenommen werden / zu ihrer Le - gitimation dienet / daß ſie gebuͤhrender Maſſen der Orten inſcribiret worden / und ſo viel Jahre bey einem Buͤrger und Mitglied der Kauffmanns - Jnnung in Dienſten geſtanden haben / da auch nach vollendenden Dienſt-Jahren / auch wann ſie jetzt ihr eigenes anfangen wolten / die Notification, wie hinden in dem 11. Capitel wird gewieſen wer - den / vor einem loͤblichen Commercien-Collegio geſchehen muß / ſo iſt ja billich und ſo viel ordentli -cher48Caput II. cher / daß auch ihre Dienſt-Contractus bey denſel - ben regiſtriret / und inſinuiret werden.
An denen Orten / wo es nur vor dem Stadt - Schreiber / oder Notarien und Zeugen geſchiehet / kan es auf eben ſolche Manſer / wie obiges Formu - lar verfaſſet iſt / geſchehen / daß nehmlich der gantze Contract von denen Contrahenten dem Nota - rio præſentiret / und vorgeleget / ſolcher von ihm von Wort zu Wort abgeſchrieben / und alsdann kuͤrtzlich Inſtruments-weiß von ihme documenti - ret und atteſtiret werde / daß die Sache alſo von ihm verhandelt worden.
Wolten einige Contrahentes vor dem Com - mercien-Collegio, oder denen Kauffmanns-Aelte - ſten nur die Articulos Conventionales, uͤber wel - che ſie ſeynd einig worden / muͤndlich herſagen / oder ſelbige auch ſchrifftlich uͤbergeben / moͤchte der Se - cretarius Collegii, wann ſolche zu Protocoll ge - nommen / alsdann ſelbige weiter foͤrmlich extendi - ren / und alsdann das Confirmations-Documen - tum daruͤber ausfertigen.
ZU wiſſen / daß heute den 12. Julii / zwiſchen Herꝛn Titio, Cajo und Sempronio, Handels -Con -49Von allerhand Kauffmanns-Contracten. Conſorten allhier in Neapolis eines und Mævio Handeis-Bedienter / anders Theils folgender Con - tract aufgerichtet und geſchloſſen worden; Es be - giebt ſich nehmich Mævius bey obgedachten dreyen Herren Conſorten von dato an / auf fuͤnff Jahr lang / vor einen Buchhalter und Handels-Diener dergeſtalt in Condition, daß er in ſolcher Zeit ihre Buͤcher und Scripturen treulich adminiſtriren / und was auſſer dem in andern Handels-Geſchaͤff - ten ihme von ihnen anbefohlen werden wird / der - geſtalt nechſt Goͤttlicher Huͤlffe verrichten will / daß verhoffentlich ſeine Herren Patroni ein ſattſames Genuͤgen daruͤber haben ſollen; wie er dann ſon - derlich auch verſpricht / was ihme in waͤhrenden ſei - nen Dienſt-Jahren von ihrer Handlung wiſſend werden moͤchte / weder jetzt noch kuͤnfftig / keinen Menſchen (um keinerley Urſachen willen) zu offen - bahren / ſondern ſolches alles hoͤchſt verſchwiegen / biß in ſeine Sterb-Grube zu halten / auch ſich in ſeinem uͤbrigen Lebens-Wandel alſo aufzufuͤhren / wie es einem ehrlichen Handels-Diener zukommen und gebuͤhren kan / und da in waͤhrender Zeit einer oder mehr / welches doch GOtt verhuͤten wolle / von ſeinen Herrn Patronis mit Todt abgehen ſolte / ſo will er doch bey den jenigen / der alsdann die Hand - lung continuiren wuͤrde / biß zu End ſeiner ver - ſprochenen Dienſt-Jahr beſtaͤndig verbleiben / wo - bey er ſich auch anheiſchig macht / daß / im Fall er nach deren Verflieſſung nicht laͤnger bey ihnen blei - ben / ſondern ſich weiter bey Handlungen verſuchen wolte / daß es jedoch in dieſer Stadt bey einem ſol - chen Patron, der eben dergleichen Handlung / wieDſeine50Caput II. ſeine jetzige Herren Patroni, fuͤhret / innerhalb drey Jahren nicht geſchehen ſoll / ſondern er will entwe - der auſſerhalb / oder ſo er in dieſer Stadt bliebe / bey einem ſolchen Patron um Dienſte ſich bewer - ben / welcher gantz andere / und zwar eine ſolche Handlung hat / die ſeinen jetzigen Herren Patronis keinen Argwohn geben kan.
So er auch von ſich ſelbſt eine eigene Hand - lung zu établiren gedaͤchte / ſoll er doch nicht inner - halb den erſten zwey Jahren / noch Endigung ſeiner Dienſt-Jahr / auch nicht mit deren Waaren / mit welchen ſeine Patroni zu handeln gewohnt ſeyn / wie auch nicht in der Straſſen / in welcher ſie jetzt ihren Laden und Gewoͤlb haben / ſondern in einem andern von ihnen entfernten Quartier der Stadt geſchehen / und er / ſonderlich was die ‒ ‒ ‒ betrifft / ſelbige nicht aus dem Land ſelbſt zu verſchreiben / ſon - dern von ihnen / in den Preiß wie ſie ſolche andern Kraͤmern hieſiges Orts / welche ſelbige wieder ins Kleine verkauffen / zu geben / zu nehmen ſchuldig ſeyn.
Ferner verpflichtet er ſich auch / da er ohne er - hebliche Urſachen / (es ſey dann / daß er ſich verhey - rathen / oder ein groſſes augenſcheinliches Gluͤck / welches aber / ſo klar muß bewieſen werden / anderwerts machen koͤnte) aus ihren Dienſten ge - hen wuͤrde / daß er alsdann ein Jahr Salarium zu - ruͤck laſſen wolle / welches halb ſeinen Herrn / halb hieſigen Monti Pietatis verfaͤllig ſeyn ſoll; auch will er daruͤber keinen andern Ausſpruch oder Richter / als den Buchſtaͤblichen Jnhalt dieſes Contracts ſelbſt erkennen / und daß von hieſigen Commercien-Collegio, oder Stadt-Gerichten /die51Von allerhand Kauffmanns-Contracten. die Execution darnach geſchehen moͤge / ſich gefal - len laſſen.
Da hingegen verſprechen ſeine Herren Patro - ni, ihme die erſten 2. Jahr ein hundert und funfftzig Reichsthaler / die uͤbrigen 3. Jahr aber 200. Reichsthaler pro Salario, auch nach Verflieſſung derſelben noch ein hundert Reichsthaler pro Diſcre - tione zu geben / auch ſo er alsdann noch ferner bey ihnen zu bleiben / und ſie ihn in Dienſten zu behal - ten / Belieben tragen ſolten / ihme das Salarium noch um ein merckliches zu verbeſſern.
Ferner ſoll er in Herrn Titii Hauß ſeinen Tiſch / Cammer / Bett / und freye Waͤſche haben / auch die letzten drey Jahr jedesmahl zum Heiligen Chriſt / ſich zu einen neuen Kleid / biß auf die Werth von 30. Reichsthaler aus ihren Laden frey ausnehmen moͤgen.
Damit aber wohlgedachte / Herr Titius, Cajus, und Sempronius ſeiner Treue in Adminiſtration der ihne anvertrauenden Gelder und Waaren / ſo vielmehr verſichert ſeyn moͤgen / ſo habe ich Marcus Livius vor Mævii, als meines Schwagers Wohl - verhalten mich biß auf drey tauſend Reichsthaler / (mit meinen geraͤtheſten Haab und Guͤtern zu haff - ten) buͤrglich eingelaſſen / und dannenhero zugleich / nebenſt denen reſpectivè Contrahentibus dieſen in Triplo abgefaßten Contract, und zwar das Exemplar, welches obgedachte Herren Con[ſo]rten in Haͤnden behalten / mit unterſchrieben / ſo geſche - hen / Genua / den 12. Julii / Anno 1715.
D 2Aus52Caput II.AUs dieſem Formular ſiehet man / wie gar vielfaͤltig und mancherley die Conditio - nes ſeyn / welche ſolchen Dienſt-Contracten pfle - gen einverleibet zu werden / wir wollen deren die vornehmſten hier kuͤrtzlich wiederhohlen.
Was ſo wohl an Eſſentialibus als Formali - bus noch hinterſtellig ſeyn moͤchte / ſolches wird aus vorgeſetzten und noch nachfolgenden For - mularien zur Genuͤge zu erſe - hen ſeyn.
WJr Endsbenannte urkunden und bekennen hier - mit / nachdem des ſeeligen Herrn Titii an - ſehnliche Handlung ſeinen gleichfalls ſeeligen Bru - der Soͤhnen / Johann Michael, und Caſpar Friedrich Titiis, als unſern Pupillen angeerbet / und per Beati Defuncti Teſtamentum vermachet worden; Dannenhero uns / als dieſer beyden minder - jaͤhrigen Knaben conſtituirten Vormuͤndern al - lerdings gebuͤhren will / dahin zu ſehen / damit dieſe wohl établirte und bluͤhende Handlung in ihrem Flohr ferner hin erhalten / und deroſelben eine ſol - che Perſon vorgeſetzet werden moͤge / welche nicht allein von guter Handels-Experienz, ſondern auch von einer ſolchen tugendhafften und loͤblichen Con - duite ſey / daß man ſich nichts anders / als alles Gu - tes zu deroſelben zu verſehen habe.
Daß wir hierzu als ein capables Subjectum den Herrn Prudentium vor andern auserſehen / und desfalls mit ihm uͤber folgende Conditiones einig worden / nehmlich:
Es nimmt gedachter Herr Prudentius die gan - tze Direction des ſeeligen Titii verlaſſenen anſehn - lichen Handlung / alſo und dergeſtalt uͤber ſich / daß er dieſelbe in Nahmen unſere reſpectivè Pupillen / als Titiiſchen Erben / fortſuͤhret / und moͤglichſtemFleiß55Von allerhand Kauffmanns-Contracten. Fleiß dahin trachtet / damit ſolcher Handlung ihre gute Renommée und Kundſchafft moͤge beybehal - ten / auch von Tag zu Tag vermehret / die benoͤthig - te Correſpondenz ordentlich und accurat conti - nuiret / die darinn Bediente zur Leiſtung ihrer Pflicht und Schuldigkeit fleißig angehalten / der Einkauff benoͤthigter Waaren an rechter Ort und Stelle / wie auch zu rechter Zeit / und von den be - ſten Leuten beſorget / und ſolcher Geſtalt auch die Speditiones und Commiſſiones wohl in acht ge - nommen werden.
Nicht weniger verpflichtet er ſich auch / die Handels-Scripturen / und ſonderlich die Haupt - Handels-Buͤcher dergeſtalt eigenhaͤndig zu fuͤhren / damit unſern Pupillen / als Handels-Principalen / oder vielmehr Uns / als ihren reſpectivè Vormuͤn - dern / monatlich ein richtiger Special-Bilanz, jaͤhr - lich aber bey Schluß des Jahrs / eine General - Schluß-Bilantz / (aus welchem das gantze Handels - Directorium) und was des Jahrs uͤber gewon - nen worden / zu erſehen ſey / koͤnne geliefert wer - den.
Wobey er ferner auch auf die ihme uͤberliefer - te baare Gelder und Waaren / die ſo wohl hier ge - genwaͤrtig / als unter auslaͤndiſchen Factoren lie - gen / dergeſtalt acht zu geben hat / daß alles wohl adminiſtriret / aller Schaden und Unheil verhuͤtet / keine boͤſe Schulden gemachet / noch etwann Wech - ſel-Gelder oder Waaren an ſolche Perſonen ver - trauet werden / welche nicht ſolvendo ſeyn / oder doch dem Nahmen haben daß ſie vor boͤſe Bezah - lers paſſiren / und nicht ſicher mit ihnen zu handlen ſey.
D 4Jn56Caput II.Jm unverhofften Fall aber / daß der Handlung einiger Schaden durch Verderb der Waaren / Waſſer - oder Feuers-Noth / oder auch durch boͤſe Leute zuſtieſſe / ſoll er doch vor allen jedesmahl dar - uͤber ſeyn / daß dergleichen von ſeinem Verſehen oder Schuld nicht herruͤhre / ſondern wann er da - bey gethan / was ein ehrlicher Hauß-Vater und Handels-Patron, deſſen die Handlung eigen iſt / in dergleichen Fall haͤtte thun koͤnnen / ſo ſoll er zwar von fernerer Verantwortung frey und entſchlagen ſeyn / jedoch aber hierauf / was zu Erſetzung des ge - littenen Schadens dienen kan / an ſeinem Fleiß nicht ermangeln laſſen / wie er ſich dann auch die ausſte - hende Schulden / entweder guͤtlich oder gerichtlich einzutreiben / aͤuſſerſt bemuͤhen ſoll / damit ſelbige durch die Laͤnge der Zeit nicht verſchlimmert / oder endlich gar unzahlbar / und boͤſe werden moͤgen.
Da auch die uͤbrige Handels-Bediente ihme in Handels-Sachen zu Gebot ſtehen / und was er darinn befehlen wird / gebuͤhrenden Gehorſam lei - ſten muͤſſen / als wird er von ſelbſten dahin ſehen / daß ſolche Bediente nicht allein eines Chriſtlichen Lebens und Wandels ſich befleißigen / denen Han - dels-Verrichtungen fleißig obliegen / ſondern auch unter ſeiner Direction, die in der Handlung die - nende Jungens in denen Wiſſenſchafften / welche zur Handlung gehoͤren / dergeſtalt profitiren moͤ - gen / daß heut oder morgen ſolches ihme ſelbſt / wie auch der Handlung zum Ruhm gedeyen moͤge / daß junge Leute was rechtſchaffenes unter ſeiner Anfuͤhrung darinn gelernet haben.
Was gar wichtige Partheyen von Contractenund57Von allerhand Kauffmanns-Contracten. und Wechſeln / oder andern zu Kauffmannſchafft gehoͤrigen Actionibus betrifft / welche ſich uͤber ein tauſend oder mehr Reichs-Thaler betragen / ſolche ſoll er anders nicht (wie er dann auch ſelber vorge - ſchlagen und verlanget) als mit unſern Vorwiſſen / und unſere Genehmhaltung erſtlich daruͤber einzuho - len / ſchlieſſen / anderer Geſtalt aber dieſelbe keines - wegs guͤltig / ſondern vor ſeine Rechnung ſeyn / im Fall ſelbige etwan ungluͤcklich ausſchlagen ſollten. Wie er nun dieſes alls ſteiff und veſt zu halten / ver - moͤg ſeines eydlichen Reverſes ſich anheiſchig ge - macht / und zugleich in dieſer ſeiner Function des Complimentariats, von dato an zu verbleiben / ſich verſchrieben.
Als haben wir conſtituirte Vormuͤnder / ihme wohlbedaͤchtlich / und in Anſehung dieſer ſeiner wichtigen Function, und der darinnen ihme obliegen - de importanten Verrichtungen zu einem jaͤhrlichen Gehalt oder Salario, und zwar die erſten drey Jahr / jedes Jahr drey hundert Reichs-Thaler / die letzte - ren drey Jahr aber / jedes Jahr vier hundert Reichs - Thaler Quartaliter pro rata aus der Caſſa zu nehmen / und vor ſich abzuſchreiben / ihme hiermit accordiret / und zugeſtanden / auch noch ferner promittiret / und Krafft dieſes uns dahin verpflich - tet / daß im Fall in waͤhrenden ſechs Jahren die Handlung durch goͤttlichen Seegen / und unter ſeiner Direction Fleiß und Sorgfalt / mercklich zuneh - men / er auch unſere beyde Pupillen / als ob beſag - te Johann Michaël, und Caſpar Friedrich Titius dergeſtalt in Handels-Wiſſenſchafften unterrichten wuͤrde / daß ſie hernach ihre eigene Handlung ſelbſtD 5zu58Caput II. zu unternehmen capables waͤren / daß wir ihm als - dann vor ſolche getreue Information noch zwey hun - dert Reichs-Thaler pro Diſcretione zugeben wol - len / zugeſaget und eingewilliget haben / urkundlich iſt dieſer Contract in Duplo ausgefertiget / und von beyderſeits Contrahenten unterſchrieben / auch mit unſern Petſchafften bekraͤfftiget worden / ſo ge - ſchehen im Jahr Chriſti 1715. den 1. May in Ve - nedig.
(L. S.) N. N. des Vormunds. (L. S.) N. N. des andern Vormunds.
DAß ich obenſtehenden Contracts, (welcher mir in allen Puncten / (nachdem er mit meinem Gewiſſen und wohlbedachten Willen aufgeſetzet /) deutlich und vernehmlich vorgeleſen / und nochmal von mir acceptiret und genehm gehalten worden) ſeinem Jnhalt / getreulich nachkommen / und ſo viel mir GOtt Kraͤffte und Verſtand verleyhen wird / denſelben treulich halten / auch bey der mir anvertrau - ten Titiiſchen Handlung / als einem redlichen Com - plimentario und Gevollmaͤchtigten gebuͤhret / handlen wolle / ſolches reverſire ich mich bey dem Wort der ewigen Warheit / und Verpfaͤn - dung meiner Haab und Guͤter / beweglichen und unbeweglichen / jetzt habenden und kuͤnfftig kommen -den /59Von allerhand Kauffmanns-Contracten. den / keine ausgenommen / wie ſie Namen haben moͤgen / urkundlich meiner eigenhaͤndigen Unter - ſchrifft / welche ich in Gegenwarꝛ hier unten benahm - ter Zeugen / als Hrn. N. N. und Hrn. N. N. als beyder hier geſeſſener vornehmer Kauffleute / præſtiret. Venedig den 1. May. 1715.
(L. S.) N. N. des Complimentarii. (L. S.) N. N. der Zeugen. N. N.
KUnd und zu wiſſen ſey hiemit maͤnniglichen / dem - nach wir N. N. und N. N. Handels-Con - ſorten / an unterſchiedlichen Orten / inſonderheit in Leipzig / Naumburg / Augſpurg / Luͤbeck / Ham - burg / Amſterdam / Nuͤrnberg / Dantzig / Lyon, Franckfurt / Coͤlln / Paris / St. Gallen / Braun - ſchweig / Breßlau / Botzen / Genua / Bologne und dergleichen Handels-Plaͤtzen / wie auch zu Dreßden / Prag / Wien / und ſonſten hin - und wieder in Kay - ſerlichen / Polniſchen / Frantzoͤſiſchen / Engliſchen / Daͤniſchen und andern Koͤnigreichen / Chur - und Fuͤrſten / Biſchoffs - und Hertzogthuͤmern / Graf -und60Caput II. und Herꝛſchafften / Republiquen, Reichs-Staͤd - ten und ſonſten geiſtlichen und weltlichen Orten und Gerichten / Mercantil-Magiſtrat oder Kauff - manns-Judicatur, mit Wechſeln Ausleyhen / Ein - und Verkauffen derer Waaren / Eintreibung derer Schulden und andern Dingen mehr / unterſchied - liche Proceſſus zu fuͤhren / allerhand Negotia acti - vè und paſſivè, in - und auſſerhalb denen Jahr - Meſſen zu tractiren / Rechnung und Gegen-Rech - nung zu halten / Contractus zu celebriren / ſel - bige zu caſſiren / und andere Dinge vor uns / und wegen unſerer geſammten Handlung zu adminiſtri - ren und zu verrichten / uͤber diß unterſchiedene Actiones Handlungs wegen / wie auch in puncto injuriarum Rei Vindicationis, depoſiti, und dergleichen andere benannte und unbenannte / anzu - ſtellen und zu gewarten haben: Als wollen wir ſamt und ſonders / auch jeder fuͤr alle / und alle fuͤr einen / in ſolidum, & in totum, vor uns / unſere Erben / Erbnehmen und Nachkommen / und zwar mit Be - gebung der Excuſſion, Diviſion, (daß nicht jeder unter uns beſonders ausgeklaget / oder einige Thei - lung angeſtellet werden muͤſſe) auch andern bemeld - ten und unbemeldten Rechts-Befugniſſen / vor allen und jeden obbemeldten und andern Paͤbſtlichen / Kayſerlichen / Koͤniglichen / Chur - und Fuͤrſtlichen / Marg - und Graͤflichen / Herꝛlichen / Adelichen / Ober - und Hof-Gerichten / Haupt - und Amptleuten / Commiſſionen, Academien, Amt-Schoͤſſern / Gerichts-Verwaltern / Buͤrgermeiſtern / Land - Stadt - und andern Geiſt - und Weltlichen-Ober - und Unter-Gerichten / Jnnungs - und Handwercks -Zu -61Von allerhand Kauffmanns-Contracten. Zuſammenkuͤnfften / deroſelben Deputatis, wie die Namen haben moͤgen / und wo ſolche ſeyn / unſern Complimentarium und Handels-Bedienten / den Erbarn N. N. oder den Wohlgelahrten Herꝛn N. N. Advocaten / wenn er aber nicht zugegen / oder dieſe Verrichtung weigert / oder auch nicht widerſpreche / zugleich N. N. und N. N. zu unſern unzweifflichen gewiſſen Anwaltern / Sach-Verwal - tern / Verſorgern / Gewalt - und Befehlhabern / Worthaltern / Namen-Traͤgern / Abgeſchickten Agenten / Inſtitoribus Negociorum, Geſtori - bus, Gubernatoribus, Commiſſariis, Procu - ratoribus, Factoribus und Complimentariis, Generalibus & Specialibus, zugegen und abwe - ſend / zugleich und jeden inſonderheit / alſo in ſoli - dum zu allen und jeden / in - und auſſerhalb Gerichts - vorfallenden Handlungs-Rechts und andern Sa - chen (wir vertretten gleich Klaͤgers oder Beklagtens Stelle) zu gut und recht / activè und paſſivè, und zwar mit ausdruͤcklichem Vorbehalt / dieſe ertheilte Vollmacht nach eigenem Gefallen jederzeit zu wider - ruffen und zu aͤndern / cum Clauſula, rati, grati, hæredum ſivè pro hæredibus, & ſucceſſoribus unum pluresque toties ſubſtituendi, revocan - di & hos iterum caſſandi alios de novo ſubſti - tuendi, poteſtatemque recipiendi, nec non cum libera ac aliis neceſſariis, ſalutaribus & apponi conſuetis, ut & ſub hypotheca bonorum, jetzo alsdann / und dann als jetzo benennet / geordnet und ausdruͤcklich conſtituiret / ihnen ſamt und ſonders / auch generalem, & ſpecialem, plenam, liberam & abſolutam poteſtatem gegeben und zugeeignetha -62Caput II. haben / daß ſie die principaliter Conſtituti oder Subſtituti, Neben - und Affter-Anwaͤlde (in maſſen denen Subſtitutis noch andere ferner zu ſubſtitui - ren / ebenfalls hiemit Macht gegeben wird /) in al - len unſern Affairen / jederzeit an unſerer Stelle / auch nach unſern Abſterben / in unſerer Erben / Erbneh - men und Nachkommen Namen / aller Orten der Welt / ohne Reaſſumtion des Proceſſus in Per - ſon erſcheinen / mit hohen und niedrigen Perſonen / Collegiis, Capitulis, Communen Univerſi - taͤten / Jnnungen und dergleichen / als wann wir ſelbſt zugegen waͤren / unſere Nothdurfft zu gute und Recht beobachten / Abends / Morgens und je - derzeit muͤndlich oder ſchrifftlich vorbringen / litigiren / placidiren / Tractaten und Handlungen pflegen ſchlieſſen / tranſigiren / accordiren / Acta durchle - ſen / extrahiren / actiones ad intrandum in ſe - mitam, ad petendum in ſolidum, ad faciendum capi, ad exigendum, ad faciendum ſumi ratio - nes, ad ex & accuſandum, petendam aboli - tionem, locandum, conducendum, vendendum, emendum, donandum, nominandum in judi - cio, acceptandum jura, cedendum, petendum compromiſſum, tranſigendum recipiendum mu - tuo, revidendum, recalculandum rationes, cam - biandum, petendum beneficium reſtitutionis in integrum, recognoſcendum ſcripta, petendum inſtrumenta, fide jubendum, reſignandum bene - ficiis, impetrandum licentiam, repræſentan - dum & petendum tutores, recipiendum depo - ſitum, conſentiendum cuique negotio, finien - dum & ad alia quæcunpue facienda & omitten -da,63Von allerhand Kauffmanns-Contracten. da, auch auf die Ehehaffts-Klagen / und ex l. Dif - famari ſivè ex lege contendat, provocationem ſive interpellationem anſtellen / daß in Sum - mariis ſummariter, & in ordinariis ordinarie nach Gelegenheit der Sachen procedirt werde / beobachten / auf alle Art agiren / excipiren / re, du, tri, quadrupliciren / was durch einen der Gewalt - haber angefangen / vor und nach der Litis conteſta - tion fortſetzen / mitteln und zu Ende bringen / was allbereit paſſirt ratihabiren und vortragen / gutli - che Handlungen pflegen / Rechnung und Gegen - Rechnung halten; Belege examiniren / defecti - ren / annehmen / calculum ziehen / Saldo oder Li - quidum conſtituiren / remittiren / paciſciren / ſtipuliren / compromittiren / unſern Namen oder auch in unſern Namen ſubſcribiren / Geld auf oder in Empfang auf Wechſel oder gegen Hand-Schrifft / Waaren um baar Geld / oder auf Zeit oder Con - dition einkauffen / wieder verkauffen / wieder zu - ruͤck nehmen / aſſecuriren / Zahlung leiſten / Billet, Obligationes, Pfand / Verſchreibung / Auszuge / Wechſel oder Umſchlags-Briefe zum Obſtagio und andere Schrifften / in und mit unſern Namen un - terſchreiben / ſchlieſſen / zeichnen / acceptiren / aus - ſtellen / auf andere indoſſiren / cediren / ſcontriren / Journal-Correſpondentz / die Copier, Memorial, Giro-Haupt - und andere Handels-Buͤcher / un - ſertwegen machen und halten / Einnahm und Aus - gab verrichten / richtig ab - und zuſchreiben / Inſti〈…〉〈…〉 o - res ordnen / Proxenetas, Maͤckler oder Unterhaͤnd - ler gebrauchen / Schulden und Gegen-Schulden notiren / Delegationes machen / Handels-Zeichenſtechen64Caput II. ſtechen laſſen / auf unſere Waaren druͤcken und ge - brauchen / Geld in Banco geben oder nehmen / à Conto ab - und zuſchreiben laſſen / Schulden ver - kuͤmmern / beſprechen und einheben / guͤtlich und ge - richtlich Geld exigiren / in Empfang nehmen / qui - tiren / Verzicht leiſten / Debita, Bona Im-& Mobi - lia an Zahlungs-Statt cediren und aſſigniren laſ - ſen / oder andern uͤbergeben / Confirmationes ſu - chen / und hierunter allenthalben cautè und behut - ſam handeln und negotiiren / auch wo moͤglich / absque apicibus juris die Sachen abthun / die Poſſeß nehmen und erhalten / Klage ſelbſt / oder von den ordinariis & extraneis Advocatis unterſchrei - ben laſſen / die Articulos Proceſſus gebuͤhrend beobachten / in erſter / anderer und dritter Inſtantz / auf alle und jede Gerichts-Tage oder Diæten er - ſcheinen / allerhand Anordnungen / Inhibitiones, Monitoria, Præcepta und Citationes auswuͤr - cken / dieſelbe inſinuiren laſſen / wiederum caſſiren / aufheben und annehmen / einen gewiſſen / ſelbigen Orts (an dem vor uns und an ſtatt uns ſelbſten die Jurisdiction geſchehen moͤge) verordnen / in Cau - tiones odeꝛ Vorſtand wegen der Wieder-Klage und Reconvention ſich einlaſſen / Proceß auswuͤrcken / reaſſumiren / ſie pro reaſſumto halten / Ungehorſa - mes beſchuldigen / ſolche ablehnen / Exceptiones, Præ - ſcriptiones Fori, Libelli non ritè formati, doli mali, primæ inſtantiæ, litis pendentiæ & præventiones Competentiæ, reſtitutionis in integrum, Legitimationes in habilitatis, Cita - tionis, Compoſitionis amicabilis, & obreptio - nis, remediorum ſuſpenſivorum, nimis anguſtiTer -65Von allerhand Kauffmanns-Contracten. Termini, Feriarum, Loci non tuti, Delibera - tionis, Satisdationis, & Guarandæ, Tracta - tus ad tranſigendum, Libelli alternative for - mati, plus petitionis, Spolii, Erroris, calculi, nunciationis, ſolutionis, in validi inſtrumenti, non redditarum Rationum, cedendarum actio - num, Excuſſionis, Ceſſionis bonorum, Mora - torii, Tu venis contra factum tuum, uſurariæ pravitatis non numeratæ pecuniæ, dationis in ſolutum, Executionis impediendæ, nullitatis, litis conteſtationis articulorum novorum, & alias quaslibet tam dilatorias quam perempto - rias ac litis ingreſſum impedientes, vorſchuͤtzen / darthun und ausfuͤhren / die ihnen entgegen geſetzte ablehnen / deutliche und klare Antwort geben / Li - tem denunciiren / auf Litis conteſtationes ſich einlaſſen / Litem affirmativè vel negativè conte - ſtiren oder foͤrder reſpondiren / Articulos und In - terrogatoria generalia & ſpecialia, auch additio - nalia fetꝛigen / wider die Unzulaͤſſig-Schlieſſende / und Unfoͤrmliche excipiren / juramenta quælibet pro qualitate cauſæ, wie nachgehends ſpecificiret / und ſich ſonſt ereugnet / Generalia & Specialia deferi - ren / referiren / remittiren / relaxiren / retrahi - ren / ad jurandum offeriren / zu dero Leiſtung Tag - fahrt auswuͤrcken / Gegentheil ad videndum & audiendum jurari vorladen laſſen / die Terminen fleiſſig beobachten / Prolongationes ſuchen / inglei - chen juramenta credulitatis, diffeſſionis, fideli - tatis, minorennitionis, ſivè diminutionis, pau - pertatis, veritatis, calumniæ, malitiæ, dando - rum reſpondendorum, in Litem affectionis,Eæſti -66Caput II. æſtimationis, purgationis, perhorreſcentiæ, probationis in ſupplementum, manifeſtationis quoad expenſas, damnum, Intereſſe, proro - gationes, litis decidendæ, cautionis cujuslibet deciſorum, und alle andere ziemliche in Rechten nach gelaſſenen Eyde / benannte und unbenannte / in unſern und unſerer Erben und Nachkommen Na - men und Seelen ablegen / erſtatten / ſchwoͤhren / daß / wie ſie ſchwoͤhren moͤgen / verordnen / vom Ge - gentheil abfordern / wie ſolche geleiſtet werden / anhoͤ - ren / das Gewiſſen mit Beweiß / durch Urkunden / Zeugen oder anderer Art vertretten / Documen - ta ediren / oder ediren laſſen / ſelbige diffitiren / ad diffitendum aut recognoſcendum produci - ren / quoad manum, Sigillum & contenta re - cognoſciren / oder auch per teſtes recognoſciren laſſen / abſchwoͤhren / mit andern Urkunden con - feriren / allerhand Demonſtrationes und Proba - tiones, Reprobationes, auch ad perpetuam rei memoriam fuͤhren / zeugen / ſo offt es noͤthig ange - ben / gegenwaͤrtig und abweſend produciren / ver - meiden / abhoͤren oder fallen laſſen / die erſte / andere / dritte / vierdte und mehr Verlaͤngerungs-Friſten und Prolongationes, zum Beweiß und Gegen - Beweiß Gewiſſens-Vertrettung / mit und auf / oder auch ohne cauſæ cognitione ſuchen / und auswuͤr - cken / wider Zeugen / Perſon und Ausſage / auch Documenta probatoria & quælibet alia judicia - lia & extrajudicialia excipiren / allen Privile - giis & Beneficiis, Leuterationi, Appellationi, cautioni præſtitæ, foro, proceſſui, probationi und andern / wozu eine Caution oder Special -Man -67Von allerhand Kauffmanns-Contracten. Mandat erſordert wird / renunciiren / und ſich be - geben / biß zum Abſchied oder Urtheil / oder ander Deciſum verfahren / mit und ohne Reſervation beſchlieſſen / compromittiren / die Haupt Sum - ma / Zins-Intreſſe, Schaden-Unkoſten / liquidi - ren / mit denen uͤbrigen Creditoren und Intreſſen - ten ſuper prioritate & debitis verfahren / Ar - reſta, Re & perſonalia anlegen / ſelbige renoviren / proſequiren / caſſiren / Kummer-Klage uͤberrei - chen / auf die Ubergebene ſich einlaſſen / antworten / dargegen in Materialibus & Formalibus excipi - ren / die Debitores und andere Intereſſentes in Gefaͤngniß bringen / ſelbige und ihr Vermoͤgen Rich - terlich anhalten / verpflegen / Salvum Conductum und Anſtands-Briefe austheilen und auswuͤrcken / jus talionis & Repreſſalia gebrauchen / und bey der Obrigkeit ſuchen / uͤber obige noch andere Cau - tiones rati, grati, indemnitatis, de lite proſe - quenda, de judicio ſiſti, judicatum ſolvi, de non amplius turbando, de non offendendo etiam propter quemlibet legitimationis defe - ctum, uſufructuarium, fideicommiſſarium & alias quaslibet, mit Einſetzung / und bey Ver - pfaͤndung unſers geſamten und beſondern Vermoͤ - gen / gerichtlich beſtellen / præſtiren laſſen / wieder aufheben / contumaciren oder in contumaciam procediren / dieſelbige purgiren / zu Belernungs - Bey - und Haupt-Urtheil beſchlieſſen / deren Acten Inrotulation und Eroͤffnung beywohnen / Abſchied und Urtheil reſcripta & deciſa anhoͤren / pro ju - dicato ante decendium erkennen / und als Rechts - kraͤfftig annehmen / proteſtationes, reviſiones,E 2appel -68Caput II. Appellationes, Leuterationes, Supplicationes, provocationes & quælibet remedia ſuſpenſiva & devolutiva, ſo wohl vom Abſchied als Urtheil / Citationen, Auflagen / Reſcripten und andern Anordnungen / auch von der angeſetzten Execution und andern Huͤlffs-Actibus an einem und mehr Richtern / Oberſt - und Unterſt / in - und auſſerhalb Gerichts / auch coram Notario & teſtibus und ſonſt einwenden / proſequiren / juſtificiren / revi - ſiones ſuchen / wie auch dem gantzen Proceſſui, oder einem Theil deſſelben im Anfang / Mittel und Ende renunciiren / caſſiren / apoſtolos reverentiales & refutatorios auswuͤrcken / abloͤſen / introduciren / Acta abfordern / einlieffern / expenſas, damna, uſuras, & aliud intereſſe deſigniren / taxiren laſſen / executiones, immiſſiones, ſequeſtrationes, taxationes, licitationes, & poſſeſſiones, adju - dicationes, reſtitutiones in integrum, recon - ventiones, und dergleichen ſuchen / annehmen / verrichten / Tagdingen / und alle Huͤlffs-Actus voll - ſtrecken laſſen / uns alle Wege und in allen Sachen defendiren / um Execution der Urtheile anhalten / oder da dergleichen angeordnet wuͤrden / rechtliche Exceptiones dawider gebrauchen / ſelbige proſe - quiren / darinnen ebenwohl zum Beſchluß verfah - ren / und ſonſt alles / was vermoͤge der Rechte pro Stylo & obſervantia cujusque judicii, nec non pro qualitate cauſæ & negotii mehrere Vollmacht beduͤrfftig waͤre und erfordert wird / Krafft diß / als waͤre es deutlich hierinnen benennet / oder als wann wir ſelbſten zugegen waͤren / geſtalten Sachen nach / und wie das gebuͤhret / thun und laſſen moͤgen / wiewir69Von allerhand Kauffmanns-Contracten. wir dann alle und jede / unſere Con ‒ & Subſtitutos, Haupt-Neben - und Affter-Anwaͤlde / allenthalben Noth - und Schad-loß halten und was ſie gethan / als wenn wir ſelbſt zugegen es verrichtet haͤtten / anneh - men / keines weges de jure, noch de facto darwi - der handeln / ſollen / und wollen / auch dafuͤr / und vor auflauffende Damna, ingleichen Urtheils-Ge - richts-Advocaten / Anwaldsſchaffts-Reiſe-Zeh - rungs-Copial - und andere Gebuͤhren / ſo ſich bey dem Proceß auch Caſu fortuito ac improviſo ereignen / unſer jetziges und kuͤnfftiges Vermoͤgen cum pacto executivo, nec non cum clauſula conſtituti poſſeſſorii & cum renunciatione Ex - cuſſionis & Diviſionis eingeſetzet und ſolche zu ent - richten / Krafft dieſes unſers Wechſel-Briefs uns verpflichtet haben wollen / & ſic omnibus meliori - bus modo, via, jure, cauſa, forma, quibus melius & efficacius fieri potuit ac debuit guͤltig ſeyn. Urkundlich haben wir Handels-Litis-Conſorten ſolche Gewalt / Vollmacht und Complimentariat, nachdem ſie uns von Wort zu Wort vor / auch von uns ſelbſt geleſen worden / aus guten und gerechten Wiſſen / mit Dinten und Federn cum clauſula & reſervata poteſtate revocandi & caſſandi durch unſern gewoͤhnlichen Petſchafften und eigen - nen Haͤnden freywillig / wiſſentlich und ungezwun - gen bekraͤfftiget / auch um mehrer Nachricht und Sicherheit willen / die zugleich hierzu erbettene Zeu - gen mit unterſchreiben laſſen / worbey uns nachdruͤck - lich vorbehalten / daß wir zu Zeiten in ein und andern Sachen / nebſt unſern Gevollmaͤchtigten und Complimentario, oder auch ohne dieſelbigen erſchei -E 3nen /70Caput II. nen / und unſere Nothdurfft vor uns allein / oder durch andere zugleich beobachten wollen / jedoch da - durch unſern Gevollmaͤchtigten ertheilte Gewalt kraͤfftig bleiben / und unſer Mandat weder tacite, noch expreſſe aufgehoben ſeyn ſoll. Alles getreu - lich / ſonder Gefaͤhrde und arge Liſt / auch allen Aus - zug. Geben zu Leipzig den 30. Sept. An. 1715.
(L.S.) N. N. (L.S.) N.N. als erbette - ner Zeuge. (L.S.) N. N. teſtis ro - gatus. (L.S.) N. N. (L.S.) ut teſtis requiſi - tus. (L.S.) N.N. als erſuchter Zeuge.
KUnd und zu wiſſen ſey hiemit / daß heute zwiſchen mir Aurelia Kauff-Frau allhier in Luͤbeck / und dem Erbaren und diſcreten / Johann Titio, folgen - der Contract aufgerichtet und geſchloſſen worden: nehmlich es verſpricht ſich gedachter Titius auf ſechs Jahr lang (von dato anzuſangen) meiner Hand - lung als Buchhalter dergeſtalt vorzuſtehen / daß er nebenſt der Richtigkeit / der benoͤthigten / und taͤg - lich vorfallenden Handels-Scripturen und Corre - ſpondentz / auch dirigendo alle meine uͤbrige Han - dels-Geſchaͤfften und Angelegenheiten / in - und auſ - ſerhalb Hauſes / in Ein und Verkauff der Waa -ren71Von allerhand Kauffmanns-Contracten. ren contrahiren / Wechſel-ſchlieſſen / Bedienung / einlauffender Commiſſionen / und was etwan ſon - ſten bey Handlungen und auf Schreib-Stuben mehr vorfallen moͤchte / ſo getreulich wahrnehmen will / als wann es ihm ſelbſt oder ſein eigen Handels - Intereſſe betraͤffe / oder auch ein Principal der ſol - ches dirigirte zugegen waͤre; zu welchem Ende / er ſich auch ſonderlich anheiſchig gemacht / auf meine andere Handels-Bediente / und deroſelben Thun und Laſſen ein wachendes Aug zu haben / ſie zu allem Gu - ten anzufuͤhren / und nichts geſchehen zu laſſen / was zu meiner Handlung Schaden directè oder indirectè gereichen koͤnte; ſonderlich verſpricht er auch dahin bemuͤhet zu ſeyn / daß die von meinem ſeeligen Mann durch lang-jaͤhrige Praxin und Bemuͤhung wohl étabilirte Kundſchafft moͤge beybehalten / und auch durch fleiſſige Correſpondentz und reale Bedie - nung / je laͤnger je mehr vermehret werden.
Nicht weniger will er auch meine Meſſings - Fabric in gutem Stand zu erhalten / mit denen Ar - beitern woͤchentlich richtige Abrechnung zu halten / und auf all ihr Thun und Laſſen ein wachendes Aug zu haben / ſich angelegen ſeyn laſſen / und im uͤbrigen alles dasjenige thun / was von einem getreuen und bevollmaͤchtigten Handels-Diener kan erfordert werden.
Dahingegen verſpreche ich ihm jaͤhrlich pro Sa - lario zwey hundert und funffzig Reichsthaler / nebſt freyen Tiſch / Cammer / Holtz / Licht und Waͤſche zu geben / auch uͤber das / ihme noch zu zu - ſtehen / daß er ſeinen bißhero auf Franckreich getrie - benen Wein-Handel / (weil ſolches meiner Hand -E 4lung72Caput II. lung nicht præjudicirlich ſeyn kan /) ferner hin / jedoch daß in meinen Handels-Geſchaͤfften daruͤber nichts verabſaͤumet werde / fortſetzen moͤge.
Gegen Ablauff obbemeldter ſechs veraccordir - ten Jahre / ſoll auch denjenigen von uns beyden / welcher alsdann / obigen Contract nicht zu ver - neuern Belieben tragen wuͤrde / obliegen / ſolches ein Viertel Jahr vorher dem andern aufzukuͤndigen / damit ein jeder beyzeiten / was alsdann ferner ſeine Convenientz ſeyn moͤchte / beſorgen koͤnne; Urkund - lich iſt dieſes wohlbedaͤchtlich unter uns beyden alſo abgehandelt / und von jedem Theil unterſchrieben / auch durch Aufdruckung unſerer Petſchafften bekraͤfftiget worden / ſo geſchehen Luͤbeck den 6. Martii Anno 1715.
DAß offtmals einigen Handels-Dienern vor ihre eigene Rechnung eine kleine Neben-Handlung zu treiben verſtattet / ihnen auch von ihren Handels - Patronis aller Vorſchub / an Geld / Schiffs - und Pack-Raum / darzu gethan werde / ſolches ſehen wir aus der taͤglichen Praxi, bemercken aber da - bey / daß / wann ſolches geſchiehet / es entweder als ein Pars Salarii anzuſehen iſt / da der Handels - Patron ſolche Neben-Handlung (damit ſein Die - ner deſto beſſer auskommen koͤnne) ihme verſtattet / oder es bedinget ſolches der Diener / welcher allbe - reit von langer Zeit her in dergleichen Handlung ge -ſeſſen /73Von allerhand Kauffmanns-Contracten. ſeſſen / ſich ſolches zum Voraus / und wird es alſo Conditio ſine quâ non oder eine ſolche Condi - tion, ohne deren Einraͤumung er ſich nicht in ande - re Dienſte begeben wuͤrde; Ob aber dergleichen Ne - ben-Handlungen der Diener einem Patrono alle - zeit profitables ſeyn / ſolches iſt wieder eine andere Frage / und wird mit Unterſchied dergeſtalt beant - wortet / daß / wann dem Principali, der vor ſich handlende Diener an ſeinen / des Principalis Ge - ſchaͤfften / nichts verabſaͤumet / auch die Handlung / die er treibt / der Handlung des Patroni nicht ent - gegen iſt / ſolche gar wohl koͤnte zugelaſſen werden. Solte aber ein Diener mehr Zeit auf ſeine eigene / als auf des Patrons Handlung wenden / ſelbige auch dieſer / wo nicht directè, doch indirectè zuge - gen ſeyn / ſo iſt es beſſer / man unterlaſſe und ver - meide eine ſolche Confuſion und Vermengung / bey welcher es ſo genau nicht abzugehen pfleget / daß nicht des Patroni ſeine Brief-Port / Unkoſten / oder gar Handels-Caſſa darunter leiden / manches Brief-Port dem Patrono angeſchrieben werden ſolte welches der Diener vor ſeine eigene Handels - Briefe ausgegeben / ſo koͤnte ihme auch / wann er die Handels-Caſſam unter Handen hat / dieſelbe in Verſchuß ſeiner eigenen Handlung wohl zu ſtat - ten kommen / zugeſchweigen / wie die wohl-ſchme - ckenden Profiten einer proper Handlung je laͤnger je mehr anreitzen / weiter um ſich zu greiffen / und nach und nach von des Patrons ſeiner Kundſchafft etwas an ſich zu ziehen / welches dann ſo leer nicht abgehet / zumahl wann dergleichen Bediente / ſie ſeyn gleich Buchhalters / Complimentarii, oderE 5Han -74Caput II. Handels-Diener verheyrathet ſeyn / und zu Hauß ihren kleinen Handel und Ausſchnitt haben / zu wel - chen die groſſe Handlung / in welcher ſie als Be - diente ſtehen / oͤfftermahls nicht ein geringes beytra - gen muß / daß alſo die Perſonen / welchen ſolcher Geſtalt eigene Handlungen bey ihrem dienen zu geſtatten ſey / wohl in acht genommen werden muͤſ - ſen / ehe man auf ſolche Conditiones mit ihnen ſchluͤßig wird.
DEmnach ich Endsbenannter heute den Herrn Antonium N. N. zum Buchhalter in meiner Handlung angenommen / als iſt auch vorhero vor uns beyderſeits wohlbedaͤchtlich folgendes verabre - det und geſchloſſen worden. Nehmlich es ſoll ge - dachter Herr Antonius von dato an ſich der Fuͤh - rung meiner Haupt-Handels-Buͤcher dergeſtalt unterziehen / daß er / nachdem ſie biß hieher nicht in doppelten Poſten / oder auf ſogenannte Jtaliaͤniſche Manier / ſondern nur in einfachen Poſten gefuͤhret worden / er in denen bißher gefuͤhrten Buͤchern al - le Rechnungen von Anfang der Buͤcher her / biß zum End derſelben / fleißig nachſehen / ſolche accurat aufſummiren / das wenigſte von dem meiſten / es ſey gleich in Debet oder Credit abziehe / und die uͤberbleibende Summam eines jeden Conti, unter die Debitores oder Creditores der neu-anzufan - genden Handels-Buͤcher vortrage / damit alsdannein75Von allerhand Kauffmanns-Contracten. ein ſo viel richtiger Bilanz und Inventarium zum Fundament der neuen Buͤcher koͤnne geleget wer - den / wie dann auch forderſambſt das Inventa - rium meiner Waaren / und deren Belauff ihren Einkauffs-Koſten nach / wie auch die in Banco und Caſſa verhandene Summen / ingleichen die Speci - fication, der in auslaͤndiſchen Lagern noch unver - kaufft liegenden Waaren / ferner der Werth einiger meiner Mobiliorum und Immobiliorum (welche ich gleichfalls dem Haupt-Handels-Buͤchern unter gewiſſen Rubriquen inſeriret wiſſen will) ihme ſoll gegeben werden / damit er daraus ein vollſtaͤn - diges Syſtema oder Aufſatz (der zu Anfang des Jtaliaͤniſchen Buchhaltens gebuͤhrenden Formi - rung des Capitals) moͤge machen koͤnnen.
Er ſoll aber bey ſothaner Schlieſſung aller Handels-Rechnungen / in meinen vorigen Buͤchern vornehmlich dahin ſehen / und ſich erkundigen / wie ſolche von Zeiten zu Zeiten / ſonderlich mit meinen Correſpondenten geſchloſſen / und ob jedes mahl bey einem jeden der Saldo recht vorgetragen wor - den / zu welchem Ende er nicht allein ſo viel als Zeit und Gelegenheit leiden will / alle ſolche Rechnun - gen / ſonderlich die jenigen / bey welchen ſich Dubia ereigenen moͤchten / von einigen Jahren her noch durchgehen / auch ob aus dem Journal etwas auf ſolche uͤber zu tragen vergeſſen / oder auch in ein und andern falſch aufſummiret worden / nachſehen ſoll / ſondern er ſoll auch aus denen vorhandenen Briefſchafften und Corrent-Rechnungen ſich erſe - hen / und alsdann mit jeden meiner noch offen ſie - henden Correſpondenten daruͤber correſpondi -ren /76Caput II. ren / denen jenigen bey deren Rechnungen kein Du - bium vorfaͤllt / ſolche ſenden / und daß ſie Conform mit mir den Saldo unſeren zuſammen habenden Rechnungen vortragen moͤgen / ſie erſuchen; Von denen aber an deren Rechnung gezweiffelt / und nicht unbillig gemuthmaſſet wird / daß meiner Seits etwas zu notiren / oder auch in calculiren moͤchte ſeyn verſehen worden / ſoll er ſich lieber Corrent - Rechnungen ſchicken laſſen / und daß ſolches bald geſchehen moͤge / antreiben / als daß er ſolche aus meinen Buͤchern ausziehe / und ihnen zuſchicke / und ſie folglich dasjenige / was ich mir zum Schaden et - wann ausgelaſſen / oder falſch calculirt / vor ſich utiliter annehmen und appliciren moͤchten.
Wann nun dieſes alles geſchehen / ſo ſoll er den formirten Capital - und Vortrags-Bilantz der per - ſoͤnlichen und auch dinglichen oder realen Debito - rum oder Creditorum, in meine hierzu neu-ange - ſchaffte Handels-Buͤcher ſauber und zierlich ein - ſchreiben / das Eingeſchriebene folglich in das Haupt-Buch uͤbertragen / und hierauf alſo monat - lich fortfahren / daß / was gehandelt / contrahirt / eingekaufft / und verkaufft / baar eingenommen und ausgezahlt / in Banco ab - oder zugeſchrieben / an und von andern aſſigniret / mit ihnen rescontrirt / an Wechſeln acceptiret / traſſ - und remittirt / an Waaren vor eigene oder Commiſſions-Rechnung ſpedirt / a Depoſito genommen / oder gegeben / aſ - ſecurirt / ſaldirt / ordonnirt / oder committiret worden / und was etwann ſonſt bey Handlungen der vorfallenden Affairen mehr ſeyn moͤchten / ſol - ches alles insgeſamt / aus denen Strazzen oderClad -77Von allerhand Kauffmanns-Contracten. Cladden / Manualibus, Tag-Kram-Gewoͤlb - Ein - und Verkauff-Caſſa-Banco-Unkoſten-Spe - ditions - und Copir-Buͤchern / Briefen / Rechnun - gen und Facturen / fleißig und mit Sorgfalt aus - gezogen werde. Hierauf ſoll er ſolchen Auszug / Buchhalteriſch - und Jtaliaͤniſchem Stylo nach / erſt - lich auf einige Bogen / oder ſogenanntes Poſten - Formier-Buch entwerffen / und wann ſolches ge - ſchehen / und er alles noch einmahl fleißig nachge - ſehen und unterſuchet / ob nicht in ein und anderer Poſt wider die Reguln des Buchhaltens pecciret worden / ſoll er alsdann ſolches zierlich ins Journal ins reine ſchreiben / aus ſolchen hernach ins Haupt - Buch uͤbertragen / und endlich den Monat-Bilantz / um mir ſolchen zu meiner Nachricht uͤberreichen zu koͤnnen / ziehen; ingleichen ſoll er auch jaͤhrlich den Haupt - und Jahr-Schluß-Bilantz exactè nach ge - machten Waaren Inventario machen / damit ich aus ſolchen / was das Jahres uͤber in der Hand - lung gewonnen oder verlohren worden / eigentlich moͤge zu erſehen haben.
Ferner ſoll er auch monatlich einen Extract von denen vorfallenden Activ - und Paſſiv-Schul - den und Wechſel-Briefen / item von denen einzu - caſſirenden oder zu bezahlenden Intereſſen / Wech - ſeln und Aſſignationibus, von / auf Condition ge - holten Waaren / item auf der Conto pro Diver - ſis, in Debet und Credit noch offen ſtehenden Po - ſten / von Waaren / welche abgegangen und wieder verſchrieben werden muͤſſen / von Sachen / uͤber welche nothwendig zu correſpondiren / Nach - richt zu geben / oder einzuholen iſt / von denen aus -laͤndi -78Caput II. laͤndiſchen Lagern / unter denen Factoribus noch un - verkaufft liegenden Waaren / in Banco annoch vor - handenen Geldern / und dergleichen Notandis mehr machen.
Er ſoll auch bey Schluß jeden Monats / die vo - rige Monats-Verrichtung in der Cladde oder Strazze, Manuali oder Hand-Buch / vor ſich neh - men / um was daſelbſt als uneroͤrtert noch offen ge - blieben / in dieſem Monat zu Buch / unter ſeiner be - hoͤrigen Rubric, oder / ſo es keine eigene meritirte / auf Coto pro Diverſis zu ſtellen / dabey ſoll er auch allerhand benoͤthigte / ſonderlich aber auslaͤndiſcher Correſpondenten ihre Corrent und Zeit / wie auch Verkauff-Rechnungen / welche ihnen geſandt wer - den muͤſſen / fleißig ausſchreiben / und ſelbige unver - zoͤgerlich fortſenden / die eingelauffene Corrent, Zeit / Ein - und Verkauff-Rechnungen aber / ſoll er fleißig nach calculiren / die darinn vermerckte De - fecta, ſo gleich ad Notam nehmen / mir / nebſt ſei - nem Gutduͤncken geziemend eroͤffnen / und folglich meiner Ordre nach / das nothwendige daruͤber correſpondiren.
Uber die andere Bedienten meines Contoirs wird ihm die Aufſicht dergeſtalt aufgetragen / daß er ſie zu allen Guten anhalten / ihnen mit loͤblichen Exemplis der Gottesfurcht / Treu / Fleiß / und Ar - beitſamkeit / auch eines Chriſtlichen Lebens und Wandels vorgehe / und ſo viel an ihme iſt / jeden dahin anhalte / daß er ſeiner obliegenden Pflicht rechtſchaffen nachkomme / nichts auf den morgenden Tag verſpahret / die einzumahnenden Schulden zu rechter Zeit gemahnet / und eingetrieben / in denenBrief -79Von allerhand Kauffmanns Contracten. Briefſchafften und Documentis eine ordentliche Regiſtratur gehalten / die abgehende Briefe und Wechſel-Briefe ordentlich und deutlich copirt / die zu Spedirende-Waaren zu rechter Zeit ſpedi - ret / an die Schiff / nach der Waag / den Kran / oder Fuhrleuten gebracht / richtige Certificationes, Paͤſſe / Facturen / Aviſo, Fracht-Briefe / und Con - noiſſementen daruͤber verfertiget werden / welches alles / wie auch die Unter - und Aufſchrifften / und das Verſiegeln der Briefe er wohl in acht zu nehmen / alles was auf dem Contoir auszurechnen / oder zu calculiren vorkommen moͤchte / ſelbander / und nie - mahls allein verrichten ſoll / damit auch in ſolchen kein Jrrthum vorgehen moͤge.
Aus denen ankommenden Briefen hat er ſich auch zu befleiſſen / Poſt-taͤglich das nothwendigſte auszuziehen und zu notiren / um mich deſſen zu rechter Zeit zu erinnern / und was darauf geant - wortet / gethan oder gelaſſen werden ſolte / meine Ordre anzuhoͤren.
Da ich ihm auch meine Verrichtungen an der Boͤrſe mit aufzutragen reſolviret / als hat er ſolche dergeſtalt zu reſpiciren / daß er ſich taͤglich zur rech - ter Boͤrſen-Zeit / und die Meß-Zeiten auf dem Scontro einfinde / ſein Porto feuille Scartafaccia, Meß - und Rescontro-Buͤchlein / oder aufgezeichne - tes Memorial mit ſich bringe / und nach denſelben / was zu verrichten ſeyn moͤchte / fleißig in Obacht nehmen / dabey er ſich dann aller ſelbſt eigenen Handlung / unter was Prætext oder Vorwandt es auch geſchehen moͤchte / gaͤntzlich zu enthalten / alles aber alſo einzurichten hat / wie es einer HandlungNutzen80Caput II. Nutzen und Vortheil bringen kan / Schaden und Nachtheil aber abgewendet werden moͤge.
Wie er ſich nun dieſes alles ſorgfaͤltig zu præ - ſtiren eydlich / und unter Verpfaͤndung ſeiner Haab und Guͤter anheiſchig gemachet / als habe ich hinge - gen auch ihme bey freyer Koſt / Waͤſche und Logi - ment, jaͤhrlich dreyhundert Reichsthaler / Quarta - liter mit 75. Reichsthaler zu bezahlen verſprochen / deſſen zu mehrer Veſthaltung iſt dieſer Contract in Duplo verfertiget / von beyden Theilen unter - ſchrieben / mit unſern Petſchafften verſiegelt / und ei - nem Preiß-wuͤrdigen Collegio, oder denen Herren Kauffleut Alteſten / zur Confirmation præſentiret worden / ſo geſchehen / Antwerpen den 1. May / An. Chriſti / Siebenzehen hundert und Funffzehen.
DAß oben-ſtehender Contract heut dato einem Hochpreißlichen Commercien-Collegio von beyderſeits Contrahenten gebuͤhrend præſentiret / und von ihnen demſelben in allen ſeinen Clauſulis und Conditionibus nachzuleben feyrlichſt angelo - bet / auch hierauf die Verzeichniß und Confirma - tion deſſelben in pleno Conſeſſu Collegii, decre - tiret worden / ſolches atteſtire hiermit / Antwerpen den 1. May 1715.
(L. S.) N. N. Supradicti Coll. Comm. Secretarius.
AUs dieſem vollſtaͤndigen Formular, eines mit ei - nem anzunehmenden Buchhalter zu ſchlieſſenden Contracts wird man / was deſſen Verrichtungen auf einem wohlbeſtellten Contoir ſeyn / zu erſehen haben / wiewohl ſich die wenigſten auf ſo verbuͤnd - liche Conditiones einzulaſſen Belieben tragen wer - den; Jndeſſen kan doch demjenigen / der ehrlich zu dienen Willens und Vermoͤgens iſt / und welcher auch nicht Urſach zu fuͤrchten hat / daß er mit einem Chicaneuſen oder zanckſuͤchtigen Patrono zu thun bekomme / nichts zu genau vorgeſchrieben werden / welches er zu unterſchreiben Bedencken tragen ſol - te / zumahl wann die Clauſula Salutaris ſolte bey - gefuͤget werden / daß / im Fall einiger Zwieſpalt / oder Mißverſtaͤndniß zwiſchen ihm und ſeinen Prin - cipalen ſich ereignen ſolte / ſie beyderſeits den Aus - ſpruch des Commercien-Collegii, oder unpar - theyiſcher Maͤnner ſich zu unterwerffen / compro - mittiren wolten / in welchem Fall ein Commercien - Collegium, Handels-Gericht / oder unpartheyiſche Maͤnner / dahin zu ſehen haͤtten / daß weder dem einen / noch dem andern Theil zu nah geſchehe / und in Sachen / bey welchen eines Kauffmanns ſeine Handlung nicht ſonderlich periclitiret / oder ſeine Intereſſe zu ſehr verletzet wird / nicht ſo ſtrictè, oder zu genau nach denen Apicibus des Contracts, ſondern vielmehr pro Reo, oder den beklagten Diener / (als deſſen Partes hierinnen allezeit favo - rabiliores, als des Klaͤgers ſeine ſeyn muͤſſen) geſprochen werde.
JM Nahmen GOttes kund und zu wiſſen / daß heute unten geſetzten dato zwiſchen Herrn N. N. Buͤrger und Banquier, auch Koͤnigl. ‒ ‒ Agenten und Ober-Kriegs-Commiſſario allhier / eines und N. N. Handels-Bedienten und Caſſirer folgender Contract aufgerichtet / und auf vier Jahr lang (an - zufangen / dieſen erſten May 1715. und ſich endi - gende den 1. May 1719.) wohlbedaͤchtlich geſchloſſen worden. Es nimmt nehmlich gedachter Herr Agent ihn N. N. vor ſeinen Diener und Caſſirer dergeſtalt an / daß er ihme ſeine Caſſam anver - trauet / und mit dieſen Conditionibus uͤbergiebet / daß er getreulich dieſelbe verwalten / alle Einnahmen und Ausgaben fleißig von / und an wem ſie geſche - hen / notiren / jeden mit richtigem Beweiß / Ordre, und Quittungen beſcheinigen / und belegen / ein rich - tiges Caſſa-Buch daruͤber halten / und allezeit / wann es gefordert wird / ſonderlich aber bey Schluß jeden Monats parat ſeyn ſoll / richtige Rechnung und Reliqua desfalls abzuſtatten / auch keinen einigen Vortheil vor ſich / mit denen unter Handen habenden Geldern zu machen / ſich unter - ſtehen ſoll / ſondern was in Umſetzung oder Ver - kehr derſelben an Agio oder Intereſſe gemachet oder profitiret werden koͤnte / ſolches ſoll alles an - ders nicht / als auf ſeine des Herrn Agentens Or - dre, und Vorwiſſen / wie auch zu deſſen Nutzen ge - ſchehen.
Zu welchem Ende er N. N. Caſſirer ſich desMor -83Von allerhand Kauffmanns-Contracten. Morgens rechter Tages-Zeit / biß in den ſpaͤten Abend / ſonderlich in denen Poſt-Taͤgen / in dem Contoir, und bey ſeiner Caſſa finden laſſen / den Schluͤſſel allezeit von ſolcher ſorgfaͤltig bey ſich tra - gen / und jeden Geld-Sack mit ſeinen richtigen Poſt-Zetteln / wie viel / und was vor Species da - rinn enthalten / auch wie viel davon ausgezahlet worden ſeyn / verzeichnen ſoll.
Da aber wieder Verhoffen er N. N. Caſſirer hierunter untreu / nachlaͤßig / eigennuͤtzig und Sorg - los ſich bezeigen / deſſen auch uͤberfuͤhret / und dar - uͤber bey der Caſſa einiger Schaden und Abgang / oder auch falſche und untuͤchtige Muͤntz-Sorten ſich befinden ſolten / ſoll er ſolche aus ſeinen Mittein wieder zu erſetzen ſchuldig und gehalten ſeyn / zu welchem Ende er nicht allein ſeine jetzt-habende und noch kuͤnfftig bekommende Haab und Guͤter / bewegliche und unbewegliche / unterpfaͤndlich dafuͤr verpflichtet / ſondern auch zu wahren und weſentli - chen Buͤrgen / Herrn N. N. und Herrn N. N. ein - ſetzet und conſtituiret / welche ſich gleichfalls bey - derſeits anheiſchig machen / als Selbſt-Schuldner vor alles dasjenige mit mit ihren geraͤtheſten Haab und Guͤtern zu hafften / und ohne einige weitlaͤuff - tige Proces-Form zu bezahlen / was ihme N. N. bey dieſer ſeiner Caſſirer Function an Untreu / oder daß durch ſein Verſehen der Caſſa Schaden zugewachſen / wuͤrde koͤnnen bewieſen werden / wie ſie ſich dann auch zu dieſen Ende aller ihnen dar - gegen zu ſtatten kommender Exceptionen und Rechts-Wohlthaten / ſonderlich der Exception fraudulentæ Perſuaſionis, Simulationis, ini -F 2quæ84Caput II. quæ æſtimationis, ingleichen der Rechts-Wohl - thaten / welche vermoͤgen / daß ein jeder Buͤrg nur ſeinen Theil zu zahlen verbunden / ſie die Buͤrgen auch nicht eher koͤnten belanget werden / ehe und be - vor der Principal-Schuldner ausgeklaget / und executiret worden / und was dergleichen Ausfluͤch - te mehr ſeyn moͤchten / aller und jeder kraͤfftiglich hiemit wollen verziehen / und denenſelben / daß ſol - che bey ihnen wider den Herrn Agenten nicht guͤl - tig ſeyn ſollen / renunciiret haben.
Da hingegen verſpricht er der Herr Agent N. N. ihme N. N. als ſeinem Caſſirer / jaͤhrlich zwey - hundert Reichsthaler an Salario, nebenſt freyer Koſt / Waͤſch / Liecht / Holtz und Logement zu ge - ben / auch wegen des boͤſen und untuͤchtigen Gelds / welches ihme beym Einnehmen mit einlauffen moͤchte / ein halb pro mille, oder von tauſend Reichsthaler Einnahme paſſiren zu laſſen; Urkund - lich ſeynd dieſer Contract vier gleich-lautende / ver - fertiget / und von allerſeits Contrahentibus un - terſchrieben / mit ihren Petſchafften bekraͤfftiget / und jedem Theil ein Exemplar davon zugeſtellet worden / ſo geſchehen / Dantzig / den 20. Junii / 1715.
(L.S.) N.N. als Principalis. (L.S.) N.N. des Caſſirers. (L.S.) N.N. des Gezeugen. (L.S.) des Gezeu - gen.
KUnd und zu wiſſen ſey hiemit / daß unter uns Endsbenannten heute dato folgender Contract aufgerichtet und geſchloſſen worden: Nachdem nehmlich mir Titio, Buͤrgern und Handelsmann allhier in Bremen / Herrn Sempronii, ſeine Han - dels-Capacitaͤt und Erfahrenheit / ſonderlich in der Moſcowitiſchen Sprach / und deſſelbigen Landes Handlung wohl bekannt / daß ich ſelbigen derge - ſtalt zu meinen Dienſten engagiret / daß er meine in Moſcau habende Geſchaͤffte / in Ein - und Ver - kauff meiner daſelbſt habenden Waaren / Eincaſſi - rung ausſtehender Schulden / und was mir etwann ſonſt in meinen Handels-Angelegenheiten mehr vor - fallen moͤchte / reſpiciren und wahrnehmen / dabey meinen Vortheil allezeit in Abſicht haben / meinen Schaden und Nachtheil hingegen / ſo viel als ihme moͤglich ſeyn wird / præcaviren und vermeiden ſoll.
Zu welchem Ende ich ihme jaͤhrlich pro Salario zweyhundert und funfftzig Reichsthaler zugeſagt / damit er auch zufrieden ſeyn / ſich ſelbſt ſpeiſen und logiren muß jedoch bezahl ich was er an Packraum / Haur - oder Gewoͤlb-Zins / vor meine Waaren wuͤr - de ausgeben muͤſſen noch a parte, wie er mir dann hieruͤber ordentlich quartaliter eine generale Verrichtungs-Rechnung / in welcher alles dasje -F 3nige /86Caput II. nige / was er meinetwegen an Waaren oder Geld negociirt / aus gegeben / und eingenommen / oder auch v〈…〉〈…〉 erunkoſtet hat / enthalten ſeyn muß / einzuſchi - cken / und dabey eine Specification der noch im Verkauff liegenden Waaren / ausſtehenden Schul - den / und was ſich an Gegen-Schulden finden moͤchte; in Summa / einen voͤlligen Bilantz auszu - fertigen hat / damit ich alles hier in loco in meinen Haupt Handels-Buͤchern Conform damit moͤge notiren koͤnnen.
Wann auch dabey expreßè ausbedungen worden / daß er Sempronius, auſſer mir ſonſt nie - mand Commiſſions-weiß bedienen ſoll / und zwar in nachgeſetzten 4. Jahren / nehmlich von dieſem 1. Auguſtt 1715. an / biß 1. Auguſti 1719. ſondern biß dahin allein in meinem Brod und Pflichten blei - ben / und meine Handels-Geſchaͤffte wahrnehmen ſoll / bey einer unwiderſprechlichen Straff von 500. Reichsthaler an hieſiges Wayſen-Hauß zu bezah - len / als hat er nicht allein ſolches bey ſeinen Ehren und wahren Worten angelobet / ſondern auch noch allenfalls ſeine hier noch habende Immobilia mir zu mehrer Verſicherung dafuͤr verpflichtet / und daß ſelbige gegen alle in meinen Dienſten an mir von ihm bezeugten Untreu / in ſo fern er deſſen uͤber - wieſen werden koͤnte / hafften ſolten / von hieſigen Gerichten / und in deren Protocoll mir verſichern laſſen / da hingegen ich nach befinden ſeiner treuen Dienſte / mich auch anheiſchig gemacht / ihme in waͤhrenden obbemeldten 4. Jahren / dann und wann einige Douçeurs zuflieſſen zu laſſen / und ih - me ſonderlich zu permittiren / daß er 500. Reichs -thaler87Von allerhand Kauffmanns-Contracten. thaler ſeines Gelds zu ſeinen eigenen Nutzen derge - ſtalt in Handlung anlegen moͤge / daß ſolches (1) nicht in ſolchen hinein und wieder dafuͤr heraus zuſen - denden Waaren / dergleichen ich fuͤhre / beſtehe / (2) daß ſeine heraus zuſendende Waaren / an mich allein addreſſiret / und deren Provenu ſeinen Be - gehren nach wieder durch mich diſponiret / oder an andere Waaren / ſo er hinein verlangen moͤch - te / angeleget werden ſoll / welches alles ich dann oh - ne einige Proviſion zu effectuiren verſpreche. Urkundlich iſt dieſer Contract in Triplo ausge - fertiget / jedem ein unterſchrieben Exemplar da - von zugeſtellet / das dritte aber verwahrlich eben - falls von beyden unterſchrieben und beſiegelt / bey hieſigen Gerichten deponiret worden / ſo geſchehen / Bremen / den 1. Auguſti 1715.
N. N. N. N.
DEmnach ich Endsbenannter meiner Handels - Geſchaͤffte halben Vorzeigern dieſes / den Er - barn N. N. meinen Handels-Diener nach N. N. zu ſenden / vor noͤthig befunden / als gelanget an alle und jede Herrn Kauffleute / ſonderlich diejenige / mit welchen ich in Correſpondentz ſtehe / mein dienſt - liches Erſuchen / denſelben / was er in meinem Nah - men mit ihnen handeln wird / voͤlligen Glauben bey -F 4zu -88Caput II. zumeſſen / wie ich ihn dann inſonderheit / und ſpe - cialiter dahin will bevollmaͤchtiget / und authori - ſirt haben / vor mich / und vor meine Rechnung Waaren einzukauffen / und zu verkauffen / Schul - den einzufordern / Wechſel und Contractus mei - ner Handlung zum Beſten gereichende / zu ſchlieſſen / und auch ſonſt alles in der Kauffmannſchafft zu thun / was ein getreuer und geſchickter Handels - Diener ſeinem Patron zum Nutzen thun und han - deln mag und ſoll / welches ich alles / gleich als wann es durch mich ſelbſt geſchehen waͤre / vor ge - nehm zu halten und zu erfuͤllen verſpreche. Ur - kundlich dieſer meiner ihme daruͤber ertheilten ei - genhaͤndigen Vollmacht / und aufgedruckten Han - dels-Signet, ſo geſchehen / Bremen / den 6. Auguſti 1715.
BEy dergleichen Vollmachten iſt dieſes nur noch zu erinnern / daß es ſicherer iſt / wann man dieſelbe gerichtlich / oder vor einem Commer - cien-Collegio, wo deren eines beſtellet und ange - richtet iſt / ausfertigen laͤſt / weil ein ſolches Com - mercien-Collegium ohne dem alle die Actus Ju - diciales in Mercantilibus zu exerciren / und ſich zuzueignen befugt iſt / auch a Principe vel Republica darzu authoriſirt ſeyn muß.
ZWiſchen mir und N. N. Burger und Wein - haͤndlers allhier in Rotterdam / und N. N. Handels-gefliſſenen / iſt heute folgender Contract aufgerichtet und geſchloſſen worden / nehmlich da ich N. N. mein Schiff das Wappen von Holland ge - nennt / mit Stab Holtz und eichenen Plancken be - laden / von hier nach Bourdeaux in Franckreich ab - gehen zu laſſen gereſolvirt bin / dieſer Ladung aber einen ehrlichen und verſtaͤndigen Menſchen vorzuſe - tzen noͤthig habe / der mir nicht allein ſolche Holtz - Waaren daſelbſt beſtens ſuche an den Mann zu bringen / ſondern auch andre Waaren wieder dage - gen in Retour, ſonderlich Weine und Brandtwei - ne einzukauffen / daß ich hier den Ehrſamen diſcre - ten Herꝛn N. N. auserſehen / und ſeine mir deß - falls angetragene Dienſte dergeſtalt belieben laſſen / daß er mit ſolcher meiner Schiffladung mit erſtem guten Wind im Namen GOttes von hinnen ſegeln / in Franckreich behalten angekommen ſeynd / ſolche beſter maſſen und in hoͤchſtem Preiß / auch an ſichere Leut zu verkauffen trachten / und vor des Provenu mir eine Party gute Bourdeauxiſche Stadt-Wei - ne / wie auch einige Stuͤcke Brandtweine / alles nach weitern Jnhalt der ihme ausfuͤhrlich mit gege - benen Inſtruction einkauffen / und damit wieder anhero im Namen und Geleit GOttes kommen ſoll /F 5vor90Caput II. vor welche ſeine Bemuͤhung ich ihm zur Gage mo - natlich / ſo lang er aus ſeyn wird 20. ſchreibe zwan - tzig Reichsthl. nebſt freyer Schiffs-Koſt / mit dem Schiffer (oder 50. Reichsthl. vor die gantze Reiß - Verrichtung / oder auch ‒ ‒ ‒ ‒ pro Centum Proviſion von dem Belauff des verkaufften Hol - tzes) und bey ſeiner gluͤcklichen Zuhaußkunfft noch ei - ne Diſcretion von 12. Reichsthl. (oder auch 6. Oxhoͤfft Wein / die er vor ſeine Rechnung einkauf - fen moͤchte / freye Fracht vor die Uberfarth) zu geben verſpreche. Urkundlich iſt dieſes eigenhaͤndig von mir / ingleichen auch von N. N. (daß nemlich dieſes alles alſo unter uns abgeredet und beſchloſſen worden / er auch demſelben in allen Stuͤcken getreulich nachzule - ben gedaͤchte /) unterſchrieben worden / ſo geſchehen den 15. Junii 1715.
N. N. N. N.
SAvoir qu’ entre le Sieur Bertram marchand Ban - quier de cette Ville, & Jean Antoine, ſon Com - mis le ſuivant Contract a eté fait & regiſtré dans la Chambre du College des commerces.
Le dit Sieur Bertram engagant le dit Antoine dans ſes ſervices en qualité de Commiß pour les cinq an - nées ſuivantes, ſavoir a Commencer du premier d’ Aouſt de la preſente 1715. année, & finis ſant l’ an - née 1720. dans ce tems, le dit Antoine pro met de ſervir fidelement Monſieur Bertram dans toutes lesaffai -91Von allerhand Kauffmanns-Contracten. affaires de ſon negoce ſoit au Comptoir, a tenir les livres, & d’ aider les jours des poſtes, a la Correſpon - dence, que dans ſon Magazin, en ce qui concernera l’ achat & la vente des marchandiſes, méme a faire des voyages pour cette fin aux foires, ou dans les pays etran - gers, par tout, ou la neceſſité & l’ utilité du Commer - ce, de Mons. Bertram le requirera, & ſelon les ordres que le dit S. Bertram en donnera, il promet de plus de garder un ſilence inviolable, de tout ce qu’ il pourra entendre, & voir dans le Commerce du S. Bertram, & de procurer par toutes les voyes poſſibles, & autant qu’ il ſera dans ſon pouvoir, l’ avancement du Nego - ce du dit ſon Maitre, & d’ empecher, de meme qu’ il n’y arrive quelque ſiniſtre accident a quoy il s’ oblige ſous l’ hypotheque de touts ſes biens, autant qu’ il en ſera bes oiing.
Le dit Sieur Bertram luy promettant reciproque - ment, de luy faire touts les bons traittements, qui ſont dûs a un fidele & loüable ſerviteur, en le faiſant manger a ſa table le bien loger, & coucher, & de plus de luy payer annuellement, Cent cinquante Ecûs des gages payables avec 75. Ecûs, par chaqe ſe - meſtre.
Le tout ayant été ainſy accordé par les deux par - ties, ils l’ont fait regiſtrer dans la Chambre du Col - lege des Commerces fait a Berlin le. 8. d’ Aouſt. An. 1715.
(L. S.) N. N. Secretaire du College.
SAvoir qu’ aujourd’huy Ce 18. de May l’ An de Grace Mille ſept Cent & quinze, entre moy, Ti - tius marchand Quinquailler de cette Ville de Breme& moy92Caput II. & moy Jean David preſentement Commis du dit S. Titius, le ſuivant Contract a eté fait & conclu, Moy Jean David je m’ oblige de ſervir le dit S. Titius pen - dant ie Temps de quatre années conſecutivement (a commencer le jour & l’ Année ſus mentionée & finis - ſant le meme jour l’ an 1719.) en qualité de ſon Com - mis dans ſon negoce, de la maniere, qu’il convient a un fidele & honette Garçon promettant dans ce tems la de faire exactement, (autant qu’ il ſera en moy) ce que le bien & l’ avancement du Negoce de mon Maitre requirera, & comme principalement le dit Sieur Titius, me confie ſa Boutique & ſon Maga - zin de Quinquaillerie tant pour la vente que pour l’ Achat, qui s’ y fera en gros & en deta il, je luy pro mets d’ en avoir, un ſoing tout particulier que tout y ſoit expedié au Gré & a l’ avantage de mon Maitre, comme auſſi les autres expeditions de ſon Negoce, des quels, il luy plaira de m’ honorer, & dont il me don - nera les ordres, & aſin que Monſieur Titius ſoit d’ autant plus aſſuré de ma fidelité Mons de S. Eſtienne Citoyen & marchand Jouailler de cette Ville, s’ eſt offert de garentir pour moy jus ques a la ſomme de Mille Ecús.
Le Sieur Titius repromettant de ſon Coté de don - ner a ſon Commis David, annuellement quatre vingt Ecûs des gages, payables per quartier avec 25. Ecûs, de le nouvrir a ſa table & de le bien loger chez luy & ſi au bont des quatre ans ſus mentionnés il plut a l’ un ou l’ aute des Parties, de continuer ce Contract, Mon - ſieur Titius promet que de ſon Coté ce ſera d’ une augmentation des gages, pour le S. David, jus ques a vingt Ecûs par an, de ſorte qu’ alors il touchera Cent Ecûs, outre les autres douçeurs qu’ il luy fera de tems en tems pour l’ encourager de le bien ſervir cela ayant eté amſy ſtipulé & arreté entre nous deux, chacun à prisun93Von allerhand Kauffmanns-Contracten. un Exemplaire de ce Contract cerit en double, & ſous ſigné de la main de l’ autre fait a Bremen. le 18. de May l’ An. 1715.
LE Sieur Michaël Berry marchand Drapier de cette Ville d’ Anvers ayant pris dans ſon ſervice en qua - lité de Commis du’ Negoce le Sieur Jean de la Serre, pour quatre ans, a commencer du date d’ aujour d’ huy & finisſant l’ an 1719. le meme date il luy pro - met dans ce tems la ſoixante Ecûs par an des gages, & la Table & logement avec le blan chisſage de ſon lin - ge, a condition, que le dit de la Serre luy ſerve fidele - ment, ainſy qu’il convient a un loyal & bon ſerviteur, ce que le dit de la Serre ayant promis, en foy d’ honete homme, & ſous l’ hypoteque de touts ſes biens en ças de Contrevention, le preſent contract ecrit en double a été ſigné de deux parties, chacune en ayant gardée un Exemplaire, fait a Anvers le 8. Juin. 1715.
NOtum ſit omnibus, quorum intereſt, hodie die in - ter Dominum Eberhardum Mercatorem Colly - ſtam hujus Civitatis Norimbergenſis ab una parte, & ju - venem honeſtum Cajum Titium ab altera, firmum fi - dumque Contractum Locationis & Conductions ope - rarum mercantilium initum, ſequenti formula:
Locator Cajus Titius locat nempe opera ſua Do -mino94Caput II. mino Eberhardo ex tempore Sancti Johannis Baptiſtæ anni hujus Currentis 1715. in quatuor annos ſe - quentes atque adeo ad eundem usque Anni 1719. Ter - minum. Promittens per torum hoc tempus, Domino Patrono ſuo, fidem, induſtriamque ac obedientiam debitam, & quæ integræ Vitæ famæque honeſtum ju - venem decent, & quidem ſe Mandata ipſius ad Amuſ - ſim pro virili obſervaturum, negociaque ſua domi fo - risque ita curaturum, ac ſi ſua eſſent propria, de reti - cendis nihil divulgaturum, ceterum omnem lapidem moturum, ſupra dicta ut Negocia Domini Patroni ſui, indies magis magisque adaugeſcere, novaque incre - menta capere poſſint.
Dominus Conductor vero Eberhardus, ſua ex par - te pollicetur, ſe ſingulis annis, miniſtro ſuo Cajo Ti - tio, pro Solario, Centum imperiales, nempe quinqua - ginta per ſemeſtrium ſoluturum, deque Victu ac le - cto ejus ita proſpecturum, quemadmodum Patrem fa - milias & mercatorem primi ordinis decet.
Quem Contractum ex utraque parte firmum fore promittunt contrahentes illibata fide, renunciantes exceptionibus omnibus & ſingulis, ſigillatim doli, Per - ſuaſionis, Rei non ſic, ſed aliter geſtæ aut intellectæ, læſionis non tantum enormisſimæ, Reductionis ad arbitrium boni Viri, cæteris que vel jam certis inven - tisque, vel humana ſolertia inveniendis, ſimul cum Renunciatione Regulæ, generalem renunciationem non valere, niſi præceſſerit ſpecialis; & ſic omnibus ju - rium beneficiis ac privilegiis undecunque ortum ha - beant. Quæ bona fide ita cuſtoditum iri unanimi Conſenſu iterumque ſpondent, & ſua id ſinguli ſub - ſcriptione teſtatum fecerunt Anno & Die ut ſupra.
POrro ut de mercibus, pecuniisque ſuis mihi creditis Dominus Eberhardus ſecurus eſſe poſſit, fidejuſſores illi produco Dominum Sempronium & Mævium, & nos jam nominati fidejuſſores pollicemur, ſi ulla a Cajo Titio committatur perfidia aut defraudatio, e qua Dominus Patronus ſuus damnum vel aliquod diſpendium ſentire poſſit, nos eum indemnem præ - ſtaturos, renunciantes hac fine, Exceptioni Diviſionis Excusſionis, cedendarum actionum, omnibusque aliis beneficiis, quæ excogitari poſſunt, quandoquidem ho - rum notitia & intellectu non deſtituimur. &c.
Und ſo viel von denen Contractibus, wel - che zwiſchen Kaufleuten und ihren anzuneh - menden Bedienten aufzurichten ſeyn: Folgen nunmehro einige Formularia ſolcher Brieffſchafften / welche etwan bey dergleichen Gelegenheiten zu ſchrei - ben vorfallen moͤchten / und zwar erſtlich:
DA mein bißher geweſener Handels-Diener ſein eigen Negotium anzufangen / aus gewiſſen Urſachen ſich reſolviret / und mich dannenhero er -ſuchet /96Caput II. ſuchet / ihme ſeine Dimiſſion zu ertheilen / allermeiſt da ſeine Jahre / auf welche er ſich bey mir zu dienen engagiret hatte / mehrentheils zu Ende gelauffen / und ich dannenhero in ſolchen ſeinem Anſuchen ihme zu deferiren keinen Umgang nehmen koͤnnen / wie gerne ich auch geſehen haͤtte / daß er ſeiner mir gelei - ſteten Dienſte halber / noch einige Jahre bey mir ver - harret haͤtte / und aber anjetzo die Nothwendigkeit erfordern will / daß ich ſeinen Platz mit einem andern guten Sujecto wieder beſetze / ſolches aber allhier vor der Hand nicht anzutreffen iſt / als gelanget an E. E. mein freundliches Erſuchen / im Fall ihres Orts ein ſolcher Menſch zu finden waͤre / welcher von guten Leuten entſproſſen / ſeine Lehr-Jahre bey der Hand - lung redlich und ehrlich ausgeſtanden / deßfalls glaub - wuͤrdige Teſtimonia aufzuweiſen / und allen Falls auch zulaͤngliche Caution vor ſein kuͤnfftiges Wohl - verhalten præſtiren / dabey gut rechnen / ſchreiben und buchhalten koͤnte / auch mit der Correſpondentz / und ſonderlich mit Material-Waaren wohl umzu - gehen wuͤſte / mir ſolchen dergeſtalt zu recomman - diren / daß er jaͤhrlich von mir (præſtitis præſtan - dis) ein hundert Reichs-Thaler / nebſt freyen Tiſch / Licht / Holtz / Waͤſch und Bett zu empfangen haben ſollte / wobey ich mich ferner anheiſchig machen woll - te / wann er vier Jahr nacheinander in meinen Dien - ſten wuͤrde treulich und redlich zugebracht haben / ſel - bigen alsdann entweder ſelbſt ſeine Gage, im Fall er laͤnger bey mir verharren wollte / zu verbeſſern / oder ihn auch mit einer ſolchen Recommendation von mir zu laſſen / welche zu Befoͤrderung ſeines fer - nern Gluͤcks ihme ſehr zutraͤglich ſeyn ſollte Hier -auf97Von allerhand Kauffmanns-Contracten. auf meines geehrten Herꝛn Antwort gewaͤrtig blei - bend verharre ich.
DEmſelben habe ich mit dieſem freundlich erſu - chen wollen / im Fall etwan ihres Orts ein gu - tes Subjectum eines Handels-Dieners / welcher auſſer Condition waͤre / und wiederum Dienſt ſuch - te / anzutreffen ſeyn ſollte / mir denſelbigen zu recom - mandiren / ich muͤſte aber erſt ſeiner ehrlichen Ab - kunfft / Chriſtlichen Leben und Wandels / darnach ſeiner Treue durch zulaͤngliche Caution, ferner ſeiner Capacitaͤt in denen Verrichtungen / in welchen be - kandter maſſen meine Handlung beſtehet / verſichert ſeyn / wann dieſes alles ſeine Richtigkeit haͤtte / und er ſich dabey auf vier Jahr lang bey mir zu dienen verſprechen wollte / ſo wollte ich ihm die erſte zwey Jahr jaͤhrlich 80. die letztern zwey Jahr aber 100. Reichsthl. nebenſt freyer Koſt / Bett / Waͤſch und Logiment geben / auch nach Befinden ſeiner mir ge - leiſteten Dienſte bey Endigung derſelben auf weite - re Erkaͤnntlichkeit bedacht ſeyn / was nun mein Herꝛ hierunter ausrichten wird / das bleibe in Antwort dieſes gewaͤrtig / ich bin auch erboͤthig / demjenigen / welchen der Herꝛ auf ſolche Conditiones vor mich aufſuchen moͤchte / die Reiß-Koſten per anhero zu verguten / womit ohne mehro freundlich gegruͤſſet / GOtt befohlen.
EUer Edlen nehmen nicht uͤbel / daß ich deroſelben abermal mit einer kleinen Commiſſion be - ſchwehrlich falle / ich bin nemlich eines geſchickten Handels-Dieners benoͤthiget / und weil ich derglei - chen hieſiges Orts vor der Hand nicht zu finden weiß / bey ihnen aber / wie mir nicht unwiſſend iſt / viele dergleichen capables Subjecta ſich offtmal auſſer Dienſt befinden / als gereichet an Euer Edlen mein dienſtliches Erſuchen / mir nach einen ſolchen umzuſehen / und ſelbigen ſo dann ſolcher Geſtalt in meinem Namen zu engagiren / daß er auf meine Un - koſten hieher kommen / ein Viertel Jahr in meinem Haus / Cantoir und Handlung ſich aufhalten / wie ſelbige / und die darinn vorfallende Verrichtungen ihme anſtehen / ermeſſen / mir aber auch zugleich Zeit und Gelegenheit geben ſoll / ſeine Conduite und Capacitaͤt zu examiniren / nach deren Verlauff als - dann der Contract auf beyderſeits beliebige Jahre und Conditiones koͤnte eingerichtet werden / wobey ich dieſes nur zum Voraus melden wollen / daß ein geſchickter Handels-Diener ſich jaͤhrlich eines Salarii von ein biß zwey hundert Gulden / nachdem nehm - lich ſeine Capacitaͤt waͤre / ſich bey mir zu erfreuen haben ſollte / hierauf Euer Edel geehrteſte Antwort erwartend verharre ich.
WJe ich deſſen vormaligen Recommendation,die99Von allerhand Kauffmanns-Contracten. die erſprießliche von meinem bißherig-geweſenen Diener Titio genoſſene Dienſte zu dancken ha - be / ſelbige aber nunmehro durch dieſes getreuen Menſchen unverhofften / jedoch ſeeligen Abſchied aus dieſer Zeitlichkeit ceſſiren / und ich nothwendig deſ - ſen Platz mit einem andern geſchickten Menſchen wie - der beſetzet haben muß / abſonderlich aber gern einen ſolchen haben wollte / der nicht allein der Schwedi - ſchen und Daͤniſchen Sprache maͤchtig / ſondern auch meiner groſſen Verkehrung halber / welche ich nach gedachten Laͤndern habe / von ſolcher Complexion und Leibes-Conſtitution waͤre / daß er die Reiſen dahin in meinen Angelegenheiten verrichten koͤnte / worzu ihme dann / wie leicht zu ermeſſen / auch die Handlung dahin bekandt ſeyn muß / als gelanget an dem Herꝛn mein freundliches Erſuchen / mir nach ei - nen ſolchen geſchickten Menſchen um zu hoͤren / oder doch einen bekannten Maͤckler ihres Orts / der in der - gleichen Sachen ſich gebrauchen lieſſe / Ordre zu geben / daß er gegen Bezahlung ſeiner Muͤhwaltung einen ſolchen vor mich aufſuchen / und forderſamſt auf meine Unkoſten heruͤber ſchicken ſollte / er muͤſte ſich aber auch etliche Jahr zu engagiren / verſpro - chen / dahingegen er 80. biß 100. Reichsthal. jaͤhr - lich an Salario von mir zu genieſſen haͤtte / kan ich meinem Herꝛn hieſiges Orts wiederum angenehme Dienſte erzeigen / hat er zu befehlen / maſſen ich jeder - zeit verharre.
JCh haͤtte in meiner Handlung eines getreuen Handels-Dieners vonnoͤthen / der eines Chriſt - lichen Lebens und Wandels / von honetten Eltern gebohren / nicht zu alt noch zu jung / und auch von ſol - cher Capacitaͤt waͤre / daß man ihn auf den Contoir, wie auch bey Waaren und auf Reiſen wohl gebrau - chen / und ſich auf ihn verlaſſen / er auch dabey 1000. Reichsthl. Caution, vor ſeine Treue und gutes Com - portement ſtellen koͤnte. Wuͤſte nun mein Herꝛ mir einen ſolchen zu recommandiren / ſo kan er ihm zum Voraus von mir verſprechen / daß ich hinwieder al - len égard vor meine getreue Bediente habe / ihnen jaͤhrlich pro Salario 150. Reichsthl. mehr oder we - niger gaͤbe / und wann ich nach Verlauff ihrer ver - ſprochenen Dienſt-Jahre / ihnen forthelffen kan / ſolches nicht unterlaſſe. Hierauf bitte um Ant - wort. ꝛc.
WJe mir nicht unwiſſend / daß zuweilen ihres Orts ſich huͤbſche Subjecta, und vornehmer Leute Kinder finden / welche / nachdem ſie in Patria ihre Lehr-Jahr erſtanden / ſich als Dieners noch fer - ner in der Frembd umzuſehen / Belieben tragen / auch da ſie ſodann deſſelben Orts Handlung / wo ſie hinkommen / noch unerfahren / und alſo noch lernenmuͤſ -101Von allerhand Kauffmañs-Contracten. muͤſſen / ſie etwas Koſt-Geld das erſte und auch das zweyte Jahr zu geben / nach dieſem aber noch wohl ein paar Jahr ohne Entgeld zu dienen / ſich nicht ent - ziehen / hernachmals auch nach Ermeſſung ihrer Dienſte ein poportionirliches Salarium von ihren Patronis erſt zu gewarten haben / als gelanget an dem Herꝛn mein freundliches Erſuchen / etwan an ihrer Boͤrß bey einigen Freunden nach dergleichen jungen Leuten ſich zu erkundigen / oder auch einen Maͤckler (deme ich vor ſeine Muͤhewaltung danck - barlich ſeyn werde) deßfalls Commiſſion zu geben / und zwar dieſes hinbey zufuͤgen / daß in meinem Haus / Contoir und Handlung nicht allein was rechtſchaffenes in Wechſeln und Waaren des Jahrs uͤber verkehret werde / ſondern daß auch dabey ein junger Menſch auf meinen Contoir die Gelegenheit habe / ſich in der Frantzoͤſiſchen / Hollaͤndiſchen und Jtaliaͤniſchen Sprach (weil in allen dreyen gantze Briefe geſchrieben / und nicht etwan nur Flick-Woͤr - ter / wie anderwaͤrts geſchiehet / gebrauchet werden) ſich zu uͤben / ſo halte ich auch vor meinen Leuten kei - ne Briefſchafften (was nicht etwan Arcana Do - mus ſeyn / und meinen Haus-Stand betreffen) verborgen / ſondern wie die Briefe von der Poſt kommen / ſo habe ich Gefallen daran / daß meine Leute dieſelbige leſen / und ſich die Handels-Mate - rien daraus bekannt machen / beydes zu ihren eige - nen kuͤnfftigem Nutzen und Erbauen / als auch / wann ihnen einmal die Connexion bekannt / daß ich des vielen Præceptorirens und Einkaͤuens / was auf ſol - che Briefe geantwortet werden ſoll / uͤberhoben ſeyn moͤge; ſo ſtehet ihnen auch bey meinen hieſigen Fa -G 3bri -102Caput II. briquen die Gelegenheit offen / ſich / was in ſolchen paſſiret / taͤglich umzuſehen und bekannt zu machen / nicht weniger wird ihnen auch das an der Boͤrß zu verrichtende mehrentheils aufgetragen / und mache ich mir ein Plaiſir davon / daß meine Bedienten unter meiner Anfuͤhrung je laͤnger je mehr in allen Handels-Wiſſenſchafften profitiren moͤgen / wel - ches diejenige bezeugen werden / die nicht allein durch ihre eigene bey mir erworbene Capacitaͤt / wann ſie meine Dienſte quitiret / ſich in ein anſehnliches Sa - larium auf andern vornehmen Contoiren ſetzen koͤnnen / ſondern auch / da ſie zu ihrer eigenen Hand - lung geſchritten / ſelbige mit gutem Succeß unter - nommen haben / welcher Geſtalt auch in meinem Haus an nothwendigen Eſſen und Trincken und an - derer Leibes-Bequemlichkeiten / ihnen nichts abgehe / ſie auch zu einen Chriſtlichen Leben - und Tugend - Wandel angefuͤhret werden / ſolches iſt meinem Herꝛn zweiffels ohne bekannt / daß ich dannenhero erſuchen will / dieſe Motiven ſich um ſo viel mehr die - nen zu laſſen / mir nach obigen meinen Verlangen ein gutes Subjectum in meine Handlung zu ver - ſchaffen / worinn ich wieder angenehme Dienſte lei - ſten kan / hat derſelbe zu befehlen.
WAnn derſelbe noch kein annehmliche Condi -tion103Von allerhand Kauffmañs-Contracten. tion in Vorſchlag haben / oder ſich wuͤrcklich ſchon engagiret haben ſollte / ſo will ich ihm hiermit / weil mir deſſen gutes Gemuͤth und Capacitaͤt be - kannt / eine Buchhalter - oder Diener-Stelle / auf meinem Contoir oder in meiner Handlung offeri - ret haben / da wir dann bey ſeiner Hieherkunfft we - gen des Salarii, und derjenigen Condition, die ich dagegen von meinen Bedienten geleiſtet haben will / leichtlich uͤbereinkommen wollen / erwarte hierauf Antwort und verbleibe
Monſieur, deſſen Freund-willigſter N. N.
DEſſen Begehren an mich / ihme ein qualificir - tes Subjectum als Diener in ſeine Handlung zu recommandiren / habe aus ſeinem Geehrten vom 6ten dieſes erſehen / ich moͤchte wuͤnſchen ſo capable zu ſeyn / ihme dergleichen recommandiren zu koͤn - nen / ſo aber findet ſich dermals keine Gelegenheit hierzu / wie ſehr ich mich auch darnach erkundiget / und auch ſolches zu thun denen Maͤcklern die davon Profeſſion machen / aufgetragen habe / ſo bald noch etwas Gutes anzutreffen / ſo ſuchet man gleich hier in Loco ſolches zu emploiren / und mit ausge - maͤrtzten verlange ich keinen guten Freund (deſſenG 4Ami -104Caput II. Amitié ich hoch ſchaͤtze / zu beladen / kan ich in andern Gelegenheiten dienen / hat derſelbe zu befehlen / als der ich ſtets verbleibe.
AUs meines hochgeehrten Herꝛn an mich abgelaſ - ſenen Schreiben / erſehe ich / wie derſelbe gern mit einem tuͤchtigen Subjecto, welches er als Die - ner in ſeiner Handlung gebrauchen koͤnte / von hier - aus verſehen ſeyn moͤchte / und was die Conditio - nes ſeyn / welche zugleich von einem ſolchen Menſchen erfordert werden. Nun iſt zwar nicht ohn / daß man in ſolchen Faͤllen lieber auf was Gutes / als auf was Schlechtes reflectire / derjenige auch / der Koſt und Lohn giebet / einen ſchon gemachten Menſchen ha - ben will / bey welchem er nicht erſt præceptoriren doͤrffe / ſondern ſolchen gleich zu denen Affairen an - ſpannen koͤnne / es ſeynd meines Herꝛn ſeine Gegen - Conditiones ſo vortheilhafftig / und ſeine wohl - établirte Handlung ſo Lehr-reich / daß ihrer viele / wann ihnen ſolches kund ſeyn ſollte / ſich in derglei - chen Conditiones zu tretten / vor ein Gluͤck ſchaͤtzen ſollten. Da aber dermalen meines Wiſſens keine frembde Dienſt-ſuchende Handels-Diener ſich hier befinden / auch denen Maͤcklern / welchen ich davon Nachricht gegeben / keine dergleichen vorgekom - men / als wird mein Herꝛ mich entſchuldiget halten / wann ich hierunter zu dienen mein Unvermoͤgen vor - ſchuͤtzen muß / kan es in andern Faͤllen geſchehen / wird es mir eine Freude ſeyn / mich zu erweiſen / daß ich beſtaͤndig bleibe.
WAs derſelbe an mich wegen eines Handels - Dieners gelangen laſſen / ſolchem habe ich nach - zuleben / und demſelben einen qualificirten Men - ſchen zuzuweiſen mich aͤuſſerſt bemuͤhet / ſo bald auch nicht gegen ein und andern die Eroͤffnung davon gethan / als ſich zugleich unterſchiedliche angegeben / davon jedoch einige / als ich etwas genauer um de - ren Umſtaͤnde mich erkundiget / ſo beſchaffen gewe - ſen / daß ich mit ihrer Zuweiſung bey dem Herrn keinen Danck zu verdienen mir getraute; andere hingegen haben an denen Bedingungen / welche der Herr fordert / unterſchiedliches auszuſetzen gewuſt / dahero ich bißher nach Willen dem Herrn zu die - nen / noch die Gelegenheit nicht finden kan / ſolte mir nach dieſen noch etwas zu Handen ſtoſſen / werde ich demjenigen / was mir der Herr aufgetragen / nach - zuleben / in keine Vergeſſenheit ſtellen / als der ich jederzeit verbleibe.
DEſſen geehrtes Schreiben von 6ten dieſes zu Folge / habe ich mich nach einem ſolchen ge - ſchickten Handels-Diener umgeſehen / welcher dem Herrn in ſeiner beruͤhmten Handlung / denen vor - geſchriebenen Bedingungen nach / gute Dienſte lei - ſten koͤnte; Endlich auch einen ſolchen an eines hie - ſigen vornehmen Buͤrgers Sohn / Nahmens N. N. gefunden / welcher ſeine Jahr allhier erſtanden /G 5nach -106Caput II. nachgehends noch drey Jahr in der Frembd auf beruͤhmten Contoiren gedienet / und nun nicht un - geneigt waͤre / noch ein paar Jahr in des Herrn ſeiner Handlung ſich gebrauchen zu laſſen. Wie er aber nach dieſen ſich hier anzurichten gedencket / dar - zu auch von ſeinen Eigenen zulaͤngliche Mittel in Handen hat / als wolte er ſich wohl uͤber eine ſol - che Zeit / nicht verbuͤndlich machen / dann auch ſo vermeinet er / daß wegen der Beſoldung E. E. noch eine Verbeſſerung einzuwilligen / ſich nicht entziehen wuͤrden. Hieruͤber nun Dero Entſchlieſſung ge - waͤrtig bleibend / verharre ich.
WJe gern ich auch mit Recommendation ei - nes tuͤchtigen Handels-Dieners gedienet haͤtte / ſo ungern muß ich mein Unvermoͤgen darzu beken - nen / welches einiges Theils daher ruͤhret / daß mei - nes Herrn Perſon und Handlung / (ob es aus Miß - gunſt / Verlaͤumdung / oder mit Grund der Wahr - heit geſchehe / kan ich eben nicht wiſſen /) an unſern hieſigen Platz ſehr uͤbel angeſchrieben ſtehet / als wann eines Theils die Tractamenten in deſſelben Hauß vor einen rechtſchaffenen Diener ſehr ſchlecht / die Arbeit hingegen ſo viel exceſſiver, und zwar nur in ſolchen Handels-Geſchaͤfften / welche von keiner Importantz / am wenigſten aber alſo beſchaf - fen waͤren / daß ein junger und Lehr-begieriger Menſch zu ſeinen kuͤnfftigen Vortheil etwas dabey ſolte lernen koͤnnen / worzu noch die Beſchwehrun -gen107Von allerhand Kauffmañs-Contracten. gen kommen / welche einige aus des Herrn Dien - ſten gekommene Handels-Diener allenthalben kund machen / daß ihnen nehmlich nach vieler ausgeſtan - dener Muͤh mit Undanck belohnet worden / und ſie biß dieſe Stund ihr verdientes Lohn nicht haͤtten empfangen koͤnnen; Andere hingegen / die ſich et - wann hieran nicht ſtoſſen moͤchten / kommet dieſes Bedencken vor / daß an einem ſolchen Ort / als der iſt / wo der Herr wohnet / wenig in Handlung zu ſehen oder zu lernen / noch weniger aber kuͤnfftig vor einen jungen Menſchen ſein Gluͤck zu machen ſey / daß ich alſo bey ſo geſtalten Sachen hierunter nicht zu dienen weiß / vielmehr aber / anrathen wol - te / ſich ihres Orts ſelbſten um ein gutes Subjectum umzuſehen / weil es von hieraus ſchwerlich zu erlan - gen ſtehen moͤchte / ich verbleibe indeſſen.
JCh nehme mir die Freyheit / gantz kurtz auf deſ - ſen an mich abgelaſſenes Schreiben zu antwor - ten / und zu ſagen / daß auf die Conditiones, auf welche der Herr einen Handels-Diener verlanget / ſchwehrlich einer zu bekommen ſeyn werde. Dann daß ein junger Menſch / welcher ſeine Jungens - Jahre redlich und ehrlich erſtanden / das Seine ge - lernet / und nunmehro als Diener ſich gebrauchen laſſen will / noch Geld zugeben ſolte / da er vielmehr deſſen zu verdienen gedencket / ſolches ſtreitet wider die Regel der Vernunfft / zumahl da es heutiges Tags mit der Kauffmannſchafft kein ſo groſſe Zau -berey108Caput II. berey oder Geheimniß mehr iſt / daß nicht ein ge - ſchicktes Ingenium, welches der Sprachen und Correſpondentz / der Wiſſenſchafft des Buchhal - tens / und der Rechen-Kunſt faͤhig iſt / ſich leichtlich in eine jede Handlung / ob er gleich nicht zuvor da - rinn gedienet / ſolte ſchicken koͤnnen. So iſt auch die Waaren-Kaͤnntniß ſo ſchwehr nicht / daß ſelbige nicht ebenfalls nach einer kurtzen Anweiſung von einem faͤhigen Subjecto ſolte leichtlich koͤnnen be - griffen werden. Was die Hollaͤnder anbelanget / kan man ihnen ſolche ihre Weiſe und eingefuͤhrte Gewohnheit wohl laſſen; es ſeynd aber die Per - ſonen / an welchen ſolches obſerviret wird / wohl von denen zu unterſcheiden / bey welchen ſelbige nicht guͤltig ſeyn kan; Jenes ſeynd gemeiniglich vorneh - mer Leuth Kinder / welche zwar nicht mehr in den Jungen-Stand ſeyn / ſondern ihre Lehr-Jahre ent - weder bey ihren Eltern / oder andern vornehmen Freunden erſtanden haben / darum aber noch nicht von der Faͤhigkeit ſeyn / mit ihren Handels-Wiſſen - ſchafften bey andern Leuten groſſe Salaria verdie - nen zu koͤnnen / ſonderlich in Laͤndern / welche gantz beſondere Handlungen haben / als diejenige gewe - ſen iſt / bey welcher ſie ihre Jahre ausgedienet; uͤber dem / ſo ſeynd auch ſolche noch Koſt-Geld zu geben - de / ob wohl den Diener Nahmen fuͤhrende nicht ſo ſtrictè zu allen Handels-Fatiquen / als ein Sold empfangener Diener verbunden / genieſſen auch mehr Freyheit / und haben ihre Eltern mehr mit ihnen die Abſicht / daß ſie nur frembder Lufft und Spei - ſen gewohnen / die Sprache des Lands / und was in Handlung einiger maſſen paſſiret / erlernen / imuͤbri -109Von allerhand Kauffmañs-Contracten. uͤbrigen aber / wann ſie ſolcher Geſtalt ein paar Jahr an einem ſolchen Ort ausgehalten / ſich als - dann anderwerts nach Engeland oder Franckreich / auf ein Contoir begeben ſollen / um auch daſelbſt gegen Koſt-Geld / was etwann in Handlung paſſi - ret / zu ſehen / und ſolcher Geſtalt ihre Reiſen zugleich mit zu abſolviren / welches alles ein tuͤchtiger Teut - ſcher Handels-Diener in Teutſchland / und auch nicht in andern Landen / wann er deſſelben Landes Sprach verſtehet / thun wird; ſein Abſicht iſt / Geld zu verdienen / und nicht das Seinige dabey zuzuſe - tzen / ein jeder hat freylich in Handlungen noch zu lernen / es kan aber ſolches ihme nicht ſo wichtig oder noͤthig ſeyn / daß er darum kein Salarium prætendiren / oder gar noch Geld zugeben ſolte. Daß ſich auch die Hollaͤnder auf dem Fuß (Geld zu den Dienſten / welche ihnen geleiſtet werden /) zuzu - fordern / geſetzet / ſolches kommet unter andern auch daher / weil ſie nicht / wie viel unſerer Teutſchen Kauffleut thun / Dieners zum Staat halten / ſon - dern ihre Sachen ſeyn bey établirter Banco in Amſterdam / (bey welcher gleich ein Caſſirer er - ſpahret wird) ſchon eingerichtet / daß ſie ihre Sa - chen theils ſelbſt (zumahl weil ſie perſoͤnlich die Hand mit anlegen / und lieber des Poſt-Tags auf dem Contoir, als in dem Wein-Keller / Luſt-Gaͤr - ten / oder bey dem Brett-Spiel ſich finden laſſen) theils nur mit ein oder zwey Jungens verſehen koͤn - nen / welche entweder ihre eigene / oder doch vor - nehmer Leuth Kinder ſeyn / und (weil nunmehro die Handels-Wiſſenſchafft / wie zuvor ſchon gemeldt / keine ſo groſſe Geheimniſſe mehr ſeyn / als ſie vorAlters110Caput II. Alters geweſen) in ihren funffzehenden oder ſechs - zehenden Jahr ſchon ſolche Capacitaͤt haben / als hinter manchen 30. jaͤhrigen Diener nicht geſuchet werden ſolte. Da nun auch allbereit in Teutſchland viel Kauffleute dieſe der Hollaͤnder ihre Manier und Weiſe mit practiciren / ſo iſt es ſeiter dreyßig biß 40. Jahren her auch ſchon ſo weit gekommen / daß ſich wenig Handels-Diener mehr aufs Con - dition-ſuchen legen / ſondern die meiſten wiſſen ſchon / wann ſie noch wuͤrcklich in Condition ſte - hen / wo ſie / wann ſie aus ſolchen austretten ſolten / ihren Fuß wieder einſetzen / und ſich hinwenden koͤn - nen / zugeſchweigen / daß ſie noch Geld zuzugeben / ſich ſolten perſuadiren laſſen.
Aus welchen allen mein Herr leichtlich ermeſ - ſen wird / daß einen Diener anzuſchaffen / welcher noch Koſt-Geld zugeben ſolte / ſolches allerdings im - practicabel ſey; Das aͤuſſerſte / worzu es etwann zu bringen ſeyn moͤchte / waͤre dieſes / daß / wann der Herr ſeines Handels Wichtigkeit / und die dem an - zunehmenden Subjecto obliegende Schuldigkeit / (ſolche erſtlich zu erlernen / ehe und bevor man ſich nuͤtzlicher Dienſte von ihme zu verſprechen haͤtte /) dociren und darthun koͤnte / wobey auch noch wohl deß anzunehmenden neuen Handels-Dieners Un - faͤhigkeit und Unzulaͤnglichkeit / auch in ſolchen Handels-Wiſſenſchafften / welche doch ein jeder Handels-Diener nothwendig wiſſen ſolte / muͤſte be - wieſen werden / daß alsdann ein ſolcher unfaͤhiger Menſch noch ein paar Jahr umſonſt dienete / her - nachmahls aber erſt ein mittelmaͤßiges Salarium ihme gereichet wuͤrde / dieſes iſt es / was ich meinemgeehr -111Von allerhand Kauffmañs-Contracten. geehrten Herrn in Antwort ſchreiben ſollen / der ich in uͤbrigen verharre.
JN Antwort des Herrn angenehmen von 28. Paſſato berichte ich / daß mir ein ſolches Sub - jectum eines Handels-Dieners zu Handen gekom - men / von welchem ich weiß / daß der Herr alle gu - te Dienſte und Satisfaction werde zugewarten ha - ben; ſein Nahme iſt N. N. ein hieſiges Stadt - Kind / welcher aber zu Franckfurth am Mayn bey Herrn N. N. ſeine Jungen-Jahre erſtanden / ſeiter vier Jahren her aber in Herrn N. N. Handlung allhier gedienet / wie ſolches alle ſeine ehrliche Ab - ſchiede und Teſtimonia ausweiſen koͤnnen. Wann er nun diejenige Conditiones, welche der Herr vorgeſchlagen / ſich gefallen laſſen / und dasjenige zu præſtiren gedencket / was der Herr von einem qualificirten Handels-Diener (ſonderlich der in ſeiner Handlung dienen will) erfordert / ich auch ſelbſt dieſes Menſchen ſeiner guten Conduite hal - ber allezeit reſponſable ſeyn will / als iſt nichts mehr uͤbrig / als daß der Herr die Verfuͤgung thue / wann und wie er uͤberkommen / und ſeine Dienſte antretten ſoll; hierauf Antwort erwar - tende / verbleibe ich.
DEmſelben wird nicht unwiſſend ſeyn / daß durch den Todt Herrn N. N. meines etliche Jahr her geweſenen liebwerthen Herrn Patroni, deſſen Handlung ſo weit ceſſiret / daß die Erben mehr die noch ausſtehende Schulden einzutreiben / und die verhandene Waaren zu verkauffen / als die Hand - lung fortzuſetzen / geſinnet ſeyn; Wann nun bey ſo geſtalten Sachen mein Gluͤck weiter zu ſuchen / mir allerdings angelegen ſeyn will / als erſuche ich mei - nen Herrn / im Fall ihres Orts in einer beruͤhmten Handlung (in welcher vor einen jungen Menſchen noch was zu ſehen / zu lernen / und zu verdienen ſeyn moͤchte) eine Condition offen ſeyn ſolte / mir ſolche vor andern zuzuweiſen / allenfalls haͤtte ich noch wohl Luſt / ein Jahr oder vier mich in der Frembde herum zu tummeln / meine Profectus ſeynd dem Herrn mehrentheils bekannt / dieſes iſt die Hand / welche ich ſchreibe; bey meinem ſeeligen Patron ha - be ich die Hollaͤndiſche und Frantzoͤſiſche Corre - ſpondenz gefuͤhret / dabey noch die Haupt-Han - dels-Buͤcher gehalten / und mehrentheils des Mit - tags die Boͤrſen-Zeit gantz allein verwaltet / und wann es ja erfordert werden ſolte / meiner Treu und Conduite halben Caution zu ſtellen / (wie - wohl ſolches bey Handels-Dienern etwas unge - woͤhnliches / als die man billich aus ihren wohl er - ſtandenen Lehr-Jahren und Teſtimoniis ander - waͤrts ſchon abgelegter redlicher Dienſte beurthei - len ſolte /) ſo wird ſich Herr N. N. allhier nicht ent -ziehen /113Von allerhand Kauffmañs-Contracten. ziehen / ſolche Caution vor mich zu præſtiren / wel - ches ich meinem geehrten Herrn zur Nachricht mel - den / und mich dabey deſſen Gewogenheit und Vor - ſorge recommandiren wollen / der ich allſtets ver - harre.
DAß ich demſelben mit dieſen wenigen Zeilen um Erzeigung eines geneigten Willens ihres Orts erſuche / ſolches wird man verhoffentlich nicht uͤbel deuten / zumahl / da man auch von meiner Perſon aller moͤglichen Gegen-Dienſte allhier verſichert ſeyn kan. Es beruhet aber mein Anliegen kuͤrtzlich darinn / indem ich vernommen / ob ſolte bey Herrn N. N. eine Condition offen ſeyn / wann ich mich nun gern zu ſolcher befoͤrdert ſehen moͤchte / anerwogen / daß in dieſes Herrn ſeiner Handlung nicht allein was rechtſchaffenes zu lernen / ſondern auch ſehr gut vor einen jungen Menſchen bey ihm zu dienen iſt; als gelanget an dem Herrn mein dienſtliches Erſuchen / etwann ohnverzuͤglich die Gelegenheit zu nehmen / meine Perſon demſelben zu recommandiren / ich werde im Fall gluͤcklicher Expedition vor die dar - unter gehabte Muͤhwaltung eine wuͤrckliche Danck - barkeit abzulegen nicht unterlaſſen / und jederzeit hinwiederum ver - harren.
WAnn mir nicht unbekannt iſt / daß derſelbe ſehr offt Gelegenheit habe / gute Subjecta in Kauff - maͤnniſchen Dienſten unter zu bringen / und ich da - her gern meinen Bruder / einen jungen Menſchen von 22. Jahren / welcher allhier bey Herrn N. N. ſei - ne Jahre erſtanden / ihres Orts als Diener wieder angebracht wiſſen wolte. Als gelanget an den Herrn mein freundliches Erſuchen / mir den Gefal - len zu erweiſen / und nach einer raiſonnablen Con - dition vor ihm umzuhoͤren. Er iſt ein guter Ver - richter / ſo wohl auf der Contoir, als bey Waaren / ſonderlich bey Material-Waaren; daß ich alſo mei - nen Herrn verſichern kan / wie er mit dieſes jun - gen Menſchen Recommendation keinen Undanck verdienen wuͤrde. Jch ſende indeſſen hierbey pro Arrha einen Gold-Gulden / es ſey gleich / daß des Herrn ſeine Bemuͤhung etwas fruchte oder nicht / ſo ſoll dieſes doch pro recognitione verbleiben. Jm Fall aber / daß durch dem Herrn etwas gutes effectuiret wuͤrde / will ich mich noch zu einer Er - kaͤnntlich von drey Species-Ducaten hiermit ver - buͤndlich gemacht haben / hierauf gute Ant - wort gewaͤrtig bleibend / ver - harre ich.
NB. Alle115Von allerhand Kauffmañs-Contracten.DEnenſelben freundlichſt zu entdecken / wie daß ich Endsbenannter groſſes Belieben truͤge / mich ihres Orts noch auf ein Jahr drey oder vierH 2vor116Caput II. vor einen Handels-Diener in Condition zu bege - ben / veranlaſſet mich dero ruhmwuͤrdiges Inſtitu - tum, Krafft welchen ſich alle Dienſt-ſuchende Han - dels-Verwandte frey an dero loͤbliche Bruͤder - ſchafft addreſſiren moͤgen; Wann aber auch ihre Statuta dabey vermoͤgen / daß ein ſolcher die Um - ſtaͤnde ſeiner Perſon zugleich aufrichtig und genau mit bemercken muͤſſe / als berichte ich / daß ich von hier gebuͤrtig / eines ehrlichen Buͤrgers und Rechen - Meiſters Sohn / meines Alters 23. Jahr; Meine Jungen-Jahre habe ich bey Herrn N. N. zuge - bracht / bey welchem ich auch hernach noch drey Jahr als Diener geſtanden / und noch ſtehe / von ihnen auch gern nochl laͤnger mit Verbeſſerung eines Sa - larii (welches biß dato 50. Reichsthaler des Jahrs geweſen) wuͤrde beybehalten werden / wann ich nicht / mich ferner in der Frembde und bey andern Handlungen umzuſehen / Belieben truͤge. Wann ich nun bey meinen jetzigen Herrn Patronis des Poſt-Tages zur Correſpondentz / taͤglich aber beym Ausſchnitt in ihren offenen Seiden-Gewoͤlbe bin an - gehalten worden / als erſehen hieraus die Herren beylaͤufftig / worzu ich zu employren bequem ſeyn moͤchte / hierauf nun Dero geneigte Antwort gewaͤr - tig bleibend verharre ich.
Meiner vielgeehrten Herren dienſtwilligſter N. N. Die Aufſchrifft koͤnte ſeyn / denen Edlen und Wohl-Achtbaren Herren Præſidi, Vorſtehern und Aſſeſſoribus, einer loͤblichen Stifftung der Kauffmannſchafft-Verwandter hieſelbſt. Großguͤnſtig Jn N. N.
WAnn mir glaubwuͤrdig hinterbracht worden / ob ſolte derſelbe in ſeiner beruͤhmten Hand - lung eines Buchhalters benoͤthiget ſeyn / worzu ich dann meine Perſon gehorſamſt offeriret haben wolte / der ich laut meines in Haͤnden habenden Ab - ſchieds in gleicher Function allbereit etliche Jahr her in der Herren N. N. allhier ihrer Handlung ge - ſtanden / nunmehro aber auch anderwaͤrts mich zu verſieglen Belieben haͤtte.
Als gelanget an meinen Hochgeehrten Herrn mein dienſtliches Erſuchen / mir etwann / in Antwort dieſes / ſeine Meynung durch ein paar Zeilen wiſſend zu machen / damit ich ferner meine Meſſures dar - nach nehmen koͤnne / ich verſichere aller getreuen und realen Bedienung / werde mich auch nicht ſcheuen / wann mein Herr zu mehrerer Verſiche - rung von obgedachten meinen geweſenen Herren Patronis, meiner Perſon und Conduite halber / Nachricht einziehen wolte / worauf deſſen geneigte Reſolution gewaͤrtig bleibende / verharre ich mit allem Reſpect
Hoch-Edler / Jnſonders Hochzuehrender Herr. deſſen zu dienen bereitwilligſter N. N.
JCh habe mich biß anhero bey Herrn N. N. vor - nehmen Materialiſten hieſelbſt / drey Jahr / vor - mahls aber bey Herrn N. N. in Hamburg zwey Jahr als Diener aufgehalten / und weil ich der Hollaͤndiſchen und Frantzoͤſiſchen Sprach maͤchtig / an beyden Orten mich ſo wohl zur Correſpondentz / als auch bey den Waaren / zu Hauß / und auf Rei - ſen / willig gebrauchen laſſen / alſo / daß beyderſeits meine Herren Patroni ein ſattſames Genuͤgen dar - uͤber verſpuͤhret / wie ſolches die mir von ihnen er - theilte Abſchiede mit mehrern ausweiſen werden.
Wann mir nun von Herrn N. N. hinterbracht worden / ob ſolten E. E. ein tuͤchtiges Subjectum in Dero beruͤhmten Handlung zu employren / auf hieſiger Boͤrß haben ſuchen laſſen; als offerire ich darzu gantz gehorſamſt meine Perſon / ſolte ja an allen zu Dero Verrichtungen erforderten Qualitaͤ - ten / ſonderlich an der Wiſſenſchafft des Buchhal - tens / mir noch etwas abgehen / ſo werde ich mich doch aͤuſſerſten Fleiſſes bemuͤhen / mich darinnen zu E. E. Dienſten je laͤnger je faͤhiger zu machen / um ſolcher Geſtalt zu erweiſen / daß ich Verlangen tra - ge mich zu nennen.
Hoch-Edler / Jnſonders Hochzuehrender Herr. deſſen Treu-ergebenſten Diener. N. N.
ES hat ſich N. N. ihres Orts in meiner Hand - lung als Diener zu dienen / durch ein an mich abgelaſſenes Schreiben angeboten / und dabey eini - ge Umſtaͤnde von ſeiner Perſon und Capacitaͤt be - richtet / wann ich nun / ehe ich hierauf eine Reſolu - tion von mir gebe / erſtlich weitere Nachricht von meinem geehrten Herrn dieſes Menſchen wegen ein - zuziehen vor noͤthig erachte / als erſuche ich mir ſol - che unverholen und aufrichtiger Weiſe mitzuthei - len / es ſoll alles bey mir in hoͤchſter Verſchwiegen - heit bleiben / auch auf Begehren des Herrn eigen - haͤndiges Schreiben wieder zuruͤck geſandt werden / ich diene in dergleichen und andern Faͤllen wieder - um / und verbleibe.
DAß in mir geſetzte Vertrauen / meine Nach - richt wegen des ſich bey den Herrn zu dienen offerirenden N. N. zu eroͤffnen / erfordert meiner Seits deßfalls mit aller Aufrichtigkeit heraus zu gehen / und nach ſolchen dem Herrn zu berichten / daß beſagter N. N. hieſiges Orts / ſeiner Conduite wegen / in ſchlechten Credit ſtehe / auch einige Con - dition unter hieſigen Kauffleuten zu erlangen / ſichH 4gantz120Caput II. gantz keine Hoffnung machen darff zumahl da ſei - ne Capacitaͤt der Function eines rechtſchaffenen Handels-Dieners ein Genuͤgen zu thun / bey weiten nicht zulaͤnglich iſt. Mehrere Particularia anzufuͤh - ren / erachte ich eben nicht noͤthig / es genuͤget mich / obige Generalia dem Herrn im Vertrauen eroͤff - net zu haben; Stehet nunmehro bey ihme / was er hierauf thun oder laſſen wolle / nur will ich dieſes mein Schreiben bey erſter Poſt mir wieder zuruck zu ſenden ausgebeten haben / der ich in uͤbrigen verharre.
WAs N. N. bey Offerirung ſeiner Dienſte an den Herꝛn zur Recommendation ſeiner Per - ſon gelangen laſſen / das befindet ſich allerdings der Warheit gemaͤß / inmaſſen an dieſem jungen Men - ſchen / ſo wohl ſeiner Conduite als Capacitaͤt hal - ber / nichts auszuſetzen iſt / und wuͤrde es ihm an gu - ten Conditionibus allhier nicht ermangelt haben / wann er nicht lieber in der Frembd ſich noch etwas umzuſehen / erwaͤhlet haͤtte. Jch gratulire demnach dem Herꝛn / im Fall er dieſen Menſchen in ſeine Dien - ſte aufzunehmen reſolviren ſollte / zum Voraus zu demſelben / und wuͤnſche / daß es beyderſeits mit Ver - gnuͤgen moͤge angefangen und geendiget werden / ich aber verbleibe.
AUf ſein an mich abgelaſſenes Schreiben / darinn er mir ſeine Dienſte zu meiner Handlung offeri - ret / habe ich nur dieſes in Antwort melden wollen / daß deꝛmalen die auf meinem Contoir vacant gewe - ſene Stelle ſchon beſetzet ſey / und ich alſo niemand mehr benoͤthiget; wuͤnſche dannenhero / daß man an - derwaͤrts ſein Employ finden moͤge / und ver - harre.
Monſieur deſſen Freund-williger N. N.
WJe ich mir ſeine Offerte, bey mir in Dienſte zu tretten / gefallen laſſe / und nicht zweiffle / der Hoͤchſte werde ſeinen Seegen darzu geben / damit es beyderſeits mit Vergnuͤgen geſchehen koͤnne; als hat nunmehro derſelbe / ſich forderſamſt auf die Reiſe hieher zu begeben / und ſo gleich bey ſeiner Ankunfft in meinem Haus ſeinen Abtritt zu nehmen / da als - dann uͤber dem aufzurichtenden Contract bey Ge - legenheit ein mehrers kan gehandelt werden. Jndeſ - ſen wolle derſelbe bey N. N. ſich erkundigen / ob dieH 5bewu -122Caput III. Von denbewuſte Gelder vor dem neulich verkaufften Indigo eingegangen / auch ob die ſechs Kiſten Leinwand in dem Schiff N. N. meiner Ordre gemaͤß verladen worden / was man von dem Preiß der Wolle / wie auch des Korns dieſes Jahrs vor Hoffnung habe / davon waͤre gleichfalls Nachricht einzuziehen / ſo koͤnte auch meine Engliſche Uhr / welche ich neulicher Zeit dem Uhrmacher N. N. daſelbſt zu Reparation zugeſandt / wann ſolche fertig iſt / abgefordert und mit anhero gebracht werden. Jch wuͤnſche gluͤckliche Reiſe und verbleibe.
Was ein Kauffmanns-Die - ner / nach Art der Handlung / bey welcher er dienet / wiſſen / und auch ſonſten vor Qualitaͤten an ſich haben muͤſſe / auch was vor Laſter und Gebrechen einigen unter ihnen anzuhaͤngen pfle - gen.
GLeich wie in allen Profeſſionen und Kuͤn - ſten / derjenige / der ſich denenſelben widmet / erſtlich die Lehr-Jahre paſſiren / folglich das Gelernte in Praxin und Ubung zubringen / ſich befleiſſen muß / ehe er noch als Meiſter in der Kunſt kan freygeſprochen werden / dahero auch alle Kuͤnſte und ſonderlich die Handwercker anfaͤnglichihre123Qualiraͤren eines Kauffmanns-Dieners. ihre Lehr-Jungens / folglich ihre Geſellen / und dann erſtlich die Meiſters haben; Alſo iſt es auch mit der Kauffmannſchafft bewandt / in welcher die darzu gewidmete / erſtlich in ihren Lehr - und Jungen-Jah - ren dasjenige lernen und begreiffen muͤſſen / was die nothwendigſte Grund-Lehren der Kauffmannſchafft ſeyn / wenn ſie nun ſolche begriffen / und die darzu be - ſtimmte oder veraccordirte Lehr - und Dienſt-Jah - re geendiget haben / tretten ſie alsdann erſt in den Ge - ſellen oder Diener-Stand / werden auch von ihren eigenen Patronis, wann ſie laͤnger in ihren Dienſten verharren wollen / von dem Tag ihrer Loßſprechung und geendigten Jungen-Jahren an / ſchon durch ein und andere Zeichen von andern diſtinguiret / als z. E. daß ihre Patroni ſie nicht mehr / wie zuvor / mit Du / ſondern mit Jhr anreden / ihnen / ein gewiſſes jaͤhrliches Salarium conſtituiren / ſie auch bey dem Tiſch ſitzen laſſen / da ſie zuvor / wie bey einigen Kauff - leuten im Gebrauch kommen will / haben ſtehen / oder gar mit dem Geſind eſſen muͤſſen / und was etwan dergleichen Prærogativen mehr ſeyn moͤchten / die ein neu-angehender Kauffmanns-Diener / nach vollendeten ſeinen Jungen-Jahren / und wohl aus - geſtandenem Examine zu genieſſen hat / ſonderlich aber haben ſich derſelben / die ſchon allbereit etliche Jahr im Geſellen-Stand geweſene / und alſo wohl und durch Erfahrung geuͤbte zu erfreuen / in dem ihnen billich / geſtalten Sachen und Handlungen nach / ihre Diſtinction vor Jungens / die noch in ihren Lehr-Jahren begriffen / gebuͤhren muß.
Wie aber niemand gern an ſeine Bediente Koſt und Lohn ausgebiet / es ſey dann / daß er ſie wie -der124Caput III. Von dender nuͤtzlich davor gebrauchen koͤnne; hierzu aber / an einem ſolchen Bedienten / eine zimliche Capacitaͤt und Erfahrenheit erfordert wird / als wollen wir in dieſem Capitel von denen Wiſſenſchafften und Qua - litaͤten eines geſchickten und rechtſchaffenen Kauff - manns-Diener handeln; dieſe letzere aber (weil in ſolchem die Moralitaͤt / ohne welche alle Wiſ - ſenſchafften nichts ſeyn wuͤrden / mit begriffen) zu erſt vor uns nehmen / und nach ſolchen gleich anfaͤnglich zeigen / daß ein qualificirter Handels-Diener erſt - lich Gottsfuͤrchtig ſeyn muͤſſe / ſintemal alles / was mit GOTT angefangen wird / niemals uͤbel ausge - gangen; die Gottesfurcht iſt die rechte Klugheit: Initium Sapientiæ, timor Domini; Sie machet die Albern weiß / giebet Gluͤck und Seegen zu allen Ge - ſchaͤfften / behuͤtet den Menſchen / ſonderlich die jun - gen Leute / daß ſie in keine Suͤnde willigen / viel - mehr das Boͤſe wie eine Schlange meiden / als wel - che / wann man ihr zu nahe kommt / toͤdtlich zu ſtechen pfleget; in Summa / die Gottesfurcht iſt zu allen Dingen nutz / und hat die Verheiſſung dieſes und des zukuͤnfftigen Lebens / ſo muͤſſen auch denen / die GOTT fuͤrchten / alle Dinge zum beſten dienen.
Hiernechſt wird auch an ihm / die mit der Got - tesfurcht genau verbundene Klugheit / auch in welt - lichen Dingen das Boͤſe von den Guten zu unter - ſcheiden / und Schlangen Klugheit zu haben / erfor - fordert / ingleichen der Regul des weiſen Hausleh - rers Syrachs cap. 7. v. 40. zu folgen / was du thuſt / O Menſch / ſo bedenck das Ende / ſo wirſt du nim - mermehr Ubels thun!
Die Liebe zur Warheit und Gerechtigkeit / De -muth125Qualitaͤten eines Kauffmanns-Dieners. muth und Leutſeeligkeit / die Wachſamkeit / Ver - ſchwiegenheit und Treue / ingleichen ein unermuͤde - ter Fleiß und Sorgfalt / indem / was zu thun / befoh - len wird / um ſolches wohl auszurichten. Ferner die Maͤßigkeit / Reinigkeit und Genuͤgſamkeit / die Ge - dult / Sanfftmuth und Gelaſſenheit ſeynd alles Tu - genden / welche einen jungen Menſchen zieren / und bey GOtt und Menſchen angenehm machen koͤnnen. Dann durch die Liebe zur Warheit und Ge - rechtigkeit / wird er ſich ſcheuen zu luͤgen / und un - recht zu thun / oder ſeinen Bruder und Nechſten zu vervortheilen im Handel / auch ſo gar wann ſein Herꝛ ihme ſolches befehlen / oder daran Belieben tragen ſollte / wird er ſich doch deſſen entziehen / und in ſolchem Fall GOtt mehr als denen Menſchen ge - horchen / er wird ſich enthalten von Fluchen und Schwoͤhren / welches ſonderlich vieler gemeiner Kraͤmer ihr Proprium iſt / und ſein Wort Ja / Ja / und Nein / Nein / laſſen / als wohl wiſſend / daß alles / was daruͤber iſt / vom Ubel ſey; ferner wird er ſich huͤten vor falſcher Maaß und Gewicht / als wel - ches dem Herꝛn ein Greuel iſt. Der Demuth wird er ſich darum befleiſſigen / weil GOtt denen Hoffaͤr - tigen widerſtehet / denen Demuͤthigen aber Gnade giebt / ſo wird auch im Kauff-Handel mit Pralery nicht viel ausgerichtet / Kluge Leute hoͤren ſolche an / ſtreichen aber des Pral-Hanſens Wort / auf dem Probier-Stein der Vernunfft und Erfahrenheit / und entdecken bald / ob es falſche oder gute Muͤntze ſey. Die Leutſeeligkeit / in ſo weit ſie nicht in eine allzugroſſe Familiaritaͤt oder Baſſeſſe verfaͤllt / ſondern ſich in ihren Schrancken haͤlt / recomman -dirt126Caput III. Von dendirt bey Kauffleuten ſehr viel / lockt die Kaͤuffer an / erhaͤlt offt eine Waar in naͤhren Preiß / als mit Sauerſehen / und Miſanthropie nicht geſchiehet / ſie giebet einen Acceß zu vornehmen und Lehrrei - chen Compagnien / entdecket vielmals wichtige Ar - cana, und machet / daß ein junger Menſch / den ſolche Tugend zieret / allenthalben angenehm iſt.
Wachſam muß ein Kauffmanns-Diener ſeyn / weil der Hauffmanns-Stand ſolches erfordert / es heiſt nicht allein vigilantibus jura, ſed etiam lu - cra ſcripta ſunt, nicht allein das Recht / ſondern auch die Profiten ſeynd vor die Wachende / und nicht vor die Schlaffende. Und wer muß wohl mehr als ein Diener / ſonderlich ein Kauffmanns-Diener / auf - gemuntert und wachſam ſeyn / damit er immer auf der Hut ſtehe / wo ſeines Herꝛn Nutzen koͤnne be - foͤrdert / Schaden aber abgewandt werden / wel - ches er dann ſonderlich ins Werck zu richten noͤthig hat / wann ihme etwan einer gantzen Handlungs - Direction allein auf dem Hals lieget / und alle Ver - antwortung derſelben kuͤnfftig auf ihn allein kom - men / und von ihm gefordert werden moͤchte.
Die Verſchwiegenheit wird denen bey Handlung Dienenden / nicht weniger als denen Soldaten / die zu Feld liegen / recommandiret / dann wie offt hat nicht ein unbeſonnen entflogenes Wort / einen guten Anſchlag zu nicht gemacht / der ſonſt noch wohl haͤtte koͤnnen mit Nutzen ins Werck gerichtet werden / wann er waͤre verſchwiegen geblieben. Man nehme die Behutſam und Verſchwiegenheit von der Kauffmannſchafft weg / ſo entziehet man ihr einen Theil ihres Lebens / inſonderheit hat ſich ein Die -ner127Qualitaͤten eines Kauffmanns-Dieners. ner derſelben zu befleiſſigen / wann ihm etwan ſein Herꝛ in wichtigen Handels-Geſchaͤfften mit zu Rath ziehet / oder daß ſolcher ſonſt einen zugelaſſenen heimlichen Verdienſt hat / der bloß von der Ver - ſchwiegenheit und dem Geheimniß dependiret / dann ſollte der Diener ſolchen ausplaudern und kund machen wollen / ſo wuͤrde er ſeinem Herꝛn das Meſ - ſer an die Kehle ſetzen / ihme ſein Brod abſchneiden / und folglich mit Recht ein Haus - und ſtraffwuͤrdi - ger Brod-Dieb genennet werden koͤnnen / ja er wuͤr - de / wo nicht Galgens / doch oͤffentlicher ignominieu - ſer Straff wuͤrdig ſeyn / wann er / im Fall ſein Herꝛ ihme alles Gutes gethan / und etwan in alle des ungetreuen Dieners uͤbermaͤſſige Poſtulata und In - ſolentien nicht willigen wollte / hingienge / und das Lucrum, welches etwan ſein Principal, juſto Ti - tulo in dieſer oder jener zugelaſſenen Sach gema - chet / entdecken wollte / welches wir nicht ohne Ur - ſach dieſes Orts exaggeriren / weil man von der - gleichen Caſibus in Terminis genugſame Exem - pel hat / meines Erachtens aber dergleichen Treu - loß-handlende Diener / die ihre ſonſt wohl um ſie ver - diente Herren vorſetzlicher weiß / ſolcher Geſtalt ins Ungluͤck zu ſtuͤrtzen ſuchen / mit derjenigen Straff ſollten beleget werden / zu welchem der großmuͤthige Roͤmiſche Feld-Herꝛ Camillus jenen Treu-loſen Schulmeiſter der Stadt Faliſcum, der Jhm der vornehmſten Burger Kinder ins Lager practiciret / (in Hoffnung mit ſolcher Treuloſigkeit eine groſſe Recompens zu verdienen /) condemniret hat / daß nemlich jeder Knab eine friſche Ruthen in die Hand nehmen / und damit ihren Ehr-vergeſſenenSchul -128Caput III. Von denSchulmeiſter wieder nach der Stadt zu peitſchen ſollten / welches dann auch wuͤrcklich alſo geſchehen / und hernach ſo viel gefruchtet / daß die Faliſcer durch ſolche des Camilli Großmuͤthigkeit bewogen / ſich und ihre Stadt ſo viel eher uͤbergeben haben.
Mit der Verſchwiegenheit iſt am nechſten vergeſchwiſtert die Treue und Redlichkeit; Die - ſe erfordert von einem jungen Menſchen / daß er 1. GOtt / 2. ſich ſelbſt / 3. ſeinem Herꝛn / und 4. auch ſeinem Neben-Menſchen getreu ſey; er iſt aber und bleibet GOtt getreu / wann er ſich nach ſeinen Geboten haͤlt / und in dem thaͤtigen Chri - ſtenthum nicht laß noch muͤde wird; gegen ſich ſelbſt uͤbet er die Treue aus / wenn er redlich dienet / wel - ches ihme den Seegen und einen guten Namen zu - weg bringet / wann er was rechtſchaffenes in ſei - nem Diener-Stande bey Handlungen zu lernen ſu - chet / wovon er ſich und die Seinige heut oder mor - gen ehrlich ernehren koͤnne / ingleichen / wann er ſich durch ſein demuͤthigen / leutſeeligen Dienſt / und friedfertigen Umgang mit allen Leuten / Patronos ſuchet / welche ihm kuͤnfftig / wann er ſeinen eigenen Handel anzufangen gedencket / mit Rath und That an die Hand gehen koͤnnen; hingegen heiſt es ſich nicht ſelbſt getreu ſeyn / wann man untreu han - delt / und entweder ſeinen Herꝛn oder andere Leut beſtielet / unter dem ſchmeichlenden / aber hernach uͤbel ausſchlagenden / Wahn / jederman ſey ſich ſelbſt die nechſte Treu ſchuldig; da doch hingegen noch viel ve - ſter das Moral-Geſetz / du ſollt nicht ſtehlen / noch dei - nen Bruder vervortheilen im Handel / uns ins Hertz eingepraͤget / uͤber dem auch zur Gnuͤge bekandt iſt /daß129Qualitaͤten eines Kauffmanns-Dieners. daß unrechtes Gut nicht auf den dritten Erben komme.
Gegen ſeinen Herꝛn iſt ein Diener getreu / wann er deſſen Nutzen / ſo viel an ihm iſt / auf alle Weiſe zu befoͤrdern / ſeinen Schaden hingegen ab - zuweden trachtet / wann er ihn mit geziemender Mo - deſtie warnet / und etwan von ſolchen Unter - nehmungen abmahnet / die zu deſſen Schaden ge - reichen koͤnnten / wenn er mit unermuͤdetem Fleiß und Sorgfalt dienet / und gern wann es bey ihm ſtuͤnde / ſeinem Herꝛn / einen Groſchen zu einem Thaler machen wollte; hingegen wird er von ſol - chem Vinculo der Treue loß / wann er auch gleich juratioriſch / dem Herꝛn treu zu dienen / ſich verſchrie - ben und angelobet haͤtte / wann ſein Herꝛ ihm et - was befehlen ſollte / ſo wider GOtt / die hohe Obrig - keit / das gemeine Beſte / und wider gute Zucht / Sitten und Erbarkeit ſeyn und ſtreiten ſollte / in welchem Fall er nicht zu pariren / ſondern wann er bono modo ſeinen Herꝛn nicht auf beſſere Wege und Gedancken bringen kan / lieber deſſen Dienſte zu quitiren hat / als in ſolche ihme angemuthete Suͤnden und Laſter zu willigen. Jſt es demnach ein erſchroͤckliches Exempel / welches der Author des geſchmuͤckten Luͤbecks von einem verwegenen und GOttes-Gericht aus den Augen-ſetzenden Kauff - manns-Diener erzehlet / der / wie er zweiffels ohn ein ruchloſer Menſch geweſen / alſo ſich nicht ge - ſcheuet / ſeines Herꝛn begangene Suͤnde / und dar - uͤber fuͤhlende Gewiſſens-Marter / freywillig und zwar vor ein Stuͤck feines Tuch auf ſich nehmen / welche Verwegenheit er aber kurtz darauf unter desJhoͤlli -130Caput III. Von denhoͤlliſchen Satans Mord-Klauen erſchroͤcklich buͤſ - ſen muͤſſen / wir wollen / weil dieſe warhafftige Ge - ſchicht vielen ſichern und ruchloſen Welt-Kindern zur Warnung dienen kan / ſelbige aus gedachtem Authore folgendes Jnhalts hier anfuͤhren.
Um das Jahr Chriſti 1468. wohnte auf dem Klingenberg in Luͤbeck ein vornehmer Mann / der wegen ſeines Wohlſtands in den Rath-Stuhl geſe - tzet wurde / in dieſem ſeinem Haus wurde einsmals ein Haupt-Schmuck von koſtbaren Perlen verloh - ren / weil nun die Mthmaſſung fiel / daß ſolchen ein in dem Haus arbeitender Handwercks-Mann moͤchte geſtohlen haben / wurde er eingezogen und auf die Folter geworffen / um durch die Marter von ihm herauszubringen / was er gutwillig nicht geſte - hen wollte Die Tortur war ſo hefftig / daß / weil er ſolche nicht mehr auszuſtehen vermochte / er beken - nete / was er nicht gethan hatte / zugleich aber das Vertrauen in ſeinen Klaͤger / der auch ſein Richter war / ſetzte / daß / weil er deſſen Gevatter waͤre / er ihm das Leben ſchencken wuͤrde / allein hier war keine Barmhertzigkeit; der gottloſe Richter ſchnaubete ihn an / und faͤllte gleich das Urtheil / wann er auch zehenmal ſein Gevatter waͤre / ſo muͤſte er doch hencken / wie dann auch etliche Tage hernach geſchah. Bey Verleſung des Todes Urtheils aber / ließ der arme Patient ſich nachfolgender Worte ver - nehmen / (Herꝛ Gevatter / weil ich ja ſterben ſoll und muß / ſo fordere ich euch vor GOttes Gericht / daß ihr innerhalb 14. Tagen daſelbſt erſcheinet / und wegen dieſes meines unſchuldigen Todes Rechen - ſchafft gebet /) dieſe Worte / ob ſie wohl bey an -dern131Qualitaͤten eines Kauffmanns-Dieners. dern eine ſtarcke Wuͤrckung / haͤtten thun moͤgen / fanden doch bey dem gottloſen Richter kein Gehoͤr / der arme Menſch ſollte und muſte hencken; aber ſie - he was geſchicht / etliche Tage nach der Execution, wird der verlohrne Schmuck wieder gefunden / wel - cher dann gleich des gottloſen Richters Richter war / indem er den Gehenckten vor unſchuldig erklaͤrte / ihme aber / daß er ein Mann des Todes waͤre / ins Gewiſſen predigte. Hier war Angſt uͤber Angſt / das Gewiſſen ſtellte ihme allbereit die bald zu erwarten - de Goͤttliche Rache vor; er lag des Nachts zwar auf einem ſanfften Bett / doch duͤnckte ihm ſolches lauter Diſtel und Dorn zu ſeyn / ſeine Staats - und Ehren-Kleider kamen ihme vor / als wann es hoͤlliſche Flammen waͤren / welche ihn umgeben haͤt - ten. Jn dieſer Hertzens-Angſt ſchickte ihme der Satan gleichſam einen Quackſalber zu Huͤlff / wel - che die Wunden oben zu heilen / aber den Grund voll Eyter zu laſſen pflegen / dieſes war ſein / um Schulden einzumahnen lang ausgeweſener Die - ner / der zwar Geld / nicht aber Suͤnden-Schulden aufzuheben gelernet hatte. Dieſer / da er bey ſeiner Zuhauskunfft ſeinen Herꝛn in ſo groſſer Traurigkeit ſahe / bemuͤhete ſich ihme durch Vorzeigung ſei - ner gehabten guten Verrichtung / und des vielen mitgebrachten Gelds einen Muth einzuſprechen / muſte aber zur Antwort hoͤren / daß dieſes alles vor ihm eine ſchlechte Freude / und kein zulaͤngliches Gut waͤre / die ihme auf dem Hertzen-liegende Blut - Schuld damit zu tilgen / und was ſoll mir dieſes al - les nuͤtzen / ſprach er weiter: Nun der Tag heran nahet / da ich vor dem Richter erſcheinen muß / vorJ 2deſ -132Caput III. Von dendeſſen Gericht / mein durch mein ungerechtes Urtheil gehenckter Gevatter mich geladen hat.
Der Diener gantz froh und verwegen / hielte ſolches vor eine ſchlechte und nichts-wuͤrdige Sache / die er ſich erbotte auf ſich zu nehmen / wann ihm ſein Herꝛ nur ein Stuͤck feines Tuch dafuͤr ſchencken wollte / wer war froher als der beaͤngſtigte Kauff - mann / er gab dieſem Buͤrgen / oder vielmehr Ge - wiſſen-loſen und ungluͤckſeeligen Sachwalter ſo gleich die Freyheit / daß er das beſte Stuͤck / ſo er im Haus haͤtte / ausſuchen moͤchte / dieſes geſchahe auch / und der Diener vermeinte einen guten Tauſch ge - troffen zu haben / als in derſelbigen Nacht ein greu - lich Gepolter im Haus gehoͤret wurde / und als ſol - ches endlich nachgelaſſen / entdeckte der anbrechen - de Tag des verwegenen Dieners ewige Nacht / dann man fand ihn an der Erden in ſeinem Blut lie - gen / mit umgedreheten Hals / und dermaſſen zer - knirſchten Gliedern / daß kein eintziges an dem an - dern mehr veſt hieng / die vom Blut triefende Wand deutete an / daß die Goͤttliche Rache ihn an ſolcher durch den hoͤlliſchen Rieſen haͤtte zerſchmettern laſ - ſen / und alſo an ihm unſers Heylands Wort wahr geworden / ſo der Knecht wird ſagen in ſeinem Her - tzen / mein Herꝛ verzeucht zu kommen / und faͤhet an zu eſſen und zu trincken und ſich voll zuſauffen / ſo wird deſſelbigen Knechtes Herꝛ kommen / an dem Tag und zu der Stund / da er ſichs nicht verſiehet / und wird ihn zerſcheitern / Luc. 12. v. 45. und 46. die blutige Stelle an der Mauer iſt noch biß auf dem heutigen Tag zu ſehen / und kan weder ausgekratzt / noch mit Kalch uͤberſtrichen werden / allen denenje -nigen133Qualitaͤten eines Kauffmanns-Dieners. nigen / welche mit GOttes Gerichten ihren Spott treiben zur augenſcheinlichen Warnung / ꝛc.
Dem Neben-Menſchen iſt ein Handels - Diener getreu / wann er niemand wiſſentlich ver - vortheilet / oder muthwillig in Schaden bringt / de - nen die ſeines Raths und Huͤlff gebrauchen / ſolche ſo weit es ohne ſeinen und ſeines Herꝛn Schaden ſeyn kan / gern mittheilet / er beweiſet auch Treu und Lie - be / gegen die unter ihm ſtehende Handels-Jungen / wann er ihnen mit guten Exempeln vorgehet / und wo es die Gelegenheit giebt / es an ihnen an erbau - licher Unterweiſung nicht ermangeln laͤſt / welches offtmals nicht ſo wohl die Eltern und Befreunde ſolcher Knaben / als ſie / die Knaben ſelbſt / wann ſie hernach zu ihren Jahren kommen / mit Danck und Gegen-Wohlthat erkennen / ſo muß er auch ſeinen Neben-Menſchen getreu / ja getreuer als ſeinem Herꝛn ſeyn / wann dieſer ihme etwas zu thun befeh - len ſollte / daruͤber ein unſchuldiger Menſch in Schaden gerathen koͤnte.
Z. E. ein Diener wuͤſte / daß ein Herꝛ ſchon al - les eingepackt / und morgen zum Thor hinaus gehen und Banquerott machen wollte / er verlangte aber an ihm / daß er noch zu dieſem oder jenem hingehen / und von denſelben Geld (unter den Prætext, mor - gen oder uͤbermorgen Banco oder ander Geld da - fuͤr zu geben) holen ſolte / welche der betruͤgeriſche Banquerottirer noch mit auf den Weg zu nehmen / und niemals wiederzugeben gedaͤchte / ſo kan der Diener mit gutem Gewiſſen ſolchen Befehl nicht ausrichten / oder er macht ſich mit ſeinem Patron glei - cher Suͤnden theilhafftig / und auch der ewigenJ 3Straff134Caput III. Von denStraff wuͤrdig / die der Hehler mit dem Stehler zu zu gewarten hat.
Endlich erſtreckt ſich auch die Treue eines Han - dels-Dieners ſo weit / daß ſolche auch unveraͤnder - lich gegen wunderliche und undanckbare / abweſen - de und verſtorbene Herren ſeyn und bleiben muß / von der erſten Sort ſagt Petrus ausdruͤcklich in ſei - ner erſten Epiſtel am 2. Capitel am 8. v. Jhr Knecht ſeyd unterthan mit aller Furcht dem Herꝛn / nicht al - lein den guͤtigen und gelinden / ſondern auch denen wunderlichen. Ein Handels-Patron hat viel - mals heimliche Handels-Haus - und Familien-Sor - gen / die ihme den Kopff verwirrt machen / daß ihm etwan im Zorn ein ungeſtuͤmmes Wort entfaͤ - hret / oder der Diener ihme nichts zu Danck machen kan; er iſt auch wohl von Natur ſauerſuͤchtig / me - lancholiſch / jaͤh-zornig und unfreundlich / alſo / daß nicht wohl mit ihm umzugehen iſt / darum aber muß es der Diener an treuen Dienſten nicht ermangeln laſſen / kein Boͤſes mit Boͤſen vergelten / mit heimli - cher Untreu ſich nicht zu raͤchen ſuchen / ſondern er mag ſichs vors erſt ſelbſt dancken / daß er ſich ehe er in eines ſolchen wunderlichen Kopffs Dienſt getret - ten / nicht beſſer vorgeſehen / und ob mit ihm auszu - kommen ſey oder nicht / ſich vorher wohl erkundiget habe / und endlich ſo ſeynd ſie ja nicht einander zur Ehe gegeben / und iſt das beſte Mittel / daß man ei - nes ſolchen Mannes / mit welchem nicht wohl auszu - kommen iſt / ſeine Dienſte bey Zeiten aufſage und quitire / als daß man ſtets in Verdruß lebe / und ſich heimlich das Leben abfreſſe. Hier priefe ſich aber ein ſolcher Kauffmanns-Diener / der uͤber ſei -nes135Qualitaͤten eines Kauffmanns-Dieners. nes Herꝛn wunderlichen Kopff und Humeur klagt / ob es ſich auch in der That alſo verhalte / oder ob ers darnach mache / daß der Herꝛ ungedultig ſeyn / mur - ren und zancken muͤſſe / ich glaube es wuͤrde ſich viel - mals aͤuſſern / wann man eine genaue Inquiſition anſtellen wollte / daß der Diener wohl groͤſſern Anlaß darzu geben / und vielleicht noch ein haͤrteres Tractament, als er noch empfaͤngt / durch ſeine Unart / Unfleiß / Unverſtand / und dergleichen / verdie - net haͤtte.
Denen Undanckbaren getreu zu ſeyn / erfor - dert ebenfalls GOttes Wort von uns / als welches verbeut / Boͤſes mit Boͤſem zu vergelten / nicht ſelbſt ſein eigener Richter zu ſeyn / die Rache GOtt zu be - fehlen / deſſen ſie iſt / und welcher am beſten vergel - ten kan / was Menſchen aus Geitz / Undanckbar - keit / Boßheit / Haß und Neid / mit Danck zu er - kennen unterlaſſen / dahero auch Paulus im Brief an die Ephefer am 6. Capitel ſagt / daß ein jeglicher Diener ſich ſolle duͤncken laſſen / daß er dem HErꝛn diene / und nicht den Menſchen / ja er ſollte wiſſen / daß / ob er gleich von Menſchen nicht belohnet wuͤr - de / ſo wuͤrde er doch vor das / was ein jeglicher Gu - tes gethan / von dem HErꝛn den Lohn empfahen / er ſey ein Knecht oder Freyer. Wir fragen hier billich / welcher freyer Diener / (dann von Sclaven und Leibeigenen iſt hier nicht die Rede) wohl ſchweh - rere Dienſte als der fromme Jacob in ſeines Schwie - ger-Vatters / des Labans / Haus gehabt / des Tages verſchmachtete ich (wie er ſelbſt klaget im 31. Capitel des Erſten Buchs Moſis am 40. verſ. ) fuͤr Hitze / und des Nachts fuͤr Froſt / und kam kein SchlaffJ 4in136Caput III. Von denin meine Augen und ſolches 20. Jahr lang / was thut aber Laban dargegen / er war grob und un - danckbar / und veraͤnderte Jacob ſeinen Lohn zehen - mal / und haͤtte ihn auch mit Weib und Kindern leer laſſen ausziehen / wann nicht GOtt ins Mittel ge - tretten / und ſelbſt den Jacob ſo geſegnet haͤtte / daß der fromme Ertz-Vater / da er / wie er hernach in dem folgenden 32. Capitel am 10. verſ. bekennet / nicht mehr als einen Stab hatte / als er uͤber den Jordan und in Labans Dienſte gegangen / hernach mit zwey groſſen Heeren wieder nach Hauſe ziehen kunte. Der zuruck ‒ geleſene Name des Laban / erinnert uns hiebey eines andern undanckbare Ga - ſtes / nemlich des Nabals / welcher die geleiſtete Dienſte des heldenmuͤthigen Davids nicht erkennen / noch ſelbigen mit der geſuchten Reuter-Zehrung be - lohnen wollte / dafuͤr aber aus Goͤttlichem Gericht ſein gantzes Gut dem David uͤberlaſſen muſte / wie hiervon ausfuͤhrlich im 25. Capitel des Erſten Buchs Samuelis zu leſen / da unter andern Nabals Knechte einer noch gegen die Abigail ruͤhmen mu - ſte / wie ſehr nuͤtze David mit ſeinen Leuten ihnen ge - weſen / indem ſie als Mauren um ihre Heerden bey Tag und Nacht herum geſtanden / was war aber des undanckbaren und Bauren-ſtoltzen Narren des Nabals ſein Danck? Schimpff - und Schmaͤh - Wort / dann / ſprach er / wer iſt der David / und wer iſt der Sohn Jſai? Es werden je der Knechte viel / die von ihren Herren reiſen / ſolte ich mein Brod / Waſſer und Fleiſch nehmen / das ich vor meine Scheerer geſchlachtet habe / und den Leuten geben die ich nicht kenne / wo ſie her ſind / dieſe unhoͤflicheWort137Qualitaͤten eines Kauffmanns-Dieners. Wort waͤren bald dem groben Miſt-Hammel und ungeſchliffenen Stroh ‒ Juncker uͤbel bekom - men / wann nicht die kluge Abigail den zornigen Da - vid entgegen gereiſet / und ihm durch ihre Klugheit und Geſchenck verſoͤhnet haͤtte / daß er wider Blut gekommen / und ſich ſelbſt recht geſchaffet / GOtt aber den Nabal zehen Tag hernach geſchlagen / daß er ſturb / und dadurch die Wittib ſamt Nabals Gut den David in die Hand gelieffert haͤtte / welches ja ein manifeſtes Exempel iſt / daß GOtt keine treue Dienſte unbelohnet laſſe / und ſolche / ob es gleich Menſchen nicht thun / ſchon zu rechter Zeit zu vergelten wiſſe.
Einem abweſenden Herꝛn bleibt ein Handels - Diener getreu / wann er mit gleichem Fleiß und Sorgfalt / als ob ſein Herꝛ gegenwaͤrtig waͤre / ſei - ne Dienſte verſiehet; es heiſt Epheſ. am 6. nicht mit Dienſt allein vor Augen / id eſt in der Herren Ge - genwart / ſondern auch als Knechte Chriſti / des Allgegenwaͤtigen / ſoll man ſolchen Willen GOttes / (das iſt / treue Dienſte) thun von Hertzen / mit gu - ten Willen / um ſo viel mehr als ein jeglicher Han - dels-Diener zugleich in GOttes-Dienſten ſtehet / welcher genau bemercket / alles / was ſeiner Chri - ſten ihrer Pflicht zuwider gethan / gedacht und vor - genommen wird / ob es gleich vor Menſchlichen Augen ſollte verborgen bleiben / wohin auch zielet das herꝛliche Gleichniß / welches unſer lieber Hei - land beym Luca am 12. Capitel im 42. und folgen - den Verſen in dieſen Worten giebt: Wie ein groß Ding iſt es um einen treuen und klugen Haushalter / welchen ſein Herꝛ ſetzet uͤber ſein Geſind / daß er ih -J 5nen138Caput III. Von dennen zur rechten Zeit ihre Gebuͤhr gebe / ſeelig iſt der Knecht / welchen ſein Herꝛ findet alſo thun / wann er kommt / warlich ich ſage euch / er wird ihn uͤber alle ſeine Guͤter ſetzen / ſo aber derſelbige Knecht in ſeinem Hertzen ſagen wird / mein Herꝛ verzeucht zu kommen / und faͤhet an zu ſchlagen / Knechte und Maͤgde / auch zu eſſen und zu trincken / und ſich voll zu ſauffen / ſo wird deſſelbigen Knechts Herꝛ kom - men / an dem Tag / da er ſichs nicht verſiehet / und zu der Stund / die er nicht weiß / und hat ſich nicht berei - tet / auch nicht nach ſeinen Willen gethan / der wird viel Streiche leiden muͤſſen. ‒ ‒ Dann welchem viel gegeben iſt / bey dem wird man viel ſuchen / und welchem viel befohlen iſt / von dem wird man viel for - dern.
Es iſt aber nicht allein derjenige abweſend / der mit dem Leib nicht gegenwaͤrtig iſt / ſondern auch deſſen wenige Capacitaͤt / bloͤder Verſtand ihme hinderlich ſeyn / daß er mit einer preſence d’Esprit, wie es die Frantzoſen nennen / ſeinen Handels - Geſchaͤfften nicht beywohnen kan; Einer ſolchen Ab - weſenheit muß ebenfalls ein Diener nicht mißbrau - chen / ſondern je mehr er ſiehet / daß ein Herꝛ ſeine Sache und eigene Handlung / entweder aus lie - derlich - und Nachlaͤſſigkeit / oder aus Gebrechen des Leibes und Gemuͤths negligiret / je mehr muß er ſuchen deſſen Stelle zu vertretten / ſeine Kraͤfften anſpannen / und vor den Herꝛn / und zwar ſolcher Geſtalt mit arbeiten / damit er allezeit bereit ſeyn koͤnne / Rechenſchafft ſeines Thuns und Laſſens hal - ben abzuſtatten.
Die Treue / welche ein Handels-Diener ſeinemver -139Qualitaͤten eines Kauffmanns-Dieners. verſtorbenen Herꝛn zu leiſten ſchuldig iſt / beſtehet darinn / daß er vor deſſen Erben / (ſo ſie es verlan - gen / und der Contract es alſo mit ſich bringet) eben ſo wohl ſeine Dienſte in der Handlung mit gleichem Eifer / Treu und Fleiß / fortſetze / als wann der Herꝛ noch im Leben waͤre / und ſo es noch unmuͤndige ſeyn / daß er / ſo viel an ihm iſt / ihres Erblaſſers Handlung ſuche im Flor und Gang zu erhalten / die ausſtehende Schulden einzutreiben / alle Unrich - tigkeiten abzuthun / und in Summa das Werck ſo zu guberniren / daß er jederzeit denen Vormuͤn - dern / oder wer ſonſt darzu berechtiget iſt / richtige Rechnung und Reliqua abſtatten koͤnne. Er muß ſich auch huͤten / ſolche Handlung nicht zu divulgi - ren / worinn ihr groͤſter Vortheil / und die beſte Kunden beſtehen / andern zu offenbaren; Und weil gemeiniglich nach eines Kauffmanns Todt / andere / die etwan gleiche Handlung mit getrieben / die hin - terbliebene Diener auf ihre Seite und in ihre Dien - ſte / mit Verſprechung eines groͤſſern Salarii, als ſie zuvor gehabt / zu locken ſuchen / bloß in der Abſicht / damit ſie von ihnen erfahren moͤgen / worinn des Verſtorbenen ſeine Handlung und beſte Kund - ſchafft beſtanden / welche ſie hernach auf alle Weiß und Weg an ſich zu ziehen trachten / es moͤge denen hinterbliebenen Erben / Wittwen und Waiſen zum Schaden gereichen oder nicht / in ſolchem Fall / muß ein ehrlicher und Chriſtlicher Kauffmanns-Diener durchaus nicht ſeines Patrons Erben zum Nach - theil / ſich / da dieſe vielleicht ſeiner noch am beſten gebrauchten / in andere Dienſte engagiren / ja er kan nicht einmal ſalva Conſcientia ſich hinſetzen /und140Caput III. Von denund des Verſtorbenen Handlung zum Nachtheil / ſein eigen Werck anfangen / es waͤre dann in die - ſem Fall / daß die Erben nicht mehr die Handlung continuiren / ſondern ſolche nach und nach einge - hen / und die Schulden ein caſſiren / und die noch vorhandene Waaren verkauffen laſſen wollten / oder daß ſie ihn ſelbſt dimittirten / und Erlaubniß gaͤben / ſein Gluͤck entweder zu ſuchen / oder auch / daß ſie ohne ihm zu recht kommen / und ihre Hand - lung von der Beſchaffenheit waͤre / daß ſie ſo veſt étabiliret / daß ihnen darinn von andern kein Ein - trag geſchehen koͤnte.
Man moͤchte ferner auch unter die verſtorbene Herren rechnen diejenige / welche civiliter todte / oder gar aus der Kauffleut Ehren-Matricul in das ſchwartze Buch und Brett der Banquerottirer uͤbergetragen ſeyn / dieſe / ob ſie wohl keine groſſe Dieners mehr werden halten koͤnnen / ſo iſt doch der - jenige / der bey ihren Austritt bey ihnen in Dien - ſten geſtanden / wann ihnen das Ungluͤck durch Feuer - und Waſſer-Schaden / oder auf andere un - verſchuldete Weiſe zugeſtoſſen / gehalten / ihnen auch in ihrem betruͤbten Zuſtand / in Noth und Ge - faͤngniß ſo lang beyzuſtehen / als etwan ſein Con - tract waͤhret / oder als er ſiehet / daß ſein Herꝛ noch ſeine Dienſte noͤthig habe / welche Treue nechſt ei - nem guten Gewiſſen ihme auch Ehr und Ruhm bey Ehr-liebenden Leuten erwecken wird.
Ein unermuͤdeter Fleiß und Sorgfalt / alles dasjenige wohl auszurichten / was einein zu thun oblieget / oder ihm von ſeinen Obern befohlen wird / ſtehet darum einem Handels-Diener zu recomman -diren /141Qualitaͤten eines Kauffmanns-Dieners. diren / weil bey der Handlung die Hand nicht will in Schoß geleget / nichts verwahrloſet / verabſaͤu - met oder vergeſſen ſeyn / ſonderlich / wann ſich ein Principal auf ſeinen Diener verlaͤſt / daß er die Fa - cienda wohl ausrichten werde; dahero ein accura - ter Diener ſtets ſeine Schreib-Tafel / porte feuille, oder Gedenck-Zettel bey ſich traͤgt / um / was ihm von einer Zeit zur andern zu thun oblieget / darauf pro memoria zu notiren. So muß ihme auch die Arbeit nicht ſchwehr oder ſauer ankommen / wo und wann es noͤthig thaͤte / ſelbſt Hand anzulegen / und da - durch andern Handels-Bedienten / ſonderlich denen unter ihm ſtehenden Jungen mit guten Exempeln vorzugehen. Auf Reiſen / wo an der Zeit und Gele - genheit viel gelegen / muß er ſich nicht ſaͤumen / oder ſeiner Bequemlichkeit pflegen / wann unterdeſſen des Herꝛn Intereſſe darunter leiden und in Gefahr lauffen ſollte; in Summa / ſeines Herꝛn Wohl und Weh / muß ihm ſo viel als ſeinem Herꝛn ſelbſt zu Hertzen gehen.
Zu einem ſo loͤblichen Verfahren hilfft aber nicht wenig die Maͤßigkeit / nicht allein im Eſſen und Trincken / ſondern auch in andern Bequemlichkei - ten des Leibes. Gleich wie mit einem trunckenen Sol - daten auf der Schildwacht nicht viel Gutes auszu - richten; alſo kan ſich auch ein Handels-Patron von ſeinem / dem Sauffen ergebenen Diener / nicht groſſe Dienſte verſprechen. Es reitzet ſolches an zur Com - pagnie, dieſe zum Spielen und andern Debau - chen / woruͤber des Herꝛn Dienſt hindangeſetzt / Sinn und Witz geſchwaͤchet / die edle Zeit verloh - ren / und das Geld verſchlemmet wird / und ob manſich142Caput III. Von denſich gleich in des Patrons eigenem Handels-Keller / den Trunck ohne Geld wollte ſchmaͤcken laſſen / ſo iſt ſolches zwar in ſo weit (als der Wein wuͤrcklich in groſſen Vorrath / und als eine zu verhandlende / auch offtmals zu bearbeitende Waar dar lieget /) biß auf einen Lab - und Durſtloͤſchung / Prob - und Ehren-Trunck wohl erlaubt / aber nicht in Uber - maß / durch welche dem Patron hernach Schaden zuwaͤchſt / und der Kopff zur Arbeit untuͤchtig ge - macht wird; am wenigſten aber / muͤſſen in einem ſolchen Vorraths-Keller von einem Diener / deme die Aufſicht daruͤber anvertrauet iſt / Sauff-Gela - ge angeſtellet / oder jeder Voruͤbergehende die Weine zu proben eingeladen / ſondern die wahre von den falſchen Kaͤuffern wohl unterſchieden wer - den / weil dieſe nur manchmal einen vorhabenden Kauff oder Commiſſion ſimuliren / und wann ſie ſich ſatt getruncken / hernach das Maul wiſchen / und davon gehen.
Die nechſt der Maͤſſigkeit recommandirte Reinigkeit / begreifft beydes die Reinigkeit des Leibs als des Gemuͤths; unter dieſer verſtehen wir die Reuſchheit / in Gedancken / Worten und Wercken / nachdem es einmal gewiß genug iſt / daß eines jeden Chriſten Menſchen ſein Leib ein Tem - pel des heiligen Geiſtes ſeyn ſollte; und wehe dem / der ſeine / in der Heil. Tauff dem HErꝛn Chriſto geweyhete Glieder / nimmt und Huren-Glieder dar - aus macht / welche dadurch vielmals mit Motten und Wuͤrmen angeſteckt / und andern dergleichen Unzuͤchtigen zu mercklichem Exempel zu verdorren pflegen. Dieſe Materia iſt viel zu weitleufftig / alsdaß143Qualitaͤten eines Kauffmanns-Dieners. daß hier unſers Vorhabensſeyn ſollte / dieſelbe aus - fuͤhrlich zu tractiren / unſern Kauff-Dienern diene nur zur Warnung / daß ſie ſich in ihren Dienſten vor GOtt und der Welt unbefleckt erhalten / weil es ſonſt wenig Gutes vor ſie nach ſich zu ziehen pfleget / indem die Hurerey ein Laſter iſt / welches eine Be - fleckung der Seelen / Verluſt des Leibes Geſund - heit / und der zeitlichen Guͤter / wie auch Anreitzung zum Stehlen / ſonderlich in denen Kraͤmen und Gewoͤlbern / (aus welchem manche Elen Band oder Zeug zu des Herꝛn Nachtheil / von der Hand des ungetreuen Handels-Diener heimlich weg und der Hur auf den Leib fliegen muß) nach ſich ziehet; zugeſchweigen / daß dergleichen Unzuͤchtige / wenig Gluͤck und Stern hernach in ihrem Thun / zumal wann ſie ihren eigenen Handel angefangen / haben; ſondern / weil ſie der ſchaͤndlichen Wolluſt allbereit in ihren Dienſt-Jahren gewohnt geweſen / ſelbiger mit vielen Uppigkeiten in der Freyheit noch mehr nachgehangen / biß endlich das Banquerottiren der Beſchluß geweſen.
Die Reinigkeit des Leibs (beſtehend in ei - ner / dem Kauffmann-Stand gemaͤſſen Kleid / und daß ein Diener / ſonderlich ein Contoiriſt / und der bey ſeinen Waaren im Gewoͤlb auch taͤglich mit vornehmen und erbaren Leuten umgehet / ſich propre halte /) ſtehet gantz nicht zu verwerffen / vielmehr iſt daraus zu urtheilen / daß ein ſolcher Menſch / alles gern nett / ſauber und accurat haben moͤge; dan - nenhero / wo er ein Kram-Diener iſt / auch der Kram Waar wohl warten / und ſelbige pflegen werde; hingegen kan auch der uͤbermaͤßige und weibiſchePutz144Caput III. Von derPutz Anlaß zu argumentiren geben / daß ein ſolcher / wie eine Pope ausgeputzter / die Arbeit ſcheuen wer - de / um etwan ſeine Hand-Krauſen nicht zu zerkrip - peln / oder den ſaubern Rock und Peruque ſtau - big zu machen / wie ſich denn alles zuſammen nicht wohl aufs Contoir bey Dinte und Feder ſchicket / und dem Herꝛn ſo wol / als dem Diener veꝛdacht wiꝛd / wann ſolche geputzte Affen beym Schreib-Pult ſitzen / daraus abzunehmen / daß nicht viel in der Handlung zu thun ſeyn muͤſſe / weil der Diener immer alſo auf den Staat gekleidet einhergehen koͤn - ne / wo man nicht gar muthmaſſet / daß / wann ſolches zu uͤbermaͤßig / und auch etwan noch ande - re Zeitungen von ſeiner uͤblen Conduite neben bey zu lauffen / daß er ſolches nicht alles von ſeinen 40. oder 50. Thalern Salario beſtreiten koͤnne / und nothwendig lange Finger dabey machen muͤſſe / wie es dann auch denen Principalen, die ſolches zulaſ - ſen / daß ihre Dieners und Jungens taͤglich in der Wochen / (von einem erbarn Kleid des Sonntags reden wir nicht) ſo geſchmuͤckt einher gehen / hoͤch - lich verdacht / und zu weniger Klugheit gerechnet wird.
Die Genuͤgſamkeit iſt eine Tugend / welche Kauffleuts-Diener / die bey raiſonnablen Herren in Condition ſtehen / ebenfalls nicht aus der Acht laſ - ſen ſollen. Mancher ſiehet / daß er ſich bey ſeinem Herꝛn neceſſaire gemacht / daß dieſer ihn nicht wohl entbehren / oder dieſes oder jenes ohne ihm nicht beſtreiten kan / fluxs wird er hoffaͤrtig / will mehr Salarium haben / hoͤher reſpectiret ſeyn / oder er ſetzet dem Patron den Stuhl vor die Thuͤr; welchesaber145Qualitaͤten eines Kauffmanns-Dieners. aber ſehr uͤbel / und ſolte billich von einem Handels - Gericht / gegen dergleichen aufſtoͤßige / ſonderlich wann ihre beſtimmte Zeit noch nicht um iſt / auf ihrer Herren Anklag mit arbitrairer Straffe verfahren werden / worzu auch das Verfuͤhren und Locken an - derer Kauffleut kommet / die manchmahl einen ſol - chen Purſchen 10. biß 20. Thaler mehr Gage zuſa - gen / damit ſie ihn nur / weil er Geld-geitzig / und nicht genuͤgſam iſt / von ſeinem alten Herrn ab - und zu ſich ziehen moͤgen; allein dieſes iſt wider das 9te und 10te Gebot gehandelt / und verdiente gleichfalls eine Obrigkeitliche Straffe. Obbeſagte Tugend der Genuͤgſamkeit / treibet auch weit von ſich weg das Laſter des Neids / welches viel Kauff - Diener gegen ihre Mit-Domeſtiquen und Came - raden zu haͤgen pflegen / wann ſie ſolche beſſer bey ihren Herren und Frauen / als ſich in Gunſt ange - ſchrieben ſehen; daraus entſtehen hernach Klaͤtſche - reyen / Verlaͤumbdungen / Plaudern / Zanck und Hader / deme ſo wenig ein verſtaͤndiger Herr Bey - fall geben muß / als ein genuͤgſamer / und mit ſeinem Stand und Gluͤck zufriedener ſittſamer Menſch / ſolche Laſter zu begehen / ſich jemahls capable be - finden wird.
Seynd noch uͤbrig / die Gedult / Sanffr - muth und Gelaſſenheit / als nicht minder ſehr loͤbliche / und denen Handels-Dienern hoͤchſt nuͤtzli - che Tugenden.
Die Gedult erſtlich belangend / ſo recomman - dirt ſich dieſelbe vornehmlich denen / welche an - dern Leuten dienen muͤſſen / darum weil ihr Will / alsdann denen / welchen ſie dienen / unterworffen iſt /Kweil146Caput III. Von denweil auch viel Strapazen und Bemuͤhen / Reiſen / Arbeiten / Wachen und Sorgen bey den Dienen / ſonderlich in der Kauffmannſchafft vorfallen / die Belohnung und Erkaͤnntlichkeit hingegen ſchlecht / noch ſchlechter aber das Anſehen / dermaleins bey den Kauffmanns-Stand zu emergiren / und ſo in - ſonderheit ein Diener ſich nicht viel auf eigenes Capital oder Patronos und Goͤnner zu verlaſſen / kuͤnfftig dabey ſein vortheilhafftiges Etabliſſement zu finden / ſich hervor thut / vielfaͤltig wird auch ei - nem wunderlichen Handels-Patron nichts zu Danck gemacht / wie gut es auch der Diener anzu - greiffen gedencket / nicht weniger finden ſich auch heimliche Verlaͤumbder und Fuchsſchwaͤntzer / Be - neider und Feindſeelige / auch unter denen Mit - Knechten und Domeſtiquen ſelbſt / bald wird ein Diener von der Frau im Hauß / bald von ihren Kindern angefeindet / die Arbeit ihm uͤberhaͤuffet / alſo / daß er wenig Ruh dabey genieſſet / ſondern immer wie ein laſtbares Thier unter dem Joch ge - halten wird / in welchen allen aber ein ſolcher Menſch ſich in Gedult ſpeiſen / die Hoffnung beſſe - rer Zeiten / und ſeines kuͤnfftigen Gluͤck-Wechſels zu Huͤlff nehmen / und vor allen ſich der Sanfft - muth / und bey dieſer der Gelaſſenheit befleiſſen muß / in den Angedencken / daß / wer zu Ehren kom - men wolle / zuvor leiden muͤſſe / und daß ſich in al - les (was einem auch zuſtoſſen moͤchte) wohl zu ſchicken / und mit Gedult der Huͤlff-Stunde des Herrn zu erwarten / eine der groͤſten Tugenden mit ſey / die an einem jungen Menſchen / welcher andern /und147Qualitaͤten eines Kauffmanns-Dieners. und vielmahls ſolchen Leuten / die es nicht werth ſeyn / dienen muß / kan erfordert werden.
Nachdem wir nun ſolcher Geſtalt / die einen Handels-Diener zierende Moral-Tugenden durch - gegangen / kommen wir nun auch auf die Beſchaf - fenheit ſeiner Leibs-Conſtitution, ſolche muß nun ſtarck und geſund / und ſo ſich die Natur guͤtig ge - gen ihn erwieſen / auch wohl gebildet / der Verſtand aber aufgemuntert / und etwas zu lernen / auch was ihme in Handels-Sachen vorkommt / wohl zu ju - diciren / faͤhig ſeyn.
Die Staͤrcke und Geſundheit wird darum an ihm erfordert / damit er die Handels-Fatiquen deſto beſſer ertragen / und ſeinem Herrn nuͤtzlich ſeyn koͤnne / ſonderlich wo es viel zu reiſen giebet / da keine hitzige oder kalte Jahrs-Zeit / kein Land - noch Waſſers-Gefahr angefehen / ſondern dem Die - ner / (ohne daß er widerſprechen darff /) was er thun und laſſen ſoll / von dem Handels Patron be - fohlen und vorgeſchrieben wird / wobey dann ein ſolcher Handels-Diener wohl vorher zu uͤberlegen und zu bedencken hat / ob er denen Dienſten / in wel - che er ſich zu begeben gedencket / gewachſen ſey / oder nicht; Ob ſeine Conſtitution die Fatiquen wohl vertragen koͤnne / oder ob ſolche ein ſtilles Ge - werb / als etwann in feinen Waaren / oder gar auf dem Contoir ſtets zu ſitzen / und nur mit der Feder zu arbeiten / erfordere; findet er ſich dabey von ei - nen aufgemunterten Geiſt / ſo kan er ſich in ſeinen Dienſt-Jahren / ſonderlich wann er bey realer Handlung ſerviret / viel zu ſehen und zu lernen ver - ſprechen / er wird auch ſeine Condition dadurch ſoK 2viel148Caput III. Von denviel beſſer machen / als wann er ſtumpf von Gehirn / unleutſeelig / ſtarrig und melancholiſch waͤre / wie aber in dieſen allen / die vorfallende Umſtaͤnde / ei - nen jungen Menſchen ſchon ſelbſten bey der Hand nehmen / und ſelbigen mal oder bon gré luy, das iſt: mit oder wider ſeinen Willen ſchon weiſen wer - den / was Dienen ſey / und wie man ſich deßfalls in der Welt / und unter Leuten comportiren muͤſ - ſe / wann man in ſolcher mit Ehren fortkommen will / als laſſen wirs bey dieſen wenigen beruhen / und wenden uns nunmehro zu denen Wiſſenſchaff - ten / welche ein in Kauffmanns-Dienſten ſtehender Diener an ſich haben muß.
Dieſe ſeynd nun erſtlich Generales, und dann auch Speciales; jene kommen allen insgemein / die - ſe nur nach gewiſſen Arten Handlungen / (denen ein junger Menſch ſich gewidmet / und bey welcher er ſeine Lehr-Jahr erſtanden hat) einen und an - dern beſonders zu.
Die allgemeine Wiſſenſchafften ſchlieſſen in ſich das Rechnen / Schreiben / und auch einiger maſſen die Kaͤnntniß des Buchhaltens / und der Waaren / auch noch wohl auslaͤndiſche Sprachen. Das Rechnen und Schreiben muß ein Handels-Diener vor allen wiſſen / und zwar jenes in zierlichſter Fer - tigkeit / ſonderlich nach der Welſchen Praxin, dieſes aber / nehmlich das Schreiben / nach denen in un - ſern allezeit fertigen Handels-Correſpondenten vorgeſchriebenen Requiſitis, und ſo auch das Buch - halten / ſamt allen bey der Handlung vorfallenden Verrichtungen / damit er ſo viel beſſer der Function eines Dieners / der in ſeinen Jungen-Jahren voll -kom -149Qualitaͤten eines Kauffmanns-Dieners. kommen ausgelernet / ein Genuͤgen thun / und mit Fug und Recht ein Salarium oder Dieners-Lohn prætendiren koͤnne / welches alles ſich noch beſſer in der nachgeſetzten Beſchreibung der Special - Wiſſenſchafften / die nach beſonderer Art jeder Handlung ins beſondere auch noͤthig ſeyn / erklaͤren / und bemuͤhen wird. Dieſem nach wird
Erſtlich an einem Complimentario, oder einem ſolchen / der einer gantzen Handlung / als Director, vorgeſetzet iſt / und welcher keinen / oder ſelten einen Patron, oder aber Befehlshaber uͤber ſich hat / er - fordert / daß er eine Handlung voͤllig zu guberni - ren / ja ſo viel als ein Handels Patron ſelber wiſſe und verſtehe / wie ſolches aus dem in vorigen Ca - pitel angefuͤhrten Complimentariat, oder Voll - machts-Formular, welches einen ſolchen Menſchen auf alle Handels-Verrichtungen gegeben wird / zur Gnuͤge abzuſehen / und dahero mit dem Prædicat des Complimentarii ſo wenig als unter Kauff - leuten mit dem Prædicat eines Banquiers zu ſcher - tzen iſt / wiewohl beyde mehr als zu viel mißbrauchet werden.
Ein Buchhalter hat im vorigen Capitel auch ſchon ſeine Lection bekommen / was nehmlich ein accurater Handels Patron von ihm fordere / wie wohl auch hiernaͤchſt in einem beſondern Capitel von Buchhalten / und denen auf groſſen Contoiren vorfallenden Scripturen noch ein mehrers ſoll ge - handelt werden.
Des Caſſirers Function betreffend / ſeynd die dabey vorkommende vornehmſte requiſita in denK 3Con -150Caput III. Von denContract, welchen ein Handels Patron mit ſeinem Caſſirer aufrichtet / enthalten.
Wir gehen nunmehro zu einigen Arten der Handlung ſelbſt / was ſpecialiter ein dabey die - nender Handels-Diener wiſſen muͤſſe / und zwar be - ſonders in den Seiden-Tuch-Material - und Eiſen - Handlungen / dann ob gleich das meiſte hierzu in dem wohl-unterwieſenen Kauffmañs-Jungen ſchon angefuͤhret worden / ſo iſt doch noch viel zuruͤck ge - blieben / welches den Dienern vor andern gruͤndlich und hauptſaͤchlich zu wiſſen obliegen will.
Den Seiden-Handel erſt betreffend / iſt ſelbi - ger entweder mit lauter roher / oder auch mit ge - zwirnter / gefaͤrbter / und zubereiteter Carten-Step - und Neh-auch wohl Floret-Seide / oder es erſtreckt ſich ſolcher auf gantze Manufacturen und Hand - lungen mit allerhand Seidenen Zeugen / wie ſolche auch Nahmen haben moͤgen.
Bey dem Handel mit roher Seide / werden un - ſeren Handels-Dienern vielerley Sorten unter Handen kommen / als
Erſtlich / Seide / welche die Armenianer uͤber Moſcau / und die Oſt-See aus Perſien nach Teutſchland bringen.
Zweytens / die Seide / welche die Engliſche und Hollaͤndiſche / Frantzoͤſiſche und Jtaliaͤniſche Smyr - na - und Levante - Fahres aus Smyrna, Alexan - dria und Tripolis bringen / und welches theils Perſianiſche / theils auch Oſt-Jndiſche Seide iſt.
Drittens wird ihnen vorkommen die Oſt-Jndia - niſche Selde / welche bey der Hollaͤndiſchen und Eng -liſchen151Qualitaͤten eines Kauffmanns-Dieners. liſchen Oſt-Jndianiſchen Compagnie in Engeland und Holland verkaufft wird.
Vierdtens / hat man die Jtaliaͤniſche Seide / da ſich dann wohl zutragen koͤnte / daß ein ſolcher Handels-Diener von ſeinem Patron nach den Boz - ner Maͤrckten / item nach Roveredo, Genua, Bo - logna, oder weiter hinein in Jtalien / um Seiden einzukauffen / verſchickt wuͤrde / da ihm dann vieler Hand Sorten und Preiſe derſelben / wie auch / wie ſolche hernach ſortiret / zubereitet / gefaͤrbet / und al - lerhand Seiden-Arten zu Manufacturen dienlich daraus gemacht werden / nicht unbekannt ſeyn muß / wobey er auch ferner in die Seiden-Farb-Kunſt und Manufacturen hinein zu gehen / und ſelbige tief einzuſehen haͤtte / zumahlen wir ſchon in dem wohl-unterwieſenen Kauffmanns-Jungen wohl - meynend erinnert / daß alle der Kauffmannſchafft gewidmete junge Leute billig auch eine Handthie - rung neben der Handlung (weil es mit ſolcher ein ſo gar mißliches Ding iſt / ſonderlich wann man nicht genugſamen Verlag darzu hat /) mit erlernen ſolten. Wegen des Handels mit allerhand Seiden - Waaren / haͤtte er einen jedweden ihre Qualitaͤt / auch ob es Auslaͤndiſche oder Einheimiſche ſeyn / wo jene her verſchrieben / und wie ſie wieder ver - kaufft werden / wohl in acht zu nehmen. Wie aber dieſes alles kuͤnfftig in unſerem Tractat von der Seide / und denen daraus verfertigten Manufactu - ren / wie auch / was den Wollenen Tuch - und Zeug - Handel anbetrifft / in unſerem Tractat von der Wolle / und denen daraus verfertigten Manufa - cturen / ausfuͤhrlich wird beſchrieben werden / alsK 4laſſen152Caput III. Von denlaſſen wir es dieſes Orts dabey bewenden / und be - trachten nunmehro kuͤrtzlich
Den Material - und Gewuͤrtz-Handel. Hier wird nun vornehmlich ein Handels-Diener / auf unſer neu-eroͤffnetes Kauffmanns-Magazin verwieſen / dieſes nuͤtzliche Buch hat ſo groſſen Ap - plauſum gefunden / daß auch eine hohe Stands - Perſon ſich nicht verdrieſſen laſſen / ſchon bey 800. Titulos dabey zu notiren / welche noch fuͤglich die - ſem Werck koͤnten inſeriret werden / und lebet man der Hoffnung / daß ſolche in Manuſcript zu com - municiren / kuͤnfftig die Gnade von ihr moͤchte aus - zubitten ſeyn / da dann / nebenſt andern / ſeiter den angemerckten Obſervationibus, ſolche dem Publi - co in einem beſonderen Tractat mitzutheilen (weil die erſte Edition unveraͤndert bleiben wird) ſich die Gelegenheit ereignen moͤchte; Jndeſſen wuͤrde es von einem bey Material-Handel dienenden Han - dels-Diener nicht anders als lobwuͤrdig gethan ſeyn / wann er ſich gedachtes Kauffmanns-Magazin anſchaffte / ſelbiges mit Papler durchſchieſſen ließ / und ſo dann ferner dabey notirte / was er etwann in waͤhrenden ſeinen Dienſt-Jahren in ein und an - dern noch obſerviret haͤtte / es koͤnte ihn ſolches nicht allein in ſeinem kuͤnfftigen eigenen Handel ſel - ber / ſondern auch ſeinen Kindern oder anderen gu - ten Freunden wohl zu ſtatten kommen / zumahl / da es bey denen Material - und Gewuͤrtz-Haͤndlern an etlichen Orten viel auf das Reiſen auf Meſſen - und Jahr-Maͤrckten (und daß ſie offt von ihrem Ort aus / weit-entlegene Provintzien mit Specerey - Waaren zu verſehen haben) ankommet / da dannimmer153Qualitaͤten eines Kauffmanns-Dieners. immer einer bey dem andern etwas beſonders zu remarquiren findet / wie hiervon in unſerem Schle - ſiſchen Kauffmann klare Exempla zu ſehen ſeyn / da der Breßlauer Specerey-Handel in viel Mate - rial-Waaren ſchon andere Zufluͤſſe / als der Ham - burger / und dieſer wider andere / als jener hat / welches vornehmlich die differente Situation die - ſer beyden groſſen Handels-Staͤdte / und ſo auch bey andern verurſachet.
Bey dem Material-Handel lieget ferner einem Diener ob / daß er eine jede Waar wohl zu ſorti - ren / und ihre Sorten zu unterſcheiden wiſſe / zu - mahl da der Betrug in ſolchen ſo groß und manch - faltig iſt / daß auch der Scharffſichtigſte nicht ſo leicht in einigen darhinter kommen kan; Um des Mißbrauches willen unterlaſſe ich Exempla davon anzufuͤhren / und zwar nur ſolche / welche mir in groſ - ſer Menge / ſeiter zwey Jahren her / wiſſend gewor - den / wiewohl die Warnung dafuͤr hin und wieder bey Gelegenheit in meine kuͤnfftige Schrifften ein - flieſſen zu laſſen / nicht ſoll vergeſſen werden.
Jn Eiſen-Handlungen hat ein geſchickter Handels-Diener ſeine Hand voll zu thun / es ſey / daß ſein Herr ins Groß / mit allerhand groben Ei - ſen-Waaren / oder auch mit kleinen und ſogenann - ten Nuͤrberger-Steyer-Maͤrcker - oder Smalkalter - Waaren / mit Zinn / Kupffer / Blech / feiner Engli - ſcher Stahl-Arbeit / und dergleichen handle / oder gar ſelbſt Bergwercker und Berg-Theile / Eiſen - Haͤmmer und dergleichen haͤtte. Bey groben Waa - ren ins Groß / werden ihme ſo viel Sorten Schwe - diſch Eiſen / die ausfuͤhrlich in unſerm SchwediſchenK 5Kauff -154Caput III. Von denKauffmann recenſiret ſtehen / ingleichen Teutſches / Polniſches und anderer Laͤnder Eiſen / weil gar we - nig Laͤnder zu finden / welche der Allweiſe Schoͤpf - fer nicht mit dieſem ſo nothwendig-als nuͤtzlichen Metall ſolte verſehen haben / unter Handen kom - men / und ſo er ſelbſten an ſolchen Oertern waͤre / in welchen der hoͤchſte GOtt einen reichen Berg - Seegen geleget haͤtte / wuͤrde er nothwendig in die Kaͤnntniß und Wiſſenſchafft der Bergwercks-Sa - chen mit hinein gehen muͤſſen / ſonderlich wann ſein Patron hohe Oefen / Eiſen - und Blech-Haͤmmer / und dergleichen haben ſolte / welche dann ſolche zu bereiten / Buch und Rechnung daruͤber zu halten / einen fleißigen Mann erfordert. Nur von ein und andern ein klein Exempel zu geben: was iſt nicht durch die gantze Welt vor ein groſſer Handel mit Blech / davon das allerbeſte aus dem von GOtt herrlich mit allerhand Natur - und Kunſt-Gaben ge - ſeegneten Sachſen-Land kommet / und was koſtet es nicht vor Muͤh / biß ein ſchoͤn-verzinntes Blech ſo weit fertig gemachet wird / daß es vor Kauff - manns-Gut paſſiren kan / da wird erſtlich das Ei - ſen darzu / wann es aus dem ſogenannten hohen Ofen kommet / wiederum in dem ſogenannten Friſch-Feuer noch einmal umgeſchmeltzt. Hierauf in Stab-Eiſen geſchmiedet / ein jeder Stab wieder in kleine Theil getheilet / die alsdann unter dreyer - ley Haͤmmer gebracht / und zu Blechen geſchlagen werden. Hierauf werden ſie beſchnitten / und in die Beitz geleget / welche aus fermentirtem Korn gemachet wird / wann ſie etliche Tage darein gele - gen / und die Beitze den Roſt / oder das Unreine(Sin -155Qualitaͤten eines Kauffmanns-Dieners. (Sinner genannt) davon abgefreſſen / ſo verzinnet man ſie erſt / und alsdann ſortiret ſie der Zinn - Meiſter in unterſchiedene Sorten / als zum Exem - pel / in Vorder-Creutz - und Senckler-Blech / welche die duͤnneſten und leichſten ſeyn / gleichwie hergegen die doppelte Creutz-Bleche die ſtaͤrckeſte ſeyn / ihre Breite und Hoͤhe iſt einerley; Sie werden in Vaͤßlein zu 300. und 600. Blaͤttern ins Reich / und zu 450. Blaͤttern in einem Vaͤßlein nach Hamburg eingeſchlagen und verſandt / auſſen auf jeden Faͤß - lein iſt das Zeichen / ſo jeder Hammer fuͤhret / ge - brannt / als etwann mit den Baͤren / Einhorn / Pferd / Adler / und dergleichen. Jtem / mit gewiſ - ſen Buchſtaben / die unter dem Zeichen mit einge - brannt ſeyn / und entweder den Ort / wo die Blech fabriciret worden / oder den Nahmen des Ham - mer-Herrens / der ſie machen laͤßt / anzeigen. Dieſes alles ſolte ja ein Handels-Diener wohl wiſſen / da - mit er die gute Fabriquen von den ſchlechten unter - ſcheiden koͤnne / er muß wiſſen / daß / je zaͤher die Bleche ſeyn / je beſſer ſie auch gehalten werden / ſo muͤſſen ſie auch einen ſchoͤnen Spiegel / oder blan - cken Luſtre von Zinn / und nicht viel gelbes oder an - gelauffene Flecken haben / hiernaͤchſt iſt auch der Preiß / von einer jeden Sorte ſolcher Blech / zu wiſſen noͤthig; Wann nun ein Handels-Diener ſo activ und curios nicht iſt / daß er Luſt hat / auf derglei - chen Sachen acht zu geben / ſo iſt ſchon Hopffen und Maltz an ihm verlohren / und er mehr einem Vieh / als einem Menſchen zu vergleichen / weil er nicht einmal Luſt hat / das jenige ſich bekannt zu ma -chen /156Caput III. Von denchen / wovon er doch heut oder morgen ſein Brod haben ſoll.
Laßt uns nun auch das Zinn betrachten / wel - ches in Europa am meiſten / und zwar nur in En - geland / Meiſſen und Boͤhmen anzutreffen / inſon - derheit hat das Meißner-Land deſſen einen ſo ſtatt - lichen Uberfluß / daß in dem weit-beruͤhmten Alten - berg ein einiger Kukuß wohl in die 1000. biß 2000. Meißniſche Guͤlden zu ſtehen kommt / die nechſt da - ran gelegene Glaß-Huͤtte / der Lauen - und Bern - Stein um Annaberg / item der Thumbgeyer / Er - bersdorff / oder Ehrenfriedersdorff um Schnee - berg / das ſogenannte Fletz-Maul / Soſſa, Eyben - ſtock / Platta / ꝛc. um Dippoldiswalda und Frauen - ſtein / die Boͤbel / Schmiedeberg / Nauendorff / ſeynd alles reich-ausgebende Zinn-Bergwercke; Schwar - tzenberg giebt auch viel Zinn-Steine / das Soſſer und Eibenſtockiſche mit dem Zeichen des Sterns / Rechens und der Hand / Jtaliaͤniſch Colla Ra - ſtello, colla mano & colla forca genannt / ſeynd die angenehmſten in Jtalien / ſonderlich in Vene - dig / weil ſich noch viel Silber darinn befinden ſoll / welches die Jtaliaͤner durch ihre geheime Kunſt und Handgrieff darvon zu ſcheiden wiſſen / daher ſie auch dieſes Zinn vor andern den Centner um 1. 2. biß 3. Ducaten thuerer bezahlen / zuweilen trifft man bey dieſen Zinn-Steinen in den Bergen und Seif - fen / kleine corporaliſche gediegene Gold-Flaͤmmlein an / welches ein Zeichen iſt / daß ſich auch Gold da - bey befinden muͤſſe. Das meiſte Meißniſche Zinn geht nach Regenſpurg / Nuͤrnberg / Schweitz / Franckreich und Jtalien / und von dar ferner in dieLevan -157Qualitaͤten eines Kauffmanns-Dieners. Levante, der Preiß variirt von 22. biß 26. Reichs - thaler / den Centner auf der Stell. Unweit von dieſen Gebuͤrg liegt das reiche Schlackewalder - Zinn-Gebuͤrg / da jaͤhrlich wohl 2. biß 3000. Cent - ner Zinn geſchmoltzen wird / welches vor allen an - dern Zinn viel Kupffer bey ſich fuͤhret / daher es auch die Zinngieſſer am liebſten zu ihrer Arbeit brauchen / es geht davon viel nach Nuͤrnberg / das meiſte aber in die Kayſerliche Erblaͤnder / wie auch in Hungarn / und in die Tuͤrckey; Das Engliſche Zinn kommt meiſtens in Blocken zu uns in Teutſch - land / wie die Bley-Mulden; Das Saͤchſiſche und Boͤhmiſche hingegen / wird in groſſe und kleine ſo - genannte Beutel und Zinn-Groſchen gegoſſen / und hier auf in Ballen zuſammen gerollet / und alſo in Faͤſſern eingeſchlagen verſandt / davon ein jedes Faͤßlein zu 2½. Centner ſchwer iſt / welches man ein halb Faͤßlein nennet; So man aber 5. Centner in eines einſchlaͤgt / wird es ein gantz Faͤßlein genannt / welches ja abermahl gar ſchoͤne Remarquen vor ei - nen bey dergleichen Waaren dienenden Handels - Diener ſeyn koͤnnen.
Wann wir auch das kleine Eiſenwerck / Fran - tzoͤſiſch / quinquailerie, und feine Stahl-Arbeit be - trachten / ſo hat in jenen / der vielerley Sorten we - gen / ein Handels-Diener alle ſeine fuͤnff Sinnen zuſammen zu nehmen / daß er / was von hier oder dar muͤſſe verſchrieben / hier oder dorthin verſandt werden / wohl wiſſe / und ſonderlich auf Meſſen und Jahr-Maͤrckten den Ein - und Verkauff darnach einrichte; Es kommen Facturen / da die Waaren ſollen ausgepackt / ſortiret / aufs neue eingebundenund158Caput III. Von denund numeriret / andere nach eingelauffenen Memo - rialien und Specificationibus fortgeſandt werden; was iſt nicht da vor Arbeit / dieſelbe immer ſauber / ſchoͤn / poliret / und vor den Roſt bewahret zu hal - ten. Wie veraͤndern ſich nicht die Nuͤrnberger-Waa - ren ſo offt an Preiß / und ſonderlich einige an der Façon, die je laͤnger je zierlicher ausgeſonnen wird; bald kommt des einen / bald des andern Meiſters ſein Zeichen und Arbeit in Conſideration und groſ - ſe Nachfrage; Wie vielfaͤltig ereignen ſich nicht auch bey dem Eiſen-Kram gewiſſe Kunſt-Sachen / die einen Abriß und Zeichnung erfordern / bey wel - chen ein Handels-Diener / ſo viel beſſer fortkommen wird / wann er ſelbſt Luſt zur Invention und Zeich - nen hat / allenfalls auch ein wenig mit der Feilen und Hammer umzuſpringen weiß. Ja ich weiß nicht / ob es ihm Sachden bringen ſolte / wann er etwas von den Uhrmachen gelernet haͤtte. Ein Gewehr wohl zu verſtehen / wird ohne dem von ihm erfor - dert / weil er ſich dadurch bey Cavalliers und Offi - ciers beliebt machen kan / hierauf auch die Mondi - rung und Liverayen vor gantze Regimenter zu fol - gen pflegen / welches alles / ſo lange er in Dienſten ſtehet / ſeinem Handels-Patron, nach der Zeit aber / wenn er / der Diener / ſeinen eigenen Handel ange - fangen / ihme ſelbſt zu groſſen Nutzen gereichen kan.
Und ſo iſt es auch bey andern Arten von Hand - lungen beſchaffen / da ein Diener ſo viel wiſſen und verrichten muß / daß er zwar immer noch etwas zu lernen findet / in der Haupt-Sach aber keinen Lehr - ling abgeben darff / ſondern was ihme befohlen wird / ſo gleich / auch wohl / nachdem es die Hand -lung159Qualitaͤten eines Kauffmanns-Dieners. lung erfordert / ungeheiſſen / und von ſich ſelbſt ver - richten kan / hierzu gehoͤret aber ein gutes Judicium, beywohnende Experience, ein geneigter Wille / redliche Intention, ehrlich und aufrichtig zu dienen / ein aufgemunterter Geiſt / unverdroſſenes Gemuͤth / hoͤflich und leutſeliger Umgang / Liebe zur Tugend / und ein ernſtlicher Vorſatz / alle Suͤnd und Laſter zu fliehen und zu meiden. Jm Eingang dieſes Ca - pitels iſt zwar ſchon etwas von denen Moral-Tu - genden / welche ein rechtſchaffener Kauffmanns - Diener an ſich haben muͤſſe / gehandelt worden; Das jetzt-bemeldte aber ſoll die Qualitaͤten beruͤh - ren / welche ein Kauffmanns-Diener noch ferner an ſich haben muͤſſe / und hernach im Gegenſatz uns zu denen Maͤngeln / Fehlern und Gebrechen leiten / wo - mit einige unſere Kauff-Diener leider mehr als zu viel behafftet ſeyn / wodurch diejenigen / die ſich deſ - ſen nicht anzunehmen haben (und welche biß anhero in dem Tugend-Weg einher gegangen) ihr Ruhm und gebuͤhrendes Lob nur um ſo viel mehr verherr - lichet werden wird.
Wann wir demnach gemeldet / es muͤſſe ein Kauffmanns-Diener ein gutes Judicium oder faͤ - hige Beurtheilungs-Krafft bey ſich haben / ſo iſt dieſes eben dasjenige / was wir an einem Kauffmann erfordern / daß er nehmlich wiſſen ſoll / zu rechter Zeit Nein und Ja zu ſagen / und ſo gehoͤret es auch einem Diener / der nunmehro die Jungen-Jahre zu - ruͤck geleget / viel Fatiquen ausgeſtanden / Gutes von Boͤſen zu unterſcheiden gelernet / und der Uber - eilung / welche der Jugend / und denen Unſinnigen gemein iſt / gute Nacht geſaget; dann wie viel Ver -rich -160Caput III. Von denrichtungen in und auſſerhalb Haußes / werden ihme ohne præciſe Ordre, was er darinn thun oder laſ - ſen ſoll / aufgetragen / welches hernach die ſtillſchwei - gende Condition in ſich ſchlieſſet / daß er nur das - jenige thun ſoll / was zu ſeines Patrons Handels - Beſten gereichen koͤnne. Dieſes laͤßt ſich nun oh - ne reiffen Verſtand nicht ins Werck ſetzen / der Ver - ſtand aber kommt aus der Erfahrung / und daß man viel geſehen / gehoͤret und geleſen habe; alle drey Stuͤcke koͤnnen ſich ſchon in dem Jungen - Stand / wann ein junger Menſch nur ein wenig witzig ſeyn will / practiciren laſſen / der Diener - Stand aber arbeitet es ſchon mehr aus / und je naͤ - her einer dem Herren-Stand iſt / oder ſeine eigene Handlung anzufangen / je reiffer ſolte der Ver - ſtand und die Beurtheilungs-Krafft durch die viele und lange Erfahrung kommen.
Dieſe / wie um dieſelbe zu erlangen / das wuͤrckli - che Handanlegen in denen Kauffmaͤnniſchen Geſchaͤff - ten noͤthig iſt / alſo erfordert ſie auch eine vorherge - bende / allbereit bey einem dienenden Menſchen feſt - geſetzte Intention und Willens-Meynung / daß man demjenigen / dem man dienet / redlich dienen wolle. Dieſes iſt eben die nothwendige Clauſul in denen Contractibus, welche Herren und Diener mit einander aufrichten / daß dieſe jener ihren Scha - den in allen Stuͤcken / und zu allen Zeiten / ſo viel als moͤglich / wollen abwenden; ihren Nutzen hin - gegen auf gleiche Weiß befoͤrdern; es thut aber ſolche Befoͤrderung ein rechtſchaffener Handels - Diener nicht vor ſeine Perſon allein mit Hand an - legen / und ſich Tag und Nacht in ſeines HerrnDien -161Qualitaͤten eines Kauffmanns-Dieners. Dienſten zu Haus und auf der Reiſen geſchaͤfftig zu erzeigen / ſondern er muß auch ein wachendes Aug auf ſeine Mit-Diener / daß ſolche ein gleiches thun / und dann auch auf andere Leute / daß durch ſolche ſein Herꝛ nicht gefaͤhret werde / haben / durch welche Sorgfallt er ſeinem Herꝛn nicht allein / ſondern auch ſich ſelbſten dienent / er macht ſich dadurch beliebt bey GOtt und Menſchen / erwirbet einen ſtattlichen Ruhm kuͤnfftiger Belohnung und Befoͤrderung / und wird der Accurateſſe, die er in ſeinen Dienſt - Jahren gebraucht / ſo gewohnt / daß ſie ihme her - nach in ſeinem eigenem Handel zu ſeinem gꝛoſſen Vor - theil anhaͤnget. Z. E. Er lebet der von ſeinem Herꝛn ihme vorgeſchriebenen Ordnung wohl nach / verbeſ - ſert auch ſolche / ſo er einigen Mangel daran findet / ſo wird ihme ſolches / wann er zu ſeinem eigenem Han - del gedeyet / auch alſo anhangen ſehen / hernach an - dere Kauffleute / daß ein ſolcher Menſch ein guter Verrichter iſt / und ſich in ſeines Herꝛn Dienſten ge - treu und unermuͤdet finden laͤßt / ſo ſeynd fluxs hun - dert Haͤnde nach ihm / die ihn gerne wieder haben wollten / wann er etwan aus ſeines Herꝛn Dienſten kommen ſollte; waͤre es dann / daß er ſein eigen an - zufangen gedaͤchte / ſo hat / er ſich bey ſeinem ſchlechten Capital, doch mehrers Credits, als ein anderer / der ungleich mehr hat / zugetroͤſten; Hierzu gehoͤret aber auch Leutſeelig - und Hoͤflichkeit / ingleichen ein aufgemunterter Geiſt und unverdroſſenes Gemuͤth / was einer gern und mit gutem Willen thut / wird ihme nur halb ſo ſchwehr; ein gutes Wort findet al - lezeit eine gute Statt; ein freundliches und leutſeeli - ges Geſicht zeiget auch / daß das Menſchen ſein Na -Lturel162Caput III. Von denturel edel und wohl geartet / und folglich auch zur Tugend-Liebe geneigt ſeyn muͤſſe.
Dieſe Tugend-Liebe aͤuſſert ſich nun bey der Gottesfurcht in allen denen Moral-Tugenden / wel - che wir im Anfang dieſes Capitels ausfuͤhrlich be - ſchrieben haben / dannenhero wir uns nunmehro zu ih - ren Gegen-Satz / nemlich zu denen / manchen Kauff - manns-Diener anklebenden / und ſeiner zeitlichen und ewigen Wohlfarth hoͤchſt-ſchaͤdlichen Laſtern wen - den / ſolche ſeynd nun erſtlich
Die Ruchloſigkeit / und daß ein ſolcher Menſch wenig von dem thaͤtigen Chriſtenthum in ſeinem Um - gang und Leben verſpuͤren laͤßt / woraus hernach / wie leichtlich zu erachten / dieſes erfolget / daß ein ſol - cher ruchloſer Menſch die Gebot GOttes taͤglich zu uͤbertretten ſich kein Gewiſſen machet. Das Flu - chen / welches ohne dem vielen Kraͤmern ihr Pro - prium iſt / und durch theils Gotteslaͤſtrige Fuhrleu - te / mit welchen ſolche Kauffmanns-Diener vielfaͤl - tig umgehen / bey ihnen um ſo viel beſſer unterhalten wird / iſt ihr taͤgliches Vater Unſer und beſtes Ge - wuͤrtz ihrer Reden. Der Sabbath / welcher mit heiligen Worten / Wercken / Gedancken und geiſt - lichen Actionibus zugebracht werden ſollte / wird mit Muͤßig - und Spatzirengehen / luſtigen Com - pagnien / oder gar in Sauff-Hur - und Spiel-Haͤu - ſern celebriret; der Ungehorſam gegen die Herꝛ - ſchafft / aͤuſſert ſich oͤffentlich und heimlich / und zwar insgemein / wann man den Contract, den man bey Antritt der Dienſte gemacht / ſchnur ſtracks und handgreifflich zuwider handelt / in dieſem aber wie jener Sohn im Evangelio / zwar ſich aͤuſſerlich einenSchein163Qualitaͤten eines Kauffmanns-Dieners. Schein des Gehorſams anmaſſet / in der That aber nichts weniger als ſolchen præſtiret; Und was iſt die Zanckſucht / das Haddern und Schlagen / oder loſe Schlaͤgerey-Haͤndel anfangen / dem Naͤchſten alles Ubels wuͤnſchen / wohl anders / als eine Suͤnde wi - der das fuͤnffte Gebot; dem ſechſten aber zu wider / hat mancher frecher und unzuͤchtiger Kauff-Geſell wohl ſchon ſeine eigene Maitreſſe auf der Streu / die er Sonntags und Wercktags / wann er in die Kirche oder in ſeines Herꝛn Geſchaͤfften ausgehen ſoll / fleißig beſuchet / auch wohl gar auf ſeines Herꝛn Unkoſten (worzu ſich hundert Gelegenheit finden / die wir naͤchſtens in unſerm Banquerotirenden Kauffmann / und zwar in einer luſtigen Comœ - die, unter deſſen Diener Narciſſo vorſtellen wer - den) unterhaͤlt / dann da mancher Kauffmanns - Diener von den Seinigen nichts hat / dabey auch nicht mehr als 50. Reichsthl. jaͤhrliches Salarium verdienet / und ſich doch dabey ſtattlich in Kleidern und leinen Zeug / auch heimlich ein eigen Relt-Pferd und noch dabey eine Hure auf der Streu halten / bey 10. 20. und mehr Reichsthl. verſpielen oder verſauffen kan / ſollte ſolches wohl anderswo her / als aus ſeines Herꝛn Kram-Bude oder Gewoͤlb - Caſſa und Wein-Keller / durch allerhand heimli - che Intrigues und Pratiquen / die aber gemeini - glick ein ſchlechtes Ende zu nehmen pflegen / herkom - men; und wie entdecket nicht mancher Ehr - und Pflicht-Vergeſſener ſeines Herꝛn Handels-Arcana um ſchnoͤden Gewinſt willen / wie diſrecomman - dirt er nicht denſelben unter der Hand bey andern Leuten / ſonderlich bey ſeinen Kunden / ſpannet ihmL 2die -164Caput III. Von dendieſelbe zu ſeinem eigenen / oder anderer Leut Vortheil ab / laͤſſet hier und dar Schaden geſchehen / da er ihme doch vermoͤg ſeiner Chriſten - und Diener - Pflicht / ſein Gut ſollte heiffen beſſern und behuͤten / welches ja alles Suͤnd und Laſter wider die heilige Gebot GOttes ſeyn.
Als Gebrechen und Fehler / haͤtten wir manchen Handels-Diener auszuſetzen / erſtlich die Unerfah - renheit in denen Handels-Wiſſenſchafften / wel - che ſie ſich doch zu beſitzen ausgegeben haben / wie ſie angenommen worden / ſolches aber ruͤhret daher / daß ſolche Leute in ihren Jungen-Jahren ſich nicht recht angegriffen / etwas rechtſchaffenes zu lernen und vermeinet / wann ſie nur ihre Jahr erſtanden / ihnen der Bart anfienge zu wachſen / und ſie ſich nur burſaliſch und propre in Kleidern und leinen Zeug zu halten wuͤſten / ſo ſeye es ſchon genug vor einen Kauffmanns-Diener zu paſſiren / es erfolget aber gemeiniglich darauf / daß ein ſolcher Idiot kein hal - bes Jahr in Dienſten bleibet / da man ihme wieder ſeinen hoͤflichen Abſchied giebet / und noch ein paar Jahr vor Jung zu dienen anweiſet / oder ſo man ihm ja aus gewiſſen Urſachen und Conſideration behaͤlt / einen andern Contract mit ihm machet / und auf ein paar Jahr das verſprochene Salarium ihme zu geben retractiret / auch wohl gar ſeinen Eltern oder Vormuͤndern das Compliment machet / daß ſie noch ein paar Jahr vor dem vermeinten Diener / der noch erſt vor Lehrling paſſiren muß / Koſt-Geld zu geben ſollten / als daß er im Stand ſeyn ſollte / Sa - larium prætendiren zu koͤnnen.
Das andere Gebrechen iſt die Unfaͤhigkeit ſei -nes165Qualitaͤten eines Kauffmanns-Dieners. nes Verſtandes / ob es ihm gleich an guten Willen ſonſt nicht mangelt / da dann ein ſolcher Menſch / wie ſehr er ſich auch bemuͤhet / wegen ſchlechten Ge - daͤchtniß und Judicii nichts faſſen oder recht beur - theilen kan / dahero in der Handlung mit andern Leuten / ſonderlich die raffinirter als er ſeyn / gar ſchlecht beſtehet / und mehrmals uͤber den Toͤlpel ge - worffen wird / wodurch aber ſeinem Herꝛn wenig Dienſt geſchiehet. Ein ſolcher Menſch muß auch vielmal ſein Verſehen mit ſeinem eigenen Geld in Er - ſetzung des Schadens buͤſſen / und heißt es in der Handlung / wie ſchon zuvor gemeldt / bey den Rechts - Proceſſen: Vigilantibus jura & ſic etiam Merca - toribus lucra ſcripta ſunt, das Recht iſt vor den Wachenden / und nicht vor den Schlaffenden / und ſo auch in der Kauffmannſchafft die Profiten vor die - jenigen / welche darauf zu lauffen wiſſen / nicht aber vor diejenigen / welche warten / biß ihnen die gebra - tene Tauben in das Maul fliegen; dahero jener Va - ter / unter ſeinen zweyen Soͤhnen dieſen Unterſchied machte / daß der Hurtigſte und Munterſte zur Handlung / der Einfaͤltigſte aber zum Studiis ange - halten werden ſollte.
Das dritte Gebrechen iſt die Langſamkeit / ein ſchlaͤffriger Muth / Mangel der Activitaͤt und eines Mercurialiſchen aufgemunterten Geiſtes / wann beydes Herꝛ und Diener von einem gleichen Naturel zuſammen kommen / ſo moͤchten ſie ſich et - wan miteinander comportiren koͤnnen; wann aber der Herꝛ feurig und voller Activitaͤt / ſein Handels - Diener aber langſam und deſto ſchwehr-beweglicher iſt / ſo will ich diejenige davon urtheilen laſſen / welcheL 3(was166Caput III. Von den(was fuͤr ein Beſchwehr es ſey / dergleichen Leut in der Handlung zu haben) welche bey ſich empfinden. Nicht ohne Urſach haben die Poëten dem Mercurio an Kopff und an den Fuͤſſen Fluͤgel angedichtet / die Hurtigkeit / welche bey Handlungen erfordert wird / dadurch anzudeuten / dann da muß der Kopff fertig / wie oben ſchon gedacht / in der Reſolution ſeyn / und ſo gleich ein wohleintreffendes Ja / oder Nein / durch die Schaͤrffe des Judicii von ſich geben / der Mund muß zu reden wiſſen / aus dem / was er geſehen / ge - hoͤret / geleſen und erfahren / kluge Rationes hervor bringen / warum er dieſes oder jenes annehmen koͤn - ne oder nicht / er muß wiſſen zu perſuadiren / daß die - ſes alſo und nicht anders ſey / daß jenes dieſes uͤber - treffe / dieſes hingegen in andern Stuͤcken ſeinen Vortheil wieder von jenem habe. ꝛc.
Die Hand muß mit der Feder auf dem Con - toir, mit der Elen und Waag-Schaalen in dem Kram / Buden oder Gewoͤlb / zuweilen auch mit dem Pack-Stock oder Pack-Nadel bey Einballirung der Waaren / hurtig umzuſpringen wiſſen / ſintemal es einem Diener gantz keine Schande iſt / wann es die Noth erfordert / und periculum in Mora iſt / die Hand ſelber mit an das Packen zu legen; auf dem Contoir ſeynd offt in einem Tag zehen / zwantzig und mehr Brieffe zu ſchreiben / wie ſchoͤn ſollte man nicht da zu recht kommen / der wie die Jungens in der Schul auf ihre Vorſchrifft eine Stund mit einem Brief zubringen wollte / und wann die Affairen ein wenig uͤberhaͤufft / oder es in dem Contoir etwas unruhig waͤre / gar nicht wuͤſte / wo er anfangen oder endigen ſollte.
Jn167Qualitaͤten eines Kauffmanns-Dieners.Jn der Kram-Bude oder Gewoͤlb iſt es eben ſo / da warten offt 10. oder 12. Perſonen auf / welche accommodiret und mit Waaren verſehen ſeyn wollen / wann nun der langſame Kram-Diener ei - ne halbe Stund an einem Paquet auf - und zu macht / mittlerweil lauffen die andere Kaͤuffers (wel - che dieſer Verzug verdrieſſet /) nach einem andern Gewoͤlb / da ſie geſchwinder abgefertiget werden koͤnnen.
Kommt es auf das Amt der Fuͤſſe an / was iſt nicht da vor ein Verdruß bey einem ſolchen Men - ſchen / der alle Viertel-Stunde einen Tritt thut / und gut nach den Tod zu ſchicken waͤre / weil er fein langſam wiederkommt / indeſſen iſt vielleicht hier oder dar etwas durch ſolche Zauderey verabſaͤumet / angeſehen / ein Kauffmann eben ſo accurat auf die Handels-Occaſiones, als ein Schiffer auf den Wind aufpaſſen muß; wie es aber mit einem ſo lang - ſamen Menſchen geſchehen koͤnne / gebe ich jedem ſelbſt zu ermeſſen; ich halts mit gewiſſer Kauffleut ihrem Sprichwort / welche zu ſagen pflegen: fruͤh auf ſpaͤt nieder / iß geſchwind und geh bald wieder.
Das vierdte Gebrechen iſt die allzuviele Zaͤrtlichket / oder groſſe Pflege des Leibs / mit wel - cher ein Handels-Diener / theils aus Selbſt-Liebe / theils andern zu Gefallen / theils aus Gewonheit ſich zu putzen und zu warten pfleget / als wenn man bey der Handlung lauter Feyertag haͤtte / woruͤber die meiſte Zeit / die man zu Handels-Geſchaͤffte / oder den Verſtand zu ſchaͤrffen anwenden ſollte / verloh - ren wird / ja ſolche Leute laſſen ſich auch nicht einmal auf Reiſen abgehen / und koͤnnen anders keine Fati -L 4quen168Caput III. Von denquen vertragen / als die mit groſſer Pflege des Lei - bes wieder verſuͤſſet werden / daß auch ſolche Leute in gewiſſen Handlungen / in welchen ſo wohl der Leib als Verſtand ſich angreiffen muß / mehr eine Laſt als nutzlich ſeyn / ſolches ſtehet von ſelbſten leicht - lich zu beurtheilen.
Das fuͤnffte Gebrechen iſt / wann ein junger Menſch zwar nicht aus Vorſatz / doch aus uͤbler Ge - wohnheit ſich zuweilen dem Trunck uͤbernehmen laͤßt / und dadurch zu denen ihnen obliegenden Han - dels-Geſchaͤfften / ſonderlich des Poſt-Tags untuͤch - tig wird.
Das ſechſte Gebrechen beſtehet in der Me - lancholey / Widerſinnig - und Sauerſuͤchtigkeit / da ein ſolcher Menſch alles gezwungen und niemals mit froͤlichem Muth thut / denen Kaͤuffern nicht mit freundlichen Worten und Minen zu begegnen / und ſie dadurch zu ſeines Herꝛn ferneren Kundſchafft zu animiren weiß / auch an ſich ſelbſt dergeſtalt geartet iſt / daß er ſich ſelbſt kein Vergnuͤgen machet / und um ſo viel weniger andern Leuten mit ſeinem Umgang ſolches geben kan.
Das ſiebende Gebrechen iſt / die Super - Klug - und Naß-Weisheit / da ein ſolcher Kluͤg - ling Gras wachſen zu hoͤren ſich einbildet / andern in die Rede fallen / vorgreiffen und kluͤger als ſein Herr und Meiſter ſeyn will. Solche Leute ſeynd gemeini - glich dabey auch groſſe Pralers / (die Frantzoſen nennens Grands Parleurs, Fanfarrons) ſie ſpre - chen offt mehr als ſie verantworten koͤnnen / oder es redet doch die Zunge / ehe der Verſtand beſchloſſen hat / was ſie reden ſollen / dabey findet ſich dannauch169Qualitaͤten eines Kauffmanns-Dieners. auch der Geiſt der Contradiction oder des Wider - Spruchs / da mancher ſolcher Kluͤgling Profeſſion machet / alles was er raiſonniren hoͤret / zu wider - ſprechen / und ſein Kuͤh-dicium, welches ſich offt wie eine Fauſt auf ein Aug reimet / anders zu geben / bloß weil ihn der Hoffarths-Geck ſticht / daß er vor einen weiſen / erfahrnen Menſchen will angeſehen ſeyn / der doch bey manchen noch in der Lehr ſtehenden Jungen / erſt wieder in die Schule gehen / und ſich eines beſſern unterweiſen laſſen moͤchte.
Das achte Gebrechen / iſt die Unvertraͤg - lichkeit / wann ein ſolcher Menſch ſich nicht lang mit ſeiner Herꝛſchafft und ſeinen andern Mit-Dienern vertragen kan / ſondern gerne Zaͤnckerey und loſe Haͤndel anfaͤngt / es concurriren aber / dieſes Un - weſen auszuhecken / viel andere Laſter / Maͤngel und Gebrechen; als erſtlich die Hoffarth / daß ein ſolcher Menſch dencket / er ſey es allein / andere Leute wiſſen nicht / was er gelte oder werth ſey / und daher koͤnne man ihm auch nicht genugſam Reſpect erzeigen / es kommt darzu / der Neid und der Mißgunſt / die er uͤber andere ihr Gluͤck / Aufnehmen und Capacitaͤt hat / welche er gern an ihnen geringer ſehen moͤchte / damit ſein Talent deſto beſſer hervor ſtrahlte. Der Geiſt der Contradiction iſt auch Schuld dran / daß er in allen Dingen will Recht haben / und wann man ihm ſolches nicht zuſtehen will / es daruͤber zu harten Worten / und wohl endlich gar zum Schlaͤ - gen kommt / und was der anreitzenden Gebrechen zu einer ſolchen Zanckſichtigkeit mehr ſeyn moͤchten.
Der neunte Fehler an manchen Kauffmanns - Diener / iſt die Liederlichkeit / da er zwar an ſichL 5ſelbſt170Caput III. Von denſelbſt das Seinige verſtehet / und ein guter Verrich - ter iſt / aber auch dabey ſo liederlich in ſeinen Thun und Laſſen / daß das Gute / welches er ſonſt an ſich hat / alles dadurch verdunckelt wird / da erſcheinet ſogleich ſolche Liederlichkeit in ſeiner negligirten Leibes-Kleidung / daß er zwar ſeinem Herꝛn getreu iſt / aber doch von ſeinem eigenen nichts bewahren kan / ſondern mit luſtiger Compagnie alles wieder durchbringet / in den Handels-Geſchaͤfften ſelbſten uͤber hin eilet / weil er ſich auf ſeine Faͤhig - und Fer - tigkeit allzuviel verlaͤßt / daraus hernachmals das ſchaͤdliche Procrastiniren, und die Affaires auf den andern Tag zu verſchieben / erfolget / weil er ſich dar - auf verlaͤßt / daß er / was andere langſame Gemuͤ - ther mit vieler Muͤh vorgearbeitet haben / leichtlich wieder nachholen kan. Es kommt auch aus ſolcher Liederlichkeit / die allzugroſſe Familiaritaͤt / welche er mit Leuten machet / die nicht ſeines gleichen und weit unter ihm ſeynd / woruͤber ſein Reſpect verlohren gehet / und er ja ſo ſehr in dieſem Stuͤck in Defectu als ein Hoffaͤrtiger / Aufgeblaſener in Exceſſu pecci - ret / welcher mehr Reſpect haben will / als ihme zu - kommen kan. Bey einem ſolchen Menſchen muß nun ein vernuͤnfftiger Handels-Patron das rechte Mit - tel zu treffen wiſſen / daß er ihn nicht zu viel einſchraͤn - cke / und auch nicht den Zuͤgel zu weit ſchieſſen laſſe / weil beydes ſonſt von der Wuͤrckung iſt / daß daruͤ - ber ſeine Handels-Geſchaͤffte Abbruch leiden / indem mancher eines freyen Lebens Gewohnter / wann er zu ſehr ſollte eingeſchraͤncket werden / daruͤber ſeine Activitaͤt und Willfaͤhrigkeit in Handels-Verrich - tungen verliehren wuͤrde.
Das171Qualitaͤten eines Kauffmanns-Dieners.Das zehende Gebrechen / iſt das Schmei - cheln und Fuchsſchwaͤntzen / und der Augen-Dienſt / welchen mancher Handels-Diener ſeiner Herꝛſchafft leiſtet / dadurch er allein bey derſelbigen mit Aus - ſchlieſſung der andern Domeſtiquen der Hahn im Korb zu ſeyn intendiret / und um ſolches dahin zu bringen / das Fuchsſchwaͤntzen und Beluͤgen mei - ſterlich anzuwendenweiß / worzu ſich hernach die Waͤ - ſcherey und Plauderey fuͤget / welche auch nichts Gu - tes nach ſich zu ziehen pfleget.
Das eilffte Gebrechen / iſt die Faul - und Dummheit / welche gern auf Morgen verſchieben will / was heute gethan werden ſoll / und ſich in nichts recht zu finden weiß. Ein Fauler haͤtte alle Tag gerne Sonntag / er gehet nicht mit Luſt an die Arbeit / al - les iſt ihm zu ſchwehr / und ſiehet gerne daß andere die ſchwehrſten Streiche vor ihm ſchleppten; ein Dum - mer hingegen / greifft die Sache nicht am rechten Ende an / und macht ſich die Arbeit ſelbſt zu ſchwehr / hat keine Luſt nachzudencken / noch viel weniger aber den Verſtand zu begreiffen / was jetzt gegenwaͤr - tig zu ſeinem eigenen Nutzen gereichen koͤnte.
Endlich und vors zwoͤlffte / iſt auch der Un - beſtand bey Handels-Dienern ein groſſer Fehler / daß ſie bald auf dieſes / bald auf jenes / fallen / ſich zu kei - nem recht appliciren / in allen etwas / im Gantzen aber nichts recht wiſſen wollen / ihre fladderhafftige Gedancken diſtrahiren ſie bald auf dieſes / bald auf jenes / und wann mans beym Licht beſiehet / ſo ſeynd ſolche Leute / die in alle Saͤttel gerecht ſeyn wollen / zu nichts zu gebrauchen / daruͤber es dann auch hernach / wann ſie ihr Eigenes anfangen / ſoabzu -172Caput III. Von denabzulauffen pfleget / wie es bey manchem am Tag lieget.
ERſtlich ſollen ſie einen Groſſirer erwaͤhlen / wel - cher nicht allein mit denjenigen Waaren / die in dem Koͤnigreich / ſondern auch auslaͤndiſchen Orten gemachet werden / Handel treibet / dann dabey wer - den ſie den Unterſcheid eines und des andern erken - nen lernen / und von dieſem will ich an ſeinem Ort / wann ſie nemlich vor Kauffleut aufgenommen / und den Groſſier-Handel treiben wollen / handeln.
Zum andern / muͤſſen ſie in Obacht nehmen / was ihre Herren in ihren Geſchaͤfften vor eine Ordnung halten / damit ſie ſich auch darnach richten koͤnnen. Dann dieſes muß man wiſſen / daß die Kauffleute nicht einerley Ordnung in ihren Handlungen haben / einer macht es ſo / der ander wiederum auderſt / rich - ten ſich aber unterdeſſen alle nach einem Zweck / nem - lich / wie ſie alle Unordnung meiden / und ihre Sa - chen im guten Wohlſtand erhalten moͤgen. Dieſe Ordnung aber beſtehet darinnen / daß ſie ihre Buͤ -cher173Qualitaͤten eines Kauffmanns-Dieners. cher doppelt / vermiſcht oder einfach / ſo wohl vor die Manufacturen / als andere Handlung / halten ſollen.
Zum dritten / muͤſſen ſie den Verkauff in Obacht nehmen / dann anderſt werden die Waaren in gan - tzen Stuͤcken / anderſt bey dem Hand-Kauff ver - kaufft. Der ſeine Waaren gantz verkaufft / hat mit Kauffleuten zu thun / mit welchen er gantz an - derſt als mit Edelleuten / umgehen muß: Dann die Kauffleute des Hand-Kauffs / verſtehen ſich auf die Waar / und wiſſen ungefaͤhr den Preiß / muß man derowegen die Waar nicht uͤberbieten / noch die Kaͤuffer zu bereden im Gebrauch haben / ſondern mit einem Wort den Preiß / um welchen ſie die Waar haben ſollen / anzeigen. Dasjenige / was allein zu beobachten / iſt / daß ſie die Perſonen / welche ihnen abkauffen / unterſcheiden / und diejenige / welche wohl bezahlen / und viel auf einmal nehmen (denen die nicht gerne bezahlen / und wenig nehmen) vor - ziehen.
Man muß auch dreyerley wohl in acht nehmen / daß man nicht ſage / und in dem Buch den Preiß / wie die Waaren andern Kauffleuten ſind verkaufft worden / zeige / und dieſes um zweyerley Urſachen: Die Erſte / weilen die Kaͤuffer einen Argwohn faſ - ſen / als waͤren die Waaren Ausſchuß / haben alſo zu kauffen keine Luſt. Die Andere / weiln ſie den jenigen / welchen ſie die Waaren theuer verkaufft / hoͤchſtens Unrecht thaͤten: Jndem ſie dadurch in boͤ - ſen Verdacht gerathen / als ob ſie nicht allenthalben / weiln ſie theuerer als andere kauffen / Credit haͤt - ten. Wann aber ein Kauffmann gleichen Preiß /wie174Caput III. Von denwie andere zu bezahlen / anerboͤte / ſo koͤnnte ihm der Preiß auf dem Buch wohl gezeiget werden / und die - ſes wuͤrde ihm zu keinem Nachtheil gereichen / wann es nur um baar / oder auf diejenige Zeit iſt / ſo zur Bezahlung gegeben wird.
Es muß auch in Verkauffung der Waare / die Zeit / in welcher ſie begehret wird / in acht genommen werden. Z. E. Wann einer Winter-Waare zu Ende deß Winters kauffen wollte / muͤſſen dieſelbe wohlfeiler / als am Anfang des Winters / damit ſie nicht biß auf einen andern uͤbrig bleiben moͤgen / ge - geben werden. Dann die Mode duͤrffte vielleicht in Abgang kommen / und er dadurch auch den Ein - kauff verliehren. Und dieſe Reſolution zu Aus - gang der Jahrs-Zeit wohlfeiler / als im Anfang zu verkauffen / iſt ſehr beobachtlich / weiln die uͤberblei - bende Waar ein verſtorbener Grund / der nichts hervor bringt / hingegen bringt die Verkauffte Waar zu ſeiner Zeit Geld / darauf man (wann es Gelegenheit andere Waaren um billichen Preiß zu kauffen giebet) ſeine Rechnung machen kan.
Zum Vierdren / muß er auch ſeine Waaren ſauber halten / und dieſelbe / von einer Zeit zur andern / in neue Papyer einbinden. Dann / wann die Kauffleute ſe - hen / daß die Waar unſauber und verwahrloſet / iſt es ihnen nicht zu verargen / wann ſie ſich die Gedan - cken machen / daß die Waare alt / und einen Man - gel habe; Und dieſes verurſachet / daß man die Waare nicht anſiehet; Endlich verdierbt ſie gar / al - ſo / daß man ſie ohne ſonderlichen Schaden nicht verkauffen kan.
Zum Fuͤnfften / ſoll er fleißig zu den Kauffleu -ten /175Qualitaͤten eines Kauffmanns-Dieners. ten / denen er Waaren verkaufft / gehen / und ihnen die Rechnung / ſo bald immer moͤglich / bringen / da - mit nicht entweder in dem Preiß oder Maaß einige Strittigkeiten kuͤnfftig entſtehen moͤgen; dann / wann man gar zu lang wartet / ſo kan es leicht aus dem Ge - daͤchtniß fallen.
Jndem ſie nun die Rechnung ſchlieſſen / ſo ſollen die Commis oder Bediente wohl acht haben / was ſie thun; das iſt: Daß ſie keinen Abzug auf den Waaren / wann ſie dieſelben nicht ſelbſt gemeſſen und geſehen / ob ſie voͤllig ſeye oder nicht / eingehen / noch einem zu Gefallen etwas mehrers / weiln ſolches mit ihrer Herꝛn Verluſt geſchehe / geben ſollten. Ei - ne Rechnung aber in Ordnung zu bringen / muß man ein Memorial machen / in welchem die Anzahl der Stuͤcke / deren Numero, Elen und Preiß (wie die Waare verkaufft worden) enthalten ſey. Die Rechnung aber wohl zu machen / muß das Memo - rial, welches man bey ſich traͤgt / mit der Rechnung / welche bey Liefferung der Waaren gegeben worden / conferirt werden / um zu ſehen / ob es mit demſelben uͤbereinkommt; Bey einem jeden Articul muß man den Abzug / wann einer dabey zu bemercken / und auf wie viel die Waare ſich belauffe / wohl in Obacht neh - men / wann er nun wieder in das Gewoͤlb kommen / ſoll ers im Buch gleichfoͤrmig einſchreiben / damit daſſelbe / und des Kauffmanns Buch / mit dem er Rechnung geſchloſſen / uͤbereinſtimmend erfunden werde. Dieſe Richtigkeit erhaͤlt gute Verſtaͤnd - niß / welche unter Groſſierern und Kauffleuten des Hand-Kauffs ſeyn ſoll.
Zum Sechſten / ſollen ſie offt die Kauffleutedes176Caput III. Von dendes Hand-Kauffs beſuchen / und ſolches um vier Ur - ſachen willen Die Erſte iſt / weiln man hierdurch / ent - weder von denen Herren oder ihren Bedienten erfah - ren kan / ob der Waaren Abzug gut oder ſchlecht ſey / man kan dabey abnehmen / welche Waaren am mei - ſten begehrt / und ſich darnach in Beſtellung der Ma - nufactur-Waaren / es ſeye gleich Frantzoͤſiſche oder Auslaͤndiſche zu richten. Die Andere iſt / weiln die - ſe Beſuchung / ihnen Waaren anzubieten / und die Kauffleute / (daß wieder friſche Waare auf dem Weg / oder neue in den Manufacturen in Arbeit ſeyn /) zu benachrichtigen Urſach giebt: Welches denn ſo viel wuͤrcket / daß ſich die Kauffleute der Waaren / die ſie vonnoͤthen / erinnern / und durch dieſes Mittel procuriren die Handels-Diener den Verkauff ihrer Herren Waaren.
Die Dritte iſt / weil man allda / was ſich in dem Handel begiebt / erfaͤhrt: Dann wie gemeiniglich des Mittags und Abends die Groſſierer auf den Platz oder an die Boͤrſe gehen / und ſich allda viel bey - ſammen finden / als fehlet es nicht / daß nicht von Sachen / welche in dem Gewerb vorgehen gere - det werde. Einer wird ſagen / wie in dieſer Stadt ein Falliſſement ſich zugetragen; der Ander / wie ein Kauffmann Friſtungs-Brief und ſicher Geleit wi - der ſeine Glaͤubiger bekommen / der Dritte wird re - feriren / daß Wechſels-Briefe mit Proteſt zuruͤck kommen / und daß dieſer oder jener zur Bezahlung angeſtrenget worden: Das Schiffe verlohren gangen / bey welchem dieſer oder jener intereſſiret geweſen: Ein anderer wird etwan vorbringen / daß man mit groſſer Muͤhe von dem und dem Kauff -mann177Qualitaͤten eines Kauffmanns-Dieners. mann bezahlet werde. Ja man wird von allen Sachen / die ſich in dem Handel begeben / etwas hoͤ - ren. Dieſes iſt nun hoͤchſt nothwendig zu wiſſen / weil eines ſolchen Dieners ſein Patron in einen und andern intereſſiret ſeyn kan / weßwegen ſie dann denſelben / damit ſie darinnen Rath ſchaffen / und ſich im Verkauff ihrer Waaren und Diſpoſition ihrer Gelder darnach richten koͤnnen / getreue Nach - richt zu ertheilen / nicht nachlaͤßig ſeyn ſollen.
Die Vierdte iſt der Nutzen / welchen ſie ſich ſelb - ſten / weilen ſie vor geſchickt und fleißig gehalten werden / dadurch zuwegen bringen. Dann daraus ſchlieſſen die Kauffleute / daß / wann ſie ſich ihrer Herren Geſchaͤffte wohl angelegen ſeyn laſſen / ſie noch fleißiger in dem ihrigen / wann ſie ihren eige - nen Handel kuͤnfftig treiben / ſeyn werden. Woher dann offtmahls koͤmmt / daß die Herren / wann ſie ihre Diener alſo geſchickt und getreu erſehen / die - ſelbe mit ſich in Gemeinſchafft nehmen / ja gar / ob ſie ſchon nicht groſſes Vermoͤgen / noch von ſo gu - tem Geſchlecht / als ſie ſeyn / ihnen ihre Toͤchter ver - heyrathen / koͤnnen alſo / vermittelſt ihrer Wiſſen - ſchafft / und guten Verhaltens / ſolche Leute offt zu groſſen Reichthum und Ehre gelangen.
Wegen ein caſſiren der Schulden giebt er Cap. 37. folgenden Unterricht:
Erſtlich wird an einem Bedienten zu Einfor - derung der Schulden Kuͤhnheit / zum andern Sorgfalt und Embſigkeit / drittens / Fuͤr - ſichtigkeit / und vierdtens Gedult erfordert.
Die Kuͤhnheit beſtehet darinnen / daß ſie in einer Standhafftigkeit anhalten / die Schuld aberMdoch178Caput III. Von dendoch mit Ehrerbietung (wann es bey vornehmen Leuten iſt) fordern / ihnen zu Gemuͤth fuͤhrend / daß ihr Herr des Geldes ſehr vonnoͤthen habe; wuͤrde es ihm das erſte mahl abgeſchlagen / und koͤmmt zum andern mahl wieder / ſoll er ein wenig ſtaͤrcker darauf dringen / damit der Schuldner durch einige Wort bewogen werde / daß er / wo nicht die gantze Schuld / dennoch aber einen Theil daran zahlen moͤge: Wann er nun endlichen nach offt beſchehe - nen Abweiſungen nichts erlangt / ſoll er / ſo es ihm befohlen wird / ſagen / daß man die Bezahlung ge - richtlich ſuchen werde.
Die Sorgfalt und Embſigkeit iſt vors an - dere bey einem / der Schuld einfordern ſoll / noͤthig; weil man fruͤh / um die Perſonen / mit welchen man zu thun hat / anzutreffen / aufſtehen / und die Stund und Tag / da man das Geld zu empfangen beſchie - den iſt / nicht verabſaͤumen muß; dann wann man zu der Stund / die man beſtimmet / nicht erſcheinet / kan der Schuldner eine Ausflucht ſuchen / und vor - wenden / daß er ſein Geld anderſt diſponiret habe.
Die Fuͤrſichtigkeit wird drittens zu Eincaſſi - rung der Schulden darum erfordert / damit man (1.) nichts anders rede / als das jenige / was zur Einnahm und Forderung der Schuld vonnoͤthen iſt / und (2.) die Zeit / wann man meynet / daß der Schuldner zu Hauß / nicht verſaͤumen / (3.) auch nicht ohngefehr / damit die Zeit nicht unnuͤtz dahin ſtreiche / den Schuldner zu ſuchen / gehe: dann es ſind etliche / welche man nur des Morgens Fruͤhe / andere aber ſpaͤter antrifft; muͤſſen dannenhero die Stunden / in welchen man vermeynet / die Schuld -ner179Qualitaͤten eines Kauffmanns-Dieners. ner anzutreffen / nicht verſaͤumet werden. Die Vor - ſichtigkeit beſtehet auch darinnen / daß man mit dem Schuldner nichts in Gegenwart ſeines Hauß-Ge - ſindes oder anderer Leute rede / dann ſolches ver - dreuſt dieſelben / und dieſe Unvorſichtigkeit verurſa - chet / daß der Mahner Unluſt hat / und ihren Prin - cipalen hernach nichts mehr abgekauffet wird: Es iſt auch ein Stuͤck der Vorſichtigkeit / Dinten / Fe - dern und Papier bey ſich zu haben / um ſich Hand - ſchrifften machen zu laſſen / die Rechnung zu ſchlieſ - ſen / oder aber Quittungen des empfangenen Gel - des zu ertheilen. Dieſes alles iſt um ſo viel wich - tiger / als man ſich nicht einbildet; dann die Schuldner finden dadurch gar offt ihre Ausflucht / vorwendende / daß ſie keine Dinte / Papier noch Fe - der haͤtten. Jch weiß es durch die Erfahrung / weilen ich ſelbſten gar offt dabey ertappet worden bin.
Endlich iſt die Gedult auch eine noͤthige Tu - gend denen / welche Schuld einfordern ſollen. Die - ſelbe beſtehet darinnen / da man zu den Schuldnern zu gehen / und die Schuld zu fordern / nicht verdruͤß - lich werde / man muß die Gelegenheit / mit ihnen zu reden / erwarten / ſonderlichen aber ſich nicht unge - dultig / noch ungeberdig uͤber die Abweiſung erzei - gen / auch nicht ſchimpfliche und zu Zorn-reitzende Wort von ſich hoͤren laſſen / dann man muß be - dencken / daß die Zeit und Gedult alles zu einem gu - te Ende bringe / hingegen aber die Ungedult alles uͤber einen Hauffen werffe.
Hingegen muß auch ein Kauffmann oder Han - dels-Patron in acht nehmen / daß er diejenigen / wel -M 2che180Caput IV. che dem Verkauff obliegen / die Schulden einzufor - dern / nicht ſchicke: Die Urſach iſt / weilen ein guter Sollicitant gegen diejenigen / welche nicht anders / als im Zorn bezahlen / harte Wort gebrauchen muß / welches ſie zu Widerwillen gegen diejenigen / von denen ſie ſo ſcharff getrieben worden / reitzet / und daher / wann ſie werden Waaren auf ein anders mahl kauffen wollen / dieſelbe ſcheuen / und vorbey gehen.
Was ein Kauffmanns-Diener von Buchhalten / Wechſeln / und Brief-Schreiben wiſſen muͤſſe.
WEil die wenigſten unter denen Kauffleu - ten in groſſen Handels-Staͤdten ſolcher Geſtalt Buchhalters halten / daß ſelbige bloß allein denen Handels-Buͤchern ob - liegen / der uͤbrigen Handels-Geſchaͤffte aber ſich gar nicht anmaſſen ſollten / ſondern nur einen Diener haͤlt und ſalariret / (in ſo fern er ſolchen nicht die gantze Zeit aus / entweder zum Reiſen / Schulden - ein caſſiren / kauffen / verkauffen / und manufacturi - ren / der Waare zu Hauß und auch auf Meſſen / in offenen oder verſchloſſenen Gewoͤlb oder Laden / bloß allein gebrauchen / und dabey genugſame Oc - cupation ſchaffen kan /) demſelben auch dabey zuallen181Von Wechſeln und Briefſchreiben. allen vorfallenden Handels-Verrichtungen / ſonder - lich aber zur Schreiberey auf dem Contoir, und folglich dem Buchhalten / wann er der Handels - Patron, ſolches ſeiner Convenientz / und des Die - ners Capacitaͤt gemaͤß zu ſeyn / beurtheilet / mit an - haͤlt und gebrauchet / als will ja einem ſolchen Die - ner die Wiſſenſchafft des Buchhalten / und zwar um ſo viel mehr / noͤthig ſeyn / als es erſtlich ein noth - wendiges Requiſitum an einem der Handlung zu - gethanen; Zweytens auch eine Wiſſenſchafft iſt / durch welche ſich ein junger Menſch trefflich recom - mandiren / auch auſſer den Kauffmanns-Stand damit wohl fortkommen / und allezeit mehr Sala - rium, als ein Idiot, der nichts davon weiß / (und beſſer mit den Pack-Stock / als der Feder umzuge - hen / beſſer Ballen und Faͤſſer / als Brief zu machen / beſſer Waaren zu ſortiren / und denen Bauren ein Loth Pfeffer / oder etliche Elen groben Boy / oder Tuch / zu verkauffen / und anzuſchwatzen / als in Buchhalten / Debet und Credit zu unterſcheiden / oder in allerhand Vorfaͤllen einen zierlichen Brief zu ſchreiben gelernet /) prætendiren kan.
Ein nothwendiges Requiſitum iſt die Wiſſen - ſchafft des Buchhaltens vornehmlich darum / weil (1.) der Handels-Patron ſolches erfordert / und desfalls ſolche Leute / denen er Koſt und Lohn gie - bet / ſuchet / und in ſeine Dienſte nimmt / welche ihm der Muͤh / die Handels-Buͤcher ſelbſt zu ſchreiben / uͤberheben koͤnnen / zugeſchweigen / daß viel Han - dels-Diener bey Abſterben ihrer Patronen / die Handels-Geſchaͤffte dergeſtalt auf ſich nehmen muͤſſen / daß ſie jederzeit denen Erben und Erbneh -M 3men182Caput IV. men Rechnung und Reliqua præſtiren koͤnnen; wie will aber ſolches ohne genugſame Wiſſenſchafft des Buchhaltens geſchehen / und was finden ſich nicht offt vor vortheilhafftige Conditiones bey Kauffmaͤnniſchen Wittfrauens / welche ihrer Maͤn - ner Handlung etwann ihren Kindern zum beſten / oder anderer Urſachen halber / zu continuiren / ent - ſchloſſen / da dann ein habiles Subjectum eines ſol - chen Bedientens / welcher ſo wohl die Waaren - Handlung als Scripturen verſtehet / darzu erfor - dert wird / dieſes alles aber / wann es noch nicht ge - nug waͤre / die Nothwendigkeit und Nutzbarkeit des Buchhaltens denen Kauff-Geſellen einzuſchaͤrffen / ſo ſolte ſie vornehmlich darzu anreitzen / (1.) die Be - duͤrffnis derſelben in ihren Diener / und (2.) in ih - ren Herren / oder eigenem Handels-Stand; jene laͤſt ſich wieder eintheilen / wie ſie dieſer Wiſſenſchafft / theils in Anſehung ihrer Handels-Patronen / theils ihrer ſelbſt beduͤrfftig ſeyn; dann was das erſte anbetrifft / wird ein Diener auf Meſſen / und mit Cargaſonen oder Schiffs-Ladungen verſchickt / ih - me auch einige particulare Stuͤcke von der Hand - lung / oder der gantze Waaren Verkehr / auch et - wann eine gantze Meß-Verrichtung oder Scontro, eine gewiſſe Inſpection in dieſer oder jener Han - dels-Sache / unter Handen gegeben / wie will er ſich derſelben recht acquittiren / wann ihme die Kunſt des Buchhaltens unbekannt iſt / ja wie will er zu ſeiner eigenen Erbauung und Belehrung in die Han - dels-Arcana ſeines Handels-Patrons hinein drin - gen / wann er aus den Buchhalten nichts gelernet hat / wo er es recht ſuchen und wahrnehmen ſoll;Bey183Von Wechſeln und Briefſchreiben. Bey eigener Handlung wird ſolche Wiſſenſchafft noch viel mehr erfordert / weil ein junger Anfaͤnger ſo gleich nicht auf den Fuß ſich ſetzen muß / eigene Buchhalters anzunehnem / wie groß auch ſein Ca - pital darzu ſeyn moͤchte / es waͤre dann / daß er ei - ne ſchon établirte groſſe Handlung ererbet / erhey - rathet / oder auf andere Weiſe an ſich gebracht haͤt - te / bey welcher er einen eigenen Buchhalter gefun - den / und daß ſolchen beyzubehalten / die Nothwen - digkeit erforderte. Auſſer dieſen aber thut er ſehr wohl / beym Eintritt in ſeine eigene Handlung / ſeine Buͤcher ſo lang ſelber zu fuͤhren / und zu ſchreiben / biß daß die Vielheit und der Anwachs ſeiner Ge - ſchaͤfften ihn davon diſpenſiren / und mit Fug ei - nen Subalternen zulaſſen koͤnnen.
Es wird aber auſſer denen Præcognitis Gene - ralibus der Contoiriſtiſchen Scripturen vornehm - lich an einen Buchhalter erfordert / daß er wiſſe / worinn das Buchhalten / ſonderlich das Jtaliaͤni - ſche / beſtehe / nehmlich / daß alle Handels-Verrich - tungen dadurch in guter Ordnung koͤnnen gehalten / der Handlungs-Zuſtand / ſo offt es noͤthig / aus de - nen Haupt-Buͤchern erkundigt / und dem Handels - Patron jedesmahl auf ſein Begehren ein richtiger Bilantz vorgeleget werden. Zu dieſer Wiſſenſchafft zu gelangen / wird Theoria und Praxis erfordert; Die Theoria hat unſern Handels-Bedienten in de - nen Schreib-Rechen - und Buchhalter-Schulen / in - gleichen in ſeinen Dienſt - und Lehr-Jahren / und auf den Contoir ſeines Principalen angewieſen / wie er Handels-Buͤcher uͤber eigene und Geſellſchafft - Handlungen anfangen muͤſſe / wie erſtlich ein In -M 4ven -184Caput IV. ventarium uͤber die verhandene Waaren und baare Gelder / wie auch andere bewegliche und un - bewegliche / jedoch handgreiffliche Dinge zu machen ſey / welcher Geſtalt man ferner die Debitores und Creditores extrahiren / und die Capital-Conto hierauf vor jene creditiren / an dieſe aber debitiren ren muͤſſe. Wie hierauf ferner / wann ſolcher Ge - ſtalt die Formirung des Grundſatzes / nehmlich der Capital-Conto ſeine Richtigkeit hat / in Fortſe - tzung der Handlung procediret werden / daß nehm - lich allezeit zu einen Debitore ein Creditor, und zu dieſen wieder ein Debitor nach der Manier des Jtaliaͤniſchen Buchhaltens muͤſſe gefunden werden / wie ſolches in unſern Probierſtein der Buchhalter ausfuͤhrlich angewieſen worden / worauf es dann auf die Praxin loß gehet / da ein ſolcher / der ſich vor einen geſchickten Handels-Diener ausgiebet / auch in ſolchen / was zum Buchhalten gehoͤret / Præſtan - dæ præſtiren muß.
Hier ſtehe er nun nicht lang in Bedencken / wann er nunmehro beym Antritt ſeiner neuen Fun - ction auf den Contoir zu denen Handels-Buͤchern gefuͤhret / und ihme die Beſchickung derſelben uͤber - geben wird; Er erkundige ſich aber vorher / wie es der Handels-Patron damit wolle gehalten haben / ob es neu-anzufangende / oder nur von voriger Zeit her zu continuirende Buͤcher ſeyn / ob ſelbige in einfachen oder doppelten Poſten / auf Jtaliaͤniſche Manier ſollen gehalten werden / ob allbereit ein vo - rigen Jahrs / oder aus denen alten Buͤchern gezo - gener Bilantz vorhanden / oder ob ſolcher erſt muͤſſe geſuchet / extrahiret / und / da es aus Buͤchern / dienur185Von Wechſeln und Briefſchreiben. nur in einfachen Poſten gefuͤhret worden / geſchehen ſoll / ſolcher nach der Form des Jtaliaͤniſchen Buch - haltens (da alle vorhandene Waaren / baare Gel - der / bewegliche und unbewegliche Dinge / wie auch die vorhandene Debitores an Capital-Conto, dieſe hingegen wieder an die befundene Creditores zu debitiren) ſoll gemachet werden / worauf man dann gleich die erſte Grund-Lage zu den Jtaliaͤni - ſchen Buchhalten hat.
Anfaͤnglich wird ihm bey ſeinen Eintritt in die Handlung (ſonderlich wann er vorher auf dem Contoir unbekannt geweſen) die darinn gebraͤuch - liche Methode, ſamt denen Affairen / etwas unbe - kannt ſeyn / er wird vornehmlich ſeines neuen Pa - troni Correſpondenten wohl muͤſſen kennen ler - nen / und ſich dannenhero aus dem Copier-Buch / und denen Handels-Buͤchern / wohl erkundigen / worinn das Negotium mit ihnen beſtehe; Zu die - ſem Ende giebt er fleißig Achtung / uͤber was vor Sachen / und in welcher Methode oder Schreib - Art man mit ihnen zu correſpondiren pflege / da er dann / ſo bald er nur ein wenig Kaͤnntniß einge - zogen / ſich ſchon nach und nach der Arbeit der Cor - reſpondentz unterziehen kan / biß endlich etliche Poſt-Taͤge / Wochen und Monate / ihme die voͤlli - ge Kaͤnntniß zuwege bringen / welche bey einem ge - ſchickten Subjecto ſich ſo weit erſtrecken muß / daß er endlich wenig oder nichts von ſeinem Handels - Patrono ſich darff eintrichtern oder vorkaͤuen laſ - ſen / ſondern es iſt genug / daß der Principal mit zwey oder drey Worten ſage / was er geantwortet haben will / daß er der Concipient, ſo gleich ohneM 5lan -186Caput IV. langes Bedencken in die Feder faſſen / und einen foͤrmlichen Brief / biß auf die Unterſchrifft des Pa - trons, daruͤber ausfertigen koͤnne.
Und alſo iſt es auch mit dem Buchhalten be - wandt / da ein neu-angehender Handels-Diener ebenfalls vorher Zeit nehmen muß / der Handlung und Handels-Buͤcher / die er bedienen und fortfuͤh - ren ſoll / ihre Beſchaffenheit recht zu erkundigen; zu - weilen fuͤget es ſich / daß der vorige / und etwann abgehende Buchhalter / oder auch der Handels - Herr ſelbſten / ihme dazu gute Anleitung giebet / et - wann auch ein richtiger Bilantz vorhanden / nach welchem die Continuation gar leichtlich geſchehen kan; item / daß der Principal ſelbſt anfaͤnglich das Ober-Directorium fuͤhret / und wie er die Sache will eingerichtet haben / Ordre ertheilet / auch wohl ſelbſt / wie ſein neuer Buchhalter die Fuͤhrung der Buͤcher anzugreiffen gedencket / auch welcher Ge - ſtalt ſolche am fuͤglichſten anzufangen waͤren / mit ihme in Uberlegung nimmt. Vielen Handels - Dienern begegnet es auch / daß / weil ihr Princi - paliſt eine ſtarcke Handlung hat / er allbereit ſeinen gewiſſen Buchhalter / oder einen lang bey ihm in Dienſten geſtandenen / und darzu wohl abgerichte - ten Diener hat / von welchem der neue Handels-Die - ner / den man etwann ſonſten zu andern Scripturen und Handels-Geſchaͤfften angenommen / mit guter Bequemlichkeit lernen / und den Stylum des Con - toir abſehen kan / welches ein jeder junger / und zur Kauffmannſchafft gewidmeter Menſch um ſo viel fleißiger thun ſoll / als ihme / wie oben ſchon gedacht / Conditiones vorſtoſſen koͤnnen / bey welchen ihmeaus187Von Wechſeln und Briefſchreiben. aus Mangel eines Patrons, die gantze Laſt des Con - toir, und der Waaren-Handlung auf den Hals gewaͤltzet wird; Weh ihme alsdann / wann er dem Werck nicht gewachſen / und ſich vorher capabler ausgegeben / als ſeine Kraͤfften hernach befunden werden.
Nicht aber gedencke unſer Handels-Diener / daß er / wann er gleich unter einem maͤnnlichen Pa - tron ſtehet / welcher ſelber mit Hand anzulegen pfleget / er darum allein an das Buchhalten gebun - den ſey / nein / ſondern eben darum hat man Han - dels-Diener / daß ſie / nebſt den Handels-Buͤchern / auch andere Scripturen auf dem Contoir mit ver - walten muͤſſen / welches ihnen ſo viel angenehmer ſeyn ſoll / weil ſie dadurch je laͤnger geſchickter wer - den / und ſich eine ſo viel groͤſſere Geſchicklichkeit in Handels-Sachen zuwege bringen; Jrren demnach diejenigen ſehr / welche ſich darauf was einbilden wollen / daß ſie ihrer Herrn Handels-Buͤcher ſchrei - ben / und darum ſich der uͤbrigen Handels-Geſchaͤff - len entziehen wolten / welches aber keinesweges ſeyn muß / ſondern ein geſchickter Handels-Diener muß / wann er anders ſeinem Herrn treulich dienen will / zu rechter Zeit den Handels-Buͤchern vorzuſtehen / zu rechter Zeit die Poſt-Taͤge mit abzuwarten / ja gar bey den Waaren mit anzugreiffen wiſſen / und wann hiervon auch die Boͤrſe / und derer taͤgliche Frequentirung nicht auszuſchlieſſen / als kommen auf ſolcher / nechſt den Waaren-Einkauff - und Ver - kauff / Schiffer und Fuhrleute befrachten / Schul - den zu mahnen / was in Handlung paſſirt anzuhoͤ - ren und zu erkundigen / auch das Aſſigniren / Res -con -188Caput IV. contriren / ſonderlich aber das Wechſelſchlieſſen / vor / welches einem Handels-Diener vielmahls allein anvertrauet iſt / wann entweder ſein Patron ſich nicht gegenwaͤrtig befindet / oder er / als Compli - mentarius, einer Handlung gantz allein vorzuſte - hen hat / daß nun in dergleichen Faͤllen die Wiſſen - ſchafft der Wechſeln / und was ſolche auf ſich ha - ben / einem Handels-Diener ſehr nothwendig ſey / iſt unſtreitbar / er muß hier zu ſeines Orts Gelder wohl verſtehen / und wie ſich derſelben aͤuſſerlicher und in - nerlicher Wehrt gegen frembde Gelder verhalte / auch was der Cours des Wechſels ſey / wie ſolcher von einem Poſt-Tag zum andern ſteige oder falle / da - bey er dann in Abgeben und Nehmen der Wech - ſel-Gelder / allezeit auf ſeines Principalen Vor - theil / und auf den vortheilhafftigſten Cours vor ihn zu bedingen bedacht ſeyn / dabey aber auch in Acht nehmen muß / daß er in Abgeben der Gelder nicht an ſolche Leuthe gerathe / deren Wechſel an Ort und Stelle / wo ſie hin gehoͤren / nicht honoriret und acceptiret / ſondern mit Proteſt zuruͤck geſandt werden / etwann auch hernach Gefahr ſich ereignet / daß man die Valuta von dem Ausgeber des Wech - ſels nicht wieder bekommen kan / zu welchem Ende das Trau / Schau / Wem / ſich ein Handels-Diener um ſo viel mehr ſoll laſſen recommandiret ſeyn / als er anderer Leut Gelder / und nicht ſeine eigene adminiſtriret / daher auch eine ſo viel groͤſſere Sorg - falt erfordert wird / ſich deßfalls auſſer aller Schuld und Verantwortung zu ſetzen / wie denn auch denen Maͤcklern / welche ofſt quid pro quo, einen auf ſchwachen Fuͤſſen ſtehenden / vor einen wohl-credi -tirten189Von Wechſeln und Briefſchreiben. tirten Nehmer recommandiren / nicht allezeit zu trauen iſt / und thut daher ein Handels-Diener wohl / wann er in loco Domicilii ſeines Herrn ge - nauen Befehl / mit wem er Wechſel ſchlieſſen ſoll / oder nicht / accurat nachlebet / oder ſo er in ſeines Herrn Verrichtungen auf der Reiſe iſt / anders kei - ne Gelder an jemand abgiebet / als worzu ihme von ſeines Herrn daſelbſt habenden Factor gerathen worden / daß er es ohne Gefahr thun koͤnne.
Bey Schlieſſung der Wechſel will vornehmlich noͤthig ſeyn / wohl zu calculiren / was bey dieſem oder jenem Wechſel-Cours gewonnen oder verloh - ren werde / auch ob rathſamer / Gelder a Droiture, oder gerade zu / oder uͤber einen andern Handels - Platz lauffen zu laſſen / dabey dann die Wechſel - Intereſſe, Proviſiones, Brief-Port / Senſeria, oder Maͤckler-Lohn / und andere Umſtaͤnde mehr / wohl zu conſideriren ſeyn / welches alles verhoffent - lich einem jeden Handels-Diener / der dieſes ließt / genugſam uͤberzeigen wird / daß man ein gutes Fun - dament in der Theoretiſchen Wechſel-Rechnung / und folglich eine wohlgeſetzte Praxin in Wechſel - ſchlieſſen (welche ſich in denen Jungen-Jahren auf dem Contoir, und folglich durch langen Umgang an der Boͤrß je laͤnger je mehr erlernen laͤßt) ha - ben muͤſſe.
So bald Gelder auf Wechſel abzugeben / oder zu nehmen / geſchloſſen worden / wird ſolches zu Hauß / in die Strazza, oder Cladde, mit allen Um - ſtaͤnde pro Memoria eingeſchrieben / z. E.
Heute den 14. April / durch Maͤckler Corne - lium, mit Herrn Titio auf Amſterdam geſchloſſen /Reichs -190Caput IV. Reichsthaler 600. Banco-Geld daſelbſt zu empfan - gen / wofuͤr ihme allhier mit 30. pro Cento Agio an guten Wechſel Courrant-Geld zu bezahlen 780. Reichsthaler.
So bald als ſolcher Wechſel geſchloſſen / muß er gegen Abgang der Poſt zu rechter Zeit von dem Ausgeber deſſelben procuriret / und folglich ver - ſandt werden / welches alles dem Handels-Diener bey Zeiten zu beſorgen oblieget / da er auch zugleich die Caſſam unter Haͤnden haͤtte / auch von ſeinem Principal oder Principalin, wann ſelbige eine Kauff-Frau iſt / oder von gewiſſer Handlungs-Er - ben / ihren Vormuͤndern authoriſiret und bevoll - maͤchtiget waͤre / daß er in Banco koͤnte abſchreiben laſſen / und daſelbſt rescontriren / ſo wird ihme oh - ne dem ſchon die Beſchaffenheit der Handlung / was in Zahlungen per Caſſam, oder per Banco, ingleichen durch Aſſignationes und Uberweiſungen zu thun ſey / an die Hand geben. Seine erſtande - ne Jungen-Jahre / in welchen er ſonderlich zum Geld Einhohlen und Auszahlen gebrauchet worden / werden ihm auch in Kaͤnntniß vieler Hand-Muͤntz - Sorten / fertigen Zehlen / und andern Cautelis, die einen ſorgfaͤltigen Caſſirer obliegen / zu gelernet ha - ben / daß alſo / was das Verwechſeln der Gelder an - belanget / weiter allhier nichts zu erinnern / als nur / daß in ſo fern er die Handels-Caſſam unter Han - den hat / er damit getreulich und richtig umgehe; jenes erſtrecket ſich auch ſo weit / daß nicht einmahl ein Handels-Diener vor ſich ſelbſt zu ſeinem eigenen Gebrauch / auf eine ob gleich kurtze Zeit aus der ihm anvertrauten Handels-Caſſa etwas neh -men191Von Wechſeln und Briefſchreiben. men und entlehnen mag / zugeſchweigen / daß er noch andern mit oder ohne Intereſſe hinter ſeines Herrn Wiſſen und Willen aushelffen / oder gar mit deſſen Geldern etwas lucriren ſolte / welches von ihme / dem Herrn zum beſten / nicht ſolte berech - net werden. Wegen Richtigkeit der Handels-Caſſa, hat unſer Handels-Diener um ſo viel mehr Sorge zu tragen / als ploͤtzlich ſein Principal das Caſſa - Buch fordern / und ob die baaren Gelder in der Caſſa mit ſelbigen uͤberein kaͤmen / unterſuchen moͤch - te / da er dann uͤbel klingen wuͤrde / wann ſich deß - fals ein Mangel ereignen ſolte / und darffen ſich unſere Handels-Diener gar nicht befrembden laſſen / ſonder - lich wann ſie frembde ſeyn / daß man ihnen Caution abfordert / weil ein jeder Principal um ſo viel mehr auf ſeine Sicherheit zu dencken hat / als er einem Die - ner ſchon mehr als einem Jungen anvertrauen muß.
Das Einſchreiben in die Strazza oder Clad - de laſſe ſich ein Handels-Diener ebenfals wohl be - fohlen ſeyn / nicht ſo wohl / daß er ſelber in ein ſol - ches Tag-Buch alles / was er des Tages uͤber in der Handlung verrichtet / notire / ſondern wann er zugleich als Buchhalter mit beſtellet / daß er zu ſei - ner eigenen Erlaͤuterung und Erleichterung dahin ſchaue / daß die Handels-Jungen / oder wer ſonſt neben ihm in die Cladde einzuſchreiben pfleget / al - les deutlich und mit Umſtaͤnden notiren / wie ich dann einen geſchickten / und Treu-geſinnten Han - dels-Diener / als einen guten Haußhalter / und Vice-Principalen in der Handlung ſchon anſehe / welcher / wann er redlich dienen will / ſich des Wercks / als wann es ſein eigen waͤre / annehmen /und192Caput IV. und auf alles ein wachendes Auge haben muß / nicht zufrieden ſeyende / daß er nur ſein Penſum oder Tag-Arbeit verrichte; ſondern er muß auch die unter ihm ſtehende ein gleiches zu thun anhalten / und ſo viel ihme moͤglich / und an Authoritaͤt ein - geraͤumet / dahin trachten / daß dem Handels-Prin - cipali viel Sorg und Muͤh benommen / auch ohne ſein Erinnern und Befehl freywillig und exact, was in der Handlung bey Waaren oder Scripturen zu thun vorfaͤlt / gethan / und nichts auf den morgen - den Tag verſchoben werde.
Was ferner bemeldte Scripturen / und ſonder - lich die zufuͤhrende Correſpondenz anbelanget / muß ein Handels-Diener den Jnhalt aller einge - lauffenen Briefe / in ſo fern ſein Principal nicht et - wann aus ein und andern ſich etwas reſerviret / und ins geheim behalten wolte / ſich wohl bekannt machen / damit er ſo gleich wiſſe / was etwann dar - auf zu antworten ſeyn moͤchte / worzu wir ihm dann einen deutlichen und wohl-gefaßten Stylum, der weder zu lang / noch zu kurtz / zu ausſchweiffend oder zu dunckel ſey / recommandiren wollen / wobey wir aber gleich zweyerley vorher zu beruͤhren haben / nehmlich es kan entweder ein Handes-Diener / La - teiniſch / Frantzoͤſiſch / Jtaliaͤniſch und Hollaͤndiſch / allzuſamm / oder eine von dieſen vier Sprachen in Perfection, oder doch beylaͤufftig alle / oder eine der - ſelben in ſo weit / daß er paſſablement darinnen Reden und Schreiben kan / und ſich nicht darinn verkauffen laſſen darff / oder er weiß gar nichts da - von. Jn dem erſten Fall rathe ich ihm / wie es dann auch loͤblich ſtehet / und zu Befeſtigung ſei -nes193Von Wechſeln und Briefſchreiben. nes Exercitii gerichtet / daß er in ſolchen Spra - chen / ſo offt es die Gelegenheit giebet / und ſein Pa - tron und deſſen Handlung es alſo erfordert / cor - reſpondire / weil viel hundert Handels-Diener eben darum angenommen werden / weil ſie frembde Sprachen wiſſen / und ihrem Herꝛn damit in ſeiner Handlung dienen koͤnnen / wie alſo ein Dantziger und Breßlauer Handels-Diener faſt unumgaͤnglich Polniſch / ein Wieniſcher Niederlaͤger Ungariſch / ein Augſpurger Jtaliaͤniſch / ein Franckfurther Frantzoͤ - ſiſch / ein Hamburger Schwediſch und Daͤniſch wiſſen ſollte; waͤre es aber / daß er keine von dieſen Sprachen wuͤſte / und etwan nur etliche Worte da - von bey den Sprach-Meiſter erſchnappet haͤtte / ſo wollte ich ebenfalls dergleichen junge Leute freundlich gebetten haben / doch einmal von der naͤrriſchen Ge - wohnheit ihres Kramer-Lateins / oder ihre Teutſche Kauffmanns-Briefe / mit Frantzoͤſiſchen und Jtaliaͤ - niſchen Worten anzufuͤllen / abzuſtehen / und ſich nicht andern Phantaſten hierinn gleich zuſtellen / die ihre elende und unfoͤrmliche / verzogene und uͤbel connectirende Briefe dergeſtalt mit frembden Woͤrtern ſpicken / daß kein Haas der gebraten wer - den ſoll / mehr geſpickt / oder eines Bettlers Rock mehr geflickter ſeyn kan / als ein ſolcher Franzoͤſiſcher - ter Brief iſt / da man doch viel beſſer unſerer Teutſchen Sprach die Ehre thaͤte / wenn man dieſelbe bey ihrer natuͤrlichen Reinigkeit lieſſe / als daß man ſie in dem Carneval mit allerhand bunten Baͤndern behangen / wie man Faßnachts-Narren herum fuͤhret. Vor al - len laſſe derjenige / der das Latein nicht verſtehet / ſel - biges ungebruͤhet / wiewohl wir die in Kauffmaͤnni -Nſchen194Caput IV. ſchen Briefen ſchon bekannte und zum Buͤrger - Recht angenommene Terminos Technicos, (das iſt) die Kunſt - und Handels-Woͤrter / welche zu Erlaͤuteruug der Sachen beſſer aus frembden Spra - chen genommen / und in ſolchen kuͤrtzer als in der Teutſchen gegeben werden koͤnnen / nicht von unſern Teutſchen Kauffmanns-Briefen / ſondern nur die uͤber fluͤßige und den Stylum verduncklende / wollen ausgeſchloſſen / dabey auch unſerm Handels-Diener die Lehre mit gegeben haben / daß er / was die Erler - nung der Sprach betrifft / auch noch in ſeinem Die - ner Stand ſich keine Zeit noch Muͤhe dauren laſſe / weil niemand an denen Wiſſenſchafften ſchwehr traͤget / und je qualificirter ſich ein junger Menſch darinnen machen kan / je mehr Ehr und Vortheil ſolches ihme zu wege bringen wird.
Wegen des Brief-Styli ſelbſt / nehme unſer Handels-Diener zur Erinnerung an / daß er darin - nen kurtz / aber nicht zu verſteckt und undeutlich ſey / und die wunderliche Opinion meide / als wann Kauffleute vor allen im Brief-Schreiben kurtz ſeyn muͤſten / ſolches wird zwar erfordert / wie es dann auch ihre vielfaͤltige Geſchaͤfften und groſſe Corre - ſpondentz nicht anderſt leiden wollen / darum aber muͤſſen ſie nicht unvernehmlich und dunckel ſeyn / zumal das Meum & Tuum ſo offt darunter verſi - ret / ſondern man behalte bey der beliebten Kuͤrtze auch eine zierliche Deutlichkeit / und vermeide ſo viel als moͤglich zweydeutige Redens-Arten / welche her - nach einer nachtheiligen Auslegung moͤchten unter - worffen ſeyn.
Nicht weniger will auch im Brieff-Schreibennoͤthig195Von Wechſeln und Briefſchreiben. noͤthig ſeyn / dieſelbe wohl zu connectiren oder zu - ſammen zu haͤngen / und durch ſolche Bind-Woͤrt - lein den Senſum dergeſtalt deutlich zu machen / daß ein vernuͤnfftiger Schluß dar aus erhellen / nicht aber als Kraut und Ruͤben alles untereinander geworf - fen ſeyn moͤge. Man hat ſich deßfalls weitere An - leitung in denen vier Theilen unſers allzeitfertigen Handels-Correſpon dentendens zu verſehen / an welches nutzliche Buch wir all diejenige / welche ei - nen guten Stylum in Handels-Briefen zu lernen Verlangen tragen / wollen verwieſen haben.
Was nun ſolcher Geſtalt in Kauffmanns-Brie - fen an allerhand Materien einlaufft und wegge - ſchrieben wird / davon nimmt hernach der Handels - Diener / welchezugle ich die Buͤcher auf dem Con - toir mitfuͤhret / die Materien heraus / welche in ge - dachte Handels-Buͤcher unter ihre Rubriquen und Rechnungen gebracht werden muͤſſen / und haben wir in unſern Probier-Stein der Buchhalter / ſchon gedacht / daß gegen Ende des Monats ſich am fuͤg - lichſten / deſſelben Monats uͤber geſchehene Ver - richtungen journaliſiren / und folglich in das Haupt - Buch uͤbertragen lieſſen / zu welcher Arbeit man erſtlich die Cladde odeꝛ Strazze vor die Hand nimmt / dieſelbe kuͤrtzlich uͤberlaufft / und was an ſolchen Po - ſten / welche in die Haupt-Buͤcher gehoͤren / darinn gefunden wird / ſolche erſtlich nach Anweiſung des Jtaliaͤniſchen Buchhaltens in doppelten Poſten ent - wirfft / folglich auch die aus denen eingelauffenen und weggeſandten Brieffen gezogene Journaliſir-Po - ſten darzuſetzet; Endlich auch die Caſſa und wo eine Banco iſt / die Banco-Buͤcher / nebſt einerN 2gan -196Caput IV. gantzen Monats Verrichtung gehoͤrigen Handels - Materien darzu nimmt / und endlich einen vollſtaͤn - digen Aufſatz davon machet / aus welchem hernach der Bilanz koͤnne gezogen und dem Handes-Patron uͤbergeben werden. Wie aber das meiſte in den Buchhalten an guter Ordnung / und daß man den Debitorem und Creditorem wohl zu unterſchei - den wiſſe / gelegen iſt / als muß ſich ein Handels - Diener / welchem Buͤcher zu fuͤhren anvertautet wer - den / darinnen abſonderlich veſt ſetzen / und vornehm - lich handgreiffliche Sachen von ſolchen Dingen un - terſcheiden / welche nur mit denen Sinnen muͤſſen begriffen und unter angedichteten Namen vorgeſtel - let werden / dergleichen die Capital, Lagio, Inter - eſſe, Gewinn und Verluſt / und andere Rechnun - gen ſeyn / die man Huͤlffs - oder Auxiliar-Rech - nungen nennet.
Was von Waaren baar eingekaufft wird / das iſt Debet an Caſſa. Kaufft man auf Credit und Zeit / ſo wird Waaren Conto, Debet an dem / von welchen ich ſolche auf Zeit abgekaufft habe / und ſo auch Viceverſa, wann ich Waaren gegen baar oder auf Zeit verkaufft; da in jenem Fall / Caſſa, in dieſem aber der Kaͤuffer / Debitor an Waaren wird. Bey Perſonen braucht es auch nicht viel Muͤh / indem der - jenige / der von mir Geld / Waaren / oder andere Mobilia und Inmobilia; Item Anweiſung auf einen andern an Bezahlungs-Statt bekommt / De - bitor an Caſſam oder an General - oder Special - Waaren Rechnung / an dieſes oder jenes Mobile und Inmobile, oder auch an die Perſon wird / an welchen ich ihn angewieſen habe / und ſo auch im Ge -gen -197Von Wechſeln und Briefſchreiben. gentheil / wann ich Geld / Waaren / oder andere bewegliche oder unbewegliche Dinge / ingleichen An - weiſungen auf andere von ihm bekaͤme / da meine Caſſa oder Waaren / Rechnung dieſes oder jenes / bewegliche oder unbewegliche Dinge / Item, der auf welchen mir angewieſen worden / Debitor und jener Creditor wird. Hingegen iſt es mit denen ſogenann - ten Auxiliar-Rechnungen ſchon etwas ſchwehrer / und will allerdings bey Formirung der Journal - Poſten dahin geſehen werden / wer Debitor oder Creditor ſey / auch was vor eine Auxiliar-Rech - nung zu Huͤlff zu nehmen / damit ein voͤllige Poſt ge - goppelt und auf Jtaliaͤniſche Manier herausgebracht werden moͤge. Wer hiervon einen weitern Unter - richt verlanget / der erſehe ſich deßfalls in unſern offt gemeldtem Probier-Stein der Buchhalter / Han - dels-Correſpondenten / und neulichſt heraus ge - kommenen Fragen uͤber die Kauffmannſchafft.
Nicht allein aber machet ſich ein geſchickter Han - dels Diener / durch die Kunſt des Buchhaltens bey ſeinem Herrn beliebt / und nothwendig / kan auch mehr Salarium als ein anderer / der ſolches nicht weiß / præ - tendiren / ſondern es dienet ihm auch daſſelbe allent - halben / wo er hinkommt / und gute Ordnung und Rechnungen gehalten werden; wie dann das Jta - liaͤniſche Buchhalten manchen / der ex profeſſo ſich darzu gebrauchen laſſen / zu anderwaͤrts ſtattlichen Bedienungen / als in Amt - und Renth-Cammern / bey den Commiſſariat-Zoll - und Accis-Weſen trefflich geholffen hat / zugeſchweigen / daß viel im Buchhalten geuͤbte Handels-Diener / wann ſie ſon - derlich darneben in frembden Sprachen beſchlagenN 3gewe -198Caput IV. geweſen / ſo eintraͤgliche Conditiones von etliche hundert Reichsthl. jaͤhrlicher Beſoldung erhalten / daß ſie hernach beſtaͤndig dabey geblieben / ſich als Buchhalter wohl und geruhig ſamt den Jhrigen befunden / und mit keinem Kauffmann / offt auch mit ihrem Principal ſelbſt nicht / ſonderlich wann es et - wan muͤhſam und gefaͤhrlich um ſeine Handlung ge - ſtanden / haͤtten tauſchen ſollen.
Endlich ſoll auch einem Kauffmanns-Diener / die Kunſt des Buchhaltens wohl zu excoliren / da - rum angelegen ſeyn / weil ſelbige ihn in die Handels - Arcana ſeines Patrons einfuͤhret / und ſonderlich aus dem Jahr-Schluß-Bilanz, die Staͤrcke und Schwaͤche ſeiner Handlung / die Gelegenheiten zu gewinnen und zu verlieren / ihme vorſtellet / welch es auch einige Patroni ſo wohl bedencken / daß ſie ent - weder (welches auch vielen zu rathen ſtehet) ihre Buͤcher ſelbſt fuͤhren / oder ihre Soͤhne und Ver - wandten bey Zeiten darzu capables machen laſſen / oder ſie halten zum wenigſten ein ſogenanntes Ge - heim-Buch / in welchen ſie ihre auf Zinns genommene Capitalia und Privat-Geſchaͤfften / ſamt andern die Handlung nicht angehenden Verkehrungen / et - wan auch den hier und dar gemachten anſehnlichen Gewinn / dergeſtalt in ihrem Cabinet allein einſchrei - ben / daß der Diener oder Buchhalter nichts von demjenigen zu wiſſen bekommt / was er etwan aus der Schul ſchwatzen / oder zu ſeinem eigenen Profit mit des Patrons oder ſeiner Erben Schaden anwen - den koͤnte; indeſſen gehet die Handlung und Han - dels-Buͤcher immmer oͤffentlich fort / und ſeynd von jenen geheimen Scripturen gantz ſepariret / ob ſiegleich199Von Wechſeln und Briefſchreiben. gleich ſich darauf beziehende Rubriquen und Rech - nungen in ſich ſchlieſſen / ſo wird darum der Buchhal - ter / welcher die Handels-Buͤcher fuͤhret / nichts dar - aus kluͤger / ob ſolche gleich in der Bilanz unter denen Debitoribus und Creditoribus anzutreffen ſeyn / indem in die fernere Conexion, und ihr urſpruͤng - licher Zuſammen-Hang unbekandt iſt. Wie aber der - gleichen mit den Haupt-Handels-Buͤchern corre - ſpondirende Geheim-Buͤcher / kuͤnſtlich zu fuͤhren ſeyn / ſolches ſoll kuͤnfftig in unſerm vollkommenen Buchhalter angefuͤhret werden / in deſſen gedencke ein Handels-Diener / deſſen Patron geheime Buͤ - cher haͤlt darum nicht / daß aus denen taͤglich lauffen - den Handels-Verrichtungen / wie ſich ihre Geſtalt in den Buͤchern zeiget / jemand was zu offenbaren ſey / ſondern er iſt verpflichtet / nicht allein gegenwaͤrtig in ſeinen Dienſt-Jahren / ſondern auch auſſer denſel - ben uͤber lang oder kurtz reinen Mund zu halten / und keinen Menſchen zu ſeines Herꝛn Nachtheil etwas daraus zu offenbaren. Er laſſe ſich auch die Weiſe gefallen / die auf ſeines Herꝛn Contoir in Scriptu - riren / eingefuͤhret iſt / in ſo fern ſein Herꝛ ſolches nicht abgeſchafft wiſſen will; dann viel Kaufſleute / welche ſich zwantzig / dreyßig und mehr Jahr / bey ihrer alt - vaͤtteriſchen muͤhſamen / und undeutlichen Buchhal - ten wohl befunden / und alles / worzu ſie nicht gewoͤh - net / vor eine ſchaͤdliche Neuerung anſehen / wollen durch aus von keiner Veraͤnderung wiſſen / bey wel - cher Beſchaffenheit unſer kluger Handels-Diener gedencken muß / daß er deſſen / der ihm Brod giebet / ſein Lied ſingen muͤſſe / wiewohl er dabey ſo viel als moͤglich und mit Beſcheidenheit / ſeinem Herꝛn einN 4und200Caput IV. und andere Verbeſſerung angeben / und allgemach beybringen kan; er ſelber aber vor ſeine Perſon / wann ihm ſeines Principalen Buchhaltungs-Art zu confus duͤncket / ſey in ſeinen eignen Rechnungen / Z. E. wann er auf Meſſen oder mit Cargaſonen aus - geſchicket wird / deſto ordentlicher / am allermeiſten aber / wann ihm bey ſeiner Zuhauskunfft / oder auch uͤber einer gantzen Handlung Adminiſtration von ein oder mehr Jahren her / Rechnung zu thun / oblie - get / da es dann gar ſchoͤn ſtehet / wann heut oder morgen / Obrigkeit und Vormuͤnder / Handels-Er - ben / oder Patroni, gleich in klaren Poſten und Bi - lanzen ſehen koͤnnen / welcher Geſtalt ein ſolcher Menſch / dem die Handlungs-Adminiſtration an - vertrauet worden / derſelben ruͤhmlich vorgeſtanden / und mit allerſeits Zufriedenheit ihnen gute Rechnung abgeſtattet habe. Nicht weniger kommt auch die in denen Dienſt-Jahren geuͤbte Wiſſenſchafft des Buchhaltens / einem Handels-Diener / wann er kuͤnfftig ſeinen eigenen Handel anfaͤngt / wohl zu ſtatten / es ſey / daß er alsdenn zierlich ſeine eigene Buͤ - cher vor ſich allein / oder in Compagnie mit jemand anders durch Niederſchreibung und Formirung des Capitals und Inventarii anfangen / oder da ihme eine Handlung durch Kauff-Schenckung / Heyrath / Erbſchafft / oder auf andere Weiſe zufaͤllet / daß er die alsdann mit uͤbergebene Handels-Buͤcher / Schrifften und Documenta wohl zu unterſuchen und zu recht zu bringen wiſſen / zumal da nicht allein ſein Nutzen / ſondern auch ſeine Ehre darunter verſi - ret / und man des Credits wegen / allezeit mehr auf einen ſolchen jungen Kauffmann ſehen wird / welcherſeine201Von Wechſeln und Briefſchreiben. ſeine Sachen in guter Ordnung haͤlt / als bey welchen eine richtige Confuſion regieret / welche in ſeinen kuͤnfftigen Geſchaͤfften ein gleiches anzeigen kan / nehmlich / daß ſelbige nicht lang Beſtand haben / ſon - dern in einen verwirrten Zuſtand / bey welchen die Creditores das Jhrige zu verlieren / Gefahr lauf - fen / verfallen werde.
Bey Unternehmung des Buchhaltens / oder Fuͤhrung der Handels-Buͤcher in eines Patrons Dienſten / nehme auch unſer Handels-Diener dieſe Lehre / daß er die ihme vorgelegte / von ſei - nem Patron oder deſſen vorigen Buchhalter gefuͤhr - re Buͤcher / nicht unbilanziret annehme / oder doch ſolches mit Proteſtation thue / daß / wann ſich her - nach ein Jrꝛthum aus den vorigen Rechnungsfuͤh - ren herruͤhrend / erzeigen ſollte / daß ſolcher ihme nicht moͤge zugerechnet werden. Das Sicherſte hier - bey iſt / daß ein Kauffmann monatlich und jaͤhrlich ſeine Special - und Haupt-Bilanzen wohl mache / oder wann ſolches eine Zeitlang unterlaſſen worden / daß er dem neuen Buchhalter und Handels-Diener / ſol - te es auch gegen Darreichung einer Recompens ge - ſchehen / dahin vermoͤge / daß ſolcher die Muͤhe auf ſich nehme / alle Rechnungen auf ſummire, Saldi - re, und die ungeſchloſſenen aufs neue vortrage / folglich den Haupt-Bilanz verfertige / auf welchen er als auf ein ſichers Fundament das kuͤnfftige Buch - halten bauen kan.
Wobey aber zu mercken / daß aus lange Zeit un - geſchloſſenen und unbilanzirt gelegenen Buͤchern / ob ſelbige gleich in doppelten Poſten gefuͤhret wor - den / nicht ſo leicht ein Bilanz ſich hervor bringenN 5laſſe /202Caput IV. laſſe / dahero wann ich nach allen Reſcontriren oder Collationiren des uͤbergetragenen in den Haupt - Buch / mit denen Journals-Poſten / der Bilanz nicht kommen will / ſo muß man endlich mit Einwil - ligung des Handels-Patrons, aus der Noth eine Tugend machen / und aus den alten in doppelten Poſten gefuͤhrten Buͤchern / eben wie aus Buͤchern / die in einfachen Poſten gefuͤhret worden / die Sum - men der Debitorum extrahiren / folglich der noch unverkaufft vorhandene Waaren Summam, wie auch / was an baaren Geld in Caſſa vorhanden / item, was an Werth der liegenden Gruͤnde ein Handels - Patron in ſeine Handels-Haupt-Buͤcher will mit eingebracht haben / in des Bilanz-Debet bringen / und hingegen wieder in deſſen Credit, die in den al - ten Buͤchern Saldirte und aufs neue vorgetrage Cre - ditores, worauf ſich dann / wann ſolcher ihre Summen zuſammen addiret / und hierauf von des Bilanz Debet abgezogen werden / ſo gleich / was an Capital verbleibet / ausweiſet / womit alsdann der Bilanz biß zum Vortrag auf neue Buͤcher ſeine Richtigkeit vel quaſi erlanget hat.
Ein Buchhaltender Handels-Diener thut auch wohl / daß er das Bilanziren ſeiner unter Handen habenden Buͤcher monatlich / oder doch aufs laͤng - ſte / alle Quartal verrichte / weil ſich alsdann die Fehler ſo viel leichter finden / und wo es ſubtil geſche - hen kan / in den Zahlen radiren / im Fall aber / daß eine Poſt unrecht waͤre / formiret oder uͤbergetra - gen worden / ſolches ſich durch eine Contra-Poſt / welches aber manchmal Kunſt koſtet / wieder ab - ſchreiben laͤſſet.
Wann203Von Wechſeln und Briefſchreiben.Wann auch ein Handels-Diener in guter In - tention ſeinen Herꝛn ohne Schaden / ſich aber zu Nutzen ein Memorial oder Manuale-Buch ver - fertigte / in welchem er alles / was ihme / ſo lange bey der Handlung geſtanden / vorgekommen / oder noch taͤglich vorfiele / fleißig notire / als z. E. wie dieſer oder jener Wechſel calculiret / ein und andere Muͤntz-Sorte reduciret / die Qualitaͤt an beſonde - ren ihme noch unbekandten Waaren erforſchet / ihr Ein - und Verkauff angeſtellet / ihre Conſervation beſorget / und eine neue Manufactur fuͤglich ange - richtet werde; item, was in den Handlungen / vor - nehmlich bey Schiffs-Befrachtungen / Aſſecuran - zen / Havereyen / und Bodmereyen / eigentlich zu obſerviren ſey / welcher Geſtalt auch die Preiſſen der Waaren von Zeit zu Zeit geſtiegen / oder gefal - len / und was etwan ſonſt in Commercien-Sachen mehr merckwuͤrdiges von ihme gehoͤret / geſehen / und erfahren worden; ſo wuͤrde er dadurch nicht allein je laͤnger je mehr in ſeinem Verſtand geſchaͤrffet / zum Leſen guter Buͤcher angehalten / von boͤſer Com - pagnie abgefuͤhret / und in der Handlung trefflich geſtaͤrcket werden / ſondern er wuͤrde auch erſt den groͤſten Nutzen davon tragen / wann er heut oder morgen zu ſeinen eigenen Handel ſchreiten wolte.
Wegen der Handſchrifft eines Kauffmanns - Dieners / ſonderlich eines ſolchen / welcher die Buͤ - cher zugleich mit ſchreiben ſoll / wird zwar erſordert / daß ſolche leſerlich / orthographiſch und ſauber ſey / allzugekuͤnſtelt aber / ſtehet vielmehr einem Schreib - Meiſter als einem Kauffmann zu / zumal da dieſe an Poſt-Taͤgen nicht viel Federleſens oder Federſchnei -dens204Caput IV. dens wie jene machen doͤrffen / die gemeiniglich lang - ſame und ſtehende Haͤnde ſchreiben / auch theils der - ſelben faſt bey jedem halben Blat die Feder corrigi - ren und ſchaͤrffen muͤſſen / wann ſie ferner damit fort ſchreiben wollen; hingegen ſtehen auch die allzuge - ſch wind forgeſchobene und verzogene Haͤnde / wel - che manche Kauffmanns-Dieners ſich angewoͤhnet / ſehr uͤbel / alſo / daß man aus einem gantzen Brief / welcher ſolcher Geſtalt geſchrieben / bey ihren ohne dem ſchlechten Stylo, offt mehr errathen muß / als ſich daraus leſen laͤßt. Bey welcher Gelegenheit wir nicht umhin koͤnnen / da wir von dem Kauffmaͤnni - ſchen Brief-Stylo reden / unfern geſchickten Han - dels-Diener auch den wohlmeinenden Rath zu er - theilen / daß einige derſelben ſich etwas mehr auf ei - ne gute und wohlgeſetztere Schreib-Art als diejenige iſt / deren ſie ſich bißher / ſonderlich im Schreiben an andere / als Kauffmaͤnniſchen Standes-Perſonen gebrauchet haben / befleißigen moͤchten / maſſen bey etlichen derſelben ſolche / wann ſie auch an hohe Ci - vil ‒ oder Militair ‒ Standes / oder an gelehrte Perſonen geſchrieben / ſo ſehr nach den Kauffmann und dem Contoir (ſo wohl was die Titular-als den Stylum ſelbſt / ſamt der Unter - und Aufſchrifft betreffen) geſchmecket hat / ja ſo viel von Kraͤmer - Latein / und von Frantzoͤſiſchen und Jtaliaͤniſchen Woͤrtern / von uſo, coſti refactie, danno, va - luta, provenu, raggione, impiegho &c. darinn geweſen / daß man ſogleich die Profeſſion des Con - cipientens daraus hat erkennen koͤnnen; ob ich nun wohl die meiſten damit entſchuldigen muß / daß es mit ihnen nach dem gemeinen Sprichwort heiſſe / ul -tra205Von Wechſeln und Briefſchreiben. tra poſſe nemo obligatur, es koͤnne niemand hoͤ - her fliegen / als ihme die Fluͤgel gewachſen / und al - ſo auch von keinem Kauffmanns-Diener kein Cantz - ley ‒ Stylus gefordert werde; ſo ſtehet jedoch auch hinwieder zu bedencken / daß heutiges Tags die Huͤlffs-Mittel / den Verſtand uͤber ordinaire zu ſchaͤrffen / an vielen im Druck liegenden herꝛlichen Schrifften und Umgang mit qualificirten Leuten ſo haͤuffig vorhanden / daß / wann ſich ein ſolcher Kauffmanns-Diener nur wenig Muͤhe gaͤbe / die vielen muͤſſige und mit unnuͤtzen Dingen mehrmals / auch in boͤſer Geſellſchafft zugebrachten Stunden / zu Leſung ſolcher guten Buͤcher anzuwenden / er ſchon etwas rechtſchaffenes darinnen wuͤrde zuweg ge - bracht haben.
Damit wir aber in dieſem Unterricht uns etwas naͤher heraus laſſen / ſo will die Wiſſenſchafft der Frantzoͤſiſchen Sprach / und ſo viel es moͤglich einen Lateiniſchen Terminum zu verſtehen / als ein vorneh - mes Requiſitum im Brief-Schreiben beobachtet werden / deme ſo gleich das Leſen nutzlicher Schriff - ten / welche einen reinen Teutſchen Stylum fuͤhren / ſonderlich die von der Secretariats - und Red-Kunſt / wie auch von dem Brief-Schreiben handeln / an die Hand zu ſetzen / worauf die Vernunfft ſelber muß zu Rath gezogen werden / daß man erſtlich nach ſol - cher die Perſon deßjenigen / an wem man ſchreibet / ferner die Materiam, woruͤber man ſchreibet / und die Abſicht / welche man bey ſolchen Schreiben fuͤhret / wohl erwaͤgen / und anders nicht / als mit Bedacht die Hand an die Feder ſetze / auch lieber vorher ein rechtes Concept formire / ehe man wichtige Schrei -ben /206Caput IV. ben / an denen offt viel gelegen / auf den Fuß der Kauffmaͤnniſchen Scripturen tractire / das iſt fein geſchwind / als wann die Poſt wegeilte / hinſchmiere / und ſo zureden / auf gut Kauffmaͤnniſch (bey hoͤhern Stands-Leuten heiſt es Cavallierement) etwas thun / welches mit der hoͤchſtem Vorſicht und Bedacht geſchehen ſollen.
Ob nun wohl hierzu unſer allzeit fertiger Han - dels-Correſpondent in allen ſeinen vier Theilen ei - nen ſtattlichen Lehr-Meiſter abgeben koͤnte / ſo wol - len wir uns doch auch dieſes Orts nicht entziehen / denen angehenden Handels-Dienern zum beſten / aus einem ſichern nuͤtzlichen Tractat den Unterricht von Brief-Schreiben folgender Geſtalt extrahiret / mitzutheilen.
Ein jeder / welcher einen guten und wohlabge - faßten Brief ſchreiben will / muß (wie ſchon ge - meldt) die Perſon / Stand und Condition deßje - nigen / an wem er ſchreibet / ferner die Condition ſeiner eigenen Perſon / ingleichen die Umſtaͤnde der der Sache / von welcher er ſchreibet / und uͤber welche er correſpondiret; ingleichen die Ordnung / die in dem Brief und deſſen Materia zu halten iſt / wie auch die Form des gantzen Briefs / und alles / was darzu gehoͤret / biß er ſo weit fertig iſt / daß er auf die Poſt kan gebracht werden / wohl in acht nehmen.
Betreffende erſtlich die Betrachtungen / welche ein Kauffmanns-Diener / der Perſon halber / an wel - che er ſchreibet / haben muß / ſo iſt dieſelbe entweder vom hohen Stand oder auch ſeines gleichen / in jenem Fall giebt es die Vernunfft / daß man eine andere Titular - und Schreib-Art / als mit ſeines gleichen ge -brau -207Von Wechſeln und Briefſchreiben. brauchen muß. Und kan ich mich desfalls nicht genug uͤber die einfaͤltige Leute verwundern / welche hierin - nen gantz keinen Unterſcheid zu treffen wiſſen / ſondern in ihren Kauffmaͤnniſchen Brief-Schreiben derge - ſtalt erſoffen ſeyn / daß ſie mit ihren E. E. oder V. L. welches Euer Edlen / Euer Ehren / oder auf Hol - laͤndiſch Viver Lieb den heiſſen ſoll / Groß und Klei - ne / in Contextu ihrer Brief tractiren / und mit ih - ren alten Foͤrmulgen und Terminis von Coſti, ſtan - ti, paſſato, rembourſo, Cordialen Begruͤſſung / libero commando, prævaliren ꝛc. um ſich werf - fen / als wann es von ihren Factorn, Correſpon - denten / und ſogenannten Mann nach Franckfurt / Leipzig / Amſterdam und dergleichen gerichtet waͤre / und den Einkauff etlicher Saͤck-Wolle oder andere Waaren angienge. Solche Fehler des Judicii aber kommen von nichts anders / als der ſchlechten Be - gierde her / welche bißhieher unſere Kauffmanns - Diener zu guten Wiſſenſchafften bezeuget haben. Wie aber ſolcher Fehler und uͤble Gewohnheit zu re - dreſſiren ſey / davon ſoll in einem andern Capitel ge - handelt werden; dieſes Orts iſt nur von der Anlei - tung zum Brief-Schreiben zu wiſſen / daß im Fall man an hoͤhere / ſonderlich an Fuͤrſten und Herren ſchreibet / man wohl unterſcheiden muͤſſe / ob es an ei - nen Koͤnig / Chur - oder Reichs-Fuͤrſten / Graffen / oder hohen Miniſter gerichtet; an ſouveraine Haͤupter wird es wohl wenig zu ſchreiben / aber manchmal allerunterthaͤnigſte Supplicata zu ſtellen / einem Kauffmann noͤthig ſeyn / da man dann die Titulatur von Allerdurchlauchtigſt / Durchlauch - tigſt / oder in Frantzoͤſiſchen von Sire und Mon -ſei -208Caput IV. ſeigneur, in Contextu aber von Euer Kayſerli - chen / oder Koͤniglichen Majeſtaͤt / Churfuͤrſtlichen oder Hochfuͤrſtlichen Durchlaucht / oder Votre Majeſté, Votre Alteſſe, Electorale, wohl obſer - viren muß. Reichs-Grafen giebt man Hochgebohren / Baronen und vornehmen Miniſtris, Hochwohlge - bohren; denen Edelleuten / die Titulatur von Wohl - gebohren. Bey einem Grafen / Baron oder groſſen Staats-Miniſter, braucht man in dem Brief / Euer Excellenz; und eben alſo werden auch die Briefe in gleicher Titulatur geſchloſſen / mit welcher oben der Anfang gemachet worden / da dann die Unterſchrifft folgender maſſen ſeyn kan: Aller durchlauchtigſter / Großmaͤchtigſter Koͤnig und Herꝛ oder Durchlauch - tigſter Churfuͤrſt / Herzog oder Fuͤrſt; gnaͤdigſter Herꝛ / Euer Koͤnigliche Majeſtaͤt / Euer Chur-Fuͤrſtliche oder Hochfuͤrſtliche Durchlaucht allerunterthaͤnigſt / nnterthaͤnigſter / demuͤthigſter / und gehorſamſter Knecht.
Die Aufſchrifft auf dergleichen Supplicata, und zuweilen auch auf Briefe / ſonderlich wann es Pflichtmaͤſſige / allerunterthaͤnigſte oder unterthaͤ - nigſte / wie auch gehorſamſte Relationes, Gratula - tiones und dergleichen unumgaͤngliche Schreiben ſeyn / erfordern die gantze Titulatur, und wollte ich wohl unſern Handels-Diener anrathen / ſich bey Zeiten ein Titulatur-Buch nach dem Alphabeth zu machen / in welchem er zum wenigſten diejenige vor - nehme Herren oder Perſonen / mit welchen Hand - lungs halber zu correſpondiren iſt / einſetzen koͤnte / allen Falls moͤchten ſich auch diejenige / welche pure Teutſche Michel ſeyn / und auſſer ihrer Mutter -Spra -209Von Wechſeln und Briefſchreiben. Sprache ſonſt keine gelernet haben / ſich der Titu - latur ‒ Buͤcher / welche hin und wieder in denen Buchlaͤden zu Kauffe liegen / bedienen / und im Fall ſie darinn nicht vollkommen / was ſie ſuchen / finden ſollten koͤnnen / ſie der Frantzoͤſiſchen Aufſchrifften halber folgender Zeichniß gebrauchen / nach wel - cher
Am beſten iſt es vor Teutſche / ſie bleiben bey ihrer Teutſchen Titulatur, als Allerdurchlauchtigſter / Großmaͤchtigſter Koͤnig / allergnaͤdigſter Koͤnig und Herꝛ. Item Durchlauchtigſter Chur-Fuͤrſt / Hertzog / gnaͤdigſter Fuͤrſt und Herꝛ.
Eurer Koͤniglichen Majeſtaͤt / Eurer Chur - oder Hochfuͤrſtlichen Durchl. allerunterthaͤnigſter / unter - thaͤnigſter / demuͤthigſter Knecht / ꝛc
Wie hierzu die haͤufftig im Druck liegende Ti - tulatur-Buͤcher genugſame Anleitung geben.
Ferner iſt von dem Briefſchreiben zu mercken / daß hohen Miniſtris und vornehmen Perſonen / auch denen / welche mit vielen Amts-Geſchaͤfften uͤber - haͤuffet ſeyn / man mit vielem Zuſchreiben / ohne er - hebliche Urſache nicht beſchwehrlich ſeyn muß; wann es aber unumgaͤnglich geſchehen ſoll / ſo muß man es doch kurtz machen / und ſonderlich keines weitlaͤuff - tigen Exordii oder Eingangs ſich bedienen / ſondern alles mit einem unaffectirten Stylo kurtz ausdruͤ - cken / damit der Leſer alſobald ſehen koͤnne / was der Schreiber haben will / und worauf endlich ſein Schluß / Bitten und Begehren ankommet / wel - ches in gewiſſen Stuͤcken nach der Art eines Syllo - gismi, um deſto eher und kraͤfftiger zu beweiſen und zu uͤberreden / geſchehen kan.
Wann das Concept von einem Brief gemacht /P(ich226Caput IV. (ich rede aber von denenjenigen / welche ſich nicht ge - trauen / ſogleich von der Feder aus / einen Brief aufs Papyer flieſſen zu laſſen) ſo muß ein junger Menſch nicht allein ſolches / ehe ers ins Reine ſchreibet / noch ein oder mehrmal uͤberleſen / und zu ſehen / ob es wohl connectiret / und auch orthographiſch ge - ſchrieben ſeye / dann man ſehe hundert Kauffleut - Diener ihre Briefe an / ſo werden kaum zehen dar - unter ſeyn / welche recht orthographiſch geſchrie - ben / daß ſie keine Fehler in ſich haben ſollten; Die Schrifft ſelbſt muß auch leſerlich ſeyn / ſintemal wann ſolches nicht iſt / vielmals etwas ſo nicht kan geleſen werden / zu vollziehen / unterlaſſen / oder anders aus - geleget worden / als der Sinn des Schreibers ge - weſen iſt; man zeige nur manchmal die Hand eines Kauffmanns-Diener und ſeinen Stylum vor / ich bin gewiß / daß ein vernuͤnfftiger Mann ſo gleich daraus urtheilen wird / was hinter ihm ſteckt / und wie ſtarck er vom Judicio oder Erfahrenheit ſey. Weitere Explication hiervon iſt dieſes Orts nicht noͤthig / weil ſich ſchon zur andern Zeit die Gelegen - heit darzu ereignen moͤchte.
Alle wegzuſendente Briefe / wenn ſie irgend an vornehme oder erbare Perſonen geſandt werden / muͤſſen auf beſchnitten Papyr geſchrieben ſeyn / ſo hat man auch wegen des Formats zu bemercken / daß / wann man an hohe und ſonderlich Fuͤrſtliche Perſonen ſchreibet / man gemeiniglich einen gantzen Bogen / an vornehme Miniſtros einen halben Bo - gen / von groſſem Format, ins Quart gebogen / neh - me / und gemeiniglich ein Couvert um ſolche Schreiben mache / bey Kauffleuten iſt vielfaͤltig dieMa -227Von Wechſeln und Briefſchreiben. Manier einen halben Bogen in Folio Forma, von oben herunter zu ſchreiben / ich laſſe die Gewonheit an ihrem Ort geſtellet ſeyn / ſchreibe aber lieber den Bogen in Quart gebrochen / und giebt oder nimmt dieſes der Sache nichts / ſondern dependiret von eines jeden ſeinem Belieben.
Zumercken iſt auch / daß man das Papyer nicht uͤberall voll ſchreibe / ſondern oben / unten und an der lincken Seite einen ziemlichen Raum laſſe.
So bleibet auch zwiſchen dem Titul oder der An - rede in dem Brief / und der Materie des Briefs / ein Spatium, zum wenigſten / ſo breit als der Rand iſt / und ſo man an groſſe Herren ſchreibet / wird ſehr tief unten angefangen / und kaum etliche Zeilen auf die erſte Seite gebracht. So bald ein Brief ins Reine ge - ſchrieben / wird ſelbiger noch einmal mit Fleiß durch - leſen / ob etwan eine Diſtinction oder Woͤrtgen darinn ausgelaſſen / oder zu viel geſetzet ſeye / damit man es beyzeiten / ehe man den Brief zumacht / noch corrigiren und hinein ſetzen koͤnne; waͤre es aber / daß man gantze Zeilen ausgelaſſen / ſo iſt es beſſer / daß man den Brief aufs neue abſchreibe / als daß man ſolchen an vielen Orten durchſtrichen und corrigiret einem vornehmen Mann zuſenden wollte.
Die Unterſchrifft unter die Briefe ſetzet man unten gegen der rechten Hand zu / und zwar um ſo viel tieffer hinunter / als die Perſon / an welche man ſchreibet / vornehm iſt / daher dann auch die Schrifft des Briefes ſelbſt alſo darnach einzurich - ten / daß ſie nicht zu weit herunter komme / und man alſo noch Raum zur Unterſchrifft uͤberbehalte. Jch kan hierbey nicht unterlaſſen / eine kleine Digreſ -P 2ſion228Caput IV. ſion zu machen / was nehmlich meine Schreiber / die ich biß hero gehalten / vor Qualitaͤten in der Schrei - berey haben / an ſich haben muͤſſen / nach welcher ei - niger maſſen / die auf dem Cotoir dienende Han - dels-Diener ſich gleichfalls zu richten haben. Jch er - forderte nehmlich von ihnen erſtlich / zu rechter Zeit genugſame Federn zu ſchneiden / damit man ſich / wann es jetzt an das Schreiben gehen ſollte / nicht mit Federnſchneiden oder corrigiren / lang aufhal - ten duͤrffte / welches ſonderlich im Dictiren eine groſſe Verhinderniß verurſachet / und mich eben er - mahnt / als wann einer zum Tantzen begierig iſt / und die Spielleute wollten denſelben mit Stimmen ihrer Inſtrumenten erſt lang aufhalten. Zwey - tens / muͤſſen ſie auch orthographicè: Drittens geſchwind: Vierdtens ſauber: Fuͤnfftens rein und nicht maculirt: Sechſtens / die Buchſtaben nicht verzogen / ſchreiben / ſondern alſo / daß ſie je - derman in die Augen leuchten koͤnten / in welchen einige unſerer Kauff-Diener ſehr fehlen / als wel - che in der Meinung ſtehen / je kruͤmmere und bun - tere Zuͤge ſie in ihren Briefen / ſonderlich in der Un - terſchrifft machen koͤnten / je ſchoͤner ſolches ſtuͤnde / und will ich jemand wohl 20. Kauffmaͤnniſche an ſich ſelbſt zierliche genug geſchriebene) Briefe weiſen / in welchen er doch den Namen / wegen des grauſa - men Verziehens / nicht ſoll leſen koͤnnen: Sieben - dens / verlangte ich von meinen Schreibern / daß ſie gut leſen und buchſtabiren / und folglich wohl ab - zuſetzen wiſſen ſollten. Einige Kauff-Dieners moͤ - gen ſich hier pruͤfen / ob ſie ſich / was das Leſen und Buchſtabiren anbelanget / und folglich das rechteAb -229Von Wechſeln und Briefſchreiben. Abſetzen / wann ein Wort an einer Zeil gebrochen wird / auch nicht getroffen finden: Achtens / ver - langte ich von ihnen im Dictiren in ſoweit eine Mit - Huͤlffe / daß / wañ ich etwan ein Bind-Woͤrtlein oder Verbum ausgelaſſen / ſie ſolches wieder erſetzen / von ſich ſelbſt beyfuͤgen / oder mich deſſen hoͤflich er - innern ſollten: Neundtens wollte ich auch / daß ſie zum wenigſten einen Terminum in Latinitate und auch etwas im Frantzoͤſiſchen / oder Jtaliaͤni - ſchen / wegen ſolcher Sprachen-Woͤrter / die im Dictiren offt vorkommen (damit ſie ſolche deſto ac - curater ſchreiben koͤnten) verſtehen / und Zehen - dens / in einem Brief oder auch andern Scripturen zu geben oder zu nehmen wiſſen ſollten / nehmlich / wie oben ſchon gemeldt / daß ſie wohl ermeſſen ſollten / wie viel Zeilen auf eine Seite gehoͤrte / wo man oben anfangen / unten in rechter Proportion wie - der aufhoͤren / und zierlich einen Brief zuſam - men legen und uͤberſchreiben muͤſte.
Bey dieſer Zuſammenlegung der Briefe / muß man den Sand von allen Seiten abſtreichen / und dar - auf die Blaͤtter ſauber mit einem Falls-Bein zuſam - men faltzen; ſo ſtehet es auch gar nicht Kauffmaͤn - niſch / einen Brief in mancherley ſeltzame Falten / oder in einen allzu kleinen Format zuſammen zu legen / als welches mehr Weibern als Maͤnnern zukommt / wie ein gutes Couvert zu machen / wird leicht zu er - lernen ſeyn / man ſchneide ſelbiges nur ſo accurat, daß man alle vier Ecken oder Spitzen fuͤglich unter das Siegel beveſtigen koͤnne.
An gute Freunde kan man wohl die Briefe mit Oblaten ſiegeln / an hohe und vornehme PerſonenP 3aber /230Caput IV. aber / muß man Siegel-Lack gebrauchen / wer mit Oblaten ſiegeln will / muß ſolche / ehe er ſie unter - legt / nicht allein erſt anfeuchten / ſondern er kan auch die Stelle des Papyrs / wo er das Petſchafft dru - cken will / etwas naß machen / ſo wird ſich das Sie - gel deſto ſchoͤner drucken und præſentiren.
Die meiſten Aufſchrifften werden heut zu Tag in Frantzoͤſiſcher Sprach gemacht / darzu dann un - ſerm Handels-Diener die vorgeſetzte Frantzoͤſiſche Woͤrter wohl zu ſtatten kommen werden. Uber - haupt iſt wegen der Aufſchrifft zu mercken / daß erſt - lich mit etwas groͤſſern Buchſtaben der Titul und Name / wie auch die Charge, Amt und Profeſſion deßjenigen / an welchen man ſchreibet zu machen ſey / das Wort Preſent oder Preſentement brauchet man nicht / als nur an Reiſende / die ſich nur ein Zeitlang an einen gewiſſen Ort aufhalten / nicht aber an Leute / die daſelbſt ihr gewiſſes Domicilium haben. Siehet man alſo / wie ſehr diejenige irren / die das Wort Preſent, oder jetziger Zeit / auf die mei - ſte Aufchrifften ihrer Briefe ſetzen.
Wegen des Franchiren der Briefe iſt zu mer - cken / daß man keinem muthwillig vergebliches Brief-Porto, ſonderlich bey dieſen Zeiten mache / da ſolches Porto zu zimlichen Schaden der Com - mercien / an vielen Orten ſehr geſteigert iſt; vor - nehmlich aber ſeynd die Briefe zu franchiren / wann es unſere eigene Gelegenheit betrifft / da wir zu dem Dienſt / welchen wir geleiſtet haben wollen / einen andern keine Moleſtiam mit Brief-Porto machen muͤſſen; und weiß ich faſt nicht / wann ſolches kalt - ſinniger und vorſetzlicher Weiſe geſchiehet (gleich -ſam231Von Wechſeln und Briefſchreiben. ſam als wann man den andern die Hof-Dienſte anſagte) ob derſelbe nicht / wie ſchon oben gemeldt / auch mit gutem Fug / unſere Angelegenheit / wann auch noch ſo viel daran gelegen waͤre / verſaͤumen koͤnne.
Ein Handels-Diener / der viel Briefe zu ſchrei - ben / ſolche zuzumachen und wegzuſenden hat / ſehe wohl zu / daß er nicht bey der Aufſchrifft verwechſe - le / er mache auch lieber die Aufſchrifften / ehe er zu - ſiegelt / ſo kan er noch allezeit zuſehen / ob irgends mit der Auffſchrifft ein Jrrthum vorgangen ſey oder nicht. Einige Kauffleute / die mit Geſchaͤfften uͤber - haͤuffet ſeyn / pflegen daher auf der erſten Seite des Briefs / unten oder oben im Winckel zur lincken Hand den Zunamen deſſen zu ſchreiben / an wel - chen der Brief gehoͤret / damit ſie ſolches nicht erſt mit Durchleſung etlicher Zeilen / unterſuchen duͤrf - fen / welches aber einem jungen Menſchen / wann er an eine vornehme Perſon ſchreibet / nicht anſtaͤn - dig ſeyn wuͤrde / weil man von ihm weiß / daß ſei - ne Affairen und Correſpondentz ſo groß noch nicht iſt / daß er eine ſolche Vorſorge ſollte noͤthig ha - ben.
Welcher Geſtalt auch die weggehende Briefe muͤſſen copiret die ankommende aber uͤberſchrie - ben werden / ſolches iſt aus den Handels-Correſpon - denten / und der taͤglichen Praxi bekannt.
Die Beſtellung der Briefe iſt zwar aus groſſen Contoiren denen Jungens befohlen / doch wollte ich wohl / wann manchmal an einem Brief viel gelegen / als / daß etwan noͤthige Ordres oder Wechſel-Brie - fe darinn enthalten / daß der Handels-Diener ſichP 4ſelbſt232Caput IV. Von Wechſeln und ꝛc. ſelbſt aufmachte / ſolche beſtellte / und dem Jungen nicht traute / wie dann ohne dem ein treu-geſinnter Handels-Diener auf des Jungen ſein Compor - tement, ob ſolches dem Handels-Patron zum Schaden oder Vortheil gereiche / auch dem Jungen ſelbſt nutzlich oderſchaͤdlich ſey / ein wachendes Auge haben muß / gleich wie dieſe hingegen / wann ſie raffiniret ſeyn / auch nicht ermangeln werden / des Dieners Conduite wohl in Obacht zu nehmen.
Wann ein Reiſender zu Uberbringung eines Briefes ſich erbiethet / ſo iſt gleichwohl auch Vor - ſichtigkeit zu gebrauchen / ob gleich derſelbe mit der geſchwinden Poſt abreiſet / weil einige Leute nicht eben allezeit conſideriren / was einem Kauffmann an ſchleuniger Beſtellung ſeiner Briefe gelegen ſeye / und dannenhero ſelbige nach ihrer Bequem - lichkeit abgeben / welches aber vielmals / ſonderlich wann wichtige Dinge in einem ſolchen Brief ent - halten / groſſen Schaden zu verurſachen pflegen.
Ein mehrers was von dieſer Materie des Briefſchreibens gemeldet werden koͤnte / iſt ſo voll - koͤmmlich in unſerm allezeit fertigen Handels-Cor - reſpondenten / durch allerhand Materien ange - fuͤhret / daß es deßfalls keiner weitern Unterweiſung bedarff / daher wir nur alle und jede Handels-Ver - wandte und Liebhaber der Commercien auf dieſes nutzliche Buch nochmals wollen verwieſen haben.
Auf was vor andere Wiſſen - ſchafften mehr / welche ebenfalls zur Handlung dienen / ſich ein Kauffmanns-Die - ner / bey muͤſſigen Neben-Stunden appliciren koͤnne.
NAchdem es heutiges Tags mit der Kauff - mannſchafft ein gantz anderes Anſehen ge - wonnen / als es vor dieſem damit gehabt; als muß auch derjenige / welcher derſelben verwandt iſt / und ſein Brod darbey zu verdienen ge - dencket / ſchon eine mehrere Wiſſenſchafft ſolcher Dinge beſitzen / welche nicht allein die Handlung kluͤglich und vorſichtig zu fuͤhren / ſondern auch in derſelben ſich einen guten Ruhm / Liebe und Credit zu erwerben / dann auch gegen die Anlaͤuffe zanck - ſichtiger Leute ſich und das Seinige wohl zu be - ſchuͤtzen / dienen koͤnnen. Zu dieſen letztern gehoͤret die Wiſſenſchafft der Rechten / welche / wie noth - wendig ſie einem Kauffmann wegen des Mei & Tui, womit er ſtets umgehet / ſey / kuͤnfftig in unſerm ge - lehrten Kauffmann / ſoll bewieſen werden; auſſer dieſer aber ſeynd wir gedacht / noch viel andere Wiſ - ſenſchafften / welche demjenigen / der ſolche beſitzet / auch ihren Nutzen bringen. Alſo wuͤrde ein Kauff - manns-Diener nicht uͤbel thun / wann er ſich bey muͤſſigen Stunden auf die Geographiam, oder dieP 5Erd -234Caput V. Erd-Beſchreibung und die Land-Charten wohl zu verſtehen / legte; als: daß er erſtlich die vier Welt - Theile / und wie die See-Farth nach jeden derſelben eingerichtet / auch welches in allen dieſen vier Welt - Theilen diejenige Laͤnder ſeyn / welche wegen der Kauffmannſchafft am meiſten befahren werden / ſich bekannt machte / worzu ihme dann inſonderheit die Reiß-Beſchreibungen trefflich zu ſtatten kommen koͤnnen. Wie ich dann unterſchiedliche Kauffmanns - Dieners gekannt / welche ſich die beſten von ſolchen Reiß-Beſchreibungen angeſchafft / ſelbige mit de - nen Land-Charten conferiret / und an ſtatt Sonn - tags in liederlichen Sauff-Spiel - und verdaͤchtigen Compagnien zu gehen / ihre Zeit in dergleichen nuͤtzlichen Buͤchern / nach verrichtetem GOttes - Dienſt wohl paſſiret haben; in Anſehung / daß zu - gleich die Handlung mit daraus erlernet / einem Kauffmann aber / der Plus Ultra und etwas weiter hinaus / als auf den naͤchſten Jahr-Marckt geden - cket / ein Vorſchmack der See-Farth und Hand - lung in weite Laͤnder / ingleichen eine ruͤhmliche Be - gierde ſich und dem Vatterland zum Beſten in der Handlung je laͤnger je mehr hervor zu thun / gegeben wird. Naͤchſt dieſer General-Erkaͤnntniß der vier Welt-Theile / haͤtten ſie in Specie auf Europam und in ſolchen / auf deſſen vornehmſte Reiche und Laͤnder zu reflectiren / ſelbiges ihren Zuſammen-Hang und durch was vor Gelegenheit die Handlung zu Waſ - ſer und Land von einem Reich in das andere geſche - he / wohl zu conſideriren; ja ſie koͤnten darinnen noch etwas weiter gehen / und ſich den Globum be - kannt machen / auch ein weiniges daran wenden /daß235Muͤßige Nebenſtunden zu appliciren. daß ihnen / was die Polus-Hoͤhe / die Longitudo und Latitudo, ein Clima, Zona und dergleichen ſey / gewieſen / und etlicher maſſen der Nutzen davon erklaͤret wuͤrde.
Wann nun ſolches ein Groſſes zur Wiſſenſchafft der Schiff-Farth beytragen kan / viel aber auch an der Rechen-Kunſt gelegen / als wollte ich / daß einige unſere Kauffmanns-Diener dieſelbe ein wenig beſ - ſer excolirten / als ſie biß anhero gethan. Jch will nicht ſagen / daß viel unter ihnen nicht ſollten ein Stuͤck Waar / wovon die Ele ſo und ſo theuer kommt / zur Noth ausrechnen koͤnnen; in Wechſeln haͤlt es ſchon etwas haͤrter / und wird doch endlich ſo viel erlernet / als etwan auf des Patrons ſeinem Contoir am gewoͤhnlichſten vorkommt; allein aus Curioſitaͤt / und an ſtatt muͤſſiger Stunden / in wei - tere / und zur Geographie, Schiffarth / Geome - trie und Stereometrie, (welche doch alle zur Kauff - mannſchafft gehoͤren) hinein zu gehen / da iſt bey ei - nigen ſolcher Leuten altum Silentium, und wenig oder gar keine Begierde. Genug / daß bey dem Boͤtt - ger ein Vaß / bey dem Tiſcher eine Kiſte beſtellet / von dem Schiffsbauer / vor des Patrons Rechnung / ein Schiff gebauet / und der Diener / ob die Arbeit gut von ſtatten gehe / hingeſchicket werde / worinn aber das Wein-Viſiren / die Proportion der Vaͤſſer und Schiffe / der Kiſten und Kaſten beſtehe / davon laſſen ſich die guten Herren unbekuͤmmert / gleich wanns eine Sache waͤre / die der Handlung gantz nicht angienge.
Naͤchſt dieſem / wird auch das Erlernen fremb - der Sprachen unſern Teutſchen Kauffmanns-Die -nern236Caput V. nerñ recommandiret / und zwar einem jeden nach ſeines Orts Gelegenheit / als denen die nahe bey Franckreich ſeyn / die Frantzoͤſiſchen; anderen / die Jtaliaͤniſche / denen Schleſiern und Preuſſen / die Polniſche / denen Nieder-Saͤchſiſchen See - Staͤdten / die Daͤniſche / Schwediſche und Hollaͤn - diſche-auch einigen die Moſcowitiſche und Unteut - ſche / ſonderlich die viel nach Chur - und Liefland zu handeln haben. Waͤre es / daß ein ſolcher auch Fran - tzoͤſiſche und Jtaliaͤniſche Sprachen mit lernen koͤnte / ſo wuͤrde es ihme (ſonderlich weil die See-Staͤdte groſſe Commercien nach Franckreich haben) nicht ohne Nutzen ſeyn; vor allem aber / ſollte es als gar etwas loͤbliches an einem Handels-Diener zu conſideriren ſeyn / wann er (da er etwan in der Jugend aus Mangel der Mittel und Gelegenheit die Lateiniſche Sprache nicht gelernet) ſolche in ſei - nen Dienſt-Jahren annoch zu lernen ſich angelegen ſeyn lieſſe; Dann wie elend ſtehet es nicht / wann je - mand / es ſey im Diſcuriren oder Schrifften / einen Lateiniſchen Terminum noͤthig hat / und ſolchen weder geſchicklich hervorbringen / noch ſchreiben kan. Wie will ein Kauffmann kuͤnfftig mit ſeinen Rechts - Proceſſen zu recht kommen / wann er nicht etwas vom Lateiniſchen verſtehet? wodurch werden denen / welche Frantzoͤſiſch und Jtaliaͤniſch lernen wollen / dieſe Sprachen leicht gemacht / als weil ſie einen gu - ten Anfang und Grund in der Lateiniſchen Sprach geleget haben / ich weiß / was rechtſchaffene Kunſt - und Tugend-liebende Gemuͤther / unter denen Han - dels-Dienern ſeyn / die werden mir hierinnen recht geben / Idioten und gemeine Gemuͤther aber an -ſtim -237Muͤſſige Nebenſtunden zu appliciren. ſtimmen / worzu wird mir dieſe Sprache noͤthig? was ich zu thun habe / kan ich wohl im Teutſchen ver - richten / ſed hoc, vox aſini non hominis.
Hiernaͤchſt erachte ich / das Zeichnen einem Kauffmanns-Diener noͤthig zu ſeyn / angeſehen viel - faͤltig daſſelbe in Handlungen Nutzen ſchaffen kan / es ſey / daß man in Manufacturen neue Muſters in - ventire / und abzeichne / die Structur eines Schif - fes abreiſe / oder auch einen andern Kuͤnſtler ein Mo - dell von Zierathen geben ſoll / welches man etwan in der Handlung bey Kunſt-Waaren anzubringen wuͤſte / zugeſchweigen der angenehmen Zeitvertreib / welche dieſe Kunſt giebet / die zumal auf Reiſen und bey Seefarthen im Abzeichnen eines ſchoͤnen Pro - ſpects, einer See Kiſten / Havens oder einer Jn - ſul wohl zu ſtatten komme.
So auch dabey ein Handels-Diener zur Me - chanic Luſt haͤtte / und mit ſolcher Arbeit (worzu man eben nicht allezeit einen Tiſcher haben kan) zu recht kommen koͤnnte / wuͤrde er ſeinem Herꝛn viel - mals auch einen Gefallen erweiſen / ſonderlich aber die Luſt zu ſolcher Arbeit / ihn kuͤnfftig bey Manu - facturen / und in der Invention, der darzu benoͤthig - ten Inſtrumenten (als da ſeynd Weber-Stuͤhle / Machinen und anderer Werckzeuge) wohl zu ſtat - ten kommen / und viel Geld erſparen. Wie ich denn abſonderlich von einem jeden Kauffmanns-Diener gern ſehen moͤchte / daß derſelbe bey ſeinen Handels - Wiſſenſchafften / auch zum wenigſten ſo viel in ei - ner Kunſt oder Handwerck wuͤſte / zu welchen er / (wann ihme das Gluͤck kuͤnfftig bey der Handlung den Ruͤcken kehren ſollte) greiffen / und ſich und dieSei -238Caput V. Seinigen ehrlich damit ernehren koͤnne; und geſetzt / daß er ſolch Handwerck nicht aus dem Grund er - lernet / koͤnte er ſich doch (im Fall der Noth) leicht - lich darinn perfectioniren / und ſelbiges zu ſeinen Nutzen anwenden; alſo flieſſet aus der Stereome - tria das Fundament des Vaßbindens. Haͤtte nun ein Kauff-Geſell bey Wein-Handlungen ausge - dienet / ſo waͤre es ihm ſo viel leichter geweſen / das Vaßbinden / durch den taͤglichen Umgang mit zu erlernen. Bey Tuch-Handlungen / ſchicket ſich das Tuch oder Zeug machen / weil ohne dem derjenige / der ſolches wohl verſtehet / am beſten von der Quali - taͤt eines Tuchs urtheilen kan. Das Strumpff-We - ben auf den Strumpff-Stuͤhlen iſt ebenfalls bald gelernet / und finden wir viel Kauff-Dieners / wel - che etwan die Mittel nicht gehabt / die in ihren Jun - gen-Jahren erlernte Handlung fortzuſetzen / daß ſie zu dieſer Profeſſion des Struͤmpff-Webens hernach ſich begeben / und mit der Zeit groſſe Verle - gers dariñen worden ſeyn. Bey dem Materialiſten - Kram / erzeiget ſich das Diſtilliren / Brandtwein - brennen / gewiſſe Materialia und Compoſita zu machen / welche allein zulaͤnglich ſeyn / ihren Mann zu ernehren. Und was ſoll ich von der Farb-Kunſt / dem Lacciren / Spiegel-machen / Leder-bereiten / und dergleichen Dingen mehr (welche alle im Fall der Noth Brod ſchaffen koͤnnen) viel Ruͤhmens machen / da die Sache ſelbſt genug bekannt iſt Die Muſic, ob ſie wohl kein weſentlich Stuͤck / zur Hand - lung gehoͤrig / kan genennet werden / ſo iſt doch be - kannt / wie mancher junger Menſch ſich dadurch ſehr beliebt gemacht / und nicht ſelten dadurch in dieGunſt239Muͤßige Nebenſtunden zu appliciren. Gunſt ſolcher Leute gekommen / welche hernach ſein Gluͤck zu befoͤrdern / ſich haben angelegen ſeyn laſ - ſen. Es iſt aber bey ſelben und all dergleichen (mehr zur Ergoͤtzlichkeit als Nutzendienenden) Kuͤnſten zweyerley zu bemercken / eines / daß er mit ſolchen nicht zu viel Zeit verabſaͤume / welche zu ſeinen Han - dels-Verrichtungen ſonſt ordentlich beſtimmet iſt. Zweytens / daß er ſich nicht durch ſolche / ſonderlich durch die Muſic, zur Uppigkeit (welche mehr rohen jungen Welt-Leuten / als modeſten Handels-Die - nern anſtehet / verleiten laſſe. Wann er nun faſt ſei - nen eigenen Handel anzufangen gedencket / und mit ſeines Herꝛn Verguͤnſtigung etliche Stunden in der Wochen abkommen kan / nicht etwan ein / zwey oder drey Monat / ſeinen Leib zu dreſſiren / und eine gute Manier im Gehen und Complimenten anzunehmen / auf den Tantz-Boden gehen ſollte / er muͤſte aber keine beſtaͤndige Gewohnheit daraus machen / oder ſo viel Zeit und Geld dran wenden / als wann er kuͤnfftig ſelber Profeſſion vom Tantz - Meiſter machen wollte; ſondern wie dieſes alles nur Neben-Wercke ſeyn / alſo muß ſein Haupt-Werck / welches die Kauffmannſchafft iſt / nicht darum aus den Augen geſetzet werden / vielweniger muß er ſich ſolcher Kleidung / Exercitien und Auffuͤhrung an - maſſen / welche mehr Kriegs - und Edelleuten als Kauffleuten zuſtehet / und ihme auf einmal ſein Gluͤck und Credit ruiniren moͤchte; hingegen wird ihme die Modeſtie, und daß er allzeit nach Tugend und Weißheit ſtrebe / niemals gereuen / zu welchem Ende er lieber mit vornehmern und geſchicktern Leu - ten / als er ſelbſt iſt / als mit ſeines gleichen / odernoch240Caput V. noch geringern / von denen er nichts Gutes ſehen oder lernen kan / umgehen muß. Jn Mangel derſel - ben aber / muß er ſich zu Haus und in ſeiner Kam - mer / wann er Zeit uͤbrig hat / auf das Leſen guter Buͤcher / worzu wir inſonderheit die obbemeldte Reiß-Beſchreibungen / ſamt einem guten Hiſtorien - Buch / als etwan unſer Teutſches Thnatrum der vier Monarchien; in Handels-Sachen aber das Handels-Gericht / Kauffmanns-Magazin, das Kunſt-Natur - und Handels-Lexicon, den Han - dels-Correſpondenten / und zur Nachricht / was hin - und wieder in frembden Commerciis paſſiret / den Schwediſchen / Moſcowitiſchen / Hiſtoriſchen / Brandenburgiſchen und Schleſiſchen Kauffmann; wegen Anrichtung neuer Manufacturen aber / un - ſer neu-eroͤffnetes Manufacturen-Haus und Boͤrſe / welches in dem dritten Theil des Ritter-Platz befindlich / wollen recommandiret haben; aus des Speranders ſorgfaͤltigem Negocianten / Savarii ſeinem vollkommenen Kauffmann / und ſo er ſchon etwas hoͤher gehen will / aus D. Bechers Schriff - ten / wie auch aus unſerer Beſchreibung der Meſ - ſen und Jahr-Maͤrckte / in Specie aber / von Ma - naufacturen / aus dem nutzlichen Tractat von Flachs und Hanff / wie auch aus der nechſtkuͤnfftig zu erwartenden Beſchreibung der Seide und Wol - le / und der aus dieſen beyden Materialienen verfertig - ten Manufacturen / wird er ſchon ſo viel Zeit-Ver - treib und Lehren finden / daß er aller andern nichts - wuͤrdigen Dinge und boͤſen Geſellſchafften leichtlich wird vergeſſen koͤnnen.
Wegen des Buchhaltens / moͤchte ein fleißigerHan -241Muͤßige Nebenſtunden zu appliciren. Handels-Diener noch zu erinnern ſeyn / daß ſolches ebenfalls einen gantzen Menſchen erfordere / und viel Curioſitaͤten in ſich ſchlieſſe / welche bey muͤßi - gen Stunden zur angenehmen Speculation Anlaß geben koͤnnen.
So wolte ich auch / daß ein geſchickter Han - dels-Diener ein Liebhaber der Aviſen waͤre / und ſolche Poſt-taͤglich zu leſen / keine Gelegenheit ver - abſaͤumen ſolte / es werden ihm dieſelbe nicht allein den Verſtand ſchaͤrffen und aufmuntern / ſondern auch zu vielen Handels-Speculationibus Anlaß geben; Sie ſchlieſſen viel Politica in ſich / welche denen Kauffleuten / um ihre Handels-Meſſures darnach zu nehmen / noͤthig ſeyn; man lernet da - durch einen guten Diſcurs in honetten Com - pagnien formiren / und diſtinguiret ſich dadurch von andern / welche nicht ſo viel Luſt und Belieben haben / auf dergleichen Publica die Zeit zu wen - den; ſonderlich aber wird die Geographia bey ſol - chen Aviſen-leſen / erſt rechtſchaffen excoliret / wann man das / was darinnen an merckwuͤrdigen Begebenheiten vorkommt / nach denen Oertern / wo ſolche geſchehen / bemercket / vornehmlich aber das Kommen und Abgehen der Schiffe ſich aus denen Zeitungen wohl bekannt machet.
Endlich ſo wolte ich auch einem geſchickten Han - dels-Diener noch zum Beſchluß dieſe Lehre erthei - len / daß er ſich fein offt bey denen Handwerckern in ihren Werck-Stuben umſehen / ſich derſelben als einer Schul bedienen / und in ſolcher lernen ſol - te / was vor Materialia, Ingredientia, Inſtru - menta, und Hand-Griffe darzu gehoͤrten / biß einQStuͤck242Caput V. Stuͤck Waar zu einen perfecten Kauffmanns - Gut zubereitet worden. Er haͤtte dabey zu erler - nen ihre beſondere Kunſt-Woͤrter / oder Terminos Technicos, dann auch die Maͤngel / welchen man - chen Handwerckern in ihrer Arbeit ausgeſetzet wer - den / und was hingegen die Qualitaͤten ſeyn / wel - che in perfectes aus einer Manufactur gekomme - nes Kauffmanns-Gut an ſich haben muͤſſe. Dann ſo ſchreibet Savarii in ſeines vollkommenen Kauff - manns 14. 15. und 16. Capitel / daß die Kauff - manns-Diener / wann ſie in Franckreich ihren eige - nen Handel anfangen / und Principales werden wollen / uͤber die Elen / Maaß / Pfund und Marck / Gewicht / wie auch uͤber die Eigenſchafft einer Waar examiniret werden / zu welchem Ende er in obangeregten Capiteln zu ihren Unterricht / und zwar erſtlich / in dem 14ten von der Laͤnge und Brei - te allerley Waaren / von Gold / Silber / und Seide / mit Wollen / Baumwollen / und Garn vermiſcht / handelt / welcher Geſtalt dieſelbe nach denen Koͤnigl. Verordnungen de A. 1667. beſchaffen ſeyn muͤſten. Jn dem 15ten Capitel handelt er von der Breite und Laͤnge aller Cameel-haarnen und wollenen Zeuge und Tuͤcher / wie dieſelbe ſo wohl in-als auſ - ſerhalb Franckreich in denen Manufacturen gema - chet werden / auch was man wegen der Qualitaͤt ſolcher Waare nach der Koͤniglichen Verordnung zu obſerviren habe.
Ferner ſchreibet er / ſey in Acht zu nehmen / daß der 30. Art. der Koͤnigl. Verordnung haben will / daß hinfuͤhro kein wollener Zeug mehr von ſo ge - ringem Preiß / wann er nicht eine halbe PariſiſcheElen243Muͤßige Nebenſtunden zu appliciren. Elen breit iſt / gemachet werden ſoll. Jn den 39. Art. wird befohlen / daß alle Tuͤcher / Sarge und andere Zeuge / wann ſie von der Walcke kom - men / von den Geſchwornen beſichtiget / und das Zeichen des Orts / wo ſie gemachet worden / auch ob ſie nach Jnhalt der Ordnung verfertiget wor - den / mit angehaͤnget werden ſoll / und was etwann dergleichen Anmerckungen mehr ſeyn moͤchten / wel - che weitlaͤufftig bey bemeldtem Authore, vor - nehmlich aber in unſerm mit nechſten zu erwarten - den Tractat von der Wolle und Seide / und de - nen aus dieſen beyden primis Materiis verfertig - ten Manufacturen zu erſehen ſeyn werden / da ei - ne jede Art derſelben / nicht allein wie ſie von An - fang her / biß ein fertig Stuͤck Waar daraus ge - worden / beſchrieben / ſondern auch ein ſolcher Un - terricht in der Faͤrb-Kunſt / auf Wolle und Seide gegeben wird / der in gewiſſen Saͤtzen vor Arcana (denen jenigen / die mit dieſer Kunſt und Profeſſion der Faͤrberey umgehen) paſſiren kan.
Wie ſich ein Kauffmanns-Die - ner in ſeines Patrons Geſchaͤfften auf Reiſen zu verhalten / und was er vor ſeine eigene Perſon dabey zu profitiren / und zu lernen habe.
DAß ein Kauffmanns-Diener zu allen Han - dels-Geſchaͤfften (und alſo auch in ſeinesQ 2Patrons244Caput VI. Patrons Angelegenheit / Reiſen in frembde Laͤn - der zu verrichten) ſich muͤſſe gebrauchen laſſen / ſolches iſt ſchon mehrmahls / und zwar unter an - dern auch darum / angefuͤhret worden / weil von demſelben præſumiret / oder gleichſam zum Vor - aus geſetzet wird / daß er nach vollbrachten ſei - nen Jungen-Jahren nunmehro eine ſolche Fer - tigkeit in Handels-Wiſſenſchafften erreichet ha - ben werde / welche ihn in den Stand ſetzen koͤn - nen / in allerhand Vorfaͤllen nuͤtzlich vor ſeinen Patron zu negociiren / und deſſen Beſtes bey al - len Gelegenheiten zu beobachten. Man verſpricht ſich ſchon von ihm / daß er den Ein - und Verkauff der Waaren wohl verſtehen / mit Wechſeln und Scripturen umzugehen / Schulden einzumahnen / und allenfalls / wie gegen boͤſer Schuldener gericht - lich zu procediren ſey / wohl wiſſen werde. Da auch ein erwachſener Menſch bey ſeinen vollen Leibes - Kraͤfften die Jungens - und Jugend-Jahre nun - mehro abgeleget / ſo kan es nicht fehlen / der Ver - ſtand und das judicium muͤſſen ſich bey ihme auch aͤuſſern / und ſein Leib die Reiß-Fatiquen zu ertra - gen / auch vollkommen tuͤchtig und geſchickt ſeyn / daß alſo nichts mehr uͤbrig iſt / als unſern Handels - Diener / in ſo weit er etwann zum erſtenmahl in ſeines Patrons Geſchaͤfften uͤber Land verreiſen ſolte / mit denen darzu benoͤthigten Anmerckungen und Lehren zu verſehen / welche ihm ſeine Reiſe ſo viel gluͤcklicher anzutretten / und der ihme obliegen - den Schuldigkeit ſo viel beſſer ein Genuͤgen zu thun / auch dabey ſeiner eigenen Perſon Vortheil zu ſchaffen / nuͤtzlich und zutraͤglich ſeyn koͤnnen.
Dieſem245Wie ſich einer auf Reiſen zu verhalten.Dieſem nach hat erſtlich ein Kauffmanns-Die - ner / welcher von ſeinem Patrono Geſchaͤfften hal - ber in frembde Laͤnder verſchicket wird / zu beobach - ten das Land / und den Ort / wohin er reiſen ſoll; Zweytens / die Gelegenheit / wie ſeine Reiſe dahin anzuſtellen / und was vor Requiſita darzu erfor - dert werden. Drittens / die Verrichtung ſelbſt / um welcher willen er dahin verſchicket wird. Die Perſonen / mit welchen / und wider welche er zu handeln / die hierzu ihme von ſeinem Patrono er - theilte Inſtruction und mitgegebenen Subſidien; und endlich / was ihme ſeiner Perſon halber / auf ſolcher Reiſe / und an den Ort / wo er hin deſtini - ret iſt / zuſtoſſen / auch was zu ſeinem eigenen kuͤnff - tigen Vortheil und Belehrung dabey zu obſervi - ren noͤthig ſeyn moͤchte.
Das erſte / nehmlich den Ort / wohin er zu rei - ſen verordnet iſt / betreffende / iſt ſolcher entweder ein naher / oder ein entferneter / ein bekannter / oder unbekannter / von gleicher oder ungleicher Sprach / Sitten und Religion / mit dem Ort ſeiner Woh - nung; Jtem / ein koſtbarer oder wohlfeiler / geſun - der oder ungeſunder Ort / und was etwann mehr vor Betrachtungen dabey vorfallen moͤchten. Jſt die Reiſe nicht ferne anzuſtellen / ſo gehoͤret um ſo viel weniger Zuruͤſtung zu derſelben / und kan auch leichtlich / ja Poſt-taͤglich von dem Handels-Patron, was in dieſer oder jener Sach zu thun oder zu laſ - ſen ſey / Ordre eingeholet werden.
Dahingegen / wann die Reiſe nach ferneren Landen ihren Fortgang haben ſolte / ſchon weit mehrere Zubereitungen / und andere Inſtructiones,Q 3als246Caput VI. als in der Naͤhe erfordert werden; welches letztere auch ſeyn muß / wann einem reiſenden Handels - Diener / das Land / oder der Ort / wo er hin verſchi - cket wird / unbekannt iſt / da dann allerdings / ſo - wohl eine ſchrifftliche als muͤndliche Nachricht von der Beſchaffenheit daſelbſt / noͤthig ſeyn will. Jſt die Sprach des Orts anders / als hier / wo der Ver - reiſende zu Hauß gehoͤret / ſo ſtehet zu bedencken / ob er ſolche wohl wiſſe / oder wie er allenfalls / wann er keine Kaͤnntniß davon haͤtte / dannoch nuͤtz - lich / mit denen Einwohnern / entweder durch Doll - metſcher / oder ſolche Factors, welche beyder Spra - chen kuͤndig ſeyn / handeln moͤge; etwann auch eine ſolche Compagnie ſeiner eigenen Lands-Leute bey ſich habe / darunter einer oder der andere des Landes / wohin ſie Reiſen / ihre Sprache kuͤndig / und ihn alſo zugleich mit aushelffen koͤnnen; Wie - wohl es gewiſſer-maſſen zimlich verdrießlich iſt / wann man durch Dollmetſchers handeln / und was dieſe einem vorſagen / glauben muß. Daher wir nicht unbillig erinnern / daß gemeiniglich die Kauffleute nach ſolchen Dienern trachten ſollen / welche deſſel - bigen Landes Sprach / wohin ihre Handlung am meiſten gehet / wohl verſtehen / und ſolche in ihren Jungen-Jahren allbereit gelernet haben. Die Sitten eines Lands betreffende / unter welchen man auch die Gebraͤuche in der Handlung verſtehet / muß von ſolchen allen unſer reiſender Handels - Diener allbereit ſelbſt eigene Kaͤnntniß / oder zum wenigſten gute Inſtruction von ſeinem Handels - Patron / oder anderen Leuten haben / damit er ſich nach ſolchen ſo viel beſſer richten / und ſeine Sachendar -247Wie ſich einer auf Reiſen zu verhalten. darnach anſtellen koͤnne. Jſt die Religion des frembden Lands oder Stadt von der Seinigen un - terſchieden / ſo werden ihm darzu die jenigen An - merckungen noͤthig thun / welche wir hernach / ſei - ner eigenen Perſon halber / ihme zu geben / uns vor - genommen haben.
Die Gelegenheit zu reiſen / iſt entweder zu Waſſer / oder zu Land; jenes uͤber die See mit groſſen oder kleinen Fahrzeugen / bedeckten oder un - bedeckten Schiffen / oder auch binnen Lands auf Stroͤmen und Fluͤſſen. Dieſes aber entweder zu Wagen oder zu Pferd / worunter wir auch die Maul-Thiere und Eſel / derer man ſich viel in Spanien und Jtalien / wie auch die Cameele / wel - che man in Aſia / bey denen ſogenannten Caravanen gebraucht / nicht wollen ausgeſchloſſen haben.
Bey den Reiſen / die uͤber See verrichtet wer - den / hat ein reiſender Kauffmanns-Diener vor - nehmlich nach einen guten Schiffer und Schiff ſich umzuſehen / ſich auch mit benoͤthigten Reiß - Kleidern wohl zu verſorgen / und eine gute Provi - ſion an Victualien mit zu nehmen / davon er unter - wegs zehren koͤnne / und iſt in ſolchem Fall allezeit beſſer / etwas zu viel / als zu wenig mit zu nehmen / weil man auf denen See - und Waſſer-Reiſen den Tag ſeiner Uberkunfft nicht ſo genau wiſſen kan; man hat auch Gelegenheit / mit den Schiffer / wegen der Koſt ſich zu bedingen / wie viel man entweder die Woche / oder vor die gantze Reiß uͤber / ihme geben ſoll / wobey man aber zuweilen zimlich mit grober Schiffs-Koſt / nehmlich / Stockfiſch / Gruͤtz / und geſaltzen Fleiſch vorlieb nehmen muß; waͤreQ 4es248Caput VI. es aber ſchon ſo bedungen / ſo kan doch ein guter Flaſchen-Keller mit Wein und Brandewein / die rauhe See-Lufft / und harte Schiffs-Koſt zimlich corrigiren / und verdaulich machen; nicht weniger muß auch ein Reiſender Præſervativ-Artzney - Mittel / item / ſeinen eigenen Bett-Sack / und was et - wann ſonſt zur See-Reiſe noͤthig thut / bey ſich fuͤhren / auf alles aber wohl Achtung geben / daß ihme nichts geſtohlen werde. Allzu groſſe Bequem - lichkeit werden wohl Handels-Diener / welche bloß ihrer Herren Intereſſe in Abſicht haben / auf Rei - ſen ſich nicht machen koͤnnen / weil ſie mehr fort zu ei - len / als auf der Straſſe ſich zu verweilen / bedacht ſeyn muͤſſen; Sonderlich hat man in denen See - Staͤdten / und auf Waſſer-Reiſen / wie auch in de - nen Morgen-Laͤndern / bey denen Caravanen / gar vielfaͤltig des Handels-Diener mit ihrer Herren ei - genen Schiffs-Gefaͤſſen / Geſchirr und Wagen / ſamt den Waaren fortgeſandt werden / damit ſie nehmlich auf ſolche deſto beſſere Aufſicht haben koͤnnen / bey welcher Gelegenheit ein Handels-Die - ner fruͤh und ſpaͤt alart und ſorgfaͤltig ſeyn muß / dasjenige wohl in Acht zu nehmen / was ihme an - vertrauet worden; bald muß er ſehen / ob das Schiff Waſſer ſchoͤpffe / von welchem die unten - liegende Waaren ſchadhafft werden koͤnte; Ob Geſaͤſſe / in welchen fluͤßige Waaren enthalten / zu lecken anfangen / oder gar zu beſorgen ſey / daß Boͤden und Reiffe aus und abſpringen moͤchten: Vielmahls iſt eine Waar zu ſehr der Sonnen - Hitze / oder auch dem Regen exponiret; Vor See - und Strauch-Raͤubern nicht ſicher / dem Stuͤrmenund249Wie ſich einer auf Reiſen zu verhalten. und Ungewitter unterworffen; ungetreue Schiffer und Fuhrleute wollen auch ihren Zehenden davon haben / und practiciren mehrmahl ſo viel ab / als kaum an der Waar zu verdienen iſt. Daß nun ein rechtſchaffener Handels-Diener hierbey ſorgfaͤltig und wachſam ſeyn muͤſſe / ſolches ſtehet leicht zu er - achten / ja er muß in vielen Stuͤcken die Perſon ſeines Principalis præſentiren / und nachdem ein Caſus vorkommt / eine Reſolution uͤber dieſes oder jenes zu faſſen wiſſen / was er ihm an vortraͤglich - ſten zu ſeyn erachten wird; ſonderlich geſchiehet ſol - ches ſehr offt in See-Sachen / da in Sturm und Ungewitter beym Strandten und anderer Schiffs - Gefahr / der Schiffer ſeine Paſſagiers und Be - frachters (wann deren einige auf dem Schiff vor - handen) zuſammen fordert / mit ihnen / was bey gegenwaͤrtigem Zuſtand zu thun ſey / uͤberleget / worauf dann nach denen meiſten Stimmen die Reſolution gefaſſet wird. Wann nun in der - gleichen Sachen ein Handels-Diener etwas von der Seefahrt / wie auch von den See-Rechten und See-Gewohnheiten verſtehet / ſo kan er ſo viel leichter ſich entſchlieſſen / und was zu thun oder zu laſſen ſeyn moͤchte / um ſo viel beſſer ſeine Rationes geben.
Die Requiſita, welche ein Handels-Diener / der in ſeines Herren Verrichtung ausreiſet / haben muß / ſeynd erſtlich Geld / ſo viel als zur Hin-und zu gewiſſen Zeiten / auch zur Her-Reiſe noͤthig iſt; Ferner muß ihm ſein Herr die benoͤthigte Inſtru - ction, wornach er ſich genau richten ſoll / oder auch Charta Blanca (daß er freye Macht habenQ 5ſoll /250Caput VI. ſoll / in ſeines Principalis Angelegenheiten zu thun uñ zu laſſen / was er gut befinden wird) mit geben / inglei - chen zulaͤngliche Recommendationes an ſolche Freunde / die ihm in ſeinen Geſchaͤfften mit Rath und That an die Hand gehen koͤnnen. Vor allen aber ſtehet zu præſumiren / daß ein Handels-Diener die Sache / um welcher er ausgeſchicket wird / wol innen / und darzu vor ſeiner Abreiſe die benoͤthigte Docu - menta, Schrifften und Beweiß / originaliter, oder ſo es nicht noͤthig / in vidimirter Copey, ingleichen die Abrechnungen / welche ſein Herr mit ſeinen Cor - reſpondenten hat / werde zuſammen geſucht / und uͤber das / was er noch nicht gewuſt / genugſame Nachricht eingezogen haben. Jch wolte hierbey rathen / daß ein reiſender Handels-Diener ſich un - ter andern auch mit ſtets bey ſich fuͤhrenden Feder / Dinte und Papier / wie auch Feuer-Zeug / Schreib - Tafel / Compaß und Circkel / einem Perſpectiv oder Fern-Glaß / einer accuraten Land - oder See - Karte / und nechſt ſeiner Bibel und Gebet-Buch / auch mit der Beſchreibung des jenigen Landes oder Stadt / wo er hin gedencket / ſonderlich deroſelben Statutorum und Geſetze / wie auch ſeiner Policey - Verfaſſung / verſehen ſolte / damit er nicht unberei - tet / und ſo zu ſagen / gantz Wild-frembd dahin kommen / ſondern ſchon einen Vorſchmack desje - nigen / was er daſelbſt zu fuͤrchten oder zu hoffen / haben moͤge.
Was nun ſolcher Geſtalt an Unterricht und Recommendation ſein Handels-Patron nicht moͤchte geben koͤnnen / das muß er ſich bemuͤhen / von anderen Leuten zu erlangen / und dannenherounter -251Wie ſich einer auf Reiſen zu verhalten. unterwegs / wann er honette und verſtaͤndige Reiß-Gefaͤrten hat / ſich nicht ſcheuen / von denen - ſelben uͤber ein und das andere Nachricht einzuzie - hen / und was ihm an beſten darunter anſtehet / ſol - ches fleißig zu notiren / um ſich deſſen kuͤnfftig zu Nutz zu machen.
Wir gehen aber weiter / und beſehen auch die Verrichtung ſelbſt / welche ein ſolcher ausgeſchick - ter Handels-Diener vor ſeinen Herren haben mag. Solche beſtehet nun:
Entweder in Beziehung der Jahr-Maͤrckte / zum Ein - oder Verkauff gewiſſer Waaren / oder auch um Schulden einzucaſſiren / mit einer Caga - ſon uͤber See zu gehen / Hoͤfe zu beſuchen / Gelder einzuheben und auszuzahlen / Contracten und Lie - ferungen zu ſchlieſſen / und was etwann dergleichen Handels-Geſchaͤffte mehr ſeyn moͤchten. Waͤre es nun / daß er vor ſeinen Herrn die Meſſen und Jahr - Maͤrckt bauen / und die Verrichtung gantz allein auf ſich nehmen ſolte / ſo durchleſe er fleißig unſern Tractat von Meſſen und Jahr-Maͤrckten. Zum Ein - und Verkauff der Waaren aber / das Neu - eroͤffnete Kauffmanns-Magazin, wie auch unſere Fragen uͤber die Kauffmannſchafft.
Wird ein Handels-Diener / um Schulden ein - zucaſſiren / von ſeinem Patron ausgeſandt / ſo halte er ſich mit Rechnung und Beweiß parat, mit wel - chen er ſeine Schuld-Forderung juſtificiren koͤn - ne / alsdann erwehle er erſt den Weg der Guͤte / wie dann ſeine Inſtruction und Vollmacht meh - rentheils alſo lauten wird / damit er nicht ſeinem Principali einige Ungelegenheit auf den Halsziehe.252Caput VI. ziehe. Will amicabilis Compoſitio und Transactio oder der guͤtliche Vergleich nicht ſtatt finden / ſo muß man freylich den Weg des Rechts ergreiffen / und darum doch der Perſonen Freund / und der Sachen Feind ſeyn; alles was er thut oder thun will / muß er ſtill und verſchwiegen halten / und ſon - derlich auf Reiſen / wohin er gedencket / was ſeine Verrichtungen ſeyn / an wem er addreſſiret / auch mit wem er zu thun hat; was er vor Geld / Waa - ren / oder Briefſchafften bey ſich fuͤhre; wie er ſeine Sache anzuſtellen gedencke / und an wem er ad - dreſſiret ſey / von ſolchen muß er niemand das ge - ringſte offenbahren / im Handel und Wandel ſey er vorſichtig / weil man allenthalben Betruges fin - det / welche denen Frembden gerne was anhaben / und ſie uͤber den Toͤlpel werffen wollen. Jn dieſen aber deſto vorſichtiger zu gehen / ſo heiſt es: Trau / Schau / Wem! Diejenige / welche groſſe Ver - traulichkeit mit einem ſolchen jungen Menſchen ma - chen / und ſich gleichſam in ſeine Freundſchafft drin - gen wollen / die ſind mehrentheils verdaͤchtig zu hal - ten; hingegen hat er der Recommendation, wel - che ihm ſein Patron, oder andere ehrliche Leute mitgegeben / mehr Glauben zuzuſtellen; nur fuͤhre er ſich alſo auf / daß / wann er in die Frembd kommt / er ſich gleich in Eſtim und Hochachtung bey den - jenigen ſetze / an welche ihn ſein Patron recom - mandiret oder gewieſen hat. Er nehme aber auch deſſen Intereſſe in der Handlung wohl in Acht / ſehe zu / daß er ihm keine boͤſe Schulden mache / nichts verwahrloſe / noch verſaͤume / ſondern in allen Stuͤcken das jenige thun / was zu deſſen Avantagegerei -253Wie ſich einer auf Reiſen zu verhalten. gereichen kan. Er hazardire auch nicht leichtlich et - was / und ſetze nicht um etliche Reichsthaler ver - ſchwiegenen Zolls halber / ſeines Herrn Guͤter in Gefahr / auch im Einladen und Abſchiffen derſelben; Jm Abgeben der Wechſel-Gelder / und verborgender Waaren / will Vorſichtigkeit gebrauchet ſeyn / daß man zuſehe / in was vor Schiffe / oder an was vor Leute man ſolche Waaren und Gelder gebe. Alle Verrichtungen / welche einem Diener in ſeines Herrn Hauß zukommen / die muß er auch / und noch vielmehr / wann er allein / und in der Frembd iſt / verrichten / und ſelbige ſich angelegen ſeyn laſſen. Er muß die Waaren ſorgfaͤltig warten und pfle - gen / ſelbige wohl aus - und einzupacken wiſſen / taͤg - lich ſein Journal von dem Tag ſeiner Abreiſe an / halten / und darinn bemercken / was er zu ſeines Herren Nutzen gethan und ausgerichtet habe. Es wird auch von ihm ein accurater Waaren-Scon - tro, Unkoſten und Caſſa-Buch / bey ſeiner zu Hauß - kunfft uͤber die Waaren / welche er mitgenommen / anderwaͤrts eingekaufft / wieder verkaufft / ver - borgt / und zuruͤck geſandt / ingleichen uͤber die Zeh - rung / und Handels-Unkoſten / die er gethan / auch was er an baaren Handels-Geldern eingenom - men / ausgegeben / und wieder mit zuruͤck gebracht habe / erfordert. Auch wird man ihn zur Rede ſtellen / wie er dieſes oder jenes Negocium tracti - ret habe / warum er in dieſem oder jenem Stuͤck es ſo / und nicht anders angegriffen / von ſeines Her - ren Inſtruction und mitgegebenem Memoriali ab - gegangen / und demſelben nicht in allen ein voll - kommenes Genuͤgen geleiſtet / und was etwann derVer -254Caput VI. Verantwortungen mehr ſeyn moͤchten / welche ein ausgeſchickter Handels-Diener bey ſeiner zu Hauß - kunfft ſeinem Principali, ſeiner Verrichtung halber / zu leiſten ſchuldig ſeyn wird.
Mehrere Remarques, die ein ausgeſchickter Handels-Diener auf ſeinen Reiſen in Obacht zu nehmen / beſtehen in folgenden: Daß er ſich unter frembden Nationen / und ſonderlich unter anderen Religions-Verwandten im Reden wohl vorſehe / ſich weder gegen ihren Staat / noch Religion nichts verfallen laſſe / welches ihm verfaͤnglich ſeyn / und ſeiner Perſon / und bey ſich habenden Guͤtern zu Schaden gereichen koͤnte / wie man es dann heuti - ges Tags einiger Orten gar genau deßfalls ſuchet / und ohne langen Proceß mit der Straff und Exe - cution darhinter her iſt / woruͤber offt ein Princi - palis, weil er ſich an ſeinen Diener nicht wieder er - holen kan / den groͤſten Schaden leiden muß. So pfleget auch das Einpracticiren der Waaren / um den Zoll zu erſpahren / uͤber lang oder kurtz gefaͤhr - lich abzulauffen / alſo / daß mit einmahl wieder be - zahlet werden muß / was man an defraudirten Zoll in vielen Jahren gewonnen zu haben ver - meynet.
Vor allen ſehe ſich ein reiſender Kauffmanns - Diener wohl vor / daß er bey Krieg - und Peſt-Zei - ten / jederzeit mit aufrichtigen Paͤſſen / die er allen - falls eydlich beſchwehren kan / verſehen ſey / und hal - te ich desfalls von Intriguen und Practiquen gar nichts / weil mancher gar zu leicht ertappet wird / und hernach die Lorrendreyerey theuer bezahlen muß; Dahero gute Recommendationes zu der -glei -255Wie ſich einer auf Reiſen zu verhalten. gleichen gefaͤhrlichen Zeiten ſo viel mehr Nutzen bringen / weil diejenige / an welche ſie lauten / allen - falls zutretten / und unſeren reiſenden Handels - Diener / wann er ja ihres Orts Anfechtung haben ſolte / ſecundiren koͤnnen / indem ſie von ihm wiſ - ſen / wohin er gehoͤre / und von wannen er kom - me / dannenhero auch ſo viel mehr ſich vor ihn in - tereſſiren werden.
Daß man ſich auch auf Reiſen in denen Wirths - Haͤuſern / item / auf denen Schiffen / Poſten und Land-Kutſchen / auch in anderen Geſellſchafften / welche man nicht kennet / ſich nicht ſonderlich in Diſcurs einlaſſe / ſolches ſtehet ebenfalls einem Han - dels-Diener allerdings zu rathen; hingegen mag er anderer Leute Diſcurſen fleißig zuhoͤren / und ih - re Gemuͤther / Wiſſenſchafft und Geſchicklichkeit / wie auch ihre Staͤrcke und Schwaͤche / auch wel - cher Religion und Profeſſion jeder ergeben ſey / daraus erkennen lernen / ſolches wird ihme nicht ohne Nutzen ſeyn / ſondern unter allen dieſen Re - den wird ſich zum wenigſten etwas finden / welches er zur rechter Zeit wieder an Mann bringen kan.
Jnfonderheit ſoll ein reiſender Handels-Diener von der hohen Obrigkeit des Landes / in welchem er ſich befindet / ingleichen von der herrſchenden Re - ligion daſelbſt / und von der Nation oder Einwoh - nern nicht uͤbel reden / auch nicht alles / was er ge - hoͤret / beantworten / und ob ihm gleich manchmahl etwas anzuͤgliches ſollte zu Ohren geredet werden / ſoll er doch thun / als wann ers nicht gehoͤret / und als wann es ihm nicht angienge. Wuͤrde aber doch auf ihn gedrungen / ſeine Meynung von dieſen oderjenen256Caput VI. jenen zu eroͤffnen / ſo kan er ſolches beſcheidentlich thun / damit niemand dadurch geruͤhret / oder er in ſeinen Worten gefangen werde / vielmehr kan er ſich damit entſchuldigen / daß er Profeſſion von der Kauffmannſchafft mache / und ſich weiter um nichts bekuͤmmere; Er waͤre begierig darinnen / noch taͤglich etwas mehres zu ſehen und zu lernen; haͤtte von anderen Dingen keine Wiſſenſchafft / und wolte gerne den Ausſpruch / in dieſer Sache / erfahr - nen Leuten / als er waͤre / uͤberlaſſen. Und dieſes waͤ - ren ungefehr die Lehren / wie ſich ein Kauffmanns - Diener in der Frembde / und unter Leuten / die er nicht kennet / in Reden und Diſcuriren / in Acht neh - men muͤſſe. Folget nun auch / was er wegen der Spitz-Buben / und ſolcher Leute / die nur ſeinem Beutel nachſtellen / vor Vorſicht zu gebrauchen habe.
Es ſind aber ſolche Leute / wie ſie in der Hand - leitung zu wohl anſtaͤndigen Sitten beſchrieben werden / dem Anſehen nach Menſchen / wie andere Leute / und von denenſelben weder durch gewiſſe Kleidung / noch andere merckliche Kennzeichen un - terſchieden. Jhr Thun aber iſt / daß ſie ſich von Be - triegerey ernehren / weil ſie entweder in ihrer Ju - gend nichts rechts gelernet / damit ſie ſich ehrlich fortbringen koͤnten / oder / ſo ſie ja etwas gelernet / ſich doch dabey in ein liederliches und unordentli - ches Weſen begeben haben / und folglich zu keiner redlichen Arbeit ſich mehr gebrauchen laſſen wollen. Daher ſie ſich mit behenden Diebs-Griffen hin - helffen / biß ſie endlich daruͤber ertappt / und mit dem Strick abgelohnet werden.
Sie257Wie ſich einer auf Reiſen zu verhalten.Sie exerciren aber ihre Dieberey und Diebs - Griffe / folgender Geſtalt: Erſtlich mengen ſie ſich allenthalben unter andere Leute / fuͤhren ſich theils auf als Knecht und Diener / theils als erbare Maͤnner in feiner anſehnlicher Kleidung / daß man ſie auch ſo gar von Stands-Perſonen / erbaren Buͤrgern / und Kauffleuten nicht unterſcheiden kan.
Solcher Geſtalt gehen ſie mit in die Wirths - Haͤuſer und an ſolche Oerter / wo unterſchiedliche und anſehnliche Leute zuſammen kommen / und ſon - derlich etwas neues zu ſehen und zu hoͤren iſt; ſie ge - ben auf alle Umſtaͤnde genaue Acht / begegnen jeder - man mit Freundlichkeit / und Anbietung ihrer Dien - ſte / und begeben ſich gern mit andern in einen Diſ - cours, welchen ſie meiſterlich zu ihrem Vortheil fortzuſetzen wiſſen / biß ſie ihre Gelegenheit abſehen / den andern zu betruͤgen / und ſein Geld ſamt dem uͤbrigen Gut ihn mit ſonderbarer Manier abzuneh - men. Zu dieſem Ende / gehen ſie nach wenigen Wort - Wechſel alſobald ſo bekandt und vertraͤulich mit demſelben um / als ob ſie viel Jahr lang denſelben wohlgekandt haͤtten / dabey ſie dann mancherley vor - bringen / des Reiſenden ſeine Gemuͤths-Bewegun - gen / und andere Umſtaͤnde voͤllig zu erkennen / worin - ne ſie ihme hernach am bequemſten beykommen moͤ - gen / das nehmen ſie vor die Hand.
Jſt er ein Liebhaber vom Spielen / ſo haben ſie ſein Geld ſchon ſo gewiß / als ob ers allbereit ihm zu - gezehlet haͤtte. Incliniret er zur Hurerey / ſo verſchaf - fen ſie ihm gleich die Mittel darzu / dabey ſie dannRam258Caput VI. am beſten die Gelegenheit ihm das Seinige zu be - rauben / uͤberkommen.
Fangen ſie ihn in dieſen beyden Stuͤcken nicht / ſo wiſſen ſie meiſterlich etwas auf die Bahn zu brin - gen / daß hier oder dar etwas ſonderbares zu ſehen ſey; laͤßt er ſich nun uͤberreden / mit ihnen zu gehen / ſo fuͤhren ſie ihn an abgelegene Oerter der Stadt in ein ſolches Haus und Moͤrder-Grube / in welchem der Wirht von ihrer Geſellſchafft iſt; daſelbſt wird abermal vom Spielen geredet / will er noch nicht anbeiſſen / ſo ſauffen ſie ihn entweder voll / oder fan - gen unnuͤtze Haͤndel an / und nehmen ihme unter ſol - chem Tumult mit Gewalt das Geld ab / geben ihnen noch wohl darzu eine Tracht Schlaͤge / ja nehmen ihm / bewandten Umſtaͤnden nach / wohl gar das Le - ben; die noch mit gantzer Haut von ihnen kommen / muͤſſen doch ihr Geld / und was ſie bey ſich gehabt / in Stich laſſen / dann nach dem dergleichen Geſind in einem ſolchen Haus eine Rauberey ausgeuͤbet / und beſorget / es moͤchte auskommen / meiden ſie ſo bald dieſelbe Herberge / ziehen auch wohl gar / nach Be - findung der Umſtaͤnde / in eine andere Stadt / und ſetzen daſelbſt ihr Handwerck fort.
Jndeſſen ſeynd ſie doch gar leicht zu kennen / dann auſſer dem / daß ſie gemeiniglich den gantz Tag in denen vornehmſten Gaſſen und Plaͤtzen / Herber - gen und Gaſt-Hoͤfen der Stadt / ſonderlich aber an der Boͤrſe auf die Frembde lauren / welche ſie auch bald von den Einwohnern zu unterſcheiden wiſſen / ſo fuͤgen ſie ſich / ſo bald ſie einen von denſelben erbli - cken / daß er etwan ſtille ſtehet / und ein Gebaͤu be - trachtet / zu ihm / und geben ſich / weil ſie allerhandSpra -259Wie ſich einer auf Reiſen zu verhalten. Sprachen reden / mit ihnen in Diſcurs, damit ſie nur erſtlich an ihn kommen moͤgen; ja ſie reden ſie von freyen Stuͤcken auf der Straſſen an / und bitten zum Schein um Erlaubniß / daß er ihn anrede und be - fragte / ob er aus dieſem oder jenem Land waͤre; ihm beduͤnckte / als wann er ihn daſelbſt geſehen haͤtte / und ſo kommen ſie nach und nach in Wort - Wechſel / biß ſie einen Frembden vertraͤulich ma - chen / daß er ſich tieffer mit ihnen einlaͤßt / biß ſie ihn endlich in ihre Stricke gefangen / und er von ihnen wacker berupffet wird.
Dann ſie zeigen ſich erſtlich als Leute / die einem in allen Angelegenheiten / und zwar alſofort dienen koͤnnen; ſuchet jemand Kauffmanns-Waaren ſo verſprechen ſie ihm dieſelbe aufs Beſte und wohlfeile - ſte zu lieffern; will er Gold aus - oder einwechſeln / darinn dienen ſie gern um ein geringes / ja wohl gar ohne alles Aufgeld; ſuchet jemand einen Diener / ſo wiſſen ſie den beſten / und geſchickteſten Menſchen; ſuchet jemand hingegen eine Herꝛſchafft / bey der er ſich in Dienſten begeben will / ſo wiſſen ſie gleichfalls Rath zu ſchaffen; will jemand reifen / ſo koͤnnen ſie ihm eine gantz wohlfeile und commode Gelegenheit vorſchlagen; und ſo in tauſend andern Dingen mehr / die ſie aus vieler Erfahrung der Perſon / ſo ſie vor ſich haben / bald anſehen und folglich ihre Frage darnach einrichten.
Wenn aber nun ein Frembder mit ihnen nach dem Hauſe gehet / da er ſeinen Zweck zu erreichen vermeinet: So iſt der Herꝛ oder die Perſon / ſo da - ſelbſt geſuchet wird / nicht daheim / wird aber in kurtzer Zeit wiederkommen. Der FrembdeR 2wird260Caput VI. wird freundlich erſuchet / ſich inzwiſchen niederzu - laſſen.
Dann kommt bald ein anderer von der Geſell - ſchafft herein gegangen / als gantz frembd und unbe - kandt / faͤnget entweder / als vor ſich ſelbſt / an zu reden / oder ſimuliret einen Affect, daruͤber der Er - ſte ihm anredet: Und dann laufft der Diſcurs nach wenigem und von ſonderbaren Zufaͤllen handelen - dem Wort-Wechſel aufs Spielen hinaus / dabey dieſer / ſo den Frembden gefuͤhret hat / gegen denſel - ben gantz vertraulich thut / ſpricht wohl / ich habe das Spielen verredet / wollte ſonſt jenem unvorſichtigen Menſchen / (der etwan die Charte fordert und dumm damit zu Wercke gehet / auch wohl mit Du - caten pralet) ſein Geld bald abgewinnen / will aber der Herꝛ mit ihm ſpielen / er wird gewiß gewin - nen.
Laͤſſet ſich der Frembde dadurch noch nicht bere - den: So ſpricht dieſer wohl / ich will nur einmal fuͤr die lange Weile Charten nehmen; zeiget ihm dar - auf / wie ihm dieſelben ſo gluͤcklich fallen / und er - mahnet ihn / Geld beyzuſetzen / oder ſpricht gar / ich will fuͤr ihm diß Stuͤck ſetzen; gewinnet darauf / und heiſſet ihm das Gewonnene nehmen.
Laͤſſet ſich dann der Frembde ins Spiel ein / ſo wiſſen ſie ſein Gewinnen und Verſpielen ſo meiſter - lich nach ſeiner Gemuͤths-Paßion untereinander zu mengen / weil ſie die Charte ſo wohl von auſſen als von innen kennen / daß er ſo lange anhaͤlt / biß ſein Geld weg iſt / und das gehet ſo viel leichter an / weil der eine ſich ſtellt / als wann er des Frembden ſeinFreund261Wie ſich einer auf Reiſen zu verhalten. Freund waͤre / und zum Schein wohl ſelber mit ver - ſpielet.
Denen Spitzbuben ſind nechſt an die Seiten zu ſetzen / das liederliche unzuͤchtige Hurenpack / wel - ches viel reiſende junge Leute um ihr Geld / Geſund - heit / Leben und Seeligkeit bringet. Dahero ein rei - ſender Handels-Diener / wohl mercken mag / daß ſo lieb ihm ſein zeitliches und ewiges Wohlſeyn iſt / ſo ſorgfaͤltig er ſich vor demſelben huͤten ſoll / um ſo viel mehr / als leichter es dieſem loſen Geſind iſt / ihn mit ihren Schmeicheleyen und glatten Worten / wie auch anderen Anreitzungen / zu verfuͤhren / und je mehrere Freyheit und Gelegenheit dieſe finden / einem jungen Menſchen nachzugehen / auch je weniger ſich ein ſolcher aus Schuld der verderbten Natur vor dergleichen Perſonen huͤtet; da er vor Spitzbuben etwan noch wohl aus natuͤrlicher Liebe zur Erhal - tung des Seinigen ſich vorſiehet / nach dem er vor ihnen gewarnet iſt.
Es haͤlt ſich aber dergleichen liederliches Ge - ſinde gemeiniglich in engen Gaͤßgen und abgelege - nen Winckeln auf / bey Abendzeit gehen ſie unge - ſcheuet auf den Gaſſen / und ſtellen ihre Huren - Netze auf / ob ſie jemand damit beruͤcken koͤnten. Auch ſelbſt in vornehmen Gaſt-Hoͤfen iſt man nicht verſichert / ob nicht diejenigen Perſonen / ſo ſich da - ſelbſt in anſehnlicher Kleidung ſchauen laſſen / und als andere Gaͤſte mit zur Tafel gehen / ſolcher Art ſind: Und kan man der Wirthe und Geſindes Re - den nicht allemal ſicher glauben / die auf eines Rei - ſenden geſchehene Nachfrage / ſelbiges vor vorneh - me frembde Damen ausgeben / welche etwa ihreR 3An -262Caput VI. Anverwandte / aus der oder jener Stadt allhier er - warten.
Da nun ſolche Weibs-Perſonen ihrer ſeits zu foͤrderſt auf das Geld eines jungen Menſchens / ihr Abſehen haben / mithin aber denſelben in Leib - und Seelen-Verderben ſtuͤrtzen; als werden alle reiſende Handels-Diener treulich gewarnet und ermahnet / daß ſie vor allen Dingen / durch eine wahre Furcht GOttes / ſich gegen ſolche Reitzungen und Verfuͤh - rungen waffnen / auch mit allem Fleiß die Oerter meiden / da ſolch loß Geſindel ſich aufhaͤlt oder ver - muthet wird. Sie ſollen ſich auch nit geluͤſten laſſen / aus Fuͤrwitz und etwan bloß in der Abſicht in die ſogenannte Spiel oder andere ſogenannte Haͤuſer zu gehen / daß man davon nachzuſagen wiſſe / wann etwan einmal kuͤnfftig die Rede davon vorfallen ſollte; dann ſolcher Fuͤrwitz hat manchen betrogen und in das Verderben geſtuͤrtzet / der es zuvor nicht gedacht. Sie ſind nit alle mit dem verlohrnen Sohn wieder heim gekommen / die ſich ſeine Converſa - tion haben gefallen laſſen.
Die uͤbrige heilſame Lehren vor reiſende Han - dels-Diener beſtehen in folgenden.
Wann eine unbekannte Perſon ſich freundlich gegen dir erzeiget / und gleichſam mit ihrer Dienſt - ferigkeit ſich zu dir noͤthiget / ſo ſiehe dich in deinen Worten und Wercken wohl fuͤr / und gieb acht / was ſie im Schild fuͤhre / voraus huͤte dich / daß du ihr ſo wenig dein Geld als deines Hertzens Gedancken vertraulich zeigeſt.
Wann man auf der Reiſe jemand zum Freund / den man ſich vertrauen koͤnnte / annehmen will /ſo263Wie ſich einer auf Reiſen zu verhalten. ſo wird ein mehrerer Grund darzu erfordert / als die Converſation, ſo man einige Zeit in Wirthshaͤu - ſern und auf der Poſt miteinander gehabt / und daß ſich dieſes oder jenes bekannten vornehmen Man - nes Sohn oder Anverwandten nennet; wann man keine andere Verſicherung davon hat / als ſeine ei - gene Erzehlung; auf welche man auch nicht nachre - den ſoll / weil gar leicht jemand / der ſolchem Zeugniſſe trauete / von jenem koͤnnte betrogen werden / wann ſich ein ſolcher faͤlſchlich / und mit der Intention, an - dere zu beruͤcken / dafuͤr ausgegeben. Wie nicht ungewoͤhnlich iſt / daß Spitzbuben / wenn ſie in Wirthshaͤuſern erfahren / daß eines uͤberallbekand - ten Mannes Sohn eine Reiſe thue / davon zu pro - fitiren pflegen / und ſich wohl alſo nennen / auch vor - angehen zu ſolchen Perſonen / an welche ſie vernom - men / daß jener Addreſſe und Vollmacht habe / Geld von ihnen aufzunehmen / und ſolches in ſeinem Na - men verrichten; weshalben auch ein jeder Reiſender mit dergleichen Reden inſonderheit / wo er ſeine Gelder heben ſolle / wie nicht weniger / wenn er je - des Orts beſuche / und wo er ſeinen Cofre in Ver - wahrung geben wolle / an ſich halten mag.
Wenn ein ſolenner Aufzug in einer Stadt geſchiehet / da viele Menſchen zulauffen / ſo ſiehe dich wohl vor / denn das iſt eine Gelegenheit / dabey die Spitzbuben recht aufmerckſam ſind / und dazu ſie von andern Orten ſich in groſſer Anzahl mit ein - finden; weil ſich bey ſo groſſer Menge der Muͤhe verlohnet / und wo viele Fiſche ſind / gewiß etliche ge - fangen werden. Wenn aber ſonſt ein Zuſammen - Lauff vom Volck auf den Gaſſen entſtehet: SoR 4blei -264Caput VI. bleibe du lieber zuruͤck / ſo wohl um anderer dabey beſorgenden Gefahr / als zufoͤrderſt um der Spitz - buben willen.
Gehe mit keinem unbekannten Menſchen an ei - nen Ort / dahin er dich fuͤhren will.
Meide das Spielen / und laß dich auf keine Weiſe dazu bewegen.
Wenn von unbekannten Perſonen einer dem andern mit den Augen wincket / oder etwas heim - lich ins Ohr ſaget / da ſey auf deiner Hut und gib wohl acht / was vor Leute du um dich habeſt: Da ſichs dann zwar zutragen kan / daß dir auch bey ehrlichen Leuten wegen ſolches und andern Bezei - gens / ſorgliche Gedancken einkommen koͤnnen; doch iſt es ſicherer / zehenmal ohne Noth ſorgfaͤltig und vorſichtig zu ſeyn / als einmal-betrogen zu wer - den.
Habe nichts zu ſchaffen mit denen / ſo ſich zan - cken und ſtreiten: Und wo du merckeſt / daß es ei - gentlich darauf angefangen ſey / um dich mit in den Streit einzuwickeln. Z. E. wann ein boͤſer Bube / ſo von einer andern Nation waͤre / mit ſeinen Came - raden / ſo Teutſch redete / ſtritte / und dabey die Teutſchen insgemein mit Schelt-Worten angriffe; ſo laß dich noch viel weniger mit ein.
Wenn du einen Spitzbuben ſo weit kennen ler - neſt / daß du weiſt / er habe einen von deinen Freun - den betrogen: So magſt du wohl andere Bekann - te vor denſelben warnen; gegen ihn ſelber aber / ſo du ihm auf der Gaſſe begegneſt / oder ihn ſonſt in einer Geſellſchafft antriffſt / laß dich nicht mercken / daß du ihn fuͤr einen Spitzbuben halteſt.
Wenn265Wie ſich einer auf Reiſen zu verhalten.Wenn du nicht genugſam erkannt haſt / zu deſ - ſen Converſation ziehe keinen von deinen Freun - den oder Bekandten: Denn wenn ſie von ihm be - trogen werden / biſt du nicht Schuld daran / weil ſie auf deinen Credit ohne ſorgfaͤltige Pruͤfung ihn vor bekannt angenommen haben.
Wenn du einen guten Freund an einem Ort haſt / oder nur von jemanden dahin an ſeinen wohl - bekannten Freund Recommendation haben kanſt / ſo laß dir von ſolchen rathen / wo du ſicher logiren koͤnneſt; haſt du aber bey ſpaͤter Ankunfft eine Her - berge nehmen muͤſſen / wie du ſie gefunden / und wie ſie dir etwan von der Wache im Thor oder vom Po - ſtilion angewieſen worden; ſo erkundige dich den folgenden Tag bey deinen Freunde oder bey an - dern guten Leuten / mit denen du bekannt wirſt / ob dein Logement ſicher oder im uͤblen Ruff ſey: Dann einige Herbergen ſind vor andern / wegen der Spitzbuben und andern Leichtfertigkeiten / be - ſchryen.
Jn Geld-Sachen brauche gute Vorſichtigkeit / daß du z. E wenn guldene Muͤntzen einzuwechſeln / oder an jemand zu verwechſeln ſind / denſelben lieber in dein Logement kommen laſſen / als daß du mit ihn gehen ſollteſt / (es ſey dann / daß es ein wohlbe - nahmter und in einem unberuͤchtigen Haus wohnen - der Kauffmann oder Buͤrger ſey /) alſo magſt du dich auch huͤten / daß du nicht von einer unbekann - ten oder wenig-verſicherten Perſon ungeoͤffnete Geld-Beutel oder ungezehlt annehmeſt / (wie ſonſt unter Kauffleuten / die einander kennen / nicht un - braͤuchlich iſt) laß dich auch nicht von einem Betruͤ -R 5ger266Caput VI. ger beruͤcken / darinn / daß du dir (auf einen zur Hy - pothec gegebenen verſiegelten Beutel - oder ſchwere Cofre) Geld abſchwatzen laſſeſt. Du aber ſelber meide dieſen Schein der Betruͤgerey / nebſt allen uͤbrigen / ſo bißher von der Spitzbuben Weiſe und Manier erzehlet worden / und verhalte dich in allen Stuͤcken / wie einem verſtaͤndigen / aufrichtigen und ſittſamen Menſchen gebuͤhret.
Gehe nicht auf den Gaſſen zur Abend-Zeit / da dich nicht allein leichtfertig Weibs-Volck an ſich locken / ſondern auch freche Kerl anfallen moͤchten: Als welche in Volck-reichen Staͤdten zu ſolcher Zeit auf Rauben und Morden auszugehen pflegen / auch mit gedachtem Weibs-Volck ein Verſtaͤndniß ha - ben / daß / nachdem dieſe einige auf den Gaſſen ge - fangen / ſie darzu kommen / und dieſelbe berauben / auch wo ſie ſich zur Wehr ſtellen / verwunden und toͤdten. Am Tage beſchicke deine Geſchaͤffte / und am Abend zeichne in dein Journal, was du angemercket haſt.
Enge Gaͤßgen / und wo ein ſchmahler Gang zu einer hinterwaͤrts ſtehenden Wohnung fuͤhret / wie auch abgelegene Winckel / magſt du in einer ſolchen groſſen und Volck-reichen Stadt auch wohl bey Tage meiden: Dann du wirſt kaum etliche Schritte in engen Gaͤßgen thun koͤnnen / da nicht jedesmal von neuen ein unzuͤchtig Gewerbe an dich gebracht wird; ja wohl erfahren muͤſſen / daß du beym Ro - cke ergriffen und gezogen wirſt / ſo / daß faſt noͤthig waͤre / du ſchluͤgeſt dich durch / welches aber durch - aus nicht rathſam / indem die Bots-Knechte / ſo an ſolchen geringen Orten zu wohnen pflegen / ſamtdenen267Wie ſich einer auf Reiſen zu verhalten. denen daſelbſt wanckenden Spitzbuben / unter dem Schein deiner Gewaltthaͤtigkeit zu begegnen / mit dem Meſſer in der Fauſt dir zu Halſe lauffen / und mit der beſten Manier alles abnehmen.
Diß freche Volck bedienet ſich dieſer Gaͤßgen / als die Spinne ihres Gewebs / (die Fliegen zu fan - gen) und wenn ſie ſehen / daß unreine Voͤgel durch der Huren Lock Stimme gefangen werden / ſo uͤber - fallen ſie dieſelben / tractiren ſie unter dem Vor - wandt / daß ſie ihr Haus geſchaͤndet / aufs greulich - ſte / berauben ſie ihres Guts / und wo ſie ſich aufs ge - ringſte dagegen regen / auch des Lebens.
Unterlaß dasjenige / was GOtt zuwider iſt / und fuͤrchte dich vor der Suͤnde / ſo wirſt du dich vor den ſchrecklichen und unzehlichen Gefahren ſo Reiſen - den vorkommen / nicht fuͤrchten duͤrffen. Dann GOtt wird ſie alle von dir abwenden / dergeſtalt / daß du ſie groſſen Theils nicht einmal wirſt gewahr werden. Wo du ſie aber in einigen Faͤllen ſieheſt / ſo wirſt du doch Urſach haben / GOtt zu preiſen / fuͤr die Errettung / die er dir erzeigen wird / indem er entweder boͤſen Menſchen eine Hinderung in den Weg leget / oder dir in die Gedancken kommen laͤßt / was / um der Gefahr zu entkommen / vorzunehmen ſey.
Ferner muß auch ein reiſender Kauffmanns - Diener ein wachſames Aug auf die Bagage haben / ſonderlich wann etwan ſein Herꝛ mit ihm reiſen ſoll - te / und daß er unterwegs demſelben an die Hand gehen / und vor das Ab - und Aufpacken Sorge tra - gen muͤſte / daß davon nichts weder in den Gaſt - Hoͤfen / noch unterwegs verlohren gehe. Weßhal -ben268Caput VI. ben ein accurater Handels-Diener ein Verzeich - niß aller Stuͤcke / welche er und auch ſein Herꝛ bey ſich fuͤhren machen / und ſelbige nach ſolcher Ver - zeichniß bey dem Aufpacken auf den Wagen zehlen / auch jedes wohl verſchloſſen an ſeinen gewiſſen Ort ſetzen / und was abfallen koͤnte / beveſtigen ſoll / lie - ber mit einer Kette / als mit einem Stricke / deren Ende dann an ein Gelenck anzuſchlieſſen; unter - wegs aber zuweilen darnach zu ſehen / und am Abend dieſelben wieder vom Wagen ab / und in die Kam - mer / wo man ſchlaͤffet / zu bringen ſeyn / ob gleich der Wirth ſprechen moͤchte / daß ſie in ſeinem Hofe ſicher genug ſtuͤnden. Dahero dann auch auf Rei - ſen gut iſt / daß man keine mehrere Bagage mit neh - me / als die hoͤchſt-noͤthig iſt; ſintemal viele / obwohl gute und nuͤtzlich / auch eines theils noͤthige Sachen / dennoch denen Reiſenden eine groſſe Beſchwehrung machen. Man muß ſelbige auch wohl ſortiren / daß z. E die Nacht-Kleider beſonders / und was bey der Tafel oder beym Fruͤhſtuͤcke moͤchte noͤthig ſeyn / wieder beſonders / an ſeinem gewiſſen Ort gepacket / und alles alſo geordnet werde / daß nicht noͤthig ſey / in Herbergen bald diß / bald ein ander Stuͤck der Bagage zu oͤffnen / oder gar auszupacken / um ein und anders zu ſuchen. Jm Fall aber etwas muß geoͤffnet werden / ſo iſt zu mercken / daß man es nicht im Beyſeyn des Wirths oder anderer Leute thue.
Naͤchſt dem iſt bey Beſorgung der Bagage / noch dieſer noͤthige Umſtand zu mercken / daß / wenn man zu Waſſer oder auch mit der Poſt an ei - nen Ort koͤmmt / man nicht einen Schritt weit da -von269Wie ſich einer auf Reiſen zu verhalten. von gehe / auch nachmals den Traͤger / der dieſelbe in die Herberge traͤget / oder ſelbige auf andere Weiſe fortbringet / vor (nicht hinter) ſich her - gehen laſſe / und ihm auf dem Fuß folge / damit er nicht mit den Waaren bey Seite gehe: im uͤbrigen muß man auch zuvor mit ihm abreden / was er da - fuͤr haben ſolle; ſintemal diß Volck an etlichen Or - ten gantz unbeſcheiden fordert / nachdem es die Sa - che hingebracht / und auf dem Fall der Wegerung groſſe Inſolentien und Importunitaͤt auszuuͤben pfleget.
Endlich wann man dieſelben in dem Gaſt-Hof gebracht / und in eine Kammer geſetzet / da man ſie unter der Mahlzeit / oder wann man ausgehet / al - lein laſſen muß: So iſt noͤthig zu unterſuchen / ob ſolche genug verwahret ſey / ob jemand durch Fen - ſter oder Neben-Thuͤren / welche auch bißweilen hin - ter den Tapeten / oder in bemahlten oder beſtriche - nen Waͤnden zu finden ſeyn / einkommen koͤnne / und wie das Schloß der Haupt-Thuͤre beſchaffen ſey; uͤber das muß man auch den Wirth fragen / ob die Sache da zur Genuͤge geſichert ſey / und deſſen Ver - ſicherung daruͤber vernehmen.
Es iſt auch gut ſich mit einigen Dingen / die nicht viel Raum einnehmen / und doch auf der Rei - ſe groſſen Nutzen geben koͤnnen / nach Nothdurfft wohl verſehen. Alſo mit einem Bohrer und etliche Schrauben / Anwuͤrff-ſamt einigen Vorleg - Schloͤſſern: Die Kammer-Thuͤren / ſo in geringen Herbergen weder Schloß noch Anwuͤrff haben; auch die Fenſter / durch welche jemand hinein ſtei - gen koͤnte / damit zu verſchlieſſen. Man mag auch /wo270Caput VI. wo es nicht ſicher genug zu ſeyn ſcheinet / die Kam - mer-Thuͤre beym Schlaffengehen von innen da - mit zuſchlieſſen / und wann ſie aus den Hacken geho - ben werden kan / dieſelbe uͤber das noch mit einem andern Anwurffe an der Schwelle beveſtigen. Hieher gehoͤret ein fertiges Feuerzeug uud Wachs - ſtock / ſamt einer kleinen heimlichen Laterne / ſich de - ren bey naͤchtlichen Zufaͤllen / (indem es ſehr ge - faͤhrlich an unbekannten Oertern im Dunckeln zu ge - hen iſt) auch in unſichern Herbergen / wenn ſich et - was reget / und man einen Uberfall beſorgen muß / eilig und foͤrderlichſt zu bedienen. Auf welchem letz - tern Fall auch gut iſt / die gantze Nacht durch Licht zu haben / und zu dem Ende allezeit etwas von Wachs-Lichtern / deren eines eine gantze Nacht durch brennen kan / mit ſich zu fuͤhren / um ein ſol - ches / wo man etwas beſorget / ſo fort beym Schlaffenlegen anzuzuͤnden.
Ein klein Reiſe-Apotheckgen / nebſt einem Un - terricht / wie man ſich bey allerhand Zufaͤllen zu ver - halten habe / und welche Artzneyen man aus dem Apotheckgen gebrauchen moͤge / dergleichen dann unterſchiedliche gar bequeme in dem Haͤlliſchen Wayſen-Haus biß zu 10. Reichsthl. das Stuͤck verkaufft werden / iſt auf Reiſen auch ſehr noͤthig / indem man leicht einen Zufall bekommt / und nicht aller Orten Artzneyen und Medicos antrifft / auch die ſich noch etwan finden moͤchten / nicht kennet noch verſichert iſt / ob ſie das in der That ſeyn / wo - fuͤr ſie ſich ausgeben; Zu geſchweigen / daß man hie und da einen elenden und verlaſſenen Menſchenfindet /271Wie ſich einer auf Reiſen zu verhalten. findet / oder einen guten Freund bey ſich hat / der offt mit ein wenig Artzney kan gerettet werden.
Jngleichen fuͤhre man bey ſich einen Compas / als deſſen Gebrauch auch zu Lande gute Dienſte thun kan: Sonderlich / wenn man ſich gegen die Nacht in einem Walde alſo verirret / daß man nicht mehr weiß / ob die vorkommende Wege gegen Mor - gen oder Abend / gegen Mittag / oder Mitternacht gehen.
Was man ſolcher Geſtalt bey ſich fuͤhret / muß nicht zu tieff verpacket / ſondern wo moͤglich an einen ſolchen Ort geleget werden / darzu man allezeit / wann man es benoͤthiget iſt / gleich kommen koͤn - ne / ſonderlich ſoll man den Feuerzeug und Wachs - ſtock dergeſtalt bey der Hand haben / daß man ſol - chen gleich des Nachts in Finſtern finden und ergreif - fen koͤnne.
Wann ein Diener zu Pferd reiſet / muß er vor ſolches ja ſo groſſe Vorſorge / als vor ſich ſelbſt tra - gen / damit es / wann es des Tags uͤber ſeine Dien - ſte redlich gethan / des Nachts uͤber auch ſeine gute Ruh und Streu / ſamt den benoͤthigten Futter haben moͤge; worzu dann ein Handels-Diener an den Orten / wo kein Haus-Knecht zu finden / ſelbſt Hand anlegen / und auch ſonſt / welcher Geſtalt der Haus-Knecht das Pferd warte / Sorge tragen muß / nach dem bekannten Sprichwort / daß des Herꝛn Aug das Pferd fett mache. Jſt ſein Patron mit auf der Reiß und zwar zu Pferd begriffen / ſo muß er / der Diener / ſo wohl vor ſein des Patrons Pferd Sorge tragen / daß zu rechter Zeit daſſelbe verſehen / und das benoͤthigte auf - und abgepacketwer -272Caput VI. werde / wie er dann auch in ſolchem Fall / einen Kammer-Diener abgeben / und ſeinem Herꝛn / wann es die Noth erfordert / und ſolcher etwan ver - langet wird / wuͤrde in Aus - und Ankleiden bedie - nen / auch vor ſein leinen Zeug und Kleidung / ſon - derlich aber vor das Auf - und Abpacken Sorg tragen muß. Wer ſich hierinn verſaͤumet / verſaͤumet offt - mals die Poſt / als welche ihre geſetzte Stunde haͤlt / und nicht leicht auf jemand wartet; zu geſchweigen / daß man dadurch die Gelegenheit verabſaͤumet / daß die Cofres und Fell-Eiſen / auf dem Poſt-Wagen an eine ſolche Stelle gepacket werden / auf welcher ſie ſicher liegen / und nit leicht verlohren werden koͤnnen. Wer zu Wagen faͤhret / vor welche junge muthige Pferde geſpannt ſeyn / der gebe auf das Leit-Seil wohl Acht / ſonderlich wann der Kutſcher abſteiget / daß man ſolches gleich ergreiffe / im Fall / daß etwan die Pferde in Abweſenheit des Kutſchers ſollten ſcheu und laͤuffig gemacht werden; Dann wann man bey ſolchem Zufall des Leit-Seils ſich nicht be - maͤchtiget haͤtte / wuͤrde man in groſſe Gefahr lauffen / zumal / wann es in unebenem Weg / oder auf einem jaͤhen Abfall ſeyn ſollte / da man leichtlich ſtuͤrtzen und zu Schaden kommen koͤnte; wer auch auf ſolchen Wegen zu Wagen fahren muß / der thut beſſer / daß er an gefaͤhrlichen Oertern abſteiget / als daß er durch ſeine Verwegenheit ſeine Hertzhafftigkeit erweiſen / und daruͤber an ſeinem Leib und Glied - maſſen Schaden leiden wollte.
Es iſt auch eines Reiſenden ſeine Hurtigkeit / darinnen ſonderlich zu beweiſen / daß er des Nachts nicht ſchlaffe und auch den Poſtillion nicht ſchlaffenlaſſe /273Wie ſich einer auf Reiſen zu verhalten. laſſe / weil er ihn ſonſt leicht umwerffen / oder er / der Paſſagier, ſelbſt durch einen entgegen kommen - den Strauch oder Aſt heßlich ſich in ſeinem Geſicht ſchimpffiret / im Schlaff unter das Rad fallen / und ſo gar den Arm oder Bein zerbrechen moͤchte.
Alles / was der Handels-Diener unterweges ausgiebt / muß er fleißig aufnotiren / damit er Rechnung und reliqua zu ſeiner Zeit davon præ - ſtiren koͤnne.
Je weniger ein Handels-Diener mit unbe - kandten Leuten / die mit ihm auf der Poſt ſitzen / re - den kan / je beſſer wird es vor ihm ſeyn; weil ſchwei - gen noch niemand / aber wohl das viele Plaudern / geſchadet hat.
Waͤre es / daß der Handels-Diener gleiches Poſt-Geld und gleiche Zehrung in denen Wirths - Haͤuſern mit andern vornehmen Leuten / die mit ihm in Compagnie ſeyn / bezahlen muͤſte / ſo ſoll er doch darum keinen Vorſitz begehren / ſondern de - muͤthig / hoͤflich / und complaiſant ſeyn / weil ſol - ches Gunſt erweckt / und offtermahls eine kleine Hoͤflichkeit / die zu rechter Zeit angebracht worden / ein groſſes Freundſchaffts-Erzeigen wieder nach ſich zu ziehen pfleget. Er ſehe auch zu / daß von andern Kauffleuten / die etwann mit ihm auf dem Weg ſeyn / ſeines Herrn Handels-Arcana, und warum er von ihm aus - und abgeſchickt worden / ihme nicht abgefraget werden; weil es ſich ſonſt gar offt zu - traͤgt / daß wann ein Diener in dieſem Stuͤck nicht hinter dem Berg haͤlt / andere ihn zuvor kommen / die Profiten vor dem Maule wegfiſchen / oder ihm in dem / was er etwann zu ſeines Herrn Dien -Sſten274Caput VI. ſten haͤtte verrichten ſollen / heimliche Hindernuͤſſen machen.
Allzu ſplendide auf Reiſen zu leben / und ſei - nem Leib ſo guͤtlich thun wollen / als man etwann zu Hauß hat haben koͤnnen / ſolches ſtehet einem Handels-Diener nicht an / noch weniger ſich lie - derlich unterwegs aufzufuͤhren; mit unzuͤchtigen Perſonen gemein / oder ſich in der Compagnie, in welcher man reiſet / zum Narren zu machen / weil ſolches der Ehre eines Kauffmanns-Dieners / und dem Reſpect ſeines Herrn zuwieder laufft; wer mit Nutzen reiſen will / der findet ohne dem ſchon ge - nug uͤber ſeine Reiſe / und deren Entzweck zu ſpe - culiren / daß man frembder Narren-Poſſen gar wohl dabey vergeſſen kan.
Es ſeynd aber die vornehmſte Betrachtungen und Speculationes eines reiſenden Handels-Die - ners / in ſo weit dieſelbe auch ihm und ſein kuͤnffti - ges Gluͤck angehen / kuͤrtzlich dieſe:
Daß er ſich erſtlich das Land und die Staͤdte / welches er durchreiſet / und wohin ſeine Verrich - tung deſtiniret iſt / wohl bekannt mache; inſonder - heit dasjenige / was ſeine Profeſſion, nehmlich die Commercia angehet. Jn welchen er erſtlich zu be - trachten haͤtte / die Natur-Gaben deſſelbigen Lan - des / was es fuͤr Fruͤchte / Kraͤuter und Gewaͤchſe aus der Erden hervor bringe / wie ſolche hernach ein Stuͤck des Landes ſeiner Handlung machen / und auch von denen Einwohnern zu Manufactu - ren gebrauchet werden. Er haͤtte ferner dabey zu bedencken / was es hingegen an Waaren und Ma - nufacturen / aus ſolchen vegetabilibus nicht haͤt -te /275Wie ſich einer auf Reiſen zu verhalten. te / und welches ihme dannenhero aus andern Laͤn - dern muͤſte zugefuͤhret werden. Nach dieſen wen - det er ſich zu dem Regno animali, um aus ſolchem zu bemercken / was ſelbiges dem Land vor Waa - ren und Manufacturen ausgebe / und welche ihm hergegen in ſolchen wieder mangeln / und alſo auch mit denen Mineralien / ob Bergwercke daſelbſt zu finden / auch welche Ertze am meiſten darinnen ge - wonnen / und wie ſelbige wieder roh oder verarbei - tet / genutzet werden.
Was des Lands Muͤntzen anbelanget / verſte - het ſichs ohne dem / daß ein kluger und Lehr-begie - riger Handels-Diener / ſich dieſelbe ihrem aͤuſſerli - chen und innerlichen Werth nach / wohl bekannt machen muͤſſe / es ſey / daß er nach dieſem ſelbſt ei - nen Handel damit anſtellen / und (wie ehmahls mit dem Schwediſchen Kupffer-Geld / oder Moſco - witiſchen Copecken geſchehen / und noch heutiges Tags mit einigen Polniſchen Muͤntz-Sorten ge - ſchiehet) ſelbige aufkauffen / und heimlich aus dem Lande fuͤhren / oder ihren dermahligen aͤuſſerlichen Materialiſchen / oder Affections-Handels - und Wechſel-Preiß nach / Wechſel darinn nach ſeinen Vaterland (oder auch auf auslaͤndiſche Oerter ſei - nes Principalen Ordre gemaͤß) ſchlieſſen wolte / woraus klar erhellet / wie nothwendig die Kaͤnnt - niß der Gelder eines ſolchen Landes oder Stadt / und die Wiſſenſchafft ſelbiger Reduction, auch welcher Geſtalt darinnen gehandelt und gewech - ſelt werde / ihme ſey.
Nechſt dieſen macht er ſich auch des Landes Handlung eigentlich bekannt / was vor Exportan -S 2da276Caput VI. da und Importanda in demſelbigen zu finden / wel - che von beyden die andern uͤbertreffen / worinn der Einwohner ihre meiſte Nahrung beſtehe / mit wel - chen Laͤndern und Staͤdten ſie in groſſer oder mit - telmaͤßiger Handlung begriffen / was ſie ſelber noch unter ſich zu ihres Handels Aufnahm verlangeten / und was ſie vor Hinderniſſen angegeben / die der - ſelben in Weg ſtehen ſolten.
Er haͤtte auch zu conſideriren ihre See-Haͤ - ven und Land-Frachten / die Arten des Transports der Waaren / wie hoch die Frachten von einem Ort zum andern ſeyn / ob ſolche des gantzen Jahrs durch gleich / oder zu einer Zeit hoͤher / als zur an - dern / was man præmie von denen Aſſecuranzen bezahle; Ob die Stadt oder das Land ein eigenes Handels-Gericht habe / oder vor was vor einen Richter die ordentliche Kauffmanns Streitigkeiten angebracht und entſchieden werden; Ob gedruck - te Statuta, oder nur wohl hergebrachte Gewohn - heiten / denen Kauffmaͤnniſchen Actionibus ihre Maaß und Graͤntzen ſetzten.
Welches die vornehmſten Banquiers, Groſ - ſiers, Kauffleut / Kraͤmer und Manufactuers ſeyn / wie ihre Contoirs beſchaffen / und in was vor Re - nommée und Credit dieſelbige ſtehen / wobey er ſel - ber auf ſolcher Leute ihren Humeur, Verſtand / und Erfahrenheit ſehen / und unvermerckt Nach - richt davon einziehen muß; ingleichen muß er ſelber ſuchen / wann er gleich nichts mit ihnen / ſeines Principals wegen / zu thun haͤtte / ſich mit ihnen bekannt / und ihrer Converſation und Geſellſchafft theilhafftig zu machen / weil ihme ſolches eines theilsdarzu277Wie ſich einer auf Reiſen zu verhalten. darzu dienen kan / daß er ſeine Perſon dadurch ſelbſt zu kuͤnfftigen Anfang ſeines eigenen Handels bekannt und beliebt machen / anders theils auch ſeinen Handels-Patron neue Kundtſchafft und Correſpondentz / etwann auch nuͤtzliche Commiſ - ſiones erwerben kan. Er dencke aber nur nicht / daß er hierinn an einem frembden Ort reuſſiren werde / wann er ſich nicht darnach auffuͤhret / et - wann in ein ſchlecht und verdaͤchtig Wirths-Hauß einleget / mehr Kauffmanns-Burſch und Jungens / als Kauffleut ſelbſt frequentiret / und ſich von ih - nen in ihren Gelachen / wie Handwercks-Burſch mit ihres gleichen zu thun pflegen / tractiren laͤſt; dann das wird man gleich gewahr / und haben klu - ge Kauffleute des Orts ſchon ihre Kundſchafft und Aufmerckers / mit wem ein ſolcher angekommener frembder Kauff-Geſell / Compagnie halte / wie er ſeines Herrn Geſchaͤfften abwarte / und was er ſonſt in der Frembd / vor ein Leben und Wandel fuͤhre. Solches alles erfahren ſie gar bald / geben auch wol / wann er ſich nicht zu gut auffuͤhret / aus eigener Be - wegung ſeinem Herrn einen Nachrichts-Winck da - von / oder es hat ein ſolcher Herr ſelbſt / (wie es dann auch allerdings loͤblich und noͤthig iſt) ſchon unter der Hand Ordre und Vollmacht gegeben / daß man auf ſeines geſandten Dieners Verhalten fleißig inquiriren / von Zeit zu Zeit ihme dem Prin - cipali davon Nachricht ertheilen / auch im Fall ers zu grob machte / die Commiſſiones, Waaren und Gelder / die er in Haͤnden hat / Krafft habender heimlichen Vollmacht / von ihn abnehmen / und ihn / um Rechnung dafuͤr abzuſtatten / wieder nach HaußS 3ſchi -278Caput VI. ſchicken ſolte / oder / ſo er dieſer Ordre zu pariren / ſich weigerte / ſo lautet ſchon die Vollmacht / ihn zu arreſtiren / biß auf weitern Beſcheid.
Thut alſo ein Handels-Diener weit beſſer / wann er ſich gleich Anfangs bey ſeiner Ankunfft an einem frembden Ort / zu vornehmen Kauffleuten haͤlt / ſich nicht uͤber Kauffmanns-Stand praͤchtig in Kleidern auffuͤhret / von der Handlung ſelber kluͤglich zu diſcuriren / und dergeſtalt ſich zu inſi - nuiren weiß / daß ſie ein Belieben tragen / ihn in ihre Geſellſchafften und Collegia, worinnen ſchoͤne Handels-Diſcurſe vorgehen / mitzunehmen / und wann er ſelbſt geſchickt iſt / und Erfahrung hat / ihme wohl gar die Mittel / eine gute Heyrath deſ - ſelben Orts zu verſchaffen / oder ſeinen eigenen Han - del mit Vortheil anzurichten / anweiſen / welches ſie nicht thun wuͤrden / wann er / wie gemeldt / eine an - dere Conduite, als diejenige iſt / die ihm hier vor - geſchrieben worden / fuͤhren wuͤrde.
So bald ein Handels-Diener an Ort und Stelle / da er hin geſandt worden / anlanget / muß er ſo gleich das Dic, Cur Hic? oder die Urſach / warum er dahin gekommen / wohl erwegen / und wann er ſeine Waaren von Wagen oder Schif gebracht / ſelbige / ſamt ſeiner Perſon / an Ort und Stelle / wo ſie hin gehoͤren / einquartiret / und alles dabey gethan / was ihm dabey zu thun / obgele - gen; ſo muß er alsdann ferner ſeines Herrn ihme mitgegebenen Inſtruction genaue nachleben / da - mit er Punct vor Punct in ſolcher vollziehe / was ihme zu thun / ſchrifftliche und auch muͤndliche Or - dre gegeben worden. Es findet hierbey die Kauff -maͤnni -279Wie ſich einer auf Reiſeu zu verhalten. maͤnniſche Regul ſtatt: Folg Ordre, und thu gut. Das iſt: kluͤgle nicht ſelbſt in deinem Kopff uͤber dei - nes Handels-Patrons Befehl / ſondern gedencke / daß er ſchon werde gewuſt haben / warum er je - nes ſo / und nicht anders befohlen habe; Wiewohl auch mancher Kauffmann ſeinem Handels-Diener / wann er ſich auf deſſen Treu und Verſtand ver - laſſen kan / unlimitirte Ordre zuweilen zu geben pfleget / daß er dieſe oder jene Sache / nach ſeinem Gutduncken thun und tractiren ſoll / welches dann vielmahls auch nicht anders ſeyn kan / zumahl in ſteigenden und fallenden Wechſel-Cours und Waaren-Preiſſen / auch / nachdem die Handlung ſich ſchlecht oder gut anlaͤßt / viel oder wenig Kaͤuf - fers vorhanden / neue Obrigkeitliche Befehle / ſeiter dem / daß der Diener abgeſandt / publiciret wor - den / auch hier oder dar nicht mehr res integra, und was etwann ſonſt der Vorfaͤlle und Umſtaͤn - de mehr ſeyn moͤchten / welche eine allzu accurate Ordre nicht zulaſſen wollen; Hingegen ſehe ſich auch bey ſo geſtalten Sachen ein Kauffmanns - Diener wohl vor / weil er / wann er etwas muth - willig oder vorſetzlich thun oder laſſen ſolte / des - falls de Omiſſis & Commiſſis bey ſeiner zu Hauß - kunfft von ſeinem Patron koͤnte belanget werden / wie wir ſolches in dem Capitel von dem Recht der Kauffmanns-Diener / mit mehrern anzeigen wer - den.
Endlich hat auch ein Kauffmanns-Diener / der in ſeines Herrn Verrichtungen verſandt wird / die Unkoſten / ſo viel als moͤglich / zu menagiren / was er heut verrichten kan / und verrichtet werden muß /S 4ſol -280Caput VI. ſolches muß er nicht auf den morgenden Tag verſchieben; Seines Herrn Ehr / Reſpect und Cre - dit, muß er allenthalben in Acht nehmen; Nicht vor ſich mehr / als vor ſeinen Herrn negotiiren; Er muß genaue Kundſchafft von ſeiner Correſpon - denten Thun und Laſſen einziehen; und wie weit ſein Patron dabey ſicher ſey oder nicht / wohl er - waͤgen; Jm Einkauffen der Waaren ſey er vorſich - tig / daß er ſolche aus der erſten Hand im guten Preiß / von der beſten Qualitaͤt / und von der rech - ten Sorte / die ſein Principal haben muß / bekom - me; Solche auch zu rechter Zeit / mit ſicherer Gele - genheit / und in billiger Fracht wieder abſende; die Verkauff-Waaren wohl ſortire / und zu gutem Anſehen bringe; nicht an boͤſe Leute / welche ſchlech - te Bezahlers ſeyn / damit gerathe / und ſich in Ba - ratto oder Tauſch / den er trifft / nicht betriegen laſſe.
Wann er Schulden einfordern ſoll / muß ſol - ches mit Beſcheidenheit in der Guͤte / oder des Orts Ordnung nach / gerichtlich / ſolcher Geſtalt geſuchet werden / daß er erſtlich mit ehrlichen Leuten / an welche er addreſſiret oder recommandiret wor - den / daruͤber zu Rath gehe / wie die Sache am kuͤrtzten / und mit den wenigſten Unkoſten / als es ſeyn kan / koͤnne angefangen / und fortgetrieben wer - den; Was vor Advocaten desfalls die beſten ſeyn / und was etwann ſonſt / die Sache zu beſchleuni - gen / muͤſſe vorgenommen werden. Wie aber hier - zu vielmahls gerichtliche Vollmachten noͤthig ſeyn / als ſehe vor allen ein auszuſendender Kauffmanns - Diener dahin / daß dergleichen Documenta au -then -281Wie ſich einer auf Reiſen zu verhalten. thentica ihme von ſeinem Patrono mit gegeben werden / damit er nicht in Ermanglung ſolcher auf - gezogen / erſt ſich / von Hauß aus / damit muͤſſe ver - ſehen / und folglich neue Termine anſetzen laſſen. Jm Fall / daß auch mit denen Correſpondenten Rechnungen abzuthun waͤren / und man alle die Beylagen / die dazu gehoͤren / nicht bey der Hand haben ſolte / ſo kan ja hieraus abermahl nichts an - ders / als ein ſo viel laͤngeres liegen / und mehrere Unkoſten erfolgen / welcher aller man uͤberhoben geweſen waͤre / wann man ſich zu Hauß vor der Abreiſe mit denen darzu benoͤthigten Documentis, Briefſchafften und Extracten / wohl verſehen haͤtte.
Jn Abgeben der Wechſel-Gelder ſey auch ein Kauffmanns-Diener in der Frembde ſo viel ſorg - faͤltiger / weil er nicht wiſſen kan / wie etwann der Nehmer / mit welchem er zu thun hat / beſchaffen ſeyn moͤchte / und iſt dieſes Gelder-diſponiren wohl das kitzlichſte / was einem Handels-Diener auf ſei - nen auslaͤndiſchen Verrichtungen vorfallen moͤch - te / zumahl da in einigen Reichen / Laͤndern und Staͤdten / baares Geld auszufuͤhren / nicht zugelaſ - ſen iſt; Jndeſſen aber auch keine genugſame oder benoͤthigte Waaren ſich præſentiren / welche man vor die erhobene Gelder einthun koͤnte. Bey ſo ge - ſtalten Sachen iſt wohl der beſte Rath / man lebe um ſo viel genauer des Patrons Ordre nach / und halte ſich an dem dorten wohnenden Factor oder Kauffmann / an den man addreſſiret iſt / ſtelle die Sache mit demſelben im Rath / und erwehle her - nach dasjenige / wobey am wenigſten Schaden undS 5Gefahr /282Caput VI. Gefahr / ob gleich etwas geringer Nutzen zu ge - warten.
So viel als ein Kauffmanns-Diener / der vor ſeinen Patron in frembden Laͤndern lieget und ne - gotiiret / Zeit uͤbrig hat / ſo viel wende er auf die Erlernung deſſelben Land-Sprache / und deſſen Handlung ſich bekannt zu machen. Jſt es eine See-Stadt / ſo kan er ſich die See-Handlung / Gewohnheiten und Gebraͤuche / ſo viel beſſer im - primiren / auch was er taͤglich an der Boͤrß ſiehet und hoͤret / ſeinem Patron bey Zeiten aviſiren / ob etwann derſelbe bey einem und andern ſeinen Nu - tzen geſchaffet / wiſſen wolte. Ein ordentlich Copier - und Tag-Buch zu halten / muß nebſt andern Scri - pturen ſich ein Kauffmanns-Diener in der Frembd auch recommandiret ſeyn laſſen / damit er auch hieraus kuͤnfftig ſeinem Patrono Red - und Ant - wort geben koͤnne.
Vor allen wolte ich es loben / wann ein Kauff - manns-Diener ſo curieux und Lehr-begierig waͤre / daß er alles / was ihm nur merckwuͤrdiges / es ſey in Handels-Policey-Juſtitz - oder Politic-Sachen / zu ſehen und zu hoͤren vorkaͤme / in ſo weit es zuge - laſſen waͤre / aufzeichnete / um kuͤnfftig einen guten Nutzen davon zu machen; wie man dann ſonder - lich dergleichen Collectanea von Kauffleuts-Die - nern zuſammen getragen / ſchon im Druck liegend hat. Und was ſeynd etliche Reiß-Beſchreibung anders / als ſolcher Leut ihre Notata, welche ſich hernach in vielen Stuͤcken mit guten Nutzen auf die Handlung appliciren laſſen. Waͤre es auch / daß unſer curieuſer Handels-Diener etwann einewohl -283Wie ſich einer auf Reiſen zu verhalten. wohleingerichtete Manufactur der Orten vor ſich faͤnde / koͤnte er ſolche heimlich oder oͤffentlich abzu - ſehen / und folglich bey ſeiner zu Haußkunfft ſelbige in ſeines Patrons Hauß / oder zu ſeinen eigenen Nutzen zu pflantzen / ſich angelegen ſeyn laſſen.
Welcher Geſtalt ein / nach wohl zuruck gelegter Reiß-Verrichtung wieder gluͤcklich zu Hauß gekom - mener Handels-Diener ſeinem Herꝛn Rechnung und Reliqua præſtiren / ein rechtes Journal und Buch - halteriſchen Extract, uͤber eingenommene und aus - gegebene Gelder / eingekauffte und verkauffte Waaren / ꝛc. ſamt richtiger Bilantz darlegen / und ſolches alsdann insgeſamt denen Haupt-Handels - Buͤchern einverleibet werden muͤſſe; Solches iſt aus unſerm Tractat von Meſſen und Jahr - Maͤrckten zu erſehen.
Wie ein Kauffmanns-Diener zu Hauß / und vorñehmlich auf Rei - ſen / ſeiner Geſundheit wahrnehmen / und wann dieſelbige einigen Anſtoß gelitten / ſolche durch dienſame / und zum Theil leichtlich auf der Reiß und auch zu Hauß zu bekommende Hauß-Mittel wieder herſtellen / ſonderlich aber / wann er an infi - cirten Orten ſich aufhalten muͤſſe / ſich vor der Peſt præſerviren ſoll.
ES ſeynd junge Leute ſo wenig als die alte vor dem Todt ſicher / und taͤglich vielerhandKranck -284Caput VII. Kranckheiten und gefaͤhrlichen Zufaͤllen / ſonderlich aber die Reiſende / unterworffen. Dann bald kom - men ſie aus einem hitzigen Climate in ein kaltes / und aus einem kalten wieder in ein hitziges; des ei - nen ſein Magen iſt zu harten / des andern zum wei - chen Speiſen gewohnt. Alſo iſt jenes Jtaliaͤniſchen Medici ſeine Anmerckung bekannt / unter deſſen Hand ein an Fieber kranck-liegender Weſtphaͤlin - ger / als ſolcher ein Stuͤck rohen Specks gegeſſen / wieder geſund worden; Ein Jtaliaͤner aber / deme hierauf gedachter Medicus vor das Fieber ein glei - ches Recipe verſchrieben / davon geſtorben / wor - auf er in ſein Tag-Buch angezeichnet: Speck iſt einem Weſtphaͤlinger gut vor das Fieber / aber ein Jtaliaͤner ſtirbt davon. Zuweilen bekommt man ſolche Getraͤncke / die ebenfalls eine groſſe Beſchwe - rung in dem Leib verurſachen. Man reiſet unwiſſend durch ſolche Oerter / welche nicht allzu reiner Lufft / ſeyn / oder man Iogiret in Wirths-Haͤuſern / in welchen die Betten von unreinen Menſchen der - geſtalt angeſtecket worden / daß ein geſunder Menſch ſo bald nicht darinn erwarmet / als er ſchon eine boͤſe Seuche an dem Hals hat / und was kan manchen Menſchen durch eckelhafftige / ſuͤchtige / ungeſunde / und unverdauliche Speiſen nicht leicht - lich vor ein Fieber / ingleichen durch hitziges Ge - traͤnck / unreiffes Obſt / vor eine hitzige Kranckheit / rothe Ruhr / und dergleichen zuſtoſſen. Mancher bekommt einen Liebes-Trunck / oder auch auf eine andere Art / von unzuͤchtigen Perſonen / ſo viel in und an ſeinem Leib / daß er ſein Lebtage daran zu curiren hat. Viele ſauffen und freſſen ſich kranck /wann285Wie die Geſundheit zu verwahren. wann ſie nehmlich in beyden keine Maaß zu halten wiſſen. Etliche ſtuͤrtzen mit dem Pferd / werden ge - faͤhrlich mit den Wagen umgeworffen / von boͤſen Leuten verwundet / oder kommen auf andere Wei - ſe zu Schaden. Zorn / Eifer / Alteration, Furcht und Schrecken / welche man auf Reiſen offt ausſte - hen und erfahren muß / thun das ihrige auch da - bey / und jagen manchem eine Kranckheit in die Glieder / die ihn uͤber Vermuthen ins Grab befoͤr - dert / oder doch lang bettlaͤgerig haͤlt / welches ſo viel unbequemer / koſtbarer und verdrießlicher iſt / als ein Reiſender in der Frembd ſeine Pfleg - und Wartung / und auch die dazu benoͤthigte Unkoſten nicht haben kan / oder doch mit Verdruß wegen der Verſaͤumniß / die ihm zu Hauß bevorſtehet / der Cur abwarten muß.
Wie aber viel Menſchen an denen ihnen zu - ſtoſſenden Kranckheiten und Unfaͤllen mehrentheils ſelbſt Urſacher ſeyn / und ſich gleichſam muthwillig in Ungluͤck ſtuͤrtzen / als ſollen ſich dieſes um ſo viel mehr unſere reiſende Handels-Diener eine War - nung ſeyn laſſen / daß ſie der ungezaͤhmten und luͤ - ſterenden Jugend in dem / was ſo wohl ihrer Seel / als ihrem Leib Schaden thun kan / den Zuͤ - gel ſo leicht nicht ſchieſſen laſſen / ſondern vorher pruͤfen / was ihnen wohl anſtaͤndig / und ihrer Ge - ſundheit zutraͤglich ſey / damit ſie / wann ſie das Ge - gentheil thaͤten / nicht dem Artzt daruͤber in die Haͤnde fallen duͤrfften.
Es wird aber desfalls ein jeder reiſender Han - dels-Diener ſein ſelbſt eigenes beſtes beobachten / wann er nechſt der Furcht GOttes / und daß erſich286Caput VII. ſich vor der Suͤnde / wie vor einer Schlange huͤtet / unter andern auch eine gute Diæt haͤlt / maͤßig in Eſſen und Trincken iſt / ſeinen Magen nicht zu ungebuͤhr - lich mit Speiß und Tranck uͤberfuͤllet / oder demſel - ben ſolche Speiſen giebet / welche ihm zuwider und nicht zutraͤglich ſeyn / wie dann auch nicht allezeit dasjenige / was dem Mund und der Zunge wohl ſchmecket / dem Leib geſund / ſondern vielmehr ſchaͤd - lich iſt / ſonderlich wenn man jehlings aus einem Climate in ein anders kommet / deſſen Lufft / Tem - perament, Speiß / Fruͤchte / Waſſer und Lands - Art man nicht gewohnet iſt / welches vielfaͤltig de - nen Frembden eine Kranckheit / wie etwann die See-Duͤnſte und Schiffs-Bewegungen (denen / die zum erſtenmahl auf der See fahren) ein Bre - chen zu verurſachen pfleget. Je maͤßiger nun bey ſolcher Veraͤnderung der Leib gehalten wird / je beſ - ſer es vor demſelben iſt; ja es werden viel Kranck - heiten durch Arbeit und Hunger vertrieben. Wie dann viel Leute zu finden / welche durch einen Tag und Nacht faſten / manche Kranckheiten gehoben haben / und iſt es allezeit beſſer / dem Appetit nicht allezeit voͤllig ein Genuͤgen zu thun / als daß man ſich uͤberfluͤßig anfuͤllen / und dadurch eine Kranck - heit zuziehen wolle. Rathſam iſt es auch / in fremb - den Laͤndern / deren Speiß man nicht gewohnt iſt / ſich nach und nach darzu zu gewoͤhnen / auch wenn es die Gelegenheit zulaſſen will / ſonderlich wann man uͤber See reiſet / einen guten Flaſchen-Keller / und wohl-verſehenen Speiſe-Korb mit ſich zu fuͤh - ren / zu welchen man im Fall der Noth greiffen / und ſich daraus unterhalten koͤnne / biß man derfremb -287Wie die Geſundheit zu verwahren. frembden Speiſen etwas beſſer gewohnet wird. Wann auch die Schiffers zuweilen an Oertern / da ſie ihre Anckers fallen laſſen / ans Land fahren / um Erfriſchungen zu holen / ſo kan man zugleich dieſer Gelegenheit ſich mit bedienen / oder auch Geld mit - ſchicken / vor welches friſche Proviſion koͤnne ein - gekauffet werden. Ob nun wohl ſolches auf Land - Reiſen / da man taͤglich in friſche Wirths-Haͤuſer kommt / nicht noͤthig iſt / ſich auch auf ſolchen groſſe und ſchwere Bagage nicht mit fuͤhren laͤßt / ſo laſ - ſen ſich doch die vielerhand Biere / ſonderlich aber die noch gantz friſch / welche leicht Blehungen ver - urſachen / gar wohl mit einer geſchabten Muſcaten - Nuß / oder daß man geroͤſtetes Rocken-Brod dar - ein leget / corrigiren / und trinckbar machen; die hitzigen Weine aber koͤnnen mit Waſſer diluiret / und milde gemachet werden; bey dicker und nebli - cher Lufft / iſt ein Trunck Brandewein mit geroͤſte - tem Brod auch ſehr dienlich; So kommt auch ſo wol des Morgens nuͤchtern / als auch ſonſt des Tages uͤber / eine Pfeiffe Toback ſehr wohl zu ſtatten / da - hero ſich diejenige / welche viel in kalten Laͤndern und zur See reiſen / denſelben vor allen angewoͤh - nen ſollen. Das beſte iſt in dem Kauffmanns - Stand / bey welchen viel Reiſens vorfaͤllt / daß man von Jugend auf nicht allzu zaͤrtlich gewohnet ſey / ſondern die Eltern bey Zeiten ihre Kinder / die dermaleins in der Frembd ihr Brod ſuchen muͤſ - ſen / zu Hitz und Froſt / wie auch allerhand Fati - quen und Speiſen zu vertragen / angewoͤhnen. Jm Fall auch / daß ein reiſender Kauffmanns-Diener ſich ſelbſt ein Stuͤck Eſſen zurichten koͤnte / wuͤrdeihm288Caput VII. ihm ſolches deſto bequemer fallen. Friſch geſottene Eyer / welche man allenthalben auf denen Land - Reiſen haben kan / ſeynd allemahl am ſicherſten; da auch ein Reiſender eine Mixtur von getruckne - ter Weinraute / Salbey / und Citronen-Schalen / alles klein pulveriſiret / in einer Schachtel bey ſich fuͤhret / und des Morgens etwas davon auf But - ter-Brod geſtreuet / eſſen / hierauf einen Schluck Wachholder-Brandewein trincken ſolte / wuͤrde ihm ſolches nicht allein bey ungeſunder Lufft / ſondern auch bey ſchaͤdlichen Speiſen gar wohl zu ſtatten kommen / nach dem bekandten Sprichwort: Sal - via & Ruta faciunt Tibi Pocula tuta. Ein Glaͤß - gen Elixir proprietatis bey ſich gefuͤhret / und da - von / wann etwann der Magen verdorben worden / 40. biß 50. Tropffen eingenommen / ſolches ſtaͤrcket auch trefflich den Magen / und erwecket neuen Ap - petit. Ein jeder / welcher ſich durch Gehen oder Rei - ten erhitzet hat / huͤte ſich auch / daß er nicht jaͤhlings einen ſtarcken kalten Trunck darauf thue / weil ſol - ches / wo nicht den Todt / doch unfehlbar eine ſchwe - re Kranckheit nach ſich ziehet / und dem Menſchen dergeſtalt zurichten kan / daß er ſich ſein Lebtag da - mit ſchleppen muß / und niemahls wieder recht zu Kraͤfften kommt.
Das Erkaͤlten auf Reiſen iſt auch ſehr gefaͤhr - lich / und ziehet Haupt-Weh / Huſten und Fluͤſſe nach ſich; dahero ein jeder Reiſender ſich wohl mit guten Kleidern verſehen / und wie warm er auch in ſolchen werden moͤchte / ſich doch nicht gleich ent - bloͤſen / ſondern nach und nach abkuͤhlen muß / da - mit er der Natur nicht auf einmahl zu viel Gewaltanthun /289Wie die Geſundheit zu verwahren. aufthue / und ſich dadurch in unwiderbringlichen Schaden ſetze. Haͤtte jemand eine ſo penetrante Kaͤlte ausgeſtanden / daß er auch an ſeinen Gliedern dadurch Schaden gelitten / ſo wollen einige / daß man ſolche erfrohrne Gliedmaſſen in eiskaltes Waſ - ſer ſetzen / oder auch mit Schnee ſtarck reiben ſoll / damit alſo Kaͤlt durch Kaͤlte vertrieben / und folglich der Froſt deſto eher ausgezogen werde. Beſſere Mittel aber ſeynd folgende:
Man ſchmiere das erfrohrne Glied / ehe es noch aufbricht / offtmals mit ſtarcken Brandtwein uͤber den Kohlen / oder ſchneide gefrohrne Ruͤben in Stuͤ - cken / und binde ſie auf die Fuß-Sohlen / wiederho - le ſolches etlichemal / ſo ziehet es den Froſt aus; am allerbeſten aber iſt befunden worden / wann man ei - ne gute Hand voll altes Schmeer / oder ungeſaltzen Schweine-Fett nimmt / ſolches zergehen laͤßt / Wai - tzen-Mehl darunter miſchet / ein Pflaſter daraus machet / und ſolches uͤberſchlaͤgt.
Item nehmet Brenneſſeln ſamt dem Saamen / ſiedet ſolchen im alten Baum-Oel / und beſchmieret damit die Haͤnd / Fuͤß oder Naſen / ſo wird man nicht leicht Froſt oder Kaͤlt daran verſpuͤren Waͤre je - mand / von ſeinen erfrohrnen Gliedern / die Kaͤlte hin - ein zum Hertzen geſchlagen / ſo muß man ihm The - riac und Brandtwein zu trincken geben / damit das Hertz præſerviret werde. Jm Fall / daß auch je - mand von der kalten Lufft und ungeſtuͤmmen Win - den / Sauſſen und Brauſſen der Ohren bekommen haͤtte / ſo koͤnte er eine Zwibel mit Kuͤmmel in der Aſche braten / den Safft heraus druͤcken / und ſol - chen ins Ohr floͤſſen; oder man leget ein SaͤckgenTmit290Caput VII. mit warmen Sand auf das ſauſſende Ohr / ſo wird es augenblicklich helffen.
Waͤre jemand durch die Erkaͤltung fluͤßig wor - den / ſo laſſe man ihn nur fleißig an gantzen Gewuͤrtz - Negelein riechen / ſo wird ſolches die Kaͤlte ver - treiben.
Huſten welcher von Erkaͤltung gekommen / wird ſolcher Geſtalt curiret: Man nimmt guten Brandtwein / zuͤndet ihn an / und thut ſo viel Zucker darzu / daß es bey nah ein Syrup wird / hierauf mi - ſchet man noch ein wenig geſtoſſenen Jngwer darun - ter / und trincket ſolches aus / oder man nehme ei - nen Loͤffel voll ſuͤſſes Mandel-Oel und trincke es aus / ſo wird ſolches den Huſten ohnfehlbar ver - treiben.
WEil es ſich auch vielmal zutraͤgt / daß ein Kauff - manns-Diener bey einer Armee oder an ſol - chen Oerten ſich aufhalten muß / woſelbſt die rothe Ruhr oder Durchlauff graſſiret / als kan man ſich von derſelben durch folgende ſchlechte Haus-Mittel / nechſt GOttes Huͤlffe / leicht curiren. Nimm gan - tzes weiſſes Wax / zerlaſſe es in warmer Rind - fleiſch-Bruͤh; oder nimm drey Loͤffel voll geſchmol - tzen Hammel-Fett von denen Nieren / und trinck es warm aus / es ſtillet gleich die rothe Ruhr.
Jnsgemein kommt dieſes Ubel von dem Eſſen vieler roher Fruͤchte her / in welchen junge Leute ſich offt nicht zu maͤſſigen wiſſen / ſonderlich in Jtalien und in Ungarn / wie man dann gar traurige Exem -pel291Wie die Geſundheit zu verwahren. pel hat / ſo nun jemand dergleichen Fruͤchte zu viel gegeſſen / und der Durchlauff ſich anzumelden be - ginnet / ſo trinck er einen guten Trunck Wermuth - Wein / aͤuſſerlich kan man den Leib mit Muſcate oder Wermuth / ingleichen mit Kuͤmmel-Oel ſchmie - ren und guten Theriac, ſo mit Terra Sigillata und gepulverter Muſcaten-Nuß vermenget iſt / als ein Pflaſter auflegen; oder man kan eine Rinde von Brod roͤſten / und ſelbige / nachdem ſie mit gepul - verter Muſcaten-Nuß beſtreuet / auch mit Krau - ſemuͤntzen-Waſſer beſprenget worden / uͤber den Magen legen; ſo lang der Durchlauff anhaͤlt / ſoll man den Patienten nicht viel zu eſſen geben / und zwar nur leichte Speiſen / als junges und gebrate - nes Fleiſch / ingleichen Brey / von Reiß und Hirſe; an ſtatt des Trancks / welcher gleichfalls wenig / und abſonderlich warm ſeyn ſoll / kan man Bier / (welches auch nicht zu alt noch zu neu ſeyn muß /) nehmen / und in ſelbiges gebrandtes Brod und Pulver von Muſcaten-Nuß werffen.
Haͤtte das Ubel ſehr uͤber hand genommen / wel - ches man beobachtet / wann der Patient offt zu Stuhl geht / Reiſſen - und Weh-Tagen um den Na - bel ſpuͤret / die Stuhlgaͤnge mit Schleim oder Blut und Eyter vermenget / anfaͤnglich ſchwartz oder gruͤn ſeyn / auch ein Brechen und Delirium, oder Aber - witz / ſich dabey findet / und die Clyſtire nicht mehr anſchlagen wollen / ſo iſt der Tod nicht ferne; ja die Waſſerſucht und der Brand in den Gedaͤrmen zei - gen an / daß der Patient den Tod faſt ſchon im Ra - chen ſtecke / um ſelbigen nun noch daraus zu erretten / ſo muß man vor allem dahin ſehen / wie die ſcharffeT 2Thei -292Caput VII. Theilgen / welche entweder mit dem Gebluͤt oder mit der Gall in die Gedaͤrme gefuͤhret worden / moͤ - gen gelindert und von ihrer Schaͤrffe befreyet wer - den / ſolches aber geſchiehet nicht mit Purgiren / ſondern mit Gifft-treibenden Huͤlffs-Mitteln / der - gleichen ſeynd Theriac, Diaſcord. Fracaſtorii, ge - brannt Hirſch-Horn / Terra ſigillata, Armeniſcher Bolus, rothe Corallen / Unicornu foſſile, Ebur ſine igne præparatum, Tinctura Bezoardica und dergleichen / welche nach Belieben des Patienten auf unterſchiedliche Weiſe koͤnnen gerichet werden / als etwan in einem Pulver / folgender Geſtalt / alle 6. Stund in einem Loͤffel mit rothem Wein und Zimmet-Waſſer einzunehmen: Nimm Cornu Cervi ſine igne præparati, rothe præparirte Corallen / Armeniſchen Bolum, unicornu foſſi - le, jedes einen halben Scrupel / Muſcaten-Oel 5. Tropffen; item, nimm præparirtes Hirſch-Horn / Tormentill-Wurtz / Croci Martis adſtring eines jeden ein Scrupel / Throchiſc. de Carabe, eines jeden einen halben Scrupel / mache alles zu Pulver / und nimm davon eine Meſſer-Spitzen; oder nimm zum oͤfftern ein Quintlein Tormentill-Wurtz / und ein Quint Terræ Sigillatæ im warmen Bier ein / an ſtatt des Trancks / welcher maͤßig ſeyn ſoll / kan man ungeſaltzene Huͤner-Suppen trincken / oder Milch / in welcher Rinden von Eichbaͤumen und Zimmet gekochet werden; oder man kan fol - genden Tranck anſetzen: nimm gefeilt Hirſch-Horn / Scorzonere-Wurtzel ein jedes 1 Loht / Tormentill u. Hirſch-Zungen-Wurtz jedes ½ Loth / Fenchel und Anis-Saamen / eines jeden 1. Quintlein / koche es inWaſ -293Wie die Geſundheit zu verwahren. Waſſer / in welchem etlichmal ein gluͤend Eiſen ab - geloͤſchet worden.
Pfleget Reiſenden auch offt anzuſtoſſen; es kommt ſolches her / Theils von ungeſunden Speiſen / Theils von den ſcharffen und ſauren Saͤfften / ſo auch aus der groſſen Druͤſſe / und an denen kleinen Druͤßlein in die Gedaͤrme ausgeleeret worden; in des Gekroͤſes Nerven aber / werden ſel - bige mit denen Seelen-Geiſtern / nachdem ſie von dem Gebluͤt in das Hirn eingeſencket worden / ge - fuͤhret.
Die Cur muß ſo wol bey anhaltenden Schmertzen als auſſer denſelben angeſtellet werden; jene / damit der Schmertz moͤge geſtillet; dieſe / damit die Urſach deſſen moͤge beyſeits geraͤumet werden. Das erſte geſchiehet durch folgende Mittel: nimm Krauſemuͤn - tzen-Waſſer / Waſſer von Pomerantzen Schalen ei - nes jeden 6. Loth / Zimmet-Waſſer 1. Loth / Bibergeil - Eſſentz 1. Quintlein / Tinctur. Anodyna. 50 Tropf - fen / Klapper-Roſen-Safft 1. Loth / vermenge es und gieb den Patienten offt einen Loͤffel voll davon; oder nimm eine Hand voll gemeine Camillen-Blu - men / koche es in Krauſemuͤntze-Waſſer / und laffe den Patienten zum oͤfftern einen Trunck davon thun / item, nimm Theriac einen Scrupel / gepulverſirte Pomerantzen-Schaalen ein Quintlein / Bibergeil ½ Serupel / gieb es in einem Decocto von Chamil - len auf einmal. Oder nimm eine Hand voll friſchenT 3Pferd -294Caput VII. Pferd-Miſt / vermenge ihn mit Krauſemuͤntzen - Waſſer / oder dem beſagten Chamillen Decocto, und drucke den Safft heraus / und trincke es alſo warm / man kan auch gleich Clyſtir gebrauchen / dadurch nicht allein die Faßern der Gedaͤrme er - weichet / ſondern auch die ſcharffe Feuchtigkeit / als die eine Urſach der Colica ſeyn / ausgeleert werden; in das Clyſtir aber kan man 2. biß 3. Loth Terpen - tin, welcher in Eyerdotter aufgeloͤſet worden / men - gen / ſonderlich wann die Urſach in denen Nerven enthalten iſt Die Urſach des Ubels voͤllig zu heben / muß man zuweilen Schleim-ausfuͤhrende Purga - tiones brauchen / ſich vor Speiſen / welche das Bauch-krimmen verurſachen / huͤten; als da ſind: Fiſch / Erbſen / Linſen / Obſt und dergleichen / wie auch ſaure Wein / neues Bier und Moſt; an deren ſtatt man Wermuth oder alten ſtarcken Wein trin - cken kan. Jn Summa / ein junger Menſch / der ſeinem Appetit und Begierden / nicht den vollen Lauff laͤſt / ſondern durch die Vernunfft ſolchen Einhalt thut / auch nicht alles in Magen hinein ſchuͤttet / was auf der Zunge wohl ſchmeckt / der wird ſich ſelbſt der beſte Artzt ſeyn / nach den bekannten Sprichwort: Cibi Modicus, ſibi Medicus.
DAß die See-Lufft dicke ſey / erfahren auch die ſtaͤrckſten Leute; dann wann ſie das erſtemal auf die See kommen / ſo wuͤrd ihnen uͤbel / undmuͤſ -295Wie die Geſundheit zu verwahren. muͤſſen ſie ſich erbrechen / weil die Bewegung des Schiffes / und die dicke ungeſunde Lufft ſolche Al - teration in ihrem Magen verurſachet Ob nun zwar ſolches Aceidentz bald wieder aufhoͤret / und auch einiger maſſen vor geſund gehalten wird / weil ſich der Magen von allen boͤſen Feuchtigkeiten dadurch evacuiret; ſo vermeinen doch einige dieſer Incom - moditaͤt des Brechens dadurch vorzukommen / wann ſie (indem ſie die Reiſe antretten /) einen Be - cher voll See-Waſſers austrincken / oder auch die beyde Haͤnde in See-Waſſer / biß uͤber den Puls eine Viertel Stunde lang ſtecken / ſolches ſoll auch ſehr gut ſeyn.
Das ſchlimmſte Ubel auf der See iſt / der Scor - but oder die Mundfaͤule; ſolchen verurſachen die boͤ - ſe Speiſen und verdorbene Waſſer / wie auch die Unachtſamkeit / da einer ſich mit friſchem Waſſer nicht waͤſchet / oder rein Leinen nicht anziehet. Jn - gleichen / wann jemand ſich wenig beweget / oder die boͤſe Gewohnheit hat / daß er in der freyen See - Lufft ſchlaͤffet / ſonderlich bey klarem Wetter.
Dann dadurch verderbet er den Magen / cor - rumpiret die Humores, und verurſachet allerhand Geſchwuͤlſte und Blattern / uͤber den gantzen Leib. Die Nerven werden ſchwach / ſo / daß er kaum ge - hen kan. Der Odem wird ſtinckend / das Zahn - Fleiſch faulet / und die Zaͤhne fallen aus. Kurtz / es iſt eine abſcheuliche Kranckheit / davon man nicht eher befreyet wird / biß man ans Land kommet / und allda friſche Speiſen / und erquickende Sa - chen genieſſen kan.
Die Medici melden / daß der Safft von Citro -T 4nen296Caput VII. nen und Pomerantzen / der Brunnkreß / ſonderlich der Spiritus Cochleariæ, ja alle ſonderliche Saͤff - te wider dieſe Kraanckheit gut waͤren. Wobey man zugleich ordentlich leben / gut und friſch Waſ - ſer trincken; Hergegen von geſaltzenem Fleiſche / ſich enthalten muͤſſe.
Die groſſe Hitze / ſonderlich in Zona torrida, verurſachen des Nachts ſtarckes Magen-Wehe. Viele halten dafuͤr / daß dieſe Schmertzen herruͤh - ren / von einer Erkaͤltung; dann wann der Leib durch die Hitze des Tages matt geworden / und ein - geſchlaffen / ſo nehme ſolcher im Schlaff eine Kaͤlte ein / und beſchwere alſo den Magen. Daher muß man ſich huͤten / daß man nicht auf der Erden ſchlaffe; Wie ſolches in America wohl in acht ge - nommen wird / als woſelbſt ſie die Haͤuſer etwas von der Erden erhoben bauen / die Wilden aber in lauter Hang-Matten ſchlaffen.
Weil es bey denen Kauffleuten faſt durchgehends heiſſet:
Impiger extremos currit Mercator ad Indos Per mare pauperiem fugiens, per Saxa, per ignes.
EJn Kauffmann wann er nur kan Geld verdie -nen /297Wie die Geſundheit zu verwahren. nen / laufft gern biß an das aͤuſſerſte Ende der Erden / durch Feuer und Waſſer / uͤber Berg und Thal / das iſt: Er ſcheuet keine Gefahr / wie groß ſie auch ſey / unter welchen dann auch die gifftige Seuch der Peſtilentz mit zu zehlen iſt Dieſe wird von einigen ſo gering geachtet / daß ſie nicht allein mit de - nen von inficirten Orten kommenden Waaren un - geſcheuet umgehen / und dadurch / wie man Exem - pel hat / vielmal groſſes Unheil anrichten; ſondern ſie wagen ſich auch vor ihre eigene Perſonen vielſaͤl - tig und ungeſcheuet an ſolche Oerter / wo derglei - chen contagieuſe Kranckheiten graſſiren. Da nun ſie / die Herren ſelbſt / vor ihre Perſonen keine Conſi - deration tragen / ſo ſtehet leicht zu erachten / daß ihre Dieners auch nicht viel werden ſcrupuliren doͤrffen / wie dann die verwegene Jugend ohne dem nicht allemal in der gleichen Faͤllen die Bedachtſam - keit hat / welche ſie wohl haben ſollte; damit aber doch dergleichen Leuten / welche entweder gezwungen ihrer Pflicht halber / oder freywillig / oder auch aus Unwiſſenheit nach dergleichen Oerter reiſen / oder ſich darinnen aufhalten muͤſſen / mit gutem Rath moͤge an die Hand gegangen werden / als hat / nechſt der Gottesfurcht und fleißigem Gebet / (daß / ob tauſend fallen zu ſeiner Seiten / und 10. tauſend zu ſei - ner Rechten / es ihn doch nicht treffen moͤge) ein reiſen - der Handels-Diener auch auf die leibliche Conſer - vation ſeiner Perſon ſolcher Geſtalt acht zu gebẽ / daß er ſich / ſo viel als moͤglich / huͤte / mit inficirten Leuten nicht viel um zugehen / oder ſo ers ja ſeiner Geſchaͤff - te halber thun muß / daß er die benoͤthigte Præſer -T 5vativa298Caput VII. vativa darzu brauche / welche GOtt und die Na - tur verordnet haben / als da ſeyn:
Erſtlich unter denen Artzneyen / diejenige / wel - che den menſchlichen Coͤrper / ſo wohl von denen vorhandenen uͤberfluͤßigen boͤſen Feuchtigkeiten entledigen und reinigen / als auch / vor aller anſtecken - den Seuche und Gifft aufs beſte verwahren und be - freyen koͤnnen.
Was die Purgantia in beſorgender / oder ſchon wuͤrcklich-vorhandener Peſt / bey denen annoch Ge - ſunden betrifft / ſo bezeuget die Experienz, und der Vornehmſten / ſo wohl alter als neuer Medicorum gleichſtimmiges Zeugnuß / daß ſtarcke Purgantia die Feuchtigkeiten des menſchlichen Leibs ohne Un - terſchied / boͤſe und gute / allzuſehr bewegen / und durch die Coͤrper zur Peſt mehr diſponiren / auch zugleich die Lebens-Geiſter gar zu ſehr ſchwaͤchen / und alſo das Hertz Wehr-loß machen / dem hinein - dringenden Gifft zur Genuͤge zu widerſtehen; dannenhero ſolche / als die Peſt ſelber / zu meiden; die gelinde / erweichende und laxirende Mittel hingegen / mit Beſcheidenheit deſto nutzlicher gebrauchen. Wer demnach ſtarcker geſunder Natur iſt / und des Pur - girens darzu ungewohnet / der bedarff auch keiner Laxirung / und ſehe nur zu / daß er taͤglich offenen Leib behalte; wo aber der Coͤrper unrein / und mit ſchleimigen / gallſuͤchtigen / ſchaꝛffen und andeꝛn boͤſen Feuchtigkeiten angefuͤllet / da iſt die Cacochymia allerdings zu corrigiren / und abzufuͤhren / durch gelinde / und mit ſolchen Ingredientibus verſehe - nen / Laxirungen / die gleich der Faͤulniß und dem Gifft widerſtehen. Die Aloëtiſchen Pillen ſind hier -zu299Wie die Geſundheit zu verwahren. zu die allerſicherſten / ſonderlich die ſogenannten Pilulæ Antipeſtialiles Magiſtrales, die Rhabar - bara an ſich ſelbſt von 2. biß 3. Scrupel / item die Electuria Lenitiva und Species Laxativæ Laxir - Kraͤuter / die man in einem Decocto gebrauchen kan.
Betreffende die Brech-Artzneyen / ſeynd ſelbige zu dergleichen Zeit ſehr gefaͤhrlich / ja hoͤchſtſchaͤdlich / es waͤre dann / daß ein erfahrner Medicus, der ei - nes Menſchen ſeine Natur wohl kennete / dieſelbe / nach gewiſſen Umſtaͤnden / verordnete.
Nothwendiger iſt hingegen das Hertz mit Alexipharmacis oder ſolchen Heil-Mitteln / wel - che vor allen beſorglich anſteckenden Gifft / præſervi - ren koͤnnen / zu befreyen / es ſeynd aber entweder in - nerliche oder aͤuſſerliche / unter die innerliche zehlen wir das
Electuarium Nucum, die Nuß-Latwerg / dar - zu man / nach Belieben / etwas von dem abgeruͤhrten Holunder-Beer-Safft / oder auch vom Saltz und Citronen untermiſchen kan. Die eingemachte Scor - zoner-Aland-Wurtzel oder Jndianiſchen gruͤnen Jngwer / inniglich die friſche oder Condirte Citron - oder Pomerantzen-Schalen / und Bluͤte; ſo nimmt man auch von denen Morſulis e ſucco Citri cum Corticibus, Citronen-Hertz Morſellen / ingleichen von denen Morſulis præſervativis oder Rotulis præſervativis, von dem Syrup e toto Citro, Gifft Citronen-Safft / ein paar Loͤffel / oder einen an - dern ſaͤurlich Citron-Him-Beer-Johannis-Ber - bers-Beern oder dergleichen Safft mit ein wenig Wein / Scorzoneren / Borragen / oder CitronenHertz -300Caput VII. Hertz-Waſſer / wie auch von Aqua Prophylacti - ca nova, dem neuen Gifft-Waſſer / mit Roſen Julep vermenget.
Die Tinctura Bezoardica D. Michaëlis, das Sal Cornu Cervi, vel Viperarum volatile, die Mixtura Simplex cum vel ſine Camphora, das Elexir Proprietatis Paracelſi, item des Crollii, ſeynd alles gute innerliche Præſervativ-Mittel / in dergleichen gefaͤhrlichen Peſt-Zeiten. Diejenige wel - che ſolche Mittel auf Reiſen nicht haben / koͤnnen des Morgens nuͤchtern ein Stuͤck Butter-Brod mit Raute beſtreut / oder ein paar Biſſen Brod im guten Wein-Eßig eingetaucht / eſſen / oder man nehme reines Koch-Saltz / 4. Loth / des beſten Schwefels 2. Loth / miſche es wohl durcheinander / und gebrauche davon 1. oder 2. Meſſer-Spitzen voll / auf einem Biſſen Brod oder im warmen Bier / auch koͤnnen ſie / wann ſie reiſen / oder auf der Straſ - ſe gehen / ein Stuͤcklein von der rothen Myrꝛhen im Mund halten / oder gar verſchlucken / auch etwas von der Angeliquen / Zwittwer - oder Alant-Wurtz kaͤuen.
So ein Kauffmanns-Diener an einem ſolchen Peſt-Ort ſtill liegen muß / ſo ſetze er ſich folgenden Gifft-Eßig an: er nehme ein oder 2. Maaß ſtarcken Wein-Eßig / thue darein Citronen-Schalen / ei - ner Muſcaten-Nuß groß / Theriac und Campher / jedes einer Haſelnuß groß; hierauf nehme er friſch geſchnittene Raute 4. Hand voll / Scordien oder Lachen-Knoblauch halb ſo viel / thue ſie ebenfalls in den Wein-Eßig / ſchneide noch darzu etwas von Zwittwer - und Alant-Wurtz / ſo hat er einen vor -treff -301Wie die Geſundheit zu verwahren. lichen Gifft-Eßig / von welchem taͤglich ein oder mehr Loͤffel voll koͤnnen genommen werden; will man auch die Woche ein paar mal ſchwitzen / ſo nehme man Electuarium Præſervativum Com - mune, Electuar. de Zedoaria, Zwitter-Latwerg / von welchen beyden allein / (wann einer keinen Eſ - ſig nehmen wollte /) in einem Cardobenedicten - Waſſer 2. biß 3. Meſſer-Spitzen koͤnnen eingenom - men werden.
Auch wuͤrde gar dienlich ſeyn / etwas von guten und wider anſteckendem Gifft dienende Kraͤuter / als Cardobenedicten / Wermuth / Tauſendguͤl - den-Kraut / Angelicken / Alant-Wurtz / Citronen und Pomerantzen-Schaalen / Wacholder-Beer ꝛc. ins Bier zu haͤngen / oder ſelbiges damit vergaͤhren zu laſſen; maſſen durch dergleichen Kraͤuter-Bier das Gebluͤt ſich wohl zu reinigen / und viel boͤſe Feuchtigkeiten durch den Harn / und ſtetes Duͤnſten und Schwitzen / auszuwerffen pfleget. Wer des Weins gewohnt / oder in Wein-Laͤndern iſt / kan friſche Raute / Wermuth Cardobenedicten und Tauſe dguͤlden-Kraut / Garten-Bibernelle / Sal - bey / edle Meliſſen und friſche Citronen-Schaalen / in einem Saͤcklein / darein haͤngen / und oͤffters davon trincken.
Aeuſſerliche Præſervativ-Mittel / beſtehen erſt - lich in Haupt - und Hertz-ſtaͤrckendem Geruch und Anſtreichen / welches dann effectuiren die friſche Citronen und Pomerantzen; ingleichen ein Schwaͤm̃lein mit obigem Gifft-Eßig angefeuchtet / wie auch guter Rauten-Balſam / Citronen-Eſſen - tzen / damit man ſich unter der Najen / und an de -nen302Caput VII. nen Schlaͤffen / auf Pulſen und Hertz-Gruben be - ſtreichen kan. Ein Buͤſchel friſcher Rauten in Gifft - Eßig geduncket / præſerviret auch wohl; hingegen enthalte man ſich zu viel Muſcus und Ambra zu rie - chen / weil das Gifft durch ſolche nur mehr zugezo - gen wird. Durch allzuviel ſtinckende Sachen / als Bocks-Hoͤrner / Haar / Federn / wird auch nichts Guts gemacht / weil ſolche die Lebens-Geiſter allzu - ſehr betruͤben und zuruck treiben / dannenhero die Mittel-Straß zu gehen / die beſte.
Amuleta anzuhaͤngen / iſt gefaͤhrlich / und einige auch aberglaubiſch / das liebe Gebet / und dann ein kraͤfftiges Kraͤuter-Saͤcklein / iſt wohl das beſte / ſo - kan auch ein Smaragd / item Saphir - oder Hya - cinth-Stein auf der Hertz-Grube zu tragen / nicht ſchaden. Einige recommandiren auch Radic. Carthami, wilde Saffran-Wurtzel / Item Lapa - thi Acuti, die Kletten-Wurtzel / daß / wann man ſolche anhienge / ſie dem Gifft widerſtuͤnde.
Das Aderlaſſen / iſt in Peſt-Zeiten / ſonderlich wann ein Menſch ſchon inficiret iſt / ſehr gefaͤhrlich / weil das Gifft durch dergleichen Aderlaͤſſe ins Ge - bluͤt gezogen / und die Peſt-Kranckheit erſt recht da - durch erwecket werden kan; Schroͤpffen iſt nicht ſo gefaͤhrlich / ſonderlich die es gewohnet ſeyn; Fonta - nellen ſetzen zu laſſen / iſt wohl das ſicherſte aus denen Chirurgiſchen Mitteln / weil viel boͤſe Feuchtigkei - ten dadurch abgezaͤpffet / das Gebluͤt gereiniget / die Viſcera geſund erhalten / und alſo der Leib / das Peſt-Gifft zu fangen / weniger diſponiret wird / wie dann die Erfahrung bezeuget / daß bey ſolchen Perſonen / welche die Peſt angefallen / wann ſiealſo -303Wie die Geſundheit zu verwahren. alſobald darwider gebraucht / die Fontanell eine heßliche ſchwartze Materiam oder boͤſes Gifft aus zogen.
Alle dieſe vorgetragene Præſervativ-Mittel / wuͤrden aber wenig oder nichts ausrichten / wann nicht eine gute geſunde Diaͤt oder Lebens-Ordnung mit dabey waͤre / welche denn vornehmlich in rech - ter Regierung des menſchlichen Coͤrpers und Ge - muͤhs / durch dienliche Lufft / Speiß und Tranck beſtehen.
Die Lufft / ohne welche der Menſch nicht leben kan / je reiner er ſie in Peſt-Zeiten haben kan / je ge - ſuͤnder ſie iſt. Kan demnach ein Kauffmanns-Diener beyzeiten ſolche inficirte Oerter meiden / und ſich da - von weg machen / und kan ihn ſeines Herꝛn Befehl / daſelbſt zu bleiben / nicht verbinden / ſintemal ein je - der ſich die nechſte Treue ſchuldig iſt / und da ſein Herꝛ mir de lucro captando, der Kauffmanns - Diener aber de damno & vitæ jactura vitanda, certirt / ſo gehet dieſes jenem weit vor; dann alles was ein Menſch hat / laͤſt er um ſein Leben / ſagt der Teuffel dort. Hiob am 2. Cap. v. 4. Wie viel mehr ſoll ein Diener / deme das Gut nicht eigen iſt / (um welches willen er ſich in Gefahr ſetzen ſoll /) ſolches ſeinem eigenen Leben nicht weit nach und hintanſetzen. Geld und Gut kan ſein Herꝛ wieder gewinnen / aber das Leben kan er ihme / dem Diener / nicht wieder geben / wann er durch ſeinen Geitz Ur - ſach daran geweſen / daß der gute Menſch ſich in die Gefahr hat hinein wagen / und das Leben dar - uͤber verlieren muͤſſen / wer ſich in Gefahr giebt / heiſtes304Caput VII. es / der kommt darinn um / weit davon / iſt gut vor den Schuß.
Bald und weit geflohen / und langſam wieder - gekommen / iſt ein gutes Huͤlffs-Mittel wider die Peſt.
Ein anders waͤre es / wann einem ſolchen rei - ſenden / oder auch in ſeines Herꝛn Haus in ſeinem Beruff-ſtehenden Handels-Diener die Peſt uͤber - fiele / und er an einem ſolchen inficirten Ort ſeyn und bleiben / auch ſich mit verſperren laſſen muͤſte / und nicht daraus gehen doͤrffte; in ſolchem Fall ſuche er doch in ſeinem Quartier / Stuben oder Cammer die Lufft zu reinigen / durch ſtets angezuͤndetes Feuer in Camin oder in ſolchen Oeffen / welche innwendig in der Stuben geheitzet werden / ſintemal dieſe in Peſt Zeiten / und auch ſonſt am geſundeſten ſeyn / weil ſie viel boͤſe Lufft aus der Stuben mit nach ſich ziehen / und durch den Schornſtein wegfuͤhren: Nicht weniger laſſe er ſich auch angelegen ſeyn / ſein Zimmer taͤglich zu reinigen und ſauber zu halten / al - le Morgen bey der Sonnen-Aufgang und bey hel - lem Wetter / einige Fenſter gegen Morgen und Mitternacht / oder wo die geſundeſte Lufft herſtrei - chet / ein paar Stunden lang aufzumachen / die aber gegen Abend und Mittag / oder auch nahe an den Cloacken / oder etwan an des Nachbars allbereit inficirtem Hauſe allernaͤchſt gelegen ſind / die halte er dichte zu. Er koͤnnte auch taͤglich / vornehmlich im Winter / helle und reine Oeffen-Camm und ande - re unbeſorgliche Feuer / von Eichenem / Erlenem /Bir -305Wie die Geſundheit zu verwahren. birckenem / kiefernem Holtze brennen / auch in ſol - chen etwas von Wacholder-Straͤuchen / Lorbeer - Aeſten / und Blaͤttern / Roßmarin / Lavendel und Roſen werffen: Wie ingleichen die Zimmer mit dergleichen und andern wohlriechenden Kraͤutern / als Majoran / Meliſſen / Quaͤndel / Jſop / Betho - nien / Poley beſtreuen. Sommers-Zeit aber / und wenn die Lufft heiß und geſchwuͤllig / ſind derglei - chen Feuer nicht ſo ſtarck / ſondern maͤßiger anzule - gen. Die Zimmer auch mit friſchem Eßig zu be - ſprengen / und mit darein getauchten Wein-Rau - ten / Roſen-Blaͤttern / blau Violen / und dergleichen zu beſtreuen / und zu jederzeit des Jahres alle Morgen / Mittag und Abends das gantze Hauß wohl durchzuraͤuchern / mit Wacholder-Beeren und Weyhrauch / jedes gleichviel genommen / oder allein mit Schwefel / welcher alle boͤſe Lufft am be - ſten remiget / oder mit dem daraus gemachten Schuͤß-Pulver / inſonderheit mit denen in unſern Apothecken befindlichen Rauch-Pulvern. Jn den Zimmern / Stuben / und Kammern / kan man einen reinen Eßig auf gluͤhende Kieſelſteine / oder im lauen Waſſer zerlaſſenen Vitriol auf gluͤhende Eiſen gieſſen / und darbey die Fenſter anfaͤnglich zu / hernach aber / wann der Rauch zuſammen gan - gen / und dicke worden / aufmachen / und den Dampff hinaus laſſen. Wer aber mit ſcharffen Huſten / Bruſt-Keichen / Lungen - und Schwind - ſucht beladen iſt / der muß dergleichen ſcharffen Rauch meiden / und die gelindern Mittel darzu ausſuchen: Maſſen es an guten Raͤucher-Kuͤchlein und Kertzlein / auch Spaniſchen Paſten an denUOfen306Caput VII. Ofen zu reiben / in den Apothecken nicht ermangelt. Das Toback-Trincken / und der davon entſtehende Rauch / wird hierzu auch ſehr recommendiret / und wird vornehmlich fluͤßigen und ſchleimigen Perſonen / und bey feuchter Lufft und Regen-Wet - ter / am beſten dienen.
Jn Genieſung Speiß und Trancks / iſt allezeit gute Maaße und Ordnung zu halten / und ſchadet gar ſehr beydes den Leib offt und viel anzufuͤllen / als auch mit Hunger und Durſt allzu ſehr zu ca - ſteyen. Dann gleich wie jenes der gemeine Zun - der iſt vieler Kranckheiten; Alſo verzehret und ent - kraͤfftet dieſes die Lebens-Geiſter / und macht alſo beydes den Leib Siech - und Peſt-faͤhig. Dannen - hero mag man ſichs auch in Peſt-Zeiten wohl ſchmecken laſſen / und unterweilen eine froͤliche Mahlzeit mitnehmen. Wer das Vermoͤgen dar - zu hat / kan vornehmlich ſolche Speiſen erwaͤhlen / die geſunder Art / leicht verdaulich ſeyn / und ein lebhafftes reines Gebluͤte und gute Nahrung ma - chen; Wie ſie insgemein denen Hypochondriacis, Cachecticis, oder auch Febricitantibus pflegen vorgeſchrieben zu werden / und ſolche zurichten ver - beſſern / und annehmlich machen laſſen / mit Wein - kraͤfftigen Eßigen / Citronen / Pomerantzen / Gra - naten / Limonien / Capern / Johannis-Berbers - Chriſt-Beeren / mit Cichorien / Endivien / Sauer - ampffer / Sauerklee / Borragen / Meliſſen / Betho - nien / Koͤrbel-Kraut / Salbey / Roßmarin / Wachol - der-Beeren / Zimmet / Saffran / Zittwer / und der - gleichen Condimèntis mehr / welche aller / und vornehmlich auch der Scorbutiſchen / Faulnuͤß wi -der -307Wie die Geſundheit zu verwahren. derſtehen. Darunter kan ein jedweder ausleſen / was er gewohnet iſt / und was ſeiner Natur am beſten zuſchlaͤgt: Doch iſt vornehmlich zu vermei - den / was alt / verlegen / hart / ſtopffend / und unver - daulich iſt / als altes Schaff-Schwein - und Rind - Fleiſch / ſo wohl friſch / als alt geraͤuchert / oder in Poͤckel geſchlagen / wie auch geraͤuchert und ge - trocknete Stock - und andere See-Fiſche / Heringe / harte Eyer / zehe / faule / und verdorbene Kaͤſe; was ſchleimet und blehet / als Aale / Schleyen / Weiß - Fiſche / viel Milch-Speiſe / Kraut / Fett-gebackene Sachen; item / was ſehr ſuͤſſe iſt / und zur Galle ſchlaͤgt / als Honig und Zucker-Werck; Was im Magen leicht verdirbt oder verfault / als Milch / Piltze / Schwaͤmme / viel Feld-Salat / Gurcken / Melonen / Kuͤrbſe / Weintrauben / rohe Pflaumen / und ander rohes / weiches / anbruͤchiges Obſt. Knoblauch hingegen / Zwiebeln / Merrettig / Senf / moͤgen diejenigen / ſo ſie vertragen / und derer ge - wohnt ſeyn / wohl genieſſen. Gerſten-Bier / noch mehr aber ein guter Wein / als welcher des Men - ſchen Hertz nicht allein ſtaͤrcket und erfreuet / ſon - dern auch vor Gifft und Faͤulnuß bewahret / iſt auch dienſam. Man koͤnte ſolchen zuweilen mit gezu - ckerten Citronen / Him-Beeren / oder Nelcken - Safft anmachen / oder auch Citronen oder Pome - rantzen / Stuͤck - oder Scheiben-Weiſe / hinein ſchnei - den; und davon koͤnnen nach Nothdurfft trincken / die Melancholiſche und Furchtſame / auch ſo gar biß zur Luſt und Froͤlichkeit / niemand aber / biß er voll und toll davon werde. Denn obgleich manchem ein guter Rauſch gelingen moͤchte / ſo iſt es doch ſuͤnd -U 2und308Caput VII. und gefaͤhrlich / und haben ſich ihrer viel die Peſt durch Erhitzung und Efferveſcenz des Gebluͤtes / an den Hals geſoffen / welche ſich durch ſtarckes Sauffen die Furcht vor derſelben verjagen wollen. Meth / Moſt / hitzige / brennende / ſcharffe / und an - dere ſuͤſſe / dicke und ſtarcke Weine ſind ſicherer zu meiden / als oͤffterer zu genieſſen. Wie dann auch Brandewein / obſchon mit Angelica, Zittwer / oder Wacholder-Beeren uͤberzogen / und allerhand hi - tzige und ſtarcke Aquæ Vitæ, (ſollen ſie anders nicht zu Aquis Mortis werden) gar ſparſam / und nur alten und kalten Perſonen / oder welche ſchwa - che Maͤgen haben / und mehr Winters-als Som - mers-Zeit zu genieſſen / erlaubet ſeyn.
An der Kleidung iſt in Peſt-Zeiten auch mehr gelegen / als mancher vermeynen moͤchte. Dann weil tuchne und andere dicke woͤllne / auch Peltzene Kleider die gifftigen in der Lufft herum ſtreichen - den / oder ſonſt anhenckend - und anklebenden Daͤmpffe / und Unſauberkeiten gar leicht an ſich nehmen / haͤgen und ausbreiten / ſo ſind ſie vielmehr eine Zeitlang an die Seite zu legen / als am Leibe zu tragen; vielmehr aber zum taͤglichen Gebrauch / duͤnne / glatte / ſeidene / und Cameel-haarene / auch gewaͤchſte Leinwandene Kleider zu erwaͤhlen.
Dem Schlaffen und Wachen hat man weder zu viel noch zu wenig zu thun / und alſo die Graͤn - tzen der Natur nicht zu uͤberſchreiten / noch durch ſtets und allzu vieles Wachen die Leibes-Kraͤfften zu ſchwaͤchen. Der Mittags-Schlaff iſt insgemein ſchaͤdlich; ſo ſoll man ſich auch zu ſolcher Zeit unter freyem Himmel an die Sonne / oder aufs Gras /oder309Wie die Geſundheit zu verwahren. oder Heu ſchlaffen legen / welches vornehmlich der Landmann zu beobachten hat.
Und wie eine maͤßige Bewegung den Leib ge - ſund erhaͤlt; alſo ſind herentgegen allzu viele und ſtrenge Arbeit und ſtarcke Exercitien (weilen da - durch das Gebluͤte allzu ſehr erhitzet / und der Leib geſchwaͤchet wird) ſo viel moͤglich zu unterlaſſen / vornehmlich bey denen / die dergleichen ſtarcke Lei - bes-Bewegungen nicht gewohnt ſeyn.
Der Leib ſoll auch taͤglich offen ſeyn / oder doch durch gelinde Mittel offen gehalten werden. Beym Umgang mit krancken Leuten hat man ſich ſo viel / als moͤglich / in Acht zu nehmen / daß man den Mund-Speichel nicht hinunter ſchlucke / ſondern ſtets auswerffe / weil ſonſt die mit dem Speichel vermiſchte / und hinab geſchluckte Lufft in den Ma - gen alſo bald mit dem / was ſie darinnen antrifft / zu fermentiren anfaͤngt / dadurch nach und nach alle Feuchtigkeiten und Lebens-Geiſter vergifftet / und folglich der gantze Leib angeſtecket wird.
Letzlich ſoll ſich ein jeder eines ruhigen Gemuͤ - thes zu ſeyn / befleißigen / und alle hefftige und ge - ſchwinde Gemuͤths-Beweg - und Aenderungen / in - ſonderheit / Zorn / Furcht und Schrecken / ja alle darzu veranlaſſende Gelegenheiten / wo moͤglich iſt / vermeiden / und in Chriſtlicher Gelaſſenheit und feſter Zuverſicht zu Goͤttlicher Guͤte und Barmher - tzigkeit allen Begebnuͤſſen unerſchrocken entgegen gehen / und dabey allezeit das Beſte hoffen. Dann es iſt aus der klaͤglichen Erfahrung bekannt / daß die Peſt die Kleinmuͤthigen und Furchtſamen ge - meiniglich eher angreifft / als die / ſo ſich behertzt er -U 3weiſen /310Caput VII. weiſen / Goͤttlichen Willen ergeben / auf ihren Me - dicum und deſſen vorgeſchriebene Artzney-Mittel ein gutes Vertrauen ſetzen / und unterweilen zu Ergoͤtzung des Leibes und Gemuͤths / ein froͤliches Stuͤndlein mitnehmen.
Und ſo viel auch von denen Præſervativ - und Hilffs-Mitteln / die ein reiſender Kauffmanns Die - ner vor und in der Peſt - oder Contagion-Zeit ge - brauchen ſoll. Wir haben uns in deren Beſchrei - bung etwas laͤnger aufgehalten / weil einige Jahre her / faſt hin und wieder dieſes Malum erſchroͤck - lich gehauſet / und viel tauſend Menſchen / darun - ter auch nicht wenig Reiſende werden geweſen ſeyn / hingeriſſen; der groſſen Hindernuͤſſe zugeſchweigen / welche die Commercia in ihrem Lauff / durch die Poſtirungen vorgeſchriebene Umwege / Quaran - tainen / und dergleichen / erleiden muͤſſen.
Folget nun noch mit wenigen / wie auch gegen andere einen reiſenden Kauffmanns-Diener anfal - lende Kranckheiten / derſelbe ſich durch dienliche und allenthalben zu bekommende Hauß-Mittel ſchuͤtzen koͤnne. Und zwar erſtlich gegen
SJede Eiſen-Kraut mit der Wurtzel / im guten alten Wein / und laß den Patienten / wann jhn der Paroxyſmus anſtoͤſt / ein oder zwey mahl davon trincken.
Oder nimm 30. Koͤrner von Wermuth / legs in ein halb Noͤſſel Wein-Eßig / und trincke / wann dir das Fieber ankommt / einen guten Trunck da -von /311Wie die Geſundheit zu verwahren. von / beweg dich hier auf durch einen Spatziergang / zu einen gelinden Schweiß.
Jtem / trincke ein gut Glaß Bitter-Wein aus / und gehe hierauf ſo lang / biß der Schweiß er - folget.
Ein paar Tag ſich / ſo viel moͤglich / des Eſſens enthalten / thut auch viel / das Fieber zu vertreiben. Multi morbi curantur inedia & labore. Viel Kranckheiten werden durch Hunger - und Arbeit vertrieben. Dahero viel / die in der Frembd ſeynd / durch die Hunger-Cur ſich bald von ihren Kranck - heiten loß machen.
Jtem / nimm Wein-Eßig / das Weiß von Ey / etwas Alaun / geſaͤuert Brod / ein wenig Saltz / und alten Leimen von Kachel-Offen / jedes gleichviel / ruͤhre es unter einander / und binde es auf dem Puls / laß es liegen / biß es duͤrre wird / ſo geht das Fieber darnach weg / wo nicht / ſo muß es noch ein - mahl friſch aufgeleget werden.
Jtem / nimm Alaun / und eine Muſcaten-Nuß / jedes gleichviel / pulveriſirs / und wann der Paro - xyſmus kommt / ſo nimm es in warmen Bier ein.
Jtem / nimm tauſend Guͤlden-Kraut / oder das ſogenannte Fieber-Kraut / koche es im guten Wein oder Brunnen-Waſſer / und laß es den Patienten kalt trincken.
Oder nimm Hauß-Laub / (es waͤchſt oben auf den Daͤchern) nehe etliche Blaͤtter davon in ein Saͤcklein / und haͤnge es dem Patienten auf die Bruſt.
Jtem / leg das ſogenannte Trifolium febri - num in guten Brandwein / es macht ihn nicht al -U 4lein312Caput VII. lein ſchoͤn gruͤn / ſondern iſt auch gut vor das Fie - ber und verdorbenen Magen.
℞. 〈…〉〈…〉Depurat. ♀ Diaphor. ana. Ʒj. flor. 〈…〉〈…〉s Эij. Op. Cyd. gr. ij.
Miſcetur, fiat Pulviſ. divid. in 4. partes æqua - les, Præſervativ-Pulver in hitzigen Fiebern / und gegen beſorgliche Wund-Fieber.
NJmm Oſter-Lucey / weiche ſie in Ziegen-Milch / und legs auf den Schaden.
Jtem / nimm etwas geſtoſſene Krebs-Stein ein / ſtreich auch Mayen-Wuͤrmlein-Oehl auf den Schaden / oder nimm gleich von des Hundes Haar / und legs auf den Schaden. Man muß auch ſol - chen ſo lang offen halten / als man kan / und wann es gefaͤhrlich iſt / den Patienten immer im flieſſenden Waſſer baden / auch vor innerlichen Zufaͤllen ihn mit Hertz-ſtaͤrckenden / und dem Gifft widerſtehen - den Artzeneyen wohl verſehen / ausgedruckter Neſ - fel-Safft in einem naſſen Tuͤchlein auf den Scha - den gelegt / iſt auch gut.
Der nehme etwas Sauer-Kraut-Lack / friſchen Kuͤh-Koth / und Salpeter / ruͤhre es durch einan - der / und ſchlage es uͤber.
Kan ein Reiſender / der damit behafftet iſt / ein Conſervativ von Majoran oder Meyen-Bluͤm - lein nehmen / wie auch 4. biß 5. Tropffen von Agt - Stein-Oehle / in Mayen-Blumen-Waſſer. Man ſoll auch oͤffters Cubeben im Mund kaͤuen / und die Feuchtigkeit / ſo ſich davon ſammlet / ausſpeyen. Das Haupt / die Schlaͤffe und Stirn / kan man oͤffters mit Lavendel-Waſſer beſtreichen; Folgende Species auch in eine Schlaff-Muͤtze oder Haube einnehen. Nimm Roßmarin / Majoran / Wohl - gemuth / Poley / jedes ½. Loth / Lavendel-Blumen / Quendel / Thymian / auch ſo viel Storax und Ben - zoe, jedes 1½. Quintlein / Agtſtein-Oehl etliche Tropffen. Letzlich ſoll man ſich auch vor hart - verdauigen und geſaltznen Speiſen / ſonderlich vor Knoblauch / Rettich und dergleichen huͤten / auch keinen Toback rauchen.
Wenn ſolcher einen geruͤhret / iſt wohl das er - ſte Mittel / daß man eine Ader oͤffnen laſſe / damit das Gebluͤt die Feuchtigkeiten / welche in das Ge - hirn gedrungen / wieder in ſich nehmen moͤge / hiernaͤchſt ſoll man den Patienten fleißig mit war - men Tuͤchern reiben / ein Clyſtier ſetzen / den Ruͤck - grad mit Camillen / Spick und Bibergeil-Oehl ein - ſalben / in dem Nacken eine Blaſe ziehen / auf die Fußſohle Uberſchlaͤge von zerſtoſſener Rauten und Saltz legen; vor die Naſen Spiritum Salis Am - moniaci halten / oder das Gummi Galbanum, ſoU 5in314Caput VII. in Eßig geweichet worden / ingleichen Rauten - Safft mit Eßig vermengt / wie auch den Rauch vom angezuͤndeten Agtſtein / die Wuͤrbel / Schlaͤffe und Naſen / ſollen mit Agtſtein-Oehl oder Bal - ſam / wie auch mit Schlag-Balſam beſtrichen wer - den. Das Angeſicht aber mit Schlag-Waſſer / die Zung mit Theriac oder Zimmet / ingleichen Campher-Oehl; hier auf giebt man ihm 1. oder 2. Loͤffel voll guten Schlag-Waſſers / oder biß 7. Tropffen von Agtſtein-Oehl in Lavendel Waſſer ein / ingleichen ein oder zwey Loͤffel mit Rauten - Safft / und was ſonſt zur Hertz-Staͤrckung / und die Lebens-Geiſter wieder herbey zu bringen / die - nen kan.
Dieſes iſt eine ſehr gefaͤhrliche Kranckheit / ab - ſonderlich wann das Athem-holen und Schlucken dadurch verhindert wird / ingleichen die innere Theil mehr als die aͤuſſern afficiret ſeyn; Wann die zaͤhe und weiſſe Materia / welche die Zunge / und die andere Theile des innern Mundes / in der Braͤune gemeiniglich uͤberziehet / trocken und ſchwartz wird / ſo iſt ſchlechte Hoffnung. Wann ein Schaum auf dem Mund ſtehet / ſo ſteckt der Patient dem Todt bereits in Rachen; daher in der Cur dieſes Affects nicht zu ſaͤumen. Jſt die Kranckheit anſteckend / daß mehr Leut daran nie - derliegen / ſo kan man ihm zu vomiren geben; Es muß aber ſolches gleich den erſten Tag geſchehen / dann den andern iſts nichts mehr nuͤtz. Jſt erBlut -315Wie die Geſundheit zu verwahren. Blut-reich / kan man ihm eine Ader / ſonderlich un - ter der Zunge / oͤffnen. Hierauf Morgends und Abends ihn fleißig mit der Tinctura Bezoardica verſehen / von 30. zu 40 Tropffen jedes mahl. Waͤ - re ſolche nicht bey der Hand / ſo nehme man aus - gedruckten Safft von Pferd-Miſt / um den Pa - tienten dadurch einen Schweiß zu erwecken; So muß man ihme auch oͤffters des Tages uͤber die Zunge ſaͤubern / und in Hals ſpritzen. Jſt die Zun - ge allzu ſehr duͤrre und trocken / ſo kan man ſelbi - ge oͤffters mit Schleim / der aus Floͤh-Saamen / mit Roſen-Waſſer gezogen worden / beſtreichen / oder ein Stuͤck Speck / Meſſer-Ruͤcks dick / und ſo breit als die Zunge iſt / auflegen. Dieſes wird nicht allein die Doͤrre der Zungen lindern / ſondern auch die ſchwartze Haut aufloͤſen / daß ſie von der Zungen abgezogen werden kan. Wann die Thei - le des innern Mundes verwundet / kan man ſelbi - ge mit Salpeter / ſo mit Honig vermenget iſt / be - ruͤhren / damit die Haut abgehe; Nachmahls kan man es mit Johannis-Kraut-Oehl beſtreichen. Auch kan man einen guten Umſchlag um den Hals / von rothen Myrrhen / Weyhrauch / Cam - pher / Saffran / und dergleichen machen.
Jn waͤhrender Kranckheit ſoll ſich der Pa - tient mit Gerſten-Suppen und Haber-Muͤßlein begnuͤgen laſſen / und nichts gewuͤrtztes genieſſen / ingleichen keinen Wein trincken / ſondern Gerſten - Waſſer mit ſuͤß Holtz und Wein-Beerlein / an ſtatt des Truncks / gebrauchen / oder gar folgenden Tranck anſtellen.
Nimm316Caput VII.Nimm Feigen / Suͤß-Holtz / weiſſen Zucker - Candi / kleine Roſinen / gereinigte Gerſten / Aniß - Saamen / Fenchel-Saamen / jedes 1. Loth / blaue Violen / Brunellen-Kraut / jedes 1. Hand voll / koche es mit 3. Maaß Waſſer zu einen Tranck / und ſei - he es durch. Der Patient ſoll auch Anfangs nicht viel reden / und den Leib allezeit durch Clyſtirn of - fen halten. Einige ſchaben auch dem Krancken die Zunge offt mit Weyden-Holtz / und was ſie ſo abgeſchabet / das geben ſie einem Hund auf Brod oder Speck zu freſſen. Hernach nehmen ſie einen Spiegel von einer. Pfauen-Feder / ſchneiden ihn auf das allerſubtilſte / und gebens dem Krancken un - ter ein wenig Cichorien-Safft vermiſcht / ein / es ſoll augenblicklich helffen.
Hierzu ſeynd Hertz-ſtaͤrckende Medicamenta, und auch kraͤfftige aͤuſſerliche Anſtriche noͤthig / da - durch die Seelen-Geiſter wieder moͤgen geſtaͤrcket / und das Gebluͤt wieder zu ſeinen Lauff gebracht werden.
Nehmt Carfunckel-Waſſer / Schlag-Waſſer / Zimmet-Waſſer / eines jeden 2. Loth / præparirte Krebs-Augen 1. Quintlein / Orientaliſchen Bezoar, einen halben Scrupel / Sal volat. Cornu Cervi 6. Gran / Zimmet-Syrup / 1. Loth / vermenget es / und gebet dem Patienten etliche Loͤffel voll nach und nach davon.
Gurgelt euch mit Ruͤben-Kohl - oder Wurtzel -Safft /317Wie die Geſundheit zu verwahren. Safft / des Nachts bindet eure Struͤmpff um den Hals / will dieſes nicht helffen / ſo nehmet geſcheelte Ruͤben und etwas Kuͤh-Miſt / kocht es zuſamm in duͤnnen Bier / und ſchlaget es alsdann warm um den Hals.
Mit ſolcher koͤnnen junge Leute / welche die fleiſchliche Wolluſt mehr / als die Furcht GOttes / ihr Gewiſſen und ihre Geſundheit lieben / gar leicht - lich / zumal auf Reiſen / da man allerley Gelegenheit zur Unzucht findet / auch wohl von einem Kuſſe oder Trunck / den ihnen eine damit inficirte Per - ſon reichet / ja durch ein heimlich Gemach / unrein Bett / Sattel oder Stuhl / wiewohl dieſe beyde letze - re nicht ſo leicht geſchehen / angeſtecket werden. Die Cur ſo dagegen anzuſtellen / beſtehet darinn / daß / ſo der Patient Blut-reich / man ihme eine Ader oͤffne / und wann ſein Leib mit allzuviel groben Saͤfften an - gefuͤllet iſt / kan man ſolche vorher mit folgenden aus - fuͤhren. ℞. Extract. Hellebor. nigr. 1. Scrupel. Mercur. dulc 10. Gran. reſin. Jalapp. 5. Gran. Syrup Cichor cum Rhabarbara ſo viel zum Pillen noͤthig; nach dieſem / muß man ſehen / wie man das ſcharffe Gifft moͤge austreiben / ſolches geſchiehet durch die Holtz-Cur / auf folgende Art: Nimm Frantzoſen-Holtz / ſo in kleine Stuͤcke zerſchnitten 1. Pfund / ſuͤſſes Holtz 4. Loth / koche es in 6. Maaß Brunnen-Waſſer / biß auf den dritten Theil ein / und laß davon den Patienten taͤglich Morgens und Abends warm ½. Maaß trincken / und gleich darauf im Bett wohl ſchwitzen / und zwar das erſte -mal318Caput VII. mal nur ½. Stund / das anderemal ¾. biß er endlich auf 2. Stund kommt; es kan aber ſolches Schwi - tzen beſſer in einem Schwitz-Kaſten / mit untergeſetzt - und angezuͤndtem Brandtwein geſchehen / wo - durch die Schweiß-Loͤcher eroͤffnet / und das Gifft heraus getrieben wird / und dieſe Cur muß alſo 30. oder 40. Tage continuiret werden / biß der Patient ſeine rechte Geſichts-Farbe wieder bekommt. Wie eine angenehme Zeitung dieſes vor einen Handels - Patron ſeyn muͤſſe / wann ſein Diener / den er in ſei - nen Geſchaͤfften ausgeſchickt / ſolcher Geſtalt in dem Venus-Spital verarrétiret lieget / und ſchon Franckreich zu ſehen bekommt / ehe er noch einmal deſſelben Graͤntze beruͤhret / ſtehet leicht zu erachten / und dencke nur niemand / der auf ſolchen verbotte - nen Wegen gehet / daß er Brief und Siegel dar - vor habe / daß es ihme nicht / wie andern / er gehen moͤchte; der ſchoͤnſte Apffel iſt inwendig offt wurm - ſtichig / und in den ſilbern Geſchirren / kan der ſuͤßte Wein am erſten zu Eßig werden.
Nehmet braune Honig-Kuchen / laſſet ſie wohl ſieden / im rothen Wein-Eßig / biß es wie ein Brey werde / machet davon ein Pflaſter auf Heyde oder Werck / und leget es uͤber.
Jſt im Leib etwas zerbrochen oder zerſtoſſen / ſo gebe man dem Patienten alle Tag dreymal Alant - Wurtz-Waſſer zu trincken / ſo wird er innerlich ge - heilet werden.
Oder er gebrauche vor etwan 2. Groſchen Krebs -Au -319Wie die Geſundheit zu verwahren. Augen / mit eben ſo viel Theriac im warmen Bier oder Wein.
Haͤtte jemand unter Wegs ein Arm oder Bein entzwey gebrochen / und kein Barbirer waͤre ſo bald bey der Hand / ſo muß man nur ſo lang ein Tuch in Eßig genetzt herum ſchlagen / biß man ſich recht kan verbinden laſſen.
Vor die Zerquetſchung der Hand oder an - derer Theile / nehmen etliche nur den Safft vom Roß-Miſt / und troͤpffeln ſolchen in die Wunde / oder gebrauchen das Johannis-Oel / und binden die Wunde veſt zu.
Item, Nimm Speck / Honig und Rocken - Mehl / menge es durcheinander / und lege es uͤber / es heilet bald eine Wunde; Papeln-Kraut mit Baum-Oel zerſtoſſen / ingleichen / Epheu-Safft / iſt gut zu allen friſchen Wunden. Item, Fuͤnfffinger - Kraut mit altem Schmeer zerſtoſſen / oder nehmet zu alten Schaͤden Schweinen-Schmeer / laſt es zer - gehen / ruͤhret hernach Gruͤnſpan darunter und ſtreicht es auf weiß Hartz und Saaf-Talch in Zie - gen-Milch geſotten / iſt auch gut.
Nehmet Hollunder-Knopffen / machet ſie rein / nehmet auch Hopffen-Kaͤume / reinigt ſie gleichfalls / und beruͤhrts mit heiſſen Waſſer / biß ſie weich wer - den / thut hernach Baum-Oel darzu / hackt ſie klein / dieſes iſt alles im Fruͤhling gut zum purgiren.
Item, nehmet Senet-Blaͤtter und Jngwer / jedes 1. Loth / Zimmet 1. Quintin / feinen Zucker 2. Loth / dieſes alles zu Pulver gemacht / untereinan -der320Caput VIII. der gemengt / und auf einem im Wein gebaͤhten Brod / an ſtatt des Triſanets, einen Loͤffel voll da - von genommen.
Item, nehmt 1. Loth Feigen / 1. Loth Zwetſch - gen / ein Loth duͤnne Roſen-Blaͤtter / gieſſet ein halb Maaß Waſſer daran / laſt es ſieden / und wann ihrs trincken wollt / ſo thut 1. Loth Zucker darzu / es wird gar gelinde purgiren.
Welcher Geſtalt ein Kauff - manns-Diener auf Reiſen / die er zu Pferd verrichtet / vor daſſelbe Sorg zu tra - gen habe / auch wann demſelben einige Kranckheit oder Unfall zugeſtoſſen / wie er ſol - ches wieder koͤnne curiren laſſen / ingleichen wie ein gut Pferd zu kennen / und daß man im Kauff nicht betrogen werde zu præcaviren ſey.
WEil es vielmals ſich zutraͤgt / daß ein Kauff - manns-Diener / um ſo viel geſchwinder fort und durchzukommen / ſeine Reiſe zu Pferd verrichten muß / als wird in dieſem Capitel nicht undienlich ſeyn / ſpecialiter anzuwei - ſen / was bey Verpflegung eines ſolchen Reiß - Pferdts / ſo wohl vor / als auch in - und nach derReiß321Wie ſich einer auf Reiſen zu verhalten. Reiß ein Handels-Diener zu beobachten habe. Der kluge und Rechts-verſtaͤndige Haus-Vatter giebet im 19. Capitel ſeines 5ten Buchs hiervon folgen - de Nachricht: Um ein Pferdt auf eine bevorſtehen - de Reiſe wohl zu verwahren / ſo laſſe man es einige Tage vorher / ehe es wuͤrcklich durch das Land auf die Reiſe gehen ſoll / wohl beſchlagen / man ſehe aber zu / daß es nicht zu duͤnn ausgeſchnitten werde; die Eiſen muß man fein gleich aufſchlagen und nach dem Fuß einrichten laſſen; ein Stolle ſoll ſo hoch als der andere ſeyn / und hinten bey den Stollen / ſollen ſie nicht weit voneinander gehen / ſonſten dieſelbe / wann ſie in einen hohlen Weg kommen / leichtlich abge - riſſen werden; die Naͤgel muß man von dem Schmied nicht uͤber eines queren Daumens ſchla - gen / auch keine ſubtile oder duͤnne Naͤgel darzu aus - ſuchen / weil man das Pferd ſonſt leicht ſchmertzlich verletzen und vernageln koͤnte; uͤber das ſoll man ihn auch mit Einſchlagen und Hufſchmieren wohl verſehen / und hier auf / wann es neu beſchlagen und ein paar Tage geſtanden / alsdann erſtlich ein wenig und den folgenden Tag darauf ſchon wieder etwas weiter reiten / um zu ſehen / ob es nach und nach wohl aushalten ſollte. So muß auch der Sattel / den man auflegen will / wohl probirt werden / ob er dem Pferd recht anliege / oder ſolches hin - und wieder druͤcken moͤchte. Wuͤllene - oder Haar-Decken / un - ter dem Sattel zu legen / iſt nicht gut / weil dem Pferd dadurch Hitze verurſachet wird; beſſer iſt es / man nehme drey oder vier leinene Pfeffer-Saͤcke / nehe ſolche zuſammen / damit ſie taͤglich umgewand / und wann ſie feucht geworden / wieder getrucknetXwer -322Caput VIII. werden koͤnnen. Jm Fall ein Pferd einen weichen Ruͤcken haͤtte / und die Haut von den Brand-Fle - cken noch nicht wieder geheilet waͤre / ſo nehme man groſſe Kletten-Bletter / zerklopffe dieſelbe wohl an ihren Adern / und lege ſie dem Pferd / wo der Ruͤ - cken offen iſt / des Tages zweymal friſch uͤber / oder man nehme auch ein friſches Schaaf-Fell / welches uͤber 24. Stund nicht alt iſt / breite daſſelbe uͤber das Pferd alſo aus / daß die Fleiſch-Seite / nicht aber die Wolle an die Haut zu legen komme / und guͤrte alsdann den Sattel daruͤber / ſo wird der Schaden bald zuheilen.
Wegen der Steigbuͤgel-Riemen iſt zu mercken / daß ſolche offt doppelt genaͤhet / und durch den Sat - tel-Baum gezogen werden / es wird aber manches Pferd dadurch gedruͤcket / und unter dem Baum eine Geſchwulſt verurſachet; daher es wohl beſſer waͤre / wann man ſich der Buͤgel / die an den Sat - tel-Knopff angehangen werden / bedienete / man haͤtte dabey den Vortheil / daß / wann man von dem Pferd herunter fiele / man in den Buͤgeln nicht be - haͤngen bliebe; es muͤſſen aber die Buͤgel auf jeder Seiten eine gantz gleiche Laͤnge haben / und der Rei - ter muß nicht uͤber ſeine natuͤrliche Laͤnge reiten / weil ſonſt das Pferd / wann er nicht geruhig ſitzet / ge - drucket wird / welches ihme doch ſonſt auch von dem ſchwaͤreſten Mann / der nur veſt und kurtz ſitzet / nicht wiederfaͤhret.
Vor der Reiſe muß man kein Pferd uͤberfuͤttern / weil es ſonſt / wann der Weg kaum eine halbe Tag - reiſe gedauret / den Kopff unter die Krippe oder Bahren haͤngen / und die Ohren ſincken laſſen wird /aus323Wie ſich einer auf Reiſen zu verhalten. aus Urſach / weil ihm das uͤbrige Futter im Leib bren - net / darum thut man beſſer / man laſſe das Pferd bey ſeinem gewoͤhnlichen Tractament, ſo kan es die Reiſe deſto beſſer aushalten.
Bey Antrettung der Reiſe / wann man in einem frembden Stall kommt / ſo heffte oder binde man das Roß auf / man nehme auch das alte Heu / aus den Reifen / ſaubere die Krippe wohl von aller Un - reinigkeit / und guͤrte / um dem Pferd ein wenig Lufft zu machen / den Gurt etwas auf; Packe hierauf ab / trage die Bagage ſamt denen Piſtolen / in das vom Wirth angewieſene Zimmer / nach einer halben Stund / nehme man dem Pferd den Zaum ab / lege ihm die Halffteꝛ an / und binde oben ſolche an die Reu - fen / da das Heu lieget / gebe ihm hierauf ein wenig rei - nes Heu vor / wann es ſolches aufgefreſſen / ſo gibt man ihme ein wenig ausgeſchwungenen Haber / und dann wieder etwas Heu / nach einer Stunde aber erſt maͤßig zu trincken / leget auch wohl etwas Heu in das Waſſer / damit es nicht zu kalt ſey / alsdann giebt man ihm wieder ein paar Hand voll Haber / wann es ſolchen zum Mittags-Futter aufgefreſſen / ſo packt man wieder auf / guͤrtet den Sattel veſt / zaͤumet es wieder auf / und reiſet alsdann ſeiner Weg.
Jn der Abend-Herberg / macht man es mit dem Abpacken eben wie des Mittags / laͤßt aber den Pferd zum Abkuͤhlen / eine gute Stund; hier auf nimmt man ihm den Zaum ab / und legt ihm die Halffter an / damit es ſich aber / ſo lange es den Sat - tel auf hat / nicht weltze / ſo wird es aufgebunden / ihme eine Hand voll gutes Heu vorgegeben / derX 2Sat -324Caput VIII. Sattel-Gurt etwas loß gemacht / die Schenckel hinten und vorn / wie auch der Bauch mit alter Streu wohl abgerieben. Hat indeſſen das Pferd ge - ſtanden und das Heu aufgezehret / ſo gibt man ihme alsdann etwas Haber vor / ziehet ihme die Decke unter dem Sattel weg / und endlich nach dem Ab - kuͤhlen und Abdrucknen / den Sattel ſelbſt. Hierauf wird das Pferd entweder eigenhaͤndig / oder durch des Wirths Leute geſtrigelt / gewiſchet / und die Maͤhn und Schweiff wohl ausgekaͤmmet; hierauf / wann ihm die Hitze ein wenig vergangen / des Som - mers ins Waſſer geritten; des Winters aber thut man beſſer / man enthalte ſich / ein ſolches Reiß - Pferd ins kalte Waſſer zu reiten / und waſche es lie - ber zu Haus / oder im Wirths-Haus mit laulichem Waſſer ab / truckene es auch bald wieder mit Leder oder leinen Tuͤchern; je weniger man ein Pferd mit kaltem Waſſer benetzen kan / je beſſer es iſt / inſon - derheit iſt ſolches um das Geſchroͤt herum gar nicht rathſam / nur bey gar groſſer Hitze im Sommer mag man etwan des Abends um 5. Uhr in ein flieſ - ſendes Waſſer / doch nur biß uͤber die Knie (die Be - netzung des Bauches zu verhuͤten) gehen laſſen / und dieſes zwar nur um Erfriſchung willen / wann man es tieff er einreitet / ſo laſſe man ſichs nicht wundern / wann das Bauch-Grimmen dem Pferd zuſetzet / und daſſelbe auch bey dem beſten Futter nicht zunimmt; dann wer ſein Pferd / wann es allzufett und dick wird / gern wieder mager haben will / der darff es nur offt in kaltes Waſſer in die Schwemm reiten.
Wann man gegen die Nacht / dem Pferd imWirths -325Wie ſich einer auf Reiſen zu verhalten. Wirths-Haus die Streu gemacht / ſo gibt man ih - nen wieder etwas reinen Haber vor / man nimmt auch wohl ein Glas Waſſer / wirfft eine Hand voll Saltz darein / und waͤſchet damit das Pferd oben auf dem Ruͤcken / wo der Sattel gelegen / ab; etliche nehmen auch hierzu ihren eigenen Urin; hierauf muß man auch das Pferd einſchlagen / wann die Zeit dar - zu iſt; item. ſchmieren einige die Huff / mit zerlaſſe - nem Talch oder Unſchlit / das Verballen zu vertrei - ben / andere nehmen ein halb Maaß ſchlechten Brandtwein / und reiben ihm die Schenckel da - mit.
Ehe man die Pferd des Morgens fuͤttert und zu recht machet / ſoll der Menſch erſtlich ſelbſt geſaͤu - bert und gewaſchen ſeyn. Nach vollbrachter Fuͤt - terung / gebe unſer reiſender Handels-Diener fein ſelbſt acht / wann man ihme das Pferd aufs neue ſattelt / und ſehe zu / ob kein Riemen / oder ſonſt et - was untergeguͤrtet werde / bey Auflegender Decke / ſoll das truckene Ort auf das Pferd kommen; hier - auf wird der Sattel aufgeleget / recht zugeguͤrtet / und das hinter und forder Gezeug wohl eingemacht. Hat nun das Pferd ſein erſtes Futter verzehret / ſo legt man ihm ein neues fuͤr / wie auch ein we - nig / aber gutes / Heu. Hierauf packt und zaͤumet man wieder auf / und zwar fein gleich / daß auf einer Seite nicht ſchwehrer als auf der andern komme / vermachet die Halffter wohl / im Fall auch ein Reiſen - der etwas vom Antimonio wohl verwahret bey ſich fuͤhrte / und ſeinem Roß taͤglich eine Nuß-Sale da - von gaͤbe / wuͤrde es deſto weniger in unreinen Staͤl - len angeſtecket werden koͤnnen. Endlich ſo muß manX 3ſich326Caput VIII. ſich auch nach den Beſchlag wohl umſehen / daß auch daran kein Mangel erſcheine / wollte man auch etwas am Schmiede-Zeug / als Hammer und Zange bey ſich fuͤhren / weil die Schmiede / nicht allenthalben zu bekommen ſeyn / wuͤrde es im Nothfall wohl zu ſtatten kommen.
Als eine Rechts-Anmerckung / giebet bemelder Author auch noch dieſes mit / daß eine reiſende Per - ſon / wann etwan ein Pferd ermuͤdet / oder man ſonſt in kein Wirths-Haus kommen koͤnte / ſein Pferd wohl an einer frembden Wieſe weiden und graſen laſſen moͤge / es muͤſſe aber allernechſt an die Land - Straſſe und nicht mitten in der Wieſe / auch anders nicht / als aus dringender Noth geſchehen.
Wann auch unſerm reiſenden Kauffmanns - Diener zuweilen aus Noth / offtmals auch auf Ordre ſeines Patrons, oder weil es die Handlung alſo mit ſich bringet / ein Pferd zu kauffen / einzutau - ſchen / oder anzunehmen / vorkommt / als hat er we - gen der Lands-Art derſelben folgenden Unterſchied zu bemercken.
Die Ungariſchen Pferd ſind zwar etwas ſcheu / aber dabey dauerhafft / lauffen wohl / ſchicken ſich aber beſſer auf ebene Wege / als ins Gebuͤrg; die Siebenbuͤrger ſeynd unter ſolchen die beſten.
Moldauiſche ſind mehrentheils etwas klein / doch wohlbeſetzt / haben ſtarcke haarichte Fuͤſſe / koͤnnen viel Travaillen ausſtehen / und werden gerne zur Ba - gage gebraucht.
Polniſche Pferde / ſonderlich die aus Podolien und der Ukraine / ſeynd noch ſtaͤrcker und dauerhaff - ter als die Ungariſchen; es haben auch einige ſo harteHu -327Wie ſich einer auf Reiſen zu verhalten. Hufen / daß ſie nicht duͤrffen beſchlagen werden / die - ſe nennet man Bachmatten / ſie taugen aber beſſer an ebenen als bergichten Orten.
Teutſche Pferde / ſonderlich aus Nieder-Sach - ſen / haͤlt man zum Reiten und Fahren am allerbe - quemſten / und lieben die Kauffleute ſonderlich dieje - nige / die fein ſtarck und gedrungen oder ramaſſiret / auch dabey gut auf den Schenckeln ſeyn / derglei - chen ſonderlich in Holſtein / Mecklenburg und Pom - mern anzutreffen.
Die Frießlaͤndiſche / Oldenburgiſche und Weſt - phaͤliſche Pferde ſeynd zwar groß und ſtarck / aber dabey weich und plathuffig / dienen auch beſſer vor Caroſſen als zum Reiten.
Die Farbe bey den Pferden zeiget ebenfalls ih - re Natur und Complexion an / als da ſeynd ſie ent - weder braun / ſchwartz / weiß / Fuͤchſe oder von ver - mengten Farben.
Die braunen Pferde / deren Eigenſchafft ſan - guiniſch iſt / ſind freudig / behertzt und dauerhafft / dabey hurtig / geſchwind / blutreich / gelehrig und arbeitſam / je dunckler die Farbe / je kraͤfftiger ihre Eigenſchafften.
Die braune Farbe / wird in die dunckel-braune und Licht-braune abegetheilet. Die dunckel-brau - ne wiederum (1.) in die ſchwartz-braune / (2.) recht dunckel-braune / (3.) Weichſel-braune / (4.) Caſta - nien-braune.
Die Licht-braune iſt wiederum (1.) mittelmaͤſ - ſig-braune / (2.) die weiſſe und groſſe Abzeichnun - gen / (3.) die viele weiſſe Haar / ſo man Zobel Haa - re nennet / haben (4.) recht Licht-braune / (5.) Gold -X 4braune328Caput VIII. braune oder Gold-gelbe vom ſchoͤnen Anſehen / wann ſie mit einem huͤbſchen ſchwartzen Zeug geputzt; Ubri - gens hitzig / zornig und matt / wie dann unter die - ſen Farben diejenigen vor die Beſten gehalten wer - den / ſo dunckel oder auch roth fallen / die ſchlimm - ſten aber ſind / ſo auf Bleiche incliniren.
Die andere Haupt-Farbe iſt ſchwartz und me - lancholiſch; die Pferde ſind ſchwehrmuͤthig / unge - lernig / zornig / ſtutzig und untreu / lernen bald das Boͤſe / und vergeſſen leicht das Gute. Sie wer - den in drey Theile abgetheilet / (1.) die kohlſchwar - tzen Rappen / ſo die Beſten / zumal wann ſie um das Maul und Augen lichte Farbe haben. Wenn um die Aug-Apffel ein blauer Ring iſt / ſo ſind dieſe gemeiniglich ſcheu und erſchrocken. (2.) Aſchenfar - be oder Maußfarbe / ſo ſcheu / verzagt und matt ſind. (3.) Lichtſchwartzen / ſo bißweilen etwas beſſer.
Vor die dritte Haupt-Farbe zehlet man die Fuͤchſe / die Choleriſcher Natur / dahero ſie allezeit freudig / hitzig und begierig / hurtig und diſponiret zum Springen / dabey aber gemeiniglich zornig und ungedultig ſeyn. Dieſe Farb wird eingetheilet / (1.) in die Gold-Farbe / ſo unterſchiedliche Abſaͤtze hat / biß zur bleichen Fuchs-Farbe / je hoͤher ſelbige nun iſt / je beſſere Qualitaͤten auch derſelben zugetheilet wer - den (2.) Jn die Blut-rothe Farbe / welche mit ih - rer ſchattirenden Cadence biß in die Braune faͤllet / daher ſie ſelbiger auch in der Natur immer naͤher kommt / und denn (3.) in die Schweiß-Fuͤchſe / oder Purpurfaͤrbige / welches die Beſten.
Die Weiſſe / die phlegmatiſcher Complexion, und die vierdte Haupt-Farbe iſt / verwerffen etlichegar /329Wie ſich einer auf Reiſen zu verhalten. gar / doch gibt die Erfahrung / daß man unter de - nen Schlimmen bißweilen gute Pferde finde. (1.) Die ſchneeweiſſen ſind die Beſten / ſonderlich wann ſie ſchoͤne braune oder ſchwaͤrtzlichte Augen haben / ein ſchwartzes Geſchroͤt und Hufe / an der Haut hin - und wieder / nicht aber an den Haaren oder un - ter dem Sattel / ſchwartze Flecken; welche gemei - niglich raſch / freudig und dauerhafft ſeyn / doch viel ſittſamer und gedultiger als andere Farben. Die (2.) Art iſt / welche von der Lichten etwas abweicht / und den Dunckeln naͤher. Die (3.) welche auf gelb - licht oder Milch-Farbe ſtechen / an denen ſelten viel Dauerhaffts und Guts iſt. (4.) Welche ſchwartze Flecken in den Haaren / um Augen / Maul und Ge - ſchroͤt haben / dieſe ſeynd die ſchlechteſten.
Auffer dieſen Haupt-Farben / kommen auch noch die vermengten Farben vor / bey denen wider die Haupt-Regul gilt / daß / welche Farbe bey ihnen herꝛſchet / deren Complexion ſind ſie auch gemei - niglich am meiſten beyzuzehlen / ſolche zweyfaͤrbige Pferde ſind auch in zweyerley Haupt-Farben unter - ſchieden.
Die erſten ſind die Schecken / je dunckler an de - nenſelben die Farbe / je beſſere Eigenſchafften nnd Wuͤrckungen an denenſelben erſcheinen / ſonderlich wann der Kopff dunckel oder roth; die Beſten ſind / ſo mit drey Farben geflecket.
Die andere Art zweyfaͤrbigter Pferde / ſind die Schimmel / unter welchen (1.) die Apffel - und Spie - gel-Schimmel / ſo man unter allen vor die Beſten haͤlt / ſonderlich wann der gantze Leib mit Spiegeln uͤberzogen / und die Farbe faſt auf grau faͤllet. X 5(2.)330Caput VIII. (2.) Die Grau-Schimmel. (3.) Die Schimmel / und (4.) Die Roth-Schimmel / alle dieſe Arten ſind eines guten temperirten Gemuͤths / Sinnes / Willens / Vermoͤgens und Geſundheit. Alsdann auch endlich (5.) die Fliegen - oder Muͤcken-Schim - mel / von denen die mit ſchwartzen Flecken die Be - ſten / die mit rothen aber vor die Schoͤnſten gehal - ten werden / dieſe ſind beyde zierlich / dauerhafft und eines guten Temperaments.
Die Proportion von einem Pferd wohl zu beurtheilen / muß man ſehen auf deſſen Maul / Zaͤh - ne / Lefftzen / Zunge / Kien und Kien-Backen / Na - ſen / Augen / Stirn / Kopff / Ohren / Schopff / Schwantz / Hals / Bruſt / Bauch / Creutz / Ruͤ - cken / Geſchroͤte / Koͤten / Fuͤſſe / Huf und Wuͤr - bel.
Nur einiger derſelben etwas ausfuͤhrlicher zu gedencken / ſo ſolle
Die Maͤngel eines Pferdes / ſind entweder an denen aͤuſſerlichen oder innerlichen Sinnen / oder an dem aͤuſſerlichen Leib / und ſind entweder 1 Erb-Maͤn - gel / oder 2. Haupt-Maͤngel / oder 3. gemeine Maͤn - gel. Die Erb-Maͤngel ſeyn / Rotzen / Maucken / weit-oͤhrige / Speck-haͤlſige / dickkopfige / untreu / boß - hafft / beiſſend / ſchlagend / roſſend / an die Wand dru - ckend / tuͤckiſch / oder falſch / vollhuͤfig / kollerig / Haar - ſchlaͤchtig / anſteckend / hartmaͤulich.
Haupt-Maͤngel ſeyn 1. des Athems-Gebre - chen / es ſey gleich / daß derſelbe zu kurtz oder zu ſchwer / es ruͤhre nun ſolches gleich von allzugroſſer Fettigkeit / oder innerlichen Gebrechen der Lungenher.332Caput VIII. her. 2. Mangel des Gewaͤchſes. 3. Verkehrter Hals. 4. Schlecht auf den Fuͤſſen. 5. Hochkoͤ - thig. 6. So ſie in die Eiſen ſchlagen / welches ein Zeichen / daß ein Pferd noch zu jung / nicht ſtarck ge - nug / und zu ungeſchickt ſey.
Auſſer dieſen Maͤngeln findet ſich auch noch / daß manche Pferde Mangel am Geſicht oder Ge - hoͤr haben / daß ſie zu viel / oder zu wenig empfindlich / zu weichlich / oder zaͤrtlich / zu plump / oder zu toͤlpiſch ſeyn; wann ſie vorn Creutzen / nicht aus den Buͤ - geln heben / nicht vom Stall / oder andern Pferden abgehen wollen; wann ſie beiſſig / rachgierig / furcht - ſam / zaghafft / hartlernig / faul / traurig / kuͤtzlich / ſtaͤt - tig / Krippen-Beiſſer / eigenſinnig und tuͤckiſch ſeyn; wann ſie ſich im Waſſer nieder legen / ausreiſſen / nicht auf - oder abſitzen / ſich nicht zaͤumen / beſchlagen / oder ſatteln laſſen wollen / zu fett / oder zu mager ſeyn / zu hart / oder zu weich Fleiſch haben.
Als Haupt-Maͤngel / um welcher willen ein Pferd-Kauff wieder zuruck gehen kan; ſetzen die Saͤchſiſchen Rechte folgende 3. aus: Nemlich / wann ein Pferd ſtaͤttig / 2. ſtarꝛ-blind / 3. Haarſchlech - tig waͤre / zu welchen einige auch noch den 4. Haupt - Mangel / nemlich / wann es rotzig waͤre / ſetzen wollen / daß um ſolcher willen / (wann dieſe Maͤngel nach ge - ſchloſſenem Kauff befunden wuͤrden / und der Ver - kauffer ſolche vorher nicht angezeiget haͤtte) der Kauff wieder zuruck gehen / und retractiret werden koͤnte. Die Franckfurtiſche Statuta haben folgende 4. Haupt-Maͤngel: Als wann 1. das Pferd geſtoh - len / oder geraubt / es waͤre dann zur Zeit eines offen - baren Kriegs / da es denen Feinden abgenommenwuͤr -333Wie ſich einer auf Reiſen zu verhalten. wuͤrde. 2. Wann es Haarſchlechtig / oder Schle - bruͤchig. 3. Wann es ſtetig / und 4. wann es Haupt-ſuͤchtig; als Moͤnig / oder rotzig iſt / und ſol - ches um dieſer Urſach willen / weil dieſe Maͤngel faſt unſichtbar / und alſo dem Kauffer / er ſey auch ſo ver - ſtaͤndig / als er immer wolle / verborgen ſind. Nach denen Luͤbeckiſchen Rechten / muß ein Verkauffer nach folgende 3. Haupt-Maͤngel gewaͤhren: Als daß das Pferd 1. nicht anbruͤſtig / 2. nicht ſtetig / 3. nicht kollerend ſey. Jn der Loͤblichen Reichs-Stadt Nuͤrnberg / muß der Verkauffer 14. Tage lang / nach beſchehenem Kauff / dem Kaͤuffer / vor rotzig / reudig und haarſchlechtig ſtehen.
Der Pferde Alter wird durch ihre Zaͤhne er - kannt; ſie haben aber ordentlicher Weiſe 40. Zaͤh - ne / gleich wie die Maul-Eſel nur 36. haben / ſie ſchie - ben aber ihre Zaͤhne / oder werffen dieſelbe innerhalb 2. Jahren / auf 3. unterſchiedene Weiſen ab / und zwar / wann ſie das andere Jahr erreichet / zum erſtenmal / zwey / im Mittel des vordern Mauls / mit dem dritten Jahr die nechſten dabey / oben und un - ten / mit dem 4. Jahr die letztern 4. an der Ecken / und zwar abermal 4. oben und unten; mit dem Beſchliſ - ſen dieſes Abſchiebens der jungen Zaͤhne / und des 4. Jahrs / erheben ſich in dem 5. Jahr die beyde Ha - cken / und biß hieher gehet der Pferde ihre Ju - gend.
Von den 5. Jahr an / biß zu dem 7. haben die Zaͤhne eine Hoͤhle / wann ſie 7. Jahre zuruck gele - get / iſt dieſelbe Hoͤle gantz heraus gewachſen / und ſind die Zaͤhne gantz gleich / dagegen erzeigt ſich ein brauner Flecken / der nach 7. Jahren wieder verge -het.334Caput VIII. het. Daß die Zaͤhne oben wieder weiß werden / nach 10. Jahren erhebt ſich die Ebene des Zahns all - gemach uͤber ſich / biß in das 13. Jahr / nach 13. Jah - ren wird ſolche Erhebung runder / hierauf je laͤnger / je ſpitziger / ſo wachſen auch die beyde Hacken immer - fort / daß ſie groͤſſer und dicker werden / ſie veraͤn - dern auch die Farb / und werden von dem 10. Jahr an gelb / in dem hoͤchſten Alter aber wieder weiß / und das Zahn-Fleiſch weicht alsdann zuruck.
Es wiſſen aber die Roß-Teuſcher / mit Befei - len der alten Pferde ihrer Zaͤhne / ſo meiſterlich um - zugehen / daß man ein 20. jaͤhriges Pferd vor ein 10. jaͤhriges anſehen ſollte. Jngleichrn koͤnnen ſie ihnen auch durch betruͤgliche Schmiede die ſchwartze Zeichen an den Zaͤhnen (von welchen wir zuvor ge - dacht) einbrennen oder einetzen laſſen.
Die Maͤngel des Geſichtes / wiſſen ſie mit Ader - laſſen / den Monatlichen Kern oder Stuhl zu ſtechen / die Maus auszuwerffen / das Fett in denen Hoͤlen uͤber den Augen zu ſchneiden / und anderen Kuͤnſt - leyen mehr / ſtattlich zu verbergen / alſo / daß / wer nicht genau zuſiehet / ſchwoͤhren ſollte / er haͤtte ein wohlſehendes Pferd gekaufft / welches ſich aber her - nach / wann er es etliche Wochen im Stall gehabt / gantz anders ausweiſet.
So wiſſen ſie auch die langen Ohren durch Schneiden ſo zu formiren / daß ſie gar bald eine an - dere Geſtalt gewinnen / wann ſie lang herunter han - gen / wiſſen ſie es auch / durch das Haupt-Geſtell / in die Hoͤhe zu ſchnuͤren.
Niemals muß man kein Pferd geſattelt kauf - fen / damit man ſehen koͤnne / was es vor einen Ruͤ -cken335Wie ſich einer auf Reiſen zu verhalten. cken habe / weil ſonſten / wann derſelbe eingebogen iſt / die Roß-Kaͤmme den Sattel ſchon darnach ver - fertigen zu laſſen / wiſſen / daß man ſolchen Senck - Ruͤcken nicht ſpuͤhret.
Bey ſchwermuͤthigen Athem / welchen das Pferd an ſich hat / ſchlitzen ſie ihm die Naſen-Loͤcher auf / es waͤhret aber nicht laͤnger / als biß das Pferd einen neuen Herꝛn bekommt / der mit dem Betrug nicht umgehen kan.
Die Schenckel ſeynd der Grund / darauf ein gutes Pferd beſtehet / und an ſolchen muß man kei - nen Haupt-Fehler haben / dann da ſeyn ſie gar zu ſichtbar; wann nun ein Pferd / welches eben ſo alt nicht iſt / einen Mangel / es ſey faſt / wo es wolle / be - kommt / ſo muͤſſen die Fuͤſſe davon wiſſen / da giebt es dann Floß-Gallen / Schifer-Bein / Stein-Gallen / Rappen / Mauchen / durchgehende Gallen / Spatt / Leiſt / Straub-Huf / welche die kalten Fluͤſſe zum Ur - ſprung haben / dieſe treiben die Roß-Taͤuſcher mit. Salben und Brandwein auf eine Zeitlang weg; wann aber das Pferd hernach nicht mehr gewartet wird / und ſchwere Tag-Reiſen thun ſoll / da ſehe man zu / wie man mit fortkommet / und ob man nicht auf der Straſſe wird liegen bleiben muͤſſen.
Den Spat oder Leiſt / welcher ſich gemeiniglich an einem Pferd aͤuſſert / wann es von dem Stall abgehet / da es mit dem hintern Fuͤſſen ruͤcket / und weit auseinander gehet / verbergen ſie damit / daß ſie das Pferd / ehe ſie ſolches den Kaͤuffer weiſſen / vorher ſo lange reiten laſſen / biß es warm wird / da man das Rucken nicht mehr ſo mercken kan / daherman336Caput VIII. man am meiſten dieſer Urſach wegen / auf ein Pferd Acht zu geben hat / wann es aus dem Stall gehet.
Und was etwann der Roß-Kaͤmme ihre eigen - nuͤtzige Hilperts-Griffe mehr ſeyn / welche bey ge - dachtem Authore, ſamt denen uͤber dergleichen Pferd-Haͤndlereyen benoͤthigte Rechts-Anmerckun - gen / der Laͤnge nach / zu leſen ſeyn.
Folgen nun einige bewaͤhrte Remedia, wel - che wider allerhand Gebrechen der Pferde / auf Rei - ſen / gar fuͤglich zu gebrauchen / und zwar:
So nimm Knoblauch und Pfeffer / ſtoß es un - tereinander / und reibe ihme die Zaͤhne damit / biß es friſt. Ein Zeichen / daß ein Pferd kranck ſey / iſt ohnfehlbar dieſes / wann es nicht freſſen will / und wann ihme die Ohren kalt ſeyn.
Wann ein Pferd aͤngſtiglich thut / den Kopff haͤnget / ſchwitzet / ſich niederleget / nicht aufſtehen will / aͤchtzet und waͤltzet ſich / und weiß gleichſam nicht / wo es vor Angſt bleiben ſoll / ſo hat es gemeiniglich die ſogenannte Feiffel / an welcher / wann man ihm nicht bald zu huͤlff kommt / das Pferd offt innerhalb 24. Stunden ſterben muß; daher muß man es an dem Ort / wo die Geſchwulſt iſt / mit einer Fliete die Oeffnung durch den Schmied thun laſſen / ſo wird ſich eine heßliche Materia zeigen / wie weiſſe Hanff-Koͤrner / oder Schweins-Pfinnen / die werden dann heraus gegraben / und hernach Saltzund337Wie ſich einer auf Reiſen zu verhalten. und Pfeffer hinein geſtreuet / ſo heilt es wieder zu; wann man ihm die Feiffel geſtochen / ſo fuͤhret man es hernach ein wenig im Hof herum / bringts alsdann in Stall / und deckt es warm zu / ſo wird es wieder anfangen zu freſſen / alsdann kan man es wieder brauchen / man muß aber zuſehen / daß es ſich nicht abermal im Freſſen oder Sauffen verfange / welches man bald an ihnen mercken kan / wann ſie ſauffen / und hernach / wann ſie aufhoͤren / das Waſſer wieder aus den Maul lauffen laſſen / ſo iſt es ein Zeichen / daß ſie ſich verfangen haben. Vom boͤſen Futter bekommen ſie auch vielmals die Feiffel / ſie verfangen ſich auch leicht / wann ſie nur ein wenig uͤbertrieben werden.
Jſt der Schaden offen / ſo nimm Ochſen-Zun - gen-Kraut / ſiede es im Bier / waſche den Schaden da - mit / darnach brenne Korn zu Pulver / und ſtreue daſſelbe darauf / ſo heilet es.
Oder: Brenne nur alte Schuh-Sohlen / und nimm duͤrren Tauben-Miſt / reibs klein / und ver - miſch es untereinander / ſtreue es ihm ein / das treu - get ſehr aus / und heilet ſehr wohl.
Jſt es aber nicht offen / und nur geſchwoͤllet / oder auf gelauffen / ſo ſiede gebrandten Leimen von Back - Oefen / in Eſſig / und ſchlags in ein Tuch / warm uͤber / ſo ſetzet es ſich balden.
Oder: Jn Ermanglung deſſen / waſche dieYGe -338Caput VIII. Geſchwulſt mit des Pferdes / oder deinem eigenen Urin / ſo wird er ſich bald wieder niederſetzen.
So nimm wilde Bethonien / ſeud ſie in einer Maas Bier / und waſche den Schaden damit / binde auch das Kraut auf den Schaden / ſo warm es das Roß erleiden kan / ſo gehet die Geſchwulſt / oder der Schaden zuſehens weg. Es hilfft auch den Men - ſchen.
Oder: Nimm neu Pech / zerſtoß es fein klein zu Pulver / und waſche den Schaden mit Eſſig aus / und ſtreue das Pech hinein / drucke ein wenig Werck oben darauf / ſo magſt du den Klaͤpper wohl reiten; wenn man das Werck heraus reiſſet / und der Scha - den tief iſt / ſo gehet viel Eyter und Unflat heraus / darnach mache es / wie zuvor / waſche den Schaden aus / ſtreue wieder darein / und drucke wieder Werck darauf / es heilet ſchnell zu.
So nimm Linſen-Saamen / duͤrre denſelben in Ofen / und ſtoſſe ihn klein / giebs dem Pferd zu eſſen im Futter / ſo wird es wieder beſſer.
So nimm Lorbeer / ſtoſſe ſie klein / gieß Wein darunter / und gieß es dem Roß in den Hals. Oder: Zerſtoſſe Krebs-Augen / ſtreue es auf ein Schnitt - lein Brod / und gieb es dem Pferd zu freſſen / ſo wird es in einer Viertel Stund ſtallen.
Nimm Honig und Schmeer / druͤcke das Loch voll / darinnen der Nagel geſtecket / und ſtoſſe den Nagel ſelber in das Schmeer.
So nimm ſauer Kraut und Saltz ſchlage es in die Huff / und verbinde es.
Nimm vor einen Groſchen Terpentin / ¼ ℔ Wax / eben ſo viel Pech / Bocks-Talch / und rein Schmeer / laſſe es alles untereinander zergehen / und ſchmiere die Huf damit / wann du ſie vorher mit einem Meſſer wohl rein gemachet haſt.
Jtem / nimm Wax und Bocks-Talch / jedes gleich viel / laſſe es zergehen / ruͤhre hernach Rocken - Meel / und eingemachten Senff darunter / und ſchmiere es in die Horn-Klufft.
So nimm Wax / Eſſig / Werck und Honig / eines ſo viel / als des andern / ſiede es untereinander / und binde es uͤber den Schaden / oder mache Saltz mit Waſſer / feuchte und binde es um den geſchwolle - nen Schenckel / dieſes aber wiederhole etlichemal / ſo zieht es die Hitze aus.
So laß ihn oben im rechten Ohr die Ader / und reibe Saltz darein / ſo bald es blutet / wird es beſſer.
Jtem / Nimm Lorbeer / geſtoſſene Negelein / geſtoſſenen Saffran / und Pfeffer / jedes vor 2. Pfen - nig. 1. halb Maas Ziegen-Milch / von 2. Eyern das Weiſe / 1. halb Maas Wein / ¼. Pfund geſchmoltze - ne / ungeſaltzene Butter / thue alle obige Species hin - ein / und gieſſe es dem Pferd ſo warm in Hals. Ei - ſen-Kraut den Pferden ins Gebiß gebunden / ma - chet / daß ſich ſolche niemals verfangen.
Nimm Kupffer-Waſſer oder Vitriol, ſiede ihn mit Eſſig / waſche den Schaden damit rein aus / ſtreue hernach gepulverte Oſter-Lucia darauf / ſo hei - let es gewaltig zu / etliche nehmen auch Gruͤnſpan / Vitriol, Alaun und weiſſen Weyrauch / ein jedes vor 6. Pfennig / thun es in einen groſſen Topff und rein Waſſer darauf / laſſen es ungefehr eine Stunde ſie - den / und waſchen hernach dem Pferd den Schaden damit / biß es heil wird.
Wann ſolcher an den Pferd hin - und wieder Beulen aufgeworffen / ſo ſchneidet man die Beulen auf / und legt alsdann folgende Salbe darauf:
Vermiſche das Oel von Arſenico mit Honig / thue darunter das Weiſſe von einem Ey / ſchlage es durcheinander / und leg es auf die aufgeſchnittene Beulen / ſo ſterben die Wuͤrmer davon.
Jtem /341Wie ſich einer auf Reiſen zu verhalten.Jtem / nimm Feil-Spaͤn von Meſſing / menge ſie mit Honig zu einem Taig / ſo ſpringen die Beulen davon auf / und die Wuͤrmer ſterben.
Nimm ein Noͤſel gebrandten Wein / Honig und Waitzen-Meel / ſiede es miteinander und ſchmie - re ihm die Beine damit.
Oder: Nimm Knoblauch / ſiede den in Eſſig / ſtreiche es dem Roß wohl an die Beine / und um - winde ihn dann die Beine mit Stroh / biß an die Knie.
Wann ein Roß muͤde iſt / ſo nimm 3. Eyer / bra - te ſie hart / zerſtoſſe ſie alſo warm in einem Moͤrßner / mit einem guten Wein-Eſſig / ſchlage es ihm in den Huf.
Wann die Pferde offt und ſehr huſten / ſo ſchnei - de Meer-Rettig fein klein / ſchuͤtte ihn unter das Futter.
So der Huſten noch neu / ſolle man ihm bald das Meel von Erbſen oder Bohnen eingeben.
Nimm Mangold-Blaͤtter / die ſiede wohl in Milch / thue ſie heraus / und ſtoſſe ſie wohl / binde das Pferd mit dem Maul uͤber ſich / gieſſe es ihm ein / und laſſe ihm 4. Stunden darauf faſten. Darnach nimm haͤſelne Zaͤpfflein / und jung haͤſeln Laub / das ſtoſſe / geuß darein geringen Wein und laſſe es wohl ſieden / dann laſſe es lau werden / gieb es ihm ein / deckeY 3es342Caput IX. es warm zu / reite es in das Feld / und gieb ihm ziem - liches Futter / es reiniget ſich alſobald.
Von unterſchiedlicher auslaͤn - diſcher Muͤntzen / ihren Valor, Wech - ſel-Cours und Reduction / wie auch einigen ſonderbaren curieuſen Berechnungen und Rechnungs-Tabellen / und was etwan ſonſt an andern nuͤtzlichen Dingen mehr / einem Lehr-begierigen Handels-Diener / auf Rei - ſen und zu Haus / wohl zu ſtatten kom - men koͤnte.
OB wir wohl allbereit in unterſchiedlichen un - ſeren Schrifften / der auslaͤndiſchen Muͤn - tzen / ihren Valor und Wechſel-Cours, nach der neueſten und heutigen Berechnung be - ſchrieben / ſo koͤnnen wir uns doch nicht entziehen / ſolchen auch mit wenigen dieſem Capitel (und zwar nach Anleitung des Herꝛn Perſoy ſeinen Generalen Wechſel - und Muͤntz-Reductions-Tabellen einzu - verleiben / damit ein fleiſſiger Handels-Diener ſo - gleich ſolchen Valor - und Wechſel-Cours daraus erlernen / und ſich deſſen zu denen nachfolgenden Berechnungs-Arten / um ſo viel beſſer bedienen koͤn - ne.
Dieſemnach / haͤlt Amſterdam und gantz HollandBuch343Von unterſchiedl. auslaͤndiſch. Muͤntzen. Buch und Rechnung / in ſogenandten Guͤlden / Stuͤver und Pfennigen / oder auch in Pfund und Schilling und Grot Flaͤmmiſch.
Es iſt aber darum nicht geſagt / faͤhrt er fernerY 4fort /344Caput IX. fort / daß / zum Exempel / die 90. Kreutzer in Aug - ſpnrg / Breßlau oder Nuͤrnberg / zu welchen ein Reichsthl. in Kayſerl Muͤntz geſetzet iſt / an innerli - chen feinen Silber-Gehalt (oder Aloy, wie es auf Frantzoͤſiſch genennet wird) ſo viel / als ein Banco - Reichsthl. in Amſterdam oder Hamburg betragen ſollten / ſondern man nimmt ſolche nur an / um die Ausrechnung deſto beſſer nach ſolcher Eintheilung zu machen / und um ſich deſto leichter in den Nutzen der Tabellen finden zu koͤnnen. Dieſem nach / ſagt er / giebt Amſterdam gegen einem Breßlauer Reichsthaler / ungeacht der vorbemelde Pary, oder Vergleichung 50. Stuͤver gegen 90. Kreutzer waͤre / dermalen weit unter 50. Stuͤver / da er dann den Anfang ſeiner Tabellen von 35. Stuͤver macht / und beweiſet / daß / wann Amſterdam 35. Stuͤver nur in Banco gebe / um in Breßlau einen Reichsthl. von 90. Kreutzer zu empfangen / ſo verliehre Breß - lau 42 $$\frac{9}{10}$$ . pro Centum, oder es muͤſte geben 142 $$\frac{9}{10}$$ . Rthl. ſeiner Muͤntz vor 100. Rthl. Amſterdamer Banco-Geld. Hierauf ſteigt er immer weiter / mit ⅛ und ¼ Stuͤver hinauf / und ſetzt zum Exempel / daß / wann Amſterdam gleich gaͤbe 40. Stuͤver vor einen Breßlauer Reichsthl. dannoch 25. pro Centum vor Breßlau verlohren wuͤrden. Solcher Geſtalt continuiret er / biß auf 42¾. Stuͤver / da er 17. pro Cent. Verluſt berechnet / und wuͤrde es nicht ohne Nutzen geweſen ſeyn / wann er dieſe Tabellen / biß an den Pary hinauf / nemlich auf 50. Stuͤver aus - gefuͤhret haͤtte / ſo aber ſchleuſt er mit 42¾. als wohl wiſſende / daß in Anſehung des ſchlechten Valoris in trinſeci, der Breßlauiſchen Valuta, Amſterdammit345Von unterſchiedl. auslaͤndiſ. Muͤntzen. mit ſeinen Stuͤvern niemals ſo hoch hinauf ruͤcken wuͤrde.
Wir fuͤhren indeſſen dieſes nicht ohne Urſach an / weil es unſern Lehr-begierigen Handels-Diener mit dem / was hiernechſt folget / eine ſtattliche Muͤntz - und Wechſel-Verſtaͤndnis geben wird.
Amſterdam faͤhret unſer Author fort / wechſelt auf Cadix gebende (da der Pary 131 $$\frac{11}{19}$$ . Groot gegen einen Wechſel-Ducaten in Cadix iſt) von 80. Groot an / (als von welchen er den Anfang det Tabell ſtellt) und ſo heraufwarts / biß auf den Pary zu / da zu 80. Groot gewechſelt / der Verluſt vor Cadix 64 $$\frac{4}{10}$$ . pro C. ſeyn wuͤrde / alſo / daß Ca - dix 164 $$\frac{4}{10}$$ . Wechſel-Ducati von 375. Marevadis geben muͤſſe / um 100. Banco-Thaler / in Amſter - dam zu empfangen.
Zu mercken iſt / daß der Author den alten Ban - co-Reichsthl. auf 8 $$\frac{12}{34}$$ . Real Spaniſch Ritter-Geld geſtellt / nach welchem Fuß obiger Pary gantz rich - tig iſt.
Gebende 1. L. Velms-Banco, um in Preuſſen davor von 216. Polniſche Groſchen / als dem Pary an / biß auf 280. zu empfangen / die ausgerechnete Tabell faͤngt ſich an von 230. Groſchen / und weiſet / daß zu ſolchem Cours vor Dantzig oder Koͤnigsberg 6 $$\frac{4}{10}$$ . pro Centum Verluſt ſey / und endiget ſich mit 280. Groſchen / nach welchen / wann Preuſſen ſolche geben muß / es 29 $$\frac{6}{10}$$ . pro Centum Verluſt; und ſeynd dergleichen Tabellen darum um ſo viel nuͤtzli - cher und bequemer / weil man gleich darinnen nach -Y 5ſchla -346Caput IX. ſchlagen kan / wie viel pro Centum (zu ſo und ſo hoch gewechſelt) verlohren werde. Eine dergleichen und noch curieuſere Tabelle, und zwar von einem ge - lehrten Frauenzimmer ausgearbeitet / wird man in unſerm Schleſiſchen Kauffmann auch zu finden haben.
Gebende (ob gleich der Pary 88 $$\frac{28}{369}$$ . Groot in Banco vor einen Franckfurter Wechſel-Thaler von 65. Kreutzer Wechſel-Geld iſt) etwan 80. Groot / und ſo ferner hinauf / biß dem Pary zu / zu 80. Groot / weiſet die Tabell, daß vor Franckfurt 10. pro Cen - tum Verluſt ſey / und ſo fortan immer weniger / als nemlich die Groot / welche Amſterdam giebt / in die Hoͤhe ſteigen.
82. Wechſel-Kreutzer / thun 100. Corrent-Kreutzer. 73⅘. Wechſel-Kreutzer / machen einen Corrent - Reichsthl. von 90. Kreutzer.
Den Pary ſetzende zu 95 $$\frac{25}{57}$$ . Groot in Banco gegen 1. Stuͤck von Achten; weil aber die Groot ſtei - gen und fallen / als ſetzet die Tafel den Cours von 90. Groot an / und ſagt / daß zu ſolchen Genua oder Livorno 6. pro Cent. verliehre / oder 106. Reichs - thl. in Stuͤck von Achten / vor 100. Amſterdamer Banco geben muͤſſen. Er ſteigt aber mit die Grooten hernach auch uͤber den Pary hinaus / biß auf 104. und ſagt / daß zu ſolchen Amſterdam 9. pro Cent. ver - lieren / oder 109. Reichsthal. Banco geben muͤſſe /um347Von unterſchiedl. auslaͤndiſ. Muͤntzen. um in Genua oder Livorno nur 100. zu empfangen / weil 104. Groot ſo viel uͤber den Pary, nehmlich 95 $$\frac{25}{57}$$ Groot waͤre / daß aber dieſer Pary richtig ſey / beweiſet er damit / weil der gerechte Banco - Thaler auf 1 $$\frac{13}{272}$$ . Stuͤck von Achten gewardiret wird.
Und ſtellt den Pary, 33⅓. Stuͤver Banco gegen 32. 〈…〉〈…〉Luͤbs / oder einen ſogenannten Wechſel-Tha - ler in Hamburger Banco, welcher Pary herkommt / wann man ſagt:
48. Schilling Luͤbiſch geben 50. Stuͤver in Hol - land / was 32. Schilling facit 33⅓. Stuͤver. Proba.
33⅓. Stuͤver geben — 32〈…〉〈…〉 Luͤbs / was — 50. Stuͤver.
Facit 48. Schilling.
Nachdem aber die Grot in Amſterdam ſteigen und fallen / ſo faͤngt ſich die Tabell an von 31. Stuͤver / und ſagt / daß zu dieſem Cours Hamburg 7 $$\frac{5}{10}$$ . pro Centum verloͤhre / bekommende nur vor ſeine 32. 〈…〉〈…〉Luͤbs Banco, 31. Stuͤver in Amſterdamer Ban - co, da es dem Pary nach 33⅓. haben ſolte.
Dahin iſt der Wechſel eben ſo / wie auf Dan - tzig / wann Preuſſen ſo gut Geld / dem innerlichen Werth nach / als Amſterdam haͤtte / ſo wuͤrde der Pary von 216. Groſchen zulaͤnglich ſeyn gegen 1. L. Vlems. Nun es aber ſchlechtern Valeur hat / ſo muß biß auf 280. weniger oder mehr gegebenwer -348Caput IX. werden. Die Tabell faͤngt von 230. Groſchen an / wie oben bey dem Wechſel auf Dantzig ſchon gemeldet.
Der Pary dahin iſt 100. Groot Banco in Am - ſterdam gegen 1. Crone in Franckreich von 60. Sols. Weil aber der Banco Werth der Hollaͤndi - ſchen Grooten beſſer als der Frantzoͤſiſchen 60. Sols iſt / als giebt Amſterdam ſehr viel unter 100. Und zwar faͤngt ſich die Tabell von 70. Groot an / wel - ches vor Paris 42 $$\frac{9}{10}$$ . pro C. Verluſt iſt / ſo / daß es 142 $$\frac{9}{10}$$ . Cronen oder Reichsthaler zu 60. Sols ge - ben muͤſte / um in Amſterdam nur 100. Rthl. in Banco zu haben. Je hoͤher nun die Groot nach dem Pary hinauf ſteigen / je weniger iſt Franckreichs Verluſt / wie aus der Tabell zu erſehen.
Setzende den Pary nach der Tabell 37 $$\frac{1}{27}$$ . Schil - ling Vlaͤmſch in Amſterdam in Banco zu geben vor 1. Pfund Sterling / ſo London wieder bezahlen muͤ - ſte. Die Tabell aber faͤngt ſich an von einem gar niedrigen Cours, nehmlich von 28. Schilling Flaͤ - miſch / zu welchen London 32 $$\frac{3}{10}$$ . pro Centum ver - lieren muͤſte / und geht hernach hinauf biß auf 38. und alſo uͤber Pary, zu welchen Cours London 2 $$\frac{6}{10}$$ . avancirte. Obiger Pary iſt gerechnet auf den Fuß eines Reichsthaler zu 4½ Schilling Sterlings / welche der Author ſetzen will / daß ſie von Aloy oder Valore intrinſeco dem feinen Banco-Reichs - thaler gleich waͤren / oder zum wenigſten gleich ſeyn ſolten.
Und ſetzet den Pari von 63 $$\frac{107}{171}$$ . Groot-Flaͤmiſch Banco vor eine Cruſade von 400. Rees; Dieſer Pa - ry wird darauf fundiret / weil 1. Stuͤck von Ach - ten in Liſſabon auf 600. Rees wardirt oder geſchaͤ - tzet iſt / 1 $$\frac{13}{272}$$ . Stuͤck von 8ten aber gegen einen ge - rechten Banco-Thaler gerechnet wird. Die Tafel faͤngt ſich indeſſen von 40. Groot an / ſo Holland nur gebe vor 1. Cruſade in Liſſabon zu empfan - gen / welches 59. pro Centum Verluſt vor Liſſa - bon waͤre / und ſteiget hernach biß an Pary hin - auf.
Beſiehe was wir geſagt haben bey dem Wech - ſel von Genua.
Den Pary ſetzt der Author zu 50. Stuͤver Amſterdamer Caſſa-Geld gegen 1. Rthl. Corrent in Leipzig von 24. gute Groſchen; ſtellt aber die Ta - fel von 40. Stuͤver / an welche Amſterdam nur Caſſa-Geld vor einen vollen Leipziger Thaler be - zahlte / welcher Geſtalt Leipzig 25. pro Centum ver - lieren / und 125. Rthl. ihres Gelds geben muͤſte / um in Amſterdam 100. Rthl. Caſſa-Geld / welches NB. 4. biß 5. pro Centum ſchlechter als Banco - Geld iſt / zu haben.
Vide den Wechſel auf Cadix.
Vide den Wechſel auf Lyon.
Und ſetzt nach des Authoris Rechnung den Pary auf 99⅕. Groot-Banco gegen 1. Ducati di Banco di Venetia, wiewohl man gar wohl 100. voll nehmen kan. Er rechnet aber auf den Fuß des Banco Reichsthaler / welcher in Venedig auf 7½. Pfund oder 150. Soldi Correnti getaxiret iſt. Die Tafel faͤngt er an von 91. Groot / welche Am - ſterdam vor 1. Ducati di Banco in Venedig nur geben / und ſolcher Geſtalt Venedig 9. aufs hun - dert verlieren wuͤrde. Gehet hernach hinauf biß an den Pary, und weiſt in dieſer Tabell eben wie in al - len denen vorigen / was von ⅛. zu ⅛. der Cours ſtei - gende Venedig / ſo lang Amſterdam unter Pari ge - be / auf das hundert verlieren wuͤrde.
Haͤlt Buch und Rechnung in Pfund Flaͤmiſch / Schilling und Groot-Flaͤmiſch.
Daß alſo die Antorffer Wehrung mit der Hamburgiſchen faſt uͤberein kommt / nur daß in Antorff Stuͤver genennet wird / was Hamburg Schilling heiſſet.
Unſer351Von unterſchiedl. auslaͤndiſ Muͤntzen.Unſer Author der Wechſel - und Muͤntz-Redu - ctions-Tabellen / giebt von denen Antwerpiſchen Wechſeln in beſagten Tabellen folgendes an: Nehmlich:
Stellende den Pary 126 $$\frac{6}{19}$$ . Groot / in Antwer - pen vor einen Wechſel-Ducat in Cadix / den Reichs - thaler in Antwerpen auf 96. Groot / und in Cadix auf 1 $$\frac{13}{272}$$ . Stuͤck von Achten gerechnet. Jn der Tabell des Hamburger-Wechſels auf Cadix / wel - ches mit dem Antwerper gleich viel iſt / wird der niedrigſte Cours der Grooten / welche Hamburg oder Antwerpen giebt / zu 80. Groot geſetzet / nach welchen Cadix 57 $$\frac{9}{10}$$ . auf 100. gegen Hamburger Banco-Geld verlieren wuͤrde. Je mehr Grooten nun Hamburg oder Antwerpen in Banco vor einen Cadixer-Wechſel-Ducaten geben / je weniger der Cadixer Verluſt iſt.
Und ſtellt den Pary 84 $$\frac{68}{123}$$ . Groot vor einen Wechſel-Gulden von 65. Wechſel-Creutzer / die Ausrechnung iſt daher genommen / weil 96. Groot in Antwerpen / und der Reichsthaler in Franckfurt zu 73⅘. Wechſel-Creutzer Pary ſeyn. Die Tafel faͤngt ſich indeſſen an mit 75. Groot / welche Ant - werpen nur von dem Wechſel-Gulden von 65. Wechſel-Creutzer geben wolte / dabey dann Franck - furt 12 $$\frac{7}{10}$$ . pro Centum verlieren wuͤrde. Hinge - gen wann Antwerpen uͤber dem Alpari der 84 $$\frac{68}{123}$$ . Groot352Caput IX. Groot ſtiege / wuͤrde z. E. zu 91⅝. 〈…〉〈…〉wie aus der Tabell zu erſehen / Franckfurt 8 $$\frac{3}{10}$$ . pro Cento ge - winnen.
Der Pary iſt 96. Groot gegen 1. Crone von 60. Sols. Wann Antwerpen aber nur 75. Groot geben ſolte / wuͤrde von Franckreich nach der Tabell 28. pro Cento verlohren ſeyn.
Vide hierzu die Beſchreibung des Wechſels zwi - ſchen London und Hamburg.
Vide den Wechſel zwiſchen Hamburg und Liſſabon.
Vide Antwerpen wechſelt auf Cadix.
Vide den Wechſel auf Lyon.
Vide den Wechſel zwiſchen Hamburg und Ve - nedig.
Wie auch gantz Weſtphalen und Oldenburg haͤlt Buch und Rechnung in Reichsthalern / Groo - ten und Schwaaren.
Und ſtellet den Pary zu 444 $$\frac{4}{9}$$ . Rthl. gegen 100. ℔. Sterling / den Reichsthaler zu 4½. 〈…〉〈…〉Sterlings gerechnet. Jn unſers Authoris ſeinen Tabellen werden von 470. Rthl. angeſetzet / welche wenn ſol - che Bremen geben muͤſte / 5 $$\frac{7}{10}$$ . pro Cento Verluſt vor ſolchen Platz ſeyn wuͤrde. Kaͤme es aber biß auf 530. hinauf / ſo waͤre 19 $$\frac{2}{10}$$ |⅕. pro Cento vor Bremen Verluſt.
Jn was vor Muͤntz-Sorten ſelbiges / und gantz Schleſien / Buch und Rechnung halte / wie ſolcher ihre Reduction gegen andere auslaͤndiſche Muͤntzen zu machen ſey / und wie die Wechſel von Breßlau aus / auf andere Handels-Plaͤtz Courſi - ren / davon beſiehe unſern Schleſiſchen Kauffmann.
Wie es auf Amſterdam wechsle / davon ſiehe Amſterdam / wechſelt auf Cadix.
ZWegen354Caput IX.Wegen Antwerpen beſiehe / wie Antwerpen wechſelt auf Cadix / und ſo auch wie Hamburg und London dahin wechſeln.
Die Muͤntz-Sorten in Cadix / und einen groſ - ſen Theil Hiſpaniens ſeynd / als folget:
1. Ducat in Silber haͤlt 11. Realen.
1. Real 34. Marevadis, daß demnach 1. Du - cat 11. mahl 34. das iſt / 374. Marevadis haͤlt / da - vor in Wechſeln 375. Marevadis gerechnet wer - den.
Wie daſelbſt Buch und Rechnung gehalten werde.
Vide in unſern Probier-Stein der Buchhalter. An Wechſeln dahin faͤllt nichts conſiderables vor.
Haͤlt Buch und Rechnung in Gulden / Groſchen und Pfennig. 1. Reichsthaler hat 3. 〈…〉〈…〉oder 90. Polniſche Groſchen / welches eben ſo viel als die Creutzer im Roͤmiſchen Reich ſeyn. 1. 〈…〉〈…〉hat 30. Groſchen. 1. Groſch 18. 〈…〉〈…〉.
Wie von Amſterdam auf Dantzig gewechſelt werde / iſt oben ſchon angefuͤhret. Wie Hamburg auf Dantzig wechsle / wird hernach folgen. Mit allen uͤbrigen Staͤdten Teutſchlandes / iſt der Dan - tziger Wechſel nur zu gewiſſen pro Centum, wel - che Dantzig auf ſein Geld zubekommt oder zugiebt / und alſo leicht zu benehmen iſt. Was es aber nach frembden Koͤnigreichen und Laͤndern thut / geſchie - het mehrentheils / vermittelſt anderer Handels -Plaͤtze /355Von unterſchiedl. auslaͤndiſ. Muͤntzen. Plaͤtze / als Hamburg / Amſterdam / Leipzig und Nuͤrnberg / zuweilen auch a droiture.
Bey dieſem Franckfurter-Wechſel iſt zu wiſſen noͤthig.
1. Die Reduction des Wechſel-Gelds / zu Gemein-oder Corrent-Geld / geſchiehet alſo:
Man reſolviret die Wechſel-Thaler oder Wech - ſel-Gulden zu Kreutzer; ſolche Kreutzer werden durch 82. (als den Valeur eines Philipp-Thalers in Wechſeln) gedividiret / ſo kommen Philipps - Thaler / die multiplicire mit 100. zu gemeinen oder Corrent-Kreutzern / (dann 100. Kreutzer ma - chen einen Philipps-Thaler /) Ferner theilet man die heraus gekommene Corrent-Kreutzer mit 90. zu Reichtsthl Corrent / oder mit 60. zu Corrent - Guͤlden / das uͤberbleibende weiter zu Pfenningen.
Z 22. Die356Caput IX.2. Die Reduction des Corrent-Gelds aber geſchiehet umgekehrter Weiß / nehmlich:
Man machet die Corrent-Guͤlden mit 60. die Reichsthaler aber mit 90. zu Kreutzern. Wann ſich dann bey der zu reducirenden Summa auch Groſchen oder Pfenning befinden / ſo wird mit de - nenſelben gleicher maſſen verfahren / und ſelbige denen Kreutzern hinzu gethan / das kommende Product wird mit 100. Kreutzer / (als den Valeur eines Philipps-Thalers) in Corrent-Geld getheilet / ſo kommen Philipps-Thaler / welcher Geſtalt von Amſterdam / Antwerpen und Hamburg aus / auf Franckfurt gewechſelt werde. Vide unter obbe - melden Staͤdten.
Auf Lyon wechſelt Franckfurt / indem es den Pary von 73⅘. Wechſel-Kreutzer / vor 1. Frantzoͤſi - ſche Crone oder Reichsthaler von 60. Sols ſetzet / die Kreutzer ſteigen und fallen / wie dann die Ta - fel unter dem Pary biß zu 50. herunter ſteigt / als - dann verliert Lyon bey 47 $$\frac{6}{10}$$ . da ſie aber auch wie - der biß auf 84. hinauf ſteigt / ſo gewinnt Lyon bey 13⅘.
Von dem Wechſel dahin beſiehe oben unter Amſterdam. Von denen Genueſiſchen Muͤntz - Sorten aber / unſer neu-eroͤffnetes Kauffmanns - Magazin.
Auf London wechſelt Genua / nach der Manier / wie bey dem Wechſel zwiſchen London und Cadix zu erſehen.
Haͤlt Buch und Rechnung in Marck und Schilling Luͤbs. 1. Marck Luͤbiſch hat 16. 〈…〉〈…〉Luͤbiſch / 1. Schilling 12. 〈…〉〈…〉.
1. Reichsthl. hat 3. Marck / und iſt eine Marck eben ſo viel als ein Frantzoͤſiſch Pfund von 20. Sols, oder als ein Polniſcher Gulden von 30. Groſchen. Weil wir aber dieſe Muͤntz allbereit ſo vielfaͤltig anderwaͤrts beſchrieben / als wollen wir nur aus unſers Authoris Tafel allhier anfuͤhren / wie Ham - burg auf unterſchiedliche Europaͤiſche Plaͤtze wechs - le / und zwar welcher Geſtalt der Amſterdamer - Wechſel beſchaffen ſey. Vide oben Amſterdam wechſelt auf Hamburg / dem wir nur beyzufuͤgen / daß es auch ſehr gebraͤuchlich ſey / auf Amſter - damer Caſſa-Geld die Tratten und Remiſſen von Hamburg aus / einzurichten / da dann wegen des in Hamburg gegebenen Banco-Gelds der Geber 4. biß 5. pro Centum agio zu genieſſen / und vor 100. Rthl. Hamburger-Banco, 105. Rthl. weni - ger oder mehr Amſterdamer Caſſa-Geld bekommt.
Auf Antwerpen wechſelt Hamburg / und ſetzet zum Pary 32. 〈…〉〈…〉Luͤbs / oder einen Wechſel-Thaler gegen 32. Antwerpiſche Stuͤvers / dieſe aber ſtei - gen und fallen; Daher die Tabell von 25. Antwer - piſchen Stuͤvern den Anfang unter Pary macht / bey welchem Cours Hamburg als gebende 32. 〈…〉〈…〉Luͤbs / und nur wieder empfangende 25. Stuͤver / 28. pro Centum verliert / da es hingegen gemei - net / wann die Stuͤver uͤber Pary bezahlt werden / als hier in der Tabell mit 38. welches 18 $$\frac{7}{10}$$ . von hundert Gewinn iſt.
Stellende nach denen Tabellen den Pary zu 126 $$\frac{6}{19}$$ . Groot vor einen Wechſel-Ducaten in Ca - dix / gebende aber gemeiniglich unter dem Pari, da dann nach der Tabellen Anfang zu 80. Groot vor Cadix 57 $$\frac{9}{10}$$ Verluſt iſt / indem vor die in Ham - burg gegebene 80. Groot / ein voller Wechſel-Ducat in Cadix muß ausgezahlet werden.
Andere rechnen den Hamburger Pari folgen - der Geſtalt / daß ſie einen Ducaten von 11. Realen in Silber gegen 6〈…〉〈…〉 ¼. 〈…〉〈…〉. Luͤbiſch / welches 126½. Groot Flaͤmiſch austraͤgt / nehmen / 1. Stuͤck von Achten / oder von 8. Realen / iſt auf 46. 〈…〉〈…〉. Luͤbs geſchaͤtzet worden / wann man demnach ſetzet:
8. Realen thun 46. 〈…〉〈…〉. Luͤbs / was 11. Real oder 1. Ducat.
So kommen 63¼. 〈…〉〈…〉. Luͤbs oder 126½. Grot.
Gebende 1. Wechſel-Thaler von 32. 〈…〉〈…〉Luͤbs vor 49⅕. Wechſel-Kreutzer / dem Pari nach / dieſe aber fallen und ſteigen / und ſo Hamburg nur 48. den Tabellen nach / wieder bekaͤme / und alſo unter Pa - ri, wuͤrde es 2 $$\frac{51}{102}$$ verlieren / bekaͤme es aber uͤber Pari zum Exempel 61. ſo gewinnt es 24. pro Cen - tum, es wird aber wenig mehr nach Wechſel - Thalern / ſondern zu gewiſſen Lagio pro Centum dahin gewechſelt / indem Hamburg in Banco 100. Rthl. giebt / um daſelbſt 130. weniger oder mehr wieder zu empfangen.
Stellende den Pari zu 48. 〈…〉〈…〉. Luͤbs Banco gegen eine Frantzoͤſiſche Crone von 60. Sols, die Schil - lings Luͤbs ſteigen und fallen / ſo Hamburg dem - nach / denen Tabellen nach / nur 30 gebe / wuͤrden vor Hamburg 60. aufs hundert gewonnen ſeyn; gleich wie es hingegen verlieren wuͤrde / wann es uͤber 48. 〈…〉〈…〉Banco geben ſolte / welches aber ſeiter der Zeit / daß in Franckreich das Geld ſo devalviret worden / nicht geſchehen iſt.
Gebende nach denen Tabellen 35 $$\frac{5}{9}$$ . Schilling Flaͤmiſch in Banco um 1. ℔. Sterling in London zu empfangen / dieſes bleibet beſtaͤndig / jenes aber ſteigt und faͤllt / alſo wuͤrde Hamburg / wenn es unter Pari, z. E. 27. 〈…〉〈…〉Flaͤmiſch nur geben doͤrffte 31 $$\frac{6}{10}$$ . gewinnen / zu 37. hingegen 4. pro Centum verlieren. Andere hingegen rechnen den Pari zu 33⅓. 〈…〉〈…〉Flaͤmiſch / und alſo das ℔. Sterling zu 12½. Marck Luͤbs / oder 4⅙. Rthl. die Muthmaſſung hierzu giebt die Gewohnheit / daß man 1. Schil - ling Sterling vor 10. 〈…〉〈…〉Luͤbs haͤlt.
Da Uſo auf London iſt 1. Monat a dato des Wechſels.
Stellende nach denen Tabellen den Pari auf 61 $$\frac{3}{285}$$ . Groot / um in Liſſabon eine Cruſade von 400. Rees zu empfangen / ſo nun Hamburg unter Pari z. E. nur 40. Groot gebe / waͤre vor ihm ge -Z 4won -360Caput IX. wonnen /〈…〉〈…〉 2 $$\frac{7}{10}$$ und ſo fort an. Andere rechnen den Pary zu 76⅘. Grot Flaͤmiſch gegen einen Cruſade, der Wechſel-Cours indeſſen iſt biß auf 50. Groot weniger oder mehr herunter gefallen. Die Urſa - che dieſes groſſen Abſchlags iſt / daß die daher kommende Retour-Waaren / zuweilen in Ham - burg im ſchlechten Preiß ſeyn; Dahero ein jeder lieber ſein Geld per Wechſel will uͤbergemacht / als Waar dargegen haben / daß demnach hier viel Nehmer / und wenig Geber ſeyn; darum auch die Wechſel mehrentheils uͤber Antwerpen oder Am - ſterdam gehen; dahin man noch zu 55. biß 56. Groot Flaͤmiſch per Ducat von 400. Rees unter - kommen / und die Gelder einziehen kan. Die Por - tugiſiſche Muͤntze beſtehet in folgenden:
Hamburg wechſelt auf Madrit.
Vide Wechſel auf Cadix.
Hamburg wechſelt auf Venedig / ſtellende den Pari zu 96. Groot / gegen einen Ducati du Ban - co di Venetia, ſo viel als nun Hamburg Groot unter 96. giebt / um einen vollen Ducaten in Ve - nedig zu haben / ſo viel iſt vor Hamburg Gewinn. Als361Von unterſchiedl. auslaͤndiſ. Muͤntzen. Als z. E. wann es 85. Groot geben ſolte / wuͤrde 12. pro Centum avancirt ſeyn.
1. Ducati di Banco in Venetia, haͤlt 24. De - narii oder Groſſetti, oder 20. Jtaliaͤniſche Schil - ling.
1. Schilling iſt 12. 〈…〉〈…〉.
1. Lire 20. Soldi.
120. Ducati Correnti thun 100. Ducati di Banco, auf welche die Wechſel geſchloſſen werden / iſt demnach der Agio zwiſchen Corrent - und Ban - co-Geld 20. pro Centum beſtaͤndig.
Koͤnigsberg wechſelt auf Amſterdam.
Vide Amſterdam wechſelt auf Koͤnigsberg und Dantzig.
Koͤnigsberg wechſelt auf Hamburg / und iſt der Pari 90. Polniſche Groſchen gegen 1. Rthl. Banco in Hamburg. Weil aber der Banco-Tha - ler weit beſſer am Gehalt / als die 90. Preuſiſche oder Polniſche Groͤſchlein ſeyn / als muͤſſen dieſer allbereit 110. biß 115. in Preuſſen gegeben wer - den / um 1. Rthl. Banco dafuͤr in Hamburg zu haben.
Ordinaire ſeynd auf Dantzig / und von dar hieher 2. Uſo, oder 4. Wochen Sicht.
Liſſabon / wie es auf Hamburg wechsle.
Vide Hamburger-Wechſel auf Liſſabon.
London wechſelt auf Amſterdam.
Vide Amſterdamer-Wechſel auf London.
Z 5London362Caput IX.London wechſelt auf Antwerpen und Hamburg. Vide wie Hamburg wechſelt auf London / dann beyde Staͤdte haben faſt eine Ausrechnung.
London wechſelt auf Bremen.
Vide wie Bremen auf London wechsle.
London wechſelt auf Cadix oder Madrit / und ſtellt den Pari zu 51 $$\frac{51}{95}$$ . Pfenning Sterlings vor ein Stuͤck von Achten in Cadix / die Pfenning Sterlings variiren / indem deren London / zuwei - len weniger giebt / z. E. nach denen Tabellen 48. wobey London auf dem Wechſel gewinnt 7 $$\frac{3}{10}$$ . pro Cento. Kommt es aber uͤber Pari, ſo verliert es z. E auf 55. 6 $$\frac{7}{10}$$ . pro Cento.
Und ſtellt den Pari vor 1. Frantzoͤſiſche Cron von 60. Sols gegen 54. Pfenning Sterlings; dieſe fallen und ſteigen. Wann nun London deren nur 38. giebt / um in Franckreich doch eine volle Crone zu 60. Sols zu empfangen / ſo gewinnt es 42⅒. pro Centum, muß es aber 54. z. E. 60. geben / ſo verliert es 11⅒. pro Cento.
London wechſelt auf Livorno.
Dieſer Wechſel iſt eben ſo / wie der Wechſel von London auf Cadix.
London wechſelt auf Liſſabon.
Vide wie Liſſabon wechſelt auf London.
London363Von unterſchiedl. auslaͤndiſ. Muͤntzen.London wechſelt auf Venetia.
Gebende alpari vor einem Ducati di Banco di Venetia. 53 $$\frac{71}{126}$$ . Pfenning Sterling / giebt es darunter z. E. 50. ſo gewinnt London bey der Ab - gab des Geld 7⅒. pro Cento, giebt es aber daruͤ - ber z. E. 58. ſo verliert es 8⅕. pro Cento.
Liſſabon wechſelt auf Amſterdam.
Vide Amſterdamer Wechſel auf Liſſabon.
Liſſabon wechſelt auf Antwerpen.
Vide wie Hamburg auf Liſſabon wechsle.
Liſſabon wechſelt auf Hamburg.
Vide ingleichen die daſelbſt befindliche Aus - rechnung / und dabey die Specification der Liſſa - boniſchen oder Portugieſichen Gelder.
Liſſabon wechſelt auf London.
Der Pari iſt 85 $$\frac{17}{19}$$ Pfenning Sterlings vor ein Mille Rees in Liſſabon; ſo nun London weniger gie - bet als z. E. 60. Pfenning Sterling / ſo gewinnnt es 43⅒. pro Cento gleich wie es hergegen verlieren wuͤrde / wann es mehr geben ſollte.
Livorno wechſelt auf Amſterdam.
Beſiehe wie Amſterdam auf Genua wechsle.
Li -364Caput IX.Livorno wechſelt auf London.
Siehe wie London wechſelt auf Cadix.
Lyon wechſelt auf Amſterdam / beſiehe den Am - ſterdamer Wechſel auf Lyon.
Lyon wechſelt auf Antwerpen / Franckfurt / Hamburg / London.
Siehe wie dieſe Plaͤtze auf Franckreich wechſeln.
Lyon wechſelt auf Venedig.
Gebende vor 100. Ducati di Banco di Vene - tia 100. Cronen weniger oder mehr zu 60. Sols.
Madrit wie es wechsle / vide die Wechſel von und auf Cadix.
Nuͤrnberg wechſelt auf Venedig.
Gebende 150. 〈…〉〈…〉pari vor 100. Ducati di Ve - netia.
Pariſer Wechſel vide Lyoner.
Ve -365Von unterſchiedl. auslaͤndiſ. Muͤntzen.Venedig / wie es auf Amſterdam / Antwerpen / Franckfurt / Hamburg / Lyon / London / und Nuͤrn - berg wechsle / ſiehe wie dieſe Plaͤtze dahin ihre Wechſel ziehen.
Und ſo viel kuͤrtzlich aus obbeſagten Authoris Wechſel-Tabellen. Unſerm Lehr-begierigẽ Handels - Diener / koͤnnen dieſe angezeigte Pary eines Wech - ſel-Platzes gegen des andern ſehr ſchoͤn zur Ausrech - nung und Verſtand aller frembden auslaͤndiſchen Wechſel dienen. Was etwan daran noch fehlen ſollte / wird ſich theils aus dem Kauffmanns-Maga - zin / theils aus unſern uͤber ein jedes Land nach und nach herauskommenden Particularen Handels oder Commercien-Beſchreibungen / (bey wel - chen die Wechſel nicht ſollen vergeſſen /) leichtlich voͤllig begreiffen laſſen.
Folgen nunmehro einige Tabellen / welche nicht muͤnder in gewiſſen Rechnungs-Vorfaͤllen zu Haus und auf Reiſen / unſerm Kunſt-liebenden Handels - Diener wohl zu ſtatten kommen koͤnnen.
Und zwar erſtlich eine jaͤhrliche Intereſſe-Rech - nung zu 5. und 6. pro Centum, dann auch eine Re - ſolvirungs-Tabell der Thaler zu Guͤlden und der Guͤlden zu Thaler.
Jaͤhr -[366]Gehoͤret zu Pag. 369
Mehrere finden wir hier anzufuͤhren unnoͤthig / weil die uͤbrigen in vorgedachtem Kauffmanns-Ma - gazin / ſonderlich die Rabatt, Elen / Maaß und Gewicht-Vergleichung zu finden ſeyn.
Die Tabellen / welchen die Diſtantias der Oer - ter / oder wie weit ein vornehmer Handels-Platz / oder ſonſt beruͤhmte Reſidentz-Stadt von der an - dern entlegen / anzeigen / ſeynd erſtlich in denen Rei - ſen durch Europa / dann auch in Kupffer geſtochen / bey denen / welche mit Kupffer-Stuͤcken und Land - Charten handeln / zu bekommen / und ſollte billich ein jedes Kauffmanns-Contoir mit einer ſolchen Ta - bell verſehen ſeyn; ein fleißiger Handels-Diener aber / koͤnte ſich zu ſeinem eigenen Gebrauch / von dem Ort ſeiner Wohnung aus / eine ſolche Tabell formiren / und darinn Alphabetiſcher Ordnung nach / die vornehmſte Oerter ſetzen / wohin etwan ſeines Patrons Handlung und Correſpondentz ſich erſtreckte / etwan auch in denen beſondern Linien dabey fuͤgen / wann die Poſten dahin abgiengen und wieder ankaͤmen / und was etwan mehr zu be - mercken ſeyn moͤchte / wir wollen deſſen hier ein klein Formular mit der Stadt Leipzig geben.
Zur Nachricht diene / daß vorher geſetzte Diſtan - ces, nach Teutſchen Meilen gerechnet / deren 15. auf einen Grad gehen / auſſer dem differiren ande - rer Laͤnder Meilen ſehr viel / mit unſern Teutſchen / als da wuͤrden auf eine Ungariſche / item auf eine Schwediſche Meile gerechnet ‒ 6000 Schritt. Auf Schweitzeriſche Meilen ‒ ‒ 5000.
Teutſche Meilen. ‒ ‒ ‒ ‒ 4500.
A aHol -370Caput IX.Hollaͤndiſche ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ 4000.
Spaniſche ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ 3400.
Frantzoͤſiſche ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ 2000.
Engliſche ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ 1250.
Jtaliaͤniſche ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ 800.
Moſcowitiſche Wuͤrſte. ‒ ‒ ‒ 750.
Jtem / werden ſelbige auch folgender Geſtalt eingetheilet:
Von der Zeit-Rechnung hat unſer Lehr-begie - riger Handels-Diener zu bemercken / daß
Das Jahr getheilet werde in 12. Monate / wel - che aber ungleiche Tage haben / als:
Die 4. bekannte Jahres-Zeiten / ſeynd der Fruͤh - ling / Sommer / Herbſt und Winter. Dieſe ſchlie - ſen wieder 2. Merckwuͤrdigkeiten in ſich / nemlich 2. Æquinoctia, und 2. Solſtitia.
Ein Æquinoctium wird genennet / wann wir Tag und Nacht gleich haben / welches geſchiehet / im Martio und September, wann die Sonne in denWid -371Von unterſchiedl. auslaͤndiſ. Muͤntzen ꝛc. Widder und in die Waage tritt / mit jenem faͤngt ſich der Fruͤhling / mit dieſem der Herbſt / an.
Solſtitium heiſt ein Stillſtand der Sonnen / wann ſie nemlich im Junio, im Zeichen des Krebs am hoͤchſten hinauf / und im Decemb. im Zeichen des Steinbocks am tiefſten / unſerm Geſicht nach / her - unter geſtiegen; in jenem macht ſie den laͤngſten Tag / und des Sommers Anfang / in dieſem aber den kuͤrtzeſten Tag und Winters Anfang. Jn 365. Ta - gen / 5. Stunden und 49. Minuten / laufft ſie den gantzen Himmel durch / ſo offt ſie nun ſolchen Lauff vollbracht / ſo offt iſt auch ein gantzes Jahr vollen - det / und faͤngt ſich alsdann ein Neues mit der Son - nen-Lauff wieder an / nachdem aber zu dieſer der Sonnen Ruͤckkehr / nechſt denen 365. Tagen auch 5. Stunden und 49. Minuten erfordert werden / welche beynahe in 4. Jahren einen gantzen Tag aus - machen / als wird ſolcher Tag jedesmal in das vierd - te Jahr / und zwar in den Monat Februarii einge - ſchoben / deme daher in ſolchem Jahr 29. Tage ge - ben werden. Da er ſonſt auſſer demſelben / ordent - lich nur 28. Tage hat / ſolches 4te Jahr heiſſet her - nach ein Schalt-Jahr / ohne welche die Monat ih - re Zeit nicht behalten / ſondern die Winter-Mona - te in den Fruͤhling und Sommer einfallen wuͤrden.
Ein Schalt-Jahr zu erkennen / ſo dividiret oder theilet man nur die Zahl der Jahre mit 4. blei - bet alsdann nichts uͤbrig / ſo iſts ein Schalt-Jahr / ſo viel aber deren uͤbrig bleiben / ſo viel Jahre ſind ſchon uͤber das letztere Schalt-Jahr verfloſſen.
Eine jede / der obbemelden 365. Tage oder Ta - ges-Zeiten / begreifft eine Zeit von Tag und Nacht /A a 2die -372Caput IX. dieſe wird wieder in 24. gleiche Theile eingetheilet / welche man Stunden heiſt / und hat deren eine Wo - che ‒ ‒ ‒ 168.
Ein viertel Jahr ‒ ‒ 2184.
Ein halb Jahr ‒ ‒ 4368.
Dreyviertel Jahr ‒ ‒ 6552.
Ein gantzes Jahr ‒ ‒ 8736.
Jede Stunde hat wieder 6. Minuten / und 1. Minute / wieder 60. Secunden. Die meiſten Eu - ropaͤiſchen Voͤlcker fangen die Stunden von Mit - ternacht an zu zehlen / biß an den Mittag / da ſie wie - der aufs neue (wann die 12. Stund vorbey iſt zu zehlen anfangen. Die Griechen und Babylonier machten den Anfang ihre Stunden zu zehlen / wann die Sonne aufgegangen / wie alſo noch heutigs Tags in des Heil. Roͤmiſchen Reichs Stadt Nuͤrn - berg und in Jtalien gebraͤuchlich iſt / als woſelbſten die Stunden mit dem Tag anfangen / und ſich wie - der mit dem Tag endigen / worauf die Nacht-Stun - den angehen / welche hernach auch wieder mit der Sonnen Aufgang ihre Endſchafft erreichen; daher dann die Taͤge oder Naͤchte / nachdem ſie lang oder kurtz ſeyn / viel oder wenig Stunden haben.
Dieſe Veraͤnderung der Stunden / iſt nach der Tage Zu - oder Abnehmen / das gantze Jahr durch nach dem verbeſſerten Reichs-Calender in nachfolgender Tabell zu erkennen.
Von373Wann man nun ſolcher Geſtalt das Ab - und Zunehmen der Taͤge erſiehet / ſo laͤſt ſich hernach leicht daraus abnehmen / wie lang eines jeden Tags ſeine Nacht ſeyn muͤſſe.
Dieſes aber moͤchte unſerm curieuſen Kauff - manns-Diener noch zu Gefallen gereichen / wann er deutlich in folgender Tabell wird zu erſehen ha - ben / wie die nach Norwegen und Schweden rei - ſende / des Sommers viel laͤnger / des Winters aber viel kuͤrtzere Taͤge / als in Teutſchland vor ſich finden / ſo / daß / je weiter ſie hinauf nach dem Nord-Pol kommen / welches jaͤhrlich die Groͤnland - und Ar - changel-Fahrers wohl erfahren / ſie in den Junio und Julio faſt gantz keine Nacht / ſondern immer Tag empfinden.
Wir wollen die Climata und Parallelos, wie auch die Intervalla Climatum, nach welchen die Tabell ſonſt muͤſte eingerichtet werden / geliebter Kuͤrtze halber / hier vorbey gehen / und nur nach de - nen Gradibus latitudinis (als welche ein Handels - Diener auf der Charte von der Welt-Kugel leicht - lich von dem Æquatore an / biß hinauf nach dem Nord-Pol finden kan) ſolche einrichten. Dieſemnach iſt zu Anfang des erſten Grads der Tag / (Jahr aus / Jahr ein /) 12. Stunden lang.
Auf375Von unterſchiedl. auslaͤndiſ. Muͤntzen ꝛc.Hingegen iſt es hernach auch wieder ſo lang in Abnehmen / und eitel Nacht / ſo / daß die Sonne niemals uͤber den Horizont daſelbſt ſich blicken laͤſt / wie ſolches die in Groͤnland uͤberwinterte Hollaͤnder mit ihrem groſſen Verdruß und Schaden erfahren haben.
Wann nun dieſer Diſcours uns einige Einlei - tung zur Seefahrt giebet / als hat ein reiſender Han - dels-Diener erſtlich zu bemercken / die bekanteſte Eu - ropaͤiſche Schiffs-Gefaͤſe / wie ſolche benennet wer - den: Als da hat man in Spanien die Gallionen / oder Caraques, die bey 400. Tonnen groß / und zu der Fahrt nach Weſt-Jndien gebraucht werden.
Fregatten dienen zur Convoy, und hat derenA a 4faſt376Caput IX. faſt eine jede See-Puiſſance unterſchiedliche / wohl montirte / welche nit allein geſchwind ſegeln / ſondern auch zierlich gemacht und meublirt ſeyn / und dan - nenhero zum Transport, vornehmen Herren / eben wie die ſogenannten Jachten / dienen.
Fleuten / ſind groͤſſer / als Fregatten / aber run - der / und haben auch hinten keine Ausrundung.
Caravelles, ſind von 120. biß 140. Tonnen groß / rund / wie die Fleuten / fahren viel auf dem mit - tellaͤndiſchen Meer / mit 4. Segeln / ſo dreyeckigt ſind.
Galeaſſe, iſt eine groſſe Galere, ſo auſſer ſei - nen Segeln / auf jeder Seit / noch 50 Ruder hat / bey deren jeden 5. Ruder-Knechte auf einer Banck fi - tzen; daher nennet man ſolches Galeren von 50. Baͤncken oder Rudern.
Galere iſt ein plat - und langes Schiff / ſo auſ - ſer ſeinen Segeln / 25. biß 30. Ruder an jeder Seite hat / an welchen 4. Kerl (meiſtentheils Sclaven) ſi - tzen / es iſt das ſchnellſte von allen Schiffen / fuͤhret 2. Maſten / ſamt 5. Stuͤcken / nemlich ein groſſes / 2. mittelmaͤſſige und 2. kleine.
Smacke, iſt ein ſogenanntes Hollaͤndiſches Fahr-Zeug / hinten und vornen breit / fuͤhret einen Gabel-Maſt und Boeg Spriet, wie auch auf beyden Seiten Schwerder / koͤnnen von 4. biß 16. Laſt fuͤhren.
Barque, iſt eine Art von Schiffen / werden ſehr auf der Mittelaͤndiſchen See gebraucht / dienen g - meiniglich / Kauffmanns-Guͤter / oder Victualien uͤber zu bringen.
Die377Von unterſchiedl. auslaͤndiſ. Muͤntzen ꝛc.Die andere Art von Schiffen / werden kuͤnfftig in unſern See-Dictionario zu erſehen ſeyn.
Um nun zu wiſſen / wieviel ein Schiff tragen koͤnne / ſo muß man ſeine inwendige Capacitaͤt an - ſehen / und aus der Laͤnge des Kiels / oder Grund - Balckens / Breite und Hoͤhe des Bauchs / davon ur - theilen. Zum Exempel: Ein Schiff / deſſen Kiel 76. Fuß lang / der Bauch 27 Fuß breit und 10. hoch iſt / kan 300. Tonnen tragen / welches 600 000. Pfund / oder 6000. Centner ausmachet / dann eine Tonne wird auf 2000. Pfund ſchwer gerechnet / und ein Schiff mit ſeineer gantzen Ausruͤſtung an Cano - nen / Tonnen / Segeln und Maſten ꝛc. ſchaͤtzt man ſo ſchwer zu ſeyn / als die Laſt iſt / die es tragen kan.
Wann auch ein Seefahrender die Winde zu obſerviren hat / als ſeynd deren Namen / wie fol - get:
Oſt-Oſt zum Zuyden / Oſt-Zuyd-Oſt / Zuͤd - Oſt zum Oſten / Suͤd-Oſt / Suͤd-Oſt zum Suͤden / Suͤd-Suͤd-Oſt / Suͤd zum Oſten Suͤd / Suͤd zum Weſten / Suͤd-Suͤd-Weſt / Suͤd-Weſt zum Suͤ - den / Suͤd-Weſt / Suͤd-Weſt zum Weſten / Weſt - Suͤd-Weſt / Weſt zum Suͤden. Weſt / Weſt zum Norden / Weſt-Nord / Weſt-Nord zum Weſten / Nord-Weſt / Nord-Weſt zum Norden / Nord - Nord-Weſt / Nord zum Weſten. Nord / Nord zum Oſten / Nord-Nord-Oſt / Nord-Oſt zum Nor - den / Nord-Oſt / Nord-Oſt zum Oſten / Oſt-Nord - Oſt Oſten zum Norden / welche Winde insgeſamt ein curieuſer / reiſender Kauffmanns-Diener / wannA a 5er378Caput IX. er zur See faͤhrt / ſich auf den Compas kan weiſen laſſen.
Ferner hat er von denen Vorboten des Win - des / Regens / und Sturms / auf Land - und Waſſer - Reiſen zu bemercken:
Wann ſich einige rothe Wolcken an den Ho - rizont ſehen laſſen / zur Zeit / wann die Sonne auf - und untergehet / ſo bedeutet es / daß Wind von dan - nen entſtehen werde.
Jngleichen zeigen die rothen Wolcken vor Auf - gang der Sonnen / oder wann die Sonnen-Stra - len roͤthlich ſcheinen / Wind an.
Wann man die Sonne bey ihrem Untergang mit einem blaulicht - oder ſchwartzen Kreiß umgeben ſiehet / zeiget es Ungewitter an.
Wann die Sonne im Aufgehen blaß ſcheinet / bringet ſie Regen / gehet ſie blaß unter / ſo bedeutet es Wind.
Wann die Sonne mit Wolcken bedecket iſt / indem ſie aufgehet / und ihre Stralen niederwarts ſchieſſen / zeiget es Regen an / gehen aber die Stra - len mitten durch / ſo kommt Regen und Sturm.
Kommen von allen Seiten Wolcken / und ver - ſammlen ſich um die Sonne / ſo bedeutet es Unge - witter.
Jſt die Sonne beym Untergang nur mit einer Wolcke bedeckt / ſo kommt den folgenden Tag Re - gen / und wann man ſiehet / daß ſie eine Wolcke mit hinunter nimmt / ſo zeiget es Ungewitter an.
Siehet man in dem Neuen Mond einige Fle - cken in der Ober-Kruͤmme / ſo bedeutet es Re - gen.
Er -379Von unterſchiedl. auslaͤndiſ Muͤntzen ꝛc.Erſcheinet der Mond den vierdten Tag nicht / und es iſt Suͤden-Wind / ſo wird es verdruͤßlich Wetter geben.
Wann der Mond mit einem weiſſen Kreiß umgeben / ſo bedeutet es Regen / ſind aber deren viel und zerbrochene / und der Mond iſt roͤthlich / ſo zeiget es Sturm an.
Scheinet die See ſchwaͤrtzlich / ſo iſt es ein Zei - chen des Ungewitters. Wann man auch deſſen Schaum hin - und wieder zerſtreuet ſiehet / oder daß kleine Blaſen ſich da und dort auf dem Waſſer er - heben / oder auch das Meer ſchleunig ſtarck wird / ſo mag man ſich auf ein hartes Ungewitter ſchicken.
Jtem / wann die See-Hunde und andere Fiſche / ſich haͤuffig uͤber dem Waſſer ſehen laſſen / zeiget es gleichfalls Ungewitter an.
Auf dem Land aber ſeynd die niedrig - und an der Erden fliegende Schwalben / Vorboten des Re - gens / dann der Wind treibet die Fliegen / wovon ſie ihre Nahrung haben / niederwarts / daher ſie ſolchen nachfolgen.
Zur Seefarth und Handlung dienet auch / daß man wiſſe / was Aſſecuriren / Gelder auf Bodme - rey nehmen und geben. Haverey oder See-Schaͤ - den / ingleichen Schiffs-Port-Rechnung ſey; weil aber ſolches alles in unſerm neu-eroͤffneten Kauff - manns-Magazin, wie auch in des Handels-Corre - ſpondentens andern Theil befindlich / als laſſen wir es dieſes Orts dabey bewenden / angeſehen / un - ſer bald zu erwarten des See-Gericht / und See-Di - ctionarium, von allen mit zur Seefarth und Hand -lung380Caput X. lung gehoͤret / einen ſattſamen Unterricht ertheilen wird.
Von denen ſchrifftlichen Ab - ſchieden und Teſtimoniis, welche Kauffmanns-Dieners / die ihrer Patronen Handlungen nunmehro mit deroſelben Er - laubnis und gutem Willen quittiren / entwe - der / weil ihre veraccordirte Dienſt-Jahre zu End gelauffen / oder ſie ihre eigene Hand - lung anzufangen / oder auch anderwerts ihr Gluͤck bey Handlungen weiter zu ſuchen ge - dencken / von ſolchen ihren Patronis zu gewarten haben.
WAnn endlich ein junger Menſch lang genug gedienet / ſo heiſſet es mit ihm / wie dorten mit dem Jacob / Tempus eſt, ut proſpi - ciam Domui meæ, es iſt nunmehro Zeit / daß ich auf mein eigen Haus gedencke / (entweder / daß er mit ſeinen eigenen Mitteln / oder guter Leut Huͤlffe / eine eigene Handlung anfange / und nun - mehro aus einem Diener auch einmal ein Herꝛ wer - de / oder er gelanget auch durch eine gute Heyrath zu einer ſolchen établirten Handlung / oder intendi - ret mit einem andern deßfalls in Compagnie zu tret - ten. Oder / wann auch dieſes alles nicht waͤre / ſoſtehet381Von unterſchiedlichen Teſtimoniis der ꝛc. ſtehet ihme doch ſeines vorigen Patrons Handlung / Haus und Humeur nicht laͤnger an / iſt auch / ver - moͤg getroffenen Accords, nicht laͤnger demſelben zu dienen verbunden / oder er gedencket auch ſein Gluͤck / zu Haus / oder in der Fremd / bey andern Handlungen / Dienſten und Conditionibus, beſ - ſer / als bey ſeinen bißherigen Patron, zu machen /) ſo nimmt er endlich / nachdem er ihme / Accords gemaͤs / ein viertel Jahr zuvor / oder auch der Patron ihme aufgeſaget / ſeinen Abſchied / und iſt alsdann der Patron ſchuldig / wann er nichts / als alles Lie - bes und Gutes / von ihme zu ſagen weiß / und daß er ihme treu und redlich gedienet / ihme ſolchen ſei - nen Abſchied / in beſter Form zu ertheilen / welchen auch ein Ehrliebendes Gemuͤth um ſo vielmehr ſolli - citirt / als er ſolchen kuͤnfftig / zu Bezeugung ſeines Wohlverhaltens / in unterſchiedlichen Gelegenhei - ten noͤthig haben moͤchte. Dabey dann / was ein rechtſchaffener Kauffmann iſt / ſich ſolchen ihme zu ertheilen / nicht zuwider legen muß / weil die Schrifft ſelber haben will / daß einem redlichen Knecht / der treu und wohl gedienet hat / man nicht hindern ſoll / wann er frey werden kan Und ob gleich einige Son - derlinge ſich darinnen ſtraͤuben / und dadurch er - zwingen ſollten / daß ein ſolcher Menſch dißfalls noch etwann ein paar Jahr bey ihnen in Dienſten blei - ben muͤſte; ſo haͤtten ſie doch dabey zu bedencken / daß mit unwilligen Hunden uͤbel zu jagen ſey / ein ſolcher gezwungener Diener / auch den Groll / wegen des ver - ſagten Abſchieds und neu-angelegten Zwangs / im - mer im Hertzen behalten / und niemals aus freywilli - gem Gemuͤth / ſeine Dienſte wieder abſtatten wer -de /382Caput X. de / zu geſchweigen / daß auch ſolche Verſagung des Abſchieds / unter denen Leuten unterſchiedliche Ju - dicia (die mehrentheils dem Herꝛn / der den Abſchied weigert / nachtheilig fallen /) hervorbringen / als daß man zuforderſt urtheilet / es getraue ſich ein ſolcher Herꝛ ſeiner uͤbel-beſtellten Handlung / Haushaltung und ſelbſt-eigenen Conduite halber / keinen neuen Diener ſo leichtlich wieder zu bekommen; dahero er denjenigen / den er hat / feſt halten muͤſſe. Andere fahren wohl gar herdurch / und fragen ſo wenig nach eines ſolchen Manns ſeinen ertheilten Abſchied / daß / wann ſie anders ſonſt den Diener vor einen recht - ſchaffenen Kerl kennen / ſie ſelbigen entweder ſelbſt / ob er gleich keinen Abſchied hat / wieder annehmen / oder auch anderwerts hin / da er ſein Gluͤck finden kan / mit guter Recommendation verſehen / in wel - chen Faͤllen insgeſamt ein Handels-Patron beſſer gethan haͤtte / ſich in Gutem mit ſeinem Diener zu ſcheiden / ſelbigen in pace zu dimittiren / und ihn dadurch zu veranlaſſen / allezeit wohl von ſeiner Handlung und Haus zu reden / und derſelben ge - wogen zu verbleiben / als ſich mit ihm uͤber eine ſol - che Bagatelle des ehrlich-verdienten Abſchleds we - gen / zu brouilliren / und ihme / dem diſguſtirten Diener / dadurch Anlaß zu geben / hernach uͤbel davon zu ſprechen / zumal / da auch die Vorzeugung eines Abſchieds / nicht allezeit in Regard desjenigen / der ſolchen ertheilet / ein ſo eſſentielles Stuͤck iſt / daß dereinſt auf ſolches groſſe Abſicht ſollte gemacht / oder auch ohne ſolchen ein rechtſchaffener Kerl nicht ſollte fortkommen koͤnnen; weil es aber auch hierin - nen / wie bey denen Juriſten heiſſen moͤchte / ſu -perflua383Von unterſchiedlichen Teſtimoniis der ꝛc. perflua non nocent; ſo thut ein Diener wohl / daß er ſich die Procurirung ſeines ehrlichen Abſchiedes allerdings laͤſt angelegen ſeyn / auch allen Falls / ſo er ſolchen nicht freywillig erhalten koͤnnte / durch Ver - mittlung guter Leut / oder gar durch Interpoſition des Commercien-Collegii, ſolchen zu erlangen ſuchte / wie dann dieſes auch ſo gar befugt waͤre / (wann der halsſtarrige Patron nicht wollte) ihme / dem Diener / ex officio, ſonderlich auf guter Leute Zeugnis / ein ſolches Teſtimonium unter des Col - legii Sigill zu ertheilen / daß Implorant ſich in ſeinen Dienſten / Quæſtionis, wohl verhalten / und diß - falls ein Authentiques Zeugnis meritirte / obgleich der geweſene Patron ihme ſolches zu ertheilen / nicht haͤtte bewogen werden koͤnnen.
Dieſes aber ſey hier nur incidenter mit ange - fuͤhret / wann etwann dergleichen Caſus, biß zu die - ſem Remedio ereignen ſollten / wiewohl es ſelten ge - ſchehen doͤrffte. Wir wenden uns vielmehr zu der - gleichen Abſchieden ſelbſt / und beſehen / in welcher Form dieſelbe eingerichtet ſeyn muͤſſen / die erſte und zwar gantz kurtze / koͤnnte folgender Maſſen entworf - fen ſeyn.
NAchdem Vorzeiger dieſes N. N. 4. Jahr lang in meiner Handlung / als Diener / mir ehrlich und wohl gedienet / alſo / daß ich nichts / als alles Liebs und Guts von ihm zu ſagen weiß / nunmehr aber ſein Gluͤck anderwaͤrts bey Handlung weiter zu ſuchen / Vorhabens iſt / und mich dannenhero um einen beglaubten Abſchied angeſuchet; als habe ich ſolchen ihme hiemit zu ertheilen / und ihn dadurch analle384Caput X. alle und jede / deme ſolcher zu leſen vorkommen moͤch - te / beſtens zu recommandiren / mich nicht entziehen koͤnnen.
So geſchehen / Coͤlln den 25. April 1715. N. N.
MJt gegenwaͤrtiger meiner eigenem Hand und Unterſchrifft / habe ich Vorzeigern derſelben / N. N. meinen 6. jaͤhrigen Handels-Diener begleiten und dadurch atteſtiren wollen / daß ſelbiger die gan - tze Zeit / welche er in meinem Haus und Handels - Dienſten geweſen / ſich / als einen rechtſchaffenen Handels-Diener eignet und gebuͤhret / aufgefuͤhret / und deßfalls nicht das geringſte uͤber ihn zu klagen gehabt / ſo / daß ich ihn gern noch laͤnger bey mir in Dienſten behalten haͤtte; wann er aber Verlangen getragen / ſich noch ferner bey beruͤhmten Handlun - gen in der Welt umzuſehen / und mich deßfalls um ein beglaubtes Atteſtatum ſeines Wohlverhaltens erſuchet; als habe ich ihme ſolches hiemit zu erthei - len / kein Bedencken getragen. Erſuchende viel - mehr / alle diejenige Herren Kauffleute / welchen ſolches zu leſen vorkommen moͤchte / ihme Produ - centi hier auf allen guten Willen zu erzeigen / und beſtermaſſen zu ſeinem ferneren gluͤcklichen Aufneh - men befoͤrderlich zu ſeyn / welches in dergleichen Faͤl - len wieder zu verſchulden / ich niemals ermangeln wer - de.
Amſterdam den 6. Julii 1715. NN.
VOrzeiger dieſes / der Erbare N. N. iſt mein 3. Jahr lang treu-geweſener Handels-Diener / welcher in ſolcher Zeit meinen Handels-Geſchaͤfften / dergeſtalt pflicht-maͤſſig vorgeſtanden / und ſo wohl zu Haus / als auf Reiſen / in allen dem / worzu er von mir beordert geweſen / ein ſo vollkommen Genuͤgen geleiſtet / daß ich denſelben laͤnger in mei - nen Dienſten zu behalten / haͤtte wuͤnſchen moͤgen; Wann er aber aus ſonderbahren Ehhafften / und unter andern auch einmal ſeine Verwandtſchafft und Vatterland wieder heimzuſuchen / und was etwann daſelbſt / der hoͤchſte GOTT zu ſeinem Etabliſſement vor ein Gluͤck moͤchte auserſehen ha - ben / abzuwarten / mich um ſeine Dimisſion in - ſtaͤndigſt angeſuchet; als habe ich ihme ſolche zu er - theilen / und demſelben zugleich zu ſeinem ferneren Vorhaben alles Gluͤck und Heil anzuwuͤnſchen / keinen Umgang nehmen wollen / mit dem dienſtli - chen Beyfuͤgen / an alle und jede / denen dieſes zu leſen vorkommen moͤchte / daß ſie ihme N. N. dieſes ihme ertheilten Atteſtati halber / allen guten Wil - len / und ſo viel an ihnen iſt / fernere Befoͤrderung wiederfahren laſſen wollen / welches in gleichen Faͤl - len von mir auch jederzeit geſchehen ſoll. Datum
Hamburg den 18. Auguſti 1715. N. N. L. S.
ALlen und jeden / denen dieſes zu leſen vorkommt / ſeye Standes-gemaͤß nach / meine unterthaͤ - nigſte-gehorſame und freundwillige Dienſte und Gruß anvor / fuͤge ihnen hiemit bey auch zu wiſſen / daß Vorzeiger dieſes / der Tit. Herꝛ N. N. mir in meiner Material-Handlung allhier zu N. ſechs Jahr lang / als Diener dergeſtalt redlich und wohl gedienet / daß er nicht allein dasjenige / was ihme von mir aufgetragen worden / mit allem Fleiß und Sorgfalt / zu Haus und auf Reiſen / bey denen Waaren und Scripturen verrichtet / ſondern auch noch bey ſeinem Abſchied / von allem / ſo ich ihm unter Handen gegeben / ſo richtige Rechnung und Reliqua præſtiret / daß ich ſpecialiter ihn daruͤ - ber zu quittiren / und ſeine treue Dienſte / auch mit einer ſonderbaren honorablen Diſcretion zu erken - nen Urſach gehabt. Wann er nun hierauf (da er ſich weiter in der Welt bey Material-Handlungen und ſonderlich in beruͤhmten See-Staͤdten um zu ſehen / intendiret iſt /) mich gebetten / daß ich ihme ein glaubwuͤrdiges Zeugnis / ſolches ſeines Wohl - Verhaltens halber ertheilen moͤchte / damit er ſolches vorzeigende / anderwaͤrts / ſonderlich bey einer loͤb - lichen Kauffmannſchafft ſo viel beſſern Acceß und Gunſt erlangen moͤchte; als habe ich ihm darunter um ſo viel mehr favoriſiren wollen / als mir ſelbſten / zu groſſen Vergnuͤgen gereichen wird / wann dieſer mein geweſener treuer Diener / ſein Fortun bey der Kauffmannſchafft durch geneigter Patronen Vor - ſchub / (die zugleich auch hiemit von mir reſpectivèdarum387Von unterſchiedlichen Teſtimoniis der ꝛc. darum erſuchet werden) erlangen ſollte / wie ich es dann ingleichen Faͤllen wieder zu verſchulden / mich jederzeit ſo willig als gefliſſen werde finden laſſen. Urkundlich dieſer meiner eigenhaͤndigen Schrifft und Unterſchrifften / Dantzig den 8. Octobris 1715.
WAnn Vorzeiger dieſes N. N. nach treu und fleißig bey mir abgelegten 6. Lehr - und Dienſt - Jahren als Handels-Jung / und dann noch 2. Jahr als Geſell und Diener / nunmehro ſich weiter in die Welt zu begeben / und auch anderwaͤrts was bey Handlungen paſſiret / zu ſehen und zu lernen ge - dencket / zu ſeinem beſſern Fortkommen aber / mich um ein glaubwuͤrdiges Atteſtatum, ſeines bey mir bezeugten Wohlverhaltens / und hierauf erlangten redlichen Abſchieds / angeſuchet; als habe ich ihme ſolchen hiermit ertheilen / und zugleich atteſtiren wollen / daß er ſich in ſeinen 8. jaͤhrigen Dienſten / wie eines redlichen und ehrlichen Kauffmanns-Jun - gen und Diener gebuͤhret / jederzeit aufgefuͤhret / nicht allein ein Chriſtliches Leben und Wandel ſtets von ſich ſpuͤhren laſſen / und in ſolchen die gantze Zeit uͤber / ſich fleißig zu GOtt und ſeinem Wort gehal - ten / ſondern auch / in meinen Handels-Verrichtun - gen / allezeit demjenigen / was ihme zu thun ob - gelegen / und ich ihme befohlen ponctuel, unverdroſ - ſen und emſig nachgekommen / alſo / daß ich und die Meinige nichts anders als / alles Gutes ihme nachzuſagen habe.
B b 2Ge -388Caput X.Gelanget dannenhero Stands-Gebuͤhr nach an alle und jede / denen dieſes zu leſen vorkommt / ſonderlich aber an die Herren Kauffleute und Han - dels-Verwandte / mein dienſtliches und freundli - ches Erſuchen / ihme N. N. dieſes meines Atteſtati mit Erzeugung alles guten Willens / (und zu An - ſporung anderer / in ihren Dienſt-Jahren ſich gleich - falls alſo zu verhalten / daß ſie mit Ruhm und Lob / von ihren Patronis dimittiret werden moͤgen /) genieſſen zu laſſen; ſolches werde ich / als wenn es mir ſelbſt geſchehen / annehmen / und ingleichen und andern angenehmen Faͤllen wider zu verſchulden wiſ - en /
Leipzig den 14. May 1715. N. N.
Mit dieſem habe ich atteſtiren wollen / daß Vor - zeiger deſſelben N. N. 2. Jahr lang als Die - ner bey mir gedienet / und als er hierauf ſeinen Ab - ſchied gefordert / um weiter in der Welt ſeine Fortun zu ſuchen / habe ich ihme ſolches zu ertheilen kein Be - dencken getragen / Prag den 10. Julii 1715.
DA Vorzeiger dieſes mein 4. Jahr treu-geweſe - ne Handels-Diener / nunmehro auch bey an - dern Handlungen ſich umzuſehen Belieben getra - gen / und mich deßfalls um einen beglaubten Ab -ſchied389Von unterſchiedl. Teſtimoniis der Kauff. ſchied ſeines Wohlverhaltens erſuchet / als wird ſol - cher ihme hiemit / aus eben dieſer Urſach / ruͤhmlich er - theilet und zugleich die Recommendation an alle und jede Herren Kauffleute mit beygefuͤget / daß ſie dieſen N. N. ſeiner guten Conduite halber / allen ge - neigten Willen erzeigen wollen / welches er zufor - derſt / und dann auch ich bey Gelegenheit wieder zu verſchulden nicht ermangeln werde. Luͤbeck den 4. Januarii 1715.
LE Porteur de la preſente N. N. a été Com - mis dans mon negoce, pendant quatre ans, & s’etant dans ce têms la loüablement acquit - té de ſon devoir, je n’ ay pû luy refuſer ce te - moignage pour ſ’ en ſervir en tems & lieu, ou il viendre, fait a Bourdeaux le. 15. de Mars A. 1715.
JE ſous ſigné atteſte par ces lignes, que le por - teur d’i celles, le Sieur David N. m’a ſervi pendant l’ es pace de cinq ans tres fidelement en qualité de Commis dans mon negoce, de ſor - te que j’aurois ſouhaitté de le garder encor quelques années, mais comme ſes parents l’ont revoqué & que d’ ailleurs il a envie de voir ce que ſe paſſe ailleurs dans le negoce, jeB b 3l’áy390Caput X. l’áy bien voulu l’accompagner de ce preſent temoignage, de ſa loyauté & bonne conduite, priant de plus tous ceux, qui le verront, de luy en rendre touts les bons offices, ce qu’en pa - reil. Cas je ne manqueray pas de le reconnoitre. Faita Auguſte le. 2. Juin. 1715.
Atouts Ceux, qui liront la preſente Salut, le Porteur d’i celle le Sieur Remy N. ayant trouvé convenable a ſa fortune, d’ aller voir quelques conſiderables villes marchandes & maritimes, apres m’ avoir ſervi tres Fidele - ment dans mon negoce, pendant trois ans, je n’ ay pas luy refuſer ſon Congé, qu’il avoit ſollicité en tems dû & convenu entre Nous de ſorte que je confeſſe par celle cy d’ etre tres ſa - tisfait de ſes ſervices, & bien porté de luy en temoigner ma reconnoiſſance & bien veuil - lance entems lieu, ou l’occaſion ſ’en preſen - tera, priant auſſi touts Meſſieurs Marchands, aux quels il pourra s’ adreſſer dans ſon voyage, de luy donner des marques de leur bonne vo - lonté, promettant de ma part de rendre la re - ciproque en pareil Cas, fait a Conigsberg le. 6. d’ Auoſt. 1715.
LE Sieur Nicolas N. Porteur de la preſente de la preſente, ayant ſervi jusques a pre -ſent391Von unterſchiedl. Teſtimoniis der Kauff. ſent, & en tout huict ans conſecutivement dans mon negoce, ſavoir 5. Ans en qualité de Garçon de Boutique, & trois ans comme Com - mis, & étant preſentement reſolu d’ entrepren - dre ſon propre Negoce, a quoy il luy faudra entre autres avoir de telles lettres de Creance, qui puiſſent rendre temoignage de ſa bonne Conduite, & fidelité. Je confeſſe, que j’ ay eté tous jours tres ſatisfait de ſes ſervices, & que je ſouhaitterois que ſa place fut bientoſt remplie par un autre Garæon auſſi ſage & vertueux, comme il a eté pendant qu’ il etoit chez moy, & comme je ſeray tous jours prêt de luy ren - dre des bons offices, je prie auſſi touts ceux qui liront la preſente d’ en faire de meme, & de s’ aſſurer que je le reconnoiteray en des pareils occaſions fait a Leipzic. le. 28. d’ Octobr. 1715.
QUi literas haſce exhibet, optimæ intolis probatæ que fidei Juvenis N. N. per Sexen - nium officio Miniſtri, in ædibus ac Negocia - tione mea functus eſt; cum jam vero cupidita - te diſcendi, ulterioresque Progreſſus in ſcien - tiis Mercatoriis faciendi, iter ad nonnullas Ci - vitates maritimas, (quæ inprimis commerciis pereximiis pollent) facere decreverit, hancque ob cauſam me rogaverit, ut hiſce literis com - mendatitiis illum comitari velim, eò lubentibusB b 4pre -392Caput X. precibus ſuis annuere volui, quod per integrum, ſupra effatum tempus fideliter ac omni dili - gentia, rebus meis familiaribus ac mercantili - bus ita incubuerit, ut gratum ipſi meum ani - mum teſtari omnino obſtrictus fim. Dignen - tur itaque omnes & ſinguli literas haſce lectu - ri, illis plenam attribuere fidem, Exhibitori vero illarum, Benevolentes vivere, ſtudiaque ſua mercantilia, quâ poſſunt occaſione, promo - vere, quod, ac ſi ipſe accepiſſem reputabo Dat. Lipſiæ die 15. Aprilis A. 1715.
Denen alſo Abſchied-nehmenden Dienern pflegen auch noch wohl Recommendations-Brie - fe auf andre Oerter / da ſie etwan hin gedencken / oder ihr Fo[r]tun ſuchen / mitgegeben zu werden; angeſe - hen ſolche ihnen vielmals den Acceß bey ein und anderm vornehmen Kauffmann facilitiren / zumal wann der Recommandlrte an Perſon und Qua - litaͤten darnach beſchaffen / der Reeommendans aber in Condition und Anſehen / und derjenige / an dem die Recommendation lautet / im Vermoͤgen oder Pouvoir, und auch in Humeur und Beruff der Hoͤflichkeit und Dienſtfertigkeit iſt / daß er gerne dienet / und die von andern Leuten an ihm geſchehene Recommendationes guͤltig ſeyn laͤſt / ſelbige auch in geziemenden Wuͤrden und Gewicht haͤlt / dann daß diefes letzere allezeit de facto oder de jure ge - ſchehe / lehret leider manchen reiſenden Handels - Diener / und auch andere Paſſagiers mehr als zu viel die Erfahrung / wann derjenige / demer den Recommendations-Brief bringt / wenig oder nichts Egard auf ihn hat / und ihn kaum recht will -kom -393Von unrerſchiedl. Teſtimoniis der Kauff. kommen heiſt / zugeſchweigen / daß er ihm einige Douceurs oder Hoͤflichkeit erzeigen / oder ihn un - terzubringen / und ſein Etabliſſement zu befoͤrdern / ſich ſollte angelegen ſeyn laſſen; weil aber von dieſer Materia in unſern Handels-Correſpondenten ausfuͤhrlich gehandelt / und die vielfaͤltige Urſachen / warum der gleichen Recommendationes nicht al - lezeit ihren erwuͤnſchten Zweck haben / daſelbſt an - gefuͤhret worden / als halten wir uns dieſes Orts dabey nicht auf / wenden uns vielmehr noch zu eini - gen Formularien von dergleichen mitgegebenen Re - commendations-Briefen / welche etwan alſo lau - ten moͤchten.
P. P.
WAnn Vorzeiger dieſes / N. N. nach dem er ſeine Lehr - und Dienſt - und noch einige Diener - Jahre / bey mir redlich und wohl erſtanden / nun - mehro weiter in der Frembd ſich umzuſehen / und unter andern auch einige Zeit a Coſti ſich auf zuhal - ten gedencket / ob etwan daſelbſt eine gute Gelegen - heit vor ihm / von einer ſolchen Condition ſich er - eignen moͤchte / bey welcher noch was rechtſchaffenes in Handlung zu ſehen und zu lernen waͤre; als habe ich die Freyheit genommen / ihm an E. E. durch dieſes zu addreſſiren / als wohl wiſſende / daß dero Hoͤflichkeit niemand anders als vergnuͤgt aufneh - men / und gleicher Geſtalt wieder von ſich laſſen kan / welches ich ingleichem Fall mit denenjenigen die mir von E. E. werden recommandirt werden / auch al - ſo zu halten / niemals ermangeln werde / der ich all - ſtets verharre.
DAß ich Bringer dieſes N. N. an E. E. zu re - commandiren die Freyheit nehme / geſchiehet / weil unter andern Danck-Bezeugungen / welche ich ihme / vor ſeine ſechs-jaͤhrige mir treulich geleiſtete Handels-Dienſte / zu erweiſen ſchuldig bin / ich auch dieſe vor eine der groͤſten halte / wann ich ihm an ei - nem ſolchen Ort / da er frembd / hinkommt / und gleichwohl ſein Handels-Fortun daſelbſt zu proſe - quiren gedencket / dergeſtalt recommandire / und addreſſire / daß er ſogleich alles Vorſchubs und gu - ten Raths ſich zu getroͤſten habe. Wann nun ſol - ches bey E. E. ihrer Welt-bekannten Leutſeeligkeit halber / ſonderlich zu finden iſt / als zweiffle ich nicht / ſie werden dieſer Recommendation, den erwuͤnſchten Erfolg haben laſſen / der ich ohne mehrers reci - proquement verharre.
MJt dieſen wenigen Zeilen habe ich den Uber - reicher derſelben N. N. meinen 4. Jahr lang getreu geweſenen Handels-Diener / nachdem er ſein Gluͤck weiter in der Welt zu ſuchen intentionirt iſt / begleiten / und ſelbigen ſonderlich an E. L. addreſſi - ren wollen / damit beſagter N. N. eines durch meine Recommendation neu-erworbenen Patroni an demſelben in ſo weit ſich moͤge zu erfreuen haben / als fern ihme ein guter Rath zu ſeinen weitern / GOtt geb / gluͤcklichen Progreſſen noͤthig ſeyn moͤchte / ſol -ches395Von unterſchiedl. Teſtimoniis der ꝛc. ches in gleichen Faͤllen wieder zu verſchulden / bin ich jederzeit ſo willig als bereit.
DJe von E. L. ſo vielmahls erhaltene Verſiche - rungen / daß ſie in meinen Angelegenheiten al - len geneigten Willen mir zu erzeigen / nicht erman - geln wolten / machen / daß (da ich unter andern auch unter die Zahl ſolcher Angelegenheit dieſes ſetze / daß meine bey mir lang in treuen Dienſten geſtandene Bediente / wann ſie von mir wegkom - men / darnach aus meiner Vorſorg / und Gewogen - heit (ihnen zu helffen und ihr Beſtes zu befoͤrdern) nicht moͤgen gelaſſen werden / ich Bringern dieſes N. N. meinen etlich Jahr lang geweſenen treuen Handels-Diener / an dieſelbe addreſſire / mit freund - lichen Erſuchen / ſolchem allen geneigten Willen / in Anrathung des jenigen / was zu ſeinem fernern Scopo bey der Kauffmanſchafft dienen moͤchte / zu erzeigen / ich werde es / als mir ſelbſt geſchehen / an - nehmen / und dafuͤr jederzeit verharren.
Mehrere dergleichen Formularia vide in un - ſern allzeit-fertigen Handels-Correſpondenten.
LE Porteur de la preſente, qui a ſervi dans mon Negoce, pendant quatre ans, étant re - ſolu, d’ aller en Hollande, pour y chercher,quel -396Caput X. quelque nouvau employ, m’aprié de le recom - mander a Vous dans la Confiance qu’il a, qu’a l’ Egard que Vous aves été, jusques a preſent, bon amy de mon Negoce, & de ma perſonne. Vous ne manqueries pas de le bien recevoir, & de l’ aſſiſter de vos bons Conſeils en ce qu’il aura d’ entreprendre, pour ſon avantage, & comme je crois qu’ il ne ſe trompe pas dans la bonne opinion, qu’ il a conceüe de Votre bien veillance, je n’ ay pas voulu luy refuſer ces lettres aux quelles j’ ajouteray ſeulement, que je vous rendray la reciproque, toutes les fois qu’ il vous plaira de me le commander étant.
C’eſt le Sieur Jerome N. natif de cette ville, Marchand de profeſſion, qui fut jadis te - neur des livres dans mon negoce, & qui a cû ſouvant l’ honneur de vous ecrire en mon nom, qui vous porte cette lettre de Recom - mandation de ma part, par laquelle, je vous prie, de l’ aſſiſter de vos bons Conſeils, dans le deſſin qu’il pourra avoir, le quel il vous ex - pliquera plus au long de Bouche, lors qu’ il aura l’ occaſion de vous parler, je vous diray ſeulement, que le plaiſir que vous luy ferés, ſera reputé comme fait a moy même, etant au reſte.
ETant fortement perſuadé que les honnetes gens qu’ on vous addreſſe, ne ſauroient ve - nir en meilleures mains que dans les votres, vous y recevrés donc le porteur de la preſen - te le Sieur N. N. autrefois Commis dans mon Negoce, au quel j’ ay bien voulu faire le plaiſir de la reccomander a vous, puisque je m’ ac - quitte parlla d’ une partie de ce que je luy dois pour les bons ſervices qu’ il m’a rendu, il ne demandera que vos bons Conſeils, & peut etre quelquês bonnes addreſſes, en ças qu’il allât plus outre c’ eſt de quoy je vous prieray auſſi tres inſtament, etant de rechef de tout mon Coeur.
CEs lignes ſerviront pour vous recommander le porteur d’icelles, ſavoir le S. N. N. qui apres avoir finis ſon apprentis ſage chez moy, & encor ſervi quatre ans en qualité de Com - mis, cherche preſentement a voir ce qu’il ſe paſſe dans le negoce, dans les pays etrangers, & ſur tout dans votre ville, etant meme reſo - lu, de ſe remettre en condition ſur un bon Comptoir, ſi l’ occaſion ſ’en preſentoit, com - me, vous luy ſaures donner en cela la meilleu - re addreſſe, je vous prie de le faire a mon égard, & d’ eſtre perſuade, qu’en toutes occa -ſions,398Caput X. ſions, je ne manqueray pas non plus de vous temoigner combien je ſuis.
QUi Tibi has literas tradit, miniſter Nego - ciationis meæ olim fuit, nunc vero Com - merciorum gratia, in Hollandiam tendit, ut vero iter hoc bonis avibus expediat, literis hiſce Commendatitiis ad te exaratis eum mu - niri, valde a me petiit, arbitrabatur ad Tuum erga ſe excitandum ſtudium, & officium, nu - dam inſcriptionem Nominis mei ſufficere, an vero rectè ſenſerit, Experientiam expectat Magiſtram, itaque Tuarum partium erit, ope - ram dare, cum ne illum opinio fallat, tum ut ego non pudore afficiar, qui tantum pondus apud te exiſtimo habere. Vale.
MOr is mei eſt bene cognitis, approbatisque ferre ſuffragium, nec perſonas hominum, ſed vitæ merita cogitare, cum ergo exhibitor harum literarum, in Negotiatione mea tan - quam fidelis miniſter per quatuor annos ſtre - nuè militaverit, precor ut admiſſus in cliente - lam tuam, & meum. Patrocinium ſibi profuiſ - ſe, & Tuum acceſſiſſe lætetur.
VIrum Juvenem, Latorem harum literarum, nomine N. N. ut Tibi commendem, æqui - tas ipſa poſtulat, cum per quatuor & quod ex - currit annos, ſtrenuè ac fideliter in Negocia - tione mea mihi operam navaverit ſuam, nunc vero Studiorum ſuorum Mercantilium gratia, ut ea indies magis magisque imprimis in peregrinis oris excoleret, in Galliam tendens, conatibus ſuis ut optimè conſulere velis enixè rogo; qui reciprocè ad omnia benevolentiæ of - ficia, me nunquam non habebis paratiſſimum.
Welcher Geſtalt ein Kauff - manns-Diener / der nunmehro ſeinen eigenen Handel anzufangen gedencket / vor dem Commercien-Collegio muͤſte examini - ret / hierauf frey geſprochen / und der Zahl der Buͤrger und Kauffleut einverlei - bet werden.
WJe in aller Menſchen Actionibus, ſehr viel an guter Ordnung gelegen / alſo auch vornehmlich in der Kauffmannſchafft / welcher wir dannenhero nicht unbillig ei - nen / uͤber ſolche Ordnung haltenden Magiſtrat,nehm -400Caput XI. nehmlich ein wohl-beſtelltes Commercien-Colle - gium vorgeſetzet / bey welchem ſich unter andern aͤuch die Handels-Diener / wann ſie nunmehro in Numerum Civium & Mercatorum wollen reci - piret werden / anzugeben haben. Dann obwohl die Freyheit der Commercien und Policey erfor - dern wolte / daß man niemand / ſich buͤrgerlich zu nehren / groſſe Schwuͤrigkeit machen ſolte / ſo will doch die gute Ordnung / durch welche das gemeine Weſen mit beſtehet / auch das Jhrige haben; vor allen aber ein anſehnliches Corpus der Kauffmann - ſchafft eines Orts daruͤber halten / daß es nicht mit untuͤchtigen Gliedmaſſen / welche des gantzen Leibes Renommée und Credit ſchmaͤlern koͤnten / uͤber - haͤuffet werde. Hierzu dienet nun vornehmlich das Examen, welches mit ſolchen Handels-Dienern / die nunmehro ihr Eigenes anfahen wollen / vor dem Commercien-Collegio muͤſte vorgenommen wer - den; Eben wie eine Handwercks-Zunfft keinen zum Meiſter ſpricht / er habe dann zuvor ein wuͤrck - liches Meiſter-Stuͤck ſeiner Handwerckeriſchen Ge - lehrſamkeit verfertiget und aufgewieſen.
Es ſeynd aber die zu examinirende Handels - Diener auf unterſchiedliche Weiſe anzuſehen / ent - weder als Kauffleuts-Soͤhne / oder als ſolche / de - ren Eltern von einer andern Profeſſion ſeynd. Sie ſind auch anzuſehen als Einheimiſche oder Fremb - de / ingleichen nach der Handlung / die ſie gelernet haben / als Leute / die beym Groß-Handel / oder bey Seiden-Material-Tuch-Eiſen - und Holtz-Waa - ren-Handel / und andern dergleichen ausgedienet; Wobey man ferner auf ihr Alter / bißherige Con -duite,401Examen der Kauffmanns-Diener. duite, und die daruͤber von ihren Patronis pro - ducirte Teſtimonia Acht zu geben haͤtte.
Das erſte / nehmlich die Conſideration, ob ſie Kauffieuts Soͤhne ſeyn oder nicht / betreffende / ſo haben jene in allen Republiquen und Policey - Ordnungen / ihrer Eltern wegen / billig einen Vor - zug / alſo / daß ſie eher zur Meiſterſchafft gelangen / weniger Unkoſten vor Buͤrger - und Meiſter-Recht anwenden / und auch kein ſo rigoreuſes Examen ausſtehen duͤrffen / als diejenige thun muͤſſen / wel - che keine Meiſters-Soͤhne gebohren ſeyn. Jnſon - derheit wird es alſo bey den Handwerckern / und ſo auch faſt aller Orten bey denen Kauffleuten ge - halten. Die Frantzoͤſiſche Verordnung lautet dieſer letzern wegen / als folget:
JN denen Orten / wo die Kauffleute Zuͤnffte haben / ſollen die Lehr-Jungen / die von denen Statuten geſetzte Zeit erfuͤllen; der Principalen Kinder aber / wann ſie in dem Hauß ihres Vatters oder Mutter / die eben mit dergleichen Waaren handeln / biß in ihr 17tes Jahr incluſivè wuͤrcklich verbleiben / ſollen gleich denen jenigen / die ihre Lehr - Jahre ausgeſtanden / gehalten werden.
DErjenige / welcher ſeine Lehr-Jahre ausge - ſtanden / ſoll bey ſeinen Lehr-Herrn / oder bey einem andern Kauffmann gleiches Gewerbs / noch ſo lang zu bleiben verbunden ſeyn / welches auch bey Principalen Kinder ſtatt haben ſoll.
KEiner ſoll vor einen Principalen / wann er nicht 20. Jahr vollkoͤmmlich alt / und ſeinen Lehr - Brief und Zeugniß ſeiner Dienſte / die er hernach verrichtet / bringet / aufgenommen werden / und in Fall dasjenige / ſo in dem Zeugniß (oder Abſchied) enthalten / ſich nicht alſo verhielte / ſolte der neu-an - gehende Principal, der Zunfft / wie auch des Rechts / ein Patron zu werden / beraubt ſeyn / ſein Lehr-Herꝛ aber / welcher ihme das falſche Zeugniß gegeben / 500. Gulden / und die / ſo es als Zeugen unterſchrie - ben / jeder 300. Gulden Straff erlegen.
DEr jenige / ſo zum Patron gemachet werden ſoll / ſoll ſo viel / als zu den Handel / den er trei - ben will / gehoͤret / auch uͤber das Jtaliaͤniſche Buch - halten / Wechſel-Briefe / Schein / Eintheilung der Elen / Pfund und Marck / Gewicht / Maaß und Qualitaͤten der Waaren / gefragt und examiniret werden.
WJr verbieten denen Particulier-Kauffleuten und Zuͤnfften / bey Straff von hundert Gul - den / von dem neu-angehenden Kauffmann kein Preſent, ausgenommen was ihren Statuten ge - maͤß iſt / vor die Aufnehmung in ihre Zunfft zu neh - men / ſo ſoll er auch kein Gaſtmahl deßwegen aus -rich -403Examen der Kauffmanns-Diener. richten / oder ſo ers thut / ſo gleich der Zunfft wie - der verluſtig ſeyn.
ALle Negociantten / ſo wohl Groſſirer als des Handkauffs / wie auch Wechsler / ſollen in Sa - chen des Handels und Wechſels vor Majorennes gehalten / und in integrum unter dem Vorwandt der Minderjaͤhrigkeit nicht reſtituiret werden koͤn - nen.
Jn unſern Teutſchen Handels-Staͤdten / wo die Kraͤmer-Jnnungen und Guͤlden noch ſtrictè ge - halten / und obſerviret werden / iſt ein Kraͤmers - Sohn / ſo bald ihm ſein Vatter loß geſprochen / faͤhig / ſeinem verſtorbenen Vatter / gleich darinnen zu ſuc - cediren; da einer / der keines Kraͤmers Sohn / ent - weder in die Jnnung hinein heyrathen / eines Kraͤ - mers Wittib oder Tochter nehmen / oder auch et - liche Jahr um die Jnnungs-Freyheit bey einem Kraͤmer dienen muß / wiewohl / wann man darin - nen zu ſtrictè mit einem guten Subjecto, oder auch mit einem wohlbeguͤterten Frembden / der ſich hieſi - ger Orten niederlaſſen / ein gut Capital ins Land bringen / Manufacturen étabiliren / und ſolche nebenſt einem andern Sortement Waaren ins Kleine / und beym Ausſchnitt vertreiben / ver - fahren / und die Kraͤmer-Jnnung ihme (weil er nicht bey ihnen ausgedienet / oder in ihre Jnnung geheyrathet haͤtte) zu viel Schwuͤrigkeit machen wollte / die hohe Lands - oder Stadt-Obrigkeit / darinnen einen Macht-Spruch thun / und ihme dasC c 2Pri -404Caput XI. Privilegium des Ausſchnitts aus Obrigkeitlicher Macht und Gewalt / ertheilen koͤnte / weil die An - zahl der Buͤrger und Einwohner zu vermehren / ihre heilſame Abſicht darunter mit ſeyn muß / vornem - in ſo weit / als die Conſtitution der Stadt / ihrer Einwohner / und Kraͤmer-Jnnung ſo beſchaffen / daß dieſe noch wohl mehrere Jnnungs-Genoſſen neben ſich leiden / und ohne ihren Schaden ertragen kan. Wo aber dieſer offenbar ſich zeigte / ſo gehet man freylich behutſam / die Zunfft oder Jnnung nicht mit all zu vielen Gliedern und Nahrungs-Genoſſen zu uͤberhaͤuffen / damit einer nicht den andern verder - be / und endlich mehr Kraͤmers als Abkaͤuffers ſich finden moͤchten. Rede ich alſo in dieſem Stuͤck / ſo wohl vor / als wider die Kraͤmers das Wort / weil ich ein Feind alles Monopoliſchen Zwangs und ſcharffer Cenſor deſſelben / jedesmal / in ſo weit ſeyn werde / als ſolcher der Freyheit der Commercien und dem Anwachs der Buͤrgerſchafft zuwider iſt / wovon kuͤnfftig in unſerm Tractat von der in ge - wiſſe Zuͤnffte wohl eingetheilten Buͤrgerſchafften ein mehrers zu erſehen ſeyn wird.
Daß aber Kauffleut Soͤhne / vor Frembde / auch in dem Examine, einige Ausnahm haben / ge - ſchiehet darum / weil von ihnen præſumiret wird / daß / indem ſie von Kauffmaͤnniſchen Exaction ſeyn / ſie auch um ſo viel getreuer und beſſer von ihren El - tern zur Kauffmannſchafft werden ſeyn angehal - ten worden / welches Frembden nicht allezeit ſo wie - derfaͤhret; jedoch iſt das Examen mit ihnen auch nicht ſo allerdings aus der Acht zu laſſen / ſondernzum405Examen der Kauffmanns-Diener. zum wenigſten uͤber das Eſſentielſte der Handlung mit ihnen anzuſtellen.
Was dem Examini aller Kauffmanns-Die - ner / welche ihren eigenen Handel anzufangen ge - dencken / vorhergehet / beſtehet darinn / daß ſie ſich erſtlich bey dem Commercien-Collegio, oder ob ſie von der Jnnung ſeyn / bey derſelben / und deren Aelteſten angegeben / ihnen ihr Vorhaben eroͤffnen / und um Anſetzung eines Termins bitten / in wel - chem ſie des Examinis und anderer Solennitaͤten halber præſtanda præſtiren moͤgen. Wann ſol - cher erſchienen / ſo ſtellen ſie ſich nebſt ihren bißher - geweſen Handels-Patron, oder ſo ſie auſſer Dienſt ſtuͤnden / und etwan anderwaͤrts ſerviret haͤtten / mit ihren Abſchieden und Teſtimoniis vor dem Commercien-Collegio, Zunfft und Jnnung ein - produciren / auch zugleich / wann ſie der Orten ge - buͤrtig / und ihre Jungens-Jahr daſelbſt erſtanden / ihren von dem Commercien-Collegio erhaltenen Ein - und Ausfchreib-Schein / auch den daſelbſt confirmirten Contract, welchen ſie mit ihren Han - dels-Patronis, bey welchen ſie als Diener gedienet / aufgerichtet haben / und beweiſen durch ihre muͤnd - liche Ausſage oder ſchrifftliches Zeugnis / wie ſie ſol - chen in allen ein Genuͤgen geleiſtet haͤtten / wann dieſes geſchehen / ſo erfolget das Examen, und zwar ſchon in etwas wichtigen und hoͤhern Materien / als bey dem Examine der / ihre Jahr erſtandener / Jungen nicht geſchehen iſt. Man hat aber vornehm - lich die Abſicht auf die Handlungs-Art / welche der junge Anfaͤnger unternehmen will / und richtetC c 3ſo -406Caput XI. ſodann die Fragen um ſo vielmehr darnach ein / als z. E.
Es haͤtte einer bey einem Cambiſten gedienet / welcher mit nichts als mit Wechſeln zu thun ge - habt / ſo werden ſich wohl wenig / auſſer nur Capi - taliſten / finden / welche auf die Unternehmung der - gleichen Negotii das Meiſter-Recht und Examen bey dem Collegio ſuchen ſollten; ſondern es pflegen dergleichen Dieners / welche bey ſolchen Banquiren gedienet / gemeiniglich hernach nur auf das Buch - halten / und mit ſolchem ein Contoir zu bedienen / ingleichen auf die Maͤckeley ſich zu legen; oder ſie ſu - chen ſich auch in einen andere Handlung / die leicht zu begreiffen iſt / einzuſchwingen. Was hingegen rei - che Kauffmanns-Soͤhne ſeyn / die koͤnnten (1) uͤber die Natur eines Wechſels / was derſelbe ſey / woher er entſpringe / was vor Nutzen er bringe / wie vieler - ley Wechſel zu finden ſey / was vor Perſonen darzu gehoͤren / auch wie dergleichen Wechſel zu formiren und zu ſtellen ſeyn; (2.) Uber jede Art der Wech - ſel auf auslaͤndiſche Oerter / inſonderheit wie z. E. von hieraus nach Spanien / Franckreich / Enge - land / Holland und ſo weiter auf andere Laͤnder und Handels-Plaͤtze gewechſelt werde / was der Pari ſol - cher frembden Wechſel-Gelder / die Art ihrer Re - duction, und der j[e]tzige Cours, auch wie nach ſol - chem der Wechſel zu berechnen / und der Gewinn oder Verluſt / (es ſey / daß ein Wechſel nur gerade zu / oder uͤber unterſchiedliche Handels-Plaͤtze / und nach diverſen Curſen und Rechnungen-Lauff /) zu calculiren ſey / gefraget / und ihme dabey ein Intricater Wechſel-Caſus, etwan wie dergleichenin407Examen der Kauffmanns-Diener. in unſerm Probier-Stein der Buchhalter / hinten mit annectiret worden / gegeben / und wie er ſolchen zierlich zu Buch zu ſtellen gedaͤchte / gefraget wer - den; weil wir als ein vornehmes Præſupoſitum, oder Vorausgeſetztes / bey allen ſich bey dem Com - mercien-Collegio der Meiſterſchafft / wegen angebenden Handels-Diener / ſetzen / daß keinem ſein Eigen anzufangen ſollte zugelaſſen werden / er haͤtte dann zuvor gewieſen / daß er das Buchhalten perfect verſtuͤnde / oder ſo er nur eine kleine Hand - lung anzufangen; oder / ſich in einer geringen Land - Stadt zu ſetzen gedaͤchte / doch ſo viel davon wuͤſte / als ihme ſeine eigene Scripturen in guter Ordnung zu halten noͤthig thaͤte; dann daß viele Proceß und Unordnungen unter Kauffleuten aus Mangel ge - nugſamen Wiſſenſchafften des Buchhaltens her - kommen / ſolches iſt gewiß / und kan faſt von keinem Handels-Diener verantwortet werden / wann er nicht bey Zeiten / daſſelbe gelernet. Ja ich weiß faſt nicht / ob diejenige / die gantz keine Wiſſenſchafft da - von haben / nicht ſo lang ihren eigenen Handel anzu - fangen / koͤnnten ausgeſchloſſen werden / biß fie ſel - biges vollkommlich erlernet und deßfalls dem Exa - mini ſich auf alle Weiß und Wege unterwerffen koͤnten.
Wir gehen aber weiter / und betrachten / was ein Handels-Diener / der auf groſſen Contoiren die Buͤcher gefuͤhret / etwan auch die Caſſam unter Handen gehabt / und bey allerhand See - und Land - Handlungen vor Eigene - und Commiſſion-Rech - nung; ingleichen bey dem Groſſo-Handel geſtanden / vor ein Examen ſeiner Profectuum halber (aufC c 4wel -408Caput XI. welche er zum eigenen Handel zu gelangen geden - cket) auszuſtehen habe. Hier wird nun wiederum des Candidati, ſeine vorhabende Handlung conſi - deriret / und darnach das Examen eingerichtet. Will er z. E. eben wie ſein geweſener Patron, eine Handlung auf Spanien / Engeland / oder Franck - reich étabiliren / ſo fraget man ihm nicht unbillig / ob er auch ſein Capital zulaͤnglich darzu zu ſeyn er - achtet / ob ers vor ſich oder in Compagnie mit je - mand zu unternehmen gedaͤchte / der Sprach des Landes kundig waͤre / deſſen Gewohnheit und Rech - ten / wie auch die Manier darinn zu handeln wohl wuͤſte / ob er getreue Leute zu Dienern und Facto - ren / worinn der Unterſchied der Gelder beſteht / wie die Wechſel dahin courſirten / wie ſich ſelbigen Reichs - oder Lands-Maaß und Gewicht / gegen dem hieſigen verhalte.
Von denen Waaren / und ſonderlich denen / damit er zum meiſten zu handeln gedaͤchte / muͤſte man ihn fragen / wie vielerley / und welches die be - ſten Sorten darum waͤren / wo ſie herkaͤmen / wuͤch - ſen wie ſie ferner tractiret / zubereitet und gemachet / auch wo ſie aus der erſten Hand eingekaufft / wie theuer ſelbige bezahlet / auch zu was Preiß ſolche da - ſelbſt / und dann wieder allhier verkauffet wuͤrden / was vor andere Waaren man dagegen hinſenden / und mit Nutzen verſilbern koͤnnte; wie das Juſtitz - Weſen in ſelbigem Land beſchaffen / was vor Ge - wohnheit und Privilegia die daſelbſt Wohnende / ſo wohl einheimiſche als auslaͤndiſche Kauffleute haͤtten / was er in waͤhrenden ſeinen Dienſt-Jah - ren in ſeines Patrons Haus / auf deſſen Contoiroder409Examen der Kauffmanns-Diener. oder aufferhalb demſelben von frembden Leuten ge - hoͤret haͤtte / was die Handlung dahin verbeſſern / und die im Weg ſtehende Hindernuͤſſen aufheben koͤnte / ꝛc.
Wegen der See-Fahrt haͤtte man ihn zu befra - gen / was aſſecuriren / auf Bodmerey geben / Ha - verey bezahlen / Prœmie und Schiffsparten hieſ - ſen, was bey jeder dieſer zu bemercken / und vor Cautelen dabey eine Obacht zu nehmen ſeyn; wie vielerley Arten zur See-fahrende Schiffe gefunden werden; was eigentlich vor eine Art nach dieſem oder jenem Land zu gehen; was ſie etwan / wann man ſie neu bauen lieſſe / an Bau-Lohn und Mate - rialien / hernach auch an der Ausruͤſtung koſten; wie hoch die damit zu verdienende Frachten / ſich jaͤhrlich einem gewiſſen Quanto nach / ungefaͤhr we - niger oder mehr / betruͤgen; ob man eine lange Rei - ſe zu Waſſer / nach dieſem oder jenem Land haͤtte; ob gefaͤhrliche Oerter zu paſſiren / und die Reiſe zu allen Zeiten des Jahrs / oder nur zu gewiſſen an - ſtellen koͤnte; was ihme von denen See-Rechten be - kannt / und ob er auch etwas von der Schiff Farth ſelbſt / ſonderlich von der Steuermanns-Kunſt ver - ſtuͤnde; ob er jemals zur See gefahren / und alſo / was die Waſſer-Commercien betrifft / ſich dieſelbe wohl bekannt gemacht haͤtte.
Hiernechſt koͤnnte man zu denen Scripturen / welche auf Contoiren vorfallen / ſchreiten / und ih - me von dem / ſo er unter Handen gehabt / examini - ren / ſonderlich wie oben ſchon gedacht / wegen des Buchhaltens / ingleichen was geringere Schrifften und Documenta ſeyn; man koͤnte ihm zugleich ſeineC c 5Han -410Caput XI. Handels-Buͤcher / die er kuͤnfftig zu halten geden - cket / mitbringen laſſen / und ſelbige mit des Collegii Stempel beſtempeln / auch etwan ein und andere gute Erinnerung und Ermahnung geben / wie er ſich ſich kuͤnfftig / wann er nunmehro ſeinem eigenen Handel angefangen / denen hieſigen Land und Sta - tutis nach / zuverhalten habe.
Handels-Diener / welche bey Seiden-Hand - lungen und Manufacturen / in Groſſo oder beym Ausſchnitt gedienet / und ſo auch ihre eigene Hand - lung zu étabiliren gedaͤchten / koͤnte man erſtlich / wegen der vielerhand Arten von Seiden / und wel - ches diejenige ſeyn / die er zum meiſten zu ſeiner Hand - lung und Manufactur zu gebrauchen gedaͤchte / was ſolche vor Qualitaͤten an ſich haben muͤſſen / wo und wann / auch zu was Preiß ſie eingekauffet werden / ob er ſie roh oder zubereitet und gefaͤrbet ein - kauffe / ſelbſt damit umgehen / und eine gantze Ma - nufactur dirigiren / denen Handwercksleuten / was ſie thun und laſſen ſollen anzeigen / und von der Qualitaͤt einer Waar wohl judiciren koͤnne / wo - hin er ſeinen Vertrieb anzuſtellen gedaͤchte; ob er mit eigenen oder auf Zins-genommenen Geldern / ſeine Handlung anfienge; an welchem Ort der Stadt / wann er zum Ausſchnitt Belieben truͤge / er ſeinen Laden / oder Gewoͤlb nehmen und eroͤffnen wollte; wie vielerley Waaren zu einem wohl ſortir - ten Seiden-Laden gehoͤrten; wo hieſiger Landes - Conſtitution nach / der beſte Einkauff darinnen vor - zunehmen; wie hieſige Elen gegen anderer Laͤnder und Staͤdte Elen / ſo wohl nach dem Stuͤck als hundert ſich verhalte / und wie die Reduction oderVer -411Examen der Kauffmanns-Diener. Vergleichung einer gegen die andern zu berechnen ſey; was ein guter Sammet / Atlas / Taft und an - der Seiten-Zeug; ingleichen die Brocaden / Da - maſten und andere Zeuge / von gebluͤmter oder ge - zogener Arbeit / wann ſie recht gut ſeyn ſollen / vor Qualitaͤten an ſich haben muͤſſen; wie breit und mancherley Sorten ein jede ſey; was bey dem Aus - ſchnitt zu dieſer oder jener Art / Manns - oder Frauen - Kleider / am meiſten / auch wie viel an Elen zu einem jeden / genommen werden; wie eine Fabric vor der andern beſſere oder ſchlechtere Waaren habe; was jetziger Zeit die gangbarſten und groͤſſeſten Moden darinnen ſeyn / wie ein Seiden-Haͤndler ins Groß, ingleichen einer im Ausſchnitt / wie auch ein Manu - facturier am bequemſten und richtigſten Buch und Rechnung halten muͤſte; ob er nicht einige Arten von Waaren / welche bißher von andern Orten ver - ſchrieben worden / im Land und hieſiger Stadt ſelbſt koͤnte machen laſſen / und alſo Nachricht von einigen neu zu introducirenden Manufacturen haͤt - te Hiernechſt koͤnnte man ihn auch uͤber die in ſeiner Handlung beduͤrffende Wechſel und deren Aus - rechnung / auch wie er ſolche alsdann zu Buch ſtel - le / und ob er nicht hinfuͤhro ſeine Remeſſen auf ei - ne bequemere und ſichere Weiſe anſtelle koͤnten / exa - miniren Jch bin gewiß / es wuͤrden bey einem ſol - chen Examine ſo ſchoͤne Remarques und Erinner - ungen vorkommen / die nicht allein dem jungen An - faͤnger ſelbſt erſprießlich / ſondern auch dem Com - mercien-Collegio anreitzend und nachrichtlich ſeyn koͤnten / auf ein und das andere zu des LandesBe -412Caput XI. Beſten Speculation und ſo ferner neue und gute Anſtalten zu machen.
Ein junger Anfaͤnger des Tuch-Handels / muͤſte erſtlich uͤber das / was ein gutes Tuch ſey / und bedeute / dann auch uͤber die vielerhand Arten derſelben und den Unterſchied der Wolle / auch wie jede derſelben im Preiß und Qualitaͤt ſey / befraget werden; Ferner koͤnte man ſich erkundigen / ob er im Aus - oder Jnlaͤndiſchen Tuch ſeinen eigenen Han - del am meiſten anzuſtellen gedaͤchte / ob er die Tuͤ - cher roh einkauffe / und ſolche ſelbſt faͤrben und zu - bereiten laſſen wollte / oder / ob er ſie gantz fertig ein - kauffen wuͤrde; indem erſten Fall muͤſte man ihn ferner fragen / um die an einer jeden Art Tuͤcher erforderten / ſo wohl innerlichen als aͤuſſerlichen Qualitaͤten / an Breite / Laͤnge / Farb und Berei - tung. Wann er ſelbſten zu faͤrben gedaͤchte / muͤſte man ihn uͤber die Quantitaͤt und Qualitaͤt der In - gredientien an Farb-Waaren / zu einem jeden Stuͤck Tuch / befragen / auch ob ihme / was deßfalls der hohen Lands - oder Stadt Obrigkeit / ſo wohl im Faͤrben als Zubereiten und Schauen ihre Ord - nung waͤre / bekandt ſey; ob er ſich derſelben gemaͤß zu verhalten gedaͤchte. Da auch ein Commercien - Collegium mercken ſollte / daß ein ſolcher junger Candidatus noch hier oder dar was vergeſſen / gar nicht wuͤſte oder erfahren haͤtte / auch etwan vor - hero noch gewiſſe Præſtanda, bey einer oder der andern Zunfft oder Jnnung præſtiren muͤſte / koͤn - te ſelbiges ihn deſſen freundlich erinnern / und ihme / ſo viel als an dem Collegio iſt / allen Vorſchub thun; wie dann ein ſolches Commercien-Collegiumnicht413Examen der Rauffmanns-Diener. nicht ſo wohl ein Richter / als eine ſorgfaͤltige Mut - ter und Patronin ſeyn muß / zu welcher alle / die im gantzen Land oder in der Stadt Handel und Wan - del treiben / im Nothfall ihre Zuſlucht nehmen / und ſich bey demſelben Rath / Schutz / Huͤlffe und Troſt zu erfreuen haben moͤchten.
Materialiſten und Gewuͤrtz-Haͤndlers / koͤnnten bey dem Collegio, nach Anleitung unſers Kauffmanns-Magazin / uͤber allerhand Drogui - ſtereyen / Materialien und Gewuͤrtz-Waaren exa - miniret werden; man koͤnte ſie fragen wo ſolche am erſten herkaͤmen / wie vielerley Sorten ſeyn / was jede Sort vor gute Qualitaͤten an ſich haben muͤſſe / wo und welcher Geſtalt / auch auf was Condition, und zu was Preiß ſie eingekaufft / und wie / auch wohin / und zu was Gebrauch ſolche wieder ver - kauffet werden; wie man ſie conſervire / ſortire / und mundire; was ferner vor Chymiſche Labo - res, ſonderlich in der Deſtilir-Kunſt bey dem Ma - terial-Handel vorfielen / wie ſolche tractiret / und die Compoſita recht nach der Kunſt verfertiget wuͤr - den; was vor Betrug bey ein oder der andern Ma - terial-Waar pflege ausgeuͤbet zu werden; wie ſol - cher zuerkennen und zu verhuͤten ſey / und ſchickte ſich hierbey und bey einem ſolchen Examine derjeni - gen / die aus dem Diener-Stand nunmehro ihren eigenem Handel antretten wollen / gar wohl / daß nach vollendetem Examine, man ihnen die Statuta, Land-Stadt-Jnnungs - uud Policey-Geſetze vor - leſe / und daß ſie ſelbige insgeſamt (vornehmlich aber / was die Policey von aufrichtigem Handel und Wandel / und das niemand mit falſcher Waar /Maaß414Caput XI. Maaß oder Gewicht ſollte betrogen oder verbotte - ne Waaren verkaufft werden / verordnete) ſteiff und veſt halten wollten / ſie mit einen Eyd - Schwur bekraͤfftigen lieſſe; worauf und nicht eher der Candidatus in die Matricul der Kauffleute koͤn - te eingeſchrieben werden. Dieſes aber ſey in Paren - theſi geſagt; wir wenden uns nun wieder zu unſern Materialiſten / welcher hierauf ferner uͤber hieſige Maaß und Gewicht / trockener und fluͤßiger Dinge / deren Vergleichung mit anderer Laͤnder Maaſſen / ſonderlich derjenigen / wo die meiſte Materialia und Gewuͤrtze herkommen / koͤnte befraget werden. Ein Commercien-Collegium wird auch ferner einen Unterſchied in Fragen / zwiſchen einem Materiali - ſten / der mit koſtbaren Droguiſtereyen / Olitaͤten / Saamen / Saͤfften und Kraͤutern / Handels und einem Gewuͤrtz-Kraͤmer / der nur mit Gewuͤrtz / etwas Specereyen / und im uͤbrigen mit groben Materia - lien umgehet / auch mit ſolchen Kauffleuten / die ins Groß, und dann wieder mit ſolchen / welche damit ins Kleine handeln / einen Unterſchied machen / und das Examen darnach anzuſtellen wiſſen; wobey mir nicht uneben beyfaͤllt / ob zu einem ſolchen Examine eines Candidati nicht zwey oder mehr von denen Aelteſten ſeiner Jnnung / zu welchen er gehoͤret / deſſelbigen Tages koͤnten mit in das Commercien - Collegium geruffen werden / daß ſie nicht allein dem Examini deßjenigen / der kuͤnfftig ihr Mit - Bruder ſeyn ſoll / beywohnten / ſondern auch / weil ihnen / was zu ihrer Handlung gehoͤret / und worinn ein junger Menſch auf die Prob muß geſetzet wer - den / am beſten bekandt iſt / ſie zugleich mit die Handan415Examen der Kauffmanns-Diener. an das Examen legen / und folglich / wann er wohl beſtanden / nebenſt dem Commercien-Collegio zugleich das Ateſtatum mit unterſchreiben koͤnnten; ſo haͤtte der neue Amts-Bruder / keiner weitern Un - koſten noͤthig / als daß er nur auch ſeiner Jnnuns - Matricul, unter welche er gehoͤret / inſeriret werden doͤrffte. Weil auch gemeiniglich bey denen / die in Material-Handlungen / und Gewuͤrtz-Laͤden ge - dienet / die Wiſſenſchafften der Kauffmaͤnniſchen Scripturen ſehr ſchlecht iſt; als koͤnte man / um ſie beſſer darzu anzutreiben / und ihnen eine Furcht ein - zujagen / auch kuͤnfftig das Examen uͤber dergleichen Handels-Schrifften mit ihnen anſtellen / und zum wenigſten von ihnen begehren / Red und Antwort zu geben / was eine Factura, Current und Zeit - Rechnung / ein Connoiſſement, Bodmerey / Aſ - ſecuranz, Haverey / ein Wechſel und Reſcontro ſey / welcher Geſtalt ein Gewuͤrtz-Kraͤmer und Ma - terial-Haͤndler / fuͤglich Buch und Rechnung uͤber ſeine Handlung und ein zulaͤngliches Inventarium uͤber ſeine Waaren fuͤhren koͤnne. Welches alles um ſo viel nothwendiger / als biß hieher / der Teutſche Gewuͤrtz-Handel ſich meiſten Theils auf Venedig / Hamburg / und Amſterdam eingeſchrencket / und viel die dabey gedienet / wann ſie Tag und Nacht in Ge - woͤlbern und Laͤden / ſich bey denen Waaren ha - ben muͤſſen ſauer werden laſſen / es nicht weiter ge - bracht / als daß ſie etwan einer verkaufften Rech - nung-Fracht und Aviſo-Brief / zur Noth aber ein Memorial mit beygehenden Schreiben / was ſie etwan an friſchen Waaren entboten / haben aufſe -tzen416Caput XI. tzen koͤnnen / und ſo viel auch von den Material - und Gewuͤrtz-Haͤndlern.
Ein Eiſen-Kraͤmer / haͤtte vor dem Com - mercien-Collegio, mit Zuziehung der Eiſen-Kraͤ - mer-Aelteſten folgendes Examen auszuſtehen: als daß man ihn erſtlich uͤber diejenige Sorten von Waa - ren befragte / welche in ihren Kram hinein lauffen; in - ſonderheit koͤnte er uͤber die Nuͤrnberger / Schmal - kalder / Steueriſche / Frantzoͤſiſche / Jtaliaͤniſche und Engliſche Eiſen - und Stahl-Waaren befraget werden / wie vielerley Sorten und Numeri von je - der zu finden / und ſo er auch bey Eiſen-Handlun - gen gedienet / welche ins Groß mit allerhand Sor - ten von Stahl und Eiſen / Blech / Zinn und andern Metallen umgegangen / etwan auch ſelbſt Berg - und Hammer-Schmeltz - und Huͤttenwercker / ge - habt / und aus ſolchen / nebenſt dem Eiſen andere Mi - neralia gefuͤhret / koͤnte er ins beſonders auch dar - uͤber vernommen / und nach Befinden ihme von dem Commercien-Collegio zu Anfang ſeiner Hand - lung mit gutem Rath und Erinnerungen an die Hand gegangen werden. Vornehmlich aber haͤtten die Herren Examinatores auf der (ihrem Examini ſich ſolcher Geſtalt ſiſtirenden) Handels-Diener ihre geweſene Patronos, ingleichen auf den Ort / und die Handlung / wo / und in welcher ſie ihre Jun - gens-Jahre ausgeſtanden / und hernach ferner als Dieners gedienet acht zu geben / und nach Befinden / der Umſtaͤnde / alsdann zu urtheilen / was an einem ſolchen Menſchen zu thun / und kuͤnfftig von ihme zu hoffen ſeyn moͤchte. Dann gewißlich / wer einen guten Lehr-Herꝛn gehabt / in beruͤhmter Handlungſeine417Examen der Kauffmanns-Dienerſeine Jahr erſtanden / folglich ſich auch noch ander - waͤrts verſucht / und ſein Gluͤck bey Handlungen zu machen / keine Muͤhe / Fleiß noch Studiren ſich hat dauren laſſen / von dem ſtehet ſchon zu præſumiren / daß er kuͤnfftig in ſeinem eigenen Handel ſich ſolches alles wohl zu Nutz machen / und ein wuͤrdiges Mit - Glied der loͤblichen Kauffmannſchafft / deſſelbigen Orts / abgeben werde / zumal / wann ein ſolcher Menſch zugleich ſein reifes Alter und Judicium er - reichet / ein gutes Zeugnis ſeines Wohlverhaltens vor ſich hat / entweder ſelbſt von guter Extraction und Familia iſt / oder doch vornehme Freunde hat / welche ihm in Nothfall unter die Arme greiffen / und mit Rath und That asſiſtiren koͤnnen. Gemeiniglich etablirt ſich derjenige / der ſeinen eigenen Handel un - ternimmt / auch zugleich ſein eigenes Haus-Weſen / und ſuchet ſich ein liebes Weibgen aus / welche ihme eine gute Gehuͤlffin / wo nicht vor ihre Perſon / doch durch die Mittel / die ſie ihme zubringt / kuͤnfftig in ſeiner Handlung werden moͤge; und iſt es wohl der Eheſtand / welcher die meiſten / nach ihrem eigenen Handel zu ſtreben / antreibet. Vielen ſchmeichelt auch das Gluͤck dergeſtalt / daß es ihnen reiche Witt - Weiber und Kauffmanns-Toͤchter zuweiſet / bey welchen ſie gleich in eine établirte Handlung hinein kommen; Da dann die Affaires die beſten Lehr-Mei - ſters ſeyn / die einen ſolchen jungen Anfaͤnger / das Ubrige / was ihme etwann in dem Examine abge - gangen / noch voͤllig anweiſen / und mit der Zeit un - terrichten koͤnnen / wie dann auf alle dergleichen Umſtaͤnde / ein loͤblich Commercien-Collegium, wann ſich Candidati bey ihme angeben / ReflexionD dzu418Caput XI. zu machen hat / und folglich ſo viel weniger difficul - tiren darff / denjenigen / der ſich ſolcher Geſtalt an - mrldet / in ihre Kauffmaͤnniſche Matricul einzu - ſchreiben.
Hierbey kan ich nicht umhin / daß ich nicht noch eine kleine Anmerckung / uͤber die an vielen Orten / titulo Valdè Oneroſo erkauffte Kauffmaͤnniſche Freyheit oder Meiſterſchafft machen ſollte / indem es manchen jungen Anfaͤnger / welcher an ſich ſelbſt ein gutes Subjectum iſt / wohl hundert und mehr Thaler bey ſeiner Reception koſtet. Wann man nun hierzu auch die uͤbele Gewonheit / der koſtbaren Hoch - zeiten ingleichen / was ohne ſolche ein junger Menſch zu ſeiner Einrichtung / in ſeine eigene Haushaltung haben muß / rechnen will / ſo wird man befinden / daß manchen dadurch ein Capitalgen aus den Haͤn - den gehe / mit welchem er in ſeiner kuͤnfftigen Hand - lung fchon etwas haͤtte verdienen koͤnnen; ohne iſt es zwar nicht / daß pro Receptione etwas gegeben werden muͤſſe / ich wollte aber / daß / ſo wohl bey Kauff-als Handwercks-Leuten / das / ſolcher Geſtalt erlegte Meiſter-Geld zu etwas beſſeres / als Freſſen und Sauffen / (wie bey den meiſten geſchiehet) ange - wendet wird / und daß man vielmehr dergleichen bey der Kauffmannſchafft einflieſſende Receptions - Gelder / und andere Revenüen mehr / zur Befoͤrde - rung der Schifffarth / Sicherheit der Negotien / heilſamen Stifftungen / (darunter ſonderlich die Montes-Pietatis oder Leyh-Haͤuſer. Jtem die Sub - ſidia ſeyn / von welchen arme / alte / und ohne ihr Ver - ſchulden in Abgang der Nahrung gekommene Kauff - und andere nothduͤrfftige Leute koͤnten unter -halten419Examen der Kauffmanns-Diener. halten werden) anlegte / bey denen Handwerckern aber zu gleicher Abſicht einen Fundum daraus for - mirte / aus welchem ſie ihren armen Mit-Meiſtern / zu Erkauffung benoͤthigter Materialien / huͤlffliche Hand leiſten koͤnnten / damit er nicht in Ermanglung eines ſolches Beneficii-Geld auf Wucher nehmen / ſeine verfertigte Waare beym Juden verſetzen / oder durch eigennuͤtzige Kauffleute ſich ſolche doͤrffte ab - druͤcken laſſen.
Nicht weniger ſollte auch ein Anſehen der Per - ſonen dabey gelten / als daß ein Vermoͤgender / und der etwann durch eine gute Mariage ſein Gluͤck ma - chet / ſchon mehr / als ein Unvermoͤgender / ein Frem - der mehr / als ein Einheimiſcher geben muͤſſe / und gefaͤllt mir hierbey nicht uneben die loͤbliche Gewon - heit einer Welt-beruͤhmten teutſchen Handels - Stadt / bey welcher das Privilegium der Kauff - mannſchafft / oder / daß einer ſeinen eigenen Handel / ſo wohl ins Groß-als ins Kleine anfangen darff / 500. Gulden koſtet; weil aber ſolche zugleich zu erle - gen / nicht jedermans Thun iſt / ſonderlich aber man - chem jungen Anfaͤnger trefflich in ſeiner Handlung incommodiren moͤchte / wann er auf einmal ein ſol - ches Capital herausgeben ſollte / als iſt die loͤbliche Kauffmannſchafft deſſelbigen Orts / auf das Mittel gefallen / daß ein junger Anfaͤnger / der die Kauff - maͤnniſche Freyheit gewinnen will / ſolche 500. Gul - den mit 6. pro Centum jaͤhrlich nur verzinſen / inter - esſiren / und alſo dem Handels-Ærario nur einen jaͤhrlichen Canonem biß ſo lang erlegen darff / als ſein Handels-Zuſtand / das Capital ſelbſt abzutra - gen / leiden will; Und ſo viel auch von dem Examine,D d 2welches420Caput XI. welches junge Candidati der Kauffmanſchafft / ehe ſie ihren eigenen Handel anzufangen / koͤnnen tuͤchtig erachtet werden / auszuſtehen haben / die Legalitaͤt und Experience der Herren Examinatorum, wird alsdann ſchon wiſſen / was nach Beſchaffenheit der Umſtaͤnde / der Zeit / Perſonen / und Handlungs-Ar - ten / weiter zu fragen ſey / oder nicht. Wann nun ſol - ches alles vollbracht / und ſeine gute Richtigkeit hat / ſo wird der neu-angehende Kauffmann dem Albo Mercatorum einverleibet / das iſt: Sein Nam wird bey dem Commercien Collegio in ein hierzu ſonderbar dienendes Buch eingeſchrieben / daß er nunmehro in die Zahl der Kauffleut ſelbigen Orts auf - und angenommen ſey; vor ſolche Inſcription bekommt der Secretarius des Commercien-Col - legii einen Reichsthaler / und wegen des Examinis, Reception und Conferirung oder Ertheilung der Kauffmaͤnniſchen Privilegien / muß der neue Mit - Bruder 20. 30. biß 100. Reichsthaler / und mehr / nachdem es der Stadt und Kauffmannſchafft da - ſelbſt ihre Statuta mit ſich bringen / oder wo nichts gewiſſes determiniret / ſolcher Receptions-Gelder halber ein ſicheres Quantum (welches von dem Commercien-Collegio, der Gilde oder Zunfft / in welcher er eintritt / beſtimmet wird / erlegen / wel - ches Geld alsdann in der Kauffmannſchafft oder Zunfft-gemeine Caſſam oder Laden kommt / und wie ſchon oben erwehnet / zu manchen heilſamen Ge - brauch kan angewendet werden.
Es dienet aber ſolches ordentliches Procediren und Examiniren derjenigen Kauffmanns-Diener / die nunmehro ihren eigenen Handel anfangen wol -len /421Examen der Kauffinanns-Diener. len / eigentlich darzu / daß erſtlich ein junger Menſch dadurch angereitzet werde / ſeine Jugend-Zeit in ſei - nen Lehr - und Dienſt-Jahren nicht uͤbel anzuwen - den / ſondern was Rechtſchaffenes zu lernen / damit er heut oder morgen / ſich und die Seinigen ehrlich ernehren / und in dem Examine auch wohl beſtehen moͤge / zumal / da unterſchiedliche vornehme und kluge Kauffleute / als Raͤthe / Beyſitzers / und auch wohl / als Examinatores, dabey vorhanden / welche ſo gleich aus des Candidati ſeinen Antworten und dem Examine, welches uͤber ſeine Conduite und Capa - citaͤt angeſtellet wird / urtheilen / und nach ſolchen ih - me auch wohl ihre Gunſt und Gewogenheit / ſonder - lich aber ein gutes Vertrauen und Credit zu ſtellen / welches vor einem jungen Anfaͤnger / offt beſſer / als baares Geld / zu ſeyn / pfleget.
Zweytens / ſo bringet auch ein ſolches Exa - miniren und Unterſuchen der Qualitaͤten / des Leibes und des Verſtands an einen ſolchen Menſchen / wel - cher in die Kauffmanns-Matricul will Auf - und an - genommen werden / eine gute Ordnung mit ſich / und daß hernach ein ſolcher rechtmaͤſſiger Weiß auf - genommener junger Anfaͤnger / auf ſeine ordentliche Reception trotzen / und ungeſcheuet ſeinen Handel und Wandel fortſetzen kan; dahingegen ein nicht recipirter / oder der nicht zur rechten Thuͤr in den Schaaf-Stall eingegangen / immer / wie ein furcht - ſamer Boͤhn-Haaſe bey verſchloſſenen Thuͤren ſich halten muß / auch wann ihm etwas Widriges zu - ſtoͤſſet / keines Schutzes noch Huͤlffes bey dem loͤbli - chen Corpore Mercatorum, weil er deſſen Mit - Glied nicht iſt / ſich zu getroͤſten hat; Ja / er hat auchD d 3vor422Caput XI. vor dem Commercien-Collegio, (deme billig alle Kauffmanniſche Streit-Haͤndel zu decidiren / uͤber - laſſen werden /) keine rechtmaͤſſige Stelle oder Macht zu klagen / weil er in unrechtmaͤſſiger Handlung / wel - che nicht authoriſiret iſt / verſiret / und diejenige nicht vor ſeine Vaͤtter / Patronos, und Mit-Bruͤder er - kennen will / welche er doch / als Helffer und Schutz - Halter in ſeinen Angelegenheiten gern haben moͤch - te. Und was wuͤrde uͤber dem nicht vor ein Confu - ſum Chaos entſtehen / wann jedem / ſo gleich auf ſeine eigene Hand ſich hinzuſetzen / und ohne / daß er jemand darinnen begruͤßte / Handlung zu treiben / ſollte zu - gelaſſen ſeyn; wie manche Knechte und Diener wuͤr - den ſich nicht von ihren Herren reiſſen / und ihre pro - pre Handlung anfangen wollen; was wuͤrde es darinnen nicht vor Stuͤmpeley / Betriegerey und Schleuderey ſetzen / wie viel Banqueroten wuͤrden nicht erfolgen / und durch ſolche Kinder der Finſter - nis / denen / die in dem Licht wandeln / das Brod vor dem Maul heimlich weggemauſet werden? Um - ſonſt haben nicht die loͤbliche Hanſee-Staͤdte / als weyland ihr anſehnlicher Bund noch im Flor geſtan - den / wider dergleichen Tockmaͤuſer / fremde Luͤgers und Gaͤſte / wie auch gegen ſolche / die nicht Han - ſeeſtaͤdtiſch waͤren / geſchryen / und zu ſolchem En - de unterſchiedliche Geſetze (daß dergleichen Leute in keiner Hanſee-Stadt gelitten werden ſollten /) pro - mulgiret / denen zugleich auch einverleibt geweſen / was derjenige / der zu ſolcher Handlung recipiret werden wollte / vor Qualitaͤten an ſich haben muͤſte; Nemlich:
Wer ſich / als einen Hanſeeatiſchen Kauff -mann423Examen der Kauffmanns-Diener. mann angeben will / der muß ſeine Documenta deßſalls aufzuweiſen haben / daß er in einer Hanſee - Stadt gebohren ſey / und dieſe Documenta ſollen allein bekraͤfftigen und ertheilen koͤnnen / die Staͤdte Luͤbeck / Dantzig / Riga / Coͤlln / Muͤnſter / Deventer / Magdeburg / Braunſchweig und Hildesheim per Receſſum de An. 1494. & 97.
Jn keiner Hanſee-Stadt mag keiner frey oͤf - fentlich kauffen / der nicht ein Hanſeeatiſcher Buͤr - ger und Einwohner iſt / ſonſt ſoll ihm der Kauff gleich verboten ſeyn / arg. Receſſ. de An. 1494.
Und ob gleich einer in einem Hanſeeatiſchen Dorff gebohren waͤre / ſo ſoll er darum doch keinen Hanſeeatiſchen Kauffmann / aber wohl einen Die - ner / abgeben koͤnnen / biß ſo lang / daß er ſich wuͤrck - lich in einer Hanſee-Stadt ſeßhafftig niedergelaſſen / per Receſſum de Anno 1467. & 1553.
So aber ein Fremder 7. Jahr einem Hanſeati - ſchen Kauffmann gedienet / oder Buͤrger in einer Hanſee-Stadt geweſen waͤre / ſo mag er alsdann als ein freyer Hanſeeatiſcher Kauffmann angenom - men werden / ausgenommen / Engelaͤnder / Hollaͤn - der / Seelaͤnder und einige mehr / welche in dem Re - ceſſ. de Annis 1447. und 49. ſpecificiret werden.
Daß nicht Gaſt mit Gaſt handeln dorffte / ſol - ches iſt in dem Luͤbiſchen Recht lib. 3. Tit. 6. art. 7. in folgenden Worten enthalten:
Ein ankommender Gaſt mit ſeinem Gut in un - ſerer Stadt / der kan daſſelbe niemand anders / dann unſern Buͤrgeꝛn / verkauffen / will er auch daſſelbe Gut oder Waaren allhier auflegen / ſo hat er doch die Macht nicht / ſolche alsdann Fremden zu verkauf -D d 4fen /424Caput XI. fen / wie unſere Burger / denen dieſe Freyheit allein zuſtehet; wuͤrde er aber ſolches thun / daruͤber be - troffen / oder uͤberwieſen / der ſoll bey der Wette / nach Groͤſſe des Verbrechens / geſtraffet werden. Vide hiervon ein mehrers in unſerm neu-eroͤffneten Handels-Gericht Cap. 9. von Kauffen und Ver - kauffen.
Drittens / ſo dienet auch das Immatrlculiren in album mercatorum eines ſolchen angehenden Handels-Manns darzu / daß das Publicum wiſſe / wie es nun mit einer legalen Perſon / welche ſui ju - ris und oͤffentlich von dem Kauffmanns Magiſtrat vor tuͤchtig und habilis zu contrahiren / und alle Actus mercatorios zu unternehmen / erklaͤret wor - den / zu thun habe / ſo / daß nunmehro kein Beneficium Reſtitutionis in integrum ob mino - rennitatem, ingleichen auch keine Exception S. C. Macedoniani mehr gelte / ſondern gleich wie ein Mulier mercatrix, oder Kauff-Frau / wann ſie einmal / als eine ſolche / erklaͤret worden / ſich mit denen Freyheiten und Privilegiis, welche andern Weibern zukommen / nicht mehr behelffen kan; Alſo ſeynd auch einem / von dem Commercien-Collegio, als Mit - Glied der Kauffmann - oder Kraͤmer-Zunfft Aufge - nommenen / keine Ausfluͤchte mehr uͤbrig / die ihn et - wann vormals (als er noch unter Vaͤtterlicher Ge - walt / oder in ſeines Herꝛn Dienſten geſtanden) zu ſtatten gekommen; Jngleichen dienet auch die oͤffent - liche Publication der Reception / eines oder mehr ſolcher neuen Handels Mitglieder / darzu / daß ſie ihren Rang darnach einrichten / auch etwann / nach - dem ſie in der Ordnung aufſteigen / ſich zur Beglei -tung425Examen der Kauffmanns-Diener. dung Kauffmaͤnniſcher Ehren-Aemter und Stellen Hoffnung machen koͤnnen.
Wir wollen hier eben nicht unterſuchen / ob es zuweilen und an etlichen Orten rathſam und nuͤtzlich ſey / daß ein loͤblich Kauffmanns-Collegium, mit Conferirung der Kauffmaͤnniſchen Freyheit und Reception etwas an ſich halte / damit ihrer nicht zu viel werden / und die Handlung dadurch zergliedert / folglich auch die Profiten geſchmaͤlert werden moͤ - gen; wir ſagen aber nur kuͤrtzlich / daß an dem Ort / Quæſtionis, deſſen Handels-Beſchaffenheit und die Umſtaͤnde / aus welchen ſolche beſtehen / wie auch der Commerciorum, daſelbſt / ihre Graͤntzen (ob ſolche eine weitere Ausbreitung leiden wollen oder nicht / auch / ob der Republic ſelber daran gelegen / daß ih - re Buͤrgerſchafft und Einwohner vermehret werden / nicht weniger / ob die zu recipirende Perſonen von guten Mitteln / Credit und Verſtand ſeyn / und da - durch des Lands Commercia ſtaͤrcker rouliren ma - chen koͤnnten) wohl zu conſideriren ſey; Schaͤdliche Monopoliſten / werden allezeit / ſo viel / als moͤg - lich / dahin trachten / daß ihnen niemand (ſo zu re - den) in die Straͤnge reite / oder ihnen in ih - ren uͤbermaͤſſigen Profiten Eintrag thue; anders Theils iſt es auch wohl wahr / daß manche Art Hand - lung / ſonderlich die Kraͤmerey / an einem Ort ſchon beſetzet iſt / daß ſie keiner neuen Einkoͤmmlingen mehr bedarff / welches dann auf des Kauffmaͤnniſchen Magiſtrats Unterſuchung und Ermaͤſſigung an - kommen muß; meine Meynung betreffend / muß ich geſtehen / daß ich mehr vor die Freyheit / als Ein - ſchraͤnckung der Commercien bin / und lieber in je -D d 5nem /426Caput XI. nem / als in dieſem zu viel thun will; Kauffleuten ſtehet ohnedem die gantze Welt offen / und ſuchen die meiſten derſelben / ihr Brod mehr auſſerhalb / als in der Stadt; dahero dieſer ihr Numerus gar wohl uneingeſchraͤncket bleiben kan. Der Mono - poliſten ihr Schreyen kommt auch in keine Conſi - deration / weil / ob gleich einige derſelben aus ge - wiſſen Urſachen beyzuhalten / einer Stadt und deſſen Commerciis zutraͤglich ſeyn moͤchte / ſo bringen die meiſten derſelben doch mehr Schaden / als Nutzen / und iſt dannenhero um ihre Conſervation der Kopff nicht groß zu zerbrechen. Die Klagen / welche die Kraͤmerey fuͤhren moͤchte / ruͤhren oͤffters auch von ſolchen Leuten her / die ſchon ihre Schaͤfgen geſcho - ren / den Ancker hinter den Herd gebracht / ein Ca - pital, von 50. und mehr 1000. Reichsthaler er - worben / dabey keine Kinder / ſondern nur lachen - de Erben haben / und gleichwohl / wann ſich ein junger Anfaͤnger neben ihnen ſetzen will / aus ihrem geitzigen Hals ſchreyen / daß er ihnen das Brod vor den Mund wegnehme; Ja / man findet (welches / als etwas Abſcheuliches anzuhoͤren) Patronos ſelbſt / welche ihren geweſenen Dienern / die doch etliche Jahr lang bey ihnen treulich gedienet / und die Nahrung ſauer und ſchwer mit verdienen helffen / nicht goͤnnen / daß ſolche auch einmal frey / und ih - re eigene Herren werden / am wenigſten aber ſich ne - ben ihnen ſetzen / ſondern ſie hindern ſolche / ſo viel es immer moͤglich / ja / ſie præcaviren wohl ſchon in manches Jungens ſeinem Lehr - und ihrer Handels - Diener Dienſt-Contract, daß ſie dieſer oder jener Handlung ſich kuͤnfftig enthalten ſollten; Wie weitaber427Der Kauffmanns-Diener Beobachtung. aber ſolches Pactum zulaͤſſig ſey / oder nicht / wollen wir allhier nicht unterſuchen / ſondern nur zum Be - ſchluß dieſes erinnern; Daß / im Fall ein loͤbliches Commercien-Collegium mercken ſollte / wie einen feinen jungen Menſchen / der ſich ehrlich zu établi - ren gedencket / directè und indirectè von dieſem / oder jenem Hindernis im Weg geleget werde / ſel - biges ſich ſeiner anzunehmen / und ihn vaͤtterlich zu vertreten / Urſach habe.
Was ein Kauffmanns-Die - ner / der ſeinen Handel / entweder vor ſich ſelbſt allein / oder in Compagnie, mit ei - nem andern anzufangen gedencket / dabey zu beobachten habe.
SOlches beſtehet eigentlich in folgenden: Nemlich / daß er erſtlich / nebſt andaͤchti - gem Gebet / daß GOTT ſein Vorhaben ſegnen wolle / Acht gebe auf ſich ſelbſt / und zwar auf ſeinem Verſtand / und Leibes-Kraͤfften / Vermoͤgen / Bluts-Freundſchafft / und den da - her zuziehenden Vortheil; Ferner auf die Handlung / die er unternehmen will / auf deroſelben Beſchaffen - heit und Requiſita, wieauch auf die gegenwaͤrtige Zeiten und Conjuncturen / auf die Patronos, bey denen er ſeine Lehr - und Jungen-Jahre erſtanden / und auf die / welchen er nach der Zeit / als Diener /gedie -428Caput XII. gedienet. Nicht weniger hat er auch Acht zu geben / auf die Huͤlffe / Vorſchub und Credit, welche er be - reits von guten Freunden und Goͤnnern ſchon hat / und noch kuͤnfftig zu haben und zu erlangen / Hoff - nung haͤtte / auf den Ort / wo er ſich zu établiren ent - ſchloſſen / und was vor Umſtaͤnde mehr bey demſelben zu bemercken ſeyn / und endlich / ob er die neue und in - tendirte Handlung zu unternehmen / befugt ſey / auch ob er ſolche vor ſich allein / oder mit Zuziehung eines Handels-Geſellſchaffters / anfangen wolle. Bey wel - cher letzteren Betrachtung abermal unterſchiedliche Momenta, wegen eines ſolchen Compagnons, vor - kommen / welche alle / ehe man zu deſſen Annehmung ſchreitet / zuvor gar wohl uͤberleget werden muͤſſen.
Das erſte / nemlich / die Betrachtung des Ver - ſtands und der Leibes-Conſtitution / welche derje - nige Handels-Diener / der ſeinen eigenen Handel nunmehro anzufangen gedencket / bey ſich haben muß; So will ihme allerdings gebuͤhren / erſtlich in ſich ſelbſt zu gehen / und ſich zu examiniren / ob ſein Verſtand der intendirten Handlung wohl gewach - ſen ſeyn ſollte / oder nicht. Dann daß viel Kauff - Diener ihre Jungens-Jahre erſtanden / folglich noch etliche Jahre vor Dieners mitgelauffen / und dabey doch nichts gelernet / ſondern Idioten vor-als nach geblieben / ſolches iſt gewiß; Dann entwe - der haben ihre Patroni ihnen nicht viel ſehen laſſen / ſondern ſie haben ſie nur zur Buͤffel-Arbeit ge - braucht; Die Scripturen aber / oder zum wenig - ſten / die geheimſten und noͤthigſten derſelben / vor ihnen verſchloſſen gehalten / oder ſie / die Dieners ſelbſt / haben keine Luſt und Aufmerckſamkeit darzugehabt /429Der Kauffmanns-Diener Beobachtung. gehabt / ſich viel darum zu bekuͤmmern / ſondern ſeynd lieber gemeiner Handels-Arbeit nachgegan - gen / als daß ſie das Vornehmſte derſelben haͤtten obſerviren / ihrer Herren Handels-Vortheil wohl ausſtudiren / die Einkauffs-Oerter / Zeiten und Preiſſe der Waaren ſich bekandt zu machen / die da - bey vorfallende Hand-Griffe erlernen / und in Summa / ihrer Patronen Handels Wohl und Weh / abſehen ſollen / ſo dann nichts anders fol - gen / als daß eine Handlung ohne Verſtand anzu - fangen / der gewiſſe Verluſt vor der Hand ſey.
Waͤre es hingegen / daß ein ſolcher Menſch was rechtſchaffenes in ſeinen Dienſt-Jahren gefaſſet / darauf er ſich ſein Handels-Gluͤck zu bauen verlaſſen koͤnte / ſo haͤtte es in ſo weit mit dieſem erſten Requi - ſito ſeine Richtigkeit; und gehen wir nunmehro zur Betrachtung des andern / nehmlich der zur Unter - nehmung eigener Handlung erforderten Leibes - Conſtitution.
Dieſe iſt ebenfalls nach Art der Handlung / wel - che einer vor ſeiner eigene Rechnung unternehmen will / anzuſehen; dann entweder iſt eine ſolche Hand - lung muͤhſeelig und von groſſen Fatiquen; derjenige aber / der ſolche unternimmt / nur ſchwach und ge - brechlich / als daß er nicht ſchwehre Reiſen verrich - ten / die meiſte Zeit ſelbſten Hand mit anlegen / oder des Mali hypochondriaci halber / Tag und Nacht auf dem Contoir ſitzen und ſchreiben kan / ſo wird ihm ſolches ſchon eine groſſe Hinderniß in ſeiner neuen Handlung machen / und wuͤrde es dann weit beſſer ſeyn / daß er bey Zeiten davon abſtuͤnde / alsdaß330[430]Caput XII. daß er etwas ſich unternehme / deme er hernach nicht genug gewachſen waͤre.
Wegen des Vermoͤgens eines jungen An - faͤngers / haͤtte derſelbe zu conſideriren / ob ſolches zulaͤnglich waͤre / diejenige Handlung damit anzu - ſangen und fortzuſetzen / welche er etwan gelernet / und nunmehr ſelbſt zu treiben ſich vorgenommen hat; wir ſetzen aber Anfangen und Fortſetzen nicht unbillig beyſammen / weil ſolches an einem rechten Kauffmann unzertrennliche Dinge ſeyn ſollten / al - ſo / daß er nicht allein im Stand ſey / ein Negotium anzufangen / ſondern auch im Stand bleibe / ſolches zu continuiren; ſo aber geſchiehet bey vielen das Widerſpiel / und hat mancher junger Menſch zwar ein Capitalgen von etlich hundert oder tauſend Reichsthaler / damit gedencket er die gantze Welt zu zwingen / machende allenfalls ſchon Rechnung / wie er bey hundert Reichsthaler baaren Einkauffs / zwey hundert Reichsthaler Credit oder Borg dar - zu erlangen wolle. Allein ein ſolcher Menſch machet die Rechnung ohne Wirth / und weiß nicht / daß heutiges Tages der Credit zimlich gefallen / und ob er ſchon gleich ſolchen haben moͤchte / ſo ſeynd doch die dafuͤr erhaltene Waaren / gegen den Zahlungs - Termin nicht gleich wieder verkaufft / oder ſo es baare Gelder geweſen / die man zinsbar aufgenom - men / und vielleicht gar Wechſel-Briefe darauf ge - geben ſeynd / ſolche nicht gleich wieder / wann man ſie unter den Leuten rouliren laſſen / zur Verfall - Zeit in der Caſſa; indeſſen muß mit groſſer Be - ſchwehrlichkeit zur Bezahlung des Wechſels An - ſtalt gemachet werden / da es ſich dann offt zutraͤgt /daß431Der Kauffmanns-Diener Beobachtung. daß man ſelbige anderwaͤrts zu hoher Intreſſe auf - nehmen / und alſo ein Loch aufmachen / und das an - dere damit wieder zuſtopffen / oder gar das Thor ſuchen muß; da dann die Handlung kaum ein Jahr gewehret / als die ſchon wieder ihren Abſchied nimmt / wie etwan dort des Jonaͤ Kuͤrbiß / der / ehe ſich Jo - nas verſahe / ſchon wieder abfiel und verdorrete; oder wie eine in die Lufft ſteigende Ragete, welche / in dem ſie ſchnell in die Lufft gefahren / eben ſo bald wieder entzwey platzet und vergehet. Was ein rech - ter Kauffmann ſeyn will / der muß ein dreyfaches Ca - pital / nehmlich ein in Waaren ſteckendes / eines / wel - ches unter Leuten oder ſeinen Schuldnern ausſtehet / und dann das dritte / baar in Caſſa haben / aus welcher Eintheilung ſich ein junger Anfaͤnger leicht die Rechnung machen kan / wie ſchwehr es ſey / groſſe Dinge mit wenig Huͤlffe und Nachdruck zu unternehmen. Diejenige aber / welche zu ihrer inten - dirten Handlung Gelds genug haben / die koͤnnen zwar damit was Groſſes ausrichten / ſie haben aber doch auch die Vorſicht dabey noͤthig / daß ſie ihr Geld / theils nicht uͤbel / theils nicht auf einmal / alſo anlegen / daß ſie nicht auf dem Nothfall und anderer Beduͤrffnuͤſſe zum wenigſten den dritten oder vierd - ten Theil davon zur Relerve behalten ſollten / als welches allerdings ein Stuͤck der Kauffmaͤnniſchen Klugheit mag genennet werden.
Die Blutfreundſchafft / Verwandte / gute Freunde und Bekandte / hat ein junger Menſch / als etwas gar Ungewiſſes / Betruͤgliches und leicht Veraͤnderliches anzuſehen; dann entweder ſeynd die Blutsfreunde arme oder nur gemeine Buͤrger undHand -432Caput XII. Handwercksleute / ſo koͤnnen ſie ihm ohne dem nicht groß aſſiſtiren; ſeynd ſie aber in dem Stand / daß ſie es thun koͤnten / ſo heiſt es doch mehrmals: Fratrum quoque gratia rara eſt; und thun es die meiſten aus Geitz und Mißgunſt nicht / daß ſie ihren nahen Anverwandten aufhelffen ſollten / ſonderlich wann ſie dabey Abſichten haben daß da er etwan biß hieher unter ihrer Devotion geſtanden / ſie veneri - ren und ihren Geboten nachleben muͤſſen / er als dann / wann ſie ihme aufhelffen wuͤrden / zu groß werden / und ſich ihrer Botmaͤſſigkeit entziehen moͤchte. Tiſch - und Maul-Freunde / machen es gleich alſo / und ſeynd zerbrechliche Rohr-Staͤbe / auf welche ſich niemand ſicher lehnen darff. Anfangs ſagen ſie wohl vieles zu / wann es aber zur Erfuͤllung kommen ſoll / iſt niemand zu Haus / und wird das vorige Verſprechen wieder zuruͤckgezogen. Nicht oh - ne iſt es / daß / wann ein junger Anfaͤnger aus guter Familie und vornehme Verwandten hat / daß ihme ſolches in ſeiner Handlung ſchon einiges Anſehen gaͤbe / man ſagt / er habe dieſem oder jenem zum Vet - tern / Vatter oder Mutter / Bruder / Schwager und dergleichen / ſie werden ihn nicht ſtecken laſſen / ſondern auf alle Weiß und Wege fort zuhelffen ſu - chen. Item, er hat eine ſchoͤne Heyrath gethan / hier und dar noch einige Erbſchafften zu gewarten / dannenhero ihme leicht zu trauen / und bey ihm und der Freundſchafft ſich in Gunſt zu ſetzen iſt; allein auch dieſes fehlet ſehr offt / und hat mancher zwar vornehme Freunde / die ſich aber in der That ſeiner weniger / als nichts annehmen / daß alſo ein junger Menſch am beſten thut / er verlaſſe ſich nicht leicht /wann433Der Kauffmanns-Diener Beobachtung. wann er ſeiner Sach nicht recht gewiß iſt / auf menſch - liche Huͤlffe / ſondern dencke / daß nach dem gemei - nen Sprichwort / nechſt GOtt / die Freunde in der Kiſten / die gewißten ſeyn. Dieſes wollen wir zwar nicht verlaͤugnen / daß nicht ein junger Anfaͤnger vielmals von vornehmen Freunden und Blutsver - wandten / einen groſſen Vortheil ziehe; Einmal / daß ſie ihm wuͤrcklich mit baaren Geld / Waaren und Credit aushelffen; ſondern die Handels-Leute ha - ben auch viel andere Wege / durch welche ſie einan - der favoriſiren koͤnnen; als wann ſie einem z. E. das erſte Geficht / den Vorkauff und nechſten Preiß in einer Waar goͤnnen / einander Commiſſiones zuweiſen / recommandiren / und in gewiſſen Din - gen / auf welchen Vortheil zu erjagen / mit partici - piren laſſen; allein es ſeynd rara Contingentia, nach eben einem andern Sprichwort / welches bey ihnen im Gebrauch iſt / daß nehmlich Handlung keine Freundſchafft leide. Woraus wir nur dieſes Mora - le unſern jungen Anfaͤngern geben wollen / daß reiche Freunde und Blutsverwandte zu haben / zwar gut / aber ſich nicht allzuviel darauf zu verlaſſen ſey.
Die Zeiten und Conjuncturen bey Unterneh - mung einer Handlung anzuſehen / iſt meines Be - duͤnckens hoͤchſt nothwendig; man hoͤret gemeini - glich von alten wohlhabenden Kauffleuten ſagen / ſie haͤtten zu guter Zeit angefangen / es waͤre da - mals noch nicht alles ſo uͤberhaͤufft geweſen / wie jetzund / die Waare haͤtte noch etwas gegolten / es waͤre noch Geld / Treue und Glauben unter den Leuten geweſen / nun wollte jederman handlen / dieE eWaa -434Caput XII. Waaren wuͤrden ſchlechter gemacht / vor liederli - ches Geld weggegeben / der Credit waͤre todt; der Betrieger wuͤrden viel / und in Summa: es waͤre aus mit der Handlung / und nichts mehr damit zu ver - dienen. Woraus erhellet / daß einem jungen An - faͤnger an Betrachtung der Zeiten / in welchen er ſeine Handlung anzufangen ſich vorgeſetzet hat / auch ſehr viel gelegen ſey / dieſe Zeiten koͤnnen nun ent - weder ſeyn / Kriegeriſche / Peſt oder theure Zeit / da viele Ausgaben / groſſe Gefahr / ſtattliche Unkoſten und wenig Profit zu vermuthen; ſonderlich aber / oberzehlte Klagen / je laͤnger je mehr zu nehmen / nehmlich / daß auf der Waar nichts mehr zu verdie - nen / und der Credit ſchlecht / und der Geld-Man - gel groß ſey; bey welchen Umſtaͤnden ein Kauff - manns Diener allerdings beſſer gethan haͤtte / daß er o lang / biß die Zeiten ein wenig ſich geendert / ſei - ne Fuͤſſe noch unter eines andern Tiſch geſtecket / und noch eine Zeitlang gedienet haͤtte / als daß er ſchon ſelbſt den Herꝛn ſpielen / ſich in Muͤhe und Sorgen / und ſein bißgen Capital in Gefahr ſetzen will.
Hingegen koͤnnen auch Zeiten und Conjunctu - ren ſeyn / da die Handlung gluͤcklich einlaufft / und ſo gut / ja noch beſſer als in vorigen Zeiten / (ſon - derlich in Dingen / die auf den Hazard und das blinde Gluͤck ankommen /) eintraͤgt z. E. der Wall - fiſch-Fang in Groͤnland / iſt noch heutiges Tages / wie vor vielen hundert Jahren / das eine Jahr gut / das andere Jahr ſchlecht / des einen ſeine Schiffe haben einen guten Fang und kommen reich beladen / des andern ſeine ledig wieder nach Haus; in dieſemLand435Der Kauffmanns-Diener BeobachtungLand iſt eine gute / in dem andern eine ſchlechte Re - colte, vielmals wird eine Waar angenehm / und ſchlaͤgt mit einmal hoch auf / alſo / daß Capital auf Capital darauf zu gewinnen iſt / die zuvor ſchlecht und unter dem Koſten hat muͤſſen weggeben werden. Den jungen Kraͤmern und jungen Huren / ſagt man im Sprichwort / laufft man am meiſten zu / weil man bey ihnen keine alte verlegene Waaren vermuthen iſt; ſo ſind ja auch unſere jetzige ſchlechte Zeiten / die in der That recht elend ſeyn / nicht ſo gar ohne Exem - pel / daß junge Anfaͤnger wohl fortgekommen / und nicht wie es ihnen mancher alter Sauertopff wohl gerne gegoͤnnet haͤtte / verdorben ſeyn; noch dieſe Zeit / faͤngt mancher junger Kraͤmer ſein eigen Gewerb / ob gleich heimlich mit ander Leut Geld und Huͤlff / an / man ſiehet aber doch dabey / daß er eine gute Conduite und Ordnung haͤlt / ſo findet ſich bald ein artig und wohlhabend Maͤdgen / durch den Schein der neuen Handlung angereitzet / mit welchem er ei - ne gluͤckliche Parthey trifft / daß er ſein Lebtag ein ge - borgener Mann ſeyn und bleiben kan; Einem an - dern / der etwan adroit und hurtig iſt / auch bey den Leuten ſich etwan zu inſinuiren weiß lauffet etwan eine Liverance in die Hand von Soldaten Mon - tur / oder andern Sachen / bey welchen er auch in Kriegs-Zeiten ſo viel verdienet / daß er ſich ferner fort helffen kan; dieſer gelanget an eine eintraͤgliche Manufactur, ein anderer ererbet / oder kaufft eine / ſchon im Flor ſtehende / Handlung an ſich / und wird dadurch auf einmal ein gemachter Mann / daß er des Dieners Stand gar wohl vergeſſen kan. Wie verleget nicht offt ein junger Anfaͤnger des Buch -E e 2han -436Caput XII. handels / ein gutes Buch / welches zu allen Zeiten / ſie moͤgen gut oder ſchlecht ſeyn / abgaͤnglich und ſo nuͤtzlich vor ihm iſt / als viele andere Verlags-Buͤ - cher / denenjenigen nicht austragen / welche vor alten / ob gleich guten Zeiten / ihre Handlung angefangen. Daß alſo hieraus erhellet / wie die Beobachtung der Zeiten und Laͤufften / ſehr nothwendig / dabey aber auch die Umſtaͤnde der Sachen / die man ſo wohl bey der einen als bey der andern unternehmen will / nicht aus der Acht zu ſetzen ſeyn.
Die Patroni, bey welchen ein Diener / der nun - mehro ſeinen eigenen Handel anzufangen gedencket / ſeine Jungen-Jahre ausgeſtanden / und die / bey wel - chen er hernach noch als Diener ſerviret / muͤſſen in ſo weit / als ſie dem jungen Anfaͤnger / in ſeinem Vorhaben Nutzen oder Schaden bringen koͤnnen / conſideriret werden. Etliche Herren / welche treu - lich von ihren Bedienten bedienet worden / goͤnnen denenſelbigen / wann ſie ihr Eigenes anzufangen Luſt und Gelegenheit haben / alles Guts; helffen ih - nen auch mit Rath und That nach ihren beſten Ver - moͤgen fort; andere hingegen ſeynd uͤber ihrer Be - dienten Etabliſſement neidiſch / eifferſuͤchtig und erbittert / hindern ſelbiges auch oͤffentlich oder heim - lich / ſo viel ſie koͤnnen. Die dritte Art / ſolcher Leut haͤlt ſich gantz ſtille / ſchadet und nutzet dem jungen Anfaͤnger nicht / ſondern ſehen ſein Etabliſſement mit indifferenten Augen an.
Bey allen dieſen dreyerley Art Leuten / hat ein zu eigener Handlung reſolvirender Handels-Die - ner / und zwar wegen der erſten Art zu betrachten / daß er die Huͤlffe und Recommendation ſolcherguter437Der Kauffmanns-Diener Beobachtung. guter Goͤnner und Freunde Lebenslang mit Danck erkennen / auch dieſelbe wohl zu conſerviren / ſich an - gelegen ſeyn laſſe; er ſiehet daraus / wie die goͤttliche Providentz getreue Diener endlich wol belohne / und ſie unter andern auch Gnade bey den Menſchen fin - den laſſe. Dahero ſich ein ſolcher junger Menſch von ſelbſt beſcheiden muß / was in ſolchem Fall auch ſeine Gegen-Pflicht ſey / nehmlich wann es mit ſeiner Pa - tronen gutem Willen und Wiſſen geſchiehet / keine ſolche eigene Handlung anzufangen / welche ihnen Schaden bringen koͤnte; ſo muß er ſich auch nicht an einen ſolchen Ort / zumal / wann er einen offenen Laden oder Winckel aufthun wollte / ſetzen / wo er ſeinen Patronis, die gleiche Handlung haben / die Kundten abſpannen koͤnte / oder ſolchen doch die Ge - legenheit / zu ihm zu kommen / veranlaſſte. Zuweilen pflegt in einigen Dienſt-Contracten mit einverlei - bet zu werden / daß der Jung oder Diener / wann er kuͤnfftig ſein Eigenes anfangen wollte / ſich dieſe oder jene Waare zu fuͤhren / dieſen oder jenen Marckt zu bauen / an dieſem oder jenem Ort der Stadt ſich nieder zu laſſen / ſich enthalten / ſolches aber ſeinem Patronis vorbehalten ſeyn ſollte / wel - chen dann auch ein junger Anfaͤnger getreulich nach - kommen muß / es waͤre dann / daß kuͤnfftig die Zeit / und ein Neues entweder mit denen Patronis oder deren Erben getroffenes Abkommen / ein anders hier - innen vermittelten.
Was die andere Art von Leuten betrifft / nehm - lich die einem jungen Menſchen ſein Aufkommen nicht goͤnnen / muß ſich derſelbe bey ſolchen Proce - duren examiniren / ob er ſolches um ſie verdienet ha -E e 3be438Caput XII. be oder nicht / findet ſich dieſes letztere / ſo ſeye er ge - dultig vertraue GOtt / fuͤhre ſich dabey demuͤthig und gelaſſen auf / vergelte nicht Boͤſes mit Boͤſem / noch Scheltwort mit Scheltworten / und dencke / es ſey viel beſſer / man werde beneidet / als beklaget. Vor allen huͤte er ſich vor Proceſſen und Zanck-Haͤnd - len / als welche auch die beſten Handlungen ruini - ren / und ſonderlich einen jungen Menſchen / in eine ſolche Decadenz und verwirrten Zuſtand bringen koͤnnen / daß er niemals hernach wieder recht zu Kraͤfften kommen kan.
Gegen diejenige / welchen ſein Aufkommen oder Verderben indifferent iſt / kan er ſich auch alſo be - zeigen / und ſich allezeit in der Gleichheit gegen ſie verhalten / jedoch mehr durch Hoͤflichkeit und Dienſt - fertigkeit ſie zu gewinnen ſuchen / damit ſie aus der Indifference heraus gehen / und ihme Gegen - Freundſchafft erzeigen moͤgen.
Jnſonderheit muß er ſich in allen ſeinem Thun denenjenigen dienſtfertig und danckbar erweiſen / welche ihme zu ſeinem Etabliſſement mit Rath und That beygeſtanden. Wie eine Jungfer ihre Jung - ferſchafft; alſo muß ein Kauffmann / ſonderlich ein junger angehender / ſorgfaͤltig ſeinen Credit bewah - ren / und lieber ſeinem Leib und Bequemlichkeit ab - brechen / als daß er nicht Wort halten / oder einen Tag die verſprochene Wieder-Bezahlung aufſchte - ben ſollte. Ohne Credit und anderer Leut Huͤlffe kan wohl niemand ſo leicht / ſonderlich von jungen an - gehenden Kauffleuten / leben; ich wollte aber lieber / daß einer ſeine Sachen von unten auf ins Kleine / und ſo viel als moͤglich mit eigenen Mitteln anfien -ge /439Der Kauffmanns-Diener Beobachtung. ge / als daß er die von allen Seiten / auch ſelbſt ange - botene / Huͤlffe und Vorſchub annehmen ſollte / weil doch viel derſelben / welche ſolche leiſten / zugleich ihre Abſicht auf præcisè Wiederbezahlung und etwan noch ein anders Neben-Intereſſe gerichtet / mit welchen zugleich unſer junger Anfaͤnger hernach nicht ſo bald / als er wohl wuͤnſchte / aufkommen kan.
Wegen des Orts ſeines Etabliſſements, hat ein zur eigenen Handlung reſolvirender Handels - Diener zu bedencken / ob derſelbe zur Stadt-Nah - rung / ſonderlich wann er ein Kraͤmer waͤre / und ins Kleine verkauffen wollte / bequem und gelegen ſey oder nicht; ingleichen / ob die Stadt ſelbſt zu der Handlung / welche er gelernet hat / der Situation, Kundſchafft / Statuten und Ordnungen halber / ihme darunter wohl zu ſtatten komme. Ein Stadt - und Land-Kind bleibet gemeiniglich gern in dem Vatterland / wann es daſelbſten die Handlung er - lernet / auch ſeine Freund und Verwandte hat. Und was wuͤrdẽ ſonſt einem jungen Menſchen ſeine ſauer - erſtandene Dienſt-Jahre helffen / wann er nicht da - durch auch die Faͤhigkeit uñ Freyheit erlangete / in der daſigen Kraͤmer - oder Kauffleute-Zunfft oder Guͤlte aufgenommen zu werden; Dieſem aber ungeachtet / finden ſich doch vor manche Handels-Diener mehr - mahls auf Recommendation ihrer Herren Pa - tronen auslaͤndiſche Gelegenheiten / (entweder durch Heyrathen / oder daß ſie von jemand in Commpagnie verlanget werden /) in anſehnliche und ſchon établirte Handlung einzutretten; ſie be - kommen auch mehrmals ſelber Luſt darzu / ſich an ei - nem ſolchen frembden Ort niederzulaſſen / wenn ſieE e 4nehm -440Caput XII. nehmlich daſelbſt ein oder mehr Jahre in ihres Pa - trons Geſchaͤfften gelegen / und alſo des Orts Ge - legenheit / auch was in Handels-Sachen daſelbſt zu thun ſey / wohl eingenommen / und ſich etwan eine Kundſchafft zuwege gebracht / bey welcher ſie zu ei - ner anſehnlichen Heyrath gelangen / folglich ſich da - ſelbſt als Buͤrger und Handels-Maͤnner étabiliren und niederlaſſen koͤnnen / ſonderlich wann ihr Pa - tron darinn mit ihnen einig iſt / und ihnen kuͤnfftig ſeine Commmiſſiones gegen gebuͤhrende Provi - ſion zu verwalten giebet.
Bey Etabilirung eines Handels-Dieners / es ſey in oder auſſerhalb dem Vatterland / iſt auch viel - faͤltig dahin zu ſehen / ob jemand zu der Handlung / welche er unternehmen will / befugt ſey oder nicht: wir wollen hier nicht von denen hin - und wieder ein - gefuͤhrten Lands-verderblichen Monopoliis reden / da es nicht viel fehlet / daß nicht faſt eine jede Art - von Handlung verpachtet / und in geſchloſſene Haͤn - de gegeben wird; ſondern es finden ſich auch billige Urſachen / warum nicht ein jeder ohne Unterſchied zu dieſer oder jener Handlung zu zulaſſen ſey / wann nemlich dieſelbe allbereit ſo eingetheilet / daß ihrer fuͤglich nicht wohl mehr davon leben koͤnnen / als die - jenige ſeyn / in deren Haͤnden ſolche dermalen iſt. Es bringen auch wohl die Statuta einer ſolchen Hand - lung mit ſich / daß / wer nicht auf ſolcher ausgedie - net / und Præſtanda dabey præſtiret hat / ſich kuͤnff - tig derſelben nicht anmaſſen koͤnne. Zuweilen eignet ſich auch eine Lands-Herꝛſchafft eine gewiſſe Hand - lung eigenthuͤmlich zu / von welcher hernach alle Privat-Perſonen ausgeſchloſſen werden / oder eshat441Der Kauffmanns-Diener Beobachtung. hat jemand juſto & oneroſo titulo eine Hand - lung an ſich gebracht / (wiewohl dieſes letztere nach dem Monopolio ſchmecket) dabey dann ein ande - rer / ihme Eintrag zu thun / nicht befugt iſt / und was etwan der Urſachen mehr ſeyn moͤchten / um welcher Willen alle Handlungen ohne Unterſchied nicht koͤnnen unternommen werden / die man ſonſt gerne unternommen haͤtte.
Endlich ſo hat auch ein zu eigener Handlung re - ſolvirender Handels-Diener vorher erſt wohl zu uͤberlegen / ob er die ſich vorgeſetzte Handlung allein zu beſtreiten getraue / darzu auch genugſame Mittel / Verſtand und Leibes-Kraͤfften / Patronos, Gele - genheit / Recht und Befugniß habe / oder ob ihme rathſamer und anſtaͤndiger ſey / einen Compagnon und Geſellſchaffter zu nehmen / mit welchem er mit zuſammen-geſetzten Kraͤfften und Vermoͤgen die intendirte Handlung anfangen und fortſetzen koͤn - ne. Wie nun bey dieſer letztern Reſolution gar viel zu bedencken / als wollen wir / worinn ſolche be - ſtehe / anjetzo der Ordnung nach vor uns neh - men.
Anfaͤnglich iſt voraus zu ſetzen / daß es ſehr offt redlichen und wohl-meritirten Handels-Dienern wiederfahre / daß ſie zur Belohnung ihrer treuen Dienſte / entweder von ihren Herꝛn ſelbſt / mit in die Handlung zur Helffte / oder auf einem gewiſſen Theil an dem Gewinn und Verluſt zu participiren / genommen werden / ob ſie gleich kein Capital einle - gen / ſondern ihr Fleiß und Arbeit nur die Stelle ei - nes Capitals vertretten muß; oder es raumet ihnen auch ihr Patron zur Belohnung ihrer treuen Dien -E e 5ſte442Caput XII. ſte ein Stuͤck von ſeiner Handlung ein / und tritt ih - nen daſſelbe eigenthuͤmlich ab; oder er vergoͤnnet ih - nen auch / das / ob ſie gleich noch in ſeinen Dienſten ſtehen / ſie dennoch ihren eigenen Handel neben her anfangen / und mittreiben moͤgen / dabey ſie dann den Vortheil genieſſen / daß ſie erſtlich ſich nicht gleich in eigene Haushaltung und buͤrgerliche Unko - ſten ſtecken duͤrffen / ſondern ihre Fuͤſſe unter eines andern Tiſch ſtecken koͤnnen / und noch dabey ihre jaͤhrliche Beſoldung verdienen; ja / ihr guͤtiger und gegen ſie wohl geſinnter Patron, thut ihnen noch wohl darzu einen Vorſchuß an Geld und auch an - dere Huͤlffs-Leiſtung / durch welche ſie deſto eher zu ihren Zweck gelangen / und ſich nach und nach in ei - gener Handlung / veſt ſetzen koͤnnen. Zuweilen fuͤgt es ſich auch / daß ein Handels-Patron ſeinen wohl - meritirten Diener der ihme lange Jahre getreue Dienſte geleiſtet / die gantze Handlung auf gewiſſe Conditiones abtritt und zu eigen uͤbergiebet / wel - ches auch vielfaͤltig von deſſen hinterlaſſenen Erben geſchiehet / die entweder einem ſolchen viel-jaͤhrigen Handels-Diener / die Handlung zum Theil oder gantz zuſchlagen / oder ihm auch zum Mit-Parti - cipanten / damit er nur derſelben deſto getreuer vor - ſtehen moͤge / annehmen; ingleichen wird offt man - chem alten wohl-meritirten Handels-Diener / ein Sohn aus einem vornehmen Haus / ſamt einem ſtatt - lichen Capital zum Compagnon gegeben / damit ein ſolcher junger Menſch unter des wohlgeuͤbten und verſtaͤndigen ſeiner Anfuͤhrung / nach und nach zur Handlung moͤge erzogen und angewieſen werden Dieſes alles / wie es einem jungen Menſchen /der443Der Kauffmanns-Diener Beobachtung. der eben nicht ſonderliche Capital hat / jederzeit wohl zu ſtatten kommet / und eben dasjenige iſt / aus wel - chem hernach die Facta und Veraͤnderungen der Perſonen / in vornehmen und renommirten Haͤu - ſern und Handlungen herkommet; alſo geben auch darinn die Umſtaͤnde / von ſelbſten einem jeden an die Hand / was bey ſogeſtalten Sachen vor ihm zu thun und zu laſſen ſeyn moͤchte.
Ein anders iſt es hingegen / wann zwey Han - dels Diener / welche nunmehro des Dienens uͤber - druͤßig ſeyn / oder bey eigener Handlung ihr Gluͤck beſſer zu machen gedencken / ſich zuſammen als Han - dels Geſellſchaffter begeben / ihr Vermoͤgen in eine Maſſam bringen / und orando & laborando verſu - chen wollen / was ihnen GOtt und das Gluͤck kuͤnff - tig zuwerffen moͤchte. Solche Leute nun haͤtten mei - nes Beduͤnckens anfaͤnglich insgemein zu beden - cken / ſich zu pruͤffen und examiniren / ob ſie auch zur Unzeit / aus Vorwitz / ohne genugſamen Ver - ſtand und in Haͤnden habenden Mitteln zuſammen gehen; oder / ob es nicht weit beſſer geweſen waͤre / daß ſie noch ein Jahr etliche / einem andern gedienet / ſich erſtlich etwas verdienet / in Handels-Wiſſenſchaff - ten veſt geſetzet / und zuvor Patronos und gute Freun - de ſich erworben / ehe ſie auf ein Gerathwohl ſich zuſammen in Compagnie begeben haͤtten. Dieſes iſt gewiß / daß man heutiges Tags viel dergleichen jung zuſammen gelauffener Leute / welche ſich von ihren Herren vor der Zeit geriſſen / und ihren eige - nen Handel anfangen / ſolchen aber (weil die benoͤ - thigte Requiſita darzu ermangeln) nicht lang trei - ben koͤnnen / ſondern bald wieder angeben muͤſſen /fin -444Caput XII. findet; indeſſen aber ſteht es auch nicht zu aͤndeꝛn / und muß man um des Mißbrauchs willen den guten Ge - brauch / oder etlicher uͤbel gelungener Exempel wil - len / die Sache nicht gar aufheben / weil im Ge - gentheil / ſich hundert andere finden / die einen guten Erfolg gehabt / und daß zwey (als Handels-Geſell - ſchafften zuſammen getrettene) junge Leute / ob ſie gleich anfaͤnglich wenig Mittel zuſammen gebracht / dannoch mit der Zeit / durch GOttes Seegen / ih - ren Fleiß und Arbeit / auch guter Leute Huͤlffe / es ſo weit gebracht / daß ſie endlich groſſe Capitaliſten / vornehme Kauffleute / und anſehnliche Glieder der Republic geworden. Die Handels-Weisheit ſte - cket eben nicht allezeit in einem grauen Bart / ſo findet man auch offt bey einem jungen Menſchen ein reiferes Judicium, als bey manchen Alten. Das gemeine Weſen will auch / daß nach und nach feine junge Buͤrger anwachſen und zugezogen werden / welches nicht geſchehen wuͤrde / wann ſich die alten Buͤrger und Kauffleute / darinnen ein Monopo - lium ausnehmen / und keine Jungen neben ſich auf - kommen laſſen wollten.
Die Betrachtungen / welche ein Kauffmanns - Diener / der mit einem andern in Compagnie tret - ten will / dieſes ſeines abgezielten Handels-Geſell - ſchaffter Perſon halber haben muß / beſtehen eigent - lich in folgenden; Als: von was Verſtand und Conduite, Familie und Vermoͤgen er ſey / auch worinnen ſeine Handels-Wiſſenſchafften beſtehen / und ob er ſich Patronos, Erfahrenheit / und Praxin allbereit erworben / auch guter Leute Huͤlffe zu getroͤ - ſten habe. Der Verſtand eines ſolchen Menſchens /kom -445Der Kauffmanns-Diener Beobachtung. kommet ja[billig] darum in Betrachtung / weil bey de - nen Kauffleuten / das mehrmalen gedachte Han - deln / ohne Verſtand / Verluſt bringet / vor der Hand; Dann wie will einer ſeinen eigenen Sachen wohl vorſtehen / der keinen Verſtand darzu hat? Wie will er in ſo wichtigen Dingen / da es auf das Meum & Tuum ankommt / dirigiren / wann er der Handlung nicht gewachſen iſt? Waͤre ſolches nicht eben das / als wann einer ein groſſes beladenes Schiff durch die wilde See hindurch fuͤhren wollte / der die Steuer-Manns-Kunſt niemals gelernet? Man laͤßt es in Handels-Geſellſchafften pasſiren / wann ein Dummer / der groß Geld hat / einem Klu - gen und Verſtaͤndigen / der nicht viel hat / zum Compagnon gegeben wird / damit dieſes ſein Ver - ſtand / und jenes ſein Geld arbeite. Allein / wann zwey Bruͤder von gleichen Mitteln zuſammen kom - men / die beyde an einem Joch ziehen ſollen / ſo muͤſ - ſen ſie gleich von Calibre, Verſtand und Leibes - Kraͤfften ſeyn / und keiner / vor den andern / viel voraus haben / weil es ſonſt nur ſchlechte Harmo - nie giebet / der Verſtaͤndige uͤber den Unverſtaͤndi - gen den Meiſter ſpielen will / woraus hernach ſchwe - re und groſſe Mißhelligkeiten entſtehen / welche de - nen beyden Geſellſchafftern in ihren Handlungen nicht geringen Schaden bringen.
Die Conduite eines Menſchen / den man zum Handels-Geſellſchaffter annehmen will / dienet dar - um / um ſo viel ſorgfaͤltiger unterſuchet zu werden / weil / wann er nicht gottsfuͤrchtig / die Handlung ſich wenig Seegens wird zu getroͤſten haben; Jſt er ein Debauchant, Hurer und Saͤuffer / oderSpie -446Caput XII. Spieler / ſo lauffen die Geſchaͤffte und Gelder der Compagnie-Handlung in Gefahr / daß jene verab - ſaͤumet / dieſe angegriffen und liederlich durchge - bracht werden; zu geſchweigen / daß ſolches eine uͤbele Renommée und Recommendation bey an - deren Kauffleuten giebet / von welchen die jungen An - faͤnger Huͤlffe uñ Credit ſuchen uñ erwarten muͤſſen. Mancher Menſch iſt auch ſauertoͤpffiſch / murꝛiſch und verdroſſen / welches abermal einen ſchlechten Effect in Compagnie Handlung thut / und gleich bey dem anderen Geſellſchaffter einen Widerwillen und Ver - druß erwecket / daß der mit ihm in ein Joch einge - ſpannte / nicht zugleich mit anziehen / ſondern auf jenem / der guthertzig und arbeitſam iſt / die Laſt al - lein waͤltzen will. Kommet etwann noch hinzu / daß einer von denen Compagnons regierſuͤchtig iſt / und da ſie doch gleiche Buͤrden zu tragen haben / dennoch den Meiſter ſpielen und uͤber den andern herꝛſchen will / ſo iſt ſolches abermal ſchon ein Saamen der Uneinigkeit / welche / wann ſie endlich reif gewor - den / keinen anderen Erfolg hat / als daß ſich ihre Compagnie wieder zertrennet / und offtermals ge - ſchiehet / das beyde Compagnons, wann ſie / dem gemeinen Sprichwort nach / in GOttes Namen zu - ſammen gegangen / ins Teufels Namen wieder von - einander gehen.
Auf die Familie eines Compagnons, muß man in ſo weit Acht geben / ob dieſelbige in guten Anſe - hen und Mitteln ſey / und ob man allenfalls Huͤlff und Recommendation von derſelben zu gewarten haͤtte; Und geſetzt / daß ſolches auch nicht waͤre / obſie447Der Kauffmanns-Diener Beobachtung. ſie jedoch ehrlich und von bekandter Probité, auch nicht zanckſuͤchtig und zu Intriguen geneigt ſey.
Das Vermoͤgen eines Compagnons will frey - lich auch in Conſideration gezogen werden; jedoch muͤſſen ſie ſich untereinander hierinnen ſelbſt pruͤfen / und allenfalls nicht hoͤher fliegen / als ihnen die Fluͤ - gel gewachſen ſeyn.
Eine genauere Unterſuchung erfordern wohl die Handels-Wiſſenſchafften / eines anzunehmen - den Compagnons, dann mit ſolchem ſoll eben die Handlung gefuͤhret / uñ das Brod verdienet werden; Und wird ſich hierinnen ein jeder wol ſelbſt vorſehen / daß er einen Geſellſchaffter erwehle / welcher der Handlung / die ſie beyde unternehmen wollen / kundig ſey / und nicht etwan ein Gewuͤrtz-Kraͤmer / einen Sei - den-Haͤndler / ein Eiſen-Haͤndler einen ſolchen / der beym Tuch-Handel ſeine Jahre erſtanden / zum Handels-Geſellſchaffter annehme / ſondern ein jeder ſeines gleichen ſuche / auch / was alsdann dem einen oder andern / an Capacitaͤt / noch fehlet / er hierin - nen von dem Verſtaͤndigern mit Liebe uͤbertragen / freundlich ermahnet und unterrichtet werde / als wel - che die beſte und laͤngſte Handels-Geſellſchafft / nem - lich die mutuelle Lieb und Einigkeit / welche Han - dels-Geſellſchaffter untereinander haben / zu unter - halten pfleget.
Endlich thaͤte auch allerdings zu zweyer Han - dels-Geſellſchaffter ihren kuͤnfftig-gluͤcklichen Fortkommen / dieſes ſchon ein Groſſes / wann ſie beyderſeits / oder zum wenigſten einer unter ihnen / ſich guter Leut Huͤlffe zu getroͤſten haͤtten / auch all - bereit eine ziemlich-erworbene Praxin und Corre -ſpon -448Caput XIII. ſpondentz zuſammen braͤchten / welche zu einem Fundament ihrer neuen Handlung dienen koͤnnte; wo ſich aber dergleichen Huͤlffe nicht finden ſollte / muͤſſen darum zwey junge Anfaͤngers (wann nur ſon - ſten die Intention mit ihrer Handlung loͤblich und zugelaſſen iſt /) den Muth nicht ſincken laſſen / ſondern mit zuſammengeſetzten Kraͤfften und Gebet / ſo viel fleiſſiger arbeiten / damit durch GOttes Seegen und ihre induſtrie dasjenige erſetzet werde / was ih - nen an Menſchen-Huͤlffe abgehen moͤchte.
Was ein geweſener Kauff - manns-Diener / welcher nunmehro ſeinen eigenen Handel anfaͤngt / in ſpecie beym Groſſo - und auch Detail-Handel / das iſt / beym Handel / mit gantzen Stuͤcken / und auch im Ausſchnitt / und dann auch / wann er auslaͤndiſche Kauffleute in Com - miſſion bedienen will / zu be - obachten habe.
WJr wollen hiervon den Savary in ſeinem vollkommenen Kauffmann reden hoͤren / welcher in deſſen 44. Cap. denen / welche ins Groß ihren eigenen Handel anzufan - gen gedencken / folgende nuͤtzliche Unterweiſung / und zwar erſtlich / wegen des Einkauffs ihrer Waaren / indenen449Was bey eigenem Handel zu obſervirendenen Manufacturen / giebet. Es ſind / ſpricht er / 10. Stuͤcke / bey dem Einkauff der Waaren / in denen Manufacturen in Acht zu nehmen.
Das erſte iſt / wann die Waar beginnet aufzu - ſchlagen / welches gemeiniglich von 2. Dingen her - kommt: Erſtlich / weil die Materien / aus welchen die Waaren beſtehen / wegen des Mangels / theurer werden.
Zum andern / weil wenig gemachter Waaren vor - handen / und ſelbige unterdeſſen ſehr begehret wer - den / da iſt dann gewiß / daß dasjenige / welches gemacht / mercklich theurer wird: Zu der Zeit / be - ſtehet es in des Kaͤuffers Vorſichtigkeit / daß er die Urſachen / welche die Waare vertheuren / wiſſe. Wann es nun / zum Exempel / Waaren von ſeidenen Stuͤcken / muß er ſich erkundigen / ob die Seide wohl gerathen oder nicht; Dann / wann das Jahr uͤber Regen-Wetter geweſen iſt / ſo wird es derſel - ben wenig geben; und alſo verurſachet der Mangel / daß wenig von den Orten / daher ſie ſonſten kommt / gebracht wird Dieſer Mangel nun bringt die Theu - rung der gemachten Waaren.
Alſo verhaͤlt ſichs auch mit denen Manufactu - ren des woͤllenen Tuchs und Sarges, wann nem - lich die Wolle rar und theurer worden iſt; und auch Leinwad / wann der Hanff und Flachs nicht wohl gerathen; alſo von andern Gattungen der Mate - rien mehr / aus welchen die Manufacturen / mit welchen man handelt / beſtehen. Dann der Man - gel / wie gemeldet / macht / daß der Preiß derſel - ben / ſteigt / und folglich auch der Waaren / die davon gemacht werden.
F fKein450Caput XIII.Kein Zweiffel iſt / daß / wann die Theurung der Waaren von dem Mangel der Materien herkommt / derſelbe nicht allein lang daure / ſondern auch allge - mach zunehme. Jſt derowegen hieruͤber nicht lang Rath zu ſchlagen / ſondern geſchwind und auf Liefe - rung zu kauffen / ſo viel nemlich ein Kauffmann fuͤg - lich zu vertreiben vermeinet.
Ruͤhret der Aufſchlag / wegen geringem Vor - raths / und weilen die Waar ſehr begehret wird / (nicht aber von dem Mangel der darzu gehoͤrigen Materien) her / ſo muß man in dem Einkauff behut - ſam verfahren / weil es offtmals ein Strudel / der bald vergeht; Dieſer Aufſchlag dauret auch nicht laͤn - ger / als biß die Hitze voruͤber / und zwar / um zweyer Urſachen willen. Die erſte iſt / weilen es et - wann zufaͤlliger Weiß geſchicht / daß viel Negocian - ten / von unterſchiedenen Orten / Waare in einer Zeit committiret haben / oder ſich auf einmal an dem Ort der Manufacturen befinden / und dieſes verur - ſachet / daß die Arbeiter / weilen die Arbeit ſehr be - gehret wird / auf den Preiß halten / wann dann die Kauffleute genug verſehen ſeyn / ſo kommen die Sachen wieder in den Stand / da ſie zuvor gewe - ſen / alſo / daß zuweilen ein mercklicher Abſchlag erfolget.
Dann wann die Arbeiter ſehen / daß dieſelbe Waar begehret wird / will ein jeder derſelben ma - chen / welches den Uberfluß und Wohlfeile bringt; gleichwie hingegen der Mangel die Theurung ge - macht hat / daß alſo dieſe Anmerckungen / damit es im Einkauff gelinge / ſehr wichtig ſeyn
Das Andere / welches im Einkauff der Waa -ren451Was bey eigenem Handel zu obſerviren〈…〉〈…〉ren zu beobachten / iſt dieſes / daß man behutſam in Worten ſey / und nicht dergleichen thue / als ob man die Waare / welche man doch gerne haͤtte / be - gehre / ſo muß man auch nicht dieſelbe ſo gar verach - ten / als wann man ſie gar nicht vonnoͤthen haͤtte / ſondern das beſte iſt / man halte ſich indifferent und dabey kluͤglich; wie dann auch die Arbeiter lieber mit ſolchen Negocianten / als mit denen / die Liſt ge - brauchen / zu thun haben.
Das Dritte iſt / daß man ſehe / ob die Waa - re von dem hohen Preiß / auf welchen ſie zuvor ge - ſtiegen / wieder abkomme / oder von dem niedrigen Preiß / in welchem ſie zuvor (entweder / weilen der Handel ſich geſtecket / oder aber / weilen ein groſſer Uberfluß in denen Manufacturen ſich befunden) ge - weſen / wieder aufſchlage: welches dann das vor - nehmſte Abſehen der Kauffer mit ſeyn muß.
Dann wann die Waar in dem Preiß aufs hoͤchſte gekommen / und wieder zu fallen anfaͤngt / muß man keine kauffen / weilen gewiß iſt / daß / wann die Urſach / warum der Aufſchlag geſchehen / aus dem Weg geraͤumet / die Waare taͤglich / biß ſie wieder auf ihren billigen Werth kommet / ab - ſchlaͤgt.
Hingegen / wann die Waare auf ihrem gering - ſten Preiß waͤre / und zu ſteigen anfienge / ſo iſt es Zeit zu kauffen / weilen gewiß iſt / daß die Steige - rung taͤglich / ſo lange die Urſach derſelben waͤhret / zunimmt.
Das Vierdte / in Einkauffung der Waaren / iſt / daß man wiſſe / in welchem Ort ſelbe wieder - um verkauffet werden kan. Dann zum Exempel /F f 2wann452Caput XIII. wann Grosſirer die Waare zu Paris verkauffen wollten / muͤſtens die allerbeſten und neueſte Mode ſeyn; Dann Paris iſt es / welche nicht allein die Mode allen Staͤdten Franckreichs / ſondern auch den fremden Laͤndern / giebet.
Hingegen / wann Negocianten kauffen / damit ſie in den Staͤdten des Koͤnigreichs und frem - den Orten wieder verkauffen / ſollen ſie von denen / da die Mode erſt anfaͤngt / nicht kauffen / dann ſie iſt an denjenigen Orten / wohin ſie dieſelbe ſchickten / noch nicht bekandt; koͤnnen derowegen dieſelbe auch nicht allda verkauffen / ſintemalen ſolche noch ſo theu - er; dann die Mode verurſachet offt den Abgang der Waare und auch derer Theurung.
Das Fuͤnffte / daß man die ſeidene Waaren / wann es moͤglich / Pfund-weiß kauffe / vornemlich aber diejenige / welche leicht und nicht hoch kommen / dann man hat darbey groͤſſern Nutzen; hingegen muß man ſie theuren bey dem Maas - und nicht bey dem Gewicht-kauffen: Dann offt ſind dieſelbe von grober Seide / welche nicht ſo theuer / als die an - dern / ſo mehr Glantz haben / und folgends von der beſten Seide gemacht ſeyn ſollen / dann auch / weil denen Arbeitern ſo viel Arbeits-Lohn nicht zu bezah - len iſt.
Das ſechſte Stuͤck beruhet in der Zeit / da die Waare nicht begehrt wird / daß man derſelben bey dem geringern Arbeitern kauffe. Dann weil ſie ih - re Waare aufzuheben / nicht vermoͤgen / geben ſie ſol - che um geringern Preiß / als die Reichen / welche die Zeit / da man deren begehret / erwarten koͤn - nen.
Das453Was bey eigenem Handel zu obſerviren〈…〉〈…〉Das ſiebende Stuͤck iſt / daß man alle Waar / welche man kaufft / vornemlich aber die Lyoniſchen / (allwo die Ele 1. pro Centum kuͤrtzer / als zu Paris / iſt /) meſſe / und dieſes zwar / um zweyer Urſachen willen. Die erſte iſt / weilen die Arbeiter / wann ſich / nachdem ſie bezahlt / ein Mangel findet / keine Red und Antwort geben wollen. Die andere / weilen man / in dem die Waare aufgewickelt wird / erken - nen kan / ob kein mercklicher Mangel / welcher von den Arbeitern / durch die halben Faͤlte verborgen werden kan / darinnen zu befinden ſey.
Das Achte iſt / daß man unter dem Vorwand / die Waare ſey wohlfeil / nicht uͤber ſein Vermoͤgen / einkauffe / und daß man ſich / als wann dieſelbe auf verſprochene Zeit bezahlet werden koͤnnte / nicht zu viel traue / dann wann die Zahlung auf beſtimmtem Tag nicht erfolgte / verloͤhre man bey denen Arbeitern den Credit, und ſie wuͤrden kuͤnfftig nicht mehr trauen.
Das Neundte iſt / daß man keinen Kauffleu - ten (welche rohe Materialien denen Arbeitern / zu ver - arbeiten / verkauffen) an denen Orten ſolcher Manu - facturen / Waare einzukauffen / Commisſion gebe / dann ſie kauffen die Waaren allezeit theurer / als die - jenigen / ſo keine Materialien zu verkauffen; weilen ſie den Arbeitern einen Theil an der Bezahlung ge - ben / und offt / damit ſie ſich an dem / was ihnen die Arbeiter ſchuldig / bezahlt machen / und von ihnen Waare / die ſelten ſo gut und ſchoͤn / als man ſie wohlums baare Geld haben kan / an der Bezah - lung nehmen.
Das Zehende und Letzte / welches man im Ein -F f 3kauff454Caput XIII. kauff der Waaren beobachten muß / iſt / daß / wann zwey junge Kauffleut miteinander in Compagnie ſeyn / der eine perſoͤnlich an dem Ort ihrer Manufa - cturen wohne / und dieſes um zweyer Urſach wegen. Erſtlich / weilen derjenige / ſo ſelbſt im Gewerb in - teresſiret / viel fleiſſiger iſt / und auf das / was er thut / mehr / als ein Commisſionarius, (der offt nur auf ſein eigen Intereſſe ſiehet / und weilen er Commisſion von vielen Kauffleuten hat / demjeni - gen / welchen er will / favoriſiret) Achtung giebt. Zum andern / weilen die Geſchaͤffte allezeit viel ge - heimer zugehen / und man offtmals eine bequeme Gelegenheit zu kauffen findet / welches ein Com - misſionarius zu thun / ſich nicht unterſtehen wuͤrde / und auch / weilen in dergleichen Kauff viel gewon - nen werden kan.
Alle dieſe jetzt angefuͤhrte Stuͤcke / ſind die vor - nehmſten / welche ein Grosſirer in Einkauffung der Waaren / in Acht nehmen muß / weil ſie in allen Gattungen der Waaren / wie ſie auch ſeyn moͤgen / denjenigen / der ſelbſt in denen Manufacturen kauf - fen / und ſich darinnen gluͤcklich verhalten will / die - nen koͤnnen.
Von dem Verkauff der Waaren in Groſſo, ſchreibt er im 47. Capitel / folgender Geſtalt: Die Grosſirer / welche ihre Waaren denen Kauffleuten des Hand-Kauffs / in denen Staͤdten / wo ſie woh - nen / allein verkauffen / gehen in ihren Geſchaͤfften ſicherer / als diejenige / welche dieſelbe denen Kauff - Leuten in andern Provinz〈…〉〈…〉 en / oder in denen Meſ - ſen und Maͤrckten verkauffen muͤſſen / und dieſes um 4. Urſachen willen.
Die455Was bey eigenem Handel zu obſerviren〈…〉〈…〉Die erſte iſt / weil ſie ihre Geſchaͤffte allezeit / und die Kauffleute des Hand-Kauffs / welchen ſie ihre Waaren verkauffen / taͤglich vor Augen ſehen / daß ſie alſo ihr gutes und boͤſes Verhalten erkennen / und darnach ihre Handlung einrichten koͤnnen.
Die andere / weil die Anforderung ihrer Schul - den / ihnen viel bequemer; dann ſie haben ſtets mit ih - ren Schuldnern Gemeinſchafft.
Die dritte / wann ihre Schuldner falliren / thun ſie vielleicht in ihren Sachen Verordnung.
Die vierdte / wann ein Streit unter ihnen und den Kauffleuten des Hand-Kauffs / wegen ihres Handels vorgeht / und ſie ſich in das Recht legen muͤſſen / ſo klagen ſie vor ihrem natuͤrlichen Richter / und haben nicht Urſach / aus ihrer Stadt zu ge - hen.
Endlich treiben ſie ihren Handel viel geruhiger / mit geringerer Muͤhe und viel ſicherer / als die / wel - che ihre Waaren in denen Provinzien / Meſſen und Maͤrckten verkauffen.
Vornemlich ſollen ſie ſich befleiſſen / in Sachen / der Verſicherung / vor ihre Waaren / die ſie auf Credit verkauffen / ſich recht zu erkundigen; dann daran haͤnget ihres Thuns Gluͤck und Ungluͤck. Wel - ches ihnen aber zu erfahren / ſehr leicht ſeyn wird / wann ſie ſich nur ein wenig das Verhalten derer / mit welchen ſie zuſchaffen haben / zu erforſchen / wollen angelegen ſeyn laſſen: Sintemal ein Kauffmann ſein Thun und laſſen ſchwerlich verbergen kan / wei - len daſſelbe einem jeden bekandt iſt.
Der Verkauff / welchen die Grosſirer anF f 4Kauff -456Caput XIII. Kauffleut des Hand-Kauffs thun / haben ſie folgen - gendes zu bemercken:
Erſtlich / daß die Kauffleute des Hand-Kauffs / welchen ſie auf Credit verkauffen / fromme und ehr - liche Leute ſeyn / dann ſolche werden nicht ſo leicht Strittigkeiten erwecken / ſondern wann ſich etwann der Verkaͤuffer / es ſey im Preiß oder Ausmeſſung der verkaufften Waaren / geirret / werden ſie / wann es ehrliche Leute ſeyn / ſeinen Schaden nicht begeh - ren.
Zum andern / daß es Leute ſeyn / die den Handel verſtehen / und in ihren Geſchaͤfften fleiſſig; weil man verſichert / daß ſie ſich darinnen wohl auffuͤh - ren / und nicht leichtlich ihr Gut mit Schwelgen durchbringen werden; dann es iſt gewiß / daß ein Kauffmann / der ſeinen Laden fleiſſig abwartet / nicht ſo leicht Gelegenheit darzu haben wird.
Zum dritten / daß ſie / wann es moͤglich / erfor - ſchen / ob ſie ſich nicht mit Edelleuten unvorſichtig vertiefen / oder / ob ſie nicht einem jedwedern / der nur kommet / borgen. Dann dieſe Vertieffung / darinnen ſie ſich mit Perſonen / die nicht bezahlen / befinden / wuͤrde hernach verurſachen / daß ſie das - jenige / was ſie ihnen ſchuldig / auch nicht zahlen koͤnnten.
Zum vierdten / daß ſie an einen Kauffmann des Handkauffs allein / nicht ſo gar groſſe Summen borgen / weil ſonſt / wann er fallirte / ſie ſolches leichtlich nachziehen / und zu gleichen Ungluͤck brin - gen koͤnnte; Dieſes iſt eine von denen vornehmſten Reguln / welche die Grosſirer in Acht nehmen ſollen; dañ man hat ſehr viel Exempel der Grosſirer / welche /wei -457Was bey eigenem Handel zu obſerviren〈…〉〈…〉weilen ſie 1. oder 2. Kauffleuten / die hernach falliret / ihre Waaren verkaufft / auf einmal dadurch unter - drucket / und ihr Gut an einem Tag verlohren haben / alſo / daß ſie jener ihren Gang zugehen / ebenfalls ge - zwungen worden.
Derowegen / wie in dem gemeinen Sprichwort geſagt wird / man ſeine Eyer nicht alle in einen Korb legen muß: Das iſt / daß es beſſer ſey / ſein Gut abzu - theilen / und hin - und wieder / unter vielen Kauffleu - ten des Hand-Kauffs zu haben / als einem oder zwey - en allein dieſelbe zu borgen / weil man viel verſicher - ter dabey iſt; wann man auch eine geringe Parthey verliehret / ſo ertraͤgt man den Schaden doch ſo viel leichter / als wann er groß waͤre.
Zum fuͤnfften / ſoll ſich ein Grosſirer mit jungen Kauffleuten des Hand-Kauffs / etwann in der Ab - ſicht / weil ſolche von gutem Haus ſeyn / und reiche El - tern haben / und deßwegen ihrer Schuld wohl ver - ſichert ſeyn koͤnnen / nicht zuunvorſichtig vertiefen / ſintemal dieſes ein falſcher Wahn iſt; dann wann ihre Sachen einen uͤblen Ausgang nehmen / ſo be - zahlen die Eltern ſelten vor ihre Kinder / wie es dann auch gar ungereimt ſeyn wuͤrde / daß ſich Eltern um den Credit ihrer Kinder / (welche durch Unvorſich - tigkeit / und offt durch Spiel und liederliches Leben / ruiniret /) zu erhalten / in ihr loſes Leben zu vermi - ſchen / und durch dieſes Mittel ihr - und ihrer andern Kinder Wohlfart verſchertzen ſollten?
Zum ſechſten / ſo laſſen ſich auch die Grosſirer geſagt ſeyn / daß / wann ihre Schuldner dasjeni - ge / was ſie ihnen ſchuldig / auf dem Verfall-Tag (das iſt / auf die Zeit / die ſie miteinander uͤberein -F f 5ein -458Caput XIII. eingekommen) nicht zahlten / daß ſie ihnen darum das Meſſer nicht gleich an die Gurgel ſetzen / und ſich 10. pro Cento Intereſſe vor die Saͤumung zahlen laſſen ſollen. Dann auſſer dem / daß es ein ſchaͤnd - licher Wucher / ſo verurſachet auch ſolches ihren Ruin, und vielmals gar ein Falliment, dabey ſie / die Creditores, hernach das gantze Capital ver - lieren.
Zum ſiebenden / ſollen ſie zu beſſerer Verſiche - rung ihrer Schuld / niemand / es ſey / wer es wolle / auf Unter-Pfand leyhen / oder / ſo ſie es thaͤten / doch kein groſſes Intereſſe davon nehmen; weil ſolches ebenfalls dem Goͤttlichen und Weltlichen Rechten zuwider iſt.
Das achte Stuͤck / welches von einem Grosſi - rer in Acht genommen werden ſoll / iſt / daß er die Waaren / von welchen die Mode / entweder an der Farbe oder Tracht zu vergehen / anfaͤngt / oder die ſonſt einen Mangel hat / ſo viel moͤglich / vertreibe / und nicht warte / biß ſich die Mode gantz geendet / damit er groſſen Schaden / welcher gemeiniglich dar - auf erfolget / vermeiden moͤge; dann es iſt beſſer / daß man ſich alsbalden zu einem geringen Schaden reſolvire / als daß man (nachdem die Waaren un - nuͤtz in dem Gewoͤlb etliche Jahr aufgehoben wer - den) einen viel groͤſſern Schaden daran leide.
Weilen auch die Grosſirer / welche ihre Waa - ren nur denen Kauffleuten des Hand-Kauffs in den Staͤdten / wo ſie wohnhafft ſeyn / verkauffen / zu - weilen groſſe Muͤhe haben / der geringern Waa - ren / und deren Mode ſchon vergangen / ſich zu ent - laden / indem die Kauffleut des Hand-Kauffs / ſelbeum459Was bey eigenem Handel zu obſervirenum ein Spott haben wollen / darzu aber ſich die Ver - kaͤuffer nicht reſolviren koͤnnen; als muͤſſen ſie die - ſelben / an Waaren / endlich loß zu werden / mit Ne - gocianten / welche in andere Staͤdte des Koͤnig - reichs und fremde Laͤnder handeln / und auf die Meſ - ſen und Maͤrckte / wo alle Waaren / ſo ſchlecht ſie auch ſeynd / allezeit Kaͤuffer finden / vertauſchen; wobey dann 3 Dinge in Acht zu nehmen ſeyn.
Als erſtlich: Daß man die Waare / Schulden und andere Effecti, welche gegen denen / deren man gerne loß waͤre / zu tauſchen angeboten werden / wol kenne Und dieſes iſt der Principal-Punct, damit man nicht von einem Ubel in ein groͤſſeres falle; dann in einem Tauſch iſt allezeit einer betrogen / wann man nicht wohl Achtung giebet.
Zweytens / iſt auch zu uͤberlegen / ob man die Waaren und andere Fffecti, die man im Tauſch bekommet / wiederum anwenden koͤnne; dann es waͤre beſſer / ſeine Waare zu behalten / als davor andere / die man noch weniger vertreiben koͤnnte / an - zunehmen.
Drittens / daß man / wann man nicht ſonder - baren Vortheil dabey hat / im Tauſch der Waare nicht leicht baar Geld zugebe. Sintemal derjenige / welcher Geld giebt / allezeit geringern Vortheil / als der es empfaͤngt / zu Genieß hat
Das neundte Stuck / welches ein Grosſirer in Obacht nehmen muß / iſt dieſes / daß er niemals ſeine Waaren nach den Hand-Kauff denenjenigen verkauffe / die nicht Kauffmanns-Beruff ſind / wei - len ſolches bey den Kauffleuten des Hand-Kauffs / einen Eyfer verurſachet / und einen uͤblen Ausgangbrin -460Caput XIII. bringee / daß ſolche Kauffleute des Hand-Kauffs hernach bey einem Grosſirer / der ſeine Waare auch andern Leuten nach der Hand verkauffet / nichts mehr kauffen wollen.
Und dieſes ſind beylaͤufftig die Reguln / welche Grosſirer / ſo ihre Waaren den Kauffleuten des Hand-Kauffs / in den Staͤdten / wo ſie wohnen / ver - kauffen / in Acht zu nehmen haben.
Denen jungen angehenden Kraͤmern / oder Kauffleuten des Hand-Kauffs / giebt er (was ſie ihres Etabliſſements halber / vorher wohl zu be - trachten haben) im 32. Capitel folgende Lehren.
Erſtlich ſollten ſolche junge Anfaͤnger wohl be - dencken / wie hoch ſich ihr Capital erſtrecke / um ſich darnach in ihren Vornehmen zu richten. Dann ſie ſollen keiner Sachen / welche auſſer ihrem Ver - moͤgen ſind / ſich unterwinden / anders waͤre es eine Unvorſichtigkeit / dadurch ſie in kurtzer Zeit ins Ver - derben gerathen koͤnnten.
Zum Exempel: Ein junger Menſch / welcher vor einen Principaln in der Kraͤmerey aufgenom - men worden / und ſeine Jahre bey einem Kauff - Mann / von guͤldenen / ſilbernen und ſeidenen Stuͤ - cken / ausgeſtanden / hat eines groſſen Verlags / wann er dergleichen Handel vor die Hand nehmen will / vonnoͤthen. Dann dieſes ſind koͤſtliche Sa - chen / derer man vor viel Geld wenig bekommt / wird alſo ein groß Capital, um mit allerley dergleichen Zeugen aſſortirt / zu ſeyn / erfordert / und muß man nicht gedencken / daß mit 5. oder 6000. Reichstha - ler / ob man gleich auch ſchon Credit dabey haͤtte / ein ſo groſſer und wichtiger Handel koͤnne ſtarck ge -trieben461Was bey eigenem Handel zu obſerviren. trieben werden; Dahero es faſt rathſam / ſich in dergleichen koſtbaren Handlungen / mit einem an - dern in Compagnie zu begeben. Er muß aber da - bey auf Leute / die eben ſeines Sinnes ſind / ſein Ab - ſehen haben. Dieſe Erwehlung aber iſt beydes / was die Sitten als die Geſchicklichkeiten anbetrifft / wichtig / dann wann ein junger Anfaͤnger / ſich mit einem laſterhafften Menſchen / der ſeinen Begierden nachhaͤnget / einlaͤſſet / wird er keine groſſe Huͤlff ha - ben; vielmehr wuͤrde ſolches alle Vertrauligkeit und gute Verſtaͤndnus die unter Compagnons / ſeyn ſollte / zerſtoͤren / ihre Unternehmung hintertreiben / und ihnen nichts gelingen. Jſt ein Compagnon unerfahren / wird er ſolche Fehler begehen / dadurch ſie alle beyde ins Verderben gerathen; dahero ein ſolcher zu erwaͤhlen / der geſchickt / ehrbar und ſeines Humeurs iſt; Dann gleiche Art iſt unter Gemein - dern / wann ſie zu was gelangen wollen / ſehr noth - wendig.
Er kan ſich auch wol umſehen / ob nicht Kauff - Leute / welche ſchon im Handel ſitzen / und ihrer Laͤ - dens in guten Ruff gebracht / ſich finden / mit denen er ſich durch eine Heyrath / entweder ihrer Toͤchter oder Verwandten verbinden koͤnnte: Dieſes wuͤr - de wol das allerbeſte ſeyn / im Fall es nur Leute waͤ - ren / die unter den Kauffleuten in guter Reputation ſind / und den Ruff haben / daß ihre Sachen wohl ſtehen; im widrigen waͤre nicht daran zu gedencken / dann wann einer eine Tochter heyrathet / ſo bekoͤmmt er auch alles Gute oder Boͤſe deſſelben Hauſes zur Morgen-Gab mit. Muß derowegen alles wol zu - vor erwogen werden.
Wann462Caput XIII.Wann auch ein junger Kauffmann mit einem andern / der ſchon im Handel begriffen / Compa - gnie macht / ſo iſt ſich im Contract der Gemein - ſchafft / den ſie mit einander ſchlieſſen / wohl vorzuſe - hen / indem ein groſſer Unterſchied unter derjenigen Societaͤt iſt / welche 2. aufrichten / die annoch keinen Handel getrieben / und beyde baares Geld vor ihr Capital legen / und unter einer andern; Da dieſer / weilen er noch niemals gehandelt / baar Geld / der andere aber / welcher im Handel ſtehet / nur Waare und Activ-Schulden einſchieſſet / man entweder in dem Preis der Waaren oder Schulden / welche die - ſer in die Societaͤt bringet / leicht betrogen werden kan. Jſt derowegen bey Aufrichtung des Con - tracts dieſen Zufaͤllen und Streitigkeiten / die ſich wegen der Schulden / (welche in waͤhrender Ge - meinſchafft gemacht / und auch der eine Gemeinder zuvor in ſeinem particular ſchon hatte) erregen koͤnnten / bey Zeiten vorzubauen.
Dann wann die Schuldner zahlen / iſt darauf zu ſehen / ob ſolches auf der / in die Societaͤt gebrach - te / oder von der / in waͤhrender Societaͤt gemachte Schuld / oder auf beyden pro rata abzuziehen ſey. Jch habe weitlaͤufftige Proceſſe hieruͤber entſtehen ſehen / und viel Betruͤgerey auf Seiten derer / welche die Activ-Schulden in die Societaͤt gebracht / dar - innen verſpuͤhret.
Zum andern / muͤſſen junge Leute / wann ſie den Handel antretten / auch auf den Ort / wo ſie ſich ſe - tzen wollen / ſehen. Dann es ſind etliche Oerter / wel - che vor gewiſſe Gattung Waare / viel bequemer alsan -463Was bey eigenem Handel zu obſerviren. andere ſind. Z. E. zu Paris / diejenigen / welche vor alters mit guͤldenen / ſilbernen und ſeidenen Stuͤ - cken handlen wollten / waren in der Gaſſen / genannt aux Feures und au petit Pont oder der kleinen Bruck / die beſten Oerter / nach der Zeit aber / ha - ben ſie ſich ſehr in der Gaſſen St. Denis und St. Honoré, wie auch Bourdonnois aufgezogen Diejenigen / welche den Gewerb mit ſeidenen Spi - tzen treiben / wohnen gemeiniglich nahe bey den Seiden-Haͤndlern: Diejenigen / welche Zwirne - Spitzen / ſo wohl Frantzoͤſiſche / als Auslaͤndiſche ver - kauffen / hatten ihre Laͤden in den Gaſſen Aubri le Boucher und St. Denis; nachdem aber die Ma - nufactur der Spitzen in Franckreich eingefuͤhrt / ha - ben ſich dieſelben auch in vielen andern Oertern ge - ſetzt. Die Tuch-Haͤndler wohnen gemeiniglich in der Gaſſen St. Honoré, St. Antoine la Harpe, St. Jacques a la Place Maubert, und vor dem Rathhaus. Was die Specerey / Hutſtaffierer / Rauch - und Beltz-Haͤndler / Goldſchmiede / wie auch diejenigen / welche Kraͤmer-Waaren und Sarge verkauffen / betrifft / wohnen ſolche uͤberall in Paris; Es iſt aber doch allezeit ein Ort bequemer / als der andere: Jn Summa / es beſtehet in der guten Kundſchafft / welche junge Leute / die ſich in den Laͤ - den / wo ſie ihre Lehr-Jahre ausgeſtanden / und an - dern Principalen gedienet / zuwegen gebracht ha - ben.
Alles was droben von Paris gemeldet / kan auch in andern Staͤdten / wo ſich junge Leute nieder ſetzen wollen / in acht genommen werden / dann eswer -464Caput XIII. werden uͤberall Oerter gefunden / welche vor ge - wiſſe Waaren viel bequemer / als andere ſind. Jn Summa / es iſt gewiß / daß einem Kauffmann ſehr nutzlich / wann er an einem ſehr wohl-gelegenen Ort ſeinen Kram aufſchlaͤgt.
Von der Ordnung / welche die Kauffleute des Hand-Kauffs in ihren Geſchaͤfften haben ſollen redet er folgender maſſen.
Nachdem nun junge Leute ſich wohl vorgeſe - hen / wo ſie ſich niederlaſſen wollen / ſo muͤſſen ſie ſich vor allen Dingen auch angelegen ſeyn laſſen / in ih - ren Sachen eine gute Ordnung anzuſtellen / es ſey im Einkauff / oder Sorriren der Waaren / als auch nothwendiger Buͤcher zu halten / und in Summa / auf alle Sachen ein wachendes Auge zu haben / da - mit ſie eine voͤllige Wiſſenſchafft / wie es in ihrem Handel zugehe / haben koͤnnen. Dieſe Ordnung aber iſt unter den Kauffleuten des Hand-Kauffs / nach Art des Handels / unterſchiedlich. Dann dieje - nigen / welche groſſe und koͤſtliche Waaren verkauf - fen / und groſſe Geſchaͤffte verrichten / muͤſſen viel ei - ne weitlaͤufftigere Ordnung als diejenigen haben / welche nur mit kleiner Waare handeln. Hat ſich derowegen ein jeder nach Beſchaffenheit ſeines Ge - werbs zu richten / ſie muͤſſen gedencken / daß die Ordnung des Gewerbs Kern ſey / ohne welches ſie nicht beſtehen koͤnne / dann durch gute Ordnung / hat man eine vollkommliche Wiſſenſchafft aller Sa - chen und gehet beſſer von ſtatten / als wann man in Unordnung ſteckt. Weiln aber die Principaln niemals den Jungen und Bedienten / wie ſie eineOrd -465Was bey eignem Handel zu obſerviren. Ordnung halten ſollen / lehren / ſondern ſich dieſelbe / wann ſie eigenen Handel vornehmen wollen / ſelbſt einrichten muͤſſen / als will ich unterſchiedliche nuͤtzli - che Anmerckungen allhier geben / nach welcher junge Leute in der Hand-Kauff ſich zu richten haben.
Das erſte / welches ein Kauffmann / dieſes Be - ruffs / in acht zu nehmen / iſt zu ſehen / ob ſein Laden ge - gen Morgen liege / ob die Fenſter / durch welche das Liecht faͤllt / gegen Morgen / Mittag / Abend oder Mitternacht ſtehen; Weilen das Liecht / welches von einem Ort herein faͤllt / vor den Verkauff etli - cher Waaren viel beſſer / als ein anderer Ort iſt / wie ſie dann auch / wann ſie nicht an ihren rechten Ort gewieſen werden / nicht ſchoͤn ſcheinen.
Jch halte davor / daß vor ſchwartze Zeug / als Sammet / Spaniſch - und Hollaͤndiſch-ſchwartzes Tuch / das Liecht gegen Mitternacht / das beſte ſeye; Die Urſach iſt / weiln die Sonne niemalen von der - ſelben Seit herein ſcheinet / woraus dann ſolget / daß das Licht nichtſo hell / und daß das Schwartze ſchoͤner vorkommt / auch der Boden des Sammets / Pleuſch oder der Faden eines Tuchs ſo leicht geſehen wird; hingegen wann es von Mittag und Niedergang her - ein faͤllt / tauget es dergleichen Waare zu weiſen gantz nicht; Dann das Liecht gegen Mittag iſt ſo hell / daß man viel leichter den Grund des Sammets / Pleuſch und Faden / an dem Tuch / erkennen kan. Was auch das Schwartze betrifft / ſo macht die Klar - heit der Sonnen daſſelbe graulicht und ohne Glantz / ſo / daß ſonſten eine ſchoͤne und glaͤntzende Waare allezeit beßlich ausſiehet; das Liecht aber gegenG gAbend466Caput XIII. Abend / machet das Schwartze / wann mans auf den Abend weißt / roͤthlich ſcheinen / wann es aber Morgens geſchicht / iſt das Liecht gegen Niedergang nicht boͤß.
Das Weiſſe muß nicht an den Oertern / wo der Schein von Mittag oder Niedergang herein faͤllt / gewieſen werden / weilen / wann ſie Milch-weiß / roͤthlicht / blau aber / wann ſie mit Alaun gefaͤrbet ſeyn / ſcheinen / ſondern man muß ſie / wann es Nach - mittag iſt / an den Ort zeigen / wo der Tag von Mor - gen iſt / gegen Mittag: Bleu mourant, gelbgruͤn / Bonenbluſt / Fleiſch - und Roſen-Farb / Triſtamien / und bleich-gelb / ſollen gegen Morgen / roth Carmo - ſin, Feuer-Farb / Granaden / Spaniſch-Leib-Farb / Scharlach / Viol-braun / Pensées und Amarante, gegen Mitternacht gewieſen werden; Dann / wann der Tag vorn herein faͤllt / ſcheinen die Waaren viel durchdringender; Nach dem Mittag aber muͤſſen die gebluͤmte Zeuge und die Damaſt gegen Aufgang gewieſen werden / weiln die Figuren darinnen viel beſſer / als wo das Liecht heller waͤre / erhoben ſchei - nen. Jn Summa / es iſt kein Liecht beſſer / als das - jenige / welches von Aufgang und Mitternacht koͤm - met / da die Zeuge gewieſen werden koͤnnen; Kein Liecht aber iſt ſchaͤdlicher / als dasjenige / welches von Mittag und Niedergang koͤmmet / muͤſſen derowe - gen Kauffleute Acht haben / daß ſie ihre Tiſche / wor - auf ſie die Waaren zeigen / wohl ſetzen moͤgen.
Weil aber wenig Haͤuſer gegen Oſten / viel her - gegen gefunden werden / die ihr Liecht gegen Mittag und Abend haben / als muͤſſen diejenigen / welche ſol -che467Was bey eignem Handel zu obſerviren. che Haͤuſer beſitzen / was die Natur nicht giebt / mit Kunſt erſetzen / und in dieſem Fall Fenſter von Holtz / dadurch das Liecht in dem Laden von weitem geleitet wird / wie die Kauffleut ins Groß zu thun pflegen / machen laſſen / indeme die Erfahrung ſie gelehrt / daß ſonſt die Waar nicht wohl zu verkauffen; Dann es verhaͤlt ſich mit dem Liecht um Zeuge zu beſehen / wie mit denen Geſichtern / die / wann ſie am hellen Tag gewieſen werden / groͤber ſcheinen / und vielleichter die Roͤthe / Pocken und Milchhaar / als bey dem Tag / welche von weit genommen wird / bemerckt werden. Dieſes iſt auch die Urſach / war - um ſchoͤne Weibs-Perſonen ſich nicht gerne am hellen Tag ſehen laſſen wollen / ſondern die duͤnne ſeidenen Flor-Hauben / und die Vorhaͤnge der Fen - ſter / mehr dadurch den Tag / als die Sonnenſtrah - len zu verhindern / erfunden haben.
Zum andern / muͤſſen die Kraͤmer ihre gewiſſe Kaͤſten / Faͤcher und Oerter haben / darein ſie die Waaren in guter Ordnung ſtellen / das iſt / daß ſie alle Genueſiſche Sammet an ein Ort legen / bey den 3. Haaren anfangen / und bey den renforcirten / welches die Geringſten ſeyn / endigen / die ſchwar - tzen und farbigen Pleuſch / auch jedes an einem ge - wiſſen Ort / die glatten Taffet von Tours / ſo wohl ſchwartze / als gefaͤrbte: Den gebluͤmten Atlas / auch die mit weiſſen / und andern Farben-Grund.
Glatt Tobin, ſo wohl ſchwartz als Farben / und gewaͤſſerte / alles nach Ordnung / jedes an ſeinem Ort beſonders.
G g 2Da -468Caput XIII.Damit / wann man derſelben vonnoͤthen hat / ſie ſo balden bey der Hand ſeyn / und die Abkaͤuffer nicht lang warten doͤrffen. Man muß auch Sor - ge tragen / daß alle Faͤcher und Repoſitoria mit weiß Papier / um die Waar ſauber zu halten / belegt werden.
Zum dritten ſeynd Ellen / Maaß und Gewicht vonnoͤthen / welche mit dem Koͤniglichen / oder ge - woͤhnlichen Maaß und Gewicht uͤbereinkommen / und daß die Ellen auf beyden Enden mit Eiſen / da - mit ſie ſich nicht abſtoſſe / beſchlagen ſeyn: Dieſes kommt mit dem II. Art. Tit. I. der Koͤniglichen Or - dinance uͤberein / welche verordnet / daß alle Kauff - leute / ſo wohl gantzer Stuͤcke / als des Hand - Kauffs / die beyden Ende der Elle mit Eiſen beſchla - gen und bezeichnet haben / und die Gewicht und Maaß geprobirt ſeyn ſollen / ihnen verbietende / kei - ner andern zu gebrauchen / bey Straff des Betrugs / 150. Gulden an Geld.
Dahero es dann viel ſicherer / daß die Kauff - leute die Ellen an dem beſtimmten Ort nehmen / als daß ſie ſolche von den Tiſchern / oder denen / ſo deren auf oͤffentlicher Gaſſen feil haben / kauffen; weilen dieſelbe nicht allein viel richtiger / ſondern auch / da - mit ſie auſſer Gefahr ſeyn moͤgen / wann die Zunfft - Meiſter und Vorgeſetzte / die darauf beſtellet / dieſel - ben / (wie etwan jaͤhrlich ein oder zweymal geſchicht) beſichtigen ſollten; angeſehen einem Kauffmanu nichts ſchimpfflichers widerfahren kan / als wañ er bey falſcher Ellen und Gewicht zu verkauffen ertappet wird.
Von469Was bey eignem Handel zu obſerviren.EJn junger angehender Kauffmann hat viemals / wann er den Ruhm eines geſchickten und fleiſſi - gen Menſchens / in ſeinen Dienſt-Jahren / erworben / das Gluͤck / daß hernach gewiſſe Kauffleute um ihm in ſeiner neuen Handlung deſto beſſer fortzuhelffen / ihm ihre Commiſſiones zuwenden / daß er nemlich Waaren vor ſie ein - und verkauffen ſoll / dabey es dann ſeiner Muͤhwaltung halber zwey oder mehr pro Centum Proviſion abwirfft / welches ſchon / wann es taͤglich ſo fort gehet / ein ehrliches des Jahrs uͤber austragen kan.
Was aber derjenige / welcher ſolcher Geſtalt anderer Leut in Commiſſion bedienen will / dabey zu beobachten habe / das ſchlieſſet Saverii in folgen - de Puncta ein:
Erſtlich / ſoll ein ſolcher junger angehender Kauffmann ſeine Committentes, oder die / welche ihm ihre Commiſſiones auſtragen / wohl kennen / ob ſie auch / wann er Waaren vor ſie einkauffte / und ſelbige ihnen ſchickte / in den Stand waͤren / daß ſie gleich prompt, was deren Belauff austruͤge / davor per Wechſel uͤbermachen / oder baar uͤberſen - den koͤnnten / wann ſie anders nicht ſchon ſolche Pro - viſion zum Einkauff (welches aller dings ſeyn ſollte) vorher remittiret haͤtten / weil eben einen jungen An -G g 3faͤn -470Caput XIII. faͤnger ſein Credit noch nicht ſo voll établiret iſt / daß / wann die entbotene Waare ſonderlich etwas hoch ins Geld liefe / man ihme ſolche ſo gleich ohne dem Lebendigen bey dem Todten / oder das baare Geld dafuͤr nieder zu legen / ſollte folgen laſſen / aus ſeiner eigenen Caſſa aber ſolches her zu ſchieſſen / auch nicht in Anfang gleich in ſeinem Vermoͤgen ſeyn moͤchte.
Zweytens / vermeynt Savari, ſollte er ſich gegen diejenigen / von welchen er dergleichen Waa - ren kaufft / nicht zum Selbſt-Schuldner machen / ſondern ihnen ſagen / daß ers vor dieſes oder jenes Manns ſeine Rechnung kauffte / und daß der Ver - kaͤuffer denenſelbigen als Debitorem dafuͤr notiren moͤchte; Allein ich glaube / dieſes laſſe ſich nicht ſo leicht practiciren / und wird ſchwerlich einer den Einwoh - ner / den er kennet / fahren laſſen / und einen Unbe - kannten zum Schuldner annehmen / vielmehr aber ſich der bekannten Luͤbeckiſchen Rechts-Regul ge - brauchen / daß eine Hand die andere wahren oder ge - waͤhren muͤſſe.
Drittens iſt / daß ein ſolcher Factor alles or - dentlich / was er vor einem andern in Commiſſion gethan / zu Buch ſtelle / und mit der erſten Poſt Rechnung davon / ſamt ſolchen belegen uͤberſende / aus welchen der Committent, daß er ehrlich und promt bedienet worden / erſehen koͤnne.
Vierdtens / daß unſer Commiß-Haber ſei - nes Committentens Ordre genau vollſtrecke / und dieſelbe nicht uͤberſchreite / weil es ſonſten nach der be - kannten Regel vor ſeine Rechnung waͤre. Dann / wer die gegebene Commiſſion uͤberſchreitet / derver -471Was bey eignem Handel zu obſerviren. verliehret. Z. E. es haͤtte einer 23. Stuͤck Tuch vor ſeine Rechnung einzukauffen Ordre gegeben / und der Factor kauffte 30. ſo waͤre der Commit - tent ſolche nicht ſchuldig anzunehmen / ſondern der Factor, welcher die Ordre uͤberſchritten / muͤſte ſol - che vor ſeine Rechnung behalten.
Fuͤnfftens / muß ein Factor eifrig dahin ſehen / daß er vor ſeinen Principalen die beſte Waar erhal - te / und dem genaueſten Preiß. bedinge; dann wann er ſolches nicht thaͤte / wuͤrde es mit der Com - miſſion bald gethan ſeyn / und zum wenigſten von dieſem Mañ / dem er nicht redlich begegnet / ins kuͤnff - tig nichts wieder committiret werden; wie dann auch ein Factor, was er am meſſenden oder waͤgen - den Waaren / vor uͤber Maaß oder uͤber Gewicht bekommt / ſolches nicht vor ſich behalten / ſondern ſeinem Principali mit zu ſchicken / und ihme ſolches zu gut kommen laſſen ſoll.
Sechſtens / muß er auch fleiſſig mit ſeinen Committentibus correſpondiren / ihnen Poſt - taͤglich den Preiß der Waaren und den Cours der Wechſel notificiren.
Siebendens / muß er keinen von denen Committenten / welche von ihme Waaren ver - ſchreiben / den andern vorziehen / ſondern ſie im Ein - kauff und Ubeſchickung der Waaren gleich tracti - ren / jedoch iſt auch billich / daß derjenige / deſſen Commiſſion die erſte geweſen / auch am erſten be - dienet werde.
Achtens / muß man die Commiſſiones, wel - che man von dieſen oder jenen hat / niemand kund machen; am wenigſten aber ſagen / was vor WaarenG g 4ent -472Caput XIII. entboten habe / und in welchem Preiß / auch zu was Condition man ihme ſolche geſchickt / weil es in vie - len Stuͤcken eine boͤſe Conſequentz nach ſich ziehen moͤchte / um welcher Willen es beſſer iſt / wie in al - len andern Handels-Sachen / alſo auch in Com - miſſion-Bedienungen / ſtill und verſchwiegen zu ſeyn.
ERſtlich / was es vor Waaren ſeyn / welche ih - nen in Commiſſion zu verkauffen zugeſandt weꝛ - den / ob es koſtbare und leicht-abgaͤngliche Waaren / oder ſolche ſeyn / die ein langes Lager machen / wobey man dann eben / wie bey dem Einkauff / ein oder zwey pro Centum, weniger / oder mehr Proviſion bedinget / welche vorher zwiſchen dem Principal und Factor ſchon muß ausgemacht / und alſo abgeredet ſeyn / ehe man zur wuͤrcklichen Handlung ſchreitet.
Zweytens / ſo muß auch ein Factor, welcher redlich handlen / ſeine Commiſſiones beybehal - ten / auch ſich je laͤnger je mehr neue acquiriren will / ſeines Principal Vortheil / im Verkauff deſſen Waa - ren / beſt-moͤglichſt obſerviren / und wie er ihm im Einkauff committirter Commiſſion Waaren nicht mehr in Rechnung bringen darff / als er juſt darvor bezahlt / und darauf verunkoſtet hat; Alſo darff er auch / im Verkauff nicht weniger ihme in Rechnung bringen / oder einen geringern Peiß anſagen / als der - jenige geweſen / dem er vor die ihme in Commiſſionzuge -473Was bey eignem Handel zu obſerviren. zugeſandte Waar erhalten hat / wie er dann auch die Unkoſten nicht hoͤher anrechnen muß / als nur ſo viel er deren wuͤrcklich auf ſolche Waaren verſchoſ - ſen hat.
Drittens / ſo muß auch ein Factor, deme Waaren in Commiſſion zu verkauffen zugeſandt werden / vorher erſt mit ſeinem Principali Abrede genommen haben / ob derſelbe im Fall / daß von ſol - chen Waaren etwas verborget werden muͤſte / ihme dem Factor um vor ſolch ausgeborgete Waaren del credere zuſtehen / eine ſo viel hoͤhere Proviſion ac - cordiren wollte. Es willige nun gleich der Princi - pal darein oder nicht / ſo ſeynd die Factores doch ge - halten / wann ſie ja auf Zeit ihres Principales Guͤ - ter verkauffen muͤſſen / ſolches an ſolche Leute zu thun / von welchen zu vermuthen / daß ſie bey der Verfall - Zeit richtige Zahlung leiſten werden / ein mehrers be - ſiehe bey vorbeſagtem Authore.
Wir haben von dieſen allen nur etwas in dieſem Capitel anfuͤhren wollen / weil wir es vor nothwen - dig und nuͤtzlich zu ſeyn erachten / daß junge ange - hende Kauffleute / ſonderlich die keine groſſe Mittel haben / ſich vor allen / um dergleichen Commiſſiones zu bekommen / bewerben; Dann auſſer dem / daß es ihrer neuen Handlung ſchon ein treffliches Anſehen giebet / und ein gutes Fundament zu dem Credit le - get / welchen ein Kauffmann haben muß / ſo ſortiret ein junger Kanffmann ſeinen neu-eroͤffneten Laden / Gewoͤlb / oder Magazin mit ſolchen Commiſſion - Waaren / gleich als wann ſolche ſein eigen waͤren. Er darff kein eigen Capital darein ſtecken / verdient noch ſeine Proviſion daran / und bezahlt nach undG g 5nach474Caput XIII. nach als die Gelder eingehen ſeinen Principa - len.
Wie aber dergleichen Commiſſiones ein jun - ger Anfaͤnger ſich zu weg bringen koͤnne / ſolches iſt ſchon anderwaͤrts angefuͤhret worden. Formularia, auslaͤndiſche Freunde darzu einzuladen / haben wir in dem Handels-Correſpondenten unterſchiedliche gegeben; eine Reiſe ſelber nach vornehmen Handels - Plaͤtzen zu thun / und ſeine Perſon daſelbſt zu re - commandiren / wuͤrde einem Handels-Diener / der ſich nun zu établiren gedencket / hoͤchſt-nuͤtzlich ſeyn / und waͤren deßfalls einige Unkoſten nicht anzuſehen / zumal da man auf Reiſen vielfaͤltige Gelegenheit hat / mit Leuten in Bekandtſchafft zu gerathen / de - ren Correſpondentz man hernach wohl nutzen kan / der auch zu ſeiner neuen Handlung Waaren einzu - kauffen gedencket / der thue es zum erſtenmal per - ſoͤhnlich / erkundige ſich der Perſonen / und des Orts Gelegenheit / wohin / und mit welchen er inskuͤnfftig zu handeln hat / es wird ihm ſolches nicht allein / wann ſeine Perſon und Conduite darnach beſchaffen iſt / zur nuͤtzlichen Bekandtſchafft gereichen / ſondern er wird auch vor ſich ſelber viel bemercken / welches er zuvor in ſeines Patrons Haus / Handlung und Contoir niemals geſehen / oder ſich haͤtte einbilden koͤnnen.
Von denen Kauffmanns-Die - nern / die vielmals ihren eigenen Han - del / mit geringem Capital angefangen / durch GOttes Seegen aber / mit der Zeit ſo viel dabey profitiret / daß ſie reiche und vornehme Leut gewor - den.
SO ein Stand in der Welt denen Veraͤn - derungen unterworffen / ſo iſt es gewiß der Stand der Kauffleute / als in welchen ſich das blinde Gluͤck ſehr offt menget / und da - hero ihren Unternehmungen ſo bald einen gluͤck-als ungluͤck ſeeligen Ausſchlag giebet. Manchem laufft es ſo favorable ein / daß es ihm gleichſam im Schlaff zufaͤllt / und in wenig Jahren groſſen Reichthum giebet; andern hingegen macht es ihr (zu Anfang ih - rer Handlung gehabtes) anſehnliches Capital, und ſchoͤne Handlungen von Tag zu Tag duͤnner / bis endlich wenig oder gar nichts davon uͤberbleibet / und ein zuvor geweſener Herꝛ / wol gar hernachmals den Platz eines Dieners bekleiden muß; da dieſer hin - gegen zu dem Herren-Stand aufgeſtiegen / welches lauter Fatalitaͤten ſeyn / die in vielen Menſchen Acti - onibus herꝛſchen / hingegen auch wieder gewiſſer Maſſen von menſchlicher Conduite beherꝛſchet wer - den koͤnnen / wann nemlich ſolche die Gottesfurcht und Klugheit zur Fuͤhrerin hat / als welche die Nie -drigen476Caput XIV. drigen aus dem Staub erhebet / und zu allen recht - maͤßigen Vornehmen / Gluͤck und Seegen gie - bet.
Wann wir nun dieſem zu Folge taͤglich Exem - pla ſolcher Handels-Diener vor Augen ſehen / wel - che von geringem Stand zu groſſen Ehren und Reichthum gedyen / ſo erfordert die Wichtigkeit die - ſer Materia, daß wir derſelben etwas naͤher tretten / und erſtlich die Warheit dieſes Aſſerti beweiſen / dann auch diedarzu gehoͤrigen Mittel / unſeren nach gleichem Gluͤck Verlangen-tragenden Handels-Die - ner anweiſen.
Daß ſehr viel Handels-Diener von geringer Fxtraction und Mitteln / nach vollbrachten ihren Dienſt-Jahren durch goͤttlichen Seegen und guter Conduite zu Ehren und Reichthum gedyen / ſol - ches beweiſen nechſt denen alten Hiſtorien / (worin - nen ſonderlich die von Bertram Morgenweg die merckwuͤrdigſte iſt /) ſo viel uns taͤglich vor Augen - liegende Exempla; Dann da darff man die mei - ſten Handels-Staͤdte nur durch gehen / ſo wird man in ſolchen ſehen / wie diejenige / die zuvor ſelbigen Orts Diener geweſen / nunmehro Herren und Principales allda ſeyn / und zwar entweder in der Handlung / in welcher ſie als Dieners geſtanden / oder auch in einer eigenen von ihnen ſelbſt / durch ih - ren Fleiß und gute Conduite étabilirte Handlung. Die gemeine Rede von ſolchen Leuten iſt alsdann / man habe ſie gekannt / daß ſie nicht eines Thalers Herꝛ geweſen oder Credit gehabt / daß ſie gern mit dieſem oder jenem kleinen Handel und Beneficio, Dienſt oder Beſoldung vorlieb genommen haͤtten /wann477Der gluͤckliche Kauffmanns-Diener. wann ſolche ihnen nur haͤtte zu theil werden koͤnnen; Dieſer waͤre eines armen Tagloͤhners Sohn / jener gar ein Findling oder Wayſen-Kind geweſen / und nunmehro zu einem ſo hohen Grad der Ehre und des Reichthums gedyen.
Bey dieſen und dergleichen Reden fuͤget man auch wohl die Urſachen und Mittel mit an / wo - durch ein ſolcher Menſch zu dem gluͤckſeeligen Stand gedyen / in welchem er jetzt lebet; als man ſagt: Er habe ſichs von Jugend auf ſauer werden laſſen / ſeye in ſeinen Verrichtungen emſig und acurat, ſei - nem Herꝛn getreu und gehorſam / dabey ein Feind / boͤſer Geſellſchafft und eines debauchanten Lebens geweſen; er habe mit wenigen angefangen / es waͤ - re ihm aber dieſes oder jenes unverhofft zu gefallen / die damalige Zeiten haͤtten ihm favoriſiret; das Gluͤck waͤre ihm durch eine gute Heyrath / reiche Erbſchafft / ſtattliche Commiſſiones, und derglei - chen / faſt in Schooß gelauffen. Wobey man aber dem goͤttlichen Seegen allein die Ehre zu geben / uñ ſelbigem den groͤſten Theil ſolcher zeitlicher Gluͤck - ſeeligkeit eines Menſchen zu zuſchreiben / gemeiniglich vergißt / da doch ohne ſolchen ein Petrus die gantze Nacht vergeblich arbeitet; indem allein der See - gen GOttes iſt / welcher reich machtet ohne Muͤhe.
Dieſen goͤttl. Seegen muß ſich nun ein jeder Kauffmanns-Diener / der von geringen Stand zur zeitlichẽ Gluͤckſeeligkeit gelangen will / recom̃andiret ſeyn laſſen; es wird aber ſolcher durch wahre Furcht GOttes / und Vertrauen auf denſelben / wie auch durch eine ſeinen Geboten gemaͤſſe Auffuͤhꝛung erlan - get; Zwar gluͤcket es denen Gottloſen / ja gar Athei -ſten /478Caput XIV. ſten / daß ſie eben ſo / auch noch wohl mehr / als man - cher Frommer / zu Gluͤck und Ehren gedeyen Sie zeh - len ihre Schaafe bey tauſenden / ihre Scheuren / Kel - ler / Boͤden / Kiſten und Kaſten liegen voll Gutes und Geldes / und koͤnnen einen Vorrath nach dem andern heraus geben; ſie ſeynd nicht im Ungluͤck / wie andere Leut / haben ſelten Banqueroten / Feuer - oder See-Schaden / wie andere Kauffleute / alles was ſie anfangen / gehet ihnen wohl von ſtatten / ſie bruͤ - ſten ſich wie ein fetter Wanſt / tretten den Kopff der Armen in Koth / und freſſen / durch ihren Wucher / das Fleiſch der Elenden / und das Marck und Fett im Lande; dahingegen andere / welche ein gottſeeli - ges und erbares Leben fuͤhren / ſichs dabey blut - ſauer werden laſſen / auf keinen gruͤnen Zweig kom - men koͤnnen / und dahero faſt in die ſchwehrmuͤthige Gedancken gerathen / ob es wahr ſey / daß die GOttesfurcht / unter andern / auch die Verheiſſung der Gluͤckſeeligkeit dieſes gegenwaͤrtigen Lebens ha - be. Allein wir antworten hierauf / daß ſie ſich dieſe ungleiche Eintheilung menſchlicher Gluͤckſeeligkeit / nicht ſollen befrembden laſſen; dann wie es dort dem Geitzigen und allein auf ſeinen Reichthum und Vorrath-bauenden Land-Juncker ergieng / daß noch dieſelbe Nacht die Seele dieſes Narren von ihm genommen wurde; Alſo ergehet es auch allen ſolchen / welche auſſer GOtt ihr Gluͤck bauen wollen / ſie bauens auf Trieb-Sand / welcher von der erſten Waſſerfluth weggeſchwemmet wird / ſie bluͤhen ei - ne Zeitlang / wie die ſchoͤnen Baͤume; aber wann man wieder voruͤbergehet / ſeynd ſie nicht mehr da / und ihre Staͤtte kennet man nicht mehr / ſondernihr479Der gluͤckliche Kauffmanns-Diener. ihr mit Recht und Unrecht zuſammen geſammletes Gut / ja ihre gantze Familie und Nachkommen wer - den wie Spreu von dem Wind zerſtreuet / und ob ſie gleich im erſten und andern Glied fortwachſen / trifft doch in dem dritten Glied gemeiniglich hernach das Sprichwort ein / daß unrechtes Gut nicht auf den dritten Erben komme. So ſie auch nicht wie an - dere fromme Leute in Schaden und Gefahr ſeyn / ſo geſchiehet es entweder darum / damit ſie GOttes Guͤte zur Buſſe leite / oder / wann ſolche nichts ver - fangen will / daß ſie ihren Theil und Gutes / in die - ſem Leben empfangen / und dahin nehmen / in je - nem hingegen dergleichen nicht moͤgen zu gewarten haben.
Daß alſo verhoffentlich hieraus ein wohlgearte - ter junger Menſch von ſelbſt erkennen wird / wie nothwendig ihme die Gottesfurcht ſey / wann er ſich eines beſtaͤndigen goͤttlichen Seegens will zu getroͤ - ſten haben. Durch ſolche kam Joſeph aus ſeiner Ge - faͤngniß und Dienſt-Jahren zu einem hohen und Gewaltigen Ehren-Stand; der junge Tobias zu ei - ner anſehnlichen Heyrath. Das Vertrauen auf GOtt / ſeegnet einen dienenden Jacob / daß er nach vollbrachten Dienſt-Jahren mit groſſem Reichthum ausziehen / und danckbarlich gegen GOtt ruͤhmen kan / wie er zu gering ſey aller Barmhertzigkeit und Treue / die der HErꝛ an ihm gethan habe.
Ob nun wohl / wie oben gemeldt / GOtt viel - mals denen Seinigen aus beſondern Urſachen / ein Gluͤck im Schlaff beſchehret / ſo iſt es dabey doch auch eines ſeiner aͤlteſten Geboten / daß der Menſch im Schweiß ſeines Angeſichts ſein Brod eſſen ſoll. Hier -480Caput XIV. Hierunter wird nun die gantze Conduite eines jun - gen Menſchens verſtanden. Multa Puer tulit, ſu - davit & alſit; als Lehr-und Dienſt-Jung / hat er ſich freylich offtmals manchen ſauern und rauhen Wind unter die Naſe muͤſſen wehen laſſen / in dem Diener-Stand / wird es ihm nicht beſſer ergehen / ſintemal niemand gern das Brod umſonſt ſeinen Bedienten giebet / ſondern dafuͤr etwas gethan ha - ben will. Alſo muß auch ein Kauffmanns-Diener / auf Arbeit und Fatiquen ſich gefaßt machen / und / nach dem die Handlung iſt / ſich nicht viel guter oder geruhiger Tage dabey verſprechen / wann er ſich an - ders deſſen / was ihme anbefohlen iſt / recht anneh - men will. Er muß dabey nicht murren uͤber ſeine ſchwehre Dienſte / ſondern gedencken / daß / ob es ihm gleich ſauer wird / mit ſeiner Hand - und Kopff - Arbeit / es der HErꝛ alſo geordnet habe.
Jn ſeinen Dienſt-Jahren muß er getreu ſeyn / und auch die uͤbrige Qualitaͤten an ſich haben / die wir im andern Capitel dieſes Buchs ausfuͤhrlich be - ſchrieben / und zwar als ſolche Mittel / durch welche ein junger Menſch mit der Zeit zu Gluͤck und Wohl - ſtand gereichen kan.
Laßt uns aber auch jetzt die ordentliche Wege un - terſuchen / welche einen qualificirten Kauffmanns - Diener / zu ſeinem kuͤnfftigen Etabliſſement fuͤhren koͤnnen / ſolche ſeynd (1.) daß er ſich redlich / getreu und dienſtfertig halte / und ſich durch Ehrerbietig - keit / Leutſeelig - und Hoͤflichkeit einen guten Ruhm zu wege bringe. (2.) Daß er was Rechtſchaffenes lerne / und unter ſolchen / die Kunſt / wie man durch Handlung / ſich und die Seinigen ehrlich ernehren /und481Der gluͤckliche Kauffmanns-Diener. und ein Capital kuͤnfftig ſeinen Erben zu hinterlaſ - ſen / ſammlen ſoll. (3.) Daß er auch die Gelegenhei - ten / ſein Gluͤck ehrlicher Weiß zu machen / nicht ver - abſaͤume / voraus / wann ſein eigenes Vermoͤgen nur ſchlecht iſt. (4.) Daß er ſich bey Zeiten nach Pa - tronis, welche ihm unter die Arme greiffen koͤnnen / nach guter Kundſchafft / eintraͤglichen Commiſſio - nibus und ſolchen Waaren umſehe / welche ihn auf einmal in gute Kundſchafft ſetzen / und einen guten Profit abwerffen koͤnnen / worzu man hernach auch / entweder einen guten Handels-Conſorten / der ſein Vermoͤgen in der Handlung wollte rouliren laſſen / oder gar eine anſtaͤndige Heyrath / durch welche man entweder ein Stuͤck Geld in die Hand oder doch Credit bekaͤme / der offtmal beſſer als baa - res Geld iſt / ſich auserſehen koͤnte.
Was das Erſte belanget daß ein junger Menſch durch Leutſeelig - und Hoͤflichkeit / Treue und Dienſtfertigkeit / ſich Patronos zu wege bringen ſolle / ſolches lieget genugſam dadurch am Tage / daß ein ſolcher junger Menſch / welcher jederman in ſeinen Dienſt-Jahren fleißig zu begegnen gewuſt / ſich dadurch Patronos erworben / die ihme / wann er ſein Eigenes anzufangen reſolviret / mit Geld / Credit, Recommendation und auf andere huͤlff - liche Weiſe unter die Arme gegriffen / durch ſolche Aſſiſtentz / die ihm ſein Lebtage gut gethan / ſein Gluͤck gemacht / und den Grund zu ſeinem Aufkom - men geleget / welches bey ihrer vielen / die bey weni - gen Mitteln und keiner ſolchen Huͤlffe ſich zu er - freuen haben / ſehr hart haͤlt / ſo / daß wann der An - fang nicht gleich mit etwas Nachdruck getriebenH hwird /482Caput XIV. wird / ſie hernach Lebenslang Stuͤmpler bleiben / und niemals recht empor kommen koͤnnen.
Zweytens / muß auch ein junger Menſch etwas rechts gelernet haben / wann er durch ſeine Wiſſen - ſchafften fortkommen will; und bilde ſich nur keiner ein / daß / weil manche Idioten und dumme Eſel das Gluͤck zu Ehren und Reichthum erhebet / daß / wann er auch in dieſer Arcadiſchen Thiere ihrer Zahl iſt / das Gluͤck ſich vor andern herum tummle / und ihn treffen werde. Nein! es heiſt / wer was kan / den haͤlt man werth / den Ungeſchickten niemand be - gehrt. Nicht ohne iſt / eine blinde Henne findet offt / auch ein Koͤrnlein / und alſo laufft offt manchem Sauertopff und albern Toͤlpel eine Handlung ein / welche ihm grofſen Profit bringet / und welche man - cher Kluger mit allem ſeinen Verſtand nicht haͤtte beſſer ausſpeculiren / und abzirckeln koͤnnen. Allein das iſt ein Rarum Contingens, auf welches ſich nicht zu verlaſſen; Ein geſchickter Handels-Diener hingegen / welcher ſeine Profeſſion recht gelernet / verdienet ſich nicht allein in waͤhrenden ſeinen Dienſt-Jahren ein zulaͤngliches Capital, mit wel - chem er kuͤnfftig ſchon einen guten Anfang / zu ſeinem eigenen Handel machen kan / welches der erſte Grad ſeines Aufkommens iſt; ſondern indem er Lehr-be - gierig und der Handlung erfahren iſt / lernet er in ſeinen Dienſt-Jahren die Vortheile / welche bey Handlungen zu erjagen ſeyn / und was vor Klippen und Sand-Baͤncke man hingegen meiden muͤſſe / wann man auf dieſem groſſen Ocean, dergleichen die Kauffmannſchafft iſt / nicht Schiffbruch leiden will; Dieſes alles lernet er nun auf ander Leut Beu -tel483Der gluͤckliche Kauffmanns-Diener. tel / und indem er die Fuͤſſe unter eines andern Manns Tiſche ſtecket. Er wird mit anderer Leut Schaden klug / und bewaͤhret damit den Lehr-Satz / daß dieſes die beſten Generals abgeben / welche von der Muſquet zu dienen angefangen haben; und die - ſes iſt ſchon der andere Grad ſeines kuͤnfftigen Auf - kommens bey der Kauffmannſchafft.
Drittens / ſo erwirbt ſich auch ein qualificirter Handels-Diener in waͤhrenden ſeinen Dienſt-Jah - ren / Patronos, ſo wohl an denen / welchen er red - lich gedienet / als an Frembden / die ſeine gute Con - duite biß anhero geſehen / ſelbige ſich haben gefallen laſſen / und den Vorſatz gefaſſet / ihn kuͤnfftig in al - len behuͤlfflich zu ſeyn; welches dann der dritte Grad des Handels-Aufnehmens eines jungen Menſchen iſt / zu welchem hernach zufaͤlliger Weiß / noch eine gute Heyrath / oder ein ſonderbarer Gluͤcks-Zufall in Handlungen ſelbſt kommet / der unſern zuvor ſchlecht-bemittelten Handels-Diener auf einmal em - por hilfft / daß er die an ihm geſchehene Wunder - fuͤhrung GOttes nicht genugſam preiſen kan.
Sehr offt traͤgt es ſich auch zu / daß ein Han - dels-Patron, entweder Alters / Ehren-Stands oder genugſam erworbenen Reichthums halber / ſei - nem bißher geweſenen treuen Diener / die Handlung abtrit / ihme ein ſchoͤnes Capital, darinn auf leid - liche Zinſen laͤßt / die noch vorhandene unverkauffte Waaren / mit 10. 20. 30. und mehr pro Centum Rabat zuſchlaͤget / worauf dann der neue Kauff - mann ſein Beſtes ferner thun mag / die Handlung in ſeinem eigenen Namen hinfuͤhro weiter fort zu ſe - tzen. Wer ſiehet nun nicht hieraus / wie bey ſo vor -H h 2theil -484Caput XIV. theilhafftigen Conditionibus ein junger Menſch / der zuvor nichts gehabt / leichtlich zu einem ſtattli - chen Vermoͤgen gelangen koͤnne / er wird auch wohl von ſeinem Patron mit in die Handlung genommen / und ihme jaͤhrlich ein gewiſſer Theil vom uͤberſchieſ - ſenden Gewinn zugeeignet; da es ſich dann wohl zu - traͤgt / daß / wann der Patron indeſſen ſtirbt / die Erben den ſchon einen Fuß in der Handlung haben den Die - ner dieſelbe gantz zuſchlagen / und vor ein billiges uͤberlaſſen. Wie man nun die neu-aufgehende Son - ne allezeit mehr / als die niedergehende / zu verehren pfleget; alſo lauffet einem ſolchen neuen Principali, in einer beruͤhmten und lang-geſtandenen Hand - lung / auch alles um ſo viel mehr zu / als man ſich ſei - ner bißher bezeigten guten Conduite, Fleiſſes und Verſtandes wegen / alles Gutes zu ihm verſiehet. Und wann gemeiniglich ein Handels-Diener / von ſeinem Patron mit in Compagnie genommen / oder von denen Erben / ihren geweſenen Diener die Hand - lung vor ein Gewiſſes uͤberlaſſen / auch wohl gar eine Tochter von dem Haus / ihme zugleich zur Ehe mitgegeben wird / ſo iſt der Braut-Schatz / und was ſie ihm ſonſten von ihrem Vermoͤgen zubringet / ſchon ein ſtattliches Mittel / ſeine Handlung fortzu - ſetzen. Es kommt auch dar zu der Credit, die Ehre und das Anſehen / welche ein ſolcher Menſch durch ſeine getroffene Heyrath / und der vornehmen Freundſchafft halber / in welche er getretten / zu ge - nieſſen hat / ſo / daß ihm dieſelbe allen Vorſchub thut / und wann er auch gleich manchmal in ſeinen Negotiis Anſtoß leiden ſollte / (wie es dann bey Kauffleuten gar vielmals geſchiehet /) ihn mit Rathund485Der gluͤckliche Kauffmanns-Dienerund That beyſpringet / und wieder aufhilfft / daß er ſich leichtlich recolligiren / und wo es etwan ſchartigt worden iſt / wieder auswetzen kan. Mehr - mals ſchwingen ſich auch qualificirte Kauff-Die - ner / in ihres / oder eines frembden / verſtorbenen Principalis anſehnliche Handlung dadurch hinein / daß ſie deſſen Wittib heyrathen / ihre / von der erſten Ehe / habende Kinder abfinden / und ſich dadurch gantz allein Herꝛn und Meiſter von der Handlung machen. Jch habe auch geſehen / daß geſchickten Handels-Dienern / reicher Leute Soͤhne / mit groſ - ſem Capital zu Geſellſchafftern ſeynd gegeben wor - den / mit dieſem Bedieng / daß einer ſeits des Rei - chen ſein Capital, ander ſeits aber / des ihme zum Compagnon gegebenen Handels-Diener ſein Fleiß und Erfahrenheit arbeiten / und bey Schluß des Jahrs / der Gewinn unter ihnen beyden gleich ge - theilet werden ſollte. Dieſes war abermals ein ſchoͤ - nes Mittel / einen jungen Menſchen bald empor zu helffen; Nicht ſelten hat es auch einem ſolchen gegluͤ - cket / daß er / in dem er ſein Eigen angetretten / an ei - ne Parthey Waaren oder Handlung / durch eige - ne Speculation, Gluͤck oder Recommendation gelanget / bey welchem er groſſen Verdienſt gehabt / und in wenig Jahren etliche Tauſend zuſammen ge - bracht. Dieſes und das vorige alles / daß nehmlich ein Menſch bey andern Leuten wohl geliten ſey / Gunſt und Gluͤck in Handlung habe / machet der goͤttliche Seegen / und des Menſchen eigene Con - duite, weil ein jeder ſeines zeitlichen und ewigen Gluͤcks Schmied ſeyn kan / wann er nur ſelber will; Viele haben ſich auch durch Sparſamkeit empor ge -H h 3holf -486Caput XIV. holffen / in dem ſie ſich nicht gleich / wie manche an - dere junge Anfaͤngers thun / auf den Fuß groſſer Kauffleute in Handels - und Haushaltungs-De - penſen geſetzet / ſondern ſich ſchlecht beholffen / das Jhrige wohl zu rath gehalten / ſelbſt Hand mit an - geleget / und dafuͤr gehalten / daß / was ſie ſolcher Geſtalt erſparten / ſchon verdienet waͤre / adde Pa - rum parvo, magnum cumulabis acervum, thu zu einem Wenigen immer ein Weniges bey / ſo wirſt du endlich einen groſſen Hauffen davon machen; Solcher Geſtalt iſt ihre Sparſamkeit ihnen ein Mit - tel zu Befoͤrderung ihres Reichthums geweſen. Der kluge Verſtand der Geſchicklichkeit und Erfahrenheit eines Kauffmanns-Dieners / hat ihm auch etwan / bey Anfang ſeiner Handlung ſtattliche Commiſſio - nis und Factoreyen / (bey welchen was zu verdie - nen geweſen) zuweg gebracht; Er hat auch etwan zur See gluͤcklich gefahren / mit einem kleinen Fahr - Zeug angefangen / und weil ihm GOtt geſegnet / end - lich mit groſſẽ Capital. Schiffen aufgehoͤret / welches / weil die See einen bald reich / bald arm machen kan / ſchon viel zu ſeinen erworbenen Reichthum beyge - tragen Wann mancher Kauffmann / der mit ſchlech - ten Mitteln angefangen / zu einen groſſen Capita - liſten worden / ſo ſagt man von ihm / die und die Zei - ten / und Zufaͤlle / haͤtten ihn reich gemacht / als et - wan die Liveranzen an gantze Armeen / an Mon - tur und Proviant / reiche Fund-Gruben in Berg - wercken / das Ausmuͤntzen gewiſſer Gelder / gluͤck - licher Woll / oder anderer Fiſch-Fang; das Mono - polium in dieſer oder jener Waar / ingleichen das Schiffe gluͤcklich gefahren / ſtattliche Frachten ge -macht /487Der gluͤckliche Kauffmanns-Diener. macht / wohlfeil eingekauffte Waaren mitgebracht / die hernach jaͤhlings aufgeſchlagen / und daran Ca - pital auf Capital verdienet worden; damals ſaget man / war er allein / der dieſe Handlung trieb / alle Leute lieffen ihm zu / er holete ſeine Waaren aus der erſten Hand / kauffte ſie wohlfeil ein / und gab ſie theuer wieder weg; der Landes-Herꝛ oder die Obrigkeit gab ihm ein ſtattliches Privilegium, wel - ches er ſo und ſo viel Jahr genutzet / und einen gu - ten Profit gemacht / durch dieſes oder jenes ſeinen Austritt / fiel ihm alle Kundſchafft und Commiſſion zu; in Spanien gewann er auf Korn ſo viel; hier drey Jahr nacheinander an Saltz / hundert auf hundert; uͤber keinen See-Verluſt kan er nicht kla - gen; hier fiel ihm eine Erbſchafft von etliche tauſen - den von ſeiner Frauen wegen / dort von einem an - dern Verwandten zu / auf welche Weiſe / man leicht - lich reich werden kan. Bey dieſen und dergleichen Reden / ruffe ich nun allen rechtſchaffenen Handels - Dienern / einen guten Muth zu / den ſie / wann ſie dieſes leſen oder faſſen ſollen / daß / was andern wie - der fahren / ihnen auch wiederfahren koͤnne; GOtt hat ſo viel unvergeben / er iſt noch heut ſo reich / als er iſt geweſen ewiglich / man ſetze nur das Ver - trauen auf ihm / Spes confiſa Deo nunquam confuſa recedit, wer GOtt vertraut / hat wohl gebauet. Wir haben noch in kurtz verwichenen Zei - ten geſehen / daß aus einem geſchickten Handels - Diener / (wie Anfangs der Kayſerliche General Martini war) ein Commiſſarius, aus dieſem wird ein Ober-Kriegs-Commiſſarius, ferner ein Ge - neral-Kriegs-Commiſſarius, und endlich nach an -H h 4dern488Caput XIV. dern Ehren-Stuffen / gar ein Kayſerlicher General geworden / worzu der Kauffmanns-Stand / und daß er ein guter Soldat / auch ſeiner Feder und Re - chen-Kunſt / wie auch des Buchhaltens maͤchtig ge - weſen / den Weeg gebahnet. Der Luͤgen-Prophet / Mahomet, legte den Grund zu ſeiner Hoheit / da - durch / daß er ſeines Herꝛn / welcher ein reicher Kauffmann geweſen / ſeine hinterlaſſene Wittib ge - heyrathet. Bertram Morgenweg, wurde von ei - nem Kauffmanns-Diener / ſeines Herꝛn Handels - Conſort, folglich ſein Erb / hierauf eines reichen Kauffmanns in Luͤbeck ſein Tochter-Mann / endlich gar Raths-Herꝛ / in welchem Ehren-Stand / er auch geſtorben / und das reiche Hoſpital daſelbſt ge - ſtifftet / hinterlaſſen hat; Noch heutiges Tags / darff man nur in denen meiſten Handels-Staͤdten her - um gehen und fragen / nach dieſes oder jenes reichen Kauffmanns ſeiner Ankunff / ſo wird man hoͤren / er war ein armer Jung / eines ſchlechten Mannes Sohn / aus dieſem oder jemem Land / Stadt / oder Dorff gebuͤrtig / dienete in ſeiner Jugend bey dem oder dem / fieng hierauf / als er ausgedienet / und et - liche Jahr bey einem andern vor Diener geſtanden / ſeinen eigenen Handel an / war darinn gluͤcklich / that eine gute Parthey / an N. N. ſeiner Tochter / und iſt ſeiter dem ein Mann von vielen Tauſenden ge - worden; Hingegen geſteh ich gerne / daß es auch von einigen heißt / das Kippen und Wippen / in - gleichen / daß er ein paar mal Banquerot gemacht / und 25. pro Cent ſeinen Creditoribus gegeben / ferner die Lorrendreiereyen im letzten Orlog, der heimliche Pferd-Handel nach Franckreich /die489Von unterſchiedlichen Stifftungen. die Schiffs-Parten in denen Capereyen / die Scha - cherey mit dem Korn / wie auch / daß ihm die Wei - ber wohl abgegangen / ſein Saltz / Toback / Meſ - ſing und andere Monopolia, haben ihm auf die Beine geholffen / und was der ſchoͤnen Elogia mehr ſeyn moͤchten / mit welchen wir aber dieſes Orts nichts zu thun haben / ſondern den / unſern armen Han - dels-Dienern zu gefloſſenen Reichthum / aus andern Quellen / deriviret haben wollen: Darunter die vornehmſte iſt: Die ſich reichlich ergieſende Gnade GOTTES / uͤber alle / die ihn fuͤrch - ten und vertrauen.
Von gewiſſen Stifftungen / Bruͤderſchafften und Montibus Pieta - tis, welche Kauffmanns-Diener / und ande - re / der Kauffmannſchafft-Verwandte / in groſſen Staͤdten / unter ſich machen koͤnn - ten / mit was vor Regeln und Statutis ſelbige verſehen ſeyn muͤſten / und was vor Nutzen / ſo wohl ſie ſelbſt / als auch das Publicum, ſon - derlich aber die Kauffmannſchafft / eines Orts davon zu gewarten haͤtte.
DAmit je laͤnger / je mehr / unter der loͤblichen Kauffmannſchafft gut Ordnung eingefuͤh - ret werde / ſo halte ich dafuͤr / es wuͤrde nicht undienlich ſeyn / wann auch derH h 5Kauff -490Caput XV. Kauffleut Bediente vom Complementario und Buchhalter an / wie auch Casſiers, Contoir, La - den-Diener und Jungens / in groſſen Handels - Staͤdten unter ſich gewiſſe Stifftungen / Collegia und Bruͤderſchafften (in der Abſicht und zu dem Nu - tzen / welcher bald ſoll angezeigt werden / und der - gleichen / bey anderen Profesſionen / ſonderlich aber denen Handwerckern / gebraͤuchlich iſt) auf - richteten / und zwar / in ſolcher Fundation / folgen - de Ordnung hielten:
Erſtlich / muͤſte ein jeder Handels-Bedienter / von obbemeldten Perſonen / jaͤhrlich / und zwar / die - jenigen / welche von ihren Principalen Salaria, oder Beſoldungen ziehen / 2. von 100. in die Bruͤderſchafft oder Kauffmanns-Diener-Lade oder Caſſam; ein Handels-Diener aber / der unter 50. Reichs-Tha - ler / oder gar keine Beſoldung haͤtte / ſondern auf andere Conditiones diente / zum wenigſten einen Reichs-Thaler / und ein bloſer Jung auch ſo viel (entweder / ſo er es ſelbſt in Vermoͤgen hat / von dem Seinigen / oder ſein Herꝛ / bey welchem er dienet / vor ihn) geben und contribuiren.
Jngleichen ſollte ein jeder / bey einem Kauff - mann im Dienſt tretender / und Wieder-Abtreten - der / bey Ein - und Abtritt / einen Reichs-Thaler der Stifftung zu erlegen / ſchuldig ſeyn. Dann was das Obige anbetrifft / ſo koͤnnte es wenig ma - chen / daß derjenige / der ein - oder mehr hundert Reichs-Thaler / jaͤhrliche Beſoldung hat / ſich und ſeinen jetzigen / wie auch kuͤnfftigen Mit-Bruͤdern / zum Beſten / 2. von 100 oder auch auſſer dem / wann er gleich kein Salarium zoͤge / einen Reichs-Thalerjaͤhr -491Von unterſchiedlichen Stifftungen. jaͤhrlich in die Caſſam gaͤbe / und doͤrfften dafuͤr bey einigen nur etliche Glaͤſer Wein / das gantze Jahr / weniger getruncken / um ſo viel weniger auf Karten - und Wuͤrffel-Spiel geſetzet / oder zu Galantarien und andern Uppigkeiten verwendet werden / ſo waͤ - re der Reichs Thaler ſchon da / und folglich ein Grund zu einem beſtaͤndigen Capital geleget / wel - ches ſich nach der Hand durch unterſchiedliche Zu - gaͤnge / von Jahren zu Jahren / dergeſtalt vermeh - ren lieſſe / daß endlich mit Luſt anzuſehen / wie ein ſtattlicher Fundus daraus erwachſen / und was vor herꝛlicher Nutzen / wann ſolcher recht adminiſtriret wird / damit wuͤrde koͤnnen geſchaffet werden.
Hier auf koͤnnte nun anfaͤnglich ein bequemes Zunfft-Haus zu der Kauffmannſchaffts-Bedienten / ihrer ordentlichen Zuſammenkunfft / Herberge / und Retirade gemiethet / der jaͤhrliche Zins dafuͤr / aus der Bruͤderſchafft-Caſſa genommen / oder ſo ſelbi - ge ſchon einen ziemlichen Vorrath geſammlet / gar eines eigenthuͤmlich davor gekauffet werden. Soll - ten auch gleich einige Capitalia, wann etwann der gantze Vorrath zum Kauff-Pretio nicht zulaͤnglich waͤre / darauf beſtehen bleiben muͤſſen / ſo lieſſen ſich doch die Zinſen aus den jaͤhrlichen Einkuͤnfften gar leicht abtragen; Die Bruͤderſchafft aber haͤtte in - deſſen etwas Eigenes / aus welchen ſie niemand ver - treiben koͤnnte.
Die Protection uͤber dieſes Zunfft-Haus / muͤſte ein loͤbliches Commercien-Collegium, wie auch der Kauffleut und Kramer-Aelteſten haben. Die Privilegia aber davon / wie auch alle der Bruͤ - derſchafft ihre Ordnung und Statuta, von demMa -492Caput XV. Magiſtratu Loci, jedoch Gratis oder ohne Ent - gelt / (auſſer / was die Schreib-Gebuͤhr betraͤgt / weil es pia cauſa iſt) confirmiret werden.
Die Locale Adminiſtration des Hauſes / muͤſte einem alten / wohlausgedienten Handels-Bedien - ten / als etwann einem geweſenen Buchhalter / Caſ - ſirer / oder Handels-Diener / der Alters - oder an - derer Ehhafften wegen / der Handlung valedici - ret / gegen einen gewiſſen Canonem, oder jaͤhrli - chen Zins / den er der Compagnie dafuͤr erlegen muͤſte / gegeben werden; Jedoch anders nicht / und auch an keinen andern / der nicht zuvor ein Mit - Bruder geweſen / und da ihrer mehr / um dieſes Haus zu miethen / ſich angeben ſollten / muͤſte ſol - ches durch das hoͤchſte Bot / Auctions-weiſe / erſtan - den werden. Den Nutzen und Gewinn / welchen ein ſolcher Miether / durch dieſes / ob gleich titulo onoroſo erhaltenes Beneficium, zu gewarten haͤt - te / beſtuͤnde erſtlich darinnen.
Daß alle fremde / zu - und durch-reiſende / auch auſſer Condition ſtehende / und wieder Condition - ſuchende Handels-Bediente / Diener und Jungens / bey ihme / als ihren Herbergs-Vatter / eben wie die Handwercks-Burſche auf ihrer Herberg / logi - ren und zehren muͤſten / und ſich nirgend anders zur Herberg einlegen duͤrfften / wann ſie anders in der - ſelben Stadt wollten befoͤrdert / oder von der Bruͤ - derſchafft mit weiterer Recommendation verſehen werden; es waͤre dann / daß ein ſolcher in der Stadt an jemand recommandiret waͤre / oder ſeine Freun - de darinnen wohneten / bey welchen er freyes Ho - ſpitium zu genieſſen haͤtte; Hingegen muͤſte ſich derHaus -493Von unterſchiedlichen Stifftungen. Haus-Vatter / oder Oeconomus auf gute Speiſen und Tranck / auch reinlichen Betten / ſchicken / da - mit er die bey ihm logirende geſunde / und auch hin - ein gebrachte krancke Kauff-Bediente / vor ein Bil - liges wohl pflegen und verſehen koͤnnte / wie dann die Mahlzeit (in einer guten Suppe / Stuͤck Fleiſch / Zugemuͤs / Butter und Kaͤs / dreymal aber in der Woche / an ſtatt geſottenen / im gebratenen Fleiſch / ſamt einem Maas Bier beſtehend) hoͤher nicht / als 3. biß 4. gute Groſchen / vor das Nacht-Lager aber / in der gemeinen Kammer / ein guter Groſchen / in ei - nem beſondern Stuͤbgen oder Kaͤmmergen aber / vor 2. gute Groſchen / vor Tag und Nacht / jedoch oh - ne Einheitzen / wann das Holtz der Orten theuer iſt / wie leyder! in den meiſten teutſchen groſſen Staͤdten geſchiehet) muͤſte gerechnet werden. Woll - te ſich aber jemand beſſer tractiren laſſen / auch wann er es im Vermoͤgen hat / bey der Mahlzeit ein Glas Wein haben / muͤſte er ſolches extra bezahlen / wie er dießfalls mit dem Wirth am beſten einig werden koͤnnte.
Auſſer dieſem muͤſten auch alle Handels-Be - diente / groſſe und kleine / wo nicht obligiret / doch freundlich von denen Vorſtehern des Hauſes / er - mahnet / auch dahin genau geſehen werden / daß ſie Sonntags / oder wann ſie in der Wochen Zeit haben / nirgend anders zu Wein oder Bier / oder ſonſt einen Lab - oder Erquick-Trunck zu thun / ein Fruͤh-Stuͤck oder Abend-Collation allein / oder mit guten Freunden / einzunehmen / als in dieſes ihr Zunfft-Haus gehen moͤchten; wie dann in demſel - ben / im Fall etwann die Bruͤderſchafft jaͤhrlich eineGene -494Caput XV. General-Zuſammenkunfft und freundliches Con - vivium halten / oder ſonſt ein Freund den andern tractiren und guͤtlich thun wollte / bequeme Zim - mer / in welchen ſolches ausgerichtet werden koͤnnte / ſeyn muͤſten. Hierbey koͤnnte man auch eine Biliard - Tafel / und wann ſonderlich ein Garten oder ande - rer groſſer Platz vorhanden / einen Kegel-Platz / in - gleichen vor erwachſene Leut / ein ſauberes Toback - und zulaͤſſiges Karten - oder Bret-Spiel-Zimmer / wie auch einen Saal (ein Collegium-Muſicum darauf zu halten) haben / damit die Handlungs-Ver - wandte / ſonderlich die junge Burſch / nicht an an - dere verdaͤchtige und boͤſe Oerter / an welchem ſie leichtlich in Seelen - und Leibes-Gefahr gerathen koͤnnten / gehen / und ihr Geld auſſer ihrem Zunfft - Haus an andere Oerter hintragen doͤrffen.
Vor nothduͤrfftig / arme / reiſſende Kauffmanns - Diener / muͤſte auch ein beſonderes Gaſt-Zimmer ſeyn / in welchem ſie auf der Bruͤderſchafft Koſten 3. Tagelang umſonſt logiren und geſpeiſet werden koͤnnten / in welchen 3. Tagen ſie ſich bemuͤhen muͤ - ſten / Conditiones, auf einem Contoir oder in eine Kram-Bude / zu bekommen / und wann ihnen ſol - ches fehl ſchluͤge / ihren Fuß als dann weiter ſetzen / oder wann ſie ja laͤnger bleiben wollten / alsdann vor ihr Geld zehren muͤſten; es muͤſte aber keiner in die dreytaͤgige / freye Beherbergung und Speiſung eingenommen werden / er haͤtte dann von denen Ael - teſten und Vorſtehern des Hauſes / einen Frey-Zet - tel daruͤber erhalten und aufzuweiſen / welcher ihme nicht anders / als wann ſeine Duͤrfftigkeit genug be -kandt495Von unterſchiedlichen Stifftungen. kandt iſt / oder er ſonſt redliche Urſachen vorgebracht / zu ertheilen waͤre.
Die Haus-Mutter betreffend / muͤſte ſelbige nicht allein hoͤfflich / diſcret, leutſeelig / ſondern auch eine gute Wirthin / Koͤchin und Haus halterin ſeyn / dabey auch auf nuͤtzliche Haus-Mittel ſich wohl ver - ſtehen / um / wann etwann ein Kauffmanns-Be - dienter / bey ihr kranck einliegen ſollte / daß ſie gleich zu etwas greiffen / und dem Patienten Beyſtand leiſten koͤnnte; wie dann auch der Kauffmannſchaffts - Verwandte / oder wer ſich ſonſt in ihrem Haus tra - ctiren und eine Mahlzeit anrichten laſſen wollte / von ihr / nach Begehren / muͤſten koͤnnen accommodi - ret werden.
Die Aelteſten oder Vorſteher des Hauſes / koͤnn - ten jaͤhrlich / entweder auf gewiſſe Zeit / oder ſo lange ſie ſich der Orten aufhalten / aus der Bruderſchafft / und zwar / aus denen Vornehmſten / Aelteſten / und Verſtaͤndigſten unter ihnen erwehlet und ge - nommen werden. Man koͤnnte etwann hierzu nehmen / diejenige / welche lang deſſelbigen Orts / als Buchhalter / oder Complementarii und meritirte Handels-Diener / bey vornehmen Handlungen ge - dienet / welche von ſich ſelbſt gute Mittel / oder doch ſchoͤne Salaria haͤtten / und vor ehrliche / fromme und tugendhaffte Leute bekandt waͤren / vor welche die uͤbrigen junge / und theils ungezogene Burſche / Reſpect und Furcht haben muͤſten. Dergleichen Vorſteher aber / aus welchen das innere Conci - lium beſtuͤnde / koͤnnten zwoͤlffe / und unter ſolchen der Oberſte Præſes ſeyn / nach deſſen Abgang / der nechſte ihm wieder folgte / und ſo einer nach dem an -dern496Caput XV. dern hinauf ruckte. Nechſt dieſen 12. Vorſtehern / muͤſten aus denen andern Haͤndels-Verwandten / auch 12. Aſſeſſores erwehlet / und von ſolchen nach und nach die Stellen der abgehenden Vorſtehern / erſetzet werden. Jn denen ordentlichen Zuſammen - kuͤnfften / oder Sesſionibus und Deliberationibus, welche uͤber der Bruͤderſchafft Angelegenheiten / zu halten waͤren / koͤnnten die 12. Vorſtehers ſolches allein / in gar wichtigen Sachen aber / und ſonder - lich / bey Quartal - und Jahr-Rechnungen / mit Zu - ziehung der Aſſeſſorum, verrichten; Was nun in beyden Faͤllen geſchloſſen wuͤrde / das muͤſte ſich die gantze Bruͤderſchafft gefallen laſſen. Die unter denen Aſſeſſoribus erledigte Stellen / waͤren wieder aus denen uͤbrigen Bruͤdern / und zwar von ſolchen / die am geſchickteſten hierzu waͤren / zu be - ſetzen.
Vor dieſe ihre Muͤhwaltung / haͤtten weder Vorſteher noch Aſſeſſores, nichts zu prætendiren / auſſer / daß ihnen quartaliter eine Mahlzeit aus der Bruͤderſchaffts-Caſſa ausgerichtet wuͤrde; wobey doch mehr nicht / als zwoͤlff gute Groſchen / oder ein halber Reichs-Thaler vor die Perſon / muͤſte aufge - wandt werden welches im gantzen Jahr 48 Reichs - Thaler betragen wird. Der Oe〈…〉〈…〉 onomus oder Haus-Vater / muͤſte bey denen Verſammlungen / das Protocol fuͤhren / auch entweder ſelbſt / oder durch ſeine Leute / denen Membris und Bruͤdern die Verſammlung anſagen.
Der Vorſteher und Aſſeſſorum eigentliche Verrichtung / beſtuͤnde etwann in folgenden: Als daß ſie ſich erſtlich der gantzen Bruͤderſchafft insge -ſamt /497Von unterſchiedlichen Stifftungen. ſamt / und dann eines jeden Mitglieds derſelben Wohlfahrt und Angelegenheit recommandiret ſeyn lieſſen / zu welchem Ende ſich bey Aufrichtung der Bruͤderſchafft / alle in der Stadt anweſende und noch kuͤnfftig kommende Handlungs-Ver - wandte / bey ihnen anmelden und inſcribiren laſ - ſen / auch bey Aufnehmung in die Bruͤderſchafft / ei - nen Reichs-Thaler in die gemeine Caſſam erlegen muͤſten; Dahingegen haͤtte ſich ein ſolcher zu getroͤ - ſten / daß ihme von der Bruͤderſchafft mit Rath und That jederzeit wuͤrde an die Hand gegangen werden.
Ferner muͤſte im Streit - und Klag-Sachen / welche die Membra oder Bruͤder unter ſich haͤtten / die erſte Inſtanz zum guͤtlichen Vertrag / entweder vor den engern Concilio, der Vorſteher allein / oder ſo die Sache wichtig / vor der gantzen Quartal - oder Extra-ordinairen Verſammlung / der Vor - ſteher und Aſſeſſorum ſeyn / da dann nach Be - ſchaffenheit der Sachen / die Partheyen ihres Aus - ſpruches zu geleben / compromittiren / oder auch in gewiſſen Faͤllen / Statuten-gemaͤs ſich verhalten muͤſten.
Was die Membra oder Bruͤder auſſer dieſem ihren eigenen Foro, entweder vor dem Magiſtrat deſſelbigen Orts / oder vor dem Commercien-Col - legio, Kauffmanns-Aelteſten und anderen Inſtan - tzien zu thun haͤtten / deſſen muͤſten ſich die Vorſte - her / nach Beſchaffenheit der Umſtaͤnde / Sachen / und Perſonen / mit Rath und That / auch wohl zu weilen perſoͤnlich / muͤndlich / oder auch in Schriff - ten / oder gar / ſo es die Noth erforderte / per De -J iputa -498Caput XV. putatos annehmen / ſo / daß durch ſolchen Bey - ſtand ein Mit-Bruder / ſo viel beſſer geſchuͤtzet / und im Fall er eine gerechte Sache haͤtte / ihme ſo viel eher geholffen werden moͤge.
Die Verſammlung der Vorſteher und Aſſeſ - ſorum, muͤſte allen Kauff - und Handels-Leuten / welche Buchhalters / Contoirs, Laden-Dieners und Jungens ſuchten / item ein - und auslaͤndiſche Hand - lungs-Verwandten / welche gern Condition und Herren haben wollten / zur Addreſſe dienen / ſich daſelbſt anzugeben / und fernere Nachweiſung ge - waͤrtig zu ſeyn. Wie dann auch die Auslaͤndiſche / wann ſie etwann hieſiger Orten Condition zu ha - ben / verlangten / an die Bruͤderſchafft ſchreiben / ihre Umſtaͤnde und Qualitaͤten / auch welcher Ge - ſtalt ſie employret zu werden / gedaͤchten / dabey mel - den / die Briefe aber franquiren muͤſten.
Jm Fall nun ein Einheimiſcher oder Auslaͤndi - ſcher / ſolcher Geſtalt zu Dienſt befoͤrdert wuͤrde / muͤſten die Vorſtehers erſtlich genaue Kundſchaff - ten ſeines bißherigen Wandels / Thun und Laſſens / ingleichen ſeiner Freundſchafft / Wiſſenſchafft / und Vermoͤgens / ſonderlich der Caution halber / die er auf Begehren præſtiren koͤnnte / eingezogen haben / und alsdann denen / welchen daran gelegen / ge - treuen Rapport davon abſtatten / weil doch allezeit ein gantzes Collegium und ihrer viel mehrere Nach - richt / als ein Particulier einziehen koͤnnen / ſo ge - ſchehe auch manchem Kauffmann ein groſſer Gefal - len / wann er nicht allein / vermittelſt der Bruͤder - ſchafft / tuͤchtige Subjecta zu ſeinen Dienſten / ſon - dern auch noch genaue Nachricht von den Umſtaͤn -den499Von unterſchiedlichen Stifftungen. den ihrer Perſon bekommen koͤnnte / ja ich weiß nicht / ob auch nicht gar bey einigen in Praxin zu bringen waͤre / daß die gantze Bruͤderſchafft vor ei - nen Diener oder Jungen / der bey einem Handels - Patron in Dienſten tritt / Caution leiſtete / als welche man allezeit lieber von einem angeſeſſenen Corpore, als von einem Particulier annehmen wuͤrde; da - hin gegen ſie ſich anderwaͤrts mit guter Ruͤck-Buͤrg - ſchafft verſehen / und auch noch ein gewiſſes Præ - mium vor die Muͤhwaltung reichen laſſen koͤnnten / welches mancher auslaͤndiſcher Vater gern thun wuͤrde / wann er verſichert iſt / daß die Bruͤder - ſchafft ſeines daſelbſt ſich aufhaltenden Sohns / als ihres Mit-Bruders / annehmen und Buͤrg - und Va - ter-Stelle vor ihm vertreten werde.
Wie nun hierzu die Vorſteher nothwendig auswaͤrtige Correſpondentz ſuchen muͤſten / als muͤſten die Unkoſten darzu aus der Caſſa genommen / und die Unterſchrifft / im Namen des Præſidis und Vorſtehere / der Bruͤderſchafft und Handlungs - Verwandten / in bloſen Miſſiven oder Briefen / in wichtigen Sachen / Schrifften und Documentis aber / im Namen des Præſidis, Vorſtehers und Aſſeſſorum geſchehen / und alsdann mit dem groſſen Bruͤderſchafft Siegel; Jm jenen Fall aber / da die Vorſteher nur allein zeichneten / mit dem kleinen Sie - gel verſigelt werden.
Da auch die Bruͤderſchafft / durch anſehnliche und kluge Vorſtehers / ſich in Credit und Renom - mée einer vorſichtigen und vernuͤnfftigen Conduite geſetzet / koͤnnte hieraus leicht erwachſen / daß / ſo ander waͤrts dergleichen Bruͤderſchafft mehr établi -J i 2ret /500Caput XV. ret / oder auch Handels-Verwandte einige Reſpon - ſa und Belehrungen noͤthig haͤtten / ſie dieſelbe von der Bruͤderſchafft / vor die Gebuͤhr / einholen / und ſonderlich die Buchhalters ſich / in Vorfaͤllen das Buchhalten betreffend / belehren laſſen koͤnnten / welches abermals ein kleines Accidenz waͤre / wel - ches der Bruͤderſchafft-Caſſa zuwuͤchſe.
Die Adminiſtration der groſſen Bruͤder - ſchaffts-Caſſa, muͤſten zwey von denen aͤlteſten Vor - ſtehern / und zwey von denen Aſſeſſoribus, jeder aber einen beſonderen Schluͤſſel und Vorleg - Schloß darzu haben / ſolche auch nicht / als in der General-Verſammlung eroͤffnet werden. Die kleinen und taͤglichen Ein - und Ausgaben aber / koͤnn - te der Præſes fuͤhren / und von ſolcher bey der Quar - tal-Verſammlung Rechnung abſtatten. Nachdem auch Sonntaͤglich / nach verrichtetem Gottesdienſt / viel Handlungs-Verwandte / ihr Divertiſſement in dieſem ihren Zunfft-Haus ſuchen wuͤrden / als koͤn - ten ſich jedesmal ein Vorſteher und Aſſeſſor Wech - ſels-weiſe dabey / um gute Ordre zu halten / finden laſſen / und zugleich gewiſſe Statuta gemachet wer - den / nach welchen die etwann vorfallende Schlaͤge - reyen / oder andere boͤſe Haͤndel / mit Geld zu be - ſtraffen waͤren / welche Straff-Gelder ebenfalls der Bruͤderſchaffts-Caſſa einzuverleiben / und das Jahr uͤber ſchon ein ziemliches austragen wuͤrden.
Hauptſaͤchlich waͤre die Fundation dieſer Bruͤ - derſchafft / auch dahin mit angeſehen / daß fremde / reiſende / und auch krancke Kauffmanns-Dieners und Jungens / in dieſem Haus ihre noͤthige Ver - pflegung / ſonderlich aber auch die Krancken habenmoͤch -501Von unterſchiedlichen Stifftungen. moͤchten / denen / ſo gar / wann ſie vom Geld ent - bloͤſet / Zeit waͤhrender ihrer Kranckheit / die benoͤ - thigte Medicamenta, Doctores und Speiſen / auf der Bruͤderſchaffts-Caſſa Unkoſten muͤſten gehal - ten / und gegeben / auch ſo gar bey ihrem Abſterben / ihnen ein frey Begraͤbnis ausgerichtet werden / wor - zu dann die Bruͤderſchafft jederzeit mit ein - oder mehr ſauberen Leichen-Tuͤchern / eigenen Grab-Stellen / und was mehr zu einem Begraͤbnis gehoͤret / verſe - hen ſeyn muͤſte. Die bey dem Commercio oͤffent - lich-verpflichtete Unter-Bediente / ſonderlich / die an der Waage / bey denen Kram - und Kauff-Haͤuſern / koͤnnte man zu Leichen-Traͤgern gebrauchen. Jm Fall aber einer von denen Vorſtehern / oder Aſſeſſo - ribus, der Bruͤderſchafft / verſtuͤrbe / muͤſten aus denen uͤbrigen Mit-Bruͤdern / etliche / welche ihn auf ihren Schultern zu Grab truͤgen / erwehlet werden. Reiche und bemittelte Auslaͤnder / welche etwann in dieſem Haus verſterben ſollten / wuͤrden ſchon die Veranſtaltung machen / oder ſolche Freunde hin - terlaſſen / welche die auf ſie verwandte Zehrungs - Artzney - und Begraͤbnis-Koſten / reichlich erſetzen / und die Bruͤderſchafft noch mit einer anſehnlichen Recompens, ihrer Muͤhwaltung halber / bedaͤch - ten / biß dahin auch die Bruͤderſchafft / das Jus Retentionis & Prioritatis in des Verſtorbenen ſeine gegenwaͤrtige und abweſende Effetten haͤtte / biß ſo lang / daß die Wiedererſetzung der aufge - wandten Unkoſten erfolget ſey. Jch geſchweige / wie manches ſchoͤnes Legatum von Kauffleuten ſelbſt / als auch ledig-verſterbenden / vornehmen und geringen Handels-Bedienten / an dieſes Haus wuͤr -J i 3de502Caput XV. de gethan werden. Es koͤnnten auch zur See oder Land / auf weit - und gefaͤhrlichen Reiſen begriffene Handels-Diener / ihre Geluͤbde / welche ſie GOtt zur bevorſtehenden / gluͤcklichen Reiſe / aufopfferten / alſo einrichten / daß ſie dem Haus der Bruͤderſchafft / wegen der Alten / Krancken / Unvermoͤgenden / wel - che von demſelben verpfleget wuͤrden / ein gewiſſes Geld / wann ſie wieder gluͤcklich nach Haus gelan - gen / erlegen wollten / und was etwann der vielfaͤl - tigen Mittel mehr ſeyn moͤchten / durch welche die Bruͤderſchaffts-Caſſa zu dieſer Fundation / Unter - halt und Beſtaͤndigkeit / Gelds genug ſammlen / auch noch davon alte / ausgediente / krancke und ſchwache Mit-Bruͤder / auſſerhalb Hauſes / mit jaͤhrlichen Huͤlffs-Geldern verſehen koͤnnte.
Und alſo vermeyne ich / genugſam / die Moͤg - lichkeit und den Nutzen dieſer Stifftung bewieſen zu haben; Jch weiß / daß ſolches einer (gute Ordnung und Policey liebenden) loͤblichen Obrigkeit / ferner / denen Herren Kauffleuten ſelbſt / in groſſen Han - dels-Staͤdten / lieb und angenehm ſeyn wird / weil ſie dadurch (1.) unter ihren Bedienten eine gute Ord - nung eingefuͤhret ſehen / indem ſolche hinfuͤro an ge - wiſſe Regeln und Geſetze gebunden / denen ſie ſich gemaͤß verhalten muͤſſen. (2.) So koͤnnen auch Kauffleute um ſo viel eher zu einem tuͤchtigen Subje - cto eines Dieners oder Jungens / wann ſie ſolchen auf Recommendation der Bruͤderſchafft / ihrer Vorſteher nehmen / gelangen / weil dieſer / wie zu - vor ſchon gemeldt / ihre Pflicht mit ſeyn wird / Leu - te / die auf Trau - und Glauben ihnen abgefordert werden / vorhero wohl examiniret zu haben / wo -her503Von unterſchiedlichen Stifftungen. her ſie ſeyn / was hinter ihnen verborgen / wem ſie angehoͤren / und was vor Dienſte und Sicherheit von ihnen zu hoffen und zu haben ſey.
Denen Dienern und Jungens / geſchehe hier - durch auch dieſer Nutzen / daß ſie Verſprechers und Beyſtaͤnde an den Vorſtehern und Aſſeſſoribus des Hauſes / in ihren Angelegenheiten haben / und wiſſen / an wem ſie ſich halten ſollen. Sie leben in einer ordentlichen Societaͤt / erlangen dadurch ſo viel eher Addreſſe und Nachweiſung zu guten Con - ditionen / wann ſie der Orten fremd ſeyn; ſo nimmt ſich auch die Bruͤderſchafft ihrer in Noth / Tod / und Ehren-Faͤllen eben ſo / als wann ſie zu Haus bey ih - ren eigenen Freunden und Bluts-Verwandten waͤren / an. Ja / dieſe Stifftung koͤnnte ſich auch dahin erſtrecken / daß die Bruͤderſchafft einen ihren Mit-Bruder / wann ſolcher zu ſeinem eigenen Haus ſchreiten / und ſich etwann verheyrathen wollte / ei - ne gute Beyſteuer zu denen Hochzeit-Koſten / oder wann er ſolche nicht noͤthig / doch ein ſtattlichs Hoch - zeit-Geſchenck verehrten / etwann auch / wann er ſeinen eigenen Handel anfienge / und der Bruͤder - ſchafft genugſame Sicherheit ſchaffte / ihme mit ei - nem Capital, gegen gebuͤhrende Intereſſe, unter die Arme greiffen. Ehe er auch im Alter Noth und Mangel litte / muͤſte die Bruͤderſchafft ihme bey - ſpringen / und einen woͤchentlichen Beytrag zu ſei - Verſorgung thun. Endlich auch im Sterben da - hin ſehen / daß er Chriſtlich und loͤblich zur Erden be - ſtattet wuͤrde.
Das gantze Corpus der Bruͤderſchafft / haͤtte / nebſt der bruͤderlichen Vereinigung / und der ſchoͤ -J i 4nen504Caput XVI. nen Ordnung / die unter ihnen herꝛſchete / auch die - ſes Vergnuͤgen / daß ſie offt in Freundſchafft zur Ergetzlichkeit zuſammen kaͤmen / ihr Corpus auch / als eine loͤbliche Zunfft / conſideriret / und nachdem ſolche ſtarck waͤre / (wie ſie ſich dann in groſſen Han - dels Staͤdten auf viel 100. ja / ein oder mehr 1000. erſtrecken koͤnnte) ihnen ſo dann bey offentlichen Stadt-Solennitaͤten und Noth-Faͤllen / eine eigene Fahne / Poſt und Rendevous koͤnnte anvertrauet / etliche Compagnien / oder gar ein Regiment / von ihnen formiret werden; welches dann / wie ich ge - wiß verſichert / an Parade und Bravoure an ſich nichts wuͤrden ermangeln laſſen / was die Ehre der Bruͤderſchafft zu mainteniren / koͤnnte erfordert werden.
Von dem Recht der Kauff - manns-Diener / deſſen ſie ſich / wann ſie treu und redlich dienen / auch in Anſehung ihrer Function ſelbſt / zu erfreuen / und was ſie hingegen auch im Fall ihres Ubelverhal - tens / zu gewarten haben.
WJr machen in Beſchreibung dieſer Rechts - Materia billig den Anfang von dem Ter - mino, da ein bißher-geweſener Handels - Jung / nunmehro Contract gemaͤß / ſei -ne505Vom Recht der Kauffmanns-Diener. ne Jungens-Jahre redlich und ehrlich erſtanden / und ausgedienet / und hier auf von ſeinem Handels - Patrono loß geſprochen / in dem Diener-Stand geſetzet / und von derſelben Stund an die Præroga - tiven genieſſet / welcher ein Handels-Diener vor einen Handels-Jungen ſich zu erfreuen hat. Als: Daß er nicht mehr Schuh putzen / das Contoir auskehren / ſeinen Herꝛn mit der Latern des Nachts einholen / und mit dem Geſind / wie in einigen Haͤuſern geſchicht / eſſen darff / ſondern / er wird nunmehro von ſeinem Herꝛn mit Jhr angeredet / da er zuvor Du geheiſſen; Er darff ſich auch bey deſ - ſen Tiſch ſetzen / und faſt biß zuletzt / da Butter und Kaͤs aufgetragen wird / daran ſitzen bleiben / wann es nicht der Wohlſtand / oder ſeine eigene Hoͤflich - keit / und die Difference, die er noch vor ſeine Herꝛ - ſchafft / ſonderlich in Anweſenheit fremder Leut hat / erfordert / daß er eher aufſtehe / und ſeinen Teller mit ſich hinweg nehme / auch den Stuhl / darauf er geſeſſen hat / zuruͤck ziehe / welches alles / die Be - ſchaffenheit des Hauſes / und die Umſtaͤnde der Perſonen / bey welchen er ſich findet / ihme ſchon genugſam an die Hand geben werden. Nechſt die - ſem / ſo kan er ſich auch ſchon weit proprer in Klei - dern halten / als er in ſeinem Jungen-Stand nicht hat thun doͤrffen. Er bekommt uͤber dem / wann ſeine Capacitaͤt darnach iſt / ein gewiſſes jaͤhrliches Salarium, wird auch wohl beſſer logiret / als er bißher geweſen / bekommt ſeine eigene Kammer und ſauber Bett / hat dabey Freyheit / des Sonntags aus - und nach vollendetem GOttes-Dienſt / in ho - nette Compagnien zu gehen / wann er ſich nur ge -J i 5gen506Caput XVI. gen die Mahlzeit zu rechter Zeit wieder einfindet / als mit welcher man nach ihm / imgleichen mit dem Zu - ſchluß des Hauſes zu warten / gantz nicht ſchuldig iſt. Wie dann auch ſolches in wohl policirten groſ - ſen Staͤdten / ein Haus-Wirth ſeinen Mieths Leu - ten nicht einmal einzuraͤumen ſchuldig / und zwar / vermoͤg Obrigkeitlicher Vorordnung / daß / wer vor 10 Uhr des Abends nicht zu Haus iſt / nicht mehr ſoll ein gelaſſen werden / es waͤre dann / daß der Haus-Wirth einen ſonderbaren Egard vor des ausbleibenden ſeine Perſonen haͤtte / oder ſolches in dem Mieths-Contract ausbedungen waͤre / oder er aus Complaiſance ſolches thun wollte / was er de jure zu thun / nicht ſchuldig iſt.
Ferner hat auch ein Handels-Diener von der Zeit an / da er / als Diener / erklaͤret worden / ſchon mehrern Reſpect bey denen Domeſtiquen ſelbſt / als er zuvor nicht gehabt hat / da er noch / als Jung geweſen. An der Boͤrs hat er den Zutritt / (ſonder - lich / wann ihm ſein Herꝛ / nunmehr wichtige Han - dels-Geſchaͤffte auftraͤgt) bey vornehmen Kauffleu - ten / und wie er vor dem Handels-Gericht / Kauff - manns-Aelteſten / oder der Kramer-Jnnung / loß - geſprochen / und als Diener erklaͤret / und einge - ſchrieben worden / alſo iſt er nunmehro auf der Stufe / welche zukuͤnfftige Maitriſe oder eigenen Handel fuͤhret / wird alſo dadurch in ſeiner Zunfft - maͤſſigkeit um ſo vielmehr befeſtiget / und ihme bey dem Eintritt in dem Diener-Stand / keine Quæ - ſtio Status ſeiner Perſon / Geburt und Herkom - mens halber / wie bey dem Eintritt in dem Jungen -Stand507Vom Recht der Kauffmanns-Diener. Stand gemacht / weil er durch dieſen allbereit legiti - miret worden.
Uber dem / ſo iſt ihm auch ſein Herꝛ / die mit ihm getroffene Capitulation zu halten / und das ihme darinnen-verſprochene Salarium (es ſeye deſſen gleich viel oder wenig) zu geben ſchuldig / ſo gar / daß / wann er ſich deſſen weigern ſollte / der Die - ner Actionem locati ad conſequendum pretium ſeu mercedem wider ihm anſtellen / ſo lang / biß er ſein Geld bekommen / im Haus verbleiben / und ſo die Sache klagbar wuͤrde / das Klag-Libell fol - gender Geſtalt einrichten koͤnnte.
P. P.
EUer Hoch Edlen gebe hoͤchſt-gemuͤſſiget klagend zu vernehmen / was maſſen ich mich vor 2. Jah - ren bey Herꝛn Titio in Dienſten auf 3. Jahr lang / gegen Reichung jaͤhrlicher 40. Reichs-Thaler Lohn / eingelaſſen / und ihme auf ſeiner Schreib-Stuben und Gewoͤlb zu Haus und auf Reiſen / ſolche Dienſt geleiſtet / welche einem ehrlichen und getreuen Han - dels-Diener eignen und gebuͤhren koͤnnen / wie dann / daß er jederzeit mit mir deshalben ver - gnuͤgt geweſen / ſolches in continenti zu beweiſen ſtehet
Wann aber / deme ohngeachtet / er Herꝛ Ti - tius, mir vor 4. Tagen und alſo $$\frac{5}{4}$$ ten Jahr / vor Endigung der beyderſeits convenirten Zeit / den Dienſt aufgekuͤndiget / und dabey zu verſtehen ge - geben / daß ich in 8. Tagen den Abſchied zu nehmen haͤtte / indem er mir vor die vergangene Zeit den verdienten Lohn reichen wollte / welches mir abernicht508Caput XVI. nicht genug / in Erwegung / daß / gleichwie / wann ein Handels-Diener vor Endigung der beſtimmten Zeit Abſchied nimmt / er vor die verſtrichene ſeinen Lohn (ex conſuetudine multarum Provinciarum wovon Carpzovius pag. 2. Conſt. 51. defin. 13. und Wuͤrtemberger Land-Recht part. 2. tit. 17. §. Wann geduͤngte ꝛc. ) gaͤntzlich verlieret / alſo hin - wiederum ex Natura Correlativorum, der Herꝛ dem Diener vor die gantze verglichene Zeit / den voͤl - ligen Lohn zu reichen / ſchuldig / und verbunden iſt / ſo gar / daß dieſer aus deſſen Haus / bevor er voͤlligen Mercedem uͤberkommen / zu weichen / nicht gezwun - gen werden kan. lib. 19. §. 9. l. 38. princ. ff locati Carpzov. Deciſ. 265. num. 9. item p. 2. Conſt. 51. def. 13. num. 6. Eſpach. ibidem Lauterbach ad ff. tit. locati num. 24. Colerus de Proceſſu Executivo pag. 1. Cap. 9. num. 10. Coſta tract. de quota & rata c. 128. Brunnemannus ad dict. l. 38. ff h. t.
Als erſuche Euer Hoch Edle hiermit gehorſamſt / dieſelbe geruhen / erſagten Titium, per Decretum zu injungiren / mir bey der / vor geendigter Zeit geſchehenen Aufkuͤndigung / auch den 3. jaͤhrigen voͤlligen Verdienſt ohnnachlaͤſſig zu bezahlen / und darneben ihme zu bedeuten / daß / biß dieſes zu Folg der Rechten geſchehen / ich in ſeinem Haus zu ver - bleiben / Macht und und Befugnis habe / hieruͤber Euer Hoch Edl. Richterlichen Aſſiſtentz und Juſtitz - Mittheilung mich gehorſamlich getroͤſtend / verhar - re ich.
Daß hernach / auf ein dergleichen eingegebenes Klag-Libeli, dem Petito gemaͤß / zu deferiren ſey /da -509Vom Recht der Kauffmanns-Diener. davon finden wir bey dem Carpzovio pag. 3. de - ciſ. 264. folgendes Præjudicium, welches die loͤb - liche Juriſten-Facultaͤt zu Leipzig / Johann Steinin - gern zu Eißleben / im Octobr. Anno 1646. erthei - let / alſo lautend:
Hat Anno 1636. im Octobr. Georg. Fiſcher zu Quenſtadt / euch zu einen Schreiber auf ein Jahr lang angenommen / daruͤber eine ſchrifftliche Be - ſtallung unter ſeiner Hand und Siegel ausgeant - wortet / wogegen ihr mit einem Eyd euch verbind - lich gemacht / auch durch euren Vettern P. R. buͤrg - liche Caution beſtellet; Es iſt aber bemeldter Fiſcher / mit Reichung desjenigen / darzu er ſich verpflichtet / an ſeinem Ort dem Contract nicht nachgekommen / ſondern hat endlichen noch lang vor der Jahres - Zeit / euch die Beſtallung aufgeſagt / darob ihr euch beſchwehret / Commiſſion ausgebracht / und die Sache mit ihme ſo lang getrieben / biß er endlich darauf Todtes verfahren; Es wollen ſich aber nun - mehro deſſen Erben zu nichts verſtehen / noch euch die Jahres-Beſoldung / nebenſt der ruͤckſtaͤndigen Koſt / und andern verurſachten Schaͤden und Unko - ſten abſtatten / deßwegen ihr zu eurer Befuͤgnis in - formiret zu ſeyn begehret. Ob nun wohl einem jed - wedern nachgelaſſen / ſeinem Diener auch ohne Ur - ſach zu beurlauben / und ihres Dienſtes zu erlaſſen / dannoch aber / und dieweil ſolches in dem Fall / wann die Beſtallung auf eine gewiſſe Zeit gerichtet / einen Abfall gewinnet; Fiſcher auch / eurem Andeuten nach / gantz keine Urſach / euch vor der Zeit hinwie - derum zu licentiren / vorwenden koͤnnen / ſo ſeynd nunmehro ſeiner Erben vorerwehnter Beſtallungnoch -310[510]Caput XVI. nochmals nachzukommen / und die jaͤhrige Beſol - dung euch vollſtaͤndig abzuſtatten / ſo wohl / als auch wegen der Koſt ſich mit euch abzufinden ſchuldig; wuͤrdet ihr nun auch / die angegebene Unkoſten und Schaͤden / allermaſſen euch zu thun oblieget / beſchei - nigen / und die Fiſcheriſche Erben mit ihrer Noth - durfft darauf vernommen werden / ſo ergienge / ob und wie viel ſie euch deßwegen zu entrichten ſchuldig / was recht iſt. V. R. W.
Jnsgemein ſeynd der Kauffleut und andern Bedienten ihre Salaria in Rechten ſo privilegirt / daß ſie (1) in Concurſu Creditorum ein Vor - zugs-Recht vor andern Glaͤubigern haben / Car - pzov. part. 3. Deciſ. 278. & in aſylo Debitorum theſ. 48. Es waͤre dann / daß ein offentliches Sta - tutum desfalls ein anders verordnete. Mevius. ad jus Lubec. p. 423.
So koͤnnen ſolche (2) auch nicht mit Arreſt be - ſchlagen werden / als nur in Subſidium, wann ſonſt gantz keine andere Zahlungs-Mittel vorhanden / und zu erlangen.
(3) Sind ſie auch von allen Steuren und an - dern extraordinairen Auflagen befreyet / Gloſſ. in L. honorem 10. ff. de muner. & honor. Struv. ſyntag. Jurispr. Exer. 50. theſ. 90. ſonderlich die - jenige / die davon leben / und ſich nothduͤrfftig kleiden muͤſſen / und etwan bey ihren Patronis nicht den Tiſch / oder die Koſt / auch kein Quartier haben / ſon -dern511Vom Recht der Kauffmanns-Diener. dern ſich ſolches ſelbſt auſſer Haus ſchaffen muͤſſen / L. ſuo victu 18. L pen. ff. de oper. libert.
Welches aber wieder ſeinen Abfall hat / wann ihnen ſo viel Beſoldung gereichet wird / daß ſie da - mit Gewinn treiben koͤnnten / in welchem Fall ſie nicht ſo wohl in Anſehung der Beſoldung / als daß ihnen daher zuwachſenden Lucri oder Profits / ein gewiſſes zur Steuer erlegen muͤſten. Pet. Greg. Tholoſ. lib. 3. de Rep. c. 4. n. 3. Beſold. de æra - rio cap. 4. verſ. 14.
(4) Wird auch in Cauſa dergleichen Salario - rum Summariè und auf Vorzeigung des Con - tracts / welchen der Diener mit ſeinem Herꝛn aufge - richtet / geſprochen / und executivè verfahren. Weh - ner. obſ. pract. v. Expenſen p. 101. Gail. lib. 1. obſerv. 44. n. 5. & 9. Carpzov. in proc. Jur. tit. 1. art. 1. n. 51.
Was aber das Quantum betrifft / wie viel ei - nem Diener an Beſoldung zu reichen / ſolches kan ſo gewiß nicht determiniret werden; Darnach die Kauffleut und die Dieners / die Handlungen und die Verrichtungen ſeyn / darnach wird viel oder we - nig gegeben / wie ſolches aus denen Contractibus Cap. 2. zu erſehen; Billich waͤre es / daß demjenigen der viel zu verrichten hat / auch viel am Salario gerei - chet wuͤrde. Fritſch. Conſt. 4. n. 173.
Wiewol ſolches heutiges Tags nicht aller Or - ten erfolgen will / indem zwar theils Herꝛn ihren Die - nern genugſame Verrichtungen / aber dabey keine demſelben gemaͤſſe Salaria ertheilen; Nichts deſtowe - niger iſt es / wie anderwaͤrts ſchon gemeldet worden / heutiges Tags mehrentheils eingefuͤhret / daß einHan -512Caput XVI. Handels-Diener zu Haus die Buͤcher ſchreiben / und Correſpondentz fuͤhren / und neben den Con - toir auch die Boͤrs und Magazin / auſſer dem Haus aber die Meſſen / und andere Reiſen verrichten muß; da er dann offt nicht mehr Salarium, als ein ſol - cher empfaͤngt / der nur einerley Verrichtung hat / und entweder auf dem Contoir oder in dem Ma - gazin und Kram-Laden ſeiner Dienſte abwartet.
Jm Fall auch / daß ein ſolcher Diener der all - zuviel / und mit mancherley Geſchaͤfften uͤberladen wird / allen zugleich / kein vollkommenes Genuͤgen ſolte leiſten koͤnnen / hat es ſich ſein Herꝛ ſelbſten zuzu - ſchreiben / als welcher (indem er darunter menagi - ren wollen / daß er einem die Arbeit aufgeleget / an welcher ihrer zwey / ſonſt genug zu tragen gehabt) dieſelbige / wie leicht zu erachten / alsdann ſo voll - koͤmmlich nicht verrichtet bekommt / als wann er ſie / unter mehrere eingetheilet haͤtte. Welches auch der weiſe Heyd Plato wohl angemercket / wann er in ſeinem Buch von den Geſetzen ſchreibet / daß des Menſchen Natur gantz zu wider / ja faſt unmoͤglich ſey / zu gleicher Zeit zweyen verſchiedenen Verrich - tungen ein Genuͤgen zu thun / oder an unterſchiedli - chen Ortrn zugleich zu ſeyn / ſondern wann er ſchon / in dem einen munter und hurtig iſt / ſo bleibet doch das andere indeſſen liegen / oder es wird doch nicht recht verrichtet / wie es ſeyn ſollte. Nam difficile eſt, ut unus Homo duorum Vicem ſuſtineat. ff. de pact. & L. fin. ibi. ne cum ad utrumque feſti - nat, ne utrum bene peragat; Damit er nicht / wann er zwey zugleich thun ſoll / keines recht mache / C. de Aſſeſſ. Carpz. p. 2. Deciſ. 194. n. 5. & 6. oder513Vom Recht der Kauffmanns-Diener. oder wie man im Sprichwort ſagt: Pluribus inten - tus, minor eſt ad ſingula ſenſus, wer zwey Haaſen mit eins verfolgen will / wird ſchwerlich einen davon bekommen; Jndeſſen ſtehet es nicht zu laͤugnen / daß es ſehr bequem ſey / wann man ſolche Diener hat / die in alle Saͤttel gerecht ſeyn / die ſo wohl mit der Feder als Ellen oder Gewicht / mit Kopff - und Hand-Ar - beit zu Haus und auf Reiſen umgehen koͤnnen; ſie - het man es doch wohl an denen / welche ſich eigene Pferde halten / daß ſie gemeiniglich dahin ſehen / daß ſolche beydes zum reiten / als ziehen moͤgen koͤnnen ge - braucht werden / ſie koſten aber auch zuweilen darum ſo vielmehr; gleich alſo iſt es nicht mehr als billich / daß ein Herꝛ / der einen ſolchen Diener hat / welcher in al - le Saͤttel gerecht iſt / ihn auch darnach lohne / und da er Buchhalters Stelle mit vertritt / ihn nicht blos mit eines gemeinen Laden-Dieners Beſoldung ab - ſpeiſe / oder da er in deſſen Verrichtungen / auf wei - ten und gefaͤhrlichen Reiſen ſich hazardiren und ſtrappaziren muß / ihn nur ſo wenig beylege / als einer der Commode zu Haus hinter dem warmen Schreib-Stuben-Ofen / ſeine Zeit mit etwas weni - ges von Schreiben zubringet.
Hingegen ſoll auch ein Diener nicht mehr auf ſich nehmen als er beſtreiten oder dem Leib und Ver - ſtands Kraͤfften nach / verrichten kan; jenes wird ihn zwar die Maas ſelbſt wol lehren / dieſes aber iſt mehrmals eine Vermeſſenheit / da ſich einer dasjeni - ge zu præſtiren ausgiebt / was er da nicht verſtehet / oder dem er nicht gewachſen iſt / in welchem Fall / er allerdings ſeinen Herꝛn davor antworten muͤſte / wann hernach aus ſolcher ſeiner Unwiſſenheit undK kUn -514Caput XVI. Unverſtand / demſelben einiger Schaden zuwuͤchſe / weil hier abermal die Rechts-Regel / quod imperi - tia Culpæ adnumeranda ſit ſtatt findet.
Wie aber einem wohl-verdienten und geſchick - ten Handels-Biener an Lohn nicht zu wenig gegeben werden muß / alſo will auch im Gegentheil Maas ge - halten ſeyn / daß ihm nicht mehr gegeben oder zuge - ſaget werde / als. ſeines Herꝛn Vermoͤgen ertragen kan; nam ita utendum eſt opibus Domini, ut ſatis ſuperſit Hero.
Lorich de Inſtit. Princip. p. 196.
Maximè, quia conſultum eſt proſpicere, ne Miniſtri Rem propriam meliorem, cum detri - mento Domini reddant. Lather. de Cenſu. lib, 1. c. 15. n. 17. Das iſt:
Daß die Diener bey ihren dienen reich / die Herren aber arm werden / welches Letz / e manches Handeis - Patrons ſeines Unfleiſſes / Unverſtands / und Ehr - geitz eigene Schuld iſt; Sein Unfleiß contribuiret darzu / dann / er ſelber nicht acht auf ſeine Hand - lung giebt / ſondern die Diener nach Belieben ſchal - ten und walten laͤßt / und weil er ſelbſt nicht die Hand mit anlegen will; Dahero denen Dienern ſo viel mehr Arbeit aufbuͤrdet / alſo auch ihnen ſo viel mehr an Beſoldung geben muß.
Aus Unverſtand kommt ihme ſeiner Diener Salarium hoͤher / als er es noͤthig zu geben haͤtte / weil er ihre Arbeit nicht zu ſchaͤtzen weiß / und da er derſelben mit vorzuſtehen nicht capable iſt / folglich auch geben muß / was ihme abgefordert wird.
Der Ertzgeitz kommt in ſo weit bey Reichung groſſer Salarien in Betrachtung / daß mancher da -durch515Vom Recht der Kauffmanns-Diener. durch vor Reich und Vornehm / (als wann er es wohl thun konnte / ingleichen / als ob ſeine Handels - Verrichtung ſo groß waͤren / daß ſolche billich auch groſſe Salaria erforderten) will angeſehen ſeyn / un - geacht ſeine Mitbuͤrger und Kauffleut von beyden wohl das Gegentheil wiſſen / nemlich / daß ſeine Caſ - ſa und Handels-Capital, noch viel weniger aber ſei - ne Handels-Verrichtungen / mit ſo groſſen Salariis die er giebet / nicht proportioniret ſeyn; Geſchiehet es aber / daß er nur dadurch die beſten Leute an ſich ziehen / und andern abſpenſtig machen will / ſo iſt es gleichfalls ſehr uͤbel gehandelt / und denen Moral - Geſetzen zuwider.
Jſt demnach die Maſſe zu allen Dingen gut nach welcher ein Handels-Diener / nach Beſchaf - fen / heit der Dienſte / die er leiſtet / nicht mit uͤber - maͤchtiger / noch mit allzu geringer Belohnung oder Beſoldung abgeſpeiſet werden muß / weil es heißt / ein Arbeiter iſt ſeines Lohns werth / wann er ſolche nun nicht der Billichkeit nach empfienge / moͤch - te er verdroſſen werden / und gedencken / exilis Nummus brevem parit Miſſam, Kupffern Geld / Kupfferne Seel-Meß / item Equus malè paſtus malè ambulat, ein Pferd / das nicht wohl gewar - tet wird / kan auch keine groffe Dienſte thun. Ein ſolcher allzuſchlecht beſoldete Diener moͤchte ſich wol gar daruͤber aufs Partiten-machen legen / und ſei - nem Herꝛn auf andere Weiſe abzwacken / was er ih - me an Salario zu wenig giebet.
Dieſem aber vorzukommen / ſoll ein Handels - Patron / was Recht und billich iſt / ſeinen Handels - Bedienten vor die Belohnung ausſetzen; er ſoll be -K k 2den -516Caput XVI. dencken / daß das Jahr lang ſey / daß ein ſolcher Be - dienter vor alles ſtehen und hafften / und mancher Pfitze die Augen austretten / auch manchen ſauren Wind ſich muͤſſe unter die Naſen wehen laſſen. Wie dann auch ein ſolchet Herꝛ der ſeinen Bedienten aus - traͤgliche und hinlaͤngliche Beſoldungen giebet / die - ſelbe um ſo viel mehr anſtrengen kan / daß ſie das Jhrige thun und verrichten muͤſſen / wozu ſie ange - nommen worden; da ſie aber doch untreu und nach - laͤſſig erfunden wuͤrden / haͤtte er ſie alsdann / mit ſo viel beſſern Fug deſto ſchaͤrffer dafuͤr anzuſehen / und zu beſtraffen.
Nicht weniger ſtehet es auch gar ſchlecht / wann einem getreuen Diener ſeine Beſoldung vor - enthalten / ihme nur Tropffen-weiß gegeben / und niemals Richtigkeit mit ihm gepflogen / auch wol gar unter einen und andern nichtigen Vorwand bald die - ſes bald jenes decortiret und abgezogen wird:
L. 5. §. 4. C. de neceſſ. ſerv. hered. inſtit. L. fin. C. de alluvio.
So gar / daß mancher rechtſchtſchaffener Diener offt ſeufftzen und klagen muß;
Oder / wie jener Engelaͤnder von Hof-Dienſten ſchreibet:
Das iſt:
Durus de Paſcolo in aulic. Polit. reg. 349. & 350.
Uber welche Unbillichkeit Herꝛ D. Schutz in ſeinen Reflexionibus Politico-Conſolatoriis Cap. 9. p. 235. nicht unbillig dieſe nachdenckliche Worte fuͤhret:
Es iſt faſt gemein worden / daß die Bedienten nicht allein mit einer ſchlechten Beſoldung verſehen / ſondern auch damit noch lange aufgehalten werden / welches eine tieff zu Hertzen-gehende Sache iſt / wann ein ehrlicher Diener / Tag und Nacht ange -K k 3ſtren -518Caput XVI. ſtrenget wird / und gleichwol nach Verflirſſung der Zahl-Zeit erſt zu gewarten hat / daß er entweder gar abgewieſen / oder wegen der Chicane, die ihm ge - macht wird / einen Theil ſeines Lohns hinter laſſen muß / wann auch gleich den Bedienten / ein anſehn - liches Salarium ausgeſetzet / und damit gleichſam eine gantze Kuh-Haut uͤber ſchrieben worden; ſo iſt doch / wann es zum Einnehmen kommt / eine Nuß-Schaa - le groß genug darzu; Allein / weil ein jeder Arbeiter ſeines Lohn werth iſt / ſo kan es nicht fehlen / GOTT muß endlich ein Einſehen darinnen haben / wo man einen armen Diener das Seinige wieder rechtlich vorenthaͤlt / und nicht zukommen laͤßt / es entſtehet auch gemeiniglich hieraus nichts Gutes; Dann manchmal ein ſonſt treu und aufrichtiger Diener / ſich aus Noth anderwaͤrts vergreifft / oder corrumpiren laͤßt / woran er bey richtiger Bezahlung / des ihme verſprochenen Salarii, nicht gedacht haͤtte.
Bis hieher beſagter Author.
Welches ein ieder Herꝛ um ſo viel mehr zu be - obachten hat / weil die Vor-Enthaltung des Lohns eine von denen vier Haupt-Suͤnden iſt / welche zu GOtt im Himmel ſchreyen. Jch meines Orts hielte davor / ein raiſonnabler Kauffmann / der einen ge - treuen Diener hat / thaͤte ſehr wohl / wann er alle halbe Jahr dem Diener mit Auszahlung ſeines Sa - larii und zwar mit freywilliger Auszahlung deſſel - ben / dem Diener ungefordert / oder ungebeten zu - vorkaͤme; dann weil bey manchen Dienenden / ſon - derlich Ehrliebenden und dabey bloͤden Gemuͤth / die Modeſtie und Schamhafftigkeit ſo groß iſt / daß es lieber Mangel leidet / als daß es um ſein Verdien -tes519Vom Recht der Kauffmanns-Diener. tes Lohn ſordern ſollte / ſonderlich wann es einen muͤrriſchen / eingebildeten und geitzigen Herren hat; als muß derjenige / der in dieſem Fall vernuͤnfftig ſeyn will / dem Diener zuvorkommen / und nicht erſt kaltſinniger Weiſe fragen / ob er auch was noͤthig haͤtte / ſo koͤnnte er ſprechen. Dann in ſolchem Fall trifft offt das bekannte Sprichwort ein / daß derjeni - ge / der fragt / nicht gern gaͤbe. Man laſſe den Die - ner alle halbe Jahr ſein Salarium hinnehmen / und ſolches ſelbſt verwahren / und anlegen / worzu er es noͤthig hat / und halte es vor keinen Gewinn / ſolches in Caſſa zu behalten / dann das pfleget ſehr nach ei - nen eigennutzigen und vilainen Gemuͤth zu riechen / es waͤre dann / daß andere Umſtaͤnde darbey waͤren / und das Abkommen zwiſchen Herꝛn und Diener aus gewiſſen Urſachen alſo getroffen worden / daß das Salarium aufwachſen / und bis zu einer Zeit von Jahren / in des Herꝛn Caſſa und Verwahrungen liegen bleiben / etwan daſelbſt auch Frucht tragen / und nach Ablauff ſolcher Jahre auf einem Bret / nebenſt denen aufgelauffenen Zinſen / erhoben werden ſolte. Auſſer dieſen aber thut ein Diener wol / daß er ſolches nicht auf ſummiren laſſe / weil allerhand Zufaͤlle dar - zwiſchen kommen koͤnnten / da er hernach Difficultaͤt haben moͤchte / ſolches zu erheben.
Hierbey ſtehet aber auch zu erinnern / daß ein Herꝛ nicht ſchuldig ſey / ihme auch zu rathen ſtehe / den Diener vor der Verfall-Zeit / oder ehe er es verdienet hat / zu bezahlen / weil ſolches zu vielen Unordnungen Anlaß giebet / und das voraus gegeſſene Brod her - nach nicht mit ſolchem Eyfer zu verdienen geſuchet wird / als wann man ſolche Belohnung noch zu ge -K k 4warten520Caput XVI. warten haͤtte / jedoch veraͤndern auch in dieſen Stuͤck / die Umſtaͤnde / welche ſich dabey befinden / die Sache / und giebet der Contract, welchen Herꝛ und Die - ner mit einander aufrichten / ſchon beyderſeits die ab - helffliche Maaß.
Es wird aber nicht allein das volle Salarium denen Dienern gereichet / welche ihre wuͤrckliche Dienſte leiſten und verrichten / ſondern auch denen / die durch Krieg / Peſtilentz und andern Zufaͤllen dar - an verhindert worden / juxta l. 13. in pr. ff. de ann. leg l. 38. pr. & §. 1. ff. locat. Sonderlich denen / welche Kranckheits halber / nicht / wie ſie gern wollten / ihrer Herren Dienſte verrichten koͤnnen; Specul. tit. de Salar. §. 3. num. 8. & 9. Covarruv. lib. 3. var. Reſol. 14. Weil eine Kranckheit ein Caſus fortuitus, oder unverhoffter Zufall iſt / den niemand vermeiden kan.
L. 13. §. 7. ff. de Excuf. tut.
Und auch diejenige / als wuͤrcklich dienend an - geſehen werden / welche gern dienen wollten / durch Kranckheit aber daran verhindert werden.
L. 4. §. ff. de ſtat. lib.
Zumal da die meiſte Kranckheiten von den vie - len Muͤh - und Beſchwehrung / welche ein Diener bey ſeinen Verrichtungen auf dem Hals hat / und aus - ſtehen muß / herkommen.
Fr. Stypmannus de Referendar. cap. 8. numer. 37. & 38.
Die jenigen Kauffleute auch unchriſtliche Ge - muͤther haben muͤſten / welche (des menſchlichen Elends nicht eingedenck) den krancken Diener durch Entziehung ſeines Salarii noch mehr Betruͤbnus ma -chen521Vom Recht der Kauffmanns-Diener. chen wollen / da doch derjenige / der heute ſtehet / wohl zuſehen mag / daß er morgen nicht auch ſchon darnieder liege. Jedoch wird dabey erfordert / daß die Kranckheit alſo bewand und beſchaffen ſey / daß einer deswegen unmuͤglich ſein Amt verrichten koͤnne.
arg L. 1. §. 7. ff. de Ædilit. Edict. L. 60. ff. de Re judic.
Dann / wann ſich einer muthwillig kranck ge - ſoffen / oder gehuret / oder nur ein ſchlechtes Fieber an ſich haͤtte / mag ihme ſolches zum Vorwand nicht zu ſtatten kommen.
Gloſſ. in c. placuit diſt. 18.
Nechſt dieſem gebuͤhret auch die volle Beſol - dung / denen / die in ihrer Herren Dienſten abweſend ſeyn.
L. ſi longius 18. in pr. ff. de judic.
Jnſonderheit aber iſt ein Herꝛ / alte abgelebte Diener billich bey ſich zu behalten / ſchuldig / alſo / daß ſie nicht gleich denen alten Pferden und Hunden / wann ſie keine Dienſte mehr thun koͤnnen / ſtracks ab - geſchaffet / oder Huͤlff-loß gelaſſen werden / damit er ſich nicht mit dem ſchaͤndlichen Laſter der Undanck - barkeit beſudele.
c. quamvis triſte 8. q. 1. L. 1. §. 13. ff. de var. & extraord. Co - gnit.
Jnmaſſen dann ſolchen Emeritis in ihren Al - ter / nicht allein Ruhe zu laſſen / ſondern ſelbige auch / mit einer austraͤglichen jaͤhrlichen Proviſion und Gnaden-Beſoldung dergeſtalt zu bedencken ſeyn / daß ſie keinen Mangel leiden doͤrffen.
K k 5arg. 522Caput XVI.arg. l. Lucilius: ibi: veteranis in prœ - mium aſſignatis ff. de Evict.
Dahero unſere vorgeſchlagene Stifftung vor die Kauffmanns-Bediente / aus welcher dergleichen alte wohl verdiente Handels-Bediente / ebenfalls ei - nen Zubuß zu ihrem Unterhalt im Alter zu hoffen / denen Herren Kauffleuten / ſo viel recommanda - bler ſeyn ſollte / das Jhrige zu einem ſo Loͤblichen Werck gleichfalls beyzutragen / oder auch unter ſich ſelbſt ein ſolch Geſtifft ad pium uſum zu machen / dar - innen ſie ihre alte wohlverdiente Diener Lebenslang verſorgen koͤnnten / welches beſſer ſeyn wuͤrde / als an ſolche Erben / Oerter oder Perſonen zu verma - chen / und zu legiren / die deſſen keinen Danck wiſſen / ſelbſt genug haben / ſolches Ubel anwenden / oder bey welchen (wie heutigs Tags bey vielen uͤbel ange - wandten Legatis geſchiehet) das dahin vermachte Capital, in todte Haͤnde faͤllt / in welchen es nim - mermehr wieder zum beſten des gemeinen Weſens unter denen Lebendigen zu rouliren ans Tages-Liecht kommet.
Ferner / ſo gebuͤhret auch denen Dienern wieder / welche rechtmaͤſſiger Weiß der Herꝛ einer Ubelthat / oder andern Urſachen halber inquiriren laͤſt / dan - noch ihre Beſoldung / ſo lang ſie wuͤrcklich in Dien - ſten geweſen;
Speidel in Spec. jur. voc. Beſoldung.
Wie nicht weniger denen / welchen die Herꝛ - ſchafft ſelbſt gehindert / oder denen nichts zu verrich - ten gegeben / ſie aber indeſſen zu ihren Dienſten alle - zeit parat geſtanden / und auf Ordre und Befehlwar -523Vom Recht der Kauffmanns-Diener. warten muͤſſen / zumal / wann ihnen ihre Dienſt nicht aufgekuͤndet worden.
L. 19. §. 9. ff. locat. Richter Conſil. 162. numer. 11. & 12. vol. 2.
Und obſchon des Salarii wegen kein gewiſſes Quantum conſtituiret / exprimiret oder bedungen worden / alſo / daß es ſchiene / man koͤnnte von dem Handels-Patron mit Fug und Recht nichts for - dern;
per L. 5. §. 3. ff. mandat. vel contra,
Sondern es nach dem alten Sprichwort heiſſen moͤchte: Wer auf Gnade dienet / dem wird mit Barmhertzigkeit gelohnet.
Möller p. 1. Conſt. Saxon. 28. n. 8.
So iſt doch der Richter / wann es zur Klage kommt / in Anſehung des Dieners ſeiner geleiſteten Dienſte ſchuldig / ex officio ein gewiſſes zur jaͤhrlichen Beſol - dung zu arbitriren und zu erkennen.
Richter part. 2. vol. 1. Conſ. 17. n. 36. & ſeqq. Schneidewin in Comment. ad Inſt. lib. 1. tit. 22. n. 13.
Und zwar ſo viel / als andere dergleichen / die man jaͤhrlich pfleget / gereichet zu werden.
Brunnemann. ad L. 13. §. fin. ff. locat. nu - mer. 30.
Da auch des Dieners ſein Herꝛ ſtuͤrbe / ſo waͤren doch deſſen Erben die verſprochene Beſoldung ab - zuſtatten und zu bezahlen ſchuldig.
Carpzov. Dec. 88. n. 16.
Stuͤrbe aber der Diener innerhalb des Jahrs / under524Caput XVI. er haͤtte mit ſeinem Herꝛn auf Jahren contrahirt / ſo waͤre ſolcher an des Dieners Erben nichts mehr an Beſoldung heraus zu geben / ſchuldig / als nur ſo viel / als die Zeit betruͤge / die der Diener wuͤrcklich gedienet hat;
Vid. Marquard de jure Mercatorum. lib. 3. cap. 6. num. 91. & ſeqq.
woſelbſt er auch ex lib. 1. art. 22. juris Saxonici oder dem Land-Recht anfuͤhret.
Stirbet der vermuthete Mann / eh er ſein voll - koͤmmlich Lohn verdienet / welches ihme verheiſſen worden; man iſt ſeinen Erben nicht mehr pflichtig zu geben / als / ſo viel er verdienet hat / und ihme gebuͤh - ret / biß auf die Zeit / da er ſtarb.
Vielmehr waͤre ein Handels-Patron befugt / wann er ſeinem Diener aus Gefaͤlligkeit etwas vor - aus bezahlt haͤtte / ſolches nach Abtheilung der Zeit von deſſen Erben wieder zu begehren / vid. Franzk. ad tit. ff. locat. n. 193. Carpzov. part. 2. deciſ. 136. &c.
Ein anders iſt es mit denen Gelehrten / welche / wann ſie ſich eine jaͤhrliche Beſoldung bedungen / und unter dem Jahr geſtorben ſind / dieſelbe nichts de - ſto minder voͤllig auf ihre Erben verfallen / wie zu ſe - hen ex l. 38. §. 1. ff. locat. l. 15. §. 1. C. de Advo - cat. &c.
Und ſo viel von dem Salario, welches ein Han - dels-Diener / in ſo weit er redlich und treu gedienet / rechtmaͤſſig zu prætendiren hat. Folget nun / wann er in ſeines Herꝛn Geſchaͤfften / und vor deſſen Rech - nung / wie auch zu ſeines Handels Beſten mit andern contrahirt / wie gedachter ſein Herꝛ dafuͤr gehaltenſey /525Vom Recht der Kauffmanns-Diener. ſey / und Krafft des 3. Tit. ff. lib. 14. und des 25. Tit. lib. 4. Cod. de inſtitoria Actione, in ſoli - dum ad id, quod ex Contractu Præpoſiti debe - tur, koͤnne belanget werden.
Das Formular der Action, woraus zugleich der Caſus ſo viel klaͤrer werden wird / moͤchte ſo dann etwan folgender maſſen abgefaſſet werden.
Præmiſſo Titulo.
DEnenſelben verhalte nicht / daß Dero Burgers und Handelsmanns N. N. Laden-Diener / in der Leipziger Oſter-Meß lauffenden Jahrs bey mir 3. Stuck Engliſchen Tuchs und 6. Stuck derglei - chen Zeugs abgeholet / und veſtiglich zugeſaget / daß innerhalb Monats-Zeit der Werth davor / mit 320. Rthl. mir ſollte vergutet werden / zu dem Ende / ich / mich auf dieſes Verſprechen gewiß verlaſſend / 2. pro Centum auf der Summa nachgelaſſen. Ob ich nun gleich ſo wohl den Principalen / als obbeſagtem Laden-Diener / ſolchen zu ſelbſt eigenen Vortheil ge - ſetzten Termin ſchrifftlich errinnert / mir das Preti - um der verkaufften Waaren baar zu uͤberſchicken; angeſehen / ich dieſer Urſach wegen den Preiß ſo civil geſtellt habe / ſo iſt biß anhero doch nichts er - folget / und ſehe ich / daß ich mit einem ſchlechten Be - zahler zu thun habe. Wann aber kein Kauff de jure ohne Erlegung des Ptetii conventi als eſſentialen Stuͤck dieſes Contracts mit Beſtand geſchehen mag / und zweytens ein jeglicher Handelsmann vor ſeinen Laden-Diener / ſo weit er Namens ſeines Prin - cipalis zu handeln beſtellt / und der Contract ſichauf526Caput XVI. auf das Commercium Domini referiret / zu be - zahlen unausfluͤchtig verbunden.
Per l. 5. §. 12. l. 11. §. 5. ff. l. 2. & 3. C. de inſtitor. Actione. Hermannus Stamm de jure ſive ſervitute perſonali lib. 1. cap. 20. per totum.
Als bin gemuͤſſiget worden / mich hieher zu begeben / und mittelſt dieſer mir ex adverſo propter retar - datam ſolutionem pretii conventi abgenoͤthigten inſtitoriæ actionis E. H. E. dienſtlich zu erſuchen; Sie geruhen beſagtem Burger und Handelsmann N. N. forderſamſt vorzufordern / ihn uͤber meine Klag zu verhoͤren / und da er dagegen nichts / wie ich wol verſichert bin / einzuwenden weiß / auch des Em - pfangs der gerechten Waaren geſtaͤndig iſt / ihn ſo fort in die bare Abſtattung des verglichenen Werths ex mora mit gebuͤhrender intereſſe und cauſirter Reiß-auch Zehrungs-Koſten / per ſententiam zu condemniren / und exequendo anzuſtrengen / hier - uͤber juris & juſtitiæ celerem adminiſtrationem inſtanter implorirend / verharre ich ꝛc.
P. P.
DEnenſelben gebe gehorſamlich zu erkennen / was Geſtalt ich bereits vor 8. Wochen / Dero Burgers und Schiff-Rheders N. N. ſeinem (mit ſeinem Schiff hieher gekommenen) Diener / wie auch dem auf dem Schiff beſtellten Schiffer / auf ihr beyder ſeytiges Anſuchen / zur Reparation des ge - dachten / durch Sturm ſehr beſchaͤdigten Schiffs 200. Reichsthl baar Geld / laut ihrer Qittung vor - geſchoſſen / wobey ſie ſich dann anheiſchig gemacht / daß - ſo bald ſie wuͤrden zu Haus gekommen ſeyn / ſie ihren Patron erinnern wollen / daß er mir gleich mein vorgeſchoſſenes Geld zu Danck wieder mit ge - buͤhrender Intereſſe erſtatten ſollte.
Ob ich nun wohl biß hieher / immer von einem Tag zum andern ſehnlich darauf gewartet / auch be - reits zweymal ſchrifftlich darum Anſuchung gethan / ſo iſt doch niemals nichts erfolget.
Wann aber zu Recht verſehen / daß / was dem Magiſtro Navis in uſum rei, ſcil, ad reparan - dam navem, eamque inſtruendam nec non ad exhibendos Nautas, verglichen worden / der Ei - genthum utpote Exercitor Navis zu erſtatten ſchuldig
Per l. 1. §. 8. ff. h. tit. & l. ult. ibidem.
Und aber unlaugbar iſt / daß die Refection des uͤbelzugerichteten Schiffs / mit meinem Geld ge - ſchehen / dahero billich mit Wiedererſtattung deſſel - ben nicht aufgehalten werden ſollte; Als bin gemuͤſ - ſiget worden / mich ſelbſt hieher zu begeben / und mittelſt dieſer Exercitoriæ actionis E. Hoch-Edl. gehorſamſt zu erſuchen / ſie geruhen beſagten Eigen -thuͤ -528Caput XVI. thuͤmern und Exercitorem Navis perſoͤnlich vor - zubeſcheiden / denſelben uͤber dieſe meine Klage zu vernehmen / und indem mein Vorleyhen unwider - ſprechlich / in rem & utilitatem ſuam verwandelt worden / ihme von Obrigkeits wegen / in die ſchleu - nige Erſtattung des Crediti, wie auch die / ex mo - ra davon verfallenen Intereſſe, und mir verurſach - ten Unkoſten zu condemniren / und exequendo mir zuzueignen. Hieran verrichten dieſelbe / was die deutliche Rechte verordnen / und ich bin in getroͤ - ſtender Zuverſicht ſchleuniger Juſtitz-Mitthei - lung / ꝛc.
Aus welchem nun klar erhellet / daß / was ſol - cher Geſtalt ein Diener vor ſeinem Herꝛn / und in deſſen Namen ſchlieſſet und contrahiret / er der Diener nicht dafuͤr gehalten ſey / ob wohl einige l. 7. §. 11. ff. ad SCt. Macedon. im Gegentheil an - fuͤhren wollen; Allein dieſes iſt gewiſſer / daß der Præponens oder der Handels-Patron, welcher zur Verrichtung ſeiner Geſchaͤffte / einen darzu autho - riſirten Diener vorſetzet / der dasjenige / was als - dann ein ſolcher Diener / in Abſicht auf ſeines Herꝛn Dienſte ſchlieſſet und verrichtet / gehalten ſey / §. ea - dem ratione. Inſt. quod cum eo l. 5. l. 17. & t. t. ff. h. tit. ſo gar / daß / wann auch gleich der Die - ner eine Obligation in ſeinem eigenen Namen aus - gegeben / und darinn das empfangene Geld auf ei - ne gewiſſe Zeit wieder zu zahlen verſprochen haͤtte / ſolches aber alles in ſeines Principalis Namen / und auf deſſen Ordre alſo geſchehend / dabey ſetzte / er der Diener bey der Verfall-Zeit des Geldes nicht / wohl aber ſein Principalis dafuͤr koͤnte belangetwer -529Vom Recht der Kauffmanns-Diener. werden / per l. fin. ff. de Inſt. act. & l. 1. ff. eod. Dahero die Rechts-Lehrer einmuͤthiglich dahin ſtim - men / daß / ob gleich ein ſolcher Handels-Diener ſich tauſendmal als Selbſtſchuldner verſchrieben haͤtte / er darum doch nicht koͤnte belanget werden / weil ers nur / Factorio Nomine, und aus der ihme von ſei - nem Principal darzu ertheilten Vollmacht gethan / wie ſolches ex Angelo ad l. 9. ff. de duobus Reis referiret Decius Conſil. 510. n. 5. und vor den Angelum auch ſchon dieſer Meinung geweſen / Jacob de Aren. Butrigar. Cyn. in l. 7. C. qui cum eo, es waͤre dann / daß ſie die Diener ſich in ſpecie vor ihre Herren in Buͤrgſchafft eingelaſſen / welcher Geſtalt auch der Herꝛ Carpzovius in ſei - ner Præf. defin. forenſ. zu verſtehen iſt / wann er daſelbſt behauptet / daß ein Inſtitor durante officio (ſo lange er in Dienſten ſtehet /) vor ſolcher im Na - men ſeines Patrons gemachte Schuld gehalten ſey / wie ſolches dieſer vortreffliche Practicus ſelbſt alſo erklaͤret / lib. 4. Conſil. tit. 10. Conſ. 18. n. 6. oder wie Herꝛ Stryck. in ſeinen Cautelis Con - tractuum Sect. III. Cap. V. §. 19. ſchreibet / daß etwan derjenige / der einem Diener (welcher in ſei - nes Patrons Geſchaͤfften etwas negocirt Geld auf Wechſel oder auch Waaren auf Zeit anver - trauet / mehr auf ihm / dem Diener / deſſen gege - benes Wort und ehrliches Gemuͤth / als auf ſeinem Patron geſehen haͤtte / in welchem Fall / er / der Die - ner / nicht ſo wol in waͤhrenden ſolchen ſeinen Dienſt - Jahren / ſondern auch ſo gar depoſito officio, oder nach Endigung derſelben / davor gehalten waͤre / und ſo wohl als ſein Herꝛ belanget werden koͤnnte; da -L lhero530Caput XVI. hero auch in dem Fall / da ein ſolcher Diener auf ſei - nes Herꝛn Wechſel gezogen / der Patron aber hier - auf / ehe der Wechſel bezahlt worden / Banquerot gemacht haͤtte / der Geber des Gelds mit einem Eyd darthun muͤſte / ob er / als er das Geld auf Wechſel gegeben / mehr auf dem Diener als ſeinem Princi - pal geſehen / und getrauet haͤtte / in welchem Fall auch der Diener davor gehalten ſeyn muͤſte / wie ſol - ches an bemeldtem Ort / in einem von der Loͤblichen Juriſten Facultaͤt zu Halle in gleichem Caſu gegebe - ben Reſponſo mit mehrern ausgefuͤhret / zu erſehen iſt; Daß aber ein Handels-Patron vor ſeines Die - ners Handlung gehalten ſey / iſt um ſo viel billiger / weil auch der Nutzen / den ſolcher damit ſchaffet / ihme dem Principali zu gut kommt; dahero auch der Schaden billich demſelben zu Laſt kommen muß / l. 1. in pr. ff. d. t. Mevi. tit. 6. art. 5. n. 1. & ſeqq. de Empt. & Vend. Stadt Luͤbeck.
Es gehet aber ſolches nur an / wann der Diener eine generale Vollmacht / ſeines Herꝛn Hand - lung / nach ſeinem beſten Wiſſen und Vermoͤgen / in allen Stuͤcken zu reſpiciren / empfangen / und in Handen haͤtte / mit freyer Macht zu thun und zu laſſen / wie es ihm gut gedaͤchte / wie ſolches unter Kauffleuten zu geſchehen pfleget / daß ſie dergleichen Vollmachten / ihrem in ihren Verrichtungen aus - gehenden / Diener ertheilen / wie ſolches Köppen. Deciſ. qu. 21. n. 1. berichtet. Ein anders aber waͤ - re es / wann der Diener eine generale Vollmacht / und freye Hand nicht haͤtte / als daß er z E. Geld auf Wechſel nehmen / Waaren auf Zeit einkauffen / und dergleichen Handlungen mehr / verrichten ſollte /ſon -531Vom Recht der Kauffmanns-Diener. ſondern daß ihme nur eine limitirte Commiſſion gegeben worden waͤre / welche er nicht uͤberſchreiten doͤrffte / und er wollte doch deme ungeacht auf ſei - nen Herꝛn Wechſel ziehen / und in deſſen Namen Gelder aufnehmen / ſo wuͤrde ſolche ſein Herꝛ zu ac - ceptiren und zu bezahlen nit ſchuldig ſeyn / vide eben - falls Supr. cit. Köppen d. q. n. 3. & ſeqq. wo er noch viel mehr Authores anfuͤhret / und n. 12. die - jenige / welche anders meynen / wiederleget / wel - ches / daß es auch in Wechſel-Geldern vor allen ſtatt finde / aus Deciſ. Rot. Genu. 14. n. 88. & ſeqq. erhellet / daß nemlich ein Diener auf ſeinen Herꝛn keine Wechſel ziehen koͤnne / er ſeye dann hierzu aus - druͤcklich bevollmaͤchtiget / l. 1. C. h. t. ubi text. apert. l. cuicunque 5. §. ſi quis piſtor 9. ff. eod. Nachdem aber auch ein ſolch aufgenommenes Geld ſecundum Baldum angeſehen kan werden / als eine Negociatio per ſe diſtincta, die nehmlich zum Einkauff der Waaren gereichen kan / ſo wird in die - ſem Fall dafuͤr gehalten / daß dem Diener zugelaſ - ſen ſey / vor ſeines Herꝛn Rechnung Geld aufzuneh - men / wann es zur Erkauffung der Waaren ge - ſchicht / und daß er alsdann vor ſolches aufgenom - mene Geld gleichſam ſtillſchweigend bevollmaͤchti - get ſey / Maſtrill Deciſ. 204. n. 7. Zum Exempel / ein Kauffmann ſchickte ſeinen Diener aus / Wolle einzukauffen / gebe ihm aber kein Geld mit / ſo wuͤr - de ſchon dafuͤr zu halten ſeyn / er haͤtte ihm gleichſam ſtillſchweigend die Macht eingeraumet / Geld zu ſol - chen Woll-Kauff vor ſein des Principalis Rech - nung von andern Leuten aufzunehmen / l. cuicun - que 5. §. ſed etſi pecuniam 13. ff. de inſtit. act. L l 2l. ult. 532Caput XVI. l. ult. §. 2. in fin. ff. de Exercit. Act. Woſelbſt der Nothwendigkeit / welche des Einkauffs der Waaren halber einem ſolchen Diener oblieget ge - dacht wird. Rot. Gen. Deciſ. 14. n. 88. & ſeqq.
Wie aber / wann der Diener / welcher Geld zur Einkauffung der Waaren / vor ſeines Herꝛn Rech - nung / oder ein Schiffer / der Geld zum Behuff ſeines Rheders-Schiff / vor deſſen Rechnung auf - genommen / ſolches nicht zum Erkauff der Waaren / oder Nutzen des Schiffes / ſondern in ihrem Ei - genen anwendeten / koͤnte man deßfalls auch den Præponentem oder Rheder belangen? wir antwor - ten: Nein / und beziehen uns deßfalls auf l. 1. §. 8. 9. 10. ff. de Exercit. Act. & Loccen. de jure Marit. lib. 3. c. 7. n. 7. Welches auch Herꝛ Marquard. lib. I. Cap. 8. n. 29. & ſeqq. de jure Mercat. mit folgenden beſtaͤrcket.
Weil ein Præponent, Handels-Patron oder Schiffs-Rheder / anderſt nicht aus ſeines Dieners oder Schiffers Thun und Contrahiren / kan ver - bindlich gemacht werden / als nur in ſo weit / als der Schiffer oder Diener nichts anders thut / als wor - zu ihme ſein Herꝛ Commiſſion und Vollmacht ge - geben / auſſer dem giebt der Prætor keine Action in Exercitorem, l. 1. §. non autem ex omni 7. ff. de Exercit. Act. Præpoſitio enim certam legem dat Contrahentibus d. l. 1. §. igitur Præpoſitio d. t. Loccen. de jure Marit. lib. 3. c. 7. §. 5. 6 Rot. Gen. Deciſ. 14. n. 14 uͤberſchreitet aber der Die - ner oder Schiffer die Graͤntzen ſeiner Commiſſion, als daß er etwan / die ihme von ſeinem Herꝛn anver - traute Waaren oder Schiff verſetzte oder verpfaͤn -dete /533Vom Recht der Kauffmanns-Diener. dete; in ſolchem Fall / waͤre ſolches / weil es ihme nicht befohlen worden / gantz unguͤltig / wobey dann nicht unbillig die Frage vorkommt / ob eines Dieners oder Schiffers Schuld / welcher mit ſei - nes Herꝛn Schiff und Guͤtern muthwilliger Weiß den Zoll verfahren / ſeinem Principali oder Rhe - der zu Laſt kommen koͤnne / und ob der Befrachter oder Rheder actione Exercitoria gehalten ſey: Herꝛ Mevius ad art. 6. tit. 3. lib. 2. Stat. Lubec. n. 20. antwortet / daß zwar der Befrachter / aber nicht der Rheder deßfalls angeſehen werden koͤnne; da er dann zugleich n. 21. anfuͤhret / in wie weit vor ſeines Schiffers Schuld ein Rheder gehalten ſey oder nicht. Dann ob gleich die Regul waͤre / ein Rheder muͤſte vor alle und jede Handlungen ſeines Schiffers ſtehen / damit die mit ihm Contrahiren - de nicht betrogen wuͤrden / d. l. 1. §. 5. ff. de Exer - cit. Act. ſo iſt doch ſolches zu verſtehen / ob die Vor - ſetzung des Schiffers / auf ſich und unter andern auf dasjenige / was geſchehen iſt / oder durch ihm ver - ſehen worden / ſich erſtrecke / dem Befrachter aber liege alsdann ob / die Bezahlung der Waaren / nicht aber dem Rheder; in dem es kein Theil der Fracht iſt / wiewohl hierinn / wie ebenfalls unſer Herꝛ Marquard gar wohl d. l. erinnert / was an einem Ort Herkommens und eingefuͤhret ſey / muß in Obacht genommen und bewieſen werden.
Ferner iſt auch noͤthig / wann ein Herꝛ aus ſei - nes Dieners Handlung ſoll obligiret werden / daß er ſolche in ſeinem Namen verrichtet habe / welches aber zu beweiſen / des Inſtitoris, Procuratoris, oder Dieners bloſſe Bekaͤnntniß / ob ſie auch gleichL l 3ſchrifft -534Caput XVI. ſchrifftlich in der Obligation geſchehen / ſeinem Herꝛn / oder dem Præponenti nicht ſchadet / ſon - dern es muß ſolche Præpoſitio, oder Vorſetzung / auch auf weſſen Abſicht und Namen der dritte Mann dem Diener die Waaren creditiret und ver - kaufft habe / noch weiter her / nehmlich aus dem ge - meinen Geruͤcht / durch briefliche Kundſchafften / oder durch Rechnungs-Buͤcher bewieſen werden / und in ſolchen wie Maſcard. de Probat. Concluſ. 369. n. 6. & ſeqq. Köppen Deciſ. 21. n. 2. h. t. lehren / klar gezeiget werden / daß auf des Principa - lis Credit und Rechnung / der Verkauff geſchehen ſey. Ferner / ſo muß auch nach jetzigen Kauffmanns - Stylo, der Verkauffer dem abweſenden Kaͤuffer / (in ſo ferne die Waare auf Zeit gekaufft worden /) ſolches noch vor dem Verfall-Tag notificiren / oder auch von dem Diener einen Schein nehmen / auf weſſen Rechnung er ſolche Waaren gekaufft / da - mit / wann etwan hernach der Diener untreulich bey der Waar handelte / der Verkaͤuffer deßfalls nicht gefaͤhret ſeyn moͤge / ſondern ſich wieder an deſ - ſen Principal erholen koͤnne. Dann ſo der Die - ner oder Factor keine gewiſſe / und auf ausdruͤck - lich benennte Perſonen gerichtete Vollmacht haͤtte / oder auch von einem Frembden mit dem Diener nicht in Abſicht / auf deſſen Herꝛn waͤre gehandelt worden / d. l. 6. §. 1. de Negoc. geſtis. ſo iſt ge - wiß / daß er der Diener allein / nicht aber der Prin - cipalis daraus verbindlich gemachet wuͤrde. Gloſſ. in lib. 6. §. 1. in verb. quia ex abundanti ff. de Negoc. geſt. l. 13. C. ſi cert. pet. l. 7. §. 1. ff. quod cum eo qui in alien. pot. mit welchem auch uͤberein -ſtim -535Vom Recht der Kauffmanns-Diener. ſtimmet das Luͤtiſche Recht. Art. 1. & 2. de Com - mod. Hand muß Hand wehren / und wo einer ſeinen Glauben gelaſſen hat / da muß er ihn wie - der ſuchen; worzu noch (2.) kommt / daß in foro Mercatorum gebraͤuchlich iſt / daß die auslaͤndiſche Factores, was ſie vor ihre Principales oder Com - mittentes einkauffen / ſolches gemeiniglich auf ih - ren eigenen und nicht auf der Principalen ihren Credit nehmen / und dahero vor dem Einkauff / ih - re Proviſion, und vor die Gelder / welche ſie vor - ſchieſſen Intereſſe nehmen; bleibet alſo in dieſer Sa - che ein vor allemal der veſte Grund-Satz / daß / was ſolcher Geſtalt ein Diener von ſeinem Herꝛn / mit Beſtand Rechtens handeln ſoll / ſolches in ſeines Herꝛn Namen / und zu ſeinem Nutzen geſchehen muͤſſe / ob er gleich nicht allezeit im Kauff ſchlagen oder contrahiren noͤthig hat / dabey zu ſagen / er thue dieſes in ſeines Pricipalis Namen; ſondern es iſt genug / daß er zuvor ſich genugſam legitimiret habe / daß er vor ſeinen Principal negociire / und vor ſich nichts thun wolle / Berlich Deciſ. 15. n. 5. 6. Wann man aber in dergleichen Handels - Sachen nicht zu vorſichtig ſeyn kan / ſo wird ein Han - dels-Diener vor ſich ſelbſt deſto ſicherer gehen / wann er allenthalben ſeines Patrons Namen dabey nen - net / und erklaͤret / daß er nichts anders / als auf deſſen Nutzen gethan / geſchloſſen / getrauet und aus - genommen haben wollte.
Er muß aber auch dabey keine groͤſſere Sum - mam contrahiren / als zu ſeiner vorhabenden Hand - lung ihme noͤthig iſt / Alex. Conſil. 44. lib. 2. Dd. in fin. ff. de Exercit. Act. und andere mehr; wannL l 4er536Caput XVI. er nun dieſen und andern in dergleichen Faͤllen er - forderten Requiſitis getreulich nachkommt / ſo iſt ein oder mehr ſeiner Principalen / vor das / was er ihrentwegen gethan und geſchloſſen / kraͤfftigſt gehal - ten und verbunden / l. ſi tamen verſ. ſed ſi unum & ibi Br. & Dd. ff. de Exercit. Act. wiewohl ſie / wann ihrer mehr als einer ſeyn / von welchen der Diener Vollmacht traͤgt / das Beneficium Diviſio - nis zu genieſſen haben / indem die Inſtitoria und Exercitoria nicht ſo wohl Actiones an ſich ſelbſt / als Actionum qualitates ſeyn / welche ſich auf natuͤrliche Rechte gruͤnden / wiewohl Oldendorp. Claff. 4. Act. 4 n. 8. anderer Meinung iſt. Gro - tius hingegen / lib. 2. de jure bell. c. 11. §. 13. behauptet / daß es nach denen Roͤmiſchen Geſetzen ſehr uͤbel eingefuͤhret ſey / daß vor des Schiffers Verbrechen / Schuld oder Verſehen / alle die Rheders insgeſamt / und auch einer vor alle gehal - ten ſeyn ſollten / welches der natuͤrlichen Billigkeit zu - wider lieffe / als die ſich genuͤgte / wann jeder ſeinen Antheil zahlen muͤſte; wie dann ſolches auch dem Commercio zutraͤglicher waͤre / weil ſonſt ihrer viel von Schiff-Rhedereyen wuͤrden abgeſchroͤcket wer - den / wann ſie in Solidum vor des Schiffes Ver - ſehen hafften ſollen; dahero auch beſagte Roͤmiſche Geſetze / bey denen der Handlung ohne dem ſehr er - fahrnen Hollaͤndern in keiner Obſervantz waͤren / ſondern es waͤre vielmehr verordnet / daß auch die ſaͤmtliche Rheders / vor nichts mehr ſollten gehal - ten ſeyn / als nur ſo viel als das Schiff mit ſeiner Zubehoͤr geſchaͤtzt wuͤrde. Grot. d. l. wo er allegirt l. qui abſenti ff. de acquir. Poſſeſſ. vid. 537Vom Recht der Kauffmanns-Diener. vid. etiam Peck. & Vinnium, ad h. t. p. 93. Loccenium de jure Mar. Lib. 3. c. 7. §. cum ſeqq. Dieſem allen aber ungeachtet / fuͤh - ret doch Herꝛ Marquard ein Præjudicum an / daß E. Hoch-Edler Magiſtrat der Stadt Luͤbeck in Cauſa Stralſund. A. 1651. den 16. April. anders / und zwar / daß die Rheders in Solidum verbunden waͤren / geſprochen habe. Wie aber dieſes in So - lidum in dergleichen Faͤllen expliciret werde / da - von iſt zu ſehen Loccenius d. c. n. 9. & 10.
Es iſt aber ferner ein Inſtitor oder Kauffmanns - Diener gehalten / demjenigen auch ſeiner Seits ein Genuͤgen zu thun / was er ſeines Principalis we - gen / und in deſſen Namen mit andern geſchloſſen hat / ſonderlich von denen Guͤtern / die er unter Han - den hat / aus welcher er denen die daran zu fordern und darauf contrahiret hatten / Genuͤgen leiſten muß / und ſie nicht gleich an ſeinen Principalen ver - weiſen darf / ſondern er muß dem einmal geſchloſſe - nen Contract nachleben / l. 42. ff. de pignorat. Act. ſollte es ihm auch gleich von ſeinem Herꝛn ver - boten ſeyn / ſo iſt er doch ſo lang er die Waare oder das Geld noch zum Auslieffern in ſeiner Hand und Gewalt hat / nicht an ſolch Verbot gebunden; wann ers auch nicht thun wollte / koͤnte er doch gerichtlich darzu gezwungen werden. Da auch das angeſpro - chene Geld nicht mehr vorhanden waͤre / ſo iſt er doch ſchuldig / ſeines Herꝛn andere Guͤter abzutretten / da - mit denen / welche Anſpruch und Forderungen daran haͤtten / ein Genuͤgen geleiſtet werde. Arg. l. 35. §. ult. ff. de Procur. adde Deciſ. Rot. Gen. 33. n. 6. Ob aber auch jemand einen Handels Die -L l 5ner /538Caput XVI. ner / aus ſeines Herꝛn Contract, anderwaͤrts be - langen koͤnne / iſt hier abermal die Frag / Cæpol. vol. 2. Conſ. 14. n. 15. und Jaſon in l. 29. ff. de rebus Creditis behaupten / daß es alſo zu Vene - dig eingefuͤhret ſey / wiewohl die meiſten Rechts-Leh - rer hingegen / mit dieſer Gewohnheit nicht uͤber - einſtimmen / ſondern eine mildere Meinung fuͤhren.
Was des Acceptiren der Wechſel-Briefe durch Dieners betrifft / ſo ſchreibet hiervon offtbe - melder Herꝛ Marquard. lib. 2. Cap. 12. §. 44. als folget: Bey denen Jtaliaͤnern iſt es wohl ge - braͤuchlich / daß ein jeder die auf einen andern gezoge - ne Wechſel-Briefe / zu Ehren deßjenigen / der ſie ge - zogen / annehmen und bezahlen kan / daraus ihme hernach eine Action gegen demjenigen zuwaͤchſt / der ſolche Briefe ausgegeben / Deciſ. Roth. Gen. 32. n. 1. mit welchem uͤberein kommt der 9. Art. der Hamburger Wechſel-Ordnung. Welches aber nach heutigen Kauffmanns-Stylo alſo zuverſtehen / wann derjenige / auf dem die Wechſel gezogen wor - den / zuvor denſelben zu acceptiren / ſich geweigert haͤtte / und der Præſentans allbereit deßfalls den Proteſt haͤtte machen laſſen; dann wie es nach der Kauffleut Regel heiſſet / ſo iſt es nicht Styli, daß ein Tertius unter Kauffleuten ſich præſentiren koͤn - ne / diejenige Briefe / ſo auf einem andern gezo - gen zu acceptiren / ehe und bevor derjenige / auf welchen die Briefe gezogen worden / ſolche proteſti - ren laſſen / ſo gar / daß auch keinem Diener ohne Wiſſen ſeines Herꝛn / und ohne ausdruͤcklichen Be - fehl / einen Wechſel-Brief zu acceptiren im gering - ſten erlaubet iſt / wie ſolches aus verſchiedenen Pa -reres539Vom Recht der Kauffmanns-Diener. reres vornehmer Kauffleute zu Franckfurt und an - derswo demonſtrirt. Vogti de Cambiis theſ. 7. p. 108. und eben ſolches auch obangezogenen Ham - burger Wechſel-Ordnung. Art. 8. & 9. alſo haben will / in Verbis: Wann ein Diener ohne ſchrifftli - che Vollmacht und Inſtruction einen Wechſel - Brief / der an ſeinen Herꝛn conſigniret iſt / accepti - ret / ſo iſt der Herꝛ denſelben / wann er verfallen / zu bezahlen nicht verbunden; hat aber der Diener ſchrifftliche Vollmacht von ſeinem Herꝛn / ſo muß der Herꝛ auf Verfall-Zeit billich bezahlen.
Art. 9. Wann einem ein Wechſel-Brief præ - ſentirt / und von demſelben nicht acceptirt iſt / ſo mag der dritte zu Ehren deſſen / der den Weſel - Brief ausgeben / acceptiren / und wann derſelbige die Bezahlung gethan / und durch Tranſport den Wechſel-Brief empfangen / hat er die Action ge - gen den Debitorem, um von demſelben die Be - zahlung wieder zu ſuchen / oder er laſſe proteſtiren / acceptire den Wechſel-Brief mit Proteſt, damit er das Seine koͤnne wieder fordern / und dieſelbe dritte Perſon iſt alsdann in Krafft der Acceptation ſchuldig / den Wechſel zu bezahlen.
Unter die Privilegia der Handels-Diener / ge - hoͤret auch dieſes / daß ſie eben wie ihre Herren / der Meß - und Maͤrckte Freyheit genieſſen / Carpzovius in juriſp. forens. Conſ. 12. welche Freyheit ſich nicht allein auf dem Meß - und Maͤrck-Ort / ſondern auch auf alle Oerter / wo ſie die Handels-Diener / wann ſie nach der Meß reiſen wollen / durch muͤſſen / erſtrecket / daß ihnen nehmlich daſelbſt eine freyePaſ -540Caput XVI. Paſſage muß gegeben / und keine Hinderniß im Weeg geleget werden.
Zur Zeit des Hanſeeatiſchen Bundes / waren der Hanſeeatiſchen Kauffleute / ihrer Diener auch in ſonderbahren Anſehen / und genoſſen der Hanſee - Staͤdte nachdruͤcklichen Schutz / wie hiervon die Receßûs de Annis 1417. 1435. und 1447. zu er - ſehen. So koͤnte auch der / welcher unter der Han - ſee-Staͤdte Jurisdiction, gebohren worden / wann er ſich wuͤrcklich in einer Hanſee-Stadt ſeßhafft nie - derlieſſe / leichtlich ein Hanſeeſtaͤdtiſcher Kauffmann werden. per Receſſ. de Ann. 1467. und 1553. Ein Frembder aber / muſte entweder ſieben Jahr einem Hanſeeatiſchen Kauffmann gedienet haben / oder ſo lang Buͤrger in einer Hanſee-Stadt gewe - ſen ſeyn / ehe er als Hanſeeatiſcher Kauffmann kon - te angenommen werden / jedoch waren einige Na - tiones und Staͤdte (wie anderwaͤrts ſchon gemeldt) davon ausgeſchloſſen / welche niemals / ſie moͤchten gleich 7. oder mehr Jahr in einer Hanſee-Stadt gewohnet haben / (dann zum dienen nahm man ſie gar nicht an) als freye Kauffleut konten aufge - nommen werden / arg. Receſſ. de Ann. 1447. und 49.
Heutigs Tags haben an vielen Orten die Die - ner noch dieſes Beneficium, daß / wann ſie gewiſ - ſe Zeit von Jahren ſelbiger Orten gedienet / ihnen die Maitriſe, oder Zunfftfaͤhigkeit der Kauffmann - ſchafft dadurch erworben wird.
Was vor Anſehen und Recht / denen wohlver - dienten Kauffmanns-Dienern / kuͤnfftig die von uns vorgeſchlagene Stifftung geben koͤnte / wannſolche541Vom Recht der Kauffmanns-Diener. ſolche auf einigen vornehmen Handels-Plaͤtzen In - greß finden / und von denen Vornehmſten ſich da - ſelbſt befindlichen Handels-Bedienten / (die ihre Namen und Gedaͤchtniß dadurch in das Buch der Ewigkeit / wann ſie ſolche befoͤrdern / einſchreiben wuͤrden) aufgerichtet werden ſollte / ſolches laͤſt ſich von ſelbſten aus der im vorgehenden Capitel geſche - henen ausfuͤhrlichen Beſchreibung dieſes nutzlichen Wercks / beurtheilen.
Albereit jetzo / haben in vielen Staͤdten / ſo wohl Teutſch als anderer Landen die Kauff-Diener gewiſſe Privilegien; Als / daß ſie eigene Com - pagn en in gemeinen Stadt-Solennitaͤten oder Nothfaͤllen formiren / und ihre eigene Fahnen fuͤhren doͤrffen / eigene Stifftungen haben / in wel - chen die Frembde / Krancke und Arme nothduͤrfftige Unterhalt bekommen; denen Reiſenden aber mit ei - nem zulaͤnglichen Viatico, ihren Fuß weiter zu ſetzen / geholffen wird / welches eben dasjenige iſt / was wir in unſerer vorgeſchlagenen ſolennen Stifftung nach / gern ordentlicher und nutzbarlicher unterſchiedlicher Orten wollten eingefuͤhret haben.
Und ſo viel von der Kauffmanns-Diener ihrem Recht / deſſen ſie ſich / wann ſie treu und redlich die - nen / zu erfreuen haben; folget nun auch / was ſie im Gegentheil / wann ſie nehmlich nicht Præſtanda præſtiren / zu gewarten haͤtten. Hier aͤuſſert ſich nun gleich von ſelbſten / daß wie ein redlicher Arbei - ter ſeines Lohns werth iſt / alſo hingegen ein Fauler und Ungetreuer / nicht allein ſeines Herꝛn Gunſt ſich unfaͤhig machet / ſondern auch mit Fug und Recht leiden muß / daß ihme die verſprochene Beſoldungnicht542Caput XVI. nicht gereichet / oder doch zum wenigſten geringert werde.
Gryph Oecon. leg. lib. 1. c. 16. n. 341.
Weil es nach dem Ausſpruch des Apoſtels Pauli 2. Theſſ. am 5. heiſſet. Wer nicht arbeitet / ſoll auch nicht eſſen / angeſehen nichts unbillichers unter der Sonnen mag gefunden werden als wann ein traͤger / fauler und nachlaͤßiger Diener / gleichen Lohn / Danck und Vergeltung mit einem hurtigen / emſigen und fleißigen prætendiren will. Xeno - phon lib. 2. Cyropæd. Welches der loͤbliche Kay - ſer Antoninus Pius wohl angemercket / der ſeinem nachlaͤßigen Bedienten die Beſoldung gar eingezo - gen / ſagende: Es waͤre der Billigkeit zuwider / daß diejenige / welche zum gemeinen Beſten nichts beytruͤ - gen / dannoch Nutzen davon haben ſollten.
Gryph. Oecon. leg. lib. 1. c. 16. n. 135.
Gleichfalls ſeynd auch diejenige keiner Beſol - dung und Belohnung werth / welche ihre Dienſte uͤbel verſehen / und aus Unverſtand / Ungeſchicklich - keit oder Boßheit / ihren Handels-Patron viel zu Schaden gehen laſſen / imperitia enim & deſidia Prœmio honoranda non ſunt L. 8. ff. de Com - mens, & qui non facit, quod debet, non conſe - quitur, quod oportet, wer nicht thut / was er thun ſoll / der laſſe ſichs auch nicht befrembden / daß er nicht bekomme / was man ihm zugeſagt / oder was er ſich zu erlangen eingebildet hat. Bald. in c. 1. qual. propr. Feud. Maſcard de Probation. concl. 1388. n. 16. Vielmehr iſt er ſchuldig / den durch ſeinen Unverſtand und Nachlaͤßigkeit verur -ſach -543Vom Recht der Kauffmanns-Diener. ſachten Schaden zu erſetzen / Myler ab Ehrenbach Hyparchol. c. 20. §. n. 13.
Zu welchem Ende die geleiſtete Cautiones gut ſeyn / daß ſich ein Handels-Patron, im Fall ſein Diener wider Verhoffen aus dem Geſchirꝛ ſchlagen ſollte / daran erholen moͤge / zumal da nach der be - kannten Rechts-Regul /
Plus Cautionis & ſecuritatis in re, quam in Perſona ſit. L. plus Cautionis 21. L. minus eſt 104. ff. de R. J. Coler. de Proceſſ. exec. part. 1. c. 2. n. 217.
Dahero mancher Handels. Diener ſich nicht be - frembden laſſen muß / wann ihme / ſonderlich wann er ein Frembder iſt / Caution zu ſtellen / abgefordert wird / welche dann vornehmlich unter Kauffleuten mit guten Buͤrgen zu beſtellen / gebraͤuchlich iſt.
L. 7. ff. de Prætor ſtipul. L. 52. ff. de V. O.
Und gewinnet ſolche Caution ſtracks von dem Tag des Dieners ſeines Antritts ihren Anfang.
L. 6. §. fin. C. de bon. quæ liber. L. 6. §. omnibus C. de ſecund. Nupt.
Wiewohl dieſes Caution-Abfordern ſo gar general nicht iſt / angeſehen noch vielen redlichen Gemuͤthern / ſonderlich die man von langer Hand her gekannt / ohne Caution getrauet / und ihres Herꝛn gantzes Vermoͤgen offt anvertrauet wird; an - dere auch nur mit einem Handſchlag / oder aufs hoͤchſte mit eydlicher Verſchreibung ihrer Treue / Verſicherung geben. Da aber ein Patron um Lebens und Sterbens willen / hauptſaͤchlich auf eine zu lei - ſtende Caution in dem anzunehmenden Dienerdrin -544Caput XVI. dringen ſollte / und er ſolche theils mit ſeinen eige - nen Mitteln / theils mit Buͤrgen beſtellen wollte / koͤnnte die ſchrifftliche Verfaſſung etwan folgender maſſen concipiret werden:
GEgen Tit. Herꝛn N. N. Burget und Han - delsmann hieſelbſt / auch deſſen Erben und Erbnehmen / bekenne ich N. N. vor mich / meine Erben und Erbnehmen / und thue kund / nach - dem hochbeſagter Herꝛ N. N. mich zu ſeinem Han - dels-Diener angenommen / ſonderlich mir aber ſei - ne Caſſam und Waaren-Magazin anvertrauet / und daher wie billich / Caution, Vorſtand und Ver - ſicherung von mir begehret / daß ich mich darzu wil - lig und ſchuldig finden laſſen / und derohalben nebenſt Verpfaͤndung allen des Meinigen / was ich jetzt ha - be / oder kuͤnfftig nach GOttes willen noch erer - ben und bekommen moͤchte / auch noch Herꝛn N. N. und N. N. zu ſelbſtſchuldigen Vorſtands-Buͤrgen auf ‒ ‒ Reichsthl. werth vermocht / die ſich auch alſo fuͤr mich verobligiret und verſchrieben. Als gerede / gelobe und verſpreche ich demnach vor mich und mei - ne Erben und Erbnehmen / bey meinen wahren Wor - ten / Trauen und Glauben / in und mit Krafft dieſes Briefs / daß ich demſelben allen treulich nachkom̃en / und wie einem treuen Diener zu thun gebuͤhret / mich erzeigen und verhalten will / und wofern ich das Gegentheil thaͤte / und ſonderlich mit meiner Monat - Bilantz und Jahr-Rechnung nicht beſtehen / oder ſonſt vorſaͤtzlich etwas verwahrloſen / verſaͤumẽ oder zu Schaden verurſachen wuͤrde / (welches ob GOtt will / nicht geſchehen noch befunden werden ſoll /) ſoſoll545Vom Recht der Kauffmanns-Diener. ſoll als dann mein Herꝛ Patron, oder ſeine Erben / o - der wer des ſonſten von ſeinetwegen zu thun berechti - get iſt / Macht haben / ohn allen vorgehenden gericht - lichen Proceß oder Hinderung / ſich des Reſts oder Schadens / den ich ſchuldig bleibe / oder verurſachet / an allen meinen Vermoͤgen per viam paratæ Exe - cutionis, ſo / wie in einer gerichtlich bekannten und geurtheilten / auch in rem judicatam ergangenen Sach / eigenes Willens und Gefallens zu erholen und bezahlt zu machen / wie ich dann hierzu all das Meine ausdruͤcklich verpfaͤnden und verfetzen thue.
Was alsdann noch daran ermangeln / und nicht zureichen wuͤrde / ſoll er ſich deſſen an denen ‒ ‒ ‒ Reichsthl. Vorſtand bey gedachten meinen Buͤrgen gleichermaſſen erholen / biß ihm alles rich - tig vergnuͤget / zu welcher Buͤrgſchafft und Ver - ſchreibung der ‒ ‒ Reichsthl. wir N. N. und N. N. uns bekennen / und hiemit in meliori forma, fuͤr uns / unſere Erben / ſamtlich einer vor beyde / und beyde vor einen / uns verſchreiben und verpflichten / wider welches uns als ſelbſt ſchuldige Buͤrgen / un - ſere Erben und Erbnehmen / kein Recht weder geiſt - noch weltlich / noch auch einig Beneficium, Be - freyung / Begnadigung / Satzung / Statut und Wolthat / ſo mir / dem Principali oder auch den Buͤrgen oder denen Unſrigen deßfalls zu gut kom - men / oder durch Menſchen Sinn erdacht oder er - funden werden moͤchte / ſchuͤtzen / ſchirmen / aufhal - ten / noch vertheidigen ſoll / wie wir uns dann aller und jeder derſelben Beneficien / ſonderlich aber derM mEx -546Caput XVI. Exception Violentiæ & metus, Beneficiis le - gum, prohibentibus, inchoationem proceſſus ab executione, Excuſſionis, Diviſionis, Epiſto - læ Divi Hadriani, de duobus Reis, & omnibus aliis remediis Juris ſcripti & non ſcripti, præ - ſertim juribus dicentibus generalem Renun - ciationem non valere, niſi præceſſerit quæli - bet ſpecialis, und andern dergleichen mehr / ſo uns oder denen Unſrigen darunter zu ſtatten kommen koͤnten / kraͤfftigſt / und beſtaͤndigſt begeben haben wollen / alles getreulich ohne Argeliſt und Gefaͤhrde. Urkundlich ꝛc.
Aus welcher Cautions-Formul zu erſehen / daß ſolche mehrentheils geſchehen muͤſſe / wegen des Herꝛn ſeines Geld und Gutes / ſo er ſeinen Handels - Diener zur Verwaltung anvertrauet / und daruͤ - ber dieſer jeder zeit / ſo offt es begehret wird / richtige Rechnung und Reliqua muß præſtiren koͤnnen / im Fall er ſich deſſen weigerte / wuͤrde er nicht allein ſich ſo viel mehr verdaͤchtig machen / ſondern auch darzu koͤnnen gezwungen werden; wie dann ſchon in denen Hanſeeatiſchen Receſſen de Anno 1412. & 47. unter andern zu finden / daß im Fall ein Han - ſeeatiſcher Diener ſich auf ſeines Herꝛn Befehl wei - gern ſollte / nach Haus zu kommen / und Rechnung ſeiner Verrichtung halber abzulegen / derſelbe in kei - ner Hanſee-Stadt mehr gelitten werden ſollte; ſo er auch von ſeinem Herꝛn / ehe ſeine Dienſt-Jahr zu End gelauffen / weggienge / ſollte er in Jahr und Tagen bey keinem andern Kauffmann wieder moͤ -gen547Vom Recht der Kauffmanns-Diener. gen in Dienſten genommen werden. Arg. Receß. de An. 1395.
Es muß aber eine jede Rechnung / die ein verpflich - teter Kauffmanns-Diener auszugeben ſchuldig iſt / deutlich und der geſtalt ordentlich eingerichtet ſeyn / daß man gleich daraus ſehen koͤnne /
1. Was und wie viel ſeine Einahm an Geld und Waaren geweſen / und was er wieder davon ausge - zahlet / verkaufft und weggegeben.
2. Muͤſſen die Perſonen / von und an welche ſol - ches geſchehen.
3. Datum und Tag.
4. Die Condition, warum und aus was Urſa - chen ſolches geſchehen / und ſo fort alles deutlich und nahmentlich ſpecificiret werden / welches hernach auch alles mit darzu Gehoͤrigen belegen / Scheinen / Aſſignationibus, Quittungen und andern Docu - mentis (wo es noͤthig thut /) zu beweiſen / und in Summa ſo ordentlich geſtellet ſeyn muß / daß man gleich des Rechnung-Fuͤhrers Legalitaͤt / Fleiß und Aufrichtigkeit daraus erſehen koͤnne. Per L. 21. ff. in pr. de Stat. Lib. Gryph. in Oecon. Le - gal. lib. 2. c. 3. n. 78.
Wie dann die Rechte ſelbſt ſolche Ordnung aufs hoͤchſte in Rechnungs-Sachen recommandi - ren.
Juxta l. 6. in princip. ff. ſi quis omnis ſ. cauſ. teſt. L. 25. in fin. ff. de ædilit edict.
M m 2Und548Caput XVI.Und daher alle confuſe Rechnungen verwerf - fen.
L. 10. §. 2. ff. de edend. Eſcobar. de ratiocin. c. 20. n. 44. Wehner in Theſaur Pract. verb.
Rechnungen / auch wo ſolche ſich finden / eine Arg - liſtigkeit und Betrug daraus vermuthen / ſo gar / daß auch nach Gelegenheit des Falls / und der Umſtaͤn - de der Rechnungs-Fuͤhrer deßfalls ſehr ſcharff kan angegriffen / und mit harter Straff beleget werden.
Eſcobar. de ratiocin. c. 10. n. 47.
Angeſehen die Jura ſolche Rechnungen in Fol - le exhibiret und vorgezeiget heiſſen / welches ei - gentlich von denen geſaget wird / die das Geld in Beutel zwar præſentiren / aber dabey nicht mel - den wollen / was vor Muͤntze und wie viel es ſey.
Eraſm. Cent. 9. Chiliad. 4. prov. 37. Naurath de rationar. p. 19.
Wann auch uͤbergebene Rechnungen gar zu intricat und verworren ſeyn / daß ungeacht alles moͤglichen Fleiſſes / Scrupulirens und Calculirens / man gantz und gar nicht heraus kommen kan / ſo werden ſie billig verworffen / und das Juramentum in litem wider den Rechnungs-Fuͤhrer abgeſchwoh - ren.
Eſcobar d. c. 10. n. 49. Gryph. in Oec. leg. lib. 2. c. 3. n. 80.
Ferner iſt nicht genug / daß ein Kauffmanns -Die -549Vom Recht der Kauffmanns-Diener. Diener in genere ſetze / ſo und ſo viel ſey eingenom - men / und wieder dagegen ausgegeben worden / (welches man ſiccas & mutas Expenſas nen - net.)
Gryph. l. c. n. 125. Barth. Socin. vol. 2. Conſ. 145. n. 4. Paul. Chriſtin. vol. 3. Deciſ. Cur. Belg. 162. n. 2.
Sondern es muß alles nominatim aus - druͤcklich und gantz eigentlich exprimiret / auch von Poſt zu Poſt ſpecificiret werden / was und wie viel man eingenommen / und wieder ausge - geben habe / damit der richtige Schluß ſo gleich darauf erfolgen und die Reliqua ſo viel aufrichtiger hierauf præſtiret werden koͤnnen.
Sonderlich muß bey allen Poſten Datum und Tag beyzuſetzen nicht vergeſſen werden.
Temporis enim appoſitio, ad veritatis in - veſtigationem multum facit.
Gryph. l. c. n. 71. & in tract. de Weich - bild Saxonico cap. 17. n. 21.
Zumal da die Ausgab und Einnahm ohne ſol ches nicht koͤnnen unterſchieden werden.
L. 1. §. 2. ff. de edend. Wehner in verb. Rechnung.
So ſoll auch uͤbrigens der Rechnungs-Fuͤhrer / ſo viel als moͤglich / zu Vermeidung alles Verdachts / ſich des Radirens und Ausſtreichens in denen Rech - nungen enthalten.
Eſcobar. de ratiocin. c. 10. n. 65.
Welches vornehmlich die Buchhalters ſich ſol - len geſagt ſeyn laſſen / als von welchen es ſehr uͤbelM m 3ſtehet /550Caput XVI. ſtehet / wann in ihren Handels-Buͤchern / hin und wieder viel ausgekratzt / oder viel Contra-Poſten / (welche haben muͤſſen abgeſchrieben werden) zu ſehen ſeyn.
Endlich ſo ſollen auch ſo viel die aͤuſſerliche Form betrifft / die Rechnungen rein und deutlich geſchrie - ben / richtig lateriret und ſummiret / foliiret / auch wo es noͤthig / ein ſummariſcher Extract darzu ge - macht / und wohin ſich ein und anders referire / das Blat angezeiget werden.
Wann ein Kauffmanns-Diener / nach abge - legter Rechnung ſeinem Herꝛn noch etwas heraus zu geben ſchuldig verbleibt / iſt er ſolches in conti - nenti zu thun verbunden.
Pr. L. 8. §. ff. de liberat. Legat. L. ſi quis ita §. duo ff. de ſtat. lib. Wehner. in Theſaur. Pract. verb. Rech - nung.
Weil das End der Rechnung eben in ſolchem Herausgeben beſtehet / und ehe ſolches geſchehen / die Rechnung nicht vor richtig abgeleget zu ſeyn ge - halten wird.
Matth. Stephani de jurisdict. lib. 2. part. 2. Cap. 2. n. 223.
Dahero alle Handlungs - und Rechnungs-Be - diente dahin bedacht ſeyn ſollen / daß ſie bey Able - gung ihrer Rechnungen nicht allein deß / was an Uberſchuß verbleibet / ihrem Patronis ſo gleich aus - zahlen / ſondern ihn auch ihre Rechnung ſelbſt mit al - ler Zugehoͤr und Belegen einhaͤndigen.
L. fin. 551Vom Recht der Kauffmanns-Diener.L. fin. §. 1. ff. de liber Leg. L. ſi cui liber - tas ff. de Cont. & de monſtr. Wehner in obſer. Pract.
Dann wann ſie ſolches zu thun unterlieſſen / und den Uberſchuß nicht gleich baar abſtatteten / ſeynd ſie ſchuldig / das Intereſſe Moræ davon zu entrich - ten.
L. 7. §. fin. & L. 36. §. 3. ff. de admin. tut.
Solcher Uberſchuß iſt aber vielmals zweyerley / einer den ein Diener ſchon baar in Handen hat / wel - ches eingentlich Reliqua genennet werden.
L. 32. l. 81. ff. de condit. & demonſt.
Und dieſen iſt er gleich ſchuldig.
Der andere beſtehet indem / was noch ausſte - het unter denen Leuten / denen er etwan von ſeines Herꝛn Waaren / oder Geldern etwas credidiret hat / welches er forderſamſt einzutreiben ſich muß laſſen angelegen ſeyn; inſonderheit ſo er ohne genug - ſame Vollmacht / und auf eigenes Gutduͤncken ſol - ches Ausborgen gethan / oder auch die Debitores nicht zeitlich genug gewarnet und getrieben haͤtte / und ſie daruͤber inſolvendo geworden / auf wel - chem Fall er vor die Schuld allerdings ſtehen muͤſte.
L. 2. C. de Hered. Tutor L. 1. C. de ſuſcept. Munnoz. de Eſcobar. c. 19. n. 21.
Haͤtte er aber ihnen mit ſeines Herꝛn Vorwiſ - ſen / und Krafft-habenden Vollmacht getranet / auch im Anfordern ſein Beſtes gethan / ſo iſt er / wannM m 4ſol -552Caput XVI. ſolche Schulden boͤſe werden / nicht davor zu ſtehen ſchuldig.
Gryph. in Oecon. leg. lib. 2. c. 3. n. 151.
Es hat aber ein jeder ehrlicher und verpflichteter Handels-Diener die Præſumption und Vermu - thung vor ſich / daß er ſeinen muͤglichſten Fleiß bey Mahn - und Eintreibung der Gelder und ausſtehen - den Schulden gethan / wie er dann auch wuͤrcklich ſo lang vor fleiſſig gehalten wird / biß der Unfleiß und Nachlaͤſſigkeit erwieſen worden.
L. 57. ff. de Adminiſt. tut. Carpzov. I. P. F. p. 2. conſt. 11. def. 26. num. 7.
Ferner ſoll auch ein Handels-Diener / der auf Rechnung ſitzet / ſich vorſehen / daß er nicht mehr ausgebe / als einnehme / unter dem Vorwandt / er habe jenes von den Seinigen zugeſchoſſen / weil es gemeiniglich ſcheele Augen und Præſumption wi - der ihn giebet / als wann er nicht allzu richtig gehan - delt haͤtte.
L. 15. §. fin. ff. ex quibus Cauſis major. Naurath de rationar. p. 96.
Er huͤte ſich auch mit ſeines Handels-Patroni ſeinen Geld oder Waaren / ſeinen Vortheil zu ſu - chen / eigene heimliche Handlung damit zu treiben / oder ſolches auf Zins auszuleyhen; Die Urſach deſ - ſen iſt / weil demjenigen das Lucrum gebuͤhret / welchem das Geld oder die Waar eigenthuͤmlich zu - ſtehet / ex qua ratione provenit.
L. apud Labeonem 20. ff. de præſcript. L. is. qui 13. §. ſi quem ff. Commod. Ber -553Vom Recht der Kauffmanns-Diener. Berlich. part. 5. concl. 58. n 82.
Wie er dann auch auf ſolchem Fall gerichtlich koͤnnte belanget und abgeſtraffet werden.
ex L. Jul. de reſid. L. 2. & L. 4. §. Julia ff. ad L. Jul. Pecul.
So kan er auch nicht mit gutem Gewiſſen die harten Muͤntz-Sorten / als Ducaten / Reichsthl - und dergleichen gut Geld / ſo ſeinem Herꝛn einge - het / heimlich auswechſeln / und ander Geld dafuͤr hinlegen / ſintemal ſolches einem Diebſtahl gleich ge - achtet wird.
L. apud Labeonem 20. ff. de præſcript. verb. L. is qui 13. §. ſi quem ff. Commod.
Deßwegen auch ein ſolcher eigennuͤtziger Die - ner / nicht allein dasjenige / was er ſolcher Geſtalt ſich gerafft / wieder zuruck zu geben / ſchuldig iſt / ſon - dern er wird noch darzu / andern zum Exempel / tapf - fer abgeſtrafft. Dahero alle diejenige / die bey Kauff - und andern Leuten / Geld oder Waaren zu be - rechnen / unter Handen haben / dem Exempel Pau - lini, des Roͤmiſchen Proviant Einnehmers / nach - folgen ſollten / von welchem Seneca in libello de Brevitate vitæ C. 18. ſchreibet.
Quod orbis Terrarum Rationes admini - ſtraverit, tam abſtinenter, quam alienas, tam diligenter, quam ſuas, tam religiosè, quam pu - blicas.
Das iſt: Er habe die Rechnung uͤber ſo viel Reiche und Laͤnder getreulich / als es ſich bey frem - den / ſo fleiſſig / als es bey eigenen / und ſo gewiſ -M m 5ſen -554Caput XVI. ſenhafft / als es ſich bey oͤffentlichen Stadt - und Lands-Rechnungen gebuͤhret / verwaltet.
vid. Fritſch. de Peccat. Princip. Concluſ. 30. §. 2.
Wann auch an ſeines Herꝛn Waaren ſich eini - ger Ubermaß befaͤnde / hat ein Diener ſich deſſen gleichfalls nicht anzumaſſen / ſondern es gehoͤret ſol - cher ebenfalls ſeinem Patrono zu.
per l. 8. C. de Rei vindic. l. 3. C. arbitr. tut.
Jn Summa, ein Handels-Diener kan in vie - len Stuͤcken unrecht handeln / dadurch er ſtraff - wuͤrdig wird / und zwar / beſtehet ſolches in Thun und Unterlaſſen.
Zu jenem zehlen wir / wann er mehr thut / als ihm befohlen / oder daß er ein Ding anders wohin verwendet / als worzu es ſein Herꝛ deputirt und ge - widmet hat.
L. 1. ff. de Adminiſtr. Rer. ad Civit.
Oder / ſo er etwas zu Schaden kommen laͤſt / welches er wohl haͤtte in Acht nehmen und verwah - ren ſollen.
Menoch. Conſ. 118. n. 16. lib. 2.
Das Unterlaſſen beſtehet / wann er dasjenige nicht thut / was ſein Amt erfordert / welches dann ei - ne Nachlaͤſſigkeit genennet wird.
per L. magna ff. de V. S.
Als zum Exempel: Wann ſein Herꝛ Wein im Keller / oder Korn und andere verderbliche Waa - ren auf dem Boden / oder in ſeinem Magazin liegend haͤtte / und er / der Diener / ſehe nicht fleiſſig dar -nach /555Vom Recht der Kauffmanns-Diener. nach / und die Waaren kaͤmen daruͤber zu Scha - den / ſo waͤre er / gewiſſen Umſtaͤnden nach / dieſelbe zu erſetzen / ſchuldig / ſonderlich diſtinguiren hier die Rechts-Lehrer / wie weit er zu ſolcher Erſetzung in Culpa Lata Levi & Levisſima koͤnne angehalten werden. Was ader dieſe drey zu ſagen haben / wollen wir mit Wenigen anzeigen.
Culpam Latam, nennen die Rechte eine grobe Unachtſamkeit / und mit einem Wort / eine lieder - lichkeit / da einer nicht verſtehet / oder thut / dasje - nige / was ein Kauffmanns-Diener doch thun und verſehen ſollte.
L. Regula §. ſi filius ff. de jure & fact. ignor. L. Latæ ff. de verb. ſignif.
Als wann er wider das / ſo allen Menſchen doch bekandt iſt / oder doch zum wenigſten bekandt ſeyn ſollte / ingleichen wider ſein eigen Wiſſen und Ge - wiſſen handelt / welches Supina & affectata Negli - gentia genennet / und bey einem Menſchen / der nicht gar ein Narꝛ iſt / pro dolo, als ob ers mit Wil - len gethan haͤtte / gehalten wird.
L. 36. §. ad L. Aquiliam L. 8. §. de pre - car.
Zum Exempel: Wann er ſich in ſeinem Dienſt etwas unterfienge / deſſen er nicht faͤhig iſt / da - durch aber ſeinem Herꝛn etwas verſiehet / oder wann er ein mehrers thut / als ihme ſein Herꝛ committirt und aufgetragen hat.
per L. idem juris ff. ad L. Aquil.
Jtem / wann er dem / was ihme befohlen / oderver -556Caput XVI. verboten worden / nicht nachkommt / die ihme an - vertraute Waaren oder Geld anders wohin ver - wendet / als worzu es deputirt und verord - net iſt.
Wann er ferner im Ubergeben und Ausſchrei - ben der Rechnung ſaumſeelig iſt.
Jn Verwahrung der Schreib-Stuben / und der darauf liegenden Buͤcher / Nachrichten und Documenten / oder der im Gewoͤlb liegenden Waa - ren / den Fleiß nicht gethan / den er haͤtte thun ſol - len / oder dasjenige / was ſich leicht / wegen Feuer / Waſſer / oder andern Schaden / begeben koͤnnte / nicht vorher bedacht / ſondern es aus der Obacht ge - laſſen / welches alles unter Culpa lata verſtanden wird.
Levis Culpa iſt an einem Handels-Diener eine ſolche Fahrlaͤſſigkeit / Ungeſchicklichkeit / Dumm - und Faulheit / bey welcher er dasjenige nicht ſiehet / oder in Obacht nimmt / was doch ein jeder ſorgſaͤltiger Kauffmann oder Handels-Diener thun / und in Ob - acht nehmen ſollte.
arg. L. 1. §. 15. quoque ff. de oblig. & action. Farinac. quæſt. crimin. 88. n. 79.
Zum Exempel: Wann er mit Faͤrberey um - gienge / und die Waare / ſo er in dem Keſſel hat / verderben lieſſe / oder wann er diejenige / ſo unter ihm ſeyn / mit dem Licht unvorſichtig umgehen / oder ſeines Herꝛn Waaren an einem ſolchen Ort liegen lieſſe / da ſie vom Wetter / oder andern Zufall / Scha - den nehmen koͤnnten.
Levisſima Culpa, iſt die Einfalt / Unbedacht -ſam -557Vom Recht der Handels-Bedienten. ſamkeit / Jrꝛthum und Verſehen / wann er nicht auf das allerſorgfaͤltigſte Achtung giebet / wie ſein fleiſſiger Patron bey ſeinen Sachen zu thun pfleget / wann er demſelben beſtellen laͤſſet / welches er wohl haͤtte abwenden koͤnnen.
L. cum duobus 52. §. Damna ff. pro So - cio.
Wann er nicht zuſiehet / daß das Feuer zu rech - ter Zeit ausgeloͤſchet werde / wann er das Gewoͤlb oder Bude nicht ſo verſchloſſen / oder durch die Jungens in ſeiner Gegenwart verſchlieſſen laſſen / daß keine Diebe hinein kommen koͤnnen / und was dergleichen mehr.
Dieweil aber die Præſumptio juris vor einem jeden Handels-Diener militiret / daß er ſeiner Herꝛ - ſchafft ehrlich / redlich und getreu diene.
per text. in l. 2. ibi. non arbitramur C. de offic. Civil. Jud.
Auch in ſeinem anvertrauten Amt / Thun und Laſſen / vigilant, hurtig und unverdroſſen ſey.
per L. cum de indebito §. 1. ff. de probat Finckelthaus Obſ. Pract. 89. n. 14. & Obſ. 115. n. 5. 12.
Als muß alles Widrige / ſo ihme beygemeſſen / und Schuld gegeben / von ihme aber nicht geſtan - den wird / ihme voͤllig / und zwar / durch ſtaͤrckern Beweiß / als bey andern / erwieſen werden.
Da dann der beſchuldigte Diener mit ſeiner Verantwortung auch zur Genuͤge zu hoͤren / und nicht zu uͤbereilen iſt / ſonderlich / ſo viel den Dolum anbetrifft / quippe qui nunquam præſumitur cum ſit delictum.
L. me -558Caput XVI.L. merito ſi ff. pro ſocio L. idem C. de dolo malo.
Sondern von dem Klaͤger gar klar muß bewieſen werden / zumal / da man im Gericht lieber die Aus - legung annehmen ſoll / welche den Beklagten von dem Dolo unſchuldig / zu ſprechen / als denſelben da - mit zu beſchweren vermag.
text. in L. igitur §. 8. ff. de lib. Cauſ. Gra - vet. Conſ. 205. numer. 8. Conſ. 247. ad fin.
Da er aber deſſen Sonnen-klar uͤberfuͤhret werden koͤnnte / ſo verdienet er nicht unbillig eine exemplariſche Straffe / und zwar muß er / was Cul - pam latam betrifft / ſeinem Patrono dem Schaden cum omni intereſſe erſetzen.
Perpetua enim eſt Regula, Adminiſtratorem teneri de Neglectis.
L. 1. C. ut in poſſeſſ. legat. Menoch. Conſ. 246. n. 61.
Et quotiescunque culpa caſum præcesſit, ibi culpoſus obligatur ad damnum reſarciendum.
Cephal. Conſ. 362. n. 17. vol. 3.
Cum nullus ſit contractus qui non recipiat la - tam culpam.
per L. Contractus 23. ubi Petr. Fabr. ff. de R. J.
Es beſtehe gleich ſolche Culpa in committendo, oder omittendo, wovor auch ſo gar ſeine Erben hafften muͤſſen.
per text. in L. quo ad Hered. 6. & ibi Gloſ - ſa in verb. omitteret.
Ja /559Vom Recht der Handels-Bedienten.Ja / er wuͤrde noch uͤber die Erſetzung arbitrariè koͤnnen geſtraffet werden.
Vid. Myler. ab Ehrenbach in Hyparchol. c. 17. §. 6. 7. &c.
Nicht weniger hat auch die Erſetzung ſtatt / in culpa Levi ſecundum Reſcriptum Impp. Dioclet. & & Maxim.
in L. fin. C. ut in poſſeſſ. legat.
Warum aber ſolches geſchehe / wird
per L. præfectorum cohors ff. de ritu nupt.
gewieſen / und ſo waͤre er auch nicht ſo gar auſſer Ge - fahr / in Culpa Levisſima, zumal / wann ihme vor ſeine Dienſte eine jaͤhrliche Beſoldung gereichet wird.
arg. L. 1. §. ſi Veſtimenta 8. ff. Depoſit. Ja - ſon. in L. ſi Domus num. 7. ff. de rei Vindic.
Vor allen huͤte ſich ein jeder Kauffmanns-Die - ner vor Untreu / indem ſolches nicht allein zeitliche / ſondern auch ewige Straffe nach ſich ziehet. Non remittitur enim peccatum niſi reſtituatur abla - tum; Die Suͤnde wird keinem Dieb vergeben / biß er das Geſtolene wieder gegeben. Ob nun wohl ei - nige / was die zeitliche Straffe anbelanget / einwen - den moͤchten / daß nach Saͤchſiſchen Rechten kein Diebſtal an ſolchen Dingen begangen werde / die einer nicht diebiſch oder raͤuberiſch aus des Herꝛn ſei - ner Gewaͤhr bringet.
Land-Recht lib. 2. art. 29. & lib. 3. art. 22.
Daher auch etliche davor gehalten / daß der -glei -560Caput XVI. gleichen diebiſche Bediente / wann ſie gleich von ih - rer Herren Geld / oder Waaren / welche ihnen an - anvertrauet worden / etwas abnehmen / und in ih - ren Nutzen verwenden / darum nicht / als Diebe / zu belangen waͤren / indem ſolches pro vera Contre - ctatione & amotione nicht zu halten ſey.
Furtum enim eſt Contrectatio fraudulo - ſa lueri faciendi Cauſa. L. 1. ff. de furt. §. 1. inſtit. de act. quæ ex delicto.
Allein / weil gleichwohl ſolche vorſetzliche Zu - griffe und betruͤgliche Abnahm / wider der Herꝛ - ſchafft Wiſſen und Willen geſchicht / ſo iſt kein Zweiffel / daß dadurch nicht ſollte ein rechter Dieb - ſtal begangen werden.
L. 1. §. ult. ff de Furt.
Und man dannenhero auch ſolche untreue Bediente Actione furti belangen koͤnne.
Weſenbec. in Parat. ff. de Leg. Jul. Pecul. num. 9.
Ob aber ſolche / gleich andern Dieben / mit dem Strang abzuſtraffen / darinnen ſind die Rechts - Lehrer nicht einerley Meynung. Dann etliche ge - ben vor / daß in dieſem Fall ſolche harte Todtes - Straffe nicht ſtatt habe / ſondern das Verbrechen extra-ordinariè und gelinder nach Willkuͤhr des Richters / zu beſtraffen ſey /
tex. in L. excellentia 9. C. de Erog. milit. annon.
und dieſes zwar darum / weil es in ſolchen Faͤllen / das Anſehen haͤtte / ob beſtehlen dergleichen Bediente nicht ihre Herren / ſondern ſie handelten nur widerihre561Vom Recht der Kauffmanns-Diener. ihre Pflicht / indem ſie das Geld und die Waare an - ders wohin wendeten / als wohin ſolche deſtiniret waͤre /
arg. L. 9. §. 2. ff. ad Leg. Jul. pecul.
ſo verdiente auch die Qualitaͤt eines Dieners ſelbſten eine gelindere Straffe.
Zumal / da der gleichen Dieners / denen Geld und Gut unter Handen gegeben wuͤrde / bey ihrer An - nehmung / Vorſtand oder Caution beſtellen muͤ - ſten. Nun aber waͤre ja ausgemachten Rech - tens /
Quod pecuniæ publicæ ab eo, cujus peri - culo fuit, furtum fieri non poſſit. text. expreſſ. in L. ſacrilegi 9. §. Labeo. 2. vers. pecuniæ publicæ ff. ad L. Jul. pe - cul.
Worzu noch kaͤme / daß ſie keine Gelder oder Waa - ren / ſo der Handels-Patron ſelber in ſeinem Be - ſchluß und Verwahrung hat / ſondern nur die / ſo ihnen unter Handen gegeben / angegriffen / und zu ihren eigenen Beſten verwendeten. Nun aber waͤre hell am Tage / daß derjenige ein groͤſſer Delictum beginge / der eigenthaͤtiger Weiſe aus eines an - dern Gewahrſam etwas ſtiehlet / als der / ſo dasje - nige / was er bey ſich hat / angreiffet.
Uberdem / ſo haͤtte ſich auch der Handels-Pa - tron ſelbſt zuzurechnen / daß er ſich nicht beſſer vor - geſehen / und erkundiget / was an einem ſolchen Be - dienten zu thun ſey / als er denſelben angenommen.
L. qui cum alio 19. ff. de R. J.
Welches dann auch in dem gemeinen SaͤchſiſchenN nFo -562Caput XVI. Foro alſo pfleget beobachtet zu werden / daß un - treuen Bedienten / nicht der Strang / ſondern nur zweyfache Erſetzung / Gefaͤngnis oder Lands-Ver - weiſung / zu erkannt werden.
uti tradit Virgilius Pingitzer quæſt. Sax. 47. und Dn. Carpzov. J. F. R. S. part. 4. Conſt. 41. def. 1.
Wo er klar ſetzet / daß in dem Chur-Fuͤrſtenthum Sachſen kein verpflichteter Diener / wegen ſeiner Untreu mit dem Strang hingerichtet oder abge - ſtraffet wuͤrde / ſondern man verfuͤhre mit demſel - ben gelinder / welches er auch mit dem Præjudicio der Schoͤppen zu Leipzig (ſo ſie Anno 1583. Menſ. Febr. nach Halla an Saltz-Graͤven und Bornmei - ſter des Gerichts im Thal / daſelbſt geſprochen) be - kraͤfftiget / alſo lautend:
So iſt er ſolches aus 120. Stuͤcken Saltz un - terſchlagenes Geld ſeinem Junckern zu bezahlen / pflichtig / und moͤchte daruͤber / wegen ſeiner Ver - untrauung / mit einiger Verweiſung eurer Gerich - te / in Straff genommen werden; ſo er aber das veruntraute Geld zu erſtatten / nicht vermoͤchte / ſo wuͤrde er im Gefaͤngnis mit Ruthen billig gezuͤch - tiget / und eurer Gerichte ewig verwieſen. V. R. W.
& hoc ob verba Gloſſ. in art. 22. lib. 3. Land-Recht. n. 5. in verbis
Es mag wohl ſeyn / daß ein Ding diebiſch wird / daran doch derjenige / der es genommen hat / nicht zum Dieb wird / daß man ihn darum hencken ſollte /weil563Vom Recht der Kauffmanns-Diener. weil er es nicht diebiſch noch rauberiſch aus jenes ſei - nen Gewehren gebracht hat.
Hingegen ſeynd andere der Meynung / daß ſol - che Untreu eines Dieners viel haͤrter / und mit dem Tode ſelbſt zu beſtraffen waͤre / weil zwey Delicta, als der Diebſtahl und der Meineyd (indem ſolche Bediente gemeiniglich bey dem Antritt ihrer Dien - ſte / in Eydes-Pflicht genommen werden) zuſammen kaͤmen / man koͤnnte ſich auch fuͤr andern Dieben noch etlicher maſſen huͤten und vorſehen / aber fuͤr un - treuen / falſchen Dienern / welchen man das Sei - nige anvertrauen muͤſte / koͤnnte man ſich nicht ver - wahren / noch ihnen ins Hertz ſehen; dahero ſie bil - lig haͤrtere Straffe / als die gemeinen Diebe / wuͤr - dig.
L. 8. C. de Epiſc. & Cler.
Uber dieſes moͤchte durch ſolche Gelindigkeit / die Untreu des Geſinds gar zu ſehr uͤberhand neh - men / ſo / daß mancher Diener ſicher und ungeſcheuet es in den Tag hinein wagen / und die Herꝛſchafft auf allen Seiten hintergehen / betruͤgen / vervor - theilen / beſtehlen / rupffen und zupffen wuͤrde / wie er nur auf das aͤrgſte koͤnnte und moͤchte / dabey auch GOTT und ſein Wort / wie auch ſein Gewiſſen und theuer geſchwohrne Pflicht / gaͤntzlich aus den Augen ſetzen.
Dannenhero unterſchiedliche Chur - und Fuͤr - ſten des Heil Roͤmiſchen Reichs / ſolchen untreuen Dienern mit Nachdruck zu begegnen / gewiſſe Con - ſtitutiones und Verordnungen ausgehen laſſen:
Als nemlich / unter andern Chur-Fuͤrſt Augu -N n 2ſtus564Caput XVI. ſtus zu Sachſen / in der 41ten Conſtitution / vom vertraueten Gut:
Wann die Summa ſolches veruntrauten / un - terſchlagenen / und in ihren eigenen Nutz betrieglicher Weiſe angewendeten Guts / unter 50. Guͤlden Muͤntz ſeyn wuͤrde / ſollen ſie mit Gefaͤngnis oder mit zeitlicher Verweiſung des Landes / geſtrafft werden.
Da ſich aber ſolche Summa uͤber 50. Guͤlden Muͤntz erſtreckte / ſollen ſie mit Staupen-Schlaͤgen des Landes ewig verwieſen werden.
Wuͤrde aber bemeldte Summa gar auf 100. Guͤlden Muͤntz / oder daruͤber lauffen / ſo ſollten ſie mit dem Strange vom Leben zum Todte geſtrafft werden.
Ein Gleiches finden wir auch in der Conſtitu - tion Hertzog Heinrich Julii zu Braunſchweig und Luͤneburg / den 12. Auguſti Anno 1594.
Jngleichen in Hertzog Johann Georg zu Sach - ſen-Eiſenach / ſeinem Anno 1681. den 3. May gege - benen Mandat / welche beyde mit dem obigen glei - ches Jnnhalts ſeyn.
Durch welche Conſtitutiones und Edicta, der - gleichen Geſellen / ein hartes Gebiß ins Maul gele - get wird / daß ſie ſich leicht hernach das Urtheil ſelbſt faͤllen koͤnnen / was ſie von ihrer Untreu zu gewar - ten haben; wie es dann ſchon einige hart genug em - pfunden und betroffen. Exempla ſunt odioſa.
Jedoch iſt bey dem erſten Fall / wann die Sum - ma des veruntraueten / unterſchlagenen / und in ih - ren eigenen Nutzen betruͤglicher Weiſe entwendetenGuts /565Vom Recht der Kauffmanns-Diener. Guts / unter 50. Guͤlden ſeyn wuͤrde / dieſes zu er - innern / daß die Chur-Saͤchſiſche Conſtitution durch ein ſonderbares Edict, de dato Dreßden den 10. Octobr. Anno 1584. in ſo weit geaͤndert und gemildert worden / daß ein ſolcher untreuer Diener / dasjenige / was er entwendet / und nicht uͤber 50. Gulden ſich belaufft / gedoppelt reſtituiren und er - ſetzen ſoll. Wann er aber ſolches nicht koͤnnte / als - dann und auf ſolchem Fall / ſollte er allererſt mit Gefaͤngnis oder zeitlicher Verweiſung beleget wer - den.
Wie dann auch Teſte Dn. Carpzovio J. F. R. S. part. 4. Conſt. 41. def. 4. & in prax. Crim. p. 2. quæſt. 85. n. 28. der Schoͤp - pen-Stul zu Leipzig An. 1591. Menſ. Aug. 1627. darauf geſprochen.
Wobey doch dieſes zu erinnern / daß / ehe und bevor die Todtes-Straffe gegen einem untreuen Diener erkandt werde / man gewiß ſeyn muͤſſe.
1. Ob der Delinquent wuͤrcklich in Pflicht und Dienſten geſtanden.
2. Ob er ſolche Unterſchlagung aus betruͤgli - chem Gemuͤth / und mit Vorſatz / (das Geld oder die Waare zu ſtehlen / gethan.
Dann es begiebt ſich offt / daß dergleichen Handels-Diener / von dem Geld oder Waaren / welche ihnen unter Handen gegeben werden / etwas nehmen / und zu ihren eigenen Nutzen anwenden / der Intention und Meynung / daß ſie ſolches wie - der erſetzen / und in Rechnung bringen wollen / wel - ches ſie aber / wieder Verhoffen / hernach aus Ar -N n 3muth /566Caput XVI. muth / oder andern Ungluͤcks-Faͤllen / nicht refundi - ren / und erſtatten koͤnnen. Dieſe / ob ſie wol von der Pœna extra-ordinaria nicht frey ſeyn / ſo koͤnnen ſie doch um deswillen nicht mit der Todtes-Straff bele - get werden / weil bey ihnen Animus & Propoſitum furandi ac Dolus intercipiendi ermangelt / und al - ſo kein Diebſtahl geſchiehet.
juxta §. 1. Inſtit. de oblig. quæ ex Delict. naſc. Carpzov. part. 2. prax. Crim. qu. 85. n. 37.
Wie / und welcher Geſtalt aber ſolcher Dolus und Animus furandi zu beweiſen / ſolches iſt eine ſchwere Frage. Dann im dubio iſt die Præſumption vor einen jeden Bedienten / daß er aus Nachlaͤſſigkeit oder Verſehen / ein - und das andere nicht aufgeſchrie - ben / und eingetragen / keines Weges aber / daß er ſol - ches dolosè & fraudulenter unterſchlagen habe.
Tiraquell de poen. temper. cauſ. 58. n. 2. Berlich. concl. 57. p. 5. n. 58.
Zwar giebet Proſper Farinac. vol. 1. Conſ. 96. n. 27. & ſeq. vor / es koͤnne ſolcher Bedienten Dolus und Betrug / durch Anzeigungen / und Muthmaſ - ſungen bewieſen werden: Als (1.) Wann ſie die Rechnungen nicht ablegen / ediren und aushaͤndigen wollen. Oder (2.) Ein - und andere Poſt Gelder in die Einnahme nicht geſetzet und gefuͤhret. (3.) Wann ſie nach abgelegter Rechnung / die ausgelaſſene Po - ſten bey ſich behalten / und in ihren Nutzen verwen - det. (4.) Wann ſie die Inventaria. Bilantz und Re - giſter vorſetzlicher Weiſe verfaͤlſchen / wie der unge - rechte Haushalter im Evangelio, gethan / und was etwan dergleichen Muthmaſſungen mehr ſeyn moͤch -ten /567Vom Recht der Kauffmanns-Dienerten / welche ſo gar den Richter dahin bringen koͤnten / den Beſchuldigten mit der ſcharffen Frag anzugreif - fen. Allein / dieſes iſt zu hart / und findet nach vieler Rechts-Lehrer Meynung ihren Abfall / in ſo lang man nicht von den Corpore Delicti gewiß verſichert iſt; ungeachtet / der Reus die Mißhandlung ſelber ge - ſtanden / non enim ſufficit nuda Confeſſio delin - quentis, ſed prius quam judex eum punit, certus eſſe debet de delicto & omnibus circumſtantiis.
L 1. §. idem illud ff ad S. C. Syllan. Modeſt. Piſtor part. 3. quæſt. 117. Jul. Cla - rus §. fin. q. 21.
Sonſt auch mit einem ſolchẽ Delinquenten gelinder zu verfahren / welcher ſein Verbrechen hoͤchlich be - reuet / des veruntrauten Gelds oder Waaren halber / Erſtattung thut / und ſein Handels-Patron ſolche Reſtitution annimmt. Jn welchem Bereuigungs - Fall / auch wohl einen ordentlichen Dieb das Leben geſchencket wird / ex Conſtitut. Elect. Saxon. 32. §. ult. p. 4. warum ſollte man nicht vielmehr einem jun - gen Menſchen / der vielleicht durch boͤſe Geſellſchafft / zu einem ſolchen Laſter verfuͤhret worden / ſich ins - kuͤnfftig aber beſſern / GOtt und ſeinen Handels-Pa - tron, oder wem er ſonſt dadurch beleidiget / die Suͤn - de abbitten / und nach dieſem ein nutzlicher Diener / und Glied der Republic werden kan / Genade wie - derfahren laſſen / zumal / da wir deßfalls Præjudicia von beruͤhmten Schoͤppen-Stuͤhlen / vor uns haben. Als unter andern eines von Leipzig / dieſes Jnhalts / hat P. H. in Guten bekandt / daß er innerhalb 6. Jah - ren / die er bey euch in Dienſten geſtanden / in Ver -N n 4kauf -568Caput XVI. kauffung der Waaren / unterſchiedliches von der baaren Loſung untergeſchlagen / und in ſeinen Nu - tzen verwendet / alſo / daß es ſich zuſammen / auf etliche 100. Gulden erſtrecket. Ob er nun wohl / vermoͤg Chur-Fuͤrſtl. Saͤchſiſ. Conſtitution hierdurch die Todtes Straff verwuͤrcket / weil er aber dennoch ſein Verbrechen hoͤchlich bereuet / auch des unver - traueten Geldes halber / euch hinwiederum Erſtat - tung zu thun / erboͤtig iſt / ſo bleibet er mit der Todtes - Straff (nachdem ihr mit ſeinem Erbieten wohl zu frieden ſeyd) verſchonet / er wird aber gleichwohl mit zeitlicher Gefaͤngnis billig in Straff genommen. V. R. W.
Endlich / ſo hat auch dieſes um ſo viel mehr ſeine Limitation / bey Handels und andern Rechnungs - Bedienten / welche nicht dolosè, gefaͤhr - oder betruͤg - licher Weiſe / auch nicht im Gemuͤth / Meynung und Vorſatz zu ſtehlen / etwas von den vertrauten Geld und Gut ex Negligentia & Culpa verſchwiegen und zuruck behalten / ſondern ſolches in folgenden Rechnungen wieder einzubringen und zu erſetzen / willens ſeyn.
Quia ex Culpa & Negligentia Adminiſtra - tores civiliter ſolum obligati ſunt, non Crimi - naliter.
arg. L. ſacrilegi 6. §. cum eo autem ff. ad Leg. Jul. peculat.
Dahero ſie auch den Defect zu erſetzen ſchul - dig.
Pingizer quæſt. Sax. 47. n. 10. ſub fin. verſ. ſecundus Caſus eſt.
Wie -569Vom Recht der Kauffmanns-Diener.Wiewohl ſie zugleich wegen Culpa und Negligen - tia, mit Gefaͤngnis / oder Geld-Straff koͤnnen bele - get werden / angeſehen / arbitrariè zu beſtraf - fen.
Proſper. Farinac. p. 3. op. Crim. q. 87. n. 76. ſeqq. Roland à Vall. libr. 3. Conſ. 64. num 5.
Ein Kauffmann / welcher das Ungluͤck hat / einen untreuen Diener in Dienſten zu haben / thut am be - ſten / daß er erſtlich ſelber wohl zu - und ſeinen Leuten auf die Haͤnde ſehe / und wann er ja denſelbigen auf beweißlicher Untreu betroffen / daß er ſich an deſſen Buͤrgen erhole / und die Sache mit ſeinen Befreun - den in der Stille abthue / als daß er (wann anders die Untreu nicht allzu grob / und an den Delinquen - ten ohnedem nicht viel beſonders / auch keine Hoff - nung der Beſſerung iſt / vielweniger ein gut Ge - muͤth und ehrlicher Vorſatz ſich findet / ſich honet in der Welt durch zu bringen / iſt) dem Richter ange - he / und die Sache ruchtbar mache / zumal / da viel Gerichte aus dergleichen Denunciationibus mehr ihren Nutzen ſchaffen / als daß dem Klaͤger dadurch geholffen ſeyn ſollte / gluͤckſeelig (pfleget man im Sprichwort zu ſagen) iſt der / welchen ſein Dieb entlaufft / und ſeynd dergleichen uͤber ein Furtum angeſtellte Proceſſus gemeiniglich koſtbar und ver - drießlich / ja / wann auch der Candidatus Patibuli gar biß zur Todtes-Straffe gebracht worden waͤre / ſo hat man doch vielfaͤltige Exempla, daß derglei - chen allzu ſcharffe Ahndungen / Straff - und Rach - Ausuͤbungen / demjenigen / der ſolche thun laſſen / inN n 5ſei -570Caput XVI. ſeiner Handlung und Gewerb / ja / an ſeiner eignen Familia keinen Nutzen gebracht / ſondern das um zeitlich Geld und Gut willen / unverantwortlicher Weiſe vergoſſene Blut / ihme nicht allein einem na - genden Wurm ins Gewiſſen / ſondern auch einen Fluch in ſein Haus und Handlung gebracht hat / daß ſolches nicht auf dem dritten Erben gekommen Wie wir dann in einer bekandten Reichs-Stadt ein merckwuͤrdig Exempel an einem vornehmen Kauff - manns-Haus haben / welches / weil es ſich nur zum Werckzeug gebrauchen laſſen / einem in der Flucht begriffenen Rebellen / ſeinem Ober-Herꝛn wieder in die Haͤnde zu liefern / welcher hierauf mit grauſamer Marter hingerichtet worden / daruͤber hernach (un - geacht aller aus dieſer Dienſtleiſtung gezogenen Vortheil) in ſolchen Abgang ſeiner zuvor floriſan - ten Handlung gerathen / daß ſeine Kinder mehren - theils im Exilio herum ſchwermen / und jaͤmmerlich ihr Leben hinbringen muͤſſen / wie groſſes Geld und Gut der Vatter auch zuvor gehabt; allein / genug von dieſer Materia.
Wir gehen nunmehro weiter / und beſehen auch / daß die Ehrerbietigkeit / welche ein Handels - Diener ſeinem Herꝛn ſchuldig iſt / ſich unter andern auch ſo weit / den gemeinen Rechten nach / erſtrecke / daß er ſeinen Herꝛn nicht peinlich anklagen darff.
vid. Bartol. in l. pen. C. qui accuſ. non poſſunt.
So kan er auch in burgerlichen Sachen keine fameuſe Klage / dadurch des Handels-Patrons guter Name verletzet wird / wider denſelben erhe -ben /571Vom Recht der Kauffmanns-Diener. ben / woraus dann auch ferner folget; daß diejenige Beſchimpffung / welche von einem ſolchen Menſchen ſeinem Handels-Patrono geſchiehet / vor groͤſſer an - zunehmen / als wann ihme ſolche von einem Fremden wiederfahren waͤre / weil dadurch die Reverentz und Ehre / welche ein Diener ſeinem Herꝛn zu erweiſen ſchuldig iſt / aufs aͤrgſte verletzet wird; allermaſſen dann eine jede Beſchimpffung / nach Beſchaffenheit der Perſon / vor groͤſſer oder geringer gehalten / und ſolchemnach die Straff vermehret oder vermindert wird / wie zu ſehen ex §. 9. Inſtit. de injur. l. 15. §. 28. Berlich. p. 5. Concl. 65. n. 4.
Da auch oben gemeldet worden / daß / wann ein Kauffmann ſeinen auf etliche Jahr gedungenen Diener / vor der Zeit / ohne erhebliche Urſach / Ab - ſchied giebet / er ihme ſeinen Lohn vollzugeben / ſchul - dig ſey.
Brunnemann. ad l. 25. §. 6. n. 44. ff. locat. Mev. p. 3. dec. 31. & Carpzov. p. 3. deciſ. 264.
ſo hat doch dieſer Rechts-Satz ſeinen Abfall. (1.) Wann der Diener eben zu der Zeit / da er abgeſchafft worden / ſich alſobald bey jemand anders verdinget / und eben dergleichen Lohn daſelbſt empfangen haͤtte. Dann / weil er auf ſolche Weiſe keinen Schaden lei - det / als kan er auch mit Recht von ſeinem vorigen Herꝛn nichts prætendiren.
per l. 57. de R. J. add. l. 19. §. 9. & ſeqq. ff. locat.
(2.) Wann er / der Diener / zu ſolcher Abſchaf - fung / Urſach gegeben / da es dann unbillig waͤre / daßer572Caput XVI. er ſolcher Geſtalt aus ſeinem Verbrechen noch einen Gewinn haben ſollte; dahero dann in ordinat. D. Elect. Mauritii de Anno 1550 rub. vom Geſind - Lohn §. (Wir ordnen und wollen auch) ver - nuͤnfftig verſehen. Wuͤrde aber ein Herꝛ ſeinem Ge - ſinde / auſſerhalb der Zeit / Urlaub geben / ſo ſoll es / Jnhalts unſers vorigen Ausſchreiben / ſolches denen Gerichten anzeigen / und ſich derſelben Beſcheids ver - halten.
add. Carpzov. dict. dec. 264. num. 9. 10. & 11. &c.
Mit der Verpflegung eines krancken Dieners / hat es auch dieſe Bewandtnis / daß ein jeder Han - dels-Patron, aus Chriſtlicher Liebe / zwar darzu ver - bunden iſt / durch ein Rechts-Mittel aber / kan er hier - zu nicht angeſtrenget werden.
Molin. de J. & J. diſp. 505. n. 2.
Und alſo darff er ihm auch nicht / wann die Kranckheit zu lang anhalten ſollte / den voͤlligen Lohn bezahlen / den der Diener bey geſundem Leib haͤtte ver - dienen koͤnnen.
arg. l. 15. §. 6. ff. locat.
Angeſehen / daß ein Lohn nichts anders / als eine Vergeltung / der gethanen Arbeit iſt; wo aber ſolche nicht verrichtet wird / da hoͤret ja auch die Beloh - nung auf.
arg. d. l. d. locat.
So wenig auch / als ein Handels-Patron ſei - nen Diener vor der Zeit abſchaffen kan es waͤre dann / daß er ihn vor die uͤbrige Zeit den Lohn bezahlte; ſo wenig kan auch ein Diener / vor der Zeit / ſeines HerꝛnDienſt573Vom Recht der Kauffmanns-Diener. Dienſt quittiren / weil dieſes Correlata ſeyn / und ſich der Diener dadurch / nicht allein ſeines noch zu forderenden Lohns verluſtig machen / ſondern auch in die Erſetzung des Schadens verfallen wuͤrde / wel - chen er ſeinem Patrono, durch ſein unzeitiges Weg - gehen verurſachte.
Müller. Lib. 2. ſemeſtr. cap. 17.
Welches auch ſo viel / als den verurſachten Schaden betrifft / von denen Lehr-Jungens zu ver - ſtehen / die ſich zu Kauffleuten oder Handwerckern verdungen; Dann wann ſie / vor Ausgang der Zeit / ohne redliche Urſachen / von ihren Herren oder Mei - ſtern wegliefen / wuͤrden ſie dafuͤr / ſo viel / als ihren Herren oder Meiſtern / aus ihrem Weglauffēn Scha - den geſchiehet / ihnen wieder erſetzen muͤſſen.
arg. l. 68. §. 1. ff. de fide juſſor. & l. 54. de locat.
Waͤre es aber / daß ein ſolcher Diener / oder Dienſt-Knab klagte / ſein Herꝛ tractirte ihn ſo hart / daß er in die Laͤnge nicht mehr bey ihm ausſtehen koͤn - te; ſo haben die Rechte auch darwider gute Mittel erfunden. Daß / nemlich / wann ein Herꝛ allzu bar - bariſch mit ſeinen Bedienten umgehet / dieſe die O - brigkeit anruffen / und daß der Herꝛ vor derſelben Cautionem de non amplius offendendo leiſten muͤſſe / ausbitten koͤnnten.
vid. Mev. pag. 4. Dec. 19.
Geſetzt / wuͤrde ſolches noch nicht helffen / und der unbedachtſame Patron ſich auch an das Obrig - keitliche Mandat nicht wollte kehren / ſo ſtuͤnde dem Diener nicht unverwehrt / wann er ſich bey Zeitenaus574Caput XVI. aus ſeinem Haus wegmachte / und ſolcher Geſtalt auch vor der Zeit die Dienſte quittirte.
arg. §. Inſt. de his qui ſui vel al. jur. ſunt.
Zumal demjenigen / der ſich ſeines Regiments / ſo er uͤber einen andern hat / mißbrauchet / daſſelbige auch billig genommen wird.
vid. Papon. lib. 13. arreſt. tit. 2.
Nachdem auch ein Diener ſeinem Herꝛn allen Reſpect zu erweiſen / und nichts / als alles Liebes und Gutes von demſelben zu reden / ſchuldig iſt; alſo muß auch hinwiederum ein Handels-Patron ſeinen Die - ner nicht mit Ehrenruͤhrigen Worten tractiren / an - geſehen / wann ſolche zu grob kaͤmen / die Rechte de - nen Bedienten zulaſſen / deßfalls eine Injurien-Klag wider ihre Herren anzuſtellen / und ſolche angethane Schmach gerichtlich zu ahnden / vornemlich / wann ihnen ein Verbrechen vorgeworffen wird / deſſen ſie ſich nicht ſchuldig wiſſen.
Mev. ad Jus Lubec. p. 3. tit. 8. art. 10 n. 16.
Wir ſchlieſſen hiermit / wollen aber zuvor noch kuͤrtzlich die Frag eroͤrtern: Ob ein Handels-Die - ner / welchen etwas zu verrichten / von ſeinem Herꝛn anbefohlen worden / dieſem Befehl / im Fall er ſolches ſeinem Herꝛn nuͤtzlich zu ſeyn / befaͤnde / uͤberſchreiten koͤnne?
Ob nun wohl der Rechts-Satz richtig / daß man den Befehl / womit man beladen worden / nicht uͤberſchreiten ſolle / wie zu ſehen
ex l. 5. pr. ff. mandat.
Angeſehen derjenige / welcher ſolchen Befehl uͤberſchreitet / vielmehr etwas anders / als dasjenige /was575Vom Recht der Kauffmanns-Diener. was ihme anbefohlen worden / zu thun / ſcheinet / ſo gar / daß etliche dafuͤr halten / ob koͤnnte nicht einmal zum Nutzen der Herꝛſchafft / der Befehl uͤberſchrit - ten werden / nach dem bey Kauffleuten ohnedem bekandten Sprichwort: Folg Ordre / und thue Quad. So ſcheinet doch die widrige Meynung / denen Rechten und der Billigkeit conformer, wie zu ſehen
ex l. 3. pr. ff. Mandat.
Jnmaſſen es einem jeden / eines andern Sach zu verbeſſern / frey ſtehet; hiernechſt auch nicht zu muthmaſſen / daß es deßfalls wider den Befehl des Herꝛn ſollte gehandelt ſeyn / wann der gegebene Be - fehl auf eine andere Weiſe / jedoch zu des Herꝛn Nu - tzen / ausgerichtet wuͤrde; Geſtalt / man nicht ſo wohl auf die Worte / als auf die Meynung desjenigen / der den Befehl gegeben / zu ſehen habe.
Bachovius ad Treutl. D. 27. th. 6. lit. f.
Gleichwie aber der Ausgang einer jeden Hand - lung / nicht allezeit gluͤcklich iſt / alſo thut ein Handels - Diener am beſten / wann er dem / ihme vorgeſchriebe - nen / Befehl / ſich in allen Stuͤcken gemaͤß erzeiget / al - lermaſſen er ſolchen Falls keine Verantwortung auf ſich ladet.
v. l. 46. ff. Mandat.
Da er ſonſt im Gegentheil / wann er ſolche vor - geſchriebene Ordre uͤbergienge / ſolches zu verant - worten haben wuͤrde Ja / wann er eine groͤſſere Summa, als ihme anbefohlen worden / ausgegeben / ſolchen Uberſchuß nicht wieder von ſeinem Herꝛn for - dern koͤnnte / oder / ſo er ſolchen von deſſen Geldernaus -576Caput XVI. ausgezahlet / ſelbiges wieder erſetzen muͤſte; Ein an - deres waͤre es / wann dem Diener kein geweſſener Befehl waͤre gegeben / ſondern die Verrichtung ſei - ner beywohnenden Geſchicklichkeit und Gutbefinden anvertrauet worden; Geſtalt er in ſolchem Fall ent - ſchuldiget iſt / wann er dasjenige / was ſein beſtes Wiſſen und Gewiſſen mit ſich gebracht / nach Moͤg - lichkeit verrichtet hat.
Und ſo viel vor dießmal / von dem Recht der Kauffmanns-Diener / deſſen ſie ſich / wann ſie treu und redlich dienen / zu erfreuen / und was ſie hinge - gen auch / wan das Wlderſpiel geſchiehet / zu erwar - ten haben.
ABend-Zeit in groſſen Staͤdten auf der Gaſſen zu gehen unſicher. 267
Abgeritten wann die Pferde ſeyn / was zu gebrau - chen. 341
Abſchiede der Diener vid.380. Formul en Teutſche383 .ſeqq. Frantzoͤſiſche388. Lateiniſche. 391
Acceptiren der Wechſel-Brief durch Diener. 538
Action der Schiffs-Rheder wider einen Kauff - mann ſeines Diners wegen. 527
Aderlaſſen in Peſtzeiten nicht geſund. 302
Adres Contor dienet denen Kauff-Dienern ſich an - zugeben und Dienſte zu ſuchen. p.20 .27.
Altenberg giebt viel Zinn aus. 156
Alter der Pferde wie es erkannt werde. 333
Altvaͤtteriſche Formularia aus Briefen zu laſſen. 204. &207
Alphabeth der Titul und Aufſchrifften. 209
Aempter / Namen Frantzoͤſiſch. 209
(A) Am -RegiſterENDE.
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