PRIMS Full-text transcription (HTML)
Revidirte Feur-Ordnung /
E. E. Raths der Stadt Hannover.
Hannover/ Gedruckt beyGeorg Friederich Grimmen/ Fůrstl. bestalten Buchdrucker.

WIr Bürgermeister und Raht der Stadt Hannover / allen und jeden unsern Bürgern / Einwohnern / und männiglichen / so unser Bottmessigkeit unterworffen / thun hiemit kund und zuwissen; Daß / ob zwar auch vor Jahren aus guter Meinunge und getreuer Vorsorge der Stadt Wolfahrt / behörige Anstalt und Ordnung ist gemachet / wie höchstschäd - und gefährliche Feuers-Brunste bestmöglichst zuvermeiden / und durch behufige Mittel hinwiederumb zu dämpffen; Dennoch die Erfahrung es Leider! hat bezeuget / daß denselben in fürgefallenen Nöthen / nicht allerdinges gelebet / sondern viele unvermuthete Verwirrungen und Mängel sich ereuget / durch welche der lieben Bürgerschafft4 ein unwiederbringlicher Schade sich leichtlich mögen erregen. Als aber dieselben unsers Obrigkeitlichen Ambts und schweren Obliegens wegen / wir hertzlich gerne geendert und abgestellet hätten; So haben mit gehöriger Sorgfalt und zeitigem Rath die vorige Ordnungen zur Hand genommen / es alles auffs fleissigste überleget / verbessert / auch jetzigen dieses Ortes Zustande und Gelegenheit nach appliciret / damit / so viel immer müglich / negst Göttlicher gnädiger Hülffe / unsere Bürger und Einwohner / für auffgehenden Feuer / und andern dabey besorglichen Schaden bewahret / auch / da es sich begeben solte / dem Unheil in Zeiten und mit Nachdruck gewehret werden möge.

Gleich wie wir nun nicht zweiffeln / es werde ein jeder jhm selbst zum besten diese unsere wolgemeinete Vorsorge und Ordnung vernünfftig gefallen lassen; Also befehlen hiemit allen unsern Bürgern und obgedachten Einwohnern / auch deren Haußgenossen / Dienstbothen und Handwercks-Gesellen / so viel daß einen jeden betrifft / darnach mit allem Fleisse sich zu halten / und denselben in keine Wege zuwider sich zubezeigen; So lieb jhnen ist / die darin benante und andere willkührliche Straffe / nach Bewandniß der Sachen / unnachlässig zuvermeiden.

5

Caput I.

Wie durch Abschaffung allerhand Gelegenheiten eine Feuers-Brunst vorzukommen.

1. Auff daß nun zufoderst und für allen Dingen die Gelegenheit zu Feuers-Brunsten verhütet werden möge / so sol ein jeder in seinem Hause die Brandmauren / Feurstette / Camine / Schorsteine / Darren / Brenn - Schmelz - und Back-Ofen / Aesen / Ferbekessel / Brandtwein-Blasen und alle andere dergleichen gefährliche Oerter und Gerethschafften / auch das Brau-Hauß solcher gestalt anlegen und behutsamlich verwahren / daß kein Schade noch Anzündung dahero zubesorgen.

2. Derobehueff dann selbe / bevorab die Schorsteine / nicht von Holtz / Brettern oder Zaunwerck gemachet / sondern mit Steinen auff - und die Schorsteine aus dem Tache geführet werden sollen.

3. Auch sollen die Becker an jhren Backöfen kein höltzern Stenderwerck haben / noch die Rauchlöcher hinten oder oben / sondern forne außgehen lassen /6 damit der brennende Rauch desto sicherer auffwerts in - und aus den Schorstein geführet werde.

4. So sol auch niemand sein Hauß / Scheuren noch Ställe / mit Stroh decken / noch unter die Dachpfannen / Stroh mit einstecken lassen / sondern / da es befunden / wieder auffgerissen / und der Haußwirth in 20. Fl. straffe / der Dachdecker aber in gefängliche Hafft genommen / und folgends nach Befindung angesehen werden.

5. Nicht minder sollen die Back - Brenn - und Schmeltzöfen / imgleichen Kupffer - und Eisen-Schmiede nicht zu nahe bey dem Rath-Hause / der Apotheken / item Kirchen und Schulen / oder andern gemeiner Stadt zustehenden Gebäuden / noch bey Häusern / so von Holtz auffgeführet / geduldet / wenigers an denen Oertern / da sie nicht von Alters her gewesen / ohne unsern / und der Nachbarschafft vorwissen / und Bewilligung / von neuen angeleget werden.

6. Ferner sol ein jeder seine Schorsteine des Jahrs zum wenigsten einmahl lassen außfegen / und so daß nicht geschicht / der Schorstein aber brennend würde / ob gleich das Feuer ohne sondern Schaden hinwieder gelöschet / dennoch der Haußwirth deßwegen / wie hergebracht / in 10. Fl. straffe genommen werden.

7. Deßgleichen sollen bey eben derselben Straffe die Brauer und Multzer jhre Darren / so offt sie selbe7 gebrauchen / wol besehen und reinigen / auch so lange Feuer darunter / oder die Darre noch warm / eine Tonne voll Wasser dabey stehen haben.

8. Nicht minder sol ein jeder Haußwirth / insonderheit Gastgeber / Krüger / und wer sonst Gäste setzet / oder andere Leute neben sich im Hause hat / herberget / und verpfleget / acht haben / daß seine Frau / Kinder / Gesinde / Gäste / Häußlinge und Verpflegte / nicht gefährlich mit Feuer / Licht / Fackeln / Lampen / oder Thoback-schmeuchen auff Boden / in Kammern / bey Betten / in Scheuren und Ställen / noch auff dem Hoffe / da Stroh und dergleichen leicht anzündende Dinge verhanden / umbgehen / noch er solches bey Trunckenheit oder anderer Gestalt für sich selbst thue / sondern das Thoback-schmeuchen entweder gäntzlich abgewendet / oder aber an solchen Ort verrichtet werde / da deßwegen keine Gefahr zubesorgen: über dem die Feurstette alle Abend wol verwahret / die annoch brennende Köhle oder gluende Aschen an keine gefährliche Oerter / Stender / höltzerne Grunde / oder Bretterwerck / noch in Fässer oder auff die Boden geschüttet werde.

9. Allermassen denn / wofern den Benachbarten durch dergleichen verwahrlosung / und dahero veruhrsachte Feuersbrunst einiger Schade entstunde / der Haußwirth / durch dessen Fahrlässigkeit es erwachsen / den Schaden gelten / daß sorglose Gesinde aber / nach Befindung an Leib und Leben gestraffet werden sollen.

8

10. Würde aber der Wirth es verbieten / und die Gäste oder Häußlinge dennoch mit so gefährlichen Dingen nicht inne halten / so sol er sie alsofort aus dem Hause schaffen / und da sie nicht gehorchen wolten / die Nachbarn oder die Wache zu Hülffe nehmen / oder es auch uns zu fernerer nachtrücklichen Verordnung fordersambst andeuten.

11. Gestalt dann auch niemand unserer Bürger / er sey wer er wolle / jemand zu sich sol in sein Hauß nehmen / jhm dasselbe gantz oder zum Theil vermiethen / er habe es denn vor dem Thorschliessen den Worthabenden Bürgermeister durch einen Zettel angezeiget / wie er heisse / woher er sey / wessen er sich nehre / oder was sonst alhie seine Verrichtung sey / wie viel / und was für Leute er bey sich habe / bey 5. Fl. oder 8. tägiger Gefängniß straffe für einen jeden Tag / den er also verholen / jemand in seinem Hause gehabt / und sol nichts desto minder den also unangemeldeten Gast oder Heußling bey Sonnenschein wieder hinaus zu schaffen schuldig / oder in weit härtere wilkührliche Straffe / nach Bewandnüß der Sachen verfallen seyn. Derobehueff denn ein jeder Corporal / oder wen wir sonsten dazu werden gebrauchen / auff entstandenen Verdacht in seiner Corporalschafft / ohne einiges Ansehen der Personen zu visitiren / und die er befindet / ohnverzuglich anzumelden hat: worwieder bey 10. Rthl. Straffe sich niemand sol unterstehen zu reden / noch jhm einige Behinderung in dem Wege zu werffen.

9

12. So sollen auch die Mültzer / Brauer / Bäcker / Bötticher / Drechsler / Tischer / Bildschnitzer / Brantwein Brenner / Töpffer / Schmiede und dergleichen / jhr Torff oder Holtz / Höfel oder andere Späne / so sie zu jhrer Handthirung gebrauchen / oder jhnen in der Arbeit abfallen / imgleichen auch die Seiler jhren Hanff / Flachs und Heden / dem Feuer nicht zu nahe legen / noch / bevorab ungebunden / liegen lassen / sondern bey wilkührlicher Straffe / nach Gelegenheit jhres Hauses also verwahren / daß dahero kein Schade zu besorgen.

13. Nicht minder sollen die / so Pulver / Pech / Schwefel und dergleichen Dinge verkauffen / verarbeiten / oder in verwahrunge haben / selbiges an sichere örter / keines weges aber Pulver unter in die Keller und Gewölbe legen / darauß dem gantzen Hause und der Nachbarschafft gefahr entstehen möchte.

14. Welcher Abends oder Morgens / bey angezündeten Lichte / Latern oder Lampe am Flachs arbeiten / oder Getreidig dröschen / Stroh schneiden / Unschlit oder Talch schmeltzen und Lichte ziehen / mit Buchsen Pulver / Pech / Schwefel / und andern Dingen / so leicht brennen / umbgehen / oder daß solches geschehe / befehlen wird / sol in 6. fl. Straffe verfallen.

15. Eben dasselbe haben zu erwarten / die am Sonn - oder Feyertagen / wie auch des Abends nach 8. Uhren Maltz darren.

10

16. Als auch viele unserer Mitbürger vermeinen / sie können nicht wol leben / wo sie nicht zum wenigsten eine Kuhe halten / ob sie gleich in jhrem Hause nicht so viel raum haben / daß sie dieselbe nottürfftig stallen und futtern können / so sol hinfüro keinem / der nicht so viel raum in seinem Hause hat / daß er das Futter und Stallunge weit gnug vom Feur haben möge / eine Kuhe zu halten / vergönnet seyn.

17. Damit nun diesem sambt und sonders also gelebet / und dawider nicht gehandelt werde / so sollen unsere verordnete / und insonderheit dazu beeydigte Feurmeister acht darauff haben / alle Jahr zum wenigsten zweymahl herumb gehen / bevorab umb Michaelis / unsere Maur - und Zimmerleute zu sich nehmen / alle Feurstete und gefährliche örter besichtigen / nötige Verordnung darüber machen / und da sie einige / so nicht gnugsam verwahret / finden würden / ob gleich die Nachbarn nicht darüber klagen / die Haußwirthe und Einwohnere dahin halten / daß sie selbige mit gebackenen Steinen auffbauen und ausser Gefahr setzen: da auch jemand hierin über vermuthen sich säumig oder wiedersetzlich bezeigen würde / denselben jedesmahl in 5. fl. Straffe nehmen / über dem auff alles / so diesem zuwieder von einem und dem andern vorgenommen / erkündigung anstellen / auch auff bedurffenden fall zu ferner unser Erkäntnuß und assistentze anzeigen.

11

Caput II.

Wie alles bereit zu halten / was zu dämpffung des Feuers von nöthen.

1. Auff daß nun weiter an behöriger Geretschafft und Wasser zu dempffung des Feuers es nicht ermangeln möge / so sollen unsere verordnete Feuermeister alle Jahr den 6ten Tag / nach dem sich der Rath hat umbgesetzet / ein richtiges inventarium aller Feuer-Leitern / Gabeln / Feuerhaken / Ledern Eimer / Wassersprützen / messing - und holtzern Handsprützen / Küben / Schlitten / Schlopen / imgleichen die Leute / so selbe ans Feuer zu tragen / und zu führen bestellet (deren abgang sie dann alsofort zu zeitiger ersetzung jedesmahl anzumelden haben) für dißmahl aber innerhalb 14. Tagen auffzurichten und gedoppelt zu übergeben / solches auch zu unterschreiben / und darnach in eine Lade beyzulegen / schuldig seyn.

2. Sie sollen auch alle viertel Jahr / oder zum wenigsten des Jahrs zweymahl herumb gehen / vorbenante instrumenta in Augenschein nehmen / und dahin mit allem Fleisse trachten / daß alle Feuer-Leitern / Gabeln / Feuerhaken / Eimer / und andere darzu gehörige Notturfft in gutem Stande und Bereitschafft gehalten /12 da nötig / zu rechter Zeit / gebessert / an der abgegangenen Stelle neue geschaffet / und jedesmahl an gehörigen Orte verhanden seyn möge.

3. Wir wollen auch einen jeden Haußwirth bey seinen Eyden und Pflichten hiemit ermahnet haben / sich selbsten mit Einen oder Zween / und die des Vermögens seynd / mit mehr Ledernen Eimern / auch mit einer oder mehr Messingen oder höltzern Handsprützen gefast zu halten / damit man sich derselben im Fall der Noht gebrauchen / und einer den andern Nachbarlich beyspringen möge.

4. Und auff daß es im Nothfall nicht an Wasser gebreche / so sollen die in Abgang gerathene Söde und Brunnen / imgleichen Kumme und Seulen / so wol auff den Gassen als in den Häusern befindlich / von dem oder denen / so sie angehören / innerhalb 14. Tagen bey 5. Fl. straffe / wieder angerichtet / repariret und gereiniget werden / welches unsern Feurmeistern zu beobachten hiemit gecommittiret wird.

5. Nicht minder sollen die Kunst - und Brunnen - auch Grabenmeister / da an den Kummen oder Seulen / Wasserröhren / Buchsen / oder sonsten einiger Schade und Mangel sich ereuget / denselben alsofort endern / und so deßwegen nothwendig das Wasser abzuschliessen / auch eines oder mehrer Tage Arbeit erfodert würde / dahin sorgfältig sehen / daß nicht auff einen Tag alles Wasser auff einmahl abgeschlossen / sondern denen /13 an deren Röhren nichts zu machen / noch würcklich gearbeitet wird / das Wasser bey freyen Lauff gelassen werde.

6. Der beeidigte Kunstmeister sol / damit in besorglichen Nothfällen es bey Winters-Zeit ans Wasser nicht ermangele / so bald nur 2. oder 3. Tage der Frost anhalten wird / das Wasser / durch stellung der Kunst / nicht mehr lauffen lassen / sondern damit einhalten / und so viel an jhm ist / dahin sehen / daß zum wenigsten die grossen Röhren / biß an den Haupt - oder Pfeiffen-Brunnen ledig und gangbar bleiben.

7. Wie imgleichen auch unsere Bürgerschafft / und absonderlich die Brawer / in allen und jeden Röhren dahin sehen sollen / daß ebenmessig dieselbe auff solchen Fall ledig seyn / und nicht mit Eiß voll gefroren erfunden werden mögen.

8. Wofern nun aber solches irgend zubefahren seyn / und das Frost-Wetter continuiren würde / alsdenn sollen unsere Bürger für jhren Häusern die Gossen außhauen / und von allen Eise frey bewahren / damit von besagtem Haupt - und Pfeiffen-Brunnen / durch rennen das Wasser in die Gossen / und darin weiter an den Ort / wo etwa eine Feuers-Brunst entstanden / in schleunigster Möglichkeit geführet / allda gefüllet und geschöpffet werden könne.

9. Weßhalben dann auch die Feurmeistere dahin sehen / und bey Straffe andeuten lassen sollen / daß14 ein jeder die Gossen und Strassen auff den seinen / und so weit er schuldig / rein halte / und von allem Unflaht befreye.

Caput III.

Wie die entstehende Feurs-Brunst kund zu machen.

1. Damit dann weiter / so durch Gottes Verhengniß ein unordentlich Feur auffginge / dasselbe zeitig gnug angedeutet und gelöschet werde / so sol zufoderst der Haußwirth / oder die Fraw / bey denen es sich ereuget / dasselbe alsofort / und ohne einigen Vorzug beschreien und Hülffe ruffen / und wo es alsdann gedämpffet wird / es sey denn eine Verwahrlosunge dabey mit untergeloffen / ohngestaffet bleiben. So aber jemand es heimblich zuhalten / sich unterfangen würde / alsdann sol derselbe / nach bewandten Umbstenden und Beschaffenheit der Sachen / ob es gleich gerettet würde / dennoch willkührlich / ohne Ansehen der Personen / gestraffet werden

2. Dann sollen auch die Thurm - und Gassen-Wächtere jhres Ambts fleissig abwarten / jene so bey Tage als bey Nacht / diese aber bey Nacht sich auff der Wache alle Stunden / jhren Pflichten und Eyden zu folge / ohnnachlässig finden lassen / blasen und ruffen /15 wie daß jhnen anbefohlen / und da sie etwa einen ungewöhnlichen brandigen Geruch oder Rauch vermercketen / für demselben Hause / da sie dessen gewahr werden / anklopffen / und sich darnach erkundigen / die Leute auffwecken und ermuntern / da sie alsdenn auch einige Gefahr empfunden / zugleich bey den Corporal und Benachbarten alsofort anklopffen / sie auffwecken / imgleichen mit vielfältigen Blasen und Geschrey / nachbarliche Hülffe herbey ruffen.

3. Imgleichen sollen die Nachbaren / wenn sie derogleichen ungewohnten Rauchs und brandigen Geruchs gewahr werden / die Einwohner des Ortes ermuntern / oder nach befindunge den Corporal und die benachbarte Feurmeister dazu ziehen / das Hauß / so gut sie können / eröffnen / auch auff bedürffenden Fall / dem negsten Küster es vermelden / und die Glocken rühren lassen.

4. Die Wächter auff St. Jacobi und Georgij Thurm / wie auch die Thurm-Leute / sollen fleissige Wache halten / und so sie Feuers-Gefahr vermercketen / dieselbe / so bald das Feur sich empor hebet / oder sonst gewiß verhanden / mit dem gewöhnlichen Blasen und Feurglocken schlagen / ruchtbar machen / auch den Ort / oder die gegend des Feurs / des Nachts mit einer an derselben Seite den Thurms auffgehengten Leuchten / und darin brennendem Lichte / des Tages aber / mit niederwerts außgestecketer Fahnen / anzeigen und bedeuten.

16

5. Solten aber besagte Wacht-Leute / bevorab auff gedachten Thurm / so unachtsam seyn / daß sie des Feurs nicht gewahr würden / alsdann sollen sie jhres Dienstes entsetzet / oder sonsten nach Befindung unnachlässig gestraffet werden.

Caput IV.

Wie sich Bürgermeister und Raht / auch die Bůrgerschafft sampt den jhrigen bey entstandenen Feurs-Brunsten zuverhalten haben.

1. So bald nun ein Feuer durch die Glocken / Trummel / oder andere Gestalt ist kund geworden / sollen und wollen Bürgermeister / Raht und Geschworne / ausser denen / so bey den Feur würcklich zuschaffen haben und hernach benennet werden / sich stündlich zu Rathause anfinden / damit sie desto besser von dem Zustande des Feurs Nachricht einziehen / sich berahtschlagen / und desto bessere Ordre stellen / auch durch einige jhres Mittels dem Feuer näher treten lassen können.

2. Unsere Bürgerschafft aber sol sich alsofort mit jhren Unter - und Ober-Gewehr / welches sie derobehueff allezeit fertig zu halten / ein jeder für seines17 Fendrichs Thür sich anfinden / und ohne eintziges Geschrey und unnöthigen Tumult von dem Haubtman / welcher von einer Compagnie zu der andern zu gehen hat / in guter Ordnung stellen lassen / die von der Weissen Fahne an der Osterstrasse / die von der Rothen an der Marcktstrasse / die von der Grünen oder Kömelung Strasse an das freye Marckt / die von der Gelben aber oder Leinstrasse an das Holtzmarckt / auch allda von uns / durch unsern Haubtman / Riede - und Baumeister Ordre erwarten. Die vier Corporalschafften aber / so dem Feuer am negsten / als eine zur rechten / die ander zur lincken / eine forne / und eine hinten / sollen gerade zum Feuer eilen / und zur helffte den Ort an beyden Seiten des Zutrits besetzen / daß kein unnützes / viel weniger unbekantes verdächtiges Gesindel / zu und eindrenge / die andere helffte aber den Ort öffnen / und das Feuer in guter Ordnung dämpffen / biß andere von fernen Orten auff unser Befehl werden dazu kommen / und sie verstärcken oder ablösen.

3. Allermassen dann ein Corporal sambt 2. Mußquetirern vom Steinthor / so die Wache haben / imgleichen 2. Mußquetirer von Ægidien Thor und 2. vom Leinthor alsofort zu dem Feuer sich sollen wenden / und imfall es von der Bürgerschafft noch nicht geschehen / daselbsten posto fassen / biß der Lieutenant / sambt andern Stadt-Soldaten / so die Wache nicht haben / wird dazu kommen / derobehueff / dann diese letztere / nach dem das Feuer kund worden / ohngesäumet an des Lieutenants Thür / bey ernstlicher Straffe sich sollen einfinden /18 und seiner Ordre folgen / welcher dann / nach gestalt der Sachen / die von den Thören heran genäherte Stadt-Soldaten entweder hinwieder zu jhrer Wache zu erlassen / oder auch bey dem Feur zu behalten hat.

4. Es sol sich auch bey schwehrer Straffe niemand der Nachbaren alsofort auffs außtragen und außreumen jhrer Häuser begeben / sondern vielmehr jhrem nothleidenden Nachbarn getreulich beystehen / und dahin trachten / damit das Feuer / ehe es Krafft gewinne / gelöschet und grösseres Unglück verwehret werde.

5. Die zwey Feuermeistere / so dem Rathhause am negsten wohnen / und bey der Hand sind / sollen ohne eintzige säumnuß fürs erste viertzig Lederne Feuer Eimer sambt einigen Haken und Leitern vom Rathhause durch bekante Leute lassen an das Feuer tragen / und daselbst unter bekanten Leuten außtheilen / darneben die grosse Wassersprütze unterm Rathhause herauß führen / damit / so es nöthig / dieselbe eiligst an gehörigen Orte könne gebracht und gebrauchet werden. Derobehueff dan diesen zweien Feuermeistern / ohngesäumet sechs Bürger / die sie zuerst ansichtig werden / mit jhrem Gewehr sollen assistiren zur Wache / und 10. von den also genanten Zwantzig Männern / zum außfahren / Eymer tragen / und andern Diensten / biß andere darzu werden kömmen oder commandiret seyn / imgleichen zwey Bürger oder Stadt-Soldaten / die mit Sprützen wissen umbzugehen.

19

6. Deßgleichen sollen die 2. Feuermeister / so zu negst der Mühlen wohnen / mit den Feuerhaken / Leitern und der andern Sprützen / so in jhrem viertheil / sich fertig halten. Die Zwey Feuermeister aber / so dem Feuer am negsten wohnen / sambt den zweyen andern / sollen alsofort an das Feuer gehen / nach allen Umbständen auffs genauste es besichtigen / so an vorgedachter Geretschafft etwas mangelt / schleunigst befehlen herbey zu bringen / auch die daselbst verhandene und andere Bürger unnd Handwercksgesellen / mit Vorsichtigkeit / zu fleissiger Hülffe und möglichsten Rettung / auch zum Wasser tragen und anderer Arbeit treulich anmahnen / dahingegen aber die / so nicht retten und helffen wollen noch können / bey dem Feuer nicht leiden / sondern abweisen / oder durch unsern Lieutenant / so derselbe mit den Stadt Soldaten da posto gefasset / abtreiben lassen / damit andere durch sie nicht verhindert werden.

7. Unsere mit Raths Freunde / der Herr Hauptmann / Riedemeister unnd die beede Bawmeistere wollen und sollen gleicher gestalt / sofort sie der Gefahr innen werden / nach dem Feuer eilen / und fleissige acht haben / damit alle confusion und Dieberey verhütet / auch alles / was außgetragen wird / in gute und gewisse Verwahrunge gebracht / dem unnöthigen und schädlichen Zulauff gewehret / und die Leute / so retten sollen und können / in gute und gewisse Ordnung gestellet werden / damit einer dem andern nicht im Wege stehe / noch behinderlich20 sey. Derobehueff dan / im fall über alles vermuthen / die negsten Corporalschafften oder der Lieutenant sambt den Stadt Soldaten / den Ort / da das Feuer entstanden / noch nicht besetzet / sie durch gewisse / getreue / fleissige und behertzte Männer von allen oder einer Compagnie / nach dem sie werden bey der Hand seyn / denselben / biß die andern herzu kommen / besetzen / und den unordentlichen Zulauff verwehren sollen.

8. Der Kunst - und Brunnenmeister sol / sofort die Sturmglocke geschlagen oder sonst die Feuersbrunst jhm kund geworden / das Rohrwasser lauffen lassen / und an dem Orte oder auff die Gassen stellen / da das Feuer verhanden / darneben durch jemand der seinigen dem Grabenmeister oder negstwohnenden Feurmeister anzeigen / ob und wo des Ortes verdeckte Nothbrunnen verhanden / damit dieselbe in Zeiten geöffnet und gebrauchet werden. Derobehueff dann der Brunnenmeister beständig sol in der Kunst bleiben / sein Knecht aber auff den Pfeiffenbrunnen warten / und die Röhre nach dem Feuer stellen / der Grabemeister aber sambt einem Knecht die negsten Nothbrunnen mit scharffen Peilhacken schleunigst eröffnen.

9. Imgleichen sol ein jeder bey schwerer unaußbleiblicher Straffe verpflichtet seyn / dem andern mit öffnung der Hahnen an den Brunnenständern in solchen Fällen zu willfahren / und den Zugang zum Wasser durch sein Hauß oder Thorweg zu verstatten / auch seine Kuffen und Baljen zu leihen.

21

10. Die Broihan Führer sollen bey Verlust jhres Dienstes je Zwey und Zwey für eines der negst beym Feuer verhandenen Wasser-Kuffen jhre Pferde spannen und Wasser zuführen / biß von dem Riede - Baw - und Feuermeistern mehr Pferde herbey geschaffet werden.

11. Und haben der Haubtman / Riede - Baw - und Feuermeister / welcher unter jhnen wird zugegen seyn / alsofort etliche Personen / so für der Hand / bey dem Nothbrunnen zu verordnen / welche das Wasser schöpffen und Ballien herbey bringen / auch darauff zu achten / wer zu erst mit seiner Wasser Ballie zum Feuer kompt / damit demselben eine Verehrung von uns gereichet werde.

12. Die Zimmerleute / Tachdecker / Maurer / Leimenthierer / Zwantzig Männer und andere Raths - und Stadt Bediente / so zur Hand-arbeit umb Lohn bestellet seynd und gebrauchet werden / sollen für alle andere ohngesäumet zum Feuer eilen / alle andere Arbeit liegen lassen / und bey willkührlicher Straffe / so viel möglich / retten helffen.

13. Deßgleichen sollen die Rademacher / Schmiede / Tischer / Bötticher und Brauer Knechte / so eben zu der Zeit mit den Brauen nicht nothwendig zu verrichten haben / sich herzu machen / und der Feuerherrn Ordre / wie ehrliche Leute / getreulich außrichten.

22

14. Frembde aber / Kinder oder Weibspersonen / auch andere / so zum retten untaulich / sollen daheim bleiben / und dem lieben GOTT umb Abwendung der Feuersgefahr anruffen / auch daselbst auff allem Nothfall Wasser in Kummen / Kuffen und Ballien zum Vorrath samblen und sonsten gute Anstalt machen. Würde sich diesem zu wieder jemand derselben auff die Gassen wagen / und darbey Schaden / Schimpff und Ungemach erleiden / hat derselbe jhm und seinem Vorwitz solches zu imputiren / und wollen wir darüber keine Klage hören noch richten.

15. Damit auch in der Stadt alsdan aller Diebstall / Auffruhr und Mordbrennen möge bester massen verhütet werden / sol die Patroll Wache des Nachts fleissig gehen / die verdächtige Personen / so sie auff der Gassen findet / mit sich wegnehmen und nachgehends dem Gerichte überantworten. Eben das haben zu beobachten die bey dem Feuer befindliche Rathsverwandte / der Stadt Lieutenant und die Feuermeister / welche ein gar wachsames Auge zu werffen auff die / so etwas aus dem Hause / da das Feuer verhanden / tragen / wer sie seynd / und was sie tragen / und so sie jemand derselben nicht kennen / haben sie nur kühnlich zu fragen / wer er sey / was er trage / wer es jhm befohlen / und wohin er es trage / und so er keinen richtigen Bescheid kan geben oder sonst verdächtig / sollen sie es von jhm abnehmen / und einem Bekanten zu verwahren hingeben / damit es hernach23 dem rechten Eigenthumer wieder außgeantwortet werde.

16. Wenn denn das Feuer grösser würde / oder mehr als ein Feuer auffginge / welches Gott in gnaden verhüten wolle / so sollen die jenige / so zu dem ersten Feuer verordnet / mit dessen Rettung nicht ablassen / noch davon lauffen / sondern beständig dabey bleiben. Die Feuer - und Wachherrn aber haben zu verordnen / welche Leute sich von den ersten nach den andern Feuer begeben sollen / und Fleiß anzuwenden / damit aus denen dem andern Feuer am negsten befindlichen Corporalschafften der Ort besetzet / und gleich den ersten behueffige Anstalt gemachet werde.

17. Falß auch ein solches Unglück bey Nacht Zeiten sich zutrüge / so sollen nicht alleine an den Ecken einer jedweden Gassen / oder nahe bey der Feuers-Brunst / sondern auff allen Gassen durchgehends für den Thüren brennende Liechter in Laternen außgehenget werden / damit jederman sehen könne / wie er gehe / trage und fahre / auch alle confusion, Diebstall und Verhinderung verhütet bleiben möge. Wer es an seinem Hause unterlässet / sol 3. Fl. Straffe erlegen.

18. Als auch höchst nöthig / daß die Feuersprützen am allerforderlichsten zu dem Feuer gebracht24 werden / so befehlen allen unsern Bürgern / so Gespan halten / insonderheit aber unsern Wagen-Knechten / daß sie so Tages als Nachtes auff solchen Fall alles verlassen und die Sprützen / auff gutachten der Feuer-Herren / eilend zum Feuer bringen / dazu jhnen dann auch menniglich Platz zu machen / und Hülffe zu leisten / insonderheit aber unser Mahl - und sage - Müller / sambt denen so der Brunnenmeister wird an Hand geben / und entbehren können / verbunden.

Caput V.

Was nach geschehener Rettung zu thun / und wie der eine oder ander nach befindung zu belohnen oder zu straffen.

Wann nun das Feuer durch Gottes gnädigen Beystand gedämpffet / und nach Notturfft scheinet gelöschet zu seyn / so sollen oberwehnte 4. Personen unsers Mittels und die Feuermeister nicht alsofort davon eilen / sondern fleissige acht haben / auch derobehueff abwechseln / und durch einige Corporalschafften Wache halten / damit nicht aus der Asche abereinst ein Unglück möge hervor brechen.

25

2. Nach völliger Rettunge aber sollen die Feuermeister die Eimer / Leiter / Feurhaken und andere hergegebene Notturfft wieder zusammen bringen / und ein jedes alsofort am gehörige Orte verschaffen / was aber daran zubrochen oder verdorben / oder gar abhanden kommen / ohngesäumet / und ehe es beygeleget wird / bessern oder wieder anschaffen / auch was es gekostet / von dem / durch dessen Fahrlessigkeit das Feuer außgekommen / oder die Beschädig - und Entwendung geschehen / bezahlen lassen / bey willkührlicher Straffe.

3. Deßgleichen sollen sie straffen oder anzeigen die jenige / welche entweder bey dem Feurlöschen gar nicht / oder doch zu späte erschienen / oder nicht der gebühr gehorchet und geholffen / oder sonst diesen Articuln in einem und andern nicht nachgelebet. Allermassen denn die Mauer - und Zimmerleute / Tachdecker / und die / so in Stadt Diensten begriffen / so ferne sie zu späte ankommen oder gar zurücke geblieben / unvermeidlich jhrer Dienste und Arbeit entsetzet / auch nach befindung darüber mit Gefängnüß oder anderer harter Straffe beleget werden sollen.

4. Würde aber jemand über dem löschen und retten an seinem Leibe und Kleidern unverschuldeter Weise beschädiget / oder gar umbs Leben kommen / dafür sol jhm nach Gelegenheit der Person und des26 Schadens billigmässige Erstattung / auch eine ehrliche Begräbnüß wiederfahren.

5. Denjenigen / so sich erst bey dem Feuer gefunden / und treulich gerettet / insonderheit / die so mit jhren Pferden die erste Sprütze oder das erste Kufen mit Wasser / imgleichen die erste Fuhr oder Dracht mit Feur-Leiter / Haken und Eimer gebracht / wie auch / die zum ersten die Feur-Leiter zum Löschen und Retten angeschlagen / sol auch gestalten Sachen nach danckbarlich begegnet / und darneben alle Beforderung in vorfallenden Gelegenheiten erzeiget werden. Gestalt dann die negste vier Nachbarn / deren Häuser vor andern in grosser Gefahr gestanden / 3. Thl. aus dem Hause und anderthalb Rthl. aus der Bude / so aber der / durch dessen Verwahrlosung das Feuer entstanden / zuzahlen hat / alle Kosten alleine erlegen / und so ein Mietsman in dem Hause wohnet / dieses Geld zur helffte von dem Mietling und die ander helffte von den Eigenthümer entrichtet werden sol.

6. Da jemand befunden und überwiesen würde / daß er Lederne Eimer oder ewas von andern Geretschafft gestohlen oder aber bey der Feuers-Brunst den nothleidenden und beängstigten Leuten etwas entwand / oder dazu Rath und That gegeben / und es verholen oder verparthieren geholffen / der sol ohne Ansehen der Person vor einen Dieb gehalten / aus Ambt und Gilde / wenn er darinnen ist / verstossen / und noch dazu / nach27 gestalten Sachen / an Leib und Leben oder sonsten ernstlich gestraffet werden.

Auff daß nun schließlichen diese Unsere wolgemeinete Verordnung zu Jedermannes Wissenschafft und Beobachtunge möge gerathen / auch niemand mit der Unwissenheit sich zu entschuldigen habe / So ist fůr gut befunden / dieselbe durch den Druck gemein zumachen / und hat davon ein jeder Bůrger und Haußwirth zum wenigsten ein Exemplar jhm an die Hand zu schaffen. Wobey wir doch uns vorbehalten haben / Hinfůro nach Gelegenheit der Zeit / diese Ordnung zu verändern / zu mindern / zu mehren und zu verbessern.

Relectum & Decretum in pleno den 1. Julij Anno 1681.

About this transcription

TextRevidirte Feur-Ordnung der Stadt Hannover
Author[unknown]
Extent27 images; 4460 tokens; 1539 types; 31119 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

WikisourceNote: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.Note: Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.2012-11-30T10:24:31Z Wikimedia CommonsNote: Bereitstellung der Bilddigitalisate2012-11-30T10:24:31Z Frank WiegandNote: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat2012-11-30T10:24:31Z CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationRevidirte Feur-Ordnung der Stadt Hannover . Georg Friederich GrimmenHannover1681.

Identification

Physical description

Fraktur

LanguageGerman
ClassificationGebrauchsliteratur; Recht; ready; wikisource

Editorial statement

Editorial principles

Anmerkungen zur Transkription:Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.Überschriebene e werden als moderne Umlaute wiedergegebenDie wenigen überschriebenen o werden mit ů dargestellt: fůrstl.Abkürzungen werden aufgelöst: ñ => en/nn; uñ => und

Publication information

Publisher
  • dta@bbaw.de
  • Deutsches Textarchiv
  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
  • Jägerstr. 22/23, 10117 BerlinGermany
ImprintBerlin 2019-12-13T10:42:56Z
Identifiers
Availability

Dieses Werk ist gemeinfrei.

Holding Library
Shelfmark
Bibliographic Record Catalogue link
Terms of use Images served by Deutsches Textarchiv. Access to digitized documents is granted strictly for non-commercial, educational, research, and private purposes only. Please contact the holding library for reproduction requests and other copy-specific information.