PRIMS Full-text transcription (HTML)
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Chriſtliche Leich-Predigt uͤber die thewre werthe Wort S. Pauli / die Er uns in ſeiner erſten Epiſtel an Timotheum Cap. 1 / 12. ſeqq. hinterlaſſen hat / bey Volckreicher Verſamlung / als der abgelebte Coͤrper / Des weiland zwar armen und ge - brechlichen; nunmehr aber der Seelen nach in Chriſto reichen und ſeligen / Michael Neubers /
welcher am Fuͤrſtl. Saͤchſ. Hoffe zu Altenburg viel Jahr lang unterhalten worden / und den 11. Dec. 1648. im HErrn ſelig entſchlaffen / auff dem Gottes-Acker bey - geſetzet worden / in der Stadt-Kirchen daſelbſt den 14. Dec. gehalten /
Gedruckt zuAltenburgin der Fuͤrſtl. Saͤchſ. Officin, im Jahr 1649.

Das walte der Fuͤrſt des Lebens Chriſtus Je - ſus / welcher nicht allein durch ſeinen Todt die Macht genommen hat dem / der des Todes Gewalt hatte / nemblich dem Teuffel / und erloͤſet hat die / ſo durch Furcht des Todes / im gantzen Leben Knechte[ſeyn] muſten: ſondern auch uns ingeſambt die Gerech - tigkeit und das ewige Leben hat erworben / dem ſambt Gott dem himliſchen Vater / und dem wer - then Heiligen Geiſt dafuͤr ſey Lob / Ehr / Preiß und Danck geſagt / anietzo und zu ewigen Zeiten / Amen;

ANdaͤchtige und Außerwehlte in dem HErrn / wenn der Hocherleuchte Apoſtel Paulus an ſeine Corinther unter andern alſo ſchreibet: Sehet an / lieben Bruͤder / ewern Beruff / nicht viel Weiſen nach dem Fleiſch / nicht viel Gewaltige / nicht viel Ed - le ſind beruffen / ſondern was thoͤricht iſt fuͤr der Welt / das hat Gott erwehlet / daß Er die Weiſen zu ſchanden machet. Vnd was ſchwach iſt fuͤr der Welt / das hat Gott erwehlet / daß Er zu ſchanden machet / was ſtarck iſt. Vnd das Vn - edle fuͤr der Welt / und das verachte hat Gott erwehlet / und daß da nichts iſt / daß Er zu nichte machet / was etwas iſt / auff daß ſich fuͤr Jhm kein Fleiſch ruͤhme:1. Cor. 1 / 26. ſeqq ſo lehret Er Sie und uns allerſeits / was fuͤr Leute von Gott dem HErrn zum Reich Chriſti beruffen ſeyn / und zu ſeinem Eigenthumb erwehlet / auch ſolchen Goͤttlichen Be - ruff angenommen haben / nemlich / nicht viel / die mit hoher Menſch - und Weltlicher Weißheit begabet / oder ihrer groſ -A ijſen

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4Chriſtliche Leich-Predigt.ſen Macht und fuͤrnehmen Standes und Geſchlechts hal - ben an ſehnliche und hochberuͤhmte Leute vor der Welt ſind; Denn dieſelbe faſt in gemein ſich auff ihre Weißheit / Ge - walt und Adelichen Geſchlecht und Stand zuverlaſſen / und ſich fuͤr der Welt derſelben zuruͤhmen / und darmit zu prangen; hingegen aber das Evangelium vom Chriſto / welches iſt das Wort vom Creutz / fuͤr eine Thorheit zu ach - ten pflegen:Cor. 1 / 17. 18. Sondern was thoͤricht / ſwach / unedel / veracht und gleichſam fuͤr Gott ruͤhmen koͤn - ne / als wenn Er die wahre ſeligmachende Erkentnis Got - tes durch ſeine weltliche Weißheit / Macht / und Adelichen Stand erlanget haͤtte / ſondern ſich iederman des HErrn Chriſti ruͤhme / und bekenne / daß Er aus Gnaden / durch ſein Erkentnis / gerecht worden ſey /Eſ. 53 / 11. und durch den Glauben an Jhn die ewige Seeligkeit erlangen werde. Hab. 2 / 4 Rom. 1 / 17. Gal. 3 / 11. Heb. 10 / 38.Daß nun dem alſo / deſſen haben wir nicht allein unter andern / ein au - genſcheinlich Exempel an dem armen / gebrechlichen und ſiechen Lazaro / welcher zwar vor der Welt nicht Weiſe / Gewaltig und Edel iſt geweſen / ſondern von iederman fuͤr thoͤricht / ſchwach / unedel / und veracht; ja fuͤr nichts gehal - ten; und dennoch von Gott beruffen / und zu ſeinem Eigen - thumb erwehlet / auch den Goͤttlichen Beruff mit demuͤti - gen Danck angenom̃en / und durch den Glauben an Chri - ſtum Gerecht und Selig worden: Da hingegen der reiche / und in der Welt hochgeachte Schlemmer / alldieweil Er ſich auff ſein Reichthumb / Macht / und Gewalt verlaſſen / derſelben vielfaͤltig mißgebrauchet / und darbey Moſen und die Propheten hat verachtet / zum Hoͤllen-Brande und ver -dammet5Chriſtliche Leich-Predigt.5dammet worden iſt: Sondern wir haben auch deſſen ein Ex - empel an dem weiland zwar armen und Gebrechlichen; nun mehr aber der Seelen nach in Chriſto reichen und ſeli - gen / Michael Neubern / welcher an dem Fuͤrſtl. Hoffe al - hier viel Jahr lang unterhalten worden / und vor wenig Ta - gen durch Gottes Gnade in Chriſto ſelig iſt entſchlaffen. Deñ ob gleich derſelbe Jhm bey ſeinem Leben groſſe Weiß - heit / Macht und Hoheit eingebildet / und nicht allein fuͤr Edel / ſondern fuͤr einen Gewaltigen Herrn und Potenta - ten dieſer Welt hat wollen angeſehen und gehalten ſeyn: ſo wiſſen wir doch in geſambt / daß Er ein rechter Thore / und armer / gebrechlicher / vor der Welt verachter Menſch gewe - ſen. Dennoch aber hat Gott der HErr Jhm vor ſeinem Ende die groſſe Gnade erwieſen / daß wir nunmehr gewiß verſichert ſeyn / daß Er auch von ſeiner[Goͤttlichen] Maje - ſtaͤt zum Eigenthumb erwehlet / und der Seelen nach ſchon allbereit in einem Seligen Zuſtand ſich mit Lazaro befinde. Wenn wir deñ anietzo im Hauſe des allerhoͤchſten mit ein - ander verſammlet und zuſammen kommen ſeyn / unter an - dern die vielfaͤltige groſſe Gnade / ſo der grundguͤtige Gott dem ſelig verſtorbenen im Leben und im Sterben hat erwie - ſen / nach Anleitung ſeines allerheilichſten Worts zube - trachten; ſolches aber aus unſern eigenen Kraͤfften nicht geſchehen kan: Als bitten wir den Vater aller Gnaden und Barmhertzigkeit / daß er uns hierzu von obenherab des heiligen Geiſtes Beyſtand mildiglich verleihen wolle Sol - ches von Goͤttlicher Majeſtaͤt und Allmacht zu erlangen / ſo erhebet mit mir ewer Hetzen hinnauff gen Himmel / und ſprechet im wahren Glauben / ein heiliges Vater unſer.

A iijHierauff
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6Chriſtliche Leich-Predigt.Hierauff wolle Ewre Chriſtliche Liebe mit in - bruͤnſtiger Andacht und Begierde anhoͤren einen ſchoͤnen Apoſtoliſchen Text / welchen uns S. Paulus in ſeiner erſten Epiſtel an den Timotheum hinterlaſſen / und wir auff begeh - ren zu erklaͤren fuͤr uns genommen haben. Deſſelben Wort lauten auff unſer Deutſchen Sprach / wie folgt:

(1. Tim. 1, 12. ſeqq.)1
Ich dancke unſerm HErꝛn Chriſto Jeſu / der mich ſtarck gemacht / uñ trew geachtet hat / und geſetzt in das Ampt / der ich zuvor war ein Laͤſterer und ein Verfolger / und ein Schmeher. Aber mir iſt Barmhertzigkeit wieder fahrẽ / deñ Jch habe es unwiſſend gethan im Vnglauben. Es iſt aber deſto reicher geweſen die Gnade unſers HErrn / ſambt dem Glauben und der Liebe / die in Chriſto Jeſu iſt. Denn das iſt ie ge - wißlich war / und ein thewer werthes Wort / daß Chriſtus Jeſus kommen iſt in die Welt / die Suͤnder ſelig zu ma - chen / unter welchen Jch der fuͦrnehm - ſte bin. Aber darumb iſt mir[Barm - hertzigkeit] wiederfahren / auff daß anmir7Chriſtliche Leich-Predigt.7mir fuͦrnemlich Jeſus Chriſtus erzeig - te alle Gedult / zum Exempel denen / die an Jhn glaͤuben ſollen / zum ewigen Leben. Aber Gott dem ewigen Koͤnige / dem Vnvergenglichen und Vnſichtba - ren / und allein Weiſen / ſey Ehre / und Preiß in Ewigkeit / Amen!

Erklaͤrung.

IN unſerm abgeleſenen Text / Andaͤch - tige und Außerwehlte in dem HErrn / ruͤhmet nicht allein S. Pau - lus die vielfaͤltige Groſſe Gnade / ſo der grundguͤtige Gott Jhm erwieſen / ſon - dern erzehlet auch darneben / wie Er ſich darauff gegen Goͤttliche Majeſtaͤt erzeiget und verhalten habe. Dannen hero wir bey Erklaͤrung dieſes Texts / die Gedancken unſer Hertzen auff zwey Hauptpunct mit ein - ander zurichten / und zwar anfaͤnglich Gottes groſſe Gna - de und Guͤtigkeit; hernach aber des Apoſtel Pauli Danck - barkeit zu betrachten haben.

Den erſten Punct belangend / iſt zu wiſſen / das der liebe Gott Saulo / ſo bißher ein grawſamer Verfolger der Chriſtlichen Kirchen geweſen / nicht geringe; auch nicht ei - nerley: ſondern groſſe und vielerley Gnade erzeiget und erwieſen habe. Denn eine groſſe Gnade iſts 1. Daß Er Jhn ſtarck gemacht / trew geachtet / und das Apoſto - liſche Ampt Jhm anvertrawet hat. Jch dancke /ſpricht88Chriſtliche Leich-Predigt.ſpricht Er / unſerm HErrn Chriſto Jeſu / der mich ſtarck gemacht / und trew geachtet hat / und geſetzet in das Ampt / der ich zuvor war ein Laͤſterer und ein Verfolger / und ein Schmeher. Fuͤr drey Gnaden-Stuͤ - cke / Gottergebene Hertzen / dancket Er in dieſen ſeinen Worten dem HErrn Chriſto / ſo doch inge - ſambt zu ſeinem Apoſtel Ampt gehoͤren. Das erſte iſt / daß Er ihn ſtarck gemacht hat / das iſt / ſo viel Krafft und Ver - moͤgen hat gegeben / daß Er das herrliche Evangelium des ſeligen Gottes / welches Jhm anvertrawet geweſen / uner - ſchrocken Juͤden und Heyden / hohes und niedriges Stand - des Perſonen vortragen und erklaͤren koͤnnen / welches nicht Menſchen / ſondern Gottes Werck iſt. Das ander iſt / daß Er Jhn trew gemacht / und nicht allein zuvor geſehen / daß Er durch ſeine Gnade Jhm trew in ſeinem Ampt ver - bleiben / keines Weges aber / wie Judas der Verraͤther an Jhm trewloß werden wuͤrde / ſondern auch trew geachtet hat. Das dritte iſt / daß Er Jhm das Apoſtoliſche Ampt / welches in der Chriſtlichen ſtreitenden Kirchen das aller fuͤrnehmſte iſt /1. Cor. 12 / 28. Eph. 4 / 11. neben andern an - vertrawet hat. Daß zeiget Er an / wenn Er ſagt:

Jch dan - cke unſerm HErrn Chriſto Jesu / der mich geſetzet in das Ampt / und verſtehet dadurch kein ander / als das hochheili - ge Apoſtoliſche Ampt / zu welchem Er nicht von Menſchen auch nicht durch Menſchen / ſondern durch Jeſum Chriſt / und Gott den Vatter / der Jhn aufferwecket hat von den Todten / war beruffen und erhaben worden. Gal. 1 / 1.

Da - hero Er ſich auch im erſten Capitel der erſten Epiſtel an Timotheum / daraus unſer Text genommen / einen Apo - ſtel Jeſu Chriſti alſobald im erſten verßlein nennet. Das koͤnnen wir wol auff gewiſſe Maß und Weiſe auff unſermſelig9Chriſtliche Leich-Predigt.9ſelig verſtorbenen Michael Neubern appliciren. Denn Gott der Allerhoͤchſte Jhn in ſeiner letzten Kranckheit nicht allein an ſeinem Verſtande geſtaͤrcket / daß Er ſich deſſelben vielmehr und beſſer als in vorigen Zeiten gebrau - chen koͤnnen / ſondern Er hat Jhn auch drch ſeine unaus - ſprechliche Gnade im Glauben ſtarck gemacht / und verlie - hen / daß Er Jhn biß an ſein Ende trew verblieben / und auff ſeinen Nahmen / in warem Glauben ſelig von dieſer Welt abgeſchieden iſt. Vnd ob gleich den Buchſtaben nach von unſern ſelig verſtorbenen nicht kan geſaget werden / daß derſelbe entweder in der Chriſtlichen Kirchen ein Apoſtoliſch oder ander Geiſtliches Ampt: oder auch in dem Gemeinen Welt-Weſen ein vornehmes Officium bedienet: ſondern iederman bekant / daß Er in einem geringen / und vor der Welt ſehr veraͤchtlichen Stande gelebet: ſo iſt doch dieſes eine groſſe Gnade / daß ſein und unſer aller Heyland Chri - ſtus Jeſus ſein Hertz zbd Verſtand vor ſeinem Abſchied alſo erleuchtet hat / daß Er ab Jhn geglaͤubet / von Jhm geredet / geſungen / viel ſchoͤne Gebet und Hertzens-Seuff - tzer zu Jhm gen Himmel abgeſchicket / Jhn mit den armen des Glaubens gefaſſet / und nicht gelaſſen hat / biß Er Jhn mit einem ſeligen Abſchied geſegnet; auch Jhm ſchon all - bereit das Ampt anvertrawet hat / daß Er nunmehr in der Himliſchen HoffKirchen das ſchoͤne newe Lied der Seelen nach mit ſinget / und Er zu Jhm als dem rechten Lamb Gottes mit den vier und zwantzig Elteſten ſpricht:

HErr / du biſt wirdig / zu nehmen Preiß / und Ehre / und Krafft! Denn du haſt alle Ding geſchaffen / uñ durch deinen Willen haben ſie das Weſen / und ſind geſchaffen. Offenb. 4 / 11.

Jtem:

Du biſt wirdig / zu nehmen das Buch / und auff zu thun ſeine Siegel / denn du biſt erwuͤrget / und haſt uns er -Bkaufft1010Chriſtliche Leich-Predigt.kaufft mit deinem Blut / aus allerley Geſchlecht und Zun - gen und Volck / und Heyden / und haſt uns unſerm Gotte zu Koͤnigen und Prieſtern gemacht / und wir werden Koͤni - ge ſeyn auff Erden /cap. 5. v. 9. 10. Nemlich auff der newen Erden / die Gott ſchaffen wird:Eſ. 65 / 17. c. 66 / 22. 2. Pet. 3 / 13. Offenb 21 / 1. Darinnen wir uns alle Außerwehlte vollkommen werden herrſchen. Aus welchen allen denn er - ſcheinet / daß Er ſich nunmehr der Seelen nach in einem recht ſeligen / heiligen und hochherrlichen Stande befinde / und ein ſolches Ampt bedien / welches allen Emptern die - ſer Welt weit vorzuziehen iſt.

Eine groſſe Gnade iſts II. daß Chriſtus Je - ſus S. Paulo und uns allen zu gut in die Welt kom - men iſt. Das zeiget Er an / wenn Er ſchreibet /daß Chri - ſtus Jeſtus kommen ſey in die Welt / die Suͤnder ſelig zu machen.In dieſen Worten / Andaͤchtige in dem HErrn / iſt wol zu mercken / wer derſelbe ſey / der uns und al - len armen Suͤndern zu gut un die Welt kommen iſt? S. Paulus nennet Jhn Chriſtum Jeſum. Derſelbe wird uns in Gottes Wort und unſern Catechiſino beſchrieben / daß Er ſey warhafftiger Gott / vom Vater von Ewigkeit ge - born / und auch warhafftiger Menſch / von der Jungfrawen Maria geborn. Er wird genennet Chriſtus / das iſt / der Geſalbte / weil Er mit dem Frewdenoͤl des Heiligen Gei - ſtes /Pſ. 45 / 8. als der groſſe Prophet / den Moſes verheiſ - en /5. B. Moſ. 18 / 15. Apoſt. 3 / 22. Vnd der rechte Hohe - prieſter des Newen Teſtaments;Heb. 8 / 6. c. 9 / 11. 12. 15. wie auch der rechte Koͤnig zu Zion /Pſ. 2. 6. iſt geſalbet wor - den / welches alles durch die Proheten /1. Koͤn 19 / 16. den Koͤnig David /1. Sam. 16. v. 12. 13. Vnd die Prieſter des alten Teſtaments iſt fuͤrgebildet worden. 2. B. Moſ. 30 /30. c. 40 /111095Chriſtliche Leich-Predigt.1130. c. 40 / 13. 14. Jeſus heiſt ſo viel / als ein Heyland / oder Seligmacher / dieweil Er uns ſelig gemacht hat von allen unſern Suͤnden. Matth. 1 / 21.Deſſen wir uns ingeſambt zu getroͤſten und anzunehmen haben. Denn Er iſt das Lamb Gottes / welches der gantzen Welt Suͤnde hat getragen. Joh. 1 / 29.Es iſt einer fuͤr uns alle geſtorben / nemlich Chriſtus. 2. Cor. 5 / 15.Er hat ſich ſelbſt fuͤr alle zur Erloͤ - ſung gegeben /1. Tim. 2 / 6. und iſt die Verſoͤhnung fuͤr unſer Suͤnde / nicht allein aber fuͤr die unſere / ſondern auch fuͤr der gantzen Welt. 1. Joh. 2 / 2.Dannenhero Er von S. Paulo aller Menſchen Heyland wird genennet. 1. Tim. 4 / 10.Deſſen hat auch ſich auff ſeinem Lager unſer ſelig Verſtorbene durch Gottes Gnade hertzlich getroͤſtet / und ietzt erzehlte und dergleichen Evangeliſche Troſtſpruͤche nicht allein mit ſonderbarer Andacht nachgeſprochen / ſon - dern auch bisweilen aus eigenem bewegnis / darzu Er zweif - fels ohne vom Heiligen Geiſt angetrieben worden / ſelbſt angefuͤhret / das die Vmbſtehenden ſich druͤber offtermals verwundert haben. Eine groſſe Gnade iſts III. daß Er Saulum alſo erleuchtet hat / daß Er das Evange - lium von Chriſto angenommen / und daſſelbe fuͤr ein gewißlich wahres / tewres und werthes Wort hat gehalten. Denn alſo redet Er in unſerm Text: Das iſt ie gewißlich war / und ein tewer werthes Wort / daß Chriſtus Jeſus kommen iſt in die Welt / die Suͤnder ſelig zu machen. Erſtlich nennet Ers ein ge - wißlich wahres / das iſt / ein ſolches Wort / welches es gar nicht in zweiffel zu ziehen / viel weniger fuͤr ein Gedicht / wie die Fabeln und unnuͤtzen Geſchwetze der Juͤden /verſ. 4. 7. und viel Legenden der Papiſten / zu halten: Sondern das warhafftig und gewiß iſt / wie der Sohn[Gottes ſelbſt]2 bezeu -B ijget /12109612Chriſtliche Leich-Predigt.get /Offenb. 21 / 5. daß iederman demſelben ſichern Glau - ben zuſtellen kan und ſoll. Darneben ſo ruͤhmet Er daſſelbe als ein thewres werthes Wort. Nach der Haupt-Sprache lautet es eigentlich alſo / daß es ein ſolches Wort ſey / wel - ches wirdig / daß es billich approbirt / und mit Danck ange - nommen / und alſo thewer und werth gehalten werde. Darbey einfaͤltige Hertzen in acht zu nehmen haben / daß thewer allhier nicht ſo viel heiſſe / als ſeltzam / gleich wie

1. Sam. 3 / 1.

wird gemeldet / daß zu des Prieſters Eli zeiten das Wort des HErrn thewer / und wenig Weiſſagung ge - weſen / alldieweil nicht Prediger oder Pfarrer gnug im Lan - de geweſen / ſondern die Bibel unter der Banck gelegen / und faſt niemand ſtudieret / biß Samuel kommen / und dieſelbe wieder herfuͤr gezogen hat / wie es der Herr Lutherus / Chriſtſeligen Angedenckens / erklaͤret: ſondern es bedeutet ſo viel / als koͤſtlich und herrlich / in welchem Verſtande auch Gottes Guͤte /Pſ. 36 / 8.Ephraim / Jer. 31 / 20. Vnd das roſinfarbene Blut unſers HErrn und Heylands Chriſti Jeſu thewer wird genennet. 1. Pet. 1 / 18. 19.Ja freylich / Gott ergebene Hertzen / iſt das Evangelium von Chriſto ein thewres / das iſt ein koͤſtliches und herrli - ches Wort / welches aller Fuͤrſten / Koͤnigen und anderer Potentanten Worten / die doch an Eides ſtatt auff - und an - genommen werden / weit fuͤrzuzihen iſt. Denn es iſt ja nicht von Menſchen / oder auch von einem Engel erfunden / ſon - dern von Gott ſelbſt gegeben worden. Dannenhero es Gottes Wort /1. Theſ. 2 / 13.1. Pet. 4 / 11. Das Wort der Warheit /2. Tim. 2 / 15. Ein feſtes Prophetiſches Wort /2. Pet. 1 / 19. Ein Wort des Lebens /Phil. 2 / 16. Des Heils /Apoſt. 13 / 26. Vnd des ewigen Lebens /Joh. 6 / 68. wie auch eine Krafft Gottes wird genennet / ſelig zu machen / alle / die daran gleuben. Rom. 1 / 16.Thewer iſt es auch zu[achten] /131097Chriſtliche Leich-Predigt.13achten / weil es von heiligen und hohen Perſonen / den Pa - triarchen / Propheten / Gottſeligen Fuͤrſten und Koͤnigen / S. Johanne dem Taͤuffer / und den Apoſteln; wie auch den heiligen Engeln; ja dem Sohn Gottes ſelbſt geprediget / ausgebreitet und fortgepflantzet / uñ von den Heiligen Got - tes groſſe Vnkoſten auff deſſelben Außbreitung und Fort - pflantzung ſind gewendet worden. Denn allein der Koͤnig David 6000. Tonnen zum Hauſe des HErrn geſchafft /1. Chron. 23 / 14 und von ſeinem eigenen Gut 180. Ton - nen; c. 30 / 4 ſeine Fuͤrſten aber 300. Tonnen Goldes / und 10000. Vngeriſche Goldguͤlden darzu gegeben haben; cap. 30 / 7. (a) Sein Sohn Salomon auch zu deſſel -(a) Vid. M. Hennrici Bun. tingi lib. de ponderibus et monetis, cap. de Supputat. monetarum Vet. Teſtam. p. m. 94. ben Einweihung 22000. Ochſen und 120000. Schaf - fe hat geopffert. 1. Koͤn. 8 / 63.Zugeſchweigen / daß zuvor die Kinder Jſreal ein anſehnliches / und zwar mehr / als noͤtig geweſen iſt / zu Auffbawung des Heiligthumbs / oder der Wonung der Huͤtten des Stiffts willig gebracht haben / daß auch der Mann Gottes Moſes durchs Lager hat muͤſ - ſen ausruffen laſſen / daß niemand etwas mehr zur Hebe des Heiligthumbs ſolte bringen laſſen.2. B. Mos. 36 / 3. ſeqq. Thewer iſt es endlich zu halten / weil es nicht allein mit der heiligen Maͤrterer / derer Todt werth geachtet fuͤr dem HErrn /Pſal. 116 / 15. Sondern mit dem thewren Blut Chriſti / als des unſchuldigen und unbefleckten Lammes Gottes / confirmirt und beſtetiget iſt. 1. Pet. 1 / 19.Derowe - gen wir ingeſampt daſſelbe thewer und werth halten ſollen. Von dem Koͤnig Alexandro, dem Groſſen dieſes Na - mens / leſen wir / daß / da Er ein Guͤldenes Kaͤſtlein bekom - men / Er ſich verlauten laſſen / Er wolle darein das koͤſtliche Buch / den[Homerum] legen. Wir / Außerwehlte in dem HErrn / haben anietzo gehoͤret und vernom̃en / daß das[Ev - angelium] von Chriſto ein koͤſtliches Buch / oder ein thewresB iijwerthes /14109814Chriſtliche Leich-Predigt.werthes Wort ſey: Derowegen wir daſſelbe / dieweil des Heidniſchen Poeten Homeri Schrifften mit dieſem Him - mels-Schatz / dem Wort des Lebens / gar nicht zu verglei - chen / vielmehr hochhalten / in das Kaͤſtlein unſer Hertzen legen / wol bewaren / und zuſehen ſollen / daß wir durch Got - tes Gnade viel Frucht in Gedult bringen moͤgen. Werden wir das thun / ſo ſind wir recht ſelige Leute: allhier ſelig in Hoffnung /Rom. 8 / 24. und koͤnnen uns der ewigen Frewd und Seligkeit gar gewiß verſichern. Denn ſelig ſind / die das Wort Gottes hoͤren und bewahren / wie der Mund der Warheit / Chriſtus Jeſsus ſelbſt bezeuget. Luc. 11 / 28.Nun ſolche groſſe Gnade hat der grundguͤtige Gott / auch unſerm nunmehr ſeligen Michael Neubern erzeiget / Denn Er durch das Heiligen Geiſtes ſonderbare Erleuch - tung und Regierung auch zum oͤfftern in ſeiner waͤrenden Kranckheit hat bekennet / daß in ſeinem Hertzen Er ver ſichert ſey / daß das Evangelium von ſeinem und unſer aller Heyland Chriſto Jeſu ein gewißlich wares und thewer werthes Wort ſey / welches denn auch in ſeiner Schwach - heit ſeiner Seelen Troſt Labſal iſt geweſen. Eine groſ - ſe Gnade iſts V. daß Er Saulum zur Erkentnis ſei - ner Suͤnden / und waren Buſſe hat gebracht. Das giebt Er uns ingeſambt zu vernehmen / wenn Er geſtehet und bekennet / daß Er unter denen Suͤndern / welchen Chriſtus zu Gut in die Welt kommen iſt / der fuͤr - nemſte ſey. Jn der Griechiſchen und der Vulgata oder Gemeinen / und von den Paͤpſten zu Rom Canoniſirten Lateiniſchen Verſion ſtehet ein ſolches Woͤrtlein / welches ſonſten beydes den erſten in der Ordnung / und denn auch / nach Gelegenheit der Vmbſtaͤnde eines Texts / den vor - nembſten kan bedeuten. Dannenhero etliche / wie ThomasAqvinas15Chriſtliche Leich-Predigt.15Aqvinas erwehnet / in dieſe Naͤrriſche Gedancken gerathen / daß die Seele unſer aller Ertzvaters / Adams / in S. Pau - li Leib gewandert ſey / welches Er andeute / wenn Er beken - ne / daß Er primus, oder der erſte unter den Suͤndern ſey: Aber das iſt Gottes klarem Wort zu wider. Denn die Seelen nicht aus einem Leibe in den andern wandern: ſon - dern der Gerechten Seelen ſind in Gottes Hand / und kei - ne Qvaal ruhret Sie an / wie der Meiſter des

Buͤchleins der Weißheit cap. 3 / 1.

bezeuget. Vnd

cap. 4 / 7.

ſaget Er / Der Gerechte / ob Er gleichzeitlich ſtirbt / ſo iſt Er doch in der Ruhe. Jn der Haupt-Sprachen ſtehet ein ſolches Woͤrt - lein / das nicht eine bloſſe / ſondern ſolche Ruhe bedeutet / darbey einer zugleich gelabet / erfriſchet und erqvicket wird. Ja freylich / Allerliebſten Freunde in dem HErrn / ruhen alſo die Gleubigen / die in Chriſto ſelig von dieſer Welt abgeſchieden / daß ſie zugleich der Seelen nach / alſo - bald Himliſche Labſal und Erqvickung empfinden. Denn Sie werden von den Engeln getragen in Abrahams Schoß / da Sie alſo ruhen / daß Sie zugleich auch verbali - ter und realiter getroͤſtet werden / das iſt beydes Troſt - und Frewdenreiche Wort hoͤren / und darneben unausſprechli - cher Himmliſcher Frewden und Seligkeit wircklich genieſ - ſen. 1. Cor. 2 / 9.Sie kommen in das Reich des HERRN Chriſti / oder in den Paradeiß:Luc. 23 / 43. da nicht allein gewuͤndſchte Ruhe / ſondern Friede und Frewde die fuͤlle und liebliches Weſen zur rechten Gottes immer und ewig - lich iſt. Pſ. 16 / 11.Dieſes gibt uns auch S. Johannes zu - vernehmen / wenn Er bezeuget, daß Er eine Stimme vom Himmel gehoͤret / die geſagt habe:Schreibe / ſelig ſind die Todten / die in dem HERRN ſterben von nun an! Ja / der Geiſt ſpricht / daß Sie ruhen von ihrer Arbeit: Denn ihreWercke1616Chriſtliche Leich-Predigt.Wercke folgen Jhnen nach.Offenb. 14 / 13.Wie ſind aber / moͤchte alhier ein Chriſtliches Hertz fragen / die Wort des Apoſtels zuverſtehen? Solte denn S. Paulus / der zu - vor Saulus geheiſſen / der fuͤrnehmſte Suͤnder geweſen ſein? Solte denn Judas / ſo den HErrn Chriſtum verrah - ten / Hannas und Caiphas, die Jhn dem Heidniſchen Land - pfleger uͤberantwortet / Herodes, ſo Jhn verſpottet / Pon - tius Pilatus, welcher Jhn wider beſſer Wiſſen und Gewiſ - ſen zum Todte des Creutzes hat verurtheilet / und andere / ſo zu deſſelben Leiden aus des Satans Antrieb geholffen / nicht groͤſſer Suͤnder geweſen ſeyn? Antwort: Ja freylich ſind dieſe groͤſſer oder fuͤrnehmer Suͤnder gewesen / dieweil Sie nicht allein des HErrn Chriſti Gliedmaſſen / wie Saulus / ſondern auch denselben in Perſon verfolget habẽ. Dannenhero etliche aus den Papiſten die Wort des Apo - ſtel alſo erklaͤren / daß Er aus tieffer Demut ſich den fuͤr - nehmſten Suͤnder ſoll genennet haben: Gleich wie etwa ihr Canoniſirter Heiliger Franileus hab zu ſagen pflegen / ſepeccatorũ eſſe maximum, Er ſey der allergroͤſte Suͤn der / wie Cornelius à Lapide gedencket. Tomas Aqvinas iſt in den Gedancken / daß S. Paulus ſich den fuͤrnehmſten Suͤnder nenne / weil Er der fuͤrnehmſte ſey unter den Juͤ - den / ſo zuvor den HErrn Chriſtum verfolget / und hernach durch ſeine Gnade ſich zu Jhm bekehret haben / und an Jhn glaͤubig worden ſind. Andere haben es alſo erklaͤret / daß S. Paulus ſich den fuͤrnehmſten Suͤnder genennet / weil Er nicht ſo wol auff anderer Leute / als auff ſeine Suͤn -(b) Vid. Cor - nel. à Lap. in h.l. de geſehen / dieſelbe am meiſten gefuͤhlet und berewet habe. (b) Die beſte Meynung iſt / daß die Wort des lieben Apoſtels nicht alſo zu verſtehen / als wenn Er absolutè und ſchlechterDinge17Chriſtliche Leich-Predigt.17Dinge unter allen Menſchen / ſo iemals gelebt haben / oder auch unter den Feinden und Verfolgern des HErrn Chriſti und ſeiner Glaͤubigen Gliedmaſſen / der allergroͤſte geweſen were: Sondern daß Er faſt der fuͤrnehmſte Verfolger ſeiner Zeit / und alſo einer unter den fuͤrnehmſten ſey. Das hat nun auch unſer ſelig Verſtorbener vor ſeinem Ende erkant und bekant. Denn ob Er gleich in vorigen Zeiten / aus mangel des Verſtandes / bißweilen nicht geſtehen wollen / daß Er ein armer Suͤnder ſey / ſo hat Er doch in ſeiner Kranckheit / ſolches alles willig und gerne bekant / hertzliche Rewe und Leid ſpuͤren laſſen / ſich fuͤr der fuͤrnehmſten Suͤnder einen auch gehalten / und den Grundguͤtigen Gott umb aller - gnaͤdigſte vergebung der Suͤnden bittlich und demuͤtig er - ſuchet. Wir aber haben uns darbey zuerinnern / daß ein ieder mehrlauff ſeine / als anderer Leute Suͤnde ſehen / und zu foͤrderſt darnach trachten ſolle / wie Er derſelben loß werden / und ſein Hertz und Gewiſſen darvon reinigen / und hinfuͤro frey behalten moͤge; immaſſen uns deſſen der HErr Chri - ſtus ſelbſt erinnert / wenn Er ſpricht:Was ſiheſtu den Splitter in deines Bruders Auge / und wirſt nicht gewar des Balcken in deinem Auge? Oder wie darffſtu ſagen zu deinem Bruder: Halt / ich wil dir den Splitter aus deinem Auge zihen / und ſihe / wie du den Splitter aus deines Bruders Auge ziheſt.Matth. 7. v. 3. 4. 5.Werden wir das mit S. Paulo ingeſambt thun / wird viel boͤſes unterbleiben und verhuͤtet werden / damit wir bißher wider Gott und unſern Nechſten ſchwerlich uns verſchuldet haben. Endlich und zu VI. ſo iſts auch eine groſſe Gnade / daß Saulus aus des Heiligen Geiſtes Antrieb und Erleuchtung / GottesCGnade1818Chriſtliche Leich-Predigt.Gnade und Barmhertzigkeit / wie auch des HErrn Chriſti Verdienſt Jhm appliciret hat. Das bedeutet Er an / wenn Er ſagt: Aber mir iſt Barmhertzigkeit wiederfah - ren. Wenn Gott der HErr durch ſeinen Heiligen Geiſt Saulum nicht alſo erleuchtet und regieret haͤtte / were Er endlich mit Ahitophel / Juda dem Verraͤther / FranciſcoSleidanus lib. 21. Hiſtor. Spiera, und anderen Verzweifflern / ganz und gar / wegen ſeiner groſſen und uͤberhaͤufften Suͤnden / in verzweiffelung gefallen. Daß aber ſolches nicht geſchehen / ſondern Er ſich der Barmhertzigkeit des Vaters / und des Advents und Ankunfft des HErrn Chriſti in wahrem Glauben hat ge - troͤſtet / iſt ein Gnaden-Werck des Allerhoͤchſten / welches Er auch die Zeit ſeines Lebens mit Danck erkant / und bey ſeinen Zuhoͤrern hochgeruͤhmet hat. Wie Er denn an ſeine Galatter unter andern ſchreibet:Chriſtus hat auch mich geliebet / und Sich ſelbſt fuͤr mich dahin gegeben.Gl. 2 / 20.Dieſe groſſe Gnade iſt auch unſerm ſelig verſtorbenẽ wieder - fahren. Denn derſelbe in ſeiner Kranckheit auch zum off - tern Gottes Barmhertzigkeit und Gnade hoch geprieſen / und es HErrn Chriſti hochthewres Verdienſt Jhm in waren Glauben appliciret / und mit S. Paulo hat geſagt: Mir iſt Barmhertzigkeit wiederfahren / und es iſt gewißlich war / das Chriſtus Jeſus auch mir zu gut in die Welt kom - men ſey;Jch bin auch gewiß / daß weder Todt noch Leben weder Engel / noch Fuͤrſtenthumb / noch Gewalt / weder Gegenwertiges / noch Zukuͤnfftiges / weder Hohes / noch Niedriges / noch keine andere Creatur / mich ſcheiden mag von der Liebe Gottes / die da iſt in Chriſto Jeſu / unſerm HErrn.Rom. 8 / 38.39Und mit dem lieben Hiob hat Er geſeufftzet und geſagt: Jch weiß das mein Erloͤſer lebt / und Er wird mich hernach aus der Erden aufferwecken / undwerde19Chriſtliche Leich-Predigt.19werde darnach mit dieſer meiner Haut umbgeben werden / und werde in meinem Fleiſch Gott ſehen / denſelben werde ich mir ſehen / und meine Augen werden Jhn ſchawen / und kein frembder. Joh. 19 / 25.26.27.Wer iſt aber Saulus geweſen / moͤcht alhier ein Andaͤchtiges Hertz nicht unbil - lich dencken / oder ſagen? Jſt Er denn etwa bißher ein ſo groſſer Heiliger / und umb die Kirche Gottes wolverdienter Mann geweſen / daß Jhm Gott der HErr ſo groſſe und vielfaͤltige Gnade und Barmhertzigkeit erwieſen hat? Nein / keines weges / ſondern Saulus iſt vor ſeiner Bekeh - rung ein groſſer Suͤnder / und recht elender Menſch gewe - ſen. Denn Er ja in unſerm Text ſelbſt geſtehet und bekent / daß Er ein Laͤſterer / ein Verfolger / und ein Schmeher des HErrn Chriſti geweſen / wiewol Ers unwiſſend / und im Unglauben gethan habe. Da hoͤren wir das Saulus vor ſeiner Bekehrung nicht unter die Gottſelige / fromme / und heiligen gezehlet werden koͤnne; viel weniger Engel - rein; ſondern ein Laͤſterer geweſen ſey / welch er den ewigen Sohn Gottes / ſeines und unſer aller Heyland / mit ſeinen Munde gelaͤſtert und geſchendet; auch bey dem Laͤſtern es nicht habe bleiben laſſen: ſondern uͤber diß den Unſchuldi - gen HErrn Jeſum in ſeinen Gliedmaſſen grawſam ver - folget habe. Wie wir denn wiſſen / daß / als der heilige Mann Gottes Stephanus / gantz unverdienter Weiſe / geſteinigt worden / Er nicht allein wolgefallen an ſeinem Tode gehat:Apoſtelg. 8 / 1. ſondern auch wider die andern Juͤnger des HErrn mit draͤwen und morden geſchnaubet habe / und zum Hohenprieſter gegangen ſey / und Jhn umb Brieffe gebeten habe / gen Damaſcon an die Schule / auff daß / ſo Er etliche Juͤnger dieſes Weges fuͤnde / Er ſie ge - bunden gen Jeruſalem fuͤhren moͤchte. Cap. 9. v. 1. 2.Dan -C ijnenhero2020Chriſtliche Leich-Predigt.nenhero Jhm der HErr Chriſtus vom Himmel zugeruf - fen: Saul / Saul / was verfolgſtu mich? und als er geſagt: HErr / wer biſtu? Jhm zur Antwort hat gegeben: Jch bin Jeſus / den du verfolgeſt! Es wird dir ſchwer werden / wider den Stachel zu lecken. Ja Er hat es bey dem Laͤſtern und Verfolgen nicht bleiben laſſen: ſondern Er hat wie ein Tyrann mit Gewalt zu unterruͤcken / und den Nahmen des HErrn Chriſti gantz und gar auszurotten uñ zuvertilgen in den Sinn genom̃en. Denn Er ſelbſt geſtehet / Er ſey geweſen〈…〉〈…〉, welches zwar einen Schmeher heiſt / wie es der Herr Lutherus hat gegeben; Aber zugleich auch einen ſol - chen Menſchen / der andere mit Gewalt unterdruͤcket / welche Deutung dann alhier auch gar wol ſtatt finden kan / alldie - weil Er ſich ſchon zuvor einen Laͤſterer genennet hat. Daß alles aber hat Er nicht wiſſendlich / ſondern unwiſſend und im Unglauben gethan. Denn Er damals noch nicht ge - glaͤubet hat / daß der gecreutzigte Jeſus von Nazareth der HErr Meſſias were / ſondern Sich von den Hohenprie - ſtern / Phariſeern und Schrifftgelehrten bethoͤren und ver - fuͤhren laſſen / daß Er Jhn vor einen Verfuͤhrer des Volcks geachtet / und aus blindem Eyver mit denselben uͤber das Gesetz Moſis / und den Levitiſchen Gottesdienſt feſt und ſteiff gehalten. Daß koͤnnen wir auch zum theil / auff gewiſſe Maß und Weiſe / auff unſerm ſelig verſtorbenen ap - pliciren. Denn Er ja auch den HErrn Chriſtum / ſeine heilige Wunden / und hochwuͤrdige Sacrament in vorigen Zeiten offtermals grauſam gelaͤſtert / geſchendet und ge - ſchmehet / ſonderlich wenn Er etwa von andern zum Zorn bewogen / und beleidigt worden iſt. Aber Er hat es auch un - wiſſend und im Unglauben gethan. Denn ja gnugſam be - kant / daß Er ſeiner Vernunfft ſich allzeit nicht recht gebrau -chen21Chriſtliche Leich-Predigt.chen koͤnnen / und dahero ſelbſt nicht allezeit verſtanden / was e geredet und gethan. Daher leicht zuerachten / daß es groͤſſer Suͤnde werden haben / ſo Jhm Vrſach darzu ge - geben / und Jhn zum Zorn gereitzet haben. Er aber hat nicht unbillich vor ſeinem Ende die groſſe und vielfaͤltige Gnade Gottes hoch geruͤhmet / ſo Er Jhm erwieſen / da Er doch ein Laͤſterer / Schmeher / und recht elender blinder Menſch geweſen. Es hats aber der[grundguͤtige] Gott bey ober - zehlten Gnadenſtuͤcken nicht bleiben laſſen / ſondern unſerm ſelig verſtorbenen uͤber dieſelben auch viel andere Woltha - ten[und] Gnaden-Werck erzeiget. Denn eine groſſe Gnade iſts / daß Er Jhn in der waren Evangeliſchen Lu - theriſchen Kirchen von Chriſtlichen vornehmen Eltern hat geboren werden / in der heiligen Tauffe von ſei - nen Suͤnden waſchen / in der heiligen Tauffe von ſei - nen Suͤnden waſchen / in freyen Kuͤnſten und Sprachen aufferziehen / und zufoͤrderſt aus ſeinem allerheiligſten Wort unterrichten laſſen. Eine groſſe Gnade iſts / daß / als Er von etlichen boͤſen Buben und Belias-Kindern umb ſeine Geſundheit und Verſtand gebracht worden / Er Jhn nicht im Zorn und andern Suͤnden durch einem ploͤtz - lichen Todt von dieſer Welt abgefordert / ſondern Jhm ſein Leben hat gefriſtet / und ſo viel Gedaͤchtnis gegeben / und[] gnadiglich erhalten hat / daß Er viel ſchoͤne Lateini - ſche und Deutſche Spruͤche / verſe, Pſalmen[und] Geiſt - liche liebliche Lieder behalten / die Er zum theil offermals hergeſagt und geſungen / ſonderlich aber Zeit ſeiner Kranck - heit / in groſſer Anzahl / mit groſſer verwunderung der Vmbſtehenden wiederholet hat. Eine groſſe Gnade iſts / daß Er Jhm auch bißweilen zuvor / und faſt beharlich in ſeiner Kranckheit / ſeinen Verſtand alſo erleuchtet / daß Er vernuͤnfftige / Chriſtliche und hochtroͤſtliche Reden fuͤhren /C iijund22Chriſtliche Leich-Predigt.und ſich ſelbſt mit herrlichen Spruͤchen und Pſalmen wider den Todt uñ alle Anfechtung troͤſten und auffrichten koͤñen. Man lieſet ſonſt in den Hiſtorien von unterſchiedlichen ar - men gebrechlichen Leuten / daß dieſelbe bißweilen vernuͤnff - tige / kluge / und weitaufſehende / wie auch Chriſtliche Reden gefuͤhret haben. [Alſo] erzehlet der Herr Lutherus von einem Narren / ſo zu / oder umb Wurtzen ſich ſol auffgehalten ha - ben / daß Er in den Faſtnachten ſich trawrit gekleidet / uͤbel gehabt / und klaͤglich geſtellet; in der Marter-Wochen aber ſchoͤne Kleider angethan habe / und froͤlich und guter Dinge ſey geweſen: Als Er aber dermaleins gefraget worden ſey / warumb Er das thete / zur Antwort gegeben habe: Jn der Faſtnacht geſchehen viel Suͤnden / da ſol man billich trawrig ſeyn: Aber in der Marter-Woche predigt man / wie Chriſtus fuͤr die arme Suͤnder geſtorben /(c)(c)(c) B. Luth. in den Tiſch - reden ſol. m. 444. daruͤmb ſoll man froͤlich ſeyn. Welches warlich eine recht Chriſtliche und kluge Rede iſt / ſo wir billich ingeſambt / ſonderlich aber Schwelger und Faſtnacht-Bruͤder / in acht nehmen ſollen / wo ſie anders von dieſen damals armen ge - brechlichen Menſchen vor Chriſti Richter-Stuel nicht wol - len angeklaget werden / daß ſie die heilige Faſtnachtzeit / un - angeſehen / ſie bey guter Vernunfft geweſen / auch fuͤr gute Evangeliſche Chriſten habẽ willen angeſehen ſeyn / mit ih - rem ſuͤndlichen Sawleben verunheiliget / und Bacho gedie - net: da ſie doch auff Chriſtum getaufft ſeyn / und demſelben verſprochen habẽ / daß ſie die zeit ihres Lebens in aller Gott - ſeligkeit und Erbarkeit Jhm dienen wolten. Vnd von einem andern armen gebrechlichen Menſchen / ſo Johann Stock geheiſſen / und an des Ertzhertzogs Leopoldi, des Erſten dieſes Nahmens / Hoffe ſich auffgehalten hat / erzehletStumpfius23Chriſtliche Leich-Predigt.Stumpfius und mit demſelben Zvvingerus / daß derſel -(d)(d)(d) In Thea - tro vol 7. lib. 1. p. 1636. b. be / als hochgedachter Ertzhertzog zu Oeſterreich mit ſeinen Raͤthen und Officirern berathſchlaget / wie Er ſeinen Fein - den / den Schweitzern / in das Land fallen wolte / gantz un - verhofft / wider ſeinen Gebrauch / zu ruffen angefangen ha - be: Jhr gedencket nur / wie Jhr den Feinden in das Land fallen wollet: Aber niemand rathſchlaget dar - von / wie Jhr wieder aus ihrem Lande kommen moͤ - get. Daß aber dieſe Rede nicht vergeblich / ſondern bedenck - lich geweſen ſey / hat der Ausgangn bewieſen / dieweil bald darauff mehr Hochermelten Ertzhertzogs Reuterey ge - ſchlagen worden. Dergleichen vernuͤnfftige / Chriſtliche und nachdenckliche Reden hat auch unſer ſelig Verſtorbener bißweilen / ſonderlich aber in ſeiner letzten Kranckheut gefuͤh - ret / wir den jenigen bewuſt / ſo um und bey Jhm ſind gewe - ſen / oder Jhn beſuchet haben; immaſſen in ſeinem Lebens - Lauffe / ſo nach der Predigt wird abgeleſen werden / derſel - ben etliche werden angefuͤhret werden. Eine groſſe Gnade iſts auch / das Gott der Herr Jhn / nach dem Er ſeine Ge - ſundheit und Verſtand verlohren / an dieſen Fuͤrſtl[.]Saͤchſ. Hoff gebracht hat: Da Er denn von Jhren Fuͤrſtl. Gn. Gn. allerſeits lieb und werth gehalten / mit Speiſe / Tranck und Kleidung; wie auch in ſeiner Kranckheit mit Artzney und Labſal / und denn mit Vnterricht und Seelen - Troſt durch die Diener des Goͤttlichen Worts trewlich und fleiſsig iſt verſehen worden. Welches alles vielleicht unter - blieben were / wenn Gott der Herr Jhn nicht an dieſen Fuͤrſtl. Hoff gebracht / ſondern in ſeinem Vaterland gelaſ - ſen haͤtte. Das hat Er ſelbſt in ſeiner Kranckheut ſo wol / als ſeine Gebrechligkeit erkant / da Er doch zuvor nicht ge - ſtehen wollen / daß Er ein armer gebrechlicher Menſche were /ſondern24Chriſtliche Leich-Predigt.ſondern Jhm feſt eingebildet / und zum oͤfftern fuͤrgegeben hat / daß Er ein groſſer Herr und Potentat dieſer Welt were / welcher dem gantzen Fuͤrſtl. Hoff / und vielen andern zu commendiren haͤtte. Noch eine groͤſſere Wolthat iſts / daß Er Jhn in ſeiner Kranckheit durch den Diener des Goͤttlichen Worts / nach abgelegter Chriſtlicher Beich - te / an Chriſti ſtatt / und aus deſſelben Befehl / von ſeinen angebornen und darzu gethanen Suͤnden hat abſolviren und loßzehlen / auch darauff mit dem hochheiligen Abend - mal ſpeiſen und traͤncken laſſen; immaſſen Er denn ſolches auch mit hertzlicher Andacht und Begierde empfangen / darauff Gott dem Allerhoͤchſten fuͤr ſolche groſſe Gnade mit Mund und Hertzen gedancket / und ſeiner Goͤttlichen Majeſtaͤt zu Ehren mit lauter Stimme frewdig mit geſun - gen hat: Nun lob mein Seel den Herren / was in mir iſt den Nahmen ſeyn / und darauff den Segen angenom - men und empfangen. Jn vorigen Zeiten zwar haben wir und unſere Vorfahren / ſo in der Fuͤrſtl[.]Saͤchſ. Schloß Kirchen das Ampt des Geiſtes gefuͤhret / nach fleiſsiger Vnterredung und Erwegung / nicht befinden koͤnnen / wie unſer nunmehr ſeliger Michael Neuber zur Beicht und Tiſch des HErrn koͤnte zugelaſſen werden / dieweil ſeine An - docht nicht lang gewaͤret / ſondern ſtette Wechſelung fuͤrge - gangen. Weil Er aber in ſeiner Kranckheit[meiſtentheils] bey ziemlichen Verſtanden geweſen / ein hertzlich verlangen nach der heiligen Abſolution und dem hochwuͤrdigen A - bendmal getragen / auch daruͤmb anfaͤnglich bey der Durchlauchtigen / Hochgebornen Fuͤrſtin und Frawen / Frawen Dorotheen / Gebornen und Vermaͤhlten Hertzogin zu Sachſen / Juͤlich / Cleve und Berg / Witwen / ſo damals allein bey der Fuͤrſt -lichen25Chriſtliche Leich-Predigt.lichen Hoffſtadt alhier geweſen / Vnterthaͤnig / und hernach bey uns / den Dienern des Worts / zu unter - ſchiedlichen mahlen beweglich angehalten / haben wir / nach dem wir alle Vmbſtende in der Furcht des HERRN fleisſig erwogen / Jhm ſeine Bitte nicht ab - ſchlagen wollen / bevorab weil wir ſein hertzliches verlangen / ſeine Andacht im Gebet / ſeinen Eyver im ſingen / ſeinen Glaube und Hoffnung / aus vielen gewiſſen Zeichen gnugſam geſpuͤret / auch Er ſeines Glaubens richtige und gruͤndliche rechenſchafft nach der lenge gegeben / und viel herrliche Spruͤche aus Gottes Wort / ſchoͤne Reim-Ge - betlein und Geſaͤnge ſelbſt angefangen / hinaus gebetet / und ſich darmit alſo getroͤſtet / daß ſolches die Vmbſtehen - den mit verwunderung / und zum theil nicht ohne Thraͤnen angehoͤret haben: ſondern wir haben uns erinnert / was S. Petrus geſagt / als Er in das Hauß Corneln gekom -Apoſtel. cap. 10, 47. men / und nach gethaner Predigt vernommen / daß Er mit ſeinen Haußgenoſſen an Chriſtum glaͤubig worden / mit Zungen geredet / und Gott hochgepreiſet / in dem Er aus - geruffen: Mag[auch] iemand das Waſſer wegen / daß dieſe nicht getaufft werden / die den Heiligen Geiſt empfangen haben / gleich wie auch wir? Weil wir demnach aus vielen Zeichen augenſcheinlich und gewiß wargenommen / daß der Heilige Geiſt in und mit unſerm ſeligen Michael Neubern geweſen / und durch Jhn gewirc - ket / haben wir mit S. Petro angefangen: Wer mag uns wehren / daß dieſer nicht von Suͤnden abſolviret werde? Ja wer mag das Brodt und den Wein wehren / daß dieſelbe nach des HERRN Chriſti Einſetzung nicht geſegnet / und unter und mit denſelben dieſem Patienten ſein warer Leib und ſein roſinfarbenes Blut mit getheilet wer -Dden /26Chriſtliche Leich-Predigt.den / damit Er in ſeinem Glauben noch mehr geſterc - ket / der Goͤttlichen Gnaden verſichert / und zu dem ewigen Leben moͤge erhalten werden / weil wir ſehen / daß Er den Heiligen Geiſt ſo wol empfangen habe / als wir / oder andere Bußfertige Glaͤubige Hertzen? Darauff denn die Vmbſtehenden einen Abtritt genommen / Er aber bey ſeinem Beichtvater ſeine Beichte nach der laͤn - ge / ohne allen Anſtoß / mit ſonderbarer devotion und An - dacht gethan / und kein Stuͤck ausgelaſſen oder uͤbergan - gen / ſo zu einer Chriſtlichen Beichte gehoͤret; und endlich Beyſeyn vieler Chriſtlichen Hertzen / die wieder hinein ge - laſſen worden / nach geſchehener Conſecration und Einſe - gnung / das hochheilige Abendmal mit groſſer Andacht und Begierde empfangen / wie darvon in ſeinen Lebenslauff ewer Chriſtl. Liebe mit mehrem wird berichtet werden. Die allergroͤſte Gnade aber iſts / daß der Grundguͤtige Gott / Jhn biß an ſein ſeliges Ende in wahrem Glauben / Chriſtlicher Andacht / groſſer Gedult und beſtendiger Hoff - nung des ewigen Lebens erhalten / und mit einem ſanfften und ſeligen Simeons-Stuͤndlein hat geſegnet. Warumb und zu welchem Ende aber hat Gott der Herr Saulo ſo groſſe und vielerley Gnade erwieſen? Daß fuͤhret er ſelbſten an /[wenn] er ſpricht: Darumb iſt mir Barmhertzigkeit widerfahren / auff daß an mir fuͤr - nehmlich Jeſus Chriſtus erzeigete alle Gedult / zum Exempel denen die an ihn gleuben. Hier hoͤren wir / das es der liebe Gott gethan nicht alleine / auff daß Er fuͤr - nehmlich an Saulo / als einem ſehr groſſen Suͤnder / alle ſeine Gedult / oder Langmuth / wie es nach der Haupt - ſprachen kan gegeben werden / ſehen lieſſe / ſondern auch an - dere ein Exempel / oder vielmehr ein lebendiges Muſter undBey -27Chriſtliche Leich-Predigt.Beyſpiel haͤtten / welches ſie allzeit fuͤr Augen haben / und alſo nicht in ihren Suͤnden verzagen / ſondern ſich mit Saulo bekehren laſſen moͤchten / gleich wie ſie zuvor mit demſelbem geſuͤndiget und mißgehandelt haͤtten. Dannen - hero S. Chryſtoſtomus ſpricht: Si impius es, cogita(e)(e)(e) homil. 2. in Pſal. 50. publicanum; ſi immundus es, attende meretricem; ſi homicida es, perſpice latronem; ſie iniqvus es, cogita blaſphemum: conſidera Paulum, priùs perſecutorem, poſteà annuntiatorem. Nolo mihi dicas: Blaſphemus ſum! Nolo dicas: perſecutor ſum! Immundus ſum! Ha - bes omnium oſtenſiones: in qvem volueris portum confugio. Vis in novum? Vis in veterem? In veteri David, in novo Paulus! Et infrà: Qvid eſt peccatum ad Domini Miſericordiam? Tela araneæ, qvæ vento flan - te nusqvam comparet. Das iſt: Biſtu Gottloß / ſo ge - dencke an den Bußfertigen Zoͤlner; Biſtu unrein / ſo ſihe an die groſſe Suͤnderin; Biſtu ein Moͤrder / ſo ſchawe an den Bußfertigen Schecher; Biſtu ein Laͤ - ſterer / ſo nimm fuͤr dich das Exempel Pauli / wel - cher zuvor ein Laͤſterer und Verfolger geweſen7 und hernach ein Prediger des Evangelii worden iſt. Sage mir doch ja nicht: Ach! Jch bin ein Laͤſterer! Sage mir nicht: Jch bin ein Verfolger! Jch bin ein Vnreiner Menſch! Du haſt allerley beweiß / du kanſt deine Zufkucht nehmen wohin du wilſt. Wilſtu ein Exempel aus dem Newen / oder dem Alten Teſta - ment haben? Jm Alten iſt Koͤnig David / im Newen der Apoſtel Paulus. Vnd hernach ſpricht Er: Was iſt die Suͤnde gegen Gottes Barhmhertzigkeit zu - rechnen? Eine Spinnenwebe / welche / ſo der Wind(f)(f)(f) in 1. Tim. 1. wehet / nirgend zufinden iſt. Anshelmus ſchreibetD ijmit28Chriſtliche Leich-Predigt.(g)(g)(g) Serm. 9. de Verbi Apo - ſtoli:mit S. Auguſtino auch gar ſchon darvon. Si Saulus, inqvit, ſanatus eſt, ego qvare deſpero? Si à tanto medi - co tam deſperatus æger ſanatus eſt, ego vulneribus me - is illas manus non optabo? ad illas manus non feſtina - bo? Ut hoc dicerent homines, ideò factus eſt Saulus ex perſecutore Apoſtolus: Qvia cum venit medicus, vo - lens ſibi famam comparare, infirmum qværit aliqvem deſperatum, & ipſum ſanat; & ſi[pauperrimum] inveni - at, non ibi qværit mercedem, ſed commendat artem. Ita & Chriſtus potentiam ſpecialis Medicinæ Spiritua - lis ſuæ oſtendit in Saulo, ut omnes deinceps noſſent, eum ſanare poſſe cunctas infirmitates omnium confu - gientium ad ſe. So Saul / ſpricht er / (welcher ein graw - ſamer Verfolger / und Schmaͤher des HErrn Chriſti ge - weſen) an ſeiner Seelen geheilet worden iſt / warumb wil ich denn verzagen? Warumb wil Jch nicht von dieſem vortrefflichen Seelen-Artzt / (Chriſto Jeſu) weil von Jhm ein ſolcher Patient / bey dem fuͤr Menſchen / iſt curiret und bekehret worden / wuͤnd - ſchen / daß er meinen Wunden ſeine geſegnete Haͤn - de aufflege? Warumb wil ich nicht zu ſeinen Haͤn - den eilen? Auff daß die Leute dieſe Reden fuͤhren moͤchten / ſo iſt Saulus aus einem Verfolger ein Apoſtel worden: Denn wenn ein Artzt ankoͤmmet / welcher ihm einen groſſen Nahmen wil zuwege - bringen / ſo ſuchet er einen ſolchen Krancken / da alle Hoffnung des Lebens auszuſeyn ſcheinet / und heilet denſelben und ſo er einen gantz armen antrifft / ſo begehret er keine Vergeltung / ſondern er commen - dirt und lobet ſeine Kunſt und Artzney. Alſo thutauch29Chriſtliche Leich-Predigt.auch Chriſtus! Er beweiſet die Krafft ſeiner[Goͤtt - lichen] Artzney (welche iſt ſein allerheiligſtes Wort) an Saulo / damit alle hernach wiſſen koͤnten / daß Er de - rer aller Seelen-Kranckheiten und Gebrechlig - keiten heilien koͤnte / welche (mit bußfertigen / glaͤubi - gen und demuͤtigen Hertzen) zu Jhm flihen wuͤrden. Dannenhero auch unſer nunmehr ſeliger Michael Neuber auff Chriſtum ſeine Hoffnung und Zuflucht geſetzet / und ſich verſichert / daß weil Er Saulum zu Gnaden auff und angenommen / Er ſich auch ſeiner werde erbarmen / und Jhn nicht Huͤlff und Troſtloß von ſeinem Angeſicht ver - ſtoſſen; bevorab weil Er Jhm und uns ingeſambt zuruffe / und ſpreche: Kommet herzu Mir alle / die Jhr muͤhſelig und beladen ſeyd / Jch wil Euch erqvicken; Matth. 11 / 28. auch gar troͤſtlich Sich verlauten laſſe / daß wer zu Jhm mit Bußfertigen / Glaͤubigen und Demuͤtigen Hertzen komme / den wolle und werde Er nicht von Sich hinaus ſtoſſen. Joh. 6 / 37.

Weil denn Gott der HErr auch auff arme gebrech - liche Leute ein wachſames Auge hat / ſollen wir dieſelben nicht verachten / ſondern vielmehr ein Mitleiden mit Jhnen haben / bevorab weil wir wiſſen / daß ſie von Gott auch ge - ſchaffen / 2. B. Moſ. 4 / 11. und von dem HErrn Chriſto erloͤſet ſind / ja auch wol in die Zahl der Außerwehlten gehoͤ - ren / und Gottes liebe Kinder ſeyn koͤnnen / wie an jenem ge - brechlichen Weibe zuſehen / Luc. 13 / 11. und S. Paulus erinnert / wenn Er ſchreibt: Was thoͤricht iſt fuͤr der Welt / das hat Gott erwehlet. 1. Cor[.]1 / 27. Wir ſollen auch dieſel - be nicht vexiren und zum Zorn und andern Suͤnden irriti - ren und reitzen. Denn ſo man den Tauben nicht fluchen / und den Blinden keinen Anſtoß ſetzen / ſondern ſich fuͤr demD iijHerrn30Chriſtliche Leich-Predigt.Herrn ſeinem Gott fuͤrchten ſoll / 3. B. Moſ. 19 / 14. wird keines weges zu verantworten ſeyn / wenn man ſolche Leute vexiret und zum Zorn und andere Suͤnden beweget / welche ihrer Vernunfft nicht recht gebrauchen koͤnnen. Wer aber das thut / der macht ſich aller ſolcher Suͤnden theilhafftig7 1. Tim. 5 / 22. und wird es dermal eins viel ſchwerer zuverantworten haben / als die jenigen / welche von Jhnen alhier vexiret und agiret worden ſind: dieweil ſie es viel beſſer wiſſen und verſtehen / und dennoch ihres Ver - ſtandes weder Gott zu Ehren / noch dem armen und Ge - brechlichen Nechſten zum beſten / ſondern vielmehr beyden zuwider anwenden und gebrauchen. Vielweniger aber ſollen wir ſolche Leute / die entweder ihren Vollkommenen / oder doch noch etlicher Maſſen einen guten Verſtand ha - ben / zu Narren machen / oder machen helffen / wie an vor - nehmer Herren Hoͤffen von Vnchriſtlichen Hoffleuten pfleget zugeſchehen. Denn wer das thut / der verdirbt / oder hilfft / ſo viel an Jhm iſt / eine Edel Creatur und Kind Got - tes verderben / welches ſeine Goͤttliche Majeſtaͤt / ſo wenig / und viel weniger ungeſtrafft hingehen laſſen wird / als Chriſt - und Ehrliebende Eltern leiden koͤnnen / daß ihr leib - liches Kind vexiret / geſchendet / und zu einem Thoren ge - macht werde. Es iſt auch kein zweiffel / daß ſolche Spaͤtter und Suͤnden-Knechte dermaleins von Juncker Satanas wider verſpottet / und als Thoren und Narren / wie in Warheit alle Gottloſen ſind / und von dem Heiligen Geiſte ſelbſt[ausdruͤcklich] genennet werden / Pſ. 14 / 1. nicht allein tractiret / ſondern auch in Ewigkeit werden gefoltert und ge - martert werden. Ja ſolche Gottloſe Leute werden dermal - eins ſelbſt offentlich geſtehen und bekennen muͤſſen / daß ſie gantz naͤrriſch gehandelt / und ſich als Thoren erwieſen ha -ben /31Chriſtliche Leich-Predigt.ben / die unſern ſelig verſtorbenen bey ſeinem Leben vexiret und zum Zorn / fluchen / Gottslaͤſtern und andern Suͤnden in dieſem Leben verurſacht haben / wenn ſie nicht in der Zeit der Gnaden ware Buſſe thun / und Gott auch dieſe ihre Suͤnde demuͤtig abbitten. Denn es wird der Gerechte (am herbeynahenden Juͤngſten Tage) mit groſſer Freydigkeit ſtehen wider die / ſo Jhn geaͤngſtiget haben. Wenn dieſel - be denn ſolches ſehen / werden ſie grausam erſchrecken / fuͤr ſolcher Seligkeit / der ſie ſich nicht verſehen haͤtten / und wer - den untereinander reden mit rewe / und fuͤr Angſt des Gei - ſtes ſeufftzen: Das iſt der / welchen wir etwa fuͤr ein Spott hatten / und fuͤr ein hoͤniſch Beyſpiel. Wir Narren hielten ſein Leben fuͤr Vnſinnig / und ſein Ende fuͤr eine Schande / wie iſt Er nun gezehlet un - ter die Kinder Gottes / und ſein Erbe iſt unter den Heiligen? Daruͤmb ſo haben wir des rechten We - ges gefehlet / wir haben eitel unrechte und ſchaͤdliche Wege gegangen / und haben gewandelt wuͤſte Vn - wege / ꝛc. W[e]ißheit 5 / 1. ſeqq. Ach wolte Gott / das alle die jenigen / ſo andere vexiren und zu Narren helffen machen / ſolche erbaͤrmliche Klage zu Ohren und zu Hertzen faſſen / von ihrem[Gottloſen] Weſen abſtehen / und rechtſchaffene Buſſe thun moͤchten! Am allerwenigſten aber werdens die jeniger verantworten koͤnnen / ſo die edle Gabe des Ver - ſtandes von unſerm HErren Gott aus Gnaden zwar em - pfangen haben / und ſich derſelben ſo wol Gott zu Ehren / und dem Nechſten zu nutz / als der geſunden Glieder ihres Leibes koͤnten gebrauchen: Aber umb einer Gelben Hoff - Suppen und eines guten Truncks willen / oder auch umb Finantzen und Geſchencke / ſich ſelbſt zu Narren gleichſam machen / und wiſſentlich dafuͤr halten und gebrauchen laſ -ſen /32Chriſtliche Leich-Predigt.ſen / welches nicht der geringſten / ſondern der groͤſten Suͤn - de eine iſt. Sintemal ſie ja Gott ihren Schoͤpffer dadurch mutwillig verunehren / daß man ſie wol aus den Schirfften Moſis anreden moͤchte: Danckeſtu alſo dem HErrn deinem Gott / du toll[und] thoͤrichter Menſch? Jſt Er nicht dein Vater und der HErr? Jſts nicht Er allein / der dich zu einem vernuͤnfftigen Menſchen ge - macht und bereitet / und mit Verſtand begabet hat? 5. B. Moſ. 32 / 6. Dannenhero auch der Allerhoͤchſte / als ein Gerechter Richter / mit ſolchen[mutwilligen] Narren auffs wunderlichſte / und viel anders umbzugehen pflegt / als mit denſelben / welche etwa von Natur bloͤde ſind / oder durch einen unverhofften Zufall umb ihren Verſtand kommen / immaſſen wir ſolches[auch] allhier erfahren haben. Denn Er ja ſich unſers verſtorbenen Michael Neubers in Gna - den erbarmet /[und] ihn alſo erleuchtet hat / daß er bey ziem - lichen Verſtande und beharrlicher Andacht in Chriſto ſe - lig verſchieden: Da hingegen nicht unbekandt / daß der Ge - rechte Gott uͤber andere / ſo umb freſſens und ſauffens wil - len ſich bey Fuͤrſt - und Adelichen Hoͤfen offt eingeſchlichen / die Adelichen[Hochzeiten] / Kindteuͤffen / und andere Zu - ſammenkunfften unerfodert beſuchet / und ſich fuͤr Stock - narren gutwillig gebrauchen laſſen / ein ſchrecklich Gericht ergehen / und geſchehen laſſen / daß einer voller weiſe zu to - de gefallen / ein ander aber erſoffen / und im Waſſer jaͤm - merlich umbkommen iſt. Darumb alle andere Stocknar - ren ſich an denſelben billich ſpiegeln / und Gott dem HErrn beſſer fuͤr ihren verliehenen Verſtand dancken / auch denſelben recht anwenden[und] gebrauchen ſollen. Wer Ohren hat zu hoͤren / der hoͤre / was der Geiſt der Gemei - nen ſagt!

Weil33Chriſtliche Leich-Predigt.

Weil denn der HErr Chriſtus Saulo ſo groſſe und vielfaͤltige Gnade hat erwieſen / ſo fragt ſichs vors ander nicht unbillich / wie er ſich darauff erzeiget und verhalten? Hat er ſich denn auch mit jenem Samariter danckbar ge - gen Jhm erwieſen / oder gehoͤret er in die Zunfft und Geſell - ſchafft jener neun Außſetzigen / welche weder mit Worten / noch mit Wercken ihre Danckbarkeit ſpuͤren laſſen? Luc. 17 / 17. 18. Antwort Nein / keines weges kan er unter die Zahl der Vndanckbarn gerechnet werden. Denn er in un - ſerm Text mit klaren Worten ſein Hertz und Gemuͤth ent - decket und eroͤffnet / wenn er ſpricht: Jch dancke unſerm HErrn Chriſto Jeſu. Jtem: Gott dem ewigen Koͤ - nige / dem[Vnvergaͤnglichen] / und Vnſichtbarn / und allein Weiſen / ſey Ehre und Preiß in Ewigkeit / A - men. Jn dieſen Worten / meine Allerliebſte / haben wir zu bedencken I. Wer Chriſto gedancket habe? Nem - lich / der bekehrte Saulus7 welcher bißher ein Laͤſterer / Verfolger und Schmaͤher des HErrn Chriſti geweſen: Hernachmals aber ein trewer Zeuge / Juͤnger und Apo - ſtel deſſelben worden iſt. Daß ſollen noch heutiges Ta - ges alle die jenigen[thun] / welche durch ſein Wort von Jhm erleuchet / und zu Jhm bekehret werden. Wer hat er aber II. gedancket? Chriſto Jeſu / welchem er unter - ſchiedliche Ehren-Titul giebt. Denn er Jhn ausdruͤcklich GOtt nennet / dieweil Er nicht ein bloſſer Menſch iſt / ſon - dern ob Er gleich nach dem Fleiſche herkoͤmmet von den Vaͤtern / doch zugleich Gott iſt uͤber alles in Ewigkeit ge - lobet / wie er an einem andern Ort redet und bezeuget. Rom. 9 / 5. Darneben nennet er Jhn einen Koͤnig / weil ſein Himliſcher Vater Jhn zum Koͤnige auff ſeinen heiligen Berg Zion eingeſetzet hat. Pſ. 2 / 6. Er leget Jhm auchEzu34Chriſtliche Leich-Predigt.zu unterſchiedliche Herrliche Eigenſchafften / welche Jhm als wahrem Gott und unſerm HErrn und Koͤnig zuſtehen und gebuͤhren. Denn er beſchreibet uns denſelben als einen ewigen Koͤnig / welcher weder Anfang noch En - de hat oder haben kan / dieweil ſein Ausgang vom Anfang und von Ewigkeit her iſt geweſen: Mich. 5 / 2. Als einen unvergaͤnglichen Koͤnig / der von Natur ein ſolches Weſen hat / ſo der Eitelkeit und Vergaͤngligkeit / wie wir Menſchen / nicht[unterworffen]: Als einen unſichtbarn Koͤnig / der ſeiner Goͤttlichen Natur nach / mit leiblichen Augen natuͤrlicher weiſe nicht kan geſehen werden: Vnd denn als einen allein weiſen Koͤnig:[Dieweil] allein die - ſes Koͤniges Verſtand[unausforſchlich] / Eſ. 40 / 28. Vnd unbegreifflich iſt / Wie Er ſo weißlich regiere; Er auch ein Brunqvell aller Weißheit iſt. Wie hat er denn III. Jhm gedancket? Nicht allein mit dem Munde / in dem er geſprochen: Jch dancke unſerm HErrn Chriſto Jeſu / ſondern von Grund des Hertzens / und mit der That und in der Warheit / in dem Er ihm Preiß und Ehre in Ewigkeit zugeſchrieben / einen rechten Her - tzenswundſch darzugethan / und ſich Jhm gantz und gar / als ſeinem Gott und Koͤnig verobligirt und verbunden hat. Nun das hat auch unſer ſelig Verſtor - bener gethan. Sintemal derſelbe auch auff ſeinem La - ger / biß an ſein ſeliges Ende / Chriſto Jeſu / als ſeinem Gott und Koͤnige muͤnd und hertzlich / fuͤr die vielfaͤltige groſſe Gnade / ſo Er ihm erwieſen / hat gedancket / und taͤg - lich ſeine Stimme mit erhaben / und mit allerley ſchoͤnen Lob - und Danck-Pſalmen / und andern Geiſtreichen Lie - dern ſeinen heiligen Namen hat geruͤhmet; auch ein kraͤffti - ges Amen darauff zum oͤfftern geſprochen / und ſich nichtallein35Chriſtliche Leich-Predigt.allein Jhm gantz und gar / als ſeinem HErrn und Koͤni - ge zu eigen hat gegeben / ſondern auch biß an ſein Ende trew verblieben iſt. Dannenhero auch der Koͤnig der Ehren Chriſtus Jeſus ihn mit Ehren hat gekroͤnet / und die Kro - ne des Lebens ihm gegeben / welche Er allen ſeinen trewen Dienern aus Gnaden zuſagt und verheiſt / wenn Er ſpricht: Sey getrew biß an den Todt / ſo wil Jch dir die Kro - ne des Lebens geben. Offenb. 2 / 10.

PERSONALIA.

WAs aber nun anlanget unſers im HErrn S. ver - ſtorbenen Michael Neubers Lebenslauff / ſo iſt derſelbe zu Soldin in der Newmarck Anno 1596. von Chriſtlichen uñ Ehrlichen Eltern geboren. Sein Vater iſt geweſen der weyland Ehrwuͤrdige / Achtbare / uñ Wolge - larte / Herr Abraham Neuber / trewfleisſiger Diaconus[uñ] Diener am Wort Gottes bey der Chriſtlichen Gemeine zu Soldin: Seine Mutter Fraw Eva / eine Hallin / des Ehrwuͤrdigen / Großachtbarhn und Wolgelarten / Herrn N. Hallens / weyland wolverardneten Superintenden - ten zu Landsberg an der Warte ſel .[] hinterlaſſene Tochter.

Von dieſen ſeinen Eltern iſt er nicht allein in reinem Ehebette gezeuget / ſondern auch darauff zur Gottesfurcht alſo bald angewehnet / und Chriſtlich aufferzogen worden / wie denn ſeiner Eltern geſchehene fleisſige Vnterweiſung auch dahero an ihme gnugſam zuvermercken geweſt / daß er die Capira pietatis richtig erlanget / den Catechiſmum / wie auch viel ſchoͤne Pſalmen / und troſtreiche Spruͤche in groſser Menge fertig herzuſagen / und ſich derſelben / vor - nemlich in ſeiner Kranckheit / wolzugebrauchen gewuſt. E ijNach36Chriſtliche Leich-Predigt.Nach angewendeter privat inſtitution haben ſie dieſen ih - ren Sohn von ſich / und anders wohin / als ſonderlich in die damals wolbeſtellte Schule nach der Spandaw verſchic - ket / do er eine geraume Zeit freqventiret / und in ſeinen ſtudiis gute fundamenta geleget. Vnd weil er auch hiernebens nicht wenige beliebung zur Muſic getragen / hat ihn ſein Vater bald in der Jugend darzu mit einen gu - ten præceptore verſehen. Nach dem er aber Anno 1618. naher Guſtraw verreiſet / in willens / die von ſeiner doſelbſt verſtorbenen Muhmen hinterlaſſene Erbſchafft einzufor - dern / iſt er mit etlichen Schuſtersgeſellen einſten in Zwie - tracht gerathen / und von denenſelben dermaſſen zerſchla - gen / mit Degen-Knoͤpffen in den Kopff ſehr uͤbel geſtoſſen / und alſo zugerichtet worden / daß er endlich ſeiner Ver - nunfft recht und voͤllig nicht gebrauchen koͤnnen. Wel - ches denn ſeinen Eltern ein groſſes Hertzeleid geweſen / als die ihn hernach bey ſich behalten / und das Elend an ihm ſe - hen muͤſſen. Endlich / als der General Wachtmeiſter Bin - dauff in der Marck zu Soldin ſein Qvartier gehabt / hat er ihn doſelbſt von ſeinem Vater zu ſich genommen / und etz - liche Jahr mit ſich herumb gefuͤhret an den Chur Saͤchß. und Brandeburgiſchen Hoff / biß Herr General Wacht - meiſter Bindauff 1629. mit demſelben anhero kommen / do der Fuͤrſtl. Saͤchß. altern Frawen Witwen / unſer Gnaͤ - digen Fuͤrſtin und Frawen / Er ihn zuruͤck gelaſſen hat. Jſt alſo gnaw in die 20. Jahr alhier geweſen.

Jn ſolcher Zeit hat er zwar beym Gottesdienſt ſich alle - wege und fleisſig befunden / und eingeſtellet / auch darbey ſtille / und nach ſeinem Verſtande / andaͤchtig erwieſen: Jedoch haben wir in vorigen Zeiten im Predigambt / nach unterſchiedlicher gehaltener Vnterredung mit ihm vonſeinem37Chriſtli[c]he Leich-Predigt.ſeinem Chriſtenthumb / ſo viel befunden / daß er ſich zum wuͤrdigen Gebrauch des Hochheiligen Abendmals nicht pruͤfen / noch gebuͤrlich bereiten moͤge / dieweil damals ſeine Andacht nicht lange gewaͤret / ſondern ſtaͤtte Wechſe - lung geweſen / ſonderlich / wenn er etwan von andern irriti - ret / und zum Zorn bewogen iſt: Darzu er denn gar leicht Anleitung und Vrſach genommen hat / wie ſlche Leute zu thun pflegen.

Auſſer dem offentlichen Gottesdienſt hat er ſonſt ſeinen Abend - und Morgen-Segen gebetet / und Geiſtrei - cher Geſaͤnge ſich mehrentheils gebrauchet. Derowegen auch ſonderlich unſere Gnaͤdige Fuͤrſtliche hohe Obrigkeit ihm gnaͤdig gewogen geweſen / und ihn gerne umb[ſich] lei - den koͤnnen.

Seine Kranckheit betreffend / iſt er mit derſelben im abgewichenen October befallen aus langwieriger Ver - ſchleim - und Stopffung der Miltz - und Kroeſes / wie auch endlichen aus[anſamlung] Scharbockiſcher feuchte umb die gegenden der Bruſt / ſo gar / das endlichen die Leber in dero Wirckung gleicher maſſen nicht wol beſtehen koͤnnen; Worauff denn eine hefftige Cachexia erfolget / biß endli - chen der untere Leib / neben den angelegenen Gliedmaſſen / gefaͤhrlichen geſchwellet und auffgetrieben worden.

Jn waͤrender ſeiner Kranckheit und Schwachheit haben Hochgedachte Jhre Fuͤrſtl. F. F. F. G. G. G. Gnaden / nicht weniger / wie bey voriger guter Geſundheit / alle Gna - de Jhm erwieſen / auffs fleiſsigſte fuͤr ihn geſorget / und der - maſſen in achtzunehmen gnaͤdig anbefohlen / daß ſie nichts / auch am geringſten / was zu des Pati[e]nten Leibes Geſund - heit / und zufoͤrderſt zu befoͤrderung der Seele ewiger Wol - farth und Seligkeit dienlich und noͤtig / ermangeln laſſen. Vnd nach dem / ungeacht des Herrn Medici angewende -E iijten38Chriſtliche Leich-Predigt.ten ſonderlichen Fleiſſes und Sorgfalt / die Leibesgeſund - heit nicht hat erfolgen wollen / Als hat der barmhertzige Gott es an dem Gemuͤth / Verſtande / und Seele-Ge - ſundheit / zu jedem andern beſtaͤndigen ewigen Leben / deſto reichlicher an ihm erſetzet; Wie wir denn dieſes Orts im Predigambt zu Hoff / nach fleiſsiger warnehmung / inner - halb zweyer Monat / denn ſich die Kranckheit im October angefangen / an ihme verſpuͤret.

I. Des Heiligen Geiſtes Beywohnung und Er - leuchtung / bey welcher ſich der natuͤrliche Verſtand auch mercklich wiedergefunden. Sintemal er ja ohne eines an - dern Menſchen Erinnerung / nach dem er abgenommen / daß die Kranckheit des Leibes ſich vermehrte / die oͤffentliche Vorbitte in der Kirchen / und das allgemeine Gebet fuͤr ihn zu thun begehret; auch abſonderlich von dem Prediger / da er ihm nach gehaltenen Gottesdienſt beſuchte / und als er vernam / daß eben an verfloſſener Stunde es geſchehen / und der Anfang gemacht worden were / ſagt er darauff: Das iſt recht / denn das Gebet des Gerechten vermag viel / wenn es ernſtlich iſt. Aus Antrieb des Heiligen Gei - ſtes / und ohne iemands Erinnerung / hat er nach vielem ſeufftzen zu dem Gebrauch des H. Abendmals / daſſelbe gleichermaſſen begehret und gebeten. Do er auch von uns Predigern / und zwart von iedem abſonderlich tentiret und examiniret worden / hat er ſo verſtaͤndigen gnugſamen Be - recht gethan / daß wir weiter von ihm nichts begehren / vielweniger ihm das Abendmal verweigern koͤnnen / ſon - dern ihn biß auff damals morgenden Tag vertroͤſtet / do er[denn] bey genommenen Abſchied nochmals ſagte: Habt ihr mich doch nun ex fundamento examiniret / brin - get doch Morgen den Kelch / und reichet mir das A -bendmal. 39Chriſtliche Leich-Predigt.bendmal. Da er auch darauff des morgenden Tages von ſeinem Beichtvater von newem nach der lenge / in beyſeyn der Vmbſtehenden examiniret wuͤrde / und ſonderlich an - fangs gefraget: Ob er noch das H. Abendmal gebrauchen wolle? Antwortet er freuͤdig und begierig / in dem er zu - gleich mit der Hand auff ſeine Bruſt ſchlug alſo: Ja / von Hertzen gerne. Wie freuͤdig / wie verſtaͤndig / wie andaͤch - tig / wie ausfuͤhrlich / wie beharrlich er nun damals ſein Bekentnis auff alle Hauptfragen / ſo etwa vor der Beichte den Beicht-Kindern vorgehalten werden / thaͤte / mit was heiligen Geberden / wie mit zuſammen geſchloſſenen Haͤn - den er ſich zum H. Abendmal bereitet / das wiſſen und werden zeugen / alle die damals darbey geweſen / und es mit erfreweten Hertzen uͤber Gottes reiche Gnade / und zugleich ncht ohne Thraͤnen und naſſe Augen / angeſehen / daß und daruͤber wol einfiel / was Act. 10. S. Petrus ſagt / da die glaͤubigen / ſo mit Petro in das Hauß Cornelii kom̃en warẽ / hoͤreten / daß ſie mit Zungen redeten / und Gott hoch preiſe - ten: Mag auch iemand das Waſſer wehren / daß die nicht getaufft werden / die den Heiligen Geiſt empfangen haben / wie auch wir? Vnd wir darauff anfiengen: Mag auch ie - mand das Brodt und den Wein wehren / daß ſie geſegnet werden / und vermittels derſelben dieſem der wahre Leib und das Blut Chriſti nicht mitgetheilet werden / der den Heiligen Geiſt empfangen hat / gleich wie auch wir? Vnd daß dieſer ſein Glaube an Chriſtum vom Heiligen Geiſt kaͤme / erkante er auch ſelbſt / da er einſten anfieng: Ja ich glaͤube / daß ich nicht aus eigner Vernunfft noch Krafft an Jeſum Chriſtum meinen HErrn glaͤu - be / oder[zu] Jhm kommen kan: ſondern der Heilige Geiſt hat mich durchs Evangelium beruffen / mitſeinen40Chriſtliche Leich-Predigt.ſeinen Gaben erleuchtet / und im rechten Glauben erhalten.

II. Den wahren Glauben / und feſtes Vertrawen auff das blutige Verdienſt Jeſu Chriſti / ſo er aus An - fuͤhrung vieler Spruͤche / unterſchiedlich ſehen ließ. Sonder - lich / do er newlich ein newes rothes Oberkleid bekam / uñ es von der ſchoͤnen rothen Farbe ihme geruͤhmet ward / und der Prediger darauff Vrſach nam von dem Blutrothen Kleide Chriſti zu reden / deſſen er ſich ſonderlich mit Eſaia erfrewen koͤnte / und mit Jhm ſprechẽ ſolte / c. 61. Jch frewe mich im Herrn / und meine Seele iſt froͤlich in meinem Gott. Denn Er hat mich angezogen mit den Kleidern des Heils / und mit dem Rocke der Gerechtigkeit be - kleidet: ſagte Er: Das iſt war / ich weis ſonſt von kei - nem andern / denn das Blut Jeſu Chriſti Gottes Sohns macht uns rein von allen unſern Suͤnden. Jtem / do er erinnert / was fuͤr eine gewiſſe Ehre wir haͤtten / wie wir ſo getroſt auff Chriſti Verdienſt / nach Gottes Willen ſterben koͤnten / ſagt er freudig: Ja / as iſt ie ge - wißlich war / und ein thewer werthes Wort / ꝛc.

Wir haben an ihm wargenommen.

III. Ehrerbietung gegen das Predigampt / und daß er eine gebuͤhrende Schew vor uns gehabt. Dahe - ro / als einſten fruͤh Morgens der Prediger ihn beſuchte / und fragte / Ob er auch fleiſsig / und andaͤchtig / ſonderlich / den Morgen-Segen mit gebetet / und die Anweſenden uͤber ihn etwas klagen wolten / gabens ſeine Geberde und Wort / das er ſich nicht wenig ſchemete / ſagte auch zu / er wolte es nicht mehr thun. Wie wir denn auch verſpuͤret / das ihm unſere Ankunfft und Gegenwart niemals zu entgegen ge - weſen ſey.

IV. Ge -41Chriſtliche Leich-Predigt.

IV. Gedult. Denn ob er gleich die Zeit ſeiner Kranck - heit mehrentheils mit ſteten Sitzen / bey einem beſchwerli - chen Odem hat zubringen muͤſſen: ſo hat man doch keine ſonderliche Vngedult von ihme vermercket, bevoraus und gar nicht in Worten / da er doch ſonſten bey geſunden Ta - gen gar leichtlich konte irritiret / und zu unchriſtlichen Re - den gebracht werden. Ob er auch gerne noch laͤnger ge - lebet / ſo hat er doch allezeit auff der Prediger Zureden ſich erklaͤret / daß er ſich Gottes Willen gehorſamlich unterge - ben wolte: auch dahero von ſeiner Grabſtete geredet / wo man ihn hin begraben ſolte / ſonderlich aber von ſeinem ne - wen Sterbehembde. Noch an dem Abend / da er abtruckte / ſprache er: was ihme waͤre verſprochen worden / daß moͤchte er gerne haben. Er hat auch fleisſig geſungen: Was mein Gott wil das geſcheh alzeit / ꝛc. Nun muß ich Suͤn - der von dieſer Welt / ſcheiden nach Gottes willen / ꝛc. Do der Prediger einmal Abſchied von ihm nam / und ſagte unter andern: Jch befehle euch der Gnaden Gottes / ꝛc. Sprach er darauff mit Lateiniſchen Worten: Ego com - mendo Spiritum meum in manus Domini: Ipſe rede - mit me. Vnd ein andermahl ſprach er: Gott bewahre unſer Leib und Seel zum ewigen Leben!

V. Chriſtliche Andacht / die er erwieſen / mit Heuptneigung bey Nennung des allerheiligſten Namens Jeſu / mit zuſammenfaltung der Haͤnde / und durch fleis - ſige Einſtim̃ung / ſo offt als geſungen wurde. Er wuͤndſche - te auch einſten / daß er doch das Chriſt-Feſt mit halten ſol - te / und begehrte darauff zu ſingen: Gelobet ſeyſtu Jeſu Chriſt / daß du Menſchen geboren / ꝛc. Welches auch ge - ſchahe. Do einſten der Herr Hoff-Diaconus mit ihm ne - nebenſt andern Geiſtreichen Liedern / geſungen hatte / Hertz -Flich42Chriſtliche Leich-Predigt.lich lieb hab ich dich / ꝛc. hat ers bey ſeinem Collegen als derſelbe bald darauff zu ihm kommen / hoch geruͤhmet / und geſagt: Ach wir haben ietzo gar zu ſchaͤn geſungen! Das Hertz im Leibe iſt mir recht frewdig daruͤber worden.

Do auch der Prediger bißweilen verſuchte / ob er mit betete / (ſonderlich do die Kraͤffte zu letzt ſehr abnahmen) und ſich ſtellete / als wuͤſte ers nicht weiter hinaus zu ſingen / noch zu beten / hat er allezeit / welches offt geſchehen / fort - gebetet / und dem Prediger einhelffen wollen.

VI. Das beſte / nemlich / an Chriſtum gleubi - ge Beſtaͤndigkeit. Denn nach dem am vergangenen Montag zu Abend umb 7. Vhr der Prediger zu ihm kommen / und geſehen / das es / allen Anzeigungen nach / mit ihm ſich zum Ende ſchickte / hat er ihn deſſelben erin - nert / auch darneben kuͤrtzlich alles wiederholet / was bißhe - ro mit ihm gehandelt worden / und gefragt: 1. Ob er ſich auch noch errinnert der heiligen Tauffe / und des Gnaden - Bundes / welchen Gott dadurch auch mit ihm gemacht? Reſp. Ja. 2. Jn weſſen Namẽ er getaufft? Reſp. Jm Na - men des Vaters / ꝛc. 3. Was die Tauffe nuͤtze? Reſp. Sie wircket Vergebung der Suͤnden / erloͤſet vom Todt und Teuffel / und giebt die ewige Seligkeit. 4. Gleu - bet ihr das auch / und troͤſtet euch deſſen? Reſp. Ja. 5. Gleubet ihr denn auch an Gott Vater / Sohn / und Heili - gen Geiſt? Reſp. Ja. 6. Durch wen koͤnnet uñ gedenckt ihr denn in den Himmel zu kommen / und ſelig zu werden? Reſp. Durch Jeſum Chriſtum. 7. Wer iſt Jeſus[Chriſtus]? Reſp. Wahrer Gott und wahrer Menſch. 8. Jhr habt new - lich empfangen das heilige Abendmahl / was habt ihr alda unter dem geſegnete Brodt und Wein genoſſen? Reſp. Den43Chriſtliche Leich-Predigt.Den wahren Leib / und das wahre Blut Jeſu Chriſti[.]9. Worzu? Reſp. Zum Pfande meiner Seelen Seligkeit. 10. Glaͤubet ihr denn auch / das Prediger Chriſti Diener ſeyn /[uñ] daß ſie euch an ſeiner ſtatt die Suͤnde vergeben ſollen und koͤnnen? Reſp. Ja[.]11. Glaͤubet Jhr denn auch / daß Jch Euch an Chriſti ſtatt von Suͤnden loß zuzehlen befehl und macht habe? Reſp. Ja[.]12. Begehret ihr / daß Jch Euch nochmals die Abſolution / und Vergebung aller ewrer Suͤnden / zum ſeligen Sterben und Hinfart / ſprechen / und mittheilen ſolle? Reſp. Ja: Welches auch darauff im Nah - men Gottes des Vaters / des Sohnes / und des Heiligen Geiſtes iſt geſchehen. Darauff hat er allerley Sterbe Lieder / (Als: Weñ mein Stuͤndlein vorhanden iſt / ꝛc. Frew dich ſehr O meine Seele / ꝛc. Chriſtus der iſt mein Leben / ꝛc. Von allem Vbel uns erloͤß / ꝛc. Auff mei - nem lieben Gott / ꝛc. HErr Jeſu Chriſt / war Menſch und Gott / ꝛc. Hertzlich lieb hab ich dich O HErr / ꝛc. ) mit beharrlicher Andacht theils mit geſungen / theils mit ge - betet. Zu den Gebetlein uñ Pſalmen / die der Prediger allein ihm vorbette / ſprache er beweglich: Amen / und hab Vrſach zu beten: Amen / das iſt / es werde war / ſtaͤrck unſern Glauben immerdar / ꝛc. Dieſe ſchoͤne Seufftzer / HErr Jeſu / Dir lebe ich / Dir ſterbe ich! Jn deine Haͤn - de befehle ich meinen Geiſt / ꝛc. HErr meinen Geiſt befehle ꝛc. hat Er vielmahl wiederholet.

Jn dieſer Andacht verharrete er auch durch Gottes Gnade biß an ſein ſeliges Ende. Nach eilff Vhr lieſſen wir ihn ruhen / weil es ſcheinete / als wolte er etwas ſchlaffen / doch das der Prediger ihn endlich und nochmals fragte: Ob er Den Herrn Jeſum noch in ſeinem Hertzen haͤtte / und auff denſelben leben und ſterben wolte? darauffer44Chriſtliche Leich-Predigt.er Ja antwortet. Da es auff ein Viertel nach eilffen kam / hub er von Jhm ſelber an: Jch muß fort. Vnd als ge - fragt wurde: Wohin? ſagte Er: Zu dem Himmliſchen Vater. Zu ſolchen Gottſeligen Gedancken iſt Er auch fer - ner angehalten / und darbey geblieben / biß er endlich ohne Vermutung der Vmbſtehendẽ / ploͤtzlich ſo ſchwach wordẽ / daß ſich alles Gehoͤr und Verſtand verloren / und er dar - auff ſanfft und ſelig eingeſchlaffen / unter der Anweſenden Gebet. Welches geſchehen den 11. Decemb. am juͤngſt ver - gangenen Montag zu Nacht / eine halbe Stunde nach eilffen: da er alt worden Ein und Funfftzig Jahr / ꝛc. Der grndtuͤtige Gott gebe / daß wir auch uns zu einem Chriſt - lichen Abſchied recht bereiten / und dermaleins in Chriſto ſe - lig entſchlaffen moͤgen / und mit Jhm am herbeynahen - den Juͤngſten Tage zum ewigen Leben auff - erwecket werden / umb ſeines Namens Ehre willen / Amen!

ENDE.

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About this transcription

TextChristliche Leich-Predigt über die thewre werthe Wort S. Pauli/ die Er uns in seiner ersten Epistel an Timotheum Cap. 1/ 12. seqq. hinterlassen hat
Author Martin Caselius
Extent48 images; 10773 tokens; 2923 types; 73350 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

Fabian KaßnerKatja MönnichMaria RauschNote: Bereitstellung der Texttranskription nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat (Faksimiles 1 bis 22)2013-03-15T09:06:00Z Frank WiegandNote: Bereitstellung der Texttranskription nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat (Faksimiles 23 bis 48)2013-03-15T09:06:00Z CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationChristliche Leich-Predigt über die thewre werthe Wort S. Pauli/ die Er uns in seiner ersten Epistel an Timotheum Cap. 1/ 12. seqq. hinterlassen hat Martin Caselius. . Fürstl. Sächs. OfficinAltenburg1649.

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LanguageGerman
ClassificationGebrauchsliteratur; Gesellschaft; ready; dtae

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Editorial principles

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  • dta@bbaw.de
  • Deutsches Textarchiv
  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
  • Jägerstr. 22/23, 10117 BerlinGermany
ImprintBerlin 2019-12-10T10:08:42Z
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