PRIMS Full-text transcription (HTML)
IIItes Heft.
Fortsetzung des Tagebuchs meiner Egyptischen Reise RückreisevonPhilae bis Cairo incl. des Aufenthalts in Theben. Reise von Cairo über Damiat nach Palaestina, Sy - rien[nach]Constantinopel bis Rom.

1Dienstagden24tenSeptember1844. Ich klatsche fastdenganzen Tag abundzwar die hohen Inschriften; amNachmittagdiemerkwürdigeÄthiopische Kammer, die wieder Syrianaufgefunden hat. Es ist heut wieder sehr warm, um 3 UhrNachmittags29°. Der Nilfällt zusehends,undmag im Ganzen etwa 3[ Fuß] gefallen sein. Das Ufer drüben wird jetzt sehr belebt, durch die Zelte der Militärexpedition, die längs demselben[,] wohl 20 anderZahl, aufgeschlagen sind; ebenso viel Barken beinah sind zur Fortschaffung der Bewohner, meist die Weiber der OffiziereundUnteroffiziere bereit.

Mittwochden25tenSeptember1844. AmVormittagAbklatschen der bilinguen Inschrift im Hathortempel, amNachmittagSkizziren der Pylonfaçade in Betreff der Orte dergriechischenInschriften darauf. Der Tag sehr wolkigundunägyptisch.

Donnerstagden26tenSeptember1844. Ich fahre amVormittagfort, abzuklatschenundamNachmittagdie Inschriften auf den Pylonen zu markiren. Gestern wie heut war viel Militärbesuchvondrüben hier, interressante verwegene Gesichter. Nach Tisch hatten wirdasSchauspiel, die wohl 20 Schiffe starke Expedition mit günstigem Winde stromaufwärts abfahren zu sehen, ein hübscherundinterressanter Anblick; jetzt nun ist das Ufer drüben wieder ziemlich öde. Der Nil fällt starkundunser tägliches Baden wird des hohen Ufers wegen beschwerlicher. -

Freitagden27tenSeptember1844. Ich mache heutVormittagmit Lepsiuseinen Ausflug nach dem Ostufer, wozwischenalten Ruinenhaufen ein kleines Monolithtempelchen befindlich war, dessen Inschriften wir abklatschten. Dann fuhren wir nachderInsel Cunosso, deren Zwillingsfelsenpaar mitdenvielen Steelen sichvon Philaeaus so eigenthümlich ausnimmt. Wir klatschten ab trotz des sich erhebenden Windesundkrochen vielfältig herum; endlich fand auch LepsiuseinenStein ausso, den er halb scherzhaft[,] halb ernsthaft fürdasmuthmaßliche Grab des Osirishalten wollte. Er war flach, oben vielleicht etwas bearbeitet, etwa 30[ Fuß]langund20[ Fuß]breit, auch sah man rechtwinklich eine Rinne ausgehauen, die wohl zum FesterstehenvomMauerwerk gedient haben könnte; eine granitnekleineTreppe danebenvonGranitsteinen, in alter Zeit gebrochen führt jetzt zueinemkleinen〈…〉〈…〉Gebäudchen. Von hier fuhren wir zur Insel Bigéh, wo noch einiges Wenige abzudrücken war. AmNachmittagfuhr ich mit Abklatschen im Tempel fort.

Sonnabendden28tenSeptember1844. Während Lepsiusmit MaxaufdemWege nach Assuanzur RevisionvonSteelen ist, beschäftige ich mich amVormittagmit Lesungvonalten Briefenundzeichne dann von dem Thore der vorderen Pylonen einekleineAnsicht der2 Südparthie des Nilflusses. AmNachmittagnoch Etwas abgeklatscht. Abends, wie gewöhnlich, Bad, diesmal aber zum letztenmal auf Philae. Zuletzt im Mondschein lange geplaudert.

Sonntagden29tenSeptember1844. Mein Geburtstagundunsre Abfahrt von Philae. Nach gehaltenem Gottesdienst etwa gegen 8 Uhr machten wir uns aufdenWeg. Da LepsiusaufderInsel Daudenartinoch Steelen besehen wollte, mußten wir ausdemeigentlichen Wege durch die Katarakten hinausundwären bei dem Anlanden an der steinigen Insel beinah verunglückt; dabei wurde hier gar nichts Wesentliches gefunden. Unsre Weiterfahrt durch die StrudelundFelsristeerforderte die größte Aufmerksamkeit der Reise, davon jetzt mehrere aufderBarke waren; auch fand sich unsre Mannschaft verstärkt. Wir waren oben aufdemVerdeckundsahen mitInterressedem Schauspiele zu, so wie den vielen wechselnden Landschaften, die durch diewestlicheWüsteundmannichfachen Formen der aufgethürmten Felsinseln sich darboten. Später landeten wir an der hübschen Insel Sehele, der eine andre Namens Senartigegenüberliegt. Auf Ersterer fanden wir Überbleibselvonalten Bauten[,] im Scherbenschutt auch eine Felsmasse mit unzähligen Steelen, dievon Lepsiusund Maxausgebeutet wurden; ich stieg auf die Höhe, von wo icheinentrefflichen Blick auf den durchbrochenen Nil hatte, oben fand ich 2 Gräber mit nebengesetzten Wasserkrügen, einfache Hügel mit umgelegten Steinen. Dann half ich Lepsiusetwas abklatschenundgegen Mittag vor der Abfahrt nehmen wir noch ein erquickliches Bad. Von hier gelangten wir etwa um 2 Uhr nach Assuan. Spatziergang zumRömischenBade, wo Georgimit[machte]undetwas zeichnete; Knaben, dievondenhohen Felsen ins Wasser sprangen, bewundert. Später mit Georginoch einen Spatziergang gemacht durch die Ruinenvon Syenenach demsarazenischenKirchhof, hinten um die neue Stadt, wo ein Kuppelschechundein hoher Thurm auf diesem erbaut einen höchst malerischen Effekt machte. Dann durch Gassen der bedeutenden Stadt gegen Abend zur Barke zurück. Mein Geburtstag ward durcheinsolennes Mahl mit Wein gefeiert. Lepsiusschenkte mir aucheinneues Notizbuch miteinemhübschen Gedicht darinundeineFlasche Eau de Cologne. Georgihatte mir am Morgen zum Andenken eine sehr hübscheundlaunige Federskizze gemacht. Abends Wetterleuchtenundwährend ich schreibe heftiger Wind, wer weiß[,] ob vielleicht noch Regen heraufkömmt. - Es bleibt aber beim Winde.

Montagden30tenSeptember1844. Während Lepsiusmit Ernstund Georginach Elephantine( Gezirat Assuan) hinüberfahren, mache ich mit Maxeine Ausflucht auf den Weg nach Philae, wo3 mehrere Steelen noch abgeklatscht werden sollen. Dieß hält uns bis Mittag beschäftigt, weil heftiger Wind die Sache sehr erschwert. Um 1 Uhr etwa kommen wir zurück nach Elephantine. Erquickliches Badundschwieriges Hinaussteigen am schrägen Felsen.NachmittagsBeschreiben der AbdrückeundAbklatsche eines Theils des AlexanderThors[,] was Ernstund Georgigezeichnet haben. Während des Abendessens Zurückfahren nach Assuan. Abends wieder heftiger Wind, der die Luft bedeutend abkühlt. - Wir erhalten heut durch den Kaufmann Sacchetts[,] dervon Cairoankommt[,] Packete mit Zeitungen von Mitte Juni bis Mitte Juli(AllgemeinePreußischeundAugsburgerZeitung), auch Bonomi’s Camera lucidaunddie Lithographie von unsrem Pyramidenbilde, welche freilich gegendasOriginal sehr zurücksteht, bis auf die Hieroglyphen, die sehr gut gemacht sind.

Dienstagden1ten Oktober 1844. Ich fahre früh mit Maxnach Elephantinehinüber, um unsre Arbeiten am AlexanderThorzu beenden, was etwa in 1 ½Stundengeschieht; dann zur Barke zurück. Unser Magazin ist inzwischen ausgepacktundauf die 2 Barken vertheilt. Die 2te Barke nimmt Ernstund Georgiein; sie ist für 2 Personen sehr angenehmundbehaglich. Geldsachenundandre Geschäfte halten uns bis Assar vonderAbfahrt zurück. Ich machte mit Maxund Georginoch einen Spatziergang über den gefüllten Bazar (auf dem besonders viel Militär war, was nach oben geht), nachderStadt, um anso MaxKönigsnamen zu zeigen; kurz vor unsrer Abfahrt sahen wir nochdieAnkunft eines Dampfschiffes, was eine vornehme Türkin, aber uns keine Briefe mitgebracht hatte. Nachdem wir uns dessen vergewissert hatten, lichteten wir unsre Ankerundschwimmen jetzt gen Kom Ombos. - Der Wind war ziemlich stark entgegenunddasSchiff schwankte heftig, so daß unser Bishari, den Lepsiusnoch immer mitschleppt, während der Lektion seekrank wurde. Am Abend nach Sonnenuntergang hielten wir an einem mit Hennah besetzten Feldchen.

Mittwochden2ten October 1844. Die Morgende werden jetzt schon bedeutend kühler; wir hatten amVormittag18°Reaumur. - Unsre Fahrt ging langsam weiterundam Mittag 12 Uhr etwa erreichten wir die Ruinen von Kom Ombos. AmNachmittagfingen die Zeichner an zu arbeiten. Abends wurdevonderBarke auseinBad genommen.

Donnerstagden3tenOctober1844. Ich beschäftige mich den ganzen Tag mitderAufnahme des Tempelsundeinem dazu gehörigen Durchschnitte. MittagsundAbends Bad. - Der Tempel ist interessant als der einzige Doppeltempel Ägyptens; es sind Blöcke an ihm verbautvonenormer Größe; ich berechnete den einen gegen 400 lt. - Es ist etwas Riesenhaftesunddie Mittel der Alten zur Bewegung dieser Steinmassen auf solche Höhe sind mir noch unklar. -4

Freitagden4tenOctober1844. DerVormittagwurde heut noch hier zugebracht; ich hatte nocheinenDurchschnitt der Säulenhalle zu zeichnen. Etwa um 10 UhrVormittagsetzten wir unsre Barken gen GebelSilsilisin Bewegung, ein leichter Wind führte uns mit Segeln stromabwärts. Diese Nacht war Geschrei wegen eines Diebes, der uns unsre[Hammel]stehlen wollte. Gestern Abend heftiges Wetterleuchten nach Südost. - Schon um ¼ 1Uhr gelangen wir bei den Steinbrüchenvon GebelSilsilisan,undlanden anderöstlichenSeite, wo wir das letzte Mal nicht gewesen waren. Die Steinbrüche hier sind von enormer Ausdehnung. An 50-60[ Fuß] hohe Felsenwände, durch schmale Gassen die weiten Räume verbunden[,] zeigen mehr die Arbeit derGriechischenundRömischen〈…〉〈…〉art, während Pfeilerkammern von labyrinthischer Weitläuftigkeit die ältere Zeit anzeigen. Manche, wenn auch nicht viel Steelen sind hier befindlich, denn in späteren Zeiten kam diese Sitte ab. AmNachmittagden Grundriß des einstigen Ramses Tempels amnördlichenEndevonden Brüchen besehen; dann unternahm LepsiusdasAbklatschen einer sehr gefährlichen Steele, die erst mit einbrechender Nacht beendet wurde.

Sonnabendden5tenOctober1844. Nochmalige Revision der Brüche. AbklatschenvonSteelenundeines netten Altars; 2 angefangene Sphinx lagen umher. Etwa um Mittag fuhren wir aufdieandre Seite (Westseite)von Silsilisundlegten vordemTempel an, den ich amNachmittagvollständig aufnahm. MittagsundAbends Bad in dem jetzt schon viel kühleren Wasser; Gesternundheut warderTag sehr warm, wir hatten 30°. -

Sonntagden6tenOctober1844.Vormittagfahren wir mitderBarke aufwärtsundrevidiren die SteelenundGrotten am Wasser. Der Lange wird abwärts nach Redesiegeschickt, um 12 Kameele für den Wüstentempel zu verschaffen. Unten an den kleinen Grotten mit den vorstehenden Säulen noch den ganzenNachmittagabgeklatscht. Endlich nach Sonnenuntergang kommen wir noch zur Abfahrt von GebelSilsilis. Wir fahren den Abend bis gegen 10 Uhr, wo dann Ernstund Georgi, die bei uns geblieben waren, dochdieGeduld ausging. Bei einem Dorfe ward dann übernachtetundam

Montagden7tenOctober1844erst etwa ½ 12 Uhr gelangten wir nach Redesie, schräg über Edfu, dessen mächtige Pylone sehr lange zu sehen waren. Weite Durrhafelder von 8 - 10[ Fuß] Höheundmehr, prächtig bestanden schmücken jetzt wieder die Uferundes war erquicklich, durch die feuchtwarmen Saaten zu gehen. Mit Georgiwanderte ich nach dem etwas abwärts gelegenen Dorfe; unzählige Fellahs beschöpften unaufhörlich den Boden. Im Dorfe eineinterressanteScene, wo einekleineTochter ihre Mutter laust,undan5 dieser ein Kind hängt. Nach unsrer Zurückkunft Bad bei einem Ufer, wo man etwa 2[ Fuß] tief indenSchlamm versinkt. Während wir noch nackend sind, kommt BesuchvomSchech des Dorfes, einem KameelSchechundeinem Effendi; der 2te besonders sah in so weißen Gewändern höchst stattlich aus. Wir können neun Kameele bekommen[,] doch erst am andern Tag,undso ziehen wir das Gewissere von übermorgen vor; es sind 12 Stück bestellt. Gleich nach Mittag fahren wir nach Edfuhinüberundmachen uns auch baldigst zum Tempel auf. Am Canal finden wir diesmaleineBarke, so daß wir nicht nöthig haben, uns durchtragen zu lassen. Die AussichtenvomTempel besonders gegen Norden, über die castellartig gebaute CaserneundeinSchech mit mächtiger Sykomore, über weite Saatenunddas ferne Gebirge ist köstlich; ich skizziere inderEile ein wenig davon. Georgiauch; umgebenvoneinemweiten dichten Kreise der zudringlichen Bewohner des Fleckens. Auch am Dorfe, während wir auf die Barke lauerten, zeichnete ich ein wenig. Die Moschee ist recht hübschundmalerisch; ein schachbrettartiges Muster mit mancher Ausschmückung ist durch farbige Steine gebildetundmacht eine sehr gute Wirkung. Der Tempel ist oder war, doch wenigstens besonders inseinerVorhalle[,] höchst großartig; die Seiten Colonnaden mit der Aussicht indenmächtigen Pronaos ist effektvoll; aber letzterer ist fast bis an die Knäufe im Dreck, wie fast der ganze Tempel, so daß der wahre Eindruck nur geahnt werden kann. - Wir beginnen noch heut mitdemAbklatschen 2er langer Inschriften. Abends zum Flusse zurück[,] der etwa 20MinutenvomTempel entfernt ist.

Dienstagden8tenOctober1844. Früh überrascht unsdieschon erwarteteSendungvon Abeken,undnun ging es aneinBriefvertheilen; allein für mich war keiner dabei, was ich eigentlich vermuthete. Die fehlenden ZeitungenvonAprilunMai aber sind da,undgeben neuen Stoff. Wir kommen dadurch etwas spätzumTempel, wo ich mit Abdrücken fortfahre. Mittag wieder zurück, wo dann LepsiusnachdemEssen viele Briefe vorliest, von denen besonders immer dievonseinemSchwager Schulzinterressant sind.Nachmittagbleibe ich zu Haus, beschreibe Abklatschungenundschreibe Tagebuch. - MittagsundAbends Bad.

Mittwochden9tenOctober1844. Heut früh vor Sonnenaufgang wird nach der andren Seite hinübergefahren, um unsre Reise nachdemWüstentempel anzutreten. Nach einigem Warten, was mitZusammenpackender Sachen ausgefüllt wird, kommt IbrahimAgamitdenKameelen, die nach seiner Aussage etwas oberhalb bereit gewesen wären. Wie gewöhnlich unter vielem Schreienundhader! rufen, ohne daß doch etwas6 Wesentliches gethan wird, brechen wir, in summa mit 14 Kameelen um ½ 9 Uhr auf. Unser Weg führte uns etwa ¾ Stunde durch das Nilthal, dann blieb ein niedrigerer Erdfelsrücken zur Linkenunddann nahm uns ein etwa 1 Stunde breites wie eine Diele ebnes Thal auf, dessen Mitte, wo der Wasserlauf geht[,] mit grünem Buschwerkundeinzelnen Bäumchen besetzt war. In diesem Thale, was sich nach 2 Stunden etwa nördlich wandte, von der mehr östlichen Richtung[,] die es zuerst hatte, gelangten wir, nach im Ganzen 4 Stunden Wanderns zu einem gegrabenen Brunnen, wo unsre Kameele tranken. Das Wasser[,] wie ich nachher schmeckte, war recht gut,vongrünlicher Farbe, hatte aber im Nachgeschmack etwas fadesundZusammenziehendes(vonNatron). Wir hielten uns hier nicht weiter auf; kamen nach ¾ Stunden neben einer ruinenhaften Ummauerung vorbei, die wohl als Stationshaus gedient haben mochte, wanden uns wieder mehr östlich, in dem sichdasThal bis auf etwa ½StundeBreite beschränkte, mußten dann seiner Krümmung wieder mehr südlich folgenundbeschlossen um 5 Uhr Halt zu machen, nachdem wir 8 ½ Stunden gegangen warenunddie Entfernung des Tempels wenigstens noch 2 Stunden zu rechnen war. Makaroniundkalter Putenbraten schmeckten nachderMotion recht gutundein gesunder Schlaf folgte darauf. -

Donnerstagden10tenOctober1844. Vor Sonnenaufgang wurden unsre Betten geschnürt,undum ¾ 6 Uhr kamen wir zum Abritt; prächtiges Reiten in der Morgenkühle; das Thal inderBreite einerkleinenhalben Stunde blieb sich fortdauernd gleich, vollkommen eben, in der Wasserrinne mit ginsterartigen grünen Büscheln reichlich besetzt. Die morgendlichen Schatten ließen die SchluchtenundThäler der nahen Sandsteinformationen, die sich imAllgemeinennur 2 - 300[ Fuß] über der Ebene erheben mögen, effektvoll hervortreten. Um 8 Uhr gelangten wir endlich zum Felsentempel, der klein[,] aber im Ganzen sehr wohl erhalten[,] einen höchst angenehmen Eindruck auf uns machte. Eine Vorhalle mit 4 Säulen alter Form ist in einzelnen Steinen vorgebaut; dann folgt ein Pfeilersaal indenFels gehauenunddahinter 3kleineKämmerchen, in deren jeder 3 Figuren sitzend ausgehauen sind. Die Farben[,] besonders des Pfeilersaals[,] sind trefflich conservirt, der größere Theil des[prozess]war nicht bunt, sondern einförmig gelb, vielleicht später in grünlichen Farben überstrichen, daderTempel überhaupt zur Zeit des Menephtanicht fertig geworden zu sein scheint. Vor dem Tempel etwas tiefer im Thale lageineUmmauerung, die mir auch ausgriechischenZeiten schien,unddie eine förmlichkleineBesatzung oder Stationskolonie enthalten haben mag. Von diesem Punkte dehnt sich der Weg nachdenSmaragdminen unweit des rothen Meeres von dem Wege nach Cosseir; ein andrer gewöhnlicherer Weg7 nach diesem letzteren Orte führt bald hinter dem Brunnen mehr nördlich in ein Nebenthal ab. Wir waren baldmöglichst in voller Thätigkeit,undkamen noch heut mit den Hauptarbeiten so ziemlich zu Rande. Im Tempel selbst sowie auf den umliegenden Felsrändern waren unzähligegriechischeProskynemen[,] auch einigehieroglyphischeSteelen. - Unser Wasser schmeckte heut schon theilweise herzlich schlecht nachdenSchläuchen. Lepsiusmußte sehr strenge Aufsicht darüber halten, damit wir nicht später Mangel litten. - Abends las ich an 2 Stunden Zeitungen vor.

Freitagden11tenOctober1844. Nach ziemlich schlechter Nacht, in der uns abscheuliche Kameelläuse hart gepeinigt hatten[,] machten wir uns andasAbklatschen der Inschriftenundwurden etwa um 10 Uhr mit Allem fertig. Dann ward noch Mittagbrod gegessenundetwas geruhtundum 2 Uhr brachen wir wieder auf. Wir gingen 4 Stunden bis 6 Uhr, wo wir schon im Dunkeln Halt machtenundunsre Betten aufschlugen. Dieser wie die vergangenen Tage waren heißundschwül, der Himmel war nie ganz freivonWolken. Das Wasser ward immer abscheuliger. -

Sonnabendden12tenOctober1844. Vor Sonnenaufgang um ½ 6 ward unser Ritt angetreten, etwa um ½ 8 Uhr kamen wir zum Brunnen, wo die Kameele trankenundendlich um ¼ 12 Uhr etwa erreichten wir glücklich unsre Barken, wo Lepsiusschon 1Stundevorher angekommen war, weil er immer schneller ritt, als wir andern. Nun schmeckte ein frischer Trunk Wasser köstlich. Bald darauf fuhren wir aufdasandre Uferundein erquickendes Bad ward genommen. DenNachmittagblieben wir aufdenBarken; ich beschrieb die Abdrücke. Lepsiuswar nicht wohl. Eine Wunde am Schienbein, die er sich in Kom Ombosgestoßen, war durch die HitzeundEchauffement heftig geschwollenunddroht die SacheeinBlutgeschwür zu werden. Heftige Kopfschmerzenundein wenig Fieber halten ihndenAbend zu Bett; er trank Kamillentheeundnahmeinwarmes Fußbad. -

Sonntagden13tenOctober1844. Lepsiusisteinkleinesbischen besser, doch bleibt er im Bettundwir machen ihm Breiumschläge umdasBein, das sehr geschwollen ist. - Die Fliegen sind jetzt wieder über alle Begriffe unverschämt,undohne Musketiaire ist kein Auskommen; unter dieser aber ist es stickend heiß. Ich halte heut die Andacht, wobei ich dann wieder Kraftlieder ausdem Spittawähle. - Der Tag vergeht mitdemLesenvonZeitungen, die mir sehrinterressantsind wegen der Artikel überdenGustav-Adolph Verein, Nauwerk pp. Es ist sehr windstillundheiß. -

Montagden14tenOctober1844. Lepsiusbleibt fest zu Bett, wir machen Brodumschläge umseinBein, die ich meist übernehme, während die Andern oben im Tempel arbeiten. Wir haben wiederum 30° Wärme im Schatten um Mittag. 8

Dienstagden15tenOctober1844. Königs Geburtstag, wo mich dann Ernstgleich mit Schießen aus dem Schlaf weckt. AmVormittagwird wieder unter einer Salveund3fachem Lebehoch die neue Fahne aufgehißt, dann Chokolade getrunkenundam Abend bringe ich des Königs Gesundheit miteinemGedichtvon Lepsiusaus, der nun ¼ StündchenseinBett verlassen hat. Es geht übrigens mitseinemBein um Vieles besser. Der Königinunddes Königs Familie wieendlich LepsiusGesundheit wird auch noch getrunkenunddas Mahl vergeht recht heiter; Abeken, auf den ich immer noch hoffte, kam nicht. NachdemEssen wurden Lieder gesungen.

Mittwochden16tenOctober1844. Lepsiuswagt es heut wiederzumTempel zu gehen mitdenAndern, ich bleibe inderBarkeundzeichne amTempelvon Ombos. - Um ½ 11 Uhr habe ichdieFreude, daß Abekendoch noch kommt,undnun wird der übrigeVormittagmit ihm verplaudert. Da hörte ich denn auch etwas Näheres überdasAttentat auf unsern König; die Freunde kamen erst sehr spät zum Mittag; Abends wardvon AbekeneineFlasche süßer Wein spendirt[ und] lange wurde zusammen geplaudert. -

Donnerstagden17tenOctober1844. Ich bleibe heut wieder zu Hausundarbeite an der Kapellevon Silsilehunddem Wüstentempel. Abekenwill bis morgen Abend bleiben: Viel Zeitungslesen. Ich habe jetzt wieder einmal mißmuthige Tage, wo mir die Länge der auf die Reise verwandten Zeitundmeine quasi Unthätigkeit im Fortschreiten meines Faches schwer aufdieSeele fällt. Die Nächte beginnen kühl zu werden, die Tage unter der Musketiäre aber immer noch recht warm. - Wir essen hier treffliche Melonenvonimmenser Größe, die eine hatte wohl über 1[ Fuß]Durchmesser,unddabei mochte sie etwa 1 guten Groschen kosten! -

Freitagden18tenOctober1844. Ich gehe amVormittagnachdemTempel, was jetzt deshalb seine Beilage hat, weil man sich über den Bahr Jusef(eigentlich ist er nureineFortsetzung dessen) tragen lassen muß, weildieBarke seit unsrer Wüstentour verschwunden ist. Heut klatsche ich in greulichstem SchmutzeundStaube eine sehr lange Inschrift ab, wonach mich am Mittag dann unser Nilbad unglaublich erquickt.Nachmittagbleibe ich zu Hauseundmache gegen AbendeinenkleinenBesuch auf Abekens Barke, wo er mir Briefevon Curtius, Wiese, Gerhardtpp. aus Berlinvorliest, was mir dann gewisse Kreise dort lebendig vergegenwärtigt. Abends wird zur Feier der Leipziger Schlachtundzum Geburtstag der Mutter Lepsius2 Rheinweinflaschen der Garaus gemacht. - Nach dem Thee fährt Abekenab; wir haben noch bis Morgen Abend zu thun. -9

Sonnabendden19tenOctober1844. Ich gehe wiederum mit zum Tempelundklatsche amVormittagab, es ist dieses Bauwerk ein wahres Dreckloch; Alles[,] was Unreinlichkeit heißt, findet sich hier um dieß ehrenwerthe Gebäude versammelt, bei jedem Schritt mußmansehen, wo man hintritt. AmNachmittagbleib ich wieder untenundbeschreib Abdrücke. Die Andern bleiben bis beinah indieNacht hinein dort; indessen war damit auch der Schluß hier gemacht,undwir sind zur Abreise mitdemFrühsten morgen bereit. - Köstlich war bei Sonnenuntergang heut wieder der duftige rosenrothe Streif desöstlichenGebirges[,] der wie eine Glorie sich überdieErde legte. -

Sonntagden20tenOctober1844. Wohl Stunde vor Sonnenaufgang fuhren wirvon Edfuabundkamen gegen 9 Uhr nach El Kaboder Eleithiya, nachdem wir ½ Stunde vorher nocheinekleineFußtour zur Untersuchung eines Felsengrabes gemacht hatten, was sich jedoch als unbeschrieben bewies. Der Morgen war köstlich, kühl[,] duftigunddoch glänzend in der prächtigen Sonne; inderFerne leuchtete schon weißes Kalkgebirge. - Ich blieb heut den ganzen Tag aufderBarke, einmal wieder mit der Durchsicht meiner alten Briefe beschäftigt, die dann das Heimathsgefühl lebendig wecken. Auch Zeitungen wurden viel gelesen, an denen wir jetzt eine fast nicht zu bewältigende Masse haben. Der bewölkte Abendhimmel gab unglaublich schöne Lichteffekte.

Montagden21tenOctober1844. Wir machten uns heut früh zu Fuß nach dem am weitesten, ¾ Stunde, inderWüste gelegenenkleinenTempel auf, den ich, während die Andern zeichneten, aufmaß,undetwa um 11 Uhr von dort zum Felsentempel (dessen hinterste Grotte nur indenFels gehauen ist) ging, um dasselbe hier zu thun. Die Anderen kamen in 2 Stunden nach und nun wurde abgeklatscht; ich war zu angegriffen, um die Aufnahme fertig zu machen,undverschob ihre Beendigung auf morgen. Erst um 3 Uhr äußerst ermüdetundhungrig langten wir wieder aufderBarke an. AmNachmittagbleiben wir zu Hause, da es schon ½ 5 nach unserm Mittagsschläfchen geworden war. Der Badeplatz hier ist köstlich; das Wasser jetzt wieder ziemlich klarundin starker Abnahme begriffen. Die Gluth der rothen Abendwolkenunddas angehauchte Gebirge war wieder unvergleichlich. -

Dienstagden22tenOctober1844. Maxundich, wir machten uns heut früh wieder über das Salzfeld nachdemFelsentempel auf, den ich, so wie den kleinen davorliegenden fertig vermaß. Dann gingen wir zu den Andern in den Gräbern, wo ich eine lange Inschrift abzuklatschen begann, die ich amNachmittagzu Rande brachte. 10MittagsundAbends wieder Bad. Es fängt an, merklich kühler zu werden, besonders die Nächte. - Abends Zeitungen vorgelesen.

Mittwochden23tenOctober1844. HeutVormittagnehme ich den Plan der Stadt noch einmal auf, da die Aufnahme derfranzösischenExpeditionhöchst mangelhaft ist; die Andern sind noch in den Gräbern beschäftigt. Nach 11 Uhr komme ich nachderBarke; um 12 Uhr die Andernundnach einem Bade fahren wir von El Kababundschwimmen Esneentgegen. Der Morgen war sehr kühl, wir hatten nur 14°Reaumur. Noch am Abend um 8 ½ Uhr etwa kamen wir vor Esnean, wo der Lange nach WächternundBriefen ausgeschickt wurde. Die Erstern brachte er, von den Letztern war aber nichts vorhanden. Es ward an derselben Stelle angelegt, wie ehemals, ohnweitderMoschee.

Donnerstagden24tenOctober1844. Früh spatzieren wir sämmtlich in den Tempel, wo ich abklatsche, während die Andern zeichnen. Etwa um 10 Uhr gehe ich nachderBarke zurückundzeichne den übrigen Tag an meinem Planvon El Kab. LebenundWeben auf dem Markte. Spatziergang hinter die Stadt, umeinSch -- zu riskieren,undtreffliche Aussicht dort über[Schachtkuppeln], Palmen, Sykomoren, Gärten auf das zarte Gebirge, was inweißröthlichemDufte sich ausbreitet. -

Freitagden25tenOctober1844. DerSituationsplanvon El Kabwird heut fertig gemacht; ich habeeinwenig Hals -undKopfschmerzen in diesen Tagen. - Abends Wetterleuchten im Süden. -

Sonnabendden26tenOctober1844.Vormittagden Plan vom Wüstentempel des Menephthain Blei fertig gemacht,Nachmittagim Tempel abgeklatscht. MittagsundAbends gebadet; das Wasser wiedieLuft werden um Vieles kälter. Abends wieder sehr starkes Wetterleuchten im Südost, dem wir bei Vollmondschein sehr lange zuschauen. Allabendlich werden die Zeitungen fortgefahren zu lesen bis ½ 10 oder 10 Uhr. -

Sonntagden27tenOctober1844. NachderAndacht[,] die wir jetzt immer früh zu halten pflegen, spatzire ich mit Georgiund Maxein wenig umher, erstdasUfer hinab, wo wir aneineBarke mitenglischerFlagge kommen, deren Bewohner jedoch noch vielleicht im Schlaf liegen mochten. Dann bogen wir nachderEbne quer durchdieStadt,undkamen von einem schönenundgroßen türkischen Pallaste (einer Fabrik) vorbei, der sehr nobelundrespektabel aussieht. HinterderStadt uns wiedersüdlichwendend[,] gingen wir an Schlanken vorbei, wo schwarze Büffel mit KopfundRücken, wie Nilpferde behaglich ausdemWasser schauten; dann setzten wir uns, um eine schon neulich11 von mir bewunderte Parthie zu zeichnen. Dann mit Maxdie Stadt nochsüdlichumkreist, wo wir noch am Flusse eine ArtvonViehmarkt etablirt fanden; niedrige Hütten, zeltartig dazwischen. Es war viel Volk versammeltunddie Hüttenbewohnerinnen scheinen meist Freudenmädchen zu sein; sie verlangtenvonuns Bakschisch schnell sich bereit machend, ihre Reize zu entschleiern, so Brust wie Gesicht; die Eine schien bei flüchtigem Anblick jungundnicht häßlich. Über den stets wimmelnden Markt kehrten wir zum Flusseundzur Barke zurück, wo ich bis jetztmeinTagebuch ergänzt habe. Auch amNachmittagmachte ich mit Ernstund Max( Georgilitt ein wenig an Diarrhoe) einen Spatziergang nachdemSchlossevonMehmetAli, amnördlichenStadtende hinter der Fabrik gelegen. Es liegt, weiß angestrichen mit seinen unzähligen flachen Giebeln (jedes Stückchen Mauer an dem unzähligeckigen Gebäude ist

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gekrönt) mitten in einem scheinbar anmuthigen Garten, dessen CypressenundObstbäumchen uns über die Mauer entgegenwinkten. Wir kamen aber nicht hinein, weil der boab (Wächter) inderStadt war. VordemThor war eine scharmante schattige AlleevonAkazienundeine gewaltig hohe Schilfart streckte ihre 1 ½[ Fuß] langen Blüthenbüschel an 10 - 12[ Fuß] indieLuft hinein. Ein etwa 4 pfündiger Kanonenlauf lag aufderErde vor der Thür, wo wir uns etwas ruthen. Zurück vor einemkleinenöffentlichenBade vorbei[,] was sich gar zierlich ausnahm. Es hatte etwadennebengezeichneten Plan

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. Vorn entlang ein breites Becken zum Fußwaschen, unterderKuppel das kleine Bassin. Der Raum a mit Matten belegt[,] in einer Nische[,] inderMitteunddarum umher; buntes Steinmuster[,]einbreitesunweißesvonaußen, Holzstreifen mit Schnitzelornament bildeten unten anmuthige Streifen. - ÜberdenBazarundMarkt zum Schiff zurück. Abends〈…〉〈…〉 begannenwirdie Moscheevon Esnezu zeichnen. Magisches Roth überzog heut wieder unendlich schön die Gebirge rings; es war wie ein leuchtender Rosenschleier[,] der sich unter dem grauen Himmel überdemGebirgelagerte. -

Montagden28tenOctober1844. Den ganzen Tag sehr schludriges Abklatschen im Tempel vorgenommen. Gegen AbenddieMoschee fertig gezeichnet; Lepsiusmachte amNachmittageinenAusflug zueinemTempel, von dem er indessen kaum noch Spuren der Fundamente vorfand, viel weniger beschriebene Steine; noch unlängst war die letzte Säule weggetragen. -

Dienstagden29tenOctober1844. Diese Nacht warderMudir angekommen, dem Lepsiusgegen Mittag einen Besuch machte; vorher hatte er wieder eine vergebliche Ruinenjagd unternommen. Ich machte mit GeorgiheuteinenSpatziergang zum Garten Mehmet Ali’s, den12 wir diesmal offen fanden. Er war leidlich hübsch; mich ergetzten ungemein die blühenden Rosen, Jasmin, Oleanderundandre Blumen, von denen uns ein prächtiges Sträußchen gepflückt ward. Von hier um die Stadtsüdlichherum[,] über den Markt zurück. - Um ½ 1 Uhr Mittags etwa verließen unsre Schiffe Esne,undjetzt um 5 Uhr schwimmen wir Hermonthisentgegen. - Spät am Abend etwa um 11 Uhr legten wir ½ Stunde vor Erment, auf dem rechten Flußufer an, ½ Stunde von dem landeinwärts gelegenen Dóot, wo sich einige Kammern eines Tempels befinden sollen. -

Mittwochden30tenOctober1844. Heut früh Spatziergang mit Maxund Georgizwischen Durrhafelder nach dem Dorfe Doot, was im Morgendunst malerisch auf Dreckhügeln mit schlankem Minaret uns aus Palmen entgegenlachte. Mit Überspringen einiger Gräben dort angelangt, fand sich inderThat noch ein nicht unbedeutender Tempel vor, aber untergegangen im Dorfschutt; einzelne Parthien ragten noch zu Tage, 2 oder 3 halb vorhandene Kammern waren an ihrer Decke zugänglich. AufeinemStück Umfassungsmauer fand LepsiusinterressanteKaisernamen, die abgeklatscht wurden. - Dann essen wir Battich in kühler Hütte daneben. Ausgrabungen, die angestellt wurden, gaben nicht das erwartete Resultat,undwir stellten sie ein, so daß wir noch um Mittag zur Barke zurückkehren. Dann fuhren wir hinüber nach Erment.NachmittagHinaufgang zu dem ½Stundeentfernten Tempel. Die Zella ist meist umbautundwir fanden sie als Gefängniß für 2 Kerle, die an Ketten lagen; dieß hinderte jedoch nicht das Besehen des Raumes. Die Darstellungen im Innern sind eigenthümlich; sie scheinen alle bezüglich auf die GeburtundJugend des Caesarion, diekleineNebenkammer zeigt die Geburtsscene; die Hieroglyphen sind sehr unleserlich. NebendemTempel isteinheiligerTeich mit Spuren der Quaimauer. Unweit dieses Gebäudes fanden sich die als Steinbruch benutzten Fundamentmauern mehrerer andrer Tempel. Bei dem einen sind schöne Blöcke eines Tempels ausderZeit des Thutmosisverbaut; dünnere Granitsäulen mögen zu einer 5 schiffigen Basilika gehört haben. Die Ruinenhügelvon Ermentsind enorm ausgebreitet; unangenehm die darauf hausenden wilden Hunde, prächtig aber eine Menge malerischerSchechs, die mit dem hier wirklich großartigen Gebirge im Hintergrund sich höchst anmuthig ausnehmen. Ich klatsche am TempeldieArchitrave ab,unddann verlor sichdieSonne gar bald. - Mit dem Nachmittage ist jetzt fast nichts anzufangen. Abends lese ich meist Zeitungen vor. -

Donnerstagden31tenOctober1844. Ich bleibe heut aufderBarkeundzeichne an den Tempeln von El Kab. - MorgenundAbende werden sehr kühl. Zum Baden ist leider hier am steilen Ufer kein Platz. 13

Freitagden1ten November 1844. Früh nur 11° Wärme. Ich bleibe amVormittagauf der Barkeundbeende die Tempelvon El Kabin Blei. Um Mittag baden wirzwischenden Barken; ich glaube aber, daß ich mich hiebei erkältet habe; denn schon amNachmittag, wo ich zum Tempel hinaufgeheundabklatsche, fühle ich mich sehr zerschlagen und Kopfschmerzen. Sehr früh zu Bett. -

Sonnabendden2ten November 1844. EinekleineGrippe steckt wirklich in meinem Körper; trotz starker Kopfschmerzen gehe ich zum Tempelundklatsche dort ab, zeichne aucheinekleineAnsicht desselbenvonden umliegenden Ruinenhügeln; etwa um 11 Uhr aber bin ich wieder aufderBarke, um mich zu ruhen. Gegen 1 Uhr etwa kommen die Andern mitsammt allen Sachenundkurz darauf verlassen wir Ermentundtreiben gen Theben. Ein starker[ Brief] von Abeken[,] uns heut früh zugesendet, bringt uns nichts aus Deutschland, worauf ich ganz sicher gerechnet hatte, denn wir schreiben jetztNovember,unddie letzten NachrichtenvonHause datierten sichvonEnde Juni (das ist stark!). Um ½ 5 Uhr heutNachmittaglegten unsre Barken neben derjenigenvon Abekenvor Gurnaan, nachdem von den Andern vorher vielfach geknallt worden war. Die Berge umher boten den köstlichsten Anblick; der blaßröthliche Teint des Kalksteins erscheint wie transparentunddie RisseundSchatten haben so feineunnachahmlicheZeichnung, daß man sich nicht satt sehen kann. Die Berge hinter Gurnasind ganz besonders schön; drüben aber liegt Luxorwie ein Miniaturbild inderungeheuren Ebenevon Theben. Lepsiuswill nachdem Ramesseum, um Abekenaufzusuchen, der oben war. Ich machte, unwohl wie ich war[,] mit GeorgieinenkleinenGang bis zum Pallastvon Gurna, von wo aus wir uns der wunderbaren FarbenundTöne der Gegend ringsum erfreuten. Erst im Dunkeln kehrte Lepsiusmit Abekenzurück, sie hatten noch Wilkinsons Haus besehen, was wir beziehen wollen. Ich liege den ganzen Abendundbin fast unbrauchbar.

Sonntagden3tenNovember1844. Heut früh AusschiffungderSachenundTransport nachdemHause. Ich fühle mich ein klein wenig besser, mache AbekenaufseinerBarke einen Besuch[,] nach dem er unsdieAndacht gehaltenundreite dann mit Maxund Georgietwa um 11 Uhr zum Hause hinauf. Wunderbare höchst großartige Aussichtvonoben überdasThalvon Theben; die Memnonskolossestehen noch im Wasser. Die Lage unsrer Wohnung, dievon Wilkinsonauseinemlangen Grabe zu Wohnraum mit bedeckter Vorhalleundvielen AnundUmbauten geschaffen ist, ist inderThat sehr reizend. Lepsiusrichtet sich ineinemexpressen Kämmerchen ein, wir in dem langen Hauptraum. Gegen Abend besucht uns Abekenundißt mit uns. Während des BesuchsvomSchech hier, eines alten ehrwürdig aussehenden Mannes, der nachdemAbendessen kommt, ziehe ich mich auf mein Lager zurück, weil ich mich zu marode fühle. Nachher versammelten sich die Andern noch um michund14tranken vor dem[Divan]den Thee, wo Politika mit Abekenin lebhaften Disput versetzten. -

Montagden4tenNovember1844. Obwohl ein wenig besser, ist mir noch keineswegs behaglich, BrustundKopfschmerzen wie Zerschlagenheit sind immer noch vorhanden. Es kommt heutVormittagnoch zu nichts. Packereien, Abholung der Barken, ein BesucheinesGriechen TheantophylosnehmendieZeit in Anspruch. Zum Mittag wird Abekenvom RamesseumheraufgeholtundamNachmittagmache ich mit Georgiundden Übrigen ihm unteneinenBesuch; wir Beide gehen dann noch weiter bis Medinet Abu, eintrefflicherSpatziergang, wäre nurmeinKopf freier gewesen. Abekenbegleitet uns halb bis nach Hause, wo wir erst nach Sonnenuntergang ankommen.

Dienstagden5tenNovember1844. Heut beginnt denn unsre Arbeit im Ramesseum; ich vergleiche den schlechtenfranzösischenPlan,undsehe mich genöthigt, einen neuen aufzunehmen, mit dem ich heut bei Säulendetails den Anfang mache. Ich fühle mich noch fortdauernd unwohl, Kopf[,] Brust etc. Schmerzen.

Mittwochden6tenNovember1844. Fortsetzung der Aufnahme; besonders amNachmittagwird fleißig gemessen; das Gebäude, von jeher mein Liebling, wird mir immer wertherundscheint mir in der Harmonie seines Grundrisses das edelste MusteregyptischerBaukunst. Die Formen der großen Kelchkapitäle sind etwas zu steil geschwungenunddiejenigen in Karnakschöner[,] auch würde Solibbesonders in den herrlichenundfeinen Säulenformen den Preis streitig machen; aber die Zerstörung dort ist zu kolossal[,] um einen völligen Eindruck erhalten zu können; außerdem ist der Wechsel der Räume dort nicht so fein gefühlt.

Donnerstagden7tenNovember1844. Ich fahre mitderPlanaufnahme fort, die aber sehr unterbrochen ist durch Anleitung der Ausgrabungen, die heut, meist von Kindern begonnen sind. Sie geben, wenn auch wohl nicht bedeutenden, so doch einigen Aufschluß, der immer dankenswerth ist. Eigenthümlich sind die vielen Brunnen, über welche hinweg der Fußboden des Tempels gelegt ist. Meine Kopfschmerzen sind heutNachmittagetwas besserundes ist Zeit, daß ich ganz frei werde.

Freitagden8tenNovember1844. Ausgrabungen wie Aufnahme des Tempels haben ihren Fortgangundes kommt durch die ersteren doch etwas Neues zum Vorschein, so daß der Plan sich fester stellt. Wir vergleichen ihn heut mit Diodors Beschreibung, die imAllgemeinensehr richtig ist; an ein Grabmal ist bei diesem Gebäude freilich wenig zu denken, es hat viel eher etwas Pallastartiges. -15

Sonnabendden9tenNovember1844. Die Ausgrabungen geben immer mehr, obwohl spärliches Licht; die ZerstörungundFortnahme der Steine vom Hintertempel ist inderThat ins Großartige gegangen. -

Sonntagden10tenNovember1844. Die Arbeiter sind heut abbestellt; ich zeichne seitVormittagfür mich eine Ansicht ausdemTempel mitderHinsicht auf unser Wohnhaus. Von einem alten Manne kaufe ich heut für 5 Piaster ein lebendigeskleinesKrokodill von etwa 1 ½[ Fuß] Länge; es ist größer als das von Lepsiusundlebendiger gezeichnet. -

Montagden11tenNovember1844. Mit 40 Menschen wird fortgearbeitet; ich mache mich heut andieAufnahme der Nilziegelbauten um das Ramesseum, die ich für lauter Begräbnißörter halte; hieundda findet sicheineKammer noch bemalt, ganz in Art der Gräber; auch sind all diese Kammern vollvonBrunnen. Heut Abend war die Beleuchtung der Gegend bei Gewitterwolken unbeschreiblich schön; drüben mußte es regnen, denn ein kurzer Regenbogen war zu sehen; wir bekommen nichts ab, als später vereinzeltes schwarzes Gewölk[,] was zu uns herüberzog. - Die Morgende sind recht kühl jetzt. -

Dienstagden12tenNovember1844. Bernhardund Juliens Geburtstag. Ich werde mitmeinerTempel Aufnahme nebst Umgebung so ziemlich fertig; weiter 40 Arbeiter. Heut Abend nachdemEsseneinBesuchvon Triantophylos, den ich später verlasse, um die länger liegen gebliebene Tagebuch zu ergänzen. Allmorgendlich begrüßen wir Abeken, der aufseinemWege nach MedinetAbu, wo er arbeitet, uns immer passirt. - Alle Zeitungen[,] die uns bis jetzt zugekommen sind, habe ich nun durchundwarte auf neue, wie besonders auf Briefe, die unverantwortlich lange ausbleiben; Jussufwill auch nicht kommen, der in dieser Hinsicht meine Haupthoffnung ist. -

Mittwochden13tenNovember1844. Ich beginne heut mit dem Aufzeichnen des Ramesseums, gehe aber Vor -undNachmittageinige Stunden hinunter, um die Ausgrabungen zu besichtigen, die ihren Fortgang haben; obwohl täglich dieserundjener Punkt klarer wird, bleibt doch noch manches dunkel; die späteren Abende sind meist sehr windig,undman merkt, daßderWinter beginnt.

Donnerstagden14tenNovember1844. Meine Thätigkeit wie gestern. Wir finden heut indereinen Fundamentmauer ein Grab; Sarkophag wie Todter sind völlig zerstört, doch finden sich dabei 4 Vasen mit Menschen -, Geier -undAffenkopf,undeine Masse ganz kleiner Töpferfigürchen. - Das Abendroth wieder kostbar. -16

Freitagden15tenNovember1844. Gestern Abend hat Lepsiusauf mein Zureden einen Boten nach Kennehgeschickt, da meine Ungeduld nach Nachrichten von Hause immer größer wird. Bis 10 Uhr zeichne ich heut am Grundriße des Ramesseumsundgehe dann zudenArbeitern, deren jetzt einige 60 Stück sind; dermittlereTheil des Tempels bis hinten ist mir jetzt klar; auchderSäulensaal wie der erste Hof stellen sich eigenthümlich heraus. Maxist in diesen Tagen unwohl; die Andern Zeichner beginnen heut in einem Grabe[,] nah bei den Königinnen zu zeichnen,undso bin ich unten meist allein. Ich lese heut wieder in den alten Briefen, die ich freilich bald auswendig weiß.

Sonnabendden16tenNovember1844. Heut Mittag kommt unser Dollmetscher Jussufvon Alexandrienun Cairowieder bei uns anundmit ihm die aufgetragenen Vorräthe, auch einige BriefeundZeitungen, letztere vomSeptemberwährend uns noch ein Theil des Juliundder August fehlen; unter ersteren ist wiederum keine Zeile für michundich rechne nun hauptsächlich noch auf unsren Boten aus Kenneh. - Die Ausgrabungen im Ramesseumsind immer noch mein tägliches Brod.

Sonntagden17tenNovember1844. DerVormittagvergeht mit Durchsicht der Zeitungen, die leidervondemAttentat gegendenKönig nichts melden, desto mehr abervonseinerReise nach Königsbergundder Provinz Sachsen; Onkel Wilhelms Abschiedund Uhden’s Ministerwerden erregt mein äußerstes Erstaunen. Gegen Mittag kommt auchderBotevon Kenneh, gleichfalls aber ohne Briefe für mich mitzubringen. Nun weiß ich nicht mehr[,] was ich denken soll; ich fürchte, man hat Alles an den jungen Straußmitgegeben,undsolche Gelegenheiten sind leider immer unabsehbar. AmNachmittaggehe ich mit Georgiein wenig umherundzeichne eine Ansicht unsres Hauses hier. Den Abend haben wir Besuchvon Abeken, der mit Dr. Schledehausaus Alexandrienkommtundden Abend bei uns bleibt. Ein Briefvon Kästneran Abekengibt uns erfreuliche Nachrichtvon Frey, der in Berlinbei Hofe wohl aufgenommen ist,undmanche Bestellungen hat; auch von ihm erwarte ich sehnlichst einen Brief.

Montagden18tenNovember1844. Vor - wieNachmittagwieder zum Ramesseum,undmit Lepsiusgestempelte Nilziegel aufgesuchtundbezeichnet. Der Morgen war heut vollkommen bewölkt; Abends glänzten drüben schöne Gewitterwolken,undspät war es wieder sehr windigundkühl.

Dienstagden19tenNovember1844. Die Ausgrabungen setze ich heut, um sie baldmöglichst zu beenden, mit 65 Mann fort. Abekenbesucht uns heut Mittag. - Im Übrigen nichts Bemerkenswerthes.

Mittwochden20tenNovember1844. 40 Mann Ausgräber; ich denke[,]17 morgen die Arbeiten einstellen zu können,undes ist Zeit, daß ich von diesem Gebäude loskomme. Ein Paar Stunden des Tages wende ich an das Aufzeichnen des Planes. - Das übergetretene Wasser der großen Ebne vor uns verschwindet jetzt zusehends,undin etwa 8 Tagen wird man nach den Kolossen gelangen können. - Abends Staatszeitungen gelesen.

Donnerstagden21tenNovember1844. Wie bisher theils mit Zeichnen zu Hause theils mit Besichtigung der Ausgrabungen fortgefahren.

Freitagden22tenNovember1844. Heut lasse ich nur 15 Mann arbeitenundbeende die Ausgrabungen am Ramesseum, die zu guter letzt noch manchen interressanten Aufschluß gegeben haben. Abends kommt Abeken, der jetzt indenGräbern umherkriecht, zu uns heraufundißt mit uns; wir versprechen ihm morgen AbendeinenBesuch.

Sonnabendden23tenNovember1844. Ich arbeite den ganzen Tag hier zu Haus am Grundplane des Ramesseums, den ich ziemlich fertig schaffe. Nach unserm Abendbrodt mache ich mich mit Ernstund Georgiin dem hellsten Mondschein,voneinemWächter begleitet - alle 3 in Burnus gewickelt durch die[Hundebande][,] auf den Weg zu Abekens Barke. Bevor das kultivirte Terrain kommt, erscheint die weiße Gegend besonders im Mondschein als vollkommene Schneelandschaft; inderNiederung des Flusses war es bedeutend kühlerundsehr feucht. Wir nahmen bei Abekeneinen sehr splendiden Thee ein mit geröstetem Butterbrod, Backwerk, BuddingundWein. Bald nach 10 Uhr langten wir, schnellen Schrittes durchdiekalte Nacht schreitend, auf unsrer Festung wieder an.

Sonntagden24tenNovember1844. NachderAndacht mache ich mit Georgieinen Spatziergang zum Thal der Königinnengräber. Unterwegs besehe ich hinterdemkleinenPtolemäer Tempel die hübsche Kammer der schwarzen Königin mit der Königsliste, die Wild uns angewiesen; dann gelangen wir zudenSteelenundinderThat istderBlick aufdasGebirge des Thals dahinter höchst großartig; wir zeichneten Beide eifrig, wobei uns aber leider die Sonne gar zu lange im Stich ließ. Der ganzeVormittagwar heut am Todtenfelsen mit einem Wolkenschleier überdeckt. Erst um ¼ 2 kamen wir zu Tische.Nachmittagsund spät Abends schrieb ich einen Brief andieMutter, der wohl übermorgen miteinerkleinenSendung andrer Briefe nach Kennegeschickt werden wird. Abekenwar heut Abend bei unsund mit uns das seltne GerichtvonPellkartoffeln mit frischer Butter, welche Erstere Jussufaus Cairomitgebracht hatte. - Mit MaxUnwohlsein ist noch keine Änderung eingetreten, was mich ein wenig besorgt macht; doch will ein Übel, wie das seine, immer viel Zeit haben. 18

Montagden25tenNovember1844. Ich beendigedenPlan des Ramesseumsundarbeite aneinemDurchschnitt der Nilziegelgewölbe umher; Lepsiustheilt mir die Briefe an Wagner, Eichhornund Selim Paschamit[,] die er in Betreff der Steinmitnahme aufgesetzt hat. Am Nachmittag bewundern wir eine Wassereidechse, genannt Warran, die von mehr als 3[ Fuß] Länge lebendig Lepsiuszum Kauf angeboten wurde; eininterressantesschönes Thier, was uns vielfach durch seine eleganten Krümmungen des Halses wie des langen Schwanzes ergötzte; es hat andenFüßen übrigens keine Schwimmhäute,undsoll auch nicht schwimmen können; die Zunge ist enorm langundwie beidenSchlangen gespalten. Spät TagebuchundZeitungen. -

Dienstagden26tenNovember1844. Ich fahre fort[,] die Ziegelbau Durchschnitteundden kleinen Generalplan des Ramesseums auszuführen. Um Mittag BesuchvonFremden, wie es heißt: Russen, die aber vor der Thür abgewiesen werden, obwohl Lepsiuszu Haus war. Sie gaben aus Cairomitgebrachte Bücherundneue ZeitungenvonOctober mit. - Heut Mittag werden denn auch die Briefe nach Kennehbefördert. Am Abend heut außerordentlich kalter Wind, der uns nöthigt, unsern Thee in unsrem Zimmer zu trinken.

Mittwochden27tenNovember1844. Zeichnen am Detailplan der Säulen des Ramesseums. AmNachmittagmuß ich noch einmal hinab, um etwas nachzumessen; ich friere wieder beim Hinaufgehen;undin der That ist es nur 13½° ½ Stunde nach Sonnenuntergang.

Donnerstagden28tenNovember1844. Fortsetzung des Säulendetailsplans; das Wetter fährt fort des Abends sehr kaltundwindig zu werden; auch die Morgende sind empfindlich.

Freitagden29tenNovember1844.VormittagsandenSäulen getuscht; amNachmittagzum Menephteumgegangen, was abscheulich weit ist. Ich finde denfranzösischenPlan unverantwortlich nachlässig gearbeitet,undich muß ihn noch einmal aufmessen. Zum Abend kommt Abekenzum Essen. -

Sonnabendden30tenNovember1844. Ich beende heut so ziemlich mein buntes BlattvondenSäulen.

Sonntagden1tenDecember184. Mit GeorginachdemGottesdienst zum ThalderKöniginnen gegangenunddorteineAnsicht getuscht.NachmittagsSpatziergang inderBrogtso. - Wir besehen den Tempel am Ende des Thal’s Assassifunddann die großartigen merkwürdigen Psammetichgräber ebendaselbst mit den vorstehenden Nilziegelpylonen, worin höchst bedeutende Gewölbebogen. Die herrlichsten Blicke zum Nilthalbeiuntergehender Sonne; die fernen Berge wieder magisch erglühend. AufdemRückwege stieß Abekenzu uns, der den Abend bei uns ; es war ein recht schöner Tag. 19

Montagden2tenDecember1844. Ich mache mich amVormittaghinaus nach demsogenannten Menephteum, mit dessen Aufnahme ich beginne. AmNachmittagezeichneich unten im Ramesseumnoch Einiges an meinen Säulendetails. - Abende sehr kühl; wir hatten nach Lepsiusin diesen Tagen des Morgens . -

Dienstagden3tenDecember1844.Vormittagswieder im Menephteum; ich vollende den Grundriß.Nachmittagsmale ich meine Ramesseumssäulen fertig.

Mittwochden4tenDecember1844.Vormittagsmit Ernstund Georgiim Menephteumden Durchschnitt gemessen;Nachmittagsdavon aufgezeichnet. Ernsts Geburtstag wird am Abend mit Abekengefeiertundmiteinemhübschen Trinkspruchvon LepsiusseineGesundheit getrunken. Für mich war der Tag noch 1 besondrer Festtag durch den lang ersehnten EmpfangvonBriefen ausderHeimath, Mutter, Elisabeth, Riechersundein andrervon Freyaus Rom, welchem armen Schlucker es mitseinerGesundheit immer noch schlecht geht. Die Verdauung der Briefe hält mich bis gegen 11 Uhr auf,unddie Zeitungen, die mir beginnen[,] langweilig zu werden, sind fürdenAugenblick vergessen. - Abekenwill uns in wenigen Tagen verlassen.

Donnerstagden5tenDecember1844. Zu Hause gebliebenundam Menephteumgezeichnet. Abekenißt Mittags bei uns. NachdemAbendessen Brief an Carlangefangen.

Freitagden6tenDecember1844. Am Menephteumfortgefahren;Nachmittagsdazu noch einmal hinausgewandertunddann die Zeichner im Ramesseumbesucht; Französin mit ihrem Mann daselbst; eigenthümlicher Eindruck europäisch gekleideter Leute in dieser Gegendundnach so langer Entwöhnung; der Tag ist größtentheils wieder bewölkt. Abends den Brief an Carlgeschlossenundeinen andern an Elisabethangefangen.

Sonnabendden7tenDecember1844. Ich zeichne denDurchschnittvom Menephteumaufundnehme gegen Mittag mit Abekendie Abweichung der Magnetnadel, die sich auf 20sekundenergibt. Der ganzeVormittagwar bezogenunderst gegen Mittag heiterte sichdasWetter etwas auf, so daßdieBeobachtung möglich wurde. AbekenbliebdenMittag über bei uns. Abends denBriefan Elisabethgeschlossenundbeide zum Abgang bereit gemacht. Es kommen jetzt viel Fremde hier an.

Sonntagden8tenDecember1844. NachdemFrühstück machen wir uns nach Abeken’s Barke auf, halten dort Gottesdienstundfahren nach Luxorhinüber[. ]Besuch der Tempelvon Karnak, wiederum ein gewaltiger Eindruck dieser mächtigen Bauten. Etwa um 2 Uhr reiten wirvonda nach Luxor, wo inzwischendieBarke20 hingekommen ist; Mittagsessen um 3 Uhr in dem Garten dort unter nur niedrigen Weinlaube. Vorher Tänzerinnen vor der Barke, ein schwarzbraunes niedliches Mädchen ist darunter, wohl aus Abyssinien, Namens Aische; die Andern waren plebs. Das Mahl in der Weinlaube sehr hübsch. Der Tag wareinwahrer Herbsttag; derVormittagwar bewölktundsehr angenehm zum Gehen; amNachmittagaber schien die Sonne freundlich durch das herbstliche Weinlaub; gegen Sonnenuntergang zu Schiff gestiegen; der Abend sehr kühl.VomSchiffe inderDunkelheit nach Haus gewandert, dort mit Abekennoch ein solennes Mahl eingenommenunddann bis gegen ½ 11 Uhr geplaudert, wo wir dann Abschied nahmen; morgen ganz früh will Abekennach Cairoaufbrechen. - Es war ein recht heiterer Tag. -

Montagden9tenDecember1844. Mein Menephteumblatt glücklich zu Rande gebracht. - AmNachmittagnach MedinetHabugegangenundmit der Vergleichung desfranzösischenPlanes begonnen, der wiederum manches Mangelhafte hat, ich will darum auch hier zu einer neuen Aufnahme, wenigstens der Grundpläne schreiten; zumal dassogenannteWohnhaus der Ramsestöchter ist vollkommen mißverstanden.

Dienstagden10tenDecember1844.Vormittagswieder in MedinetHabu, wo ich vorzugsweise mit dem Hauptplan beschäftigt bin.Nachmittagsaneinemalten Blatte mit der Grottevon GebelSilsilisgezeichnet.

Mittwochden11tenDecember1844.Vormittagsnach MedinetHabuunddort tapfer aufgemessen.NachmittagsdasBlatt mitdemWüstentempel des Menephtafertig gemacht. - Schöner Herbsttag, aber kühl. -

Donnerstagden12tenDecember1844.Vormittagsin MedinetHabugemessen;Nachmittagsdie Aufzeichnung der dortigen Tempelanlagen begonnen.

Freitagden13tenDecember1844.Vormittagsmit Lepsiusin MedinetHabu; über unsre gemeinsamen Untersuchungen komme ich nicht zum Messen.NachmittagsinderAufzeichnung fortgefahren.

Sonnabendden14tenDecember1844. AmVomittagden großen Tempel in MedinetHabufast vollständig aufgenommen;Nachmittagszu Haus gezeichnet. Heut wie gestern die Witterung angenehm warm. -

Sonntagden15tenDecember1844. Da Lepsiuskatharraisches Halsweh hat, halt ich heut früh die Morgenandacht. Dann wandern wir drei, Georgi, Ernstundich nach dem Menephteumundzeichnen dort einige Ansichten; um Mittag zurück; denNachmittagzu Haus geblieben. -

Montagden16tenDecember1844. Ich gehe heut früh mit unsrem Führer HauadnachdenKönigsgräbern. Steiler Weg an der Assassifwand21 hinaufundprächtiger Blick von der schwindelnden Höhe hinab über das ganze Nilthal. Dann Hineinkriechen in das von uns ausgegrabene Grab RamsesdesGroßen. - Mühsamer Gang hindurch, meist aufdemBauche; ich hatte mir bloß die Beinkleider anbehalten. Die Temperatur inwendig glich einem vollständigen Schwitzbade, der Schweiß triefte aus allen Poren; die Beinkleider waren bald wie ausdemWasser gezogen; ich maß höchst beschwerlich das ganze Grab auf,undblieb etwa 4-5 Stunden darin; mein armes neues Notizbuch wurdevomSchweiß halb aufgelöstundsieht jetzt beinah wie mein altes aus.MerkwürdigerWeise hat sich in der Hauptkammer kein Sarkophag gefundenundauch ich weiß nicht, wo man darin noch weiter danach graben sollte. Gegen 1 Uhr endlich gelangte ich wieder andasTageslichtundwardenTag über ziemlich zerschlagenvonder Kriechereiunddem Wege. AmNachmittagbegonnen,dasGrab aufzuzeichnen. - Das Wetter trefflich.

Dienstagden17tenDecember1844. Aufzeichnen des KönigsgrabesundBeginnen desgroßenTempelsvon MedinetHabu.

Mittwochden18tenDecember1844. Fortzeichnen amgroßenTempelvon MedinetHabu.

Donnerstagden19tenDecember1844. Ich mache heutVormittagnoch einmal auf Medine, um die wenigen erkennbaren Kammern des hinteren Theils vom großen Tempel aufzunehmen; doch kehre ich bald zurückundvollende dann heut die 2 Blätter auch dieser Gebäudemassen. Abends beginne ich fürdenGeburtstagvon Lepsiuseine launige Erklärung zu einer Compositionvon Georgials Randverzierung. -

Freitagden20tenDecember1844. Ich mache früh mit Lepsiusund Ernstnach dem Grabe der schwarzen Königin, wo die Lehmwand mitdenbeiden Figuren des Königsundder Königin abgenommen werden soll, um diese Arbeit hier zu berathen. Dann nach Hause, wo ich an alten Blättern weiterzeichne sowie an den Grundrissen des Prinzessinnenpalais in MedinetHabu.

Sonnabendden21tenDecember1844. Ich beende die Tempelvon El Kab; bleibe aber zu Hause[,] weil ich seit gestern etwas Diarrhoe habe.

Sonntagden22tenDecember1844. Den ganzen Tag fast wende ich in einem nahen Pfeilergrabe auf Förderung des Gedichts zum Geburtstag von Lepsius, was denn auch heut um etwas mehr vorwärts schreitet.

Montagden23tenDecember1844. Ludwigs Todestagund LepsiusGeburtstag. Ich arbeite Vor -undNachmittag noch am Gedichte, was endlich glücklich zu Stande kommt. Erst beim Abendessen entwickeln sich unsre Geschenke. Nach Tische bringt MaxeinekleinehieroglyphischeSkizze; außerdem hat er ein sehr hübsches Transparent in buntenHieroglyphenvon LepsiusNamenundJahrestag gemacht, was in trefflicher Wirkung mit Drapperie aufgestellt ward. Ernstbringt eine Zeichnungvondem Hause hierunddann Georgisein großes Bild[,] wozu ich denn meine Verse vorlese, die viel Stoff zur Heiterkeit gaben; das Bild gefällt Lepsiusaußerordentlich, der überhaupt mit diesen Überraschungen sehr content scheint. 22Schon am Mittag warvon CairoeinBriefvon Wagnergekommen, der die freudige Nachricht gab, daß er wegen der ForttransportierungvonSteinen hier Schritte bei MehmetAligethan, die günstig abgelaufen sind, so daß die Sache nun wohl den besten Fortgang nehmen wird. Außerdem erfahre ich, daßderjunge Straußnächstens hier eintreffen wird, was mich vornehmlich wegen Nachrichten ausderHeimath freut. So verläuft dennderTag,obgleichich immer noch nicht ganz vonmeinerDiarrhoe befreit bin, recht heiter. Ich hatte heut noch ein Abführungsmittel genommen. - Der Tag warmundder fast Vollmondschein am Abend prächtig.

Dienstagden24tenDecember1844. Ich bleibe zu Hauseundwir denken über das heut Abend zu bereitende Weihnachtsfest nach. Ich beschließe mit Lepsiuseinen Knecht Ruprecht in Gestalt Abekens zu fabriciren, der AllenkleineGeschenke bringt; - so soll sich jedereinenSpaß aussinnen. - Gestern las mir Lepsiusnoch einen langen Aufsatz vor, den er für ein Fremdenbuch, was er hier in unsres Führers HauadHänden zurücklassen will, geschriebenundtrefflichzusammengestellthat. - AmVormittagAbschreiben des Gedichts für Lepsius;NachmittagsAusputzen des Strohmanns, mit dem wir bis zum Abendessen fertig werden. Unterdessen haben Ernstund Maxden Weihnachtsbaum, eine treffliche Palmkrone gar schmuck mit NetzenundSternen ausgeputztundmit Lichtern besteckt, wozu ich meinen nochvon Berlinherstammenden Wachsstock gebe. Der Dicke quält sich schon den ganzen Tag, um einekleineÜberraschung zu bereiten. NachdemAbendessen baut nun Lepsiusrecht hübsch um den Baum herum auf; Abekens ausgeputzte Gestalt bringt mir einen schönen Säbel (sef)[ und] 2egyptischeTodtenvasen. Die Andern erhalten auch Bücher,[Kisten], Vasen etc.; das Ganze läuft recht hübsch ab, der Baum strahlt in schönstem Glanz. Nachher entwickelt sich des Dicken Überraschung; der in den alten Schiffskisten eine Art Theater bereitet hat, was ganz scharmant ist, die Verkündigung des Engels andieHirten[,] die Geburt Christi; ErleuchtungundGruppierung aller Personen war ausgezeichnet; ich las später noch einmal meine Knittelverse vorundso vergingderAbend ganz heiter. -

Mittwochden25tenDecember1844. 1ter Feiertag, der so ziemlich verbummelt wird; Schokolade wird amVormittaggetrunken, ich stöbre in alten Briefen umher;Nachmittagsmachen wireinenSpatziergang nachdenColossen[ und] den dort im Thale befindlichen Thrümmerhaufen; das Wetter ist heut sehr kaltunderstaunlich windig. Abends machen wir, Georgi, Ernst[,] Jussufundich[,] nocheinenGrog, den wir uns bei geselliger Unterhaltung wohlschmecken lassen; dann gegen ½ 10 Uhr müde zu Bett.

Donnerstagden26tenDecember1844. 2ter Feiertag. Lepsiusleidet plötzlich heut anrheumatischemBrustschmerz, ich hoffe[,] es ist nichts Bedenkliches dabei; ich〈…〉〈…〉 eine spanische Fliege. - Ich arbeiteVormittagsan einer22 Verkleinerung der Wilkinsonschen Karte, die in unsres Hauad’s Fremdenbuch hineinkommen soll.Nachmittagslese ich Zeitungen; es ist empfindlich kühl. Viele Barken kommen heut mitdemNordwinde herauf, gehen aber meist weiter; nachdemAbendessenaber erhalten wir Besuchvon2 Deutschen, durch Wagneruns schon angemeldet; Beide aus FrankfurtamMain, Herr Seuferheld[ und] der Dr. Bache; es sind nette Leute; ich unterhalte mich meist mit Letzterem; etwa 1 ½ Stunden verplaudern wir mit ihnen; sie wollen heut noch weiter; sie haben uns einige neue ZeitungenvonAnfangbis MitteNovemberdesJahresmitgebracht(Staatszeitung). -

Freitagden27tenDecember1844. Früh in kalter Witterung nachdem Assassif, wo ich mit Aufnahme des dortigen Tempels beginne;Nachmittagszu Hause geblieben[ und] dort gezeichnet am Blatte mitdem Kom OmbosTempel; ich friere wieeinSchneider, dabei ist meine Diarrhoe immer noch nicht ganz vorbei; wir haben heut Abend nur 11 ½ ° draußtenundim Zimmer 14°. -

Sonnabendden28tenDecember1844.Vormittagswieder nachdem Assassifthale, ich werde mit Aufnahme des Grundrisses fertig. -Nachmittagszeichne ich ihn zu Hause auf. Meine Diarrhoe ist heut vermehrt, auch habe ich Kopfschmerzen; ich essedenAbend fast nichts. - Heut früh hatten wir 8 ½°;endlichhabe ich meinen alten Mantel wieder umgethan, der mich denn jetzt wohlthätig erwärmt hat. Heut ist Dr. SchledehausmitseinemGefährtenvon Wadi Halfawieder hier eingetroffenundwird uns wohl morgen besuchen. - Jetzt um ½ 9 Uhr Abends 10°. -

Sonntagden29tenDecember1844. Ich bleibe heut früh zu Hauseundbeginne die Reducierung der Wilkinsonschen Karte für unser neues Fremdenbuch. - Zum Mittag ist Dr. Schledehausmit seinen Reisegefährten, dem Wiener Maler Sattlerbei unsundamNachmittagetwa 3 Uhr hatte ich das Vergnügen, schonvonWeitem Freund StraußundHerrn Kraftauf unser Haus zureiten zu sehen; Ersterer mit schwarzem runden Hut, Sprungriemen etc. machte einen eigenthümlichen Eindruck; er brachte mir ein BriefchenvonOnkel Karlnebst dessen Simson, sowieeinenKalender pro 1845von Heinrich, worin aucheinBrief. Da gab es denn lebendigste Unterhaltung. - Gemeinsamer Spatziergang nach MedinetHabu, wo Lepsiuserklärt; mit Sonnenuntergang zurückundden Abend zusammen zugebracht. Lepsiusliest seinen Aufsatz ausdemFremdenbuche vorundich meine Randverzierung zu Georgi’s Bilde; so vergeht unsderAbend recht heiterundfröhlich;Herr [ Sattler]ist heut Abend nicht mit uns. 24

Montagden30tenDecember1844. Ich arbeite heut anderKarte in unsrem Fremdenbuche; Straußund Kraftsind heut drüben in Luxorund Karnak, wo sie erst morgenNachmittagwiederkommen werden. Den Mittag ißtHerr Sattlermit uns. - Früh Morgens heut nur 7 ½° Wärme. -

Dienstagden31tenDecember1844. Beendigung der Karte im Fremdenbuch. AmNachmittagkommen Straußund Kraftsowie Schledehausund Sattler. Mit Ersteren Spatziergang zum Ramesseum, was ich ihnen zeige; am Abend sind wir denn Alle recht heiter beisammen. Schledehaushat zu dem Schmause den Weinvorrath geliefert, der in Rothwein (2 Flaschen, die er mir speciellzumGeschenk gemacht hat in Betreff meiner jetzigen Magenschwäche), RheinweinundChampagner besteht; auch 3FlaschenCyperweinvon Sattler; da ward denn tapfer getrunken, nachher Lieder gesungen, dazwischen wird einkleinerfeuerspeiender Vesuvvon Georgidargestelltundunter Gespräch kommt endlich die 12te Stunde herbei, zu welcher ich zu guter letzt noch einen Punsch braue, womit wirdasneue Jahr leben lassen. Die ganze Gesellschaft schreibt sich in unser neues Fremdenbuch ein,undgegen 1 Uhr etwa gehen wir auseinander.

1845

Mittwochden1tenJanuar1845. Heut früh kommen die deutschen Freunde bei Zeiten heraufund Straußhält unsre Feiertagsandacht mit Lesung einer Predigtvonseinem Vater. Dann machen wir gemeinschaftlich sammt Lepsiusnoch einen Spatziergang in naheliegendeninteressantenGräbern, unter andern auch in das große des Petamenof, zum Mittag zurück. Nach Tisch machen wir uns noch einmal auf zueinerExkursion nachdenKönigsgräbern; wir nehmen den steileren Weg überdas Assassif, ichund Georgizu Fuß mit Ernst, der an Zahnschmerzen leidet. Besehen des schönen Grabes von Menephtasowie noch eines andren; dann TrennungvonDr. Schledehaus, Satlerundihrem finnischen Gefährten. Schledehausist mir in diesen Tagen viel lieber geworden, als er es früher war, es trat sogar Herzlichkeit bei ihm hervor; auch Satlerist eine gute Wiener Haut. Lepsiusbegleitete diese durch das lange Thal nachderBarke, während wir Übrigen überdasGebirge nach Hause zurückkehrten. VonderHöhe des25 Assassifder wunderbarste ergreifende Sonnenuntergang, der den ersten Tag des Jahres köstlich bezeichnet. - Lepsiuskommt erst im Dunkeln zurück. NachdemThee verlassen uns nun auch Straußund Kraft[,] die noch heut aufwärts weiter gehen wollen, um in 14 Tagen oder 4-5 Wochen zu uns zurückzukehren. - Mein schwacher Magen scheint sich jetzt wieder zu consolidieren. - Ich lese heut vor dem Zubettgehen Onkel Karl’s Simson. -

Donnerstagden2tenJanuar1845. HeutVormittagbeschäftige ich mich mit demZusammenzimmernvonBrettern für die abzunehmende Ziegelwand indemkleinenGrabe in Der el Medinet, wohin ichdenNachmittagmit Lepsiusmich begebe, der andemEinreißen der Seitenwand weiter arbeitet. Schreck bei dem Einfallen eines großen Stückesvonbröcklichem Fels inderkleinenThür neben uns; ekelhafter Staubundhöchst widerlicheundlangweilige Arbeit ohne Hoffnung auf Erfolgvonmeiner Seite. Wir haben heut den großen Kummer, daß uns unser kluger Affe Hapistirbt, der wohl indervergangenen Nacht, wo es nur 6 - war, sich heftig erkältet hat, mit DiarrheeundBrechen aufwachteundim Lauf des Tages unter heftigsten Leibschmerzen verschied. - Abends einmal wieder Zeitungen gelesen. -

Freitagden3tenJanuar1845. Vormittag mit den Andern nach dem Assassiftempel, wo ich die Durchschnitte aufmesse, die ich dann am übrigen Tage aufzeichne. Das Wetter ist heut angenehm warm.

Sonnabendden4tenJanuar1845. Ich zeichnedenganzen Tag zu Hause am Blatt mitdem Assassiftempel. Abends nach dem Essen lese ich den Andern Onkels "Simson" vor, der uns dann manche Veranlassung zu Gesprächen gibt. Der Tag angenehmundwarm.

Sonntagden5tenJanuar1845. Heut früh nach Sonnenaufgang 11° Wärme. Ich zeichneVormittagsein Skizchen beim RamesseumundNachmittagsmit Georgieine AnsichtvonDorfhäusern,odervielmehr Gräberwohnungen. Am Abend haben wir Besuch von einem jungen Amerikaner Namens Payson, dessen VateramerikanischerConsul in Messinaist. Er hatte in Leipzigstudiertundsprach vollkommen gut deutsch. Er brachte uns Zeitungen, freilich ältere als wir besitzen. Wir unterhielten unsdenAbend recht gut. -

Montagden6tenJanuar1845. Ich vollende heut den Plan des Assassiftempels. Am Abend ißt wieder Paysonbei uns. Spät am Abend, als dieser uns schon verlassen hatte, etwa um ½ 10 Uhr, bekamen wir noch Besuchvoneinem Franzosen, Namens Plischon, der mitseinerBarke unseineTonne Gips brachte. Wir fanden in ihm einen ächten Franzosen, in WesenundSuade; er blieb etwa bis ½ 4 Uhr. 26

Dienstagden7tenJanuar1845. Ich arbeiteVormittagsmeinen PlanvomTempelvon Ombosfertig sowie denSituationsplanvon Kuban,undbeende so alle Rückstände. -Nachmittagsmache ich mit Georgiund Jussufeinen weitenundbeschwerlichen Spatziergang nachdemwestlichenKönigsthale, wo die Ausgräber ein Thor gefunden haben. Wir nehmendenWeg nicht überdas Assassif, sondern über Der el Medine; steil, beschwerlich[,] aber mit groteskenundherrlichen Aussichten; wildesundwüsteswestlichesThal, was wir in großem Umschweif umkreisen. Das aufgefundene Grab enthält leider nur eine ganzkleineKammer, gleich vorn im Anfange, worin zerbrochene Vasen, die mit einem neuen Königsnamen auf Nilerde verkittet waren. Mit Sonnenuntergang zurück, herzlich müde. - Paysonist wieder zum Essen bei uns,undnimmt heut Abschiedvonuns; er will den Aufsatzvon Lepsiusim Fremdenbuche insEnglischeübersetzen.

Mittwochden8tenJanuar1845. Früh zum Assassiftempel, wo ich einige Steine ausbrechen lasse; dann nachdemTempelvon Der el Medinet, den ich amNachmittagaufmesse. -

Donnerstagden9tenJanuar1845. Wieder kälter als indenletzten Tagen[,] früh nur .Vormittagszeichne ich denkleinenTempelvonDer elMedineauf. -NachmittagsAufmessen des Durchschnittsundeines Details.

Freitagden10tenJanuar1845. Aufzeichnen des DurchschnittsundDetails vom Tempel in Der el Medine. Heut Abend erblicken wir den 2ten Kometen während unsresegyptischenAufenthaltes. Er ist sehr tiefundschwach amsüdlichenHimmel. -

Sonnabendden11tenJanuar1845. HeutVormittagmit Lepsiusund Ernstim Grabe der schwarzen Königin, wo der König bis zum Umlegen auf unser Brett gebracht ist; bis jetzt istdieSache über mein Erwarten gut abgelaufen. AmNachmittagspiele ich wieder den Tischlerundzimmere das 2te Brett fürdieKönigin, während Ernsteinen Überguß unsres Gypses über das umgelegte Bild besorgt. Heut Abend wieder den Kometen besichtigt, der trotz des zunehmenden Mondes sich heller als gestern zeigt. Wir sehen seinen hellen Kern ganz deutlichundsuchen seinen Stand inderSternkarte; danach ist erwahrscheinlichim Sternbild des Kranich, dessen Stern durchseinenSchweif hindurch zu sehen ist. Schon um ½ 9 Uhr war er amsüdlichenHimmel untergegangen.

Sonntagden12tenJanuar1845. AmVormittagging ich nachdemGottesdienste allein nachdem Assassif, wo ich 2kleineAnsichten zeichneteundkehrte gegen Mittag zurück.Nachmittagsblieb ich ganz zu Hause, alte Briefe wie Zeitungen durchstöbernd. 27

Montagden13tenJanuar1845. Heut früh bin ich mit dem Auspolstern der neulich gezimmerten Tafel für unser mitzunehmendes Wandgemälde beschäftigtundgehe dann mit LepsiusindasGrab zurschwarzenKönigin, wo denn die Abnahme auch dieser vollständig befähigt wird. AmNachmittagbesorge ich das Herausschaffen der beiden Stücke aus dem engen Loche, was mit mancher Mühe, aber doch ziemlich glücklich zu Stande gebracht wird, erst im Dunkeln komme ich nach Haus zurück. Während unsrer Arbeit am Mittag bringt uns JosephBriefe aus Europa, worunter zumeinerÜberraschungundFreude auch einer an mich von Bernhardun Heinrich. Gott sei Dank, Alle zu Haus sind wohl auf. Der ganze heutige Tag zeigte uns einen schwarz bezogenen Himmel, ja, gegen Abend hätte man glauben mögen, es werde anfangen zu regnen. Mancherlei Besuche sind uns durch Abekenbinnen kurzem angekündigt worden, soMonsieur Ampère, auch ein deutscherRegierungsRath vonRohrmit andren Genossen aus Berlin. Abends Mittheilung der heut empfangenen Briefe nebst eines Zeitungs Artikelsvon Quast. -

Dienstagden14tenJanuar1845. Der Lange ist heut nach Esnegeschickt worden, um dort Taue zum Herausziehen des Sarkophags zu besorgen, weil drüben in Luxorkeine aufzutreiben gewesen. Ich besehe heut mit Hauadden ersteren, der lang, aber nicht allzuschwer scheint; nur die Öffnung, wodurch er muß, ist sehr eng. Dann AufnahmevonNilziegelbauten im Assassif. - AmNachmittagdas Auftragen derselben begonnen. Abends liest uns Lepsiusseine Entgegnung an Quast vor, die wir aber Alle viel zu stark finden.

Mittwochden15tenJanuar1845. Ich bleibe zu Hausundzeichne an meinen Nilziegelbauten fort; Abends noch einmal die nunmehr gemilderte Entgegnungvon Quastmitgetheilt, so daß sie morgen abgehen kann. - Der Himmel in diesen Tagen immer bezogen, so daß es nicht möglich ist, den Kometen zu beobachten; es ist fatal, wenn in diesem LandedieSonne nicht scheint. Die Luft ist dabei im Ganzen recht warm; Morgens etwa 11°undselbst in der Sonne um Mittag nicht mehr als 24 - 25°.

Donnerstagden16tenJanuar1844so. Weiterarbeiten an meinem Nilziegelblatte. Gegen Mittag BesuchvondemEngländerHerrn WoolfieltmitseinerFrauundeinem strammen Major, der dann nicht allzu hübsch, schon überdaserste Jugendalter hinaus; Besehen unsrer Zeichnungenunddann Einschreiben indasFremdenbuch. -28

Freitagden17tenJanuar1845. Ich komme mitmeinenNilziegeln immer noch nicht zu Rande.Nachmittagswird Lepsiuswieder besucht von einemfranzösischenCapitainderArtillerie Namens Aubineauunddann findet sichHerr Plichonein, dervon Assuanwieder herab gekommen ist; er bleibt zum Abendessen bei uns, bis das Gespräch dann doch etwas zu erlahmen anfängt. Unzählige Feuer rings inderweiten Ebne, da das Neujahrsfest der Mohamedaner gefeiert wird; sie nehmen sich scharmant aus. Besonders Knaben[,] die mit brennenden Busastöcken umherwerfenundsie im Kreise schwingen. - Der Himmel wieder meist bezogen.

Sonnabendden18tenJanuar1845. Ich reite heut mit Maxzu dem am Ende des Sees wohl 1 gute Stundevonhier entfernten Kaisertempel, den ich aufnehme; etwa um 2 Uhr wieder zurück, nachdem ich mich noch kurz in MedinetHabuaufgehalten. Lepsiushat heut wieder Besuch von einemEngländergehabt, einem Arzt, der inderBegleitung eines vornehmen blinden Lord’s reist! Auch eine Marquise mit Begleitung ist jetzt zum Besuch hier. Heut erfahren wir, daß Emin Paschaaus KartumaufdieGaleere geschickt ist! - Der Lange ist gesternvon Esnezurückgekommen, aber ohne Taue, die erst in Assuanbestellt werden müssen. -

Sonntagden19tenJanuar1845. AmVormittagmit Georginach dem Dorfe Kom el Beiratauf den jenseitigen Hügeln des Sees gegangen; ein hübscher Spatziergang immer an den grünen Saaten entlang. Das Dorf liegt oben auf den alten〈…〉〈…〉; auf den Ausläufern desselben standen viele Schechgräber, vonmuhamedanischenGräbern umgeben, ein schöner Blick auf das jenseitige Luxorsowie das diesseitigeGebietbot sich dar,undich zeichnete eine Skizze des einen, während Georgiden andern nahm. Dann an den malerisch schroff abgebrochenen Dämmen auf den Sanbin〈…〉〈…〉 zurückgekehrt. Am Ramesseumfanden wir wieder Fremde, sie in ihren[barocken]europäischen Costümen immer einen seltsamen Anblick gewähren. Auch Jussuffanden wir hierundkehrten mit ihm heim. AmNachmittagblieb ich zu Hausundpflegte der Ruhe, Zeitungen lesend. -

Montagden20tenJanuar1845. Ich beende zuerst mein Nilziegelblatt vom Assassifundmache mich dann an einen flüchtigen Entwurf als Randverzierung zum Bildevon Georgifür Lepsius.29Nachmittagsbeobachten wir wieder viele Barken, die ankommen, aber sämmtlich drüben in Luxoranlegen. Der Himmel war heut ziemlich den ganzen Tag umzogen, das Wetter trübundwindig kalt, ja, gegen Abend begann es sogar zu regnen, was leise tröpfelnd über 1 Stunde anhielt. Um 8 Uhr Abends bekam LepsiusnocheinenBesuchvonMonsier Plichon, der Abschiedvonuns nahm; ich blieb aber mitdenAndern auf meinem Lager,undkümmerte mich nicht um ihn. Er nahm unser Fremdenbuch mit, um es der MarquisevonRochedragonvorzulegen, die heut sich in Luxorangesiedelt hatte; er will es uns morgen wiederschicken. -

Dienstagden21tenJanuar1845. Ich arbeite an der gestrigen Randverzierung; es wird aber nicht viel, da der ganze Tag von Fremdenbesuchen besetzt ist. Schon etwa um 9 UhrVormittagskommt unser Agent aus Kenne, Seid HassenmitseinemSohnundEnkel; dazu der Grieche Triantaphylos(Rose, auf Arabisch genannt Wardi); diese essen Mittag bei uns. Während wir mit ihnen um Asser echt arabischzusammensitzenunddie Pfeife rauchen, erschienen 3 Beefsteaks, VaterundSohn mit einem dritten älteren Herrn, ein etwas lächerlicher Aufzug; besondersderSohn mit seinem grienfinseladenkleinenkreisrunden Gesichtundder ältliche Herr miteinemDamenhut, worüber ein weißlinnener Überzug. Zum Glück blieb diese Parthie sehr kurz. Nicht lange darauf erschien aber die MarquisevonRochedragonselbst mit ihrem Begleiter, dem Grafen Montholonnebst demItaliener Castellarials Führervon Luxor, um uns selbst unser Fremdenbuch zurückzugeben; letzterer war fabelhaft herausgeputzt in weißenBeinkleidernundschwarzemFrack, Tarbuschundeinem angeschnallten Sporen; er sah scheußlich aus. Die Marquise erschien liebenswürdig,undwar noch jetzt hübsch, obwohl sie in den Dreißigern sein mochte; unsre PläneundZeichnungen besah sie mit größtem Interesse,undich mußte staunen, mit welcher GenauigkeitundAufmerksamkeit sie die Bauwerke hier betrachtet hatte. Dieser Besuch dauerte etwa 2 Stunden fast bis gegen Sonnenuntergang. Kurz nach ihnen[sockte]auchderalte Sed Hassenmit SohnundEnkel ab,undwir athmeten auf; inzwischen ist drüben heut wiedereinefranzösischeBarke angelangt,undauch diese wird uns wohl nächstens Besuch bringen. DerNachmittagwar heut sehr schön! Die Reinheit der Luft unglaublich; ich stand staunend vor der wunderbaren30 Gegend, die vor mir ausgebreitet lag,unddievonunsrer Terrasse aus sich doppelt schön macht; so reizend wie heut war sie mir noch nie vorgekommen. -

Mittwochden22tenJanuar1845. Ich fahre fort, an meiner Randverzierung zu zeichnen. - N.B. AnkunftvonMonsieur Ampèreheute, nicht morgen.

Donnerstagden23tenJanuar1845. Beschäftigung wie gestern. HeutVormittagendlich kommt der von uns lang erwarteteMonsieur Ampère, nebst 3 Begleitern, M (onsieu) r Durand, d’Antiguesund Roushet. Mit ihnen unsre durch Abekenbestellten Zigarren, um die es uns eigentlich allein zu thun war. Heut Abend Lepsiusmit den Franzosen auf ihrem Schiffe, während ich die neuen Zeitungen mit den Anderen durchsah. UnsrePreußischeZeitung wirdvonTag zu Tag magrerunderbärmlicher, sie vermag kaum ihr Hauptblatt noch auszufüllen. -

Freitagden24tenJanuar1845. Immer noch bei meiner Randverzierung. - AbendsAllgemeineZeitung gelesen. - NB GesternNachmittagkam wieder Ampèremitden3 Franzosenundblieben den Abend bei uns. Ich nahm anderUnterhaltung keinen Antheil; Ampèrehat ein sehr deutsches AnsehenundWesen, fast wie ein SchulmeisteroderStubengelehrter, ein etwas pumpliches Wesen miteinerBrille aufderNase; er war, wie auch die Andern durchaus natürlich ohnefranzösischeAffektation. Unsre Arbeiten hier scheinen kein Ende zu gewinnen; Tag für Tag kommen neue Gräber, aus denen etwas gezeichnet werden soll; dazu sind wir noch gar nicht in den Königsgräbern gewesen. - Sehr schönes Wetter heut.

Sonnabendden25tenJanuar1845. Während ich immer noch an meiner Randverzierung arbeite, kommt heutVormittagetwa um ½ 10 Uhr Freund Straußund Kraftangeritten, die bis Wadi Halfahinaufgegangen warenundsehr erfreutundbefriedigt schienen; ihre Reise war schnellundglücklich gewesen. Ich ging nebst Ernstmit ihnen noch amVormittagzu dem Grabe dersogenanntenziegelstreichenden Juden, was uns mit seinen vielfach dargestellten Handwerken gleichmäßig interessant war. Georgiund Maxtrafen wir darin. Mittags aßen beide mit unsundbesuchten dann allein noch einmal Medinet Abu. Abends kamen sie wiederundwährend wir im besten Gespräch sind, werden neue Fremde angemeldetundwiederum Deutsche treten auf, nämlich:HerrKöniglicherGerichtsAssessor vonRohr, der RentierHerr TammnebstHerrn Stamm31undein SchweitzerHerr Schwab; da war dann für Alle kaum Platz zum Sitzen; Kisten auf Kisten wurden herbeigeschleppt; man fühlte sich aber schnell bei uns heimisch:Herr vonRohrerscheint als ächter Berliner; die 2 andren Deutschen kamen eben aus Syrienund Palaestina. Neue Zeitungen, Preußische wie Allgemeine haben sie mitgebracht. NachdemThee brachen Alle auf. - Wir hatten heut Abend wiederum Regen, wenn auch nur ganz unbedeutend. -

Sonntagden26tenJanuar1845. Zu unsrer Morgenandacht kamen alle gestrigen Deutschen bei uns zusammen, es war eine förmlichekleineGemeinde noch vermehrt durch den schweizer Diener desHerrn Tamm, einen gesetztenundanständigen Menschen. Straußlas LiedundPredigtvonseinemVaterundhielt dann ein recht gutes den Verhältnissen angepaßtes Gebet. Dann machten wir gemeinsam eine Ausflucht. Das Wetter war köstlich[,] aber warm, vielleicht seit lange der wärmste Tag. Zuerst nach dem Ramesseum, dann zum Menephteum, dann zum Assassiftempel, dann in das PetamenofGrabundin einige andre Gräber. Etwa um 4 Uhr kehrten wir nach Haus zurück. Um ½ 5 Uhr etwa ward gespeist, wo dann das Gespräch munterundtraulich herging. Bei Tisch brachte Straußdie Gesundheitvon LepsiusundderExpedition aus, die Ersterer sehr hübsch mit Anspielung auf die sämtlichen einsilbigen Namen der Gäste erwiederte. Auch die Gesundheit Schellings, dessen Geburtstag auf morgen fällt, wardvon Straußausgebracht. Nach Tisch kam Georgi’s Bildundmein Gedicht zum Vortrag, davon besonders Ersteres sehr bewundert wurde. So schloß der Tag fröhlichundguter Dinge. -

Montagden27tenJanuar1845. Immer nochmeineRandverzierung, die aber nun bis aufdieArbeitvon1 Stunde vollendet wird. Lepsiusbekommt wieder Besuchvon2 Engländern. Gegen Abend wieder Straußund Kraftbei uns, mit denen wir unsdenAbend sehr wohl unterhalten; die Quastsche Entgegnung wird vorgelesen. Der Tag ist herrlich; Morgens 11°, um Mittag etwa 21°-22°.

Dienstagden28tenJanuar1845. Ich vollende heut früh meine Randverzierung. AmNachmittagnehme ich den kleinen Ptolemaertempel des Thot gleich hinter MedinetHabuauf, wo mich gegen Abend Jussufabholt[,] mit dem ich über das Ramesseumheimkehre, wo wieder Fremde waren, darunter 2 Damen, Engländerinnen. Abends wieder Kraftund Straußbei uns, sowieHerr Seuferheld, der amNachmittagvon Semnezurückgekehrt war. NachdemEssen kamen noch die andern Deutschen, vonRohretCompagnieundunser Grab konnte die Gesellschaft kaum fassen. Letztere haben sich entschlossen[,] noch bis nach Philaeheraufzugehenundnahmen heutvonuns Abschied. 32

Mittwochden29tenJanuar1845. Ich beginne mitdemAuftragen des gestern aufgenommenen Tempels;zugleichschreib ich 2 Verse für das Reisestammbuchvon Kraft. Die beiden Vettern kommen zum Mittag wie Abend, wo LepsiusseineGedichte mittheilt. Herzlicher Abschied der beiden, die noch heut Abend aufbrechen wollen; sie nehmenmeineUhr sammteinemBrief an Abekenmit, den ich gestern geschrieben, dann aber auch das Georgi’sche Bildund[ Ernsts] Panorama, welche Sachen Lepsiusseinen Eltern schicken will. - Schönes[,] aber Morgens wieder kaltes Wetter.

Donnerstagden30tenJanuar1845. Vollendung des Blattes mit den beiden kleinen Tempeln am See. Ernstund Georgisind heut zum erstenmal nachdenKönigsgräbern gewandert,undich war mit Jussufden Mittag über allein. - Gegen Mittag BesuchvonHerrn SeufferheldundDr. Bagge, welche den Mittag über bei uns bleiben.

Freitagden31tenJanuar1845. Ich mache heutVormittageinenSpatziergang nach den Pyramidenhügeln am Assassif. Die unbedeutenden aus Nilziegeln erbauten Pyramiden scheinen aus später Ptolemäer-Zeit; sie haben Alle im Innern eine gewölbte Kammer; alle 3 - 4 Lagen eine Strohschicht. -Nachmittagsfange ich einen Brief andenArchitektenverein an, ohne jedoch weit darin zu kommen. Das Wetter ist jetzt wieder heiterundrecht schön. -

Sonnabendden1tenFebruar1845. Früh mit Lepsius, Ernstund Georgizu den Königsgräbern, wo ich das MenephteGrabvon Belzoniaufmesse. Sehr viel Fremde kommen hin, unter andern auch Seufferheldund Bagge[,] mit denen wir unser Frühstück dort verzehren. - Beim Zuhausegang vom Felsrande des Assassifden kostbarsten Sonnenuntergang genossen,unduns an den wunderbaren Farben gelabt. Abend ziemlich marode.

Sonntagden2tenFebruar1845. Gestern Abend waren Briefe gekommen, für Georgi[,] die Weidenbachsund Lepsius, Abekenhatte geschrieben, auch Bunsen; wir erfuhren wenig daraus. - Heut feierten wir Georgi’s Geburtstag. Ich bleibe den Tag zu Hausundschreib ein wenig an meinem Briefe weiter. Den Abend war Seufferheldund Baggebei uns. -

Montagden3tenFebruar1845. Ich bleibe zu Hause mit dem Auftragen des ausgemessenen Königsgrabes beschäftigt. Heut kommen die für den Sarkophag bestellten Taue aus Assuanfür 270 piaster.InteressanteTaucherente wird uns heut gebracht. - Der Tagundbesonders Abend wieder köstlich.

Dienstagden4tenFebruar1845.Vormittagswerde ich mit dem Blatt vom MenephtaGrab fertig; Nachmittags schreibe ich anmeinemBrief andenArchitektenVereinweiter; zum Thee kommen noch einmalHerr Seuf33 ferheldund Bagge, die dann Abschiedvonuns nehmen. -

Mittwochden5tenFebruar1845. Spät wird mitderHerausschaffung des Sarkophags begonnen; 50 Leute; er kommt aber leider nicht weit, nur bis andieMitte des unterirdischen Ganges; der Schech macht hauptsächlich die Anordnungen; doch bin ich fastdenganzen Tag dort. Der Tag warm, um Mittag gegen 24 ½° im Schatten. Auch Maxist heut indenKönigsgräbern;undich mit JussufdenTag über allein. -

Donnerstagden6tenFebruar1845. MitdemSarkophag wird heut nicht fortgefahren; es ist zuvor noch auszugraben. Ich schreibeVormittagsan meinem Vereins-Briefe; den Tag über wieder mit Jussufallein. Früh 14° Wärme.

Freitagden7tenFebruar1845. Am Sarkophag fortschaffen wird fortgefahren; er kommt am Abend mit vielen Anstrengungen endlich ausdemGrab ins Freie. 24° Hitze am Mittag.

Sonnabendden8tenFebruar1845.Vormittagsmesse ich eine der Nilziegel Pyramideauf am Dra abu Neggat. Während dessen geht es mitdemFortschaffen des Sarkophags flußwärts recht gut.Nachmittagsbleibe ich zu Hausunderhalte zu großer Freude einen Briefvon Heinrichmit Einlagenvon CRiechersund A. Jungk; auchmeinZeitungsberichtvon PhilaewiederBriefvon Rongeliegt bei. Gegen 4 Uhr Besuch vonRohr, Tamm, Stammund Schwab, die von Philaezurückgekehrt sind. Ich begleite sie hinüber zu ihrer Barke nach Luxor[,] wo Lepsiusheutundmorgen sich aufhält. Hübsches gemeinsames Abendessen in Rohr’s Barke; nach dem Thee sage ich ihnen adieuundfahre bei starkem Winde wieder aufkleinerBarke überden Nilzurückundden 1 Stunde langen Weg über die Felder nach Hause, wo ich etwa um 11 Uhr ankommen mag; dann noch geplaudert mitdenAndern[,] die noch auf sindund Ronge’s Brief vorgelesen. - 25° Wärme heut.

Sonntagden9tenFebruar1845. Den Tag über am Brief andenArchitektenVereingeschrieben, der sehr langsam fortrückt. - Zum Abend kommt Lepsiuszurück. -

Montagden10tenFebruar1845. Früh nach den Königsgräbern, wo ich den Tag über abklatsche.

Dienstagden11tenFebruar1845. Ich beschäftige mich heut mit dem Auftragen der neulich aufgemessenen Nilziegelpyramide. Der Tag ist warm, etwa 24°. Abends Brief an Heinrichangefangen. -

Mittwochden12tenFebruar1845. Aufnahme einer 2tenkleinenPyramideundAufzeichnen derselben. HeutNachmittagkommt die Barke vom34 Grafen Gonfalonieri, die uns neuen Gips, Bretter, Tabak pp. bringt. Die Zeichner werden heut mitdenKönigsgräbern fertig; am nächsten Montag wollen wir uns übersiedeln. Abends den Brief an Heinrichfertig geschrieben. Der Tag schönundwarm; schon am Morgen 16°, wenn ich nicht irre. -

Donnerstagden13tenFebruar1845. Heut Vormittag wandre ich mitdemFührer HauadindasThal der Königsgräber; besehe aufdemWege noch 2 alteinteressanteSarkophage fast ganz so wie der, den wir mitnehmen,undmesse dann das Königsgrab No 20 auf, was unbeschrieben, aber gewiß altundoriginell in Betreff der gekrümmtenundsehr steil sich senkenden Anlage ist; es ist nicht vollständig ausgegraben, doch hat es schon jetzt eine Länge von circa 230 Fuß. Zum Mittag bin ich wieder zu Hausundzeichne amNachmittagdas Vermessene auf. Abends einen Brief an CRiechersgeschrieben. - 24 ½° Hitze heut. -

Freitagden14tenFebruar1845. Vor -undNachmittagsAbklatschen imkleinenTempelvon MedinetHabu, wo Ernstund Georgiauch noch zu thun haben. - Abends am Briefe vomArchitektenVereinfortgefahren. -

Sonnabendden15tenFebruar1845. HeutVormittagan den Salamats, amNachmittagin Der el Medineabgeklatscht; Abends den Brief an meinen Verein glücklich beendet. - Spät erhebt sich ein gewaltiger Sandwind, der mich durch sein[Strusen], seinen Staubundsonstigen mitdenThüren verursachten Lärm eine sehr schlechte Nacht genießen läßt. -

Sonntagden16tenFebruar1845. Wir halten heuteinenbesonderen Festtag, einmal, weil es der letzte Sonntag auf dieser Seite ist,unddann, um eine Vorfeier dersilbernenHochzeit von LepsiusEltern zu begehen durch Verlesung der Beschreibungvon Theben,die Lepsiusmit Rücksicht aufdasPanoramavon Ernstgemacht hat; unser neues Zelt ist auf der äußersten Spitzevon Abd el Gurnaaufgerichtetundmit PalmenundTamariskengebüsch sehr freundlich verziert worden. Leider war es oben noch sehr kühlundwindig[,] jedoch erquickend; wir nehmen dort unsre Chokoladeundfrische Butter mit Brodunddann begann die etwa 2stündige Vorlesung des ganz vorzüglichen Aufsatzesvon Lepsius, die uns allen höchst35 erfreulich war. - Ich schrieb heut noch einenkleinenBrief an Knoblauch; las am Abend auch meinen Aufsatz an den Verein vorundschloß dannmeineBriefexpedition. - Der Tag war heut sehr kühlundamNachmittageinmal wieder ganz überzogenderHimmel. -

Montagden17tenFebruar1845. Heut geht mit einem expressen Boten nach Kenneunsre Briefexpedition ab. Ich vollende amVormittagdie Abdrücke an den Memnonstatuenundverwende denNachmittagauf deren OrdnenundBeschreiben. -

Dienstagden18tenFebruar1845. DerVormittagkalt, sehr trübe, Regendrohend. - Ich beschäftige mich mit Aufnahmen unsres Hauses hier, was ich amNachmittaginderAufzeichnung fertig schaffe. -

Mittwochden19tenFebruar1845. Packtag. Die KistenundKasten werden umgepacktundausgesucht, was mit hinübergenommen werden soll. Meine Antiken habe ich schon gestern Abend eingepackt; zu Morgen früh sind die Kameele bestellt. - Das Wetter heut wieder ungemein klar inderLuft, wenngleich nicht freivonWolken. Letzten köstlichen Sonnenuntergang mit allem Reiz seiner Farben bewundert. - Ungeheure Masse nordwärts ziehender Gänse. -

Donnerstagden20tenFebruar1845. Heute 2 ½ JahrvonHause fort! Es geht heut früh an das Schnüren unsrer SachenundBetten. Während die Kameele aufgepackt werden, gehe ich mit GeorginachdemFlusse voraus, um dort die Sachen in Empfang zu nehmen. Die schönste Morgenluft macht den Spatziergang erquicklich. IndemkleinenDörfchen am Flusse gegenüber Luxorsetzen wir uns im SchattenvonTamariskenundum uns her alte WeiberundkleineKinder des Dorfes. Ich beschäftige mich mitdemZeichnen des gegenüberliegenden Luxor. Unterdessen kommen die Kameeleund Lepsiusmit Max; auf 2kleinenBarken wird dieser erste Transport hinübergeschafft. Lepsiushat wiederdasPech,voneinemEsel ins Bein gebissen zu werden. Ich reite mit Lepsiusvoran nach Karnak[,] um unsre Wohnung auszusuchen. Ein Haus im Dorf war in Bereitschaft gesetzt, sehr geräumig mit höchst malerischem An -undAussehen; doch besehen wir noch einen[,] ebenfalls für uns vorbereiteten Tempel, in dem einst Champolliongewohnt hatte. Dieser mißfiel mir aber als dunkelundwüstrig sehr. Zuletzt ritten wir nachdemhintern Theile desgroßenTempels, wo sich 2 größere Räume, 1 Kammer danebenundauch Gelaß für die Dienerschaft nach einiger Ausräumung der Piècen vorfand,undhier beschlossen wir zu bleiben. Nasirundalle Autoritäten des Ortes sammteinerMenge Menschen waren nun beschäftigt, die Räume etwas wohnlicher zu machen; Schmutz ward fortgeschafft,36 Staub die Menge erregtunddann mit Sprengung wieder niedergeschlagen. Nachundnach kamen auch die übrigen Sachenundso gut es ging[,] ward fürdenAbend indemsehr luftigen ZimmerdasLager zurecht gemacht. Gegen Abend merkwürdiger Besuchvon2 Pilgern, die aus Bocharawarenundseit langen Jahrendenganzen Orient durchreist hatten, Räuberartige Gestalten, aber gute Kerls[,] wie es schien; sie wurden mit Kaffee bewirthetundder Eine mußte sich in unser Fremdenbuch schreiben. - Der herrlichste Sonnenuntergang bannte uns auf unser Dach; die neuenundgroßartigen Aussichten stimmten uns heiterundguter Dinge. Wir haben heut Nacht[,] glaube ich[,] 12 Wächter. -

Freitagden21tenFebruar1845. Lepsiusgeht heut noch einmal hinüber nach Gurnawegen PackenvonSachen, auch macht er in Luxordem Conte Gonfalonierimitseinerjungen GemahlinseineVisite. Ich beginne unterdeß amVormittagmit Inspicirung desgroßenTempels, nämlich des VorhofesunddergroßenSäulenhalle.Nachmittagsbleibe ich zu Hauseundsehe zu, wie hier Mauern gezogen werden. Das Herbeitragen der Ziegel, des Nilbrei’sundder Nilerde auf Eseln erinnert mich lebendig an diealtägyptischenDarstellungenundist mir höchstinteressant. - Erst heut werden auf solche Weise unsre Zimmer hübschundwohnlich. Den Sonnenuntergang wieder von unsremDacheunddannvondemnahenUmfassungswallbetrachtet,undmich innig des kostbaren Anblicks gefreut. -DasWetter sehr schön.

Sonnabendden22tenFebruar1845.Vormittagsden ersten Hof des großen Tempels ausgemessen;Nachmittag’smit dem Aufzeichnen angefangen.

Sonntagden23tenFebruar1845. Vor - wieNachmittagsmalerische Ansichten für mich gezeichnet. -

Montagden24tenFebruar1845. Ich beschäftige mich heut mit dem Aufmessen des Seitentempels im 1ten Hofe, sowie dergroßenSäulenhalle;Nachmittagsim Aufzeichnen fortgefahren. Um Mittag erhalte ich einen langen erfreulichen Briefvon Abekenaus Caironebsteinemcarmen in Betreff des Georgi’schen Bildesundmeines Gedichtes; am Abend wird dieß mitgetheilt, sowie auch Lepsiusseine empfangenen Briefe von Wagner, Restuer, AbekenundseinerMutter mittheilt. -

Dienstagden25tenFebruar1845. Ich fahre fort am Aufzeichnenunddann am Combiniren desmittlerenTheilsvomgroßenTempel, den die Franzosen sehr schlecht gegeben haben; aberderPlan kostet auch manche Überlegung. HeutNachmittagderHimmel bewölktundeinPaar Tropfen Regen.

Mittwochden26tenFebruar1845. Mit dem Aufmessen desmittlerenTheils begonnen; amNachmittagzu Haus gezeichnet. Das Wetter schön, aber37 frühundAbends feuchtkalt. - Abends im1tenBuch Mose gelesen;dieZeitung ist alle.

Donnerstagden27tenFebruar1845.VormittagsdenmittlerenTheil desgroßenTempels fertig aufgemessen,Nachmittagszu Haus gezeichnet. Fürchterlicher Staubwind heut fastdenganzen Tag; höchst widerlich. Ich schieße vergeblich nach Enten auf unsrem See nebenan. - Es kommen heut die KistenundGipsaus Cairo.

Freitagden28tenFebruar1845. Heut den Grundriß des letzten Tempeltheils herausstudirt,Nachmittagsweiter aufgezeichnet. -

Sonnabendden1ten März 1845. Ausmessen des hintersten TheilesvomTempel.Nachmittagsaufzeichnen. LepsiusbestimmtseineAbreise nach Genneund CosseiraufdenMontag. Ich fange am Abend einen Brief an Freund Freyan.

Sonntagden2ten März 1845. Früh[,] wie gewöhnlich, Gottesdienstunddann mit Georgieinen Spatziergang zum Schech Abu DudaufdemWege nach Luxor, wo wireineSkizze machen;Nachmittagsmacht Lepsiusnach Gurnahinüberundich macheeineRevision mehrerer umherliegender Tempel, besonders die gegen Norden, die jedoch fast völlig zerstört sind. Spät zu Abend gegessenunddann den Brief an Freyfertig geschrieben. -

Montagden3ten März 1845.Vormittagsweiter aufgetragen,während Lepsiusun Maxmit Packen beschäftigt sind, um heutNachmittagnach Kenneaufzubrechen. Es gehen mit Lepsius, Max, Jussuf, IbrahimAga, Abu Nabud, Gabermariamund IbrahimsammtdemEsel. Ein Kameel schaffte die Sachenvonhier zum Flusse; wir 3 Zurückbleibenden machen uns zu Fuß gen Luxorauf, während die Andern vorausreiten, wir treffen sie dort zum Abfahren fertig; 2 ganzkleineÜberfahrtsbarken haben, die eine die Diener mitdemEsel, die andre die[Hauegat]aufgenommen; bei heftigem Gegenwinde sehen wir sie langsam fortkrebsen. Mehmet Alisoll in Kennesein. Heut Mittag Besuchvon Triantaphulos, der bei uns ißt. - Etwa um ½ 4 Uhr wardieAbreise. - Von Luxorritten wir nach Karnakzurück; dann nocheinGang in diegroßeSäulenhalle[,] wo Georgiwar,unddie Gegend bewundert. - Abends treffliche Rebhühner gespeist. - Es ist hier mit einemmal recht einsam geworden. -

Dienstagden4ten März 1845. Im Auftragen desgroßenTempels fortgefahren[ und] die übrigen Theile außerhalb desselben, aber inseinerAxe ein Brouillon vorgezeichnet.

Mittwochden5ten März 1845. AmVormittagdie Tempelreste hinter dem großen gemessenundandre gegen Nord gelegene im Brouillon gezeichnet. -NachmittagsamgroßenTempel ausgezeichnet. 38

Donnerstagden6ten März 1845. Früh den gestern vorgezeichneten[Tempel][I]imNordenvomgroßenTempel ausgemessen, den übrigen Theil des Tages amgroßenTempel ausgezeichnet. Es ist heut sehr heißundich fange an zu schwitzen. -

Freitagden7ten März 1845. MaxGeburtstag.Vormittagsden größeren TempelnördlichvonderUmwallung herausstudirt,NachmittagsBlatt 2 vomgroßenTempel in Farben gesetzt. Gegen Abend kommt Abd er Rahimaus Kennezurück mit eingekauften VorräthenundeinemBriefvon Lepsius, der schon den 5tendesMonatsseine Reise nach Cosseirantreten wollte;manerwartete stündlich Mehmet Aliin Kenneundhatte zuseinerBewillkommnung 1 Kanone aufgepflanzt. -

Sonnabendden8ten März 1845Blatt 1vomgroßenTempel kolorirt. Dabei empfange icheinenBesuchvoneinemEngländer, der ½ Stunde französisch mit mir radebrecht; er kam von oben; brachte also nichts für uns.Nachmittagsnoch einige Gebäude nördlich aufgezeichnet. - Der Tag heut, wenigstensNachmittags,bezogen. -

Sonntagden9ten März 1845. NachdemGottesdienst imgroßenTempel inderSäulenhalle mit Georgigezeichnet.NachmittagskommteinExpresservon Lepsius, der die Abklatschbüchse vergessen. Sein Brief datirt sichvonder Stelle der Inschriften aufdemWege nach Cosseir, genannt El Hamamat. Er hateineBarke vorausgeschicktundwird zu Kameele bis indieNähe von Tor gegenüber gehen. Ich antworte ihm inderSchnelle einige Zeilen.

Montagden10ten März 1845. Zu Haus gebliebenundaufgezeichnet. AmNachmittagwieder einen Leichenzug angesehen; die Männer voran, im Chor höchst melodisch[,] ja ergreifend singend (fast choralartig, wie ich es in Ägypten bisher nie gehört) dann folgt die getragene Bahre, mitdemumwickelten Todten darauf,unddanneinlanger Zug WeiberundMädchen, deren schriller Gesang den der Männer begleitet; die vorderen gehen in tanzendem Schritt mitkleinenStäben indenHänden, oft Staub aufwerfend. Der ganze Zug, besondersaberdieMusik war ergreifend, wenn nicht rührend zu nennen. -

Dienstagden11ten März 1845. DenVormittagamnördlichengrößeren Tempel gemessen, amNachmittagaufgezeichnet. Es kommen heutendlichdie ersehnten Sachen aus Cairo, 1 Säge, Wein,englischesSalzundwas das wichtigste: Zeitungen bis Mitte Januar. Heut schießt unser Mohammed el Fakireine große Eule. -

Mittwochden12ten März 1845. AmVormittagdie Ausmessung dernördlichen[Tempelcourolate]beendet. Hauadaus Gurnakommt39 herüber, um mich in Betreff seiner Ausbrechungsarbeiten hinüberzuspediren, dieß bewerkstellige ich auch amNachmittag. Auf SyriansEsel reite ich zuvörderst nach Luxor, wo ich ein erquickendes Nilbad nehme[,] zum erstenmal in diesem Jahre; dann nach Gurna,unddas schwarze Grab besehen; nachher wegen 4 Papyrus unterhandelt, die altundwohl conservirt sind. AberderPreis war zu unvernünftigundwir schieden ohne Resultat. Bald nach Sonnenuntergang zurück. In Luxorkamen grade wieder Fremde an, Amerikaner, auch eine andre Dahabie war im Gesicht. -

Donnerstagden13ten März 1845. AmVormittagdie Tempelrevisionen nach der Südseite fortgesetzt,Nachmittagszu Haus gezeichnet. - Abends einen Brief an Abekenbegonnen. Tagundauch die Nächte fangen an[,] sehr warm zu werden. -

Freitagden14ten März 1845. Den Tag über aufgezeichnetundAusgrabungen revidirt. Wie ich höre, soll Ampèrevon oben zurückgekommen sein,unddieß bestimmt mich, morgen wieder nach Gurnahinüberzureiten, um womöglich die Geschichte mit den Papyrus in Ordnung zu bringen, ehe er mir zuvorkommt. Abends den Brief an Abekengeschlossen, der morgen fortgehen soll.

Sonnabendden15ten März 1845. Ich reite früh mitdemFormer Husseinnach Luxorundvondort nach Gurna, wo ich im Grabe unter Abd el Gurnaden in viele Stücke zertrümmerten Stein betrachte, man war mitdemTransport der Stücke zum Flusse beschäftigt. Mit den Papyrus war noch nichts zu machen, ich muß zuwarten. - Ich blieb in unserm Hauseund dort etwas Mittagbrod, was Hauadhatte zubereiten lassen. Dann ritt ich auf Hauad’s Pferde zum Fluß zurück, nahm ein prächtiges Badundkam etwa um 2 Uhr wieder zu Hause an. - AmNachmittagmit Aufzeichnen zu Hause beschäftigt. -DerBrief an Abekenwird heut auf die Post gegeben. - BesuchvonMonsieur Dumont; Ampèreist noch nicht da.

Sonntagden17ten März 1845. Vor - wie Nachmittag indergroßenSäulenhalle gezeichnet. -

Montagden17ten März 1845. Fleißig am Vor - wieNachmittagaufgemessen, sowohl denöstlichenabgesonderten als den Chonsu Tempel. Versäumter Besuch desgriechischrussischenPopen, der uns damals die Kiste mitgebracht hatte. -

Dienstagden18ten März 1845. Heut mit Aufmessen fortgefahrenundzwar den Chonsu Tempelbeendet, sowie auch die nördlichen Pylonmassen. 40

Mittwochden19ten März 1845. Ausmessen eineskleinennordwestlichenzerstörten Ptolemäertempelchens wie desPtolemäerTempelsnebendem ChonsuTempel. - HeutVormittagkommt Hauadmit den Besitzern der Papyrus, die ich denn endlich akquirire für 308piaster(4 Stück).Nachmittagszu Haus gezeichnet. -

Donnerstagden20ten März 1845. Den ganzen Tag ins Reine gezeichnet. Ich hoffe jetzt täglich auf BriefevonHause wie auch auf Nachrichtvon Lepsius. Gestern brachten Engländer uns Zeitungen, aber leider Dubletten. Auch Zigarren, FeigenundeinBriefan Jussufkam mit, ob für ihn oder Lepsius, weiß ich nicht; er istvon Pinigeschickt. -Klein Hedwigs Geburtstag.

Freitagden21ten März 1845. Charfreitag. Früh beiderAndacht eine Predigt vom jungen Straußgelesen. Dann indiegroßeSäulenhalle gegangenunddie kleinere Ansicht gemalt. AmNachmittageinekleineAnsicht des Gebirges im Abendglanz getuscht. - Früh erhielt icheinenBriefvon Abeken, der mir meldet, daßmeineUhr unterwegs ist mit neuen Zeitungen. -

Sonnabendden22ten März 1845.Vormittagseinen Theil der letzten Tempelanlagen gen Süden aufgezeichnet[,] ein mühsames unfruchtbares Werk, was mir inderHitze ohne Wasser recht sauer wurde.Nachmittagswird nicht viel ausdemArbeiten; wir hatten heut heißen Nordwind mit 31 ½° Hitze. Gegen Abend mit den Andern ein wenig ausgegangenundden Sonnenuntergang wie die Berge bewundert, auch ein Paar Engländer mit 2 DamenundeinemkleinenMädchenvonetwa 7 Jahren, was auf mich einen sehr heimathlichen freundlichen Eindruck machte; es saß ganz stramm auf seinem Eselchen. - Ich schicke heut früh einen Brief an Seid Husseinnach Kenneab, worin ich um TabakundKaffee ersuche, auch an Abekenlege icheinSchreiben bei.

Sonntagden23ten März 1845. Nach unsrem Gottesdienst mache ich mit Georgieinen Spatziergang nach demnordöstlichenDörfchen, oder eigentlich nureinekleineColonie, wo ein höchst malerisches Gehöfte uns zum Zeichnen lockt; Tamarisken, Palmen,einBrunnen, Hütten und Vieh die Menge bilden ein höchst anziehendes Gemälde; leider mißglückt mein Blatt gänzlichundich gehe ohne Ausbeute heim. Hier finde ich unsern Führer Hauadvon Gurna, der mir meldet, daß der Antiken-Effendi einen Wächter vor das Königsgrab in Bab el Molukhabe legen lassen, umdieArbeiten darin zu verhindern, auch kämen so viel Fremde, daßdasArbeiten kaum möglich sei. Wie immer, freute ich mich auch diesmal,41 den Hauadzu sehen, ja ich habe eine förmliche Zuneigung zu ihm. Ich bedeutete ihm, die Arbeit bis zur Rückkehrvon Lepsiusliegen zu lassen. AmNachmittagmalte ich wieder mit GeorgieinekleineAnsicht der Ebneunddes Gebirges nach Osten. Am Abend ward bei festlichem Essen eine Flasche Wein geleert. -

Montagden24ten März 1845. Früh mit Georginach Luxorgegangenunddort eine sehr pittoreske Dorfansicht getuscht. Dann ein erquickliches Nilbad genommenundum Mittag zurückgeritten.Nachmittagseine andrekleineAnsicht aufdasnördlicheThorunddie Ebne getuscht, die leider auch so gut wie mißglückt ist; doch aber macht mir das Malen jetzt ungemein viel Vergnügen,undmitderZeit denke ich, muß es besser kommen. Den Abend werden die letzten Zeitungen durchgelesen. - Es ist wieder sehr heiß.

Dienstagden25ten März 1845.VormittagsmitdemAufmessen dersüdlichenTempelreste begonnen;Nachmittagsklebe ich meinen großenSituationsplanzusammenundfange an, ihn aufzuzeichnen. - Gegen Abend bringt mir Syrianmit einmaldieNachricht, es sei heut um Asser aufdemjenseitigen Nilufer unser braver HauadnebstseinemOnkel ermordet wordenundzwar aus Blutrache voneinemEinwohner des Dorfes Kom el Beirat, weil Hauadvor langer Zeit einmal einen Angehörigen desselben beieinemStreit in Gurnagetödtet hatte, weshalb er sich auch früher immer hütete, jenes Dorf zu besuchen, ja nur seinen Namen auszusprechen. Die Nachricht hat mich aufs Äußerste bestürztundmit Ungeduld erwarte ich ihre Bestätigung oder Ableugnung. Unser Former Husseinist heut drüben, er wird wohl das Gewesene berichten. Die Sache wäre ebenso schrecklich wie traurig; ich Kenne[,] kann ich sagen, keinen Araber, der mir so lieb geworden wäre, als er. Wieder ein heißer mit leisem Gewölk überzogener Tag. - P.s. Soeben heißt es, Hauadsei nicht todt, nur verwundet, wohl aber sein Verwandter[,] der bei ihm war; möchte es sich bestätigen. -

Mittwochden26ten März 1845. AmVormittagmesse ich amsüdlichenTempel. Während ich dort beschäftigt bin, werden mir Briefevon Lepsiusund von Europaeingehändigt, worunter ich denn einen für mich von der guten Mutter finde. Ersterer meldet die Ankunft der Freunde amrothenMeere beim GebelSeid, von wo sie nach Torüberfahren wollten. Sie waren aufgehalten durch eine höchst be42 denkliche Verirrung in der Wüste, wodurch sie 1 ½ TagevonderCaravane getrennt[,] ohne NahrungundWasser blieben. - In etwa 2 Wochen hoffen sie zurück zu sein. Zu Hause geht ja, Gott sei Dank, Alles ziemlich wohl. - AmNachmittagentschließe ich mich, unsern Auadin Gurnazu besuchenund Ernstbegleitet mich. Wir finden ihn besser als ich dachte. 2 starke Kopfwunden hatten ihn sehr geschwächtundverursachten ihm viel Schmerzen. Ich stärkte ihn durch Wein, womit ich ihn auch einrieb, wusch die Wundenundlegte Scharpie auf. Ich fand eine wahre Rathsversammlung um ihn. - Auf unsrem Heimwege ward in LuxoreinBad genommenundgegen Sonnenuntergang kamen wir wieder nach Karnak. Wir verabschieden heut 3 Wächter, mit denen wir sehr unzufrieden sind.

Donnerstagden27ten März 1845. MitdemAufmessen amsüdlichenTempel fortgefahren;Nachmittagszu Hause gezeichnet. Die Tage sind jetzt sehr heiß. - Die Nacht heftiger Wind.

Freitagden28ten März 1845. Heute diesüdlicheTempelgruppe fertig gemessenundamNachmittagmitdemAufzeichnen begonnen. AbendseinGedichtchen fabrizirt: der offene Garten. -

Sonnabendden29ten März 1845. Einiges in Betreffdergroßen Karte draußten gemessen, amNachmittagzu Haus an derselben gezeichnet. - Wir bekommen heuteinPäckchenEnglischeundAugsburgerZeitungen. - Da viele, bei Seid Hussenso in Kennebestellte Sachen durchaus nicht anlangen, sende ich heut einen Boten dorthin ab, der hoffentlich in 3 Tagen zurück ist (für 15piaster).

Sonntagden30ten März 1845. Nach unsrem Gottesdienst reite ich mit Georginach Luxor, wo wir Vor -undNachmitags, wenngleich bei heftigem WindeundStaube später 2 Ansichten malen. Stohhütten deröffentlichenMädchen, davon 2 uns eine ganze Weile zusehen; die eine ein sehr niedliches dunkelfarbiges Gesichtundzarte[,] junge Gestalt; höchst Schade umdieMädchen! - Unser Mittagessen verzehrten wir wieder in dem Garten am Wasser; köstliches Grün des transparenten Laubes. NachdemZeichnen Badunddann nach Hause mit fortdauernder Bewunderung der herrlich klaren Tinten des Gebirgesundjeglichen andren Gegenstandes. Während ich gestern einen Boten nach Kennegeschickt habe, kommen heut mit Abderrahimdie erwarteten Sachen, d.h. Kaffee, Tabak, 2 Westen pp. - Interressant in Luxorwar mir heut die Besichtigung einer Brütanstalt für junge Hühner in einer43 Großartigkeit, wie ich sie nie geahnt habe. In nebeneinander liegenden mitkleinenKuppeln überdeckten RäumenzwischendeneneinMittelgang hinführt, von welchem aus die Thüren nach rechtsundlinks abgehen, geschieht das Sortieren der Eier, worin der Alte (in dem Sonnenstrahl sitzend, der durch ein Kuppelloch grell herabfiel) eine ungemeine Fertigkeit hatte, geschieht das Ausbrütenundebenso auch das KribbelnundKrabbeln der jungen Thierchen. In den Bruträumen war an den Wänden rings umher ein schwarzer Streifen glühende Asche zu sehen, deren Glimmen durch trocknen Mist erhalten wurde, weshalb alle Räume räuchrigundübelriechend waren. Die Wärme mochte etwa nur 24-25° betragen. Der EierundKüchel aber waren Tausende zu sehen; besonders interressant der Raum, wo sie indemStadium des Auskriechens waren, die geborstenen Schalen klafftenundumherlagen, die noch nassen Küchelchen von den größeren trockenundpflaumig gezupft wurden. Es schienen mir etwa 4-5 Menschen dabei beschäftigt. -

Montagden31ten März 1845. Ich mache mich heut andasAusarbeiten der Tempel auf meinem Generalplane. Die Tage jetzt kühlundsehr luftig. -

Dienstagden1ten April 1845Heut früh kommtmeinBote aus Kennemit ZuckerundEssig, aber ohne meine erwartete Uhr. Mittag BesuchvonHerrn Wardi[,] mit dem ich mich 1 Stunde recht wohl unterhalte. Den Tag über am Generalplan fortgefahren. -

Mittwochden2ten April 1845. Am Auftragen desgroßenTempels im Hauptplan fortgefahren. Der Tag kühlundwindig. Ich fange an[,] wieder an Zahnschmerzen zu leiden, wie vor Jahren.

Donnerstagden3ten April 1845. DergroßeTempel wird heut fertig. Früh, um mich zu erwärmen, messe ich aufdenDämmen. Der Tag wiederum kaltundwindig; fortwährend Zahnmunkeln, waszugleichin Kopfschmerzen ausartet.

Freitagden4ten April 1845. Am Hauptplan gearbeitet. Sehr windigundkalt. Heut gehen leider wieder die Zeitungen aus. -

Sonnabendden5ten April 1845. Den Generalplan weiter gearbeitet, auch amNachmittagam Souterrain studirt. -

Sonntagden6ten April 1845. Vor - wieNachmittagsmit GeorgiSkizzen gemalt. Das Wetter wieder ruhigerundsomit auch wärmer. 44

Montagden7ten April 1845Am Hauptplan gearbeitet. - Es kommt heut Mittag ein Bote aus Kenne, der zwar nicht meine Uhr, aber ein tüchtiges Pack Zeitungen bringtundzwar vorjährigevonAugust[,] die inzwischen den Weg bis nach Kartumundwieder zurück hieher gemacht haben; keine Briefe! So haben wir indessen doch wieder etwas zu lesen. -

Dienstagden8ten April 1845. Am Hauptplan fortgefahren. AmVormittagBesuchvon Jacub Be, dem Mudir miteinerMenge GefolgeundDienern, so daßdieStube sie kaum fassen konnte. Ich zeigte dem Be unsre bunten Blättervon Gurna,unddann ward Kaffee getrunkenundeinePfeife geraucht. Der Be war ein Mann etwa in den 40gern mit Handschuhen, kein übler Mann; er sprach meist türkisch. Er warvon Cairohiehergeschickt zur Regulierung der Steuern. Eine Menge Militär war zuseinerVerfügung; diese griffen jeden Fellah im Lande auf,undwer nicht hiehin gehörte, ward auf Schub nachseinerOrtschaft spediert (NB. die nämlich die meisten verlassen, um die Steuern nicht zu bezahlen). -

Mittwochden9ten April 1845. Heut früh werde ich ausdemSchlafe geweckt durch ein Päckchen Briefe aus Cairo; indessen für uns waren keine aus Europa; Abekenhatte geschrieben an Lepsiusunmich; auchvon Olfersscheint wiedereinBrief beizuliegen; außerdem 3 arabische. - Es ist heut dicke Luft, chamzinartig, anscheinend sehr heiß, obwohl nur 29 ½°; aber es ging sehr wenig Wind. Von Lepsiusnoch nichts zu spüren,unddoch würde es nun Zeit, besonders des Steintransports wegen, dervon Berlinher scheint ernstlicher betrieben zu werden. -

Donnerstagden10ten April 1845. Die Baulichkeiten auf meinem großen Plane in Farben gesetztunddie Terrainaufzeichnung begonnen. Der Tag sehr heiß, vielmehr schwül,derHimmel bezogen.

Freitagden11ten April 1845. An der Terrainzeichnung fortgefahren. Wieder sehr schwülundbezogen der Himmel -

Sonnabendden12ten Aprillso 1845Fortgefahren anderKarte. Der Tag sehr heiß. 33 ½ °. [Cajarvue]undeinkurzes Briefchenvon Abekenerhalten.

Sonntagden13ten Aprill 1845.Vormittagsim Dorfe gezeichnet; amNachmittagsämmtlich zu Hause gebliebenundZeitungen gelesen; wieder sehr heißundschwül 33°. -

Montagden14ten Aprill 1845Am Plan fortgefahren. Ernstund Georgisind früh nach Gurnaund Bab el Moluk; amNachmittag45um 3 oder ½ 4 Uhr etwa höre icheinenSchuß, ich gehe hinausundsiehe da Lepsiusund Maxkommen wohlerhaltenundmunter angeritten. Meine FreudeundDank waren sehr groß. Jussufwar nach Kenneabgeschickt, umeineSteinbarke zu besorgen. Mit Sonnenuntergang kam die Karavane nach. Unangenehmer Besuch von dem langweiligen, eitlen, halb verrückten Belgier Bmary. Übrigens viel erzählt, die Verirrungstour inderWüste, die denn doch sehr bedenklich war; die Auffindung des neuen Sinaiweitläuftig durchgesprochen; später prächtige Muscheln besehen, die mitgebracht waren; nachdemAbendessen theilte Lepsiusdie erhaltenen Briefe mit, was uns sehr lange wach erhielt, der Tag war sehr heiß.

Dienstagden15ten April 1845. Juliens Todestag. Der Himmel trüb bezogen, die Gegend neblig; den ganzen Tag fast ließ sich die Sonne nicht blicken, gegen Abend sogar auch etwas Regen. DerVormittagging mit Auspacken der Muscheln, Mineralien pp. vorüber; ich machte einen einsamen Spatziergang auf dienördlichenRuinenhügel[,] den Erinnerungen an meine theure Schwester nachhängend. Gegen Mittag zu Haus; wo während dessen der zudringliche Belgier wieder da gewesen war. AmNachmittaggearbeitet; der Belgier kommt noch einmal, um hier Kaffee zu trinken, wird aber dann baldigstvon Lepsius[gestenzt]. Der Tag bleibt trübeundschwül. -

Mittwochden16ten April 1845Bußtag. Es wird heut nicht allzuviel ausdemArbeiten, in dessen fördre ich doch etwas an meinem Plan. Der Tag ist schönundklar, besonders der Morgen höchst erquicklich.

Donnerstagden17ten April 1845. HeutVormittagarbeite ich meinen Plan im Freien so ziemlich fertig; amNachmittagfange ich einen andern Plan vom Sinaian, der zueinemBerichtvon LepsiusandenKönig dienen soll. -

Freitagden18ten April 1845. Den ganzen Tag am Planvon Serbalmitdem Wadi Firangearbeitet, den ich in den Bergen fertig bekomme. Am Mittag Abschiedsbesuch vom Belgier.

Sonnabendden19ten April 1845.Vormittagsdie gestrige Sinaikarte fertig gemacht,undamNachmittageine Generalkarte der Halbinsel Sinai angefangen. -46

Sonntagden20ten April 1845. AmVormittagzu Haus gebliebenundnach Tisch im großen Tempel an meiner Ansicht der Säulenhalle gemalt bis gegen Sonnenuntergang. Lepsiusun Ernstsind nach Gurnahinüberundkommen sehr spät wieder; in Luxor[ hatte] Lepsiuseinen Wortwechsel mit IbrahimAgagehabt, der sich einmal wieder völlig besoffen hatte. In diesem Zustande faßte er den dummen Entschluß[,] uns zu verlassen; er nahmseinBetteundseine Sachenundzog nach Luxorab. AmVormittagwar Jussufaus Kennemit einer gemietheten Steinbarke zurückgekehrt, die Lepsiuszu Luxorbesichtigte.

Montagden21ten April 1845. Heut kommt der Ali Agaaus Luxor[,] um in Betreff des Langen zu vermitteln, indessen schien dieser selbst keine Lust zur Rückkehr zu haben,sondernfuhr fort, sich andieFlasche zu halten. - Ich fuhr den Tag über fort[,] an meiner KartevonderHalbinsel Sinaizu arbeiten. -

Dienstagden22ten April 1845. Lepsiusschickt heut dem Langen ein Attestundden übrigen Soldundsomit ist er denn nun aus unsren Diensten. Ernstsiedelt sich heut nach Gurnaüber, um das Einpacken der Steine zu besorgen. Ich fahre in meiner Sinaitischen Karte fort. Der Tag heiß; die Nächte schlafe ich recht schlecht, Wanzen, Käfer, Mäuse, Hitze, Alles trägt dazu bei. -

Mittwochden23ten April 1845. Immer noch meine Kartevom Sinai. Um Mittag liest Lepsiusuns seinen fertigen Bericht an den König über seine letzte ExkursionundseineAnsicht überden Sinaivor. Jussufbesucht den Tag über Ernstin Gurna. Der Lange ist heut nach Kenneabgereist. Der Tag sehr heißundschwül 33°.

Donnerstagden24ten April 1845. An der Karte vom Sinaifortgefahren; der Tag kühler[,] aber sehr windig. -

Freitagden25ten April 1845. Heut wird die Sinaïkarte vollendet, auch Lepsiusist ziemlich mit seinem Abschreiben des Berichtes zu Ende. - Gestern bewunderte ich, sowie heute das unvergleichliche Glühen derwestlichenBerge; es war vollkommen magisch. Der rosenrothe Streif war wie mit zartestem Goldeundveilchenfarbenen Schatten gemaltundhob sich aus dem klaren Himmel, als wäre derselbe ausgeschnittenundman blickte hindurch auf das zarte stille Gluthmeer. 47

Sonnabendden26ten April 1845. Heut fördre ich endlich meine große Situationskarte der Tempelvon Karnakfertig; Gott sei Dank, sie fing an, nur eine sehr langweilige Arbeit zu werden.

Sonntagden27ten April 1845. Heut früh gehe ich mit den Andern nach Luxor, wo ich etwas zeichne, die Andern aber nach Gurnazu Ernstgehen wollen. Schon unterwegs erhebt sich heftigster Wind, Luxorist in einer einzigen Staubwolke. Während die Andern sich einschiffen, setze ich mich im scheußlichsten Staube nieder, um meinen heut frühvon Elisabethempfangenen Brief zu lesen. Während dem aber kommen die Andern zurück, weildasWetter sie anderÜberfahrt hindert. Wir nehmenzusammenein Badundmachen uns dann wieder aufdenRückweg, hier liest Lepsiusdie empfangenen Briefe vor, die viel des Interressanten enthalten. -Nachmittagsschreibe ich sehr eifrig meinen Brief an die Mutterunddas Wetter bleibt den ganzen Tag dickundtrübe, doch legt sich der Wind etwas,und Jussufmacht noch den versprochenen Besuch bei Ernst. -

Montagden28ten Aprillso 1845. Ich arbeite heut am Tempel von Sarbut el Chademodervielmehr ich schreibe Zahlen indengroßenTempel, was mir aber auf das schrecklichste langweilig ist.

Dienstagden29ten Aprill. HeutdenTempelvon Sarbut el Chademundandre Kleinigkeiten gemacht.

Mittwochden30tenApril 1845. Zahlen indengroßenTempel geschriebenundDetails gemessen. Ich fange an, sehr laß zu werden[,] habe immer ein wenig Kopfschmerzenundfühle mich ein wenig herunter. Ich bin des Aufenthalts hier müde. -

Donnerstagden1ten Mai 1845. Himmelfahrtstag. Am heutigenVormittagzeichnet mich GeorgiaufdemKameel sitzend für Elisabeth. AmNachmittaggegen Abend gehe ich mit ihm nach Luxor, obwohl der WindundStaub nicht viel geringer ist als neulich. Dort erwarten wir Max, der seinen Bruder in Gurnabesucht hat. Nach einem prächtigen Bade reiten wirzugleichmit Jussuf, der Castellari besucht hatte, nach Karnakzurück. 48 Lepsiushat heut einen Brief von Abekenerhalten, der manches Interessante enthält. Nach Tisch habe ich meinen Brief an Elisabethfertig gemacht, der mitdenBildernundden Karten nebst Bericht andenKönig morgen miteinemamerikanischenReisenden nach Cairoabgehen soll. -

Freitagden2ten Mai 1845. Ich arbeite heut an Details des hintern TheilsvomgroßenTempel. GeorgimachtmeinBild fertig, was allerliebst geworden. Dann packe ich die Zeichnungen ein,undsie wie die Briefe (an Mutterund Elisabeth) gehen an denAmerikaner, ab. Der Tag ist wieder dunstig, der Abend mit Wolken bedeckt.

Sonnabendden3ten Mai 1845. AufmessenvonSäulendetails indergroßen Halle sowie andrer Kleinigkeiten. Das Wetter ist den ganzen Tag trübe,Nachmittagsregnet es sogar; die Luft ist dickundschwül; ich habe Kopfschmerzen; bin überhaupt in dieser Zeit nicht sehr behaglich; die Nächte sind zu schlecht. Das Mäuse - Ratten -undWanzengeschlecht läßt Einem kaum Ruhe. Nachfolgendes Ungeziefer sucht uns hier in Karnakheim: Wanzen, Flöhe (jedoch nicht viel), Mäuse, Ratten, Hunde, Katzen, Schwaben, schwarze Käfer, Molche[,] Schlangen, Skorpione (ich fand vorgestern einen unter meiner Matte), Mücken, Fliegen (in ziemlicher Unverschämtheit)[,] Kameelläuse, Läuse, Eidechsen, Spinnen, Ameißen, Fledermäuse. - Dabei ist unsrem Fortkommenvonhier leider kein Ende abzusehen. Die Steinpackerei dauert fortundfort, dabei haben wir noch gar keine Barke; Lepsiussucht immer neue Sachen zum Zeichnen auf; ich habe es hier unglaublich dicke! -

Sonntagden4ten Mai 1845. DenVormittagbleibe ich zu Hauseundkopire ein Aquarell von Georgi;Nachmittagsnach Luxormit Georgi; es ist wieder erstaunlich windigundstaubig; trotz dem zeichnen wir eine Ansichtvon Luxor; dann wird gebadetundmit Maxund Jussufzu Hause geritten. -

Montagden5ten Mai 1845.Vormittagsarbeite ich an Säulendetails der großen Halle,Nachmittagsmit Lepsiusangefangen[,] die Ruine zu musternunddie Namen der Erbauer beizusetzen. 48

Dienstagden6ten Mai 1845. Fortgefahren mitdenSäulendetailsundNachmittagsmit der Revision der Bauwerke. Die Sonnenfinsterniß des Kalenders wird vergebens von uns aufgesucht. - Lepsiusist heut nach Luxorundhat dort eine Barke gemiethet für 1300piasterpro Monat.

Mittwochden7ten Mai 1845Durchschnitt des Mitteltheils der großen Halle gemacht. Lepsiushat heut stark die Grippe, Kopf -, Hals -[,] Augenschmerzen; ich hoffe, daß nichts Ernstlicheres draus wird. Ernstist noch immer in Gurnamit Einpacken der Steinbarkeundden daneben noch befindlichen Sachen beschäftigt. -

Donnerstagden8ten Mai 1845. Details der beiden Blumen-Pfeiler imgroßenTempelundvon einigen Säulenstücken, womit ich den Beschluß meiner Arbeiten in Karnakmache. Lepsiusist immer noch sehr unwohl. AmNachmittagbeginne ich die Einregistrirung der Papierabdrücke seit Phylae.

Freitagden9ten Mai 1845. Früh die Städtenamen des Scheschonkabgeklatscht; dann die Registrierung der Abdrücke beendet; nachher Kisten gepacktundin Ordnung gebracht, da wir uns morgen nach Luxoraufmachen wollen. Lepsiusimmer noch unwohl. Diese Nacht schlafe ich oben auf unsrer Halle, um nicht noch zu guter letzt von WanzenundMäusen aufgefressen zu werden. -

Sonnabendden10ten Mai1845. Endlich, Gott sei gelobt, kommt heut unser Aufbruch von dem leidigen Karnakzu Stande; mit 7 Kameelen, die 2 mal gehen, finden wir uns zu Mittag auf unsrer hübschenundgeräumigen Barke sehr behaglich, wenn auch sehr heiß. 2 mal, um Mittag wie Abend ein köstliches Bad genommen. Unsre Barke liegt unterhalb Luxor, etwa 10Minutendavon ab.Nachmittagslegte dicht bei uns eine Barke mit Sklaven an, deren Führer uns um Augenwasser bat. Etwa 4 schwarze Sklavinnen,und5 - 6 abyssinische, auch einige Knaben waren darauf; 2 der Abyssinierinnen, eine kleineundeine große recht hübsch. Ferner wareinjunger Löwe, einkleinerAffe AbelaiundeinekleineZiegevonober Kartumauf der Barke. Lepsiuswar unterdessen nach Luxorgeritten. 50

Sonntagden11ten Mai 45. Pfingstfest. Unglücklicherweise biß ich heut früh aufmeinenhohlen Zahnundbin dafürdenganzen Tag mit ZahnschmerzenundKopfweh behaftet; übrigens habe ich die vergangene Nacht nach längerer Zeit einmal wieder recht gut geschlafenundhätte es noch besser, wenn nicht der junge Schakal, den wir besitzen, unsinnigen Lärm gemacht hätte[,] bis wir ihn hinaussetzten. - Lepsiusist fast ganz gesund. - Mittag Bad; der Tag wieder sehr heiß, ich habeNachmittagsum ¼ 6 Uhr 33 ½° Hitze. - Ernstaus Gurnaist heut bei uns. - Gegen Abend Spatziergang nach Luxor.

Montagden12ten Mai 1845. Früh mitdenAndern zum Tempel, den ich aufzeichneundamNachmittagauszumessen beginne; Mittag essen wir imkleinenGarten am Nil. - Der Tag sehr heiß.

Dienstagden13ten Mai 1845. Ich beende heut das Ausmessen des Tempelsvon Luxor. - Der Tag ist wieder erstaunlich heiß. Mittags wie Abends wird jetzt wieder regelmäßigeinBad genommen.

Mittwochden14ten Mai 1845. Ich zeichne aufderBarke; wir habenNachmittagsin unsrer Kajüte circa 38°unddraußten im Schatten 36 ½°.

Donnerstagden15ten Mai 1845. Fortgefahren aufderBarke zu zeichnen; Es ist aber wieder erstaunlich heiß;Nachmittagstriefe ich förmlich; es wird 3 mal gebadet. - Es kommt heuteinBriefvon Abeken, der am 12tendesMonatsvon Cairoabreisen wollte; auch die ZeitungsinseratebetreffendQuast laufenendlichein, jedoch keine Briefe ausderHeimath weiter. Da wir keine 2te Steinbarke auftreiben können, beschließen wir, bis Kennealle noch übrigen Steine in unsreunddie erste Steinbarke zu schaffen,unduns womöglich morgen dorthin aufzumachen. - Einstweilen wird das Einpacken in unsre Barke schon begonnen. - Jussufbetreibt dasselbe drüben. -

Freitagden16ten Mai 1845. Heut wird mit Leuten aus Gurnadas Einpacken der Steine befördert. Lepsiusist hinüber nach Gurna. Ich gehe früh noch einmal zum Tempel nach Luxor, um Kleinigkeiten zu revidiren; - Ernstist seit vorgestern wieder mit uns zusammen aufderBarke. -VormittagskommtHerr Wardi. Gestern schenkte uns LepsiusJedem einen Skarabäus mit unsern Namen, gefertigt ausdemglasierten Stein:[Hammer], eine Art Talkstein oder Speckstein. - Lepsiuskommt erst etwa um 4 Uhr51 von Gurnazurück. - Dann Bezahlung der Arbeiter hierundvon Gurna, wie unsrer Wächter. Dann reitet Lepsiusnoch nach Luxorzu Castellari; der alte Wardinimmt Abschiedvonuns. Vor der Abfahrt noch einmal ein Bad genommen, dann etwa um ¼ 7 Uhr abgefahren; indessen dauert die Freude nicht lange; nach ½ Stunde mußten wir heftigen Gegenwindes wegen wieder anlegen, nachdem wir etwa 1000 Schritt abwärts gekommen waren. -

Sonnabendden17ten Mai 1845. Vor Sonnenaufgang bei stillem Wetter aufgebrochenundnacheinerhalben Stunde an unsrer Steinbarke angekommen, die ich denn zum erstenmale ansehe. Unser guter Aischebegleitet sie; ferner unser Gipser Hussen, der in SiutGips brennenundmahlen soll. - Heut erst, kannmansagen, verlassen wir Thebenundes schwinden allmählig seine Berge. Um etwa ½ 11 Uhr kommen wir nach SchenhuramrechtenFlußufer, wo sich Lepsiusun Maxaufmachen, um einen dortbefindlichenTempel aufzusuchen. Der Ort liegt ½ Stunde vom jetzigenniedrigen Nil. Wir Übrigen bleiben hier anderBarke, macheneinenSpatziergang den Fluß entlang nach einem Palmenwäldchen, sitzen dorteineWeile im Schatten der Bäumeundmachen uns dann aufdenRückweg. Vor - wieNachmittagsarbeite ich etwas anmeinemPlanvon Luxor. Um ½ 4 Uhr etwa kommen die Andernvonihrem Ausflug zurück; es steht dort nochdieZella eineskleinenKaisertempels. - Gleich darauf Abfahrt. Die meist hohen (an 20[ Fuß]) Ufer, an denen wir hinfuhren, wurden durch 3[,] ja sogar 4 übereinanderliegende Schadufs an unzähligen Stellen bewässert. Nackte Fellahs schöpfen hier wie in denSielender Danaiden. Mit Sonnenuntergang angehalten, um zu baden, dann zum nahen Dorfe Negade gefahren, wohin Syrianvorausgeschickt war, um Caffee zu kaufen. Wir müssen hier wohl 2 Stunden auf ihn warten, dann fahren wir in hellstem Mondscheinundruhigem Wetter noch etwa bis ½ 11 Uhr Abends. -

Sonntagden18ten Mai 1845. Der Tag ist heut sehr windig,undwir müssen etwa um 10 UhrVormittagsanlegen, weil wir gar nicht weiter kommen. Lepsiusreitet unterdessen nach Guft, wo wir noch sind, um nach dortbefindlichenSteinen zu suchen. Wir Andern macheneinenkleinenSpatziergang am Ufer entlang. Langer EselrittvonArnauten in abentheuerlichem Kostüm nebst 2 Mädchen, wie es schien, öffentliche. - Die Männer hatten meistdasganze Gesicht bis aufdieAugen verbunden, vielleicht des Windes wegen; nachher erfuhren wir, die Leute wandertenvonOrt zu Ort, um ihre Tanz -undMusikkünste zu zeigen; inderThat sahen sie aus wie eine Schauspielerbande. -- Um ½ 2 Uhr kehrte Lepsius,52 der bei Koft mehreres Neue gefunden[,] zurück,undda sichderWind inzwischen fast ganz gelegt hatte, so rückten wir munter vorwärts. Am Abend gegen 9 Uhrendlichlangten wir an unsrer Steinbarke gegenüber Kenneanundfuhren auch trotz der Seichtigkeit des Wassers, die uns Noth machte, noch inderNacht aufdasUfervon Kennehinüber.

Montagden19ten Mai 1845. Heut früh machte ich mich mit Ernst, Maxund Georginach dem ¼Stundeentfernten Kenneauf, was wir mitgroßemInterresse nach allen Seiten durchstrichen; es ist doch eine der lebhaftestenundbedeutendsten Städte Ägyptens. Wir gingen zu einem Gullendreher, dem wir mitgroßemVergnügen zusahen. Dann überdenBazar, der durch ein langes neues Gebäude, was grad im Bau begriffen war, sehr erweitert wurde; das mit weißenundbuntgefärbten Hölzern im[Unterwerk]verzierte Portal, machte mir viel Spaß; die Arbeit ward aber mit viel SauberkeitundAkkuratessegemacht. - In einem Caffee ließen wir uns nieder, tranken Kaffee, rauchten eine gute Schischaundbetrachteten die vorüberwandernden Leute.TürkischeundgriechischeGesichter. Melonenhandel eines Arnautenundeines Fellah wider des Letzteren Willen. - AufdemMarkte wieder einen völlig nackten Fakir gesehen, in einer HanddiePfeife, mitderAndern sichdieSchaam zuhaltend; daneben verhüllte Weiber, unverhüllte Freudenmädchenundverschiedenartigste Phisiognomien des Volks.Endlichbrachen wir wieder zum Schiffe auf, bekamen hiereinenBesuchvomalten Seid Hassenundfuhren um ½ 12 Uhr grad über andasUfervon Dendera. AmNachmittagritten wir sämmtlich zu dem eine starke ½Stundevom Ufer entfernten Tempel, dessen vordere Halle durch ziemliche Reinlichkeit, HelligkeitundWohlerhaltenheit immer neu ansprichtundimponirt. - Ich verglich heut den sehr gutundrichtig aufgenommenen Plan derDéscriptiondel’Egypte. - Die Skulpturarbeit an manchen Stellen dieses Tempels, besonders den hinteren Außenwänden ist mit einer unglaublichen MüheundSauberkeit gemacht, der inderThat fast keine andre Zeit gleichkommt, hätte nur dieser Kaiserstyl im Übrigen mehr Geschmack. Die Hitze heut war sehr groß,undChamsinluft lag wie Blei in unsren Gliedern. Bei unsrer Zurückkehr zum Fluß Bad.

Dienstagden20ten Mai 1845. Früh wieder alle zum Tempel; die Hitze erstaunlich,unddie Bleiluft liegt wieder in unsren Gliedern. Ich nehme heutdas Typhoniumnoch einmal auf,undvertrödle eigentlichdieZeit ein wenig. Gleich nach unsrem Mittagsschläfchen53 reite ich zum Schiffe zurück, wo ich um 5 UhrNachmittagsin meiner Kajüte noch 36°, haußen 34° Hitze fand; das Nilwasser war 22 ½°. - Dafür entwickelte sich heut Abend um 10 Uhr aber der wahre Chamsin, der die Luft ineinendicken Schleier einhüllte.

Mittwoch den 21ten Mai 1845. Der Tag windig; die Sonne durch die dicke Luft kaum recht zu sehen. - Ich bleibe heut aufderBarkeundmache amVormittagmein Blattvom Luxortempelfertig. AmNachmittagbeginne ich das hiesige Typhonium. -

Donnerstagden22ten Mai 1845. Mit den Andern zum Tempel gerittenunddort abgeklatscht. - Heut gegen Abend einewahrscheinlichtotaleMondfinsternißbeobachtet.

Freitagden23ten Mai 1845. Wiederum im Tempel abgeklatscht. Gestern war die 2te Steinbarke genommen worden,undheut Mittag sind beide, nachdem die Steine in die neue eingepackt, nach Cairoabgegangen. -

Sonnabendden24ten Mai 1845. Ich bleibe aufderBarkeundarbeite an der Zahleneinschreibung alter KarnakBlätter. - Das Wetter ist seit einigen Tagen ein wenig kühler, wenigstens luftig. Täglich Bad.

Sonntagden25ten Mai 1845. Um baldmöglichst zu endigen[,] ward beschlossen, heut zu arbeiten,undda noch Einzelnes abzuklatschen war, machte auch ich mich noch einmal zum Tempel auf; frischer erquicklicher Morgen! - Bis Mittag wurden wir sämmtlich mit unsrer Arbeit fertigundum Asser kehren wir zur Barke zurück; Bad; dann auf die Seitevon Kennehinübergefahren, weil Lepsiusdort noch seine Abschiedsbesuche machte. Ausgestopftes noch stinkendes Krokodill betrachtet[,] etwa 8 bis 9[ Fuß] lang. Um ½ 6 etwa kehrte Lepsiuszurückundbald darauf fuhren wirvon Kenneab[,] jedoch bei so heftigem Gegenwinde, daß wir bald wieder anlegen mußten; auch ward Gullenerde mitzunehmen vergessen, weshalb noch einmal zu Seid HussenindieStadt geschickt werden mußte. - Spät verstärkte sichderWind noch außerordentlich.

Montagden26ten Mai 1845. Schon inderNacht bei Mondschein, wodasWetter stiller geworden, brechen wir wieder auf,undnachundnach verschwinden auch die Bergevon Kenne. Links fern auf eine Strecke die Wüste ganz andemFlußundhier messen54 wir die Höhe des Nilsteigens, da jetzt so ziemlich der niedrigste Wasserstand. Das Steigen der höchsten Jahre findet sich 7,78mètres, also etwa 23[ Fuß]; das Steigen dermittlerenJahre circa 1,15mètresgeringer; - das Plateau der anstoßenden Wüste etwa 4 ½mètreshöher.InterressanterHammelkaufvondem〈…〉〈…〉 Weibe (für 13piaster);da der Wind amNachmittagauf das Heftigste zunimmt, auch ein Ruder bricht, müssen wir aneinerSandinsel anlegenundetwa 2 Stunden warten, hier gebadet. Gegen Abend noch etwas gefahren, doch aber kein großes Stück gefördert.

Dienstagden27ten Mai 1845. Mit dem Frühsten wieder aufgebrochen,undbei leidlicher Stille bald biszumStädtchen Hauauf demlinkenUfer gekommen, wo wir aussteigen; Lepsiusreitet nach etwas ferneren Gräbern, die sich hier (gebaut!) vorfinden sollen; wir Andern marschiren nachderStadt, um dort Tempeltrümmer aufzusuchen. Die Stadt steht ganz aufdenalten Schutthügeln, sieht elendunderbärmlich aus, hat aber 2 Moscheen, deren eine im Innern sehr malerisch aussieht. An Ruinen finden wir nur noch einige Granitblöcke vor; wir gingen umdasStädtchen herum, wobei ein höchst malerischer Schech uns auffiel; dann zur Barke, die indessen uns nachgefolgt war. Lepsiuskam auch bald zurück, man hatte die Steine der Gräber fortgetragenundfür Brücken verwandt. NacheinemBade fuhren wir fortunddasWetter begünstigte durch Windstille uns außerordentlich, so daß wir noch heut Béliane, wo der Weg nach Abydosabgeht, erreichen konnten. -

Mittwochden28ten Mai 1845. Früh um 7 Uhr etwavomSchiffe nach Abydosaufgebrochen; Maxund Georgigehen direkt mit einer Meßleine, wir 3 Andern am Nilentlang, um die Ausmündungen derverschiedenenKanäle zu beobachten;endlichich mit Ernsteinen graden neueren Kanal, der nach Arabat Metfuniführt, während Lepsiusden alten weiter reitet. Auf unserm Wege eine Uräusschlange (etwa 4[ Fuß] lang) gefunden, die wirzwischendie Erdspalten verfolgen,undals sie sich ebenköniglichaufrichtet,von ErnstaufdenKopf getippt wird; wir nehmen sie als Trophäe mit. Sehr ermüdet auf meinem miserablen Esel (ohne SteigbügelundZaum) kom55 men wir um ¼ 12 Uhr beim Tempelvon Arabatan, wo wir Maxund Georgischon vorfinden; Lepsiuskommt ¼Stundespäter. -Nachmittagsbeschäftige ich mich erst miteinerflüchtigen Aufnahme des kleineren Tempelunddann mit einerdergleichenvon dem ganzen Ruinenfelde mittelst Abschreiten einer HauptlinieundCoordinaten. - Um 6 Uhr mit dieser Arbeit fertig, wo wir denn wieder nachderBarke aufbrechen. Ziemlich zerschlagen kommen wir dort um 8 Uhr an. Der Weg beträgt netto 1 1 / 3 MeilevomFluß bis zur Wüste. - Der Tag ermüdendunddabei sehr heiß. -

Donnerstagden29ten Mai 1845. Frühvon Bélianeaufgebrochen. - 3 Schiffer sind hier ausgekratzt, weil sie wohl zu viel Arbeit hatten. - Den ganzen Tag außerordentlich viel Gegenwind, so daß wir nur höchst unbedeutend vom Flecke kommen; die geringe Mannschaft trägt auch das Ihrige dazu bei. - Gegen Abend holt uns ein Sklavenschiff ein; die Barke kleiner als die unsrige;unddoch waren außer der Schiffsmannschaftundden Aufsehern, 100 Sklaven (50 Knabenund50 Mädchen) darin; es war eine wahre Ladung Menschenfleisch; fast alle aus Kordofan, lustiges Volk; die Jungen waren ausgeladenundzogen in langer Kette das Tau des Schiffes. Gegen Sonnenuntergang kamen wir nach Girge, was sich von fern schon mit seinen 8-9 Minarets großartigundmalerisch ausnahm. NachdemEssen wurden die Wachtfeuer der Sklaven, die neben uns angelegt, besichtigt. Die Mädchen rührten ihren Kuskussu überdemFeuer in großen TöpfenundKesseln einundbildeten die interessantesten Gruppen; hier sah man wieder die Schurze wie oben bei Kartum; die Knaben lagen umher, so daß man sich in Acht nehmen mußte, darauf zu treten;Nachtslagen sie reihenweis auf untergelegten Strohmatten; die Mädchen, worunter auch einige ältere, schliefen wohl inderBarke.

Freitagden30ten Mai 1845. Wir kommen so früh nicht fort. Der Reis sucht nach Leuten, findet aber nur einen halb blinden. Unsre Sklaven finden wir gegen Sonnenaufgang schon wieder in Thätigkeit. InderBarke reiben die Mädchen auf SteinentürkischenWeitzen, wie es mir scheint, zu Mehl, aufdemLande wird gekochtundBrod gebacken. Ernst, Max[,] Georgiundich machen56 einen Spatziergang indieStadt, die vielleicht zur Hälfte schon von dem Fluß weggespült ist; entlang dem großen Bogen, den das Ufer hier bildet[,] sind die Häuser schon verlassenundbilden halb zerfallene Ruinen. Girgeist die ältestechristlicheColonie; einlateinischesKloster istvomStrome entführt, ein koptisches besteht noch. Die Moscheen sind zum Theil sehr hübsch, alt,vonbyzantinisch arabischem Styl gebaut. Der Bazar ist großundbietet die malerischsten Einsichten, leider waren die kleinen Butiken noch fast alle geschlossen; aber die Caffeeinhaber fanden sich schon auf ihren Plätzen. - Außerhalb der Stadt schien eine Fabrik zu liegen. Nach der Rückkunftvondiesem Spatziergang nahm ich ein Badundgegen 9 Uhr endlich kamen wir bei ziemlich starkem Gegenwinde zum Aufbruch; bald nach uns auch das Sklavenschiff. Im Vorbeifahrenvorder Stadt hatten wir noch prächtige Blicke in die Höfe halb abgerissener Häuser. Der Wind wurde allmählig geringerundhörte amNachmittagfast ganz auf[,] so daß wir wieder ein hübsches Stück förderten. - Gegen Abend ward noch einmal eingehalten, um zu badenundgegen 8 Uhr etwa langten wir beim Städtchen Echminan, was schonvonferne mit seinen 2 Moscheen vor uns aufragte. Wiederum neben der Sklavenbarke etwas unterhalbderStadt ward angelegt. -

Sonnabendden31tenMai 1845. Lepsiusund Ernstgehen ein wenig voraus, wir 3 Andern folgen nach dervondemFluß etwa 5Minutenentfernten Stadt nach. Wir wandelten über den Bazar, der weniger bedeutendundpittoresk ist, als der von Girge; oberhalb nebenderStadt schließt sich ein bedeutenderarabischerKirchhof an,undhier finden sich die hohen Schutthügel der alten Stadt des Chuphis, an denen auch die letzten BlöckevoneinemTempel liegen. Nur 1 Königsname war hier unsre Ausbeute; ein wenig weiter befindet sich aber noch ein gewaltigerKalksteinBlock, ein Thürarchitrav mit einer großengriechischenDedikationsInschrift, die mühsam studiertundabgeklatscht wird. Um ¾ 11 Uhr waren wir aufderBarke zurück; die Schiffer hatten inmittelst ihre Mehlvorräthe fertig gemahlenundso brachen wir auf, um eine gute ½ Stunde weiter abwärts an der andern Flußseite wieder anzulegen. Hier sollte sich ½StundevomFluß ein zerstörter Tempel finden,und Lepsiusmit Maxmachten sich nachdemMittagsessen57 dorthin auf. Sie kamen aber erst sehr spätundim Finstern zurück[,] hatten einen sehr beschwerlichenundweiten Weg gehabt, im Gebirge beschriebene Grotten der 6ten Dynastie gefundenundwarenendlichzu dem Tempel gekommen, wo aber die quaesti Steine nicht mehr vorhanden waren. Lepsiuswar empört überdieDummheit oder VerschmitztheitundUngefälligkeit des Volks hier, die überhaupt als schlechtunddiebisch verrufen sind. Die Hitze heut war sehr drückend, ich hatte 32° amNachmittag;2 mal ward gebadet. - Um 8 Uhr Abends etwa fuhren wir abundda das Wetter ziemlich still blieb, die ganze folgende Nacht durch.

Sonntagden1ten Juni 1845. Heut früh finden wir uns nicht mehr allzu weitvon Tachta, was nicht dicht am Flusse liegt, und was wir daher unbesehen passiren; das Wetter ist schönundstill,unddie Fahrt geht daher gut vorwärts; um Mittag landen wir auf ¼ Stunde bei Gau el Kibir, wo ehemals ein großerundschöner Tempel stand, von dem aber jetzt auch nicht die leiseste Spur mehr zu sehen ist; der Strom, der sich hier herübergeworfen[,] hat Alles weggenommen; jetzt ist es wie ödes Gestade ohne Palmen; das Dorf liegt etwas mehr nachdenBergen zu. In diesen zeigen sich Grottenlöcher. - Gegen Abend, vielmehr inderNacht erhebt sich Wind, so daß wir sehr langsam vorwärts kommen. - Ich arbeite heut etwas am Planevon Abydos.

Montagden2tenJuni 1845. Der ganze Tag außerordentlich windig, so daß wir etwa um 3 Uhr nur bis zum Dorfe M’hehlunweit Abutigékommen,unddort biszumAbend liegen bleiben. Einen kleinen Spatziergang durchdasgut gebaute, sogar mit graden Straßen versehene Dorf gemacht; Zigeunerinnen betrachtet, die uns wahrsagen wollten; dann gebadetundam Ufer deninteressantenWechsel der Esel, Kameele, Pferde, Büffel; der Wasser holenden WeiberundSchlauch tragenden Männer, der überfahrenden Zuckbarken etc. gemustert; ein unermüdbares Schauspiel. - AmVormittagden Plan von Abydosfertig gemacht. -

Dienstagden3ten Juni 1845. Obwohl wir in der Nacht gefahren sind[,] haben wir doch nur wenig gefördert,undda heut der Tag wieder58 sehr windig ist, kommen wir nur wie die Schnecken weiter. Erst amNachmittagum 5 Uhr langen wir bei Siutanundfinden dort Zeitungen, aber keine Briefe vor, was wiedereinStrich durchdieRechnung ist. Heut Abend spatzierten wir nur am Ufer entlangundweilten etwas ineinemCaffee daselbst, deren eins neben dem Andren hier aufgereiht stehen. Die neuen Zeitungen geben jetzt wieder neuen Stoff. -

Mittwochden4ten Juni 1845. Auf dem wohlbekannten Weidendamm ritten wir heut früh nachderStadt, während Lepsiusun Jussufsich zueinemBesuch beim Pascha vorbereiteten. Wir durchstrichen Bazar wie Stadt in allen Richtungen. Siuthat etwa 7 Minarets, ist nicht übel gebautundsehr lebhaft. Nachher zum Gartenvon IbrahimPaschaseitwärtsvonderStadt, den wir jedoch mit seinen vielen Baulichkeiten verlassenundgänzlich im Verfall fanden. Lepsiuskam uns hier nach[,] da er den Pascha noch nicht aufgefunden. Wir hielten uns hier etwas auf unter einer feinriechenden blühenden Akazie, wo MaxSaamen sammelte; dann ritten wir zumtürkischenGottesacker neben dem Gebirge, einem der merkwürdigsten, den ich je gesehen. Zackige Mäuerchen

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, weiß übertüncht[,] umgeben die Gräber, Sitzbänke, gemauert, liegen daran, Aloe’s sind aufdenGängen gepflanzt, Kuppeln dazwischen,undso bildet sich ein wahres Labyrinth gar seltsamundbunt anzuschauen. Nachher noch einmal indiegroße Grotte aufdemBerge, umdieLandschaft zu überschauen, die diesmal freilich nicht so schönundgroßartig war, wie zu Zeiten des Hochwassers, wo Alles ein einziger See war. Große Fledermäuse, über 1[ Fuß] lang mit ausgebreiteten Flügeln, wurden inderGrottevonuns gejagt, ohne jedoch eine zu kriegen. Von hier noch einmal über den wimmelnden Bazarundso nachderBarke zurück. Um ½ 11 Uhr begleitete ich inderPaschalichen Barke LepsiusmitdemDragoman des Pascha nach dem etwa 1 Stunde aufwärts gelegenen El Bosra, um dort die Alabaster-Niederlage zu besichtigen. In ¾Stundenbrachte unsdergünstige Wind hinauf. Wir besahen hier die Blöcke, die Schneide59 anstalt, das Poliren der Tischplattenundandrer Gegenstände, wie Leuchter, Vasen zu Springbrunnen pp., letzteres sehr plump. LepsiuskaufteeineTischplatte, etwa 2 m im[ Quadrat], einseitig polirt, für den[,] wie es uns vorkam, sehr hohen Preis von etwa 16Reichsthalernunsres Geldes; außerdem einen Fingan nebst Serf aus Alabaster für etwa 9[ Reichsthaler], ein unsinniges Geld. Batich gegessenundCaffee getrunken, dann noch ein nahes Klosterundalte Stadtruinen besichtigtunddann wieder aufgebrochen; in 5 / 4 Stunden mit unsren 18 Ruderern trotz heftigsten Gegenwindes wieder bei unsrer Barke angelangt. Wir bleiben noch bis 10 Uhr Abends hier, wo die Geldgeschäfte erst inderStadt beendigt waren, was dann nocheineStreitscenezwischen Lepsiusun Jussufgab. AlsderPaschadenVerkaufderPlatte hörte, schickte er an Lepsiusdas Geld wiederundbat[,] es ihn als Geschenk zu nehmen, schickte auch noch einige andre Kleinigkeiten. Die Bezahlung überließ Lepsiusan den Dragoman. -

Donnerstagden5ten Juni 1845. Nachdem wir den größten Theil der letzten Nacht durchgefahren, gelangen wir heut Mittag um 1 Uhr etwa nach Monfalut, dem Sitze eines Mudirs. Wir bleiben denNachmittagunddie Nacht hier, theils des Windes wegen, theils umeinenZettel für Tell a marnazu erhalten[,] damit das ErlangenvonNahrungsmittelnundWächtern uns erleichtert würde. Unterdessen hatten wir hinlänglich Zeit[,] uns inderStadt umzusehen; sie liegt dicht am Fluße, von demselben in ihrer ganzen Länge benagt, so daß die daran stoßenden Häuser Ruinen sind. Der Bazar im Innern aber ist sehr lebendig, keineswegs unbedeutend,undwie immer höchst malerisch:dergleichenisteinAnblick, dessen man nie müde wird. Vor einem Kaffeebutikchen ließen wir uns nieder, rauchteneineSchischaundbetrachteten dieunendlicheMannichfaltigkeitorientalischenLebensundTrachten; neben uns ein Bartscheerer, gegenüber ein Nußhändler. - Heut Abend Orangenthee getrunken. -

Freitagden6ten Juni 1845. Früh schon im Dunkelnvon Monfalutabgefahren;Vormittagsder Tag ziemlich ruhig. AmNachmittagunweit Kisserwurde uns ein Krokodillvon5 ½[ Fuß] LängevonSchiffern angeboten, die es anderAngel herausgezogen hatten; es war für60 uns Alle sehr interessant. Für 15piasterkauft es Lepsius. - Der Tag war zu windig, um noch heut in Amarnaanzukommen, ein Paar Stunden davor bleiben wir liegen.

Sonnabendden7ten Juni 1945. Vor der Sonne aufgebrochenundetwa um ½ 7 Uhr bei Haúataangelegt. Hier sind seit dem letzten Aufstande vor 2 Jahren 30 Albanesen von Ibrahim Pascha, dem diese ganze Gegend[,] 35 Dörfer (obwohl abgabenpflichtig)[,] zugehört, einquartirt. Mehrere Fellahs halten sich seit jener Zeit immer noch in den Bergen verborgenundkommen nur wie das Wild in der Nacht anverschiedenenOrten zum Flusse! - Da es uns zu lange dauerte[,] bis die Esel, nach denen weit geschickt werden mußte, ankamen, machten wir uns, nachdem Lepsiuslange vorangeritten, zu Fuß auf den Weg nachdenGräbern, die anderHinterwand des mächtigen Thalkessels an niedrigen Ausläufern des Gebirges gelegen sind. Der weite Weg, auf dem wir etwa 1 ½Stundenzubringen mochten, ward mir sehr sauer. Nur 3 Gräber waren zugänglich, doch war ich nur in zweien, davon das Eine eine doppelte Säulenstellung hatte; sie sind alle nicht vollendetundnur einzelne Wandtheile beschriebenundselbst diese ziemlich zerstört. Statt der Kartevondieser ganzen Gegend, habe ichdieAufnahme der Stadtruinen übernommen, während jene Lepsiusmacht; ich hatte somit andenGräbern nichts weiter zu thunundritt bald nach unserm Mittagsessen nach Hause. Starke Kopfschmerzen am Abend, hauptsächlich der blendenden Sonne wegen. -

Sonntagden8ten Juni1845Nach gutem Schlaf waren meine Kopfschmerzen verschwunden. Nach unsrer Andacht machte ich mich zu dem etwa 1 Stunde entfernten Ruinenfelde auf,undbegann hier abzuschreiten, aberdieArbeit wurde mir unendlich sauer, sowohl körperlich ermüdend als geisttödtend; um 12 Uhr mußte ich aufhören, da ich völlich schachmatt war; das mangelhafte Reiten aufdenschlechten Eseln ermüdet auch sehr. - Unser Krokodill ist inderNacht gestorbenundunser Fakir beschäftigt[,] es auszustopfen. Mit LepsiusMittag gegessen, nach Tisch BesuchvomNasir hieselbst. 61Der Tag sehr heißundwindig, wie gestern[,] wo es eigentlich noch windiger war. -NachmittagsundAbends wie gewöhnlich Bad. -

Montagden9ten Juni 1845. AmVormittagmit der Aufnahme der Ruinen fortgefahren,NachmittagsaufderBarke gezeichnet. Die Zeichner werden mitdenGräbern hinten fertig,undhaben morgen nur noch an einigen Steelen zu thun. -

Dienstagden10ten Juni 1845. Ich bleibe heut zu Hauseundarbeite an meinem Ruinenplan. Lepsiuswar ausgeritten; die Andern wurden mit ihren Arbeiten zu Mittag fertigundwir machten uns bereit[,] immer mitderBarke stromabwärts nach El Tellzu fahren, alseinBotevon Lepsiuskam, der inderWüste plötzlich schwer erkrankt war,undmich zu sich entbieten ließ. Schon vorher hatte er her geschicktundsich BurnusundCapott holen zu lassen, was wir uns gar nicht recht erklären konnten. Nun aber vermutheten wir, er habeseinenHexenschuß; Ernstbegleitete mich, wir nahmen sein Betteundein Angareb mitundsetzten uns so nachderWüste in Marsch. Dort, 1 Stunde in der ödesten Wüste fanden wir Lepsiustodtmatt im Sande ausgestreckt; 2 Diener hielten den Burnus über ihm, um Wind, SandundSonne abzuhalten. Eine heftige Brechruhr hatte ihn in wenig Stunden gänzlich heruntergebracht, der Puls schlug kaum fühlbar; grad aberbeiunsrer Ankunft hatte ErbrechenundDiarrhoe nachgelassen, nur die Leibschmerzen kamen periodenweise; da war nichts weiter zu thun, als ihn aufdemAngareb nachderBarke zu tragen[,] was von den mitgebrachten Schiffern geschah; ein Burnus ward gegen die Sonne über ihm gehaltenundso ging es in einzelnen Absätzen fort, ein seltsamerundtrister Zug. Indessen ging Alles über Erwarten gut; die Ruhr hatte aufgehörtundschon aufdemSchiffe fühlte er sich bedeutend besser; etwas Rothwein, ein Fußbad, ein wenig Schlaf stärkten ihn sehr,undwir erholten unsvondemgehabten Schrecken. Auch Jussufwar heut krank, Diarrhee, die ich mit Abführ -undBrechmittel zu dämpfen suchte. - NachdemAbendessen fuhren wir im Mondschein in etwa 2 Stunden nach El Tell, wo wir um 10 Uhr anlangten. -

Mittwochden11ten Juni 1845. Mit LepsiusBefinden geht es sehr erwünscht; er hatte gut geschlafenundwar inderNacht nur 2 mal aufgewesen. Auch Jussufist leidlich. Ich fahreVormittagsmit62 dem Ruinenfelde fort,Nachmittagsmit Auftragen des Vermessenen, die Andern sind oben indenGräbern, Lepsiusist aber vernünftiger Weise heut nicht aus gewesen. - Die Tage jetzt nur stark nordwindig, so daß wir nur AbendundMorgens früh zum Fahren benutzen können. -

Donnerstagden12ten Juni 1845. Fortgefahren mitderAufnahme des Ruinenfeldes;NachmittagsinderBarke gezeichnet; Lepsiusist wieder ganz hergestellt.

Freitagden13ten Juni 1845. Heut beende ich meine Aufnahme der Ruinen. -

Sonnabendden14ten Juni 1845. InderBarke gebliebenundgezeichnet. AmNachmittagcirca um ½ 6 Uhr kommen die AndernvondenGräbern, wo sie fertig gewordenundnach genommenem Bade fahren wir endlichvon El Tellab beiziemlichruhiger Witterung. Zum Abendessen eine Flasche Champagner getrunken. -

Sonntagden15ten Juni 1845. Morgens finden wir uns bei der Zuckersiedereivon Roda, aber der Wind, der in der Nacht sehr heftig war, fängt schon am Morgen wieder an, so daß wir wie die Schnecken vorwärts kommen. - AmNachmittagkommen wir indieGegendvon Beni Hassan, deren ehedem leicht zugängliche Gräber jetzt durcheinbreites Sandfeld auf ½StundevomFlusse ab liegen. Deshalb gehen wir übrigen nicht hinauf,sondernnur Lepsius[,] der schon lange vorher aussteigt, während wir mitderBarke uns langsam weiter trödelnundendlich an demgroßenSandfelde anlegen, wo wir dann Lepsiusabwarten; hier nahmen wir nocheinBadundfuhren dann weiter. -

Montagden16ten Juni 1845. Der heftige Nordwind bei TagundNacht verläßt uns nichtundmacht unsre Reise höchst langweilig; die Mannschaft des Schiffes ist zu schwach; der Reis ohne AutoritätundEnergie[,] obwohl sich selbst halb todt arbeitend. Schon früh sehen wir nicht allzuweit das Städtchen Minietvor uns liegend, aber erst etwa um 2 Uhr erreichte es unsre Barke. Lepsiuswar bei Kom achmar63ausgestiegen, um noch einige Gräber aufzusuchen, auch wir stiegen etwa 1Stundevor Minietausundwanderten dieselbe zu Fuß, während die Barke nachkam. Freundlicher Anblick der Gärten vorderStadt; Zuck wie Basar vorhanden, aber ziemlich unbedeutend. IneinemCaffee uns erholtundSchischa geraucht. Dann am Flußufer hingegangen, was seit 2 JahrenvomFlusse so gelitten hat, daß das damals besuchte Kaffeehaus dem Einfall nahe war. Große Steinpackung[,] die man jetzt dagegen anwandte; Besuch der höchst malerischen Moschee mit denrömischenKapitälenundSäulen,wahrscheinlichaus dem nahen Antinoëgenommen; auch sie stand am Rande des Verderbens. Nochmals zum Bazar, wo wir Jussuffinden, uns Brodt, BatichundLimonen kaufendunduns abermals in einem Flußkaffee niedergelassen. Unterhaltung miteinemTürken aus der Nähe der Fürstenthümer. Lepsiusfindet uns hier aufundwir warten dann gemeinsam aufdieBarke; er hatte keine neuen Grotten drüben gefunden. - DenNachmittagmacht Lepsiuseinen Besuch beim hiesigen Bey[,] um noch mehr Schiffervonihm zu erhalten; ich blieb aufderBarke; Tränken der Militärpferde, wohl an 50undmehr,vortrefflicheThiere. Am Abend erhalten wirendlichnoch 5 Leute, 4 Berberundeinen Reisundhiemit begnügen wir unsundfahren noch am Abendvon Minietab, müssen aber des heftigsten Windes wegen sehr bald wieder anlegen. - Abends einen delikaten Punsch gemacht. -

Dienstagden17ten Juni 1845. Unser Kampf mitdemNordwinde dauert auch heut fort, durch die vermehrte Mannschaft geht es aber ein klein wenig besser; um 9 Uhr etwa finden wir uns bei Techne,undfördern den übrigen Tag nur etwa bis Surarie.

Mittwoch den 18ten Juni 1845. Unser Fortkommen während der Nachtunddes ganzen Tages ist kaum auf wenige Stunden zu rechnen. Der Wind ist unermüdlich,undrastet selbst nicht mehr MorgensundAbends.

Donnerstagden19tenJuni 1845. Heut setzt sich dem unseligen Gegenwinde die Krone auf; der ganze Tag ist in Sand gehüllt, wir müssen den größten Theil des Tages liegen bleibenundrücken nicht einmal ganz bis Abu Girgevor. 64

Freitagden20ten Juni 1845. Gegen gestern ein klein wenig gebessert mit der Witterung; die Nacht leidlich ruhigundso auch ein großer Theil des Vormittags. Das bringt uns denn amNachmittagbis Malatiegegenüber, wo der Wind so heftig wird, daß wir für heut anlegen, zumal am Steuer etwas entzwei geht, was reparirt werden muß.

Sonnabendden21ten Juni 1845. Nachdem wir gestern Abend noch bis zu Ruinen, die zwischen El Feutund El Feshnaufderrechten Flußseite liegen, mit Windstille gefahren sind, müssen wir leider für die Nacht bleiben, weil Lepsiusaussteigen will. Heut früh gehen wir denn noch vordemFrühstück auf die bedeutenden Nilziegelruinen, wo einige Exemplare gut bedruckter Steine ausgesucht werden. Um 6 Uhr etwa fahren wir wieder abundrücken, da der Wind wiederum nicht ausbleibt, bis El Bissevor, wo wir abermals still liegen.

Sonntagden22ten Juni 1845. Heut ist der Tag leidlich,undso kommen wir um 4 UhrNachmittagswirklich in Benisuefan, was wir um 6 Uhr wieder verlassen. Während dieser 2 Stunden Spatziergang über den engen, aber heut sehr lebhaften Bazar, wo wir noch ziemlich saure Weintrauben kaufen[,] auchindianischeFeigen. Von den Hügeln hinterderStadt sehen wir die Pyramidenvon Meidum. Nachher in einem Caffee eine Schischa geraucht bis die Reparatur unsrer Barke vollendet ist. Heut Abend fahren wir nur etwa noch 1Stundeundann erhebt sichderWind, so daß wir bis nach 11 Uhr Nachts still liegen müssen. - Der längste Tag hat hier nach heutiger Beobachtung 13Stunden38Minuten, alsodieNacht 10Stunden22Minuten;Sonnenuntergang also 6Uhr49Minuten, Sonnenaufgang 5Uhr27Minuten. -

Montagden23ten Juni 1845. InderNacht trotz guten Wetters sehr wenig vorgerückt; auchderTag war leidlich ruhig, so daß wir doch am Abend Sauietpassiren konnten. -

Dienstagden24ten Juni 1845. Den ganzen Tag wieder unglaublicher Gegenwind, so daß wir sehr unbedeutend fortrücken. Ich habe gestern[,] am 23ten Juni[,] eine große Überraschung zu erwähnen vergessen. NachderMittagsruhe erblickte ich nämlich von fern das Dampfschiff, welchesvon Sauietsich eilig heraufbewegte. Spaßeshalber zogen wir unsre Flagge65 aufundblickten mit Erwarten auf den Zeugen der Nähe Cairo’s. Als es nun näher kam, siehe da entwickelte sich dort auch dietürkischeFlagge, man sah einen Europäer darauf miteinemTuche wehenundder Dampfer hielt stille.Endlichkommt der Europäer aufeinerkleinenBarke heran, eine gänzlich unbekannte Größe; er tritt auf unser Schiffundda erst erkennt LepsiusseinenFreund Dr. Bethmann. Er wollte[,] durch Ali Bei’s Gefälligkeit mitgenommen, schnell vor unsrer Ankunft noch bis Thebengehen. Daraus aber ward nun nichts; seine Sachen brachte man auf unser Schiff,undso setzten wir[,] umeinenGenossen bereichert, die Reise fort. Dieses Ereigniß gab nun neuen Stoff zu lebhafter Unterhaltung.

Mittwochden25ten Juni 1845Auf den gestrigen stürmischen Tag folgte eine schöneundstille Nacht, so daß wir nach günstiger Fahrt am Morgen die Pyramidenvon Daschurnah vor uns sahen, auch dievon Sakkaratauchten auf, ein schönerunderfreulicher Anblick. Ernstundich, wir hatten uns gestern an den schlechten aber lang entbehrten Kartoffelnvon Bethmannden Magen verdorben, so daß ich mich inderNacht übergab, ohne jedoch weiter Unannehmlichkeit zu haben; Ernsthatte etwas Diarrhoe; auch Lepsiuswar schon seit gestern unwohl an Kopfschmerzen, die heut zugenommen haben. AmNachmittagfing der Wind wieder sehr heftig zu wehen an, so daß wir nicht weiter als bis Tuurakommen konnten. Jussufward zu Esel nach Cairogeschickt[,] um Briefe zu holen. Erst um 11 Uhr Nachts kehrte er zur Barke zurück.

Donnerstagden26ten Juni 1845. Heut früh bei schönstem Wetter brachen wir auf, fuhren vor der prächtigen Garteninsel Rodavorbeiunddem barkenreichen Alt Cairoundlandeten vor Bulaketwa um 7 Uhr. Reis Amerbegrüßte uns gleich bei der Ankunft. Ich empfing früh einen lieben Brief von der Mutter vom 14ten Aprilundvon Freyaus Romvom8ten Mai. Zu Haus ist Gott sei Dank Alles wohl! - Lepsiusritt voran nachderStadt mitdemKavaßvon Wagner, der bald zurückkehrte, um66 die Sachen nach des letzteren leerstehendes Haus zu besorgen. So ging es denn andasPacken. Bethmann, Georgiundich, wir ritten vorweg nachderStadt, bewunderten die vielen neuen Häuser in Bulak, die hübschen Anlagen, die Akazienallee, kurz die schöne Natur, die von der ordnenden Menschenhand viel reizender erschien. Wagner’s Haus war schön, mit Gelaß für 3 Familien auf dem Platzvon Esbekieerst neu erbaut. Schöner Eindruck des Platzes. DenNachmittagverbummelt, nachdemAbendessen zu Prunergegangen. Die unzähligen Caffees des Platzes mit ihren Lampen wie eine Weihnachtsillumination; vor dem Abendessen noch Besuchvon Lieder, den ich um Vieles älter aussehend finde. -

Freitagden27ten Juni 1845.Vormittagszu Haus geblieben; Besuchvon Pruner.Nachmittagswir Alle außer Lepsiusnach Schubrageritten, nachdem wir zuvor nocheinenBesuch bei Liedergemacht haben. Wiederum den herrlichen Weg bewundert; das Caffée hat sich indessen verschönert; der Garten in Schubrabesser in Ordnung wie früher. - Den Kronleuchtervonunsrem König ineinemSaale der Fontaineanlage besehen[,] wo er wie bestellt hineinpaßt, in Größe, FarbenundGeschmack. Beim Zurückgangevonhier kommt uns Lepsiusnach, mit dem wir noch einmal umkehren. AußerdemGarten den Elephanten betrachtet, der uns seine Künste vormacht; hier Kaffee getrunkenunddann nach Hause.

Sonnabendden28ten Juni 1845. Auch heutVormittagzu Haus geblieben. Ankunft der 4 Deutschen Bormann, Pleise, Jungkund Hertel, die hier das Einpacken der SammlungunddasAbbrechen der Gräber besorgen sollen.Nachmittagsmit Ernstund Georgiüber die MoskidurchdieStadt nach Alt CairogerittenunddurchdieAnlagen zurück, immer von Neuem einköstlicherGenuß. Abends große Tafel von 11 Personen. Bormannbringt mir 2 Empfehlungsbriefevon StröbelundFreund Gocht; - alles netteundbescheidene Leute. - Erst nach 11 Uhr zu Bett. -

Sonntagden29ten Juni 1845. Leider ist heut bei LiederenglischerGottesdienst,undso kommen wir (außer Lepsiusun Bethmann) umdieKirche. Dafür machen wir einen Spatzierritt überdenBazar nachderCitadelle, Erhenkter aufdemWege miteinerTafel aufdemRücken, schrecklicher Anblick. Bewundern der großartigen AussichtvonderCitadelle, dann der neuen MoscheevonAlabaster, die sehr bedeutend vorgeschritten ist. Dann noch den Inschriftraum besehen. Zurück in67 ein Café hinter der Moski, wo wir Sherbet trinkenund2 Parthien Boule spielen, dann um 12 zu Hause. - NachdemAsser nachdemCaffé aufdemhalben Wege nach Schubrahinausgeritten, wo wir schlechten Sherbet trinken; die schöne Welt ist nicht da;undwir kehren baldmöglichst um; nachher noch indenAnlagen auf Esbekiehspatziert, wo die europäische beaumonde gemustert wird; vielfache Gespräche mit Bethmann, der ein sehr angenehmer Gesellschafter ist.

Montagden30ten Juni 1845. Heut früh mit Lepsius, Ernst, Bormannund Jungkzu Lieder, umdasEinpacken der Sachen zu besorgenundzu überlegen; übrigens heut zu Haus geblieben. Prächtigen Cynocephalus nebst 2 kleinen dieser Sorte betrachtet. -Nachmittagseinen halben Tag mit Bethmannverplaudert. -

Dienstagden1ten Juli 1845.Vormittagsfortwährend aufdemBazar herumgewandertundeiniges Wenige eingekauft; Alles ist unvernünftig theuer. - Besuchbei Pini, wo wireinenLohnbedienten nehmen, der mit Bethmannundmir herumzieht; auch amNachmittagauf den Bazar gegangen; Besehen der Moschee Kalaoun, ein großartiges Gebäude aus dem 14tenJahrhundert;eigentlich nicht moscheeartig gebaut. Wir gingen zuerst indasGrab des Kalaun, was in der Mitte einesquadratischenRaumes steht, in dem innen eine Kuppel sich auf 4 Säulenund4 Pfeilern erhebt. Die FensterundBögen etwas überHalbkreis. Die Kuppelundalle Decken andenSeitenvonHolz. Die Ornamente der BogenundFenster ausnehmend zart, sinnreichundgeschmackvoll gleich Kantengeweben. Treffliche[musinische]Arbeit andenWänden. Die großen SäulenvonGranit mit etwas ausgearteten Korinth-Kapitälen,wahrscheinlichwo anders hergenommen; Nische aufderSeite nach Mekkaverziert durch unzählige durch Säulchen geschiedenekleineNieschen, etwa 1[ Fuß] hoch; Alles[musinisch]mit Perlmutter, MarmorundAlabaster ausgelegt .

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. Fast vollkommen gotisches Portal nach außen. - Der andre Theil der Moschee bildet einengroßenHof mit umliegenden Hospitälern, die erst vor KurzemvondenIrren geräumt worden waren. Die Zellen lagen stets an kleineren Höfen umher, deren Mitte einkleinesBassin einnahm; jetzt war das Ganze als Armenanstalt benutzt;

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schmutzigundverfallen68 die Moscheevonaußen rothundweiß gestreift mit höchst geschmackvollen Minarets, wenn ich nicht irre 4 im Ganzen. - Um 6 Uhr nach Hause, gegessenunddann zu Lieder, wo wir sämmtlich zum Thee gebeten sind. - Musiciren aufseinerKlavierorgel.

Mittwochden2ten Juli 1845. Früh sämmtlich heut nach Ghizeaufgebrochen. Die PyramidenvomFlusse etwa um 1 ¾Stundenentfernt. Ich steige nicht mit aufdiegroße Pyramidehinauf. Um 12 Uhr kommt Lepsiusun Bethmann, davon der Erstere nocheinenBesuchbeimMudirundSchech gemacht hatte.NachmittagsdasInnereder Pyramidebesehen[,] dann das mitzunehmende Grab, die Sphinxunddann etwas gegessen. Die Kameele mit Bettenundallen Sachen kommen nicht; sie sind, wie wir nachher hören aus Versehen nach Sakkaragegangen. Um 5 Uhr reiten wir 4, Ernst[,] Georgi[,] Max, Jungkundich nach Masrzurück, wo wir gegen 8 Uhr ankommen,undineineritalienischenKneipe noch etwas Abendbrod essen.

Donnerstagden3ten Juli 1845.Vormittagszu Haus geblieben. An Lepsiusden Fakir mit vergessenen Sachen abgefertigt.Nachmittagsmit Ernstund GeorgiüberdenBazar nachdem Bab el NasrgerittenundaußerhalbderStadt die herrlichen Kalifengräber wieder bewundert; nachderZurückkunft Caffee im Esbekiegetrunken. Abends in’s Theater gegangen[,] wo die geheilte Ehe(vonRicci〈…〉〈…〉),einekleineOper gegeben wurde, im Ganzen leidlich gut, besonders die prima Donna. - Spät zu Bett. -

Freitagden4ten Juli 1845. -Vormittagszu Haus gebliebenundwiederum ein Kameel mit Hölzernundandren Sachen nach Ghizean Lepsiusabgefertigt;Nachmittagsmit Georgiund Ernstausgegangen, um Billard zu spielen; doch finden wir es besetzt.InteressanterAnblick eines Beschneidungszuges von 5 - 6 Kindern; Tänzer, geputztes Kameel; Faxenmacher in Hammelfelle gekleidet; Knabe mitdem[Schwert]; geputzte Kinder, Pferde; große Menge reitender Frauen (〈…〉〈…〉). - Abends vergebens zu Pruner.

Sonnabendden5ten Juli 45. Wiederum eine Botschaftvon Lepsius, daß Jungkherauskommen soll; früheinBriefvon Wagneran Lepsiusabgefertigt;Nachmittags JungkmitseinenSachen.VormittagsBesuchvon Lieder, der uns auf Morgen zueinerAbendandacht69 einladet. Prunernoch einmal vergeblich aufgesucht. Ernstist heut unwohl. - Spatziergang aufdemBazar, zurückgeritten; Abends mit Maxund GeorgiBillard gespielt; sehr müde um ½ 11 Uhr zu Haus. -

Sonntagden6ten Juli 45. WiedereinenBriefvon Wagneran Lepsiusabgefertigt; es sind Briefe an Bormannund Jungkdarin, keiner an irgend Einen von uns Andern.Vormittagszu Haus geblieben; amNachmittagmit Ernstund Georginach Schubraundzurück geritten, dann auf Esbekiepromenirt, wo wirHerrn WredemitseinemTöchterchen fanden. Mit Sonnenuntergang kommt Lepsius, Bethmannund Jussufvon Ghizeunerwartet herein. NachdemEssen Abendandacht bei LiederundGesang an seiner Clavierorgel. -

Montagden7ten Juli 1845. Lepsiussagt mir heut, daß er gezwungen sei, bis zur Vollendung der Gräberarbeit, also etwa noch 2 Monat hier zu bleibenundstellt uns Andern frei,entwedergemeinsam in Ghizeund Sakkarazu warten oder voran nach Hause zu reisen. Wir stimmen sämmtlich für das Letztere,undso werden wir wohl Ende dieser Woche abreisen; unser Plan, Jerusalemund Constantinopelzu sehen, bleibt derselbe, da es aber nicht wünschenswerth ist, daß ich früher als Lepsiusin Berlinankomme, so will ich die spätere Zeit so lange in Italienzubringen, das Einzige Erfreuliche, was mir aus der Trennung von Lepsiuserwächst, die mir inderThat ein großer Verlust ist. Ebenso schmerzt mich die Trennungvon Bethmann, dem ich schnell nahe getreten bin. -NachmittagsaufdenBazar, wo ich einen seidenen Schawl kaufe.

Dienstagden8ten Juli 1845.Vormittagswieder aufdenBazar, wo ich die[Karamanische]DeckeundPfeifenköpfe kaufe. Um MittaginteressanterBesuch von Jussuf’s Cousinen in ihrertürkischenTracht, die hauptsächlich in unser Haus kamen, um den heut erwarteten Einzug des Herzogsvon Montpensierzu sehen, der aber jetzt um Asser noch nicht da ist. Er kommt erst am Abend gegen 8 Uhr vor unserm Hause vorbei; 2 Eskadrons Kavallerie voran mit guter Musik, dann eine sechsspännige, mehrere 4spännige Kutschen mit Fackeln beleuchtet; im Ganzen doch Alles so simpel, daß wir gar nicht glaubten, der Prinz sei wirklich gekommen; das Hôtel d’Orient war illuminirt. Wir gingen den Abend noch Billiard spielen. Heinrichs Geburtstag.

Mittwochden9ten Juli 1845. Nichts Erhebliches angegeben.

Donnerstagden10ten Juli 1845. Heut früh mit den Andern nach Balatgeritten, umeineBarke nach Atfezu miethen; es kam aber trotz vielen SuchensundHandelns nicht zum Resultat. 70Dann nach Alt Cairogeritten; aufdemWege den letzten Mamelucken gesehen, der sich damals ausderCitadelle gerettet hat, ein freundlicher stattlicher Mann mit schneeweißem Barte, der uns artig begrüßte, wie er bei jedem Europäer thut. Dann in Alt Cairodie Kirche San MariaSkizzebesucht mit Emporenundeinem hübschenvonSäulen getragenen Baldachin inderHauptnische[,] der im Innern der Kuppel Christusunddie Evangelisten Johannesund Marcussehr gut gemalt enthält. Die Holzwand vor der Nische sehr sauber mit Mosaik ausgelegt; die alten Bilder, die wir früher darin sahen[,] waren jetzt, wo die Kirche reparirtundgeweißt wurde, weggenommen. Wir stiegen durch eine Treppe im Fußboden in die Krypta hinab

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, die feuchtundroh aussah. Hier sind die Nischen der Mutter Maria, JosephsunddesChristKindes. Von dieser Kirche ritten wir noch zur Moschee Amru, der ältesten hier befindlichen

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. Auch sie, sehr baufällig, wurde erneuert; die Säulen meist korinthischvonrömischemBauwerk gestohlen. Die Bogen meist rund, etwas über Halbkreis; mancheundbesonders alle neueren ein wenig zugespitzt. Die SäulenvonMarmor; öfter Doppelsäulen, um den Druck der Bogen nachdemInneren des Hofes abzuhalten; andereinen Seite des hintern Theiles unter einer KuppeldasGrab des Amru. - Von hier nach Hause. Lepsiushatte heut nach Tisch eine Audienz beimHerrnvon Montpensier, der noch heut nach Suezmuß, um dann wieder hierher zurückzukehren.NachmittagsGänge indieStadt gemacht. Abends Besuch bei Pruner. -

Freitagden11ten Juli 1845. Ein Briefvon Wagner, der gestern gekommen, verändert unsre Reiseroute über Damiat,undder Kavaß besorgt unseineBarke hiehin für 240piaster. -VormittagsBad genommen; dann noch aufdenBazar geritten, - Prunerwegen des Zahnes besucht, Mantelsack abgeholt pp.; dann gepackt; Nach Tisch mit JussufGeld geholt; nachher im Packen fortgefahren. Abendseinsplendides Mahl mit Champagner gehalten, zuletzt noch Punsch getrunken. Wegen der Post zu Bocktygewesen; sie sollen unsvon Alexandriennach Beirutnachgeschickt werden.

Sonnabendden12ten Juli 1845. Heut früh die letzten Vorbereitungen zur Reise, GeldundBriefsachen. Besuchvon Pruner. Dann sämmtlich nach Bulakgeritten. Abschiedvon Lepsius[,] Bethmannund Jussufgenommen; StreitundAufenthalt, um unsre71 Barkezwischenden andern herauszubringen;endlichgelingt es; bald darauf wirdderRais aufgehaltenundvonderDouane abgefordert, doch kommt er sehr bald zurück; unterdessen erquickliches Nilbad. Bei Schubrasprachen wir noch einmal Lepsiusundie Andern,undnun schwimmen wir langsam stromab. Um ½ 11 UhrVormittagswar unsre Abfahrt. - Die Barke klein[,] doch zureichend, jedoch eine Unzahl Wanzen[] scheinen unsre Mitbewohner. - Der Abend sehr windig. -NachmittagsBrief an Riechersvollendet.

Sonntagden13ten Juli 1845. Schon inderNacht brachen wir wieder auf; wir rücken schnell vorwärts; um ½ 11 Uhr etwa sind wir bei Danha. Die Gegenden haben wenig Palmen[,] aber ziemlich viel Sykomorenundniedrigere Laubbäume, die sich oft sehr malerisch gruppiren. Der ziemlich schmale Stromarm hat unzählige Krümmungen, wo wir bisweilen günstigen Wind benutzen. -Vormittagsviel geschlafen, weil die Nacht[,] wie erwartet, sehr mangelhaft war; ein HeervonWanzen fiel über uns her; Rattenvonunglaublicher Größe jagten sich Zeck, kurz alles Geschmeiß beglückte uns. - Heute den Brief andieMutter begonnen. - N.B. Die Weiber hier im Deltatragen wieder Beinkleider, doch nicht so langundweit wie in Korosko. Mit unserm Diener Ibrahimsind wir recht zufrieden. Merkwürdige zuckerhutförmige Taubenhäuser indenDörfern.

Montagden14ten Juli 1845. Das günstige Wetter fährt fort, wir rücken schnellundglücklich vorwärts[,] oft, mit günstigem Winde, wie ein Dampfer. Um Mittag bei der bedeutenden Ortschaft Samanar, an der wir 9 Minarets zählten, hübsche von gebrannten Nilziegeln gebaute Häuser, einentürkischenPallast,undunter vielen Barken waren schon 2 Seeboote zu sehen, die ersten Zeugen der Nähe des Meeres.Briefan Mutter fortgesetzt.

Dienstagden15ten Juli 1845. Nachdem wir wie gewöhnlich fast die ganze Nacht gefahren, finden wir uns heut früh nicht weit von Fareskurunddenken noch heut Abend Damiettezu erreichen. - Ich ende amVormittagdenBrief andieMutter biszumSchluß[,] den ich in Damiettemachen will. In der That kommen wir heut72 schon nach 1 Uhr mit glücklichstem Winde bei Damiettean, was in großer Ausdehnung im Halbrunde am Flusse entlang gebaut[,] sich gar stattlich ausnimmtunduns sehr an Venedigerinnert. Vor dem Consulatsgebäude steigen wir ausundgehen[,] nachdem wir uns angezogen, zum Consul Surur, den wir in seinem Gartenhause hinterderStadt auffinden. Nach einigem Warten kommen wir vorundfinden in ihm einen sehr artigenundfreundlichen Mann, der alsbald alles Mögliche thut, um uns zu befördern. Ich muß leider mit ihm mein schlechtes Italienisch auskramen; er ist auchenglischerConsul. Es heißt, ein Schiff läge außerhalb der Barre mit Reis beladen zur Abfahrt bereitundwürde noch diese Nacht in See gehen; wir entschließen uns sogleich zur Mitfahrt, die für 200piasterstipulirt wird; auch Reisevorräthe werden noch angekauft, der Brief andieMutter geschlossen, ein andrer an Lepsiusgeschriebenundsomit Alles zur Abreise fertig gemacht. Den Abend bringen wir miteinemsehr guten Diner beim Consul zu; wozugleichdie Geldwechslung abgemacht wird. Dann zur alten Barke zurück, wo wir noch einmal schlafen.

Mittwochden16ten Juli 1845. Die Freude unsrer baldigen Abreise wird zu Wasser; es heißt, mit dem herrschenden Winde können wir nicht über die Rega〈…〉〈…〉kommen; auch ladet unser neuer Rais Mohammednoch Reis einundwir kommen heutVormittagnureinkleines Stück den Fluß abwärts, um an einem andern Stadttheil wieder anzulegen[,] das war freilich sehr fatal; der Diener Ibrahimwar entlassen; unser Mittagbrod ging flötenundderAufenthalt inderoffnen Barke nicht behaglich;endlichum 3 Uhr entschloß ich mich, mich anzuziehenundging mit Georgi, um den ConsulatssekretärHerrn Philipponiaufzusuchen. Mit ihm blieben wirdenNachmittagzusammen; da wir gegendenWind natürlichdieAbreise nicht durchsetzen konnten, nahmen wireinekleineBarke, fuhren zu unserm Schiff; luden Bettenund[Assitten]ein, machten dann eine Lustfahrt stromabwärts an die freundlichen mit ReisfeldernundBäumen besetzten Ufer, hatten unsern Spaß mit Mädchen, die in Landhäusern wohnten,unddie wirvonFerne umkreisten, auch unsvonihnen Kaffee geben ließen, fuhren dann zurückundaßen bei Philliponiein bestelltes Abendessen. Dann noch draußten Caffee getrunken, im Mondschein gelustwandelt, im Griechenviertel einer Fantasie zugehörtunddann zurück, zu Bett gegangen; sehr müde.

Donnerstagden17ten Juli 1845. Früh zur Barke gegangenundvon dort mit GeorgihinterdieStadt, wo wir endlich nach manchen Um73 wegen der Gräben halber unweit des Gartens von Consul Surureine hübsche Ansicht zum Zeichnen fanden; dann ziemlich marode zu Haus. Wir hatten das Essen um 3 Uhr bestellt; da fuhren wir dann erst noch Badenundmachten dann ein Schläfchen. DenNachmittagkam nichts Vernünftiges zu Stande. - Der Zustand des Wartensundder ewigen Ungewißheit beginnt sehr drückend zu werden. Beim Spatzierengehen Abends treffen wir mit dem jungen Kamil, Sohn desösterreichischenConsuls zusammen, einem gebildetenundliebenswürdigenjungen Menschen. Mit ihm gemeinsam machen wir nocheineWasserfahrt aufdemFlusse.

Freitagden18ten Juli 1845. Immer kein günstiger Wind, wie es heißt. Ich schaffe heut einige SachenvonderBarke in Philliponi’s Haus. Um 10 Uhr etwa Lustfahrt stromabwärts, wo wir im Freien aussteigen, 3 gehen Jagen, wir zwei, Georgiundich zeichnen einen Schech. Unser Mittagessen ist dorthin bestelltundwir lassen es uns nebeneinerSakie ländlich sittlich sehr wohl schmecken. Gegen Sonnenuntergangvondort abgefahren. Bei unsrer Barke erfahren wir, daßmaninderNacht abfahren will,undnoch am Abend machen wir Alles Nöthige dafür zurecht.

Sonnabendden19ten Juli 1845. Etwa um 3 Uhr inderNacht weckt unsderReisundwir packen unsre SachenundBetten ineinekleineBarkeundfahren bei stillem Wetter der schon in der Nacht aufgebrochenen größeren nach. Es war ein schöner Sonnenaufgang, besonders aber belustigte uns das Springen von vielen Delphinen, die sich inderNilfluth wohler zu befinden scheinen als im Meere. Nach etwa 1 ½Stundenwaren uns links nur noch Sanddünen, rechts ging das grüne Gestade fort; in kaum 2 Stunden war unserkleinerNachen beiderQuarantäne Zoll-Anstalt bei Isbo, woselbst 2 Forts sich befindenund(aufdemrechten Ufer) ein Dörfchen, angelangtundhier fanden wir die größere Barke mit unsern 4 Deutschen, die etwa seiteinerStunde dort waren. InderFerne erblickten wir die weiß aufschäumendenWogen des Meeres, die Sandschiffe außerhalb der Barre jenseit der Sanddünen, der glatte Fluß trennte sich fürdasAuge sichtlich von der leider hoch gehenden See. AneinAuslaufen wurde nicht gedacht, indessen quartirten wir uns aufdereinen Seite der Zollstube, die man uns einräumte, ein, ließen unseineTasse Kaffee kochen, badeten uns um Mittagundbeginnen nun wieder unser Wartesystem; daß wir keinen Diener haben[,] ist höchst unangenehm, zumal wir unsre Wirtschaft noch fortführen wollen; mit unserm Essen kommen wir dabei am schlechtesten weg. AmNachmittageinen kurzen Spatziergang nach dem ¼Stundeentfernten Meere gemacht;74 der Strand läuft völlig flachvonderSanddüne indasMeer ausundköstlich wälzten sich die schäumenden Wogen gegendenBeschauer an. Am Strande Muscheln gesucht. -

Sonntagden20ten Juli 1845. Vor - wieNachmittagsmit Georgiund Maxein herrliches Meerwogenbad genommen. Der Wind ist noch nicht günstig zum Auslaufen. -

Montagden21ten Juli 1845. Heut endlich kommen wir zur ersehnten Ausreise von Isbo; mit uns eine Menge andrer Barken, so daß wir einen förmlichen Zug bilden. Um 8 Uhr fuhren wir vom Zollhaus ab, lavirten mit günstigem Winde bis an die links weit in das Meer vorgehende Sanddüne, die dann endlich glücklich überschnitten wurdeundwir uns jetzt erst im Meere befanden. Köstlich anzuschauen war das Tanzen über die hohen Brandungswogen, das VerschwindenundWiederauftauchen der Schiffe. Um ½ 10 Uhr etwa mochten wir bei unsrem Zweimaster ankommen, wohinein dann nicht nur wirundunsre Sachen,sondernnoch 2 tüchtige Ladungen Reis hineingepackt wurden, so daßmankaum treten konnte. Indessen ward nachundnacheinklein wenig Ordnung gemacht; wir 4 kamen in die im Mittel des Schiffes aufgewundene Jolle, wo wir freilich krumm wie im Mutterleib liegen müssen,undes überdieß enorm eng ist; indessen hatmandoch seine 4 Pfosten, worin man nichtvonAußen belästigt ist. Gegen 12 Uhr lüfteten wir unsre Anker vomAfrikanischenBoden; erst kreuzen wir einige Stunden, dann halten wir richtigen Curs mit stärkerem Winde.

Dienstagden22ten Juli 1845. Den ganzen Tag heut nichts als HimmelundWasser gesehen; der Wind günstig; das Schwanken des Schiffes nicht unbedeutend; herrliches Blau des Meeres bewundert; am Abend Leuchten desselben, wenn auch nicht so sehr bedeutend. -

Mittwochden23ten Juli 1845. Der Wind fortdauernd günstig. Schon um Mittag erblicken wir die scheinbar sandige Küste bei Gaza; wir sind ein wenig zu südlich gesteuert. Im Laufe des Nachmittags zeigt sich in leisem Dunste die scheinbar sehr hohe Bergkette des Libanon; auf den Hügeln des Vorlandes kann man Baumwuchs erkennen. Da es indessen nicht möglich ist[,] heut noch Jaffazu erreichen, so laviren wir bei geringem Winde die Nacht hindurch. - Schöner als heut habe ich das wunderbare Blau der bewegten Wellen nie bewundert gleich dem durchsichtigen Edelstein. 75

Donnerstagden24ten Juli 1845. Heut früh sah ich nach schlecht durchbrachter Nacht die Sonne glorreich über den Höhen des Libanonaufgehen; die Küste Palästinas lag entfernt wie gestern, aber jetzt steuern wir inderHelligkeit direkt auf Jafazuundmüssen etwa um Mittag dort sein. Circa um 10 Uhr werfen wir unweit einerfranzösischenCorvette in ziemlicher EntfernungvonderStadt Anker. Die Stadt Jafahat ein vollkommen verschiedenes Ansehen gegen dieÄgyptischenStädte. Massivundäußerlich reinlich mit unzähligen Kuppelchen aufdenHäusern bauen sich diesevomMeere auszusammengedrängtinein3eck an den Berghügeln der Küste empor. Rechtsundlinks sind diese Hügel scheinbar mit Gärten bedeckt, während etwas weiter entfernt sie mit Sand bedeckt erscheinen. Jafahat eigentlich keinen Hafen[,] aber durch alte Molen, deren zertrümmertes Mauerwerk hierundda ausderSee auftaucht, wird ein ruhigeres Bassin gebildet, was sich längs der ganzen Stadt hinziehtunddie kleineren Schiffe aufnimmt. Die Klarheit des grünen Wassers hier war wunderbar. Nach einigem Warten auf unsrer Feluke wurden wir mit unsern Sachen andenQuai herangerudert, der mit Wasserthoren massiv aufsteigt; nun begann eine Unterhaltungvondieser Mauer herab. Ich ließ mich an’s Land tragenundfand unter den Leuten dort oben einen ineuropäischerKleidung, der deutsch sprachundvon dem ich dann sogleich zumeinergroßenFreude erfuhr, daß Abekennoch in Jerusalemsei. Unser Schiff ward dann nachderQuarantäne gewiesen, die rechtsvonderStadt ineinerUmmauerung am Berge schon frühervonuns bemerkt war. Hier ward ausgepacktundeingezogen; die 4 leeren Wände des leidlichen Zimmers wurden bald durch unsre BettenundSachen wohnlich gemacht. Ein guter Diener besorgt uns wie unser Essen,unddie VorräthevonÄgypten kommen uns hier wohl zu Statten. Die Aussichtvonunsrem Zimmer nach Westen geht auf das unbegränzte blaue Meer, was sich an den Molentrümmern schäumend bricht. Es ist mir ganz behaglich hier; rechts hatmannoch über der Quarantäne Mauer einen Theil der Stadt in Aussicht, wo dann die Flaggenstangen der Consulate vielfach emporragen. Vortreffliches Abendessen; Weintrauben pp., kurz, man scheint hier Alles Gute haben zu können. Hinkfüßiger Guardian, der76 sich wichtig thun will, fällt sehr ab, da er uns zuerst mit Grobheit behandelt (istwahrscheinlichein Pole). AuchderDirektor der Anstalt isteinPole; der dicke Arzt scheint Franzose. HeutNachmittageinen Theil desEvangeliumsMatthäi gelesen. - Das war der 1ste Quarantänetag. -EinenBrief an Abekengeschrieben. -

Freitagden25ten Juli 1845.Vormittagswerden die Briefe an den Consul Muradundan Abeken(inclusivedemvon Lepsiusun Lieder) indieStadt besorgt. Besuchvonunsrem gestrigen Deutschen, ein alter freundlicher Mann Namens Hanauer, ein Baier[,] der eigentlichenglischerMissionaragent hier ist, aber auch die Sekretariatsgeschäfte despreußischenConsulats besorgt. Er kam mitdemBruder desConsuls Murat, einem netten jungen Mann. Leider istdieQuarantäne 15 Tage, doch wird es wohl mit 11 Tagen höchstensseinBewenden haben. Jerusalemkannmanvonhier zu Pferde in 7 - 8 Stunden erreichen, mit Gepäckabergehtmannatürlich länger. - DasEvangeliumMatthäi ausgelesen, die Aussicht ausderWohnung gezeichnet, um sie zu tuschen. - Die 5 Deutschen (1Apotheker[, ]2 Tischler[,] 1 Schneiderund1 Schweizer Drechsler) besucht, die zu ebner Erde einquartirt sind. Komische Scene mitdemGelde in Seifenwasser, dem[Anfassen]der BriefeundRäuchern derselben pp. Abends Domino gespielt.

Sonnabendden26ten Juli 1845. Nach schlecht durchbrachter Nacht heutVormittagBesuchvomDoktor, der erste Nichtdiener, der sich um uns bisher gekümmert hat; ein dicker jovialer Franzose, der unsern[Raum]notiertunduns erlaubt,einenSpatziergang aufdieBerge zu machen, natürlich nicht ohne Wache. Abends trefflichen Seefisch gegessen.

Sonntagden27ten Juli 1845. Den dicken GeorgiheutVormittagporträtiert; ferner Besuchvon Hanauer;NachmittagsSpatziergang am MeeresuferundSeebad. -

Montagden28ten Juli 1845. Gemaltund Maxporträtiert; Brief an Wildenbruchgeschrieben. -

Dienstagden29ten Juli 1845.VormittagsBesuchvomDirektor[,] mit dem wireinGlas Liqueurzusammentrinken. DiefranzösischeCorvette heut der Julitage wegen mit allen Flaggen.Nachmittagsum 5 Uhr Spatziergang am Meeresufer entlang auf eine Art Belvedere auf den Uferbergen, eigentlich wohl ein77 altesSchechgrab. denn es ist ein gemauertes Grab davor. Die Aussicht hier trefflich nach allen Seiten. Die Krone des Uferbergzuges, auf dem auchdieStadt liegt, mit Gärten bedeckt, die Caktushecken umfassen; nach Westen das weite blaue Meer, dessen Brandung am Sandufer zu unsren Füßen rauscht. Nach Nord diezusammengedrängte Stadt mit ihren unzähligen Kuppelchen; Knaben auf den Dächern belustigen sichdamit.[, ]Drachen fliegen zu lassen. Nach Süd die köstlichen Bergabhängeundkleinen Meeresbuchten bis zum flacheren Ufer bei Gazahin;undöstlichim leichten Dufte die mit Waldung überzogenen Berge, in denen Jerusalem liegt. SolcheinAnblick war Labung für unsre Quarantänelaune. Nachher hinab indasSeebad[,] wo wir uns andieFelsen stemmend, mit den Wellen stritten; hier fanden wir auchHerrn Hanauermit einer Anzahl junger Leute, die mit ihrem Präceptor, einem Deutschen,zuBesuch aus Jerusalemherübergekommen war,undzu einer Art Missions-Seminar gehörten. - Dann wieder mit Sonnenuntergang in unsern Käficht. Abends Domino.

Mittwochden30ten Juli 1845. Heut früh einen lieben Briefvon Abekenaus Jerusalemerhalten, dem ich umgehends wieder mitdemBoten antworte. Ich spreche mitdemDirektor um weitere Abkürzung der Quarantäne, worüber er jedoch kein Verprechen geben will. Der Consul Muradschickt uns heut 6 Batich, die hiervonausgezeichneter Qualität sind. -

Donnerstagden31ten Juli 1845. Es passierte nichts Bemerkenswerthes. Ich las einmal wieder Göthes Iphigenie. Abends Domino.

Freitagden1tenAugust1845. Die Hoffnung, heut aus unsrer Haft entlassen zu werden, bestätigt sich nicht. Heut dieApsotelgeschichteuneinenTheil desEvangliumsJohannis durchgelesen; Abends lange Unterredung mit dem Direktor; vielleicht kommen wir morgen los.Herr Hanauernebstdemjungen Consularbruder waren bei unsundhaben sich auch für unsre Freiheit verwandt. Der Direktor schickt wiedereineFlasche Wein.

Sonnabendden2tenAugust1845. Auch heut nocheinlangweiliger TagderQuarantäne; große Ungefälligkeit, daßmanuns nicht entläßt. Gelesenundgepackt.

Sonntagden3tenAugust1845. Heut früh endlich besucht uns der dickefranzösischeDoktorundentläßt uns. Wir müssen für ZimmerundBedienung auf 15 Tage Jeder etwa 50piasterzahlen. - Unsre Sachen lassen wir78zurBarke zum Hause des Consuls Muratbringen, der uns höchst freundlich aufnimmt. Wir müssen den heutigen Tag ganz bei ihm bleibenundbeschließen[,] erst morgen früh zu reisen. So besehen wir denn amVormittagzuvörderst die Stadt, deren Straßen natürlich engundwinklich genug bergaufundbergab gehen. Der Platz, wo das Haus Simon des Gerbers stand, in dem Petrusaufgenommen ward, wird besehen; es ist am Quai; später scheintmaneineArt Festungsthurm dorthin gesetzt zu haben, der jetztaberverschwundenundvondem blos die Schießscharten noch zu sehen sind; noch früher stand dort ein christliches KirchleinoderKapelle. Von hier überdenBasar nachdemThor, was nach Jerusalemzu führt; höchst eigenthümlicher und malerischer Eindruck. Durch ein Thor ein hübsch verzierter Brunnen ineinerNische;dasThor selbst gar trefflich; der Platz außerhalb davor wimmelndvonKameelen[ und]interessantenArabern, Eseln pp., umgeben mit indischen Feigenhecken, Sykomoren und echten Feigenbäumen; ein gelbsandiger Hügel mitdemKirchhofeunddann wiedereineSpitzevomMeeresstrande, anderStadtmauer aber ein Gärtchen mit Cedern -oderCypressenbäumen, überhängendem Wein gar malerisch nebendemalten Gemäuer; dannzumConsul zurückundauf europäische Weise Mittag gegessen.DerConsul mitseinenbeiden Brüdern liebe Leute; RingvonPrinz Albrecht.Nachmittagsmit Hanauerunddem jüngstenBruder Lazarisgen Gazahinaus ineinenGarten gegangen; Maulbeerbäume, die mich an Zachäus erinnern, indische mächtige Caktushecken. Der Garten ziemlich groß, voller Orangenbäumen; blühende Sonnenblumen mahnten mich lebhaft andieHeimath. UnterdenBäumen, wo noch vor Kurzem〈…〉〈…〉und〈…〉〈…〉gesessen hatten, verzehrten wir indische Feigen,undruhten im GesprächvondergroßenHitze des Tages. Dann noch am Meere gewandelt, den kleineren Garten des Konsuls besehen nebenderQuarantäne, endlich nach Hauseundzu Abend gespeist, wo es mir dann sehr wohl schmeckte. Gegen 10 zu Bette. Um 11 Uhr etwa wieder aufgestanden, umeineHochzeit, welchedieStraßen durchzog, anzusehen; erst feierlicher Chorgesang, danneineProzession; unzählige Kerzendieganze Straße entlang; Alles geputzte Leute; ein Trupp verhüllter Weiber, in deren MittedieBraut; unangenehmes GeschreiundGekreisch derselben; - endlich verschwanden FackelnundLichterundwir wieder zu Bett. - NB Die Bruchsteine (poröser Kalkstein)[,] aus denen Jafagebaut, bringtmanalle aus dem alten Caesarea, dessen Ruinen etwas aufwärts gen Beiruthliegen.DieBauartderFenster ziemlich hoch, jedes Zimmer überkuppelt, sehr massivundkühl. - Zu morgen früh sind unsre Pferde nach Jerusalembestellt. 79

Montagden4tenAugust1845. Etwa 1StundevorderSonne aufgestanden; etwas gepackt, tüchtig gefrühstücktunddann um 6 Uhr aufgebrochen: 4 Reitpferde[,] 1 Packpferdund1 vom Führer. ZuerstderWegzwischenden Cacktushecken der Gärtenvon Jafa; dann auf sandigem Wegezwischenjetzt kahlen Saatfeldern durch die wellenförmige Ebne. Die rothe fruchtbare Ackererde glühte inderMorgensonne; die Felder bisweilen vollvonDisteln oder Steinen; die Dörfer mit Caktushecken,undÖlbaumhainen gar freundlichundländlich; jüdische Gesichter der begegnenden MännerundWeiber; Gewänder der Weiber alle miteinemGurt gehalten. Wie lebendig ward mir Alles, was ich ausderheiligenSchrift kannte, auf diesem Boden, die Geschichte der Ruth, der Gleichnisse Christi pp. - Nach 3 Stunden um 9 Uhr kamen wir zum Städtchen Ramle, was massiv im Stylevon Jafagebaut ist; einbyzantinischerThurm fiel mir auf. Wir ritten vordemKloster vorbeiundruhten aufdemMarkt voreinemCaffeehause, wo wir Brodt,Weintrauben, Feigen, CaffeeundSchischa verzehrten. Nach ½Stundewieder aufgebrochenundbinnen 2 Stunden etwa kamen wir indasgebirgigere Terrain. Der Weg wie die Berge sehr steinig, doch letztere stets mit untermischter Vegetation. Je höher wir stiegen, desto schlechter ward der Weg, die Berge aber nie sehr schroff, meist in niedrigen Terrassen ansteigend mit GesträuchundWeidegräsern bedeckt; HeerdenvonCameelen, Ziegen, Schaafen machtendasBild der Erzväter in mir ganz lebendig; Dörfer hörten allmählig fast ganz auf, ebenso Kornfelder; meist in den Thälern wanden wir uns hin, bis wir endlich schonNachmittagsdie Höhe des Gebirges erreicht. An einigen Quellen ward getrunken[,] ohne uns jedoch weiter aufzuhalten. (NB. Noch inderEbene Begegnung mit etwa 6arabischenKaufleuten, die, diesmal freilich im Spaß, aber doch[,] wohl um uns Furcht einzujagen, die Fanatsie eines Überfalls vormachten). AmNachmittagwurden die Berge mehr bewachsen mit Ölbäumen, Aprikosenundanderm Buschwerk. Die Wege ganz miserabel[,] fortwährend über FelsundGerölle; fortdauernd langsamer Schritt. So ging es fort; 2-3 Stunden vor Jerusalemritten wir aneinerreinlichenOrtschaft mitbyzantinischerKirche vorbei, klein, aber ineinemThalkessel freundlich gelegen. Weinberge aufdenTerrassenderBerge begannen hierundda. Noch ein tiefes Thal mußte durchschritten werden, dann hielten wir uns aufderHöhe,undals die Sonne im Sinken begriffen war, erblickte ich die Kirche auf dem Ölberge; einige Minuten darauf standen wir80 an dem Thalkesselvon Jerusalemundmit welchen Gefühlen schaute ich auf die heilige Stadt hernieder! Wir bogenvom Jafathore links ab zum Damaskusthor an der mit Zinnen bekrönten Stadtmauer entlang; fanden es aber schon verschlossen; ein Bakschisch öffnete uns jedochdiePforte. Nach mehreren Irrgängen indenengen Straßen fanden wir endlich zu dem uns empfohlenen Gasthof desHerrn Mischullemundfanden uns gleich hier sehr nettundbehaglich; es ist ganz nah am Damasker Thore. NachdemAbendessen kam Abekenundwir freuten uns bis ½ 12 Uhr seiner lang entbehrten Gesellschaft. Ermüdet, aber voll DankundFreude legte ich michzumSchlaf nieder. -

Dienstagden5tenAugust1845. Elisabeth’s Geburtstag. Früh mit Abekendurch die via dolorosanachder Kirche desheiligenGrabesgegangen,unddas prächtige Portal derselben besehen; von dort an das JafaThor[,] anderWohnung des Bischofs vorbei; das Thor ist sehr malerisch, denn es erhebt sich dort eine ArtvonkleinerCitadelle, dievoninnen gesehen, sich trefflich emporbaut; auchvonaußen mit Hinzuziehung der Landschaft ist Ansicht herrlich. Von hier anderinneren Stadtmauer umher[,] am Zionsthorvorbei[,] aufdieMauer selbst bis andieGegend der Tempel-Area,unddort einen unvergleichlichen Blick auf die Moschee Omarwie den ganzen Nordtheil des Berges Bezethaundden Ölberggenossen; dann die alten mächtigen Quadern am Unterbau des Tempels, den Brückenansatz besehen; von hier zum Klageort der Judenundum den Tempel herumzumTeich Bethesda, ein großesvon3 Seiten mit MauernundHäusern umschlossenes Bassin, dessen Grund mit StaubundSchutt angefüllt ist. Von hier zu Abeken’s Wohnungundgefrühstückt, dann zu HausundMittag gegessen. AmNachmittagkam wieder Abekenum 3 Uhrundwir machten unsern Besuch beiBischof Alexander[,] wo wir denenglischenMissionar Witschfanden; die Gattin des Bischofs erschien uns besonders liebenswürdigundtrotz ihrer vielen Kinder noch immer schön. - Darauf Besuch beimenglischenConsul Joungk, einem artigenundverständigen Mann; dann aufdasDach der Caserne neben dem Tempel, von wo wir die trefflichste Ansicht aller Baulichkeiten aufderArea desselben sowie aufdieübrige Stadt umher genossen; die Mosaike der Moschee OmarmitdemFernrohr bewundert. Von hier durchdas Stephans Thor außerhalb der Stadt über dentürkischenBegräbnißplatz anderStadtmauer entlang aufdenBerg der Grotte des Jeremias; Olivenbäume ziehen sich im Thalgrunde umher. Die Mauer mit ihren Zinnen macht sichvonhier vortrefflich. Nun durchdas Damaskusthor nach Hause zurück,undTagebuch geschrieben. Nach dem Abendessen81 kam wieder Abeken, ein guter Punsch ward gebraut und aufdasWohl der lieben Schwester getrunken; wüßte sie, daß ich an diesem Tagezugleichden ersten Tag in Jerusalemfeierte! Um 11 Uhr noch mein Tagebuch vervollständigtunddann zu Bett. -

Mittwochden6tenAugust1845. Heut früh mit Ernstdas Portal zur KirchevomheiligenGrabe gezeichnet. Nach Tisch Besuch vom Dr. Macgowen, Arzt bei der hiesigen Mission. Um 5 Uhr zu Abeken, den ich nicht zu Hause fand; von da durchdieStadt zum JafaThor hinausundnach dem Ölwäldchen vor unsrem DamaskusThore; von Außen die Grotte des Jeremias betrachtetundnachher ein wenig gezeichnet; herrliche Vergoldung der Landschaftvonderuntergehenden Sonne, die mich jedoch an die Rückkehr mahnte. Abends gegen 10 Uhr nocheinBesuchvon Abeken, der nach 11 Uhr fortgeht. -

Donnerstagden7tenAugust1845. Um 8 Uhr zu Abeken[,] mit dem ich um 9 UhrHerrn Nicolayson, ersten hiesigen Missionsprediger besuche, einen lieben anspruchslosen Mann, der wenigstens 1 Dutzend lebende Sprachen spricht;vonGeburt ein Däne; ich spreche mit ihm hauptsächlich über den Bau der hiesigen Kircheunddie vortheilhaftere Benutzung des GrundundBodens; nachher stellt er mich seiner, freilich nur englisch redenden Frau vor, die 19 Jahr älter ist als er, also wie seine Mutter aussieht. Von hier nach dem JafaThore; wo ich bis Mittag eine Skizze der Citadelle mitdemNordThurm zeichne;Nachmittagsdas Portal dersogenannten Grabkirche der Mariagezeichnet, was recht hübsch inarabischbyzantinischemSpitzbogenstyl ausgeführt ist. Am Abend zum Thee sämmtlich beim Bischof Alexander; es ist nur noch NicolaisonnebstseinerFrauund Abekendort; hübsche älteste Tochter, die mit einemenglischenGeistlichen verlobt ist; sie spielt Clavierundeine Harfe auf Zion;englischeAbendandacht, um ½ 11 Uhr zu Haus; wo wir noch mit Abekenein Stündchen plaudern. -

Freitagden8tenAugust1845. Heut früh um 7 Uhr holt uns Abekenab,undwährend erund Maxreitet, wandern wir Andern auf den Ölberg;großartige Aussicht aufdieganze Stadtunddie Berge rings; sogar das todte Meerschimmert durch den Nebel der Gebirge von ... Der Weg ging am Grabmalder Mariavorbei so wie an der Umzäunung dessogenanntenGartensvon Gethsemane. Oben besahen wir die Capelle der Himmelfahrt; ein kleines, früher offenes Kapellchen 6eckig

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mit sehr hübsch gearbeitetenbyzantinischenKapitälenundSäulchen erscheint jetzt durch zwischengesetzte Wände geschlossenundmiteinerKuppel bedeckt; inwendig ganz roh[,] siehtmannur aufdemFußboden82 einekleineMarmoreinfassung, worinderFels freiliegt, in dem eine Art von Fußtapfen sichtbar ist, angeblichderOrt, wo Xristus aufgefahren ist. Dieß Kapellchen steht im Centrum eines größeren 6ecks, davon nur noch die Mauernundeinige Basen der daranliegenden Halbsäulen sichtbar sind;wahrscheinlichging eine ArtvonKreuzgang umher; jetzt steht in diesem Hof ein roher Steinaltar dergriechischenKirche; diemittlereKapelle ist übrigens allen Confessionen gemeinschaftlich. Dann die Aussicht noch schönervonderHöhe des Thurmes genossen. Von hier über den Rücken des Ölbergs auf freundlichen wenngleich steinigten PfadenzwischenÖlbäumen, Feigen, Pfirsichen etc. mit wechselnder Aussicht indieThäler zu dem etwa noch ½Stundeentfernten Bethanien(arabisch El Asarie,türkisch Batania)[. ]IndenBergen überall Grablöcher ausgehauen, wie in Ägypten; Imso Dorf selbst stiegen wirsogleichindassogenannte Grab des Lazarus, an 26 Stufen tappten wir indasdunkle Loch hinab, wo ein Mönch mit 2 Kerzen war, die aber die Dunkelheit so gut wie gar nicht erhellten. Von einer ersten Kammer steigtmannoch durcheinenengen Eingang inein2tes hinab, etwa 6[ Fuß] langundbreit, überwölbt, denn der rohe Fels ist mit Quadern verbaut; nachdem wir uns wieder zum Tageslicht aufgewunden, machten wir indersehr heißen Sonne noch einen Gang ¼StundehinterdemDorfe, wo man einengewöhnlichenFelsstein alsdas Grab Elisa’s zeigt; die Thäler hier alle mit Ölbäumen besetzt; jetzt durchdasDorf zurückunduntereinerOlive gelagert, wo FeigenundCaffee verzehrt ward,undwir 4 Zeichner AnsichtenvomDorfundBergen skizzirten. Um 12 Uhr etwa aufeinemandren Wege, der ebenfalls reizende Aussichten bot, zu den Gräbern Absalon’s etc. gegangenundvonda nachderStadt; im Ganzen eine heiße aber herrliche Parthie.Nachmittagsum 5 Uhr nachdemjüdischen Klageort, wo wir die Juden, MännerundWeiber weinendundGebete lesend fanden, ein rührender Anblick. - Allein wanderte ich nachdem Zionsthore, ging andemKloster mit Davids Grabevorbei, den Berg hinab an die Passage des unteren GihomsteichesundindemThale Ben Hinnomentlang; gegenüber lag mir dervonGräbern durchlöcherte steile Fels;zwischenihnenundmir Olivenwaldung; dann gelangte ich zu densogenannten Gärten der Könige, die sich noch jetzt bis vor das Dorf Siloamhinziehen,undeinen reizenden Anblick gewähren[,] obwohl nur Gemüse darin angebaut sind; freundlicher Blick über die Gärten auf das Halbkapelchen zum Hioboder Nehemia’s Brunnenundhöchst malerischer Fleck der Quelleunddes Teiches Siloam. Das83 Wasser rinnt hier stark ausdemFels, bewässert die Gärten, dient zurallgemeinenTränke der Heerden, die mir in langen Zügen entgegenkamen; ein alter Feigenbaum miteinemSitzplatzvonaufgehäuften Steinen umgeben, steht daneben;interessanterBlick auf das andemgegenüberliegenden Berg angeklebte Dorf Siloah; nun anderQuelle der heiligen Jungfrau vorbei, zu der man ineinBassin auf Stufen hinabsteigt,unddurchdas Stephan’s Thornach Haus zurück, herzlich müde. Abends Tagebuch geschrieben. -

Sonnabendden9tenAugust1845Um ½ 8 Uhr aufgebrochen nach Bethlehem. Abeken, der uns begleiten wollte, ist nicht ganz wohl,undso reiten wir Andern allein, der Dicke aufeinemMaulthier seines letzthin aufgerittenen Hinterns wegen. Bei frischer Morgenluft reiten wirzum DamaskusThore hinaus[,] um die halbe Stadt herum[,] auf schönem Wege anderEbne Rephaimentlang; die wellenförmigen Berge kahl[,] steinig[,] nur mit spärlichen Kräutern fürdasVieh versehen, indengrößerenundtieferen Thälern Olivenwaldungen. Am stattlichen Klostergebäudevon Mar Eliasvorbei, gelangen wir zu Rahel’s Grab, ein kleines weißes Gebäude wie ein Schechgrab in Egypten; ein wenig weiter fälltderDickevonseinem Maulthierundzieht es vor[,] zu Fuß nach Bethlehemhineinzugehen, welches Städtchen sich freundlich aufdemnahen Berge ausbreitetundmit KircheundKloster gar stattlich aussieht. Wir biegen rechts ab nach El barak, densogenannten Teichen Salomo’s; der Weg hiehin ist bisweilen unglaublich schlechtundich bedauerte unsre armen Pferde. Die 3 gewaltigen Wasserbassins, in deren zweien noch etwas Wasser befindlich war[,] sindvonhohen Mauern umschlossen[,] der terrassenartige Fels ist behauenundummauert; Treppen führen herabundihre Anlage ist so, daß sichvonselber eines nachdemandern füllen konnte, das hinterste ist das tiefste; dieß istzugleichauch das interessanteste durch die treppenartigen Absätze[,] die auf einer Seite wie ein Amphitheaterhalbkreisförmigsind; TreppenundTreppchen führenvonoben hinab,unddas Ganze scheint mirzugleichzueinemBade eingerichtet gewesen. Neben den Bassins hin fließt in Röhrenleitungenvongebranntem Thon ein köstliches Wasser, was uns sehr erquickte

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Röhren 1 ½[ Fuß]. Neben den Teichen am Wege ein castellartiger Hofraum, worin jetzt, wie ich glaube, Pferde standen. - Nach ¼ Stunde wieder von84 hier abgerittenundnun nach dem rechtsab liegenden Bethlehem. Es isteinStädtchen, mit neuen massiven Häusern aus Kalkstein, aber engen bergigen Gassen; letztere wimmelten von Arabern mitinterressantenGesichtern. Vor dem Kloster abgestiegen; wir finden dort vor der Thür den Dickenundunsre 5 Handwerkervon Jafa; Bettler umringen uns zudringlich, auch VerkäufervonRosenkränzenundPerlmutterwaaren. Zuerst in das Langschiff der Kirche gegangen, die basilikenartig mit 5 Schiffen erbaut ist; schönerömisch-korinthischeSäulen mit Marmorschäften stehen in 4 Reihen; die Decke offnes Holzgebälk. Alte Mosaikstellenvongroßem Interresse[,] aber kaum noch erkenntlich. Nachher kam ein padre, der uns zuvörderst das reich ausgeschmückte Kreuz der Kirche zeigte, was zumrömischenundgriechischenGottesdienst verwandt wird. Wir hielten uns nicht lange bei den vielen Bildern auf, die andenWänden hingen,sondernstiegen bald mit Kerzen indieGrotte hinab. Die Treppenseiten mit gelblichem Zeuge tapeziert, untenderschmale Raum der Grotte mit unzähligenvonderDecke herabhängenden LampenvonSilberundGold hellundfestlich erleuchtet. Nische der Geburt, wo im Boden der Fleck miteinemsilbernenodergoldenenSterne ausgelegt ist; die Niesche[,] wo die Wiege stand, die Stelle[,] wodieAnbetung der Könige statt fand. Dann in Seitengängen der Wohnort Joseph’s, das Grab Hieronymusund Eusebius; das Beinhaus der gemordeten Kinder mit 3 Schlössern verschlossen etc. Mir wäre es lieber gewesen[,] die rauhen Wände der Grotte ohne jeglichen Schmuck zu sehen als so unkenntlichundmit Prunk überladen. - Vor der KirchenbesichtigungeinMahl von Eiern, ReisundEierkuchen eingenommen; nachher Perlen Waaren eingekauft, dann, etwa um 1 Uhr abgerittenundgegen 3 Uhr in Jerusalemzurück. NachdemMittagessen Besuch bei Dr. Macgowen[,] der nicht zu Hause. Abends kommt Abeken, der einekleineVorbereitung für unsern morgenden Abenmahlsgang hält.

Sonntagden10tenAugust1845. Gegen 8 Uhr gehe ich mit Georginach der Grabkirchederheiligen Maria, der Gottesdienst war leider schon vorbeiundman hatte die Lampen schon ausgelöscht. - Überraschender Anblick beim Eintritt indasGebäude. Eine breite Treppe führt tief indieGrotte hinabunddasGewölbe überderTreppe wie unten inderKirche strotzt von niederhängendensilbernenodergoldenen Lampen. Neben der Hauptkapelle ist wie in Bethlehemein Seitenkämmerchen[,] wodasGrab gezeigtwird, ausgelegt, wenn ich nicht irre[,] mit Marmor(oderPerlmutter). - Von hier ging ich allein85 nachdemnahe liegenden Gartenvon Gethsemane, Blumen suchend,undstillen ernsten. Betrachtungen nachhängend; dann wieder zur Stadt zurück, wo ich einen Brief nach Hause zu schreiben begann. - Um ¼ 3 Uhr zur Kirche; GottesdienstundAbendmahlnatürlichnachenglischemRitus; Nicolaysonhielt die kurze Predigt, gewissermaßen nureineVorbereitungzumMahle. GebeteundBibellesen nahmen die meiste Zeit in Anspruch; der Bischofund NicolaysontheiltendasMahl aus; nachher noch am Briefe weiter geschrieben; am Abend wieder Abekenbei uns. -

Montagden11tenAugust1845.Vormittagsmit Georgizudemsogenannten Grab der Helenaundden danebenliegenden Gräbern der Könige, deren Eingang wir zeichnen; da wir kein Licht haben, kriechen wir nicht hinein.Nachmittagszu Haus gebliebenundam Briefe fortgeschrieben.

Dienstagden12tenAugust1845. Parthie nachdem Jordanunddem todten Meere. Nachdem wir heut mit Abekennoch ein Mittagbrodt bei uns eingenommen hatten, setzen wir uns um 12 Uhr Mittags mit SackundPack in Bewegung,nämlichwir vier, AbekenmitseinemDiener,Herr Biering, ein Däne, den Abekenmitnahm,unduns schloß sich noch ein Schneider aus Böhmen, der grad hierbei Mischullemarbeitet,undder sächsische Tischler an, ferner hatten wir gegen 18 mit langen Flinten bewaffnete Fellah’s als Sicherheitsgarde. Für letztere hatte unser Wirth 300piasterausgemacht, wozu wir noch 50 als Backschisch legten; sonst kostet die Persongewöhnlich100piaster, was sich jedoch die Beduinen mit den Dragoman’s theilen. - Der Dicke machte die Tour seines Wolfs wegen ineinemKafaß sitzend, mit. - So ging unser langer Zug denn zum DamaskusThorhinaus nach dem lieben Bethanienhinunddurch ein wildesundwüstes Gebirge bis wo der Weg sich in das breite Jordanthalniederstreckt; der Weg theilweise herzlich schlecht. Im Thale bogen wir links ab nachderQuelle Ain sultan, an Wasserleitungsruinen vorbei, diewahrscheinlichfrüher aus dieser Quelle gespeist wurden; auch soll dabei eine Zuckermühle gelegen haben, wie Robinsonsagt, deren Ruinen Abekenbesah. Die Quelle kommt jetzt sehr reichlich aus der Erde, so daß sie augenblicklich einen ansehnlichen Bach bildet, der sich aber später aufdenFeldern vertheiltundverschwindet. Sein ganzer Lauf ist aber mit dem üppigsten Grün bezeichnet. Hier unweit der Quelle, wo wir etwa um ½ 7 Uhr ankamen, wurden Abeken’s Zelte aufgeschlagen, mitgenommenes reichliches Abendbrod verzehrt, KaffeeundThee getrunken, geraucht, Abendandacht gehaltenunddann mittelmäßig geschlafen. Die ganze Breite des Jordanthales mag etwa86 2 - 2 ½Meilenbetragen; der Boden ist fruchtbar, aber leider meist unbebaut. Die Stadt Jerichosuchten wir umsonst, sahen nicht einmal seine Ruinen, die Robinsonhieher verlegt. -

Mittwochden13tenAugust1845. 1 Stunde vorderSonne aufgestanden, aber,obgleichwir kein Frühstück tranken, doch erst mit Sonnenaufgang fortgekommen. Durch freundliches Gebüsch ging es auf das elende Dorf Erija( Jericho) los, was aus den Steinen der alten Stadt gebaut scheint; es sind übrigens nur wenig Häuser,unddie Einwohner lebten jetzt unter ausgespannten Zelttüchern. Von hier ging es durch die Ebne, die in 2 - 3 niedrigen Terrassen bis zum Flusse abfällt. Die Ebne ist größerentheils vegetationsleer bis auf kleines GrasundStrauchwerk; am Flusse selbst aber zieht sich ein dichter grüner Kranz von Walddickigt hin[,] doch ohne größere Bäume. Eine Art Weidenpappel, Nabback, Tamariskenundandre Sträucher, mit malerischen Rankenwinden überwachsen[,] bilden ein äußerst freundliches Ganze. Nach 2 ½ Stunden etwa gelangten wir andenFluß, der eine Breite von 20 - 30 Schritt haben mochte. Sein Wasser war weißlich trüb von kreidiger Thonerde; der Geschmack weich, warm aber süß; an einer Stelle, womansein Steinbette überschreiten konnte, war er ziemlich reißend, weiterhin tieferundnicht allzu schnell fließend. Wir blieben hier etwa 3 Stunden, nahmen einköstlichesBad, schwammen herüberundhinüberundfreuten uns des überhängenden Grün’s. Dann aßen wir, tranken Kaffeeundbrachen um ½ 11 Uhr etwa nachdem todten Meereauf, was wir in circa 1 Stunde erreichten. - Neblige Dünste verdeckten wie bisher, so auch jetzt noch in dieser Nähe das wüste Moab-Gebirge, was sich ziemlich steil indieSee absenkt, auch die rechte Seite ist sehr steil und steril. - Das Wasser sah heut trüb bläulich schwarz aus; der Geschmack abscheulich; es ist, als leckte man an Alaun, nur mit einem höchst bittern Beischmack; auch mag verdünnte Schwefelsäure ähnlich schmecken. - Während ich die Berglinien etwas skizzirte, nahm Abeken, wie der SchneiderundTischler ein Bad, was aber natürlicherweise bei Allen keine erfreuliche Wirkung übte; KopfschmerzundUnbehaglichkeit war die Folge des dicken schweren Wassers, welches eine große Tragfähigkeit hatte. - Vom todten Meereab, wandten wir uns rechts indasGebirge nach dem Kloster Mar Sabahin. Die Wege, die zuerst besser waren, als ich erwartet, wurden nachher ungemein steil, beschwerlichundermüdend für MannundPferd. 87In unendlichen Windungen durch ThälerundHöhen, wie die wüsteste Erde öde, aber mit wunderbar schönenundgroßartigen Rückblicken auf das todte MeervonderHöhe aus, gelangten wir endlich etwa um 6 Uhr nach dem Kloster, dessen Lage an einem wilden steil abfallenden Thale, was sich mit schroffen Felswänden hinschlängelt, höchst überraschend ist. In malerischen Linien schwingt es sich aufwärts. Nach Abgabe des vom Patriarchen in Jerusalemausgegebenen Briefes wurden wir erst eingelassenundfandendasInnere über alles Erwarten schön, solidundfreundlich. Das Gastzimmer ganz mit TeppichenundKissen belegt, sprach uns sehr behaglich an nachderReise; feiner Liqueur, Kaffee, zum Abendbrod Reis, Sardellen, Käse, Eierkuchen, BrodundWein wurde reichlich zugesprochen. Noch am Abend besahen wir die griechischeKirche

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mit ihren gewaltigen Strebepfeilern außenundihrer Kuppel inderMitte, ihrem reichen Bilderschmuck. Das vergoldete Gitter vor dem hinteren Priesterraum war ungemein reichundgeschmackvoll

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; die Bilder inderkleinenNische oben aber waren nicht mehr recht zu erkennen. In noch einer 2ten kleineren Kirche war das Bild derheiligen SabamitsilbernerKleidungundgoldenen Strahlenringen, auch hintereinemGitter unzählige SchädelvonMönchen, die in früherer Zeit beieinerBelagerung des Klosters hier einmal umgebracht wurden. - Dann genossen wir der Abendluft auf dem Dache unsres Zimmers (NB Auch diekleineKapelle überdem Grabe San Saba’s ward uns gezeigt), wo sich die vielen Baulichkeiten des Klosters, wiederKirche höchst malerisch ausnahmen. -

Donnerstagden14tenAugust1845. Nicht allzufrüh aufgestanden, erst um 7 Uhr kamen wir zum Aufbruch. Der Weg bis Jerusalemlangweilig. Doch kamen wir schon ¾ 10 bis zudenMauern der Stadtundwaren um ¼ 11 Uhr glücklich zu Hause. AufdemWege mit AbekenGöthereminiscenzen. --

Freitagden15tenAugust1845. Um 10 Uhr zum Bischofundmit ihm den Bauplatz der Kirche besehenundüber Einzelnes in dieser Hinsicht Rücksprache genommen; dann mit Nicolaysonzum Architekten Kritschlowunddie Pläne der Kirche besehen, die ziemlich mangelhaft sind. Dann zu HausundMittag gegessen; amNachmittagum 3 Uhr mit Abekenzum Bischofundbis Sonnenuntergang an Miß FannyAlexandergezeichnet, die in ihrerorientalischenKleidung bildschön war. Abends nach 9 Uhr[,] wie gewöhnlich[,] Abekenbei uns; heut auch derdänischeSchlosser Biering. 88

Sonnabendden16tenAugust1845.Vormittagszu Haus gebliebenundin Thiele’s Buch gelesen, anstatt anmeinemBriefe fortzufahren. - Um 12 Uhr wieder kurze Session der Miß Fanny; dann Diner beim Bischofundseiner liebenswürdigen Frau. Nachher mit Abekendie alte Kirche derSantaAnnabesehen, eine Kreuzkirche mit 2 nebenliegenden Seitenschiffen, byzantinisch-arabisch. Um 9 Uhr kommt Abeken. -

Sonntagden17tenAugust1845. Um ½ 8 Uhr in die heilige Grabkirche, gebaut, wie mir schien, in Kreuzform mit mächtiger Kuppel inderMitte. In abgesonderter Kapelle im Centrum unter der Kuppel stieg man zu dem Grabe hinab, aber der bunte kindische Schmuckundalles irdische Machwerk nahm jede Andacht an dieser heiligen Stelle. Wir wanderten andenverschiedenenRäumen desGebäude’s umher, waren in derkleinengriechischenKirche auf demsogenannten Calvarienberge, zu der man aufeinerTreppe der Hauptkirche aufsteigtundgingen dann endlich kaltundunerbaut an den rauchenden Türken[,] die am Eingange saßen, vorbei, um die Kirche desarmenischenKlosters zu betrachten. Diese war sehr hübschundfreundlichundeinfach. Der untere Theil mit Kacheln, die ein blaues Tapetenmuster bildeten[,] ausgelegt, oben weiß. Herrlicher ThürenvonPerlmutterundSchildkröte ungemein sauber gearbeitet; aucheintreffliches GittervonEisen oder Bronze; kleine Kirche daneben für die Frauen; Madonnenbild mit den angesteckten Ringen, Goldschmuck pp.; dann den Hof des geräumigen Klosters besehen. Von hier ausindieStadt nachdemsogenannten Hause des Caiphas,unddort diekleinearmenischeKirche betrachtet. - Dann nachderWohnungundBrief geschrieben. AmNachmittagum 3 Uhr in die Kirche, woReverend Behrends einen Theil einerziemlichmangelhaften Predigt hielt. Nachher die Werkstatt derMissionsAnstaltbesucht mit dem Präceptor Kraus. - Zu Hause langweiligen Besuch von demjüdischenMissionar RosenthalnebstseinerFrau. - Am Abend zum Thee beim Bischofe mit Abeken, wo wir sehr heiterundgemüthlichzusammenwaren. - Nachher blieb Abekennoch bis 12 Uhr bei uns.

Montagden18tenAugust1845. Heut früh ging ich zuerst, weil unser armer Wirth MischulleminderNacht gefährlich krank geworden war, zum Dr. Macgowen, um diesen schleunigst zu ihm zu spediren; dann zu Nicolayson, den ich nicht zu Haus89 fand; dann zumenglischenConsul JoungkundendlichzuBischof Alexander, wohin auch Abekenunddie Andern kamen; Letztere hatten ihre Zeichnungen zum Vorzeigen mitgebracht. Etwa um ½ 12 Uhr empfahlen wir uns dieser liebenswürdigen Familie. Der Bischof hatte uns gestern JedemeinExemplar der songs of Zion zum Geschenk gemachtundheut bekam MaxfürseinHieroglyphenblatt, was er der Bischöfin geschenkt eineVisitenkartenbüchseaus Olivenholzundich für mein gemachtes Portrait einen BriefundGeschenk für die Schwester Elisabethauch ausOlivenholzvon Gethsemane. Zum Mittag Abekenmit unsundwir waren recht heiter zusammen. - MitdemWirth ging es durcheinenAderlaß um Vieles besser.Nachmittagskam das Packenunddie Bezahlung der Rechnung daran;unddann, etwa um 4 UhrNachmittagsder Aufbruchvon Jerusalem. Mit schwerem Herzen[,] aber voll Danks für die schöne vergangene Zeit ritt ich ausdenThoren der Stadt; Abekenkam uns nachundbegleitete uns dann noch ein Stündchen, auch derkleine Pietro Mischullem; ein allerliebster Knabe. - Nach Sonnenuntergang kamen wir indasDorf Abu Gosch,undkehrten oben am Berge beim Schech Hadji Mustafaein. Selbiger, ein schöner Mann mit langemschwarzenBarte, festen befehlshaberischen[,] aber etwas unruhigen Wesens, empfing uns mit Handschlagundgeleitete uns in seinen Diwan, wo an 20 Araber rings umher saßen,unddie geräumige Halle füllten. Hier tranken wir KaffeeundrauchteneinePfeife, aßen dann mitdenHändenvonderungeheuren Schüssel schmackhaften Pilavs (die Araber kneteten sich Kugeln davon, die sie indenSchlund schoben)undschliefen dann auf den zurecht gemachten

Dienstagden19tenAugust45. Decken sehr gut bis gegen 3 Uhr, woderWirth uns weckte. Gegen 4 Uhr, noch lange im Mondschein, kamen wir zum Abritt. Um 10 Uhr etwa waren wir in Ramle, nachdem wir um 7 Uhr anderQuelle imGebirgeein kaltes Frühstück eingenommen hatten. - Auch in Ramletranken wir Caffee, aßen Obstundritten um 11 Uhr wieder ab. Erst um 3 Uhr kamen wir im Haus unsresConsuls Muradzu Jafawieder an. -NachmittagsHerr Hanauerbei uns. Nach dem Abendbrodt bald zu Bett, ungemein müde. -

Mittwochden20tenAugust1845.Vormittagsvortreffliches Seebad genommen. Barken besehenundmit einer den Contrakt nach Beiruthfür 950piastergemacht, wofür wir den Apothekerunddie 2 Tischler noch mitnehmen. - AucheinDiener Achmetwird für die Reise enga90 girtundsolassen wir gegen Sonnenuntergang die Sachen aufdasSchiff bringenundfolgen ihnen bald nach; Muratund Lazaris, dem ich als AndenkendasMesservomalten Müllerschenke, auchder3te Bruder, begleiten uns bis an Bord, wo wir herzlichAbschiednehmen. Indessen liegen wir noch im Hafen bis 10 Uhr Abends, wo wir dannendlichbei aufgegangenem Monde den Anker lichten. -

Donnerstagden21tenAugust1845. Erst heut Mittag um 3 Uhr ankern wir vor demkleinenStädtchen Caiffa, was am Fuße des Berges CarmelimgroßenMeerbusenvon Acreso liegt. Am Ufer nehmen wirsogleichEselundreiten zu dem 1kleineStunde entfernten Kloster hinauf. Selbiges, ein großes 4eck mit innerem HofeundKirche ist initalienischemStyle ganz neuundsehr freundlich aufgebaut; von oben die Aussicht überdasMeer großartig; aufderanderenSeite desMeerbusensliegt Acre; Nazareths Bergeschimmernvonweitem. In dem völligeuropäischeingerichteten Fremdenzimmer das Fremdenbuch durchgesehenundviel bekannte Personen gefunden, so Strauß[Senior][,] Wildenbruch, Satler, Ida Halmpp. - Vom Apotheker wurden wir im Kloster umhergeführt; inderKapelle ein schönes erst unlängstvon Romgesandtes Madonnenbild mitdemKinde bewundert, in der Kirche, die im Kleinen die Form SanktPeters hat, die ausgestopfte Puppe, wieder MariamitdemKinde mit vielerlei Schmuckwerk behangen. - Der Altar mit trefflich polirten Marmorarten ausgelegt. - Vor dem Hause Garten mitder Pyramidedes gefallenenfranzösischenOffiziers; auch weiterhin noch WeingärtenundeinekleineColonie waren angelegt. - Die Apotheke machte einen besondersfreundlichenEindruck. Nacheinemguten AbendmahlevonFisch, BohnenundEierkuchen,Weintraubenpp. gingen wir zum Schiffe zurück, nachdem wireinenmißlungenen Besuch bei unserm Agenten hier gemacht hatten; es hieß, er sei in Acre. -

Freitagden22tenAugust1845. Heut früh vor Sonnenaufgang fuhren wir nach Acre, was etwa nur 2Stundenentfernt liegt; indessen hatten wir fast gar keinen Windundbrauchten so viel länger. Acreliegt ganz eben, aber ineinMeer hineingebaut, die Citadelle nach dem Lande hin. Zerlöcherteundpockennarbige Mauer, worin noch viele Kugeln stecken; ein Theil der Mau91 ern ist schon neuundrecht hübsch hergestelltundman war fortwährend inderReparatur begriffen. Die Stadt hatte ich mir bedeutender gedacht; sie sieht im Innern wie Äußern ziemlich lumpig aus. Nachdem wir uns bis zu unserm Agenten Kataphagodurchgefragt hatten, einen dickenfranzösischsprechenden Herren, suchte dieser vom Pascha um Erlaubniß für uns nach, zum Besichtigen der Festungswerke, indessen bekamen wir sie nichtundnahmen so Abschied von ihm, gingen in ein Caffee des Bazars, aßen dortWeintraubenunmußten, umeinGeschäft zu verrichten indasKloster, wo wir dann dem superior einen Besuch abstatteten. - Indessen hatte sich starkerundziemlich günstiger Wind erhobenundwir trieben den Reis, der sich auszulaufen fürchteteundbis Abend bleiben wollte, zum Aufbruch. Er hatte seine Schwierigkeiten mit dem Auslaufen ausdemHafen, indessen machten unsre 4 Mann ihre Sache gut,undum 12 Uhr segelten wir vondemfamosen Acreab, wovon wir vondenZinnen des Klosters noch einen vollkommen genügenden Überblick gewonnen hatten. - Bald erreichten wir das weißeVorgebirgeundwurden ferne auch die gewaltige Gebirgskette des Libanongewahr, die bis indieWolken aufreichte. - Die Berge der Küste waren sämmtlich kahl oder doch nur mitniedrigemBuschwerk bedeckt; das flache indasMeer auslaufende Vorland durchzog hinter Acreeine lange Wasserleitung, GärtenundLandhäuser tauchten dannundwann hervor. - Gegen Abend, um 9 Uhr etwa, wo sichdergute Wind fast ganz wieder gelegt hatte, waren wir gegenüber Sur(dem alten Tyrus)[,] was sich von ferne stattlich genug indasMeer hinausschob. - Der Libanontrat inderAbendsonne zartundrosig aber majestätisch hervor; die Färbung der ganzen Küste im violetten Abendnebel war köstlich. -

Sonnabendden23tenAugust1845. Die Nacht sind wir, wenn auch nicht viel, so doch immer ein Stück vorwärts gekommenundfinden uns um ½ 10 Uhr Saidagegenüber. Die dunkle Masse des Libanonhinter den Vorbergen heut deutlichundin festen Umrissen[,] aber die Einzelheiten in Nebel gehüllt. -Nachmittagsum 4 Uhr etwa ist uns der Wind so vollständig conträr, daß wir gezwungen92 sind, uns vor Anker zu legen; wir möchten etwadieHälfte des Wegeszwischen Saidaund Beirutsein; der vor Dieben furchtsame Reis wollte sogar bis Saidazurückgehen, was ich nicht zugab; neben uns ankerte ein andres kleineres Fahrzeug, mit Schwämmen überladen.

Sonntagden24tenAugust1845. Heut früh um 2 Uhr beginnt der Wind sich zu drehenundwir benutzen das erste Lüftchen zur Abfahrt. Indessen wird er nachundnach so heftig, daß wir beiderhochgehenden See kaum 1 Segel zu tragen im Stande sind. Das Schiff übersteigt die mächtigen Wellen, die bisweilen hineinspritzen, ein köstlicher Anblick. Mit der ersten Dämmerung erblicken wir die unzähligen Schiffe im Hafenvon Beirutundlegten uns etwa um 4 ½ Uhr dort vor Anker. Je 1 Stunde ruderte eine Barke unsundunsre Sachen ans Land,undda wir nichts Besseres wußten, logirten wir uns indenersten besten Gasthof der Stadtvoneinemgewissen Battistaein. - Hatte unsdiegroße AnzahlvonSchiffen im Hafen schon imponirt, so war dieß noch viel mehr mit der großartigen Lage der Stadt selbst der Fall. Die Gebirge des Libanonstrecken ihre niedrigen Ausläufer hier wie eine Landzunge indasMeer,unddieß ganze Terrain ist bedeckt mit GärtenundMaulbeerpflanzungen, aus denen überall Landhäuser hervorragen, die Stadt selbst liegt aufderNordseite der Landzungeundzieht sich hier in großem Zirkel umher, ein höchst malerischer Anblick

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. Alte zerstörte Festungsthürme ragen ausdemWasser empor,unddie Gebäude erscheinen stattlichvonSandstein. Die gewölbten Räumevon Jerusalemund Jafamachen hier graden Holzdecken Platzundaußer den winklichen Straßen mit ihren Bazarsundihrer bunten Bevölkerung hat Beirutschon ein mehreuropäischesAnsehn. - In unsrer heißen Locanda begrüßte uns alsbald der Kavaß desHerrnvon Wildenbruch[,] der uns dann nachderWohnung des Letzteren ½StundevonderStadt[,] ineinemGarten trefflich gelegen, begleitete. Hier fanden wir, höchst comfortabel eingerichtet nurFrauvon Wildenbruch, denn er warunglücklicherWeise gestern nachdem Libanongegangenundwird erst in 3 Tagen zurückerwartet. Sehr angenehme Dame, mit der wir uns lange unterhielten; sie versah uns mit langentbehrten Zeitungen, worunter auch die Vossische, die mir durchzusehen viel Vergnügen machte. Über manches Fatale wurden wir hier auch gewiß, daß nämlich vordem7tenSeptemberschwerlich dasösterreichischeDampfschiff hier zu erwarten ist, daß ferner eine 15 tägige Quarantäne93 in Smyrnanicht umgangen werden kann,unddaß diese theuerundsehr schlecht ist. Von hier besehen wir eine andre Locanda am Meer, die unsFrauvon Wildenbruchangerathen hatte, doch konnten wir nicht einig überdenPreis werden. Durch Maulbeerplantagen umzäuntvonCaktushecken am Meeresufer entlang in unvernünftiger Hitze gelangten wir wiederzumGasthof, wo ichdenTag über auch blieb. Besuch vom Consulatsdragoman, einem artigen jungen Menschen.NachmittagsZeitungen gelesen; ausdemSchwitzen heut nicht herausgekommen.AbendsbeiTische gute Unterhaltung miteinemKaufmanne, der mit Straußnach Damascusgereist warundder uns manche unsinterressanteNotizen unsrer Weiterreise geben konnte.

Montagden25tenAugust1845.VormittagsZeitungen gelesen;NachmittagsSpatziergang mit demConsulardragoman. Kirchen inderStadt besehen. Zuerst eine sehr hübschebyzantinischgothischeKirche, 3 schiffig, mit KreuzgewölbenundkorinthischgothischenKapitälen, die zueinerMoschee ausgeputzt wurde. Die angewandte Malerei war einfachundgeschmackvoll angeordnet; dunkle Streifen[,] die aufdemweißen Grunde drunterundandre Architekturtheile umzogen, wasdasGanze recht freundlich hervorhob; freilich bildeten Blumenbouquets die MittederGewölbe,kleine[Marmor]mit kurzergriechischerInschrift. - Dann in diegriechischeKirche, die nur Kreuzform zu haben schien[,] doch mit Seitenschiffen, auch gothisch, dem Styl nach, höherundfast größer als die Vorige; Viel alte Bilder auf Goldgrundundschön geschnitzte Holztabernakel. DiegriechischkatholischeKirche sehr kleinundeinfach. -GriechischeInschriftaufeinemStein am Thore studirt;undnahe dabei 3 noch stehende mächtige Granitsäulen aus 1 Stücke bewundert, die mir zueineralten Basilikaodersonst etwas gehört zu haben scheinen, ohne Kapitäl, etwa 2[ Fuß] imDurchmesser, grauer Granit. - Dann auf das neugebaute Palais des hiesigen reichsten Kaufmanns gegangen, was ganz herrlich eingerichtet war,undvonderPlatform oben die schöne Aussicht aufdasGebirge, StadtundHafen genossen. ZweienglischeKriegsdampfschiffe waren angekommen; diefranzösischeFregatte la belle poule lag im Hafen, außerdemeinetürkischeundeineandreenglischeFregatte. - Von hier aus nach Hause. -

Dienstagden26tenAugust1845. Den größeren Theil des Tages über Brief geschrieben nach Hause. Am Abend nachdemEssen bei Frauvon Wildenbruch.

Mittwochden27tenAugust1845. Weiter am Briefe nach Haus fortgefahren. 94Am Abend beiHerrnvon Wildenbruchgegessen, der heutVormittagangekommen ist; Angenehme Unterhaltung. Zumeinemgroßen Leidwesen erfahre ich, daß er vor 10 Tagen einen Brief von Hause mir nach Jerusalemnachgeschickt hat, der mich nun gefehlt hat. DasösterreichischeDampfschiff kommt erstden4tenSeptember.

Donnerstagden28tenAugust1845. Heut früh um ½ 9 Uhr reiten wir nach Nahr el Kelb. Der Weg führt erst weithin durch die großen Maulbeerplantagen der VorstadtzwischenCaktushecken[ und]〈…〉〈…〉 blühenden Schlingpflanzen, dann fortwährend am Meere entlang[,] dessen Brandung die Füße unsrer Pferde bespülte. Erst gegen 11 Uhr kamen wir zu dem hart in die See springenden Vorgebirge, hinter welchem der Nahr el Kelbsich einmündet. Der Weg über diesesVorgebirgeist auf eine lange Strecke in den Fels gearbeitetundhier finden sich die, im Ganzen, 12 Steelen, um derentwillen wir ausgeritten waren. Es sind etwa 5 Darstellungen eines Perserkönigs, 3 - 4hieroglyphischevomKönige RamsesdemGroßen, einelateinische, einegriechische, einearabischeInschrift,undeine vielleicht lateinische auf einer Granitsäule. Das Thal des Flüßchens ist höchst romantisch; eine kühne Brücke führt darüberundanderFelswand dahinter eine ungemein malerische Wasserleitung, deren hohe Schwibbogen von herabhängender Vegetation strotzen. Ich nahmdieLokalität dort auf, während die Andern zeichneten. AmNachmittagnach 4 Uhr brachen wir wieder aufundkamen nach Sonnenuntergang nach Hause zurück. - Die Steelen sind sehr ausgefressenundungemein schlecht zu lesen, dazu kommt, daß nur Abendsundvielleicht Morgens die Sonne darauf fällt, sie liegen fast völlig nach Norden. - Spät Abends hatten wir zum erstenmal in Asien einen kurzen Regen. -

Freitagden29tenAugust1845.VormittagsBesuch bei Wildenbruch, dann beimViceConsul Choshowoder Chalhoiswegen Geldangelegenheiten. Dann Einkäufe aufdemBazarundbeim Kaufmann Thalon, den ich jedoch nicht zu Haus fand. - Morgen wollen wir unsre Parthie nach Baalbeckmachen. -

Sonnabendden30tenAugust1845. Früh gegen 6 Uhr erst kommen wir,nämlichich, Ernstund Maxmit dem Kavaß Abderrahmanvon Wildenbruchzum Aufbruch. Der Weg sehr hübsch.ZwischenCaktus, FeigenundWeinhecken an einer ReihevonBrunnen vorbei[,] wo Gruppenvonwasserschöpfenden Weibern, gelangen wir in eine Art von Kiefernschonung; einzelne große Bäume, die ganz den habitus der Pinien habenunddie jungen hübschen Bäume der Schonung, mit Nadeln wie die Weihnachtskiefer, erwecken ein heimisches Gefühl. Bald ging es bergauf auf die Vorberge des Libanon, große blühende Myrthenbüsche, Weinbergeundwo esderBoden nur zuläßt, bebaute Felder, die Straße belebtvonMaulthieren, die nach95 Damiskus(Scham) ziehen, ein erquicklicher Anblick; herrlicher Rückblick auf die Halbinselvon Beirut; Aufsteigen des Meereshorizontes; jetzt der Weg sehr schlecht, stufenförmiges Gestein, Gerölle voller LöcherundBuckel. Nach 4 stündigem Ritt freundliche Kneipe am Wege, wo wir untereinemÖlbaum ein FrühstückvonEiern, Brod, KäseundWeintraubenauch Kaffee verzehren; kämpfende Ichneumons, die hier in Menge sind. Nach 1 Stunde wieder abgeritten. Großartiger Blick in einen tiefen gewaltigen Thalkessel links miteinemDorfe im Grunde; immer noch rückwärts das Meer mitkleinenweißen Segelpunkten darin. - Endlich erreichten wir die Höhe des Libanonundbegannen wieder abwärts zu steigen. Blick indasgewaltige Thalzwischen Libanonund Antilibanon, genannt das Bikahoder BukaaThal[,] in welchem die Sonnenstadt Baalbeckliegt. Sie hat in sichdasBett des Leontesoder Nahr el Litani, den man jedoch nicht gewahr wird, wohl abereineMenge FlüßchenundQuellen[,] die sich in ihn ergießen. Rechts aufdem Antilibanonragten der gewaltige Hermon(Geb e Schechodere Felsch Schneeberg)undlinks im Libanonder noch höhere Gipfel des Sunnia, an dem an mehreren Stellen noch Schnee lag.VonderHöhe des Libanonging unser Weg über die Vorberge links abvonderStraße nach Scham, zum Städtchen Sachle, was wie ein Badeort ineinemSeitenthale an einem wasserreichen Bache sich hinzieht. Hohe Silberpappeln zieren den Lauf desselben. Die Häuser alle neu, reinlichundweiß mit dunklem Sockelundflachen Dächern, die Menschen freundlich, blühend gesundundMänner, Weiber wie Kinder auffallend hübsch. Der ganze Ort istgriechischkatholisch,undwir kehrten im Haus des Bischofs ein, der grade abwesend war; ein wohlthuenderer Anblick als dieses Städtchen ist mir lange nicht geworden, überhaupt war die Tagetour sehr hübschundinteressant,derKavaß bereitete unser Abendessenunddann schliefen wir sehr gut, nachdem wir noch Manches miteinemfreundlichenGeistlichengeplaudert.

Sonntagden31tenAugust1845. Heut früh um ½ 6 Uhr mit Sonnenaufgang ritten wirvon Sachleaus gegen Norden; eine lange Zeit über die Vorberge des Libanonunddann schräg durch die Ebne gen Baalbeck. Der Weg etwas langweilig, weil er sich über Erwarten hinzogundkeine Abwechslung bot; indessen war er gutundwir hätten schneller reiten können, als es geschah; wir brauchten 6 ½Stundendazu. In Baalbeckhielten wir neben den gewaltigen Tempelresten untereinemÖlbaum; daneben, den Fuß des Antilibanonhinan ziehen sich die Ruinen der alten Stadt, woneben jetzt das nicht grade96 unbedeutende Dorf Baalbeckliegt. KaumvomPferde gestiegen besehen wir die durchgängig inRömischemStyl später Zeit ausgeführten Tempel -undPallastreste[]. Zwei Haupttempel liegen nebeneinander. Von dem Einen steht noch die Zellaundeine Menge Säulen umher, von dem andern nur 6 Säulen[,] aber eine Menge Gebäude der Vorhöfe. Der erste Vorhof von Außen ist 6eckigSkizzeundin 2 Etagen mit lauter Wohnungsräumen umgeben; davor liegt ein langes pylonartiges Gebäude ganz ähnlich der porta nigrain Trier[,] auch mit Wohnräumen versehen; auch der 2te 4eckige Vorhof hat rings umher Pallastanlagen; inderMitte siehtmaneine Erhöhung, auf der vielleicht ein anderer Tempel mit Granitsäulen stand, von denen viele Stücke umherliegen. Der eigentliche Tempel,vondem nur noch 6 Säulen stehen[,] hat eine enorme Größe; ich fand denSäulendurchmesser6 ½[ Fuß]. Mächtig gewölbte Tonnengänge führen im unteren Theile unter den Wohnungsräumen rings umher; das Ganze bildet überhaupt eine Art Labyrinth, wo ich lange nicht in alle Räume hineingekommen bin. - Keilstücke des Architrav’s inderZella des kleinen Tempels. - Rings um die ganze Anlage zieht sich eine sarazenische Mauer mit Schießschartenundmansieht[,] daß es als Festung meist gedient hat; übrigens ist diese Arbeit theilweis so gut, daß man oft nicht weiß, ob die Bauten alt oder später sind. Unweit dieser 2 Haupttempel ist ein kleines Rundtempelchen mit 8 AußensäulenSkizzeundaufeinemBerge etwas weiter seh ich eine umgestürzte mächtige Säule, auf der ein Standbild gewesen sein müßte. Das Material aller hiesigen Bauten, auch der theilweise noch vorhandenen Stadtruinen ist der Kalkstein des Gebirges; man hat davon Blöckevonungemessener Größe gebraucht, die mit allen ägyptischen Maaß halten. Die Säulenordnung ist durchgehends korinthisch mit Ornamenten überladen, aber der Styl schon sehr[zopfig]. -Nachmittagssetzte ich mich mit Ernst, um zu zeichnen, aber ein Gewitter zog herauf, der Donner rollteundRegen hielt uns eine gute Stunde lang ab. - AbendbrodundNachtlager wieder recht gut im Hause desgriechischkatholischenPatriarchen.

Montagden1tenSeptember1845.Vormittagswieder etwas Regen; ich zeichnete eine Ansicht der TempelvonderHöhe unweit unsrem Haus; dann gefrühstücktundum 11 Uhr wieder gen Sachleaufgebrochen; wir ritten heut viel schneller als gestern; hatten aber unterwegs einen tüchtigen Regen, der uns trotz Burnus theilweise bis aufdieHaut durchnäßte; hinter uns hielt der Sanninein noch viel ärgeres Gewitter glücklicherweise fest. Wir nahmen einen andern Weg durch die Ebne, wodurch wir die unzähligen KameelherdenundBeduinenhütten97 des großen Tribusder Beni Annasehnäher gewahr wurden, des gewaltigsten Beduinenstammes, den es wohl gibt, denn er soll an 30 000 Reiter stellen können. Der Schech ist über 110 Jahre alt[ und] stellt allein über 50 Söhne ins Feld. - Diesmal gelangten wir in 5 ½Stundennach Sachle, wo wir in unsrem alten Haus einkehrtenunddiesmal den Bischof vorfanden; kleiner dicklicher Mann mit klugen leuchtenden Augen, der ebenso schnell mit geistlichem wie weltlichem Rath beiderHand ist, ebenso schnell mitdemSchwerdt wie der Bibel. Er mit unsundan seiner Lustigkeit hatten wir unsernköniglichenSpaß. Er sprach italienischundprunkte damit nicht wenig. Ich zeichnete am Abend bei Sonnenuntergang nocheineSkizzeundgegen 9 Uhr begaben wir uns zu Bett.

Dienstagden2tenSeptember1845. Noch im Dunkeln um Punkt 5 Uhr brachen wir nach ziemlich schlecht durchbrachter Nacht aufundkamen ohne Unfall nachdem wir wiedervonNeuem mit gleichem Vergnügen die Schönheit des Weges bewundert, bei guter Zeit um ¼ 5 Uhr in Beirutbeiunserem Gasthofe an; hier war inzwischen eine großeenglischeFamilie angekommen,undderWirth hatte mich ausmeinemZimmer verjagt, was dannzwischenmirundihmeineScene gab. Nachher BesuchvonHerrnvon Wildenbruch, der mir den inzwischenvon Jerusalemzurückgekommenen Brief einhändigte, dervonBruder Heinrichwar(vom17ten Juni); Gott sei Dank, die NachrichtenvonHause waren leidlich, aber Carls Stillschweigen ist mir unerklärlich. Auch Abekenerfreute mich miteinemBriefeund Wildenbruch’s Brief selber kam mir jetzt erst indieHände. - NB Die Parthie nach Baalbekmag uns JedeminclusiveTrinkgelddem Kavaß auf 11 rt pr. zu stehen kommen. -

Mittwochden3tenSeptember1845.VormittagsTagebuch geschriebenundBriefe an Lepsiusgeschrieben. -

Donnerstagden4tenSeptember1845. Heut früh ist endlich dasösterreichischeDampfschiff gekommen.Nachmittagslanger BesuchvonHerrnvon Wildenbruch, der uns Adieu sagt, weil er aufderenglischenFregatte mitdemenglischenGeneralkonsul Obrist Rosenach Saidasegeln will. KarlsGeburtstag.

Freitagden5tenSeptember1845.VormittagsBrief an Abekenun Lepsiusfertig gemacht, Mittag das Geld besorgt;NachmittagsBillets fürdasDampfschiff, Besuch bei Chashened, Pässe revidirt. Abends inderZeitung die Entbindungvon Carl’s FrauvoneinemSöhnchen gelesen, was mir große Freude gemacht. - NeuereVossischeZeitung gelesen.

Sonnabendden6tenSeptember1845. Vorbereitungen zur Abreise. Abmachen der Rechnung, die verhälthismäßig billig ist. Dann Besuch bei der98 Frauvon Wildenbruch. Nach dem Dejeuner etwa um ½ 3 Uhr fahren wir mit SackundPack zum Dampfschiff hinüber, wo wir so ziemlich die Ersten sind. Indessen wird es nachundnach stickend voll. Circa 150 ManntürkischeSoldaten nehmendasVerdeck ein; auf unsrem 1ten Platz ist unser langer SchlaksCaptain Macdonaldmitseineralten FrauundTochter nebst deutscher Kammerjungfer[,] ferner noch 3Engländerund2 Franzosen. Erst mit Sonnenuntergang kommen wir zur Abfahrtundnehmen unsern Curs direkt auf Cypernlos. -

Sonntagden7tenSeptember1845. Heut früh im Angesichtevon Cypern[,] vor dessen Stadt Larnakawir etwa um 8 Uhr Anker werfen. Die Insel hat viel flacheres Vorland, was uns jedoch ziemlich kahlundunbebaut erscheint; im Hintergrunde jedoch auch bedeutende Berge, dievonWolken umspült werden. Larnakaliegt freundlich dicht am Meeresstrande, ein hohes[Monument]hob sich gar malerisch gegen eine hinterliegende Bergspitze empor. Die Insel Cypernso großundfruchtbar sie ist, ist sehr herunterundsoll nicht viel mehr als 50 000Einwohnerhaben. Um 12 UhrMittagsfuhren wir von Larnakaweiter ziemlich noch anderKüstevon Cypernentlang, bis die Nacht seine Berge einhüllte. Die See war heut ruhigunddieganze Gesellschaft undtrank. -

Montagden8tenSeptember1845. Den ganzen Tag bis gegen 5 UhrNachmittagskein Land gesehen; da erst zeigten sich im Nebel die hohen BergevonKleinasien. Das Schiff schwankte ziemlich stark,undich selbst verdrusselte unser Dejeuner, was bloß GeorgiundderCapitaineinnahm; indessen holte ich es nachher nach; auch beim Abendessen waren wir lange nicht vollzählig. - DerCapitainNamens Florio, ein Illyrier sprach nurfranzösisch[,]italienisch[,]englisch[,] aber nicht deutsch. Unser Dampfschiff genannt "Fürst Metternich" ist eins der größtenundbestsegelndsten.

Dienstagden9tenSeptember1845. Heut früh mit Tagesanbruch waren wir vor Rhodos; in gewaltigem Bogen breiteten sich die Festungswerke der Stadt vor uns aus, an beiden Enden Forts zum Abschluß, inderMitte ein berühmter malerischer Thurm, hinter dem die christlichen, jetzt mit Minarets versehenen Kirchen der Kreuzfahrer hervorsahen. Um 10 Uhr verließen wir die Rhede von Rhodosundder Rückblick aufdieStadtundInsel, aus der jetzt erst bedeutende Berge auftauchten[,] gehörte mit zu den schönsten Bildern[,] die ich kenne; da entfalteten sich auch die Gärten der Stadtundeine reiche Vegetation der anderen Vorberge. Von jetzt ab hatten wir immer Land im Auge; die schroffen ohne irgend Vorland aufsteigende KüstevonKleinasien99 mit ihren gewaltigen Bergen; nachdemMeere zu näher oder ferner Insel auf Insel, oft nur einzelne barocke Felsmassen.

Mittwochden10tenSeptember1845. InderNacht waren wir die Insel Samospassirt, die wir rückwärts noch mit ihren wolkenbehangenen Bergen sahen. Früh um 6 Uhr waren wir im Angesichte des reichen Chios. Die Stadt zieht sich mehr in GärtenundLandhäusern bestehend durch 3 gewaltige Buchten hin, ein höchst freundlicher Anblick. Wir passirten sie in ziemlicher Entfernung. Gegen Mittag waren wir an der vortretenden Landspitze, hinter welcher Smyrnaliegt. Grüne Thäler wechselten mitinteressantenFels -undBergformen; Weinfelder überzogen mit zartem Grün die Anhöhen; wir hielten hier immer dicht anderKüste; jetzt bogen wir umdieLandspitzeundmit günstigem Winde ging es nun indenlangen Golfvon Smyrnahinein. Große Salzhaufen links; vorgeschobenes Castell rechts. Schwierige Einfahrt wegenderSandfelder mit ausgelegten Tauen; endlich um ¾ 4 Uhr vor Smyrnageankert. Die Stadt[,] wie mir scheint[,] meist aus Holz gebaut, was roth angestrichen ist, hebt sich an den Vorbergen empor; den Gipfel des Berges dahinter krönt ein Castell. Rechts bezeichnet ein sich lang dehnendes Cypressenwäldchen den Kirchhof; rechts, etwa 1 StundevonderStadt winkte uns die Quarantaine. - Wir konnten heut noch nicht hinein, weil sie auf soviel Besuch nicht vorbereitet war. Abends prächtig schöner Waldbrand aufdenBergen links; Beleuchtung der Moscheen wegen des Rhamadan’s. - Gesternundheut uns mitdem2ten Capitain[,] einemkleinenlustigen Triestiner, der deutsch sprach, unterhalten.

Donnerstagden11tenSeptember1845. Heut gegen Mittag erst kommen wir endlich zum Aufbruch indieQuarantäne, ein unglaublich schofles Nest; schmähliche Verwirrung, Geschrei, Unordnung. MitdemAbend endlich erreichen wir das AufschlagenvoneinemZelte im Hofe, worin wir mit unserm alten Reisegefährten, dem Arzte BerliozPlatz finden. Prellerei jeder Art ist hier zu Hause, mit Mühe erreichen wir noch etwas Eier zum Abendessen. Die Quarantainevon Jafawar dagegen gülden. -

Freitagden12tenSeptember1845. Wir entschließen uns heut, die Kost für 20piasterpro Person per Tag von einem Tratteur inderNähe zu nehmen, um der Essenscheererei los zu sein. Der Brief an unsern Consul Pezzerwird heut indieStadt besorgt.Vormittagsmein Tagebuch vervollständigt. Mit dem Schweizer Tischler Moritz Handschin, der schon auf dem Dampfschiffe an seiner Disenterie sehr schlecht war, sieht es heut ohne Hoffnung; der ungarische Apothekerundder Baier pflegen ihn. -100

Sonnabendden13tenSeptember1845. An dem Briefe nach Hause fortgefahren[,] doch mit manchen Unterbrechungen. Der Schweizer ist heut früh gestorben;Nachmittagsward ein roher Brettersarg für ihnzusammengezimmert, im 2ten Hofe ein Grab gegrabenundmit Sonnenuntergang begruben wir ihn; in ErmanglungvonChristen trugen ihn die Gefährtenundich laseinLiedundeinenPsalmundGebet.

Sonntagden14tenSeptember1845. Eifrig anmeinemallgemeinenBriefe nach Hause fortgefahrenundihn heut glücklich beendet. - Der dicke Georgivermißt heut sein Ränzelundallseineseidnen Zeuge, die er eingekauft; es muß beim Ausschiffen der Sachen gestohlen sein. - Unsre trattorie liefert uns gutes Essenundunzählig viel Schüsseln.

Montagden15tenSeptember1845. Heut den ganzen Tag einen Brief an A. Jungcküber unserevangelischesBißthum in Jerusalemgeschrieben, den ich auch glücklich zum Abend beende. - Herrliche Mondscheinabende; die Nächte gegen Morgen schon recht kalt.

Dienstagden16tenSeptember1845. Einen kurzen Brief an Freynach Romgeschriebenunddiesen wie den dicken Brief nach BerlinandieMutter am Mittag dem Sohn unsres hiesigen ConsulsHerrn Pezzer[,] der uns besucht, zur Beförderung mitgegeben.

Mittwochden17tenSeptember1845. Ich zeichne heut denSituationsPlanvom Nahr el Kelbauf. -

Donnerstagden18tenSeptember1845. DenSituationsPlanvon Nahr el Kelbfertig gemacht.NachmittagsDomino mitdemDicken gespielt.

Freitagden19tenSeptember1845. Meine AnsichtvomTempelvon Baalbeckfür den Dicken abgezeichnet.

Sonnabendden20tenSeptember1845. Nichts Bemerkenswerthes.

Sonntagden21tenSeptember1845. Der theuren Mutter Geburtstag. Still für michmeineAndacht gehalten; dann Baalbeckfertig gezeichnet; meineägyptischenSkizzen durchgesehenundgesondert. Seebad genommen.

Montagden22tenSeptember1845. Seebad desgleichen.

Dienstagden23tenSeptember1845. gebadet.

Mittwochden24tenSeptember1845. Heut Mittag kommt der Doktor, um unsren Gesundheitszustand zu besichtigen. - Unsre Sachen zum morgenden Abzug werden in Ordnung gebracht. - Letztes Bad.

Donnerstagden25tenSeptember1845. Auszug aus unsrer Quarantaine von Smyrna. Schon früh Morgens sind Alle bereit; HofundGarten101 wimmeltvonMenschenundSachen. Endlich öffnetderCerberus die Thoreund20 Barkenführer strömen herein. Wir trennen unsvonunserm alten Zeltgefährten Berliozundfahren heitren Muthes die lange StreckevonderQuaranthainebis zur Stadt zwischen den unzähligen Schiffen des Hafens hindurch; komische Köpfe an den Schiffsschnäbeln; Flaggen; sehr vielgriechischeFahrzeuge. Im HôtelvonMille eingekehrt, was ganz neuundnoch nicht ganz vollendet ist; wir sind die ersten Fremden. Der Dragoman unsres Consuls Pezzer, der sich nachher unszugleichals Fremdenführer zeigt, Namens Raphael Uziel[,] ein Jude, bietet sich sogleich an als Führer. Zuerst mit ihm über den Bazar gegangen. Feigenbereiter; höchst interessant; 100tevonMännern[,] Weibern[,] Kindern in ReihenundKreisen um große Haufenvongetrockneten Feigen gesetztunddiese auslesend[,] ordnend in Schachteln packend; Kinder, die die Schachteln nageln, signiren; ein eigner Theil des Bazars ist für dieses Geschäft, wasvorzüglichdurchenglischeKaufleute betrieben wird. Wohl 8 Tagereisen weit kommen die anderSonne getrockneten Feigen auf unzähligen Kameelen Tag für Tag ausdemInnern des Landes; hier werden sie abgeladen, gesondert, gepacktunderst nachdem sie etwa 2 Monat in den Schachteln gelegen[,] erhalten sie die Überzuckerung, dievonselbst erfolgt. Ganz ähnlich ist es mit den RosinenundCorinthen[,] die zu dieser Zeit eine ähnliche Anzahl Menschen beschäftigen. Dieser Fruchthandel geht in das Großartige;derHafen ist vollvonSchiffen, die sie in alle Weltgegenden fahren; dann über den Detail-Frucht Bazar, dervonfrischen Früchten aller Art strotzt, besonders aber ausgezeichnete Melonen, in den Hauptbazar; dort ein Stück Seidenzeug aus Brussagekauft, ferner Handschuheundzu einem persischen Händler, wo ich 2 Westenund1 Schaal kaufe. - Nach unserm Dejeuner kommtHerr Uzielwiederundwir nehmen Pferde ( GeorgidenEselvonHerrn Pezzer)undreiten durch die Stadt um dassüdlicheCypressenwäldchen(eintürkischerFriedhof) hinauf aufdieSchloßhöhe; antiker Kopf vordemEingange eingemauert, darunter ausgebrochene Venetianische Inschrift. Die Castellmauern alt verfallen; der Hof wüstundöde;unterirdischerPfeilersaal, von dem auseinGang indieStadt laufen soll.Kleineruinirte Moschee inderMittedesPlatzes. Die großartige Aussicht auf ganz SmyrnaunddenGolfvonhier aus bewundert; die Brandstättevonhier aus in ihrem ganzen Umfange geschaut. - Wir beschließenvonhier aus, da wir einmal die Pferde haben, noch nach dem 1 ½Stundenentfernten Burnabazu reiten. 102Der Dicke kehrt allein zur Stadt zurück. Unser Weg führt uns über die sogenannte Karavanenbrücke unweitderStadt durch ein wohl bebautes fruchtbares Thal; Ölbäume, Gärten[,] Landhäuserundeine sehr bequeme Straße machen den Ritt sehr angenehm. Etwa um ¼ 5 Uhr kommen wir nach Burnaba, einem Dorfe oder fast einemkleinenStädtchen, was aus lauter Villen vonenglischenKaufleutenzusammengesetztist; jedes Haus hatseinenGarten; es findet sicheinnetter Bazar dort, wo wir ½ Stündchen ruhen, Kaffee trinkenundBatich essen, dann aber noch einige Gärten besuchen, die höchst geschmackvollundreizend eingerichtet sind; vorzugsweise aber sind die Häuser idealisch, mit den freundlichsten Vestibülen, Säulengängen, Veranden, Marmortreppen; die GängezwischendenBeeten mit musirischer[Kieselabsperrung].Vorzüglichder letzteundgrößte Garten zeigte viel PrachtundReichthum; köstliche Cypressen, schöne eiserne Stühle, TischeundBänke, Alles comfortable eingerichtet. Von hier aus ritten wir zurückundzwar sehr schnell[,] dadieSonne stark im Sinken begriffen war; herrlicher Anblick des duftigen Gebirgesundder untergehenden SonnezwischenGewölken aufdemMeer. Wieder einen düstren Cypressenwald voller Gräber vorderStadt passirt, dann über die Brandstätte, die wir schon amVormittagbesichtigt hattenundum ¼ 7 etwa glücklich zu Hause angekommen, gegessenundum 10 Uhr müde zu Bett. AmVormittagbesuchten wir noch unsern ConsulHerrn Pezzer; der Vater zeigte sich uns als die vollständigste Theaterkarrikatur mit großem schwarzen Pflaster im Gesicht. Der Sohn ein nicht übler Mann; er zeigte uns seine hübschen Gärten,undseine große Wirthschaft; sie scheinen sehr wohlhabend. -

Freitagden26tenSeptember1845. Früh wieder mit Uzielauf den Bazar und Handschuh, Feigen, Rosinen, Tabak eingekauft; in einem eleganten Caffee Chokolade getrunken; dann zum Frühstück zu Hause. Hier finden wir zu unsrer Freude den Dr. Schulz, unsern Consulvon Jerusalem, der eben mitdemDampfschiff aus Constantinopelgekommen ist. Mit ihm, wie seinem Gefährten uns lange, erst zu Hause, dann ineinemCaffee andemSee unterhaltenunddann nach dem Gasthof zurück. Nachdem ich etwas geruht, lasse ich mich zu unserm alten guten Zeltgenossen,HerrnDoktor Berliozfahren, der in dem Colleg der PropagandaseineWohnung hat; hübsches wohl eingerichtetes Haus; enorme Anzahl der dort zum Unterricht befindlichen Knaben. - Ein halbes Stündchen mitdemAlten verplau103 dert, der sehr freundlich ist. Er steht inseinem76ten Jahreundhat nun schon 7mal ganz allein die Reise nach Jerusalemvon Lyon, seiner Vaterstadt aus, gemacht! Er geht nun über Maltanach Rom, wo ich ihn vielleicht wiedertreffe. Dann mit einigen Umwegen durch die Straßen zum Gasthof zurück. Unmasse jungerundrecht hübscher Mädchen vor den Häusern sitzendundmit ihren schwarzen Augen, wie Kohlen, Freier ansehend, dabei nett gekleidet, oft ein wenig geschminkt. Die Einrichtung der Häuser sehr geschmackvoll; reizende Vestibüle, Arkaden, Colonnaden selbst um den kleinsten Hofraum; gewissermaßen lauter kleine Landhäuser indieStadt gesetzt. - Die Stadt hat viel mehr ein europäisches alsasiatischesAnsehn. Immer erneuter Ärger über die geckenhaft geputzten eitlen Griechen, die dabei meist nichtsthuend in den Café’s sitzen. - Abends aufmeinerStube mit Georgimich über Romunterhalten. - Um ½ 10 zu Bett.

Sonnabendden27tenSeptember1845.VormittagsTagebuch geschrieben, dann Besuch von Dr. Schulz; nach 10 Uhr unser Dejeuner. Mittag Besuch von Pezzer. Um 2 Uhr kommt wieder Schulzundwir bleiben bis zu unsrer Abfahrt von Smyrnaum 4 UhrNachmittagszusammen. Um diese Zeit vom Gasthof zum Dampfschiff hinübergefahren, was um 5 Uhr den Anker lichtet. Es ist wieder voll gepfropft mit unsern früheren Soldaten, Juden etc. etc., so daß kaum Platz zum Treten bleibt; der Name des Schiffes ist Machmadie,Captain Wranowitsch, ein sehr freundlicher Mann, wie auch die beiden Lieutenants. Fröhlich fahren wir aus der schönen Buchtvon Smyrnaheraus, begrüßen noch einmal unsre alte Quarantänevonweitem, dann geht es am Castell vorbei, bis die Dunkelheit uns die Küsten entzieht. Nach einem Gewitter indervergangenen Nacht ist es heut Abend empfindlich kühl, so daß wir den Abend nicht oben aushalten. Ich lese in unsrer Cajüte aus Hammer’sLebensbeschreibungOrientalischerHerrscher, namentlich aus des Propheten Mohammeds Leben bis 10 Uhr.

Sonntagden28tenSeptember1845. Ein herrlicher, genußreicher, aber kalter Tag. Ich finde gegen Morgen das Deck noch viel voller als gestern. An 30 - 40 junge Sklavinnen (von Tunis) sind inderNacht bei unserem Landen in Mytilene( Lesbos) aufgenommen worden,[ und] so sind wir, die 1te Klasse, denn mit unsrem Spatziergang auf die Brücke des Capitän’s beschränkt. Früh war uns das Cap Babaim Gesicht, vor dessen nicht sehr bedeutender Stadt wir 10Minutenhalten. Nun kamen wir, uns dicht an der Küste Kleinasiens haltend, an den gegen früher viel nie -104 drigeren Höhenzügen vorbei, nach der Ebenevon Troja, gegenüber dem niedrigen Felseneilande Tenedor; nur hinter der Stadt Tenedor, vor der wir auch 10Minutenhieltenunddie sich mit ihrem Castell ganz malerisch[,] aber öde ausnimmt, weil kein Baum aufderInsel zu sehen, erheben sich etwas höhere aber kahle Berge, sonst istdieInsel sehr niedrig. Wie felsig erschien dagegen von fern die Insel Lemnos[,] großundgewaltig ausdemMeere aufragend, inderMitte besonders mit einem wolkenumhangenen Scheitel, der prächtig aussah. Die hügliche Ebenevon Trojazur Rechten dehnte sich, grün überzogen, weithin aus,undtiefer im Lande sah man die aufsteigende, schöneundgestreckte Linie des IdaGebirges; wie interressant waren mir diese Örtlichkeiten! - Nach Tenedosdauerte es nun nicht mehr lange, so trat unsdasCastell auf der europäischen Landzunge am Hellespontklar entgegen. Dann auch rechts das gegenüberliegende aufasiatischerSeite, Beide die Einfahrt beherrschend. Diese Einmündung ist so brach, daß ein Schiff inderMittevondenKanonenkugeln grade noch erreicht werden mag. Nun ging es an einemtürkischen,unddann aneinemfranzösischenDampfschiff vorbei immer dicht an Europaentlang, auf dessen nicht allzu hoher aber ziemlich steiler Küste uns heimische Küsten begrüstenso; dann wieder bebuschte Thäler;undendlich zeigten sich in außerordentlich malerischen Ansichten dieeigentlichen Dardanellen- Schlösserunddie bedeutende Stadt gleichen Namens aufasiatischerSeite; besonders das compakte, inderMitte aus 1 Thurm bestehendeeuropäischeCastell bildete prächtige Landschaften; auch hier lag ein nicht unbedeutender Ort dahinter. Der Castellthurm aufasiatischerSeite ist 4eckig, während der andre rund ist, beide erscheinen altersgrau; aber neue Festungswerke umher gebaut[,] waren mit Kanonen gespickt, die diesen Durchgang mit Bequemlichkeit bestrichen; 6-7 Festungsanlagen überschauten wirvonhier vor uns andenUfern; sie hoben sich weiß mit ZinnenundMoscheen vor den Bergen ausdemMeere auf; hier lag wohl Lesbosund Abydos; die Küstevon Abydos( Asim) ist flach, dievon Lesbossteiler. Ein hübscher Anblick war es, daß alle Consulate inden Dardanellenflaggten, was gar bunt aussah. Die Breite der Meerenge bleibt selbst hier doch noch ziemlich bedeutend,undes muß ein sehr guter Schwimmer sein, der hinüberschwimmt. - Hier wurde der Anker geworfenundwir entledigten uns etwa 100 Soldaten, was dann das Verdeck105 wieder tretbar machte. Gegen Sonnenuntergang lagen wir noch ¼ Stunde vor der ziemlich bedeutenden Stadt GallipolisaufeuropäischerSeite[ und] fuhren dann in das Marmarameerhinaus; aber es ward so kalt, daß ich mich indieCajüte retirirteundTagebuch schrieb. - Abend Domino gespielt. -

Montagden29tenSeptember1845. Als ich mit Sonnenaufgang aufdasDeck kam, war es bitter kalt. Wir durchfurchten immer noch das Marmarameerundhatten rechts von uns im Nebel die Prinzen-Inseln, 3 bis 4 anderZahl. In 2 Stunden aber konnte man schon einzelne Minaretsvon Stambulauftauchen sehen. Nun zeigte sich links ein Dorf mitdergroßen Pulverfabrikundweiterhin beinah am Anfangvon Constantinopeldas CastellSanct Stefano. Mehrundmehr tauchte die gewaltige Stadt mit ihren Moscheen vor uns auf; jetzt hatten wir sie erreichtundfuhren inziemlicherEntfernung vor ihr entlang. Welch ein Coloß! Eine zinnenbekrönte Mauer begränzte sie gegendasMeer. Von da ab erhob sie sich allmählich bis zu dem nicht allzubedeutenden Hochplateau des Terrain’s; überall strebten die KuppelnundMinarets der Moscheen riesenhaft hervor. Jetzt hatten wir das alte Serail erreicht; woneben die Sophien Moschee thronte, ein herrlicher Anblick inmitten der PinienundCypressen; jetzt bogen wir in den Bosporusein,undwenn vorherdieStadt mich riesenhaft dünkte, so warderAnblick nun fast staunenerregend. Ein einziges ungeheures AmfitheatervonHäusernundKirchenundPallästen lag vor uns; der Hafen, der eine tiefe Bucht des Bosporusbildet (das goldne Horn) lag vollgefüllt voll Schiffe; man konnte vor Masten die Häuser unten nicht sehen; 1000devonBarken wie Nußschalen belebtendasWasser. Links der neue gewaltige Pfortenpallast mit unzählbaren Fenstern; dann in Peradas prächtigerussischeGesandtschaftsHôtelundandere. MiteinemLohnbedienten in GalataandasLand gerudert; durch Galatanach Perahinaufgegangen indasHôtel derMadame Giuseppina Vitali; theure Zimmer pro 2[Coll]per Tag der Mann. Nun angezogenundin’s Bureau derpreußischenGesandtschaft, um Dr. Rosenaufzusuchen; hier nicht gefunden, aber bei dem Sekretär Testa2 Briefe für mich von Lepsius, Wagnerundvon Riechers. Dann indieWohnungvon Rosen, den wir treffen. NachherzumGasthofundDejeuner genommen. Rosenholt uns ab zueinemSpatziergang. Wir gehen wieder aus Peraheraus neben Kirchhöfen mit Cypressen nachdemStadtheilevon Galata, wo der hohe Galater Thurm,vondenGenuesern gebaut[,] aufragt. Dann über die lan106 ge Brücke, die überdenganzen Hafen geht. So kommen wir in daseigentliche Stambul. Wir passiren untergeordnete Bazare; aber ungemein interressant der Platz neben der Moschee Sultan Bajazidwegen der unvergleichlichen Kutschen[,] die hier mit den Schönen Constantinopels im Corsoaufundabfahren; Verschleierung derselben, die bis weilen auf BrustundGesicht völlig durchsichtig ist. Nach langem Wege endlich zum Platz, wo der Obeliskbefindlich, den Maxabschreibt. Daneben eine Artvon2tem Obelisk, gebaut, unbeschrieben; dazwischen der Stumpf 2erzusammengewundner SchlangenvonMetall, zertrümmert. Besehen des Sockelsvom Obeliskenundseiner Reliefs ausderZeit des Theodosius; überallderKaiser dargestellt, den Wettrennen, Laufen, Fahren, Tanzen zusehend; aufdereinen SeitederTransport des Obelisken dargestellt; das Ganze scheint früher als Wasserkunst gedient zu haben; 1lateinischeund1griechischeInschrift. - Von hier in den Hof der daneben liegenden prächtigen Moschee Sultan Achmed’s mit 6 Minarets; herrlicher Anblick derselbenzwischendenCypressenundandren Laubbäumen; inderMitte wieder wie überall das Kuppelconvolut. Diese Moschee ist die zweitheiligste; die 3te ist die Sophien Moschee, die erste, wenn ich nicht irre, Sultan Ejub, wodasReichsschwert bewahrt wird, womitmandie Sultane umgürtet. Von der Moschee Achmetzur Sophienmoschee, zum Grabe des letztverstorbenen Sultan Mahmud, was ganzvonMarmor inItalienischemStyl mit vergoldeten Gittern; hübscher Garten danebenundTrinkhäuschen, wo aus 2 Becken Jedem Wasser verabreicht wird; die Särge inder1ten Rotunde reich mit Perlmutter verziert. Am alten großherrlichen Palast vorbei in ein Café, wo wir etwas ruhen. Dann wieder übereinStück Bazar zum Meere, in Kaik’s überdenHafen gesetztundzu Hause. Nun gespeistund1FlascheSchampagner aufmeineGesundheit getrunken; nachher Brief gelesenundTagebuch geschrieben bis ½ 11 Uhr. - Vor 1 Jahr passirte ich heut die Cataraktenvon Assuanundkehrte nach Ägyptenzurück; heut betrete ichzumerstenmal wieder Europa’s Boden. Der Tag ist aber trübe, kaltundwindig. -

Dienstagden30tenSeptember1845. Heut früh mit Rosen zum goldnen HornundeineBarke für Bujúkderegemiethet. Unvergleichliche Fahrt durch den Bosporusobgleich bei trübem Wetter; schönes neues Serailundandre Palläste bewundert; Leanders Thurm[,] bis Bujukdereeine einzige KettevonHäusern, Villen, die schönsten Berge belaubt mit Pinien[,] Cypressen, Platanen etc; kostbarster Wechsel. In 3 Stunden (beiderstarken Strömung ausdemSchwarzen indas Marmarameermußte von 3 Stricken die Barke107 gezogen werden) beim Hôtel des Gesandten Le Qoqangelangt, der nun um 5 Uhr zu Tische ladet; inzwischen langer Besuch beim Gr. Perporcher, dem erstenGesandtschaftsSekretär. Dann Spatziergang am Bosporusnachdem SchwarzenMeerezu,undganz unvergleichliche Aussicht in dasselbe. Dann zurückundbeim Münster einfach[,] aber sehr gut gespeist, dabei die etwa gegen 20tenSeptembererfolgte Abreisevon Lepsiuserfahrenundum ½ 7 Uhr etwa wieder eingeschifft; 2stündige Fahrt durch denvon1000undaber 1000 Lichtern erhellten Bosporus; Leuchten des Meeres, schöner denn je; illuminirte MoscheenundNamenszüge, denn morgen ist Beiram. Zu Hause Zeitungen gelesen. - Ein Tag der wunderbarsten Eindrücke.

Mittwochden1ten October 1845. Früh zu Dr. Rosenundmit ihm auf den Bazar, der sehr großundreich ist, im Ganzen aber doch nicht so originell wie der ägyptische in Cairo; bemerkenswerth dersogenannteägyptischeBazar, wo Drogeriewaaren verkauft werden; dann die Seidenwaaren aus Brussa, die JuweliereundGoldundSilberarbeiter, die Schlauchbieger fürdieNargileh, die Goldstickereien pp.; der alte Waffen Bazar war leider geschlossen. Kleinigkeiten wurden eingekauftundum 11 Uhr kehrten wir zum Gasthof zurück. Heut holten wir auch GeldvonHerrn Testaundgingen von ihm auf das Office des Lloyd, wo wir unsre Billets nach Triestnahmen. - Rosenward am Mittag leider nach Bujukderehinausgerufenundich habe ihn nicht wieder gesehen. So gingen wir dann amNachmittagallein mit unserm Lohnbedientenundzwar nach Stambulauf den Platz der spatzierenfahrenden Damen, der dann voll von Kutschen war; hier sahen wir zufällig den Sultan, als er aus der Moschee Sultan Bajazidherauskam; er war auf weißem Pferde mit sehr reicher Schabracke, aber ineinemlangen Tuchmantel höchst einfach; Sein Aussehen ist mehr ein etwas abgelebtes französisches Gesicht als ein türkisches; seinschwarzerBart war noch nicht sehr vollkommen; im Ganzen hatte ich ihn mir viel jünger vorgestellt. Hinter ihm in einiger Entfernung kam sein 1ter Minister, dessen ich mich jedoch nicht mehr recht erinnere; dann Dienerschaft mit den großen goldverzierten portefeuilles, Offiziere pp. - Von hier gingen wir über die lange Brücke wieder nach Galatazurück, freuten uns der unzähligen Flaggen allertürkischenKriegsschiffe wegen des morgenden Beiramfestesundbestiegen dann den Galater Thurm, von wo wir die unvergleichlichste Rundaussicht genossenundzwar in der herrlichsten Abendsonne; PfeifeundCaffee ward oben genossenundwir blieben, bis man uns hinuntertrieb; auf dem Zuhausewege noch mit dem Dicken die kostbaren Farben der Wolkenunddes Himmelszwischenden Cypressen des Kirchhofs hindurch bewundert. Abendessen mitHerrnGrafenvon Perporcher108zusammengegessen, der uns mit Wein regalirt, so daß wir schon zum 3ten male in ConstantinopelSchampagner trinken. - NachdemEssen kommt noch Wild, mit dem wir langezusammenbleibenunduns Vieles erzählen; er ist sehr alt gewordenundsieht elend aus. - Um 10 Uhr noch an Prokeschgeschriebenund LepsiusBriefeingelegt. -AllgemeineAugsburgerZeitung bis MitteSeptemberdurchgesehen. -

Donnerstagden2tenOctober1845. InderNacht schon beginnt das großartige Schießen der Kriegsschiffe, Forts etc. wegen des Beiram’s. Dann etwa um 4 Uhr Morgens weckt uns wieder Militärmusikundeine Prozession mit Fackeln zieht unten vorüber, dessen Wiederschein wir jedoch nur sehen. Um ¾ 6 Uhr holt uns der Cavaß der Gesandtschaft nach Constantinopelab,undnach ¾ Stunden schnellen Ganges kommen wir nachdem Obeliskenplatz, vor der Moschee Achmetan, wo dann eine Menge Militär aufgereiht steht, dahinter Wagen mit Türkinnen, Gerüste mit Zuschauern. Auf eins dieser Gerüste stellen wir unsundsehen hier, wenn auch zu entfernt, doch ganz leidlich. Es dauerte auch nicht lange, so kommen einegroßeAnzahl Offiziere voraus, die Leibpferde des Sultans geführtundmit prächtigen SchabrackenundPfauenfedern aufdemKopfe; dann eine Compagnie Leibgarde mit Fächernunddoppelmondförmigen Hellebarden, die sich sehr stattlich ausnahm, zwischen ihr rittder Sultan Abdul Medjitaufeinembraunen Pferde, wiederum im Mantel, aus dem nur sein diamantengestickter Kragen hervorguckte. Den Turban zierte der Reiherbüschel; auffallend war es mir, daß kein Mensch, außer etwa Europäer[,] ihn begrüßte. Den Schluß des Zuges, den ich mir viel großartiger vorgestellt, machten die hohen Staatsbeamten, Mappenträger, Offiziere pp. Hussah rufen der Soldaten auf Commando. - Mit Wild, der uns nachkam, noch ein wenig umhergegangen; dann zurückgekehrt,undbei ihm seine reichenundinteressantenStudien aus Cairo, wie sein Kirchenprojekt betrachtet. Nachher im Gasthof gefrühstücktundbald darauf Alles zur Abreise fertig gemacht. Um 3 Uhr etwa fanden wir uns aufdemDampfschiffe ein; Rosenwar noch nicht aus Bujukderezurück. - Vom Schiff aus noch einmal Bewunderung der gewaltigen Stadt um mich; Kanonade der Schiffe. Um ½ 5 UhrNachmittagsAbfahrt bei prächtigstem Wetter. Mit Sonnenuntergang schon fast außer Gesicht der Stadt, die wie ein Traum erschien. -

Freitagden3tenOctober1845. Früh beim Anfang der Dardanellen, etwa bei Gallipoli. Unser Schiff ist ziemlich voll, aber sehr anständige Gesellschaft; überall ist Platz zum Promeniren. 109Das Wetter den ganzen Tag herrlichundnirgends Seekrankheit. So passiren wir wieder die Dardanellen, Tenedos, Troas, Mytilene,undmit Sonnenuntergang sind wir vorderHauptstadt dieser langen Insel, ohne uns irgend aufdemWege aufzuhalten. In der Nacht um 12 oder 1 Uhr ankern wir wieder vor Smyrna. Heut visitiren der Sachen vonösterreichischenQuarantainedienern. - Abends Schach mit Maxgespielt.

Sonnabendden4tenOctober1845. Vor dem Dejeuner Tagebuch geschrieben. Das stillste Wetter macht den Blick auf den schiffreichen Hafen köstlich. - Ernstund Georgigehen andasLand, wir beiden Andren bleiben aufdemSchiffe, wo ich in Hammer’s Kreuzzügen lese.Nachmittagsbekommen wir dann wieder unsrenCaptain MacdonaldmitseinenDamen an Bord; im Übrigen wird es nicht sehr voll. Um ½ 5 Uhr fahren wir nach Syraab, immer bei schönstem Wetter.

Sonntagden5tenOctober1845. HeutVormittagum 10 Uhr im Hafen von Syraangelangt. Es liegt da einösterreichischerDampfer, dervon [ Alexandrien]kommt,unddessen Passagiere auf uns übergehen; darunter sollen sich unsre 4 Handwerker befinden, von denen wir manche Neuigkeiten aus Ägyptenerwarten. Gegen Abend kommt nocheinDampfschiffaus Triest, auf dem eine Operngesellschaft, die uns andemherrlichen Abend mit ihrem Gesange sehr erfreuen, besonders die prima donna hateinesehr schöne Stimme. Viel unterhalten miteinemHerrn Bunsen, der aus Constantinopelkommend nach Moskauüber Stettingeht, einemösterreichischenHofrath, der mitseinemVerwandten,einemWiener hier in SyradieQuarantäne macht, um in Griechenlandzu verweilen. - Unvergleichliche Ansicht der erleuchteten Stadt Syraim nächtlichen Dunkel.

Montagden6tenOctober1845. Um ½ 5 UhrNachmittagsvon Syraabgefahren, fortwährend bei schönstem Wetter.

Dienstagden7tenOctober1845. Mit Sonnenaufgang waren wir bei dem steilenundrauhen CapSanctAngeloundumfahren nun die südlichste Spitze Europa’s, uns erfreuend der Buchtenundherrlichen Berglinien von Morea. Gegen Abend hatten wir Navarinpassirt.

Mittwochden8tenOctober1845. Früh fanden wir uns neben der Insel Cephalonia; den Tag über hielt das bisherige treffliche Wetter an; aber amNachmittagzog es sichvonSüdenundNorden zusammen. Unter Gewitterundheftigstem Regen liefen wir mit Sonnenuntergang indenHafenvon Corfuein. Wiederum die köstliche Ansicht dieser Stadt bewundert; die kegelartigen Berge mit dem Gouvernementshause dazwischen; der eine mitdemLeuchtthurm; weiter110 hin das feste hohe Castell, an dessen Fuße rechts sich die alte Stadt hinzieht.

Donnerstag,den9tenOctober1845. Erst um 1 Uhr Mittags kamen wir zur Abfahrtvon Corfu. Wir brachten zuerst denCaptain MacdonaldmitseinenFrauen in die Quarantäne, die entferntvonderStadt aufeinerkleinenInsel liegt,undfuhren dann längs der köstlich bewaldetenundmit Landhäusern besetzten Küste der großen Buchtvon Corfuhin, die unendlich reizend erschien. Gegen Abend heut abermal GewitterundRegenundein Schlag traf dicht nebendasSchiff[,] nah an meiner Kammer, den dort befindlichen Lieutenantundden Steuermann warf er um; doch kamen wir mitdemSchreck davon. Das Meer unruhigunddas Schwanken ziemlich stark.

Freitagden10tenOctober1845. Der Tag trübundregnerisch, das Land nur wenig im Gesicht; gegen Mittag mochten wir etwa Ragusapassiren. -

Sonnabendden11tenOctober1845. Früh um 9 Uhr etwa Zazragegenüber; den ganzen Tag das Schwanken ziemlich stark;Nachmittagsundam Abend Regen. Das Meer nachundnach ungemein aufgeregt, wie ich es kaum je gesehen; das Schwanken heftiger denn je. Bis Mitternacht nicht geschlafen, denn man rollte fortwährend hinundher. Vielfach desseeligenVaters gedacht, dessen Geburtstag heute.

Sonntagden12tenOctober1845. Erst mit Sonnaufgang in den Hafenvon Triesteingelaufenundvor der linken Quarantäne Anker geworfen. Gott sei gedankt, der uns gnädigundglücklich bis hieher geführt hat. Der Morgen sehr kaltundtrübe. - Wir brachten diesen Tag noch aufdemSchiff zu, als den letzten der Quarantäneundwaren sehr heiterundvergnügt. Herrlicher aber kalter Abend; glühender Himmelundkostbares Grün desselben, die Ketten der Tyroler Bergemit Schnee bedeckt. - Besuchvon Jungk(dem Tischler), der uns sagt, daßGeneralConsulvon Wagnernoch hier ist; wir bestellen in demselben Gasthof unser Quartier. -

Montagden13tenOctober1845. Früh 2maliges Visitiren unsrer EffektenvonSeiten der QuarantäneundDuane; dann indieStadt zum Gasthof Locanda grande gefahren;Herrnvon Wagnerbegrüßt; die Geldgeschäfte mit ihm abgemacht; viel gerechnetundgekramt. Gegen Abend mit dem Sohn unsres Wirths,Herrn Meier(Kaufmann), Ernstund Georgierst ineinCafé gegangenundEis genossen, dann in’s Theater,unddie Schönen[Triests] besichtigt, dann noch in ein Bierhaus, von wo wir dann erst111 um 12 Uhr Nachts zu Haus kamen, BunsenunddersogennannteKaufmann Schulzwaren auch dabei. -

Dienstagden14tenOctober1845. VormittagsBrief andieMutter geschrieben; mit Ernstund Georgieine Kunstausstellung besucht, die mancheinterressantenBilder enthielt, dabei aber auch viel Schund. Ein Bildvon Freyundvon Hor. Verretfür uns besonders interressant. Die nach Berlinzu sendenden Sachen gepacktundbefördert. Um 3 Uhr hatte ichHerrn Meierundmeine 3 Reisegefährten zueinemsolennen Mittagsmahl geladen mit Austern[,] Caviar, SchnepfenundChampagner. Dann die Abreise der Freunde besorgtundsie um 7 Uhr zur Post geleitet. Den Abend mitvon Wagnerverplaudert. -

Mittwochden15tenOctober1845. HeutVormittagmeine Sachen gepackt; EinkaufvonStiefelnundseidenen Schnupftüchern gemacht; amNachmittagim Magazinvon Lutterothmeine Cairiner Kisten gepackt, die zu meinem großen Staunenvon Lepsiusmitgeschickt sind, aber aufdemPostbureau sämmtlich ausgepacktundgründlich untereinander geworfen waren. Abend Zeitung gelesen; sammt Wagnerund JungkBillets für das Dampfschiff genommenundgegen 11 Uhr Abends uns auf demselben eingeschifft. Der Tag war unglaublich windigundeiskalt, die sogenannte bora wüthete, so daß unser Haus zitterte; wir machten uns auf eine sehr unruhige Fahrt gefaßt. Erst etwa ½ 12 Uhr Nachts kamen wir zur Abfahrt.

Donnerstagden16tenOctober1845. Wider Erwarten war die Fahrt inderNacht vollkommen ruhig gewesen; es fand fast gar kein Schwanken stattundich schlief auf meinen Sachen recht gut bis zum Sonnenaufgang, der mich auf’s Verdeck trieb. Der Anblick der TyrolerAlpenrechts, deren Schneegipfel geröthet waren, der flachen Küste mit den grünbebauten Ufern, des stillen Meeres mit den kleinen Barken, deren rothe Segel inderMorgensonne glühten, endlich der ausderSee auftauchenden Stadt Venedig, die in all ihrer Pracht immer während näher rückte, war so kostbar, daß mir fast die Thränen in die Augen kamen. Wir landeten ganz nah an dem mir noch wohlbekannten Marcus Platze,undstiegen im Hotêl grande da Danieli ab, was am Quai liegtundnachdemHafen hinausschaut. - Bald nachderAnkunft, ging ich nachder Marcuskircheundmusterte dieses Meisterwerk wieder auf das genaueste. Die unglaubliche Menge der verschie -112 denartigsten Marmore, die mustrischen Fußböden, die reichen Mosaikbilder, die Fresken außenundinnen, die 4 bronzenen Rosse über dem Eingangsthor (deren KöpfeundHälse aber zu klein erscheinen). Alles ward betrachtet; dann besah ich den Dogenpallast, erst alleinunddann mit Wagner, den ich auch noch in den San Marcoführte. Die Säle des Dogenpallastes wurden mit ihm durchwandertunddie herrlichen Gemäldevon Paul Veronese, Tintorettopp. von neuem bewundert; nachher machten wir noch eine Wasserfahrt durch den Canal grande,undhielten am Pallast Vendramin stille, der jetzt der Herzogin von Bereggehört; Besehen desselben im Innern; die Zimmer sind sehr reichundschön eingerichtet; ein Saal mit neueren Bildern zog mich absonderlich an; es waren da Sachenvon Ariarc Vernetundandren berühmten Meistern. Von hier nach dem Eisenbahn Viadukt gefahren, der inderThat ein ganz kolossales Unternehmen ist; (NB die Brückenbogen haben 3 Stein Stärke aus gebrannten Ziegeln). Dann zum Gasthof, wo ich allein zu Mittag speisteundsodann von WagnerAbschied nahm. Um 3 UhrNachmittagsfuhr ich zu Wasser über die Lagunen zum Bahnhofe, der einstweilen noch am festen Lande ist, da an der Brücke noch einige Bogen fehlen. Die Fahrt nach Paduaunglaublich langsamundalle Augenblicke wird still gehalten; die Wagen zu etwa 40 Personen nicht sehr bequem, doch ländlich. Wie freute ich mich der unendlich fruchtbaren Gegenden[,] der mit Bäumen umkränztenundvonWein überrankten Saatfelder, der erquicklichen[,] obwohl kühlen Abendluft; es war mir lieb, daß es langsam ging. Etwa um ½ 7 Uhr kamen wir nach Padua; die Sonne war schon untergegangen. Ich folgtevomBahnhofe meinem Portier in das Hotel: L’aigle d’or, ein weiter Weg in die Stadt hinein; trank Theeund zum erstenmal nach langer Zeit wieder schöne frische Butter, schrieb Tagebuchundging dann nach ½ 10 Uhr zu Bette; ein an Genüssen reicher Tag! -

Freitagden17tenOctober1845. HeutVormittagmiteinemLohnbedienten die Merkwürdigkeiten der Stadt besichtigt; zuerst indiekleine BasilicaSantaAnnunziataneben dersogenanntenArena, voll voninterressantenFreskenvon Giotto. Das[ Universitätsgebäude]von Palladio, dessen Hof besonders merkwürdig, denn in den Arkaden ringsumher sind alle Wappen der früheren Studenten eingemauertundskulpirt. Dann in das Café Pedrocchi, ein neues EtablissementvomArchitekten Jazpelli. Es enthält unten die Café Räume, oben Festlokale; daruntereinÄgyptischesZimmer, eins inorientalischemStyl, eins im gothischen Styl;113 der Tanzsaal mit ungemein reicher Erleuchtung versehen. Die BasilikaSanktAntonioin halbgothischemStyl erscheint mir als die schönste Kirche. Die Marmor-Mosaiken der Altäre hier wie in der KircheSantaJustinasind das vortrefflichsteundprächtigste, was ich je gesehen. Auch die FreskenundBilder aller Seitenkapellen sind schönundvon tüchtigen Meistern. Besuch des Prato della valle, ein hübscher Platz mit über 100 Statuen berühmter Männer verziert. DerbotanischeGarten gewährt mir vielInterressantesunFreude. Der Justizpallast mit seinem Riesensaal, seinen Denkmälern des Lionis, der in Paduageboren, seinen Freskenvon Giotto, seinem Zodiacusunddem großen hölzernen Rosse war sehr merkwürdig. Seine Bedeckung ist ein Bohlendach mit Zink eingedeckt; schöne Gallerien, die ihn zu beiden Seiten umschließen. - Paduaist engundwinklich gebaut, meist mit Arkaden andenSeiten; auch hier ist ein schiefer Thurm. Um 3 Uhr nach Bezahlung einer theuren Rechnung auf einem omnibus gen Bolognaaufgebrochen; es geht aber nicht sehr schnell. Die Gegend vollkommen eben, aber ungemein fruchtbar, doch bisweilen sumpfig durchdieNähe des Po; die Felder immer mit Bäumen besetzt, die mit Wein überrankt sind; oft schöne LandhäuserundVillen anderSeite. Abends ½ 8 Uhr in Rovigo, wo wirdieNacht bleiben; (wohlfeil). - MiteinemSchweitzer aus Zürichundseinerjungen Frau gereist.

Sonnabendden18tenOctober1845. Früh um 5 Uhrvon Rovigoaufgebrochenundnach unzähligen Aufenthalten etwa anderGrenze des Kirchenstaats,[]in DognaSantaMadelenaam Poangekommen; der letzte Theil des Weges führte immer am Poentlang, der ein tüchtiger Strom ist. - Übergesetztunddie Sachen untersucht; Confiscirung meiner Pistolen, die ich mir in Ferrarawieder auslösen muß. Circa um 12 Uhr in Ferrara; eine Stadt mit ansehnlichen Pallästenundländlich breiten Straßen; wir essen dort nur etwas Mittagundfahren um ½ 2 Uhr mit einem Vetturino weiter nach Bologna, durcheinevöllig ebne zum Theil wohl bebaute[,] zum Theil sumpfige Gegend. - Wir kommen in Bolognaum 7 Uhr an,undich nehme mitdemSchweitzer ein Zimmer im Pelerino. Zu Abend gegessenundum 10 Uhr zu Bett. - BetteleiundTrinkgeldergeben ist über alle Begriffe.

Sonntagden19tenOctober1845. Bis ½ 10 Uhr Tagebuch geschrieben, dann die Stadt besehen in Begleitung desHerrn Näfaus Thalwielam Zürichseemit seiner jungen Frau. Die Palläste in Bologna114sind charakteristisch dadurch, daß sie meist einen Arkaden-Unterbau haben, über dem sich die Mauermasse meist in etwas schwerer Architektur erhebt; fastdieganze Stadt hat Arkaden, so daß man meist bedeckt geht. Die Straßen sind engundetwas düster. Zuerst in die BasilicaSanctPetronio[,] eine herrlichegothischeKirche in bedeutenden Dimensionen; die Façade leider nicht fertig; im Innern weiß[,] aber mit vielen schönen Sanktuarien in den Nischen. Es steht ein Tempelchen darin, worunter Karl Vgekrönt ist. Die bunten Scheiben nach Zeichnungenvon Michel Angelo. - Dann in die KircheSanctDomenico[,] wo aufeinemAltar ein wunderschönerkleinerEngel, der einen Candelaber aufdemSchooß trägtvon Michel Angelo, ein wahres Meisterstück. - Il fontana del Gigante, wo in der Mitte ein riesiger Neptunbefindlich,von Johann Bolognaausgeführt; 4weiblicheFiguren zuseinenFüßen umherliegend[,] auf Delphinen reitend, nicht allzu ästhetisch. - Palais aufdemPlatz der Kirche San Domenico, auf das reichsteundkostbarste ausgestattet; eine köstliche Zimmerreihe mit den prächtigsten seidnen Tapeten, altenundneuen Gemälden, besonders aber der vollständigsten SammlungvonBildernundStatuen der Familie Napoleon’s; das Besehen dieses Pallastes wareingroßerGenuß. Dann die Gemäldesammlung in derAcademiadel bell arte besehen; eine reiche Gallerie, worin besonders viel Cavvaccio’s, die Kreuzigung Christivon Guido Renivortrefflich; ebenso Raphaëls heilige Cäcilie. Endlich noch einen ziemlich ermüdenden Spatziergang außerhalb der Stadt nach dem ½ Stunde entfernten Campo Santo, dem einzigen Begräbnisplatz Bologna’s[,] gemacht. Die Fülle der Denkmäler in Marmor, Stuck, Granit, Gips etc. ist unermeßlichundermüdend; aber die AnordnungundAufstellung in den ungeheuer langen Pfeilergängen vortrefflich; auf den großen Rasenplätzen inderMitte liegen die Armen; unter den Hallen die Vornehmern. Sehr müdeundhungrig zum Gasthof zurück, wo ich mit meinen beiden jungen Reisegefährten unddann um 6 Uhr mit der Diligence mit ihnen zusammen nach Florenzabfuhr. - Eine Stunde hinter Bolognabeginnt die Gegend gebirgier zu werden; wir hatten den köstlichsten Mondschein, aber es jammerte uns, die Landschaft nicht bei Tage genießen zu können. - In Mitte des Wagens saßen 4 Franzosen, worunter 1 Dame. In der Nacht um 3 Uhr etwa mochten wir aufderHöhe des Gebirges bei der Grenze ankommen, wo dann das Visitiren wieder anging, aber sehr gnädig. Dieß indessen, wie das Pässe abfordernunddas Betteln übersteigt115 in Italienjeden Begriff; neben der duaneeineTasse guten Caffee’sundButterbrod gegessen. -

Montagden20tenOctober1845. Wir hatten inderNacht bei den Bergen mehrmals Vorspann nehmen müssenundzwar immer 4 Ochsen, was mit unsern 4 Pferden einen gar eignen Train bildete. Herrliches Glühen der Berge bei Sonnenaufgang; die Tiefen lagen im Nebel wie ein Meer vor uns. Köstliche Gegend. Um 12 Uhr fuhren wir neben dem Triumpfbogen durch die portaSanGalloin Florenzein, was zwischen den Bergen, die rings mit Villen bekrönt sind, gar anmuthig gelegen ist. Am Thor wie gewöhnlich VisitirungundPässe. Ich komme im Gasthaus della Fontana, was mir angerühmt war, nicht mehr unterundgehe in ein andres chiave d’oro, freilich nicht erster Klasse, wo mir mein Zimmer düsterundunwohnlich andeucht; dafür ist es freilich wohlfeiler als sonst. Bis um 5 Uhr zu Haus gebliebenunddann noch zu dem ganz nahen palazzovecchiogegangenundhalb im Dunkeln die wunderbaren Meisterstücke besehen, welche die loggia dei lanzi, den Eingang des palazzovecchioundden Platz selber zieren; ich war durch diesen ersten Anblick ganz hingerissen. Dann noch zum Domundihn rings umher angestaunt, bis er ganz im Dunkel schwamm. Nun noch einen Besuch beidenSchweizereheleuten gemacht,undunsern morgenden Gang verabredet, dann in meinen GasthofundTagebuch geschrieben sowie im Guide gelesen. - Früh zu Bett. -

Dienstagden21tenOctober1845. Früh um ½ 9 Uhr zum Dom. Seine Einfachheit im Innern wie seine Eleganzundsein ReichthumvonAußen erfüllte mich mit StaunenundBewunderung. Die Gruppierung der Massen des[Kreuzes]außen ist herrlich; die 8eckige Kuppel wölbt sich höchst majestätisch; zur genauen Besichtigung ihrer Fresken war es leider nicht hell genug; das prächtige ineinemAchteck umhergehende marmorne Geländer unter dem Kuppelraume mitseinenunzähligen Figuren bewundert. Von ganz besonders schönem Eindruck istderGlockenthurm, in allen seinen Theilen meisterhaft durchgeführtundin trefflichstem Verhältniß seiner Dicke zur enormen Höhe. Besonders andernördlichenAußenseite des Dome’s war der größte Theil der reichen Fenster reparirt, so daß alle Verzierungen auf das lebendigste hervortraten; welch eine Arbeit! - Dann am Baptisteriumdie wundervollen Thürenvon Ghibatiangestaunt; es läßt sich kaum etwas Vollkommeneres leisten; die Blumeneinfassungen sind unendlich schön; im Innern spricht mich das Baptisteriumweniger an, wenngleich es auch schön ist. Nun zurück zum PalazzoVecchiounddie Meisterstücke der Loggia di Orcagnawieder bewundert[,] besonders den Davidvon Michel116Angelo, den Herkulesvon Bandinelli. Die Fontänevon Ammaratimitdemcolossalen Neptunhat nicht vollkommenmeinenBeifall. Um so mehr aber der bronzene Mercurmitdem HauptderMedusavon Cellini; HerkulesundderCentauer sowiederRaub der Sabinerinvon JohannesvonBologna, wahre Meisterstücke[,] ebenso die beiden Löwen vor der Treppe. Die Loggia selber ist gleichfalls außerordentlich schön; - den überladenen Hof des palazzovecchiomitseinereinfachen schönen Fontäne besehen; dann aber die Gallerie der Medicis. Der Reichthum an Meisterwerken hier erdrückte mich fast. Schon der eine Raum; wo die Venus, Apollo, der Faun, die Bildervon Rafaël, Tizianpp. darin sind, ist unzähligen Anschauens werth. Ich ging mit NäfundseinerFrau die unendlichen Säle durchundwar zuletzt ganz ermüdet; doch strichen wir noch durch einige Straßenunddann sagte ich meinen Begleitern adieu, die heut über Livornonach Romgehen. NachdemEssen um 5 Uhr zu unserm Gesandten GrafSchafgotsch, der aber in Pariswar; Blumenmädchen ander BrückeSanctTrinita. Zum Pallast Pittigewandert,unddieses Riesenpalaisvonaußen betrachtet. Durch die Straßen geschlendertundgegen 7 Uhr indenGasthof. Nach 8 Uhr in ein Theatro, was sehr klein und miskin war; es kostete freilich der Eintritt nur ½[paul](2Silbergroschen) für welchen Preis es freilich brillant war; es wurdeeineOper gegeben, von der ich nur 1 Akt anhörte.

Mittwochden22tenOctober1845. Heut früh zuvörderst die Kirchen San Spiritound del Carmineauf der andern Seite des Arno besichtigt. Dann in dasnaturhistorischeKabinet unweit des Palais Pitti, wo besonders die ausgezeichnete Sammlung der anatomischen Wachspräparate meine BewunderungundInterresse in Anspruch nahm. Dann in die Gallerie Pitti, wo ich mich labte an all den Meisterwerken der Kunst. Hier ist Raphaels Madonna auf dem Stuhlvonunendlicher Anmuth, daskleineBild der Vision des Ezechiel, hier die JudithvonAliori, ein außerordentlich schönes Bild, eine Jungfrauvon Murillo, dieheiligeCäcilievon Tizian, dieJugfrauunterdemBaldachinvon Raphaël, Cleopatravon Guido Reni, ferner die VenusvonCanovaundunzählige andre berühmte Bilder; ich sah mich mattundmüde daran. - NachdemMittagessen, um 5 Uhr mein Postbillet zur Diligenze nach Romgeholt für Sonnabend Mittag. Auch heut beim Conditor gewesenundallgemeineZeitung gelesen. Am Abend um 8 Uhr ins Theater della Pergola, das bedeutendste hieselbst. Es ist ein sehr großes Haus mit 6 Reihen Logen117 jedoch sehr einfacher Architektur. Der Platz kostet 3[paul](12silbergroschen) aber freilich ein Stehplatz. Es wurden Akte aus Opern gegebenundzwar recht gut, dann ein Ballet, der Pirat, was mir in AnordnungundAusführung sehr gefiel; die Hauptsolotänzerin war leider etwas zu lang, doch tanzte sie sehr gut. CostümundAusstattung sehr reich; erst um ½ 12 Uhr zu Hause. - Das Wetter ist bis jetzt im Ganzen vortrefflich zu nennen; ich habe noch nicht einmal Regen gehabt. - Blumenverkäuferinnen mit ihren großen Strohhüten; - schöne Equipagen; - treffliches Pflaster der Straßen, davon die vorzüglicheren mit Gas erleuchtet sind.

Donnerstagden23tenOctober1845. Spät aufgestanden[ und] erst um 9 Uhr ausgegangen. Zuerst indie KircheSantaCroce[,] die der reichen Grabdenkmale wegen mir sehr interressant war. Da war das Denkmal von Dante, von Michel Angelo, von Galilei, von Machiavell, von Alfieriundein neueresvoneinemGrafen Stolberg, wenn ich nicht irre, was in Marmor ungemein schönundsinnreich ausgeführt war; überdieß herrliche Gemälde, die aber unmöglich zu behalten sind. Von hier zur KircheSantaAnnunziata. Vor derselben ein offnes Vestibül mit trefflichen Fresken; auch die unzähligen Capellen im Innern mit vorzüglichen Gemälden ausgeschmückt; große Reiterstatue auf dem Platze vor der Kirche, sowie 2 FontänenvonBronze; dann zur KircheSanMarco; hierauf in SanLorenzo, eine gewaltige Kirche, die ich aber, schon übermüdet, nicht mehr genau besah. Von hier wanderte ich in die Gallerie Mediciunderfreute mich andendortigen Meisterwerken; Raphaëls Fornarina erscheint mir fast als sein vorzüglichstes Bild; die beiden Venusvon Tizian, wunderschön gemalt, aber zu wenig Ideal. Eine Madonna von Saffaferatomit blauem überdenKopf gelegten Gewandevonaußerordentlich schönem Ausdruck. Viele Carlo Dolci, Guido Reni, Rubens, etc. etc. nicht genug zu bewundern; ebenso die Statuen, von denen ich besonders diejenigen der Niobe Gruppe fleißig betrachtete, ebenso die Venus, den Ringer, den Apoll, den Faun mitdenBecken. Ferner die Sarkophage, die Hermaphroditeundalle Bildwerke in diesem Raum. - Gegen 2 Uhr zum giardino di Boboli hinterdem Pallast Pitti, ein trefflicher großartig angelegter Garten mit dunkelsten Schattengängen118undbreiten Alleen, Bassins, einem Amphitheaterundvoll der unzähligsten Marmorstatuen. Aufeinemerhöhten Punkte die köstlichste Aussicht aufdieBerge umher; man zeigte mirden Thurm des Gallilei, die Villa des Großherzogs pp. Um ½ 4 Uhr sehr müde nach Hause. Am Abend (¼ 9) in das Theater Cocomero hinter dem Dom, wo ich ein DramaundeinekleineKomödie sehe, das erste war quasi das Sujet des König Lear. Die Hauptrolle spielte ein gewisser Taddei[,] wenn ich nicht irre,undzwar ganz vorzüglich, so daß nichts zu wünschen übrig blieb. Das Theater ist fast geschmackvoller als das Pergola Theater, obwohl viel kleiner; 4 Logenreihen, Eigestalt. Gegen 12 Uhr zu Haus.

Freitagden24tenOctober1845. Früh in den Cascino, eine Prateranlage am Arno entlang; es sind Alleen mit Wiesengründen dazwischen; dabei kam ichzugleichbei der unteren Drahtketten-Brücke vorbei, die in 1 Bogen über eine gar bedeutende Breite gespannt ist. Von hier in die Gallerie Pitti, wo ich mir die schönsten Bilder mit immer neuer Freude betrachtete. Von da zum ConditorundAllgemeineZeitung gelesen; dann noch in die Gallerie Medicis, die mir noch viel lieber ist als die obige. Ich blieb bis 3 Uhr da, kaufte mir dann nocheinenMantelsackunddann zu Hause gepackt. Nach Tische die halbe Stadt umhergelaufen um Abeken’s Cousine beiHerrn Du Fresneaufzufinden; doch gelang es mir leider nichtundich muß das Briefchen unabgegeben lassen. Um 8 Uhr wieder in das Theater Cocomero, wo ich mich an dem Spiel des Taddeiabermals ergötzte. -

Sonnabendden25tenOctober1845. Heut noch einmal in die Gallerie Medicis, noch einmal in den Dom, auch zu den Thüren des Baptisteriums. Dann zu Hausundgefrühstückt. Um 1 Uhr zur Diligence; nettes Blumenmädel, was jedem der Reisenden ein Sträußchen gibt. Um Punkt 2 Uhr abgefahren aus Florenz. Ich sitze hinten miteinemjungen Engländer; die übrigen Coupés fast mit lauter Deutschen besetzt. Das Wetter ist immer gleichmäßig schön. Das Land gebirgigundwir kommen nur langsam vorwärts. Oftmals Ochsenvorspann, so daß 6 Pferdeund4 Ochsen ziehen. Um 12 Uhr Mitternachts in Sienaangekommen, wo noch Abendbrod gegessen ward. -119

Sonntagden26tenOctober1845. Die Reise führte uns durch herrliche Gegenden, aber viel Berge, die uns zum Spatzieren einluden. Dabei bekam ich heraus[,] daß ich mit den Malern Pollakund Riedelfuhr, so wie mitdemDr. Lorenzaus BerlinunddemDr. Steinheimnebst Frau aus Altona. Gegen Sonnenuntergang waren wir bei dem unvergleichlich gelegenen Aquapendente, in das wir zu Fuß einzogen; gar schmucke Mädel begegneten uns.

Montagden27tenOctober1845. Seit heut früh sind wir in der hüglichen Campagna. Gegen Mittag werden wir endlichvonFern der Weltstadt ansichtig; derkolossale SanctPeterragt aus ihr hervor; um 1Uhr endlich nach Passirung der Poule molle gelangen wir andie Porta del Popolomit ihrem Platz der Fontaineund Obelisken,undwir sind in Rom. InderStadt Visitirung der Effekten, dann gehe ich in das Hôtel Franz. - Mein erster Gang ist, Freund Freyaufzusuchen, den ich nach manchem Fragen in der Capo di cuse Nro 9 findeundzwar zumeinergroßenFreudeundwider Erwarten fast ganz hergestellt durchseineGrafenberger Wasserkur. Ich werdevonmorgen ab bei ihm wohnen. - Gegen Abend gehe ich mit ihm noch speisen bei〈…〉〈…〉.

Dienstagden28tenOctober1845. Der heutige Tag, wo ich am Morgen meine Sachen zu Freybringen lasse, wird meist mit Besuchen hingebracht. Wir gehen aufs CapitolundbesuchenHerrn Thiele, denGesandtschaftsPrediger;Herr vonCanitzist in Frascati; ein Brief für mich nicht vorhanden. Dr. Braunwar ausgegangen,Professor Gerhard, der sich mitseinerFrau jetzt hier befindet, auch. Dafür fanden wir Dr. 〈…〉〈…〉, auch einen Archäologen. - Nachher Besuch bei vonKästner, der uns zu Sonntag Abend einlud. AmNachmittagSpatziergang mit Freund Vogelüber uns nach fast allenarchitektonischenAntiquitäten in der Stadt, dem Forum mitseinenGebäuden, den Triumpfbogen, dem Colosseum, was sich in glühendem Wolkenreflex nach Sonnenuntergang gar magisch ausnimmt. Im Café di belle arte einen Collegen aus Braunschweigkennen gelernt, Namens Kuhne, der sich unsrer morgenden Parthie in’s Gebirge anschließt. -

Mittwochden29tenOctober1845. Früh um 6 Uhr fuhren wir ( Vogel[,]120 Frey, Kuhneundich) durch die Campagna, die hier ganz eben ist, an alten Wasserleitungenundder Gräberstraße vorbei nach Albano. Von hier spatzirten wir nachdemFrühstück zu dem naheliegenden Arrizio, von dessen burgartiger Höhe wir die schönste Aussicht auf Gazano, die Campagnaunddie Vorberge rings genossen. Durch den ParkvonArricio, der die köstlichsten Laubparthien hat, kehrten wir nach Albanozurück, wo wir, vorher bedungen, Esel vorfanden. Mit diesen ritten wir nun einen unvergleichlichen Weg um den Albaner Seeherum, bei der Grotte ferrate vorbei[,] durch die hochgebaute Stadt Rocco di Papahindurch, auf den nahen[,] aber sehr hohen Monte Cavo. Der Weg im üppigsten Gebüschundder Aufenthalt oben war feuchtundkalt, die Aussicht aufdenSee Nemi, Albanounddie ganze Umgegend aber großartig. Im Kloster da obenmittelmäßigenWein, gutes BrodundSchinken genossen. - Von hier bald wieder hinab, bis wir nach Sonnenuntergang in Frascatiankamen, wo wir bei gutem Wein, Makaroni, Cottelets pp. in einem Halbkreissaale uns von den schlechten Eseln erholten.

Donnerstagden30tenOctober1845. Früh zur Villa arinariooder Tusculano,unddie schöne Aussicht von deren Terrasse aufdieCampagnaunddas ferne Romgenossen; dann einen weiten aber schönen Weg hinauf zu dem alten Tusculum des Cicerogemacht.InteressanteskleinesTheater daselbst, gar wohl erhalten. - Von hier wieder hinab nach Frascatiunddie Villa ContibeiderStadt besucht; großartige Treppenanlagen, Fontänen, Cascaden im Park mit den üppigsten Laubbäumen. - Da wir keine Thiere bekommen konnten, machten wir uns zu Fuß aufdenWegundgingen bis zu dem Bergstädtchen Monte Porzia, wo von einem halbrunden Vorplatze aus die wunderbarste Aussicht belohnte. InderStadt tranken wir ineinerKneipe vorzüglichen Wein, BrodundSchinkenundmachten dann mit Pferden uns aufdenWeg nach Palaestrinaüber Monte Compatri. Der Weg war ziemlich weit, aber unsre Thiere gutundso ging es dann schnell. In Palaestrinasahen wir einige Säulenkapitäle auseinerWand guckenvoneinem Tempel der Fortuna[,] der hier stand. Wir hielten uns nur kurz aufundgingen abermals zu Fuß weiter bis zum Städtchen Genezano, einen Weg, der an Schönheit mir fast die Krone von allen erschien. Dabei war121 das Wetter fortwährend günstig, das vielfarbigste Laub bedeckte noch die Bäume; es waren reiche Genüsse! - In Genezanoin einer schlechten Kneipe übernachtet; alte dicke Wirthin; nettes Mädchen; Makaroni, Taubenundschlechter Wein. Die Nacht viel FlöheundWanzen, die mich aber am Schlaf weniger hinderten als die Andern. -

Freitagden31tenOctober1845. Obwohl Kuhneundich uns Esel bestellt hatten, ging ich doch mit den Andern voraus nach dem hohen Felsenneste Civitella. Hier kneipten wir bei Signor Don Vincenzo, ergötzten uns anderAussichtundbrachen endlich nach etwa 1 ½ Stunden wieder auf. Auf dem Wegezwischen Genezanound Civitellapassirten wir Olevano, gleichfalls gar herrlich gelegenzwischenreichlichen Ölbäumen. Von Civitellaritt ich mit Kuhne, während die Andern vorausgingen; indessen warmeinEsel gar schlecht,undauch ich lief die Hälfte des Weges zu Fuß. So kamen wir endlich ziemlich spät nach Subiaco, einer nicht unansehnlichen Stadt, wo wir in gutem Gasthofe Abendbrod aßenundschliefen.

Sonnabendden1tenNovember1845. Früh zu Esel nachdemKloster SanktBenedettohinaufgeritten; wieder ein köstlicher, genußreicher Weg. Besehen der sehr hübschen Kirche oben mit dem Grabe desheiligen Benedictus; dann hinunter nachderStadtundauf einem offnen Wagen in 5 Stunden nach Tivoligefahren[,] immer im Thale des Aniooder Teveroneentlang. Am Thore ausgestiegenunddie 3 schönen Wasserfälle besehen; in großem Umkreis über die Brücke ander Villa d’Esteundder Villa des Mäcenvorbei durch die Stadt zurückgekehrt zum Sybillen Tempel; diesen besehen, dann Mittag gegessenundnun miteinemVetturino zurückgefahren nach Rom, wo ich mit abscheulichen Zahnschmerzen ankam gegen 8 Uhr. Das war eine Parthie, überreich an Genüssenundvom herrlichsten Wetter begünstigt. -

Sonntagden2tenNovember1845. Tristes Regenwetter; dabei den ganzen Tag Zahnschmerzen.Vormittagsin die Kirche, wo ich von Thileeine zu lange[,] aber recht gute Predigt vom Reformationsfeste hörte. Dann Besuch bei Strauß, der noch hier ist. Nachher zu Hausundum 6 Uhr zu Kästnerunddort122 gegessen miteinemDr. Meier, einem Dichter Blässig;auch derProfessor Gerhardkam auf ½ Stunde; erst gegen 11 Uhr nach Hause. -

Montagden3tenNovember1845. Heut früh um 9 Uhr holt mich Straußabundwir fahren zur Sixtinischen Kapelle, wo eine schöne Musikaufführung ist. Den Papstundalle Kardinäle sehr gut gesehen; bunte Schweizergarde. - Nachher gegen 12 Uhr in den SanktPeter; dann zum Mittag mit Dr. Neureuter(〈…〉〈…〉) zu Thieleunddort gespeist mit seiner Schwesterund Frey. Um 4 Uhr nach Haus, nachher in Caffe di bel arteundam Abend in den neu gebildeten Künstlervereinundetwas Whist gespielt. - Der Tag regnerisch, schlackig und kalt; ich mit Zahn -undKopfschmerzen arg geplagt. -

Dienstagden4tenNovember1845. DenVormittagzu Haus gebliebenundgeschrieben am Tagebuch; draußten RegenundKälte; meine Zahn -undKopfschmerzen dauern noch immer. - Um Mittag in Atelier’s gegangen. Zuerst zum Ciselier Hopfgarten, wo ich treffliche Bronzearbeiten sah, besonders einen Moses[,] an dem er arbeitete.

About this transcription

TextTagebuch meiner egyptischen Reise
Author Georg Gustav Erbkam
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Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)Note: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML.Note: Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus der Quelle entsprechen muss.2013-04-11T11:54:31Z Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)Note: Bereitstellung der Bilddigitalisate2013-04-11T11:54:31Z Elke FreierNote: Transkription des Originals.2013-04-11T11:54:31Z Frederike NeuberNote: Konvertierung nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.2013-04-11T11:54:31Z CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

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Bibliographic informationTagebuch meiner egyptischen Reise Teil 3 Georg Gustav Erbkam. . Ägypten1844.

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LanguageGerman
ClassificationWissenschaft; Architektur; ready; dtae

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