PRIMS Full-text transcription (HTML)
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Anno 1721.
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Num. 38.
Staats /
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Gelehrte und
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ordentl. Zei-
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tung Des Hollſteiniſchen unpartheyiſchen CORRESPONDENTEN
Durch EUROPA und andere Teile der Welt.
XXXVIII. Stuͤck / am Freytage / den 5. Sept.

Schleßwig-Holſteiniſche Affairen.

Hier iſt in dieſem Lande alles bißher recht belebt gewe - ſen uͤber der gluͤcklichen Ankunfft des Koͤnigl. Daͤ - niſchen Cron-Printzen mit dero Durchl. Gemah - lin, welche am 28. paſſato Nachmittage um 5. Uhr recht gluͤcklich geſchehen; da dan Jhro Koͤnigl. Majeſt. nebſt dero Hof Staat beyden Koͤnigl. Ho - heiten entgegen gefahren, inſonderheit aber hat ſich dabey der Adel ungemein praͤchtig eingefun - den. Man macht anjetzo das Schloß zu Huſum zurechte, alwo Jhro Koͤnigl. Hoheit zu logiren ge - dencken. Es wird auch geredet, daß zu Schleß - wig die Huldigung bald vor ſich gehen ſolle, doch ſol die Ritterſchafft um ein und anderer Urſachen willen deßwegen noch gar zweifelhafft ſeyn.

Von Nordiſchen Affairen, und der Schwe - den Krieg mit Moſcau.

Letzte Briefe von Gottorff geben, daß Jh. Koͤn. Maj. den Hn Confe - rentz-Raht Otto Blome Excell. zu des Cron-Prin - tzens Gemahlin Koͤnigl. Hoheiten Ober-Hof - Meiſter allergnaͤdigſt ernennet, und wird man mit dem erſten von mehrern Befoͤrderungen zuvernehmen haben. Das Schloß Roſenburg iſt gantz fertig und meubliret, und wil man, daß die ei - ne Koͤnigl. Herrſchafft daſelbſt, die andere aber auf Friedrichsberg reſidiren werde, biß die Ge - maͤcher auf den Schloß recht ausgetrocknet ſeyn werden. Der Herr Obriſt Scholten, Jhro Ex - cellentz des Herrn General Scholten Sohn, hat ſich mit des ſeeligen Jaͤger-Meiſter Brockdorff Fraͤulein Tochter vermaͤhlet. Geſtern iſt der Amptmann uͤber Finmarſchen in Norwegen Herr Frieſſe mit Tode abgegangen, womit dieſe Char - ge, welche derſelbe nur 2. Jahr gehabt, abermahl ledig geworden. Mit geſtriger Poſt von Got - torff haben wir Zeitung, daß den 27. dieſes der Einzug Jhro Koͤnigl. Hoheiten des Cron-Printzen Gemahlin geweſen; wie auch daß daſelbſt ein Koͤnigl. Patent publiciret, wie daß die ſaͤmmtliche Adelſchafft den 4. September a. c. auf Gottorff erſcheinen und den Huldigungs-Eyd leiſten ſollen. Die von dieſes Reichs Untertahnen biß daher jaͤhrlich bezahlte Kriegs-Steur iſt durch ein Koͤ - nigl. Patent aus Koͤnigl. Landes-Vaͤterlicher Gna - de gaͤntzlich aufgehoben; was aber annoch von den ausgeſchriebenen ruͤckſtaͤndig iſt, muß bezah -[2]let werden. Ein dieſer Tagen aus Schweden alhier angelangter Kauffmann berichtet, wie daß es mit dem Friedens-Wercke gar langſam von ſtatten gienge, und daß man befuͤrchtete, ſelbiges moͤchte noch weit entfernet ſeyn; weil der Czaar anfing ſich des Hertzogs von Hollſtein Beſten uͤber alles Vermuhten recht eifrig anzunehmen, und ſchlechterdings begehrete, ſelbigẽ als Schwe - diſchen Erb - und Cron-Printzen zu erklaͤren; Wei - ter berichtet beſagter Kauffman auch, wie daß der Senat hieruͤber nicht einig werden koͤnte, und be - fuͤrchtete man, daß es gar unter dieſen Herren Ver - bitterungen ſetzen duͤrfte: woraus der dortige Zu - ſtand je laͤnger je ſchlechter gemacht wuͤrde.

Am 27. paſ - ſato wurde alhier das Andencken zweyer wider den Feind zur See mit denen Galeeren befochte - nen Victorien, deren erſtere nemlich Anno 1714. bey Hang Udde ſich zugetragen, wobey man eine Fregatte, 6. Galeeren und 2. Scheer-Boͤthe ero - bert, wie auch den Schaut bey Nacht nebſt noch andern gefangen bekommen; und nachgehends Anno 1720. da ſich zwiſchen denen Finniſchen Scheeren 4. feindliche Fregatten an die Unſrigen ergeben muͤſſen, feyerlich alhier begangen. Und weiln ſothane durch Goͤttlichen Beyſtand erhal - tene Victorien in gedachten Jahren eben auf ei - nen Tag, als den 27. Julii vorgefallen, ſo be - gaben ſich geſtern ſo wohl des Czaaren als der Czaarin Majeſt. Majeſt. nebſt allen Senatoren, Generals und andern vornehmen Standes-Per - ſohnen in die Heil. Dreyfaltigkeits Kirche zur Li - turgie, da dann nach deroſelben Vollendung und nach angehoͤrter Predigt, fuͤr ſolche Victorien, unter Loͤſung der Canons von der Veſtung Pe - tersburg, von der Admiralitaͤts-Citadelle, und denen Galeeren, das Te Deum Laudamus abge - ſungen wurde. Nachmittags aber verfuͤgten ſich gleichfals beyderſeits Majeſt. Majeſt. zuſammt vorerwehnter Suite, worunter ſich auch viele vor - nehme Dames befunden, imgleichen der Hertzog von Hollſtein mit ſeiner Suite, und naͤchſt dem al - le auslaͤndiſche Miniſtri, wie auch die vornehm - ſten Rusſiſchen Geiſtlichen, auf vorheriges aus dreyen Canons von der Veſtung gegebenes Si - gnal nach der Admiralitaͤtal, wo ein neu gebautes Schiff von 60. Canons, der Pantelemon und Vi - ctorie genandt, vom Stapel gelaſſen ward. Und weilen es ſonderbar gut abgelauffen, haben ſich Jh. Maj. biß 12. Uhr in der Nacht unter vielmah - liger Loͤſung der Canons, darauf luſtig gemacht.

Wir leben hier noch immer in groſſer Ungewißheit, weil baldZeitung von dem nahe ſeyenden Frieden, bald a - ber von einem beſorgenden Einfall der Feinde an - kommt, welches uns biß dato zwiſchen Furcht und Hoffnung ſtecken laͤſt; zumahln da der Czaar von einer Verlaͤngerung des Waffen-Stillſtandes nichts mehr hoͤren wil, ſondern ſchon die groͤſten Zubereitungen zu neuen Feindſeligkeiten gemacht hat. Unſer Koͤnig nebſt dem Senat ſollen begehrt haben, daß die Engliſche Flotte ſo lange hier blei - ben moͤchte, biß entweder ein gewiſſer Friedens - Schluß erfolget, oder auch die Jahrs-Zeit vorbey, da man eines feindlichen Uberfalls nicht mehr ver - muhtend ſeyn kan. Wiewohl viele nicht ſehen wie die groſſen Schiffe denen kleinen Rusſiſchen Fahr-Zeugen beykommen koͤnnen; es waͤre dann, daß ſie mit der Moſcowitiſchen Haupt-Flotte et - was zu tuhn bekommen moͤchten, welches ſich bald weiſen wird. Zu Stockholm ſind wieder von un - ſern Gevollmaͤchtigten aus Nyſtaͤdt Couriers an - kommen, es iſt aber noch unbekandt, ob ſie Krieg oder Frieden mitgebracht. Man hat ſich zwar flattiret gehabt, es ſolle der Czaar von dem Jnter - eſſe des Herrn Hertzogs von Hollſtein abſtehen; viele aber meynen, daß er ſolches durchaus nicht tuhn wolle, und dadurch ſey eben der Friede bißher aufgehalten. Das Gewiſſeſte lehret die Zeit.

Unſer Koͤnig iſt noch mit Munſterung einiger Trouppen auf dem Lande beſchaͤfftiget, und ſol geſinnet ſeyn, ſelbſt nach Gefle zu gehen, um alda alle Veranſtaltun - gen in Augenſchein zu nehmen, wo etwan ein feind - licher Einfall geſchehen ſolte. Alle Regimenter ſind hier Marſch fertig, und 1000. Soldaten ſind auf die Flotte geſand worden. Der Graf Horn bedienet ſich des Baades zu Waarbu, dahin der Kayſerl. Miniſter Graf Freytag ſich auch bege - ben. Der Hollaͤndiſche Reſident Herr Rumpff hat eine Reiſe nach Ooſter-Gottland getahn.

Kaͤyſerliche Affairen.

Jhro Kaͤyſerl. Ma - jeſtaͤt haben die Sache wegen des Dohms zu Min - den dem Reichs-Hof-Raht zu unterſuchen uͤber - geben, und weil ſie gerne ſolche in der Guͤte moͤch - ten beygeleget wiſſen, ſo ſol befohlen ſeyn, dieſelbe ſehr behutſam zu handeln. Am 20. langte alhier ein Courier von dem Hrn. Biſchoffe von Wuͤrtz - burg an, deſſen Mitbringen aber uͤberaus geheim gehalten wird. Weil itzige Conjuncturen ſo gar wunderlich unter einander lauffen, ſo wird gar oft geheimer Raht gehalten, und wollen viele zwei - feln, ob Se. Kaͤyſerl. Majeſtaͤt einen Bevollmaͤch - tigten nach Cammerich auf den bevorſeyenden Friedens-Congreß ſchicken werden, ehe und bevor[3]der zwiſchen Spanien, Franckreich und Engelland getroffene Vergleich foͤrmlich communiciret wor - den, um zu ſehen, ob und wie weit das Kaͤyſerliche Jnte reſſe dabey benachtheiliget ſey.

Von Pohlniſ. und Tuͤrckiſ. Affairen.

Das Jnventa - rium der Verlaſſenſchaft des Vice-Cantzlers iſt von dem Officio St. Nunciaturaͤ bereits verfertiget, und zum Acten deſſelben Officii gebracht, die Be - zahlung aber der Creditoren, ſo ſich ſaͤmtlich alhier mit ihren Rechnungen einfinden, wird ſo lange aufgeſchoben bleiben muͤſſen, biß der neue Nun - cius Archinto wird angelanget ſeyn: Selbiger iſt noch in Dreßden, allwo er Jhro Koͤnigl. Majeſtaͤt complimentiret, und zugleich auch von ſelbiger Abſchied genommen, um ſeine Reiſe nach Pohlen ungeſaͤumt fortzuſetzen, maſſen deſſen bißheriger Anteceſſor Grimaldow heut von hier nach Dreß - den aufbricht da er denn von dort nach Wien als Nuncius gehen wird. Die Ruͤck-Reiſe Jhro Koͤ - nigl. Majeſt. nach Pohlen duͤrffte allererſt nach Verlauff 2. Monahte zu Wercke gerichtet werden; allermaſſen ſich Jhro Majeſt. zuvor des warmen Bades gebrauchen. Jndeſſen wird der Cron - Groß-Cantzler nebſt dem Cron-Groß-Marſchall, welcher heute alhier angelangt iſt, nach Groß - Pohlen abreiſen, um aldar Jhro Koͤnigl. Majeſt. entweder in Frauenſtadt oder in Reuſen abzuwar - ten, weil ſelbige entſchloſſen auf eine kurtze Zeit dahin zu kommen, und die ledigen Aempter, fuͤr - nehmlich aber die Primats-Wuͤrde zu vertheilen, als welche letztere, weil ſich Jhro Koͤnigl. Majeſt. zum oͤfftern auſſerhalb Landes befinden, nicht all - zu lange ledig ſeyn kan, Jhro Majeſt. aber Sin - nes ſind, ſothane Wuͤrden nach Jnnhalt des neu - en Geſetzes nirgends anders als in Pohlen zu ver - geben. Zu Begleitung der Fuͤrſtlichen Prima - tial-Leiche nach der Cathedral, werden alle Anſtal - tungen gemachet, und die Executores Teſtamenti ſtellen ſich in Skierniewitze ein, um den letzten Wil - len des Primatis wegen ſeiner Verordnungen und Vermaͤchtniſſe Gnuͤge zu leiſten.

Von Caminiec wil man uns berichten, daß die Tuͤrcken bereits zwey Bruͤcken uͤber die Donau verfertiget, und an der dritten noch geſchaͤfftig waͤren, wie ſie denn auch in Chocim alle Kriegs-Nohtwendigkeiten zu - ſammen bringen lieſſen. Die Kundſchaffter des Cron-Groß-Feld-Herrn haben ihre Reiſe wegen des groſſen Gewaͤſſers nach Conſtantinopel nicht verrichten koͤnnen, ſondern ſind unverrichteter Sachen wieder kommen, berichtende, was geſtalt die Tuͤrcken hart an der Donau ein Lager aufge -ſchlagen, und daß ſich die Tuͤrckiſche Tartarn in Czaariſche Protection begeben haben. Juͤng - ſtens iſt eine Horde ohnweit Jagielnika eingeſal - len, welche die Pferde von 4. Compagnien nebſt einigen von unſern Leuten weggerafft hat; es ſind darauf vom Cron-Groß-Feld-Herrn 4. Fah - nen auscommandiret, welche obige Horde ver - folgen ſollen.

Allerhand Staats - u. Neben - Affairen.

Wie man aus dem Mecklenburgiſchen wegen des von der Hoch-Kayſerl. Commisſion alda ausgeſchriebe - nen Land-Tages vernimmt, ſo ſol der Herr Her - tzog am Kayſerl. Hofe dagegen feyerlich proteſti - ret, und ſeine Rechte uͤber die Land-Staͤnde, und die Stadt Roſtock, zugleich ſich haben vorbehalten laſſen; deſſen Miniſter Baron von Eichholtz aber ſucht ſich nunmehro von dieſem Handel gantz loß zu machen, und hat am Kayſ. Hofe ſchon ſeine Ab - ſchieds-Audientz genommen, bey erhaltener Verſi - cherung, daß ihme zu ſeineꝛ an des Herzogs Durchl. habenden Foderung von 20000. fl. durch die Kayſ. Commißion ſolle verholffen werden. Von Dreß - den vernimmt man, daß der Koͤnigl. Cammer - Herr Monſr. le Fort als Envoye nach der Czaari - ſchen Reſidentz Petersburg abgereiſet. Auch ſol bey der Gegend ohnweit Wittenberg eine kleine Fortreſſe oder Schantze erbauet werden, damit die vorbey gehenden Elb-Schiffe den gebuͤhrenden Zoll nicht unterſchlagen moͤgen. Aus der Pfaltz wird berichtet, daß die Jeſuiten bey daſigem Chur - Fuͤrſten um Erlaubniß angehalten, zu Schwetzin - gen ein Seminarium oder Cloſter-Schule anzu - legen, ob ſchon dergleichen noch niemahlen da - ſelbſt geweſen, welches gnugſam zu erkennen giebt, wie dieſe Herren ſich uͤberall einzuſchleichen ſuchen. Es giebt zu vielen Nachdencken Anlaß, daß der Hertzog von Savoyen eine neue Cavalle - rie von 3000. Pferden aufrichtet. Der Chur-Fuͤrſt von Bayern draͤuet mit der ſcharffen Execution de - nen Land-Staͤnden, wo nicht jeglicher ſein Antheil zu der begehrten Summa Geldes aufs ſchleunigſte einbringe, obgleich viele ihre aͤuſſerſte Noht dabey vorſchuͤtzen.

Von neuen merckwuͤrdigen gelehrten Sachen.

Die lettres Perſanes, ſo zu Coͤlln in 12. und zwar in 2. Vol. heraus gegeben, und nach des Verfaſ - ſers Vorgeben zum Autorem einen Perſianer, und der lange in Franckreich geweſen, haben, ſind al - lerhand Anmerckungen, worinnen von den Feh - lern der Frantzoſen gehandelt worden.

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Hamburg.

Dem Verlangen dererjenigen ein Gnuͤgen zu tuhn, welche laͤngſt nach einigen un - verfaͤlſchten Exemplaren von dem bekanten Ge - dichte Sr. Hochweisheiten des Herrn Lt. Brockes gefraget, welches derſelbe in Wien an Jh. Kaͤyſ. Majeſt. alleruntertaͤhnigſt uͤberreichet; hat man daſſelbe, teils dem Publico zum Vergnuͤgen, teils weil ſolches bisher durch vielfaͤltige Abſchriften ziemlich verſtellet worden, nach einer richtigen Copie hierdurch mitteilen wollen(*)Der Titul davon iſt dieſer: Die auf des Al - lerdurchlauch tigſten Erz-Hauſes Oeſter - reich angeſtamte Gnade allein ſich verlaſ - ſende / und in ſolcher Zuverſicht ihr und der Welt Gluͤck abermal vorherſehende HAMMONIA. :

MOnarch! Den der Monarch geſtirnter Him -
mels-Hoͤhen
Der Chriſtenheit zum Schutz, zum Heil der Welt
erſehen;
Monarch! dem Meer und Land, dem Oſt und
Weſt gehoͤrt,
Und der, wie viel Er hat, doch eines mehrern
wehrt!
Dein Hamburg lieget hier in Uns zu deinen Fuͤſ -
ſen,
Das, was es theils getahn, theils nicht getahn,
zu buͤſſen;
Die treue Stadt verflucht des Poͤbels blinde
Wuht,
Vermaledeyt die Taht. Es wallt ihr aͤngſtlich
Blut,
Es klopft das bange Herz, wann Sie daran ge -
denket,
Wie ein verworrner Schwarm die Majeſtaͤt ge -
kraͤnket
Des unbeſiegten CARLS, den alle Welt er -
hoͤht,
Die fuͤrchterlich ſo wol als holde Majeſtaͤt;
Die Jhr ſo heilig iſt, und der Sie Guht und Le -
ben
Jn Demuht-vollem Ernſt erboͤtig hinzugeben.
Der durch die Graͤßlichkeit der nie-erhoͤrten
Taht
Zu der Zeit und anitzt fuͤr Gram erſtarrte Raht,
Durch deinen Wink belebt, wirft ſich in Demuht
nieder,
Und ſchuͤttet Hamburgs Weh durch bittre Klage -
Lieder
Ge -
Gebuͤcket vor dir aus; Erhoͤr ihr ſeufzend
Flehn!
Von deiner Tapferkeit ſind Wunder gnug ge -
ſchehn,
Laß uns von deiner Gnad auch itzt die Wun -
der ſehn!
Dein Hamburg / welches einſt vom Himmel ſo
begluͤcket,
Daß es, von heiſſer Treu entbrannt und halb ent -
zuͤcket,
Des groſſen CAROLS Wunſch, der Welt Gluͤck -
ſeligkeit,
Jm Printzen LEOPOLD vorher ſchon prophe -
zeyt,(†)Dieſe Prophezeyung findet ſich in der Zuſchrift des Jh. Kayſerl. Maj. von dem Hn. Verfaſſer aller - untertaͤhnigſt-gewidmeten Tractats vom Beth - lehemitiſ. Kinder-Mord des Marino, welcher mehr als 12. Monaht vor der erſten gluͤckl. Niederkunft Jh. Maj. der Kaͤyſerin verfertigt ge - weſen / und zu Hamburgs unſaͤglichem Vergnuͤgen ſo genau eingetroffen.
Fuͤhlt abermal den Trieb; die Gluht entflam̃ter
Treue
Bewegt der Geiſter Meng und rege Kraft aufs
neue.
Drum Vater deines Reichs, nim uns zu Gna -
den an,
Weil Hamburgs ſchuͤchtern Aug ſonſt nichts
entdecken kan!
Laß keinen Augenblick vergehen,
Damit wir uns im Stande ſehen
Dich und in Dir die Erd aufs neue zu erfreuen,
Und Dir noch einen Sohn, wie vor, zu prophe -
zeyen.
Doch halt! ihr Voͤlker hoͤr’t, was treue Hoffnung
tuht,
Durch ſie breñt abermal die einſt geſpuͤhrte Gluht,
Die feſte Zuverſicht zu CAROLS Gnade reiſſt
Das ird’ſche Band entzwey, und ſo ſpricht Ham -
burgs Geiſt:
Es nahet ſich das Jahr, das euch zum Heil erkoh -
ren,
Wann zu der X. und VI., die einſt die Welt ver -
gnuͤgt,
Sich eine neue VI. zur Jahr-Zahl wieder fuͤgt,
So wird dem Sechsten CARL der Siebende ge -
bohren.
Hierbey folget jedesmal des Nachmittags noch ein a partes Bladt ohne Entgelt.

Schiffbeck bey HAMBURG, Gedruckt und zu bekom̃en in der Holliſchen privilegirten Buchdruckerey; werden auch verkauft in Kiel auf dem Hoch-Fuͤrſtl. Poſt-Hauſe. Die Woche 2. Stuͤck.

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Num. 38
Verfolg der Hollſteiniſchen Zeitung /
Am Freytage / den 7. Septemb. 1721.

Engellaͤndiſche Affairen

Von Veraͤnderung der Miniſters am Hofe hoͤret man nun nichts mehr. Der Hertzog von Beaufort und ſein Bruder der Lord Noel, 2. junge Herren, haben unlaͤngſt die Her - tzoge von Grafton und von Portland zu ihren O - berſten Vormuͤndern erwaͤhlet, und die Herren Neville und Bertie, die im Teſtament ihres Vaters des Hertzogs von Beaufort dazu verordnet waren, verworffen, die aber davon nicht abſtehen wollen; daher die Sache vor den Lord-Cantzler geraten, der die Wahl der jungen Herren gut geheiſſen, und ſol - cher geſtalt befeſtiget hat, daß die beyden Hertzoge die Aufſicht uͤber die Rechnung der Vormuͤnder ha - ben, und mit der Erziehung der Unmuͤndigen aufs fuͤglichſte ſchalten ſolten. Man meynet hierdurch eines der maͤchtigſten Haͤuſer von Engelland fuͤr die Parthey der Wighs gewonnen zu haben; da hingegen ihre Vorfahren von der Zeit Carl I. her die eyferigſten und maͤchtigſten von der andern Parthey oder denen Torris geweſen. Weil nun ihre neue Vormuͤnder wiſſen, wie man zu Oxford der Jugend ſtets ein-buſemet, daß die jetzige Re - gierung nicht Geſetz-maͤsſig ſey, ꝛc. haben ſie den jungen Hertzog von Beaufort, der 14. Jahr alt, und auf dieſer Univerſitaͤt ſtudiret, von dan - nen nach einer andern gehen laſſen. Der Cantz - ler ſagte bey dieſer Gelegenheit oͤffentlich, daß zu Oxford viele waͤren, die ſolche ſchaͤdliche Einbil - dungen jungen adelichen Gemuͤhtern einpraͤgten. Die Zollen von einkommenden Guͤtern werden taͤglich wieder groͤſſer, weil der Credit wieder auf - zuleben beginnet. Man hat eine Belohnung von 100. Pf. verſprochen an denjenigen, welcher den Straſſen-Raͤuber, der neulich das Briſtolſche Fell - Eiſen zwiſchen Maiden-Head und Slow beſtoh - len, in die Haͤnde des Gerichts liefern wird. Sr. Thomas Butler, der Aelteſte von den Schreibern beym Exchiquier, nachdem er in die 60. Jahr die - ſen Dienſt verwaltet, iſt in einem hohen Alter ver - ſtorben. Vergangenen Donnerſtag ward Cabi - nets-Raht zu S. James gehalten, und denſelben Tag einer von Sr. Majeſt. Meſſengers mit wich - tigen Angelegenheiten nach Schweden geſand.

Holl - und Niederlaͤndiſche Affairen.

Man wil allhier verſichern,daß der Spaniſche Geſandte, Marquis de Mon - taleone, bey einigen Verordneten des Staats ge - forſchet habe: Ob Jh. Hochmoͤg. wol geneigt waͤ - ren, wo die Cron Spanien ſelbigen eine genauere Alliance antragen ſolte, ſolche einzugehen? Weil aber Jh. Hochmoͤg. bishero eine treue Neutrali - taͤt unterhalten, kan man deren Schluß nicht wiſ - ſen. Man erwartet hier taͤglich aus Engelland den Hn. Grafen von Cadogan. Der Czaariſche Geſandte Printz Kurakin iſt zwar, ohne zu wiſſen wohin, von hier abgereiſet, man vermuhtet aber, daß er nicht lange wegbleiben duͤrffte. Die Un - terhandelung des Hn. Baſſecourt zu Bruͤſſel hat doch ſo viel ausgerichtet, daß die am 20 paſſato angeſetzte Verkauffung des Hollaͤndiſchen Schif - fes, Communey genannt, ruͤckgaͤngig worden. Nun wil man auch die Verkauffung der Domai - nen zum Stande bringen, dazu die meiſten Staͤdte ſchon eingewilliget. Man erwartet mit eheſten die Herren Verordneten von der reſpective Admi - ralitaͤt, da auch unter andern wegen der uͤber den Zoll im Sunde und Norwegen habenden Strei - tigkeiten mit Jh. Maj. in Daͤnnemarck ſol beraht - ſchlaget werden, deßwegen auch die General - Staaten bereits an den Koͤnig geſchrieben.

Franckreichs Affairen.

Jn dem Hauſe des er - ſten Praͤſidenten vom Parlement werden taͤglich Raht-Pflegungen gehalten, wie man den bewu - ſten Zwiſt in der Sorbonne ſchlichten, und den Doctoren nach der Hand wieder ihre vorige Frey - heit genieſſen laſſen moͤge; Auch ſind oͤffters Ver - ſammlungen in dem Ertz-Biſchoͤfflichen Pallaſte, dabey ſich eine groſſe Anzahl Biſchoͤffe und Praͤ - laten einfindet, und meynt man, daß es aus der Urſachen geſchehe, um den Cardinal von Noailles zu bewegen, daß er aus ſeiner Annehmung der Bulle Unigenitus dieſe Worte weglaſſen wolle: Nach denen Erklaͤrungen, ꝛc. Als vorgeſtern das Feſt des Heiligen Ludewigs gefeyert ward, war die Freude unbeſchreiblich, ſo wol bey Reich - als Armen, die ſich aus Liebe zu unſerm jungen Monarchen, faſt uͤber Vermoͤgen, angegriffen. Auch ward ein unvergleichl. kuͤnſtlich Feuerwerck angezuͤndet, welches den Pallaſt Vulcani, da Mars und Minerva an der Seiten ſtunden, vorſtellete. [6]Der Biſchoff von Soiſſons iſt in die Frantzoͤſiſche Academie an die Stelle des Herrn Argencon, ge - weſenen Groß-Siegel-Bewahrers, aufgenom - men, da er dan eine fuͤrtreffliche und wunderns - wuͤrdige Anſprache getahn, die der Herr Malet ſehr beredſam beantwortet hat. Der Printz von Conti ſol eheſtens uͤber die gemeine Zahl der Aca - demiſten als ein Glied in dieſe Academie aufge - nommen werden. Daß der Cardinal du Bois nach ſeiner Erhoͤhung nicht in dem Rahte erſchie - nen, ſol geſchehen ſeyn, allen Diſpuͤt uͤber den Rang zu vermeiden.

Spaniſche Affairen.

Wegen ein und an - derer Urſachen iſt die entworffene und vorgeweſe - ne Einziehung unſerer Trouppen, wieder eine Zeit - lang unterblieben und ins Stecken gerahten, doch wo die Zeitungen ſonderlich aus Franckreich an - ders einlauffen werden, duͤrffte ſolche vielleicht noch wohl fortgehen. Man redet hier ſtarck, daß zur Abreiſe des Jnfanten Don Carlos nach Jta - lien groſſe Anſtalten gemacht wuͤrden, doch hoͤret man noch nicht eigentlich, ob dieſer Printz an dem Hofe zu Florentz, oder aber zu Parma erzogen werden ſol.

Schweitzeriſche Vorfaͤlle.

Zu Zuͤrich, wie man verſteht, ſollen 2. Koͤnigl. Preusſiſche Abge - ordnete ankommen ſeyn, welche im Nahmen ih - res Koͤnigs erſuchen, daß dieſer Canton ihme einige Trouppen uͤberlaſſen wolle: Deßwegen dann der groſſe und kleine Raht aufs eheſte ſich daruͤber verſammlen wollen.

Von Religions-Sachen.

Bey neuli - cher Verſammlung der Evangeliſchen Herren Ge - ſandten, haben dieſelbe einen Entwurf gemacht auf der Roͤmiſchen Antwort und Erklaͤhrung uͤber den allgemeinen Schluß der Evangeliſchen, wel - cher Entwurf nechſtens ſol ins reine gebracht und an die Roͤmiſchen zur Gegen-Antwort uͤbergeben werden. Man hoͤret aus der Pfaltz noch immer, daß in der Religions-Sache nichts rechts getahn werde, und ob ſchon am 10. dieſes eine allgemeine Ordre an alle Ober-Aemter abgangen, um die E - vangeliſch-Lutheriſchen Klagloß zu ſtellen, ſo iſt doch ſolches noch nirgends geſchehen, und bey de - nen Reformirten iſt faſt in 2. Monaten auch nichts abgetahn; Jnzwiſchen iſt alhier von der Vereini - gung beydeꝛ Religionen, der Evangeliſch-Luthe - riſch - und Reformirten, mit Ernſt gehandelt, wor - uͤber ein Profeſſor von Tuͤbingen, einer von Jena,und ein Theologus der Reformirten ſehr gelehrt geſchrieben; wie dan auch neulich ein Tractat her - aus kommen unter der Rubric und dem Titul: Die wahre Lehre der Reformirten vom H. Abendmahl. Auch ſtellet ein anderer vor, wie gemaͤchlich die Vorurtheile bey dieſer Vereinigung koͤnnen geho - ben werden.

Jtaliaͤniſche Affairen.

Das Geruͤchte gehet hier, als ob der heilige Vater die Art und Weiſe, wie man gegen die Appellanten in Franckreich handele, gar nicht billigte, und daß er wohl in ei - nen Vergleich, der beyden Partheyen vortheiliger waͤre, einwilligen, und eine andere Arth der Lehre nach denen Meynungen der Thomiſten aufſtel - len wolte. Man hat hier 2. Perſohnen, die als Aebte gekleidet geweſen, in Arreſt genommen und gefangen geſetzt, weil ſie die Autores ſeyn ſollen, von einigen Pasquillen, darinn der Pabſt weid - lich durchgehechelt iſt. Der Cardinal Alberoni hat neulich bey Seiner Heiligkeit Audientz gehabt, und man ſagt, daß die angefangenen Proceduren gegen ihn vernichtiget werden ſollen. Gewiß iſts, daß er an dieſem Hofe wohl angeſehen iſt, ja man ſagt gar, daß deſſen Familie der Titel von Adel ſol zugeſtanden werden, in Abſicht einer Hey - raht ſeiner Nichte an den Marquis Paracciani. Auch ſol eine Heyraht zwiſchen einem Vettern des Pabſten, und einer Printzesſin von Turſis mit ei - nem Braut-Schatz von 4. Millionen Scudi be - vor ſeyn. Nunmehro ſol der zwiſchen hieſigen und dem Savoyſchen Hofe geweſene Zwiſt, durch Vermittelung des Hertzogs von Parma vergli - chen ſeyn. Am neulichen Sonntage Abends ließ der Groß-Conneſtabel Colonna auf einer der bey - den Bruͤcken ſeines Gartens alla Pilota der gantz illuminiret war, eine Compoſition von 2. Virtuo - ſen abſingen unter Muſical. Jnſtrumenten, in Bey - ſeyn vieler Fuͤrſten, Fuͤrſtiñen und Cavalliers; al - lein dieſe Freude ward verſaltzen, indem 2. Be - diente des Cardinals Acquaviva zuſamm gerieh - ten, und einander verwundeten; wie nun viele daruͤber auf eine neu erbauete Gallerie von Mar - mel zuſamm lieffen, fiel dieſelbe wegen der groſ - ſen Laſt uͤbern Hauffen; da dann einige Arm und Bein entzwey brachen, oder ſonſt beſchaͤdiget wor - den. Des Cardinals Priuli Stall-Meiſter aber, der auf die Bruſt geſtuͤrtzet, Nahmentlich Ba - ron Mantica, ſtarb 2. Tage hernach, auch iſt ein Diener beſagten Cardinals Priuli gleich todt ge - blieben. Das mag recht heiſſen: Keine Freude oh - ne Leyd in dieſer Welt.

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TextXXXVIII. Stück/ am Freytage/ den 5. Sept.
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Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

Britt-Marie SchusterNote: Bereitstellung der Texttranskription.Note: Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.2014-07-01T14:43:40Z Manuel WilleNote: Bereitstellung der Texttranskription.Note: Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.2014-07-01T14:43:40Z Arnika LutzNote: Bereitstellung der Texttranskription.Note: Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.2014-07-01T14:43:40Z CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationXXXVIII. Stück/ am Freytage/ den 5. Sept. . Hamburg1721. Staats/ und Gelehrte ordentl. Zeitung des Hollsteinischen unpartheyischen Correspondenten. Durch Europa und andere Theile der Welt

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Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg Carl von Ossietzky SUB-Hamburg, FX 32https://kataloge.uni-hamburg.de/DB=1/XMLPRS=N/PPN?PPN=168646390

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