Eine Benennung der tropfbaren Fluͤßigkeiten, ſ. Fluͤßig. In dieſem Sinne nennt man alle Fluida Liquoren, die keinen hohen Grad von Elaſticitaͤt beſitzen, deren Oberflaͤchen alſo in Gefaͤßen einen wagrechten Stand annehmen, z. B. Waſſer, Weingeiſt, Oel, Queckſilber, geſchmolzene Metalle. Vorzuͤglich aber giebt man dieſen Namen ſolchen Subſtanzen, die in hohem Grade fluͤßig ſind, d. i. deren Theile ſich leicht trennen und beym Ausgießen viele und kleine Tropfen bilden; dagegen man zaͤhe Fluͤßigkeiten, z. B. conſiſtente Oele, Syrupe, bey geringer Waͤrme zerlaſſenes Wachs oder Siegellak u. dgl. nicht gern Liquoren nennt.
Locker, ſ. Duͤnn.
Verticale, Vertical, A plomb. In der Geometrie ſagt man, eine Linie oder Ebne ſtehe auf einer ebnen Flaͤche lothrecht, wenn die Winkel, die ſie mit der letztern macht, nach den in der Lehre von der Lage der Ebnen vorgeſchriebnen Beſtimmungen gemeſſen, rechte Winkel ſind. Die Linie, die auf einer Ebne lothrecht ſteht, fuͤhrt den beſondern Namen eines Loths auf dieſe Ebne.
In der Phyſik legt man die oben angegebnen Namen vorzuͤglich denjenigen Linien und ebnen Flaͤchen bey, welche mit der Horizontalebne des Orts, oder, was eben ſo viel iſt, mit der Oberflaͤche des ſtillſtehenden Waſſers daſelbſt, rechte Winkel machen. Die Erfahrung lehrt, daß die Richtung der Schwere, oder des mit Gewicht beſchwerten2 Fadens, des Bleyloths, Senkbleys (à plomb), uͤberall auf der Erdflaͤche, eine ſolche Linie ſey. Da dieſe Linie aufwaͤrts verlaͤngert den Scheitelpunkt am Himmel trift, ſ. Zenith, ſo kommen daher die Namen der Vertikal - oder Scheitellinie, und der Vertikal - oder Scheitelflaͤchen.
Unterwaͤrts verlaͤngert wuͤrden alle Scheitellinien den Mittelpunkt der Erde treffen, wenn dieſe eine vollkommene Kugel waͤre. Da ſie nicht weit von der Kugelgeſtalt abweicht, ſo laͤßt ſich in den meiſten Faͤllen annehmen, daß ſich dies ſo verhalte, ſ. Erdkugel.
Man beſtimmt die lothrechten Linien in der Ausuͤbung durch das Bleyloth, welches jedoch in beſondern Faͤllen, z. B. durch die Naͤhe großer Berge von betraͤchtlichen Maſſen, ein wenig aus der lothrechten Richtung gezogen werden kann, ſ. Gravitation. Man kan dazu uͤberhaupt alle Werkzeuge gebrauchen, welche Horizontallinien angeben, ſ. Waſſerwaͤgen.
So heißt in der Hydrographie oder Schiffahrt eine krumme Linie, welche alle Meridiane der Erdkugel unter einerley Winkel ſchneidet. Eine ſolche Linie nemlich beſchreibt ein Schiff, das immerfort nach einerley Weltgegend ſegelt. Geht z. B. der Lauf des Schiffs ſtets nach Nordoſt, ſo macht er mit allen Meridianen, die er durchſchneidet, einen Winkel von 45°. Nur in den wenigen Faͤllen, da das Schiff unter einerley Meridian ſelbſt oder im Aequator, oder unter einerley Parallelkreiſe fortgehet, wird dieſer Weg ein Kreis: in allen andern Faͤllen, wobey er mit dem Meridian ſchiefe Winkel macht, bildet er eine Curve von eigner Natur, die daher den Namen der loxodromiſchen Linie (Linie des ſchiefen Laufs) erhalten hat.
Dieſe Linie gehoͤrt nicht zu den Curven, welche den Alten bekannt waren. Sie iſt eine logarithmiſche Spirale, welche ſich im Fortgange mit unzaͤhlbaren Windungen um den Pol ſchlingt, ohne ihn jemals zu erreichen. Je groͤßer der Winkel iſt, den die Richtung des Schiffs mit den Meridianen3 macht, deſto groͤßer wird auch der Umfang der Linie, und deſto langſamer die Annaͤherung an den Pol. Jac. Bernoulli (Opp. No. 42; No. 90. §. 50; No. 91.) hat die Rechnung des Unendlichen auf die Beſtimmung der Loxodromien angewendet, und dabey die Erdkugel als vollkommen ſphaͤriſch betrachtet. Die Beſchaffenheit der Loxodromie auf den Sphaͤroid haben unter andern Maclaurin (Treatiſe of Fluxions, §. 896.) und Walz (Act. Erud. Lipſ. Maj. 1741.) unterſucht.
Weil doch bey der Schiffahrt Richtung nach einerley Weltgegend, oder Rhumb, als Regel betrachtet, und auch in der Ausuͤbung ſo lang als moͤglich beybehalten wird, ſo iſt der regelmaͤßige Weg der Schiffe in den meiſten Faͤllen loxodromiſch. Auf ſolchen Karten alſo, die nach den gewoͤhnlichen Projectionen der Landkarten entworfen waͤren (ſ. Landkarten), wuͤrden dieſe Wege des Schiffs krummlinicht ausfallen. Der Seefahrer hingegen wuͤnſcht Karten, auf welchen ihm die gerade Linie von einem Orte zum andern zeigt, welche Richtung er nehmen muͤſſe, um an den Ort ſeiner Beſtimmung zu gelangen, d. h. er wuͤnſcht Karten, auf welchen die Loxodromien geradllnicht ausfallen.
Man ſieht leicht, daß dieſe Abſicht erreicht wird, wenn man die Meridiane als parallele gerade Linien darſtellt. Alsdann wird die Loxodromie, die ſie alle unter gleichen Winkeln ſchneidet, auch eine gerade Linie. Hiebey aber bleiben freylich alle Parallelkreiſe, und ihre Grade, gleich groß, anſtatt daß ſie gegen den Pol zu in dem Verhaͤltniſſe abnehmen ſollten, in welchem der Coſinus der geographiſchen Breite abnimmt, ſ. Parallelkreiſe. Um alſo doch das richtige Verhaͤltniß zwiſchen ihnen und den Graden der Meridiane beyzubehalten, laͤßt man die letztern gegen die Pole zu im umgekehrten Verhaͤltniſſe, d. i. wie die Secante der Breite, wachſen. Anſtatt z. B. daß in der Breite von 60° der Grad des Parallelkreiſes nur halb ſo groß ſeyn ſollte, als der unveraͤnderliche Grad des Mittagskreiſes, wird hier der letztere noch einmal ſo groß abgebildet, als der unveraͤnderliche erſtere. Daher heißen dieſe Karten Seekarten mit wachſenden Graden oder wach -4 ſenden Breiten, auch reducirte, ingleichen Mercators oder Wrights Karten. Gerhard Mercator zu Loͤwen verzeichnete dergleichen zuerſt 1550, Eduard Wright aber (Certain errors in Navigation detected and corrected, 2d. edit. Lond. 1657.) gab ihre Theorie genauer an. Einen kleinen Atlas ſolcher Karten hat man von Brouckner (Nouvel Atlas de marine, compoſé d'une carte generale et de 12 cartes particulières, approuvé par l'Acad. d. Sc. à Berlin, 1749.). Gegen die Pole hin werden freyllch die Grade der Breite erſtaunlich groß, und die Pole ſelbſt finder man gar nicht, weil ſie ins Unendliche hinaus fallen. Wie man dieſe Karten zu Erfindung des Weges auf der See gebrauche, zeigt unter andern Hr. Bode (Kurzgefaßte Erlaͤut. der Sternkunde u. ſ. w. Berl. 1778. 8. Th. II. S. 543 u. f.).
Kaͤſtner Anfangsgr. der mathemat. Geographie, in den Anfangsgr. der angew. Math. 3te Auſl. Goͤtt. 1781. 8. S. 384. u. f.
In ganz eigentlichem Sinne fuͤhrt dieſen Namen diejenige unſichtbare, farbenloſe, durchſichtige, compreſſible, ſchwere und elaſtiſche fluͤßige Materie, welche unſere Erdkugel von allen Seiten her umgiebt, ſ. Gas, atmoſphaͤriſches. Dieſe heißt auch die gemeine Luft, und war ſonſt das einzige permanent elaſtiſche Fluidum, das man aus Erfahrungen kannte. Jetzt aber ſind weit mehrere Gattungen ſolcher Fluͤßigkeiten entdeckt, ſ. Gas, die man nunmehr alle unter dem Namen der Luft, oder der Luftgattungen, in einem weitlaͤuftigern Sinne des Worts, begreift. Von den chymiſchen Eigenſchaften dieſer Materien handeln die Artikel, welche bey dem Worte Gas zuſammengeſtellt ſind. Hier wird die Rede vornehmlich von den mechaniſchen Eigenſchaften der gemeinen Luft ſeyn, welche von ihrer Fluͤßigkeit, Schwere und Elaſticitaͤt abhaͤngen. Dieſe Eigenſchaften kommen aber auch den uͤbrigen Gasarten zu, inſofern dieſe ebenfalls fluͤßig, ſchwer und elaſtiſch ſind. Daher rede ich zwar in dieſem Artikel blos von der gemeinen Luft, man wird aber das meiſte, nur mit andern Beſtimmungen, auch auf die uͤbrigen Gasarten anwenden koͤnnen. Was dieſer mechaniſchen5 Eigenſchaften wegen im Luftkreiſe ſtatt findet, wird man beym Worte: Luftkreis antreffen. Fluͤßigkeit, Elaſticitaͤt und Schwere der Luft.
Daß in den Raͤumen, die dem Auge leer ſcheinen, noch etwas vorhanden ſey, das gefuͤhlt werden kan, davon uͤberzeugt uns unſere Empfindung, wenn wir dieſes unſichtbare Etwas gegen uns treiben. Wir fuͤhlen alsdann die Bewegung deſſelben, oder den Wind. Taucht man ein leeres Glas EFG, Taf. XIV. Fig. 1. mit unterwaͤrts gekehrter Oefnung, im Gefaͤße ABCD ſo unter Waſſer, daß der Rand des Glaſes FG beym Aufſetzen die Waſſerflaͤche AB ringsherum zugleich beruͤhrt, ſo fuͤllt das Waſſer die Hoͤhlung des Glaſes nicht ganz aus, ob es gleich nach den Geſetzen der Hydroſtatik, wenn das Glas wirklich leer waͤre, bis E eindringen muͤßte. Es muß daher im Glaſe etwas ſeyn, das das Eindringen des Waſſers bis E hindert, etwas Ausgedehntes und Undurchdringliches, dem alſo die Eigenſchaften eines Koͤrpers zukommen. Aehnliche Erfahrungen uͤberzeugen uns von der Gegenwart dieſes unſichtbaren Koͤrpers in allen leer ſcheinenden Raͤumen von der Erdflaͤche an bis auf die hoͤchſten Berge. Wir ſchließen alſo, die ganze Erde ſey mit einer unſichtbaren Materie umgeben, die wir Luft nennen.
Die Fluͤßigkeit dieſer Materie erhellet aus der Leichtigkeit, mit der ſich ihre Theile trennen laſſen, und aus der reſpectiven Beweglichkeit der Theile, die ihr ohne Widerrede zukoͤmmt. Auch die heftigſte Kaͤlte benimmt ihr dieſe Kennzeichen der Fluͤßigkeit nicht, und uͤberhaupt iſt kein Mittel bekannt, die Luft in einen feſten Koͤrper zu verwandeln, wenn ſie nicht gaͤnzlich zerſetzt wird, und ihre Beſtandtheile in ganz neue Verbindungen treten.
Die Elaſticitaͤt der Luft kan ebenfalls durch leichte Verſuche erwieſen werden. Eine mit Luft gefuͤllte Blaſe laͤßt ſich zuſammen druͤcken, dehnt ſich aber, ſobald der Druck aufhoͤrt, wieder aus. Einen genau ſchließenden Stempel in einem metallnen cylindriſchen Rohre kan man um eine6 hetraͤchtliche Weite tiefer hineintreiben; ſobald aber der Druck nachlaͤßt, treibt ihn die zuſammengepreßte Luft mit Gewalt wieder zuruͤck. Wenn man das Glas EFG, Taf. XIV. Fig. 1. auf die oben beſchriebene Art ganz unter Waſſer taucht, ſo iſt einige Kraft noͤthig, es in dieſer Stellung zu erhalten. Hat man vorher das Glas inwendig mit Puder oder geſchabter Kreide beſtreut, ſo ſieht man beym Herausnehmen, daß das Waſſer wirklich erwa bis HI eingedrungen iſt. Es iſt alſo die Luft, welche vorher das ganze Glas EFG ausfuͤllte, in den kleinern Raum EHI zuſammengepreßt geweſen. Laͤßt man, indem das Glas noch im Waſſer ſteht, mit Druͤcken nach, daß es auf die Oberflaͤche koͤmmt, und der Rand FG die Waſſerflaͤche AB wieder beruͤhrt, ſo dehnt ſich die Luft wieder in den ganzen vorigen Raum EFG aus. Aehnliche Beſtaͤtigungen der Elaſticitaͤt der Luft geben die Taucherglocke, der Heronsball, Heronsbrunnen und die carteſianiſchen Teufel.
Die Luft iſt aber in dem Zuſtande, in welchem wir ſie hier bey der Erdflaͤche antreffen, ſchon wirklich zuſammengedruͤckt, oder in einen engern Raum gebracht, als ſie einnehmen wuͤrde, wenn ſie von allem Drucke frey waͤre. Dies zeigt ſich daraus, weil ſie ſich uͤberall, wo es die Umſtaͤnde verſtatten, ſofort und von ſelbſt durch weitere Raͤume verbreitet. Wenn man einen genau ſchließenden Stempel in einem metallnen cylindriſchen Rohre weiter auszieht, ſo dehnt ſich die Luft, die im Rohre zwiſchen Stempel und Boden eingeſchloßen war, ſogleich durch den groͤßern Raum, der ihr dadurch verſtattet wird, gleichfoͤrmig aus. Hierauf beruht die Einrichtung der Luftpumpen, ſ. Luftpumpe. Vermoͤge dieſer Eigenſchaft fuͤllt auch die Luft alle Raͤume aus, die ſenſt leer bleiben wuͤrden, oder treibt durch ihre Ausbreitung andere Koͤrper in dieſelben, und veranlaßt dadurch eine große Menge von Erſcheinungen, welche ehedem ſehr uͤbel durch einen vermeinten Abſcheu der Natur gegen den leeren Raum (fuga ſ. horror vacui) oder durch ein Zuſammenziehen (funiculus) der Materie zu Vermeidung der Leere, erklaͤrt wurden. Es wird hier genug ſeyn, ein einziges Beyſpiel anzufuͤhren. 7
Man fuͤlle eine nicht allzuweite Roͤhre AB, Taf. XIV. Fig. 2. mit Waſſer, und verſchließe ihre obere Oefnung A mit dem Finger, ſo fließt das Waſſer nicht heraus, wenn gleich die Roͤhre bey B offen iſt. Oefnet man aber auch bey A, ſo fließt augenblicklich alles Waſſer aus. Es iſt die Frage, was das Waſſer trage oder zuruͤckhalte, ſo lang A verſchloſſen iſt? Im Finger kan die Urſache nicht liegen, auch nicht in dem Anhaͤngen des Waſſers an der Glasroͤhre, welches ja auch noch da iſt, wenn man A geoͤfnet hat. Die Scholaſtiker ſagten, die Natur laſſe kein Waſſer heraus, oder die Materie des Waſſers ziehe ſich zuſammen (inviſibili funiculo contrahitur), um den leeren Raum zu vermeiden, der bey A entſtehen wuͤrde, wenn bey verſchloßner Oefnung das Waſſer ausliefe.
Es wird aber alles weit begreiflicher, wenn man annimmt, die Luſt bey A und B ſey durch irgend etwas zuſammen gedruͤckt, und ſtrebe ſich auszubreiten. Iſt dies, ſo wird ſie nach der Richtung BA gegen das Waſſer in B druͤcken, und deſſen Gewicht tragen oder aufheben, wofern nur die Oefnung B eng genug iſt, um keine Zertrennung des Waſſers zu geſtarten. Wird aber A geoͤfnet, ſo druͤckt nunmehr die Luft bey A nach der Richtung AB eben ſo ſtark entgegen, die Wirkungen der Luft bey A und B heben einander auf, und das Waſſer fließt durch ſeine Schwere aus der Roͤhre.
Dieſe Vermuthung wird zur Gewißheit, wenn man ſtatt des Waſſers Queckſilber nimmt. Iſt alsdann die Roͤhre AB uͤber 28 Zoll lang ſo wird wirklich ein Theil des Queckſilbers auslaufen, bis die noch uͤber B ſtehende Saͤule eine Hoͤhe von 28 Zollen hat. Dieſe Saͤule bleibt alsdann ſtehen, ſo lang A verſchloſſen iſt, laͤuft aber auch aus, wenn men A oͤfnet. Dies zeigt deutlich, daß bey B ein Gegendruck von beſtimmter Groͤße gefchehe, der gerade dem Drucke einer 28 Zoll hohen Queckſilberſaͤule gleich iſt. Dieſen Gegendruck muß man doch der Luft bey B zuſchreiben, weil kein anderer Koͤrper da iſt, dem man ihn beylegen koͤnnte.
Iſt die untere Oefnung weit, wie BC, Fig. 3., ſo ſteht8 die Waſſerflaͤche BC nicht ruhig, daher die anliegende Luft in die hoͤhern Stellen eindringen und das Waſſer zertrennen kan. Sie ſteigt alsdann in Blaſen nach A auf; das iſt eben ſo viel, als ob A nicht mehr verſchloſſen waͤre, und ſo laͤuft in dieſem Falle das Waſſer gar bald aus dem Gefaͤße, Legt man aber vor die Oefuung BC ein Blatt Papier, durch deſſen Anhaͤngen das Schwanken und die Trennung der Waſſerflaͤche vermieden wird, ſo kan man Waſſer in einem umgekehrten ofnen Trinkglaſe tragen. Ein Gießfaß, wie ABC geſtaltet, wo der Boden BC mit lauter kleinen Loͤchern durchſtochen iſt, in denen ſich Luft und Waſſer nicht ausweichen koͤnnen, (clepſydra, Ariſtot. Phyſic. IV. 6.) haͤlt das Waſſer, wenn man A mit dem Finger verſchließt, und gießt, wenn man es oͤfnet. So laͤuft nichts aus dem Hahne eines Faſſes, ſo lang das Spundloch verſchloſſen iſt. Man ſ. auch die Art. Stechheber, Zauberbrunnen, Zaubertrichter. Dies alles beweißt, daß ſich die Luft an der Erdflaͤche auszubreiten ſtrebe, und alſo ſchon im Zuſtande einer Zuſammendruͤckung ſey.
Die Urſache nun, welche die Luft um uns her zuſammendruͤckt, kan keine andre ſeyn, als das Gewicht. der uͤber ihr liegenden Luft. Es iſt nichts weiter vorhanden, was die untere Luft druͤcken koͤnnte, als dieſe obere. So erkennen wir, daß die Luft, wie alle bekannte Materien, ein Gewicht habe, oder ſchwer ſey. Dies iſt auch ſchon daraus klar, weil die Luft durch ihre Elaſticitaͤt ſich in die freyen Raͤume des Himmels verbreiten und den Erdball ganz verlaſſen wuͤrde, wenn ſie nicht durch die Schwere an demſelben zuruͤckgehalten wuͤrde.
Dieſe Eigenſchaften der Luſt ſind erſt ſeit der Mitte des vorigen Jahrhunderts vollſtaͤndig bekannt geworden, ſ. Barometer. Galilei und Torricelli gaben hiezu die erſten Veranlaſſungen, Descartes und Paſcal ſtuͤrzten das ariſtoteliſche Syſtem und gaben die richtigen Erklaͤrungen der Phaͤnomene an; Otto von Guericke erfand die Luftpumpe, durch deren Huͤlfe dieſe Lehren noch mehr beſtaͤtigt, und von Boyle und Mariotte erweitert wurden, bis ihnen endlich Wolf die Form einer eignen Wiſſenſchaft gab, welche9 ſeitdem einen anſehnlichen Theil der angewandten Mathematik ausmacht, und zu den mechaniſchen Wiſſenſchaften gerechnet wird, ſ. Aerometrie. Wirkung des Drucks auf Dichte und Federkraft der Luft. Mariottiſches Geſetz.
Die abſolute Elaſticitaͤt der Luft muß im Zuſtande der Ruhe dem Drucke, der ſie zuſammenpreßt, gleich ſeyn. Dies iſt als Grundſatz einleuchtend. Beydes ſind entgegengeſetzte Kraͤfte, deren eine Zuſammendruͤckung, die andere Ausbreitung zu bewirken ſtrebt. Sind ſie nicht gleich, ſo wird noch kein Ruheſtand erfolgen, die Luft wird ſich mehr verdichten oder mehr ausbreiten, bis endlich beyde Kraͤfte gleich werden.
Wird nun durch ſtaͤrkern Druck die Luft in einen engern Raum, als vorher, gebracht, ſo muß (wenigſtens, ſo lang ſie ſich ruhig in dieſem Raume behauptet) auch ihre Elaſticitaͤt ſtaͤrker, als vorher, ſeyn. Zugleich aber wird auch ihre Dichtigkeit groͤßer. Nimmt hingegen der Druck ab, und verſtattet der Luft, ſich in einen groͤßern Raum zu verbreiten, ſo wird ſie, wenn die Ruhe hergeſtellt iſt, weniger Elaſticitaͤt, als vorher, haben, weil dieſelbe mit einem ſchwaͤchern Drucke im Gleichgewichte ſteht. Dabey wird aber auch ihre Dichte geringer. Hieraus laͤßt ſich uͤberſehen, daß Druck, abſolute Federkraft und Dichte der Luft ſtets mit einander wachſen und abnehmen.
Daher muß jede Luftſaͤule, im Freyen ſowohl als in verſchloßnen Raͤumen, unten dichtere und elaſtiſchere Luft enthalten, als oben. Denn die untern Schichten tragen das Gewicht der obern mit; ſie leiden alſo mehr Druck, als die obern. Bey kleinen Saͤulen, z. B. in Gefaͤßen, Zimmern u. dgl. kan dieſer Unterſchied als unbetraͤchtlich angeſehen werden.
Wenn zween Raͤume in Verbindung kommen, von denen einer A elaſtiſchere, der andere B weniger elaſtiſche Luft enthaͤlt, ſo wird ſo viel aus A in B uͤberſtroͤmen, bis die Luft in beyden einerley Elaſticitaͤt hat. Denn es ſind zwar10 beyde Luftmaſſen elaſtiſch, und wirken daher am Orte der Verbindung einander entgegen; aber die mehr elaſtiſche treibt die weniger widerſtehende zuruͤck, und dringt in den Raum B ſo lange, bis das Gleichgewicht hergeſtellt iſt.
Otto von Guericke (Exp. de vacuo ſpatio, Cap. 30. f. 113.) ſchloß Luft, wie ſie ſich an der Erde befand, in ein Gefaͤß mit einem Hahne ein, trug daſſelbe auf eine Hoͤhe, und oͤfnete den Hahn. Der Erfolg war, daß ein Theil Luft aus dem Gefaͤße durch den Hahn mit Geziſch heraus fuhr. Die verſchloßne Luft, an der Erde aufgefangen, war dichter und elaſtiſcher, als die aͤußere auf der Hoͤhe. Das Gefaͤß war der Raum A, die Gegend auf der Hoͤhe der Raum B.
Alle unſere Zimmer und Wohnplaͤtze ſtehen durch Oefnungen der Fenſter, Thuͤren u. dgl. mit der aͤußern Luft unter freyem Himmel in ſteter Verbindung. Alſo bleibt die Luft in den Zimmern immer eben ſo dicht und elaſtiſch, als die aͤußere. Die Luftſaͤule vom Tiſche bis an die Decke thut eben die Wirkung, als ob der Tiſch unter freyem Himmel ſtuͤnde, und eine Luftſaͤule, ſo hoch als die Atmoſphaͤre, truͤge. Dieſe Saͤule ſtemmt ſich nemlich vermoͤge ihrer Federkraſt, die der Federkraft der aͤußern Luft gleich iſt, gegen die Decke und den Tiſch, wie eine zwiſchen beyde geklemmte Stahlfeder. Daher erfolgt alles, was vom Drucke der Luft abhaͤngt, im Zimmer eben ſo, wie im Fr < * > yen.
Luft, die man in Gefaͤße einſchließt, behaͤlt, ſo lange ſich nichts weiter aͤndert, eben die Dichte und Federkraft, die ſie im Augenblicke der Einſperrung mit der aͤußern Luft gen ein hatte. Mit dieſer Federkraft druͤckt ſie gegen die Waͤnde des Gefaͤßes, deren Feſtigkeit jetzt eben das thut, was unter freyem Himmel das Gewicht der obern Luft that, naͤmlich ſie hindert, ſich weiter auszubreiten. Wenn man alſo Luft eingeſchloſſen hat, ohne weiter einen Druck auf ſie auszuuͤben, ſo muß man darum nicht glauben, daß ſie ſo von allem Drucke frey ſey. Sie leidet von den Waͤnden des Gefaͤßes noch immer einen Druck, der dem Gewichte der Atmoſphaͤre gleich iſt. 11
Die Kenntniß des Geſetzes, nach welchem ſich die Verbindung zwiſchen dem Drucke und der Dichte der Luft richtet, haben wir den Verſuchen des Boyle und Mariorte zu danken.
Boyle (Defenſio doctrinae de elatere et gravitate aëris, P. II. c. 5.) vertheidigte die Lehre von der Federkraft der Luft gegen Sranz Linus, Profeſſor in Luͤttich, welcher die Phaͤnomene des Sangens und der Spritzen lieber aus einem Funiculus erklaͤren wollte, und es fuͤr unmoͤglich hielt, daß die Federkraft der Luft jemals dem Drucke einer Queckſilberſaͤule von 28 Zollen das Gleichgewicht halten koͤnnte, Boyle nahm, um ihn zu uͤberfuͤhren, eine gekruͤmmte Glasroͤhre, wie ABEC. Taf. XIV. Fig. 4., mit parallelen, aber ungicichen Schenkeln, wovon der kuͤrzere EC zwoͤlf Zoll lang und oben bey C zugeſchmolzen, der andere BA einige Fuß lang und bey A offen war. In dieſe Roͤhre goß er durch A ſo viel Queckſilber, als gerade hinreichte, die Kruͤmmung BE zu erfuͤllen, und die Luft im Schenkel CE von der aͤußern abzuſchneiden. Hierauf goß er ſo lange Queckſilber uͤber B, bis die Luft in EC nur 6 Zoll oder den Raum CF einnahm; dabey fand er das Queckſilber bey F im laͤngern Schenkel um 29 engl. Zoll hoͤher, als im kuͤrzern bey F. Dieſer Verſuch ſollte nach ſeiner Abſicht nur beweiſen, daß die Federkraft der in CF eingeſchloßnen Luft wirklich im Stande ſey, den Druck der 29 Zoll hohen Queckſilberſaͤule fg zu tragen. Richard Townley aber, einer von Boyle's Schuͤlern, bemerkte, daß ſich hiebey dieſe Sederkraft umgekehrt, wie der Kaum der Luft, verhalte, Denn da die Luft beym Einſchließen den Raum CE = 12 Zoll eingenommen, und eine gleiche Elaſticitaͤt mit der aͤußern Luft gehabt hatte, oder eine 29 Zoll hohe Saͤule Queckſilber haͤtte tragen koͤnnen; ſo war jetzt der Raum CF, den ſie einnahm, nur 6 Zoll; dagegen hielt ihre Federkraft nicht nur, wie vorher, den Druck der aͤußern Luft bey F, ſondern auch noch uͤberdies den Druck von 29 Zoll Queckſilber in fg aus, und war alſo doppelt ſo groß, als vorher.
Boyle vermehrte die Menge des Queckſilbers, fand aber allezeit, daß ſich die Hoͤhe der Saͤulel fg mit der Hoͤhe12 des Queckſilbers im Barometer (29 Zoll) zuſammengenommen, zu der Barometerhoͤhe (29 Zoll) allein, wie CE zu CF verhielt. Er ſchloß alſo, daß ſich die Luft nach dem Verhaͤltniſſe der zuſammendruͤckenden Kraft verdichte, und vermuthete daher auch, daß ſie ſich im umgekehrten Verhaͤltniſſe ausbreiten werde, wenn man die druͤckende Kraft vermindere.
Dieſe Vermuthung zu pruͤfen, fuͤllte er ein 6 Fuß tiefes cylindriſches Gefaͤß ABCD, Taf. XIV. Fig. 5. mit Queckſilber, und ſenkte in daſſelbe eine an beyden Enden ofne Glnsroͤhre EF ſo weit ein, daß der oben hervorragende Theil EG noch 1 Zoll betrug. Dieſe Roͤhre fuͤllte ſich bis G mit Queckſilber, und in EG blieb Luft von der Dichte und Federkraft der aͤußern, welche damals nach der Anzeige des Barometers 29 3 / 4 Zoll Queckſilber trug. Er verſchloß nun die Oefnung E genau mit Siegellak, und zog die Roͤhre ſenkrecht aus dem Queckſilber herauf in die Stellung ef. Hiebey dehnte ſich die Luft im obern Theile durch eh aus, zugleich aber erhob ſich unter derſelben die Queckſilberſaͤule gh. Dies bewieß, daß die Federkraft der Luft in eh durch ihre Ausbreitung ſchwaͤcher geworden ſey, und auf h weniger druͤcke, als die aͤußere Luft auf AD, ſo daß zu Herſtellung des Gleichgewichts noch der Druck der Queckſilberſaͤule gh erforderlich war. Als der Raum eh = 2 Zoll war, fand ſich gh = 15 3 / 8 Zoll, ein Zeichen, daß die Luft in eh, welche jetzt in den doppelten Raum ausgebreitet war, von ihrer vorigen Federkraft (29 3 / 4) ſo viel verlohren, und alſo nur noch 29 3 / 4 — 15 3 / 8 = 14 3 / 8 uͤbrig hatte, welches beynahe die Helfte der vorigen Groͤße iſt. Als eh = 10 Zoll war, fand ſich gh = 26 3 / 4 Zoll, d. i. die zehnfach verduͤnnte Luft hatte von 29 3 / 4 Federkraft nur noch 3 oder den zehnten Theil uͤbrig; und eben ſo verhielt es ſich ziemlich genau bis zu einer 32 fachen Verduͤnnung.
Mariotte (Eſſay ſur la nature de l'air. Paris, 1676. 8. ingl. Du mouvement des eaux, Part. II. Diſc. 2.) fuͤhrt eben ſolche Verſuche uͤber die Verdichtung der Luft an, ohne der boyliſchen zu gedenken, die er ohne Zweifel nicht kannte. Wenn das Barometer auf 28 Zoll ſtand, ſo fand er in der13 Roͤhre ABEC Taf. XIV. Fig. 4., in welcher CE = 12 Zoll war,
Bf | = | 18; | 34; | 93 | Zoll, |
fuͤr EF | = | 4; | 6; | 9 | Zoll. |
Hieraus finden ſich die Hoͤhen der Saͤule fg = Bf — EF 14; 28; 84 Zoll, und alſo die Groͤßen der Federkraft der Luft in CF, welche außer der Saͤule fg noch den Druck der Atmoſphaͤre auf f, oder 28 Zoll Queckſilber traͤgt,
14 + 28; | 28 + 28; | 84 + 28 | ||
oder | 42; | 56; | 112 | Zoll. |
Die Raͤume aber, welche die Luft einnimmt, oder CE — EF, ſind
12 — 4; | 12 — 6; | 12 — 9 | ||
d. i. | 8; | 6; | 3 | Zoll, |
folglich wird die Federkraft der Luft 1 1 / 2, 2, 4mal groͤßer, wenn ſie in einen 1 1 / 2, 2, 4mal engern Raum zuſammengepreßt wird, als ſie in der Atmoſphaͤre einnimmt.
Die Verminderung der Federkraft bey vergroͤßertem Raume pruͤfte Mariotte durch eine Glasroͤhre von 40 Zoll Laͤnge, die an einem Ende verſchloſſen war. Er goß in dieſelbe 27 1 / 2 Zoll hoch Queckſilber, daß alſo noch 12 1 / 2 Zoll hoch Luft, eben ſo dicht als die aͤußere, darin blieb. Er ſenkte das ofne Ende dieſer Roͤhre, das er inzwiſchen mit dem Finger verſchloß, 1 Zoll tief in ein Gefaͤß mit Queckſilber, ſo daß noch 39 Zoll von der Roͤhre daruͤber ſtehen blieben. Die Luft ſtieg ſogleich in die Hoͤhe; nachdem die untere Oefnung wieder frey gelaſſen war, fiel das Queckſilber herab, und die Luft im obern Theile breitete ſich durch den weitern Raum aus, der ihr dadurch verſtatter ward. Als alles ſtehen blieb, nahm das Queckſilber unten 14 Zoll, die Luft oben 25 Zoll von der Laͤnge der Roͤhre ein. Jene Hoͤhe iſt die Helfte von der Hoͤhe im Barometer (oder von 28 Zoll); dieſer Raum iſt doppelt ſo groß, als 12 1 / 2 Zoll, oder als der, den die Luft bey gleicher Dichte mit der aͤußern eingenommen hatte. Alſo wird die Federkraft der Luft auf die Helfte herabgeſetzt, wenn ſie ſich durch den doppelten Raum ausbreitet. Dieſe Verſuche hat auch Amontons (Mém. de Paris, 1705.) wiederholt; und einige engliſche Gelehrte14 (Phil. Trans. no. 73. uͤberſ. in Auserleſenen Abhandl. zur Naturgeſch. und Phyſ. Leipz. 1779. gr. 4. V. 1. S. 171.) fanden eben den Erfolg, indem ſie glaͤſerne Gefaͤße unter Waſſer verſenkten.
Daher haben es die Naturforſcher als einen allgemeinen Satz angenommen, daß ſich unter uͤbrigens gleichen Umſtaͤnden die Sederkraft der Luft umgekehrt, wie der Raum verhalte, den eine gleiche Menge Luft einnimt. Weil ſich bey gleicher Menge die Dichte auch umgekehrt, wie der Raum verhaͤlt, ſ. Dichte, ſo heißt dies eben ſo viel, als: Die Sederkraft verhaͤlt ſich, wie die Dichte; oder weil die Federkraft im Ruheſtande der zuſammendruͤckenden Kraft gleich iſt: Die Dichte verhaͤlt ſich wie die zuſammendtuͤckende Kraft. Alle dieſe Ausdruͤcke ſind ein und ebenderſelbe Satz, und unter dem Namen des mariottiſchen Geſetzes bekannt.
Zwar fuͤhrt Maraldi (Mém. de Paris, 1709.) einige Beobachtungen des P. Beze zu Malacca an, aus welchen zu folgen ſcheint, daß ſich die Luft um den Aequator weniger, als nach dem umgekehrten Verhaͤltniſſe der druͤckenden Kraft, ausbreite. Allein Bouguer (Sur les dilatations de l'air dans l'atmoſphère, in den Mém. de Paris, 1753.) hat in Amerika durch viele mit ſeiner Reiſegeſellſchaft wiederholte Verſuche, ſelbſt auf den hoͤchſten Bergen, und bey ſehr ſtarken Verduͤnnungen der Luft, das mariottiſche Geſetz allemal richtig gefunden. Man ſieht es daher als entſchieden an, daß die Luft an der Erdflaͤche ſich durch den doppelten Raum verbreitet, wenn ſie nur die Helfte des Gewichts der Atmoſphaͤre traͤgt. u. ſ. w.
Bey ſtarken Zuſammenpreſſungen aber kan dieſes Geſetz nicht in aller Strenge richtig ſeyn. Denn die Luft kan doch nur bis auf eine gewiſſe Grenze, nemlich bis zur vollkontmnen Beruͤhrung ihrer Theile, zuſammengedruͤckt werden, ſo groß auch die druͤckende Kraft werden mag. Dies erinnern Jacob Betnoulli (De gravitate aetheris, Amſt. 1683. 8. p. 96. ſq. ) und Muſſchenbroek (Introd. ad phil. nat. To. II. §. 2107.). Auch zeigen ſich ſchon Ausnahmen von der Regel, wenn die Luft nur ſieben bis achtmal meht,15 als in der Atmoſphaͤre, zuſammengedruͤckt iſt (ſ. Sulzer in Mém. de l'Acad. de Pruſſe 1753. uͤberſ. im Hamburg. Magazin, XVII. B. 6. Stuͤck). Was fuͤr Einfluß die Annaͤherung an dieſe groͤßte moͤgliche Dichtigkeit der Luft auf das Geſetz der Zuſammenpreſſung haben muͤſſe, daruͤber haben d'Alembert (Traité des fluides, L. I. ch. 6.) und Euler (Tentamen explic. phaen. aëris. §. 22. ſq. in Comm. Petrop. To. II. ingl. in Robins erlaͤuterter Artillerie, S. 85, 95.) allgemeine Betrachtungen angeſtellt.
Die kuͤnſtlichen Zuſammendruͤckungen der Luft, ſ. Compreſſionsmaſchine, laſſen ſich gewoͤhnlich nicht hoch treiben, weil dabey die Gefaͤße durch die verſtaͤrkte Federkraft der Luft leicht zerſprengt werden. Von der hiebey noͤthigen Feſtigkeit der Gefaͤße handelt Karſten (Lehrbegrif der geſamt. Math. VI. Theil, Pnevmatik, 7. Abſchn.). Er glaubt, in glaͤſernen Glocken duͤrfe man es nicht leicht wagen, die Luft ſtaͤrker, als auf die 3 — 4 fache Dichte der Atmoſphaͤre zuſammenzndruͤcken. In ſtarken metallnen Behaͤltniſſen, wie bey Windbuͤchſen u. dgl., laͤßt ſich die Zuſammenpreſſung weit hoͤher treiben. Boyle hat die Luft 13mal und Hales (ſ. Statique des Vegétaux, trad. de l'Anglois par M. de Buffon, Paris, 1735. 8. p. 389. ſqq. ) in einer Bombednrch Einpreſſung eines Zapfens 38 mal verdichtet. Hales fuͤhrt zwar noch einen Verſuch an, wobey er Waſſer in der Bombe gefrieren ließ, und eine 1838 fache Verdichtung der Luft erhalten zu haben glaubte; allein da hiebey die Bombe und der ganze Apparat zerſprang, ſo gruͤndet ſich dieſe Angabe auf bloße Berechnung, wobey vorausgeſetzt wird, die Luft habe den ganzen zu Zerſprengung der Bombe noͤthigen Druck getragen, und ſey dadurch voͤllig dem mariottiſchen Satze gemaͤß verdichtet worden. Dies iſt aber eben das, was durch den Verſuch erſt erwieſen werden ſollte; daher man ſich auf dieſes Erperiment des Hales gar nicht berufen kann.
Winkler (Unterſuchungen der Natur und Kunſt, Leipjig, 1765. 8. II. Abhandl. S. 98.) hat das mariottiſche Geſetz noch beym achtfachen Druck richtig befunden. Alles dies zuſammen zeigt, daß man daſſelbe zwar nicht allgemein16 und in aller Schaͤrfe, aber doch, ſo weit unſere Beobachtungen und Verſuche reichen, annehmen koͤnne. Von der Anwendung deſſelben auf die Atmoſphaͤre, ſ. Luftkreis.
Aus der durch ſtaͤrkern Druck vergroͤßerten Federkraft der Luft erklaͤren ſich leicht ihre heftigen Wirkungen, wenn ſie durch aͤußere Kraͤfte in ſehr enge Kaͤume zuſammengepreßt wird, wie beym Gefrieren der Koͤrper, in den Windkeſſein der Feuerſpritzen, in den Windbuͤchſen u. ſ. w. Von den letztern handeln Muſſchenbroek (Introd. in philoſ. nat. To. II. §. 2111. ſqq. ) und Nollet (Leçons de phyſ. exp. To. III. Leç. X. Sect. I. ch. 7.). Umſtaͤndlicher erklaͤrt ihre Theorie Rarſten (Lehrb. der geſ. Math. 6 Theil, Pneumatik, 8 Abſchn.). Er nimmt nach Regnault (Entreriens phyſiques, To. I p. 29.) an, man koͤnne die Luft darin 100mal dichter machen, als die aͤußere, und berechnet, daß eine Bleykugel von 3 / 8 Zoll im Durchmeſſer in einem Laufe von 4 Fuß Laͤnge dadurch mit einer Geſchwindigkeit abgeſchoſſen werde, welche in der erſten Secunde 628 Fuß berraͤgt, und womit die Kugel vertical aufwaͤrts geſchoſſen, 6518 Fuß hoch ſteigen muͤßtr.
Die Luft verliert durch anhaltendes Zuſammendruͤcken nichts von ihrer Elaſticitaͤt. Roberval ließ eine geladne Windbuͤchſe 16 Jahre lang ſtehen, und fand am Ende die Ladung noch eben ſo elaſtiſch, als vorher. Hawksbee bezweifelte dieſen Satz, weil er von einem Heronsballe bemerkte, daß die zuſammengedruͤckte Luft, wenn das Waſſer zu ſpringen aufgehoͤrt hatte, und er den Ball eine Zeitlang verſtopft hielt, beym Wiedereroͤfnen noch etwas Waſſer heraustrieb; woraus er ſchloß, die Federkraft nehme durch langen Druck ab, und erlange, wenn der Druck aufhoͤre, erſt nach und nach ihre vorige Staͤrke wieder. Aber Muſſchenbroek (Introd. in phil. nat. To. II. §. 2161.) hat einen entſcheidendenl Verſuch hieruͤber angeſtellt. Er preßte Luft in einer Glasroͤhre mit zween Schenkeln durch Queckſilber zuſammen, wie Taf. XIV. Fig. 4., ſchmolz alsdann das Ende A zu, fand aber fuͤnf Jahre hindurch den Raum CF, den die zuſammengedruͤckte Luft einnahm, bey gleicher17 Waͤrme immer gleich groß, ein Zeichen, daß dieſe Luft nicht das Mindeſte von ihrer Federkraft verlohr. Wirkung der Waͤrme, Feuchtigkeit und Miſchung auf Dichte und Federkraft der Luft.
Waͤrme, Duͤnſte und chymiſche Miſchung koͤnnen die Dichte der Luft auch bey gleichem Drucke, oder den Druck bey gleicher Dichte, aͤndern. Die Waͤrme dehnt die Luft bey gleicher Maſſe und gleichem Drucke aus, und vermindert alſo die Dichte. Die Duͤnſte vermehren bey gleichem Drucke die Maſſe, und alſo auch die Dichte. Mehrere Phlogiſtication macht die Luft ſpecifiſch leichter, alſo ihre Dichte bey gleichem Drucke geringer. Daher gilt das mariottiſche Geſetz, daß ſich die Dichte, wie der Druck verhalte, nur bey gleich warmer, gleich feuchter und gleich gemiſchter Luft.
Von der Waͤrme ſagt ſchon Lambert ſehr ſcharffinnig, die Federkraft der Luftwerde durch ſie verſtaͤrkt, durch den Druck aber vergroͤßert. Nemlich die Waͤrme macht jedes einzelne Lufttheilchen elaſtiſcher; der Druck bringt nur mehr Lufttheilchen in den vorigen Raum zuſammen. Jetzt unterſcheidet man gewoͤhnlicher die ſpecifiſche Federkraft E, welche jedem einzelnen Theile der Luft eigen iſt, von der abſoluten A, welche zugleich von der Menge der Theile im Raume, oder von der Dichte abhaͤngt. Dieſe letztere iſt jederzeit dem Drucke gleich. Waͤrme, Feuchtigkeit und Miſchung wirken auf die ſpecifiſche Federkraft E. Die abſolute Elaſticitaͤt A verhaͤlt ſich, wie das Product der Dichte D in die ſpecifiſche Federkraft, oder, wie D X E; die Dichte D, wie A / E; und E, wie A / D. ſ. Elaſticitaͤt, ſpecifiſche.
In Raͤumen, die mit der Atmoſphaͤre in Gemeinſchaft ſtehen, alſo auch in Zimmern, iſt A dem Drucke der Atmoſphaͤre gleich, und wird durch den Stand des Barometers angegeben. So lang alſo dieſer Stand oder A ſich nicht aͤndert, bleibt auch das ihm gleiche Product D X E18 ungeaͤndert, und die Dichte nimmt in eben dem Verhaͤltniſſe ab, in welchem E zunimmt. In verſchloßnen Gefaͤßen hingegen, wo ſich die Dichte nicht aͤndern kan, verhaͤlt ſich A, wie E; die abſolute Federkraft waͤchſt zugleich mit der ſpecifiſchen, und kan durch die Waͤrme ſo verſtaͤrkt werden, daß ſie die Gefaͤße zerſprengt.
Das Barometer zeigt den Druck oder die abſolute Federkraft der Luft an. Die Dichte beobachtet man durch andere Werkzeuge, ſ. Manometer, durch deren Vergleichung mit dem Barometer die jedesmalige ſpecifiſche Federkraft gefunden werden kan.
Wie ſtark und nach welchen Geſetzen die Maͤrme auſ die Ausdehnung der Luft wirke, hat man noch nicht ſicher genug beſtimmen koͤnnen, weil bey den Berſuchen hieruͤber auch Feuchtigkeit und verſchiedne Miſchung der Luft mitwirken, und es ſchwer machen, das, was jeder Urſache allein zugehoͤrt, gehoͤrig abzuſondern. Amontons (Diſcours ſur quelques proprietés del'air, in den Mém. de Paris 1703.) ſtellte hieruͤber die erſten Verſuche mit dem Luftthermometer an, ſ. Thermometer. So unvollkommen dieſes Werkzeug war, ſo fand er dech, daß der Druck, den die Luft zu tragen vermochte, ven der Temperatur der Keller der Pariſer Sternwarte bis zum Siedpunkte des Waſſers um ein Drittel zunahm; ſo daß das Zunehmen vom Eispunkte bis zum Siedpunkte etwa zwey Fuͤnftel betraͤgt.
(Pyrometríe, Berlin, 1779. 4. ) fand das Volumen der Luft bey der Kaͤlie des Eispunkts, durch eine Vermehrung der Waͤrme bis zum Siedpunkte, um 375 Tauſendtheile vergroͤßert, wofuͤr er jedoch bey der Anwendung nur 370 nimmt. So darf man auf jeden fahrenheitiſchen Grad (wofern auf jeden gleich viel koͤmmt) 2,05 Tauſendtheile rechnen.
De Luͤc (Recherches ſur les modif. de l'atmoſph. To. II. ) ſchließt aus ſeinen Beobachtungen, die Hoͤhe einer Luftſaͤule aͤndere ſich, wenn die Temperatur 16 3 / 4 Grad nach Reaumuͤr iſt, ſuͤr jeden Grad Aenderung der Waͤrme, um19 (1 / 215), ſ. Hoͤhenmeſſung, barometriſche. Waͤre ſie nun bey der angegebnen Temperatur = 215, ſo wuͤrde ſte beym Eispunkte = 198 1 / 4, beym Siedpunkte = 278 1 / 4 ſeyn, und ſich von jenem bis zu dieſem um (80 / (198 1 / 4)) d. i. um 403 Tauſendtheile aͤndrrn. So kommen auf jeden fahrenheitiſchen Grad 2,23 Tauͤſendtheile.
Der Ritter Shukburgh (Phil. Trans. 1777. P. I. n. 29.) giebt aus eignen Verſuchen an das Volumen der Luft beym Eispunkte wachſe, wenn die Waͤrme um 1 fahrenh. Grad zunimmt, um 2,43 Tauſendthelle.
Roy (Phil. Tr. 1777. n. 34.) beſtimmt aus ſehr ſorgfaͤltigen Verſuchen mit dem Luftthermemeter die Ausdehnung bey den gewoͤhnlichen Temperaturrn (66 — 70° fahr. ) fuͤr jeden Grad Aenderung der Waͤrme, auf 2,45 Tauſendtheile des Bolumens. Dies mach 2,69 Tauſendtheile desjenigen Volumens aus, welches die Luft bey der Temperatur des Eispunkts hat.
Herr Kramp (Geſch. der Aeroſtatik, Th. I. S. 112.) nimmt aus Mayers Beſtimmungen der aſtronomiſchen Stralenbrechung an, wenn das reaumuͤriſche Thermometer auf 10 Grad ſtehe, aͤndere ſich die ſpecifiſche Federkraft der Luft, bey 1 Grad Aenderung der Waͤrme, um (1 / 220). Nun ſetze man ſie bey 10 Grad Waͤrme = 220. ſo wird ſie beym Eispunkte = 210, beym Siedpunkte = 290 ſeyn, und ſich von jenem bis zu dieſem um (80 / 210) d. i. um 381 Tauſendtheile aͤndern, wodon auf 1 fahrenh. Grad 2,117 kommen.
Herr de Sauſſuͤre (Eſſais ſur l'hygrometrie, p. 156.) giebt an, daß ein Grad Thermometerveraͤnderung ſein Manometer um (22 / 16) Lin. aͤndere, und berechnet daraus fuͤr den Barometerſtand 27 Zoll die Ausbreitung der Luft auſ 4,24383 Tauſendtheilchen auf den reaumuͤriſchen, oder 1,88615 fuͤr den fahrenheitiſchen Grad.
Dieſe verſchiedenen Reſultate bequem zu uͤberſehen, dient folgende Tabelle. 20Volumen der Luft
beym Eispunkte | beym Siedpunkte | Ausdehnung fuͤr jeden fahr. Gr. | |
nach Amontons | 1000 | 1400 | 2,22 |
— Lambert | 1000 | 1375 | 2,05 |
— de Luͤc | 1000 | 1403 | 2,23 |
— Shukburgh | 1000 | 1437,4 | 2,43 |
— Roy | 1000 | 1484,21 | 2,69 |
— Kramp | 1000 | 1381 | 2,117 |
— de Sauſſuͤre | 1000 | 1339 | 1,886 |
Aus Roy's Verſuchen iſt noch zu bemerken, daß die Ausbreitung weder fuͤr jede Dichte der Luft, noch fuͤr jeden Grad der Waͤrme, gleich groß iſt. War z. B. die Dichte der Luft 2 1 / 2 mal ſo groß, als bey der Barometerhoͤhe 30 engl. Zoll, ſo betrug die Ausdehnung vom Eis - zum Siedpunkte nur 434 Tauſendtheile. War die Dichte 5 / 6 von der Dichte der Atmoſphaͤre, ſo machte ſie 484, und war die Dichte 1 / 6, nur 141,5 Theile aus. Vom 52 ſten bis zum 72 ſten Grade der fahrenheitiſchen Scale war die Ausdehnung am ſtaͤrkſten: das Marimum ſchien bey 57 Grad zu ſeyn. Benm Eispunkte und zwiſchen 112 und 132 Grad waren die Ausdehnungen der Luft und des Queckſilbers uͤbereinſtimmend; bey Fahrenheits Null und beym Siedpunkte dehnte ſich die Luft weniger, als das Queckſilber, aus. Feuchte Luft, und beſonders heiße Daͤmpfe, waren einer weit betraͤchtlichern Ausdehnung unterworfen.
Unter den Reſultaten der Tabelle haͤlt doch de Luͤcs Angabe ziemlich das Mittel. Nach ihr verhaͤlt ſich die ſpecifiſche Federkraft der Luft, wenn das reaumuͤriſche Thermemeter r Grade zeigt, allezeit, wie 198 1 / 4+r. Dieſe Veraͤnderung betraͤgt vom Eispunkte bis zum Siedpunkte ohngefaͤhr zwey Fuͤnftel, von der groͤßten gewoͤhnlichen Kaͤlte in unſern Gegenden (- 8°) bis zur Sommerwaͤrme (30°) ein Fuͤnftel des Ganzen, ſ. Hoͤhenmeſſung, barometriſche. Beym Worte: Aeroſtat habe ich angenommen, die Hitze beym Fuͤllen der Monrgolfieren dehne die Luft um ein Drittel aus. 21
Was hoͤhere Grade der Hitze wirken, laͤßt ſich auf folgende Art unterſuchen. Man erhitzt ein Gefaͤß mit enger Oefnung bis auf einen gewiſſen Grad, ſo dehnt ſich die Luft darin ſtark aus, und geht großentheils durch die Oefnung aus dem Gefaͤße. Man haͤlt alsdann die Oefnung unter Waſſer, ſo zieht ſich beym Abkuͤhlen die Luft wieder zuſammen, und der Druck der aͤußern Luft treibt Waſſer ins Gefaͤß, aus deſſen Menge man alsdann auf die Groͤße der Ausdehnung ſchließen kan. So hat Robins (Neue Grundſaͤtze der Artillerie, durch Euler, Berlin 1745. 8. S. 963. f.) gefunden, daß die Hitze eines weißgluͤhenden Eiſens die Luft in einen 4mal groͤßern Raum ausdehne, als den ſie kalt einnimmt.
Wie ſtark Duͤnſte oder Seuchtigkeit auf die ſpecifiſche Federkraft der Luft wirken, iſt noch weniger genau beſtimmt. Lambert (Abhandl. von den Barometerhoͤhen und ihren Veraͤnd., in den Abhandl. der churbayr. Akad, der Wiſſ. III. B. 2. Th.) hat hiëher gehoͤrige Unterſuchungen angeſtellt, und dabey das Barometer mit dem Luftthermometer des Bernoulli zu verbinden vergeſchlagen. Er nimmt an, daß die Duͤnſte die Federkraft der Luft aus zwoen Urſachen verſtaͤrken, weil ſie die Lufttheilchen zuſammenpreſſen, und weil ſie das Gewicht der obern Luft vergroͤßern. Auf dieſe Grundſaͤtze baut er eine Merhode, die Menge der Duͤnſte zu erfahren, und alſo die gedachten Werkzeuge als Hygrometer zu gebrauchen. Aber dieſer ſinnreiche Gedanke, wovon man auch Karſten (Lehrbegrif der geſ. Math. III. Th. Aeroſtatik, VIII. Abſchn. §. 110 u. f.) nachleſen kan, wuͤrde in der Ausfuͤhrung großen Schwierigkeiten unterworfen ſeyn.
Man muß vielmehr die Menge der Duͤnſte oder den Grad der Feuchtigkeit vorher kennen, ehe man aus Beobachtungen beſtimmen kan, wie groß der Einfluß derſelben auf die Federkraft der Luft ſey. Daher gehoͤrt zu dieſen Beſtimmungen eine genauere Hygrometrie, als wir noch bis jetzt haben, ſ. Hygrometer. Herr de Sauſſuͤre (Eſſais ſur l'hygrometrie, §. 110.) fand, daß die abſolute Elaſticitaͤt der eingeſchloßnen Luft, bey einer Temperatur von 14 - 15 Grad nach Reaumuͤr, durch den Uebergang von der groͤßten22 Trockenheit bis zur groͤßten Feuchtigkeit um (1 / 54) ihrer Groͤße zunahm; indem ſein Barometer in einer verſchloßnen Glaskugel bey dieſem Uebergange von 27 Zoll auf 27 Zoll 6 Lin, ſtieg, welche Veraͤnderung den 54ſten Theil von 27 Zollen ausmacht.
Weil ſich aber durch die Saͤttigung mit Feuchtigkeit (wobey 751 Gran trockne Luft 10 Gran Waſſer aufloͤſen) auch zugleich die Dichte aͤndert, und zwar hier in gleichem Verhaͤltniſſe mit der Maſſe, weil in verſchloßnen Gefaͤßen das Volumen immer daſſelbe bleibt, ſo ergeben ſich hieraus folgende Verhaͤltniſſe fuͤr eine gleich warme Luftmaſſe:
trockne Luft | feuchte Luft | ||
abſolute Elaſt. A | 751 | — | 751 + (751 / 54) = 751 + 14 = 765 |
Dichte D | 751 | — | 751 + 10 = 761 |
ſpecifiſche El. E = A / D | 1 | — | (765 / 761) |
daß alſo die ſpecifiſche Federkraft der Luft beym Uebergange von der voͤlligen Trockenheit zur voͤlligen Naͤſſe um (4 / 761) oder (1 / 190) verſtaͤrkt wird. In freyer Luft wird ſich alſo, bey ungeaͤnderter Barometerhoͤhe und Waͤrme, das Volumen der Luft, wenn ſie feucht wird, um eben ſo viel ausdehnen. Im Durchſchnitt waͤre dies (1 / 19000) fuͤr jeden Grad des Sauſſuͤriſchen Hygrometers. Es koͤmmt aber nicht auf jeden Grad gleich viel. Auch aͤndern ſich die Groͤßen dieſer Ausdehnung fuͤr andere Barometerhoͤhen und Temperaturen. Herr de Sauſſuͤre hat zwar uͤber dies alles die Reſultate ſeiner Verſuche in Tabellen gebracht; er erinnert aber ſelbſt, daß man ſie fuͤr nichts mehr, als die erſte Anlage zu fernern Unterſuchungen zu halten habe.
Endlich aͤndert ſich auch die Federkraſt der Luft durch die chymiſche Miſchung derſelben. Die Atmoſphaͤre iſt ein Gemiſch mehrerer luftfoͤrmigen Stoffe, vornemlich dephlogiſtiſirter, phlogiſtiſirter und firer Luft, ſ. Gas, atmoſphaͤtiſches. Alle dieſe Stoffe haben verſchiedene ſpecifiſche Schweren, d. h. bey gleichem Drucke verſchiedene Dichten, mithin auch ſehr verſchiedene ſpecifiſche Elaſticitaͤten; alſo muß ihre Verbindung in abwechſelnden Verhaͤltniſſen23 vielfaͤltige Aenderungen in der Federkraft der Luft veranlaſſen. Hierauf hat Bouguer zuerſt aufmerkſam gemacht; die beſten Bemerkungen daruͤber ſind die von Hrn. Ktamp (Anhang zur Geſch. der Aeroſtatik, Straßb. 1786. gr. 8.).
Boyle, Hales und Deſaguliers glaubten, die Federkraft der Luft werde durch verſchiedene Mittel, z. B. durch angezuͤndeten Schwefel, Steinkohlen, Zunder, durch eine Lichtflamme u. ſ. w. geſchwaͤcht. Man weiß aber jetzt, daß dieſes bey allen Verbrennungen in eingeſchloßner Luft vorkommende Phaͤnomen, nicht Schwaͤchung der Federkraft ſondern wahre Verminderung der Maſſe iſt, wobey die ſpecifiſche Schwere vermindert, mithin die ſpecifiſche Federkraft ſogar vergroͤßert wird, ſ. Gas, phlogiſtiſirtes. Dichte und Gewicht der Luft an der Erdflaͤche.
Das Manometer giebt nur Verhaͤltniſſe verſchiedener Dichtigkeiten der Luft an. Um dieſe mit der Dichte andeter Koͤrper zu vergleichen, muß man wenigſtens eine derſelben, welche bey einer beſtimmten Barometerhoͤhe, Waͤrmerc. ſtatt findet, mit der Dichte des Waſſers oder Queckſilbers zuſammenhalten. Das natuͤrlichſte Mittel dazu ſchien dieſes zu ſeyn, daß man ein beſtimmtes Volumen Luft abwoͤge, und ſein Gewicht mit dem Gewicht eines gleichen Volumens Waſſer vergliche, ſ. Schwere, ſpecifiſche.
Galilei, der die Schwere der Luft ſchon kannte, beweiſet dieſelbe in ſeinen Dialogen (Diſcorſi intorno a due nuove ſcienze. 1638 Giornata 1.) unter andern daraus, weil eine hohle Kugel ſchwerer wird, wenn man mehr Luft in ſie hineinpreſſet. Er hatte den Verſuch mit Huͤlfe einer Spritze wirklich zu Stande gebracht, und meldet, er habe die Luft 400mal leichter, als eben ſo viel Waſſer, gefunden: er hat aber ohne Zweifel noch nicht die richtigen Gruͤnde einer ſolchen Berechnung gekannt.
Der P. Merſenne bediente ſich einer Aeolipile, ſ. Windkugel, die er zuerſt mit der Luft darin abwog, dann aber auf Kohlen legte, die Luft durch die Hitze heraustrieb, und hierauf die Kugel leichter fand. Daraus berechnete24 er, die Luft ſey 1346mal leichter, als Waſſer. Weil aber die Hitze nie alle Luft heraustreibt, ſo giebt dieſe Methode das Gewicht derſelben viel zu gering an. Boyle (Exp. phyſico-mech. de vi aëris elaſtica) wiederholte den Verſuch mit mehr Vorſicht, und fand die Luft nur 938mal leichter.
Kiccioli (Almag. nov. L.II. c. 5.) verfuhr noch fehlerhafter. Er wog eine leere Ochſenblaſe, bließ ſie dann mit Luft auf, und fand ſie um 2 Gran ſchwerer. Hieraus ſchloß er, die Luft in der Blaſe habe 2 Gran gewogen, und ſey 10000mal leichter, als Waſſer, geweſen. Es kan aber die aufgeblaſene Blaſe nicht mehr wiegen, als die leere, wie Jacob Bernoulli (Act. Erud. Lipſ. 1685. p. 436.) ſehr richtig zeigt. Sie nimmt nemlich aufgeblaſen mehr Raum ein, treibt alſo mehr aͤußere Luft aus der Stelle, und verliert dadurch gerade ſo viel mehr von ihrem Gewichte, als die hineingeblaſene Luft wiegt, ſ. Gewicht (Th. II. S. 493.). Daß ſie bey Riccioli 2 Gran mehr wog, kam vermuthlich nur daher, weil er beym Einblaſen und Zubinden die innere Luft etwas mehr zuſammengedruͤckt hatte. Dieſe 2 Gran waren alſo nur das Gewicht des geringen mit Gewalt hineingepreßten Ueberſchuſſes. Boyle (Paradoxa hydroſt. in prolegom. ) fuͤhrt dieſes falſche Verfahren auch an, und ſetzt nach ſelbigem die Luft 7500mal leichter, als Waſſer.
Soll der Verſuch richtig ausfallen, ſo muß man feſte unbiegſame Gefaͤße, welche beſtaͤndig einerley Raum einnehmen, dazu gebrauchen. Am beſten ſchicken ſich kupferne hohle Kugeln mit einem Hahne, die man auf das Saugrohr der Luftpumpe ſchrauben kan. Eine ſolche Kugel wiegt man vorher ab, zieht alsdann die Luft ſo genau, als moͤglich, aus, verſchließt den Hahn, und wiegt die luſtleere Kugel wieder. Der Unterſchied des Gewichts vom vorigen wird dem Gewichte der Luft, die in ihr Raum hat, ſehr nahe kommen. Freylich kan man nicht alle Luft aus der Kugel ziehen; aber eine gute Luftpumpe wird immer ſo viel leiſten, daß der zuruͤckbleibende Theil unbetraͤchtlich wird.
So har Wolf (Nuͤtzl. Verſuche, 1. Theil, §. 86.) den Verſuch angeſtellt. Seine Kugel hatte 132 rheinl. Decimallinien25 im Durchmeſſer, hielt alſo im koͤrperlichen Raume 1203708 Cubiklinien. Luftleer wog ſie 704 Gran weniger, als ſonſt. Alſo wiegen 1000000 Cubiklinien oder 1 rheiniſch. Cubikſchuh Luft (704000000 / 1203708) d. i. beynahe 585 Gran. Ein Cubikſchuh Waſſer wiegt nach Wolfs Angabe 495000 Gran; und ſo giebt dieſer Verſuch die Luft (495000 / 585) oder faſt 846 mal leichter als das Waſſer.
Durch aͤhnliche Verſuche fanden Burkard de Volder (Quaeſt. acad. de aëris gravitate, §. 52.) die Luft 970 mal, Homberg (Mém. de Paris, 1693.) 800 mal, Hawksbee 885 mal leichter, als Waſſer. Halley nahm ſie 800 — 860 mal leichter an, und Muſſchenbroek (Introd. ad philoſ. nat. To. II. §. 2059.) ſetzt die Grenzen 606 bis 1000mal. s'Graveſande (Phyſ. Elem. math. L. IV. c. 5. §. 2164.) bediente ſich einer von Jacob Bernoulli vorgeſchlagnen Methode, das luftleere Gefaͤß im Waſſer zu waͤgen, und findet dadurch die ſpecifiſchen Schweren des Waſſers und der Luft, wie 798 zu 1.
Wenn ſolche Verſuche etwas Beſtimmtes lehren ſollen, ſo muß dabey wenigſtens Barometerſtand und Waͤrme (eigentlich auch Feuchtigkeit und Reinigkeit der Luft) angegeben, und auf die Verſchiedenheit des Waſſers Ruͤckſicht genommen werden. Das haben aber die genannten Naturforſcher gar nicht beobachtet, daher man auch keinen genauen Gebrauch von ihren Reſultaten machen kan. Inzwiſchen laͤßt ſich im Durchſchnitte, fuͤr eine mittlere Barometerhoͤhe (27 1 / 2 par. Zoll) und bey einer mittlern Temperatur (10° Reaum. ) die Luft etwa 800 mal leichter, als Waſſer, annehmen. So iſt, des Waſſers Dichte = 1 geſetzt, die Dichte dieſer Luft = (1 / 800) oder = 0,00125.
Die barometriſchen Hoͤhenmeſſungen zeigen einen andern Weg, die Dichte der Luft zu beſtimmen. Man findet bey dem Worte: Hoͤhenmeſſung (Th. II. S. 618.) erwieſen, daß die Subtangente oder das c der dort gefundenen allgemeinen Formel, durch die Barometerhoͤhe f dividirt,26 anzeige, wie vielmal das Queckſilber ſchwerer iſt als die Luft bey dieſer Barometerhoͤhe. Koͤnnte man nun unter den (S. 632.) angegebnen Werthen von c einen als zuverlaͤſſig anſehen, ſo waͤre daraus die Dichte der Luft fuͤr jede Barometerhoͤhe leicht zu finden, und dem Grade der Waͤrme gemaͤß zu berichtigen.
Nach Lambert, Mayet und de Luͤc iſt c = 4342 Toiſen, wenn nach Letzterm die Temperatur + 16 3 / 4 Grad nach Reaumuͤr iſt. Dies gaͤbe fuͤr die Barometerhoͤhe 27 1 / 2 Zoll alſo die Luft 11368 mal leichter, als Queckſilber, oder (die Dichten von Queckſilber und Waſſer, wie 14: 1 geſetzt) 816 mal leichter, als Waſſer. Fuͤr jeden Grad Aenderung der Waͤrme aͤndert ſich dieſe Zahl um 1 / 215, d. i. um 3,8. Fuͤr 10 Grad Temperatur wird ſie alſo 816 — 6 3 / 4.3,8 = 791, welches dem oben angegebenen Mittel 800 ſehr nahe koͤmmt.
Setzt man nun das Gewicht des rheinlaͤndiſchen Cubikſchuhs Waſſer 64 1 / 2 Pfund, des pariſer Cubikſchuhs 72 Pf. ſ. Waſſer, ſo findet ſich das abſolute Gewicht
des rheinl. Cubikſchuhs Luft | = | 64,5.7680 / 800 | = 619 | Gran, | |||
des pariſer | — | — | — | = | 72.7680 / 800 | = 691 | — |
oder 2 7 / 8 Loth. Hr. D. Gren (Grundriß der Naturlehre, Halle, 1788. 8. §. 620.) ſetzt aus eignen Verſuchen das Gewicht eines rheinlaͤndiſchen Cubikſchuhs Luft, welche nicht ſehr feucht iſt und die Temperatur 65° Fahrenh. hat, bey der Barometerhoͤhe 27 Zoll 8 Lin., auf 615, 083 Gran Medicinalgewicht. Luft in den Koͤrpern. Luftgeſtalt der Materie.
Einige Koͤrper, z. B. Glas, Metall, naſſes Leder, ſind fuͤr die Luft undurchdringlich, andere nicht. Dieſe Verſchiedenheit haͤngt nicht bloß von der Groͤße der Zwiſchenraͤume27 ab, ſondern koͤmmt auch auf Verwandſchaft und Anhaͤngen der Luft an. Man darf alſo nicht mit Nollet ſchließen, die Luft habe groͤbere Theile, als das Waſſer, weil ſie nicht durch naſſes Leder geht.
An viele Koͤrper haͤngt ſich die Luft ſtark und haͤufig, und kan nur mit großer Schwierigkeit aus ihren Zwiſchenraͤumen gebracht werden. So iſt das Holz gewoͤhnlich voll Luft. Auch in fluͤßigen Koͤrpern, z. B. Waſſer, Bier, Milch, Seifenwaſſer, haͤlt ſie ſich in großer Menge auf, und ſteigt aus denſelben, wenn man ſie erwaͤrmt, oder unter die Glocke der Luftpumpe bringt, in Blaſen in die Hoͤhe. Legt man Holz mit einer daran gebundnen Bleykugel unter Waſſer, und pumpt die Luft daruͤber hinweg, ſo ſteigen dieſe Blaſen in noch groͤßerer Menge auf, und das Holz ſinkt nach Anſtellung dieſes Verſuchs im Waſſer unter — ein Zeichen, daß es bloß megen der Menge ſeiner mit Luft angefuͤllten Zwiſchenraͤume auf dem Waſſer ſchwimmt. Selbſt im Queckſilber haͤlt ſich Luft auf, und es koſtet Muͤhe, ſie herauszutreiben, ſ. Barometer. Auch nehmen Koͤrper, welche von der Luft befreyt worden ſind, dergleichen wieder in ſich, wenn ſie ihr eine Zeitlang ausgeſetzt werden.
Außer dieſer Luft in den Zwiſchenraͤumen der Koͤrper (aër poroſitatis) nahm man ſonſt noch eine zu ihren Beſtandtheilen ſelbſt gehoͤrige und mit ihnen gleichſam verkoͤrperte Luft (aer mixtionis) an. Man ſahe nemlich aus den meiſten Koͤrpern, wenn ſie durch Saͤuren, Feuer u. dgl. zerſetzt wurden, einen luftfoͤrmigen Stof hervorgehen, der oft einen viele hundertmal groͤßern Raum einnahm, als der zerſetzte Koͤrper ſelbſt. Eben darin beſteht das bey Aufloͤſungen ſo gewoͤhnliche Aufbrauſen. Boyle, Hales u. a. glaubten, dieſer Stof ſey weſentlich luftartig, und mache, als ein ſolcher, einen Beſtandtheil der Koͤrper aus. Sie nannten ihn kuͤnſtliche oder figirte, feſte Luft (aër factitius, fixus), und als neuere Unterſuchungen lehrten, daß es mehrere und ſehr weſentlich unterſchiedene Stoffe dieſer Art gebe (ſ. Gas), ſo glaubten die meiſten Phyſiker, dieſe Luftgattungen waͤren als urſpruͤnglich luftartige28 Stoffe in der Miſchung der Koͤrper aͤußerſt eng zuſammengepreßt oder eingekerkert, woher denn auch die gewoͤhnlichen Ausdruͤcke des Entbindens oder Entwickelns der Gasarten entſprungen ſind.
Nun iſt es zwar unleugbar, daß eben die Materie, welche nach der Entwickelung den luftfoͤtmigen Stoff ausmacht, vorher in der Miſchung des Koͤrpers enthalten war. So wird Niemand zweifeln, daß die durch Vitriolſaͤure aus der Kreide getriebne Luftſaͤure zuvor einen Beſtandtheil der Kreide ſelbſt ausgemacht habe. Allein man muß ſich hiebey nicht vorſtellen, daß ſie im feſten Koͤrper ſchon Luft geweſen, und nur durch Einſperrung oder Cohaͤſion verhindert worden ſey, ihre Elaſticitaͤt zu zeigen; welchen falſchen Begrif dennoch viele Schriftſteller mit den Worten: verkoͤrperte, eingekerkerte Luft (aër incorporatus, incarceratus) verbinden. Eine ſolche Einkerkerung elaſtiſcher Luft wuͤrde die ſchrecklichſten Erploſionen veranlaſſen, die auch in der That erfolgen, wenn ſich ploͤtzlich erzeugte Gasarten nicht ſogleich genugſam ausbreiten koͤnnen, ſ. Knallpulver, Schießpulver.
Vielmehr iſt die Materie, ſo lang ſie ſich in der Miſchung des zerſetzten Koͤrpers befindet, noch nicht Luft, und ihr Uebergang in eine Luftart macht eine eigne Veraͤnderung ihrer Form oder ihres Zuſtands aus. So wie Feſtigkeit und Fluͤſſigkeit, wie Dampfgeſtalt und Tropſbarkeit, verſchiedene Zuſtaͤnde ſind, in welchen ſich eine und eben dieſelbe Subſtanz zeigen kan, ſo iſt auch Luftgeſtalt oder permanent-elaſtiſche Form ein bloßer Zuſtand der Materie, welchen dieſelbe annehmen oder verlaſſen kan, ohue daß ſich ihre Subſtanz aͤndert. So iſt es vielleicht ein und ebenderſelbe Stoff, der in ſeſter Geſtalt Eis, in trepfbarer Waſſer, in Dampfgeſtalt Waſſerdampf, in Luftgeſtalt dephlogiſtiſirte Luft genannt wird.
Man findet alſo in der Miſchung der Koͤrper nicht Luft (aërem mixtionis), ſondern Stoffe, welche durch gewiſſe Bearbeitungen die Luftgeſtalt annehmen. Einige dieſer Stoffe kennt man freylich blos unter dem Namen der Luft. Man wird mich daher nicht falſch verſtehen,29 wenn ich hin und wieder ſage, man finde im Salpeter dephlogiſtiſirte, in den Mineralwaſſern fire, in vielen Koͤrpern brennbare Luft u. ſ. w.
Da die Uebergaͤnge aus Feſtigkeit in Fluͤßigkeit, und aus Tropfbarkeit in Dampfgeſtalt, durchs Feuer oder durch den Stoff der Waͤrme bewirkt werden, ſ. Fluͤßig, Daͤmpfe, ſo iſt es wahrſcheinlich, daß eben dieſes Feuer den Subſtanzen, durch eine noch innigere Verbindung mit denſelben, auch die Luftgeſtalt gebe. Wenigſtens iſt dies faſt die allgemeine Meinung der beſten neuern Naturforſcher, ſ. Elaſticitaͤt (dieſes Woͤrterb. Th. I. S. 705.), Gas (Th. II. S. 350. u. f.). Vermehrung der Waͤrme verſtaͤrkt die ſpecifiſche Federkraft. Das weſentliche Kennzeichen der Gasarten, daß ſie durch die Kaͤite nicht tropfbar werden, zeigt eine innige Vereinigung mit dem Stof der Waͤrme an. Bey den Verſuchen mit den Luftgattungen zeigt ſich deutlich, daß bey jedem Uebergange in den luftfoͤrmigen Zuſtand Waͤrme gebunden, und bey jeder. Verwandlung einer Gasart in einen feſten, tropfbaren oder dampfaͤhnlichen Koͤrper Waͤrme ſrey werde. Dies macht es ſehr glaublich, daß die Luftgeſtalt blos als ein eigner von inniger Verbindung mit dem Feuer herruͤhrender Zuſtand der Materie zu betrachten ſey.
Kaͤſtners Aerometrie in den Anfangsgr. der angew. Mathematik, II. Th. 1. Abth. Goͤtt. 1780. 8.
Karſtens Lehrbegrif der geſammt. Math. III. Th. Aeroſtatik. VI. Th. Pneumatik.
Wolfs nuͤtzl. Verſuche zur Erkenntniß der Natur u. Kunſt. I. Theil. Halle, 1721. 8. Cap. V.
Errlebens Anfangsgr. der Naturl. 4te Aufl. Goͤtt. 1787. 8. §. 202. u. f.
F. A. C. Gtens Grundriß der Naturlehre. Halle, 1788. 8. §. 579. u. f.
Luft, fire, feſte, ſ. Gas, Gas, mephitiſches.
Luftarten, ſ. Gas.
Luftball, ſ. Aetoſtat.
Luftbegebenheiten, ſ. Meteore.
atmoſphaͤriſche Elektricitaͤt, Electricitas aëroa ſ. atmoſphaerica, Electricité aërienne ou30 de l'atmoſphère. Die Elektricitaͤt der in ber Aimoſphaͤre befindlichen Luft, Duͤnſte und Wolken. Sie iſt die Urſache des Blitzes, und in dieſer Ruͤckſicht ſchon bey dem Worte: Blitz, betrachtet worden. Aber auch außer der Zeit der Gewitter finder man im Luftkreiſe ſtets eiuige Elektricitaͤt, zu deren Beobachtung entweder gewoͤhnliche Elektrometer, oder beſondere Vorrichtungen, ſ. Drache, elektrriſcher, Luftelektrometer, gebraucht werden.
Als man auf Ftanklins Veranlaſſung im Jahre 1752 die Elektricitaͤt der Gewitter durch unmittelbare Erfahrungen bewieſen hatte, fand le Monnier (Obſ. ſur l'éiectricité de l'air, in den Mém. de Paris, 1752.) zuerſt durch ſeine zu St. Germain en Laye angeſtellten Verſuche die Luft auch außer der Zeit der Gewitter elektriſch. Der Abbe Mazeas (Obſerv. upon the electricity of the air, made at the chateau de Maintenon, June, July and Oct. 1753. in den Philoſ. Trans. Vol. XLVIII. no. 57.) ſpannte auf dem Schloſſe Maintenon einen 370 Fuß langen eiſernen Drath aus, deſſen Enden 90 Fuß hoch uͤber der Erde an ſeidnen Schnuͤren hiengen, und der mit einem elektriſchen Drachen verbunden war. Durch dieſe Vorrichtung fand er die Luftelektricitaͤt an jedem trocknen Tage von Sonnenauſgang an bis Abends um ſieben oder acht Uhr merklich, indem der Drath leichte Koͤrper auf einige Linien weit anzog; bey feuchtem Wetter aber und in der Nacht konnte er kein Zeichen der Elektricitaͤt wahrnehmen. Auch Kinnersley (Philoſ. Trans. Vol. LIII. no. 21.) hatte gefunden, daß eine recht trockne Luft allemal eine ziemlich ſtarke Elektricitaͤt zeigte, welche ſich ſehr leicht aus derſelben herableiten ließ. Wenn eine negatio elektriſirte Perſon im Dunkeln eine lange Nadel mit ausgeſtrecktem Arme in die freye Luft empor hielt, ſo leuchtete die Spitze der Nadel.
Weit mehrere und genauere Beobachtungen der Luftelektricitaͤt ſtellte Beccaria zu Turin an (Lettere del elettriciſmo, in Bologna, 1758. gr. 4.). Bey klarem Himmel und ſtillem Wetter nahm er allezeit, wiewohl mit einiger31 Unterbrechung, Zeichen der Elektricitaͤt wahr. Hingegen bey windigem, oder bey feuchtem Wetter, wobey es nicht wirklich regnete, zeigte ſich keine Luftelektricitaͤt. Bey Regenwetter ward ſeine Geraͤthſchaft allemal kurz vor dem Regen elektriſch, und hoͤrte erſt kurz vor dem Ende deſſelben auf, es zu ſeyn. Je hoͤher ſeine Stangen reichten oder ſeine Drachen flogen, deſto ſtaͤrker ward ihre Elektricitaͤt, und wenn er von zwoen 140 Fuß von einander entfernten Stangen die hoͤhere beruͤhrte, ſo gab in demſelben Augenblicke die andere, welche 30 Fuß niedriger war, ſchwaͤchere Funken, die aber bald wieder ſtaͤrker wurden, ob er gleich ſeine Hand an der hoͤhern Stange liegen ließ. Uebrigens hat Beccaria auf ſeine Beobachtungen der Luftelektricitaͤt ein nicht unberuͤhmtes Syſtem von Erklaͤrungen gegruͤndet, nach welchem nicht nur Gewitter, Regen, Schnee und Hagel, ſondern auch Sternſchnuppen, Nordlichter, Waſſerhoſen, Erdbeben und Vulkane als Wirkungen der Elektricitaͤt betrachtet werden.
Ueber die Elektricitaͤt der Luft bey heiterm Hinunel hat Veccaria in der Folge noch mehr Beobachtungen mitgetheilt (Oſſervazioni della elettricità terreſtre atmosferica a cielo ſereno, bey ſ. Elettriciſmo artiſiciale, in Torino, 1772. 4.). Er fand ſie beſtaͤndig bey Tag und bey Nacht poſitiv, bey kaltem Wetter ſtaͤrker, als bey warmem; durch trockne Winde ward fie geſchwaͤcht, durch die in der Luft ſchwebenden Duͤnſte aber verſtaͤrkt oder angehaͤuft, wofern nicht dieſe Duͤnſte zugleich eiue Ableitung in die Erde veranlaßten. Daher war ſie bey Nebeln, die nicht niederfielen, am ſtaͤrkſten. Wenn dicke Wolken herankamen, oder auch nur der Wind von einem entfernten Gewoͤlke herbließ, ingleichen wenn es regnete, war ſie gemeiniglich negativ.
Hiemit ſtimmen auch die Beobachtungen von Konayne in Irland (Phil. Trans. Vol. LXII. p. 138.), von W. Henly (Phil. Tr. Vol. LXIV. p 422.) und von Cavallo (Treatiſe of electricity. P. IV. c. 2. 3. ) uͤberein. Der Letztere beobachtete zu Islington die Luftelektricitaͤt ſowohl32 mit Huͤlfe eines Drachen, als auch mit einem eignen Luſtelektrometer. Die Reſultate hievon laſſen ſich auf folgende Saͤtze bringen.
I. Es giebt im Luftkreiſe allezeit einige Elektricitaͤt. Sie iſt bey kaltem Wetter ſtaͤrker, als bey warmem, auch bey Nacht nicht geringer, als am Tage.
II. Dieſe Elektricitaͤt iſt allezeit poſitiv; nur der Einfluß ſchwerer Wolken oder des Regens kan verurſachen, daß die Werkzeuge eine negative Elektricitaͤt angeben.
III. In der Regel finder ſich die ſtaͤrkſte Elektricitaͤt bey dickem Nebel und bey kaltem Wetter; die ſchwaͤchſte hingegen bey truͤber, warmer und zum Regen geneigter Witterung.
IV. In der Hoͤhe iſt die Elektricitaͤt ſtaͤrker, als an niedrigen Orten. Vielleicht mag ſie in den obern Gegenden des Luftkreiſes außerordentlich ſtark ſeyn.
V. Wenn es regnet, iſt die Elektricitaͤt des Drachen mehrentheils negativ, und ſehr ſelten poſitiv.
VI. Wenn das Wetter feucht, und die Elektricitaͤt ſtark iſt, ſo erſetzt ſich dieſelbe, wenn man einen Funken aus der Schnur des Drachen gezogen hat, mit großer Geſchwindigkeit wieder: aber bey trocknem und warmem Wetter geſchieht dieſer Erſatz außerordentlich langſam.
Die Elektricitaͤt der Wolken iſt, wie ſchon Franklin bemerkt hat, oft negativ; ſie verſchlucken bisweilen durch den Apparat eine ſtarke und vollgeladne Flaſche poſitiver Elektricitaͤt, von welcher der Apparat ſelbſt nicht den hundertſten Theil haͤtte annehmen und behalten koͤnnen. Wahrſcheinlich werden die Wolken dadurch negativ, daß ſie in den Wirkungskreis groͤßerer poſitiver Wolken kommen.
Der taͤgliche Gang der Luftelektricitaͤt iſt in der Regel folgender. Bey trockner Luft entſteht des Morgens vor Sonnenaufgang einige Elektricitaͤt, die man aber, weil die Luft gewoͤhnlich die Nacht uͤber feucht iſt, nur ſelten bemerken kann. Des Vormittags wird die Elektricitaͤt nach und nach ſtaͤrker, je hoͤher die Sonne ſteigt, und erreicht33 endlich einen Grad, auf dem ſie ſtehen bleibt, bis die Sonne bald untergehen will. Alsdann aber nimmt dieſe taͤgliche Elektricitaͤt deſto mehr ab, je feuchter die Luft iſt. In den kuͤhlern Jahrszeiten entſteht, wenn der Himmel heiter iſt, ein wenig Wind wehet und die Trockenheit ſtark zunimmt, nach Sonnenuntergang mit Anfang des Thaues eine Elektricitaͤt von betraͤchtlicher Staͤrke, welche ſich im Apparat beym Funkenziehen ſehr ſchnell wieder erſetzt, und langſam vergehet. In gemaͤßigten oder warmen Jahrszeiten zeigt ſich dieſe Elektricitaͤt ſogleich mit Sonnenuntergang; ſie faͤngt mit groͤßerer Geſchwindigkeit an, vergeht aber auch fruͤher.
Bey Gewittern bewirken die Blitze ſchnelle Veraͤnderungen der Luftelektricitaͤt. Oft wird dieſelbe dadurch weiter verbreitet, bisweilen vermindert, bald verſtaͤrkt, bald ſogar in die entgegengeſetzte verwandelt; bisweilen koͤmmt ſie, wenn vorher gar keine da war, mit einem Blitze ploͤtzlich zum Vorſchein. Empfindliche Elektrometer, z. B. das Bennetſche, zeigen ſchon Veraͤnderungen, wenn es nur von weitem am Horizonte blitzt.
Dieſe Elektricitaͤt der Atmoſphaͤre theilt ſich nun den Wolken mit, und haͤuft ſich in ihnen, als in iſolirten Leitern, an. Dies iſt unſtreitig die Urſache der Gewitterelektricitaͤt. Woher aber die Luftelektricitaͤt ſelbſt ihren Urſprung nehme, laͤßt ſich nicht zuverlaͤßig beſtimmen. Man giebt insgemein die Reibung der Wolken und Lufttheilchen an einander, durch Winde und Luftſtroͤme, zur Urſache an: allein es hat ſchon Wilke (Anm. zu Franklins Briefen uͤber die Elektr. Leipz. 1758. 8. S. 299.) ſehr richtig erinnert, daß die Erregung der Elektricitaͤt durch Reiben allemal verſchiedene Koͤrper vorausſetze, deren einer poſitiv, der andere negativ elektriſirt wird, welches in der Luft keine andere Folge, als dieſe, haben koͤnnte, daß die poſitiven und negativen Theilchen einander anzoͤgen, und die erregte Elektricitaͤt wieder verloͤhren. Auch zeigen die Beobachtungen, daß ſtarke Winde die Luſtelektricitaͤt vielmehr ſchwaͤchen. Franklin nahm daher an, die Waſſerduͤnſte, aus welchen die Wolken beſtehen, wuͤrden durch ihre ſtarke34 Verduͤnnung von ſelbſt negativ elektriſirt, daher waͤren alle Wolken, beſonders die Seewolken, auch ohne Reibung elektriſch; Beccaria hingegen ſahe die Wolken blos als Leiter an, welche die Elektricitaͤt des Erdbodens aus einem Orte in den andern uͤberfuͤhrten.
Wahrſcheinlicher iſt die Muthmaßung, welche Canton zuerſt geaͤußert hat, daß die Luft, wie der Turmalin, durch die Abwechſelungen der Waͤrme und Kaͤlte elektriſirt werde. Wilke ſtimmt dieſer Meinung bey, und haͤlt die Spitzen der Berge, an welchen ſo oft Gewitterwolken entſtehen, ebenfalls fuͤr ſolche Turmaline, deren Elektricitaͤt durch die Hitze verſtaͤrkt iſt. Sie ziehen alsdann die leitenden Duͤnſte an, die eine Wolke bilden, durch die Mittheilung eine gleichartige Elektricitaͤt mit dem Berge erhalten. und alsdann von ſelbigem abgeſtoßen werden, u. ſ. w. Er bemerkt auch, daß die ſchwuͤle Hige, welche des Sommers vor den Gewittern vorhergeht, in unſerm Koͤrper ganz andere Empfindungen errege, als ſonſt die gewoͤhnliche, oft cben ſo ſtarke Waͤrme. Dieſe ſchwuͤle Luft macht traͤg, und der Wind bedeckt uns alsdann gleichſam mit einer heiſſen Wolke: wir empfinden eben die Beklemmung und Bangigkeit, welche man bey ſtarkem Elektriſiren fuͤhlt, und empfindliche Perſonen ahnden ganze Tage lang das bevorſtehende Gewitter. Die gewoͤhnliche Abkuͤhlung der Luft, die man insgemein als Folge der Gewitter betrachtet, laͤßt ſich nach dieſen Grundſaͤtzen eher als Urſache derſelben anſehen, die ſich nur ſpaͤter in die untern Regionen verbreitet. Man ſ. den Art. Blitz (dieſes Woͤrterb. Th. I. S. 374.).
Endlich haben neuere, mit dem Condenſator der Elektricitaͤt angeſtellte, Verſuche gelehrt, daß jeder aufſteigende unſichtbare Dunſt clektriſch ſey. Wenn man z. B. ein Feuerbecken mit Kohlen iſolirt, und die Platte, worauf es ſteht, mit dem Condenſator verbindet, ſo entſteht Elektricitaͤt, zumal wenn man Waſſer auf die Kohlen ſpritzt. Dieſe iſt gemeiniglich negativ — ein Zeichen, daß der aufſteigende Dampf poſitiv ſey. Da nun in den Luftkreis unaufhoͤrlich unſichtbare Duͤnſte aufſteigen, und die35 Wolken ſelbſt aus einem Niederſchlage dieſer Duͤnſte entſtehen, ſo ſcheint es ſehr natuͤrlich, dieſe Eigenſchaft der Duͤnſte, wo nicht fuͤr die einzige, doch gewiß fuͤr eine Haupturſache der Elektricitaͤt der Luft und der Wolken anzunehmen.
Die Luftelektricitaͤt hat auf die Geſundheit des menſchlichen Koͤrpers, auf die Witterung, und insbeſondere auf Vegetation und Fruchtbarkeit einen nicht zu verkennenden Einfluß. Jhre Wirkungen auf die Geſundheit hat Bertholon de St. Lazare (Anwendung und Wirkſamkeit der Elektricitaͤt zur Erhaltung und Wiederherſtellung der Geſundheit des menſchlichen Koͤrpers, a. d. Frzmit neuen Erfahrungen bereichert von D. C. G. Kuͤhn, Leipzig, 1788. 8. ) umſtaͤndlich aus einander geſetzt. Wie nothwendig es ſey, den uͤbrigen meteorologiſchen Beobachtungen auch Angaben der Luftelektricitaͤt beyzufuͤgen, zeigt Herr Achard (Mém. de l'Acad. de Pruſſe. 1780.), welcher insbeſondere erweiſet, daß das Aufſteigen und Niederfallen des Thaues durch die Luftelektricitaͤt befoͤrdert oder verhindert werden koͤnne. Endlich ſcheint auch ihr Einfluß auf das Wachsthum der Pflanzen außer Zweifel zu ſeyn. Im Fruͤhlinge, wenn ſich die Vegetation erneuert, erſcheinen auch von Zeit zu Zeit elektriſche Wolken, welche Regen ausgießen. Die Elektricitaͤt der Wolken und des Regens nimmt zu bis in die Zeit des Herbſts, in welcher die letzten Fruͤchte eingeſammelt werden. Die elektriſche Materie ſcheint die Triebfeder zu ſeyn, welche die Duͤnſte ſammelt, die Wolken bildet und dann wieder gebraucht wird, ſie zu zerſtoͤren, und in Regen aufzuloͤſen. Die Erfahrung lehrt auch, daß kein Begießen ſo fruchtbar ſey, als der Regen; beſonders derjenige, welcher die Gewitter begleitet. Man ſchloß ſonſt aus Verſuchen mit kuͤnſtlicher Elektricitaͤt, daß das poſitive Elektriſiren die Vegetation befoͤrdere: allein die Herren Ingenhouß (Rozier Obſerv. ſur la phyſique etc. May. 1788.) und Schwankhard (ſ. Magaz. fuͤr das Neuſte aus der Phyſ. V. B. 1. St. S. 161. u. f.) haben durch ſehr ſorgfaͤltige Verſuche36 keinen Einfluß der kuͤnſtlichen Elektricitaͤt auf das Wachsthum der Pflanzen entdecken koͤnnen.
Prieſtley Geſchichte der Elektricitaͤt durch Kruͤnitz, S. 208. u. f.
Cavallo vollſtaͤnd. Abhandl. der Lehre von der Elektr. aus dem Engl. dritte Aufl. Leipz. 1785. gr. 8. S. 293 und 296.
Adams Verſuch uͤber die Elektr. aus dem Engl. Leipz. 1785. gr. 8. S. 151. u. f.
Luftelektrometer, atmoſphaͤriſches Elektrometer, Electrometrum aëreum ſ. atmoſphaericum, Electromètre aërien ou atmoſphérique. Eine Veranſtaltung, wodurch ſich die Staͤrke und Beſchaffenheit der Luftelektricitaͤt beſtimmen laͤßt. Eigentlich gehoͤren alſo hieher auch die elektriſchen Drachen und Elektricitaͤtszeiger, von welchen unter beſondern Artikeln gehandelt worden iſt. Man hat aber zu Beobachtung der taͤglichen Elektricitaͤt der Atmoſphaͤre auch kleinere portative Werkzeuge angegeben, welche im eingeſchraͤnktern Sinne den Namen der Luftelektrometer fuͤhren.
Cavallo (Vollſt. Abhandl. der Lehre von der Elektr. 4. Theil, Cap. 3.) beſchreibt ein ſehr einfaches Werkzeug dieſer Art. AB, Taf. XIV. Fig. 6. iſt eine gemeine aus mehrern Gliedern beſtehende Angelruthe, von der jedoch das letzte duͤnnſte Glied abgenommen iſt. Em Ende B ſteckt eine duͤnne, mit Siegellak uͤberzogne, Glasroͤhre C, und an dieſer ein Stuͤck Kork D, von welchem ein Elektrometer E mit Korkkuͤgelchen herabhaͤngt, ſ. Elektrometer. HGI iſt ein langer Bindfaden, welcher bey A befeſtiget, und bey G von einem Schnuͤrchen FG gehalten wird; an ſein Ende I iſt eine Stecknadel befeſtiget. Wenn man dieſe in den Kork D einſteckt, ſo iſt das Elektrometer E uniſolirt. Will man nun mit dieſem Inſtrumente die Elektricitaͤt der Atmoſphaͤre beobachten, ſo haͤlt man den Stab zu einem Fenſter heraus einige Secunden lang ſo in die Luft, daß er mit dem Horizonte einen Winkel von 50 bis 60° macht. Dann zieht man an dem Bindfaden bey H, und macht dadurch die Stecknadel von dem Korke D los, wodurch der Bindfaden in die punktirte Lage KL37 faͤllt, das Elektrometer aber iſolirt, und auf die der Elektricitaͤt der Atmoſphaͤre entgegengeſetzte Art elektriſirt bleibt. Hierauf wird das Inſtrument zuruͤckgezogen, und die Beſchaffenheit der Elektricitaͤt im Zimmer unterſucht.
Auch das Taſchenelektrometer des Cavallo, ſ. Elektrometer (dieſes Woͤrterb. Th. I. S. 810.) dient ſehr bequem zu Unterſuchung der Elektricitaͤt der Luft, des Nebels u. ſ. w. Man darf es nur ſo hoch in die Luft halten, daß es ein wenig uͤber dem Kopfe ſteht, und man die Korkkugeln bequem ſehen kan. Dieſe werden ſogleich divergiren, wofern Elektricitaͤt vorhanden iſt; und ob dieſelbe poſitiv oder negativ ſey, wird man beſtimmen koͤnnen, wenn man eine geriebene Siegellakſtange rc. gegen ſie bringt.
Herr Achard (Mém. de l'Acad. de Pruſſe, 1780.) erfordert von einem guten Luftelektrometer, daß es portativ, leicht zu gebrauchen, beſtimmt in der Angabe des Grades und der Beſchaffenheit der Elektricitaͤt, und bey Gewittern ohne Gefahr fuͤr den Beobachter ſey. Die groͤßte Schwierigkeit bey Verfertigung eines ſolchen Werkzeugs macht die Iſolirung, welche auch bey Regen und feuchter Luft vollkommen bleiben ſoll. Herrn Achards Inſtrument beſteht aus einem hohlen abgekuͤrzten Kegel von Zinn, deſſen oberes Ende offen, das untere aber durch eine zinnerne Platte verſchloſſen iſt. Dieſe Platte iſt mit einer 2 Zoll dicken Lage von Pech uͤberzogen, von deren unterer Flaͤche eine zinnerne Roͤhre herab geht, mit der man den Kegel ſo auf ein Stativ ſtellen kan, daß ſeine groͤßere niederwaͤrts gekehrte Grundflaͤche horizontal ſteht. Das Pech iſolirt den Kegel, und die untere Grundflaͤche des letztern muß ſo groß ſeyn, daß ſie den Regen, wenn er auch ſchief auffaͤllt, abhalten kan, die untere Flaͤche des Pechs zu treffen oder zu beſpritzen; weil ſonſt das Elektrometer ſich in einen Ableiter verwandeln wuͤrde. An dem ſchmalen Theile des Kegels befeſtigt Hr. Achard einen eiſernen Stab, und haͤngt daran ein Thermometer und zwey Elektrometer, ein etwas langſameres und ein ſehr empfindliches, nebſt einem Faden,38 der die geringſten Grade der Elektricitaͤt anzeigt. Um den Wind abzuhalten, iſt das Ganze in eine oben und unten offne glaͤſerue. Glocke eingeſchloſſen, deren Grund ebenfalls mit Pech iſolirt iſt. Auch die obere Oefnung der Glocke, durch welche der eiſerne Stab hindurch geht, iſt mit Pech ausgefuͤllt, und um dieſes vor dem Regen zu ſchuͤtzen, iſt es mit einem glaͤſernen Trichter bedeckt, durch welchen der Stab ebenfalls durchgeht. Auf den Stab kan man hohle und leichre zinnerne Roͤhren aufſchrauben, und damit eine Hoͤhe von 10, 20, 30 Schuhen erreichen, weil das oberſte Ende allezeit wenigſtens 6 Schuh uͤber alle benachbarte Koͤrper hervorragen muß. Die letzte Roͤhre endigt ſich in eine eiſerne ſehr ſcharſe und wohl vergoldete Spitze.
Um nun zu beſtimmen, ob die Elektricitaͤt der Luft poſitio oder negativ ſey, geht von dem eiſernen Stabe durch das Pech am Boden des Kegels ein Drath herab, an den man einen leinenen Faden mit einer Korkkugel bindet. Naͤhert man dieſer Kugel Koͤrper, welche + E haben, ſo zieht ſie dieſelben an, wenn ſie — E hat, oder ſtoͤßt ſie ab, wenn ſie ebenfalls + E hat.
Zum Schutz gegen ploͤtzliche Ausbruͤche der Elektricitaͤt wird an das Fußgeſtell ein eiſerner Stab beſeſtiget, den man einige Schuhe tief in die Erde einlaſſen kan. Das obere Ende deſſelben hat einen runden, etwa 1 Zoll vom Kegel abſtehenden Knopf. So wird ſich die angehaͤufte Elektricitaͤt allemal durch einen Schlag auf den Knopf in die Erde entladen. Staht das Inſtrument in einer Dachkammer, ſo muß ſtatt dieſes eiſernen Stabs eine metalliſche Leitung bis in die Erde hinab angebracht werden. Wird alsdann der Knopf in Beruͤhrung mit dem Kegel gebracht, ſo dient der ganze Apparat, als ein wirklicher Blitzableiter. Braucht man es aber in freyem Felde oder in einem Garten, ſo muß der Boden, worauf es ſteht, 2 - 3 Schuh weit uͤber die Peripherie des Kegels rings herum gepflaſtert werden, damit ſich der aufſteigende Thau nicht an den Kegel haͤngen, und die Iſolirung aufheben koͤune. 39
Die Mannheimer Societaͤt braucht zum Luftelektrometer einen Elektricitaͤtszeiger, deſſen Spitze oben in freyer Luft ſteht, die Leitungsſtange aber ins Innere des Kabinets gefuͤhrt iſt, wo man ſie zu Vermeidung aller Gefahr mit einer Ableitungsſtange, die zur Erde geht, verbinden kan.
Uebrigens laͤßt ſich zu Beobachtung der gewoͤhnlichen ſchwaͤchern Grade der Luftelektricitaͤt auch der Condenſator oder jedes empfindliche ElektrometerAls ein Nachtrag zum Nrtikel: Elektrometer iſt bier etwas von dem aͤußerſt empfindlichen Bennerſchen Elektrometer zu erwaͤbnen. Es beſteht, nach der Beſchreibung im goͤttingiſchen Taſchenkalender fuͤr 1789, aus zwey Streifen von Blattgold, 3Zoll lang und 1 / 4 Zoll breit. Dieſe ſind dicht an einander in der Mitte eines vertikalen glaͤſernen Cylinders von 5 Zoll Hoͤhe und 1 1 / 2 Zoll Durchmeſſer aufgchaͤngt. Der Cylinder ſitzt unten in einem hoͤlzernen oder meſſingnen Fuße; oben ſchließt ihn eine metallne Kappe, die etwa einen Zoll mehr im Durchmeſſer hat, als der Cylinder, und mit einem 3 / 4 Zoll tiefen abwaͤrtsſtehenden Rande, etwa wie der Deckel einer runden Schnupftobaksdoſe, verſehen iſt. Dieſer Rand haͤlt den Regen und Staud ab. Damit er feſt anſchließe, iſt innerhalb noch ein anderer halb ſo hoher concentriſcher Rand angebracht, der mit Sammet gefuͤttert iſt, und in der der Cylinder ſtreng einpaſſet. So iſt alles ohue Kitt feſt, und kan doch leicht abgenommen werden. Inwendig tritt aus der Mitte des Deckels ein hohler blecherner Cylinder etwas laͤnger, als der innere Rand, bervor mit einem kleinen Stifte, an dem die Goldſtreifchen mit Kleiſter, Gummiwaſſer rc. befeſtigt ſind. Damit ſie nicht von der Elektricitaͤt des Glaſes afficirt werden, ſo ſind an der innern Seite des Glaſes von da an, wo ſie anſchlagen wuͤrden, bis in den Fuß Stanniolſtreifen angeleimt. Der obere Rand des Glaſes iſt mit Siegellak uͤberzogen, um den Deckel deſto beſſer zu iſoliren. So iſt dieſes Elektrometer ziemlich aͤhnlich mit dem von Cavallo, welches im erſten Theile dieſes Woͤrterbuchs S. 811. beſchrieben iſt. Seine Empfindlichkeit iſt ſehr groß, und wird noch vermehrt, wenn man eine brennende Kerze auf den Deckel ſetzt, welche wie eine Spitze wirkt. Staub, von Buͤchern abgekehrt, pulveriſirte Kreide u. dgl. wirken auf die Golbblaͤttchen ſchon in der Entfernung. Bey heiterm Wetter treibt die iſolirte Schnur eines Drachen die Blaͤttchen an die Seite des Geſaͤßes an, bey wolkichtem Himmel aber, und wenn ein Drath in der Schnur iſt, zeigt ſich ſchon 30 Fuß weit von derſelben Elektricitaͤt. Zieht eine Donnerwolke vorbey. ſo ſchlagen mit jedem Blitze die Blaͤttchen ploͤtzlich an das Glas an u. ſ. w. (Man ſehe auch Henr. Dav. Wilckens Specimina duo, mathematicum et phyſicum. Gottingae, 1789. S. wo man eine Beſchreibung dieſes Elektrometers, nebſt einigen damit angeſtellten Verſuchen findet.)) gebrauchen. Wird40 daſſelbe mit der Erde verbunden, der Luft ausgeſetzt, und dann ploͤtzlich iſolirt, ſo zeigt es, wie das von Cavallo, die entgegengeſetzte Elektricitaͤt: wird es aber mit einer oben zugeſpitzten und unten iſolirten metalliſchen Leitung verbunden, ſo erhaͤlt es, wie das von Achard, eine gleichartige Elektricitaͤt mit der Luft ſelbſt.
Luftelektrophor. Dieſen ſehr uneigentlichen Namen hat Herr Weber (Neue philoſophiſche Abhandl. der churbayriſch. Akad. der Wiſſenſch. I. B. 1778. ingl. Joſeph Webers Abhandl. von dem Luftelektrophor, 2te Auflage, Ulm, 1779. 8. ) einer Vorrichtung beygelegt, welche ſich als Elektriſirmaſchine und als Elektrophor zugleich gebrauchen laͤßt. Man ſpannt nemlich trockne Glanzleinwand, wollen Zeug, Leinwand, Papier, abgetragnes Leder oder dergleichen in einem Rahmen aus, erwaͤrmt es und reibt die Flaͤche mit einem warmen Haſenoder Katzenpelz, wodurch ſie eine betraͤchtliche Elektricitaͤt erhaͤlt. Herr W. befeſtiget dieſen Rahmen in ein ſenkrecht ſtehendes Geſtell, das man, wie einen Hitzſchirm, an den warmen Ofen, oder im Sommer an die Sonne ſtellen kan. Neben dieſes Geſtell ſetzt man ein Tiſchchen, auf welchem eine glaͤſerne Flaſche ſteht, in welche ein umgebognes metallnes Rohr eingekuͤttet iſt. Am Ende deſſelben befindet ſich eine gegen den Rahmen gekehrte Quaſte von Metallfaͤden. So thut das Rohr, wenn die eingeſpannte Flaͤche gerieben wird alle Dienſte eines erſten Leiters, und die ganze Vorrichtung kan als Elektriſirmaſchine41 gebraucht werden. Ihre Wirkungen ſind ſtaͤrker, als man vermuthen ſollte, beſonders zeigt ſie im Dunkeln die Erſcheinungen des elektriſchen Lichts mit vorzuͤglicher Schoͤnheit.
Der Rahmen allein, ohne Geſtell, dient als Elektrophor. Man legt ihn horizontal, und unterſtuͤtzt ihn ſo, daß das eingeſpannte Zeug blos von der Luft beruͤhrt wird. Da es nun durchs Reiben eine negative Elektricitaͤt erhaͤlt, ſo wird eine darauf geſetzte, beruͤhrte und wleder abgenommene Trommel poſitiv elektriſirt, ſ. Elektrophor.
Die Leinwand oder der eingeſpannte Flancll u. dgl. muß hiebey ganz frey bleiben, und blos die Luft beruͤhren. Die Urſache iſt, weil geriebne duͤnne Koͤrper an jeder Flaͤche, an der ſie anliegen, leicht kleben, und in dieſem Zuſtande gar keine elektriſchen Erſcheinungen zeigen, ſ. Elektricitaͤt (dieſes Woͤrterb. Th. I. S. 744. 745.). Daher klebt auch die Glanzleinwand u. ſ. w., wenn ſie ſtark gerieben iſt, an der Wand des Zimmers, iſt in dieſem Zuſtande ganz unthaͤtig, und zeigt ihre Elektricitaͤt erſt wieder, wenn ſie von der Wand losgeriſſen und frey in der Luft gehalten wird. Dieſer Umſtand hat Herrn Weber veranlaßt, die Benennung Luftelektrophor zu waͤhlen. Uebrigens zeigt ſich beym Losreiſſen des Rahmens von der Wand im Dunkeln ein vorzuͤglich ſchoͤnes elektriſches Licht.
Lufterſcheinungen, ſ. Meteore.
Luftgattungen, ſ. Gos.
Luftguͤtemeſſer, ſ. Eudiometer.
Die ganze Luftmaſſe, welche den Erdball von allen Seiten her umgiebt, und eine hohle Kugelſchale um denſelben bildet. Ihr Daſeyn erhellet aus der Gegenwart der Luft an allen Orten der Erdflaͤche, und in allen zugaͤnglichen Hoͤhen, bis auf die Gipfel der hoͤchſten Berge. Dieſe Luft, von deren Eigenſchaften die Artikel:42 Luft und Gas, atmoſphaͤriſches, handeln, macht zwar den Hauptbeſtandtheil des Luftkreiſes aus, ſie iſt aber in demſelben mit unzaͤhlbaren fremden Subſtanzen verbunden, deren Verhaͤltniſſe und Miſchungen ſich unaufhoͤrlich aͤndern. Vorzuͤglich haͤlt ſie aufgeloͤſtes Waſſer oder Duͤnſte in ſich, daher wenigſtens fuͤr ihren untern Theil der Name: Dunſtkreis oder Dunſtkugel, der mit dem griechiſchen Worte Atmoſphaͤre einerley ausdruͤckt, ſehr ſchicklich iſt. Uebrigens gehoͤrt der Luftkreis mit zur Erdkugel ſelbſt, und folgt der taͤglichen ſowohl, als der jaͤhrlichen Vewegung derſelben. Druck der Atmoſphaͤre.
Da der Luftkreis aus einem ſchweren und elaſtiſchen Fluidum beſteht, ſo wirkt er auf die Erdflaͤche und auf die Oberflaͤchen der Koͤrper, nach den Geſetzen des Drucks elaſtiſcher Fluͤßigkeiten. Hiebey iſt der Druck, womit die fluͤßige Materie den Boden, der ſie traͤgt, unterwaͤrts preſſet, dem Gewichte der geſammten fluͤßigen Maſſe gleich, ſ. Elaſticitaͤt (dieſes Woͤrterb. Th. I. S. 708.). Mithin traͤgt die ganze Erdflaͤche einen Druck, der dem Gewichte des ganzen Lufrkreiſes gleich koͤmmt. Und jeder Theil der Erdflaͤche FE, Taf. XIV. Fig. 7, traͤgt das Gewicht der Luft im Raume FGHE, in welchem die Luft durch den Druck der anliegenden Luftſaͤulen eben ſo zuſammengehalten wird, als ob die Grenzen FG, HE, feſte Waͤnde eines Gefaͤßes waͤren. Wenigſtens iſt dies letztere außer Zweifel, wenn FE klein und gegen den Halbmeſſer der Erde FC unbetraͤchtlich iſt; hat aber FE eine betraͤchtliche Groͤße, ſo iſt der Satz allerdings den Erinnerungen ausgeſetzt, welche Daniel Bernoulli (Hydrodyn. Sect. X. §. 3.) dagegen gemacht hat.
Fluͤßige Materien druͤcken aber auch aufwaͤrts, ſeitwaͤrts und uͤberhaupt nach allen moͤglichen Richtungen. Daher werden die Koͤrper, welche uͤberall mit Luft umgeben ſind, an allen Stellen ihrer Oberflaͤche durch das Gewicht des Luftkreiſes gedruͤckt. So lang auf allen Seiten43 Luft vorhanden iſt, heben ſich dieſe Druͤckungen gegenſeitig auf, und bewirken weiter nichts, als daß jeder Koͤrper ſoviel von ſeinem wahren Gewichte verliert, als er Luft aus der Stelle treibt, ſ. Gewicht (dieſes Woͤrterb. Th. II. S. 493.). Wird aber die Luft von einer Seite her abgehalten, oder weggenommen, ſo aͤußert ſich der Druck des Luftkreiſes von der andern Seite auf einmal in ſeiner vollen Staͤrke, und bringt Wirkungen hervor, welche zwar taͤglich bey den gemeinſten Begebenheiten in die Augen fallen, deren wahre Urſache aber bis zur Mitte des vorigen Jahrhunderts gaͤnzlich verkannt worden iſt.
Zu dieſen Wirkungen gehoͤren vornehmlich die Phaͤnomene des Saugens und der Sptigen. Beym Saugen wird die genau an Lippen und Gaumen anſchließende Zunge zuruͤckgezogen, und ihrer Bewegung folgt das Getraͤnk, das man einſaugen will, von ſelbſt nach. In eine Handſpritze oder Saugpumpe, deren Oefnung in Waſſer geſenkt iſt, ſieht man beym Zuruͤckziehen des genau anſchlieſſenden Kolbens, das Waſſer wider die Natur ſeiner Schwere aufſteigen, dem Kolben nachfolgen, die Spritze fuͤllen, u. ſ. w. Die Urſache hievon iſt unſtreitig dieſe. Auf die Waſſerflaͤche CD im Gefaͤße CBD, Taf. XIV. Fig. 8. druͤckt das Gewicht des Luftkreiſes an allen Stellen gleich ſtark, ſo daß ſich alle dieſe Druͤckungen das Gleichgewicht halten. Senkt man aber in dieſes Waſſer das Saugrohr AG ein, und zieht den Kolben von E bis F zuruͤck, ſo wird der Theil EH von keiner Luft mehr niederwaͤrts gedruͤckt; alſo ſehlt an dieſer Stelle der Druck der Atmoſphaͤre, die Druͤckungen auf CE und DH muͤſſen alſo das Uebergewicht bekommen, und das Waſſer daſelbſt niedertreiben, daher es durch A in das Rohr dringt, und in den Raum EF aufſteigt.
Ariſtoteles hatte dieſer Erſcheinungen halber der Natur eine Abneigung gegen die Leere beygelegt. Wie die Alten daraus die Saugwerke, Heber und andere hydrauliſche Maſchinen erklaͤrt haben, zeigt am beſten das Buch des Heron von Alerandrien (〈…〉〈…〉* pneumatikw_n2 ſ. Spiritalium liber ed. a Commandino, Pariſ. 1575. 4.). Es wird darinn44 beſonders der Luft und dem Waſſer eine Anziehungskraft zugeeignet, vermoͤge welcher dieſe Materien ſtreben ſollen, jede Leere zu fuͤllen, und zu dieſem Behuf auch andere Koͤrper nach ſich zu ziehen, daher ein Gefaͤß, aus dem man die Luft ſauget, an den Lippen klebe u. ſ. w. Dieſem Grundſatze von Vermeidung der Leere blieben die ſcholaſtiſchen Phyſiker durchgaͤngig getreu; nur ſahen einige dieſen Trieb der Natur fuͤr allgemein und alle Leere fuͤr unmoͤglich an, andere ſchraͤnkten die Saugkraft blos auf die fluͤßigen Materien ein, und noch andere, z. B. Linus, ſuchten die Sache durch ein Zuſammenziehen der Materie (funiculus) zu erklaͤren. Galilei entdeckte zwar durch den mißlungnen Verſuch eines florentiniſchen Gaͤrtners, der das Waſſer mit einer Saugpumpe hoͤher als 18 Ellen heben wollte, daß die Gewalt, welche das Waſſer in den Pumpen hebt, eingeſchraͤnkt ſey; allein er ſchloß daraus nichts weiter, als daß der Abſcheu der Natur vor der Leere, (oder nach ſeinem Ausdrucke die Kraft der Leere) beſtimmte Grenzen habe (Diſcorſi e dimoſtrazione matematiche intorno a due nuove ſcienze, Leid. 1638. Giornata 1.).
Endlich erfand Torricelli im Jahre 1643 das Barometer, und kam dadurch auf die Entdeckung, daß alle dieſe aus dem Abſcheu vor der Leere erklaͤrten Phaͤnomene vielmehr vom Drucke der Atmoſphaͤre herruͤhrten, welches Paſcal und Descartes ausfuͤhrlicher beſtaͤtigten, und dadurch das alte ariſtoteliſche Syſtem gaͤnzlich niederſchlugen, ſ. Barometer (dieſes Woͤrterb. Th. I. S. 237 u. f.), wo man auch finden wird, daß Descartes einige Anſpruͤche auf die erſte Entdeckung habe. Doch erhielten ſich die alten Erklaͤrungen noch einige Zeit: eine nach ihnen abgehandelte Hydraulik iſt noch des P. Schott Mechanica hydraulico - pnevmatica (Herbipoli, 1657. 4.).
Wenn man eine Roͤhre, die uͤber 35 Schuhe lang und unten mit einem Hahne verſehen iſt, mit Waſſer fuͤllt, oben luftdicht zuſchließt, unten in ein Gefaͤß mit Waſſer ſetzt, und dann den Hahn oͤfnet, ſo faͤllt das Waſſer im obern Theile herab, und laͤßt uͤber ſich einen luftleeren Raum, bleibt aber ſtehen, ſobald ſeine Oberflaͤche eine Hoͤhe von45 dreyßig und etlichen Schuhen uͤber der Waſſerflaͤche im Gefaͤß erreicht hat. Aber die Veranſtaltung dieſes Verſuchs iſt ſehr beſchwerlich und unſicher. Sie erfordert metallne Roͤhren, die man an einander ſchrauben kan, bis ſie die noͤthige Laͤnge erhalten. Zwiſchen die Schrauben wird naſſes Leder gelegt, um das Eindringen der aͤußern Luft abzuhalten. Oben wird eine verſchloßne glaͤſerne Roͤhre aufgeſchraubt, damit man ſehen koͤnne, was im obern Theile vorgeht. Ein ſolcher Apparat mit einem Geſtell, um ihn an der Mauer eines Gebaͤudes aufzurichten, befindet ſich unter der fuͤr hieſige Univerſitaͤt angekauften Inſtrumentenſammlung. Es iſt eben derjenige, deſſen Herr Kaͤſtner (Anfangsgr. der Aerometrie, §. 31. Anm.) gedenkt, und den nach Hauſen und Winkler zuletzt der verſtorbne D. Ludwig beſeſſen hat. Bey dem Letztern habe ich den Verſuch mehreremale geſehen, bin auch ſelbſt dabey behuͤlflich geweſen. Er kan aber nie vollkommen gelingen, weil die Luſt, die ſich im Waſſer aufhaͤlt, ſogleich in den obern Raum tritt, und denſelben, ſtatt daß er luftleer bleiben ſollte, mit einer Menge Schaum und Blaſen fuͤllt. Caſpar Bertus in Rom, der dieſes Erperiment nach Schotts Nachricht (Mech. hydraul. pnevm. p. 308.) zuerſt anſtellte, brachte im obern Raume ein Gloͤckchen an, deſſen Hammer durch einen Magnet aufgezogen ward. Wenn der Hammer wieder herabfiel, hoͤrte man den Klang. Daraus ſchloſſen die Ariſtoteliker, der Raum ſey nicht luftleer, und hatten bey dieſem Verſuche Recht, weil er an ſich zu unvollkommen iſt, um das Daſeyn einer Leere zu erweiſen. Uebrigens wuͤrde das Waſſer, wenn der Verſuch gelaͤnge, eben ſo ſteigen und fallen, wie das Queckſilber im Baremeter, daher auch einige den Apparat dazu das Waſſerbarometer nennen.
Weit leichter und ſicherer wird alles, wenn man Queckſilber ſtatt des Waſſers waͤhlt. Alsdann darf der Apparat nur etwas uͤber 29 Zoll lang ſeyn, und man kan eine oben verſchloßne Glasroͤhre dazu gebrauchen. Dies iſt der Verſuch des Torricelli (ſ. Barometer), den man gar nicht noͤthig hat beſonders anzuſtellen, weil ihn jedes Barometer unaufhoͤrlich vor Augen ſtellt. 46
Dieſe Entdeckungen beweiſen nicht nur den Druck des Luftkreiſes; ſie geben auch zugleich die Groͤße deſſelben an. Wenn im Saugrohre AG, Taf. XIV. Fig. 8. das Waſſer durch Aufziehung des Kolbens EH nicht uͤber dreyßig und etliche Schuhe gehoben werden kan, und wenn die Queckſilberſaͤule im Barometer nicht uͤber 27 bis 29 Zoll ſteigt, ſo kan der Druck des Luftkreiſes auf CE und HD nur gerade ſoviel betragen, als ob uͤber dieſen Flaͤchen dreyßig und etliche Schuh horh Waſſer, oder 27 — 29 Zoll hoch Queckſilber ſtuͤnde. Daher iſt der Druck der Atmoſphaͤre auf jede ebne Flaͤche ſo groß, als das Gewicht einer Queckſilberſaͤuie, welche die gedruͤckte Flaͤche zur Baſis, und die Hoͤhe des Queckſilbers im Barometer zur Hoͤhe hat.
Nach den Angaben des Herrn D. Gren (Grundriß der Naturlehre, Halle 1788. 8. §. 596.) wiegt ein pariſer Cubikfuß Queckſilber 950 Pfund koͤllniſch. Iſt nun die Barometerhoͤhe 28 Zoll oder 2 1 / 3 Fuß, ſo druͤckt der Luftkreis auf eine Flaͤche von 1 Quadratfuß mit einer Laſt von 2 1 / 3. 950 = 2216 2 / 3 Pfund. Und fuͤr jede Linie, um welche das Queckſilber hoͤher oder niedriger ſteht, betraͤgt dieſer Druck (6 43 / 72) Pfund mehr oder weniger.
Dieſer Druck wirkt nach allen Seiten. Setzt man nun die Oberflaͤche des menſchlichen Koͤrpers auf 15 Quadratfuß, ſo findet ſich, daß derſelbe von der ihn umringenden Luft mit einer Kraft von 15 X 221 2 / 3 = 3250 Pfund zuſammengedruͤckr werde. Daßwir dieſen Druck bey aller ſeiner Groͤße nicht empfinden, iſt leicht begreiflich. Er wirkt auf alle Theile der Oberflaͤche gleichfoͤrmig, und nach jeden zwo entgegengeſetzten Richtungen gleich ſtark, daher kein Theil des Koͤrpers dadurch verletzt oder verſchoben werden kan; alle innere Hoͤhlungen ſind entweder mit Saͤften oder mit Luft von gleicher Elaſticitaͤt erfuͤllt, die eben ſo ſtark von innen zuruͤckwirkt; endlich wird auch durch die beſtaͤndige Gewohnheit jede Empfindung, die man noch davon haben koͤnnte, vertilgt. Wir ertragen ſogar betraͤchtliche Veraͤnderungen dieſes Drucks. Wenn das Barometer um 2 Zoll hoͤher, als ſonſt, ſteht, iſt derſelbe um 2375 Pfund47 groͤßer; dennoch wirkt dieſe Vermehrung nicht merklich auf unſer Gefuͤhl.
Eben ſo iſt auch bey lebloſen Koͤrpern der Druck des Luftkreiſes ohne Wirkung, ſo lang er auf dieſelben von allen Seiten her trift. Er zeigt ſich aber augenblicklich, ſobald man ihn auf einer Seite hinwegnimmt. Daher haͤngt die Glocke am Teller der Luftpumpe, der Schroͤpfkopf an der Haut, ein umgeſtuͤrztes Weinglas an einem Moͤrſel rc. feſt an, wenn man die inwendige Luft ausgepumpt oder durch Erwaͤrmung heraus getrieben hat. Das Glas wird von der Luft zerdruͤckt, wenn man aus einer eckichten Flaſche, oder aus einem mit einer Glasplatte gedeckten Cylinder die Luft wegnimmt; und hat man ſtatt des Glaſes eine Blaſe uͤber den Cylinder gebunden, ſo wird dieſelbe durch den Druck der aͤußern Luft mit einem heftigen Knalle zerſprengt. Eben dies beſtaͤtigt auch Guerikens beruͤhmter Verſuch, ſ. Halbkugeln, magdeburgiſche.
Uebrigens iſt ſchon beym Worte: Luft, bemerkt worden, daß dieſer Druck des Luftkreiſes auf die Koͤrper nicht blos unter freyem Himmel wirkt, ſondern auch in allen Zimmern und Raͤumen, welche mit der aͤußern Luft in Verbindung ſtehen, oder ſonſt mit Luft von gleicher obſoluten Elaſticitaͤt angefuͤllt ſind. Das Gewicht des Luftkreiſes nemlich wirkt auf die Flaͤchen mittelbar, indem es die an ihnen liegende Luft zuſammendruͤckt, deren Federkraft erſt die unmittelbare Urſache des Drucks gegen die Flaͤchen ſelbſt iſt.
Jede Luftſaͤule enthaͤlt unten dichtere und elaſtiſchere Luft, als oben, weil die untern Theile das Gewicht der obern mit tragen. Dies beſtaͤtigen alle Verſuche und Beobachtungen. Alſo nimmt der Druck der Atmoſphaͤre von unten nach oben beſtaͤndig ab, weil man oben weniger Luft uͤber ſich hat, und auf den Gipfeln der Berge iſt die Luft weit duͤnner als an der Erdflaͤche oder am Ufer des Meeres.
Man kan auf dieſe Abnahme der Dichte ohne Bedenken das mariottiſche Geſetz anwenden, wie Halley, Bouguer, Mayer, de Luͤc, Kaͤſtner, Hennert rc. bey ihren unter dem Worte: Hoͤhenmeſſung, (Th. II. S. 613 u. f.) angefuͤhrten Unterſuchungen und Formeln gethan48 haben. Zwar gruͤndet ſich dieſes Geſetz auf Verſuche, welche 1) in verſchloßnen Gefaͤßen, und 2) durch den Druck des Queckſilbers (einer nicht merklich elaſtiſchen Materie) angeſtellt ſind. Daher haben Einige, z. B. Herr Wuͤnſch (Neue Theorie von der Armoſph. Leipz 1782. 8. S. 26.) behaupten wollen, es ſey nicht anwendbar auf die freye atmoſphaͤriſche Luft, welche durch ſich ſelbſt (durch Druck einer elaſtiſchen Materie) verdichtet werde. Allein einem Theile zuſammengedruͤckter Luft muß ja immer eben daſſelbe wiederfahren, er mag nun durch feſte Waͤnde einer Roͤhre oder durch den Druck umliegender Luftſaͤulen eingeſchloſſen ſeyn, und er mag von unelaſtiſchem Queckſilber oder von elaſtiſcher Luft gedruͤckt werden, wofern nur die Groͤße des Drucks eben dieſelbe iſt. Feſte Waͤnde und Queckfilber thun weder mehr noch weniger, als was im Freyen die Federkraft der umliegenden und aufliegenden Luft auch thut; ſie hindern die gedruͤckte Luft, ſich ſeitwaͤrts und oberwaͤrts auszubreiten — eben ſo, wie es in der Hydroſtatik einerley iſt, ob eine Maſſe Waſſer von den Waͤnden eines Gefaͤßes oder von den umliegenden Waſſerſaͤulen gehalten, und ob ſie von aufliegendem Waſſer, oder von einem gleich ſchweren feften Gewichte gedruͤckt wird. Man hat alſo keine Urſache, von dem mariottiſchen Geſetze abzugehen, zumal da alles, was etwa Maraldi, Feuillee, Daniel Bernoulli, Caſſini, Wuͤnſch u. a. an deſſen Stelle haben ſetzen wollen, auf blos willkuͤhrlichen, oder wohl gar fehlerhaften Vorausſetzungen beruht.
Dieſem Geſetze gemaͤß nehmen die Dichten der Luft in geometriſcher Progreſſion ab, wenn die Hoͤhen der Stellen in arithmetiſcher Keihe wachſen. Man ſetze in den beym Worte: Hoͤhenmeſſung (Th. II. S. 615 u. f.) gebrauchten Ausdruͤcken, die Dichte der Luft in S (Taf. XI. Fig. 73.) = m; die in K = μ (die Dichte des Queckſilbers = 1) ſo iſt Die Formel fuͤr die Hoͤhe SK = x wird alsdann. 49
Iſt nun μ ein gewiſſer Theil von m, z. B. der nte, ſo wird log. m - log. μ = log. n und x = ce log. n. Hiebey iſt ce eine unveraͤnderliche Groͤße, daher die Hoͤhe x, wie der Logarithme von n waͤchſt, d. i. in arithmetiſcher Zahlreihe, wenn n ſelbſt in geometriſcher ſteigt, oder wenn die Dichte μ in geometriſcher Progeſſion abnimmt. Den Dichten m, 1 / 2m, 1 / 4m, 1 / 8m, gehoͤren die Hoͤhen o, ce. log. 2, ce. log. 4, ce. log. 8 zu. Dieſe ſteigen in einer arithmetiſchen Zahlreihe, wo der Unterſchied der Glieder ce. log. 2. iſt. Zu den Dichten m, (1 / 10) m, (1 / 100) m, (1 / 1000) m rc. gehoͤren die Hoͤhen o, ce, 2ce, 3ce, rc., wo der Unterſchied der Glieder ce. log. 10. oder ce elbſt iſt.
Nach de Luͤc iſt, fuͤr Luft von der Temperatur + (16 3 / 4) Grad nach Reaumuͤr, ce = 10000 Toiſen, alſo ce. log. 2 = 3010 Toiſen. So gehoͤren
den Dichten | m, | 1 / 2m, | 1 / 4m, | 1 / 8m |
die Hoͤhen | 0, | 3010, | 6020, | 9030 Toiſen rc. |
d. i. ſo oft man im Luſtkreiſe um 3010 Toiſen hoͤher ſteigt, ſo findet man oben die Luft nur halb ſo dicht, als unten, und das Queckſilber im Barometer ſinkt waͤhrend dieſes Steigens um die Helfte ſeiner anfaͤnglichen Hoͤhe.
Daß bey dieſer Anwendung des mariottiſchen Geſetzes auf die Beſtimmung der Dichte des Luftkreiſes, Waͤrme, Duͤnſte und verſchiedene Miſchung der Luft betraͤchtliche Abweichungen verurſachen muͤſſen, wird man von ſelbſt ermeſſen. Aber auch ohne dieſe Abweichungen iſt das Geſetz an ſich nur ſo weit erwieſen, als unſere Erfahrungen reichen, ſ. Luft. Wahrſcheinlich findet es in den duͤnnen Luftſchichten an der Grenze der Atmoſphaͤre nicht mehr ſtatt, weil doch der Luftkreis irgendwo aufhoͤren und alſo eine letzre Luftſchicht vorhanden ſeyn muß. Dieſe letzte Luftſchicht muͤßte nach dem mariottiſchen Geſetze, da ſie von nichts weiter gedruͤckt wird, die Dichte = 0 haben; gleichwohl iſt es ungereimt, eine Luft ohne alle Dichte, d. i. einen Koͤrper ohne Maſſe, anzunehmen. Daher erinnert d'Alembert (Traité de l'équilibre et du mouv. des fluides, §. 81.), es verhalte ſich vielleicht die Dichte, wie der Druck + einem gewiſſen unveraͤnderlichen Gewichte. Oder iſt etwa die Dichte der Luft50 in der oberſten Gegend gleichfoͤrmig, weil das Gewicht der oberſten Luft unvermoͤgend iſt, die Elaſticitaͤt der unmittelbar darunter liegenden zu uͤberwinden? Wie dem auch ſey, ſo ſieht man doch, daß das mariottiſche Geſetz nicht in voͤlliger geometriſcher Schaͤrfe und Allgemeinheit gelten koͤnne. Hoͤhe und Geſtalt des Luftkreiſes.
Haͤtte die Luft durchaus einerley Dichtigkeit, ſo muͤßte die Hoͤhe jeder Luftſaͤule ſo groß ſeyn, als die Hoͤhe der gleichwiegenden Queckſilberſaͤule (oder die Barometerhoͤhe) multiplicirt mit der Zahl, welche anzeigt, wie vielmal Queckſilber ſchwerer, als Luft iſt. In den beym Worte: Hoͤhenmeſſung (Th. II. S. 615. u. f.) gebrauchten Bezeichnungen iſt die Barometerhoͤhe = f; die gedachte Zahl = (1 / m). Demnach waͤre die Hoͤhe des Luftkreiſes = f / m oder c, d. i. gleich der Subtangente der logarithmiſchen Formeln, deren Groͤßen dort (S. 632.) nach verſchiedenen Schriftſtellern angegeben ſind. Nach de Luͤc betruͤge dieſe Hoͤhe 4342 Toiſen oder 26052 pariſer Schuhe.
Da aber die Dichtigkeit der Luft in der Hoͤhe abnimmt, ſo muß ſich der Luftkreis viel weiter erſtrecken. Er muͤßte unendlich hoch ſeyn, wenn das mariottiſche Geſetz in aller Schaͤrfe richtig waͤre. Da aber dies nicht ſeyn kan, ſo nimmt man insgemein an, die Luft laſſe ſich nicht weiter, als auf einen gewiſſen Grad, verduͤnnen, und hoͤre da auf, wo ſie dieſen Grad dem Geſetze gemaͤß erreicht hat. Mariotte ſelbſt (Eſſai ſur la nature de l'air, Paris, 1676. 8. ) ſetzt, die Luft koͤnne nicht uͤber 4096mal duͤnner, als unten werden, und findet daraus nach einer ungefaͤhren Berechnung, die ich bey der Ueberſetzung des de Luͤc (Unterſ. uͤber die Atmoſph. Leipz. 1776. gr. 8. Th. I. S. 239. Anm.) umſtaͤndlich vorgetragen habe, die Hoͤhe des Luftkreiſes 15 franzoͤſiſche Meilen (lieües), jede zu 12000 pariſer Fuß.
Herr de Luͤc (Unterſ. uͤber die Atm. §. 794. u. f.)51 ſchlaͤgt vor, dus Ende der Armoſphaͤre dahin zu ſetzen, wo die Luft nur noch wenig Quedſilber, z. B. noch eine Linie erhaſten koͤnne. Fuͤr dieſe Stelle iſt, wenn man f = 27 Zoll oder 324 Lin. und die Temperatur 16 3 / 4 Grad ſetzt Toiſen oder 12 1 / 2 franzoͤſiſche Meilen. Hier waͤre die Luft 324 mal duͤnner als unten. Es iſt aber gar fein Zweifel, daß ſie noch weit duͤnner werden kan, da ſchon unſere guten Luftpumpen ſie noch ſtaͤrker verduͤnnen. Bis dahin, wo ſie nur 1 / 2 Lin. Queckſilber hielte, und 628mal duͤnner, als unten waͤre, haͤtre man noch 3010 Toiſen oder 1 1 / 2 frz. Meilen hoͤher zu ſteigen; und wieder 1 1 / 2 Meilen bis dahin, wo ſie 1256mal duͤnner waͤre u. ſ. w. De Luͤc ſelbſt ſchaͤtzt ſie endlich auf 17 1 / 2 frz. Meilen. Alle dieſe Beſtimmungen ſind blos willkuͤhrlich, und lehren eigentlich gar nichts, weil man die Grenze der Verduͤnnung der Luft doch nicht aus Erfahrungen angeben kan.
Man hat aber eine weit aͤltere und beſtimmtere Methode, die Hoͤhe des Luftkreiſes zu finden. Sie gruͤnder ſich auf die Theorie der Daͤmmerung, und iſt ſchon beym Alhazen (De crepuſculis prop. ult. in Riſneri Theſaur. Opt. Baſil. 1572. fol.) vorgetragen. Wenn auf der mit dem Luftkreiſe umgebnen Erdkugel, Taf. XIV. Fig. 9. dem Orte O die Daͤmmerung aufhoͤrt, und der letzte Stral der Sonne HO im Horizonte dieſes Orts ins Auge O gelanget, ſo ſteht die Sonne ſelbſt ſchon 18° unter dem Horizonte IHO, ſ. Daͤmmerung Ihr letzter Stral SH trift alſo den Horizont IHO bey H unter dem Winkel SHI = 18°, und wird von dem Lufitheilchen H ſo nach O reflectirt, daß SHC = CHO. Daher iſt CHO = 1 / 2 SHO = 1 / 2 (180° - SHI) = 90° - 1 / 2 SHI, und C oder 90° - CHO iſt = 1 / 2 SHI = 9°. Mithin verhaͤlt ſich im rechtwinklichten Dreyecke CHO und der Unterſchied zwiſchen CH und CO, oder die Hoͤhe des Luftkreiſes iſt = CO. (ſec. 9° - 1) = 0,0124625. CO, d. i. nahe an 1 / 80 CO. Setzt man CO oder den Halbmeſſer der Erde nach Picard 3269300 Toiſen, ſo betraͤgt dies etwa 40752 Toiſen oder 20 1 / 3 Lieues. 52
Kepler (Epit. Aſtr. Copern. p. 73. ſqq. ) hatte mit Recht bemerkt, daß man auch die Brechung der Stralen SH und HO in Betrachtung ziehen muͤſſe. Er fuͤhrt eine Rechnung hieruͤber, die ihm den Luftkreis 10 Meilen hoch giebt, die er aber wieder verwirft, weil er ſich einbildet, die Luft koͤnne nur bis in die Hoͤhe einer halben Meile reichen. Halley (Philoſ. Trans. n. 181.) zeigt durch einen ſehr ſcharfſinnig gefuͤhrten Beweis, daß man wegen der Brechung den Winkel C um die Groͤße der Stralenbrechung im Horizonte, d. i. um einen halben Grad, kleiner annehmen muͤſſe. Dadurch wird oder nahe 1 / 90 CO, und die Hoͤhe des Luftkreiſes findet ſich 36325 Toiſen oder 18 1 / 6 Lieues. In geograph ſchen Meilen, deren 15 auf einen Grad und 860 auf den Halbmeſſer gehen, macht dies 9 2 / 3; und in churſaͤchſiſchem Maaße beynahe 8 Meilen, jede zu 32000 Leipziger Fuß.
De la Hire (Mém. de l'acad. des Sc. 1713. p. 54.) zieht von dem ganzen Sehungsbogen (18°) die Brechung im Horizonte (32′) und den Halbmeſſer der Sonne (16′) ab, (den letztern darum, weil der letzte Strol nicht vom Mittelpunkte, ſondern vom obern Rande der Svnne komme), und ſetzt alſo den Winkel C = 8° 36′. Dies giebt ihm 37223 Toiſen; vorausgeſetzt, daß die Stralen SH und HO gerade Linien beſchreiben. Da ſie aber in krummen Linien gehen, ſ. Stralenbrechung, aſtronomiſche, ſo zieht er auch dies in Betrachtung, und ſchließt endlich, die Hoͤhe des Luftkreiſes ſey zwiſchen 32501 und 37223 Toiſen.
Mairan (Traité de l'aurore boreale, Sect. II. ch. 3.) folgert aus Beobachtungen der Nordlichter, daß deren Hoͤhe, mithin auch