PRIMS Full-text transcription (HTML)
Die Bayerische Presse.
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Eine constitutionell-monarchische Zeitung.

Expedition: Jm Schenkhofe 2. Distr. Nr. 533.

Einrückungsgebühr: die gespaltene Pe - titzeile oder deren Raum 3 kr. Briefe und Gelder frei.

Nr. 84.
Würzburg, Montag den 8. April. 1850.

Amtliche Nachrichten.

Seine Majestät der König haben Sich unterm 4. April Allergnädigst bewogen gefunden, in die durch den Tod des Kaufmanns Joseph Bolder zu Aschaffenburg erdigte dritte technische Asses - sorsstelle am dortigen Wechsel = Appellationsgericht den bisherigen vierten technischen Wechsel - Appel - lations = Gerichts = Assessor Franz Anton Reitz vor - rücken zu lassen; die hierdurch eröffnete vierte tech - nische Wechsel = Appell. = Ger. = Assessorsstelle dem er - sten Suppleanten Franz Joseph Scheppler zu übertragen und den zweiten Suppleanten Karl Krebs zum ersten Suppleanten am gedachten Wechsel = Appell. = Gericht zu ernennen.

Deutschland.

München, 1. April. (Fortsetzung. ) III. Ver - fahren bei Feststellung der Kapital = Ren - ten und Einkommensteuer. Art. 13. Die Aufstellung der Steuerlisten für die Kapitalrenten - und für die Einkommensteuer hat gleichzeitig zu geschehen. Das Verfahren für die Anlage beider Steuergattungen ist ein gemeinschaftliches nach Maßgabe der folgenden näheren Bestimmungen. Art. 14. Jeder Steuerpflichtige oder dessen ge - setzlicher Stellvertreter hat nach ergangener Auf - forderung entweder schriftlich oder mündlich seine Erklärung abzugeben 1) ob er im Besitze steuer - barer Kapitalien sich befindet, und wie hoch sich der Jahresbetrag der Kapitalrente zur Besteuerung beläuft? 2) welche Einkommensquellen er besitzt und wie hoch sich sein jährliches reines Einkom - men hieraus berechnet? 3) was er sonst zur Er - läuterung seiner Fassung beizufügen für nothwen - dig hält? Die Erklärung oder Selbstschätzung hat innerhalb der Aufforderung vorgesteckten Frist, oder an dem hierzu anberaumten Tage bei der Gemeindebehörde, welche die Aufforderung erlassen hat, zu geschehen, und wird sogleich an das Rent - amt übersendet, welches sämmtliche Angaben in die Steuerliste zusammenträgt. Werden schriftliche Erklärungen verschlossen überreicht, in welchem Falle dieselben mit der Bezeichnung des Namens und Wohnortes, des Fatenten versehen sein müs - sen, so sind sie von der Gemeindebehörde uner - öffnet an das Rentamt zu übergeben. Art. 15. Zum Zwecke der zu erlassenden Aufforderung (Art. 14) hat die Gemeindebehörde ein vollständiges Verzeichniß sämmtlicher Fassionspflichtigen, welche in der Gemeinde ihren Wohnsitz oder gewöhnli - chen Aufenthalt haben, herzustellen. Wer seine Erklärung nicht rechtzeitig abgibt, wird durch Mahnboten auf seine Kosten unter Vorsteckung einer bemessenen Frist und unter dem Präjudize der im Art. 23, Absatz 3 gegenwärtigen Gesetzes bestimmten Strafe -- gegen Ladungsnachweis er - innert. Erfolgt demungeachtet keine Erklärung, so gibt die Gemeindebehörde hiervon durch das Rentamt dem Steuerausschusse Kenntniß, welcher sodann die Größe der Kapitalrente und des jähr - lichen reinen Einkommens des Säumigen von Amtswegen feststellt. Art. 16. Jst die Steuer - liste angelegt, so tritt in jedem Rentamtsbezirke ein Ausschuß zur Prüfung der abgelegten Selbst - schätzungen, welche in größern Städten nach den bereits vorhandenen oder noch zu bildenden Distrik -ten oder Bezirken, auf dem Lande aber nach Ge - meinden vorgenommen wird, in Thätigkeit. Der Steuerprüfungsausschuß besteht aus vier für den ganzen Amtsbezirk gemeinschaftlichen Mitgliedern, welche diesmal durch drei weitere Mitglieder aus dem Bezirke oder der Gemeinde, deren Fassion geprüft werden sollen, verstärkt werden. Der bei - zuziehende Aktuar ist von dem Rentamte zu stel - len. Die ständigen Ausschußmitglieder bestimmen den Vorsitzenden aus ihrer Mitte nach freier Uebereinkunft; kommt eine solche nicht zu Stande, so übernimmt der dem Lebensalter nach Aelteste unter ihnen den Vorsitz. Art. 17. Zur Wahl der gemeinschaftlichen vier Ausschußmitglieder und weiterer vier Ersatzmänner werden für jede zum Rentamtsbezirke gehörige Stadtgemeinde I. und II. Klasse die Mitglieder des Magistrats und die Gemeindebevollmächtigten, dann für jede eingehö - rige Stadt = und Marktgemeinde III. Klasse ein Mitglied des Magistrats und ein Gemeindebevoll - mächtigter, endlich für jede Landgemeinde der Ge - meindevorsteher oder an dessen Statt ein Ge - meindebevollmächtigter berufen. Bei der Wahl genügt relative Stimmenmehrheit. Die Leitung derselben übernimmt ein von der Kreisregierung, Kammer des Jnnern, für jeden Rentamtsbezirk zu bestimmenden Distriktspolizeibeamter, welcher nach geschlossenem Wahlakte den Ausschußmitglie - dern und deren Ersatzmännern nachstehenden Eid abzunehmen hat: Jch schwöre, daß ich als Mit - glied des Steuerausschusses mein Urtheil über die zu prüfenden Fassionen auf Ehre und Gewissen nach freier Ueberzeugung abgeben werde, so wahr mir Gott helfe. Die Bestimmung der (nach Art. 16) weiter für jede Gemeinde oder jedem Bezirk beizuziehenden drei Ausschußmitglieder ist der einschlägigen Gemeindebehörde überlassen. Die - selben werden gleichfalls von dem einschlägigen Distriktspilizeibeamten nach obiger Formel in eid - liche Pflicht genommen. Wählbar in den Steuer - ausschuß sind nur unbescholtene Staatsbürger, welche in dem betreffenden Rentamtsbezirke, be - ziehungsweise der betreffenden Gemeinde, ansässig sind. Der Prüfungsausschuß ist zur strengsten Amtsverschwiegenheit verpflichtet. (Schluß folgt.)

München, 3. April. Die Neue Münchener Ztg. enthält folgenden Gesetzentwurf über einen Credit für Bedürfnisse der Armee, der der Kammer vorgelegt werden wird: Seine Majestät der König haben nach Vernehmung ih - res Staatsraths, mit Beirath und Zustimmung der Kammern der Reichsräthe und der Kammer der Abgeordneten, mit Rücksicht auf die gestei - gerten Bedürfnisse der Armee beschlossen und ver - ordnen was folgt: Art. 1. Für den Zweck der alsbaldigen Anschaffung solcher Gegenstände, die schon im Frieden bei dem erhöhten Stand der Armee und zu deren gehörigen Wehrfähigkeit vor - handen sein sollen, werden dem Kriegsminister 2,800,000 fl. zur Verfügung gestellt. Art. 2. Um für den Fall eines Krieges oder bei einer erfolgenden Mobilisirung der Armee die weitern nöthigen Anschaffungen und Leistungen bestreiten zu können, wird weiter ein Credit von 700,000 fl. eröffnet; welche Summe dem Kriegsminister in dem Falle, daß Kriegsausbruch wahrscheinlich oder die Mobilisirung der Armee nöthig ist, jenach Umständen theilweise oder im Ganzen zu überweisen ist. Art. 3. Der Staatsminister der Finanzen wird ermächtigt, im Wege des Anle - hens die zu den beiden Postulaten erforderlichen Mittel aufzubringen, und für die Flüssigmachung nach Bedarf zu sorgen. Art. 4. Die Staats - minister der Finanzen und des Kriegs sind mit dem Vollzuge dieses Gesetzes beauftragt. Ge - geben München, den .... Für den Entwurf (L. S.) Dr. Aschenbrenner. Lüder.

München, 4. April. Wie ich aus sicherer Quelle vernehme, ist am letzten Samstag im Ministerrathe beschlossen worden, daß der Kriegs - zustand in der Pfalz noch nicht aufgehoben wer - den soll. Jn Folge dieses Beschlusses wird die Berathung der Beschwerde mehrerer Abgeordne - ten der Pfalz wegen des fortgesetzten Kriegszu - standes nicht -- wie beabsichtigt war -- unter - bleiben, sondern allernächst in der zweiten Kam - mer stattfinden. Der deßfallsige Ausschußbericht wird noch heute oder morgen vertheilt werden; daß der Ausschuß die Beschwerde für begründet erklärt hat, habe ich Jhnen schon mitgetheilt.

Jngolstadt, 4. April. Nachdem vorgestern die Besatzung der Festung Wülzburg, welche ferner wieder das 15. Jnfant. = Reg. zu geben hat, hier - her zurückgekehrt war, wurden gestern sämmtliche Fronten unserer Festung mit Posten besetzt, so wie auch vor einigen Tagen die einzelnen Artillerie - Kommandanten ihre Fronten übernommen haben.

Frankfurt, 5. April. Die Commission, welche zur Begutachtung der Herstellung einer Telegraphenlinie von hier nach Basel von den betreffenden Regierungen ernannt wurde, ist zu - sammengetreten und hat ihre Berathungen be - gonnen.

Karlsruhe, 30. März. Nachdem nun auch die erste Kammer in ihrer geheimen Abendsitzung der Vertagung der Adresse der zweiten Kam - mer beigetreten ist, liegt ein an die Regierung zu Stande gebrachter Gesammtbeschluß bei - der vor. Dieser geht sonach dahin, daß 1) dem Abmarsch der badischen Truppen nach Preußen beigestimmt wird, jedoch unter der Bedingung sofortiger Kompensation der Kosten und der Kopf - zahl, d. i. dem Verlangen Preußens zuwider soll die Abrechnung der badischen Truppenzahl von der in Baden verbleibenden preußischen nicht erst in einem halben Jahre, sondern schon jetzt statt - finden; 2) Baden gänzlich von der Last der Stel - lung eines Kontingents zur Besatzung der Bun - desfestung Rastatt entbunden, diese vielmehr aus - schließlich durch andere deutsche Bundestruppen besetzt werden solle; 3) legten die Kammern Ver - wahrung ein gegen die zu Lasten Badens der von Preußen in Anspruch genommenen 2,096,000 Thaler als Kostenbetrag der Mobilisirung der preußischen Truppen. Die Kosten sollen nach der Ansicht der badischen Kammern vielmehr von ganz Deutschland gedeckt werden durch zu erhebende Matrikularbeiträge von den einzelnen Staaten, wobei dann Baden nur seinen Antheil zu zahlen hätte. Endlich soll 4) die mit Preußen abzu - schließende Uebereinkunft über diese verschiedenen Punkte zuvor den Kammern zur Zustimmung vor - gelegt werden.

Karlsruhe, 3. April. Wie ich aus guter Quelle vernehme, ist gestern dem Minister des Auswärtigen von der Protestation Oesterreichs gegen die zwischen Preußen und Braunschweig abgeschlossene Militär = Convention Mittheilung ge - macht worden. Diese Protestation hat um des - willen directe Bedeutung für Baden, weil darin zugleich auch gegen eine eventuell zwischen Preußen und Baden abzuschließende, oder etwa gar schon abgeschlossene ähnliche Convention Verwahrung ein - gelegt werden soll. Der Abschluß einer solchen ist indessen -- wie ich vernehme -- bis jetzt noch nicht erfolgt, und dürfte wohl mit bedeutenden Schwie - rigkeiten verknüpft sein, da hier die Zerreißung des achten deutschen Armee = Corps in das Spiel kommt, gegen welche von allen betheiligten Staaten Ein - sprache bereits erhoben worden sein soll. Wie es scheint, nimmt auch die Bundes = Central = Commis - sion die Sache bereits in die Hand, da die badi - sche Regierung dieser Tage die Cinladung von derselben erhalten hat, die badischen Militär = Con - ventionen zur Vorlage zu bringen. Ob dies schon geschehen, oder welche Antwort von hier aus er - folgt ist, vermag ich nicht anzugeben.

= = Wiesbaden, 5. April. Am 12. d. M. beginnen unsere Assisen. Eine große Anzahl be - deutender Kriminalverbrechen werden zur Verhand - lung kommen.

Köln, 28. März. Auf dem hiesigen Stadt - hause liegt seit einigen Tagen zu Jedermanns Einsicht die prachtvolle illustrirte Dankadresse of - fen, welche die Bürgerschaft Kölns Sr. Maj. dem König Ludwig von Bayern für das so großmü - thige und prachtvolle Geschenk der kostbaren vier Glasgemälde = Fenster widmet, die jetzt die südliche Nebenhalle des Langhauses in unserem herrlichen Dome zieren. Diese Adresse ist ein wahres Mei - sterwerk der Kunst, das -- ganz in mittelalter - lich = deutschem Style von Kölner Künstlern aus - geführt -- Zeugniß gibt, wie auch heute noch ganz im Geiste und Geschmack unserer kunstge - übten Altvorderen Vortreffliches und Ausgezeich - netes geleistet werden kann. Sie ist ein wahr - hafter Codex argenteus aureo poly chro - maticus, wie ihn der Fleiß und die Geduld jener Zeiten kaum besser herzustellen im Stande gewesen wären. Der Einband besteht aus zwei starken, mit dunkelrothem Sammt überzogenen Deckeln, mit Vorsätzen von gewässerter weißer Seide und Goldschnitt. Jn der Mitte des De - ckels auf der Vorderseite befindet sich das baye - rische Wappen in Emaille, getragen von einer Agraffe von gothisch = architectonischer Form, in starken Dimensionen sich vom dunkeln Grunde erhebend. Die Rückseite zeigt das kölnische Wap - pen in derselben Art, wie das vorige, nur in ei - ner varirenden architectonischen Form Die Ecken und Krampen tragen entsprechende Verzierungen, Alles von massivem Silber und kräftiger Vergol - dung. Das Jnnere besteht aus mehreren Perga - mentblättern in Folio, auf deren erstem sich in gothischen, reichverzierten Lettern die Aufschrift befindet: An Seine Majestät, den König Lud - wig I., König von Baiern. Die Jnitiale dieser Aufschrift stellt Ludwig den Heiligen als Kreuz - fahrer dar, und unter der Aufschrift folgen fünf der heil. Schrift und dem Leben der Heiligen entlehnte symbolische Darstellungen der Künste: die Malerei durch den heil. Lucas, die Poesie durch König David, die Baukunst durch König Salomon, die Bildhauerkunst durch Hiram und die Musik durch die heil. Cäcilia. Auf dem zwei - ten Blatte steht die Dankadresse selbst. Das dritte enthält die innere Ansicht der südlichen Nebenhalle des Langhauses im Kölner Dome mit den herrli - chen Glasgemälde = Fenstern. Auf dem vierten sieht man neben dem obern Theile des Glasgemälde - Fensters in dem kleinen Chore der heiligen drei Könige rechts und unten die Wappen der 15 Patricier = Familien Kölns. Die Darstellung des fünften Blattes bringt einen Theil der Glas - gemälde aus der nördlichen Nebenhalle des Lang - hauses. Hierauf folgen mehrere Pergamentblät - ter für die Namen der Unterzeichner der Adresse, und dann als Schluß des Ganzen ein durch Wech -sel und wunderbare Harmonie der Farben ausge - zeichnetes Blatt mit dem königl. bayer. Wappen und der Devise: Justus et perseverans. Hier sieht man die Schutzpatronin des Landes -- die heil. Jungfrau -- die Wappen des Domkapitels und der Stadt Köln, umgeben von den Wappen und Zeichen der ehemal. 22 Zünfte.

* Kassel, 4. April. Heute ist die Eisenbahn - strecke von hier nach Marburg feierlich eröffnet worden.

Von der Pleisse, 3. April. Die Gerüchte über einen Fürsten = Congreß in Dresden wiederholen sich nicht nur, sondern gewinnen be - reits eine festere Gestalt. Man meint, derselbe werde jedoch erst nach der Krönung des Kaisers von Oesterreich Statt finden; es würde sich, will man weiter wissen, an diese Feierlichkeit ein um - fassender Gnaden = Act knüpfen, mit dem gleich - seitig ähnliche Gnaden = Acte im übrigen Deutsch - land erlassen werden würden. Einige spre - chen auch die Hoffnung aus, dem Congresse werde eine Verständigung der deutschen Fürsten überhaupt, also eine Verschmelzung der sich jetzt gegenüberstehenden Bündnisse vorausgehen, um so - wohl hierdurch, wie durch eine allgemeine Am - nestie die Völker Deutschlands zu versöhnen und das Mißtrauen zu beseitigen, mit dem man der - gleichen Fürsten = Versammlungen betrachtet.

Berlin, 2. April. Jn Kolmsee, Thorner Krei - ses, hat am 26. März eine arge Störung der öf - fentlichen Ruhe stattgefunden. Den Anlaß dazu gab die Verhaftung eines Trunkenen, in deren Folge die zahlreich versammelte Menge -- es war gerade Jahrmarkt -- das Haus des Bürgermei - sters stürmte, Möbel und Hausgeräth, so wie Akten und Bücher zerstörte und alles Geld, so - wohl das dem Bürgermeister gehörige, als das in der Post =, Salz = und Steuerkasse befindliche, zu - sammen gegen 600 Rthlr., raubte. Auch mehrere Marktbuden wurden zerstört und die Verkäufer ih - rer Waaren beraubt. Die Regierung in Marien - werder hat sogleich einen Kommissarius an Ort und Stelle gesandt, um den Thatbestand zu un - tersuchen und die Ruhe nöthigenfalls durch Requi - sition des Militärs zu sichern. Kolmsee ist übri - gens ein Hauptsitz der Liga polska.

* Wien, 30. März. Die Zeitungen brachten kürzlich die Kunde von einer scharfen, ja drohen - den Note, welche Rußland durch seinen Gesandten zu Berlin der preußischen Regierung habe zustel - len lassen. Wenn der Auszug, welchen nord - deutsche Blätter davon gaben, der Genauigkeit nicht gänzlich entbehrt, so müssen wir allerdings gestehen, daß diese Note ein politisches Ereigniß von unberechenbarer Tragweite genannt zu werden verdient. Wir können nicht in Abrede stellen, daß die Energie, womit sich das russische Cabinet ge - gen die immerhin revolutionäre Lösung der deut - schen Frage erklärt, uns der Verbote jener Hal - tung zu sein scheint, welche dasselbe Deutschland gegenüber im Großen und Ganzen anzunehmen, gesonnen ist. Nicht darauf, daß das meerum - schlungene Ländchen zur Krone Dänemark gehöre, sondern auf die Traktate des Jahres 1815 als die unverbrüchlichen Grundlagen der europäischen Ordnung der Dinge wird darin der entsprechende Accent gelegt. Damit ist aber die deutsche Frage aus dem wirren Stadium der zweck = und ziellos kreisenden Bewegung, worin sie sich bis jetzt be - fand, herausgetreten und ist im eigentlichen Sinne des Wortes eine europäische Frage geworden. Wir können dies nur aufrichtig beklagen. Die Handlungsweise Derjenigen, welche fremde Ein - mischung provociren, ist in jeder Beziehung un - verantwortlich, und, wir scheuen uns nicht, es auszusprechen, ein Verbrechen an der Nation. Wäre die gegenwärtige preußische Regierung je - derzeit von dem Grundsatze ausgegangen, daß nur die solidarische Einigung der deutschen Staaten ein dauerndes Verfassungswerk zu begründen im Stande sei, hätte sie sich jederzeit die Maxime, welche Oesterreich unverbrüchlich verfolgt, vor Augen gehalten, so wäre ihr der Eindruck erspart geblieben, der ungeachtet aller Redomontaden der dünkelvollen, preußischen Blätter diese Note un -fehlbar machen wird und muß. Die Frage ist in Ganzen genommen so einfach, als möglich. Erfolgt die Einigung der einzelnen deutschen Staa - ten in der That, so geben ihnen die Traktate des Jahres 1815 das unverkennbare Recht, Deutsch - land nach gemeinsamem Einverständniß zu kon - stituiren. Erfolgt diese Einigung nicht, und sollte irgend ein deutscher Staat fortfahren die Verle - genheiten Deutschlands auszubeuten, und die Trüm - mer des ehemaligen Bundes als Material für den Bau eigener Größe zu benutzen, so ist die Störung des allgemeinen Gleichgewichtes unläug - bar, Sinn und Wortlaut der Verträge vom Jahr 1815 verletzt und den auswärtigen Mächten das Recht zur Hand gegeben, ihr Wort in Deutsch - lands Angelegenheiten mitzusprechen.

+ Wien, 2. April. Heute Vormittag fand die feierliche Dekorirung der jüngst ernannten Mar. = Theres. = Ordensmitglieder durch den Kaiser Statt. Unter Kommando des Armeekommandan - ten, Gen. der Kavallerie, Grafen Wratislaw, war die gesammte Garnison aus Wien und der Um - gegend ausgerückt, und zwar: 4 Grenadier =, 4 Füsilier =, 3 Jäger = und ein Bataillon Pio - niere, die beiden Kürassier = Regimenter Sunstenau und Preußen, dann 8 Batterien. Der Moment der Dekorirung ward durch Geschützsalven ver - kündigt. Nebst den hier anwesenden neuernannten Mitgliedern waren zu diesem feierlichen Akte der F. = M. Windischgrätz, F. = Z. = M. Haynau aus Pesth, G. d. K. Schlick aus Brünn und G. = M. Graf Montennovo aus Preßburg hier eingetroffen. -- Die Berathungen der unter Vorsitz des Ban Jel - lachich in Betreff der Militärgrenze zusammenge - tretenen Commission schreiten vor, und bereits hat sich dieselbe hinsichtlich der Verfassung über fol - gende Vorschläge geeinigt, welche der Sanction des Kaisers unterbreitet werden. Die einzelnen Militärgrenz = Provinzen bleiben in dem Verbande mit ihren Stammländern, und bilden vereint ein Territorialgebiet mit gesonderten Provinzial = und Militärverwaltungen. Die Sprache des Militär - dienstes und im Truppen = Kommando bleibt die deutsche als die Sprache des Reichsheeres. Jn allen öffentlichen, innern und äußern Geschäften bei den Gerichten gilt die Nationalsprache und wird in den niedern und höhern Schulen einge - führt. Jede Verleihung eines öffentlichen Amtes in der Militärgrenze wird von nun an durch die vollständige Kenntniß der Nationalsprache bedingt. Nichteinrollirte Grenzer stehen unter den Landes - gesetzen, die einrollirten hingegen unter den Kriegs - gesetzen. Jedes Regiment stellt zwei Feldbatail - lone mit 12 Compagnien und ein Reserveba - taillon mit vier Compagnien, dann jedes der 4 Karlstädter und 2 Banal = Reg. 2 Compagnien Seressaner und jedes der Warasdiner, slavoni - schen und banatischen Grenzregimenter eine Di - vision leichte Reiterei. Das Tschaikisten = Batail - lon stellt ein actives Bataillon mit 4 Compag - nien. Feldbataillone, Seressaner und Reiterei werden in und außer Landes verwendet. Am Cordon, bei dem Exercieren, im Winter, Früh - jahr und Herbst und in jedem innern und äußern Dienste gebührt dem Soldaten die Löhnung und das Brodrelutum nach dem jeweilig bestehenden Ausmaße. Dagegen ist der Grenzsoldat im ei - genen Compagniebezirken zu der innern Polizei = u. Disciplinar = Dienstleistung unentgeldlich verbunden. Der einrollirte Soldat erhält vom Staat die com - plete Montur, Armatur, Rüstung und Munition. Wegen Entschädigung der Seressaner und der Rei - terei erfolgen nähere Bestimmungen. Das Dienst - constitutivum hört auf, dagegen findet Jnvaliden - versorgung der verdienten und erwerblosen lang - dienenden Soldaten Statt. -- Der Kriegsmini - ster, F. = M. = L. Graf Gyulai wird am 11. d. hier von seiner Reise nach Jtalien zurückerwartet. -- Bis Ende Juni müssen die Telegraphen = Linien von Junsbruck über Kufstein nach Lofer, dann nach Bregenz und nach Botzen vollendet sein, und da gleichzeitig die Arbeiten von Botzen nach Ve - rona und Mailand in Angriff genommen werden, so dürfte die telegraphische Verbindung zwischen Wien und Mailand schon Anfangs Juli einge -leitet sein. -- Dem Vernehmen nach hat das Ministerium wegen Herrichtung der Appartements für Abhaltung der Landtage in den verschiedenen Kronländern bereits Einleitungen getroffen. -- Nach Mailand und der Umgegend sollen noch 20,000 M. verlegt werden. -- Nach glaub - würdigen Nachrichten steht eine Beschlußnahme in Betreff des längst projectirten Anlehens im lombardisch = venetianischen Königreich in nächster Aussicht. Dasselbe soll 40 Mill. Gulden be - tragen, wovon die eine Hälfte in Schatzscheinen, die andere in Silber gegen 5procentige Metalli - ques eingezahlt werden soll. Diese Obligationen sollen auf den Monte versichert und innerhalb 25 Jahren verlost werden. Die Aufforderung soll vorerst zu einer freiwilligen Anleihe erfolgen, bei deren Erfolglosigkeit man zu einer Zwangs - Anleihe schreiten wird. Ein Theil der Gelder ist zum Ankauf der Mailand = Venetianer Bahn be - stimmt. -- Dem Constitutionellen Blatt aus Böh - men wird aus der Lombardei geschrieben, daß die öffentliche Sicherheit im ganzen Lande in der beklagenswerthesten Lage ist. Kein Tag vergeht, an dem nicht aus den Provinzen Nachrichten über die kecksten Raubanfälle, Plünderungen, Mord - und Todtschläge aller Art einlaufen. Selbst in Mailand finden fast täglich sogar in den besuch - testen Straßen Raubanfälle Statt, die man un - geachtet aller Strenge gegen Einzelne nicht ver - hindern kann.

Frankreich.

Paris, 30. März. Eine liberalc englische Zeitschrift bemerkt über die dermalen französischen Zustände: Die im Februar 1848 entstandene Regierungsform von Frankreich ist so weit entfernt von einer republikanischen Verfassung, wie irgend eine Regierungsform nur sein kann. Frankreich trat vielmehr unter eine vielköpfige Dictatur, unter eine despotische Oligarchie. Elf Männer, von denen einige von einer Zeitungs - expedition, andere von einer Pöbelrotte, die in die Deputirtenkammer einbrach, ausgesucht und angestellt worden waren, haben Frankreich wäh - rend der Monate März, April und Mai 1848 mit einem Grade des Absolutismus regiert, von dem die Geschichte sonst kein Beispiel aufzuweisen hat. Die tyrannischsten Asiatischen oder Af - rikanischen Herrscher, der Kaiser von China der König von Dahrmi oder der Aschan - ti 's dürfen nicht den zehnten Theil der despoti - schen Willkür sich erlauben, welche die Elfe in ihre hundert Tage zusammengedrängt haben. Sie lösten die Deputirtenkammer auf. Sie verboten den Pairs sich zu versammeln. Sie vermehrten das stehende Heer um 200,000 Mann und er - richteten eine neue Armee für Paris von 20,000 Mann mit doppeltem Solde. Zur Bestreitung dieser Ausgaben erhöhten sie die direkten Steuern um 41 Procent. Sie entbanden die Bank von den Baarzahlungen, gaben den Banknoten einen Zwangscours, und forderten dann der Bank ein Darlehen von 50 Millionen ab. Sie thaten kühne Griffe in die Sparkassen. Sie schafften alte Abgaben ab und führten neue ein. Sie er - klärten die Staatsverträge, auf welchen das Eu - ropäische Völkerrecht beruht, für erloschen. Sie setzten Richter ab, die nach der Verfassung unab - setzbar waren. Sie sandten Commissarien in das Land, welche sie mit eben der absoluten Gewalt bekleideten, welche sie sich selbst angemaßt hatten. Kurz, sie thaten, was keine Regierung thun kann, der noch irgend ein beschränkender oder mäßigen - der Einfluß gegenübersteht. Sie verboten endlich und verhinderten, so gut sie konnten, die Rückkehr Frankreichs zu der Verfassung, unter welcher es seit Cäsärs Zeit immer gelebt hat, die sie - ben jammervollsten Jahre seiner Existenz (1792 -- 1799) allein ausgenommen. Wenn dies repu - blikanische Regierung ist, so finden wir mehr Freiheit in Venetianischer Aristokratie oder im Türkischen Despotismus. Aber so groß die Macht dieser Tyrannen war, die Rückkehr zur Monarchie konnten sie nicht hindern. Nach noch nicht ganz vier Monaten wurde die Monarchie-- eine wirkliche, wenn gleich eine temporäre Mo - narchie -- in der Person des General Cavaignac hergestellt. Und jetzt ist das monarische Element in Frankreich vielleicht stärker als in irgend einem europäischen Lande. Louis Napo - leon hat mehr wirkliche Macht als irgend ein gleichzeitiger Herrscher, den Russischen Kaiser allein ausgenommen. Die Franzosen sind gegen - wärtig mehr Unterthanen eines Einzelwillens, eines unbeschränkten und auf mehrere Jahre hin gesetzlich unbeschränkten Einzelwillens, -- als sie unter irgend einem Könige seit dem Tode Lud - wigs des Vierzehnten gewesen sind, -- mehr Unterthanen eines Einzelwillens, als sin nament - lich während der letzten Regierungsjasre des sehr selbstregierenden Louis Philipp waren.

C Paris, 2. April. Der Constitutionnel ent - hält Folgendes: Die Preßgesetzkommission hat sich heute versammelt. Folgendes sind die Punkte, über welche, wie man versichert, sie einig ist: Beibehaltung des jetzigen Cautionsbe - trages und Verpflichtung der Journale, im Ver - urtheilungsfalle binnen drei Tagen ihre Caution zu ergänzen. Dieser Tage wird sie die Abgeord - neten der Departementalpresse besonders verneh - men. Diese werden morgen eine Sitzung haben, um sich über die zu machenden Vorstellungen zu einigen. -- Am 29. November 1849 wurde Cabet vom Zuchtpolizeigerichte wegen Mißbrauch des Vertrauens und Betrügerei zu zwei Jahren Ge - fängniß, 50 Fr. Geldbuße und fünfjährigem Ver - lust der bürgerlichen Rechte in contumatam ver - urtheilt. Cabet legte dagegen Verwahrung ein. Gestern 2. April war der anberaumte Termin. Der Vertheidiger Cabets, Henry Celliez, verlangte einen abermaligen Aufschub von 3 Monaten, wo sein bis jetzt verhinderter Client mit seinem Eh - renworte sich verpflichte, sich zu stellen. Der An - waltssubstitut Oscaro de la Vallie (von Girar - din im Versailler Prozeß des Mißbrauchs der Amtsgewalt beschuldigt), spricht in einer längeren Rede dagegen. Dies Tribunal verwirft die Ein - rede Cabets und bestätigt das Urtheil vom 29. September. -- Wenn wir einer sonst sehr ver - läßlichen Quelle glauben dürfen, hat die Groß - herzogin Stephania von Baden ihren Aufenthalt dazu benützt, die Grundlagen einer französisch - russischen Allianz anzubahnen. Wie sie die Ver - mittlerin von französischer Seite ist, vertritt der mit ihr verwandte Herzog von Leuchtenberg, den man nächstens hier erwartet, Rußland. Die Un - terhandlungen sind weit genug vorgerückt, um Lord Normanby so sehr zu beunruhigen, daß er mit dem Elysée schmollt. Die gegenwärtige Stellung Englands und Rußlands hat viel dazu beigetra - gen. Ein geistreicher Legitimist bemerkte auf die Nachricht von dieser Neuigkeit, daß die Februar - revolution nur wenige Tage vor dem Abschluß einer Allianz zwischen Louis Philipp und Nikolaus ausgebrochen sei. -- Die Regierung wollte, wie wir neulich berichtet haben, alle arbeitslosen, nicht hier gebürtigten Arbeiter und erwerblose Fremde sammt Vagabunden plötzlich aus Paris entfernen. Bestimmte Befehle waren gegeben, die Divisions - generale wie die Polizeiagenten bereit, als im Augenblick der Ausführung Gegenbefehl anlangte.

Aus dem mittägigen Frankreich, Ende März. Jmmer mehr wohlhabende Familien verlassen un - ser Land, um sich auswärts vor der Hand oder auch für die Dauer niederzulassen. Verstimmung in unsern socialen Zuständen, Mißtrauen in deren Verbesserung sind die Ursachen dieses Auswan - derns. Royer Collard sagte einmal: Frankreich wird untergehen im Mangel der Achtung vor allem Höheren, sei es menschliche, sei es göttliche Autorität. So ist es, diese Achtung ist aus der Gesellschaft gewichen, zunächst aus der Fa - milie. Jeder überschätzt seinen eigenen Werth und maßt sich an, Andere beherrschen zu wollen; diese Krankheit ist allen Ständen und allen Schich - ten der Nation eigen. Zur Zeit ist noch die Armee unsere feste Stütze; achtet man sie auch nicht, so fürchtet man sie doch. Die Po - litik der Nationalversammlung und der Partei der Ordnung ist nur eine der Unthätigkeit, desZuwartens, monarchischen Grolls (bouderie), unzeitigen Bedauerns, der Verneinung, thatloser Wünsche, wobei die Uebel täglich weiter um sich greifen und nichts wesentlich Gutes geschaffen wird. Die letzten Pariser Wahlen haben hier allgemeines Erstaunen, tiefe Betrübniß erregt; man begreift die Bougeoisie nicht, der doch Alles liegen sollte an tüchtigen Vertretern. Sollte sie so weit in ihren Vermögensumständen zurückge - kommen sein, fragt man sich hier, und deshalb zum Sozialismus sich neigen? Der reine Pa - triotismus für das große, schöne Frankreich, das nur in der Einheit bestehen kann, ist dahin, man schwört zur rothen Republik, zum Bonapartis - mus, Orleanismus, zur Legitimität, vor Allem und neben Allem zum krassesten Egoismus.

Jtalien.

Turin, 1. April. Der Erzbischof von Turin, Monfignore Fransoui, ist nun auf seinen Stuhl hierher zurückgekehrt, zur großen Freude der großen Mehrheit der Bewohner der Hauptstadt, welche ihn bei seinem öffentlichen Erscheinen aus Anlaß der kirchlichen Feierlichkeiten der verflossenen Woche laute Beweise davon gaben. Gerade das ärgerte aber die Demokraten, seine erbittersten Gegner, und ein starker Haufe derselben konnte sich die Befriedigung des Rachedurstes dafür nicht versa - gen, indem sie am Charsamstag und Ostersonn - tag, als er Mittags die Kathedrale verließ, mit Zischen und Pfeifen ihn empfingen. Allgemeine Entrüstung herrscht bei der besseren Mehrheit der Einwohner über dieses schmachvolle Benehmen, das übrigens bei der Rohheit dieser Partei nicht Wunder nehmen kann.

Griechenland.

Athen, 26. März. Jn unserer Lage ist seit meinem letzten Schreiben keine Aenderung von Be - deutung erfolgt. Die Ungewißheit über die Zu - kunft dauert fort, und dieses ewige Schwanken zwischen Hoffnung und Furcht macht den Zustand fortwährend unbehaglich. Soviel ich über die Ar - beiten des Baron Gros erfahre, ist derselbe be - reits zu der Ueberzeugung gelangt, daß die For - derungen Englands, für welche sich überhaupt ei - nige Begründung nachweisen läßt, auf sehr wenig hinauslaufen, und wenn man zu London nicht ab - solut und beharrlich die rohe Gewalt an die Stelle des Rechts setzen will, so würde Griechenland mit einem geringen Geldopfer wegkommen. Jn diesem Sinne werden auch die Vorschläge des Baron Gros wahrscheinlich lauten. Ob sie freilich von englischer Seite Gehör finden, das wissen nur die Götter, und der unermeßliche Schaden, der dem griechischen Handel aus der Wegnahme seiner Schiffe mit ihren Ladungen und der langen Un - terbrechung alles Verkehrs erwachsen ist, wird doch niemals ersetzt werden. Heute soll, wie ich höre, die erste Besprechung zwischen Baron Gros und dem engl. Gesandten, Hrn. Wyse, in der Sache stattfinden. Das einzig Sichere, worauf man mit Grund hier rechnen zu können hofft, ist, daß Ruß - land und Frankreich eine Wiederaufnahme der Feind - seligkeiten von Seite Englands nicht zugeben wer - den; eine solche ist auch schon deshalb nicht wahr - scheinlich, weil die Pfänder, welche in Händen der Engländer sind, den Werth der engl. Forderungen unter allen Umständen weit übersteigen. Der Han - del liegt inzwischen fortwährend darnieder; es fehlt das zu größeren Unternehmungen, die einer gesi - cherten Zukunft bedürfen, nöthige Vertrauen, und die Regierung ist durch die schwebenden politischen Fragen nach Außen so sehr in Anspruch genommen, daß es ihr auch beim besten Willen kaum möglich ist, den inneren Verhältnissen des Landes jene volle Thätigkeit zuzuwenden, welche sie erheischen, man mag nun die Finanzwirthschaft, das Militär - wesen oder irgend einen Zweig der Verwaltung ins Auge fassen: überall sind Reformen dringend geboten, und die Regierung wird auch nicht säu - men dazu Hand anzulegen, sobald sie nur die Hände wieder etwas frei bekömmt. Guten Ein - druck hat es hier gemacht, daß Rußland nament - lich auch wegen Herausgabe der gekaperten Schiffezu London ernstliche Schritte thut. -- N. S. Meine obige Angabe von einer heute stattfinden - den ersten Besprechung des Bardn Gros mit Hrn. Wyse bestätigt sich. Eben sind beide in Conferenz auf dem französischen Dampfer la Vedette im Piräus, wohin der englische Gesandte vom eng - lischen Linienschiff Queen aus sich begeben hat. Welchen Erfolg diese, in dem Augenblick wo ich mein Schreiben schließe noch fortdauernde Confe - renz haben wird, wird sich zeigen. Jch verspreche mir -- offen gestanden -- wenig davon. Der Beobachter von Athen vom 20. veröffentlicht den Hauptinhalt der Note, welche Hr. Persiany er - halten hatte, um dadurch die falschen Angaben und Deutungen der in Englands Sold stehenden Blätter besonders der Elpis in diesem Betreff zu widerlegen. Der Jnhalt dieser Note ist in der That in voller Uebereinstimmung mit der er - sten russischen Note von Baron Brunow zu Lon - don, und kann sonach vollkommen beruhigen.

Vermischte Nachrichten.

Weimar, 30. März. Bei uns macht nicht der Erfurter Reichstag, sondern ein Somnambule großes Aufsehen, ein Mädchen von 18 Jahren, eine Kutscherstochter, die ganz unerwartet in ihren jetzigen Zustand versetzt wurde; sie befand sich in Apolda auf dem Balle und fiel da plötzlich, mitten im Tanze um, man hielt sie für ohnmächtig, allein sie fängt an zu reden, man solle nach Weimar zu Hofrath H -- schicken, er sei im Fürstenhause bei der kranken Prinzessin. Ein bei dem Balle anwesender Arzt erklärte sie für somnambul, und ließ sie nach Weimar schaffen. Da liegt sie nun täglich zwei Stunden im magnetischen Schlafe. Dem genannten Hofrath sind vor einiger Zeit silberne Löffel weggekommen; sie hat demselben gesagt, die Löffel wären in Erfurt, er möchte nur G's Bedienten fragen. Vorgestern hat sie, na - türlich im Schlafe, gegen den Arzt geäußert: Ei Sie garstiger Herr Doktor, Sie wollten mir ja eine Apfelsine mitbringen und haben sie auf dem Tische liegen gelassen. -- Der Arzt bestätigte, daß dem so sei. Wenn sie ausgeschlafen hat, so versichert sie, sie sei im Monde bei ihrem Bruder gewesen, der sie auf einem schmalen Wege geführt habe! Den 15. oder 16. April, sagte sie, werde sie sterben oder gesund werden. Wenn sie gesund würde, so bekäme ihre beste Freundin, die sie auch genannt, dieselbe Krankheit ec. Soeben erfahre ich, daß die Löffelgeschichte wahr ist. H -- hat eine Anzeige beim Kriminalgericht gemacht, wel - ches die nöthigen Anordnungen traf und des Ge - stohlenen und des Diebes habhaft wurde.

Rochlitz, 29. März. Ein abscheuliches Ver - brechen hat sich in unserer Stadt zuzetragen und deren Bewohner mit Entsetzen erfüllt. Vorgestern Nachmittag erschlug der Schuhmachermeister Hirt mit dem Treibholze sein ihm erst vor sechs Wo - chen geborenes Kind, ein Mädchen. Leichenfrau und Todtenbeschauer entdeckten Verletzungen am Kopfe des Leichnams, die Polizei brachte den Ver - dächtigen sofort zur Haft und heute Morgen hat auch der unnatürliche Vater, als ihm der Leichnam seines Kindes vom Untersuchungsrichter zur Recog - nition vorgelegt wurde, die That gestanden. Hirt war erst seit drei Jahren verheirathet; seine Ehe - frau starb vor drei Wochen im Kindbette und hinterließ ihm außer dem neugeborenen Kinde, noch einen Knaben von zwei Jahren, welche Kin - der nach Dem, was bekannt geworden, die Ver - anlassung zu diesem Verbrechen dadurch gegeben haben, daß Hirt, wie er selbst geäußert, in ihnen ein Hinderniß bei seiner künftigen Verheirathung erblickt und gefürchtet hat, er werde keine gute Partie wieder machen, wenn er zwei so kleine Kin - der zubringe.

Neuestes.

* Würzburg, 8. April. Se. Excellenz Herr Reichsrath Frhr. v. Zu = Rhein ist aus München wieder hier eingetroffen um das Präsidium derRegierung von Unterfranken und Aschaffen - burg zu übernehmen, das seit der Abwesenheit des Herrn von Zu = Rhein Hr. Direkt. v. Hohe führte der nun zum Präsidenten der Regierung der Pfalz ernannt wurde und heute an seinen Be - stimmungsort abreisen wird.

München, 5. April. Heute fand die erste Ausschußsitzung über die deutsche Wechselordnung statt. Art. 1 und 2 der Wechselordnung wurden gegen die Anträge des Referenten angenommen, ebenso Art. 3. Nachdem so die wichtigsten Punkte der Wechselordnung angenommen sind, unterliegt es keinem Zweifel, daß dieselbe überhaupt mit den Regierungsmodifikationen bezüglich der Ein - führung die Zustimmung erhalten und die Anträge in Betreff Augsburgs werden verworfen werden.

* Augsburg, 7. April. Hr. Schönchen, Re - dakteur der Augsb. Postz. ist wegen eines Ar - tikels gegen den König von Württemberg zu 48 Stunden Gefängnißstrafe verurtheilt worden.

Frankfurt, 6. April. Der Prinz von Preußen ist heute von hier nach Karlsruhe abgereist. -- Der k. k. österr. Obrist v. Zocky, seit langer Zeit Mitglied der Bundeskommission ist zum General ernannt worden und begibt sich nach Jtalien. -- Der k. niederländische Staats - rath von Sherrf hat in der gestrigen Sitzung der Bundeskommission sein Beglaubigungsschreiben als Gesandter Luxemburgs überreicht. -- Ge - neral v. Radowitz ist von der Stelle eines Bun - deskommissärs dahier zurückgetreten und General v. Peucker zum Kommissär ernannt worden.

F* Karlsruhe, 7. April. Das soeben erschie - nene Großherzogl. Regierungsblatt erthält eine landesherrliche Verordnung, wonach der Kriegs - zustand und das Standrecht auf weitere vier Wochen verlängert sind. Eine andere Verordnung beruft den ständischen Ausschuß auf den 18. d. M. ein.

S Mainz, 6. April. Am 13. Mai findet dahier eine außerodentliche Assise statt, worin unter An - dern auch die Anklage gegen die politischen Ge - fangenen verhandelt werden wird.

= = London. 4. April. Während der gestrigen Messe in Greenwith bewarfen die kgl. Artillerie - soldaten die in das Theater gehenden Frauen mit Nüssen und machten ihnen die unverschämtesten Anträge. Die Bitten des Direktors konnten sie nicht abhalten. Endlich kam es zum Streit zwi - schen den Bürgern einerseits, den Artilleristen und diese unterstützenden Matrosen andererseits. Der Kampf war heftig, Viele sind gefährlich verwun - det. Erst reitende Polizei von Woolwich konnte Ruhe schaffen. -- Der Verlust, den die Blokade Griechenland zufügt, soll 30 Mill. Drachmen, der Ausfall in den Staatseinnahmen 8 Mill. betra - gen. -- Ein fürchterlicher Sturm hat an der Küste Jrlands bedeutende Verheerungen angerichtet. Meh - rere Schiffe gingen zu Grunde.

Lissabon, 29. März. Des Marschalls Saldanha Wohnung wird von Polizeispionen be - wacht. -- Das englische Geschwader unter Commo - dore Martin hatte im Tajo eine feindliche Stel - lung eingenommen, dieselbe aber später wieder verlassen.

Amsterdam, 3. April. Jn Gemäßheit eines königlichen Beschlusses vom 1. d. M. wird der Justizminister den Generalstaaten in einer vereinig - ten Sitzung beider Kammern einen Gesetzentwurf vorlegen, welcher die Bestimmungen über die Even - tualität einer Regentschaft, sowie der Bestellung einer Vormundschaft bei Minderjährigkeit des Thronfolgers enthält.

C Paris, 4. April. Die Nationalversamm - lung schritt im Beginne ihrer heutigen Sitzung zur Wahl ihres Präsidenten, ihrer Vicepräsidenten und Sekretäre für die nächsten drei Monate. Hr. Dupin wurde mit 369 Stimmen gegen 155, welche der Candidat der Linken Hr. Michel (von Bourges) erhielt, wiedergewählt. Der Finanz - minister Hr. Fould legte das Budget für das Dienstjahr 1851 vor. Er erklärte, das Streben der Regierung, bei der Aufstellung des Budgets,sei vor Allem dahin gerichtet gewesen, das so wünschenswerthe Gleichgewicht zwischen den Aus - gaben und Einnahmen des Staates herstellen; die Ausgaben für das Kriegs = und das Marine - departement sollen deßhalb verringert, die Zahl der öffentlichen Aemter möglichst beschränkt, alle großen Bauunternehmungen, soweit es angehe, der Privatindustrie überlassen werden u. s. w. Trotz der Lage der Finanzen habe man indeß auch den Augenblick für eingetreten erachtet, wo einige Re - formen versucht werden müßten; so sei insbeson - dere eine Erleichterung der auf dem Ackerbaue lastenden Steuern für nothwendig erkannt worden. -- Der Patrie zu Folge wurden gestern 1500 Personen ausgewiesen. -- Dem Corsaire zu Folge hat der Repräsentant Deujoy seinem Collegen Miot, der ihn gestern in der Nationalversammlung einen Spion nannte, ein Cartel zugeschickt. -- Die Opinion publique meldet, daß zu Limoges bedeutende Aufregung herrsche. Man spricht von bedeutenden Subordinationsverletzungen der dorti - tigen Garnison. -- Die Errichtung eines Polizei - ministeriums steht nunmehr in nächster Aussicht. Nach dem Moniteur du Soir soll aber nicht Carlier, sondern Persigny zu der Stelle eines Polizeiministers berufen sein. -- Adolf Barrot, französ. Gesandter in Lissabon, ist hier angekommen.

sjplus Madrid, 30. März. Gestern Abend soll durch Vermittelung des belgischen Gesandten Du - jardin das Ultimatum Palmerston's angekommen sein. Einige nennen es ganz, Andere theilweise befriedigend.

sjplus Madrid, 31. März. Als Nachfolger für Heury Rubvers im demnächst zu besetzenden hiesi - gen englischen Gesandtschaftsposten wird Lord Howden genannt. Man erwartet binnen 14 Ta - gen die Veröffentlichung der bezüglichen Akten - stücke im offiziellen Journale. -- Heute fangen die Stierkämpfe wieder an. Sie dürften sehr glänzend ausfallen. -- Graf Mirazol ist nach Cuba abgereist. -- Am Charfreitage hat die - nigin Kraft des ihr zustehenden Rechtes zwei zum Tode verurtheilte Verbrecher, darunter ein Neger zu der nächst geringern Strafe begnadigt. -- Die Provinzen sind ruhig.

Turin, 30. März. Es geht hier das Ge - rücht, die Truppen = Concentrirung der Oesterreicher habe eine Protestation Piemont's zu Grunde, welche gegen die Geldbußen, die man über die Mitglie - der der provisor. Regierung in Parma verhängt hat, als gegen einen Friedensbruch eingelegt wurde. -- Kalbermatten steht schlecht mit den Kardinälen und mit Portici, wo sich sein Landsmann Ellger, ein Schützling Radetzky's, befindet, der Kriegsmi - nister werden will und auch werden dürfte. -- Der aus der gregorianischen Zeit berüchtigte Ka - rabinier Freddi, Genosse des bekannten Polizei - spions Minardi, ist zum Generalstabs = Chef er - nannt worden.

Verantwortlicher Redakteur: Dr. Stehle.

Frankfurter Cours. Den 7. April 1850.
Geld. Papier. Oesterreich Baukaktien ......11041105
5% Metallique ....78 1 / 278 3 / 4
4%....----
3%....----
2 1 / 2 %....----
4 1 / 2 % Bethmann...----
4%...----
fl. 250 Loose v. J. 1839.----
5001834.----
Preußen3 1 / 2 % St. Schuld Scheine. ----Tthl. 50 Prämien Scheine.----
Bayern3 1 / 2 % Obligationen... ----4%....----
5%.... ---- Württemberg3 1 / 4 % ....8080 1 / 2
4 1 / 2....94 5 / 895 1 / 8
Baden3 1 / 2 %....----
fl. 35 Loose......30 3 / 431
50......51 1 / 251 3 / 4
Nassau fl. 25 ...... 23 1 / 223 3 / 4 Hessen Darmst. fl. 50 Loose...70 1 / 470 3 / 4
25...25 1 / 225 3 / 4
Polen fl. 300...--122
Sardinien Fcs. 36...32 1 / 432 3 / 4

Druck von Joseph Steib.

About this transcription

TextDie Bayerische Presse
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Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

Institut für Deutsche Sprache, MannheimNote: Bereitstellung der Bilddigitalisate und TEI Transkription Peter FankhauserNote: Transformation von TUSTEP nach TEI P5. Transformation von TEI P5 in das DTA TEI P5 Format. CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

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