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Die Bayerische Presse.
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Nr. 85.
Würzburg, Dinstag den 9. April. 1850.

Deutschland.

München, 1. April. (Fortsetzung. ) Gesetz - entwurf über die Kapitalrenten - und Einkommensteuer. Artikel 17. Der in dieser Weise zusammengesetzte Steuerausschuß tritt auf jedesmalige Einladung des kgl. Rentamtes am Rentamtssitze zusammen. Er prüft die von den Steuerpflichtigen übergebenen Selbstschätzungen (Fassionen), bestätiget dieselben entweder als un - bedenklich oder entscheidet im Falle der Bean - standung unter vorgängiger Vernehmung der Be - theiligten nach absoluter Stimmenmehrheit über den Betrag der jährlichen Kapitalrente und über Betrag des jährlichen Einkommens. Bilden sich hiebei mehr als zwei Meinungen, so werden die Stimmen für den höchsten Ziffer zu den Stim - men für den nächst niederen hinzugezählt, bis sich für die Größe der Kapitalrente und beziehungs - weise des reinen Einkommens eine absolute Mehr - heit ergibt. Bei Prüfung der Fassionen der Steuerausschußmitglieder hat der Betheiligte ab - zutreten. Jm Falle der Stimmengleichheit im Ausschusse entscheidet der Vorsitzende. Zugleich mit der Prüfung und Feststellung der Fassionen hat der Ausschuß bezüglich der im Artikel 23 gegenwärtigen Gesetzes vorgesehenen Strafen zu erkennen. Der kgl. Rentbeamte oder dessen von der Kreisregierung. Kammer der Finanzen, zu diesem Geschäfte bestimmte Vertreter wohnt dem Prüfungsausschusse als Staatsanwalt bei. Jn dieser Eigenschafthat derselbe zu prüfen, ob sich alle Steuerpflichtigen seines Amtsbezirkes richtig ange - meldet haben, und ob die Anmeldung nach Maß - gabe ihrer Kapitalrente und ihres Einkommens geschehen ist. Er stellt demgemäß die im äraria - lischen Jnteresse als geeignet befundenen Anträge und gibt dem Steuerausschusse die verlangten Auf - klärungen aus den amtlichen Behelfen. Sämmt - liche Staatsbehörden sind verbunden, auf Ansu - chen des Rentamtes die von demselben zur Fest - stellung beanstandeten Fassionen als nothwendig bezeichneten aktenmäßigen Aufschlüsse zu ertheilen. Ein Stimmrecht im Ausschusse steht dem Staats - anwalt nicht zu. Ueber die Verhandlungen des Steuerausschusses wird ein kurzgefaßtes von sämmt - lichen Anwesenden zu unterzeichnendes Protokoll aufgenommen. Art. 19. Gegen den Beschluß des Steuer = Prüfungsausschusses ist weder von Seite der Steuerpflichtigen, noch von Seite des Staats - anwalts eine Remonstration noch ein anderes Rechtsmittel zulässig. Art. 20. Sobald in dieser Weise der Betrag der Kapitalrente, sowie des jährlichen reinen Einkommens der Steuerpflichti - gen durch den Ausschuß festgestellt ist, werden die gepflogenen Verhandlungen dem Rentamte über - geben, welches aus obigen Größen den Betrag der Jahressteuer berechnet, und die hiernach vervoll - ständigten Steuerlisten an die einschlägige Regie - rungs = Finanzkammer einsendet. Jrrungen in letzt - gedachter Berechnung oder Fehler im Kalkul wer - den auf Anregung des Steuerpflichtigen sofort vom Rentamte berichtigt oder im Wege der Re - vision von der vorgesetzten Finanzstelle beseitigt.

(Schluß folgt.)

München, 5. April. Heute hat der für die allgemeine deutsche Wechselordnung ge - wählte Ausschuß der Kammer der Abgeordnetenseine erste öffentliche d. h. für jedes Kammermit - glied zugängliche Sitzung im Sinne des Gesetzes vom 12. Mai 1848, die Behandlung neuer Ge - setzbücher betreffend, abgehalten. Nach einer um - fassenden allgemeinen Einleitung des Referenten Breitenbach, welche sich über die geschichtliche Ent - wicklung des Wechselinstituts verbreitete und eine vergleichende Darstellung der bisherigen Wechsel - gesetze in den verschiedenen deutschen Ländern gab, ging man sogleich zur speciellen Berathung der Wechselordnung mit gleichzeitiger Berücksichtigung des von der Regierung vorgeschlagenen Einfüh - rungsgesetzes über. Zu Art. 1, welcher Jeden für wechselfähig erklärt, der sich durch Verträge verpflichten kann, begutachtete der Referent, als Ausnahmen zu setzen: a) Frauensporsonen, welche keine Handelsgeschäfte oder Gewerbe treiben, b) alle Personen, welche gegen Entgelt Arbeit leisten, c) Bauers = und Weinbergsleute, d) diejenigen Gewerbsleute, welche lediglich auf Bestellung ohne Besitz eines offenen Ladens arbeiten. Die Regie - rung hatte zu Art. 1 keine Ausnahme vorgeschla - gen. Die Gründe des Referenten lassen sich da - hin zusammenfassen: es bestehe kein Bündniß, die Wechselfähigkeit auch auf die Personen auszudeh - nen, die er als Ausnahmen bezeichnet; diese Per - sonen seien mit dem Wechselverkehr nicht vertraut, ließen sich zur Zeit einer Gewerbsstockung, Miß - ernte leicht herbei, Darlehen gegen Wechselaus - stellung aufzunehmen, fielen dem Wucher in die Hände und würden alsbald ruinirt. Der Justiz - minister widerlegte diese Bedenken in sehr gelun - gener Ausführung; er sagte im Wesentlichen: Die Zeit der Bevormundung einzelner Stände ist vor - über; soferne Jemand überhaupt fähig sei, über sein Vermögen zu disponiren, könne man ihn auch nicht hindern, eine Disposition durch Eigehung eines Wechselvertrags zu treffen; es ließen sich aber auch die vorgeschlagenen Ausnahmskategorien dem Begriffe nach gar nicht fixiren. Wer sei z. B. ein Weinbergsmann? Etwa Der schon, der über - haupt Weinberge besitze, gleichviel womit er sich sonst beschäftige, oder etwa nur Der, welcher aus - schließlich vom Weinbau lebe? Geigel will unter - scheiden zwischen Solawechseln und Tratten und die allgemeine Wechselfähigkeit nur auf letztere beschränken. Arnheim bemerkt, daß diese letztere Unterscheidung nicht angehe, weil ein Solawechsel schon dadurch in eine Tratte umgewandelt werden könne, daß der Aussteller auf sich selbst Wechsel ziehe, sich selbst als Bezogenen setze, was der Art. 6 der Wechselordnung ausdrücklich gestatte; sodann weil Tratten leicht simulirt werden könn - ten. Derselbe führt ferner aus, daß von den sämmtlichen deutschen Staaten nicht einer rücksicht - lich der Wechselfähigkeit eine Ausnahme gemacht habe; Oesterreich habe die allgemeine Wechsel - fähigkeit sogar in Kroatien, Slavonien, Serbien, der Bukowina eingeführt, Gebiete, deren Landbe - wohner weit nicht die Kulturstufe unserer Bauern und Weinbergsleute einnehmen, ohne die Besorg - nisse zu heben, welche der Referent zu erkennen gebe; es sei daher eine wahre Zurücksetzung, wenn unseren Bauern nicht dieselbe Fähigkeit eingeräumt werden wolle. Das Bedürfniß zur Erweiterung der Wechselfähigkeit liege eben darin, daß die bayerischen Staatseinwohner nicht hinter dem übri -gen Deutschland sammt Oesterreich zurückbleiben könnten. Jm gleichen Sinne sprachen sich noch die Abgeordneten Fink, Boye, Prinz, Morgenstern aus; dagegen stimmte Pröll dem Referenten bei, weil der Wechselverkehr nur für Kaufleute bestimmt sei. Morgenstern will, daß, soferne man noch Abweichungen von der allgemeinen Wechselordnung für nöthig erachte, diese nur der Regierung zur Beachtung und Befürwortung bei der künftigen deutschen Gesetzgebung empfohlen werden sollen. Die hierauf erfolgte Abstimmung ergab die Ver - werfung des Breitenbach'schen Antrags mit 5 ge - gen 3 Stimmen (Breitenbach, Geigel, Pröll; 3 Ausschußmitglieder: Kirchgeßner, Rudhand, Neuffer, fehlten. ) Zu Art. 2, welcher vom Wechselarreste handelt und nebst den drei in der Wechselordnung selbst enthaltenen Ausnahmen vom Wechselarreste noch partikularrechtliche Ausnahmen aus Gründen des öffentlichen Rechts zuläßt, hatte die Regie - rung im Art. 2 des Einführungsgesetzes eine Mo - difikation vorgeschlagen, wonach Personen, welche nach bisherigen Wechselrechten nicht wechselfähig waren, zwar die Wechselfähigkeit erlangen, aber nicht in den Wechselarrest gebracht werden können. Als Gründe hiefür führt der Entwurf an, daß eine Vereinharung über den Wechselarrest erst von einem künftigen allgemeinen deutschen Wechselpro - zesse zu erwarren und daß es zweckmäßig sei, die Vorschriften über den Wechselarrest noch bestehen zu lassen, indem es bedenklich sei, die große Menge von Personen, welche erst jetzt wechsel - fähig werden und die aus Unkunde der Wirkun - gen eines Wechsels leicht in Wechselverbindlich - keiten sich einlassen, mit der Entziehung der per - sönlichen Freiheit zu bedrohen. Der Referent Breitenbach will dafür außer den in der Wechsel - ordnung aufgezählten Personen nach folgende Aus - nahmen vom Wechselarreste gesetzt wissen: 1) ak - tive Staats = und öffentliche Diener, aktive Mili - tärpersonen, dann Mitglieder der Kammern wäh - rend der Sitzungen; 2) Geistliche jeder christlichen Confession (Morgenstern will im Wege der Sub - modifikation eventuell das Wort: christlichen gestrichen haben. ) 3) Lohnarbeiter, Bauersleute, Winzer und Gewerbsleute, Letztere, wenn sie auf Bestellung arbeiten und keinen offenen Laden ha - ben. Arnheim spricht sich gegen den Vorschlag des Referenten und für den Regierungsentwurf aus, indem er in letzterer Beziehung die vielen Verschiedenheiten auseinandersetzt, welche die ver - schiedenen Einführungspatente der deutschen Regie - rungen bezüglich der partikularrechtlichen Befrei - ung vom Wechselarreste angenommen haben, so daß eine Vereinbarung in diesem Punkte durchaus nicht bestehe, daher eine billige Rücksichtnahme auf die speciellen bayerischen Verhältnisse wohl zu em - pfehlen sei. Hierauf beantragte Arnheim, als Zusätze zum Einführungsgesetze noch Bestimmun - gen aufzunehmen, daß die Jnsolvenzerklärung und die Konkurseröffnung dem Wechselarreste nicht ent - gegenstehen sollen, ferner, daß die Wechselarrestan - ten mit Sträflingen und Untersuchungsarrestanten nicht in Einem Lokale detinirt und daß der Wech - selarrest nicht über ein Jahr soll andauern dür - fen. Der Justizminister erkannte die Zweckmäßige keit dieser Anträge, glaubte aber doch, daß sie dem Wechselprozesse vorbehalten bleiben sollen. An der Debatte betheiligte sich Boye, Prinz, Brei - tenbach, Arnheim. Der Ausschuß beschloß hierauf unter Verwerfung der Breitenbach'schen und Arn - heim 'schen Anträge mit 7 gegen 1 Stimme den Art. 2 der W. = O. und Art. 2 des Einführungs - gesetzes anzunehmen. Ebenso wurde hierauf Art. 3 angenommen.

München, 5. April. Jn der heutigen Nach - mittagssitzung des Wechselausschusses der II. Kammer murden die Art. 4 bis 17 der Wechsel - ordnung ohne Debatte angenommen. Zu Art. 18, welcher die prompte Acceptation der Tratten an - ordnet, brachte der Abgeordnete Paur von Augs - burg eine Modifikation ein, nach welcher die in Augsburg statutarrechtlich begründete 14tägige Acceptationsfrist für Augsburg in Kraft verblei - ben soll. Paur wiederholte dieselben Gründe, welche der Augsburger Handelsstand in zwei vor - her unter die Abgeordneten vertheilten Druckschrif - ten entwickell hat. Nach Eröffnung der Debatte entspann sich ein lebhafter Kampf zwischen Paur, v. Wening, Pröll, Forndran, Fraas einerseits, welche theils aus Rücksicht auf die Benachtheili - gung des Augsburger Platzes, theils aus Besorg - niß für den Rückschlag auf die an die Augsbur - ger Tratten hingewiesenen Jndustriellen für die Modifiaktion sich aussprachen, und den Abgeord - neten Boye, Arnheim, Breitenbach, Morgenstern andererseits, welche in der Erwägung, daß der wesentlichste Grundsatz der allgemeinen Wechsel - ordnung aufgehoben würde, daß die Gleichheit des Rechts in Wechselsachen in ganz Deutschland vor Allem Noth thue, daß eine gleiche Retorsion der auswärtigen Wechselplätze gegen alle bayerischen Tratten zu besorgen stünde, daß der bisherige Bruch der 14tägigen Acceptation in Augsburg nur zu oft allen unsoliden Geschäftsleuten das Mittel zur sog. Wechselreiterei bot, daß ähnliche Verhältnisse bezüglich des Handels, der Jndustrie und des Ackerbaues, gewiß in andern Ländern, z. B. in Oesterreich, Preußen, eben so vorkom - men, wie in Bayern und dort gediehen sind, ohne den Ausnahmszustand der 14tägigen Acceptation zu haben -- die Modifikation bekämpften und je - denfalls es als ein Unrecht erklärten, Augsburg allein dieses Recht einräumen, allen übrigen baye - rischen Städten und Handelsplätzen es versagen zu wollen, so daß Arnheim für den Fall, daß Paur's Antrag für Augsburg angenommen würde, einen gleichen Antrag auf Erstreckung des Rechts auf alle übrigen Gebietstheile Bayerns sofort stellte. Der Justizminister sprach sich mit Scho - nung für Augsburg, im Ganzen aber doch gegen den Paur'schen Antrag, als nach gegenwärtiger Lage der Dinge unhaltbar, aus und äußerte, daß er erwartet habe, der Handelsstand Augsburg würde mit andern Vorschlägen hervortreten, um sein Jnteresse mit der allgemeinen deutschen Ge - setzgebung in Einklang zu bringen. Die Abstim - mung ergab hierauf die Verwerfung der Paur '- schen Modifikation mit 5 gegen 3 Stimmen. Der Abgeordnete Großhändler Neuffer von Regens - burg wurde als Mitglied des Ausschusses mit Be - dauern vermißt.

München, 6. April. Wir wurden unvorher - gesehen durch die auf heute angekündigte 91. Si - tzung, die erste nach den Ferien, überrascht. Pflicht - schuldigst fanden wir uns um 9 Uhr zum Ren - dez-vous ein. Die Minuten verrannen, -- jede ließ einen Abgeordneten sichtbar werden, bis end - lich um9 1 / 2 Uhr der erste Hr. Präsident seinen Stuhl einnahm und folgende Eröffnungsrede hielt: Meine Herren! Jch befinde mich heute in der seltsamen Lage, die Sitzung zu schließen, ehe ich sie eröffnete, weil die zu einem Beschluß nöthige Anzahl Mitglieder nicht anwesend ist! Damit aber die Zeit benützt werde, möge der Ausschuß seine Berathungen über die Wechselordnung fort - setzen!

H Fraukfurt, 6. April. Gestern Abend be - suchte der österr. F. = M. = Lieut., Baron Schirn - ding, die Unteroffiziers = Versammlung der ver - schiedenen hier liegenden Corps in dem Gräber '- schen Wirthschafts = Lokale. Als der alte Krieger mit der Cigarre im Munde erschien, erschallte einnicht enden wollendes Hoch. Wie ein langjäh - riger Kamerad unterhielt sich der greise Soldat mit allen Chargen und Waffengattungen. Die Herablassenheit, die Freundlichkeit electrisirte die Soldaten, man sah auf allen Gesichtern Freude strahlen. Viel hat dazu auch beigetragen, daß seit vorgestern die Preußen endlich den Herrn v. Schirnding als Oberkommandanten anerkannt hatten und ihre für sie selbst so lästige und zu - rücksetzende Stellung, die nur geeignet war, sie immer noch gehässiger zu machen, aufgegeben ha - ben. Jn dieser Lage wird durch eine öffentliche Parade auch der Welt gezeigt, daß die Truppen hier wenigstens geeinigt seien und der Separatis - mus nicht zu plump getrieben wird. -- Der Groß - herzog von Hessen verkehrt häufig mit dem hier verweilenden Kurfürsten von Hessen. Man sagt allgemein, daß die Unterredungen die Trennung Darmstadt's vom preuß. Sonderbund bezweckten; deshalb soll auch der Prinz von Preußen so eilig hierher gereist sein, um durch seine persönliche Anwesenheit möglichst diesen neuen Schlag für die preuß. Pläne zu verhüten. Es wird indessen nichts fruchten; das ganze Großherzogthum mit Aus - nahme der wenigen unverbesserlichen, wahrhaft im Hirn verbrannten Gothaer will Niemand etwas von diesem Sonderbund wissen, und namentlich das ganze Militär sehnt sich nach dem Tag, an dem es heißt: es steht auf großdeutscher Seite und wird nur für diese fechten. Der ganze großherz. Hof theilt diese Gesinnung und es ist bekannt, daß der tapfere Prinz Emil von Hessen, österr. Feld - zeugmeister, nicht eher nach Darmstadt zurückkehrt, bis Darmstadt von dem weil. Dreikönigsbündniß sich getrennt haben wird. -- Vorgestern wäre in dem Palais des Prinzen von Preußen beinahe wiederum Feuer ausgebrochen -- ein eigenes Ver - hängniß, in so kurzer Zeit dreimal in Feuersge - fahr zu kommen. -- Die Nachrichten aus Erfurt erregen hier auch nicht die geringste Theilnahme. Man überschlägt die Artikel wie die etwa von Kamtschatka oder sonst unentdeckten Ländern, und läßt sich höchstens die Quintessenz erzählen. Die Gothaer haben bei allen Parteien hier jede Ach - tung verloren; sie, die einst mit aufgehobenen Hän - den für die Grundrechte zu sterben heuchelten, sind jetzt die Ersten, die auch diese fallen lassen wür - den, wenn nur ihr hinterster Zweck erreicht, d. h. Preußen etwas größer gemacht würde. Neulich war hier ein Spottgedicht auf diese charakterlosen Menschen an den Straßen angeheftet. Auch De - kan Bauer von Bamberg war dabei persiflirt. Er figurirte als Balthasar, resp. Balser'schen, und beklagte, daß die Zeit noch nicht gekommen, wo er als evangel. Bischof zu Berlin throne und mit Orden auf der Brust die Ehre hätte, zur königl. Tafel gezogen zu werden und gar mit k. Perso - nen zu reden. Was müßte Berlin nicht für Stel - len zu vertheilen haben, wenn es alle Hoffnungen hätte befriedigen müssen!

Karlsruhe, 5. April. Von den gefangenen Offizirren in Kislau sind bereits zwei, die Lieu - tenants Arnold und Schmidt, von Sr. kgl. Hoheit dem Großherzog begnadigt, und in Folge dessen aus dem Gefängniß entlassen worden: drei andere erwarten täglich die gleiche Begnadigung. Dann erst werden, wie wir vernehmen, die noch übri - gen gefangenen Offiziere ihr Gnadengesuch ein - reichen.

F* Karlsruhe, 6. April. Das Regierungs - blatt vom Heutigen enthält sechs Allerhöchste Er - lasse aus dem Großh. Staatsministerium vom 30. v. M., nämlich: 1) Gesetz, Erhebung der Steu - ern in den Monaten März, April und Mai d. J. betreffend. 2) Gesetz, die Verdoppelung der Erb - schafts - und Schenkungsaccise betreffend. 3) Ge - setz, die Wiedereinführung der Fleischaccise für die laufende Budgetperiode betreffend. 4) Gesetz, die Erhebung der Kapitalsteuer betreffend. 5) Gesetz, die Ausgleichung des Aufwandes für die durch den Maiaufstand nöthig gewordene militärische Hülfe betreffend. 6) Gesetz, die Eröffnung eines Kredits von 2,500,000 fl. für die Staatskasse bei der Amortisationskasse für den Fall unver - schieblicher Staatsbedürfnisse während der bevor -stehenden Unterbrechung der ständischen Verhand - lungen betreffend.

Rastatt, 4. April. Nachdem von Seiten Preu - ßens schon vor längerer Zeit die österreichische Regierung aufgefordert ist, den Bundesverträgen gemäß , die hiesige Festungsbau = Direktion wieder zu übernehmen, hat jetzt die Bundeskommission die genannte Regierung angegangen, zum Behuse der Beendigung des Baues sieben Jngenieur = Of - fiziere hieher zu entsenden. Man zweifelt nicht, daß diesem Ansinnen alsbald werde entsprochen werden.

Vom Bodensee, 2. April. Von den Gerichts - höfen wurden in neuerer Zeit mehrere nicht un - bedeutende Strafurtheile erlassen. So wurde von dem Hofgericht zu Konstanz Jgnaz Rumpelhard zu 8 Jahren, Notar Kratzer zu 6 Jahren, und Altbürgermeister Schwerdter, Alle von Allensbach, zu 4 Jahren Zuchthaus verurtheilt. Diese waren schon beim Hecker'schen Aufstande betheiligt, indem sie bei der Absetzung der Kreisregierung zu Kon - stanz und der Einsetzung Peter's als Statthalter mitwirkten. Sodann wurde Notar Bedenk in Sa - lem zu 8 Jahren und Rechtspraktikant Bauer da - selbst zu 2 Jahren Zuchthaus verurtheilt. Ersterer war unter der revolutionären Herrschaft Civilkom - missär und Letzterer Schriftführer des Civilkom - missärs. Endlich wurden Konrad Katzenmaier und Rechtspraktikant Franz Rolle, Beide von Konstanz jeder zu 10 Jahren Zuchthaus verurtheilt. Erste - rer war Stellvertreter des Civilkommissars zu Konstanz und Letzterer war Civilkommissär in Hei - ligenberg und eine Zeitlang Amtsverweser in Ue - berlingen.

Hannover, 3. April. Jn der heutigen Si - tzung zweiter Kammer -- der ersten nach der Vertagung -- wurde eine Eingabe der Regie - rung, die dermalige Lage der deutschen Verfas - sungsfrage betr., eingebracht und auf den Antrag von Gerding verlesen. Die Verlesung dauerte fast eine Stunde. Die Regierung fand es nothwen - dig, nähere Mittheilungen über die deutsche Ver - fassung in einer Denkschrift an die Stände gelan - gen zu lassen. Diese Denkschrift bezieht sich auf die frühere, die am 10. Dezbr. 1849 den Stän - den mitgetheilt wurde, und gibt eine ausführliche Geschichte der Verhandlungen über die Berufung des Erfurter Tags im Verwaltungsrathe, die dann den Rücktritt Hannovers und Sachsens veranlaßt hat. Dann werden die Umstände, unter denen der preuß. Gesandte Hannover verlassen habe, erwähnt, die bekannte Note darüber sei der diesseitigen Re - gierung noch nicht offiziell mitgetheilt. Vom Mün - chener Hofe seien dann die Vorschläge für ein neues Werk der Einigung gemacht; es habe ein ver - traulicher Austausch von gegenseitigen Ansichten stattgefunden, indessen haben die diesseitigen nur theilweise Berücksichtigung gefunden, und Bayern, Württemberg, Sachsen ohne Hannover das Bünd - niß abgeschlossen. Sehr ausführlich wird dann in der Denkschrift die Gefahr für Deutschland ge - schildert, die vorwalten würde, wenn Oesterreich auch mit seinen außerdeutschen Besitzungen in die - sem Bunde vertreten sein würde. Abgesehen von diesen Bedenken würde aber Hannover dem neuen Bündnisse nur für den Fall beitreten, daß sich Preußen mit demselben einverstanden erkläre. Die hannöver'sche Regierung würde fest auf dem Wege des Rechts, des Bundesrechts bestehen, sie fühle sich stark genug dazu im Einverständnisse mit den Ständen. Würde eine Einigung Deutschlands auf diesem Wege des Rechts vorgeschlagen, dann werde sie freudig das Jhrige für diese Einigung thun. -- Auf der Tagesordnung stand die zweite Berathung des Entwurfs der Eidesleistung, der durch seine unduldsamen Bestimmungen große Erbitterung im Lande erregt. Nach langer und heftiger Debatte wurde die Eidesformel der Grundrechte wieder - hergestellt, mit 29 gegen 23 Stimmen.

Hannover, 5. April. Die zweite Kammer hat heute die auf Hannover fallende Quote der an Dänemark zu machenden Zahlungen und die Entschädigungen an verletzte hannoversche Staats - bürger im Belauf von etwas mehr als 10,000 Thlr. einstimmig bewilligt.

Schwerin, 3. April. Von der Bundescent - ralkommission ist heute eine Note beim hiesigen Gouvernement eingegangen, deren Jnhalt wir da - hin angeben können: Die Commission hat 1) die gegen ihre eigene Competenz in dieser Sache er - hobenen Einwendungen fur nicht begründet, und 2) die Legitemation der Reclamanten für so weit geführt erachten müssen: daß der im Art. III. der Patentverordnung vom 28. Nov. 1847 voraus - gesetzte Fall als vorhanden anzuerkennen ist, und und das Zusammentreten der von der großherzog - lichen Regierung und von den Reclamanten nach Maßgabe des Art. II. Nr. 3 jener Verordnung zu wählenden Schiedsrichter von der großherzog - lichen Regierung mit Bestand Rechtens nicht ver - weigert werden kann. Binnen drei Wochen sind die gewählten Schiedsrichter anzuzeigen.

Altona, 1. April. Die Niedersächsische Zei - tung veröffentlicht ein Schreiben des preuß. Mi - nisters der auswärtigen Angelegenheiten Hrn. v. Schleinitz an die Statthalterschaft, das den preußischen Rückzug für die Herzogthü - mer anbahnt. Das Aktenstück lautet: Der königl. Generallieutenant v. Rauch hat nach seiner Rückkehr aus Kiel an den königl. Ministerpräsiden - ten unter 17. d. Mts. einen Bericht über seine Sendung erstattet, in welchem derselbe auf Aeu - ßerungen Bezug nimmt, die ihm von Seiten der Statthalterschaft und andern der Regierung ange - hörenden Personen gemacht worden, und in wel - chen eine so falsche Auffassung enthalten ist, daß der Unterzeichnete dieselben nicht mit Stillschwei - gen übergehen kann. Er hält es daher für seine Pflicht, der hochlöbl. Statthalterschaft die betr. Stelle aus dem Berichte des Generallieutenants v. Rauch in der Anlage mitzutheilen. Diese Aeu - ßerung deutet an: daß die königl. Regierung, im Voraus von der Absicht der Einforderung der Steuern im Herzogthum Schleswig Seitens der Statthalterschaft unterrichtet, gegen dieselbe nichts einzuwenden gehabt; daß dieselbe dem Zustande - kommen einer direkten Verständigung der Herzog - thümer mit Sr. Majestät dem Könige von - nemark entgegengearbeitet; endlich, daß sie die Statt - halterschaft unter der Hand habe veranlassen wol - len, auf die Aufnahme Holsteins in den engeren Bund anzutragen. Was den ersten Punkt betrifft, so muß der Unterzeichnete daran erinnern, daß der königl. Ministerpräsident schon in seinem Schreiben vom 14. Januar, außer der Abmahnung von Bun - deswegen noch ausdrücklich erklärt hat, daß es Preußen nur dann möglich sein werde, zur Her - stellung eines befriedigendern Zustandes mitzuwir - ken, wenn die Statthalterschaft sich sorgfältig je - des faktischen, einseitigen Vorschreitens enthalte, welches eine Abänderung des jetzigen fak - tischen Zustandes der Waffenruhe impliciren müßte. Als die Statthalterschaft es aussprach, daß ihr nichts übrig bleiben würde, als im Mo - nat März die Steuerkräfte des Herzogthums Schles - wig zur Unterhaltung des Heeres mit herbeizuzie - hen, erwiderte der Ministerpräsident mit ausdrück - lichem Bezug darauf (Schreiben vom 7. März d. J.): die Vornahme von Regierungs - handlungen von Seiten der Statthalterschaft im Herzogthum Schleswig muß an und für sich selbst als eine Stöhrung und Aufhebung der wesentlichen Bedingungen der Waffenruhe ange - sehen werden, und würde demnach ohne Zweifel auch alle Folgen eines gewaltsamen Bruches der Waffenstillstandskonvention nach sich ziehen. Das - selbe hat der Unterzeichnete in wiederholten münd - lichen Unterredungen dem vertraulichen Agenten der Statthalterschaft und namentlich dem Depar - tementchef Hrn. v. Harbou ausgesprochen. Er hat demselben offen erklärt, daß wenngleich die k. Regierung keine Mittel in Händen habe, um zu verhindern, daß die Staathalterschaft Gelder, welche ihr aus dem Herzogthum Schleswig aus eigenem freien Antriebe der einzelnen Einwohner zugesandt würden, annehme, sie jedoch eine Einforderung von Steuern nur als eine Regierungsmaßregel ansehen könne, welche dem Waffenstillstande zuwiderlaufe und daher von der königl. Regierung für unzu - lässig erklärt werden müsse. Der Unterzeichnetekann sich nicht erklären, worauf die Ansicht beru - hen könne, als habe Preußen der direkten Ver - ständigung der Herzogthümer mit ihrem Landes - herrn entgegen gewirkt. Die Statthalterschaft wird sich erinnern, wie eifrig die königl. Regierung, so - wohl in den Herzogthümern als in Kopenhagen, gerade auf jene direkte Verständigung hingewirkt und sie zu befördern gesucht hat, am wenigsten kann sie vergessen haben, wie sehr es gegen den Wunsch und Rath der königl. Regierung gewesen ist, daß noch gerade in der letzten Zeit die desig - nirten Vertrauensmänner nach dem Kabinetsschrei - ben aus Kopenhagen vom 11. Januar d. J. nicht nach Kopenhagen gegangen sind. Das Antwort - schreiben derselben vom 26. desselben Monats ist leider erlassen worden, ohne daß die königl. Re - gierung um ihre Ansicht und Wünsche befragt wor - den. Letztere waren aber der Statthalterschaft hin - länglich bekannt, und derselben noch eben zu der Zeit durch den diesseitigen Bevollmächtigten für die Friedensunterhandlungen, Hrn. v. Usedom, wie - derholt ausgesprochen worden; der Unterzeichnete kann also kaum annehmen, daß die Statthalter - schaft darüber im Jrrthum befangen gewesen. Was endlich den dritten Punkt betrifft, so wird die Statt - halterschaft nicht umhin können, anzuerkennen, daß gerade das Gegentheil von dem, was jene Aeu - ßerungen andeuten, stattgefunden hat. Auf dem mündlich von dem vertraulichen Agenten ausge - sprochenen Gedanken: ob die Statthalterschaft nicht dem Bündniß vom 26. Mai beitreten und die Wahlen zum Erfurter Parlament vornehmen las - sen könne? hat der Unterzeichnete ausdrücklich er - klärt, daß dies, als ein Eingriff in die Souveränetätsrechte des Landesherrn, durchaus unzulässig sey. Der Unterzeichnete kann das peinliche Gefühl nicht verhehlen, welches jene Aeußerung hervorzurufen geeignet ist, und er zweifelt nicht, daß die obigen Erklärungen hinrei - chen werden, um das hier offenbar obwaltende Mißverständniß zu beseitigen. Berlin, 19. März 1850. gez. v. Schleinitz. An die hoch - löbl. Statthalterschaft zu Kiel.

Altona, 3. April. Die Landesversammlung hat sich, so viel verlautet, in ihren geheimen Sitz - ungen fast einstimmig gegen die obwaltende Poli - tik der Statthalterschaft ausgesprochen und mit 48 St. gegen 43 den Einmarsch in Schleswig beschlossen. Ein Amendement des Herzogs von Augustenburg, man möge zuvor noch eine Frie - densmission in Kopenhagen versuchen, wurde mit derselben Majorität von 5 St. verworfen. Man will den Einmarsch in Schleswig, ob aber die hier - her kommandirten preuß. Offiziere bleiben, ist wohl dabei nicht mitberathen worden. Sie wer - den im Falle des Einmarsches nicht bleiben, Ruß - land dürfte dagegen alsdann entschieden für - nemark auftreten. Es scheint, daß man sich an den Obersten von der Tann in München wenden will, aber man bezweifelt sehr, daß die dortige Regierung gegen Petersburger Einflüsse ihre Of - fiziere jetzt hergehen läßt. So steht zu befürch - ten, daß Schleswig, wenn die Truppen der im Waffenstillstande verharrenden Mächte sich zurück - ziehen, in große Noth geräth, indem das Heer keinen kommandirenden General und keinen Gene - ralstab haben würde. Am Freitag tritt die Rit - terschaft mit den bürgerlichen Gutsbesitzern in großer Berathung zusammen.

Hamburg, 3. April. Schon im vorigen Herbst hatte es sich hier ereignet, daß nächtlicher Weile und von unbekannter Hand das Schild des schles - wig = holsteinischen Oberpostamtes von der Straße aus mit schwarzer Farbe überstrichen worden war; die Sache machte um so mehr Aufsehen, da der dänische Postmeister selbst zu dieser Affaire in Beziehungen gebracht wurde, die sich übrigens nie klar herausgestellt haben. Jn voriger Nacht ist jedoch abermals die Aufschrift jenes Posthaus - schildes vernichtet worden und das unter Umstän - den, welche viel zu denken geben. Die hiesige Polizeibehörde hatte nämlich vor Kurzem die Be - seitigung jener Bezeichnung Schleswig = Holsteini - sches Oberpostamt von der betreffenden Behörde verlangt. Diese protestirte und nun verlangte diePolizei, daß binnen 3 Mal 24 Stunden das Schild abgenommen werden müsse; eine Weisung, der das schleswig = holsteinische Oberpostamt nach - zukommen sich nicht bewogen fühlen konnte. Heute Nacht 12 Uhr erfolgte nun das erwähnte Atten - tat und konnte von den Nachtwächtern, die vor - her ein Polizeibeamter fortgeschickt haben soll, nicht verhindert werden. Hamburg scheint die Ge - fälligkeit gegen Dänemark bereits sehr weit zu treiben. -- Nachschrift. Die hiesige Polizei - behörde hat, wie wir soeben als zuverlässig er - fahren, die nächtliche That als von ihr aus - gegangen, bereits anerkannt. Der schleswig - holsteinische Postmeister hatte schon vorige Woche nach Kiel über das ihm gestellte Ansinnen berich - tet. Die Statthalterschaft hat geantwortet, daß sie, falls man von Seiten Hamburgs zu beleidi - genden Maßregeln schreite, Repressalien ergreifen würde. Man bringt die Sache mit den Opera - tionen des dänischen Kammerherrn v. Bülow, der von Frankfurt über Berlin jüngst hier eintraf, in Verbindung.

Berlin, 3. April. Wohlunterrichtete Personen wollen wissen, das kurhessische Ministerium habe bereits einen Präliminar = Vertrag mit Oesterreich abgeschlossen, durch welchen es sich verpflichtet: 1) die Auflösung des Bündnisses vom 26. Mai v. J., oder wenigstens bei der ersten günstigen Gelegenheit den Rücktritt Kurhessens von demselben herbeizuführen, 2) in diesem Falle dem Verfassungsentwurfe der königlichen Regierungen von Bayern, Sachsen und Württemberg beizutreten und namentlich 3) die in Kurhessen in Wirksam - keit getretenen Grundrechte des deutschen Volkes zu beseitigen, wie dies von Oesterreich auch den gedachten drei Königreichen gegenüber verlangt worden ist. Da Kurhessen von Oesterreich etwas weit liegt, so haben unsere preußischen Offiziere und Landwehrmänner die schönste Aussicht, neben den badischen und sächsischen auch hessische Denk - münzen zu verdienen, auch ihren Witwen und Waisen dieselben möglicher Weise als -- voll - gültigsten Bettelbrief zu hinterlassen.

Königsberg, 3. April. Aus sicherer Quelle erfahre ich so eben, daß in diesen Tagen eine k. Kabinetsordre hier angelangt ist, nach der in der ganzen Monarchie das erste Aufgebot der Landwehr, Jnfanterie und Kavallerie, einberu - fen werden soll.

+ Wien, 3. April. Aus Pesth wird geschrie - ben, daß auch dort die Bewerbungen um Pässe zur Auswanderung in einer Weise zunehmen, die früher noch nie vorgekommen ist. Unter den Aus - wanderungslustigen befinden sich zahlreiche Mit - glieder des besitzenden Adels. -- Der Aufstand in Bosnien greift auf bedrohliche Weise immer mehr um sich. -- Der Magyar Hirlap berich - tet, die Regierung wäre einer russo = slavischen Pro - paganda auf die Spur gekommen, welche jedoch glücklicher Weise noch im Keime erstickt worden sei. -- Jn Pesth wird demnächst eine Kundma - chung erscheinen, worin die Ablieferung sämmtli - cher während der ungarischen Revolutions = Epoche erschienenen magyarischen Zeitschriften unter An - drohung schwerer Strafen befohlen wird. -- Der greise Volksdichter Castelli ist seit einigen Tagen bedenklich erkrankt. -- Nach der Südsl. Ztg. ist der Bauern = Aufstand in Zagorien beendet; was sich von den Unruhigen noch in die Wälder ge - flüchtet, kehrt zurück, und die Sedrien rechnen auf reichliche Prügelstrafen. Das Militärkommando zeigte sich sehr human, weniger die Comitats = Pan - duren, deren Profosengelüste ohnehin bekannt sind.

* Wien, 4. April. Der durch seinen Einfluß in der vormärzlichen Zeit bekannte Graf Bombel - les ist gestorben.

Dänemark.

Kopenhagen, 4. April. Der Reichstag ist vom König über die gesetzliche Zeit hinaus ver - längert worden.

Frankreich.

C Paris, 3. April. Jm weiteren Verlaufe der heutigen Sitzung der Nationalversammlung kames zu einem äußerst stürmischen Auftritte. Bei der Berathung über das Budget des Ministeriums des Jnnern nahm Hr. J. Favre, einer der heftig - sten Führer der Bergpartei, das Wort; er richtete gegen das Ministerium und insbesondere gegen die Leitung und das Verfahren der Polizei, welche er als eine förmliche Unterdrückungs = Anstalt darstellte, die leidenschaftlichsten Angriffe; es wurde dadurch ein im höchsten Grad heftiger Austausch von Vor - würfen und Drohungen zwischen der Linken und der Rechten hervorgerufen, welcher die parlamen - tarische Würde schwer verletzte; von der einen, wie von der andern Seite wurden die plumpsten Worte laut, man hielt sich einander die Fäuste entgegen, Drohungen und Herausforderungen flo - gen herüber und hinüber; es war ein wahrer Scandal, darin stimmen Alle überein, welche das wilde Durcheinander mitangesehen. Endlich ge - lang es dem Präsidenten, die Abstimmung über ein von Hrn. J. Favre gestelltes Amendement, welches ein förmliches Mißtrauensvotum gegen die ministerielle Politik enthielt, vornehmen lassen zu können. Es wurde dies Amendement mit der enormen Majorität von 440 Stimmen gegen 175 verworfen, also mit einer Majorität, wie das Mi - nisterium noch selten eine gehabt. Bemerkenswerth ist es, daß, als der Minister des Jnnern, Hr. Baroche, seine Rede mit der Erklärung schloß: er werde die Verfassung entschlossen aufrecht er - halten, die Rechte das tiefste Schweigen beobach - tete, während die Linke diese Versicherung mit ironischem Beifall aufnahm. -- Die nächste Si - tzung dürfte nicht weniger hitzig werden; auf der Tagesordnung befindet sich der Gesetzes = Entwurf über die Deportation.

C Paris, 5. April. Bekanntlich heißen die Chefs der Majorität seit kurzem Burggrafen. Zur Wiedervergeltung hat man die Chefs der dritten Partei (Lauwricière Dufaure, Cavaignac) Mark - grafen getauft, weil die alten deutschen Fürsten dieses Titels hart an der feindlichen Grenze stan - den. Sogar Bedeau und F. de Lasteyrie gehören zu den Markgrafen. -- Trotz der bereits erfolg - ten und noch täglich zahlreich erfolgenden Aus - weisungen erfahren wir aus guter Quelle, daß auf der Polizeipräfectur über viertausend Jn - dividuen vorgemerkt sind, deren nächster Tage ein gleiches Schicksal wartet. -- Die Familie Lesur - ques von Donai, die seit einem halben Jahrhun - derte die Rehabilitation ihres unglücklichen Fami - liengliedes fruchtlos reclamirt, hat an die gesetz - gebende Versammlung eine neue Petition gerich - tet. Ein Lesurques wurde nämlich als Mörder geköpft, und wenige Wochen später erkannte man seine gänzliche Unschuld. Auch in Deutschland ist dieser Prozeß bekannt. -- Die Großherzogin von Baden soll gesonnen sein, die Besitzung Tres - lissac bei Perigueure, wo sie erzogen wurde, an - zukaufen, dieselbe gehört gegenwärtig Hrn. Ma - guan, Unterstaatssekretär im Finanzministerium. -- Die Estafette enthält Folgendes: Gestern war großes Diner im Elysée. Die Mitglieder der Budgetkommission, so wie jener über das Preß - gesetz wohnten demselben bei. Der Präsident un - terhielt sich lange mit der Mehrzahl der Reprä - sentanten, welche zur letzteren gehören. Hr. Louis Bonaparte wiederholte die sonderbaren Argumente, welche die letzte Nummer des Napoleon zur Un - terstützung des Preßgesetzes enthält.

Spanien.

sjplus Madrid, 1. April. Die Staatszeitung veröffentlicht heute eine königliche Verordnung, welche die Verwaltung der Staatsschuld beauf - tragt, die Arbeiter zur Regelung der Schuld in Angriff zu nehmen, und die Bemerkungen der Vertreter ausländischer Jnhaber von spanischen Schuldscheinen zu berücksichtigen. Nach Beendi - gung der Vorarbeiten wird der Finanzminister in nächster Session des Cortes ein Gesetz einbringen über die difinitive Regelung der Schule. Jn sinanziellen Kreisen ist man der Meinung, das Ministerium beabsichtige, gestützt auf die in näch -ster Zukunft zu realisirenden Hoffnungen, die An - bahnung eines Uebereinkommens mit England. Die Lösung der englischen Differenzfrage wird bis 15. April in officiellen Aktenstücken verkündet werden.

Kadir, 26. März. Hier befinden sich jetzt fünf spanische Dampffregatten, die sich mit Kohlen versorgen und eine Segelfregatte, um Truppen an Bord zu nehmen. Diese Schiffe bilden das Ge - schwader, welches nach Kuba bestimmt ist und demnächst, nach Einschiffung des Generals Graf Mirasol, unter Segel gehen wird. Jedenfalls muß die Regierung geheime Nachrichten erhalten haben, die sie irgend einen Handstreich auf die Jnsel oder einen Ausbruch im Jnnern derselben befürchten lassen.

Portugal.

Lissabon, 29. März. Die Debatten über das Preßgesetz sind geschlossen und das Gesetz mit 68 gegen 18 Stimmen von der Deputirtenkam - mer angenommen worden. Die portugiesische Op - position hat fünf Stimmen verloren. -- Große Be - stürtzung erregte es unter der Bevölkerung der Hauptstadt, daß es Admiral Martin's engl. Ue - bungsgeschwader bei seiner am 26. erfolgten Rück - kehr -- allen Hafenbestimmungen zum Trotz -- eine drohende Stellung auf dem nur für die por - tugiesischen Schiffe bestimmten Ankergrunde nahm. Am 28. zog sich zwar die Flotte auf den ihr be - stimmten Platz zurück, Niemand aber will sich die wunderliche Entschuldigung des engl. Admirals ein - reden lassen, daß an der früheren Stellung der Flotte bloße Unkenntniß Schuld gewesen sei. Viel - mehr glaubt man, daß damit -- den Weisungen Palmerston's gemäs -- eine Demonstration be - absichtigt gewesen, um die Regierung einzuschüch - tern und sie für Gewährung gewisser Entschädi - gungsforderungen geneigter zu stimmen. England scheint jetzt absichtlich an aller Welt Enden eine drohende und herausfordernde Stellung einzuneh - men, um die andern Großmächte fühlen zu lassen, daß es zur See Niemand fürchtet und der ganzen Welt Trotz bietet. -- Die Wohnung des Herzogs v. Saldanha steht jetzt förmlich unter polizeilicher Aufsicht.

Lissabon, 30. März. Das neue Preßgesetz wird nächstens in der Pairskammer zur Berathung kommen, wo es -- wie in der Deputirten = Kam - mer -- mit bedeutender Majorität angenommen werden wird.

Jtalien.

Turin, 2. April. Der König von Sar - dinien hat dem Geistlichen Charvaz, einst Bischof von Pigueroles, früher Erzieher der Kinder Carl Alberts, den Auftrag ertheilt, sich nach Rom zu begeben, um vom Papste die Zustimmung zum Gesetze Siciardi zu erwirken. Derselbe ist bereits nach Pordici abgereist. Die Diskussion über das Gesetz, im Senat auf Dienstag festgesetzt, soll da - her vertagt werden.

Rußland.

Warschau, 29. März. Der Kaiser hat, der Bitte des Fürsten von Warschau entsprechend, aus dessen im Königreich Polen, Gubernium Lublin gelegenen Gütern, bestehend aus einem Städtchen, 20 Dörfern, 5 Vorwerken, 1886 Mrg. Wald ec., ein Majorat gebildet, welches den Namen führt: Majorat des Fürsten von Warschau, Grafen Paskewitsch Eriwanski.

Verantwortlicher Redakteur: Dr. Stehle.

Mittelpreise hiesiger Schranne vom 6. April.

Weizen 11 fl. 20 kr. Korn 6 fl. 58 kr. Gerste 6 fl. 20 kr. Haber 4 fl. 13 kr.

Handels = Berichte.

Mainz, 5. April. Waizen effect. fl. 7 1 / 3, pr. netto 100 Kilog. Roggen wenig beachtet, effect. fl. 5 -- fl. 4 5 / 6. Gerste fl. 4 3 / 6. Hafer fl. 5 1 / 2 pr. netto 100 Kilog. -- Die Stimmung für Rüböl, die seither immer den Schwankungen der Witte - rung folgte, ist nun, da das Wetter einen mil - den und für die Repspflanze günstigen Charakter angenommen, auch flauer geworden, und obgleich noch einzelne Käufer von Oktoberöl am Markte bleiben, so hält es doch schwer über Rthlr. 38 1 / 2 pr. 280 Pfd. l. G. auf diesen Termin zu lösen; Leinöl Rthlr. 40 pr. 280 Pfd. l. G. Mohnöl fl. 27 -- fl. 26 3 / 4 pr. 50 Kilog. -- Reps fl. 15 1 / 4 -- 1 / 3 pr. Malter.

Frankfurter Cours. Den 8. April 1850.
Geld.Papier.
Oesterreich Bankaktien ......11061111
5% Metallique ....78 5 / 878 7 / 8
4%....60 1 / 261
3%....----
2 1 / 2 %....----
4 1 / 2 % Bethmann ...74 1 / 275 1 / 2
4%...66--
fl. 250 Loose v. J. 1839.----
5001834.----
Preußen3 1 / 2 % St. Schuld Scheine.----
Tthl. 50 Prämien Scheine.102--
Bayern3 1 / 2 % Obligationen ...8080 1 / 2
4%....85 3 / 486 1 / 2
5%....99 3 / 4100 1 / 4
Württemberg3 1 / 4 % ....8080 1 / 4,
4 1 / 2....94 3 / 495 1 / 4
Baden3 1 / 2 %....77 3 / 478 1 / 4
fl. 35 Loose......30 7 / 831 1 / 4
50......51 1 / 252
Nassau fl. 25 ......23 1 / 223 3 / 4
Hessen Darmst. fl. 50 Loose...71 1 / 471 3 / 4
25...25 3 / 825 5 / 8
Polen fl. 300... -- -- Sardinien Fcs. 36...32 1 / 233

Fremden = Anzeige.

Adler: Kflte. : Geier v. Frkft., Weker v. Berlin.

Kronprinz: Sedillot, Prof. u. Ehrmann, Rent. v. Marburg. Höpfner, Fabrik. v. Heidelberg. Mr. Fallier Field Rent. a. England. Eichen, Oberl. i. reitenden Art. = Reg. v. München. Rhodins, Rent v. Cöln. Graf Eltz v. Elfeld.

Wittelsbacherhof: Flory, Priv. m. Schwester von Hochheim. Beylich, Jngenieur v. Augsb. Kflte: Schweitzer v. Darmst., Süßkind v. Cöln, Böttger v. Eichfeld.

Württembergerhof: Kera, Pfarrer v. Stuppach. Friedrich, Verwalter v. Moos. Kleemann, Kfm. v. Schweinf. Tercier, Rent. v. Lyon.

Theater = Anzeige.

Dinstag den 9. April: Zum Benesice des Hrn. Balletmeister Hummel: Gustav, oder: Der Maskenball, große Oper in 5 Akten mit Ballet. Musik von Auber.

Außer den bei der vorigen Aufführung vor - gekommenen Tänzen und Zügen wird Hr. Ballet - meister Hummel mit seinen drei Kindern, Fräul. Jda, Sophie und Hrn. Courad, die so beliebte große Mazurka im polnischen Nationalkostüm tanzen.

Mittwoch den 10. April: Gastspiel des Hrn. und Frau Wallner vom kaiserl. deutschen Theater in St. Petersburg: Der verwunschene Prinz. Schwank in 3 Aufzügen von J. Plötz. Hierauf zum Erstenmale: Jm Jrrenhause.

Dramatisches Genrebild von Herzenskorn und Seidl. Musik mit Benutzung österreichischer Volks - melodien von Albert Lortzing. -- Von heute ist der Anfang halb 7 Uhr. Kassaöffnung 6 Uhr.

Gestorbene:

Den 8. April 1850.

Ruppert, Theresia, Pfründnerin, 76 J. alt. -- Emmerich, Ottilie, Näherin, 36 J. alt. -- Sersi, Marktdienerskind. -- Hodek, Jakob, 1 / 4 J. alt. -- Lippert, Franziska, Hütersfrau, 64 J. alt. -- Hopfenstätter, Barb., Offiziantengat. 49 J. alt.

Druck von Joseph Steib.

About this transcription

TextDie Bayerische Presse
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Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

Institut für Deutsche Sprache, MannheimNote: Bereitstellung der Bilddigitalisate und TEI Transkription Peter FankhauserNote: Transformation von TUSTEP nach TEI P5. Transformation von TEI P5 in das DTA TEI P5 Format. CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

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