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Die Bayerische Presse.
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Eine constitutionell-monarchische Zeitung.

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Nr. 115.
Würzburg, Dinstag den 14. Mai. 1850.

Landtagsverhandlungen.

München, 10. Mai. (CIX. Sitzung der Kammer der Abgeordneten. ) Die Gallerien sind dicht besetzt. Am Ministertische v. d. Pford - ten, Ringelmann, Aschenbrenner, v. Lüder und meh - rere Ministerialräthe. Der 1ste Präsident eröff - net um halb 10 Uhr die Sitzung. Nach Be - kanntgabe des letzten Sitzungsprotokolls verliest derselbe ein allerhöchstes Rescript, welches die Verlängerung des Landtags bis 10. Juni ent - hält. -- Fillweber erhielt einen Urlaub auf drei Wochen. -- Referent Heigl verliest den Beschluß über die Rückäußerung der Kammer der Reichsräthe, bezüglich des Gesetzes = Entwurfs: die Competenz = Conflicte betr. -- Ehe zur Be - rathung des Gesetzes = Entwurfs, einen Kredit für die Bedürfnisse der Armee betr., geschritten wurde, legt Schnitzlein folgenden Antrag auf den Tisch des Hauses nieder: die hohe Kammer möge von der Berathung dieses Gesetzes = Entwurfs so lange abgehen, bis derselben die Revision des Umlage = und Gemeinde = Edicts des Landraths, der Umgestaltung der Kammer der Reichsräthe, vor - gelegt sei. -- Der heutige Tag, an dem die Beschäftigung des Landtags 8 Monate in An - spruch genommen, sei für den Antragsteller am Geeignetsten erschienen, einen solchen Antrag zu stellen, um damit an die Hauptaufgabe des Land - tags, an die Revision der Verfassung zu erinnern. -- Staatsminister v. d. Pfordten: Bekannt sei, wie viele Gesetzes = Entwürfe die Regierung bisher eingebracht; nichts destoweniger sei die Berathung der Verfassungsvorlagen keinen Augenblick ausge - setzt worden. -- Jm Staatsrath durchberathen und bereits der letzten Redaktion unterworfen, seien die Gesetzes = Entwürfe über das Fideicom - miß = Edict, über die Umgestaltung der Kammer der Reichsräthe; diese Entwürfe wurden längstens bis nächste Woche eingebracht. Jhrer Vollendung entgegen gehen die Vorlagen über Gemeindever - fassung, über Umlagewesen und die Landrathsre - vision. -- Ehe diese Vorlagen nicht alle gemacht seien, denke die Regierung nicht an eine Verta - gung der Kammer. -- Wallerstein hätte es lieber gehört, wenn Hr. Staatsminister die Kam - mer versichert hätte, daß dieselbe nicht vor der Berathung dieser genannten Gesetze vertagt würde. -- Ruland glaubt die Berathung des Creditge - setzes als höchst nothwendig anempfehlen zu müssen. -- Dr. v. Lassaulx bemerkt, daß Bayern im Moraste der größten Barbarei der Regierung von Buben (Gemurmel) erstickt wäre, wenn das Mi - litär nicht gewesen; daher müsse dieses Gesetz auch gleich berathen werden. -- Nachdem Frhr. v. Ler - chenfeld sich noch anerkennend für die Motive des Antrags ausgesprochen, glaubt derselbe doch recht zur Berathung rathen zu müssen, da doch keine Budgetberathung vorgenommen werde, wo - durch das Ministerium immer angehalten werden könne, die obengenannten Vorlagen zu machen. -- II. Präsident Weis spricht sich entschieden für den Antrag Schnitzleins aus, da derselbe eine reine Budgetforderung sei, ebendeßwegen müsse man diese Berathung liegen lassen, damit die Vor - lagen der Regierung etwas beeilt würden. -- Heine bemerkt, daß die Vorlagen ja doch nichts bedeuten, wenn nicht eine Verathung dieser Vor -lagen zugleich mit in die Vertagung des Credit - gesetzes eingeschlossen wäre, und dadurch würde dieses Gesetz aber auf 2 -- 3 Monate hinausge - schoben; ob dieß rathsam wäre, gäbe er im Hin - blick auf Frankreich wohl zu bedenken. -- v. Las - saulx: Als Preußen von seiner Kammer einen Militärcredit von 20 Millionen verlangte, besaßen die Abg. Vaterlandsliebe genug, diesen Credit zu bewilligen. -- Nachdem Referent Förg sich noch gegen den präjudiciellen Antrag Schnitzleins aus - gesprochen, ergreift Staatsmin. v. d. Pfordten das Wort und bemerkt, daß für die, die diesen Credit nicht bewilligen wollen, es doch gleich sei, ob sie heute oder später dagegen stimmen. -- Die, welche die Vorlagen wünschen und dadurch von der Regierung zu erzwingen suchen, würde die Vorlage nichts helfen. -- Sie müßten daher die Berathung und Sanktion dieser Entwürfe abwar - ten und wenn diese Geldbewilligung bis dahin verschoben würde, dann würde es praktisch wenig - stens ganz gleich sein, ob dieser Credit bewilligt oder abgeschlagen würde. -- Soviel Glaubens - würdigkeit glaubt übrigens die jetzige Verwaltung zu verdienen, daß sie es redlich mit dem Wohle des Landes meint; durch Geldbewilligung oder Geldverweigerung wird sich dieselbe nie bewegen, etwas gegen ihre Ueberzeugung auszusprechen und zu genehmigen. -- Der Antrag wird hierauf ver - worfen. -- Ohngefähr 50 Abg. stimmten für den Antrag. -- Die Kammer geht hierauf zur Be - rathung des Creditgesetzes über. -- Der I. Prä - sident eröffnet die allgemeine Diskussion. -- Reinhart spricht sich gegen den Entwurf aus, da derselbe eine Militärvergrößerung nicht einsehen könne. Eroberungen, glaube Redner nicht, daß gemacht zu werden die Absicht der Regierung sei. -- Eine Kriegserklärung gegen Preußen, glaubt Redner, liege auch nicht im Sinne der Regierung, wenn auch gleich der preuß. Minister in Erfurt den Münchner Vertrag eine Mißgeburt genannt. -- Ruhe und Sicherheit sei im diesseitigen Bay - ern wieder nicht gefährdet worden, daher brauche man auch kein Militär zur Aufrechterhaltung der gestörten Ordnung und Gesetzmäßigkeit. -- Als Redner sich über politische Ansichten und Einker - kerung von politischen Verbrechern und Amnestie verbreitet, wird derselbe vom Präsidenten auf das Thema verwiesen. Jn seiner fernern Motivirung erregt derselbe durch seine barocken Ansichten und Bemerkungen mehrmals Heiterkeit, mehrmals Miß - vergnügen. Als derselbe aber der Regierung eine Eskamotirung von Staatsgeldern vorwarf, wur - den die verschiedensten Unwillensäußerungen von allen Seiten vernehmbar. -- Frhr. v. Lerchen - feld stellte den Antrag, Reinhart das Wort zu entziehen, um der Kammer nicht in den Augen des Landes in ihrer Achtung durch solche unwür - dige Haltung zu schaden. Diesem Antrag wird gewillfahrt. -- Cremer spricht gleichfalls gegen das Gesetz. -- Bis jetzt sei eine Erleichterung des Volkes noch nicht eingetreten. Man stelle immer den Satz auf: Revolutionen seien theuer, -- nein, die Reaction ist theuer, die kostete schon viele tausend Gulden und wird noch manche Hun - derttausende verschlingen. -- Durch dieses Ein - greifen in den Säckel des Staatsbürgers werde nicht die Ruhe der Gemüther bewerkstelligt. --Wenn dann ein Angriff von außen erfolge, ge - nieße die Regierung kein Vertrauen mehr. (Meh - rere äußern Unwillen. ) Der Redner schließt mit den Worten: Jch bewillige diesmal keinen Kreu - zer und werde keinen Kreuzer mehr bewilligen. -- Dr. Schmidt a. W. eifert gleichfalls gegen die - sen Credit, findet es selbst gegen seinen Eid, einen Credit in diesem Betr. zu gestatten. -- Ruland: Abermals sei ein neues Anlehen zu machen, es sei dies aber, wie das erste, Folge der traurigen Nothwendigkeit und deßwegen werde Redner für dasselbe stimmen. -- Forndran spricht in glei - chem Sinne wie Vorredner. -- Lassaulx: Nicht die rechte Frage wurde bisher ins Auge gefaßt. Man frug blos, ist es an der Zeit Schulden zu machen? Nicht dies solle man betrachten, sondern die Frage sich beantworten: Jst es nun einmal an der Zeit, die seit 25 Jahren fortgeführten Vernachlässigungen der Armee einzustellen und besser dafür zu sorgen? -- Hr. Cremer habe den Satz aufgestellt, die Reaktion sei theuer nicht die Revolution. Hr. Cremer möge auf Frank - reich hinsehen, denn Redner könne nicht eine wohl - feilere Verwaltung dortselbst finden. -- Um der socialistischen Jdee zu helfen, müsse ein europäi - scher Krieg ausbrechen; bisher feien die Kriege durch künstliche Maßregeln fern gehalten worden; allein für die Zukunft habe dieß keinen Bestand. Mißgeschick der Zeit sei das rathlose Hinhalten der Regierungen; allgemein das Ueberlassen des Ausgangs der göttlichen Providenz der Zukunft. -- Kolb gegen den Gesetzentwurf. Man ver suche immer aus Bayern eine Großmacht zu ma - chen, Bayern sei und werde keine. -- Seit 1815 seien auf das Militär 300,000,000 fl. verwendet worden. Wie man hiebei noch sagen könne, daß für das Militär nichts geschehen, dies könne Red - ner nicht einsehen. Wäre auf das materielle Wohl des Vaterlandes auch nur die Hälfte verwendet worden, würde es besser um das Vaterland stehen. -- Ministerialrath v. Habel widerlegt die von Kolb angeführten Militärrechnungen. -- Dr. Hei - ne: Nicht aus Enthusiasmus für das politische Deutschland, von dem er übrigens gar nicht glaube, daß es ein großes politisches Volk werde, bewillige er diesen Credit. -- Die große Unentschlossenheit, die im großen deutschen Volke bestehe, bestimme ihn hiezu, denn durch Verweigerung dieses Cre - dits gebe man der Regierung den Rath, sich selbst aufzugeben. -- Zink und Rebenack sprechen gegen den Entwurf. -- Lerchenfeld: So lange noch in Europa und noch anderswo der ewige Friede nicht decretirt sei, müsse man Militär ha - ben. Redner bedaure, daß man Geld brauche, aber es sei nun einmal nothwendig. Derselbe rech - net dann mit einer Unzahl von Millionen der Kammer vor, wie viel Geld Preußen und Frank - reich auf ihre Armeen verwendeten. -- Ferner sucht derselbe die Nothwendigkeit einer geübten Armee zu beweisen, die Schlacht bei Hanau habe am besten gezeigt, was es heiße, Rekruten ins Feld zu führen. -- Dr. Jäger: Nicht den po - litischen Stand Deutschlands ins Auge fassend, stimmte er gegen den Entwurf, sondern, er wolle dadurch nur Verwahrung einlegen, künftig wie - der Gelder auszugeben und Schulden zu contra - hiren, hernach die Kammer um Bewilligung derZahlungen anzugeben. -- Staatsminister Aschen - brenner sieht sich veranlaßt, jenem letztern Vor - wurfe, welcher der Regierung schon mehreremal gemacht wurde, kräftig zu entgegnen. Das Kriegs - ministerium habe von der Finanzverwaltung keine unbewilligten Gelder erhalten, das Finanzministe - rium habe also den constitutionellen Boden nicht verlassen. Ferner habe die Regierung den Gese - tzes = Entwurf Mitte März eingebracht, und erst mit dem 1. Juni sei die Zeit abgelaufen. -- Nach kurzen widerlegenden Aeußerungen des Mi - nisterialraths v. Habel ergreift Wallerstein das Wort gegen den Entwurf, spricht von der Politik Bayerns, die natürlich eine andere sein müßte, als die Preußens, da es aus verschiedenen Stämmen bestehe. Redner könne durchaus keinen Krieg in der Zukunft sehen; weder im Jnnern, noch nach Außen sei ein solcher zu befürchten, daß man solche ungeheure Armeebedürfnisse habe. Auch vom Elsaß (Straßburg) werden wir hören, daß der Mai wohl regnerisch, aber nicht blutig verfloß. Redner werde nie für den Entwurf stim - men, da er ihn vergeblich im Princip und noch verderblicher in seinen Folgen halte. -- Nach den letzten Aeußerungen des Referenten Förg ergreift Staatsminister v. d. Pfordten das Wort. Um gründlich in die verschiedenen An - sichten eingehen zu können, fehle jetzt sowohl Zeit, als auch würde nur Wiederholung von schon oft Gesagtem eintreten. Es würde auch nichts hel - fen, denn die Parteien hätten sich durch die acht - monatliche Berathung so gestellt, daß eine Stunde daran nichts zu andern vermöge. -- Nicht eine bestimmte Zukunft, nicht Krieg oder Frieden könne ausgesprochen werden, allein vorsehend will die bayerische Regierung sein. Was das Gesetz selbst betreffe, so habe man demselben oft vorgeworfen, daß es zu spat sei, jetzt erst berathen zu werden. Daran habe übrigens nicht die Regierung Schuld, denn letztere habe den Entwurf schon vor zwei Monaten vorgelegt. Vom national = öconomischen Standpunkte aus werde dieser geforderte Kredit als gefährlich bezeichnet. Dies könne Redner nicht einsehen, denn in einem Lande, in dem auf der Bank Geld unverzinslich aufgelegt, ja sogar auf dem Lande werden Gelder zum Aufbewahren ge - geben und noch Aufbewahrungs = Gebühren bezahlt werden, in einem Lande, in dem der Schuldherr dem Gläubiger Zinsen zahlt, bringe ein solcher Kredit keine Gefahren; dabei sei noch zu bemer - ken, daß ja durch diesen Kredit der Arbeiter Ver - dienst und Arbeit erhalte und jedes Gewerbe daraus Nutzen zieht. Redner spricht sich hierauf über die Nothwendigkeit der Militärverstärkung aus. -- Auf die Bemerkung eines Redners, diese Kredit - bewilligung sei ein Vertrauensvotum, das dem Ministerium gegeben werde, könne er nur entgeg - nen, daß ein Vertrauensvotum von dieser Seite, von der die Aeußerung ausging, der Regierung gar nicht angenehm wäre, denn die Ansichten die - ser Partei seien den Ansichten des Ministeriums schnurstracks entgegen. Bayern könne nie eine Großmacht werden und wolle es auch nicht, allein als einen gerüsteten Bundesgenossen, der bei dem, zu dem er tritt, eine gewichtige Stimme habe, soll ihn Freund und Feind finden. -- Hierauf wurde die allgemeine Debatte geschlossen. Schluß der Sitzung um 3 Uhr. Das Hauptresultat dersel - ben war: die Annahme des Kredits für die Be - dürfnisse der Armee mit 73 gegen 62 Stimmen.

Deutschland.

g München, 10. Mai. Man hört gegenwär - tig von demokratischer Seite oft den Gedanken aussprechen. daß durch die Fürsten keine Einigung Deutschlands zu Stande kommen werde. Auch die Rede des Fürsten von Wallerstein am 6. d. hat dieses ausgesprochen. Wir läugnen die Schwie - rigkeiten die sich der Erfüllung dieser Hoffnungen entgegenstellen keineswegs. Es ist aller Welt bekannt und ist in aller Welt so, daß es schwer hält, viele Köpfe unter einen Hut zu bringen, vielerlei Ansichten und Jnteressen unter sich zuvereinigen. Trotzdem dürften sich aber die De - mokraten Deutschlands doch verrechnen, wenn sie auf diesen Uebelstand ihre Hoffnungen bauen. So gewiß ihre Bestrebungen denen der Fürsten entgegen stehen, ebenso gewiß ist, daß auch um - gekehrt der Fall, und es ist gerade dieser Gegen - satz der die Fürsten unitis viribus den Machi - nationen der Demokraten entgegenzuwirken zwin - gen wird. Wenn jetzt auch der unpopuläre Con - greß der Fürsten in Frankfurt zusammentritt, und dabei, wie es die Lage der Dinge mit sich bringt, um einen Rechtsboden, wenn dieser auch nicht überall ohne Löcher ist, zu haben, sich möglichst an die alten Formen vorläufig halten muß, so ist dieß einerseits nur provisorisch, anderseits ist auch in dieser Beziehung das Jahr 1848 nicht spur = und wirkungslos vorübergegangen. Wenn man auch sich auf die wühlerischen An - sichten der Ultra = Demokraten einlassen und ihnen glauben würde, daß die Fürsten keine Vaterlands - liebe oder keine Liebe zum Bolke hätten, was ebenso abgeschmackt als schnöde wäre, wenn man auch vergessen würde, daß die Fürsten nicht allein regieren, sondern daß sie Regierungen haben, die aus Männern aus dem deutschen Volke beste - hen, so kann dem Unbefangenen doch nicht entgehen, daß -- angenommen, die Fürsten und ihre Regierungen wären reine Egoisten -- es im rein egoistischen Jnteresse derselben läge, jetzt, es mag kosten, was es will, zu einer Einigung Deutschlands die Hände sich zu bieten. Warum? nur schon deßwegen, um die Demokratie, die ja ausgesprochenermaßen an der Uneinigkeit der Für - sten die größte Freude hat, und den größten Vortheil daraus zieht, zu entwaffnen. Jn den kleinen Staaten ist überall der Heerd der Wühlerei Die Kleinstaaterei möglichst zu be - schränken, ist das Jnteresse der conservativen Par - tei, der Fürsten und überhaupt eines Jeden, der klare Einsicht mit Vaterlandsliebe verbindet. Diese Bestrebungen werden daher von keiner Seite auf bedeutende Schwierigkeiten stoßen. Wer am ehe - sten widerstreben dürfte, die kleinen Fürsten, wird am Ende in seinem eigenen Jnteresse nachgeben. Die größte Gefahr droht in dieser Beziehung von den Lügenkünsten der fremden Diplomatie. Aber auch hier, dünkt uns, sollte man endlich in ganz Deutschland durch Erfahrung klug geworden sein. Die Einigung, die ohne Zweifel in Frankfurt zu Stande kommen wird, obschon man jenen Con - greß nun den Bundestag heißt, wird aber aller - dings vorläufig wohl nur eine solche sein, die sich zunächst auf die politische und materielle Macht Deutschlands bezieht. Wir dürfen uns nicht verhehlen, daß, so wie die Dinge jetzt lie - gen, die Fürsten in Beziehung auf die Forderun - gen der Demokratie nicht plötzlich die Zügel wer - den schießen lassen. Man sei aber nur billig! nach den Präzedentien deutschen Demokratie, die schon in den Jahren 1848 und 1849 zu viel gewollt hat, und die jetzt sogar auch noch den französischen Sozialismus nachäffen möchte, müß - ten die Regierungen der deutschen Fürsten ihren eigenen Vortheil wie das Wohl des gemeinsamen Vaterlandes schlecht verstehen, wenn sie solchen Bestrebungen durch zufrühzeitige Concessionen im Gebiete der Volksvertretung, unzeitgemäßen Vor - schub leisten wollten. Haben wir einmal eine feste Centralisation der deutschen Staaten in Be - ziehung auf die politische und materielle Macht, und dieß muß jetzt wohl, wo Alles darauf hin - drängt, zu Stande gebracht werden, und wird das deutsche Volk dadurch seinen wesentlichsten Bedürfnissen abgeholfen sehen, so wird die Wüh - lerei einerseits kein fruchtbares Erdreich mehr finden, andererseits durch die Macht der Regie - rungen um so leichter in Respect gehalten werden. Die Reformen, die dadurch um so ungestörter an die Hand werden genommen werden können, wer - den dann ihren um so sichern und segensreichern Gang nehmen können, und was im Strudel der Revolutionen oder im darauf folgenden gewaff - neten Frieden oder in dem Rückschlage der poli - tischen Lithargie nicht möglich war, oder nicht dauernd befestigt werden konnte, wird bei ruhi -gem und freudigem Bewußtsein und Vorwärts - schreiten aufgebaut werden können.

München, 12. Mai. Der Nachtrag zum Budget für die ersten zwei Jahre 1849 / 51 der XI. Finanzperiode beträgt im Ganzen 3,111,761 fl. 25 kr. Hievon kommen jährlich auf's Justiz - ministerium: 58,922 fl. 25 kr. ; Kriegsministerium: 2,672,000 fl.; Ministerium des Jnnern: 177,189 fl. und Ministerium des Handels und der öffent - lichen Arbeiten: 203,650 fl. Motive zu diesem Mehrbedarf von Seite des Kriegsministeriums sind besonders bemerkenswerth. Es sollen nämlich fortan bei der Jnfanterie stets 50 Mann per Kompagnie, sohin der dritte Theil, präsent gehal - ten werden, um die Wehrkraft sowohl als die Disziplin zu erzeugen und zu erhalten. Ferner bei der Kavallerie die Pferde ver Regiment von 660 auf 670 zu bringen, und die Gendarmerie vermehren zu können. Die Motive des Mehrbe - darfs für die übrigen Ministerien sind: Vermeh - rung des Beamtenstandes durch die neue Gerichts - ordnung; Reparaturen und Aufbesserung der Jn - dustrie und der Kultur.

München, 12. Mai. Heute, Vormittags 11 Uhr, fand die schon erwähnte Parade der dienstfreien Mannschaft der ganzen Garnison auf dem Max = Josephsplatze, zunächst der Residenz, Statt. Se. Maj. der König begab sich in Uni - form zu Fuß und in Begleitung der sämmtlichen Prinzen und des ganzen Generalstabs zur obigen Stunde aus der Residenz, und durchging alle Reihen der in Form eines Vierecks aufgestellten Truppen, wobei er sich mit mehreren Soldaten auf das Freundlichste unterhielt. Als sofort noch der Vorbeimarsch en Parade an den hohen Jn - spicirenden stattgefunden hatte, drückte derselbe ge - gen den Kommandirenden, General und Stadt - kommandant v. Harold, die größte Zufriedenheit über die ausgezeichnete Propreté und schöne Hal - tung der Mannschaft aus und befahl ausdrücklich, dieses denselben durch die einzelnen Kommandan - ten bekannt zu machen. -- J. M. die Königin sah diesem höchst interessanten militärischen Schau - spiel, in einem Anzug von den Farben ihres inne - habenden Regiments gekleidet, aus den Fenstern der Residenz zu. -- S. k. H. der Herzog Max beginnt in nächster Woche mit der Jnspektion der Landwehr von Oberbayern.

Zweibrücken, 9. Mai. Sicherm Vernehmen nach beginnt bis nächsten Montag, den 13., das Schlußreferat in der großen politischen Untersu - chung; es soll noch etwa über 400 Personen zu erkennen sein. --

Frankfurt, 9. Mai. Die freie Stadt Frank - furt wird in kürzester Frist sich mit Hessen = Darm - stadt in Bezug auf die Kriminalrechtspflege ver - einigen, dessen Strafgesetzbuch annehmen und das Darmstädter Oberappellations = und Kassationsge - richt anstattt des in Lübeck eingesetzten anerkennen. Der oberste Staatsanwalt in Hessen erhält da - durch ein gewisses Oberaufsichtsrecht in Straf - sachen auch in der Stadt Frankfurt. Es ist dies der erste Schritt zur Verwirklichung des zwischen der Kassel'schen, Nassau'schen und Darmstädtschen Regierung zur Verhandlung gekommenen Staaten - vereins, als dessen eifrigster Befürworter Prinz Emil angesehen wird; dieser tritt nicht in russische Dienste, obgleich ihm daselbst ein hoher Posten bei der Armee angeboten worden ist.

Rastatt, 10. Mai. Der Hauptangeschuldigte in der Verführungsgeschichte, die wir gestern gemel - det haben, ist ein Jude aus Kuppenheim. Gegen die übrigen Verhafteten hat sich der Verdacht ei - ner Mitwissenschaft noch nicht bestätigt, namentlich ist kein hiesiger Bürger gravirt. Jndessen sollen die Pionniere, welche ihre Verführer so arg täusch - ten, ihrem Hauptmann Briefschaften übergeben ha - ben, welche leicht Veranlassung zu einer umfassen - den Untersuchung geben könnten.

Angermünde, 4. Mai. Am 1. Mai d. J. hat hier unter dem Vorsitze des vormal. Consisto - rialpräsidenten Dr. Göschel eine zahlreich besuchte Versammlung der evangel. = luth. Provinzialvereine aus allen östlichen Provinzen stattgehabt. Jn die - ser ist, wie im vorigen Jahre aus Wittenberg,ein Zuruf an die evangel. = luth. Gemeinden be - schlossen und der Beschluß sogleich zur Ausführung gebracht worden. So beschloß auch die ganze Ver - sammlung einmüthig, gegen das Verfahren der Staatsregierung in Betreff der Vereidigung der Kirchen = und Schulbeamten auf die Staatsverfas - sung, gegen die Fortsetzung dieses Verfahrens, ge - gen die Consequenzen der bereits schon zum Theil vollzogenen Eidesableistungen, so wie gegen die fortdauernde Abhängigkeit der Ministerial = Abthei - lung für die inneren Angelegenheiten der evangel. Landeskirche von dem Staats = und Cultusminister, ernstlich zu protestiren. Es wurde zur Ausfüh - rung dieser Protestation eine Commission bestimmt und dieser die schleunigste Ausführung des Auf - trags zur Pflicht gemacht. Zugleich sollte davon Sr. Maj. dem Könige unmittelbare Anzeige er - stattet und vor allen Dingen Dank ausgesprochen werden für den landesherrlichen Schutz, welchen die luth. Kirche gerade von höchster Stelle schon erfahren habe und noch erwarten dürfe.

Wien, 5. Mai. Seit einigen Tage befindet sich hier Professor Halbig aus München, um im Auftrage des Königs von Bayern die Büste des F. Z. M. Baron Heß zu modelliren. Das Modell soll später im Großen ausgeführt und in der Walhalla bei Regensburg aufgestellt werden.

Wien, 7. Mai. Jn seiner heutigen Nummer bringt der Lloyd folgenden sehr treffenden Artikel über die Militärkonventionen. Der König von Preußen scheint, so viel man aus den letzten Be - gebnissen entnehmen kann, die im Abschluß sich befindenden Militärkonventionen als die eigentliche Union zu betrachten. Diese Militärkonventionen sind der Kernpunkt der preußischen Regierungs - politik, und man könnte fast glauben, die parla - mentarischen Unionsbestrebungen werden blos als Blitzableiter jener Pulvermagazins aufgestellt. Ein Land, das seine Kanonen und Bajonette den Be - fehlen eines fremden Gebieters unterordnet, hat seine Souveränität und Selbstständigkeit in der That aufgegeben; der Fürst behält nur noch den Namen eines Herrschers, er ist blos ein Gutsbe - sitzer, der seine Herrschaften verwaltet!! -- Durch diese Militärkonventionen hat Preußen ein Terri - torium für die Union erobert, ohne Krieg zu füh - ren. -- Der ministerielle Oester. Cor. bespricht in seiner heutigen Nummer das Verhalten Preu - ßens zu den Vorschlägen Oesterreichs in der deut - schen Frage. Es unterliegt keinem Zweifel, daß als natürlicher Erbe der deutschen Centralgewal - ten, die da geschaffen worden seit der Märzbewe - gung des Jahres 1848 mit Ende des verflossenen Monats in Gestalt des Jnterims verblichen sind, keine der einzelnen deutschen Regierungen, sondern eben nur die Gesammtheit derselben sich heraus - stellt. Vor dieser unwiderlegbaren richtigen Ab - sicht zerfallen alle die diplomatischen Kunststückchen der in Preußen noch am Ruder befindlichen klein - deutschen Partei; sie kann sich, will sie anders, von jeder Rechtsbasis absehend, das verbrauchte Manöver der Rechtsgiltigkeit der Bundesakte nicht wieder versuchsweise in Anwendung bringen, den Consequenzen nicht entziehen, die aus dem Beste - hen der Verträge vom Jahre 1815 ihr so wie jeder anderen deutschen Regierung erwachsen. Auf Grund dieser Folgerungen, und um endlich im Wirrsal der deutschen Frage eine legale Basis, eine positive Grundlage zu finden, scheint Oester - reich, nachdem der neuerliche Versuch, einen Kon - greß von Staatenbevollmächtigten zu Stande zu bringen, durch die Renitenz der preußischen Er - weiterungsgelüste ein vergeblicher war, als letz - tes Mittel, wenn auch noch nicht als ultima ra - tio, die Berufung der Plenarversammlung des deutschen Bundestages effektuiren zu wollen. Ver - weigert Preußen seinerseits die Beschickung, dann schwindet auch der letzte Zweifel, nicht sowohl über das, was die Macht in Deutschland will, sondern was sie von Deutschland will. Die jetzige preu - ßische Politik spielt in der That ein gewagtes Spiel mit dem deutschen Volke, wie mit den deutschen Fürsten. Werden ihre verkappten Ver - größerungsplane von jenem revüsirt, so wirft sie das Netz über die Fürsten der kleineren deutschenStaaten aus; die Schließung des Erfurter Par - laments mit seiner in unbestimmte Ferne gerückten Wiederberufung, so wie die überstürzte Haft, mit der sie einen Kongreß der Unionspflichtigen oder besser gesagt, der in der Union halb wider ihren Willen verfangenen Fürsten nach Berlin citirt, sind hiezu der deutlichste Beleg. Die preußische Politik wankt auf zwei Krücken einher, auf die sie sich, je nach Maßgabe des momentanen Be - dürfnisses abwechselnd stützt. Rechts die Krücke des fürstlichen Sonderwillens, ein Vermächtniß Friedrichs des Einzigen, des Schöpfers des Für - stenbundes, links die Krücke Erfurt, ein unleug - bares Ereigniß des Prinzips der Revolution. Mit beiden Hilfsinstrumenten steuert sie auf Einen Punkt los, auf den der eigenen Machtvergröße - rung. Sprechen wir es unverholen aus, Preu - ßen agitirt gegen die Einigung Deutschlands, denn es liegt offen zu Tage, daß es selbst desto mehr an Macht gewinnt, je länger das gesammte Deutsch - land zersplittert bleibt.

Wiener Blätter vom 7. Mai schreiben: Wir vernehmen, daß in den nächsten Tagen der lang erwartete Finanzausweis veröffentlicht wer - den soll. -- Wenn man einem circulirenden Ge - rüchte Glauben schenken darf, so eröffnet das Budget für das laufende Jahr 1850 die erfreu - liche Aussicht, daß, wenn unvorhergesehene Ereig - niße nicht eintreten, die Ausgaben durch d. Einnahmen vollkommen gedeckt sein dürften. Dieß Ergebniß soll namentlich durch das neue Stempelerträgniß und die Einkommensteuer bezweckt werden, deren Erträgnisse, nach den bisherigen Resultaten an - näherungsweise berechnet, über jede Erwartung günstig ausfallen.

Gratz, 10. Mai. Se. Maj. der Kaiser be - suchte gestern Abend das festlich erleuchtete Schau - spielhaus, und wurde daselbst mit lautem Jubel empfangen. Nach der Vorstellung fuhr Se. Maj. in Begleitung des Erzherzogs Johann durch alle Theile der glänzend beleuchteten Stadt, gefolgt von einer langen Reihe von Wagen und ununter - brochenem freudigen Zuruf der dicht gedrängten Menschenmassen. Heute Vormittag besuchte Seine Majestät verschiedene öffentliche und Wohlthätig - keits = Anstalten.

Frankreich.

C Paris, 11. Mai. Die Repräsentanten fanden sich heute sehr zahlreich in den Abtheilun - gen ein. Die Debatten waren lebhaft, der Wahl - kampf hitzig. Die Majorität der Commission ist dem Wahlreformgesetz günstig. Der Berg hat sich der Theilnahme sowohl an der Debatte, als an der Wahl enthalten. Dagegen betheiligte sich der Tiersparti namentlich Lamoricière, Dufourne, Combarel de Leyral sehr lebhaft dagegen. L' Espi - nasse, der selbst eine Wahlreform vorgeschlagen, und Combarel de Leyral sind die einzigen Mit - glieder der Commission (15), die gegen das Ge - setz sind. Von den Legitimisten bestritt Vezin am Lebhaftesten das Gesetz. Auf Betreiben der Sie - benzehner = Commission sind 8 ihrer Mitglieder in die neue Commission gewählt worden. Dieselbe trat unmittelbar nach ihrer Wahl zusammen und wird in kürzester Frist ihren Bericht liefern. Man glaubt, er werde Montag fertig sein, wo dann Donnerstags die Debatte beginnen dürfte. Wahr - scheinlich wird Berryer Berichterstatter werden. Man spricht auch von möglichen Amendements des Tiersparti wegen. -- Folgendes sind die Mitglieder der Wahlreform = Commission der Na - tionalversammlung, die heute gewählt wurden: Oberst L'Espinaße, Berryer, Lèon Faucher, Pis - catory, Bocher, de Vatismenil, Boinvilliers, Baze, de Laussat, General St. Priest, Jules de Lastey - rie, de Broglie, de Montigny, Combarel de Ley - ral, Lèon de Malleville. -- Aus guter Quelle erfahren wir, daß der von Hrn. Wyse abgeschlos - sene Vertrag nicht nach den letzten Jnstructionen, welche er von Lord Palmerston mit Frankreichs Wissen erhielt, abgeschlossen. Palmerston's erste, in diesen Depeschen enthaltenen Bedingungen wa - ren für Griechenland weit günstiger. Die Depe - schen des englischen Ministers konnten erst am21. April von Toulon abgehen, langten mithin zu spät in Athen an. Es scheint jedoch, daß Hr. Wyse einige Ahnung von möglicher Ankunft dieser Depeschen gehabt habe.

C Paris, 11. Mai. Napoleon Bonaparte hat heute auf das Bureau der Nationalversamm - lung folgende Erklärung niedergelegt: Jn Betracht, daß die Volkssouveränität in der Gesammtheit der Bürger begriffen ist. -- Jn Betracht, daß die Volkssouveränität unveräußerlich, unantastbar ist und kein Theil des Volkes sich deren Ausü - bung anmassen kann. -- Jn Anbetracht, daß der Beauftragte nicht das Recht hat, die Befugnisse des Auftraggebers zu vernichten, ohne sein Man - dat selbst niederzulegen. -- Jn Betracht, daß das allgemeine Stimmrecht ein allen anderen vorgeh - endes Urrecht ist. -- Jn Betracht, daß der Wahl - reformentwurf, zum Gesetze erhoben, einen bedeu - tenden Theil des Volkes seiner Rechte berauben würde. -- Erklärt der unterzeichnete Volksvertre - ter feierlich, daß er das Benehmen, welches mit Forderung der Vorfrage begonnen hat, consequent durchführen wird. -- Daß er daher folgerecht, getreu den Grundsätzen der Volkssouveränität und der Constitution, kein Recht haben könne, das all - gemeine Stimmrecht zu beeinträchtigen. -- Er protestirt daher durch seine Enthaltung gegen eine revolutionäre Maßregel. Napoleon Bonaparte. -- Ein Blatt versichert, es befänden sich gegenwär - tig 135,000 Mann Truppen mit 230 Geschützen in Paris. Die Armee, mit welcher Napoleon den Sieg von Austerlitz gegen zwei Kaiser erfocht, war geringer. Vincennes, von wo aus man das Fau - bourg St. Antoine bombardiren kann, und Mont - Valerien, die Citadelle von Paris, erhalten täg - lich neue Zufuhren an Schießbedarf. -- Die Pa - riser Garnison soll binnen zwei Tagen noch um 25,000 Mann vermehrt werden. -- Der Natio - nal will Briefe aus Deutschland erhalten haben, welche beweisen, daß die Wahlreform dem Ein - flusse Rußlands, Preußens und Oeßerreichs zu verdanken sei.

-- Die Regierung stützt ihre Vorbereitungen zu einem Riesenkampfe auf den Bericht des Polizei - präfecten, daß in Paris eine Armee von 36,000 Socialisten vollkommen organisirt sei, von der man erwarten könne, daß sie mit dem Muthe der Verzweiflung und bis auf den letzten Mann kämpfen werden. Jn demselben Rapport sollen Thiers und Montalembert als die ersten Opfer bezeichnet sein. -- General Changarnier hat ei - nen Garnisonsbefehl erlassen, welcher die Solda - ten mit den schärfsten Strafen bedroht, die nicht auf die Jnsurgenten schießen würden. Den Offi - zieren sind Vorsichtsmaßregeln vorgezeichnet, wie sie die Soldaten möglichst vor Barrikadenfeuer schützen können. Dieser Befehl ist durch drei Tage in allen Kasernen der Mannschaft vorzu - lesen. -- Das Erinnerungsfest des 4. Mai ist in Algier einer furchtbaren Katastrophe wegen un - terblieben. Für diesen Tag, um 9 Uhr Morgens, war die Sprengung einer Mine durch 4000 Ki - logramme Pulver in den Steinbrüchen von Rab - el = Oued angekündigt. Da im verflossenen Dezem - ber mehrere derlei Sprengungen ohne Unglücksfall vor sich gegangen waren, so wollte man das Schauspiel, welches zugleich so furchtbar und so gefahrlos sein sollte, betrachten. Eine Menge von Menschen strömte hinaus. Alle möglichen Vor - sichtsmaßregeln waren getroffen. Die herrlichste Witterung begünstigte den Tag. Um8 3 / 4 Uhr ward die Pulverleitung angezündet, sie brauchte 20 Minuten bis zur ersten Minenkammer. Plötz - lich ertönt ein dumpfes Rollen im Berge, ein dichter Rauch hüllt alle Gegenstände ein, und ein fürchterlicher Hagel von Steinen und Fels - stücken wird stadtwärts geschleudert. Die Trag - weite grenzte an das Wunderbare. Personen, welche 1000 Meter vom Schauplatze entfernt waren, wurden getroffen. Felsstücke flogen bis auf die Terrasse der Castah. Acht Todte und eine Unzahl von Verwundeten kennt man bis jetzt. Begreiflich, daß nach einem so traurigen Ereig - nisse alle Festlichkeiten eingestellt wurden. Eine Untersuchung wurde noch am nämlichen Vormittageingeleitet. Wir werden seiner Zeit das Resultat mittheilen.

Vermischte Nachrichten.

Rendsburg, 5. Mai. Gestern hatten wir hier eine höchst seltsame Erscheinung. Auf der Kieler Landstraße nahte sich der Festung ein Fuhr - werk, das einer Locomotive so ähnlich sah, wie ein Ei dem andern, nur daß es etwas kleiner war, und in einer gewöhnlichen Landstraße von Pferden gezogen wurde. Jm Uebrigen war Alles da; der hohe Schlott rauchte, wie sich's gebührt, und durch den Focus fielen von Zeit zu Zeit glühende Schlacken auf den Weg. Das Ungethüm zog dampfend und rauchend durch das Thor ein und bewegte sich nach dem Exercierhause, wo 400 Mann seiner warteten und es mit Hurrah in Empfang nahmen. An Ort und Stelle ange - kommen, öffnete es seinen Schlund und spie eine solche Masse Erbösuppe aus, daß jene 400 M. reichlich davon gesättigt wurden. Sie haben vielleicht errathen, was ich Jhnen eigentlich erzäh - len wollte. Es war eine fahrende Küche, welche von dem Apotheker Zeise in Altona konstruirt und von den Herren Schweffel und Sohn in Kiel fabricirt ist. Dieselbe ist zum Gebrauch im Felde bestimmt und kocht in drei Stunden eine beliebige Mahlzeit für 400 Mann fertig. Die Hauptsache dabei ist, daß das Fuhrwerk so gut während des Fahrens als während des Haltens seinen Dienst verrichtet. So war jenes Erbsen - gericht unterweges von Kiel hierher gekocht wor - den. Theilnehmer an der Mahlzeit haben uns die Versicherung gegeben, daß sie nie so gut ge - kochte Erbsen gegessen.

Neuestes.

München, 12. Mai. Se. Maj. der König hat sich veranlaßt gesehen, dem k. württembergi - schen Gesandten an unserm Hofe, Grafen Degen - feld, aus Veranlassung des in Betreff der Eisen - bahnverbindung zwischen Bayern und Württem - berg eben abgeschlossenen Vertrages, das Groß - kreuz des bayerischen Civilverdienstordens vom hl. Michael zu verleihen. Am 25. August ds. Js. wird die für die Ruhmeshalle auf der Anhöhe bei Sendling bestimmte kolossale Statue der Bavaria feierlich enthüllt werden.

Frankfurt, 13. Mai. Ein neuer Bevoll - mächtigter für Schaumburg = Lippe ist im Archivrath Strauß bei der Versammlung des Staatencongres - ses heute eingetreten.

Aus Baden, 11. Mai. Wieder sind einige hofgerichtliche Erkenntnisse gegen politische Flücht - linge bekannt geworden. Wir führen folgende an, welche Personen von einer gewissen hervor - ragenden Bedeutung in dem revolutionären Dra - ma unseres Landes betreffen: Obergerichtsadvokat Junghanns von Mosbach wurde zu neun Jahren, Stiftverfasser Gervas Torrent von Waldshut zu acht Jahren, Joh. Konrad Dürr von Karlsruhe zu sechs Jahren und Bürgermeister Jos. Dietrich von Hilzingen zu zwölf Jahren Zuchthausstrafe verurtheilt.

Karlsruhe, 12. Mai. Jn der verflossenen Nacht ist der ehemalige Artillerielieutenant Adolf Schwartz, der zu fünfjähriger Festungsstrafe ver - urtheilt war und seine Strafe bereits vor einem halben Jahre angetreten hatte, aus Kißlau entkom - men. Wohin sich derselbe gewendet, ist zur Zeit noch unbekannt.

Ulm, 11. Mai. Vor den Schranken des Schwurgerichtshofs stand heute der Redakteur der Ulmer Schnellpost, Dr. Ludwig Seeger, angeklagt: durch Aufnahme eines -- an eine vor - berathende Versammlung von Abgeordneten in Stuttgart gerichteten -- anonymen Schreibens die Ehre der Staatsregierung durch Schmähung angegriffen zu haben. Die Geschworenen sprachen das Schuldig aus und der Gerichtshof verur - theilte den Angeklagten, im Hinblick, daß derselbeschon einmal wegen gleichen Vergehens bestraft worden, zu sechswöchentlicher Festungs = Arrest = und einer Geldstrafe von 50 fl. und Tragung sämmt - licher Kosten.

Dresden, 10. Mai. Der wirkliche Geh. Rath und frühere Bundestagsgesandte v. Nostiz und Jänkendorf ist heute früh als Bevoll - mächtigter der sächsischen Regierung nach Frank - furt abgereist.

Apenrade, 8. Mai. Die Gerüchte, daß auf ausdrückliches Verlangen Rußlands die dänische Armee nächstens in das Großherzogthum Schles - wig einrücken werde, gewinnen an Consistenz.

Berlin, 10. Mai. Der am 24. d. M. zu - sammentretende landwirthschaftliche Congreß wird sich unter Anderm auch mit den Mitteln beschäf - tigen, welche geeignet sind, den verderblichen Einfluß abzuwehren, welchen die schlechte Presse auszuüben im Stande und gerade jetzt immer mehr auf die unteren Klassen zu gewinnen be - müht ist.

Berlin, 11. Mai. Nach dem heutigen Mi - litärwochenblatte soll der Generallieutenant a. D. v. Willisen in der Liste der zur Pension be - rechtigten preußischen Offiziere gestrichen werden.

T. D. Berlin, 11. Mai. Von zuverlässiger Seite habe ich erfahren, daß Preußen sich für die pure Annahme der revidirten Unions - Ver - fassung erklärt hat. Sämmtliche in der Conferenz vortretenen Staaten traten bei, Baden und Lippe - Schaumburg mit Vorbehalt, Hassenpflug wollte sich nicht erklären.

Die N. preuß. Ztg. erfährt von dem seit - herigen Ergebnisse der Berathungen über die Stel - lung, welche die einzelnen Unionsmitglieder zu der Frankfurter Versammlung einzunehmen gedenken, daß Kurhessen, Nassau und Hessendarmstadt er - klärt haben: die Plenarversammlung in Frankfurt beschicken und dort ganz selbstständig stimmen zu wollen. Ebenso hat Mecklenburg = Schwerin sich für die Beschickung der Frankfurter Versammlung ausgesprochen. Dem Anschein nach wollen Meck - lenburg = Strelitz und Schaumburg = Lippe von dem Bündnisse zurücktreten.

Husum, 7. Mai. Die hier liegenden preu - ßischen Husaren haben bereits die deutsche Co - carde ablegen müssen.

Wien, 9. Mai. Mehrere hiesige Buchhänd - ler haben sich vereinigt, um unter sich selbst eine Art von Präventivzensur, in Ansehung der an - langenden Bücher, auszuüben, indem sie jene, welche ihnen in religiöser, sittlicher oder politi - scher Beziehung nachtheilig erscheinen, sofort zu - rückschicken.

Luzern. Der Luzerner Bote meldet: Die vier Verweser der abgesetzten Pfarrer von Knut - wil, Zell, Großwangen und Winikon -- zu Pfar - rern gewählt -- haben der hohen Regierung, wie man hört, die Erklärung abgegeben, daß sie zu - folge kanonischem Recht diese Ernennung nicht an - nehmen können.

Schwurgerichtsverhandlung. II.

Würzburg, 11. Mai.

Auf der Anklage = Bank sahen wir heute sitzen G. Wurm v. Röttbach, ein schlecht beleumundetes und schon einmal wegen Diebstahls mit Arbeits - haus bestraftes Jndividuum. Derselbe wurde we - gen zweien Diebstählen (er entwendete 2 Laib Brod und circa für 3 fl. Haber) da das kgl. Kreis = und Stadtgericht sich wegen möglich ein - tretenden Zuchthausstrafe für incompetent erklärte, vom Appelhofe an das Schwurgericht verwiesen, und von demselben wegen reumüthigem Geständ - niß und geringen Betrages der entwendeten Ge - genstände zu 5 Jahr Arbeitshaus verurtheilt.

Geschworene waren: Dr. Katzenberger, Reck (Obmann), Fledering, Speth, Zehnter, Mangold, Schleyer, Christ, Greßer, Popp, Henkel, Meh - ling. Präsident: Kreisrath Dr. Steppes. Staats -anwalt: Kreisrath Löwenheim. Vertheidiger: R. - Pr. Hänle.

Verantwortlicher Redakteur u. Verleger: v. Faber.

Frankfurter Cours. Den 13. Mai 1850.
Geld.Papier.
Oesterreich Bankaktien ......10521057
5% Metallique ....77 1 / 277 3 / 4
4%....----
3%....----
2 1 / 2 %....41 3 / 841 5 / 8
4 1 / 2 % Bethmann ...----
4%...----
fl. 250 Loose v. J. 1839.143143 1 / 2
5001834.90 1 / 291
Preußen3 1 / 2 % St. Schuld Scheine.----
Tthl. 50 Prämien Scheine.----
Bayern3 1 / 2 % Obligationen ...----
4%....8888 1 / 2
5%....100 7 / 8101 3 / 8
Württemberg3 1 / 4 % ....80 3 / 481 1 / 4
4 1 / 2....95 1 / 495 3 / 4
Baden3 1 / 2 %....7878 1 / 2
fl. 35 Loose......31 1 / 431 1 / 2
50......51 1 / 252
Nassau fl. 25 ......23 5 / 823 7 / 8
Hessen Darmst. fl. 50 Loose...7272 1 / 2
25 ...25 5 / 825 3 / 4
Polen fl. 300...123--
Sardinien Fes. 36...3131 1 / 2

Bekanntmachung.

Jn der Klagsache der Christoph Fichtel'schen Verlassenschaftsmassaverwaltung zu Schweinfurt ge - gen Peter Schmitt von Dürrfeld wegen Forde - rung wird das Wohnhaus Nr. 40 zu Dürrfeld mit Zugehörungen an Nebengebäuden, Gemeinde - recht und vertheilten Gemeindegründen, dann

1 / 2 Mrg.22 Rth.Feld in den Lochäckern,
1 1 / 213 dortselbst,
1 / 212
1 1 / 218Artfeld u. Wiesen in denWerthsäckern,
1 / 214Artfeld dortselbst,
1 / 422Wiesen in den Weidleins -wiesen,

nach § 64 des Hypothekengesetzes und beziehungs - weise §§ 99 -- 102 des Gesetzes vom 17. Nov. 1837 zum zweitenmale der öffentlichen Versteige - rung ausgesetzt, und hiefür Termin auf

Dienstag den 28. Mai h. a. Vormittags 10 Uhr

auf dem Gemeindehause zu Dürrfeld anberaumt.

Zahlungsfähige Kaufsliebhaber werden hiezu mit dem Bemerken eingeladen, daß der Zuschlag an den Meistbietenden ohne Rücksicht auf den Schätzungswerth sogleich erfolgen wird.

Fremden = Anzeige.

Adler: Kflte. : Trier v. Aschffbg., Hüffer v. Crimit - schau, Lodtmann v. Bremen.

Kronprinz: Freifrau v. Compiano, Freifrau v. Ro - sontram u. Mandel, Syndikus v. Stargard. Kflt.: Ellinger v. Frkft., Weinersheim v. Fürth.

Russ. Hof: Dr. Rullmann v. Wiesbaden. Kflte. : van Zutphen v. Aachen, Bohnhote v. Frkft., Fuhrmann v. - ckerswagen.

Wittelsbacherhof: Baron Feldstein v. Engld. Frl. Herold v. Schwebheim. Kflte. : Derer v. Nürnb., Rüber v. München.

Württembergerhof: Dr. Rüder v. Berlin. Frau Kreisrath Schneider v. Schweinf. Hellberg, Reggs = Aecessist v. Ansbach. Kflte. : Wettinger v. Montjoi, Dorlach v. Bres - lau, Eschweger v. Frkft.

Gestorbene: Den 13. Mai.

Marg. Krieger, Schubkärnerstochter, 29 J. alt. -- Trost Sabina, Oekonoms = W. 87 J. alt.

Druck von Joseph Steib.

About this transcription

TextDie Bayerische Presse
Author[unknown]
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Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

Institut für Deutsche Sprache, MannheimNote: Bereitstellung der Bilddigitalisate und TEI Transkription Peter FankhauserNote: Transformation von TUSTEP nach TEI P5. Transformation von TEI P5 in das DTA TEI P5 Format. CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

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Bibliographic informationDie Bayerische Presse Eine constitutionell-monarchische Zeitung. . Würzburg (Bayern)1850.

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LanguageGerman
ClassificationZeitung; ready; mkhz1

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  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
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